R- rn SMITHSONIAN..DEPOSIT ) mn z a4 ni ar; / 1 5 Akademie der Wissenschaften in Wien " Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse nn nennen seen un Sitzungsberichte Abteilung I 132. Band Jahrgang 1923 — Heft 1 bis 10 (Mit 2 Karten, 8 Tafeln und 60 Textfiguren) Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds — — fl rY of bon SW; er 9: v \ S wi d r x al, on 4 All & l Zu S 2: = r N I NE: ? u: 0° 2 ‚sanlzn R Wien 1924 Hölder-Pichler-Tempsky, A.-G., Wien und Leipzig Kommissionsverleger der Akademie der Wissenschaften in Wien Druck der Österreichischen Staatsdruckerei Se Fe, . Inhalt Früchti F., Beitrag zur Kenntnis der qualitativen und quantitativen Verbreitung nordadtriatischer Planktoncopepoden und ihrer Epibionten. (Mit 20 Text- ee ne ea Melle Grebben K., Theoretische Erörterungen betreffend die phylogenetische Ab- leitung der Echinodermen. (Mit 12 Textfiguren) . Hammer W., Über das Vorkommen jungvulkanischer Gesteine im Ötztal (Tirol) und ihr Alter. (Mit 4 Textfiguren) Heinricher E., Das Absorptionssystem der Wachoidermistel (Arceulhobium oxycedri [DC.] MB.) mit besonderer Berücksichügung seiner Entwicklung tuelsBeistung. (Mit 7 Tafein und‘ 13 Textfiguren) . .... 2... Höhnel F.+, Fragmente zur Mykologie. XXV. Mitteilung. (Nr. 1215 —1225) Kerner-Marilaun F., Klimatologische Analysis der Terra rossa-Bildung. (Mit a RLNEEIT I Wesen ee Kisser J., Histochemische Untersuchung einiger flavonführender Farbhölzer Köhler A., Die in Yünnan und Südwest-Setschwan gesammelten Gesteine. (Mit 1 Kartenskizze und Profilen über ihre Verbreitung von Dr. Heinrich HE VE ee Micoletzky H., Weitere Beiträge zur Kenntnis freilebender Nematoden aus Suez. N EAILERIEN Se ee ee a EEE Pia J., Geologische Skizze der Südwestecke des Steinernen Meeres bei Saal- felden mit besonderer Rücksicht auf die Diploporengesteine. (Mit 1 Karte, ler una Dextheeya cc a en nn Priesner H., Beiträge zur Morphologie der Jugendstadien der Thysanopteren (T). SE DIL ERNST. ee Re er Regen J., Über die Orientierung des Weibchens von Liogrylius campestris L. nach dem Stridulationsschall des Männchens. Ein Beitrag zur Physiologie EB SEnrinallei Sinnesorgane ee Winkler A., Uber die Beziehungen zwischen Sedimentation, Tektonik und Morphologie in der jungtertiären Entwicklungsgeschichte der Ostalpen . Im Seite 195 263 3249 3-43 Akademie der Wissenschaften in Wien Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse Sitzungsbericht: Abteilung I Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen 132. Band, 1. bis 3. Heft (Mit 6 Textfiguren, 1 Karte und 1 Profiltafel) Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds u Wien 1923 Hölder -Pichler-Tempsky, A.-G., Wien und Leipzig | Kommissionsverleger der Akademie der Wissenschaften in Wien Druck der Österreichischen Staatsdruckerei . Inhalt des 1. bis 3. Heftes des 132. Bandes, Abteilung I der Sitzungs- berichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse: Seite Priesner H., Beiträge zur Morphologie der Jugendstadien der Thysanopteren (T). (Mit 5 Textfiguren;) |Gz .0:80]% 1. 2... =. er Su, ee 1 Kisser J., Histochemische Untersuchung einiger flavonführender Farbhölzer. E27 0260] N ya RR ee Pia J., Geologische Skizze der Südwestecke des Steinernen Meeres bei Saa- felden mit besonderer Rücksicht auf die Diploporengesteine. (Mit 1 Karte, 1 Profiltafel und 1 Textüigur.) [Gz 2:60] .. 12..°..27..2,.0% 2 Verkaufspreise. Preis für: das Inland und Preis für Deutschland: Grundzahl (Gz) X den betreffenden Buchhändlerschlüsselzahlen. — Auslandpreis: Grundzahl (Gz) = Schweizer Franken. Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds u. (545352 | i | J v A, y . r. ee) S "Beiträge zur Morphologie der Jugendstädien | der Thysanopteren (I) Von Dr. H. Priesner (Linz) (Mit 5 Textfiguren) (Vorgelegt in der Sitzung am 25. Jänner 1923) Seitdem die Thysanopteren näher bekannt sind, hat man auch deren Jugendstadien Beachtung geschenkt. In einer Reihe von Publikationen haben besonders amerikanische und englische Forscher in neuerer Zeit, meist im Interesse der Landwirtschaft, ihre Beob- achtungen über die Lebensweise einzelner Arten niedergelegt und hierbei auch wertvolle Beschreibungen der Jugendformen geliefert, Es liegen aber auch zahlreiche Beschreibungen von Larven vor, die zum Teil ungenau sind, zum Teil sich auf Merkmale beschränken, die allen oder vielen Formen gemeinsam sind, so daß man damit ‚nicht viel anfangen kann. Sehr erleichtert wird das Studium von Larvenbeschreibungen, | wenn diese vergleichend gehalten sind. Aus diesem Grunde versuchte | ich, folgende Beschreibungen vergleichend zu geben, außerdem die | ‚einzelnen Formen in tabellarischen Übersichten, die freilich noch sehr | lückenhaft sind, einander gegenüberzustellen. | Die Herren R.van Eecke (Leiden) und W.Knechtel (Bukarest) | haben mich in liebenswürdiger Weise mit Material unterstützt, so | daß ich auf das von mir selbst gesammelte Material nicht allein | angewiesen war. Ich sage den genannten Herren auch hier meinen aufrichtigsten Dank. Gelegentlich der Beschreibung der Larven von Taeniothrips salieis (Reut.), Taeniothrips dianthi (Pr) und Rhopalandrothrips obscurus (Uz.) konnte dargelegt werden!, daß Larven von im Imaginalstadium einander sehr ähnlichen Arten auf Grund subtiler, aber zuverlässiger Merkmale gut voneinander unterschieden werden können; meine weiteren Untersuchungen bestätigen dies. 1 Sitzungsber. der Akad. der Wiss., math.-nat. Kl., Abt.I., 131. Bd., Wien 1922, a D4 62 bis. 75. | Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Ed. 1 lie, na Saar BE Br Rd He Ba a5 RE En a a 5, mi: \y & « > 2 u odaos?,. ers NHNPrisgagf, se) Hr, br par So groß auch die Lücken in unserer Kenntnis. von = = male besonders wertvoll für die Unterscheidung or A solche kommen in erster Linie der Bau der Fühler, die Stellun; Form und Länge der Borsten, die Kutikularskulptur, ferner Dor: bildungen am Integument und schließlich auch die Färbung in Betracht, während der Körperumriß, der Bau der Munde und Beine, ferner die Borstenzahl mehr für die allgemeine Morphelouge ü von Bedeutung sind. Durch die Entdeckung der Larven mancher Arten wird das system einige Korrekturen erfahren müssen; so sei hier gleich vorweggenommen, daß die von mir schon lange Bi vertretene Ansicht, daß die Gattungen Sericothrips und Drepanothrips näher miteinander verwandt sind. als man bisher annahm, durch die Entdeckung der Larven eine Bestätigung erfahren konnte. Prosopothrips zeigt nahe Beziehungen zu Anaphothrips, Aptinothrips steht Limothrips näher als der Anaphothrips-Gruppe, die wieder den Dendrothrips- ähnlichen Genera nahesteht (Z. PD. Me : wie. ein Vergleich der betreffenden Larven lehrt. 3 Es scheint mir auch’ von Wert zu sein, darauf aufmerksam Be: zu machen, daß zum Studium der‘ morphologisch wichtigen Grund- skulptur des Körperintegümentes, zur Deutung äußerst ‚feiner Struk- turen, wie Pünktchen, Kielchen ‘oder Börstchen, das Einschluß- mittel, das zur Präparation verwendet wird, Berücksichtigung‘ findet. So können die feinsten Börstchen, die bei ‚manchen Arten die Abdominalkutikula bedecken, im Kanadapräparat äußerst undeutlich werden, während sie in einem weniger stark lichtbrechenden Mittel (Alkohol oder Glyzerin) sehr deutlich wahrgenommen werden 'können. Es wäre demzufolge. (zur Untersuchung) die Präparation der Larven in Glyzerin der in Kanada vorzuziehen, hätten nicht Glyzerinpräparate | (auch mit Umrandung von venet. Terpentin) den Nachteil, daß sie keine Dauerpräparate sind. So weit es mir. möglich war, habe ich meine Untersuchungen in verschiedenen Medien vorgenommen. Von Bedeutung ist auch, daß man eventuelle Schrumpfungen, die bei den weichhäutigen Larven leicht — durch Verwendung hoch- gradigen. Alkohols bei der Konservierung —- auftreten können, berücksichtigt, da. die Kutikula bei. geschrumpften Exemplaren scheinbar gröber skulptiert sein Kann als bei Tieren, deren Seg- mente in gestrecktem Zustande fixiert sind. En Von der primitivsten Familie der Thysanopteren, den Aeolo- ihripiden, liegen mir die Larven von Melanthrips fuscus (Sulz), ferner die Larven von 5 Spezies der Gattung Aeolothrips Hal. vor, von denen nur eine Form noch nicht völlig Sicher der ZUE E hörigen Imago zugeteilt werden konnte. Ei Im folgenden die Übersichten und Beschreibungen der Ct Be und Arten, denen eine Bestimmungstabelle der europäischen F Aa ns ur (für alle Larvenstadien gültig) vorangeschickt ist. | Me € Jugendstadien der Thysanopteren, Ordo Thysanoptera. 1” Die mittleren Fühlerglieder mit mehr weniger deutlichen ünd zahlreichen. feinen Quernähten, die meist sehr zarte Börstchen tragen. Sind die Ringel undeullich, dann das 10, Abdominal- segment nicht röhrenförmig. 2" Fühler 7gliedrig. 3. bis 7. Fühlerglied aus feinen One: zusammengesetzt. (Bewegungen sehr lebhaft; karnivore Tiere) Aeolothripidae. 2’ Fühler 6gliedrig. 5. und 6. Glied der Fühler nicht in Ringel gegliedert; sind Ringel angedeutet,. dann das letzte Fühlerglied nadelförmig (Bewegungen weniger lebhaft; meist phytophage ER ER ET A RR RE RE TEN Thripidae. % Fühlerglieder ohne Spur von Quernähten; Fühler, denen der Imago ähnlich, 7gliedrig. Letztes Abdominalsegment röhren- förmig, mit dem vorletzten stärker chitinisiert als die übrigen a ehe ee ER . .Phloeothripidae. ande a mein ire, Kopf wenig gestreckt. Mundkegel mehr nach unten als nach hinten gerichtet. Fühler lang und schlank (im I. Stadium plumper), Fehledsie, vom. ». Gliede an durch Quernähte in feinste Ringel geteilt. Maxillarpalpen Sgliedrig, das mittlere Glied mit angedeuteter, im I. Stadium scharfer Trennungsnaht. Labialpalpen 3gliedrig, 1. Glied sehr kurz, mittleres am längsten. Beine schlank. Neuntes Abdominaltergit im II. Stadium mit 4 Dornen. Das Integument des Thorax und Abdomens mit äußerst kleinen, abstehenden Härchen dicht besetzt, so daß die Oberfläche bei starker Vergrößerung wie kurz geschoren erscheint. Die längeren Borsten am Körper sämtlich scharfspitzig. Das an besondere mesodermale, unter der Hypodermis gelegene Chromatophoren gebundene Pigment! ist bei den Aeolothri- piden gelb, nur bei Aeolothrips albicinctus Hal. finden sich im Abdomen aus roten Pigmentzellen bestehende Querbänder. Ä Vermutlich alle Larven sind karnivor; sie bewegen sich flink, in kontinuier- lichem Laufe. Aufenthalt wie der der Imagines. Verpuppung in selbst gesponnenen Kokons. 1” 6. und 7. Fühlerglied zusammen viel länger als das 5. Glied. | Melanthrips Hal. und ‚7. Fühlerelied zusammen kürzer als "das. 5. Glied. | Aeolothrips Hal. Borstenstellung der Larven der Genera Melanthrips und Aeolothrips. Die Zahl der Körperborsten ist bei beiden Genera. dieselbe, nur kann ich ein bei Aeolothrips vorhandenes, sehr zartes Börstchen, das sich seitlich am Kopf nes; den Augen befindet, bei er nicht erkennen. 1 Vgl. W. J. Schmidt: »Über Chromatophoren bei Insekten.e — Archiv für mikroskopische Anatomie, Bd. 93, Abt. I, p. 118—136 (1919). = 4 H. Priesner, Es tragen: Der Kopf oben 2 Querreihen von je 4 Borsten, unten 3 Paare ähnlich wie auf der Oberseite angeordneter Borsten; Labrum und Maxille je ein Paar sehr feiner Borsten; der Prothorax am Vorderrande 4, an den Seiten je 1, am Hinterrande 6 Borsten; der Mesothorax jederseits 7; der Metathorax jederseits 5 Borsten; das Abdomen am 1. Tergit 4, am 2. bis 8. Tergit 6 (1. Sternit i ohne, 2. Sternit 2 mediane, 3. bis 8.Sternit 6 Borsten), das 9. Segment 2 (seitliche) Tergitborsten, 4 Sternitborsten, das 10. Segment 8 Börstchen. Selten fehlt die eine oder andere Borste, dann natürlich auch der Insertionsporus oder es treten abnormal akzessorische Borsten auf. Die Stellung der Borsten und ihre Länge ist jedoch bei den beiden Gattungen verschieden. Bei Melanthrips sind die Borsten länger. Bei Aeolothrips sind die mittleren Kopfborsten etwas. weiter nach vorn gerückt, die mittleren Anteromarginalborsten des Prothorax hingegen stark gegen die Pronotummitte verschoben. Die Stellung und Größe der Borsten am Meso- und Metathorax differiert stark, wie aus Fig. 1 und 2 erhellt. a E 0) o 9 o oO R 5 3 o° o © c oo ° s £ o ° o 7 6) “A o o oO [e} fe) ao e1. Fig. 2. Im I. Stadium finden wir am Kopf, Prothorax und Metathorax, am 1. bis 9. Abdominalsegment dieselbe Borstenzahl wie bei den erwachsenen Larven, nur am Mesothorax kann ich nur 3+-1 Borsten jederseits, am 10. Segment des Abdomens nur 6 (sehr lange) Borsten erkennen. Bei Melanthrips sind die Borsten am 10. Segment viel kürzer als bei Aeolothrips, die Fühler bei ersterem Genus seitlich gleich breit. Genus Melanthrips Haliday.! Abdomen sehr breit. Pubeszenz des Abdomens länger als bei Aeolothrips; auch durch die Fühlerbildung und Bedornung des 9. Tergites von Aeolothrips verschieden. Bekannt sind die Larven 'nur von der Art Melanthrips fuscus (Sulzer). — Haliday, Walker, Homopt. ‚Ins. Brit. Mus., p. 1116; Trybom, Öfvers. af K: Vet. Ak. Förh. ‚1896, Nr. 8, p. 625, Anm. — I. Stadium: Vom folgenden Stadium durch etwas blasser gelbe Körperfarbe, das Fehlen der dunklen Flecke der Körperoberseite, den Mangel der Dorne am 9. Tergit, 1 Eine ‘genaue Charakteristik der Genera vermag ich derzeit noch nicht zu geben, da unsere Kenntnis von den Larven noch zu lückenhaft ist. 2° Jugendstadien der Thysanopteren. 6) die längeren Borsten am 10. Abdominalsegment (65 1 gegen 32 u. bei der II. Larve), im übrigen aber kürzere Borsten als bei der erwachsenen Larve und durch die Fühlerbildung verschieden. Das 2. bis 5. Fühlerglied ungefähr gleichbreit, das 3. und 5. am längsten und untereinander ungefähr gleich lang. — Maße vom 2. Glied an: 32 (22), 51 (22), 47 (22), 50 (22), 34 (18), 43 bis 46 (13). Körper- länge: 0°8 mm. H. Stadium: _Körperfarbe gelb, . Fühler, Schenkelbasis und Tibien (besonders am Grunde) schwach grau getrübt; das 2. Fühlerglied am dunkelsten, das 1. ganz hell. Prothorax auf der Vorderscheibe jederseits mit 2 hintereinanderliegenden Punkten, auf der Hinterscheibe, einander mehr genähert, jederseits 2 weiteren grauen Flecken; Mesothorax nur undeutlich punktiert. Fühler lang und schlank, 3. Glied am längsten, 6. Glied verhältnismäßig sehr lang. Am 3. Fühlerglied sind 13 Ringel, am 4. 9, am 5. 10, am 6. 6 und am 7. 5+1 zu erkennen. Fühlermaße: 19 (30), 35 (24), 65 (18), 54 (18), 51 (17), 38 (14), 51 (1l)w. Prothorax 1’6 mal so breit als lang, viel breiter als bei Aeolothrips. Mesothorax 0:24 mm breit. Die 4 Dorne des 9. Tergites sind ungleich lang, die beiden mittleren viel länger und kräftiger als die beiden seitlichen; erstere haben am Grunde jederseits je ein anliegendes, dornförmiges Schüppchen, das ungefähr so lang ist wie die seitlichen Dörnchen, so daß es aussieht, als ob im ganzen 8 Dörnchen vor- handen wären, 2 große und 6 kleine.. Abdomen bis 0:48 mm breit. Körperlänge bis 1'2 mm. Vorkommen: Mit der Imago von niederen Pflanzen gekätschert, vermutlich - in Blüten lebend; einmal auf Triticum. — Oberösterreich (H. Priesner). Genus Aeolothrips Haliday.! Abdomen weniger breit. Pubeszenz kürzer. Fühlerendglieder weniger gestreckt. Die 4 Dorne am 9. Tergit (im Il. Stadium) gleich lang. Die Borsten des 10. Segments im I. Stadium viel länger als bei Melanthrips. | Artemübersicht. (Larven des II. Stadiums.) 1” Das 6. Fühlerglied länger als breit, es besteht aus 6 feinen * Ringeln. Kopf und Prothorax ohne dunkle Flecke. 2'" Abdominalsegmente mit je einer orangeroten Querbinde. Dorne am 9. Tergit länger und schlanker als bei den übrigen Arten (24 bis 27 1). (An Calamagrostis) ....albicincetus Hal. 2! Körper einfarbig, weißlichgelb oder rötlichweiß. Dorne am 9. Segment kürzer (18 bis 19 1). (Auf Ouercus-Blättern)... .spec? 1’ Das 6. Fühlerglied so lang wie breit oder breiter als lang, aus 4 bis 5 Ringeln bestehend. Prothorax und meist auch der Kopf mit (mitunter undeutlichen) kleinen, grauen Flecken. ' 1 Eine genaue Charakteristik der Genera vermag ich derzeit noch nicht zu geben, da unsere Kenntnis von den Larven noch zu lückenhatt ist. lang als das 7. oder noch kürzer. a Blüten, auf Blä an Getreideähren)- .... MM BERN Ses EN . .fasciatus (L. 3° Aufcder Hinterscheibe des Pronotums nur sei Kleine Pünktchen sind diese deutlich ausgeprägt, dann ist ‚stets = ie (äußere) am größten. | 4’! 6. Fühlerglied sehr kurz, aus vier Ringeenen ee “ Pronotum deutlich punktiert. Kopf oben zwischen den Fühler- wurzeln mit einem länglichen Fleck, unten mit drei grauen Flecken. (Auf Rings und Tarzan 23% ‚vittatus Hal 4’! 6. Fühlerglied länger, aus 5 Binseichen E Pronotum- nur sehr undeutlich punktiert. Kopf ohne deutliche Flecke. (Auf Ouercus-Blättern) ............. versicolor Us, Die Larven des I. Stadiums unterscheiden sich von denen des Il. Stadiums durch plumpere Gestalt, im Verhältnis zum Körper 3 = längere Beine, das Fehlen der Dorne am 9. Tergit, durch den Besitz sehr langer und dünner Borsten (3 Paare) am 10. Segment, das bei den alten Larven nur sehr kurz beborstet ist; ferner durch er dickere und plumpere Fühler, deren einzelne Glieder im Verhältnis zur Breite viel weniger lang sind und deren 2. Glied unten eine | lange Borste trägt. Die Maxillarpalpen erscheinen 4gliedrig. Der,s: Prothorax oben und an den Seiten grau getrübt, nur eine ir weniger breite helle Mittellinie freilassend. Schenkelbasis und Be die ganzen Schienen grau getrübt. Die Grundpubeszenz ist etwas & länger als bei den Larven des II. Stadiums. e Das I. Stadium ist mir nur von den Arten fasciatus, versicolor > und vittatus bekannt, die in den eben angegebenen Merkmalen übereinstimmen, durch den verschiedenartigen Bau des 6. Fühler- gliedes jedoch gut unterschieden werden: können, Dieses ist bei versicolor aus 5, bei fasciatus und vittatus aus 4 Ringeln zu- sammengesetzt, Merkmale, die also auch in diesem Stadium schon zur Unterscheidung herangezogen werden können. Bei vittatus ist das 6. Fühlerglied am stärksten quer, 1'’6 mal so breit als lang, u bei fasciatus 12 bis 1'’3 mal so breit als lang. Die langen Borsten am 10. Abdominalsegment sind bei vittatus höchstens 122, bei fasciatus und versicolor stets über 135 u lang. Larven des Il. Stadiums: | re 1. Aeolothrips albicinctus Haliday. — (Bisher unbekannt): Von allen Larven der Gattung durch die auffallende Färbung aus- gezeichnet. Meso-, Metathorax und Abdominalsegmente mit orange- farbigen Querbinden. Kopf und Prothorax ohne graue Flecke, Fühler schwächer grau getrübt als bei fascialtus, - etwas kräftiger, Glieder breiter als bei fasciatus, das 3. Glied 4mal so a EN " er. | Fe 2 N r N Jugendstadien der Thysanopteren. lang als breit, das 6. Glied 1'2 mal so lang als breit und aus 6 Ringelchen zusammengesetzt. Zahl der Ringel an den Gliedern vom 3. Glied an: 11, 10, 13, 6,:5-+1. Fühlermaße vom 3. Glied an: 73 (18), 62 ..(19), 59 (19), 18 (15), 26 (11). Mesothorax 0:24 mm breit. Dorne am 9. Tergit am längsten und schlanksten von allen Arten, die mittleren (ohne ann 24 bis 27 m lang. — Körper- _ länge: bis. 1'659 mm. Vorkommen: Einige Exemplare am 9. Juni 1920 bei Linz (Österreich) von Calamagrostis gekätschert, einmal — wohl zufällig — auf Corylus avellana (6. Juni 1922). 2. Aeolothrips spec. — Körper wie bei albicinctus ohne graue Flecke, blaß fleischfarbig, Fühler schwach grau getrübt, von allen Arten am meisten gestreckt, das 3. Glied 5°2 bis 5°3.mal so lang als breit, das 6. Glied 1'4mal so lang als breit, das 7. Glied 1'3 bis 1'’4mal so lang als das 6. Normale Ringelzahl vam +83. Gliede..an: : b3,.12, 13 bis 14, 6, 6+1. Fühlermaße :vom au. Gliede. ,an:sı815(15),685559,1,18 .(12),ı 24 g. » Mitteldorne : am 9. Tergit (ohne Basalkegel) 18 bis 19% lang. — Gesamtkörper- länge: bis 1’4 mm. Vorkommen: Juni bis Juli auf Eichenblättern, Linz (Österreich): 1 Exemplar (11. Juni 1922) an Cylisus. hirsutus. | \ Zugleich mit Imagines von Aeolothrips conjunctus Pr. ange- troffen, können diese Larven dennoch nicht sicher der genannten Art zugeteilt werden, weil das zuletzt an einer Leguminose eoiemdene HKxemplar, ‘der- "Pundpflanze nach, auf nobihs. Pr. hindeutet. 3. Aeolothrips versicolor Uzel.e. — (Bisher unbekannt.) Körperfarbe hellgrau oder weißlichgelb. Kopf und Prothorax ohne graue Flecke oder von den letzteren nur zwei sehr kleine, jederseits am Hinterrandsaum, vorhanden. Sehr schwach grau getrübt sind die Fühler, die Basis der Schenkel und Schienen und die Tarsen. Fühler schlank, das 3. Glied etwa 48 mal so lang als breit, das 6. Glied ungefähr so lang wie breit oder kaum merklich breiter als lang, das letzte Glied 28 mal so lang als breit und etwa doppelt so lang (oder noch länger) als das 6. Das 6. Glied besteht aus 5 kleinen Ringelchen. Mitteldorne am 9. Tergit etwa 161 lang. — Gesamtlänge: bis 1'5 mm. Vorkommen: Von Juni bis September auf Blättern von Ouercus und Tilia, Linz (Österreich). 4. Aeolothrips fasciatus (L) — Tıybom, Öfvers. af K. Vet. Ak. Förh. 1896, Nr. 8, p. 625. — Körperfarbe gelb; Fühler, Schenkel- basis, Tibien und Tarsen schwach grau getrübt. Kopf mit einigen sehr schwachen grauen Flecken, Prothorax oben, dem Hinterrande genähert, mit 3 ungleich großen grauen Fleckchen jederseits, von denen das vorderste Paar am größten ist. 3. Fühlerglied etwa viermal so lang als breit, etwas länger als ‚das 4, dieses nur wenig länger als das 5, das 6. Glied klein, etwas breiter als das 7. 2 bis 2’5mal so lang als das vorhergehende ee rn 3 mal so ae nn breit. Prothorax wie bei den übrigen Arten Basalkegel) 22 bis 23 . Mesothorax bis 0:26 mn ae = Gesine E länge etwa bis 16 mm. Er “Vorkommen: Häufig bis in den Spätherbst (Colchicum-Blüten!) ” allerlei Blüten, auf Laubblättern, aber auch einzeln an Coniferen, ferner bee in Getreideähren. Ich fand aueh Larven mit auffallend rotem Darminhalt, letzterer vom Pigment roter Haplothrips-Larven (H. leucanthemi) herrührend. Nach Williams soll . die Larve ein Hauptfeind von Limothrips cerealium Hal. und Kakothripr robustusl Uz. sein; nach meinen Beobachtungen in Oberösterreich tritt sie als Feind des Limothrips denticornis Hal. und einer an Getreideähren (Secale) häufigen Aphide auf. o. Aeolothrips vittatus Hal. — Biäher unbekannt.) Körper- farbe hellgelb, mitunter mit grauem Anflug. Deutlich grau getrübt sind: die Fühler, ein länglicher Fleck am Scheitel zwischen den Fühlerwurzeln und 3 Flecke auf der Unterseite des Kopfes, alle sehr scharf ausgeprägt und viel deutlicher als bei fasciatus; grau sind ferner die Taster, die Oberlippe, die Unterlippe zum Teil, die Basis der Schenkel und der Schienen oder die ganzen Schienen und die Tarsen. Prothorax mit jederseits 2 bis 3 sehr schwachen, oft undeutlichen Punkten auf der Hinterscheibe, von denen der hintere (äußere) am größten ist. Fühler verhältnismäßig kurz. Das 3. Glied 3:7 bis 3'9 mal solang als breit, das 6. Glied sehr kurz, quer, etwa 1’4mal so breit als lang, aus 4 Ringeln zusammen- gesetzt, das letzte Glied 2'’4 mal so lang als das 6., nur 2:3 mal so lang als breit. Mitteldorne am 9. Tergit 17 bis 18w lang. — Gesamtlänge: bis 1'’O9 mm. Vorkommen: Auf Pinus silvestris und Ficea excelsa im Juni sehr häufig, Linz (Oberösterreich). Familia Thripidae. Die Larven dieser Familie sind von denen der Aeolothripiden durch die Fühlerbildung leicht zu unterscheiden. Die Fühler der Thripiden sind 6gliedrig; das 3. Glied ist an der Basis sehr dünn sgestielt, eiförmig oder oval, das 4. Glied länglich, durch eine schräge Furche vor der Spitze unvollkommen in zwei Teile getrennt. Das 5., vorletzte Glied klein, das letzte schmal, mehr oder weniger langgestreckt. Das 3. und 4. Glied ist durch Quer- nähte geringelt, die Ringel tragen bei den meisten Formen feinste Börstchen in wirteliger Anordnung. Außer diesen feinsten Börstchen sind längere Borsten an allen Gliedern, einzelne Sinneszäpfchen am 3. und 4. Gliede in konstanter Zahl und Anordnung vorhanden. Das 1. Stadium ist meist durch eine sehr lange Borste auf der Unterseite des 2. Fühlergliedes, ferner immer viel kürzeres, 1 The Entomologist, 1922, p. 277. Jugendstadien der Thysanopteren, 9 gedrungeneres 3. Glied, außerdem wie bei den Aeolothripiden meist aurch längere Borsten am 10. Segment ausgezeichnet. Bei den Thripiden treten in der Regel gelbe, seltener außerdem rote Chromato- phoren auf, die unter der Hypodermis gelegen sind; die roten immer 'erst im Laufe der Entwicklung. Die Genera der Thripiden sind im larvalen Zustande zum Teil sehr schwierig auseinanderzunhalten. Leicht kenntlich sind Heliothrips und Parthenothrips an dem langen Stylus, letzteres Genus außerdem an der Borstenform; auch sSericothrips und Drepanothrips sind durch die Kutikularskulptur und die Borsten- form gut charakterisiert. Prosopothrips, Anaphothrips, Aptinothrips und ZLimothrips sind durch die geringe Länge speziell der vorderen Körperborsten und die Fühlerbildung ausgezeichnet, die beiden letztge- nannten Gattungen allein sind durch eine längere Lateralborste am 7. Ab- dominalsegment gekennzeichnet, ein Merkmal, das meines Erachtens auf nähere Verwandtschaft der beiden Genera hindeutet. Scolothrips ist durch die auch am Vorderkörper auffallend lange Beborstung, Rhopalandrothrips durch die eigenartig gestalteten, schon vor der Spitze ausgefransten Borsten, Odontothrips durch kräftige Zahn- reihen auf den beiden vorletzten Sterniten und Kakothrips durch hyaline Zapfen oben am 9. Segmente charakterisiert. Die übrigen Gattungen sind sehr schwer voneinander zu unterscheiden. Frankliniella, ein im Imaginalstadium gut charakterisiertes Genus, ist im larvalen Zustande von Taeniothrips schwer zu trennen. Unmöglich war mir bis jetzt eine scharfe Scheidung zwischen Taeniothrips (s. lat.) und Thrips, was wohl darauf zurückzuführen ist, daß wir es hier mit künstlichen Gattungen zu tun haben. Eine” Art ist leicht‘ kenntlich an: den. 6. Dornen am. -9. Tergit: Taeniothrips inconsequens (Uz.). Die übrigen bis jetzt bekannten Arten der Gattungen Thrips: und Taeniothrips lassen sich, wenn auch nicht leicht, so doch sicher nach konstanten Merkmalen trennen, wie aus der im II. Teile der »Beiträge« enthaltenen Über- sicht hervorgeht. Aus allem bisher Bekannten lassen sich nun einige Gesetz- mäßigkeiten ableiten. So haben Larven, deren Imagines langborstig sind, gleichfalls lange Borsten; Larven, deren Imagines einen langen Stylus besitzen, haben verhältnismäßig langes Fühlerendglied, wobei sich eine Proportionalität der Länge kundgibt; ferner sind Larven, deren Imagines eine sehr dunkie, fast schwarze Körperfarbe haben, in der Regel durch den Besitz von dunklen Flecken, stärker chitini- sierten Teilen der Kutikula, ausgezeichnet. Diese mehr weniger regelmäßigen Flecke zieren den Kopf, Thorax und die letzten Abdominalsegmente und sind gute Unterscheidungsmerkmale der einzelnen Arten. Schließlich haben Imagines von breiter, gedrun- gener Körperform ebenso gestaltete Larven, schmale Vollkerfe dementsprechend schmale Larven. Das Auftreten von roten Chro- matophoren scheint in keinem Zusammenhange mit dunklerer Färbung der Imago zu stehen, bedingt aber oft eine rote Tönung derselben. a a a A a8 “= . “ 5 10 H. Priesner, Borstenstellung der Thripidenlarven. Die Zahl der Borsten ist nahezu dieselbe wie bei den Larven der Aeolothripiden. Es finden sich: am Kopf 2 Querreihen von je 4 Borsten, von denen die äußeren vor den Augen, beziehungs- weise innerhalb derselben stehen; ein sehr kleines postokulares Wangenbörstchen ist vorhanden; Unterseite mit 8 kleinen Börsten, 2 davon an der Stirn unterhalb der Fühlerwurzeln. Labrum mit 1 Paar, Maxillen mit je 2 Borsten; am Prothorax 4 Antero- marginalborsten (die mittleren länger), je 2 hintereinandergelegene Lateralborsten, 6 Hinterrandborsten; am Mesothorax jederseits 7, am Metathorax beiderseits 5 Borsten; am 1. Tergit des Abdomens 4, am 2. bis 8. Tergit 6, am 1. Sternit keine,. am 2. zwei mediane, am d3. bis 8. Sternit 6 Borsten. Das 9. Segment trägt im ganzen 8 Borsten nahe dem Hinterrande, außer diesen ein sehr kleines Lateralbörstchen jederseits vor dem Hinterrande. 10. Segment mit 6 langen Borsten und 2 sehr kleinen Lateralbörstchen. Genus Heliothrips Halid. Fühler sehr lang und schlank, das Endglied vielmal länger als breit, auch das vorletzte Glied schlank. Borsten am Körper kurz, zum Teil geknöpft. 10. Segment des Abdomens am Ende nit sechs dunklen, verhältnismäßig breiten, fast lanzettförmigen Borsten. Hautskulptur des Abdomens aus starken Kielchen be- stehend. Heliothrips haemorrhoidalis (Bouche) — JIl. Stadium: Körperfarbe gelb; grau sind: die Fühler, die Seiten des Kopfes und das 9. und 10. Abdominalsegment.‘ Beine Ühell.I Korper: breit, besonders das Abdomen (Mesothoraxbreite: 260 u). Augen seitlich etwas vortretend, Kopf hinter denselben verengt (geschnürt).. Fühler sehr lang, das letzte Glied 11 bis 12 mal sb breit, 2:5 mal so lang als das schlanke vorletzte Glied. Anteokular- borsten wohl entwickelt, vordere Stirnborsten weit nach vorn gerückt, hintere Stirnborsten sehr klein, etwas vor dem Niveau des Hinterrandes der Augen befindlich. Prothoraxborsten sehr klein, nur die posterolateralen deutlicher (271 lang), abgestutzt oder schwach geknöpft. Borsten des Abdomens erst gegen die Spitze länger, aber auch dort recht kurz, die seitlichen des 8. Segmentes etwa 24 1 lang; alle schwach geknöpft. Hinterrand des 9. Seg- mentes nicht gezähnelt. Terminalborsten dunkel, sehr breit, die dorsalen am längsten. — Vergl.: Russell, The Greenhouse Thrips, U. S. Dept. of Agric., Bull. Nr. 64, pt."VL, 1909) Sp 4zrskberr Van Eecke, Eerste Bijdrage tot de kennis der Nederlandsche Thysanoptera. Nat. Verh., Haarlem, 1922, p. 20 und Textfig. 4. k ” al: a: x PET 7 We u Vans De Ki a Da b' a De 5: R ut ala hr un EEE ir 6 or Da 1 Zi TE an len j ’ - f Pr a E » } A de DE a Ei Sand 3 3 Vin Ergne EEE NER 9 Bi BE - Jugendstadien der Thysanopteren. 11 Genus Parthenothrips Uzel. Fühler sehr lang und schlank, das. Endglied mindestens 12 mal so lang als breit, etwa 2'4mal so. lang wie das vorher- Sehende Glied,; dieses. 3:5mal ‚so. lang ‚als breit., Körper mit, zum Teil langen, dicken Trichterborsten besetzt, auch die Beine tragen kurze Trichterborsten. Abdominalkutikula fast glatt. ö Parthenothrips dracaenae (Heeger). — Heeger, Sitzungsber.d. Beddn Wiss. Wien, 11852, pP. 865; . Sep... p.#8; - Taf: Ir— sLänge bis 14mm. Genus Sericothrips Haliday. Körper kurz und gedrungen. Fühler schlank, Stylus dünn. Der ganze Körper mit eigenartigen, läppchen- oder fächerförmigen, kurzen, grauen Borsten versehen (auch das 2. und 3. Fühlerglied mit solchen Börstchen), die an der Oberseite und am Rande mit sehr zarten Sägezähnchen- besetzt sind. Abdominalintegument fast glatt, nur mikroskopisch punktuliert. Sericothrips bicornis (Karny). — (Bisher unbekannt.) II. Stadium: Körperfarbe gelb bis ockergelb; grau sind: die Fühler Kae Spitze des 1. und 2. und die äußerste Basis’ des’ 3. Gliedes weiß), die Borsten am Körper und deren Insertionsstellen, je 2 rundliche Flecke am Meso- und Metanotum, meist die Spitze des 10. Segmentes, die äußerste Basis der Schenkel, die Vorder- und Mitteltibien und Tarsen und der Hinterrand der Hintertibien. — Fühler schlank, die einzelnen Glieder seitlich wenig gerundet, das 3. Glied doppelt so lang als breit, das 2. und 3. Glied nahe der Spitze (oben) mit je 2 Fächerbörstchen. Das 4. Glied besteht aus erzdeutiichen Rinsein, »das letzte Glied "etwa. 4mal”so" lang als breit, das vorletzte Glied gegen die Spitze etwas knotig erweitert. Kopf: mit etwas vortretenden Augen, oben mit 6 kurzen Fächer- Barıcn er Bavor rdenr Ausen, #in>"einer” Ouerreihe zwischen denselben; hinter dem mittleren Paar dieser stehen zwei winzig kleine derartige Börstchen). Alle 14 Prothoraxborsten sind Fächer- börstchen. Coxen mit je einer, Vorderschenkel mit 2 solchen am Außenrande. Mesonotum mit 12, Metanotum mit 8 deutlichen Fächerbörstchen. Abdomen mit der normalen Zahl Borsten; am 9. Segment sind sie am längsten (etwa 32). 10. Segment mit nur 2 dorsalen verdickten Börstchen, die übrigen sind wie alle Ventralborsten des Abdomens dünn, kurz, scharfspitzig. Die Miliar- skulptur des Abdomens besteht in einer feinsten Punktierung, die das Integument wie mit feinstem Staub bestreut erscheinen läßt. — Körperlänge: 0°9 bis I mm. Im Sadum= sind Kopf, Beine und Fühler‘ plump;» die Börstchen sind gleichfalls verdickt, jedoch nicht so kräftig wie im I. Stadium, mehr trichterförmig gestaltet, oben meist nur schwach gekerbt anstatt gesägt. Borsten an der Abdomenspitze nicht auf- fallend lang. Fühler kürzer und plumper als im Il. Stadium, das Br BE 37 2a, >s = Ra EZ En :7 22 12 H: Priesner, 2. Glied unten mit langer, spitziger Borste, oben wie das 3. Glied mit 2 verdickten Börstchen. Das 3. Fühlerglied nur 1’4mal so 5 lang als breit, stärker gerundet, becherförmig, auch das 4. Glied seitlich etwas stärker gerundet, mit sehr deutlichen Börstchen- wirteln, das 6. Glied nur etwa so lang wie breit, nicht knotig verdickt, das letzte Glied stärker zugespitzt als bei der erwach- senen Larve. Vorkommen: Wie die Imagines im Rasen, Oberösterreich, Mai bis September (H. Priesner). Genus Drepanothrips Uzel. Mit Sericothrips zweifellos nahe verwandt. Körper mit an der Spitze erweiterten, dort abgestutzten, also schwach trichterigen, kurzen und dunklen Börstchen. Fühler normal gebaut, Borsten- kränzchen auch am 3. Gliede sehr deutlich. Kutikula des Körpers, mit Ausnahme des Kopfes und der Extremitäten, mikroskopisch punktuliert. Kielchen und Grundbörstchen fehlen. Drepanothrips reuteri Uzel. — (Bisher unbekannt.) I. Stadium: Körperfarbe hellgelb, Prothorax mit tiefgelben Rändern und eben- solchem Mittellängsstreifen. Grau getrübt sind: die Fühler zum größten Teil, die Basis der Schenkel und wenigstens die Außen- ränder der Tibien, die Tarsen und die verdickten Körperborsten. Weiß sind: Die distale Hälfte des 1., das Spitzendrittel des 2, Basis und Spitze des 3. und die äußerste Basis des 4. Fühler- gliedes. — Augen etwas vortretend. Anteokularbörstchen mäßig lang, sehr dünn, spitzig. Borstenquerreihe innerhaib der Augen aus kurzen, dunklen, gebogenen, an der Spitze erweiterten, dann ab- gestutzten Börstchen bestehend. Hinter dem mittleren Paare 2 kleinere derartige Börstchen. An den Fühlern nur das 2. Glied oben mit. 2 abgestutzten Börstchen. Das 3. Glied gegen den Grund nur wenig verengt; Stylus mäßig lang, 2':6mal so lang als breit, das o. Glied etwas breiter als lang. Hintereckenborste des Prothorax die längste Körperborste (24w). Meso- und Metathorax mit der normalen Borstenzahl (14, beziehungsweise 10). Von den Abdominal- borsten sind die des 4%. Tergites am längsten (19). Alle diese Borsten mit schräg trichteriger Spitze. Am 10. Segment nur 2solche Börstchen. Haut glatt, mit allerfeinsten Körnchen bestreut, die sich als dunkle Pünktchen darstellen. 9. Tergit ohne deutlichen Zähnchen- kamm. — Maße: Mesothorax 160 breit; Körperlänge: 0:7 bis OS mm. Vorkommen: Bei Linz in Österreich, im Juni nicht selten auf Blättern von Ouercus robur und besonders Corylus avellana (H. Priesner). Genus Prosopothrips Uzel. Nahe Anaphothrips. Fühler länger und schlanker als bei Anaphothrips, besonders deren 4. und 6. Glied; das 3. Glied gegen den Grund viel weniger stark verengt (Fig. 3), erst vor dem Grundstielchen stark geschnürt. Körperborsten noch kürzer Su aa an Da ad A An A Dh an a Dun 2 1 nn a Sa u a a m E \ Jugendstadien der Thysanopteren. 13 als bei Anaphothrips, die Prothoraxhintereckenborste zZ. B. nur etwa 5p lang. Thorax und Abdomen mit kräftigen Kielchenquer- reihen, ohne Beborstung derselben. 9. Tergit mit 4 kräftigen Keulenborsten (Fig. 4). Prosopothrips vejdovskyi Uzel. -— (Bisher unbekannt.) U. Stadium: Grundfärbung hellgelb; die beiden letzten Fühlerglieder dunkel, schwarzbraun. Verschiedene Stellen am Körper grau getrübt, und zwar das 1. 2. und 3. Fühlerglied mit je einem. breiten grauen Ring, das 4. Glied, besonders ein Ring vor dem Grunde Fig. 3. Fig. 4. ziehe an der‘ Spitze; . ein .länglicher,, schmaler Fleck vorne am Kopf zwischen den Fühlerwurzeln, 4 sehr kleine Flecke am Scheitel, ein gezackter Fleck beiderseits auf der Pronotumscheibe, Kesiskleine Flecke:.vor,,;den, großen. „Pronotumflecken, : ‚je... ein unregelmäßig querovaler Fleck zu beiden Seiten des Meso- und Metanotums, je ein kleiner, schwach retikulierter Stigmenfleck ‚seitlich an der Unterseite des Mesothorax, ein weiteres Paar solcher am 2. und am 8. Abdominalsegment. Schwach grau sind das 9. und 10. Segment (wenigstens zum Teil), grau ferner die Coxen (zum Teil), die Grundhälfte der Schenkel und (sehr stark ‚getrübt) der Außenrand der Tibien und Tarsen, die vorderen am dunkelsten. — Körperbeborstung äußerst kurz und spärlich, die wenigen noch entwickelten Borsten fast sämtlich spitzig. Sichtbar sind: Je ein Paar vor den Augen; wenige auf den Fühlern; äußerst kurze auf Thorax- und Abdominalsegmenten (hier die normale Zahl) ‚am 8. Segment sind sie etwas deutlicher, gekrümmt, sehr kurz; am 9.Sternit steht seitlich ein Paar längerer, spitziger, am 9. Tergit 4lange und starke,schwach gebogene, hyalineBorsten,deren Spitze rund ‚spatelartig erweitert ist(Fig.4); das 10.Segment mit2 derartigen dorsalen Borsten, 2 sehr kleinen seitlichen und 4 längeren spitzigen ventralen _Borsten. Basalteil des Prothorax, Meso- und Metathorax und Abdomen mit Querreihen kräftiger Längskielchen, ohne feinste Börstchen „derselben. Kopf, 9. und 10. Segment fast glatt. 2. Fühlerglied so Ya en Wen „aha r u Lu u Ta er 14 | © H, Priesner, lang als breit, 3. Glied seitlich nur sehr wenig gerundet, 4. Glied sehr lang, 5. Glied ziemlich schmal, 6. Glied lang, sehr Fre gebogen, wie das vorhergehende Sad chitinisiert, Körpermaße: Fühlerglieder 19 (28), 24.93), 43 (23), ec 12 (11), 27 (am Grunde 7) ı Mesothorax 230 breit: Borsten am 9. Segment 45 u lang. 2. Segment 105, 10. Segment 68 1m (Basis). I, Stadium: In der Pigmentierung, Körperskulptur” und Bei borstung mit der II. Larve übereinstimmend, durch die‘ Fühler- bildung leicht zu unterscheiden. Fühler kürzer, das. 2. Glied fast so lang wie breit, das 3. rundlich, nur wenig länger als breit, auch das 4. Glied viel kürzer als bei der erwachsenen Larve, das 5. Glied nur wenig länger als breit. Fühlermaße: 2. Glied 24 (23-7), 3. Glied 30. (27), 4..Glied 51. (24), 5. Glied 2 008 6. Glied 20p. Das 2. Glied auf der Unterseite mit mäßig langer Borste. Fühler sehr charakteristisch gefärbt. 1. Glied nur innen grau getrübt, 2. Glied an der Grundhälfte grau, übrigens weiß, 3. Glied an der äußersten Basis .und in der Spitzhälfte hyalin, 4. Glied grau, am äußersten Grunde hyalin, eine breite Binde in der Mitte, die sich über 3 Ringel erstreckt, hyalin, das Endringel wieder grau; Endglieder grau. Vorkommen: Wie die Imago im Rasen, bei Ottensheim und Micheldorf, ferner beim Prielschutzhause (1524 r) ın Blütenständen von on Jacguini aufgefunden (Oberösterreich, H. Priesner), Genus Anaphothrips Uzel. Fühler miete lang, wenigstens deren 4. Glied mit ‚deutlich Borstenkränzchen. Körperborsten kurz, an der Spitze schwach ceknöpft oder gefranst. Zähnchenkamm- am 9. Tergit fehlend oder sehr schwach entwickelt. Kutikularskulptur in Querreihen borsten- loser, kräftiger Längskielchen bestehend. Be rs oder gelbbraun. 1 Rotes’. Proement Tehlt.. Dear Sepiment 'nur am Hinter rande braungrau gesäumt, mit äußerst zartem Zähnchen- kamm. Lateralborste des Prothorax ‘sehr kurz (etwas Ilm a auch die übrigen Körperborsten kurz (Seitenborsten It 8, Beginnen etwa 20 lang)... ..,%.. „obscurus Müll). N Bo Pigment sehr spärlich vorhanden. 9. und 10. Seg- ment fast ganz graubraun, stärker chitinisiert. Hinterrand des 9, Tergites ohne Zähnchenkamm. Hintereckenborste des _ Prothorax (27 bis 30p) sowie die übrigen Körperborsten etwas länger (Seitenborsten des 8. Segmentes etwa 30 u lang). Körper dunkler, am Prothorax deutliche graue lea ae u rn an den secticornis (Irybom). Anaphothrips öbscurus (Müll). — Trybom, Öfvers. af Kongl. Vet. Akad. Förh., 1896, p. 618; Hinds, The Grass Thrips, G:a u u k Jugendstadien der. Thysanopteren. 15 Mass. Agr. Coll, 1900, p. 8..— Il. Stadium: Körperfarbe hellgelb. Grau 'getrübt sind: die Fühler, mit sehr dunklem vorletzten und ‚etzten Gliede, 3 sehr schwache Flecke am Kopf vor den Augen, die Mundspitze, die äußerste Basis der Schenkel, die ganzen Tibien und Tarsen, der Hinterrand des 9. und der größte Spitzenteil des 10. Segmentes. Insertionsstellen der Abdominal- borsten durch kleine dunkle Punkte markiert. Hyalin- sind: das 1. Fühlerglied zum Teil, die Spitzhälfte des 2., die. Basis und Spitze des. 3. Gliedes und die Schenkelenden. — 3. Fühlerglied (Fig. 5) verkehrt kegelförmig, Borstenkränzchen rudimentär, ‚nicht wahr- nehmbar. Längere Börstchen auf den Fühlergliedern verhältnis- mäßig klein. Kopfborsten sehr kurz (vgl. Hinds, I. c., Tafel I, Fig. 1). Prothoraxborsten sehr klein, nur die Hintereckenborsten deutlicher, gebogen, an der Spitze etwas ausgefranst (11. lang). Meso- und Metathoraxborsten und die Borsten auf den vorderen Abdominalsegmenten. sehr klein, vom 8. Segment an deutlicher, dort auch am längsten,. wie die Prothoraxborsten gestaltet. 4 Dorsal- borsten des 9. Segmentes schwach geknöpft, die äußeren 32 bis 55 ı. lang. Borsten am 10. Segment spitzig. Hinterrand des 9. Tergites sehr fein gezähnelt. Kutikula des Abdomens viel kräftiger skulptiert als die des Thorax, aus Querreihen kräftiger, aber schmaler Längs- kielchen (seitlich als Höckerchen vorspringend) bestehend. — Körperlänge 0°76 bis 1'2mm. Nach Hinds (l. c., p. 9) ist das I. Stadium durch viel längere, spitzige Borsten am Abdomenende und die kürzeren, aber plumperen mit weniger scharf vonein- ander getrennten Gliedern versehenen Fühler sicher zu unter- scheiden. 48 Vorkommen: In der ganzen warmen Jahreszeit unter Blattscheiden von ver- schiedenen Gramineen (H. Priesner). Anaphothrips secticornis (Trybom). — (Bisher unbekannt.) I. Stadium: Körper viel dunkler als bei vorigem, bräunlichgelb, einzelne rote Pigmentzellen- durchscheinend. Braungrau sind: die Fühler, mehrere Flecke oben am Kopf, am dunkelsten davon ein länglicher Fleck zwischen den Fühlerwurzeln, 2: hintereinander- liegende, mitunter verschmolzene Flecke an der Stirn (Unterseite), seitlich hinter diesen jederseits ein rundlicher Fleck, die basale Hälfte (oder mehr) der Schenkel, die Schienen und Tarsen, das "ganze 9. und 10. Segment, jederseits ein x-förmiger oder unregelmäßig gestalteter Fleck am Prothorax, 1 bis 2 kleine Fleckenpaare am Meso- und ein kleines Fleckenpaar am Metathorax. Weißlich sind: das 1. Fühlerglied außen, das 2. an der Spitze, das 3. an der Basis und Spitze, zuweilen der Innenrand der Schienen und der Vorderrand des 10. Segmentes. — Borsten am Körper viel länger als bei obscurus und etwas dunkler. Von der Borsten- querreihe vor den Augen die inneren etwas länger als die seitlichen und länger als das hinter ihnen befindliche Paar. Postokularen wie bei obscurus rudimentär. Fühler etwas kürzer und dicker als bei 16 FrPpriesuer, sichtbar, Lateralborsten gefranst oder abgestutzt, 27 bis 30 lang. Die Vorderrandborsten des Prothorax spitzig. Hautskulptur etwas gröber als bei obscurus, schon Meso- und Metathorax mit deutlichen Kielchenquerreihen, diese am Abdomen sehr kräftig. Lateralborsten des 8. Segmentes am längsten von allen Borsten des 1. bis 8. Segmentes, schwach geknöpft. Laterale Borsten des 9. Tergites stark gebogen, 49 bis 54 lang. 9. Tergit am Hinterrande ohne Spur eines Zähnchenkammes. Borsten am 10. Segment spitzig, länger als bei obscnurus. — Körperlänge: 0:85 bis 11 mm. Vorkommen: Auf Almwiesen im Sommer im Rasen, bis 1800 an; Ober- österreich; Salzburg: Hohe Tauern (H. Priesner). Genus Limothrips Haliday. Fühler kurz, nur 1'2 bis 1'3mal so lang als der Kopf an den Augen breit. Kopf groß und plump, der dunkelste Körperteil. Abdominalintegument fast glatt. Borsten am Körper sehr kurz, nur ein Lateralborstenpaar des 7. Segmentes länger. Hinterrand des 9. Tergites mit sehr feinem Kerbzähnchenkamm. Limothrips denticornis Haliday. — Lindeman, Bull. Soc. Nat. Mosc., 1887, p. 308. — Körper milchweiß. Grau sind: die Fühler, hievon die Basis des 1. und 2. Gliedes am dunkelsten, der Kopf mit Ausnahme einer vor den Augen gegabelten weißen Mittelnaht, zwei große, gezackte Flecke am Pronotum, die Thorakal- stigmen, 4 und 2 Flecken am Meso-, beziehungsweise Metanotum; schwach grau getrübt ist meist das Ende des 10. Abdominal- segmentes; grau sind die Basis der Schenkel, die Vorder- und Mitteltibien, die Außenränder der Hintertibien und die Tarsen. Weiß sind: Spitze des 1. und 2., Basis und Spitze des 3. Fühlergliedes.— Kopf groß und dick, Borsten nur winzig klein. Augen klein, ganz flach. Fühler sehr kurz. Maße: 19 (34), 30 bis 32 (29), 43 bis 46 (35), 43 bis '46 (24 bis 26), .11..(14).. 19 (13), 1. ‚Glied ‚sehr kurz und breit, 2. fast so lang wie breit, 3. dick, rundlich oval, das 4. im Verhältnis zum 3. sehr schmal, das 5. etwas breiter als lang, das Endglied ziemlich kurz. Am 3. Gliede sind weder Nähte noch Borstenkränze sichtbar, am 4. ist nur eine Naht vorhanden. Prothorax wenig breit, Börstchen auf demselben sehr kurz, die ‚längste, posterolaterale mißt 22 1. Alle Borsten spitzig. Auch die übrigen Thorakal- und Abdominalborsten sehr kurz, zart, nur eine Borste jederseits am 7. Segmente lang, sehr fein haarförmig (62 p.), 1:4 bis 1’5 mal so lang als die entsprechende des 8. Segmentes und etwa doppelt so lang oder noch länger als die Seitenborsten -des 6. Segmentes. Kutikula des Abdomens fast glatt, bei stärkster Vergrößerung sind äußerst feine Pünktchen sichtbar, die keine Börstchen tragen. Hinterrand des 9. Tergites höchst undeutlich gezähnelt. Alle Stigmen verhältnismäßig klein. Mesothoraxbreite: ® in SE 7. 10 te Se Pr 2 h 127 obscurus, sonst sehr ähnlich. Am Prothorax alle Borsten deutlich an & - & Jugendstadien der Thysanopteren. 17 306 w. Körperlänge bis 156 mm. — Die jungen Larven sind gleich- falls durch die lichte Färbung und den Besitz einer längeren Borste am 7. Segment kenntlich, sie sind von den erwachsenen Larven durch die Fühlerbildung zu unterscheiden: .die einzelnen Glieder sind sehr undeutlich voneinander getrennt, das 4., 5. und 6. bilden ein spitzkegeliges Ganzes. | | Vorkommen: Unter der obersten Blattscheide von Triticum, Hordeum und Secale, wo die Tiere die ganze Entwicklung durchmachen; mit Vorliebe an »gicht- kranken« durch Chlorops-Arten (Dipt.) befallenen Halmen von Triticum (HA. Priesner). Wodurch sich die Larve des L. denticornis von der des _L. cerealium. Hal. unterscheidet, vermag ich noch nicht anzugeben; jedenfalls ist aus den Beschreibungen der älteren Autoren hierüber nichts Sicheres zu entnehmen; die von Van Eecke beschriebene! Larve von L. cerealium gehört zu Thrips tabaci Lind. Der Irrtum ist darauf zurückzuführen, daß sich in ein und demselben Präparat sowohl die Thrips-Larve als auch Imagines und eine Puppe von Lim. cerealiu:sı befanden, so daß die Larve von mir und Van Eecke damals als zu Limothrips gehörig gedeutet worden war. Die von dem genannten Forscher angegebene Dornbildung am .9. Tergit bezieht sich auf die unter der Lärvenkutikula vorgebildeten Dornen des Vorpuppenstadiums. Genus Aptinothrips Haliday. Körper sehr schmal. Kopf gestreckt. Abdominalkutikula fast glatt. Lateralborstenpaar des 7. Segmentes lang, viel länger als das des 6. und 8. Segmentes. Alle Körperborsten spitzig. Kerbzähnchen- saum des 9. Tergites undeutlich. Aptinothrips rufus (Gmelin). — Haliday, Walker, Hom. ins. #16. Mus, p. 1103, Tab. V, Fig. 5 bis 8; Trybom, I. c., p. 614. — U. Stadium: Körperfarbe hellorange-gelblich. Grau sind: das 1. Fühlerglied am Innenrande und der Basalhälfte des Außenrandes, das 2. Glied mit Ausnahme der weißen Spitzhälfte, das 3. Glied (mit weißer Basis und Spitze), das 4; das 5. und 6. Glied dunkei- grau bis schwärzlich. Grau sind ferner: ein rhombischer oder quadratischer Fleck am Kopf zwischen den Fühlerwurzeln, ein kleiner Fleck seitlich vor den Augen, zwei schwache Flecke am Prothorax, sehr kleine, oft erloschene Flecke am Mesothorax (2 Paare) und am Metathorax (1 Paar), das 9. Abdominalsegment gegen das Ende zu, das 10. Segment mit Ausnahme des basalen Randes; die Basalhälfte der Schenkel, die Vorder- und Mittelschienen, alle Tarsen und der Außenrand der Hinterschienen. Alle übrigen Teile der Beine weiß. — Kopf sehr schmal, etwa 1'4mal so lang als breit, Anteokularborsten deutlich, aber sehr klein und zart; Borsten der 2. Reihe nur sehr schwer sichtbar. Fühler 1'’9mal so 1 Eerste Bijdrage tot de Kennis der Nederlandsche Thysanoptera. Nat. Verh., Haarlem. 1922, p. 33 und Textfig. 9. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. 2 18 H. Priesner, Jugendstadien der Thysanopteren. lang als der Kopf, an den Augen breit, ähnlich wie bei Anaphothrips, das 3. und 4. Glied jedoch ohne Börstchenkränze, das 3. Glied geradlinig kegelig, 1’S mal so lang wie breit, gegen den Grund stark verengt, das 1. Glied sehr kurz, das 4. gleichfalls kürzer als bei Anaphothrips. Prothorax sowie Meso- und Metathorax schmal, an ersterem nur die Hintereckenborsten deutlich, sehr dünn, 15 bis 16 lang, spitzig. Borsten am Meso- und Metathorax kaum sichtbar. Borsten am Abdomenende ziemlich lang, gebogen, sämtliche scharfspitzig. Eine Lateralborste des 7. Sementes sehr lang, mehr als doppelt so lang als die des 6., fast doppelt so lang als die ent- sprechende Borste des 8. Segmentes. Hinterrand des 9. Tergites “ nicht oder kaum gezähnelt, die seitlichen Borsten daselbst 73 bis 78 H | ang. — Körperlänge bis 0°92 mm. I. Stadium: Wieder durch kurzes, rundliches 2. Fühlerglied und die breit vereinigten 3 letzten Glieder, ferner die sehr langen Borsten des 9. und 10. Segmentes kenntlich, ist auch dieses Stadium durch den Besitz einer ungewöhnlich langen Borste an den Seiten des 7. Segmentes ausgezeichnet. Die Borsten an den Seiten des 9. Segmentes messen etwa 76, die am 7. Segment 60 bis 65.4, dies bei einer Gesamtkörperlänge von nur 0:6 mm. Eine längere Borste an der Unterseite des 2. Fühlergliedes ist bei dieser Art nicht wahrzunehmen. Vorkommen: Man trifft die Larven durch die ganze Vegetationsperiode unter den Blattscheiden der Wiesengräser und der Getreidearten, in den Alpen bis zur oberen Grenze des Pflanzenwuchses (H. Priesner). Verzeichnis der Abbildungen. Fig. 1. Borstenstellung am Meso- und Metanotum von Melanthrips fuscus (Sulz.) — Larve Il.; die Ringel stellen die Insertionsporen der größeren, die Punkte die der kleineren Borsten dar. Fig. 2: Borstenstellung am Meso- und Metathorax von Aeolothrips fasciatus (L.) — Larve Il. Fig. 3. Rechte Antenne der erwachsenen Larve von Prosopothrips vejdovskyi Uz., von unten. — Vergr. 275 fach. Fig. 4. Keulenborste des 9. Tergites der erwachsenen Larve von Prosopothrips vejdovskyi Uz. — Vergr. 512fach. . Linke Antenne der erwachsenen Larve von Anaphothrips obscurus (Müll.), von oben. — Vergr. 275 fach. Oi Fig. Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Histochemische Untersuchung einiger flavonführender Farbhölzer Von Josef Kisser Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität Wien Nr. 200 der zweiten Folge (Vorgelegt in der Sitzung am 8. Februar 1923) Die chemische Erforschung der Farbstoffe zahlreicher technisch verwerteter Farbhölzer wurde — einem praktischen Bedürfnis entsprechend — schon vor langer Zeit in Angriff genommen und ihre Konstitution! zum größten Teil bereits auf- geklärt. Ihrer chemischen Natur nach sind sie vorwiegend einerseits Derivate des Anthracens und Anthrachinons, anderseits des Flavons, das ja auch die Stamm- substanz der Anthocyane, Anthochlore und der weitverbreiteten und vielfach technisch verwendeten natürlichen Beizenfarbstoffe ist, für die histochemische Methoden bereits ausgearbeitet sind,? für die letztgenannte Gruppe erst in jüngster Zeit von Klein,3 der auch ihre weite Verbreitung im Pflanzenreiche zeigen konnte. Wenn auch die Verhältnisse bei Hölzern im allgemeinen anders liegen als im lebenden Gewebe, so zeigten doch die Versuche von Klein bei einigen flavonführenden Hölzern und Drogen, daß seine Methodik auch in diesen Fällen im großen und ganzen Anwendung finden kann. Dadurch war der-Weg gewiesen und es bestand die Möglichkeit einer histochemischen Charakterisierung dieser Farbstoffe. Nur diese (Flavonderivate) sollen im folgenden behandelt werden. Nach den wenigen vorliegenden Untersuchungen wurde Nachweis, Lokalisation im Gewebe und nähere Charakterisierung nur durch Farbenreaktionen geführt. Deren Bedeutung gerade in diesen Fällen darf nicht unterschätzt werden, da sie für manche Farbhölzer sehr charakteristisch sind, dadurch die Möglichkeit einer genaueren Dia- gnostizierung besteht und endlich die Lokalisation des Farbstoffes ausschließlich nur auf Grund solcher Reaktionen zu ermitteln ist. Von diesen Gesichtspunkten aus- gehend, hat Vogl# auf Grund verschiedener Reaktionen versucht, charakteristische 1 Für die zahlreiche chemische Literatur vgl. Czapek, Biochemie der Pflanze, 3. Bd., II. Aufl., Jena 1921, p. 402—443, und Rupe in Abderhalden, Biochemisches Handlexikon, Bd. VI, Berlin 1911. 2 Molisch H., Über amorphes und krystallisiertes Anthokyan. Bot. Zeitung, 1905. — Klein G., Studien über das Anthochlor. 1. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. in Wien, math.-naturwiss. Kl. 1920, Bd. 129, Abt. I, 7. u. 8. Heft. Derselbe, II. Ebenda. 1921, Bd. 130, Abt. I, 6. u. 7. Heft. 3 Klein G., Der histochemische Nachweis der Flavone. Ebenda, 1922, Bd. 131, Abt. 1, 1. bis 3. Heft. 4 Vogl A., Untersuchungen über den Bau und das mikrochemische Verhalten der wichtigsten Farbhölzer des Handels. Lotos. Jg. XXIH, 1873, p. 49 u. 157. F: Merkmale und Kennzeichen für im Handel befindliche Sorten, besonders solche, fs die in der Färbetechnik Verwendung finden, ausfindig zu machen, um daduch eine r Unterscheidung einzelner Sorten zu ermöglichen. Auch Praäls!t Untersuchungen a erstrecken sich vorwiegend auf solche Hölzer ‚ deren Kerne Farbstoffe führen nd h . die auch in Pharmazie, Färberei und Tischlerei verwendet werden. Durch Lösungs- £ ; mittel als auch mittels anderer Reagentien studierte er die Inhaltsstoffe der Zellen Ankissere sowie das Verhalten der in den Membranen festgehaltenen Farbstoffe und deren Lokalisation. Weitere‘ diesbezügliche Angaben ‚finden sich bei Möeller,2 Brick;3 Hanausek,* Hassack,5 -besonders aber‘ ‘bei Wilhelm,6 wo die einzelnen Reaktionen oft zur näheren Charakterisierung herangezogen werden, und in zahl- reichen anderen, mehr praktischen Heduefaeben Rechnung tragenden Lehr- ‚und Handbüchern, einiges auch bei Molisch’ und Tunmann. 5 & Im Zellinhalt zumeist in den parenchymatischen Elementen (Holzparenchhm nd Die Far liegen sowohl im Zellinhalt, als auch in den Membranen. Markstrahlen), aber auch in allen übrigen als körnige, amorphe Massen abgeschieden, in Tröpfchenform, neben Gerbstoffen oder aber auch von Harz- und Gummimassen, die_Gefäße und andere Elemente oft teilweise erfüllen, absorbiert. Die Zellenwände erscheinen, besonders bei dickeren Schnitten, durch Eu durch gefärbt. Die Ansichten über den Ort der Entstehung der Farbstoffe sind geteilt. Seh, vertritt die An- schauung, daß sie aus dem Zellinhalt stammen und beim Absterben und Ein- trocknen von den Membranen absorbiert und festgehalten werden, desgleichen Pra&l (l. c.), der zu ihrer Bekräftigung Versuche anstellte, ob die Membranen für solche ursprünglich gelöste Farbstoffe tatsächlich permeabel sind und sie festhalten können. Er fand in den Fällen, wo er Splintholz mit Kernholzfarbstoffen ein und derselben Pflanze (z.B. Caesalpinia Sappan, Baphia nitida) und auch anderen färbte, daß in allen Fällen durch nachträgliche Extraktion mit geeigneten Lösungsmitteln nicht aller Farbstoff entfeınt werden konnte und-so die Membranen schwach ge- färbt bleiben. Vogel (Il. c.) will jedoch auf Grund seiner anatomischen Befunde. die Entstehung in den Membranen direkt vor sich gehen lassen. Er findet, daß alle - Schichten der Membran Farbstoffe führen, am reichsten aber die Interzellular- substanz, wie aus ihrem Verhalten gegen Quellungs- und Lösungsmittel hervorgeht. Ferner, daß diese Schichte im Splint (bei Domingo-Blauholz) zu einer Zeit schon ge- färbt ist, wo alle anderen Zellwandschichten noch vollkommen farblos sind und im Zellinhalt selbst wenig oder noch gar kein Farbstoff vorhanden ist. Auf Grund dieser Beobachtungen zieht er den Schluß, daß eine Infiltration dafür nicht ver- antwortlich gemacht werden könne, sondern eine chemische Umwandlung an Ort und Stelle. } Durch eine von Wislicenus10 aufgestellte Theorie über die Bildung des Holzes, die von ihm experimentell begründet wurde, kann auch die Entstehung der 1 Pra&l E., Vergleichende Untersuchungen über Schutz- und Kernholz der Laubbäume. Jahrb. f. wiss. Botanik, Bd. 19, 1888, p. 1 ft. 2 Moeller J., Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Holzes. Denk- schriften d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturwiss. Klasse, 36. Bd., Wien, 1876. — Derselbe, Das Holz. In »Die Rohstoffe des Tischler- und Drechslergewerbes«, Kassel, 1883. 3 Brick C!, Beitrag zur Kenntnis und Unterscheidung einiger Rothölzer. Jahrb. di Hamburgischen wiss. Anstalten. VI. Jg., 1888, I. Hälfte, p. 105. 2. Bd., 4 Hanausek T. F., Lehrbuch der technischen Mikroskopie. Stuttgart, 1901, 5 Hassack K., Lehrbuch der Warenkunde, II. Teil, Wien. 6 Wilhelm. K., Hölzer. In Wiesner J. »Die Rohstoffe des Pflanzenreiches«, II. Aufl., Leipzig, 1918. 7 ee) H., Mikrochemie d. Pfianze. Jena, 1923, IH. Aufl.. 8s Tunmann Dr Pflanzenmikrochemie. Berlin, 1913. - 9 Sanio C., Einige Bemerkungen über den: Bau des Holzes. Bot. a 18. 32., 1860, 2: 203. und : 10 Wislicenus H., Über‘ kolloidchemische Vorgänge bei der. Hölibildung die stoffliche Natur des Holzes ’und '»Lignins«. Zeitschrift für Chemie und N er, Flavonführende Farbhölzer. 21 - Farbstoffe eine Erklärung erfahren, wenn man festhält, daß die Holzbildung in drei Abschnitten verläuft, die Bildung des Zellulosegerüstes, die Auflagerung kolloider Bestandteile durch -Adsorbtion und Gelbildung (Verdickung und Ausgestaltung der Membranen) und endlich die zwischen den adsorbierten Hydrogelen stattfindenden chemischen Reaktionen, die in erster Linie zur Bildung des Kollektivbegriffes »Helz- substanz« führen. Das Auftreten von Farbstoffen in den Membranen ließe sich demnach so erklären, daß alle für ihre Bildung notwendigen Baustoffe ihre Entstehung im Zell- inneren, im Protoplasma nehmen, schon frühzeitig den Membranen ein- oder auf- gelagert werden, dort im gegebenen Falle untereinander in Reaktion treten und so ihre Entstehung veranlassen, daß ihre Vorstufen also jederzeit vorhanden sind und es nur der Auslösung der Reaktion bedarf. Methodik. Für die Charakterisierung der einzelnen Farbstoffe wurden herangezogen: ihre Löslichkeitsverhältnisse, die Löslichkeit in Al- kalien mit typischer Farbe, .das Verhalten gegen Säuren, die Fähig- keit Metallniederschläge zu bilden und das Reduktionsvermögen von Fehling’scher Lösung und ammoniakalischem Silbernitrat. Dabei wurden die schon bekannten Reaktionen durchgeprüft und wo sich Abweichungen ergaben, dies vermerkt. Eine Krystallisation aus Lösungsmitteln sowie die Darstellung der Kalium- und Natriumsalze gelang im allgemeinen nicht, wohl aber die Krystallisation mittels HCl, immer aber nur außerhalb des Gewebes. Brauchbare Resultate gab die Methodik, die von Klein aus- gearbeitet wurde, mußte aber in manchen Fällen eine Modifikation erfahren. Er bringt auf einen hohlen Öbjektträger einige Tropfen rauchende HCl, gibt darüber einen 4 bis 6 mm hohen . Glasring und auf diesen das Deckglas mit dem zu prüfenden Gewebestück. Der so adjustierte Objektträger kommt nun in einen Trockenschrank von 40° C. und wird daselbst eine Viertel- bis eine halbe Stunde beiassen, bis sämtliche HCl abgedampft ist. Waren Flavone vor- handen, so sind sie an Ort und Stelle in der Zelle in Krystallform abgeschieden. Handelt es sich um die Prüfung trockener Proben (Drogen, Pulver etc.), so ist ein Befeuchten mit Methylalkohol, Äthyl- alkohol, Eisessig oder einem anderen Lösungsmittel notwendig. Schnitte durch Hölzer gaben nur in den seltensten Fällen brauch- bare Resultate, wohl aber, wenn das Holz mit einer Feile fein zerrieben und auf dem Deckglas mit Alkohol oder Eisessig durch- feuchtet, der Einwirkung von HClI-Dampf ausgesetzt wurde. Der Grund dafür ist wohl darin zu suchen, daß im ersteren Falle viel zu wenig Farbstoff in Lösung gehen konnte. Sehr schöne Krystallisation erhielt ich auch, wenn HCl-Dampf kalt einwirkte. Möglichst großen Schnitten wurde unter Deckglas durch Aufkochen mit Alkohol oder „Essigsäure möglichst viel Farbstoff entzogen und diese Präparate Industrie der Kolloide, Bd. VI, 1910, und Über kolloidchemische Vorgänge bei der Holzbildung und über analoge Vorgänge außerhalb der Pflanze. Tharandter Forstl. Jahrbuch, Bd. 60 (Leipzig. Band 1909). ‘ za Some 22 ia. Kisser, in eine mit rauchender HCl beschickte Glasdose übertragen. Es tritt sofort ein Farbenumschlag ein, zuerst an den Deckglasrändern beginnend und durchdringt schließlich die ganze Flüssigkeit. Nimmt man sie dann heraus und läßt sie bei Zimmertemperatur. eintrocknen, so kann man oft reichlich neben amorphen krümeligen Massen Krystallprodukte finden, meist Sphärite oder Schollen, bei manchen Objekten auch Nadeln, Nadelbüschel oder Doppelpinsel. Besonders schön ist die Krystallbildung am Deckglasrande oder dort, wo Flüssigkeit hervorgetreten ist. Schnitte, die ohne Deckglas so be- handelt wurden, gaben weniger gute Resultate, da die Flüssigkeit auf dem Objektträger rasch auseinanderläuft. Von einer Lokalisation, die auch auf diesem Wege nicht angestrebt wurde, kann natürlich nicht die Rede sein, diese läßt sich nur mit Zuhilfenahme von Farbenreaktionen ermitteln. Wo es möglich war, wurden auch reine Lösungen der Farbstoffe zum Vergleich herangezogen. Die Frage nach der chemischen Zusammensetzung der er- haltenen Krystalle, ob es sich um reinen abgeschiedenen Farbstoff oder um Säureadditionsprodukte handelt, muß auch hier offen ge- lassen werden. Klein vermutet letzteres und es gewinnt diese An- sicht auch dadurch eine weitere Stütze, daß z. B. das Brasilein nach Untersuchungen von Herzig und Pollak! ein Salzsäure- additionsprodukt, das Brasileinchlorhydrat (C,,H,0,+HCl) bildet, das durch Einleiten von gasförmigem HCl in eine alkoholische Lösung in Form von roten Krystallen gewonnen wird, und auf analogem Wege auch mikrochemisch durch Einwirkung von HCI- Dampf auf das durch Alkohol oder Eisessig aus den Schnitten her- ausgelöste Brasilein. Und das (HCI-Dampf) ist ja auch der Weg, der beim histochemischen Nachweis der Flavone im allgemeinen eingeschlagen wird. Dazu kommt noch ihre Unlöslichkeit in Salz- säure selbst, die dort, wo Säureadditionsprodukte infolge der Kon- stitution nicht möglich sind, als einzige Ursache für die Krystall- bildung in Betracht kommen dürfte. Was die Konzentration der verwendeten Reagentien anlangt, so ist sie in einigen Fällen angegeben, wo nicht, ist sie für den Ausfall der Reaktion nicht von Belang oder ergibt sich von selbst. Eisenchlorid wurde 5°/, in alkoholischer Lösung, Bleiacetat gesättigt in Alkohol angewendet. Histochemische Untersuchung. Brasilin, beziehungsweise Brasilein findet sich im Rotholz, dem Kernholz verschiedener Caesalpinia- Arten. Besonders wertvolle Produkte liefern Caesalpinia echinata Lam. (Fernambukholz) und €. Sappan L. (Sappanholz), weniger 1 Herzig und Polliak, Monatshefte für Chemie. 25, 871 (1904); Chem. Centralblatt, 1904, II, 1313. 1 ae Dr 3 _Flavonführende Farbhölzer. 23 geschätzt sind C. bicolor C. H. Wright, C. büjnga Sw., C. bra- siliensis Sw., C. crista L. und C. tinctoria Benth., die unter den mannigfachsten technischen Bezeichnungen, je nach ihrer Herkunft, im Handel sind und eine Zuteilung zu einer bestimmten Art oft unmöglich machen, zumal sie auch anatomisch wenig differieren.! Die Anwendung des Rotholzes, beziehungsweise seines Extraktes in der Färberei ist heute nur noch eine beschränkte, da die erzielten Farben unbeständig sind und so durch künstliche Farbstoffe leicht ein Ersatz geschaffen werden konnte. Der eigentliche Farbstoff ist das Brasilein, das durch Oxy dation aus dem Brasilin entsteht. Nachstehende Tabelle gibt eine Übersicht über das Verhalten von Schnitten durch das Holz, beziehungsweise daraus gewonnener Extrakte verschiedenen Reagentien gegenüber, und zwar beziehen sich alle Angaben auf C. ini Zum Vergleich herangezogends Material von C. Sappan zeigte im großen und ganzen dasselbe, so daß eine eigene Behandlung nicht notwendig erscheint. Die Nuancen der erzielten Farbenreaktionen durch Benutzung der sehr brauchbaren Farbenatlanten? zu fixieren, um in deren Bezeichnung dem subjektiven Farbensinn des Beobachters nicht allzu großen Spielraum zu lassen, erwies sich nicht als vorteilhaft, da dieselben innerhalb weiter Grenzen schwanken, je nach der Menge der Flüssigkeit, Konzentration des Reagens, Alter des Holzes etc. Krystallisation. Feines Holzpulver wurde mit Alkohol oder Eisessig durchfeuchtet und bei 40° auf dem Sublimationsring HCI- Dämpfe ausgesetzt. Neben amorphen rotbraunen, körnigen, krüme- ligen Massen liegen zahlreiche gelbrote bis dunkelbraune Sphärite. Bessere Resultate gab die Einwirkung kalten HCI-Dampfes in der Kammer. Sphärite traten viel häufiger auf, besonders reichlich und schön dort, wo etwas Flüssigkeit unter dem Deckglas hervor- getreten ist. Die Tatsache, daß kein krystallisiertes Bleisalz erhalten wurde, ferner die Bildung des Chlorhydratproduktes sprechen im gegebenen Falle dafür, daß nicht Brasilin, sondern nur dessen Oxydationsprodukt, das Brasilein vorliegt. Die unter- suchten Hölzer besitzen alle bereits ein beträchtliches Alter. Frisch gesammelte Proben standen nicht zur Verfügung. 1 Die zahlreichen technischen Bezeichnungen sowie die anatomische Charakte- ristik dieser und der im folgenden besprochenen Hölzer findet sich ausführlich bei NVERh el "ke, rlölzer,. in Wiesner !J., Die Rohstoffe des Pfilanzenreiches, 2. Bd, II. Aufl., Leipzig, 1919, das wichtigste auch in dem Abschnitt von Wilhelm K,, Naturgeschichtliches, der innere Bau des Holzes, die wichtigsten Nutzhölzer, in P. Krais, Gewerbliche Materialkunde, Bd. I, Stuttgart, 1910. Die Chemie der Farbstoffe ist ausführlich und übersichtlich zusammen- gestellt von Rupe H., Die Chemie der natürlichen Farbstoffe, in Bolley P. A. und Birnbaum K., Handb. d. chemischen Technologie, Bd. V, 4, Braunschweig, 1910, und Rupe H. u. Altenburg H., Pflanzenfarbstoffe, in Abderhalten, Biochemisches Hand- lexikon, Bd. VI, Berlin, 1911, ferner in Czapek Fr., Biochemie der Pflanzen, Bd. IH, m, Auil,.,_Jena,. 1921. 2 Klincksieck et Valette, Code des Couleurs 1908. Ostwald W., Der Farbenatlas, Leipzig. un rt « te Er a a MER En er u -4 Ar # s ri? Alkohol, Eisessig, Wasser, Ather H,SO, konz 3 H,SO, verd. . HNO; konz. HNO; verd. HCl konz. K,CO,, NH;, KOH Ba (OH), Kalialaun Fe Olz- Neutr. Bleiacetat Bas. Bleiacetat ammoniak. Ag NO3 Fehling’sche Lösung Lösen mit. gelber bis orangegelber Farbe Löst und färbt Schnitt braunrot . Löst mit blutroter Farbe Löst orangegelb Löst und färbt Schnitt karminrot Schnitt leuchtend rot. Spuren von Farbstoff gehen in Lösung Lösen und färben Schnitt prachtvoll karmin Löst und färbt Schnitt rosa Färbt wässerige Lösung hellrosa Färbt wässerige*Lösung schmutzig bis dunkel rot- braun Mehr rosenrote Fällung Mit kochender, wässeriger Lösung, blauvioletten, amorphen, flockigen Nieder- schlag Wird kalt reduziert Heiß reduziert a das le _ enthält, ‚löst tief oder bei Zusatz von schwach gelblicher, er a Krystallisation mittels HC Damp e! oben Beim Erwärmen in KOH geht “Lösung in schmutzigrot und endlich in braunrot über Nach Vogl werden Zellwände | dunkelviolett gefärbt, bei C. Sappan | nach Zusatz von Alkohol tief blau | Reines Brasilin gibt unter diesen | Umständen ein gut krystallisier- |‘ bares Bleisalz (farblose Nadeln | und Nadelbüschel, die beim | Trocknen rot werden). Diese Re- |}! aktion läßt sich sehr gut mikro- chemisch verwerten und ist sehr empfindlich re TR | - Flavonführende Farbhölzer. 25 | Lokalisation. Sämtliche Elemente des Holzkörpers erscheinen in Wasser oder Glyzerin leuchtend orange gefärbt. Sehr gute Dienste leistete die Untersuchung in Kanadabalsam, die auch bei den anderen Objekten angewendet wurde. Die Schnitte werden direkt darinnen eingeschlossen und infolge der starken Aufhellung lassen sich die einzelnen Details sehr gut verfolgen. Zahlreiche gelbrote, braunrote bis rotbraune Massen liegen in den Gefäßen, diese oft teilweise erfüllend, bei C. echinata mächtiger ausgebildet als bei C. Sappan, ferner im Parenchym und in den Markstrahlzellen oft neben den Kıystallen. Außer dem dunkler gefärbten Inhalt kommt in den Ge- fäßen von (. echinata auch rein gelber, homogener _vor. (Bei C. Sappan konnte ich solchen nicht finden, was auch Wilhelm (l. ce.) dahingestellt läßt.) Der Inhalt der Parenchym- und Markstrahl- allem löst sich in Alkali mit typischer’ Pärbe, "nicht aber der der - Gefäße, sowohl der dunkle als auch der hellgelbe, trotz Einwirkung durch 24 Stunden, wohl aber wird er karmin verfärbt, was auf eine Adsorption hindeutet. Diese unlösliche Grundmasse wird von Pra&l (l. c.) als Gummi angesprochen. Hämatoxylin, beziehungsweise Hämatein wird aus dem Kernholz von Haematoxylon Campecheanum 1. (Campeche- oder Blutholz) gewonnen. Auch hier führen einzelne Sorten je nach ihrer Herkunft verschiedene Handelsbezeichnungen, über die eine schöne Zusammenstellung bei Rupe (l. c.) sich findet. Der Farbstoff findet auch heute noch ausgedehnte Anwendung in der Färberei. Der eigentliche färbende Faktor ist das Hämatein, ein Oxydationsprodukt des Hämatoxylins. Nachstehende Tabelle gibt eine Zusammenstellung und Über- sicht über die charakteristischesten und wichtigsten Reaktionen. Alle Versuche, eine Krystallisation zu erzielen, schlugen fehl. Krystallbildung aus Lösungsmitteln versagte, es resultierten immer nur amorphe Massen. Ebensowenig führte HCl-Dampf bei 40° und kalt angewendet zum Ziel. Der Grund dafür liegt wohl klar auf der Hand. Erstens ist der Farbstoff in HCl löslich, daher scheidet dieser Faktor für die Krystallisation aus, und zweitens wird er von HCl schwer angegriffen. So fand .Dralle,! daß selbst bei tagelangem Kochen von Hämatoxylin in konzentrierter HC] keine wesentliche Zersetzung eintrat. Lokalisation. Schnitte in destilliertem Wasser zeigen .alle Elemente goldgelb bis orange gefärbt, kalkhaltiges Leitungswasser bewirkt baldige Verfärbung über violett in karmin. Die Untersuchung wurde in Kanadabalsam-Präparaten geführt, auch dort erscheinen sämtliche Zellwände goldgelb, der Schnitt in dicker Lage tief orangerot. Die Wände der Gefäße sind leuchtend gelb und innerhalb dieser liegen häufig zahlreiche tief rotbraune, leuchtende Massen 1 Dralle, Ber. d. deutsch. chem. Gesellschaft. 77, 372 (1885). rn a 2 San 26 'J. Kisser, Methylalkohol, = RT Bihsieikaifeiken no a eu stoff mit tiefgelber bis Leitungswasser löst herrlich Eisessio, Wasser karmin bis violett, destilliertes 0) heiß orangegelber Farbe Wasser goldgelb | | ER = EICH konz Färbt Schnitt karmin und Beim Eintrocknen tief rot { j y ö löst gefärbte Massen i Löst mit tieforaneeroter | Nach mehrstündigem Stehen oder | h H, SO, konz Bir BE EEE 2 5 auf Waäserzusatz braungelber, | er flockiger Niederschlag Gibt in Lösung schwärz- Fehling’sche 3 Heiß reduziert Lösung ee lichen Niederschlag Löst tiefblau, mit Stich KL ee \ KOH ne Schlägt allmählich in stahlgrau um | | Pas mr mdlrtenanghlschrıee Ferien DB Löst mit herrlich purpurner Farbe NH; Löst mit prrpuzner Barbe Beim Eintrocknen dunkle, amorphe | Massen nn. Ba(OH) Aus wässeriger Lösung | Schnitt wird allmählich tief blau- > ’2 Farbstoff blau gefällt violett verfärbt Lösung dunkelgrün, = 2 | Be schwarz verfärbt Keine Eullgse n e# Färbt wässerige Lösung ee herrlich violett ! zur are | Schwarzvioletter _ | z | Niederschlag | CuSO, | Blauer Niederschlag | Neutr. Bleiacetat Blauer Niederschlag Bas. Bleiacetat Blaugrauer Niederschlag ammon. AgNO;z Kalt reduziert entweder in größeren kompakten Stücken oder einzeln und kleiner, sowie Kugeln. Markstrahlzellen sind häufig fast vollständig ausgefüllt. Im Strangparenchym findet man auch neben Krystallen von oxal- Flavonführende Farbhölzer. DT 'saurem Kalk ebenfalls braunrote amorphe Inhaltsmassen, in den krystallfreien Zellen meist an einem Ende der Zelle meniskusartig gelagert. | Im übrigen sind mehr oder weniger reichlich gefärbte Körnchen oder Klümpchen in allen Elementen vorhanden. Die Inhaltsstoffe sind sämtlich unlöslich in Wasser, Alkohol — auch heiß ange- wendet — und Äther und sind nach Pra&l (l. c.) gummiartiger Natur. Da sämtliche Inhaltsstoffe mit verschiedenen Reagentien typisch reagieren, dürfte auch hier durch sie beim Eintrocknen des Zellinhaltes adsorbtiv festgehaltener oder gespeicherter Farb- stoff vorliegen. Robinin wurde zuerst von Zwenger und Drenke! in den Blüten von Robinia psendacacia L. gefunden. Dort wurde es auch von Klein (l. c.), ferner in den Blättern und in der Rinde histochemisch nach- gewiesen. Im Kernholze, das eine gelbliche, gelblichgrüne bis gelb- braune Farbe zeigt, ist ebenfalls ein gelber Farbstoff vorhanden, über den ich in der Literatur keine chemischen Angaben finden konnte und den ich auf Grund seiner Reaktionen mit dem Robinien identisch, zumindest aber als Flavon anspreche. Endgültige Klar- heit kann erst eine chemische Untersuchung schaffen. Einige typische Reaktionen sind in folgender Tabelle zu- sammengestellt. Krystallisation. Aus dem gereinigten und stark eingeengten Extrakt konnte der Farbstoff krystallisiert erhalten werden. Aus Alkohol in gelben Schollen, Sphäriten, Drusen oder derben Kıystall- aggregaten von gelber Farbe. Krystallisation auf dem Objektträger aus Schnitten mittels Lösungsmitteln gelang nicht, wohl aber gab gute Resultate Einwirkung von HCl-Dampf kalt in der Kammer auf alkoholische Lösung. Nach dem Eintrocknen findet man gelbe bis gelbbraune — in Luft untersucht erscheinen sie dunkel — Schollen und Sphärokrystalle. Lokalisation. Schnitt durch das Kernholz zeigt sich in Glyzeryn in dickerer Schicht, hellgelb gefärbt. Membranen des Strangparenchyms und der Libriformfasern sind hellzitronengelb, Markstrahlzellen hellgelb, Gefäßwände sowie Thyllen nur ganz schwach gelb angefärbt. Als Inhaltsstoffe finden sich in sämtlichen Elementen vereinzelte gelbliche Tröpfchen, ferner in den Markstrahl- zellen und im Strangparenchym amorphe körnige, rotbraune Massen von Gummi, die jedoch vorwiegend nur im innersten Teil des Kernholzes auftreten und dessen mehr bräunliche Färbung ver- ursachen, während der periphere Teil solchen Inhalt nur vereinzelt führt und von mehr gelblicher Färbung ist. 1 Zwenger und Drenke, Annalen der Chemie und Pharmazie, Suppl. ], 263 (1861). >) | | ei ' | Die einzelnen Lösungsmittel ei hrgheitlin, ! lösen mit verschiedener ES ne. 15 Nuance (hellgelb bis braun- | Ann! Sr gelb), da durch die einzelnen verschiedene Inhaltsstoffe |; der Zellen mitgelöst werden alkohol, Eisessig HCl konz. Färbt Schnitt strohgelb NH;, KOH Färben Schnitt tieforange und lösen Ba(OH), —. u Wässeriger Extrakt Bas. Bleiacetat Tiefgelbe Fällung >ane Kökr Bleiacetat old Tiefgelbe Fällung Kupferacetat Schmutziggelbe Fade FeCl; Färbt Lösung schwarzgrün. ammon. A gNO3 Kalt reduziert er, Fehling’sche = Kalt reduziert Lösung Fisetin bedingt die dunkelgelbe Farbe des Kernholzes von Rhus cotinus L. (Cotinus Coggygria Scop., C. Coccygea C. Koch), dem in Südeuropa heimischen Perückenstrauch. Das Holz ist unter dem Namen »Fisetholz«, »Ungarisches Gelbholz«, »Junger Fustik« im Handel geläufig, früher vielfach zum Färben von Wolle, Seide und Leder verwendet, ist seine Anwendung infolge der Lichtunechtheit heute nur noch eine beschränkte. Ferner wurde Fisetin gefunden im Holz von Rhus rhodanthema F. v. Mueller, Schinopsis Balansae Engl (Ouebracho colorado), und Schinopsis Lorentziü (Gris) Engl. Eine mir als Rhus coriaria L. bezeichnete vorliegende Probe enthält ebenfalls ein tief gelb gefärbtes Kernholz. In seinen Reaktionen stimmte es vollkommen mit dem von Rhus cotinus L. überein, SO daß sie wohl beide identisch sein dürften. Auf letzteren beziehen sich die in nachfolgender Tabelle angegebenen Reaktionen. Krystallisation. Infolge des reichlichen Farbstoffgehaltes geht die Krystallisation sehr gut. Für die Behandlung mit HCI-Dampf bei 40° mittels des Sublimationsringes ist ein Zerreiben des Holzes nicht unbedingt erforderlich, da der Farbstoff sehr reichlich in Verdünnte Mineral- . : eraunnte al Lösen mit gelber Farbe _Flavonführende Farbhölzer. | 29 2 Kohol ? nn Lösen mit gelber Farbe Essigäther Ather, Benzol, Petrol- RR: In heißem Wasser äther, Chloroform, Unlöslich een Wasser sat Es 2 AS E ß Lösen und färben Schnitt tief orangegelb, K CO;, NEJIKON orangerot bis blutrot BaiOH Färbt Schnitt rotbraun bis rot und löst aus mit kirschroter Farbe. HC1 konz. Löst und färbt Schnitt leuchtend orange H,SO, konz. :Löst und färbt Schnitt blutrot säuren Färbt Lösung schmutziggrün bis grün- Fe Cl, 3 schwarz Fällt aus alkoholischer Lösung orange- Basisches Bleiacetat gelben bis ockergelben amorphen Niederschlag ammon. AgNO, Kalt reduziert Fehling’sche Lösung Heiß reduziert Lösung geht, doch bekommt man andernfalls bessere Resultate. Neben 'hellen amorphen, krümeligen Massen liegen reichlich ocker- gelbe bis gelbbraune Sphaerokrystalle oder Schollen, die oft an- sehnliche Größe erreichen können. HClI-Dampf kalt angewendet in der Kammer — Lösungsmittel Alkohol — ergab ebenfalls reichliche Krystallbildung von großer Mannigfaltigkeit. Vorwiegend traten auf Sphärite von obiger Farbe, ferner Pinsel, Doppelpinsel, strohbüschelartige Gebilde, Büschel von zarten, dünnen, gebogenen Krystallnadeln und derbe Sterne. Die Farbe wechselte je nach der Dicke von ockergelb bis braun. Auch Krystallisation aus Lösungsmitteln gelang, und zwar aus Aceton. Einem Schnitt wird unter Deckglas, eventuell durch Erwärmen, möglichst viel Farbsioff entzogen und dann langsam eintrocknen gelassen. Vorherrschend erhielt ich Krystallbüschel, zusammen- gesetzt aus derben Nadeln oder Blättchen von ockergelber Farbe, seltener Sphaerite, wie sie Klein erhielt. 30 .J. Kisser, Lokalisation. Sämtliche Elemente des Holzes zeigen sich in Kanadabalsam tief zitronengelb gefärbt, führen einen gelblichen bis orangegelben gefärbten, amorphen Inhalt, besonders reichlich die Markstrahlzellen, der durch heißes Wasser und EN mit typischer Farbe gelöst wird. Morin wurde nachgewiesen im echten Gelbholz, dem Kernholz von Chloro- phora tinctoria (L.) Gaudich (Maclura tinctoria D. Don, ‘Morus tinctoria L., Broussonetia tinctoria Kunth.), und zwar teils frei, teils an Kalk gebunden neben dem Maclurin (Moringerbsäure). Ferner im Holze von Artocarpus integrifolia Forst, wo es von Cyano- maclurin begleitet ist. Auch das Kernholz von Maclura auran- - taca Nuth. enthält einen gelben Farbstoff, der auf Grund seiner Reaktionen wohl als mit Morin identisch angesehen werden kann. Wilhelm (l. c.) betont ausdrücklich, daß M. aurantiaca nicht als Stammpflanze des echten Gelbholzes angesehen werden kann, während Pra£&l (l. c.) sie als echtes Gelbholz beschreibt. Auch Vogl (l. c.) behandelt das echte Gelbholz und das Holz von M. anrantiaca getrennt. Pra&l beschreibt auch bei Morus alba L. einen gelb gefärbten Kern und führt einige Reaktionen aus, nach denen auch hier Morin vorliegen dürfte. | Der eigentliche Farbstoff ist das Morin; um für dieses die Reaktionen eindeutig gestalten zu können, war es notwendig, beim Gelbholz das Maclurin zuerst zu entfernen. Dies konnte durch die ungleichen Lösungsverhältnisse leicht erzielt werden, denn ersteres ist in Äther unlöslich, das Maclurin jedoch löslich. Holzpulver oder Schnitte wurden also zuerst immer mit Äther erschöpfend behandelt und erst dann mit dem so vorbehandelten Material die Reaktionen ausgeführt. Um sicherzugehen, wurde auch M. aurantiaca zuerst einer Behandlung mit Äther unterworfen und dann erst geprüft. Werden einer alkoholischen Lösung einige Tropfen Kalialaun zugesetzt, so fluoresziert die gelbe Lösung herrlich grün (vgl. Wilkelmil ©). Krystallisation. Zu diesem wurde ebenfalls zuerst mit Äther vorbehandeltes Material verwendet. Sie ließ sich sowohl bei Chlorophora tinctoria, als auch bei Maclura aurantiaca sehr leicht durchführen. Beide Methoden gaben gute Resultate. In dem einen Falle (HClI-Dampf bei 40°) entstanden vorwiegend Drusen und warzenartige Gebilde, ferner Krystalle von Gestalt derber Doppel- pinsel von hellgelber bis ockergelber Farbe. Mit kaltem HCl-Dampf behandelte Präparate lieferten beim Eintrocknen unter Deckglas herrliche Krystalle, vorwiegend von Scheiben- oder Plattenform und sphäritischem Aussehen mit deutlich radiären Trichiten. Ihre Farbe ist hell- bis zitronengelb, in dickerer Schicht mehr ockerfarben. Vergleichend wurden auch nicht mit Äther vorbehandelte Holzproben zur Krystallisation verwendet und in allen Fällen gute 'Flavonführende Farbhölzer. 31 m m m m TS Dam m Ban TI A Hmmm Pr ne oa mn Sn m mn m m — nn ———— nn | Wasser Löst schwer Kalt 1:4000, heiß 1:1000 Methylalkohol, Äthylalkohol, Eis- Lösen essig, Aceton Äther, Schwefel- kohlenstoff sg KOH, NRH;3, Lösen und färben Schnitt Säuren fällen daraus den K, COz tief gelb Farbstoff flockig aus Ba(OH), Färbt Schnitt gelb und löst s Fällt aus alkoholischer Lösung a Farbstoff aus Fell, Färbi ee dunkelolivgrün Auf Zusatz von Wasser % % BE REN oder durch längeres Stehen H,SO, konz. un Re En Rn an der Luft wird ocker- S°S gelber Niederschlag aus- gefällt ammon. AgNO3 Kalt reduziert | ans en Kalt reduziert ösung Krystallbildung erzielt. Das anwesende Maclurin wirkt also in keiner Weise störend ein. Krystallisation aus Lösungsmitteln (Methylalkohol, Äthylalkohol, Eisessig, Aceton) gelang nicht. Die Krystallisation mittels HCl-Dampf, gleichgültig auf welche Art verwendet, versagte bei Artocarpus integrifolia Forst. Nach dem Eintrocknen fanden sich nur gelbe Tröpfchen, ferner krümelige und derb amorphe Massen von gelber bis brauner Farbe, nie aber Krystalle. Lokalisation. Schnitt von Chlorophora erscheint in Kanada- balsam mehr oder minder gelbbraun gefärbt. Farbstoff führen sämt- liche Elemente, besonders stark sind die Sklerenchymfasern gefärbt. In vielen Elementen liegt ein gelber, orangegelber bis gelbbrauner Inhalt (Körnchen, Tröpfchen, amorphe Massen), der sich in Alkohol fast vollständig löst, der unlösliche Rest ist wohl auch hier Gummi. Die in manchen Gefäßen vorkommenden Klumpen von Krystallen lösen sich in Alkohol mit lichtgelber Farbe und sollen an Kalk ge- bundenes Morin sein. “ ER 32 4.Kisser) Vogl (l.c.) fand in den in einzelnen Holzblöcken auftretenden Klüften gelbe, pulverige Massen, diese ausfüllend, die sich bei mikro- skopischer Betrachtung als Krystalle erwiesen, und-zwar von zweier- lei Gestalt: größere rektanguläre oder hexagonale Tafeln von hellgelber Farbe (moringerbsaurer Kalk?) und kleinere prismatische farblose in geringerer Menge (morinsaurer Kalk?). Sie lösen sich farblos in heißem Wasser, in warmer Essigsäure und kaltem Alkohol, in Äther lösen sie sich allmählich mit gelber Farbe und können daraus beim Eindunsten wieder krystallisiert erhalten werden (kreuz- und sternförmige Krystalle von gelber Farbe). In Benzin, Chloroform und Terpentinöl sind sie unlöslich. Sonst zeigen sie verschiedenen Reagentien gegenüber das typische Verhalten von Morin, was jedoch nicht aussagt, daß nur Morin und nicht auch Maclurin vorliegt. In den mir zur Verfügung stehenden Holzproben fand ich derartige Krystallanhäufungen nicht. Maclura aurantiaca stimmt, von anatomischen Unterschiede und dem Mangel von Krystallen abgesehen, mit Vorstehendem im großen und ganzen überein, nur war das Auftreten von rotorange bis rotbraun gefärbten Inhaltsmassen, die sich auch in kochendem Alkohol nicht. lösten, reichlicher, besonders in Parenchym- und Markstrahlzellen. Im Holz von Artocarpus integrifolia Forst. führen die Par- | enchymzellen besonders reichlichen Inhalt und sind oft von einer in Kanadabalsam leuchtend goldgelb erscheinenden Masse (in Wasser dunkel rotbraun) vollständig erfüllt, die in kochendem Wasser und Alkohol nicht gelöst wird, desgleichen auch von Ammoniak nicht alteriert wird und ebenfalls wie oben Gummimassen dar- stellen dürfte. Wenn vorliegende Arbeit keineswegs Anspruch auf Vollständig- keit machen darf, so wurde doch der Hauptizweck erreicht, Kry- stallisation der Farbstoffe einiger Farbhölzer auf mikrochemischem Wege zu erzielen und die Methodik für diese Zwecke festzulegen. Die gleichzeitige Zusammenstellung und Ausarbeitung weiterer charakteristischer Reaktionen dürfte auch dem Praktiker nicht un- willkommen sein. Weiters hat sich gezeigt, daß die HCl-Dampf- methode nicht nur in speziellen Fällen, sondern allgemeine An- wendung zum Nachweis der Flavone finden kann und daß sie auch dort nicht versagt, wo solche nicht im Zellsaft gelöst vorliegen, sondern entweder eingetrocknet oder von anderen Substanzen ad- sorbtiv festgehalten sind, nur müssen sie in diesem Falle durch geeignete Mittel in Lösung gebracht werden. Ferner trug ich gerne dazu bei, daß das Kapitel »Flavone« vom histochemischen Standpunkt aus zu einem gewissen Abschluß gebracht werde.! 1 Ich folgte deshalb gerne der Einladung des Herrn Dozenten Dr. Gustav Klein, diese Arbeit zu übernehmen und sage ihm an dieser Stelle meinen besten Dank. Flavonführende Farbhölzer. 38 Zusammenfassung. Die von Klein ausgearbeitete Methode zum Nachweis der Flavone (HCI-Dampf bei 40°) hat sich bei der Untersuchung flavonführender Farbhölzer gleichfalls bewährt und damit ist ihre allgemeine Verwendbarkeit erwiesen. In einigen Fällen ergab eine Modifikation (Einwirkung kalten HClI-Dampfes) bessere Resultate, indem Krystalle in reichlicherer Menge und von mannigfacheren Formen auftraten. Notwendig ist es, daß durch geeignete Lösungs- mittel (Methyl- und Äthylalkohol, Eisessig) möglichst viel Farbstoff in Lösung gebracht wird.- Auf diese Art gelang eine Krystallisation in allen Fällen mit Ausnahme bei Haematoxylon Campecheanum L, Fisetin ließ sich auch aus Aceton krystallisiert erhalten, sonst versagte die Krystallisation aus Lösungsmitteln. Zur weiteren Charakterisierung der einzelnen Farbstoffe wurden Farbenreaktionen herangezogen, übersichtlich zusammengestellt und mit ihrer Hilfe deren Lokalisation ermittelt. Sonst tragen sie mehr praktischen Bedürfnissen Rechnung. Die Farbstoffe finden sich hauptsächlich in den Zellmembranen, seltener im Zellinneren, dort meist von Gummimassen und anderen Inhaltsstoffen adsorbtiv festgehalten, seltener amorph abgeschieden, bei Chlorophora krystallisiert. Untersucht wurden die Kernhölzer von Caesalpinia echinata Lam, (C. Sappan L. (Brasilin,, Haematoxylon Campecheanum L. (Hämatoxylin), Robinia pseudocacia L. (Robinin), Rhus Cotinus L., Rhus coriaria L. (Fisetin,, Chlorophora tinctoria (L.) Gaudich,, . Maclura aurantiaca Nutt. und Artocarpus integrifolia Forst. (Morin). Zu vielem Dank bin ich auch den Vorständen des Botanischen Institutes der Hochschule für Bodenkultur und der botanischen Abteilung des Hofmuseums ver- pflichtet, die mir in entgegenkommendster Weise Holzproben zur Verfügung stellten, so daß es mir möglich war, neben den aus der eigenen Sammlung des Institutes stammenden Hölzern auch solche anderer Herkunft und anderen Alters zu untersuchen. Sitzungsberichte 4. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. 3 u Fe BR ce a > ce: f HR a ER RN Diez DIA: Tr wa nn EEE f .. Ai t RN y UROMEL Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Geologische Skizze der Südwestecke des Steinernen Meeres bei Saalfelden mit besonderer Rücksicht auf die Diploporen- gesteine von Julius Pia (Mit 1 Karte, 1 Proßfiltafel und 1 Textfigur) (Vorgelegt in der Sitzung vom 22. Februar 1923) Die ersten Untersuchungen in dem Gebiete nordöstlich Saal- felden habe ich im Mai 1917 gemacht, als meine Batterie sich zur Umbewafinung in diesem Markte befand. Die hohe Akademie der - Wissenschaften in Wien hat es mir durch einen Geldbeitrag er- möglicht, im August 1919 eine Reihe weiterer Begehungen auszu- führen und meine Beobachtungen abzurunden, auch die Karte gegen Norden so weit auszudehnen, daß sie an Hahn’s Karte des Gebietes von Lofer anschließt. Der vorliegende Bericht darüber gehört zu einer Reihe von Untersuchungen, die die Aufgabe haben, unsere Kenntnis von der stratigraphischen Verbreitung der Dasycladaceen zu vertiefen. Es hat sich bald herausgestellt, daß dieses Ziel wegen der Schwierigkeit der geologischen Verhältnisse in den Alpen durch vereinzelte Ausflüge nur wenig gefördert werden kann. Vielmehr war es meist notwendig, einen zusammenhängenden Gebietsabschnitt ziemlich eingehend allseitig geologisch zu untersuchen.. Bei der Auswahl der Gebiete mußte sowohl während des Krieges als in der Nachkriegszeit zufälligen Umständen ein nicht geringer Einfluß gewährt werden. Gelegenheit zu derartigen Untersuchungen ist in den nördlichen. und südlichen Kalkalpen ja fast überall. Der Plan, die so entstehenden Aufsätze unter einem gemeinsamen Titel nach und nach in derselben Zeitschrift erscheinen zu lassen, mußte aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben werden. Diesem Übelstande hoffe ich jedoch durch eine spätere Zusammenfassung abzuhelfen. Von einer zusammenhängenden Besprechung der Literatur über das Steinerne Meer kann ich nach dem, was andere, besonders En Fanta 7 0 mir Br j > ” 36 Pu Pie Hahn, in den letzten Jahren darüber geschrieben haben, absehen. Es wird genügen, die wichtigsten Arbeiten, die sich auf das unter- suchte Gebiet selbst beziehen oder für einen Vergleich besonders in Betracht kommen, aufzuzählen. (Mit den fett gedruckten Schlag- worten werden die Arbeiten weiter unten angeführt): A. Bittner: Aus den Salzburger Kalkhochgebirgen. — Zur Stellung der Hallstätter Kalke (Verhandl. Geol. Reichsanst. Wien, 1884, P- 99). A. Bittner: Geologische Verhältnisse der sa von Groß- Reifling a. d. Enns (ebenda, p. 260). A. Bittner: Aus den Umgebungen von Windischgarsten in | Oberösterreich und Palfau in Obersteiermark (ebenda, 1886, p. 242). A. Bittner: Brachiopoden der alpinen Trias (Abhandl. Geol. Reichsanst. Wien, Bd. 14, 1890). A. Bittner: Referat über Skuphos (Verhandl. Geol. Reichs- anst. Wien, 1892, p. 307). A. Bittner: Über die Gattung Rhynchonellina Gemm. (Jahrb. Geol. Reichsanst. Wien, Bd. 44, 1894, p. 547). E. Böse: Monographie des Genus Rhynchonellina Gemm. (Palaeontographica, Bd. 41, 1894, p. 49). E. Böse: Zur Gliederung der Trias im Berchtesgadener nz (Neues Jahrb., 1895, I, p. 218). E. Böse: Weitere Beiträge zur Gliederung der Trias im Berchtesgadener und Salzburger Lande (Verhandl. Geol. Reichsanst. Wien, 1895, p. 251). E. Böse: Beiträge zur Kenntnis der alpinen Trias. I. Die Berchtesgadener Trias und ihr Verhältnis zu den übrigen Trias- bezirken der nördlichen Kalkalpen (Zeitschr. d. Deutschen geo!. Ges., Bd. 50, 1898, p. 468). E. Brückner: Die Vergletscherung des Salzachgebietes nebst Beobachtungen über die Eiszeit-in der Schweiz (A. Pencks BRPER Abhandl., Bd. 1, 1886, p.D. G. Gemmellaro: Studj paleontologici-sulla fauna del caicare‘ a Terebratula janitor nel Nord di Sicilia (Palermo 1868 —1876). G. Geyer: Untersuchungen über die Lagerungsverhältnisse des Lias in den östlichen bayerischen Kalkalpen (Verhandl. Geol. Reichs- anst. Wien, 1885, p- 293). | G. Geyer: Über die Lagerungsverhältnisse der Hierlatzschichten in der südlichen Zone der Nordalpen vom Paß Pyhrn bis zum Achensee (Jahrb. Geol. Reichsanst. Wien, Bd. 36, 1886, p. 215). C. W. Gümbel: Geognostische Beschreibung des bayerischen Aipengebirges und seines Vorlandes (Gotha 1861). K. W. v. Gümbei: Geologie von Bayern. II. Geologische Beschreibung von Bayern (Cassel 1894). Südwestecke des Steinernen Meeres. 87 W. Hammer: »Draxiehnerkalk« bei Innsbruck (Verhandl. Geol. Reichsanst. Wien, 1897, p. 314). E. Haug: Les nappes de charriage des Alpes calcaires sep- tentrionales. 2®me partie. Les Alpes de Salzbourg (Bull. soc. g&ol. de France, ser. 4, vol. 6, 1906, p. 383). F. Hahn: Zur Geologie der Berge des oberen Saalachtales (Verhandl. Geol. Reichsanst. Wien, 1911, p. 147). F. Hahn: Geologie des oberen Saalachgebietes zwischen Lofer und Diesbachtal (Jahrb. Geol. Reichsanst. Wien, Bd. 63, 1913, p. 1). F. Hahn: Grundzüge des Baues der nördlichen - Kalkaipen zwischen Inn und Enns. I. Teil (Mitt. Geol. Ges. Wien, Bd. 6, 1913, p. 238). R. Klebeisberg: Die Haupt-Oberflächensysteme der Ostalpen (Verhandl. Geol. Bundesanst. Wien, 1922, p. 45). L. Kober: Über Bau und Entstehung der Ostalpen (Mitt. Geol. Ges. Wien, Bd. 5, 1912, p. 368). H. Krauß: Zur Nomenklatur der alpinen Trias. »Guttensteiner Kalk« (Geognost. Jahresh., Bd. 26, 1913, p. 292). E. v. Mojsisovics: EN und Faciesgebilde der Trias- periode in den Ostalpen. Eine stratigraphische Studie (Jahrb. Geol. Reichsanst. Wien, Bd. 24, 1874, p. 81). J. Novak: Über den Bau der Kalkalpen in Salzburg und im Salzkammergut (Anzeig. Akad. Wiss. Krakau, math.-naturw. Kl. Reihe, 1911, p.-97). A. Penck und E. Brückner: Die Alpen im Eiszeitalter (Leipzig, 1909). K. Peters: Die salzburgischen Kalkalpen im Gebiete der Saale (Jahrb. Geol. Reichsanst., Bd. 5, 1854, p. 116). J. Pia: Bericht über die im Sommer 1919 mit Unterstützung der hohen Akademie der Wissenschaften ausgeführten geologischen Aufnahmen (Anz. Akad. Wiss. Wien, Math.-naturw. Kl., Bd. 57, 1920 P..1 99). M. Schlosser: Das Triasgebiet von Hallein (Zeitschr. der Deutschen geol. Ges., Bd. 50, 1898, p. 333). Th. Skuphos: Die stratigraphische Stellung der Partnach- und der sogenannten Unteren Cardita-Schichten in den Nordtiroler und bayerischen Alpen (Geognost. Jahresh., Bd. 4, 1891, p. 87). E. Spengler: Die Gebirgsgruppe des Plassen und Hallstätter Salzberges im Salzkammergut. Eine geologische Monographie (Jahrb. Geol. Reichsanst. Wien, Bd. 68, 1918, p. 285). F. Trauth: Die geologischen Verhältnisse an der Südseite der Salzburger Kalkalpen (Mitt. Geol. Ges. Wien, Bd. 9, 1916, p. 77). H. Zugmayer: Untersuchungen über rhätische Brachiopoden (Beitrs Balı-Ost.-Ung,, Bat 31880, p. I) 38 md: Piaz Bezüglich der in der Arbeit erwähnten Diploporen vergleiche man: J. v. Pia: Neue Studien über die triadischen Siphoneae verti- cillatae (Beitr. Geol. ÖOst.-Ung., Bd. 25, 1912, p. 25) und J. Pia: Die Siphoneae verticillatae vom Karbon bis zur Kreide (Abhandl. Zool.-bot. Ges. Wien, Bd. 11, 1920, H: 2). Die an einigen Stellen verwendeten statistischen Methoden findet man vollständig dargestellt in den beiden Büchern: W. Johannsen: Elemente der exakten Erblichkeitslehre mit Grundzügen der biologischen Variationsstatistik (Jena 1913) und J. Pia: Untersuchungen über die Tektonik der Lessinischen Alpen und über die Verwendung statistischer Methoden in der Tektonik (Denkschr. Naturh. Mus. Wien, Bd. 2, 1923). Erst nach Abschluß des Manuskriptes erhielt ich die sehr wichtige Arbeit: F. Machatschek: Morphologische Une ee in den Salzburger Kalkalpen (Ostalpine Formenstudien, Abt. 1, H. 4, Berlin 1922). l. Stratigraphie. 1. Werfener Schichten. Der Phyliit nimmt in dem kartierten Gebiet nur eine sehr geringe Fläche ein und ist außerdem sehr schlecht aufgeschlossen. Es lag kein Anlaß vor, sich näher mit ihm zu beschäftigen. Seine Grenze gegen die Werfener Schichten ist ganz unscharf, weil deren liegende Abschnitte stark metamorph sind. Es ist nicht ausgeschlossen, daß ein Teil des als Phyllit kartierten Gesteins in Wirklichkeit der untersten Trias angehört. Die Unmöglichkeit, zwischen beiden Ge- bilden eine scharfe Grenze zu ziehen, hat schon Bittner besprochen.! | Die deutlich als solche erkennbaren Werfener Schichten setzen sich vorwiegend aus folgenden Gesteinen zusammen: Dunkelrote bis violette, dünnplattige bis schuppige, oft etwas unebenflächige, schwach serizitische Tonschiefer. Sie sind nicht selten feinsandig, selbständige Sandsteinbänke kommen aber inner- halb der Schiefer kaum vor. Graue, sandige Schiefer spielen nur eine sehr geringe Rolle. Tiefrote, plattige, glimmerreiche Sandsteine. Fleischrote, eher glimmerarme Sandsteine von sehr gleich- mäßigem Korn. In typischer Entwicklung ist das Gestein ebenflächig geplattet, mit Glimmerbelag auf den Schichtflächen, doch kommen auch krummflächige Abänderungen vor. Die Bänke sind meist 5 bis 30 cm mächtig. Durch Undeutlichwerden der Quarzkörner geht das 1 Salzburger Kalkhochgebirge, p. 101 und 102. Südwestecke des Steinernen Meeres. 39 ‚Gestein in Quarzit über. Manchmal ist es von Quarzgängen durch- setzt, die uns zeigen, daß diese Umwandlung in Quarzit offenbar durch wässerige Kieselsäurelösungen bewirkt wurde. Schiefer treten im Verband mit dieser Gesteinstype kaum auf. Weiße, plattige Sandsteine mit kleinen braunen Rostflecken. Weiße oder grünliche, seltener rötliche, metamorph aussehende serizitische Quarzite. Das Gestein ist mehr oder weniger schiefrig, meist ausgesprochen krummflächig, manchmal griffelig zerfallend oder in Schuppen aufgelöst. Graue oder graugrüne, gelbbraun bis rotbraun verwitternde, fast immer auffallend wulstige bis kleinknollige Sandsteine, erfüllt von sehr schlecht erhaltenen unbestimmbaren Fossilsteinkernen. Manche dieser Gesteinstypen, wie die roten, glimmerreichen Sandsteine, treten in der ganzen Mächtigkeit der Werfener Schichten auf. Kaum einer ist streng auf einen Horizont beschränkt. Im ganzen läßt sich aber doch folgende Regel aufstellen: Die violetten Schiefer und die grünlichen Serizitquarzite wechsellagern miteinander und folgen scheinbar sofort über dem Phyllit. Die fleischfarbigen, glimmerarmen Sandsteine und Quarzite machen die Hauptmächtigkeit der Stufe aus und herrschen in ihrem mittleren Teil. Die Muschel- sandsteine, die oft mit roten Sandsteinen vergesellschaftet sind, treten im hangendsten Teil gleich unter der anisischen Stufe auf. Sie sind wohl identisch mit den »Gervillienreichen oberen Werfener Schiefern«, die nach Bittner! besonders leicht kenntlich sind und _ unmittelbar unter dem Muschelkalk liegen. Dadurch ergibt sich eine Dreiteilung der Werfener Schichten. Es wurde versucht, diese auch bei der Kartenaufnahme festzuhalten, um die mächtige Gesteins- masse etwas zu gliedern, obwohl die Grenzen ja natürlich ganz unscharf sind. Als Beispiel für den lithologischen Aufbau der Werfener Schichten sei eines der wenigen größeren zusammenhängenden Profile wieder- gegeben, das sich in diesem Gesteinsglied gewinnen ließ, nämlich das des Grabens, der ziemlich genau südlich des Gipfels des Bürger- berges entspringt und nächst den östlichsten Häusern von Ramseiden in den Jufersbach mündet. Auf dem Gipfel des Bürgerberges herrschen die braunen und grauen sowie tiefrote, glimmerreiche Sandsteine der oberen Werfener. Quarzitähnliche Schichten treten sehr zurück, auch unter den losen Sücken. In etwa 1130 m Höhe beginnen die zusammenhängenden Aufschlüsse. Sie zeigen: S. Fleischrote, plattige Quarzite ohne Einschaltungen anderer Gesteine. Fallen flach bergwärts. 7. Von etwa 1050 m an werden die Quarzite sehr glimmer- reich, mehr schieferig-bröcklig. 1. MBahl@hlrps, 101. 40 | =]. Pia, 6. Es erscheinen gelblichweiße, dünnplattige, teilweise stark verbogene Quarzite. Mächtigkeit nur einige Meter. 5. In 1010 m Höhe liegen mit scharfer Grenze unter dein Quarzit flach bergwärts fallende violette Schiefer. 4. 1000 m: Sehr glimmerreicher, silberweißer, dünnschieferiger Quarzit, der fast wie Phyllit aussieht. 3. 995 m: Rotviolette, vollständig flach liegende Schiefer. Ein- zelne Gesteinsteile sind bei sonst ganz gleicher Beschaffenheit ren ..910 m hoch, bei einem Steg über don Graben, folgen unter den Fi Schiefern mit scharfer Grenze helle bis eisengraue, sehr glimmer- und quarzreiche, metamorph aussehende Schiefer. 1. 890 m hoch steht im Bach ein fester, heller Qarzit an. Ein- fallen 26° NO. Von da an sind die Aufschlüsse nicht mehr zusammen- hängend. Sie zeigen nur Quarzite, die wohl durchwegs noch zu den Werfener Schichten gehören, wenn sie auch teilweise sehr metamorph sind. Es ist dies das Profil, in dem ich früher eine Schuppung zwischen Werfener Schiefer und Pinzgauer Phyllit zu erkennen glaubte. Nach nochmaliger Begehung bin ich von dieser Auffassung abgekommen. Alle angeführten Gesteine gehören wohl sicher noch der Trias an. Ob aber die Gesteinsfolge im unteren Teil des Profiles eine normale ist oder ob das wiederholte Auftreten der violetten Schiefer nicht doch: tektonisch zu erklären ist, erscheint mir auch heute noch sehr zweifelhaft. Ein Vergleich der Werfener Gesteine von Saalfelden mit den- jenigen des Werfen-St. Martiner Schuppenlandes, von denen Herr Dr. Trauth mir eine reiche Serie freundlichst vorwies, zeigt, daß die meisten Typen übereinstimmen. Nur die ausgesprochen grünen Quarzite scheinen bei Saalfelden zu fehlen. Die Aufeinanderfolge ist im einzelnen ziemlich verschieden. Ich möchte dem aber keine größere Bedeutung beimessen, nicht nur, weil eine Konstanz rein lithologischer Horizonte nach dem ganzen Charakter der Ablagerung nicht zu erwarten ist, sondern auch, weil die Schichtfolge sicher durch tektonische Vorgänge verändert ist, die man kaum aufklären kann, wenn Zwischenschaltungen jüngerer Schichten fehlen. Von den mir genau bekannten Werfener Schichten des unteren Lammer- tales sind die von Saalfelden sehr verschieden. Vor allem fehlen dort alle die quarzitartigen Gesteine. 2. Saalfeldener Rauhwacke. Aus der Literatur geht deutlich hervor, daß die unteranisische Rauhwacke bei Reichenhall nicht entwickelt ist. Ich halte deshalb 1 Vgl. meinen Vorbericht. Südwestecke des Steinernen Meeres. 4] den von Hahn gebrauchten Ausdruck »Reichenhaller Rauhwacke« für unglücklich. Es soll damit offenbar eine Rauhwacke vom Alter des Reichenhaller Kalkes bezeichnet werden. Dies widerspricht aber dem Grundsatz, daß die mit einem Ortsnamen zusammengesetzten Gesteinsbezeichnungen sich nicht auf den stratigraphischen Horizont als solchen, sondern auf eine bestimmte fazielle Ausbildung beziehen- Ich verwende deshalb den neuen Namen Saalfeldener Rauhwacke. Dieses sehr merkwürdige .Gesteinsglied ist nördlich Schloß Lichtenberg bei der Einsiedelei St. Georg in großen Wänden auf- geschlossen. Es handelt sich um eine Breccie aus eckigen, oft voll- kommen scharfkantigen, dunkeln Dolomitstücken mit einem hell- grauen, kalkigen, meist porösen Bindemittel. Hahn! gibt an, daß auch Werfener Gesteine sich an der Zusammensetzung beteiligen. Sie treten jedenfalls gegenüber dem Dolomit ganz zurück. Er will außerdem Stücke von Dientener Schiefer gesehen haben. Ich habe vergeblich nach solchen gesucht und möchte fast bezweifeln, ‘ob man solche kleine Stücke sicher erkennen kann. Da Hahn’s Dar- stellung bei einem mit dem Gegenstand nicht vertrauten Leser den Eindruck erwecken muß, als ob die Rauhwacke nach Art einer echten Grundbreccie vorwiegend aus Bruchstücken der liegenden Gesteine zusammengesetzt wäre, möchte ich noch einmal betonen, dab sie sicher zu mehr als 99%, aus dunklem Dolomit be- steht, der mit dem Guttensteiner Dolomit vollständig übereinstimmt. Das Bindemittel ist manchmal ausgelaugt und die Brichsticke sind dann nur durch dünne Überzüge von krystallinem Kalk verbunden, die ein unregelmäßiges System drusiger Hohlräume freilassen. Die typische Breccie macht nicht die Gesamtmasse des Gesteines der Wand aus. Man kann vielmehr verfolgen, wie die brecciöse Be- schaffenheit allmählich zurücktritt und so ein ganz langsamer seit- lıcher Übergang in gewöhnlichen plattigen Be Dolomit zustande kommt. Dieser Übergang ist nicht nur an der eigentlichen Grenze der beiden Gesteine zu erkennen, sondern auch in der Um- gebung einzelner Schollen von normalem Dolomit, die in der Breccie schwimmen. Schon Peters, der erste Geologe, der die Rauhwacke vonSaalfelden beschrieben hat, hat diese innige Zusammengehörigkeit mit dem Dolomit gebührend hervorgehoben.” Das ganze Gestein zeigt eine mehrere Meter mächtige,. etwas unregelmäßige Bankung. Außerdem ist es von vielen Klüften durchsetzt, die oft Blöcke von etwas verschiedener Gesteinsbeschaffenheit trennen, also offenbar untergeordnete Bewegungsflächen sind. Schon Gümbel ist auige- fallen, wie stark die Mächtigkeit der Rauhwacke schwankt.” Beim Schloß Lichtenberg ist sie gut 300 m (vgl. Taf. 2, Fig. 3 und 4). Gegen Osten keilt sie aber außerordentlich rasch aus. Schon 1 Kalkalpen, p. 297. 2 Gebiet der Saale, S. 121. 3 Alpengebirge, p. 161. 42 Br 0 20 südlich der Steinalm ist sie nicht mehr nachweisbar und fehlt im ganzen östlichen Teil der Karte vollständig. Wie sie sich gegen Westen verhält, ist wegen der Bedeckung mit Quartär nicht zu er- kennen. Dagegen ist schon lange bekannt, daß sie an entfernteren Stellen, sowohl bei Werfen als am Fuß der Leoganger Steinberge, wieder erscheint, wenn auch kaum je in solcher Mächtigkeit, wie bei Saalfelden. Der Guttensteiner Kalk scheint in der Gegend der stärksten Entwicklung der Rauhwacke etwas weniger mächtig zu sein als anderwärts. Doch ist seine Abnahme sicher nicht gleich der Dicke der Rauhwacke. | Stratigraphisch steht die Saalfeldener Rauhwacke an der Grenze von skythischer und anisischer Stufe. Sie wird deshalb von verschiedenen Forschern verschieden eingereiht. Peters ! rechnet sie zum Guttensteiner Kalk. Trauth ? zählt sie unter den Muschel- kalkgesteinen des Werfen-St. Martiner Schuppenlandes auf. Dagegen ziehen sie. Bittner ? und ‚Böse * zu; den.) Werfener” Schichten, wobei dieser jedoch betont, daß der Guttensteiner Kalk in die Rauhwacke übergeht.® Hahn zieht die Grenze der skythischen Stufe in seinen Säulenprofillen ® immer über der Rauhwacke, obwohl er selbst der Meinung ist, daß die von Mojsisovics ” aus in der Breccie eingeschlossenen Kalken erwähnte Nafticella costata wohl eher Neritaria stanensis, also eine Leitform der anisischen Stufe, sein dürfte.® Meiner Meinung nach muß die Saalfeldener Rauhwacke unzweifelhaft zur anisischen Stufe gezogen werden. Viel wichtiger als diese stratigraphische Frage ist aber die nach der Entstehung der merkwürdigen Breccie. In der Literatur scheint bis jetzt nur die Ansicht ausdrücklich niedergelegt zu sein, daß es sich um eine echte Sedimentärbildung am Sockel der Guttensteiner Schichten handle. Doch ist beispielsweise aus der Darstellung bei Hahn ? deutlich zu erkennen, daß er sich auch mit einer anderen Deutung, nämlich als tektonische Breccie, beschäftigt hat. Mündlich wurde ich von Kollegen auf eine dritte Möglichkeit hingewiesen, die offenbar durch das sehr lockere Aussehen des Gesteins im Handstück eingegeben wurde. Es wäre nämlich denk- bar, daß es sich um eine junge, etwa tertiäre, Gehängebreccie 1"A. a0. 2 Salzburger Kalkalpen p. 79. 3 Salzburger Kalkhochgebirge p. 104. 4 Berchtesgadener Land p. 219. 5 "Alpine Trias p. 522. 6 Kalkalpen Tafel 12. ‘ Trias-Periode p. 114. 8 Vergl. Kalkalpen p. 297, Anm. 86. Das von Gümbel (Geologie von Bayern p. 228) erwähnte Vorkommen von Naticella coslala in grauen, die Rauh- wacke begleitenden Kalken bezieht sich wohl nicht auf denselben Fund und könnte vielleicht noch skythisch sein. 9 Kalkalpen p. 297. Südwestecke des Steinernen Meeres. 43 handelt, die von dem Guttensteiner Dolomit nur randlich etwas überschoben ist. Diese Hypothese wäre am annehmbarsten wohl so auszugestalten: Beim Eintritt der Hochgebirgsüberschiebung ! wurden auch in der Gegend von Saalfelden die mitteltriadischen Gesteine auf den Werfener Schiefern gegen Süden geschoben. Dabei entstand ein Steilrand, an dessen Fuß Gehängeschutt abgelagert wurde. Dieser Schutt wurde beim weiteren Fortschritt der Bewegung stellenweise überfahren. Durch eine solche Annahme wären ver- schiedene Eigentümlichkeiten der Rauhwacke erklärt: ihr lockeres, jugendliches Aussehen, ihre Bankung, die vollkommen eckige Beschaffenheit der Dolomitbruchstücke. Dennoch glaube ich nicht an ihre Entstehung auf diesem Wege, denn es spricht dagegen der allmähliche Übergang in den gesunden Guttensteiner Dolomit, das Fehlen einer Schubfläche zwischen ihm und der Breccie, auch das Fehlen jüngerer Triasgesteine in der Rauhwacke, besonders des Dachsteinkalkes, der leicht zu erkennen wäre und vom oberen Teil des angenommenen Steilhanges sicher in den Schutt gelangt wäre. Anderseits ist der Deutung als triadisches Meeressediment schon das ganze Aussehen des Gesteines, der große Gegensatz zwischen den Bruchstücken und dem Bindemittel, der bei meso- zoischen Breccien stets schon mehr verwischt ist, nicht günstig. Eine besondere Schwierigkeit für diese Erklärung bildet aber die Tatsache, daß die Rauhwacke aus Guttensteiner Dolomit besteht, also aus einem Gestein, das zu der Zeit, die der Lage der Breccie im Profil, ganz an der Basis der anisischen Stufe, entspricht, noch gar nicht vorhanden war. Nirgends sieht man die Rauhwacke sich auf den Dolomit auflegen, so daß man auf eine Unterbrechung des Absatzes während der Dolomitbildung schließen könnte. Ich bin deshalb zu der Überzeugung gelangt, daß die Rauhwacke auf tektonischem Weg aus gewöhnlichem Guttensteiner Dolomit ent- standen sein muß. An der Grenzfläche zwischen Werfener Schichten und Mitteltrias hat offenbar eine Bewegung stattgefunden, wofür weiter unten noch andere Wahrscheinlichkeitsgründe beigebracht werden sollen. Bei dieser Bewegung wurde der untere Teil des Dolomits mehr oder weniger zu Grus zertrümmert. Von einem eigentlichen Mylonit kann man wohl nicht sprechen, weil die Bestandteile nicht merklich gequetscht und gewalzt wurden. Ich vermute vielmehr, daß die Rauhwacken, die ja überall am Südrand der Salzburger Kalkalpen nur Linsen bilden, dort entstanden, wo ein Örtliches Hindernis der Fortbewegung die Schubmasse etwas aufwölbte. Dadurch wurden deren unterste Teile entlastet und zu- gleich gebogen. Unter diesen Umständen zersprang das spröde Gestein fast wie eine Glasträne in eckige Stücke. Für wahrscheinlich halte ich auch, daß die reineren Dolomite der Guttensteiner Schichten zur Breccienbildung mehr vorherbestimmt waren, als die kalkigen Teile. Die poröse bis löcherige Beschaffenheit des Zements ist 1 Vergl. Trauth: Salzburger Kalkalpen. 44 ori PP ep, wohl großenteils eine Folge von Verwitterung. Eine solche An- nahme erklärt den seitlichen allmählichen Übergang der Breccie in Dolomit, das Auftreten unscharf begrenzter Dolomitmassen in ihr, überhaupt ihre Enstehung auf Kosten des Hangenden, nicht des Liegenden. Das Vorkommen von Werfener Material in der Rauh- wacke wäre keine Schwierigkeit. Bedenklicher wäre das Auftreten von Dientener Schiefern, doch halte ich dieses — wie schon gesagt — nicht für sicher erwiesen. Der einzige ernste Ein- wand ist die zweifellos vorhandene Bankung. Immerhin scheint mir auch dieser Umstand nicht ausschlaggebend. Die Bankung kann ein Überbleibsel der ursprünglichen Schichtung des Dolomits sein oder auch auf eine schiebende Bewegung in der Breccie zurückgehen. Die eckige Beschaffenheit der Einschlüsse ist zwar mechanisch schwer zu verstehen, kommt aber so vielen zweifel- los tektonischen, an deutliche Störungsflächen unmittelbar ge- bundene Dolomitbreccien zu, daß sich aus ihr kein Einwand ableiten läßt. In unserem Fall mag zur guten Erhaltung der Bruch- stücke wohl auch der Umstand beigetragen haben, daß die Bewegung auf den weichen Werfener Schichten erfolgte. Es scheint, daß gerade die gegen Süden gerichteten Schübe im Längstal der Salzach besonders zu solchen Gesteinszertrümmerungen neigen, vielleicht infolge einer verhältnismäßig geringen Überlagerung. Trauth erwähnt mehrmals Mylonite im Werfen—St. Martiner Schuppenland, bei- spielsweise an der Sohle der Rettensteinmasse.2 Der Mandling- dolomit, von dem ich durch die Güte des genannten Freundes mehrere typische große Stücke untersuchen konnte, ist zum über- wiegenden Teil in eine tektonische Breccie verwandelt, die der Saalfeldener Rauhwacke gar nicht unähnlich, nur heller, stärker gequetscht und fester ist. Nicht unerwähnt möchte ich lassen, daß H. Hofrat Kerner nach freundlicher mündlicher Mitteilung am Süd- rand der Leoganger Steinberge ebenfalls zu dem Schluß gelangt ist, die unteranisische Rauhwacke sei tektonisch zu erklären. Ob auch alle anderen sogenannten Reichenhaller Rauhwacken sekundär durch tektonische Bewegungen entstanden sind, versuche ich nicht zu entscheiden. Unwahrscheinlich ist dies nicht, da die Grenze zwischen Werfener Schichten und Muschelkalk sicher stets eine bevorzugte Bewegungsfläche ist. 3. Guttensteiner Kalk und Dolomit. | H. Kraus hat in seinem in der Einleitung angeführten kurzen Aufsatz nicht unbegründete Bedenken gegen den Namen »Gutten- steiner Kalk« vorgebracht. Da seine Bedeutung in den letzten Jahrzehnten aber immerhin eine ziemlich gleichmäßige ist, er auch ganz allgemein verwendet wird, scheint es mir doch zweckmäßig, ihn beizubehalten. Ich verstehe unter Guttensteiner Kalk beziehungs- 1 Salzburger Kalkalpen p. 82. en. - Südwestecke des Steinernen Meeres. 4» weise Dolomit also ein dunkles, wohlgeschichtetes Karbonatgestein des unteren Teiles der anisischen Stufe. Die Trinodosus-Schichten sind in genau derselben Facies meines Wissens bisher nicht nach- gewiesen. Der Name »Reichenhaller Kalk« ist wohl so ziemlich gleichbedeutend. Vielleicht denkt man bei ihm mehr an eine bestimmte Fossilführung. Merkwürdigerweise verwendet Hahn den besprochenen Namen auf p. 297 seiner »Nördlichen Kalkalpen« in einem viel weiteren Sinn, nämlich für die ganze anisische Stufe mit Einschluß der sowohl zeitlich als faziell ganz abweichenden oberen Teile. Einen solchen Vorgang halte ich nicht für empfehlenswert. Der Guttensteiner Kalk des Bereiches unserer Karte ist dicht bis schwach subkristallin, wohlgebankt bis plattig. Unter dem Hammer riecht er oft bituminös. Weiße Spatadern treten stellenweise massenhaft auf. Die sonst oft bezeichnenden kleinen Hornstein- kügelchen habe ich bei Saalfelden nicht angetroffen. Die Zusammen- setzung des Gesteins schwankt zwischen Kalk und Dolomit. Die dolomitischen Teile sind oft sehr grusig. Manchmal entwickeln Free breceien mit staunen oder rotem Bindemitteln. . An Fossilien habe ich nur einzelne Krinoidenstielglieder beobachtet. Die Farbe ist im unteren Teil fast schwarz. Selten kommen kleinere, stumpf- rote Gesteinsteile vor. Gegen oben wird das Gestein dunkelgrau, schließlich lichtgrau. Die Mächtigkeit schwankt einigermaßen. Südlich der Steinalm beträgt sie nach meinen Profilen gut 300 m, nördlich St. Georg etwa 250 m. Die Angaben in der Literatur gehen viel mehr auseinander: Bei F. Hahn, Nördliche Kalkalpen, p. 297, 200 m, bei Gümbel, Geologie von Bayern II, p. 219, nur 40 m, was sicher selbst für den unteren, schwärzlichen Teil allein zu wenig ist. 4, Steinalmkaik. Helle, anisische Diploporenkalke sind in den Nordalpen recht selten. Immerhin kommen sie an einigen Steilen vor, außer in dern besprochenen Gebiet vor allem in der Gegend von Türnitz und von Schwarzenbach an der Pielach (Niederösterreich), wo sie eine reiche Diploporengeselischaft mit Macroporella alpina, Oligoporella prisca, Physoporella pauciforata und Diplopora praecursor führen. Sie können als ein nicht dolomitisiertes Seitenstück zum südalpinen Mendoladolomit betrachtet werden, mit dem auch die Flora gut übereinstimmt. Ein Name für diese Bildungen ist bisher noch nicht gegeben worden. Die Bezeichnung als heller, anisischer Diploporen- kalk ist aber sehr schleppend. Ich schlage deshalb — und auch aus grundsätzlichen nomenklatorischen Erwägungen — die neue Bezeichnung »Steinalmkalk« vor. Wie schon gesagt, ist der Steinalmkalk ein heller, weißlich- grauer Kalk. Der untere Teil ist grob gebankt, im hangendsten Abschnitt wird die Schichtung manchmal dünner. Fast stets sind mehr oder weniger gut erhaltene Diploporen in ihm zu erkennen, y 46 ee, von denen gleich näher die Rede sein soll. Der Gesteinskörper scheint nur die Gestalt einer großen Linse zu haben. Die besten und am leichtesten zugänglichen Aufschlüsse befinden sich bei dem Staubecken des Saalfeldener Elektrizitätswerkes am Ausgang des Öfenbachgrabens. Die Mächtigkeit beträgt hier 70 bis 100 m. Die schönsten ausgewitterten Diploporen fand ich am markierten Weg von Bachwinkel auf die Steinalm, dort, wo er die Einzäunung der Alm an ihrem Westende quert, in mehreren aus der Wiese aus- geklaubten Steinhaufen. Weiterhin bildet der Diploporenkalk den oberen Teil der Steilwand südlich der Steinalm. Südlich der Bösen Leiter :hebt' er: sich 'aber. nicht, mehr deutlich‘ ab. Sehen gina bezeichnet das unmittelbar Liegende der gleich zu beschreibenden oberanisischen Knollenkalke bei der Quelle, südöstlich der Steinalm, als Ramsaudolomit.! Auch bei der Queile nächst der Jägerstube, östlich Kote 1398, fand ich, unter den Knollenkalken einen mittel- grauen Dolomit, der faziell vom Ramsaudolomit nicht zu unter- scheiden ist, offenbar den Steinalmkalk vertritt und mit dem oberen, helleren Teil des Guttensteiner Dolomites verfließt. Westlich des Bereiches unserer Karte, in den Leoganger Steinbergen, scheint der Diploporenkalk bisher ebenfalls nicht beobachtet zu sein. Dasycladaceen aus dem Steinalmkalk habe ich von folgenden Stellen näher untersucht: 1. Lose Stücke vom Westende der Steinalm an der oben schon erwähnten Stelle. Eigene Aufsammlung. 2. In Graben westlich der Steinalm, 1000 m hoch. Eigene Aufsammlung. | | 3. Ein älteres Handstück aus der Sammlung der geologischen Bundesanstalt, offenbar von Bittner herrührend, mit der Bezeichnung: »Heller, massiger Kalk, im Hangenden des Gutensteiner Kalkes und im Liegenden des kieseligen, schwarzen Knollenkalkes (Reiflinger Kalkes) eine durchlaufende Wand bildend. Tiefenbachgraben bei Saalfelden«. Auch in einer zugehörigen Veröffentlichung bezeichnet Bittner die Stelle, wo der Muschelkalk aufgeschlossen ist, als »Tiefenbach nördlich von Saalfelden«.” Wie ich schon in meinen. Siphoneae verticillatae erwähnt habe, ist der Name Tiefenbachgraben in Saalfelden unbekannt. Zwar nennt auch Gümbel? einen Graben dieses Namens. Da er aber hinzufügt: »Östlich unter dem Brandel- horn bei Saalfelden«, muß es sich wohl um einen Bach am Ost- hang der Leoganger Steinberge handeln, vermutlich um den »Mühlbach« der Alpenvereinskarte 1:50.000. Damit stimmt auch Gümbels Erwähnung der Raibler Schichten, die ja aus der Gegend der Stoißen-Alm. schon lange bekannt sind. Dagegen meint Bittner sicher den Graben oberhalb Bachwinkel, der in der Gegend Öfen- Kalkalpen, p. 298. Salzburger Kalkhochgebirge, p. 104. Bayern, :p. 220. Südwestecke des Steinernen Meeres. 47 bachgraben genannt und auch auf der bayrischen Karte 1: 50.000 so bezeichnet wird. Die von Bittner angeführte Schichtfolge ist im Öfenbachgraben tatsächlich zu sehen. Auch die Ortsbestimmung »nördlich von Saalfelden« trifft zu. Dazu kommt, daß Bittner erwähnt, Mojsisovics habe die Schichtfolge des Tiefenbachgrabens profilmäßig dargestellt. Dabei kann es sich nur um die Fig. 3 in den »Faunengebieten und Faziesgebilden der Triasperiode« handeln, deren Erklärung aber ausdrücklich sagt: »Durch den Öfenbach- graben«. Wäre noch irgendein Zweifel möglich, so würde er durch die Stelle bei Bittner: Windischgarsten und Palfau p. 246 behoben, wo die Örtlichkeit als »Öfenbach (Tiefenbach) unter dem Persalhorn« bezeichnet ist. Es ist also erwiesen, daß mein drittes Handstück aus dem Öfenbachgraben, und zwar unmittelbar oberhalb des Saal- feidener Elektrizitätswerkes, stammt. Die Diploporen der aufgezählten Fundorte sind nicht sehr günstig erhalten. Weitaus am. besten sind noch die des Handstückes 3. Es handelt sich um eine Physoporella, die sich durch eine ganz kon- stante, vollkommene, einwirtelige Annulation auszeichnet und für die ich in meiner ersten Diploporenarbeit den Gümbelschen Namen Physoporella dissita gebraucht habe. Die Stücke Nr. 1 sind so unzu- länglich, daß man eben nur die Gattungsbestimmung als Physoporella feststellen Kann. Etwas besser ist ‘die Erhaltung von’ Nr.2. Die Gattung ist auch hier dieselbe. Auffallenderweise fehlt den Stücken dieser Probe aber die vollkommene Ringelung. An ihrer Stelle ist nur eine deutliche Undulation entwickelt, so daß die Kalkschale auch in den Furchen immer noch eine beträchtliche Dicke hat. Diese Form steht daher in der Mitte zwischen Physoporella pauciforata und Physoporella_ dissita. Die Verhältnisse sind so, wie wir es erwarteten, wenn wir die Algenrasen, in denen diese Art sich aus jener entwickelt hat, fossil vor uns hätten. Daß Physoporella. dissita eine bloße Lebenslagevariation von Physoporella pauciforata ist, scheint mir deshalb nicht sehr wahrscheinlich, weil an keinem der schon sehr zahlreichen anderen Fundorte dieser gemeinen Art je ein Exemplar beobachtet wurde, das man zu Physoporella. dissita stellen könnte. 5. Oberanisische Hornsteinknolienkalke. (Reiflinger Kalk und Schusterbergkalk.) Über dem Steinalmkalk oder dem ihn vertretenden Dolomit folgt als Abschluß der anisischen Stufe eine geringmächtige Lage von Knollenkalken mit Hornsteinauscheidungen. Man kann darin zwei Gesteinstypen unterscheiden, schwarzgraue Knollenkalke, die — abgesehen von ihrer geringen Mächtigkeit — vollkommen den Reiflinger Kalken entsprechen, und bunte, hellrote bis grünliche Knollenkalke mit tiefroten Schmitzen und Tonhäuten. Die Horn- steinführung ist beiden gemeinsam. Wo alle zwei Gesteine vorkommen, 48 ai liegt der schwarze Kalk stets unter dem roten, doch setzt dieser, wie schon Hahn bemerkt zu haben scheint,! gelegentlich aus und jener kann ganz dolomisiert sein. Westlich der Steinalmhütte sind beide Gesteine entwickelt, aber nur in losen Stücken zu sehen. In der Tiefe des Öfenbachgrabens ist der schwarze Reiflinger Kalk sehr gut aufgeschlossen. Der Hornsteinreichtum nimmt gegen das Hangende deutlich zu. Die Mächtigkeit beträgt hier etwa 35 m. Der bunte Kalk scheint im Talboden selbst zu fehlen. Vermutlich ist er durch den hier ungewöhnlich mächtigen Reiflinger Kaik mit vertreten. Gleich in der Nähe erscheint er aber wieder, denn ein kleiner Seitengraben, der an der Hangendgrenze des Reiflinger Kalkes einmündet, bringt reichlich Bruchstücke des bunten Kalkes mit. Die guten Aufschlüsse an dem neuen Weg von dem Elektrizitäts- werk zum Sattel (der auf allen mir bekannten Karten nicht einge- zeichnet ist) wurden schon von Hahn angeführt.” Etwa 80 m über demWasserbecken des Elektrizitätswerkes liegen hier auf dem Stein- almkalk zunächst dunkle, sehr hornsteinreiche Knollenkalke. Durch einen raschen Übergang entwickeln sich daraus die roten Hornstein- kalke. Sie waren zur Zeit meiner Begehung in etwa 3 m Mächtigkeit entblößt. Darauf folgte eine etwa ebenso breite Unterbrechung der Aufschlüsse, dann der Ramsaudolomit. Da Hahn die freigelegte Höhe der bunten Kalke mit 6 m angibt, ist ihnen offenbar auch der heute verdeckte Geländestreifen zuzuzählen. Besonders gut sind aber die Aufschlüsse bei der schon erwähnten Quelle unweit P. 1398. Hier ist folgende Schichtreihe zu sehen: 6. Ramsaudolomit. Die untersten Bänke sind etwas dunkler und knollig, gegen oben wird er rasch hell. od. Eine kleine Unterbrechung in den Aufschlüssen. 4. Einige etwa handbreite Bänke hellroten Knollenkalkes. 3. Eine schmale Zone kleinknolligen, schieferigen, teils roten teils grauen Kalkes mit Tonhäuten. 2. Dunkler Dolomit, wohl dolomitisierter Reiflinger Kalk. 1. Mittelgrauer Dolomit vom Aussehen des Ramsaudolomites, Vertretung des Steinalmkalkes. | Die Mächtigkeit von 3 und 4 zusammen ist etwa 6 m. Bittner führt? aus den Reiflinger Kalken des Öfenbachgrabens eine Rhynchonella cf. semiplecta an. Obwohl diese Bestimmung in der Brachiopodenmonographie unter den Synonymen von Rhyncho- nella trinodosi nicht eigens genannt wird, ist das Stück doch zweifellos dieser Leitart der Trinodosus-Schichten zuzuzählen, wie 1 p. 298 der »Kalkalpen« spricht er von einer linsenförmigen Einlagerung der bunten Kalke. 2 Kalkaipen, p. 298. 3 Salzburger Kalkhochgebirge, p. 104. Südwestecke des Steinernen Meeres. 49 aus Bittners Ausführungen auf p. 15 der Monographie, wo auch Saalfelden als Fundort angegeben wird, hervorgeht und schon von Hahn richtig erkannt wurde.! Die bunten Hornsteinknollenkalke der Trinodosus-Schichten sind ein in den nördlichen Kalkalpen weit verbreiteter Leithorizont. Sie finden sich in einer mit der des Steinernen Meeres offenbar ganz gleichen Ausbildung im Karwendelgebirge.” Schon Mojsisovics hat diese Übereinstimmung bemerkt? Den Zusammenhang stellen die Vorkommen auf der Südseite des Wilden Kaiser, im südöstlichen Teil der Kirchberggruppe und bei Hochfilzen her.* Weiter östlich sind die Ptychiten führenden, grüngrauen, hornsteinreichen Kalke von Palfau im Liegenden des Wettersteinkalkes des Gamssteines wohl eine sehr ähnliche Erscheinung.’ Die schwärzlichgrauen Kalke des besprochenen Schichtgliedes können wohl ohne weiteres Reiflinger Kalke genannt werden. Die bunten Marmore wurden in Tirol von Pichler ursprünglich als Draxlehner Kalke bezeichnet. Schon Hammer hat sich gegen diese Benennung gewendet. Seither ist sie durch die Mitteilungen Schlossers,® die ein karnisches Alter der Kalke vom Draxlehn bei Hallein so gut wie sicher machen, ganz unmöglich geworden. Hahn bezeichnet das Gestein als Schreyeralmkalk. Aus Spenglers Beschreibung geht jedoch ziemlich klar hervor, daß die lithologische Übereinstimmung keine genügende ist. Die Schreyeralmkalke der Plassengruppe sind viel dunkler rot und führen nur ausnahmsweise Hornsteine.” Bei der nicht geringen stratigraphischen Bedeutung des Horizontes wäre es gewiß wünschenswert, einen Namen dafür zu haben, der am besten von einer der typischen fossilführenden Örtlichkeiten im Karwendelgebirge genommen wird. Ich schlage dafür »Schusterbergkalk« vor. Die Definition wäre: rötliche oder grünliche, hornsteinreiche Knollenkalke der anisischen Stufe. 6. Ramsaudolomit. Seine petrographische Beschaffenheit ist bekannt. Er ist hell- grau bis weiß, mehr oder weniger kristallin, oft lückig und in der Regel stark grusig. Rote Adern treten wohl nur an besonders stark gestörten Stellen auf. Seine Mächtigkeit beträgt in unserem Gebiet mindestens 700 bis 800 m. Auf dem Südkamm des Poneck gibt 1 Kalkalpen, p. 298. 2 Vgl. die Arbeit von Hammer. 3 Triasperiode, p. 114. 4 Ich entnehme diese Zusammenstellung einer noch unveröffentlichten Hand- schrift meines Freundes Dr. F. Trauth. 5 Vgl. Bittner: Groß-keifling, p. 262 und Palfau, p. 246. 6 Hallein, p. 355. 7 Spengler: Plassen, p. 365, 367, 369. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd a: 90 Pi ihm Hahn 600 m,! was auffallend wenig wäre. An Fossilien sind aus ihm innerhalb des Kartenbereiches nur Diploporen bekannt, diese scheinen aber hier wie auch sonst nicht selten zu sein. Ich fand knapp südlich des Albelkopf am Ostrand der Karte ein Stück mit gut erhaltenen Schalen von Zentloporella herculea. Böse? führt dieselbe Art vom Südkamm des Persailhornes an. Der Name Ramsaudolomit wurde von Böse? für die ganze Masse heller Dolomite zwischen den Werfener Schichten und dem Dachsteinkalk aufgestellt. Heute wird er meist in einem etwas engeren Sinn gebraucht. Es besteht gegenwärtig das unserer Meinung nach zweckmäßige Bestreben, die Namen der Schicht- glieder nicht über eine geologische Abteilung hinaus auszudehnen. Man wird als Hierlatzschichten außer den unterliasischen auch mittel- und obeıliasische Gesteine gleicher Fazies ansprechen, nicht aber Bildungen des Dogger oder Malm. Analog wäre der Ramsau- dolomit als heller Dolomit der Mitteltrias zu definieren. Er umfaßt in erster Linie die ladinische Stufe, sehr oft auch den oberen Teil der anisischen. Wo die Cardita-Schichten vollständig fehlen, ist er allerdings gegen den karnischen bis unternorischen Hauptdolomit praktisch nicht abzugrenzen. Als einziger sicherer Anhaltspunkt kommen dann die Diploporen in Betracht. Sowohl Teutloporella hercnlea als Diplopora annulata sind im Ramsaudolomit ziemlich häufig und beweisen stets, daß man sich noch in der Mitteltrias befindet. Allerdings kommen auch in den karnischen hellen Dolomiten hie und da Diploporen vor, die aber von den ladinischen ganz ab- weichen. Ich werde mich mit ihnen an anderer Stelle noch näher zu befassen haben. 7. Lunzer Schichten. Die Nomenklatur der karnischen Stufe liegt ziemlich im argen: Der Ausdruck »Raibler Schichten« ist eigentlich nichts anderes als ein vollkommen unnötiges und weniger exaktes Synonym für »Karnische Stufe«. Die Bedeutung des Namens ist weder strati- graphisch hinlänglich geklärt noch lithologisch irgendwie ein- heitlich. Dazu kommt noch das höchst störende Spiel mit Raibler Schichten im engeren, weiteren und weitesten Sinn. Man wird diesen Namen am besten ganz meiden. Die Bezeichnungen »Lunzer Sandstein, Reingrabener Schiefer« usw. sind exakter, aber auf einzelne Gesteine beschränkt. Die Cardita-Schichten sind zwar eine verbreitete Vergesellschaftung mehrerer Gesteine, entsprechen aber nicht der Ausbildung, wie sie im Steinernen Meer herrscht. Was wir brauchen, ist vor allem ein gemeinsamer Name für alle 1 Kalkalpen, p. 300. 2 Alpine Trias, p. 522. 3 Berchtesgadener Land, p. 219. Be Kr Sry - Südwestecke des Steinernen Meeres. ol vorwiegend klastischen Gesteinkomplexe karnischen Alters, unab- hängig von ihrer genaueren Zusammensetzung. Da die Ausbildung bei Lunz zweifellos der Typus der terrigenen Entwicklung der karnischen Stufe ist, möchte ich vorschlagen, den Namen »Lunzer Schichten« in diesem Sinn zu verwenden. Als Lunzer Schichten wäre also jede vorwiegend klastische Entwicklung der karnischen Stufe mit höchstens untergeordneten Kalkeinschaltungen zu bezeichnen. Die Elemente, aus denen sich die Lunzer Schichten in örtlich wechselnder Weise zusammensetzen, sind die Rein- grabener Schiefer, die Lunzer Sandsteine, Cardita - Oolithe, Pentacrinen- und Cidaritenkalke, Lumachellen usw. Ausschließen möchte ich dagegen aus dem Begriff der Lunzer Schichten alle mächtigeren, zusammenhängenden Massen von Karbonatgesteinen, vor allem die Opponitzer Kalke, die karnischen Dolomite u. dgl. Will man Lunzer Schichten und Opponitzer Kalk zusammen bezeichnen, so wäre besser von der Lunzer Entwicklung der karnischen Stufe zu sprechen. Praktisch wird dieses Bedürfnis nur selten bestehen. Die Lunzer Schichten sind im Bereich der Karte nur wenig mächtig entwickelt und zudem wegen der starken Bedeckung durch den Schutt der hangenden Dolomitmassen meist schlecht aufgeschlossen. In der Regel geben sie sich nur durch das massen- hafte Vorkommen loser brauner Sandsteine mit Pflanzenresten und gelegentlich auch anderen Fossilien zu erkennen. Da ich selbst keine einigermaßen vollständigen Profile gesehen habe, führe ich das von Hahn in dem Graben auf der SW-Seite des Persailhornes in etwa 1700 m Höhe aufgenommene als Beispiel an.! Hangend: Grauer, gebankter Hauptdolomit, höher mit lichten Farben, zum Teil stark kalkig. 7. 10 m schwarze, klotzige Dolomite. 6. 0:3 bis 0'6 m schwarze Reingrabener Schiefer. 0. 9 m fossilreiche schwarze Kalke mit Pecten-, Ostreen- und Cidaris-Resten. 4. 1-5 m Reingrabener Schiefer mit eingelagerten schmutzig grünen, sandigen Streifen. 3. 15m dunkle Kalke mit Cardita gümbeli und Pentacrinus- Stielgliedern. 2. 3m Reingrabener Schieter. 1. 5m gelblichroter, brecciöser Dolomit. Liegend: Weißgrauer, ungebankter Ramsaudolomit. Bezüglich der Verbreitung der Lunzer Schichten hat meine Aufnahme eine gewisse Berichtigung der bisher geltenden Ansicht gebracht. Bittner und Böse glaubten beobachtet zu haben, daß 1 Kalkalpen, p. 298. et Teer BE f 5 1% er Fe 9 52 ig ie die terrigene Entwicklung der karnischen Stufe zwischen dem Kamm des Ponneck östlich meiner Karte und dem Breithorn, oder vielmehr richtiger wohl Persailhorn, fehlt, daß also hier die ganze karnische Stufe nur durch Dolomit vertreten sei.! Auf Grund dieser Angaben rechnet Hahn den Südrand des Steinernen Meeres zwischen Ponneck und Breithorn zu seinem Fazies- gebiet 3 der karnischen Stufe, mit ausschließlicher Dolomitentwick- lung.” Nun ist es mir aber gelungen, die Lunzer Schichten auf dem Kamm Streichenbeil-Albelkopf aufzufinden. Auf der Westseite des kleinen Sattels unmittelbar nördlich P. 2130 ist eine linsenförmige Masse aufgeschlossen, die aus einem mehrfachen Wechsel von grauen, braun anwitternden Mergeln und schwarzen Schiefern besteht. Der Dolomit ist in der Umgebung der Schiefer ganz von Harnischen erfüllt. Die Reingrabener Schiefer verdanken ihre Linsenform hier offenbar nur tektonischen Störungen. Es ist kaum zweifelhaft, daß sie ursprünglich ein zusammenhängendes Band bildeten. Auch in dem Schuttstrom im Ramseider Kessel südlich der Ramseider Scharte sind graue und gelbe Mergel der karnischen Stufe reichlich vor- handen. Etwa nordöstlich der Kote 1693 sieht man in der den Kessel auf der linken Seite begrenzenden Wand eine auffallend gelbliche, weichere Gesteinsmasse. Sie dürfte höchstwahrscheinlich. auch aus Reingrabener Schichten bestehen, doch konnte ich die Stelle leider nicht aus der Nähe untersuchen. Auf der Südseite des Breithornes fehlen die Lunzer Schichten, was jedoch, wie wir noch genauer sehen werden, durch einen Bruch verursacht ist. Sie er- scheinen wieder in dem Graben, der vom Gipfel des Persailhornes nach SW herunter führt (vgl. das weiter oben gegebene Profil). Auch ich habe sie hier gesehen, aber keine so guten Aufschlüsse vorgefunden, wie Hahn. Auf dem WSW-Kamm des Persailhornes bilden die Lunzer Schichten den kleinen Sattel unmittelbar Östlich P. 1570. Zum letztenmal traf ich sie in der Nähe des »Sattel« genannten Überganges. Sie stehen etwas östlich des östlicheren Kreuzes an. Am neuen Weg fallen wenig jenseits der Sattelhöhe die vielen losen Stücke von Mergel und Sandstein auf. Nach Bittner? würden die Lunzer Schichten von hier durch den Buchmaisbach- graben und über Brandel ununterbrochen zur Stoißenalm ziehen, wo sie schon von Mojsisovics fossilführend nachgewiesen wurden. * Ich konnte sie jedoch nördlich des Kammes Persailhorn-Kienberg im Bereich meiner Karte nirgends mehr auffinden. Auch im Schutt der Bäche habe ich mich vergeblich nach den bezeichnenden gelb- braunen Gesteinen umgesehen. Ob ihr Fehlen hier auf Störungen beruht oder stratigraphisch zu deuten ist, vermag ich nicht sicher 1 Bittner: Salzburger Kalkhochgebirge, p. 103. Böse: Alpine Trias, p. 521 u. 522. 2 Kalkalpen, p. 320. 3 Salzburger Kalkhochgebirge, p. 103. 4 Triasperiode, p. 113. . Südwestecke des Steinernen Meeres. 883 zu entscheiden, doch halte ich jenes für wahrscheinlicher. Daß auch Hahn die Lunzer Schichten im Buchmaisbachtal und in den Hohl- wegen nicht gesehen hat, ist aus dem Wortlaut seiner Mitteilungen deutlich zu ersehen.! 