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Sitzungsberichte

der

philosophisch -philologischen

und der

historischen Classe

der

k. b. Akademie der Wissenschaften

zu JNJ^ünchen.

Jahrgang 1893.

Erster Band,

München

Verlag der K. Akademie 1893.

In Conimisaion bei G. Franz.

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Inhalts - Uebersiclit.

Die mit * bezeichneten Abhandlungen sind in den Sitzungsberichten nicht abgedruckt.

OeffentUche Sitzung der Jcgl. Akademie der Wissenschaften zur

Feier des 134. Stiftungstages am 21. März 1893. g^-^.^

V. Pettenkofer: Einleitende Worte 238

V. Brunn: Nekrologe 238

V. Cornelius: Nekrologe . . .- 241

*Göbel: Gedächtnissrede auf Carl von Nägeli 252

*Carriere: Erkennen, Erleben und Erschliessen 252

Philosophisch -pliilologisclie Classe.

Sitzung vom 7. Januar 1893. * Hertz: Die Sage vom Giftmädchen 1

Sitzung vom 4. Februar 1893. V. Christ: Horatiana 57

Sitzung vom 4. März 1893. Keinz: Aus der Augsburger Meistersingerschule. Ein gelehrter

Meistersinger und ein Liederbuch 153

Sitzung vom 6. Mai 1893. Wölfflin: Neue Bruchstücke der Freisinger Itala .... 253 Anhang: Neue Bruchstücke des Evangelium Palatinum von Hugo Linke 281

Sitzung vom 3. Juni 1893. ■*Sturapf: Geschichte des Consonanzbegriifes I. Theil : Die

Lehre im klassischen Alterthum 303

IV

Historische Classe.

Sitzung vom 7. Januar 1893.

*7. Hefner-Alteneck: Ueber den Wertb der alten Kalender- bilder für das Studium der Culturgeschichte ....

V. Reber : Die Bildnisse der berzoglicb bayerischen Kunstkammer nach dem Fickler'schen Inventar von 1598

Seite

Sitzung vom 4. März 1893. Dove: Bemerkungen zur Geschichte des deutschen Volksnamens 201

Sitzung vmn 6. Mai 1893.

*Quidde: Untersuchungen zur Geschichte des Rheinischen

Bundes von 1254 288

Frhr. v. Oefele: Vermisste Kaiser- und Königsurkunden des

Hochstiftes Eichstätt 288

Sitzung vom 3. Juni 1893.

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Taentiner Chroniken des

Tolosanus und seiner Fortsetzer 303

Einsendung von Druckschriften 373

Register 395

Sitzungsberichte

der

königl. bayer. Akademie der Wissenschaften.

Philosophisch-philologische Classe.

Sitzung vom 7. Januar 1893. Herr Hertz hielt einen Vortrag:

,Die Sage vom Giftmädchen". Derselbe wird in den „Abhandinngen" veröffentlicht werden.

Historische Classe.

Sitzung vom 7. Januar 1893.

Herr von Hefner-Alteneck hielt einen nicht zur Ver- öffentlichung bestimmten Vortrag :

„Ueber den Werth der alten Kalenderbihler für das Studium der Culturgeschichte."

1803. Pliilns.-pliilol. 11. liist. Ol. 1.

Sitzung der histor. Classe vom 7. Januar 1893.

Herr von Reber hielt einen Vortrag:

,Die Bildnisse der herzoglich bayerischen Kunstkamnier nach dem Fickler'schen In- ventar von 1598."

Den weitaus grössten Theil der Gemälde der herzoglich bayerischen Kunstkammer bildeten nach dem Fickler'schen Inventar von 1598 die Bildnisse. Ihre Anzahl beläuft sich auf 579, somit bei einer Gesammtzahl von 778 Stück ziem- lich genau auf drei Viertheile des ganzen Gemäldebestandes. Von einigen Gruppen ist bereits gehandelt worden.^) So von den zweifellosen Idealbildnissen griechischer und römischer Dichter und Philosophen von Homer und Pythagoras bis Ovid und Cato , wie von Helden des Alterthums von Cyrus bis Totilas. Ebenso von den zur Gattung der Idealbildnisse zählenden italienischen Dichtern Dante, Petrarca und Boccaccio oder von Ordensheiligen wie Antonius von Padua und Thomas von Äquino. Ausserdem von Bildnissen, welche in das Ge- biet der Curiosa fallen , wie die bärtigen Jungfrauen oder die reiche Suite von Zwergen und Narren und anderen miss- gestalteten Personen, die Mörder, Zauberer und Hexen, und endlich von den kulturgeschichtlichen Costümbildern. Wir haben es daher nur noch zu thun mit dynastischen Porträts, mit Bildnissen von Personen, welche mit dem Hof in Bezug standen und mit solchen von historischen Persönlichkeiten im Allgemeinen.

Dabei kommen verschiedene Gesichtspunkte in Betracht:

1) die Frage nach der dargestellten Person, welche in

den meisten Fällen leicht, nicht selten aber beim Fehlen einer

genauen Bezeichnung nur muthmasslich gelöst werden kann ;

1) Sitzungsberichte der philos.- philo! . und hist. Classe der k. bayer. Akademie der Wissenschaften. 1892. S. 137 f.

V. Beber: Die Bildnisse der herzogt, hayer. Kunsthammer. 3

2) die Frage nach der Entstehungszeit des Bildes, deren Beantwortung keineswegs immer mit der Behandlung der ersten Frage zusammenfällt, da es nicht an späteren Wieder- holungen von nach dem Leben gemalten Originalen, oder an späteren Bildnissen fehlt, denen gar kein authentisches Porträt zu Grunde liegt, wie sie bei der Vorliebe für gleich- artige Bildnissreihen unvermeidlich waren ;

3) die Frage nach dem Urheber des Werkes oder in Ermangelung eines bestimmten Namens der betreffenden Schule, somit die kunsthistorische Seite, worin allerdings bei dem in dieser Beziehung höchst mangelhaften Inventar und bei dem geringen Kunstverständniss und Interesse der be- treffenden Sammler leider nur geringe Ausbeute zu erwarten ist;

4) endlich der historische Anlass der Erwerbung, welcher freilich oft mit der Entstehungszeit eines Bildes zusammen- fällt und sogar manchmal für die Bestimmung derselben massgebend ist.

Es könnte nun wohl Inventar und erhaltener Bestand nach jedem dieser Gesichtspunkte für sich geprüft werden; wenn aber die Untersuchung nach den vier Richtungen ge- führt werden soll, dürfte es unzweckmässige Weiterungen zur Folge haben, wenn nicht für jedes einzelne Objekt die vier Gesichtspunkte zugleich in Betracht gezogen würden. Der Anordnung muss jedoch die muthmassliche Entstehungs- zeit zu Grunde gelegt werden, der die Gruppirung nach den Ländern, welchen die Dargestellten .und zum Theil auch die Künstler angehörten, untergeordnet werden muss. Es braucht kaum bemerkt zu werden, dass die Anordnung des Inventars überhaupt keinem der angegebenen Gesichtspunkte entspricht und eine lediglich lokale nach dem zufälligen Aufstellungs- ort der Gemälde ist.

Die Prüfung des ganzen Vorrathes ergiebt , dass seiner Entstehungszeit nach kein Bildniss über das 15. Jahrhundert hinaufreicht, und dass auch von jenen , die der Kunst des

4 Sitzung der histor. Glasse vom 7. Januar 1893.

deutschen, niederländischen , französischen oder italienischen Quatrocento angehören oder angehören können, nur ver- hältnissmässig wenige sind; ausserdem, dass wir für keines der muthraasslich in dieser Zeit entstandenen Bildnisse einen Künstlernamen mit Sicherheit beibringen können, da das In- ventar keinen derselben giebt , und gerade diese Gruppe in Folge der Abgeneigtheit der späteren Besitzer gegen alter- thümliche Werke am meisten durch Verschleuderung gelitten hat und sonach in den Werken selbst wenig Handhabe zur Bestimmung mehr darbietet. So unsicher übrigens eine Be- stimmung an den selten mit Künstlernamen bezeichneten Bildnissen des Quatrocento auch wäre, so bleibt doch das Verschwinden der einst vorhandenen Werke dieser Periode, vielleicht schon bei der deutschen Gruppe, sicher aber bei der niederländischen und italienischen sehr bedauerlich.

Was zunächst die Bildnisse jener Fürsten betrifft, welche vor 1500 lebten und deshalb vor 1500 gemalt und in den Besitz des Herzogs Albrecht IV. gekommen sein können, so gehören dahin von deutschen Fürstenbildern vorerst die Familienbilder Kaiser Friedrich IIL (1440 1493) und seiner Gemahlin Eleonore von Portugal, luv. F. 3148 und 3149. Durch ihren Verlust lassen die beiden Stücke die Frage offen, ob sie von einem deutschen oder niederländischen Maler her- rührten, es dürfte jedoch ausser Zweifel stehen, dass sie an- lässlich der Vermählung der Tochter des genannten Kaiser- paares , nemlich Kunigundens von Oesterreich mit Herzog Albrecht IV. von Bayern im Jahre 1487, an das bayrische Haus gekommen sind und demnach zu den ältesten Bestän- den des bayerischen Gemäldeschatzes gehörten.

In die Zeit vor 1500 dürfte auch von den vier Bildnissen Kaiser Maximilian I. luv. F. 2723, 2835, 3109 und 3174 wenigstens das nicht mehr nachweisbare letztere fallen, welches das Pendant zu dem leider verlorenen Bildniss der Maria von Burgund f 1482, luv. F. 3175, bildete. Hieher gehört

V. Beher : Die Bildnisse der herzogt, bayer. Kunstkammer. o

dann auch noch das ebenfalls verlorene, mit 1493 datirte ßildniss der 1480 geborenen Tochter Maximilians und der Maria von Burgund, Margaretha, Inv. F. 3103, möglicher- weise ebenfalls seinem Ursprünge nach der Nachfolge Mem- lings zuzuschreiben. Die drei letztgenannten Bildnisse ge- hörten sicher zu den Erwerbungen Albrechts IV. beziehungs- weise Kunigundens, wie auch Inv. F. 2679 das Bildnisss des Königs Karl VIII. von Frankreich (1483—1498) da dieselbe Margaretha, Kunigundens Nichte, mit diesem 1482 verlobt, aber 1491 wieder zurückgeschickt worden war.

Selbst von den naturgemäss zahlreichsten Porträts der bayrischen und pfälzischen Fürstenhäuser entfallen nur wenige auf die Zeit vor 1500. Die beiden bayrischen sind überdies nicht mehr erhalten, nemlich das Bildniss der Ge- mahlin Albrecht III., Anna von Braunschweig, vermählt 1437 (Inv. Fickler Nr. 3110) und „Contrafeht eines alten Pfalz- grafen am Rhein soll Herzog Wolfgang geheissen haben", vielleicht Wolfgang, der Sohn Albrecht III., geb. 1451, f 1514. Die beiden der Zeit der Dargestellten nach hieher- gehörigen Pfälzer Bildnisse aber, Friedrich I. der Siegreiche, geb. 1425, t 1476, (Inv. F. Nr. 3123) und Friedrich I. der Hunsrücker, geb. 1414, f 1480 (Inv. F. 2832) sind die beiden in der Ahnengalerie in Schieissheim Nr. 75 und 90 (St. Inv. 2443 und 4253) erhaltenen Exemplare späterer Ent- stehung und der Zeit B. Beham's und somit der Sammlung Wilhelm IV. zuzuschreiben.

Von höherem Interesse war muthmasslich die stattliche Reihe von Bildnissen braban tischer und burgundischer Fürsten , welche das Fickler'sche Inventar aufzählt, Sie stellten dar: Ludwig II. von Malen (1346—1384) und dessen Gemahlin Margaretha von Brabant (Inv. F. 3154 und 3155), Philipp den Kühnen (1363 1404) und dessen Gemahlin Margaretha von Flandern (Inv. F. 3168 und 3169), Johann den Unerschrockenen (1404 1419) und dessen Gemahhn

6 Sitzung der histor. Classe vom 7. Januar 1893.

Margaretha von Bayern-Holland (Inv. F. 3170 und 3171), Philipp den Guten (1419 1467) und dessen Gemahlin Isa- bella von Portugal (Inv. F. 3150 und 3151, 3164 und 3165, 3172 und 3173), Karl den Kühnen (1467 und 1477) und dessen Gemahlin Isabella von Bourbon (Inv. F. 3152 und 3153). Diese Bildnisse stellen mit Ausnahme der mehr- fachen Wiederholungen der Bildnisse Philipp des Guten und seiner Gemahlin offenbar eine Serie dar, und man hat Grund zu glauben, dass diese Serie mit den obenerwähnten Bildnissen Maximilians 1. und seiner Gemahlin Maria von Burgund (luv. F. 3174 und 3175) und deren Tochter Margaretha, gemalt 1493, abschloss, wie diess schon die Nummernfolge der Kunstkammer anzudeuten scheint. Daraus würde sich aber ergeben, dass sie sämtlich mit Ausnahme der erwähnten Wiederholungen um 1493 gemalt seien, muthmasslich einem Nachfolger Memlings ihren Ursprung verdankten und zu den Erwerbungen Kunigundens, der Gemahlin Albrecht IV., gehörten.

Wenn es aber klar ist, dass zwei von den drei Bildniss- paaren Philipp des Guten und seiner Gemahlin nicht zur übrigen Serie gehören können, so bedürfen diese zwei Paare noch einer besonderen Erörterung. Eine einfache Wiederholung des vorhandenen Paares der Serie ist, als für jede Sammlung zweck- und sinnlos, nicht anzunehmen, Waren sie aber an- deren Ursprungs . so wissen wir , dass gerade Philipp der Gute es war, der nach dem Tode Johann III. von Straubing- Holland, des vorherigen Patrons des Jan van Eyck , diesen im Jahre 1425 als Hofmaler in seine Dienste nahm und bis 1428 zu Lille beschäftigte. Im Oktober 1428 nach Portugal gesandt, um dort das Brautporträt Isabellens für seinen Herrn zu malen , hatte der Künstler sogar die Auszeichnung er- fahren, die Prinzessin (1829) nach Brabant zu geleiten. Wir erfahren dann noch, dass Jan van Ejck auch weiterhin im Dienste des Herzogs stand und sogar in der bedrängtesten

V. Beber: Die Bildnisse der herzogl. bayer. Kunsthammer. 7

Zeit desselben von dem Soldeinzug ausgenommen war. Es darf also bei dem einen oder andern dieser Bildnisspaare Philipp des Guten an ein Original des Jan van Eyck oder an eine Copie nach einem solchen gedacht werden, obwohl, da Philipp der Gute den Jan van Eyk um 27 Jahre über- lebte, nicht ausgeschlossen ist, dass auch irgend ein anderer niederländischer Künstler der van Eyk'schen Nachfolge direkt oder indirekt dabei betheiligt war, wie es auch statthaft ist, dabei Rogier van der Weyden in 's Auge zu fassen, auf dessen in der Pinakothek zu München befindlichem Dreikönigsbilde die Bildnisse Philipp des Guten und seines Sohnes Karl des Kühnen vorkommen sollen. Da aber wenigstens die ge- schlossene Serie nach dem letzten Gliede zu schliessen nicht vor die Zeit Memlings fällt, so dürfen wir, auch wenn in die bayrische Sammlung wenigstens von der eigentlich bur- gundischen Reihe nur Copien gelangten , doch auf solche schliessen . welche von einem vielleicht minderwerthigen Niederländer Maler vom Ende des 15. Jahrhunderts, mithin der Zeit eines Gerard David nach Originalen der Zeit von Jan van Eyck bis Memling hergestellt worden sind. Auf alle Fälle bleibt es hochgradig zu bedauern , dass die ein- schlägigen Bildnisse sämmtlich unnachweisbar und auf eine unverfolgbare Art verschwunden sind. Beseitigung aus Ge- ringschätzung der dargestellten Personen oder der sich aus- sprechenden Kunst ist wohl ausgeschlossen , ungleich wahr- scheinlicher schankungsweise Ablassung. Dass sie Maximi- lian I. nicht in seine Kammergalerie her übergenommen, wie diess deren Inventar von 1627/8 lehrt, beweist zwar noch nicht ihr Nichtmehrvorhandensein in der Kunstkammer zu seiner Zeit, da wir wissen, dass Maximilian ausser bayrischen Ahnen keine Porträts in seine Sammlung aufnahm. Es bleibt jedoch die Möglichkeit offen, dass sie bald nach seinem Re- gierungsantritt anlässlich der im Jahre 1600 vollzogenen Vermählung seiner Schwester Marianne mit Erzherzog Fer-

8 Sitzung der histor. Glosse vom 7. Januar 1893.

dinaiid, dem nachmaligen Kaiser Ferdinand II., abgegeben wurden. Denn für kein Fürstenhans konnte das Geschenk einen ähnlichen Werth haben als für das habsburgische, welches auf die Abstammung von der Erbin Burgunds stolz zu sein allen Grund hatte. Indess wüsste ich die Bilder, welche sich nicht in der kaiserlichen Galerie zu Wien be- finden, vorerst nicht nachzuweisen.

Mit dem Regierungsantritt Wilhelm IV. (1508 1550) werden die Bildnisse zahlreich und zwar überwiegend ori- ginal, d. h. nach dem Leben gemalt. Das Letztere kann zwar von den drei in seine Zeit fallenden Papstbildern, welche die Päpste von 1492 1521 darstellen, nicht behauptet wer^ den, wenn auch angenommen werden darf, dass sie von Wil- helm IV. erworben wurden, da sie von der durch Wilhelm V. beschafften Papstserie von 1566 1602 durch eine Lücke von 45 Jahren und 7 Päpsten getrennt sind. Die vier Bild- nisse luv. F. 2588 Alexander VI., Inv. F. 2608 Julius IL, luv. 2592 und 2596 Leo X., wahrscheinlich Repliken eines untergeordneten italienischen Malers, von welchen vielleicht ein Exemplar der Bildnisse Leo's zu den Erwerbungen Al- brecht V. und zur Serie der berühmten Persönlichkeiten ge- hörte, sind nicht mehr vorhanden. Interessanter als derlei massenhaft hergestellte Repliken von Kirchenfürsten mag das gleichfalls verlorene Bild Inv. F. 2603 gewesen sein, „Bapst Julius der ander in dem Bildtnuss wie er mit seinem Volckh vor Mirandula gelegen", doch giebt die Beschreibung keine Handhabe, zu entscheiden , ob wir es mit einem Porträt auf Schlachthintergrund oder einem idealen Schlachtbild, ob mit einem italienischen Werke oder einem deutschen nach Art der von Wilhelm IV. bestellten Historienreihe zu thun haben.

Von den Bildnissen des Kaiserhauses gehören, wie bereits erwähnt worden ist, wenigstens das eine oder andere der Inv. F. 2723, 2835 und 3109 aufgeführten Bildnisse

V. Reber: Die Bildnisse der herzogl. hayer. Kunstlcammer. 9

Maximilians T. mutbmasslich , das davon erhaltene, St. Inv. 1156, Münchener Nationalmuseum (Holz 60 : 45 cm, dem B. Strigel zuzuschreiben), höchst wahrscheinlich erst in die Zeit Wilhelm IV. Ebenso wohl eines der Inv. F. 3160 und 3162 gegebenen Bildnisse Philipp des Schönen (f 1506). Die Jahrzahl 1493 auf dem oben angeführten Bildnisse Mar- garetha's lässt jedenfalls nicht daran denken, dass diese Bild- nisse die Fortsetzung der burgundischen Keihe bildeten , in welchem Falle auch das über dieselbe oben Gesagte hinfällig würde. In die Regierunorszeit Wilhelm IV. fallen dann auch die zwei Bildnisse Karl V,, Inv. F. 3025 und 3158, von wel- chen das erstere, als „im Küriss gemahlt" näher charakterisiert erscheint. Doch ist nicht sicher zu entscheiden, ob von den vier jetzt vorfindlichen Bildnissen Karl V. die aus dem Schlosse zu Dachau in die Schleissheimer Galerie Nr. 177 und 178, Holz 41 : 33 cm und 42 : 34 cm, gebrachten Bild- nisse (St. Inv. 2558 und 2611), der Nachfolge B. Behams zugeschrieben, darauf zu beziehen seien; jedenfalls ist es un- wahrscheinlicher, dabei an St. Inv. 6884, Depot zu Schleiss- heim Lw. 70 : 45 cm oder gar an das berühmte Bild von Tizian von 1548 Pinakothek Nr. 1112 (St. Inv. 632) zu denken. Zu dem Bildniss Karl V., Inv. F. 3158, gehörte als Gegenstück Inv. F. 3159, Isabella von Portugal, Ge- mahlin Karls V., schwerlich zu identifizieren mit dem erhal- tenen Bildniss jener Kaiserin, St. Inv. 5282 Galerie zu Augs- burg Nr. 274 dem Moroni zugeschrieben, welches aus Mann- heim in bayrischen Staatsbesitz gelangt ist. In Wilhelms IV. Zeit fallen dann auch die Pendants, Inv. F. 3156 und 3157, Ferdinand 1. als König von Böhmen und Ungarn, mithin vor 1556 gemalt, und seiner ihm 1521 angetrauten Ge- mahlin Anna von Böhmen und Ungarn, für w^elche nur un- sicher die erhaltenen Bildnisse, St. Inv. 3183 und 6940, Depot zu Schieissheim, Lw. 192 : 100 cm., in Anspruch ge- nommen werden können, wie auch das Einzelbildniss Anna's

10 Sitzung der histor. Classe vom 7 . Januar 1893.

luv. F. 2996. Endlich zwei Bildnisse, Inv. F. 2753 und 2755 ^Frewlin Anna von Oesterreich, Kayser Maximilian I. Schwester Ires alters Im 15, Jar" und „Freulin Maria von Oesterreich, Kayser Maximilians des ersten andere Schwester Ires alters Im 13. Jar", bei welchem ein Versehen des In- ventarisators zweifellos ist. Denn Friedrich III. hatte ausser Kunigunde keine Töchter, und es wird sich deshalb nicht um die Schwestern Maximilian I., sondern um jene Maxi- milian IL handeln, nemlich um Anna, geb. 1528, erst ver- lobt mit Herzog Wilhelms IV. Erstgebornen , dem schon 1534 verstorbenen Theodo, dann 1546 vermählt mit dessen Bruder Albrecht nachmals dem V., und um Maria, geb. 1531, vermählt 1546 mit Herzog Wilhelm V. von Jülich. Die beiden nicht mehr erhaltenen Bilder waren demnach 1543/4 gemalt und hängen, wie die ganze Reihe des Kaiserhauses seit Maxi- milian L, ihrer Erwerbung nach mit der Vermählung Anna's von Oesterreich mit Albrecht V. von Bayern 1546 zusammen. Demselben Erwerbungsjahre gehört zweifellos eine dritte Bildnisserie an, nemlich jene des ungarischen Könighauses. Denn Albrecht V. Gemahlin , Anna von Oesterreich , war mütterlicherseits die Enkelin Wladislaw II. von Ungarn und Böhmen und die Tochter der Erbin dieser beiden Länder. Die von Mathias Corvinus bis Ludwig IL 1458 1526 reichende Reihe lässt jedoch die beiden ersteren Könige Mathias und Wladislaw IL (Inv. F. 2658 und 2745) nicht mehr nachweisen. Dass Ludwig IL im Inv. F. viermal er- scheint, nemlich 3166 ohne nähere Bestimmung, 2816 jung und als Bräutigam, 2807 imbärtig, 2812 älter und bärtig, erklärt sich vielleicht aus seiner Doppelbeziehung zum Hause Oesterreich, nemlich als Gemahl der Schwester Karl V. Maria, welche ihn um fast 30 Jahre überlebte, und als Oheim der Gemahlin des bayerischen Herzogs Albrecht V. In der That erscheint auch seine Gemahlin Maria wiederholt im herzog- lichen Gemäldeschatz, Inv. F. 2809 und 2813, das erstere

V. Reher : Die Bildnisse der herzogl. hayer. Kunstkammer. 1 1

Bild nach der einstigen Aufhängung sicher das Gegenstück des ubenaufgeführten Bildes Ludwig IL. Liv. F. 2807, das letztere nach der Beschreibung des Fickler'schen Liventars „im Klag- schlajr" das Gegenstück von Nr. 28 L2 und als Witwenbild wohl bald nach 1526, dem Todesjahre Ludwig IL, gemalt. Die beiden letzten Pendants sind noch erhalten, Ludwig IL, St. Inv. 3559 in der Pinakothek, Nr. 268, Holz 43 : 34 cm, angeblich von B. Beham . ein düsteres, krankes Gesicht, wahrscheinlich wenigstens dem Originale nach kurz vor seinem Tod gemalt, und Maria als Witwe, St. Inv. 3564, Galerie zu Schieissheim Nr. 114, Holz 45 : 35 cm.

Die zahlreichste und wichtigste , glücklicherweise auch besterhaltene Porträtgruppe der ersten Hälfte des 16. Jahr- hunderts stellen die bayrisch-pfälzischen Färstenbilder. Von Albrecht IV. (f 1508) hatte die Sammlung noch kein gleichzeitiges Bildniss, wie überhaupt in der Zeit dieses Fürsten die fränkischen und schwäbischen Meister vom An- fang des 16. Jahrhunderts für den Münchener Hof noch nicht existirt zu haben scheinen und nur geringe Spuren von Bilderbedürfniss überhaupt nachweisbar sind. Die im Inv. F. unter Nr. 3140 und 3139 aufgeführten Bildnisse AI- brecht IV. und seiner Gemahlin Kunigunde von Oesterreich (f 1520 als Nonne) ohne Zweifel dieselben, welche sich jetzt St. Inv. 2444 und 2445 in der Ahnengalerie zu Schieissheim Nr. 12 und 13, Holz 96: 71 cm befinden, sind lange nach dem Tode beider gemalt und mit dem Monogramm von B. Beham und mit den Jahrzahlen 1535 und 1531 datirt. Sie gehören daher bereits der Porträtgalerie des Herzogs Wilhelm IV. an, welcher, wie wir bereits früher nachgewiesen , als der Gründer der Gemäldesammlung am Münchener Hofe be- trachtet werden muss. Von Herzog Wilhelm IV. und seiner Gemahlin Jacoba führt das Fickler'sche Inventar in Nr. 3014 und 3613, 3033 und 3034, 3137 und 3138, drei Porträt- paare auf, welche sich noch sämtlicli in den heutigen Be-

12 Sitzumj der histor. Glasse vom 7. Januar 1893.

ständen nachweisen lassen. Zunächst in den beiden Bildnissen St. Tnv. 17 und 18, Pinakothek Nr. 223 und 224, Holz 68 : 46 cm, das erstere rückseits mit 1526 datirt und neuer- lich auf Grund einer Inventarnotiz von 1775 dem Maler Hans Schwab von Wertingen zugeschrieben, welcher 1494 bis 1526 als Hofmaler in Landshut nachweisbar erscheint und der Regensbnrger Schule angehört. Ein zweites Paar bilden die Gemälde St. Inv. 2456 und 2457 in der Schleiss- heimer Ahnengalerie Nr. 17 und 18, beide mit dem Mono- gramm B. Behams bezeichnet und mit 1533 datirt. Diese ge- hörten nach Künstler, Entstehungszeit und Grösse (96 : 71 cm) zu der von Wilhelm IV^. angelegten bayerisch pfälzischen Bildnissreihe. Das dritte Paar aber ist in dem Bildniss Wil- helm IV. St. Inv. 3209, jetzt im Nationalmuseum zu München und in dem Bildniss Jacoba's St. Inv. 4254 mit der An- gabe des 25. Lebensjahres (1532) jetzt im Schleissheimer Depot zu suchen. Beide Bilder messen 81 : 69 cm. Der- selben Zeit gehörte auch das jetzt nicht mehr nachweisbare Kinderbild Inv. F. 3043 an: „ein Däfele darauf Zwen Junge Fürsten in Bayrn Contrafeht, der erst seines Namen Dieth Lateinisch genant oder gedieht Theodo (älteste Sohn Wil- helm IV., geb. 1526, f 1534), der ander Albertus (nachmals Albrecht V., geb. 1528, f 1579)." Von Jünglingsbildnissen Albrecht V. von 1543 und 1545 wird später die Rede sein. Dagegen nennt das Fickler'sche Inventar 3012 und 3132 zwei Bildnisse von Herzog Ludwig, Bruder und Mitregent Wilhelm IV., während sich vier Bildnisse desselben erhalten haben. Von diesen wird wohl St. Inv. 2448 jetzt Ahnen- galerie zu Schieissheim Nr. 15, Holz 96 : 71, der Bezeichnung mit dem B. Beham-Monogramm und 1530 und den Maassen nach zu der Beham-Serie des bayrischen Fürstenhauses ge- hören, und ebenso das im St. Inv. Nr. 2453 gleichfalls dem B. Beham zugeschriebene , jedoch eher einem Schüler des- selben angehörige Bild des Schleissheimer Depots gleicher

V. lieber: Die Bildnisse der herzocjl. hayer. Kimstlcammer. 13

Grösse den von Fickler verzeichneten Stücken entsprechen. Möglicherweise gehörte jedoch das Letztere, das aus der kur- fürstlichen Galerie zu München stammende Bild des Herzoa's Ludwig, St. luv. 2530, Holz 72 : 48 cm, in der Schleissheimer Galerie Nr. 149 dem Chr. Amberger zugeschrieben, zu den Beständen des Fickler'schen Inventars, während unseres Erachtens die beiden jetzt in der Galerie zu Augsburg Nr. 679 und 689 (St. Inv. 5312 und 5311) befindlichen Bild- nisse der Herzoge Ludwig und Wilhelm IV., von R. Marggraf wenig zutreffend einem Nachfolger des Burgkmair zuge- schrieben, durch ihre Epitaph-Inschriften nicht auf die her- zogliche Galerie , nach ihrer Datirung sicher nicht auf die Erwerbungen Wilhelm IV. bezogen werden können.

Kaum minder bedeutend ist der der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstammende Vorrath von Bildnissen der Pfalz er Linien. Leider aber ist hier die Identifizirung der im Fickler'schen Inventar enthaltenen Porträts mit den er- haltenen hauptsächlich aus dem Grunde schwieriger, weil Fickler die Beschreibungen höchst ungenau giebt und die vielen gleichnamigen Pfalzgrafen nur selten mit Beinamen und Zahlen unterscheidet. Es bleibt ja immerhin möglich, dass Inv. F. Nr. 3123 Bildniss des Pfalzgrafen Friedrich des Streitbaren auf das im Schleissheimer Depot befindliche Bild (St. Inv. 4239, Holz 83 : 65 cm) zu beziehen sei , auf welchem neben dem Namen des Pfalzgrafen und Kurfürsten der inschriftliche Zusatz steht: „von aim alten conterfet dabey kain jarzal stet hieher abgemacht", allein es ist wahrschein- licher, dass es mit dem Bilde, St. Inv. 2443, Ahnengalerie zu Schieissheim, Nr. 75, Holz 97:71, angeblich von B. Beham, Friedrich den Siegreichen darstellend, identisch sei und zu der mehrfach berührten Fürstenserie gehört, welche im Auftrage Wilhelm IV. keineswegs durchaus nach dem Leben gemalt wurde. Selbst die nähere Bezeichnung des Pfalz- grafen Friedrich „der Jünger", Inv. F. 3127, lässt nicht

14 Sitzung der histor. Classe vom 7. Januar 1S03.

sicher entscheiden, ob darunter Friedrich IL, der Weise (geb. 1482, f 155G) oder Friedrich IL von Simraern, als Kurfürst Friedrich IIL (geb. 1515, f 1576) gemeint sei. Auf den ersteren passen unter den erhaltenen Bildern, St. Inv. 2501, Galerie zu Schleissheini Nr. 116, Holz 68:47, von Hans Schwab von Wertingen und St. Inv. 2451 , Ahnengalerie zu Schieissheim Nr. 84, Holz 96 : 70 cm , mit Monogramm von B. Beham und der Jahrzahl 1533, welche beide Bilder nach Dimensionen und Hofkünstlern sich in die mehr- erwähnten bayrischen Bildnissfolgen von Wertinger und B. Beham einfügen. Noch zweifelhafter wird die Sache, wenn Inv. F. Nr. 2832 und 2842 kurzweg von Bildnissen des „Pfalzgrafeu Friedrich von Haydelberg* spricht, wobei viel- leicht die grössere Wahrscheinlichkeit auf Friedrich IL von Simmern fällt. Dem letzteren entspricht ein den Maassen nach in die Beham 'sehe Folge fallendes Bild des dermaligen Bestandes St, Inv. 3874. Ahnengalerie zu Schieissheim Nr. 93, Leinw. 95 : 70 cm, vielleicht auch St. Inv. 2514, Galerie zu Schieissheim Nr, 121, Holz 43:33 cm, bezeichnet mit 1546. Ein drittes der von Wilhelm IV. bestellten Beham'- schen Porträtreihe angehöriges Bild aber , St, Inv, 4253, Ahnengalerie zu Schieissheim Nr. 90, Holz 96 : 70 cm, wird dermalen (vielleicht ohne genügenden Grund) durch die Be- nennung Friedrich der Hunsrücker abgefunden.

Die zwei Bildnisse Inv, F. 2813'^'« „Pfalzgrafen Phi- lippen von Haydelberg contrafeht" und Inv. F. 3114 „Phi- lipps Pfalzgrafe bei Rhein" lassen gleichfalls unentschieden, ob darunter Philipp der Aufrichtige (geb. 1448, f 1508) oder Philipp der Kriegerische (geb. 1503, f 1548) zu ver- stehen sei. Für den ersteren bleibt uns unter den erhaltenen Philippbildnissen die Wahl zwischen zwei jetzt im Schleiss- heimer Depot befindlichen Werken St, Inv. 3876, Lw, 90 : 76 cm und St, Inv. 2528, Holz 60 : 45 cm. Auf den letzteren dagegen passt das sicher zu der mehrerwähnten Behara-Serie

V. Beber: Die Bildnisse der herzogl. bayer. Kunstkammer. 15

gehörige Bild St. Inv. 2455, Sehleissheimer Galerie Nr. 176, Holz 94 : 68 cm , bezeichnet mit dem Monogramm des B. Beham und der Jahrzahl 1534. In zweiter Reihe muss je- doch auch an zwei andere Bildnisse desselben Fürsten im dermaligen Gemäldebestande gedacht werden , nemlich an das aus dem Schloss zu Neuburg in die Sehleissheimer Ahnen- galerie Nr. 78 gelangte Bild St. Inv. 2535, Holz 96:70, mithin von den mehrerwühnten Dimensionen der bayerischen Porträtserie der Zeit Wilhelm IV., ein Bild, als dessen Ur- heber schwankend H. Wertinger oder H. Mielich angegeben wird, und das hübsche Bildchen St. Inv. 683, Pinakothek Nr. 286, Holz 41 : 30 cm, bezeichnet mit dem Monogramm des H. Baidung Grien und 1518^), das möglicherweise schon durch die Herzogin Jacoba nach Bayern gelangte.

Der Sohn des Kurfürsten Philipp des Aufrichtigen, Pfalzgraf Philipp, geb. 1480, Probst zu Mainz 1491, Bischof von Freising und Naumburg, f 1541, erscheint zweimal im Fickler'schen Inventar Nr. 3120 und 3122, das erstemal mit dem Datum 1532. Man darf wohl annehmen , dass dieses Datum vom Inventarisator nicht genau gelesen oder ver- schrieben worden sei. Denn unter den dermaligen Beständen findet sich ein Bildniss dieses Bischofs von Freising in den Maassen der Familienbilder Wilhelm IV., St. Inv. 2454, Ahnengalerie zn Schieissheim Nr. 77 mit dem Monogramm B. Beham's und der Jahrzahl 1533, Holz 96 : 71 cm, wel- ches wohl mit Nr. 3120 des Fickler'schen Inventars identi- fizirt werden darf, wonach auf Inv. F. 3122 ein anderes St. Inv. 4483 im Depot zu Schieissheim , Holz 90 : 75 cm entfällt.

Nicht völlig aufgeklärt ist das Bildniss, Inv. F. 3119, welches einen Pfalzgrafen Philipp, Bischof zu Brixen , dar-

1) W. Brambach, Bildnisse zur Geschichte des badischen Fürsten- hauses. Karlsruhe 1881, S. 15.

16 Sitsung der histor. Classe vom 7. Januar 1893.

stellen soll. In der That kommt ein Pfalzgraf Philipp, Bischof zu Brixen, mit der dies besagenden Inschrift im der- maligen bayrischen Gemäldebestand zweimal vor , St. Inv. 2528, Schleissheimer Galerie Nr. 111, Holz 71:47 cm und St. Inv. 3211, Schleissheimer Galerie Nr. 117, Holz 70 : 45 cm, das erstere von M. Ostendorfer, das zweite von H. Schwab von Wertingen gemalt. Allein da es keinen Pfalzgrafen Philipp gab, der Bischof von Brixen gewesen wäre, so muss hier trotz der alten Inschriften ein Irrthum vorliegen , der sich bis auf die neueste Zeit unbemerkt fortschlich und der sich vielleicht dadurch erklärt, dass die Inschriften die Be- zeichnung Episc. Frisin. corrumpirten , wodurch sich aller- dings die vorhandenen Bildnisse des Bischofs von Freising nach dem Bestände von 1598 auf drei, nach dem heutigen auf vier vermehren. Gewiss aber ist der vom Inv. F. Nr. 3113 aufgeführte „Georg Pfalzgrave bey Rhain" mit jenem BiJdniss identisch, welches die Ahnengalerie zu Schieissheim Nr. 79 unter dem Künstlernamen Hans Schwab von Wer- tingen bewahrt St. Inv. 2513, Holz 35 : 27. Es ist dies der Bruder des vorgenannten Bischofs von Freising und Naum- burg, welcher 1506 Probst zu Mainz und 1513 Bischof zu Speyer wurde und 1529 starb. Ebenso sicher ist das Bildniss eines weiteren Bruders der Bischöfe Philipp und Georg, nemlich des Johann Administrator des Bisthums Regens- burg, welchen das Fickler'sche Inventar zweimal Nr, 3118 und 3126 auffuhrt, ebenso oft noch jetzt erhalten, nemlich St. Inv. 1424, Pinakothek Nr. 297, Holz 71:47 zur Wer- tinger'schen Serie gehörig und St. Inv. 2446, Ahnengalerie zu Schieissheim Nr. 81, Holz 96 : 70 mit dem Monogramm von B. Beham und der Jahrzahl 1533.

Das Inv. F. enthält dann auch ausser zwei noch nicht hiehergehörigen Bildnissen des Kurfürsten Ludwig VI. des Gefälligen weitere „Pfalzgrafen Ludwig bei Rhein", Inv. F. Nr. 3117 und 3129. Es kann dabei an Ludwig IV. den

V. Bcher: Die Bildnisse der herzogl. hayer. Kunstkammer. 17

Sanftmüthigen, geb. 1424, f 1449 oder an Ludwig V. den Friedfertigen, geb. 1478, f 1544 gedacht werden. Auf den ersteren passt Avohl unter den noch vorhandenen Bildnissen dieses Pfalzgrafen: St. Inv. 2441, Schleissheimer Alinen- galerie Nr. 47, Holz 97 : 72, das sich wenigstens durch seine Maasse, wenn auch nicht durch seine Kunst, in die mehrer- wähnte B. Behamreihe einfügt ; auf den zweiten aber St. Inv. 2453, Ahnengalerie zu Schieissheim Nr. 82 , Holz 96 : 70, nicht blos durch seine Maasse, sondern auch durch das Beham'sche Monogramm und die Jahrzahl 1533 sich sicher als zu den Bestellungen Wilhelm IV. gehörig erweisend. Auch ein Bildniss Ludwig VI. des Gefälligen, geb. 1539, reg. 1576—1582, gehört seiner Entstehungszeit nach noch in die Regierungsperiode Wilhelm IV., nemlich Inv. F. 3124 „seines alters im 10. Jar abgemahlt 1549" (nicht mehr erhalten).

Das von Fickler Nr. 2818 aufgeführte Bildniss des Pfalzgrafen Ott Heinrich, geb. 1502, f 1556, ist sicher das erhaltene Bild, St. Inv. 2449, Ahnengalerie zu Schleissheim Nr. 86, Holz 96 : 70 und bezeichnet mit dem Beham'schen Monogramm und der Jahrzahl 1533, somit nach Maass und Inschrift zu Wilhelm des IV. Behamreihe gehörig. Die Er- scheinung eines etwa 30jährigen Mannes stimmt mit der Jahresangabe des Bildes überein. Was endlich unter Inv. F. 3111 „Ein alt contrafeht einer Pfalzgräfin ohne Namen" zu verstehen sei, entzieht sich aller Nachforschung.

Von den übrigen deutschen Fürstenhäusern gehören die zahlreichsten Bildnissreihen jenen Dynastengeschlechtern an, mit welchen das ba3^erische Fürstenhaus damals Familien- verbindungen einging. Zunächst kommt dabei das badische Markgrafenhaus in Betracht, bei dessen Bildnissen zwei Er- werbungs-Anlässe massgebend erscheinen : erstens die Ver- mählung Wilhelm IV. von Bayern mit der Markgräfin Maria Jakoba, der Tochter des Markgrafen Philipp von

1893. PLilos.-pbilol. u. bist. Gl. 1. 2

18 Sitzung der histor. Classe vom 7. Januar 1893.

Baden Sponheim im Jahre 1522, dann die Vermählung der 1532 gebornen Tochter dieses herzogliehen Paares, Mechtild mit Markgrafen Philibert von Baden 1557. In die in Rede stehende Periode der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ent- fallen nur die aus dem ersten Anlass an den Münchener Hof o-elanfj-ten Bildnisse, deren, ausser den schon oben besprochenen Porträts der Gemahlin Wilhelm IV., nur mehr wenige sind. Zunächst das von Fickler 3098 mit den Worten „Margraf Bernhardt von Baden vnd sein Gemahl" verzeichnete Bild, das sich sicher auf Bernhard IH. , den Sohn Christoph I. und Oheim Jakoba's, geb. 1474, reg. 1515—1536, bezieht. Da dies augenscheinlich ein Doppelbildniss war, so kann wenigstens nicht mit Sicherheit behauptet werden, dass hiezu das Bildniss des Markgrafen Bernhard, St. Inv. 2608, Galerie zu Schieissheim Nr. 118, Holz 70:47 cm, mit Recht dem am Hofe Wilhelm IV. beschäftigten Wertinger zugeschrieben, gehört habe, in welchem Falle die Beschreibung Ficklers nur dadurch erklärt werden könnte, dass das Bild ein Dip- tychon gewesen und dass davon der eine Flügel mit dem Bildniss der Markgräfin verloren gegangen sei. Das interes- sante Bild desselben Markgrafen, St. Inv. 1407, Pinakothek Nr. 287, bezeichnet mit dem Monogramm des Hans Baidung Grien und der Jahrzahl 1515, Holz 14 : 31 cm, kam dagegen erst nach 1598 in die bayerische Kunstsammlung, da es im Fickler'schen Inventar fehlt, wenn es nicht daselbst unter einem falschen Namen oder anonym erscheint. In die Zeit Wilhehn IV. fällt dann noch die p]ntstehung eines jetzt ab- handen gekommenen Bildnisses des Prinzen Christoph Post- humus von Baden, des jüngeren Sohnes Bernhard III. und Schwagers der xMechtilde, in seinem 12. Lebensjahre 1549 o-emalt, Inv. F. 3097, wie auch jener seines älteren Bruders des Markgrafen Philibert, Inv. F. 3060 mit dem Zusatz , seines alters im 13. Jahr" gegeben und Inv. F. 3308 ohne andere als die einfache Namensangabe. Dem ersteren Bilde

V. Reher: Die Bihhtisse der herzocß. hayer. Kunstkammer. 19

entspricht sicher St. Inv. 3261, jetzt im Germanischen Mu- seum zu Nürnberg Nr. 260, Lw. 70 : 61 cm, mit dem Namen des Dargestellten und dem Zusätze anno dei 1549, anno aetatis 13 bezeichnet und wohl mit Recht dem H. Schöpfer zugeschrieben ; dem Letzteren wohl die inschriftlose Wieder- holung desselben Bildes St. Inv. 740 . welche jedoch als Duplikat des ersteren sicher nicht bei Lebzeiten Wilhelms mit dem ersteren in den Besitz des Herzogs gekommen sein wird, sondern wohl eher erst anlässlich der Werbung Philiberts um Mechthild im Jahre 1557. Von den übrigen bei dem letzteren Anlasse an den Münchener Hof gelangten badischen Bildnissen kann erst später die Rede sein.