8. Hauptdolomit. Es ist vielfach üblich, die obertriadischen Dolomite der Berchtes- gadener Fazies nicht als Hauptdolomit, sondern als Dachsteindolomit zu bezeichnen. Die faziellen Unterschiede sind aber jedenfalls äußerst gering. Vielleicht ist der bayrische Dolomit im Durchschnitt etwas bitumenreicher. Auch liegt die Hangendgrenze des Dolomits im Bereich der bayrischen und niederösterreichischen Fazies meist stratigraphisch etwas höher als im Bereich der Berchtesgadener Fazies, doch darf are micht, vergessen, daß‘ sicher auch .dort der obere Teil der norischen Stufe durch Kalk vertreten ist. Ich möchte daher den Namen » Hauptdolomit« für alle obertriadischen grauen bis weißlichen Dolomite anwenden. Was die Liegendgrenze des Hauptdolomites betrifft, so halte ich es für unvermeidlich, auch karnische Gesteine diesem Schicht- glied zuzurechnen, sofern sie faziell mit den norischen überein- stimmen. Es ist nur eine scheinbare Exaktheit, Begriffe so eng zu definieren, daß man sie dann auf die Beobachtungen nicht anwenden kann. Auszuschließen sind vom Hauptdolomit selbstverständlich nicht nur alle kalkigen karnischen Schichten, wie die Opponitzer Kalke, sondern auch jene karnischen Dolomite, die durch ihre dunkle Farbe deutlich gekennzeichnet sind. Doch hat schon Hahn wiederholt darauf hingewiesen, daß dieses Gestein am Südwestabhang des Steinernen Meeres fehlt.? Der unterste karnische Hauptdolomit zeichnet sich manchmal durch bessere Schichtung aus. Nördlich des Sattels fand ich ihn auch fein gebändert. Nichts beweist aber, daß diese übrigens nur örtlich entwickelten lithologischen Merkmale gerade an der Grenze zwischen karnischer und norischer Stufe aufhören. Der typische Hauptdolomit des Gebietes ist hellgrau, seltener mittelgrau, stark grusig und gibt unter dem Hammer oft lebhafte Funken, enthält also fein verteilte Kieselsäure, die sich aber nie zu Knollen vereinigt. Ein grauer, gebankter, stark kalkiger Dolomit oder dolomitischer Kalk, der den Nordhang des Rosenbühel und beide Seiten des Buchmaisbaches nördlich davon bildet, ist wohl sicher schon hieher, nicht zum Ramsaudolomit zu zählen. Der Übergang des Hauptdolomites in den Dachsteinkalk ist ein allmählicher. In der Grenzregion treten ganz dieselben dolomitischen Kalke mit gegitterter Verwitterungsoberfläche auf, wie man sie zwischen bayrischem Hauptdolomit und Plattenkalk fast immer findet. Hahn bestimmt die Mächtigkeit des obertriadischen Dolomites zu ungefähr 1 Kalkalpen, p. 299. 2 Vgl. Saalachtal, p. 148; Lofer, p. 6; Kalkalpen, p. 322. 04 ra Ip; #9 400m, doch ist die von ihm gewählte Stelle am Südhang des Persailhornes für eine solche Messung wegen des höchstwahrschein- lich hier durchlaufenden Bruches ungeeignet (siehe unten). Böses Angabe? ist noch viel weniger richtig. Nach meiner Schätzung muß der Hauptdolomit im Bereich des Buchmaisbaches mindestens 1000 nz mächtig sein. Übrigens möchte ich vermuten, daß er gegen. N auf Kosten des Dachsteinkalkes an Dicke zunimmt. Denn die Grenze zwischen den beiden Gesteinen senkt sich in dieser Richtung merklich weniger, als der allgemeinen Neigung der Schichten entspricht. Ich habe im Hauptdolomit keine Fossilien gefunden. Hahn erwähnt eine lose Platte mit Rissoa alpina vom Westkamm des Persailhornes, die beweist, daß ein Teil des Dolomites tatsächlich auch im Steinernen Meer norisch ist. | 9, Dachsteinkalk. Der Dachsteinkalk des Steinernen Meeres ist meist deutlich, wenn auch ziemlich hell grau, selten schneeweiß, wie stellenweise am Weg südlich der Ramseider Scharte. Recht oft findet man größere rötliche Teile. Außerdem tritt die Rotfärbung vielfach in Gestalt von Adern und von Kluftbelag auf. Verschieden von der rötlichen Färbung größerer Kalkmassen sind die viel stärker roten, meist ziemlich scharf begrenzten Schmitzen, die im ganzen Dachsteinkalk mit Aus- nahme seines liegendsten Teiles vorkommen. Genetisch nahe mit ihnen verwandt sind wohl die Breccien aus weißem Kalk mit rotem Binde- mittel, die auch stets nur kleinere, unregelmäßig verteilte Massen bilden. Recht erstaunlich ist, daß sich eine Art Diskussion darüber entspinnen konnte, ob der Dachsteinkalk des Steinernen Meeres geschichtet ist. Sie knüpft an einige nicht ganz genaue Äußerungen Geyers? an, gegen die sich schon Böse wandte*, die aber doch in der regionaltektonischen Ausdeutung ein gewisses Unheil gestiftet zu haben scheinen. In Wirklichkeit ist der Dachsteinkalk des Steinernen Meeres fast überall ausgezeichnet, wenn auch mächtig und etwas ungleich gebankt, so an der Schönfeldspitze, am Streichenbeil, am Breithorn, am Rauchkogel. Nur in der Gegend zwischen Hollermais- horn und Wimbachkogel kommen unregelmäßig begrenzte Partien im Dachsteinkalk vor, in denen. die Schichtung undeutlich wird und schließlich ganz verschwindet. Man sieht sie besser auf der Ostseite als auf der Westseite des Kammes. Sie sind mit dem geschichteten Dachsteinkalk durch einwandfreie seitliche Übergänge verbunden, bilden also keinen besonderen Riffkalkhorizont. Böse erwähnt, daß der Dachsteinkalk gelegentlich Großoolithstruktur aufweist.” Ich kann Kalkalpen, p. 299. 1 2 Alpine Trias, p. 522 und 561. 3 Lias, p. 294 bis 295. Hierlatzschichten, p. 281. 4 4 Alpine Trias, p. 562. Id 5 Weitere Beiträge; p. 25 . Südwestecke des Steinernen Meeres. 55 mich nicht erinnern, sie gesehen zu haben. Sie muß wohl nicht sehr verbreitet sein. An Fossilien sind Megalodonten weitaus am häufigsten. Litho- dendren sind viel weniger gemein, aber doch auch nicht selten. In der Schutthalde des Kallenbaches südlich Schloß Lichtenberg fand ich ein Gerölle, das außer mehreren Megalodonten eine Einzelkoralle enthält, die sich ziemlich verläßlich als Montlivaultia norica Frech bestimmen läßt. Am Hang unterhalb der Schneegrube, etwa 1500 m hoch, entdeckte ich in einem losen Stück eine sehr interessante tabulate Koralle aus der Familie der Favositidae, die an anderer Stelle eingehend beschrieben werden soll. Auf die Brachiopoden aus dem Dachsteinkalk des Breithornes komme ich sogleich genauer zu sprechen. Da die Hangendgrenze des Dachsteinkalkes im Bereich der Karte nirgends sicher nachzuweisen ist, kann ich die Mächtigkeit nicht bestimmen. Hahn schätzt sie am Ausgang des Diesbachtales auf nahezu 700 m.! Umstritten und schwierig ist die Frage nach dem Alter der höchsten Teile des Dachsteinkalkes im untersuchten Gebiet, insbesondere auf dem Breithorn. Es besteht darüber schon eine nicht geringe Literatur. Die älteste, mir bekannte wichtige Angabe ist die von Bittner in seiner Brachiopodenmonographie. Er erwähnt auf p. 194 unter den Fundorten der Rhynchonellina juvavica die Ramseider Scharte, und zwar in einem dunkelgrauen Kalk, zum Teil mit eisenschüssiger Überrindung. Aus der Erklärung zu Tafel 25 geht hervor, daß ihm von dort die var. dichofomans, und zwar SO- wohl modus dilatata als modus coarctata?” und die var. laevigata vorlag. Bezüglich des Niveaus heißt es auf p. 191, daß es »mit Sicherheit als dem Dachsteinkalk zufallend angesprochen werden darf«. Zwei Jahre darauf wurde von Skuphos zum erstenmal die Möglichkeit ausgesprochen, daß auf der Nordabdachung des Breit- horngipfels liasische Schichten vorhanden seien. Es handelt sich um rote und blaue Kalke, nach Skuphos Denudationsreste einer einst zusammenhängenden Decke, die massenhaft Rhynchonellina jJuwvavica Bittn. führen, und zwar die blauen Kalke die var. dichotomans, die roten Kalke eine neue var. minor, die auch beschrieben und abgebildet wird. Das Gestein wird übrigens nur mit Zweifel zum Lias gerechnet. In seinem Referat über diese Arbeit bemerkt Bittner: »Die Liasnatur der Rhynchonellinenbänke vom Steinernen Meere ist nicht erwiesen. Nach Analogien mit dem Untersberge dürften es Einlagerungen im Dachsteinkalke sein.« Eoier. (Os.hl. 2 Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß Bittner die auf die Gesamtform gegründeten Varietäten den auf die Berippung gegründeten nicht nebenordnen, sondern unterordnen wollte. Da dies aber in der Namengebung nicht zum Ausdruck kommt, wird seine Darstellung recht unklar. 56 m. Pisa; Wieder zwei Jahre später kam Böse in seiner Monographie der Gattung Rhynchonellina auf unseren Gegenstand zu sprechen. Er betrachtet Rhynchonellina jwvavica Bittn. als synonym mit Rhynchonellina sequenzae Gemm. aus dem Lias von Sizilien. Über die stratigraphischen Verhältnisse spricht er eingehender in der Einleitung p. 55. Er hält das Vorkommen auf dem Breithorn für sicher liasisch und vermutet, daß auch die anderen Fundpunkte der Rhynchonellina juvavica dasselbe Alter haben. Auf p.63 bis 64 zählt er sie ohne weiteres als liasisch auf. Bittner trat noch im gleichen Jahr Böses Darstellung aus- führlich entgegen. Er befaßt sich zunächst mit den Unterschieden zwischen Rhynchonellina juvavica und I£hynchonellina sequenzae und stellt folgende fest: 1. Die sizilianische Form hätte nach Gemmellaro eine Gitter- skulptur, die bei der nordalpinen stets fehlt. 2. Rhynchonellina sequenzae hat in den äußersten Fällen 20 bis 32, meist 22 bis 26 Rippen. Dagegen schwankt: diese Anzahl bei Rhynchonellina juvavica zwischen 8 und 22! und liegt meist zwischen 14 und 18, wobei allerdings zu bemerken ist, daß gerade die Exemplare vom Breithorn bisweilen besonders dicht berippt sind. 3. Die Variabilität der nordalpinen Art ist viel größer als die der sizilianischen. Besonders umfaßt diese keine so extrem schmalen oder breiten Typen, auch die Skulptur ist gleichmäßiger entwickelt. Was den Horizont der Rhynchonellina juvavica betrifft, so hält Bittner für sicher, daß sie am Untersberg im Dachsteinkalk liegt. Als besonders wichtig hebt er aber die Vorkommen vom Kressenberg und von der Hohen Mandling in Niederösterreich hervor. Rhynchonellina juvavica tritt an dieser Stelle in derselben Bank mit Halorella pedata auf. Der Dachsteinkalk, in dem sie liegt, wird erst gute hundert Meter höher von fossilreichen Kössener Schichten überlagert, so daß das Alter vollkommen zweifellos ist. Das Auf- treten von Lias am Breithorn häit Bittner auf Grund der Lagerung für unwahrscheinlich. Schließlich ist Böse im Jahre 1898 noch einmal auf den Gegenstand zurückgekommen und hat wichtige neue Beobachtungen beigebracht. Der Lias des Breithornes besteht nach ihm aus einzelnen Klötzen tiefroten bis blauschwarzen Kalkes, die dem Dachsteinkalk auf der Nordseite des Gipfels konkordant aufliegen. Diese Kalke führen ARhynchonellina seguenzae. Die Verschiedenheit dieser Art von Rhynchonellina jwvavica gibt Böse jetzt zu, hauptsächlich wegen ihrer feineren Berippung, hält aber die Bestimmung der Stücke vom Breithorn aufrecht, während er das norische Alter der echten Rhynchonellina juvavica nunmehr als bewiesen anerkennt. Die megalodonten- und lithodendrenreichen Dachsteinkalke im Liegenden 1 Bittner gibt auf p. 550 die Grenzen mit 10 bis 22 an, was aber mit den Zahlen auf der vorhergehenden Seite in Widerspruch steht. Südwestecke des Steinernen Meeres. DV des Lias führen etwa 50 m westlich unter dem Breithorngipfel eine Einlagerung sehr fossilreicher gelber, roter oder blaugrauer Kalke, die massenhaft Terebratula gregariaeformis, daneben auch Bivalven enthalten. Die Bestimmung der Brachiopodenart wurde von Bittner bestätigt, dem übrigens schon früher ein loser Block vom Steinernen Meer mit demselben Fossil vorgelegen hatte! Böse schließt aus diesem Vorkommen, daß der oberste Teil des Dachsteinkalkes des Breithornes schon rätisch ist und erblickt darin eine Bestätigung des liasischen Alters des hangenden roten Kalke. Hahn hat sich Böses Standpunkt ohne weiteres zu eigen gemacht.? Die Beweise, die für das Auftreten von Lias am Breit- horn angeführt wurden, können in folgende Punkte zusammengefaßt werden: 1. Die roten und blaugrauen brachiopodenführenden Kalke nördlich des Gipfels liegen dem Dachsteinkalk auf und bilden nicht eine Einlagerung. 2. Das darin enthaltene Fossil ist Ahynchonellina sequenzae, eine liasische Art. / 3. Im Dachsteinkalk darunter findet sich massenhaft Terebra- tula gregariaeformis, eine Kössener Art. Diese Beweise scheinen auf den ersten Blick unanfechtbar, müssen aber doch einzeln näher geprüft werden. Zum ersten Punkt habe ich leider nichts Entscheidendes bei- zubringen, einesteils weil ich die Verhältnisse auf dem Plateau bei ihrer nur entfernten Beziehung zu meinem Hauptgegenstand und meiner sehr beschränkten Zeit nicht untersuchen konnte, anders- weils weil 'an’dem Tag, 'an”dem ich 'das Breithorn bestieg, die Nordhänge noch stark von Schnee verhüllt waren. Ich habe des- halb die Gesteinspartien, die Böse meint, offenbar nicht gesehen. Rote, mit Rhynchonellinen erfüllte Kalke habe ich allerdings auch gefunden, und zwar zahlreiche lose Stücke am Steig vom Riemann- haus auf das Breithorn in 2375 m Höhe und noch weiter oben, also südlicher und wohl auch mehr im Liegenden, als Böses Fundort. Teilweise waren diese Blöcke ausgedehnt genug, um Beinliehm zu zeigen,‘ dab die toten Kalke nur eroße Schmitzen 'in einem grauen Kalk vom Aussehen des gewöhnlichen Dachstein- kalkes sind. Ich glaube eine gewisse Erfahrung auf dem Gebiete des alpinen Lias zu haben, weil ich mich lange Zeit ganz be- sonders für dieses Schichtglied interessiert habe. Deshalb will ich hinzufügen, daß das rote Gestein auf mich durchaus nicht den Eindruck von Lias, sondern entschieden den von Dachsteinkalk mzehu,, Rs ist. ein; Vzlemlich)” dunkel; ‚und! stumpf,..roter, beim 1 Salzburger Kalkhochgebirge, p. 104. 2 Kalkalpen, p. 299. D8 malsiPia, Anhauchen stark tonig riechender Kalk ganz ohne Echinodermenreste. Die darin enthaltenen Brachiopoden sind meist grau, nur selten teilweise mit roter Gesteinsmasse ausgefüllt. Übrigens hat schon Bittner! darauf hingewiesen, daß die Eintragung von Lias auf der . Nordseite des Breithornes gewisse tektonische Hilfsannahmen not- wendig macht, wenn die nördliche Verlängerung dieser Schicht nicht unter die Dachsteinkalke des Plateaus hineinführen soll. In diesem Zusammenhang sei darauf aufmerksam gemacht, daß Böses Profil, Fig;.17..auf,S. 5183. der.» Alpinen /Triass,(zscheinpz nicht ganz genau gezeichnet ist. Auf p. 520 gibt er das Einfallen des Dachsteinkalkes in der Südwand des Breithornes mit 30° N an. Hahn hat am Persailhorn 35° N gemessen. Da da Ton etwa nach NO verläuft, ergäbe dies in der Zeichnung eine Schicht- neigung von 22 bis 26°: während ‘der Winkel in der Hicur nor 15° beträgt, wodurch die erwähnte Schwierigkeit eiwas ver- schleiert erscheint. Was die Bestimmung der Rhynchonellinen vom Breit- horn betrifft, so kann ich natürlich die Möglichkeit nicht be- streiten, daß dort auch Rh. segquenzae vorkommt.* Es wäre ja denkbar, daß sie und Rh. juvavica in verschiedenem Niveau über- einander liegen. Man könnte in diesem Zusammenhang vielleicht sogar Gewicht auf die Tatsache legen, daß Bittner seinen Fund- ort immer »Ramseider Scharte«, Böse den seinen aber »Breit- horn« nennt. Allerdings wissen wir nicht, ob Bittner’s Material vom anstehenden Gestein entnommen wurde. Die von mir auf dem Osthang des Breithornes gesammelten Stücke muß ich mit aller Entschiedenheit als Rh. juvavica ansprechen. Es ist notwendig, die Gründe hiefür genauer darzulegen. | Gemmellaro bezeichnet seine Art ausdrücklich als vier- eckig.” In der Tat zeigen seine Figuren und auch das bei Böse abgebildete sizilianische Exemplar an den Enden der Schloß- kommissur deutliche vorspringende Ecken. Bei den Stücken vom Breithorn sind diese Ecken kaum angedeutet, wie auf Bittner's Tafel 25 und auch auf Böse’s Fig. 13 zu sehen ist. Meine Exem- plare haben fast alle einen mehr oder weniger unsymmetrischen Umriß. Manche Stücke fallen durch große Dicke auf. Die Auf- wölbung der großen Klappe ist manchmal von deutlichen Kon- kavitäten begleitet, wodurch der von Bittner beschriebene dach- förmige Rücken zustande kommt. MH Rhynchonellina, p. 552. Kalkalpen, p. 299. Vgl. Pia, Lessinische Alpen, Fig. 33. Das bei Böse: Rhynchonellina, Taf. VI, Fig. 13 abgebildete Stück vom Breithorn scheint allerdings nur etwa 17 Rippen zu haben, so daß es kaum zu D m» > Gemmellaros Art gehören kann. 5 Terebratula janitor II, p. 34. bil 1 Südwestecke des Steinernen Meeres. 59 Böse gibt an, daß in Billiemi wohl die var. coarctata, nicht aber die var. dilatata auftritt. Dies zusammen mit den veröffent- lichten Abbildungen muß einen auf die Vermutung bringen, daß die nordalpine Form von der sizilianischen auch in den Maß- verhältnissen verschieden sei. Um die Sache genauer zu prüfen, wurde an meinem Material vom Breithorn die relative Schalen- breite, d.h. die größte Breite der Schale, ausgedrückt in Hundert- steln der Länge vom Schnabel bis zum Stirnrand, gemessen. Fünf- unddreißig Stück konnten zu dieser Untersuchung herangezogen werden. Das Ergebnis war die folgende Tabelle. Rhynchonellinen vom Breithorn. Breite in. ..;den Länge: .....: 80 1879) 109 180 120 130 140 150 AnsahlndersStuckesr are. 44%, 1 3 6 9 9 6 1 Man sieht aus ihr zunächst, daß die Verteilung der Individuen auf die Klassen eine in Anbetracht der geringen Gesamtzahl sehr regelmäßige ist. Nichts deutet auf das Vorhandensein mehrerer Maxima hin. Dies zeigt uns, daß —- wenigstens in dem unter- suchten Material — die auf die Proportionen gegründeten Varie- täten, var. coarctata und var. dilalata, keinen systematischen Wert haben, da sie nichts anderes als extreme Varianten eines einheit- lichen Formenkreises sind, nicht etwa Typen besonderer kleiner Gruppen. Die mittlere relative Breite ergibt sich zu B= 1176 + 2-39/,. Von dem sehr reichen sizilianischen Material liegen leider keine Messungsreihen vor, aus denen sich direkt vergleichbare Werte ab- leiten ließen. Gemmellaro gibt nur die Maße von sieben Vertretern. Hate miulere Breite /beiräst"113:9°/,.' Der mittlere Fehler. dieser Zahl läßt sich nur sehr unvollkommen bestimmen, weil man nicht weiß, ob und in welchem Ausmaß typische, beziehungsweise ex- treme Exemplare bei der Messung bevorzugt wurden. Wahrschein- lich dürfte der rechnungsmäßige Wert 4°1 eher zu groß sein. Die Differenz der beiden Mittelwerte ist 3°7— 4:7. Ein Unterschied in den durchschnittlichen Proportionen der beiden verglichenen Materialien ist also nicht erwiesen. Dagegen dürfte allerdings, worauf schon Bittner hingewiesen hat!, die Art von Sizilien merklich weniger variabel sein, als die nordalpine, denn die Ex- treme, die Gemmellaro angibt, sind nur 100 und 127°/, gegen- über 89 und 141°/, bei meiner Messungsreihe. Als wichtigsten Unterschied zwischen den beiden Arten be- trachten sowohl Bittner als Böse die Dichte der Berippung. Aus meiner Aufsammlung vom Breithorn erwiesen sich 40 Stück 1 Rhynchonellina, p. 550. 60 nd. JBia,; als zur Zählung der Rippen geeignet.! Das Ergebnis der Unter- suchung war in mehrfacher Beziehung interessant. Die Reihe, die aus den einzelnen Zählungen zusammengestellt wurde, war folgende: e Rhynchonellinen vom Breithorn. 13 14) 15 216 MP Anzahl der Rippen... Bu ER EEE Anzahl der Stücke...... len 2 IUMDIOTRE FERNEN Davon ohne Spaltrippen... O0 1 nz. 12 IONTEOSA ORRIE EBE Schon ein flüchtiger Vergleich mit den auf p. 22 mitgeteilten Zahlen lehrt, daß die Variationsgrenzen meines Materials sich mit den von Bittner für Rh. juvavica ermittelten nahezu decken, während selbst meine am dichtesten verzierten Stücke rippenärmer sind, als die grobrippigsten aus Sizilien. Sieht man die Zählungs- reihe etwas näher an, so springt jedoch in die Augen, daß wir es hier mit einer zweigipfeligen Kurve zu tun haben, daß in dem Material mindestens zwei Formen stecken, die sich nur mit ihren extremen Varianten übergreifen. Eine genauere Betrachtung der einzelnen Stücke ergibt, daß die den beiden Kurvenabschnitten entsprechenden Formengruppen wahrscheinlich in sich auch noch nicht einheitlich sind. Unter den rippenarmen Stücken sind vor allem solche, die überhaupt sehr schwach verziert sind, denn bei diesen sind die Rippen oft auf den mittleren Teil der Schalen be- schränkt. Ferner gehört die Mehrzahl jener Exemplare, bei denen die Rippen nicht gespalten sind, derselben Gruppe an. Auch wird zu prüfen sein, ob die’ Zahl -der Rippen, mit der breizren a7 schlankeren Gesamtform in Beziehung steht. Endlich wäre es möglich, daß junge Stücke rippenärmer als alte sind, daß also die Rippenzahl mit der absoluten Größe in Korrelation steht. Auf alle diese Punkte kann erst später eingegangen werden. Zunächst kommt es darauf an, zu entscheiden, ob die Stücke vom Breithorn sich bezüglich der Rippenzahl von der typischen Rh. segquenzae aus Sizilien sicher unterscheiden und wir müssen diese Frage noch etwas genauer prüfen. Berechnet man die mittlere Rippenzahl für die ganze Reihe und ihren mittleren Fehler, so findet man Z—= 13-55 &H0"-44, Bezüglich der sizilianischen Art ist aus den Angaben bei Gemmel- laro nur zu entnehmen, daß die mittlere Rippenzahl von 25 kaum viel verschieden sein dürfte. Setzen wir sie vorsichtshalber —= 24, so ergibt sich der Unterschied gegenüber den Stücken vom Breit- horn zu 10:45 oder fast 24mal so groß, als der mittlere Fehler 1 Es konnte nicht immer auf der gleichen Klappe gezählt werden, doch dürfte dies keinen merklichen Unterschied machen. Berücksichtigt wurden alle Rippen an der Kommissur, ob sie nun vom Wirbel kommen oder erst weiter unten durch Spaltung entstehen. Al 5 Südwestecke des Steinernen Meeres. 61 von Z. Es steht also zweifellos fest, daß die nordalpinen Stücke im Durchschnitt viel weniger Rippen haben, als die sizilianischen. Dagegen ließe sich aber einwenden, daß möglicherweise wenigstens die dichtberippte Form vom Breithorn mit der von Billiemi über- einstimmt. Man wird die Grenze zwischen den beiden Teilkurven in der oben wiedergegebenen Tabelle ohne merklichen Fehler zwischen die Klassen 15 und 16 legen dürfen. Es wurde deshalb aus den vier obersten Klassen allein noch einmal ein Mittel be- rechnet. Man findet Zi = 363 =E.0:,233 Die Differenz gegenüber dem von uns angenommenen Mittelwert iuendıe sizilianischen Stücke. ist .nun ..6:637 oder. 23:’5mal. .der mittlere Fehler von Z’. Es kann also in beiden Fällen für voll- kommen ausgeschlossen gelten, daß der gefundene Unterschied nur auf der zu geringen Zahl von Beobachtungen beruht. Bcandier Einzelheiten der Skulptur stimmen mit der von Bittner gegebenen Beschreibung vollkommen überein. Die Stärke der Berippung ist sehr schwankend. Es gibt Stücke, bei denen die Rippen nur im wirbelnäheren Teil des mittleren Ab- schnittes jeder Klappe deutlich zu erkennen sind, gegen die Seiten und gegen die Stirn zu aber sich vollständig verwischen. Ganz glatte Stücke habe ich allerdings in meinem Material nicht. Inter- essant ist der Umstand, daß unter meinen Stücken (im ganzen etwa 90) fünf mit deutlichen Anwachsstreifen sind. Bei einem sind diese so stark und die Rippen so schwach, daß — besonders gegen die Stirnkommissur zu — eine deutliche Gitterskulptur ent- steht. Dieses Merkmal kommt offenbar bei verschiedenen Rhycho- nellinen gelegentlich vor und kann nicht zur Trennung von Rh. jwvavica und Rh. sequenzae, wie Bittner früher glaubte, anderseits auch nicht zur Auflösung dieser Art, wie Böse ver- mutete!l, verwendet werden. Die Rippen spalten sich manchmal weit oben, manchmal auch erst nächst dem Stirnrand. Oft sind die Spaltrippen einander gleichwertig, nicht selten hat aber auch die eine den Charakter einer schwächeren Nebenrippe. Wenn der Um- riß sehr assymmetrisch ist, erweist sich auch die Verzierung der beiden Schalenhälften verschieden. Gelegentlich sind dann nur auf der breiteren Seite Spaltrippen vorhanden. Endlich kommen — wie schon erwähnt — auch Stücke mit lauter einfachen Rippen vor. Sie machen, wie sich aus der Tabelle leicht berechnen läßt, 22°5 — 6'6°/, des ganzen Materials aus. Wie schon erwähnt, lehrt die Betrachtung der Tabelle, daß die Stücke mit ungespaltenen Rippen vorwiegend den rippenärmeren Klassen angehören. Berechnet man nach Bravais Formel die 1 Alpine Trias, p. 518, Anm. 62 user Korrelation zwischen der Anzahl der KIPpieh und dem Auftreten von Spaltrippen, so findet man ‚r:m, —3'14, also eine nicht sehr strenge, aber recht sichere Korrelation. Es wäre offenbar besser gewesen, die Beziehung zwischen Gesamt- zahl der Rippen und Anzahl der Spaltrippen zu untersuchen, doch war das Material nicht gut genug erhalten, um diese an ent- sprechend vielen Stücken verläßlich zu ermitteln. Als ein anderes Merkmal, von dem man vermuten kann, daß es mit Rippenarmut Hand in Hand geht, wurde oben ein schlanker Umriß der Schale genannt. Die relative Schalenbreite und die Rippenzahl stehen miteinander rechnerisch in einer Korrelation, die durch den Faktor jr. = —0'215 — 0° 166 gekennzeichnet . ist... 7.:,m, —= 1293. .. Die; errechnete” Karrlatien würde also besagen, daß die Beziehung zwischen Schalenbreite und Rippenzahl eine negative ist, daß die schmalen Stücke mehr Rippen haben, als die breiten. Dieses Ergebnis ist an sich gewiß sehr unwahrscheinlich. Berücksichtigt man außerdem die durch den Bruch r:m, aufgezeigte sehr geringe Sicherheit des Ergebnisses, so ist der allein wahrscheinliche Schluß wohl der, daß die ge- fundene Korrelation überhaupt nur zufällig ist und in Wirklichkeit keine gesetzmäßige Beziehung zwischen Schalenform und Rippen- zahl besteht. Auch die ganz verschiedene Gestalt der Variabilitäts- kurven für die relative Breite und für die Rippenzahl macht es ja wahrscheinlich, daß zwischen beiden kein Zusammenhang vor- handen ist. Endlich ist noch zu prüfen, ob die Rippenzahl sich im Lauf des Wachstums ändert, in welchem Fall eine Korrelation zwischen absoluter Größe und Rippenzahl vorhanden. sein müßte. Als Maßzahl für die Größe wurde die SehaleuingeR ver- wendet. Man findet Y—= + 0'6525 = 00999, r: m, = 6°53. Es ist also zweifellos eine sehr deutliche Korrelation vorhanden. Aus den schon angestellten Berechnungen folgt ferner, ebenso wie aus der Beobachtung der einzeinen Stücke, daß auch zwischen Rippenspaltung und Größe ein Zusammenhang besteht, da ja die Spaltung bei manchen Exemplaren erst in fortgeschrittenen Wach- tumszuständen auftritt. Es wäre müßig, auch dafür einen mathe- matischen Ausdruck zu berechnen. Hervorzuheben ist dagegen eine andere Schlußfolgerung aus der zuletzt ermittelten Korrelation. Schon der Vergleich der Abbildungen mit meinen Stücken. zeigt Südwestecke des Steinernen Meeres. 63 nämlich, daß die Form von Billiemi viel größer ist, als die vom Breithorn. Aus Gemmellaros Maßangaben findet man die mittlere absolute Länge zu ungefähr 14'71mm. Dagegen erhält man für die Länge meiner Stücke vom Breithorn folgende Reihe: Rhynchonellinen vom Breithorn. Länge in mm... 705 8:05 9:05 10:05 11:05 12:05 13:05 1405 15:05 16°05 17°05 Anzahl d. Stücke 2 2 6 6 + 6 + - (6) 1 Die Reihe wurde mitgeteilt, um ihre langgezogene Gestalt mit vielen fast gleichen Klassen zu zeigen, die recht bezeichnend für Merkmale ist, welche sich im Laufe der Ontogenie im selben Sinn verändern. Statt eines typischen Wertes gibt es deren in einem solchen Fall eine größere Zahl wenig verschiedener, statistisch oft nicht trennbarer. Der Exzeß der Reihe ist dementsprechend gleich — 0'628, also negativ und sehr beträchtlich. Die mittlere Länge meiner Stücke beträgt — 11'532 —0'36 mm, ist also merklich kleiner als die der sizilianischen. Ein Zweifler könnte deshalb fragen, ob der größere Rippenreichtum von Gemmel- laros Exemplaren nicht einfach eine Folge ihrer bedeutenderen Größe ist, wodurch der systematische Wert dieses Merkmales natürlich sehr herabgesetzt würde. Ich habe deshalb die sogenannte Regression der Rippenzahl zur absoluten Länge der Rhynchonellinen vom Breithornostkamm berechnet und fand sie zu +0°901 Rippen für jeden mm der Länge. Der Unterschied der mittleren Längen der beiden Formen beträgt 3:19 mm. Die mittlere Rippenzahl meiner Stücke fanden wir oben zu 13:59 —0'44. Wären sie so groß wie die Gemmellaros, so müßte ihre Rippenzahl um 3°19.0°901 größer sein, d. h. sie müßte 16°42—0'53 betragen (wobei die wahr- scheinliche Annahme gemacht wurde, daß der mittlere Fehler sich proportional dem Mittelwert ändern würde, so daß die Variabilität als solche, gemessen durch den Variationskoeffizienten, gleich bliebe). Nachdem auf diese Weise der Größenunterschied ausgeschaltet ist, ergibt sich der Unterschied in der mittleren Rippenzahl zwischen meinem und Gemmellaros Material zu 24— 16°42 = 7'958, ist also immer noch ganz sicher real. Man kann auch wieder die den zweiten Kurvenabschnitt bildenden vier höchsten Klassen der Tabelle auf pag. 26 allein heranziehen. Ihre mittlere Länge beträgt 13:59 0'205 mm. Eine Berechnung der Korrelation aus diesen Klassen allein erscheint wegen der zu geringen Stückzahl nicht zweckmäßig. Es wurde vielmehr angenommen, daß die Regression dieselbe wie im Gesamtmaterial sei. Dann ergibt sich die auf die Länge der Stücke von Billiemi bezogene Rippenzahl zu 18:36 & 0'25 und die Differenz zu 5°64; auch sie kann nicht als zufällig. nt Ki Zu 64 i ee angesehen werden. Meine Rhynchonellina ist also nicht nur absolut, sondern auch im Vergleich zur Größe rippenärmer als die Ge mme länes. Aus allen diesen Vergleichen dürfte mit genügender Sicherheit hervorgehen, daß die auf dem Osthang des Breithornes massenhaft auftretende Brachiopodenart als Rhynchonellina jwvavica zu bezeichnen und von Rh. seguenzae deutlich verschieden ist. Daraus müssen wir aber wohl schließen, daß der Gipfel des Breithornes noch der Trias, und zwar eher der norischen als der rhätischen Stufe zufällt. Wie verträgt sich nun dieses Ergebnis mit dem Auftreten von Terebratula gregariaeformis knapp westlich unter dem Breithorn- gipfel? Handelt es sich hier vielleicht um jüngere Gesteinslagen? Böses Voraussetzung, die 7. gregariaeformis sei eine Art der Kössener Schichten, gründet sich offenbar auf die Mitteilungen Zugmayers in der ÖOriginalbeschreibung. Aus dieser und aus Bittners mehrfachen Angaben geht jedoch hervor, daß jene Art nicht in den eigentlichen Kössener Schichten auftritt,! sondern im obersten Dachsteinkalk, der allerdings noch rhätisch sein dürfte. Im Jahre 1884 verwies sie Bittner sogar in den untersten Teil des Dachsteinkalkes,? was jedoch auf einem Irrtum beruhen dürfte, da er sie in der Brachiopodenmonographie ausdrücklich in den oberen Dachsteinkalk stellt. Sicherlich scheint mir das Vorkommen von T. gregariaeformis kein Beweis dafür zu sein, daß die unmittelbar hangenden Schichten schon liassisch sind. Höchstens könnte man daraus schließen, daß Rh. juvavica dem Rhät angehört oder doch in dieses hinaufgeht. Auch Hahn scheint sie für eine rhätische Art zu halten, vielleicht deshalb, weil er sie an der Schärtenspitze in der Hochkaltergruppe nahe der Liasgrenze fand.’ Zusammenfassend möchte ich also glauben, daß das Auftreten von Lias auf dem Breithorn bisher nicht bewiesen ist. Das Vor- kommen rhätischer Schichten an dieser Stelle ist wahrscheinlich. II. Tektonik. 1. Der F altungszustand im allgemeinen. In der eingangs angeführten Arbeit über die Lessinischen Alpen habe ich zu zeigen versucht, wie man durch die statistische Behandlung der Fallzeichen gewisse Zahlenwerte gewinnen kann, die die Gefaltetheit eines Gebietes unabhängig von der Analyse der einzelnen Falten kennzeichnen. Dies soll auch für den Bereich 1 Brachiopoden, pag. 278, 286. 2 Salzburger Kalkhochgebirge, pag. 105. 3 Kalkalpen, pag. 326. Der Fund scheint neu zu sein, da »Lofer« pag. 10 von derselben Stelle nur Sviriferina jungbrunnensis genannt wird. Ara, ab alu Südwestecke des Steinernen Meeres. 65 der gegenwärtigen Untersuchung geschehen. Die Anzahl meiner eigenen Messungen in der Gegend von Saalfelden war nur gering. Ich habe deshalb zur Ergänzung etliche Angaben in der Literatur herangezogen, und zwar von Hahn (»Kalkalpen«, pag. 297—299, 7 Messungen), Böse (»Alpine Trias«, pag. 520, 1 Messung) und Gümbel (»Alpengebirge«, pag. 161. Aus dieser Arbeit habe ich nur zwei Fallzeichen übernommen, weil mir bei den anderen wegen der veralteten Ausdrucksweise ein Irrtum nicht unmöglich schien.) Die Mehrzahl meiner eigenen Messungen war hinlänglich genau, nur einige der ersten, die ich noch ohne geologischen Kompaß ausgeführt hatte, sind weniger sicher, doch ist ein wesentlicher Ein- fluß auf das Ergebnis nicht zu befürchten. n = Gesamtzahl der verarbeiteten Fallzeichen = 51 io — Fallwinkelsumme — 1834 (29): u» = mittlerer Fallwinkel = 35:96° = 35° 58'. Diese Zahl sagt uns, daß das kartierte Gebiet merklich stärker gefaltet ist als irgend eine Berggruppe in den nördlichen Lessinischen Alpen (vgl. die Tabelle 75, »Lessinische Alpen« pag. 208). Das ist ganz. interessant, wenn man bedenkt, daß die Lessinischen Alpen ein ausgezeichnetes Faltenland sind, das Steinerne Meer aber vielfach als ein typisches Plateaugebirge angesehen wird. Für die Aufstellung der zitierten Tabelle wurden allerdings innerhalb jeder einzelnen Berggruppe die Fallzeichendichten zwischen den Mittelschenkeln der Flexuren und den flach liegenden Teilen ausgeglichen. Im Steinernen Meer, wo gut abgegrenzte Falten fehlen, kann dies nicht geschehen, obwohl die Messungen sicherlich auch hier in den stärker steil gestellten Abschnitten dichter als dazwischen sind. Aber auch wenn man das mittlere Einfallen der Berggruppen der Lessinischen Alpen ohne Ausgleichung berechnet, erhält man nur für das Tonezzaplateau mit seiner ganz abnormen Verteilung der Beobachtungen (vgl. »Lessinische Alpen« p. 194), die derjenigen bei Saalfelden sicher nicht ähnlich ist, eine größere Zahl, als für das Steinerne Meer. Da das kartierte Gebiet augenscheinlich eine einseitig geneigte Schichtplatte, ein bioßer Ausschnitt aus einem Faltenschenkel ist, gewinnt das, was ich das Faltungshalbdiagramm genannt habe, erhöhten Wert. Es wurde deshalb auch etwas mehr ausgestaltet. C= Winkel der Halbdiagrammachse mit der magnetischen Ost- aichtunge — 71.99 L = Länge der Resultierenden des Halbdiagrammes — 1430'2 mm 20, — Dora" Entsprechend dem Interferenzfaktor i des Diagrammes läßt sich auch für das Halbdiagramm eine Zahl ableiten, die angibt, in welchem Sitzungsberichte d.mathem.-naturw. Kl., Abt I, 132. Ed. 5) N ET a PETE rt 66 Per? Pia, Ausmaß Faltungsrichtungen entwickelt sind, die von dem allgemeinen Schichtabfall abweichen. Ich will diese Zahl als Einheitlichkeits- faktor e bezeichnen und definiere | i e— 100L: vw, der Einheitlichkeitsfaktor ist gleich der Länge der Resultierenden, ausgedrückt in Prozenten der Gesamtwinkelsumme. Je einheitlicher der untersuchte Faltenschenkel gebaut ist, desto größer wird e. Wären alle Fallzeichen ganz gleich gerichtet, so würde e = 100. Wären umgekehrt alle 16 Fallrichtungen gleich stark vertreten, so bekämen wire=0. Im allgemeinen wird innerhalb eines einseitig geneigten Gebietes e wachsen, wenn i{ abnimmt und umgekehrt. Eine Ausnahme tritt jedoch ein, wenn eine größere Anzahl von Fallzeichen dem allgemeinen Schichtabfall gerade entgegen zeigt. Solche Schicht- neigungen verkleinern sowohl e als. Darin liegt auch der Grund, warum man beide Werte bestimmen muß und nicht aus einer kleinen Interferenz auf eine große Einheitlichkeit des Schichtabfalles schließen kann. In unserem Fall ist e = 77'98. Zum Vergieich seien die drei in den Lessinischen Alpen aus- geführten Halbdiagramme herangezogen. Man findet: Gebiet Col Santo-Campomolon (»Lessinische Alpen« p. 140): e = 47'24, Su Westhang des Finocchio (»Lessinische Alpen« p. 123): e = 61:82, | mittlerer Teil der Sieben Gemeinden-Flexur (»Lessinische Alpen« p. 142): e = 8479. Der Südwesthang des Steinernen Meeres ist also in dieser Beziehung dem steilen Mittelschenkel einer lessinischen Flexur näher verwandt, als flacher gelagerten Gebieten. - Die Zeichnung des Halbdiagrammes Fig. la ist diesmal genau nach denselben Grundsätzen ausgeführt, wie sie für das Diagramm schon früher entwickelt wurden. Da das Halbdiagramm nicht zentrisch symmetrisch ist, muß in ihm die Nordrichtung von der Südrichtung unterschieden werden, wie es in der Zeichnung geschehen ist. Die drei Kreise sind der Grundkreis mit dem Halbmesser 45 (Maßstab der Zeichnung 3° = Imm), der Mittelkreis mit dem Halbmesser (£p):» und der »Einheitlichkeitskreis«, entsprechend dem Interferenzkreis, mit dem Halbmesser L:n. Die Größe dieses Kreises im Vergleich zum Mittel- kreis veranschaulicht die Einheitlichkeit des Schichtabfalles. Die Länge der einzelnen Strahlen muß hier natürlich nach der Formel g' = 16gq:n berechnet werden, weil im Halbdiagramm nicht, wie im Diagramm, jede Messung zweimal vorkommt. Man überzeugt sich leicht, daß die Länge zweier gegenüberliegender Strahlen zusammen stets gleich ist wie im Diagramm Fig. 1b. Die Einzelheiten der Form des Halbdiagrammes (und Diagrammes) sind offenbar wesentlich na a vn. Südwestecke des Steinernen Meeres. 67 durch zwei Umstände bedingt:: Durch die zu geringe Zahl der Messungen, die große zufällige Unregelmäßigkeiten erzeugt, und durch das, was ich die Bevorzugung der Hauptrichtungen genannt habe. Ohne diese wäre wahrscheinlich der NNO-Strahl der längste. . Die charakteristischen Zahlenwerte des Faltungsdiagrammes selbst sind für unseren Kärtenbereich folgende (vgl. Textfig. 1b): d — Winkel der Diagrammachse mit der Östrichtung = 78° 28'. Die Kenntnis dieser Richtung ist unter anderem dann von Nutzen, wenn es sich darum handelt, Querprofle durch eine Gegend zu legen. Sie zeigt uns an, wie die Schnitte verlaufen müssen, damit die in ihnen erscheinenden Schichtneigungen durchschnittlich so wenig als möglich von dem wahren Einfallen abweichen. Die Richtung der Profile auf Taf. 2 ist auf diese Art bestimmt. R = Länge der größten Resultierenden — 1646. wand), ur 17. i — Interferenzfaktor = 20°37. Die Interferenz ist also viel geringer, als in den verschiedenen Berg- gruppen der Lessinischen Alpen (vgl. die schon zitierte Tabelle 75). babe 2 a Suse bang 68 var, Pia} Sie kommt der der Sieben Gemeinden-Flexur nahe (vgl. Tabelle 56, p. 189 meiner »Lessinischen Alpen«). Auch darin zeigt also unser Gebiet den Charakter eines einheitlichen Faltenschenkels, in Über- einstimmung mit dem, was aus dem Einheitlichkeitsfaktor zu schließen war. Es ist bemerkenswert, daß die Faltung viel einheitlicher ist, als selbst auf dem scheinbar“ so gesetzmäßig gebauten Westhang des Finocchio. Hahn hat, ohne in Einzelheiten raus einmal gelegentlich bemerkt, daß am Westrand des Steinernen Meeres, besonders im Kamm Schindelkopf-Persailhorn, Verbiegungen im »bayrischen Sinn«, mit SW-NO streichenden Faltenachsen, deutlich zu erkennen sind!, Es ist mir im Gelände nicht klar geworden, welche Erscheinungen er meint. Von dem genannten Kamm selbst besitze ich allerdings keine Messungen, doch würde sich zweifellos entsprechendes ab- weichendes Einfallen auch weiter unten am Hang zu erkennen geben. Unser Diagramm zeigt keine Spur einer solchen Nebenfaltungsrichtung. In einzelnen ist der Grad der Schichtaufrichtung nicht überall im Bereich der Karte derselbe. Die stärksten Steilstellungen findet man im oberen Teil des Kammes Streichenbeil-Schöneck, wo die Schichten durchwegs ungefähr senkrecht sind. Im Südhang des Bereit- hornes ist die Neigung viel geringer. Dasselbe gilt anderseits auch für die Westseite des Selbhornes und die Mandlköpfe gleich östlich außer- halb der Karte. Ein zweites Gebiet verhältnismäßig steiler, wenn auch niemals senkrechter Schichtstellung liegt westlich der Steinalm in dem Graben nördlich der Kote 1223. Hier fallen die Muschelkalk- gesteine mit 50 bis 70° Neigung gegen N oder NNO. Hahn ver- mutete, daß die steilgestellten Schichten westlich der Steinalm die Fortsetzung derer am Streichenbeil sind’. Diese Vorstellung läßt sich aber nicht genügend belegen. Weder weist das Streichen der einen Kniefalte genau auf die andere hin, noch war in dem zwischen- liegenden Gebiet südlich des Breithornes ein Verbindungsglied zu a Böse?® gibt an, daß die Schichten südlich der Steinalm und nordöstlich der Riemahnshöhe nach S fallen, so daß ein Sattel ent- steht. Ich konnte mich von dem Vorhandensein eines zusammen- hängenden Gewölbes nicht überzeugen. Ich glaube, daß Böse die Bedeutung einzelner. Beobachtungen von Südfallen überschätzt hat. Die in dem Profil -3 erscheinende sattelförmige Wölbung der Werfener Schichten ist — ‚wie wir noch sehen werden. ‚—.‚nicht sicher festgestellt, aber — wenn überhaupt vorhanden — sicher nur von örtlicher Bedeutung. Zudem: liegt sie viel südlicher, als der von Böse angegebene Streifen. 1 Lofer p. 69, Anm. 1. 2 Kalkalpen p. 300. 3 Alpine Trias S. 522. a Hr Südwestecke des Steinernen Meeres. 69 2. Brüche. Die Brüche des aufgenommenen Gebietes sind fast alle unbe- deutend. Nur einer hat eine größere Sprunghöhe. Da er außerdem für das Verständnis der Stratigraphie'sehr wesentlich ist, muß er genauer beschrieben werden. Wenn man über den Brunnkopfkamm emporsteigt, quert man ihn nächst P. 1489. Es steht hier auf einer kleinen Verflachung des Rückens eine Jägerstube. Südlich von ihr herrscht Guttensteiner Dolomit, nördlich erscheint unvermittelt heller, grusiger, typischer Ramsaudolomit, der wenig weiter oben auch die schon erwähnten bezeichnenden Diploporen geliefert hat. Man: könnte an dieser Stelle denken, daß die im W zwischen Guttensteiner Kalk und Ramsaudolomit zwischengeschalteten ober- anisischen Gesteine gar nicht abgesetzt wurden. Dies scheint auch die Auffassung der früheren Aufnahmsgeologen gewesen zu sein. eSeis, man jedoch nach WNW, in den ‚Saugraben hinunter, so findet man dort den Bruch nächst dem Ausgang des oberen, schluchtartigen Talabschnittes deutlich aufgeschlossen. An einer steilen Fläche stößt der helle Ramsaudolomit gegen den dunklen Guttensteiner Dolomit. Dieselbe Verwerfung ist beiderseits des großen Schuttkessels südlich der Ramseider Scharte sehr gut zu sehen. Auf der Ostseite schneidet sie den südlichsten Teil der Steilwand ab.. Sie fällt hier 70° NO. Nördlich von ihr steht an dieser Stelle noch Ramsaudolomit an, wenn auch wegen der eroperem Nahe der Fünzer Schichten wahrscheinlich” schon ein Pmender Teil. Auch aut der Westseite des Kessels besteht der südlichste Felszacken noch aus dünklem Guttensteiner Dolomit, dessen Schichten in größerer Ausdehnung, so auch noch beim so- genannten Fürstenbrunnen am Alpenvereinsweg zur Ramseider Scharte, auf dem Südkamm des Breithorns, stark gestört sind. Die Verwerfung ist hier besonders gut sichtbar, im großen senkrecht, im einzelnen wellig verbogen. (Vgl. Taf. 2, Fig. 5.) Manche Dolomit- quetschlinge in ihr sind hochglänzend poliert, die Zwischenräume sind mit rötlichem Zerreibsel ausgefüllt. Das Gestein nordöstlich der Bruchlinie ist hier nach dem Kartenbild höchst wahrscheinlich Hauptdolomit, der ja freilich lithologisch vom Ramsaudolomit nicht sicher zu unterscheiden ist. Auf der Kammhöhe ist die Verwerfung von Schutt und Blöcken verdeckt. Es scheint, daß hier ein kleiner Bruch von ihr abzweigt, der sogleich zu besprechen sein wird. In der streichenden Fortsetzung des Hauptbruches liegt ein Dolomit- gebiet, in dem ich keine weiteren Beobachtungen über ihn ge- winnen konnte. Ich halte es aber für sehr wahrscheinlich, daß das scheinbare Fehlen der Lunzer Schichten auf der Südseite des Breithornes durch den besprochenen Bruch zu erklären ist. Die in der Karte auffallend hervortretende starke Annäherung der Lunzer Schichten an. den Dachsteinkalk auf der Südseite des Persailhorns könnte ebenfalls sehr gut auf ihm beruhen. Verfolgt man seine Richtung noch weiter, so kommt man nordwestlich des Persailhorns 0) Na 7 ae zu einem eigentümlichen, tief eingeschnittenen, senkrecht in den Buchmaisbach einmündenden Graben (zwischen Weißbachl- alm und Rosenbühel). Ich vermute, daß die Richtung dieses Grabens durch unsere Störung vorgezeichnet ist, die hier nun ganz im Hauptdolomit verläuft. Im Buchmaisbach dürfte sie durch einen OW-Bruch abgeschnitten werden. | SERIE Das schmale und leicht kenntliche Band von oberanisischen Knollenkalken, das von der Steinalm zur Kote 1398 südlich des Persailhorns zieht, macht kleine Störungen sichtbar, die in mäch- tigeren Schichtgliedern verschwinden müßten, aber sicherlich überall vorhanden sind. Schon unmittelbar westlich der weiter oben (S. 14) beschriebenen Aufschlüsse bei der Quelle nächst der Jäger- stube am Breithornsüdhang. sieht man deutlich, daß ein wohl- gebankter, mittelgrauer, bituminöser, offenbar anisischer Dolomit an einem ostwestlichen Bruch ohne Zwischenschaltung von Knollen- kalken gegen Ramsaudolomit stößt. Auch in den Gräben südlich‘ P. 1576 der Bösen Leiter konnte ich das Band der Knollenkalke trotz sehr guter Aufschlüsse nicht finden. Hier kommt aber zu dem ostwestlichen Bruch noch eine nordsüdliche Blattverschiebung, deren Harnisch in der Grabensohle selbst sehr gut zu sehen ist. Der westliche Flügel ist etwas nach S verschoben. Infolgedessen stößt in etwa 1200 m Höhe über eine kleine Strecke Guttensteiner Kalk der linken Grabenseite, der dem Südflügel des OW-Bruches an- gehört, gegen eckig zertrümmerten hellen Dolomit auf der rechten Seite, der wahrscheinlich als Ramsaudolomit des Nordflügels des OW-Bruches aufzufassen ist. Westlich des eben beschriebenen Grabens erscheinen die schwarzen, hornsteinreichen Reiflinger Kalke wieder. Doch ist noch auf dem SSW-Kamm von P. 1576 gut zu sehen, daß sie den Ramsaudolomit nicht normal unterlagern, sondern gegen ihn abstoßen. Weiter gegen die Steinalm zu treten rasch auch die roten Knollenkalke auf und der Schichtverband. wird ein ungestörter. Der OW-Bruch ist entweder ausgeklungen oder er hat nach NW in den Ramsaudolomit hinein abgeschwenkt. Es wurde bisher allgemein angenommen, daß die oberanisi- schen Knollenkalke vom Südhang des Persailhorns gegen O sehr rasch auskeilen.! Aus der Erkenntnis der beschriebenen Brüche geht hervor, daß dieses Auskeilen nicht beobachtet werden kann. Freilich fehlen die erwähnten Gesteine nach Hahns Profil? auch weiter östlich, auf dem Südkamm des Poneck. Aus der Karte er- gibt sich aber, daß eine geringe Schwenkung unseres Hauptbruches genügte, um das Aneinanderstoßen von Guttensteiner Dolomit und Ramsaudolomit auch dort zu erklären. Der Verdacht wird ver- stärkt durch die verhältnismäßig geringe Mächtigkeit von nur 1 Bittner: Salzburger Kalkhochgebirge S. 104. Böse: Alpine Trias S. 522. Hahn: Kalkalpen S. 300. . 2 Kalkalpen S. 300. Südwestecke des Steinernen Meeres. 71 600, die Hahn in seinem Profil dem Ramsaudolomit gibt. Die Frage wäre jedenfalls neu zu untersuchen. Den Bruch auf der Westseite des Ramseider Kessels hat schon Böse beobachtet und beschrieben.! Er spricht den hellen Dolomit zwar als Ramsaudolomit an, doch ist dazu zu merken, daß er diesen Begriff sehr weit faßt. Hahn hat Böses Angaben bezweifelt.” Er hält den dunklen Dolomit auf der SW-Seite der Verwerfung für karnisch. Eine solche Deutung ist vollkommen ausgeschlossen, nicht nur, weil ein dunkler karnischer Dolomit im ganzen Bereich meiner Karte bis auf geringfügige Spuren fehlt, sondern auch, weil zwischen dem dunklen Dolomit westlich P. 1322 und den Werfener Schichten für den Ramsaudolomit kein Platz ist und weil die vollkommen klaren Verhältnisse beiderseits des Saugrabens über das Alter des dunklen Dolomites keinen Zweifel lassen. Auch auf der Südseite des Streichenbeil nähern sich Lunzer Schichten und Dachsteinkalk einander sehr auffallend. Schon auf . S. 18 wurde erwähnt, daß die Reingrabener Schiefer und die sie umgebenden Dolomite hier sichtlich sehr gestört sind. Auch der im N anschließende Dachsteinkalk ist noch von vielen Harnischen durchsetzt. Diese Störungen hängen wohl sicher mit der plötzlichen senkrechten Aufrichtung der Schichten zusammen. Wir werden an die Verhältnisse der Marosticaflexur bei Schio erinnert, wo der mächtige Hauptdolomit auch stellenweise bis auf eine dünne Platte oder bis auf O reduziert wird, während er gleich daneben voll entwickelt ist. Gegen W scheint die Mächtigkeit des Hauptdolomites unter dem Streichenbeil rasch zuzunehmen. Am Weg von der Weißbachlalm zur Weißbachlscharte sieht man eine kleine, aus der Scharte etwa WSW herunterziehende Verwerfung, die die Grenze zwischen Hauptdolomit und Dachstein- kalk auf der Nordseite um etwa 50 m absinken läßt. Ich vermute, daß dieser Bruch den Verlauf des Buchmaisbaches bestimmt hat. Es wurde schon erwähnt, daß er wahrscheinlich den großen NW-Bruch abschneidet. Wenn dies richtig ist, müßte er wohl in- folge der beträchtlichen Höhenverschiedenheit beiderseits dieses Bruches seinen Sinn ändern, so daß im unteren Buchmaisgraben der Nordflügel der tiefliegende wäre. Daraus würde sich dann auch erklären, warum in dieser Gegend keine Lunzer Schichten ge- funden wurden. Ich stelle mir vor, daß diese vom Sattel in mehr oder weniger verquetschtem Zustande durch den Graben südwest- lich des Rosenbühel nach NW weiter streichen, dann aber von dem OW-Bruch abgeschnitten werden, so daß sie nördlich des Buchmaisbaches nirgends mehr zutage kommen. 1 Alpine Trias S. 521. 2 Kalkalpen S. 300. es Ä » 72 sÄinPias Schon Böse ist aufgefallen, daß die sehr verschiedene Lagerung der Dachsteinkalkschichten auf dem Streichenbeil einer- seits, dem Breithorn anderseits die Annahme eines etwa nord-süd- lichen Bruches in der Ramseider Scharte notwendig macht.! Hahn will auch diesen Bruch nicht gelten lassen.” Aus meinen Notizen geht aber hervor, daß ich, noch bevor ich Böses Arbeit verglichen. hatte, zu ganz derselben Auffassung wie er- kam.’ In der Tat wird man die äußerst gestörte Obertrias östlich der Ramseider Scharte kaum unmittelbar — ohne eine Querstörung nach Art einer Blatt- verschiebung — mit der unseres Wissens ganz ruhig gelagerten unter dem Breithorn verbinden können. Auch beobachtet man am Weg zum Riemannhaus, daß der Dachsteinkalk stark zerrüttet und von vielen rot belegten Klüften durchzogen ist. Ich möchte also an Böses Darstellung festhalten, zumal sie auch die Entstehung der Scharte und der senkrechten Felssäule des Sommersteins ver- ständlicher macht. Die Schichtstellung auf der Westseite des Selbhorn ist im Gegensatz zum Schöneck wieder eine nur wenig geneigte, mit mäßigem nördlichen Einfallen. Vielleicht verläuft auch durch die Buchauer Scharte ein Bruch, so daß nur ein schmaler Gelände- streifen stärker zusammengefaltet wäre. Doch liegt die Lösung dieser Frage außerhalb des Rahmens meiner Aufnahme. Eine unbedeutende, in den Bereich unserer Karte fallende Verwerfung hat Hahn* beschrieben. Sie durchzieht den Südhang des Kopfsteins und des Rauchkopfs. Weiter verfolgen konnte ich sie nicht. Böse schließt aus einer Verschiedenheit im Streichen der beiden Talseiten, daß die Saalach zwischen Brandl und Frohn- wies einer Störung folgt’, die der vorigen ungefähr parallel wäre. Bei Hahn findet sich darüber nichts und auch ich konnte nichts Näheres ermitteln. 3. Die regionaltektonische Einordnung. Aus der Literatur lassen sich drei Hauptarten herauslesen, wie man das von mir kartierte Gebiet in den Zusammenhang der großen tektonischen Einheiten der nördlichen Kalkalpen einordnen kann. Die Auffassung aller älteren Forscher geht natürlich dahin, daß eine im wesentlichen ungestörte, einheitliche Schichtfolge vom Phyllit bis zum Lias vorliegt. Diese Ansicht ist in neuerer Zeit, nachdem sie durch die Deckenlehre erschüttert worden war, von 1 Alpine Trias S. 521. 2 Kalkalpen S. 300. 3 Auch Machatschek schließt sich (Salzburger Kalkaipen S. 49) in neuester Zeit Böse an. (Zusatz während des Druckes.) 4 Lofer S. 50. 5 Alpine Trias S. 524. Südwestecke des Steinernen Meeres. 78 J. Nowak wieder aufgenommen worden, der sich jedoch mit unserem Gebiet nicht näher beschäftigt hat. Hahn versucht die- selbe Auffassung eingehender zu begründen. Doch hat uns der bisherige Gang der Untersuchung schon überzeugt, daß seine Be- obachtungen auf dem Boden unserer Karte nicht den Wert einer Spezialaufnahme haben, daß ihm vielmehr wichtige tektonische Einzelheiten entgangen sind, so daß seine Ergebnisse wohl nicht als entscheidend angesehen werden können. Der entgegengesetzte Standpunkt wird von Haug vertreten, dem sich Kober anschließt. Sie wollen die Schichtfolge am Südwesthang des Steinernen Meeres in mehrere Decken auflösen. Leider haben auch diese Autoren die Anwendbarkeit ihrer Theorie nicht entsprechend an Ort und Stelle geprüft. Was Hahn auf S. 297 der »Nördlichen Kalkalpen« über Haugs Angaben sagt, wird wohl jeder Leser, der das Gebiet kennt, unterschreiben müssen. Eine dritte Deutungsmöglichkeit ist zwar meines Wissens niemals ausdrücklich verfochten worden, er- gibt sich aber als nahe liegende Folgerung gerade aus den neuesten tektonischen Erkenntnissen über die Nachbargebiete. Bekanntlich hat Trauth gezeigt, daß der Hochkönig und das Tennengebirge mittels der »Hochgebirgsüberschiebung« über das Werfen - Sankt Martiner Schuppenland nach S bewegt sind. Es ist nun an sich wenig annehmbar, daß diese Überschiebung auf der kurzen Strecke vom Hochkönig bis Saalfelden vollständig aufhört. Aus Gesprächen ist mir’ bekannt, daß Trauth selbst ihre Fortsetzung nach W stets für sehr wahrscheinlich hielt. Auch ich möchte dieser Meinung zu- neigen. Allerdings ist zu bemerken, daß mir ein strenger Beweis für das Vorhandensein der Überschiebung nicht gelungen ist. Das entscheidende Beweisstück, die Überlagerung jüngerer Schichten dureh ältere, scheint eben tatsächlich zu fehlen. Eine Reihe’ von Wahrscheinlichkeitsgründen läßt sich aber dafür anführen, daß die Mittel- und Obertrias über den Werfener Schiefer ein Stück weit nach S bewegt ist: 1. Wie schon S. 9 auseinandergesetzt, ist die Rauhwacke von St. Georg höchst wahrscheinlich ein tektonisches Umwandlungs- produkt gewöhnlichen Guttensteiner Dolomites. 2. Auf das wahrscheinliche Vorhandensein von Schuppungen innerhalb der Werfener Schichten wurde schon S. 6 hingewiesen. Sehr auffallend ist auch das Vorkommen fleischroter Quarzite, wie sie sonst für den mittleren Teil der Werfener Schichten be- zeichnend sind, zwischen Oed und Berger südlich der unteren Werfener von Fieberbrunn und unmittelbar neben dem Phyllit des Dürnberges. In meinem Profil 3 habe ich zwar zu zeigen ver- sucht, daß sich diese Erscheinung auch durch die Annahme einer Falte erklären läßt, zu der die beobachteten Fallzeichen gut passen. Der Phyllit des Dürnberges könnte vom Werfener Sandstein beim Berger durch die Fortsetzung des Bruches in der Ramseider Scharte getrennt sein. Mir selbst scheint aber die Vorstellung mehr für sich 74 meletPis; zu haben, daß die unteren Werfener Schichten den mittleren von N her etwas aufgeschoben sind. 3. Das am leichtesten kenntliche Glied der ganzen Werfener Schichtreihe sind die braunen Muschelsandsteine an der Grenze gegen die Mitteltrias. Es ist nun sehr auffallend, daß auf dem Brunnkopfkamm jede Spur dieses Gesteines fehlt. Erst auf dem Tennkamm erscheint es. Ich nahm ursprünglich einen Bruch an. Wahrscheinlicher ist aber wohl, daß die oberen Werfener Schichten infolge einer Überschiebungsbewegung des Muschelkalkes aus- gequetscht sind. 4. Herr Hofrat Kerner war so liebenswürdig, mir mitzuteilen, daß er am Südhang der Leoganger Steinberge eine mehrfache Wechsellagerung von Rauhwacken und Werfener Schiefern auf- gefunden hat, die er unbedingt für tektonisch ansehen muß. Dieser Punkt dürfte, sobald eine genauere Beschreibung vorliegt, für die ganze Frage wohl entscheidend werden. ’ Vorläufig möchte ich meinen Standpunkt dahin bestimmen, daß ich zwar die ganze Schichtfolge der Südseite des Steinernen Meeres derselben tektonischen Haupteinheit, nämlich der tirolischen zurechne, es aber für sehr wahrscheinlich halte, daß die Mittel- und Obertrias um einen gewissen Betrag über die Untertrias nach S bewegt wurde. Ill. Bemerkungen über die Morphologie und das Quartär. Diese Gegenstände liegen den Fragen, von denen ich aus- gegangen bin, schon sehr ferne. Natürlich läßt es sich aber doch nicht vermeiden, daß man während der Aufnahme auch über sie einiges beobachtet. Darüber soll möglichst kurz berichtet werden. a) Morphologie. Klebelsberg hat jüngst einen höchst interessanten Versuch gemacht, die Abschnitte, aus denen sich die Oberfläche der Ost- alpen zusammensetzt, in ein System zu bringen. Wenn ich mit ihm auch nicht in allen Einzelheiten übereinstimme!, halte ich es doch für zweckmäßig, in diesem Abschnitt von seiner Darstellung auszugehen, weil eine selbständige Behandlung morphologischer Fragen auf einem so engen Gebiet kaum Erfolg verspricht. Nach Klebelsberg hätten wir etwa 400 m unter der miozänen Ober- fläche, der das Plateau des Steinernen Meeres angehört, einen alt- pliozänen Talboden zu erwarten. Wenig tiefer, nämlich in etwa 1 Vor allem habe ich mir nach eingehenden Studien, die an anderer Stelle veröffentlicht werden sollen, die Überzeugung gebildet, das Klebelsbergs »Hoch- flächensystem« in den Lessinischen Alpen nicht durch Erosion, sondern durch tektonische Verbiegung der miozänen (?) Landoberfläche entstanden ist. Rt | BR Südwestecke des Steinernen Meeres. 78 1600 m Höhe, trifft man im oberen Buchmaistal eine auffallende Verflachung der Hänge, die von der bekannten, unten noch einmal zu erwähnenden Gehängebreccie der Weißbachlalm bedeckt ist. Weiter nördlich ist vielleicht der Vorsprung 1533 südsüdöstlich des Praghornes auf sie zu beziehen. Er könnte uns zu der breiten, flachen Einmuldung zwischen Kopfstein und Rauchkopf hinüber- führen, in die die junge Schlucht des Diesbaches eingeschnitten ist, deren Rest aber um P. 1482 erhalten ist. Wenn diese Flächen- stücke wirklich zusammengehören, ergibt sich allerdings ein sehr starker Abfall gegen N. Man könnte geneigt sein, ihn einer nach- träglichen tektonischen Verstellung zuzuschreiben.. Man muß aber bedenken, daß die Verflachung bei der Weißbachlalm sicher nicht der alten Talsohle, sondern einem höheren Teil des Hanges an- gehört. Ich vermutete früher, daß auch der in 1700 m Höhe vor- springende Kamm auf der WNW-Seite des Persailhornes mit der- selben Geländestufe in Zusammenhang zu bringen sei. Während des Druckes der Arbeit entnehme ich jedoch aus der eingangs an- geführten neuen Monographie Machatscheks (S. 43, Anmerkung), daß F. Leyden in den Bergen westlich der Saalach ein besonderes, etwa 1700 m hohes Verebnungsniveau festgestellt hat, das Machatschek in unserem Gebiet nicht finden konnte. Es scheint mir ziemlich sicher, daß wir in dem erwähnten auffallenden Vor- sprung dieses bisher vermißte Niveau vor uns haben. Seine östliche Fortsetzung könnte man in dem vorspringenden Kamm des Prag- kopfes südlich des Selbhorns außerhalb unserer Karte vermuten. Die präglaziale Oberfläche liegt nach Klebelsberg 200 bis 400 m unter der altpliozänen. Hahn! hat nun ein altes Talboden- system aus dem Gebiet von Lofer allmählich ansteigend bis in den Bereich unserer Karte verfolgt, wo er ihm die Vorsprünge von Brunnötz, des Klausberges (1130 m) und der Kote 1095 westlich des Kienberges zuordnet. Auf der Westseite des Breithornes ist dieses Niveau nicht deutlich nachweisbar. Dagegen dürfte ihm auf der Südseite der lange flache Rücken P. 1181—-P. 1187 —P. 1126 zugehören (vgl. Taf. I, Fig.-1). Gerade dort, wo diese Verebnung nicht entwickelt ist, im Bereich des Öfenbaches und Kallenbaches, wird nun aber eine um etwa 200 m höhere Stufe sehr auffallend, die auch in der eben angezogenen Figur ungemein deutlich hervortritt. Es gehört ihr der Gipfel des Kienberges, der Sattel, der Rosenbühel, vielleicht auch das Hahnfalzköpfel an, weiterhin der Rücken der Steinalm und der Gipfel des Bürger- berges. Daß es sich dabei um eine besondere, von der tieferen verschiedene Fläche, nicht etwa um verworfene Teile derselben handelt, geht daraus wohl unzweifelhaft hervor, daß auf dem Kienberg beide Verebnungen unmittelbar nebeneinander zu erkennen sind. Das sonst meist herrschende Verhältnis der Ausschließung beruht offenbar darauf, daß dort, wo die tiefere Stufe weiter in den 1SE,0ferliS;'25; 76 Teck, Hang hineingreift und deshalb heute noch zu sehen ist, die höhere durch denselben Erosionsvorgang zerstört wurde. Das Alter der beiden Täler, «denen die erwähnten Reste zugehören, läßt sich leider nicht ermitteln. Machatschek verteilt, wie ich ‚nachträglich sehe, die von Hahn der tieferen Fläche zugewiesenen Punkte auf zwei verschiedene Talböden, von denen: der untere der unmittelbar präglaziale wäre. Wenn man sich nur an das von mir kartierte Gebiet hält, scheint mir Hahns ältere Auffassung fast besser zu entsprechen. Nur der Dürnberg dürfte sicher einer tieferen Stufe angehören (siehe Machatschek p. 49). Im Gebiet’ des Diesbaches und Pürzelbaches scheinen junge Talanzapfungen eine große Rolle zu spielen. Das obere Dies- bachtal wurde früher zweifellos westwärts gegen Frohnwies ent- wässert. Der ganze untere Teil des heutigen Tales, bei der Dies- bachmühle, ist eine sehr steile, ungangbare, augenscheinlich ganz junge Schlucht. Übrigens scheinen auch im Bereich der Pürzelbach- alm weitere Talverlegungen vorgekommen zu sein, auf die hier aber nicht eingegangen werden muß. Auf der Südseite des Klausberges treten hoch über der heutigen Sohle des Buchmaisbaches zwei Wasserfälle aus der Felswand hervor. Das durch sie angedeutete Höhlensystem muß offenbar auch zu einer. höheren Lage der Talsohle gehören. Ihr heutiger Austritts- punkt liegt allerdings tiefer als die tiefsten von uns verfolgten Terrassen. Eine nähere Untersuchung hätte festzustellen, ob er viel- leicht nur auf einer Wanderung in den heutigen Talgrund begriffen ist. b) Gehängebreccien. Die interessanteste Ablagerung solcher Breccien findet sich im Umkreis der Weißbachlalm im. obersten Buchmaisbachgraben. Die Ausdehnung ist auf der Karte ersichtlich. Das Gestein besteht 'haupt- sächlich aus schlecht gerundeten Dachsteinkalkstücken, die durch ein gelbliches oder rötliches Kalkbindemittel sehr fest verkittet sind. Die unregelmäßigen, groben Bänke, in die es gegliedert ist, fallen parallel mit dem Hang, am Weg von der Weißbachlalm zur Holler- maisalm 23° WSW. Die Mächtigkeit beträgt mindestens 25 m. Das Gestein ist teilweise so hart, daß große Blöcke davon noch weit unten im Buchmaisbach häufig sind. Schon Gümbel ist diese Bildung aufgefallen.! Er hat es zutreffend beschrieben, konnte aber über die Deutung nicht ins klare kommen. Sehr wichtig sind die Beobachtungen Brückners.?” Er fand, daß die Breccie von einer lokalen Grundmoräne überlagert und vom Gletscher geschliffen ist. Sie ist also sicher älter als die letzte Vereisung. In ihrem Liegenden konnten aber keine weiteren quartären Gebilde gefunden werden, 1 Alpengebirge p. 802, Bayern p. 229. 2 Salzachgebiet p. 13 und 70 bis 71. Be RE be PA EU LEBT LA, Südwestecke des Steinernen Meeres. 27 so daß das Alter gegen unten unbestimmt bleibt. Wir sahen, daß die Terrasse, der die Breccie aufliegt, wahrscheinlich unterpliozän ist. Die Schutthalde, aus der das fragliche Gestein hervorging, kann aber selbstverständlich viel jünger sein. In den »Alpen im Eiszeit- alter« hat Penek das besprochene Gebilde nur flüchtig erwähnt.! Auch er vermag das Alter nicht zu bestimmen. Kleine Vorkommen von verfestistem Gehängeschutt sind auch sonst im Gebiet nicht selten. Man findet sie beispielsweise am Weg von der Riemannshöhe zur Ramseider Scharte auf dem Rücken zwischen den beiden Ästen des Jufersbaches und etwas nordwestlich davon oberhalb des Weges, unweit P. 1398. Analog sind wohl auch die Konglomerate, die Gümbel am Weg von Alm auf den Buchauer Sattel fand.” Es ist jedoch durchaus zweifelhaft, ob diese Breccien mit denen von der Weißbachlalm gleichaltrig sind. Ich hatte den Eindruck, daß es sich eher um einzelne verfestigte Lagen in einem sonst lockeren Schutt handelt. Die Kalkblöcke sind oft ziemlich gerundet. Es mag wohl auch Moränenmaterial vertreten sein. Dieselbe Schwierigkeit zu entscheiden, ob gewisse Gehängebreccien inter- glazial oder postglazial sind, begegnete auch Hahn in einem unteren Abschnitt des Saalachgebietes.? Eine eigentümliche Gehängebreccie ist in dem Graben, der vom Bauernhof 1070 nach Schinking herunter zieht, zu sehen. Sie besteht fast nur aus eckigen Werfener Sandsteinstücken. c) Gehängeschutt. Noch viel verbreiteter als die Gehängebreccien sind auf der Südseite des Breithornes lockere Schuttmassen. Teilweise haben sie sicher ein beträchtliches Alter. So beobachtet man in dem östlichen Ast des Jufersbaches oberhalb des Touristenweges, daß ein fester zusammengelagerter, deutlich gelber Schutt von dem Bach ange- schnitten und von dem jüngeren, viel beweglicheren, grau gefärbten Schutt überflossen wird. Ob nicht ein gewisser Teil dieser älteren Schuttmassen als lokale Moräne zu deuten ist, möchte ich nicht entscheiden. Gekritzte Geschiebe habe ich nicht gefunden, aber wohl auch zu wenig danach gesucht. d) an Auf die große Verbreitung, erratischer, zentralalpiner Gesteine im Bereich unserer Karte hat schon Brückner hingewiesen.* Gut 1 p. 392. Es heißt dort irrtümlich »am Ostabfall« statt »am Westabfall« des Steinernen Meeres. 2 Alpengebirge p. 161. Die Bezeichnungen ee und »Rohrmoos Alpe« fehlen auf den neueren Karten, finden sich aber auf Gümbels geognostischer Karte. 3 Lofer p. 33. * Salzachgebiet p. 15. 78 ” ode Pia, aufgeschlossen ist die Moräne nur selten, am besten vielleicht in dem schon erwähnten Graben Östlich des Berger bei Schinking. Sie besteht hier vorwiegend aus Werfener Sandsteinen mit vielen Gneis- blöcken. In ihrem Liegenden ist ein grauer, sandiger, glimmerreicher Glazialton zu sehen. Durch Gletscherverfrachtung ist auch die große Verbreitung von losen Werfener Sandsteinstücken weit oberhalb des Anstehenden dieser Formation zu erklären. Am Südhang des Kienberges und Sattels ist jede Vertiefung des Dolomitfelsens damit ausgeschmiert, so daß man sich immer wieder fragt, ob nicht doch Werfener Schichten anstehen. Diese Moräne reicht bis etwa 1200 m Höhe hinauf. Von da an werden die Werfener Stücke rasch seltener. Nach Brückner! stand das Eis am Eingang der Hohlwege während der letzten Eiszeit jedoch etwa 1700 m hoch. Die Ursache, warum erratische Gesteine im oberen Teil des Hanges fehlen, hat Brückner in dem Herabströmen lokaler Eismassen vom Steinernen Meer gefunden, die das zentralalpine Eis hinunterdrückten. Diese Annahme einer vom Steinernen Meer weg gegen S oder SW gerichteten Eis- bewegung findet eine Bestätigung in dem Auftreten erratischer Kalkblöcke mitten in dem Werfener Schiefergelände des Bürger- berges, am Kamm westlich des Gipfels. Das Gestein der Blöcke ist ein hellgrauer, reiner Kalk, wahrscheinlich Dachsteinkalk. Es geht uns hier auch deshalb an, weil es Auswitterungen kleiner Röhrchen zeigt, die ich an Ort und Stelle für Diploporen hielt. Leider ‚hat die Untersuchung mehrerer Schliffe zu keiner Bestimmung geführt, ja sie hat mich sogar in der Meinung, daß überhaupt Dasycladaceen vorliegen, wieder schwankend gemacht. Es wäre sehr wichtig gewesen, einmal sichere Diploporen im Bann zu und was bisher niemals gelungen ist. e) Schotter. Mit diesen habe ich mich nicht beschäftigt. Ich kann deshalb nur auf Brückners viel zitierte Arbeit verweisen. Er fand bei Stoiß in den Hohlwegen Reste des Niederterrassenschotters.” Die etwa 800 m: hohe Schotterterrasse, die das rechte Ufer der Urschlauer Ache von Alm bis gegen Saalfelden begleitet, hält er für postglazial.? Schließlich wären noch die jungalluvialen Flußschotter zu erwähnen, die heute überall im Saalachtal den Felsboden verhüllen. Ergebnisse bezüglich der Diploporen. 1. In reinen, hellen Kalken des oberen Teiles der anisischen Stufe finden sich Physoporella dissita und Übergangsformen zu 1 Salzachgebiet p. 23, p. 46 und Taf. 1. 2 A.a.0O.p.89 und 96. 3 Ebenda p. 127. Südwestecke des Steinernen Meeres. 79 Physoporella panciforata. Dieses Algengestein wurde als Steinalm- kalk bezeichnet. 2. Im Ramsaudolomit, und zwar sicher ladinischen Alters, ist Tentloporella herculea häufig. Es ist bemerkenswert, daß die dolo- mitisierten Teile des Steinalmkalkes faziell vom Ramsaudolomit nicht zu unterscheiden sind. Dies spricht dafür, daß die abweichende Zusammensetzung der Diploporenflora chronologisch, nicht faziell zu erklären ist. | 3. Das vermutete Auftreten von Diploporen im Dachsteinkalk konnte auch diesmal nicht sicher festgestellt werden, weil sowohl die Bestimmung der Fossilien als das Alter des nur in erratischen Blöcken vorliegenden Gesteins zweifelhaft ist. Erklärung zu Tafel 2. Die Bezeichnung der Schichtglieder ist dieselbe wie auf der Karte. er . Ansicht des Steinernen Meeres von Saalfelden aus. Unter Benutzung einer käuflichen Photographie. 2 bis 4. Profile im Maßstab der Karte. Vergl. diese. . Die Verwerfung auf der Westseite des Ramseider Kessels. Links Guttensteiner Dolomit, rechts Hauptdolomit. B—B — Verlauf des Bruches. Er erscheint nur deshalb schräg, weil er nicht im Streichen gesehen ist. Nach einer Aufnahme des Verfassers. OL DET AENN suherr | Kerr. en Sewehte ar Pr wid art a Fate NEER er A Er 1 ET del, BIOHR Borfgaictk) Er ob, sib | ab raw an eu rk a Tunotobniser na DOSE) A ie ab Qeh Bilab..: It Da I Klais | BER UA LSDTOE 02, B0 Au aamaold an re giaton RR Hi DIN et Pia J.: Siidwestecke des Steinernen Meeres Geologische Skizze des Sädweslfanges des STAINERNEN HEERES dei SAAL FELDEN Harßslab 1:30000 Zallzeichen x x | Geis 0° 30 WE 7- Standpunkt fir Ansicht { 8.d,4=Brofile Ö=Standjpunkt für Ansicht 5 © Diploporenfundsiellen ENERSTEE Eee} Le Hauplaolomil . R Grünwalägui S 708 BAR, ar. Lunzer Schichlen Kamsaudolomel Eornsteinknollenk. Steinalmkalk g Dorfheim Gultensleiner KH. 72, Pr, y Saalfelden t 3 Mi UT Saalielaener Faufwacke U Iie & Obere Werlener Schichlen Mittlere Werlener Sehichlen \ lerger. \ iR Pr = > 5 RZ \ / Untere Werlener Schichlen 2 en . BB _---._ "8 Phylüt C% a BIA fee. 1983 ab Orischarten en Fizgg Lichtdruck v Max Jafie, Wien. Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss,, math.-naturw. Klasse, Bd. 132, Abt. I. 1923 f- PN 228 ’ E | Pia J.: Südwestecke des Steinernen Meeres, Fersaülhorn N FinsterbacfK. Hotlermaistorn Sattel P102 1 1 Sireichendeil 22730 Sattel Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss,, Pia J.: Südwestecke des Steinernen Meeres. Tat. Il. Schöneck B: ı ürgerderg Selddorn ı 2450 Brunakopf | Pig 1 Ra] \ Hal N . 5 Raueh K. Prskin IE FERZIER fenderg n ı Sireichendeil 5 BERO SEW Rechörand _——_ % Zärgerberg Aallenbach 7 Julersbach W000 ım Ded Sattel SLEEorg Lichlenberg „Hallenbach Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. 132, Abt. I. 1923. Texikürzung. Infolge der fortdauernden außerordentlichen Preissteigerungen des Druckes ist die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse außerstande, die Abhandlungen im alten Friedensumfange abzudrucken; insbesondere sollen die Sitzungsberichte von den aufgenommenen Arbeiten nur das zum Verständnisse unumgänglich Not- "wendige bringen. Sehr oft sind manche Einzelheiten der Versuchsanordnungen, | Beobachtungsprotokolle, Zahlentabellen, Kurven, Zwischenrechnungen u. a. m. nur für den auf dem betreffenden Bebiete arbeitenden Fachmann von Wichtigkeit, Bu während sie für den Fachmann verwandter Gebiete von minderem Belange sind. Die Autoren werden demnach gebeten, derartige Einzelheiten als »Ergänzungen« ihren Arbeiten beizugeben, und zwar womöglich in Maschinenschrift und in zwei ‚Exemplaren. Diese »Ergänzungen« sollen nicht veröffentlicht, sondern in der Kanzlei ‚der Akademie aufbewahrt und eines davon über Wunsch an Interessenten für einen Monat entliehen werden. Über die Beigabe solcher »Ergänzungen« wird am Ende der Arbeit ein entsprechender Vermerk stehen. Ferner werden die Herren Autoren ersucht, behufs Verringerung der Druck- kosten und Erzielung einer größeren Übersichtlichkeit jene Teile ihrer Arbeiten in 'Kleindruck zu bringen, welche ihrem Inhalte nach als Ergänzungen oder Erläuterungen des in gewöhnlichem Drucke erscheinenden Textes aufzufassen sind. r Die Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse erscheinen vom Jahre 1883 (Band XCVII) an in folgenden vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: Abteilung ]. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physischen Geographie und Reisen. Abteilung lla. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astro- nomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Abteilung Ilb. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen und der Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin. Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhandlungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis beigesetzt ist, kommen Separatabdrucke in den Buchhandel und können durch die akademische Buchhandlung Alfred Hölder, ;Universitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem angegebenen Preise ‘bezogen werden. Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer Wissenschaften ‚.angehörigen Abhandlungen werden auch in besonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie und verwandte Teile anderer Wissenschaften« ‚herausgegeben. Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird wie bisher acht Tage ‚nach jeder Sitzung ausgegeben. Die Preise werden nach dem jeweiligen Stande der Valuta nach Maßgabe „der Verhältnisse berechnet Be 2 My Auer 3 Dh ru Ei Er u PER E7 - 7 Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse. ‚hat in ihrer Sitzung | vom- 11. März 1915.-folgendes beschlossen: Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzunehmenden. Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäftsordnung nebst Zusatzbestimmungen). $ 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter- suchungen können in die Druckschriften der. Akademie nicht aufgenommen werden.. R Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen : werden nicht als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen, aber entweder: kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes enthalten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist. Unter den gleichen Voraus- setzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in anderen Zeitschriften nicht als. Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen Mitteilung zu machen und sie beizu- legen, falls sie bereits im Besitz von Sonderabdrucken oder Bürstenabzügen sind: $ 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht, bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie aufgenommen: sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts veröffentlicht werden. Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des $ 43 ist die Einreichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften erst dann zulässig,. wenn der Verfasser die Sonderabdrucke seiner Arbeit von der Akademie erhalten hat. Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei anderen Zeitschriften eingereicht werden. Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die: Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt. Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche den- selben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt, ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig, sobald der Verfasser die Ver- ständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzusenden. Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhandlung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen: 1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden, dito in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch nicht auszugs- weise) veröffentlicht werden; 2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden; 3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt. x B- Akademie der Wissenschaften in Wien Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse Sitzungsberichte Abteilung I Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen | 132. Band, 4. bis 6. Heft (Mit 1 Textfigur) = Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Wien 1924 Hölder -Pichler- Tempsky, A.-G., Wien und Leipzig Kommissionsverleger der Akademie der Wissenschaften in Wien Druck der Österreichischen Staatsdruckerei Inhalt des 4. bis 6. Heftes des 132. Bandes, Abteilung I der Sitzungs- berichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse: Seite Regen J., Über die Orientierung des Weibchens von Liogryllus campestris L. nach dem Stridulationsschall des Männchens. Ein Beitrag zur Physiologie des tympanalen Sinnesorgans. [Gz:0:30}..7.27.22..: 33, Se Höhnel F.+, Fragmente zur Mykologie. XXV. Mitteilung. (Nr. 1215 —1225.) 82.090 Eee ee a ee 2 BEN 217 Kerner-Marilaun F., Klimatologische Analysis der Terra rossa-Bildung. (Mit 1% Texthent.) 1@Gz 0°901 4. m Se ee Verkaufspreise. Preis für das Inland und Preis für Deutschland: Grundzahl (Gz) X den betreffenden Buchhändlerschlüsselzahlen. — Auslandpreis: Grundzahl (Gz) = Schweizer Franken. ‘ Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Über die Orientierung des Weibchens von Liogryllus campestris L. nach dem Stridu- lationsschall des Männchens Ein Beitrag zur Physiologie des tympanalen Sinnes- organs Von Prof. a. D. Dr. J. Regen, Wien (Vorgelegt in der Sitzung am 26. April 1923) Vorwort. Aus meinen früheren Untersuchungen über diesen Gegen- stand! hatte es sich ergeben, daß das tympanale Sinnesorgan von Liogryllus campestris L. wahrscheinlich ein Gehörorgan ist. Um jedoch auf diesem beinahe noch gänzlich unerforschten Gebiete weiter vordringen zu können, war es zunächst notwendig, die Untersuchungsmethode zu verbessern. Die bisher angewendete direkte Beobachtung stellte an den Experimentierenden sehr große Anforderungen. Sie wirkte auf die Dauer ermüdend und es konnten daher die Untersuchungen nicht, wie es wünschenswert gewesen wäre, längere Zeit hindurch ununterbrochen fortgesetzt werden. Überdies waren geeignete Versuchstiere in der Gefangenschaft schwer erhältlich. | Ich war also bemüht, eine Versuchsanordnung auszuarbeiten, bei welcher die direkte Beobachtung wenigstens bei einem Teile dieser Untersuchungen ausgeschaltet werden konnte. Als ich nun im Jahre 1911 von der Akademie der Wissen- schaften in Wien aus den Erträgnissen des Wedl-Legates eine Subvention erhielt, wurde es mir möglich, in der freien Natur auf dem Grunde der Landwirtschaftlich-chemischen Bundes-Versuchs- anstalt in Wien ein Terrarium (Flächeninhalt = 12 m?) einzurichten, auf welchem im Jahre 1912 die ersten diesbezüglichen Experimente 1 »Experimentelle Untersuchungen über das Gehör von Liogryllus campestris L.< Zoolog. Anz., Bd. XL, Nr. i2, 1912. »Über die Anlockung des Weibchens von Gryllus campestris 1. durch telephonisch übertragene Stridulationslaute des Männchens. Ein Beitrag zur Frage der Orientierung bei den Insekten.« Pflüger’s Archiv, Bd. CLV, Bonn 1913. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. 6 82 J. Regen, durchgeführt wurden. Da aber zeigte es sich, daß solchen Versuchen, wie ich sie im Sinne hatte, nur dann volle Beweiskraft zukommen könnte, wenn sie in großem Maßstabe durchgeführt würden. Obgleich also die ersten Versuche wegen der allzu kleinen Dimensionen des Versuchsfeldes noch keine endgültigen Resultate ergaben, waren sie doch von grundlegender Bedeutung, weil es. erst auf Grund der dabei gemachten Erfahrungen möglich wurde, die gestellte Aufgabe später mit Erfolg zu lösen.. Der Akademie der Wissenschaften und dem hochgeehrten Herrn Sektionschef Ing. Dr. Franz Dafert, Direktor der Landwirt- schaftlich-chemischen Bundes-Versuchsanstalt, bin ich für diese Förderung meiner wissenschaftlichen Arbeit zu großem Danke ver- pflichtet. Der entscheidende Schritt wurde erst getan, als mir mein hochgeschätzter Freund, Herr Dr. Wilhelm Gutmann, ein großes Freilandterrarium, ein Versuchshäuschen und die erforderlichen Apparate zur Verfügung stellte. ! Die vorliegenden Versuche und Beobachtungen wurden in den Jahren 1912—1914 durchgeführt. In der Hoffnung auf günstigere Zeitverhältnisse wartete ich mit deren Veröffentlichung. Da eine ausführliche, der Sache entsprechende Darstellung der Untersuchungen noch immer nicht möglich ist, habe ich mich ent- schlossen, diese nach achtjähriger Wartezeit vorläufig in ‚gedrängter Kürze zur allgemeinen Kenntnis zu bringen. Versuche. Das Terrarium, auf welchem die entscheidenden Versuche stattgefunden haben, stellt im Grundriß ein Quadrat von 576 m? Flächeninhalt dar. Das Wesentliche der neuen Versuchsanordnung besteht in folgendem: In der Mitte des Versuchsfeldes befindet sich das zirpende Männchen. Ein dicht geschlossener Kreis von Fangapparaten um- gibt es. Auf der Fläche des Terrariums, die einer üppigen Wiese in der freien Natur gleicht, befinden sich die Weibchen, die wie ihre Geschlechtsgenossinnen in Feld und Flur ihre Erdlöcher bewohnen. Werden nun die Weibchen wirklich von dem zirpenden Männchen angelockt, so müssen sie trachten, zu diesem zu ge- langen und so auf ihrem Wege schließlich in die Fangapparate geraten. Dies ist in der Tat der Fall. Wird der Stridulationsschall des zirpenden Männchens und der Zeitpunkt der Gefangennahme der einzelnen Weibchen mittels entsprechender Apparate Tag und Nacht registriert, so wird das ganze in Betracht kommende Tat- sachenmaterial objektiv mit der größten Präzision festgehalten. Auf diesem Wege ist es also möglich, erforderlichenfalls die direkte Beobachtung während eines derartigen Versuches fast gänzlich Orientierung des Weibchens von Liogryllus. 83 auszuschalten. Es ist nur notwendig, die gefangenen Weibchen von Zeit zu Zeit aus ihren Gefängnissen wieder zu befreien. Die Beschreibung der einzelnen Apparate und ihre bildliche Darstellung bleiben der definitiven Arbeit vorbehalten. - Bei den im Jahre 1914 durchgeführten Untersuchungen wurden 1600 Weibchen verwendet, die in zehn konzentrischen Kreisen das Versuchsfeld bewohnten. Zunächst sollte die Funktion des tympanalen Sinnesorgans in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise festgestellt werden. Zu diesem Zwecke wurden vor Beginn der Versuche - 800 Ver- suchstieren teils unmittelbar nach der letzten, teils unmittelbar nach der vorletzten Häutung die Tympanalorgane, beziehungsweise die Anlagen derselben mit einer Nadel beiderseits gänzlich zerstört. Nach der Operation wurde jedes Tier wieder in seine unterirdische Behausung zurückgebracht. Die anderen 300 Weibchen waren zu Beginn der Versuche vollkommen unversehrt. In jedem Kreise befanden sich gleich viele Versuchstiere der einen und der anderen Gruppe; sie waren derart angeordnet, daß in annähernd gleichen Abständen fortlaufend auf ein unversehrtes Tier ein operiertes folgte. Jene unversehrten Weibchen nun, die im Laufe der Unter- suchungen in die Fangapparate gerieten, bildeten eine Gruppe von ganz besonders geeigneten Versuchstieren. An diesen wurden folgende operativen Eingriffe vollzogen. Einem Teile von ihnen wurde das Tympanalorgan beiderseits, einem anderen Teile dasselbe Organ nur auf der einen Seite ent- fernt; einem dritten Teile wurden die Antennen abgenommen. Der Rest blieb unversehrt. Alle diese Weibchen wurden genau gekennzeichnet, so daß ich später jedes sofort wieder erkennen konnte, und dann auf dem Versuchsfielde in bestimmten Entfernungen vom Standorte der Männchen wieder in die Erdlöcher ausgelassen. In der Mitte des Versuchsfeldes waren die Männchen derart verdeckt aufgestellt, daß sie von den Weibchen keinesfalls gesehen werden konnten. Die Anzahl der Männchen variierte, wie der Gang der Versuche es eben erforderte, zwischen O und 9. Im Laufe der Untersuchungen wurde das Stridulationsorgan dreier Männchen außer Funktion gesetzt, so daß sie gar keinen Schall mehr hervorbringen konnten. Es sollte sich nämlich zeigen, ob solche Männchen noch imstande wären, die Weibchen heranzulocken. Der Standplatz der Männchen war von 32 Fangapparaten umgeben. Bevor ein Weibchen in einen der Fangapparate ein- treten konnte, mußte es noch eine vertikale Wand von 10 cm Höhe erklettern. | ‚Der Zulauf der Weibchen in die Fangapparate war über alle Erwartung groß. Am. 20. Mai fing sich das erste Weibchen und 4 ER nn J. Regen, von da an steigerte sich die Zahl der gefangenen -Versuchstiere beinahe von Tag zu Tag. Am 9. Juni, an welchem Tage 77 Weibchen in die Fangapparate kamen, ‘wurde der Höhepunkt erreicht. Von. da an sank die Zahl der Ankömmlinge und am 25. Juni fingen sich die letzten zwei Tiere. In das Protokoll wurde jede einzelne Gefangennahme in der Reihenfolge, wie sıe erfolgt war, eingetragen und nüumeriert. = Abschluß dieser Eintragungen bildet Nr. 728. Ä Von jenen Weibchen, die sich bereits einmal oeidhher: hatten und die dann wieder ausgelassen worden waren, kamen viele ein zweitesmal, eine größere Anzahl derselben ein drittesmal, einige davon ein viertes- und einzelne sogar ein fünftesmal in die Nähe der Männchen und wurden gefangen. Das waren aber nur solche Weibchen, welche die Tympanalorgane besaßen, und sie kamen in die Fangapparate nur dann, wenn von der Mitte des Versuchs- feldes her das Gezirpe erschallte. | | In den Jahren 1912 und 1913 wurden sowohl in der freien Natur als auch im Terrarium der Akademie der Wissenschaften verschiedene Beobachtungen, namentlich aber solche über das Ver- halten der Weibchen zur Paarungszeit angestellt, um nach ge- wonnener Einsicht die entsprechenden Vorbereitungen für die kommenden Versuche treffen zu können. Die wichtigsten dieser Beobachtungen, deren Richtigkeit der allgemeine Verlauf der Ver- suche des Jahres 1914 vollauf bestätigte, werden im nächstfolsgenden Abschnitt angeführt. Sie bilden einen Teil der Ergebnisse dieser Untersuchungen. Ergebnisse. 1. Der vom Männchen hervorgebrachte Stridulationsschall übt eine anziehende Wirkung auf das Weibchen nur dann aus, wenn dieses vom Geschlechtstrieb erfaßt wird. Vor dem Erwachen des Geschlechtstriebes, nach seinem Erlöschen und während einer Zeit- weiligen Zurückdrängung desselben verhält sich das Weibchen dem Stridulationsschall gegenüber, wie es den Anschein hat, völlig gleichgültig. 2. Vernimmt das vom Geschlechtstrieb erfaßte WweibeHil die Zirplaute und sind keine Hemmungen vorhanden, so reagiert es auf den Stridulationsschall. Es verläßt seine unterirdische Wohnung, in der es bis zu diesem Zeitpunkte Schutz gefunden hat, für immer und bewegt sich, augenscheinlich den Zirplauten nachgehendg, in der Richtung zum Schallerreger hin. Die Bewegung des Weibchens ist dabei orientiert. Es findet in diesem Falle das zirpende Männchen zielsicher. | 3. Vernimmt jedoch das paarungsbedürftige Weibchen die Zirplaute nicht, sei es, daß ihm das betreffende, die Schallreize rezipierende Organ fehlt, sei es, daß in seiner Umgebung keine Zirplaute erschallen, so bleibt es noch längere Zeit in seiner Fer! . . ö . . Gyr Orientierung des Weibchens von ZLiogryllus. 0 Behausung, gleichsam auf den Stridulationsschall, den orientierenden Fernreiz, wartend. | ‚4. Dieses »Warten« ist aber nach einigen Tagen zu Ende. Vernimmt nämlich das Weibchen den Stridulationsschall nach dieser Zeit noch immer nicht, dann wird es von dem sich immer mehr steigernden Geschlechtstrieb endlich von seinem Aufenthaltsort gleichsam fortgetrieben. Und nun streift das Weibchen in der Um- gebung nach allen Richtungen ziellos umher, anscheinend das Männchen suchend. Diese Bewegungen sind jedoch in keiner Weise orientiert. Das Weibchen findet in diesem Falle das Männchen nicht oder nur ganz zufällig. ö. Gelangen zu einem Weibchen von Liogryllus campestris |.., das sich auf einer ebenen Fläche befindet, Schallwellen auf direktem Wege, so findet es unter den oben angegebenen Vor- aussetzungen den Schallerreger, d. i. das zirpende Männchen, aus einer Entfernung von 10 m. mit großer Sicherheit. Dies ist auch dann der Fall, wenn es sich seinen Weg: durch. dichtes, hohes Gras bahnen muß. | Es deutet aber alles darauf hin, dad die äußerste Entfernung, aus welcher das Weibchen das zirpende Männchen noch auf- zufinden vermag, 10 m bedeutend übersteigen dürfte. 6. Empfängt ein paarungswilliges Weibchen von ZLiogryllus Campesirıs.L., das. sich, am, Fuße ‚eines 'beiläuig 1'597» hohen, steilen, mit dichtem, etwa 50cm hohem Gras bewachsenen Ab- hanges befindet, aus einer Entfernung von etwa 10 m Schallreize auf indirektem Wege teils durch die vom Schallerreger sich aus- breitenden Kugelwellen, teils durch ebensolche Wellen, die von einer gegenüberliegenden, etwa 1m entfernten, 40 cm höhen und beinahe 24m langen vertikalen Glaswand reflektiert werden, so gestaltet sich seine Orientierung zum zirpenden Männchen hin schon merklich schwieriger. In Anbetracht des Umstandes jedoch, daß ein an der gleichen Stelle horchendes menschliches Gehörorgan über den Standort der Schallquelle keine sichere Auskunft mehr geben konnte, ist es wohl bemerkenswert,daß sogar unter derart erschwerten Orientierungs- bedingungen verhältnismäßig viele Weibchen die Fangapparate er- reichten. | | 7. Wird das Stridulationsorgan des Männchens außer Funktion gesetzt, so ist dieses nicht mehr imstande, das Weibchen zielsicher herbeizulocken, um dessen Befruchtung zu bewirken; denn es be- sitzt kein Organ, welches das Stridulationsorgan ersetzen könnte. ‘Der vom Stridulationsorgan des Männchens von Liogryllus campestris L. hervorgebrachte Schall’ erscheint somit als ein Sinnesreiz von höchster biologischer Bedeutung. 8. Wird dem Weibchen das tympanale Sinnesorgan beider- seits gänzlich zerstört, so ist es nicht mehr imstande, das: zirpende 86 J. Regen, Männchen aus einer größeren: Entfernung zielsicher aufzufinden; denn es besitzt kein Sinnesorgan, welches das Tympanalorgan er- setzen könnte. Die Befruchtung eines solchen Weibchens ist somit höchst unwahrscheinlich. Das Tympanalorgan des Weibchens von Ziogryllus Fame enthüllt sich demnach als ein Sinnesorgan von höchster biologi- scher Bedeutung. Des Tympanalorgans einseitig beraubte Werneten finden zwar das zirpende Männchen noch, aber viel schwieriger. Das Stridulationsorgan und das tympanale Sinnesorgan sind, wie aus dem Gesagten hervorgeht, Organe, die erst im Geschlechts- leben von Liogryllus campestris L. ihre Aufgabe zu erfüllen be- stimmt sind. Im Zusammenhange damit sehen wir auch, daß bei den Larven diese Organe nicht zur Ausbildung gelangen. Diese schon längere Zeit bekannte Tatsache findet durch diese Unter- suchungen somit ihre Aufklärung. Hinsichtlich der Entfernungen, aus denen das Weibchen das Männchen aufzufinden imstande ist, möchte ich an dieser Stelle folgendes bemerken: Unter der »größeren Entfernung«, von der oben die Rede war, wird eine solche von etwa 2m verstanden. So weit waren nämlich bei den im Jahre 1914 durchgeführten Versuchen die nächsten Weibchen von den Männchen entfernt. Verschiedene Beobachtungen lassen es jedoch als wahr- scheinlich erscheinen, daß auch auf ganz geringe Entfernungen hin das Männchen nur dann, wenn es Zirpt, vom Weibchen »er- kannt« wird. Das Vermögen des Weibchens, auf größere Entfernungen hin durch den Geruchssinn etwas festzustellen, ist auffallend gering. Ebenso scheint es, daß es mit Hilfe seines Gesichtssinnes selbst aus einer unbedeutenden Entfernung das Männchen nicht zu er- kennen vermag. Die Frage, ob das Weibchen das zirpende Männchen auf eine ganz geringe Entfernung hin etwa mit Hilfe der Fühler oder anderer Organe aufzufinden imstande wäre, werden erst fortgesetzte Untersuchungen aufklären. 9. Die Zirplaute des Männchens erscheinen einerseits als akustische Signale, die dem paarungslustigen Weibchen den Stand- ort des Männchens kundtun, anderseits als Lockrufe, indem Sich das befruchtungsbedürftige Weibchen augenscheinlich den Zirp- lauten nachgehend in der Richtung auf den Schallerreger zu bewegt. Sie stellen in Wirklichkeit jene Sinnesreize dar, die unter bestimmten Bedingungen die Örientierungsbewegungen des Weibchens aus- lösen, dieses aus der Ferne auf das Erregungszentrum der Schall- wellen gleichsam hinlenken. En EA ee ee DEN et u Eine Er eN Orientierung des Weibchens von Liogrylius. 57 Der Stridulationsschall bedeutet ferner einen spezifischen Sinnesreiz. Nur ein einziges Organ ist für dessen Aufnahme be- sonders eingerichtet und empfänglich. Dieses Organ, das Tympanal- organ, stellt somit das dem akustischen Reiz »adäquate« Sinnes- organ dar. Die bisherigen Versuche weisen darauf hin, daß das chärakteristische Merkmal, an dem das Weibchen den Stridulations- schall des Männchens aus großer Entfernung erkennt, in erster Linie die Tonhöhe ist. In geringerer Entfernung hingegen scheint mehr das Intermittierende des Zirplautes das Erkennungszeichen zu bilden. Da die Scheidung dieser beiden Merkmale des Stridulations- schalles wahrscheinlich experimentell durchführbar sein wird, ist zu gewärtigen, daß fortgesetzte Untersuchungen einen genaueren Aufschluß über diese Erscheinung bringen werden. 10. Das Tympanalorgan des Weibchens ist ein spezifisches Sinnesorgan. Es hat die Aufgabe, den Stridulationsschall, einen akustischen Sinnesreiz, aufzunehmen, zur Nervenerregung zu ver- werten und Sinneseindrücke zu vermitteln, durch deren räumliche Lokalisation eine für die Erhaltung der Art wichtige Reizbeant- wortung ausgelöst wird. Diese äußert sich in reflektorischen Be- wegungen, die die Orientierung des Weibchens im Raume herbei- führen und es behufs Befruchtung zum Männchen bringen. Die Frage, ob bei der Vermittlung des akustischen Reizes die Luft oder der feste Boden als Schalleiter dient, wurde bisher nicht näher untersucht. Nach meinen an Thamnotrizon apterus Fab. I durchgeführten Versuchen! erscheint es wahrscheinlich, daß auch bei Liogryllus campestris L. ? die Luft als Schallmittel in Betracht kommt. Ich habe mir jedoch vorgenommen, auch bei ZLiogryllus campestris L. 2 dieser Frage auf experimentellem Wege nach- zugehen. 11. Die reflektorisch-automatische Orientierungsbewegung des Weibchens in der Richtung zum zirpenden Männchen hin voll- zieht sich nur solange, als der Stridulationsschall, der adäquate Sinnesreiz, andauert. In dem Augenblick, als dieser erlischt, hört die Bewegung auf, orientiert zu sein. Das Weibchen setzt nach dem Aufhören des Schallreizes seine Bewegung, nicht einmal eine ganz kurze Strecke in der vorher eingehaltenen Richtung fort. 12. Der Weg, den ein Weibchen, dessen Tympanalorgan beiderseits unversehrt ist, während seiner Orientierungsbewegung auf einer freien, ebenen, nicht mit Gras bedeckten horizontalen Fläche zurücklegt, gleicht einer bald mehr, bald weniger ausgeprägten Zickzacklinie. Jede Teilstrecke en wird Fisch durchlaufen, 1 »Untersuchungen über die Stridulation und das Gehör von Thamnotrizon apterus Fab. S'.« Sitzungsberichte d. Akad. d. Wissenschaften in Wien, mathem.- naturw. Klasse; Bd. CXXIH, Abt. I, Juli 1914. 88 J. Regen, Orientierung des Weibchens von Liogryllus. dann hält das Weibchen einen Augenblick inne. Je weiter das Weibchen vom Schallerreger entfernt ist, desto mehr weichen die einzelnen Teilstrecken von der Luftlinie ab. In der Nähe des Schallerregers fallen die Teilstrecken mit der Luftlinie annähernd, zusammen. Doch vollzieht sich auch in diesem Falle die Bewegung, des Weibchens noch immer in kurzen Absätzen. Werden nun die jeweiligen Entfernungen von der Schallquelle bei einer Reihe von Teilstrecken gemessen und deren Divergenz vom der Luftlinie mit der erforderlichen Genauigkeit bestimmt, so scheint. die Möglichkeit gegeben, das hier in Betracht komimende Orientieruns- | problem auch auf mathematischem Wege zu verfolgen. Dies und ebenso die Form des Weges, die während der Orientierungsbewegung eines des Tympanalorgans einseitig be- raubten Weibchens zustande kommt, bleibt weiteren Un vorbehalten. 183. Die Antennen sind nach den bisherigen Untersuchungen für die Orientierung des Weibchens beim Aufsuchen des zirpenden Männchens aus einer größeren Entfernung unter gewöhnlichen Ver- hältnissen von keiner nachweisbaren Bedeutung. Der Fühler gänzlich beraubte, aber sonst unbeschädigte Weibchen finden die zirpenden Männchen auf dem festen Boden durchschnittlich gerade so sicher als vollständig unversehrte Weibchen. Schlußbemerkung. Diese Untersuchungen, deren Fortsetzung der Krieg und die bisherige Nachkriegszeit verhindert haben, sollen nun fortgeführt werden. : Zunächst wird es notwendig sein, die eingangs angegebene Versuchsanordnung weiter auszugestalten. Es soll die äußerste Hörweite meines Versuchstieres festgestellt und ferner die Möglich- keit einer akustischen Täuschung desselben untersucht werden. Endlich ist es aber auch wünschenswert, die Raumorientierung weiter zu verfolgen. Und da interessiert namentlich die Frage: Wie verhält sich das Weibchen von Liogryllus campestris L., wenn es das zirpende Männchen nur fliegend, beziehungsweise nur schwimmend erreichen kann. Die definitive Arbeit wird über die Anordnung der in dieser Mitteilung angedeuteten Versuche sowie über die Einrichtung des Terrariums ausführlich berichten. | | 28 10 Ay uahl 2 = du ui ehe BEE 2 Se N Weiz % Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Fragmente zur Mykologie XXV. Mitteilung! (Nr. 1215 bis 1225) Von Prof. Dr. Franz Höhnel-- k. M. Akad. Wiss. Aus dem botanischen Laboratorium der Technischen Hochschule in Wien - (Vorgelegt in der Sitzung am 12. April 1923) 1215. Über die allantoiden Sporen. Bekanntlich gibt es viele Askomyzeten mit zylindrischen, ‘an den Enden abgerundeten, fast stets mehr minder gekrümmten, hyalinen oder schwach gefärbten Sporen, die man als allantoide Sporen bezeichnet. Von diesen Sporen wurde bisher allgemein angenommen, daß sie stets streng einzellig sind. Indessen zeigen namentlich die größeren derselben fast stets an den Enden deutliche Plasmatröpfchen. Streng einzellige Sporen haben aber entweder einen mittelständigen Plasmatropfen oder gar keinen. Das Auftreten von endständigen, symmetrisch angeordneten Plasmatröpfchen zeigt an, daß die Plasmamasse nicht mehr ein- heitlich ist, sondern aus zwei gleichen Hälften, also eigentlich aus zwei durch keine Scheidewand voneinander getrennten Zellen be- steht, mithin die Neigung hat, eine wirkliche Zweiteilung durch die Bildung einer Querwand zu vollführen, welche Querwand aber nicht zur Ausbildung gelangt. Es gibt aber auch allantoide Sporen, bei denen diese Zwei- teilung tatsächlich vollzogen ist. Dies ist bei Coronophora macro- sperma Fuckel der Fall, wo das Plasma der Sporen in 4 deutliche zylindrische Teile zerfällt und sich in der Mitte eine scharfe Quer- wand" ausbildet‘ (Fragm. z. Myk., Nr. 162, IV. Mitt., 1907). Bei Coronophora gregaria, angustata und abietina hat das Plasma der Sporen auch die Neigung zur Zwei- bis Vierteilung und findet man die Sporen oft deutlich zweizellig. 1 Aus den hinterlassenen Schriften herausgegeben von Prof. Dr. Josef Weese, Wien. 90 F. Höhnel, Noch mehr entwickelt in dieser Richtung sind die Sporen von Calosphaeria polyblasta Romell et Sacc., bei denen drei bis 5 ganz deutliche Querwände auftreten. Da ich 1905 noch glaubte, daß allantoide Sporen stets einzellig sein müßten und auch über das Wesentliche einer Hypocreacee noch nicht im Klaren war, stellte ich diesen Pilz in die Hypocreaceen-Gattung Cesatiella, was aber falsch ist. Derselbe wird eine Cryptosphaeria sein. Dieser Pilz hat hyaline, 1°5 bis 3w dicke Sporen, die trotz der Querwände noch leicht als allantoide zu erkennen sind. Vierteilige Plasmainhalte haben auch die hyalinen Sporen von. Calosphaeria ambigua Berlese (Annuaria Soc. alpinisti Trident., 1889, XIV. Bd., p. 49) und Calosphaeria Crataegi Mouton Bull Soc. beig. 1897, 36. Bd. p. 10). Wenn aber die Sporen dunkler gefärbt und viel größer sind, dabei eine bis mehrere scharfe Querwände besitzen, wie dies bei einigen zu Endoxyla Fuckel gestellten Pilzen der Fall ist, dann bieten sie ein fremdartiges Bild und sind nicht ohne vergleichende Studien als allantoider Natur zu erkennen. Von der Gattung Endoxyla Fuck. 1871 (Symb. myc., I. Nir., p. 33 [321]) heißt es, daß die Sporen blaßbraun sind, zylindrisch gekrümmt, einzellig mit anfangs 3 bis 4 Plasmatropfen. Im übrigen verhält sich die Gattung ganz so wie Eutypa Tul. Ein wesent- licher Unterschied von letzterer Gattung ist demnach nicht zu erkennen. Die Endoxyla macrostoma, die hier Fuckel als neue Art anführt, entspricht ganz der Gattungsbeschreibung. Endoxyla Fuck. ist daher von Eutypa Tul. nicht zu trennen. Nun sagt aber Fuckel vorher, daß auch Sphaeria parallela Fries eine Endoxyla ist. Dieser Pilz hat aber zum Teile. deutlich zweizellige Sporen. Dies gibt schon Karsten in Mycol. Fennica 1873, LH. Teil, p. 130, an und sagen auch Ellis und Everhart in North-Am. Pyrenom. 1892, p. 130, daß Endoxyla parallela (Fr.) braune, allantoide, zwei- bis dreitropfige, schließlich zweizellige Sporen hat. Nun hat ‚aber, Karsten ‚1878. (Medell. soe., F. er fzran ll. Bd.;, Hedwigia, 1879, XVII. Bd. p- 22) für die Sphaeria parallela Fries die neue Gattung Eutypopsis aufgestellt, die sich von Eutypa Tul. nur. durch das Vorhandensein von zahlreichen fadenförmigen Paraphysen unterscheiden soll. Von einer Zwei- zelligkeit der Sporen von Eutypopsis parallela (Fr.) K. spricht er nicht was sich daraus erklärt, daß die Sporen dieser Art alle oft einzeilig bleiben. Ä Ich habe in Ann. myc. 1918, XVI. Bd., p. 131, angegeben, daß bei Eutypa Tul. stets Paraphysen vorhanden sind, so daß zwischen Eutypa Tul. 1863 und Eutypopsis Karst. 1878 gar kein Unter- schied besteht, von der nicht stets eintretenden Zweizelligkeit der Sporen abgesehen, was aber nach dem eingangs Gesagten ohne Bedeutung ist. | Fragmente zur Mykologie. 3 In meinem Fragm. z. Mykol. Nr. 886, XVII. Mitt, 1915, habe ich angegeben, daß Endoxyla Fuck. nicht als allantoidsporiger Pilz gelten kann und weil bei dieser Gattung Paraphysen vorhanden sind, dieselbe keine Valsee sein könne. Ich stellte Endoxyla als eigene Sektion zu Anthostoma, weil die Sporen braun sind. Damals glaubte ich, den Angaben von Nitschke zufolge, daß die von diesem zu Valsa gestellten Sektionen alle paraphysenlos seien, mit Ausnahme von Eutypella, von der ich schon früher das Auftreten ° von Paraphysen erkannt hatte (s. Ann. myc. 1904, II. Bd., p. 46). Daher habe ich in meiner Übersicht der Allantosphaeriaceen in Ann. myc. 1918, XVI. Bd. p. 128, die Gattung Endoxyla auch nicht aufgenommen. Das ist nun unrichtig. Endoxyla hat allantoide Speren, ist aber als eigene Gattung nicht zu halten. Durch die Aufstellung der Gattung Endoxylina Romell 1892 in Botan. Notiser, p. 173, ist die Sachlage noch verwickelter geworden. Romell beschrieb 1885 in Hedwigia, 24. Bd. p. 263, einen Pilz unter dem Namen Valsaria stellulata und gab ihn in Be Wıoe. RD. eutop. Nr 3307 aus. Für diesen Pilz 'stellte er die Gattung Endoxylina auf und nannte ihn Endoxylina stellulata Rom. Da er fand, daß Sphaeria astroidea Fries pro parte nach von Fries selbst bestimmten Stücken im Herbar in Upsala der- selbe Pilz sei, nannte er ihn auch Endoxylina astroidea (Fr.) Rom,, unter welchem Namen er in Romell, .F. exs. scand. Nr. 168 aus- gegeben ist. Dieser Pilz wächst auf abgestorbenem Eschenholz und ist eine Eutypa mit braunen, häufig zweizelligen Sporen, also ganz so wie die Endoxyla parallela. fen Sand nun, daß" Romells'' Pilz "nieht" Bloß" als" holz- bewohnende Eutypa auftritt, sondern auch auf berindeten dünnen Zweigen als Cryptosphaeria, also in der Rinde. Da sieht er ganz anders aus und ist es daher begreiflich, daß er in dieser Form als eigene Art neubeschrieben wurde, und zwar sicher zweimal. Über- dies glaube ich, daß Trematosphaeria Fraxini Richon 1889 (Syll. F., IX.Bd., p.812) gewiß nichts als Endoxylina stellulata Rom. sei; Richons Pilz tritt auf dem Holzkörper dünner Eschenzweige, dieselben dicht besetzend, auf. Die Sporen sollen zylindrisch ge- krümmt, blaßbraun sein und 5 bis 6 Querwände besitzen. Vermut- lich wuchs der Pilz in der Rinde (in der Cryptosphaeria-Form) und wurde nach dem Abwurf der Rinde zum scheinbar oberfläch- lichen Holzbewohner. Sicher aber ist die Cryptosphaeria-Form von Endoxylina stellulata der in Proc. Acad. Nat. Scienc. Philadelphia, 1890, p. 233, als Thyridaria Fraxini E. et. Ev. beschriebene Pilz, der mit verbesserter Beschreibung in Ellis und Everh. North- Am. Pyr., :1892, p.. 521, als Endoxyla eingereiht ist. Wie mir das Urseuek dieses Bilzes in Kilis und Ev.,. E- Columb. Nr. 952 zeigte, ist derselbe ganz in dünner, glatter Eschenrinde eingewachsen und äußerlich der Uryptosphaeria eunomia Fries, 1823 (= (r. mille- punctata Grev., 1826) ganz ähnlich. Das Ostiolum ist mehr minder deutlich strahlig-furchig. Die 20 bis 26 < 4 u großen, braunen 92. | F. Höhnel, Sporen :sind oft mit 3 bis, 6. Querwänden versehen. Ich- fand sie aber häufiger nur einzellig ganz ohne Plasmateilungen oder zwei- zellig mit einigen solchen. Dieser Pilz hat auch eine Cytosporina: | Fraxini E. et Ev. genaunte Nebenfrucht mit fadenförmigen, ge- krümmten, 40 = 1 großen Konidien, ganz so wie die Cytosporina. millepunctata SAG: , (Sylk PIE, R, 602), die zur Cryptosphaeria. eunomia Fr. gehört. Der Pilz ist daher einfach eine Uryptosphaeria mit zum Teile geteilten, braunen Sporen. Derselbe ist nun nur die in der. weichen und an Nährstoffen veicheren Rinde besser ent- wickelte Endozylina stellulata Rom. Man sieht also, daß Romells Pilz nicht nur in der Eutypa- Form, sondern auch in der Eryptosphaeria-Form auftreten kann. Es ist dies gewiß auch noch bei anderen Eutypa- und Crypto- sphaeria-Arten der Fall, was noch zu prüfen. ist. .... Man sieht also, daß diese zwei Gattungen nebeneinander nicht haltbar sind. Von Eutypa flavovirescens (Hoffm.) ist es bekannt, daß sie auch als Zutypella auftritt. Es gilt daher für Valsa sensu. Nitschke dasselbe, was ich für Diaporthe Ntke. gezeigt habe, daß nämlich die auf die Art der Stromabildung und die Tiefen-. lage der Perithezien begründeten Abteilungen derselben nicht halt-. bar sind. Die Crsptosphaeria-Form von Endoxyla SR ist auch der Pilz, den Lambotte und Fautrey 1898 in Revue myc., XX. Bd, p. 98, als Crvptosphaerina Fraxini beschrieben haben und der in Roumeguere, F. sel. exs.,, Nr. 7316 ausgegeben ist. Mein Stuck desselben ist zwar unreif, stimmt aber im übrigen völlig mit dem Urstücke von Endoxyla Fraxini E. et Ev. überein. Die reifen Sporen sind nach der Beschreibung zylindrisch, gekrümmt, braun, vierteilig und 20 bis 25 = Iu groß. ' Die Gattung Phaeosperma Nitschke 1869 in Fuckel myc, p: 224, die gleich Anthostoma Subgen. 1. Lopadostoma Nitschke 1867 (Pyren. germ;., p. 121) ==: Fuckelia NEkE) 1a Fuckel, Symb. myc., p. 224, ist, hat mit den behandelten Formen nichts zu tun. | Ebenso auch nicht Phabospörma Sac ce. 1882 (SyH.FzI1Bg3 p. 752) als Untergattung von Valsaria. Wäre eine holzbewohnende Valsaria mit eutypoiden Stroma und muß noch näher geprüft werden. Aus dem Gesagten geht hervor, daß die Gattungen Eutypa Tul. 1863, Cladosphaeria Nitschke 1871, Endoxyla Fuckel 1873, Eutypopsis Karsten 1378, Endoxylina Romell 1885, Cryptosphaerina Lamb. et Fautr. 1898 und Cryptosphaeria Greville 1826 nicht gut voneinander getrennt werden können. Als völlig gleich sind Cladosphaeria, Endoxyla, Endoxylina, Eutypopsis und Öryptosphaerina anzusehen. Romells Pilz kann je nach der Art der Ausbildung Entypa ennomioides (Otth) Höhn. oder 3 j int Fragmente zur Mykologie. 95 Cryptosphaeria eunomioides (Otth) Höhn. genannt werden. Der letztere Name ist der eigentlich gültige. Seine Synonymie ist: ‚Sphaeria astroidea Fr. p. p.; Cladosphaeria eumomioides (Otth)N. 1870; Valsaria stellulata Rom. 1885; Irematosphaeria Fraxini Richon 1889; Thyridaria Fraxini Ell. et Ev. 1890; Endoxylina astroidea (Fr.) Rom. 1892; Endoxylina stellulata Rom. 1892; Endoxyla _ Fraxini Ell. et Ev. 1892; Cryptosphaerina Fraxini Lamb, et Fautr. 1898. Die normale Form des Pilzes ist offenbar die in der glatten Rinde der Zweige, wo derselbe üppiger entwickelt und regelmäßi ger ist als am Holze. Die Folge des Umstandes, daß alle genannten Pilzforscher die allantoide Natur der geteilten Sporen des besprochenen Pilzes verkannten, ist, daß derselbe bis nun in 7 verschiedenen Gattungen stand (Cladosphaeria Ntke, Valsaria, Endoxylina, Endoxyla, Thyridaria, Cryptosphaerina und Trematosphaeria), von welchen drei eigens für ihn neu aufgestellt wurden. Eine mit Cryptosphaeria eumomioides (Otth) Höhn. ganz nahe verwandte Form mit braunen, aber ungeteilten Sporen ist die in Nordamerika auf Weidenrinde wachsende Anthostoma ÖOntariense Eur Eu (Proc, Acad. Nat Sc, 1890). pP. 228, ‚und Ellıs.a. Everhart, North-Americ. Pyrenomyc. 1892, p. 581, Taf. 34, Fig. 13 bis 16). Die Form hat Uryptosphaeria ontariensis (E, et Ev.) Höhn. zu heißen. Sie steht der Cr. vieinula (Nyl.) Karsten (Mycol. Fenn. Ers.n Teil, p: 131) ollenbar sehr. nahe. Der von Kirschstein (Verh. bot. Ver. Brandenburg 1907, 48. Bd., p. 52) als Ceratostoma crassicollis beschriebene Pilz ist nichts anderes als Eutypa (Endoxyla) parallela (Fr.) Karst. Bei dieser Art sind die Paraphysen unten etwa 2 bis 251 breit, sehr zarthäutig und gehen oben in eine lange, feine Spitze aus. Die Cryptosphaeria-Form von Endoxyla stellulata ist aber schon lange vorher von Otth (Mitt. Naturf.-Gesellsch. Bern, 1870, p. 110) gefunden und von Nitschke in eine eigene Gattung, Cladosphaeria, gestellt worden. Der nun Cladosphaeria eumomioides (Otth) Ntke. genannte Pilz hat nach der genaueren Beschreibung von Jaczewski (Bull. Herb. Boissier 1894, II. Bd., p. 684) braune, zylindrische, bogig gekrümmte, 22 bis 28=5 bis 6 große Sporen, die 6 bis 7 wenig deutliche Querwände aufweisen. Offenbar handelt es sich zum Teile um blasse Plasmateilungen. Es haben also auch Otth und Nitschke die allantoide Beschaffenheit der Sporen nicht erkannt. Nach Berlese (Icon. Fung.,. 1894, I. Bd., p. 38) ist Sphaeria Orni (in der Syll. Fung. Il. Bd, p. 100 als Melanomma) eine Forma lignicola von Clypeosphaeria Notarisii. Da ich letzteren Pilz als einen allantoidsporigen auffasse und die Nährpflanze der Sphaceria Orni eine Eschenart ist, halte ich es für möglich, daß auch diese die Eutypa-Form der Cryptosphaeria eunomioides ist. y BIER Bu a u "u E: 94 -F. Höhne], 1216. Über die Gattungen Herpotrichia Fuck el "und Enchno- sphaeria Fuckel, Die beiden Gattungen wurden in Fuckel, Symb. myc. 1869, p. 146, aufgestellt. Die Grundart von Herpotrichia ist H. rhenana Fuck., ausgegeben in den Fung. rhen. Nr. 952. Von dieser Art wird überall angegeben, daß die Fruchtkörper ganz oberflächlich stehen. Allein die Untersuchung des Urstückes zeigte mir, daß sich dieselben unter der Epidermis der Grashalme entwickeln und hervorbrechen. Die Membran derselben besteht aus vielen Lagen von offenen, schwarzen Parenchymzellen und ist etwa 40 m dick. Eine Mündung fehlt völlig. Der Bau der Fruchtkörper muß als von dothidealer Natur betrachtet werden. Die Schläuche geben mit Jod keine Blaufärbung und liegen zwischen zahlreichen verklebten, paraphysoiden Fäden. Die Sporen bleiben lange hyalin; reif fand ich sie stets braun und zweizellig, doch ist das Plasma der noch hyalinen Sporen häufig vierteilig, wodurch eine nn, der Sporen vorgetäuscht wird. Ganz ähnlich verhält sich. auch Herpotrichia Rubi Fuck., die zweite Art der Gattung, die in den Fung. rhen. Nr. 2171 ausge- geben ist, sehr schön auch in Krieger, Fg. saxon. Nr. 2260 und 2261. Von dieser Art ist es schon bekannt, daß die Fruchtkörper eingewachsen sind; sie brechen hier auch nicht eigentlich hervor, sondern werden nur durch die Vermorschung der Epidermis frei. Nucleus und Sporen sind ganz so wie bei der Grundart. Die Membran ist hier 60m dick. Hier bildet sich oben eine flache, rundliche, etwa 90» breite Mündung durch Ausbröckeln aus, ohne Periphysen. Die an dem unteren Teile der Perithezien sitzenden braunen Haare sind anfangs ganz eingewachsen und werden erst nach dem Freiwerden jener oberflächlich, wobei sie stark auswachsen. Nach dem Gesagten hat die Gattung Herpotrichia mit den ganz ober- flächlich stehenden Sphaeriaceen, zu denen sie überall bisher gestellt wurde, nichts zu fun. Vielmehr ist Herpotrichia zunächst mit Pocosphaeria Sacc. (Syli, Fg. 1883, IL Bd, p. 32 und 87 als Untergattung, 1895, XI. Bd., p. 325 als Gattung) verwandt. Es ist eine Pocosphaeria mit längerer Behaarung der Fruchtkörper und zweizelligen Sporen. Die Grundart Pocosphaeria setulosa Sacc. et Rg., die auch auf Stroh wächst, ist offenbar mit er ae rhenana mehr ver- wandt. Die beiden Herpotrichia-Arten könnten auch als mit Phorcys Nießl verwandt angesehen werden, was noch geprüft werden muß, mit Rücksicht auf die dothideale Natur der ersteren Gattung. Es ist ein Fehler, daß Winter, Schröter und Kirschstein die beiden Gattungen Herpotrichia und Enchnosphaeria miteinander 20 = af Jr ET I Fi bu Fragmente zur Mykologie. 95 vereinigen, denn JZerpotrichia hat eingewachsen hervorbrechende Fruchtkörper, mit flachem Scheitel und zweizelligen braunen Sporen, während Enchnosphaeria ganz oberflächliche Fruchtkörper mit stumpfem bis spitzkegeligem Scheitel und mehrzelligen braunen Sporen hat. Siehe Fragm. z. Mykol. Nr. 1027, XIX. Mitt, 1917. Herpotrichia ochrostoma Feltgen wurde von mir zu Enchno- sphaeria gestellt (Sitz. Akad. Wien, mat.-nat. Kl, 1906, 115. Bd., Abt.I., p. 1209). Der Pilz ist aber nicht ganz ausgereift. Wenn die Sporen bleibend hyalin sind, müßte er zu Acanthostigma gestellt werden. Der Pilz ist dothidealer Natur. Herpotrichia callimorpha (Auersw.) Wint. in Rabenh. Fg. europ. Nr. 1238 (als Enchnoa) soll nach Kirschstein (Krypt. Fl. Brandbg., 1911, VII. Bd., p. 230) gleich Enchnosphaeria Pinetorum Fuck. sein. Die Untersuchung des Urstückes sowie des damit voll- kommen stimmenden in Krieger, Fg. sax. Nr. 1425 zeigte mir aber, daß dies nicht der Fall ist. Während A. pinetorum Kugelige Frucht- körper hat, deren Membran oben nur wenig dicker ist als seitlich und unten und am Scheitel eine kegelige Paville aufweist, hat H. callimorpha (Awld.) unten rundliche, oben breitkegelig abge- stutzte Fruchtkörper, die höher als breit sind (360300 u) und oben eine 100 bis 120u breite, flache Scheibe zeigen, die 100 ı. dick ist und aus einem hyalinen Parenchym besteht mit einer schwarzen Kruste. Die auffallende dicke Scheibe wird bei der Reife von einem Kanal durchbrochen. Unten und seitlich ist die Membran der Fruchtkörper gleichmäßig nur 25 bis 30 dick. Achsenschnitte durch beide Pilze zeigen sofort, daß sie voneinander ganz verschieden sind. Beide sind dothidealer Natur. Sphaeria callimorpha Montagne (Syll. Cryptog. 1856, p. 227) ist nach der Beschreibung von FH. callimorpha (Awld.) sicher verschieden. Letzterer Pilz scheint nur auf Rubus aufzutreten, während Enchno- sphaeria pinetorum Fuck. auf beliebigen morschen Pflanzenteilen wächst. Der erstere Pilz hat Enchnosphaeria callimorpha (Aw.d.) Höhn. zu heißen. 1217. Über die Gattung -Ciypeosphaeria Fuckel. Diese Gattung wurde in Fuckel, Symb. myc. 1869, p. 117, aufge- stell, und zwar auf Grund von Clypeosphaeria Notarisii Fuckel auf Brombeerzweigen. Doch wurden ganz ähnliche Formen auch auf Cornus, Castanea, Verbascum, Epilobium, Onercus, Rhamnus, Rosa und Pirus (s. Ann. myc. 1909, VII. Bd., p. 410) gefunden. Clypeosphaeria muß als die Grundgattung der Clypeosphaeriaceen angesehen wurden und ist daher die genaue Feststellung ihrer wahren Verwandtschaft von Wichtigkeit. Von den Clypeosphaeriaceen, in ihrem heutigen Umfange wenigstens, habe ich schon öfter gesagt, daß sie eine unnatürliche Familie seien, die wahrscheinlich aufgelassen werden müßte. 96 F. Höhnel, Die Untersuchung der Grundart der Gattung hat mir nun ge- zeigt, daß dieselbe nichts anderes ist als eine Cryptosphaeria Grev. 1826 mit gut entwickeltem Cliypeus und verhältnismäßig breiten, braunen, nicht oder wenig gekrümmten Sporen, . deren Plasma _ 4 bis 6 deutliche Abschnitte zeigt, ohne daß es zur Bildung von ‚echten Querwänden kommt. Die allantoide Natur der ne des Pilzes war bisher nicht erkannt worden. Gegen diese Auffassung würde nur die Tatsäche daß bei Clypeosphaeria Notarisii die Schlauchspitze etwa 3:71. stark verdickt ist und ein 2'5p langer und 2» dicker, in das Lumen ragender Poruszylinder sich mit Jod blau färbt, Erscheinungen, die bei den allantoidsporigen Kernpilzen ‚niemals auftreten. Indessen kommt es bei verwandten Gattungen, z.B. Anthostoma, vor, daß sich offenbar verwandte Formen im Baue und der Jod- färbung des Schlauchporus ganz verschieden verhalten. Da nun noch andere Tatsachen für die obige Auffassung sprechen, so halte ich bis auf weiteres an derselben fest, um so mehr, als ein „anderer Anschluß für Clypeosphaeria nicht aufzufinden ist. Jedenfalls muß aber schon wegen der Jodreaktion die Gattung Chyrpeosphaeria Fuckel 1869 neben Crvyptosphaeria Greville 1826 aufrechterhalten bleiben. Die Cryptosphaeria-Arten haben meistens hyaline Sporen ohne Plasmateilungen. Aber ÜUrvptosphaeria ceumomioides (Otth) Höhn. (Cladosphaeria Ntke.) hat braune Sporen mit meist einer Querwand und einigen Plasmateilungen. Die Zutvpa-Form dieser Art ist die Endoxylina stellulata Romell. Diese Uryptosphaeria-Art steht der Clypeosphaeria Notarisii Fuck. am nächsten, hat aber keinen Clypeus. Die Gattung Cladosphaeria Nitschke 1871 könnte auf Grund der braunen, geteilten Sporen aufrechterhalten bleiben, neben Cryptosphaeria Grev.; Cladosphaeria und Clypeosphaeria wären dann in meinem Systeme der Allantosphaeriaceen in Ann. myc.1918, XVI. Bd., p. 128, nach Crvyptosphaeria einzureihen. In der Gattung Clypeosphaeria stehen heute 29 Arten. Die meisten derselben haben nicht’ allantoide Sporen, gehören daher nicht in die Gattung und müssen noch geprüft werden. Clypeosphaeria Hendersoniae (Ell) Sacc. (Syll. F. 1883, II. Bd., p. 91) ist nach Berlese (Icon. Fung. 1894, I Bd, p. 83) eine Leptosphaeria. Clypeosphaeria Asparagi (Fuckel) Winter (Pilze. Deutschlds., 1887, II. Abt., p. 563) ist, wie ich fand, eine Homostegia (s. Ann. 'myc. 1919, XVII. Bd.). Clypeosphaeria splendens Rick. 1906 (in Broteria, V. Bd., p. 48) dürfte nach der Beschreibung in die Gattung 'gehören. | Sichere Arten der Gattung sind nur (Cl. Notarisii Fuck.; Morreni (West.) Sacc.; mamillana (Fr.) Lamb.; limitata (P.) Fuck. u ee Fragmente zur Mykologie. 97 und euphorbiacea Pass. et Beltr. Diese Arten stehen aber einander sehr nahe und sollen nach Berlese (Icon. Fung., 1894, I. Bd., 'p. 27) nur eine Art sein, was aber wegen der sehr verschiedenen Nährpflanzen nicht wahrscheinlich ist. Wenn nun (lIvpeosphaeria mit Cryptosphaeria ganz nahe verwandt ist, so ist es naheliegend, zu erwarten, daß sie auch ohne Cliypeus auf Ho!z in der Zutypa-Form auftreten muß. Dies ist nun tatsächlich der Fall. Berlese fand, daß Kalmusia dealbata Sacc., K. hemitapha (B. et Br.) Sacc. und K. hypotephra (Berk. er Br.) Sacc. (Syll. Fung., I. Bd. p. 143 bis 144) nicht anderes sind als holzbewohnende Formen von Clypeosphaeria Notarisii Fuck. Später (wo?) erklärte er die K. dealbata als eine davon Serseniedene' eigene Aft. Es ist auch kein Zweifel, daß Kalmusia Abietis Passerini (Syll. Fe., IX. Bd., p. 823) die Zutypa-Form einer Clypeosphaeria ist. 8. pP P 7 Die Abbildung der Kalmusia dealbata Sacc. in Fungi ital., Tafel 139, zeigt deutlich, daß es sich um die Eutypa-Form eines allantoidsporigen Pilzes mit braunen, etwas gekrümmten (plasmatisch geteilten?), vierzelligen Sporen handelt. Berlese, der die allantoide Natur der Sporen von Clypeo- sphaeria Notarisii nicht erkannte, meint daher (a. a. O.), daß man nun die Gattungen Kalmusia Nießl und ÜClypeosphaeria Fuck. merenyeen könnte. Allein ‘das wäre falsch, weil die Grundart Kalmusia Ebuli Nießl nicht allantoide Sporen besitzt, wie die SbbBilklune in \Verh.. Naiurf- Ver. Brünn, 1872, X. Bd, Tafel -VH, Fig. 49, zeigt. Es ist auch kein Zweifel, daß Kalmusia Abietlis Passerini (Syll. Fung., IX. Bd. p. 823) die Butypa-Form einer Clypeosphaeria ‘ist. Endlich ist auch Melanomma ÖOrni (de Not.) Sacc. (Syll. Fg., BE eDrA00) Bach "Berlese "Ucon>Fung}'1894-T. Bä,,' p.-38) eine Forma lignicola von Clypeosphaeria Notarisii, wie ich bereits in Punkt 1215 ausführte. ‘Diese Tatsachen zeigen wohl, daß meine Auffassung der letzteren als allantoidsporigen Pilz trotz der Jodreaktion richtig sein wird: 1218. Über Camarops hypoxyloides Karsten. Vergleicht man die Beschreibung von Camarops hypoxyloides 2 a,5tansbi 845 „(Myeoll Kenn,sIk Teal;@ p..-53) mit jener . von Diatrypeopsis laccata Speg., so bemerkt man so viele überein- stimmende Züge zwischen beiden, dafß; die Vermutung naheliegt, daß eine nähere Verwandtschaft der beiden Pilze miteinander vor- handen sei. Nachdem ich nun aber gefunden hatte, daß Diatrypeopsis Jaccata kein einheitlicher Pilz ist, sondern aus einem fremden ‚Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. 7 98 SH. Höhnel, (Nummularia?) Stroma besteht, in dessen alten, entleerten Perithezien ein Kernpilz (Xenothecium jodophilum Höhn.) nistet, so hielt ich es für möglich, daß ein ähnliches Kanals ‚auch bei Camarop hypoxyloides statthat. | | Indessen ist letzterer Pilz sehr selten und aus Europa nirgends ausgegeben. Das einzige mir von da bekannte Stück, das so be- nannt ist, in Tranzschels et Serebrianikows, Mycoth. 1085, Nr. 278,ist falsch bestimmt und gehört zu Anthostoma microsporum Karsten. Auch der am Sonntagsberge in Niederösterreich gefundene, von Rehm als Camarops hypoxyloides bestimmte Pilz (Verh. zool.-bot. Ges. Wien, 1907, 57. Bd., p. 322) ist nach dem Original | nichts als Anthostoma microsporum K. Ich kam daher nicht in die Lage, ein europäisches Stück des fraglichen Pilzes zu untersuchen. | Indesssen fand ich, daß Camarops hypoxyloides auch schon in Deutschland gefunden wurde, was bisher nicht‘: bekannt war, denn es ist kein Zweifel, daß der von Engelke in Ann. | myc., 1909, VII. Bd., p. 176, unter dem falschen Namen Nummularia lutea (A. et S.) Nke. ausführlich behandelte Pilz nichts anderes als Camarops hypoxyloides ist. Engelke fand denselben auf Erlen im November schön reif bei Hannover. Mit Nummnularia lutea hat | derselbe, wie schon aus Albertinis und Schweiniz’ Angaben | und Abbildungen hervorgeht, nichts zu tun. Aus Engelkes Angaben und Bildern geht nun hervor, daß | Camarops hypoxyloides eine selbständige gute Art sei, die mit | Hypoxylon (Bolinia) tubulina (A. et S.) verwandt ist. Im südlichen ° Teile von Südamerika scheint Camarops hypoxyloides K.. keine allzu seltene Erscheinung zu sein.’Er ist | von da aus S. Leopoldo in Rick, F. austro-americ., Nr. 196 auch ausgegeben worden (Ann. myc., 1909, VII. Bd..p. 18).. Die’ Unter- | suchung dieses Stückes zeigte mir nun, daß dasselbe sicher richtig | bestimmt ist und bis auf geringe Abweichungen ganz mit Karstens und Engelkes Beschreibungen .übereinstimmt. Der Pilz hat prismatisch-zylindrische, sehr lange, bis 700 u dicke Perithezien mit einer fleischigen, 40 bis 7Ou dicken Membran, die streng parallelfaserig gebaut ist und aus hyalinen oder blassen, 2 bis Sp dicken Hyphen besteht. Das Lumen derselben wird nach oben ziemlich rasch schmäler und geht in den 90 bis 100 u breiten Mündungskanal über, der mit einer 13% dicken Schichte von sehr dünnen, hyalinen” Hyphen ausgekleidet ist, die an der flachen, 75 bis. 871 weiten, runden, gut begrenzten Mündung zu dem dicken Wulst von schleimig verklebten Periphysen auseinandertreten. Von außen gesehen, haben die Stromen das Aussehen einer sehr flach- warzigen Gänsehaut. Auf jeder Warze ist die meist weißlich be- grenzte Mündung sichtbar. Außen zeigt das Stroma eine ziemlich gleichmäßige, 300 bis 360u dicke, schwarze, weichkohlige, dichte Kruste, unter der eine‘ weiße oder hellbraune, lockere, etwas Bi EN Fragmente zur Mykologie. a0 dünnere Schichte liegt. Der Mündungskanal entsteht in letzterer Schichte und durchsetzt die kohlige Kruste senkrecht. zur Ober- fläche. Die Kruste besteht aus senkrecht zur Oberfläche dicht parallel verwachsenen, braunen, derbwandigen, etwa 2. breiten Hyphen, während diese in der darunterliegenden weißen oder braunen Schichte mehr plectenchymatisch sind und etwas lockerer stehen. Unten endigen die Perithezien verschmälert abgerundet, sind hier etwas dickwandiger und reichen fast bis zur Basalfläche der Stromen. Die Perithezienwände zeigen außen einen zerrissen- dünnscholligen Überzug mit undeutlichem Bau. Innen sind sie bis zum Halse hinauf mit den zahlreichen meist in Haufen oder Büscheln angeordneten Schläuchen besetzt, zwischen denen zahl- reiche, bis zu 200 m lange, sehr zartfädige Paraphysen sitzen. Die sehr zarthäutigen Schläuche sind bis 60=7 1 groß, doch meist kleiner und haben einen 7 bis 12 wm langen, dünnen Stiel. Jod gibt keine Blaufärbung des Schlauehporus. Die Sporen sind gefärbt, länglich, etwas flachgedrückt und bis 7=23'6=22'61. groß. In der Seiten- ansicht sehen sie zylindrisch oder in der Mitte etwas verschmälert, fast biskottenartig aus. Sie sind also öfter wenig bikonkav. Wenn sie nur einen Tropfen enthalten, ist ihre Einzelligkeit unzweifelhaft. Enthalten sie aber zwei größere Tropfen, dann sind sie oft schein- bar und undeutlich zweizellis. Tatsächlich sind sie aber stets einzellig. Damit stimmt Karstens Angabe, daß die Sporen öfter unecht zweizellig sind, vollkommen überein und Engelkes Aussage, daß sie zweizellig sind, ist offenbar falsch. Andrerseits hat letzterer das Vorhandensein von Paraphysen richtig erkannt, während sie Karsten übersah. Aus der Beschreibung von Solenoplea microspora Starbäck Ener Kırsv. Ak, handl.,. 1907 Dis 1902, 27. Bd., "Afd. IM, Nr. 9, p. 15) geht klar hervor, daß dieser Pilz artlich ganz nahe mit Camarops hypoxyloides verwandt und mithin . Solenoplea Starb. 1902 — Camarops Karst. 1873 ist. Indessen hat Starbäcks Pilz’ viel kleinere Sporen (2 bis 3:51 bis 1'’5g) und Schläuche (ohne) Stiel 15- bis. .30>3 bis 4) \und stellt daher eine eigene Art dar. Es liegt gar kein Grund vor, mit Theissen (Ann. mycol. 1909, VII. Bd. p. 158) anzunehmen, daß Starbäcks Maßangaben der Schläuche und Sporen falsch sind und daher Solenoplea micro- spora gleich Camarops hypoxyloides ist. Indessen ist es auch klar, daß Dolinia Nitschke 1867 als Sektion von Aypoxylon 1882 (in der Syll. Fung., I. Bd., p. 352) als Gattung von Camarops Karst. 1873 nur wenig verschieden ist. Die Grundart Bolinia tubulina (A. et. S.) unterscheidet sich von Camarops hypoxyloides durch die glatte (also nicht gänsehautartig "warzige) Stromaoberfläche, die feinsiebartig porös ist (Nitschke, oO b) Pyren. germ. 1867, I.Bd., p.27); ferner durch die unten bis 3’3 mm breiten, eiförmig ausgebauchten Perithezien, wie auch die 100 | F. Höhnel, Abbildung von Albertini und Schweiniz in a Fung. Nisk., 1805, Tat. IV, Fig. 4, zeigt. Diese Unterschiede zeigen zwar, dab diese zwei Pilze sicher artlich voneinander verschieden sind, genügen aber kaum, die beiden Gattungen Dolinia und Camarops auseinanderzuhalten. Betrachtet man sie als zusammenfallend, wie dies Rehm und Theissen tun (Ann. myc. 1908, VI Bd, Pp. 593). so mu or5 den gegenwärtig geltenden Nomenklaturregeln der ältere Name Bolinia Nke. 1867 fallen gelassen werden, da Bolinia erst 1882 zur Gattung erhoben wurde, während die Gattung Camarops Karst. schon 1873 geschaffen wurde. Allein ich halte die betreffende Regel für unzweckmäßig, da niemand einen Unterschied angeben kann zwischen einer Gattungssektion oder Untergattung und einer - Gattung,und jene jederzeitalskleine Gattungen aufgefaßtwerden können, wie dies schon oft geschehen ist. Dazu kommt noch in diesem ° speziellen Falle, daß Karsten die Gattung Camarops gewiß nicht aufgestellt hätte, wenn er erkannt hätte, daß sie von Bolinia kaum verschieden ist. Camarops beruht daher auf einem Fehler. Die Folge dieses Fehlers Karstens wird nun durch die Anwendung der neuen Nomenklaturregeln verewigt, während die richtige Be- obachtung Nitschkes unterdrückt wird. Theissen erklärt in Ann. myc. 1909, VII. Bd., p. 159, Bolinia tubulina und Camarops hypoxyloides für zusammenfallend. Allein, nachdem die Perithezien des ersteren Pilzes unten eiförmig und bis 3'3 mm dick sind, nach oben allmählich kegelig verschmälert, ferner die Stromaoberfläche nicht flachwarzig, sondern glatt und siebartig durchstochen, während Camarops hypoxyloides eine gänsehautartig, flachwarzige Stroma- oberfläche besitzt, sowie zylindrisch-prismatische, nur 300 bis 700 p. breite Perithezien hat,. so sind "beide. ‚Pilze . voneinander Fyer- schieden. | Auch Nummularia gigas Plowr. wird von Theissen als gleich Camarops hypoxyloides erklärt. Allein in der Beschreibung des Pilzes heißt es, daß die Perithezien birnförmig sind und einen langen vorstehenden Hals haben, was sicher nicht auf Karstens Pilz paßt und kaum auf die Bolinia tubulina. Ist vielleicht eine abnorm große Anthostoma microsporum K. Die von Theissen- aufgestellte Synonymieliste von 5 Namen bezieht sich daher auf 3 oder 4 Pilze, die voneinander sicher verschieden sind. Schließlich sei noch auf einige weitere Unterschiede zwischen Camarops hypoxyloides und Bolinia tubulina hingewiesen. C. hypo- xyloides scheint nur auf morschen Laubhölzern aufzutreten und in Europa bisher nur auf Erlen gefunden worden zu sein. Auch das von Rick aus Südbrasilien ausgegebene Stück wächst auf einem Laubholz. Es stimmt gut mit einem 1893 von Romell in Schweden gesammelten Stücke überein. Der Pilz reift nach allen Angaben im Spätherbste. Die Sporen sind mehr lt schmäler und durchscheinend, blaß violettbräunlich. u. De ee Wehr ec A u a am e 5 A ne Sa ee Er nn en 2 ie Ey i Ben: R Fragmente zur Mykologie. 101 Bolinia tubulina scheint nur auf Abies aufzutreten und wird im Frühjahre reif. Die Sporen sind fast opakschwarz und breiter, mehr eiförmig. Daß die in Nordamerika auf Juglans gefundene Form dieselbe Art sei, kann bezweifelt werden. Nach Schroeter wurde der Pilz bei BARUbeuE in Preuß.- Schlesien auf Weißtannen gefunden. 1219. Über Vestergrenia nervisequia Rehm. Dieser Pilz wurde als Grundart einer neuen Gattung 1901 in Hedwigia, 40. Bd., p. 100, beschrieben. Nachdem Saccardo und 0.1599, in, syll.. Er. XIV.-Bd..p.'998,..die :Untergattung Vestergrenia von Leptostromella aufgestellt hatten, änderten sie Bun Syl., De... XVl..Bd:; ‚p:,,465;..den Namen Vestergrenia kehm in Guignardiella S. et Syd. ‚um. Clements..in Genera Braınsi -1909,:p- 133, machte „es umgekehrt, er. änderte...den Namen, Vesiergrenia Sacc.-.et Syd..im Petasodes Cl. um. Nach den Brüsseler Namensregeln könnten die Gattung Vestergrenia Rehm 1901 und Untergattung Vestergrenia Sacc. et-Syd. 1899 nebeneinander bestehen. Dies um so che als ich fand, daß die Untergattt uno Vesier£4enia - S.; et.Sy.d: ‚gleich Cytosporina SACC: vaolzist. (B. deutsch. bot. Ges. 1917,.p. 354), also; ein Synonym: Synonymische Namen sollten. aber keine Verwendung finden. Daher wird es zweckmäßiger sein, den Namen Guignardiella S. et Syd. 1902 anzuwenden, umso mehr, als die Phyllachoreen- Gattung Guignardia V. et Rav. tatsächlich mit Rehms Pilz ver- wandt ist. Rehm beschrieb seinen Pilz als oberflächliche Sphaeriacee. Allein derselbe ist eingewachsen, nach dem Urstücke in Rehm, BE 232 «NT, 10840, und. Theissen, .Dec.. Ks» bras,, Nr. 3»Daher sind seine Angaben über die Verwandtschaft desselben hinfällig. Aber! auch‘ Theissen: (Ann. myc. 1918,..XVl- Bd, p. 177) hielt den Pilz für eine Sphaeriacee. Wenn man seine Beschreibung und Abbildung in Betracht zieht, so gelangt man zur Meinung, daß es sich um eine Diaporthee (Sphaerognomonia Potebnia 1910) handeln dürfte. lem die Untersuchung, zeigte mir, «daß... ec..den; Pilz, ganz unrichtig aufgefaßt und wesentlich falsch beschrieben hat. Seine Angabe, daß die Schläuche zart sind, ist unrichtig. Sie sind, wie schon Rehm angab, derbwandig und haben einen 4 dicken, dickwandigen, festen Stiel. Die Fruchtkörper Öffnen sich nicht durch ein untypisches, zerrissenes Ostiolum. Die Fruchtkörper entwickeln sich zwischen der Epidermis und der Palissadenschichte. Im nicht völlig reifen Zustande ist etwa das untere Drittel der Wandung derselben ganz dünn und hyalin, kaum sichtbar. Wenn man solche fast reife Perithezien in Kalilauge kocht und zerdrückt, so sieht man eine etwa 400 bis 00 u breite, rundliche Membran, die am Rande strahlig eingerissen 102 F. Höhnel, und hyalin ist und nach innen allmählich violettkohlig und opak wird. Diese Membran ist aus einigen Lagen von strahlig ver- wachsenen, deutlichen und breiten Hyphen zusammengesetzt und rührt von den oberen Zweidritteln des Fruchtkörpers her. Von dem unteren hyalinen Dritteil ist nur selten ein Stück wahr- zunehmen. Diese Membran zeigt nur in der Mitte eine schwarze, opake, 50 bis 70 breite, runde Scheibe, die am Rande am vor- stehenden Hyphenende unregelmäßig zähnig ist. Sie ist wenigstens am Rand strahlig gebaut und ringsum von einem hellen, fast hyalinen, 10 bis 20 u breiten Ring. umgeben. Diese Scheibe ist an ganz reifen oder überreifen Fruchtkörpern nicht mehr zu finden; sie ist ein Deckel, der durch den Druck der zahlreichen, derbwandigen, festen Schläuche herausgedrückt wird. Die Fruchtkörper Öffnen sich daher mit einem 50 bis 70 u breiten, festen, opaken Deckel. Die Wandung der Fruchtkörper besteht aus senkrecht parallelen Hyphen, die in längliche Zellen geteilt sind. Schneidet man von überreifen und fast reifen Fruchtkörpern die obere Hälfte weg, so bemerkt man bei den noch nicht ganz reifen unter der Schlauch- schichte kaum Spuren von der sehr dünnen, hyalinen Membran, während bei den überreifen Fruchtkörpern eine rundliche, etwa 170 1 breite Basalmembran sichtbar ist, die aus einigen Lagen von großen, bis 16w breiten, dünnwandigen, violettkohligen, leeren, unregelmäßig angeordneten Zellen besteht. Man sieht dann weiter, wie sich vom Rande dieser Basalmembran die parallelhyphigen Seitenwände erheben. Diese bestehen innen aus breiten, flach- gedrückten Hyphen, außen aus etwa 4 bis > 1 breiten, mit rund- lichem Querschnitt. Da diese letzteren _abwechselnd spärlich oder reichlich auftreten, sind die Fruchtkörper außen unregelmäßig rippig. Stellenweise ist ein lockeres Stroma zwischen den Frucht- körpern, das aus S bis 10 breiten, leicht in ihre Zellen zer- fallenden, violettkohligen Hyphen besteht, zu sehen. Paraphysen und Periphysen fehlen völlig. Jod gibt keine Blaufärbung. Die Sporen haben einen grobkörnigen Inhalt und sind sehr zarthäutig. Demnach ist Gwignardiella eine echte Catacauminee, die sich von Catacaumella Th. et Syd. (Ann. myc. 1915, XI. Bd. p. 400) hauptsächlich durch die Deckelbildung unterscheidet. Ob die von Theissen in die Gattung Guignardiella ge- stellten Arten: Physalospora Clerodendri Syd. und Ph. chaenostoma 'Sacc., sowie die anscheinend ähnliche Ph. Crepini Sacc. et March. ebenso gebaut sind, muß noch geprüft werden. 1220. Über Stomatogene Agaves (E. et Ev.) Theissen. Der 1900 als Asterina Agaves Ell. et Ev. beschriebene, von Rehm 1914 zu Dimerium gestellte Pilz wurde von Theissen in Ann. myc. 1916, XIV. Bd., p. 405, ausführlich beschrieben und auf Taf. I, Fig. 1, abgebildet. Indes ist diese Figur wesentlich falsch ee fe See Sr ÄE a Br a bu Ah un u ll tum du den 2 a A ln da dan u it ln a Fl uidle ul ht Dan Ve 3 = A LE TE: F [9 Fragmente zur Mykoiogie. 103 und nach derselben der Pilz nicht zu bestimmen. Theissen gelang es nicht, den Bau des Spaltöffnungsapparates richtig zu erkennen. Die Epidermis der Blätter der Nährpflanze Agave atrovirens besteht aus vier- bis sechsseitigen, 125 langen und 50 bis 60 ı. breiten Prismen, die nur unten dünnhäutig sind und daselbst ein 40 ı. hohes Lumen aufweisen, während die Außenwand eine 85 u. starke Verdickung aufweist, die in zwei Schichten zerfällt, deren äußere dichtere 25%, die innere 601 dick ist. Letztere wurde von Theissen übersehen. Es ist klar, daß ein kleiner Pilz, der sich aus dem Blattinnern heraus entwickelt, seinen Weg nicht durch die 85 u starke Außenmembran der Epidermis suchen wird, sondern durch die Spaltöffnungen, was auch in der Tat der Fall ist. Der Spaltöffnungsapparat besteht aus 14 Zellen, nämlich den 2 Schließ- zellen, die von 4 Nebenzellen umgeben sind, welche wieder von 8 Epidermiszellen eingeschlossen sind. Letztere haben die normale Länge und Höhenlage, während die 4 Nebenzellen etwas anders gestaltet sind und oben nicht bis zur Blattoberfläche reichen, sondern nur bis 40 u unter derselben. Dadurch kommt eine 40 u. tiefe und 1204 breite, rundliche Grube zustande. Die beiden eigentlichen Spaltöffnungszellen bilden zusammen eine kreisrunde, ‘Op breite und 40 w dicke Scheibe, die etwa 90 u unter der Blatt- oberfläche liegt und bis auf die Spaltränder von den Nebenzellen eingeschlossen ist. Die 2 Spaltöffnungszellen zeigen reichlichen grobkörnigen Inhalt, sind dünnhäutig, haben jedoch oben und unten am Spaltrande eine scharfe, dreikantige Verdickungsleiste. Die Spaltöffnungszellen liegen unter der Mitte der Nebenzellen und etwa On unter den oberen Enden derselben. Diese Nebenzellen sind etwas abgeflacht; die etwas breiteren zwei liegen parallel mit dem Spalt, die anderen zwei senkrecht darauf. Alle vier sind oben innen lippenartig wenig vorgezogen, wobei die Lippen der schmäleren Nebenzellen etwas höher liegen als die anderen. Von außen sieht man daher in der Epidermisgrube einen mit der Spaltöffnung parallelliegenden Spalt, der öfter fast x-förmig gestaltet ist. Die 4 Nebenzellen umschließen’über den Spaltöffnungen einen länglichen, im Querschnitte etwa 50» hohen und 20Oy breiten Raum, der unten in den Mündungsspalt und oben in den Grubenraum über- geht. Da die Lippen der 4 Nebenzellen schief nach innen und oben gerichtet sind und die Bodenfläche der Grube darstellen, ist diese ringsum tiefer als in der Mitte und daher am Querschnitte mit zwei schief nach außen und abwärtsgerichteten Ausbuchtungen versehen. Vergleicht man diese Angaben mit jenen Theissens, so sieht man, daß ihm der Bau des Spaltöffnungsapparates unverstanden blieb. Dieser Forscher ist nun der Meinung, daß der Pilz sich unterhalb der Kutikula entwickelt und von außen bis in den Mündungsspalt und nicht weiter vordringt. Was er aber als Schließzellen zeichnet, sind diese gar nicht, sondern die über den von ihm gar nicht gesehenen, viel tiefer liegenden Schließzellen befindlichen Teile der Nebenzellen, die einen Mündungsspalt vortäuschen. 104 F. Höhnel, Der Pilz wächst überhaupt gar nicht in die Spaltöffnungen hinein, sondern kommt aus denselben heraus. In den 150 u tiefen, 0 u breiten Atemhöhlen findet man hyaline, etwa 4 breite, wenig verzweigte, derbwandige Hyphen, die in die Spaltöffnungen büschel- weise eindringen, dann den Raum zwischen den Nebenzellen und endlich die Grube zwischen den 8 Epidermiszellen ausfüllen. Das Pilzgewebe in diesen beiden Räumen ist braun und mehr minder: deutlich senkrechtgereiht - parenchymatisch. Theissen betrachtet den Pilz als Perisporiacee und zeichnet glatte, ziemlich dünn- wandige Perithezien. Er gibt, wie auch Rehm, Hyphopodien an. Diese fehlen aber völlig. Hingegen zeigt das der Kutikula anliegende, oft reichliche Mycel deutlich schwarze, wenig verbogene, aufrechte, einzellige, 50 bis 60 = 4 bis 5 große Borsten, die Rehm und Theissen übersahen. Die Fruchtkörper sind sehr derbwandige und rauhe, kohlige, unten oft grünlich-kohlige Stromen, mit meist einem Lokulus. Öfter sieht man auch größere, bis 200 u lange Stromen mit vielen Lokuli, die ein rundliches dothideales Ostiolum haben, das ausbuckelt. Das Hypostroma kann, obwohl es eigentlich oberflächlich ist, doch als eingewachsen betrachtet werden, da es bis 90 p tief zwischen Zellen eingeschlossen ist. Paraphysen fehlen, allein junge Lokuli zeigen zwischen den unreifen Schläuchen stellenweise ein kleinzelliges, verschleimendes Gewebe und einen durchaus dothidealen Bau. | Der Pilz wird am besten als Coccoidee betrachtet und kann die Gattung Stomatogene als Anpassungsform an die besonderen anatomischen und physikalischen Eigenheiten der Nährpflanze be- trachtet werden. Sie kann wie folgt beschrieben werden. Stomatogene Th. em. Höhn. (Coccoidee). Stromen oberflächlich mit freiem, anliegendem Mycel mit Borsten, mit einem oder wenigen rundlichen Lokuli, meist perithezien- ähnlich, derbwandig rauh, mit dothidealem Ostiolum. Hypostroma senkrecht parallel - parenchymatisch gebaut, schwarzbraun, die Epidermisgrübchen über den tiefgelegenen, Spaltöffnungen ausfüllend, sich aus den aus letzteren kommenden Hyphen entwickelnd. Schläuche keulig, sitzend, achtsporig, mit spärlichem, verschleimendem Zwischengewebe. Sporen braun, zweizellig. Ä 1221. Über Cenangium Abietis (P.) Rehm, Cenangium acicolum (Fuck.) Rehm und die Gattung Cenangium Fries. Nachdem Fuckel in Symb. myc. 1869, p. 269, angab, daß Cenangium ferruginosum (Fr.) Tul. b. acicolum Fuck. sich von der zweigbewohnenden Normalart nur: durch das Wachstum auf den Nadeln unterscheidet und Rehm in seinem Discomycetenwerke, p. 228, zwar sagt, daß diese zwei Formen voneinander gänzlich getrennt werden müssen, »sowohl der Form als insbesondere der Jodreaktion wegen«, aber im übrigen keine wesentlichen Unterschiede DB A a A A ne nn u din Fragmente zur Mykologie. 105 anzugeben vermochte, habe ich bisher angenommen, daß es sich um zwei einander sehr nahestehende Formen handeln müsse, die vielleicht doch eine einzige Art bilden. Ich war daher sehr überrascht, gelegentlich der Untersuchung mehrerer sicherer Exemplare der beiden Arten, zu finden, daß es sich um vollständig und zwar sogar gattungsverschiedene Pilze handelt. Cenanginum Abietis ist eine ganz zweifellose Tryblidiacee mit derben, knorpelig gelatinösen Apothezien, mit sehr dickem Hypothezium, mit einer dünnen, kohlig und unregelmäßig paren- chymatischen Rindenschichte und mit einer dicken, oben kohlig parenchymatischen, die Scheibe deckenden Gewebeschichte. Cenangium acicolum hingegen ist nicht knorpelig, daher Deeken, micht hornis- hart, sondern ' lederig, innen " mehr minder parallel und dünnfaserig gebaut, außen mit einer nicht kohligen, kleinzeiligen Rindenschichte, deren Elemente senkrecht zur Ober- fläche gereiht sind und daselbst sich kleiig voneinander lösen. Eine mit dem Hymenium verwachsene Deckschichte fehlt. Bier Pilze. daher .so gebaut" wie’ die echten. Arten "der Gattung Cenangium im Sinne Rehms. Es frast sich nun, wie diese zwei Pilze zu benennen sind. Die Gattung Cenangium Fries wurde 1823 im Syst. myc., II. Bd., Berr/, anısestellt. Fries’ teilte dieselbe in vier Tribus. I. Scleroderris mit der Grundart C. Ribis, die noch heute in der Gattung Scleroderris steht. N. Tryblidium mit der Grundart C. caliciforme, die heute in Tryblidium Rebent. steht. MI. Chithris mit der Grundart C. ferruginosum, die. heute bei Eucenangium Rehm steht. Da ich bisher glaubte, daß die von Rehm bei Eucenangium angeführten Pilze lauter echte Cenangieen im Sinne Rehms sind, habe ich in Ann. myec. 1917, NV.Bd,,p. 319, angegeben, daß Eucenangium Rehm 1899 gleich Clithris Fries 1823 sei. Da sich nun herausgestellt hat, daß Cenangium ferruginosum gar keine Cenangiee, sondern eine Tryblidiacee ist, ist dies unrichtig. PVariEpula (siehe Prasm.‘ Nr. 983,’ XV]. Mitt’ 1915). Nach dem Syst. mycol. 1823 wäre also Cenangium ferru- ginosum eine .Clithris. Allein in Summa veget. scand. 1849, p. 364, at Fries Clithris als Untergattung von Cenangium aufgestellt mit der Grundart C. quercinum. Allein dies war nicht richtig, denn Wallroth hatte schon 1833 für diesen Pilz die noch heute gültige brauch- bare Gattung Colpoma aufgestellt. Colpoma Wallroth 1833 = Clithris Fries 1849 non 1823. Daher muß der Name Clithris ganz fallen gelassen werden. 106 F. Höhnel, In Sum. veg. scand. 1849, p. 364, ist PoBERNDE eine arge Mischgattung. Fries führt hier 12 Arten an. 1. ©. Ribis ist eine Scleroderris; 2. C. Aucupariae gehört zu Tympanis; 3. C. laminare ist nur unreif bekannt; 4. ©. pnlvera- ceum ist eine Dasvscypha; 5. C. Urceolus gehört zu Godronia; 6. C. globulare, ebenso; 7. C. repandum gehört zu Scleroderris; 9. C. nancosum ist eine Cncurbitaria; 10. C. ? acerinum scheint nicht beschrieben zu sein; 11. C. fuliginosum ist Scleroderris; 12. ©. Ledi gehört zu Godronia. Es bleibt sonach nur die 8. Art: C. ferrug ginosum übrig, die in keine andere Gattung gehört. Will man daher den Namen Cenangium Fries nicht auch so wie Clithris Fr. ganz fallen lassen, so bleibt nichts anderes übrig als Cenanginm Fr. 1849 (non 1823) em. Höhn. als Trybli- diaceen-Gattung zu beschreiben mit der Grundart: C. ferruginosum. Nun ergibt sich die weitere Frage, wie die echten Cenangium- Arten im Sinne Rehms zu nennen sein werden. Dieser teilt die Arten der Gattung in zwei Sektionen: I. Encoelia Fr. und II. Eucenangium R., die sich so gut wie nur durch die Größe der Apothezien voneinander unterscheiden, so daß ein triftiiger Grund zu dieser Einteilung nicht vorliegt. Vorbehaltlich einer genaueren Untersuchung der einzelnen Arten, die zeigen wird, daß nicht alle hieher gehören und vielleicht auch neue Gattungen ergeben wird, halte ich es für am zweck- mäßigsten, bis auf weiteres alle Cenangium-Arten im Sinne Rehms zu Encoelia Fries emend. Höhn. zu stellen. Cenangium ligni Desm. ist eine Molksia; C. pulveracenm {A. et S.) ist eine Dasyscypha. Cenanginum acicolum (Fuckel) Rehm gleich C. acamın Cooke et Peck ist eine kleine Encoelia, E. acicola (Fuck.) Höhn. 1222. Über Dermatella Karsten und Cenangella Saccardo. Die Gattung Dermatella wurde 1871 von Karsten in der Mycologia fennica, I. Teil, p. 16, aufgestellt. Sie enthält bei ihm nur eine Art, die Dermatella Frangulae (Fr.) K. Dieser Pilz ist, wie mir die Untersuchung zeigte, am besten als Dermatee aufzu- fassen, mit gut entwickeltem, dunkelbraunem, parenchymatischem Gehäuse. Karsten stellte die Gattung zu seinen Mollisieen, die aber in seiner Umgrenzung nicht haltbar ist. Sicher ist aber, daß Dermatella Frangulae dem Baue nach mit Mollisia und Pyreno- peziza Aut. verwandt ist. In einem künftigen System der Discomy- ceten würde ich die Dermateen, Pseudopezizeen, Pyrenopezizeen in eine größere Abteilung zusammenfassen. Die Gattung Cenangella Saccardo wurde 1884 im Bot. Zentralbl., XVII. Bd., p. 248, mit der Grundart Cemangella Fraxini Fragmente zur Mykologie. 107 (Tul.) Sacc. aufgestellt, als Dermateen-Gattung mit zweizelligen, hyalinen Sporen. Diese Grundart kenne ich nur aus der Beschrei- bung in der Syll. Fung. 1889, VII. Bd., p. 590, und der Abbildung in den Funsgi ital., Taf. 1437. Es ist mir danach nicht zweifelhaft, daß dieser Pilz von Dermatea (Dermatella) Fraxini (Tul.) Höhn. (Hedwigia, 1917, 59. Bd., p. 284) nicht verschieden sei. Wenn dies der Fall ist, dann ist Cenangella Sacc. 1884 gleich Dermatella Karsten 1871. Cenangella im Sinne Rehms, in seinem Discomycetenwerke 1889, p. 229, hat als Grundart Cenangella Rhododendri (Ces.) R., einen Pilz, den ich nach meiner Untersuchung nur als Dermatella erklären kann. Cenangella hat mit Cenangium Rehm (Encoelia Fries) nichts zu tun, gehört nicht zu den Cenangieen, sondern zu den Dermateen. Die Gattung Beloniella Saccardo 1884, gleich Odontotre- mella Rehm 1912, gehört Zu den Phacidiales, während Beloniella Rehm 1892 (non Sacc. 1884) als Grundart die Beloniella Vossii Rehm hat. Dieser Pilz sitzt scheinbar ganz flach oberflächlich auf, hat aber doch einen 200w langen, 100% dicken, unten auf 200 u. Breite knollig verdickten Stiel, mit welchem er in die Längskanäle eingesenkt ist, welche die Zweige von Cylisus radiatıs, auf denen er wächst, aufwerfen. Diese Kanäle sind mit der derben Epidermis ausgekleidet und der Länge nach nach außen durch einen schmalen Spalt geöffnet. Das Rindengewebe um die Kanäle herum ist voll von eingewachsenen Hyphen, welche, einzeln die Epidermisaußen- wand durchsetzend, in die Kanäle eindringen und hier den Pilz entwickeln. Dieser sitzt also eigentlich oberflächlich, kann aber trotzdem als hervorbrechend bezeichnet werden, weil die Rinden- kanäle normal geschlossen sind und sich etwa so wie Zwischen- zellräume verhalten. Infolge dieser eigenartigen Verhältnisse nimmt Beloniella Vossii eigentlich eine gesonderte Stellung ein. Allein ich halte es für zweckmäßiger, ihn von den normal hervorbrechenden, ähnlich gebauten nicht zu scheiden. Da er nun ganz gut dem Baue nach in die Gattung Dermatella K. paßt, so wäre Beloniella Rehm 1892 (non Sacc. 1884) auch gleich Dermatella Karsten 1871. Wollte man Beloniella Vossii in eine eigene Gattung stellen, so müßte diese Belonopeziza Höhn. (Ann. myc. 1917, XV. Bd,, p. 310 und 346) heißen. Im anderen Falle wäre auch Delomopeziza Höhn. 1917 gleich Dermatella Karst. 1871. Nach dem Gesagten nenne ich den Pilz Dermatella Vossii (R.) Höhn. Cenangium (Niptera) Raineri de Not. ist meiner Ansicht nach nichts anderes als eine kleinsporige Form davon. Der Pilz wächst in gleicher Weise auf derselben Nährpflanze und die un- vollständige Beschreibung desselben stimmt bis auf die Sporen- größe sehr gut zu Dermatella Vossü. Der Umstand, daß die Sporen nur 11 bis 12 =3 bis 4 u groß sein sollen, während leizierem. Pilz..-von: Rehm.-18 bis.25:= 5 bis 6‘ große Sporen \ 108 F. Höhne], zugeschrieben werden, hat wenig zu bedeuten, denn nicht nur, daß es durchaus nicht sicher ist, ob de Notaris’ Maßangabe richtig: ist, sind die Sporen von D. Vossii auch nicht immer so groß als Rehm angibt, denn ich fand sie bei meinem Stücke meist nur 16=24y groß. Möglicherweise hat de Notaris weniger gut ent- wickelte oder nicht ganz ausgereifte Stücke vor sich gehabt. Ich glaube daher bis auf weiteres, daß Cenangium Raineri. de Not. und Beloniella Vossii R. derselbe Piiz sind, der dann Dermatella Raineri (de Not.) Höhn. heißen müßte. | In die Gattung Dermatella gehört auch nach dem Original in Rabenh. Fung. europ., Nr. 2963 Belonidium melatephroides Rehm, in Hedwigia 1883, 22. Bd. p. 34 zuerst als Mollisia be- schrieben. Dieser Pilz auf Molinia coerulea ist vollkommen gleich Pyrenopeziza glabrata Sacc. 1881 (Michelia, II. Bd. p. 329). Ich habe letzteren Pilz in Ann. myc. 1917, XV. Bd. p. 344, näher be- schrieben und vorläufig Excipula (?) glabrata (Sacc.) Höhn. ge- nannt, was aber schon der zweizelligen Sporen wegen unrichtig war. Der Pilz hat Dermatella glabrata (Sacc.) Höhn. zu heißen. Dieser Pilz soll nach Rehm (Ber. Bayr. bot. Ges. München, 1914, XIV., p. 105) dem Belonmidium rufum Schröter, B. subnivale Rehm und 2. caricicolum Rehm nahestehen. Wenn dies richtig ist, werden alle diese Arten zu Dermatella zu steilen sein. Es ist wahrscheinlich, daß noch mehrere Belonidiumarten bei Rehm, so- weit sie derbe, dunkelbraune, parenchymatische Apothezien haben, zu Dermatella gehören werden; doch kann darüber nur die Unter- suchung der Originale entscheiden. _ nA 1223. Über die Gattung Belonidium. Diese Gattung wird Durieu und Montagne zugeschrieben, allein in der Flore d’Algerie, Cryptogames 1846, I. Bd., findet sich nur ein Belonidium aeruginosum D. et M. genannter Pilz auf Taf. 28, Fig. 8, abgebildet und auf p. 11 eine Figurenerklärung ohne Gattungs- und Artbeschreibung. Erst De Notaris hat 1864 im Comment. Soc. Crittog. ital., Nr. 5, p. 380, eine Gattungsbeschreibung von Belonidium ver- öffentlicht, zu der er als Grundart wieder das D. aeruginosune D. et M. anführt. Ob De Notaris diesen Pilz selbst untersucht oder seine Beschreibung nur nach der Abbildung desselben ange- fertigt hat, ist nicht zu ersehen; daher ist nicht klar, ob seine Angabe, daß das Excipulum aus verlängerten Zellen besteht, be- gründet ist oder nicht. ) Da nun das Belonidium -aeruginosum bisher anscheinend noch nicht näher. untersucht und auch nicht wieder gefunden worden ist, so kann heute nicht gesagt werden, was eigentlich Belonidium ist und muß gewartet werden, bis die Verhältnisse es gestatten werden, das vermutlich im Pariser Herbar noch befindliche Original zu prüfen. Fragmente zur Mykologie. 109 De Notaris stellt zu Delonidium noch sieben Arten, die aber in fünf verschiedene Gattungen gehören. 1. B. Moliniae de Not. wird von Rehm als gleich B. vexatum de Not. betrachtet. Allein vielieicht mit Unrecht, weil de Notaris das DB. veralum gleich als nächste Art anführt und daher doch wohl beide Pilze voneinander verschieden sein müssen. B. verorum de’ Not. und die als vierte "Art angeführte B. Campamnla (Nees) sind nach Rehm voneinander nicht zu unterscheiden. Sie stellen die Grundart der Gattung Belonioscypha Rehm 1893 dar. 3. Peziza palearım Desmaz. Diese Art wird von de Notaris nur mit Zweifeln hieher gestellt. Sie ist, wie ich am Original fand und auch Rehm angibt, gleich Tachnum patens (Fr.) R. 4. B. Campanula (Nees), siehe unter Nr. 2 | ER dam (Lamy) de. Ner ist nach meinem . Befunde: ım Kor Kraem. Ne ECLIX, in, Ann. mye..1917, XV. Bd., p..350, eine Pezizellaster Höhn. (Myc. Fragm., CLVII]). 6. B. Hystrix de Not. ist die Grundart der Gattung Belonium Salee4 1881. (Mykols, Frasm.,; Nr.„ELIV; Ann. .:myc. 1917, RVHBd, p. 342). 7. B. Aurelia (P.) de Not. gehört in die Gattung Arachnopeziza Fuekel 1869. Aus dieser Übersicht ersieht man, daß bei de Notaris in der Gattung Belonidium Arten aus fünf verschiedenen Gattungen enthalten sind. Es bleibt daher nichts anderes übrig als Belonidium aerugi- nosum D. etM. als die Grundart der es festzuhalten und diese in Schwebe zu belassen. Rehm versteht unter Belonidium Pilze, die ganz Mollisia entsprechen, aber mehrzellige Sporen haben. Aliein, er hat in die Gattung, so weit ich sehe, zumeist Formen eingestelit, die seiner Gattungsbeschreibung nicht entsprechen. Schon die erste Art B. griseo-vitellinum (Fuck.) R. gehört nicht hieher. Der Pilz wurde 1869 von Fuckel (Symbol. myc., p- 300) als Velutaria beschrieben und in den F. rhen., Nr. 1873, ausgegeben. Derselbe wurde anscheinend seither nicht wieder ge- funden, fand sich aber im Nachlasse Liberts vor und wurde 1881 Baer ookerune Phillips ın Grevillea, IX. Bd., pr 105, als Peziza Ruborum wieder beschrieben. Derselbe hat mit den Mollisieen keine Verwandischaft, steht am nächsten den Gattungen Dasvscypha und Ungnicularia, stellt aber schon der vierzelligen Sporen und der eigenartigen Behaarung wegen eine eigene Gattung dar. Diese ist schon 1887 von Lambotte (Fl. myc. belgique, Suppl. I, p. 305) aufgestellt und Tapesina genannt werden, die aber mit Tapesia nichts gemein hat. Tapesina retincola (Rabh.) Lamb. 8 Di 110 F,; Höhnel, gehört aber nicht in die Gattung, sondern ist eine echte Tapesia, wie schon Karsten und Boudier (Icon. Myc., Taf. 538) richtig sagten. BR nen Der Pilz hat nun Tapesina griseo-vitellina (Fuck:) Höhn. zu heißen. Er findet sich an Fuckels Original nur in einem dichten kasen von schwarzbraunen, aufrechtstehenden, mehrfach septierten, 8 bis 10w dicken und bis etwa 230% langen Hyphen vor, die allermeist völlig steril sind, indessen sehr vereinzelt an der Spitze eine unten 12 bis 13w breite, nach oben allmählich bis auf 6bis ‘w. zylindrisch verschmälerte, obeh abgestutzte und‘ offene Zelle tragen, die offenbar eine Chalara-Büchse ist und in der Tat sehr vereinzelt eine hyaline, zylindrische, septierte, etwa 1424 bis 5 1 große Konidie enthalten. Solche Konidien findet man auch zerstreut zwischen den Hyphen. Diese Chalara entwickelt sich, wie ich fand, zum Teile un- mittelbar auf dem hyalinen, klein- und derbwandigzelligen, unter der Epidermis eingewachsenen und dann wenig hervorbrechenden Hypostroma, auf. dem die Apothezien sitzen, und gehört daher zweifellos zum Diskomyzeten als Nebenfrucht. Es ist die Chalara Rubi Sace. et Briard (Revue myeol. 1886, VHM. Bdy p 22 a werden zwar die Konidien größer (18 bis 20=>5 bis 6p) an gegeben, indessen ist das geprüfte Stück völlig überreif und zeigt keine ‘gut entwickelten Konidien mehr. Bekanntlich gehören mehrere Chalara- Arten zu kleinen Discomyceten als Nebenfrüchte. Der Schlauchpilz hat unten stark kegelig, fast kurzstielig ver- schmälerte Apothezien mit dickem Hypothezium, das unten aus derbwandigen Hyphen. besteht, ‚die ein. Ziemlich”"Klenzener dichtes, hyalines Parenchym bilden. Das Excipulum ist schön parallelfaserig gebaut; die Hyphen enden außen in verschiedener Höhe und gehen in oft kürzere, unten aber manchmal bis 200 x lange, einfache oder verzweigte, unregelmäßig stark verbogene, meist aber korkzieherartig gewundene, 1'5 bis 25 u breite, hyaline oder mehr minder violettbräunliche, ganz eigenartige, wie es scheint nicht septierte Haare aus, die das Excipulum in einen dichten Pelz kleiden und am dicken Rande desselben viel kürzer sind und in vielen Reihen stehen. Das Excipulum ist ziemlich dünn, innen nicht scharf begrenzt und violettbraun gefärbt. Die Gattung Tapesina kann wie folgt beschrieben werden. Tapesina Lambotte 1887 (em. Höhnel). Dasyscypheen. Hypostroma eingewachsen, blaß, kleinzellig plektenchymatisch, etwas vorbrechend. Apothezien aufsitzend, unten kegelig verschmälert. Hypothezium: gut entwickelt, ‘unten derb- wandig kleinzellig-parenchymatisch. Excipulum "gefärbt, parallel- faserig. Fasern außen in dünne, einfache oder etwas verzweigte, stark verbogene oder korkzieherartig verdrehte, dünne Haare über- gehend. Scheibe schließlich flach, dick berandet. Paräphysen fädig. Fragmente zur Mykologie. 111 Schläuche keulig, achtsporig. Sporen hyalin länglich, mit einigen Querwänden. Jod bläut den Porus. Chalara als Nebenfrucht. _Grundart: Tapesina griseo-vitellina (Fuck.) Höhn. Syn.: Velutaria griseovitellina Fuckel 1869. Peziza Ruborum Cooke et Phillips 1831. Tapesina Ruborum (C. et Ph.) Lambotte 1837. Belonidium Ruborum (C. et Ph.) Saccardo 18839. Belonidium griseovitellinum (Fuck.) Rehm 1891. Trichobelonium griseovitellinum (Fuck.) Rehm 1914. Nebenfrucht: Chalara Rubi Briard et Saccardo 1886. Belonidium pruwinosum (Jerd.) wird von Rehm 1914 in Ber. Basyt bot Ges, München, XIV. Bd, nicht” mehr ‘in der Gattung angeführt. Der hyaline Pilz sitzt auf einem mikroplektenchymatischen, oberflächlich eingewachsenen, vorbrechenden Hypostroma, hat ein dickes, aus 3 bis St großen, mäßig dünnwandigen Parenchym- zellen bestehendes Hypothezium, ein. dickes, nicht\ vorstehendes Excipulum, das aus dünnen, parallelen Hyphen besteht, die stark schief nach außen gerichtet sind und in hyaline, I bis 15 dicke, kürzere oder bis 40 u lange, stark wellig oder schraubig verbogene Haare endigen. Die zahlreichen Paraphysen sind diesen Haaren ähnlich, oben aber meist baumartig verzweigt und etwas vorragend. Jod bläut den großen Schlauchporus stark. Die Sporen sind ein- zeilig, zeigen aber ein oft scharf vierteiliges Plasma, wie dies auch Boudiers Tafel 453 zeigt. Der Pilz ist mit Pezizella verwandt und gehört in eine eigene Gattung, die schon 1885 von Boudier in Bull. soc. myc. France, I. Bd., p. 118, aufgestellt wurde. Er hat Polydesmia pruinosa (Jerd.) Boud. zu heißen. Belonidium subcarneum Rehm. Von dieser Art habe ich schon in Ann. mye, 1905, Hl. Bd.'p.: 904, und im :Fragm. Nr. 250 angegeben, daß sie der Gattungsbeschreibung nicht entspricht und eher ein Belonium Rehm (non Saccardo) ist. Dem widerspricht Rehmiin Ber. Bayr. bot. Ges. München 1914, XIV. Bd, .p. 104. Allein, die nochmalige Untersuchung des sehr kümmerlichen Originals in Sydow, Myc. march. Nr. 1268, zeigte mir, daß der kleine kahle, durchaus hellfarbige Pilz unten mikroplektenchymatisch und im ganzen dünnen Excipulum parallelfaserig gebaut ist. Daher hat derselbe mit den Mollisieen nichts zu tun und ist mit den Pezizella-artigen Pilzen verwandt. Es gibt noch mehrere Pilze, die ebenso gebaut sind, auch was die Schlauchschichte anbelangt. So Belonium sulphureo- testaceum Höhn. (Ann. myc. 1905, Il. Bd. p. 553), Belonioscypha helminthicola (Blox.) Höhn. (Fragm. z. Myk., Nr. 340, VII. Mitt, 1909) und sicher. noch viele andere. Alle diese Pilze sind so wie Gorgoniceps Karsten gebaut, von ‚welcher Gattung ‚sie sich nur durch die faden- oder Hadel- 112 °F. Höhnel, förmigen Sporen unterscheiden. Von Belonioscypha Rehm unter- scheiden sie sich durch die dünnen Hyphen und den nicht Helotium-artigen Aufbau, sowie die ungestielten Apothezien. | Sie entsprechen dem, was Rehm 1891 Belonium nannte, allein dieser Name ist schon durch Belonium Saccardo 1884 vorweggenommen. Ar Diese Pilze stellen eine neue Gattung dar, die ich Lepto- belonium nenne. er Leptobelonium Höhn. n. G. Apothezium kahl, mit etwas ver- schmälerter Basis aufsitzend, hyalin oder hellfarbig. Gewebe unten mikroplektenchymatischh im dünnen Excipulum parallelfaserig. Paraphysen fädig. Schläuche achtsporig. Sporen länglich, mehrzellig. Gewebe aus zarthäutigen Hyphen bestehend. Grundart: Leptobelonium helminthicola (Blox.) Höhn. Syn.: Peziza helminthicola Blox. | Peziza (Calycina) minutissima B. et Br. 1865 (non Batsch). Belonidium basitrichum Saccardo. Belonidium Marchandianum Sacc. Bom. Rouss. Belonidium fructigenum P. Hennings. Belonidium albo-cereum Penzig et Saccardo. Zweite Art: Leptobelonium sulphnureo-testaceum Höhn. Syn.: Belonium sulphureo-testaceum Höhn. 1905. Dritte Art: Leptobelonium subcarneum (Rehm) Höhn. Syn.: Belonidinm subcarneum Rehm. Vierte Art: Leptobelonium vexatum Höhn.n. sp. Tjibodas (1908) auf Bambus. (Beschreibung wird in Bull. jard. botan. de Buitenzorg veröffentlicht werden.) Belonidium rhenopalaticum Rehm. Schon Rehm bemerkte 1914 in Ber. Bayr. bot. Ges. München, XIV. Bd. p. 105, daß diese Art nur ein mycelloses Trichobelonium Kneiffi (Wallr) Schröt. sein wird. Die Untersuchung des von ihm angeführten Originals in Desmazieres, Pl. crypt. France, 1837, Nr. 884 (als Eustegia arundinacea Fr.), zeigte mir, daß der Pilz nur eine Altersform von Tr. Kneiffii ist. Auch Trichobelonium distingnendum Sydow (Ann. myc. 1908, VI. Bd, p. 480) ist derselbe Pilz, der Tapesia Kneiffii (Wallr.) heißen muß. Schon Karsten und ® Kunze stellten ihn mit Recht zu Tapesia, denn die Sporen sind normal einzellig, wie auch die Taf. 538 in Boudier, Icon. Mycol. zeigt. Belonidium wmelatephroides Rehm (1883) ist gleich Pyreno- peziza glabrata Sacc. 1881 und-gehört in die Gattung Dermatella Karsten 1871, wie ich in dem Aufsatze über‘ die Gattungen Dermatella und Cenangella auseinandergesetzt habe. Belonidium aurantiacum Rehm, B. Punctum R. und B. scir- picolum (Fuck.) Rehm sind Microthyriaceen, deren Schlauchschichte Fragmente zur Mykologie. 1135 scheibenartig hervorbricht, wodurch ein Discomycet vorgetäuscht wird. Sie gehören in die Gattung Niesslella Höhn. (Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1918, 36. Bd.). Niptera lacustris Fries ist nach meinem Aufsatze über Niptera eine Mischart, die aus Mollisia lacustris (Fries) und Belonopsis lacustris (Fr.) besteht. Der Pilz, den Rehm Belonidium lacustre (Fries) Phill. nennt, ist die Belonopsis. Hingegen ist der Pilz, den Rehm als Belonidium juncisedum (Karst.) auf Scirpus lacustris und der jedenfalls von Mollisia junciseda Karst. auf Juncus conglomeratus verschieden sein wird, beschreibt, offenbar die Mollisia lacustris (Fr.). Belonidium subnivale Rehm wird zu Belonopsis Sacc. zu stellen sein. Belonidium tephromelas (Pass.) Sacc. (Syll. F. 1889, VIH. Bd., p. 497), Fung. ital, Taf. 1285, ist nach den Originalen jr ertik. ital, Nr. 397 und, Rabh,,E_:‚europ..Nr., 1620 eine Mollisia mit vierzelligen Sporen und gehört in die Gattung Belonopsis Sacc. 1224. Über die Gattung Pseudohelotium Fuckel. Diese Gattung stellt Fuckel (Symb. myc. 1869, p. 298) auf Grund von Peziza pineti Batsch 1786 auf. Persoon (Syn. meth. Fung. 1801, p. 666) änderte den Namen in Peziza lurida. Der Pilz wurde von den Autoren bald als Mollisiee, bald als Helotiee oder Trichopezizee betrachtet. Phillips und Boudier betrachteten ihn als Mollisia, Karsten, Patouillard und Qu&let als Helotium; Gillet nannte ihn Lach- nea pineti. Schröter und Rehm stellten ihn zu Belonium Rehm (non Sacc.). Saccardo nahm die Gattung Pseudohelotium in die Syll. Fung. auf, während Rehm dieselbe fallen ließ. Die Untersuchung zeigte mir, daß Peziza pineta im wesent- lichen dem Baue nach ein ungestieltes Helotium ist. Im Gewebe der Föhrennadeln befindet sich ein blasses Hyphengewebe, das nach oben hin braun wird und die Atemhöhlen der Spaltöffnungen ausfüllt, nach außen vordringt und hier ein der Kutikula fest an- liegendes, allmählich verlaufendes, etwa bis 10m dickes Häutchen bildet. Die Apothezien entstehen auf diesem an den Ausbruch- stellen des Hypostromas. Ein 7001 breites, 240 u hohes Ascoma saß mit bis auf 260g. verschmälerter Basis auf. Der basale Teil war etwa 901 dick und bestand aus einem sehr kleinzelligen, braunen Gewebe. Das unten 50 u dicke Excipulum war durchaus braun gefärbt und bestand aus parallelen, ziemlich kurzgliedrigen Hyphen, die schief nach außen verliefen und in verschiedener Höhe endigten, außen sehr wenig vorstehend und so die Rauhig- keit des Excipulums bedingend. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. 8 114 | F. Höhnel, Peziza pineti findet sich selten gut ausgereift vor, daher über die Sporen, soweit ich sehe, nur zwei ursprüngliche Angaben vor- handen sind, die sich sehr widersprechen. Während Karsten (und ihn offenbar abschreibend Phillips und Patouillard) angibt, daß die Sporen einzellig und 8 bis 14=3 1. groß sind, sind dieselben nach Rehm (und Schröter) nadelförmig, 18 bis 21 (bis 33)=1'5 (bis 2). groß, einzellig (zuletzt vierzellig). Ich habe mich nun davon überzeugt, daß Rehms Angabe jedenfalls richtig ist. Auf die schließliche Vierzelligkeit der Sporen ist schon wegen der geringen Breite derselben kein Gewicht zu legen, um so weniger, als Rehm sehr häufig die Angabe macht, daß Sporen schließlich zwei- bis mehrzellig werden, wo es sich höchstens um undeutliche Plasmateilungen handelt. . Vergleicht man Medianschnitte von Peziza pineti mit solchen von Helotinm epiphyllum (P.)) F. pallida Karst. in Krieger, F..saxon., Nr. 1484, das meist kaum gestielt ist, so erkennt man, daß sich beide im Baue ähnlich sind. Das Gewebe ist bei dem Helotinm bis auf die bräunliche Außenschichte des Excipulums hyalin, unten und seitlich großzellig-parenchymatisch mit bis 16 1 großen Zellen. Das Excipulum ist unten sehr dick, parenchymatisch, erst weiter oben erkennt man, daß die Zellen in schief nach außen gerichteten Reihen stehen. Oben erst wird das Excipulum deutlich parallelfaserig und ist hier gut begrenzt, während es unten ohne scharfe Grenze in das Gewebe des Hypotheziums übergeht. Peziza pineti unterscheidet sich daher im Baue hauptsäch- lich durch das mehr parallelfaserige, braune, innen scharf begrenzte Excipulum. Von Peziza pineti ist hingegen im Baue kaum wesentlich verschieden die Gattung Coronellaria Karsten (Notis. F. et Flora Fenn. 1870, XI. Bd., p. 248), wie die Untersuchung von Coronellaria pnlicaris Karst. in Jaap, F. sel. exs., Nr. 652, zeipe, greev Grundart C. Delitschiana (Awld.) K. nach Karsten (Mye. Fenn. 1871, p. 184) sehr nahesteht. Bei Coronellaria pulicaris findet sich unter der Epidermis ein im Umfange bräunliches, innen hyalines, parenchymatisches, 250 p. breites, 120 u dickes Stroma, das aus hyalinen, derbwandigen, 6 bis 8w großen Zellen besteht. Dasselbe bricht etwas hervor und bildet das mit stark verschmälerter Basis darauf sitzende Apothezium. Der verschmälerte Basalteil dieses ist in der Achse zarthyalin parallelfaserig, außen ringsum parenchymatisch. Die hyalinen, sehr dünnen Hyphen im Innern treten oben auseinander und bilden die obere dünne Schichte des Hypotheziums. Das braune, innen gut begrenzte Excipulum ist unten 36 dick und besteht daselbst und weit hinauf aus dünnwandigen, 3 bis 121 großen Parenchymzellen. Oben ist das Excipulum parallelfaserig und gegen den Rand hin blasser. Man sieht, daß der Apothezienbau ganz ähnlich ist wie bei Peziza pineti. Die Unterschiede bestehen nur darin, daß Coronellaria Fragmente zur Mykologie. 115 pnlicaris aus ganz zarthäutigen Zellen besteht und daher viel weichfleischiger ist, daß das Gewebe in: der Achse und im oberen Teile des Hypotheziums hyalin dünnfaserig und das Excipulum unten mehr parenchymatisch ist. Dazu kommt noch der Umstand, : daß an der Spitze der oben verschmälert abgestutzten Schläuche die äußerste Schichte der Membran mit Jod braunviolett wird (seltener auch der kleine Porus darunter), während bei Peziza pineti nur der Porus, und zwar blau, gefärbt wird. Die Gattung Coronellaria Karsten zeigt also jedenfalls Besonderheiten und könnte daher aufrechterhalten bleiben, ist aber von Pseudohelotium nur sehr wenig verschieden. Rehm nahm sie in seinem Discomycetenwerke, p. 689, nicht an, während Boudier (Hist. et Classif. Discom., 1907, p. 136) sie akzeptierte. Indessen hat gerade seine Art C. amaena (Icon. Mycol., Taf. 537) außen olivschwarze Haare und gehört nicht in die Gattung. Hingegen ist Peziza ramealis Karsten 1869, später Mollisia ramealis K. (1871, 1885) genannt, ein echtes Pseudohelotium, wie mir die von P. P. Strasser am Sonntagsberge in Niederösterreich (Krypt. exs. Mus. pal. Vindob., Nr. 956) und von G. Feurich 1916 in Sachsen gefundenen Stücke zeigten. Der Pilz besitzt ein dünnes, braunes, kleinzellig-plektenchy- matisches Hypostroma, das sich in den äußersten Schichten des Periderms von Birkenzweigen entwickelt. Die Apothezien sind genau so wie Peziza pineti gebaut. Dieselben sitzen mit stark verschmälerter Basis auf dem etwas hervorbrechenden Hypostroma. Das bis 200 u dicke Hypothezium ist blaß, kleinzellig parenchy- matisch. Das Excipuium ist braun, innen scharf begrenzt, unten bis 8O mw oben 201 dick. Es ist ganz faserig gebaut. Unten sind die Hyphen breiter, bestehen aus bis Sn langen Zellen und sind stark schief nach außen gerichtet, oben sind sie schmäler, lang- gliedrig und parallel mit der Oberfläche, am Apotheziumrande, wo sie kaum vorstehen, blaß. Der Pilz hat Pseudohelotinm rameale (K.) Höhn. zu heißen. Nach Strasser (Verh. zool.-bot. Ges., 1902, 52. Bd., p. 434) sollen die Sporen bis achtzellig werden. Das ist aber unrichtig. Ich fand trotz Suchens stets nur einzellige Sporen, deren Plasma manchmal undeutlich zweiteilig war. 1225. Über die Gattungen Arachnopeziza Fuckel und | Eriopezia Saccardo. Arachnopeziza wurde in Fuckel, Symb. mycol. 1869, p. 303, mit der Grundart Arachnopeziza Aurelia (P.) Fuck. aufgestellt. Dieser Pilz hat ein aus 4 breiten, hyalinen Hyphen be- stehendes, eingewachsenes, ziemlich lockeres Hypostroma, das etwas hervorbricht und das mit verschmälerter Basis aufsitzende 116 °F. Höhne], Apothezium trägt. Das Hypothezium ist sehr dick, oben mehr locker plektenchymatisch, unten ziemlich großzellig parenchymatisch gebaut. Das dicke Excipulum ist im wesentlichen parenchymatisch, . erst am Rande parallelfaserig. Es ist außen behaart; die Haare bilden zum Teile Schuppen, die in mehreren Reihen und auch am Rande auftreten, wie dies Boudiers Tafel 521 schön zeigt. Das spinnwebige, weiße Subiculum fehlt stellenweise völlig und ist auf dasselbe kein besonderes Gewicht zu legen. Die von Fuckel a.a. 0. noch in die Gattung gestellten A. delicatula Fuck. und A. aurata Fuck. sind kahle Pilze, die unten mikroplektenchymatisch gebaut sind und ein dünnes parallel- faseriges Excipulum haben. Ihr Subiculum ist nur wenig oder nicht entwickelt. Sie haben auch fadenförmige Sporen und gehören schon deshalb nicht in die Gattung. Es sind vielmehr ganz echte Gorgo- niceps-Arten, die G. delicatula (Fuck.) Höhn. und G. aurata (Fuck) Höhn. genannt werden müssen. | | Auch Arachnopeziza Asteroma Fuck. bei Saccardo als Belonidium, bei Rehm als Trichobelonium, gehört gewiß nicht in die Gattung. Die von Rehm noch in die Gattung gestellte A. Ruborum (CH et: Ph,). ist’, ein.’ ganz ‚(anderer Pilz’ und "har TR griseo- vitellina (Fuck.) Höhn. zu heißen. Eriopezia stellte Saccardo 1839 (Syll. Fung., VII. Bd,, p. 381) auf Grund von Peziza caesia Pers. als Untergattung von Tapesia Pers. 1822 (Mycologia europ., I. Bd. p. 270) auf. Hier steht aber als erste Art Peziza Aurelia, während bei Fries 1823 (Syst. myc., II. Bd., p. 106) als erste Art Peziza anomala steht, die zu Solenia gehört. Ebenso bei Fuckel. Bei dieser Verwirrung wird es am besten sein, die beiden Gattungen Tapesia Pers. und Arachnopeziza Fuck. in dem Sinne zu nehmen, wie er heute üblich ist (Saccardo, Rehm, Boudier). Eriopezia caesia (P.) ist nun, wie man an Mittelschnitten leicht sehen kann, ebenso wie Arachnopeziza Aurelia ein auffallend behaarter Pilz. Beide Gattungen gehören daher nicht zu den Helotieen, wohin sie Rehm stellt und wo sie kein genauer Unter- sucher vermuten wird, sondern zu den Trichopezizeen. Bei dieser Gelegenheit fand ich, daß der in Erb. crittog. ital, Nr. 589, als Peziza epithelephora Sauter ausgegebene Pilz falsch bestimmt und nichts anderes als Eriopezia caesia auf Eichenholz -ist. Der Sauter’sche Pilz ist nach Keissler (Annal. nat Hofmus. Wien 1917, XXXlI. Bd. p. 91) eine Mollisia. Die Gattung Eriopezia Sacc.ist nach der Grundart der Gattung Dasyscypha Rehm (non Boudier) äußerst nahestehend. Eriopezia caesia hat Apothezien mit einem kurzen (100 p langen, 60 u dicken) schwarzen Stiel. Der ganze Pilz ist unten prismatischfaserig, oben streng parallel-braunfaserig aufgebaut, aus nur etwa 2 dicken, nicht derbwandigen Hyphen bestehend. Fi Fragmente zur Mykologie. 117 Namenverzeichnis. Anthostoma microsporum Karst. 218, Ontariense E. et Ev. 215; Arachno- peziza Asteroma Fckl. 225, aurata Fckl. 225, Aurelia (P.) Fckl. 225, delicatula Fckl. 225, Ruborum (C. et Ph.) 225; Asterina Agaves E. et Ev. 220; Belonidium aeruginosum D. et M. 223, albo-cereum P. et S. 223, aurantiacum Rehm 223, Aurelia (P.) de Not. 223, basitrichum Sacc. 223, Campanula (Nees) 223, carici- colum Rehm 222, fructigenum Henn. 223, griseo-vilellinum (Fckl.) Rehm 223, HAystrix de Not. 223, juncisedum (Karst.) 223, lacustre (Fr.) 223, Marchandianım S. B.etR. 223, melatephroides Rehm. 222, 223, Moliniae de Not. 223, pruinosum (Jerd.) 223, Punctum R. 223, rhenopalaticum Rehm 223, Ruborum (C. et Ph.) Sacc. 223, rufum Schröt. 222, scirpicolum (Fckl.) Rehm 223, subcarneum Rehm 223, subnivale Rehm 222, 223, Tami (Lamy) de Not. 223, tephromelas (Pass.) Sacc. 223, vexatum de Not. 223; Beloniella Vossii Rehm 222; Belonio. scypha helminthicola (Blox.) Höhn. 223; Belonium sulphureo-lestaceum Höhn. 223; Belonopeziza Höhn. 222; Belonopsis Sacc. 223; Bolinia tubulina (A. et S.) 218; Calosphaeria ambıgua Berl. 215, Crataegi Mout. 215, polyblasta Rom. 215; Camarops hypoxyloides Karst. 218; Catacaumella Th. et Syd. 219; Cenangella Fraxini (Tul.) Sacc. 222, Rhododendri (Ces.) R. 222; Cenangium Abietis (P.) Rehm 221, acerinum 221, acicolum (Fckl.) Rehm 221, acuum Cke. et Peck 221, Aucupariae 221, caliciforme 221, ferruginosum (Fr.) Tul. 221. fuliginosum 221, globulare 221, laminare 221, Ledi 221, ligni Desm. 221, mnaucosum 221, pulveraceum (A. et S.) 221, quercinum 221, (Niptera) Raineri de Not. 222, repandum 221, Ribis 221, Urceolus 221; Ceratostoma crassicollis Kirschst. 215; Chalara Rubi Sacc. et Br. 223; Cladosphaeria Nke. 215, 217, eunomioides (Otth) Nke. 215; Clithris Fr. 221; Clypeosphaeria Asparagi (Fckl.) Wint. 217, euphor- biacea Pass. et B. 217, Hendersoniae (Ell.) Sacc. 217, Limitala (P.) Fekl. 217, mamillana (Fr.) Lamb. 217, Morreni (West.) Sacc. 217, Notarisii 215, 217, splendens Rick 217; Colpoma Wallr. 221; Coronellaria amaena 224, Delitschiana (Awld.) K. 224, pulicaris Karst. 224; Coronophora abietina 215, angustata 215, gregaria 215, macrosperma Fcekl. 215; Cryptosphaeria eumomia Fr. 215, eumo- mioides (Otth) Höhn. 215, 217, millepunctata Grev. 215, onlariensis (E. et Ev.) Höhn. 215; Cryptosphaerina Fraxini Lamb. et Fautr. 215; Cylosporina Sacc. 219, Fraxini E. et Ev. 215, millepunctata Sacc. 215; Dermatea (Dermatella) Fraxini (Tul.) Höhn. 222; Dermaiella Karst. 222, 223, Frangulae (Fr.) K. 222, glabrata (Sacc.) Höhn. 222, Raineri (de Not.) Höhn. 222, Vossii (R.) Höhn. 222; Diatrypeopsis laccata Speg. 218; Dimerium Agaves 220; Enchnosphaeria calli- morpha (Awd.) Höhn. 216, Pinelorum Fckl. 216; Encoelia acicola (Fckl.) Höhn. 221; Endoxyla Fraxini E. et Ev. 215, macrostoma Fckl. 215, parallela (Fr.) 215; Endoxylina Rom. 215, astroidea (Fr.) Rom. 215, stellulala Fcekl. 217, Rom. 215; Eriopezia. caesia (P.) 225; Eucenangium Rehm. 221; Eustegia arun- dinacea Fr. 223; Eutypa eunomioides (Otth) Höhn. 215, flavovirescens (Hoffm.) 215, (Endoxyla) parallela (Fr.) Karst. 215; Eutypopsis parallela (Fr.) Karst. 215; Excipula (2?) glabrata (Sacc.) Höhn. 222; Fuckelia Nke. 215; Gorgoniceps aurala (Fekl.) Höhn. 225, delicatula (Fckl.) Höhn. 225; Guignardia V. et Rav. 219; Guignardiella S. et Syd. 219; Helotium epiphyllum (P.), F. pallida Karst. 224; Herpotrichia calimorpha (Awd.) 216, nigra Hart. 216, ochrostoma Feltg. 216, rhenana Fckl. 216, Rubi Fckl. 216; Hypoxylon (Bolina) tubulina (A. et S.) 218; Kalmusıa Abietis Pass. 217, dealbata Sacc. 217, Ebuli Nssl. 217, Nhemitapha (B.et Br.) Sacc. 217, hypotephra (B. et Br.) Sacc. 217; Lachnea pineti Gill. 224; Lachnum patens (Fr.) R. 223; Leptobelonium helminthicola (Blox.) Höhn. 223, subcarneum (Rehm) Höhn. 223, sulphureotestaceum Höhn. 223, vexatum Höhn. 223; Lopadostoma Nke. 215; Melanomma Orni (de Not.) Sacc. 215, 217; Molinia coerulea 222; Mollisia ramealis K. 224; Niesslella Höhn. 223; Niptera lacustris Fr. 223; Nummularia gigas Plowr. 218, Iutea (A. et S.) Nke. 218; Odontotremella Rehm. 222; Peziza anomala 225, Aurelia 225, caesia Pers. 225, epithelephora Saut. 225, helminthicola Blox. 223, lurida Pers. 224, (Calycina) minutissima B. et Br. 223, palearuım Desm. 223, pineti Batsch. 224, ramealis Karst. 224, NEE ER Nr i RE LETE Kr 118 F, Höhn el, Fragmente zur Mykologie. Ruborum Cke. .et Ph. 223; Pezizellasier Höhn. 223; Phacosperma Nke. 215; Physalospora chaenostoma Sacc. 219, Clerodendri Syd. 219, Crepini Sacc. et March. 219; Pocosphaeria setulosa: Sacc. et R 8 a Poldesmia pruinosa (Jerd.) Boud. 223; Pseudohelotium rameale (K.) Höhn. 224; Pyrenopeziza glabrata Sacc. 222, 223; Scleroderris 221; Solenoplea S t arb. 218; ‚Sphaeria astroidea Fr. 215 ? callimorpha- Mont. 216, Orni 215, parallela Fr. 215; 'Stomalogene Agaves (E. et Ev.) Theiss. 220; :Tapesia Pers. 225; Tapesina griseo-vitellina (F ckl.) Höhn. 223, 225, retincola (Rbh.) Lamb. 223, Ruborum (C. etPh.) Lamb. 223; Thyridaria Fraxini E. et Ev. 215; Trematosphaeria Fraxini Rich. 215; Tricho- belonium distinguendum Syd. 223, griseo-vitellinum (Fckl.) Rehm 223, Kneiffü (Wallr.) Schröt. 223; . Trichosphaeria parasitica Hart. 216; Tryblidium Reb. 221; Valsaria stellnlataRom. 215, Velutaria griseo-vitellina Fckl. 223; VeRICeRE nervisegquia Rehm 219; Xenothecin m jodophilum Höhn: 21% Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Klimatologische Analysis der Terra rOSsa- Bildung Von Fritz Kerner-Marilaun K. M. dr Akad d. Wiss. (Mit 1 Textfigur) (Vorgelegt in der Sitzung am 7. Juni 1923) Lang’s Regenfaktor drückt aus, daß sich die Verwitterungs- böden als Produkte des zonalen Klimas in eine stetige Reihe ordnen, derart, daß z. B. der Begriff Roterde eine Kette von klimatogenetisch abgestuften Übergangsgliedern zwischen den Braunerden und den Halbwüstenböden umfaßt. Die klimabürtige Abstufung erwächst hier aus dem Umstande, daß im Gebiete des Mittelmeeres (im großen Durchschnitt) die jährliche Regenmenge mit dem Steigen der mittleren Jahrestemperatur sinkt. Einer Abnahme der ersteren auf die Hälfte bei Anstieg der letzteren auf das Anderthalbfache in der Richtung von N nach SO entspricht schon eine Verminderung, .des, Regen- faktors auf ein Drittel.. Einer solchen. Wertänderung muß, sofern die sich ändernde klimatische Größe als Charakteristikon des 2 nannten Eluvialgebildes eine reale Bedeutung hat, auch ein Wechsel in. der Beschaffenheit dieses Gebildes entsprechen. Reihenanalysen von Roterde quer durch den ganzen mediter- ranen Gürtel, die einen solchen Wechsel als Effekt der Änderung. des Quotienten R:T aufzeigen würden, liegen ‚wohl nicht vor. Ihrem Aussehen nach möchte man die Terra rossa eher als eine im wesentlichen einheitliche Bodenbildung ansehen, die : innerhalb ihres Verbreitungsgebietes qualitativ nur wenig schwankt und an dessen Grenzen verhältnismäßig rasch den Böden der Nachbargebiete weicht. Sie wiese dann eine Analogie mit der an sie 'geknüpften Macchienvegetation auf, welche sich auch im ganzen Mittelmeer- becken ein im wesentlichen einheitliches Gepräge bewahrt und an dessen Rändern rasch den Pflanzenformationen der umgebenden Länder Platz macht: Wenn dem so’ ist, so 'muß das klimatische Kennzeichen der Terra rossa eine Größe sein, die sich im Bereiche des Mittelmeeres der Konstanz nähert und an > daaie fagazen einen raschen Wertabfall: erfährt. st 5] 120 F. Kerner-Marilaun,. Als einfachste, diese Bedingungen einigermaßen erfüllende Größe erhält man das Produkt aus der Jahresmenge des Regens und dem Jahresmittel der Wärme, sofern man erstere mit dem Ex- ponenten e=/, versieht. Es wird dies durch die große örtliche Veränderlichkeit der Niederschlagssummen erfordert und entspricht dem gegebenen Sachverhalt, indem ein mit wachsender Menge sich steigernder Anteil des Regens durch raschen ober- oder (im Karst) unterirdischen Abfluß dem Boden entzogen bleibt. Man findet so beispielsweise folgende Werte, denen die des »Regenfaktors« bei- „ gesetzt seien. Zur besseren Vergleichbarkeit sind die Produkte VR; 5; 1; dureh 10 dividiert. Ri: Tj van | Rj:T; | VRIT; Bapusar. .n mern. 909 63°9 Palermo 437 476 Beta a Beer 84-8. 1° .5673. NPatras...nesene 37-7 | 48-4 BIESAHLAIAN. 818 43:9 Cansaı ve er 451 Kork. SINE. Ah 742 BEE Girgentt. 2. 30°7 37+8 PUSSsm R EL EU e | 65°5 499. Ryrenia \.. 2.2 See 464 Nizza nn N a7’ 2 243-9 Athens 2 ta. 222 349, Neapel ‚eis. rg 52°6 45°6 Santorin... sefsster 20-8 331 Besnaer al 22a: 490 461 Karmacai. 2. mi SdR: 178 37'6 Der größte Wert des Produktes \/R; T; beträgt da noch nicht ganz das Doppelte des kleinsten, während sich die extremen Werte des Regenfaktors wie 5:1 verhalten. Schließt man in der Reihe des Produktes die drei größten und die zwei kleinsten Werte aus, So ergibt sich für die Endglieder der Restreihe schon das Verhältnis 4:3, während bei dem Regenfaktor das - Verhältnis noch 41/,:1 bleibt. Der Ausdruck VR* T; kann aber nicht befriedigen, da er sich auch VYRw+Rs (Tw+Ts):2 schreiben läßt (die Indizes W und S bedeuten Winter- und Sommerhalbjahr) und dies besagen würde, daß die Terra rossa-Bildung innerhalb des Spielraumes der‘ Werte. von R; und T; im Mittelmeerbecken von der jährlichen Verteilung des Niederschlages und von der jährlichen Wärmeamplitude unabhängig wäre. Die für die Roterde gefundenen Bildungsbedingungen würden — innerhalb jenes Spielraumes — sich auch in ozeanischen und in kontinentalen Klimaten erfüllen und so für jene Erde nicht kenn- zeichnend sein. Tönis zeigen 'sich da z. B. folgende Übereinstimmungen trotz großer Ungleichheit der Temperatur des kältesten Monates Z und ne a rn te RA Ze Pa r Kr k are Klimatologische Analysis der Terra rossa-Bildung. 121 der relativen Regenmenge des Sommers 7, zweier Größen, die zur Kennzeichnung von Klimaten sehr geeignet sind. Philadelphia....| 385 |—0°1| 28°7 | Tunis.........| 382 9:8 (5) Washington... .| 416 OECD LI NV INlaiktan., same 413 | 11°9 1 Indianopolis ....| 378 |—2'1| 28°4 | Girgenti....... 378 9-2 2°7 Eiuisvillen ao... 464 21200 year. 464 | 11'9 0-7 SteBamisnlli.z. 405 |— 0'6|,30:2.|| Tripolis ....... 401 102 Ost Kairo (Ohio) ...| 460 1:86.29 a Destnaunl- es AST 8-6 | 12-0 Fuck... 451 1'2| 38 BiIzertamn N 40881106 3 schametlt..... 510 6°6| 40 OH Er ee SS er! Man sieht, daß sich für Orte in den östlichen Unionsstaaten mit bis zum Frostpunkte hinabsteigenden Monatstemperaturen und etwas über dem Mittel stehendem. Sommerregenfall sowie für Orte mit kontinentalem Klima im südlichen China dieselben Werte von VR; T, ergeben, wie für Stationen mit scharf ausgeprägtem Mittel- meerklima. Die Jahresmittel und Jahressummen der klimatischen Faktoren sind so zur näheren Kennzeichnung von Böden ganz un- geeignet; man muß die Halbjahreswerte in Betracht ziehen. Pedoklimatische Analysis. Das Suchen nach einem klimatischen Kennzeichenwert kann durch bloße Betrachtung des Roterdeklimas oder durch Analyse der klimatischen Bildungsbedingungen der Terra rossa erfolgen. Unter der (später auf ihre Zulässigkeit zu prüfenden) Voraussetzung, daß die mediterrane Roterde eine harmonische Bodenbildung ist, sind als ihre optimalen Bildungsbedingungen zu erkennen: Möglichst ge- steigerter Regenfall bei weitestgehender Zusammendrängung desselben auf die kühlere Jahreszeit in Verbindung mit einem Höchstmaß von Wärme bei großer Temperaturschwankung. Man hat dann Br Feen ads "IH (R R; T, T; VRıw Ts Als Schwellenwert erhält man hier (siehe die Tabellen) un- gefähr 41, d.h. die klimatischen Bildungsbedingungen der mediter- ranen Roterde sind durch den Ausdruck VRw Ts >4'1 gegeben. Die Temperatur der wärmeren Jahreszeit steigt von Norden her gegen den Mittelmeergürtel hin mäßig rasch, dann quer über ihn hin nur allmählich an, um dann wieder ein wenig schneller zu 122 F. Kerner-Marllaun, wachsen. Die Regenmenge der kühleren Jahreszeit nimmt — im großen Durchschnitt — gegen den Nordrand des Mittelmeerbeckens hin rasch zu, um sich dann bis zu dessen Südrand nur langsam, und jenseits desselben rasch zu verringern. So kommt es, daß aus beiden Faktoren im Mittelmeerbereiche ein der Konstanz sich nähern- des Produkt erwächst, nord- und südwärts davon aber ihr Produkt weit hinter seinen mediterranen Werten: zurückbleibt; im Norden wegen Verringerung beider Faktoren, im Süden wegen jähen Ab- falles des zweiten (in der Formel ersten). Dieser muß aus den schon oben angeführten Gründen ein Wurzelausdruck — am nächstliegenden die Quadratwurzel — ‘der Regenmenge sein. Diese Menge durch eine örtlich weniger schwankende und dann in ihren vollen Werten einführbare Größe wie. die relative Regenmenge oder die relative Feuchtigkeit zu ersetzen, ginge nicht an, da im vorliegenden Falle gerade das atmosphärische Wasser als solches bedeutsam ist. Als allgemeiner Ausdruck der klimatischen Bedingtheit einer Bodenart ergibt sich der Quotient Ay uıda ode) in welchem A, die ihre Bildung fördernden, Z, die ihre Zerstörung hemmenden, A. die ihre Bildung hemmenden und Z, die ihre Zer- störung fördernden Einflüsse bedeuten. Sucht man eine Verteilung dieser vier Rollen auf die Halbjahreswerte von Regen und Luft- wärme vorzunehmen, so zeigt sich, daß alle diese vier Größen für die Roterdebildung günstig und zugleich nachteilig sind und es hängt dann vom Verhältnisse dieser Gegenwirkungen zueinander ab, ob die betreffende Größe nur im Zähler oder Nenner des pedoklimati- schen Quotienten zu verbleiben hat oder ganz aus ihm schwinden soll. Es ist dann aber noch zu erwägen, ob’sich dieses Wirkungs- verhältnis bei wachsenden Werten von Ry und £s gleich bleibt oder verschiebt. Der'Niederschlag ist für die Roterdebildung fördernd, indem er: die Kalkauflösung, bei Feldspat führenden Silikaten die zur Hydrati- sierung nötige Wasseraufnahme bedingt, er ist zerstörungsfördernd insofern er als Bodenbefeuchter die Erhaltung des Humus begünstigt; die Luftwärme ist bildungshemmend, indem sie das atmosphärische Wasser vorzeitig zur Verdunstung bringt, zerstörungshemmend in- sofern sie auf den Humus zersetzend wirkt. Die Kalkauflösung (und Hydratisierung) muß im Winter, wenn der atmosphärische Nieder- schlag, vorwiegend als Dauerregen fallend, dem Boden mehr zu- gute kommt und die Verdunstung abgeschwächt ist, energischer sein als im Sommer, wenn das Regenwasser, mehr in Güssen fallend, rascher ober- oder (im Karst) unterirdisch abläuft und die Ver- dunstung gesteigert ist. Ein sommerlicher Mehrverbrauch von Wasser seitens der Pflanzen, wie ‘er in sommergrünen Fluren. eine große Rolle spielt, dürfte im Gebiete der Macchien nicht viel in Betracht oh Pe Klimatologische Analysis der Terra rossa-Bildung. 123 kommen. Für die Zersetzung des Humus wird der Regen im Sommer, wenn die hohe Boden- und Luftwärme sie fördern könnten, stören- der sein, als im Winter bei niedriger Temperatur. So wird beim Regen im Winter die günstige Wirkung ver- hältnismäßig groß, die ungünstige relativ klein, im Sommer dagegen die erstere vergleichsweise klein, die letztere aber relativ groß sein. Dies kann sich in den absoluten Werten im Winter in einem Über- wiegen der bildungsfördernden Wirkung, im Sommer in einer Kom- pensation der günstigen durch die nachteiligen Einflüsse ausdrücken. Es könnte aber sein, daß sich jener winterliche Überschuß von A. über Z, mit wachsenden Werten von Rw allmählich verringert. Vielleicht würde dies die Erscheinung erklären helfen, daß an Orten mit großen Regenmengen die Bildungsbedingungen für Roterde nicht wesentlich gesteigerte zu sein scheinen (gleiche Sommerwärme vorausgesetzt). So wird man die Terra rossa bei Ragusa (R; = 1500) und Budua (R; = 1400) kaum anders als bei Lesina (R,; = 800) und Sebenico (R; = 800) entwickelt sehen. Die Verdunstung mag sich trotz ihrer Zunahme im Sommer bei der Roterdebildung im Winter insofern ungünstiger geltend machen, als dann durch sie der Hauptteil des Niederschlages be- troffen wird. Die Humuszersetzung muß dagegen im Sommer, wenn sich die Wärme mit Trockenheit kombiniert, lebhafter sein als im Winter. So wird bei der Temperatur im Sommer die günstige Wirkung relativ groß, die nachteilige vergleichsweise klein sein, im Winter sich aber der umgekehrte Sachverhalt einstellen. Hieraus kann dann in den absoluten Werten im Winter eine Ausgleichung der einander entgegengesetzten Einflüsse, im Sommer aber ein Über- wiegen der für die Roterdebildung günstigen resultieren. Durch Zeichen drücken sich diese Verhältnisse folgender- maßen aus: Aa or nn —— rm Rw>Rs Tu 15 Iw Ts Rw4'1 als klimatische Kennzeichnung der Roterdebildung eignen, wüchse nicht dieses Produkt auf den sehr regenreichen Plätzen doch weit über diesen Schwellenwert hinaus. Eine Division des Produktes durch das Produkt Tr VRs empfahl sich aber nicht. Während sich die durch die Werte von 126 F. Kerner-Marilaun, VRw Ts quer über: das Mittelmeer gebildete Zickzacklinie zu einer fast wagrechten Geraden ausgleicht,. glättet sich die Verbindungs- linie der Werte von VRs Tw in eine sich südwärts hinabkrüm- mende Linie aus. Dem entspricht eine Emporbiegung der Ausgleichs- VRwTs Is | TwYR Tw Rs dem Südrande der Alpen und Süditalien ih seneh 24 und 3°0 hält, steigt er in Sizilien bis über 3'4 an, ohne in den nordafrikani- schen Wüsten unter die Werte im Mittelmeerbecken zu sinken. Jenseits der Nordgrenze des Gebietes fallen die Werte von Tyw VRs so ab, daß der besagte Quotient auch steigt. Ist dort, im Süden, sein Wachstum durch die rasche Abnahme von Rs bedingt, so er- folgt es hier durch das Absinken von Ty. Dieses wirkt sich in der Wertgestaltung des Quotienten sogar noch stärker aus und linie des Quoti@nten Während ‚sich dsmalke zwischen nordwärts der Alpen erreicht der. Quotient VRw Vkwfs höhere Werte TwV/ Rs als im südlichsten Mittelmeer. Es macht sich da schon die Zählung der Temperaturen vom Nullpunkte ab störend fühlbar. Für die regenreichen Stationen an der Nordküste Mauretaniens und an der Westküste der Balkanhalbinsel wird durch die Wahl des eben genannten Quotienten die dort erwünschte Verkleinerung des klimatischen Kennzeichenwertes allerdings erreicht. Im süd- östlichen Mittelmeer bleibt dieser Wert aber sehr hoch. So spricht die rechnerische Prüfung — konform dem Ergebnisse der pedo- logischen Betrachtung — nicht dafür, daß die Wintertemperatur und Sommerregenmenge (beziehungsweise deren Quadratwurzel) die Terra rossa-Bildung in einer ihren reziproken Werten pro- portionalen Weise beeinflussen. Es war nun aber noch die Einführung der für die Roterde- bildung ungünstigen klimatischen Wirkungen als Subtrahend statt als Divisor zu erwägen. Sie erschien prinzipiell kaum statthaft, konnte aber den Vorteil bieten, als Schwellenwert den Nullwert einer Differenz zu erhalten. Sie erheischte aber auch die Bestim- mung zweier Konstanten, da sich die Produkte \YRwTs und VRs Tyyr nicht unmittelbar durch das Minuszeich en verbinden lassen. Aus 45 Stationen mit zwischen 4 und 5 sich haltenden Werten von VYRw Ts erhielt ich so die Gleichung: 1 = 0'215 VYRw Ts+0'019 VRsTw; aus 30 Orten mit zwischen 3°7 und 4 und zwischen 4 und 4'5 gelegenen Werten von VRw Ts die Gleichung: 1 = 0'203 Y Rw Ts-#0:027 \VRs Tw. er re ra LE a AT Klimatologische Analysis der Terra rossa-Bildung. 127 Alle 75 in Betracht gezogenen Stationen ergaben: 1 = 0'204 VRwTs+0:040 Rs Tır. Der rechnerische Ausgleich brachte so ein dem gesuchten widerstrebendes Ergebnis. Schon bei den inneren Werten erscheint das Produkt aus Sommerregen und Wintertemperatur als ein wenn auch in geringem Maße bildungsfördernder Einfluß. In der dritten Gleichung wächst er als solcher bis zum fünften Teil der Wirkung von VRw Ts an. Das Erscheinen eines dem erwarteten entgegen- gesetzten Vorzeichens ist allemal ein Wink, daß es sich um einen Zwangsausgleich handelt und nicht um den naturgemäßen analyti- schen Ausdruck für einen Sachverhalt. So scheint auch die Differenz- rechnung das Resultat der pedologischen Betrachtung, daß sich bei der Wintertemperatur und Sommerregenmenge die für die Roterde- bildung nachteiligen und günstigen Einflüsse annähernd die Wage halten, zu erhärten. So blieb von einfachen Mitteln, das stärkere Emporragen einzelner Werte über deren Mehrzahl zu umgehen, nur eine höhere Wurzelziehung aus Rıw. Mag man im allgemeinen auf physikali- schem Gebiete wohl geneigt sein, das im Vergleich zu einer anderen langsamere Wachstum einer Größe durch ihre Einführung als Quadratwurzel auszudrücken, so wird man doch zu höherer Wurzel- ziehung nur dann schreiten, wenn sie durch das physikalische Ex- periment geradezu gefordert scheint. Andernfalls würde man sich hier, fremden Tadel nicht abwartend, selbst den Vorwurf machen, durch eine Gewaltmaßregel ein besseres Zusammenstimmen von Werten erzwungen zu haben. Vielleicht könnte man aber sagen, - dab die. dritte Wurzelziehung. die äußerste Grenze bezeichne,, Dis zu welcher dieser Vorwurf noch nicht zu erheben sei. Jedenfalls ist dann gerade die Einführung der Regenmenge in eine pedo- klimatische Formel der Fall, in welchem man hier bis zur äußersten zulässigen Grenze gehen darf. So wurden denn auch die Werte von V RwTs bestimmt. Die so gewonnenen Werte sind — gleichfalls durch 100 ge- teilt — in der Tabelle angeführt. Als Schwelle ergibt sich hier etwa 15; ein Großteil der Werte liegt zwischen dieser Zahl und 1°8. An den sehr regenreichen Orten wird aber die Zahl 2:0 noch über- schritten und es erscheint so der Spielraum. gegenüber den Werten von YRwTs nicht erheblich eingeschränkt. Die Größenverhältnisse sind etwas geändert, weil nun Ts auf die Wertgestaltung größeren Einfluß nimmt. Auf der Meseta und im nördlichen Alpenvorland gehen die Werte von VYRır Be. unter. 1:0 hinab... Das‘ Produkt der Schwellenwerte der Faktoren ist 1'24; es kommt demnach wie bei dem Quadratwurzelausdruck unterhalb des Schwellenwertes des Produktes zu liegen. Bleibt da ein stärkeres Aufragen mancher 128 F. Kerner-Marilaun, Werte über den Schwellenwert dennoch bestehen, so wäre es wohl als Ausdruck einer örtlich gesteigerten Roterdebildung anzusehen. Gibt sich eine solche nicht deutlich kund, so käme in Betracht, daß — soweit es sich um gebirgige Küsten handelt — der ver- mehrte Ablauf von Regenwasser auch eine stärkere Abspülung der Terra rossa bedingen kann. Als Zeichen eines noch stattfindenden Vorschreitens zu voll- kommenster Ausbildung wird man ein stärkeres Aufragen über den Schwellenwert nicht deuten, wobei eine in. wechselndem Maße er- folgende geringe oder mäßige Überschreitung der Schwelle über- haupt nicht auf Verschiedenheiten der Ausbildung zu beziehen wäre und nur als fallweise Abweichung zu geiten hätte. Gleichwie es eine Wertstreuung zu beiden Seiten eines Mittelwertes gibt, kann es auch eine einseitige Wertestreuung oberhalb eines Schwellenwertes geben. In einem solchen Fall den Schwellenwert hinaufrücken, so daß eine beiderseitige Wertestreuung Platz griffe, hieße ihm den Sinn eines Mittelwertes geben. Der hier angenommene Schwellenwert RBB der ge- wohnten Vorstellung, welche die Terra rossa bis hart an die Grenzen des Mediterrangebietes, im Norden somit bis an die Um- randung der Adria, reichen läßt. Bei meinen langjährigen geologi- schen Detailaufnahmen in Dalmatien gewann ich den Eindruck, daß — von Ausnahmen abgesehen — die Erde auf den mittel- dalmatischen Inseln eine rötere Farbe hat als auf dem benachbarten Festlande und daß sie auf diesem mit zunehmender Seehöhe all- mählich braun wird. Im Rahmen der Grundvorstellungen, die man sich über die Roterdebildung auf Kalk machen kann, sollte der Schwellenwert die Erreichung des Endzustandes bezeichnen, in welchem derHumus bis zur Gänze zersetzt wird und das Eisen in seiner Gesamtheit ungelöst bleibt. Würde die Erde von ausgesprochen tiefroter Farbe wie sie im Bereiche der rein entfalteten Macchienflora sich zeigt, im vorgedachten Sinne voll entwickelte Terra rossa sein, so wäre die Verbindungslinie der Schwellenwerte von den Rändern des mediterranen Gebietes etwas nach innen zu rücken und fiele die braunrote Erde im Gürtel der pontischen Flora einer Übergangs- zone zur Braunerde im Gebiete der Rotbuchen auf den Gebirgen Dalmatiens zu. Die Gegenden mit sehr hohen Werten des Produktes Rıw‘°Ts sind aber räumlich beschränkt und es wäre darum un- passend, nur sie als Träger vollkommen entwickelter Roterde an- zusehen. So sind diese hohen Werte wohl nur auf eine quantitative und nicht auf eine noch io Steigerung der Roterdeentwick- lung zu beziehen. Die beigegebene Tabelle enthält die Halbjahrswerte der Regen- menge und Luftwärme, die Produkte VRwTs und VRs Tw, den Quotienten derselben und das Produkt \VRw Ts für 185 Orte am rer ae 3 en. + nr a N Klimatologische Analysis der Terra rossa-Bildung. Casablanca .... Kap Spartel .\. Bansger.... Aumale....J.. Constantine ... Gansalle... ...). Laghouat Batna EEE) VE Berater... Tunis . Re Ain Draham... Sousa . inBol ...,...K: Benehasi ;, ...: Alexandrien ... Port Said Meae sa ala ie Chatpüt. ......% Mezere Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl, Abt. I, 132. Bd. Rw| Rs 94| 11 41 30 8372| 116 830| 131 283| 160 Tw 17 16° "619: 0119° “23 ‚520° -9120° TZIaL: "824° 7121: -9121° "422° 320° 8:9|20: -7120- 21:9: "623° -8[20-° "3127. 1270 7127: 021° "3|22° ‚518° "622° "1124 -1124° -0|27° :0|23° 923° ‚423° "323° "38126° 0119; ‚420° -8[27° "722° 023: 27|23- "4124 "8124 "729° "524° 2119 „1119: UN o ma Sm nr a Run mr rm Bw w RADIESIESIIESISTSTSISITIDFIFESITSHSEDIISE FF STFSHTDEES Bd Dr ru ua pp ua um oa a ur ap. ovo»rDDvy Vo vo »$r»PrD DD w or RrRoH CH» Ka "OR "30 "20 "65 "18 "44 "21 "60 "43 "Bil 299 "81 -09 "96 "42 "41 70 "90 5 "86 -08 "64 "öl "55 "86 "34 "55 "85 -41 "08 "40 "85 "07 "89 aut "72 "32 12 "89 >07 "73 "38 "30 Sn ST er Fr SEID ISIS DI SI SS SISE ST Er et RE Per ER ES EB SIETBTE GSJER NE ne ES Ha a AZ a EEE DE A EZ Ts VRwrs VRs Tw "58 02 12 "40 "88 "96 Sa) "47 "79 VRwrs \VRs Tw “21 "23 "75 "61 "80 28 "69 "13 "03 SB So STETS EDS EHEN SEITDEECHET SENSE ES ETDESDEICDEITDEELDESSDEICHER ER ETSEEIDEETDEELSEEESEE ED EEE (>17) [S1| aa r nn oa nn on au (de) 0,0) rs open | > a =] 129 VRw Ts "88 ‚28 "6 "39 "76 "85 "36 "65 ee TEE Te Te ET Te FT ee Sa Er, 022% RE ee . oO DD 130 F. Kerner-Marilaun, VRwTs ST en re Tw| Ts |VRwTs ee Rs Tw VRWTs Uilasc. .SErieR 335| 56 |10-5125-8| 4-72 0:79 6°01 1:79 Adana........| 474| 136 |14°4|25°4| 553 1:68 3-29 1:98 El Kereje ..... 1405| 2004: 95119 21: :7°20 1:34 5:36 2: hm Paphoi.. ..i..1.4 459| 44 |15-5123-1l 4-95 1:03 4-81 1:78 Larnaca....... 313) 43 |15-6|24-3)| 4:30 1:02 4-20 1:65 Nikosia .... ... 2951 70113-5124-2| - 4-16 1:13 3:68, 1-61 Kyrenia....... 490| 54115:5124-4| 5-40 114 4:74 1'92 Salyıma ...b. ck 541| 112 |11°6122-5| 5-23 1:23 4:26. ‚1:83 There... 314| 4813-5212] 3-76 0°94 4:02 1-44 Athens, 12.14 302| ss l12-3|22-9| 3-98 1-15 3-45 1:54 Patras' +...) 0% 548| 145 113-8123-0| 5-38 1'66 3-24 1:88 Kodul..st.0% 1044| 270 |113:3|22-4| 724 2-19 3-31 2:27 Leesei..2 -..31,4172015112- 121-2) 4 4:38 1:72 2-52 1-58 Potenza....... 3811 257 | 6-3116°2| 3-16 1:01 3-13 1-17 Foggia.......: 267| 198 110-1|21°3| 3-48 1'42 2:45 137 Aquila .. „2. 21,872) 295] 5317 14.6 3-30 0:91 3:62 1’23 Boom... cf 526| 277 |10°1120°6| 4-73 1:68 2:81 1’66 Neapel........| 569] 263 |11-2]20-3] 4-84 1:82 2:67 |.» 4.08 Palermo....... 580| 176 |13-5l21-1| 5-08 1:79. 2:84 1-76 Girpenli..v. su 412| 100 112-4]21°1| 4-28 1:24 3:46 1-57 Caltanisetta....| 436) 150 | 9-8]20-+| 4-20 1-20 3:50 1’52 Riposto ....... 564! 153 114°2122-3| 5-30 1:76 3-02 1:84 Catania... \. Hk 433| 100 |14-0[22-5) 4-68 1:40 3-35 1:70 Mala. Als 454| 79|14-5|21°2| 4-52 1:29 3-51 1:63 Sassarili. 2.ERE 416| 187 |11°5|20°2 42 153% 22062 1-54 Mahon Ace 455| 194 |12-6119-9| 4-25 1'76 2:42.)]°. 158 Palma. 2.E:; 294| 159 |12-7|20:9) 3-58 1:60 2.24 1:39 Valencia ...... 286| 200 112-2201) 3-40 1:73 1:97 nee Murcia ....... 221|159 |13-3|22-1| 3-29 1:68 1:96 1:34 ° Granada ...... 3161 185 | 9-3|20-2| 3-59 1F27 2:84 1:38 Gibraltar ...... 661| 161 |14-120-6| 5-30 1:79 2-96 1:80 Caldline Yi H 76| 168 |13-7120°7| 497 1:78 2-80 1:72 Seyillan in. 2.63 343| 128 |114-5|24°8| 4-59 1:64 2-80 1:74 Campo major..| 373] 187 |11'2]20-8| 4:02 1-53 2-62 1:50 Lissabon...... 545| 181 |12-2]118°-5| 4-32 1:64 2-63 1-51 Coimbra ...... 5881326 J11-3118°0| 4°37 2:04 2-14 151 S. Estrella..... 2049| 902 | 3-Al11’4| 5-16 1:02 5-05 1'45 Brands... 2. .2% 592| 306 | 5-2]14-2] 3-46 0:91 380 1-19 Borprakz,\n ld 846| 380 l11'0117°3| 5-03 2-14 2-35 1:64 Santiago ...... 1078| 574 | 9-4l15:9| 522 2:25 2-32 1:63 Oviedo .....g; 539| 396 | 8-8l14-8| 3-44 1:75 1:96 1’20 Bilbao... ....:£ 755|492 110:7117°5| 481 2-37 2-03 1:59 | Burgos .....;: 289| 274 | 46114 °2| 2-41 0:76 3-17 0:94 ide 2 RE u Klimatologische Analysis der Terra rossa-Bildung. Valladolid Salamanca .... Madrid. Zaragossa..... ..eoene.» BIBssea .. 2. ..: Barcelona ..... Perpignan Montpellier... . Matrseille...... Cannes u... or 0.0.» Nizza u. ee... Mentone Porto Maurizio Alessandria.... Mailand....... Brescia ... Piacenza ...... EiV8rmo ...... Florenz Balpena .,..... Neniedie... 21... Padua eo. ro. 0.» Pakach. .ı..5R Triest .er 2 00.» Bari. ..ı. Ru Rs 147 134 179 168 319 262 235 324 216 261 317 292 277 488 514 295 514 562 368 311 380 355 480 281 321 410 452 626 607 633 847 628 607 767 873 860 805 566 749 597 421 413 337 we (or (eo op er X UIID DIR DUDEN SI NO I HH STMTIRITIR rt oe) 616° -3117° "59, ‚419° ann 9a "518° "2118 ‚018° -5/19° "519° -0119° =0189- "7120° 1118: 2037 "519° "319° -0119- "420° "620° ‚019° "2118: "621° 4 19° 120° "2119° "2119: "518° "818° 9117’ "418° ERNISE "916° "8119: "819° 3115; -619° “3119 "37° ‚419° 220° ‚820° DOOSONHTHF SATA ODWU BD OD HL LH PO SP RAP OF mn BD SB m mn m Oo HB 8 Ts a DUO VRwTs PUB Bw oT ma ww mr wa ww wor wm ww m wm m D W wi "15 "94 "39 "89 "23 "34 93 39 ‚49 "53 "37 "46 "86 VRsTWw ADD dB ro + —y re m ER a aaa m OS rer oO mr Dr PAR FRFA—Fmmam m m OD .O os | 73 -00 09 “20 76 "46 ‚48 32 "ZU "SR 7a 83 36 16 86 29 ‚49 :96 -83 68 51 -36 "61 19 ‚44 238 13,5) :36 Al Eie)| “35 :16 08 01 “99 "65 "sl i2id "30 13 “07. 80 VRWTs VRsTw KO ansjErs este Are angre Kanes wars 18 IE 5 Der er N w op) OF IN EN OE TOETROE [NE RE ROTE SCH OF So ee NO SEE Nee) Do or pour Pr 2 a a & ) J L > (Sa (do) (eo) WE (ER IN rl op (er) (@) (06 \ } ” * * [3 “ * ° C} C} [} [} C} [7 * . 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Kerner-Marilaun, | Rw| Rs\Tw| Ts |VRwTs Ve VRwTs | VERS Tw Ken .| 565| 510 | 8-6120-6| 4-90 194 2-52 1-70 Sebenico ......| 472! 330 |10:0121-1| 4-59 182, 2-52 164 Spalato ....... 523| 354 |10-3121.1| 483 1:94 2:49. 1:70 Desina. \.}..0% 5351 263 |11-6|21-1] 488 1:88 2-59 1-71 Ragusa ....... 1024| 476 |11-8121°1| 6-75 2-58 2:62 . 2-13 Skutati ....... 9991 415 | 8-7121°11 6-67 ira7 376 2-11 Valona .......| 799! 290 112-2121°51 6-01 2:08 2:93 2-00 Sarajevo ......| 442|400| 2°4115°7 3:30 480 6'883 120 Mostar ....... 732|503| 9-1l21-3| 5-76 2:04 2:82 1:92 Üsküb ........:1'225| 262] 471189] 2-84 0:76 373 1:15 Monastir‘. ) 8 394| 332 | 5°3118°2 361 0:97 3:74 1’38 Saloniki....... 226| 207.| 9-8121°7| 3-26 1-41 2-31 1:32 Konstantinopel.| 506] 227 | 9-1121°2| 477 1:37 3:48 1:69 Mersifun ......| 190] 247 | 5-6117°5| 2-41 0-88 2-74 1.01 Trapezunt..... 5os| 387 I10-5l19-2] 4-33 2-01 2-15 1:53 Eriwan ....... 160 161| 2-4120°2| 2-56 0:30 | 8:39 1-10 Ber oPE 152|333 | 5-6119-9| 245° 1:02 2-40 106 Bam (PER 1411|1089| 9:7118-9 7-10 310 222 2-12 Pos: 2. Me .&r 710| 876) 9-6119-4| 5-17 2:84 1-82 1-73 Jalta 315! 191 | 7°5119°3| 3-43 1:04 3231 1-31 Sana’... ...h% 138] 226 | 4-0118-°0)| 2-47 069 4-10 1'03 Bukarest ......| 229| 355 | 25/18 °3 STH 0°47 5'88 1-12 Sofia .22.2....| 258] 392] 2-4l16-6| 2-67 0-48 5-61 1:06 Belgrad.......| 251/368 | 4-3]18°0| 2-85 0:82 3-46 1-14 Marburg ...... 402! 675 | 2-Al15-9| . 3-19 0:62 5*41 147 a N 267| 635 | 1-4114-8| 2-42 0-35 6°86 0'95 mark... .t.0) 281|508| 1715-1] : 2-53 | 0:38 661 0:99 Salzburg ....... 407| 972 | 161143] 2-89 0-50 5-78 1:06 Tel. +21 au 625 ie 1414-0) 3-50 0-46 7:68...) Vebsal Villach... ..% 466 754 | 0-2114:3| 3-09 0-05 56-21 NE Et Brixen... Ar 208| 506 | 2-1l15°4| 2-22 0-47 4-70 0-91 Bozen ....1.273|494 | 4°9118-6| 3-07 1:09 | 2:82 0 92 Meran ........ 3121506 | 5°1117-9| . 3-16 1-15 2:76 1'21 | Innsbruck ..... 258| 549 | 1-4114-4| 2-31 0:33 705 092 | Rosenheim ....| 315] 753 | 0-9113:4| 238 025 9:63 091 | München...... 3201629| 1-1]13-5| 2-42 | 0:28 8:75 0-92 | Landshut...... 2701 484 | 0-9113-7| 225 020 11°37 0:89 Ingolstadt..... 230| 425 | 041139 2-Vi 0:08 2556 0-85 Augsburg .. ..» 3121 537 | 1:3]13°5 2:39 030 7'932 092 | Ulm ::.. .\. 24935] 427 16 0-33 6:40 0°85 | Bregenz..,. 34 56111015| 241141 3:34 0:76 437 1:16 Feldkirch...... 8372| 765 | 2-0114°4| 278 0-55 5-02 1:04 Bludenz....... 444| 808 | 2-:4]14:0| - 295 0-68 4:32 1:07 Klimatologische Analysis der Terra rossa-Bildung. 133 So a Rw TS BR Rw| Rs\Twı Ts | VRwTs|V Rs Tw a VRw Ts 3281 550 | 231142 257 0-54 4-77 098 EN EEE 379] 474 | 3°7115°5 3:02 0:80 375 #12 Besaneon ..... 359] 402 | 4°2[15°5 2:94 0:84 3:49 L°20 Ban... .. 266| 416 | 5°9117°6 2°87 1-20 2:39 1:13 Tonlouse......... 343| 392 | 74174 3°22 147 2:20 1222, Bayanne...... 652| 510 |12°1|17°4 4:44 2-73 163 Kal Bordesum: ıi.. 459| 361 | 76170 3:64 1:44 2:52 1:31 Nattesn un... 356| 275 | 6°8[15°6 2:94 5,13 2.61 EM Kanal Inseln...| 474| 318 | 8°0]14 4 3.14 1'43 "220 1:12 Ventmor!.”.:... 412] 290 | 7°3]14°0 2:84 1:24 229 1:04 Scilly Inseln...| 620| 396 | 8°9113°5 336 1770 12:90 1°15 Valentia it: .. 880| 537 | 8°1[12°9 383 1:88 2.04 1:24 Dublin........| 344) 341 | 6°7|12'9 2:39 1:24 1:93 090 Mittelmeere und den es umgürtenden Ländern. Die klimatische Heraushebung des Terra rossa-Gebietes erheischte den Einbezug einer großen Zahl solcher perimediterraner Stationen. Die große Veränderlichkeit der Werte in Kolonne VII gegenüber jener in den Kolonnen V und VII tritt deutlich zutage. Sie ließe sich durch Zählung der Wintertemperaturen von einem passend gewählten negativen Werte ab mildern; doch würde dies eine analoge Zählung EL Sommertemperaturen bedingen, die aber nicht vorteilhaft wäre. | Die reichliche Streuung von Stationen im nördlichen Grenz- \gebiete läßt eine Zunahme der Werte von V Rır Ts am südlichen 'Alpenrande ereeauberstdem Gebiete, rechts ‚des-Po erkennen. Sie ıxäme vielleicht für die Ferretofrage in Betracht. Die Aufnahme siner Anzahl von Stationen im nördlichen Alpenvorlande, dem |Verbreitungsgebiete dess BlutlehmshZeist; si wie,. Sehr, ‚diel! Werte von VRır Ts dort heute hinter dem Schwellenwerte der Roterde zurückbleiben. Betrachtung der gewonnenen Ergebnisse. Im vorigen wurden die Grundlinien eines Verfahrens auf- gezeigt, das sich bei entsprechender Verfeinerung zu einer pedo- klimatischen Analysis gestalten könnte. Von einer Zusammenfassung der entwickelten Gesichtspunkte sei abgesehen, da sie bei der Knappheit der getätigten Erörterung auf eine Wiederholung des Gesagten hinausliefe. Ein paar ergänzende Bemerkungen sind aber angebracht. Gegenüber anderen klimatischen Kennzeichnungen von Böden erscheint die hier versuchte als ein Fortschritt. Der Brauch, nur die Lage der Böden zwischen unteren und oberen Grenzwerten der Luftwärme und Regenmenge getrennt anzugeben, ist mangelhaft; 134 F. Kerner-Marilaun,, es soll auch das Wechselspiel dieser Größen zum Ausdrucke kommen. Die Ableitung von Gleichungen von der Form T= A-aR löst diese Aufgabe aber nicht wunschgemäß. Trägt man die mittleren Jahrestemperaturen und jährlichen Regenmengen im Roterdegebiete als Koordinaten auf, so zeigt sich große Wertestreuung in einer diagonal verlaufenden Zone, in der sich ein mittlerer Gürtel mit reicherer Beschickung heraushebt. Sowohl die Grenzen dieses Gürtels als die der ganzen Zone gleichen sich in zueinander an- nähernd parallele Gerade aus, wie folgende Reihe bezeugt: Obere Grenze der ganzen Zone: t — 22:36-0'05707 Obere Grenze des inneren Gürtels: = 20°73—-0:0557 7 Untere Grenze des inneren Gürtels: {= 19:43—0:0575r Untere ‚Grenze ıder' ganzen. Zone: 4. = 1370-0 DB Den konstanten Faktoren kommt da aber nur eine formale Bedeutung zu und es bedarf noch der Anführung oberer und unterer Grenzwerte von ?t und r, innerhalb welcher Formelgültig- keit herrscht. Demgegenüber stellt die bloße Aufzeigung eines Produktes aus Wärme und Regen als Schwellenwert eine sinn- gemäßere Kennzeichnung dar. Sie vermag die ersterwähnte in einem wichtigen Belange zu ergänzen. Solange man nur die unteren Grenzen von Wärme und Feuchtigkeit anführt, die sich im Bereiche einer Bodenart zeigen, bleibt dem Irrtum das Tor offen, daß diese Bodenart auch beim Zusammentreffen jener Schwellenwerte vorkäme. Gerade solchem Irrtume tritt die Auf- zeigung des Wechselspieles der thermischen und hydrometeorischen Einflüsse entgegen. Das Mindestmaß von Winterhalbjahrregen im Terra rossa-Gebiete ist auf 300mm zu veranschlagen, die niedrigste Sommerhalbiahrtemperatur bei 18'5° anzusetzen. Das Produkt VRır Ts aus diesen Werten ist aber erst 3'2, während sich als Schwellenwert der Roterdebildung 41 ergab. Man erfährt so, was bei bloßer Anführung der Faktoren unerkannt bleibt, daß sich bei einem Minimalwerte von Rw = 300 Terra rossa erst bildet, wenn er sich mit einem Werte von Ts = 23:7° verknüpft und daß bei einem Minimalwerte von Ts = 18'5 Roterdebildung erst eintritt, wenn Rs den Betrag von 490 mm erreicht. Ein Ausblick auf die Sachlagen bei anderen Bodenarten zeigt, daß auch da durch die Feststellung des Schwellenwertes des Produktes die aus der Er- mittlung der Schwellenwerte der Faktoren geschöpfte Erkenntnis sehr verbessert wird. Auch für die nalhenkinstische Forschung ist dieser Sach- verhalt bedeutsam. Man erkennt da, daß die terrigenen Gesteine im allgemeinen nicht zu einer getrennten Bestimmung von unteren Grenzwerten oder Mittelwerten: der. vorweltlichen "Temperatur und Feuchtigkeit die Hand bieten, sondern der Ausdruck eines Zusam- menwirkens dieser Faktoren sind, wobei für jeden derselben eine Be Wr I 2 0 FALTEN. f Klimatologische Analysis der Terra rossa-Bildung. 135 Aussicht, ihn ermitteln zu können, erst winkt, wenn sich der andere auf indirektem Wege schätzen läßt. So könnte man auf Grund der Terra rossa-Formel aus Bauxitlagern im Kalk auf eine bestimmte Vorzeittemperatur und auf eine bestimmte vorweltliche F euchtigkeit (Regenmenge) erst schließen, wenn sich die andere klimatische Größe auf indirektem Wege ableiten läßt. | Ein ungefähres räumliches Zusammenfallen der sich über einen Schwellenwert erhebenden Produkte von klimatischen Faktoren mit der Verbreitung einer Bodenart erweist noch nicht den Wert dieses Produktes als eines wirklichen klimatischen Kennzeichens des betrachteten Bodens. Zur Erbringung dieses Beweises bedarf es des Gelingens der Gegenprobe, daß jenes Produkt nicht auch anderwärts im Bereiche anderer Böden ‚erreicht wird. Auch hier sind es hohe lokale Werte der Regenmenge, welche die Beweis- führung gefährden. Es wurde früher dargelegt, daß man das höhere Aufragen einzelner Werte des Produktes Rw‘Ts infolge örtlich stark gesteigerten Niederschlags nicht ganz vermeiden kann, daß ihm aber nicht die Bedeutung einer Durchbrechung des Systems der pedoklimatischen Kennzeichenwerte zukomme. Dann wird man es auch hinnehmen können, wenn in einem Gebiete, für welches das Zurückbleiben jenes Produktes hinter dem Schwellenwerte der Roterde kennzeichnend sein soll, dasselbe an einzelnen Orten mit stark gesteigertem Niederschlag diesen Schwellenwert überragt. So ergeben sich für die dem atlantischen Klimagebiete zufallenden Orte Santiago und Bilbao sowie für die zur pontischen Klima- provinz zählenden Stationen Poti und Batum weit über die Klima- schwelle der Roterde ansteigende Werte. In allen vier Fällen hat man es aber mit außerordentlich niederschlagsreichen Orten am Fuße hoher Küstengebirge zu tun, die nicht die Durchschnitts- verhältnisse der Klimagebiete, denen sie zugehören, zeigen. Als die Mühe lohnend kann man wohl die kartographische Darstellung der Verbreitungsart des Produktes von Klimafaktoren bezeichnen. Sie weicht von anderen Klimakarten dadurch ab, daß sich bei ihr das Interesse auf eine Linie, auf den Verlauf des Schwellenwertes einer Bodenart konzentriert. Den Linien gleicher Annäherung an diesen Wert kommt keine greifbare reale Bedeutung zu. Im Rahmen einer besonderen vergleichenden Betrachtung er- mangelt es aber nicht des Interesses, daß z. B. Geryville (296), Madrid (2°94), Nantes (2:94), Besangon (2:94) und Bludenz (2:95) oder Gabes (2:86), Huesca (2-88), Ventnor (2'84), Klagenfurt (2:84) und Belgrad (2:85) als Orte erscheinen, an denen die klimatischen Bedingungen für die Roterdebildung in gleichem Grade uner- füllt sind. Bei einem solchen Vergleiche würde sich eine Scheidung der unter dem Schwellenwert bleibenden Orte in vier Gruppen ergeben, in solche, an welchen noch die Schwellen der beiden Faktoren überschritten werden, in solche, an welchen das für die Roterde- 136 F. Kerner-Marilaun, bildung erforderliche Mindestmaß von Ry nicht erreicht wird (nord- afrikanische Halbwüsten und Wüsten), in solche, an welchen 7s nicht bis zu dem für die Roterdebildung nötigen Mindestwerte ansteigt (atlantisches Gebiet), und in solche, an "welchen. beide Faktoren hinter ihren unteren Grenzwerten zurückbleiben (Meseta und nörd- .-_——n nn „== un.” ee 3 VRuls Figurenerklärung. Oberes Kärtchen: Linien gleichen Wertes des Prod VRw LS Gestricheltes ame, — 0, 0 20.:100,00 vueee a ee 30 Abwechselnd gestrichelte und punktierte Linie—....... 40 Punktierte ‚Linie —y. 2 or Ak were ee ee 5°0 Ausgezogene lines — nenne ee meine ee ee 6°0 Unteres Kärtchen: Linien’ gleichen Wertes des Produktes NYVRw 2. Abwechselnd gestrichelte und doppeltpunktierte Linie = . 100 Gestuchelte unter ur nn u ferne ne. ae 1:25 Abwechselnd gestrichelte und punktierte Linie= .,... 150 Braktierte JUiniez re. 0. TEN SE OR - 1473 Ausgezopene Linie — nn Lob riet tunen ar 200 liches Alpenvorland). Die Verbindungslinie der Punkte, an welchen das Produkt Ri‘ Ts dem Produkte der Schwellenwerte der Faktoren gleichkommt (in unserem Falle 3:2 und 124), eine Linie, die sich in einigem Abstande um die Schwellenlinie des Produktes herum- zieht, beansprucht dann neben dieser noch einiges Interesse. Die 1 22 w Klimatologische Analysis der Terra rossa-Bildung. 137 zwischen beiden Linien eingeschlossene Fläche stellt einen Vor- gürtel des Terra rossa-Gebietes dar. Bezeichnet man der Kürze halber das Produkt YRwTs mit P, so ergeben sich folgende mit je einem Beispiele belegte Sachlagen: Rvr=30T=18-5 32 300 Ts <18-5P>3?2 Rr<30T>18:5P>3'2 Rw = 539 Ts = 14-8 P—= 3-44? Ry = 280 Ts = -4P— 3-41* HH TIENEHP I ZVRFESIO TFT ee I Pe 2 BET 140 ei2N8 Roy 102 Ts = 22702 ei "86? Rw <30 Ts <18:5 P<3'2 Ry 208 Fr a Bei wortgetreuer Übertragung könnte man die Linien gleichen Wertes des Produktes von klimatischen Faktoren Isogennemen {von yevvnna —= Produkt) nennen. Die Schwellenlinie ließe sich als Isotele, als Verbindungslinie der Orte, an denen die klimatischen Bildungsbedingungen einer Bodenart voll erreicht werden (von zekeiv — erreichen, erfüllen) bezeichnen. Auf vorstehendem Kärtchen sind diese Linien für die Produkte VRw Ts und VYRır T, dar- gestellt. Die Isotele der Terra rossa entspricht mit einigen erklärbaren Ausnahmen ungefähr dem Verlaufe der Isogenneme 4°0 von VRw Ts und dem derIsogenneme 15 von \/Rw Ts. Nach Ramann'’s pedologischem Kärtchen Europas schiebt sich in Hispanien zwischen die humosen Böden des atlantischen Küstensaumes und die Salz- steppen des Ostens ein breiter Streifen von Terra rossa ein. Die dortigen klimatischen Verhältnisse machen es unwahrscheinlich, daß dort eine der typischen Roterde der Mittelmeerküsten gleichende Bodenart herrsche. Die vorgeschobene Insel am Südalpen- rande entspricht beiläufig dem Verbreitungsgebiet des Ferreto. Die Frage nach der Harmonie der Terra rossa. Im Rahmen der hier vorgetragenen Anschauungen wäre die Frage, ob die Terra rossa eine harmonische Bodenbildung sei, je- weils nur in bezug auf ihre Menge zu stellen. Es könnte fraglich sein, ob sich bei dem heutigen Klima solche Mengen von Roterde wie sie jetzt vorkommen, hätten bilden können. Es wäre aber zu 1 Venedig, ? Oviedo, 3 Ventnor, * Batna, 5 Gabes, 6 Valladolid, 7 Brixen. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. 10 138 F. Kerner-Marilaun, bejahen, daß bei dem Klima von heute überhaupt Roterde von der Art wie sie jetzt auftritt, zu entstehen vermag. Stache,! der Haupt- begründer der geologischen Erforschung der ostadriatischen Küsten- länder vertrat lebhaft die Ansicht, daß die Roterdedecken in Nord- dalmatien und in Südistrien (Istria rossa) aus altquartärer und tertiärer Zeit stammen und er sah das Klima der Jetztzeit als zur Bildung unlöslicher Rückstände aus Kalken sehr ungeeignet an, wobei ihm als Beweis die günstige Erhaltung antiker Inschriften diente. Es ist aber kaum zu bezweifeln, daß der natürliche Kalkfels durch die in seinem Spaltengewirre sich stetig vollziehende, teils nach unten, teils nach oben gerichtete Feuchtigkeitswanderung doch wesentlich stärker angegriffen wird als ein oberflächlich in Erde und Schutt vergrabener römischer Marmorblock. . Hält man an einer wenigstens mäßigen Eignung des heutigen durchschnittlichen Mittelmeerklimas für die Roterdebildung fest, so wäre zur Erklärung großer Terra rossa-Lager an den sehr langen Bestand eines Klimas von der Art des heutigen oder an eine frühere schärfere Ausprägung des Etesienklimas zu denken. Der eindruck- vollste Zeuge einer sehr langen Dauer des jüngsten Abschnittes der Erdgeschichte ist die Vergrößerung des pliozänen Mittelmeeres zu seinem heutigen Umfang. Sie kann man sich selbst bei Mit- wirkung von Erdbeben und Einbruchskatastrophen gewaltigster Art nur, als Ergebnis einer sehr langen Zeitspanne vorstellen. Im Pliozän konnten sich auch über dem verkleinerten aber mehr landumringten Mittelmeer tiefe Winterzyklonen entwickeln, die zu einer starken Konzentration der Regen auf die kühlere Jahres- zeit führten. _In Ländern, die damals dem Meere ferner lagen, wie Dalmatien, konnte gleichzeitig eine Minderung der Winterregen ein- treten und die geologischen Befunde sprechen auch — wie. andern- orts von mir gezeigt wurde — nicht dafür, daß sich in diesem Lande im Pliozän sehr viel Roterde bildete? | In den quartären Eiszeiten konnten sich bei wieder aus- gedehnterem Meere auch tiefe Winterwirbel mit starken Nieder- schlägen ausbilden, weil nun das umgebende Land kälter als jetzt war; doch blieb damals die zweite Bildungsbedingung der Roterde, die Sommerhitze, unzureichend erfüllt. Darum mußte in den Eis- zeiten ein Zurückweichen der Roterde nach Süden erfolgt sein, während für die Interglazial- und Interstadialzeiten E. Kraus aus den Erscheinungen des süddeutschen Blutlehms ein Vordrängen der Terra rossa bis nordwärts der Alpen folgert.? 1 Stache, Die liburnische Stufe und deren TEMNOEHAREN p. 70. Abhandl. d. geol.. Reichsanstalt, XIII. Bd., 1889. 2 Bauxite und Braunkohlen als Wertmesser: der Tertiärklimate in Dalmatien. Diese Sitz.-Ber., 130 Bd., 1.—3. Heft, 1921. 3 E. Kraus, Der Blutlehm auf der süddeutschen Niederterrasse als Rest des postglazialen Klimaoptimums. Geognostische Jahreshefte, 34. Jahrg., Münehen, 1921. nn A ee. ie Ku . ö Klimatologische Analysis der Terra rossa-Bildung. - 139 Man könnte nun wohl dem vorhin gewonnenen Schwellen- werte als Ausdruck für die Erfüllung der klimatischen Bildungs- bedingungen der Terra rossa die Anerkennung versagen, weil er ja aus der heutigen Verbreitung dieser Bodenart abgeleitet ist und so deren Harmonie schon voraussetzt. Diese Nichtanerkennung könnte aber nur die zahlenmäßige Wertung betreffen, denn die Form des Schwellenausdruckes wurde ohne Bezugnahme auf die jetzige Ver- breitung der Terra rossa duveh Analyse ihrer Bildungsbedingungen erschlossen. Will man mit Stache das heutige durchschnittliche Mittel- meerklima als zur Terra rossa-Bildung ungeeignet ansehen und nur dem Etesienklima schärfster Ausprägung eine bezügliche Eignung zuschreiben, so kann dies nur mit starker Abweichung von der hier vertretenen Auffassung geschehen. Denn es beinhaltet die Vorstellung, daß einer wachsenden Überschreitung des jetzigen Schwellenwertes die Bildung einer in ihrer Art immer vollkommener werdenden Roterde entspreche, während nach meiner Meinung eine zunehmende Schwellenüberschreitung sich nur in der Mengen- zunahme einer qualitativ im wesentlichen gleich bleibenden Roterde auswirken würde. Analysen könnten es klarlegen, ob die Terra rossa auf Korfu, für welches sich wegen der bei hoher Temperatur un- gewöhnlich großen Regenmenge und in Beyrut, für welches sich wegen der bei großem Niederschlage sehr hohen Temperatur eine maximale Überschreitung des Schwellenweites ergibt, auch die in ihrer Art vollkommenst ausgebildete, d. h. humusfreieste und eisen- reichste wäre. Man hätte dann zur Erklärung der heutigen Roterde eine nur vormals überschrittene höhere. Lage ihres. klimatischen Schwellenwertes anzunehmen. Man: darf sagen, daß im heutigen Mittelmeere die überhaupt schärfst mögliche Ausprägung des Etesien- klimas noch nicht erreicht sei, wenn ihr aa in Orten wie Beyrut schon nahegekommen wird. 358 f Ist dieses Klima in seiner mittleren oder extremen Ausprägung das für die Roterdebildung geeignete, so drängt sich die Frage auf, wieso sich bei der heutigen Festlandsverteilung die durch den Blutlehm bezeugte Roterde nordwärts der Alpen bilden konnte. Ein direktes Übergreifen des mediterranen Klimas über das Gebirge hinweg war kaum möglich, da sich über diesem, auch wenn es gletscherfrei war, eine Neigung zu winterlicher Trockenheit und zu Sommerregen einstellen mußte. Dagegen konnte von Westen her sommerliche Trockenheit ungehemmt vordringen, wenn sich das azorische Hoch durchschnittlich stärker als heute entwickelte, was allerdings zu einem Zurückgreifen auf ein günstigeres Solarklima als Ursache der Zwischeneiszeiten führen würde. Eine fallweise große Ausbreitung der atlantischen Pleiobare kann auch jetzt dem westlichen Mitteleuropa einen sehr regenarmen Sommer bringen (so 1911). Die Nordschweiz und Bayern verspüren manchmal noch die ausklingende Wirkung des azorischen Hochs, wenn das österreichische 140 F. Kerner-Marilaun, Alpenvorland schon in den Einflußbereich der kontinentalen Luft- druckmulde gerät. Bei höherem Luftdrucke in den Roßbreiten und größerem Druckunterschiede gegen das nordatlantische Tief konnte dann vom Ozean her auch eine Zunahme der Winterniederschläge nordwestwärts der Alpen Platz greifen. Walther! ist wegen der von ihm erkannten pedologischen Analogien zwischen Ferreto und Laterit wohl geneigt, auch für die Entstehung des ersteren jenes exzessive Monsunklima verantwort- lich zu machen, welches nach seiner Ansicht die Bildung des von ihm für disharmonisch gehaltenen Laterits bedingte. Ein solches Klima hätte sich nicht auf das Verbreitungsgebiet des Ferreto be- schränken könsten und müßte dann auch am Mittelmeer geherrscht haben. Für die Terra rossa-Bildung aus Kalk, die sich als ein von der Lateritbildung sehr verschiedener Vorgang erweist, wäre ein solches Klima aber nicht günstig gewesen. Wohl sieht man in den von Supan? kartographisch darge- stellten Sommerregengebieten stärkster Periodizität: mit über 30°), Regenschwankung Böden, die zu ihrer Bildung viel Wasser brauchen, entwickelt; daß aber dort bei ein des Regenfalles auf ein paar Monate in Form heftigster Güsse viel Wasser für die Bodenbildung wirksam wird, hängt mit der hohen Wärme und dem Reichtum des Regenwassers an salpetriger Säure und Kohlensäure zusammen. Daß die Auflösung der Karstkalke durch einen Fall des Regens in heftigsten Güssen bei hoher zu rascher Verdunstung führender Wärme befördert würde, ist zu bezweifeln. Für diesen Auflösungsvorgang sind Dauerregen bei kühler Luft günstiger. Auch nimmt ja die lösende Kraft CO,-hältigen Wassers mit steigender Wäıme ab; für die Humuszersetzung ist im Etesienklima das Zu- sammenfallen der Trockenheit mit der heißen Jahreszeit, die auch absolut wärmer ist als der trockene Winter in den Savannen, sehr günstig. Dieser Vorzug gegenüber den Tropen wird in diesen durch die im Vergleich zu den Winterregengebieten hohe Wärme der nassen Jahreszeit vielleicht nur wettgemacht. Auch für die lebhafte Aufwärtsbewegung der im Grundgebirge entstandenen eisenreichen Lösungen durch stark gesteigerte Verdunstung ist ein Zusammen- fall der trockeneren und wärmeren Jahreshälfte von Vorteil. Es ist bekanntlich auf der Nordhalbkugel nur einem be- sonderen Umstande zuzuschreiben, daß sich jetzt die Winterregen der Subtropenzone nicht mit jener untergeordneten Rolle begnügen, ‚welche den gleichmäßig verteilten Regen im subpolaren Gürtel zu- kommt, nämlich nur auf die Westränder der Kontinente beschränkte Phänomene zu sein. Jener Umstand, das tiefe Eingreifen des 1 Johannes Walther, Das geologische Alter und die Bildung des LatEIeD: Petermanns geogr. Mitteil., 62. Jahrg., 1916. 2 Alexander Supan, Die Verteilung - des Niederschlages auf der festen Erd- oberfläche. Petermanns geogr. Mitteil., Ergänzungsheft Nr. 124, Jahrg. 1898, Taf. II. “_ Klimatologische Analysis der Terra rossa-Bildung. 141 Mittelmeeres in den altweltlichen Landrumpf, war aber schon in der Diluvialzeit (und jüngeren Tertiärzeit) vorhanden und so wäre es meteorologisch nicht denkbar, daß sich damals im Gebiete des Mittelmeeres ein exzessives Monsunklima gezeigt hätte. Aber selbst wenn es in der Quartärzeit kein Mittelmeer gegeben hätte, so müßte man für dessen jetziges Gebiet — wollte man nicht die Legende vom thermisch uniformen Klima bis in die jüngste Vergangenheit fortspinnen — ein Sommerregenregime mit kaltem Winter annehmen, zwar nicht ein extremes extratropisches Monsunklima wie es in der geographischen Breite des Mittelmeeres einige Dutzend Längengrade weiter ostwärts im nördlichen China entwickelt ist, wohl aber eines ähnlich jenem, wie es in gleicher Breite in Nordamerika herrscht. Ein solches wäre für die Terra rossa-Bildung ungünstig gewesen, weil sich in ihm die Trockenheit mit niedriger Temperatur ver- knüpft hätte. Die nichtklimatischen Bildungsbedingungen der Terra rossa. Einer Überprüfung der auf klimatologischer Basis gewonnenen Werte durch den Bodenbefund tritt der Umstand störend in den Weg, daß die Böden das Ergebnis des Zusammenwirkens klimati- scher und nicht klimatischer Einflüsse sind. Beide vereinen sich zu einem Produkte, das Nuil wird, wenn den einen Faktor dieses Schicksal ereilt. Im Bereiche der tonerdefreien Silikate (Peridotit- stöcke und ihre Verwitterungsserpentine) und auf fluviatilen und marinen Quarzsanden fehlt Roterde, auch wenn ihre klimatischen Bildungsbedingungen voll erfüllt sind. Sie fehlt im Tertiärflysch der ostadriatischen Küstenländer, obschon dieser reich an Tonerde ist (Zementmergel) und viel Eisen enthält, jedoch als Oxydul, was sich in der blaugrauen Farbe des frischen Gesteins kundgibt. Für die Eignung der Karstkalke zur Terra rossa-Erzeugung möchte ich auf Grund meiner langjährigen aufnahmsgeologischen Erfahrungen in Dalmatien nachstehende Reihenfolge erkennen: Rudistenkalk, unterkretazischer Caprinulakalk und ladinischer Gyroporellenkalk; Milioliden-, Alveolinen- und Nummulitenkalk; unterturonischer Requienien- und Nerineenkalk; mittelmesozoische Kalke (Megalodontenkalk, Lithiotiskalk, Kalk des Mitteljura, oberjurassischer Cladocoropsiskalk). Der Rudistenkalk ist das Gestein, auf welchem sich jene Terra rossa bildete, die den protozänen Bauxit Dalmatiens schuf, wogegen der mitteleozäne Bauxit dieses Landes zum Teil aus auf Alveolinenkalk gebildeter Terra rossa entstand. Die vorgenannten Abstufungen sprechen nicht zugunsten der Ansicht, daß die Terra rossa.eine disharmonische Bildung sei. Deutlich ist der Unterschied zwischen den Roterdeentwick- \ungen im oberen und mittleren Kreidekalk, weil beide große Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. = 142 F. Kerner-Marilaun, Klimatologische Analysis etc. Flächen einnehmen. Der letztere ist schwach bituminös und dicht, der erstere rein weiß und subkrystallinisch. Gelegentliches Vor- kommen einer sehr zarten roten Durchäderung ist schon eine sekundäre Erscheinung, eine Erfüllung feinster Haarrisse mit aus- gefälltem Eisenhydroxyd. Das Eisen kann so nur als Karbonat beigemischt sein. Lokale, jedoch sehr seltene Beimengungen von Eisenoxyd verraten sich sofort durch schwach pfirsichblütrote Farbe. Der Eisengehalt ist verschieden. Allen Besuchern Attikas ist der Unterschied zwischen den aus laurischem Marmor ge- meißelten, weiß gebliebenen Säulen des Athenetempels auf Sunion und den goldgelb überkrusteten Säulen des- Parthenons und The- seions aus pentelischem Marmor bekannt. Die Roterde in den nicht verkarsteten Dolomitgebieten Dal- matiens weicht von jener in den Karrenfeldern ab. Manchmal ist sie mit Dolomitgrus vermengt. Das Eisen scheint im Dolomit (wie im Kalk) feinst verteilt zu sein und sich niemals mineralisch zu konzentrieren, denn Ankerit und Siderit sind in Dalmatien unbe- kannt. Die Gründe, welche gegen die Annahme Blanck’s, daß das Eisen der Terra rossa nicht aus dem Kalk stamme, sprechen, habe ich 1. ec. dargelegt. Außer der chemischen Beschaffenheit mögen auch die Textur und Struktur des Kalkes, insofern sie eine mehr oder minder große Zerklüftung bedingen und die Tektonik, indem sie das Maß der Gesteinszerrüttung bestimmt, auf die, Terra rossa- Bildung von Einfluß sein. Die Roterdebildung aus eisenhaltigen Tonerdesilikaten läßt sich bei der völligen Verschiedenheit des Vorganges mit jener aus Kalk nicht näher vergleichen.! Vermutlich erfolgt auch sie in ver- schiedenen Gesteinen in ungleichem Maße, ohne daß sie dem Gehalt an den beiden Sesquioxyden proportional wäre. Jedenfalls spielt sie im Mittelmeergebiete eine geringere Rolle als die Rot- erdebildung auf Kalk. Ramann fand, daß — soweit verfolgbar — die Terra rossa auf Kalk am weitesten nordwärts gehe. Dies ließe sich dahin deuten, daß der klimatische Schwellenwert für die Rot- erdebildung auf Kalk tiefer liege als für jene aus Silikaten. Nach all dem steht nicht zu erwarten, daß besonders günstigen klimatischen Bildungsbedingungen auch stets eine gesteigerte Rot- erdeentwicklung entspräche. Auch kann sich die Umgrenzung des Terra rossa-Gebietes nicht an einen bestimmten Wert von Rw°Ts binden; es handelt sich da, wie schon erwähnt, um eine Schwelle mit einseitiger Wertestreuung nach oben. Diese Umstände können aber den Wert und Nutzen von Untersuchungen wie die hier durchgeführte nicht schmälern.. 1 Es wäre zu wünschen, daß die Bezeichnung Terra rossa auf die auf Kalk gebildeten Eluvien eingeengt und nur mit. Karstroterde verdeutscht würde. Ebenso hätten die Karstgeologen den Wunsch, daß der Begriff Bauxit nach der Genesis des namengebenden Vorkömimmens auf die aus vorweltlicher Terra rossa entstandenen Tonerdehydrate beschränkt würde. Br Ri R “ een Infolss der erden Bußkcardehllichen Preissteigerungen des Druckes Her) die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse außerstande, die Abhandlungen im alten Friedensumfange abzudrucken; insbesondere sollen die Sitzungsberichte von den aufgenommenen Arbeiten nur das zum Verständnisse unumgänglich Not- wendige bringen. Sehr oft sind manche Einzelheiten der Versuchsanordnungen, _ Beobachtungsprotokolle, Zahlentabellen, Kurven, Zwischenrechnungen u. a. m. nur für den auf dem betreffenden Gebiete arbeitenden Fachmann von Wichtigkeit, während sie für den Fachmann verwandter Gebiete von minderem Belange sind. ZT Die Autoren werden demnach gebeten, derartige Einzelheiten als »Ergänzungen« ihren Arbeiten beizugeben, und zwar womöglich in Maschinenschrift und in zwei Exemplaren. Diese reinzundene sollen nicht veröffentlicht, sondern in der Kanzlei _ der Akademie aufbewahrt und eines davon über Wunsch an Interessenten für einen Monat entliehen werden. Über die Beigabe solcher »Ergänzungen« wird am Ende ‚der Arbeit ein entsprechender Vermerk stehen. Ferner werden die Herren Autoren ersucht, behufs Verringerung der Druck- len und Erzielung einer größeren Übersichtlichkeit jene Teile ihrer Arbeiten in Kleindruck zu De, welche en Inhalte nach als Ergänzungen oder Erläuterungen des in gewöhnlichem Drucke erscheinenden Textes aufzufassen sind. j Die Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse erscheinen vom Jahre 1883 (Band XCVIl) an in folgenden vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physischen. Geographie und Reisen. Abteilung IIa. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astro- nomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Abteilung IIb. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. i Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen und der Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin. Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhandlungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Grundpreis beigesetzt ist, kommen Separatabdrucke in den Buchhandel und können durch Altred Hölder, Auslieferungsstelle der Akademie der Wissenschaften (Wien, I., Rotenturmstraße 25, Halbstock), zu dem angegebenen Preise bezogen werden. ki Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in besonderen Heften unter dem Titel: >Monatshefte für Chemie und verwandte Teile anderer Wissenschaften« _ herausgegeben. Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird wie bisher acht Tage ' nach jeder Sitzung ausgegeben. ‚ Die Preise werden nach dem jeweiligen Stande der Valuta nach Maßgabe der Bee berechnet. Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzung vom. i1. März 1915 folgendes beschlossen: Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzunehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäftsordnung nebst Zusatzbestimmungen). $& 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter- suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen werden. Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen, aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes enthalten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist. Unter den gleichen Voraus- setzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in anderen. Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen Mitteilung zu machen und sie beizu- legen, falls sie bereits im Besitz von Sonderabdrucken oder Bürstenabzügen sind. $ 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht, bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie aufgenommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts veröffentlicht werden. Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des 8 43 ist die Einreichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrucke seiner Arbeit von der Akademie erhalten hat. Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei anderen Zeitschriften eingereicht werden. Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt. Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche den- selben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt, ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig, sobald der Verfasser die Ver- ständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzusenden. Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhandlung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen: 1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden, dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch nicht auszugs- weise) veröffentlicht werden; 2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden; 3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt. Akademie der Wissenschaften in Wien Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse Sitzungsberichte Abteilung I Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen 132. Band, 7. und 8. Heft (Mit 7 Tafeln und 37 Textfiguren) 7 Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Wien 1924 Hölder -Pichler- Tempsky, A.-G., Wien und Leipzig Kommissionsverleger der Akademie der Wissenschaften in Wien Druck der Österreichischen Staatsdruckerei Le ‚Inhalt I Früchtl F., Beitrag zur Kenntnis der qualitativen und ee rh ER aNE nordadriatischer en und ihrer a nit fr a... Rn ER Be Verkaufspreise. \ . Preis für das Inland und Preis für Deutschland: Grundzahl (2) x RT: betreffenden Buchhändlerschlüsselzahlen. — Auslandpreis: Grundzahl ee ; Franken. N Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Das Absorptionssystem der Wacholdermistel (Arceuthobium oxycedri [D C.] M B.) mit be- sonderer Berücksichtigung seiner Entwicklung und Leistung Von E. Heinricher K.M. Akad. Wiss. (Mit 7 Tafeln und 13 Textfiguren) Aus dem Botanischen Institut der Universität Innsbruck (Vorgelegt in der Sitzung am 14. Juni 1923) Im Jahre 1915 veröffentlichte ich in diesen Berichten drei Abhandlungen® über den oben genannten Schmarotzer, denen auf 9 Tafeln eine reiche Illustrierung beigegeben ist. Die zweite be- handelte die Keimung und Entwicklungsgeschichte, welche in künstlicher Aufzucht zu erzielen und zu verfolgen erst mir ge- glückt war. In dieser Abhandlung beschränkte ich mich jedoch darauf, den Entwicklungsgang nur so weit zu schildern, als er äußerlich an der Nährpflanze verläuft und verfolgbar ist, während ich die Entwicklung des intramatrikalen Teiles, des Absorptions- systems, in einer eigenen Abhandlung zu besprechen gedachte. Für diese vor allem war eine besonders reiche Ausstattung durch Beigabe mikrophotographischer Aufnahmen beabsichtigt, was mich bewog, die Akademie der Wissenschaften in Wien um eine Subvention zu bitten, die mir aus dem Legate Scholz auch gewährt wurde. Meinen Dank habe ich schon im Eingang meiner ersten Abhandlung über Arceuthobinm ausgesprochen. Obwohl nun die auf: das Absorptionssystem des Schmarotzers bezüglichen Studien ‚und mikrophotographischen Aufnahmen in der Hauptsache 1914 schon 1 a) »Beiträge zur Biologie der Zwergmistel, Arceuthobium oxycedri, be- sonders zur Kenntnis des anatomischen Baues und der Mechanik ihrer explosiven Beeren« (90 S., 4 Taf.), Bd. 124, 3. und 4. Heft. b) sDie. Keimung und Entwieklungsgeschichte der Wachholdermistel, Arceu- thobium oxycedri, . auf "Grund durchgeführter Kulturen geschildert« (32 S., 3 Taf., 5 Textfig.), Bd. 124, 5. Heft. 6) »Über Bau und Biologie der Blüten von Arceuthobium oxycedri (D C.) Ms (24 5..2 Taf,,-1 Textfip);.Bd: 124; 6.’und.7. Heft. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. 12 ee Fe Er DE an 144 E. Heinricher, fertig vorlagen, erlitt ihre Veröffentlichung eine Verzögerung. Zunächst dadurch, daß ich vorausgehend die Abhandlung über Bau und Biologie der Blüte fertigstellte, dann aber durch den Ausbruch des Krieges, der forderte, meine wanzer Kraft der Erhaltage der. mir unterstellten Anstalten zu widmen. Leider sind inzwischen die Kosten für iss Ver- öffentlichungen und besonders bildliche Beigaben so außerordentlich gestiegen, daß mir der ursprüngliche. Plan, dieser Abhandlung‘ 10 Tafeln beizugeben, kaum mehr ausführbar erschien und ich auf eine Beschränkung bedacht sein mußte. Es mußte nicht nur von den schon vorhandenen Aufnahmen manche weggelassen werden, sondern auch die Verminderung der Fläche mancher war notwendig und bei solchen, die sich : bei Fertigstellung der Arbeit als zur Ergänzung noch wünschenswert herausstellten, mußte strenge Auswahl stattfinden. Nur solche Bilder wurden schließlich noch aufgenommen, deren Weglassung den Wert der Arbeit wesentlich gemindert hätte. Als ich 1920 endlich die Zusammenfassung der 1914 erar- beiteten Ergebnisse und das neuerlich notwendige Studium meiner Präparate vornahm, bewogen mich die Zweifel, wie und wo ich die Abhandlung mit der gewünschten illustratiren Beigabe würde in Druck bringen können, zunächst eine Auswahl der besten Auf- nahmen in Diapositiven einem Kreise von Fachgenossen gelegentlich der Generalversammlung der Deutschen Botan. Ges. in München, im August 1921, vorzuführen. In einem kurzen Vortrage habe ich die mir besonders der Hervorhebung nötigen Erscheinungen be- sprochen und auch eine beschränkte Zahl mikroskopischer -Präparate gezeigt.! Den Ergänzungen, die ich 1921 über die Sekundärinfektion neuer Sprosse vom ursprünglichen Entwicklungsherd des Parasiten aus gewonnen hatte, reihten sich dann 1922 solche über die Aus- gestaltung der älteren Abschnitte des Absorptionssystems an, die den. Zuwachs der Tafeln VI und VU. zur. Folge hatten. Dem’ Ver- ständnis werden auch die im Texte beigegebenen Bilder dienlich sein. Über das Absorptionssystem von Arcenthobinm oder über den intramatrikalen Teil — nach der Bezeichnungsweise von Solms- Laubach — liegen einige Untersuchungen vor, die außer A. oxycedri auch amerikanische Arten betreffen. Die sorgfältigste und ein- gehendste Studie ist bisher die von Solms” über A. oxycedri ge-. blieben, zu welcher Überzeugung gewiß der kommen wird, der sich mit dem Gegenstand selbst befaßt hat. Nur ist die illustrative Beigabe bei Solms mager (1 Tafel) und nur. schematisch, ser dan r 1 Das Wesentliche darüber enthält die »vorläufige Mitteilung«, die im Generalversammlungsheft der Deutsch. Botan. Ges. unter dem Titel »Das Absorp- tionssystem von Arceuthobium oxycedri (DC.) M. Bieb.« (Ber. d. D. Bot. Ges., Bd. XXXIX, 1921) im August 1922 erschienen.ist (6 S.). 2 »Über den Bau und die Entwicklung der Ernährungsorgane parasitischer Phanerogamen«, Jahrb. f. wiss. Bot., VI. Bd., 1867/68. Absorptionssystem der Wachholdermistel. 145 schwer ein richtiges Bild von den überaus interessanten Ver- hältnissen daraus gewonnen wird.t Auch fehlten Solms Kenntnisse über die Entwicklungsgeschichte des Parasiten und er beschließt seine Mitteilung, diesen Mangel wohl fühlend, mit dem Satze: »Erst Aussaaten und die Untersuchung der Keimpflanze werden Klarheit in die Biologie unseres Pflänzchens zu. bringen imstande sein.«e Johnson? hat zur Kenntnis des intramatrikalen Teiles kaum beigetragen. Aus den Untersuchungen von Peirce? über 4A. occi- dentale scheint hervorzugehen, daß bei dieser Art einige Ab- weichungen gegenüber A. oxycedri vorliegen. Auf eine dieser Ver- schiedenheiten weisen auch die Mitteilungen hin, die v. Tubeuf* kürzlich über die amerikanischen Arten veröffentlicht hat, nämlich, daß einige Arten sich mehr örtlich begrenzt auf dem Wirte finden, so unserer Mistel ähnlicher erscheinen, andere aber über weite Areale sich ausbreiten. Wenn ich nun daran gehe, meine eigenen Untersuchungen zu besprechen, so muß ich hervorheben, daß sie zunächst fast ausschließlich an jungen Pflanzen meiner Kulturen vorgenommen wurden, an Keimlingen, dann aber vor allem an Pflanzen von etwa 19 Monaten bis höchstens 2 Jahren.? Eine Pflanze von ungefähr 19 Monaten führt die Textfig. 1 nach in °/, nat: Größe gemachter photographischer Aufnahme in Skizze vor. Derartige Pflanzen bildeten das hauptsächlichste Untersuchungsmaterial und von solchen stammen auch fast ausschließlich die in den Tafeln wiedergegebenen Mikrophotogramme. An älteren Pflanzen wurden (im Nachtrage 1921) nur durch vegetative Infektion neu besiedelte Zweige untersucht, um über einzelne Fragen, so: Ausbreitung des Schmarotzers, Chlorophyl!- gehalt, Durchwachsen von Wirtszellen, Aufschluß zu erlangen, Fragen, die sich am Alkoholmaterial- nicht oder nur schwer ent- scheiden ließen. Die Mikrophotogramme (der Taf. I bis V) sind aber fast ausschließlich von Kanadabalsampräparaten gewonnen, die in verschiedener: Weise tingiert waren. Vielfach verwendet wurde Hämatoxylin nach Corazzini, dann Pikrokarmine verschiedener Autoren. Mit Vorteil z. B. Tabletten Pikrokarmin nach Cuccati, 1 Johnson sagt in seiner gleich zu erwähnenden Abhandlung zwar »The detailed and fully illustrated description of the vegetativ organs by Solms- Laubach is exhaustive«s, doch kann ich dem keineswegs beistimmen. Selbst wenn diese meine verhältnismäßig reich illustrierte Abhandlung erscheint, wird von einer erschöpfenden Darstellung der überaus verwickelten Verhältnisse kaum ge- sprochen werden können. 2 »Arceuthobium oxycedri,« Annals of Bot., II, 1888/89. 3 »The Dissemination and Germination of Arcenthobium occidentale Eng. (Read before the Bot. Sect. of the British Association, Cambridge, August 1904). 4 »Überblick über die Arten der Gattung Arceuthobium (Razoumowskia) mit besonderer Berücksichtigung ihrer Biologie und praktischen Bedeutung.« Naturwiss. Zeitschr. f. Forst- und Landwirtschaft, 17. Jahrg., 1919. 5 Nur Tafel VI bringt Bilder von Präparaten, die von den nun etwa ein Dezennium alten Kulturen 1922 gewonnen sind und die mir zur Illustrierung gewisser Punkte unbedingt nötig erschienen. 146 ; E. Heinricher, dann Pikrolithionkarmin. Bemerkt sei, daß Schnitte in Pikrokarminen, zumeist 24, auch 48 Stunden liegen sollen. Auch einige Doppel- färbungen, Gentianaviolett und Pikrokarmin, basisches Fuchsin und Hämatoxylin etc. ergaben schöne Präparate. Zum Zwecke der sicheren Unterscheidung der Elemente des Parasiten von denen des Wirtes wurden bei den zur Ergänzung 1922 angefertigten Präparaten zur Tinktion häufig auch Rutheniumrot und Hämatoxylin nach Delafield (allerdings auch andere Kombinationen) verwendet, vor allem aber das Einschließen in Glyzeringelatine dem in Kanada- balsam vorgezogen. | GT — IE TITTEN RK d TEN Na Nu TEN \ ax \ A AH ‘7 1, AR (Birk; | Fig. I Es empfiehlt sich nun, die Punkte der Reihe nach hervorzu- 'heben, die mir von Wichtigkeit zu sein scheinen. & Ein erster betrifft die außerordentlich rasche und geförderte Entwicklung des Absorptionssystems bei Arcenthobium oxycedri, worin es von jenem unserer Mistel weitreichend abweicht. Schon in meiner eingangs unter b erwähnten Abhandlung habe ich hervorgehoben, daß der Verfolg der Entwicklungsvorgänge an BEER, Sein, Absorptionssystem der Wacholdermistel. 147 den makroskopisch erkennbaren Verhältnissen deutlich darauf hin- weist, daß der Parasit alsbald nach dem vollzogenen Einbruch des Keimes in den Wirt zunächst eine intensive Ausbreitung und Aus- gestaltung des intramatrikalen Teiles vornimmt. Das belegt ja auch die in Textfig. 1 skizzierte, etwa 19 Monate alte Pflanze.! Es sind zwar von ihr schon eine Anzahl Sprosse nach außen hervor- gebrochen, doch viel markanter ist die durch die Hypertrophie gekennzeichnete Anwesenheit des Parasiten im Innern, die ohne weiteres die Grenzen bestimmen läßt, bis zu welchen er sich min- destens innerlich ausgebreitet haben muß. In der Textfig. 4 meiner oben erwähnten Abhandlung? habe ich einen Jumiperus-Sproß einer schlecht wüchsigen Pflanze nach photographischer Aufnahme wiedergegeben, an dem die Entwicklung einer Arceuthobium- Pflanze vor sich ging. Die Hypertrophie des Sprosses verrät, daß der Schmarotzer sich im Innern des Sprosses mindestens über eine Strecke von 6 cm ausgebreitet haben muß, während er nach außen fast gar nicht durchgebrochen ist. Die stärkste hervorgewachsene- . Arceuthobinm-Knospe war 1 mm hoch! Wie große Verschiedenheit in dem besteht, wann die ersten Sproßknospen einer Arceuthobium- Pflanze nach außen hervorbrechen, das habe ich in der unten ange- führten Abhandlung ausführlich geschildert. Zwar hat schon Solms die wesentliche Verschiedenheit der Verhältnisse von Arceuthobium gegenüber Viscum betont, auch die myceliumartige Auflösung des Geflechtes der »Wurzeläste« in feine und feinste Zellstränge, dennoch bleibt er aber bei der von Viscum übernommenen Unterscheidung von Rindenwurzeln und Senkern. Ich möchte den morphologischen Wurzelbegrift bei Arceutho- bium vollkommen ausschalten und den ganzen intramatri- kalen Teil als thalloides Absorptionssystem bezeichnen. 1 Die photographische Aufnahme, die zu dieser Skizze Verwendung fand, ist in meinem Beitrag »Methoden der Aufzucht und Kultur der parasitischen Samen- pflanzen« für Abderhalden’s »Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden«, Abt. XI, Teil 2, p. 338, wiedergegeben. Ich mache über das Objekt, von dem Präparate einen großen Teil der Abbildungen für die Tafeln dieser Schrift lieferten, noch folgende Angaben: Die Pflanze entspricht Nr. 68 meiner Kultur. Der Anbau des Samens erfolgte im Dezember 1912, die Keimung dürfen wir für den April 1913 ansetzen. Abgeschnitten wurde der Sproß am 21. Oktober 1914. Man zählte an der Hypertrophie 22 hervorgebrochene oder hervorbrechende Sprosse; die stärksten hatten eine Länge von etwas über 2 mın erreicht. Diese Sprosse waren auf eine Längsstrecke von 21/, cm verteilt. Die Hauptmasse entsprang auf der Infektionsseite, zweiaberfanden sich auchauf der Gegenseite und flankenständig viele. Das ist in bezug auf die Ausbreitung des Parasiten, d. h. seines Absorptions- systems, im Wirtzweige bemerkenswert. Die hypertrophierte Zone dieses erstreckte sich sicher auf 31/,, wenn nicht auf cm. 2 »Keimung und Entwicklungsgeschichte der Wachholdermistel«, p. 22. Ebendort bemerke ich auf p. 24 auch, daß mach den Angaben von G. J. Peirce (The dissemination and germination of Arceuthobium occidendale Eng. — Annals of Botany, Vol. XIX, 1905) A. occidentale sich darin wesentlich von 4A. oxvycedri ‚unterscheidet, als bei ersterem die Hypertrophie am Orte des Befalles der Wirt- pflanze lokalisiert bleibt und weder aufwärts noch abwärts im Nähraste ein Vor- schreiten des Parasiten stattfindet. Es ist wichtig, diese Verschiedenheit im Verhalten beider Arten auch hier heivorzuheben. 148 SE. Heinricher, Erstlich ist der Embryo —- dies allerdings bei allen Loranthaceen — wurzellos,! zweitens ist er nur Infektionsorgan, er selbst wird weiterhin nicht ausgestaltet;? die Infektion geht vom Hypokotyl aus, und zwar von seiner Spitze oder einer seitlichen Flanke,?® die au Nähraste anliegt. Die Infektion erfolgt aber jedenfalls nur ausnahmsweise in einer dem primären Senker der Mistel vergleichbaren Weise, * sondern beruht meistens in der Überführung einer Masse von Arceuthobium-Gewebe in die Rinde des Wirtes’ wie eine solche in dem in Textfig. 2 gegebenen Querschnitte in .der Nähe des Umfanges erscheint.” Es handelt sich um einen Schnitt durch das lebende Objekt; in der Rinde waren die feineren Auszweigungen des Arceuthobium-Absorptionsgewebes nicht verfolgbar, nur die Ein- brüche in den Holzkörper traten infolge ihres Chlorophyligehaltes hervor. Ergänzt wird Fig. 2 durch Fig. 3, darstellend einen zweiten Querschnitt durch das gleiche Objekt, der aber nach Fixierung in Alkohol mit Pikrokarmin nach Mayer gefärbt wurde und auch die Ausbreitung des Arceuthobium-Gewebes in der Rinde verfolgen ließ. Das Parasitengewebe ist punktiert, Borke schraffiert dargestellt. Beide Skizzen sind mittels der Kamera entwörfen, dann auf die Hälfte verkleinert worden, so daß sie etwa eine SOfache Vergrößerung darstellen. Wir kommen auf die Skizzen noch später zu sprechen. 1 Es ist daher unrichtig und zumindest oberflächlich zu sagen: »Bei unserer -Mistel dringt die Keimwurzel direkt ins Innere der Wirtsrinde« (W, Benecke, Abschnitt »Parasiten« im Handwörterbuch der Naturwiss., Bd. VII, p-507). AuchForscher, die den wahrenSachverhalt wohl wissen (Wiesner, v. Tubeuf), sprechen meines Erachtens unzweckmäßigerweise und auf viele Leser. oft verwirrend wirkend, bei Loranthaceen häufig von »Wurzeln, Würzelchen, Wurzelorganen«, an Stellen, wo es sich sicher um Wurzeln im morphologischen Sinne nicht handelt. *2 Zunächst durch im Freien vorgefundene Keimungsstadien von A. oceiden- tale von Peirce a. a. O. festgestellt, dann für A. oxycedri durch meine künstliche Aufzucht (in der zweiten angeführten Abhandlung). > Von mir nachgewiesen an eben erwähntem Orte. 4 Man bedenke die Zartheit des ausgetretenen Hypokotyls eines Arceutho- bium-Keimes gegenüber dem der Mistel und die noch größere seiner zum Einbruch bestimmten Auszweigung. Es ist mir nur ein Fall begegnet, wo diese, wie der Senker einer Mistel, unmittelbar in radialer Richtung durch die Rinde an den Holzkörper herangetreten sein dürfte. Allerdings ist die erwähnte Zartheit auch ein großes Hemmnis für die Untersuchung, die durch die Härte des Juniperus-Holzes und die dadurch bedingte Schwierigkeit ungestörte Schnittserien mit Freihand- schnitten durch frisches oder Alkoholmaterial zu erhalten, noch bedeutend erhöht wird. So viel ich feststellen konnte, wird nur bei Befall jüngster Juniperus- Zweige ein unmittelbares, senkerartiges Eintreten des Parasiten ausnahmsweise vor- kommen. 5 Das erinnert an den eigenartigen Übertritt von Gewebepartien aus der Haftscheibe eines Viscum-Keimlings in den Stamm von Cereus Forbesii, den ich beschrieben und durch Abbildungen erläutert habe (»Über Versuche, die Mistel auf monokotylen und auf sukkulenten Gewächshauspflanzen zu ziehen.« Diese Ber., Bd. XXI, 1912) ! Absorptionssystem der Wacholdermistel. 149 Von einer solchen eingeführten Masse Parasitengewebes geht dann erst eine reiche mycelartige Ausbreitung aus, die zunächst die Rinde durchsetzt, alsbald aber auch den Holzkörper reichlichst durchwuchert. In der Rinde ist es besonders die lockeres Gefüge aufweisende Grenze zwischen primärer und sekundärer, wobei keime Bevorzugung einer bestimmten Richtung erkennbar wird (man vergleiche die Trextabbildungen Fig. 4 und Fig. 5 und besonders auch Fig. 2, Taf. D), aber ein überaus reiches, netziges System von Strängen verschiedenster Stärke, vom einreihigen Zell- faden aufwärts, zustandekommt. Das hat Solms ganz richtig erkannt. Er sagt p. 617 von den »Rindenwurzeln«: »daß sie ein höchst kompliziertes, ohne bestimmte Richtung vielfach verzweigtes und in des Nährzweigs gesamter sekundärer Rinde weithin ver- breitetes Geflecht bilden, in welchem, wie sich aus dem Gesagten von selbst ergibt, von der bei Viscum album gefundenen 150 E. Heinricher, Gesetzmäßigkeit des Verlaufs keine Rede sein kann.« Das ist mit Rücksicht auf v. Tubeufs gegenteilige Äußerung hervorzu- heben. Er sagt a. a. O., p. 268: »Auch bezüglich des ganzen Wurzelsystems (Sperrung von mir H.) ist bei Arceuthobium eine gewisse, an die Verhältnisse von Viscum album erinnernde Regel- mäßigkeit eingehalten, indem außerhalb des Bastes die Wurzel- organe (Sperrung wie oben) vorwiegend parallel der Stammachse streichen, zum großen Teil durch annähernd gleichen Abstand vom Holzkörper im Querschnitt in einen Ring geordnet erscheinen und innerhalb von Bast und Holz radial verlaufen.« Das trifft bezüglich der »Rindenwurzeln« von Arceuthobium gewiß nicht allgemein und sicher nicht für A. .oxycedri Zu, wenn .ses vatch Tür die on v. Tubeuf in Fig. 48 und Fig. 50 gebrachten Querschnittsbilder von Sprossen der Tsuga Mertensiana und Pinus edulis, durchsetzt von A. Tsugensis und 4A. divaricatum, stimmt. Querschnittsbilder sind zur Orientierung in dieser Hinsicht weniger geeignet; man unterscheidet die feineren Stränge weder an Schnitten durch frisches Material, noch an tingierten durch Alkoholmaterial, nicht sicher genug vom umgebenden Gewebe. Am besten lassen die Verhältnisse Tangentalschnitte durch die Rinde erkennen, doch auch hier ist an Tinktions- und Kanadabalsampräparaten die Unter- scheidung der feinsten einreihigen Auszweigungen vom umgebendem _ Gewebe kaum ausführbar. Immerhin geben auch Tinktions- und Kanadabalsampräparate leicht ein Bild von der ganz. enorm. reichen Durchsetzung des Wirtsgewebes durch das Absorptionssystem von Arceuthobium und widerlegen die Ansicht, daß der Verlauf der Stränge ein der Achse des Wirtszweiges annähernd paralleler sei. Es ist aber zu beachten, daß die volle Reichhaltigkeit an Auszweigungen nur dem gegen- übertritt, der das Präparat selbst unter dem Mikroskop verfolgt. Jede kleine Änderung der Einstellung ändert auch das Bild und immer neue Teile des Absorptionssystems werden sichtbar. Daher auch mikrophotographische Aufnahmen jeweils nur bescheidene Bruchstücke des Absorptionssystems vorzuführen vermögen. Die Aufnahmen in Fig. 2 und 3, Taf. I, betreffen Tangentalschnitte durch die Rinde eines Juniperus, durchsetzt vom Thallus einer Arcentho- bium-Pflanze von ungefähr 19 Monaten. Die Vergrößerung ist bei Fig. 3 85fach. Sehr schön tritt an dem Bilde der stockwerkärtige Aufbau der Stränge (den schon Solms hervorgehoben und entwicklungsgeschichtlich erklärt hat) hervor, was durch die Tinktion der Zellkerne wesentlich augen- fälliger gemacht ist. Rechts liegt der stärkste Strang, der in einer Bogenlinie zieht; in der Mitte verläuft ein schwächerer, nach oben sich verjüngend und im oberen Drittel mit einem weiteren, noch zarteren sich berührend. Diese Stränge sind annähernd in der Längsachse des Sprosses eingestellt. Doch in Fig. 2 ist bei schwächerer Vergrößerung (48fach) eine andere Stelle des Präparates Absorptionssystem der Wacholdermistel. AB dargestellt, an der die Längsrichtung im Sproß durch die schatten- haft angedeuteten Bastfasern gegeben erscheint, während die in der Mitte gehäuften Stränge des Arcenthobinm hier wesentlich quer orientiert sind. Noch besser zeigen die regellose Verzweigung und Orientierung des Absorptionssystems die Textbilder Fig. 4 und 5. Wieder sind es Tangentalschnitte durch die Rinde, aber von älteren Arcenthobium-Pflanzen, jedoch durch Sproßabschnitte des Wirtes, 1 ae, " RT Sen die erst in jüngerer Zeit vom Parasiten ergriffen wurden, daher die. Stränge überwiegend aus einzelnen Zellreihen bestehen. Diese Bilder werden vermutlich auch mein Widerstreben begründen, bei Arcenuthobium von »Wurzelorganen« oder einem »Wurzelsystem« zu sprechen, und die gebrauchte Bezeichnung »thalloides Absorp- tionssystem« rechtfertigen, da von einem Thallus zu sprechen, in der Tat bei einer Samenpflanze besser vermieden wird.! | 1 Eigenartige Anschauungen äußert Peirce in seiner zitierten Abhandlung; die allerdings Arceuthobium occidentale, eine Art betrifft, die sich in mancher Be- ziehung von A. oxycedri verschieden zu verhalten scheint. Vor allem ist das Areale, das eine Pflanze besiedelt, stark lokalisiert. Trotzdem ist im ersten Entwicklungs- gang beider Arten offenbar viel Übereinstimmendes. Peirce sagt p. 106: »The haustorium: has no cap, the cells at the tip elongate and spread out as in Cuscuta, 192 "E. Heinricher, | Von diesem in der Rinde sich reichlichst ausbreitendem System der Absorptionsstränge gehen aber frühestens zahllose ‚Vorstöße gegen das Kambium und in den Holzkörper aus, wobei der Weg durch die Markstrahlen und neben diesen besonders bevorzugt ist. Zur besseren Einsicht in die Verhältnisse, sei Nachstehendes angeführt. Textfig. 6 führt in ungefähr vierfacher Vergrößerung Sproßstücke von Juniperus mit je einem noch jugendlichen Entwicklungsstadium forming strands of infectingcells which grow in various directions towards the medullary rays of the host« etc. Weiter heißt es: »It is to be noted that, while the cells at the tip of haustorium are growing out and forming infectionstrands, part of the haustorium is increasing in size, forming a mass of parasitic cells in the cortex of the host, Morphologically this mass is a part of the haustorium, itself a special outgrowth of the tip of the radicle of the seedling.« Peirce betrachtet also den ersten Einbruch des Parasiten als primäres Haustorium und sagt dann p. 107 aus- -drücklich: »The primary haustorium of Arceuthobium is evidently the primary root of the seedling; the succeding haustoria are branches of this primary root.« Und nachdem er das Auftreten und Hervorbrechen der Sprosse erwähnt hat, heißt es: »We have here an instance of regeneration without wounding, amputation or other » pathological stimulus. The small part of the seedling which penetrates the host forms and develops stem and leaves, a small part of one organ, the root — develops into a complete plant by forming the missing members.« Das stimmt ja weitgehend, nur die Berechtigung, das durch den ersten Einbruch zustande- zekommene Gewebe als Wurzel zu bezeichnen und alle Organe als 7 ie 2 el u „1 . E 4 Absorptionssystem der Wacholdermistel. 155 einer Arceuthobium-Pflanze vor. Beim linken war noch keine Sproß- knospe nach außen vorgebrochen, beim rechten aber zwei solche, knapp an der Stelle, wo seitens des Hypokotyls der Einbruch in den Wirt sich vollzogen hatte. Vom ersteren wurde durch eine Serie von Querschnitten, ausgehend von der Stelle, wo der Einbruch erfolgte, eine ganz erstaunliche Ausbreitung des Parasiten intramatrikal festgestellt. An 10 Schnitten wurden annähernd 146 Einbrüche in den Holzkörper nachgewiesen; ihre Zahl war gewiß eher höher. Die Skizze eines der Querschnitte gibt die Textfig. 2. In der Rinde konnten an den durch frisches Material geführten Querschnitten, die feineren Auszweigungen des Absorptionssystems nicht unter- schieden werden, hingegen leicht die Einbrüche in- den Holzkörper, Samen Anbau: Dezember 1912. Abgeschnitten: 17. I. 1614. Fig. 6. da sie durch Chlorophyligehalt hervortraten. In der Skizze, Textfig. 2, ist das Arceuthobium-Gewebe durch einfache Schraffierung hervor- gehoben (gekreuzt schraffiert ist an der Peripherie das Periderm); man erkennt, daß innerhalb des Holzkörpers auch eine tangentale Verbindung zwischen zwei radialen Einbrüchen zustande kam. Besser läßt die Verteilung und Ausbreitung des Parasitengewebes die nach einem Tinktionspräparat angefertigte Textfig. 3 verfolgen. Durch diese reichliche Aufteilung des Absorptionssystems in der Rinde und im Holzkörper erlangt es eine außerordentliche Deszendenten dieser Wurzel scheint mir absolut zu fehlen. Es handelt sich doch nur um ein thalloides, die Infektion besorgendes Gewebe, das seine Herkunft übrigens nicht von einer Wurzel, sondern vom Hypokotyl hat. Peirce bekämpft ferner den Goebel’schen Begriff der Organe »sui generis« und sagt p. 7: >When one realizes the marvellous plasticity, adaptability, of root, stem, and leaf, the idea of organs sui generis becomes unnecessary.« Ich meine, daß dieser An- schauung nur wenige Botaniker beipflichten werden. ri a reret e = 5 eg 154 'E. Heinricher, | ; Oberflächenentwicklung ünd erst als Folge seiner ertragreichen Betätigung setzt dann erst eine arischdliche Querschnittzunahme besonders gut ernährter, in der Rinde gelegener Strangteile ein, m denen es endlich in der Mitte zur Ausgestaltung von Tracheiden kommt. Die Stellen bester Ernährung an solchen Strängen, in denen zumeist ein Knotenpunkt von Auszweigungen oder wohl auch eine Vereinigung mehrerer vorliegt, schreiten dann zur Anlage der Sproßknospen, die früher oder später nach außen vorbrechen. Die Entwicklung des Parasiten verläuft, wenn von der von außen erfolgenden Infektion abgesehen wird, so eigentlich vielfach von innen nach außen.! Über das Maß der Entwicklung, sowohl bei den Strängen in der Rinde, als bei jenen, die radial das Holz durchsetzen, entscheidet in erster Linie die Gunst der Ernährungsverhältnisse, wenn auch oft die frühere Entstehung ausschlaggebend mitspielt. Tatsache ist, daß der Verlauf der Entwicklung des Absorptionssystems von Arceuthobium weitgehend der eines Pilzmyzels gleicht. Wie sich an diesem bei genügender Erstarkung die Anlagen der Vermehrungsorgane einstellen, so tritt am thalloiden Absorptionssystem dieser Samen- pflanze die reichliche Anlage der Sproßknospen auf. Das bisher allgemein Besprochene soll nun an der Hand der mikrophotographischen Aufnahmen im Detail beleuchtet werden. Wie erwähnt, ist an Querschnitten durch den befallenen Jumiperus besonders die Alteration des Holzes durch den Parasiten leicht zu beobachten. Wir haben in Fig. 1, Taf. I, einen mit Pikrokarmin gefärbten Schnitt durch den schon früher erwähnten, in Textfig. 6 links abgebildeten Sproßteil, der einen Keimling trägt, der bisher noch keine Sproßknospe nach außen entsendet hat. Daß im Innern die Entwicklung weit vorgeschritten war, war äußerlich durch eine leichte Hypertrophie angedeutet und wurde schon vorher bei Be- sprechung der Skizze Fig. 2 ausgeführt. Das in Fig. 1, Ta£ TE bei 30Ofacher Vergrößerung gegebene Bild wirkt aber gewiß lehrreich ergänzend und zeigt, wie arg die Zerklüftung des Holzes schon seitens so junger Parasitenstadien herbeigeführt sein kann.. Die Einbrüche im Holzkörper markieren sich schwarz; am Präparat war eine Überfärbung mit Pikrokarmin (bei Eintrocknen der Färbe- flüssigkeit) eingetreten. Die nun folgenden Bilder sind, wie die schon früher heran- gezogenen 2 und 3 auf Taf. I, fast ausnahmslos von der Pflanze genommen, die in Textfig. 1 skizziert ist und etwa ein Alter von 19 Monaten erreicht hatte. Zunächst ist wieder in Fig. 1, Taf. IV, einem Querschnittsbilde, die Massenhaftigkeit der radialen Einbrüche 1 Die Darstellung bei Solms (p. 617) — — »soviel steht indessen fest, daß an der Basis eines jeden Stämmchens mehrere stärkere Wurzeläste entspringen, die sich alsbald unter zahlreichen Krümmungen und Verzweigungen durch die Nährrinde verbreiten, und sich endlich myzeliumartig in ein unentwirrbares Geflecht feiner und feinster Zellstränge auflösen,« könnte vielleicht dem Gewinnen einer richtigen Vorstellung etwas hinderlich sein. in EEE rer 5 Ede: DI . - r . r Absorptionssystem der Wacholdermistel. 10 ersichtlich, die das Holz förmlich zerfressen erscheinen lassen. Zum Vergleich ist in Fig. 2, Taf. IV, bei gleicher 27facher Vergrößerung der Querschnitt durch einen gesunden Juniperus-Sproß beigefügt. Aus Fig. 1 ist zu entnehmen, daß bei so geringer Vergrößerung die Anwesenheit des Parasiten in der Rinde kaum hervortritt. ‚Aber auch bei gesteigerter Vergrößerung bleibt das so, wenn man von den massigsten Gewebekomplexen des Parasiten absieht. So liest in Fig. 2, Taf. U, eine 58fache Vergrößerung vor. In der Mitte geht von einem Gewebeherd ein mächtiger radialer Strang in den Holzkörper und in diesem treten rechts und links davon zahlreiche Einbrüche deutlich hervor. Sie lassen es zu, den Parasiten in radialer Richtung durch das Kambium in die Rinde zu verfolgen, aber nur durch den Anschluß an die Einbrüche im Holz kommt man zur Überzeugung, daß hier Stränge von Parasitengewebe vor- liegen müssen. Etwas deutlicher wird -die Unterscheidungsmöglichkeit in dem Querschnittsbilde Fig. 1, Taf. II, bei Söfacher Vergrößerung. Hier helfen die tingierten Kerne des Arceuthobium-Gewebes der Analyse, obschon die Größe der Kerne nicht so bedeutend ist, wie etwa bei der Mistel. Immerhin wird der mit dem Objekt Vertraute erkennen, daß oben an der bogigen Begrenzung des Bildes ein massiger Komplex Parasitengewebes vorhanden ist und von ihm aus zieht ein breiter Strang radial nach innen, vor der sekundären Rinde sich verjüngend. In diesem Strang kommt der Stockwerk- aufbau zum Ausdruck, die tingierten Zellkerne erscheinen zu dunkeln queren Streifen gruppiert. Man wird an den Zelikernen einen schmalen Streifen Parasitenzellen außen in der primären Rinde diagnostizieren und ein breiteres Band an der Grenze von primärer ' und sekundärer. Hier setzen dann die zahlreichen schmalen Streifen an, die zu den Einbrüchen in den Holzkörper führen. Solche treten noch besser hervor in dem Bilde Fig. 1, Taf. II, das 140fache Vergrößerung hat. Wir sehen den Übergang aus der sekundären Rinde durch die Kambialzone in den Holzkörper. Immerhin wird aber klar, daß die Entscheidung für jede einzelne Zelle, ob sie dem Parasiten angehört oder dem Wirte, sehr schwer, ja geradezu unmöglich ist. Feinere Stränge des Absorptionssystems, wie etwa solche, die im Zentrum von Fig. 3, Taf. I, im Tangental- schnitte erkennbar sind, werden an Querschnitten in der Rinde, zumal wenn sie nicht senkrecht zum Verlauf getroffen werden, an Kanadabalsampräparaten nur schwer erkannt. Leicht hingegen, senk- recht durchschnittene gröbere, wie einen solchen, Fig. 3, Taf. IV, bei 235facher Vergrößerung vorführt. Es ist noch ein verhältnis- mäßig junger Rindenstrang, was daraus zu entnehmen ist, daß sich in ihm noch keine Tracheen differenziert haben. Ist die Massenhaftigkeit der Einbrüche des Absorptionsgewebes in dem Holzkörper schon an Querschnitten leicht festzustellen, so geben darüber womöglich ein noch anschaulicheres Bild Tangental- schnitte. An bildlicher Darstellung der Verhältnisse fehlt es bisher sozusagen ganz. Die verhältnismäßig wenigen Aufnahmen, die ich 156 E. Heinricher, vorführen will, genügen wohl zum Gewinnen. einer. klaren: Vor- stellung, doch ist zu betonen, daß sie alle jugendlichen Pflanzen entnommen sind. Die durch den Parasiten bewirkten Verschiebungen und Änderungen in der Struktur des Juniperus-Holzes würden an Sprossen, ‘die durch längere Jahre den Schmarotzer tragen, noch viel bedeutender sein.! Ä | Zunächst sei auf Fig. 4, Taf. I (Vergr. 235), verwiesen.” Das dargestellte Stück eines Tangentalschnittes ist einem Sprosse ent- nommen, der eine Arcenthobium-Pflanze von etwa 16 Monaten trug. Das habituelle Bild des Sprosses würde mit dem in Textfig. 1 gegebenen übereinstimmen. Das Bild zeigt uns besonders die Markstrahlen durch das Parasitengewebe stark verändert. Die Marksrahlen im Juniperus-Holz sind stets nur eine Zellreihe breit, im allgemeinen kurz. Karsten? gibt die Höhe mit 3 bis 5 Zellen an. Ich fand sie nicht selten höher, 6, 7 Zellen, ausnahmsweise gar 11 und selbst 13 umfassend. Die geringen Höhen herrschen aber entschieden vor. Im arceuthobinm-durchwuchertem Holze sehen wir die markstrahlartigen Komplexe verbreitert, auf 2, 3 Zellen, oder wo es sich um stärkere und ältere Stränge des Parasiten handelt, auf sehr viele Zellen (Fig. 5, Taf. I, Vergr. 120). Die markstrahl- artigen Komplexe übertreffen ferner häufig die Höhe normaler Markstrahlen bedeutend und erscheinen kettenförmig verlängert. So besonders hervortretend in den Fig. 5, Taf. I (Vergr. 190) und Fig. 3, Taf. V. Letztere ist bei geringer Vergrößerung (57fach) aufge- nommen, so wie Fig. 4, Taf.V, und Fig. 5, Taf. IH, die Tangental- schnitte durch normales Juniperus-Holz zeigen. Es fallen ferner in den Tangentalschnitten, Fig. 4 und 5, Taf. I, ungewöhnlich weite Zellen - auf, die unmittelbar als dem Parasiten angehörig leicht erkennbar sind, während andrerseits offenbar Markstrahlzellen mit Parasitenzellen gemengt vorkommen und die sichere Aussage, ob ein bestimmtes Element Markstrahl- oder Parasitenzelle ist, schwer, oder nicht gegeben werden kann. Als Gegenstück zu den langen Ketten begegnen aber einzelne zwischen den Tracheiden einge- schaltete Zellen, die, zumal bei großer Breite, als Durchschnitte einreihiger Auszweigungen des Schmarotzers leicht anzusprechen sind (vgl. Fig. 4 und 5, Taf. I). Das Zustandekommen der langen Ketten ist nicht schwer zu deuten. Teils kommen befallene, über- einanderliegende, ursprüngliche Markstrahlzellreihen durch zwischen- gelagerte Parasitenzellen zur Verbindung (so offenbar die lange Kette rechts in Fig. 5, Taf. D, teils werden auch -seitliche Ver- bindungen von befallenen Markstrahlen stattfinden (deutlich er- kennbar, z. B. in der eben genannten Figur oben links). Überdies 1 Dem ist etwas durch die nachträgliche Aufnahme der Bilder in den Fig. 1 und 4 der Taf. VI abgeholfen worden. 