Von der stattlichen Reihe lothringischer Fürsten- bildnisse kam zwar kein Bestandtheil noch in der Regierungs- zeit Wilhelm IV. an das bayerische Haus, da die beiden Er- werbungsanlässe in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts fallen , allein es fällt wenigstens die Entstehungszeit des grösseren Theiles in die erste Hälfte. Das früheste Stück scheint das jetzt verschwundene Bildniss der Witwe des 1508 gestorbenen Herzogs Renatus IL, Philippa von Geldern, ,die letzte Königen zu Hyerusalem, so auf die Letzt in Barfüesser orden kommen, in welchem Habitu sie conterfeht". Inv. F. 3038. Gleichzeitig mit diesem scheint das Bildniss Anton Herzogs von Lothringen (1508 1544) Inv. F. 3050 ange- nommen werden zu dürfen , denn von den zwei jetzt im bayerischen Staatsbesitz befindlichen Porträts desselben Her- zogs, unter welchen wir für das von Fickler erwähnte Bild zu wählen haben , gehört wenigstens eines , St. Inv. 2522, Galerie zu Schieissheim Nr. 48, Holz 34 : 21 cm, sicher der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts an, im Katalog einem lothringischen Meister der Schule Clouets zugeschrieben, während ein zweites, St. Inv. 3154, Lw. 102 : 75 cm, Depot zu Schieissheim, jedenfalls der zweiten Hälfte des 16. Jahr- hunderts entstammt. Ein ähnliches Verhältniss besteht mit

2*

20 Sitzung der Jdstor. Classe vom 7. Januar 1893.

den Bildnissen der Gemahlin des Herzogs Anton , Renata, Tochter des 1496 verstorbenen Herzogs Gilbert von Bourbon- Montpensier. Nur führt von dieser schon Fickler Nr. 3051 und 3309 zwei Bildnisse auf, welchen auch zwei erhaltene entsprechen: ein älteres St. Inv. 2521, Galerie zu Schleiss- heim Nr. 47, Holz 34:21 cm, Gegenstück zum obener- wähnten Bildnisse Nr. 2522 und St. Inv. 3151, Depot zu Schieissheim, Lw. 102:75, Gegenstück zu St. Inv. 3154, Daran reiht sich, Inv. F. 2862, das Bildniss des Herzogs Franz I. , (reg. 1544 45) „Knabenweis" dargestellt, viel- leicht das Bild St. Inv. 2550, Depot zu Schleissheim, Holz 30 : 22 cm. Nicht erhalten dagegen ist das Bildniss der Gemahlin Franz I. , Christine von Dänemark , von Fickler Nr. 3009 fälschlich Gemahlin Karls genannt. Auf das letzt- genannte Herzogspaar bezieht sich dann wohl auch das bei Fickler Nr. 3049 folgenderraassen beschriebene leider ver- lorene Bild „Controfeht einer Herzogen von Lottringen sambt seinem Gemahl, welche keinen Namen haben de Anno 1544." Den Schluss der älteren Reihe bildet dann das Bildnis der Gemahlin Karl II. (HL) von Lothringen (reg. 1545 1608) nemlich der Claudia, Tochter Heinrich H. von Frankreich. Inv. F. 3008. Diesem entsprechen zwei dem Francois Clouet (ca. 1500 1572) zugeschriebene erhaltene Bilder des der- maligen bayerischen Gemäldeschatzes, St. Inv. 1489 , Pina- kothek m München Nr. 1315 , Holz 32 : 24 und St. Inv. 2557, Galerie zu Schleissheim Nr. 45, Holz 39 : 20 cm.

Sicherlich hängt der Erwerb der Mehrzahl dieser er- freulicherweise keiner nachträglich gemalten Suite ange- hörigen, sondern authentischen Bilder mit dem Brautschatz zusammen, welchen Renata, die Tochter des Herzogs Franz I. von Lothringen bei ihrer Vermählung mit Wilhelm nach- mals V. von Bayern im Jahre 1568 an den Münchener Hof brachte. Da aber die Bildnisse grossentheils doppelt in dem Fickler'schen Inventar wie in dem dermaligen Bestände vor-

V. Reher: Die Bildnisse der Tierzogl. hayer. Kunsticammer. 21

kommen, muss auch noch an einen zweiten Erwerbungs- anlass gedacht werden, der ebenso zweifellos wie im ersteren Falle in der Vermählung des Herzogs Maximilian mit Elisa- beth, der Tochter Karl II. (III.) von Lothringen im Jahre 1595 zu suchen ist. Ihrem Brautschatze sind daher sicher die beiden später gemalten Bildnisse des Herzogs Ä.nton und seiner Gemahlin, St Inv. 3154 und 3151, eines der Bildnisse Franz I. und seiner Gemahlin (nicht sicher erhalten) Inv. F. 28(32? 3009 oder 3049 und der Herzogin Claudia, Ge- mahlin des Herzogs Carl II. (HI.), St. Inv. 1489 oder 2557, zuzuschreiben. Die spätere Reihe lothringischer Familien- bilder, deren Entstehung in die vorgerücktere zweite Hälfte des 16. Jahrhundert fällt, und demnach nicht zum Braut- schatz Renatas, sondern nur zu jenem EHsabeths gehörig sein kann, wird unserer Anordnung entsprechend später zu behandeln sein.

Vom brandenburgischen Hause finden sich im Fick- ler'schen Verzeichnisse vier Bildnisse. Zunächst Nr. 2744 „üäfele Marggraf Casymirus von Brandenburg mit einem güldenen Flüss am Halss" und Nr. 3104 „Margraf Casymirus von Brandenburg", sicher identisch mit den erhaltenen: St. Inv. 3574, Depot zu Schieissheim, Holz 37:25, Cranach'- sches Atelier und St. Inv. 3210, Germ. Museum zu Nürn- berg, Nr. 229, Holz 61:41 cm, von Luc. Cranach d. Ä. Denn die Erwähnung des goldenen Vliesses im Fickler'schen Inventar statt des auf beiden Bildern vorkommenden Schwanen- ordens darf nicht zu genau genommen werden. Ausser diesen erscheinen noch Inv. F. 3102 „Margraf Albrecht von Bran- denburg" und 3104 „freülin Khönigund, Margravin zu Bran- denburg, Albrechten Schwester", beide nicht mehr nachweis- ])ar. Als Anlass der Erwerbung dieser vier Bilder kann nur die Vermählung beziehungsweise die neunjährige Ehe Su- sannens, der jüngsten Schwester des Herzogs Wilhelm IV. mit dem Markgrafen Casimir von Brandenburg 1518 1527

22 Sitzung der histor. Classc vom 7. Januar 1803.

bezeichnet werden, wodurch sich auch die Hiehergehorigkeit der beiden Kinderbildnisse Albrechts und Kunigundens von Brandenburg als der Kinder Kasimirs und Susannens bestimmt.

In die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts gehören auch zwei Porträtwerke des sächsischen Hauses, welche wohl aus Cranach's Atelier stammten. Zunächst ein dreitheiliges Bild, Inv. F. 3057, „Conterfeht dreier Fürsten von Sachsen, darunder allein Fridrich der 3. genannt wird, gemahlt Anno 1528." Sie stellten wohl den Kurfürsten Friedrich III. den Weisen (1486—1525) mit seinem Bruder und Nachfolger Johann dem Beständigen, 1525 1532, dar, denen sich wahr- scheinlich als Dritter der Sohn des Letzteren, Johann Fried- rich der Grossmüthige, 1532—1547, f als Herzog 1553, zu- gesellte. Das Gemälde ist nicht im bayerischen Besitz, da- gegen dürfte Inv. F. 2789, Bildniss Johann Friedrich des Grossmüthigen , in St. Inv. 7068, Nationalmuseum zu Mün- chen, Pergament 45 : 30 cm, sich erkennen lassen. Familien- verbindungen, welche zur Erwerbung dieser Bildnisse den Anlass gegeben haben könnten, liegen nicht vor, der Grund für den Bezug wird daher lediglich in dem Interesse zu suchen sein, das auch an den katholischen Höfen für die Häupter des Reformationswerkes herrschte.

Schwerlich schon zu den Erwerbungen Wilhelm IV. gehörend, aber sicher schon in seiner Zeit gemalt, ist ein Bildniss zweier türkischer Kaiser, Inv. F. 2927, „Ein Däfele auf Papier gemahlt vnd auf Tuech aufgezogen , da- rauf die 2 Türckhische Kayser Suithan Machomet vnd Sule- man conterfeht de Anno 1526." Es dürften Mohammed II. (1451—1481) und Suleiman IL (1520 1566) gemeint sein ; die Datirung aber lässt an einen Nachfolger des 1507 ge- storbenen Gentile Bellini denken, der sich mit derlei mehr- haft beschäftigt hatte, ohne dass authentische Bildnisse

V. Reher: Die Bildnisse der lierzogl. bat/er. Kunstkaminer. 23

vorausgesetzt werden müssen. Auf andere türkische Bildnisse wird später zurückzukommen sein.

Sicher in die Zeit Wilhelm IV, gehören endlich einige zum Theil datierte Bildnisse berühmter Männer, Höflinge imd Frauen, von welchen folgende auch zweifellos von Wil- helm IV. erworben wurden, neralich : Inv. F. 2952, Wolf- gang Bretschlaiffer , Hofmeister der Herzogin Jacoba von Bayern und Inv. F. 3329, Hans Vogl, Lautenist des Herzogs Wilhelm IV, Vielleicht erst späterer Erwerbung sind : Inv. F. 2916 „Contrafeht eines Alten Doktorn von Albrecht Dürern gemahlet de Anno 1500" jetzt gänzlich unbekannt, Inv. F. 2852, Hieronymus Piccolomini von Siena, Bruder Papst Pius III., datiert 1517 ; Inv. F. 2803, ein unbekanntes Frauenbildniss in „altfränkischer Kleidung und Zier von 1518; Inv, F. 2949, ein jugendliches Frauenbildniss „in altteutscher Klaydung" von 1532; Inv, F. 3075, Sigmund von Weichs zu Stunzberg von 1533; Inv. F. 2969, Albrecht Dürer von Johann Burgkmair, leider sämmtlich nicht mehr in den der- maligen Beständen erhalten. Nur zwei der hieher gehörigen Bildnisse sind noch nachweisbar: Inv. F, 2826, Graf Moriz von Ortenburg, St. Inv. 5315, Galerie zu Augsburg Nr. 691, Holz 45:33 cm, jetzt fälschlich Schäuffelin oder SchafPuer zugeschrieben, und vielmehr der Regensburger Schule ent- stammend, und Inv. F, 3090, Bryan Tuke , St. Inv, 737, Holz 48 : 48, im Fickler'schen Inventar ohne Künstlernamen, aber von H, Holbein d. J. und mit dessen Namen bezeichnet.

Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts und vorab im dritten Viertel desselben, genauer in der Regierungszeit Albrecht V. (1550 1579) ändert sich die ganze Sachlage, Die Bildniss- erwerbungen beschränken sich nicht mehr auf die Basis von Familienbeziehungen, wie dies unter Wilhelm IV. fast aus- schliessend der Fall war, sondern es beginnen nun die zahl- reichen Folgen berühmter Männer aller Berufsklassen, Serien

24 Sitzun(j der histor. Chisse vom 7. Januar 1893.

von Frauen, meist des herzoglichen Hofhalts, und auf Bild- nisse aus der schon früher behandelten Kategorie der Curiosa, fast durchgehends künstlerisch werthlos und zum überwiegend grösseren Theil auch bedeutungslos durch die Unsicherheit der Authenticität der Dargestellten. Selbst die Darstellungen von gleichzeitig am Hofe Albrechts lebenden Persönlichkeiten, obwohl sicher authentisch, erscheinen, den traurigen Kunst- verhältnissen Deutschlands in jener Zeit entsprechend , fast durchgängig ohne künstlerischen und von geringem kunst- geschichtlichen Werth,

Wir behandeln jedoch die Fürstenbilder vorweg , mit den Bildern des kaiserlichen Hauses beginnend. Gewiss gehört das Leichenbildniss des Kaisers Ferdinand T. (f 1564) in Albrecht des V. Zeit, während die schon bei der Gemälde- sammlung Wilhelm IV. erwähnten Bilder, welche denselben Kaiser lebend darstellen, wie jene seiner Gemahlin Anna (s. o.) zwar sicher mit der Vermählung der Prinzessin Anna von Bayern mit König Ferdinand im Jahre 1546 zusammen- hängen , in ihrer Beziehung zu Wilhelm IV. oder zu Al- brecht V. aber unentschieden erscheinen. Zu Albrecht V. Erwerbungen gehören dann wohl sicher: Das Bildnisspaar des Kaisers Maximilian II. und seiner Gemahlin Maria, einer Tochter Kaiser Karl V. Inv. F. 3131 und 3027. St. Inv. 3131 und 3144, Lw. 105 : 90 cm, beide im Depot zu Schleiss- heim. Ferner die beiden jetzt nicht mehr nachweisbaren Familienstücke: Inv. F. 2722 „Kayser Maximilian der ander mit seinem Gemahl vor Inen siz ir Junges Herrl, so hernach Kayser Rudolffus" und Inv. F. 3044 „Kaiser Maximilians des andern Kinder, drey frewlin, zway Herrlin", welche beide Bilder, da Rudolf 1552 geboren , gegen Ende der fünfziger Jahre entstanden zu sein scheinen. Der Erwerbungsgrund für alle genannten Bilder des Kaiserhauses liegt nahe: Al- brechts V. Gemahlin versammelte um sich ihre nächsten Verwandten. Vgl. ausserdem oben S. 10.

V. Beber: Die Bildnisse der herzogl. hayer. Kunstkammer. 25

Was den Erwerb einiger von den erzlierzogliclien Bild- nissen dieser Zeit selbst betrifft, wie namentlich des nicht mehr vorhandenen Bildes Inv. F. 2989 „Erzherzog Ferdinand von Oesterreich, Graf von Tirol*, mithin eines Bruders der Herzogin Anna von Bayern und des Gemahls der Philippine Welser, der selbst als Gründer der Ambraser Sammlung eine ■Rolle in der deutschen Kunstgeschichte spielte, oder des gleichfalls verlorenen Bildes, Inv. F. 2861, „Conterfeht auf einem Pergamen eines geforsteten Frawenbildts soll ein Erzherzogin von Oesterreich vnd Kaiser Ferdinands Tochter sein", mithin einer Schwester der Herzogin Anna, so ist nicht völlig gesichert, ob die Erwerbung des Bildes schon mit der Vermählung Anna's mit Albrecht V. zusammenhängt. Denn im Jahre 1571 war es zu einer weiteren Familienver- bindung zwischen Bayern und Oesterreich gekommen: Al- brecht V. Tochter Maria heirathete nemlich Carl von Oester- reich (Steiermark), wodurch freilich eher das Verbringen bayerischer Bilder nach Oesterreich als umgekehrt bedingt ist. Allein es scheint doch unzweifelhaft, dass wenigstens die von Fickler beschriebenen Familienbilder jenes Karl von Steiermark in Folge der letzteren Vermählung nach München kamen. So vorab der genannte Erzherzog, Inv. F. 3019, St. Inv. 4185, Depot zu Schieissheim 210:115 cm und dessen Gemahlin Maria, Inv. F. 3018, St. Inv. 2461, Depot zu Schieissheim, Holz 90 : 70 cm. Dann die Bildnisse der zahlreichen Sprösslinge derselben, für welche gewiss die aus Oesterreich stammende Grossmutter, die ihren Gemahl um 11 Jahre überlebende Herzogin Anna, das herzlichste Interesse hatte. So Inv. F. 3314 und 3315 „Ferdinand Erzherzog zu Oesterreich als der 42 Tag alt gewesen" und „Erzher- zogin Anna von Oesterreich als die 13 Wochen alt gewesen", der erstere sicher der 1578 geborne nachmalige Kaiser Fer- dinand, die letztere dessen Schwester Anna, geb. 1573 und 1598 als Gemahlin Sigi.smunds HL gestorben. Sie waren nach

26 Sitzung der histor. Glasse vom 7. Januar 1893.

Fickler „in zwei vnderschidlicbe Bettlen ligent vnd zusammen in ein Dafel gestuckt", und sind auch so im Depot zu Schleiss- heim (St. Inv. 3171, Lw. 107:81 cm) erhalten und zwar mit den Daten 1578 und 1573. Ferner Inv. F. 3316 „Con- terfeht dreyer Erzherzog Carl von Oesterreich Kinder, zwey Freülin, das ein stehent, das ander sitzendt, das dritt ein Jungs Kindl auf einem Bettl ligent" für welches Bild, jetzt verloren, unter der Descendenz des Erzherzogs die Namen nicht mehr anzugeben sind. Ausser diesen fallen auch drei Bildnisse von vier Söhnen des Kaisers Maximilian II. in die Zeit Albrecht V. Von diesen ist freilich die Herstellungs- zeit der nicht mehr nachweisbaren Bilder, Inv. F. 3031, Erzherzog Ernst von Oesterreich, geb. 1533, f 1596, wie Inv. F. 3017, Erzherzog Maximilian, nachmals Deutschmeister, f 1618 und damit auch der Terminus a quo der Erwerbung nicht ersichtlich, wohl aber von den Bildern der beiden anderen Söhne Maximilians II.: Inv. F. 3016, Albrecht, nachmals Cardinal, geb. 1559, f 1621, „seines Alters im 13. Jar (nicht erhalten), und Inv. F. 3015, Erzherzog Wen- zeslaus „seines alters im 17. Jar Anno 1577" gemalt, St. Inv. 3181, Schleissheimer Depot, Lav. 2,10 : 1,05 cm, woraus sich wohl schliessen lässt , dass die vier Bildnisse Jugend- bilder gewesen und noch in der Zeit Albrecht V. entstanden. lieber die jedenfalls am Wiener Hofe zu suchenden Urheber dieser Bilder mögen Wiener Forscher entscheiden, die Frage ist vom Standpunkte der Kunst aus von geringer Bedeutung. Von den Bildnissen der französischen Königshäuser, von welchen leider keines mehr nachweisbar, fallen die meisten in die Zeit Albrecht V. Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, dass schon Wilhelm IV. oder gar Albrecht IV. die Bildnisse der älteren Mitglieder des Königshauses sich verschafft habe, ausser etwa Inv. F. 2679, Carl VIII. (1483 bis 1498) , welches Bild durch das obenberührte Familien- interesse der Herzogin Kunigunde, Gemahlin Albrecht IV.,

V. Beber: Die Bildnisse der lierzorjl. haycr. Kunstlcammer. 27

in die bayerische Sammlung gekommen sein kann. Man darf daher die französische Königsreihe vielleicht schon von Ludwig XIL (und möglicherweise schon von Karl VIII.) an, wenn auch die leider verlorenen Bilder über ihre Ent- stehungszeit derselben keinen Aufschluss mehr geben können, mit grösserer Wahrscheinlichkeit Albrecht V. zuzuschreiben, der in seiner Bildnissaramlung auf Reihen sah. Es wären dann also, von Karl VIII. abgesehen, zunächst, luv. F. 2G24, Ludwig XIL (1498 1515) und luv. F. 2998, Herzog von Alen9on, wohl Karl von Alen9.on (f 1525) und nicht, wie Fickler annimmt, der Bruder, sondern der Vetter Ludwig XII. Freilich fehlt Franz L, aber es folgen hierauf die Königs- paare, Inv. F. 3086 und 3087 Heinrich IL (1547-1559) und dessen Gemahlin Katharina von Medici , Inv. F. 3085 und 3083 Heinrich III. (1574—1589) und dessen Gemahlin Louise von Lothringen, dasselbe Paar abermals Inv. F. 3003 und 3002; dann einzeln aber nach der Inv.-Nummernfolge zu obigen Paaren gehörig, Inv. F. 3084, Elisabeth von Oesterreich, Maximilian IL Tochter, die Gemahlin Karl IX. (1560 1574), w^ozu noch als Anhang aus dem Gebiet der berühmten Personen oder Curiosa, Inv. 3088, „Madame de Tamps, König Franciscen Concubina", der Nummernfolge nach zur französischen Königs-Serie gehörend, und Inv. F. 3082, ein namenloser Bastard eines ungenannten Königs von Frankreich kommen. Gehörten alle Bildnisse von Hein- rich IL an mit Ausschluss des Duplikats von Heinrich III. mit Gemahlin, dafür einschliesslich des Bildnisses der Madame de Temps einer Folge an , so erscheint auch für deren Er- werbung der Anlass ziemlich sicher. Denn wenn auch immer an das Interesse , welches die Bartholomäusnacht an den deutschen Höfen hervorgerufen, gedacht werden könnte, oder wenn man auch auf das Bildniss der Gemahlin Karl IX., Elisabeth von Oesterreich, und die gleichzeitigen Familien- Verbindungen des bayerischen und österreichischen Hauses

28 Sitzunrj der histor. Glasse vom 7. Januar 1893.

Gewicht legen wollte, so ist es doch gewiss von Bedeutsam- keit, dass die Bildnisse Heinrich III. und seiner Gemahlin Louise von Lothringen zweimal erscheinen. Kann man auch zugeben, dass die obigen Umstände das Interesse des Münchener Hofes an der französischen Dynastie gesteigert haben, so lag der Anlass der Erwerbung doch mehr in der erwähnten Ver- mählung des Erbprinzen Wilhelm, nachmals Wilhelm V. im Jahre 1568 mit Renata von Lothringen. Als eine nachträg- liche Erwerbung Albrecht V. kann möglicherweise noch das Bild, Inv. F. 3141, „König Heinrich der 4. von Navarra" gelten, falls mehr Gewicht auf die Beziehung „von Navarra" als auf die Ziffer IV gelegt werden will. Stand diese Ziffer authentisch auf dem Bild, so war es ein späteres Werk, da Heinrich erst 1589 König von Frankreich wurde. Die ganze Untersuchung wird übrigens ebenso misslich als unfruchtbar durch den Umstand, dass jetzt sämmtliche französische Bild- nisse des Bestandes von 1598 fehlen.

Die Bildnisse des spanischen Königshauses dürfen wir schon aus dem Grunde zu den Erwerbungen Albrecht V. rechnen, weil die wenigen erhaltenen Stücke der Entstehungs- zeit nach in die Regierungszeit Albrecht V. fallen dürften und weil die Reihe mit Philipp II. und seiner dritten Ge- mahlin Elisabeth von Frankreich , mithin in der mittleren Regierungszeit Albrecht V. schliesst. Die Reihe beginnt mit Inv. F. 2665 Ferdinand dem Katholischen (1479—1516). Wir nehmen dabei ein mit den späteren gleichzeitig ent- standenes Serienbild an, ebenso wie bei einem der Bildnisse Philipp des Schönen, Inv. F. 3160 und 3162 und bei dem Bildnisse seiner Gemahlin, der wahnsinnigen Johanna, Inv. F. 3161; eine sichere Entscheidung in dieser Hinsicht ist freihch nicht mehr möglich, da die vier genannten Bilder nicht mehr sicher nachweisbar sind. Es wird nemlich nicht zu entscheiden sein, ob eines und welches der erhaltenen geringwerthigen Stücke Philipp des Schönen: St. Inv. 3142,

V. Beber: Die Bildnisse der herzorjl. hayer. Kunstkammer . 29

Lustheim bei ScLleissheim , Lw. 100:72 cm und St. Inv. 5735, Ebenda, Holz 18:12 cm auf die im Fickler'schen Inventar genannten Bildnisse zu beziehen sei. Zu unserer Annahme berechtigen uns jedoch bis zu einem gewissen Grade die drei erhaltenen, zum Theil riithselhaften Knaben- bildnisse in ganzer Figur, welche den drei im Fickler'schen Inventar ebenfalls fragwürdig bezeichneten Knabenbildnissen zu entsprechen scheinen. Fickler beschreibt die Bilder fol- gendermassen : Inv. F. 3310 „König Ferdinands von His- panien nach Kn aben weiss " ; Nr. 3311 „Don Diego Königs von Hispanien in Kindtsgestalt ; Nr, 3028 „König Philipj) von Hispanien conterfeht, weil der noch Jung gewesen." Von den drei noch erhaltenen und zweifellos von einer Hand gemalten spanischen Prinzenbildern entspricht nun ein durch Ueberschrift bezeichnetes Bild St. Inv. 4199, Städtisches Museum in Bamberg Nr, 129, Lw. 109:80 cm, als drei- bis vierjähriges Kind mit dem Steckenpferd in der Hand dargestellt, gewiss dem obengenannten Don Diego , Inv. F. 3311, ohne dass w^ir nachzuweisen vermöchten, welcher spanische König oder Infant damit gemeint sein könnte. Ein zweites als König Philipp von Spanien bezeichnetes Bild St. Inv. 3166, Städtisches Museum in Bamberg Nr. 127, Lw. 106 : 80 cm, höchst wahrscheinlich dem Bild Inv. F. 3027, anscheinend ein Jugendbild Philipp IL, uns werthvoll durch die erhaltene Künstlerbezeichnung „Alphons. Sanctius", wodurch die drei erhaltenen Bilder als Werke des Alonso Sanchez Coello, geb. zu Benifayro bei Valencia 1515, f zu Madrid, Schüler des Ant. Moro zu Madrid, thätig zu Lissa- bon und Madrid, gesichert werden. Das dritterhaltene Bild aber, St. Inv. 3175, Stadt. Mus. in Bamberg Nr. 178, Lw. 107 : 80, trägt den Namen des Dargestellten nicht, ist aber entweder traditionell oder auf die Muthmassung des Ver- fassers des Staats-Inventars von 1857 als Don Juan d'Austria charakterisirt. Es kann daher die Vermuthung ausgesprochen

30 Sitzung der histor. Classe vom 7. Januar 1893.

werden, dass das Bild identisch sei mit Inv. F. 3310, welches ebenso falsch als König Ferdinand von Hispanien bezeichnet wird. Denn es ist kaum angängig, das angebliche Don Juan- Bild mit einem weiteren spanischen Fürstenbild in Zusammen- hang zu bringen, welches das Inv. F. 2778 also beschreibt: „Auf einem Däfel Conterfeht einer jungen fürstlichen Manns- person , einem König von Hyspanien das Flüss am Halss, Kleidung und gebrechts halber gleich", dem als Gegenstück, Inv. F. 2779, „ein Fürsten Weibsbildt mit dem Flüss am Halss am gebrecht dem obern gleich" zur Seite gebt; denn meterhohe Leinwandbilder würde der Inventarisator nicht als Däfel, d. h. Täfelchen, bezeichnet haben. Wir werden also dieses Bilderpaar als zu einer älteren Reihe gehörig be- trachten und zu derselben mutmasslich auch das jetzt nicht mehr nachweisbare Bild, Inv. F. 2825, „Conterfeht Fer- dinandi Khönig Philippen in Hyspanien Sohn", vielleicht Ferdinand L, nachmaligen Kaiser, rechnen dürfen. Dagegen gehört wohl zu der von Coello gemalten Reihe Inv. F. 3029, „König Philippen in Hispania Gemahel , so eine geborne Königin von Frankreich gewesen" d. h, Elisabeth, die dritte Gemahlin Philipp IL , geb. 1545 als Tochter Heinrich IL von Frankreich, vermählt 1559, f 1568, deren jetzt nicht mehr nachweisbares Bildniss doch schwerlich als Gegenstück zu dem Knabenbildniss Philipp IL betrachtet werden kann, wenn es auch nach dem Inv. F. der Nummernfolge nach un- mittelbar daneben hing. Während wir aber für die ältere spanische Bildnissreihe unter den bezüglichen Familienver- bindungen an einen anderen Erwerbungsanlass als die Ver- mählung Albrecht V. mit der Tochter König Ferdinand I. kaum denken können, erfahren wir bezüglich der von San- chez Coello gemalten Stücke, dass er den Auftrag hatte, für den Erzherzog Ferdinand von Tirol 60 Bilder spanischer Fürsten in Lebensgrösse zu malen, welcher Auftrag jedoch, nachdem der Künstler im Januar 1579 zwei Bilder geschickt.

v.JReber: Die Bildnisse der herzogl. bat/er. Kiinstl-ammer. 31

wegen Ueberforderung zurückging.^) Infolge dessen gelang- ten die in Arbeit begriffenen nächsten Stücke nach München.

Von den portugiesischen Fürstenbildnissen fällt wenig- stens das eine sicher bestimmbare Tnv. F. 3107, König Sebas- tian von Portugal (geb. 1557, f 1578), in die Zeit Albrecht V. Das Räthsel des Erwerbungsgrundes wird auch durch die Erhaltung und künstlerische Bestimmbarkeit des Werkes, St. Inv. 3088, Galerie zu Schleissheira Nr. 200, Werk des L. Cranach des Jüngeren , Papier auf Leinw. 64 : 50 cm, nicht gelichtet. Von den zwei anderen jetzt verlorenen Bild- nissen, Inv. F. 3022, „Conterfeht fraw Maria Königin in Portugal" und Inv. F. 3307 „Conterfeht eines Königs von Portugal" ist noch weniger Aufklärung zn erhoffen.

Von den Bildern der schottischen Königsreihe kann nur eines zu den Erwerbungen Albrecht V. gehören, wobei als Erwerbungsgrund wohl auf das Interesse gewiesen werden darf, welches die Schicksale der Maria Stuart allerorts er- weckte: Inv. F. 2590 ,Ein ander Däfelin, darauf Königin Maria in Schottlandt, Jres alters im 32 Jar, vor Jr steht ihr Sohn Jacob, seines alters im 9 Jar, der spricht zu seiner Fraw Mueter, wie vor Im geschriben Doce me, darauf ant- wortt Im die Königin , als vor Jene geschriben Ne trans- grediaris terminos, quos posuerunt Patres tui." Das leider verlorene Bild stammte sonach vom Jahre 1574 oder 75.

Mit der Erwerbung dieses schottischen Bildes hängen vielleicht auch die zwei jetzt nicht mehr nachweisbaren englischen Königsbilder zusammen: Inv. F. 2621 Auf ein Däfelin auf Holz gemahlt Heinrich Onta (Octavus?) König in Engelland" und Inv. F. 2859 „Conterfeht der Königin von England", nach der Abfassung des Inventars wohl eher Elisabeth als ihre Vorgängerin Maria.

1) F. Kenner, die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol. Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Aller- höchsten Kaiserhauses. XIV. S. 40.

32 Sitzung der histor. Classe vom 7. Januar 1803.

Von den bayrischen Fürsten bildern der Zeit Albreeht V. hat sich eine nicht geringe Zahl erhalten. In die erste Zeit seiner Regierung, vielleicht noch vor dieselbe, fallen drei Bildnisse seiner Schwester Mechtilde, geb. 1532 , 1557 ver- mählt mit Philibert von Baden, f 1565. Sie erscheint in den drei Bildnissen Inv. F. 2811 »"^ 3135 und 3296 noch nicht als Markgräfin von Baden, muss also vor 1557 ge- mahlt sein. Eines der Bilder hat sich erhalten: St. Inv. 3164, Ahnengalerie zu Schieissheim Nr. 19, Lw. 95 : 70 cm und ist von H. Schöpfer gemalt. Um 1550 entstand auch das Inv. F. 3317 etwas unklar beschriebene, nicht mehr erhaltene Bild: „Conterfeht Herzog Albrechts, Wilhelms vnd Ferdinands baider seiner Söhne wie die in ihrer Kindheit beschaffen", wohl so zu verstehen: Der beiden Söhne Al- brecht (nachmals des V.), nemlich Wilhelm (nachmals V., geb. 1548) und Ferdinand (geb. 1550).

Von Bildnissen Albrecht V. selbst verzeichnet Fickler sieben, von welchen noch fünf erhalten sind. Drei davon fallen in die Zeit vor seinem Regierungsantritt : Inv. F. 3058 ,in junger Gestalt" und Inv. F. 3134 und 3035 „weil der noch Jung gewesen", erhalten in St. Inv. 2518, National- museum zu München, Holz 40 : 28 cm, bezeichnet mit dem Monogramm des M. Ostendorfer und der Jahrzabl 1543, und St. Inv. 4301, Ahnengalerie zu Schieissheim, Holz 96:72, bezeichnet H. Mielich 1545. Den übrigen vieren , Inv. F. 2995, 3011, 3136 und 3030, das letztere Bild näher be- stimmt durch den Zusatz „mit einem langen schwarzen Bart", entsprachen: St. Inv. 2460, Nationalgalerie zu München, Holz 96 : 71 cm, gemalt von H. von Achen?; St. Inv. 3307, Archivneubau zu Nürnberg, Lw. 105 : 80 cm und vielleicht St. Inv. 2612, Schleissheimer Depot, Lw, 42:51 cm, Todten- bild von 1579. Von den vier Bildnissen der Gemahlin Al- brecht V., Anna von Oesterreich, Tochter Kaiser Ferdinand I., geb. 1529, vermählt 1546, f 1595, Inv. 2994, 3010, 3037

V. Beber: Die Bildnisse der herzogt, hayer. Kunstkammer. 33

und 3298 finden sich im bayrischen Staatsbesitz noch drei: St. Inv. 2459, Ahnengalerie zu Schieissheim Nr. 21, Gegen- stück zu St. Inv. 2460, Holz 96:71 cm, gemalt von H. V. Achen?; St. Inv. 3216, Nationalmuseum zu München, Lw. 60:47 cm und St. Inv. 6967, Depot zu Schleissheira, Lw. 190 zu 110 cm.

In Albrecht V. Zeit fällt noch das nicht mehr erhaltene Doppelbild, Inv. F. 3312 und 3313 „herzogin Maria von Bayrn Kindtsweiss, Anna Ir Dochter auch Kindtsweiss beide in ein Tafel zusamen gestuckht." Die erstere ist die 1551 geborne Tochter Albrecht des V., vermählt 1571 mit Erz- herzog Karl von Steiermark, die zweite deren 1573 geborne Tochter, 1592 an Sigismund III. von Polen verheirathet. Ausserdem Inv. F. 3054 „Herzog Ernst von Bayrn seines Alters im 12. Jar gemahlt Anno 1567" mithin der jüngste 1554 geborne Sohn Albrecht des V., seit 1566 Bischof zu Freising, 1573 zu Hildesheim, 1580 zu Lüttich, 1583 Kurfürst- . Erzbischof von Köln, 11612, Gemälde nicht mehr nachweisbar.

Von der Reihe der Pfälzer Fürsten entfällt in die Zeit Albrecht V. muthmasslich nur ein Bild: Inv. F. 3121, Pfalz- graf und Kurfürst Ludwig VI. der Gütige. Ob sich darauf erhaltene Bilder, St. Inv. 3006, Nationalmuseum zu München, Holz 66:50 cm, St. Inv. 2548, ebenda, Holz 40:30 cm beziehen lassen, steht dahin.

Schon bei der Zusammenstellung der in der Zeit Wil- helm IV. entstandenen Gemälde musste eine Anzahl loth- ringischer Bildnisse aufgeführt werden, welche nach den erhaltenen Stücken nicht als eine spätere Serienwiederholung sondern als Originale aus der Zeit der Dargestellten zu be- trachten sind. Welche Stücke erst in der Regierungszeit Albrecht V. gemalt sind, ist bei der lückenhaften Erhaltung derselben nicht mehr auszuscheiden. Wahrscheinlich aber gehören als Bestandtheil des Brautschatzes der 1568 mit Wilhelm vermählten Renata von Lothringen, Inv. F. 3005,

1893. Phil08.-philol. u. hist. Gl. 1. 3

34 Sitzung der histor. Classe vom 7. Januar 1803.

„Herzog von Aumena" wohl Franz von Lothringen, Herzog von Guise, Sohn des Herzogs Claudius von Lothringen, geb. 1519, der bei Lebzeiten seines Vaters den Titel eines Her- zogs von Aumale führte und 1563 starb; dann Inv. F. 300G „Herzog von Guisa" somit Heinrich L, der älteste Sohn des vorigen, geb. 1550, f 1588, und Lw. F. 3007 „Cardinal von Guisa, der Erzherzogen von Guisa Bruder, welche beid von erstgemeltem König Heinrich umbgebracht worden", mithin Ludwig H. Cardinal. Sie sind leider sämmtlich nicht mehr nachweisbar, somit also auch aus den Bildern nicht mehr dahin bestinmibar, ob sie nicht erst nach dem Tode der beiden Guisen, somit erst in der Regierungszeit Wilhelm V. gemalt waren.

Wie in der Zeit Wilhelm IV. so bestand auch in jener Albrecht V. mit dem badischen Markgrafenhause ein reges Familieninteresse, wohl vorzugsweise von der Herzogin Witwe Jacoba, f 1580, in mütterlicher und grossmütterlicher Liebe genährt. Denn die Schwester Albrecht V., Mechthilde, hatte 1557 den Markgrafen Philibert von Baden geheirathet und damit das durch Wilhelm IV. und Jakoba zwischen den Häusern Bayern und Baden geknüpfte Familienband verdop- pelt. Gewiss ging die Erwerbung der Bilder der Kinder Phili- berts und Mechthildens von der Mutter der letzteren aus, welche damit dem Sinn für das heimatliche Markgrafenhaus und der grossmütterlichen Liebe zugleich huldigte. So gelangten vier Enkelbildnisse an den Münchener Hof, nemlich Inv. F. 3097, Philipp IL, geb. 1559 in einem 1565 gemalten Knaben- bild, und dessen drei Schwestern, Inv. F. 3325, Jacoba, geb. 1558, nachmals Herzogin von Cleve, luv. F. 3327, Maria Salome und, Inv. F. 3326, Anna Maria Margaretha. Nur das letztere der wahrscheinlich gleichzeitig 1565, dem Todes- jahr der Markgräiin Mechthilde, in einer Folge gemalten Bild- nisse ist erhalten: St. Inv. 3159, Depot zu Schieissheim, Lw. 93 : 80 cm. Nicht in demselben Zusammenhange scheint

V. Beher: Die Bildnisse der herzocjl. hayer. Kunstkammer. 3o

das Bildniss der Markgräfin Margaretha (1519 1571), Inv. F. 2816'''^ St. Inv. 3109, Depot zu Schleissheim , Leinw. 70 : 45 cm, einer Tochter des Markgrafen Ernst, des Stifters der ernestinisclien Linie nach München gelangt zu sein , da diese Linie der Herzogin Jacoba von Bayern ziemlich ferne stand. Es steht vielmehr zu vermuthen , dass Margaretha, mit dem Grafen Wolfgang von Oettingen vermählt, durch dessen Beziehungen zu dem Münchener Hof in die herzogliche Sammlung kam. Denn Wolfgang von Oettingen erscheint in dem Bilde Inv. F. 309ö als herzoglich bayerischer Pfleger zu Wasserburg, nach dem erhaltenen Bilde St. Inv. 3573, Depot zu Schleissheira, Holz 50 : 39 cm, mit der Ueberschrift Gnad dir Got, im 59. Lebensjahre gemalt.

In die Zeit Albrecht V. fallen auch die Bildnisse eines braunschweigischen Herzogspaares Inv. F. 3052 Herzog Erich IL, reg. 1584 und Inv. F. 3053 und 3105 Dorothea von Lothringen, seit 1575 mit Erich II. vermählt. Das Bildniss Erich's ist St. Inv. 3114, Lustheim bei Schieissheim, Lw. 80:72 cm erhalten, ebenso eines der beiden Bildnisse Dorotheens St. Inv. 3152, German. Museum zu Nürnberg Nr. 540, Lw. 100 : 85, beide ohne künstlerische Bedeutsam- keit. Anlass für die Erwerbung war wohl wieder die seit 1568 mit Wilhelm, nachmals dem V. von Bayern vermählte Renata von Lothringen, eine Schwester Dorotheens, der nach- maligen Herzogin von Braunschweig.

In die in Rede stehende Periode gehören dann auch mit aller Wahrscheinlichkeit wenigstens die zwei von den sa- voyischen Fürstenbildern: Inv. F. 2776 und 3000 Herzog Emanuel Philibert 1553 1580, von welchen eines St. Inv. 4192, jetzt im Hause des Herzogs Ludwig von Bayern zu München, Lw. 190:110 cm erhalten ist. Der Herzog, bei- genannt der Eisenkopf, hatte in kaiserlichen Diensten mit Auszeiclmung gegen Frankreich gekämpft, und diess wird wohl auch der Grund der Erwerbung der Bildnisse gewesen

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36 Sitzung der kistor. Classe vom 7. Januar 1893.

sein. Mehr zweifelhaft ist die Erwerbung des Bildnisses seines Sohnes und Nachfolgers Carl Emanuel noch vor 1579, obwohl es nach dem Sprachgebrauch des Inventars immer- hin möglich ist, dass das Bild Inv. F. 2999 „Herr Carl Emanuel Herzog zu Saphoy" St. Inv. 7493, k. Residenz zu München, noch vor der Succession Carl Emanuel's (1580) ge- malt wurde.

Zu den Erwerbungen Albrecht V. gehört sicher auch der überwiegend grössere Teil der italienischen Fürsten- bildnisse, selbst der ihrer Lebenszeit nach weit zurückgehen- den, wobei es sich zum Theil um dynastische Reihen , zum Theil um einzelne Berühmtheiten handelt, welche schon vor Albrecht V. von italienischen Gemäldeliebhabern in Serien gesammelt und in gleichartigen Copien an den bayerischen Herzog geliefert worden zu sein scheinen. So ging schwer- lich das nicht mehr nachweisbare Porträt des Königs Ladis- laus von Neapel (1386 1418) Inv. F. 2648 auf einen giottesken Urheber zurück. Noch weniger aber ist an ori- ginale Arbeiten bei der Mailänder Bildnissreihe von Matteo Visconti bis Lodovico Moro zu denken. Denn schon das Bildniss Matteo's (1322-1328) im Inv. F. 3196 mit den Worten beschrieben: ,Ein Dafel mit einem Brustbildt Mathei Magni Vicecomitis" hat sich in einem aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammenden vielleicht venetianischer Fabrik zuzuschreibenden Bilde St. Inv. 3385, Depot zu Schieissheim, Lw. 69 : 51 cm erhalten, welches die Aufschrift trägt : Matteus Magnus Vicecoraes. Unseres Ermessens waren daher auch die übrigen Stücke der Mailänder Reihe gleicher Art und Entstehung: so das Bildniss des Condottiere und Begründers des Hauses Sforza , Giacomuzio Attendolo aus Cotignola, geb. 1369, f 1424, Inv. F. 2759, des Francesco Sforza, reg. 1450-1466, Inv. F. 2689, des Galeazzo Maria Visconti, reg. 1466 1476 (Inv. F. 2651), eine nicht näher bezeichnete „Viscontia" Inv. F. 3092, und Lodovico il Moro,

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i'. lieber: Die Bildnisse der herzogt, hayer. Kunstkammer. 37

reg. 1494—1500, Inv. F. 2694. Nicht zu dieser Reihe ge- hörig, aber doch schwerlieh früherer Entstehung, sondern möglicherweise mit der auf Papier gemalten Porträtserie des Erzherzog Ferdinand von Tirol (Ambraser Sammlung) zu- sammenhängend, waren dann folgende Mailänder Stücke: Inv. F. 2748 „Papierne Dafl darauf von Oelfarben ein Re- trakt von Herrn Ludwigen Joannis Galiatii Brüdern (soll heissen Oheims) wie zurück darauf von der Hand geschrieben", wohl derselbe Lodovico il Moro, welchen der Inventarisator Nr. 2694 bereits aufgeführt hatte. Denn das Gegenstück Inv. F. 2749 „Ein andere dergleichen papiere Dafl, darauf obgedachts Herzog Ludwigen gemahl , Herzog Hercules zu Ferär Tochter, wie zuruckh darauf geschrieben, conterfeht" kann nur als Beatrice d'Este, Hercules I. von Ferrara Tochter, und Gemahlin des Lodovico il Moro gedeutet werden.

An die kleinen Tafeln der Porträtsammlung des Erz- herzogs Ferdinand von Tirol erinnert dann auch Inv. F. 2616 „Auf einem clainen Däfel respective Duca Valentino Borgia" vielleicht Cesare Borgia , der 1599 mit der Stadt Valence von König Ludwig XII. von Frankreich das Herzog- thum Valentinois erhielt. Ob auch Inv. F. 3106 „Contra- feht ohne Namen soll des Herzogen von Perar Gemahl ge- wesen sein", mithin vielleicht Lucretia Borgia, f 1520, Ge- mahlin des Alfonso I. von Ferrara, ist ebenso wenig aus der Fickler'schen Beschreibung zu entnehmen, wie bei dem Inv. 2607 aufgeführten „Conterfeht Herrn Friderichen de Monte (Fed. da Montefeltro) bei welchem wohl ebenfalls eher an ein späteres Serienbikl berühmter italienischer Heerführer als an ein Porträtwerk eines der den Herzog von Urbino bedienen- den Malers wie Pier della Francesca , Melozzo , Carnovale oder Justus van Gent zu denken ist. Denn um die Mitte des 16. Jahrliunderts waren in Italien Sammlungen von Fürsten- und Berühmtheiten-Reihen in Gebrauch gekommen, nachdem Paolo Giovio, f 1552, eine grosse derartige Sanim-

38 Sitzung der histor. Classc vom 7. Januar 1893.

lung in seiner Villa am Comersee angelegt hatte. Wir wissen, dass Cosimo I. diese Porträtsamralimg durch Christo- fano deir Altissimo kopieren Hess, wie auch Erzherzog Fer- dinand von Tirol dieselbe für seine Zwecke benutzte. Es liegt daher die Annahme nahe, dass sie auch der Sammlung italienischer Berühmtheiten, welche Albrecht V. wie es scheint durch seinen Sohn, den Bischof Ernst von Freising und Hildes- heim und nachmaligen Kurfürst-Erzbischof von Köln besorgen Hess, wenigstens zum Theil zu Grunde lag, worauf wenigstens bestimmt das zweifellose Serienbild Matteo Visconti's hinweist.

Anders scheint es sich mit den toskanischen und man- tuanischen Familienbildern zu verhalten , bei deren Erwer- bung nachweisbare Familienbeziehungen massgebend waren und welche in der Lebenszeit der Dargestellten gemalt waren. So von toskanischen vorab die zwei Bildnisse Inv. F. 3059 und 3100 Herzog Cosmus von Medici, geb. 1519, Herzog 1537, Grossherzog 1569, beide erhalten, St. Inv. 3169 und 3212 im Depot zu Schieissheim, Lw. 122:98 cm und 78 : 70 cm. Dann die Bildnisse der Descendenz des Cosmus, des Franz I. (reg. 1574—87) Inv. F. 3101, nicht erhalten, des Ferdinand I. (reg. 1587 1609) Inv. F. 3001 und 3099 in einem Exemplar St. Inv. 7542 , Depot zu Schieissheim, Lw. 70 : 55 cm erhalten, und der Schwester der beiden vor- genannten, Isabella Inv. F. 3071 , jetzt nicht mehr nach- weisbar. Der Grund der Erwerbung dieser Bildnisse liegt wohl in dem Umstände, dass die Gemahlin Franz I., Johanna von Oesterreich, die Schwester der Herzogin Anna, der Ge- mahlin Albrecht V. war.

Ein ähnliches Verhältniss veranlasste auch die Erwerbung einer mantuanischen Bildnissreihe. An der Spitze steht Inv. F. 2990 und 2991, den Herzog Wilhelm von Mantua- Monferrat (1550 1587) mit seiner Gemahlin Katharina von Oesterreich , wie Fickler angibt , richtiger Eleonore von Oesterreich darstellend, beide nicht mehr nachweisbar. Dagegen

V. Eeber: Die Bildnisse der herzogl. bayer. Kunstkammer. 39

sind die Porträts von drei Kindern derselben noch vorhanden. Zunächst das Bildniss des Thronerben Vincenz I. (reg. 1587 bis 1612) Inv. F. 3318 „seines alters in 5 Jar geraahlt 1567" St. Inv. 3160, German. Museum in Nürnberg Nr. 530 Lw. 105:75 cm; dann Margaretha Barbara Inv. F. 3319 „Ihres alters im 2^2 Jar gemahlt 1566" St. Inv. 3172, Depot zu Schieissheim, Lw. 105:75; und Anna Katharina Inv. F. 3320 „ihres alters bei 0 Monat de Anno 1566% St. Inv. 3167, Depot zu Schieissheim, Lw. 105:75. xMan kann auch hier kaum zweifeln, dass alle diese Familien- stücke mit den Kinderbildern auf einem zärtlichen Gelöbniss der Schwestern beruhen, sich durch ihre Familienbildnisse ffec^enseitiof zu erfreuen und im Andenken zu erhalten : ein künstlerisches Vergnügen aber vermögen sie sämmtlich nicht zu erwecken.

Dagegen entsprach die osmanische Serie wohl ledig- lich der Cariositätensucht Albrecht V. Eines dieser Bilder, das Doppelbildniss mit Muhammed IL (1451 1488) und Suleiman IL (1520 1566) musste, weil es mit 1526 datirt und somit seiner Entstehungszeit nach gesichert ist, Inv. F. 2927, schon früher in Betracht gezogen werden. Die übrigen sind wahrscheinlich erst in Albrecht V. Zeit entstanden. So Inv. F. 2918 und 2922 Bajazet I. (1385-1403) und sein siegreicher Gegner Tamerlan (1370); Inv. F. 2799 „Amu- ratis Cadopandi" Murad L oder IL (1357—1389 oder 1421 bis 1451), und die ungenauer bezeichneten türkischen Bild- nisse Inv. F. 2978 „ein Türkhischer Kayser zu Ross auf Papier gemalt vber ein tuech gezogen"; Inv. F. 2977 „ein Türckhin in einem gülden stuckh auf einem tebich sizendt, auf Papier gemahlt; luv. F. 3068 „Pasithea ain Persianerin des Türckhischen Kaysers Gemahl" ; Inv. F. 3069 „Conter- feht einer Türckischen frawen vorgemelter Pasithea Dochter. Sie sind sämmtlich verloren, denn die viel zahlreichere in der Art P. Veronese's gemalte Suite osmanischer Kaiser, welche

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St. Inv. 2237—2249 aufgeführt wird und sich jetzt theils in der Schleissheimer Galerie Nr. 991—994, theils im 8chleissheimer Depot befindet, darf man mit den erwähnten Erwerbungen nicht identifiziren, da die meisten der Darge- stellten mit den wenigen von Fickler genannten Sultanen nicht übereinstimmen.

Neben den dynastischen Bildnissen und Reihen liebte aber Albrecht V. Serien nach Rang und Kategorien. So bemühte er sich (Correspondenzen mit dem Grafen von Ligne vom 28. Juli 1565 bis 23. April 1566 und mit Hans Jakob Fugger vom 20/22 Sept. 1565. Reichsarchiv zu München) um eine Sammlung der gleichzeitigen Inhaber des goldenen Vliesses, von welchen auch Inv. F. 2847—1850 und 2853 bis 2856 den „Prinzen von Oranien", den „Grafen von Ligne", den „Grafen von Hörn", den „Herrn von Montigu", den „Herrn von Barlemont", den „Markgrafen von Bergen", den „Grafen von Egmont" und den „Grafen von Hochstratt" aujfführt. Sie sind sämmtlich nicht mehr nachweisbar, aber abgesehen davon, dass nach den Correspondenzen mit Ligne die Benennungen sehr unsicher erscheinen, ist dies auch aus dem Grunde nicht sehr zu beklagen, weil wir nicht erwarten dürfen, dass sie von den renommirteren Vertretern der in dieser Zeit in den Niederlanden nicht ebenso hoch stehenden Kunst gefertigt worden sind. Bezeichnend für die bezüglichen Anforderungen des Herzogs ist, dass in den gepflogenen Correspondenzen nie ein Künstlername vorkömmt und dass einmal „der töd- liche Abgang des Schilders" nur um der dadurch verur- sachten Verzögerung willen beklagt wird.

Auf ähnliche Art war die Sammlung von Cardinälen entstanden, für deren Hiehergehörigkeit die Correspondenz des Herzogs Ernst von Bayern, Bischofs von Freising und Hildesheim, nachmaligen Bischofs von Lüttich und Erzbischofs von Köln mit seinem Vater Albrecht V., insbesondere des ersteren Schreiben d. d. Tivoli, 7. Juli 1574 (Reichsarchiv

V. Beben Die Bildnisse der herzogl. bayer. Kunstkammer. 41

zu München) entscheidend ist. Es scheint jedoch nicht, dass der damals zwanzigjährige Prinz den väterlichen Auftrag sehr ernst nahm, doch ist es kaum ihm allein zur Last zu legen, dass schon zwanzig Jahre später nicht weniger als 16 unter den 35 Cardinalbildnissen dem Namen nach unbekannt waren, nemlich Tnv. F. 2(519. 2627. 2629. 2633. 2636. 2640. 2643. 2647. 2650. 2661. 2670. 2704. 2719. 2721. 2724. 2736. Denn unter den 17 erhaltenen Cardinalbildnissen dieser Serie Leinw. 58 : 51 cm finden sich sieben Namen-Bezeichnungen, welche bei Fickler fehlen, mithin aus Fahrlässigkeit weg- geblieben sind, nemlich St. Inv. 3379. 33^4. 3380. 3386. 3094. 3084. 3389. Card. Ascoli, Aquaviva, Rinaldo d'Este, Jo. !>. Commendonus, Hippolyt Medici, Peruglo, Imola, während nur vier St. Inv. 3573. 3375. 3392. 3398. namenlos sind. Von den 19 bei Fickler benannten Cardinalsbildnissen aber finden sich auch noch im bayrischen Staatsbesitz: Inv. F. 3218 P. Bembi, St. Inv. 3577, Inv. F. 2693 de Monte, St. Inv. 3383, Inv. F. 2696 Palioti, St. Inv. 3373, Inv. F. 2678 Sarna, St. Inv. 3390, Inv. F. 2664 Spinola, St. Inv. 3218, Inv. F. 2690 Marcus Sitticus von Hohenems (Bischof von Constanz, Card. 1561—95) St. Inv. 3395. Nicht mehr nach- weisbar aber sind Inv. F. 2688 Card. Alexandrini, 3352 Bessarion, 2654, 2657, 3023 Carlo Borromeo, 2673 Card. Carii sive Carionis, 3056 Card. Granvella, Bischof von Arras, 3007 Card. v. Guise „des Erzherzogen von Guisa Bruder, welche beid von erstgemaltem König Heinrich unibgebracht worden", 2700 Christoforo Madruzo jun., 2729 Ferdinand Medici, 2680 Salviati, 2739 Ascanio Sforza.

Noch zahlreicher war die Reihe berühmter Persönlich- keiten, welche wir, wenn auch keine bestimmten archivalischen Nachrichten darüber bekannt geworden sind, doch sowohl nach dem ganzen Charakter der Sammlungen Albrecht V. wie nach dem Kunstgepräge der wenigen davon erhaltenen Stücke zu den Erwerbungen dieses Fürsten rechnen dürfen.

42 Sitzung der histor. Classe vom 7, Januar 1893.

Dabei schlössen sich an die schon in dem ersten Theile dieser Untersuchung^) behandelten Idealbildnisse der römischen Im- peratoren von Cäsar bis Domitian Avie der Kaiser Karl des Grossen und Friedrich Barbarossa's , dann der griechischen und römischen Dichter und Philosophen von Homer und Pythagoros bis Ovid und Cato , der Helden des Alterthums von Cyrus bis Totilas, wie der älteren italienischen Dichter Dante, Petrarca (einschliesslich der Petrarca'schen Laura) und Boccaccio noch weitere Idealbildnisse an , von welchen Inv. F. 2G37 Gottfried von Bouillon, 2628 Saladin und 2(385 Ezzelin noch ins frühere Mittelalter fallen , und demnach nicht authentisch sein können, weil es in deren Zeit nicht blos noch keine gemalten Porträtbildnisse, sondern auch noch keine Münz- und Medaillenbildnisse, Porträtbüsten u. s. w. gab. Auch von Inv. F. 2630 und 2760 Castruccius Castra- canus t 1326, Inv. F. 2613 Gaston de Foix f 1343 und selbst von Inv. F. 3065 Ziska f 1424 ist eine derartige gleichzeitige Vorlage unwahrscheinlich. Die Bildnisse wurden aber auch dann nicht werthvoller, als nach dem Leben gemalte oder plastische Originale für die herzogliche Serie benutzt werden konnten, wie vielleicht bei Inv. F. 2710 J. Capi- stranus f 1456, Inv. F. 2634 und 2758 Scanderbeg f 1467, Inv. F. 2719 Bart. Coleone (bei Fickler Bart. Colej) f 1475, Inv. F. 3091 P. Strozzi, „P. Strozer von Florenz in Kürisser", Inv. F. 2644 Pandolfo Petrucci von Siena f 1517 und die Heerführer Gonsalvo Fernandez f 1515, Inv. 2662 Gian Giac. Trivulzio f 1518, Inv. F. 2608 Antonio de Leva f 1536, Inv. F. 3142 der Herzog von Alba f 1582 und 3143 Joh. de Ligne Graf von Arenberg, sämmtlich verloren.

Auch bei den Kategorien der Gelehrten ist der Sach- verhalt ähnlich. So bei der Suite der Juristen: Inv. F.

1) Sitzungsberichte der bist. Classe der k. bayer. Ak. d. W. 1892. S. IGO.

V. Keher : Die Bildnisse der herzogl. hatjer. Kunstlcammer. 43

3337 Alex. Tartagnus aus Imola, 3340 Ant. Glavarinus in Bologna, 3344 Lud. Gazadinus in Bologna, 3346 Carolus Ruinus und Reggio, 3348 Andr. Alciotus aus Mailand, 3349 Lud. Buccaferreus in Bologna, 3350 Marianus Socinus jun. aus Siena, 3351 Hippol. Marsilius in Bologna.^) Dann bei den Vertretern der Theologie : Inv. F. 3333 J. Duns Scotus, 3357 und 2796 Mart. Azpilcuitanus vulgo Doctor Navarrus, 3353 Franc. Panigarola Bischof von Asti, 2717 Franc. Tel- letus Sog. Jes. (St. Inv. 3388, Depot zu Schieissheim, Lw. 66 : 50 cm). Weiterhin bei den zwei Historikern : Liv. F.

3338 Paulus Jovius, Bischof von Nocera (St. Inv. 3396, Depot zu Schleissheira , datirt 1546, Lw. 67:50 cm) und Inv. F. 3342 Carolus Sigonius ans Modena, welchen sich noch ein Mathematiker Inv. F. 3347 Egnatius Dantus, Bischof von Perugia, und ein Arzt Inv. F. 3341 Hier. Mercurialis aus Forli anreihen.

Unter den Berühmtheiten prangten auch die Bilder von Entdeckern : Inv. F. 3064 „Miranda Columbiis, der erst so in die Newen Inseln geschickht ein Genueser", 3197 Cristoforo Colombo, 3334 Fernando Cortes, 3335 Fern. Magellaes, 3193 Amerigo Vespucci und endlich die Bilder berühmter Künstler: Inv. F. 3194 Raphael, 3345 Michel Angelo, 3343 Correggio,

3339 Seb. Serlio, 3199 Frans Floris , 3200 der Bildhauer Hans Aesslinger in München, die Tondichter Inv. F. 2897 Cyprian de Rore, 2066 Alex. Strigio und 3330 Adrian Wil- laert. In die eine oder andere Kategorie mögen endlich noch gehören die Bildnisse Inv. F. 2757 Barth. Livianus , 3063 Graf Marius Bevilaqua de Verona, 3180 Baldus Bibenanus de Ferrato, 3222 Cossius, 3336 Barth, de Saxoferrati.

Dass von der grossen Zahl der Gemälde dieser Berühmt- heitengalerie sich nur zwei erhalten haben , mag auffällig

1) Die Sammlung geht sicher auf die von Marco Mantova Bo- navides Ictus f 1582 angelegte Sammlung italienischer Rechtsge- lehrten zurück, in Kupferstichnachbildung erschienen zu Kom 1566.

44 Sitzung der liistor. Classe vom 7. Januar 1803.

erscheinen, zu beklagen aber ist es nach der künstlerischen Bedeutimg der zwei übrigen wohl nicht. Muthmasslich zum überwiegend grössern Teil von einer Hand oder wenigstens in einem Atelier entstanden, scheinen sie gleichen Ursprungs und gleicher Abstammung von der Giovio'schen Porträt- sammlung wie die früher erwähnte Mailänder Fürstenreihe, wenigstens zeigt das erhaltene Bild des Jovius genau dieselbe Behandlung wie jenes des Matteo Visconti.

Von einiger massen höherem Interesse sind die wenigstens authentischen Bildnisse der mit dem Münchener Hofe in Verbindung stehenden Personen, von welchen sich auch eine grössere Anzahl erhalten hat, darunter einige, welche durch ihre Datierung die Hiehergehörigkeit ergeben, welche. sonst selbstverständlich nicht überall zu erweisen ist. Namentlich bei den männlichen Hofangehörigen und Bediensteten ist bei meist mangelnder Datirung im Fickler'schen Inventar, wie auf den erhaltenen Stücken keineswegs aller Zweifel ausgeschlossen.

Datirt erscheinen erstlich zwei leider verlorene Fuggerbilder: Inv. F. 7292 „Conterfeht Herrn Marxen Fuggers de 1578" Inv. F. 2793 „hübsches Däfele, darauf Herrn Hansen Fuggers

contrafeht de Anno 1579" zu welchen Inv. F. 3199 Bildniss des Hanns Jacob Fugger (undatirt)

zu fügen ist.

Datiert waren auch die gleichfalls verlorenen Bildnisse : Inv. F. 3239 „Conterfeht eines Arztes, welcher in Burgundt

die Podagraischen gehailet vnd die Kranckheit vertriben,

gemahlt Im Jar 1579" Inv. F. 3146 „Contrafeht eines Moskowitterischen Archi-

mandrytae Laurentii etc. so zu Regenspurg im Reichs- tag mit der Moskowiterischen Botschaft gewesen. Im

Jar 1576.

Bei einer weiteren Anzahl solcher Bildnisse, welche sich erhalten haben, kann man aus dem Kunstcharakter mit

V. Beber: Die Bildnisse der herzogl. bayer. Kunstkammer. 45

einiger Wahrscheinlichkeit auf die Entstehungszeit schliessen :

50 bei

luv. F. 2925 „Conterfeht Georgii Buchanani." St. Inv. 3566,

Depot zu Schleissheira, Holz 36 : 26. Inv. F. 3072 „Contrafeht Johan Grebmer's zu Newenhauss

gewesten Dienern am bayrischen Hof. St. Inv. 3222,

Depot zu Schieissheim, Holz 51 : 47 cm. Inv. F. 3323 Alexander Harthauser, der Arzney Doktor zu

München. St. Inv. 3576, Depot zu Schieissheim, Holz

51 : 38 cm.

Inv. F. 3077 Wilhelm Lösch,' herzoglich bayrischer Hof- meister. St. Inv. 2614, Galerie zu Schieissheim 52:40 cm.

Inv. F. 2898 „Contrafeht Rupprecht Stypffer, gewesten Ge- schlechters und Burgermaisters zu München. St. Inv. 3098 , Depot zu Schieissheim , Pergament auf Holz 66 : 45 cm. An diese reihen sich die nicht mehr nachweisbaren

männlichen Bildnisse derselben Kategorie :

Inv. F. 3093 und 3061 „Ottheinrich, Graf zu Schwarzen- berg, Landhofmeister in Bayern."

Inv. F. 3080 „Wolfgang von Mäxlrain, Freiherr zu Waldeck, gewester Hauptmann zu Bargkhausen."

Inv. F. 3078 „Johann von Trenbach gewester Hofmaister vnnd Hauptmann zu Burckhausen."

Inv. F. 3094 „Graf Haug (Hugo IV., f 1564) zu Montfort.«

Inv. F. 3076 „Hannss Georg von Nussdorf, gewester bayer. Jägermeister."

Inv. F. 3147 „Herr Hanns Adam von Nussdorf, der gross- bauchet Propst zu Oetting."

Inv. F. 2899 „N. Stockhamer, Mauttner zu Oetting."

Inv. F. 3358 „Herr Mathiasen Stozen, Herzog Albrechts in Bayern detj 5. Hofcaplans."

Inv. F. 3073 „Achaz Busch, Hofmeister zu Freising seines Alters im 69. Jar."

46 Sitzung der histor. Classe vom 7. Januar 1893.

Inv. F. 2903 „Conterfeht eines Bassisten vnd Priesters mit Namen Franciscus N. , so ein Italiener etc. zu Herzog Albrecht des V. in der herzogl. Cantorej gewesen." Inv. 2938 und 3074 Sigmund Königsfelder Ritter. Inv. F. 3079 Gregorius von Eglofstein.

Von weiblichen Bildnissen dieser Zeit erwähnen wir zunächst vier Einzelporträts, worunter zwei datierte und viel- leicht ein erhaltenes: Inv. F. 3254 „Fraw Margreth Wäginerin Jres Alters Im

56. Jar gemahlt 1564" und Inv. F. 2951 „Fraw Cordula von Pienzenau geweste Hof-

maisterin im frt. Frawenzimmer alhie." Inv. F. 2950 „Frawenbildt so aine von Parsperg gewesen" Inv. F. 2876/7 „Ein doppelt Dafel, auf der ersten Signum Concordiae mit Zwayen zusammen geschlossnen Henden in einem gewulch . welche vnder Ihnen einen Löwen an einem drey fachen bandt haltendt, welcher Low auf einem guldnen stuckh ligt vnd ein Herz in den vordem Dazen helt. Auf der andern ein Junckhfraw brustbildt, soll Ursula von Weichs sein", und Inv. F. 2762 „ein Weibsfürsten Person mit fürstlichem Ge- schmuck auf dem Haupt an dem Hals vnd leib geziert, den Namen unbewusst" das einzige namenlose Bildniss, das allenfalls mit einem erhaltenen Bilde identifizirt werden kann, nemlich St. Inv. 1430, Pinakothek Nr. 1316 mit einem aus A und C verschlungenen Mono- gramm (Adriaen Crabeth, ein in Gouda geborener Nach- ahmer des Clouet?).

Eine sehr zahlreiche Reihe von Frauenbildnissen endlich, zumeist von Hofdamen, scheint eine Art von herzoglichem Schönheitenkabinet gebildet zu haben , bei welchem man freilich, soweit man aus den erhaltenen Tafeln von Hans Schöpfer schliessen kann , die Aufnahmsbediugungen nicht allzu hoch gespannt haben konnte. Ein Dutzend der datierten

V. Rehcr: Die Bildnisse der herzogl. hayer. Künstle ammer. 47

erhaltenen Stücke sichern die Entstehung der ganzen, viel- leicht auf Anregung der Herzogin Anna entstandenen Gruppe in der Zeit Albrecht V. mit kurzer Ausdehnung über dessen Lebensdauer hinaus. Diese sind : Inv. F. 3552 Ursula Nothhafftin, Gemahlin des Wiguleius

von Weichs. St. Inv. 3552 , Depot zu Schieissheim,

Holz 43 : 33 cm, datiert 1556. Inv. 3271 Sidonia Welzerin , vermählt an Jakob Fugger

zu Clausen 1560, St. Inv. 3571, Nationalmuseum zu

München, Holz 43 : 34 cm. Inv. F. 3281 Elisabeth Nothhafftin , Gemahlin des Hans

Fugger, St. Inv. 1471, Depot zu Schieissheim, Holz

43 : 32 cm. Bez. mit dem Mgr. des Hans Schöpfer

und mit 1563. Inv. F. 3272 Elisabeth von Fels Klosterfrau, St. Inv. 3567,

Depot zu Schieissheim, Holz 41 : 30 cm. Datiert 1566. Inv. F. 3275, Jakoba Lösch, Gemahlin des Kaspar Nothhaft.

St. Inv. 3563, Germanisches Museum zu Nürnberg Nr.

529, Holz 42 : 32 cm. Datiert 1568. Inv. F. 3274 Benigna von Lamberg, St. Inv. 1378, Galerie

zu Schieissheim Nr. 123, Bez. mit dem Mgr. des Hans

Schöpfer und der Jahrzahl 1569. Inv. F. 3273 Euphrosine Gräfin zu Oettingen, St. Inv. 1375,

Schleissheimer Galerie Nr. 122, Holz 40 : 30 cm. Bez.

mit dem Mgr. des H. Schöpfer und 1569 Inv. F. 3269 Anna Maria Kunnin (Kainin , Gemahlin des

Antons von Annaberg) St. Inv. 3551, Germ. Museum

zu Nürnberg Nr. 536, Holz 45:35 cm. Datiert 1571. Inv. F. 3271 Anna von Schellenberg, St. Inv. 1470, Galerie

zu Schieissheim Nr. 125, Holz 43 : 34 cm. Bez. mit 1571. Inv. F. 3267 Jakoba Nothhafftin, vermählt mit Franz Rosen- busch, St. Jnv. 3356, Germ. Museum zu Nürnberg Nr.

539, Holz 43 : 33 cm. Datiert 1575.

48 Sitzung der histor. Classe vom 7. Januar 1893.

Inv. F. 3261 Anna von Fraunberg, St. Inv. 1374, Schleiss-

heimer Galerie Nr. 124, Holz 43:33. Datiert 1580. Inv. F. 32(30 Sophia von Kaindorf, St. Inv. 3565, Germ.

Museum in Nürnberg Nr. 548, Holz 45:33. Datiert 1580. Itiv. F. 3256 Johanna Gräfin von Sulz, St. Inv. 3555, Germ.

Museum in Nürnberg Nr. 548, Holz 44:34. Datiert 1580.

Folgende zeigen auf den erhaltenen Tafeln keine Datierung :

Inv. F. 3256 Judith von Schellenberg, vermählt mit Zacharias

von Hechenkirchen, St. Inv. 3561, Akademie der Künste

in München. Holz 41:30 cm. Inv. F. 3289 Katharina von Oberrhain, Gemahlin des David

Neudorfer, St. Inv. 3500, Depot zu Schieissheim, Holz

43 : 33. Inv. F. 3286 Elisabeth Gräfin von Hardeckh, St. Inv. 3554,

Depot zu Schieissheim, Holz 42:33. Inv. 3257 Judith Höchkircherin, St. In. 3557, Akademie der

bildenden Künste in München, Holz 43:33. Inv. 3562 Elisabeth , Gräfin von Fürstenberg , vermählt an

von Königseck, St. Inv. 3562, Germanisches Museum

in Nürnberg Nr. 521, Holz 46:36. Inv. 3294 Anna von Pödschach, vermählt mit einem Welzer

St. Inv. 3572, Depot zu Schieissheim, Holz 43:33.

An diese reihen sich endlich folgende in den gegen- wärtigen Beständen nicht mehr vorfindlichen weiblichen Bildnisse derselben Reihe:

Inv. F. 3268 Junckhfraw Cordula von Althausen,

Maria Botschin,

Jakoba von Bapenhaimb,

Helenora von Clöss, Regina Eysenreichen,

,, Felicitas von Fels,

Gertraud von Fraunberg, Anastasia von Fraunberg, ,, Corona von Gumpenberg,

Susanna von Gumpenberg,

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3270 3258

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11

V. lieber: Die Bildnisse der herzogt, hayer. Kunstkammer. 49

Tnv. F. 3255 Junckhfraw Catharina Gräfin zu Helfenstein,

Jakoba Hundin, Helene von Königstein, Anna von Kliüenach, Sophia Freyn von Parsperg, Johanna Pernerin, Euphrosina Romingin, Waldburg von Schellenberg, Maria von Treuberg, Agnes von Weittingen.

Von den weiterhin muthmasslich von Albrecht V. er- worbenen Bildnis-Serien der holländischen Kostürabilder, der Zwerge, Narren, Verbrecher, bärtigen Jungfrauen und Scheu- sale ist schon im ersten Theile der Untersuchung über die Gemälde der Kunstkammer gehandelt worden.

In die Regierungszeit Wilhelm V. (1579 1598) endlich fallen verhältniss massig wenige Erwerbungen, da der Herzog von Malerei, ausser Miniaturwerken vorzugsweise Kirchen- gemälde bestellte. Doch fehlt es nicht an den üblichen Fürstenbildnissen.

An der Spitze steht eine Papstserie, welche jedoch nicht an die ältere von Wilhelm IV. erworbene anschliesst, son- dern eine Lücke von 45 Jahren dazwischen lässt. Sie tritt mit Ausnahme eines Bildnisses in doppelter Reihe auf:

Inv. F. 2589 und 2602 Pius V. (1566 72); Inv. F. 2587 Gregor XIII. (1572-85); Inv. F. 2606 und 3021 Sixtus V. (1585 90) in einem Exemplar erhalten, St. Inv. ni46, Depot zu Schieissheim, Lvv. 104:80 cm; Inv. F. 2591 und 2595 ürban VII. (1590) gleichfalls in einem Exem- plar erhalten St. Inv. 3376, Depot zu Schieissheim, Lw. 65:54 cm; Inv. 2612 und 3022 Innocentius VIII (1591); Inv. F. 2593, 2597 und 2615, Clemens VIII. (1592 1605) in einem Exemplar erhalten , St. Inv. 3393 , Depot zu Schieissheim, Lw. 64 : 49 cm.

189.3. Pliilo8.-philol.u.hist. Gl. 1. 4

50 Sitzung der histor. Classe vom 7. Januar 1893.

Die erhaltenen Bilder zeigen ein geringes Mitglied der Venetianischen Schule in der Nachfolge Tizians als Urheber. Von den Bildnissen europäischer Fürstenhäuser können die Bildnisse einiger Habsburger nur aus Wilhelm V. Zeit sein. So die Bildnisse Ferdinands von Steiermark, seit 1619 Kaiser Ferdinand II. :

Inv. F. 2810 ,Ein gross Dafl Erzherzog Ferdinand zu Oes- terreich des Jüngern, Erzherzog Carls Sohn Contrafeht", St. Inv. 6944, Depot zu Schieissheim, Lw. 190:95 cm; Inv. F. 2881 „Ein grosse Dafl Erzherzog Ferdinand von Graz, Erzherzog Carls Sohn auf einem Maulthier reit- tend" (verloren) und Inv. F. 3020 Ferdinand Erzherzog zu Oesterreich in Har- nisch, St. Inv. 6849 u. J. 1595 in seinem 17. Lebens- jahre, St. Inv. G849, Germ. Museum zu Nürnberg, Leinw. 61 : 53 cm.

Vielleicht ist auch der in Inv. F. 3017 dürftig genannte Herzog Maximilian zu Oesterreich, wenn der- dritte Sohn des Kaisers Maximilian IL, von 1590 1618 Deutschmeister, darunter gemeint ist, hieher zu beziehen.

Dass die Erwerbung der nicht uninteressanten Serie der schottischen Dynastie in die Zeit Wilhelm V. fällt, ist aus dem Datum 1592, welches sich auf einem der augen- scheinlich von einer Hand herrührenden erhaltenen Bilder befindet, abzunehmen. Es sind folgende Bildnisse:

Inv. 3093 Jakob I. (1406—1437) nicht mehr nachweis- bar; Inv. F. 3045 Jakob IL (1437—1460), St. Inv. 3580, Depot zu Schieissheim , Holz 33 : 26 cm ; Inv. F. 3040 Jakob III. (1460—1488) St. Inv. 3578, Depot zu Schleiss- heim, Holz 33:26 cm; Inv. F. 3046, Jakob IV. (1488 bis 1513) St. Inv. 3579, Depot zu Schieissheim, Holz 33:26 cm; Inv. F. 3041, Jakob V. (1513-1542) St. Inv. 3581, De- pot zu Schieissheim, Holz 33:26 cm; Inv. F. 3047 Maria Stuart (1542—1567) St. Inv. 3570, Depot zu Schieissheim,

V. Heber : Die Bildnisse der herzogt, hayer. Kunsthammer. 51

Holz 33:26; Inv. F. 3042, Jakob VI., 1567—1603, - 1625 König von England. St. Inv, 3569, Depot zu Schleissheim, Holz 33 : 26 cm bez. mit dem Namen und Alter 26. 1592. und Inv. F. 3048 ,Anna, Königin in Schotten" (Anna, Tochter des Königs Friedrich II. von Dänemark, seit 1590 mit Jakob VI. vermählt), nicht mehr nachweisbar.

Die Erwerbung der Reihe hängt wohl mit den Schick- salen Maria Stuarts zusammen wie mit dem Antheil, welchen der weitere Verlauf der schottischen Angelegenheiten in ganz Europa erweckte. Die Bildnisse haben nicht blos durch die dargestellten Persönlichkeiten , sondern auch durch die wenn auch etwas flüchtige Malerei einiges Interesse, da wir einen unbekannten englischen oder schottischen Maler als Urheber anzunehmen berechtigt sind.

Von auswärtigen Dynastien ist sonst nur noch Polen vertreten in drei jetzt verlorenen Stücken : Inv. F. 2743 „Däfelin, darauf Khönigs Sigmundts von Polen des eitern Contrafeht auf Papier mit Oelfarbe", (Sigmund II. 1548 bis 1572?) Inv. F. 3030 „Stephanus battorius König von Poln 1575—1586) und Inv. F. 3108 „König Sigmundt in Poln" (Sigmund III. 1587—1632?)

Es erscheint kaum zweifelhaft, dass die Erwerbung dieser Bildnisse durch die 1592 vollzogene Vermählung Sigmund IIL mit Anna von Oesterreich, einer Tochter Carl IL von Oester- reich und der Maria von Bayern , somit einer Nichte Wil- helm V. veranlasst worden sei.

Die grösste Zahl der von Wilhelm V. erworbenen Bild- nisse entfällt natürlich auf Bayern. Einige Kinder der Familie des 1568 mit Renata von Lothringen vermählten Wilhelm V. waren allerdings noch vor dem Ableben Al- brecht V. entstanden. So Inv. F. 3289 „Contrafeht eines Jungen aby^eleibten Freülins nach Kindtsweis Leonora, erster Tracht der durchleichtigsten Fürstin und frawen Renatae etc. Herzog Wilhelmen des V. in Bayern etc. Gemahl." Das

52 Sitzung der histor. Classe vom 7. Januar 1893.

jetzt nicht mehr nachweisbare Bild stellte die erstgeborne Tochter Wilhelm IV. dar, welche, wie der folgende erst- geborne Sohn Christoph, bald nach der Geburt starb. Auch das dritte Kind Christine Inv. F. 2864 „als die 29 wochen alt gewesen de Anno 1571 (sie!)" und Inv. F. 2830 „de Anno 1578" St. Inv. 6715, Depot zu Schieissheim, Lw. 60:57 cm, oval, erreichte nur ein Alter von 8 Jahren (1572 1580). Daran reiiite sich das Bild des 4. Sprösslings. des nachmaligen Kurfürsten Maximilian I., geb. 1578, Inv. F. 2814 „Eine lange Dafel mit Herzog Maximilians In Bayrn etc. contra- feht als Ir Drl. noch ein Jüngling gewesen", St. Inv. 3140, Depot zu Schleissheira, Lw. 94 : 128 cm, gemalt 1573. End- lich das Kinderbild des 1574 geborenen, 1600 mit dem nach- maligen Kaiser Ferdinand II. vermählten fünften Sprösslings, Inv. F. 2824 „Contrafeht freülin Maria Anna, Herzog Wil- helmen in Bayrn etc. des 5. Dochter", St. Inv. 4207, De- pot zu Schieissheim, Lw. 95 : 66.

In die Regierungszeit Wilhelm V. aber entfallen sicher: Inv. F. 2810^'^ „Herzog Philips von Bayrn, hernach ge- westen Cardinais vnd Bischofen zu Regenspurg etc. contra- feht", welcher jugendliche Würdenträger, geb. 1576, 1595 Bischof zu Regensburg, 1597 Cardinal, f 1598, sich in zwei Bildnissen erhalten hat: St. Inv. 2466, Ahnengalerie zu Schieissheim Nr. 28, Holz 96 : 71 cm, dem Hans von Aachen zugeschrieben und St. Inv. 3382, Depot zu Schieissheim, Lw. 0,62:0,48, italienischen Ursprungs. Dann Inv. F. 2814^'^ „Herzog Ferdinand hochgedachts Herzogs Philippen Brueders conterfeht" geb. 1577, 1595 Coadjutor und 1612 Erzbischof von Köln, f 1650, St. Inv. 2468, Ahnengalerie zu Schieissheim Nr. 29, Holz 96:71, gemalt von Hans V. Aachen? und Inv. F. 2819*''^ „Herzog Carl von Bayern, Herzogen Philippen vnd Ferdinands Brueders conterfeht" er- halten in St. Inv. 2465 , Ahnengalerie zu Schieissheim, Nr. 30, Holz 91 : 66, gemalt von H. v. Aachen (?). Endlich

V. Beber: Die Bildnisse der herzogt, hayer. Kunstkammer. 53

Inv. F. 2997 „Maximilian der erst, Herzog inBayrn", schwer- lich mit einem der erhaltenen früheren Bildnisse des Kur- fürsten St. Inv. 4463, Artilleriemuseum in München, St. Inv. 4323 Nationalmuseum in München, St. Inv. 4190, Residenz zu München, identisch. Eine in die Zeit Wilhelm V. fallende Copie ist dann auch Inv. F. 3112 „Margretha Pfalzgräfin bei Rhein ein Klosterfraw", Tochter Georg des Reichen von Landshut, geb. 1480, gest. als Aebtissin von Neuburg 1531. St. Inv. 2447 , Ahnengalerie Nr. 05 , Lw. 97:71, gemalt von H. V. Aachen (?).

Von den Pfälzer Bildnissen gehören in die Zeit Wil- helm V. : Zunächst das nicht mehr nachweisbare Todten- bild Inv. F. 3248 ,Contrafeht einer abgeleibten Frawen soll die Pfalzgräfin von Neuenmarkht sein, so eine geborne Königin von Dennemarkh gewesen", sonach wohl Dorothea, Tochter Christian II. von Dänemark, geb. 1520, vermählt 1535 mit Kurfürst Friedrich II. dem Weisen von der Pfalz, f 1580. Dann die gleichfalls verlorenen Bildnisse der 1590 gebornen und gestorbenen Zwillinge des Pfalzgrafen Friedrich zu Vohenstrauss aus der Linie Zweibrücken -Veldenz: Inv. F. 3322 „Georg Friedrichs Pfalzgrafen bei Rhein Herzog in Bayrn etc., geb. und gest. 1590", und Inv. F. 3323 Fried- rich Casimir auch Pfalzgrafen bei Rhein, geborn auch in der stundt, Tag, Monat und Jar mit obgemeltem seinem Bruedern." Was die Veranlassung zur Erwerbung dieser unerfreuHchen Todten- und Wickelkinderbilder, welche sich im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts einer so grossen Be- liebtheit erfreuten, war, ist aus den Famihenbeziehungen nicht ersichtlich.

Dagegen steht es ausser Zweifel, dasss die lothrin- gischen Familienbilder der Elisabeth von Lothringen und ihrer Geschwister anlässHch Elisabeths Vermählung mit dem nachmaligen Kurfürsten Maximilian im Jahre 1595 in die bayrische Kunstkammer gelangten und die schon von Her-

54 Sitzung der histor. Classe vom 7. Januar 18D3.

zogin Renata's Zeit vorhandene Reihe -vervollständigten. Es sind dies Elisabeth selbst Inv. F. 2869, St. Inv. 2510, Galerie zu Schieissheim Nr. 46, Holz 34 : 22 , einem lothringischen Maler der Olouet'schen Schule zugeschrieben, dann Heinrich von Lothringen (reg. 1608—1624) Inv. F. 2836, St. Inv. 7487 Residenz zu München, Lw. 200 : 110 cm; Äntonia von Lothringen, Gemahlin des Herzogs Johann Wilhem von Jülich-Berg Inv. F. 2867, St. Inv. 7492 Residenz, Lw. 200:110 cm; Katharina von Lothringen, Aebtissin des Klosters Montis S. Romarici, Inv. F. 2868, St. Inv. 7484. Ausser diesen der herzoglichen Braut nächststehenden Per- sönlichkeiten aber brachte Elisabeth von Lothringen wie weiland Renata von Lothringen sicher auch andere der be- reits früher aufgeführten Familienbildnisse mit, wobei nament- lich in jenen Fällen, in welchen das Fickler'sche Inventar Duplikate aufführt, das erste Exemplar zum Brautschatze Re- nata's, das zweite zu jenem Elisabeths gerechnet werden darf. Anderseits können die Bildnisse der Herzoge von Guise mög- licherweise auch nach der Katastrophe von 1588 erworben worden sein.

vSchon den Daten nach können endlich einige wenige Bildnisse des Fickler'schen Verzeichnisses nur in die Re- gierungszeit Wilhelm V. fallen. So Inv. F. 3024 Erzbischof Wolf Dietrich zu Salzburg (verschollen), eine wohl auf per- sönlichen Begegnungen beruhende Erwerbung, wie auch das Bildniss des Landgrafen Wilhelm von Leuchtenberg , Inv. F. 3312 „seines alters 40 Wochen de anno 1586", eines Bruders der Mathilde von Leuchtenberg, seit 1612 Gemahlin Albrecht VI. von Bayern , der Erbin von Leuchtenberg. Dann das Bildniss des von Wilhelm V. hochverehrten Or- lando di Lasso Inv. F. 3328 „0. di Lassus des berüembten Componisten seines Alters 50 Jar gemalt Anno 1580. St. Inv. 3799, Galerie zu Schleissheira, Lw. 65 : 51 cm. Copie nach H. v. Aachen. (?) Endlich gehört wohl auch hieher

i\ Beher: Die Bildnisse der herzogl. baijer. Kunstkammer. 55

das nicht mehr nachweisbare Bild Inv. F. 3067 „Barth, de Moys Treslong , Herzog Ernst in Bayrn Churfürstl. D. zu Cöhi Camerer."

Die kritische Untersuchung der im Fickler'schen In- ventar verzeichneten Bildnisse hat jedenfalls ergeben , dass der künstlerische Werth der herzoglichen Porträtsammlung verhältnissmässig jedenfalls noch niedriger stand, als jener der übrigen Gemälde. Es stellt sich dabei namentlich un- zweifelhaft heraus, dass die bezüghchen Erwerbungen Al- brecht V., der Zahl nach entschieden die meisten, gerade als die geringwerthigsten der ganzen Bildnissammlung er- scheinen. Denn die Anschaffungen Wilhelm IV. und Wil- helm V. zielten wenigstens nicht in dem Umfange wie jene Albrecht V. auf Reihen ab, welche jeder originalen Be- handlung eines Porträtwerkes naturgemäss am meisten wider- streben. Da aber auch von den beiden Herzogen Wilhelm nicht nach Kunst und Künstlern, sondern nach Gegenständen o-esammelt worden ist, so finden wir selbst bei Wilhelm IV., dessen frühere Regierungszeit mit der Blütheperiode der deutschen Renaissance zusammenfällt , so viel wie keine Kenntniss und Benutzung der grossen Meister. Denn es beruht sicher auf einer bis auf die Erwerbungszeit zurück- reichenden Tradition, wenn das Fickler'sche Inventar unter den Bildnissen nur zwei, deren Erwerbung durch Wilhelm IV. übrigens nicht fessteht, mit Meisternamen nennt, nemlich das der dargestellten Person nach unbekannte und überdiess seinem Urheber nach nicht unbedenkliche Bild „eines alten Doktors" von A. Dürer und das nicht minder zweifelhafte Porträt Dürers von H. Burgkmair, (beide unnachweisbar) während an dem erhaltenen Bildnisse des Bryan Tuke von Hol- bein trotz des auf dem Bilde selbst lesbaren Namens der ge- feierte Maler nicht genannt wird. Wilhelm IV. Hess seine Bild- nisse grösstenteils von den Hofmalern B. Beham, dem wir aus

o6 Sitzung der histor. Classe vom 7. Januar 1893.

den erhaltenen Beständen noch 12 bezeichnete, dazu etwa

8 Stück mit mehr oder weniger Sicherheit, zuschreiben können, von Hans Schwab von Wertingen, noch jetzt durch

9 Stück vertreten, und wohl auch durch L. Refinger, dessen Werke jedoch noch nicht mit voller Sicherheit aus den un- bezeichneten behamischen auszuscheiden sind, besorgen, wozu noch zwei H. Baidung, zwei Burgkmair, ein B. Strigel und ein Cranach , die Hälfte aller den Künstlernamen nach be- stimmbaren Bildnisse, kommen. Älbrecht V., der hiezu haupt- sächlich über H. Schöpfer und H. Mielich zu verfügen hatte, lässt in seinen Erwerbungen nur 5 Stück von dem erstem, 3 von dem letzteren ermitteln , wozu noch ein Fr. Clouet und vielleicht ein A. Crabeth und drei A. Sanchez Coello in seine Zeit fallen. In die Zeit Wilhelm V. endlich fallen nur 7 dem H. von Aachen zuzuschreibende Bildnisse.

Nehmen wir an, dass die erhaltenen Bildnisse einschliess- lich der nicht mehr sicher nachweisbaren ein Drittheil des im Jahre 1598 inventarisierten Bestandes bilden und dass auch die nicht mehr nachweisbaren Bilder der Sammlung an nach Künstlernamen bestimmbaren Bildern einen ähn- lichen Procentsatz aufzuweisen hatten, so kommen wir im Ganzen auf höchstens 180 mit ihren Urhebernamen bestimm- bare Porträtwerke, worunter wieder höchstens der dritte Theil als galeriefähig bezeichnet werden dürfte. Wenn wir aber demnach nur 10 Prozent der 579 Bildnisse der Samm- lung als künstlerisch bedeutsam schätzen dürfen, so erscheint dieses ungünstige Verhältniss um so charakteristischer als die Sammlung des Nachfolgers Wilhelm V., Maximilian I., nach dem Inventar von 1627/8 das umgekehrte Verhältniss ergiebt.

57

Philosophisch-philologische Classe.

Sitzung vom 4. Februar 1893. Herr v. Christ hielt einen Vortrag:

„Horatiana."

Die Zeit, wo Goethe schrieb:

Wer hätte auf alle Horatiana Acht, Morgens, Mittag, Abend und Mitternacht, Der war' um alle seine Zeit gebracht,

liegt hinter uns. Die Leute, welche sich um alle Horatiana kümmern, müsste man heutzutage mit der Laterne suchen, und auch die Horatiana selbst sind ebenso wie die Sophoclea, Ciceroniana, Homerica seltener geworden. Die Philologen suchen sich für ihre Untersuchungen weniger angebaute, noch mehr Ertrag versprechende Gebiete auf, so dass man in Dissertationen und Zeitschriften bereits mehr über Kritze- leien roher Handwerker, Grammatikerschnitzel, selbst Byzan- tiner und Kirchenväter als über unsere eigenthchen Klassiker zu lesen bekommt. Das hat sein Gutes. Auch in die Winkel des Altertums fällt auf solche Weise helles, nicht bloss jene Winkel erleuchtendes, sondern vielfach auch auf die Glanz- zeiten des Altertums zurückstrahlendes Licht, und jenes un- fruchtbare, speciell in der Horazlitteratur seit Peerlkamp wuchernde Getriebe, dass der eine einen Stein wegwirft oder versetzt, damit der andere ihn wieder herbeiholt oder wieder

58 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 4. Februar 1893.

an seine alte Stelle setzt, hat nachgelassen und Untersuchungen mit dauernderen Ergebnissen Platz gemacht. Aber die Sache hat auch ihre Schattenseiten, Für die Methode oder, wie manche Leute vornehmer sagen, für die Wissenschaft, mag es ja gleichgültig sein, ob einer seinen Scharfsinn an Demo- sthenes oder Chorikios übt, ja es mag sogar der letztere nach dem erprobten Satze 'experimentum fiat in corpore vili den Vorzug verdienen, aber die Stellung der Philologie und ihrer Anhänger, nicht bloss in der Schule, sondern in dem Geistesleben überhaupt, hängt doch nicht von der Methode allein ab: die beruht wesentlich auf dem inneren Gehalt der Objekte, an die wir mit unserer philologischen Methode herantreten, auf jenen klassischen Werken des Altertums, an. deren geistigem Inhalt und vollendeter Form sich die früheren Generationen aufgerichtet und gebildet haben und hoffentlich auch die späteren noch erfreuen werden. Sehr zu bedauern wäre es deshalb, wenn in der rührigen Ge- schäftigkeit der Philologie unserer Tage jene Klassiker immer mehr zurücktreten würden, wenn nach und nach die Meinung sich ausbildete, dass es in Horaz, Tacitus, Sophokles, Demo- sthenes nichts mehr zu thun gebe, und dass die eigentlichen Klassiker sich nur noch zum genussreichen Lesen eignen, während derjenige, welcher als gelehrter Philologe und ex- akter Sprachforscher etwas gelten wolle, sich an die In- schriften und die brach liegenden Schriftsteller des späten AltertuQis halten müsse. Wenn diese Meinung herrschend würde, dann fürchte ich, drohen die Klassiker immer mehr aus den Herzkammern der Philologen zu verschwinden, bis zuletzt trotz aller Wunder der Methode mit dem Quark der späteren lateinischen und griechischen Litteratur auch die Herrlichkeit der antiken Geistesschöpfungen von der Bild- fläche verschwindet.