2 Ihr liegt ein Präparat mit Doppelfärbung mittels Pikrokarmin nach Mayer und Gentianaviolett zugrunde. 3 Lehrbuch der Pharmakognosie, Jena, G. Fischer, 1903. Absorptionssystem der Wacholdermistel. 157 ist manche Zellreihe, die wie ein Markstrahl. aussieht, überhaupt kein solcher, sondern ein durch ein radial ziehendes Band, oder einen Strang reinen Arceuthobium-Gewebes vorgetäuschter Pseudo- markstrahl. Häufiger konnte ich das besonders in der sekundären Rinde feststellen. Die Massenhaftigkeit der vorwiegend in den Markstrahlen verlaufenden radialen Stränge ist bei A. oxycedri eine so enorme, daß in befallenen Sprossen innerhalb der durch Hypertrophie ge- kennzeichneten Regionen kaum ein reiner Markstrahl nachgewiesen werden kann. Und diese Hypertrophie der befallenen Sprosse schreitet verhältnismäßig rasch vor, wie ja schon Text- fig. 1 erkennen läßt, wenn man das erst geringe Alter (ungefähr 19 Monate) der Pflanze berücksichtigt, die sie bewirkt hat. Später wird ja noch auszuführen sein, daß der Parasit überaus weit über jene Stellen hinaus, die seine Anwesenheit äußerlich durch die Anschwellung verraten, im Gewebe der Wacholder- sprosse nachweisbar ist. In dieser Hinsicht scheint sich A. oxycedri sehr wesentlich von A. occidentale zu unterscheiden. Zwar aneıcr 2,3, 0,9:110,,daß. am. Orte, wo:,.der Parasit der Wirtkiefer aufsitzt, der Ast 3 bis 4fach verdickt erscheint; doch bleibe diese Hypertrophie örtlich | begrenzt. Er sagt ausdrücklich »The infecting strands of | .% the parasite do not grow for any distance upward 5, \ and downward through the cortex of the host.« Er Ya ; o\| bringt auch in Fig. 28 der Tafel einen Tangental- |», | schnitt durch das Holz, wo 3 Markstrahlen durch em Arceuthobium-Gewebe stark erweitert erscheinen, doch Fig. 7. finden sich in dem kleinen dargestellten Schnitt auch normale Markstrahlen. In Fig. 27 der Tafel gibt er einen Tangental- schnitt durch normales Pinus-Holz, wobei bemerkt wird, daß er einem Kiefernast, 1 cm unterhalb eines Sprosses von Arceuthobium entnommen wurde. Bei einer halbwegs älteren Pflanze von A. oxycedri, würde man aber in der gleichen Entternung von einem Sprosse des Parasiten vergeblich nach einer Partie Holzes mit intakten Mark- strahlen im Juniperus-Zweige suchen. Wenn man Sprosse der Wirtpflanze eines Arceuthobium entrindet, so erhält man gleichfalls ein sehr instruktives Bild über die Massenhaftigkeit der Einbrüche des Schmarotzers in das Holz. Ein derartiges Sproßstück bildet v. Tubeuf in Fig. 49 ab. Es stammt von Pinus ponderosa, auf der A. campylopodum parasitierte. Ein ähnliches Präparat von Juniperus communis und A. oxycedri gibt in natürlicher Größe Textfig. 7 wieder. Es stammt von einem Juniperus-Stock, der im Dezember 1912 mit Samen des Arceutho- bium reichlich belegt wurde und schließlich 34 Pflanzen des Parasiten ergab. In August 1914 war einer der beiden Haupttriebe 158 E. Heinricher, des Wacholders verdorrt. Die Arcenthobium-Pflanzen auf ihm konnten — die Keimung erfolgte im April 1913 —- nur ein Alter von ungefähr 1!/, Jahre erreicht haben. Es wäre nun bei unserem Präparat unrichtig etwa zu schließen, daß die Narben, welche an der Oberfläche des Holzkörpers hervortreten (die eingetrockneten Sprosse wurden gekocht und dann die Rinde vorsichtig. abge- schält), der Zahl der vorhandenen »Senker« entsprächen. Das makroskopische Bild zeigt eben nur die. Narben der massigst ent- wickelten radialen Einbrüche des Arceuthobium, ein tangentaler Schnitt durch eine solche Sproßprobe unter das Mikroskop ge- bracht, zeigt aber, daß jeder größere Einbruchsort von zahllosen kleineren umgeben ist und fast alle Markstrahlen sich als mehr oder weniger von. Arceuthobium besiedelt erweisen. Tubeuf gibt für das von ihm abgebildete Präparat an, daß auf die Oberfläche von 11cm? 120 Senkerspuren entfielen. Vermutlich würde auch bei dieser Arceuthobinm-Art an mikroskopisch geprüften Tangental- schnitten eine noch weit größere Zahl von Einbrüchen in das Holz nachweisbar sein. Für A. oxycedri stimmen die Ergebnisse, die man betreffend die Massenhaftigkeit der Einbrüche bei mikro- skopischer Untersuchung der Tangentalschnitte gewinnt, voll- kommen mit dem überein, was die Prüfung der Querschnitte ergibt. Z.B. habe ich an einem einzigen Querschnitte durch den oberen Teil einer Anschwellung des Juniperus-Astes (Pflanze 53 meiner Kultur ex Dezember 1912, abgeschnitten 4. November 1914 — in ähn- lichem Alter, wie die Textfig. 1 abgebildete) 110 radial in das Holz vollzogene Einbrüche zählen können. Natürlich lagen nicht alle genau in der Schnittebene, doch war der Schnitt ziemlich dünn und die Zahl der Einbrüche eher höher als die angegebene. DH. Ich wende mich nun zur Behandlung der Frage nach dem Chlorophyligehalt von Arcenthobium im allgemeinen, besonders aber seines intramatrikalen Absorptionssystems. Die Sprosse wohl aller Arten enthalten Chlorophyll. Über die des A. occidentale sagt Peirce, daß sie beim Hervorbrechen »pale green« wären, »later they become much greener«. Solms-Laubach spricht von den »grünlichen Sprossen« des A. oxycedri, Neger! von ihren »blaßgrünen Zweigen«. Man könnte auf Grund dessen meinen, der Chlorophyligehalt der Sprosse von A. oxycedri sei gering. Dem ist aber nicht so, doch sind einige Momente vorhanden, welche die irrige Anschauung erklären. Eines dieser liegt in der gelbgrünlichen Färbung, welche die Sprosse öfters aufweisen. Zwei Ursachen, welche diese bedingen, sind mir infolge der ein ° RE a Ze il bt nn 4 0 Dad alu ln Luc 2 Ai A La de nn nn ua nn 1 »Biologie der Pflanzen auf experimenteller Grundlage (Bionomie), Stuttgart 1913. Das Kapitel »Parasitismus« enthält mehrfach Unrichtiges und erweist mangelnde Literaturkenntnis. Eu er Absorptionssystem der Wacholdermistel. 159 Dezennium erreichenden Beobachtung der von mir aufgezogenen Pflanzen klar. Zunächst ist diese Färbung speziell den männlichen Pflanzen und verstärkt gegen die Blüteperiode eigen. Erhöht wird der Eindruck zur Blütezeit — wie jetzt Mitte Oktober — durch die gelben Blüten selbst, die trotz der Kleinheit in ihrer Häufung die Arceuthobium-Büsche recht hervortreten lassen. Es scheint aber auch allgemein in den Sprossen eine Vermehrung der gelben Chlorophyllanteile stattzufinden. Die weiblichen Pflanzen aber haben im allgemeinen ein tiefes, sattes Grün, wenigstens so lange sie gesund und kräftig sind. An erschöpften Wirtszweigen können sie infolge Kränkelns mißfarbig werden. Ich habe aber noch eine zweite Ursache kennen gelernt, welche die gelblichgrüne Farbe- hervor- rufen kann, nämlich starke Insolation. Der Sommer 1921 war durch Trockenheit und viel Sonne ausgezeichnet und da fiel mir die gelbliche Färbung der Arceuthobium-Büsche auf. Sie. hatten diese aber nur an der nach außen gekehrten Seite. Die einen der be- siedelten Juniperus haben Pyramidenform, wobei diese durch das gleichmäßige Aufgewachsensein von 3 bis 4 Trieben bedingt ist. Ein Auseinanderbiegen der Triebe zeigte, daß die nach innen ge- kehrten Arceuthobium-Sprosse normal dunkelgrün waren. Es liegt also der gelblichen Färbung eine durch die starke Insolation be- dingte Abwanderung des Chlorophylis in die hinteren Zellpartien oder eine geförderte Bildung der gelben Chlorophylibestandteile zugrunde. Mor den, intramatrıkalen Teilen, berichtet Peirce p. ‚110, daß sie vollends des Chlorophylis entbehren, er hält daher Arceuthobium tür »much more complete parasite than Viscum and Phoradendron«, und »that it absorbs and uses foods elaborated by the pine. The perennial part! of Arceuthobium is probably completely parasitic so 1 Peirce macht folgende Angaben: »The branches at first vegetate in the air, and later flower and fruit. After their crop of ‚seeds‘ has been discharged they die and fall away. At this time no part of the parasite may be visible outside the body of the host.« Wir hätten dann bei diesem Arceuthobium tatsächlich eine Periode, in der der Parasit nur intramatrikal existiert. Aber die Sache erscheint nicht ganz verständlich, denn Peirce gibt die Blütezeit für September bis Jänner an, das Ausschleudern der Samen »at Christmas time«. Wenn aber die weiblichen Büsche nach der Samenausstreuung ihre Sprosse abwürfen, würden davon auch die weiblichen Blüten betroffen. Oder meint Peirce, daß die fruchtenden Büsche keine Blüten erzeugen und daß nach jedem Fruchten eine Ruheperiode eintritt, in der der Parasit intramatrikal erst wieder erstarken muß? Dann würden diese Büsche erst im nächsten Jahre blühen und erst im zweitfolgenden fruchten können. Auch D. T. Mac Dougal (Seed dissemination and distribution of Razou- mofskya robusta [Engelm.] Kuntze — From Minnesota Botanical Studies, 1899) gibt für die genannte Razoumofskya (= Arceuthobium) an, daß nach dem Fruchten die Sprosse absterben und abfallen. »With the opening of the next season shoots are produced as before.« Die Schwierigkeiten entfallen aber hier, wenigstens scheinbar, da das Blühen für April und den Anfang Mai angegeben wird, die Fruchtreife für den August. Diese würde bei A. robustum schon im Jahre der Blüte, und zwar wenige Monate darauf erreicht, während bei A. oxycedri dazu mehr als ein Jahr erforderlich ist. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. >. 18 160 E. Heinricher, long as ıt has no aerial branches. During the many months when it has aeria! branches it may: not be a conıplete parasite, and may be merely a ‚water-parasite‘.« Solms-Laubach sagt bei Besprechung der »größeren Wurzei- zweige«, daß das bis auf den axilen Gefäßstrang undifferenzierte Gewebe wenig Chlorophyll enthalte. Bei Erwähnung der feineren Wurzeläste und der einfachsten, Zellfäden darstellenden Aus- zweigungen wird über Chlorophyligehalt nichts gesagt. Ich beobachtete zuerst den Chlorophyligehalt im Absorptions- system an dem Keimpflänzchen, von dem schon p. 6 die Rede war. In der Textfig. 2 ist die Skizze eines Querschnittes durch lebendes Material gegeben. Die am Umfang liegende Masse von Arceuthobium-Gewebe war grün; in der Rinde war wegen des Luftgehaltes der Interzellularen, wie des Chlorophylis in der Juniperus- Rinde, die feinere Aufteilung des Arceuthobium-Gewebes nicht zu verfolgen, wohl aber traten die Einbrüche in den Holzkörper hervor und auch diese führten Chlorophyll. Im August 1914 fand ich dann den einen Haupttrieb eines Jumiperus com., der im Dezember 1912 mit Samen des Parasiten reich belegt worden war, abgedorrt. An ihm und etlichen Zweigen waren. 15 Arceuthobium-Pflanzen infolge des Absterbens des Wirt- zweiges gleichem Schicksale verfallen. Die Bezirke, die sie intra- matrikal schon eingenommen hatten, waren an den hypertrophischen Anschwellungen erkennbar. Waren die Samen nahe nebeneinander ausgelegt gewesen, so ging die Abgrenzung dort verloren, wo sich die intramatrikalen Teile beider Parasiten begegnet hatten. Ich wählte das Pflänzchen Nr. 48, das auf einem Seitenzweige saß, zur Untersuchung. Die hypertrophierte Astpartie erstreckte sich deutlich auf eine Länge von 4cm. Das Objekt wurde der Erweichung wegen in Wasser gekocht und dann eingehender untersucht. Ich erwähne davon nur, daß innerhalb der hypertrophierten Zone das Absorptionssystem reichlichst vertreten war, und daß speziell an Bei A. oxycedri werden normal die fruchtenden Sprosse nach der Samenentleerung nicht abgeworfen, sie tragen ja gleichzeitig Blüten, die im nächsten Jahre Beeren ergeben sollen. Irrige Auffassung ist allerdings dadurch möglich, daß Sproßabwurf (doch oft auch nur von Teilstücken) bei Arceu- thobium sowohl an männlichen als weiblichen Pflanzen sehr häufig vorkommt. Meine Kulturen haben nun ein Alter von 10 Jahren und haben Gelegenheit genug zu sicheren Beobachtungen geboten. Ursache für den Abwurf sind teils tierische Schädlinge, unter denen Blasenfüßer (spez. Heliolhrips hämorrhoidahis) eine ver- heerende Rolle spielen, teils Erschöpfung des Wirtes und als Folge streckenweises - Kränkeln und Absterben des Parasiten. Darin liegt auch begründet, daß seine Sprosse nur selten ein höheres Alter erreichen. Bei den Schädigungen durch Heliothrips trifft aber der Abwurf oft gerade die jüngeren Sprosse und durch- brechenden Knospen, während am Ursprungsort des Schmarotzers die alten Triebe erhalten bleiben können. Erklärlicherweise bevorzugt der Blasenfüßer das zartere jüngere Produkt. 1 Da aber an jüngeren Sprossen des Juniperus auch die Holzmarkstrahlzeilen Chlorophyll enthalten, ist einige Vorsicht bei der Diagnose nötig. Absorptionssystem der Wacholdermistel. 161 Tangentalschnitten durch die Rinde kompakte Stränge sehr leicht zu verfolgen waren, teils ob ihres Chlorophyligehaltes, teils wegen des so charakteristischen stockwerkartigen Baues, der aber infolge des Chlorophyligehaltes noch mehr hervorgehoben wurde. Diese Stränge erinnerten unmittelbar an Algenthallome, etwa an den einer Polysiphonia oder Sphacelaria, wiesen den Bau, wie ihn der stärkste Strang in Fig. 3, Taf. I, zeigt. Als ich mich nach der durch die Kriegszeit bedingten Unter- brechung im Sommer 1921 neuerlich der Untersuchung von Arcenthobinm zuwandte und einige offene Fragen ergänzend zu beantworten strebte, kam ich, bei dem Versuch zu ermitteln, wie weit sich der Parasit über die hypertrophierten Stellen im Nähr- zweige verfolgen lasse und wie er die Besiedlung neuen Terrains vollführe?, zu bemerkenswerten Ergebnissen. Zunächst zu dem, Ga tHabeı stets feinste, sehr chlörophyllreiche. Aus- zweigungen des Absorptionssystems tätig sind. Ich habe zur Untersuchung Seitentriebe des Juniperus be- nützt, die sekundär aus einem Haupttriebe vom Arceuthobium infiziert worden waren. So wurde am 30. Mai ein lebender solcher Trieb von 20 cm Höhe abgeschnitten, der durch eine. basale Hypertrophie, aber auch durch schon hervorgebrochene Sprößchen - die Infektion verriet. Die frisch angefertigten Schnitte wurden, um die Luft auszutreiben, gekocht, ihnen später Glyzerin zugesetzt. Alle Schnitte erwiesen einen reichen Chlorophyligehallt dieser jüngeren intramatrikalen Teile. Querschnitte in der Nähe des Sproß- srundes enthielten in der primären Rinde größere Gewebekomplexe, von denen wohl später Adventivsprosse des Arceuthobium zur Anlage gekommen wären. Am reichsten vom Absorptionsgewebe durchsetzt war die sekundäre Rinde in einiger Entfernung vom Kambium. Da fanden sich Querschnitte durch Stränge, die aus vier Zellreihen bestanden, aber auch einreihiger oder zweireihiger. Außer dem Chlorophyligehalt waren die Arceuthobium-Elemente durch die kollenchymatisch gequollenen Wandungen charakterisiert. Stellenweise waren solche Längszüge auch tangental ver- bunden und ebenso kamen radial orientierte wenigstens in Frag- menten zur Ansicht. Es: fehlten solche auch im Holze nicht und auch diese wiesen Chlorophyli in Spuren auf. Vermutlich zerfälit das Chlorophyll in durch den Schnitt verletzten Zellen. Eine ganz enorme Durchsetztheit mit Parasitengewebe wiesen Tangentalschnitte durch die Rinde, die in der Nähe eines durchgebrochenen Adventiv- sprosses angefertigt wurden. An Längsschnitten, die tangental, etwas höher am Sproß, gewonnen wurden, herrschten hauptsächlich längsstreichende Stränge vor, bald eine einzige Zellreihe, bald zwei und auch mehr weisend. Sie erschienen wie Algenfäden, die der Rinde eingebettet wären (vgl. die Skizze, Texfig. 8a). Querschnitte zeigen diese Stränge als grüne Inselchen. So skizziert Textfig. 8 db einen aus einer einzelnen Zellreihe bestehenden Strang in der 162 E. Heinricher, sekundären Rinde, eingeschoben oberhalb einer mechanischen Faser, und Textfig. 8c einen zwei. nebeneinanderlaufende Zellreihen um- fassenden, der in radialer Richtung zwischen die gereihten Elemente der Rinde eingekeilt erscheint. Er lag nahe dem Kambium; die untersten Zellen im Bildchen entsprechen den äußersten Tracheiden des Holzes. An den frischen Schnitten sind die Arcenthobinm- Zellen auch an den gequollen aussehenden, dicken Zellmembranen unterscheidbar. Von dem gleichen Sprosse wurde eine Partie 8 cm vom Gipfel frisch untersucht, eine Region, in der äußerlich jedes Anzeichen EI FERZINSE WERTE CR IL > ILT: AS NRERE: ee \ estes SER RS DE CD REF DALE SENE = P ER] RR, w = - } ERIEAR 52, RIEADFS ; ECHENDPIII, - = v “ z 2 =. ey. “s RE, is 8, für die Anwesenheit des Parasiten fehlte. (Basal war der Sproß hypertrophiert, höher hinauf fehlten merkbare Anschwellungen, aber da und dort war noch eine Knospe des Arceuthobinm durch- gebrochen.) Der Querschnitt des Sprosses hatte hier 15 mm Durch- messer; der Sproß war trotzdem schon 4jährig. Die Anwesenheit des Parasiten wurde festgestellt. In der sekundären Rinde, vor- herrschend aber in der Kambialzone oder ihr doch sehr nahe ‚fanden sich einzellige, meist aber am Querschnitt schon zwei Zellen _ aufweisende Stränge (vgl. Textfig. 8). Die Infektion war in diesem Sproßabschnitt jedoch nur einseitig und umfaßte etwa %/, des Umfanges. Besonderes Interesse. erregte ein Tangentalschnitt durch die Rinde. Wieder verliefen in ihr feine, chlorophyllreiche Stränge, gleichend Algenfäden. Dem Schnitte ist die in Textfig. Sa gegebene Skizze entnommen. ss F Absorptionssystem der Wacholdermistel. 163 Um über die Ausbreitung des Absorptionssystems und den Chlorophyligehalt bessere Einsicht zu erlangen, entnahm ich einem der Juniperus-Stöcke einen 48 cm hohen, reich von Arcenthobium besetzten Ast, untersuchte zunächst ein Stück dieses aus der Mitte, wo der Durchmesser 8 bis 9 mm betrug. 'Tangentale Anschnitte der Rinde ließen bei genauer Beobachtung schon makroskopisch sies durchsetzende ; grünliche , Streifen ‚unterscheiden; besser bei Beobachtung mit der Lupe. Mikroskopische Prüfung ergab einen mäßigen Chlorophyligehalt. Ein Querschnitt ließ einen stärkeren »Senker« blaßgelb erscheinen; mikroskopische Prüfung ergab Spuren von Chlorophyll. Im allgemeinen gewann ich den Eindruck, daß in älteren Partien das intramatrikale Strangwerk ärmer an Chlorophyll ist. An einem Seitensproß aus dieser Region, an dem makroskopisch von einer Infektion noch nichts erkennbar war, konnte mikro- skopisch eine solche als schon eingeleitet nachgewiesen werden. Längsschnitte durch die Rinde zeigten ähnliche Bilder wie sie die Skizze in Textfig. 5 a gibt. Diese feinen Infektionsfäden des Absorptions- systems waren an Chlorophyll wieder reicher. | Eingehender prüfte ich dann einen .Seitenzweig des Haupt- eaosr aus ‚der. oberen, Hälfte, „der, etwa. 10cm oberhalb ‚der untersuchten Mittelregion entsprang. Der Zweig hatte an der Basis Smm Durchmesser und eine Länge von 13cm. Daß er bereits sekundär vom Parasiten befallen war, konnte unmittelbar ersehen werden. An der Basis fanden sich Reste abgestorbener Arceuthobium- Sprosse, aber auch frische Austriebe;, 4cm darüber stand ein stärkerer, verzweigter Arcenthobium-Trieb. Dann folgten in Abständen, 0:5 cm höher, Reste eines abgeworfenen, 26cm weiter ein junger Trieb von 3 mm Höhe und endlich 2 cm darüber wieder ein solcher neben einer 1cm langen Auszweigung des Juniperus. Durch die Austriebe war also sichergestell, daß der 13cm lange Juniperus-Zweig etwa bis zur Höhe von 9 bis 1O cm vom Parasiten enimelıscizt' ist, hinpesen war dureh 'keine "Hypertrophie" seine Anwesenheit angedeutet. Ich erkläre mir speziell den Ausfall dieser an der offenbar stark durchsetzten Basis des Sprosses, als Folge der Schwächung der Juniperus-Pflanze. Der Hauptsproß war über- reich mit Arceuthobium besiedelt, den Seitensprossen wird nur wenig an nötigem Baumaterial zugeführt worden sein. 3 cm ober- halb der Basis entnommene Tangentalschnitte ergaben zwar massen- haftes Vorhandensein des Parasitengewebes, aber recht spärlichen Chlorphyligehalt. Dieser scheint auch von den mehr oder minder günstigen Verhältnissen, unter denen der Parasit lebt, abhängig zu sem, wie ja‘ leicht 'erklärlich. Reicher war 'der .Chlorophyligehalt 1 In dieser Hinsicht hatte ich Gelegenheit zu einer sehr interessanten Beob- achtung auch an unserer Mistel. Eine 1907 mit Mistelsamen belegte Tanne begann im Jahre 1918 unter dem Einfluß der vier mächtigen Mistelbüsche auffallend zu kränkeln, gleichzeitig aber auch die Misteln selbst. Ihr Laub und die Beeren erreichten nur unge- wöhnlich geringe Größe; ersteres war überdies nur blaßgrünlich, wies auffallende An- zeichen von Chlorose. Im Sommer 1922 starb die Tanne ab. Von den Objekten liegen mehrere photographische Aufnahmen vor. ge, 164 E. Heinricher, in der Region, in der die letzte Arceuthobium-Knospe hervorgebrochen war; hier erinnerten die letzten thalloiden Auszweigungen wieder mehr minder an Algenfäden. Mikroskopisch war der Parasit etwas über diesen Austrieb hinaus im Sprosse verfolgbar. Mindestens die letzten 2cm waren davon frei; bis in die Vegetationspunkte scheint er nicht vorzudringen. Tangentalschnitte durch die Rinde basaler Abschnitte sekundär (durch Überwanderung intramatrikaler Teile aus dem ursprünglich besiedelten Hauptsproß) infizierter Juniperus-Sprosse stellen auch die Textbilder in Fig. 4 und 5 dar. Allerdings von der Massen- haftigkeit des Parasitengewebes geben sie keine vollkommene Anschauung, weil sie nur vorführen, was annähernd in einer Ebene lag, und sie bei der relativ starken Vergrößerung! nur ein kleines Feld umfassen. Auch kommen nur die im Längsverlauf verfolg- baren Stränge deutlich zur Anschauung, obgleich es an senkrecht dazu ziehenden, also quer durchschnittenen, keineswegs fehlt. An frischen Schnitten gewähren die ein- und zweizellreihigen Aus- zweigungen des Absorptionssystems von Arcenthobium ganz das Aussehen von Grünalgen-Thallomen, vergleichbar etwa dem eines Stigeoclonium oder einer Draparnaldia. Wie schon erwähnt, sind die einreihigen Auszweigungen an Tinktionspräparaten, die nur die Zellkerne des Parasiten hervorheben, bei Konservierung in KWanadabalsam nicht gut zu verfolgen. Anschauliche Bilder lieferte aber eine Tinktion mit Pikrokarmin nach Ranvier (die Schnitte lagen 36 Stunden in der Färbeflüssigkeit). Hiebei kam es zu einer eigenartigen Fällung in den Arceuthobium-Zellen, die das Strang- system des Schmarotzers braun gefärbt hervorhob, so daß es wie der Thallus einer Phäophycee erschien. In Glyzeringelatine gelang die Konservierung solcher Präparate gut und Textfig. 4 ist nach einem solchen Präparate gezeichnet. Auch Schnitte durch Alkoholmaterial, in Chlorzinkjod oder in Jodglyzerin gelegt, hoben die feinen Verzweigungen des Absorp- tionssystems gut hervor. Nach einem solchen Präparate ist Textfig. 5 gezeichnet. Es ist einem Tangentalschnitte durch die Rinde eines infizierten Juniperus-Sprosses, und zwar schon nahe seinem Gipfel entnommen. Der bedeutende Stärkereichtum der Stränge des Parasitengewebes ließ infolge der Jodreaktion den Verlauf der Stränge gut verfolgen, auch schimmern etwas unter der Schnitt- fläche gelegene durch (zarter punktiert in der Zeichnung). Hier herrschen Stränge vor, die der Quere nach nur aus einer Zellreihe bestehen, da und dort ist in einzelnen Zellen aber schon Längs- teilung erfolgt. Der Verlauf der Elemente in der Juniperus-Rinde ist im Bilde angedeutet und ausgesprochen längs (parallel der Achse des Sprosses) gerichtet, während das Absorptionsgewebe des Parasiten 1 Die Bilder wurden unter Verwendung der Kamera bei 335facher Ver- größerung entworfen; bei der Wiedergabe erfolgte Reduktion aut 1/9. hs u er Absorptionssystem der Wacholdermistel. 165 ganz ordnungsios nach allen möglichen Richtungen verläuft. Die beiden Textfig. 4 und 5 zeigen wohl schlagend, wie wenig Be- rechtigung die Angabe v. Tubeufs hat, der a. a. O., p. 224, speziell auch für A. oxycedri schreibt: »Ihre Wurzeln schlängeln sich durch das Rindengewebe der Äste wie Pilzfäden, bleiben aber parallel der Stammachse« (Sperrung von mir H.). Die Untersuchungen haben also ergeben, daß besonders die jugendlichen Teile des Absorptionssystems, vor allem der Keimpflanze, dann aber auch die jüngeren Auszweigungen, welche die Infektion neuer Strecken im Wirte besorgen, meist reichlich Chlorophyll führen. Das Vorwärtsdringen besorgen vor allem Aus- zweigungen, die der Längsachse der Sprosse folgend, die lockere Rinde durchwachsen und in ihr wie eingebettete Algenfäden er- scheinen. Es ist nun die Frage zu erörtern, welchen Vorteil der Parasit von dem Chlorophyligehalt des Absorptionssystems hat und ob diesem eine assimilatorische Leistung zugeschrieben werden kann. | 2 | Beer 56 meine ich, unwahrscheinlich” Und, "wenn Ttei- weise möglich, kaum von entscheidender Bedeutung. Im allgemeinen dürfte die Lichtintensität, die dem im Gewebe der Nährpflanze seborgenen chlorophylihaltigen Teilen des Absorptionssystems zu- kommen kann, zu gering sein, um die Assimilation zu ermöglichen. Den Chloroplastiden von Arcenthobium dürfte eigentlich mehr die Eigenschaft ergrünter Leucoplasten zukommen. Damit würde auch ihre Labilität, die ich bei Verletzung der Zellen beobachtet zu haben glaube, übereinstimmen. Doch aber scheint mir der Besitz der Plastiden dem Parasiten in mehrfacher Weise von Vorteil sein zu können. Durch sie ist es ıhm möglich, aus Glykose Stärke zu kondensieren und der Stärkevorrat wird ihm gestatten, . seine osmotischen Leistungen in zweckmäßiger Weise zu regeln. Daß er solcher in weitgehender Weise fähig ist, dafür sprechen die anato- mischen Verhältnisse in beredter Weise. Ihnen verdankt der Schmarotzer offenbar das Vermögen, eine ungewöhnliche Aktivität zu entfalten; auch erscheint die Annahme nicht unberechtigt, daß er unter Mitwirkung der Plastiden dem Wirte. auch organische Nahrung in Form von Kohlehydraten zu entnehmen in der Lage ist, worauf noch später hinzuweisen sein wird. II. Das Mitgeteilte wird bereits annähernd eine Vorstellung gegeben haben über die außerordentlich reiche Gliederung des Absorptionssystems von Ärceuthobium und einer dementsprechenden gewaltigen Oberflächenentwieklung Wir wollen nun trachten, are Ninttel, zwi erörtern, (derem Sich. der»Schmarotzer,bei der Durchdringung der Gewebe der Nährpflanze bedient. 166 E. Heinricher, Solms geht auf diese Frage nicht ein. Johnson hebt be- sonders das Auseinanderspalten der Wirtstracheiden längs der Mittel- lamellen durch die »fine secondary« Haustorien hervor. Wir werden als zweifellos feststellen, daß in der Tat das Einzwängen seiner zahllosen Auszweigungen zwischen die Gewebe des Wirtes die Hauptrolle bei der Ausbreitung des Parasiten spielt. Vermutlich ist dabei die Ausscheidung von Pektase von maßgebender Be- deutung, daneben aber ohne Zweifel auch ein. sehr hoher osmo- tischer Wert des Zellinhaltes, der hohe Turgordrucke zu entfalten gestattet. Darauf weisen zahlreiche Erscheinungen hin, auf die wir später eingehen wollen. Reirce hingegen meint, ‚daß bei Arceuthobium occidentale auch Auflösung von Zellen eine Hauptrolle spiele. Schon der erste Einbruch soll unter Einwirkung von Enzymen »which dissolve the walls of opposing cells« erfolgen, das Gleiche wird unmittelbar darauf für den Durchbruch des Kambiums angegeben und p. 111 wird wiederholt von den Markstrahlen gesagt »which they once penetrated and absorbede«. Exaktere Belege hiefür bringt aber weder der Text, noch kann als solcher die schematische Fig. 28 der Tafel gelten, von der es in der Erklärung heißt: »Note the great increase in size of the infected medullary rays the cells of which have been REN displaced and absorbed by Arceuthobium_ cells.« Auch ich war geneigt, A. oxycedri die Befähigung zur Kur: lösung von Zellen des Wirtes durch sein Absorptionssystem zu- zusprechen, und war noch zur Zeit meines Vortrages in München | dieser Ansicht. Sowohl im vom Parasiten durchwucherten Holz, als in der Rinde des Juniperus ergaben die mikroskopischen Präparate Bilder, die zu einer solchen Auffassung verleiten konnten. So etwa für das Holz die in Textfig. 9 a, db, c wiedergegebenen, für die Rinde die Aufnahme Fig. 2 der Taf. V, und etwa von ain Texfig. 10 (vgl. auch Fig. 6, Taf. VI). Allein sein vsorgfältiges, kritisches Studium ließ mich einen sicheren Beleg für Durchwachsung und Lösung von Zellen nicht finden, vielmehr scheint in allen Fällen nur ein Durchzwängen des Absorptionssystems vorzuliegen und Lösung von Zellen und Durchwachsung nur vorgetäuscht zu werden. Die Täuschungen sind vorwiegend durch zweierlei Ursachen möglich. Die eine ist in der massenhaften Einlagerung von Oxalat- gries in die radialen Wandungen der Elemente in der sekundären Rinde des Juniperus gelegen, die zur Vortäuschung eines der Membran anliegenden Plasmaschlauches führen kann. Eine solche Täuschung war vielleicht Veranlassung, daß die photographische Aufnahme des Präparates, von dem Fig. 2, Taf. V, herrührt, erfolgte; sie war als Beleg für das Durchwachsen von Zellen aufgenommen. Es handelt sich um einen Tangentalschnitt durch die sekundäre 1 Alba). O1}49..106. Er a ae 167 Absorptionssystem der Wacholdermistel. RT es ü @ d \ U N oT @ LR Ko\a\e) 7 DD AL ,‚ der in Chlorzinkjod liegend, die vorhandenen Arceuthobium-Elemente sicher Rinde von Juniperus unterscheiden ließ. Alle im Schnitte durch den dunklen Inhalt auffallenden Zellen gehören dem Parasiten an; 168 E. Heinricher, sie sind durch die Überfüllung mit Stärke und die gequollenen Membranen sicher gekennzeichet gewesen. Der erste Eindruck ist der, daß es. radialstreichende, daher im Querschnitt getroffene Markstrahlen seien. Das war aber nicht der Fall, sondern es waren Zellen des Parasiten und sie wurden darum als in genannter Richtung orientierte Zellbänder dieses aufgefaßt. Weil sie ferner zum Teil deutlich als im Innern langgestreckter Zellen liegend erschienen, war die Annahme gegeben, sie könnten diese Zellen durchwachsen haben. Dazu kam, daß an den Längswänden ein deutlicher Plasma- belag vorhanden schien, der in der weniger gelungenen Aufnahme allerdings nicht sichtbar, wohl aber in der vorausgehend ausgeführten Zeichnungsskizze eingezeichnet ist (vgl. die Textfig. 124). Heute fasse ich die Sache anders auf, vor allem in keinem’Falle als Durchwachsung. Zwei Deutungsmöglichkeiten liegen vor. Es können die Arceuthobium-Elemente wirklich radial gestrichen und so durchschnitten worden sein, sie stehen aber in der Schnittebene nicht innerhalb einer langgestreckten Zelle sondern innerhalb eines Interzellularraumes und deı vermeintlich gesehene Plasmaschlauch war durch das den Wänden der begrenzenden Zellwände einge- lagerte und anliegende Calciumoxalatgerinsel vorgetäuscht. Eine zweite mögliche Erklärung des Falles ist die, daß die Arceuthobium-Elemente sich als Zellreihen oder -Bänder, tangental und horizontal zwischen den Elementen der Juniperus-Rinde durchzwängten, wobei die Parasitenzellen infolge ihres hohen Turgordruckes weit. in das Lumen der benachbarten Rindenzellen vorragten. Der Tangentalschnitt muß dann diese Vorsprünge der Arceuthobium-Zellen durchschnitten haben, die Durchschnitte er- scheinen dann tatsächlich im Innern der langgestreckten Rinden- elemente und auch. der den Wänden dieser anliegende Plasma- schlauch wäre dann tatsächlich ein solcher gewesen. Damit haben wir den zweiten Fall berührt, ‘der wohl zweifellos häufig das Durchwachsen von Zellen vortäuscht. Wir wollen dies an einer Reihe von Bildern erläutern, vorwiegend Tangentalschnitten durch die Rinde entnommen. Wenden wir uns zunächst der Textfig. 10 zu.! Das Schnittbruchstück in b zeigt uns oben eine zusammenhängende Zellenkette, die sich vorwiegend aus Arcenthobium-Zellen, ver- mutlich in der Mitte auch aus Markstrahlzellen zusammensetzt. Unten sind isoliert oder gepaart nur Arcenthobinm-Elemente, zwischen den Rindenzellen eingezwängt, es sind also die Durch- schnitte einreihiger oder doppelreihiger Zellfäden und illustriert das ergänzend die Massenhaftigkeit solcher, wie sie im Flächenbilde, Textfig. 5, einigermaßen veranschaulicht. Schon hier sehen wir, wie sich die Parasitenzellen weit in das Lumen der nachbarlichen Wirt- zellen vordrängen, so das Zellumen stark einengend und die Zell- form stark beeinflußend. Letzteres. tritt besonders gut auch in 10 c hervor. (Schnitt vorausgehend mit Phloroglucin+ HCl behandelt, 1 a ist bei 435facher, & und c bei 220facher Vergrößerung gezeichnet. Absorptionssystem der Wacholdermistel. 169 dann in Glyzeringelatine eingeschlossen.) Einige Schwierigkeiten bietet der Deutung das in 10a dargestellte Schnittfragment. Sicher. ist, daß links oben der Querschnitt durch einen Rindenmarkstrahl, rechts hingegen ‘durch einen Pseudomarkstrahl, bestehend aus Arceuthobium-Zellen, vorliegt. Die Dreierzellgruppe und die runde Da 2720 Wr E SEITE min ma Ru hr 2 I FIOTITENIRINTETHATrarc FE x \ a en Be MIN AUGE TIER FI Pa PU SATIRTE RENT pe \ Ben TEST or Sn BERREE. Si era reregg SE / ee N 5 2 h -_ } BR FETTSNIITREAILTT Q Fig. 10. Zelle rechts davon sind durch die stark gequollenen Membranen ebenfalls deutlich als dem Parasiten angehörig gekennzeichnet. Aber die Lage dieser Elemente ist derartig, daß hier tatsächlich an eine Durchwachsung einer Wirtszelle durch den Schmarotzer gedacht werden könnte.! Allein die Unzahl sicherer Fälle, die sich 1 Die rauhen Zellkonturen, mit denen die Zeichnerin besonders die Längs- wände in den Textfig. 10 a und b und 11a, b wiedergegeben hat, sind auf das RO ErHeirniricher; klar und deutlich auf Einzwängen des Parasiten zwischen die Wirtszellen zurückführen lassen, mahnt zur Vorsicht. Es sei dies- bezüglich noch auf die Textbilder in Fig. 11 (gezeichnet bei Vergr. 220) hingewiesen. Es handelt sich in beiden Fällen um Tangentalschnitte, die mittels des Mikrotoms durch von Arceuthobium etwa 10 Jahre lang durchwucherte Juniperus-Rinde angefertigt wurden. Der vom Alkohol zu Fällung gebrachte eiweißartige Inhalt gewisser Zeilen? ist schraffiert gezeichnet. Der Schnitt, von dem Bild a stammt, war mit Rutheniumrot gefärbt und in Glyzeringelatin eingeschlossen. Man sieht zahlreiche Arceu- thobium-Zellen, die alle deutlich zwischen den Wirtszellen sich eingezwängt haben, aber weit in das Innere solcher vorragen. Die oberste Reihe zeigt Fälle, wo das Einzwängen besonders weit ın das Lumen der einen begrenzenden Wirtszelle gelang. Im Zusammenhang damit wird. auch das Verständnis für das Bild». -in. Fig. 11.5 erleichtert. Hier liegen tangental, an- nähernd senkrecht auf die längs gerichteten Rindenelemente, verlaufende Zellfäden des Arceuthobium vor, deren einer „auf -.eine; „weitere Smeekesyrr- u, „ [olgbar war. Die erste, dicht mit 444” geronnenem Eiweiß erfüllte Zell- ” . reihe. ‚und ‚die. folgende Ve =r®, Zelle könnte man als vom Arcen- RP thobinm-Faden durchwachsen ansehen (tatsächlich ist er nur weit in die Zellen eingebettet und erscheint im Schnitte in ihnen liegend, wie unter Heran- zıehung des Bildes in a leicht verständlich wird); dann wächst der Faden zwischen zwei auseinandergedrängten Zellen, einer etwas Eiweiß führenden und einer hellen hindurch, schiebt sich unter eine helle inhaltsarme, ist hier durchschimmernd zu verfolgen, nicht den Zellwänden der Juniperus-Rinde massenhaft eingelagerte Calciumoxalat zurück- zuführen. Besonders die Radialwände sind überreich an solchem und entspricht ihm auch das Gerinsel, das diesen Wänden in De Bary’s vgl. Anatomie (Fig. 211, | einem Querschnittsbilde) eingezeichnet ist. Eine Erklärung dafür ist allerdings nicht beigefügt. 2 Sie entsprechen den Elementen, die Strasburger bei den Koniferen als »eiweißhaltige Zellen« bezeichnet. Darüber wird noch später gehandelt werden. | Absorptionssystem der Wacholdermistel. 171 hingegen unter der folgenden Eiweißzelle, nach deren Passierung er erst wieder emportaucht und erkennbar wird. Der Mikrotom- schnitt, dem Fig. 11 5 entstammt, war mit Pikrokarmin und Gentiana- violett gefärbt. Ber zei Tier aut vie. 6, Taf. VI, verwiesen... Das.Bild sibt einen Tangentalschnitt durch die Rinde bei 120facher Vergr. Er wurde mit Javell’scher Lauge behandelt und dann mit Hämatoxylin gefärbt, in Glyzeringelatine eingeschlossen. Die Arceuthobium-Zellen haben in ihren gequollenen Wandungen den Farbstoff besonders stark aufgenommen und waren so von den Markstrahlzellen gut unterscheidbar, allerdings im Präparate noch besser als in der Aufnahme. Im Bilde treten wieder Fälle auf, wo scheinbar Durch- wachsungen vorliegen, so links ober der Mitte und am rechten Rande unter ihr. Ferner enthält es einen reinen »Pseudomarkstrahl« (rechts in der Nähe der Zahl 6), oberhalb dieses einen reinen, echten Markstrahl (9 Zellen umfassend), reichlicher aber Markstrahl- zellen mit Arcenthobium-Zellen in der verschiedensten Weise ver- einigt. So unter dem Pseudomarkstrahl ein zum Teil doppelreihiges Aggregat, 9 Zellen umfassend, davon rechts 6 Arceuthobium- Zellen, links 3 Markstrahlzellen. Ziemlich zentral eine 7zellige Kette, 6 Zellen davon Markstrahlzellen, die 7., mitten eingeschoben, eine Arceu- thobium-Zelle. Mehrfach liegen Fälle vor, wo der scheinbare Mark- strahl zur Hälfte aus Markstrahl-, zur Hälfte aus Arceuthobium-Zellen besteht (unten im Bilde). Ganz hervorragend schön gelingt die Unterscheidung der Arceuthobium-Zellen von den Markstrahlzellen an Tangentalschnitten durch das Holz befallener Juniperus-Sprosse, wenn solche mit Javell’scher Lauge behandelt waren und dann Chlorzinkjod zu- gesetzt ‚wird. Dies veranschaulichen die Bilder in Textfig. 12 (Vergr. 220). Die Schnitte gewinnen einen blauschwarzen Grundton infolge Reaktion der Zelluloseschichten der Tracheiden, auch die Membranen der Markstrahlzellen werden blau, hingegen erscheinen die der Arceuthobium-Zellen stark gequollen und weiß. Auch inhaltlich sind sie an dem mir vorliegenden Schnitte verschieden. Die Arceuthobium-Zellen: stärkereich, die der Markstrahlen soldgelbe Tröpfchen, offenbar fettes Öl führend. Fig. 12a zeigt scharf hervorge- hoben die fünf Zellen umfassende Gruppe von Arceuthobium-Zellen, die an Markstrahlelemente anschließt, während rechts und links normale Markstrahlen vorhanden sind. In 12 5 liegt abermals eine Kombination von Arcenthobium-Zellen mit Markstrahlzellen vor. An zwei Markstrahl- zellen schließt ein Paar Arceuthobinm-Zellen an, ein anderes Paar solcher hat sich seitlich zwischen die Tracheide und die untere Markstrahlzelle eingezwängt. An der Flanke rechts ein normaler Markstrahl. In schematischer Skizze ist in 12c noch ein besonders instruktiver Fall beigefügt. Es ist das Angenehme an derartigen Präparaten, daß sie auch nach monatelangem Liegen, durch Zugabe eines frischen Tropfens Chlorzinkjod immer wieder die instruktiven 2 E. Heinricher, Bilder hervortreten lassen. Der skizzierte Fall betrifft abermals eine zwischen zwei Tracheiden eingezwängte Vereinigung von Markstrahl- und Arceuthobium-Zellen. Erstere sind mit m, letztere mit a bezeichnet. Auf den ersten Blick hat man den Eindruck eines einreihigen, langen Mark- strahles. Er beginnt oben mit 9 Markstrahlzellen, auf die 4 von AÄrceuthobium folgen, dann eine Mark- strahlzelle, abermals eine von Arceuthobium und ‘ zum Beschluß wieder eine Markstrahlzelle. Außerdem sind aber links neben den 4 Arceuthobium-Zellen noch vier zusammenge- drückte Markstrahlzellen erkennbar, so daß es sich tatsächlich um einen 11 Zellen umfassenden Markstrahl handelt, von denen aber vier durch. die Parasitenzellen zur Seite gedrückt wurden. Die vorgebrachten Details dürften zur Genüge erhärten, daß bei ein- gehender Prüfung nichts auf Absorption der Mark- strahlzellen des Juniperus durch den Parasiten hin- weist, sondern sie stets .nur Verlagerung und allenfalls Zusammenge- drücktwerden betrifft. Und darum dürfen wir auch annehmen, daß in altbefallenen Jumiperus- Sprossen, in denen sich die radial den Holzkörper durchziehenden Stränge desParasiten durch häufige Zellteilung stark vermehrt haben und eine arge Zerklüftung des Holzkorpers eingetreten ist, die Elemente der Markstrahlen in ihnen verschoben, oder mehr minder zer- quetscht noch vorhanden sind, wenn sie auch aus der Masse von Zellen nicht hervortreten. Fehlen werden sie allerdings, falls ein solcherKompiex von vornherein nur aus einem Pseudomarkstrahl hervorgegangen ist. Absorptionssystem der Wacholdermistel. 173 Ein Stück eines Tangentalschnittes durch das Holz eines schon durch mehrere Jahre von Arceuthobium durchwucherten Juniperus-Sprosses bringt Fig. 1 der Taf. VI zur Anschauung. Das Präparat war mit Rutheniumrot gefärbt und in Kanadabalsam eingeschlossen. Die Vergrößerung beträgt nur 95; es war beabsichtigt, ein Übersichtsbild für die stärker hervortretenden Störungen im Hoiz. zu gewinnen, gegenüber den jüngeren Stadien, die Fig. 4, Taf. I, vorführt. Das kaum ein zur Gänze intakt verbliebener Markstrahl vorhanden ist, wird ersichtlich. Ebenso auch, daß die breiteren und längeren Komplexe durch sekundäre Vereinigung ursprünglich getrennter, infolge der starken Vermehrung der Arceuthobium-Zellen zustande gekommen sind. Links, wo sie der Schnitt nicht ganz genau quer durchschnitten hat, sind besonders umfangreiche vorhanden. Rutheniumrot hebt die Arceuthobium- Elemente wohl infolge des hohen Anteiles, den Pektinstoffe am Aufbau der Membran haben, stark hervor. Immerhin sind in diesen alten Strängen des Parasiten auch schon verholzte, wasserleitende Tracheen differenziert und durch abweichenden Farbenton im Präparate angedeutet, nicht aber gelingt es den Anteil, den Mark- strahlzellen des Juniperus an ihnen haben, zu bestimmen. Mit der vorangehend besprochenen Methode — Behandlung der Schnitte mit Eau de Javelle und darauf mit Chlorzinkjod — gelänge aber vermutlich auch an solchen Präparaten noch die Differenzierung von beiderlei Elementen. "Wir sind also zur Überzeugung gelangt, daß Arceuthobium unter Ausnützung der hohen osmotischen Leistungsfähigkeit seiner Zellen die Gewebe des Wirtes auseinanderspaltet und so, wie wir zu verfolgen Gelegenheit hatten, massig zu durchsetzen vermag. Wie wir schon hinwiesen, treten infolgedessen starke Deforma- tionen an den Juniperus-Zellen auf. Nicht nur an Parenchymzellen der Rinde ist das verfolgbar (vgl. Textfig. 10 c), sondern auch und besonders an den mechanischen Fasern der Rinde und den Tracheiden des Holzes. Die ersteren erhalten unter Einwirkung zwischengezwängter Arceuthobium-Zellen oft Längsbegrenzungen, die an Sägezähne erinnern, und wenn der Angriff von zwei gegenüberliegenden Seiten erfolgte, sehr starke Einengungen des Innenraumes. Eine derartige Deformation kann annähernd veranschaulicht werden, wenn man in Fig. 4, Taf. VI, die von unten in das Arcenthobium- Gewebe hineinragende Endigung einer Tracheide betrachtet. Ein Beispiel, zu welchen Abnormitäten die Tracheiden des Holzes durch das Einzwängen der Arceuthobium-Ketten veranlaßt werden, gibt auch das auf Taf. II, Fig. 4 bei 255dfacher Vergr. aufge- nommene Fragment eines Tangentalschnittes, der in Chlorzinkjod lag. Besonders sei auf die merkwürdige Zapfenbildung in der Mitte hingewiesen, die wohl einer Falte entspricht, zu deren Entstehung der von den Parasitenzellen ausgehende Reiz auf die Tracheide 174 E. Heinricher, Veranlassung gab. Solche schwer zu deutende und verwickelte Fälle ließen sich viele vorbringen. Die absonderlichen Gestalten, zu denen die Tracheiden unter Einwirkung des Arceuthobium gelangen, belegt auch die in Textfig. 13 gegebene Partie eines Tangentalschnittes, die unter Benützung einer mikrophotographischen Aufnahme (Vergr. 185) gezeichnet wurde. -Das Präparat entstammt einem abgestorbenen Juniperus-Sproß, der 15, noch relativ junge Parasitenpflänzchen (Aussaat Dezember 1911, Keimung 1912, abgestorben August 1914) trug. Es wurde mit basischem Fuchsin tingiert und in Kanadabalsam eingeschlossen. Meistenteils liegen Kombinationen von Markstrahl- Um das Zentrum, wo die maximale Vermehrung der letzteren erfolgt war, tritt die gestaltliche Beeinflussung der Tracheiden am stärksten hervor. Es sei nur auf die zusammen- gebogene im Zentrum hinge- wiesen, deren Umrisse etwa an “ den Durchschnitt eines Stockzahnes mit 2 eng anein- ander liegenden Wurzeln er- innern. | | Alle Anzeichen sprechen dafür, daß der Parasit diese Deformationen der Wirtszellen ‚nur in ihrem jugendlichen ; Zustande zu vollführen vermag. Besonders arge Verlagerungen der Gewebe beobachtete ich \ an einem Keimpflänzchen, bei Fig. 13. dem. wahrscheinlich der jeden- falls seltene Fall vorlag, daß der Einbruch in den jungen Juniperus-Zweig besonders impulsiv, in der Weise eines primären Senkers, durchgeführt worden war. Die Radialschnitte durch das Holz ergaben absonderliche Bilder, in denen das Unterscheiden von Markstrahl- und Parasitenzellen nur zum Teil gelang. Das Objekt war in Formol konserviert; die Schnitte wurden mit Hämatoxylin nach Corazzini gefärbt und in Kanadabalsam eingeschlossen. Bruchstücke einer mikrophoto- graphischen Aufnahme (Vergr. 132) enthalten die Bildchen 3@ und 35 auf Taf. II. In 3a ist der in der Mitte gelegene, da tonnen- förmig erweiterte Strang jedenfalls Arceuthobinm angehörig; er verschmälert sich nach links hin, um sich dann wieder verbreiternd, im Sinne des Streichens der Tracheiden umzubiegen. Ebenso liegen in 35 wohl Markstrahl- und Arceuthobium-Zellreihen vor. Die weiteren gehören sicher letzterem an; auch sieht man unten und Arceuthobium-Zellen vor. ° £ u +7 2 Me u a j Absorptionssystem der Wacholdermistel. 175 wieder ein bogenförmiges Umbiegen eines Zellstranges, gewisser- maßen der Ausdruck für die Suche nach den Orten, die dem Durch- zwängen geringeren Widerstand entgegensetzen. Auch die in Textfig.9, c gegebene Skizze ist dem gleichen Präparate entnommen. Solches Verlassen der ursprünglichen Richtung erklärt dann auch, wie am Querschnitt, abseits vom Markstrahl, eine inselartige Gruppe von Arcenthobium-Zellen auftritt, wie es Skizze d der Textfig. 9 zeigt, oder wie die seitliche Verbindung radial verlaufender Stränge des Parasiten erfolgt (@ und d, Textfig. 9). Daß das ältere Holz dem Vordringen der Auszweigungen des Absorptionssystems ein Hemmnis bereitet und eine solche Grenze nur wenig und ausnahmsweise noch überschritten wird, dafür sprechen die Querschnittsbilder, die in den Figuren 5 auf Taf. IV, 1 auf Taf. V und 4 auf Tat. II nach mikrophotographischer Aufnahme wieder- ersehen smd. Pie. 9, Tat. IV (Vergr. 100), Zeigt “eine Partie eines Ouerschnittes, der ober der Mitte des in Textfig. 1 gezeichneten Sprosses geführt worden war. Das Arceuthobium-Pflänzchen auf ihm stammte von einer Aussaat vom Dezember 1912, war also 1913 aufgegangen. Im Oktober 1914 wurde der Sproß abgeschnitten. Der Querschnitt läst 5 Jahresringe unterscheiden, von denen der ex 1913 sehr schwach, der des Jahres 1914 besonders mächtig war. Im Bilde ist etwas vom 9. Jahresringe, dann der schmale 1913er und etwas von 1914er vorhanden. Die Arceuthobium-»Senker« endigen alle wesentlich im gleichen Niveau, innerhalb des 1913er Jahrringes, d.h. sie werden Mitte der Vegetationsperiode das Kambium durchbrochen haben, erreichten aber an den fertiggestellten Tracheiden die Grenze, arı der sie gestaut wurden. Das Bild Fig. 1, Taf. V (Vergr. 140), zeigt ähnliche Verhältnisse. Auch an dem Sprosse, dem dieser Querschnitt entnommen wurde, war die Aussaat des Samens, der die Arceuthobium-Pflanze ergab, im Dezember 1912, die Keimung 1913, und die Entnahme des Sprosses im September 1914 erfolgt. Das Bild enthält einen Teil des 1913er Jahrringes und den 1914er. Die radialen Einbrüche erreichen zumeist nur die Grenze beider Jahresringe, einzelne sind, wie am Präparate ersichtlich, etwas auch in den 1913er verfolgbar. Sie werden aber nicht alle gleichzeitig das Kambium erreicht haben. Der Schnitt war mit Pikrokarmin (Kernfärbung) und basischem Fuchsin gefärbt. Infolge des letzteren Tinktionsmittels sind an den radialen Einbrüchen des Parasiten auch die zarten Spiralverdickungen seiner Tracheen in der Aufnahme erkennbar, und zwar finden sich, im Gegensatz zu den Angaben v. Tubeufs, solche auch schon in den der Breite nach einreihigen Einbrüchen.” Das kann man übrigens auch aus der Fig. 4, Tat. IV, ersehen. Unsere Fig. 1, Taf. V, gibt auch wieder ein anschauliches 1 Die Bilder der Textfig. 9 sind alle bei 220facher Vergrößerung gezeichnet. 2 v. Tubeuf sagt p. 271: »Die in den Markstrahlen verlaufenden Senker bilden anfänglich nur Parenchym und nur umfangreicher gewordene bilden auch ‚Gefäße.« | Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. 14 176 E. Heinricher, Bild von der argen Zerklüftung des Wirtsholzkörpers, die schon die jugendliche Schmarotzerpflanze vollführt. Wir sehen in der Mitte eine einreihige Tracheidenplatte von zwei Einbrüchen des Parasiten isoliert, ja in der Nähe des Jahrringes kommen die beiden Einbrüche sogar zur Vereinigung. Auffallend sind am Ende des breiteren Einbruches auch die zwei ober der Jahrringgrenze befindlichen Tracheiden mit ihrem mehr rundlichen Querschnitt. Es erweckt dies die Frage, ob denn der Parasit nicht doch auch etwas verquellend und erweichend auf die Tracheiden einzuwirken vermöge? Solche Vermutung, die zuerst auch mit der Annahme gepaart war, daß Arceuthobiunm Wirtszellen zu durchwachsen vermöge, waren auch nahegelegt durch Bilder, wie sie Fig. 4, Taf. IV (Vergr. 156; Präparat gefärbt mit Hämatoxylin und basischem Fuchsin in Kanada- balsam), und die in a, db und e der Textfig .9 gegebenen, aufdrängten. In Fig. 4, Taf. IV, sehen wir von dem markstrahlartig das Holz durchziehenden Strange, links von der Mediane nach rechts eine seitliche Auszweigung abgehen, die ganz den Eindruck erweckt, es wäre hier ein Einbruch in Tracheiden erfolgt. Gleiches gilt auch von der Endigung desselben Stranges. Wir fassen das aber jetzt für keinen Beweis für das Durchwachsen von Zellen durch den Parasiten auf, sondern sind durch die eingehende Untersuchung der Frage der Überzeugung, daß auch in solchen Fällen nur Einzwängen zwischen die Zellen der Wirtspflanze vorliegt. Noch sei für das gleiche Bild auf die querdurchschnittene Arceuthobium-Zelle, erkennbar durch die Membranbeschaffenheit und den Zellkern, hingewiesen, die sich in der rechten Hälfte, seitlich eines Markstrahles befindet. Was nun die Bilder a, b, e der Textfig. 9 betrifft, sind sie alle einem Querschnitte entnommen, der durch den in Textfig. 1 abgebildeten Sproß, etwas ober der Mitte der Hypertrophie, geführt war. Der Schnitt wurde mit Hämatoxylin nach Corazzini gefärbt und in Kanadabalsam eingeschlossen. An diesem Präparate gewinnt man an vielen Stellen den Eindruck, daß der Parasit auch erweichend auf die Wandungen der Tracheiden einzuwirken vermag. Besonders kann eine solche Annahme kaum unterlassen werden bei Betrachtung der Stelle, die a darzustellen versucht. Die zwischen dem zwei- reihigen Arceuthobium-Strang und seiner Auszweigung zwickelartig gelegenen Tracheiden sehen, so wie die rechts von der Auszweigung und dem folgenden Parasitenstrang gelegenen, entschieden alteriert und mehr minder verquollen aus. Auf Verschiebungen und Ver- lagerung weist auch, daß man sicher Flächenansichten einzelner Hoftüpfel am Querschnitt wahrnehmen kann. Eine ähnliche Beeinflussung der Tracheiden tritt etwas auch in db, in dem Zwickel hervor, der zwischen dem Hauptstrang des Arceuthobium und seiner unterhalb einer Tracheide nach rechts abgehenden Auszweigung liegt, die nach einer Holzparenchymzelle des Juniperus zieht. Nach einer zweiten solchen Zelle ist eine nasenartig vorspringende Zelle des rechts die Begrenzung bildenden Stranges von Arceuthobium auffallend. Absorptionssystem der Wachöldermistel. 77 Das: ‚Bild ine; "Textfig. 9, entsprieht: im’ wesentlichen der 5, Tal IV n(undiider' Fig.!4,. Taf..ID,t ist nur! einem andern Querschnitt durch das gleiche Objekt (vgl. p. 33) entnommen und ‚bringt eine Stelle im Detail bei stärkerer Vergrößerung (zirka 220). Es handelt sich um die gestauten Enden der Arceuthobium-Einbrüche, die allerdings entstanden, als der Parasit das Kambium mit ihnen erreicht hatte, er also jugendlichem Gewebe des Wirtes gegenüber- stand. Da scheint nun wieder zwischen den voluminösen Reihen der Parasitenzellen eine zusammengedrückte, verkümmerte Tracheiden- reihe zu liegen und auch an der rechten Flanke der stärkeren Arceuthobium-Zellreihe ist eine Alteration der Juniperus-Elemente erkennbar, wenn auch nicht in dem Maße, als es die Zeichnerin im Bilde dargestellt hat. Mit dieser erweichenden Wirkung der Parasitenzellen auf die Wandung anliegender Tracheiden hängt nun vielleicht eine geringere Verholzung im vom Arceuthobium durchwucherten Bezirk des Holzes zusammen, was Tinktions- präparate bei Anwendung von basischem Fuchsin wahrnehmbar machten. In solchen sieht man oft nur an den Mittellamellen die Färbung eintreten. Kennzeichnend ist auch die Erscheinung, daß das vom Parasiten stark durchwucherte Holz nicht nur an Masse (Breite der Jahres- ringe) auffällt, sondern auch durch die Weite der Elemente. Dies gilt wenigstens solange, als der Wirt durch Überhandnehmen des Parasiten nicht erschöpft ist. Eine Partie sölchen Holzes zeigt Fig. 3, Taf. II. Die ganz ungewöhnlich weiten Tracheiden an der rechten Seite befanden sich oberhalb eines darunter hinwegziehenden Saug- stranges. Die sehr bemerkbare Hypertrophie des Tragastes, an der Stelle, wo ein Arceuthobium seine Entwicklung begann, kommtin erster Linie durch die Wucherung des Zuwachses im Jahresring, in dem der Parasit seine Ausbreitung voll- zieht, zustande.” Es mag das zum Teil eine Reizwirkung sein, die die jugendlichen Zellen des Wirtes trifft, zum Teil aber auch eine Folge dessen, daß die Pumpkraft, die der Parasit auf den Zufluß von Wasser und Nährstoffen ausübt, anfänglich wenigstens, teilweise 1 Der Textfig. 9, e entspricht wohl die in Fig. 4, Taf. II, vorliegende mikrophotographische Aufnahme (Vergr. 170). 2 v. Tubeuf führt für A. Douglasii die Hypertrophie auf die bedeutende Masse zurück, die der Parasit durch seine Rindenwurzeln, Ausschlagssprosse etc. in der Rinde bildet (a. a. O., p. 286). Das kann sekundär mitwirken, das primäre ist die Wucherung im vom Arceuthobrum erreichten Jahresring. Es verdient Erwähnung, daß, wie aus der Abhandlung von L. Geneau de Lamaliere (»Sur les mycocecidies des Gymnosporangium«, Ann. d. Sc. nat.. S. Ser., T. 1, Paris 1905) hervorgeht, zwischen der Einwirkung des pilzlichen Schmarotzers und der von Arceuthobium auf Juniperus manche Ähnlichkeiten vor- handen sind. Auch der Pilz veranlaßt »modifications les plus profondes« in den Markstrahlen und speziell für Gymnosporangium clavariaeforme wird festgestellt, daß innerhalb des Bezirkes der Cecidien die Jahresringe breiter sind als im normalen Holz, so daß sie Anteil haben am Zustandekommen der Hypertrophie. 178 E. Heinricher, auch dem Wirtsgewebe zugute kommt. Diese Erscheinung bedingt ja außer der Hypertrophie, durch die sich jede, genug von einer zweiten entfernt sich entwickelnde Pflanze markiert, auch 'die, daß Arcenuthobium bei isoliertem Befall auf Juniperus typische Hexen-. besenbildung zu veranlassen vermag.! | | Die hypertrophische Ausbildung der Jahresringe läßt sich auch an unseren Bildern einigermaßen verfolgen. Der Querschnitt durch den in Fig. 1, Taf. I, dargestellten Juniperus-Sproß betrifft eine Parasitenpflanze, dieim Frühjahr 1913 gekeimt hatte, nach außen noch nicht hervorgebrochen war, ihre Anwesenheit aber durch eine merkbare Hypertrophie verriet. Der Sproß wurde am 17. Jänner 1914 abgeschnitten. Das bei 30facher Vergrößerung wiedergegebene Bild läßt annähernd erkennen, was das Präparat bestätigt, daß vier Jahres- ringe unterscheidbar waren. Durch die Zerfressenheit ist der 1913er Jahresring gut markiert und tritt seine verhältnismäßigere Breite gegenüber den vorangegangenen hervor. Das Präparat — und auch im Bilde kommt es zum Ausdruck — ist aber noch dadurch interessant, daß es einen im allgemeinen gewiß seltenen Ausnahmsfall aufweist. Während in der Regel der Schmarotzer nur im Holzkörper jenes Jahres nachweisbar ist, der im Jahre der Keimung zuwuchs, ist er im vorliegenden Falle an einer Stelle auch im 1912er und selbst 1911er Jahresring nachweisbar. Relative Zartheit des Sprosses, geringes Ausgereiftsein der Gewebe mag das begünstigt haben. Der "Ouerschnitt, der in Fig: 2,, Taf. Il, ber Dsrr ea größerung wiedergegeben ist, wurde durch den in Textfig. 1 abge- bildeten Sproß angefertigt. Er zeigt drei Jahresringe, nur der letzte 1914 zugewachsene ist vom Parasiten durchwuchert; er weist eine größere Breite auf als die beiden vorangegangenen zusammen.” An Querschnitten durch den zentralen Teil der Hypertrophie des Sprosses war Parasitengewebe auch im 1913er Jahresring vorhanden, (in dem vom Zentrum entfernteren ist er erst später eingewandert und konnte sich deshalb erst im 1914er Holzzuwachs betätigen). Dieser Fall trifft zu für den etwas stärker (27fach) vergrößerten Quer- schnitt in Fig. 1, Taf. IV. Die Durchwucherung des Holzes und infolgedessen seine Zerklüftung durch das Absorptionsgewebe von Arceuthobium ist hier viel weiter vorgeschritten; obwohl auch im 1913er Jahresring vorhanden, ist er am massigsten doch im 1914er entwickelt, der an Breite die beiden vorausgegangenen beträchtlich 1 Man vergleiche meine Mitteilungen: 1. »Ein Hexenbesen auf Juniperus communis L., verursacht durch Arceuthobium oxycedri (D. C.) M. Bieb. (Naturw. Zeitschr. f. Forst- und Landwirtschaft, 1914, p. 36) und 2. »Die Bedingungen, unter denen durch den Parasitismus der Zwergmistel (Arceuthobium oxvcedri) auf Juniperus Hexenbesen entstehen können« (Zeitschr. f. Planzenkrankheiten, XXVII. Bd., 1918, p. 193). 2 Fig. 2, Taf. III, ist aufgenommen, um auch die endogen in der Wirtsrinde erfolgende Anlage der Sproßknospen in einem Bilde vorzuführen. Die eine ist schon nach außen hervorgebrochen, die andere war noch in der Rinde geborgen. All a N Ar Absorptionssystem der Wacholdermistel. 179 übertrifft. Zur Erläuterung des Bildes ist es nötig hinzuzufügen, daß die dem Kambium nahe Zone, die mit einem Jahresringe ver- wechselt werden könnte, den in einer Ringlinie angeordneten Holz- parenchymzellen des Juniperus innerhalb des 1914er Jahresringes entspricht. Endlich zeigt Fig. 1, Taf. V, einen Teil eines Querschnittes durch einen Sproß, der im September 1914 abgeschnitten worden war. Von den vier Jahresringen war der vom Parasiten durch- wucherte 1914er weitaus der breiteste. Das Bild (Verer. 140) läßt auch die Weitlumigkeit der Tracheiden erkennen. Beachtung ver- dient, daß sie nicht im Frühjahrszuwachs ihr größtes Maß erreichten, sondern erst in vorgeschrittener Jahresperiode. Auf die ganz-abnorm weiten Tracheiden, die Fig. 3, Taf. TI, aufweist, wurde schon früher hingewiesen. IV. Differenzierung im Absorptionssystem. In morphologischer Hinsicht ist darauf hinzuweisen, daß von einfachem Zellfaden bis zum Hunderte von Zellen aufweisenden Strange alle Übergangsstufen vorkommen und daß letzterer, zumeist wohl ontogenetisch aus einem einfachen Zellfaden hervorgegangen ist. Es gleiten die Unterschiede »von starken und zarten Rinden- wurzeln« ebenso wie jene von »breiten und schmalen Senkern« und kann die Ansicht von Solms »die schmalen Senker sind Zweige der zarten Rindenwurzelverästelungen« nicht als zutreffend anerkannt werden. Zeit der Entstehung einerseits, andrerseits die Gunst der Verhältnisse und der Ort — Rinde oder Holzkörper des Wirtes — bestimmen den Grad und die Art der Ausdifferenzierung, welche die Teile des Absorptionssystems erreichen. Wie schon ein- gangs hervorgehoben, empfiehlt es sich, vom morphologischen Wurzelbegriff ganz abzusehen. Das Absorptionssystem übernimmt neben der Absorption auch Leitungsfunktion und je stärker seine Stränge werden, um so mehr tritt auch ihre Anpassung an die Leitfunktion in der Differenzierung hervor. Diese Differenzierung beschränkt sich auf die Ausbildung eigener, der Wasserleitung dienender Elemente von Gefäßen und Tracheiden. Solms sagt von den »größeren Wurzelzweigen«: »wir erkennen in ihnen annähernd zylindrische, epidermislose, mit axilem Gefäßstrange versehene Gewebsmassen, die sich mit dem umgebenden Bastparenchym der Nährrinde fest verbunden, schlängelig zwischen dessen Zellen hindurchdrängen. — Sehen wir vom Gefäßstrange ab, so lassen sich keinerlei weitere Gewebsdifferenzen in ihnen entdecken und finden wir sie aus lauter gleichartigen, mehr oder weniger langen, zylindrischen, ziemlich schmalen, dünnwandigen, protoplasmareichen und wenig Chlorophyll enthaltenden Zellen zusammengesetzt.« Es ist richtig, daß in allen halbwegs größeren Querschnitt erreichenden Strängen, die innerhalb der Rinde verlaufen, früher oder später zentral eine Gruppe von Gefäßen auftritt. Fig. 3, Taf. IV, zeigt 150 E. Heinricher, einen Strang im Durchschnitt, jugendlichen Zustandes, der Differen- zierung noch entbehrend (Vergr. 235).-In Fig. 2, Taf. VI, ist aber die mikrophotographische Aufnahme eines Tangentalschnittes durch die Rinde eines Juniperus-Sprosses zu sehen, der überreich seit Jahren (Kulturen 1911 und 1912 eingeleitet) vom Parasiten durch- wachsen war. Der Mikrotomschnitt läßt trotz nur 75facher Ver- größerung infolge guter tinktioneller Differenzierung ziemlich viel Detail unterscheiden. Die Tinktion wurde mit Pikrokarmin nach Cuccati, basischem Fuchsin und Hämatoxylin nach Delafield vorgenommen, das Präparat in Glyzeringelatin eingeschlossen. Pikro- karmin und Hämatoxylin färbten die gleichen Elemente und summierten sich zu einem Mischton mit Vorwiegen des Häma- toxylins. Durch sie sind die Kerne und Inhaltsstoffe in Siebparenchym gefärbt, die vorläufig nicht weiter 'erörtert werden sollen. Das basische Fuchsin hat die Tracheiden in den Gefäßsträngen hervor- gehoben. Drei dieser sind im Querschnitte leicht zu unterscheiden, zwei kleinere und ein größerer (oben). Die Tracheen können als dunkle schwarze Kreise von den Zellkernen wohl unterschieden werden. Sie stehen in den kleineren mehr zentral, im größeren aber über ein größeres Feld mehr locker, in Kettenartigen Gruppen zerstreut. Immer bleiben die Tracheen in Strängen, die die Rinde durchziehen, dem Umfang des Querschnittes fern und dienen nur der Längsleitung. Ganz anders verhalten sich Stränge, die radial das Holz durchsetzen. Den Bruchteil des Quer- schnittes eines solchen Stranges zeigt Fig. 4, Taf. VI (Vergr. 130).! Der Schnitt war mit basischem Fuchsin gefärbt und ist in Kanada- balsam aufbewahrt. Auch hier sehen wir als Kreise in Gruppen die Querschnitte der längsleitenden Tracheen; sie bleiben stets vom Umfange entfernt, doch schließen an sie reichlich voluminösere Zellen mit verholzter Wandung und derberer Netzverdickung an und vermitteln die Verbindung der längsleitenden Tracheen mit den Tracheiden des Wirtes. Diese Zellen dürften Tracheiden sein und erinnern einigermaßen an Speichertracheiden. Man könnte sie ihrer Skulptur nach als Gitterzellen bezeichnen. Die rechte Flanke des quer durchschnittenen Stranges und seine untere Endigung sind besonders reich daran, doch fehlen sie auch keineswegs an der linken Flanke.” Interessant war mir ein Schnitt, der einen derartigen 1 Die Stränge, die radial in das Holz eintreten, können an altbetallenen starken Sprossen von Juniperus bedeutende Mächtigkeit erreichen und an Quer- schnitten durch diese makroskopisch gut sichtbar sein. Sie erinnern unmittelbar an die Senker der Mistel, da ja alle die vielen sie begleitenden feineren Zweige des Absorptionssystems dem freien Auge nicht erkennbar sind. Derartige Präparate, die mein einstiger im Kriege gefallener Assistent Dr. Seeger angefertigt hat, liegen im Institut vor. Die »Senker« haben beim Übergang in das Holz gut 1 mm Durchmesser. 2 Auch Solms (p. 620) hat diese Gitterzellen schon gesehen und erwähnt ihrer bei Besprechung der »schmalen Senker«. Es heißt dort: »Ihr anatomischer Bau ist einfach; sie bestehen durchaus aus gleichartigen, radial verlängerten, denen der Rindenwurzeln ähnelnden Zellen, denen hier und da, so weit der Senker Absorptionssystem der Wacholdermistel. 181 Strang so getroffen hatte, daß er einerseits von Tracheiden des Juniperus, andrerseits von Elementen der sekundären Rinde begrenzt war. An .der Tracheidenseite war wieder die Verbindung der längsleitenden Tracheen mit den Tracheiden durch Gitterzellen ver- mittelt, an der Gegenseite blieb es bei den vom Umfange entfernt stehenden längsleitenden Tracheen. Der Bau eines solchen Stranges ändert sich also sofort, wenn er den Bereich des Holzes verläßt. Dieser Wechsel im Bau spricht wieder dagegen, hier etwa von Wurzeln zu sprechen. Eine Wurzel bleibt in ihren Kennzeichen Wurzel, unabhängig vom Medium, sowohl in jenem Teil, der etwa über dem Boden an der Luft liegt, als auch in jenem, der sich im Boden oder im Wasser befindet. Abgesehen von: den Verschieden- heiten im Bau zwischen Rinden- und Holzsträngen ist aber über- haupt keine engere Beziehung im Bau dieser Stränge zum Bau eines Wurzelstranges vorhanden; wenn auch Anklänge an den radiären etwa in größeren (Fig. 2, Taf. VI) herausgelesen werden könnten, müßte man von den kleineren des gleichen Präparates eher sagen, daß sie an einen hadrozentrischen erinnern. Es handelt sich in ihnen eben nur um Stränge, die gleichzeitig der Absorption und Leitung dienen und bedürfnismäßig in ihrem Bau veränderlich aus- gestaltet werden. In den zarteren Auszweigungen des Absorptionssystems, die das Holz des Wirtes radial durchziehen, sind vorwiegend längs- leitende Tracheen mit sehr zarter Ring-. oder Spiralverdickung vor- Goeelenr. je iinden. sich, im, Gegensatz zur! Angabe; v.. Tubeufs; auch schon in den an Querschnitten einreihig zwischen den Tracheiden verlaufenden und sind eben an Querschnitten am leichtesten nach- zuweisen. Schon Fig. 2 der Tafel von Solms, zeigt eine Trachee einem solchen Strang eingezeichnet. In meinen Bildern findet man sie an den schon bei früherer Gelegenheit besprochenen: in Fig. 4, Tal. IV, und Fig. 1, Taf..V.,Auch das kleine Teilstück. eines Quer- Series in, Pic 9, ‚lat. V “(Vergr- 150), läßt sie‘ erkennen. . Der Schnitt war mit Javelle’scher Lauge behandelt und nach dem Aus- waschen in verdünnter HCI mit basischem Fuchsin gefärbt. Die Differenzierung dieser wasserleitenden Elemente, die Art ihrer Verteilung in den Strängen, die Sonderung innerhalb der das Holz durchsetzenden in längsleitende Gefäße und in diese mit den im Holz des Nährzweiges liegt, einzelne an dessen Zellen angeschmiegte Gefäßelemente von verkürzter und unregelmäßiger Form beigesellt sind.« Auffallender und massiger ist ihr Auftreten allerdings an den »breiten Senkern«, wie unsere Fig. 4, Taf. VI, dartut. 1 A. a. O., p. 271, sagt T.: »Die in den Markstrahlen verlaufenden Senker bilden anfänglich nur Parenchym und nur umfangreicher gewordene bilden auch Gefäße.< Sehr befremdend ist auch die über die Senker von Arceuthobium . divaricatum, p. 266, gemachte Angabe: »Innerhalb des Holzkörpers hatten sie keine eigenen Gefäßorgane gebildet, wohl aber in dem weiter nach außen gelegenen Teile (im Bast und in der Rinde der Kiefer).« 182 E. Heinricher, Tracheiden des Wirtsholzes verbindende Gitterzellen! sprechen im Zusammenhalt mit dem reichen Chlorophyligehalt des Sproßwerkes von Arcenthobium für seine vorwiegend hemiparasitische Natur. Wasser und .die Nährsalze muß ihm unbedingt der Wirt liefern. Einige Erscheinungen deuten aber darauf hin, daß er auch organische Nahrung dem Juniperus entnimmt. Erwägung verdient in dieser Hinsicht gewiß sein thalloides, mycelartiges, massigste Entfaltung erreichendes Absorptionssystem, das ihn diesbezüglich den Rafflesia- ceen nahe bringt. Kein zweiter Halbschmarotzer dürfte ihm darin gleichkommen. Auf eine spezielle Erscheinung, die auch für Ent- nahme plastischen Materials spricht, soll erst im nächsten Abschnitte hingewiesen werden. V. Die Schädigung der Wirtspflanzen. Daß die Wacholderpflanzen durch den Schmarotzer geschädigt werden, ist. leicht zu verfolgen. Alle, die Arceuthobium.. oxycedri an seinen natürlichen Standorten zu beobachten Gelegenheit hatten, äußern sich in dem Sinne. Ebenso gilt das wohl auch für die übrigen Arten, die auf andern Wirten leben. Für A. robustum auf Pinns ponderosa geht das aus Taf. XV, Fig. A, der Abhandlung Mac Dougal’s? hervor, die einen von Arceuthobium befallenen Baum nach photographischer Aufnahme wiedergibt, wozu die Tafel- erklärung sagt: »dying from the effects of the parasite«. Desgleichen berichtet Peirce vom A. occidentale, das er auf Pinus radıala beobachtete: »Some young trees in the thickets were dead, from no other apparent cause then the great member of Arceuthobium plants which they had borne.« Man. vergleiche ferner die Zahl- reichen, überaus instruktiven Bilder bei v. Tubeuf, auch im Texte verschiedene Stellen, so auch p. 191. Meine Kulturen sprechen im gleichen Sinne. In meiner Abhandlung »Keimung und Entwicklungs- . geschichte der Wacholdermistel etc.« berichtete ich, daß ein Ast einer Juniperus-Pflanze mit 15 sich .entwickelnden Pflanzen von Arcenthobium im August 1914 abstarb (die Keimung war 1912 erfolgt) und schloß daraus, .daß schon die jugendlichen Pflanzen des Parasiten zu diesem Ergebnis geführt hätten. Doch hob ich schon dort die staunenswerte Widerstandskraft des \Wacholders hervor, die einleuchtet, wenn man die außerordentliche Durch- wucherung seiner Rinde und des Hoizes durch Arcenthobium kennt. Aus dem späteren Verfolg meiner Kulturen bin ich auch zur Ansicht gelangt, daß an dem Absterben des erwähnten Juniperus- 1 Das zwar schematische Bild, Fig. 3 der Tafel bei Solms, zeigt in dem am Querschnitte des Jumiperus-Sprosses in Längsansicht dargestellten größeren Senkern ganz richtig, soweit sie in der Rinde liegen, nur zentrale Gefäßreihen, innerhalb des Holzes aber auch periphere, dem Wirtholz angelagerte. 2 »Seed dissemination and distribution of Razoumowskia robusta RR Kuntze« (Minn. Bot. Studies, XII, 1899). 3,00. 0. up: 10L Absorptionssystem der Wacholdermistel. 183 Astes der Parasit wohl zweifellos mitbeteiligt gewesen ist, jedoch sicher- lich auch eine der betreffenden Wacholderpflanze schon inhärente Schwächung; einige Jahre darauf erlag nämlich auch der Rest des Juniperus-Stockes dem Tode, während alle übrigen 13 Wacholder meiner Kulturen, und darunter solche mit großer Zahl von Arcen- thobium-Pflanzen, noch heute leben. Darum betonte ich auch anläßlich meines Münchener Vortrages 1921 . wieder die große Widerstandskraft des Wacholders und sagte, »daß die Besiedlung ganz extreme Grenzen überschreiten muß, um das Eingehen des Wirtes herbeizuführen«. Es fehlten damals an meinen Wacholder- pflanzen noch auffällige Erscheinungen arger Schädigung. In der Folge sind aber diese mehr und mehr zum Durchbruch gelangt und kommen starke Erschöpfung der Jumiperi, Absterben einzelner Zweige mit den aufsitzenden Arceuthobien, kümmerliches Vegetieren anderer und massenhaftes Abfallen der Sprosse des Parasiten, immer mehr zum Vorschein. Ich kann es mir nicht versagen, als Beleg dafür die Aufnahme einer Pflanze in Taf. VII vorzuführen und kann nur bedauern, daß eine Aufnahme der gleichen Pflanze, als sie sich mit den zahlreichen Arceuthobien, die sie trug, noch im besten Zustande befand, unterblieben ist. Der ganze Juniperus samt den Arceuthobien macht nunmehr einen kümmernden Eindruck. Im Zentrum, an den Hauptsprossen ist noch etwas regeres Leben vorhanden. Gut treten die durch den Parasiten veranlaßten Hyper- trophien hervor. An dem noch lebenden Aste, der unter der Mitte rechts abgeht, lassen sich drei aufeinanderfolgende, durch geson- derte Arceuthobium-Pflanzen hervorgerufene unterscheiden. Die beiden Arceuthobium-Pflanzen, welche die zwei unteren Hyper- trophien veranlaßt haben, sind mit ihren Absorptionssystemen offenbar zur Vereinigung gekommen. Die oberste Hypertrophie ist mäßig, zeigt fast keine lebenden, sondern nur mehr die Narben abgefallener Sprosse des Arceuthobiums und die oben vorragende Spitze des Tragsprosses ist im Abdorren. Ganz oder wenigstens in ihren Gipfelteilen tod sind die Sprosse links, die an den starken basalen Hypertrophien massenhaft die Narben abgeworfener Sprosse auf- weisen. Rechts unten geht ein noch etwas mehr Leben verratender Ast ab; das Vorschreiten der Hypertrophie nach oben ist aber eingestellt, stets ein Zeichen für die vorhandene Erschöpfung. Aber die Anzeichen solcher sind nicht nur an Stöcken vorhanden, die übermäßig mit Parasitenpflanzen besiedelt wurden, sondern auch an solchen, wo es sich wahrscheinlich um eine einzelne Arceuthobium- Pflanze, die auf ihnen erwuchs, handelt. So ist es an dem Juniperus- Stock, der durch eine Arceuthobium-Pflanze zur Bildung eines typischen Hexenbesens veranlaßt war, dessen Abbildung ich im Jahre 1914 in der Naturw. Zeitschr. f. Forst- und Landwirtschaft, ee 3 weröffentlichte, "und’die v. Tubeuf a: a.’ O., p. 180, reprodu- zierte. Der Parasit, eine männliche Pflanze, war am Hauptsproß zur Entwicklung gelangt, der aber durch irgend eine Ursache seinen Gipfel verlor und darauf eine große Zahl von Seitentrieben, hexen- le Blase ana = na u, ET : ae a ee an 184 E. Heinricher, IneadR PR = hi besenartig gruppiert, entwickelte. Die hypertrophierten Basalteile dieser Triebe vollzogen negativ geotropische Aufkrümmungen und ergaben so den Hexenbesen. Dieser Juniperus war 1911, bereits von Arceuthobium infiziert, aus Istrien bezogen worden. Der Parasit auf ihm breitete sich in den Zweigen nach aufwärts, im Haupt- stamme nach unten aus und hat diesen nunmehr bis knapp zu der Stelle, wo er aus der Erde hervortritt, besiedelt. Er litt mehrfach unter tierischen Schädlingen, gegenwärtig aber macht sich auch seine, den Wirt stark schädigende Wirkung an diesem bemerkbar. Die Gipfelteile der langpeitschenförmigen Triebe sind abgestorben oder im Absterben begriffen, verloren ihre Seitenzweige und Nadeln oder tragen sie im vertrockneten Zustande; man sieht, daß ihre weitere Ernährung durch die Ansprüche des Parasiten unterbunden ist. Gemeinsam ist in dem Falle wie in jenen Fällen, wo der Parasit durch künstliche Aussaat auf den Wacholder- pflanzen erzogen wurde, daß die schädigende Wirkung augenfällig erst nach einem größeren Zeitraume, etwa einem Dezennium, hervortritt. Ganz die gleichen Verhältnisse waren aber auch in den Kulturen zu verfolgen, die ich mit unserer Mistel durchgeführt habe. Von den Kulturen ex 1907 waren ver- schiedene Bäumchen durch Jahre samt den Misteln im besten Gedeihen, bis dann endlich das zu üppige Gedeihen der letzteren für den Wirt und damit allerdings auch für die Misteln verhängnis- voll wurde. So erlag unter ihrem Einfluß ein Apfelbäumchen,! eine Linde, eine Balsam- und eine gewöhnliche Tanne. Der Verfolg an letzterer war vom besonderen Interesse: Ein allmählich ersichtlich gewordenes Kümmern der Tanne, parallelgehend die Schwächung der Misteln, starke Herabsetzung der Blatt- und Beerengröße, Ver- minderung des Chlorophyligehaltes in den Blättern mit Anklängen an Chlorose, bis endlich das etwa 1!/, m hohe Bäumchen mit den vier großen Mistelbüschen abstarb. Da wir nach allem Bekannten die Mistel doch wesentlich als ausgesprochenen Halbschmarotzer werten müssen, zeigt das alles klar, wie auch nur das Entziehen der Nährsalze für die Wirtpflanzen verhängnisvoll wirkt. Es können also auch die Schädigungen des Juniperus durch Arceuthobium schon durch Wasser- und Nährsalz- entnahme allein bedingt sein. In Berücksichtigung der ganz außer- 2 1 Bekämpft man die Misteln an Apfelbäumchen durch Abbrechen oder Abschneiden ihrer Triebe, so lassen sich die Bäume durch lange Jahre sozusagen ungeschädigt erhalten. Masseninfektionen mehrerer Bäume wurden zwecks einer vergleichenden Fragestellung seinerzeit von mir vorgenommen. Als diese erledigt war, wurden die Misteln in der Weise kurzgehalten, daß alle 2 Jahre etwa ihre Reduktion auf die intramatrikalen Teile stattfand, worauf nach und nach wieder Regeneration aus den Rindenwurzeln erfolgte. Bei diesem Verfahren erhielten sich die Bäume kräftig, blühten und fruchteten reichlich. Ja eine Goldreinette hat mit dem Fruchten kein Jahr ausgesetzt, trug im letzten Jahre sogar viele Hunderte Äpfel. Es ist mir nicht unwahrscheinlich, daß in solchem Falle durch die hohe Pumpkraft der Absorptionsorgane der Mistel sogar etwas Nutzen für den tragenden Baum abfallen mag. Absorptionssystem der Wacholdermistel. 185 ordentlichen Ausgestaltung seines Absorptionssystems, in der Arceuthobium die Mistel weit übertrifft, und im Zusammenhalt mit einigen Beobachtungen erscheint es mir aber immerhin nicht unwahrscheinlich, daß Arceuthobium auch organische Baustoffe dem Wirte zu entziehen vermag. Ich hatte das Bedürfnis, meine 1914 wesentlich an jungen Pflanzen durchgeführten Studien über das Absorptionssystem und seine Entwicklung noch an den älteren Pflanzen zu ergänzen und führte solches 1922 aus. Die Bilder der Taf. VI sind so zugewachsen. Sie zeigen von der ganz enormen Durchsetzung aller Gewebe durch den Parasiten. Von der des Holzes, wofür Fig. 1 und 4 Belege bringen, war schon an früheren Stellen die Rede. Hier soll haupt- sächlich die der Rinde behandelt werden. Fig. 5 bringt bei nur 7öfacher Vergrößerung einen Tangentalschnitt zur Ansicht, der mit Rutheniumrot und Hämatoxylin nach Delafield gefärbt in Glyzerin- selatin eingeschlossen war. Ersterer Farbstoff hebt die Wandungen der Arceuthobium-Zellen, somit das Parasitengewebe stark hervor, letzterer die Zellkerne und den eiweißartigen Inhalt gewisser Elemente der Jumiperus-Rinde. Vor allem ist die Massigkeit des Arceuthobium-Gewebes hervortretend. In der oberen Hälfte des Bildes sind zwei größere Stränge im Querschnitt getroffen; von dem rechten geht seitlich ein geschlängelter Strang, im Längsver- lauf getroffen und sich nach unten verjüngend, aus, an dem der Stockwerkaufbau zum Ausdruck kommt. Der Strang wird unten wieder von einem andern gekreuzt; rechts ist vorherrschend Ge- webe des Parasiten vorhanden. Ein anderer Tangentalschnitt durch die sekundäre Rinde (Fig. 2, Taf. VI) wurde in bezug auf die im Querschnitt getroffenen Stränge des Arceuthobium schon im vorhergehenden Abschnitt besprochen. Zu bemerken ist, daß man vielfach das die größeren Stränge um- gebende Wirtsgewebe als deutlich zusammengepreßt erkennen konnte. Am gleichen Bilde fallen wieder die geronnenen eiweiß- artigen Massen in Zellenzügen des Juniperus auf, denen wir auch im folgenden, einem Querschnitte durch die Rinde, begegnen (Fig. 3, Taf. VD. Dieser Schnitt, wie die vorigen, mittels des Mikrotoms hergestellt, ist 130fach vergrößert. Die Färbung wurde mit Tabletten- pikrokarmin nach Cucatti (48 Stunden) und wenige Minuten mit Hämatoxylin nach Delafield vorgenommen, der Einschluß in Glyzeringelatin. Durch das Pikrokarmin wurden in erster Linie die eiweißartigen Inhalte jener Zellen gefärbt, die hier im Querschnitt getroffen sind, in den Fig. 2 und 5 aber in Längsansicht erscheinen. Es sind jene Zellen, denen Strasburger in der Rinde der Koniferen die Vertretung der Geleitzellen der Angiospermen zuschreibt und die er schlechtweg als »eiweißhaltige Zellen« bezeichnet.t 1 »Über den Bau und die Verrichtungen der Leitungsbahnen in den Pflanzen«, Jena, 1891, p. 54. +86 E. Heinricher, Die obere Begrenzung im dem Bilde Fig. 3, Taf. VI, zugrunde liegenden Präparate nahm vorwiegend Arcenthobium-Gewebe ein; von ihm aus ging, links im Bilde, ein breiterer Strang radial in die Rinde vor und schwächere durchbrechen sie mehrfach mark- strahlartig. Die untere Grenze des Bildes nähert sich der Kambial- region. Außer den hervortretenden eiweißhaltigen Zellen unterscheidet man leicht noch die wenig verdickten flachen Bastfasern. Die Sieb- röhren sind meist obliteriert; in der Regel. ist eine jede eiweißhaltige Zelle von einer in radialer Richtung ober ihr und einer unter ihr gelegenen Siebröhre begleitet. Was nun an solcher vom Parasiten stark und seit langer Zeit durchwachsener Rinde auffiel, war der völlige Mangel von Stärke, so daß die Annahme naheliegt, daß Arceuthobinm sich auch der Kohlehydrate des Juniperus zu bemächtigen vermöge. In solcher altdurchwucherter Rinde sind zwar auch die Parasitenzellen nicht überreich an Stärke, immerhin ist in ihnen von dieser stets noch etwas nachweisbar; ım jugendlichen Absorptionsgewebe sind die Zellen aber mit Stärke geradezu überfüllt. So konnte z. B. das zarte Geflecht des Absorptionssystems, das in der Textfig. 5 zur Anschauung gebracht ist, infolge der deutlichen Hervorhebung durch Jod leicht verfolgt werden. Man kann sich die Sache so vorstellen, daß die Arcenuthobium- Zellen im Kontakt mit glykosehaltigen Zellen des Juniperus ein konstantes Gefälle für die Aufnahme der Glykose zu erhalten imstande sind, indem sie vermittels ihrer Plastiden die eintretende Zuckerlösung sofort zu Stärke kondensieren und so dem Wirte auch organische Nahrung entziehen. Eine entschieden pathologische Erscheinung, hervorgerufen durch eine Störung in den Stoffwechselprozessen des Jumiperus durch das parasitierende Arcenthobium, sind aber die mit eiweiß- artigem Inhalt überfüllten, von Strasburger, der ihnen die Funktion von Geleitzellen zuschreibt, als »eiweißhaltige Zellen« bezeichneten Elemente. Das Verhalten dieser Zellen stimmt nun in den vom Parasiten durchwucherten Rinden keineswegs mit dem überein, was Strasburger von ihrem Verhalten in intakten Rinden berichtet. Er sagt von ihnen, »daß sie mit den Siebröhren zugleich in Tätigkeit treten, zugleich mit diesen sich auch entleeren und zusammenfallen, daß sie endlich allein durch besonders ausgebildete Tüpfel mit den Siebröhren in Verbindung stehen«. Es stimmt nun auch in der normalen Juniperus-Rinde nicht alles mit den Angaben Strasburgers,! 1 So unter anderem auch nicht, daß die »eiweißhaltigen Zellen« späterhin - zusammenfallen. Nach meinem gewonnenen Einblick bedarf die sekundäre Rinde der Koniferen einer neuerlichen Untersuchung und fehlt es auch an rasch informierenden und korrekten Abbildungen. Auch das in Fig. 211 gegebene Bild von Juniperus communis (Querschnitt durch das Herbstholz, Bast und Kambium) in De Bary’s vgl. Anatomie bedarf der Ergänzung. Ich habe darum mit der speziellen Untersuchung - der sekundären Rinde bei den Kupressineen einen meiner Schüler betraut und konnte gelegentlich derselben Einblick in die Verhältnisse bei normalen Juniperus-Sprossen gewinnen, soweit es zur richtigen Wertung derjenigen, die bei Arceuthobium- Befallenen hervortraten, notwendig war. INDIAN ne N ee“ Absorptionssystem der Wacholdermistel. 157 doch sei hier nur auf folgendes Bezug genommen. Die Siebröhren der Koniferen funktionieren nur kurz, sie oblitieren sehr bald. Das ist in von Arceuthobium befallenen Sprossen, wie in normalen des Juniperus tatsächlich befunden worden. Nach der oben zitierten Angabe Strasburger's soll aber auch gleichzeitig das Entleeren und Zusammenfallen der eiweißhaltigen Zellen stattfinden; das trifft aber bei den eiweißhaltigen Zellen der befallenen Rinde keineswegs zı. Weit nach außen vom Kambium, wo die Siebröhren alle obliteriert sind, findet man sie am Alkoholmateria!l prall gefüllt mit geronnenem Eiweiß vor, wie das Bild Fig. 3, Taf. VI, zeigt. Das Abnormale im Verhalten dieser Elemente in den vom Parasiten befallenen Sprossen erhellt daraus, daß an gesunden Juniperus- Sprossen keine ähnliche Füllung mit geronnenen Eiweißmassen vorgefunden werden konnte. Was den Inhalt dieser Elemente betrifft, so wäre einerseits, da auch Strasburger ihren Plasmareichtum feststellt und sie darum eiweißhaltige Zellen nannte, .der Eiweißgehalt nicht befremdend, andrerseits wirkt es aber doch auffallend, daß eiweißartige Substanz, gewissermaßen an einen Exkretstofi erinnernd, in Masse abgelagert erscheint. Die in den betrefienden Elementen vorhandene Masse kann in Form einer dicht körnigen Ausfüllung vorhanden sein oder nımmt die Form geronnener Schollen an, die an geronnenen Schleim erinnern. Ihre Bezeichnung als eiweißartige Substanz basiert nur auf absoluter Lösbarkeit durch Javelle’sche Lauge und ihr hohes Speicherungsvermögen für verschiedene Farbstoffe, so Pikrokarmin, Hämatoxylin, Gentianaviolett, Anilinblau etc. Am Alkoholmaterial haben die Massen meist eine gelbliche oder etwas bräunliche Färbung, was wohl auf geringe Mengen in ihnen vorhandenen Gerbstoffes hinweist. Eine leichte Tönung bei Behandlung mit Eisen- chloridlösung bestätigt dies. Die Behandlung mit Millon’schem Reagenz, die Raspail’sche Reaktion, ergaben nicht die für Eiweißstoffe charakteristischen Farben. Zusammenfassung. Eine solche ist kurz schwer zu geben. Wenn sie dennoch versucht wird, so muß erwähnt werden, daß zum völligen Verständnis das Detail der Untersuchung nicht entbehrt werden kann. Die Haupt- sachen seien in folgenden Punkten gegeben. 1..'Dex' morphologische Wurzelbesriff. ist bei ee thobium völlig auszuschalten. Der er ist, wie. bei allen Loranthaceen wurzellos, das Absorptionssystem ein Produkt seines Hypokotyls." In der Regel nimmt es von einer in der 1 Es sei daran erinnert, daß der Embryo selbst nicht weiter zur Pflanze ausgebildet wird, sondern nur ri Infektion zu besorgen hat. DIET TERN Mr 188 ER; Heinricher, Rinde des Juniperus abgelagerten Masse Parasitengewebes seinen Ausgang, nur ganz ausnahmsweise mag der Einbruch rasch, in der Form eines dem primären Senker der Mistel vergleichbaren Vorstosses, gelingen. | 2. Die Anlage und Ausbreitung erfolgt durchaus mycelartig, so daß es den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, wenn der Bau des Absorptionssystems als thalloid bezeichnet wird. Es besteht vielfach aus einreihigen Zellfäden, deren einzelne Zellen erst später in Teilung treten, dadurch zweireihige und endlich im Querschnitt vielzellige Stränge ergeben, die den kennzeichnenden Stockwerkaufbau haben (den schon Solms-Laubach erkannt hat), weil sämtliche Elemente einer Querscheibe aus den Teilungen einer Zelle hervorgegangen sind. 3. Zuerst findet eine reichliche Ausbreitung des Geflechtes der Zellfäden in der Rinde statt, wobei eine Regel in der Orientierung nicht besteht und alsbald zahlreiche Einbrüche in den Holzkörper erfolgen. Das alles vollzieht sich, bevor eine Sproßknospe als adventive Bildung stärker gewordener Stränge nach außen vorbricht. 4. Durch die außerordentiich reiche Aufteilung kommt eine gewaltige Oberflächenentfaltung des Absorptionssystems zustande; gut ernährte Teile erstarken zu derberen Strängen, die dann die Adventivsprosse liefern. Man verfolgt leicht, daß die Entwick- lung des, ‚Parasiten, so vielfach von innen naeh ar u vorschreitet. Der Entwicklungsgang gewinnt So ver- blüffende Ähnlichkeit mit dem eines Pilzmycels. Dem endlichen Auftreten der Vermehrungsorgane an diesem entspricht bei Arceuthobium die Bildung der Adventivsprosse. 5. Der Ort, an dem die Entwicklung begann, tritt durch hypertrophische Verdickung des Nährastes hervor, die grund- und aufwärts sich fortsetzt und zur Spindelform des hypertrephischen Sproßteiles führt. Die Ausbreitung der Hyper- trophie dauert so lange, als die Ernährungsverhältnisse für den Parasiten gut bleiben. 6. Das Holz des Wirtes wird schon durch junge Parasiten- pflanzen in ganz extremer Weise zerklüftet. Die Parasitenstränge folgen gern den Markstrahlen, kombinieren sich mit diesen, sind aber nicht selten frei von Markstrahlzellen, täuschen dann Mark- strahlen nur vor, verbleiben sehr zahlreich auch nur auf einreihiger Stufe. Als Folge der Verhältnisse sehen die Markstrahlen sehr . abnorm aus; übereinander gelegene werden durch Parasitenzellen zu Ketten verbunden oder es gelangen auch ursprünglich seitlich getrennte durch Vermehrung der Arcenthobium-Zellen zur Ver- bindung. Letzterer Vorgang (allerdings auch Parasitengewebe allein) liefert dann die breiten Stränge, die radial das Holz durchziehen und mit dem Alter des Parasiten einen stets sich steigernden Querschnitt erlangen. Doch ist das Holz nicht nur in radialer . = u +4 . $ 4 - Absorptionssystem der Wacholdermistel. 189 Richtung vom Parasiten durchsetzt; streckenweise wird es von schmäleren Ausläufern da und dort auch in der Längs- oder anderer Richtung durchwachsen und so besonders auch Verbindung radialer Einbrüche hergestellt. 7. Der Vergleich des Absorptionssystems mit einem Pilzmycele stimmt insofern nicht, als die jüngeren Teile des in Entwicklung begriffenen Pflänzchens und auch die, erehe die Ausbreitung: 'in neue.üBezirken'seitens "der teren Pflanze besorgen, chlorophyllreich zu sein pflegen, daher sie ausgesprochen einem Algenthallus ähneln. Das Vordringen bewerkstelligen hauptsächlich ein- bis zwei- reihige, parallel der Sproßachse in der Rinde wachsende Auszweigungen; sie können sich weit über die hyper- trophierten Teile des Nährastes erstrecken und bis wenige Breiter (2) Hinter, dem Veesctationspunkt verfolgen Besen .diesen selbst scheinen sie nie zu erreichen. 8. Aus den vorhandenen Angaben könnte man schließen, daß die Sprosse des Arcenthobium nicht besonders chlorophyllreich wären. Dem ist jedoch nicht so, wenigstens so lange es sich um kräftig ernährte Pflanzen handelt. Die tatsächlich oft mehr gelbgrüne Färbung kann verschiedene Ursachen. haben. Einmal kann sie bedingt sein durch Vermehrung der gelben Chlorophyllanteile (männliche Exemplare gegen die Blütezeit hin), dann aber auch als Folge starker Insolation. Die dem Lichte ausgesetzten Seiten erscheinen dann gelblichgrün, die nach innen gekehrten, dem intensiven Lichte nicht ausgesetzten, dunkelgrün. Endlich dürfte Erschöpfung der Nährpflanze und infolge davon schlechte Ernährung des Schmarotzers Verfärbung des letzteren bedingen. 9. Den Chloroplastiden des Absorptionssystems wird ob ungenügenden Lichtzutrittes für die Assimilation wenig Be- deutung zukommen; es dürfte ihnen, wofür auch ihre Labilität zu sprechen scheint, mehr der Charakter ergrünter Leuko- plasten eignen. Nutzen kann dem Arceuthobium vom Besitz der Plastiden im Absorptionssystem jedoch mehrfach erwachsen. Es vermag mittels ihrer Glykose zu Stärke zu kondensieren (seine Zellen sind reich an solcher) und kann so wohl auch einen ständigen Zustrom von Glykose aus dem umliegenden Wirtgewebe unterhalten. Unter Ausnützung der Stärkevorräte wird ihm weiters auch die Möglichkeit geboten sein, die osmotischen Leistungen in bedarfsmäßiger Weise zu regulieren. 10. Die Durchsetzung des Wirtgewebes wird fast ausschließlich durch Auseinanderzwängen der Wirtszellen "vermittels der Absorptionsstränge durchgeführt. Dabei kommt wohl das Vermögen zur Ausscheidung von Pektase 190 E. Heinricher, für die Lösung der Mittellamellen und eine hohe osmotische Leistungsfähigkeit in Betracht. Fälle, wo Durchwachsen von Zellen vorzuliegen scheint, kommen vor, doch*halten sie einer kritischen Analyse nicht stand, ebensowenig, wie ein von anderer Seite angenommenes Stattfinden von Absorption der Wirtszellen (Markstrahl-). Unter dem Einfluß der Parasitenzellen erfolgt oft starke Deformation der Wirtszellen, besonders erscheinen erstere oft weit in letztere vorgeschoben oder geradezu in ihnen liegend. hi... Der, Be bewirkt infolge der PR Leistung seiner Elemente und durch Vermehrung seiner Zellenzahl starke Verschiebungen im Wirtsgewebe und bei Querschnittszunahme seiner Stränge Zusammendrücken von Gewebeanteilen. Auch an den dickwandigen mechanischen Fasern der Rinde und den Tracheiden des Holzes ist das und Deformation wie auch abnorme Ausgestaltung zu beobachten. Allerdings vermag er dies hauptsächlich nur im jugendlichen Zustande der benannten Elemente voll auszuführen, wofür spricht, daß seine Einbrüche im Holz oft in einer mehr minder scharf begrenzten Zone enden, wo ihm eben ausgereifte Zellen gewissermaßen hindernd in den Weg traten. . 12. Einige Erscheinungen weisen allerdings auch darauf hin, daß das Absorptionsgewebe etwas erweichend auf die Zellwandungen älterer Zellen des Holzes wirken könne und eine geringere Ver- holzung der Wandungen veranlasse. Überhaupt wird das stark vom Parasiten zerklüftete Ho!z, wenn der Wirt noch nicht erschöpft ist, .hypertrophisch ‚entwickelt; ‚dies eisrzeigen Tracheiden erlangen; oft abnorme. Weite ;und?*die Brejire des Jahrringes wird gesteigert, so..daß die, Hyperiropnız des Tragastes, die als Reaktion auf eine .Neuinfektion durch eine Keimpflanze bewirkt wurde, ganz wesentlich durch die Wucherung des Holzes zustande kommt. Das mag zum Teil eineı Reizwirkung zuzuschreiben sein, zum Teil aber auch darauf, daß vorübergehend von der Saugkraft des Parasiten auch für die Wirtszellen etwas Förderung abfällt. 13. In der Hauptsache ist das ganze Absorptionssystem ontogenetisch auf die Zellreihe rückführbar. Durch Teilung der einzelnen Zellen der Reihe entstehen die Stränge mit mehr- bis vielzelligem, ja Hunderte von Zellen umfassendem Querschnitt. Das Absorptionssystem dient auch der Stoffleitung und diese tritt in den stärkeren Rindensträngen in den Vorder- grund. Zu scharfer Differenzierung gelangen in den Strängen bloß besondere Elemente für die Wasserleitung, Gefäße und Tracheiden. Die Rindenstränge haben nur längsleitende Gefäße, die mehr minder zentriert verlaufen; die radial den Holzkörper durchsetzenden Stränge bildenauch querleitende, Speicher- tracheiden ähnliche Zellen aus, welche die Verbindung der Tracheiden des Wirtes mit den zentralen längsleitenden Gefäßen im Strange vermitteln. Absorptionssystem der Wacholdermistel. 191 14. Die Art der Differenzierung in den Strängen im Zusammen- halt mit dem Chlorophyligehalt der Pflanze spricht für den in erster Linie halbparasitischen Charakter von Arcenthobium. Wasser und Nährsalze kann es nur aus dem Wirte beziehen, doch scheint ihm durch den Besitz von Plastiden im Absorptionssystem auch die Entnahme von Kohlehydraten (Glykose) aus den Zellen des Wirtes ermöglicht. Darauf deutet der völlige Mangel von Stärke in der Rinde hin, die stark und lange vom Parasiten durchwuchert war. Beachtung verdient dabei auch der Bde Charakter des "Absorptionssystems, der "bei keinem zweiten Halbschmarotzer so ausgesprochen ist und nahe dem der Rafflesiazeen steht. 15. Die Wirtpflanzen sind gegenüber dem Parasiten auffallend widerstandsfähig, selbst Masseninfektionen können sie lange ertragen. ‚Zunächst sind nur die Hypertrophien, die von den primären Infektionsstellen ausgehen, Zeichen einer Störung. Nach mehreren Brenrerst treten stärkere’Schädigungen hervor; Triebe dorren ab, Zweige und Blätter gehen zugrunde. Gleichzeitig ver- fällt auch der Parasit an solchen ausgesogenen Teilen der Nähr- pflanzen. In Masse werden seine Sprosse abgeworfen und an den Hypertrophien treten die Narben jener hervor. Diese Wirkung kann auf den Wirt wohl schon der Entzug der Nährsalze allein aus- üben; daß sie durch Entnahme auch plastischen Materials durch den Parasiten nur erhöht und beschleunigt werden könnte, leuchtet ein. k6.-Alsı deutliches: pathologisches: Anzeichen. einer Störung der Stoffwechselvorgänge tritt in den andauernd durchwucherten Rinden des Juniperus eine an Exkretstoffe gemahnende Anhäufung einer eiweißartigen Substanz in den von Strasburger bei den Koniferen als »eiweißhaltige Zellen« benannten Elementen auf. _ Nachträgliche Bemerkung gelegentlich der Korrektur. Die in der Fußnote S. 44 erwähnte Untersuchung meines Schülers ist mit recht bemerkenswerten Ergebnissen fertiggestellt und wird in Kurzem veröffentlicht. Meine Mitteilung wird durch sie so weit betroffen, daß, wenn es in derselben heißt, die Haupt- ausbreitung des Absorptionssystems in der Rinde finde zwischen sekundärer und primärer statt, es besser heißen sollte »zwischen der proterogenen und der hysterogenen sekundären Rinde.« Die von Herrn Paul Sinz eingeführte Terminologie erscheint recht zweckmäßig. Innsbruck, den 18. Oktober 1923. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. 15 er 192 E. Heinricher, Erklärung der Abbildungen. Die ersten 6 Tafein geben durchgehend mikrophotographische Aufnahmen wieder, die unter Heranziehung der von der Akad. d. Wiss. in Wien gewährten Subvention vom Herrn Kollegen Prof. Ad. Wagner angefertigt wurden. Es sei ihm hier noch besonders für seine Mühewaltung gedankt. Um die Reproduktionskosten möglichst zu vermindern, wurden zunächst die ersten Originalaufnahmen zu den einzelnen Tafeln gruppiert, dann aber von jeder solchen Tafel eine besondere Gesamtaufnahme gemacht, wodurch jede Tafel durch eine Platte zur Reproduktion gelangen kann. Außer einer Vereinfachung und Verbilligung der Reproduktion dürfte damit auch eine größere Exaktheit der Tafeln erzielt sein, wie andrerseits in den Originalaufnahmen das Abdecken der nicht in die Figuren aufgenommenen Teile und damit auch eine Entwertung der Originalaufnahmen vermieden wurde. Durch diesen Vorgang sind die einzelnen Bilder der vorliegenden Tafeln etwas gegenüber den Originalaufnahmen verkleinert, ohne aber an Schärfe verloren zu haben. Die Verkleinerung ist im Verhältnis 11:10 ausgedrückt. Die Vergrößerungsangaben beziehen sich auf die Originalaufnahmen. Tafcl I. Fig. 1. Querschnitt durch einen Juniperus-Sproß. Zerklüftung des Holzkörpers. Vergr. 30. Vgl. p. 12, 44. . Tangentalschnitt durch die Rinde. Stränge des Parasiten als dunkle Streifen hauptsächlich in der Mitte. Schattenhaft die längsverlaufenden Bastfasern. Vergr. 48. Vgl. p. 9. Fig. 3. Ein gleicher Schnitt wie 2. Vergr. 85. Die Parasitenstränge infolge der tingierten Zellkerne unterscheidbar, der stockwerkartige Aufbau hervortretend. Vgl. p. 9. Fig. 4. Tangentalschnitt durch das Holz. Vergr. 235. Alteration der Markstrahlen, Mengung von Parasiten- und Markstrahlzellen. Bedeutende Weite mancher Parasitenzellen, auch isoliert ist eine vorhanden. Vgl. p. 14. Fig. 5. Schnitt wie in Fig. 4. Vergr. 190. Kettenbildung durch Vereinigung von Parasiten- und Markstrahlzellen, auch seitliche Verbindung solcher Kombina- tionen von Markstrahl- und Parasitenzellen. An den Tracheiden Hoftüpiel in Flächenansicht. Vgl. p. 15. at 0 N) Tafel ll. Fig. 1. Querschnitt durch Holz und Rinde. Die aus der Rinde kommenden, in das. Holz übertretenden Parasitenzellen infolge der Kerntinktion einigermaßen verfolgbar. Vergr. 140. Vgl. p. 13. Fig. 2. Ein gleicher Schnitt wie in 1, bei schwächerer Vergr. (85), mehr als Übersichtsbild. : Am Umfang eine größere Masse von Parasitengewebe, von. der ein breiterer Strang sich radial durch die Rinde ins Holz fortsetzt. Vgl. p. 13. Fig. 3. a und b. Kleine Partien von Radialschnitten durch das Holz und die Kambialregion eines von einem Arceuthobium-Keimling infizierten jungen Juniperus-Sprosses. Markstrahl- und Arceuthobium-Zellen gemengt. Vergr. 160. Vergl. p. 39. R ig. 4. Teil eines Querschnittes durch das Holz. Stauung der Einbrüche des Parasiten an den ausgereiften Holzelementen. Zwischen den weitlumigen Zellreihen von Arceuthobium (rechts) anscheinend eine zusammengepreßte Tracheiden- reihe. Vgl. p. 40. Fig. 5. Tangentalschnitt durch das Holz, Deformätion der Markstrahlen; in der Mitte zwei Stränge von schon stärkerem Umfang, die zusammenstoßen. Vergr. 120. Vgl. p. 15. Fig. Fig. Fig. Fig. tv TUT EN BI.) Absorptionssystem der Wacholdermistel. 193 Tafel II. . Stück eines Sproßquerschnittes; die Rinde reichlich vom Parasitengewebe durchsetzt und dieses durch die Färbung der Kerne verfolgbar gemacht. Massiger vorhanden peripher und an der Grenze zwischen primärer und sekundärer Rinde. Von ersterer Ansammlung zieht radial ein breiter Komplex, an dem der Stockwerkbau deutlich hervortritt. Vergr. 85. Vgl. p. 13. Sproßquerschnitt mit zwei Adventivknospen des Parasiten, von denen eine die Rinde schon durchbrochen hat, die andere noch in ihr steckt. Vergr. 23. "Vgl. p. 45. . Bruchstück eines Holzquerschnittes, das hypertrophisch weite Tracheiden zeigt. Vgl. p. 44. Teil eines Tangentalschnittes durch das Holz. Auseinanderspalten und Deformation der Tracheiden durch eingezwängte Parasitenzellen. Schnitt in Chlorzinkjod gelegen. Vergr. 255. Vgl. p. 38. - . Tangentalschnitt durch das Holz eines gesunden Juniperus-Sprosses. Vergr. 57. Tafel IV. . Stück eines Sproßquerschnittes, mit durch den Parasiten stark zerklüftetem Holze. Vergr. 27. Vgl. auch p. 12. . Zum Vergleiche mit Fig. 1 ein Stück des Querschnittes durch einen gesunden, Juniperus-Sproß bei gleicher Vergrößerung. . Der Querschnitt durch einen breiteren Rindenstrang von Arceuthobium, der noch jugendlichen Charakter hat, keine Gefäße differenziert zeigt. (Aus einem Querschnitte durch einen Juniperus-Sproß. Vergr. 235. Vgl. p. 14, 47. . Querschnitt durch das Holz. Arceuthobium-Gewebe durchsetzt es in radialen Streifen; teils zweireihig ist ein solcher links von der Mitte, weiter nach links ein einreihiger. In beiden treten die zart spiralig verdickten Gefäße auf. Am ersteren sind seitliche Auszweigungen ‘erkennbar. Vergr. 156. Vgl. auch p. 41, 45, 50. . Teil eines Querschnittes durch das Holz. Man sieht die radial gerichteten Einbrüche des Parasiten in annähernd der gleichen Schichte enden, offenbar durch ausgereiftes Holz gestaut. Vergr. 156. Vgl. p. 40. Tafel V. . Teil eines Sproßquerschnittes mit zahlreichen Einbrüchen in das Holz des letzten Jahresringes. In der Mitte eine isolierte Tracheidenreihe des Juniperns zwischen zwei Einbrüchen. Der rechte überschreitet die Jahrringgrenze; der linke, breite zeigt an.seiner Endigung zwei abgerundete Tracheiden, die den Eindruck machen, als seien ihre Wandungen gequollen. An mehreren Stellen sind die zartfaserig verdickten Gefäße des Parasiten erkennbar. Vergr. 140. Vgl. p. 40, 41, 46, 50. Stück eines Tangentalschnittes durch die Rinde eines Juniperus-Sprosses in Chlorzinkjod liegend aufgenommen. Die dunklen (Stärkereaktion) markstrahl- artig erscheinenden Zeilen sind die des Parasiten. Sie lagen scheinbar in den Wen und gemahnten an Durchwachsungen leer Veres3200. Vgl. P- SE Tangentalschnitt durch von Arceuthobium durchwuchertes Holz, Deformation der Markstrahlen, Kettenbildung. Vergr. 57. Vgl. p. 15. Zum Vergleiche ein Tangentalschnitt durch gesundes Juniperus-Holz bei gleicher Vergrößerung wie bei Fig. 3. Bruchstück eines Querschnittes durch einen vom Parasiten durchwucherten Sproß. Das Präparat war mit Javelle’scher Lauge behandelt. In beiden Ein- brüchen des Parasiten in den Holzkörper (der eine einreihig links von der Mitte, der andere, breitere rechts) sind die spiralfaserigen Soden der Gefäße des Arceuthobium erkennbar. Vergr. 150. Vgl. p. 40, 50. 194 E. Heinricher, Absorptionssystem der Wachöoldermistel. Tafel VI. Alle Bilder der Tafel betreffen Schnitte durch einen Juniperus-Sproß, der. etwa ein Dezennium vom Parasiten durchwuchert ist. N Fig. 1. Tangentalschnitt durch das Holz. Die ‘radial das Holz durchsetzenden Stränge quer getroffen, meist zellenreich. Kaum ein intakter Markstrahl im Bilde. Vergr. 95: Vgl. p. 37. RN er ID Fig. quer durchschnitten zeigt. Die Differenzierung in ihnen war durch Tinktion ‚hervorgehoben. Die dunklen Kreise entsprechen den Durchschnitten der Gefäße. Außerdem waren die Zellkerne und der eiweißartige, massige Inhalt gewisser Zellelemente gefärbt. Vergr. 75. Vgl. p. 47, 87. ; Fig. 3. Querschnitt durch die Rinde. Unten Nähe des Kambiums, obere Grenze Arceuthobinm-Gewebe, von dem links ein starker Strang nach unten abgeht; rechts mehrere feinere, markstrahlartige Züge. In. der sekundären Rinde fallen die mit eiweißartigem Inhalt erfüllten Zellen vor allem auf, auch die Bast- fasern sind unterscheidbar. Vergr. 130. Vgl. p. 48, 57. Fig. 4. Teil eines Tangentalschnittes durch das Holz, enthaltend den Querschnitt mehrerer das Holz radial durchsetzender Stränge von Arcenuthobium. Am zentralen, breitesten Strange erkennt man die auerdurchschnittenen, längs- leitenden Gefäße in Gruppen innerhalb des Stranges. An sie schließen weitere, derber netzig verdickte, Speichertracheiden ähnliche Zellen an und stellen die Verbindung mit den Tracheiden von Juniperus her. Sie sind besonders reichlich in der unteren Partie des Stranges und rechts ‚vorhanden. (Präparat tingiert mit basischem Fuchsin.) Vergr. 130. Vgl. p. 38. Fig. 5. Tangentalschnitt durch die Rinde. Massiges Vorhandensein von Parasiten- gewebe. Vergr. 75. Vgl. p. 56. Fig. 6. Tangentalschnitt durch die Rinde eines von Arceuthobium sekundär infizierten Seitenastes von Juniperus. Behandelt mit Javelle’scher Lauge, tingiert mit Hämatoxylin, eingeschlossen in Glyzeringelatine. Kombinationen von Mark- ’ strahl- und Arceuthobium-Zellen, reine »Pseudomarkstrahlen«. | Scheinbare Durchwachsung von Wirtzellen. Vergr. 120. Vgl. p. 34. Tafel VI. Durch den Parasitismus der Zwergmistel schon stark geschädigter Jumiperus communis. Man sieht die Hypertrophien, die Orte bezeichnend, wo die einzelnen Schmarotzerpflanzen aufgegangen waren. An ersteren zahlreich dieNarben von Sprossen, die infolge der Eıschöpfung der Nährpflanze abgeworfen wurden. Am Wacholder mehrere Sprosse abgedorrt, auch Nadeln und Sprößchen abgeworfen. Aussaat der Parasitensamen erfolgte Dezember 1912, Keimung 1913. Photographiert März 1923. . Tangentalschnitt durch die Rinde, der drei stärkere Stränge von Arcenthobium . a u ET re Var. Heinricher, E.: Absorptionssystem der Wachholdermistel. Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. 132, Abt. I. 1923. ai Tan. I. tem der Wachholdermistel. ionssys her, E.: Absorpt inric He Sy le = a = ER EOSEIFR L 0 } 6 e [2 Max Jaife, Wien. Lichtdruck v Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. 132, Abt. I. 1923, Taf, UI, her, E.; Absorptionssystem der Wachholdermistel. inric 4 _— fi TIL —_ [der Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien, Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss, math.-naturw. Klasse, Bd. 132, Abt. L 1923 Taf. IV, tem der Wachholdermistel. ionssys her, E.: Absorpt inric He wie, oe Dark) i wur aysr . Wann N ien W 3’ Lichtdruck v. Max Jaffe Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. 132, Abt. I, 1923. Tal, V, B ‚> rer Stine tr. fr PRHLAHT KIEL / „t% Lichtdruc.k v. Max Jaffe, Wien her, E.: Absorptionssystem der Wachholdermistel. inric He Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. 132, Abt. I. 1923, Taf. WI. her, E.: Absorptionssysiem der Wachholdermistel. inric He a - Sag 0: \® en Wien. ’ Lichtdruck v. Max Jaffe Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. 132, Abt. I. 1923. Heinricher, E.: Absorptionssystem der Wachholdermistel. Taf. VII. Kunstanstalt Max Jatfe, Wien. Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math,-naturw. Klasse, Bd. 132, Abt, I. 1923. Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Beitrag zur Kenntnis der qualitativen und quantitativen Verbreitung nordadriatischer Planktoncopepoden und ihrer Epibionten Von Dr. Fritz Früchtl Assistent am Zoologischen Institut der Universität in Innsbruck (Mit 20 Textfiguren) (Vorgelegt in der Sitzung am 12. Juli 1923) Die vorliegende Arbeit erscheint als dritte Mitteilung über die vom »Rudolf Virchow« (Forschungsdampfer der ehemaligen Deutschen zoologischen Station in Rovigno) in den Sommermonaten Juli—August 1911 in der nördlichen Adria gesammelten Plankton- copepoden und bildet den zweiten Teil der allgemeinen Ergebnisse meiner Untersuchungen.! Bei ihrer Abfassung wurde das Hauptgewicht darauf gelegt, das in 23 ziemlich umfangreichen Fanglisten niedergelegte, auf die qualitative Verbreitung bezügliche Tatsachenmaterial durch Einfügung in wenige Verbreitungskarten in möglichst übersichtlicher Form bildlich darzustellen. In analogem Sinne wurde im Abschnitt über die quantitative Verbreitung die Methode der graphischen Darstellung vorzugsweise in Anwendung gebracht. Meinem hochverehrten Lehrer und Chef, Herrn Prof. Dr. Adolf Steuer, möchte ich auch an dieser Stelle für die liebens- würdige Unterstützung, die er mir bei jeder sich bietenden Gelegen- heit zuteil werden ließ, meinen ergebensten Dank sagen. Zu 1 1920 — Früchtl], Fr., Planktoncopepoden aus der nördlichen Adria. In: Sitzungs- ber. d. Akad. d. Wiss. in Wien. math.-naturw. Klasse, Abt. I, Bd. 129, p. 463—509. 1923 — Früchtl,-Fr., Notizen über die Variabilität nordadriatischer Plankton- copepoden. In: Verhandl. d. zool.-but. Ges. in Wien, (Bd. 73, p. 135—157). 196 u E.,Prüchtl, besonderem Dank verpflichtet bin ich noch Herrn Dr. Bruno Schröder (Breslau), welcher die Güte hatte, die auf den Copepoden vorgefundenen pflanzlichen Epibionten zu bestimmen. Ya: Triest _Flune AR N Me Donaster3 Pomo ss Kig: 4; Reiseweg des »Rudolf Virchow«, 25. Juli bis 5. August 1911. 23 Fangstationen. I. Qualitative Verbreitung der vom »Rudolf Virchow« im Juli— August 1911 gesammelten Planktoncopepoden. Die Copepoden-Ausbeute der dritten Virchowfahrt umfaßt die folgenden 59 Arten und 2 Varietäten, welche sich auf 31 Gattungen verteilen: ! 1 Um etwa auftauchende Zweifel betreffs der Synonymie der hier auf- geführten Arten zu beseitigen, sind den einzelnen Arten in Klammern Nummer und Seitenzahl jener Arbeiten (siehe das Literaturverzeichnis am Schluß dieser Arbeit) beigefügt worden, in welchen die entsprechenden Artdiagnosen und Hinweise auf die Synonymie zu finden sind. | 1) VERA A Be u 5 "ne KK .k %* KUH IH % > Verbreitung nordadriatischer Planktoncopepoden. 197 Bolatüs ‚helgolandicus (Claus)... un\nohen „un GBipac, 8 Balınins minor (Claus)... Sat sminsman yon. (7) 15 Be ensitenuiconnis,.Dana ....-.-.unsil nwmansy un (1) 11 Bruns, Sracılıs Dana,...n... 2486] auysienin u (1) 10 Bucalenus attenuains (Dana)... aus! 2).vehumı Jen. (1) 16 Eushlanas, elongatus. (Dana). aan Ulmen. (1) 14 Mecynocera clausi J. C. Thompson........ REN (1) :19 Zachlanus parunss(Elaws)r. Aausunmmolsunniihi (1) 20 lacalanıs pyava Danayins Amann. (1) 22 Calocalanus. styliremis Giesbrechtv. annsonkuum (1) ‚22 ‚Clausocalanus arcuicornis Dana)... son... (1) 23 Glatsocalanus furcatus (Gi Brädy) «vw. „\anisahı = (7) 27 kendcalanıs. vanıs. Giesbrecht nn. (aummnan)) (1) 24 Tepssocalanus elongatus (Boeck)............:.... (1) 25 Meirsıus,. ar malns, (BOSck) and area sie ah (13) 208 Balius. giesbrechi. (OlEve) Sy tan eye ieh (3,209 Binchaeia hehes Giesbrechtn.u.sK Sarrti- eftisklumy (1) ol Beolacithair. bradys. Giesbreec HH FL. - naher oc (1) 71 Brhlaciikrisı dentaia,;, Giesbrechtu..1.7..Näsasehl-eih-n (1) 71 Sealecsthrix tenuiserraia Giesbrecht,..a: 4 Sea «wii (7) ...48 Bissaysungea, (I, Scotia: 55 (1) 82 eniradnesı typiens,. Kröyer. : Asse ass -S- art he) 92 ammoRang es, kröyeri.Giesbrecht: «Heel Ne (7) 6 aranasess aialagens Il laus)ı.H.:1%- ars Sister (Zu 8% ana) Borchert area (7) 62 ass ner Dana) nissen: rau r Di WATRRERN NT or lonsicorms«Müller) ..... -::: .. zahik -sgen (1) 97 nins longicornis-(Claus)—. + rum ns: ee (1). 128 Be uemalasBoeck.... mem ansenen -ertie GER 15 146 Benaocera, wollasioni \Lubboöck).....-.- ........ eb} 149 Ponitella sp. (nur Nauplien und en u, (4). 486 Erasıiı (Acarliura) dansı Giesbrecht............ (1) 73:156 Bammona plumijera Baird ."*........:.... 2. (9) 10; (6) 541 Oithona plumifera Baird var.atlantica (Farran) (5) 141; (4) 489 Basen era Dana nen aaa rasen lminenane (9) 20 Oithona'similis Claus.....2........20.. RIES ZURE BE (9) 24 DNB nana®Giesbreeht Ur ıE NN. rau (9) 40 Cyelopsbicuspidamis Claus van?ı 12.202.227 77. (4) - 491 Porcellidium fimbriatum Claus .:............ (19). Vol: W276 Diosaccus tenmicornis (Claus)............... (10) Vol. V. 146 Euterpina aclifrons (Dana)... >12. AB! I}. U: +(Dyi 3076 “ Clytemmesira vostrata (G.Brady)...........2.20.. (4):23880 Dermatomyzon. nigripes (Brady & Robertson).. (8) 9; (4) 494 Gnasen mediter#dnessLlauso - 2uisunn)s „zunainz: 1 Lou Biuenealmediss@ilashde ch W155 3312... 0.w. „sanıhl (1.487 Oncata sablilis»@ießbreichtun.Jd sh. Jana). schon (Ad 08 Onoseaifvenusies Brill PBl. Jiabnnnas ana. lan 2 (Bianshl6 lee. nr Zt N; Sapphirina nigromaculata Claus......:..2....:.. (6) 6483 198 F. Früchtl, Sapphirina maculosa Giesbrecht * Sapphirina ovatolanceolata Dana.....2.:... nn... Ti Sappfürsma. gemmü-Danass-urnmnrtbEih Zw 0) 3 * Sapphirina auronitens Claus .........:..... ran. * Copihia mediterranea (Claus) .......... winaaate 28 * Corycaeus (Corycella) vostratus Claus.:......... ed 111112 Corycaeus (Corycella) curtus G.P. Farran ...... (2):148=415- Corycaeus (Ditrichocorycaeus) brehmi Steuer...... (2) 59—61 Corycaeus (Ditrichocorycaeus) anglicus Lubbock .. (2) 86-57 * Corycaeus (Onychocorycaeus) ovalis Claus...:...... (2) 96—98 * Corycaens (Onychocorycaeus) catus F. Dahl ..... (2) 100—101 ” Corycaeus (Agetus) typicus Kröyer......... Bi (2) 32—33 * Corycaens (Corycaeus) clausi F. Dahl.......:..... (2) 18—20 Von allen hier angeführten Formen können nur zwei (Cyclops bicuspidatus Claus var.? und Corycaeus (Ditrichocorycaeus) brehmi Steuer) als vorläufig in ihrer Verbreitung auf die Adria beschränkt, hervorgehoben werden. Unter den übrigen Arten spielen die mit * bezeichneten die Hauptrolle bei der Zusammensetzung des Copepoden- planktons. Es sind das jene Arten, welche schon von Giesbrecht (1892) zu den eigentümlichen Spezies des warmen Gebietes gezählt wurden und welche wir, obgleich einigen unter ihnen durch die Arbeiten der letzten Jahrzehnte eine etwas weitere Verbreitung, ais Giesbrecht vermutete, zugestanden werden muß (z.B. Cieno- calanus vanıs Giesbrecht; Oncaea mediterranea Claus), dennoch weiterhin als typische Warmwasserformen im Sinne Giesbrecht's aufrecht halten dürfen. Ihnen lassen sich die folgenden drei Arten als ausgesprochene Kaitwasserformen gegenüberstellen: 1. Psendocalanus elongatus (Boeck), 2. Diaixzis pygmaea (T. Scott), 3. Temora longicornis (Müller). In ihrer Verbreitung enge an die inselreiche, salzarme Küsten- region der nördlichen Adria gebunden, erreichen sie in den mäßig temperierten Gebieten des Quarnero und Quarnerolo, sowie in un- mittelbarer Nachbarschaft des letzteren, ihre Hauptentwicklung, übernehmen, in quantitativer Hinsicht, sogar stellenweise (z.B. Fang Nr. 1 bei Gruica), die Führung und geben dadurch den Fängen aus Gruica, Skarda-Isto, Punta Bonaster und Punta Velibog einen ausgesprochen nordischen Anstrich. Psendocalanus elongatus (Boeck) und Temora longicornis (Müller) dringen, wie Steuer (1910) berichtete, auch in das Brackwassergebiet des Canal di Leme bei Rovigno vor; die erst- genannte Art wurde von -:Grandori (1912) auch im Malamocco bei Venedig nachgewiesen. Verbreitung nordadriatischer Planktoncopepoden. 199 Claus (1881) und Car (1883) waren die ersten, welche über das Vorkommen von Temora longicornis (Müller) im Triester Golfe Mitteilung machten. Die folgende Verbreitungskarte (Fig. 2) gibt ein Bild von den bisher sicher ermittelten Fundorten dieser interessanten Arten. m En ee Ta nn a en a Be Ge te | } Te en I 7e: | | r | > a | | | L | | 18 | | on ı RR ImS, | n 3 # N an N Fig. 2. Qualitative Verbreitung der Gattungen Pseudocalanus, Diaixis und der Temora longicornis (Müller) in der nördlichen Adria. @ Pseudocalanus elongatus (Boeck); © Diaixis pygmaea (T. Scott), + Temora longicornis (Müller). Den kleinsten Verbreitungsbezirk hat nach dieser Karte die Gattung Diaixis G. O. Sars. Das hat, nach meiner Ansicht, seinen Grund darin, daß D. pygmaea (Th. Scott) sich im geschlechtsreifen Zustand vorwiegend in den tieferen Wasserschichten der Küsten- zone aufhalten dürfte (die Fänge aus Gruica, Skarda-Isto, Punta Bonaster und Punta Velibog stammen aus Tiefen von 78 bis 104 n), "und dadurch weniger als die beiden andern Arten Gefahr läuft, 200 bogen AR durch horizontale Strömungen verschleppt zu werden. Durch diese Annahme würde sich ihr Fehlen im seichten Brackwassergebiet des Canal di Leme ungezwungen erklären lassen. Schließnetzfänge, welche - allein geeignet wären, über diesen Punkt Klarheit zu ver- schaffen, wurden leider vom »Virchow« nicht gemacht. . Fig. 3. Qualitative Verbreitung der Familien der Candaciidae: und: Pontellidae in der nörd- lichen Adria Juli—August 1911. @& Candacia armata Boeck, O Acartia (Acartiura) elausi Giesbrecht, || Labidocera wollastoni (Lubbock), === Pontella sp. (juv.), Außer diesen, ihrer Heimat nach, echt nordischen Formen beherbergt die nördliche Adria auch solche Arten, welche im Nord- atlantik und an der Westküste Norwegens von G. O. Sars häufig gefunden und in seinem großen Werk »An Account of the Crustacea of Norway« beschrieben und abgebildet wurden. Es sind das die mehr weniger eurythermen und euryhalinen Arten: Paracalannıs parvus (Claus), Clausocalanus arcnicornis (Dana), Gentropages Verbreitung nordadriatischer Planktoncopepoden. 201 iypicus Kröyer, Candacia armata Boeck, Enuterpina acutifrons (Dana), Acartia (Acartiura) clausi Giesbrecht, Oithona similis Claus, Eucalanus elongatus (Dana), Aetidius armatus (Boeck), Ctenocalanns vanus Giesbrecht, Haloptilus longicornis (Claus), Isias clavipes Boeck, Labidocera wollastoni (Lubbock), Oithona Qualitative Verbreitung einiger Küstenformen in der nördlichen Adria, Juli— August 1911. & Zuterpina acutifrons (Dana), © Porcellidium fimbriatum Claus, Clytemnestra rostrala (G. Brady), | Diosaccus tennicornis (Claus). plumifera Baird var. atlantica (G.P. Farran), Oithona setigera Dana, Diosaccus tennicornis (Claus), Porcellidium fimbriatum Claus, Dermatomyzon nigripes (Brady & Robertson) und Cory- caeus (Ditrichocorycaeus) anglicus Lubbock. Die Aufstellung dieser drei Gruppen (Warm-, respektive Kalt- wasserformen und Arten der gemäßigten Gebiete). gibt wohl einen Einblick in die allgemeine Zusammensetzung des nordostadriatischen 202 F. Frücht!l, Copepodenplanktons, sie erweist sich aber dann als unzureichend, wenn es gilt, ein nach Möglichkeit klares Bild über die Verbreitung der einzelnen Komponenten zu gewinnen. Das für die Verbreitung ausschlaggebende Moment ist in der nach Norden zu abnehmenden Tiefe zu erblicken, worauf schon Steuer (1910) ausdrücklich hin- weisen Konnte. Innerhalb der Warm-, respektive Kaltwasserformen En De ame mes | i Fig. 5. | Qualitative Verbreitung von @& Calocalanus styliremis Giesbrecht, $# Calocalanus pavo (Dana) und ©) Clausocalanus furcatus (G. Brady) in der nördlichen Adria, Juli—August 1911. und Arten der gemäßigten Gebiete haben wir daher noch eine Scheidung zwischen phao- und knephoplanktonischen Hochsee- kopepoden einerseits und phaoplanktonischen Küstenformen andrer- seits vorzunehmen. Welchen Einfluß die rikale Verbreitung der Copepoden auf ihre horizontale Verteilung ausüben kann, zeigt das folgende Beispiel: Verbreitung nordadriatischer Planktoncopepoden. 2053 Die Arten der Gattungen Calocalanıs Giesbrecht und Scolecithrix Brady sind typische Warmwasserformen, zeigen aber trotzdem keine Übereinstimmung in ihrer horizontalen Verbreitung, weil ihre vertikale Verbreitung eine verschiedene ist. Calocalanus styliremis Giesbrecht ist ein ausgesprochen phaoplanktonischer Hochseecopepode und wird daher leicht von mein rm Fig. 6. Qualitative Verbreitung von @ Mecynocera clausi 1. C. Thompson, © Scolecithrix denuiserrata Giesbrecht, | Scolecithrix bradvi Giesbrecht, == Scolecithrix dentata Giesbrecht in der nördlichen Adria, Juli—August 1911. den Öberflächenströmungen bis in die entlegensten Winkel des Quarnero entführt, tritt sogar, wie ich (1920, [die Beobachtung wurde 1911 an lebendem Material gemacht]), feststellen konnte, im Winterplankton des Golfes von Triest (2. XIL. 1911) als seltener Gast auf. Diese Paracalanide hat also in der nördlichen Adria eine ziemlich gleichmäßige Verbreitung. 204 Kine, FR. Frücht]; ..., Ganz anders verhalten sich dagegen die Arten der Gattung Scolecithrix. Ihre knephoplanktonische Lebensweise (die erbeuteten drei Arten stammen aus Tiefen von 130 bis 180 =) entzieht sie zwar dem für viele Hochseeplanktonten so verderblichen Einfluß: der. Oberflächenströmungen, setzt aber ihrer Verbreitung nach dem seichten Norden hin eine frühe Grenze, so daß das Becken von Pomo und die Stationen südlich und westlich von Lucietta als die nördlichsten Fundplätze der Familie der Scolecithricidae zu be- ‚trachten sind (vgl. Fig. 6). Außer den Arten der Gattung Scolecithrix erreichen im Quer- profil von Pomo noch jene Arten, die wir.im Anschluß an Lo Biahco und Stemer; zur biologischen Gruppe der ozeanischen Knephoplanktonten (Hochseecopepoden, welche die Tiefen von 30 bis 500 m bevölkern), vereinigen wollen, vorläufig ihre nörd- lichste Verbreitungsgrenze. | In diese Gruppe ist die überwiegende Zahl der adriatischen Groß-Copepoden einzureihen,. welche sich von den die ober- flächlichen Wasserschichten belebenden Klein- Coperaize der Küstenzone hauptsächlich unterscheiden durch: 1.. Geringere Eizahl, respektive Yeruehrungsgeschy md und dadurch bedingte relative Individuenarmut. 2. Besondere Empfindlichkeit gegenüber Temperatur- und Salz- gehaltsschwankungen des Meerwassers. 3. Geringeres Variationsvermögen, daher verminderte Neigung zu Lokalrassenbildung. 4. Den- geringen Größenunterschied zwischen Männchen und Weibchen. 5. Ihre enge Verbreitungsgrenze, welche in der nördlichen Adria durch die 38°/,,-Isohaline gezogen erscheint und in den Sommermonaten mit der Verbindungslinie der Stationen Lucietta— Pomo zusammenfällt | Von solchen typisch stenothermen und stenohalinen Knepho- planktonten wies das Material der dritten Virchow-Fahrt die folgenden Arten auf: Calanus gracilis Dana, Nordgrenze: Ragusa, Pomo, Lucietta. Encalanus elongatus (Dana), Nordgrenze: Südlich von Lucietta, Pomo. Aetidins armatus (Boeck), Nondgrenze; Westlich und südlich von Lucietta, Ragusa. Aetidius giesbrechti Cleve, Nordgrenze: Südlich von Lucietta, Ragusa. | Ka Haloptilus longicornis (Claus), Nordgrenze: Lucietta, Ragusa, Otranto, Pomo. Verbreitung nordadiiatischer Planktoncopepoden. 205 Innerhalb der 37°/,,-Isohaline, welche : sich. nach den hydro* graphischen Beobachtungen von A. Grund keilförmig. in den Quarnero erstreckt, wurden noch die folgenden knephoplanktonischen Copepoden in geringer Zahl (hauptsächlich Jugendformen) vor- gefunden: 1 er Se ir 7 = N er > \ y ı } | an ; ee = =. ee me 5 | Fig. 7. Qualitative Verbreitung von 2) Euchaeta hebes Giesbrecht, O, Aelidius armatus.. (Boeck), $ Aetidius giesbrechti (Cleve) in der nördlichen Adria. Jui—August 1911.. Calanus minor (Claus), Nordgrenze: Pericolosa, Merlera. (Wurde von mir auch im Winterplankton [19. I. 1903] des Golfes von Triest beobachtet.) Calanns tennicornis Dana, Nordgrenze: Merlera, Punta nera. (Diese. Calanide konnte ich während meines Aufenthaltes an der’ Zoologischen Station in Triest [September 1912] in einem nach starker Bora gemachten Planktonfang nachweisen.) 206 FF. Früchtl, % Euchaeta hebes Giesbrecht, Nordgrenze: Meriera, Südlich von Galliola (juv. 9). (Zwei Weibchen dieser Art wurden von mir auch im Winterplankton [19. I. 1903] des Triester Golfes beobachtet.) Wie sich aus den hier beigefügten Verbreitungskarten klar. £ ergibt, macht sich ganz allgemein in der Adria, von Süden nach | menge NE AR: Qualitative Verbreitung der Gattungen Calanus und Eucalanus in der nördlichen . Adria, Julii—August 1911. @ C. helgolandicus (Claus), BC. gracilis Dana, m C. minor (Claus), || C. tenuicornis Dana, OÖ Eue. attennatus (Dana), © Euc. elongatus (Dana). Norden zu gehend, ein Rückgang der aus wärmeren Breiten stammenden und durch die Straße von Otranto eingeführten knephoplanktonischen Hochseecopepoden bemerkbar, ein Rückgang, der nahezu schrittweise an der Hand der entworfenen Karten zu verfolgen ist. Der biologischen Gruppe der ozeanischen Knephoplanktonten steht die Gruppe der neritischen Phaoplanktonten (Copepoden, Verbreitung nordadriatischer Planktoncopepoden. 207 welche in der Regel als geschlechtsreife Tiere die obersten O bis 30 nm Schichten der Küstenzone bevölkern) gegenüber. Hierher gehören alle Klein-Copepoden der nördlichen Adria (mit Ausnahme der Gattung Calocalanıs Giesbrecht) von 048 bis 2:7 mm Körpergröße. Qualitative Verbreitung der Gattungen Centropages und Isias in der nördlichen Adria, Jui—August 1911. & C. ivpicus Kröyer, | ©. kröveri Giesbrecht, a C. vio- laceus (Claus), © Isias clavipes Boeck. Die wechselnden Existenzbedingungen des Küstengebietes spiegeln sich im biologischen Verhalten dieser Gruppe getreulich wieder, so daß sie eine nicht minder gut zu charakterisierende Lebensgemeinschaft der nördlichen Adria darstellt. Gegenüber den knephoplanktonischen Arten der Hochsee zeichnen sich die Ver- treter dieser Gruppe aus: Sitzungsberichte d. mathem.-naturır. KIreApEeT 132, Bd. 16 Bl dd al NE 2 dB 208 F. Früchtl, 1. Durch eine größere Eizahl und N Vermehrungsfuß, ee das bedeutende quantitative Übergewicht der Küstenfänge s (Nr. 2, 3, 4 und 10) über die aus größeren Tiefen stammenden Hochseefänge (Nr. 12, 13, 14, 15) zurückgeführt werden muß (vel. das Kapitel über die quantitative Verbreitung). / Br Qualitative Verbreitung von @ Corycaeus (Ditrichocorycaeus) brehmi Steuer, O Corycaeus (Ditrichocoryecaeus) anglicus Lubbock, | Coryeaeus (Onychocorvca- eus) catus F. Dahl SZ, == Corycaeus (Onychocorycaeus) ovalis Claus 9 in ‚der nördlichen Adria, Jui—August 1911. EIER EEE 2. Durch ihre geringe Empfindlichkeit gegenüber den Tem- peratur- und Salzgehaltsschwankungen des umgebenden Mediums. 3. Durch ein nicht unbedeutendes Variationsvermögen und eine besondere Neigung zu Lokalrassenbildung (vgl. meine in den Verhandlungen der Zool.-Botan. Ges. in Wien erschienenen »Notizen über die Variabilität nordadriatischer Planktoncopepoden«). 2 Et be a ED RR ae) An ee Verbreitung nordadriatischer Planktoncopepoden. 209 4. Durch den mitunter bedeutenden Unterschied in der Körper- ‚größe und im Zahlenverhältnis der Geschlechter (z. B. in der Gattung Oithona Baird). Das eurytherme und euryhaline Verhalten der neritischen Phaoplanktonten ermöglicht es einigen Arten auch vorübergehend 3 a u rr = TFT FT [6% [| | File 11. Qualitative Verbreitung der Gattung Oithona in der nördlichen Adria, Juli— August 1911. O. plumifera Baird, O. plumifera Baird var. atlantica (Farran) \ 23 ©) O. setigera Dana, I O. simtlis Clau Ss, za OÖ. nana Giesbrecht. im Oberflächenplankton der adriatischen Hochsee zu erscheinen (Clausocalanus arcuicornis [Dana]), ja selbst in die Region des Knephoplanktons vorzudringen (Cienocalanus vanus Giesbrecht). Aber auch das Brackwasser ist, wie Steuer zeigen konnte, das Wohngebiet eines nicht geringen Teiles dieser Küstenformen. Als streng neritische Arten, gewissermaßen »Leitformen« des nordostadriatischen Küstenplanktons, sind die folgenden Phao- planktonten anzusehen: Paracalanus parvus (Claus), Temora 210 FR. Früchtl, stylifera (Dana), Temora longicornis (Müller), Pseudocalanus elongatus (Boeck), Centropages typicus Kröyer, Centropages kröyeri. Giesbrecht, Isias clavipes Boeck, Acartia (Acartiura) clansi Giesbrecht, Oithona nana Giesbrecht, Oithona similis Claus, Euterpina acntifrons (Dana), Omcaea mediterranea Claus, Parcellidium fimbriatum Claus, Diosaccns tennicornis (Claus), En en m me En m a m rn £ , — x Seen mer Se ee re See re Fig..12. Qualitative Verbreitung der Gattung Oncaea in der nördlichen Adria, Juli=August 1911. &@ 0. mediterranea Ciaus, © O. media Giesbrecht, | O. venusta Philippi, = (0). sıbtilis Giesbrecht. Corycaeus (Ditrichocorycaeus) brehmi Steuer, Corycaens (Ditricho- corycaeus) anglicus Lubbock, Corycaens (Onychocorycaeus) ovalıs Claus, Corycaeus (Önychocorycaeus) catus F. Dahl. Jeder Oberflächenfang, aus .O0 bis 30 m Tiefe, aus welcher Lokalität der nordadriatischen Küste er auch immer stammen möge, wird die eine oder andere der hier aufgezählten Arten enthalten. Häufig gesellen sich dazu noch Jugendformen von Calamıs helgo- Verbreitung nordadriatischer Planktoncopepoden. Zul landicus (Claus), Calanus tenuicornis Dana und geschlechtsreife Tiere der folgenden Arten: Clausocalanus arcnicornis (Dana), Clausocalanus furcatus (G. Brady), Ctenocalanus vanus Giesbrecht, Centropages violacens (Claus), Candacia armata Boeck, Labidocera wollastoni (Lub- bock), Oithona plumifera Baird, Oithona plumifera Baird var. Es ag ng | T Map nn SBEN Te Bra Dagegen een OR, x 2 ANZ j Sg ee a I oiget1” Amszamg 7 yassen "Tessa Fahne oil reler- Haan Fig. 13. Qualitative Verbreitung von @ Corycaeus (Agetus) Wypicus Kröyer, O Corycaeus (Corycella) rostratus Claus, | Corycaeus (Corycella) curtus Farran, == Corvycaeus (Corycaeus) clausi F. Dahl. atlantica (G. P. Farran), Oithona setigera Dana, Clytemnestra rostrata G. Brady, Oncaea mediterranea Claus, Microsetella norvegica Boeck und als seltenere Arten: Dermatomyzon nigripes Brady & Robertson, Oncaea subtilis Giesbrecht, Oncaea venusta Philippi, Corycaeus (Corycella) rostratus Claus, Corycaeus (Cory- cella) curtus Farran, Corycaeus (Agetus) typicus Kröyer, Cory- caeus (Corycaeus) clausi F. Dahl. % ee ES N N 4 rar AU f 212 F. Früchtl, Die qualitative Verbreitung einzelner Vertreter der. dritten Gruppe, der phaoplanktonischen Hochseecopepoden, ist zum Teil schon an früherer Stelle besprochen und durch Karten- skizzen veranschaulicht worden (siehe Fig. 5, welche die Verbreitung von Calocalamus pavo (Dana) und C alocalanus styliremis Gies- brecht zeigt, sowie auch Fig. 3 [Verbreitung der Jugendformen der Gattung Pontella Dana|). | Hier mögen nur noch einige Bemerkungen über das qualitative Verhalten der Arten der Gattungen Sapphirina J.V. Thompson und Copilia Dana Platz finden. Ich kann mich um so kürzer fassen, als bereits Sigl! (1912) im IV. Teil ihrer Arbeit den Sapphirinen als Kommensaien der Salpen eine eingehende Behandlung hat zuteil werden lassen, wobei sie, um mögliche Vollständigkeit zu erzielen, aus die Sapphirinen- Ausbeute der dritten » Virchow«-Fahrt, 198 (allerdings nur soweit es sich um Raumparasiten handeite) herangezogen hat. Die folgende Kartenskizze (Fig. 14), auf welcher ich ein Bild von der horizontalen Verbreitung der außerhalb von Salpen angetroffenen Sapphirinen entworfen habe, soll in erster Linie eine Ergänzung zu Sigl’s Fundorisangaben sein. Von den gesammelten fünf Arten der Gattung Sapphirina hat S. auronitens Claus, von welcher Spezies Steuer (1895) fünf Fundorte aus der südlichen Adria verzeichnen konnte, den engsten Verbreitungsbezirk. Sie wurde in zwei Exemplaren (12, 10) in der Station 15 (vor Pomo) beobachtet, erreicht a dort vorläufig ihre nördlichste Verbreitungsgrenze Sapphirina gemma Dana, die individuenreichste Art des Pomobeckens (26 geschl echtsreife Exemplare wurden dort ge- fischt, kam im Norden nur in einer Station (Punta Colorat) einem weiblichen Exemplar zur Beobachtung. Für diese Art hat Steuer in seinem Planktonkalender für den Triester Golf vom Herbst 1898 bis Herbst 1904 den Nachweis geführt, daß sie erst Anfangs November im Triester Golf erscheint, um gegen Ende Jänner wieder von dort zu verschwinden. Nach meinen Unter- suchungen (1920) ist sie, im Verein mit der ihr sehr nahestehenden S. ovatolanceolata Dana, während der Sommermonate (Juli— August) im Becken von Pomo die vorherrschende Art unter den Sapphirinen. Das einzige im Quarnero erbeutete Weibchen werden wir vielleicht als den ersten »Vorposten« für den im Spätherbst einsetzenden Vorstoß dieser Art nach Norden hin anzusehen haben. Über das ganze Untersuchungsgebiet verbreitet ist Sapphirina nigromaculata Claus. Das Maximum an. Individuenzahl erreicht sie, im Gegensatz zu den beiden vorbesprochenen Arten, im Quarnero (67 Individuen), während im Pomobecken nur. 7 Tiere 1 Sigl A., Die Thaliaceen und Pyrosomen des Mittelmeeres und der Adria. In: Denkschr. d. math.-naturw. Klasse d. k. Akad. d. Wiss. in Wien, Bd. LXXXVII, 1912. (Enthält ausführliche Angaben über die Salpen als Wirtstiere der einzelnen Arten von Sapphirina und über ihre Verbreitung.) Verbreitung nordadriatischer Planktoncopepoden. 215 erbeutet wurden. Sie erscheint daher auch viel früher als S. gemma Dana im Triester Golf und vermag sich dort von Juli bis Dezember zu halten (vgl. Steuer, 1907). Der Verbreitungsbezirk der letzten Sapphirinenspezies S. macı- losa Giesbrecht wird nach Norden zu durch die Stationen Selvre—Skarda—Isto abgegrenzt. 2 en u =y= = Fig. 14. Qualitative Verbreitung der Gattungen Sapphirina und Copilia in der nördlichen Adria, Jui—August 1911. & S. ovatolanceolata Dana, 8 S. auronitens Claus, © S. nigro- macnlata Claus, | Ss. gemma Dana, == S. maculosa Giesbrecht, wg Copilia mediterranea (Claus). Von der Gattung Copilia Dana fand sich im Material der dritten »Virchow«<-Fahrt nur eine Art, C. mediterranea (Claus), vor. Geschlechtsreife Weibchen traf ich im Becken von Pomo (1?) und südlich vom Kap Merlera (3? und 1 juv. ?) an. Ausschließlich Jugendformen (7) enthielten die Fänge südlich der Klippe von Galliola und bei Punta nera. 214 | F. Frücht!, II. Quantitative Verbreitung der nordadriatischen ‚Plankton- copepoden im Juli— August 1911. ia Durch Zählung der geschlechtsreifen Tiere aller in den Fang- stationen 1 bis 15 gesammelten Arten versuchte ich einen Einblick in die quantitative Zusammensetzung des Copepodenplanktons der Ostküste der nördlichen Adria zu gewinnen. Dabei erwies es sich, des Vergleiches wegen, als unbedingt nötig, die Volkszahlen der aus verschiedenen liefen stammenden Planktonfänge auf eine Durchschnittstiefe von 100 m zu beziehen. Nachstehende Tabelle gibt eine Übersicht über die Bevölkerungs- | dichte der Fänge: | 3 | | ER >63 2 Nr. ı Fangstation = Sen ©5 23 eh, u 5 - 3 -2 | =8 25% = ei a< zo | 303 ®! N N N a 1 ; Südwestlich von Gruica | 25. VL. 340 22 16 100 m 2. Skarda-Isto Ey. mas 23: VL. 1204 28 18 100 m 3 ı Punta Boenaster . mr 23: 2D,N 11: 1346 ar 19 100 ın 2 TPuntasVelibos ur, IL ZSNYVIL 926 212 20... 1. 1 OOE 5 1 Klippe Burdtak.. .. anlnu. 26, VIL 220 14 10 100 ın 6 | Östlich von Purara ....| 26. VII. 003) 16 11 100 m 7 Westlich von Lueietta...| 26. VII. 208 19 14 100 in ee yon ea N So ec 28 18 100 m | EN Er Di ERDEDE .. DRIN: 09. Kippe Malo ME... 26.3VT. 575 23 1% 100 an 21 .ı Sudkek 30n Zirena...E .1,20. ML 0 "19 ia 100 an 12 | Weg nach Pomo ......].27,VI. | - 394 30 i) Prog 18 > > we ah 7: Yu: 190 18 i3 100 mı 14 > > Da RN NE DTNVIR 440 24 15 100 m 154 ker | Bote ran 27. VIL 119 25 le | 100 m * Die große Zahl der konservierten Salpen (zirka 4000 Individuen) er- ı schwerte das Zählen der Copepoden so sehr, daß ich gezwungen war darauf | zu verziehten. Desgleichen waren im 9. Fang (südlich von Zuri, 26. Juli 1911, Oberfläche) die Copepoden durch einen mächtigen Schwarm der Salpa democratica-mucronalta (welchen A. Sigl, 1912, auf 9000 Exemplare schätzte), fast vollständig verdrängt. Nur vom Genus Oithona und von Paracalanus parvus \ ı (Claus) kamen in diesem Fang Jugendformen zur Beobachtung. DD art Verbreitung nordadriatischer Planktoncopepoden. 'Die Tabelle zeigt, daß der Norden der Adria, vor allem die Fänge aus dem an den Quarnero anschließenden Inselgebiete (Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta Velibog), das Maximum an Volksstärke besitzen. Nach Süden zu nimmt die Bevölkerungsdichte der Fänge rasch ab und beträgt beispielsweise in Station 15, vor Pomo, nur den zehnten Teil des Fanges aus Skarda-Isto. na nn nenn nn, ) | 'F 1 Gruica 2 SKarda-Isto Uiesl..Lucila .Luciella gSüclv.buciella > P*Bonasler 4 FF" Velibog & IoDe Alulo 1 eg nach omo Be dan u | | m. nn | l- | Oflinpe ırara 0 OstlRurara ih) Weg nach Jomo Itweg nach omo Kia tg Graphische Darstellung der auf eine Durchschnittstiefe von 100 m bezogenen Volks- dichten der Fänge Nr. 1 bis 14. Die beigegebene graphische Darstellung der auf eine Durch- schnittstiefe von 100 m berechneten Volksstärken der einzelnen Fänge illustriert in übersichtlicherer Weise als die Zahlentabelle das quantitative Verhalten des Copepodenplanktons. Ein Vergleich der über die Fänge 1 bis 15 vorliegenden Artenlisten lehrt, daß es ausschließlich die größtenteils kosmo- politischen eurythermen und euryhalinen Phaoplanktonten sind, welche den Küstenfängen aus der nördlichen Adria zu ihrem Individuenreichtum verhelfen. 