Was wollen diese abgesungenen Gemeinplätze? nicht eine Umkehr herbeiführen; dafür fühle ich mich zu schwach

Christ: Horatiana. 59

gegenüber der Strömung der Zeit; nur es entschuldigen, wenn ich und andere auch mit Kleinigkeiten nicht zurück- halten, falls sie nur mit Kleinodien unserer Litteratur in Verbindung stehen. So weit will iph ja die Nachsicht nicht getrieben haben, dass durch den Schild des Horaz oder Homer auch das tändelnde Spiel geistreich sein wollender Einfälle gedeckt werde; aber was bei einem späten Gram- matiker oder Poetaster der Erwähnung wenig wert erscheint, das soll auf Beachtung Anspruch machen dürfen, wenn es dazu dient, neues Licht auf einen, wenn auch nur kleinen Punkt unserer Klassiker zu werfen. Und so will ich denn auch jetzt wieder den Freunden des klassischen Altertums ein paar neue Kleinigkeiten zu Horaz vorsetzen. Ich nenne sie neue Kleinigkeiten, weil ich schon früher ein paar Mal mit Kleinigkeiten zu Horaz hervorgetreten bin und dabei zum grossen Teil Glück gehabt habe. Denn was ich in meinem Aufsatz über die Verskanst des Horaz im Lichte der alten Ueberlieferung (Stzb. d. b. Ak. d. W. 1868 S. 36 An. 12) über den Wechsel des Metrums in den 9 ersten Oden des Horaz und die daraus zu erschliessende Einheit der siebten, von mehreren alten und neuen Herausgebern in zwei Gedichte zerlegten Ode bemerkt habe, hat so all- gemeine Zustimmung gefunden, dass jetzt viele davon als wie von einer selbstverständlichen Sache reden, die nie eines Entdeckers bedurft hätte. ^) Und wenn ich zeigte, dass in der Stelle Epist. I 5, 9

cras nato Caesare festus dat veniam somnumque dies, impune licehit aestivam sermone henigno tendere noctem

1) Eine Ausnahme macht Freund Kiessling, der in seiner treu- lichen Abhandlung Zu augusteischen Dichtern, in Philol. Unters. Bd I H. 2 S. 51 ausdrücklich mir die Priorität wahrt, ebenso der leider zu früh unseren Studien entrissene treffliche Kenner Aug. Reiff er- scheid. Tnd. lect. Vrat. 1879/80 p. a.

60 Sitzung der philos.-philol. Clcisse vom 4. Februar 1893.

die Worte nato Caesare festus dies nicht auf den Geburtstag des Augustus (23. Sept.), sondern den des lulius Cäsar (5. Juli) zu beziehen seien (Jhrb. f. Phil. 1876 S. 159 f. und Römische Kalenderstudien in Stzb, d. b. Ak. 1876 S. 194), so bat wenigstens meine Emendation der diesbezüglichen Note des Scholiasten Porphyrion {IUI id. lul. statt ILLI idibus hdiis) unbedingt Anklang gefunden, wenn auch bezüglich des Horaz selbst die Erklärer noch immer schwanken, und Kiessling es für nicht recht thunlich erklärt an den Geburtstag Cäsars zu denken. Aber hoffentlich wird auch in diesem Punkt meine Auffassung noch einmal vollständig durchdringen;^) vorerst seien hier ein paar neue Aufstellungen dem freund- lichen Urteil der Mitarbeiter unterstellt.

I.

Die alten Lebensbeschreibungen des Horaz.

Cruquius, der, weil er noch die beste aller Horaz- handschriften, den cod. Blandinius antiquissimiis, benutzte,

1) Uebri^ens benütze ich die Gelegenheit zur Erklärung, dass ich den in meiner Epicrisis fastorum Horatianorum entwickelten Versuch, die Herausgabe der drei ersten Bücher Oden auf 734/20 herabzurücken, inzwischen selbst aufgegeben habe, nachdem den- selben Bücheier Ind. lect. Bonn. 1878/79 p. 14 in seiner rücksichts- vollen Art abgelehnt, und Kiessling, Zu Augusteischen Dichtern S. 748 ff., die Annahme Lachmann's und F ranke's, dass jene Heraus- gabe in das Jahr 731/23 zu setzen sei, neu und tiefer begründet hat. Hoffentlich wird sich auch AI. Krawutschke, der sich noch in dem Programm, Quibus temporibus Horatium tres priores carminum libros edidisse verisimillimum sit, Oppau 1889, in fast allen Punkten auf meine Seite stellte, wenn er Kiessling's treffliche Abhandlung ge- lesen hat, zu dessen Meinung hinüberziehen lassen. Gefreut hat es indes mich doch, dass der feinste Kenner römischer Dichter, 0. Rib- beck, Rom. Dicht. H 141 f. mir darin beistimmt, dass das innig empfundene Geleitegedicht an Vergilius C. I 3 am besten auf die einzig bezeugte, verhängnisvolle Reise des Vergil im Jahre 734/20 passt.

Christ: Horatiana. 61

in allen Fragen der horazisclien Ueberlieferung an erster Stelle zu nennen ist, hat drei Vitae Horatii verzeichnet.^) Von diesen gehen nur die zwei ersten, welche allein nach Cruquins Zeugnis in jenem Cod. antiquissimus stunden, auf alte Biographien unseres Dichters zurück. Die dritte, die inzwischen auch von Gläser Rh. M. VI (1848) 439 aus einer jungen Papierhandschrift, cod. Rehdig. I 5, 4, ver- öflPentlicht wurde, und der Cruquius zwei lange Traktate über die Metra des Horaz und die ästhetischen Titel der einzelnen Oden angehängt hat,^) stammt nicht aus dem Altertum, sondern scheint erst in dem Mittelalter von irgend einem librarius aus jenen zwei alten Biographien zusammengebraut zu sein. Neues lernen wir auf solche Weise aus ihr nicht; ihr genügsamer Verfasser hat sich im wesentlichen an die kürzere zweite Vita gehalten und nur zum Schluss einige Brocken aus der ersten herübergenommen. ^)

Die zweite Vita des Cruquius geht bei ihm selbst anonym ; aber wir können noch bestimmt den Verfasser angeben, es ist Porphyrion, der bekannte Commentator des Horaz. Das wird jedem die einfache Gegenüberstellung der beiden Vitae zeigen:

Vita altera Cruquiana. Vita Porphyrionis.

Q. Horatius Flacms lihertino Q. Horatius Flaccus poeta ly-

patre natus in Äpulia cum pa- ricuslibertinopatrenaius,X)atria

reute in Sabinos commigravit, Venusia ortus, diibium Äpiilus

(piem cum pater pueriim Bomam an Lucamis, ut ipsc confitetur,

1) Ich benütze die Antwerpener Ausg. von 1579, wo die drei Vitae p. 649 - 53 stehen. Schon zuvor hatte von diesen Vitae Kenntnis gegeben Nannius, Miscell. III 1 a. 1548.

2) Die eigentliche Vita umfasst nur einige 20 Zeilen; sie reicht nur bis zu dem Satz Decein autem et novas odas in Z. 21.

3) Eine vierte Vita verööentlichte aus einem Cod. Berolinensis s. XV Kirchner, Quaest. Horat. Numbergii 1834 init., aber dieselbe ist völlig wertlos und von neuer Fabrik. Nicht viel besser ist eine fünfte, die Gläser Rh. M. VI 439 aus einer Breslauer Handschrift veröffentlicht hat.

62 Sitzung der philos.-phüol. Classe vom 4. Februar 1893.

misisset in luduni litterarium, parcissimis eruditus impensis angustias putris vicit ingenio coluitque adolescens Brutum, suh quo tribunns müitum civili hello militavit, captusque a Caesare post multiim tempus heneficio Maecenatis non solum servatus sed etiam in amicitiam receptus est, quapropder Maecenaü et Äu- gusto in omnihus scriptis suis vener ahiliter assurglt. Scripsit autem carminum Hb. IUI, epo- don I, Carmen seciüare, ser- monuni lih. II, epistolarum II, de arte poetica I.

Commentati sunt in illum Porphijrion, Modestus, Helenius Acron, omnium autem optime Acron.

nam Venusinus arat finem suh utrumque colonus, puer admodum Momam cum parente migravit, ut ipse dielt, Romae nutriri mihi contigit atque doceri. quem cum pater misis- set in ludum litterarium, pau- cissimis eruditus impensis an- gustias patris vicit ingenio. Athe- nas 2)etit iuvenis et ibi inter- 2)ellantibus sese civilihiis hellis Bruti secutus est partes, a quo militari tribunatu (militia tribu- natiis cod.) honoratus, non ut ceteri in partibus victis perse- veravit, sed cum carmini in- cumheret, captus a Caesare \et\ post magnum tempus heneficio Maecenatis non solum servatus, sed etiam Caesari in amicitiam traditus. unde in honorem Maece- natis quaedam scripsit, ut Ma e- cenas atavis edite regibus, et benivolentiam Caesaris cär- mine prosecutus, id est illud: Neu sinas Medos agitare inultos te duce Caesar, scripsit lyrica, carminis auc- torem secutus Alcaeum, quem in opere suo ita iactat: Aeolium, Carmen ad Italos deduxisse modos, artis poeticae unum, epodon unum, epistularum duos, sermonum duos, Lucilium se- cutus antiquissimum scriptorem, cuius ita meminit dicendo: Lu- cili ritu (ritum cod.) no- strum melioris utroque, et saeculare carmen, quod cele- hratum ptihlicis votis frlix fu- turum posteris omen.

Christ: Horatiana. 63

Man sieht, beide Vitae befolgen denselben Gedanken- gang, beide stimmen fast durchweg auch im Ausdruck mit einander überein; nur erstrebt die erstere grössere Kürze und lässt daher alle Horazcitate weg. Die Uebereinstimmung wäre gewiss noch grösser, wenn Cruquius seine Vorlage überall getreu wiedergegeben hätte. Denn in der Aufzählung der A'V'erke des Horaz befolgt Cruquius die damals herrschende und von ihm selbst in der Ausgabe befolgte Ordnung, während in der Vita des Porphyrion die Schriften in derjenigen Reihen- folge aufgezählt sind, in welcher sie dem Porphyrion, nach seinem Commentar zu schliessen, ^) vorlagen, und in der sie auch, wie wir unten sehen werden, in dem cod. Blandinius antiquissimns geschrieben waren. Nur der Schlusssatz der Vita Cruquiana, Commentati sunt in illum Porphyrion, Modestus, Helenius Äcron, omnium aiitem optime Äcron, steht nicht in der erhaltenen Vita des Porphyrion und hat auch natürlich nie in derselben gestanden; ihn entnahm der Schreiber der Handschrift derjenigen Scholiensammlung, die er selbst seinen Randscholien zugrunde legte, ^) und in der auf die Schollen des Acron mehr Gewicht als auf die des Porphyrion gelegt war.

Ich habe oben angenommen, dass von den zwei parallelen Lebensbeschreibungen die kürzere aus der längeren durch

1) Nur das eine stimmt niclit, dass in dem Exemplar des Por- phyrion die Epistolae hinter den Sermones stunden; vgl. Meyer 's Ausgabe p. 183 u. 267.

2) Dass im Bland, vetustissimus auch Scholien stunden, sagt ausdrücklich Cruquius zu C. IV 12, 5: in manuscripto codice Bland, vetiistissimo ex characterum friistulis comperi Prognem quidem in lusciniam, Phüomelam vero in hirundinem transformatam eamque hie dici infelicem avem tum i^ropter stuprum et linguam abscissam, tum quod suo eonsilio et opera Itys esset interfectus. Zu beachten ist dabei, dass gerad3 diese Version in dem Commentum Cruquianum nicht steht, dass also Cruquius seinen Scholiasten mehr aus dem anderen Blandinii zusammengestöppelt hat.

64 Sitzung der philos.-philöl. Glasse vom 4. Februar 1893.

Weglassung von Citaten und Nebenbemerkungen entstanden sei. Man könnte auch den umgekehrten Weg einschlagen und annehmen, dass die kürzere Fassung die ältere sei, und dass Porphyrion eine ältere, etwa von Acron herrührende Vita durch Zusätze erweitert habe. Aber das letztere ist doch weniger wahrscheinlich; überdies ist die ganze Frage nach dem Verhältnis der beiden Fassungen zu einander von wenig Belang. Wichtiger ist das andere, dass ich Porphyrion für den Verfasser der Vita ausgegeben habe. Das scheint nicht die Meinung der heutigen Philologen zu sein. Reiffer- scheid, Suetoni Tranquilli reliquiae p. 387, geht davon aus, dass ausser der Vita des Sueton nichts aus dem Altertum über das Leben des Horaz auf uns gekommen sei, und Schanz, Geschichte der röm. Litt. II 73 bemerkt: 'Auch Porphyrion hatte eine Biographie verfasst, vgl. S. I 6, 41', setzt also voraus, dass Porphyrion wohl eine Vita verfasst habe, dass die- selbe aber nicht auf uns gekommen sei.^) Aber was berechtigt zu dieser Annahme? Die Vita steht im Anfang der Commentarii Pomponii Porphyrionis in Q. Horatium Flaccura in dem einzig massgebenden cod. Mon. lat. 181 und geht so auch in der einzig verlässigen Ausgabe von W. Meyer dem eigentlichen Kommentar voraus. Für unsere Behauptung, dass Porphyrion der Verfasser der Vita sei, stützen wir uns also auf das Zeugnis der handschriftlichen Ueberlieferung. Dieses wird aber nicht widersprochen, sondern umgekehrt bestätigt durch die auch von Schanz angeführte Stelle des Kommentars zu Sat. I 6, 41 : 'patre libertino vatum esse Horatium et in imrratione, quam de vita illius habiii, ostendi. Denn das, worauf sich der Kommentator an jener Stelle bezieht, steht ja eben ganz genau im Eingang unserer Vita. Wir sind also vollberechtigt anzunehmen, dass wirklich der Verfasser unserer Vita Por-

1) Das Gleiche scheint auch Teufel-Schwabe, Rom. Lit.* p. 514 zu meinen.

Christ: Horatiana. 65

phyrion sei; aber das andere ist nicht minder richtif?, dass wir aus ihr sehr wenig, eigentlich gar nichts lernen, was wir nicht aus unserem Horaz selbst entnehmen könnten. Porphyrion kannte wohl die ältere Vita des Sueton (siehe zu Epist. II 1, 1), aber ihm stand nicht mehr die Einsieht in die alten historischen und archivalischen Quellen zu gebot, wesshalb er sich nach Grammatiker Weise darauf beschränkte, den Horaz aus Horaz selbst zu erklären und den Lebensabriss des Dichters wesentlich auf Stellen seiner Dichtungen zu basieren.

Die erste Vita bei Cruquius ist die durch Lessings Rettungen des Horaz in weiten Kreisen bekannt gewordene Lebensbeschreibung des Sueton.^) Auch diese Vita ist anonym auf uns gekommen; weder bei Cruquius, der dieselbe 'e ve- tusto codice Bland.\ offenbar dem Bland, vetustissimus heraus- gegeben hat, findet sich ein Autor angegeben, noch in irgend einer der anderen Handschriften, welche Reif f erscheid, Suet. rel. p. 44 8, in der neuesten Bearbeitung jener Vita benützt hat.^) Aber dass Sueton ihr Verfasser ist, geht unzweideutig aus Porphyrion hervor, der im Kommentar zu Epist. II 1, 1 mit der Wendung, cuius rei etiam Sue- tonius audor est; nani apud eum epistula invenitur Augusti

1) Ich setze sie nicht her, da sie ja jedermann in den Sueton- ausgaben von Reifferscheid p. 44—8 und Roth p. 297 f., und am Schlüsse zahlreicher Horazausgaben, wie z. B. auch der allgemein zugänglichen, von Luc. Müller besorgten Teubneriana nachlesen kann.

2) Die Vita findet 8ich nach Reifferscheid vollständig ausser im Bland, vet. noch in 4 Handschriften des Horaz: Paris. 7971 (= y' der Keller-Holder'schen Ausg.), Paris. 7974 (= (/), Paris. 7972 (= A), Paris. 8214. Es gehören dieselben, wie wir in dem folgenden Ab- schnitt nachv?eisen werden, zu einer der älteren, mit dem Bland, vet. verwandten Handschriftenfamilie. Die Vita steht auch verkürzt in mehreren jüngeren Handschriften, die C. Roth, Rh. M. XIII (1858) 517 zusammengestellt hat, so auch in dem Mon. 375, über den ich unten nähere Mitteilungen machen werde.

1893. Philos.-philol. u. hist. Gl. 1. 6

66 Sitzung der philos.-philol. Glasse vom 4. Februar 1893.

increpantis in Horatium, qiiod non ad se quoque plurima scribat, sich auf unsere Vita bezieht, i) Den richtigen Schluss daraus haben schon im 16. Jahrhundert Nanni und Muret gezogen; in unserer Zeit haben dann auch C. Roth und Reifferscheid unsere Vita an die richtige Stelle gesetzt, nämlich mit den verwandten Vitae des Terenz, Persius, Lucan zusammen unter die Fragmente der Schrift des Sueton De viris illustribus. Zu der Manier des Sueton, wie wir sie aus dem Leben der 12 Kaiser kennen, stimmt auch ganz der Stil und Ton unserer Vita: dieselbe Lässigkeit der Diction, derselbe Reichtum des Quellenmaterials, dieselbe Verquickung historisch gut bezeugter Thatsachen mit leeren Erfindungen des Klatsches und der Medisance. Diesen letzteren Charakter haben die meisten der Kritiker dadurch getilgt, dass sie bös- willige Verleumdungen nicht bloss von Horaz fern zu halten, sondern auch aus Sueton zu entfernen suchten.

Gleich im Eingang, Q. Horatius Flaccus Venusinus patre ut ipse tradit libertino et auctionum coactore, ut vero creditum est salsameniario, cum Uli quidani in altercatione exprohrasset : quotiens ego vidi patrem tuum brachio se emungentem, haben Jani und neuerdings Reifferscheid die Worte ut . . . emungentem als Interpolation gestrichen. Richtig ist, dass es ein schon bei Cornificius rhet. IV 54 vorkommender Gemeinplatz der Rhetorenschulen war, dem Sohne eines Händlers mit ge- salzenen Fischen vorzuwerfen, dass sich sein Vater mit dem

1) Ausserdem ist Sueton genannt in dem Scholiasta Cruquianus C. IV 1, 1: statuerat Horatius ad tertium usque librum complere opus carminum, verum tribus libris iam editis ex maximo intervallo hunc quoque quartum scribere compulsus est ab Augusto, ut refert Suetonius in vita Horatii. Aber hier steht das letzte Sätzchen ut refert Suetonius in vita Horatii nur bei Cruquius, nicht auch bei Porphyrion oder Ps. Acron, die im übrigen dieselbe sachliche Be- merkung haben, so dass es zweifelhaft ist, ob Cruquius die Worte in seinem Bland, vet. vorgefunden oder aus eigener Kombination zugefügt hat.

Christ: Horatiana. 67

Ellenbogen die Nase abgewischt habe. Aber warum sollte dieser Spott erst von einem Schreiber nach Sueton auf unseren Horaz übertragen worden sein? ist es umgekehrt nicht viel glaubwürdiger, dass zur Zeit, als unser Dichter noch gröb- licheren Anfeindungen ausgesetzt war, irgend ein Gegner jene boshafte, wie Kiessling vermutet, aus dem Vergleich des Horaz mit Bion (Epist. II 2, 60) stammende Schimpfrede sich erlaubte, und dann Sueton, der Freund des Klatsches, dieselbe getreulich aufzeichnete? ^) Gerade so steht es mit dem famosen Satz: ad res Venerias intemperantior fraditur; nam specidato cubiculo scorta ita dicitur habuisse disposita, ut quocunque respexisset^ ei imago coifus referretur. Lessing hat in seinen Rettungen des Horaz die letzten Worte nam referretur als Interpolation, entstanden aus der Erinnerung an eine ähnliche Unflätigkeit, welche Seneca Quaest. nat. I 16 von einem ge- wissen Hostius erzählt,^) dem Sueton abgesprochen. Aber einmal sind die beiden Erzählungen aus der histoire scandaleuse bloss ähnlich, keineswegs identisch, und dann sehen sich auch die beiden Namen Hostius und Iloratius gar nicht so ähnlich, dass 'ein Unwissender den einen für den andern nehmen konnte'. Reifferscheid, Suet. rell. 390 hat dieses einge- sehen, meint aber, indem er einen Wink von C. Roth Rh. M. XIII 531 aufnimmt, dass die Stelle der Vita aus den Scholien zu Hör. Epist. I 19, 1 interpoliert sei, wo es von Cratinus

1) Aehnlich gibt Plut. Cic. 1, vielleicht nach der auch dort be- nützten Quelle des Sueton, zwei Abstammungen des Cicero an: oi fisv yuQ SV xva(psi(p zivl xal ysvea&ai xal rgatprlvai tov avÖQa Xsyovoiv, oi 8s £ig TvXXov "Azriov avdyovoiv.

2) Die Stelle lautet: non erat ille ab uno tantiimmodo sexu inpurus, sed tarn virorum quam feminarum avidus fecitque specula eins notae, cuius modo retuli, imagines maiores reddentia, in qicibiis digitus hrachii mensuram et crassitudinem excederet. haec aiitem ita disponebat, ut cum virum ipse pateretur, aversus omnes admissarii sui mottis in specula ipse videret, ac deinde falsa magnitudine ipsius memhri tamquam vera gaudebat.

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Ö8 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1893.

heisst: hie per hanc vinolentiam tantae lihidinis fnif, ut cuhiculum suum speculis adornaret^ quatenus et coitum suum spectare posset. Aber das heisst doch die Sache auf den Kopf stellen. Vergleicht man nämlich die beiden Stellen, die in der Vita und die in den Schollen, miteinander, so ist dort die Sache in guter, gewählter Sprache und in ausführlicher Fassung, hier in stümperhaftem Latein und in magerer Kürze berichtet. Wo ist da von vornherein das Original und wo die Copie? Dazu kommt aber noch, dass nicht der alte, glaubwürdige Scholiast Porphyrion jene Nachricht über Cra- tinus enthält, sondern dass nur in jenem Schollen wüst, den man erst im 15. Jhrh. unter dem erdicliteten Namen des Acron zusammengefasst hat, jene Nachricht den guten, auch im Porphyrion stehenden Notizen über Cratinus angehängt ist. Gewinnt es da nicht noch weit mehr an Glaubwürdig- keit, dass im Mittelalter ein Freund von Nuditäten das, was er in der alten Vita des Horaz gelesen hatte, auch auf den geistesverwandten, lebenslustigen Dichter Cratinus gelegentlich der Erklärung der 19. Epistel übertrug? ^) Nein, beide Stellen der Vita von dem pater salsamenfarius und den specida cubiculi gehören zu dem römischen Stadtklatsch, den der Freund des Klatsches, Sueton, begierig aufgriff und in das Leben des Dichters einflocht. In einer gereinigten, für die Schüler bestimmten Horazausgabe mag man dieselben immer- hin auslassen, zumal sie ja doch nur offenkundige Verleum- dungen sind, aber in einer urkundlichen kritischen Ausgabe befreie man sie trotz L es sing von den Klammern, die sie nicht verdienen.

Auch in der Fassung und Verbesserung der zweiten Stelle scheint die Autorität Lessings den neueren Heraus- gebern den einfachen Sinn für das Richtige getrübt zu haben. Die überlieferten Worte nani speculato cubiculo scorta dicitur

1) So urteilt auch Hirschfelder in der Ausg. I p. XII.

Christ: Horatiana. 69

habtdsse disposita sind natürlich sinnlos, und dem Sinn nach richtig hat Lessing gebessert: nam sjJccula in cuhiculo scor- tans ita dicitur habuisse disposita. Aber im Wortlaut weicht die Verbesserung viel zu sehr von der Ueberlieferung ab, als dass dieselbe Anspruch auf Wahrscheinlichkeit haben könnte. Ein Kenner der methodischen Kritik rauss sofort bezüglich des von Lessing zugesetzten ita sehen, dass, wenn es überhaupt eines solchen Zusatzes bedarf, dann jenes ita nach disposita einzusetzen ist, wo es leicht durch den Gleich- klancr der Buchstaben ausfallen konnte. Aber auch das Verbuni scortans, das übrigens von Oudendrop herrührt, will nicht gefallen, und die Aenderung specida in cnhiado aas specidato cubicido klärt nicht über den Grund des Ver- derbnisses auf. Wahrscheinlich ist das scorta erst in den Text gekommen, nachdem mit der Corruptel specidato das grammatische Objekt zu habuisse verloren gegangen war, ist aber specidato selbst, wie Gläser Rh. M. VI (1848) 441 An. gesehen hat, durch Ausfall einer gleichlautenden Sylbe aus specida foto entstanden. Es ist demnach zu lesen: nam specida toto cidjicido dicitur habuisse disposita^ ut quocun- que respexisset, sibi imago coitus referretur.

Die besprochenen zwei Dinge hat also Sueton aus der mündlichen Ueberlieferung er führt sie selbst mit dicitur und ut creditum est ein herübergenommen. Es verlohnt sich zu untersuchen, woher er die übrigen Nachrichten der kurzen, aber inhaltreichen Vita genommen hat.

Zunächst ist klar, dass Sueton die Gedichte des Horaz selbst als Quelle benützte. Er sagt gleich im Anfang Q. Ho- ratius Flaccus Venusinus patre, ut ipse tradlt, libertino, unter Bezugnahme auf S. I 6, 45, und ähnlich weiter unten habitu corporis fuif brevis atque obesus, qualis a semet ipso in satiris describitur, unter Bezugnahme auf S. II 3, 308 und Ep. I 20, 24. Auch wenn er vom Verhältnis des Horaz zu Augustus sagt: scripta quidem eins usque adeo probavit.

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mansuraque perpetuo opinatus est, ut non modo saecularc Carmen componendum iniunxerit sed et Vindelicam victoriam Tiberii Drusique privignorum suorum, eumque coegerit propter hoc tribus carminum libris ex longo intervallo quartiim ad- dere, so bezieht er sich einmal auf die erhaltenen Gedichte, das Saeculare Carmen und die beiden Siegesoden C. IV 4 u. 13, und dann speciell mit ex longo intervallo auf den Eingang von C. IV 1, 1 Interniissa, Venus, diu rursus bella moves.

Von sonstigen Quellen hat Sueton zunächst die Schriften des grossen Gönners unseres Dichters, des Mäcenas, heran- gezogen, aus denen er ein Epigramm mit drei Hendekasyllaben auf unseren Horaz anführt. Die Werke des Mäcenas waren damals noch vorhanden und leicht zugänglich; finden wir doch noch Spuren ihrer Benützung bei Charisius p. 79, 24 und 146, 29 ed. Keil, Diomedes p. 369, 21 u. 512, 12 K. und selbst noch bei Priscian p. 536, 6 H.^) Nebst den Gedichten des Mäcenas benützte Sueton auch noch dessen Testament, auf das er sich mit den Worten bezieht multo magis (sc. quantopere eum dilexerit testatur) extremis iudi- ciis tali ad Augustuni elogio: Horati Flacci ut mei esto memor. Denn der letzte Wille stand natürlich im Testament, und das Wort elogium hatte die technische Bedeutung eines testamentarischen Ausspruchs im Gegensatz zu einer be- stimmten testamentarischen Verfügung. Wie sehr man aber im Altertum von bedeutenden Männern neben den Schriften ihr Testament aufzubewahren pflegte, zeigt namentlich Laer- tius Diogenes, der in den Biographien der Philosophen ganz

1) Freilich ob diese Grammatiker selbst die angeführten Stellen im Mäcen aufspürten oder auch nur nachschlugen, bleibt sehr zweifelhaft. Bei Priscian muss dieses geradezu als ausgeschlossen gelten; aber auch Charisius hat ausgesprochener Massen die eine Stelle p. 146, 29 aus Julius Romanus entlehnt. Indes lebte auch dieser über ein halbes Jahrhundert nach Sueton.

Christ: Horatiana. 71

gewöhnlich ausser ihren Schriften auch ihre letzten Ver- fügungen anführt.^)

Mit den Schriften und dem Testament des Mäcenas hängt auch dessen Grabstätte zusammen, da nach dem Schlüsse der Vita Horaz neben dem Grabhügel des Mäcen in den äussersten Esquilien, also in den horti Maecenatis beigesetzt war. Diese Grabstätten suchten die Grammatiker und Biographen auf, da sie teils über die Beziehungen der bestatteten Schriftsteller zu hohen Gönnern, teils über die Lebenszeit derselben authentischen Aufschluss gaben. In ersterer Beziehung erinnere ich nur an Ennius, der in der Grabstätte der Scipionen beigesetzt war,^) und an die grie- chischen Historiker Herodot und Thukydides, deren Gräber sich nach dem Biographen des letzteren, Marcellinus, in der Grabgruft des Kimon befanden.^) In letzterer Beziehung stehe ich nicht an die Notiz unserer Vita, natus est VI Mus Decemhris L. Cotta et L. Torquato consulihus, decessit V Kai. Decemhris C. Marcio Censorino et C. Äsinio Gallo consulibus post nommi^) et quinquagesimum annum., im wesentlichen aus der Inschrift des Grabdenkmals unseres Dichters herzuleiten. Allerdings konnte man aus den Ge-

1) So sagt er V 11 bei Aristoteles: i^fisTg 8s xal 8ia'&r)xaig amov jisQiErvxo/.iev ovrco Jtcog sxovaaig und macht dann einzelne Mitteilungen daraus; ebenso bei Piaton III 41, Theophrast V 51, Lykon V 69, Epikur X 16.

2) Siehe Cic. pro Arch. 9, 22 und Livius 38, 56.

3) Marcellinus 17: Jtgog xaXg Mehziai nvXaig xaXovfxsvaig eaziv iv Koikrj TOI xaXovf.iEva Kificovia fivfjfj,ara, k'v&a Seixvvrai 'HqoÖozov xai 0ovxv8i8ovg xäcpog.

4) Statt nonum schrieb Vinetus septimum nach Hieronymus Ol. 192, 3: Horatius LVII aetatis suae anno Romae moritur. Zu dieser Verbesserung, die auch handschriftlich überliefert ist in der unten edierten Vita Horatii I des Cod. Mon. 375, stimmen auch allein die übrigen chronologischen Angaben; siehe indes Reifferscheid p. 391, der einen anderen Weg der Verbesserung einschlägt.

72 Sitzung der 2}hilos.-2)hilol. Classe vom 4. Februar 1893.

dichten des Horaz selbst herausbringen, dass er unter dem CoDSulate des Manlius (C. III 21, 1: o nata mecum consnle Manlio) und im Monate December (Epist. I 20, 2(3: me quater undenos sciat implevisse Decembris, und Epod. 11,5: hie tertius December, ex quo destiti Inachia furere)^) ge- boren sei. Aber über den Tag der Geburt findet sich bei dem Dichter keine Andeutung, und selbstverständlich gar keine über den Tod. Das Todesjahr und den Todestag wird wohl Sueton aus einer kurzen biographischen Angabe, wie sie nach mündlicher Ueberlieferung den Ausgaben der Autoren beigefügt zu werden pflegten, entnommen haben. In dieser Notiz mag auch schon der Geburtstag gestanden haben, aber dann war derselbe doch jedenfalls erst durch Berechnung ge- funden worden, und zwar, wie ich vermute, aus dem Grabstein des Horaz in den Anlagen des Mäcen. Ein unscheinbares Anzeichen der Verschiedenheit der Quelle für das Geburtsjahr und das Todesjahr liegt noch in unserem Suetontexte vor: die Consuln des Todesjahres sind voll mit ihren drei Namen angegeben, die des Geburtsjahres hingegen nur mit Pränomen und Cognomen. Aus der Angabe des Todestages Hess sich aber der Geburtstag berechnen, wenn auf dem Grabstein des Horaz, wie wir das noch so oft in Grabschriften finden, die Lebensdauer angegeben war, also nach dem Stil jener Inschriften mit: VIX. ANN. LVI MENS. XI D. XII.

Eine weitere Hauptquelle bildeten für Sueton die Briefe des Kaisers Augustus, Sueton erwähnt zwar unter den schrift- stellerischen Werken des Augustus (c. 85) nicht auch Briefe, aber nur deshalb nicht, weil der Kaiser seinen Briefen keine

1) Interessant ist es in dieser Beziehung zu vergleichen eine Stelle der neuerdings von Traube, Poet. lat. medii aevi III 2 muster- haft herausgegebenen Vita S. Germani I 97: Id bis octonos erat attrectasse decembres, mit dem Scholion: decembres i. e. sedeeim annos. Man hat also im Mittelalter, verleitet durch die angeführten Stellen des Horaz december geradezu im Sinne von annus genommen.

Christ: Horatiana. 73

zur Herausgabe bestimmte, stilistisch abgerundete Form ge- geben hatte. Dass aber zu Suetons Zeiten noch Briefe des Begründers der Monarchie in Umlauf waren, lässt sich von vornherein voraussetzen. Von Sueton selbst werden erwähnt c. 71 autographa epistula und c. 87 litterae autographae. Und dass er in seiner Lebensbeschreibung des Horaz auch eine Briefsammlung des Augustus benutzte, spricht er deutlich genug aus mit extant epistolae (sc. Ätigusti), e quibus argu- ■menti gratia pauca subieci. Auch geht auf eine dem Ver- fasser vorliegende Briefsammlung das Präsens appellat in dem Satze: praeterea saepe eum inter alios iocos purissimum penem et hommicionem lepidissimum appellat. Denn gerade so gebrauchen wir das Präsens bei der Anführung von ge- schriebenen Zeugnissen, und gebraucht es auch sonst Sueton, wie Aug. 42 u. 74. Die Stellen, welche Sueton aus den Briefen des Augustus im Leben des Horaz anführt, sind witzig und geben ein erfreuliches Bild von der vertrauten Art, in der der mächtige Kaiser mit unserem Dichter ver- kehrte. Wir heben aus ihnen nur zwei heraus, welche zum Verständnis der Gedichte des Horaz noch nicht hinlänglich ausgebeutet sind.

Auf das zweite Buch der Episteln bezieht sich der Abschnitt: post sermones vero quosdam Udos nullam sui menfionem habitam iia est questus fsc. Augustus): irasci me tibi scito, quod non in plerisque eiusmodi scriptis mecum potissimum loquaris; an vereris ne apud posteros infame tibi sit, quod videaris familiaris nobis esse? expresseritque eclogam ad 5e, cuius initium est:

cum tot sustineas et tanta negotia solus, res Italas armis tuteris^ moribus ornes.^ legibus emendes, in publica commoda peccem, si longo sermone morer tua tempora., Caesar.

Daraus ersehen wir, dass die erste Epistel des zweiten Buches dem Horaz von August gleichsam abgepresst wurde.

74 Sitzung der philos.-philöl. Classe vom 4. Februar 1893.

Zugleich schloss Kiessling, Augusteische Dichter S. 58 u. Ausg. Einl. zu AP., aus den einleitenden Worten post sermones quosdam lectos, dass jener ersten Epistel belehrenden und litterarischen Inhaltes schon mehrere andere ähnlicher Art, also nicht bloss Epist. II 2 an lulius Florus, sondern auch die sogenannte Ars poetica oder der Brief an die Pisonen, vorausgegangen waren. Ich halte diese Schlnssfolge für völlig zutreffend und trete daher auch der Ansicht von Michaelis^) bei, dass die Ars poet. nicht in die letzten Lebensjahre des Dichters falle, sondern vor Epist. II 1 oder vor das Jahr 15 oder 14 zu setzen sei. Denn für Epist. II 1 hat jene Abfassungszeit mit Sicherheit Vahlen, Sitzb. d. Berl. Akad. 1878, 692 f. erschlossen, indem er in Epist. II 1, 252 ff.

terrarumque situs et flumina dicere et arces montibus impositas et barbara regna tuisque auspiciis totum confecta duella per orbem

eine offenbare Nachahmung fand der Verse C IV 13, 11 ff.

Breunosque velocis et arces Alpibus impositas tremendis deiecit.

Auf unsere Epistel II 1 bezieht sich nun aber einge- standener Massen auch der Brief des Augustus: pertulit ad me Onysius libellum tuum., quem ego ut excusantem^ quan- tuluscunque est, boni consido. Denn die excusatio enthalten eben die oben citierten Eingangsverse unserer Epistel. Noch nicht beachtet aber ist, dass mit libellum Augustus fein repli- cirte auf Horaz Ep. II 1, 220

1) Ad. Michaelis, Die horazischen Pisonen, in Comment. in hon. Mommsenii p. 431 ff. Bei dieser Annahme ergibt sich auch noch der feine Witz, dass das letzte Gedicht der Sammlung (Ep. II 2) schliesst mit

Lusisti satis, edisti satis atque bibisti;

tempus abire tibi est, ne potum largius aequo

rideat et pulset lasciva decentius aetas.

Christ: Horatiana. 75

multa quidem nohis facimus mala sacpe poetar, ut vineta egomet caedam mea, cum tibi lihrum soUicito damus aut fesso.

Ein ^Buch^ rühmt sich Horaz mit Epist. II 1 dem Aiigustus überschickt zu haben; ein 'Büchlein' antwortet Augustus mit schalkhaftem Spott. Es bekommt aber der Scherz noch mehr Hintergrund, wenn wie mit Kiessling das post sermones quosdam lectos auch auf die Ars poetica beziehen. Denn die konnte mit ihren 476 Versen nach antiken Begriffen wirklich für ein Buch (liber) gelten; unsere Epistel dagegen erhob sich mit ihren bloss 270 Versen kaum über den Begriff eines Büchleins (libellus).

Eine andere Stelle der Briefe des Augustus, die ich für die Erklärung des Horaz verwerten möchte, bezieht sich auf Septimius. Der Kaiser hatte unseren Horaz zu seinem Sekretär oder, wie die Alten sagten, zu seinem Briefschreiber machen wollen: ante ipse sufficiebam scribendis epistolis amicorum, nunc occupatissimus et inßrmus Horatium nostrum a te cupio abducere. Horaz fürchtete die goldenen Fesseln und hatte, sich entschuldigend, abgelehnt. Darauf antwortete der Kaiser: tui qualem habeam memoriam, poteris ex Septimio quoque nostro audire; nam incidit^ ut illo coram fieret a me tui mentio. neque enim si tu superbus amicitiam nostram spre- visti, ideo nos quoque dv9-V7teQ)]cpavovf.iev. An den Septimius nun ist die schöne, von ergreifender Melancholie erfüllte Ode II 6 gerichtet^)

Septimi, Gadis aditure mecum et Cantabrum indoctum iuga ferre nostra etc.

Dass hier Gades und Cantaber nur als Repräsentanten für den allgemeinen Begriff ferner Städte und Länder zu fassen seien.

1) Ob der in Epist. I 9 aus d. J. 733/21 von Horaz dem Ti- berius zur Aufnahme in seine coJiors litteratorum empfohlene Septimius mit dem Septimius unserer Ode identisch sei, wage ich weder zu bejahen noch zu verneinen.

76 Sitzung der pliilos.-iJhüol. Glasse vom 4. Februar 1893.

kann nur einer aufstellen, der unseren Horaz nicht kennt. ^) Die Ode kann nur i. J. 26 auf 25 gedichtet sein, als Augastus in Spanien den Feldzug gegen die Cantaber führte, nicht ohne manigfaches Ungemach und körperliches Leiden.^) Dem Horaz also hatte sich Septimius angeboten, mit ihm als treuer Freund und Begleiter nach Spanien und bis ans Ende der Welt zu gehen. Horaz aber fühlte sich leidend und herab- gestimmt: müde der Märsche und des Kriegsdienstes früherer Jahre, sehnte er sich nach einem friedlichen sonnigen Platz, nach Tibur oder Tarent, wo er in Kühe sein Haupt hinlegen könne. Passt diese Situation nicht trefflich zu jenem Brief des Augustus? Den Septimius gebrauchte der Kaiser zum Vermittler im Verkehr mit Horaz: derselbe wird nicht er- mangelt haben dem Horaz, als ihm von seinem kaiserlichen Herrn die Stelle eines Sekretärs angeboten wurde, zuzureden, indem er sich ihm als Begleiter nach Spanien ans Hoflager des Kaisers anbot; aber Horaz blieb bei seiner Weigerung, er fühlte sich zu krank und lebensmüde. Diese Auffassung der stimmungsvollen, von Lehrs (Ausg. p. LXXVHI) merk- würdiger Weise dem jungen Horaz zugeschriebenen Ode würde aber auch dann aufrecht gehalten werden können, wenn man das in der Vita erwähnte Angebot des Augustus in spätere Zeit setzen zu müssen glaubte.

Anhangsweise teile ich aus dem Cod. Mon. 375 s. XH die drei Vitae Horatii und die Traktate über die Metra und Gedichtarten des Horaz mit, von welchen zuerst Cruquius am Schlüsse seiner Ausgabe, p. 649 ff. Kenntnis gegeben hat.

1) Richtig urteilt darüber Aug. Luchs in der speciellen Ab- handlung De Horatii carm. II 6, Ind. lect. Erl. 1898 S. 13.

2) Dio Cassius 53, 25 zum J. 729: amog Ss 6 Avyovatog jiqös ze xov? "AoTVQag xai jiQog xovg KavTÜßqovg ä/xa enolsfÄTjoev .... xai 6 fisv ex re zov xafidrov xal sx zcöv <pQovriScoi' voatjaag ig TaQQaxcova dvs%ü)Qrjoe xal ixsT tjqqcootsi.

Christ: Horatiana. ti

Denn da einesteils die Codices Blandinii, aus denen dieselbe Cruquius publicierte, verloren gegangen sind und anderseits hier wie sonst Cruquius sehr frei mit dem Texte seiner Hand- schriften umgegangen zu sein scheint, so wird eine erneute Publication auf Grund eines kontrolierbaren Codex nicht unerwünscht sein, wenngleich unser Mon. 375 weder mit den Blandinii noch auch mit den anderen Codices, welche gleich- falls die Stücke enthalten sollen, sich messen kann.

I. = Cruq. III. 1) Mon. 375 fol. 1 ante Carmina.

Horatnis Quintus Flaccus praecone patre natus liber- tinae conditionis oriundo Venusinus fiiit, quae civitas Apuliae est, non adeo opihus vilis mit studio. Nant . studio litteris liberalibus eruditus pro ingenii claritate., quod in tantum iam a puero eminebat, ut idtra nieritum natalium talihus 5 disciplinis faceret eum aptuni videri. Hie praeter studia Romana phüosophiae causa Äthenas profectus inter Epi- cureos primum locum tenuit. F amiliar itatem etiam Marci JBruti adeptus est eius, qui cum Augusto dimicavit; nam et trihunus militum ipsius fuit, post vlctoriam vero civilis belli 10 interventu Maecenotis Horatio Caesar indulsit. Fuit autem idem Uoratius statura brevis, lippus, obeso corpore, ira- cundus, obscenis moribus, ita ut cubiculo speculato uteretur, quo se coeimtem videret. Natus VI idus Decembres Cotta et Torquato consulibus, septuagesimo septimo anno aetatis 15 periit, herede Augusto. Sepultus est iuxta Maecenatis tu- mulum. In opere suo Alceum imitatus est, in satyra Lucilium.

1) Prima haec vita commixta est ex vitis Suetonii et Porphy- rionis, viele supra p. 61; paululum differt vita a Glaesero Rh. M. VI 439 ex recentiore codice prolata.

17 Lucilium hie finis vitae statuendus est; sequitur in codice initium comnientarii in C. I 1, deinde tractatus metricus, cuius initium hoc est: Decem et novem modos metrorum in carmine suo posuit. prima igitur monocolos est etc.

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IL = Cruqu. I.i) Mon. 375 fol. 164 post Sermones.

Inscr.: expliciunt libri Horatii Quinti Flacci. incipit vita eiusdem.

Horatius Flaccus Venusinus patre ut ipse tradidit li- hertino et exactionum coactore, ut vero traditum est salsa- nientario^i cum Uli quidam in altercatione exprohrasset, quo- tiens ego vidi patrem tutim brachio sc emungenfem. Bello 5 Fhilippensi excitus a Marco Briito imperatore tribunus mi- litum meruit, victisqiie partihus venia impetrata scriptum quaestorium comparavit; uc primo Maecenati, mox Augusto insinuatus non mediocrem in amborum amicitia locum tenuit. Maecenas quantopere eum dilexerit., satis tesfatur illo epi- 10 grarnmate:

Ni te viscerihus meis^ Horati, plus iam diligo^ tu tuum sodalem Ninnio videas strigosiorem.

Sed multo magis extremis iudiciis tali ad Augustimi 15 elogio: Horatii Flacci ut mei esto memor. Habitu corporis brevis fuit afqiie obesus., qualis et a semet ipso in satyris describitur et ab Augusto Jiac epistola: pertulit ad me Onysius libellum tuum, quem ego ut excusantem, quantuluscunque est, boni consido. Vereri autem mihi videris, ne maiores 20 libelli tui sint quam tu ipse es. sed tibi statura deest, cor- pusculum non deest, itaque licebit in sextarialo scribas, ut circuitus voluminis tui sit dyxcodeoTaTog, sicut est ventriculi tui. Ad res venerias intemperantior traditur. Nam specu-

1) Altera haec vita ex Suetonii vita adbreviata est, de qua vide supra p. 65.

2 salment. M. 5 philipensi M. tribunatus M. 12 tutum M. 13 nimio M. viäeras M. 18 nccusantem M. 19 consilii M.

22 OrKCOAHCTATOC M.

Christ: Horatiana. 79

lato cnhiciilo scortmn dicitur habuisse dispositum, ut quo- cunque respexisset, ei imago coitus ohviaret.

III. = Cruqu. II. 1)

Mon. 375 fol. 165 post vitam antecedentem nullo spatio interposito.

Horatius Flaccus libertino patre natus in Äpulia cum patre in Sabinos commigravit ; quem cum pater Homam misisset in ludum litternrium, parcissimis eruditns inpensis 5 angustias patris vidi ingenio, coluitque adolescens Bruium^ sub quo tribunus militum fuit, captusque est a Caesare. Post multiim tempus beneficio Maecenatis non solum servatus sed etiam in amicitiam receptus est^ quapropter Maecenati et Auguste in omnibus scriptis suis venerabiliter assurgit. 10 Scripsit autem, libros carminum IUI, epodon, Carmen sae- culare, de arte poetica librum /, sermonum libros II, epi- stolarum quoqiie libros IL Commenti sunt in illum Por- phyrion, Modestus, Helenius [e^] Acroyi, melius omnibus Acron.

IV\^)

Mon. 375 fol. 165 post duas vitaa neque spatio interposito neque

titulo praemisso.

In Horatio sciendum est esse öden ut eclogam in Vir- 15 gilio bucolicorum, modos aidem locutionis esse diversos, sci- licet [Asclepiadeum] erotice umatorie, pragmatice causative,

1) Tertia haec vita ex Porphyrionis commentariis excerpta est; vide supra p. 61.

2) Quartus hie tractatus ex tribus partibus constat, quarum prima (IV») in codd. AL post Carminum librum tertium legitur, secunda fere integra ex Servii libello de metris Horatii (Gramm, lat. ed. Keil IV 468 472) expressa est et in aliis codicibus ante Art. poet. legitm* (cf. Keller II 326 ad Art. poet.).

1 specula toto cubiculo dicitur habuisse disposita emendavit Glaeser, vide supra p. 68 sq. 5 litterar um M. 13 Pnrphirion M. 15 et scripsi: ut M. 17 heroetece M.

80 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1893.

hypotlietice personaliter, parainetice interpositive, prospho- netice exdamatorie, proseuctice deprecatorie, paeon [proseuc- tice] laudative.

fol. 165 168 nullo spatio interposito.

Ode mottocolos est, quotiens uno metro sine alterius 5 ammixtione est; dicolos est ode, quae duohus metris scripta est; tricolos vel tetracolos, in qua post diios aut tres versus alia inchoant.

Prima igitur ode monocdlos est, cantus unimemhris. Nam versus, qui Asclepiadeus dicitur, constat pedihus IUI, 10 spondeo, duohus choriambis, pyrrichio sive iambo, ususque est Jinc metri compositione cantihus his tribus, quorum pri- niordia subnotavi: Maecenas atavis Exegi monumentum. Donar em pateras.

Secunda ode dicolos est tetrastrophos , id est duahus 15 nietri compositionibus, a quarto facta repUcatione; Jiabet enim primos tres versus, qiiibiis nomcn est Sapphicus, et constat itrocheo spondio dactylo duohusy trocheis; quartus vero, qui Adonius dicitur, dactylo et spondeo 2)edibus ter- minatur, utiturque hac metri compositione cantibus VI et 20 XX, quorum priniordia subnotavi: lam, satis. Mercuri fa- cunde etc. etc.

His metris scripti sunt quattuor carminum libri et epodon I et Carmen saeculare. Nam sermonum et episto- larum et artis poeticae über K,heroico hexametro iiigiter"^ 25 continetur.

1 hypotet. M. paran. M. 2 proseut. M. heon proseut. M. 16 tres] quattuor M. 21 reliqua post Keilii egregiam curam iterum typis mandare inutile dnxi; solos versus Ultimos, cum paulum a Keilii editione discrepent, excudendos curavimus.

Christ: Horatiana. 81

fol. 168—169 post IVb in eacleni linea continuatum.

Adonium ex spondeo et dactylo: ierruif urbes. ÄrcJiüo- chitim ex pentJiemimeri [e^], diiohus dactijlis et syllaba: liherat Hippolytum. Pherecraiium ex spondeo dactylo et spondeo: yrcdo Pyrrha sub aniro. Glyconinm ex spondeo et diiobus dactyUs: sie te diva. Tetrametruni acefalum heroictim: aut 5 Ephesum. Heroicum integrum [cs^]; laudabunt alii. Dimetrum acefalum iambicum: non ebur. Dimetrum catalecticuni : amice wopugnacula. Dimetrum hypercatalecticum: silvae laborantes. Trimetrum catalecticum^'^'^^ ihis liburnis. Äsclcpiadeum ex spondeo dactylo et syllaba longa duobusque dactyUs: Mae- 10 cenas atavis. Sapphicum ex trocheo spondeo dactylo et duobns trocheis: iam satis terris. Alcaicum ex pentJiemimeri iam- bica et duobus dactyUs: vides ut alta. Logaoedicum ex duohus dactyUs et duobus trocheis: flumina. Choriamhicum heccedecasyllabum ex spondeo et tribus choriambis et pyr- 15 richio: tu ne Kjquaesieris^ scire f?e/rts. **** Choriambicum [Jieccedecasyllabum] tetrametrum catalecticum ex epitrito secundo et duobus choriambis et bacchio vel amphibacchio: hoc deos oro. lonicum ex minore ex tribus ionicis a minore: miserarum est. Äsynarteton Archüochium ex tetrametro 20

1) Tertia haec pars (IV^) cum in codicis Vossiani 33 folio 133 post Rufini libellum de metris exarata sit, ex sollertis illius artificis officina procreata esse videtur; ex codice illo Vossiano Pasiphaes fabulam, cum metrico commento arctissime illaui coniunctam, repe- tivit post Heinsium Binetum alios nuper Baehrens Poet. lat. min. V 108 squ.

1 Archiloeum M. 3 Fheregratium M. 5 et 7 arcefalum M. 9 lacunam quam indicavimus sie expleas: iamhicum: trohuntque siccas. Trimetrum iamhicum ncatcdecticum. 11 Saph. M. 12 Alchaic. M. 13 logedicum M. 15 Choriambicum tetrametrum oro ante chor. end. ex spondeo nefas exhibet M. 15 et 17 endecas. M. 19 lacunam quam indicavimus sie expleas: Aristophanius ex choriambo et bacchio sire amphimacro: Lydia die per omnes.

1893. Pliilos.-philol. u. hist. Cl. 1. G

82 Sitzung der philos.-phüol. Classe vom 4. Februar 1893.

[iambico et pcnthcmimcri] lieroico et tribus trocheis: solvitur acris liiems. Asynarteton Sapphicum ex penthemimeri heroica et dimetro iambico: scribere versiculos. Asynarteton Sapphicum ex dimetro iamhico et penthemimeri heroica [et tribus trocheis]: 5 invicte mortalis dea.

His de metris Pasiphaes incipit fabida:

Filia solis

aestuat iyne novo

et per prafa iiivcnciim 10 mente perdiia quaeritat.

non illam thalami piidor arcet,

non reyalis honor^ non mayni cura mariti.

optat in formam bovis

convertier vultiis suos, 15 et Proetidas dicit heatas

loque laudat, non guod Isis alta est,

sed quod iuvencae cornibus frontem bcat.

si quando miserae cop'm suppctit,

brachiis ambit fera colla taitri, 20 floresque vernos cornibus illigat,

oraque lungere quaerit ori,

audaces animos efficiunt tela Cupidinis.

illiciiisque gaudet:

corpus includit tahidis efßciens iuvcncani, 25 et amoris pudibundi malesuadis

obsequitiir votis et procreat, heu nefas, ibimemhrumy,

Cecropides iiivenis quem perculit fractnm manu,

ßlo resolvens Gnosiae iristia tecta domus.

1 heroica M. 2 Sinartecon saplücum versum ante sinartecon archiloicum hieins M. sinartecon M. 6 pasiphes M. 15 pre-

fhis M. IG ysis M. 17 bcavit M. 2G procreavit M. 27 quae M.

Christ: Horatiana. 83

IL Die Klassifikation der Horazhandschriften.

Bei einem so gut erhaltenen Texte, wie es der des Horaz ist, spielt die eraendatio oder die divinatorische Kritik keine grosse Rolle, aber eine noch geringere die recensio oder die Zurück- führung des Textes auf die älteste und treueste Form der Ueberlieferung. Aber gleichwohl darf doch auch bei Horaz die recensio nicht ganz vernachlässigt werden. Einmal bildet sie auch hier die Grundlage, von der die Emendation, wenn sie sich nicht ins Blaue verlieren will, ausgehen muss, und dann hängt doch auch wirklich in einigen Fällen die Wahl unter den Varianten von der richtigen Abschätzung der Handschriften ab. Diese recensio aber ist, wenngleich sie keine grosse Rolle zu spielen berufen ist, doch keineswegs leicht, umgekehrt sehr schwierig, weil eben Horaz im Mittel- alter sehr viel gelesen wurde und seine Gedichte auf solche Weise nicht durch einen Kanal, sondern durch viele Kanäle auf uns gekommen sind. In den früheren Jahrhunderten ist man überhaupt nicht ernstlich an diese Aufgabe herangetreten: man kannte die Handschriften zu wenig und gewöhnte sich seit Bentley zu sehr daran, die Handschriften zu verachten und sich lieber auf die weite See der ästhetischen Kritik zu wagen. Erst in unserer Zeit haben Keller-Holder einen wohl geordneten kritischen Apparat geschaffen, und hat der erstere der beiden verdienstvollen Gelehrten auch eine Klassi- fikation der Handschriften und eine Zurückführung derselben auf einen Archetypus versucht in dem Aufsatz Ueber die Hand- schriftenklassen des Horaz im Rhein. Mus. XXXIII (1878) 122 fi". und in den Epilegomena zu Horaz, Leipz. 1879 S. 777 ff. Aber gelungen wird keiner den Versuch nennen. Denn wie könnte einer einem Stemma vertrauen, in welchem R einmal als Hauptvertreter der Klasse I bezeichnet ist und eben derselbe Codex wieder als 'Repräsentant der I. oder

84 Sitzung der pJiilos.-philol. Classe vom 4. Februar 1893.

III. Classe, resp. der zwischen der I. und III. Classe schwan- kenden R/r-Familie' aufgeführt wird? Und will man auch keinen Wert darauf legen, dass immer noch manche Hand- schriften, wie namentlich die Englands, nicht herangezogen sind, ^) so ist doch jedenfalls dem Blandinius vetustissimus in jenem Stemma eine viel zu untergeordnete Stellung zu- gewiesen worden. Denn dieser Codex ist zwar bald nach Cruquins zum ewigen Schaden der Wissenschaft durch Feuer zugrunde gegangen, und Cruquius' Mittheilungen über ihn sind spärlich und ungenau, aber wir wissen doch schon durch die eine Bemerkung zu Sat. I 6, 126 genug von ihm, um seinen ganz hervorragenden Rang in der handschriftlichen Ueberlieferung des Horaz zu beurteilen.

Ich selbst hatte in den sechziger Jahren aus den hiesigen Handschriften und aus den von Cruquius, Pottier, Vander- bourg, Orelli, Kirchner in ihren Ausgaben mitgeteilten Col- lationen Pariser und Schweizer Handschriften mir einen kri- tischen Apparat zusammenzustellen und über das Verhältnis der Handschriften zu einander nachzudenken begonnen. Als aber dann Keller und Holder mit ihrem ungleich reicheren und besseren Apparat hervortraten, gab ich alle meine Pläne wieder auf und Hess meine Papiere zum grössten Teil in den Papierkorb wandern. Wenn ich heute einen Teil jener Pläne wieder aufnehme, so thue ich es in der Hoffnung mit Hilfe einer anderen Methode dem Ziele näher zu kommen. Denn das Material, das ich habe, geht nicht erheblich über das Keller'sche hinaus, so dass ich eine abschliessende Unter- suchung, in der jede Handschrift ihre Stelle bekäme, nicht zu führen vermag. Aber das ist zuletzt auch nicht not- wendig; auch ohne dieses hoffe ich auf dem im folgenden eingeschlagenen Weg über die Hauptjjunkte der handschrift-

1) Nachträge aus England über den Cod. Reginensis gibt Wick- ham in seiner Ausgabe, Oxford 1874, S. I p. 388-408 u. II 433-447.

Christ: Horatiana. 85

liehen Ueberlieferung des Horaz ins Reine zu kommen. Zuvor aber wird es gut sein die Siglen zu verzeichnen, die wir statt der vollständigen Titel in der Untersuchung gebrauchen werden :

Diora. = Diomedis ars gramm. de metris Horatianis p. 518

bis 629 ed. Keil. Serv. = Servius de metris Horatii, in Gramm, lat. ed. Keil

IV 468—72; vgl. oben S. 79. Vict. = Victorinus de metris Horatianis, in Gramm, lat.

ed. Keil VI 160—174. Porjih. = Porphyrionis commentarii in Horatium, ed. W.

Meyer 1874. V := cod. Blandinius nach den Angaben von Cruquius

in Ausg. von 1579. A = cod. Paris. 7900*^ s. IX/X; es fehlt Epod. 16, 26

bis 17, 81, Epist. II mit AP., Sat. I IL B = cod. Bernensis 363 s. IX; schliesst mit S. I 3,

135, so dass die übrigen Satiren und Epist. 1. H

ausgefallen sind. Die Ordnung der Oden und

Epoden ist ganz gestört, worüber Orelli in Ausg.

praef. I. F = archetypus codd. Pariss. 7974 {(f) et 7971 (V) s- X. L ■■= cod. Paris. 7972 s. IX/X in Uebereinstimmung mit

Leidensis 28 s. X. E = codicis Monac. 14685 altera pars s. XII, enthält

nur Epist. Serm. ohne AP. C = codicis Mon. 14685 prior pars s. IX, enthält C. IUI

Epod. CS. AP. S. I 4, 122—1 6, 40 u. 11 8. D =^ cod. Argentoratensis C VII 7 s. X, enthält nur

Carm. I— III 2, 30 u. Serm. I 1 II 5, 94. R = cod. Vaticanus 1703 s. IX/X, bricht ab mit S. II

1, 16, hat aber Epist. u. AP. 0 = Oxoniensis Reginensis s. X, worüber Wickham in

Ausg. Oxonii 1877.

8(3 Sitzwiifj der philos.-lMlol. Glassc vom 4. Februar 1893.

g = cod. Gothanus 61 s. XV, enthält im ersten Teil fol. 28—142 nur Serm. u. Epist. in grosser Unordnnng, im zweiten Teil fol. 147^ 206 die Carm. u. Epod. als Carm. lib. V.

a = cod. Ambrosiauns 0 136 s. X.

b = cod. Bernensis 21 s. X.

d = cod. Harleianus 2688 s. IX/XI, womit nahe ver- wandt Harlei. 2725 (d).

s = cod. Sangallensis 312 s. X.

t = cod. Turicensis C 154 s. X, enthält C. IUI Epod. AP.

u = cod. Paris. 7973 s. X.

z = Zulichemianus Leidensis 127. s. XII.

m = cod. Monac. 375 s. XII, vollständig mit Schollen und Vitae.

o = cod. Monac. 14498 s. XI/XII, enthält G. III 15, 12 bis IV fin. Epod. CS. AP. S. I— II 8, 91.

i = cod. Monac. 14100 s. XII, enthält Epod. IG, 16 bis 17, 81 CS. AP. S. I. II (ausgefallen sind S. II 3, 10—4, 67).

f = cod. Monac. 14693 s. XII, enthält AP. Epist. I. II.

y = cod. Paris. 7975 s. XI.

£ = Einsidelensis 361 s. X.

TU =- cod. Paris. 10310 s. X/XI.

Ausserdem werden erwähnt, ohne dass ich Siglen zu gebrauchen für notwendig gefunden hätte, Bern. 508 s. XII, Regius Bentleii s. XIII, Lipsiensis secundus Kirchneri s. X (1) u. a.

Die Reihenfolge der Gedichte.

Es steht durch sichere Beweise fest und wird allgemein anerkannt, dass Horaz selbst zu verschiedenen Zeiten seine Gedichte in gesonderten Bäudchen (volumina) herausgegeben hat. Solche Bändchen waren Sat. lib. I, Sat. lib. II, Epod.

Christ: Horatiaita. 87

lib. I, Carm. lib. I. IL IIL, Epist. lib. L, Carm. lib. IV. Das Carmen saeculare gab er für sich bei Gelegenheit der Säcular- spiele heraus (Birt Ant. Buch. 298), ohne dasselbe später mit einer seiner Liedersammlungen zu vereinigen. Ob er die 3 grossen Episteln, die wir seit H. Stephanus als Epist. II 1. 2. 3 zählen, zu einem Buch zusammengefasst, oder zuerst die Ars poet. als ein Buch für sich und dann später gesondert die 1. und 2. Epistel als ein weiteres Buch poetischer Briefe herausgegeben hat, lässt sich, soviel ich sehe, nicht bestimmt entscheiden. Denn daraus, dass die AP. die Form eines Briefes hat und dass überdies -der Grammatiker Charisius p. 202, 26 und 204, 5 K. unter dem Titel Horatius epistu- larum Stellen daraus citiert, lässt sich für die Lösung der Streitfrage, wie wir sie gestellt haben, nichts entnehmen. Denn es konnte ja auch Horaz seine Briefe in 3 Büchern herausgegeben haben. Ebensowenig aber lässt sich nach der anderen Seite etwas sicheres daraus schliessen, dass schon Quintilian VIII 3, 60 u. praef. 2 unsere AP. als liber de arte poetica citiert. Denn es konnten recht wohl damals bereits zu Schulzwecken die Grammatiker die AP. von den anderen Episteln des zweiten Buches losgetrennt haben.

Besorgte Horaz auch schon eine Gesammtausgabe seiner Gedichte? Auch auf diese Frage lässt sich eine zuversichtliche Antwort nicht geben. Zeit hatte allerdings Horaz zu einer solchen Aufgabe; denn zwischen dem letzten seiner Gedichte, Epist. II 1, und seinem Tod liegen noch 6 Jahre (14 8 v. Chr.) inzwischen. Auch scheint der Umstand, dass in allen Gesamt- ausgaben, so weit wir dieselben zurückverfolgen können, die Oden voranstehen, dafür zu sprechen, dass denselben diese bevorzugte Stellung von dem Dichter selbst gegeben worden sei. Aber alle diese Momente können keinen entscheidenden Beweis abgeben. Man kann in dieser wie in der vorausgehenden Frage sich für die eine der beiden Möglichkeiten als die wahrscheinlichere aussprechen; aber darüber hinaus zu gehen

88 Sitzung der philos.-pliilol. Glasse vom 4. Februar 1893.

ziemt dem Gelehrten nicht, der sich der Grenzen unseres Wissens bewusst bleibt.

Auch darüber, in wie viele Bücher die Gesamtausgabe, sei es von Horaz selbst, sei es von einem Grammatiker nach dessen Tod geteilt worden sei, haben wir nur eine unbe- stimmte Andeutung. Es hat nämlich Zangemeister, De Horatii vocibus singularibus, Berl. 1862, p. 40 ff. mit grossem Scharfsinn und mit fast allgemeiner Zustimmung der Fach- genossen die Worte des Charisius p. 202, 28 u. 210, 21 Q. Terentius Scanrus in commentariis in artem poeticam lihro X dahin gedeutet, dass der berühmte Grammatiker der hadrianischen Zeit zu jedem Buch des Horaz ein Buch Commentare geschrieben und dabei die AP. als zehntes und letztes Buch genommen habe. Dem zuzustimmen bin auch ich geneigt; aber vor einer definitiven Entscheidung muss doch auch noch die Frage über die Stellung des CS. in Erwägung gezogen werden. Von vornherein bestehen hier zwei Möglichkeiten: entweder es bildete das CS., wie es getrennt für sich herausgegeben wurde, so auch noch später ein eigenes Buch oder Büchlein, oder es wurde dasselbe nachträglich von den Grammatikern mit einem der grösseren Bändchen vereinigt, wozu sich dann kein geeigneteres als das vierte der Carmina bot. Offenbar setzte das letztere Zangemeister als selbstverständlich voraus. Aber so einfach liegt die Sache doch nicht. In der Mehrzahl unserer Hand- schriften steht, wie wir gleich nachher näher sehen werden, das CS. nicht nacJi dem 4. Buch der Carmina, sondern erst nach den Epoden. Und mehr, durch eine Handschrift, Mon. 14498, ist uns sogar bezeugt, dass das CS. als eigenes Buch und zwar als 6. Buch gezählt wurde. Hier steht nämlich fol. 39 am Schlüsse des CS. die Unterschrift Horatii Flacci carmimmi lihri III expliciunt. Jenes HI ist nun aber offenbar, Avie so oft, verschrieben für UI d. i. VI, und von dem Schreiber des Archetypus unserer Münchener Hand-

Christ: Horatiana. 89

Schrift sind demnach im Ganzen (3 Bücher Carmina gerechnet worden. Auch lässt sich der Umstand, dass in einigen, aller- dings jungen Handschriften, Goth. Gl (g), Bern. 508 s. XII, Brux. 10063 s. XIII, und in der Vita Horatii von Porphyrion das CS. ganz fehlt, für die Annahme verwerten, dass das CS. ehemals ein Bändchen für sich gebildet habe und bei der Zusammenstellung der einzelnen Volumina zu einer Gesamt- ausgabe übersehen worden sei. Indes braucht deshalb noch nicht die Vermutung Zangemeisters unbedingt zurück- gewiesen zu werden. Es gab sicher andere Gesamtausgaben, in denen, wie in dem Exemplar des Porphyrion, das CS. vor den Epoden stund und, ehe noch die AP. dazwischen geschoben wurde, unmittelbar auf das 4. Buch der Carmina folgte. Ja ich kann sogar noch einen urkundlichen Beweis anführen, dass das CS. mit den Oden des 4. Buches zu einem Buche vereinigt wurde. Es steht nämlich im Mon. 14685 (C) am Schlüsse des CS., wiewohl dasselbe hinter die Epoden ge- stellt ist, die Unterschrift: Flacci Horatii liher carminum IUI explicit. Incipit de arte poetica.

W^enden Avir uns nun zu der in Handschriften und Kommentaren bezeugten Reihenfolge der horazischen Ge- dichte, so können wir mit unseren Hilfsmitteln folgende 7 Arten der Anordnung unterscheiden:

1. C. HII Epod. CS. Epist. S. ehedem Ä.^)

2. C. im AP. Epod. CS. S. II Epist. H V.^)

3. C. IIH AP. Epod. CS. Epist. 11 S. II Porph.vita^jund FLR.

4. C. HII Epod. CS. AP. S. II Epist. II Vita HI, Mon. 375 und

ehedem BC.

1) In A fehlt Epist. II mit AP. und Serm.; es lässt sich daher nur vermuten, dass ehMem in ihm die AP. den Schluss der Episteln bildete.

2) Ich beschränke mich hier darauf, immer nur den oder die ältesten Vertreter anzuführen.

3) CS. ist in der Vita nicht namentlich aufgeführt.

90 Sitzung der philoa.-phUol. Ülassc com i. Fchnuir 1S03.

5. C. IUI Epod. CS. S. Epist. AP. Servins in Mon. 375. ^j

6. C. IIIIAP. CS. Epod. S. IIEpist.II Porph. comm.

7. C. lill Epod. CS. AP. Epist. II S. II Serv. bei Keil.^)

Drei Dinge sind es, welche die Handschriften von ein- ander scheiden: erstens die Stellung des CS., welche die einen zu dem 4. Buch der Carmina stellten, die andern als Anhang auf das 5. Buch der Lieder d. i. auf die Epoden folgen Hessen; zweitens die Stellung der AP., welche von ihrer ursprünglichen Stelle unter den Episteln entfernt und ent- weder nach den Carmina oder nach den Epoden und dem den Epoden angehängten CS. gestellt wurde; drittens die Folge der Satiren und Episteln, indem die Episteln entweder in ihrer ursprünglichen, chronologisch allein gerechtfertigten Stellung nach den Satiren belassen oder den letzteren voran- geschickt wurden. Ueber die verschiedene Stellung des CS. und den Grund derselben habe ich bereits oben gehandelt. Die Umstellung der AP. findet sich in allen bis jetzt be- kannten Handschriften der vollständige Cod. A, der jetzt mit Epist. I abbricht und die AP. nicht enthält, machte vielleicht eine Ausnahme und erklärt sich einfach daraus, dass schon im Altertum^) etwelche Grammatiker, statt alle Gedichte des Horaz nur die zwei, welche ihnen am wichtigsten

1) Siehe oben S. 80; im Servius von Keil Gramm, lat. VI 471, 10 folgen sich C. IUI Epod. CS. AP. Epist. S.

2) Vielleicht gehörte zu dieser Klasse die Vorlage des unvoll- ständigen Mon. 14693 s. XII (f), der nur AP. Epist. I. II und zwar in der bezeichneten Folge enthält, und des Bern. 508 s. XII, in dem sich folgen C. IUI Epod. AP. Epist. H S. II.

3) Die Zeit, wann dieses geschah, steht allerdings nicht fest; ins Altertum gehe ich zurück, weil schon Serviu's und Porphyrion, der letztere in der Vita und in dem Kommentar, die AP. nach den Carm. lasen. Mavortius hingegen scheint noch die lyrischen Gedichte zu- sammengehalten und nicht durch AP. unterbrochen zu haben, so dass er zu der Klasse 1, 4 und 7 stimmte.

Christ: Horaliana. 91

■m sein scbieiieu, die Lieder und das Lehrgedicht über die Dichtkunst, zu einer Ausgabe in einem Codex vereinigten. Dabei begnügten sich die einen, vertreten durch Porphyrion und VFLObmt;^, mit den 4 Büchern Oden; die andern, ver- treten durch Servius undBCRaio, wollten doch alle Lieder aufgenommen haben und stellten demnach die AP. nach Carm. Ep. CS. oder doch nach Carm. Ep. (so f t und Bern. 508). Auch die dritte Umstellung scheint in einer chresto- matischen Auswahl ihren Grund zu haben, indem einige i\.bschreiber den Satiren keinen besonderen Geschmack ab- gewannen und deshalb mit Auslassung oder späterer Er- gänzung derselben^) die Episteln gleich auf die Carmina oder die AP. folgen Hessen. Die Klasse, in der die richtige Reihenfolge, Sat. Epist., beibehalten ist, wird vertreten durch Porph, VBOCgiose; umgekehrt stehen die Episteln vor den Satiren in Porph. vit. und Serv. bei Keil, ferner in AFLERabdmf/, vielleicht auch ehedem in D.

Ob schliesslich auch umgekehrt Exemplare aus dem Altertum kamen, die mit Ausschluss der lyrischen Dichtungen nur die Sermonen, d. i. die Satiren und Episteln enthielten, ist nicht ausgemacht. Sicher gab es im Mittelalter derartige Handschriften; der Hauptrepräsentant derselben ist der Cod. E, der Ep. L H und S. L H aber mit Ausschluss der AP. ent- hält;^) aber dieselben sind doch zu jung E gehört dem 12. Jhrh. an , als dass man sie auf ein Exemplar des Altertums zurückzuführen wagen dürfte. Eher lässt es sich

1) Noch in dem verhältnismäsi3ig jungen Mon. 375 (m) lässt sich deutlich erkennen, dass der Schreiber die Satiren erst nach- träglich den übrigen Gedichten des Horaz zugefügt hat, indem die- selben von den Episteln durch ein leeres Blatt getrennt sind.

2) Der Cod. Argentoratensis A TV 195 s. XII/XllI und der Ke- gius Bentleii s. XllI enthalten nach Keller (praef. ad epist. p. X. XIII) AP. S. Ep.; der Berolinensis 269 s. Xlll enthält Epist. I. II. AP. S. I. iL

92 Sitzung der philos.-Xihilol. Classc vom 4. Fcbnuir 1893.

wahrscheinlich machen, dass einige Handschriften, wie ins- besondere L, ursprünglich nur die lyrischen Gedichte ent- hielten und ihre jetzige VolL>tändigkeit nur der späteren Zufügung der Satiren und Episteln aus anderen vollständigen Handschriften verdanken.

Wir haben oben 7 verschiedene, bis in das Altertum zurückzuführende Reihenfolgen der Gedichte des Horaz ange- nommen. Davon finden sich 3 (5. 6. 7) nur durch die Vitae und Kommentare der Grammatiker bezeugt. Auf die Hdschr. kommen nur 4 Klassen (1. 2. 3. 4), und von diesen sind 2 (1. 4) nur durch unvollständige Hdschr. vertreten, indem in A ausser dem 2. Buch der Episteln und der AP. auch noch die Satiren ganz, und in B der grössere Teil der Satiren und die Episteln ganz fehlen. Vervollständigt wurde von diesen beiden ältesten Vertretern der Klasse 1 u. 4 schon frühe A mit Hilfe vollständiger Handschriften. Die Vervollständi- gung findet sich bereits im Ambrosianus 0. 136 (a), der in den Anfang des 10. Jhrhts. gesetzt wird. Hingegen scheint B, weil in ihm. die Oden und Epoden ganz durcheinander ge- worfen waren, weder zur Ergänzung noch zur Abschrift gereizt zu haben. ^)

In die genannten Klassen sind alle beachtenswerte Hand- schriften des Horaz einzureihen: A (1), V (2), BC (4), FL (3), E (1 od. 3); ob aber auch alle Handschriften auf die oben verzeichneten Hauptvertreter der einzelnen Klassen zurückzuführen sind, das ist eine andere Frage, zu deren Beantwortung wir jedenfalls noch andere Momente heran- zuziehen haben.

Zum Schluss sei bezüglich der Namen der einzelnen Dichtungen noch bemerkt, dass sich der echte Name Carmina statt des gräcisierenden Odae in allen Klassen erhalten hat.

1) Keller stellt mit B den ersten Teil des Mon. 14685 (C) s. XI zusammen, der selbst wieder unvollständig ist; er enthält C. IUI Epod. CS. AP, S. I 4, 122-1 6, 40 u. II 8.

Christ: Horatiana. 93

ferner dass der Name Sermones, den noch Sueton in der Vita, der Sache gemäss, von allen in der Umgangssprache sich bewegenden Gedichten (Plaudereien), von den Satiren wie den Episteln, gebraucht hatte, auf die ersteren beschränkt ist, womit auch der Wegfall des alten Specialtitels Satirae zusammenhängt, endlich dass die einzelnen Satiren in Hand- schriften der Klasse 2 und 3 ( V F L 0 i) unter dem Titel eclogae aufgeführt und gezählt werden (ecloga I, ecloga II etc.).^)

Die subscriptio Mavortii.

In 7 Handschriften findet sich am Schlüsse der Epoden die berübuitejubscriptio: VETTIVS AGORI BASILI MA- VORTIVS VC ET^INL EXCOM DOM EXCONS ORD LEGI ET VT POTVI EMDAVI CONFERENTE MIHI MAGISTRO FELICE ORATORE VRB ROM

Die 7 Hdschr. sind L (= Parisin. 7972 u. Leidensis 28), 0 (= Reginensis),*) g (= Gothanus 61), Bruxellensis 977G s. XI, Taurinensis K I 7 s. XI, Parisinus 8216 s. XIV (q). Keller vermutet (Ausg. I 223), die gleiche subscriptio habe ehemals auch in A, wo der Schluss der Epoden ausgefallen ist, gestanden, da A mit L den Scholienzusatz am Schlüsse von Carm. lib. III gemeinsam hat. Das lässt sich hören, ist aber nicht sicher, da auch B und a, die sonst mit A stimmmen, die subscriptio nicht haben. Von V ist nichts angemerkt; in ihm wird also die Unterschrift gefehlt haben. Als sicherer und ältester Vertreter der recensio Mavortiana muss uns mithin L gelten.

Die durch jene subscriptio charakterisierte Handschriften- klasse geht auf die Zeit nach 527 zurück, in welchem Jahre Mavortius Consul war. An diese feste chronologische That-

1) Nach Cruquius p. 308 trug V die Ueberschrift: Incipit Eclo- garum liber primus.

2) Nach Coxe beiWickham I 407 rührt die subscriptio in 0 nicht von derselben Hand wie die Titel, sondern von einer jüngeren her.

94 Sitzung der pMlos.-philol. Glassc vom 4. Februar 1803.

Sache schliessen sich zwei zweifelhafte Punkte. Zunächst ist es zweifelhaft, ob Mavortius und sein Gehilfe Felix auch die übrigen Gedichte, CS. AP. S. Epist., in gleicher Weise durch- gesehen und emendiert haben. Von CS. möchte man dieses glauben, da dasselbe zu den Carmina gehört und ehedem, wie wir oben vermuteten, vor den Epoden seine Stelle hatte; ^) aber zur gleichen Annahme bezüglich der Sermonen und Episteln fehlen sichere Anhaltspunkte,^) und geht umgekehrt L, der Repräsentant der Mavortiana, in den Satiren und Episteln öfter mit F als mit B zusammen, Avährend in den Carmina in der Regel F den vereinigten Codd, LAB gegen- übersteht. ^)

Das andere was man in Frage stellen kann, ist, ob jene subscriptio schon in dem Archetypus oder in den Archetypi der übrigen Horazhandschriften gefehlt habe, oder ob dieselbe erst im Mittelalter von den Abschreibern als unnütz und un- verständlich weggelassen worden sei. Das erstere möchte man gerne für AB annehmen, da diese in den Carmina sehr oft mit L in der gleichen Lesart übereinstimmen.*) Aber die Ueber-

1) In L ist dieses freilich nicht mehr der Fall, und von B wird sogar ausdrücklich der Zusammenhang von C. IV mit Epod. bezeugt durch die Ueberschrift: CARM LIB IUI EXPLI INC LIB V EPODON. Das Gleiche gilt auch von dem die rec. Mavortiana bezeugenden Goth. g, dessen zweiter Teil die lyrischen Gedichte mit Ausschluss des CS. enthält, und in dem die Epoden als Carm. lib. V be- zeichnet sind.

2) Selbst Keller, der im übrigen die Thätigkeit den Mavortius auf den ganzen Horaz ausdehnen möchte, äussert sich bezüglich der Satiren und Episteln zurückhaltender, Epileg. 788.

3) So stimmen LF zusammen gegen B Sat. I 1, 2. 55. 88. 113. 118; 2, 6. 38. 110; 3, 128; gegen A Epist. I 1, 48. 72. 95. 101; 2, 8. 33. 38. 48. 59 etc.

4) Vergleiche den kritischen Apparat zu C. I 12, 15. II 7, 5.

II 7, 7. II 17, 25. III 5, 51. III 14, 6. III 18, 12. III 24, 4. III 27, 48.

III 29, 34. IV 1, 11. IV 6, 10. 17. IV 9, 31. 52. Epod. 1, 29. 2, 18. 5, 15. 7, 15. 17, 11. 18. 64. Diesen Stellen stehen freilich auch

Christ: Horatlana. 9o

einstimmung ist doch keine so vollständige, dass ich für jene Ansicht mit Zuvertrauen einstehen möchte. Es ist mindestens ebensogut möglich, dass ABL zwar in letzter Linie auf die gleiche Quelle zurückgehen, dass aber von den Archetypi jener drei Handschriften nur der von L die Durchsicht und Unterschrift des Mavortius erfahren hat. Sicher steht also nur, dass in den Carmina und Epoden einzelne Vertreter der Klasse 3 auf die rec. Mavortiana zurückgehen.

Die Teilung der Gedichte.

Im Altertum und teilweise auch noch im Mittelalter, wo man mit dem teueren Material sparen musste, erlaubte man sich nicht den Luxus, die einzelnen Gedichte eines Buches durch Ueberschriften oder grössere Zwischenräume von einander zu trennen; man begnügte sich in der Regel damit, den Anfang des neuen Gedichtes etwas einzurücken oder mit einem grösseren Buchstaben in Kapitularschrift auszuzeichnen. Diese wenig mar- kanten Anzeichen des Anfangs eines neuen Gedichtes konnten begreiflich leicht übersehen werden , in Folge dessen dann zwei Gedichte in eines zusammenflössen. Auch das Umge- kehrte kam vor, dass ein Gedicht oder eine Rede in zwei auseinander fiel. Das geschah in Folge davon, dass in den Handschriften am Rande der Inhalt des nachfolgenden Ab- schnittes angegeben war, so dass die Abschreiber, da das Gleiche am Anfang eines Gedichtes oder einer Rede ange- merkt zu werden pflegte, auf die Meinung kamen, dass auch hier ein neues Gedicht beginne. So war z. B. in Demosthenes die Beischrift nOROY ^nOJEI^f^ zu § 30 der ersten Philippischen Rede schuld, dass diese Rede schon im Altertum in 2 Reden auseinander genommen wurde. ^)

wieder einige andere gegenüber, wo AB von L abweichen, wie I 2, 18. I. 12, 2. I 28, 15. II 13, 23. Epod. 5, 65. 16, 33.

1) Vergleiche meine Abhandlung, Die Attikusausgabe des Demo- sthenes, in Abhdl. d. bayr. Ak. Bd. XVI S. 173 (21).

96 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1893.

Auf den zwei angedeuteten Wegen sind nun aucli in unsere Handschriften des Horaz, ja schon in die der alten Kommentatoren unseres Dichters^) mehrere falsche Teilungen von Gedichten gekommen. Es wird sachthunlich sein, die- selben zunächst einfach mit Angabe der Zeugen zusammen zu stellen.

C. 1 7, 15 ein neues Gedicht beginnen AFLObty, nicht Diom.^) CRm (B fehlt, von V nichts notiert); Porph.: Mnc öden quidam piifant aliam esse, sed eadem est. Dass die Ansicht des Porphyrion richtig ist, habe ich auch aus einem metrischen Anzeichen erwiesen, Verskunst des Horaz S. 36 An. 12; siehe oben S. 59.

C. I 22 fehlt in Diom., wahrscheinHch, wie auch Keil annimmt, in Folge der Nachlässigkeit der Abschreiber, da die 22. Ode ein anderes Metrum hat als die vorausgehende.

C. I 25 fehlt in Diom., wahrscheinlich gleichfalls in Folge der Nachlässigkeit der Abschreiber.

C. I 35 fehlt in Diom. Serv. Vict. wohl in Folge davon, dass sie Od. 34 und 35 wegen des gleichen Metrums in ihren Exemplaren verbunden fanden.

C. II 15 verbinden mit der vorausgehenden, in gleichem Metrum geschriebenen Ode Diom. Serv. Vict. u. V ABC Rat, trennen Porph. u. FLDbms/?r, nichts notiert von 0.

1) Unter den Kommentatoren begreife ich auch die metrischen mit ein, also Diomedes, Servius, Victorinus. Der beste Metriker, Atilius Fortunatianus, bietet keine Ausbeute. Terentianus Maurus hat nur wenige bestimmte Angaben vv. 2681. 2690. 2715. 2818. Dazu bemerke ich vorübergehend, das.s bei Terentianus 2818 sunt haec talia Flacci vatis carmina quinque, nämlich trophae Asclepiadeae tertiae, entweder statt quinque zu lesen ist Septem, oder ein Irrtum des Metrikers angenommen werden muss.

2) Dass Diomedes keine zwei Oden annahm, ersieht man be- stimmt daraus, dass er Laudnbunt alii als septima ode, Lydin dis per omnes als octava ode anführt.

Christ: Horatiana. 97

C. III 1 6 vereim'cfen Diom. Serv. Vict. Porph. ;^) C. III 2 u. 3 vereinigen V AC^) Ra, trennen FLD0brats/7r (B fehlt, wird aber vermutlich auch hier zu C gestimmt haben).

C. III 8 übergeht Diom.

C. III 24, 25, hierzu Porph. : non rede a superiore ode haec separata sunt, cum inde pendeant et Ulis adnexa sint. Von einer Trennung findet sich keine Spur in den Hand- schriften.

C. IV 11, 21, hier scheint Porphyrion, wie Meyer mit Recht bemerkt, eine neue Ode begonnen zu haben; denn seine Worte ad midierem loquitur, cuius nomen non ostendit wären sinnlos, wenn er den zweiten Teil des Gedichtes mit dem ersten, in dem das Mädchen beim Namen (v. 3 Phylli) genannt ist, verbunden hätte. In den Handschriften findet sich keine Trennung.

C. IV 15, dazu Porph.: quidam separant hanc öden a superiore, sed potest Uli iungi. In A fehlt ein Zwischen- raum zwischen 14 und 15, ist aber der erste Buchstabe von IV 15 gross geschrieben und am Rande die Ueberschrift gesetzt: ad Äugustum tetracolos. Cruquius bemerkt unbe- stimmt: haec ode invenitur in codic. manuscript. adhaererc praecedenti indivisa. Aus den anderen Handschriften wird nichts von einer Vereinigung gemeldet.

Epod. 2, 23 ein neues Gedicht beginnen ALCOago/ Blandinii duo, nicht Porph. B F R b m tt. ^j

Epod. 9, 27 ein neues Gedicht beginnt A.^)

1) Auf die 6 Oden zusammen geht der Satz des Porphyrion im Eingang zu C. III 1: haec aiitem ode multiplex per varios deducta est sensus.

2) Von zweiter Hand erst ist in C eine Ueberschrift beigefügt.

3) Hier stimn.t C auffälliger "Weise nicht zu B, den Keller Stammvater von C sein lässt.

4) Ausserdem von jüngeren Hdschr. y nach Vanderbourg, ß /Lihn nach Keller.

1893. Philos.-philol. u. bist. Ol. 1. 7

98 Sitzung der fliüos.-pliüol. Classe vom 4. Februar 1893.

Epod. 17, 53, grossen Anfangsbuchstaben und Lieber- schrift haben BLOiot/ und Cruqaiana, nicht Fm (A fehlt). Es handelt sich hier nur um ein Missverständnis, da die Ueberschrift negat Canidiam sihi reconciliari die Abschreiber nicht bewegen durfte ein neues Gedicht zu beginnen.

Serm. I 2 vereinen mit der vorausgehenden Satire BF LED man. pr. ROg man. pr. d/r, nicht aimo;' (AC fehlen, über V ist nichts notiert).^)

Serm. T 2, 86 eine neue Satire beginnen FLDOgTt, nicht BEaimo/ (es fehlen AC, von VR nichts notiert).^)

Serm. l 3, 96 eine neue Satire beginnen Oi und Bruxell.

9777, Lips.

Serm. I 8, 8 mit grossem Anfangsbuchstaben beginnt g.

Serm. I 9, 59 mit grossem Anfangsbuchstaben beginnt g.

Wichtiger wie diese durch Verwechselung von Abschnitt und Gedicht entstandenen neuen Anfänge in vereinzelten Handschriften ist, dass das 1. Buch 11 statt 10 Eclogen durch Ueberschrift zählt in FLDOiu, indem mit I 2, 86 eine neue Satire begonnen wird und demnach S. I 3 die Ueberschrift ecloga quarta führt. Auch der Bland. V hatte nach Cruquius ausdrücklichem Zeugnis zu Sat. I 1 die Ueber- schriften ecloga prima secunda etc., aber dass er 11 statt 10 Eclogen zählte, darüber ist wenigstens bei Cruquius nichts überliefert.

Serm. II 2, 53 eine neue Satire beginnen Forph.^) DOg' ex corr., gim, nicht i/'LEo (es fehlen ABCR).*)

1) Wenn hier in FL keine neue Satire beginnt, so ist dieses nur ein Uebersehen des Schreibers, da in diesen Handschriften die 3. Satire als ecloga quarta zählt.

2) Eine grosse Anzahl schlechterer Handschriften, welche die gleiche Scheidung haben, -verzeichnet hier und im Folgenden Kirchner in seiner Ausgabe der Satiren.

3) Porph. zu S. II 2, 53: in sordidos incipit liaec ecloga.

4) Mon. 14498 (o) hat ebenso wie 0 in V. 53 einen grösseren Anfangsbuchstaben, aber keinen Zwischenraum.

Christ: Horatiana. 99

S. II 3, 168 eine neue Satire beginnen Lra.

S. II 3, 294 mit grossem Anfangsbuchstaben beginnt g.

S. II 7 verbinden mit vorausgehender Satire F und Blan- dinii. Auch in dem 2. Buch werden in FLDt Bruxell. 9777 Sorben. 1578 einzelne Satiren als ecloga prima secunda etc. gezählt, doch ermüdeten nach und nach die Schreiber und Hessen diese üeberschriften weg. Bemerkenswert ist dabei, dass F L die Sat. II 3 als ecloga IH aufführen, hingegen DOi als ecloga IV.

Epist. I 7, 45 eine neue Epistel beginnen FL, nicht AEOgfm/ (von VR nichts notiert); Porph. bemerkt: fa- hellam de Vulteio Maena praecone facetissime et dilucide exponit vel per se vel priorihus adnexam.

Epist. I 15, 26 eine neue Epistel beginnen FEOm, nicht A Lfy.

Ep. II 2 von vorausgehender Epistel nicht getrennt in E.

Epist. II 2, 109 eine neue Epistel beginnen g und Vindob. 359 s. XII.

Vorstehende Zusammenstellungen, die ich leider nicht so vollständig, wie ich selber wünschte, geben konnte, ge- währen immerhin einen wichtigen Einblick in die Geschichte der handschriftlichen Ueberlieferung und das Verhältnis der Handschriften zu einander. Im allgemeinen lässt sich beob- achten, dass das Bestreben, die Gedichte von einander zu sondern, im Laufe der Zeit fortgeschritten ist und teilweise schon im Altertum, in steigendem Grade aber im 12. Jhrh. zu mehreren falschen Scheidungen geführt hat. ^) Im ein- zehien geben die verzeichneten Thatsachen über die Gruppen

1) Repräsentiert werden die letzteren besonders durch g; sie waren wohl meistens dadurch herbeigeführt, dass ein älterer Schreiber an der betreffenden Stelle durch eine Randbemerkung den Anfang eines neuen Abschnitts bezeichnete, und dass dann ein späterer ebenso wie in dem Anfang eines neuen Gedichtes einen grossen Anfangs- buchstaben setzte.