216 F. Früchtl, In jenen Fängen dagegen, in welchen die Küstenformen gegenüber den Hochseeformen an Zahl zurücktreten (westlich und südlich von Lucietta, Weg nach Pomo [Station 12, 13, 14] und vor Pomo [Station 15]), fällt die Bevölkerungsdichte rapid auf den vierten bis zehnten Teil jener der Küstenfänge herab. ZU Quantitative Verbreitung typischer Küstenformen in der nördlichen Adria, Juli—-August, 1911; Acartia (Acartiura) clausi Giesbrecht, [__] Centropages ‚typıcus Kröyer, E#H] Temora stylifera (Dana), W224 Candacia armata Boeck. In auffallender Parallele zur Volksstärke der einzelnen Fänge steht die quantitative Verteilung einiger typischer Küstenformen (Acartia [Acartiura] : clausi Giesbrecht, Centropages typicus Kröyer, Temora stylifera |Dana] und Candacia armata Boeck), welche in der obigen Fig. 16 graphisch (durch Aneinanderreihung der Quantitäten jeder Spezies) zur Darstellung gelangt. A s Verbreitung nordadtiatischer Planktoncopepoden. 217 Wenn wir das Schema der quantitativen Verbreitung dieser Küstenformen mit der graphischen Darstellung der Bevölkerungs- dichte der Fänge (Fig. 15) vergleichen, fällt uns sofort auf, daß die volkreichsten Fänge (Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta Velibog und Klippe Mulo) zugleich auch Maxima in der Quantität der Küstenformen sind, während umgekehrt die an Küstenformen in quantitativer Hinsicht ärmsten Fänge (Klippe Purara, östlich von Purara, westlich und südlich von Lucietta, Weg nach Pomo [Station 12,13, 14], vor Pomo) auch die kleinste Bevölkerungsdichte auiweisen. Der Fang Nr. 10, bei Klippe Mulo, verdankt beispielsweise seim, alle anderen Fänge aus diesem Gebiete übersteigende Bevölkerungsdichte nur dem Umstand, daß in ihm Centropages tvpicus Kröyer in 378 geschlechtsreifen Exemplaren auftrat und quantitativ die Führung übernahm. Mit Acartia (Acartiura) clausi Giesbrecht, Centropages Iıpieus Kröyer, Temora stylifera (Dana) und (Candacia armata Boeck haben Clausocalanus arcwicornis (Dana), Clausocalanus Jurcatus (G. Brady) und Ctenocalanus vanıs Giesbrecht in ihrer quantitativen Verbreitung vieles gemein. Auch sie erreichen in den nördlichsten Fängen aus Skarda- Isto und Punta Bonaster ihre Hauptentwicklung, stellen sogar die individuenreichsten Arten in diesen Fängen vor. In den südlichen Fängen, 7 bis 15, werden sie durch die beiden Charakterformen des Pomobeckens, Euchaeta hebes Gies- brecht und Calanus minor (Claus) der Zahl nach verdrängt, stehen aber, bezüglich ihrer Individuenzahl, noch an der Spitze der übrigen Arten. Besonders Clausocalanus arcıwicornis (Dana) zählt sowohl in den nördlichen als auch in den südlichen Teilen des vom »Virchow« durchforschten Gebietes zu den verbreitetsten und individuenreichsten Arten. Eine Sonderstellung unter den nordadriatischen Plankton- copepoden nehmen die drei Arten Diaixis pygmaea (T. Scott), Psendocalanus elongatus (Boeck) und Temora longicornis (Müller) insofern ein, als sie, wie im vorhergehenden Kapitel bereits aus- geführt wurde, in ihrer Verbreitung vorwiegend auf den Quarnero und die angrenzenden Inselkanäle beschränkt sind. Das muß um so mehr auffallen, . als gerade diese Arten in hervorragendem Maß an der quantitativen Zusammensetzung der ersten vier Fänge (Gruica, Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta Velibog) beteiligt sind. Ich habe im nachstehenden Verbreitungsschema (Fig. 18) diesen nordischen Formen mit Absicht eine ausgesprochene Warmwasser- form an die Seite gestellt, um durch die verschiedene quantitative Verbreitung dieser Formen auf die Eigenart ihrer beiden Wohngebiete (Pomobecken einerseits, Quarnero andrerseits) hinweisen zu können. Es läßt sich, auf Grund der in den Fanglisten und quantitativen Verbreitungskarten enthaltenen Daten, ganz allgemein sagen: 218 °F. Frücht!, Während im Becken von Pomo die großen, steno- thermen und stenohalinen Warmwasser-Knephoplanktonten vorherrschen, (Euchaeta hebes Giesbrecht und Calanus minor u Al ar Lei Are Figs:l/. ; Fio. I Quantitative Verbreitung von Quantitative Verbreitung von MM Zuchaela 'ılı Clenocalanus vanus Giesbrecht, hebes Giesbrecht, DJ Temora longicormis Sy Clansocalanus arcuicornis(Dana), (Müller), Diaixis pygmaea (Th.Scott), m Clausocalanus furcatus (G.Brady) 000] Pseudocalamus elongatus (Boeck), in der nördlichen Adria, Juli—August IHM /sias clavipes Boeck in der nördlichen 2971. Adria, Jui—August 1911. [Claus]), gewinnen im Inselgebiet des Quarnero die aus- gesprochenen Kaltwasserformen (Diairis pygmaea |[T. Scott], Pseudocalanus elongatus |Boeck], Temora longicornis |Müller]) sogar stellenweise das numerische Übergewicht über die Verbreitung nordadriatischer Planktoncopepoden. 219 kleinen eurythermen und euryhalinen neritischen Phao- planktonten und werden nut, wenn neues Hochseewasser Inecıe Kamale Stromti, vworubersehend mit Warmwaässer- formen durchmengt. RE BETTER, We un pm ern rallge Fig. 19. Schema der quantitativen Verbreitung der Gattung Calanıus in der nördlichen Adria, Juli— August 1911. wu C. minor (Claus), HH] C. helgolandicus (Claus), DIA ©. temuicornis Dana, [_} €. gracilis Dana. Es ist, wie die im qualitativen Teil dieser Mitteilung wieder- gegebenen Verbreitungskarten lehren, eine nicht selten zu be- obachtende Erscheinung, daß Jugendformen von Euchaeta hebes, Calanus minor, Calanus tenuicornis usw. durch Öberflächen- strömungen aus dem eigentlichen Verbreitungsgebiet ihrer Art gerissen werden und dann als sporadische Beimengungen auch im Quarnero, selbst im Triester Golf zur Beobachtung kommen. 220 | F. Früchtl, Würde man bei den genannten Arten die quantitative Verbreitung unberücksichtigt lassen und .nur auf Grund ihrer. qualitativen Verbreitung ein Urteil fällen, so käme man zu der ganz irrigen Ansicht, Euchaeta hebes und Calanus minor seien gleichmäßig über das Untersuchungsgebiet verteilt, wohingegen die vorher- gehenden Figuren 18 und 19 das Gegenteil beweisen. Es sind in vorliegender Arbeit nur von den individuenreichsten Arten quantitative Verbreitungskarten entworfen worden. Bezüglich der übrigen Arten sei auf das im speziellen Teil (1920 erschienen!) jeder Gattung oder Art beigeschlossene Zahlenverhältnis der Spezies oder der Geschlechter verwiesen. | Bei der individuenreichen Gattung Oithona wurde im Hinblick auf die durch die große Variabilität ihrer Vertreter! sehr erschwerte genaue Bestimmung von einer Stückzählung Abstand genommen. II. Epibionten auf nordadriatischen Planktoncopepoden. In der Station 1 (Klippe Gruica, 104 m Tiefe) wurde ein Weibchen von Diaixis pygmaea T. Scott gefunden, an dessen Abdomen, zu kugelförmigen Kolonien vereinigt, sich die Bacillariacee Synedra investiens W. Smith? angesiedelt hatte. Mit Hilfe des Zeichenapparates habe ich eine (in det vor- liegenden Fig. 20 um ein. Drittel verkleinerte) Skizze entworfen, welche lediglich die eigentümlichen Wuchsformen dieser interessanten Algenkolonien zum Ausdruck bringen soll. Wie B. Schröder (11),'p. 331, berichtet, war seen E nicht bekannt, daß Vertreter der Gattungen Synedra und Cymbella auch auf Tierkörper übergehen können. Im Hinblick auf diesen interessanten Fund sei Schröders Beschreibung wiedergegeben: »S. investiens W. Smith (Text und Abbildung bei Van Heurck,3 p. 313, Taf. 10, Fig. 425) saß in einfachen, strahlig- büschelförmigen bis kugeligen Kolonien von oft 30 bis 70 Individuen, seltener einzeln oder in geringer Ankahl mit einem kaum merklichen Gallertpolster meist auf den Bössien, und Haaren, weniger an den Abdominalsegmenten von Diaixis pygmaea. Sie gehört zu den kleinen marinen Formen (Länge'25 'bis 30 u, Breite der Senalenseite 2 bis 3 1, Dicke 3 bis oO) Sie ist in der Schalenansicht schmal lineal-lanzettlich, von der Mitte aus gleichmäßig und sehr allmählich nach den Enden zu verschmälert und an diesen stumpflich Ferunder Die punktierten Querstreifen der Zellhaut gehen parallel und im rechten Winkel zur Längsachse. Die Gürtelseite ist etwas breiter als die Schalenseite, gerade und lanegestnreikt rechteckig mit schwach abgerundeten Ecken. Die Chromatophoren, die in dem in Formol konservierten Materiale leidlich gut erhalten geblieben waren, zeigten sich als zwei unregelmäßig viereckige Platten, 1 Vel. z. B. das Karitel »[Iher morphologische Variationen bei Oithona plumifera Baird und die Artberechtigung von Oithona allantica, G.P. Farran« in meinen »Notizen über die Variabilität usw.« (Verhandl. der Zool.-Bot. Ges. in Wien, Bd. 73, p. 141.) 2 Die Bestimmung dieser und der folgenden Bacillariacee (Cymbella pusilla Grun.) verdanke ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Dr. Bruno Schröder (Breslau). 3 Van Heurck, Traite des Diatomees. Anvers 1899. F ID ID tr Verbreitung nordadriatischer Planktoncopepoden. Fig. 20. Abdomen eines Weibchens von Diaixis pygmaea (T. Scott) mit aufsitzenden Kolonien der Bacillariacee Synedra investiens W. Smith. (Fundort: Station 1, Klippe Gruica, 104 m Tiefe, 25. VI. 1911.) 222 | F. Früchtl, die in der Mitte der Zelle einen kleinen Raum frei ließen. Im allgemeinen haben die marinen Synedren stets zahlreiche kleine Chromatophoren von rundlicher oder polvgonaler Umgrenzung. Dies ist bei S. investiens nicht der Fall: Es ist mir nicht bekannt, ob S. investiens schon aus der Adria sicher nach- gewiesen ist, aber ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich die von Grunow von dort her angegebene S. gracilis Kütz. (und W. Smith) var. barbatula Grun. mit ihr identisch halte, die Grunow,1 p.88 beschreibt und auf Taf. V (8), Fig. 24 abbildet und von der er sagt, daß sie an Cladophora-Arten und an Eclocarpus im Mittelmeer und in der Nordsee, von wo sie auch Van Heurck und andere 'angeben, festsitzend vorkommt. Das von Grunow allerdings erwähnte »Schleimbärtchen« am oberen Ende der Zellen habe ich trotz Färbung mit Methylenblau und Safranin nicht auffinden können, aber vielleicht liegt das nur an der Konservierung, vielleicht fehlt es auch den auf Copepoden aufsitzenden Individuen.« Drei Weibchen von Corycaeus (Ditrichocorycaeus) brehmi Steuer aus dem Fange bei Punta Bonaster (Station 3, 85 und 91 Tiefe, 25. VI. 1911), sechs Männchen von Corycaeus (Ditricho- corycaeus) brehmi Steuer aus Punta Velibog (Station 4, 78 und 93 m Tiefe, 25. VII. 1911) und drei Männchen von Corycaeus (Onychocorycacus) catus F. Dahl aus Punta Velibog (Station 4) waren mit Cymbella pusilla Grun. besetzt. Auffallenderweise waren die Männchen oft über und über von der Bacillariacee besiedelt, während die Weibchen nur mit wenigen Cymbellen besetzt waren. Hervorgehoben sei ferner, daß die genannten pflanzlichen Epibionten nur in der Küstenzone des Quarnero, auf phao- planktonischen Copepoden sitzend, angetroffen wurden. Unter den knephoplanktonischen Copepoden aus dem Becken von Pomo erwies sich nur eine einzige Spezies als Trägerin eines tierischen Epibionten. Es war das Euchaeta hebes Giesbrecht, ‚von welcher Art mehr als die Hälfte aller geschlechtsreifen Individuen von der marinen Suctorie Tokophrya steneri O. Schröder befallen waren. Als Anheftungsstelle bevorzugte der Epibiont das letzte Thorakalsegment, besonders aber das asymmetrische, mit einem lamellösen Fortsatz rechts von der Öffnung und einem Tuberkel auf der Dorsalfläche ausgestattete Genitaisegment der Weibchen. Auf den Männchen habe ich ihn seltener und auf Jugendformen fast gar nicht beobachtet. 1 Grunow A., Die österreichischen Diatomaceen. In: Verhandl. der Zool.- Bot. Ges. in Wien, Jahrgang 1862. r . . . ‘ Verbreitung nordadriatischer Planktoncopepoden. 223 Literaturverzeichnis. (1) Breemen Van, Copepoden. In: Nordisches Plankton, Zool. Teil, Bd. IV. Entomostraca, 7. Lfig., VII, 1908. (2) Dahl M., Die Corycaeinen. Mit Berücksichtigung aller bekannten Arten (Monographie). In: Erg. d. Plankt.-Exp. d. Humboldt-Stift., Bd. 2, G. fi. Kiel und Leipzig, 1912. (3) Dahl F., Die Gattung Copilia (Sapphirinella). In: Zool. Jahrb. Abt. f. Syst. Gener.. u, .Biol.. d« Tiere. Bd. 6, Jena, 1892. (4) Früchtl F., Planktoncopepoden aus der nördlichen Adria. In: Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. in Wien, math.-naturw. Kl., Abt. I, Bd. 129, 1920. (5) — Notizen über die Variabilität nordadriatischer Planktoncopepoden. In: Verhandl. d. Zool.-Bot. Ges., Wien, Bd. 73, 1923. (6) Giesbrecht W., Systematik und Faunistik der pelagischen Copepoden des Golfes von Neapel. In: Fauna und Flora des Golfes von Neapel. 19. Monographie, Berlin, 1892. (7) — und Schmeil O., Copepoda, 1. Gymnoplea. In: Das Tierreich, 6. Lfe. .Crustacea. Berlin, 1898. (5) — Die Asterocheriden des Golfes von Neapel und der angrenzenden Meeresabschnitte. In: F. u. Fl. d. Golfes v. Neapel. 25. Monographie, Berlin, 1899. (2) Rosendorn Ilse, Die Gattung Oithona. In: Wiss. Erg. d. Deutsch. Tiefsee- Exped. auf dem Dampier »Valdivia« 1898 bis 1899, Bd. 23. Jena, 1917. (10) Sars G.O., An Account of the Crustacea of Norway; Copepoda, Bd. 4 bis 6. Bergen, 1901 bis 1913. 111) Schröder B., Über Planktonepibionten. In: Biol. Zentralbl., Bd. 34, Nr. 5, Leipzig, 1914. (12) Steuer A., Die Sapphirinen und Copilien der Adria. In: Bollettino della Soe. adriatica di scienze naturali in Trieste. Bd. 24, 1907. (125). -—- Adriatische Planktoncopepoden In: Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. i1 Wien, Bd. 119, 1910. (13) WolfendenR.N., Die marinen Copepoden der Deutschen Südpolar-Expedition !90% Bis 1903. In: Deutsche Südß.-Exp.,; Bd. 12, Berlin, 1911. (lm übrigen wird auf das der Arbeit [4] angeschlossene Literaturverzeichnis ver- wiesen.) Sitzungsberichte d. mathem -naturw Kl, Abt I, 132. Bd. 17 “ angiagerı j De Gedruckt a:f Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Weitere Beiträge zur Kenntnis freilebender | Nematoden aus Suez Von Heinrich Micoletzky (Innsbruck) Aus dem Zoologischen Institute der Universität Innsbruck (Mit 4 Textfiguren) Ergebnisse einer von Dr. Ad. Steuer mit Unterstützung des Ministeriums für Kultus und Unterricht und des Vereines zur Förderung deutscher Kunst und Wissenschaft in Prag unternommenen Studienreise nach Agypten, IV1, (Vorgeiegt in der Sitzung am 5. Juli 1923) In meiner ersten Mitteilung habe ich nebst einem Überblick über die mir vorgelegene Nematodenfauna von Suez (1. Korallenriff, 2. Algen von Steingrund) 15 neue Arten beschrieben und bezüglich genauerer Angaben der bekannten Arten auf einen späteren Bericht verwiesen, dessen erster Teil hier folst. Im Vorjahre sind mir durch die Liebenswürdigkeit des Ver- fassers die Arbeiten Filipjev’s (1918/21, 1922, 1—2) über die Nematoden des Schwarzen und des Azov’schen Meeres zugekommen. Diese Abhandlungen, von denen ich sehr bedaure, daß die erste, die umfangreichste und grundlegendste, nur in russischer Sprache? erschienen ist, bringen ungemein viel Neues. Außerdem zeigen sie eine sehr gründliche kritische Durcharbeitung unserer bisherigen Kenntnisse, insbesondere der marinen freilebenden Nematoden. Der Hauptwert dieser Untersuchungen liest in der Aufstellung eines Systems? und in einer, die Biocoenosen des Schwarzen Meeres nahezu erschöpfenden Aufnahme der Fauna. 1 Siehe diese Berichte, Bd. 18. Abt, L November 1909; Bd.-119, Abt.’ T, Jar 1910 und Bas 13T, Abt’:1.' 1922! 2 Die mühevolle Übersetzung besorgte Herr Dr. F. Früchtl, dem ich auch an dieser Stelle für seine große Mühewaltung meinen herzlichsten Dank ausspreche. 3 Nach Filipjev’s neuem System, das von den heute vorliegenden neueren Versuchen von Cobb (1919) und mir (1921) am meisten befriedigt, weil es einem natürlichen System am nächsten kommt, gebe ich meine diesbezüglichen Anläufe auf und schließe mich Filipjev an. 226 H. Micoletzky, Diese Arbeiten haben mich nun veranlaßt, meine Angaben und Präparate einer abermaligen Durchsicht zu unterziehen. Die Überprüfung führte mich, zusammen mit dem Vergleich meines Hauptuntersuchungsgebietes, des Mittelmeeres mit besonderer Be- rücksichtigung der Adria, zur Aufstellung einiger neuer Genera. Anfänglich stand ich allerdings der mitunter vielleicht etwas zu weitgehenden Aufteilung der Genera (und auch der Arten) durch den russischen Zoologen etwas ablehnend gegenüber. Im Laufe meiner weiteren Untersuchungen überzeugte ich mich jedoch, daß dieser Vorgang in vielen Fällen angezeigt ist, so daß mehrere einheitlichere, kleinere Genera an Stelle der wenigen uneinheitlichen, großen Sammelgenera erscheinen. Ich gebe zunächst, in Filipjev’s System eingegliedert, eine abermalige Übersicht der in Suez aufgefundenen Nematoden, die ich seinerzeit (p. 78) in alphabetischer Reihenfolge angeführt habe. Die gültigen, voranstehenden Namen sind Kursiv, die in meiner früheren Arbeit verwendeten, ihnen entsprechenden, in gewöhnlicher Druckschrift beigefügt. Bei den Familien und Unterfamilien sind — soweit es mit einigen Worten möglich ist — die Hauptkennzeichen nach Filipjev angeführt. Die Einteilung beruht in erster Linie auf der Art der Seitenorgane und dem Bau des ÖOvars, erst in zweiter Linie wird die bisher vornehmlich zur Einteilung benutzte Mund- höhle herangezogen. Familie Enoplidae. Seitenorgane taschenförmig, selten versenkt spiralig. 1. Unterfamilie Leptosomatinae. Mundkapsel vorhanden. Leptosomatum sabangense Steiner 1915?; - Thoracostoma steineri mihi, Phanoderma tubercnlatum (Eberth?). 2. Unterfamilie Anticominae. Ohne Mundkapsel.! Anticoma acuminata (Eberth). 3. Unterfamilie Oxystominae. - Vorderende ausgezogen, mit 2 Kreisen von Kopfborsten, Seitenorgan weit abgerückt, bis- weilen unscheinbar. | Paroxystomina asymmetrica n. g. n. sp. als neue Art eines neuen Genus erwähnt und beschrieben; Halalaimus graciiis de Man. - 4. Unterfamilie Enoplinae. Mundhöhle mit 3 beweglichen Kiefern. Enoplus striatus Eberth N ä sp. Een Enoplus sp. 1 Diese Unterfamilie-muß neu gekennzeichnet werden, da Filipjev re 2) das Genus Anoplostoma in eine andere Gruppe stellt. =] x . " ‘ Freilebende Nematoden aus Suez. 227 . Unterfamilie Oncholaiminae. Mundhöhle groß, umfangreich, dickwandig, meist mit 3 Zähnen. Paroncholaimus parpaptilliferus n. sp. syn. Oncholaimus sp.; Pelagonema simplex Cobb; Viscosia glabra (Bast.) syn. Onchol. (Viscosia) glaber Bast.; Prooncholaimus n. g. megastoma (Eberth) syn. Oncholaimus megastoma Eberth; Oncholaimus aegypticus Steiner syn. O. exilis mihi 1922 (nec O. exilis Cobb 1891!) syn. O. papillosus Eberth? O. dujardini de Man. Unterfamilie Enchelidinae. Mundhöhle fehlend. Enchelidium acuminatum Eberth. Unterfamilie Symplocostominae. Ohne Lippen, Mundhöhle mit Zähnen und ringförmigen Verdickungen. Eurystoming ornatum (Eberth) syn. Eurystoma ornatum (Eberth); Symplocostoma temnicolle (Eberth); S. pauli (Marion); Bolbella cobbi mihi.! Unterfamilie Dorylaiminae. Vorderende mit Papillen, ohne Borsten. Mundhöhle verschieden, doch ohne Mundkapsel, Osophagus ohne Bulbus. Syringolaimus striaticandatus de Man; S. brevicaudatus mihi. Unterfamilie Tripyloidinae. Seitenorgane eine versenkte Spirale. Tripyloides demani Filipjev syn. T. vulgaris mihi (nec T. vulgaris de Man!) Familie Chromeadoridae. Kutikula stets geringelt, Seitenorgane verschieden, bisweilen fehlend, Mundorgan (Zähne) vorstülpbar. . Unterfamilie Camacoiaiminae nom. nov. (Acanthopharynginae Filipjev ex parte). Seitenorgane nach Art einer unregel- mäßigen Tasche. Jonema isseli n. sp. syn. Araeolaimus (Araeolaimoides) cobbi Bunt (ee 4. cobbr Steiner 1910|) Unterfamilie Cyatholaiminae. Seitenorgan spiralig, alle 10 Kopf- borsten in einem Kreis. Paracanihonchus n.g. steneri mihi syn. Cyatholaimus (Acan- thonchus) steueri mihi. Unterfamilie Desmodorinae. Kutikularinge nicht auflösbar, Seitenorgane wohl entwickelt, gewöhnlich spiralig. Mundkapsel klein, meist mit Dorsalzahn. 1 Gehört möglicherweise zu Polygastrophora de Man 1922, 1. 2! H. Micoletzky, Acanthophaı ynz micans (Eberth) syn. Desmodora (Xanthodora) micans (Eberth); Feterodesmodora n. g. ditlevseni a syn. Desmodora ditlevseni mihi. ' Unterfamilie Chromadorinae nach Filipjev 1922, 1. Seiten- organe schwer sichtbar, häufig als Querspalt. Dorsalzahn stets vorhanden. Chromadorina laeta (de Man) syn. Chromadora laeta de Man, Chromadorina obtusa Filipjev 1918; Chr. parva (de Man) syn. Chromadora (Spilophora) parva de Man; Euchromadora striata (Eberth); Neochromadora n. 8. parapoecilosoima (mihi) syn. Chromadora parapoecilosoma mihi; Spilophorella paradoxa (de Man) var. mediterranea n. v. syn. Chromadora (Spilophora) paradoxa de Man; Chromadora brevipapillata mihi 1922, 2, syn. Chr. nudi- capitata typ. var. bipapillata f. brevipapillata mihi 1922, 2; Chr. bipapillata mihi 1922, 2 syn. Chr. nudicapitata typ. v. bipapillata f. longipapillata mihi 1922, 2, beide 1922, 1.4. alsı Chr mudicapitata. .Bäst. angesprochen: Prochromadorella n. g. meapolitana. (de Man) syn. Chromadora procera mihi; P. mediterranea (mihi) syn. Chromadora mediterranea mihi; Chromadorella filiformis (Bastian) syn. Chromadora filiformis Bast. Familie Monohysteridae nach Filipjev 1922, 1. Ovar nicht umgeschlagen wie bei den beiden obigen ‘Familien, sondern gerade ausgestreckt. Seitenorgane bisweilen rund. . Unterfamilie Monhysterinae. Ssitenorgane primär rund, selten queroval. Paramonhystera paranormandica (miht) syn. Monohystera (Theristus) paranormandica mihi; Theristus polychaetus (Steiner) syn. Monohystera polychaeta Steiner; Mono- hystera heteroparva nom. nov. syn. Monohystera parva mihi 1922, 1, M. parva (Bast.) v. meridiana mihi 1922, 2 (nec Monoh. parva de Man 1888!). | Unterfamilie Linhomoeinae. Seitenorgane sekundär rund (d.h. verborgen spiralig) oder längsoval, dickwandig. Linhomoeus obtusicaudatus de Man; Meialinhomoeus sp. Syn. Linh. sp., mihi. Es erscheint fraglich, ob die unter Linhomoeus sp., und ZL. sp., unvollständig beschriebenen Arten diesem Genus angehören. ZL. sp., ist wegen der zarten Seitenorgane und anderer Organisationsmerkmale wohl eher zur 1. Unterfamilie zu stellen. Freilebende Nematoden aus Suez. 229 3. Unterfamilie Axonolaiminae. Seitenorgane röhrenförmig, mit- unter auf besonderer Membran. Araeolaimus bioculatus (de Man) var. fliformis mihi; Coinonema punctatüm Cobb syn. Araeolaimus elegans mihi (nec A. elegans de Man 1888). 4. Unterfamilie Comesominae. Seitenorgane spiralig. Sabatiera cleopatris Micoletzky syn. S. tenuicaudata (Bast.) var. cleopatris mihi. Familie Anguillulödae mit manchen Merkmalen der Parasiten, zu denen sie überleitet, vielfach mit larvalem Charakter (Neotenie). Mundhöhle verschieden, Ösophagus häufig mit 2 Anschwellungen, Halsdrüse oft als Seitengefäße. Bedarf abermaliger Bearbeitung und Unterteilung. Tylenchus mediterraneus mihi. Familie Einoplidae. 1. Unterfamilie Leptosomatinae. Leptosömatum sabangense Stermer»Ddlo: Steiner 19151, p. 226 bis 230, Figuren 4 bis li. L. elongatum Bast. var. SARAMSENSis Steiner; :1921, 1, p. 59 pis*60; | Micoletzky. 1922, 1,.P.1.78, L. bacillatum (Eberth). Gesamtzahl: 2 aus Suez Nr. 1, davon 1 9, 1 juv. von folgenden Maßen: ? DD L36mm, a 126,56 6-0, c 108, V 650,6, 550%; juv. Z 39mm, a 87, u 2:99.41. Das vorliegende Weibchen (das jugendliche Tier ohne sekundäre Geschlechtsmerkmale konnte einer Nachuntersuchung nicht unter- worfen werden) sieht dem von mir im Mittelländischen Meere auf- gefundenen Z/. bacillatum (Eberth), den auch Filipjev (1918/21) untersuchte, sehr ähnlich und unterscheidet sich nur durch die eiwas kleineren Seitenorgane (!/. gegen !/, des entsprechenden Körperdurchmessers bei ZL. bac.) und durch den längeren, konischen Schwanz (2'0O5fache anale Körperbreite gegen 1- bis 1'15fache bei L. bac. sowie zylindrische Form) von der Vergleichsart. Nach dem Schwanze vermute ich stark, daß mir die Varietät Steiner’s vorgelegen hat, die ich gleich Filipjev (1918/21, p. 563) derzeit als Art ansprechen möchte. Steiner hat nur (Fig. 5) die Ausmündung des Seitenorgans gezeichnet, die dahinter gelegene Tasche (vgl. Filipjev 1918/21 tab. 1, Fig. la und 5b, 2a) sah er nicht. Seine Maße stimmen bis 1 Die unmittelbar angezogene Literatur erfolgt, um Wiederholungen zu ver- meiden, am Schlusse des aus Raummangel erst im nächsten Bande erscheinenden dritten und letzten Berichtes. 2 Bezeichnung vgi. meine frühere Mitteilung, p. 79, Fußnote 1. Ten u 1 230 H. Micoletzky, auf die bedeutende Schlankheit (gegen a 80) und den kürzeren Schwanz (gegen c 60°5) mit denen meines Tieres gut überein. Leider ist mein Weibchen zu wenig gut erhalten, um einen genauen Vergleich anzustellen. So habe ich unter anderem die ventrale Drüsenzellenreihe, die Steiner erwähnt, nicht beobachtet, dagegen die bei Leptosomatum häufige Pigmentierung der Ösophagusdrüse hinter den Ozellen deutlich gesehen, obwohl das Tier durch das langjährige Lagern in Alkohol schwach pigmentiert erschien. Geographische Verbreitung. Sumatra, algenreicher Küsten- gürtel (Steiner); Tortugas bei Venezuela, auf treibendem Sar- gassum (Steiner). Hr, | Phanoderma tuberculatum (Eberth)? Eberth 1863, Znoplus tuberculatus. Im Korallenriff fand ich | a, Tier, von.’ dem ich vermute, daß es dieser Art zugehötrt. Im Mittelmeer (Adria, Neapel, Ischia) traf ich 5, durch den männlichen Kopulationsapparat deutlich auseinanderzuhaltende Arten an, die ich erst allmählich unterscheiden lernte. Ob und wieweit sich auch die Weibchen dieser Phanoderma-Arten unterscheiden lassen, müssen weitere Untersuchungen .dartun. Ich lasse einen Schlüssel dieser Arten, von denen zwei neu sind, folgen. Die aus- führliche Beschreibung der neuen Arten soll später an ee Stelle gegeben werden. Schlüssel! der von mir im Mittelmeer bapbacu a Phano- derma-Arten nach der Organisation der Männchen. 1 (4) Distales (äußeres) Spikulumende ohne Zähne, Gubernakulum schwach oder fehlend. 2 (3) Schwanz schlank, verlängert, 3°6 bis 4°8 Analdurchmesser der Körperbreite erreichend; Spikulum sehr zart, von Schwanzlänge, die Mündung des akzesso- rischen Organs um ?;/, der Spikulumlänge überragend; Gubernakulum ventral, mit ventrad getichteter,. spitze (Dorn). ........: P. gracile de Man 1878.?- 3 (2) Schwanz plump (2°’4 mal), Spikulum mäßig zart, deutlich kürzer ais der Schwanz, das akzessorische Organ nicht erreichend, Gubernakulum ohne Dornfortsatz RE BEL TER IE BE 0 P: tubercula tum (Eberth3 1863). + (1) - Spikulum distai, nahe seinem äußeren Ende mit mehreren ventralen, nach innen zu an Größe abnehmenden, deutlichen Zähnchen; Schwanz mittelschiank bis plump (1'6 bis 2'7 mal Körperdurchmesser am Anus); Gubernakuium deutlich. 1 Die Gegensätze (Ziffern) eingeklammert! 2? syn. P. parvum Villot 1875. P. macrophallum Steiner, 1921, 2, unter- scheidet sich durch das die Spikula am äußeren Ende scheidenartig umschließende Gubernakulum, das ventral keinen Dorn trägt und die subventralen, präanalen 3orstenpapillen, die bei P. grac. fehlen. 3 Nec. P. iuberculatum Filipjev 1918/21. Diese Art aus dem Schwarzen Meere, für die ich den Namen P. filipjevi n. n. vorschlage, unterscheidet sich durch die längeren Spikula, die die Mündung des akzessorischen Organs überragen. Ob Steiner (1921, 1) in Teneriffa P. tubercul. (Eberth) vorgelegen hat, läßt sich, da keine Männchen aufgefunden wurden, nicht entscheiden. =, . ‘ Freilebende Nematoden aus Suez. 231 5 (8) Mit röhrenförmigem akzessorischen Organ (wie 2, 3). 6 (7) Spikulum das innere Ende des akzessorischen Organs nicht oder kaum über- ragend (die Mündung des akzessorischen Organs nach außen um weniger als 1/,. der Spikulumlänge überragend); Schwanz mittelschlank (2°4 mal nach eigenem Präparat, 3’:5mal nach Marion); Schwanz mit submedianen und sublateralen Borsten, die wenigstens teilweise auf Papillen sitzen. Diese Borsten erreichen oder überschreiten die Dicke der Kutikula. P. laticolle (Marion 18701} SI — (@F} Spikulum das innere Ende des akzessorischen Organs deutlich überragend (2/, der Spikulumlänge über die äußere Mündung des akzessorischen Organs nach vorne reichend); Schwanz plump (1'6 bis 2'2 mal analer Körperdurch- messer); Schwanz meist nur mit innervierten Papilien, sind Borsten vorhanden, so bleiben sie kürzer als der Kutikuladurchmesser....P. mediterranea n. Sp. S (5) Akzessorisches Organ verkürzt, an Deontostoma Filipjev erinnernd. Schwanz plump, von zweifachem analen Körperdurchmesser, bis auf das akzessorische Orsan mit P. mediterranea übereinstimmend............ P. aberrans n. sp.? 2. Unterfamilie Anticominae. Anticoma acuminata (Eberth 1863). Eberth 1863, Odontobtus acnuminatus; Marion 1870, Stenolaimus lepturus ?; de Man 1876, A iyrsrhenica; Cobb 1891, 2, A. acuminata; Daday 1901; Rouville 1904, A. calveti; Filipjev 191821, A. pontica. Die mir vorliegenden Tiere von Suez, Neapel, verschiedenen Orten der Adria, Banyuls und Cette?, die mehr als 100 Erwachsene umfassen, lassen mich stark vermuten, daß alle obige Literatur sich auf Eberth’s Art bezieht. Mit Ausnahme Filipjev’s (Schwarzes Meer) haben alle Autoren unsere Art im Mittelmeer beobachtet. Der ausführlichen und sehr genauen Bearbeitung Filipjev's habe ich folgendes hinzuzufügen. Maße der Suez-Aufsammlung: 35 Tiere, davon 5 @ (1 eiertragend, 1 mit Vulvaanlage) 10 5’ (eines mit Spikulaanlage), Sexualziffer 200. @ L 1'74 mm, a 833, b4A'8, c 7'3, V 46°60/,, Durchschnitt aus 4 Messungen; g' L 1'68 mm, a 835, b 4:76, c 8:7, Durchschnitt aus 7 Messungen. Nackenborsten @ 4°5 (3 bis 6), n5; 0 .3'5 (8 bis 4), n 2. ao 0'33.4 Das Weibchen mit 5 Borsten zeigt die hintersten schwächer entwickelt, das Männchen mit 4 Borsten zeigt die hintersie, schwächste Borste abgerückt. Im Vergleich zu meinen adriatischen Vertretern bleiben jene aus Suez etwas kleiner, sind aber trotzdem etwas schlanker und tragen einen etwas kürzeren Ösophagus. Der Schwanz zeigt fast völlige Übereinstimmung, desgleichen die übrigen Maße. Verglichen mit Filipjev’s Tieren aus dem Schwarzen Meer (Sebastopol) sind die Suez- Vertreter bedeutend kleiner (gegen ? 2:56, d 2:3 mm 1 Syn. Heterocephalus laticollis Marion; unterscheidet sich von den mir vorliegenden Vertretern nur durch den längeren Schwanz und die stärker ausgeprägten, präanalen, offenbar subventralen Papillen. 2 Vorläufig wurde, da nur 1 . aus Rovigno vorliegt, von der Aufstellung eines neuen Genus abgesehen. 3 Diese Aufsammlung verdanke ich dem gütigen Entgegenkommen Dr. Steiner's. jene von Neapel überließ mir in liebenswürdiger Weise Prof. Bressiau. * ao, Lage des altzessorischen Organs (äußere Mündung) in Schwanzlängen vor dem Anus. 232 H. Micoletzky, im Schwarzen Meer, während meine größten Adriatiere 23mm erreichen) und dementsprechend plumper {gegen a ? 40, 32); sie tragen einen längeren Ösophagus (gegen 6:55) und. einen längeren Schwanz (gegen ? 8, S 11). Die geringere Körpergröße, verbunden mit den übrigen jugendlichen Merkmalen sind offenbar auf klimatische Einflüsse zurückzuführen. Ein Vergleich der nordischen Meere mit den südlichen zeigt dies auch bezüglich der Nematoden- fauna, worauf überdies bereits Steiner (1921, 1, ‚ P- = nachdrücklich hingewiesen hat. Die übrigen Merkmale stimmen sehr gut mit den Angaben a ilipjev’s überein. So messen die Kopfborsten durchschnittlich 7 », i. 1/, der Kopfibreite und nur 1 Weibchen zeigt auffallend große RER, von 1261, d. i. ?/, der entsprechenden Kopfbreite bei sonstiger Übereinstimmung. Die Seitenorgane finde ich nur !/, (gegen !/,) des entsprechenden Durchmessers des Körpers. Der Beginn der Hals- oder Nackenborsten liegt durchschnittlich 2:55 Kopfbreiten, gemessen auf der Basis der Kopfborsten, vom Vorderende entfernt (Variationsbreite 2°25 bis 2°9, n 15), was mit Filipjev’s Angaben sehr gut übereinstimmt. Bezüglich der Zahl der Halsborsten, die Filipjev stets mit 5 angibt (wieviele Tiere?), habe ich eine bedeutende Variabilität feststellen können. Sie schwankt in Suez von 3 bis 6, in der Adria bis 7. Diese Borsten können in 2, selbst in 3 Gruppen stehen, ohne daß sich — wie ich später genauer auszuführen hoffe — Anhaltspunkte für die Aufstellung neuer Arten oder auch nur Unterarten ergeben. Den einzelnen Jugendstadien scheint eine bestimmte Borstenzahl zu entsprechen, wenigstens gelang es mir nach der Borstenzahl (1 bis 5 Borsten) Gruppen zusammenzustellen, die Altersklassen entsprechen dürften. Ohne Borsten ist mir in der Adria nur 1 Jugendtier von 0:68 mm Länge untergekommen. Vorkommen und geographische Verbreitung. Als Algenform besonders häufig im algenreichen oberen Küstengürtel. Diese Art reicht jedenfalls vom westlichen Mittelmeer bis ins Schwarze Meer und bis ins Rote Meer (in beiden Fängen von Suez etwa gleich vertreten). A. acuminata ist anscheinend der Stellvertreter der nörd- lichen A. pellucida Bast. Zur Synonymie von A. acuminata sei ER daß Steno- laimus lepturus Marion höchstwahrscheinlich die Eberth’sche Art ist, denn es wäre doch sonderbar, wenn eine so häufig und im Mittelmeer verbreitete Art in Marseille nicht wiedergefunden würde und ähnliches gilt von A. calveti Rouville. Daß Filipjev, dem kein Vergleichsmaterial aus dem Mittelmeer zur Verfügung stand, eine eigene Art aufgestellt hat, darf beim Vergleich der Figuren Eberth’s, de Man’s und Marion’s nicht überraschen. Im Anschluß gebe ich die Hauptkennzeichen von A. acuminata gegenüber den anderen Arten A. eberthi Bast.; A. pellucida Bast. syn. A. limalis Bast; A. lata Cobb, A. similis Cobb; A. trichura Freilebende Nematoden aus Suez. 233 Cobb, A. typica Cobb. Beginn der Nackenborsten 21/, bis 2:9 Kopfbreiten (auf Kopfborstenhöhe) vom Vorderende,! Exkretions- porus um etwa 1 Kopfbreite von den Kopfborsten entfernt, zwischen Seitenorgan und Halsborsten. Ventraldrüse links verlagert. Spikula ' dünn, akzessorisches Organ nur wenig vor der Höhe des inneren Spikulumendes gelegen. Die nächste Verwandte ist die im Mittelmeer anscheinend fehlende A. pellucida Bast., die sich nach Filipjev durch die Lage des Exkretionsporus (bei A. p. 1'/, Kopfbreiten hinter den Kopf- borsten), die Entfernung der Halsborsten (Beginn 3 Kopfbreiten vom Vorderende), die dünneren Spikula und das ihren inneren Enden nicht genäherte akzessorische Organ (bei der typischen A. p. 2 Spikula- längen präanal) unterscheidet. Ein weiterer Unterschied liegt ver- mutlich in der Schwanzlänge. Mir will es scheinen, als ob A. acuminata im Mittelmeer A. pellucida etwas näher stünde als ihre Vertreter (Filipjev’s A. pontica) im Schwarzen- Meer. A. acuminata und A. pontica stehen einander jedoch so nahe, daß ich vorläufig davon absehen möchte, die Schwarze Meeres-Form als eigene Varietät zu unter- scheiden. 3. Unterfamilie Oxystominae. Paroxystomina asymmetrica n.g.n.sp. (Fig. 1). Miegletzky 1922, ' 1,’ p. 100 bis 102, Fig. 13a bis c. Männchen der Thoracostoma-Gruppe. Erfreulicherweise gelang es mir in der Adria (Rovigno, Bocche dı Cattaro, Meleda) im untergetauchten Gürtel der Küstenregion bis Sm Tiefe sowie in Rockpools Vertreter beider Geschlechter jenen bisher unbestimmbaren, durch seinen eigenartigen d- a apparat auffallenden Nematoden aufzufinden. Maße der Tiere aus Rovigno: @ 3:9 mm (3°5 bis 4:25), a 107 (91 bis 118), 5 3°9 (3°64 bis 43), c 63 (50 bis 70), V 67 %o, (65 bis 70), » 3; e 124, 12:80/,, Go 10°3, i1'79/,, Umschlag mehr als 1/, bis 3/,, G, bis G, von den beiden größeren 9; 1 Ei beim größten Q, postvulvar, 122:40 u g L 2'3 bis 3°5 mm, = 3%hbe 112,5 2-3-bis 31, .c 34 bis 46; akzessorische Organe rechts 7, links 4, 35 bis 3’9 Schwanzlängen präanal reichend, n 2. Da die mit Formol konservierten Tiere stark aufgerollt waren, sind obige Maße nur Annäherungswerte. Gesamtzahl mittelländischer Vertreter 12, davon 3 Q (1 eiertragend), 2 J", 7 juv. von 1'33 bis 3A mm Länge, a 130, b 3'2, c 60 als Durchschnitt je dreier Messungen. Das Vorderende (Fig. 1) ist eher abgestutzt als abgerundet. Es trägt 2 Borstenkränze hintereinander, der Abstand beider von- einander beträgt etwa ebensoviel als der vordere vom Vorderende. Vordere Kopfborsten 6, hintere 4. Ihre Länge erreicht nur etwa i'3 bis 15. Die Körperborsten sind, wie bei den schwach beborsteten 1 Bei A. acuminata und iyrrhenica sind die Nackenborsten von Eberth und de Man etwas weiter vorne abgebildet worden. 234 H. Micoletzky, Nematoden, nur am Vorderkörper deutlich. Die: Borsten stehen vereinzelt lateral ‚und median, erreichen -2 bis 2:3 w und sind deutlich innerviert. Zuweilen sieht es so aus, als ob sie auf winzigen Papillen sitzen. Mitunter, so namentlich an jugendlichen Tieren, sind 3 einander genäherte Lateralborsten zu sehen, was an Anticoma erinnert. Seitenorgane habe ich trotz wiederholter 'Immersions- betrachtung nicht wahrnehmen können. Sie sind offenbar sehr un- scheinbar. Die Mundhöhle ist bei den mit Formol konservierten, mit, Glyzerin aufgehellten Präparaten breit geöffnet, dünnwandig, trichterförmig, verhältnismäßig geräumig und mit zarten Längsfalten versehen. V ermutlich ist sie veränderungsfähig. Zähne sah ich nicht: Die Befestigung des Ösophagus an der Mundhöhle und an der Kutikula des Kopfes ist schwierig wahrzunehmen. Mitunter erscheint der Ösophagus im Mundhöhlenbereich leicht angeschwollen, seine mutmaßliche Befestigung mit der Kutikula ist in der Figur punktiert. Der zarte Ösophagus istin den vorderen ?/, muskelarm; sein hinterstest/, zeigt ein eigentümliches Aussehen (Micoletzky 1922, 1,p..100, Fig... 13.D),. das’Tdurehese Trennung der plasmatischen von den fibrillären Gewebselementen bewirkt wird und das, wie Filipjev im allgemeinen Teil seiner großen Ab- handiung (1918/21, p. 460) ausführt, auch bei anderen Genera unter den Enopliden angetroffen wird. Der breite Nervenring liegt ?/, der Gesamt- ösophaguslänge vom Vorderende entfernt. Es ist Re möglich, daß die hinter dem Nervenring gelegenen, Pärossstoniihe von mir erwähnten Zellen, sogenannte phago- asymmelrican.g.n.sp. Zytäre Zellen sind. | Vorderende des y von Weibliche Geschlechtsorgane. Vulva für an Kaas den nahezu paarig symmetrischen Gonadenbau auffallend nach hinten verlagert, wenig vor- tretend, stark kutikularisiert, bei Flächenansicht quadratisch, mit ab- gerundefen Ecken. Ovar umgeschlagen, Eier einreihig. Reifei glatt, Ovarien ziemlich breit. Bezüglich des männlichen Apparates Babe ich meinen früheren Angaben nichts hinzuzufügen. Der Schwanz des Weibchens ist dem des Männchens ähnlich, doch ist er etwas plumper, der After ist weniger vorgewölbt und seine Ventrallläche erscheint weniger eingezogen. Der Schwanz erreicht 2 Körperdurchmesser am After. Die Schwanzverjüngung ist rasch, das Ende leicht abgerundet. Die Schwanzdrüsen scheinen sich bis zu einer Schwanzlänge präanal erstrecken zu Können. Vorkommen: Vereinzelt im algenreichen, felsigen Küsten- gürtel. Anschließend gebe ich die Genusdiagnose und die. Unter- schiede gegenüber der nächststehenden Gattung. . . [9 Lo yet Freilebende Nematoden aus Suez. 235 Paroxystomina n. g. Nematoden von mittlerer Größe, ‚mit beiderseits, besonders pränerval, stark verjüngtem Körper mit. stark ausgezogenem Vorderende. Kutikula zart, glatt. Vorderende nicht abgesetzt, mit 2 gesonderten Kreisen von Kopfborsten und innervierten Körper- borsten am Vorderkörper. Mundhöhle trichterförmig, unbewaffnet, schwach chitinisiert, zahnlos. Seitenorgane und Özellen nicht nachgewiesen. Ösophagus sehr lang, hinten erweitert, abwechselnd plasmatisch und fibrillär. Ovarien paarig, umgeschlagen, Spikula leicht gebogen, Gubernakulum groß, Männchen mit eigenartigen, mit vorderem und hinterem Ausläufer versehenen, an Eurystomina erinnernden präanalen, subventralen, akzes sorischen Organen (bei der einzigen Art asymmetrisch angeordnet). Bursalmuskulatur wohl entwickelt. Schwanz konisch, kurz. Schwanzdrüsen teilweise präanal, ohne Endröhrchen. Unterschiede gegenüber Oxysto: nina Filipjev syn. Oxvystoma Btsli: 1. Negative Merkinale: Seitenorgane fehlend o: der unscheinbar, bei OÖ: eroß, taschenförmig, mit weiter: Öffnung, weit vom Vorder- ende. Ventraldrüse und Porus nicht nachgewiesen, bei O0. vorhanden. 2. Positive Merkmale: Ovarien paarig, Vulva hinterständig, bei O. unpaar, postvulvar, Vulva vorderständig. Männchen mit eigenartigen akzessorischen Organen, bei O. fehlen akzessorische Organe. Bursal- muskulatur sehr deutlich, bei ©. fehlend. Halalatimus gracilii de Man 1888. de Man 1888, 1922, 3. In Suez Nr. 2 ein einziges juv. mit Vulvaanlage ZI 0°73 mm, a.38, b 3:2, "95, 7:54 0/,. Vergleichsmaße aus der uber O L 0:92 (0:79 bis 1:02 zum), a 48, De 3, 6852, ıV 540), BAUR N G,, Lo: 2; 5 170/,, m 13. 5 L 0:86 (0:76 bis SI, 00... 6.89, 66,7}. 3 5 Mein Sueztier stimmt sehr gut in den Maßen und auch sonst mit meinen Vertretern aus der Adria überein. Wie gewöhnlich, bleiben sie den nordischen gegenüber an Größe zurück (gegen 1 bis 1:7, f 1 bis 156 mm), sind weniger schlank (gegen a 50 bis 80), tragen einen längeren Ösophagus (gegen 3'5 bis 3°8) und Schwanz (gegen 6 bis 9). Den Mitteilungen de Man’s habe ich folgendes hinzuzufügen. Die Seitenorgane bleiben beim 2 stets kürzer als beim d. ‚Sie erreichen beim ersteren nur 76°/, (67 bis 82, n 3) der Entfernung ihres Vorderendes vom Vorderrand des Tieres, beim JS dagegen 145°/, (107 bis 163, n 3). de Man bildet (18838, 1922) ein J von zirka 150°, ab. An sehr günstigen Prä- paraten sah ich mit Immersion vorzüglich die vom Entdecker beschriebene und abgebildete Kutikulaquerstr eifung am Schwanze des 5. Aus den Mitteilungen de Man’s glaube ich entnehmen zu dürfen, daß diese Struktur in gleicher Weise für beide Geschlechter gilt. Nach meinen Präparaten aus der Adria findet sich jedoch beim 2. eine viel feinere, weiter ausgedehnte Streifung. So beträgt die 236 H. Micoletzky, Streifenbreite beim J’ 4/,,, beim 2 etwa !/, bis !/, des analen Körperdurchmessers; an Länge reicht sie beim d nur wenig über den Schwanz heraus, während ich sie beim 2 weiter, in einem Fall sogar 6 Analdurchmesser weit präanal verfolgen konnte. Die Jungen entbehren, ähnlich wie bei Syringolaimus striaticaudatus, der Querstreifung. Der Enddarm erreicht 2°8 5 3 bis 3°3, n 5) Körperdurchmesser auf Afterhöhe. Vorkommen, Fundort. Im ständig untergetauchten (selten im auftauchenden), algenreichen, felsigen Küstengürtel der Adria nicht häufig und mäßig verbreitet. Bisher nur für die holländische Nord- seeküste (de Man) angegeben, fand ich diese Art außer Suez in der Adria (Rovigno, Bocche di Cattaro), Neapel und im Marmara- meer (ob es sicher diese Art und nicht der sehr nahestehende FH. ponticus Filipjev 1922, 1 ist, kann ich nicht entscheiden; das Schwanzende ist nicht angeschwollen, die Seitenorgane sind typisch. Das einzige S ging leider ohne Notiz verloren). 4. Unterfamilie Enoplinae. Enoplus striatus Eberth. Eberth 1863; Marion 1870, Enoplostoma minor. Die Synonymie vermutet auch Filipjev 1918/21. 1 2 vom Fundplatz 2. L2'6 mm, a 23°5, b6°1, c 11, V480),, Go 200, relative Kieferlänge in Prozenten der Kopfbreite auf der Basis der Kopfborsten 37 ®,. Enoplus sp. > juv. vom Fundplatz 1. Sie gehören wahrscheinlich zu obiger und möglicherweise auch zu der mit ihr im Mittelmeer vielfach vergesellschafteten Art E. hirtus (Marion) syn. E. enxinus Filipjev 1918/21. Beide Arten lassen "sich sehr leicht durch die Männchen auseinanderhalten. Erwachsene, auch im weiblichen Geschlecht, durch die relative Kieferlänge, die bei E. striatus durchschnittlich 40 °/,, bei E. Airtus 60°), der Körperbreite auf Kopfborstenhöhe beträgt. Beide Arten gehören in der Adria zu den häufigsten Be- wohnern des ständig untergetauchten, felsigen, algenreichen Küsten- gürtels. Alles Nähere an anderer Stelle. 5. Unterfamilie Oncholaiminae. Paroncholaimus parpapiliferns n. sp. (Fig. 2a und b). Micoletzky 1922, 1, Oncholaimus sp., p. 95 bis 96, Fig. 10a und b. In meiner ersten Mitteilung waren mir nur Jugendformen vor- gelegen. Es glückte mir, in der Adria (Bocche di Cattaro) diese Art in 6 Exemplaren wiederzufinden, von denen 3 Männchen und 3 Jugendformen sind. Ich lasse daher eine ergänzende Beschreibung folgen. BL E SEES Freilebende Nematoden aus Suez. 237 Maße der gJ. L 5'4mm (49 bis 5:7), a 40 (37 bis 45), b 47 (44 bis 5:0), ce 105 (92 bis 122). Vordere Präanalpapille 93°3°), (93 bis 939), Analpapille 96:2 0/, (96 bis 96°4), Exkretionsporus 280/, (27 bis 30), das sind 2'7 (2°5 bis 3) Mundhöhlenlängen vom Vorderende; Nervenring 390), (38 bis 40) der Gesamt- körperlänge vom Vorderende, » 3. Ich benenne diese Art nach ihrer großen Ähnlichkeit mit P. papilliferus Filipjev 1916 aus dem Behringmeer. “ Körperform. Die Körperbreiten auf der Höhe der Kopf- borsten : Mundhöhlenende : Nervenring : Ösophagusende : Mitte : After verhalten sich wie 58:78:94:98:100:70, » 3. Die Erwachsenen Fig. 2. Paroncholaimus parpapilliferus n. sp. S'. a Vorderende von rechts, 290:1; b Hinterende von links, 140:1, 1 bis 3 Gruppen von Kopulationsborsten. sind daher beiderseits weniger verjüngt als die Jugendformen. Die Kutikula der erwachsenen Männchen ist den Jungen gegenüber auffallend dicht, wenn auch kurz beborstet (Fig. 2a und 5b), und zwar lassen sich am Vorderkörper (Fig. 2a) derartige Borsten sowohl submedian als auch sublateral erkennen; nicht selten sind bis zu 3 Borsten einander genähert. Diese, in der Nähe des Vorderendes durchaus nicht immer regelmäßig angeordneten Börstchen, sind meist deutlich innerviert. Ich habe seinerzeit die Kutikula der Jungen als glatt, borstenlos bezeichnet, überzeugte mich jedoch bei abermaliger Durchsicht meiner Tiere aus Suez von dem Vorhanden- sein weniger Submedianbörstchen. Das Vorderende (Fig. 2a) zeigt 10 Kopfborsten in der üblichen Anordnung. Die submedianen sind bei den Jugendformen sowohl in Suez wie in der Adria in 2 Kreisen angeordnet (Fig. 10a, bksm und bk,, meiner früheren Mitteilung) ein Merkmal, dem ich seinerzeit eine besondere systematische Bedeutung : beigemessen 238 H. Micoöletzky, habe, das aber, wie die erwachsenen Männchen zeigen, bei dieser Art nur den jungen Tieren zukommt. Man sieht, wie vorsichtig man bei der Beurteilung der Jugendformen vorgehen muß! Die Mundhöhle (in Fig. 2a leicht vorgestreckt) zeigt den Jungen gegenüber keine nennenswerten Unterschiede. Der Dorsalzahn sitzt ebenfalls etwas vor dem Beginn des hintersten Drittels; Mittelwert 65°3.%/, (60 bis 74), n 9, darunter 3 . Die beiden anderen Zähne sind bei richtiger! Betrachtung symmetrisch, gleich groß und liegen am Beginn des mittleren. Mundhöhlendrittels 34°/, (28 bis 40), n 9 {einschließlich der Sueztiere). Das seinerzeit nicht beobachtete Seitenorgan lassen die Erwachsenen deutlich erkennen (Fig. 2a). Es liegt in den beiden beobachteten Fällen hinter der Mundhöhlenmitte (96, 66 °/,) und nimmt weniger als !/, (t/,., bis !/,) des betreffenden Körperdurchmessers ein. Seine Gestalt ist leicht queroval mit hinten ‚rerstärkter Wand. Kopulationsapparat. Die verhältnismäßig geringe Durch- sichtigkeit meiner Präparate ließ den Spikularapparat nicht deutlich erkennen. Ich verzichte daher auf die genaue Schilderung und verweise auf die Abbildung (Fig.:2b). Die Spikula halten etwa die Mitte zwischen den schlanken von P. papilliferus und den plumperen von FP. zernovi Filipjev. Das verwickelt gebaute Gubernakulum habe ich in seinen Einzelheiten nicht erkannt. Am kennzeichnendsten ist die Anordnung der Kopulationspapillen und Borsten. Die Präanalpapillen sind wie bei der Vergleichsart paarweise der Ventromediane sehr genähert. Es finden sich 3 der- artige Paare, die an Größe nach vorne zunehmen. Man kann das hinterste als Änalpapillen den beiden Präanalpapilienpaaren gegen- überstellen. Das hinterste Faar — die Analpapillen — liegt bei den beiden darauf untersuchten Männchen — das dritte war schlecht erhalten — etwas weniger ais 1 Schwanzlänge (0:8 bis 0:87) präanal, das hintere Präanalpapillenpaar 1'6 Schwanzlängen vor den hintersten Papillen, das vorderste Paar 3 bis 3°4 Schwanz- längen vor den mittleren Papillen, so daß es 5'5 bis 5:8 Schwanz- längen oder 1'7 bis 2:05 Spikula-Sehnenlängen präanal sich findet. Jede dieser Papillen wird von dem Ausführgang einer Drüse durchbohrt. Die Kopulationsborsten sind in 4 Gruppen geordnet. Am auffallendsten sind bei Seitenansicht die knapp präanal stehenden Borsten der ersten Gruppe (1). Es sind dies 5 bis 6 einander genäherte, paarweise jederseits subventral stehende Borsten, die von vorn nach hinten an Größe zunehmen. Diese 4 Längsreihen von Borsten reichen vom After bis zum Analpapillenpaar. Ferner (2) trägt das mittlere Papillenpaar laterad 4 deutliche Borsten. Weiters (3) trägt das vorderste Papillenpaar laterad je 2 Borsten. Endlich finden sich im Bereich der Bursalmuskulatur vergrößerte '1 Fig 10a meiner früheren Abhandlung zeigt die Zähne etwas ungleich infolge etwas schiefer Lage. - * * nu = - “ys Freilebende Nematoden aus Suez. 239 subventrale Borsten, von welchen Fig. 2a 6 erkennen läßt, die mehr laterad liegen als die übrigen 3 Borstengruppen und nicht ganz regelmäßig aufeinander folgen. Verwandtschaft und Unterscheidung. Durch den hinter der Mundhöhlenmitte stehenden Dorsalzahn erinnert unsere Art an P. macrolaimus Southern 1914 und P. papilliferus und steht letzterer Art durch die Präanalpapillen näher. Von beiden Arten sowie von P. brevicaudatus (Menzel 1920) unterscheidet sie sich durch die Zahl der Papillen und durch die Kopulationsborstenanordnung. Pelagonema simplex Cobb. Cobb 1899. In Fang 1 fand ich 2 eigenartige Nematoden, die ich mit der bisher nicht wiedergefundenen Pelagonema simplex Cobb identifiziere. Zunächst gebe ich eine Beschreibung meiner Vertreter. Im Anhange sei auf /lium Cobb 1920 hingewiesen. Da EI og mm, eo, 71; 6 09°0;,c 193, 162; 7 58%, aa 83 (5 3)1, 10-8 E80), Gy 59° (8); IE.as) 06; Eizahl 1, 4; Eisröße 103 : 28, 59:30 u; ar 500',, 52 %9: Auf Abbildungen verzichte ich, da das Vorderende beider Tiere nicht besonders gut erhalten ist. Da ich diese Art. sowie P. obtusicaudata Filipjev 1918/21 im Mittelmeer wiedergefunden habe, hoffe ich, dies später nachzutragen. Körperform sehr schlank, fast fadenförmig, beiderseits beträchtlich verjüngt. Körperdurchmesser auf Mundhöhlenbeginn : Nervenring : Ösophagusende: Vulva: After: Schwanz vor dem Ende: Peer en Ende wie 20:58: 7%:100750: 12:18, 2 2: Kutikula glatt, borstenlos, ungeringelt. Seitenfelder auf Ösophagushöhe !/,, nach hinten zu breiter; bis !/, in der Körpermitte, dahinter bis ?/, des Durchmessers erreichend. Postvulvar bemerkt man eigentümliche Gruppen heller Bläschen, 28:20 m erreichend; sie enden beim - srößeren Weibchen 110 u vor dem After. Diese Körnerzellen sind bei starker Aufhellung durch Glyzeringelatine (Präparat von Ischia) nicht augenfällig. Die Seitenorgane sind nur außerordentlich schwer nachweisbar. Sie sind rund (Durchmesser 3 nu), mit vorderer ovaler Öffnung und nehmen etwa !/, des entsprechenden Kopf- durchmessers beim kleineren Weibchen ein. Ozellen fehlen. Vorder- ende abgerundet, mit 6 undeutlichen Lippen und nicht immer leicht nachweisbaren, zu Borstenpapillen reduzierten Kopfborsten. Mundhöhle Oncholaimus-artig, doch völlig unbewaffnet. Ich muß Filipjev (1918/21, p. 120 bis 121) völlig beipflichten, wenn er den Basalzahn Cobb’s auf eine Falte des Ösophagus- sektors zurückführt. Der Mundhöhlendurchmesser beträgt !/, des entsprechenden Kopfdurchmessers. Die Mundhöhlenlänge übertrifft ID 1 Eingeklammert der Umschlag des Ovyars. (02) Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Ba. 1 d rar br 240 H. Mieoletzky, dreimal die Breite. Die deutliäh kutikularisierte Wand nimmt nach | hinten an Stärke etwas zu. Der Ösophagus umfaßt die Mund: höhlenbasis; seine Breite beträgt am außerordentlich deutlichen, breiten Nervenring !/,, am Ende ®/, des entsprechenden Durch- messers. Das Ende der Ventraldrüse liegt 170, beziehungsweise Bu LORT? (größeres Tier) hinter dem Ösophagusende. Die birnförmige Drüse erreicht 33 bis 40:10 bis 16. Beim stark. aufgehellten Exemplar aus Ischia schien sie aus 2 hintereinander gelegenen Zellen zusammengesetzt. Der Exkretionsporus liegt knapp hinter dem Nervenring. Der Exkretionsgang ist kurz, die Ampulle mitunter sehr deutlich. Mitteldarm mehrzellig, ziemlich weitlumig, feinkörnig, vermutlich Algenfresser (Darminhalt). Enddarm so lang, bis 1:2 mal länger als der anale Körperdurchmesser. Ovarien paarig, leicht asymmetrisch, Umschlag '/, bis ?/,. Eier glattschalig, groß, einreihig. Vulva hinterständig, kutikularisiert, anscheinend mit Drüsen. Findet sich im vorderen Gonadenast ein Reifei, so kann vorübergehend die Asymmetrie verstärkt werden (Ischia-Weibchen). Schwanz allmählich verjüngt. After wenig. vortretend. Ende leicht kolbig angeschwollen, durchbohrt, onne Endröhrchen. Die Schwanzdrüsen- zeilen (vermutlich 3, 2 sind deutlich) liegen weit präanal. Ihr Beginn findet sich 1'4 Schwanzlängen. vor dem After, beide der beob- achteten Drüsenzellen liegen etwa !/, Schwanzlänge hintereinander, die dritte vermutlich dazwischen. Drüsenmaße 24 bis 27:10 u. Vorkommen und geographische Verbreitung. Nach Cobb gemein an Algen der Küste von Ceylon. Von mir im Korallensand bei Suez, auf Muschelsand und in Rockpools bei Rovigno und bei Ischia (näheres unbekannt) aufgefunden, überall vereinzelt. Mit P. simplexe Cobb firde ich bis auf die Maße nahezu völlige Übereinstimmung. Daß meine Vertreter größer (gegen 2 mm) und im Zusammenhang damit schlanker (gegen 46) und kurz- schwänziger (gegen 13°4) sind, läßt sich unschwer auf die ver- schiedene Lebenslage zurückführen, bleiben doch erfahrungsgemäß die meisten Arten in den Tropen ihren nordischen Gefährten gegen- über an Größe zurück. Die Übereinstimmung im Bau des Vorder- endes, der Mundhöhle, im breiten, sehr deutlichen Nervenring, in der Lage des Exkretionsporus, in der Gonade, Schwanzform usw. ist eine nahezu völlige. Das in der Nähe des Vorderendes von Cobb erwähnte nucleus-artige Gebilde habe ich nicht gesehen. Verwandtschaft und Unterscheidung. Von Pelagonema sind bisher nur 2 Arten bekannt geworden, die möglicherweise später in verschiedene Genera untergebracht werden müssen. Die genaue Beschreibung von P. obtusicaunda Filipjev aus dem Schwarzen Meer läßt einen eingehenden Vergleich zu, den ich der Kürze und Übersichtlichkeit wegen in Schlüsselform bringe. 1 (2) Kopfborsten zu Papillen reduziert, Kutikula borstenlos; Schwanz ver- längert (c 13 bis 19) mit kolbig angeschwollenem Ende; Exkretionsporus knapp hinter dem Nervenring; Vorderende sehr stark verjüngt (Vorderendbreite Freilebende Nematoden aus Suez. : 241 weniger als 1/, jener am Ösophagusende); Ventraldrüse klein; Körperlänge bis 2°6 nn; Mundhöhlenlänge von dreifacher Breite, relative Breite nur 1/, De= Koplapitehmesser a nern mr ange are A handen P. simplex Cobb. 2 (1) Kopfborsten (10) deutlich, 1/, des Durchmessers erreichend, Kutikula mit Borsten; Schwanz plump, konisch (c 43 bis 66): Porus unweit hinter der Mundhöhle; Vorderendbreite etwas weniger als 1/, jener am Ösophagusende; Ventraldrüse sehr groß (270:45 1. nach Fil.); A mm Körperlänge erreichend; Mundhöhlenlänge von doppelter Breite, relative Breite mehr als 1/, des Kopf- ENTER RTL P. obtusicauda Filipjev. Viscosia glabra (Bast.) (Fig. 3). Bastian 1865, Oncholaimus glaber,; Villot 1875; de Man 1890, O. (Vis- cosia) glaber,;, Filipjev 1918/21, Viscosia glabra; Ditlevsen 1919, Micoletzky 1922, 1 ©. (Visc.). glaber. Gesamtzahl 43, davon Q 9 (4 eiertragend, 1 mit Vulvaanlage), J' 6, Sexualziffer 66°6. Suez Nr. 1 9, Nr. 2 34 Tiere. Durchschnittsmaße: @ L 158mm, a 37'4, b 5'35, c 8'4, V 500/,, » 8; G,; 11°50%, = 5; G, 11°20,, n 4; Eizahl 1-8 (1 bis 4), n 5; Eigröße 73:37 p, n5; 9 155mm, a 42,6 5:5, c. 75, n.3;,Gb 3509,, 2.1. Meine adriatischen Vergleichstiere bleiben durchschnittlich etwas an Größe zurück (Q 1°5. 5 1:37 mm) und tragen auffallenderweise einen etwas kürzeren Osophagus (2 6:0, „J' ebenso lang wie in Suez) und Schwanz We enin der Adria, 9 21, ©. Diese charakteristische Art ist nach der vor- züglichen Beschreibung von de Man leicht wieder- zuerkennen und ich :habe seinen Angaben nur wenig hinzuzufügen. Die Mundhöhle, der Valvular- apparat des Ösophagus und alles übrige zeigen sehr gute Übereinstimmung bis auf die Borsten- papillen des Männchens (Fig. 3). Bei Immersions- betrachtung lassen sich an günstigen Präparaten prä- und postanale winzige Borstenpapillen wahr- nehmen. An manchen Präparaten (ein derartiges ERBE ie: als" Vorlage) ist die "Strecke Fio. 3. zwischen der vordersten und hintersten Papille - leicht eingesenkt und die äußere Kutikulakontur 7 von rechts, tritt, obwohl die Gesamtkutikula eher dünner ist Analgegend. 760:1.' als die umgebende Partie, im Papillenfeld schärfer hervor. Diese 4 Papillen variieren in ihrer Steilung nach Beob- achtungen an meinen Adria-Vertretern nicht unbeträchtlich, wie folgende Tabelle zeigt. Viscosia glabra. Männchen Nr. N 1 2 3 Entfernungen der. 1. (vorderste) bis 2. Pzpille 4'2 ) 35 Papillen etc. in BE as 5 3-4 11 Mikromillimetern RN R 5 3.9 3:9 Gesamtpapillenläinge 142 16'7 176 Spikulumlänge 33 25 30 222 . H. Micoletzky, Vorkommen und geographische Verbreitung. In den nörd- lichen Meeren selten, fand ich diese Art in der Adria vom algen- reichen, felsigen Küstengürtel bis zum schlammigen Grund ziemlich häufig (so in 3m Tiefe und an submarinen Quellen in der Bocche di Cattaro über 3°/, aller Individuen). Sie ist in der Adria nebst Onchol. dujardini die häufigste Art dieser Unterfamilie. | Bisher in der Nordsee, im Ärmelkanal und im Dänischen Meer (Ditlevsen) nachgewiesen: Falmouth (Bastian), Pencance, Calvados (de Man), Roscoff (Villot). Wurde neuerdings von Filipjev vereinzelt auf Muschelgrund bei Sebastopol im Schwarzen Meer nachgewiesen. Im Mittelmeer anscheinend verbreitet, nicht selten: Rovigno (fast in allen Biocoenosen), Meleda, Ombla- Bucht, Bocche di Cattaro: Ischia, Neapel. Prooncholaimus n. g. megastoma (Eberth). Eberth 1863, Oncholaimus megastoma, p. 26, tab. 1, Fig. iz bis 20. Gesamtzahl 12, davon 1 7. Rest juv. Nr. 1 Na Tiere, Nr. 272 Ef Maße des 5’ aus Suez: L 2°26 mm (Neapel f 3'6 mm), a 40, b 5°7 (Neapel 97 bis 73), € 21-5 (Neapel 19 bis’21). Bir! Von dieser auffälligen Art habe ich im Mittelmeer 6 5 (nur 5 wurden gemessen) und 3 9 mit folgenden Durchschnittsmaßen aufgefunden: %Z L 2°9 man, a 25, b6°5, c 20:6; 9 L 33mm, @.27, b 6°9, c.19,.V 750%,. Meine Tiere bleiben stets bedeutend kleiner als Eberth. (5 bis 6 mw) angibt. Filipjev hat (1918/21, p. 146 bis 148, tab. 4, Fig. 27) unter dem Namen Metoncholaimus eberthi eine neue Art aus dem Schwarzen Meer beschrieben, die OÖ. megastoma sehr nahe steht. Die Unterschiede sind aus dem folgenden Schlüssel zu ersehen. Mein verhältnismäßig reichliches und gut erhaltenes Material ließ mich mit Sicherheit erkennen, daß O. megastoma kein röhren- förmiges Organ besitzt, jedenialls keines wie die beiden Arten M. demani und M. pristinrus zur Strassens,' die mir beide aus Neapel vorliegen und für die (nebst O. albidus Bast. und O. ant- arcticus Linst.) Filipjev sein neues Genus Metoncholaimus auf- stellte. Übrigens bemerkt auch Filipjev, daß er bei seinem M.eberthi ‚kein röhrenförmiges Organ nachweisen konnte. Ich schlage daher vor, für M. rn Filipjev zusammen mit OÖ. megastioma Eberth ein neues Genus J’rooncholaimus zu schaffen, das zwischen On- cholaimus s. str. im Sinne Filipjev's 1918/21 und Metoncholaimus Filipjev zu stellen wäre. Die Genusdiagnose und der Artenschlüssel folgen weiter unten. Die relative Spikulumlänge (in Prozenten der Schwanzlänge) beträgt 94 °/, (86 bis 100), die relative Schwanzlänge in analen Körperdurchmessern 21 (19 bis 22) bei 6 Männchen aus Suez, Neapel, Ischia und Rovigno. Nur 1 Männchen aus dem Hafen von Neapel ist auffallend kurzschwänzig (c 44) und zeigt daher ein verhältnismäßig langes Spikulum (156 °/, der Schwanzlänge), während die absolute Spikulumlänge geringeren Schwankungen unterliegt. SER r By Freilebende Nematoden aus Suez. 243 Dieses kurzschwänzige Männchen zeigt außerdem einen nicht an- geschwollenen Schwanz und seine Schwanzbreite am Ende betrug 36°%/, jener am After. Weitere Unterschiede finden sich an den Schwanzborsten und an den präanalen Borsten, wie aus dem Schlüssel zu ersehen ist. Ich schlage vor, dieses Männchen als var. neapolitanus n. v. von der typischen Art P. megastoma zu unterscheiden. | Was das angeschwollene Schwanzende beim typ. P. megastoma betrifft, so zeigt unter 6 Männchen 1 den Schwanz sehr deutlich angeschwollen (um 36°/, den dünnsten Schwanzdurchmesser über- ragend), 1 deutlich (zirka 20°/,), 3 wenig (10°/,) und 1 fast nicht angeschwollen (zirka 6°/,), so daß auf dieses Merkmal kein großes Gewicht zu legen ist. Was das Verhältnis der Durchmesser am After und am Schwanzende anbelangt, so übertrifft ersterer letzteren bei meinen Männchen durchschnittlich um das 3°1fache (24 bis 4:4), schwankt mithin beträchtlich. Die Varietät neapolitanus ergibt 2-8, Eberth’s Zeichnung etwa 3°5. Bemerkt sei noch, daß der männliche Schwanz vor seinem Ende je 1 subdorsale und 1 subventrale Borste trägt. Die Anal- gegend zeist mitunter sehr deutlich streifenartiges Pigment sublateral und submedian, das auch schwächer am Schwanz zu sehen ist. Alle übrigen Merkmale, sofern sie nicht im Schlüssel ver- merkt sind, stimmen völlig mit den sorgfältigen Angaben Filipjev’s an P. eberthi überein. Vorkommen und geographische Verbreitung. Vereinzelt im algenreichen, untergetauchten Küstengürtel, auch im Muschelsand. Wurde bisher nur vom Mittelmeer durch Eberth aus Nizza be- kannt. Neapel, Ischia, Adria (Rovigno, Ombla-Bucht, Bocche di Cattaro). . Anschließend gebe ich eine Genusbeschreibung von Pro- oncholaimus n. g. Dieses Genus entspricht mit Ausschluß von O. anthophorus Saveljev 1912! aus dem Kolafjord Filipjev's Gruppe Il: die zweifelhafte Metoncholaimus-Gruppe. Mittelgroße Nematoden mit rundlichen bis leicht querovalem Seitenorgan mit verstärkter Hinterwand; Seiten- und Medianfelder a sroben, blasıc hintereinander gelegenen Zellen .(ein- reihig), die sich als Trabekel? zwischen Kutikula und Darm sehr augeniällig ausspannen, bestehend. Vorderende mit 6 Lippen und 10 Borsten. Mundhöhle geräumig, mit 3 Zähnen, von denen einer der beiden subventralen am größten ist. Weibliche Geschlechts- organe unpaar, prävulvar. Röhrenförmiges Organ — wenn über- haupt vorhanden — ohne Rosette, vermutlich ohne Ausführgang wie bei Oncholaimus s. str. und Adoncholaimus Filipjev. Männchen 1 Ohne blasig aufgetriebene Zeilen in den Seiten- und Medianfeldern. Spikula von halber Schwanzlänge, Männchen mit zirkumanaler Hautfalte mit Papillen. 2 Monhystera trabeculosa G. Schneider 1906 weist analoge Bilder auf. 244 ' H. Micoletzky, mit langem (#/, bis 11/, Schwanzlängen), dünnem Spikulum. Gubernakulum vorhanden, nicht besonders entwickelt. Genitalborsten prä- und postanal als subventrale Borstenreihen. Schwanz ver- längert, hinterer Teil — zylindrisch, Ende mitunter angeschwollen. Hierher M. megastoma (Eberth) als Typus und M. eberthi Filipjev. Verwandtschaft und Unterscheidung: Steht On im engeren Sinne am nächsten durch den. vermutlich gleichen Bau des weiblichen Geschlechtsapparates und erinnert an Metoncholaimns Filipjev besonders durch den Spikularapparat. Von beiden Genera unterscheidet sich Prooncholaimus durch den eigenartigen Bau der Seiten- und Medianfelder. Schlüsse! zu Prooncholaimus n. g. 1 (4 Gubernakulum klein, 1/, bis 1/, -der Spikulalänge, äußeres Ende angeschwollen, + keulig; ” Genitalborsten in Afternähe präanal, jederseits subventral 2 bis 3 innere, kürzere und 2 bis 3 äußere, etwas längere; Schwanz des 9° jederseits mit 4 bis 6 Borsten subventral in Afternähe, außerdem dahinter je 2 Subventralborsten in größeren Abständen; Schwanzende mit 1 Subventral- und 1 Subdorsalborste jederseits. Papillen vor dem nn. nicht nachgewiesen. EIER P. megastoma (Eberth). 2 (3) Spikulum kürzer als der Schwanz, höchstens von Schwanzlänge; Schwanz verlängert (c 21); Schwanzende meist deutlich angeschwollen; g’ Genital- borsten außen und innen je 3 subventrale, präanale, 4 bis 5 Host ale: Typus. 3 (2) Spikulum von 11/, facheı Schwanzlänge; Schwanz verkürzt (c 44); Schwanz- ende nicht geschwollen; 5‘ Borsten präanal jederseits nur 2, postanal in Afternähe jederseits 6, etwas unregelmäßig angeordnet..v. neapolitanus n. Vv. 4 (1) Gubernakulum groß, ?2, der Spikulaläinge, äußeres Ende verjüngt; ah Genitalbeisten” in Afternähe präanal jederseits subventral 2 kürzere, innere und 2 größere, äußere, davor eine mediane kleine Papille; Schwanzende nicht geschwollen; Schwanz des 5’ glatt, nur mit je 1 Subdorsaiborste am Er (Spikula von Schwanzlänge, Schwanz Fr CAD, Sera, BEHWARZEB "MEET EUREN EN N nn u « P. eberthi (Filipjev). Oncholaimus aegypticus Steiner. Steiner 1921, 1, p. 54 bis 59, tab. 3 bis 4, Fig. 13a bis f. Micoletzky 1922, 1, O. exsilis Cobb (syn. O. .aegypticus Steiner). Gesamtzahl 14, davon 2 ® (eines eiertragend), 1 5. Suez Nr. 1 5 Tiere AIR, MED I V.), N, 9B. Tiere (1 77,98 UV). Maße: 9 % 1, L 345mm, a 64, b 71, c 185, V 68°50/,, G 21: 50, G5 100/,, expo (bei den Oncholaimen in Mundhöblenlängen vom Vorderende) 136; nr 49°70%;0, ml 10 0/,. Das eiertragende Weibchen (Suez 2), ein Bruchstück von 20 mm ohne Se trug 3 Eier von 81:36». Die Jungen maßen Z 1:8 (13 bis 2°3),. a 44 (29 bis 56), Db 5'2 (4 6 bis 7° 1), c.15°4 (12 bis 21, » 9: mi 10°6 bis 110), (n 2); expo 204 (1'5 bis 2°4, »n 9); nr 530), (50 bis 58, n5). Von dieser Art fand Steiner in Suez 2 9, 3 d und 7 juv, die mit meinen Vertretern gut übereinstimmen; den ausführlichen Angaben des Entdeckers dieser Art habe ich bis auf den Schwanz des einzigen von mir aufgefundenen Männchens (L 3:1 mm, a 87°5, b.:7*3, 06.48, »Vee. 138%), ,: mi A019), „en oalno Nee B) Freilebende Nematoden aus Suez. 245 Gb 18°4°/,) nichts hinzuzufügen. Der Schwanz dieses Männchens zeigt eine auffallend plumpe Gestalt (abgestutztes Ende 27 °/, des analen Körperdurchmessers); sein Ende keine Andeutung einer Schwanzdrüsenöffnung, so daß die Annahme, es handle sich um ein wundverheiltes (nicht regeneriertes) Schwanzende, wohl berechtigt erscheint. Die hier weit vorne liegenden Schwanzdrüsen vermochte ich .spurenweise festzustellen. Auf eine Zeichnung verzichte ich, ‚da die Kutikula stellenweise verschmutzt war, so daß es mir auch nicht gelang, die Kopulationsborsten zu erkennen. leh' habe anfänglich (1922, p. 78) O. aegypticus Steiner 1921, mit welchem meine Tiere sehr gut übereinstimmen, mit dem gehenden :O. erihs Cobp. (1891)? vereinigt! Dr Steiner machte mich brieflich darauf aufmerksam, daß er diese Ansicht nicht teile, weil die Seitenorgane, der Ösophagus, der Exkretions- porus und die Zahl der männlichen Analpapillen Verschiedenheiten aufweisen. Nach abermaliger Durchsicht meiner Präparate halte ich es für besser, Steiner’s Ansicht beizupflichten. Die Hauptunter- schiede beider Arten, oder richtiger jene, die beide Arten nach der vorliegenden Literatur (O. erilis wurde ohne Abbildung beschrieben) unterscheiden lassen sind: 1. Die Seitenorgane; sie sind bei O. exilis kreisförmig und liegen hinter der Mundhöhlenmitte, bei O. aegypticus queroval und mittelständig. 2. Der dorsale Mundhöhlenzahn; er emeiecht bei 'ersterer -Art . die \Lippen,bei letzterer. .bleibt er «kürzer und endigt am Ende des vordersten Mundhöhlenfünftels, das ist auf der Höhe des Kopfborstenursprungs. Auf die Lage des einiger- maßen veränderlichen Exkretionsporus ist kein besonderes Gewicht zu legen. Die schwer sichtbaren Analpapillen des Männchens eignen sich zur Bestimmung nicht sonderlich. Anhang. An der Hafenmauer (Suez Nr. 2) fand ich außerdem 3 junge Oncholaimen, die ich in meiner ersten Mitteilung als O. papillosus Eberth? ansprach. Heute halte ich es für sehr gut möglich, daß mir nur sehr junge Vertreter voriger Art vorgelegen sind. Maße: Z 1:08 mm (0°86 bis 1'35), a-33 (81°5 bis 36°5), 5b 3°6 (33 bis 4:0), ce 9:8 (9:4 bis 10°4) Körperdurchmesser auf Kopfborstenhöhe, Mundhöhlen- ende, Exkretionsporus, Nervenring, Ösophagusende, Körpermitte, After und Schwanz- ende wie 47:66:83:94:100:99:62°2:16'2 (n 3). Schwanz in der vorderen Hälfte bis zu ?/, konisch, dahinter zylindrisch mit leicht geschwollenem Ende. Kutikula glatt, nicht klebrig, ohne Fremdkörper, mit sehr spärlichen Borsten am Vorderkörper und Schwanz. Die vordersten Körperborsten liegen 1°6 bis 1'7 Mund- höhlenlängen vom Vorderende. Schwanz mit sublateraler Endborste. Seitenfelder von etwas mehr als halber Körperbreite, 2 bis 3 Zellenreihen. Seitenorgane groß, Querdurchmesser mehr als 1/, der Körperbreite, queroval. Vorderende mit kaum angedeuteten Lippen und kaum nachweisbaren Papillen (6), mit 10 Kopfborsten von 1’, des Kopfdurchmessers in zwei leicht hintereinander stehende Kränze zu 6 vorderen und 4 hinteren aufgelöst. Mundhöhle 7:90;, (73 bis 9, » 3) der Gesamtösophagus!änge, doppelt so lang als breit, hinten etwas enger. Zähne mittelkräftig. Dorsalzahn spitz, 270, (25 bis 28), großer linker Subventralzahn 210',, kleiner 330%, der Mundhöhlenlänge vom Vorderende entfernt (n 3), Mund- 246 H. Micoletzkv höhlenwand sehr kräftig. Osophagus wenigstens dorsal fast die hintere verengte Hälfte der Mundhöhle umgebend, deutlich pigmentiert, mit in den‘Mitteldarm hinein- ragenden Pfropf, Nervenring deutlich hinter der Mitte 59%, (57 bis 63, = 3). Ventraldrüsenende 1'15 Ösophaguslängen vom Vorderende; Drüse meist links subventral, einmal ventral, klein bis mittelgroß. Porus am Ende des ersten Ösophagus- drittels, 'd. ii. 3 ‚biss 4 Mundhöhlenlängen vom Vorderende. Mitteldarm ohne | Besonderheiten, 6 bis 8 Zellen im Umiang, Enddarm von analem Durchmesser. Genitalanlage nicht erkenntlich. Diese Jugendformen unterscheiden sich von meinen größeren Jungen von O. aegypticus durch den weiter hinten gelegenen Halsdrüsenporus und die hintereinander gelegenen Kopfborsten. Ich muß es derzeit dahingestellt sein lassen, ob diese Jugendformen > sowie jene der Südadria (Cattaro, Ombla-Mündung) dem O. papil- losus Eberth, O. aegypticus Steiner oder einer anderen Art zu- gehören. Bezüglich der Auflösung der Kopfborsten in 2 Kreise bei den Jungen bei Paroncholaimus parpapilliferus mihi sei auf das oben Gesagte verwiesen. Oncholaimus dujardini de Man. de Man 1876, Rouville 1904, Steiner 1915, 1921 (1). Gesamtzahl 14, davon 39,2 3. suez Nr. 1.1 Tier, Nr. 2 faımı. Maße: 9 13:44, 376mm, a 37, 68, b’8°3, 8°5,°0. 90, ba; V IS, 0a Eizahl 14, 4; Größe 55:42, 96:44 1; expo beim kleineren 9 26. Z L 2 585; 3:06 mm; a 68, 74; b 7, 8; c 66, 69. Verglichen mit meinen Adriatieren sind die vorliegenden größer (Mittelwert 242 2; Z 183 mm) und schlank, mit kürzerem Ösophagus nn Schwanz. Die ac ist mehr hinterständig (gegen 10%; ,). Steiner fand im Indischen Ozean nur er Die mir vorliegenden Tiere aus Suez und der Adria stimmen in allen Merkmalen mit den Beschreibungen Steiner’s überein. Dem Bekannten sei folgendes hinzugefügt, Pigment (Ozellen) habe ich bei den Erwachsenen keines nachweisen können, nur bei den Jungen war hie und da etwas auf der Höhe des Mundhöhlen- srundes. zu senen® Steiner (1915, tab. 24, Fig. 29) glaubt, ventral vor dem Schwanzende des J’ eine weitere Öffnung gesehen zu haben. Er hält dieses Gebilde für eine Art von Kopulationsdrüse; nach meiner Ansicht verhält es sich jedoch anders. Es finden sich nahe dem Schwanzende 2 ventrale, innervierte, auch von Steiner beobachtete Borstenpapillen und diese Innervierung der Borsten- papillen ist es offenbar, die die Begrenzung eines Drüsenröhrchens vortäuscht. Was de Man’s Abbildung (Fig. 4c auf tab. 7) anbe- langt, so meine ich, daß sein rundlich gezeichnetes Gebilde vor dem Schwanzende nicht dieser vermeintlichen Kopulationsdrüse, sondern dem Ausführapparat (Konus) der Schwanzdrüsen angehört. Das knötchenförmige Gubernakulum Steiner’s glaube ich auch gesehen zu haben. Die analen Borstenpapillen (jederseits 6) sind kräftiger als jene vor dem Schwanzende. Vorkommen. Ist in der Adria nach Viscosia glabra die häufigste Art der Unterfamilie im untergetauchten, algenreichen, nen Fa aa = 2 ; = Freilebende Nematoden aus Suez. 247 felsigen Küstengürtel, auch in Rockpools. “Geographische Ver- breitung. Mittelmeer: Neapel (de Man), Cette (Rouville), von mir bei Neapel und Ischia, in der Adria bei Rovigno, ÖOmbla: Mündung, Bocche di Cattaro gefunden; Indischer Ozean: Dar-es-Salam und Sumatra (Steiner). 6. Unterfamilie Enchelidinae. En chelidium acuminatum Eberth. Eberth 1863, p. 24, tab. 3, Fig. 4 bis 5. Ein einziges Männchen im Korallenrif (Nr. 1) von folgenden Maßen: L 26mm, a45°5, b 4:85, c 19, Gb 499% ,, Vec 152 0/,, Pz 5, Papillenlänge von 2:05-, Spikula von 1'4facher Schwanzlänge. Weibchen unbekannt. Diese Art variiert nach meinen Mittelmeermännchen sehr in der Größe (L 1-58 bis 44 nm, n 7, Mittelwert 3°1) und in der Zahl der Präanalpapillen (samt Analpapille 5 bis 11 von 0'9 bis 2°8 Schwanzlängen). Der Schwanz in seiner Länge ist ebenfalls ver- änderlich (ce 19, 11°4 bis 23°7, n 7); die Spikula nehmen 0°63 bis 1’4 Schwanz- längen ein. Es unterliegt nach Eberth’s vorzüglichen Abbildungen keinem Zweifel, daß ich seine Art wiedergefunden habe. Zu seiner Be- schreibung sei folgendes hinzugefügt. Vorderende durch eine seichte Furche abgesetzt, mit 10 deutlich innervierten Borsten,! die submedianen paarweise, doch sehr ungleich und die kleinen nur 1/, bis !/, der großen. Vor den Borsten sieht man mit Im- mersion deutlich 6 innervierte, niedrige Papillen (die Lippenwärzchen Filipjev’s). Die spärlichen Körperborsten sind gleichfalls innerviert. Die Kutikula ist zwischen Kopf und Rumpf auffallend ringförmig verdickt.” Die Kopflinie Filipjev’s ist verhältnismäßig schwach entwickelt und setzt bogenförmig an das Seitenorgan an. Die deutlichen Seitenfelder nehmen etwa !/, des Körperdurchmessers ein. Sie werden von 3 alternierenden, mehrweniger rhombischen Zellreihen gebildet. In den Seitenfeldern liegen runde bis länglich ovale, 19:19, beziehungsweise 22:19 1m messende Seitenfeld- drüsen, deutlich körnig, dunkel. Ihr Porus liegt meist leicht hinter der Mitte und steigt fast senkrecht zur Oberfläche. Diese Drüsen beginnen hinter dem Nervenring (?/, der Ösophaguslänge vom Vorderende) etwas vor der Osophagushälfte und reichen bis in den Schwanzbeginn. Vor dem Nervenring sehe ich eine einzige, leichter gefärbte Zelle, vielleicht drüsiger Natur. Auf der Höhe des Öso- phagus zählte ich an einem Männchen aus der Adria links 6, am Mittel- und Enddarm 34, am Schwanzbeginn eine hellere Haut- drüse. Sie liegen in ziemlich gleichen Entfernungen voneinander. Die Seitenorgane sind wie bei den verwandten Arten ‚queroval, präozellar, mit innerer, seicht nach hinten entwickelter Tasche und nehmen die Hälfte des Körperdurchmessers ein. Sie sind in Aufsicht 1 Eberth sah nur 4, die Innervation wurde offenbar’ als Borste gedeutet, weshalb in seiner Abbildung die Kopfborsten gegen die Mitte zusammenlaufen. 2 Eberth’s Fig. 4 läßt dies deutlich erkennen. 248 H. Micoletzky, nur schwer wahrzunehmen. Die Ozellen sind in der von Eberth angegebenen Weise ausgebildet. Etwas vor. ihrer Mitte tragen sie eine deutliche Linse. Die Ventraldrüse liegt auf der Höhe des Mitteldarms; sie ist groß, flaschenförmig, links verlagert und nimmt ®/, des Körperdurchmessers ein. Der Porus liegt knapp hinter den Ozeilen (13 mal Vorderende—Augenmitte hinter dem Vorderende); ein Ampullenschließmuskel in der von Steiner (1916, p. 598) bei E. polare angegebenen Ausbildung ist gleichfalls vorhanden. -Seiten- felddrüsen und Ventraldrüse schließen sich — was auch für andere freilebende Nematoden festzustellen ist — nicht aus. Darm. Mundhöhle spaltförmig. Vorderer Ösophaskahn mit nahezu zentralem, längsreihig angeordnetem, bräunlichem Pigment, etwa in doppelter Augenentfernung vom Vorderende deutlich werdend, im letzten Ösophagusdrittel zurücktretend. Ösophagusdrüsen vor- handen. Hinterstes Ösophagusdrittel mit infolge Trennung der plas- matischen von den fibrillären Gewebsteilen, welliger Außengrenze wie bei benachbarten Arten. Enddarm mitunter pigmentiert. Hode unpaar. Papillen nach vorne weiter abstehend, hinterste nahe dem Anus (Analpapille)- Schwanzdrüsen weit vor dem After gelegen. Endröhrchen vorhanden, leicht angeschwollen. Es erscheint mir nicht unwahrscheinlich, daß Eberth's Enoplus subrotundus (p. 33 bis 34, tab. 2, Fig. 11 bis 12) synonym ist. So stimmt alles bis auf den »Pharynx« überein, so die Ozellen, der Porus, Schwanz und Spikula, nur das Gubernakulum fehlt anscheinend.! Da auch Filipjev (1918/21, p. 151), ein so vorsichtig abwägender Beobachter, dieselbe Vermutung hegt und ich im Mittelmeer bisher nur E. acuminatus, E. tennicolle (Eberth) und E. eberthi de Man wiedergefunden habe, halte ich die Synonymität beider Arten Eberth’s für sehr wahrscheinlich. Vorkommen, Fundort. Im Mittelmeer (Neapel, Ischia, Nizza nach Eberth; Adria: Meleda, Rovigno) im algenreichen Küstengürtel anscheinend sehr vereinzelt, etwas häufiger, doch stets vereinzelt im Buchtenschlamm. 7. Unterfamilie Symplocostominae. Eurystomina ornatum (Eberth). Eberth 1863, Enoplus ornatus; Marion 1870, Eurystoma tenue, de Man 1876, Oncholaimus assimilis, 1888, Eurystoma filiforme, Daday 1901, Onch. ornatus, Rouville 1904, Eurvstoma ornatum syn. E. tenue; Southern 1914, E. filiforme; Steiner 1916, 1921 (1), Z. filiforme; Ditlevsen 1919, E. fliforme; Filipjev 1918'21, p. 568, Eurystomina nom. nov., p. 157 bis 161, tab. 5, Fig. 29, E. assimile. Gesamtzahl 32 (Suez 1:26, 2:6), davon Q 5 (1 eiertragend), Z’ 1; Sexual- ziffer 20 (n 6) gegen 69 (n 27) in der Adria. Maße: © L 3'4Amm (217 bis 4'12), a 67, b 44, c 32:6, V 57°50,, als Durchschnitt von 5 Messungen, G, 12'60;,, n 3; Ga 13°6, n 2; Eizahl 6, Eigröße 134:51p. Sf L 40, a 88, b 5'7, c 40'838. 1 Doch wird es im Text erwähnt, was Filipjev entgangen zu sein scheint. BE u EUER bci DE 2 0 2 a urn EZ ee a a du len 2 ie = »w « DER nu Freilebende Nematoden aus Suez. 249 Steiner fand in Teneriffa ein eiertragendes Weibchen von nur 2:94 mm, meines aus Suez maß 3'759 mm, das kleinste eier- tragende Tier aus dem Mittelmeer (Ischia) 3’2 mm, das kleinste Weibchen überhaupt 2:17 mm (Suez). Im allgemeinen zeigen die Tiere aus Suez bezüglich der Maße mit den adriatischen Vertretern viel Übereinstimmung. | ‘ Bereits de Man spricht sich für die Synonymie von E. ornatum, tenue und assimile aus. Den Unterschied gegenüber E. fl. erblickt er in den schlankeren Spikula (von Schwanzlänge) und dem weiter hinten gelegenen Hilfsorgan bei E. fil. Die Angabe, daß diese Art bei Vlissingen nicht häufig ist, läßt vermuten, daß ihm nur wenige Vertreter vorgelegen haben. Gestützt auf meine Tiere aus der Adria {und dem übrigen Mittelmeer), finde ich obige Unterschiede inner- halb der Variationsbreite meiner Vertreter. Eberth lagen lang- schwänzige, de Man kurzschwänzige Individuen einer Art vor Die Spikula sind in der Tat etwas schlanker als Eberth und Marion sie zeichnen und nähern sich bei manchen Individuen der von de Man angegebenen Form, halten aber im großen ganzen die Mitte. So betrug das Verhältnis von Länge (Bogensehne) zur Dicke (Mitte) in Mikromillimetern 67 : 4:94 (54 bis 68: 4°3 bis 54, n 8), bei de Man auf meine Maße übertragen 77:4'94, bei Eberth und Marion etwa 57:4'94. Spikulalänge und -dicke variieren überdies nicht immer gleichsinnig. So fand auch ich einmal das nach de Man angegebene Verhältnis. wieder, so daß beide Maße innerhalb der von mir beobachteten Variabilität der Adriatiere liegen. Was den zweiten Unterschied, die relative Spikulumlänge betrifft, so erreicht nach de Man das Spikulum Schwanzlänge (Verhältnis von Bogensehne des Spikulums : Schwanzlänge : After bis Mitte des hinteren akzessorischen Organs wie 1:1°32:1'08), bei Eberth und Marion ist der Schwanz wesentlich länger (Eb. 410 2206.71558;,, Mar: 1%: 278:2-05).> Meine: Tiere‘, ‚aus‘ ;der.. südlichen Adria zeigen als Durchschnittswert von 8 Messungen 1:1'54 BE ze 52 to: ul, (150 bis. L>B), mithin ‚Maße,jidie ‚es, sehr wahrscheinlich machen, daß obige Unterschiede innerhalb der Variationsbreite fluktuierender Variabilität liegen. Ähnliches gilt von der Lage des akzessorischen Organs (präanalen Hilfsorgans). Sollte es sich — wie es den Anschein hat — herausstellen, daß im Mittelmeer durchschnittlich langschwänzigere Tiere mit relativer Spikulakürze vorkommen, während in den nordischen Meeren kurzschwänzigere, mit schlankeren und relativ längeren Spikula vorhanden sind, so könnten diese als Unterart Aliforme de Man vom Typus unterschieden werden. Die Aufstellung einer eigenen Art wird sich jedoch nicht empfehlen. Filipjev hat im Schwarzen Meer eine einzige Eurystomina aufgefunden, die er als E. assimilis (de Man) anspricht. Seine Tiere sind größer (L J’ 5:1, 2 6°2 mm), schlanker (a 90 bis 100), mit kürzerem Ösophagus (b 6 bis 6:5) und Schwanz (c 45 bis 50). en PN Be ice A - Er + = 250 246 Au. nkeer kn Das "Schwarze Meer mit- mehr nordischem ' Charakter (tiefere Temperatur, geringerer Salzgehalt) dürfte hier — wie bei anderen Arten —: diese Maßunterschiede veranlassen. Zu Filipjev’s ‘aus- führlicher, bebilderter Beschreibung sei folgendes hinzugefügt. Die Kutikulaverdickung auf Seitenorganhöhe ist nicht immer deutlich ausgeprägt. In der Nähe der Ozellen findet man körniges Pigment von Ozellenfarbe in Längsreihen. Der Exkretionsporus, den Filipjev (p. 158) nicht sicher gesehen. hat, liegt viel weiter vorne als .er vermutet (etwa vor dem Ende des vordersten Ösophagusfünftels oder etwa auf der Hälfte Vorderende—Nervenring und nicht hinter dem Nervenring). Was den Spikularapparat betrifft, so vermute ich nach meinen Präparaten, daß sich Filipjev im Bau des Guber- nakulum hat täuschen lassen. Das präanale Stück des Gubernakulum (Fig. 29 c) gehört nicht dazu. Die Schwanzborsten sind nicht immer so regelmäßig gestellt. So sind die subventralen (s, in Fig. 29c bei Fil.) bisweilen weit auseinander gerückt, außerdem finden sich auch 3 bis 4 subdorsale. Dagegen Scheint der präanale Höcker stets a zu sein, doch ist er an meinen Präparaten kräftiger und nicht immer in zwei hintereinander gelegene Partien aufgelöst. Auf ihm liegen 4 Borstenpaare; die äußeren Borsten unterscheiden sich von den inneren in der Länge meist nur sehr wenig. Von den 5 Medianpapillen Filipjev’s (D.), die offenbar sehr zart sind, habe ich nur Andeutungen gesehen. Die submedianen Borsten (S;,} endlich, die in Filipjev's Zeichnung dem hinteren Ergänzungs- organ genähert sind, sind in ihrer Lage unbeständig und können auch weiter nach hinten rücken. Die Medianpapille (p,) zwischen den beiden Ergänzungsorganen habe ich nicht sicher gesehen. Alles übrige stimmt völlig mit den genauen und sorgfältigen An- gaben des russischen Forschers überein und ich glaube daher berechtigt zu sein anzunehmen, daß ihm und mir dieselbe Art vorgelegen hat. Bereits Eberth erwähnt »Seitenlinien«, also Seitenfelder von 1/, Körperbreite aus rundlichen Zellen, während spätere Forscher, Filipjev inbegriffen, nichts hierüber aussagen. Diese Seitenfe!der bestehen aus 3 bis 5 Zellreihen. Interessant ist das Vorkommen der für Eurystomina bisher unbekannten Seitenfelddrüsen. Diese finden sich ganz ähnlich wie bei dem im Mittelmeer von mir wiedergefundenen Zunchelidium tennicolle Eberth nämlich in der Regel alternierend an den Rändern der Seitenfelder, doch etwas unregelmäßiger als bei der Vergleichsart. Ihre Durchschnittsgröße beträgt 23:13 (20 bis 30:11 bis 16, » 5), ihre relative Breite 1/, bis */, des Seitenfeldes. Sie sind gewöhnlich längsoval und lassen sich namentlich bei durch längeres Liegen in Alkohol Glyzerin (Gelbfärbung durch die Gerbsäure des Korkes?) gefärbten Tieren leicht durch ihre heile Granulation erkennen, Sie beginnen gleich- falls hinter dem Nervenring. Ösophageal zählte ich bei meinem Adriamaterial (2 J, eines rechts, eines links; 2 $ links gesehen) bei Sf 11:-bis' 12, 2.7: bis '8,.: am: Darme:' d’.:60. bis 7A," 2 59/bi5 78 Freilebende Nematoden aus Suez. 251 (prävulvar 25 bis 29, postvulvar 30 bis 41) und am Schwanze beim Z 1 bis 2, beim % 2, welche Zahl ungefähr der Vergleichsart entspricht, während E. acuminatum weniger Drüsen besitzt. Vorkommen, Verbreitung. In der Adria stellenweise häufig, so namentlich im algenreichen, ständig untergetauchten felsigen Küstengürtel, auch in Rockpools und in der Nähe submariner Süß- wasserquellen, dagegen nicht auf Muschelsandgrund. Nach Filipjev im Schwarzen Meer massenhaft an der algenreichen Felsküste {Corallinen, Mytilus), im Potamogeton der Buchten und im Amphi- oXussand. Offenbar weit verbreitet: Im Mlittelmeer bisher von der Adria aus Fiume (Daday) bekannt, von mir bei Rovigno, an der Ombla- Mündung und in der Bocche di Cattero gefunden; Neapel (de Man), Nizza (Eberth), Marseille (bis 81m Tiefe nach Marion), Cette (Rouville), von mir in Neapel und Ischia. Nordsee: Vlissingen (de Man), Kleiner Belt (Ditlevsen), Atlantischer Ozean: Westküste von Irland (Muschelgrund, 44.m tief, Southern), Teneriffa (Steiner), Arktis: Barentssee (Steiner). Symplocostoma tenuicolle (Eberth). Eberth 1863. Enoplus tenuicollis;, Bastian 1865, Symplocostoma longi- collis;, Marion 1870, Amphistenus agilis,;, de Man 1876, S. tenuicollis, 1888, S. Zongicolle;, Rouville 1904, S. Zenuicollis; Southern 1914, S. Zongicolle; Steiner 1916, 1921 (1), Filipjev 1918/21: und Ditlevsen 1919, S. longicolle. Gesamtzahl 55, davon 7 Q (4 eiertragend), kein Z', Suez Nr. 1 49, Nr. 2 6 juv. Maße: 9 L 2.32 mm (1'8 bis 3°1), a 37°8 (35 bis 44), 540 (3'8 bis 4:3), ce 14:5 (10:4 bis 195), 7589), (82 bis 61), G, 13:20, Gg 13°409;,, Eizahl 3 (2 bis 4), Eigröße 109 bis 561, # 7, bei den Eiern d; nr 370%), m 2. Verglichen mit den Adriatieren (ZL 3 mm, a 43, b 41, c 14:5, V 520/,, G, 144, G, 15°30/,, n mit Ausnahme von G, bis Ga 15) bleiben die Sueztiere kleiner und plumper, tragen einen kaum längeren Ösophagus, eine weiter hinten gelegene Vulva und kürzere Gonaden. S. tenuicolle ist sehr wahrscheinlich S. longicolle Bast. syn- onym. Nach Filipjev’s Schlüssel (1918/21, p. 164) beträgt bei S.]. die Körperbreite am Ösophagusende wenigstens die vierfache Kopf- breite, bei S. 7. die dreifache. Dazu sei bemerkt, daß Eberth bei S. t. 3-4 berechnen läßt. Nach eigenen Präparaten schwankt diese Verjüngung nicht unbeträchtlich und beträgt durchschnittlich das Fünffache. Alle übrigen Merkmale stimmen, soweit ich urteilen kann, überein. Es ist bezeichnend, daß Filipjev im Schwarzen Meer S. longi- colle Bast. wiedergefunden zu haben glaubt, wo er doch aller Wahrscheinlichkeit nach Eberth’s Art hätte wiederfinden können. Nachdem ich im Mittelmeer wiederholt eine und dieselbe Synplo- costoma an allen Orten, wo ich überhaupt Nematoden in größerer Anzahl untersuchte bis ins Marmara Meer (Prinkipo-Inseln) gefunden habe, muß ich wohl annehmen, daß mir Eberth’s Art vorgelegen hat. 252 H. Micoletzky, Was Filipjev’s S. ponticum (1918/21, p. 168 bis 169, tab. 5, Fig. 31) betrifft, so steht diese Art, soviel ich aus dem Vergleiche mit der von Filipjev gleichfalls eingehend beschriebenen S. Jongi- colle entnehmen kann, unserer Art ungemein nahe, Die Unterschiede liegen in der Mundhöhle (der 3., d. i. vorletzte Ring von vorne liegt bei /. 33 °/,, bei p. 45 °/, der Mundhöhlenlänge vom Vorder- ende, der 2. Ring liegt bei /. auf halber Höhe zwischen dem i. und 3, bei p. dem 3. Ring genähert), im Exkretionsporus (bei J. beim ? 3°5, beim cd 5. Mundhöhlenlängen, bei p. 2 2:6 vom Vorderende) und in der Eiform (bei J. rund, bei p. zweimal so breit als lang; letzteres findet sich nach eigener Beobachtung auch bei S. £.). Diese Unterschiede sind so subtil und die Mundhöhlen- ıinge sind mitunter so schwer deutlich aufzulösen, ‘daß ich es vorziehen würde, Filipjev's Art als v..ponticum zu S. tenuicolle zu ziehen, es wäre denn, daß das unbekannte Männchen bessere Unterschiede böte. | Meine Mittelmeertiere zeigen große Schwankungen in der absoluten Länge und in den anderen Maßen, doch gelang es mir nicht, mehrere Arten auseinanderzuhalten. Auch bei dieser Art scheinen wie bei S. pauli 10 Kopfborsten vorhanden zu sein. Nähere Angaben, so auch über die Seitenfelddrüsen, soll eine spätere Abhandlung bringen. Bemerkt sei nur noch die Variabilität der Lage des Exkretionsporus von 8°3 bis 16°/, der Gesamt- ösophaguslänge. Die Spikula eines Neapler Männchens erreichten 74 °/, der Schwanzlänge, nach Bastian 63 °/,, nach Filipjev °,, nach Eberth 68 °/,. Dem Präanalhöcker Eberth’s lege ich keinen besonderen Wert zu. Vorkommen, geographische Verbreitung. Diese verbreitete Art wurde "auch durch Steiner von Suez bekannt. "Sie Bi Deies im Mittelmeer für Nizza (Eberth), Marseille (Marion), Ceite (Rouville) und Neapel (de Man) nachgewiesen. Ich fand sie in Neapel und Ischia, in der Adria (Rovigno, fast in allen Biocoenosen, Ombla-Bucht, Meleda, Bocche di Cattaro, im Marmara Meer, Filipjev im Schwarzen Meer (massenhaft nur am. Mytilus auf Pfählen), Steiner im Indischen Ozean (Dar-es-Salam). Im Atlantischen Ozean bei Teneriffa (Steiner) und an der Westküste von Irland (Southern), im Norden im Kanal (Bastian), in der , Nordsee (de Man), im Dänischen Meer (Ditlevsen) und in der Barentssee (Steiner) aufgefunden. Symplocostoma pauli (Marion). Marion 1870, Amphistenus pauli; Filipjev 1918/21, S. marioni n. Sp. p. ‚174 bis 175, tab: 5, Fig. 34,2 9. in ‚Nr. :2,. davon. +1 ;Oy71 juy- Maße: @ L 143mm, a 29, b.3'2, c 9,4, V 56:5 0/,. Dieses Weibchen blieb bedeutend kleiner als meine Tiere aus der Adria (Mittelwert L 3°24, 1'7 bis 4:8; a 36; b 4*5; c.17"3, 9 bis 24; V 54°4, n 5); dementsprechend sind auch die relative Maße. ” . ” = ‘ -xbis , 1° 14mm, sa 85 Bist,‘ FETTE Anfänglich glaubte ich, Tr. vulgarıs de Man in besonders kleinen Vertretern gefunden zu haben; sobald ich Filipjev’s Arbeit erhielt, sah ich, daß ich die ihr nahestehende Verwandte aus dem Schwarzen Meer vor mir hatte. Die Maße sowie die Organisation zeigen, soweit meine nicht besonders gut erhaltenen Tiere erkennen lassen, gute Übereinstimmung. Der Darm ist vielzellig (16 bis 20 Zellen im Umfang); die Zellen sind hell granuliert, das Lumen erfüllt den größten Teil, die dünne Wand erreicht nur etwa Su. Anscheinend Algeniresser. Die Spikulaklauen samt breitem, stark kutikularisiertem An- hangsstück sind sehr kräftig und nehmen 29 °/, des analen Körper- durchmessers ein. Was das Verhältnis von Spikulumbreite zu 1 Die Ringelung wird erst mit der letzten Häutung erworben; meine var. aberrans n. v. stellt vielleicht nur eine Hemmungsbiläung dar! Ich fand diese Varietät nur in einem Weibchen bei Meleda unter vielen typischen Vertretern. er Freilebende Nematoden aus Suez. 257 seiner Länge betrifft — Filipjev. legt in seinem Schlüssel (p. 181) nebst der Umfassung der Mundhöhle durch das Ösophagealgewebe hierauf das Hauptgewicht bei der Unterscheidung von T. marinus (Bütschli), vulgaris de Man und seinem T. demani — so möchte ich nur bemerken, daß das etwas gedrehte Spikulum meines einzigen Männchens viermal länger als breit ist, während Filipjev eine dreifache Länge angibt. Im übrigen will es mir nach den vorliegenden Präparaten scheinen, als ob die obgenannten bisherigen Genusvertreter mit Ausnahme einer neuen, von mir in. der Südadria sehr vereinzelt aufgefundenen, 7. omblaica n. sp. genannten Art, deren Unterschiede ich unten gebe, einander sehr nahe stehen, sich sehr schwer mit Sicherheit unterscheiden lassen und ein weiteres vergleichendes Studium erfordern. So unterscheidet sich beispielsweise 7. marinus von 7, vulgaris nach der relativen Schwanzlänge. Bei ersterem ist c bei 1:8 mm Länge 9 bis 10, bei letzterem bei 2:6 mm 17 bis 19, eine Unterscheidung, die auf schwachen Füßen steht, wenn wir die Körperlängen in Betracht ziehen, Künftige Untersuchungen müssen dartun, ob wir gute Arten unterscheiden können oder ‚ob wir nicht besser daran "tun, obige Arten im Rahmen einer Art unterzubringen. | | ji: L: On bidicn n>*,spr. sin ich san anderer stelle beschreiben werde, unterscheidet sich durch die auffallend großen Seitenorgane (I), gegen weniger als. !/, des Kopfdurchmessers) und die weniger augenfällige Ansatzstelle des Ösophagealgewebes an die Mundhöhle von T. demani. Alle Tripyloides-Arten scheinen Brackwasser ale ‚doch Meer- wasser mit brackischem Einschlag vorzuziehen. ) Von. den 12 Tieren von Suez erwiesen sich nicht weniger als 7 mit Parasiten infiziert, nämlich 1 eiertragendes 9, 1 Z und Srlunse.; Bei ‘der Seltenheit von Parasiten in marinen Nematoden gewiß bemerkenswert! Das Männchen zeigt die 'Gonade. von bakterienartigen Gebilden erfüllt, deren Querdurchmesser etwa 061. beträgt. Diese Bildungen reichen etwa 120 1 präanal, hören all- mählich auf und scheinen in den ductus ejaculatorius nicht über- zutreten. Außerdem finden sich 5°5 bis 6°71 große präanale Zysten. Das Weibchen zeigt die vordere Gonade von’ bakterien- artigen Sporen erfüllt, in der hinteren finden sich 5 bis 7.u große Zysten in 11 bis 221 Entfernung der Zentren voneinander. Von den 5 Jungen weisen 2 nur in der Mitte »Bakterien«, wie ich sie. kurz :nennen: will, 2 »Bakterien« und Zysten, 1.nur 2 Zysten im, hinteren Darmabschnitt auf. Die Zysten liegen bei einem Jungen mit »Bakterien« nicht wie gewöhnlich im hinteren Darmabschnitt, sondern zu 25 bis 30 nebeneinander, in einer Entfernung von 8 bis 9w (der Zystenmittelpunkte voneinander) im "Mittelkörper an Stelle der Gonadenanlage. Es handelt sich bei den Zysten und möglicherweise auch bei den »Bakterien« um Sporozoen, vielleicht gar um Formen eines Generationszyklus. 258 H. Micöletzky, Familie Chromadoridae. 1. Unterfamilie Camacolaiminae. nom. nov. (Acantopharynginae Filipjev 1918/21, ex parte). Filipjev stellte 1918/21 (p. 185) die Unterfamilie » Acantho- pharyngini« auf, die er durch das kreisförmige bis kurz spiralige Seitenorgan, das sich nach hinten in eine lange, blinde Tasche fortsetzt, die dorsal verstärkte! Partie der fehlenden Mundhöhle und den geraden, bulbuslosen Ösophagus hauptsächlich kennzeichnet. Hierher stellt er Acanthopharynx Marion, Camacolaimus de Man, Acontiolaimus Filipjev? und Dermatolaimus Steiner. Das Haupt- gewicht liegt auf dem Plectus-ähnlichen Seitenorgan, weshalb ich auch Jonema Cobb hierherstelle. Da ich, wie weiter unten zu ersehen ist, Acanthopharynx Marion, den Filipjev nicht aus eigener Anschauung kannte, genauer zu studieren vermochte und ihn nach dem Bau unzweifelhaft aus dieser Gruppe ausscheiden und zu den Desmodorinae stellen muß, erwies sich obige Namensänderung als nötig. Jonema isseli n. sp. (Fig. 4a und b). Micoletzky 1922 (1) Araeolaimus (Araeolaimoides) cobbi, p. 78; nec A. cobbi Steiner 1916. | Von dieser neuen, zu Ehren Professer R. Issel’s, Genua, der meine Unter- suchungen durch reichliche Materialsendung von Rovigno und Umgebung in entgegenkommendster Weise förderte und dem ich unter anderem die besten Präparate dieser Art und ihr Männchen zu verdanken habe, genannten Art habe ich in Suez nur 1 Weibchen im Korallenriff (Nr. 1) gefunden, das folgende Maße aufweist. L1'62mm, a 71, b 5°1, c 13'°6, V 590/,. Zum Vergleich lasse ich meine Adria- Tiere folgen: 9 L 156mm (1'44 bis 1'85), a 62 (45 bis 79), n 5; b4'8,n]1; c 13 (12°4 bis 13°8), V 51°70', (49 bis 55), » 5, G] 10'60/, (9 bis 12), G, 10°2 (8 bis 11, » 3; J' L 113mm, a 9, b 5'4, e 11'4, Gb 480),, G, 8%, n 1. Beim größten Weibchen liegen Augenmitte 6°6, Nervenring 30, Seitendrüsenbeginn 42°5, Drüsenende 95, das Ende der Ventraldrüse 1540/, der Ösophaguslänge vom Vorderende. Die relativen Körperbreiten auf der Höhe :der Kopfborsten, Augenmitte, Ösophagusende, Vulva, After, Basis des Endröhrchens sind beim Weibchen (» 3) 35, 72, 96, 100, 70, 17°4, beim Männchen (»r 1) 44, 94, 100, 100, 100, 225. Körperform beiderseits, nach vorne bis auf Augenhöhe, nach hinten bis auf Afterhöhe wenig verjüngt, nahezu zylindrisch. Kutikula 1 bis 1'2 1 dünn, mit fein aber deutlich geringelter Mittel- und Innenschichte, borstenlos. Diese zarte aber deutliche Ringelung setzt sich nicht bis ans Vorderende fort, hier erscheint die Kutikula verdickt. Eine seitliche Differenzierung fehlt; die Seiten- felder erreichen !/, des Durchmessers. Das Vorderende ist abge- rundet, eine Dorsoventralität ist nicht oder kaum nachweisbar. Kopfborsten 4, von !/, des Durchmessers. Lippen und Papillen 1 Stimmt für Dermatolaimus nicht, muß daher heißen: »die dorsal meist«. 2 Wurde 1922 (2) von Filipjev mit Camacolaimus vereinigt, so daß diese Unterfamilie in der hier vorgeschlagenen Umgrenzung 3 Genera aufweist. But =: PN nd w Freilebende Nematoden aus Suez, 299 konnten nicht aufgefunden werden. Das autiallend weit vorne, vor den Kopfborsten gelegene Seitenorgan nimmt !/, des entsprechenden Durchmessers ein. Es ist (Fig. 4a) von angedeutet spiraliger Form, hinten zu offen, Plectus-artig, und setzt sich in eine Röhre (in Fig. 4a gestrichelt) nach hinten und innen fort. Cobb fand es bei seiner J. ocellatum (1920, p. 235) »very inconspicuous« und zeichnet ein querovales Gebilde, das er für die Ausmündung der Seitendrüse hält, das aber sehr wahrscheinlich das Seitenorgan vorstellt. Die Mündung der Seitendrüse liegt meiner Auffassung nach dahinter. Steiner vermerkt für seinen Araecolaimus cobbi (1916, p. 697, tab. 17, Fig. 365) zwei bogenförmige Linien; er hat das nur an günstigen Präparaten zu sehende Seitenorgan offenbar nicht erkannt. ‚Die gelbroten Ozellen tragen eine deutliche, von Steiner bei seiner Art vermutlich übersehene Linse. Sie sind gewöhnlich leicht dorsal verschoben. Hie und da beobachtet man — wie auch bei anderen augentragenden Nematoden — isolierte Pigmentkörnchen; so habe ich einmal 4 Körnchen außer dem Auge wahrgenommen, Eine Mundhöhle fehlt. Der vorne etwa 1/, der Körperbreite ein- nehmende Ösophagus reicht vorne bis nahe an die Kutikula und schwillt hinten allmählich auf den halben Körperdurchmesser an. Er ist sehr zart, muskelarm und trägt keine elliptische Anschweliung in Augennähe. Eine Cardia fehlt, ein schwach in den Mitteldarm hineinragender Ösophagealpfropf ist vorhanden. Die Grenze zwischen 'Ösophagus und Darm ist nur sichtbar, wenn die große Seitendrüse vor dem Ösophagusende aufhört. Der Mitteldarm trägt 191, selbst bis über 21 große, doppeltkonturierte Körner in Gruppen. Das Lumen ist nach hinten zu erweitert, der Enddarm etwas länger als der anale Körperdurchmesser. Die Ventraldrüse ist vorhanden, nach hinten verlagert und findet sich etwa in der Mitte zwischen Vulva und Ösophagusende, beim Männchen am Beginn des mittleren Körperviertels. Sie erreicht bisweilen den doppelten Körperdurch- messer an Länge. Den Porus habe ich nur beim Weibchen aus Suez gesehen, er liegt auf der Höhe der Augen. In Fig. 4a ist er nicht gezeichnet; das ventral von den Augen liegende Gebilde ist die Ampulle, der Porus läge hier etwas vor Augenhöhe. Außer der Ventral- oder Halsdrüse findet sich jederseits eine riesige Seiten- drüse, charakteristisch für das Genus. Diese den bisherigen Beob- achtern des Genus bereits aufgefallenen Drüsen erreichen hier mehr als die halbe Ösophaguslänge und reichen nach hinten bis in die Nähe oder über den Mitteldarmbeginn hinaus. Durch letzteres Ver- halten wird verständlich, daß Cobb für sein J. ocellatum nur 7 °/,? der Gesamtlänge als Ösophaguslänge angibt, während Steiner bei A. cobbi ziemlich richtig geht, wenn er das Drüsenende als das Osophagusende annimmt. Diese paarige Drüse erfüllt bei Seiten- ansicht den ganzen Durchmesser. Ihr Inhalt ist körnig, die Körner erreichen 1’5 u, der große Zellkern liegt nahe dem Hinterende. Der verhältnismäßig breite Ausführgang der Drüse ist bei Füllung mit körnigem Sekret (Fig. 4a, Mitte) deutlich. Die offenbar zwischen 260 H. Micoletzky, den Özellen und dem Vorderende gelegene Ausmündung habe ich zwar nicht nachweisen können, doch ist sie keineswegs mit dem Seitenorgan zu verwechseln, wie dies Cobb wahrscheinlich tat. Dieser um die Nematodenkunde hochverdiente Amerikaner‘ hat diese Drüsen richtig erkannt und hält sie. mit Recht für ein wichtiges Genuskennzeichen, während Steiner in ihr — er hielt sie für un- paar — eine links verlagerte Ventraldrüse erblickt. Die eigentliche Ventraldrüse, die demnach Steiner entgangen ist, hat Cobb eben- falls beobachtet. Cobb hält dagegen die in seiner Figur als »amph« bezeichnete Bildung, für den Porus der einen Lateraldrüse, während ich sehr stark vermute, daß es das nicht - ganz richtig gesehene Seitenorgan vorstellt, als das es Cobb der Benennung in der Abbildung nach auch zuerst angesprochen hat. Ich halte diese Drüsen für abnorm vergrößerte, in die Tiefe verlagerte Seitenfelddrüsen. Sie finden-sich bei den 3 Arten des Genus in DES EREEN gleicher Ausbildung. Geschlechtsorgane. Vulva schwach chitinisiert, !/, des Körper- durchmessers bei Seitenansicht er- reichend. Ovar breit, Umschlag. bis ?/,, Oogonien . mehrreihig. Reifeier wurden nicht beobachtet. Männchen mit paarigen Hoden, beide Teile etwa rs; : Fre .. von gleicher Größe wie bei J. cobbi. a us novigno, Norderence mM Vorderstes Hodendrittel bis -viertel Seitenansicht von links, 1060 :1; ä er b - aus Rovigno, Änalgegend von plump, hyalin mit Spermatogonien in rechts, 1080: 1. mehreren Reihen, dahinter liegt die körnige Region der Spermatozyten und Spermatiden. Vas deferens sehr lang. Ductus ejaculatorius mit sehr kleinen Spermien (0:5 bis 08). Spikularapparat (Fig. 4b) wie bei J. cobbi außerordentlich zart und daher beim einzigen Männchen nicht zuverlässig beobachtet. Es zeigt viel Ähnlichkeit mit A. cobbi nach ‚Steiner. Das Spikulum ist sehr. zart, mit doppelter dorsaler Kontur, die ventrale Begrenzung stellt möglicher- weise den Velumrand dar; er zeigt im vordersten Drittel eine Art Einschnürung. Das Gubernakulum ist sehr klein, umgreift die Spikula seitlich und sieht dorsal doppelt konturiert aus. Hier setzen Muskeln an. Prä- und postanale Papillen oder Borsten fehlen. Der Schwanz ist völlig borstenlos, allmählich verjüngt. Die 3 Schwanzdrüsen liegen im Schwanzinnern und besitzen getrennte Ausführgänge. Das Endröhrchen isitdl- is bis 2° ie so lang als sein Durchmesser am Grunde. | Vorkommen. Hie und da im lage lie. leihen Küsten- sgürtel von Rovigno (Uferbank mit Sargassum), Meleda und der Bocche di Cattaro in der Adria. °0 895 9 © o o . =. D Moo 5 o° DO © Oo o oXe) 06 o 009009 80000.00 EIELFREEEN ® [) Q >> Fig. 4, Jonema isseli n. Sp. Freilebende Nematoden aus Suez. 261 Unterscheidung. Zuerst glaubte ich Araeolaimus cobbi Steiner wiedergefunden zu haben. Als ich mit Cobb’s inhaltsreicher Arbeit (1920) bekannt wurde, schwankte ich und schließlich finde ich es für gut, eine neue Art aufzustellen und die subtilen Unter- schiede in einer der folgenden Genusbeschreibung anhängenden Tabelle zusammenzustellen. Jonema Cobb 1920. Typus J. ocellatum Cobb; außerdem 2 Arten J. cobbi (Steinen) 1916 syn. Araeolaimus cobbi Steiner und J. isseli n. sp. Kleine, mit Ausnahme des Vorderendes und des Schwanzes wenig verjüngte Meeresnematoden. Kutikula zart, meist sehr fein geringelt, mit Ausnahme der 4 Kopfborsten nackt. Vorderende abgerundet, ohne Lippen und Papillen (?). Seitenorgane vor den Kopfborsten, mit spiraliger Andeutung, hinten offen, Plectus- artig (nur bei J. isseli bekannt). Ventraldrüse vorhanden, außerdem Buerjederseits einer sehr großen seitlichen Körnerdrüse, in der Nähe des Vorderendes ausmündend. Mundhöhle fehlend, Öso- phagus zart, muskelarm. Weibliche Geschlechtsorgane paarig symmetrisch mit großem Umschlag. Männchen mit paarigen Hoden. Spikula sehr zart, Gubernakulum sehr klein, ohne Papillen und Borsten. Schwanz mit dreizelliger Drüse in inneren, getrennten Ausführgängen und Endröhrchen. Dieses Genus fügt sich durch den Bau der Seitenorgane und das Vorderende am besten in die Camacolain:inze ein. Vorkommen. Im algenreichen Küstengürtel weit verbreitet. ID o>) ID Tabelle der Unterschiede der bekannten Arten. ai | . | Kennzeichen | J. cobbi | 1. Kutikula ungeringelt 2. Dorsoventralität deutlich des Vorderendes ausgeprägt 3. Länge der Kopf- borsten in Kopfbreiten weniger als 1, (fast 1’) 4. Ozellen 5. Mundhöhle selbrot, ohne Linse & angedeutet, mit leicht verdickter Wand 6. Seitenorgan ? 7. Ventraldrüsenende ? 8. Seitenfeldbreite in Körperdurchmessern fi I 9. Vulvalage 10. Q Gonaden- umschlag 11. Spikulum 12. Gubernakulum - 13. Fundort vorder- oder leicht hinterständig H. Micoletzky, Freilebende Nematoden AusSuor. | FAR | or (sh Aare J. ocellatum \ TETSSE Mittel- und Innen- | ser ne | schicht geringelt | re schwach oder fehlend. 1, 8 braun, mit Fr Zentralkörper im Ee1b796 SS: Pigmentbecher Zentralkörper völlig fehlend | völlig fehlend queroval, vor den | Plectus-artig, vor Kopfborsten etwa in Körpermitte deutlich hinter- ständig (57 0/,) erreicht /,, des nicht ee schlagenen Teiles Velum (d) in der Mitte eingekerbt anliegend, sie nicht umfassend nördliches Polarmeer den Spikula dorsal g' unbekannt Pazifische Küste von Mittelamerika (Panama) den Kopfborsten am Beginn oder in . der Mitte des - mittleren Körperviertels Is meist leicht hinter- ständig (52%) | Bl. nur 23 am Ende des proximalen Drittels gekerbt die Spikula um- fassend Mittelmeer, Rotes Meer rer Textkürzung. Infolge der fortdauernden außerordentlichen Preissteigerungen des Druckes ist die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse außerstande, die Abhandlungen im alten Friedensumfange abzudrucken; insbesondere sollen die Sitzungsberichte von den aufgenommenen Arbeiten nur das zum Verständnisse unumgänglich Not- wendige bringen. Sehr oft sind manche Einzelheiten der Versuchsanordnungen, Beobachtungsprotokolle, Zahlentabellen, Kurven, Zwischenrechnungen u. a. m. nur für den auf dem betreffenden Gebiete arbeitenden Fachmann von Wichtigkeit, während sie für den Fachmann verwandter Gebiete von minderem Belange sind. Die Autoren werden demnach gebeten, derartige Einzelheiten als »Ergänzungen« ihren Arbeiten beizugeben, und zwar womöglich in Maschinenschrift und in zwei Exemplaren. Diese »Ergänzungen« sollen nicht veröffentlicht, sondern in. der Kanzlei der Akademie aufbewahrt und eines davon über Wunsch an Interessenten für einen ‘Monat entliehen werden. Uber die Beigabe solcher »Ergänzungen« wird am Ende der Arbeit ein entsprechender Vermerk stehen. Ferner werden die Herren Autoren ersucht, behufs Verringerung der Druck- kosten und Erzielung einer größeren Übersichtlichkeit jene Teile ihrer Arbeiten in Kleindruck zu bringen, welche ihrem Inhalte nach als Ergänzungen oder Er läuterungen des in E söhnlichem Drucke erscheinenden Textes aufzufassen sind. Die Sitzungsberichte der. mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physischen Geographie und Reisen. uns IIa. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astro- nomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Abteilung IIb. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. Abteilung Ill. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen und der Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin. Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhandlungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Grundpreis beigesetzt ist, kommen Separatabdrucke in den Buchhandel‘ und können durch Alfred Hölder, Auslieferungsstelle der Akademie der Wissenschaften (Wien, I., Rotenturmstraße 25, Halbstock), zu dem angegebenen Preise bezogen werden. Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in besonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie und verwandte Teile anderer Wissenschaften« herausgegeben. Der akademische Anzeiger, welcher nur ÖOriginalauszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgeiegten Abhandlungen enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Die Preise werden nach dem jeweiligen Stande der Valuta nach Maßgabe der Verhältnisse berechnet. EN N Br N RE a Te DA K Yu 5 \ nn ne. her Fat Sr A v & Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitz ne 11. März 1915 folgendes beschlossen: Kar Bestimmungen, _ betreffend die Veröffentlichung. ‘der in Br Schriften Kr: mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzunehmenden ® a are a an anderer Stelle (Auszug aus. der Geschäftsordnung. nebst a eher er | ER gım $ 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter- RR suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen werden. Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht als % Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben gedruckt werden, ‚welche zwar, die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen, aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes enthaiten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist. Unter den gleichen Voraus- setzungen gelten auch vorläufige Mitteiiungen in anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen Mitteilung zu machen und sie beizu- legen, falls sie bereits im Besitz von Sonderabdrucken oder Bürstenabzügen sind. $ 51. Abhandlungen, für welche. der Verfasser kein Honorar beansprucht, bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie aufgenommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts veröffentlicht werden. Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des $ 43 ist die Einreichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre -periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrucke seiner Arbeit von der Akademie erhalten hat. Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei anderen Zeitschriften eingereicht werden. Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, ‘daß die Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt. Die Einreichung .einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche den- : selben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt, ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig, sobald der Verfasser die Ver- ständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzusenden. Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhandlung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen: 1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden, dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache‘ nicht (auch nicht auszugs- weise) veröffentlicht werden; En, , 2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden; 3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und gekürzter Form er veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse ‘ zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt. ‘ ‘ i itzungsberichte | Reisen 132. Band, 9. und 10. Heft (Mit 1 Kartenskizze, Profilen und 16 Textfigure Re , ; Gedruckt auf Kosten des ER und Margaret Stonborough-Fonds Wien 1924 Hölder- Pichler- Tempsky, A -G., Wien und Leipzig missionsverleger ‚der Akademie der Wissenschaften. in Wien | uch der apa; Staatsdruckersi Inhalt des 9. und 10. Heftes des 132. Bandes, Abteilung I der Sitzungs- berichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse: Seite Grobben K., Theoretische Erörterungen betreffend die phylogenetische Abteilung der Echinodermen. (Mit 12 Textfiguren.) [Gz 1’—}. . Ver Köhler A., Die in Yünnan und. Südwest-Setschwan gesammelten Gesteine. (Mit 1 Kartenskizze und Pıofilen über ihre Verbreitung von Dr. Heinrich Handel-Mazzetti.) [Gz 160%... ©, -2..2 2.2 Zu eo Hammer W.4 Über das Vorkommen jungvulkanitcher Gesteine im Ötztal (Tirol) und: ihr "Alter. (Mit 4 Textfiguren.) [Gz 060] 7... Ss Winkler A., Über die Beziehungen zwischen Sedimentation, Tektonik und Morphologie in der jungtertiären Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 2350]. a er ren Verkaufspreise. Preis. für das Inland und Preis für. Deutschland: Chgsen! (Gz) X den betreffenden Buchhändlerschlüsselzahlen. -- Auslandpreis : Grundzahl (Gz)==Schweizer Franken. “ Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Theoretische Erörterungen betreffend die phylogenetische Ableitung der Echinodermen Ven Karl Grobben in Wien w. M. Akad. (Mit 12 Textfiguren) (Vorgeiegt in der Sitzung am 21. Juni 1923) Die eigentümlichen baulichen Verhältnisse des sekundär- radiären Echinodermenkörpers haben begreiflicherweise viele Forscher angeregt, sich eine Vorstellung darüber zu bilden, in welcher Weise dieselben aus einer bilateral- symmetrischen Stammform hervor- gegangen sind. Daß für die Echinodermen eine bilateral-symmetri- sche Stammform anzunehmen ist, das bezeugt die Larvenform, die als Dipleurula bezeichnet wird. Desgleichen besteht: mit Recht die Annahme, daß die Radiärsymmetrie des Echinodermenkörpers im Zusammenhang mit der späteren Festheftung der Stammform sich herausgebildet hat. Endlich ergibt sich aus den Vorgängen der Ontogenese, daß der strahlige Echinodermenkörper aus einer asymmetrischen linksseitigen Anlage hervorgeht. Bereits von Metschniksoff wurde ausgesprochen, daß bei dem Übergange der bilateralen Echinodermenlarve in die radiäre Tierform ein stärkeres Wachstum des linken Antimers hervortritt. Übergangsstadien, bei denen das rechte Antimer noch nicht voll- ständig verdrängt ist, zeigen ein Verhältnis, wie es in der Asym- metrie der Gastropoden oder jener des Abdomens der Paguren stationär ist. »Nur bleibt diese Symmetriestörung bei Echinodermen niemals auf einem solchen Grade stehen, wo die rechte Antimere noch deutlich als eine solche wahrzunehmen ist; Diese wird viel- mehr vollkommen durch die andere — linke Antimere verdrängt« (25, p. 61). Metschnikoff stützt sich dabei noch auf das gelegent- liche abnorme Vorkommen einer fünflappigen Wassergefäßanlage (Hydrocoelanlage) auch an der rechten Körperseite. In ähnlicher Weise spricht sich Hatschek aus, daß bei den Echinodermen infolge festsitzender Lebensweise die Umbildung der - Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl, Abt T, 132. Bd 20 264 K. Grobben, bilateralen zur pseudoradiären Form vielleicht durch asymmetrische Entwicklung erfolgt ist, wie dies bei festsitzenden Tieren am vor- deren Körperende in manchen Fällen beobachtet wird, und führt als Beispiel den asymmetrischen Tentakelapparat von Spirographis an. Auch Semon leitet die Echinodermen von einer bilateralen Urform ab, die infolge späterer Festsetzung den radiären Bau er- worben hat. Nach seiner Ansicht erfolgte die Festsetzung wahr- scheinlich auf der Dorsalseite, dem Munde gegenüber. Für die radiäre Stammform nimmt Semon eine von vornherein radiäre An- ordnung an, indem sich zunächst wahrscheinlich solide Tentakei in dieser Anordnung um den Mund ausbildeten, in die später Aus- stülpungen des Wassergefäßsystems eintraten. (An anderer Stelle 33, p. 87] wird die radıäre Gliederung als vom Wassergetäßsystem ner bezeichnet.) Diese zuerst im Tentakelsystem ausgeprägte radiäre Gliederung hat erst allmählich die übrigen Organe des Körpers beeinflußt. Eine solche hypothetische Stammform nennt Semon Pentactaea nach dem von ihm als Pentactula bezeichneten bilateral-radialen Entwicklungsstadium (zweiten Larvenstadium) in der Ontogenie der Echinodermen, das er für palingenetisch hält und von dem ausgehend er den hypothetischen Stammtypus ableitet. Semon vernachlässigt bei diesen Aufstellungen die Tatsache, daß der Echinodermenkörper asymmetrisch von der linken Seite der Dipleurula-Larve aus angelegt wird. Er bezweifelt die auf Be- obachtungen fußende Ansicht Metschnikoffs, daß die Hydrocoel- anlage ursprünglich eine bilateral-symmetrische Bildung ist. Semon’s theoretische Erörterungen sind erklärlicherweise von seinen Be- obachtungen über die Entwicklung von Synapta sehr beeinflußt, die gerade für die Ableitung einer hypothetischen Stammform der Echinodermen am wenigsten geeignete Anhaltspunkte liefert. Später (34) änderte Semon seine Ansichten dahin ab, daß er eine Befestigung der Stammform an der rechten Körperseite an- nahm. Semon beachtet in dieser späteren Abhandlung auch mehr die eigentümliche Lage des sich entwickelnden Echinoderms an der Larve, indem er darauf hinweist, »daß die Körperlängsachse sämt- licher Echinodermen sich beim Übergange vom Dipleurula- ins Pentactulastadium so dreht, daß die rechte Seite der Larve zur Dorsalseite, die linke zur Ventralseite wird.« Auch Bütschli hat sich mit dem Problem der Ableitung des eigentümlichen Strahlenbaues der Echinodermen befaßt. Er leitet gleichfalls die Echinodermen von bilateralen Formen ab, bei denen eine überwiegende Entwicklung der linken Seitenhälfte unter teil- weiser oder völliger Verkümmerung der rechten eingetreten ist, und erblickt in der festsitzenden Lebensweise der Ausgangsformen die Ursache der Radiärsymmetrie. Bütschli wird dazu geführt, eine Festheftung der bilateralen Ausgangsform mit der rechten Seite an- zunehmen, da damit ein vorwiegend linksseitiges Auswachsen unter Rückbildung der rechten Seite verständlich wird. Bütschli geht = . a . j RE Phylogenetische Ableitung der Echinodermen. 265 von einer schematisierten Urform mit symmetrisch entwickeltem, in gleicher Ausdehnung in die Vorder- und Hinterhälfte des Körpers sich erstreckendem Ambulakralsystem, dem eine gleichmäßige Ver- teilung der ursprünglichen zehn Tentakel im ganzen Umkreis der Ausgangsform entsprach, und weiter von der Annahme aus, daß eine solche Urform sich mit der rechten Seite festgeheftet hat, in- dem dabei zunächst die Tentakel der rechten Seite zur Fixierung dienten und das Tier unter Rückbildung dieser Tentakel sowie des rechten Hydrocoels festgewachsen sei. Unter gewissen weiteren Voraussetzungen und Annahmen gelangt Bütschli auf geometrisch- konstruktivem Wege zu einer echinodermenartigen Tierform. Viel zutreffender ist Lang’s Vorstellung von der phylogeneti- schen Entstehung des Echinodermenbaues. Lang kommt gleichfalls zu dem Schlusse, daß die Echinodermen von bilateralen Stamm- - formen abzuleiten seien und die spätere Festsetzung Ursache des Radiärbaues ist. Lang berücksichtigt auch die asymmetrische An- lage des jungen Echinodermenkörpers. Von der Entwicklung von Antedon ausgehend gelangt er zu der Annahme, daß die Festheftung in der Stammesentwicklung mit der Bauchseite des vorderen Körper- endes, und zwar rechts vorn erfolgte. Der Mund wanderte nun von der Ventralseite nach links auf die der Anheftungsstelle gegenüber- liegende Oberseite. Dadurch wurde der linke vordere Coelomsack (Anlage des Hydrocoels) hufeisenförmig eingebuchtet. Im Umkreise des Mundes bildeten sich fünf Tentakel mit entsprechenden Aus- stülpungen des linken vorderen Coelomsackes aus als Organe der Nahrungszufuhr (analog den Tentakein und Tentakelträgern von Bryozoen, Cephalodiscus), womit der erste Anstoß für die Aus- bildung des radiären Baues gegeben war. Das hufeisenförmige Hydrocoel schloß sich zum Ringkanal. Die rechte vordere Körper- seite, die zum Anheften verwendet wurde, konnte sich nun zu einem Stiel ausziehen. Der rechte vordere Coelomsack, der in der Region der Befestigungsstelle lag, verlor seine Ausmündung und atrophierte.. Der Körper entfaltete sich nun vornehmlich in der Mund- und Tentakelregion. Der Hinterkörper mit dem fast end- ständigen After bildete anfangs einen seitlich ausgebuchteten Buckel, der allmählich zurücktrat. Mit diesen Veränderungen umwuchs der linke hintere Coelomsack den Oesophagus und wurde zum oralen Coelom, der rechte Coelomsack unter gleicher Lageveränderung zum aboralen. Damit war ein der Pentaciaea entsprechendes Stadium erreicht. Haeckel schließt sich im wesentlichen der sogenannten Pentaciaea-Theorie Semon's an. Doch trägt Haeckel der Asym- metrie der beiden Antimeren in der Ontogenie der Echinodermen Rechnung. Er nimmt mit Rücksicht auf diese eine Festsetzung der Stammform mit der rechten Körperseite an, und zwar erscheint ihm die ontogenetischen Tatsachen am einfachsten die Annahme zu erklären, »daß die älteste Anheftungsstelle auf der rechten Seite 22 266 K. Grobben, der Rückenfläche lag, nahe dem Mesenterium, entweder mehr vorn (präoral) oder mehr in der Mitte (notoporal).« Haeckel stellt es als möglich hin, daß die Anheftung am rechten Notoporus, der Öffnung des rechten Hydrocoels, stattfand und hält es für denkbar, daß dabei das von dieser Drüse ausgeschiedene Exkret als Klebe- mittel benutzt wurde, womit sich die Tatsache erklären würde, daß das rechte Hs ydrocoel bei den Larven rudimentär ist, beziekhugee weise nicht en zur Anlage kommt. Bury nimmt einen der Pentactaea von Semon sehr ähnlichen bilateralen Vorläufer der Echinodermen an, der aber nicht fest- sitzend, sondern frei beweglich war, mit ventraler Mundöffnung, die von fünf der Lokomotion dienenden Fühlern umstellt gewesen ist, welche von dem den Oesophagus umkreisenden Hydrocoelring aus mit Gefäßen versorgt und wahrscheinlich von einem Atrium um- geben wurden. Ein rechtes vorderes Enterocoel war wahrscheinlich bereits rückgebildet. Die radiäre Form wird durch Verschiebung des Oesophagus und Hydrocoels an die linke Seite des Tieres eingeleitet. Die fernere Ausbildung der Radiärsymmetrie ging von der Weiterentwicklung des Hydrocoelsystems aus. Es ist eben icht unwahrscheinlich, daß die Festsetzung der Peimatozoen erst nach Ausbildung der Ra ıdiärsymmetrie erfolgt ist. Für die Zleu- therozoa ist keine festsitzende Stammform anzunehmen. Mac Bride geht bei der Ableitung der Echinodermen gleich- falls von einem freibeweglichen bilateral - symmetrischen Form. zustand wie die Dipleurula aus. Zwischen diesem Zustande und dem späteren befestigten war ein kriechender Zustand eingeschoben. Schon für den freibeweglichen Formzustand nimmt Mac Bride, wie aus seinem Schema einer solchen Stammform (23, Fig. 157) ervorgeht, den Besitz von Tentakeln an. Nach der Festheftung schlagen nun Antedon und Asterina eine verschiedene Ent- wicklung ein, indem bei ersterem der Mund nach aufwärts ge- richtet, bei letzterer dagegen der Körper nach abwärts eingebogen wurde, i In sehr eingehender Weise entwickelt Bather seine Vor- stellungen in dieser Frage. Bather geht von einer der Diplenrula- Larve ähnlichen Vorfahrenform aus, mit apikaler Scheitelplatte, ven- tralem Mund und hinten oder mehr ventral gelegenem After. Es sind zwei Coelomsackpaare vorhanden, ein vorderes mit Porus und einem hinteren Anhang, dem Hydrocoel, und ein hinteres rechts und links vom Darm gelegenes Coelomsackpaar. Die Oberfläche des Körpers dürfte ganz bewimpert gewesen sein. Die Radtär- symmetrie ist die Folge späterer festsitäender Lebensweise. Die Festsetzung erfolgte mit dem Vorderende des Körpers, anscheinend etwas mehr gegen die rechte Seite, mit Rücksicht auf das weitere Vorwiegen der linksseitigen Bildungen auf Kosten der rechtsseitigen. Worauf bereits Mac Bride hinwies, zeigen nun Antedon und Asterina bei der Metamorphose verschiedene Wege. In der Phyio- genese der Pelmatozoen erfolgte eine Verlagerung des Mundes, - u S s OR Phylogenetische Ableitung der Echinodermen. 267 zugleich des linken Hydrocoels und der Madreporenöffnung gegen den freien Pol des Körpers, während das rechte Hydrocoel. atro- phierte. Der vordere Teil des linken vorderen Coelomsackes ver- längerte sich zum Parietalkanal. Der Darm erfuhr eine Windung nach rechts. Das linke Hydrocoel wurde vom Oesophagus huf- eisenförmig eingebogen. Die hinteren Coelomsäcke nahmen gleich- falls Hufeisenform an und gelangten in eine horizontale Lage. Erst nach der Festsetzung trat Tentakelbildung auf. In der Phylogenese der übrigen Echinodermen hingegen erfahren nach Bather’s An- sicht die Organe der Pentaciaea nicht die vollständige Verlagerung und Torsion wie bei den Crinoiden. Doch sind noch Spuren da- von in der stärkeren Ausbildung der linken Coelomsäcke zu sehen. Nach Bather hat sich in der Ausbildung des Asteroidentypus der Körper nach der Festseizung derart eingekrümmt, daß der Mund nach der Ventralseite gekehrt wurde, während After und Hydro- porus an der freien Oberfläche blieben. In der Ontogenie der Asteroideen sind die Zwischenstadien, die für die Phylogenie anzu- nehmen sind, unterdrückt, doch die eigentümliche Lagerung der Organe auf jene zurückzuführen. Die weitere Einkrümmung des Körpers ist Ursache für die Umwachsung des Befestigungsstieles seitens des Hydrocoels, wodurch der Ursprung des Befestigungs- stieles von der Oralfläche gegenüber seinem Ursprunge von der Aboralfläche wie bei Crinoiden vorgetäuscht wird. Die Eigentümlich- keiten in der Entwicklung der Holothurien sind nach Bather viel- leicht ihrer in vieler Beziehung eingetretenen Rückkehr vom Pel- matozoenzustand zur Dipleurula zuzuschreiben. So kam der Mund wieder an das eine Ende des Körpers, der After an das andere z liegen. Mit dem Munde hat der Madreporit eine Verlagerung in gleicher Richtung erfahren. : Die baulichen Verhältnisse zeigen an, daß der Mund, das Hydrocoel und die benachbarten Organe sich nach vorn gegen die praeorale Region der Larve verschoben haben. Man ist zu der Annahme gezwungen, daß die Larvenentwicklung der Holothurien äußerst zusammengezogen ist. Nach Mastermann’s Annahme war die bilaterale Vorfahren- form der Echinodermen mit Cilienbändern zum Zwecke der Nahrungs- _ aufnahme versehen und kann mit Balanoglossus direkt verglichen werden. Zwischen die Zeit der freischwimmenden Lebensweise und der späteren Festheftung ist eine Periode anzunehmen, in welcher der Organismus vom pelagischen Leben zum Leben am Meeres- grunde übergegangen ist und die Gewohnheit angenommen hat, mit der rechten Seite auf dem Meeresboden zu liegen. Dabei verschob sich der Mund auf die freie linke Seite und .nun erst traten Ten- takel im’ Umkreise des Mundes auf. In dieser Zeit bildete sich die Iinksseitige Asymmetrie aus. Die Festheftung mittels des präoralen Lappens führte dann zur Radiärsymmetrie, worauf Mund und Hydrocoel längs der linken Seite an das Hinterende (wie bei Antedon) wanderten. Die Asteriden wiederholen aber in der ÖOnto- genie nicht den letztgenannten Vorgang. 268 K. Grobben, Grave hinwieder nimmt für die freie Urform der Echinodermen den Besitz von fünf Wimperreifen an; von diesen gehen bei dem Übergange in die festsitzende Lebensweise die beiden vorderen verloren, die drei hinteren werden zu sechs radiären Streifen für die Nahrungszufuhr. Nun entwickeln sich zwischen den Wimper- streifen die Tentakel mit Ausnahme des vorderen Zwischenraumes, in dem die Madreporenöffnung liegt. An dieser Stelle hat sich kein sechster Tentakel ausgebildet. Auf diese Weise ist der fünfstrahlige Bau des Echinodermenkörpers enstanden. Grave hält es nicht für wahrscheinlich, daß schon bei der freischwimmenden bilateralen Larvenform Tentakel vorhanden waren, sondern erst zur Zeit der festsitzenden Lebensweise entstanden sind. Br | Ed. Meyer, der sich vornehmlich mit der Frage über die ersten Anfänge des Hydrocoelapparates der Echinodermen und der Abstammung ihrer bilateralen Vorfahren befaßt, schließt sich gegen- über Semon der Ansicht von Bütschli und Mac Bride an, daß schon die bilaterale Vorfahrenform der Echinodermen Tentakel be- sessen haben muß. Den Ahnen der Echinodermen kam wahr- scheinlich ursprünglich in der Nähe des noch ventral gelegenen Mundes ein Paar präoraler Kopfientakel zu, die sich später ver- vielfältigten und zugleich mit dem Munde nach vorn verschoben wurden. Nach dem Pentactula-Stadium zu schließen, werden bei der bilateralen Urform zehn in zwei gleichen Gruppen angeordnete Tentakel vorhanden gewesen sein. Die Festsetzung der Stamm- form erfolgte unter Zuhilfenahme der 'lentakel der rechten Seite, wie dies auch Bütschli annahm. Sehr eingehend hat K. Heider (/4) die Vorgänge in der Entwicklung der Echinodermen analysiert und, gleich Lang und Bather sich an die Tatsachen der Ontogenie haltend, das Bild, das er sich von den Verschiebungen der Anlagen macht, in die Form phylogenetischer Betrachtung gekleidet. Heider unterscheidet in der Metamorphose der Echinodermen vier Stufen. Die erste Stufe wird entsprechend den Larvenformen durch die bilateral- symmetrische Ausgangsform repräsentiert, die sich Heider als Rhabdopleura- oder Cephalodiscus-ähnliches Wesen vorstellt, mit zwei Lophophorarmen und einem vorderen und hinteren Saugnapf ausgestattet. Der Darm mündete ventral vor dem hinteren Saug- napf. Coelomsäcke waren in drei Paaren vorhanden, von denen Heider den vordersten als Axocoel, den hintersten als Somatocoel bezeichnet; zwischen beiden liegt das Hydrocoel, welches durch einen Kanal (Steinkanal) mit dem Axocoel zusammenhängt, das seinerseits durch eine Pforte (Primärporus der Madreporenplatte) nach außen mündet. Die zweite Stufe ist die asymmetrische, in welcher die Organanlagen der linken Seite eine stärkere Ent- wicklung erfahren. Die dritte Stufe bezeichnet Heider als sekundäre Symmetrisation. Sie ist charakterisiert durch Rückwanderung (Torsion Heider) des Mundes und des gesamten Eingeweidekomplexes von links nach der Ventralseite zurück, so daß nun die Medianebene - . » a . [3 > Phylogenetische Ableitung der !ichinodermen. 269 des Echinoderms mit der ursprünglichen Medianebene der Larve zusammenfällt. Die vierte Stufe ist eine Drehung des Echinodermen- köıpers um eine transversale Achse, und zwar bei den Pelmatozoa gegen das Hinterende (Elevation Heider), bei den Bleutherozoa (Asteriden) eine Drehung nach vorn (Flexion Heider). Nun tritt noch eine dritte Bewegungsform hinzu, die Heider als Rotation bezeichnet, durch welche die Organanlagen in ihre definitive, also fünfstrahlige Anordnung gelangen. In späteren Darstellungen (15, 16) hat sich Heider in der speziellen Ausgestaltung der Stammform enger an Bather an- geschlossen. Die Wbeobächtete "Tatsache, daß "eine Seesternlarve” ' mit doppeltem (rechten und linken) Hydrocoel die vollständige Meta- morphose durchmachen kann und sich als lebensfähig erweist, läßt Gemmill (9, p. 73) auf die Möglichkeit schließen, daß es ın früheren geologischen Zeiten freie bilateral-symmetrische Proto- echinodermen mit einer rechten und linken Gruppe von Ernährungs- furchen (Ambulakralfurchen) gegeben hat. J. und S. Runnström nehmen eine Festheftung der Dipleurula mit dem hinteren Körperpole und den anfänglichen Besitz von wahrscheinlich nur zwei gefiederten Tentakeln an. Von dieser fest- gehefteten asymmetrischen Stammform lassen sie einerseits die Pelmatozoa, andrerseits die Eleutherozoa ausstrahlen. Sie sind der Ansicht, daß es unnötig sei, für die Entwicklung der Zleutherozoa den komplizierten Umweg über die Pelmatiozoa anzunehmen. Bei Antedon erfolgt zwar in der Ontogenie die Festsetzung mit dem vorderen Teil der Larve. Doch bezweifeln Runnströms, ob diese Weise der Festheftung für alle Pelmatozoen zutreffe und halten es für unmöglich, die ontogenetische Entwicklung, wie sie Antedon zeigt, als primitiv anzusehen. Bei einer Beziehung der Pelmatozoen auf die Stammform mit hinterer Festheftung ergibt sich zufolge der Festsetzung mit dem vorderen Ende, die Runnströms offen- bar als sekundär erfolgt ansehen, eine Verschiebung der oralen Teile entlang der Ventralseite nach hinten. Mortensen schließt sich vollständig den Ansichten von Bather über die Phylogenie der Echinodermen an. Der in neuester Zeit vertretenen Ansicht von Boas und Plate, daß die Echinodermen auf festsitzende radiärgebaute Coelenteraten, nach Plate auf anthozoenartige Formen zurückzuführen und die. Eigeztümlichkeiten der bilateralen Larvenform der Echinodermen als sekundär anzusehen sind, stehen die ontogenetischen Tatsachen entgegen. Wenn ich nunmehr zur Darlegung der Vorstellungen über- gehe, die ich mir selbst über das Aussehen einer Ausgangsform für die Echinodermen gebildet habe, so möchte ich vorausschicken, 270 K. Grobben, daß die Ausarbeitung dieser Vorstellungen wie bei K. Heider aus dem Bedürfnisse hervorgegangen ist, in meinem Kolleg über Echinodermen die Eigentümlichkeiten in der Anlage des Echino- dermenkörpers durch ein tunlichst anschauliches Bild einer hypo- thetischen Stammform verständlich zu machen. Inwieweit meine Vorstellungen diesbezüglich mit den von früheren Autoren ge- äußerten Ansichten ‚übereinstimmen, ergibt die vorausgehende Literaturübersicht. Im wesentlichen schließe ich mich den An- sichten ‘vonnkang,,Bather:und'‘K..Heider:an? Daß die Stammformen der Echinodermen Bilateraltiere waren, dies zeigen die Dipleurula-Larven und die Organismen der heutigen Tierwelt, mit denen die Echinodermen allein in Beziehung gebracht werden können, die Plerobranchier. Desgleichen kann, wie auch durch die paläontologischen Funde bestätigt wird, als feststehend angenommen werden, daß festsitzende Lebensweise zur Ausbildung ı des radiär-symmetrischen Baues der Echinodermen geführt hat. Es gibt eine Tierform, aus deren Bau sich ein Bild der hypo- thetischen Stammform der Echinodermen am natürlichsten gewinnen läßt und das ist Cephalodiscus. In seiner speziellen Ausbildung kann (ephalodiscns allerdings nicht durchaus eine Stammform der Echinodermen vorstellen, hilft aber wesentlich, das Bild einer solchen auszubauen. . Die ‘ Ontogenie der .Echinodermen ' gestattet zumachserden Schiuß, daß der Cephalodiscus-ähnlichen Ausgangsform eine frei- schwimmende Urform vorangegangen ist, die im wesentlichen die Form und den Bau der Dipleurula-Larve besaß. Aus dieser ist dann die festsitzende (Cephalodiscus-ähniiche Ausgangsiorm hervor- gegangen. Cephalodiscus (vgl. Fig. 1 und 2) lebt in Röhren, 1st’aber innerhalb der Röhre frei beweglich. Die Ortsveränderung erfolgt durch Festheften mittels der drüsigen Vorderfläche der Kopfscheibe und des ‘an der Ventralseite nahe dem Hinterende entspringenden kurzen Stieles (f).. An dem bilateral-symmetrischen Körper sind drei Abschnitte zu unterscheiden. Die Kopfscheibe (m) bildet den ersten Körperabschnitt (Prosoma), dem zweiten (Mesosoma) gehören die Mundöffnung (0) und ein Tentakeiapparat (f) an, der sich jeder- seits aus fünf bis acht, mit. zahlreichen Tentakelchen besetzten Armen (Lophophorarmen) aufbaut. Der dritte, umfangreichste Körper- abschnitt (Metasoma) ist nach hinten sackförmig ausgebaucht. und enthält den U-förmig gebogenen Darm (d), sowie die Genitalorgane; an ihm liegen die Afteröffnung und die Genitalöffnungen, weit nach vorn dorsal verschoben. Jedem Körperabschnitte entspricht ein be- sonderer Coelomteil. Der erste ist der Kopfscheibenregion angehörig; er ist bei Cephalodiscus unpaar und mündet durch zwei Poren (Pforten) nach außen. Er entspricht dem Axocoel der Echinodermen.' Der zweite paarige (dem Hydrocoel der Echinodermen homologe) durch je einen Porus (Pforte) ausmündende Coelomsack (hy, hy,) . . a . Dır7 Phylogenetische Ableitung der Echinodermen. 