7*

100 Sitzung der phüos.-'phüol. Classe vom 4. Februar 1893.

der Handschriften und das Verhältnis der Handschriften zu den Grammatikern folgende Aufschlüsse:

1. Die Archetypi unserer Hdschr. dürfen, wie man namentlich aus C. HI 1 6 u. C. I 35 ersieht, nicht über Porphyrion und Servius oder über das 5. Jhrh. zurückdatiert werden.

2. Alle älteren Handschriften stimmen in der falschen Verbindung von S. I 1 u. 2 mit einander überein, so dass die richtige Scheidimg erst durch Conjectur gefunden zu sein scheint; diese Conjectur muss aber dann, wenn anders das Alter der betreffenden Hdschr. richtig notiert ist, schon im 10. Jhrh. gemacht worden sein. Ebenso ist auf der anderen Seite erst durch Conjectur auf Grund des Kom- mentars des Porphyrion S. II 2, 53 eine falsche Scheidung in DOgim eingeführt worden.

3. An den Hauptstellen C. H 15 u. HI 3 scheiden sich in den Oden die Gruppen VABCR auf der einen und FL DO auf der anderen Seite, in den Sermonen S. I 2, 86 BE und FL DO. Gegenüber diesen wichtigen Stellen kann es nicht stark ins Gewicht fallen, wenn A in C. I 7, 15, Epod. 9, 27, A und L in Epod. 2, 23, B und L in Epod. 17, 53 sich von ihren Genossen trennen. Namentlich in den Stellen der Epoden können missverstandene Seitenscholien zu der partiellen Trennung Anlass gegeben haben. Zu be- dauern ist, dass Cruquius über den Bland. V zu S. I 2, 86 schweigt und zu C. IV 15 eine nicht erschöpfende Be- merkung macht.

Die Ueberschriften der Gedichte. Mit der Teilung der Gedichte hängen, wie Avir zum Teil schon oben gesehen haben, die Ueberschriften, die in einzelnen Handschriften teils in der Zwischenzeile teils am Rande, vielfach erst von späterer Hand und mit anderer Tinte zugefügt sind, aufs engste zusammen. Dieselben sind

Christ: Horatiana. 101

in 4 Bestandteile zu zerlegen, wobei ich jedoch gleich von vornherein bemerke, dass sich dieselben keineswegs immer alle zusammenlinden, wie denn manche Handschriften gar keine Ueberscbriften haben und viele anfangs ausführlichere, später kürzere.

Der erste Bestandteil besteht in kurzer Angabe der Person, an die das Gedicht oder der Brief gerichtet ist. Diese Angaben finden sich begreiflich nur bei einer kleineren Zahl von Gedichten, da die meisten nicht an eine bestimmte Person gerichtet sind; sie gehen aber, wie Kiessling, De Horatianorum carminum inscriptionibus, Ind. lect. aest. Gryph. 1876, erwiesen hat, zum Teil in sehr alte Zeit zurück, als man über die Personen, welche der Dichter anredet, noch besser unterrichtet war, als es unsere Scholiasten, Porphyrion nicht ausgenommen, sind.^) Manche derselben mögen schon ixi der nächsten Zeit nach des Dichters Tod in den Aus- gaben seiner Werke einzelnen Gedichten beigesetzt worden sein. Aber zu den alten Titeln gesellten sich später, als man nach gleicher Schablone wo möglich allen Gedichten eine solche Adresse vorzusetzen sich bemühte, auch recht verkehrte, wie wenn man aus dem Anfangsvers Angustam amice paiqjerietn pati zu C. III 2 den Titel AD AMICOS fabricierte, der sich schon in unseren ältesten Handschriften ABFLO findet.^)

Der zweite Bestandteil der Aufschriften enthält Angaben über das Metrum, Dieselben sind aller Wahrscheinlichkeit

1) So weist z. B. auch der Titel AD DIVVM AVGVSTVM in ABL zu C. I 2 auf die nächste Zeit nach Augustus hin; später hielt man es nicht mehr für nötig, das DIVVS hinzuzufügen. Wichtig aber ist besonders, wie Kiessling nachweist, der Titel zu C. I 4. 21, II 9. 10, IV 1. 2. 8, CS., Epod. 4, Epist. I 15. AP.

2) Bentley hat deshalb aus ganz schlechten Hdschr. amici statt amice in den Text zu setzen gewagt, was ihm heutzutage niemand mehr nachthun wird.

102 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1893.

nach aus dem Traktat des Servius, De raetris Horatianis entnommen, weshalb derselbe sich auch in alten Hand- schriften den Gedichten des Horaz angefügt findet; siehe oben S. 79. Ist diese Annahme richtig, so lässt sich daraus ein zweiter Beweis dafür gewinnen, dass die Archetypi unserer Handschriften in die Zeit nach Servius zu setzen sind; denn bereits in den ältesten und besten finden sich derartige aus Servius genommene metrische Aufschriften.

Der dritte Bestandteil bezieht sich auf die üichtgattung, zu der das einzelne Gedicht gehört und ist eingehend be- sprochen von Ed. Zarncke, De vocabulis graecanicis quae traduntur in inscriptionibus carminum Horatianorum, = Diss. philol. Argentorat. vol. HI 1880, und in einem Epimetrum dazu: Weiteres über die sogenannten Vocabula Graecanica in den Ueberschriften der Horazischen Gedichte, Jahrb. f. cl. Phil. 1881 S. 785—801.1) ojegg ästhetischen Titel finden sich am vollständigsten in ABFLOß, zerstreute Reste davon in et ei 77; dieselben fanden sich auch in den Blandinii, nur dass uns hier Cruquius keine genauen Angaben hinterlassen hat.'^) Dass diesen Titeln gleichfalls ein Traktat über die Eidt] noir^OEcog zugrunde liegt, geht daraus hervor, dass die Ueberschriften zu den einzelnen Liedern öfters von einander abweichen, indem der eine Erklärer diese, der andere jene Art in dem Gedichte vertreten glaubte, noch bestimmter daraus, dass einigemal jener Zweifel der Erklärer Aus- druck in der Ueberschrift selbst gefunden hat, so wenn bemerkt ist zu C. II 2 paraetietice immo sijmhiileutice y,

1) Zarncke hat wesentlich nur den Keller 'sehen Apparat benützt. Es finden sich aber auch noch Reste jener ästhetischen Ueberschriften in anderen Handschriften, so in den Münchenern Cio. Hinzugefügt konnte zu den Dichtungsarten noch werden oöoijioqixö?, was sich zu S. I 5 angegeben findet.

2) Nähere Angaben vermissen wir über DR; E, das bloss die Satiren und Episteln enthält, bleibt ausser Betracht.

Christ: Horatiana. 103

ZU C. II 7 pragmatke vel prosphonefice y, zu C. II 18 parae- netice vel hijpofhetice F, zu C. IV 4 prospJiouetice encomi- astice A.^) Von dem Traktat, der zugrunde lag, haben wir oben S. 79 f. aus Mon. 375 einen dürftigen Auszug mit- geteilt. Cruquius p. 653 gibt eine vollständigere Fassung, aber es lässt sich leider nicht ermitteln, inwieweit derselbe hierbei seinen Handschriften folgte oder von sich aus weiteres hinzuthat. Es wäre sehr zu wünschen, dass diejenigen, welche an dem Quelle reicherer Bibliotheken sitzen, nachsehen möchten, ob sich nicht noch in alten Handschriften aus- führlichere Fassungen des Traktates nachweisen lassen.

Den Spuren der Lehre selbst ist Zarncke sorgfältig nachgegangen; es finden sich Anzeichen derselben bei Por- phyrion zu C. I. 27, Diomedes p. 522, 7 ed. Keil, den Parömiographen Zenobios I 15, II 84 und Ps. Diogenianos I 99, IV 71, VII 77, Proclus ehrest, p. 250 W., Schol. Pind. N. X, inscr., Isth. II inscr., besonders aber bei dem Rhetor Menander neol 87ridEr/.rr/.cov in Spengels Rhet. gr. HI 331 bis 446. Wahrscheinlich aber geht diese Theorie noch weiter zurück und ist dieselbe schon von dem Grammatiker Didyraus ausgebildet worden. Denn nicht bloss Statins hat schon solche Ueberschriften, sondern es dichtete auch schon Cinna ein propempticon, und werden von Parthenios eniKrjÖEia und ein v^ivog 7iQ07iei.mTi/.cg angeführt. Aber die Spuren dieser Theorie zu verfolgen gehört nicht zu unserer gegenwärtigen Aufgabe; der Traktat, aus dem die Horazerklärer jene Ueber- schriften nahmen, gehörte sicher dem späten Altertum an, war schwerlich älter als der Traktat des Servius über die Metra Horatiana. Wichtig aber ist für unser Thema die Beob-

1) Es gab auch noch anders geartete Titel der ästhetischen Theorie, gegründet auf das unten S. 114 aus Mon. 375 mitgeteilte poetische Scholion nämlich C. I 10 hymnus Vhy, vgl. zu C. I 12. 20, III 22. 25; C. I 24 threnus FL; C. IV 5 paeanis species ABL; C I 16 palinodia VLy.

104 Sitzung der philos.-pMlol. Classe vom 4. Februar 1893.

achtung, dass durch jene Ueberschriften sich die Codd. AB von F L 0 / scheiden , was Zarncke durch die Zusammen- stellung auf S. 8 13 jedem anschaulich gemacht hat. Auch erhellt aus jener Zusammenstellung, dass nicht L 0 / aus F abgeschrieben sein können, sondern höchstens nur / auf L und 0 auf F zurückgeht. Besonders interessant ist eine andere schon von Kiessling und Zarncke gemachte Beobachtung, dass AB bis zu C. III 27 und im CS. so gut wie keine ästhe- tische Ueberschriften haben und erst von C. III 27 an die- selben in der gleichen Vollständigkeit wie L, der Vertreter der recensio Mavortiana, bieten. Das ist offenbar mit Zarncke so zu erklären, dass die Vorlage von AB unvollständig war und mit C. III 26 abbrach, wesshalb der Schreiber den Rest der Carmina, vielleicht auch die Epoden,^) aus dem Arche- typus von L ergänzte. Das aber leuchtet im allgemeinen ein, dass jene ästhetischen Ueberschriften schon im Altertum dem Horaztexte beigefügt wurden. Im Mittelalter konnte es niemand mehr einfallen, diese missverstandenen und kaum verständlichen griechischen Kunstausdrücke dem überlieferten Texte hinzuzufügen.

Der vierte Bestandteil der Ueberschriften ist inhaltiger Natur und hängt mit den beigeschriebenen Schollen zusammen. Auch hier weisen die Handschriften Unterschiede auf, ja grössere als in den drei übrigen Bestandteilen ; aber über sie wird erst mit Aussicht auf Erfolg gehandelt werden können, wenn uns eine vollständige, nach den handschriftlichen Quellen ge- sonderte Scholienausgabe vorhegt. Sie ist uns versprochen von Keller und Holder; mögen die regsamen Herausgeber ihren Verdiensten um Horaz recht bald auch noch dieses hinzu- fügen !

1) Ich lasse das letztere zweifelhaft, weil die subscr. Mavortiana in B fehlt und wahrscheinlich auch in A gefehlt hat.

Christ: Horatiana. 105

Varianten.

Das wichtigste für uns sind in einem kritisclien Apparat natürlich die Varianten, namentlich wenn sie dazu beitragen, uns den Autor in reinerer und, wenn es so sein soll, auch schönerer Form zurückzugeben. Aber für die Klassifikation der Handschriften sind in der Regel äussere Umstände von entscheidenderer Wichtigkeit. Und so bin ich denn auch hier bei Horaz von solch äusseren Verhältnissen, Reihenfolge, Unterschrift, Abteilungen, Ueberschriften, ausgegangen. Aber natürlich die Varianten sollen aach zu Worte kommen. Nur eignen sich die meisten von ihnen wenig zur Bestimmung der Hauptklassen der Handschriften und oft nicht einmal für Herleitung einer Handschrift von der andern. Die meisten der Varianten sind eben, auch wenn wir von den ortho- graphischen Abweichungen ganz absehen, einfache Schreib- fehler, die von den späteren Abschreibern, ohne Heran- ziehung anderer Handschriften, ex ingenio gebessert werden konnten. Verschreibungen also, wie agehat für aiebat S. 1 9, 12, Ep. I 6, 42, Ep. I 17, 28, Ep. I 19, 20, AP. 439, iocis für locis Ep. I 17, 28, AP. 319, atque für atqui Ep. I 2, 33, I 7, 2, hahehas für avehas S. I 1, 94, pueris für puris S. I 4, 54, opfat für opfat Ep. I 1, 69, gratis für grutos Ep. I 7, 21, AP. 374, comitabere für comissabere C. IV 1, 11, sociis für Sosiis AP. 345, oder die metrisch unmögliche Stellung extulit agris für agris extulit Epod. 2, 18 oder ad hierum iubet für iuhet ad lucrum AP. 420, werden uns nicht viel aufhalten dürfen.

Wichtiger sind uns schon Varianten der Form, wie Arahcs für Arabas Ep. I 6, 6, glomus für glomos Ep. I 13, 14, natis für gnatis S. I 1, 83, quo für qui S. I 3, 128, rapidos für rabidos AP. 393, acute für acutum S. I 3, 26, paliistri (d. i. palustris) für palustres Ep. I 5, 4, acervo (d. i. acervos) für acervus S, I 1, 44, Variis für Varius S. I 5, 40. 93, primum

106 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1S93.

für primus Ep. I 6, 48, verbo verhum für verhum verho AP. 133, dederini qiiiJms esse poetas für (Jeder im quibiis esse poetis S. I 4, 39, moechos non vidtis für moechis non vidtis S. I 2, 38, da instum sanciiimquc videri für da msto sancto- que videri Ep. I 16, 61, vifae cedat für vita cedat S. I 1, 118. Aber auch diese Varianten werden keine grosse Rolle in der Aufstellung eines Stammes der Handschriften zu spielen be- rufen sein, zumal in einigen Fällen man geradezu schwanken kann, welche Form den Vorzug verdient.

Von grösserer Bedeutung scheinen beim ersten Anblick solche Varianten zu sein, die nicht bloss in der Form, sondern auch in dem Gedanken einen Unterschied ergeben, wie wenn nebeneinander stehen in den besten Handschriften:

C. I 15, 20 crines VALD : cidtus FR (B deest).

C. I 28, 15 nox BFL : mors ADR (V ine).

C. II 7, 7 coronatiis ABLRC : comptiis F (V ine).

C. II 13, 23 discriptas (descr. DR) ABCDR Bland, duo :

discretas F L. C. III 2, 22 iter FR : ire ACDL (B deest, V ine). C. III 3, 34 ditcere AL : discere CFR (B deest, V ine). C. III 5, 51 propinquos ABLH : amicos F (V ine). C. III 14, 6 divis CFR : sacris ABL (V ine). C. III 15, 2 /i(/e VABFL : pone CR. C. III 27, 48 monstri ABL : taiiri FR (V ine). C. III 29, 34 alveo ABLR : aequore F (V ine). C. IV 6, 10 inqmlsa FR : impressa ABL (V ine). C. IV 9, 31 sileri FR : sileho ABL (V ine). C. IV 14, 5 sol FR : lux AL (B deest, V ine). CS. 65 aras V R : arces ABEL. Epod. 2, 18 agris ABEL : arvis R (V ine). Epod. 5, 65 inhutum ELR : infectum AB (V ine). Epod. 16, 33 ravos VAB : fl(wos FR, sevos L. Epod. 17, 11 uvxere VFR : hixere ABL. Epod, 17, 64 doloribus FR : laboribus A B L (V ine).

Christ: Horaticmci. 107

Epod. 17, 81 agentis AB FL : habentis R (V ine).

S. I 1, 2 fors VFLDR : sors B') (A deest).

S. I 1, 108 qiii nemo V : netnorw BER ne non FL D (A deest),

S. I 2, 110 tolli VB : pelU FLRDE (A deest).

S. I 3, 60 vcrsemur V : versetur cett. omnes (A deest).

S. I 4, 25 elige DEg : enie FLR Bland, onus, eripe Bland.

tres (A deest). S. I 4, 49 insamis VEDg : insanit FLR (AB desunt). S. I 5, 1 acccpit VE : excepit FL DR (AB desunt). S. I 6, 13 fugit VFLDR : fuit E (AB desunt). S. l 7, 17 pigrior Vg : pidchrior FL DER (AB desunt). S. II 3, 97 sapiensne F : sapiensque ED, sapiens Lg (ABR

desunt, V. ine). S. II 6, 70 iwescü VF : Jnmescit LEg (AB DR desunt). S. II 7, 19 levius EOg, ac prior FL : est meliiis FL, acrior

Eg et 0 in ras. (AB DR desunt, V ine). Ep. I 1, 48 discere AEg : dicere FLR (B deest, V ine). Ep. I 2, 4 planius AEg : plenius VFLR (B deest). Ep. I 2, 31 curam AFLR : somnum VE^g^ (B deest). Ep. I 3, 4 iurris g, turres AFLE : terras V, terris R,

terres 0 (B deest). Ep. I 6, 68 nil AEg : non FLR (B deest, V ine). Ep. 1 7, 93 ponere VAEg : discere FLR (B deest). Ep. I 8, 12 ventosus AER^g undv. 1. inFL : venturnsN¥h

(B deest). Ep. I 10, 9 fertis AFLEROg : effertis V si recte notavit

Criiquius (B deest). Ep. I 10, 18 divellat VFLER : depellat Ag (B deest). Ep. 1 11, 24 ut AEg : tu VFLR (B deest). Ep. I 14, 11 sors ARFL : res Eg (B deest, V ine).

1) Ebenso steht B allein mit cantat S. I 1, 12, amisso S. I 1, 27, optet S. 1 1, 113, vita (allein richtig) S. I 1, 118, propellere S. I 2, 6. tccla S. 1 2, 33, fuyimus S. I 2, 56.

108 Sitzung der pMlos.-pMlol. Classe vom 4. Februar 1893.

Ep. I 14, 40 diaria AEFL : cibaria Rg (B deest, V ine). Ep. I 15, 32 domhat AEg : domrat VFLR (B deest). Ep. I 15, 37 corredus AV : corrcptus FLERg, correptos R

(B deest). Ep. I 16, 5 si E, sei Ag : ni FLR (B deest, V ine). Ep. n 1, 28 Graionim VEg : Graecorum FLR (AB desunt). Ep. II 1, 186 gaudet VEg : plaudet FLR (AB desunt). Ep. II 1, 167 inscite FLR : in scriptis VEg (AB desunt,

V ine). Ep. II 2, 8 imitaheris VEg : imitabimur FR, imifahitur L

(AB desunt). Ep. II 2, 32 opimis g : Jionestis cett. Ep. 11 2, 212 levat Bland, tres : iuvat cett. (AB desunt). AP. 92 decentem VB : decenter FLR, ducem C (A deest). AP. 190 spectata L ^) : spedanda FCR, exspedanda B

(A deest, V ine.) AP. 203 pauco B : parvo FLR (A deest, V ine). AP. 249 fridi VFLR : fradi B, stridi C (A deest). AP. 277 ora FLR : atris B (A deest, V ine.). AP. 294 praesedum VB : perfediim FLR (A deest). AP. 358 terque CFLR : terve B (A deest, V ine.). AP. 378 vergif FLR : j^ergit B (A deest, V ine.). AP. 394 urhis VBFL : arcis R (A deest).

Die vorstehenden Varianten sind allerdings wohl ge- eignet, uns ein Bild von dem Verhältnis unserer Hand- schriften zu einander zu geben; aber damit man ihnen nicht zu viel Bedeutung beimesse, muss man im Auge behalten, dass es recht wohl möglich ist, dass die Vorlage der einzelnen Handschriften, ähnlich wie wir dieses jetzt noch in mehreren Horazhandschriften beobachten, Glossen und Varianten über der Zeile angemerkt hatte; dann konnte

1) spectata scheint auch 0 zu haben, wenigstens hat Wickham spectata im Text und bemerkt dazu keine Variante aus 0.

Christ: Horatiana. 109

aber leicht unter zwei Abschreibern der eine die Textvariante, der andere die Interlinearvariante wählen. Daraus erklärt es sich, dass öfters zusammengehörige Handschriften, wie A und B, B und C, F und L verschiedene Lesarten aufweisen. Von grösserer Bedeutung für unsere Frage sind daher die Stellen, an denen in der einen Handschrift etwas fehlt oder etwas gröblich bis zur Undeutlichkeit verschrieben ist oder eine ganz andere Lesart steht. Wir verzeichnen zu- nächst die Lücken:

AP. 283 dignam lege regt, lex est accepta chorusque om. B.

C. H 17, 25 alas om. Fd^t. '

C. IV 6, 17 captis om. Fött.

S. I 9, 49 est om. R.

Ep. I 6, 26 et om. AERg.

Ep. I 6, 34 et om. A.

Ep. I 7, 73 hie om F, est om. L.

Ep. I 16, 59 clare pro clare clare AFLRO.

Ep. I 19, 47 iste om. A ille FLR.

Ep. H 2, 18 est om. g, addunt post dicta ER, post lex FL.

Ep. II 2, 199 absit om. R, domus ahsit om. FhÖTt.^)

Von schweren Corruptelen, welche nicht wohl ohne Heranziehung anderer Handschriften geheilt werden konnten, hebe ich hervor:

C. I 2, 18 ultoreni] velorum FLd/r.

C. I 7, 22 tarnen] ter Fd/r.

C. I 9, 6 large reponens] largiri potis FLdsr.

1) Nach pauperies immunda procul war oflPenbar im Archetypus von RLF^jr eine Lücke, konnte aber der Schreiber von R noch etwas mehr lesen, als der des Archetypus von LF^jr. Keine Lücke hat ED Og, über V und die übrigen Blandinii bemerkt Cruquius nichts. Aus der Auslassung von est Ep. II 2, 18 folgt dann weiter, dass FLER einen gemeinsamen Archetypus liatten, in welchem est fehlte, welches dann, vermutlich aus einer Randglosse, in dem Arche- typus von F L au anderer Stelle als in dem von E R zugefügt wurde.

110 Sitzung der i)hilna.-pliüol. Classe vom 4. Fehniar 1S93.

C. I 12, 2 Clio] caclo ant celo FLRd.

CS. 23 totiens Ray : potiens F d tt, totidem A B L 0.

Epod. 1, 29 candc77s'] cadens GL, tangens FRd.

S. I 5, 3 loiige\ linguae F L und v. 1. D, lingtie 0.

Ep. I 17, 19 redius] regihus FL.

AP. 76 inclusa est] iunctis FL, iiindus R.

AP. 305 exsors ipso] exortita BOR.

Als Hauptvarianten müssen gelten:

S. I 6, 75 octonos (octenis g) referentes Idibus aeris (aeri g),

ED^Rg : odonis referentes Idibus aera FL (3 und var.

lect. in D (A B desnnt, V ine).

S. I 6, 12(3 campum lusumque {lusitque g) trigonem Vg :

rahiosi {rapiosi R\ ruhidosi D) tenipora {tempore DL)

signi FLREDO et omnes reliqui, in V supra lineam

(A B desunt).

S. I 10, 1—8 habent FLv, om. VEDROg rell. Die Verse,

welche siclier nicht von Horaz stammen, aber ebenso

sicher nicht erst im Mittelalter, woran man nie hätte

denken sollen, sondern schon im Altertum, wahrscheinlich

zur Zeit des Fronto und der litterarischen Antiquare

hinzugedichtet wurden, müssen aus einem alten Horaz-

exemplar in den Archetypus von FL gekommen sein.

Aus den aufgeführten Thatsachen wird sich leicht jeder

zusammenlesen können, dass wir für Feststellung des Horaz-

textes unbedingt der Codd. VABF(L)^) bedürfen. In Zweifel

kann man nur sein, wie weit man noch über diese hinaus

1) L möchte ich als Vertreter der rec. Mavortiana nicht missen; thatsächlich aber bezeugt L allein das Richtige nur S. I 1, 61, wo in allen anderen Hdschr. das falsche nt steht (aus 0 ist wohl durch ein Uebersehen nichts bemerkt), L als var. lect. das richtige at bietet, und AP. 190, wo das richtige speclata statt spectanda nur aus L und d' ji' u angemerkt ist (auch hier merkt über 0 Wickham nichts an); aber vielleicht ist an beiden Stellen die richtige Lesart durch Con- jectur gefunden.

Christ: Horatiana. 111

geben und andere Codices entweder überhaupt oder doch in denjenigen Partien, wo AB fehlen, heranziehen müsse. Daher folgen zur Beleuchtung dieses Punktes noch folgende ent- scheidende Stellen :

S. I 1, 59 tantuli eget EDR und 0 ni. pr. : tantido eget FL, tanto leget B (A deest, V ine).

S. I 2, 78 matronas seetarier (secrarier E) ER*, matronas sidari R^ : sectari matronas B^hDOg (A deest, V ine); die letztere Lesart lassen Sinn und Metrum zu, aber sie scheint doch nur eine Interpolation zu sein.

S. I 4, 26 misera ambitione DEOg : miser anibitione FLR (A B desunt, V ine).

S. I 4, 30 tejjet DEOg : patet FLR (AB desunt, V ine).

S. I 4, 79 inqiiit D, inquid E : inquis FLROg (AB de- sunt, V ine).

S. I 4, 103 aZzWDE:ö??^?«(^FLRiOg(ABdesimt, Vine).

S. I 4, 111 a turpi D : uut turpi FLEROg (AB desunt,

V ine).

S. I 4, 126 af?6?o.s DERCOg : videsYh (AB desunt, V ine). S. I 4, 139 inludo {'äludo D) DERCg : incumho FL, in-

cuho 0 (AB desunt, V ine). S. I .5, 51 caudi Dg : claudi CER, claudii FL (AB desunt,

V ine, von 0 nichts bemerkt).

Ep. I 5, 17 inertem EFi, inhertem 0 : inermem AFLg

(B deest, V ine). Ep. I 0, 24 proferet E : proferat AFLR, profert g^ (BD

desunt, V ine, von 0 nichts bemerkt). Ep. I 6, 50 laeviim E : saeviim [sevum Og) AFLROg

(BD desunt, V ine). Ep. I 10, 25 fastidia Eg : fastigia AFLRO (BD desunt,

V ine).

Ep. I 17, 8 Mit E : laedet (ledet LOg) AFLROg (BD

desunt, V ine). Ep. 11 1, 16 ??!(?»«? ER : »omtn FLOg (ABD desunt, V ine).

112 Sitzung der philos.-phüol. Classe vom 4. Februar 1893.

Ep. II 1, 226 eo rem venturani EOg : foreni venturam R e SLipra /' scripto, item fore venlurum FL (ÄBD desunt,

V ine).

Ep. II 2, 1 1 extrudere EOg: excludere V F L R ( A B D desunt). Ep. II 2, 63 renuis tu quod EOg : remiis quod tu FLR

(AB desunt, V ine). Ep. II 2, 80 contractu E : contacta FLRg (AB desunt,

V ine, von 0 nichts bemerkt, non tacia coni. Bentley). Ep. II 2, 123 carentia (carencia g) Dg et E alt. man. : ca-

lentia FLRO et E pr. man. (AB desunt, V ine).

Danach kann es gar keinem Zweifel unterliegen, dass man in den Satiren und Episteln (mit Ausschluss der AP.) die Codd. DE oder doch E nicht entbehren kann.^) Aber damit bin ich auch am Ende meiner Zugeständnisse angelangt. Es gibt zwar noch einige Stellen, wo eine oder die andere jüngere Handschrift entgegen dem Zeugnis aller älteren die richtige Lesart bietet, aber dort haben es wir aller Wahr- scheinlichkeit nach nur mit einer glücklichen Conjectur eines Gelehrten des Mittelalters zu thun. So urteile ich über die Lesarten S. I 2, 49 at D^R^O^ für tit, Ep. I 1, 78 crustis s für frustis, AP. 32 unus d für imt^s, AP. 197 pacare r für peccare (von 0 bemerkt Wickham nichts), AP. 416 nee u für 72mic. Der Vers Ep. I 18, 91 potorcs hihuli media de nocte Falerni, mit dem Cod. s ehedem die Horaz- ausgaben bereicherte,'*) der aber in allen alten Handschriften fehlt, ist für den Sinn entbehrlich und rührt zweifellos aus der Fabrik eines mittelalterlichen Versifex her.

1) Cod. g, der obendrein dem 14. Jhrh. angehört, kann zur Not entbehrt werden, er hat aber nach dem Verluste des Bland. V die hohe Bedeutung, dass er S. 16, 126 von den erhaltenen Handschriften allein mit V die echte Lesart hat. Entbehrlich ist ß neben E; Ü bietet S. I 4, 111 u. S. I 5, 51 (Ep. II 2, 123) allein das Richtige, aber wohl nur aus Conjectur.

2) In 0 ist er am Rande zugefügt.

Christ: Hör atiana. 113

Schlussresültate.

Ich stelle schliesslich in aller Kürze ohne Begründung im Einzeln die aus den vorausgehenden Abschnitten ge- wonnenen Resultate zusammen:

Die wichtigsten, für die Kenntnis der handschriftlichen Ueherlieferung des Horaz unentbehrlichen Handschriften sind VAB(C)F(L)E(RDg).i)

Die Archetypi, auf die unsere Handschriften in letzter Linie zurückgehen, enthielten nicht den ganzen Horaz zu- sammen. So war der Archetypus von AB in den 3 ersten Büchern der Carmina aus einer anderen Vorlage abgeschrieben als im vierten Buch, stand ehedem die AP., vielleicht auch das CS. in einer eigenen Rolle, und erklärt sich die grosse Verschiedenheit in der Ueherlieferung der lyrischen Gedichte und der Sermonen (Satiren mid Episteln) am einfachsten dadurch, dass beide aus verschiedenen Archetypi abge- schrieben sind.

In Folge dessen und in weiterer Folge davon, dass A B nur einen kleinen Teil der Sermonen enthalten, baut sich die Kritik des Horaz nicht in allen Gedichten auf der gleichen Grundlage auf. In den Carm. Epod. CS. AP. sind heran- zuziehen VABF(L), in den Sermonen VABF(L)E(D Rg).

Von den Handschriften sind mehrere durch engere Ver- wandtschaft mit einander verbunden. Diese Verwandtschaft zeigt sich zumeist in dem Verhältnis der jüngeren Hand- schriften zu den älteren; so stammt a von A (A^ = Aa bei Keller),'^) C von B (B^^BC bei Keller), tvonD(Di==Dt bei Keller), \oy von L, md^r von F.^) Von den alten

1) Weshalb ich hier LR Dg in Klammern gesetzt, darüber siehe die Bemerkung S. 110 u. 112.

2) Natürlich nur in den Partien, in welchen A, beziehungsweise B erhalten ist; das Ergänzte in a stimmt meistens zu E.

3) Am meisten sind diese Verhältnisse aus den Verschreibungen zu erkennen, von denen ich oben S. 109 Proben gegeben habe.

1893. PhUos.-philol. u. bist. Gl. 1. 8

114 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1893.

Handschriften gehören zusammen und bilden Gruppen für sich AB und FL; an FL schliessen sich DO und in freierer, 7A\ AB neigender Weise R und E an.

Die alten, für uns die üeberlieferung des Horaztextes repräsentierenden Codices, V AB FL in den lyrischen Dich- tungen, V AB FL ERD in den Satiren und Episteln, gehen auf mehrere, mindestens drei Archetypi des Altertums und zwar des 5. oder 6. Jahrhunderts zurück; von diesen hatte der Archetypus von FL die meisten Fehler und Liter- polationen, bot der von V das getreueste Abbild des Dichter- textes, enthielt der von L in den Carmina und Epoden die Recension des Mavortius, hatten die von AB und FL in den üeberschriften ästhetische Bezeichnungen des Kunst- charakters der einzelnen Oden. Herübergenommen sind aus dem Altertum durch die Archetypi ausser dem Texte üeberschriften, metrische und ästhetische Beischriften und Scholien,

Einzelne Varianten gehen auf Grlossen zurück, welche schon im Altertum über die ursprüngliche Lesart gesetzt waren; ebenso war schon im Altertum die Teilung der Ge- dichte vielfach in Unordnung gekommen. Von den Glossen haben sich öfter R u. g reiner als x4BFL gehalten.

Ich schliesse mit dem Wunsch, es möchte jemand auf dieser Grundlage einen Horaztext mit kurzem kritischem Apparat herstellen; es würde eine solche Ausgabe eine wesentliche Vereinfachung des Apparates der beiden Aus- gaben von Keller- Holder ergeben und die völlige Wert- losigkeit des kritischen Apparates von Orelli auch in der neuen Bearbeitung von Hirsch felder-Mewes darthun.

Anhangsweise will ich auch hier aus den Münchener Handschriften, Mon. 375 (m) und Mon. 14685 (C u. E), einiges mitteilen, was teils für die metrische und poetische Theorie der Alten von Bedeutung ist, teils einen Begriff von den

Christ: Horatiana. 115

Scholien des Cod. C und ihrem Verhältnis zu Ps. Acron und dem sogenannten Scholiasta Cruquianus geben soll.

Mon. 375 (m) ad S. II 1, l:i)

eglogae haec nomina hahent: si ad lovem hymni dicuntur; si ad ÄpoUinem et Dianam mit Latonam loaeanes; si ad Liberum aut Semelen dithyrambi; si ad ceteros deos prosodia; si ad liomines laiides aut vituperationes aut luctus aut tale aliquid.

Mon. 375 ad C. III 12:

Metrum Sodaticum dicittir, iit numerus potius sit quam metrum, constat autem ex tribus iotiicis mitwribus.

Mon. 14685 (C) ad C. I 4:

Metrum. Arcliilochicum sive ithyphallicum, quod constat IUI pedibus heroicis cum bucoUca caesura et tribus trocheis. quartus enim pes dactylus est et partetn terminat orationis, ita: Solvitur acris hiems grata vice et veris et Fa- voni. sequens vero versus est iambicus trimeter catalecticus ; una enim syllaba deest^ tit esset integer trimeter, ita: tra- huntque siccas machinae carinas. Bionometrum aut dimetrum vel trimetrum versum in iambicis trochaicis ana- paesticis metris per pedes duplices K,mos esf^ computari, in ceteris per simplices. metra iambica locis imparibus quinque accipiunt pedes: iambum tribrachin spondeum dactylum ana- paestum, locis autem paribus duos: iambum tribrachin, et apud comicos frequenter anapaestum.

Idem ad CHI: Metrum Älcaicum duobus versibus, tertius iambicus brachy catalecticus, quartus Pindaricus.

1) conf. Procl. ehrest, p. 243 f. ed. Westph. . quae ipsa ex Didymi libro de poetica repetita esse videntur.

8*

116 Sitzung der philos.-phüol. Clause vom 4. Fehruar 1893.

Idem ad C. II 18:

Metrum Wpponactium, et est primus versus trochaicus

dimeter acephalus cntalecticus ; ima enitn sißlaba deest, ut sit

plenus dimeter. Scanditur ita: non ebur neque aureum.

Secmidus iamhicus trimeter cntalecticus. scanditur ita: mea

5 renidet in domo lacunar.

Similia praebet ad C. III 28 et IV 4; confer Frag- menta Bobiensia in Gramm, lat. ed. Keil t. VI p. 629, 20: Pindaricus constat duobus dactylis et duobus iambis.

Mon. 14685 (E) ad Ep. I 4, 1: Haec Fedana regio est inter Tibur et Praeneste a 10 Pedano quodam, cuius monumentum adhuc extare dicitur (cf. Ps. Acron p. 390 ed. Hanthal).

Idera ad Ep. I 10, 49:

Vacunam apud Sabines plurimum cultam quidam Mi-

nervam^ alii Dianam putaverunt, nonmdli etiani Venerem

esse dixerunt; sed Varro primo Herum divhiarum Victoriam

15 ait., quod ea maxime {maxima cod.) hi gaudent, qui sa-

pientiae vacant (cf. Ps. Acron p. 425 ed. Hautb.).

Certum nonien loci significans aedem antiquam. Va- cunam alii Cererem, alii deam vacationis dicunt, alii Vic- ioriam, qua faciente curis vacamus (cf. Schob Cruqu.).

III. Metrisches zu Horaz.

Das Beste meiner metrischen Beobachtungen zu Horaz habe ich bereits bekannt gegeben in der Abhandlung, Die Verskunst des Horaz im Lichte der alten Ueberlieferung, Stzb. d. b. Ak. 1868. Aber ich habe seit der Zeit doch

1—5 memorabile scholion propter nomen Hipponactium metro inditum.

l

Christ: Horatia)ia. 117

noch einige weitere Beobachtungen und Entdeckungen ge- macht, die der Mitteiknig wert sein dürften, und die ich im Folgenden unter drei Aufschriften den Facligenossen vor- legen möchte.

Die Hypermeter bei Horaz.

Unter Hypermeter versteht man bekanntlich solche Verse, in welchen das Gesetz, wonach jeder Vers mit einem voll- ständigen Worte {rsleia U^ig) abschliessen soll, insofern verletzt ist, als am Versende Elision des Schlussvokals vor dem Anfangsvokal des folgenden Verses stattfindet. Bei Homer, der überhaupt, wie uns neuerdings Seymour, On the feminine Caesura in Homer, in Transact. of Amer. philol. Assoc. 1885 so schön gezeigt hat, noch viel mehr darauf hielt, Sinn- und Versgliederung mit einander in Einklang zu bringen, finden sich nur 3 und obendrein nur 3 zweifel- hafte Hypermeter der Art, B. 0 206, H 265, ß 33.^) Häu- figer erlaubte sich diese Freiheit Sophokles im Trimeter, wovon dieselbe bei den Grammatikern den Namen a/*];"" ^ocpüy.luov erhielt. Die grössere Freiheit stammt wohl aus der Verwechselung der schon bei Pindar nicht streng aus- einander gehaltenen Begriffe Vers und Kolon, -indem So- phokles sich dasjenige, was sich die Lyriker am Schlüsse der Kola erlaubten, auch am Schlüsse der Verse gestattete. Aber es blieb doch immer dabei, dass die Elision am Vers- schluss als eine Makel angesehen wurde. Wie stellten sich nun dazu Horaz und seine Kommentatoren?

Anstandslos zugelassen ist der Hypermeter S. I 4, 96: Me Capitolwus covvictore usus amicoque | a puero est.

1) Alle drei Verae endigen auf ZHN, welches die Grammatiker, da an allen drei Stellen der folgende Vers mit einem Vokal anfängt, als eine Verstümmelung von Z^v = Zfjva ansahen, wofür aber Hermann Bekker u. a. Zriv nach der Analogie von ßü>v d^aksi^v H 238 und im p]inklang mit skt. djäni lat. diem schrieben.

118 Sitzung der philos.-})hüöl. Classe vom 4. Februar 1893.

Zugelassen war er ferner vom Dichter S. I 6, 102:

et comes alter., uti ne solus rusve peregreve \ exirem.

Aber hier ist das richtige peregreve erst von Aldus (a. 1501) dem Horaz zurückgegeben worden; in allen unseren alten Handschriften FLERDOg es fehlen freilich die zwei ältesten AB, und es ist über V von Cruquius nichts bemerkt steht das sprachlich unzulässige peregre aut. Es ist aber diese falsche Lesart offenbar ausgegangen von einem Grammatiker, der seinen Horaz von einem Flecken befreien und demselben einen ähnlichen Liebesdienst wie Cato dem Lucilius erweisen wollte, von dem wir S. I 10, 2 lesen: male factos emendare parat versus. Das geht deutlich hervor aus der Bemerkung des Grammatikers Philargyrus zu einer ähnlichen metrischen Interpolation in Verg. Georg. II 344

si non tanta quies irct frigusque caloremque \ infer,

wo der alte Codex Palatinus die Lesart calorque hat, und Philargyrus hierzu bemerkt: fuit aiitem prior lectio frigus- que calorque . . . aliter hypermetrus versus erit. Man könnte dagegen einwenden, warum denn jener Interpolator nicht auch den gleichen Anstoss in Hör. S. I 4, 96 und Verg. Georg. I 295, Aen. VTI 160 u. 470 durch Correctur entfernt habe. Aber dieser Einwand will nicht viel bedeuten: Konsequenz war nicht die starke Seite der Interpolatoren; ausserdem mochte sich an den anderen Stellen nicht so leicht eine Heilung des vermeintlichen Fehlers bieten; endlich ward die secliste Satire mit ihren interessanten Mitteilungen über das Leben des Dichters und seine Beziehungen zu Mäcenas gewiss auch im Altertum weit häufiger gelesen als die vierte über Eupolis und Lucilius.

Steckt nun aber vielleicht nicht die gleiche metrische Interpolation auch noch in anderen Stellen? Ich vermute in S. I 10, 46:

Christ: Horatiana. 119

hoc erat^ experfo frusfra Varrone Atacino

atque quihnsdam oliis, melius quod scribere possem.

Kein Mensch weder in unserer Zeit noch im Altertum weiss etwas von Satiren des Varro aus Atax; von diesem kennt man nur Argonantica und eine Chorographie. Bekannt hingegen und in aller Mund sind die Satnrae des Varro aus Reate. Ist es nun zu kühn zu veriuuten, dass ein Gram- matiker, der mehr Metriker als Litterarhistoriker war, das anstössige Varrone Beafino durch Varrone Atacino ersetzte, und dass dann ähnlich wie S. IG, 102 sich die Interpolation in alle unsere Handschriften einnistete?

In den lyrischen Gedichten haben die Kola nicht die Geltung von selbständigen Versen, sondern nur von Gliedern eines Systems. Hier kann also der Mangel des vollständigen Wortschlusses am Ende eines Kolon nicht den gleichen Anstoss wie im Hexameter oder Trimeter erregen, am wenigsten vor dem kurzen Schlusskolon der sappbischen Strophe, das als Clausula enger mit dem vorausgehenden Vers zusammenhängt. Hier hat sich also auch Horaz nach griechischem Vorbild unbedenklich die Freiheit einer Ver- bindung (synaphia) des vierten Kolon mit dem dritten erlaubt, wie C. I 2, 19. 25, 11; II 16. 7; Hl 27, 59; IV 2, 22; CS. 47. Aber er ging' noch darüber hinaus und vermied auch nicht die Elision am Ende des zweiten Kolon der sapphischen Strophe C. II 2, 18. 16, 34. Die alkäische Strophe hatte kein so kleines Schlusskolon, sie lud also von vornherein nicht in gleicher Weise wie die sapphische zur Vereinigung zweier Kola ein; aber mit der gleichen Freiheit, mit der Horaz auch die grösseren Kola der sapphischen Strophe hin und wieder mit einander verband, erlaubte er sich auch in der alkäischen Strophe Elision am Schlüsse des dritten Kolon, wie C. II 3, 27:

sors exitura et nos in aeternuin exilium impositura ciimbae

120 Sitzuuff der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1893.

C. m 29, 35:

cum pace delahentis Etruscuin in mare nunc lapides adesos. An der Elision an dieser Versstelle war also kein Anstoss zu nehmeu; gleichwohl scheint aber auch hier der metrische Interpolator sein Unwesen getrieben zu haben.

C. III 26 lesen wir in der 2. Strophe: Laevom marinae qui (sc. paries) Vcneris latus C'ustodit. hie, hie ponite lucida funalia et vectes et arcus oppositis forihus minacis.

Was soll der Bogen beim Erbrechen der Thüre des Liebchens? Ja, wenn die Alten schon grosse Ladenfenster von Glas gehabt hätten, da hätte der aus dem Bogen ge- schossene Bolzen etwas ausrichten können; aber was bedeuten die Drohungen des Bogens gegen eine Thüre von Holz? oder soll gar der Pfeil den hinter der Thüre postierten Thür- wächter bedrohen? Das sind Larifarien, die mit Recht Peerlkamp verhöhnt. Aber wenn derselbe nun die ganze zweite Strophe auswirft und so das ohnehin schon kleine, aus nur 3 Strophen bestehende Gedicht noch kleiner macht, so gebraucht er eine bedenklich gewaltsame Kur; leichter ist die von Bentley versuchte Heilung, der secures- que für et arcus vorschlägt und dazu treffend bemerkt: que primiim omissum erat a lihrariis, utpote ultra metrum excurrens et sequenti versui adiimcjendum , qui solemnis eorum error est cum apud hunc tum apud Virgilium. Postea cum alii deesse viderent coniunctionem, pro vectis secures non adeo magna mutatione vectis et arcus ex coniectura commenti sunt.

Metrische Neuerungen des Horaz in den Oden. Die alten lateinischen Metriker haben in dem Abschnitt De metris Horatianis, den sie ihren metrischen Kompendien

Christ: Horatiana. 121

anzuhängen pflegten, in der Regel auch angemerkt, ob die betreflfende Form der Strophe von Horaz erfunden oder einem griechischen Muster nachgebildet sei. ^) Die Bemerkungen sind gut und dankenswert, doch nicht erschöpfend, weshalb es angezeigt ist, die ganze Frage nochmals mit unseren, freilich nach dem Verluste der griechischen Originale sehr geschmälerten Hilfsmitteln aufzunehmen.

Aus dem Griechischen und zwar aus der Melik der Aeolier hat Horaz ohne Zweifel die beiden beliebtesten Strophenformen entlehnt, die alkäische und sapphische. Aber den lesbischen Dichtern ist auch der Vers nachgebildet, den er neben dem alkäischen und sapphischen am häufigsten gebraucht, der asklepiadeische :

Maecenas atavis edite regibus.

Nur hat Horaz, was man, nachdem es durch den Scharf- sinn Lachmanns und Meinekes aufgedeckt war, niemals mehr hätte bezweifeln sollen, statt je 2 gleiche Verse, wie Sappho gethan und die Grammatiker in den Ausgaben der Dichterin angemerkt hatten (s. Heph. 65, 5 Westph.), 4 gleiche Verse zur Einheit einer Strophe verbunden. Die Metriker nannten den Vers und dann auch die Strophe asklepiadeisch, nicht als ob Asklepiades, der alexandrinische Dichter und ältere Zeitgenosse des Theokrit, den Vers zuerst erfunden hätte, sondern weil derselbe oft bei ihm vorkam, und die Namen alkäisch und sapphisch schon zur Benennung anderer Verse verwendet waren. In der That waren die lesbischen Dichter Erfinder auch dieses Verses, wie wir aus den Frag- menten derselben noch beweisen können (Ale. 35 40 Hill.), und der Bestunterrichtete unter den lateinischen Metrikern, Atilius Fortunatianus p. 295, 20 K. auch ausdrücklich bezeugt:

1) Im Allgemeinen bemerkt Atilius Fort. 294, 8: partim a veteribiis Graecis transtulit, partim sibi ipse compjosuit.

122 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1S93.

Asclepiadeon metron vocahir, non quod repertor eius Äscle- piades fiierif, sed quod eo familiarius et frequenüus sit usus. ante illum enim usus Alcaeus, et Sappho hoc integro usa est libro quinto. ^)

Ferner hat Horaz den lesbischen Dichtern entlehnt den grossen asklepiadeischen, von Hephästion richtiger sapphisch genannten Vers

Nidlam Vare sacra vite prius severis arhorem,

nur hat er auch hier wieder 4 statt 2 Einzelverse zu einer Strophe verbunden. Der lesbische Ursprung des Verses lässt sich gleichfalls noch aus den Fragmenten erweisen und wird ausdrücklich bestätigt durch Hephästion 35, 5: ro ös axara- AiyxTO»' (sc. TEtQ(X(.ie.TQOv) avxionaoxLV.ov -/.alelrai ^arrcpmov l/.Y.aide'/.aovU.aßov, u) to tqitov olov ^ajrcfovg yayga/irai, noXka. da xal l4lxaiov aof-iara ' womit wiederum Atilius Fortunatianus 302, 11 K. stimmt: his et Alcaeus usus:

Nv/iKpaig Talg Jiog i^ aiywyov g)aal TETvy/uävaig.

Ausserdem ist die metrische Form der einzigen Ode, welche Horaz in fortlaufendem Rhythmus {numero, non metro, wie die Alten sich ausdrückten) gedichtet hat, HI 12

Miserarum est neque amori dare ludum neque dulci mala vino laver e aut exanimari metuentis patruae verhera linguae

einem lesbischen Dichter, dem Alcäus, entnommen. Das er- fahren wir aus dem Kommentar des Porphyrion, der uns noch die Verse des Originals erhalten hat, und aus Hephä- stion 67, 1, der uns obendrein willkommenen Aufschluss über

1) Ein Fragment der Sappho in diesem Versmass ist uns auf- fälliger Weise nicht erhalten. Hingegen hat auch Hephästion 34, 2 W. als Beispiel des 'AoptkrjjciädEiov fisxQov Verse des Alcäus angeführt.

Christ: Horatiana. 123

die metrische Messung derartiger Systeme gibt: /.ard axeaiv, log SV T(7ß naQ' ^Xytaiq) aOfxaTi, ov ij ciQXV

s/ite ÖBilav, sf.te rraioccv ytaKotÖTCov jisdixoiaav

ccTTSiQog f.iiv ycxQ rig wv q^T^oeiev av avro eB, 6f.iouov sivai, s^ liovr/.tjg an eXaooovog av^vyiag •/.araf.iETQOVf.iEvov rj(.ieig (Je, STieiöri ■^axa diy.a oqwihsv avvo ovtvyiag ■AaTa^iexQOVf.ievov (fort. naQayeyQa(.if.i{:vov vel dvayiüv.Xov(.ievov) , AaTa ayjkoiv avTO yEyQacpt)ai g^a/nev.

Auch das Versraass der Ode II 18

Non ebur neque aureiim mea renidet in domo lacunar

wird auf Alcäus zurückgeführt von Cäsius Bassus 270, 21 et hoc sumptum ab Älcaeo et ab illo tructainm frequenter et ab Horatio semel omnitw compositum, Atilius Fortuna- tianus 302, 17 hoc semel omnino usus Horatius, Älcaeus frequenter und Victorinus 168, 20 est autem ab Älcaeo sump- tum choriaciim heptasyllabum subdito hendecasyllabo iambico Ärchilochio. Das kann befremden und ist strittig. Nicht viel zwar will das oben S. 116 ausgeschriebene Scholion des cod. C bedeuten, das unser Versmass als metnwi Hipponactium be- zeichnet. Denn diese Benennung scheint aus der Theorie jener Metriker zu stammen, welche den katalektischen iam- bischen Tetrameter

neque aureum mea renidet in domo lacunar

Hipponactium metrum benannten, wie Caesius Bassus 266, 8 und Mallius Theodorus 594, 7. Aber mehr spricht gegen jene Annahme dies, dass die Kunst der lesbischen Dichter vorzüglich in der melodischen Verbindung von Trochäen mit kyklischen Daktylen bestund, so dass man bei Alcäus Verse

124 Sitzung der philos.-'philol. Classe vom 4. Februar 1893.

aus lauter Trochäen oder Jamben nicht erwartet. Indes man hüte sich im Zweifel an der Ueberlieferung zu weit zu gehen; es findet sich eben doch unter den Fragmenten des Alcäus auch der erste der beiden verbundenen Verse (fr. 100 Be.) und vielleicht auch der zweite (fr. 102):

ai.if.i8aiv nedaoQOv.

syw i-iiv ov deco zavTa naQtvqevvxac,.

Dass man aber die Skrupel doch nicht ganz los wird, bewirkt die Aehnlichkeit des Inhaltes unseres Gedichtes mit einem schon von Meineke verglichenen Fragment des Bak- chylides (fr. 28)

ov ßotüi' ndgeati oiöfjaz''

OVTE y^Qvoog ovte nogcpvQEOL TafnjTsg, alXa S^v/.i6g ev/.ievv^g, Movaä TE yXvyiEla yiai Boi-

loxioioiv SV oy.v(foioiv oivog ridvg,

so dass man doch eher an eine freie, auf Inhalt und metrische Form sich erstreckende Nachbildung des Bakchylides als des Alcäus denken möchte, zumal im Gegensatz zu Caesius Bassus und Victorinus ein anderer Grammatiker, Diomedes p. 524, 25 unsere Strophe als horazische Erfindung bezeichnet: septima decima ode (II 18) metriim habet, quod ab Horatio compo- situm dicitur.

Als freie Schöpfungen des Horaz unter Anlehnung an Vorbilder der lesbischen Lyrik im Einzelnen galten den Alten

die 2. asklepiadeische Strophe

"" "^ ^ (dreimal)

Scriberis Varia fortis et hostium victor Maeonii carminis (diti, quam rem cumque ferox navibus aut equis ptiles te duce gesserit (C. 1 6) vgl. Diora. 520, 7;

Christ: Horatiana. 125

die 3. asklepiadeische Strophe

^" «^o_w_. (zweimal)

\j w

Quis multa gracüis te puer in rosa perfusus liquidis urguet odorihus

grato Pyrrha sub antro?

cur flavani religas comam? (C I 5)

vol. Diom. 519, 34 u. 522, 14;

die 4. asklepiadeische Strophe

^ ^ « (an erster und dritter Stelle)

"" "" "^ (an zweiter und vierter Stelle)

Sic te diva potens Cypri,

sie fratres Helenae, lucida sidera^

ventorumque regat pater

ohstrictis aliis praeter' lapyga (C. I 3)

vgl. Diom. 519, 21 u. 522, 7, Atilius 298, 3;

die sogenannte grössere sapphische Strophe

o w v^ (an erster und dritter Stelle)

" ^>-' ^'^ '-' (an zweiter und vierter Stelle)

Lydia, die, per omnis

te deos oro, Syharin cur properes amando

perdere, cur aprieum

oderit campum patiens pulveris atque solis (C. I 8)

vgl. Caesius Bassiis 270, 13, Atilius 300, 24, Victorinus 105, 31.

Ich schenke bezüglich aller dieser vier Strophen den Alten Glauben, zumal bezüglich der drei letzten, da diese rhythmisch Anstoss erregen, so dass sich kaum ein griechischer Dichter diese Verbindung von Versen erlaubt hätte. Einiger- massen erregt schon dies Anstoss, dass in 3 u. 4 der kür'.ere Vers vorausgeht, was gegen die Gewohnheit der guten alten Zeit verstösst; entschieden aber verletzt das Ohr in 4 der

126 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 4. Februar 1893.

gleiche Ausgang der beiden Verse auf einen schweren Bacchius, und mehr noch in 2 die naturwidrige Voranstellung des brachy- katalektischen Kolon vor das katalektische. Entgegen dieser unserer Annahme hat freilich Kiessling in seiner trefflichen Horazausgabe I, 20 zwei der eben angeführten Strophen- formen auf Alcäus zurückzuführen versucht, indem er sich für 3 auf Ale. fr. 81 berief

vvv d' <ati^'> otrog e/nxQirsi Kivrioag xov an'' iQag ttvv.ivov lii}oi\

für 2 auf Ale. fr. 43

Xazaysg noTt^ovxai v.vXiyyav dno Tr^iäv

Aber an der ersten Stelle ist die Annahme, dass der erste Vers unvollständig sei, leichter und einfacher als die von Kiessling nach Bergk's Vorschlag vorgenommene Ergän- zung, und für die zweite ist ionisches Metrum weit an- gemessener, weshalb ich eher das gleiche Versmass, wie in fr. 63 Kqovida ßaailijog ytvog yflav xov aQiaxov neö'' ^yjXXea

vermute und demnach den Ausfall einiger Sylben in der Mitte, wie etwa

Xccxayeg noxeovxai y.vXiyvav (,7ror/.iXoviox(ovy ano Tyjiäv

annehmen möchte. Jedenfalls ist es bedenklich sich mit den Sätzen der alten Grammatiker, denen doch wohl noch vollständige Ausgaben der lesbischen Dichter zugänglich waren, in Widerspruch zu setzen.

Ausser den aufgezählten Strophenweisen hat Horaz noch drei epodische Strophen angewendet. Deren Besprechung halten wir uns aber besser für den nächsten Abschnitt vor und fügen hier noch die Erörterung einiger mit den be- sprochenen Strophen zusammenhängender Fragen an.

Horaz hatte die ausgesprochene Absicht (vgl. Ep. 1 19, 32; II 3, 99), mit seinen Oden die lesbische Sangweise und

Christ: Horatiana. 127

speciell die des Alcäus in die römische Poesie einzuführen. Die Weise des Pindar schien ihm, und mit Recht, zu ver- schlungen und schwerverständlich (vgl. C. IV 2); die des Anakreon, mit dem er sich in seiner Lebensanschauung mehr berührte,^) verschmähte er aus anderen Gründen. Leicht mochte ihm, der doch erst als gereifter Mann sich zur lyrischen Poesie wandte, schon der Klingklang der kurzen anakreontischen Verse zu leicht und tändelnd erscheinen. So- dann waren die Glykoneen und kurzen Verslein der anakreon- tischen Lyrik zusammen mit den Spielereien der Alexandriner bereits durch CatuU und Licinius Calvus in Rom eingeführt worden, und Horaz hielt viel darauf, seinen Landsleuten gegenüber als origineller Dichter zu erscheinen. Endlich waren ihm die Verse des Anakreon zu nachlässig und schlotterig gebaut; vielleicht mit Unrecht, da die poly- schematische Behandlung des ionischen Dimeter rhythmisch sich sehr wohl rechtfertigen lässt; aber Horaz hatte nun einmal diese Meinung, er spricht sie offen aus Epod. 14, 12:

Änacreonta Teiiim, qui persaepe cava testudine flevit amorem non elaboratum ad pedem.

Aber warum hat Horaz mehrere Liedformen des Alcäus, die wir noch aus dessen Fragmenten nachweisen können, verschmäht und dafür lieber durch andere Kombination les- bischer Verse neue Strophen geschaflFen? Das lässt sich noch ermitteln. Die schöne Periodenform (Ale. fr. 15)

f.iaQiiiatQei di f.ieyag öo/iiog XaX-KOJ, 7iaioa d' ^'^Qf] y.eyioO{.ir]- rai ozeya

1) C. I 23 nach Anacr. fr. 51; C. III 11, 9 nach Anacr. 75; C. I 27 nach Anacr. 63.

128 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1893.

passte ihm nicht in seine Theorie, da er sich nun einmal vorgenommen hatte nur viergliederige Strophen zu dichten. Reine Daktylen oder Daktylen mit äolischer Basis, wie sie häufig Sappho, aber einige Mal auch Alcäus gebrauchte (fr. 46. 92), wichen ihm zu wenig von dem daktylischen Leierkasten der alten Zeit ab. Endlich gefielen ihm in Folge eines fein ausgebildeten Gehörs nicht Verse, die gleich mit dem Sturralauf aufgeregter Choriamben oder lonici o maiore begannen; er zog solche vor, in denen der rhythmische Gang

mit einem oder zwei ruhigen Zweisylbern ( oder ^ )

eingeleitet wurde. Er wollte daher absichtlich nicht Verse nachahmen, wie

KQOVLÖa ßaGilf^og yavog ^Yav tov oqiotov tceö'' ^yilXea (Ale. 48)

EV(-iOQ(poT6Qa IMvaaiöUa zag analag rvqivvtog (Sapph. 76) und hat aus diesem Grund auch den Vers

ÖEvre VW aßqai Xä^ireg yiaXXiv.Of.ioi te Moioai (Sapph. 60)

in ganz passender, von Caesius Bassus und seinen Nach- tretern mit Unrecht getadelten Weise also umgemodelt:

te deos oro Si/harin cur properes amando.^)

Aus der Abneigung gegen nachlässige Freiheit in Ver- bindung mit der sogenannten Derivationstheorie ^j ist nun auch die Strenge zu erklären, mit der Horaz im Versaufang vor nachfolgendem Daktylus oder Choriamb sich nur einen Spondeus, nicht auch einen Trochäus oder gar lambus und

1) Ueber die Herleitung des ersten Teiles dieses Verses aus dem Hendecas. sapph. siehe CI. Schultz Herrn. 22, 273.

2) Siehe darüber Verskunst des Horaz S. 18 und Suse mihi Griech. Litt, der Alexaudrinerzeit II 232.

(Virist: Horatidna. 129

Pyrrichius erlaubte. ^) Dieser Punkt legt mir noch eine kurze Bemerkung zur Geschichte der metrischen Formen nahe.

Der Vorgang des Horaz in Bezug auf die spondeische Form der Basis hat bei den lateinischen Dichtern allgemein Nachahmung gefunden und zwar nicht bloss in den von Horaz gebrauchten Versen, dem Glyconeus, Pherecrateus und den beiden Asclepiadeen, sondern auch in den verwandten Versen, insbesondere dem Hendecasyllabus. Schon Martial, Petronius (c. 15. 79. 90. 109, fr, 29) und sämtliche Dichter der Priapeia haben sich streng an die horazische Regel ge- halten.^) Auf der anderen Seite findet sich bei den alexan- drin Ischen Dichtern und bei den lateinischen bis auf Catull noch nichts von jener engherzigen Einschränkung. Wenn auch schon der Spondeus vorherrscht, besonders bei Callimachus, so findet sich doch daneben noch oft der Trochäus und selbst der lambus bei Theokrit in seinen äolischen Gedichten (28. 29. 80) und bei Catull in seinen Hendecasyllaben und Glyconeen. Der Umschwung von der alten freien Art zu der neuen begrenzten^) ist also in verhältnismässig kurzer Zeit vor sich gegangen. Da verlohnt es sich nun zu fragen, welche Dichter der kurzen Uebergangszeit noch der alten,

1) Eine einzige Abweichung findet sich nach der Ueberlieferung C. J 15, 36, wovon gleich nachher.

2) Der Spondeus wird schulmässig vorgeschrieben bereits von Caesius Bassus.

3j Callimachus in Anth. Pal. XIII 10. 24 und Hephaest. p. 65 W. hat allerdings nur den Spondeus, und es ist möglich, dass derselbe auch hierin den Augusteischen Dichtern Vorbild war. Aber in den Hendecasyllaben des Phalaikos Anth. Pal. XIII 6 haben wir 3 Trochäen neben 5 Spondeen. Leonidas Anth. Pal. VII 663 erlaubt sich auch noch eine iambischc Basis, allerdings da, wo sie am öftesten steht, im Anfang. Unsicher ist die Lebenszeit des Diophanes von Myrine, der sich in dem kurzen Epigramm Anth. Pal. V 309 gleichfalls noch eine iambische Basis des Hendecasyllabus erlaubt.

WXl. Pliilos.-pliilol. u. liist. Gl. 1. l)

130 Sitzung der pMos.-philol. Classe vom 4. Februar 18!)3.

und welche schon der neuen Regel folgten. Hier stehen die Thatsachen. Die freie Art erlauben sich noch

Mäcenas in vit. Horatii:

ni te visceribus meis, Horati^ plus iam diligo, iii tuum soäalem Ninmo videas strigosiorem.

Statilius Flaccus Anth. Pal. VI 193:

IlQirjn' alyiallza, cpvxoyeitov, Jaf.iohag alieig 6 ßvoooi-ierQrjg^ ro 7Ttxqrjg aXln'k'^yo(; 6-/.[.iayElov, t] ßöelXa GTtdädcov, 6 7rovTO&riQr]g, ool ra öi/.Tva xaf.Kflß'kriOTqa ravra, daif.iov, eiGccro, roig l'i^alne yr^qag.

Alpheios aus Mytilene (aus der Augusteischen Zeit) Anth.

Pal. IX 110:

oc oxiqyio ßaOvXtji'ovg aQOiQag^ ovK olßov 7iolixQvoov, oia rvyi]g' avTctQy.ovg eQaf.iai ßiov, IMcr/.Qjpe' x6 Mrjdev ydg ayav ayav (.te xeQTtsi.

Strenge folgt der gleichen Regel wie Horaz sein Zeit- genosse Antipater Anth. Pal. VII 390:

Kvll'qvriv, ogog ^q/möiov, axoreig ' avxr] orji-i'' erti/.eix'' LdnoXkoöojQio. IIiorjd-EV fiev lövxa vvY.T6g lÖqjj 1'y.xsivev ztio&sv neoiov xeQavvog xrjlov (3" ^lyavf:rjg xal BeQOiVjg, vr/.i]d^eig Jiog ö dQOf.ievg zad^evdEi. Um diese Zeit also hat wahrscheinlich ein griechischer Lehrmeister der Metrik, vielleicht geradezu ein Dichter, der zugleich Grammatik und Metrik lehrte, wie eben Antipater, im Zusammenhang mit der den Antispast verleugnenden Derivationstheorie die Regel aufgestellt, die Basis oder der Vorschlag vor choriambischen Reihen dürfe nur durch einen

Christ: Horatiann. 131

SiDondeiis ausgedrückt werden. Horaz hat immer die spon- deisclie Basis mit Ausnahme der einen Stelle in dem Jugend- gedicht auf Paris C. I 15, 36:

ignis Iliacas domos.

Ob hier Iliacas in Pergaweas oder Dardanias zu korri- gieren, oder als Anzeichen der noch nicht festgeprägten Kunst des Horaz zu belassen ist, wer möchte das zu ent- scheiden wasfen?

"r>^

Die Epoden des Horaz.

Horaz nennt bekanntlich selbst Epod. 14, 7 und Epist. I 19, 23 seine in dem Buch der Epoden gesammelten Ge- dichte iamhos. Das könnte nur eine Benennung a potiore parte sein; passender jedenfalls ist der in all unseren Hand- schriften überlieferte Name Epoden. Denn mehrere der Gedichte sind ja nicht im iambischen Versmass gedichtet, und auch die specielle Bedeutung lai-ißeJa = Spottgedicht (Aristot. poet. 4 p. 1448'' 31) will nicht ganz zu einer Sammlung passen, die mehrere harmlose Scherze und Re- flexionen enthält. Die Gedichte selbst sind, wie längst erkannt, nach metrischen Gesichtspunkten geordnet, indem anders wie in den Oden die Gedichte der gleichen metrischen Form (Epod. 1 10, 14 1.5) zusammen stehen. Innerhalb dieses Rahmens liess wohl Horaz andere Rücksichten gelten, wie wenn er der ganzen Sammlung ein Gedicht an Mäcenas voranstellte und auch unter den im gleichen Versmass ge- dichteten Epoden 14 u. 15 der an Mäcenas den Vortritt gab, oder wenn er die lange und langweilige Epode 5 in die Mitte zwischen kurze und energische Gedichte nahm. Aber entscheidend blieben doch immer die metrischen Mo- mente. Dabei stellte der Dichter das Gedicht aus lauter iambischen Trimetern als das kunstloseste an den Schluss und schickte demselben unmittelbar voraus ein anderes, in

9*

182 Sitzung der philos.-pMIol. Gkisse vom 4. Februar ISDo.

dem der ianibiscbe Trimeter den zweiten Teil des Distichons ausmacht. Für den Anfang wählte er aus seinen Versuchen eine runde Zahl von 10 einfachen archilochischen Epoden aus, in denen auf einen vorausgehenden iambischen Trimeter ein iambischer Dimtter als Nachgesang folgt. ^) In die Mitte stellte er sodann Epoden kunstvollerer und seltener Art, die aus 2 oder 3 Elementen, darunter immer einem daktylischen, bestunden. Darin nun, dass Horaz die rein-iambischen Epoden und die freieren Gefiige zu einer Sammlung vereinigte und dabei die ersteren voranstellte, folgte er dem Beispiel des Archilochus. Denn auch x4rchilochus hatte einfachere und kunstvollere Epoden gedichtet, wie uns noch heute die Frag- mente lehren, und dass er dabei die einfachen, aus einem Rhythmengeschlecht gebildeten Epoden voranstellte, dürfen wir aus der Weise abnehmen, wie Hephästion p. 71 W. darüber referiert: eloi öe iv To7g noii]f.iaGL Kai oi oQQevrAwg ovTco y.alovf.ievot sn(i)dol, i'nav f.teydh;) nriyM iteqittov ti hriffegr^rai, oiov

TräxEQ ytr/,ä(.ißa^ olov ecpqaoio Tode; xi'g oag TragijeiQs cpQfvag',

%al £Tt

eure yrQog dOla öriitiog y]dQü'iLETO, ev öi BaTovoiadtjg.

Bemerkenswert ist, dass Horaz die kunstvollere Form des epodischen Distichons auch in den Oden anwandte C. I 4. 7. 28; IV 7. Das ist offenbar, wie man längst erkannte, so zu erklären, dass Horaz derartige epodische Gedichte auch noch schrieb, nachdem er im Jahre 31/30 das Buch der Epoden abgeschlossen und der Oeffentlichkeit übergeben hatte. Damit aber diese jüngeren Epoden zu der Art der übrigen Oden passten, legte er sich den Zwang auf, immer je 2 Distichen

1) Die Zahl 10 lag auch den Bukolika des Vergil und Theokrit zugrunde.

Christ: Hoyatiana. 133

zu einer viergliederigen Strophe /u vereinigen, an welches Gesetz er sich in den Epoden noch nicht gebunden hatte. Welche Formen der Epoden sind nun den griechischen Originalen nachgebildet und welche sind frei erfunden? Dass die einfachste, aber auch am häufigsten gebrauchte Form

Ihis Liburnis inter alta navium. amice, propugnacula (Epod. 1)

dem Archilochus entlehnt ist, bedarf keines weiteren Nach- weises: die meisten Epodenfragmente des Archilochus weisen die gleiche Form auf.

Auch die beiden anderen Formen

Altera iam terikir bellis civilibus aetas, suis et ipsa Roma viribus mit (Epod. 1(5)

Laudahunt alii clarmn Rhodon aut Mijtilenen aut Ephesmn bimarisvc Corinthi (C. I 7)

sind dem Archilochus entnommen. Für die erste haben wir den sicheren Beweis in einem epodischen Gedichte des Archi- lochus fr. 101; für die zweite das klare Zeugnis der latei- nischen Grammatiker Diomedes 520, 15 u. 529, 2, Caesius Bassus 269, 14, Victorinus 1G5, 17 u. 170, 25, mit denen man noch Hephästion 28, 7 zusammenstelle, wo es von dem daktylischen T£iQdf.teioop elg öioovXaßor /.aia)^iqxtiY.ov heisst: tp /tQiüZog (xtv lyjyy^oaio ylqyikoyog ev irnijäolg.^)

1) Mit Unrecht heisst noch in neuesten Büchern, wie Ribbeck, Rom. Dicht. H 118, Kiessling, Ausg. Kinlcit.. unsere Strophe alk-

134 Sitzwmj der philos.-phüol. Classe vom 4. Februar 1803. Auch für das epodische Distichon

Mollis inertia cur tantam diffiidcrit imis ohlivionem sensibiis

dürfen wir, gestützt auf Archil. fr. 84, archilochischen Ur- sprung annehmen, wiewohl auffälliger Weise Diomedes 529, 12 dazu bemerkt: qnarta decima ode aeque ab Horatio com- posita dicitur. Ob diese mit dicitur hingestellte Behauptung sich etwa darauf stützt, dass in dem Fragment des Archi- lochus der kurze Vers vorangeht? Für die Verbindung

Diffugere nives redeunt iam gramina campis arboribusque comae (C. IV 7)

fehlt ein Beleg in den Fragmenten des Archilochus. Aber nicht bloss findet sich bei Archilochus die analoge Ver- bindung eines iambischen Trimeter mit einer daktylischen Penthemimeris (s. oben S. 132), sondern es bezeugt auch den archilochischen Ursprung unserer Ode Diomedes 527, 9: septima ode ArcMlocMum metrum habet.

Wir kommen zu der kunstvolleren Form der Asynar- teten. Horaz kannte ohne Zweifel die Lehre der Metriker von den Asynarteten, unter denen diese, wie schon der Name besagt und Hephästion in dem Abschnitt n:£Ql aovvaQX}\xcov ausdrücklich ausspricht, metrische Reihen verstanden, die aus zwei ungleichartigen, nicht zur vollen Einheit zusammen-

manisch. Alkmanisch ist nur der Gebrauch der Daktylen überhaupt, aber von den zwei Arten der daktylischen Tetrameter hiess nur der akatelektische Alcmanius, der katalektiscbe hinf^egen Archilochius; s. Victor. 73, 13 u. 115, 9.

Christ: Horatiana. 135

gefügten Gliedern bestehen. Dass Horaz diese Begriifs- bestinimiing in der Schule seiner metrischen Lehrmeister gehört liatte, beweist einfach die Thatsache, dass er der- artige Verse baute. Uebrigens hat er nur in den Epoden, nicht mehr auch in den Oden die Freiheiten des Hiatus und der zweifelhaften Rylbe am Schlüsse des ersten Kolon sich erlaubt, ein Zeichen, dass er auch hier mit der Zeit strengere Anforderungen an sich und seine Kunst stellte.

Von den drei Epoden nun, in denen ein Vers asynar- tetisch gebaut ist, so dass thatsächlich das Distichon nicht aus 2, sondern aus 3 Gliedern besteht, ist eine sicher dem Archilochus nachgebildet. Es ist dies die weitaus schönste, nach dem parischen Dichter geradezu benannte Archilochische Strophe:

Solvitur acris hiems grata vice veris et Favoni trahuntque siccas machinae carinas (C. I 4).

Ausser mehreren einzelnen Versen dieser Verbindung hat sich auch noch ein vollständiges Distichon in Archil. fr. 101 erhalten.

Die beiden anderen Versmasse dieser Art

Fettig nihil me siciit antea iuvat

scrihere versicidos amore x^ercussum gravi (Epod. 11)

Horrida tempesfas caeliim contraxit et imhres

nivesqiie deducunt lovem; nunc mare, nunc siliiae (Epod. 13)

sind nach der Versicherung des Diomedes 528, 30 u. 529, 3 das zweite Metrum wird auch von Caesius Bassus 271, 20 und Atilius Fortunatianus 294, 22 als Neuerung bezeichnet

lo6 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1S93.

Erfindungen des Horaz. Wir werden dieses den Gramnia- tikern bezüglich der letzten Epode um so elier glauben, als der Bau des asynartetischen Verses in der That sehr zu bemängeln ist. Denn es kann wohl einmal in einem ein- zelnen Fall der Dichter zur Erzielung eines bestimmten rhythmischen Effektes (Tonmalerei) den Rhythmus am Ende der Periode nochmals aufschnellen lassen ; im allgemeinen ist es unpassend, eine Periode so zu schliessen, dass auf ein gemessenes iambisches Kolon ein rasches daktylisches folgt, anstatt dass die raschen Daktyle in gesetzte Trochäen auslaufen. Auch habe ich weder bei Archilochus noch einem anderen griechischen Dichter derartig gebaute Epoden gefunden.

IV.

Das Carmen saeculare und die neuaufgefundenen

Säcularacten.

Ueber die Säkularspiele d. J. 17 v. Chr., die dem Horaz Anlass zur Dichtung des Carmen saeculare boten, verdankten wir bisher die Hauptkunde den auf dieses Fest bezüglichen Versen der Sibylla (erhalten durch Phlegon, macrob. 4 und Zosimus bist. 2, 6) und dem aus guter Quelle geschöpften Berichte des Historikers Zosimus HS. Dazu sind nun aller- neuestens durch ein besonders glückliches Geschick die Akten des Festes selbst {commentarium ludorum saecularium) ge- kommen. Dieselben waren nach einem in dem Protokoll erhaltenen Senatsbeschluss auf eine eherne und marmorene Säule geschrieben worden, und von diesen Stelen haben die letztere, wenn auch nur in Stücken und unvollständig, die römischen Antiquare in den letzten Jahren nahe bei dem Tiber wieder aufgefunden. Mommsen hat es unternommen, diese Acta der Säkularspiele unter Augustus (17 v. Chr.) zu publicieren, zuerst in den Monum. antichi publicati della R. Acad. dei Lyncei 1 3 (1891) 617 72, und dann zusammen

Christ: HoraHana. lo7

mit den inzwischen am selben Orte gefundenen Akten der Säkularspiele des Septimius Severus in Ephem. epigr. VIII 225 315. Aber nicht publiciert bloss hat Mommsen diese kostbaren epigraphischen Reste, sondern auch so vortrefflich und allseitig, zum Teil mit Hilfe seiner Freunde erläutert, dass wir jetzt einen vollständigen Einblick in den Verlauf jener Spiele haben und uns zugleich eines ausgezeichneten Kommentars zu dem horazischen Gedichte erfreuen. Nicht leicht habe ich in letzterer Zeit eine Schrift mit lebhafterem Interesse und wärmerem Dank für den Autor gelesen als eben diese Abhandlung Mommsens, deren Besitz ich oben- drein der ausnehmenden Güte des Verfassers verdanke. Gleich- wohl drängten sich mir bei dem wiederholten Durchlesen einige Zweifel, auch einige neue Gesichtspunkte auf, die ich hier in der Art vorlegen möchte, dass ich zuerst von dem Gedichte des Horaz und dann von den übrigen an das Fest sich anschliessenden scenischen Autführungen handele.

Der Vortrag des Festliedes.

Auf das Carmen saeculare des Horaz bezieht sich in den Akten der vom dritten Tag handelnde Abschnitt v. 147 9. Die Festfeier des dritten Tages wurde demnach zu Ehren der Latoiden Apollo und Diana, der alten griechischen Heilgötter, auf dem Palatium, wo sich der Tempel des pala- tinischen Apollo befand, derart begangen, dass zuerst die Vorstände des Collegiums der Quindecemviri, Caesar Augustus und M. Agrippa, dem Apollo und der Diana mit bestimmtem Ceremoniell ein Opfer darbrachten. Dann heisst es weiter in den Akten: sacrificioque perfecto pucri XXVII, quibus demmtiahim erat, patrimi et matrimi et puellae totidem Carmen cecincnmt, eodemque modo in Gapitolio. Carmen compostiit Q. Horatius Flaccus; ähnlich v. 20: piieros vir- (jinesque patrimos matrim[osque ad Carmen can]endum choros- que habendos f'rcqnenfes tt[t adsint].

138 SitzuiKj der i)hilos.-philol. Classc vom 4. Februar ISUo.

Zu diesen Sätzen des officiellen Protokolls stimmt in der Hauptsache gut die Aufschrift, welche wir in mehreren unserer besten Horazhandscliriften, BL/, vor dem CS. lesen: Carmen saeculare quod patrimi et matrimae cantaverunt^ ein neues Zeichen der Güte und des hohen Alters, das wir oben S. 101 diesen Aufschriften zugeschrieben haben. Auf unser Protokoll geht auch in letzter Linie die Bemerkung des Porphyrion zurück: a vlrginihus puerisque praetextatis in Capitolio ccmtatiim est, nur dass derselbe einseitig nur einen der beiden Orte, wo das Lied gesungen wurde, das Kapitol, und nicht auch den Platz auf dem Palatium nennt. In dem sibyllinischen Orakel beziehen sich auf unser Säkularlied die Verse:

y.al deiööi-ievoi re^) yiaTivoi naiaveg yiovqoig y.ovQrjoi re vr^ov a'xoiEv aü^avazwv ytoqlg de '/.oqai yoqöv avcal a'x^iev y.al xioQig jcalöiov aqöijv öicv/vg. aXkd yovrjcov TiavTiov Qtoovrtov, oig d^KfLd^aXrfi tri q^vikrj.

Die Päane werden hier ausdrücklich ^iaxlvoi genannt; das erinnert an die Stelle in den Episteln des Horaz I, 19, 32, wo sich unser Dichter mit Hochgefühl Latinum fidicinem nennt. Daran knüpfe ich die Vermutung, dass die sibyl- linischen Verse, die ja zweifelsohne eine andere Zeit er- heucheln, als in der sie thatsächlich gedichtet wurden, erst in einer Zeit, als bereits der Latinus fidicen Horaz zum offi- ciellen Festdichter aufgestellt war, entstanden seien, also einige Monate oder auch Jahre vor dem Feste selbst. Ich wage diese Vermutung um so mehr, als ja auch die übrigen Vorschriften des sibyllinischen Orakels so genau dem jetzt

1) Die tautologische Verbindung von xai ze ist zwar nicht unerhört Homer gebraucht sie A 521. I 509. 510. K 224. ^ 465. Q 485. r 342. 537. i/' 13 aber doch wenig plausibel. Wilamowitz Herrn. 28 (1892) 649 entfernt sie durch die Lesung ha 8edsxi)(o -dv^iax' 'EXsidvltjoiv, aEi8öj.ie%^ol te AarTvoi,

Christ: Horatiana. 139

akteiimässig bekannt gewordenen Verlauf des Festes ent- sprechen, dass dasselbe nur als ein vaticiniuni post eventum oder richtiger post rem ab Augusto decretam angesehen werden kann.^) Damit komme ich freilich in Widerspruch mit Mommsen, der Eph. 236 das sibyllinische Orakel schon längere Zeit vor Augustus gedichtet sein lässt, weil bereits Varro das saeculura von 110 Jahren gekannt habe. Aber das brauchte Varro nicht gerade aus den sibyllinischen Büchern oder gar gerade aus unserem Gedichte entnommen zu haben. Die Fälscher im Dienste der kaiserlichen Regie- rung, der Pontifex Ateius Capito an der Spitze, konnten, auch wenn sie erst kurz vor der Veranstaltung der Spiele die Verse fabricieren und der Sibylle unterschieben liessen, sich doch auf die durch Varro verbreitete Lehre von der 110 jährigen Dauer des Säculum stützen, um die Erneuerung der Säkularfeier 110 Jahre nach dem Falle von Fregellä (628 d. St.) empfehlen zu können;*) warum aber Varro selbst ein Säculum von 110 Jahren annahm, das wissen wir eben nicht.

Die xoQol jiaiöiov der Sibylle entsprechen genau den cliori puerorum et virginum der Akten. Die Bedeutung des griechischen Ausdrucks yoQoi naiöiov und Griechen werden ja hauptsächlich bei der Ordnung des sanglichen und sceni- schen Teiles der Spiele iiire Hand im Spiel gehabt haben wird noch klarer, wenn man sich an die Gegenüberstellung der yoQoi naidtov und xoQoi drÖQOJv auf attischen Inschriften erinnert. Auch die Bezeichnung des horazischen Gesanges

1) Man beachte nebenbei auch die Identificierung von Apollo und So! in Sibyll. carm. v. 17 und in Hör. CS. 9.

2) Varro verband nach Augustinus De civ. dei 22, 28 das Sä- culum von 110 Jahren mit der Lehre von einer nach 440 Jahren wiederkehrenden Palingenesie. Woran diese kurz nach 43 v. Chr. in der Schrift De (jcnie yojiuU Bomnni vorgetragene Geheimlehre anknüpfte, das zu eruieren ist bis jetzt noch niemand gelungen; davon aber liängt die ganze Erklärung der Sache ab.

140 Sitzung der philos.-philol. Glasse vom 4. Februar 1893.

(carmen Hör. C. IV 6, 43 u. Comm. lud. saec. v. 149) mit Ttaiaveg^) passt gut auf einen Bittgesang an Apollo zur Abwehr von Krankheit und Not; er war um so passender, als die Chöre nicht stehend, sondern unter Reigentänzen [ad Carmen canendum chorosqiie habendos), wie sie seit Alters beim Päan ül^lich waren, das Lied vorzutragen hatten. Ganz deutlich auch sieht man auf der Münze, welche Domitian zum Andenken an die unter seiner Regierung begangenen Säkularspiele prägen Hess (n. 10 auf der bei Mommsen an- gehängten numismatischen Tafel), die Knaben und Mädchen im Schritte sich bewegen und ebenso die beiden, dem jugend- lichen Chor folgenden Männer, woraus wir die gleiche Be- wegung der Chöre und Festvorsteher (Cäsar Augustus und M. Agrippa) bei den augusteischen Säkularspielen des Jahres 17 mit Zuversicht erschliessen dürfen.

Aber wie wurde das Lied vorgetragen und wie Avurden die einzelnen Teile unter die beiden Chöre verteilt? Das ist eine alte Streitfrage der Horazerklärer, die durch den neuen Fund neue Nahrung und Richtung erhalten hat. Da nämlich das Lied nach den Akten auf dem Palatium und auf dem Kapitol {in Palatio . . . eodemque modo in Capitolio) gesungen wurde, so stellt Mommsen p. 257 unter voller Zustimmung Dressel's p. 314 die Vermutung auf, dass die Chöre dasselbe auf dem feierlichen Zuge vom Palatium nach dem Kapitol und von dem Kapitol zurück zum palatinischen Tempel des Apollo vorgetragen haben: et actorum de loco testatio et ipsa poeiae sollertia aut ad- mittiint aut adeo requirimt, ut carmen sfatuamus cantatiim esse a cJioris solemni pompa ex Palatio ad Capitolium per-

1) Zosimus "liist. 11 5 gebraucht daneben noch den allgemeinen Ausdruck vfivoi: v[A.vovg udovoi rf/ te 'ED.tjviov xal 'Pcofiaicov (poxrf/ xal naiävag, ähnlich wie Plato Conv. p. 177 A: uXloig fiev tioi. ß'scör vfivovg y.al naiävag vno x&v jionjrwv ysyga/Lifisvovg, und Polybius IV 20: Ol Tiatöeg ex vTjJticov adsiv i'&iCovzai xara rojiiovg rovg vfivovg y.ai Jiaiävag.

Christ: HoratütiKi. i4l

gentibus et inäc rcdeimtihus ad aedem ApoUims Palatinam. Die sollertia des Dichters findet Mommsen vornelimlich darin, dass er mit dem Lobe des Apollo und der Diana beginnt und schliesst und in die Mitte das stellt, was sich nur für die kapitolinischen Götter eignet; dieser mittlere Teil müsse daher auf dem Kapitol im Anblick des Tempels des Jupiter und der Juno gesungen sein.

Gewiss hat Mommsen Recht, wenn er die Strophe v. 49 52

Quaeque vos hohus veneratur alhis clarus AncMsae Venerisque sanguis^ itipetret bellante prior ^ iacentetn lenis in hostem auf das Opfer bezieht, welches Augustus den kapitolinischen Göttern darbrachte. Das konnte vorher schon vermutet werden und ist jetzt ausser allen Zweifel gestellt durch die Akten v. 103 ff.: K. lun. in Capitolio bovem marem lovi optimo maximo proprium immolavit imp. Caesar Augustus^ ibidem alferwn M. Agrippa, precati autem sunt ita: luppiter optime maxime^ iiti tibi in illeis libreis scriptum est quarum- que rerum, ergo quodqiie melius siet popnlo R. Quiritibiis^ tibi hoc bove niare pidchro sacrum fiat, fe quaeso precorquc uti imperium maiestatemque p. JR. Quiritium duelU doniique auxis. Auch das hat richtig Mommsen bemerkt, dass die Digression des Dichters von Apollo und Diana auf die übrigen Götter und specieli Jupiter nunmehr, wo wir wissen, dass das Lied nicht bloss auf dem palatinischen Hügel, sondern auch auf dem Kapitol gesungen wurde, noch mehr ent- schuldigt, ja geradezu gefordert erscheint. Aber weiter zu gehen finde ich nicht geraten. Wenn auch das Lied für den dritten, den Latoiden specieli geweihten Festtag bestimmt war und sich demnach zunächst an Apollo und Diana wenden musste, so konnte doch der Dichter in das Gebet auch Bitten an die übrigen Götter einflechten und vor allem an Jupiter, von dessen Allgewalt nach des Volkes Glanljen aller Dinge

142 Sitzung der philos.-philol. Glasse vom 4. Februar 1893.

Fortgang und Ausgang abhing. Die Körner werden sieb ihren Apoll nicbt so pietätlos gedacht haben, dass sie einen Anstoss befürchten raussten, wenn sie in einem ihm geweihten Bittgesang auch seines Vaters gedachten. Keineswegs aber war es notwendig, dass die betreffende Bitte an Jupiter nun auch vor dessen Tempel vorgebracht wurde. Das Säkularlied wendet sich auch an die Parcen (v. 25) und die Mutter Erde (v. 29); wird auch da der Chor eigens zum Tempel der Parcen und der Tellus gezogen sein? und wenn der Päan gegen Schluss (v. 73) noch einmal auf Jupiter, und zwar dieses Mal unter Nennung seines Namens zurückkommt, wird da etwa auch der Chor nochmals zum Tempel des Jupiter auf das Kapitol zurückgekehrt sein? Nein, das ganze Lied konnte ganz passend vor dem Apollotempel auf dem Palatium gesungen werden, und auch auf dem Kapitol brauchte der Chor sich nicht auf den Vortrag des mittleren Teiles zu beschränken. Das Letztere wird schon deshalb nicht geschehen sein, weil es schwer ist zu sagen, mit w^elchem Vers denn der Chor vor dem Jupitertempel habe anfangen sollen. Denn so geschickt ist die Bitte an die kapitolinischen Götter mit dem Päan an Apollo verbunden und gewisser- massen vernietet, dass man vergebhch eine scharf scheidende Linie ausspähen wird; es versuche es nur einer!

Ich mache dann ferner gegen Mommsen geltend, dass in den Akten gar nichts von einer pompa oder von dem Vortrag des Päan auf dem Wege vom Palatium zum Kapi- tolium und zurück steht. Es heisst nur eodenique modo in Capitolio, und das heisst, wenn man den Worten nicht Gewalt anthun will, doch nur: das Lied soll zweimal gesungen werden, zuerst vor dem Apollotempel auf dem Palatium, und dann nochmals auf die gleiche Weise auf dem Kapitolium. Da- zwischen mussten ja freilich die Knaben und Mädchen von dem Palatium nach dem Kapitolium gehen, und sie thaten dieses, indem sie, wie die oben angezeigte Münze des Domitian

Christ: Horatiana. 143

zeigt, heilige Zweige in der erhobenen Rechten trugen nach Art der Lorbeerzweige und Weinranken tragenden Jünglinge bei dem Feste der daffvi^cpoQr/.a und iooyocpoQiy.ä der Griechen. Ob sie dabei sangen oder den Weg schweigend zurücklegten oder nur hie und da ein lautes li] 7raiav Itj jiaiav erschallen Hessen, das mag jeder sieb nach seinem Geschmack zurecht- legen; geschrieben steht davon nichts in keinem der Zeug- nisse.^) Nur das wird man sagen dürfen, dass der Weg viel zu lang war, als dass für den Hinweg und Rückweg und den Halt vor dem Tempel des Jupiter und dem des Apollo der einmalige Vortrag des kurzen horazischen Gedichtes mit seinen 19 sapphischen Stropben hätte ausreichen können.

Schliesslich will ich denn doch auch nicht unerwähnt lassen, dass auch die metrische Form und die Anzeichen abwechselnden Gesanges {df.ioißalov (.dlog) gegen den Vortrag auf dem Marsche sprechen. Geben wir auch zu, dass Horaz kein volles Verständnis mehr für das Wechselverhältnis von Metrum und Vortragsweise hatte, und dass ihn seine eigen- tümliche Vorstellung von dem Charakter eines Carmen ab- halten musste, sich der päonischen Reihen oder der ana- pästischen Systeme zu bedienen, so konnte ihm doch nicht entgehen, dass von den ihm geläutigen Strophengattungen die alkäische mit ihren Auftakten sich ungleich besser als die sapphisclie für ein Marschlied eignete. Ueberhaupt aber Hess sich für den Marsch nicht ein Wechselgesang, wenigstens nicht ein einigermassen kunstvoll gegliederter, arrangieren.