27 entsendet einerseits in die Seitenlippen Fortsätze, die den Oeso- phagus vollständig umschließen, andrerseits Fortsätze in den Tentakel- apparat, so daß die Arme wie die Ambulakraltentakel, beziehungs- weise Ambulakralfüßchen der Echinodermen aufgebaut sind. Der dritte Coelomteil, die beiden Somatocoelsäcke (so, so,) liegen rechts und links vom Darm. "Bei der Entwicklung der Vorstellung einer hypothetischen for der Echinodermen werden die ontogenetischen Vor- gänge in erster Linie von Antedon, dann aber von Asteriden von Bedeutu ung sein, unter denen zum Beispiel! die Larve von Asterina gibbosa nach Mac Bride, bei Asterias rnbens nach Gemmill, während der Metamorphose mittels eines stielförmigen Fortsatzes befestigt ist, den Mac Bride mit dem Stiel der Jugendform von Antedon als morphologisch gleichwertig bezeichnet. Sn der Ontogenie der. Echmodermen ergibt -sich nun, .daß auch hier drei Körperabschnitte unterschieden werden können (vgl. Fig. 5, 6), die durch drei Coelomabschnitte, das Axocoel (ax, dx), Hydrocoel (hy, hy,) und das Somatocoel (so, so,) bezeichnet sind. Die Coelomsäcke sind bis auf das Axocoe! paarig angelegt gewesen. In der Ontogenie der Echinodermen erscheinen is Axocoel und Hydrocoel in der Regel unpaar und nur a während das Somatocoel stets paarig vorhanden ist. Das ES drocoel mündet durch einen Kanal (Steinkanal, vgl. Fig. 5 si) in das Axocoel und dieses durch eine ‚Piorte (Hydroporus, ‚Fig. 6 p); nach außen. Es ‚entsteht nun zunächst die Frage, an welcher Stelle der Stammform die Festheftung erfolgte. Die Ansichten gehen dies- bezüglich auseinander. Während ein Teil der Autoren die. Fest- heftung mit der Ventralseite des Vorderendes des Körpers, einige mit der Rückenseite annehmen, sind andere der Ansicht, daß mit Rücksicht auf die linksseitige Anlage des Echinodermenkörpers die Festheftung an der rechten Seite des Vorderendes erfolgte. Bütschli und Meyer nehmen Festheftung mittels der rechtseitigen Tentakel der hypothetischen Stammform, J. und S. Runnström sogar mit dem hinteren Körperpole an. "Es läßt sich genügend erweisen, daß, wie auch Heider an- nimmt, .die Befestigung. mit der Ventralseite des Vorderendes, also median erfolgte. Es zeigt dies die voliständig mediane Lage der Bestheftungsgrube bei der Antedon-Larve. Gleiches läßt sich von Cephalodiscus ableiten. Die drüsige Fläche der Kopfscheibe ist das Organ, auf. welches die Festheftungsgrube . der AÄntedon-Larve zurückzuführen ist. Sie dient gleichfalls zur — bei Cephalodiscus allerdings nur vorübergehenden — Befestigung, sie fe die effekt Lage vor dem Munde (Mundbucht der Antedon-Larve) und ventral vom Scheitelpole sowohl bei der Antedon-Larve als bei Cephalodiscus. Für letztgenannte Form erhellt dies aus dem sonst noch mangel- haft bekannten Larvenstadium, welches ein apikales Scheitelorgan und ventral davon die drüsige Anlage der Kopfscheibe zeigt. Aus 272 K. Grobben, diesem Larvenstadium geht hervor, daß der Apex bei Cephalodiscus dorsal von der Drüsenscheibe,. vielleicht am Vorderrande der Kopf- scheibe, zu suchen ist. Doch möchte ich ausdrücklich beifügen, daß ich bei dem apikalen Scheitelorgane nicht an das dem zweiten Körperabschnitte zugehörige Zentralnervensystem des ausgebildeten Tieres denke. Von Schepotieff und Braem wurde das Scheitel- organ der Larve von Cephalodiscus mit der Gehirnregion des aus- gebildeten Tieres homologisiert. Das Scheitelorgan der Cephalo- discus-Larve entspricht jedoch der Scheitelplatte der Larve von Balanoglossus, die auch hier nicht zum Nervenzentrum der aus- gewachsenen Form wird. Die zweite Frage betrifit die Form des Teniakeihpp die als wichtiges Organ für die Stammform zweifellos anzu- nehmen ist. ‘ Manche Forscher (so Haeckel, Bather, 'Heider) nehmen für die Stammform einen Tentakelapparat wie bei Rhabdoplenra an, also jederseits einen Lophophorarm, und zwar in Hinblick auf gewisse mit nur zwei Armen ausgestattete Cystoideen. Wenn vor- ausgesetzt werden kann und muß, daß für diese phylogenetisch alte Echinodermengruppe gleichfalis eine asymmetrische Anlage wie bei allen heute lebenden Echinodermen vorhanden war, so müßten die beiden Arme der zweiarmigen Cystoideen der linken Körper- seite angehört haben. Heider hat dies richtig empfunden und die Vorstellung entwickelt, daß der rechte Lophophorarm nach links hinüberwanderte und an das linke Hydrocoel angeschlossen wurde, | während das rechte Hydrocoel sich rückbildete. Diesen Vorgang versucht Heider durch die Annahme verständlich zu machen, daß die beiderseitigen Hydrocoele zu einem Ring verschmolzen und dadurch eine Überwanderung des rechten Lophophorarmes in den Bereich des linken Hydrocoels ermöglicht erscheint. Es könnten ohne die Annahme einer solchen Überwanderung die nur einen Arm aufweisenden Cystoideen (Dendrocystis) von einer zweiarmigen Stammform abgeleitet werden. re u u eb a a tl a L mus Um zur Pentamerie zu gelangen, hat Bather unter Hinweis auf paläontologische Befunde als wahrscheinlich angesehen, und Heider tritt ihm bei, daß zunächst ein dritter unpaarer Arm zur Entwicklung kam und die Fünfzahl der Arme durch dichotomische Spaltung der ersten paarigen Arme erreicht wurde. EN NE ee Rücksichtlich der Gestaltung des Tentakelapparates der hypo- thetischen Ausgangsform: der Echinodermen möchte ich wieder auf Cephalodiscus zurückgehen. Die Cephalodiscus-Arten besitzen fünf bis acht (meist fünf bis sechs) Arme (Lophophorarme) jederseits. Um zu dem fünfstrahligen Echinodermenkörper zu gelangen, wäre ein Tentakelapparat von jederseits fünf Armen, Hydrocoel- tentakeln, wie ich die Arme weiter nennen will, anzunehmen, wie es zuerst Bütschli für seine schematische Ausgangsform tat. a Ära . . eg. ‘ Phylogenetische Ableitung der Echinodermen. 2.13 Für diese Annahme spricht, daß in der Entwicklung mancher Echinodermen gelegentlich ein rechtes Hydrocoel nicht nur angelegt wird, sondern auch fünf Ausstülpungen gleich dem linken Hydrocoel bildet. Solche Fälle sind von Joh. Müller bei- einer Ophiurenlarve (Pluteus paradoxus), von Metschnikoff bei Amphiura sqnuamata und einer Asferacanthion-Larve, von Mac Bride bei Asterina gibbosa und Larven von Ophiothrix fragilis, von Gemmiil bei Larven von Porania pulvillus und Asterias rubens beobachtet worden. Hieran schließen sich die Vorkommen von An- lagen von zwei »Seeigelscheiben«, einer linken und einer rechten, bei Echinoplutei, die von Metschnikoff bei einem Spatangiden- pluteus, von Mac Bride bei Plutei von Echinus miliaris und E. esculentus beschrieben wurden. Entsprechend der weiteren Ent- wicklung von zwei Hydrocoelsäcken werden nach Beobachtungen von Gemmill bei Larven von Porania pulvillus und Asterias rubens auch zwei Gruppen von aboralen Armanlagen (wobei Arm- anlage I immer fehlt) gebildet. Von besonderem Interesse sind dabei die Beobachtungen von Gemmill über die Metamorphose von Larven von Asterias rubens mit doppeltem (rechts und links) symmetrischem oder asymmetrischem Hydrocoel, die selten in der Natur, in der Hauptmenge in Kulturen vorkommen. Nach der Metamorphose entwickeln sich dann Sterne mit zehn Strahlen und im ersteren Falle mit gleich ausgebildeten Armen (aborale Arm- anlage I nicht entwickelt) oder bei asymmetrischer Ausbildung des Hydrocoels mit fünf größeren Armen (I davon nicht voll aus- gebildet) entsprechend den fünf Ausstülpungen des linken Hydro- coels und einem rudimentären Armanlagenkompiex rechterseits mit fünf Ausstülpungen des rechten Hydrocoels, wie es schön Fig. 9 von Gemmill (9) zeigt. In beiden Fällen bleiben die beiden Hydro- coelhalbringe getrennt, auch sind zwei Axialsinus vorhanden. Immer ist bei asymmetrischer Entwicklung von zwei Hydrocoelsäckchen das rechte Hydrocoel das kleinere und entwickelt auch nicht immer alle fünf Ausstülpungen. Endlich wäre die Angabe Masterman’s anzuführen, daß er bei (ribrella oculatz enantiomorphe Larven gefunden habe, d. h. Larven, bei denen gegenüber dem normalen Verhalten nicht die linksseitige, sondern eine rechtsseitige Anlage des Echinodermenkörpers erfolgte, damit also nur das rechtsseitige Hydrocoel entwickelt wird, was von großem Interesse wäre. Doch sind Gemmill bei demselben Seestern niemals solche Larven “ untergekommen. Alle diese Vorkommnisse lassen erkennen, daß das rechte Hydrocoel die gleiche Entwicklungsmöglichkeit besitzt wie das linke. Sie lassen sich am einfachsten als Erbstücke der symmetri- schen Stammform verstehen. Was den dritten Abschnitt des Körpers betrifft, so dürfie er bei der hypothetischen Ausgangsform der Echinodermen (Fig. 1), wie bei Cephalodiscus mittels eines ventralen hinteren Stieles (f) befestigt gewesen sein. Mindestens ist eine sedentäre Lebensweise 274 K. Grobben, für die Stammform anzunehmen, worauf der Tentakelapparat hin- weist. Mit der späteren dauernden Befestigung des Körpers aber vermittels der am Vorderende gelegenen Kopfscheibe hat sich der hintere Stiel, bei Cephalodiscus wohl ein Stolorest stockbildender Vorfahren (wie zZ. B. bei Rhabdopleura), rückgebildet, so. daß für die weitere Ableitung des Echinodermenbaues das Fehlen des Stieles anzunehmen ist (Fig. 2). Das Tier hing nun mit dem Ein- geweidesack nach abwärts. Der After dieser bereits des hinteren Stieles entbehrenden Stammform lag wahrscheinlich ‘vor der Fig. 1. Schematisierter Längsschnitt der Cephalodiscus - artigen Ausgangsform (Cephalodiscus nachgebildet), linke Seitenansicht. Der der Stammform fehlende hintere Befestigungsstiei und der nach vorn verlaufende Enddarm von Cephelodiscus sind durch punktierte Linien angegeben. Der Enddarm, wie für die hypothetische Stammform angenommen, eingezeichnet. Fig. 2. Ventralansicht der Gephalodiscus-artigen Stammform. Ursprungsstelle des früher vorhandenen Stieles, da nach der An- gabe von Schepotieff bei der ÜCephalodiscus-Larve der Darm nur mit seinem Hinterende (meiner Ansicht nach wahrscheinlich die Einstülpungsstelle des Entoderms) vor dem Saugnapf (Anlage der hinteren Befestigungsstelle) mit der Körperwand in Berührung ist. Auch Heider verlegt die Analöffnung der bilateral-symmetrischen Ausgangsform an die Ventralseite vor den Stiel. Die Coelomsäcke waren symmetrisch entwickelt. Das unpaare Axocoel mündete durch zwei Poren (Pforten) nach außen; in dasselbe Öffneten sich durch je einen Kanal (Steinkanal) die dem Mundabschnitte angehörigen Hyarocoele. Die Somatocoelsäcke nahmen die Seiten des Ein- geweidesackes ein. E | | DL 2 al ni . . = D 4 -———- Phylogenetische Ableitung der Echinodermen. 2743) Wenn wir nunmehr die Ableitung des Echinodermenkörpers aus der angenommenen Stammform versuchen, müssen wir den Vorgängen bei der Metamorphose der rezenten Echinodermen folgend naclı eingetretener Festheftung der Stammform mittels der vorderen Drüsenscheibe eine Verschiebung des Mundes und Tentakelapparates nach links und damit. im Zusammenhange eine asymmetrische Ausbildung des Tentakelapparates annehmen (Fig. 3, 4). Die Verschiebung dieser Organe der Nahrungsaufnahme von der Befestigungsstelle weg gegen das freie Ende des Körpers er- gibt sich als Folge der Festheftung. Die Verlagerung des Mundes nach der Seite läßt sich verstehen, wenn man die durch die große Ausdehnung der Kopischeibe verdeckte Lage des Mundes bei der Stammform wie Cephalodiscus in Betracht zieht. En Fig. 3. Erstes hnypothetisches phylogenetisches Entwicklungsstadium mit. beginnender Asymmetrie, von links gesehen. Fie. 4. Dasselbe in der Ventralansicht. ir — Dafür, daß die linke Seite des Körpers bevorzugt wurde, läßt sich ebensowenig ein besonderer Grund in den Organisations- verhältnissen finden wie für die Rechtsdrehung des Pallialkomplexes und die Entwicklung einer dieser entsprechenden Asymmetrie bei den Gastropoden. Bei der Verlagerung des Mundes nach links-ventral ist auch die linksseitige Gruppe von fünf Hydrocoeltentakein gegenüber der rechtsseitigen in eine freiere günstigere Lage gekommen und hat sich auf Kosten der rechtsseitigen Tentakelgruppe, die vielleicht durch die große Kopfscheibe in ihrer Entwicklung behindert war, kräfüger ausgebildet. Sie wird infolge davon jetzt einen größeren Abschnitt des Mundumfanges einnehmen, wobei auch das links- seitige Hydrocoel (Ay) sich hufeisenförmig vergrößert hat. Mit dem 'Zurückbleiben der rechten Tentakelgruppe geht eine entsprechende Verkleinerung des rechten Hydrocoels (hy,) und jetzt abgetrennten 270 N: Grobben, Axocoelieiles (arv,) einher. Bei dieser Verschiebung von Mund und Tentakelapparat nach links hat gleichzeitig die Dorsalseite des Körpers eine Verschiebung nach rechts erfahren, wobei der Darm eine etwas schräge Lage von vorn links nach rechts hinten ein- nahm und die Afteröffnung weiter nach vorn sich verschob. Des- gleichen werden die Somatocoelsäcke eine Lageverschiebung in gleichem Sinne mitmachen, so daß das linke Somatocoel (so) mehr nach vorn, das rechte (so,) nach hinten verschoben erscheint. In einem folgenden hypothetischen sich an die tatsächlichen Entwicklungsvorgänge der heute lebenden Asteriden und ven Fig. 5. Zweites hypothetisches phylogenetisches Entwicklungsstadium mit rechis- seitig bereits rudimentärem Tentakelkomplex, von links gesehen. Fig. 6. Dasselbe in Ventralansicht. In beiden Figuren ist die fünfstrahlige Anlage des apikalen (antiambulakralen) Organ- kompiexes durch eine angedeutete Skelettplatte bezeichnet. Antedon anlehnenden phylogenetischen Stadium (Fig. 5, 6) er- scheinen Mund und Tentakelapparat weiter auf den herabhängenden Eingeweidesack gegen das freie Ende des Körpers verschoben. Damit ist eine Verlängerung des ersten Körperabschnittes zu einem Stiel erfolgt. Auch die Verkleinerung der Kopfscheibe (m) zur Festheitungsgrube (wie bei der Antedon-Larve) ist damit gleich- zeitig eingetreten, wozu bemerkt werden muß, daß nicht die ganze ‚Vorderfläche der Kopfscheibe von Cephalodiscus mit Drüsenzellen besetzt ist, sondern das Drüsenfeld nur die Mitte der Vorderfläche einnimmt, die Ausdehnung der Festheftungsgrube wie bei Antedon etwa durch den Umfang dieses Drüsenfeldes gegeben ist. Durch die stärkere Entwicklung der linken Körperseite ist eine weitere Vergrößerung der linken Tentakelgruppe erfolgt, neben welcher noch Reste der rechten Tentakelgruppe wahrscheinlich vorhanden Phyiogenetische Ableitung der Echinodermen. BUT waren. Das linke Hydrocoel (Ay) umgibt nun zwei Drittel des Mundumfanges. Das linke Axocoel (ax) verlängert sich kanalartig in den Stiel. Rechtes Hydrocoel und Axocoel sind in Rückbildung. Hat auf diese Weise der ventrale Organkomplex der Nahrungs- aufnahme, der die Anlage des oralen Teiles des Echinoderms bildet, eine Verschiebung nach links erfahren, so geht gleichzeitig eine weitere Verschiebung der Dorsalregion des Körpers nach rechts vor sich, dabei aber gleichfalls mit vorwiegender Ausbildung des linken Antimers unter Verdrängung des rechten. Die Dorsal- region des linken Antimers bildet die Anlage des aboralen (apikalen) Teiles des Echinoderms (Fig. 5, 1—5); diese nimmt eine Lagerung parallel zum oralen Organkomplex ein und zeigt zu dieser Zeit die Form eines Hufeisens, dessen nach rechts offener Bogen von links nach rechts verläuft. Seine fünfstrahlige Entwicklung ist in den Figuren 5— 10 durch eine angedeutete Skelettplatte bezeichnet. Die stärkere Ausbildung der linksseitigen Körperteile auf Kosten der rechten geht von der Verschiebung ‘des Mundes und der asymmetiischen Entwicklung des Tentakelapparates aus, dessen weitere Ausbreitung seiner linksseitigen Gruppe eine Drehbewegung von links nach rechts bewirkt. Die Folge davon ist die Verlagerung der Afteröffnung (a) an die rechte Seite, später sogar dorsal, wo- bei der Darm eine bogeniörmige Krümmung nach rechts erfährt. Die Somatocoelsäcke gelangen nun in eine parallele Lage zum Hydrocoel und nehmen gleichfalls Hufeisenform an; und zwar liegt jetzt der linke Somatocoelsack (so) oral, der rechte (so,) aboral. Das ursprünglich in der Längsrichtung des Körpers verlaufende Mesenterium erfährt damit die gleiche Lageänderung. Zwischen beiden Somatocoelsäcken verläuft der inzwischen schlauchförmig entwickelte Darm. Die beiden Enden der hufeisenförmigen Somatocoel- säcke stoßen in dem vorderen Interradius nahe aneinander und bilden ein senkrechtes Mesenterium, in welchem die Verbindung des Axocoels mit dem Steinkanal sowie der Steinkanal (s/) und das vom Somatocoel aus entstehende Axialorgan (Anlage der Genitaldrüse) eingelagert sind. Die nun folgenden Veränderungen sind in einem Stadium zusammengefaßt, das Fig. 7 und 8 auf nächster Seite zeigen. Der Mund und Tentakelapparat sind noch weiter gegen das freie Körperende hinaufgerückt und der Stiel erscheint schärfer ab- gesetzt. Im Tentakelapparat ist die rechte Gruppe vollständig ge- schwunden und mit ihr das rechte Hydrocoel und Axocoel, von denen allerdings zuweilen geringe Reste sich bei Echinodermen erhalten sollen. Das linke Hydrocoel (Ay) und die linke Tentakel- gruppe sind fast kreisförmig um den Mund entwickelt, doch, nach den Verhältnissen der Ontogenie bei rezenten Formen zu schließen, der Ring nicht vollständig geschlossen. Diese Unterbrechung ent- ‚spricht der Verbindung mit dem Stiele, bei dem ausgebildeten Echinoderm dem vorderen Interradius. Vom aboralen Coelomsack td =] 0,0) K. Grobben, aus entwickelt sich bei Crinoideen das gekammerte Organ (vgl. Fign'9:%k). s | Bei den Pelmatozoen — und das gleiche ist wohl in der Phylogenese ursprünglich auch bei den Eleutherozoen der Fall gewesen — besitzen der Mund und Armapparat eine terminale Lage an dem freien Körperende, der Anheftungsstelle gegenüber. Diese Lage ist meiner Ansicht nach durch eine Drehung quer zur Längsachse des Körpers (Fig. 7z) von der linken Seite her erfolgt. Der Mund liegt in diesem Stadiim (Fig. 9, 10) noch nach | j x Fig.7. Drittes hypotketisches phylogenetisches Entwicklungsstadium. Rechte Tentakel- gruppe geschwunden. Hydrocoelring noch nicht geschlossen. Ansicht von der linken | Seite. Fig. 8. Dasselbe in Ventralansicht. In beiden Figuren ist die fünfstrahlige Anlage des apikalen (antiambulakralen) Organ- komplexes durch eine angedeutete Skelettplatte bezeichnet. dieser Drehung zunächst nach links verschoben, wie. es die Antedon-Larve in diesem Stadium zeigt, und nimmt erst allmählich die Mitte des kelchförmigen Körpers ein, um welche der nunmehr geschlossene Ring des linken Hydrocoels und des Tentakelapparates in radiärer Anordnung liest. Damit wird eine gewisse Symmetrisation des Körpers zur ursprünglichen Medianebene der bilateralen Stamm- ferm erreicht, aber nach dieser hier gegebenen Darstellung in etwas anderer Weise, als dies Heider darlegt. | Dieser Vorgang, den Heider als Elevation bezeichnet hat, ist charakteristisch für die Pelmatozoa. Da diese zweifellos den älteren Typus der Echinodermen repräsentieren, ist er als phyleti-. Phylogenetische Ableitung der Echinodermen, 279 scher anzusehen. Erst durch diesen Vorgang konnte der radiär- symmetrische Bau des Echinodermenkörpers zur vollen Ausbildung kommen. Damit erlangt zugleich der Stiel, der aus dem Vorder- abschnitte des Larvenkörpers hervorgegangen zwischen ambula- kralen (oralen) und antiambulakralen (apikalen) Anlagen des sich entwickelnden radiärsymmetrischen Echinodermenkörpers EnISpFInEN, sekundär die apikale Insertion. Bei den Eleutherozoa fehlt in der Ohtognetne dieser als Eleva- tion bezeichnete Vorgang. Zum Vergleich kann nur die Entwicklung II\\ AS Sun D 2 VS Ahoi -- 40 Fie. 9. Viertes hypothetisches phylogenetisches Entwicklungsstadium mit nach dem freien Ende in Drehung begriffener Kelchanlage. Der Hydrocoelring und Tentakel- kranz geschlossen. Ansicht von der linken Seite. Fig. 10. Dasselbe in Ventralansickt, Die fünfstrahlige Anlage des apikalen (antiambulakralen) Organkomplexes durch eine angedeutete Skelettplatte bezeichnet. der Asteriden herangezogen werden, weil bei diesen in manchen Fällen wie bei den so gut untersuchten Asterina gibbosa und Asterias rubens die Larve während der ganzen Zeit ihrer Meta- morphose mit nach abwärts gerichtetem Munde durch einen stiel- förmigen Fortsatz (bei Asterias rubens mittels eines zwischen den Brachiolariaarmen gelegenen Haftnapfes) befestigt ist, von dem sich bei Asterias rubens der Stern schließlich durch einen in der Nähe des- Sternes eintretenden Bruch abtrennt (Gemmill 95, p. 253). Dieser Fortsatz ist dem Körperabschnitte, der bei Antedon zum Stiele wird, homolog und die Lage des sich entwickelnden See- sterns zu diesem Fortsatze entspricht der Lage des Antedon-Kelches zum. Stiele vor der Elevation. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. 21 280 : K. Grobben, Verglichen mit den Vorgängen bei der Äntedon-Entwicklung bleibt die Lage der Asteridenanlage bei der Metamorphose auf einem früheren Stadium stehen (vgl. Fig. 8) und die Ent- wicklung erweist sich somit als abgekürzt, da auch die Eleutherozoa von einer festsitzenden Stammform abzuleiten sind. Bei Asterina und Asterias behält der zur Festheftung dienende Fortsatz seine ursprüngliche Lage zwischen dem ambulakralen (oralen) und anti- ambulakralen (apikalen) Anlagenteil des Sternes bei und es erfolgt der ringförmige Schluß der Sternanlage unter gleichzeitiger Rück- bildung (Asterina), beziehungsweise unter Verlust (Asterias) des Fortsatzes. Die Sternanlage bewahrt auch, wie es gut Asterina zeigt, so lange eine Orientierung an dem Stiele möglich ist, die ursprüngliche schräg nach links und ventral geneigte Lage zu diesem. Die Elevation fällt hier zufolge der Rückbildung des Fest- heftungsfortsatzes aus. Eine Flexion, die Heidef hier annimmt, scheint mir nicht zu bestehen, wenn auch die Winkelstellung des sich rückbildenden Stielfortsatzes zur Sternanlage eine Änderung zeigen kann, die ich nur mit der Degeneration des ganzen Fort- satzes in Zusammenhang bringen möchte. So scheint auch Becher die Veränderung der Lage des Sternes zum Befestigungsfortsatz zu beurteilen. Eine phylogenetische Bedeutung schreibt auch Heider der Erscheinung. der Flexion nicht zu. Daß die Bipinnaria asterigera (Larve von Luidia sarsi) unter den Asteriden eine Ausnahme bildet, darauf hat bereits Heider hingewiesen. Bei dieser Bipinnaria besitzt die Sternanlage die gleiche Lagebeziehung zum übrigen hier ungemein großen Vorder- körper der Larve wie bei Antedon. Dieses Lageverhältnis ist gegen- über dem primären Vorgang bei Antedon als ein sekundär ent- standenes und als weitere Abkürzung der Asteriden-Entwickiung anzusehen, indem vor Rückbildung des mächtigen vorderen Larven- körpers eine Einschnürung und Trennung (Amputation) von der Sternanlage, die abfällt, erfolgt und damit der ringförmige Schluß der Anlagen möglich ist. Von Interesse scheint mir dabei, daß die dadurch gegen das Hinterende des Larvenkörpers gerückte und gewendete Sternanlage mit ihrer Oralseite gleichfalls nach links hin gekehrt bleibt, was sich für die von mir früher ausgesprochene Ansicht verwerten läßt, daß bei den Peimatozoen in der Phylogenese die terminale Verschiebung des Mundes von der linken Seite her erfolgt ist. Am schwierigsten sind die Verhältnisse bei Holothurien zu verstehen, da hier ein fixer Punkt nicht augenfällig ist, an dem die asymmetrische Lage des ausgebildeten Tieres im Vergleiche zur Larvenform sogleich erkennbar wäre. Daß aber auch hier die gleichen Verschiebungen erfolgen und die Lage des ausgebildeten Tieres zum Lärvenkörper gleichfalls eine schräge ist, hat zuerst Ludwig durch seine ausgezeichneten Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte der Cucumaria planci gezeigt, indem er Phylogenetische Ableitung der Echinodermen. 281 konstatierte, daß, wie er bereits früher für Asterina gibbosa nach- gewiesen hat, die Symmetrieebene des jungen Tieres von der- jenigen der Larve vorn nach links und hinten nach rechts abweicht, auch die Längsachse der jungen Cucumaria nicht mit jener der Larve identisch ist, sondern im vorderen Körperteile ventralwärts, im hinteren Körperteile dorsalwärts von der Längsachse der Larve abweicht (vgl. Fig. 8 und Fig. 11, 12 x, y). Gleiches läßt sich aus der so oft untersuchten Entwicklung von Synapta digitata aufzeigen. Die Larve ist die sogenannte 72 Fig. 11. Auricularia-Larve von Synapla, schematisiert, mit eingezeichnetem Puppen- stadium, von rechts gesehen. Der Verlauf des Enddarmes der Auricularia durch eine punktierte Linie bezeichnet. Fig. 12. Dieselbe in Ventralansicht. Die Lage des Mundes und der Afteröffnung der Auricnlaria durch punktierte Linien angegeben. Auricularia, welche durch einen relativ langen Mund- und After- schild ausgezeichnet ist. Der Übergang der Auricnlaria in den folgenden sogenannten tönnchenförmigen Puppenzustand ist mit einer wesentlichen Ver- kleinerung des ziemlich großen Larvenkörpers verbunden, so daß das Puppenstadium etwa nur die halbe Länge der Auricnlaria- eve Besitz. "Es Ist eım ‚Verdienst 'von Semon, auf die Ver- kleinerung des Körpers in der Entwicklung von Synapta hin- gewiesen zu haben. Bei dieser Verkleinerung des Körpers gelangt der ventral gelegene Mund an das Vorderende des Körpers, indem der ganze präorale Vorderkörper der Anricnlaria zusammen- schrumpft. Bury hat aber weiter gezeigt, daß die Mundöffnung 282 K. Grobben, nicht in der ursprünglichen Medianebene der Larve verbleibt, sondern eine wenngleich geringe Verschiebung nach links erfährt. Nimmt man hinzu, ‘daß der bei der Auricularia ventral gelagerte After bei der Umwandlung in die Puppe nach hinten dem Munde gegenüber zu liegen kommt, so zeigt sich, daß die Synapta-Puppe im Vergleiche zur Auricnlaria eine schräge, vorn nach links ventral, hinten nach rechts und dorsal gerichtete Lage besitzt, was ich durch zwei schematische Figuren (Fig. 11, 12 vorherige Seite) anschaulich zu machen versuche. Fig. 5 in Bury’s Abhandlung zeigt sehr deutlich die schräge Lage des inneren Organkomplexes zum übrigen Larvenkörper. Der Darm macht bei den Holothurien eine (bei Symapta sich lösende) doppelte Schlinge, zugleich einer Drehung in der Richtung des Uhrzeigers folgend. Auch die Coelom- säcke weisen eine Drehung in gleicher Richtung auf, wie Ludwig für Cucumaria planci gezeigt hat. Diese Drehung wird ersichtlich, abgesehen vom linken Hydrocoel, durch die Lagerung der Somatocoel- säcke im hinteren Körperabschnitte: »Das rechte Enterocoel um- greift nämlich mit seinem hinteren Abschnitte die linke Flanke des Darmes und rückt schließlich mit seinem allerhintersten Teile auf die Bauchseite des Darmes. Dementsprechend schiebt sich das linke Enterocoel mit seinem hinteren Abschnitte an die Bauchseite und mit seinem hintersten Bezirke an die rechte Flanke des Darmes« (Ludwig 22, 2. Mitteilung, p. 10). Daß auch bei Holothurien ein Zug zur hufeisenförmigen Ent- wicklung der Somatocoelsäcke und zu einer zum Hydrocoelring parallelen Lagerung besteht, geht aus Bury’s eingehender Unter- suchung der Metamorphose von Synapta hervor. Erstens zeigt sich (vgl. Fig. 11, 12) dies in der Bildung eines ventralen hornförmigen Fortsatzes (v) vom linken Somatocoel, der um den Darm herum nach rechts und dorsal bis zum Steinkanal vorwächst, hier mit dem Hauptteil des linken Somatocoelsackes zusammenkommt und mit ihm wie bei den übrigen Bleutherozoa das Mesenterium bildet, in dem der Steinkanal eingelagert erscheint. An dieses zwischen zwei Teilen des linken Somatocoelsackes gebildete Mesenterium schließt sich das Dorsalmesenterium zwischen rechten und linken Somatocoelsack an. Zweitens erweist sich dies aus der Drehung der Somatocoelsäcke, wobei nach Bury's: Angabe der rechte Somatocoelsack (so,) mit seinem Hinterende etwas weiter nach hinten reicht als der linke; der linke Somatocoelsack (so) erscheint, anders ausgedrückt, mit seinem Hinterende der. Oralseite des Körpers. näher. | | Die Rückbildung des präoralen Körperabschnittes: der Holo- thurienlarve, die auch bei Cucumaria festgestellt ist, entspricht der Rückbildung des Haftfortsatzes von Asterina. Was die hauptsächlich im hinteren Körperabschnitte ersichtliche Drehung der Somatocoel- säcke betrifft, so ist sie aus der Längsentwicklung des Holothurien- körpers in’ «der Richtung : der Oral-Aboralachse zu verstehen. Ich f u u fe > Ze A A nl nn ann a call in ee ET Phylogenetische Ableitung der Echinodermen. 283 vermag mich daher der Auffassung Bather's betreffend die Ab- leitung der baulichen Verhältnisse der Holothurien nicht anzu- schließen. Es hat keine Verschiebung des Mundes, des Hydrocoels und der benachbarten Organe nach vorn gegen die präorale Region der Larve stattgefunden, sondern die präorale Körperregion ist auch hier vollständig rückgebildet und die Körperform der Holo- thurien auf eine folgende Verlängerung und Streckung des Körpers in aboraler Richtung zurückzuführen. Dieseisentümliche schräg nach links gerichtete Lage des Echinodermenkörpers mit Bezug auf die Hauptachse der Larve ist aus der asymmetrischen Anlage des Echino- dermeizu' verstehen. In der Lage der oralen (ambulakralen) und -aboralen (anti- ambulakralen) Anlagen des Echinodermenkörpers an der Larve be- steht bei Seesternen und Ophiuren anfänglich eine auffallende Un- gleichheit. Die aboralen (antiambulakralen) Anlagen bilden einen viel steileren Bogen als die oralen (ambulakralen) und erst all- mählich tritt eine Parallellagerung der aboralen Anlagen zu den oralen ein. Diese auffallende Ungleichheit in der Lage der beiden An- Erancomolexe mochte ich auf eme” phyletische doppelte Asymmetrie zurückführen. Die linksseitige Verschiebung des Mundes und des Tentakelapparates und die auf Kosten der rechts- seitigen’ Organe sich ausbildende überwiegende Entwicklung der linksseitigen Organe hat nicht bloß eine Asymmetrie zwischen rechter und linker Körperhälfte, sondern zugleich eine Verschiebung der Dorsalteile zur Folge, wodurch auch eine Asymmetrie zwischen Bauch- und Rückenseite verursacht wird. Diese doppelte Asym- metrie kommt in der Entwicklung von Asteriden und Ophiuriden zum Vorschein, und zwar infolge der Vorverlegung der ontogeneti- schen Entwicklungsvorgänge gegenüber dem phylogenetischen Vor- gang, indem die Anlagen früher erscheinen als die Dorsoventral- verschiebung eintritt. Auf diese Verschiebung der Ventralteile der Larve nach links, seiner Dorsalteile nach rechts ist vielleicht auch die von Ludwig für Asterina angegebene in entgegengesetzter Richtung erfolgende Drehung des oralen (ambulakralen) und aboralen (antiambulakralen) Anlagenkomplexes zurückzuführen. Während nämlich die oralen (ambulakralen) Anlagen bei Betrachtung der Seesternanlage von der Oralseite aus entgegen dem Sinne des Uhrzeigers um die Haupt- achse des Echinodermenkörpers sich drehen, dreht sich der aborale (antiambulakrale) Anlagenkomplex im Sinne des Uhrzeigers nach rechts, so daß der Schluß des oralen und aboralen Anlagenbogens in verschiedene (angrenzende) Interradien fällt. Es ist noch auf die Frage zurückzukommen, ob für die Stammform der Echinodermen jederseits fünf Tentakel angenommen = FE 284 K. Grobben, werden können in Hinblick auf die paläontologischen Funde. Haeckel, Bather und Heider nehmen auf Rhabdopleura ver- weisend mit Rücksicht auf gewisse zwei- und dreiarmige Cystoideen zwei Arme für die Ausgangsform an, zu welchen später ein nach hinten gerichteter dritter Arm hinzukam, die auch für die rezenten Echinodermen normale Fünfzahl nach Bather dadurch erreicht wurde, daß der rechte und linke Arm durch Spaltung sich ver- doppelten. Würden tatsächlich die Cystoideen mit zwei Armen den ältesten Echinodermentypus repräsentieren, so müßten für ihre Aus- gangsform vier Arme (jederseits zwei) angenommen werden, wenn für diese Formen die gleiche asymmetrische Anlage gilt, wie sie für die Entwicklung des Körpers der rezenten Echinodermen be- kannt ist. In den bilateralsymmetrischen Cystoideen handelt es sich aber, was auch der Ansicht von Bather und Jaekel entspricht, um sekundär entwickelte Formen. Im übrigen zeigt sich bei den alten Cystoideenformen ein starkes Schwanken in. der Zahl der Arme. Alle diese Formen gehören wohl nicht in die gerade Stamm- reihe der heutigen Echinodermen, sondern sind abgezweigte Typen. Es gibt aber bereits im Kambrium pentamere Formen, wie Macro- cystella, Eocystis; ebenso sind die zu den ältesten Echinodermen gehörigen schon im unteren Kambrium beginnenden Edrioasteroi- deen durchwegs pentamer gebaut. Aus diesen Tatsachen ist der Schluß. gestattet, ‘daß die Pentamerie wahrscheinlich schon ursprünglich aufgetreten ist, somit ür die hypothetische bilaterale Ausgangsform zehn Hwydrocoei- tentakel (jederseits fünf) angenommen werden können. Meint man aber, daß die fünf Hydrocoeltentakel der Echino- dermen jederseits aus jederseits ursprünglich einem Tentakei her- vorgegangen sind, so ist eine solche Vorstellung durchaus möglich. Auch im Tentakelapparate festsitzender Bilaterien erfolgt eine Ver- mehrung der Tentakel in bestimmter serialer Folge. Dies trifft in gleicher Weise für Cephalodiscus zu, wie Ridewood gezeigt hat. Das vorderste, erste Armpaar entsteht neben der Mittellinie des Körpers, die späteren folgen in einer Reihe stets im Anschlusse an das früher entwickelte Armpaar. Gilt diese seriale Vermehrung der Tentakel auch für die Stammform der pentameren Echinodermen, dann ist sie, wie für die linke, ebenso für die rechte Tentakelgruppe anzunehmen. Wie anders ließe sich sonst das in einzelnen schon früher angeführten Fällen beobachtete Auftreten von fünf Hydrocoel- ausstülpungen am rechten Hydrocoel gleich dem linken erklären’? In Bather’s Annahme betreffend die Art der Vermehrung der Arme scheint mir diese Tatsache keine Erklärung zu finden. Gemäß dem serialen Anwachsen der Tentakelzahl bei Bilaterien erscheint mir daher. die Vermehrung der Arme bei den Echino- dermen nach der Annahme von Bather nicht. wahrscheinlich, falls RES Phylogenetische Ableitung der Hchinodermen. 285 die Entwicklung der paläozoischen Echinodermen durch asym- metrische Anlage wie bei den rezenten Formen erfolgt ist, was ja der allgemeinen Annahme entspricht. Nachdem die Fünfzahl der Echinodermenradien, hervor- gegangen aus der linksseitigen Gruppe von fünf Hydrocoeltentakeln, fixiert war, hat sich bei einigen Seesternen eine größere Zahl von Radien (Ambulakren) entwickelt, so bei Solaster, Crossaster, Acan- thaster, Heliaster, Brisinga, Labidiaster und anderen. Meines Wissens ist die Ontogenie dieser mehrstrahligen Asteroideen bisher nur bei Solaster endeca und Crossaster papposus untersucht. Es entsteht die Frage, wie diese mehrstrahligen Formen aus den normal fünfstrahligen hervorgegangen sind. Es kommt zuweilen vor, daß einzelne Individuen eines sonst typisch fünfstrahligen Asteroideen nur vier Strahlen ausbilden, auch gelegentlich ein sechster Strahl gebildet wird. Bei den früher genannten mehr- strahligen Seesternen ist eine Vermehrung der Strahien erblich ge- worden, wenngleich die Zahl der Strahlen auch innerhalb der Spezies etwas schwankt. | Die Vermehrung der Strahlen erfolgt, wie zu erwarten war und wie Gemmill (7) für den 8—9strahligen Solaster endeca und den 10—13strahligen Crossaster papposus angab, vom ventralen Hydrocoelringarm aus. Während die ersten fünf Ambulakren ziem- lich gleichzeitig entstehen, folgen die übrigen in immer längeren Zeitintervallen einer nach dem anderen. Nach späteren Unhnter- suchungen von Gemmill (8, vgl. Fig. 11) entstehen auch vom dorsalen Hydrocoelringarme neue Armanlagen, wenngleich in ge- ringerer Zahl, so bei Solaster endeca nur eine von den drei bis vier, bei Crossaster papposus zwei bis drei von den sechs bis acht über die sonst bei Asteroideen normale Fünfzahl auftretenden Ambulakren. Immer werden diese Anlagen in serialer Folge ge- bildet. Bather denkt auch an eine Vervielfältigung der Strahlen durch Interkalation. Derartige Vermehrungen der Strahlen kommen bei leicht regenerierenden Seesternen, zZ. B. Asterias tenuispina, vor, bei denen an Stelle eines Strahles auch mehr Strahlen zwischen den bestehenden sich entwickeln können. Dabei handelt es sich aber um eine Überproduktion, die bei Regeneration auch in anderen Fällen beobachtet wird. Daß der radiärsymmetrische Bau der Echinodermen durch festsitzende Lebensweise ihrer bilateralen Stammformen erworben wurde und die vom Tentakelapparat ausgehende Fünfstrahligkeit den ganzen Bau des Körpers beeinflußt hat, kann als gesichert betrachtet werden. Dabei ist die asymmetrische Anlage des Echino- dermenkörpers auch bei der ausgebildeten Form erhalten und wie Ludwig (21, p. 173) hervorhob, »ein charakteristischer Grundzug des ganzen Baues. Die Asymmetrie ist aber darum keine regellose, sondern sie ist ebenso bestimmten Gesetzmäßigkeiten unterworfen wie die Symmetrie im Aufbau anderer Tiere.« 5 286 K. Grobben, Unter den Pelmatozoen repräsentieren die noch in der rezenten Tierwelt durch eine Anzahl von gestielten und ungestielten Formen vertretenen Crinoideen einen spezifisch ausgebildeten, durch mächtige Tentakelbildung ausgezeichneten Typus, von dem die Eleutherozoa nicht ableitbar sind. Diese sind vielmehr, wie bereits Bather aussprach, auf die früher bei den Cystoideen ein- geordneten, von Bather und Jaekel aber von ihnen im System schärfer geschiedenen paläozoischen Edrioasteroidea (Jaekel's Thecoidea) zurückzuführen. Auch nach Jaekel's Ansicht (18, p. 32) nähern sich die Thecoidea in allen Organisationsverhältnissen den Eleutherozoa am meisten. Aus dieser Zurückführung ergibt sich für die Ableitung der sternförmigen Eleutherozoen ein weiterer Be- weis dafür, daß die Arme der Asteroideen und Ophiuroideen gegen- über den Armen der Crinoideen Bildungen verschiedener Art sind. Letztere sind weiterentwickelte von der Scheibe sich erhebende Tentakelbildungen, die Arme der Asteroideen und ÖOphiuroideen dagegen verlängerte Teile der Körperscheibe, wenngleich beide Bildungen auf einer fortgesetzten Weiterentwicklung der primären fünf Hydrocoeltentakel beruhen. Die in mancher Beziehung primitive Charaktere aufweisenden Holothuroideen sind mit den übrigen Elentherozoa gemeinsamen Ursprungs. Der vom Tentakelapparat ausgehende sekundär-radiärsym- metrische Bau der Echinodermen greift, wie bereits erwähnt, auf die gesamte Organisation über. Eine hierhergehörige Erscheinung ist die dem radiärsymmetrischen Bau entsprechende Vervielfältigung des ursprünglich in einfacher Zahl (in einen bestimmten Interradius) vorhandenen Steinkanales und Axocoelporus (Kelchporus) bei den Crinoideen. Bei Rhizocrinus sind fünf (in jedem Interradius einer) Steinkanäle und Kelchporen, bei anderen Crinoideen eine weiter vermehrte Zahl von Steinkanälen und Kelchporen zu finden. Die Vervielfältigung der Organe im Umkreise der Hauptachse des Körpers wurde als Cyclomerie bezeichnet. Auch bei primär radiärsymmetrischen Tieren, wie Cnidarien, tritt eine Vermehrung der Organe dem Radiärtypus entsprechend ein. Diese Cyclomerie beruht auf der Einschaltung (Interkalation) der neuen Anlagen zwischen den alten. Sie wäre als primäre zu unier- scheiden von jener der Echinodermen, die als sekundäreCyclomerie zu bezeichnen ist; hier geht die radiärsymmetrische Vermehrung von einer ursprünglich einfachen Anlage als spätere Anpassung an den erworbenen Radiärtypus aus. 1—5 Phylogenetische Ableitung der Echinodermen. 287 Buchstabenerklärung für die. Textfiguren. After. linker Axocoelteil (in Fig. 1 der unpaare Coelomsack der Kopfscheibe). rechter Axocoelteil. Befestigungsstiel von Cephalodiscus. linkes Hydrocoel. rechtes Hydrocoel. Anlage des gekammerten Organs. drüsige Vorderfläche der Kopfscheibe, beziehungsweise Festheitungsgrube. Mund. Hydroporus. linkes Somatocoel. rechtes Somatocoel. Hydrocoeltentakei. vorderer hornförmiger Fortsatz des linken Somatocoels. Längsachse der bilateralen Ausgangsform, beziehungsweise Larve. Hauptachse des Echinodermenkörpers. Transversalachse. V- Die fünf primären Hydrocoeltentakel, beziehungsweise Ambulakralanlagen. Die fünf apikalen (aboralen oder antiambulakralen) Anlagen des Echino- dermenkörpers. Literaturverzeiehnis. Bather, F.A., Gregory, J. W.,u. Goodrich, E.S., Echinoderma. In Treatise on Zoology edited by E. Ray Lankester. P. II, London 1900. Becher, S., Artikel »Stachelhäuter« im Handwörterbuch der Naturwissen- schaften. Bd. IX, 1913, p. 392—394. Boas, J. E. V., Zur Auffassung der Verwandtschaftsverhältnisse der Tiere. I. Kopenhagen. 1917. Braem, F., Pterobranchier und Bryozoen. Zool. Anzeiger. 1911, Bd. XXXVII, p. 947. Bütschli, O., Versuch einer Äbleitung des Echinoderms aus einer bilateralen Urform. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LIE, Suppl. 1892. Bury, H., The Metamorphosis of Echinoderms. Quart. Journ. mierose. science. 1896, Vol. XXXVII, p. 88 u. ff. Gemmill, J. F., The Development of the Starfish Solaster endeca (Forbes). Transact. Zoolog. Soc. 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Journ. microsc. science, vol. 66, 1922, p. 105). Ohshima fand, daß mehr als 10%, der Larven von Echinus miliaris unter künstlicher Aufzucht Situs inversus aufweisen, indem sie im inneren und äußeren Bau das Spiegelbild der normalen Larven zeigen. Die jungen Seeigel, die sich aus solchen inversen Larven entwickeln, besitzen äußerlich kein abnormales Aussehen. Ohshima gibt ferner eine Zusammen- stellung der Fälle von beiderseitiger Entwicklung der Hydfocoel- und Echinidenanlage sowie von anderen Abnormitäten. zu p. 19. Hiroshi Ohshima, On the Development of Cucu- maria echinata v. Marenzeller (Quart. Journ. microsc. science, vol. 65, 1921). Fig. 23 dieser Abhandlung zeigt sehr schön die eigentümliche gedrehte Lage der Coelomsäcke und die Links- verschiebung des Mundes. a2 9.20.01. E Gemmill,, Ihe, Development of the Starfish Crossaster papposus, Müller and Troschel (Quart. Journ. microsc. science, vol. 64, 1920, p. 161 u. 164). Diese Abhandlung enthält weitere Angaben über die Reihenfolge der Entstehung der Hydrocoel- ausstülpungen aus dem Ringkanal bei Crossaster papposus. Danach entstehen die ersten Ausstülpungen (I—VII) vom ventralen TE rechts‘ von Tobue ; 1: le anschließend an Lobus VII und Lobus XI r XII; darauf Lobus IX anschließend an Lobus V. in dem schmalen Zwischenraum zwischen IX und zu schließen aus dem dorsalen Hydrocoelringat Solaster ist der sich entwickelnde Stern durch geheftet, der sich in der Folge von der Uhnterlag resorbiert wird (p. 162). Ein solcher Festheftungs i auch bei Crossaster. = wErITzErT ig Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Ergebnisse der Expedition Dr. Handel-Mazzett’’s nach China 1914—1918, unternommen auf Kosten der Akademie der Wissen- schaften in Wien ® Die in Yünnan und Südwest-Setschwan gesammelten Gesteine Von Dr. Alexander Köhler {Mit 1 Kartenskizze und Profilen über ihre Verbreitung von Dr. Heinrich Handel-Mazzetti) (Vorgelegt in der Sitzung am 5. Juli 1923) I. Einleitung und petrographische Beschreibung. Von Dr. Alexander Köhler. Auf seiner botanischen Forschungsreise nach China in den Jahren 1914 bis 1918 hat. Dr. Heinrich Handel-Mazzetti auch eine Menge Beobachtungen über die geologischen Verhältnisse der durchreisten Gebiete gemacht und nebst Notizen darüber auch eine beträchtliche Anzahl von Gesteinsproben als Belegstücke für 'seine Beobachtungen nach Wien mitgebracht. Die aus den Provinzen Guidschou und Hunan stammenden Proben sind bereits be- schrieben worden,* da die Ankunft der späteren Sendung in Frage stand. Glücklicherweise ist nun doch das gesamte Material ein- getroffen. Yünnan und Setschwan, Provinzen des südwestlichen China, sind geologisch recht wenig bekannte Gebiete, und die Beobachtungen Handel-Mazzetti's sind schon deswegen ein erwünschter Beitrag zu ihrer Kenntnis. Es hätte keinen Zweck, hier ‚eine Übersicht über die Geschichte der Erforschung zu geben, es soll nur ganz kurz davon die Rede sein. Die erste Beschreibung jener Länder wurde von Missionären des 17. und 18. Jahrhunderts geliefert. Ins 19. Jahrhundert fallen wichtige Reisen tatkräftiger Männer, die auf verschiedenen Wegen in diese terra incognita eindrangen. Von besonderer Bedeutung sind die geologischen 1 H. Handel-Mazzetti und A. Köhler: Die in Guidschou (»Kweitschou«) und Hunan gesammelten Gesteine. Sitzber. d. W. Ak. d.W. m.n. Kl., Abt. I, 130. Bd., a0. 7, 1921. 292 A. Köhler, Beobachtungen von R. Pumpelly.! Die Erfolge dieser Pioniere finden ihre Würdigung in dem bekannten Meisterwerke von F. v. Richthofen;? auf ihren Forschungsergebnissen fußend, hat er seine zusammenfassende Darstellung über das südwestliche China gegeben und durch eigene Beobachtungen ergänzt und er- weitert. Dieses große Werk bildet die Grundlage für jede weitere Arbeit. Die erste Abteilung des JU. Bandes behandelt ausführlich die Geschichte der Erforschung von Südwest-China und seine eigenen Forschungen in der Provinz Setschwan. Yünnan wurde von ihm nicht berührt, sein Reiseweg in Setschwan berührt nicht den von Handel-Mazzetti. Wenig später als Richthofen hat Graf Bela Sz&echenyi die beiden Provinzen durchreist und sein umfangreiches Werk? ist durch die ausgezeichnete Arbeit des ungarischen Geoiogen L. v. Loczy, der ihn begleitete, von großer Wichtigkeit. Der 3. Abschnitt des I. Bandes enthält die geologischen Resultate. Gesteinsproben wurden von A. Koch beschrieben. Wie aus dem Verzeichnisse, p. 306, hervorgeht, beteiligen sich in erster Linie Derivate gabbroider Magmen und granitische Gesteine am Aufbau, auch Diorite und Andesite sind häufig. Stellenweise is Handel-Mazzetti denselben Weg gegangen wie Szechenyi. (Vgl. Szechenyi, Kap. XVI, 3. Abschn., L Bd.) Von weiteren größeren Arbeiten geologischen Inhaltes soll nur noch die von Deprat und Mansuy* Erwähnung finden. Auch hier wird in der Region nördlich von Yünnanfu Handel-Mazzetti seine Aufnahmen in Vergleich setzen können. Alle diese großen Werke geben einen mehr oder minder eroßzügigen Überblick und deshalb wird es oft nicht möglich sein, eine Übereinstimmung mit der detaillierten Routenaufnahme Handel- Mazzetti's zu finden. Es soll und kann auch nicht der Zweck dieser Veröffentlichung sein, die bisherige geologische Literatur kritisch zu beleuchten oder geologische Probleme zu beantworten. Handel-Mazzetti's sorgfältige Beobachtungen werden in den wenig bekannten Gebieten wertvolle Trittsteine für die weitere Erforschung bilden. | In unserer früheren Publikation (l. c.) wurden die Fundpunkte der mitgebrachten Proben von Westen nach Osten mit fortlaufenden Nummern versehen und die Beschreibung hielt die gleiche Reihen- folge inne. Da in den jetzt in Rede stehenden Provinzen Handel- Mazzetti's Weg mannigfach hin- und herführt, so ziehe ich es 1 R. Pumpeliy: Geological researches in China, Mongolia and Japan. "Smithsonian Contributions to knowledge, Bd. XV, (Nr. 202). 2 F. v. Richthofen: China. 5 Bd., mit Atlanten, Berlin 1877 bis 1911. 3 Die wissenschaftlichen Ergebnisse der Reise des Grafen Bela Szechenyi in Ostasien 1877 bis 1880. Drei Bände, Wien, 1893. 4J. Deprat et H. Mansuy: Etude geologique du Yünnan oriental. Memoires du service geologique de I’Indochine. Ier partie: Geologie generale par J. Deprat. Hanoi 1912. . .. .. ‘ [ Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. 293 vor, die 80 zu beschreibenden Stücke so zu ordnen, daß ungefähr Gleichartiges zusammengefaßt wird. Die Lokalität trägt auf der beigefügten Karte die gleiche Nummer wie das Handstück. Auf diese Weise wird bei der Beschreibung verwandter Gesteine manche Abkürzung in der an sich langweiligen Charakteristik der Gemeng- teile durch Hinweis auf andere Nummern möglich sein. Daß ich mich bloß auf eine Beschreibung des Materials beschränken muß, ist klar, da mir nur die gesammelten Proben zur Verfügung stehen. Granite spielen im Aufbau des Grundgebirges eine wichtige Rolle, sie wurden vielfach beobachtet. An den von L. v. Loczy mitgebrachten und von A. Koch untersuchten Proben haben sie den größten Anteil, die verschiedensten Varietäten waren vertreten. Mir liegen zur Beschreibung nur Granitite vor. Nr. 1. Dieses Stück stammt aus Dötschang, Südwest- Setschwan. Das Handstück ist nicht frisch, wurde auch nicht anstehend gefunden, die Blöcke, denen es entnommen wurde, sind von der westlichen Bergkette herabgerollt. Mit freiem Auge erkennt man Quarz und trüben, blaßrot gefärbten Feldspat. Beide erreichen eine Größe bis zu 1 cm. Die grünlichgrauen Gemengteile erweisen sich als Umwandlungsprodukte des ursprünglichen Biotits. Charakteristik der einzelnen Gemengteile: Orthoklas zeigt nur schlecht entwickelte Kristallform. Zwillinge nach dem Karlsbadergesetz kommen vor. Infolge zahl- reicher Einschlüsse von Eisenoxyd ist er auch im Schliff trübe und von rötlicher Farbe. Zahlreiche Perthiteinlagerungen durchziehen ihn, und zeigen, wo sie breiter werden, deutliche Albitlamellen; sie werden oft so zahlreich, daß der trübe Orthoklas mit kurzen, unregelmäßigen Albitlameilen durchsetzt erscheint, was dem Aus- sehen eines Schachbrettalbits nahe kommt. Zirka !/, des Gesteins ist Orthoklas. Plagioklas tritt an Menge gegen den ÖOrthoklas zurück. Kristallform ist gegenüber diesem mehr angedeutet. Zwillingsbildung nach dem Albitgesetz ist die Regel, solche nach dem Periklin- gesetz ist selten. Die Lamellen sind oft ungemein schmal, oft gebogen oder geknickt. Spuren der Kataklase zeigen sich weiters an den Umgrenzungen gegen die Orthoklase hin, wo beide in ein unregelmäßig geordnetes Körneraggregat aufgelöst sind. Muscovit- schüppchen als.sekundäres Produkt siedeln sich stets im Kern der Plagioklase an, die Hülle ist schwach damit besetzt oder ganz frei. Die Bestimmung des Brechungsexponenten ergibt im Vergleich mit Kanadabalsam: !=K.B.y >K.B, giltig für eine mittlere Zone zwischen Kern und Hülle. Das würde einer Zusammensetzung von 20 bis 250/, An entsprechen. Ein Vergleich mit Quarz ist wegen der f / {3 294 A. Köhler, durch .kolloidale limonitische Substanzen 'verunreinigten Grenzen unmöglich. Ein Schnitt der symmetrischen Zone annähernd La gibt eine Auslöschungschiefe von 1=12°.1’= 12-5°. Da; mangels der Spaltrisse nach P der Sinn der Auslöschung nicht bestimmbar ist und in diesem Schnitt auch das. Eclairement nicht zu bestimmen ist, so ist die Lösung zweideutig. Durch die Kenntnis der Licht- brechung wird sie aber eindeutig. Es resultiert eine Zusammen- setzung von zirka 28°/, An, gültig für den Kern. Optischer Charakter negativ. Chlorit als Umwandlungsprodukt des Biotit. Diese Pseudomorphosen bilden zum größten Teil kein reines Glied der Chloritgruppe, sondern ein Begengh verschiedener Zer- setzungsprodukte, wie sie aus den. Biotiten hervorgehen. Die Inter- ferenzfarben sind durch die starke Eigenfarbe und durch ausge- schiedene Substanzen undeutlich, jedoch sicher bis zum Rot erster Ordnung gehend bei einer Schlifidicke von 19. Auslöschung in bezug auf die Spaltrisse gerade, y’ in der Richtung derselben. Im Konoskop einachsig negativ. Braune, trübe Substanzen sind wohl ausgeschiedene Eisenhydrate, die hoch licht- und 'doppelbrechenden Körnchen dürften Titanit sein. Als weitere Erzeugnisse des Zerfalls und der Reaktion mit zirkulierenden Lösungen findet sich Quarz, Epidot und Magnetit vor. Zirkon als primärer Einschluß ist erhalten geblieben. \ Als Übergemengteil tritt Muscovit auf. Nr. 2. Aus dem Tjiontson-lumba bei Tschamutong in der Salween-Irrawadi-Kette, Nordwest-Yünnan. Gleichfalls ein Granitit. Das Handstück ist sehr grobkörnig und stark mechanisch beansprucht. Alle wesentlichen Gemengteile sind makroskopisch zu erkennen und erreichen oft eine Größe von mehreren Zentimetern. Gemengteile sind: Quarz, makroskopisch von hellgrauer Farbe, zeigt. im Schliff starke Spuren von Druckwirkung. Immer löschen die Körner undulös aus und sind randlich in ein Haufwerk optisch anders orientierter Indi- viduen zerfallen. Risse sind durch neugebildeten Quarz ausgefüllt, Orthoklas. Die großen Individuen sind häufig nach dem Karlsbadergesetz verzwillingt, Perthitische Einlagerungen sind die Regei. Mikroklingitterung ist oft wahrzunehmen. Auch an diesem Gemengteil ist die mechanische Einwirkung nicht spurlos vorüber- gegsansen, die zahlreichen Sprünge sind von neusebildetem Quarz { fe) few) , und Feldspat erfüllt, die Perthitspindeln sind gebogen und ge- knickt. | Plagioklas ist makroskopisch an der porzellanweißen Farbe vom Orthoklas zu unterscheiden. Im Mikroskop zeigt sich die idiomorphe Form dieses Gemengteiles gegenüber den andern.; Die Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. 295 starke Zersetzung verhindert eine Prüfung mit Hilfe der Auslöschung a —K.B.y7' >K.B. optisch negativ, 2 V sehr groß. Anorthitgehalt somit 20 bis 25°/,. Einfacher Zonenbau ist durch die Anordnung der Einschlüsse erkenntlich, ein schmaler Saum ist mehr oder minder frei davon. Diese sind in erster Linie Muscovit, oft deutliche Schuppen bildend. Klinozoisit ist seltener. - Biotit tritt in größeren, gebogenen Fetzen auf, die randlich meist aufgeblättert sind. Farbe bräunlichgrün parallel den Spaltrissen, blaßgelblich normal dazu. Im Konoskop Öffnet sich das Achsenkreuz kaum merklich. Ausgeschiedene Eisenhydroxydsubstanzen bedingen oft eine bräunliche Farbe. Pleochroitische Höfe um Zirkon wurden beobachtet. Unregelmäßig umgrenzte Körner, optisch einachsig negativ, sind Apatit. Erzkörnchen, vermutlich Magnetit und kleine Klinozoisitindividuen sind gleichfalls in und an den Biotiten zu finden. Nr. 3. Vom Doker-la in der Mekong-Salween-Kette an der Tibetgrenze, Nordwest-Yünnan. | Gepreßter Granitit. Die lagerförmige Anordnung der Biotite gibt dem Gestein ein gneisartiges Aussehen. Die wesentlichen Komponenten sind die gleichen wie im vorher beschriebenen Granit. Der Quarz ist vielfach vollkommen zertrümmert, auch der Orthoklas, beziehungsweise Mikroklin ist oft zerquetscht, die perthitischen Spindeln verbogen. Die Plagioklase haben besseren _ Widerstand geleistet, sie haben ihre hypidiomorphe Form meist gut bewahrt. Infoige weitgehender Zersetzung ist die Bestimmung un- möglich. Die Brechungsexponenten liegen unter dem des Quarzes, es dürfte sich um einen Oligoklas handeln wie bei Probe 1 und 2. An der Grenze gegen Ortnoklas kommt es vielfach zu der für solche Gesteine charakteristischen Myrmekitbildung. Der Biotit ist an seinen Rändern stark ausgefranst, zu Flasern ausgewalzt und zeist die Farben schwarzbraun parallel, hellgelbbraun normal zur Spaltung. Kleine Individuen von Epidot, Apatit und Titanit sind mit dem Biotit vergesellschaftet. Nr. 4. Diese Probe ist ein fast zu !osem Sand zerfallener Granit, der nach Handel-Mazzetti »die Kette von Ningyüen südwestlich gegen den Yalung (Südwest-Setschwan) zum großen Teil bildet«. Als Hauptgemengteile lassen sich mit unbewaffnetem Auge dieselben wie in 1 bis 3 feststellen. Das nächte Probestück gehört in die Familie der Diorite. Auch diese Gesteine sind im Verband mit den Graniten aus unseren Provinzen bekannt. [55 [8) Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. 2 Re 296 A. Köhler, Nr: 5. Lanbacm Yalung zwischen Huili und Yenyüen, Südwest-Setschwan. Dieser Quarzglimmerdiorit läßt makroskopisch Quarz, Feidspat und grünlichen Biotit erkennen. Durchschnittliche Korn- größe: 1/, cm. - | hatte ist sehr viel vorhanden und stets die ——. Bildung, er füllt die Lücken zwischen den übrigen Gemengteilen. Plagioklas, optisch positiv, dem’ Albit sehr nahe stehend, wie aus den Brechungsexponenten « 1:54, 0. < 1'054. Es geht daraus hervor, daß ein Oligoklasalbit vorliegt, der nur wenige Prozente An besitzt. Als weiterer Einsprengling tritt die Limonitpseudomorphose auf, sie bricht im Schliff stets aus und kann daher nicht näher untersucht werden. Die holokristalline Grundmasse besteht aus sehr kleinen, leistenförmigen Feldspaten, deren Brechungsexponenten die gleichen wie die der Einsprenglinge sind. Wenn sie etwas größer werden, zeigen sie die Lamellierung des Schachbrettalbits. Ouarz tritt auch in der Grundmasse auf, in kleinen allotriomorphen Körnern zwischen den Feldspaten. Den Rest bilden winzige Säulchen von Riebeckit, die deutlichen Pleochroismus zeigen mit y’=tiefblaugrün, a’ = gelblichgrün, ca ist klein, Doppelbrechung gering. Wegen der kleinen Dimensionen ist eine zahlenmäßige Angabe dieser Größen nicht möglich. Die Verteilung dieser Riebeckitsäulchen ist eine un- regelmäßige, sie häufen sich stellenweise an, an anderen Stellen fehlen sie fast ganz. Spezifisches Gewicht ist 266. Ein Gestein von dieser Zusammensetzung hat Pelikan? von der Insel Sokotra beschrieben und als Dahamit bezeichnet, ein zu den Alkaliapliten gehöriges Gestein, das am nächsten mit Bröggers Groruditen verwandt ist. Wegen der Ähnlichkeit mit dem Vorkommen von Sokotra möchte ich auch das vorliegende Gestein Dahamit nennen. 1 F. Becke: Zur Physiographie der Gemengteile der kıystallinen Schiefer. Denkschr. d. Ak. d. W. in Wien, math.-nat. KlI., Bd. 75, p. 124. 2 A. Pelikan: Petrographische Untersuchungen von Gesteinen der Inseln Sokotra, Abd el Kuri und Semha. Denkschr. d. Ak. d. W. in Wien, math.-nat. IE; 71. Bd., 1902 ” .. .. ‘ Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. 299 Im folgenden wird eine Reihe von Diabasen und deren Tuffen beschrieben. Sie sind durchwegs nicht mehr frisch, mitunter so weit verändert, daß eine genaue Bestimmung schwierig wird. Wie sich zeigen wird, liegt eine Anzahl verschiedener interessanter Typen vor. Das Alter aller dieser Grüngesteine ist nach der Literatur paläozoisch. Nr. 9. Kanon und Seitenschluchten des Djinscha-djiang (»Yangtse-kiang«e) bei Lagatschang, nördlich von Yünnanfu. Olivindiabas. Im schwarzgrünlichen Handstück sind in der dichten Grundmasse Einsprenglinge, die eine Größe bis _ zu Icm erreichen, zu erkennen; sie haben das Aussehen von Augiten. An der angewitterten Oberfläche zeigen sie einen tombakbraunen Schiller. U. d. M. lassen sich folgende Komponenten bestimmen: Olivinpseudomorphosen: An den scharfen, selten korro- dierten Kristallumrissen, wie sie den idiomorphen Olivinen eigen sind, erkennt man, daß Pseudomorphosen nach diesem Mineral vor- liegen. Die Olivinsubstanz selbst ist vollständig verschwunden, seinen Platz nimmt, ein Karbonat. und. teilweise . ein. Chlorit ‚ein. Das Karbonat braust mit verdünnter, kalter Salzsäure auf und ist somit Calcit. An der Pseudomorphosenbildung beteiligt sich ferner ein blaßgrüner, pleochroitischer Chlorit, - optisch negativ, mit sehr niederen blaugrauen Interferenzfarben, seltener kleine Partien von einer strahlsteinartigen Hornblende und Erzpartikelchen. Pyroxen ist an seiner achtseitigen Umgrenzung und der rechtwinkeligen Spaltbarkeit zu erkennen. Auch von diesem Gemeng- teil’ sind nur mehr spärliche Reste übrig geblieben, teilweise ist er vollständig verdrängt, und ein sekundäres Mineralgemenge tritt in der noch deutlich erkennbaren Kristallform des Pyroxens auf. Da geeignete Schnitte fehlen, so läßt sich an den Fragmenten keine genaue Bestimmung vornehmen. Der optische Charakter ist positiv, der Achsenwinkel ziemlich klein. cy konnte nicht bestimmt werden. An den Neubildungen beteiligen sich Serpentin, homoachs, den Rand bildend und von hier aus entlang den Spalten vordringend, ferner eine trübe, porzellanweiße oder graue Masse, die wahrscheinlich eine kryptokristalline Verwachsung von Serpentin und Karbonat darstellt, weiteres Karbonat, Erz, Titanit und Strahlstein. Die Grundmasse ist gleichfalls stark zersetzt. Sehr verbreitet 2, einsıysttahlstein mitliycy = 18%, Pleochroismus deutlich, y = bräunlichgrün, «& = blaßgrün. Karbonat ist stark verbreitet. Erzkörner sind gleichfalls zahlreich, meist von mehr oder weniger okta- edrischen Umrissen, wenn auch skeletiartige Formen nicht fehlen. Die oft unscharfen, trüben Grenzen dürften durch Titanaus- scheidung hervorgerufen sein. Serpentin und wenig Chlorit machen den Rest aus. 300 A. Köhler, Nr. 10. Unter Djiuba-se bei Hohsi, Djientschang- Yalungkette, »schmale, senkrecht gestellte Bänder a dem Granitsand Nr. 4 bildende. Diese Gesteinsprobe ist ein Diabas. Farbe grünlichgrau. Makroskopisch sind die Ausfüllungen der Blasenräume (mehrere Millimeter im Durchmesser) als Quarz, zum Teil als Chlorit zu er- kennen. Das pistazgrüne Mineral, das feine Spalten ausfüllt, ist als Epidot unschwer zu bestimmen. Die übrigen Gemengteile gehen nicht über die Größe von etwa 1/, mm hinaus. Charakteristik der einzelnen Gemengteile: & Plagioklas: Die schmalen, nach der «-Achse gestreckten Leisten lassen Labrador erwarten. Die optische Untersuchung zeigt aber, daß es sich um fast reinen Albit handelt. « und y liegen unter dem Brechungsexponenten des Kanadabalsams. Charakter der Doppel- brechung positiv. Auslöschung | MP= 15° negativ. Zwillings- bildung nach dem Albitgesetz ist die Regel, solche kombiniert mit dem Karlsbadergesetz selten. Die Trübung durch Neubildungen ist stark, frische, klare Durchschnitte fehlen. Durch die sparrenförmige Anordnung kommt Intersertalstruktur zustande. Pyroxen: Dieser Gemengteil tritt an Menge hinter den Feld- spat zurück. Er entbehrt meist der kristallographischen Umgrenzung, gewöhnlich ist nur die Prismenzone angedeutet. Er ballt sich stellenweise zu größeren Partien zusammen (sogenannte glomeropor- phyrische Struktur); in diesem Falle sind. sie idiomorph, zeigen achtseitige Umrisse und die prismatische Spaltbarkeit. Diese Aus- scheidungen sind älter als die übrigen Individuen, Zwillinge nach (100) sind häufig. Die optische Prüfung ergibt positiven Charakter der Doppelbrechung, cy = 38 bis 44°, da Schnitte parallel der A. E. Sanduhrstruktur zeigen. Auffallend niedrig ist die Doppelbrechung mit Y— 00'021, gemessen mit dem Kompensator von Babinet. A. E. parallel (010). 2 Vx wurde mit 48° bestimmt, in einem Schnitt, der die Mittellinie 7 und eine. Achse zeigte. Wegen’ der randlichen Lage von 7 und der verschwommenen Isogyre — der Schliff hat eine Dicke von nur 17» — wird die Messung um + 2° schwanken können. Die geringe Doppelbrechung läßt vermuten, dab eine Beimengung des Enstatitsilikates vorliegt. Die ea: hat dieses Mineral ziemlich verschont. IImenit ist sehr reichlich vertreten. Die lang gestreckten, oft hakenförmigen Gebilde sind stets von einem trüben, schmutzig- weißen Rand umgeben, der sich bei stärkster Vergrößerung als Leukoxen kundgibt. Form und Leukoxenrand bestimmen das Erz wohl sicher als Ilmenit. Er gehört mit zu den ersten Ausscheidungs- produkten. Es tritt aber noch eine zweite, jüngere Generation auf, welche vermutlich sekundärer Entstehung ist. Sie ist stets an die mit Chlorit ausgefüllten Lücken zwischen den Feldspatleisten ge- bunden. Bei diesen Erzen fehlt die Leukoxenbiidung, die verästelte, Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. 301 oft schön skelettartige Ausbildung spricht aber auch hier eher für Ilmenit als für Magnetit, wenn auch solcher nicht ausge- schlossen ist. Chlorit: Dem zahlreichen Vorhandensein dieses Minerals verdankt das Gestein seine grüne Färbung. Einerseits füllt der Chlorit mit Erz die Zwischenräume zwischen den älteren Gemeng- teilen, andrerseits kommt er mit Quarz oder auch allein als Füllung der Mandelräume vor. Nach den lavendelblauen Interferenzfarben und optisch negativem Charakter handelt es sich um einen Pennin. Farbe hellgrün, Pleochroismus deutlich. Seine Verdrängung durch Quarz in den Mandelräumen läßt sich im Dünnschliff gut verfolgen. Ein ferneres Auftreten ist an die feinen Spalten gebunden, wo er mit Epidot und Quarz vergesellschaftet ist und oft typische »Geld- rollen« bildet. Otarz Seine "Verbreitung. wurde” schon’ "angedeutet "Die. beträchtliche Menge läßt auf Quarzzufuhr schließen, da die bei der Chloritisierung entstandene Kieselsäure nicht ausreicht. Epidot: Die Verbreitung dieses an seinen grellgelben Farben unter + Nicols leicht erkennbaren Minerals ist eine beschränkte. Kristallographisch gut ausgebildete Individuen sind nur in den feinen Klüften zu finden. Er zeigt optisch negativen Charakter, Doppelbrechung 7—a = 0'040 (gemessen mit dem Kompensator von Babinet), was zirka 25°/, Eisenepidotgehalt bedingt.! Der Wert ca= +1° steht damit im Einklang. Im eigentlichen Gestein ist er nur spärlich in schlecht ausgebildeten Kristallen vertreten. Die Entkalkung der Plagioklase würde einen größeren Gehalt an Epidot erwarten lassen. Es muß also eine Wegfuhr von Kaik statt- gefunden haben. Titanit: Dieses gleichfalls sekundäre Mineral ist einerseits als Leukoxen stark verbreitet, andrerseits in größeren Kristälichen mit nur schlecht angedeuteten Umrissen nicht selten. Er verdankt seine Entstehung wahrscheinlich dem Titangehalt der Ausite. Ganz vereinzelt tritt Hämatit in kleinen, goldgelb durch- scheinenden Schüppchen. auf. Nr. 11. Vom Soso-liangdse im Lololand östlich von Ninsyüen, Südwest-Setschwan. Auch diese Probe ist ein Diabas. Das graue Handstück ist für das unbewaffnete Auge dicht. U. d. M. gewährt das Gestein durch seinen verhältnismäßig guten Erhaltungszustand eine leichtere Bestimmung. Gemengteile sind: Plagioklas: Die nach der «-Achse gestreckten Kristalle sind fast stets Albitzwillinge; die Kombination Albit- mit Karlsbader- IM. Goldschlag: Über die optischen Eigenschaften der Epidote;. in Schere. min. peit. Mitt, Bd. 34) H. 1 bis 2, p. 23. 302 A. Köhler, gesetz ist häufig und die Auslöschung in der symmetrischen. Zone wurde auch zur Bestimmung benutzt.! Es ergab sich bei drei Durchschnitten: 1 1a & — 680 An 2—= 39° f ui Beide Brechungsexponenten liegen in Übereinstimmung damit über dem des Einbettungsmediums. Die Veränderung des Plagio- klases ist eine geringe, das Aussehen fast mikrotinartig. Zonen- struktur ist nur wenig angedeutet. | Pyroxen: Gegenüber dem Plagioklas, dem er auch an Menge zurücksteht, kann er seine Kristallform nicht behaupten. Es fehien hier die scharf umgrenzten Umrisse einer intratellurischen Ausscheidung; er kam erst nach den Plagioklasen zur Auskristalli- sation und füllt demgemäß die Lücken zwischen dem Sparrenwerk der ersteren. Seine Optik ist die der Pyroxene der .Nr. 10. Am Rande beginnt eine Umwandlung, die an Uralitisierung erinnert. Kleine, nadeliige Gebilde setzen sich homoachs an die Pyroxenkörner an. Ihre Auslöschung cy beträgt zirka 15°, der Pleochroismus ist deutlich, 7 = bläulichgrün, & = hellgrün. Der Raum innerhalb der Feldspatleisten, sofern er nicht von Pyroxen und Erz eingenommen wird, ist zur Gänze mit einem Gewirr feinster, grüner Nädelchen ausgefüllt, die teilweise sicher dem Uralit, zum Teil aber auch einem chioritischen Mineral angehören. Iimenit: Dieser Gemengteil tritt hier nicht als intratellurische Bildung auf, sondern kam, was nicht die Regel ist, erst nach dem Plagioklas und selbst nach dem Pyroxen zur Kristallisation. Er füllt die Lücken zwischen diesen. Aus dem zahlreich ausgeschiedenen Titanit und der etwas bräunlich durchscheinenden dünnen Stellen kann man auch hier auf Ilmenit schließen. Außerdem treten in geringen Mengen Titanit in kleinen Körnern, Epidot und Pyrit auf. Nr. 12. Lungdschu-schan bei‘ X Hu? Suameesı Setschwan. Auch hier handelt: es um sich einen Diabas, der ähnlich dem unter Nr. 10 beschriebenen ist. Das grünlichgraue Handstück ist für das Auge vollkommen dicht, nur die gelblichgrünen Flecken lassen Epidot erwarten. Gemengteile sind: Plagioklas, der infolge der weitgehenden Zersetzung nur mehr durch den Vergleich mit dem Brechungsexponenten des Kanadabalsams zu bestimmen ist; es sind « und y geringer als 1:54, also ist der ursprüngliche basische Plagioklas wie bei Nr. 10 entkalkt. 1 A. Köhler: Zur Bestimmung der Plagioklasse in Doppelzwillingen nach dem Albit- und Karlsbadergesetz; Tscherm. min. petr. Mitt. Bd. 36, H. 1—2, p.49. \ . v.. ce c Yr Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. 303 Die sparrenförmige Anordnung ist kaum mehr zu sehen, das Bild ist durch Umwandlungserscheinungen zu sehr getrübt. Ein chloritisches Mineral dürfte sich hauptsächlich daran beteiligen. An Menge gegen- über dem sehr zahlreichen Feldspat tritt der Pyroxen sehr zurück. Es fehlt ihm deswegen auch an der eigenen Kristallform, da er später gebildet wurde. Seine Optik ist die der oben beschriebenen. Chloritische Neubildungen dringen entlang der Spaltflächen vor. Ilmenit. Die langen Kristallskelette gehören wohl der inira- tellurischen Periode an, die zweite Generation der Effusivperiode. Leukoxenrand ist immer zu sehen. Epidot ist ziemlich häufig in kristallographisch schlecht um- grenzten Individuen. Zwillinge nach (100) konnten häufig beobachtet werden. Nach der Doppelbrechung von zirka 0'035 ist der Gehalt an Eisenepidot gegen 25°/,.! Titanit ist, wie erwähnt, als Leukoxen sehr verbreitet, in un- regelmäßig ründlich-eckigen Körnern seltener. Chlorit ersetzt mehr oder weniger die Mesostasis und verdrängt von hier aus Plagioklas und Pyroxen. Eine zweite Probe vom gleichen, Fundort, ist. von derselben Zusammensetzung. Nr. 13. Hans des Berges Saganai ‘ober Muli, Südwest- Sesschwan. Diese Probe: ist ‚ein‘ stark’ zersetzter Mandelstein. In dem grünlichgrauen Gestein liegen zahlreiche Kügelchen von 1 bisd mm Durchmesser, die sich durch das Aufbrausen in kalter Salzsäure als Calcitfüllungen erweisen. Am Rande des Gestems sind die Mandelfüllungen herausgelöst. Makroskopisch lassen sich keine Gesteinskomponenten erkennen. Im Mikroskop sieht man das grobkörnige Aggregat, das der Calcit bildet; auch im Gesteinsgewebe selbst ist er stark ver- breitet und verdrängt oft sichtbar die Plagioklase, deren Leistenform er dann einnimmt. Ein wirres Gemenge sericitischer und chloritischer Schuppen bildet den größten Teil des mikroskopischen Bildes, die Gemengteile Plagioklas und Augit sind ihre Ausgangsprodukte. Große Verbreitung haben graue oder schmutzigweiße Flecken, die sich bei stärkster Vergrößerung als Titanit (Leukoxen) erweisen. Wo er infolge Sammelkristallisation größere Individuen bildet, ist ersan der ‘hohen Eicht- und Doppelbreehung sicher zu erkennen. Das Tt-haltige Erz, dem er ja zum größten Teil entstammen muß, ist vollständig verschwunden. Der Eisengehalt steckt in dem zahlreichen 1 Nach M. Goldschlag I..c. 304 A. Köhler, Chlorit. Öfter sieht man polygonal umgrenzte Chloritpseudomorphosen, welche vielleicht nach Olivin. entstanden sind. Zu erwähnen wäre noch, daß der Diabas einen Brocken eines granitischen Gesteins eigeschlossen enthält. Nr. 14. Vom südlichen Teil des Berges Unlüpe am Südende des Yülung-schan bei Lidjiang, Nordwest-Yünnan. Gleichfalls ein Diabasmandelstein. Makroskopisch. Sind in E dem graugrünen Gestein nur die großen Plagioklaseinsprenglinge und die Mandelausfüllung aus Quarz und einem _ chloritischen Mineral zu erkennen. : € Der Plagioklas tritt als Einsprengling in bis zu 1 cm großen, gut umgrenzten Kristallen auf. Die jüngere Generation in der Grundmasse sind kleine nach M und P gestreckte Leisten. Die Optik beider ist die gleiche. Es ist «=S1'54 y< 1'354, also ein saurer Oligoklas. Tran Auch der Pyroxen: hat eine ältere und eine June Bildungs- epoche. Zur ersteren gehören kleine Häufchen, kristallographisch ziemlich gut umgrenzter Individuen, zur zweiten die mehr xeno- morphen innerhalb der Grundmasse. Es handelt sich um einen gewöhnlichen basaltischen Augit. An Menge tritt er gegen den Plagioklas, der dıe Hauptmasse bildet, stark zurück. Das Erz ist vermutlich Magnetit nach den scharfen Oktaeder- grenzen zu schließen. Größere Skelette, wie sie für Imenit typisch sind, fehlen. Die randliche Leukoxenbildung weist aber auch hier auf einen beträchtlichen 7T7-Gehalt des Erzes. Der Titanit ist recht verbreitet, auch außerhalb der Leukoxen- umrahmung. Er ist natürlich nicht primärer Natur, sondern durch Sammelkristallisation der im Verlaufe der Metamorphose frei ge- wordenen 77 OÖ, und CaO Menge entstanden. Chlorit ist in kleinen -Schüppchen und Blättchen in der Grundmasse überall vorhanden und. gehört hier nach der Optik zum Pennin. Die Mandelausfüllungen bestehen oft aus zweierlei Chloritmineralien, außer dem Pennin tritt, meist in radialfaserigen Aggregaten, ein etwas höher licht- und doppelbrechendes Chlorit- mineral auf. Im ganzen Gestein Zerstreut findet sich schließlich noch Epidot. | | Nr. 15. Fongkou am Yangdse-Ufer, nördlich von Lidjiang. Auch diese Probe ist ein Mandelstein. In der grauen, dichten Grundmasse liegen die zahlreichen, bis 5 mm großen Mandeln, von einem weißen oder grünlichen Mineral ausgefüllt. 4 . u u. DIN Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. 309 Bei der Prüfung im Mikroskop zeigt sich, das diese weiße Füllmasse aus Plagioklas besteht. Er ist kristallographisch schlecht ausgebildet, wenn auch die Tendenz, längere, nach der &-Achse gestreckte Individuen zu bilden, nicht zu verkennen ist. Von den Brechungsexponenten ist a <, > als der des Kanada- balsams. Es liegt somit ein dem Albit nahestehender Oligoklas vor. Zwillingsbildung nach dem Albitgesetz ist fast immer vorhanden, jedoch sind die Lamellen oft kurz wie bei Schachbrettalbit. Daß es sich bei diesem nicht gewöhnlichen Auftreten des Feldspates um wirkliche Mandelausfüllung handelt, geht wohl aus den glatten Rändern der Blasen, auf denen die Feldspate aufsitzen, mit Sicher- heit hervor. Das grüne Mineral, das mit Feldspat oder auch allein die Hohlräume ausfüllt, ist ein Tremolith. Äußerst dünne Nadeln mit einer Auslöschung cy= 15° und geringem Pleochroismus mit x = grün, a = blaßgrünlich. Muscovitschüppchen und Epidotkörner gehören gleichfalls in diese Gesellschaft. - | | Der Augit bildet keine idiomorphen Kristalle, eckige Körner sind gleichmäßig im Schliff verteilt. Farbe ist blaßgelblich bis farblos, cy = 43°. Doppelbrechung die des gemeinen Augites. Zwillinge nach (100) häufig. An Erzen dürfte sich hauptsächlich ein. T77-haltiger Magnetit an der Gesteinszusammensetzung beteiligen. Kristaliform ist das Oktaeder. Oft ist das Erz jünger als Pyroxen und füllt die Lücken zwischen diesem. Randlich findet sich stets Leukoxen. Der Feldspat hat in der Grundmasse nur sehr geringe Bedeutung. Ein Chlorit- mineral tritt fleckenförmig auf und bildet vielleicht Pseudomorphosen. Nr. 16. Fuß des Yülung-schan ober Ndaku, nördlich von Lidjiang. Diese Probe ist ein sehr stark zersetzter Diabas. Feinkörnig bis dicht, graugrün von Farbe. Br MM. fallen‘ die frischen Feldspate:. auf, "die, , kleine blasenartige Hohlräume ausfüllen oder in kleinen Nestern auf- treten; ihre Frische, ihr abweichendes Auftreten läßt sie sofort als eine spätere Bildung erkennen. Rundlich in ihrer Form, sind sie wegen ihrer mangelhaften Zwillingsbildung Quarz nicht unähnlich. Die geringe Lichtbrechung, « < 1:54, = 1:54, sowie die Spalt- barkeit unterscheidet sie. Es ist also ein Albit, der vorliegt; der positive Charakter ist damit im Einklang. Ein sehr feinfaseriges Aggregat von Chlorit oder lappig geformter Calcit begleitet manchmal den Albit. Quarz fehlt vollständig. Alles übrige im Gestein besteht aus einem Gemenge feiner Komponenten, die durchwegs bereits sekundär sind. Keine Spur der primären Minerale ist erhalten geblieben. In der Hauptsache ist ein Filz feiner Nadeln einer strahlsteinartigen Hornblende am 306 A. Köhler, Aufbau beteiligt; feinkörniger Titanit (Leukoxen) hat große Ver- breitung und ist gleichmäßig über den ganzen Schliff verteilt. An Menge zurücktretend ist ein Chlorit, nach den niederen, unter- normalen Interferenzfarben und negativem Charakter zum Pennin gehörig. Epidot, der hier zu erwarten wäre, ist nicht mit Sicherheit zu erkennen. Das Gestein befindet sich sonach in einem Übergangsstadium zu einem Grünschiefer, läßt aber die Struktur des Tiefengesteins noch erkennen. | Eine gewisse Ähnlichkeit zeigt Nr. 17. Wali am Yalung, Südwest-Setschwan. Grünschiefer. Das grüne, schwarzgrün gefleckte Gestein ist bereits deutlich geschiefert, besitzt matten, erdigen Querbruch und fettglänzenden Hauptbruch. -U.' d. M. zeigt jisich Rocher sehr verwaschenes Bild der Erstarrungsstruktur. Der Umstand, daß die füheren Gesteinskomponenten bereits restlos umgewandelt sind, sowie die deutliche Schieferung rechtfertigt die Bezeichnung Grün- schiefer. Die schwarzgrünen Flecken erweisen sich als Pseudo- morphosen von Chlorit nach früheren Einsprenglingen. Nach der Form zu schließen, waren diese zum Teil gewiß Olivin, andere zeigen aber ganz unregelmäßige Begrenzungen und dürften nicht Olivin gewesen sein. Der Chlorit bildet ein farbloses oder schwach grünliches, äußerst feinschuppiges Aggregat. Doppelbrechung ist sehr gering, Interferenzfarben anomal lederbraun, «a in der Längs- richtung der Schuppen, der Chlorit steht also dem Klinochlor nahe. Die »Grundmasse« wie auch die »Einsprenglinge« durch- schwärmen in gleicher Weise, unbekümmert um .die Struktur, eine große Zahl sehr kleiner Hornblendenadeln. Sie sind farblos oder schwach grünlich gefärbt, Pleochroismus somit sehr undeutlich. Er US, Einige Verbreitung besitzen Magnetitoktaeder, oft mit Leukoxen- rand. Sehr groß ist der Ti-Gehalt des Gesteins, der aus dem stark verbreiteten Titanit erschlossen werden kann. Das mikroskopische Bild ist ganz trübe, durch die zahlreichen winzigen Körner der- selben. Wo er sich zusammenballt, ist er durch die schmutzigweiße Farbe im auffallenden Licht und seine hohe Licht- und Doppel- brechung im durchfalienden Licht mit Gewißheit zu erkennen. Den Hauptanteil an der »Grundmasse« hat der erwähnte Chlorit, der durch seine Parallelstellung die Schieferstruktur hervorruft. Das Handstück stammt aus den Goldgruben in Wali. Das spezifische Gewicht wurde mit 2°88 bestimmt. Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. 30; Nr. 18. Von Schuba, Yangdse-Mekongkette, östlich von >, \S, oO $) Yetsche, Nordwest-Yünnan. Diese Probe ist ein feinkörniger, graugrüner Diabas. Mehr als die Hälfte des Gesteins bildet ein Plagioklas, dessen schmale Leisten typisch sind. Zwillingsbildung nach dem Albitgesetz und solche in Verbindung mit dem Karlsbadergesetz ist die Regel. Neubildungen sind Sericit und ein chloritisches Mineral. Ein Schnitt der symmetrischen Zone bei einem Doppelzwilling gibt eine Aus- löschung für den [6] [6] Kar 12223 45° Falle DE 2 = okion > | DD SPS entsprechend 65°/, An für Kern, 50°), für Hülle. Zonenstruktur ist bei den größeren Individuen (bis 1 mm) wahrnehmbar. Der Pyroxen, ein gewöhnlicher basaltischer Augit, tritt an Menge gegen Plagioklas zurück und kam später zur Ausscheidung, wie seine xenomorphe Form und sein Auftreten als Lückenbüßer zwischen dem Feldspat-Sparrenwerk zeigt (Intersertalstruktur). Er ist verhältnismäßig frisch. Oft ist er am Rande von einer blaß- grünen Hornblende parallei umwachsen. In manchen Fällen sieht es aus, als würde eine Uralitisierung Platz greifen. Gebilde von unbestimmter Form, die hauptsächlich aus Chlorit und Epidot bestehen, sind wahrscheinlich Pseudomorphosen nach einem anderen dunklen Gemengteil. Erz ist wenig vorhanden. Es ist gleichfalls erst nach dem Feldspat mit Pyroxen zur Ausscheidung gelangt. Nr. 19. Vom Hang ober Gaoyao bei Ningyüen, Südwest- Setschwan. Das kleine Stückchen, das mitgebracht wurde und gerade nur zur Schliffbereitung genügte, läßt sich als Uralitdiabas klassi- Nizieren. Gemengteile sind: Plagioklas: bildet I bis 2mm große, schlecht umgrenzte, nach der «-Achse gestreckte Individuen. Beide Brechungsexponenten liegen unter 1°54, der optische Charakter ist positiv, daher haben wir es mit Albit zu tun, dem Entkalkungsprodukt eines einst basischen Plagioklases. Die Zersetzung ist eine recht starke, Horn- blendenädelchen dringen von außen her in den Feldspat hinein; neugebildete kleine Schuppen eines grünlichbraunen Biotits sind gleichfalls nicht selten dabei beteiligt. Menge des Feldspates ein Viertel bis ein Drittel des Gesteins. | Starke Verbreitung hat ein Hornblendemineral, das seinem Auftreten nach zweifellos sekundär ist. Es besitzt keine kristallo- 308 A. Köhler, graphische Umgrenzung, zeigt aber öfter die Form, die an frühere Einsprenglinge erinnert; in diesem Falle sind alle Fasern homoachs. Aber auch die Mesostasis ist gänzlich in ein Haufwerk dieser Nadeln umgewandelt. Der Pleochroismus ist sehr deutlich mit 7= intensiv blaugrün, a = hellgelblichgrün. Auslöschung cy = 15°. Doppelbrechung ist ziemlich hoch. Ich möchte daher von Uralit sprechen. | | Titanit in größeren Körnern nicht selten. Die hoch licht- brechenden Körnchen in den Uraliten gehören jedenfalls auch zum Titanit. Optisch positiv, pr >v, 2E sehr klein. Erz in kleinen Oktaedern ist häufig. Sekundärer Entstehung ist weiters der Quarz, der kleine Nester bildet, und Caleit. Nr. 20. Sattel Hengschang-schan, westlich von Lidjiang, Nordwest-Yünnan. Olivindiabas. Das Handstück ist schwarzgrün, von splittrig körnigem Bruch. Mehrere Millimeter große bastitartig schimmernde Flecken mit den Umrissen des Olivins lassen sich erkennen. Im Mikroskop zeigt sich, daß noch Reste dieses Minerals erhalten sind. Bei kleinen Einsprenglingen ist es allerdings ver- schwunden. Die homoachse Pseudomorphose, % liegt über 7, sieht einem Iddingsit ähnlich. Der Pleochroismus ist sehr schwach, =-strohgelb mit einer Nuance grünlich, x = strohgelb. Doppel- brechung um 0'012 herum. Optisch zweiachsig, negativ, 2E scheinbar klein. Kurze, scharfe Spaltrisse durchsetzen die ganze Pseudomorphose. Auslöschung, etwas undulös, in bezug auf diese ist gerade. Gegen den Rand hin findet ein allmählicher Übergang in ein serpentinartiges Mineral statt, ohne daß sich ein Unterschied in der Lichtbrechung oder Auslöschung zeigt. Anhäufungen kleiner Erzkörnchen und eines blaßgrünen Chloritminerals sind ab und zu vorhanden. Die Verdrängung des Olivins findet vom Rande oder von Spalten aus statt, wie bei der gewöhnlichen Serpentinisierung. Über die Zersetzungsprodukte des Olivins gibt es bereits eine: Reihe von Beobachtungen. Man findet eine Zusammenstellung der häufigsten Typen dieser mineralogisch schwer faßbaren Produkte in H. Michel: Geologisch-petrographische Untersuchungen im Gebiet der Erzgebirgsbruchzone westlich Bodenbach; in Tscherm. min. petr. Mitt, Bd. 32, p. 281. Das vorliegende Mineral läßt sich“ mit keinem Typus völlig identifizieren. Die Ähnlichkeit wäre mit Or noch am größten. Die Grundmasse wird etwa zur Hälfte von Augit gebildet. Er ist allotriomorph, ey =43°, y — ». um 0023. Feldspatleistchen von sehr geringer Größe und stark chloritisiert, sind noch er- kennbar. Erz ist viel vorhanden und dürfte dem Magnetit ange- hören. Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. ug Nr. 21. Vom Yülung-schan. bei Lidjiang, oberhalb Ngulukö. Das dunkelgraue, dichte Probestück sieht makroskopisch eher einem Sedimentgestein ähnlich. Erst im Mikroskop erweist es sich als stark veränderter Tholeiit; die Intersertalstruktur ist hier typisch. Außer den Resten von Plagioklas und Erz sind sämtliche primäre Bestandteile verschwunden. Der Plagioklas bildet etwa die Hälfte bis ein Drittel der gesamten Gesteinsmasse. Infolge der starken Chloritbildung ist keine optische Bestimmung möglich. Das Erz bildet ganz unregel- mäßige, lappige Formen. Alles übrige ist ein Gemenge von Chlorit, Epidot und Calcit. Vielleicht verbirgt sich unter letzteren auch fein verteilter Titanit. Ns 22. Von.» Tsedjrong ‚am: Mekong, :' Nordwest- Yünnan. | Die Probe wurde nicht anstehend gefunden, sondern als »Rollstein«, von Norden kommend. Seinem Aussehen nach ist es gleichfalls ein Diabas. Mit freiem Auge lassen sich größere Hohl- raumausfüllungen von Quarz und einem dichten, grünlichen Mineral erkennen, sowie rote, einsprenglingsartige Gebilde, die aus Kalkspat bestehen. Lichtgrünliche, schmale Leisten mit deutlicher Spaltbarkeit sind als Plagioklase unschwer zu erkennen. Die grünlichgraue Grundmasse erscheint dicht. Das Bild im Mikroskop zeigt folgendes: Die roten Flecken bestehen aus fiederförmig angeordneten Calcitindividuen, die ihre rote Farbe dem Gehalt an feinverteiltem Hämatit verdanken. Andere Gebilde bestehen außer diesem Caleit noch aus Quarz oder dieser ist allein vorhanden. Da eine regel- mäßige Umgrenzung fehlt, handelt es sich gewiß um Ausfüllung mandelartiger Hohlräume, nicht um Pseudomorphosen, die bei der Größe wohl idiomorph sein müßten. Stets sind diese Gebilde von einem schmalen Saum schuppig-faseriger Delessitindividuen um- geben. Der Pleochroismus ist deutlich mit allen Nuancen von grünlichgelb bis grün oder gelblichbraun nach 7’ und hellgelblich oder blaßgrünlich nach a. Die Doppelbrechung ist zum Teil sehr schwach, steigt aber andrerseits bis 0:02. Ich vermute, daß es sich um verschieden zusammengesetzte Chloritminerale handelt, die zum Delessit zu stellen wären. Kleine Hohlräume sind zur Gänze mit Delessit ausgefüllt. Innerhalb dieser feinschuppigen Aggregate liegen oft kleine Nester eines höher lichtbrechenden Chloritminerals, las wegen seiner Kleinheit nicht näher beschrieben werden kann. Die Plagioklase treten als größere, schon makroskopisch erkennbare Einsprenglinge und außerdem in Form sehr kleiner, nach M und P gestreckter Leisten auf. Ein Doppelzwilling zeigt 310 A. Köhler, folgende kombinierte .‘Auslöschungen: 1 — War 77 Aus meinen Kurven folgt daraus eine Zusammensetzung von 8°/, An. Die kleinen Leisten haben die gleichen Brechungs- exponenten wie die Einsprenglinge, nämlich © <1:'54, y=1:54. Als Zersetzungsprodukte sind die oben beschriebenen Chlorit- und Delessitmineralien vorhanden, daher die grünliche Farbe. Der große Gehalt an Feldspat und sein Auftreten als Einsprengling sind bemerkenswert und erinnert an den Typus der Norite. Ein weiterer Gemengteil ist der Titanit, der in Häufchen kleiner Körner oder in der Form: des Leukoxens: recht zahlreich vertreten ist. Oft läßt sich noch der Zusammenhang mit dem Erz, Ilmenit oder Titanomagnetit erkennen, das im ganzen Schliff ver- breitet ist. Auch der Hämatit in Kleinen, randlich goldgelb durch- scheinenden Blättchen ist auch außerhalb der oben erwähnten Calcitbildungen verbreitet. | Nr. 23. Vom gleichen Fundort wie Nr. 14. Aus der Nähe der Fundpunkte von Nr. 14 und 21 geht die Ähnlichkeit beider Proben hervor. Der vorliegende Diabas ist sehr stark verwittert, von graugrüner Farbe mit schwarzen, unregel- mäßigen Flecken. Der Plagioklas ist nicht in den Mandelräumen zur Aus- kristallisation gekommen, er tritt wie gewöhnlich in zahlreichen Leisten in der Grundmasse auf. Die starke Trübung durch Neu- bildungen verhindert eine genaue Bestimmung. a = <1'54,y= 1"54, also ein, Albit mit wenig; Brozent,An! Der Pyroxen ist ein normaler Augit von den Eigenschaften des in Nr. 14 beschriebenen. Titanit scheint etwas reichlicher vorhanden zu sein und deutlich kennbar aus Ilmenit hervorgegangen, der zum Teil noch im Kern solcher Leukoxenflecken erhalten geblieben ist. Durch Sammelkristallisation des teinkörnigen Leukoxens kommt es zur Bildung rundlicher oder ovaler Titanitkörner. Die oben erwähnten schwarzen Flecken sind im Dünnschliff gelbgrün und bestehen aus einem Gemenge sehr feinfaseriger bis dichter Chlorit- oder Delessitmineralien, die durch ihre wechselnde Optik eine recht variable Zusammensetzung verraten. Die Um- grenzung der Flecken ist eine ganz unregelmäßige, es liegen keine Pseudomorphosen vor, sie füllen meist die Lücken zwischen Feldspat und Pvyroxen, stellen also die umgewandelte Mesostasis dar. Nr. 24. Von Gwanschan, nördlich Djientschwan, Nord- west-Yünnan. Ein Mandelstein, der große Ähnlichkeit mit Nr. 19 hat. In. der dichten, grauen Grundmasse liegen zahlreiche rötlichweiße Mandelausfüllungen, die auch hier fast ausschließlich aus Plagioklas Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. sll bestehen. Dieser ist gerade so beschaffen wie in Nr. 15. Zersetzung sehr stark, Sericit und Epidot sind hier erkennbar. In der Grund- masse tritt der Plagioklas stark zurück gegen die hier herrschenden Pyroxene und Erze, er ist nicht idiomorph, sondern undeutlich umgrenzt und ist an seiner schwachen Licht- und Doppelbrechung erkennbar. mer Auysit? ist senau ‘so beschaffen wie 'ın Nr.‘ 19. Die’ Dis '1/, mm. großen Individuen sind xenomorph. Das Erz ist in der Hauptmasse Magnetit in Oktaedern; Hämatit und Limonit sind sekundär. Titanit in kleinen Körneraggregaten ist recht verbreitet. Die Bildung aus dem Magnetit ist nur selten deutlich zu sehen, er liegt im ganzen Schliff verbreitet, unbekümmert um den Magnetit. Chloritische Zersetzungsprodukte sind nicht häufig. Nr. 25. Zwischen Tienwet und Niusai, nördlich von'Dali, West-Yünnan. Ein sehr zersetztes, dichtes Diabasgestein, das man nach seiner Prüfung im Mikroskop als Spilit bezeichnen kann. Diese Bezeichnung wird gerechtfertigt durch den Mangel an Einspreng- lingen und durch das Auftreten zahlreicher, schmaler Feldspatieisten in einer vollkommen dichten Grundmasse. Die Auslöschung der Feldspatleisten liest um 0° herum, soweit sie sich bei der vorge- schrittenen Zersetzung noch beobachten läßt. Der Brechungs- exponent scheint von dem des Kanadabalsams nur wenig ver- schieden zu sein. Von den übrigen Gemengteilen wäre feinverteiltes Erz, Karbonat und etwas Delessit zu erwähnen. Im folgenden werden zwei weitgehend veränderte Derivate von basischen Gesteinen obiger Art besprochen, daran sich die Beschreibung mehrerer metamorpher Tuffe, beziehungsweise Tuffite schließen wird. Nr. 26. Vom Westfuß des Dji-schan, nordöstlich von Dali, Yünnan ist ein Epidosit. Dieses interessante Gestein ist von gelb- grüner Farbe, sehr hart, splittrig brechend und zeigt zahlreiche dunkelgrüne Streifen von 1 bis 2 mm Dicke und bis 1 cm Länge. Kleinere Quarzputzen sind auch zu erkennen. Im: Dünnschliff zeigt sich ein feinkörniges Gemenge von Epidot und Quarz. Beide sind durchwegs xenomorph, mit oft buchtigen Grenzen, ohne poikilitische Struktur. Der Epidot ist an der fleckigen Farbenverteilung, den ‚scharfen Spaltrissen nach (001) und der hohen Lichtbrechung leicht zu erkennen. Seine Doppel- brechung beträgt 0°040 bis 0°045, was nach M. Goldschlag! 1 M. Goldschlag: Über die optischen Eigenschaften der Ep’do:e. Tscherm. 2 ‚peter. , Mitt, ;Bd...35,.,H:"1. bis: 2, .p. ;55. Sitzungsbericht=z d. mathem.-naturw. Kl., Abt.1, 132. Bd. 23 312 A. Köhler, einem Gehalt von zirka 30 / . Eisenepidot entspricht. Damit stimmt der optisch negative Charakter und ein verhältnismäßig kleiner Achsenwinkel überein. Die grünen Streifen, die man am Handstück bemerkt, sind im Schliff farblos durchsichtig und bestehen aus dem gleichen Mineralgemenge wie die Hauptmasse, nur sind Epidot und Quarz etwas gröberkörnig ausgebildet. An den Umrissen dieser Gebilde erkennt man, daß es sich um Pseudomorphosen eines Einsprenglings handelt, der wahrscheinlich ein Pyroxen war. Die makroskopisch konstatierten Quarzputzen zeigen im Mikroskop rhombenförmige Umrisse und bestehen fast durchwegs aus einem Quarzkornaggregat, dem sich ab und zu ein Epidotkorn zugesellt. Form (es kommen nie längliche Formen vor) sowie die verschiedene Mineralsubstanz sprechen entschieden dafür, daß hier ein anderer Einsprengling vorhanden war. Es läßt sich darüber keine Aussage machen, viel- leicht war es ein Olivin? Solche Umwandlungen verschiedener Gesteine in Epidosite sind lange bekannt. Eine solche, aus Melaphyr hervorgegangen, beschreibt z. B. W. Bergt.! Die oben angeführten Pseudomorphosen lassen ein basisches Gestein vermuten. Auskunft darüber könnte nur eine feldgeologische Untersuchung gewähren. Sprechend für diese Annahme scheint mir der reichliche Titangehalt zu sein, der in Form winziger Körner von Titanit große Verbreitung hat. Er wird seine Entstehung hauptsächlich dem 77 O,-Gehalt der Pyroxene verdanken. | Bemerkenswert ist, daß Feldspat durchaus fehlt. Es muß also mit der Epidotisierung eine Wegfuhr der Alkalien und zugieich eine Zufuhr von SiO, stattgefunden haben, worauf auch die mit Quarz erfüllten Spalten hinweisen. Ganz untergeordnet tritt etwas feinschuppiger Hämatit auf. Das spezifische Gewicht wurde mit 3'134 bestimmt. Nr. 27. Von Ngulukö bei Lidjiang. Diese merkwürdige Bildung, nach Handel-Mazzetti »ein Rollstein, jedenfalls vom Hang des Yülung-schan, in den Mauern der Häuser sehr häufig«, ist aus radialstrahligen Kugeln zusammen- gesetzt, die in einer schwarzgrünen, delessitartigen Masse einge- bettet sind. Im Mikroskop sehen diese, im Durchschnitt > mm großen Kugeln wie Chalzedon aus, da aber in der Längsrichtung der Fasern y schwingt, so muß bereits eine Umwandlung in Quarz stattgefunden haben. Unregelmäßig zerstreut liegen kleine, rundliche Gebilde, die aus wirr angeordneten sehr kleinen Muscovitschüppchen 1W. Bergt: Beitrag zur Petrographie der Sierra Nevada de Santa Marta etc. Tscherm. min. petr. Mitt., Bd. 10, H. 4 bis 5, p. 331. Hier auch Literatur. . vi. .. [D) Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. 1 bestehen. Der Delessit ist stark doppelbrechend, die Schuppen sind deutlich pleochroitisch mit y = dunkelgelbgrün, & = hell- gelbgrün. Nr. 28. Von Fongkou am Yangdse, nördlich von Lidjiang. | Diese Probe ist eine typische Pyroxenminette. In dem stark verwitterten graugrünen Handstück sind zahlreiche Biotitblättchen zu sehen, die eine Größe bis zu 1cm erreichen. Weitere Gemeng- teile sind ohne Mikroskop nicht erkennbar. U. d. M. zeigen sich Einsprenglinge von Biotit und Pyroxen in einer holokristallinen Grundmasse von Biotit, Pyroxen und großen, poikilitischen Orthoklasen. Charakteristik der einzelnen Gemengteile: Biotit tritt, wie bemerkt, in zwei Generationen auf, als Ein- sprenglinge von bedeutender Größe und mit gut umrisssenen Formen, und als jüngere Bildung in Form kleiner Schuppen. Die größeren Individuen sind deutlich zonargebaut, der Rand ist dunkler, also eisenreicher. Pleochroismus für den Kern: y = hellbraun, & = farb- es erlie Tür die Hülle, x = dunkelbraun, & = hellbraun im Kern Im Konoskop öffnet sich das Achsenkreuz kaum merklich. Chloriti- sierung hat nur mäßig stattgefunden. Der Feldspat ist nach den optischen Eigenschaften ein Orthoklas. Brechungsexponenten sind geringer als 1°54, optischer Charakter negativ, Auslöschung nach den Spaltrissen nach (010) gerade. Die Trübung durch Zersetzungsprodukte ist eine sehr weit- gehende, Kaolin, dürfte sich unter diesen in erster Linie beteiligen. Auffallend ist die Größe der Individuen. Die Umrisse sind zwar nie deutlich, doch läßt sich aus dem gleichzeitigen Auslöschen auf die Größe schließen. Vielfach werden Biotit und Pyroxen umschlossen. Zwillingsbildung nach dem Karlsbadergesetz ist zu konstatieren. Der Pyroxen ist ein gewöhnlicher Augit mit Annäherung an Diopsid. cy = 43°, Achsenwinkel ist klein. Doppelbrechung die normale. Ältere Ausscheidungen sind idiomorph, kleine, acht- seitige Säulen scharen sich zu Gruppen zusammen. Die jüngere Generation ist ohne kristallographische Umgrenzung. Zwillinge nach (100) häufig. Ab und zu sieht man im Schliff eine parallele Fortwachsung durch Ägirin. cyum 90° herum, y = tiefgrün. Kleine Säulchen finden sich zerstreut auch allein vor. Apatit ist nicht selten, Titanit .gleichfalls. Letzterer ist meist idiomorph und gehört sicher zu den primären Gemengteilen, was für Minetten nicht gewöhnlich ist. Magnetit in kleinen Oktaedern um die Augite herum ist verbreitet. . Nr. 29. Vom Westhang des Passes Nguka-la von Dschung- dien zum Yangtse, Nordwest-Yünnan. 314 | A. Köhler, Diese Probe ist ein vulkanischer Tuff. Lapilli von grüner oder grauer Farbe, deutlich geschichtet und etwas geschiefert, setzen ihn zusammen. Die einzelnen Lapilli sind bald ganz glasig, andere an kristalline Ausscheidungen von Plagioklas erkennen. Der Brechungs- exponent ist annähernd 154. Alles übrige ist sekundär, wie Chlorit, Calcit, Sericit, Epidot und Leukoxen. Alle diese Produkte sind ungemein klein und machen den Schliff fast undurchsichtig. Ein zweites Handstück vom gleichen Fundort ist dem ersten ganz ähnlich. Unter den Neubildungen sind hier noch Nadeln von einer strahlsteinartigen Hornblende vorhanden. Nr. 30. Vom Hwang- liangdse, nördlich von Yenyüen, Südwest-Setschwan. Das Aussehen dieses Gesteins ist das eines grünen Ton- schiefers. Beimengungen feiner vulkanischer Asche rechtfertigen die Bezeichnung Tuffit. Auf dem Querbruch zeigt sich eine feine Lagentextur. In kalter Salzsäure erfolgt lebhaftes Aufbrausen; eine beträchtliche Menge Ton, der sich schon durch seinen Geruch kundgibt, bleibt beim Auflösen zurück. Der Kalkgehalt beträgt rund 75°/,. Der Calcit bildet kleine, lappige Individuen, wo sie größer werden (einige Zehntel Millimeter) sind Zwillingslamellen nach (1012) erkennbar. Manche dünne Lagen sind wesentlich aus klastischem Quarz und Feldspat zusammengesetzt. Die letzteren sind ihrem Aussehen nach sicherlich allothigen. Brechungsexponenten sind: « —< 1:54, Y‘=1'54, also liegt Albit mit nur wenig Prozenten An vor. Die frische Beschaffenheit ist bemerkenswert und spricht nicht für eine Abkunft von einem diabasartigen Gestein; dagegen ist der große Reichtum an fein verteiltem Titanit für die Annahme sprechend. Die starke Chloritbildung läßt die feine vulkanische Asche, die dem Sediment beigemengt war, nicht mehr deutlich erkennen. Ein ganz anderes Aussehen haben die folgenden drei Gesteins- proben, ein Tuff und zwei Tüffoide, die durch ihre. intensiv rote Farbe schon äußerlich von dem vorigen unterschieden sind. Es würde mir eher scheinen, als wären diese Tuffe von sauren Gesteinen abzuleiten. Ohne Beobachtung im Felde ist natürlich eine sichere Entscheidung ausgeschlossen. Nr. 31. Von Schilungba bei Yünnanfu. Schwarze und braune Lapilli von mehr wie Zentimetergröße und Calcit als Bindemittel bilden die Hauptmasse. U. d. M. zeigt sich oft gut die Tropfenform der Lapilli, die im wesentlichen aus Glas mit schlierenartig verteilter Färbung bestehen, mitunter Mikro- lithe von Feldspat enthalten und durch Calcit und teilweise durch ein opalartiges Mineral fest zusammengebacken werden. Feinere Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. 3:9 Aschenteile mengen sich dazu. An einem etwas größeren Feldspat- individuum ließ sich der positive Charakter der Doppelbrechung und die Brechungsexponenten a’ < 1:54, Y’ = 1'54 bestimmen. Andere leistenförmige Durchschnitte sind völlig isotrop, hier dürfte eine Umwandlung in Opal vorliegen. Eine Umbildung in Zeolithe scheint gleichfalls vorzukommen, was aber wegen der geringen Dimensionen nicht mit Sicherheit bestimmt werden kann. Das schwach licht- und doppelbrechende Mineral, das manche Blasen- räume ausfüllt, gehört jedenfalls zu den Zeolithen. Die Rotfärbung ist durch fein verteiltes Eisenoxyd verursacht. Nr. 32. Yangdse-Kanon bei Lagatschang, nördlich von Yünnanfu. - Ein Tuffit von intensiv roter Farbe. Es fehlen die Lapilli der vorigen Probe, feine Aschenteile, mit Sedimenten gemengt, setzen das Gestein zusammen. Die starke Trübung durch eisen- schüssigen Ton verhindert eine scharfe Bestimmung der einzelnen Komponenten. Sicher zu erkennen ist Quarz an seiner Einachsigkeit und positivem Charakter. Er tritt in rundlich-eckigen Körnern auf und ist wohl klastischer Herkunft. Das Gleiche gilt von Feldspat- partikelchen und verbogenem farblosem Glimmer. Zahlreiche, mannigfach verästelte Spongienreste, meist opalisiert, beweisen die submarine Ablagerung. Nr. 33. Fuß des Lungdschu-schan bei Huili, Setschwan. Tuffit, ähnlich dem vorigen, nur ist die Beimengung von Ton eine noch stärkere, so daß der typische Geruch beim Anhauchen deutlich wahrnehmbar wird. Auch hier sind klastische Quarzkörner beigemengt und rundliche oder ovale Gebilde von Muscovit, parallel mit Chlorit verwachsen, sind als Pseudomorphosen nach Feldspat- körnern anzusehen, wie sie weiter unten in Nr. 51 besprochen werden. Allenthalben durchziehen feinste Sericitschüppchen, die erste Stufe der Metamorphose, das Gestein. Gröbere Aschenteile sind nicht zu bemerken, es kam hier feinste Asche mit dem tonigen Sediment zur Ablagerung. Spongien fehlen. Nr. 34. Vom Osthang des Tschangdschung-schan bei Yünnanfu. »Bildet, gegen den Fuß von Mergeln überlagert, den Ost-, und, anscheinend übereinstimmend, auch den Westhang des Tschangdschungschan nördlich der Stadt Yünnanfu, dessen Kamm aus beinahe senkrecht östlich einfallenden paläozoischenr Kalk- schichten in NNE—SSW-Streichen besteht, die im Süden durch diesKibene abgesunken sind und sich jenseits des Sees in der Hsi-schan-Kette fortsetzen.« | Dieses Gestein ist nicht mit Sicherheit zu klassifizieren. Es wird sich um einen veränderten Tuff handeln. Auf frischem Bruch zeigt die Probe alle möglichen Farben wie gelb, braun, rot, schwarz. Kugelige Bildungen erreichen eine Größe von l1cm und darüber. Im Mikroskop sieht man eine im allgemeinen braune, isotrope 316 A: Köhleı, Masse, in der nur wenige kristalline Ausscheidungen liegen. Darunter sind wohl die merkwürdigsten Körner von Zirkon, die an der hohen Lichtbrechung so wie am positiven Charakter als solcher bestimmt werden muß. Auch die Doppelbrechung stimmt für dieses Mineral; es kann wohl nur klastischer Herkunft sein. Andere doppelbrechende Körner sind deutlich pleochroitisch, farblos — bläulichgrau, optisch einachsig negativ, also Turmalin. In kleinen Blasenräumen sieht man ein delessitartiges Mineral, das mit einem schwach licht- und doppelbrechenden Mineral, vermutlich einem Zeolith, zusammen vorkommt. Eisenerze, Hämatit, vielleicht auch Limonit sind in beträchtlicher Menge. vorhanden, daher das hohe spezifische Gewicht von 3°19. Auf die Besprechung der Eruptiva folge nun die der Sedimente. Auch hier werde ich Gleichartiges zusammenstellen. An die Spitze stelle ich einige Gesteine, die wohl aus Sedimenten hervorgegangen sind, aber durch ihre mehr oder minder vollkommene Umkristalli- sation zu kristallinen Schiefern geworden sind. Daran werden sich die Sandsteine anschließen, dann die Tonschiefer und schließlich die kalkigen und dolomitischen Sedimente. Auf die Stellung in der Stratigraphie aller dieser Gesteine kann ich nicht eingehen. Es wird darüber in einer späteren Arbeit gesprochen werden. Nr. 35. Schangliangdse, westlich Dötschang, he Setschwan. Diese Probe ist als Sericitquarzitschiefer zu bezeichnen. Das graugrüne Handstück ist deutlich geschiefert und. gefältelt. Im Mikroskop sieht man Quarz, der ein granoblastisches Ge- webe bildet, unduiös auslöscht und zirka die Hälfte des Gesteins ausmacht. Größe der einzelnen Individuen beträgt wenige Zehntel Millimeter. In fast gleicher Menge durchzieht ein feinschuppiger Filz von Sericit den Schliff. Als Neubildung tritt ein Chlorit mit den optischen Eigenschaften des Pennin dazu. Braunfärbung auf Spaltrissen wird durch Eisenhydroxydverbindungen hervorgerufen. Runde Zirkonkörner sind selten. Es wechseln im Handstück quarzreiche Lagen mit solchen, die früher aus fast reinem Ton bestanden. Nr. 36. Tschranalaka ober Tseku am Mekong, Nordwest- Yünnan. | Quarzepidotschiefer. Dieses Stück stammt vom gleichen Fundort wie Nr. 7. Es wechseln Lagen von kristalloblastischem Quarz, Epidot und Tuffmaterial ab. Die Quarzkörner sind von zahlreichen Tremolithnadeln durchzogen. Der Epidot ist deutlich pleochroitisch, optisch negativ mit hoher Doppelbrechung, ist also sehr eisenreich. In den außerordentlich stark getrübten eruptiven a äh a Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. 317 Beimengungen lassen sich noch Feldspatleisten erkennen, im übrigen hat die Metamorphose das Bild verwischt. Nr. 37. Dsowa, nördlich der Yangdseschleife, Nordwest- Yünnan. »In der Taltiefe und am westlichen Hange bis in größere Höhe Schiefer fast senkrecht mit nur wenig westlichem Einfallen gestellt, N—S streichend, darüber am östlichen Talhang (diskordant’?) zirka 30° steil SE einfallend und im Hangenden konkordant folgend: der hier beschriebene Phyllit, blätterige (ebenfalls phyllitische?) Schichten und roter (nur durch Verwitterung?) Sandstein.« Quarzphyllit. Das lichtblaugraue Handstück ist gut ge- schiefert, ziemlich mürbe, läßt keine Gemengteile mit freiem Auge erkennen. U. d. M. sieht man ein äußerst feinstruiertes Quarz- kömasperesat und Glimmer. Der Pleochroismus ist deutlich, und zwar y = grau, & — hellgrau bis farblos. Striemen und Streifen dieses Glimmers sind nach der Schieferung gestreckt und wechseln mit Quarzkornbändern ab. Die Menge beider ist ziemlich gleich. Akzessorisch sind: Rutilnädelchen, mitunter Zwillinge nach (101), Säulchen von Turmalin und abgerollte Zirkonkörner. Graphitische und limonitische Substanzen sind verbreitet. Nr. 38. Yangtse-Tal, von Tschütien bis Dschugoli, östlich von Weihsi, Nordwest-Yünnan. Dunkelgrauer Quarzit. Das Handstück zeigt neben der primären Schichtung auch schon wahrnehmbare Schieferung. Seidenglanz auf der Schieferungsfläche ist zu beobachten. Im Mikroskop sieht man sehr zahlreichen Biotit und Muscovit mit dem sgranoblastischen Quarzkornaggregat vergesellschaftet. Der Quarz steht meist mit der Hauptachse normal zur Schieferung (Trener’sche Regel). Er bildet die Hauptmenge des Gesteins. An Menge recht bedeutend sind die beiden Glimmer (in ungefähr gleichem Verhältnis); dazu kommen noch akzessorische Gemengteile. Die Biotitschuppen sind in der Regel nach der Schieferung gestreckt. Stehen sie normal dazu, dann erscheinen sie kurztafelig, ein Beweis für ihre Kristalloblastese.. Durch solche quergestellte Idioblasten geht die Schieferung des Gesteins und die feine Fältelung ungehindert durch (helizitische Struktur). Der Muscovit tritt ahnlich wie Biotit auf, nur fehlen ihm srößere Individuen, er bildet kleinere Schuppen. Parallele Ver- wachsung mit Biotit ist selten. Akzessorisch sind: Turmalin, kleine Säulchen bildend, Apatit in kleinen, farblosen Säulchen und Zirkon. Letzterer ist sicher klastisch, während die ersteren Produkte der Kristalloblastese sind. Nr..39. Schilungba bei Yünnanfu. Quarzit. Dichtes, grünliches Gestein mit geibbrauner Ver- witterungsrinde. Außer Quarz und Sericit ist noch ein chloritisches Mineral häufig, das randlich meist in ein gelbliches Zersetzungsprodukt 318 | A. Köhler, umgewandelt ist. Hauptsächlich füllt es die das Gestein durch- setzenden Risse aus. Akzessorisch ist Apatit. Bemerkenswert wäre noch die Ungleichmäßigkeit der Korngröße beim Quarz. Nr. 40. Zwischen Yungbei und Datschang, Nordwest- Yünnan. Ä Quarzitsandstein. Das hellgraue, teilweise etwas rötlich gefärbte Gestein ist sehr fest, besitzt zuckerkörnigen Bruch und läßt außer den stecknadelkopfgroßen Quarzindividuen noch zahl- reiche feine schwarze Pünktchen erkennen. Das Handstück ist von einer mehrere Millimeter dicken rotbraunen Verwitterungsrinde um- geben. Die Gemengteile, mikroskopisch untersucht, zeigen folgende Eigenschaften: Quarz: Die unregelmäßig begrenzten Körner sind ohne Bindemittel aneinander gepreßt, löschen meist undulös aus und zeigen oft randlich die ersten Spuren einer Umkristallisation. Winzige Einschlüsse sind häufig, in feinen Streifen normal zur Hauptachse (Böhm’sche Streifung). Die Menge beträgt zirka drei Viertel des ganzen Gesteins. Die makroskopisch wahrnehmbaren schwarzen Pünktchen sind kleine Tonschieferbrocken. Sie sind ungemein fein struiert und mehr oder minder reich an Sericitschüppchen. Ihr Gehalt an graphitischer Substanz schwankt, ist aber meist recht beträchtlich. Außer wenigen Sericitschuppen zwischen den Quarzen kommen keine weiteren Gemengteile vor. Nr. 41. Lagatschang am Yangdse-Ufer, nördlich von Yünnaniu. Quarzit. Die Quarzkörner bilden ein typisch granoblastisches Gewebe. Durch Fortwachsung der Körner wird ein zahnartiges Ineinandergreifen hervorgebracht. Durch die parallele Anordnung der Quarzkörner und der Muscovitschuppen wird eine Schieferung angedeutet. Größe der Quarzkörner einige Zehntel Millimeter. Die tonigen Beimengungen sind zur Gänze in Sericit um- kristallisiert. Apatit ist zahlreich vorhanden, sowohl in abgerundeten Körnern, also allothigen, als auch in kleinen, langprismatischen Nadeln als Neubildungsprodukt. An der hohen Licht- und der niederen Doppelbrechung, sowie am negativen Charakter in Achsen- schnitten ist er leicht zu erkennen. Dem Apatit nicht unähnlich sind gleichgroße Säulchen eines schwachgefärbten Turmalins. Höhere Doppelbrechung und die stärkere Absorption von ® unterscheidet ihn. Nicht selten findet sich Calcit in größeren, unregelmäßigen Formen, stets von Limonit begleitet. In der Nachbarschaft von diesem Calcit findet sich ein farbloses isotropes Korn, vermutlich Granat. Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. 319 Nr.42. Hang des Sattels zwischen Tjiaodjio und Lemoka, östlich von Ningyüen, Südwest-Setschwan. Arkosesandstein von gelblichbrauner Farbe, stark ver- wittert. Gemengteile sind: Quarz, rundlich-eckige Bruchstücke, ungefähr die Hälfte bis zwei Drittel des Gesteins bildend. Den Rest bilden Feldspatpseudomorphosen von Sericit und Quarz. Albitkörner haben sich noch deutlich erhalten. Gelblichbraune, verbogene Biotit- schuppen, trüb infolge ausgeschiedener Eisenverbindungen, gesellen sich nebst abgerundetem, allothigenem Zirkon zu der Gesellschaft, die insgesamt von einem nicht weit entfernten Granit herstammen muß. Durchschnittliche Korngröße beträgt nur einige Zehntel Millimeter. Nr. 43. Hsinlung, nördlich von Yünnanfu. Arkosesandstein. Die Zusammensetzung ist dieselbe wie in Nr. 42; es ist etwas mehr Kalifeldspat (Mikroklin) zu erkennen. Etwas Chlorit kommt noch dazu. Nr. 44. Paß Dsiliba, östlich von Ningyüen. Diese Gesteinsprobe ist ein arkoseartiger roter Sandstein. Die undulös auslöschenden Quarzkörner sind eckig bis gerundet und durch ein limoenitisch-toniges Zement verbunden. Zahlreich sind Schiefer- und Quarzitbrocken, welche ein Drittel bis die Hälfte des Gesteins ausmachen, vorhanden. Mikroklinkörner und klastische Glimmerschuppen sind seltener. Alle Komponenten sind von an- nähernd gleicher Größe (etwa !/, mm). Nr. 45. Zwischen Djiangyi und Hokou, südwestlich von rin. Ein stark verwitterter Glimmersandstein, feine Schichtung zeigend, frei von Karbonat. Nr. 46. Biendjio, nordöstlich von Dali. Sandstein von roter Farbe mit gelblichweißen, dünnen Bändern, feinkörnig und stark verwittert. (Nicht anstehend, sondern Bachgerölle.) Nr. 47. Kanon bei Lagatschang, nördlich von Yünnanfu. Diese Probe ist ein buntgeflecktes Konglomerat, als dessen Komponenten das freie Auge (die Dimensionen erreichen 1 cm und darüber) rote Feldspate, Quarz und schwarze Schieferstückchen erkennen läßt. Bindemittel ist keines vorhanden, die Gemengteile sind fest aneinander gepreßt. Die mikroskopische Prüfung zeigt folgendes: Die intensive Rotfärbung der Feldspate läßt auf Orthoklas schließen. Es zeigt sich aber, soweit die Trübung durch den 320 A. Köhler, Hämatitgehalt es zuläßt, die typische Zeichnung der Schach- brettalbite, kurze, unterbrochene Lamellen, unscharf und ver- schwommen, jedoch das ganze Individuum durchschwärmend. Die Annahme, daß albitisierte Orthoklase vorliegen, wird durch die mikrochemische Prüfung bestätigt. Bei Behandlung mit Fluor- wasserstoffsäure wird nur das hexagonal kristallisierende Kiesel- fluornatrium ausgeschieden, nicht aber das tesserale Kieselfluor- kalium. Zu diesen roten Feldspaten treten noch weiße, im Schliff farblose Oligoklasalbitkörner, mit Albit- und Periklinlamellen. Quarz tritt gegen den Feldspat, der beinahe die Hälfte des Konglomerats bildet, sehr zurück. Er bildet eckige Körner, die stets undulös auslöschen. Große Verbreitung besitzen Bruchstücke von Quarzit und Sericitquarzit. Beide sind von äußerst feinem Korn. Dazu kommen noch Brocken von Kontaktgesteinen, wie Andulusithornfels und Turmalinfels. Der Andulusit des ersteren ist an den quergegliederten pleochroitischen Säulchen und dem negativen Charakter zu be- stimmen. Der Turmalin des letzteren bildet meist sehr kleine Säulchen, wo sie größer weıden, sind sie siebartig durchlöchert und ‚von Quarz durchsetzt. ‚Sie‘ zeigen, die ' stärkere Absorption normal zur Achse mit blaugrau, reale der Achse sind sie farblos. Ganz untergeordnet ist Chlorit und Graphit. Nr. 48. Midien, nordöstlich von Dali. Dieses, stark verwitterte Konglomerat ist durch eisenschüssige Lösungen gelbbraun gefärbt. Mit. freiem Auge läßt sich Quarz in Körnern bis zu 1 cm und ebenso große Schieferstückchen erkennen. Andere, vom selben Ort stammende Proben sind gleich zusammen- gesetzt, jedoch feinkörnig, und daher richtiger als Sandstein zu bezeichnen. Im Mikroskop zeigt sich keine größere Mannig- faltigkeit an Komponenten. Wenig undulös auslöschende Quarze und sehr feinstruierte Schiefer, die mehr oder weniger sericitführend sind, werden ohne Bindemittel aneinander gepreßt. Ein durch Eisenverbindungen gelblich verfärbter Chlorit drängt sich oit in Giese Gesellschaft hinein, Limonit in kolloidaler Form und Hämatit in oft individualisierten Täfelchen sind überall verbreitet. Limonit- pseudomorphosen nach Karbonatrhomboedern sind häufig. Nr. 49. Terasse am Hang ober Daschiban am See von Ningyüen. Diese Probe ist ein sehr feinkörniger Kalksandstein. Farbe dunkelgrau. U. d. M. ist an Gemengteilen konstatierbar: Quarz von rundlich-eckiger Form, oft undulös auslöschend, bildet etwa die Hälfte des Gesteins. Der Rest besteht hauptsächlich aus Calcit. Parallele Verwachsungen von Muscovit und Chlorit, pseudo- Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. 321 morph nach Feldspat, sind nicht selten. Körner von Plagioklas und Zirkon sind gleichfalls vertreten. Wenig kohliges und toniges Binde- mittel. Größe durchschnittlich O1 mm. Nr. 50. Datiaoku am Yalung zwischen Huili undYenyüen, Südwest-Setschwan. Kalk- und tonreicher Sandstein. Farbe dunkelgrau, dünn geschichtet. Starker Tongeruch und Aufbrausen in kalter Salzsäure lassen Ton und Kalkgehalt erwarten. Kleine, glänzende Schüppchen auf den Schichtflächen sind Sericit. Weitere Gemengteile lassen sich mit freiem Auge nicht wahrnehmen. BEN: sieht Tman kleine" Quarzkörner,. "die. zirka die Hälfte des Gesteins ausmachen. Durch die Albitlamellierung ver- rät sich der Plagioklas, ein Oligoklasalbit, mit «= 1'54, 4 > 154. Caleit ist in beträchtlicher Menge vorhanden in Form ganz un- regelmäßiger Fetzen; wo diese größer werden, ist die Spaltbarkeit nach dem Rhomboeder gut wahrnehmbar. Weitere Komponenten sind die Glimmer, von denen Muscovit und Biotit vertreten sind. Die verbogenen Formen lassen auf allothigene Herkunft schließen, Muscovit (Sericit) fehlt jedoch auch nicht als sekundäre Neu- bildung. Die Farbe des Biotits wechselt zwischen lichtbraun und lichtgrau nach y, nach oa ist er stets farblos. Chlorit findet sich häufig mit Sericit zusammen, Kleine, trübe Körner, die sich bei stärkster Vergrößerung als Gemenge feinster Schuppen von Chlorit und Sericit erweisen, dürften wohl umgewandelte Feldspate (Ortho- klase) sein. Demnach dürfte ein Granit nicht in allzugroßer Ferne sein, da die Glimmer und Feldspate von einem solchen her- stammen. Kohlige Substanzen verursachen die Graufärbung; eisenreiche Verbindungen finden sich öfter ein und färben den Schliff stellen- weise rostbraun. Nr.51. Am Yalung bei Wali, nördlich von Yenyüen. Tonschiefer von blauschwarzer Farbe, mattem Seidenglanz auf der Schieferungsfläche. Im Mikroskop sieht man klastische Quarzkörner von sehr geringer Größe (zirka 0 '05 mm), vereinzelte Muscovitschüppchen und ziemlich reichlich Karbonat in kleinen Rhomboedern. Beim Betupfen der Probe mit kalter Salzsäure tritt deutliches Brausen auf, das Karbonat ist also Calcit. Allenthalben ist ein kohliges Pigment stark verbreitet, das die mikroskopische Untersuchung stark beeinträchtigt. Nach kurzem Glühen wird das Pigment verbrannt. Dasselbe ist der Fall bei den unten zu be- schreibenden Tonschiefern. Limonitische Ausscheidungen erzeugen braune Flecken und Streifen. Tonschiefernädelchen sind sehr ver- breitet, weitere Neubildungen sind kleine Turmalinsäulchen. Ein chloritisches Mineral ist häufig. Merkwürdig sind jene rundlichen oder ovalen Gebilde, die aus alternierenden Muscovit- und Chlorit- 322 A. Köhler, lamellen bestehen. Der Chlorit ist fast farblos, optisch negativ, Doppelbrechung sehr gering, Interferenzfarben anomal bläulich, demnach als eisenarmes Glied der Penningruppe anzusehen. Das Auftreten in oft deutlich linsenförmiger Gestalt mit erkennbaren Streckungshöfen, läßt darauf schließen, daß es sich um umge- wandelte Feldspatkörner handelt. Diese wurden zuerst in ein Gemenge von Sericit und Chlorit umgewandelt, wobei der Mg- und Fe-Gehalt der letzteren zirkulierenden Lösungen entnommen wurde. Im Laufe der weiteren Metamorphose fand eine Sammelkristallisation statt und beide Minerale verwachsen parallel. Diese Gebilde wurden in allen Tonschiefern, ferner auch in Nr. 33 beobachtet. Sie sind auch im Tonschiefermaterial aus Kweitschou und Hunan verbreitet (vergl. unsere frühere Arbeit, zitiert p. 1); die obige Erklärung wurde dort nicht angegeben. An der Oberfläche verwittert der Tonschiefer zu einem gelbbraunen, weichen Material, wie es die nächste Probe darstellt. Größe der Gemengteile wie bei Quarz. Nr. 52. Südhang des Yinimi bei Kwapi am Yalung. Verwitterter Tonschiefer. Quarz und Muscovit sind un- berührt geblieben. Das Karbonat ist durch Limonit ersetzt. Ton- schiefernädelchen wie bei der vorigen Probe. An Stelle des kohligen Pigmentes tritt ein limonitisches. Nr. 53. Wali am Yalung. Blaugrauer Tonschiefer, vollkommen dicht für das unbewaffnete Auge. Das mikroskopische Bild ist das von Nr. 51. Gehalt an kohliger Substanz etwas größer. Nr. 54. Südseite des Passes Linbinkou, nördlich von Yenyüen. Tonschiefer von ganz ähnlicher Zusammensetzung wie oben. Quarz, Calcit und die Verwachsungen von Muscovit und Chlorit. Tonschiefernädelchen sind weniger zahlreich. Gehalt an kohliger Substanz gering, dafür trüben zahlreiche kleine Flecken von limo- nitischen Ausscheidungen, die sich wesentlich um die Calecit- individuen ansetzen, das mikroskopische Bild. Größe der Gemeng- teile wie oben. Nr. 55. Yangdse-Kanon bei Lagatschang, nördlich von Yünnanfu. | Gleichfalls ein Tonschiefer, sehr dunkel gefärbt durch großen Gehalt an Kohle. Im Schliff zeigt sich reichlich Quarz; Karbona und Tonschiefernädelchen fehlen. Wenig Chlorit und Sericit ist zu konstatieren. Kleine Turmalinsäulchen mit ® = bräunlich violett, e — fast farblos, als Neubildung. In den zahlreichen, feinen Spalten des Gesteins tritt ein dem Delessit nahestehendes Mineral auf. Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. 323 Nr. 56. Tsedjrong am Mekong. Tonschiefer von dunkelroter Farbe, gut geschiefert, dicht für das freie Auge. Im Mikroskop sieht man außer den sehr kleinen Quarzkörnern noch Feldspatsplitter, die sich durch ihre konstatier- bare Zweiachsigkeit und ihre Neigung, sich in ein Sericitaggregat umzuwandeln, von Quarz unterscheiden. Das rote Pigment ist ein feinverteilter, mitunter auch in goldgelb durchscheinenden Blättchen auftretender Hämatit. Auch noch im Schliff ist das Gestein deutlich rot gefärbt. Nr. 57. Gwanfang unter Beyendjing, mittleres Yünnan. Tonschiefer mit Kalkbändern. Das graugrüne, splitterig brechende Gestein läßt am Querbruch eine Wechsellagerung mehr toniger Lagen mit solchen, die wesentlich aus. Karbonat bestehen, erkennen. In kalter Salzsäure löst sich dieses unter heftiger CO,- Entwicklung. In den tonigen Lagen lassen sich kleine Quarzkörner und vereinzelte Plagioklase erkennen, die sich durch Albitlamellierung verraten. Größere Schuppen von Muscovit, parallel mit Chlorit verwachsen, erinnern an die Feldspatumwandlung, wie sie in Nr. 51 beschrieben ist. Kleine Sericit- und Chloritschuppen sind gleich- mäßig im ganzen Gestein verbreitet. Tonschiefernädelchen sind nicht selten. Akzessorisch gesellen sich Zirkon und Turmalin dazu. Zerstreut im Schliff sind kleine Rhomboeder, randlich von einer Limonithaut umgeben. Die ausgeprägte Kristallform läßt Dolomit vermuten. Kohlige Partikel sind verbreitet. Nr. 58. Yaoschangai, westlich von Yünnanfu. Dunkelgrauer bis rötlichgrauer Tonschiefer. Er zeigt Fältelung und Seidenglanz auf den Schieferungsflächen. Die rötliche Färbung ist durch lokale Anhäufung von Hämatit hervorgerufen. Nr. 59. Südlich von Landji-dschou, zwischen Yungbei und Yungning, Yünnan ist ein durch Ton und etwas Kalk verunreinigter dichter, grauer Gips. Nach Handel-Mazzetti »eine dicke Schichte zwischen bunten Mergeln- bildend«. Nr. 60. Unterhalb Kwapi, nördlich von Yenyüen. Bläulichgrauer Tonschiefer, etwas kalkhältig. Ne 61. Gaohungdschou zwischen Dschennan und Lühogai, westnordwestlich von Tschuhsiung, Yünnan, beim - Kohlenflöz. Stark verwitterter, brauner, sandiger Ton. w ID ‚In A. Köhler, Nr. 62. Nordufer des Sees von Yungning, Nordwest- Yünnan. Nach Handel-Mazzetti ‚wechsellagernd mit Sandstein, unterbrochen von Kalkriffen« ist ein sandiger Tonschiefer, der nach dem Aufbrausen in kalter Salzsäure etwas Kalk enthält. Nr. 63. Zwischen Dingyüen und Landjing,. mittleres Yünnan. Rotbrauner, verwitterter Mergel, mehr kalkige Lagen mit mehr tonigen abwechselnd. | Nr. 64. Doker-la, Tibetgrenze. Vom gleichen Fundort wie der Granitit Nr. 3, ist ein blau- grauer Eonschieher Etwas kalkhältig. Pyrit in kleinen Würfeln istrzueschen:. Nr. 65. Kafion und Seitengräben des Pin djiang bei Lagatschang, nördlich von Yünnanfu. Grauer Kalkmergel, im Handstück vollkommen dicht er- scheinend. U. d. M. sieht man ein außerordentlich feinkörniges Aggregat von Calcitkörner. Tonige Substanz ist in beträcht- licher Menge beigemischt. Kohlige Partikel sind spärlich ver- Meren. Nr. 66. Ningyüen, oberhalb der Stadt. Diese Probe ist ein stark verwitterter gelbbrauner Mergel- schiefer, nach Handel-Mazzetti »über roten Sandsteinkonglo- meraten liegend«. Nr. 67. Seitenschlucht bei Puduho bei Dadji, nördlich von Yünnanfu. Ronliser NMereelschrerer Das ande ist ‚grau, eier geringe Schieferung und neigt zu knolliger Absonderung, die wohl auf Konkretionen des starken Kelkechabe- zurückzuführen ist. U. d. M. sieht man hauptsächlich Calcit und tonige Substanzen. Kohlige Beimengungen sind häufig, klastische Quarzkörner und Schuppen ‚von ‚Chlorit treten. spärlich auf. Das Gesten Fossilien.t | Nr. 68. Bildet die Terrasse von Oti bei Kwapi am Yalung, Südwest-Setschwan. Kalksinterbildung. Die Hauptmasse besteht aus Kalk; wenig tonige Substanz ist beigemengt. In sehr geringem Maße ist 1 Über einige Fossilien siehe Anhang. . ns .. DE, Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. 325 Quarz an der Zusammensetzung beteiligt. Das sinterartige Aussehen wird durch radialstrahlige Partien hervorgerufen, die früher jeden- falls Aragonit waren, jetzt jedoch in Kalkspat umgewandelt sind. Farbe des Gesteins gelbbraun. Korngröße wechselnd. Nr. 69. Schidjiatsun bei Yenyüen, Südwest-Setschwan. Gelbbrauner Kalkstein von tuffartigem Aussehen, ähnlich wie die vorige Probe. Ton ist in stärkerem Maße beigemengt. An der angewitterten Oberfläche bemerkt man radialfaserige Struktur von früheren Aragonitbildungen. Infiltrationen Mn-haltiger Lösungen haben dendritische Zeichnungen hervorgerufen. Nr. 70. Talhang ober Hsitji, südlich von Ningyüen. Diese Probe ist ein Kalkstein von grauweißer Farbe. Rı ii Lemoka im Lololand, östlich von Ningyüen, Setschwan. Dunkelgrauer Crinoidenkalk, für das freie Auge dicht bis auf die deutlich erkennbaren Crinoidenstielglieder. Nr. 12. Dsowa, nördlich der Nangtseschleifg;'Vünnan. Feinkörniger, dunkelgrauer kristallinischer Kalkstein. »Gleich SW von Nr. 37 gesammelt, über Phyllit von etwa 30° SE Einfallen konkordant ‚brauner Sandstein‘ und dazwischen in Bändern der gesammelte Kalk, die Berge darüber Kalk.« Nr. 73. Schuidschou, am Nordhang des Dji-schan, nord- östlich von Dali (Talifu), West-Yünnan. Dunkelgrauer Kalkstein mit brauner Verwitterungskruste. Nr. 74. Tschamutong am Salween, Nordwest-Yünnan Von hier stammen zwei Proben. Die erste ist ein schmutzig- weißer, oft rötlich gefleckter Kristallinischer Kalkstein. Die zweite ist weiter nordwestlich gesammelt und ist ein dunkelgrauer, dichter Dolomit, von weißen Kalkspatadern durchzogen. Nr. 75. Unterhalb Duinaoko, östlich von Lidjiang. Dunkelgrauer, knolliger Kalkstein mit Fossilresten. Nr. 76. Schigu am westlichen Yangtse-Knie, Nordwest- Yünnan. Mittelkörniger, weißlichgrauer Marmor. Nr.77. Gwannandwen beiLufeng, westlich von Yünnanfu. Kalkstein von lichtgrauer Farbe. Nach Handel-Mazzetti bildet er dünne Lagen. Beim Auflösen in kalter Salzsäure bleibt 326 A. Köhler, ein Rückstand von Ton. Im Schliff bemerkt man unbestimmbare Fossilreste. Das Handstück besitzt konglomeratisches Aussehen. Nr. 78. Datung am Yalung, zwischen Yenyüen und Ningyüen. | Dichter Dolomit von grauweißer Farbe. Nr. 79. »Das Becken von Ndaku, nördlich von Lidjiang ausfüllend und gelbe Felsen zum Yangtse bildend.« - Konglomerat, das zum größten Teil von Kalkgeröllen (Größe bis 2 cm) besteht. Ein geringer Teil wird aus Quarz, Ton- und Grünschieferbrocken gebildet. Als zweite Probe von hier wurde ein lichtgrauer, feinkörniger Marmor mitgebracht, der »kuppen- förmig aus dem Konglomerat hervorragt.« Nr. 80. Rand des breiten Tales bei Latsa, südöstlich von Dschungdien, Yünnan. Kalkbreccie, die hauptsächlich aus Bruchstücken eines dichten, grauen Kalkes besteht. Dazu gesellen sich solche von hellen Kalken, Quarziten und Mergeln. Außer diesen dGesteinsproben hat Dr. Handel-Mazzetti einige Mineralien mitgebracht, und zwar: | Nr. 81. Pyrit: Derbes Stück mit einzelnen Kristallen, vor- wiegend (100), untergeordnet (111). Fundort ist Dungngan bei Huili, Südwest-Setschwan. Nr. 82. Gips: Mehrere Zentimeter große Einzelkristalle, meist aber Kristallgruppen von oft zierlicher Form. Die Kristalle zeigen durchwegs sehr weitgehende Lösungserscheinungen, so daß keine ursprüngliche Fläche mehr vorhanden ist. Als solche waren, nach der Lösungsform zu schließen, entwickelt: (110), (010) und (111). Die Kristalle sitzen auf erdiger Braunkohle. Fundort ist Lühogai bei Tschuhsiung, Mittel-Yünnan. Nr. 83. Krokydolith: Die hübsche Stufe wurde oberhalb Bejendjing in Yünnan »in dünnen Bändern zwischen Mergeln« ge- funden. Kurze, weiche und leicht brechende Fasern setzen es zU- sammen. U. d. M. zeigt sich das Gespinst feinster Fasern deutlich pleochroitisch, mit den Farben: «’ = bläulichgrün, y’= graugrün. ‚Der Winkel ca ist klein. Vor dem Lötrohr schmilzt es ziemlich leicht zu einer Kugel. Beigemengte Verunreinigungen, hauptsächlich limonitischer Art, vielleicht auch tonige Substanzen erhöhen den Schmelzpunkt und verhindern -auch eine exakte optische Be- stimmung. Es dürfte sich jedoch sicher um ein dem Riebeckit nahestehendes asbestartiges Amphibolmineral handeln. Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. 327 Anhang. Unter den Sedimenigesteinen befanden sich auch einige, die Fossilreste (Trilobiten) enthielten, von denen manche bestimmbar sein werden; sie wurden an die Universität in Lund abgeschickt, wo Herr Professor Grönwall sie untersuchen wird. In der beab- sichtigten Verwertung zahlreicher geologischer Notizen und Profile, die von Dr. Handel-Mazzetti stammen, durch einen Geologen wird das Resultat von Grönwalis Untersuchungen ersichtlich sein. Unter dem mir zur petrographischen Untersuchung anvertrauten Material befanden sich auch fünf Stücke, die Herr Dr. Handel- Mazzeitivon seinem Pflanzensammler Wang-Te-Hui im Jahre 1921 erhalten hat, und die aus dem östlichen China stammen. Sie mögen hier kurz angeführt und charakterisiert werden. Nr. 1. Von Laohuyen bei Dingdschou, Nordwest-Fukien, ist ein Quarzit von hornsteinartigem Aussehen. Nr. 2. Von Hwangdschuling zwischen Ningdu und Dinsdschou, Grenze Kiangshsi-Fukien, ist ein durch Ver- witterung geibbraun gefärbter Tonschiefer. Nr. 3. Vom Tienhwa-schan zwischen Ningdu und Ding- dschou, wie Nr. 2, ist ein glimmerreicher Quarzit. Das mikroskopische Bild zeigt die fast immer undulös aus- löschenden Quarze. Glimmer ist in ziemlich reichlichem Maße ent- halten, und zwar Muscovit und Biotit. Der erstere bildet kleine Schuppen von hellgrüner Farbe, der letztere bildet zum größten Teil kleine Schüppchen wie der Muscovit, einige größere, verbogene Schuppen jedoch sehen wie klastische Beimengungen aus. Farbe ist grau parallel den Spaltrissen, farblos normal dazu. Akzessorisch findet sich Turmalin und Zirkon, beide sind nach ihrer abgerundeten und zerbrochenen Form allothigener Herkunft. Nr. 5. Von Lienhwa-schan bei Ningdu, Kianghsi. Von hier stammen zwei Proben, eine so stark verwitterte, die keine sichere Bestimmung zuläßt und vermutlich einem Tonschiefer oder Glimmerschiefer entstammt. Das zweite Probestück ist ein glimmerreicher Quarzit. Mit freiem Auge erkennt man auf dem grauweißen Querbruch schwarze, metallisch glänzende bis 1 mm große Blättchen eines eisenreichen Biotit, auf dem Hauptbruch verrät sich der Sericit an seinem Glanz. U.d.M. sieht man den undulös auslöschenden Quarz, Größe bis Imm. Zahlreiche Einschlüsse, parallel der Schieferung an- geordnet, trüben das Bild. Der. dunkle Glimmer sieht infolge der vollkommenen Absorp- tion parallel der Spaltbarkeit wie Graphit aus; normal zu den Spalt- Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. T, 132. Bd. 24 328 A. Köhler, Gesteine aus Yünnan und Südwest-Setschwan. rissen ist er graubraun gefärbt. Es handelt sich somit um Lepidomelan. Ein großer Teil dieses Glimmers ist ohne Zweifel klastisch. Die Blättchen sind randlich aufgebogen, geknickt, an den Enden zer- franst. Stets umrandet sie eine schmale Lamelle. von Muscovit, der an den ausgefransten Enden in paralleier Anordnung weiter wächst. Nebst diesen allothigenen Lepidomelanen scheinen auch einige schuppig-faserige Aggregate von Lepidomelan und Muscovit Pseudo- morphosen zu bilden. Muscovit tritt auch selbständig in ee Schüppchen auf. Keine akzessorischen a Bemerkungen zur Kartenskizze. Die größere Anzahl der hier ausgeschiedenen Gesteine machte die Ver- wendung anderer — deutlicherer — Zeichen als in der schon veröffentlichten Karte über Guidschou und Hunan (Sitzber. d. Ak. d. W. in Wien, math.-nat.- Kl., Bd. 130, p. 437 bis 446) nötig, wodurch leider die Vergleichbarkeit mit dieser erschwert wird. Aus demselben Grunde mußten die Gesteine in der Zeichnung deutlich abgegrenzt werden und ließ es sich nicht umgehen, Grenzlinien an- zubringen, wenn diese auch eine größere Genauigkeit vortäuschen, als ich ver- bürgen kann. Insbesondere ist meine Aufnahme sicher nicht vollständig, sondern an aufschlußarmen Strecken oder solchen, wo mich andere Arbeit vollkommen in Anspruch nahm, mußte mir gewiß manches entgehen. Da die Karte genau in der- selben Weise wie jene zustande gekommen ist, daher die dort gegebenen Er- läuterungen auch hierauf Anwendung finden, die geologisch verwendbaren Be- obachtungen aber vielleicht in einem dafür interessierten Fachmann einen Bearbeiter finden oder doch seinerzeit bei Veröffentlichung der detaillierten topographischen Aufnahmen werden beleuchtet werden, kann ich von weiteren Erläuterungen. an dieser Stelle absehen. Es sei nur ergänzend bemerkt, daß ich das in Guidschou als »sandiges Sediment« ausgeschiedene Gestein für identisch mit dem von Herrn Dr. Köhler als Konglomerat bestimmten (Nr. 48) und hier so eingezeichneten halte, und daß ich die wegen des kleinen Maßstabes in der Hauptkarte undeutlich geratenen Strecken mit einer Ausnahme nebenan besser durch Profile in größerem Maßstabe zu ersetzen glaubte, als durch vergrößerte Nebenkarten. Handel Masse ah es un ee hi Ze ee dee A ee cr et a f % . > Li: er on NEE WERT N Äyır H “ as EN BER. + Annie ee We EDER her vi ER Ran ’ in, LE | T en Pe > & ’ ‘ are { r n\ 3 y he er Köhler, A.: Die in Yünnan und Südwest-Setschwan gesammelten Gesteine. I 400° 404° / \> 1 103°6.0.6r. (ug Honkaling = Ofiendse No S’ \2 IN & Ihre 3 NSG, I /\ g0] Tichamufong e Pe ir | — ı_\ Ware: N : Dr, IEN x A rehunge H ) N ek 63 MUS it 1 en H 7 . Eoseschan! r . 1 1 {1 I En HERR Ss \ St N ch Seriks “Maa oyendjin. {EN NN ng S=- z 2 2 “ Puße \ } N ‚! £ N. Podjio Lanba A ja = re MET KNW Prfuz 050° 8 N -Talzw.Huili ) 27° ER zu ; "Gonschiga-Ginfelkamm. und Uen yien, = - Gemeinsame Fundorte für mehrere = Diaodji Ne) beschriebene Stücke: EST ErTZ, b=- 7+36 ce = 9 4324414 47455465 Se d- 14 #21+23+27 S WSW Streichen :120°-300° 0NO N. Er ProfelI, FR N Nr Djinscha-dale — Dschungdien. F 37 339 = \ $, ‚ Tjala-schan ı Drinaloko r, 176 77:599:53 ifungguei N 22 / Saat ar oschalso Be 3 #064 Sl im ment “ ww — Draezn 050 Shixze der Verbreitung und des Einfallens Yi 1 LL sed SE Nordteil des Yıilung-schan mit Yangaseschlucht. faadıng-schan FTiaa ing: 6° der von mir in. Yünnan und SW-Setlschwan beobachleten 2° Rohua-scha nyingpan Sat 2 II ) S Veh line SSH: Akalü Rz S Waulukö' endjing W a = Te ProßtW 0 Südleil des Yılung-schan. Gesteine. Von = Dr. Heinrieh Handel-Mazzelti Dengeiei ger 0 50 WW 100 km. — 1:1,500.000 NVW PDjiangying Dji-schan 080 Granitit Prylitehnl Gesteine N Bun Te Mergeljr. Wazı zer.) 433 7 Be, Aunns ES +... [Im Jardsiire u Mergez wechsel- Profil V Br Marzglimme rdiorıl Wil) GrauerÄrkosesandstern HU Zagerrdiodinienkunierschreden Diischan - Sunggwei kochlandl, ST a Ser E. a - ben) Dahamiz —— AoterlteiltwArkose)Sandst Kzlke Dolomite Marrmare INES ZA: Y - e OR aoschangai Daoyagwan ; 7 IERszz RE e g° Ya B]Z2. Me aphyreu.d Ei ]AndereSandsternekgr- NR Halkkonglomerate u-brekzier. Dschennan NN \ Zuniza are, Lünogayıny Zesfe und Tefi Ze 2 Sandstein Konglomerat | HalkuSandsiein wechsellagernd \ \ 'xH& 5 jr i = Ko e £ “ . : x % 7 ne ee esehigfer Sinter 25: Fr fa Ynnanf Ges Be Fahne = ) > ” 5 EN = ’ ; © Zwischen Lufong und Nganning. I GTimmerschie) fer (nach Notiz.) Gra ze lergel *2e] Kohle ‚Salz = 7 Igannir = # 2 7 0 an Ü ? 7. (©) “ z 4 Heisze Auelle R Starke Karsiquelle © © Fundorlederbeschriebenen \ U SREHEE VER nkarleundder BofiteI-U. le 74 Ve genrigleSchichllagerung # salgere Schichllagerung X SchwebendeSchichllage [Stücke 1:500.000 \ ae 102° 103°60.6r. Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., mathemsnaturw. Kl., Abt.I, 132. Bd., 1923. Ze! en BEN 2 Y ro un DUMME Be r) Ti art ie \ ” 2 5 Yon rt, Bi Gedruckt mit Unterstützung aus dem Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Über das Vorkommen jungvulkanischer Gesteine im Otztal (Tirol) und ihr Alter Von W. Hammer (Mit 4 Textfiguren) (Vorgelegt in der Sitzung am 11. Oktober 1923) Im Jahre 1863 hat A. Pichler über das Vorkommen vulkanischer Gesteine bei Köfels im Ötztal berichtet.! Er war durch Pfarrer A. Trientl darauf aufmerksam gemacht worden, welcher später auch selbst darüber schrieb.? In der Talbevölkerung war das Gestein schon länger bekannt, da es von den Handwerkern gleich wie Bimstein verwendet wurde und auch jetzt noch ver- wendet wird und als leichter, gut bearbeitbarer und trockener Mauerstein oder als Wandverkleidung bei manchen Bauten Ver- wendung fand. Dr. OÖ. Ampferer hat 1913 das Vorkommen besichtigt und erhielt 1915 von der k. Akademie der Wissenschaften in Wien eine Subvention zur Aufschließung desselben, der Kriegszustand verhinderte aber die Ausführung des Planes. Im Sommer 1922 habe ich im Zusammenhang mit der geologischen Landesaufnahme auf Blatt »Ötztal« das Gebiet von Köfels eingehend untersucht und erhielt 1923 von der Akademie der Wissenschaften eine Subvention aus dem Legat Scholz, um Aufgrabungen des derzeit im Anstehenden sonst nicht sichtbaren Köfelser Gesteins machen zu können. Ich ergreife gerne die Gelegenheit, um der Akademie der Wissenschaften und im besonderen Herrn Generalsekretär Prof. Dr. Fr. Becke meinen Dank für ihr werktätiges Interesse an dieser Angelegenheit zum Ausdruck zu bringen. Die Aufschließung wurde Anfang August 1923 durchgeführt und über ihr Ergebnis wird im- nachfolgenden berichtet. 1 Jahrbuch d. geolog. Reichsanstalt, Wien, 1863, p. 589, und Verhandlungen d. geolog. Reichsanstalt, 1863, p. 77. 2 Tiroler Landzeitung, 1895, Nr. 50, p. 6. 330 "1-dg: W. Hammer, Das Ötztal besitzt eine sehr ausgeprägte Stufengliederung: von der Talmündung ins Inntal bis zur Teilung in die beiden Ursprungstäler von Gurgl und Vent wechseln vier breite, flach- sohlige Talbecken mit drei Steilstufen, in welchen die Ötztaler Ache mit starkem Gefälle in enger Schlucht herabrauscht. Die Höhenunterschiede drücken sich in folgenden Durchschnittshöhen der Talbecken aus: Ötz 750 m, Umhausen 970 m, Längenfeld 1170 m und Sölden 1340 m. Die beiden größten Talbecken, jene von Längenfeld und Umhausen, werden durch dieMaurachschlucht voneinander getrennt, an deren linken ı. Köfels, der Fundort der vulkanischen Gesteine, liegt. Allen Talstufen gemeinsam ist die Lage im Bern härterer, minder spaltbarer Gesteine: so entspricht die Stufe zwischen Ötz und Umhausen (beziehungsweise Tumpen) dem Querschnitt der Acherkogelgranodioritmasse, die Maurachschlucht ist in eine große Muskovitgranitgneismasse eingeschnitten und in der Talschlucht zwischen Längenfeld und Sölden streichen mächtige Amphibolit- züge quer über das Tal. Die Gesteinsart allein ist aber nicht aus- eichend zur Erklärung der Stufenbildung, da z. B. der Granodiorit der Engelwand das Umhausener Becken überquert, ohne eine Versteilung des Gefälles zu verursachen, auch setzen die Amphibolit- züge südlich Längenfeld schon in der Südhälfte dieses Talbeckens ein, die Schi ücht- mit starkem Gefälle beginnt aber erst weiter südlich. Nur eine Verminderung der Talbreite tritt in "beiden Fällen ein. Der Talriegel der Maurachschlucht unterscheidet sich von den anderen dadurch, daß bei jenen die Talstufe mit einer wesent- lichen Einengung des Talquerschnittes verbunden ist, während bei der Maurachschlucht die beiderseitigen Talwände weiter aus- einanderweichen (Fig 1); die Schlucht selbst ist eine enge postglaziale Erosionsrinne, wenn wir aber 300 bis 400 m» über die Schluchtsohle emporsteigen, so sehen wir beiderseits der Schlucht eine weite hügelige Terrassenfläche, welche die Oberfläche des Talriegels bildet; ihre Breite senkrecht zum Tallauf ist bedeutend größer als die Breite des Umhausener oder Längenfelder Beckens. (Siehe die Querprofile Fig. 1.) Auf der Ostseite mündet in der Höhe der Terrasse das Tal von Niederthei aus, dessen Sohle 400 m» hoch über -Umhausen abbricht. Der Bach stürzt in dem berühmten _Stuibenfall zirka 150 m über die felsige Talstufe herab. Zwischen Niederthei und der Maurachschlucht liegt als östlicher Teil des Tal- riegels der Tauferer Berg, dessen Oberfläche deutliche Rundhöcker- formen zeigt. Auf der Westseite der Schlucht liegt die Terrasse von Köfels, welche ebenfalls runde niedere Hügelkuppen und dazwischen flache, zum Teil abflußlose Mulden trägt. Der be- grenzende Bergkamm Wenderkopf—Hohe Seite (Wurzberg) weicht in flachem Bogen gegen Westen zurück und bildet so die Ausweitung im Querschnitt des präglazialen Talbodens. Jungvulkanische Gesteine im Ötztal. 301 Über den Aufbau dieses Talriegels sind sehr verschiedene Meinungen geäußert worden: Supan?t sieht ihn als festen Fels- riegel an, der infolge seiner größeren Gesteinshärte von der Wasser- erosion herausgearbeitet und zur Talstufe ausgebildet wurde. Dieselbe Meinung hat auch schon Sonklar vertreten, welcher die Durchbruchsschlucht auf eine Spalte zurückführt, welche den Fels- riegel durchschneide. Ganz entgegengesetzt dazu beschreibt Löwl den Maurachriegel als eine »Dammstufe«, bestehend aus einer Stirnmoräne des Ötztaler Gletschers, unter der nur am Boden der Schlucht, im unteren Teile, noch der Felsuntergrund zum Vor- schein komme. Der) TE Ver Dee Fig. 1. Querschnitte durch das Ötztal: 7 Harmelewand (H)—Achplatte (4) (Ötz-— Umhausener Stufe), 2 Kreuzjoch (SO-Kamm)-— Hopfgarten — Östermuhr — Planskopf SW-Hang (Umhausener Talbecken),, 3 Köfelser Schartl—Köfels (K)—Tauferer Berg (T)—Stuibenbach (S)—Terrasse von Höfl (bei Niederthei)— Narrenkopf, .£ Hobe Seite (Ho)—Köfelser Terrasse—Wolfsegg (W)—-Niederthei (N), Maurachschlucht (M), 5Hohe Seite (Ho)—Winklen (Wi) (Nordende des Längenfelder Beckens)—Hemmer- achkogel (He), 6 Falderkogel (Osteck) — Burgstein (B) — Gamskogel NW-Grat (Längenfelder Becken), Z Perlerkogel (P) —Dotterschrofen (D) —Abhang der Schön- gartenspitze (Talenge Längenfeld—Sölden). Escher von der Linth vergleicht ihn mit den Bergsturz- massen im oberen Rheintal. Pichler? und Blaas* haben’ durch genauere Besichtigung bereits die zusammengesetzte Natur dieser Bildung erkannt, indem sie von einem Felsriegel sprechen, an den 1 Mitteilungen d. k. k. geograph. Ges. in Wien, 1877, p. 348. 2 Petermanns Mitteilungen, 1882, p. 142. a ].'c. * Ber. d. naturwiss. Vereins in Innsbruck, 1891, p. 41. 332 NADERBERG R % 7 S Su Qu I > N a Qu I = G Granitgneis, p Schiefergneis, B Bimsstein; b Bergsturz, m Moräne ‘lanke der Maurachschlucht: (fraglich), s Schotter und Sande, bs grober Bachschotter und Gerölle, % Haldenschutt. linken Profilansicht der W. Hammer, nach Pichler Moränen angelagert sind, während Blaas mehr an Bergsturzmassen denkt. Penk! bestätigt letztere Deutung. n | Auf der beistehenden Profilansicht (Fig. 2) der linken Seite der Maurachschlucht kommt die Zusammensetzung der Köfelser Terrasse zur Darstellung. Die rechte Talseite am Tauferer Berg zeigt bis zur Köfelser Brücke ganz analoge Verhältnisse, nur senkt sich dort die Terrasse am Nordende zwischen Ötztaler Ache und Stuibenbach in drei schuttbedeckten Ab- stufungen auf den Schuttkegel von Umhausen ab, während die Köfelser Terrasse sich an den östlichen Pfeiler des Wenderkopfes anlehnt, dessen Felswände bis nahe über die Schlucht- sohle herabreichen. Die fast 400 »» hohen Aufschlüsse der Schlucht zeigen zunächst, daß der Kern des Talriegels zweifellos aus anstehendem Fels besteht, «der im mittleren Teil “der .-Schlucht vom Bach bis nahe unter die Terrassenober- fläche hinauf aufgeschlossen ıst. Auch der am Südeingang vorgelagerte niedere Hügel P 1236 bei Winklen zeigt in der Schlucht noch einen Felskern. Auch am Südabhang der Köfelser Terrasse gegen Pürsting kommt anstehender Fels zutage. Gegen N endet die Terrasse bei den Häusern von Köfels; was nördlich davon ım Profil gezeichnet ist, seht” schon mar: Ostgehänge des Wenderkopfes über. Die Oberfläche der Terrasse ist auf der Köfelser Seite ganz von. Blockwerk aus mächtigen eckigen Blöcken dicht überdeckt, auf der anderen Talseitte kommt am Wolfseck der anstehende Fels in großen Rundhöckern zutage, die ganze Nordabdachung des Tauferer Berges ist aber wieder unter gleichem Trümmer- werk begraben, ebenso der Südhang größten- teils. Die Anrisse in der Schlucht zeigen, dal die Blockdecke eine beträchtliche Dicke er- reichen kann. | Die Blöcke bestehen durchwegs aus demselben Gneis; es ist der Granitgneis, welcher den Kamm Wenderkopf— Wurzberg und die Feisen in der Schlucht bildet, weshalb es auch 1 Alpen im Eiszeitalter, I, p. 296. u A a a mr. u ae in ne Jungvulkanische Gesteine im Ötztal. 338 manchenorts schwer zu sagen ist, was verfallenes Anstehendes und was zugeführtes Blockwerk ist. Die Einheitlichkeit der Gesteinsart bei der großen Masse und Ausbreitung schließt die Deutung als Moräne aus. Form und Größe der Blöcke, ihre Anhäufung in Hügeln und allseits geschlossenen Mulden und die Übereinstimmung der Gesteinsart mit jener des anschließenden Kammes zeigen an, daß es ein Bergsturz ist, welcher vom Kamm Wenderkopf— Wurzberg niedergebrochen ist. Nur dieses Gehänge besteht bis zum Karnm hinauf aus dem gleichen Granit- gmeis, während das gegenüberliegende Gehänge der Hemmerach- kogel mit Ausnahme des untersten Teiles ganz aus anderen Gneis- arten aufgebaut ist. Der Köfelser Kamm erhebt sich 600 bis 1000 = über. der Terrasse, sein Hang steigt anfangs flach an und schwingt sich höher oben steil und in Felsabbrüchen zum Kamm auf. Der Kamm wird südlich des Köfelser Schartls auf längere Strecke an der Ostseite von einer niederen, parallelen Felskante begleitet, welche durch einen eingesenkten Graben vom Hauptkamm getrennt ist und durchaus den Eindruck einer Absenkung gegen das Tal hier erweckt. Die Bergsturzmassen haben den ganzen Talriegel überschüttet bis zum Ausgang des Niedertheier Tales, dessen Bach zu einem See aufgestaut wurde. Später wurde das Seebecken mit Sand und Schottern wieder ausgefüllt, welche jetzt, nachdem der Bach sich wieder einen tieferen Abfluß ausgearbeitet hat, die ebene Wiesen- fläche der Häusergruppen Ennebach und Lehen bilden. Gegen Norden breiteten sich die Bergsturzmassen bis nördlich von Umhausen aus: Zeuge dafür ist der mit Lärchenwald be- standene Biockhügel inmitten der Felder nördlich von Umhausen, der seinem Material nach nur von dieser Seite hergeleitet werden kann. Die Erosion hat ihn abgetrennt und die Murkogel haben ihn seitlich umschlossen. Die Maurachschlucht ist erst nach Ablagerung des Bergsturzes eingetieft worden. | An einzelnen Stellen des Talriegels sind in geringer Menge Beer "Grumdmerame erhalten. Die "von mir- beobachteten Vorkommen befinden sich fast durchwegs an Stellen, wo der an- stehende Fels zum Vorschein kommt, unmittelbar auf diesem. Den besten Aufschluß. traf ich an der Forststraße, welche 'am Westhang des Tauferer Berges, ober den Schluchtwänden hinzieht. Man sieht hier über dem anstehenden Granitgneis eine unge- schichtete, fest gebundene Grundmoräne mit Blöcken aller Größen bis zu 1m Durchmesser. Die großen Blöcke sind vorwiegend Granitgneise, die kleineren Amphibolite und verschiedene Paragneise; Form eckig mit leichter Kantenrundung. An dem 50 bis 60 »z hohen Anriß zeigen sich Ansätze zur Bildung von Erdpyrzmiden. Vom oberen Rand desselben aufwärts und zu beiden Se’.en breitet eh das Bergsturztrümmerwerk aus (Profil Fig. 3). 334 W. Hammer, Geringe Reste von Moräne und erratische Geschiebe trifft man dann auch auf der Höhe des Tauferer Berges zwischen den Felsrundhöckern sowie am Südabfall der Köfelser Terrasse gegen Pürsting in der Nähe der anstehenden: Gneisfelsen. Bei Winklen (Fig. 2) ist in einer Schottergrube am Fahrweg zur Achenbrücke eine moränenähnliche, ungeschichtete Ablagerung aufgeschlossen, welche in einer lehmig-sandigen Grundmasse viele kleine, eckige Granitgneisstückchen und einzelne wohlgerundete größere Geschiebe von Amphibolit und Schiefergneis enthält. Sie wird von einer festgebackenen gelben Schichte aus kleinem und großem, eckigem Granitgneistrümmerwerk mit sandigem Bindemittel überdeckt, auf welcher dann erst das grobe Bergsturzblockwerk des Hügels P 1236 liegt. Ob es sich hier um Moräne oder um umgeschwemmte und mit Achengeröll vermischte Moränen oder Murschutt handelt, erscheint mir unsicher. Fig. 3. Profilfan der Westseite des Tauferer Berges. g anstehender Granitgneis, u Grundmoräne, Db Bergsturzblock- werk, 4 Schutthalde. Vielleicht ist auch die Wiesenmulde unterhalb der Häuser von Köfels mit Moräne ausgekleidet und .nur mit einzelnen Berg- sturzblöcken überstreut. Als jüngere, postglaziale Schuttbildungen sind zu erwähnen: an den beiderseitigen Schluchtwänden liegen in halber Höhe, aut der Strecke zwischen unterer und oberer Straßenbrücke, geschichtete Sande und Schotter auf dem anstehenden Gneis; jene an der linken Talseite sind gegen N, die an der rechten Seite gegen S geneigt. Die letzteren können mit einem älteren Abfluß aus dem Nieder- theier Tal, erstere mit einem alten Hochstand der Ache in Zusammen- hang gebracht werden. Wie mir Dr. Ampferer mitteilt, fand er auch auf dem Tauferer Berg in Eintiefungen der Bergsturzmasse Schotterreste, welche die Verbindung mit dem "Niedertheier Tal her- stellen würden. - In der Schluchttiefe begleiten die Ache von der oberen Brücke an abwärts grobe Blockschotter junger Hochwasserfluten, welche Jungvulkanische Gesteine im Ötztal. 330 bis auf 30 bis 40 »n über das heutige Bett reichen und stark ge- rundete Blöcke von mehreren Kubikmetern Größe enhalten. Am Nordausgang der Schlucht hat die Ache das beim Ein- schneiden der Schlucht 'abgetragene Material in einem gewaltigen Schuttkegel in das Umhausener Becken hineingeschüttet, in welchen sie sich seither wieder ein mindestens 50 m tiefes Gerinne einge- schnitten hat. - Das Gestein, in welches die Schlucht eingeschnitten ist, ist ein zweiglimmeriger, vorwiegend Muskovit führender Granitgneis, der infolge des Hervortretens der Kalifeildspate (Mikroklin) in 2 bis 3cm großen verzwillinsten Kristallen die Struktur eines Augen- gneises besitzt. Er ist grobkörnig, mit deutlicher Kristallisations- schieferung und glimmerarm und gehört zu jener Gruppe sehr kieselsäure- und alkalienreicher alter granitischer Intrusivmassen, welche in den nördlichen Ötztaler Alpen in großen Massen weit verbreitet sind (z. B. Glockturmmasse, Aifenspitzmasse, Birkkogel- masse u. a. m.). Im Osten endet der Granitgneis am Niedertheier Talbecken und bildet am Westhang der Hemmerachkögel nur mehr die Fels- wände unterhalb der beiden Almen; im übrigen besteht der Hemmerach- kamm aus Paragneisen, welche flach nördlich fallend bis Niederthet sich herabsenken. Zwischen ihnen endet der Maurachgranitgneis in schmalem, stark tektonisiertem Keil in dem felsigen Graben südlich unterhalb der oberen Alm in ungefähr 1600 »z Höhe. Im Westen kommt im Pitztal in gleicher Breite ebenfalls eine mächtige Augengneismasse zutage — jene von Zaunhoef. Diese steht aber nicht, wie auf der alten Aufnahmekarte der Reichs- anstalt angegeben ist, dem ostwestlichen Hauptstreichen nach mit jener von Umhausen in Zusammenhang, sondern wird über- raschenderweise durch einen NS streichenden Schieferzug von ihr getrennt. Der Maurachgranitgneis taucht im Fundustal, in den OÖst- abstürzen des Fundusfeiler, mit NS-Streichen unter einen Zug von Schiefergneisen und Amphiboliten hinab. Die Amphibolitlager setzen am Hairlacher Seekopf ein, streichen gegen NNO bis N unter dem Gipfel des Fundusfeiler durch, senken sich dann nord- östlich zur Vorderen Fundusalm hinab und umsäumen den Maurach- granitgneis im Norden bis Niederthei. An den gegen das Pitztal vortretenden Seitenkämmen legt sich dann der Augengneis des Pitztales auf die Schiefergneis- und Amphibolitzone. Im Süden und Norden der Granitgneismassen stellt sich gleich wieder das regionale OW-Streichen ein, mit beiderseitigem steilem Nordfallen der Schieferhülle. Die beiden Granitgneismassen liegen in den Schiefergneisen eingebettet, wie die Feldspataugen in einem Augengneis, um welche sich die Glimmerlagen herumwinden. In der benachbarten Acherkogelgranodioritmasse sind Zeichen eines ostwestlichen Zusammenschubes zu beobachten, wobei eine Knickung erfolgte mit westlich gerichtetem Vorschub des Intrusiv- 336 W. Hammeı, gesteins über seine Schieferhülle.! Durch eine gleich gerichtete Bewegung können auch die Granitgneismassen "beiderseits . des Fundusfeiler aneinander herangerückt worden sein, wobei der zwischenliegende Schieferstreifen. in NS-Richtung verdreht werden mußte. Betrachten wir nun die Granitgneismasse gi Bereich. | des Talriegels näher, so fällt vor allem die starke Zerrüttung derselben auf. An anderen felsigen Talriegeln in ähnlichem Gestein, z. B. gerade in dem Felsriegel aus Augengneis bei Zaunhof, ist das estein besonders fest, wenig zerklüftet und von großen zusammen- hängenden Schliffflächen bedeckt; im Maurach dagegen ist der Gneis durch und durch zertrümmert und von Klüften durchsetzt, so daß oft an der Oberfläche zerfallenes Anstehendes und Bergsturzblockmasse nicht deutlich abgrenzbar sind. Die Hochfläche beim Wolfseck zeigt deutliche Rundhöckerformen, deren Längsrichtung OW bis NW-SO verläuft, also stark von der. Einmündung des Hairlachgletschers beeinflußt ist. Die großen, fiachgewölbten Felsflächen derselben sind aber von einem Netz tiefgehender, kKlaffender, senkrechter Spalten durchsetzt — einzelne derselben sind so breit und tief geöffnet, daß ausgewachsene Tannenbäume, die auf ihrem Grunde wurzeln, nur mit den Wipfein hervorragen. Die Zerrüttung des Gneises ist also nach der eiszeitlichen Abschleifung erfolgt. Die Klüfte verlaufen teils OSO—WNW,, teils NO—SW. Die Felsen am Südabfall der Köfelser Terrasse sind durch die Klüftungen in turmförmige Felsbastionen aufgelöst, wie sie vom Eis geglätteten Felsriegein sonst durchaus fremd sind. Die Zerrüttung des Gesteins findet ihren Ausdruck auch in den großen, frischen Trammerhaldeh, welche die Felswände der Maurach- schlucht umsäumen und in lebhafter Weiterbildung sich befinden. Auch an dem flachen Ausläufer des Wender kopfes, dicht nördlich von Köfels, dem Naderberg, ist der anstehende Granitgneis von klaffenden, senkrechten Spalten durchsetzt. Dies ist die Stelle, wo die größte Menge des Bimssteines gefunden wird. Die Gneisoberfläche setzt hier mit einer WNW-OSO ver- laufenden, 3 bis 10 m hohen Gehängestufe von 200 bis 300 Erstreckung gegen N ab, gegen eine blockbesäte, flache Rinne, unter deren Blockwerk man allenthalben Stücke von Bimsstein antrifit. Am Nordrand der Rinne ist das anstehende Gestein nicht zu sehen, wohl aber an dem Steilabriß, mit dem sie gegen die Maurachschlucht endet. Hier sieht man, daß eine schmale Zone von glimmerreichem Schiefer- gneis in den Granitgneis eingeschlossen ist, welche bis zur Tiefe der Schluchtsohle hinabreicht. Andrerseits begegnet man ıhr wieder oberhalb der Rinne auf den Bergwiesen am Osthang des Wenderkogels. Der Schiefergneis fällt, von kleihefen Ausnahmen abgesehen, im allgemeinen steil gegen N ein, wie es auch die nördlich benachbarten Wände des Augengneises zeigen. Auf der Westseite des Wenderkopfes habe ich die Schieferzone nicht wieder angetroffen, sondern nur Augengneis. I 1 Verhandlungen d. geol. Reichsanst., 1921, p. 68. ie) 1 ee A EI Bd Zi nie en IE a De Lu Z Le. ir ee ae Me Be ee Du He dee Jungvulkanische Gesteine im Ötztal. 391 Das als Bimsstein bezeichnete Gestein ist von lichtgrauer bis schwarzer Farbe, von einer gelbbraunen Verwitterungsrinde umgeben und besitzt eine ausgezeichnet schaumige Struktur. Größe und Anzahl der Blasenräume wechselt schlierenweise. Es erweisen sich aber auch die dem freien Auge dicht erscheinenden Teile im Mikroskop als von kleinen Bläschen durchsetzt. Ich zählte nach der Methode von Rosiwal in solchen Partien 20 bis 30°, des Gesteinsvolumens als Hohlräume. Helle und dunkle Gesteinspartien wechseln oft rasch und unver- mittelt miteinander und zeigen Fließstrukturen. ‚Das Gestein ist sehr reich an Einschlüssen; man findet in ihm Gneisbruchstücke von mehreren Zentimetern Länge, mehr aber kleine und allerkleinste weiße Gesteins- und Mineralsplitter. Alle Dünnschliffe zeigen solche in großer Menge im Gestein verteilt. Eine . Auszählung nach der Methode von Rosiwal ergab 27 bis 30°/, der Gesteinsmasse (ohne die Blasenhohlräume) entfallend auf Einschlüsse. Es sind scharfkantige Stückchen von Quarz, Feldspat und Aggregaten beider, Glimmer ist sehr selten. Selten ist eine schwache Rundung des Umrisses zu sehen. Größere Stücke stimmen überein mit der Zusammensetzung des Granitgneises, besitzen aber stets eine völlig mylonitische Struktur; manche sind breccienartig, mit einer fein- zermahlenen Bindemasse. Auch der Augengneis am Rand der Rinne ist stark deformiert und zeigt einen gelblich verwitternden brec- ciösen Saum. Schon Pichler ist diese Veränderung des Gneises am Spaltenrand aufgefallen. Anzeichen von Kontaktmetamorphöse fehlen. Im übrigen erweist sich das Gestein im Dünnschliff als ein lichtbraun oder grau durchsichtiges, isotropes Glas, ohne Kristail- ausscheidungen, aber stellenweise mit vielen winzigen Gasein- schlüssen. Herr Hofrat Dr. M. Bamberger hatte die Freundlichkeit, in seinem Laboratorium durch Herrn Hampe eine chemische Analyse des Gesteins ausführen zu lassen. Ich stelle in der nachfolgenden Tabelle einerseits die Analysen von Obsidian und Liparitbimsstein, andrerseits jene des Maurachgranitgneises daneben. Aus ersteren erhellt die gute Übereinstimmung in dem Chemismus des Köfelser Gesteins mit den liparitischen Eruptivgesteinen. Aus der Gneisanalyse ist ersichtlich, daß die Beimengung von Fragmenten dieses Gesteins zu einem liparitischen Gestein infolge der sehr ähnlichen Zusammen- setzung beider das Ergebnis der Bauschanalyse nicht wesentlich verändern kann, so daß also obige Übereinstimmung trotz der zahlreichen Einschlüsse für die Gesteinsbestimmung verwertbar ist. Natürliche Aufschlüsse von anstehendem Bimsstein sind derzeit nicht zu sehen, wohl aber ist er mehrmals künstlich auf- geschlossen worden. | Nach Pichler’s Angabe haben die Landleute in einer gegen 16 Fuß tiefen Grube Bimsstein in größerer Menge gewonnen, welcher unter anderem auch zur Hersteilung des Gewölbes in der Kirche | 338 W. Hammer, von Köfels verwendet worden sein soll. Die Grube wurde schon vor Pichler's Anwesenheit in Köfels aus Sicherheitsgründen wieder zugeschüttet. | | SIE RAM: DREH Muskovit- B | | Obsidian we le a Penn It Ben granitgneis | | a Beh stein von stein von Köfels re } | R Pa a R By. | | Mont Dore Cabo de Gata|| . schlucht3 | rue | dem zei | | SDrt) f | | | le 75 75:50 PNaRe sd TE ee Wie = en | Al,O; 13-60 13-50 13:36. | 13-10 FO; | 201 0:95 0-42 | 0:74: | } | FeO | — _ wur 1:25 j | | | | Tee | MnO gi Pa: 0:24 4 — i | | | MsgO | 0:28 | 0-39 | 0:54 u ET | | | Cao Ä 1-03 0:99 E 1-04 | | | | je - | a | N2,0 Ä 3-43 4-35 4-01. | 4 | K,O | 4-56 | 4-15 DR, 3-47 | | ! 2 = I. 22 | | ASER | | | 4 | 0 | | | | | 3 (und 0.2 | Ace 6-10 | 0-640 | | Glüh- | | | ; verlust) | N | | IT RO Wrmaherert Der ; | | | Rosen- Spuren von | | i | |busch, Bl..a. |. Cliund, Ti ron | | | Gesteinsl., | Analytiker || p R | | | | 1901, p. 267 | Hampe | | | | 1 Bergeat, Abhandlungen d. bayr. Akad. d. Wiss., XX. Bd., p. 264. ! r » ; 2 Lacroix, Compt. rend., 147, 1908. N | 3 Becke, Denkschr. d. Akad. d. Wiss., Wien, 75. Bd., p. 153. ! | Dann hat Pichler an einer anderen Stelle aufgraben lassen und dabei das Gestein auf 10 Fuß Länge und 5 Fuß Höhe frei- gelegt. Er berichtet, daß der Gneis stellenweise mit einer !/, bis 3/, Zoll dicken Kruste von durchscheinendem schwärzlichem Glas überzogen war. Weiter weg vom Rand nahm das Gestein dann die gewöhnliche porösschlackige Beschaffenheit an und war Erg oe Jungvulkanische Gesteine im Ötztal. 889 vol von Einschlüssen aus dem Gneis.! Pichler sah auch Klüftchen des Gneises von Lava ausgefüllt. Die Beobachtungen dieses zuverläßlichen und erfahrenen Beobachters weisen bereits zweifellos auf eine Gangspalte mit anstehendem vulkanischem Gestein hin. Die Pichler'schen Aufschlüsse sind im Lauf. der 60 Jahre auch wieder völlig verschwunden und keine Augenzeugen der Lokalität mehr in Köfels anwesend. Eine neuerliche Bestätigung über die von Pichler berichtete Natur des Vorkommens brachte die von der Akademie 1923 subventionierte Grabung. Fig. 4. Mittlerer Teil des Bimssteinaufschlusses, östlicher Schurfgraben; punktiert: Bimsstein. Ich wähite als Ansatzpunkt hierfür eine Stelle am östlichen Ende der Rinne, sehr nahe dem Rand des Steilabfalles, wo ich 1922 durch Aufsgraben mit dem Eispickel bereits eine kleine, allem Anschein nach anstehende Partie von Bimsstein aufgedeckt hatte. In zwei aneinanderschließenden und bis 2!/, m in die Tiefe greifenden Schurfgräben wurde der anstehende Bimsstein auf 10 m Länge freigelegt. Er zeigt sich hier als ein schmaler, dem Streichen des Gneises folgender Gang (Fig. 4). Er setzt im Osten mit wenigen Zentimetern Dicke ein und erreicht weiterhin 35 bis 40 cm Mächtigkeit; zumeist aber bleibt die Mächtigkeit wenig über I dm. An einer Stelle ist er durch eine flexurartige Abbiegung fast 11. c., Jahrbuch 1863. 340 H. Hammer, ganz abgequetscht. Der Gneis streicht N 45 bis 60° W und fällt sehr steil gegen S ein. (Östlich davon am Steilabfall herrscht sehr steiles Nordfallen.) Der Bimsstein fällt in gleicher Weise sehr steil gegen S ein; am westlichen Ende fällt er flacher gegen °S ein, ebenso wie der Gneis, was aber auf ein sekundäres Einsinken der Schichten gegen die Rinne zurückzuführen ist. Im Streichen folgt der Gang nicht immer genau jenem des Gneises, sondern weicht stellenweise in spitzem Winkel etwas davon ab. Der Bimsstein setzt steil in die Tiefe, in welcher Richtung er bis auf etwa 1!/, m teils abgegraben, teils freigelegt wurde. Die Grenze zwischen Bimsstein und Gneis. ist vollkommen scharf, die beiden Gesteine lösen sich beim Losbrechen stets vonein- ander. Irgendwelche endo- oder exogene Kontaktbildungen wurden nicht gefunden. Die Beschaffenheit des Bimssteines ist im ganzen Gang die oben beschriebene. Der Gneis ist beiderseits des Ganges stark geflaserter grobkörniger Granitgneis, der hier diaphtoritisiert und von kleinen Rutschflächen durchzogen ist. Die Versuche, den Gang weiter aufwärts am Rand der Rinne durch Gräben wieder zu erfassen, führten zu keinem positiven Ergebnis und wurden nur lose Stücke von Bimsstein dabei ge- funden. In der Rinne selbst verhindert die Überdeckung mit riesigen Gneisblöcken das Aufgraben (ohne Sprengung oder maschinelle Hilfe). Da hier aber allenthalben unter dem Blockwerk noch Stücke gefunden werden, so ist zu vermuten, daß außer dem aufgeschlossenen Gang noch “weitere, vielleicht größere Gänge bestehen, umsomehr als die Pichler'sche Grube sich wahrscheinlich nicht an derselben Stelle befunden hat wie die gegenwärtige Auf- grabung. Bimsstein wurde im übrigen nicht nur in dieser Rinne, od auf der ganzen Köfelser Terrasse an mehreren Stellen in losen Stücken gefunden. Pichler berichtet von einem einen Fuß hohen Haufwerk solcher an einer Stelle südlich von Köfels. Dagegen ist mir vom Tauferer Berg bisher kein Fund bekannt geworden. Der schon zu Pichlers Zeiten versuchten Deutung der Köfelser Gesteine als Schlacken von einer Erzschmelze oder als Abfall einer Glashütte steht außer dem durch die Grabung nun festgestellten Vorkommen als anstehendes Gestein auch die chemische Zusammensetzung entgegen, da jene beiden Kunst- produkte stets beträchtlich basischer, vor allem reicher an CaO sind. Alte Erzschlacken würden den unvollkommenen Verfahren früherer Zeiten entsprechend wohl auch mehr Eisen und andere Metalle enthalten und dementsprechend ein höheres spezifisches Gewicht aufweisen als die Köfelser Bimssteine. Bei der Glas- erzeugung würde in ‘früherer Zeit ein so hoher Tonerdegehalt durchaus vermieden worden sein. Es ist übrigens auch aus dieser Gegend kein Erzvorkommen und kein Bergbau bekannt. Ebenso fehlt es an einem für die Glaserzeugung geeigneten Material, das . En . . a. ı), Jungvulkanische Gesteine im Otztal. 341 Veranlassung geboten hätte für einen so großen Betrieb — und nur ein solcher könnte so beträchtliche und weit verstreute Mengen Abfall zurückgelassen haben; auch ist nichts bekannt, daß jemals im Ötztal Glas bereitet worden wäre. Eine Zufuhr von Material an diesen seinerzeit unwegsamen, hoch über der Talsohle liegenden Ort ist nicht annehmbar. Die Einschaltung einer Scholle von Paragneis in die Granit- gneismasse am Östabfall des Wenderkopfes und ihre vom Streichen des. Granitgneises teilweise stark abweichende Lagerung deuten auf das. Vorhandensein älterer Verwürfe an dieser Stelle. Im Fundus- tal sieht man ober der mittleren Alm, am Fuße der »Graswands, ebenfalls eine Scholle von Schiefergneis diskordant an einer Ver- werfung in den Granitgneis eingekeilt. Parallele, große Klüfte durch- setzen die Ostwände des Fundusfeiler und auch den Ostabfall des Wenderkopfes nördlich des Naderberges. Die Entstehung dieser eng be- grenzten Bruchspalten kann bei der Einbiegung der Fundusfeilerzone in die NS-Richtung erfolgt sein. Eine solche ältere Störungsfläche zeichnete wahrscheinlich der Eruption des Bimssteines in jener Blockrinne den Weg vor. Die Mylonitisierung und Diaphtoritisierung des Granitgneises am Rand der Rinne sind die Spuren jener tektonischen Bewegungen. Die früher erwähnte Zerrüttung des Granitgneises ist auf den Bereich der Maurachschlucht und der Terrassen beschränkt, die Granitgneiswände am Fuße der Hemmerachkogel und am Nordost- abfall des Wenderkopfes heben sich deutlich davon ab durch ihre festere, geschlossene Beschaffenheit. Das Zusammentreffen des Zerrüttungsbereiches mit dem Vor- kommen des Bimssteines läßt auf einen genetischen Zusammen- hang beider Vorgänge schließen: durch das Empordtngen des Magmas an jenen alten Bruchspalten wurde der Gneis zertrümmert und gelockert. Daß hierbei ein größerer Einsturz im Maurachbereich einge- treten wäre, läßt sich schwer annnehmen, weil man sonst genötigt ist, sich den jetzt noch 300 bis 400 m das Längenfelder Becken überragenden Talriegel als ursprünglich um noch ein paar hundert Meter höher vorzustellen, was morphologisch unverständlich wäre. ‚Leichter kann man sich meines Erachtens den Vorgang so vor- stellen, daß bei dem Empordringen des gasreichen Magmas das Talriegelgebiet emporgestoßen wurde und nach erfolgter Eruption wieder etwas in sich zusammensank. An einer der Spalten erreichte das Magma die Oberfläche, ohne daß es aber zu einem Ergusse kam, wohl aber wurden Lavaschlacken ausgeschleudert, die auf die _ Terrasse niederfielen. Durch die Erschütterung wurde der Bergsturz ausgelöst, der das ausgeworfene Material und vielleicht auch andere Ausbruchsöffnungen überdeckte. Bei dieser Verknüpfung der Erscheinungen muß die Eruption postglazial sein, denn die Zerrüttung der Felsen erfolgte erst nach deren Rundung durch das Eis und ebenso ist der Bergsturz 342 W. Hammer, Jungvulkanische Gesteine im Ötztal. postglazial (oder höchstens interstadial). Eine später über den Tal- riegel weggegangene Großvergletscherung hatte die Bergsturzmassen von ihrer freiliegenden Höhe talauswärts abgeschoben und mit ihr auch die Bimssteine, von denen in den Glazialablagerungen im nördlichen Ötztal und Inntal bisher noch nie ein Stück gefunden wurde. Übrigens spricht schon die ganz unversehrte 'blasige Struktur für ein sehr jugendliches Alter und für die Unberührtheit von jsder gebirgsbildenden Bewegung. | Eine Beziehung zwischen der Lage des Vorkommens und der regionalen Tektonik läßt sich einstweilen nicht erkennen. Iminerhin ist es bemerkenswert, daß als eingeschlossene Gesteins- fragmente bisher ausschließlich solche des a gefunden wurden; die mehrfach ausgesprochene Ansicht, daß das Ötztaler Gneisgebirge eine Schubdecke sei, welche auf die Bündner Schiefer, beziehungs- weise den Kalkphyilit und Quarzphyllit übergeschoben liege, ließe erwarten, daß Bruchstücke kalkiger Gesteine aus der Tiefe empor- gerissen wurden. Auch eine Einschmelzung kalkiger Massen hat nach dem chemischen Befund nicht stattgefunden. Allerdings hat eine stärkere Magmaförderung, soweit ersichtlich, nicht stattgefunden, nur das äußerste Ende des Magmaflusses erreichte gerade en die Oberfläche. Aus den Alpen sind so junge Eruptionen bisher nicht Ba. Die peripheren Vulkangebiete in Oststeiermark und den Euganeen haben tertiäres Alter (alttertiär bis pliozän). Auch die Vulkan- embryonen der Schwäbischen Alb,! dieman zum Vergleich heran- ziehen kann, sind miozänen Alters; sie unterscheiden sich aber von dem Köfelser Ausbruch dadurch, daß ihre Gesteine trümmer- reiche basaltische Tuffbreccien sind, welche von der Tektonik völlig unabhängige Durchschlagsröhren erfüllen, während hier eine Spalten- eruption von liparitischer Bimssteinlava vorliegt. 1 Branco, Schwabens 125 Vulkanembryonen, Stuttgart, 1894. Gedruckt mit Unterstützung aus dem Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Über die Beziehungen zwischenSedimentation, Tektonik und Morphologie in der jungtertiären Entwicklungsgeschichte der Ostalpen Von Artur Winkler (Wien)' (Vorgelegt in der Sitzung am 11. Oktober 1923) Ein Großteil unserer tektonischen Erkenntnisse ist dem Studium der Alpen, des uns zunächst liegenden großen Faltengebirges ent- sprungen. Für die Weiterentwicklung der geomorphologischen An- sichten scheint gerade in neuester Zeit - ebenfalls die wissen- schaftliche Erschließung der Alpen. eine erhöhte und maßgebliche Bedeutung zu gewinnen. (O. Ampferer [1], R. v. Klebelsberg [2], Eros mat öl... Leyden. [4], :E,. Machätschek [5, .6], Break l7]), E,Brückner [8] G. Stefanini [9], J..Sölch [10, 11], scisamer |12]|, A, Winkler,[13, 14, 15], A. Heim [16].) Die Ostalpen sind aber bezüglich der Erkenntnis der. geo- morphologischen -Entwicklungsgeschichte? vor den Westalpen. be- deutend bevorzugt. Denn die glazialen Phänomene haben in den Östalpen nicht so umgestaltend wie in den Westalpen in das Antlitz ‚des Gebirges eingegriffen; die Einwirkungen jugendlicher Gebirgs- bewegungen treten in ersteren nicht so. maßgebend wie in den westlichen Alpenteilen hervor. In der Umrandung der Östalpen lassen sich deutlichere und sichere Beziehungen zwischen den marinen und limnischen Ablagerungsbezirken und den zugehörigen Oberflächen- formen des Gebirges feststellen. (Vgl. hiezu auch J. Sölch, 10, p. 148.) In dieser hier nur als vorläufige Mitteilung gedachten Studie sollen einige Probleme, die die Beziehungen zwischen ostalpiner Sedimentation, Tektonik und Morphologie betreffen, herausgegriffen und der Versuch unternommen werden, sie einer sachlich begründeten Lösung zuzuführen. Es wird sich im Verlauf der Darlegungen zeigen, daß sich hiebei einige Ergebnisse allgemeiner Tragweite zu ergeben scheinen? 1 Diese Publikation deckt sich inhaltlich im wesentlichen mit den Ausführungen, die ich anläßlich der I. Allgemeinen Versammlung der Geologischen Vereinigung in Leipzig am 21. September 1922 gehalten habe. 2 Abgesehen von den Phänomenen der Eiszeit, auf die in vorliegender Arbeit nicht näher eingegangen wird. 3 Eine ausführlichere Bearbeitung des Problems unter eingehenderer Würdigung der Literatur und spezieller Behandlung der Einzelgebiete beabsichtige ich in Bälde a.a.O. zu geben. Die vorliegende Studie erhebt daher nur den Anspruch auf die Beurteilung als vorläufige Mitteilung. [&°) cn Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd, 5 nu: BRE I. Die Frage nach der Existenz jungtertiärer allgemeiner Trans- und Regressionen (einheitlich verbreiteter Spiegel- schwankungen) am Fuße der Östalpen. Die besonders von E. Sueß verfochtene Theorie allgemein verbreiteter (eustatischer) Schwankungen des Meeresspiegels ist in neuerer Zeit mehrfach wieder zur wissenschaftlichen Diskussion gestellt worden. Franz E. Sueß hat in einem eingehenden, auf reichere Literaturstudien begründetem Referate vielfältiges Beob- achtungsmaterial zusammengefaßt, welches seiner Ansicht nach in entschiedener Weise zugunsten der Annahme eustatischer Spieget- schwankungen der Meere, und zwar auch während der Jungtertiär- und Quartärzeit spricht (17). M. Gignoux, der die Strandlinien der miozänen und pliozänen Zeit im Mittelmeer sehr genau studiert hat, neigt derselben Auf- fassung zu (18). H. Hassinger, der bekannte Geomorphologe, kommt nach jahrelanger Beschäftigung mit den bezüglichen Problemen zu ana- lögen Schlußfolgerungen: »Der Gedanke der eustatischen Bewegungen des Meeresspiegels, einer ruckweisen, durch Stillstandslagen unter- brochenen negativen Bewegung des Meeresspiegels, vielleicht ver- ursacht durch eine nachweisbare Vergrößerung während des Pliozäns und älteren Pleistozäns infolge neuer Einbrüche der Erdkruste, tritt vieder in den Vordergrund ...« (19, p. 192). F. X. Schaffer maß ebenfalls den eustatischen Spiegelschwankungen große Bedeutung bei (20). Für die Quartärzeit werden heute wohl ziemlich allgemein eustatische Spiegelschwankungen (durch die Bindung großer Wasser- massen als Gletschereis, beziehungsweise durch deren Abschmelzen hervorgerufen) angenommen (A. Penck, 21, p. 314, A. Grund, = p- 13,5 Dasv, 2,,De Mareng 24, 9. 14). Viele Geologen scheinen schon durch die Voraussetzung einer recht weiten Verbreitung der Haupt-Trans- und Regressionen der Auf- fassung eustatischer Spiegelschwankungen zuzuneigen, während andere freilich mit E. Haug schließen, daß die Verschiebungen der Strandlinien in den geosynklinalen Gebieten und außerhalb: derselben in abwechselnder Weise vor sich gegangen sind (E. Haug, 25, E. Daque, 26), wieder andere sich einer bestimmten Stellungnahme enthalten (z. B. E. Diener, 27, p. 137). WE Die Frage nach der Berechtigung oder des Nichtzutreffens- der Annahme allgemeiner eustatischer Bewegungen des Meeres- spiegels kann auf dem engumgrenzten Boden der Ostalpen natur- gemäß einer: Lösung nicht zugeführt werden. Es kann nur die Feststellung versucht werden, ob und in- wieweit sich am ganzen Ostalpenrande gleichsinnige und gleich- zeitige Verschiebungen der Meeresgrenzen erkennen lassen und ob. dieselben von der lokalen und auch regionalen Gebirgstektonik 7 TE TE re Te - IE ee < Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 345 unbeeinflußt erscheinen. Selbst im Falle ihrer am ganzen Ostalpen- körper erkennbaren Einheitlichkeit und Gleichartigkeit und ihrer Unabhängigkeit vom speziellen, tektonischen Aufbau könnten diese Meeresschwankungen sowohl in eustatischen Niveau- verschiebungen als auch im allgemeinen das ganze Gebirge ein- heitlich umfassenden Krustenbewegungen (etwa epirogenetischer Art) ihre Erklärung finden. 1. Die miozäne Transgression am Ostalpensaum. Der Anfang des Miozäns wird am Ostalpensaum ganz all- gemein durch den Eintritt einer Transgression eingeleitet. Sie beginnt anscheinend schon in der aquitanischen Stufe und erreicht erst in einem höheren Abschnitt des Altmiozäns (der nach anderen Ein- teilungen auch als älteres Mittelmiozän zu bezeichnen wäre) ihren - Höhepunkt. (= Schlierhorizont. des Wiener Beckens, = .unteres Helvetien, —= oberes Langhien der italienischen Geologen.) Vom Südalpensaum hat jüngst Stefanini eingehende Belege für die altmiozäne Transgression beigebracht (9, p. 583 — 599, auch Tellini A. 27). Es findet eine weitgehende Überflutung, speziell des friaulischen Gebirgssaumes, statt, die im oberen Langhien kulminiert. (Stefanini, 9, p. 5998 —599.) Im südlichsten Teil unseres östlichen Alpensaumes, im Bereich der Savefalten, lagern sich untermiozäne Meeresbildungen, z. T. transgredierend über älteres Grundgebirge, weithin aber’ über die oberoligozänen Brack- und Süßwasserschichten auf (Teller F. 28, Pp- 9%: 29,: P: 108, 30, 2:99, Bittner :A.. 31, p. 485, : Kram- berger-Gorjanovic 115, p. 15). Im steirischen Becken (mittelsteirische Tertiärbucht) dringen die Meeresfluten des Altmiozäns transgredierend über den Südost- rand der Zentralpen vor und lagern zuerst grobkörnige Bildungen (basale marine Mergel und mürbe, mergelige Sandsteine, A. Winkler 33, p. S15ff.), dann aber unter etwas tieferem Wasserspiegel die Foraminiferenmergel des mittelsteirischen Schliers ab. (A. Winkler 175, 83, p. 915—534,.R. Jäger, 34, p. 141.) Vermutlich gleichzeitig mit der Bildung der letztgenannten greifen zuerst Brack- und Süßwassersedimente (Eibiswalder Schichten), sodann marine Schichten (Florianer Tegel) in die inneren Winkeln der steirischen Bucht transgredierend über das kristalline Grund- Presse. (Winkler, 175, 39, pP. 610, 35, p. I; Hilber V., 86, p. 205, 37, p. 71, vel.auch Heritsch F., 38, p. 50—52.) Sogar die innerzentralalpine, ostkärntnerische Senkung wird von der Meeres- transgression betroffen (Höfer H., 39, p.311, Penecke K.A., 40). Bi der Senke, _welche .die. östlichen ‚ Nordalpet von’ der böhmischen Masse trennt, und am Südrande der letzteren hat jüngst E. Nowak (41, p. 39—41) eingehend die altmiozänen Trans- gressionserscheinungen beschrieben. wi 346 A. Winkler, Die Überflutung beginnt hiermit der aquitanischen Stufe (Molter Schichten, Pielacher Tegel, |41, p. 38]), prägt sich in dem über das Grundgebirge erkennbaren Übergreifen des (oberen) Melker Sandes (= 1. Mediterranstufe) aus und kulminiert in. der noch weiter über das böhmische Massiv vordringenden Transgression des »Schlier« (im engeren Sinne -des Wortes). Diese Phase entspricht der Haupt- verbreitung feinkörniger, schlieriger Mergelsedimente.! Im außeralpinen Wiener Becken hat auch-F. X. Schaffer die Existenz einer altmiozänen Transgression beleuchtet und in Einzel- phasen gegliedert. Er vertritt entschieden den Standpunkt, daß eustatische Spiegelschwankungen der Meere ihren wechselnden Umrissen zugrunde liegen. Die »Schlierphase« entspricht auch nach Schaffer einem der Höhepunkte der Transgressionswelle, wenn er auch deren Hauptkulmination schon in der 1. Mediterran- stufe (am Schlusse derselben) ansetzt (20, p. 385, 44, p. 120— 122). In den Molassegebieten der westlichen Nordalpen, die die Fortsetzung des großen Schweizer Molassesaumes darstellen, bedeutet das Miozän nach dem Vorherrschen brackisch- limnischer Ablagerungsbedingungen im Oberoligozän den Eintritt einer Meeres- transgression. Heim hat in der »Geologie der Schweiz« die große Meeresüberflutung des Burdigalien (= Altmiozän), die fast un- vermittelt marine Sedimente über limnische Schichten gebreitet hat, eingehend gewürdigt (Heim, 45, p. 123). » ©'Nahezu überall am Alpensaum sind, wie hier angedeutet wurde, die Anzeichen einer altmiozänen Transgression, die wenigstens nach überwiegender Auffassung in einem höheren Zeitabschnitt dieser Phase kulminiert hat, erkennbar. Es erscheint ganz natur- gemäß, daß diese Überflutung mit einer besonders weiten Ver- breitung ‘ feinkörniger Schliersedimente und Foraminiferenmergel oder feinerer Molassebildungen begleitet wird. So schreibt Stefanini der Molasse des oberen Langhien, Haug (46, p. 1736) dem Schlier bathyale Entstehung zu, was allerdings bezüglich des letzteren sicherlich nicht allgemein zutrifft.” Immerhin deutet das Vorherrschen feinkörniger Sedimentation, sowie die Fauna im allgemeinen auf eine weitere Ausdehnung der vom Meere bedeckten Räume, auf eine Zurückdämmung der Flußmündungen und auf ein stärker denudiertes Rückland hin. 1 Die in gewissen Räumen sich schon in dem Ole gebildet hatten. (Vgl. Abel O., 43. p. 138, Nowak, 41, p. 40.) 2 H, re und G. Götzinger (174) haben indessen auch am alpinen Südrand des inneraipinen Wiener Beckens die altmiozäne Transgression er- wiesen. Über lokal festgestellten, oligozänen Brackwasserschichten (mit Kohlen- flötzen) folgt zuerst die sandige Facies der Melkerschichten, sodann die mergelige Schlier entwicklung. 3 Auch der steirische Foraminiferenmergel (Schlier) ist nur zum Teil eine Bildung außerhalb der Seichtwasserzone, während anderseits Schliersedimente' auch in dchr seichten Becken zur Ablagerung gelangen können. 4 Vgl. hiezu die Bemerkungen von Stefanini in 9, p. 59. Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 347 Der Transgression des älteren Miozäns und ihrer Kulmination im »Schlier« (= älteres Helvetien) scheint übrigens über die Grenzen der ÖOstalpen hinaus eine Bedeutung zuzukommen. So verleetHaug (255, p.1636)! die größte Ausbreitung des miozänen Meeres in das (ältere) Helvetien, welches er mit dem »Schlier« parallelisiert, dessen weite, niveaubeständige Verbreitung in Europa hervorgehoben wird.? 2. Mittel-obermiozäne ee anklaien. mr Zeit des "mittleren Und oberen Miozäns entspricht, im ganzen genommen einer freilich von nicht unbedeutenden Rück- schlägen unterbrochenen Regression der Meere am Fuße der Ost- alpen, die an der Pliozängrenze ihren Höhepunkt erreichte. Innerhalb dieser negativen Bewegung der Strandlinie hebt sich aber vielfach eine Phase deutlicher Transgression in der 2. Mediterranstufe (Tortonische Stufe) hervor. Da sie in gewissen Räumen klar erkennbar ist, wurde von einigen Forschern in diese Zeit hinein der Höhepunkt der miozänen Überflutung verlegt. Ich ' glaube in der. Spiegelerhöhung der Meere zur 2. Mediterranzeit zwar .eine auf weitere Erstreckungen hin verfolgbare, namhafte Meeresschwankung annehmen zu können, die aber — nach den Verhältnissen am Ostalpensaum zu schließen — doch an Bedeutung gegenüber der Transgression des Altmiozäns zurückzutreten scheint, welch letzterer auch nach Haug allgemeinere Ausbreitung zukäme. Vielleicht erreicht die tortonische Überflutung in jenen Räumen besondere Sichtbarkeit, wo die miozänen Senkungen der Sedimentation neue Räume erschlossen haben? Für ein größeres Ausmaß der ältermiozänen Transgression am Ostalpensaum gegenüber der jungmediterranen spricht auch der Umstand, daß innerhalb der 2. Mediterranstufe Riff- und Strand- bildungen auch in den steten Meeresdepressionen in großer Aus- breitung nachweisbar sind.* Zwischen der Überflutung des älteren Miozäns und jener der 2. Mediterranstufe schaltet sich vielfach eine Sedimentserie ein, die auf eine Ausseichtung des Meeres und auf die Existenz brackischer Verhältnisse hindeutet (= Oncophora-Schichten; vielleicht auch zum Teil ‘die den sogenannten Grunderschichten zugezählten Bildungen; ferner älteres, konglomeratisches Leithakalkniveau der Savefalten 1 Haug gibt (255, p. 1635—1636) an: »Il est difficile des lors de conclure, avec E. Sueß, que. le Schlier nous donne l’image, d’une vaste mer expirante«. »La mer neogene du bassin extra-alpin atteigneait' au moment ou elle deposait le Schlier, son maximum de profondeur et son maximum d’extension.« dar 2 Was aber wohl nur im großen und ganzen, nicht aber im einzelnen Geltung haben kann, indem sowohl ältere (oligozäne), als auch jüngere (jung- mediterrane) Schlierbildungen mehrfach erwiesen wurden. Die Zeit zwischen Alt- und Jungmediterran entspricht demnach nur der maximalen Ausbreitung der Schlierfacies. 3 Nach Heim treten im Schweizer Molassegebiet in der »Vindobonischen Stufe«s am Alpenrande mehr Süßwasserbildungen hervor, während es im Juragebiet in ae Entwicklung über .das Bardiealien. hinaus transgredien. (45, p- 125.) 4 Neben der auch im Obermediterran nicht fehlenden Schlierfacies. 348 A. Winkler, TellentBPssp; 105, 0% Al ad analoge Bildungen der steiri- schen Bucht. [Winkler, 125, 83, p. 945)). Am Ostalpenrande läßt sich die zeitlich BE: Trans- gression der 2. Mediterranstufe in den Savefalten (Auflagerung der schlierartigen Tüfferer Mergel über dem unteren, konglomeratischen Leithakalk) (31, p. a 46, 30, p. 107), in der steirischen Bucht (Winkler, 35, p. 1, 175) und in dem inneralpinen Wiener Becken (Eindringen der Leithakalkstufe) in erkennen (vgl. hiezu R. Hoernes, 47, p. 954—955). 3. Die Regression des Obermiozäns und ihre Ken an der Pliozängrenze.- Das Obermiozän, besonders aber der Abschluß En Stufe an der Pliozängrenze entspricht einer Phase ausgesprochener Regression, eine Erscheinung, auf die E. Sueß (48, p. 422) schon vor vielen Jahren hingewiesen hat. Am Südalpensaum hat in Erweiterung älterer Studien Stefanini in einer großangelegten Monographie das fortschreitende Seichterwerden des Meeres und seine Aussüßung im Verlaufe des Mittel- und Obermiozäns beschrieben. An Stelle der »bathyalen« Sedimente des oberen Langhien, stellen sich die in geringerer Tiefe (Laminaria Z.) entstandenen helvetischen Schichten, die sandigen Küstenbildungen des unteren Tortoniens, und die grobsandig-konglo- meratischen Strandablagerungen der oberen tortonischen Stufe (marine Strandbildungen) ein, die von brackisch-limnischen und besonders von fluviatalen Ablagerungen großer Mächtigkeit überdeckt werden. Der Südalpenrand war im Obermiozän landfest geworden. Die stehenden Gewässer, welche im Obermiozän den Ostfuß der Alpen bespült haben, erscheinen vom Mittelmeer mehr oder minder abgetrennt (brackisches, sarmatisches Becken). Ihr Wasser- stand wird nach den im Wiener Becken erkennbaren Verhältnissen gegenüber der 2. Mecditerranstufe ebenfalls als ein tiefer gelegener angegeben. (Schaffer, 49,:90,.p. 113; Hassinger, SL ,P.197 Auch das Auftreten von Leithakalkgeröllen in den sarmatischen Sedi- menten spricht dafür (Fuchs Ih, 52,::P, 381;. Sehaffer ER 50 p. 93. und 121). In der steirischen Bucht konnte ich innerhalb des Obermiezäns sekundäre Oszillationen des Meeresspiegels feststellen (schwache Transgression des mittleren Sarmats), über deren allgemeinere oder nur lokale Bedeutung nichts Bestimmtes ausgesagt werden kann.! (Winkler, 33, P. 8/1, 59, p.. 19)... Aber. deutlich laBE Sch nie Ausseichtung des Meeres im Obersarmat feststellen.? 1 Es verdient aber hervorgehoben zu werden, daß auch im Wiener Becken ähnliche Wasserstandsschwankungen im Sarmat zu verzeichnen sind. Vgl. hiezu H. Hassinger (Sl, p. 197). 2 Grobe Kiese und Schotterlagen: in Sediment, Rippelmarks, Auftreten rifi- artiger Bildungen (Serpuliten und Bryozoenkalke [Winkler, 66, p. 5]) und von Lignitlagen (obersarmatischer Kohlenhorizont von Feldbach [Stiny 188] zeigen die fortschreitende Verlandung des Beckens an. f u 1 iD Are a u At Free Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. | 349 Das Maximum der Regression. Die langandauernde negative Tendenz in der Verschiebung ‚des Wasserspiegels erreichte, wie ich in Übereinstimmung mit den Ausführungen von Eduard Sueß und R. Hoernes betonen möchte, an der Wende von Miozän und Pliozän, in jener Phase, die Hörnes (54, p. 57, 55), als Zwischenepoche zwischen Sarmatikum und Pontikum gedeutet und mit der mäotischen. Stufe Südrußlands verglichen hat, ihren Höhepunkt. Die Anzeichen einer besonderen Tiefenlage der Erosionsbasis am Alpensaume sind vielfältig. Am Südalpensaume bildet der Komplex der obermiozänen Landbildungen! die Zwischenschaltung zwischen den marinen Ab- lagerungen des Tortoniens und den transgredierenden Meeres- ablagerungen der Piacenzastufe. Der weitgehende Rückzug des Meeres kommt in der ausgedehnten Verbreitung von Landschutt- kegeln am Südalpenfuße zum Ausdruck. In den »Savefalten« bedeutet die Grenze zwischen Sarmatikum und Pontikum (= Miozän—Pliozängrenze i. A.) einen Rückzug der stehenden Gewässer, Trockenlegung der Hauptteile und Erweiterung des Dislokationsbereiches (Faltungen!), welch letztere sich stellen- weise in einer ausgesprochenen Diskordanz zwischen den auf- gerichteten sarmatischen Ablagerungen und den transgredierenden Pontsenen Bidunsen Außern (Teller, 30, p. 119,’ Goörjanovic- KramBeısern, 02, p: 22). Am Nordostrande der steirischen Tertiärbucht konnte ich eine deutliche Erosionslücke zwischen Sarmatikum und Pontikum erweisen (33, p. 601). Im Innern des steirischen Beckens deutet ein von mir in weiter Verbreitung festgestellter Flußschotterhorizont im tiefsten Teil des Pontikums (66, p. 78), dem auch der Dinotherium- schotter von Ober-Tiefenbach angehört, die zeitweise nahezu völlige Trockenlegung der ganzen Bucht an. Die Kulmination des Tiefstandes 1 Dieser fluviatale Komplex des »Messeniano« wird neuerdings von den italienischen Geologen dem »Pontikum« parallelisiert, unter der Voraussetzung, daß letzteres dem Obermiozän zuzurechnen wäre. (Vgl. Stefanini 9, p. 566—574, der übrigens die hypothetische Grundlage dieser Parallelisierung betont.) Aus verschiedenen Gründen glaube ich aber schließen zu können, daß hier eine Vertretung des (oberen?) Sarmatikums (und vielleicht noch.des tieferen Teiles der pontischen Stufe), die ich mit einer großen Anzahl von Forschern dem Unterpliozän zuzähle, vorliegt. Die »pontischen« Konglomerate werden anderseits (nach Stefanini 9, p. 568) mit der oberen Süß- wassermolasse parallelisiert, die als Äquivalent des Sarmats gilt. Mir scheint die Konglomeratfolge die Zeitlücke auszufüllen, die der maximalen Regression ent- sprechend das Obersarmat und vielleicht das Unterpontikum bis zum Vordringen der Transgression des Piacentin (= Transgression des mittleren Pontikums) entspricht. Die große Mächtigkeit der Konglomerate in Friaul spricht nicht dagegen; denn so grobklastische Schottermassen häufen sich sehr rasch auf. M. cf. arvernensis, welches Stefanini aus den »pontischen« Konglomeraten anführt, ist nicht beweiskräftig, da es sich vermutlich um die stratigraphisch wertlose Zwischenform M. longirostris- arvernensis handeln dürfte. Vgl. biezu G. Schlesinger, 56, p. 158. Zudem ist Mast. arvernensis aus echten pontischen Ablagerungen nicht bekannt, sondern kennzeichnet erst das »Levantin«. 300 : © A. Winkler, scheint demnach bereits in den tiefsten Teil der pontischen Stufe hineinzufallen. Im Ödenburger Becken (am _Verbindungsstück zwischen dem Wiener und steirischen Becken) hat R. Hoernes (54, p. 97, 55) Klassische Belege für die vorpontische Erosion bei- gebracht, nachdem schon.E. Sueß auf einige Anzeichen niederen Wasserstandes an der Miozän-Pliozängrenze hingewiesen hatte. Aus dem Wiener Becken liegen weitere Belege vor. St. Richarz hat Erosionsdiskordanzen zwischen Sarmatikum und Pontikum vom Eichkogel bei Mödling festgestellt (76, p.:58). M. Vacek hatte schon viele Jahre vorher die Existenz einer Trockenlegung des östlichen Kalkalpenrandes in ebenderselben Phase betont (Säugetiereschicht bei Mödling!) und die Bedeutung dieser Erscheinung gewürdigt (77, p. 186). Vor allem hat aber H.Hassinger auf die Verbreitung altpontischer Land- und Deltaschotterbildungen im Wiener Becken (vorpontische Erosionstäler erfüllt mit pontischen Landschutt- und Deltabildungen, speziell im Triestinggebiete!) hingewiesen. Der Trans- gression der pontischen Stufe ging nach Hassinger (öl, p. 198— 199) eine tiefgreifende Zerteilung des Randgebirges voran. Ich vermute, daß auch die Ausräumung der großen alten . Donaufurche, die im außeralpinen Wiener Becken .nordostwärts gegen Nikolsburg gerichtet war und im Verlaufe der pontischen Zeit mit großen Fluß- schottermassen zum Teil alpiner Herkunft.(vgl. H. Vetters, 57, p. 71) zugeschüttet wurde, derselben vor(alt)pontischen Erosionsphase ZU- zuzählen ist.! Während die steirische Bucht zeitweise in dieser Phase weitgehend trockengelegt wurde, verblieb der Grund des inneralpinen Wiener Beckens aber auch jetzt wasserbedeckt. In den Schweizer Alpen und den Molassengebieten der west- lichen Nordalpen (Ostalpen) bedeutet die Miozän-Pliozängrenze be- kanntlich das Ende der geschlossenen Akkumulation, den Eintritt namhafter Gebirgsstörungen im bisherigen ‘Sedimentationsraum und Abtragungsvorgänge. In der Rhonebucht ist der Tiefstand der stehenden Gewässer in besonders klarer Weise erkennbar... .(Kon- gerienschichten von Bollene unter marinem Pliozän.) Diese Angaben zeigen, daß die Regression der die Östalpen umsäumenden . stehenden Gewässer, die im Obermiozän schon deutlich ausgeprägt war und an-der Wende zum Pliozän (im untersten Pontikum) ihren Höhepunkt erreicht hat, augenscheinlich ein Phänomen allgemeinerer Bedeutung darstellt, das kaum durch lokale tektonische Vorgänge erklärt werden kann. 4. Die Transgression des Unterpliozäns. Mn sroberen” Teilen” .der Ostalpenumrahmung 1äßt sich mit Beginn .des Pliozäns der Eintritt einer Überflutung des Briere 1. H. Hassinger hält das Donaudelta des außeralpinen Wiener Beckens für etwas jünger (jungpöntisch) als das Triestingdelta, wogegen, wie ich an anderer Stelle zeigen werde, einige Gründe ins Treffen geführt werden können.- Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 3ol feststellen, die vielfach in einer über die Grenzen der vorangehenden Sedimente hinausreichenden Schichtumgürtung zum Ausdruck kommt. Am Südsaum der Ostalpen sind die marinen Ablagerungen der Piacenzastufe (= Unterpliozän) in transgredierender Lagerung lokal festgestellt worden. (Eindringen bis Salö am Gardasee, hier auf Oberkreide übergreifend und bei Cornuda am Piave konkordant über obermiozänen Landbildungen, Dal Piaz, 60, Taramelli, 61, Stefanini, 9, p. 574 und 604.) Die italienischen Forscher (Stefanini, 9, p. 578) nehmen eine schnelle Überflutung des Gebirgsrandes durch ein rasch an Tiefe zunehmendes Meer (von bathyalem Charakter) an.! Die Spärlichkeit der marinen Pliozänreste am östlichen Südalpensaume erklärt sich wohl durch die bedeutende, hier noch in jugendlicher Zeit auf- tretende Aufbiegung des Gebirgsrandes, durch dessen Abtragung _ und durch die tiefe Absenkung der vorgelagerten Zone, wodurch auch die einstigen Strandbildungen des Pliozänmeeres entfernt, be- ziehungsweise tief unter den jüngeren Schuttbildungen versenkt wurden.? R Am Östrande der Alpen läßt sich als Parallele zu der marinen Überflutung des Südalpenfußes eine limnische Transgression feststellen. | In den Savefalten inseredeg nach erleii 80, p.>119) die pontische Stufe bei Pöltschach an dem noch die sarmatische Stufe 1 Nach G. Gignoux (58) ist die Transgression des Unterpliozäns eine im ganzen Mittelmeergebiete verfolgbare Erscheinung: Die Piacenzastufe sei in weiter Ausdehnung durch das Auftreten toniger Sedimente gekennzeichnet. 2 Ferner stellt das Eindringen des Pliozänmeeres in ein vorher geschaffenes Talrelief am Südfuße der Westalpen, ebenso wie die Transgression des Piacenza- meeres (Unterpliozän) in der Rhonebucht eine prächtige Illustration der Allgemeinheit der altpliozänen Überflutung dar. Bezüglich des Alters der am See ingredierenden pliozänen Meeresbildungen sei bemerkt, daß diese zwar von mancher Seite dem Mittelpliozän (Astistufe) [Heim, 45, II. Band, p. 841] zugezählt werden, daß aber italienische Forscher entschieden für ein altpliozänes Alter der Haupt- transgression eintreten. 5 So schreibt Stefanini (9, p. 577): »Del resto, poiche esistono, lüngo tutta la zona pedemontana subalpina, lembi di marne azzurre marine, concordamente attribuite al Piacenziano, ... .. .< ecc. G. Gignoux, der sich am eingehendsten neuerdings mit der Pliozängliederung der Mediterrangebiete befaßt hat, ist der Meinung, daß in der Piemontzone (am Süd- alpenfuße) die sandige Facies im Pliozän im allgemeinen .vorherrsche (gegenüber der sonst im Altpliozän dominierenden Mergelentwicklung) und zum Teil schon in der Piacenzastufe (Plaisancien) beginne, während diese anderwärts (Apennin etc.) erst in der oberpliozänen, kalabrischen Stufe herrschend werde. Piacenza-Astistufe wurden übrigens. häufig nur als facielle Vertretungen angesehen. Die Sache dürfte so liegen, daß im Unterpliozän die tonig-mergelige Schichtenentwicklung (Piacenzatone), in dem Mittelpliozän die sandige (Asti-)Facies vorherrscht, wobei aber auch eine gegenseitige _ Vertretung beider, besonders de ersteren durch die letztere im Altpliozän statt- findet. Eienoux 58, p. 38— 39.) 352 Ä A. Winkler, umfassenden Faltenbau,t ebenso weiter östlich (Ravna g.) nach Gorjanovic-Kramberger (62, p. 22). Die steirische Bucht wird bis zu großen Höhen mit limnisch- fluviatalen Sedimenten pontischen Alters zugeschüttet (Winkler, 66, p. 33 und Aigner, 65, p. 298—302; Hilber, 63, p. 346—347, 64, p. 403). Die pontischen Seebildungen greifen hier gegenüber der obersarmatischen Strandablagerungen bedeutend aus, wie sich speziell im Raume von Weiz-Hartberg— Friedberg und im südlichen Burgenlande deutlich erkennen läßt; ihre Brandungsterrassen liegen auch im Innern des Becken (an dem Gleichenberger Trachytmassiv (Winkler, 66, p. 11), etwa 150 m über jenen der sarmatischen Zeit. Winkler und A. Aigner haben in eindringlicher Weise auf die große Bedeutung der pontischen Verschüttung der steirischen Bucht hingewiesen. Im Wiener Becken haben Hoernes (35, p. 818— 820), Schaffer (50, p. 387) und H. Hassinger (Sl, p. 108, 19, p. 190-192) und andere das Vorhandensein der pontischen Transgression klargelegt. Verschüttung alter Talrinnen, über dem sarmatischen Brandungsniveau gelegene Terrassen und Verebnungen, vorherrschend feinkörnige Tegelsedimentation und anderes deuten das Steigen der Strandlinie an. Daß auch die große Zuschüttung des altpliozänen Donaulaufs (in das Nikolsburger Becken) im Bereiche des außer- alpinen Wiener Beckens meiner Ansicht nach demselben Erscheinungs- komplexe zuzuzählen ist, wurde bereits früher betont. Schon im Jahre 1880 hatte E. Sueß im Antlitz der Erde (UL, 1, p. 384) geschrieben, daß »das negative Maximum eigentlich in die Periode der Erosion der vorpontischen Täler falle.« - Es ist für das hier zu behandelnde Thema von einschneidender Bedeutung, ob sich im großen und ganzen eine zeitliche Äquivalenz zwischen der Piacenzastufe am Südalpensaume und der pontischen Stufe am Ostabfalle der Alpen feststellen läßt. Diese Frage berührt sich eng mit jener, ob in der pontischen Stufe die ‘Vertretung des Unterpliozäns oder des Obermiozäns zu sehen ist. | | Ich bin zur Meinung gekommen, daß die pontische Stufe auch das limnische Äquivalent der Piacenzastufe des marinen Altpliozäns umfaßt, wenngleich ihr zeitlicher Umfang ein größerer sein dürfte. Als Begründung dient mir nachstehendes: 1. Die überwiegende Meinung österreichischer Forscher, welche das Pontikum dem Pliozän zuzählen (Geologen der österr. Geol. Reichs- anstalt, in deren Kartenwerken das Pontikum dem Unterpliozän zu- - gezählt wird, ferner F.X. Schaffer [50, p....], Th. Fuchs [67, p....], - H. Hassinger [in seinen neuesten Publikationen, 19, p. 186], 1 Nach Tellers Karte (46) zeigt sich im Lichtenwalder Becken stellen- weises Übergreifen des Kongerientegels - auf das karbone Grundgebirge. Heritsch (78, p. 102) vermerkt in der Landstraßer Bucht Lagerung ponSinekau Schichten unmittelbar über Mediterran. Ähnliches ist aus dem »Murw ei (zwischen Drau und Mur) bekannt (176). Msn nenne SO Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 309 G. Schlesinger [56, p. 152], F. Kossmat [3, p. 53], F. Teller [30, p. 117], L. v. Loczy [68, p. 673] usw.). Die Fauna von Pikermi, welche der 2. Säugetierfauna des Wiener Beckens gleich- gestellt wird (= pontische Fauna), ist zudem in das Altpliozän zu stellen. (Vgl. auch die Bemerkungen von Loczy loc. cit.) 2. Die Tatsache, daß das obere Miozän am Ostalpenfuß ohne- dies durch ein entsprechendes Äquivalent (sarmatische Schichten von durchschnittlich über 300 »» Mächtigkeit) vertreten ist, und die sehr mächtigen, vielfach selbständig verbreiteten pontischen Sedi- mente daher kaum als Anhängsel (etwa dem höchsten Miozän zu- gehörig) betrachtet werden können. 3. Daß vielmehr die pontischen Bildungen, die stellenweise in Mächtigkeiten bis zu 800 m (in vorwiegend feinkörniger Aus- bildung, als Kongerientegel) angetroffen wurden (W. Petrascheck, 99, p. 169), die im Wiener Becken etwa 800—900 m! und in der steirischen Bucht bis etwa 500 m Mächtigkeit? besessen haben müssen, einem Zeitraum von sehr langer Dauer entsprechen,’ 1 Schaffer (49, p. 113) spricht von 50) m mächtigen Kongerientegeln und Sanden. Neuere Bohrungen, von W. Petrascheck mitgeteilt (72, p. 3), ergeben im Zusammenhalt mit des letzteren Forschers Beobachtungen, daß die Kongerientegel mindestens 400 m stark (in dieser Tiefe noch nicht durchteuft), wahrscheinlich mächtiger sind und noch von zirka 300 m mächtigen Tegelsanden überlagert werden. Auch deren einstige Ablagerungsmächtigkeit war eine größere, da sie bereits ab- getragen erscheinen. Für »Kongerientegel« und »Tegelsande« zusammen dürfte eine Mächtigkeit von 800 bis 900 m ohne weiteres annehmbar sein. Das Alter der sogenannten Paludinen Tegelsande ist strittig. Schaffer rechnet sie dem Pontikum zu, auch Hassinger neigt dieser Auffassung zu (51, p. 24). Loczy sagt (68, p. 511): »Es ist zweifellos, daß in Niederösterreich die oberen, Kongerien führenden Schichten der Balatongegend, nicht aber die Ab- lagerungen der levantinischen Stufe« unter den jungpliozänen Schottern liegen. Auf Grund einer Fauna, die ihm übermittelt wurde, stellte er fest, daß der größere Teil der bestimmten Süßwasserformen in der pontischen Fauna des Balaton bekannt sei. Jedenfalls ist es sehr auffällig, daß die »oberen Kongerienschichten« des Wiener Beckens (mit C. subglobosa) nach den eingehenden Gliederungen ungarischer Geologen (Halavats, 73, p. 79, Lörenthy, 74) etwa dem oberen Horizont des pannonischen Unterpontikums gleichgestellt werden, die mittleren-oberen Kon- gerienschichten Westungarns dagegen im Wiener Becken in der entsprechenden Kongerienfacies noch nicht nachgewiesen werden konnten. Es liegt daher sehr nahe, die (Moosbrunner) »Paludinen Tegelsande« als rein limnische Facies des höheren Pontikums des pannonischen Beckens aufzufassen, was durch Loczys Angaben noch wahrscheinlicher wird. Durch W.Petrascheck ist nun eine den pontischen Bildungen des Wiener Beckens gegenüber selbständige Verbreitung der Tegelsande festgestellt worden (72, p. 1—2.). Dies scheint mir zwar durchaus zugunsten einer schärferen Abtrennung dieser Komplexe von den tieferen Kongerientegeln, nicht aber notwendigerweise für ‚eine zeitliche Gleichstellung mit dem Levantin (Petrascheck, 72, p.. 2) zu sprechen. Auch die Süßwasserfauna wird bei den geringen in Betracht kommenden Altersunterschieden (Oberpontisch oder Levantin) und den faciellen Differenzierungs- möglichkeiten kaum ausreichend die Frage entscheiden; erst Säugetierfunde können hier Klarheit bringen. 2 Bei unvollständiger Entwicklung der Profile (Lücken!) 3 Auch das morphologische Alpenbild läßt erkennen, daß innerhalb der pontischen Zeit sehr bedeutende Umgestaltungen des Gebirgsantlitzes erfolgt sind, die eine sehr lange Dauer für diesen Zeitraum zur Voraussetzung haben. 354 A. Winkler, dessen Hinzufügung zum Miozän, den Umfang dieser Formation über alle Gebühr vergrößern würde, jenen des Pliozäns aber zu einem ganz und gar ‚untergeordneten Zeitabschnitt herabdrücken würde.! Auch am Uskokengebirge ist die Mächtigkeit ‚der Kongerien- tegel 800m (Tornquist, 71, p. 25). | 4. Die Existenz einer wichtigen alpinen Störungsphase, ER am Ende des Miocäns (nach Ablagerung der Süßwassermolasse des Nord- und Südalpenrandes) einsetzte und die augenscheinlich mit jenen Bewegungen zu identifizieren ist, die die Teile des Ostalpen- saumes an der Wende von Sarmatisch und Pontisch eingesetzt haben (Faltungen in dem Savegebiet, starke Störungen im südlichen Teil der steirischen Bucht). 8. Vor allem ein direkter, exakter Beweis, der sich aus den neueren Ergebnissen morphologischer Forschung ergibt, worauf später noch eingehender hingewiesen werden soll. Hier sei nur soviel ver- merkt, daß am Südsaume der Alpen ein System besonders ausgeprägter und einheitlicher Abtragsflächen verfolgt werden kann, deren altplio- zänes Alter besonders durch Stefanini (9, p. 606 und 608) sicherge- stellt erscheint, eine Deutung, die zweifelsohne unter den obwalten- den Umständen als die einzig richtige gelten kann. Die nach ihrem Erhaltungszustande und Ausbildungsart zusammengehörigen Ober- flächengebilde lassen sich nun im geschlossenen Zusammenhange bis in. den Südteil der Savefalten (Gegend von Steinbrück) ver- folgen und breiten sich am Nordrand der letzteren (in den Steiner Alpen und ihrer östlichen Fortsetzung) weit aus. Sie schließen hier an jenes bei gleicher Gesteinsart in analogem Erhaltungszustande und durchschnittlich in ähnlicher Höhenlage? befindliche Flächen- system an, das dem Östalpenrand eigen ist. Sein pontisches Alter ist sichergestellt. F.Kossmat hat die Einheitlichkeit der vom Süd- alpen- zum Ostalpensaum hinziehenden Verebnungen und ihr ponti- sches Alter erwiesen (3, p. 52), G. Stefanini das unterpliozäne Alter der zugehörigen Abtragsflächen des Südalpenrandes (9, p. 606, und Tab: 608) festgestellt.?3 Daraus kann ich nur den Schluß ab- leiten, daß die Phase maximaler Ausbreitung des pontischen Sees ein zeitliches Äquivalent der unterpliozänen Piacenza-Transgression darstellt. | In diesem Falle, in dem paläontologische Reste eine Ent- scheidung bisher nicht ermöglicht haben, muß der morphologische 1 Aber auch nach Abtrennung der pontischen Stufe dürfte das Miozän das Pliozän an zeitlicher Dauer nicht wenig übertreffen. 2 Bei im einzelnen hervortretenden beträchtlichen, durch tektonische Störungen bedingten Niveau unterschieden (siehe später). ..3 Die Zeit des (älteren) Pliozäns als einer Phase weitgehender Lateralerosion (Entstehung von Abtragsflächen) tritt auf Grund neuerer Ergebnisse immer mehr in den Vordergrund. Hassinger verlegt jetzt die mährischen »Abrasionsebenen« in das ältere Pliozän (Pontikum), 19, p. 180), Salomon versetzt die Ausbildung der süd- deutschen Hauptabtragsflächen ins Pliozän (75) und schließlich sind die 'Rumpf- ebenen des (nördlichen) dinarischen Gebirges nach Kossmat (3, p. 51) ebenfalls i in demselben . Zeitraum. entstanden. Ber ul los an Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 355 Befund als Kriterium herangezogen werden. Ich halte es aber durchaus für möglich, ja sogar wahrscheinlich, daß der Umfang der pontischen Stufe nach unten und besonders nach oben hin ein beträchtlich größerer als jener des Plaisancien (Piacenzastufe) ist, indem eben in der pontischen Facies nicht nur die Bildungen der altpliozänen Transgression, sondern auch noch jene der voran- gehenden (vorpontischen) und nachfolgenden (Asti-)Regression ver- treten wären. In Osteuropa erfolgte eben dem großen Rückzug der Meere im obersten Miozän nur eine limnische Transgression nach, deren Gebilde sich von jener der vorherigen Regression nicht so deutlich abheben, wie im Mediterranbecken. Die große Mächtigkeit des Pontischen Steht damit im Einklang. Ich glaube daher mit großer Wahrscheinlichkeit zum Schlusse berechtigt zu sein, daß der Eintritt des. Altpliozäns in der Alpen- umrandung eine Hebung des marinen-und limnischen Spiegelniveaus bedeutet hat. | Fi Mit der Annahme a, Transgression harmöhlertn das Nor herrschen feinkörniger (tonig-mergeliger) Sedimente (Kongerientegel, Piacenzatone), wie denn auch nach Gignoux das Unterpliozän im ganzen Mediterranbecken in tonigen Sedimentfacies entwickelt istı.(18, 38;:p..29); b Daß sich der Einfluß der niarnen re auch in der vom Mediterranbecken losgelösten pontisch-pannonischen Senkung in Form einer limnischen Transgression geltend gemacht: hat, ist ohne weiteres einzusehen, wenn man die räumliche Nachbarschaft 1 Hier sei noch eine kurze Bemerkung hinzugefügt, die Parallele der jungen Bildungen des Wiener und des Rhonebeckens betreffend. Die Kongerienschichten von Bollene (und die Schichten mit der altpliozänen Fauna von Montpellier) würden dem übrigens auch auf der ganzen Apenninischen Halbinsel usw. erkennbaren Tief- stand des Meeres entsprechen, wie er im Wiener und steirischen Becken in den sarmatisch-pontischen Grenzschichten (= mäotische Stufe R. Hoernes = präpontische Mergel Kroatiens) und im unteren Pontikum zum Ausdruck kommt. Die darüber- folgende marine Transgression des Rhonegebietes (Sch. mit Nassa semistriata und Ostrea Barriensis), die den unteren Plaisancien zugezählt werden, würde dem Höchst- stande des pontischen Sees entsprechen. Die mittleren pontischen Schichten der Steiermark, die hochgelegenen Brandungsterassen des Wiener Beckens und ihre stratigraphischen Äquivalente (Horizont der Cong. Partschi. und der Cong. subglobosa in Form mächtiger Kongerientegel und Sande) gehören vermutlich dieser Phase an. Das obere Plaisancien der Rhonebucht (eisenschüssige Sande und sandige Mergel mit Potamides Basteroti) könnte als Äquivalent der oberpontischen Schichten Ungarns und des Wiener Beckens (Moosbrunner Schichten?) angesprochen werden. Dies um so eher, als erst die darüberfolgenden gelben fluviatilen Sande des Rhonegebietes (79, p. 1645) Mast. arvernensis enthalten, die dem Mittelpliozän angehören und den levantischen Schichten Kroatiens und Ungarns (und eventuell dem Laaerbergschotter des Wiener Beckens) zu parallelisieren wären. Bei dieser Parallelisierung ist der Ablauf der Strandverschiebungen am Ost- und Westfuße der Alpen der gleiche, die Fauna in Übereinstimmung und bezüglich der miteinander verglichenen Schichtmächtigkeiten eine grobe Unw ahrscheinlichkeit vermieden. 306 A. Winkler, beider in Betracht zieht.! Denn es erscheint unmöglich, daß sich im Mediterran- und im pontisch-pannonischen Becken bei ihren engen Beziehungen — marine Fischfauma im pontischen Becken, die auf ein durch Flußstrecken vermittelte Verbindung mit dem Mediterranbecken hinweist (80, p. 227) — durch einen so langen Zeitraum, wie ihn die pontische Stufe darstellt, voneinander ganz unabhängige Spiegelhöhen hätten erhalten können. | 5. Regression im höheren Pliozän. Das höhere (mittlere und obere) Pliozän bedeutet in der ganzen Umrandung der Alpen eine Tieferlegung des Spiegels der stehenden Gewässer (Senkung der Erosionsbasis), welcher Vorgang vermutlich bis in das Quartär hinein fortgedauert hat (Klebeilsberg, 81, p. 65). Nach Gignoux wird im gesamten Mittelmeerbecken an Stelle der Tonfazies der Piacenzastufe die häufig sandige Entwicklung der Asti- und kalabrischen Stufe herrschend. Nach Hassinger ist bereits das höhere Pontikum regressiv (Brandungsterrassen!). Am Südsaume der Ostalpen taucht die Astistufe in Venetien nur an einem einzigen Punkt aus der quartären Bedeckung hervor (bei Castenedolo bei Brescia), unter Umständen, welche nach Stefanini (9, p. 579) auf eine Regression des Meeres gegenüber dem Altplio- zän zu beziehen sind. Das obere Pliozän, dessen Abtrennung vom ältesten Quartär nicht hinreichend gesichert erscheint, ist hier vollends nur mehr durch sehr ausgedehnte und noch. beträchtlich gestörte fluviatale Konglomeratbildungen vertreten (Montellokonglo- merate [Stefanini, 9]). : Wenn auch manche Forscher diese Konglomeratmassen bereits dem Quartär zuzählen (Schwinner [12, p. 57—60}; Stefanini [9, p. 57—60] läßt die Frage offen!), während andere für ein pliozänes Alter eintreten (E. Brückner 85, Sacco, 86), wieder andere sie an die Grenze von Pliozän und Quartär verlegen (Stella 87, Toniolo 88), so kann ich mich derzeit wenigstens „. nicht ent- schließen, der ersteren Anschauung ganz allgemein zu folgen. Denn sie enthalten El. meridionalis (Rossi -91). Dann sind am gesamten ÖOstalpensaum und auch am Nordalpensaum im Donaugebiet jungpliozäne Schotterdecken in geradezu gewaltiger Ausdehnung festgestellt und durch Fossilfunde als mittel- oder oberpliozän erhärtet worden. (Laaerberg- = Mittelpliozän-, Höbersdorfer und Arsenalterrassen- felder [Oberpliozän des Wiener Beckens!], Hassinger H., 19, p. 182, 51, p. 26, Schaffer F.X., 187, p. 117, Schlesinger G., 89, 93, p. 728, 94, p. 97.) Ihre in der steirischen Bucht bisher kaum geahnte, bedeutende Verbreitung, in Westungarn (Burgen- land) aber bereits früh erkannte Ausbreitung (92, 68, p. 518) ist nunmehr auch in ersterem 1 Die Entfernung zwischen dem Nordende der altpliozänen Adria und von dem Südwestende des Pontischen Sees kann etwa auf 150 km: geschätzt werden. Pontische (altpliozäne) Abtragsflächen führen über die alte adriatisch-pannonische Wasserscheide hinüber (F. Kossmat 3, p. 50—52) und zeigen überdies an, daß sich ein eingeebnetes Hügelgelände ohne große Gefällsbrüche zwischen Adria und Pontischem :See einschob. Auch war die Dauer des Pontischen Sees (etwa 800.m! feinkörniger Sedimente) viel zu lange, als daß sich sein Spiegel hätte BuBENBE hoch über jenem des benachbarten Mediterranbeckens erhalten können. a Me re A A REN EEE Sen ee ee Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 397 Gebiete durch eigene publizierte und teilweise unpublizierte Ergebnisse 1 sichergestellt. Auch in den Savefalten sind sie vorhanden (Teller 28, p.119—131,46, Tornquist 71, p. 76). Sollte diese pliozäne Schuttverkleidung dem Südalpensaume vollständig fehlen ? Am Ostalpensaume läßt sich feststellen, daß von der seit dem Ende des Pontikums ein- getretenen Abtragung ein sehr beträchtlich größerer Anteil dem Pliozän, ein nur geringerer dem Quartär zufällt. (Vgl. z. B. die Profile bei Winkler 66, p.12, und Hassinger 51) Ähnliches dürfte auch für die Südalpen Geltung haben. Als Korrelat zu der gewaltigen, jungpliozänen Ausräumung w en dann auch hier mächtige Auf- schüttungen am Außensaum zu erwarten sein.? Die Lösung dieser Frage hängt zum Teil allerdings auch mit dem mehr Beten Problem zusammen, ob nämlich das sogenannte Oberpliozän (mit El. meridionalis etc.) noch zum Pliozän oder mit Haug (25, p. 1772) schon zum Quartär zu rechnen ist. Ich verzichte darauf, eine Identifizierung der am Ostalpenrande und am Südalpensaume erkennbaren Teilphasen des jüngeren Plio- zäns durchzuführen, die auf Grund der gegenwärtigen Kenntnisse doch nur eine schematische sein könnte. Am ÖOstalpensaume ist ihre Gliederung schon weit vorge- schritten, indem in dem Höchststande des Pontischen Sees nach Hassinger die jungpontischen Rückzugsphasen (Hassingers zehn Niveaus), die levantinischen Terrassen (Hassinger 19, p. 174) und die Laaerbergschotterdecke alt-mittelpliozänen Alters, sodann die Höbersdorfer und Arsenalschotter, letztere oberpliozänen Alters (93, p- 724, 94, p. 97), folgen. In Oststeiermark habe ich sieben teils durch Schotterdecken, teils durch Erosionskerben vertretene Niveaus, die dem jüngeren Pliozän zugezählt werden können, festgestellt. Die Frage, ob die Astistufe des Südalpenrandes etwa dem Levantin des pannonischen Beckens, was wahrscheinlich ist, die Villafranca- Konglomerate® aber dem Laaerberg- Arsenalschotter ganz oder teil- weise zu parallelisieren wären, lasse ich offen. Der Rückzug des Meeres, beziehungsweise des Sees scheint aber schon im oberen Teil des Altpliozäns, beziehungsweise des Pontikums begonnen zu haben, wie die brackischen Schichten mit Potamides Basteroti über dem marinen Unter- Plaisancien in der Rhonebucht, das Auftreten rein limnischer, vielleicht oberpontischer Paludinentegelsande im Wiener Becken und die hier von Hassinger (51) detailliert festgestellten, jungpontischen Rückzugsterrassen erweisen. Analog liegen die Verhältnisse in der steirischen Bucht. Sowohl in dem von mir in bezug auf seine Glazialgeschichte sehr genau stüdierten, in jugendlicher Zeit sehr stark zerschnittenen Isonzo- (96, p..-83), als. auch in dem von OÖ. Ampferer neu 1 Eine: gute Übersicht über ihre Verbreitung in der steirischen Bucht und in anschließenden Teilen des Burgenlandes und Westungarns wird die .von der Geo- logischen Bundesanstalt herausgegebene Übersichtskarte Österreichs gewähren, in dem betreffenden-Teil von mir und Dr. Vetters bearbeitet, deren Erscheinen i in Bälde zu gewärtigen ist. 2 Ich glaube, daß R. Schwinner in seiner sehr interessanten und inhalts- reichen Studie »Die Oberflächengestaltung des östlichen Suganer Gebietes« (12), deren Auffassung ich im übrigen =: vielen Belangen teile, dem Quartär (Terrassen- systemen ünd auch Ablagerungen) einen zu weiten Umfang: gegeben hat. Ein Vergleich der sonst in den Östalpen festgestellten Erosionsleistungen (auch in den Südalpen) mit’ den von Schwinner vorausgesetzten läßt dies deutlich erkennen. 3 Faunistisch als Äquivalent der marinen, kalabrischen ‘Stufe erwiesen ' (Gignoux, 58, p. 38). j: 358 A. Winkler, bearbeiteten Savegebiete liegt die Sohle der Aufschüttung alt- quartärer, stark verfestigter Konglomeratmassen, die Ampferer (»Saveterrassen«, 97, p. 432) als präglazial deuten möchte, die Teller (29, p. 112) sogar als pliozän aufgefaßt hat, teils unter der heutigen Talsohle, teils nahe derselben oder doch kaum 100 über derselben. Ich selbst halte diese Ablagerungen für interglazial auf Grund ihrer Lagerung über tiefverwitterter Altmoräne im Flitscher Becken (A. Winkler, 95). Dasselbe gilt für das Tagliamentögebiet, das sich dem an jugendlicher Schroffheit seiner Formen von Schwinner studierten Brentaraum anreiht. Auch am Tagliamento liegt die Sohle der alt- quartären, von Gortani (97, p. 388—394) neuerdings sogar als miozän oder pliozän angesprochenen, stark verfestigten Konglomeratmassen unweit über dem heutigen: Talboden. Schon im Altquartär war daher Tagliamento-, Isonzo- und Savetal sehr tief, ganz oder doch bis in die Nähe der heutigen Talsohle ausgearbeitet. — Ich halte es für sehr wichtig hervorzuheben, daß sich die Anzeichen eines im jüngeren Pliozän erfolgten Tiefeneinschneidens der Flüsse vielfach auch in Räumen erkennen lassen, die, wie die kleine ungarische Tiefebene und das inneralpine Wiener Becken, als Senkungsfelder- zu bezeichnen sind. Denn auch: hier liegen sowohl die pontische Aufschüttungsfläche, als auch die jungpliozänen Terrassenfelder mehr oder minder hoch über den a und rezenten Talböden.! ‘Die tektonische Senkung, deren Fortdauer auch noch für sehr jugendliche Zeiten erwiesen ist (Hassinger, 19, p.171, Petrascheck, 72,p.1, 99, p. 169, L: v. Loczy, 68, p. 510, Winkler, 66, p. 34, 175), wurde hier eben von der Absenkung der Erosionsbasis (negative Bewegung des Meeresspiegels) überholt. Die. Tieferlegung der Erosionsbasis ist eine den verschiedenen Zonen der Alpen gemein- same, nur im einzelnen von den tektonischen Bewegungen modi- fizierte Erscheinung. 6. Die quartären Spiegelschwankungen, Ich vermeide es hier auf die so vielfach kontroverse Frage der Diluvialgeschichte der Ostalpen näher einzugehen. Das geologische Bild der Quartärzeit wird voraussichtlich außer dem auch jetzt wohl noch fortwirkenden Effekt allgemeiner Spiegelschwankungen von den sekundären Öszillationen des Meeresniveaus beherrscht, die sich aus der Bindung großer Wassermassen in Form von Eis in den Glazialzeiten und ihrem Freiwerden in den Interglazialzeiten ergeben. Dazu kommt vielleicht noch die spezielle, rasch wirksame, tektonisch-isostatische Beeinflussung des Alpenkörpers durch Eis- 1 Dies gilt aber nicht für den Südalpensaum, wo die pliozänen Aufschüttungen “ unter das Quartär hinabtauchen. Hier handelt es sich um ein Gebiet besonders starker und rascher Senkung (vgl. 98, p. 33, 12, p. 57). is ne A EEE 5. JA ei ein se see ee ie er m ie ee ei u ung nn ne ee = Bet Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der OÖstalpen. 399 belastung und Entlastung, wie sie ja für Skandinavien und Kanada schon seit langem angenommen und nun von Penck auch für die Alpen vorausgesetzt wird (100, p. 306), eine Auffassung, mit welcher eigene, schon seit mehreren Jahren gehegte Vermutungen in Ein- klang stehen (siehe 95). Dies alles und die aus den klimati- schen Vorgängen und dem Glazialvorgang selbst resultierende Beeinflussung der Flußsysteme haben naturgemäß ein derart ver- wickeltes und wechselndes Bild geschaffen, zu dessen näherer Auf- lösung noch viel Arbeit erforderlich sein wird. Hier, wo es sich nur um die groben Züge der Entwicklung handelt, kann füglich die Quartärgeschichte außer acht bleiben. 7. Zusammenfassung über den Ablauf jungtertiärer Spiegel- schwankungen. Die Entwicklungsgeschichte des Ostalpenrandes zeigt seit dem Beginn der Jungtertiärzeit zweimal ein ausgesprochenes Ansteigen des Wasserspiegels der umrandenden Meere oder Seen; eine weiter verbreitete, aber scheinbar doch untergeordnete Schwankung schaltet sich noch dazwischen ein.! Die erste (miozäne) Überflutung erreicht in einem höheren Abschnitt des Altmiozäns?® (= Schlierniveau, oberes Langhien der italienischen Geologen, älteres Helvetien nach Haug und Winkler, 33, Tabelle) ihren Höhepunkt; die zweite Transgression kulminiert im Altpliozän (= Piazenzastufe = maximale Ausbreitung der ponti- schen Stufe). Dazwischen liegt ein sekundäres, aber deutliches An- steigen der Gewässer in der zweiten Mediterranstufe, in einer Phase, in welche F. E. Sueß sogar die Haupttransgression des Miozäns verlegen möchte (17, p. 381). | Eine besondere Tiefenlage der Erosionsbasis (Regression!) ist an der Basis des Pliozäns in der Phase der »vorpontischen Erosion« (mäotische Schichten, prä(unter)pontische Mergel Kroatiens,? basal- pontische Schichten der steirischen Bucht usw.) erkennbar. Die Zeit nach dem Höhepunkt der unterpliozänen Trans- gression entspricht einer abermaligen noch ausgesprocheneren, bis an oder in das Quartär fortdauernden negativen Verschiebung der Strandlinien, von sekundären Oszillationen unterbrochen, die eine verbreitete Tiefennagung der Flußsysteme zur Folge hatte. Die Erscheinungen sind zu einheitlich und in tektonisch sehr verschieden gebauten Zonen der Alpen in zu ähnlicher 1 Eine in manchen Punkten etwas abweichende Auffassung über die Gliederung des Neogens am Ostalpenfuß vertritt W. Petrascheck, welche mehrere scharfe weit- verbreitete Diskordanzen zwischen den Haupthorizonten voraussetzt. (101, p. 318, 102, p. 252.) Ich werde in meiner demnächst erscheinenden Studie Bericht über Studien im Tertiärgebiet von Südweststeiermark (wird für Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. in Wien eingereicht) auf Petraschecks Auffassungen näher eingehen. 2 Den man aber auch als tieferes Mittelmiozän bezeichnen könnte. 3 K. Gorjanovic Kramberger (103, p. 4). Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. 26 360 u A. Winkler, Weise: verfolgbar, als daß . sie auf lokale Gebirgsbewegungen! zurückgeführt werden könnten (etwa auf. lokale Senkungen zu Zeiten der Transgression, Hebungen in den Regressionsphasen). Es müssen entweder ‘eustatische Spiegelschwankungen .des Meeres oder aber.sehr. weitreichende und allgemeine, von der speziellen Lokaltektonik ganz unabhängige, die Ost: alpen umfassende Verbiegüngen der Erdrinde oder eine Kombination beider Vorgänge vorausgesetzt werden. Letztere Vor- aussetzung erscheint mir als die wahrscheinlichste. Die vielfach erkennbare: Gleichsinnigkeit der Strandverschiebungen, sowohl inner- halb der Ostalpen, als auch in den sie umgürtenden Senkungs- räumen, läßt das Mitwirken eustatischer Schwankungen ver- muten. | LITER I. ‚Der Ablauf der tektonischen Ereignisse in den Ost- alpen während des Jungtertiärs. ‚Die Ostalpen waren, wie kaum ein anderer Teil Mitteleuropas, (von den Westalpen abgesehen) noch während des Jungtertiärs in sehr intensiver tektonischer Ausgestaltung begriffen gewesen. Der Ablauf der geologisch-morphologischen Entwicklungsgeschichte muß daher in sehr wesentlicher Weise das Einwirken der gebirgs- bildenden = zum Ausdruck bringen. SE Zwei Grundfragen. Es gilt vor allem zwei Fragen näher zu prüfen: a) Ob die tektonischen Vorgänge im Verlaufe des ine gewissermaßen eine stetige Fortentwicklung gleichsam ererbter tektonischer Tendenzen erkennen lassen und ‘daher eine dem wechselvollen älteren Gefüge entsprechende, von Zone zu Zone differente Wirksamkeit ‚aufzeigen oder ob etwa in jüngerer Zeit, wie es schon angenommen wurde, eine vom inneren Bau unab- hängige, einfache Gesamthebung der Alpen eingetreten ist. b) Ob die tektonischen Bewegungen des Jungtertiärs als orogenetische oder als epirogenetische Störungen anzusehen sind und ob erstere sich nur in engbegrenzten, durch Ruheperioden ge- trennten Phasen vollzogen hätten. Ad.a) Für einen gewissen Konservatismus im tektonischen Gefüge des Ostalpenbaues sind schon vielfach Beweise beigebracht worden. Pe Einige, besonders aus eigener Erfahrung gut bekannte Bei- spiele seien hier angefügt: Die den östlichen Südalpen zugehörige Scholle des Ternovaner Hochkarstes zeigt schon im Jura, dann in der Kreide, wie im Alt- 1 Die naturgemäß den Ablauf der Trans- und Regressionen im einzelnen sehr wesentlich beeinflußten. Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 361 tertiär und schließlich noch im Jungtertiär (Kossmat, 104, p. 124) und ‚Quartär (Winkler, 105, p. 48, 46) die stete Tendenz zur anti- klinalen Aufwölbung, während die im Norden vorgelagerte, den Südsaum der eigentlichen Julischen Alpen bildende Zone im großen und ganzen das Bild langandauernder Senkung gewährt, deren letzte Äußerungen ebenfalls noch im jüngeren Pliozän erkennbar sind.! Die Bewegungen vollzogen sich hiebei in den verschiedenen Zeiten in verschiedenartiger Weise, teils an Brüchen, teils an Verbiegungen oder unter Hinzutritt von Faltung und Schub; das Bestreben: zur Aufwölbung blieb aber erhalten. Dies. erscheint besonders offen- sichtlich, wenn man bedenkt, daß in demselben Raum, in welchem schon eine voroberjurassische Aufwölbung erkennbar ist, noch der jungpliozäne Trockentalboden von Cepovan eine antiklinale Ver- biegung erfahren hat (Brückner, 85, Kossmat, 104, p. 122, Winkler, 105, p. 43), deren Spuren selbst noch die jungquartären Terrassen des Isonzotales erkennen lassen. Ein ‚anderes, in ‚den Einzelheiten viel komplizierteres und mannigfaltigeres Bild gewährt der Saum der Südalpen in seiner Ge- samtheit. Im mittleren und höheren Miozän beginnen sich bereits (abgesehen von älteren Gebirgsbewegungen) die inneren Gebirgs- teile (Julische Alpen, Karnische Alpen usw.) stärker aufzuwölben (Stefanini, 9, p. 602) und sodann sich zum Teil sicher schon vor- pliozän? an der piega faglia periadriatica (Marinelli, 106, p. 103, Dainelli, 107, p. 131, Stefanini, 83,.p. 24) über die kretazisch- eozäne Vorlage aufzuschieben. Diese Bewegung der Scholle war zweifelsohne keine einheitliche, von zahlreichen sekundären Schollen- zerteilungen begleitet, da und dort mit lokaler Faltung, Schuppung und Bruchbildung kombiniert. In welcher Weise sich dieser Prozeß . im einzelnen abgespielt hat und in welcher Weise die Oberflächen- formen des Gebirges hiedurch beeinflußt wurden, habe ich a. a. O. (Winkler, 14) für Teile der Julischen Alpen näher auseinander- gesetzt. | Im großen und ganzen ist aber schon für diese obermiozänen Bewegungen die Aufwölbungstendenz der Südalpen unverkennbar und die Abtrennung gegen die gleichzeitig in steter Senkung be- griffenen Außensäume auf eine weite Erstreckung durch eine Über- schiebung, die piega faglia periadriatica und in ihrer westlichen Fortsetzung wohl durch die nördliche Randfalte des Alpago- und Belluneser Beckens gegeben (Dal Piaz,? 109, p. 188). 1 Absenkung der Veitsberger Scholle gegenüber der Ternovaner Scholle am Idrianer Bruch und ähnliche Senkungen, westlich davon im mittleren Isonzotal. (Kossmat, 104, p. 117, Winkler, 105, p: 34.) 2 Am Stollkamm liegen beiderseits der piega faglia periadriatica die alt- pliozänen Ebenheiten, die bereits die aufgerichteten Schichtköpfe abschneiden in nahezu gleicher Niveaulage. (Winkler, 14.) 3 Dal Piaz sagt (108, p. 38): Iniziato probabilamente, gia nel Terziario inferiore il sollevamento orogenetico si svolse saltuariamente...... attraverso ai vari periodi dell’ Oligocene interiore al Quaternario. 362 A. Winkler, Diese Bewegungstendenzen finden in ähnlicher Weise, aber unter Erweiterung des Aufwölbungsbereiches durch Angliederung des miozänen Ablagerungssaumes und unter Ersatz der miozänen Randüberschiebung durch eine pliozän-quartäre Randflexur! (Knie- falte, zum Teil überkippt) ihre Fortsetzung bis an das Ende des Tertiärss und bis in die Eiszeit hinein. Die jüngeren strati- graphischen oder morphologischen Elemente nehmen in stets ab- geschwächtem Grade an diesen Bewegungen. Anteil (Brückner, BL DS. Wie sich im einzelnen auch hier re Teilbewegungen der einzelnen Schollen ergaben, haben Kossmat (3, p. 49, 104, p. 124) und ich (105, p. 43—45) aus dem Ternovaner Karst und dem Isonzogebiet (14), Schwinner jüngst aus dem Brenta- raum (12) gezeigt.’ Die Verbiegung und Wellung der jungpliozänen Konglomerate am friaulisch-venetianischen Außensaum stellt nur mehr den Aus- klang jener Bewegungen dar, welche noch die obermiozänen Kon- glomerate überkippt oder steil aufgerichtet haben, vollends aber jener großen Dislokationen, die noch das ältere Miozän. an der piega faglia periadriatica eingeklemmt haben. Echte Faltungen waren in nachmiozäner (pliozäner Zeit) auf gewisse Räume eingeengt und in den westlichen Teilen des Südalpenrandes (Lessinische Alpen, Valsugana, Belluneser Voralpen) stärker a als im Osten (Friaul, Hochkarstgebiete). Sowohl die Aufwölbung, beziehungsweise Aufschiebung der inneren Zonen der Südalpen, als auch die Absenkung ihrer Außen- zone stellen Vorgänge dar, die unbeschadet aller örtlichen und zeitlichen Modifikationen mit wechselnder gegenseitiger Be- grenzung das ganze Miozän und Pliozän umfaßt haben und bis in die Quartärzeit und wohl noch in die Gegenwart fortdauern, Die Mächtigkeiten der in der Senkungsmulde angehäuften Sedi- mente sind sehr bedeutende. Besitzt doch das Miozän. nachG.Stefanini allein eine Mächtigkeit von 2350 bis 3500,m am friaulischen Gebirgs- 1 Die Fortsetzung der Friaulischen Randflexur ist im wesentlichen im Osten an der Randaufbiegung des Ternovaner Waldes und des Birnbaumer Waldes (pliozänen und postpliozänen Alters), gegen Westen in der Randflexur der Lessi- nischen Alpen und des Col Visentin (Alpenrandflexur) zu suchen. (Fabiani, 110, p- 39, Pia, 111,:P.'33, Schwinnes; 'f2, Dal Piaz, 109 P718% | 2 Indem ich imPrinzipe mitSchwinners starker Betonung jugendlicher Gebirgs- tektonik einverstanden bin, so halte ich doch, und zwar zum Teil auch aus eigener - Kenntnis des in Betracht kommenden Gebietes, Schwinners Annahmen, die einen sehr wesentlichen Teil der Störungen (Schub, Faltung und Brüche) in das Quartär hineinverlegten, für zu weitgehend. Ich habe meinen Standpunkt zu der im übrigen von mir durchaus hoch eingeschätzten Arbeit R. Schwinners in einem Referat (122) näher präzisiert und auch dort betont, daß sich die vonSchwinner vorausgesetzte zeitliche Einordnung der Vorgänge nur schwer mit den neuen Ergebnissen der Miozänforschung am venetisch-friaulischen Alpensaume in Einklang bringen läßt. Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 363 saum.! Rechnet man noch das Unterpliozän, dessen Mächtigkeit im Untergrunde der friaulischen Senkung noch nicht festgestellt werden konnte, das aber in seinem vermutlichen zeitlichen, mittel-ober- pontischen Äquivalenten mindestens 500 m erreicht, hinzu, fügt sodann noch die jedenfalls auch nach vielen Hunderten Metern zählende Mächtigkeit der höherpliozänen Schotter — dort, wo sie in der Senkung in voller Stärke zur Ablagerung gelangt sind — bei und ergänzt das Bild schließlich durch Anfügung der quartären Bedeckung — (Bohrloch von Grado blieb in 216 m Tiefe in quartärem Konglomerat steken; letzteres wurde von Grund [22, p. 16] und Kossmat [3, p. 55] als jungdiluvial, von Brückner [85, p. 1022] als altdiluvial angesehen) — so kann man sich einen Begriff von der Bedeutung der (vielleicht bis über 4000 m mächtigen) jungtertiär- quartären Sedimentanlagerung des Südalpensaumes machen; diese Schichtkomplexe sind aber sicherlich nirgends in ihrer vollen Mächtigkeit übereinander, sondern nur nebeneinander zur Ablagerung gelangt, so daß das Gesamtausmaß der örtlichen en obigen Wert nirgends erreichen wird. Immerhin geben diese gewaltigen Schichtanhäufungen am Gebirgsfuße auch einen Fingerzeig, der Aufwölbüung der Südalpen, von der. ja der Abtrag erfolgt ist, ein Bea anes Ausmaß zuzu- schreiben.? 1 Im einzelnen verteilen sich die Werte, die sich übrigens den Mächtigkeits- werten des Miozäns am übrigen Alpenrande gut einfügen, wie folgt (in Friaul): Aquitan fehlt, Langhien 550 m, Helvetien 450 bis 500 mn, Tortonien 700 m. »Pontico« 600 bis 1000 m. Ähnliche Mächtigkeiten zeigt das Altmiozän in der steirischen Bucht, wo etwa 1000 »» Schlierschichten und ech mächtigere Eibiswalderschichten sickeli sind, über basalem Miozän gelagert Winkler 3a, poselzas.rp. 1, KI2 und: 175). Näheres wird hierüber a. a. O. ausgeführt Werdeir. Analoge Schliermächtigkeiten haben die Bohrungen bei Braunau, Bohrloch bis 1219 m im Schlier! (Götzinger, 113, p. 30), Wels 980 m (Schubert R. ]J., 114), Kapellen 250» (Petrascheck, 102, p. 258) und in dem Korneuburger Becken (Vetters, 118, p. 30) und a.a.O©. ergeben. Der Badener Tegel des Wiener Beckens wurde bei Liesing in 412 m» Mächtigkeit nicht durchsunken (Toula, 116, p- 203, 17). 2 Ich komme also auch bezüglich der Abtragung zu beträchtlich höheren Werten als Schwinner, wenigstens was den gesamten Zeitraum des Jungtertärs und Quartärs betrifft. Nur im Quartär setzt Schwinner (12) ganz abnorme Erosions- leistungen (nichtglazialer Natur) voraus. Ich glaube auch, daf das oberoligozäne, beziehungsweise das ältestmiozäne (aquitanisch-burdigalische) Südalpenrelief etliche 100 »» über den allgemeinen höchsten erhaltenen Flächen anzusetzen ist. Immerhin teile ich Schwinners Abneigung (12, p. 92) gegen die Annahme so ubermäßiger (12 bis 20 kn betragender) Erosionsleistungen im Jungtertiär der Alpen, wie sie von manchen Schweizer Forschern angenommen werden. Ich glaube, daß nicht einmal eine flächenhafte Abtragung von durchschnittlich 4 km Mächtigkeit in den Ostalpen im Jungtertiär vorausgesetzt werden braucht, indem sich eben der Ab- tragsschutt des Gebirges in einem küstennahen Streifen auf sinkendem Boden über- mächtig anhäufte. Ein durchschnittlicher Abtrag von 11/, bis 2 km im Bereiche der südlichen Kalkalpen seit Anfang des Miozäns dürfte der Größenordnung nach hinreichen. 364 A. Winkler, ‘Mit diesem Beispiel ist die Forterbung tektonischer: Tendenzen, wenn. auch nicht in unverändeter Art und NieiBen an einer ee Erscheinung gegeben. Die jungtertiäre ren ee der Serefaltn laßt ähnliche Schlußfolgerungen zu. Schon die oberoligozänen und miozänen: Sedimente (speziell die Sotzkaschichten und die Leitha- kalke der zweiten Mediterranstufe in den östlichen Teilen) erweisen sich ‘von einem präexistizierenden Faltenbau abhängig, der auf eine oligozäne (auch voroligozäne) Anlage zurückgeht, der aber im wesentlichen auch noch mit den pliozänen Wellen übereinstimmt. Das jüngere -Miozän und das Pliozän zeigt also die gleichsinnige Weiter- ausbildung dieses Bausystems (Winkler, 32, p. 317—318, Heritsch, 120, p. 94). Am Ende des Miozäns (nachsarmatisch) setzt hier eine ausgesprochene Faltung des Sedimentationsraumes, mit Schuppungen kombiniert, ein, welche eine scharf akzentuierte Tektonik schafft. (postmiozäne Überschiebungszone an der Donatilinie [Hörnes R., 119, p: 67, Heritsch, 120, p. 90]). Wenigstens in den östlichen Teilen der Savefalten (IvanSica, Rudenza, Agramer Gebirge, Ravnagora), wahrscheinlich aber. auch noch zum Teil in weiter westlich ge- legenen Räumen, dauerten diese faltenden Bewegungen während des höheren Pliozäns an, wie die allerdings abgeschwächte Anteilnahme noch pontischer (altpliozäner) Schichten am Faltenbau (in West- kroatien) erkennen läßt. (Siehe noch später im Abschnitt über die Morphologie.) (Vgl. auch die Prof. bei Granigg, 121, p. 14 bis 16.) Die von mir eingehend untersuchte mittelsteirische Tertiär- bucht zeigt im Verlaufe des. Jungtertiärs die Tendenz zu einem Fortschreiten einer aus dem Südwestteil der Bucht wellenartig vordringenden Aufwölbung mit vorgelagerter Senkung, während der Nordrand der Bucht ebenfalls einer Abbiegungszone zu entsprechen scheint. So rückt der durch gehobene Miozänsedimente erweiterte Alpenrand in der zweiten Mediterranstufe, in der sarmatischen Stufe und in der pontischen Stufe immer weiter: gegen Osten und Nordosten hinaus. Faltungen begleiten, abgesehen von lokalen Vor- kommnissen (Winkler, 13, p. 281), diese Aufwölbungen nur im Südwestteil des Beckens (im Posruckgebirge). (Winkler, 13, p. 311, 32, D-ı312, 83.:P:,616.,59585B- 41.66, 9.,08..1123 Durch genaue Begehungen konnte der Verlauf der schon bis an die Grenzen der Steiermark hinausgerückten »pontischen« Auf- wölbung festgestellt werden, denen sich spätpontische (von Basalt- eruptionen begleitete) und postpontische Schollenbewegungen an- schließen; die jüngsten, abgeschwächten Hebungen umfassen noch Teile des südlichen Burgenlandes (östlich der Steiermark) mit (66, p. 40), während nach L. v. Loczy noch weiter östlich Zonen jugendlichster Senkung im Gebiete von Güns- Steinamanger- Pa erkennbar sind (68, p. 310), Anzeichen für eine bis in die Gegenwart fortdauernde Wirk- samkeit der pliozänen Hebungsbezirke ergeben sich mehrfach. So Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 365 läßt die große südoststeirische Aufwölbung an der fortdauernden, gleichsinnigen, einseitigen Verschiebung des unteren Murlaufs (Winkler, 66, p. 37—38) und an der damit im Zusammenhang stehenden Talasymmetrie ein Fortwähren der Bewegungen bis in das Quartär: und in die Gegenwart hinein mutmaßen. Dabei hebt sich hier anscheinend die schon im Pliozän stark aufgebogene Hochstradenscholle des oststeirischen Eruptivgebietes auch noch im Quartär, wie morphologische Indizien annehmen lassen, kräftiger empor. Die miozäne, vom Mediterran und Sarmatischen Meer ein- genommene Depression der Nordoststeiermark, die die Teilbecken von Fürstenfeld, Hartberg und Pinkafeld und jene am oberen Strem- fluß im nördlichen Burgenlande umfaßt, läßt vor allem an den hier vor sich gegangenen, sehr namhaften jungpliozän-quartären Flußverlegungen ein Fortwähren relativ senkender Tendenzen bis in die’ Gegenwart hinein vermuten (Winkler, 189, p. 25). Noch großartigere Erscheinungen zeigt der Südwestrand des steirischen Beckens auf, wo Posruck-, Remschnigg- und Radel- gebirge (Winkler 175) seit dem mittleren Miozän eine vermutlich bis in die Gegenwart fortwirkende, breitfaltige Verbiegung - (mit Schichtaufrichtungen) erfahren haben, während das nördlich vor- gelagerte Becken Anzeichen noch jugendlich fortdauernder Ein- muldungserscheinungen erkennen läßt. Die gleichsinnige Verbiegung auch noch der altpliozänen Abtragsflächen, jungpliozäne Tal- verlegungen, die auf tektonische Beeinflussung deutende Asymmetrie der Talflanken, die ganz spätreife Talentwicklung in der Ein- muldungszone und der ganz jugendliche Charakter: in der Auf- wölbung zwingen förmlich zur Annahme, daß hier schwache Falten- bewegungen noch bis in die Gegenwart fortwirken. Es ist bezeichnend, daß sich trotz der im allgemeinen er- kennbaren fortschreitenden Erweiterung des Hebungsbereiches am steirischen Alpenrande doch die Räume besonders starker, älterer Hebungen, beziehungsweise Senkungen sich auch weiterhin als Teilfelder bedeutenderen. Aufsteigens,: beziehungsweise Absinkens ausprägen. Ä 3 rt j Er ' Die Detailaufnahme hat in Steiermark auch. hier gezeigt, daß die pliozänen Bewegungen recht ungleichmäßig vor sich gegangen, daß Schollenbewegungen an Brüchen erfolgt sind und sekundäre Senkungsdepressionen sich in die gehobene Scholle einschalten (Winkler, 66, p. -130— 140). Die Entwicklungsgeschichte der steiri- schen Bucht weist also ebenfalls eine gewisse. Stetigkeit in ihrer tektonischen Geschichte, die ihre Bewegungstendenz durch lange Zeiträume nur in ganz bestimmter Richtung — ohne erkennbare kückläufigkeiten — fortentwickelt, auf. Ein letztes Beispiel sei dem inneralpinen Wiener . Becken entnommen. 366 | A. Winkler, Die erste, allerdings wesentlich vom späteren Saum ab- weichende Anlage des Wiener Beckens . geht wohl schon in das ältere Miozän zurück (Verbreitung der Süßwasserschichten des sogenannten Grunderhorizontes [nach W. Petrascheck höherern Alters: aquitanisch]), in eingefalteten oder eingeklemmten Schollen in der Nähe des Beckensaumes; vielleicht ist auch schon älter- miozäner »Schlier« im Nordteil des Beckens vertreten, welchem Niveau F. Toula [117] die tiefsten der bei der 600-m- Bohrung von Liesieng durchteuften Schichten zuzählen möchte). Die Hauptabsenkungsvorgänge sind schon vor Eindringen des ‘ Meeres der zweiten Mediterranstufe erfolgt, welches bekanntlich bereits am zerlappten Bruchrand transgrediert. Aber auch die mediterranen Strandbildungen sind von Schrägstellungen betroffen worden, und zwar bedeutender als die noch mit dislozierten pontischen Ablagerungen. Letztere sind im Südteil des Beckens noch von Verwerfungen durchschnitten, welche gleichsam eine jüngere Grabensenkung im breiteren Rahmen des Wiener Beckens erzeugt haben.! Ihre Fortsetzung auch bis an die Donauebene ist in neuerer Zeit ermittelt worden (Petrascheck, 72, p. 1).?2 Die Verbreitung und Mächtigkeit der Quartärbildungen im Südteil des Wiener Beckens (Steinfeld) sprechen nach H. Hassinger (19, p. 171) dafür, daß die senkenden Bewegungen hier bis in die Eiszeit (und wohl bis zur Gegenwart) fortgedauert haben. Dabei kann seit dem Miozän die stärkste Senkung im Nordteil des Beckens, die stärkste Hebung dagegen im Südwestrande des- selben, wo die miozänen Abtragsflächen der Kalkhochalpen (Rax, Schneeberg usw.) in steilen Bruchstaffeln (Gahnsplateau, Hohe Wand usw.) zu stolzen Höhen aufgewölbt wurden, vorausgesetzt werden. Aus den hier mitgeteilten Beispielen kann geschlossen werden, daß zwar die Bewegungsflächen im Gebirge vielfach gewechselt haben, daß aber die Grundtendenz der Aufwölbung oder Absenkung oft durch lange Zeiten erhalten blieb oder doch ein einer be- stimmten Regel folgendes gerichtetes Fortschreiten erkennen ließ. Am Südalpensaum schreitet die Bewegung in steiler, aber nur wenig ausgreifender Wölbung vor, am Östalpensaume (Zenträl- alpenrande) sind weitausgreifende, flache Aufbiegungen erweisbar, im inneralpinen Wiener Becken herrscht Hebung und Abbruch an steilen, parallelen Bruchsystemen vor. Anzeichen für eine vom älteren Gebirgsbau unabhängige Gesamthebung der Ostalpen im Jungtertiär liegen daher, wenigstens als ausschließlicher oder vorherrschender Grundzug, in der Ent- ‚wicklung nicht vor. Damit ist die erste Frage beantwortet. 1 Sprunghöhe 60 m, beziehungsweise zirka 150 m (Petrascheck, 102, p. 169). Neuerdings gibt Petrascheck Sprünge von 40 m, beziehungsweise 120 we bei Zillingsdorf an. 2 Angenommene Sprunghöhe beträgt hier nach Petrascheck sogar mehr als 540 an. Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 367 Ad b) Die zweite Frage, die eingangs gestellt wurde, war jene nach dem Vorhandensein von Orogenese oder Epirogenese und nach Kontinuität oder Diskontinuität des tektonischen Ge- schehens, und zwar der orogenetischen Vorgänge im speziellen. Sie ist schwieriger zu beantworten. Der gegenwärtig von H. Stille (123, 124, 125) mit vielem Erfolg vertretenen Annahme einer durch scharfe Ruhepausen ge- trennten Wirksamkeit der orogenetischen Kräfte, eingeengt auf be- stimmte kritische Perioden tektonischer Revolution, stehen andere Auffassungen gegenüber, die die Kontinuität der bruchbildenden, faltenden und überschiebenden Gebirgskräfte mehr in den Vorder- grund rücken. So hat sich E. Nowak auf Grund seiner albanischen For- schungen für eine aus dem Miozän bis zur Gegenwart fortdauernde, langsame, echte Faltung im Bereiche der niederalbanischen Tertiär- bucht ausgesprochen (126, p. 51).! Boden beschreibt eine langdauernde, der Sedimentation der obermiozänen Molasse gleichzeitige Schubbewegung der ost- alpinen Kalk- und Flyschzone über das vorlagernde helvetische Gebirge (127, p. 406).? GG. Stefanini nimmt gleichzeitig mit der Ablagerung der fein- grobklastischen mittel-obermiozänen Molassebildungen von Friaul fortwährende tektonische Bewegungen an. Ich selbst habe aus dem Isonzogebiet Faltungen beschrieben (14, p. 63), welche schon in der mittleren Kreide einsetzten und während der Ablagerung des Senon in Fortentwicklung begriffen waren. P. Arbenz schließt aus dem Auftreten mächtiger orogenetischer Sedimente auf eine sehr lange kontinuierliche Dauer gebirgsbildender orogenetischer Vorgänge (128, p. 260—267). Es ist klar und wird wohl von niemand bestritten, daß die gebirgsbildenden orogenetischen Vorgänge einen gewissen Zeitraum für ihre Auswirkung in Anspruch nehmen. Unter der Voraus- setzung einer ausgesprochenen Diskontinuität der Tektonik wären sohin nur kürzere -orogenetische von längeren anorogenetischen Phasen zu unterscheiden. 1 Nowak sagt p. 51: »Die nachtertiären, wahrscheinlich bis heute andauernden Faltungsvorgänge in Niederalbanien gehen Hand in Hand mit einer allgemeinen Hebung des Landes ... Orogonetische und epirogenetische Bewegungen scheinen hier somit nur verschiedene äußere Ausdrucksformen ein und desselben ursächlichen Vorganges....Dieser Vorgang findet im wesentlichen kontinuierlich seit dem Ende des Alttertiärs statt und zieht immer neue, dem Meere entrissene Ablagerungen in seinen Bereich.«. 2 G. Götzinger und H. Vetters (144, p. 34) kommen auf Grund ihrer Untersuchungen am alpinen Saum des Tullnerbeckens zur Annahme der Bildung des ganzen Altmiozäns gleichzeitiger Falt- und Schubbewegungen, die einen zu Beginn des Miozäns noch bestehenden, krystallinen, »comagenischen« Rücken durch das Vorrücken der alpinen Zonen zum Verschwinden brachten. In verschiedenen Etagen immer wiederkehrende grobe Konglomerateinschaltungen (Ollersbacher Konglomerate, Buchbergkonglomerate) erweisen sich als echt orogenetische Sedimente. 368 A. Winkler, Es wird auch kaum bezweifelt, daß die faltenden und schiebenden Kräfte die jungtertiären Ablagerungen der Alpen- umrahmung in gewissen, und zwar scharf umgrenzten Zeiträumen zum erstenmal dem älteren Faltenbau angegliedert haben, und daß dieser Vorgang da und dort zu verschiedenen Epochen erfolgt ist, schließlich daß die orogenetischen Kräfte in verschiedenen Teilen des Gebirges zu verschiedenen Zeiten zur Ruhe gelangt sind. Es fragt sich nur, ob die orogenetischen Bewegungen strenge auf gewisse Phasen beschränkt erscheinen, oder ob sie sich über längere Zeiträume, eventuell über mehrere tektonische Phasen und die angenommenen Zwischenpausen IineletehE er- streckt haben. Ich will im folgenden einige Beispiele näher hervorheben, är meine Anschauungen in diesem Fragenkomplex näher bestimmt haben. 2 Analog den von E. an (l. c. 149, p. 84) aus Albanien ermittelten Verhältnissen konnte beim Studium der höheren Kreide- bildungen des Isonzogebietes festgestellt werden, daß. schon im Cenomon oder Turon submarine Antiklinalwölbungen, von Rudi- sten und Korallenkalken gekrönt, entstanden waren, die-sich sodann vorsenon schon am Festlande weiterbildeten, von der Transgression des Senonmeeres teilweise überflutet, a wieder als lang- gestreckte Schwellen den Meeresräumen entwuchsen und sich in ihrer Fortentwicklung in Form gewaltiger Blockschuttmassen in den senonen Sedimenten ausprägten. (Chaotischer, Riesenblockwerk um- fassender, in der tektonischen Längsachse zonar verteilter tektonischer Ablagerungsschutt. [Winkler, 96, p. 61.]) Deutliche Diskordanzen innerhalb der senonen Schichtfolge ergeben übrigens auch den direkten Beweis für die Fortdauer der tektonischen (faltenden) Be- wegungen während der senonen Sedimentationsperiode (Winkler, 14,p. 63). Noch voreozän (vormitteleozän) entwickeln sich daraus steil- aufgerichtete Faltenzüge. (Scharfe tektonische Diskordanz zwischen dem Senon und Eozänflysch. [Winkler, 96, p. 93.]) Aber auch während des Eozäns (Mitteleozäns) kann hier keine tektonische Ruhe vorausgesetzt werden. Blockschuttbildungen finden sich regellos-auch im Eozänflysch in ungeheurer Ausdehnung eingeschaltet,’ gelegentlich gewaltige Trümmer umschließend. (Pseudokretazische Könglömerate der italienischen Geologen mit den Klippen von Vernasso. [O. Mari- nelli, 130, p. 15, G. Dainelli, 131, p. 51.]) Besonders sind die von mir aufgefundenen und beschriebenen Riesentrümmerschichten im Eozän von S. Volfango sehr bemerkenswert, die von der Wölbung der. nördlich anschließenden alten, in Fortbildung begriffenen (Kolowrat) Antiklinale abgebröckelt sein müssen, aus gewaltigen Trümmern der Senonmergel und -kalke bestehen und mit. aus- gesprochener Diskordanz ihrer woz nz ‚(Winkler 96, p. 74). | All diese Umstände sprechen für eine dauernde "Böden- unruhe des betrachteten Gebietes seit dem Beginn der Oberkreide. Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 369 Insbesondere ist die weite Verbreitung so abnormer Sedimente, sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht,! wie sie die Block- schuttbreccien des Isonzogebietes darstellen, bemerkenswert. Sie sind nur unter der Voraussetzung stetiger gewaltiger Schuttzufuhr von einem in ständiger tektonischer, orogenetischer Ausgestaltung befindlichen Gebirgskörper her erklärbar. Nach derselben Richtung weisen die Beobachtungen Müllers aus der: Gegend von Görz (132, p. 64), welche auf eine fort- schreitende, der Sedimentation des -Mitteleozäns parallellaufende Aufwölbung der Ternovaner Antiklinale schließen lassen. (Fehlen der jüngeren. Abteilung des Eozäns am Fuß der aufgewölbten Kreideantiklinale; grobklastischer Charakter [Blockschichten] in der südwärts gerückten oberen Serie des Eozäns.) Schon früher ist auf die. Persistenz. der. tektonischen Ent- wicklungsrichtung (dauernde Aufwölbung) an der. Ternovaner Masse hingewiesen worden. Es muß noch ein Augenblick bei dem. jüngeren Bewegungsbild dieser Scholle verweilt werden. . Schon’im Verlaufe des Miozäns, ‚sodann in jenem des. Pliozäns wölbte sich die Hauptmasse der Ternovaner Platte über ihre nörd- liche Randscholle empor. Nach Ausbildung der prächtigen altpliozänen Abtragsflächen, auf denen es mir: gelang, Reste einer -fluviatilen Schotterdecke aufzufinden (Winkler, 105, p. 26—28), schnitt sich ein jungpliozäner. Isonzo-Idricalauf in .die noch immer im Auf- steigen begriffene Scholle gleichzeitig mit deren Aufbiegung etwa 300 bis 400m tief ein, indem er hiebei einen ausgereiften, zum sleil. mit breiterer Sohle versehenen Talboden anlegte. Dieser Erosionsvorgang dauerte so lange an, bis. der Isonzo- Idricafluß aus seinem bisherigen Verlaufe in der stärker gehobenen und von schwerer erodierbaren Kalken zusammengesetzten Terno- vaner Scholle nach der weniger gehobenen und leicht. zerstörbaren Flyschlandschaft an ihrem Westabfalle abgelenkt wurde. Die Hebung der Ternovaner Schölle hat hierbei an ihrem Nordrande an einer Bruchstör ung stattgefunden (Idrianerbruch). | Da der. alte Flußlauf imstande ‚war, die vor. an an dem Bruche emporgewölbte Ternovaner Scholle zu durch- een und.in „derselben ‚einen Talboden mit Talsohle zu schaffen, kann die Aufwärtsbewegung nur so langsam und stetig erfolgt sein, daß die .Flußerosion damit gleichen Schritt zu halten imstande war. (Äntezedenz der Isonzo-Idricafurche)). Es liegen aber auch. Hinweise vor, daß die Bewegungsvorgänge nach Außerkraftsetzung der alten Talrinne ‚als stetige Deformationen fortgedauert haben. Der Trockentalboden wurde anschließend. (im oberen Pliozän) zu einer flachen Antiklinale verbogen. Spuren der- selben ‚Störung zeigen auch noch die ua Perrassen 7 Auftreten schon in der mittleren Kreide, in sa Oberkreide und im Eozän in zahlreichen übereinandergeschalteten Lagen. 370 A. Winkler, des benachbarten Isonzotales. (Vgl. A. Winkler, 105, p. 34, 43, 46 usw.) l Nun könnte eingewendet werden, daß die Aufwärtsbewegung der Ternovaner Scholle am Idrianer Bruch, die das Tiefer- einschneiden des Flußlaufes zur Folge hatte, einer wenn auch langandauernden ersten Bewegungsphase, ihre Verbiegung, die in der Wölbung des inzwischen trockengelegten Talbodens zum Ausdruck kommt, einer selbständigen jüngeren Störungs- epoche zuzuschreiben wäre. Dagegen spricht aber der Umstand, daß das Trockental knapp oberhalb jener Stelle seine größte und sehr auffällige Breite aufweist,! an der der Scheitel der jungen Auf- wölbung gelegen ist. Die antiklinale Verbiegung des Talbodens hat daher schon zur Zeit, als das Gerinne noch von dem Flusse eingenommen war, ihren Anfang genommen und letzteren durch die Gefällsverminderung vor dem Gewölbescheitel zur Seitenerosion und Anlage einer breiten Talsohle veranlaßt. Die erste Bewegung, welche den alten Isonzo-Idricalauf zum Einschneiden in die Tiefe genötigt hatte und die zweite Störung, die seinen Talboden antiklinal verbogen hat, schließen daher zeitlich enge an- einander an. Für die Annahme einer beide Bewegungen trennenden Epoche tektonischer Ruhe liegen keinerlei Anzeichen vor. | Das Beispiel zeigt, daß sehr lang andauernde Be- wegungen sich auch an echten Brüchen vollzogen haben. Am östlichen Südalpenrande haben nach Stefanini die Gebirgsbewegungen, welche die Aufwölbung und schließliche Über- schiebung der inneren, triadischen Kalkhochalpen über ihre Vorlage und deren Faltung hervorgerufen haben (Bewegungen an der piega faglia periadriatica), schon im Mittelmiozän begonnen. Zu diesem Schlusse gelangte der genannte italienische Forscher auf Grund der Geröllzusammensetzung der mittel-obermiozänen Konglomeratmassen aus Rudistenkalken der Vorzone. Die Gebirgsbewegungen (Über- schiebungen) der inneren Zonen spiegeln sich in der fortdauernden, besonders Mittel- und Obermiozän umfassenden Senkung? des vor- gelagerten Streifens und in dessen Zuschüttung mit überaus mächtigen Schuttmassen mariner, limnischer und fluviatiler Natur wieder. Allmählich entwickeln sich aus den vorherrschend noch feinklastischen Bildungen der oberen langhischen Stufe (Tiefwasser- molasse, schlierartig) die sandigen Mergel der tortönischen Stufe (Laminarienzone), die dem tieferen »Litoral« entsprechenden Ab- lagerungen des unteren, die groben Strandbildungen des oberen Tortonien (Stefanini, p. 599—601) und schließlich die brackisch- limnisch-fluviatilen Schottermassen des Obermiozäns. 1 Hier erhebt sich sogar ein Umlaufbug in der Talsohle. 2 Die mächtigen Ablagerungen des älteren Miozäns (Aquitanien, Langhien, Helvetien) weisen ebenfalls auf Senkungen zu ihrer Bildungszeit hin. Die zu- gehörigen tektonischen Bewegungen, welche den gewaltigen Abtragsschutt geliefert haben (Molassebildungen von 1500 m» Mächtigkeit), müssen in den inneren Teilen der Südalpen vorausgesetzt werden. pen Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 371 Dies deutet auf eine stetige Zufuhr gewaltigen Abtrags- schuttes aus dem Rücklande bei zunehmender Ausseichtung des in steter Senkung befindlichen Untergrundes hin. Im: übrigen ist wohl die Beziehung zwischen, der andauernden, durch über- mächtige Sedimentation. erwiesenen raschen Senkung am Außen- saum zu der Aufwölbung und Faltung der inneren Zonen eine so innige, daß auch an der Gleichzeitigkeit der beiden tektonischen Vorgänge kaum: gezweifelt werden Kann. Sowie die Senkung des Außenraumes, ist wohl auch die hiezu korrelate Faltung und Aufschiebung der inneren Zonen ein langandauernder, mehr oder minder stetiger Vorgang, dies um so- mehr, als in letzteren die Flüsse, oft mit der Bewegung -gleichen Schritt haltend, ihre antezedenten Täler tieferlegen konnten. Hätte sich im Sinne der tektonischen. Revolutionstheorie ein kürzer dauernder, gebirgsbildender Paroxysmus, etwa im Mittelmiozän, vollzogen, so wäre ein einmaliges scharfes und plötzliches Einsetzen grobklastischer Sedimentation und sodann eine allmähliche Abnahme in der Grobkörnigkeit der Ablagerungen, dem Fortschritt in der Abtragung entsprechend, zu erwarten gewesen. Aber gerade das Gegenteil ist der Fall! Ganz allmählich entwickeln sich die immer gröber werdenden Strand- und Landbildungen des höheren Miozäns aus den Sedimenten größerer Feinkörnigkeit des älteren Miozäns. Das grobklastische Obermiozän wird nachweislich (siehe später) gleich nach Abschluß seiner Bildung von dem weiterausgreifenden Faltenbau überwältigt. Diese Umstände weisen also viel eher auf die Existenz einer von einem in dauernder Faltung begriffenen Rücklande flankierten, ständigen Senkungsmulde hin, in welcher übrigens die Meeres- fluten in fortschreitender Regression begriffen waren. Die ihren Wirkungsbereich erweiternden, tektonischen Kräfte haben sodann zu Beginn des Pliozärs auch die miozäne Muldensenkung dem Südalpenstamm angegliedert.! Zu ähnlichen Schlußfolgerungen ist auch der bekannte Paduaner Geologe G. Dal Piaz gelangt. (Siehe Zitat auf p. 19.) (Dal Piaz, 108, p. 19.) Wie schon angedeutet wurde, ist also die pliozäne Auf- wölbung der östlichen Südalpen (mit ihrem im einzelnen sehr mannigfaltigen Bewegungsbild) als die weiter nach außen hin vor- gerückte Bewegungstendenz älterer Zeiträume aufzufassen, die nun- mehr auch noch die obermiozäne Konglomeratvorlage in ihren Faltungsakt miteinbezogen hat. Die Fortdauer auch dieser Bewegung läßt sich durch längere Zeiträume hindurch feststellen. 1 Daher kann ich Schwinners Ansicht eines ältermiozänen und eines obermiozänen tektonischen Paroxysmus nicht teilen. Gerade das höhere Altmiozän weist am friaulisch-venezianischen Gebirgsfuß nach Stefanini (9, p. 598) vor- herrschend auf größere Wassertiefe und ruhigere Bildungsumstände hin. Das schließt natürlich nicht aus, daß sich in Küstennähe (im Bereiche von Deltas) auch damals Schotterzwischenlagen gebildet haben. 372 A. Winkler, 'Ein namhafter: Anteil der randlichen Kniefaltung und somit auch der Aufwölbung::der Südalpen fällt am Gebirgssaum von Friaul zweifelsohne. schon in das ältere Pliozän, denn die im Verlaufe des Altpliozäns entstandenen Einebnungen greifen nach Abtragung ‘der miozänen Sedimentdecke bereits auf die emporgewölbte Kreideunterlage über. Es kann geschlossen werden, .daß hier. Aufwölbung und flächenhafte Abtragung im Altpliozän im großen und ganzen miteinander parallel verlaufen sind. Die ausgezeichneten geologischen Profile, welche G. Dal Piaz in seinem Werke »Alpi Orientali< aus dem Gebiet des Bosco del Consiglio mitgeteilt ‚hat; illustrieren das Gesagte in klarer Weise. (109, Tafelbeilagen).! Da die Faltung erst nach dem: Obermiozän eingesetzt hat, zu Ende des Altpliozäns schon weit vorgeschritten war, muß ein Schritthalten langandauernder Orogenese mit der Nivellierung des Gewölbes vorausgesetzt werden. Es soll besonders betont werden, daß hier eine namhafte tektonische Bewegung (F altung) in einer Epoche vorausgesetzt wird (im Altpliozän), in welcher im Hinblick. auf die Entstehung. weit- verbreiteter Einebnungen eher vollständige tektonische Ruhe er- wartet werden könnte. Ich komme darauf noch zurück. Die weitere Andauer der Faltungen,”? Aufwölbungen und Verbiegungen am friaulischen Gebirgsfuß im höheren Pliozän und Quartär ergibt sich aus dem großen Niveauunterschied und plötz- lichen Abbruch, beziehungsweise Abbiegung der altpliozänen Eben- heiten gegen die friaulisch-venezianische Senke, aus der Verbiegung der jungpliozänen und quartären Niveaus (Brückner, 85, p. 993 und 1021, A.Penck, 98, p. 910) und aus der Aufrichtung und teilweisen. Faltung der jungpliozänen Konglomeratmassen (Montellokonglomerat, jungpliozäne Konglomeratzone von Friaul (Stefanini, 9, p. 605). Das allmähliche Abklingen des Störungsausmaßes, das in dem durchschnittlich immer kleineren Neigungswinkel der jeweils jüngeren Tertiärschichten und in der geringeren Höhenlage der zugehörigen. morphologischen Elemente zum Ausdrucke kommt, läßt die Auf- fassung aufkommen, daß sich hier langsam und stetig fortwirkende, wenn auch ruckartig sich verlegende und sich hiebei verstärkende oder abschwächende Gebirgsbewegungen abgespielt haben. Diese vielfach als epirogenetisch angesprochene pliozäne 1 Wenn auch die jüngeren Miozänbildungen (Tortoniano-Pontico) die Kreide- gewölbe der Vorzone nur mehr teilweise bedeckt haben dürften,-so ist durch die an der piega faglia eingeklemmten Schollen der Beweis erbracht, daß das ältere Miozän sich noch als einheitliche Sedimentdecke über die gesamte Vorlage aus- gebreitet hat (Stefanini, 9). Aber auch die mittel-obermiozänen -Konglomerat- bildungen müssen, wie Dal Piaz’ Profile und die mir bekannten Verhältnisse am Abhang des Bosco del Consiglio bei Polcenigo zeigen, noch teilweise die Ober- fläche dieses Massivs bedeckt haben und somit bei Entstehung der altpliozänen Abtragsflächen denudiert worden sein. 2 Stellenweise kommt auch eine Art Vorfaltensaum zur Ausbildung. (Vgl. Stefanini, 9, 83; Dal’Piaz, 109.) nn u DT HE ... m . . dc Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 81 Aufwölbung der (Süd-)Alpen ist von den lokal fortwirken- den Äußerungen tangentialer Druckkräfte (Faltungen, Knie- faltungen, Brüche) weder zeitlich, noch räumlich scharf ab- zusondern. a Eingehender sollen die Schlüsse erörtert w erden, die sich aus dem Studium der Savefalten ergeben haben, aus welchem Gebiete außer. eigenen Beobachtungen meer in iers die ausgezeichneten geologischen Aufnahmen F. Tellers reiche Belehrung bieten. In den Savefalten sind nach dem Öbermiozän, wie schon angegeben wurde, sehr bedeutende Gebirgsbewegungen eingetreten, die in einem schon durch vormiozäne Störungen ausgezeichneten Gebiete einen Falten- . und Schuppenbau erzeugt haben. Für einen Teil dieser Gebiete gelingt die Feststellung, daß die Faltung schon im Verlaufe des Altpliozäns im wesentlichen abgeschlossen war. Denn im Raume von Steinbrück an der Save greifen Abtrags- flächen, die zweifelsohne dem Komplexe der »pontischen Eben- heiten« zugehören, bereits ungestört über die eingeklemmten ober- miozänen Schichten hinweg und schneiden in die Dloßgelegte Trias- unterlage ein.?2 (Vgl. Kossmat, 3, p. 52.) Tellers Karte [46] läßt dies deutlich erkennen. (Hochflächen des StraSki hrib [898 m] und des Levoutz hrib [902 2] bei Stein- brück an der Save).? - Auch hier muß wieder vorausgesetzt w erden, daß die an- genähert flächenhafte Abtragung mit der durch die Faltung be- dingten Aufwölbung nahezu gleichen Schritt gehalten hat. Denn es wäre sonst unverständlich, daß in einer relativ kurzen Zeit- spanne, wie sie das Spatium zwischen dem Beginn des Altpliozäns (Beginn der Faltung) und dem Ende dieser Phase darstellt, eine weitgehende Einebnung der Falten des Gebietes hätte Platz greifen können; dies um so mehr, als die Mächtigkeit der abgetragenen Schichtmassen als eine recht beträchtliche bezeichnet werden muß (mittleres und oberes Miozän und Teile der transgredierten Trias- unterlage).* (Mächtigkeit des Oligomiozäns der Tüfferer Bucht nach Bittners Profil [31] zu 400 bis 600 m!) 1 Vgl. hierzu Nowaks Resultat über die Tektonik von ' Niederalbanien (Zitat auf p. 24). 2 Die Untersuchungen von Wentzel (133, p. 97), die manche wertvolle Angabe über das Laibacher Becken enthalten, entbehren bezüglich der allgemeinen Schlußfolgerungen der gesicherten Grundlage und teilweise einer Kenntnis der Literatur und der neueren Problemstellungen. Ich gehe daher nicht näher darauf ein. 3 Weiter südwestlich liegen die ausgedehnten, zweifelsohne den »pontischen« Abtragsflächen zugehörigen Plateauflächen und Rücken der Gegend von Mariathal (gegen 800 m). Zwischen sie und die obgenannten schaltet sich, wohl als Mosor- rücken, der Zug des Kumberges ein (1219 m), der rings von den »800 m«-Niveau- flächen umgürtet erscheint. Teller vermerkt am Südabfall des Kumberges eine eingeklemmte Scholle marinen Miozäns. Auch hier läßt sich also die Niveaufläche der Faltung gegenüber als jünger erweisen. Die Save schnitt noch 600 tief unter die Plateauoberfläche ein. 4 Die eingeklemmten Leithakalke und sarmatischen Schichten bei Steinbrück zeigen, daß die miozäne Sedimentdecke tatsächlich beträchtliche Teile der Littaier Antiklinale überdeckt hatte (Teller, 150, p. 284). 374 A. Winkler, Diese Schlußfolgerungen gewinnen eine Stütze aus der Be- trachtung des hydrographischen Systems in den Savefalten. Die Save durchzieht das Gebirge im allgemeinen im Bereiche des. kar- bonisch-triadischen Antiklinalkerns des südlichen der beiden Haupt- gewölbe der Savefalten (Littaier Antiklinale). Die Sann fließt ihr im Unterlauf unter nahezu rechtem Winkel zu, indem sie die ver- schiedenen jugendlichen, tektonischen Elemente quert (Senkungsfeld von Cilli, Trojana-Antiklinale, [Schuppungszone am Nordrand der Tüfferer Mulde,] Tüfferer Mulde und Littaier Antiklinale). Diese Anlage des Flußsystems ist nur durch Antezedenz und Epigenese erklärbar. Save und Sann müssen sich auf dem trocken- gelegten, obermiozänen Meeresboden entwickelt und sich bei be- ginnender und fortschreitender Faltung in die aufsteigenden Falten- wälle eingeschnitten haben. Die Sann mußte sich im speziellen in ausgesprochener Antezedenz in die quer über ihren Lauf hinweg sich auffaltenden und schuppenden Zonen einsägen. Daraus folgt schon, daß die Gebirgsbewegungen so langsam und stetig erfolgt sind, daß die Tiefennagung der Flüsse und — da das Endresultat der Abtragung am Ende des Altpliozäns wenigstens in Teilen der Savefalten einer weitgehenden Verebnung entsprach — auch die flächenhafte Abtragung damit annähernd gleichen Schritt zu halten imstande war. Wurde doch die miozäne Sedimentserie! über den Antiklinalen vollständig denudiert und sogar die triadische Unterlage ganz allgemein bloßgelegt. Noch ein weiteres Argument kann gegen eine rasch erfolgte Bildung der »Savefalten« ins Treffen geführt werden. Hätte sich die Littaier Antiklinale in rascher Folge aufgewölbt, die Tüfferer Synklinale in kurzer Zeit eingemuldet, so wäre unbedingt eine Ablenkung und ein Abgleiten der Save aus dem Bereiche der Aufwölbung, wo der Fluß nach Durchsägen der Miozänbedeckung bald auf harte, schwer erodierbare Triaskalke stieß, nach der schon durch die Tektonik notwendigerweise als Depression angelegten und von lockeren Miozänsedimenten erfüllten Tüfferer Mulde er- folgt; und dies selbst unter der (unwahrscheinlichen) Voraus- setzung, daß der Fluß der als rasch angenommenen Auffaltung 1 Das Oberoligozän dürfte nur in präexistizierenden Depressionen zur Ab- lagerung gelangt und sodann schon im Altmiozän beträchtlich denudiert worden sein (Bittner, 31, p. 595). Das Altmiozän, welches. transgrediert, ist in der _ Tüfferer Bucht zweifellos unvollständig (Sandstein von Gouze). Die zweite Mediterran- stufe ist in normaler Ausbildung vorhanden; aber auch damals haben scheinbar im Be- - reiche der späteren AntiklinaleLeithakalkbildungen (transgredierend über Grundgebirge) _ sowohl an der Trojana-, wie an der Littaier Wölbung bestanden, während der synklinale Raum zwischen den letztgenannten durch das Auftreten des Tüfferer Mergels zwischen ‚oberem und unterem Leithakalk ausgezeichnet ist, also schon damals tiefer angelegt war. Das Sarmatische war sowohl in der Tüfferer Mulde, wie in der Littaier Wölbung (Steinbrück: Teller, 150, p.284) entwickelt. Die miozäne Schichtfolge hat also, wenn auch unter facieller Differenzierung, die Littaier Antiklinale überspannt, wie es auch Tellers Auffassung entsprach. Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 375 entsprechend sein Bett canonartig in die werdende Antiklinale hätte einsägen können.! Die Auffaltung größerer Teile der Savefalten erfolgt demnach während des Altpliozäns, zum Teil noch später weiterwirkend in langsam stetiger Orogenese, mit welcher örtlich sogar flächenhafte Abtragung gleichen Schritt zu halten vermochte. . Ganz eigenartige orotektonische Verhältnisse zeigen gewisse Teile der Savefalten, am schärfsten ausgeprägt deren östliche Aus- läufer (Ivanscica und Rudenzazug, Ravna gora, Orlica, Agramer und Kalniker Gebirge usw. [Kroatische Faltenzüge]). (Vgl. auch C. Diener, 139, p. 299, 140.) Schon orographisch fallen diese Höhen- züge durch ihre schroffe, unvermittelte Erhebung aus_niederer Umgebung auf. (Ivanscica 1061 m aus einer Umrahmung von 200 m, Agramer Gebirge 1035 m aus einer Umgebung von 150 m. [Gorjanovic-Kramberger, 115, 136 bis 138, Dreger J,, 134, 135]). Es ist weiters sehr auffällig, daß gerade an diesen Höhenzügen keine diagnostizierbaren Reste jener altpliozänen Ab- tragsflächen zu konstatieren sind, die in den Südalpen, den an- schließenden Karstgebieten, in Feilen der Savezone und am Ost- alpensaum allenthalben auftreten. Und doch müßten sie gerade an ‚den Inselbergen in erster Linie vermutet werden. Denn an diesen in das pannonisch-pontische Becken vorgeschobenen Zügen wäre eine besonders weitgehende Einebnung zu erwarten und durch die in vielen Teilen auftretenden, Relief erhaltenden triadischen Kalke eine gute Konservierung der Abtragsflächen vorauszusetzen. Daß es nicht der Fall ist, muß auf besonderen Ursachen beruhen. Die Gründe liegen meiner Ansicht nach darin, daß die auch einst hier vorhandenen Abtragsflächen durch das Fortwirken der Faltungen in jungpliozäner Zeit mitbetroffen, gewölbt und durch die Erosion zerschnitten und modelliert wurden, wodurch das so einförmige jugendliche Bergrelief entstanden ist, wie es die genannten Höhenzüge aufweisen. Auch ihre so auffällige morpholo- gische Erscheinung findet durch diese Annahme ganz jugendlicher Antiklinalbildung eine befriedigende Deutung. ? Prächtige Beispiele antezedenter Taldurchbrüche lassen sich hier anfügen. So jener des Krapina und Ocura potoks durch den 1 Übrigens hat, wie betont, tatsächlich nicht ein solcher Vorgang, sondern eine flächenhafte Abtragung stattgefunden, wie die Verebnungsreste bei Steinbrück und Mariatal und überhaupt die weitgehende Abdeckung des Gewölbe- kernes vom. Miozän anzeigt. Denn bei rascher Aufwölbung und Zertalung hätte zwar ein Einschneiden und Durchsägen der miozänen Bedeckung und ihrer Trias- unterlage, nicht aber eine flächenhafte Abtragung der ersteren erfolgen können, wie es der Fall war. 2 Vorgreifend sei schon hier bemerkt, daß ich die Ursache für die Erhaltung und Entstehung der akzentuierten Reliefformen der genannten jungen Faltenzüge, also für das scheinbare Überwiegen der tektonischen (hebenden) über die erosiven Kräfte darin sehe, daß im Jungpliozän (im Gegensatz zum Altpliozän) die Ab- tragung unter stetig sinkender Erosionsbasis vor sich gegangen ist. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. 27 376 A. Winkler, IvanScicazug, welche die jungaufgewölbte Triaszone durchbrechen. Die Wasserscheide des Ivanscicarückens folgt nur zum Teik dem ausgesprochenen triadischen Hauptrücken (mit den Kulminationen in 1061 m, 716 m, 847 m, 720 m, 678 m, 591 m), sondern liegt in dem südlich anliegenden, niedrigeren, zum Teil stärker abgetragenen und weniger aufgewölbten Miozänmantel (zwischen 400 und 570 m Höhe gelegen). Nur Antezedenz in einer äußerst langsam und stetig sich auffaltenden Antiklinalschwelle bietet eine Erklärung hiefür, daß diese kleinen Bäche und Flüßchen, die sich auf dem trocken- gelegten, pontischen Seegrund in jungpliozäner Zeit neu entwickelt haben, trotz ihrer geringen Wasserführung und trotz ihres Stoßens. auf harte Triasgesteine sich der Faltung gegenüber behaupten konnten. | Der geologische Befund bestätigt die Voraussetzung der noch jungpliozänen Auffaltung der östlichen Ausiäufer der Savefalten. Die pontischen Schichten, welche die Räume zwischen den jungen Auffaltungen einnehmen, erscheinen in Wellen gelest, am Rande der letzteren aber steiler aufgerichtet uhd sogar überkippt.* Diese Zusammenstauung hat naturgemäß nicht nur die pontische Hülle, sondern auch die Unterlage, der sie auf- und anliegen, mitbetroffen. Gerade in „Kroatien ‚sind : ja...in, 'neuerer. . Zeit, Anzeichen sehr jugendlicher, sogar quartärer Faltungen und Dislokationen fest- gestellt worden.? | Ich erhalte von der jungen tektonischen Entwicklungs- geschichte der Savefalten den Eindruck, daß hier eine im Abschluß des Miozäns neu auflebende Faltung in stetiger langsamer Wirk- samkeit vor sich gegangen ist und unter allmählicher Einengung und Verlegung ihres Wirkungsbereiches bis an das Pliozänende, vielleicht bis ins Quartär Zusammenschub erzeugt hat. In der steirischen Tertiärbucht (Grazer Bucht) gelang es mir, die Existenz einer die pontische Zeit umfassenden Einbiegungswelle, der im Süden und Südwesten eine breite Aufwölbungszone Zzu- geordnet erscheint, nachzuweisen (33, p. 618, 66, p. 29). Die Bewegungen haben hier, wie mit Sicherheit ermittelt werden konnte, die pontische Zeit hindurch fortgewährt. Denn die flächenhaft. wirksame Abtragung hatte gegen Abschluß der pontischen Zeit bereits eine stark eingeebnete Denudationsfläche geschaffen, welche 1 Nach Gorjanovid-Krambergers Karte (115) fallen am. Nordsaum. der Ivanscica zum Teil pontische Schichten unter Sarmat, letzteres unter mediterrane. Leithakalke, diese schließlich invers unter Oligozän ein. 2 Ähnliche Überlegungen dürften auch für die in orographischer Hinsicht ebenfalls sehr akzentuierten nördlichen Randzüge der Savefalten am Saume des. Pettauer Feldes (Wotsch, Gonobitzer Gora) und vielleicht für die Trojana-Antiklinale- Geltung haben, obgleich hier sowohl Intensität als auch Dauer der jungen (post- pontischen) Bewegungen eine geringere gewesen sein mag. Es ist bezeichnend, daß gerade im Bereiche der erstgenannten A. Spitz den Verlauf einer sehr jugend- lichen, die nachsarmatischen Falten durchsetzenden Längsstörung (Blattverschiebung) postuliert hat (141, p. 286). ee er © OR Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. O0 über die tiefsten pontischen Schichten und über die oberen sarma- tischen Komplexe. bis auf das Mittelsarmat übergreift. Unter der spätpontischen Basaltdecke des Hochstraden ist dieses alte, stellen- weise von zwischengeschalteten Flußschottern überkleisterte Relief erhalten geblieben. Seine Entstehung ist nur durch ein Schritthalten der Aufwölbung mit der Abtragung verständlich. Und gerade dieser Raum ist noch von namhaften jungpliozänen Bewegungen mit- „betroffen worden, die, nach morphologischen Indizien zu schließen, vielleicht noch vom Quartär bis in die Gegenwart fortwirkten. Sichere Anzeichen für eine zeitweilige, vollständige Unterbrechung dieser teils an Brüchen, teils an Verbiegungen sich vollziehenden Bewegungen im Pliozän lassen sich nicht erkennen. Die Verhältnisse am Nordrande der Grazer Bucht führen zur Annahme einer langdauernden pontischen Einmuldung, die speziell im Nordteil des Beckens ein Fortwähren bis in jugendliche Zeiten erschließen läßt (Winkler, 159). Unter veränderter erweiterter Begrenzung des Hebungs- bereiches und unter der Mitbeteiligung von Brüchen dauerte die Aufwölbung der steirischen Tertiärbucht auch noch in nachpontischer Zeit, wahrscheinlich noch bis in das Quartär (und vielleicht bis zur Gegenwart) fort (A. Winkler, 66, p. 29—30). Ein junger Vul- kanismus erscheint diesen Bewegungen zugeordnet (Winkler, 142). Daß auch die hierzu korrelaten Senkungsvorgänge ein analoges zeitliches Fortwirken unter räumlicher Verlegung erkennen lassen, war bereits früher angedeutet worden. Auf die vom Mittelmiozän bis wahrscheinlich in die Gegen- wart in analoger Weise ‚wirksame, breite Faltung des Posruck- Remschnigg-Radelgebirges und auf die kurze korrelate dauernde Einmuldung des südweststeirischen Beckens habe ich bereits am angegebenen Orte (175) hingewiesen. Nach den Vermessungen der Bergverwaltung Kalkgrub sollen die Verschiebungen innerhalb der letzten Dezennien in diesem Revier meßbare Beträge erreicht haben. Die Bewegungen haben hier offenbar längere geologische Zeiträume überdauert, ohne daß eine Scheidung orogenetischer oder epiro- genetischer Phasen möglich wäre. Die tektonische Geschichte der steirischen Bucht spricht also zugunsten der Annahme fortdauernder tektonischer Aufwölbungen im Altpliozän, mit welchen örtlich und zeitlich flächenhafte Ab- tragung gleichen Schritt zu halten vermochte, und für deren Fort- wirken im Jungpliozän und Quartär (?). Ein letztes Beispiel sei dem Alpennordrand entnommen. K. Boden hat jüngst den Nachweis erbracht (127, p. 402—408), daß zu Beginn des Obermiozäns im Gebiete der bayrischen Alpen zuerst Faltungen, dann Schubbewegungen aufgelebt sind und eine aus Kalk und Fiyschzone vereinigte Scholle über das vorliegende helvetische Gebirge aufgeschoben haben. Der Deckenschub hat die 378 A. Winkler, Bildungszeit der obermiozänen Süßwassermolasse (Flinz und Kon- glomerat) umfaßt. Nur mehr ein von der Erosion Zerehiickehet verstümmelter Deckenrand erreichte den Außensaum des Gebirges. Im Sedimentbild der Molasse spiegeln sich die stoßartigen, über den Zeitraum des Obermiozäns verteilten Bewegungen durch unvermittelte Einschaltung gewaltiger Blockschuttlagen wieder. — Ich glaube aus diesen hier in Kürze mitgeteilten Tarchähe den Schluß ableiten zu können, daß der Auffassung, das tektoni- sche Geschehnis sei auf einzelne eng begrenzte Phasen beschränkt, die Annahme einer mehr oder minder kontinuierlichen Gebirgs- bildung (auch Orogenese) gegenübergestellt werden kann. | Es ist ein an und für sich schwer verständlicher Gedanke anzunehmen, daß die gebirgsbildenden Kräfte in den in so großer Anzahl angenommener anorogenetischen Zwischenphasen zu jenem hohen Grade von Inaktivität verurteilt gewesen sein sollten, wie er die Perioden tektonischer Ruhe zwischen den Hauptzyklen der Ge- birgsbildung (in den Alpen etwa in Trias und zum Teil Jura) charakteri- siert hat. Da erscheint es doch naheliegender, innerhalb der großen Zyklen der Faltenbewegungen (letzter Zyklus etwa Oberkreide— Pliozän in den Östalpen) ein mehr oder minder stetiges Fortwirken der faltenden, schiebenden und aufwölbenden Kräfte vorauszusetzen, welches freilich von Ort zu Ort, von Zeit zu Zeit, an Art der Be- wegungsform und auch an Intensität gewechselt haben wird. Dies regt die Frage an, ob dann der Exsistenz tektonischer Phasen überhaupt jede Berechtigung und Bedeutung abzusprechen wäre? Ich bin der Überzeugung, daß eine solche Annahme unbe- rechtigterweise an einem hinreichend gefestigten Besitzstand unseres tektonischen Wissens rütteln würde. Gewöhnlich ist man bei Voraussetzung einer tektonischen Phase nur in der Lage, den Eintritt einer Bewegung mit größerer Genauigkeit festzustellen; seltener besteht die Möglichkeit, auch das Ende der vermuteten Bewegungsphase genau zu begrenzen. Es scheint sich aber zu ergeben, daß eine Neuorientierung des tektonischen Gefüges in großen Teilen des Alpenkörpers gerade in bestimmten Zeiten gleichzeitig eingesetzt hat. Die Angliede- rung neuer, breiter ungefalteter Sedimentationsräume an den Stamm des Gebirges, die Änderung des Faltungs- und Stauungsbereiches, das Aufleben oder Erlöschen von Brüchen, die Entwicklung von Überschiebungen aus einem vorhandenen Faltenbau, das Ende von Schubbewegungen u. dgl. charakterisiert nach den vorliegenden Er- fahrungen mehr oder minder gewisse Zeitpunkte der geologischen Geschichte. Bei dem engen Zusammenhange, der alle Glieder im ° tektonischen Gefüge eines Gebirges umfaßt (Schwinner, 143, p. 197), erscheint es an und für sich wahrscheinlich, daß jede Er- weiterung und Einengung des Bruch-, Faltungs- und Schubbereiches er abi Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 379 im allgemeinen auch irgendwie in Änderungen der Bewegungs- intensität oder Bewegungsform der übrigen nicht direkt betroffenen Teile zum Ausdrucke kommen wird. Dem unendlich mannigfaltigen tektonischen Einzelgefüge der alpinen Zonen gemäß wird dieser Wechsel auch in sehr verschiedenartiger Art und Weise sich aus- prägen. So mag das Aufleben einer neuen, gegen den Außensaum des Gebirges gerichteten Schubfläche, an welcher nunmehr die Hauptdruckspannungen zur Auslösung gelangen, das Erlöschen der bisherigen, weiter im Inneren gelegenen Bewegungsfläche zur Folge haben, ohne daß mit dem Eintritt dieser »neuen Phase« not- wendigerweise eine Änderung in der zugrundliegenden tektonischen gesamten Bewegungsintensität der Ostalpen verbunden zu sein braucht. Aber auch ein allmählicher Wechsel der letzteren in Form von in flacher Kurve verlaufenden Schwankungen soll durchaus nicht in Abrede gestellt werden. Der Verlauf der tektonischen In- tensitätskurve wird sich aber als Resultante sehr zahlreicher, im mannigfaltig und verschiedenartig bewegten Gebirgssystem verteilter Einzelkräfte nur mehr in groben Zügen rekonstruieren lassen. Der Eintritt einer neuen tektonischen »Phase« braucht daher meiner Auffassung nach nicht mit einem vollständigen Neuaufleben der orogenetischen Kräfte verbunden zu sein, sondern nur vielmehr eine rasch erfolgende Neuorientierung im tektonischen Gefüge anzudeuten, die naturgemäß für die betroffenen Teile auch eine geänderte Ver- teilung der Bewegunsgsintensitäten und der Art ihrer Auslösung mit sich bringt. Das Einsetzen, An- und Abschwellen sowie Er- löschen der gesamten, die Alpenfaltung erzeugenden Bewegungs- größen vollzöge sich in übergeordneten, größere Zeiträume um- fassenden Wellen.! Im . Jungtertiär der Ostalpen gibt sich der Eintritt neuer tektonischer Phasen, deren Bedeutung im vorangehenden genauer abgegrenzt wurde, an der Oligozän-Miozängrenze, an der Basis der zweiten Mediterranstufe, an der Wende von Miozän und Pliozän und wohl auch noch zwischen älterem und jüngerem Pliozän zu erkennen. Ich vermute, daß sich bei eingehenderem Studium noch zahlreichere, wenn auch unbedeutendere Zwischenphasen werden feststellen lassen. Ungeachtet der gewiß nicht gering zu veranschlagen- den Bedeutung der tektonischen, orogenetischen Phasen erscheint mir aber die Kontinuität des tektonischen Geschehens, wenigstens für die jungtertiäre Geschichte der Ostalpen, in hohem Grade wahr- scheinlich.? 1 Auch hier mögen Schwankungen (höherer und niederer Ordnung) konstatier- bar sein, die aber. meiner Auffassung nach ein An- oder Abschwellen, nicht aber ein vollständiges Erlöschen faltender Kräfte bedeuten. 2 Die Trennung orogenetischer und epirogenetischer Bewegungen erscheint durch diese Voraussetzungen nicht tangiert, wenngleich manches, aber keineswegs alles, was gewöhnlich unter letztere eingereiht wurde, hier mit F. E. Sueß (17) lieber durch eustatische Spiegelschwankungen erklärt wird. Zwischen orogenetischen und epirogenetischen Störungen würde aber meiner Auffassung nach ein sehr weit- 380 A. Winkler, Das naheliegendste Argument, welches zugunsten einer vielfach ganz unterbrochenen, diskontinuierlichen Gebirgsbildung (Orogenese) ins Treffen geführt werden kann, liegt wohl in dem Auftreten der alten Abtragsflächen, Niveaus und Terrassen, die, durch schärfere Erosions- kerben getrennt, auf eine vielfach unterbrochene, durch Stillstands- lagen ausgezeichnete Entwicklung hindeuten. Da aber wenigstens die bedeutenderen dieser morphologischen Marken sich oft unbe- kümmert um die tektonische Teilstruktur über die verschiedensten Zonen der Östalpen erstrecken, kann irgendeine direkte Beziehung zum lokalen oder regionalen Gebirgsbau meist nicht vorausgesetzt werden. Die morphologischen Leitformen (Hauptoberflächensysteme Klebelsberg’s) entsprechen meiner Auffassung nach weitreichenden, allgemeineren Beeinflussungen des Alpengerüstes, welche, wenn sie nicht, wie es mir teilweise wahrscheinlich dünkt, durch eustatisti- sche Meeresschwankungen, so doch durch, vom eigentlichen Ge- birgsbau unabhängige, weitreichende Krustenverbiegungen zu er- klären wären. Die zweite Frage, die in diesem Kapitel gestellt wurde, läßt sich dahin beantworten, daß eine scharfe, besonders nach zeitlichen Gesichtspunkten durchgeführte Scheidung orogenetischer und epiro- genetischer Bewegungsphasen nicht durchgeführt werden kann, und daß vor allem auch faltende und bruchbildende Vorgänge in stetigem, wenn auch durch wechselnde Intensität und wechselnden Wirkungsbereich ausgezeichnetem Schaffen durch SION Perioden hindurch forteewirkt haben. Ich möchte am Schlusse dieses Kapitels die Worte setzen, weiche der so ausgezeichnete Beobachter und Forscher F. Teller in seinem letzten großen Werke über die Karawanken auf Grund einer auf dem Boden der unmittelbaren Beobachtung erwachsenen Erkenntnis über die Kontinuität der Gebirgsbildung (151, p. 108) zum Ausdruck gebracht hat: »Das Vordringen der Massen gegen die Ortsbrust,« (beim Bau des Karawankentunnels), »also gegen das noch nicht aufgeschlossene Gebirge hin, wurde zu einer Zeit konstatiert, wo die Aufschiebung der obercarbonischen Schichten auf die nordwärts vorgelagerten Triasbildungen noch nicht bekannt war. Nach dem Aufschluß der Mittelregion des Tunnels verlor die Erscheinung ihren befremdlichen Charakter. Denn es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß dieselbe mit dem allgemeinen tektonischen Bau der Gebirgskette ursächlich verknüpft ist und daß wir hier noch die Kräfte fortwirken sehen, welche die obercarbonischen Schichten zu steilen Falten aufgestaut und nach Norden überschoben haben. verbreiteter Bereich »synorogenetischer Bewegungen« im Sinne Stille's sowohl in räumlicher, als auch in zeitlicher Hinsicht alle erdenklichen Übergänge bilden. Orogenese und Epirogenese wären auch gleichzeitige und beide dauernd wirksame Ausdrucksformen verschiedenartiger tektonischer Bewegungstendenzen. Die scharfe zeitliche Begrenzung der Orogenese erscheint dieser Auffassung zufolge ab- geschwächt. \ ee ee ee Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 381 2. Der zeitliche, tektonische Entwicklungsgang der Ostalpen im Jungtertiär. Der tektonische Entwicklungsgang der Ostalpen läßt sich dahin zusammenfassen, daß in älteren Bildungsphasen (Oberkreide, Alttertiär, zum Teil auch Miozän) Faltungen und Überschiebungen eine sehr wesentliche Rolle gespielt haben und daß im Laufe des Miozäns, besonders aber im Pliozän Schollenbewegungen mit vor- herrschend vertikaler Tendenz, Flexuren und Verbiegungen in den Vordergrund getreten sind. Auf die Bedeutung der jugendlichen, wenn auch, wie sich immer mehr zeigen wird, im einzelnen sehr mannigfaltigen Aufhebung der Ostalpen habe ich bereits im Jahre 1914 in meiner Arbeit »Über jungtertiäre Sedimentation und Tektonik am ÖOstrande der Zentralalpen« hingewiesen: »Diese Angaben be- kräftigen die Annahme einer jugendlichen, nach Entstehung der Verebnung eingetretenen Gesamtbewegung der kalkalpinen Zone« {p. 300). Desgleichen habe ich eingehend die mit Faltungen und Brüchen kombinierte, vorherrschend junge Aufwölbung der östlichen Zentralalpen und ihre engen Beziehungen zur Entstehung der Save- falten hervorgehoben (l. c. p. 303—307). Diese Voraussetzungen wurden vonF.Machatschek akzeptiert (0) und erscheinen auch von E. Brückner in dessen eben publi- zierter Mitteilung vertreten (8, p. 103). Außer dieser zeitlichen Entwicklungstendenz der jungen alpinen Tektonik muß aber auch noch eine räumliche Differenzierung beachtet werden. Sie besteht darin, daß in den inneren Teilen ganz im allgemeinen die Tendenz zu intensiven Schub- und Falten- bewegungen früher erlischt und Störungen, die auf geringere Be- teiligung tangentialer Pressung schließen lassen, an ihre Stelle treten (Bruchfalten, Flexuren, Brüche), während echte Faltung und Schub vorwiegend auf die äußerste Randzone des Gebirges be- schränkt erscheint. Schließlich kann ausgesagt werden, daß die faltenden Bewegungen, wie die Intensität tektonischer Störungen überhaupt, in westlichen Teilen der Ostalpen an Ausmaß und an Jugendlichkeit jene der östlichen Teile übertreffen. Dies gilt sowohl für den Nord-, als auch für den Südrand der Ostalpen. Die Save- falten nehmen als eine bis in die jüngsten Zeiten besonders labile Stelle der Erdkruste eine Sonderstellung ein. Die Tatsache, daß die Ostalpen im mittleren Miozän im Be- reiche ihrer beiden Kalkzonen und wenigstens in dem östlichen Teil der Zentralzone küstennahen Abtragsflächen und Hügelländern entsprachen, daß die altpliozänen, flächenhaft verbreiteten Ein- ebnungen im allgemeinen nur mehr als breiterer Saum den Gebirgs- fuß eingenommen haben und daß schließlich die Erosion in spät- und postpliozäner Zeit auch noch den Gebirgsrand tief zergliedert 1 Siehe auch F. Machatschek, 6, p. 280ff., A. Winkler, 14 und 96, e- I15. 382 A. Winkler, hat, zeigt deutlich, daß trotz des unverkennbaren Abflauens der Alpenfaltung im Obermiozän und besonders im Pliozän das vertikale, allerdings sehr ungleichmäßige und alten Be- wegungstendenzen entsprechende Aufsteigen der Alpen immer größere Bedeutung erlangt hat. : Nicht die an tektonischem Kraftaufwand so überragenden Schub- und Faltenbewegungen der Oberkreide, des Alttertiärs und Miozäns sind es gewesen, welche die stolze, ihre Umgebung so bedeutend übertreffende Überhöhung der Ostalpen geschaffen haben, sondern die nachfolgenden mit dem Abklingen von Schub und Faltung parallel laufenden, überwiegend vertikalen Schwellungen. Die weitverbreitete, wenn auch nicht ungestörte Erhaltung miozäner Abtragsflächen (speziell Plateauoberflächen der nörd- lichen und nur zum Teil der südlichen Kalkalpen) in den Ostalpen erweist, daß die Bewegungen, denen sie ihre Höhenlage verdanken, innerhalb der einzelnen Schollen oft Blockaufwölbungen entsprochen haben.! | Das tektonische Bild des Außensaumes des Gebirges zeigt aber anderseits sowohl am Nord-, als auch am Südfuße der Alpen, daß noch im jüngeren Miozän randlich sehr bedeutende Schubbewegungen (Aufschiebung der kalkalpinen Zonen über ihre miozäne Vorlage) eingetreten sind. Daraus folgt, daß die schollenartig empor- gewölbten kalkalpinen Einheiten an jungen Schubflächen, oder an Randfaltungen und Flexuren, nur zum geringen Teil auch an Brüchen über die Vorlagen überhöht worden sind. Die Streifen randlicher Schub- und Faltenbewegungen sind gleichsam auch die Auslösestellen für die aufsteigende Bewegungs- tendenz der ihneren Sehollen. Diese Anschauungen lassen durch neuere Untersuchungen am Nordalpensaum eine Bestätigung erkennen. Im Außensaum der niederösterreichischen Kalkalpen haben H. Vetter's und G. Götzin- ger’s Untersuchungen den Beweis für junge Schubbewegungen, »für ‚die Existenz‘ einer einheitlichen, Melker Sand und Schlier in noch unbekanntem Ausmaß überschiebenden Flyschdecke« ergeben (144, p. 35). Es haben hier am Alpensaume sehr bedeutende Verschup- pungen an der Grenze von Flyschzone und Miozänvorland noch 1 Mit gegenseitigen Verstellungen der einzelnen Schollen, Verbiegungen, Los- lösung an Brüchen, Verschiebungen an Faltenbrüchen und selbst Faltungen und Schuppungen. Einzelheiten über die Art und den Verlauf der Teilstörungen, welche die große Aufwölbung der nördlichen Kalkalpen begleiten, sind in Machatschek’s Monographie der Salzburger Kalkalpen (6), in Götzinger's Arbeit (145, p. 55) und Bädeker’s Studie über die östlichen Teile der Nordalpen (147, p. 70ff.) ent- halten. Vgl. auch OÖ. Ampferer (1), E. Brückner (8). Aus den südlichen Kalkalpen lassen Kossmat’s (3, 104, p. 123) und eigene Studien (14, 15, 105) sowie R. Schwinner’s (12) »Suganer Monographie« die tektonischen Teilbewegungen erkennen, die mit der Höhenschaltung des Gebirges verbunden waren. Vgl. auch F. Leyden (146). TEE i d a a nn REINE ui Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 383 in jüngermiozäner Zeit stattgefunden, welche Bewegungen jedenfalls gleichzeitig mit der Höhenschaltung der prächtigen, ältermiozänen Abtragsflächen in den Kalkhochalpen erfolgt sind. In den Salzburger Kalkalpen ist Machatschek in seiner grundlegenden morphologi- schen Monographie, die‘ mir erst nach Abschluß dieser Studie in die Hände kam (5), zu Resultaten gelangt, die sich mit der hier vorgetragenen Auffassung decken. Auch er betont, daß die erneuerte Hebung der nördlichen Kalkalpen im Westen und im Osten wohl schon im Miozän, im Westen also »vermutlichals Begleit- erscheinung der horizontalen Bewegung« begonnen hat. Dies wird meiner Auffassung nach allerdings, wenn auch im ab- geschwächten Maße, für den Osten Geltung haben müssen, wie die erwähnten Resultate Götzingers und Vetters, die Bohrung im Korneuburger Becken bei Wien (steil aufgerichteter Schlier am Rand der Flyschzone!)! und Slanar-Stummvoll’s Studien in den nieder- österreichischen Voralpen schließen lassen (in 8, p. 101). Nach G. Götzinger (mündliche Mitteilung in einem Vortrag an der Geologischen Bundesanstalt) wäre auch bei Salzburg die Grenze zwischen Flysch und Jungtertiär als Schubstauung zu deuten. Daß in den bayrischen Alpen bedeutende jungmiozäne Über- schiebungen erweisbar sind, habe ich schon früher hervorgehoben. Die horizontalen Bewegungen haben hier das Miozän sogar überdauert.? In den östlichen Südalpen muß die erste Aufwölbung der Julischen Alpen und der anschließenden Karnischen Alpen gleich- zeitig mit ihrer Randüberschiebung an der (ober-spätmiozänen) piega faglia periadriatica über die vorliegende, noch Altmiozän um- fassende Zone erfolgt sein. Schollenzerteilungen und Schuppungen haben im höheren Miozän auch noch in die inneren Teile der Julischen Alpen eingegriffen, und es ist bezeichnend, daß gerade entlang dieser Streifen jugendlicher, tangentialer Dislokation die Reste der ältermiozänen Abtragsflächen fehlen. Bergrücken, oft mit scharfen Gratformen versehen, der Richtung der jungen Schuppung in ihrer Längsrichtung folgend, herrschen hier vor (Stol. Monte- maggiorezug, Mi. Musikette als tektonische Fortsetzung der Juli- schen Außenzone, der Mojstrokastörung paralleler Kamm des Grintouc usw.). Nähere Angaben hierüber finden sich in meiner Arbeit über den Bau der östlichen Südalpen (14). Am Ostsaume der Alpen herrschen im Gegensatz zu den am Nord- und Südabfall erkennbaren Erscheinungen vertikale Ab- brüche, wie sie die von Götzinger (155) und Bädeker (147) trefflich illustrierten staffelförmigen Aufstiege der gehobenen Kalk- alpen am Rande. der inneralpinen Wiener Senkung aufzeigen, oder 1 H. Vetters, Jahresber. der Geol. Bundesanstalt pro 1922. Verh. d. Geol. Bundesanstalt 1923, H. 1. 2 Altbekannte Faltung der obermiozänen Molasse und Überschiebung durch das Oligozän. (Weithofer, 151, p. 120.) 384 A. Winkler, 'Schrägstellungen (einseitige Hebung), wie sie meiner Ansicht nach am Ostabfall der Koralpe gegen das steirische Becken vorliegen (32, p. 316). Jenseits der Koralpe schaltet sich ein ausgesprochenes, noch von jungmiozänen Faltungen betroffenes Senkungsfeld (Lavantaler Mulde),* durch eine scharfe Dislokation vom Stamm derselben ge- trennt, in die östlichen Zentralalpen ein. Es ist nur eine Separat- mulde jenes viel ausgedehnteren, südkärtnerischen Senkungsfeldes, welches seit alten Zeiten, bis in das Pliozän hinein, vorwiegend senkende Tendenzen bewahrt hat. Der Ostabbruch der Hauptzone der Südalpen (Steiner Alpen) zeigt wieder eine stärkere Betonung tangentialer Kraftwirkungen, wie sie vor allem in der zur Absenkung parallelen Einfaltung oligozäner und auch in der A miozäner Schichten zum Ausdruck kommen. Aus diesen Darlegungen geht hervor, daß im Ostupeaghädee .die miozäne »Aufwölbung« der Alpen noch mit den mehr oder minder kräftigen Äußerungen tangentialer Druckkräfte in Kombination getreten ist. | Im Pliozän erweist sich das Bewegungsbild der Ostalpen in wiel-.stärkerem . Grade‘ durch ! das" Vorherrschen tweriHeiler Aufwölbung mit randlichen Flexuren oder Brüchen, welch letztere auch im Innern nicht fehlen, charakterisiert. Die ungefaltete Lagerung”? des Jungmiozäns im inneralpinen Wiener Becken und im Hauptteil der steirischen Bucht zeigt, daß ‚wenigstens an der Ostabdachung der Östalpen die faltenden Kräfte nahezu erloschen waren (mit Ausnahme der Savefaltenzone). Nur breit- wellige Aufwölbungen und Einmuldungen sind hier noch im Pliozän er- weisbar (breite Gewölbe der steirischen Bucht, Wellungen im Wiener Beeken.UPettascheeik&t 722221, BockkBklss]! Die Reste der noch in den Ostalpen fortwirkenden tangentialen Spannungen, die auf einen seitlichen Zusammenschub hinzielen, kommen an den sowohl die Südalpen als auch die Nordalpen begrenzenden Randflexuren oder Kniefalten (in den bayrischen Alpen und Venetianer Alpen selbst noch an Überschiebungen) zum ‚Ausdruck. Auch die pliozäne Schub- und Faltentektonik der Save- falten ist hier anzureihen. Am Südsaume der Alpen ist schon durch die Untersuchungen von Penck und Brückner die Existens einer Pliozän und Quartär ‘umfassenden, sehr bedeutenden Aufwölbung des Gebirgsfußes (und 1 H. Höfer hat schon von hier Faltungen beschrieben (39). Ihre große Bedeutung und allgemeine. Verbreitung sowie ihr Ausmaß ergibt ‚sich erst aus K.Beck’s Studien (148, p. 14). Er hat gezeigt, von welch bedeuten- dem Zusammenschub noch die jüngermiozänen Ablagerungen betroffen wurden. Auch W. Petrascheck hat auf Störungen der Flötzbildungen aufmerksam ‚gemacht. 2 Von untergeordneten Wellungen abgesehen. Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 380 der Südalpen überhaupt) an der Alpenrandflexur festgestellt worden, mit welchem Vorgange die tiefe Absenkung der friaulisch-veneziani- schen zeitlich zu parallelisieren ist.! Die neueren Untersuchungen von G. Dal Piaz (109, p. 36, 108, p. 36, 60), von R. Fabiani (110, p- 39, 154), G. Stefanini (9) und J. v. Pia (111) haben die große Bedeutung der allerdings im einzelnen komplizierter gebauten, randlichen Kniefalten, an welchen die große Aufwölbung der inneren Gebirgsteile im allgemeinen erfolgt ist, und somit das Vor- handensein einer die Randzonen umfassenden, sehr jugendlichen, zum Teil erst nach dem Unterpliozän eingetretenen Falten- tektonik aufgezeigt. Der Verlauf der girlandenartig aneinander- gereihten Bögen von Kniefalten, an denen noch obermiozäne Sedi- mente (bei Cornuda noch marines Unterpliozän), steil oder sogar überkippt zur vorgelagerten padanischen Senkung hinabtauchen, während die altpliozänen Abtragsflächen oft in über 1200 m See- höhe am Gebirgsrand abbrechen, bietet ein imposantes tektonisches Bild. Die Südalpenrandflexur beginnt im Osten mit den jungpliozänen Flexuren des Birnbaumer und Ternovaner Waldes, setzt sich weniger ausgesprochen in der Zone des »Rovesciamento pedemontano« Marinelli’s® in Ostfriaul fort und findet zweifelsohne ihre Ver- längerung in den bogenförmig aneinanderschließenden Kniefalten zwischen dem Tagliamento, der Meduna und dem Lago S. Croce, die Stefanini in’ Profil und Karte so anschaulich geschildert hat. Die steile Randfalte der Belluneser Voralpen, die auf Dal Piaz’ Profilen so sinnfällig hervortritt und die ich auch im Jahre 1917 auf Touren genau kennenlernen konnte, schließt sich unmittelbar an. Sie setzt sich, wie auch R. Schwinner (12) betont, westwärts in der Alpenrandflexur südlich des Grappamassivs und schließlich in die Hauptrandflexur der Sieben Gemeinden mit der postmiozänen Überschiebung von S. Orso fort. So wie die Senkung, die dieser tektonischen Leitzone vor- liegt (friaulisch-venezianische Ebene, padanische Senkung der italienischen Geologen), durch sekundäre, aus derselben auf- tauchende Falten gegliedert wird (Montello-Antiklinale, Antiklinale im Konglomerat von Östfriaul, aneinandergereihte miozäne und pliozäne Autbrüche aus der Ebene südlich Udine usw.), so er- scheint auch der im großen und ganzen emporgewölbte Stamm der Südalpen durch Teilmulden gegliedert. Auch deren Weiterbildung ist bis in die jüngsten (spätpliozänen und sogar quartären) Zeiten sichergestelit. Hier wäre im Osten auch eine dem mittleren Isonzo- 1 Eingehende Angaben in Winkler: Bau der östlichen Südalpen (14). 2 Die Kritik G. Dainelli’s (107, p. 100) kann ich nicht vollständig teilen. Die am Kreidemassiv des Domes von Tarcento deutlich erhaltenen altpliozänen Ab- tragsflächen treten in 700 m Höhe hier fast unvermittelt an den Gebirgsrand heran, an dessen Saume steil aufgerichtete oder überkippte Eozänbänke vorherrschen. (Marinelli, 106, p. 97, siehe auch meine Bemerkungen in 14.) Hier muß doch die Existenz einer, wenn auch vielleicht in Einzelelemente aufgelösten Randflexur vor- ausgesetzt werden, wie Marinelli annahm. 386 A. Winkler, gebiet und unteren Idricagebiet entsprechende Absenkungszone her- | vorzuheben, auf die ich schon früher hingewiesen habe. | Weiter im Westen entspricht vor allem die: Belluneser Syn- klinale einer bis in jugendliche Zeiten aktiven Einmuldung. Schwinner (12) setzt dasselbe auch für ihre westliche Fortsetzung in der Valsugana voraus,! in welcher Gegend schon die tiefeingefalteten und eingeklemmten marinen Miozänbildungen junge Störungen er- weisen (155). Schwinner nimmt das Fortwirken, beziehungs- weise Wiederaufleben sehr namhafter Störungen noch in ganz jugend- lichen Zeiten (Quartär) an.? Die Belluneser Voralpen, welche im Süden von der Alpenrandflexur, im Norden von .der Belluneser Synklinale begrenzt werden, entsprechen demgemäß einer noch im höheren Pliozän in Auffaltung begriffenen Antiklinale mit flacherem Nord- und steilerem Südflügel. Auf diesem: Umstand ist meiner Ansicht nach das Fehlen der sowohl im Osten (Bosco del Consiglio), als auch weiter im Westen (prächtige, hochgelegene Ebenheiten am Col Caprile und in den Lessinischen Alpen) so deutlich entwickelten, hohen, meiner Ansicht nach altpliozänen Abtragsflächen im Bereiche der Belluneser Voralpen zu erklären. Sie sind vermutlich auch hier zur Ausbildung gelangt, sind aber durch die an die junge Faltung anschließende Erosion vernichtet worden.? Jüngster Faltenbau hat hier auch das junge morphologische Leitelement überwältigt. Die Bedeutung pliozäner Bewegungen äußert sich auch am Ostrande der Südalpen. Die Steiner Alpen, der östlichste, noch durch Hochgebirgsmerkmale ausgezeichnete Eckpfeiler der Süd- alpen, hat sich an einer Kniefalte über das vorliegende Miozän des Laibacher Beckens (einschließlich der sarmatischen Schichten bei Stein) aufgewölbt (Teller, 29, p. 110). Die Bewegungen haben auch in den Steiner Alpen noch nach Ausbildung der altpliozänen Abtrags- flächen fortgedauert. Denn ich vermute, daß letztere den im Südostteil der Steiner Alpen auftretenden breiten Plateauflächen zuzuzählen sind, die einen alten Trockentalboden in über 1300 m Seehöhe erkennen lassen.* Ihre bedeutende Überhöhung über die Laibacher Senke 1 Indessen stimme ich mit der zum Teil sehr jugendlichen (quartären) Be- wertung größerer Störungsanteile nicht ganz mit Schwinner überein. 2 Was gewiß, wenn auch für das Quartär nicht, in dem von ihm voraus- sesetzten Ausmaße zutreffen dürfte. oO 3 Auf Grund eigener Begehung der Belluneser Voralpen und des westlichen Gebietes bis zur Brenta, in welchem ich 1917—1918 dreieinhalb Monate (meist in Retablierung im Anschlusse an die Offensive gegen Italien im Herbste 1917) zugebracht habe, kann ich nicht Schwinner’s Ansicht teilen, daß die in den Lessini- schen Alpen verbreiteten »b«-Flächen und die äquivalenten Niveaus der Belluneser Mulde (zum Teil Brückner’s oberen, pliozäner Talboden) dem Altpliozän angehören. Ich halte sie bestimmt für jüngere (etwa mittelpliozäne) Niveaus. Die so prächtig erhaltenen, etwa 1200 »n» hohen Flächen des Grappastockes (Col Caprile usw.), die über 1300 nz hohen alten Talböden des Col.Meneghinigebietes der nordöstlichen Lessini- schen Alpen, Vezzinaplateau usw., zähle ich dagegen dem Altpliozän zu. Näheres teile ich in dem Referat über Schwinner’s Studie mit. 4 Hier habe ich 1913 Augensteine gefunden. Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 387 (um 800 bis 900 m), welche sicher nur zum Teil auf Ausräumung der letzteren zurückgeführt werden kann, läßt ein namhaftes jung- pliozänes Störungsausmaß annehmen. Östlich der Steiner Alpen sinkt das Gebirge staffelförmig nieder, von breiten, stärker denudierten Miozänstreifen durchsetzt, aus welchen Triaszüge emportauchen, die Verebnungsreste tragen. In der an die Steiner Alpen anschließenden Menina und im Bos- kowetzzuge herrschen noch die hochgelegenen Landschaftsformen wie in ersteren vor; dann aber erreichen die Plateauflächen im Dobrolzuge nur mehr 700—800 m, und im Ponigler Triasplateau, nördlich des Cillier Beckens, gar nur 400—500 m (Teller, 28, p. 2). Ich glaube annehmen zu Können, daß hier die gleichen, alt- pliozänen Abtragsflächen in einer gegenüber den Steiner Alpen um etwa 800 m starken Absenkung auftreten. Daß hier in der Tat sehr jugendliche Senkungstendenzen vorherrschen, beweist die Tatsache, daß das Ponigler Trias-Miozängebiet sowohl im Norden (Schön- steiner Becken), als auch im Süden (Cillier Feld) von einer tief- greifenden, mit mächtigem jungpliozänen Schotter und Lehmmassen erfüllten Mulde begrenzt wird (28, p. 124). Das Schönsteiner Becken entspricht einer levantinischen (mittel- pliozänen), lokalen Muldensenkung (156, p. 295), deren Südbegren- zung durch einen im geologischen Kartenbild sehr scharf ausgeprägten Bruch gebildet wird, dessen Aktivität noch im Pliozän feststeht. Das Cillier Feld kann aber als streichende Einmuldung am Nordsaum der vermutlich ebenfalls noch im Jungpliozän in weiterer Aufwölbung begriffenen Trojana Antiklinale (nördliche Antiklinale der Savefalten) aufgefaßt werden. Das ausgedehnte Pettauer Feld an der Drau, ebenfalls von mächtigem, jungpliozänen Schotter und Lehmmassen erfüllt, wird schließlich als zugehörige Muldensenke zu der noch im Jungpliozän aktiven Auffaltung des Wotsch-Gonobitzer-Gorazuges (Miozänüberkippung) und der südlich davon gelegenen postmiozänen Überschiebungszone (Heritsch, 120, p. 93) aufzufassen sein. Zwischen diesen jungen, zum Teil faltenden Bewegungen der Save- falten und den gleichzeitigen, vorwiegend vertikalen Schotterverschie- bungen der östlichen Zentralalpen bestehen sehr enge Zusammen- hänge, wie ich sie schon 1913 in meiner Mitteilung auseinandergesetzt habe, welche Auffassung von A. Spitz (141) weiter ausgebaut wurde. Es handelt sich hiebei in erster Linie um die Anfügung des im Jungtertiär starren, von Sprüngen durchschnittenen Gefüges der östlichsten Zentralalpen an die jungbewegten, sich besonders im Osten lebhaft zusammenschiebenden Savefalten, welche beide zu einer Bewegungseinheit höherer Ordnung vereinigt erscheinen.! 1 Der östlichste Teil der Zentralalpen (Koralpe, Bacher Posruck und an- schließende Teile der steirischen Bucht), haben sich aller Wahrscheinlichkeit nach im Fortwirken älterer Bewegungstendenzen noch im Pliozän von ihrer westlichen Fort- setzung (mittelkärntnerisches Grundgebirge und dessen Tertiärhülle) an einer Blatt- verschiebung abgelöst und gegen die östlichen Savefalten vor-, beziehungsweise “ 3 . 388 A. Winkler, Diesen so ausgeprägten Anzeichen jugendlicher Falt- und Aufbiegungserscheinung am Südalpensaume im Pliozän stehen abge- schwächtere Flexuren jüngsten Alters am Nordalpenrande gegenüber. F. Machatschek (6, p. 283) weist darauf hin, daß die pliozänen Talbodenreste der Salzburger Kalkalpen bis einschließlich der prä- glazialen ein steileres Gefälle als die gegenwärtigen Täler aufweisen, was er auf den »Einfluß einer allmählich ausklingenden Aufwölbung zurückführt« (p. 283). | Die obermiozän-pliozäne Hebung der nördlichen Kalkalpen »bestand in einer Aufwölbung des Gebirgskörpers mit flacherer Scheitelregion und steilerem Nordflügel«, ist also wohl nur graduell, nicht aber prinzipiell von der viel akzentuierteren und bis in das Quartär (und die Gegenwart) hinein deutlich fortwirkenden süd- alpinen Gebirgshebung unterschiedlich. Ich bin überzeugt, daß eine Untersuchung auch außerhalb der Salzburger Kalkalpen, in den Nord- alpen, in Bälde die Fortdauer der Aufwölbungen im Pliozän wird erweisen können, was übrigens schon die Untersuchungen von Slanar-Stummvoll in den niederösterreichischen Kalkalpen ver- muten lassen (8, p. 101). Einmuldungen (Einwalmungen im Sinne von F Levy), sowie bruchförmige Schollenzerstücklungen, meist einem Neuaufleben älterer Störungslinien entsprechend, charakterisieren auch die jungtertiäre Hebung der Nordalpen, die sohin ebenfalls als keine ganz einheit- liche und gleichmäßige betrachtet werden kann. Im besonderen wäre nach Machatschek vorauszusetzen (5, p. 285), »daß die gesamtalpine Aufwölbung im Bereiche der großen Längstalzone zwischen Kalk- und Gneisalpen durch eine Einmuldung unterbrochen wurde, daß also auf die asymmetrische Geoantiklinale der Kalk- alpen eine sehr flache Geosynklinale infolge Abschwächung der Hebung und dann ein neuerliche Aufwölbung in den Gneisalpen gefolgt ist... und daß auch diese relative Einmuldung sich bis in spätere Phasen der Hebung fortgesetzt hat.« Die große, im einzelnen so mannigfaltige Aufwölbung des Alpenkörpers, welche im Verlaufe des Miozäns (vorwiegend in den inneren Teilen) und dann im erweiterten und gesteigerten Umfange im Pliozän eingetreten ist und in dieser Phase wohl ihren Höhe- punkt erreicht hat, ist für die Entwicklung der Ostalpen zum Hoch- gebirge naturgemäß von grundlegender Bedeutung gewesen. Denn erst ihrer Wirksamkeit verdanken wir die orographische Individualität, die überragende Höhe und den prächtigen Formenschatz unserer Alpen in seiner Grundanlage (A. Winkler, 13, p. 300), der sodann von .den Kräften der Eiszeit (vgl. auch. O.:Ampferer, 197, und - E. Brückner, 18) weiter ausgestaltet wurde. unterschoben (Nordüberkippung am Nordsaum des östlichen Savefaltenzuges). Die Störung dürfte in den Savefalten in- eine streichende Dislokation übergehen. Be- zeichnend ist es, daß gerade aus diesen zur Drau ausstreichenden jungen Miozän- zügen (K. Gorjanovic-Kramberger, 62, p. 20) das Vorhandensein von in der Streichungsrichtung erfolgten Paraklasen hervorhebt. 2 Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 389 Dies springt deutlich in die Augen, wenn die neuen Forschungs- ergebnisse berücksichtigt werden, die gezeigt haben, daß die Ost- alpen im älteren Miozän und wie ich auch in Übereinstimmung mit Ber schatschek (8, p. 265). F. Leyden (146,, p.. 29) ‚und G. Götzinger (145, p. 56) annehmen möchte, auch im Alttertiär einem Gebirge von im allgemeinen geringerer Reliefenergie ent- sprochen haben. Die Beschränkung, beziehungsweise stärkere Ausbildung der jüngeren Hebung gerade in jenen Räumen, welche in voran- gehenden Epochen intensiveren Schub- und Faltungsbewegungen ausgesetzt waren,! läßt schließen, daß zwischen der älteren tan- gentialen Zusammenpressung und dem jüngeren »Aufsteigen« ein innerer Zusammenhang besteht, wie denn auch beide Vorgänge sich in räumlicher und zeitlicher Hinsicht durch Übergänge mit- einander verknüpfen. Die überwiegende Aufwölbungstendenz der Östalpen in jüngeren Zeiträumen ist wohl als isostatische Ausgleichs- bewesung nach dem Hauptfaltungsakte aufzufassen, welche das durch die gewaltigen Schübe und Zusammenpressungen gestörte Gleichgewicht der Kruste bei Nachlassen der tangentialen Spannungen mehr und mehr wieder zum Ausgleich bringt; eine Auffassung, die sich von jener A. Heims über die Ursache der jungen Hebung der Schweizer Alpen unterscheidet (45). Ich kann daher nicht der Ansicht beipflichten, daß die jungen Hebungen der Ketten- gebirge etwa auf versteckte Faltungen in der Tiefe, die sich an der Oberfläche als Aufwölbungen 'ausprägen, zurückzuführen wären. Denn das Ausmaß des seitlichen Zusammenschubs ist bei diesen jungen Bewegungen ein sehr geringes, lokalisiertes, jenes der Hebung aber ein bedeutendes. Es liegen wohl auch verschiedene Ursachen hier zugrunde. Aber auch in den Kreis der sogenannten reinen epirogenetischen Bewegungen werden die jungen Aufwölbungen der Ostalpen kaum zu stellen sein, wenigstens wenn man den Begriff so scharf wie Stille (123, p. 195, 124, p. 92), abgrenzt; sind sie ja mit Bruch- bildung, Faltung und Schub zeitlich enge verknüpft. Denn das Auf- steigen der Alpen erfolgte nicht nur gleichzeitig mit den letzten Äußerungen alpiner Faltungskraft, sondern auch in örtlichem An- schluß an die letztern, aus ihnen hervorgehend und vielfach wie diese, unbeschadet der vorwiegend hebenden Tendenz, in viel- fältige, auch bruchförmige Teilbewegungen aufgelöst. Die Ostalpen zeigen somit während des Jungtertiärs eine sehr wechselvolle tektonische Entwicklungsgeschichte, deren Auf- lösung im einzelnen noch sehr zeitraubender, nur im engen Anschluß an minutiöse geologische Aufnahmen durchführbarer Studien bedarf. Die Bahnen, in welche solche Untersuchungen meine Auffassung 1) Was aber sicherlich nicht ohne Ausnahmen gültig sein dürfte. Su 390 A. Winkler, ‚gelenkt haben, habe ich hier auf Grund mehrjähriger, besonders am Ostabfall der Zentralalpen und am Südfuß der Alpen angestellter geologischer Kartierungen äuseinanderzusetzen versucht. 3. Die Frage nach dem Anteil regionaler, von der Gebirgs- tektonik unabhängiger Vertikalhlebungen an der jungen Auf- wölbung der ÖOstalpen. Man könnte, wie es F. E, Sweß in seiner interessanten referierenden Darstellung versucht hat (17, p. 383), auf die Kom- bination lokaler orogenetischer Vorgänge!. mit eustatischen Spiegel- schwankungen der Meere allein schon die gegenwärtige Höhenlage der Tertiärablagerungen beziehen und aus dem Niveau, in dem sie auftreten, die einstige zugehörige Spiegeinöhe und dort, wo sie ungestört erscheinen, keine nachträgliche Hebung voraussetzen. In ähnlicher Weise könnte man aus der Niveaulage aus- gedehnterer mio- und pliozäner Abtragsflächen (und Abrasions- flächen) unmittelbar die Lage der alten Erosionsbasis ermitteln. Ich glaube aber, daß die hiedurch an und in der Umrandung der Alpen für das Jungmiozän gewonnenen Durchschnittswerte (mit besonderer Berücksichtigung weniger gestörter Räume von etwa ‚500 bis 600 m absoluter Meereshöhe) nicht allein auf Rechnung der seither erfolgten eustatischen Verschiebung der Strandlinien zurück- ‚zuführen sind. | - Unter Zugrundelegung isostatischer Vorstellungen, wie sie ja in neuerer Zeit immer mehr auch bei den europäischen Geologen Boden gewinnen, müßten die Ostalpen (und ihre Umgürtung) schon infolge der mit dauernder, starker Abtragung Hand in Hand gehenden Entlastung in stetem Aufsteigen begriffen sein, während naturgemäß in den anschließenden, sich noch mit mächtigen Sedimenten be- deckenden Randzonen fortwährendes Sinken zu erwarten wäre. Der Größenordnung nach können diese isostatischen Ausgleichs- bewegungen keineswegs vernachlässigt werden. Zeigt doch das steiri- sche Becken seit dem Ende des Altpliozäns (vom Jungpontikum bis zur Gegenwart) einen auf die Fläche verteilten durchschnittlichen Ab- trag von etwa 250 m, hier allerdings in leicht erodierbaren lockeren Materialien. Bedeutendere Beträge müssen (gleiche Gesteine vor- : ausgesetzt) seit Beginn des Pliozäns, noch viel gewaltigere seit dem Mittel- oder gar Altmiozän vorausgesetzt werden. Unter der Zu- grundelegung isostatischer Erwägungen müßte daher auch ein diesen Abtrag kompensierendes, nicht unbeträchliches Aufsteigen der Ostalpen — bedeutender in den Zonen stärkerer und länger dauernder Denudation — im Miozän, Pliozän und Quartär erfolgt ° sein. Die eigentlichen tektonischen Vorgänge, die die Hauptzüge 1 Beziehungsweise damit in genetischem Zusammenhang stehenden, aufwärts gerichteten Schollenbewegungen. ie R A Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 391 der Akkumulations- und Erosionslandschaften und das Maß ihrer Abtragung, beziehungsweise Zuschüttung bestimmten, sowie die eustatischen (?) Spiegelschwankungen, die der Erosion, beziehungs- weise Akkumulation wechselnde Umrisse vorzeichneten, dürften auch die Größe der hier in Betracht gezogenen isostatischen Aus- gleichsbewegungen des Alpenkörpers im einzelnen bedingt haben. Ich glaube also, daß zum Wechselspiel der lokal-tektonischen Kräfte mit den regionalen Spiegelschwankungen der Meere auch noch isosiatische Ausgleichsbewegungen infolge Abtragsentlastung, beziehungsweise Sediment - Belastung! des Alpenkörpers und seiner Umrandung hiezukommen dürften, welch letztere auf größere Räume hin stetig wirksam sich als ein epirogenetischer Störungs- anteil den vorgenannten Phänomenen hinzufügen und eine nicht zu gering zu veranschlagende Mitwirkung an dem weitgehenden Abtrag und an der absoluten Höhe unserer heutigen Alpen im allgemeinen und der mio-pliozänen Ablagerungen und Niveauflächen im Speziellen besitzen. III. Die morphologische Entwicklungsgeschichte der Ostalpen im Jungtertiär. Die letzten Jahre haben eine Fülle geomorphologischer Studien über die ÖOstalpen gezeitigt. Wichtige Einzelmonographien, wie die Arbeiten Klebelsberg’s über die Lessinischen Alpen (81), Bädeker's über die Schneeberger Alpen (147), Schwinner's über das Suganer Gebiet (12), Machatschek’s über die Salzburger Kalkalpen (5), liegen nunmehr abgeschlossen vor. Zusammenfassende Überblicke gewähren die Darstellungen R. v. Klebelsberg’s (2), E. Brückner's (8) und F. Leyden's (146). Ich habe nicht die Absicht, den Mit- teilungen der Letzgenannten eine neue Synthese folgen zu lassen. Ich werde mich hier vielmehr im wesentlichen an die morpho- logischen Gliederungen? von R. v. Klebelsberg und E. Brückner anschließen und nur hie und da einige Ergänzungen beifügen. Der morphologische Formenschatz der ÖOstalpen ist ein im einzelnen so mannigfaltiger und vielfach in verschiedenen Gebirgs- teilen wechselnder, daß jede Zusammenfassung naturgemäß eine sehr weitgehende Abstraktion an Einzelheiten bedeutet. Dies scheint mir oft in noch höherem Grade der Fall zu sein, als es in ob- genannten Publikationen meistens zum Ausdruck kommt.. Ich will 1 Womit nicht gesagt sein will, daß auch lokaltektonische Vorgänge inner- halb der Alpen, was mir sehr w ahrscheinlich erscheint, durch suprakrustale Massen- verlagerungen angeregt, isostatisch bedingt sein mögen, wie es F. Kossmat in seiner interessanten Abhandlung »Die mediterranen Kettengebirge« (193) darzu- legen sucht. Hier dürften die Untersuchungen über den Zusammenhang von Erd- beben und Schweremessungen, wie sie Kautzky (Vortrag in der Geologischen Gesellschaft Wien, 1924) erfolgreich in Angriff genommen hat, noch interessante Aufschlüsse gewähren. 2 Denen ich in den Grundzügen nicht in allen Einzelheiten folgen kann. Sitzungsberichte der mathem.- natırw. Kl., Abt. I, 132. Bd. | 28 . 392 A. Winkler, in der folgenden Übersicht nur wenige morphologische Leit- elemente, die sich mir schon bei Betrachtung einer Alpenkarte größeren Maßstabes gleichsam aufdrängen, hervorheben, und will diesen Grundsatz oft auch dort treu bleiben, wo mir auf Grund eigener Untersuchungen eine viel weitergehende morphologische Gleichung durchzuführen möglich wäre. Selbstverständlich muß bei diesem Vorgang manche bereits gewonnene Erkenntnis vernachlässigt werden und das Bild einen grobschematischen Charakter erhalten. Dieses Übel scheint mir aber geringer zu veranschlagen zu sein als eine zwar sehr weitgehende, aber dem derzeitigen Stande unserer Kenntnisse nicht entsprechende Detailgliederung. In Übereinstimmung mit R. v. Klebelsberg, (2, p. 64-—-67), möchte ich als Hauptleitformen des ostalpinen Landschaftsbildes erstens ein ältermiozänes und zweitens ein altpliozänes Oberflächensystem besonders hervorheben. Dem ersteren gehören, ganz allgemein gesprochen, die Plateauoberflächen unserer östlichen Kalkhochalpen (speziell der nördlichen Kalk- alpen, aber zum Teil auch der südlichen), dem zweiten System ein die Ostalpen umgürtender Saum von Ebenheiten an, die sich vielfach als Terassensystem auch in die Kalkhochgebirge verfolgen lassen. Das dritte von Klebelsberg speziell hervorgehobene Niveau, das »präglaziale«, lasse ich hier mehr außer Betracht, da mir eine zuverlässige Parallelisierung des im ersten Teile der Ostalpen nach- gewiesenen jüngeren Niveaus noch nicht möglich erscheint. 1. Altmiozänes Oberflächensystem. Eine größere Anzahl von Studien haben die Auffassung von der Existenz eines in das ältere Miozän oder in das Oligo-Miozän vorgelegten Zustandes weitgehender spätreifer, flächenhafter Abtragung der Ostalpen gefestigt. In der kurzen Übersicht, welche E. Brückner eben veröffentlicht hat (8), und in Klebelsberg’s! obzitierter Arbeit sind die Abtragsflächen des näheren in ihrer Verbreitung angeführt. (Vgl. auch Götzinger, 145; Bädeker, 147; Aigner, 159; Winkler, 13, 15, 112, 175; Slanar, 158; Schmidt W., 187; Lichtenecker in 8, p. 187; Rinaldini in 8; Creutzburg, 161; dazu noch die neuen Arbeiten von Machatschek, 5; Schwinner, 12; und Sölch, 10.) ? Ihr Vorkommen ist nunmehr nicht nur in den nördlichen Kalkalpen, wo sie am sinnfälligsten hervortreten, sondern auch im Bereiche der Zentralalpen und der südlichen Kalkalpen (Winkler, 1 Auf die strittige Frage des Alters der Hochgebirgsformen gehe ich hier nicht näher ein. (Vgl. hierzu Klebelsberg, 2, p. 46, und Brückner, 6, p. 102.) 2 Hiezu noch die während der Korrektur mir zugekommenen Studien von Heritsch (183) und Rinaldini (190). Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 393 15, p. 140— 142; Stefanini, 83; Klebelsberg, 2, p. 55) erwiesen. Sie haben verschiedene Namen erhalten (alte Gebirgsoberfläche Klebelsberg's, Firnfeld Niveau (?) Creutzburg’s,! Dürrnstein-Phase Leyden's usw.). Nicht nur der Gebirgsrand, sondern zumindest sehr ausgedehnte Teile des Ostalpenkörpers befanden sich damals im Stadium einer Hügelland- oder niederen Mittelgebirgslandschaft. Als Beweise dafür können bekanntlich nicht nur der nunmehr von zahlreichen Forschern festgestellte »spätreife« Formenschatz, sondern auch die weite Verbreitung der »Augenschotter«. gelten, die bei ihrer vorwiegend feinkörnigen Zusammensetzung auf ein geringes Gefälle der sie einst bewegenden Flußgerinne hinweisen. Auch die ältermiozänen Sedimentatiönsbedingungen stehen damit im großen und ganzen in Übereinstimmung. Einige Bemerkungen zur näheren Altersbestimmung dieser Ab- tragsflächen seien hier angefügt. Im Jahre 1914 habe ich mit Rück- sicht auf die am Ostalpensaum im älteren Miozän (speziell im Niveau des Schliers!) verbreiteten, vorherrschend feinkörnigen Sedimentbildungen die tief abgetragenen Landschaftsformen der nördlichen Kalkalpen als im Verlaufe desälteren Miozäns entstanden gedeutet, eine Ansicht, die ich auch jetzt noch aufrechterhalte (13, p. 290). Schon ein Jahr vorher hatte G. Götzinger die Ausbildung der Abtragsflächen als oligo-miozän aufgefaßt. Klebelsberg spricht von einem altmiozänen Hauptflächensystem (2, p. 50), Bädeker hält eine solche Zeit- bestimmung für die wahrscheinlichste (142, p. 88). F. Machatschek spricht die Abtragsflächen der Salzburger Alpen ebenfalls für altmiozän an (6, p. 264 bis 265), möchte aber vermuten, daß ihre Ausbildung bis in das Oligozän zurückreichen kann. Ähnlich äußert sich J. Sölch (10, p. 174). Ich möchte es mit F.Machatschek für wahrscheinlich halten, daß die alttertiären Gebirgsbewegungen, gleichzeitig mit der morpho- logischen Ausgestaltung des Gebirges’ fortwirkend, niemals ein Alpen- bild von Hochgebirgscharakter, sondern nur Mittelgebirgs- und Hügel- landschaftsformen geschaffen haben. Dadurch wären naturgemäß, als es schließlich zur Ausbildung und Entstehung der ältermiozänen Abtragsflächen kam, keine so übermäßigen Erosionsleistungen zu vollführen gewesen, wie sie unter der Voraussetzung einer »Ein- ebnung« oder auch nur späteren Ausreifung eines durch Gebirgs- bildung angelegten alttertiären Hochalpenreliefs nötig gewesen wären.’ 1 Das aber schon höhermiozän sein dürfte, was vielleicht auch für Teile von Klebelsberg’s »alter Gebirgsoberfläche« gilt. 2 Wie auch von F. Machatschek vorausgesetzt wird. 3 Dennoch erscheint mir die Voraussetzung- Sölch's, daß die altmiozäne Abtragslandschaft einer Trugrumpfebene entspräche, 10 (p. 177), zu weitgehend, wie sich auch aus folgenden Bemerkungen ergeben wird. 394 A. Winkler, Dennoch glaube ich aber nicht annehmen zu können, daß das morphologische Formenbild, wie es uns in den in Frage stehen- den Abtragsflächen aus dem Miozän erhalten ist (ganz abgesehen von seiner jüngeren teilweisen Umformung), bereits auf oligozäne Abtragungsvorgänge unmittelbar zurückzuführen ist. Ich glaube ‚sogar, daß im Verlaufe des Oligozäns und Altmiozäns — einem geologisch sehr langen Zeitraum — nicht unbeträchtliche Änderungen im Gebirgsrelief und auch im Wechsel von vorwiegender Tiefen- nagung und Lateralerosion vor sich gegangen sind. Im besonderen haben mich meine Untersuchungen im Süd- westteil (175) der steirischen Bucht, über die ich demnächst ein- gehender berichten werde, darin bestärkt (112). | Die große Mächtigkeit, die die älteren Miozänsedimente in der steirischen Bucht (basale marine Mergel und Sandsteine, Schlier, beziehungsweise die fluv. limn. Äquivalente, Radelschutt und Eibiswalder Schichten) aufweisen und die ich auf gut 1500 bis über 2000 m schätze, die durch Bohrungen als äußerst mächtig erwiesenen Schlierbildungen des Alpenvorlandes und die nach Stefanini 1000 bis 1500 m» mächtigen Altmiozänsedimente des friaulischen Außensaumes beweisen unzweideutig, daß im Verlaufe des älteren Miozäns von den Alpen sehr bedeutende Schuttmengen langsam und stetig abgeführt worden sein müssen. (Vorwiegen feinkörniger Sedimente, jedoch an der Basis meist gröber.!) Bedenkt man, daß die Außerkraftsetzung des alten Abtrags- reliefs vermutlich zeitlich mit jenem Zeitpunkt übereinstimmen wird, an dem in den Sedimenten der Alpenumrahmung grobklastische Schichtgebilde herrschend werden, d. i. vor Beginn der 2. Medi- terranstufe, so wird man auch den überlieferten Zustand des alten Formenkomplexes, wie er aus unserer Beobachtung jetzt erschlossen werden kann, an den Abschluß des Altmiozäns versetzen müssen. (Unmittelbar vor der 2. Mediterranstufe, beziehungsweise vor den als ihre Basalbildung angesehenen Grunderschichten.) Trägt man die am Alpenrande fast ringsum verbreiteten enormen altmiozänen Schichtmächtigkeiten auf den Ostalpenkörper, und zwar über das Niveau der alten Abtragsflächen auf, so gelangt man. zur Erkenntnis, daß die Hauptoberfläche des ausgehenden Alt- tertiärs im allgemeinen wohl einige hundert Meter über dem »altmiozänen Oberflächensystem« gelegen war. In dem Südwestteile der steirischen Bucht ergab es sich mit Sicherheit, daß zu Beginn des Miozäns ein recht akzentuiertes Relief bestanden hat. An steilen Hängen herabkommende Wildbäche 1 An der Basis des steirischen Miozäns habe ich flyschähnliche marine Schichten nachgewiesen (= basale marine Mergel. Winkler, 33, p. 515 ff). Analoge Gesteine hat Teller an der Basis des Miozäns, ihren Flyschcharakter hervorhebend, aus den Savefalten namhaft gemacht (= Sandstein von Laufen F. Rolle’s). Teller, 28, p. 105. . = Arne Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 395 ließen zunächst ganz gewaltige Blockschuttablagerungen entstehen, ! mit Riesentrümmern, lange Zeit für Erratikum gehalten, versehen. Auch die vordringenden Fluten des älteren Miozänmeeres zeigen an- fänglich sehr grobkörnige Sedimentbildungen (Konglomerate, Sand- steine etc.) und weichen erst allmählich sehr foraminiferenreichen, feinkörnigen, in etwas tieferem Wasser entstandenen Schlierbildungen. Die damals nahe dem Gebirgsrande entstehenden gleichaltrigen, fluviatilen und limnischen Eibiswalder Schichten überkleiden ein aus- gesprochenes Mittelgebirgsrelief, steile und tiefe Erosionsrinnen ausfüllend (35, p- 1). Die fortschreitende Abtragung der dem steirischen Becken anliegenden Teile der Zentralalpen spiegelt sich meiner Ansicht nach in dem steten Feinerwerden der Sedimente im Verlaufe des Altmiozäns deutlich wieder, deren höchsten Teile gegenwärtig am Rande der Koralpe bereits abgetragen erscheinen, sich aber ganz gut zu den am höheren Abfall dieses Gebirgsstockes sichtbaren alten Niveauflächen? hinzu. ergänzen lassen. Auf Grund dieser speziellen Beobachtungen und der früher angeführten Erwägungen möchte ich es für richtiger halten, die Entstehung des so aus- geprägten Hauptoberflächensystems unserer Ostalpen nicht in die Oligo-Miozänzeit im allgemeinen zu verlegen, sondern ihre Bildungs- zeit auf das ältere Miozän einzuengen und die letzte für das heutige Bild maßgebliche Ausgestaltung sogar erst an das Ende Besenkhase, kurz vor dem AÄnbruch der 2.Mediterranstüfe?®' zu verlegen (also an die Wende von Unter- und Mittelmiozän; ver- gleiche 175). Dabei muß freilich festgehalten werden, daß schon vom Alttertiär angefangen ein Emporwachsen des sich zusammenfaltenden und zusammenschiebenden Ostalpenkörpers bis zu Hochgebirgs- regionen sicherlich nicht Platz gegriffen hat. Eine erfreuliche Bestätigung finden diese Überlegungen in den Ergebnissen des italienischen ForschersG. Stefanini (9,p.602 und 608) am Südalpenfuße. Stefanini schließt aus der Sedimententwicklung des Miozäns, daß die Ausbildung des alten Abtragsreliefs mit der weiten Verbreitung feinster Sinkstoffe am Meeresgrunde in der Zeit des höheren Altmiozäns, dem »Schlier« entsprechend, zusammen- fallen müsse und daß die Epochen des höheren Miozäns eine Ver- jüngung des Reliefs bedeuten sollen, wie auch aus der weiten Ver- breitung grobklastischer Ablagerungen geschlossen wird. 1 Vgl. A. Winkler, 35, 112 und 175, Radelschuttbildungen! Das in 13, p. 263 vermutete jüngere (jungmediterrane) Alter des Radelkonglomerats beruhte auf einem Irrtum (171, p. 87). Südlich und südwestlich des Bachers ist eine analoge, sehr grobklastische, alte Beckenverschüttung erkennbar, deren Entstehung ich auf das Aufleben von Gebirgsbewegungen an der Oligo-Miozänwende zurückführen möchte. Teller hält diese Gebilde für jüngste Sotzkaschichten (28, p. 98). 2 Diese Niveauflächen sind einseitig schräg gestellt. 3 Die Grunderstufe nicht als vollständig gleichwertige Etage, sondern nur als Basis der 2. Mediterranstufe aufgefaßt. 396 A. Winkler, Schließlich ist H. P. Cornelius (162, p- 168) auf Grund einer Untersuchung der Gerölle in. den oberbayrischen Molassebildungen zu analogen "Resultaten gelangt. Die obere miozäne Meeresmolasse (des älteren Miozäns) zeigt neben geringer Geröllgröße (schwache Flußgefälle!) noch eine starke Beimengung zentralalpiner Gerölle! auf, was auf einen stark abgetragenen Zustand (geringe Schuttlieferung) des kalkalpinen Durchzuglandes hinweist und die im Gegensatz zu der vorwiegend aus kalkalpinen Schutt . zusammengefügten ober- miozänen Molasse steht. Diese Resultate festigen die obgegebenen Deutungen. 2. Reste höhermiozäner Talböden. Der eingangs gegebenen Richtlinie gemäß sei hier nur kurz darauf verwiesen, daß sich aus verschiedenen Alpenteilen Anzeichen breiter Talböden ergeben haben, die, einige hundert Meter in die alte Landoberfläche eingesenkt, einen längeren Stillstand in den Tiefenerosionen der Flüsse andeuten und in das höhere Miozän verlegt werden können. Hlieher ;: gehören: "die" von>-mir “aus den Julischen Alpen erwähnten Terrassen (15, p. 140), die von Bädeker (147, p. 36) festgestellten breiten Talrinnen in den Schneeberger Alpen und IP. Leyden's (192 /p: 222), Eckenbergsphase ()- Mit viel größerer Sicherheit kann hier F. Machatschek’s »obermiozäner Talboden« eingereiht werden (6, p. 3).” Es erscheint mir sehr naheliegend, hier, sofern es sich bei all den genannten Formen überhaupt um zeitlich zusammengehörige Komplexe handelt, Äquivalente der 2. Mediterranstufe zu sehen, einer Phase, die, wenigstens am Ostalpenrande häufig, nach einer basalen Zwischen- phase gröberer Schuttablagerungen und Riffbildungen wieder vor- herrschend etwas feinkörnige Sedimente am Beckengrunde abgelagert hat (Badener Tegel, mittelmiozäner Schlier, Tüfferer Mergel usw.), also einer Transgression und Hebung der Erosionsbasis entspricht. 3. Das altpliozäne Flächensystem. Ein zweites an Ostalpen entwickeltes Hauptflächensystem ent- spricht dem »altpliozänen«, welches, weil jünger, einen besseren Er- haltungszustand aufweist. Im Gegensatz zu den ältermiozänen Abtrags- flächen umgürtet es aber nur mehr randlich den Ostalpenkörper,; tritt 1 Die aber nach Weithofer u. a. auf eine heute verdeckte Grundgebirgs- scholle zu beziehen wären. 2 Die aber von diesem Forscher für viel jünger gehalten wird. 3 Creutzburg’s Firnfeldniveau (161), ferner von Heritsch (183), Aigner (181) und Sölch (182, 188) namhaft gemachte, zum Teil allerdings zeitlich anders eingeordnete Flächensysteme dürften hier anzureihen sein, insbesondere aber auch die von mir (in 175 und 112) angegebenen jungmediterranen Niveaus. 4 & u rn a ea a een u en ii - Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 397 aber in den anschließenden Teilen des dinarischen Gebirges ge- radezu als beherrschende Oberflächenform hervor (3, p. 90—993). Sehr ausgedehnte, von Krebs (163, 164) und später von F. Kossmat (3, p. 33) beschriebene Abtragsflächen lassen sich von Istrien und Unterkrain, zum Triester Karst (Küstenkarst), zum Birn- baumer und Ternovaner Karst verfolgen, in welch letzterem ich selbst eingehendere Studien angestellt habe, die zur Auffindung der der Verebnung zugehörigen, 950 m hoch gelegenen Augenstein- schotterdecke geführt haben (105, p. 126— 130). In der Flyschregion von Friaul stärker abgetragen, finden sich die jungen Hochflächen an den Kreidedomen von Tarcento wieder gut entwickelt und setzen sich jenseits des Tagliamento, an den Kreidehöhen, allmählich an absoluter Höhe zunehmend, bis zum Bosco del Consiglio fort. Ich bin der Überzeugung, daß auch diese hier etwa 1200 bis 1400 m hoch gelegenen Abtragsflächen! dem altpliozänen Flächensystem zuzu- zählen sind,” da ihre Entstehung nur nach, beziehungsweise während Eintritt der nachobermiozänen Faltung und Abtragung ver- standen werden kann. Die größere Höhenlage, welche das altpliozäne Flächensystem bier und auch weiter westlich aufzeigt, geht mit einer Zunahme der Schroffheit und Steilheit der Landschaftsformen und einer Jugendlichkeit derselben Hand in Hand, wie ein Vergleich des Durchbruchtals des unteren Isonzo mit jenem der Piave und Brenta erkennen läßt. In den Belluneser Voralpen setzt das Flächensystem aus. Ich zweifle aber nicht, daß die westlich derselben im Grappamassiv (östlich der Brenta), speziell am Col della Beretta und Col Caprile gelegene, prächtig entwickelte Landoberfläche (in 1200 m Seehöhe)? dem altpliozänen Hauptflächensystem zuzuzählen ist. In ihrem Erhaltungszustand* gleicht sie völlig den übrigens auch bis über 1000 m Höhe erreichenden Abtragsflächen des Ostens (z.B. an der Ternovaner Scholle). Dann wird schließlich auch die beherrschende Landfläche der Lessinischen Alpen, die Klebelsberg unter der Bezeichnung »Hochflächensystem« hervorhebt, in ihren höheren Teilen (1200 bis 1400 m) im allgemeinen noch dem altpliozänen 1 Hier sei auf die wunderbaren, hochgelegenen Abtragsflächen des Bosco del Consiglio östlich des Lago di S. Croce verwiesen. Sie deuten bei einer allgemeinen Höhenlage von 1300 bis 1400 »nz ein altes Relief an, dessen Ausbildung jünger ist als die Grundanlage der postmiozänen Alpenrandflexur, welche das Massiv umgibt. Die alte Oberfläche »schneidet« das im Zusammenhange mit der steilen Aufrichtung des Miozänrandes gefaltete Gewölbe. Das Piano di Cavallo — ein alter Talboden in 1300 m — ist ein besonders gut erhaltener Rest. Das Piano del Consiglio mit 1000 bis 1200 »» Höhe zähle ich einem jüngeren, der Asiagohochfläche der Lessinischen Alpen vergleichbaren Niveau zu. 2 Klebelsberg möchte sie seinem altmiozänen System zuzählen. 3 Schwinner vermutet hier sein Niveau a (?) (12, p. 45), welchem er ein miozänes Alter zuschreibt. 4 Ich hatte Gelegenheit, in den Jahren 1917 und 1918 die Gebiete an der Brenta durch über zweimonatigen Aufenthalt genauer kennenzulernen. ir a WE a Tre ee 398 A. Winkler, Zyklus zuzuzählen sein,! während ich die tieferen Teile als jünger betrachte (122). Anlöder Ostabdachung der An hat Kossmat das alt- pliozäne Flächensystem (1200 bis 1300 m hoch) als beherrschende Oberflächenform des östlichen Teiles der Julischen Alpen er- wiesen. Wie schon früher angegeben wurde, halte ich auch die Talbodenreste und zugehörige Oberflächen, die besonders am Südosteck der Steiner Alpen prächtig ausgebildet sind, auf denen ich seinerzeit Augensteine und Bohnerze auffand, sowie die weiter östlich folgenden, gesenkten Staffeln bis zum Ponigler Triasplateau bei Cilli demselben System zugehörig. Auch in den Steiner Alpen treten die Merkmale besonders jugendlicher Schollenverschiebungen ein, wie wir sie besonders vom westlichen Teil des Südalpensaumes betont haben: Junggefaltete (hier sarmatisch-obermiozäne) Schichten, | gewaltige Schluchten und unreife Erosionstäler (wilde Feistritz- | schlucht!), auf langandauernde Senkung deutende Vorlage und junge Talverlegungen.” Daher ist die bedeutende Höhenlage der j altpliozänen Flächen (über 1300 m) in den Steiner Alpen, ebenso wie auch in den östlichen Julischen Alpen (über 1200 »») hinreichend im geologischen Bau und Landschaftscharakter gestützt. Am ÖOstabfall der Zentralalpen hat schon Sölch vor Jahren (165, p. 2) auf das Auftreten von Abtragsflächen hingewiesen, deren genauere Untersuchung und Altersdeutung vor allem auf Aigner’s Studien (65, p. 317) zurückgeht. (700 bis 800 m hoch gelegener Formenkomplex.) Eigene Untersuchungen im Südteil des steirischen Beckens ergeben die prächtige Entwicklung des alt- pliozänen Niveaus am Posruck und Koralpe (35, p. 2).? Am Rande der steirischen Bucht treten die Abtragsflächen in enge Beziehung zu der am Gebirgsftuße hoch ansteigenden pontischen (= altpliozänen) Beckenverschüttung (Hilber, 166, p. 199), was Aigner (65, p. 322) veranlaßte, ihre Entstehung mit dem Ab- schluß der Sedimentation in Verbindung zu setzen. Meine Studien in der östlichen Steiermark haben sichere Belege für die Mächtigkeit und die weitgehende Zufüllung des steirischen Beckens ergeben. (Bis 600 und 800 m Seehöhe.) Hochgelegene Reste der einstigen Schotterbedeckung finden sich an den oststeirischen Eruptivbergen bis über 610 m Höhe, und hohe pontische Brandungsterrassen i in A ee u ah en 1 Auch Dr. J. von Pia möchte diese Hauptoberfläche der Lessinischen Alpen von den stärker eingesenkten Formen der eigentlichen Asiagomulde, die etwa 400 nz tiefer liegen, abtrennen (nach freundlicher mündlicher Mitteilung). ) 2 Der Oberlauf des Trockentales bei der Alpe Dol, früher der Feistritz- tributärs, wird jetzt zum Lucenica p. entwässert. 3 Hieher gehören auch die ausgeprägten Niveauflächen westlich Deutsch- Landsberg und Schwanberg, besonders jene am Freilandrücken, zwischen Trahütten und Glashütten und am Gressenbergkamm. Auf letzterem Rücken kerben sie auch in höher (bis 1200 m) aufsteigende jungmediterrane Schuttbildungen ein, wodurch Heritsch’s Auffassung (183) gegenüber ihr jüngeres Alter festgelegt ist. (Vgl. 175 und 112). Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 399 erscheinen am Gleichenberger Trachytmassiv (66, p. 11—12). So ist in der steirischen Bucht der Zusammenhang zwischen der altpliozänen Abtragung und der zugehörigen Ablagerung vielfach klarer als anderswo erkennbar. Über die zum Teil hochgelegenen, Schotterreste tragenden Fluren des Nordostsporns der Zentralalpen! gelangt man in das inner- alpine Wiener Becken. Auch hier herrschen nach Hassinger's grundlegenden, morphologischen Forschungen pontisch-altpliozäne Abtragsflächen vor, die die beherrschenden Landformen der Wiener Wald-Flyschzone sowie der anschließenden Teile der Kalkzone bilden. Brandungsterrassen (bis über 500 m Höhe gelegen) verknüpfen sich auch im Wiener Becken mit den zugehörigen Deltaablagerungen des pontischen Sees (zur Zeit seines Höchststandes). (Hassinger, 1.09.1218, 51.) Im Bereiche der nördlichen Kalkalpen sind in neuerer Zeit die pontischen Talböden ebenfalls festgestellt worden. Hier wären die von E. Spengler (167, p. 135) aus dem Salzkammergute be- schriebenen obermiozän-pliozänen Talniveaus zu erwähnen, die »pontischen« Talböden des Traisengebietes (Slanar-Stummvoll in 8, p. 101) und vor allem das von Machatschek als unter- oder mittelpliozän gedeutete Niveau der Salzburger Kalkalpen, in welcher Zeit dieses Gebirge den »Charakter eines Mittelgebirges mit randlichen Verebnungen im Norden« besessen hatte (5, p. 276). Die bessere Erhaltung und weitere Verbreitung der zugehörigen Tal- formen wird speziell hervorgehoben. Br diesen Amsaben leite ich den Schluß ab, -daß.die Lesergdawiernde. pontische Zeit ,eine ‚Phase, weitgehender randlicher Abtragung der Östalpen und der Anlage breiter Balboden im Innern derselben bedeutet hat. Der bedeutende Effekt der Denudation spiegelt sich in der Mächtigkeit der auf- gestapelten pontischen Sedimente wider, deren Stärke an ver- schiedenen Punkten bis über 800 m? festgestellt wurde, überall aber eine sehr bedeutende ist. Auch im altpliozänen Erosionszyklus muß die letzte Ausgestaltung der Gebirgsoberfläche erst im weiteren Verlaufe der pontischen Ära, also eine geraume Weile nach ihrem 1 Der Auffassung J. Sölch’s (182, 188), daß hier miozäne oder gar oligozäne Oberflächen vorherrschen, kann ich nicht beipflichten. Angesichts der klaren, auch von Aigner betonten Beziehungen der Hauptoberfläche zur pontischen Verschüttung, die einer sehr langdauernden Zeit entspricht, angesichts des in Koralpe und Posruck feststellbaren, pontischen Alters analoger Formenelemente (Eingreifen in jung- mediterrane Schotterbildungen, Übergreifen über jungmiozäne Antiklinalwölbungen) und angesichts der Schon aus den Miozänmächtigkeiten erschließbaren, eine Erhal- tung oligozäner Landformen nicht zulassenden miozänen Abtragung (siehe 175) halte ich die etwa 700 bis S00 m hohe Formenwelt des Nordostsporns der Zentral- alpen für altpliozän, über die sich allerdings an den Kämmen noch Reste älterer (wahrscheinlich jungmiozäner) Formen erheben dürften. 2 Was wohl als Durchschnittswert bei feinkörnigerer Sedimentausbildung gelten darf. Auch in Südmähren wurde 800 »z in Kongerienschichten erbohrt. 400 A. Winkler, Beginn, eingetreten sein (Mittelpontikum), wenn auch die Zerstörung der geschaffenen Landformen sehr wahrscheinlich. noch innerhalb des Pontikums, in der Zeit der von H. Hassinger so eindrucksvoll geschilderten »Rückzugsphasen« begonnen hat (Oberpontikum). Schließlich sei betont, daß das altpliozäne Alter der hier ge- schilderten Flächensysteme von verschiedenen Forschern in weit entfernten Gebieten unabhängig voneinander festgestellt wurde. So hat G. Stefanini (9, p. 605—608) am friaulischen Außen- saume die Abtragung des hochgelegenen »Altipiani carsici« in das Altpliozän (Piacenzastufe) verlegt, da deren Sedimente (feine Mergel) dem Reliefzustande des Hinterlandes entsprechen, während sowohl Obermiozän als auch jüngeres Pliozän durch grobklastische Ab- lagerungen vertreten sind. F. Kossmat hat aus der esasre daß nur die pontische Stufe am Ostalpenrand einer Epoche weitgehender, vorherrschend feinkörniger Sedimentation entspricht (Kongerientegel!) und auf Grund seiner Beobachtungen im Savegebiete die Entstehung der jungen Hauptabtragsflächen in diese Stufe versetzt, worin er durch räumliche und tektonische Beziehungen. bestärkt wurde. Zur gleichen Altersdeutung kamen endlich H. eh im inneralpinen Wiener Becken, A. Aigner, V. Hilber (166, p. 194) und ich in der steiri- schen Bucht. Die engen Beziehungen A: pontischen A gebiet führten vor allem zu dieser Auffassung. Ein älteres als pliozänes Alter kann demnach für diesen Komplex junger Abtragsllächen durch die neuen Forschungen als völlig ausgeschlossen gelten; ebensowenig kann ein Hinaufreichen ihrer Bildungszeit bis in jüngere Abschnitte des Pliozäns (Mittel- Oberpliozän) nicht vorausgesetzt werden. Denn die schotterbedeckten oder auch schotterfreien Terrassen, die sich ihrer Höhenlage nach zwischen die sicheren pontischen Niveauflächen und das Quartär einschalten und durch die Fossil- funde im Wiener Becken als mittel-, beziehungsweise oberpliozän erwiesen wurden, reichen nirgends auch nur annähernd zu jener großen Niveaulage hinauf, die noch die altpliozäne Oberfläche charakterisiert! So erreichen die altpliozänen Abtragsflächen am inneralpinen Rand des Wiener Beckens etwa 500 bis 600 m Höhe, die mittelpliozänen Laaerbergschotter daselbst nur 260 m. Im ost- steirischen Eruptivgebiet setze ich die pontische Aufschüttung- höhe mit 550—600 m an, während die jungpliozänen Schotter- terrassen im selben Raum unter 400 m liegen. Im Savegebiete (Savefalten) bleiben die von Teller erwiesenen, im Schönsteiner Becken sogar paläontologisch als mittelpliozän fixierbaren limnischen und fluviatilen Ablagerungen auch mit der größten Aufschüttungs- 1 Natürlich bestehen infolge jüngerer tektonischer Verstellung auch Niveau- differenzen, die gelegentlich noch recht bedeutend sein können, sich aber dann meist auch im Landschaftsbild besonders ausprägen. a ra Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 401 höhe um 100 bis 300 m unter den hier etwa 500 bis 800 m hoch gelegenen pontischen Abtragsflächen zurück. Noch größere Niveaudifferenzen können in den übrigen Teilen der Südalpen im allgemeinen zwischen der altpliozänen Landschaft und den mittel-oberpliozänen Terassen vorausgesetzt werden. So zeigt die Abtragslandschaft des Ternovaner Karstes z. B. 950 bis 1000 m» Seehöhe, das wahrscheinlich etwa mittel-oberpliozäne Cepo- vaner Trockental dort durchschnittlich nur kaum 600 m, die jung- pliozänen (präglazialen?) Niveaus etwa 450 m Meereshöhe. Auch das Ausmaß an Abtragung (sowohl der normalen als auch jener, die aus dem Karsterosionszykius resultiert) ist, gleiche Gesteinszusammensetzung vorausgesetzt, naturgemäß bei den alt- pliozänen Formenkomplexen ein namhafteres als bei den jung- pliozänen Talbodenresten.* Letztere haben, wie schon von ver- schiedenen Seiten erwiesen wurde, mit abnehmendem Alter auch nur in abgeschwächter Weise an den Dislokationen teilgenommen. (A. Penck und E. Brückner, 98, p. 910—912; F. Machatschek, 6; E. Brückner, 3, p. 103; A. Winkler, 105, p. 48 usw.) Auf Grund dieser Resultate muß die obere Altersgrenze für die Bildung junger, flächenhaft verbreiteter Abtragsformen am Ost- alpenrande spätestens mit dem Eintritte des Mittelpliozäns (Levantin), sehr wahrscheinlich aber schon mit jenem des Oberpontikums’? festgesetzt werden.? 4. Jüngerpliozäne Talbodenreste und Niveauflächen. Die mannigfaltigen Reste alter Talböden, die in Einzelgebieten zwischen dem altpliozänen Flächensystem und den sicheren quartären "Terrassen unterschieden werden konnten, lassen untereinander noch keine sichere Parallelisierung zu. Im Isonzogebiet konnte ich a) Andeutungen nur wenig in die pontische Oberfläche versenkter Talbodenreste (jungpontisch?), b) ausgesprochen tiefer eingesenkte Trockentalböden (Cepovaner und Batetal), denen .auch das altbekannte Vallonetal im Küstenkarst und die von Kossmat (3, p. 38) beschriebene alte Laibachflußrinne Godowitsch-Hotederschitz und die Rakek-Ravnik-Furche zuzu- zählen wären, sowie c) vermutlich jungpliozäne (altquartär - prä- glaziale) Leisten* feststellen. Die letztgenannten finden sich auch 1 Vgl. A. Winkler, 105, p. 40--41. 2 Die Abtrennung des Levantins vom Jungpontikum ist vielfach noch eine strittige Frage. 3 Nur in besonders leicht erodierbaren Gesteinszonen konnten auch noch im Mittelpliozän ausgedehntere flächenhafte Abtragungen sich vollziehen, ferner in dieser Phase und auch bis ins Quartär hinein dort, wo die allgemeine Senkung der Erosionsbasis durch tektonische Einmuldungen kompensiert wurde. 4 Zum TeilBrückner's oberen pliozänen Talböden entsprechend (98, p.990). 402 A. Winkler, im oberen Natisonetal und am Tagliamento bei Resiutta, an beiden Punkten durch Konglomeratablagerungen gekennzeichnet. Die Auseinanderhaltung dieser drei Entwicklungsstadien,t von denen ich höchstens das tiefste als dem Quartär zugehörig betrachten möchte, halte ich für den Bereich der Julischen Alpen und Hoch- karstgebiete für gesichert. In den Lessinischen Alpen wären meiner Ansicht nach Teile von R. v. Klebelsberg’s Hochflächensystem sowie sein tram- billenisches System in das jüngere Pliozän-Präglazial einzureihen.? In den Savefalten sind mittelpliozän-levantinische a fluren festgestellt (Teller, 46, 28, p. 124—131). Sehr zahlreich und zum Teil weitgehender untersucht sind die Reste postpontischer, vorquartärer Fluren im steirischen Becken. V. Hilber hat schon 1913 auf ihr Auftreten und morphologische Bedeutung für die Formengliederung des Tertiärhügellandes auf- merksam gemacht (168, p. 7—10), F. Heritsch hat in seiner vor kurzem erschienenen »Geologie der Steiermark« viele neue von ihm gemachte Beobachtungen in übersichtlicher Weise zusammengestellt (38, p. 61—-68). Hilber unterscheidet sechs sichere vorquartäre Stufen, F. Heritsch (168, p. 63) zehn tertiäre, vorquartäre Tal- böden, wovon wohl A bis C vorpontisch sind. In der Oststeiermark habe ich mich sehr eingehend gelegent- lich der geologischen Neuaufnahme dieser Gebiete mit der morpho- logischen Gliederung des jüngeren Pliozäns befaßt. Hier sind nicht nur deutlich ausgeprägte Erosionsterrassen und Ecken (J. Sölch, 11), sondern vor allem gewaltige, ausgedehnte, bisher in der geologischen Literatur noch gar nicht gewürdigte jungpliozäne Schotterfelder und Fluren erwiesen worden (Winkler, 66, 189). Sie bedecken, wie dort schon die ungarischen Geologen zum Teil richtig erkannt haben, auch sehr ausgedehnte Teile des südlichen Burgenlandes und Westungarns und begleiten Raab und Mur. In der Südost- steiermark (und im südlichen Burgenlande) kann als morphologische Ausgangsform, die den letzten (lokalen) geographischen Zyklus ein- geleitet hat, eine etwa 400 bis 450 m hoch gelegene, prächtig er- kennbare Abtragsfläche gedeutet werden, der ich levantinisch-mittel- pliozänes Alter zuschreibe und die ich als Niveau IV bezeichnet habe? (66, p. 21). Sie ist hier im Osten durch flächenhafte Ab- tragungen gekennzeichnet (prachtvolle Einebnung paläozoischer Schieferberge und Tuffhügel). Die folgenden jüngeren Niveaus, vor allem VII bis IX, sind sowohl an der Raab und ihren Nebenflüssen 1 Siehe 105. 2 Wenn man, wie ich glaube, die »alte Gebirgsoberfläche« Klebelsberg’s in zwei altersverschiedene Flächen auflösen kann. 3 Niveau I ist sicher pontisch, Niveau II möchte ich jetzt eher noch zum Pontikum als zum Levantin stellen, Niveau III ist seinem Alter nach fraglich, viel- leicht schon levantinisch, wie ich 1921 vermutet habe, möglicherweise aber mit II identisch und durch lokale stärkere Aufwölbung in seine Höhenlage gelangt. Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 403 (teilweise), als auch an der Mur durch mächtige Schotter- terrassen gekennzeichnet, die die heutigen Talböden «noch bis über 200 m überragen. Ich betrachte sie als zeitliche Äquivalente der mittel-oberpliozänen Laaerberg-Höbersdorfer und Arsenalschotter des Wiener Beckens (66. Tabelle). Die oststeirische, mittelpliozäne (?) Abtragsebene wurde von den Flüssen und Bächen, indem diese, um sich bis zu den Niveaus V bis IX einzusägen, in die Tiefe und nach der Seite erodierten, in eine Hügellandschaft umgewandelt, deren Hauptoberfläche (Gipfel. flur!) verschiedene Schichten und Gesteine schneidet und etwa 20 bis 30 m unter das Niveau der älteren mittelpliozänen Land- fläche abgetragen erscheint. Im inneralpinen Wiener Becken schließen sich nach Hassinger an die zahlreichen pontischen Rückzugsniveaus drei levantinische Strandterrassen (im Leithagebirge festgestellt) und die mittel-ober- pliozänen Schotterflächen an. Sie sind auch donauaufwärts erwiesen worden (51). In den nördlichen Kalkalpen sind schließlich jünger- pliozäne Niveaus durch Machatschek (6) (jüngerer, pliozäner und präglazialer Talboden) und durch Leyden (146, p. 26) (Kloben- stein-, Reichenhaller und trambilenische Phasen) festgestellt worden. Die Zusammenstellung zeigt, wie mannigfaltig und wenig ein- heitlich die Spuren jungpliozäner Talböden am Ostalpenkörper ent- wickelt sind. Ihnen gegenüber heben sich die altpliozänen Formen- elemente als ein viel konstanteres, zusammenhängenderes und schärfer ausgeprägtes System von Niveauflächen deutlich hervor. Der Bildung der letzteren müssen allgemeine, einheitlichere und länger dauernde Vorgänge zugrunde liegen. Die Resultate über die morphologische Gliederung der Ostalpen lassen sich im Hinblick auf die neueren Forschungsergebnisse dahin zusammenfassen, daß sich zwei (eventuell drei) Phasen ausgesprochener flächenhafter Ab- tragung (Entstehung ausgesprochener Oberflächensysteme) verfolgen lassen: Eine ältere, welche räumlich viel ausgedehntere, vielleicht den gesamten Östalpenkörper umfassende Niveauflächen erzeugte, im höheren Teil des Altmiozäns, und eine jüngere Phase, die besonders die randlichen Abtragsflächen am Gebirgs- fuß entstehen ließ, im Altpliozän, dazwischen wahrscheinlich eine der zweiten Mediterranstufe entsprechende namhafte Zwischen- ‚phase. 1 Wenn dieser Ausdruck hier noch erlaubt ist. Bezüglich Definition und Ermittlung der Gipfelflur siehe bei A. Heim (16, p. 47). Der durchschnittliche Abtrag der Höhenrücken ist naturgemäß ein größerer, da ja die Gipfelflur, wie -schon der Name sagt, sich nach der Kuppenhöhe richtet. Einzelne als Härtlinge anzusprechende auffällige Erhebungen, wie sie in Oststeiermark durch die Basalt- und Trachytberge et werden, müssen bei Festlegung der Gipfelflur außer acht bleiben. 404 A. Winkler, Zwischen die Bildungszeit der prämittel- und obermiozänen Oberflächensysteme und jene des Altpliozäns, zwischen letztere und das Quartär schalten sich noch eine Reihe untergeordneter Phasen vorherrschender Lateralerosion, beziehungsweise ab- geschwächter Tiefennagung in den durch fortschreitende Tiefen- erosion, Zertalung und Zergliederung beherrschten jungen, morpho- logischen Entwicklungsgang der Ostalpen ein. | IV. Vergleich der Resultate und Schlußfolgerungen. 1. Die tektonischen Grundlagen des morphologischen Lehrgebäudes. Die tektonische Grundlage, auf welcher die morphologische Forschung bisher gewöhnlich aufzubauen pflegte, bestand in der Voraussetzung kurz währender Perioden tektonischen Geschehens, welche durch Phasen lang dauernder tektonischer Ruhe unterbrochen ' wären, in welchen letzteren die formgebenden Kräfte erst so recht ihre Wirksamkeit entwickeln konnten. Die Davis’sche Zyklenlehre erscheint bekanntlich im großen und ganzen auf einer solchen Vor- aussetzung fußend. (Davis-Braun, 172.) A. Penck neigte da- gegen der Auffassung einer Gleichzeitigkeit des tektonischen und morphologischen Geschehens zu (7).! W. Penck hat nun diesen durchaus fruchtbringenden Ge- danken in den Vordergrund seiner systematischen morphologischen Analyse gestellt (169). Nach seiner Auffassung sollen die tektoni- schen Bewegungen allmählich wachsen, einem Höhepunkt in ihrer Intensität zustreben und dann wieder allmählich abflauen. Die morphologische Gestaltung des Gebirges soll dieser Entwicklung der Tektonik gleichsam parallel laufen; zunächst bilde sich gleichzeitig mit dem Einsetzen zunächst schwacher Aufwölbungen eine Primär- rumpffläche? aus, aus der sich beim Anwachsen der Bewegungs- intensität allmählich ein stark zerschnittenes Mittelgebirgsrelief ent- wickelt, während sich die Scholle beim Abflauen der Hebung schließlich wieder mit einer Rumpffläche (— Endrumpffläche) über- ziehe. Sosehr ich auch die Anregungen, wie sie sich aus W. Pencks Darlegungen ergeben haben, schätze und sosehr ich auch den Gedanken einer Gleichzeitigkeit des tektonischen und morphologi- schen Geschehens "begrüße, so muß ich. doch einige Gründe Ä würdigen, die J. Sölch (10, p. 180) in seiner interessanten Studie “gegen einige Ableitungen von W.Penck beigebracht hat, und un die OÖ. Lehmann erhoben hat (170, p. 23—24). 1 Schon in der »Morphologie der Erdoberfläche«. Abweichungen von dieser herrschenden Auffassung finden sich ferner bei Sölch (11, p. 83--84), bei Machatschek (6, p. 265) u. a. 2 Sölch’s -Trugrumpflläche«(10,p.178, 11, piexr I: Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 405 Auf die Gleichzeitigkeit von tektonischen Bewegungen und Denudation, beziehungsweise Entstehung einer Abtragsfläche habe ich schon in meiner Studie: »Beitrag zur Kenntnis des ost- steirischen Pliozäns« (66), 1921, an einem speziellen Falle hin- gewiesen (p. 30). »Aus dem Verlaufe der Biegungszone ergibt sich, daß der südliche Teil der steirischen Bucht von einer großen Aufwölbung, der nördliche Teil hingegen von. einer ausgedehnten Senkungsmulde eingenommen wird .... Während also in der ge- hobenen Region während des Pontikums starke Abtragungen erfolgt sind, fanden gleichzeitig in der großen Senkungsmulde andauernde Akkumulationen pontischer Sedimente statt .... Aufwölbung und Absenkung gehören zusammen und erscheinen zeitlich und wohl auch ursächlich voneinander abhängig. Die Bewegungen müssen langsam und kontinuierlich vor sich gegangen sein.« Die vor- basaltische Fastebene bildete sich gleichzeitig aus. F. Machatschek neigt neuerdings ähnlichen Auffassungen zu, wie aus seinen Bemerkungen über die Entstehung der alten Abtragsflächen der Salzburger Kalkalpen hervorgeht (6, p. 265): »Es ergibt sich jedenfalls, daß im ganzen Alttertiär die Kalkalpen unserer Gegend (sc. Salzburger Kalkalpen) zum mindesten kein Hochgebirge dargestellt haben können, daß also die fortgesetzten tektonischen Bewegungen dieses Zeitraumes durch ein ungefähr ebenso großes Ausmaß der Abtragung kompensiert wurden. Es ist daher auch gar nicht notwendig, für die Ausbildung dieser Kuppenlandschaft eine lange Zeit tektonischer Ruhe anzunehman.« O. Lehmann sucht in seinen interessanten Studien den morphologischen Formenablauf bei ständig bewegter Erdrinde zu erfassen (170). So verdichten sich in der neuesten Literatur die Angaben, welche ein längeres gemeinsames Wirken tektonischer und ab- tragender Kräfte und vielfach auch eine mehr kontinuierliche Wirk- samkeit der Gebirgsbildung voraussetzen und dadurch eine neue Grundlage für morphologische Schlußfolgerungen schaffen. 2. Spiegelschwankungen und Landschaftsformung. Bereleichen, wir, die Resultate, zu. denen ‚wir. be- züglich der morphologischen Entwicklung der Ostalpen ge- langt sind, mitjenen, die wir über die Spiegelschwankungen der junstertiaren Meere und Seen erhalten haben, so er- gibt sich eine auffällige Übereinstimmung zwischen den Perioden weitgehender Transgressionen mit den Epochen kräftigester Gebirgseinebnung der Ostalpen, sowie .die Koinzidenz der marinen (limnischen) Regressionen mit den Phasen auffälliger Tiefnagung am Gebirgsrande. Die Überflutung des älteren Miozänmeeres entspricht der Ausbildung des (älteren) Hochflächsystems der Ostalpen, 406 A. Winkler, die ausgesprochene Transgressionsphase des Unterpliozäns (Piacencameer, pontischer See) fallen zeitlich mit der Ausbildung des altpliozänen randlichen Abtragssystems zusammen. Die Übereinstimmung ist so auffällig und über so ausgedehnte Strecken verfolgbar, daß hier kaum ein Zufall obwalten kann; dies um so mehr, wenn man bedenkt, daß zwischen den beiden Er- scheinungen augenscheinlich ein innerer Zusammenhang bestehen muß, da ja die Überflutung naturgemäß auch ein Höheransteigen der Erosionsbasis und ein Aufhören oder Herabsetzen der Tiefen- nagung zur Folge haben muß; jede Regression hingegen von einer Zerschneidung der vorher gebildeten I.andoberflächen begleitet sein wird. | £ Es ist klar, daß schließlich derselbe (oder wenigstens ein ähnlicher) Effekt weitgehender flächenhafter Abtragung erzielt werden muß, wenn eine in Aufwölbung oder Hebung begriffene Scholle durch einen langen Zeitraum in Ruhe bleibt (beziehungsweise in ihrer Bewegung innehält) und den abtragenden Kräften unterworfen ist oder wenn an einer im langsamen, aber stetigen (wenn auch nicht gleichmäßigen) Aufsteigen (Auffaltung) begriffenen Scholle der Meeresspiegel durch lange Zeiten in annähernd gleichem oder rascherem Tempo ansteigt. Das Stationärbleiben der Erosionsbasis erscheint in beiden Fällen gewährleistet, natürlich gleiche Wirkungsbeträge beider Faktoren vorausgesetzt. Nun habe ich aus der Betrachtung der geologisch-geomorphologischen Ent- wicklungsgeschichte gezeigt, daß sich im Verlaufe des Jungtertiärs in den Ostalpen diese Voraussetzungen (Transgressionen und Ab- tragsflächenbildung, Regression und Tiefnagung) in der Tat erweisen lassen. Das Ausmaß der Transgressionen kann nach der weit ver-. folgbaren Überflutung des Gebirgsrandes und der Talverschüttung in den Phasen der Überflutung kein ganz unbedeutendes! gewesen sein. Die Langsamkeit und Stetigkeit dieses Vorganges ist ebenfalls feststellbar. Aus diesen Überlegungen ziehe = den Schluß, daß der Wechsel von Haupt-Landoberflächenbildung und ausgesprochener Tiefennagung am Ostalpenkörper nicht durch einen Wechsel von lokaler Hebung und nachfolgendem Stillstand (beziehungsweise Rücksenkung) der Schollen, sondern durch die Einwirkung eines allgemeineren Faktors, wie es die Trans- und Regressionen der Meere? an einem bewegten Gebirgskörper darstellen, bedingt sei. 1 Bei der altpliozänen Überflutung schätzungsweise etwa 150-200 m von der vorpontischen Erosion bis zum Höhepunkte der Transgression. Im Altmiozän dürften wohl etwas größere Werte angenommen werden können. Schaffer hat einen Versuch der Abschätzung unternommen (44, p. 119—12]). 2 Die wiederum vermutlich entweder eustatische Niveauschwankungen sind oder aber eventuell auch auf allgemeine verschwächte, beziehungsweise verstärkte Epirogenesen (Mio-Plio-Epirogenesen) zurückgeführt werden könnten, wie es Stille 125, p. 92, voraussetzt. Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 407 Ich glaube mich mit dieser Feststellung auch mit dem Grund- gedanken in Übereinstimmung zu befinden, den F. E. Sueß (17, p. 386) für die Formengestaltung der Erdoberfläche als maßgebend ansieht, wie aus seinen Darlegungen in der Geologische Rundschau (p. 385— 386) hervorgeht: »Darüber herrscht wohl im allgemeinen Übereinstimmung, daß die weit ausgreifenden Transgressionen und Regressionen der Meere die bedeutendsten Züge in der geologi- schen Geschichte der Vergangenheit darstellen, mögen sie auch durch Veränderungen des Wasserspiegels oder durch einheitliche und gleichzeitige Senkungen und Hebungen des Kontinents zu er- klären sein. Wenn man nicht Gestaltsveränderungen der Wasser- hülle als ihre Grundursache anerkennen will, so sollte man doch nicht von Hebung und Senkung sprechen. Die allgemeine Hebung der Erosionsbasis im Miozän um nahezu 500 m mußte die Ab- tragungsvorgänge bis weit ins Innere der Kontinente beeinflussen und die Ausreifung der Formen beschleunigen. Der Rückgang des Meeres kam in verschiedensten Gebieten natürlich in seiner Wirkung einer Hebung gleich.« | Die hauptsächlichen Oberflächensysteme der Ostalpen sind meiner Auffassung nach nur die deutlichen Kerben und Marken, die die verschiedenen, längerdauernden Spiegelhöhen der Meere und Seen direkt oder indirekt am Baugerüst des Gebirges hinterlassen haben. Ich betone ausdrücklich, daß auch dieser meiner Auffassung zufolge der Hochgebirgscharakter der Ostalpen, die Höhenlage der miozänen und pliozänen Niveauflächen und die Verschiedenheiten in der orographischen Entwicklung der Einzelgebiete im wesent- lichen auf das Einwirken des tektonischen Geschehens zurück- zuführen sind. Es ist die Folge jenes großartigen, im Einzelnen so mannigfaltig differenzierten Aufsteigens des Ostalpenkörpers, verstärkt vermutlich durch isostatisches Schwellen der abgetragenen Schollen, welches mit den letzten tangentiellen Kraftäußerungen im Alpenbau Hand in Hand geht. Die Transgressionen haben nur länger dauernde Unter- brechungen oder oft nur Verlangsamungen! der durch die Hebung und Auffaltung (Schub) bedingten Tiefenerosion, die Regressionen hingegen eine Verstärkung der letzteren mit sich gebracht. Daraus erklärt sich auch das oft deutlich erkennbare scharfe Ein- setzen der Tiefenerosion nach einer Phase ausgesprochener Seitennagung. Indem nämlich der Meeresspiegel zu sinken be- ginnt, kombiniert sich der aus der Regression resultierende Effekt in 1 Manche der bisher auf völligen Stillstand der Bewegung gedeuteten Ober- Nächengebilde sind daher vielleicht gar nicht bei einem Stillstand der lokalen Erosionsbasis, wie sie ja auch an einem stetig gehobenen, aber gleichzeitig und in gleichem Maße überfluteten Gebirge vorausgesetzt werden kann, sondern nur bei sehr verlangsamter Senkung der Erosionsbasis entstanden. Letzteres wäre zum Beispiel der Fall, wenn lokal die Hebung den Einfluß der Transgression übertrifft. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 132. Bd. 29 408 A. Winkler, der Tieferlegung der Erosionsbasis mit jenem, welcher sich aus der fortdauernden Hebung ergibt. Die Ostalpen würden daher auch. ohne Hinzutritt der vor- ausgesetzten Spiegelschwankungen ein Gebirge von nahezu der- selben Höhe und Hochgebirgscharakter darstellen; dagegen würden sie meiner Ansicht nach des scharf umgrenzten Bestandes mehrerer ineinander geschalteter, alter Abtragsflächen und Terrassensysteme! entbehren, wie sie unseren Ostalpen BErFGR ein charakteristisches: Merkmal aufprägen. Für den Ablauf des geographischen Zyklus, für den regio- nalen Wechsel und für allgemein erkennbare Schwankungen von Seiten- und Tiefennagung werden also diese weitreichenden (eusta- tischen?) Verschiebungen der BezeareT hier als maßgebliche Erklärung herangezogen, 3. Lokale Verschiedenheiten der Tektonik und ihr Einfluß auf die Ostalpenformung. Wenn hier der Bedeutung der regionalen Spiegelschwankungen für die morphologische Ausgestaltung der Ostalpen eine sehr wesent- liche Rolle zugeschrieben wurde, so gilt es nun zu überlegen, inwie- fern der Örtliche und zeitliche Wechsel der in ihrer Art und im Aus- maß schwankenden tektonischen Bewegungen den Ablauf der morphologischen Formenentwicklung beeinflußt hat. Ich will hier an die fruchtbringenden Gedankengänge anknüpfen, die A. Penck in seiner Studie »Die Gipfelflur der Alpen« (7) und J. Sölch in seinen »Grundfragen der Landformung in den nordöstlichen Alpen« (10) zum Ausdruck ‚gebracht haben. AruRenek hen auf die Existenz von drei morphologi- schen Umwandlungsreihen, deren Unterschiede auf der Dauer und der Intensität der Hebungen. beruhen. a) Starke und langanhaltende Hebung erzeuge zuerst eine Landschaft mit Riedeln und Schluchten, dann. mit Schneiden und Schluchten und schließlich die »Grenz- gipfelflur« (Hochgebirgsformen)). 5) Bei starker Hebung von kurzer Dauer komme es nur zur Ausbildung einer Tallandschaft mit. Riedeln und Schluchten (Mittelgebirgsformung), c) bei sehr langsamer Hebung schließlich direkt zur Entstehung von Flachlandformen. Solche Intensitätsunterschiede in der Hebung sollen nach A. Penck auch in den Alpen die Unterschiede in der Form- entwicklung (scharfe Schneiden mehr in der Mitte, runde Formen am Rande) erklären. Die tektonischen Bewegungen, die sie erzeugt haben, entsprächen einem jugendlichen Großfaltenbau. | - 1 Nur als verwischte, örtlich wechselnde, unscharf ineinander geschaltete Reliefs | hätten sich in diesem Falle die Intensitätsunterschiede der Tektonik im Gebirgs- antlitz ausprägen können. Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 409 Gegen diese Auffassung hat J. Sölch (10, p. 186) unter Hervor- hebung einiger interessanter Gesichtspunkte Einwendungen er- hoben, die mir jedoch etwas zu weit zu gehen scheinen. Auch meiner Ansicht nach sind die Intensitätsunterschiede in der Hebung, die zeitlich und örtlich sehr verschiedene Werte erreicht haben, von grundlegender Bedeutung für die von Zone zu Zone wechselnde Formengestaltung gewesen. So beruhen zum Beispiel die gegenwärtigen Höhenunterschiede und Formen- verschiedenheiten zwischen den Julischen Alpen einerseits und dem Hochkarst anderseits im allgemeinen auf der starken, schon in obermiozäner Zeit wirksamen, in pliozäner Zeit andauernden stärkeren Aufwölbung der ersteren gegenüber letzteren. Der Hochgebirgscharakter der Steiner Alpen, der Mittelgebires. hügellandszustand des östlichen anschließenden, oberen Sanngebietes, ! insbesondere aber das Auftreten des mit älteren und jüngeren Schwemmschutt zugedeckten Becken von Cilli-Sachsenfeld beruht zum Gutteil auf relativen Unterschieden in der Hebungsintensität. Die niedere depressionsartige Lage Südkärntens im allgemeinen, des Lavanttals (Ostkärnten) und der meridionalen Draufurche im speziellen geht zweifelsohne schon seit den ältesten Zeiten? teils auf ein an den übrigen Alpen gemessenes, geringeres Hebungsausmaß, teils auch auf Absenkungsvorgänge zurück.’ Das höhere Aufragen der Koralpe. (bis 2245 m) an der steirisch- kärntnerischen Grenze hingegen beruht, wie ich schon mehrfach betont habe, auf miozäner und im Pliozän fortwirkender Tendenz zu etwas stärkerer Aufwölbung (zum Teil unter Schrägstellung). Es ist einleuchtend, daß hier — in den östlichen Zentralalpen — die oligo-miozänen Gebirgsbewegungen trotz Faltung (und Schub) niemals Hochgebirgsformen erzeugt hatten. Dagegen möchte ich die Annahme, daß die Grat- und Schneiden- formen der zentral-alpinen Hochteile schon vorglazial durch Ver- schneidung von Schluchttälern in einer stark gehobenen Scholle an- gelegt wären, nicht so unbedingt wie Sölch (p. 189) ablehnen. Denn diese Erscheinung läßt sich auch unter der Voraussetzung ver- stehen, das aus einem alten Flachrelief scharfe Grat- und Schneiden- formen herausgeschnitten wurden, wobei an geschützten oder durch Gesteinshärte ausgezeichneten Teilen noch Relikte der Ausgangs- form und der Zwischenstadien der Entwicklung erhalten bleiben konnten, die Kämme aber im allgemeinen schon unter die alte Landoberfläche erniedrigt worden wären. 1 Letzteres zeigt aber zum Teil auch wegen seiner Bedeckung mit jung- tertiären Schichten stärkere Ausräumung. 2 Weites Eingreifen transgredierenden Eozäns, marines Miozän im Lavant- tal usw. 3 Vgl. auch A. Aigner. 159, p: 271 bis- 272 410 A. Winkler. Am nördlichen Ostalpensaum entsprechen die hochgelegenen Kalkplateaus (Rax, Schneeberg, Veitsch, Schneealpe, Hochschwab usw.) Schollen mit gesteigerter Tendenz zur Aufwärtsbewegung, die vorgelagerten Kalkberge (z. B. Plateaus des Gahns, Kuhschnee- berges [Bädeker 147, p. 70 bis 75]) einer geringeren Aufwärts- bewegung, jene der Kalkvoralpen (OÖ. Ampferer 1, p. 218) und die Östliche Flyschzone einem noch geringeren Ausmaß der Auf- wölbung. | Auch hier liegen Anzeichen vor, daß die Kräfte, welche obige Verschiedenheiten erzeugt haben, sich bis in das Pliozän (und Quartär?) geltend gemacht haben. Die selektive Erosion hat den tektonischen Effekt der Hebung je nach der Gesteinszusammensetzung durch stärkere Erosion der relativ gesenkten oder gehobenen Zone. im orographischen Bilde verstärkt oder vermindert. Diese Vorgänge haben, indem sie meist durch längere geologi- sche Zeitabschnitte hindurch in ähnlicher Weise fortgewirkt haben, jene Beeinflussung der Landschaftsformung hervorgerufen, wie sie in der Verteilung von Hochgebirge, Mittelgebirge, Hügelland und Senken zum Ausdruck kommt; wenigstens soweit es sich um die groben Züge in der Orographie handelt. 4. Zusammenwirken von Tektonik und regionalen Spiegel- schwankungen. Zusammenfassend kann hier hervorgehoben werden: Der morphologische Charakter der ostalpinen Zonen, also ihr Hochgebirgs-, Mittelgebirgs- oder Flachrelief ist, abgesehen von den Einflüssen der Eiszeit, in erster Linie durch das Ausmaß der speziellen tektonischen Aufwölbung der betreffenden Gebirgsräume im Jungmiozän und Pliozän abhängig. Da meist langandauernde, oft gleichmäßige Bewegungen vorausgesetzt werden können, ist die Intensität der Hebung einer der wichtigsten, formgestaltenden Faktoren gewesen. Hiezu kommt nach meinen speziellen Ergeb- nissen auch noch die Art der tektonischen Bewegungen als be- deutungsvolles Moment hinzu: Räume mit jugendlicher (spät-post- miozäner) Faltung oder Überschiebung (Schuppung, Bruchfaltung) zeichnen sich meist durch eine gute Übereinstimmung ihrer oro- graphischen Züge mit den tektonischen Leitlinien und vielfach durch eine starke Reliefgliederung aus. So erscheinen im Isonzo- Tagliamento Gebiet ausgesprochene Grat- oder scharfe Rückenformen an jugendliche Schuppenstreifen geknüpft. (Vgl. auch das bezüglich der Savefalten und der Belluneser Voralpen Gesagte.) Als weiterer bedeutsamer Faktor der Landschaftsformung wäre der Einfluß der vermuteten regionalen Niveauschwankungen (regionale Hebungen und Senkungen der Erosionsbasis) hervor- 42 0. eu Sphere ee he ae 1 ee en en he Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 411 zuheben. So steht die Alpenumrandung seit dem Ende des Alt- pliozäns unter dem Einflusse stetig sinkender Erosionsbasis. Indem sich die stehenden Gewässer im höheren Pliozän vom Alpenfuße weit nach dem Osten zurückzogen, erfuhr speziell der Ost- und Nordsaum der Ostalpen seine letzte maßgebliche Zerschneidung und morphologische Umgestaltung. Am östlichen Alpenrande prägen sich diese Vorgänge in nach- stehender Weise aus: Wahrend in den noch in stärkerer Auf- wölbung begriffenen Gebirgsteilen im höheren Pliozän eine inten- sive Tiefenerosion erkennbar ist, werden die anschließenden, nur wenig gehobenen, speziell randlichen Tertiärsäume unter Mitwirkung lateraler Erosion zu einer von breiten Talauen durchzogenen Hügel- landschaft umgewandelt. (Steirisches Becken, Tertiärgebiet des außeralpinen Wiener Beckens, nördliches, jungtertiäres Alpen- vorland.) Die in ihrer Niveaulage verharrenden oder auch schwach ab- sinkenden Räume werden schließlich in der jüngeren geologischen Vergangenheit unter dem Vorherrschen von Lateralerosion durch flächenhafte Abtragung zu ausgedehnten Ausräumungsbecken aus- gestaltet. (Inneralpines Wiener Becken, kleine ungarische Tiefebene zwischen Ostalpen und Bäkonyer Wald.) Tektonik und morphologische Formengestaltung standen im Bereiche der Ostalpen in stetem Widerstreite. Meist haben die morphologischen Kräfte in der Schaffung ausgedehnter Abtrags- flächen, welche ungestört über die Falt- und Schubstrukturen des Gebirges hinübergriffen, den Zusammenschub der Östalpen über- wältigt und überdauert. Die im wesentlichen wenig gestörte Er- haltung der kalkalpinen Hochflächen von Salzburg bis zum Wiener Becken bezeugt, daß in diesen Räumen seit dem mittleren Miozän keine bedeutenden Falt- und Schubbewegungen mehr eingetreten sind. Die so ausgedehnten altpliozänen Ebenheiten des Südalpen- saumes zeigen, daß dort im allgemeinen mit dem Ende des Alt- pliozäns die faltenden Bewegungen zum Erlöschen gekommen waren. In den Phasen ausgesprochener (eustatischer?) Trans- gressionen konnten an den nicht allzu stark emporgewölbten, vorwiegend randlichen Gebirgsteilen ausgedehnte Abtragsflächen entstehen, sei es, daß diese Bewegungen zu dieser Zeit bruch- förmige oder bruchlose Hebungen, Verbiegungen oder gar Falten und Schüben entsprochen haben. Das morpologische Geschehen mBaushienkawensdiebiraltemden,tektoenischen Kräfterüber; wältigt. Dort, wo seit der letzten großen Transgressions- und Verebnungsphase, d. i. seit dem Ende der pontischen Zeit keine Faltungen und Schübe mehr eingetreten sind, ist die altpliozäne Formenwelt erhalten geblieben. 1 Die allerdings nicht allein auf Rechnung regionalen Schwankungen zu setzen wären, sondern auch durch das vermutete isostatische Aufsteigen des Gebirges infolge Abtragsentlastung bedingt wären. 412 A. Winkler, Anders in jenen Räumen, wo nach dem letzten, großen Wirken der flächenhaft abtragenden Kräfte, also seit dem Ende der pontisch- altpliozänen Transgression, noch faltende und schiebende Kräfte den Gebirgskörper ergriffen haben (in großen Teilen der Savefalten, der Belluneser Voralpen etc.). Aus der Vernichtung vorher wahrschein- lich auch hier gebildeter, altpliozäner Abtragsflächen wurden durch das Fortwirken der Faltentektonik im jüngeren Pliozän markante, durch eine Übereinstimmung ihrer tektonischen und morphologischen Achse gekennzeichnete Gebirgszüge geschaffen,- die durch breite Synklinalsenken voneinander geschieden erscheinen. Hier hat die Tektonik das morphologische Geschehen überwältigt. Denn das im Jungpliozän (Altquartär) unter dem Einfluß ständig sinkender Erosionsbasis (negativer eustatischer oder epirogenetischer Strandlinienverschiebung) und wahrscheinlich damit in Zusammen- hang stehender, verstärkter isostatischer Aufwölbung stehende Fluß- system war naturgemäß jeder Fähigkeit zu flächenhafter Abtragung und zu einem Schritthalten mit der Faltung beraubt. Eine weit- gehende Zerschneidung und Zerschlitzung, besonders der sich noch weiterhin hochfaltenden Gebirgszüge und eine Zerstörung der dort vorher gebildeten Oberflächen, mußte die Folge sein. So ziehen in den östlichen Savezügen die erst aus der pontischen Umhüllung im Jungpliozän emporgefalteten Wellen als Zeugen jüngsten Zusammenschubes, auch als orographisch individualisierte Elemente, mit über 1000 m erreichenden Seehöhen bis in das kroatische Flachland hinein. | 5. Zur Gipfelflurfrage. Die Frage der Gipfelflur der Alpen wurde in neuerer Zeit vielfach in den Kreis der Erörterung einbezogen. Auf der einen Seite werden die Gipfel und Gratformen des Hochgebirges un- mittelbar aus dem Wirken der gegenwärtigen, beziehungsweise pliozän-quartären Erosion als oberes Denudationsniveau abgeleitet,! von anderer Seite wird die Meinung vertreten, daß hier Reste eines ererbten Reliefs vorliegen, das nur durch besondere Einwirkungen (glaziale und periglaziale Erosion) gleichsam sekundär auch an den Kämmen Anzeichen tiefgreifender jugendlicher Erosionseingriffe auf- zeigt (10, p. 188). Letztere Auffassung lehnt naturgemäß die Ent- stehung einer oberen Gipfelflur als ein Erzeugnis jugendlicher Erosionskräfte, deren Wirksamkeit durch das Vorhandensein eines alten Reliefs in den Hochgebirgsregionen widerlegt sei, ab. Heim’s Auffassung, die der Altmeister der Alpengeologie in einer fesselnd geschriebenen Publikation »Über die Gipfelflur der Alpen« erst jüngst zum Ausdruck gebracht hat, schließt sich der ersteren Gruppe von Anschauungen an (16, p. 48). Ich habe mir eine Meinung über die Entstehung von Gipfel- fluren an allerdings viel kleineren, dafür aber durchsichtigeren Ver- hältnissen gebildet. 1 Entsprechend den grundlegenden Darlegungen von A. Penck. 0. Ge ei ee ee an ee 2 Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 413 In der oststeirischen Tertiärlandschaft ist, wie ich schon betont habe, eine Gipfelflur vorhanden, welche (nach Außeracht- lassung einiger Härtlinge) vom Schicht- und Gebirgsbau nahezu unabhängig erscheint und aus einer weit abgetragenen, mittel- pliozänen (levantinischen?) Flach- und Hügellandschaft, als Aus- gangsform, herausmodelliert wurde. Die »Flur« dieses Hügellandes erscheint unter das Niveau der letzteren (an Härtlingen konserviert) um etwa 20 bis 30 m abgetragen. Die Flur greift ungestört über altpliozäne Aufwölbungen hinweg. -Im Flyschgebiete von .ÖOstfriaul können. die zahlreichen höheren Gipfelpunkte (von einigen überragenden Erhebungen ab- gesehen) zur Konstruktion einer Gipfelflur verwendet werden, welche ebenfalls eine sehr stark eingeebnete Abtragslandschaft zur Aus- gangsform hatte und etwa 50—100 m unter diese erniedrigt er- seheint, , Hier, ist der, Vergleich -mit, der fast unversehrt erhaltenen Oberfläche der Ternovaner altpliozänen Abtragsebene! möglich, welch letztere an einzelnen höher aufragenden (Kalk-)Rücken auch im Flyschgebiete erkennbar ist. (Speziell an der JeZa.) Zu ähnlichen Schlußfolgerungen gelangt man auch an der Betrachtung der äußeren (triadischen) Kämme am Friauler Außen- saum, welche, in einem jung und stark gehobenen Gebiet gelegen, besonders deutlich die Einwirkung jugendlicher Erosionen bis zu ihren Kammregionen hinauf erkennen lassen. Letztere gestatten vielfach die Aufstellung einer Gipfelflur, die vielleicht aus der tektonisch beeinflußten Zerstörung der altmiozänen Abtragsfläche hervor- gegangen, jedenfalls schon unter deren Niveau erniedrigt erscheint. (Vgl. meine Bemerkungen in 14). Dort handelt es sich um Räume mit starker obermiozäner und postmiozäner Beeinflussung. Hier möchte ich unter Verwertung eines ausgezeichneten Gedankens von J. Sölch (10, p. 188) an- nehmen, daß der Hochgebirgscharakter hauptsächlich im jüngeren Pliozän und Quartär unter dem Einfluß der besonders starken Auf- wölbung und durch Erhebung der höheren Gebirgsteile über die Vegetationsgrenze geschaffen wurde. Auch F. Machatschek pflichtet der Auffassung bei, daß große Teile der Nordalpen, wie die Gosaugebiete der Kalkalpen, die Flyschzone, die Schieferberge des zentralalpinen Längstals- zuges u.a. schon beträchtlich auch in ihrer Kammregion unter das Niveau der altmiozänen Abtragsflächen erniedrigt wurden (6, p. a (mit Gipfelflurbildung). Anders liegen nun die Verhältnisse im Bereich der großen kalkalpinen Gebirgsstöcke, in denen vorherrschend die alten er- erbten Formen auch noch gegenwärtig die Oberfläche bilden.” Die 1 Die unversehrte Erhaltung der Ternovaner Flächen beruhte in erster Linie auf ihrer petrographischen Zusammensetzung (Kalkmassiv). 2 Mit einer durch jüngere Karsterosion bedingten, vielfach wohl sehr unter- ler Modifikation. 414 A. Winkler, großen -Kalkklötze mit ihren Karsterosionen stellen eben viel wider- standsfähigere, der Abtragung viel stärker resistierende Gebilde dar (Winkler 105, p. 43, Machatschek 6), welche O. Ampferer (157) deshalb mit Festungen verglichen hat. u Die Erhaltung älterer Formen gilt immer noch, wenn auch in geringerem Grade als für die Kalkalpen, für größere Teile der Öst- lichsten (steirisch-kärntnerischen) Zentralalpen, wo schwächere tektoni- sche Aufwölbungen und Dislokationen, die breite massige Anlage der Gebirgsstöcke und zum Teil recht widerstandsfähige Gesteine: die Erhaltung alter Formen begünstigt haben. Im übrigen haben hier- die Abtragsvorgänge die älteren Oberflächen zwar mehr oder minder zu beeinflussen, aber nicht völlig zu verwischen vermocht. In den bedeutend höheren, wahrscheinlich stärker gehobenen (8, p. 103), längere Zeiten intensiverer Abtragung ausgesetzten west-. lichen Zentralalpen dürften diese Vorgänge in stärkerem Maße um- gestaltend wirksam gewesen sein. Dies schließt nicht aus, daß sich, speziell in den härteren Gneisgebieten Reste und Spuren von Ab- tragsflächen vom Alter der nordalpinen Kalkplateaus erhalten konnten. Hier ist die Annahme, daß der Hochgebirgscharakter schon im Obermiozän(?) und vor allem im Pliozän! also präglazial in seinen Anfängen zur Entwicklung gekommen ist, nicht von der Hand zu weisen. | Ich vertrete auf Grund dieser hier dargelegten Gesichtspunkte die Auffassung, daß etwa ein vermittelnder Standpunkt zwischen den eingangs dieses Kapitels erwähnten Anschauungen über die Ent- stehung der Gipfelfluren den Tatsachen am besten gerecht werden dürfte. Die Ausgleichung der Formen in einer Phase besonders weitergehender Einebnung (spätreifer Landschaftsformung) hat die Ausbildung und Entstehung einer Gipfelflur durch Schaffung eines wenig differierenden Ausgangsniveaus sehr gefördert; ihre Ausgestaltung hingegen wäre als Denudationserscheinung als das Werk jüngerer Kräfte, die auch ihre gegenwärtige, momentane Höhenlage bedingen, anzusehen. | 6. Gesamtbild der Ostalpenentwicklung seit Beginn des Jung- tertiärs. Ein Überblick über den Verlauf der Entwicklungsgeschichte der Ostalpen vom Ende des Alttertiärs an ergibt etwa folgendes schematisches Bild: Im Alttertiär standen die Ostalpen unter dem Einflusse großer Deckenüberschiebungen und Faltungen, welche aber trotzdem nicht so sehr einer Hochfaltung, sondern vielmehr vor allem einem Ausweichen: der bewegtenMassen,speziell der tieferen,nach derTiefe zu,entsprochen: haben müssen, wie OÖ. Ampferer (173, p. 149) betont hat (»Reziprokes 1 Wie es auch F. Machatschek für die höheren Teile der Salzburger Kalkalpen voraussetzt. ee Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 415 Gebirge« R.Schwinners, 143, p.205). Nur unter dieser Voraussetzung ist es denkbar, daß jene so gewaltigen, auf seitlicher Kompression be- ruhenden Zusammenschiebungen im Ausgange des Alttertiärs nicht ein ostalpines Hochgebirge, sondern vielmehr nurMittelgebirgs- und Hügel- landschaften geschaffen hatten. Die Annahme, daß das in tektonischer Ausgestaltung befindliche Gebirge gleichzeitig mit seinerZusammen- schiebung und Auffaltung um den Betrag seiner Höherschaltung je- weils abgetragen wurde, vermag das Phänomen allein nicht hin- reichend zu erklären, wenn man bedenkt, daß die pliozäne (ober- miozäne) und postpliozäne Erosion nicht imstande war, die sich. unter dem Abklang der alpinen tektonischen Bewegungen auf- wölbenden Ostalpen auf dem Mittelgebirgs- und Hügellandstadium,. durch das sie im Altmiozän gekennzeichnet waren, zu erhalten, ge- schweige denn, sie vollständig einzuebnen. Faltung und Schub- waren eben nur von einer mäßigen Gebirgserhebung begleitet. Immerhin schreibe auch ich der gleichzeitigen Wirksamkeit von Faltung, Schiebung und Hebung einerseits, Erosion und dadurch bedingter Denudation anderseits eine wichtige Rolle zu, welche beiden Vorgänge sich aber nur unter günstigen Umständen und unter bestimmten Voraussetzungen vollkommen die Wage halten konnten. Die Trans- und Regressionen des Alttertiärs haben wohl schon damals dem Gebirgsantlitz ihre Stempel aufgedrückt, aber ihre Spuren sind durch Einwirkung jüngerer Abtragungsvorgänge vollständig verwischt worden. | So treten die Ostalpen als ein Gebirge mit vorwiegendem Mittel- gebirgs-Hügellandcharakter in die miozäne Ära ein. An dem noch weiterhin von bedeutenden Falten- und Schubbewegungen betroffenen Gebirgskörper spielt sich nun die große Transgression des älteren Miozäns ab. Die damit verknüpfte allgemeine Hebung der Erosions- basis befähigte das Flußsystem, mit der »Aufwölbung und Faltung« des Gebirges im allgemeinen gleichen Schritt zu halten, und diese in gewissen Räumen überholend, flächenhafte Abtragungen (bei vor- herrschender Lateralerosion) zu schaffen. Die Epochen des mittleren und oberen Miozäns bedeuten Phasen vorwiegender Regression der Meere am Alpenrand (Senkung der Erosionsbasis), von nicht unbedeutenden Unterbrechungen ab- gesehen, speziell im 2. Mediterran. Die Tektonik ist durch nun- mehr stärker in Erscheinung tretende Aufwölbungstendenzen bei Zurücktreten von Faltung und Schub gekennzeichnet, welch letztere sich besonders auf die Außenzonen einschränken. Aus dem Zusammenwirken von Regression und Hebung, Schub und Faltung, resultierte eine weitgehende Zerschneidung und Zer- talung des ältermiozänen Reliefs, die an der Mio-Pliozängrenze (vor- pontische Erosion) einen Höhepunkt erreicht hat. Die Östalpen erlangten damals bereits den Charakter eines höheren Mittelgebirges: und in seinen Anfängen vielleicht schon den eines Hochgebirges. 416 A. Winkler, Das Einsetzen der großen altpliozänen Transgression hebt das Fortschreiten der tiefen Zertalung im Gebirge für eine Zeitlang auf oder mindert sie wenigstens im allgemeinen herab. Unter dem Einfluß der Hebung der Erosionsbasis bilden sich vornehmlich am Alpensaume breitere oder schmälere Gürtel von Abtragsflächen oder spätreifen Hügel-Mittelgebirgslandschaften. Gleichaltrige breite Talauen (jetzt als Terrassen erkennbar) griffen auch bis in die inneren Teile des ostalpinen Mittelgebirges vor. Er Mit dem Ende des Unterpliozäns (wahrscheinlich schon im oberen Pontikum) setzt wieder eine Regression (Senkung der Erosions- basis) ein,! die bis zum Quartär fortdauert. Das Bewegungsbild des Gebirges ist eine vollends durch vertikal gerichtete Schollen- bewegungen (Aufwölbungen an Brüchen und Flexur, breitwellige Verbiegungen) charakterisiert, die nur lokal (meist am Gebirgsrande) mit den letzten Äußerungen tangentialer Druckkräfte in ae treten. Regression? und örtlich sehr starke tektonische Klee er- zeugen im Verein die tiefgreifende, aber sehr wechselvolle Zer- schneidung des älteren Alpenreliefs und schaffen in den Grund- zügen die Anlage seines Hochgebirgscharakters, der schließlich durch die Wirkungen der Eiszeit noch in mannigfacher Weise aus- und umgestaltet wurde. Ich habe in dieser Studie den Versuch internommen, die Ent- wicklungsgeschichte der Ostalpen im Jungtertiär unter allgemeinen Gesichtspunkten zu betrachten. Durch Einführung einer weiteren Größe regional verbreiteter Verschiebungen der Strandlinie zu den für die Ausgestaltung des Gebirges gewöhnlich als maßgebend erachteten lokaltektonischen, orogenetischen und epirogeneti- schen Kräften und zu den erosiven Vorgängen, sowie durch die Annahme einer Stetigkeit der Gebirgsbildung dürfte sich meiner Auffassung nach die Formentwicklung der Ostalpen in befriedigender und übersichtlicherer Weise deuten lassen, als es unter den bis- herigen Voraussetzungen der Fall gewesen. ist. 1 Von bedeutenden oder unbedeutenderen Unterbrechungen begleitet. 2 Regionale Senkung der Erosionsbasis. Ge en bee 3 fi ’ “ hie ee N I RE TNEEREREEREENEERINE Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Ostalpen. 417 Nachtrag. Gerade in der letzten Zeit sind allgemeine und auch zahlreiche speziellere Arbeiten über die jungtertiär-morphologisch-tektonische Entwicklungsgeschichte der Ostalpen erschienen. Ich möchte auf zwei, allgemeinere Gesichtspunkte umfassende Studien von ©. Ampferer und W. Schmidt näher eingehen, während ich auf die mehr speziellen Arbeiten von F. Heritsch (183), J. Sölch BE BON nAiEnEer (189) und! CR) Sehwinner (12) awa.n ©. Bezug nehmen werde. O. Ampferer, »Über das Verhältnis von Aufbau und Abtragung in den Alpen.« Jahrbuch der Geologischen Bundes- anstalt’19235, 3-Dund 4. Heft. O. Ampferer will, wie er in einer kurzen Studie angibt, versuchen, aus der Betrachtung »der zerstörten Teile des Gebirges, welche ringsum als Schuttmassen ausgebreitet liegen«, zu einigen neuen Ausblicken zu gelangen. Eine interessante Erörterung über die Beziehungen, die sich zwischen Abtrag, Aufschüttung und gleichzeitiger Tektonik ergeben, leitet die Studie ein. Der Autor geht von der Ansicht aus, daß die miozänen Sedimente am Nord- saum der Alpen nicht jene Schuttmengen kalkalpinen Materials ent- halten, die man unter der Annahme einer dem heutigen Vorlande benachbarten jungtertiären, vertikalen Aufwölbung erwarten sollte. Er nimmt daher an, daß zwischen das Ablagerungsgebiet des Schlier, beziehungsweise der Molasse einerseits und den gehobenen Kalkalpen anderseits noch bis in das obere Pliozän hinein ein Grundgebirgsrücken (Molasse-Alpen) bestanden haben müsse, der durch einen. gewaltigen, unmittelbar vorquartären Aulfschub der Alpen verdeckt wäre. Er sagt (p. 131): »Wir sind dazugelangt, den Anschub des fertigen Hochgebirges auch in den Ostalpen vor das Altdiluvium zu versetzen.« Da die Publikationen eines so ausgezeichneten und hoch- geschätzten Forschers, wie Ampferer, gewöhnlich interessante und neuartige Ausblicke für die Erkenntnis des Alpenbaues zu enthalten pflegen, so möchte ich es nicht unterlassen, hier etwas ‚näher auf die von ihm angeschnittenen Probleme einzugehen, aber auch jene Erscheinungen zu betonen, die meiner Meinung nach einer Verallgemeinerung der ausgesprochenen Gedanken im Wege Stehen, Iorkevender“siurdie hat ©. Ampfierer einige wertvolle Momente herausgegriffen. Sein Grundgedanke, daß zwischen den Nordalpen und ihrem heutigen, tertiären Vorlande im Jungtertiär noch ein breiter, von einer Grundgebirgsscholle und von Randschutt- bildungen eingenommener Saum gelegen war, der erst durch einen jüngeren Anschub der Alpen verdeckt wurde, findet in einigen neueren Spezialstudien seine Bestätigung. 418 A. Winkler, Götzinger und Vetters (144) haben gezeigt, daß am Außensaume .der östlichen Nordalpen in der Tat — aber nur im ältesten Miozän — Anzeichen für die Existenz eines. zwischen Alpen und böhmischer Masse eingeschalteten Grundgebirgsrücken (»comagenischer Rücken«) vorhanden sind. Allerdings wurde dieser Rücken durch die vordringenden alpinen (Flysch) Wellen bereits im älteren Miozän verdeckt.! K. Weithofer leitet bekanntlich. die Gerölle der älteren, bayrischen Molasse (speziell der Oligozänmolasse) von einem heute nicht mehr erkennbaren Grundgebirgsrücken, einem Epigonen des. sogenannten vindelizischen Gebirges ab. Wenn man nicht der Auf- fassung von H. P. Cornelius (162) folgen will, nach welcher die krystallinen Geröllmaterialien der Molasseschichten aus den Zentral- alpen stammen sollten, so kann man mit Boden (127) annehmen, daß »während der Faltenbewegungen im Alpengebiet und beim Vortreiben der ostalpinen Massen« »auch das von Weithofer angenommene, zwischen Helveticum und Oligozängebiet gelegene, krystalline Land verschwunden sein« muß, »das für die tieferen Molasseablagerungen, wenn man diesen Gedankengängen folgt, den vorwiegenden krystallinen Detritus lieferte und an dessen Stelle nur mehr,« (d. h. im Obermiozän) »alpine Gesteine ins Vorland ge- fördert wurden (p. 408). | Ampferer’s Mutmaßung eines Anschubs der Alpen über eine vorlagernde Grundgebirgsschwelle erscheint durch die angeführten Ergebnisse gestützt. Allerdings dürfte die überfahrene Schwelle nicht durch einen mächtigen und breiten, jungtertiären Schutt- saum, wie Ampferer auf Fig. 7 andeutet, von den Voralpen getrennt gewesen sein, da zur Zeit ihres Bestandes (im älteren Miozän) keine sehr bedeutende Höhe des alpinen Rücklandes vorausgesetzt werden braucht. Man wird vermutlich auch mit der Annahme geringerer Schubweiten das Auslangen finden können. Was das Alter der Vorbewegung anbelangt, so zeigt es sich, daß der Schub sowohl in Oberbayern als auch am Nordsaum der östlichen Voralpen bereits im Miozän, also vorpliozän eingetreten war. Zur Bekräftigung dieser Behauptung kann hervorgehoben werden, daß bezüglich der jüngeren, alpennahen Teile der Molasse und bezüglich der Randteile des Schliers eine enge Beziehung mit. 4 dem vor- und auch kalkhochalpinen Rücklande feststellbar ist. Zu diesen Alpen und Molasse verknüpfenden Sediment- ablagerunger: gehören im östlichen Teile der Nordalpen die vor- wiegend aus Flysch-Material bestehenden Buchbergkonglomerate * und die kalkalpine Hollenburger Nagelfluhe des älteren Miozäns (41, p. 39). Nach Cornelius (162) weist die Zusammensetzung | 1 Zusatz während der 2. Korrektur: Ampferer [194] nimmt in seiner neuesten Studie selbst auf diese Ergebnisse Bezug (128). 2 Auch mit kalkalpinen Geröllen (144, p. 14). i ; h Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 419 der bayrischen Molasse auf eine Herkunft aus den Kalkalpen und den Zentralalpen hin. Im Obermiozän treten, wie er angibt, »die krystallinen Gerölle an Menge, wie an Größe fast bis zum Ver- schwinden zurück hinter den Kalken.« Große tektonische Bewegungen in den Kalkalpen spiegeln sich in der Sedimentation der obermiozänen Molasse wieder, welch erstere wir wohl ungezwungenerweise mit der Aufwölbung und Zertalung der im Altmiozän verebneten, damals bereits unmittelbar benachbarten Kalkhochalpen in Verbindung bringen können. Boden (127, 190) konnte jüngst zeigen, daß die mächtige aus kalkalpinem und Flyschschutt bestehende obere Süßwasser- molasse des bayrischen Alpenrandes als abbröckelnder Schutt an einer kalkalpinen Schubstirne (Aufschub von Kalkalpen und Flysch auf die vorlagernde helvetische Zone) zu deuten sei. Vielfältig ein- geschaltete, grobe Blockschuttlagen von vorwiegend voralpiner Geröllzusammensetzung zeigen an, daß schon im Obermiozän sehr enge Beziehungen zwischen dem Alpenrande und dem Ablagerungs- raum der Molasse bestanden haben. In der Molasse des Allgäu stellte Cornelius (187) fast aus- schließlich die Gerölle der anschließenden ostalpinen Kalkzone fest und auch Kraus leitet das Material der Molasse im wesentlichen von den Alpen her ab (178). Das Fehlen obermiozäner Schuttablagerungen am Außensaum der östlichen Nordalpen ist kein zwingender Beweis für das Nicht- vorhandensein eines nachbarlichen, in starker Aufwölbung begriffenen, kalkalpinen Gebirges, da dieser Teil des Vorlandes damals schon aus dem Stadium einer Akkumulationslandschaft in jenes eines Abtragsraumes getreten war. Pliozäne Ablagerungen erscheinen erst in einiger Entfernung vom nordalpinen Saum. Im außeralpinen Wiener Becken deuten aber die noch nördlich der heutigen Donau auftretenden, wahr- scheinlich altpliozänen Reisbergschotter (118) auf eine Material- zufuhr aus den Kalkalpen hin. Die ungestörten oder nur schwach gewellten jungmiozänen und altpliozänen Sedimente verbinden am Ostende der Nordalpen, über die Ausläufer der Fiyschzone hinweg, inneralpines und außer- alpines Wiener Becken und zeigen, daß hier wenigstens die Be- ziehungen der anstreichenden nordalpinen Züge zu ihrem Vorlande schon im Jungmiozän im wesentlichen den heutigen analoge ge- wesen sind. Wenn daher auch stellenweise am Saume der östlichen Nord- alpen Anzeichen für das Vorhandensein alt- bis mittelmiozäner Schub- bewegungen, und in den westlichen Teilen der Nordalpen auch noch Beweise für die Existenz obermiozäner und altpliozäner Auf- schiebungen vorliegen, so möchte ich in diesen Bewegungen nicht einen flachen und weitgehenden Deckenschub des gesamten Alpenkörpers über ein vorgelegenes Gebirge der Molassealpen erblicken, sondern 420 A. Winkler, bloß die durch randliche Aufschiebung (beziehungsweise Unter- schiebung) bedingte Angliederung eines äußeren, mehr oder minder schmalen Gebirgssaumes an den. inneren, gleichzeitig vorwiegend vertikal aufsteigenden Stamm der Alpen. Die Räume der Faltung und Überschiebung und damit auch die Zone des stärkeren Zusammenschubs sind bei gleichzeitiger Einschränkung ihrer Inten- sität gegen den Außensaum des Gebirges hinausgewandert. Gegen ein größeres Ausmaß der randlichen miozänen Überschiebungen in den östlichen Nordalpen und gegen ein flaches, weites Eingreifen der Schubbahn unter die Kalkalpen hinein, spricht die Tatsache, daß gleichzeitig mit ihrer Ausbildung das inneralpine Wiener Becken an steilen, Kalkalpen und Flyschzone schräg abschneidenden Störungen im ständigen Niedersinken begriffen war, was mit der Annahme einer damals in flachem Vorschub befindlichen alpinen Scholle mir schwer vereinbar erscheint. Aus dem Bilde der alpinen Erosionsformen leitet OÖ. Ampferer im wesentlichen in Übereinstimmung mit der hier vorgetragenen Auffassung die Annahme einer einst die ganzen Alpen über- spannenden miozänen Abtragsfläche als morphologischer Ausgangs- form ab und belegt seine Ansicht mit triftigen Gründen. Der Inhalt Ampferer’s interessanter Studie zeigt, von welch’ verschiedenartigen Gesichtspunkten die jungtertiäre Entwicklung der Ostalpen ins Auge gefaßt werden kann und wie die gerade in den Vordergrund tretende Verbindung geologisch-sedimentologischer Gedankengänge mit tektonisch- morphologischen Überlegungen neue Richtlinien zu weisen vermag. W. Schmidt,, GebBirgsbau: und Oberflachenfore .orr Alpen, Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt. 1923, Wien. W. Schmidt hat in dieser Studie die Frage nach den gegen- seitigen Beziehungen zwischen Gebirgsbildung und Oberflächen- formung der Alpen in einer mit zahlreichen interessanten Aus- blicken versehenen Arbeit aufgeworfen. Wie er selbst angibt (p. 275), ist es klar, daß dieser Versuch mehr zur Formulierung von Fragen und Anregungen, als zu fertigen Ergebnissen führen wird; und von diesem Standpunkt aus betrachtet, scheint mir der Verfasser Erfolg gehabt zu haben. | Einem seiner Hauptergebnisse: »In der Form des Alpen- gebirges spiegelt sich nicht mehr die Urform des Deckenbaues -wieder,« möchte ich durchaus beistimmen. Ebenso scheinen mir seine Bemerkungen über die Bedeutung der altmiozänen, flächen- haften Abtragungsvorgänge einleuchtend. Auch die Annahme, daß in gewissen Gebieten der Alpen. sehr jugendliche, tektonische Be- wegungen die miozäne Formenwelt überwältigt haben und daher in diesen Räumen jüngste Gebirgsbildung in dem morphologischen 3 Jungtertiäre Entwicklungsgeschichte der Östalpen. 421 Alpenbilde zum Ausdruck kommt, fügt sich den in dieser Arbeit erzielten Ergebnissen gut ein. So wie sich W. Schmidt in bezug auf die Entwicklung der alpinen Formenwelt und in Hinblick auf die Bewertung der hiehergehörigen Vorgänge an die Auffassungen. der Morphologen anschließt, so erscheint er in bezug auf die Be- stimmung des Alters der Phänomene und in Hinsicht auf das Aus- maß jungtertiären Abtrages stark von den in der Schweiz gegen- wärtig vorherrschenden Auffassungen beeinflußt. Ich habe die Überzeugung, daß, so richtig auch die Betonung jüngster tektonischer Einwirkung auf das morphologische Alpenbild ist, doch das Ausmaß: derselben, wie es von Schmidt angenommen wird, bedeutend über die Wirklichkeit hinausgeht. Es sind wohl nur die aus- klingenden Bewegungen, welche uns in einer Modifikätion des: miozänen Landschaftsbildes.entgegentreten und die in gleichsinniger, aber bedeutend abgeschwächter Weise fortwirkend eine ältere, großzügigere Tektonik gleichsam abbilden. Es entspricht teilweise eigenen Mutmaßungen, wenn Schmidt behauptet, daß die alte Oberfläche Klebelsberg's, in den westlichen Alpenteilen nicht mit jener des Ostens,zu parallelisieren, sondern jünger wäre. Indessen halte ich es für ausgeschlossen, die hoch- gelegenen Altflächensysteme des Westens mit Schmidt als pontisch ansprechen zu Können. Soweit es sich hier tatsächlich um jüngere als altmiozäne Niveauflächen handelt, dürften solche mittelmiozänen, jungmediterranen Alters in Betracht kommen. Die Studien in den Julischen Alpen und anschließenden südalpinen Gebieten, die in einem, wie aus morphologischen und geologischen Indizien er- schlossen werden kann, sehr jung und stark gehobenen Gebiete mit gewaltigen Erosionseinwirkungen angestellt wurden, haben: ergeben, daß die pontische Landoberfläche nur zwischen 800 und höchstens 1400 m Seehöhe gelegen ist. In bezug auf die Mächtigkeit jungtertiären Abtrags werden sich die westalpinen Tektoniker noch zu Zugeständnissen bereit- finden müssen. Die Lösung der Widersprüche wird sich vielleicht auf einem Wege, wie ihn Schmidt selbst in Parenthese auf p. 272 seiner inhaltsreichen Studie andeutet, ergeben. Ich glaube, daß die Beachtung einiger der von Schmidt hervorgehobenen Gesichtspunkte bei den, meiner Ansicht nach in erster Linie erforderlichen, genauen Aufnahmen inneralpiner und randalpiner Tertiärgebiete und aus denselben zu gewinnenden sicheren Schlußfolgerungen, im Auge zu behalten sind. —- Die in dieser Arbeit niedergelegten Ergebnisse erscheinen en die Swwdien,...die ‚der. Verfassen mit “Unterstützung der Adademie der Wissenschaften in Wien in Südweststeiermark in den Jahren 1920, 1921 und 1923 durchzuführen die Möglichkeit hatte 1 Dies gilt insbesondere bezüglich der großen von Schmidt vorausgesetzten Verschiebung der Ötztalermasse im Miozän. 422 A. Winkler, und über welche ein Spezialbericht in Vorbereitung steht, mit- bedingt. Für die gewährte Unterstützung sei auch schon an dieser ‚Stelle der Akademie der Wissenschaften der ergebenste Dank zum Ausdruck gebracht. Literatur. 1 Ampferer O., Über morphologische Arbeitsmethoden. Jahrb. d. Geol. Bund. A., Jahrg. 1922, LXXI. Bd., 3. und 4. Heft. Wien 1922. 2 ‚,Klebelsberg, R.v., Die Zeh -Oberflächensysteme der Ostalpen. Verh. d. Geoi. Bund. „A... 1922, Nr. 2, 3.. Wien. 3 Kossmat F., Die morphologische Entwicklung der Gebirge im Isonzo- und oberen Savegebiet. Zeitschr. d. Ges. f. Erdkunde zu Berlin. Jahrg. 1916, Nr. 9 und 10. 4 Leyden F., Die Entwicklung der Alpen zum Hochgebirge. Geologische Rund- schau, XII. Bd. Berlin 1922. 9 MachatschekF., Verebnungsflächen und junge Krustenbewegungen im alpinen Gebirgssystem. Zeitschr. d. Ges. f. Erdkunde zu Berlin. Jahrg. 1916. & -—- Morphologische Untersuchungen in den Salzburger Kalkalpen. Ostalpine Formenstudien, Abt. 1, Heft 4. 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Mittel-obermiozäne Meeresschwankungen....zoceencsoreeanennenn 3. Die Regression des Obermiozäns und ihre Kulmination an der Plio- ZANPTEBZE io, 2 er era ar Eee ne a ten ee 4.:Die Transgression des Unterpliozäns.........2...n...n -onrkese 5. Regression im höheren Pliszän ......... .. „ae... 2 ur Eee 6. Die quartären. Spiegelschwankungen- .....Uu:02 „sick eb Sr 7. Zusammenfassung über den Ablauf jungtertiärer Spiegelschwanlangse I. Der Ablauf der tektonischen Ereignisse in den es: während des Jungtertlärsi\ 212... 2a DH A ae 1- Zwei Grundfrapen. 2.2. „an EimspumınserE ann + a ee - 2. Der zeitliche, tektonische Entwicklungsgang der Ostalpen im Jung- terbar. oo 00 ae en en ee Pe ec 3. Die Frage nach dem Anteil regionaler, von der Gebirgstektonik unabhängiger Vertikalhebungen an der jungen Auswölbung, der Ostalpen . 2..-.2202. -iuee an mann en nn Dr III. Die morphologische Entwicklungsgeschichte derOstalpen im Jungtertiär IV. 1... Altmiozänes Oberflächensystem .. ........ 0.0.0 0m an es ae 2. Reste höhermiozäner Talböden ...... ee. A A 3. Das altpliozäne Flächensysiem. =: #. 0007 wre ee 4. Jüngerpliozäne Talbodenreste und Niveauflächen ............. BR Vergleich der Resultate und Schlußfolgerungen...........zr..r..0: 1. Die tektonischen Grundlagen des morphologischen Lehrgebäudes... 2. Spiegelschwankungen und Landschaftsformung .........zsercne0.. 3. Lokale Verschiedenheiten - der Tektonik und ihr Einfluß auf die Ostalpenformung..........» ee en A 4. Zusammenwirken von Tektonik und regionalen Spiegelschwankungen : Zur Gipfelllurfrage - „2... ...-0n 200 on een Sr we 6. Gesamtbild der enöriekluns seit Beginn des Jungtertiärs . ou Nachtrag 2 nl IE EREEE TOR IE JE EE Seite 49 50 66 68 Br ® 2 N, Die Akademie der’ Wissenschaften in Wien veröffentlicht folgende Druck- >: Almanach, die Gesamtakademie betreftend. 2 wenn. Anzeiger, l Ze, cberikhe 2 für jede der. beiden Klassen gesondert, = Denkschriften, - Mitteilungen der prähistorischen Kommission, Mitteilungen der Erdbebenkommission. Die Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen lasse erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier gesonderten Be uisen, welche auch einzeln bezogen werden können: Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, = © Krystailographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, - ‚Phyäischen Geographie und Kösch Abteilung Ila. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astro- nomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Abteilung IIb. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. "Abteilung Ill. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen und der en sowie aus jenem der theoretischen Medizin. Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch..in besonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte fürChemie und verwandte Teile anderer Wissenschaften« herausgegeben. Der akademische ee welcher nur Originalauszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vor gelegten Sen anne u wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Die einzelnen Abhandlungen der Sitzungsberichte und der Denkschriften er- seheinen in der Regel auch als Separatabdrucke im Buchhandel. Die Separatabdrucke: aus den unssberichten und Denkschriften tragen in der linken (oberen oder unteren Ecke) Sigeln, deren Angabe bei Bestellungen. allein genügt, z. B.: re Smn ‚132/11 (Defant); Dmn 98/12 (Herzfeld) Die Schriften der Akademie der Wissenschaften: in Wien sind eu: ‚jede - Buchhandlung oder durch die Auslieferungsstelle der Akademie (Wien, .I., Graben, "Nr. 27/29, Passage) zu beziehen. Adresse der Akademie der Wissenschaften in Wien: I., Universitätsplatz 2. Textkürzung. Infolge der fortdauernden außerordentlichen Preissteigerungen des Druckes ist die en. naturwissenschaftliche Klasse außerstande, die Abhandlungen im alten Friedensumfange abzudrucken; insbesondere sollen die Srunbeberien von den aufgenommenen Arbeiten nür ‚das zum Verständnisse unumgänglich Not- wendige bringen. Sehr oft sind‘ manche Einzelheiten der Versuchsänordnungen, Beobachtungsprotokolle, Zahlentabellen, Kurven, Zwischenrechnungen u. a. m. aur für den auf dem betreffenden Gebiete arbeitenden Fachmann von Wichtigkeit; Avährend sie für den Bachmann verwandter Gebiete von. minderem Belange sind. Die Autoren werden demnach gebeten, derartige Einzelheiten als »Ergänzungen« - ihren. Arbeiten beizugeben, und zwar womöglich in. Maschinenschriit und in zwei Exemplaren. Diese »Ergänzungen« sollen nicht veröffentlicht, sondern in der Kanzlei, ‚der Akademie aufbewahrt und eines davon über Wunsch an Interessenten für einen, "Monat entliehen werden. Über die Beigabe solcher »Ergänzungen« wird am Ende. der Arbeit ein entsprechender Vermerk stehen. Ferner werden die Herren Autoren ersucht, behufs Verringerung der Druck- kosten und Erzielung einer größeren Übersichtlichkeit jene Teile ihrer Arbeiten in Kleindruck zu bringen, welche ihrem Inhalte nach als Ergänzungen oder Erläuterungen des in gewöhnlichem Drucke erscheinenden Textes aufzufassen sind. | Die mathemätisch-naturwissenschaftliche. Klasse De N E 11. März 1915 in beschlossen: | Deerangen betreffend die Veröffentlichung 4 der. in die mathematisch - naturwissenschaftlichen- Klasse der. Veran le A Zusatzbestimmungen). $ 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobec suchungen können in en ER FERREETeR vr Akademie nicht n; werden, welche zwar die Ergebnisse der ern mitteilen, N e1 kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes enthalten, "wel ng Akademie ROTSBISEIEH Abhandlung. enthalten ist. Unter den Sm ren En Veh er zu N her sic legen, falls sie bereits im Besitz von Sonderabdrucken oder Bürstenabzüge $ 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar bean Eu auch wenn sie in die periodischen Bruckschriften der Akademie aufg Anzeigernotizen sollen erst ah dem. Erscheinen im An bei Zeitschriften eingereicht werden. an, Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle. ist Rn, anzugeben, % Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt. WERDEN Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, selben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt, der Bedingung, daß der Inhalt im “Anzeiger der Akademie mitgeteilt wurde die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der Wissenschaften vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig, sobald der Verfasser & ständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von der Akademie engen u ‘Von solchen ungekürzten oder gekürzten Veröffentlichungen an anderer Stelle | der Verfasser ein Belegexemplar der mathematisch- naturwissenschaftlichen a der Akademie einzusenden = Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abha d an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen: RD 1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden, d in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch nicht aus weise) veröffentlicht werden; S 2 Arbeiten, welche von der Akatänie subventioniert wurden, drten. rau mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden; Ken 3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und gekürzter 5 veröffentlicht werden, außer wenn die maihematisch-näturwiseopSenEEzEBEE \ , 7 zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt. ’ . Br rFeh Im 3 9088 01303