1) Von einem ähnlichen Päan des alten Livius Andronicus heisst es allerdings bei Livius 27, 37: decrevere pontifices, ut virgines ter novenae per urhem euntes Carmen canerent. Auch von dem Päan des Pindar Pyth. V, der zugleich den Wagensieg des Arkesilas ver- herrlicht, möchte Böckh, Pind. II 2, 282, lieber annehmen, dass er auf dem Wege zum Apollotempel als vor dem Tempel, nachdem der Zug dort angekommen war, gesungen sei, lässt aber behutsam beide Möglichkeiten oflen.

144 Sitzung der pUlos.-philol. Classe vom 4. Fehmar 1S93.

Einen solcben müssen Avir aber für das Säkularlied voraus- setzen, zu dem 2 grosse Chöre von je 27 Personen gebildet wurden, und bei dessen Vortrag nach dem ausdrücklichen Zeugnis der Akten v. 21 Gesang mit Reigentanz verbunden war. Freilich, wie diese Reigentänze beschaffen waren, und wie in Verbindung damit die Teile des Liedes sich auf die zwei Chöre und die drei oder neun Reihen, aus denen jeder der beiden Chöre bestand, verteilten, wird immer Sache der Vermutung bleiben, über die ein Balletmeister besser als ein Grammatiker urteilen kann. Aber darf dabei von einem Tanzplatz auf dem ebenen Boden vor dem Tempel ausge- gangen werden, so lässt sich, unter Beachtung der vom Dichter im Texte gegebeneu Anzeichen der Proodos (v. 1—8), Mesodos (v. 33 36) und Epodos (v. 72—76), eine passende Verteilung in schönem Wechsel von Ganz-, Halb- und Drittelschor und mit schönen Evolutionen nach rechts und links recht wohl ausdenken.

Dabei verstehe ich unter Ganzchor die Vereinigung der beiden Chöre der Knaben und Mädchen. Diesem fiel zweifellos die Proodos, Str. 1 u. 2, und die Epodos, Str. 19, zu. Gewiss wurde auch die Mesodos, Str. 9, vom Gesamt- chor o-esungen, jedoch wahrscheinlich in der Weise, dass die 2 ersten Verse die Knaben, die 2 letzten die Mädchen sangen :

chor. puer. : condifo mitis placidusque telo supplices audi pueros, Apollo. chor. puell.: siderum regina bicornis audi, Luna, puellas.

Die Gesamtheit der übrigen Strophen, 3—8 -|- 10 18 = 6 + 9 = 15 lässt sich nicht mit 2, wohl aber mit 3 teilen; daher kann von einem fortlaufenden Wechselgesang der Knaben und Mädchen nicht die Rede sein, sondern fragt es sich nur, ob man nur Drittelschöre oder Drittelschöre neben Halbchören annehmen soll. Der Sinn der Verse gibt

Christ: Horatiana. 145

keine zuverlässige Entscheidung dieser Kontroverse, wenn man aucli sagen kann, dass Str. 3 u. 4, 7 u, 8, 12 u. 13. 14 u. 15 im Verhältnis von Strophe und Gegenstrophe zu stehen scheinen. Daher verzichte auch ich auf ein festes Urteil, sondern lasse es zweifelhaft, ob sämtliche 15 Strophen von Drittelschören, oder nur Str. 1(3. 17. 18 von Drittels-, die übrigen (3 8 und 10 15) von Halbchören gesungen worden seien. Die Drittelschöre denke ich mir aber gebildet von einer Reihe Knaben und einer Reihe Mädchen (9 -|- 9 oder 3 X 3 -|- 3 X 3), und erinnere, damit niemand an der Annahme von Drittelschören Anstoss nehme, an die Trichoriai der Lakedämonier, von denen uns Pollux IV 107 berichtet. Auf dem geräumigen Platz vor dem Apollotempel und vor dem kapitolinischen Tempel des Jupiter konnten diese 18 (2 X 9) Reihen von Knaben und Mädchen recht wohl neben einander Aufstellung finden und dabei auch noch Tanz- bewegungen nach rechts und links ausführen ; bei dem Marsch zum Kapitol und zurück wird, worauf auch die von Dressel herangezogene Münze des Domitian führt, immer eine Reihe Mädchen auf eine Reihe Knaben gefolgt sein.

Alles dieses hatte ich schon im November und December vorigen Jahres niedergeschrieben; inzwischen erhielt ich durch die Güte des Verfassers den Aufsatz von Vahlen, Ueber das Säkulargedicht des Horatius (Stzb. d. ])v. Ak. d. W. 1892, 1005 fi'.), der sich gleichfalls gegen die Hypothese Mommsens ausspricht, da derselben die ganze Anlage und Gliederung des Gedichtes widerspreche, indem Strophe 3 8 einerseits und Strophe 10 13. 14—18 anderseits zwei geschlossene und in sich fest verschlungene Gedankenketteu bilden.

Dem können auch wir beistimmen, da diese Analyse des Gedichtes im wesentlichen zu der von uns vermuteten Disposition der Chorreihen stimmt. Aber nicht mehr ver- mögen wir Vahlen zu folgen, wenn er bezweifelt, dass überhaupt ein Zug der Chöre durch die Stadt in dem

189:!. Philo.s.-pliilol. u. liist. Cl. 1. 10

14(3 Sitzung der philos.-pMlol. Glasse vom 4. Februar 1893.

ursprünglichen Programm der Säkularspiele gestanden habe. Es möchte nämlich Vahlen das eodemque modo in Capitolio (seil. Carmen cecinerunt) auf eine da capo-Anfführung deuten, indem er die zweimalige Aufführung von Terenz' Eunuch und Aristophanes' Fröschen zum Vergleich heranzieht. Aber dann bliebe es unaufgeklärt, warum denn die da capo-Auf- führnng auf dem Kapitol und nicht an demselben Ort wie die erste Aufführung stattgefunden habe. Sodann spricht doch zu bestimmt sowohl die Münze des Vespasian wie der oben von uns herangezogene Bericht des Livius 27, 37 über den Päan des Livius Andronicus für die Annahme Mommsens, dass der Chor die Aufgabe hatte, nicht bloss vor den Tempeln zu singen, sondern auch in langem Zuge durch die Stadt, wenigstens einen Teil derselben zu ziehen.

Die scenischen Spiele.

Noch eine grössere Rolle als das Carmen saeculare spielen in den Akten die Spiele {ludi) oder die scenischen Aufführungen (s. Mommsen S. 268 272). Es waren ihrer zwei Arten, eine untergeordnetere während der drei religiösen Festtage {sollemnes et legitimi ludi), und eine glänzendere in dem profanen Nachspiel, welches auf das religiöse Fest folgte. Die erstere Art von scenischen Aufführungen gab sich schon äusserlich dadurch als eine nebensächliche Feier kund, dass sie nicht im Theater, sondern auf einer extempo- rierten Bühne in der Nähe des Opferplatzes stattfand. Passend hat Mommsen mit ihnen die Spiele verglichen, welche bei der Feier der Arvalbrüder am zweiten Tage dem Opfer folgten.^) An dem Säkularfest fanden sie an allen drei Tagen (1. 3. Juni), bei Nacht und bei Tag statt, in der

1) Vergleiche auch Strabo p. 467: xoivov örj tovxo xai rcov 'EXXrjvcor y.al ztör ßaoßaQMv iori ro rag isQOJiotiag /isra avsoEcoc; sog- raoTixili Jioieia&ai.

Christ: Horatiana. 147

Nacht uuf einem blossen Podium ohne besondere Zuschauer- sitze (v. 100: sunt commissi in scaena, quoi theatrum ad- iectum non fuit nuUis positis sedibus), bei Tag in einem improvisierten hölzernen Theater (v. 108: ludi Latini in theatro liyneo, quod erat constitutum in campo). Sie werden ludi latini genannt (v, 83. 85. 108), waren also in einer allen verständlichen Sprache abgefasst und müssen als eigent- liche Volksbelustigungen angesehen werden. Man wird bei ihnen an lustige Schwanke und burleske Scherze zu denken haben, an Atellanenspiele, Mimen und Vorträge von soge- nannten exodiarii und emboliarii.^)

Die zweite Art von scenischen Spielen bestand in den ludi honorarii, so genannt, weil sie freiwillig und ehren- halber von den Priestern und Festvorstehern zu den gesetz- lichen Spielen noch hinzugefügt wurden.^) Von ihnen heisst es in der Ankündigung der Nachfeier v. 15G 8: Indos. qiios honorarios dierum VII (5. 11. Juni) adiecimus ludis sol- lemnihus^ comniittimus nonis lun. latinos in theatro ligneo, quod est ad Tiberim h. II, graecos thymelicos in theatro Pompei h. IUI, graecos asticos in theatro quod est in circo Flaminio. Die Haupstelle kam also bei dieser Nachfeier, die offenbar mehr auf die gebildeten Stände Rücksicht nahm, den griechischen Spielen zu. Das entsprach ganz jener litte- rarischen Strömung, deren Fahnenträger Horaz selbst war, und der er in der ungefähr zu gleicher Zeit gedichteten AP. ^) mit den Worten Ausdruck lieh: exemplaria graeca nocturna versate manu, versate diurna.'^) Die lateinischen

1) Vgl. Petron. 53: nam et comoedos (sc. graecos) emeram, seil malui illos AleUahiam facere et choraulem meum iussi laline cmitare.

2) Dass dies die Bedeutung des Wortes honorarius war, hat Mommsen p. 269 f. aus Festus p. 102 und Sueton Aug. 32 erwiesen.

3) Vgl. oben Ö. 74.

4) Vergleiche auch den Ausfall gegen Plautus und die latei nischeu Dramatiker in Epist. II 1, 170 tt".

148 Sitzung der pMlos.-philol. Classe vom 4. Februar 1893.

Spiele mussten sich mit dem hölzernen Gerüste auf dem Campus begnügen , den griechischen öffneten sich die beiden grossen steinernen Theater Roms, das ältere des Pompeius und das neue, noch nicht ganz vollendete des Marcellus, Dabei sei beiläufig bemerkt, dass aus der ange- führten Verfügung über den Ort der Aufführung hervorgeht, dass der von Vitruv V 6 u. 7 aufgestellte Unterschied des römischen und griechischen Theaters, welcher mit Recht in unserer Zeit so hart angefochten wurde, für seine Zeit und die Theater in Rom keine Bedeutung hatte. Denn man wird doch nicht glauben wollen, dass in der Hauptstadt des Römischen Reiches das Theater nur für griechische Stücke bestimmt war. Damals war sicher das Theater so angelegt, dass auf derselben Bühne, auf der sonst Tragödien des Accius und Pacuvius aufgeführt wurden, auch Stücke des Euripides und Menander aufgeführt werden konnten. Wie dieses möglich gemacht wurde, ob dadurch, dass man das Parterre räumte und dort wieder ein Podium für den Chor aufschlug, oder dadurch, dass man einfach die Chorpartien der griechi- schen Stücke wegliess, das ist eine Frage für sich. Jedenfalls muss der Gedanke, dass in dem festen, steinernen Bau des Theaters eine derartige Aenderung, wie ihn die ganz ver- schiedene Construction der beiden von Vitruv beschriebenen Theater erheischt, über Nacht für den speciellen Fall vor- genommen wurde, als völlig ausgeschlossen gelten.^)

Die griechischen Spiele, welche im Theater aufgeführt

1) Es ist dieses für die durcli Dörpfeld in die Diskussion geworfene Kontroverse nicht ohne Bedeutung. Denn wenn Vitruv griechische Dramen auf einem griechischen Theater nicht mehr sah, so konnte er um so leichter einen Platz, der im griechischen Theater von ehedem für etwas anders, wahrscheinlich für die Götterbühne {{^soloyeTov), bestimmt war, für den l'latz der gewöhnlichen Schau- spieler {Xoyelov) halten. Im übrigen werde ich auf die Verhältnisse bei den Säkularspielen gleich nachher nochmals zurückkommen.

Christ: Horatiana. 149

wurden, waren zweierlei Art, thymelici und astici. Geradeso finden wir zwei Spielarten erwähnt bei Plutarch Galba 14: noiav aldovjiiivov d^vf.tih]v iq XQaywdiav rov avxoy.QaxoQog und in CIG. 2826 ev re volg ^cf-iEXi-Kolg /.al OK)p>ixo'iQ dycoai.'^) Für die Ausführung von Dramen ist in den Akten der Aus- druck astici ludi gebraucht, weil der gewöhnliche Ausdruck scaenici ludi schon als Gattungsbegriff für die beiden Arten der Spiele im Theater verbraucht war. ^) Dass man aber in der römischen Zeit den Ausdruck astici ludi für die Auf- führung von Dramen, Tragödien und Komödien, gebrauchte, hat Mommsen durch den Hinweis auf Sueton Tib. 6 u. Gai. 20 sicher gestellt. Der etwas auffällige Ausdruck „städ- tische Spiele" wird gewiss auf die bekannten doriv.ai vr/Mi, d. i. die Siege der Tragiker in der Stadt im Dionysostheater zu Athen, im Gegensatz zu den ursprünglich ausserhalb der Stadt aufgeführten Lenäenspielen {Xrivar/Mi i'r/.ai) zurückzu- führen sein, hatte aber seinen speciellen Grund in jener An- schauung der gebildeten Kreise des augusteischen Zeitalters, nach der man das feine geistreiche Spiel der dramatischen Dichter Athens den Possenreissereien der für die Bauern Latiums berechneten Schwanke entgegenstellte. Auch hier gibt uns Horaz Epist. II 1, 169 ff. den richtigen Fingerzeig:

Agricolae prisci, fortes 2Kirvoque heati condita post frumenta levantes tempore festo corpus et ipsum animiim spe finis dura fer entern^ cum sociis operum pueris et coniuge fida Tellurem porco, Silvanum lade piahant,

1) Vergleiche auch Strabo p. 468: ei' rig sxjircoaig jiQog x6 xsiQov ysyiv)]rai t&v fioi'otxcöv eig ^Svjia^eiag rpe.ToVrwr rag rs^vag sv roTg aviiJioGcoig y.ul äviislaig xal oHrjvaig.

2) Vitruv V 7, 2 gebraucht scaenici für astici und erklärt die beiden Ausdrücke richtig mit: tra(jici et coviici actores in scaena perayunt, reliqui autem arlifices suas per orchestram praestant ac- tiones, itaque ex eo scaenici et thymelici yraece separat im nominantur.

150 Sitzung der iMlos.-philol. Glasse vom 4. Februar 1893.

floribiis et vino Genium memorem hrevis aevi.

Fesceimina per hunc inventa licentia morem

versibus alternis ohprohria rustica fudit ....

manseruni Jiodieque manent vestigia ruris.

Die thymelici ludi, welche bei den Säkularspielen im Theater des Pompeius aufgeführt wurden, hatten ihren Namen von der Thymele oder dem grossen viereckigen Brettergerüste (Podium), auf welchem die Spieler agierten. Vitruv an der oben S. 149 An. 2 angeführten Stelle V 7, 2 nennt statt der Thymele die Orchestra. Die Verwechselung mochte in der gewöhnlichen Sprache öfters vorkommen, weshalb der Attikist Phrynichus eigens vor derselben warnt,^) erklärt sich jedoch leicht aus der Thatsache, dass jenes Podium in dem breiten Raum der Orchestra aufgeschlagen zu werden pflegte. So

1) Phrynichus p. 163 Lob.: svda /.isv xoj firodol aal rgaycodol aymvi- Coviat, loysTov sfjfig, sv&a 8s ol avXiixal xal ni xoQOi, oQ/j'jOTQar, fu) Uys 8s dv/Lish]v. Wie Phrynichus zu dieser Warnung kam, ist schwer zu sagen; attisch war jedenfalls auch der Ausdruck &vfiür], er findet sich bereits bei Pratinas 1, 2. Entweder also sollte der Ausdruck dv/it-.h] = 6Qxy]OToa vermieden werden, weil solche Aufführungen auch auf dem Boden der Orchestra ohne aufgeschlagenes Podium statt- fanden, oder deshalb, weil ■&v/ish] damals von dem Podium überhaupt gebraucht wurde, mochte dasselbe in der geräumigen Orchestra oder in dem schmalen, seitwärts begrenzten Raum vor der Bühnenrück- wand, auf dem sonst die Schauspieler agierten {^.oysToi'), aufgeschlagen sein. Ich halte das Letztere für das wahrscheinlichere nach den Ar- tikeln, welche uns bei Phrynichus selbst in Bekker Anecd. 42, 23, Schol. Arist. IH, 536 Dind., Et. magn. (s. Alb. Müller, Lehrbuch der griech. Bühnenaltertümer S. 130 Anm. 6 und 402 Anm. 8) über die Gleichstellung von i)v/.is?.t] = ay.)jv)'j vorliegen, aus denen zugleich her- vorgeht, dass später dv^ieXt] der geläufige, oQpjOTQa der halbverschol- lene Ausdruck war. In dem 5. Jahrhundert wurde allerdings auch der unmittelbar vor der einen Tempel darstellenden Rückwand [aHtjvjj) gelegene, zum Opfern bestimmte Raum -ünfiüi] genannt (Eur. Ion. 114) im Gegensatz zu dem davor sich ausdehnenden Tanzplatz (oi)Z»b^e«); aber von diesem Sprachgebrauch hatte man kaum in der römischen Zeit noch eine deutliche Anschauung.

Christ: Horatiana. 151

wenigstens war es in der alten Zeit der Fall, als die Tragödie noch die beiden Elemente, den Dialog der Schauspieler und die Tanzlieder des Chors, enthielt, und als man überhaupt noch strenger, und deshalb auch örtlich die Aufführungen mit und ohne Chor unterschied. Später als die Römer nicht bloss die Orchestra mit Stühlen für die obere Rangklasse der Zuschauer besetzten, sondern auch die Bühne derart ver- tieften, dass auf ihr auch ein grösseres Chorpersonal Platz finden konnte, fiel jene örtliche Unterscheidung der ludi scaenici und tliymelici weg. Das letztere müssen wir sicher für die Zeit der Antoninen annehmen, wo das Wort d-vf-ieh] auch für axrjvri gebraucht wurde und die S^vf-islr/ioi aus dem gesamten Theaterpersonal, den Schauspielern, Sängern, Musikern, Choreuten, bestanden. Bei unseren Säknlarspielen wird das noch nicht so ganz der Fall gewesen sein ; da wird man noch für die ludi thijmdici die Orchestra nacli Ent- fernung der sonst darin aufgestellten Sessel benützt haben. Ich schliesse dieses daraus, dass die tliymelici und astici ludi nicht in demselben Theater stattfanden , sondern für die ersteren das alte Theater des Pompeius, für die letzteren das neue Theater des Marcellus ausschliesslich benutzt wurde.

Worin bestanden nun diese tliymelici ludi? Ursprünglich waren es einfach Aufführungen, zu denen man eines Chores bedurfte. Das waren in erster Linie Dithyramben und Hypor- chemata. Das berühmte Hyporchem des Pratinas erwähnt eigens, wie wir oben sahen, die geräuschvolle, vom Tanz des Chors und dem Klange der Flöten widerhallende Thy- mele {Jiovvoiada Ttokvnäxaya iyvf.ie2.av) ; von den Nomoi der jüngeren Dithyrambendichter Philoxenus und Timotheus hören wir bei Polybius, dass sie bei den Arkadiern alljährlich in dem Theater unter Tanz und Flötenspiel aufgeführt wurden (Polyb. IV, 20: rovg WiXo^evov xal Ti/nodeov voj-iovc /.lav- d^avovTeg 7coXlfj q^iXocifiia yoqevovoL y.ai' eviavtov rolg Jio- vvoiay.oig aöXijzalg e.v rolg ^eazQOig). Die lyrischen Dramen

152 Sitzung der pliüos.-phüol. Classe vom 4. Februar 1893.

des Pindar d. i. die Dithyramben dieses Dichters ertönten noch in der Zeit des Sophisten Himerius im Theater (Himer. or. XI 4: tjv Jiovvaia /.al t6 -O^aazQov er/s f-iera rijg XvQag nlvdaQog). Aber schwerlich war in Rom zur Zeit des Augnstos das musikalische Verständnis so ausgebildet, dass man für diese speciell griechischen Kompositionen Sinn ge- habt hätte. Auch Siegesgesänge, wie sie Sulla auf der Thy- mele aufführen Hess (Plut. Süll. 19: TaiTr]g xa e/rivtyua xr^g l^cxt]g i]yev iv Q)]ßaig tvsqI xi)v Olöinödeiov /.Qrivrjv v.axa- axevaaag ■d-vfxl'krjv).^ müssen in unserem Falle ausser Betracht bleiben, da dazu ein besonderer Anlass fehlte. Es bleuten also nur die musikalischen Aufführungen von Flöten- und Citherspielern oder von Sängern mit Flöten- und Cither- begleitung. Diese bildeten überhaupt den Hauptbestandteil der thymelici ludi nach dem Artikel des Thomas Magister p. 179 R. : S^v/uü.ijv Ol aQ^aiOL civil xov Ovoiuv ixid^ocv, o'i d' vaxE()Ov Eni xov xÖtcov Iv xw S^eaxQCi), Iq)' co avh]xal y.ai ■/.id^aQiüöoi y.al oXXoi xiveg dytovlCovrai f^ioioiKTiV. Auf diese weist aber auch speciell unser Dichter Horaz hin an einer Stelle, die sich gerade auf den uns hier beschäftigenden Unterschied von thymelici und astici ludi bezieht, Epist. II 1,98:

nunc tihicimbus, nunc est gavisa tragoedis sc. Graecia.

Das ist, was ich aus Horaz selbst und aus den littera- rischen Verhältnissen der römischen Kaiserzeit zur Erläute- rung des wichtigen epigraphischen Fundes beizubringen hatte. Möge diese kleine Aehrenlese dem Altmeister nicht miss- fallen, dem wir die PubHcation und den Kommentar des Fundes verdanken !

Sitzungsberichte

der

königl. bayer. Akademie der Wissenschaften.

Philosophisch-philologische Classe.

Sitzunsr vom 4. März 1893.

-■ö

Herr Keinz hielt einen Vortrag:

„Aus der Augsburger Meistersingerschule. Ein gelehrter Meistersinger und ein Lieder- buch."

Einleitung, In der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts ging die öffenthche Pflege der Dichtkunst von den wandern- den Meistersingern über an die in den grösseren Städten sich zu Gesellschaften vereinigenden Sänger aus dem Kreise der Handwerker. In Mainz soll der Anfang gemacht worden sein; die erste Erwähnung aber eines solchen Bundes einer Singschule findet sich von Augsburg; merkwürdigerweise nicht in einem Aktenstücke, sondern in einem Gedichte, dem Jubiläumsliede von 1450, gedruckt im Liederbuch der Hätz- lerin S. 39 (und öfter): Mubileus ist usz verkünt', wo in der 15. Strophe erwähnt ist, dass der Rath zu Augsburg eine Singschule gemacht habe. Andere folgten nach, so Nürn- berg, Strassburg, Freiburg i. B. Doch scheinen sie für die nächsten Jahrzehnte noch wenig an die Oeffentlichkeit ge-

1893. Philos.-pliilol. u. liist. Ol. 2. 11

154 Sitzung der phüus.-iihilul. Classe vom 4. März IH'Jo.

treten zu sein, da wir von keiner Seite Berichte über sie erhalten. Für das Jahr 1493 findet sich eine allerding-s aus späterer Zeit überlieferte Erwähnung der Stiftung in Strass- burg (Uhland, Schriften II 296), und aus dem Jahre 1513 ist uns der vom ßath der Stadt Freiburg ertheilte Stiftungs- brief der dortigen Singer-Bruderschaft erhalten (Bad. Archiv II 195 ff.).

Auch aus Augsburg haben wir im Verlauf des XV. Jahr- hunderts keine weitere Kunde von einer solchen Sincroresell- Schaft. Selbst bei einem, wie es scheint ziemlich frucht- baren dortigen Dichter, Bruder Jörg Breining, wie er sich nennt, der um 1488 lebte (Göd. Grdr. 315), findet sich keine Erwähnung. Ein aus dem Kreise der Schule selbst hervor- gegangenes, sogleich näher zu besprechendes Verzeichniss ihrer Mitglieder fängt erst mit dem Jahre 1535 an, und ein Gedicht, verfasst im Jahre 1575 von dem Mitgliede J. Spreng, gibt als die 12 alten Meister, oder wie er sagt, als die *'12 Maister klug, durch die das Gesang sich in der Stadt Augsburg aus- gebreitet hat', nur Dichter, die in diesem Verzeichniss aufge- führt sind, einige sogar nicht an frühester Stelle und mit Todes- jahren in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Aus der gleichen Zeit wird ferner gemeldet, dass in diesem Jahre der Rath "^den Meistern und Sängern gemeiner Schul' die nach- gesuchte Erlaubniss ertheilte, nicht bloss weltliche, sondern auch geistliche Stoffe zu behandeln und dass er ihnen zu ihren Versammlungen die Barfüsser Kirche anwies. Hieran schliesst sich ein Bericht aus dem Sängerkreise selbst, der in der Augsburger Hs, 4°,218 (früher 1280) erhalten ist. A. Hartmann hat in seinem Buche: Das Oberammergauer Passionsspiel in seiner ältesten Gestalt, Leipzig 1880 (und nach ihm Gödeke, Grundriss IP, 252) den ersten Theil dieses Berichtes abgedruckt. Da derselbe zur Geschichte des Augs- burger Meistergesangs schöne Beiträge enthält, lasse ich hier den Rest folgen. Im ersten Theile werden die verschiedenen

Kcinz: Ein Mcistersinrier und ein Liedcrhucli. 155

ZU den Zusammenkünften angewiesenen Kirchen oder Privat- häuser der Reihe nach aufgezählt mit Erwähnungen aus dem Vereinsleben, wie: dass man das 'grosse Buch von Mainz' (den sogenannten Kolmarer Codex, jetzt Cgm. 4997) nach Ausfsburff entlehnt und dass man um 1550 zum ersten Mal ein Schauspiel aufgeführt habe. Dann fährt der Bericht fort: 'Von St. Marthin (d, h. siedelten wir über) in Jacober Kürchen, da sind wir auch 10 Jar gewesen; da ist Lorencz Bauhoff zue uns kommen, und hat begert, man soll ihn ein- schreiben, er wöl 4 Claffter holcz vier stiegen hinauf tragen, oder wöll ein Malzeit außrichten; das hat er gethon hinder St. Jacobs Kürchen; da haben wir im 26 fl. verthon; da hat er den stuel lassen machen, in der Singer Namen, aber er hat in wider zue sich genommen, da haben im die Singer denselben abkaufft, umb 20 fl.; er hat die Singer mit den 12 Maister verehrt, die am tuech sind.

Darnach auf den Rossmarckh, von dem Rossmarckht inns Höchstets Stadel, darnach in des Doctors Stenglins Stadel anno 1591. Da ist Bixenmaister gewesen Jeremias Schmid, Nasler vnd Marx Wassermann, Tuechscherer, die zwen haben der gesellschafft hundert vnd zwainzig fl. vertragen, mit sambt der Bix, vnd Register; darnach hat der Abraham Schedlin ein handel angefangen (in den beginnenden Refor- mations-Streitigkeiten), das die Gsellschafft darnider ist ge- legen (E. IP). Da band im etlich Singer darzu geholffen, die haben wider die gesellschaft suppliciert. Von dem Doctor Stenglin zum Schenckhen, vom Schenckhen inns Dauidt Welsers Stadl 1594. Da hat der Noe Schweigger vnd Andreas Schlecht, die Schildt an die singer Kleinoth ge- henckt, da hat eben der Hans Weidner die Cron gewonnen, darbey ist gewest der Johannes Spreng, vnd Herr Jerg Dan- beckh, Procorator, vnd Daniel Ost, Glaser.

Auf diesen Berieht folgt in der Handschrift von der- selben Hand das Verzeichniss der Meistersinger, 'so gewesen

11*

156 Sitzung der philos.-jjlülol. Classe vom 4. März 1893.

sind von 1535 Jaren an biß auf dato', d. h. bis etwa 1614, der letzten vorkommenden Jahrzahl. Da dieses Ver/.eichniss für die Geschichte des Meistergesangs mindestens örtliche Wichtigkeit hat, so mag es eine kurze Beschreibung verdienen.

Es sind 262 numerirte Namen eingetragen, wahrschein- lich nach der Zeit des Eintrittes ihrer Inhaber in die Ge- sellschaft. Von jedem einzelnen findet sich Vor- und Zu- name und fast immer der Stand oder das Handwerk. In einer besonderen Reihe, überschrieben 'anno gestorben sollte das Todesjahr eingetragen werden; es ist diess aber nur bei 20 Namen geschehen. Bei jedem, der einmal beim Preis- singen, der 'Singschule', wegen eines neu erfundenen Tones, vielleicht auch sonst wegen tadellosen Vortrags ausgezeichnet worden war, ist dieses durch den Zusatz 'krön oder Cron angegeben, und zwar bei der stattlichen Anzahl von 106 Mit- gliedern. Bei einigen ist auch die Zahl der von ihnen er- fundenen Töne vorgemerkt. So ist Onufrius Schwarzen bach als 18 mal, Martin Dir 16 mal, Franz Lukas 15 mal gekrönt, Rafael Duller mit 2 erfundenen Tönen eingetragen. Andere Zusätze sind wenig. Von den Handwerken sind wohl die meisten vertreten, im Ganzen gegen 60, am zahlreichsten erscheinen die Weber mit etlichen 70 Namen, ferner die Kürschner mit 20, die Loder mit 12, die Schneider mit 11 Namen, alle übrigen haben unter 10, viele nur 1 3 Vertreter.

Mit anderen nicht gewerblichen Bezeichnungen erscheinen: 6 Schulmeister, 1 Student, 1 Procorator (Anwalt), 1 Provo- soner (Pensionist), 1 Notar und 2 Schreiber, von denen einer später Notar. Mit Ehrentiteln der Gesellschaft sind aufge- führt 1 Büchsenmeister (Kassier), 1 Merker, 5 Dichter. Aus der Erwähnung dieser nicht dem Handwerkerstande ange- hörigen Mitglieder ersehen wir, dass die gebildeten Kreise den Bestrebungen der Meistersingergesellschaften nicht theil- nahmslos gegenüberstanden. Doch fehlen hiefür auch andere Zeugnisse nicht. So ist im Freiburger Stiftungsbrief sogar

Keim: Ein Meistersinger und ein Liederbuch. 157

ausdrücklich festgesetzt, dass von den vier Merkern, welche bei den Hauptsingen die Entscheidung zu fällen hatten, 'zwen gelert Man oder doch zum wenigsten einer sein sollen, die sich der heiligen göttlichen Geschrift verstanden'. Auch der Meistersinger Puschman verlangt in seinem 'Bericht' (1571), dass von den Merkern wenigstens einer der Grammatik kun- dig sein solle. Ebenso erscheint in Iglau am Schluss des XVI. Jahrhunderts unter den Meistersingern der dortige Stadt- richter Thoraa Pösserl. (Vgl. auch Fr. Schnorr, Zur Geschichte d. d. Meistergesangs 1872 S. 22). In obigem Verzeichniss erscheinen aber solche Männer auch als wirkliche Mitglieder der Gesellschaft. Unter ihnen behauptet eine hervorragende Stellung, besonders durch seine literarische Thätigkeit, Johann Spreng aus Augsburg, von dessen Verhältnissen daher im Folgenden eine genauere Darlegung gegeben werden mag, als Gödeke (Grdr. IP S. 571) in wenigen Zeilen bietet.

I. Johann Spreng aus Augsburg,

Philolog, Notar und Meistersinger.

lieber die Lebensumstände dieses Mannes sind wir unter- richtet theils durch seine eigenen Angaben und seine öffent- liche Wirksamkeit, theils aus dem gereimten Nekrolog, den ihm ein Amtsbruder, der Notar Weienmair widmete und der nebst seinem Bildniss am Eingang seiner im Jahre 1610 er- schienenen Homerübersetzung steht.

Darnach wurde Spreng im Jahre 1524 zu Augsburg ge- boren. Seine höheren Studien machte er zu Wittenberg, wo er auch die Magisterwürde erlangte. Diese Studien nahmen wohl eine längere Zeit in Anspruch, da er sich nicht nur in der classischen Philologie, sondern auch, wie seine spätere Lebens- stellung zeigt, in der Jurisprudenz ausbildete. Von 1555 an treffen wir ihn (Zeitschr. d. bist. Vereins f. Schwaben IV, 67 und Crophius, Erzählung von dem Ursprünge des Gymnasiums zu St. Anna in Augsburg 1740 S. 35) am Gymnasium seiner

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Vaterstadt als Lehrer für griechische und lateinische Sprache. Als im Jahre 1559 der Magistrat an der öffentlichen Schule zu St. Anna eine besondere Schreibschule einrichtete, übernahm S. auch diesen Unterricht, zuerst in der Morgenstunde um 6 Uhr und als diese sich als unbequem erwies, um 4 Uhr Abends. Nach dem Zeugnisse Weienmairs hat er auch an der hohen Schule zu Heidelberg eine Lehrthätigkeit ausgeübt. Die Zeit derselben lässt sich annähernd vielleicht bestimmen durch das Datum der Vorrede zu seiner Ausgabe der Meta- morphosen Ovids: Heidelberg, 22. Februar 1563. Doch sind die Vorreden der nächsten Werke 1564/65 wieder aus Augs- burg datirt, was nur auf einen kürzeren Aufenthalt schliessen lässt. Man kann vermuthen, dass er seine philologische Lehrthätigkeit während der sechziger Jahre fortgesetzt hat. Denn der zweite Theil seiner Wirksamkeit, die grossen Ueber- setzungswerke , die nachher besonders aufgezählt werden sollen, fällt wohl nur in dieses Jahrzehnt.

Der Uebergang zur juristischen Thätigkeit als Notar in seiner Vaterstadt Augsburg fand wahrscheinlich in den sieb- ziger Jahren statt. Ueber ihre Ausübung haben wir das Zeugniss Weienmairs, der von ihm berichtet:

Folgend zu Augspurg in der Statt

In seinem Vaterland er hat

Die Griechisch und Lateinisch sprach,

Wie auch zu Heidelberg hernach

Der hohen Schul, gelehrt mit Fleiß;

Deßhalb ihm meniglich gab preiß.

Biß daß er endtlich widernmen

Zu Augspurg erst zu Hauß ist kumen,

Da er in seinem Amt verpflicht

Vil Instrument hat auffgericht.

Inmittelst seines Ampts bedacht

Hat er die übrig zeit zu bracht

Mit Bücher Teutsch zu transferieren.

Keim: Ein Meistersinger und ein Liederbuch. 159

Üb die letzte Angabe bezüglich der Zeit genau ist, möchte zu bezweifeln sein; denn die bedeutenden Arbeiten der Ovid-, Palingenius- und Josephus-Uebersetzung konnte er wohl kaum in wenigen Jahren neben amtlicher Thätig- keit ausführen. Dagegen mag seine Homer- und Vergil- üebersetzung, deren Zeit wir nicht kennen, vielleicht in die 30 Jahre seiner notariellen Wirksamkeit fallen. Im übrigen erscheint Weienmair als vollgiltiger Gewährsmann, da er selbst Augsburger und Mitglied der Singerschule war. Er steht im Verzeichniss der Singer an der 197. Stelle als 'Chr. Weyhenmayr, Schreiber, Cron' und unterzeichnet den Nekrolog (1610) als Chr. W. Notarius immatriculatus ; er stand also persönlich unserra Spreng sehr nahe. Spreng selbst ist als Notar auch aufgeführt im erwähnten Singer- Verzeichniss , und auf dem Titelblatt der Homerausgabe (1610) ist er als Verfasser genannt: weiland Magister J. S., Keyserl. Notarius, teutscher Poet und Bürger zu Augsburg. Archivalische Nachforschungen würden wohl auch von ihm ausgestellte Urkunden finden lassen, doch schien diess nach obigen Belegen für den gegenwärtigen Zweck nicht nöthig. Er selbst gibt sich in seinen Büchern immer nur die Be- zeichnung Augustanus.

In die Zeit dieser seiner Wirksamkeit als Notar dürfte wohl der Hauptsache nach auch die dritte Art seiner Thätig- keit als selbständiger Dichter und Mitglied der Meistersinger- gesellschaft zu setzen sein. Die wenigen datirten Gedichte, welche sich in hiesigen und Dresdener Handschriften, so weit bis jetzt bekannt, befinden, tragen die Jahrzahlen 1575, 1582, 1594, 1597 und 1598. Nur die Dresdener Hs. M 191 hat eines mit der Jahrzahl 1558 (mit dem Namen Sprenger V. Augsburg) und die in Bartsch, Germanist. Studien II, 206 ff. beschriebene Hs. aus Steier zwei aus dem Jahre 1565; ferner dürfte eine in Cgm. 5102 stehende Schulkunst dess- wegen in diese frühere Zeit gehören, weil er sich darin einen

160 Sitzung der pMIos.-plUlol. Glasse vom 4. März 18U3.

jungen Singer nennt. Dagegen kann es nur auf einem Irr- thum beruhen, wenn ein Lied derselben Hs., in welchem er sich ebenso bezeichnet, mit der Jahrzahl 1597 versehen ist.

Bei der Singergesellschaft stand er begreiflicher Weise hoch in Ehren. In ihrem Verzeichniss erscheint er mit dem Prädikat 'Tichter', das ausser ihm nur vier hoch angesehenen und durch ihre dichterische Fruchtbarkeit bekannten Mit- gliedern beigelegt ist: dem Maler Daniel Holzmann, dem Schneider Sebastian Wild, der auch ein Passionsspiel, ver- schiedene Tragödien und in 13 Tönen das grössere Gedicht von der Zerstörung Jerusalems (s. Hartmann a. a. 0. S. 193) verfasste, dem Weber Hans Weidner und dem Hans Vogel. Seine Lieder wurden vielfach verbreitet; der Sammler der 315 weltlichen Meisterlieder des Cgm. 5102 hat 40 Gedichte Sprengs aufgenommen, 12 Lieder biblischen Stoffes stehen von ihm in der Augsburger Hs. 4°, 218, sechs gemischte in zwei Meisterliederbüchern aus Steier^), eine grössere An- zahl in den Dresdener Handschriften M 6, 7, 9, 16, 17,

1) Es sind diess die in Bartsch, Germanist. Studien II 206 ff. beschriebene Liederhandschriffc und der Cgin. 5453. Die erste befindet sich in der Privatbibliothek S. M. des Kaisers von Oesterreich und ist geschrieben in den Jahren 1586 1590; die hiesige 1612 1615. Den Inhalt beider hat der Nadler Peter Heiberger in Steier gesam- melt, der letzteren auch, wie es scheint, einige schon in ersterer be- findliche Lieder einverleibt. In beiden herrschen die biblischen Stoffe bedeutend vor. Aus der hiesigen Hs. diü-fte als einzeln stehende Besonderheit Erwähnung vei'dienen, dass in ihr auch eine Meister- singerin vorkommt. Es steht nämlich S. 124 ein Lied: ein Traum von dem Gerichte Gottes über die aus dem Leibe geschiedene Seele, gedichtet von Susana Gramerin in Strassburg, in der Gsangweia des Römers von Zwickau (d.h. Keinmars von Zweter). Der Titel 'Meister- singerin darf ihr wohl ungeachtet des Mangels sonstiger Belege zu- erkannt werden, da Heiberger sie ohne alle Bemerkung in seine Sammlung eingereiht hat und sie in der Umgebung der in Singer- kreisen berühmtesten Namen, wie Hans Sachs, Daniel Holzmann, .1. Spreng, Jörg Hager auftührt.

Keim: Ein Meistersinger und ein Liederbuch. 161

191 und wohl noch in manchen andern, die zur Zeit nicht näher beschrieben sind. Dass er im Verzeichniss der Mit- glieder ohne den ehrenden Zusatz 'Krön' aufgeführt ist, mag wohl zum Theil darin seinen Grund haben, dass er als be- rühmter Gelehrter für diese so vielen Handwerkern zuer- kannte Auszeichnung zu hoch stand, zum Theil aber auch darin, dass er keinen neuen Ton erfunden hat, was als eine Hauptbedingung für solche Ehrung galt.

Im Alter von 74 Jahren, im Jahre 1598, Hess er sein Bild in Kupferstich ausführen. Nach seinem drei Jahre später erfolgten Tode wurde dieses Bild neu hergestellt und mit einer Inschrift von 7 wenig gelungenen lateinischen Hexametern versehen, welche die Zeit der ursprünglichen Anfertigung und den Todestag nebst einem schwulstigen Lobe enthalten. Auch dieses Bild fand vielfache Verbreitung. Es wurde auf die Rückseite des Titelblattes der Homer- Uebersetzung aufgedruckt und erscheint in der Münchener Hs. Cgm. 5102, der Augsburger 218 und der Dresdener M 6.

Von Familienverhältnissen erfahren wir weder aus eigenen Andeutungen Sprengs noch aus den sonstigen Quellen irgend etwas. Dass er aus wohlhabender Familie stammte, lässt der Aufenthalt an einer fern gelegenen Universität ver- muthen. Auch von Verheirathung oder Kindern findet sich keine Erwähnung. Weienmair, der alle Hauptumstände aus dem Leben Sprengs kurz anführt, würde darüber kaum voll- ständig geschwiegen haben. Aus der Angabe, dass er nach längerer Abwesenheit in Augsburg seiner Vaterstadt wieder 'zu Hauß ist kumen', kann höchstens gefolgert werden, dass er seine selbständige Haushaltung begründet habe. Wir werden also annehmen müssen, dass er im Leben allein ge- blieben sei.

Sein Tod erfolgte am 30. März 1(301 ohne vorausge- gangene Krankheit. Die Inschrift auf seinem Bilde sagt diess mit den Worten: Mors inopina truci hunc traiecit pec-

162 Sitzimg der phüos.-phüol. Glassc vom 4. März 1893.

tora ferro, was ein ungeschickter späterer LFebersetzer im Cgm. 5102 mit 'Meuchelmord' erklärt. Dass daran nicht zu denken sei, lehrt die einfache Darstellung Weienmairs, der nur von einem schnellen Tode spricht.

Es erübrigt nun noch von seinen Arbeiten zu reden, welche sich in drei Arten scheiden: 1. lateinische Dichtungen? 2. üebersetzung lateinischer und griechischer Werke, 3. selb- ständige deutsche Dichtungen oder Meisterlieder. Für die ersten zwei Arten sind die Drucke (in abgekürzten Titeln) aufzuführen; die Dichtungen sind nur handschriftlich auf unsere Zeit gekommen.

Sein erstes Werk war die Bearbeitung der Metamor- phosen des Ovid, welche unter folgendem Titel erschien:

Metamorphoses Ovidii, Argumentis quidem soluta ora- tione, Enarrationibus autem et Allegorijs Elegiaco versu accuratissime expositae .... Una cum .... iconibus a Ver- gilio Solis, eximio pictore delineatis. Cum gr. et priv. 1563. Auf dem letzten Blatt die Druckangabe:

Impressum Francofurti apud Greorgium Corvinum, Sigis- mundum Feyerabeut, et haeredes Wigandi Galli, 1563. Hier wie auf dem Titelblatt das Druckerzeichen in der Umschrift mit den gleichen drei Namen, aber deutsch; für Corvinus: Rabe; für Galli haer. : Hau. Erb. Die der Vorrede vorausge- schickte Widmung an die Erzherzoge Rudolf und Ernst, Kaiser Maximilians Söhne, ist datirt: Heidelbergae, 22. Febr. 1563.

Von der äusseren Einrichtung ist nur Ovids Abtheilung in 15 Bücher beibehalten. Diese sind in 178 einzelne Stücke (Verwandlungen) zerlegt, jedes Stück nach der Angabe im obigen Titel in 3 Theilen und mit einer bildlichen Dar- stellung. Die Allegoria oder Doctrina enthält meistens als Nutzanwendung eine Sittenlehre oder eine Beziehung zur biblischen Geschichte. Die zeitliche Folge der Fabeln, sagt er selbst, ist nicht genau beibehalten, wer diese wolle 'inte- grum Nasonis opus diligenter evolvat'. Die Anordnung sei

Keinz: Ein Meistersinffcr und ein Liederbuch. 103

vielmehr 'secundum libelli cuiusdani Belgica lingua editi pic- turas', und zwar 'propter eos, qui iraagines omnes uon exiguis suniptibus prius exculpi curaverimt\ Aus dem gleichen Grunde habe auch bezüglich des Umfanges einzelner Ge- schichten abgewichen werden müssen. Da auch der Vers geändert und das ganze Werk in Distichen abgefasst ist, so ist also nur die Grundlage beibehalten, im übrigen aber das ganze Buch eine selbständige Arbeit Sprengs.

Beiläufig mag Erwähnung verdienen, dass das hiesige Exemplar des Werkes (A. lat. a. 1172, 8°) aus dem ur- sprünglichen Besitze des Verfassers selbst stammt. Es trägt nämlich auf der Innenseite des Vorderdeckels die Widmung:

Clarissimo viro D. Casparo Tradeho V. J. Licentiato. Domino et patrono suo colendissimo M. Joannes Spreng per- petuae gratitudinis et amoris ergo ddt. Anderweitige Ein- träge hat das guterhaltene Buch nicht.

Der lateinischen Ausgabe folgte gleich im nächsten Jahre mit den gleichen Bildern ausgestattet eine deutsche Ueber- setzung: 'P, Ovidii Nasonis des Sinnreichen und hochver- stendigen Poeten Metamorphoses oder Verwandlungen ... in Teutsche Reymen gebracht durch J. Spr.', gedruckt bei der- selben Firma, Franckfurt 1504, die Vorrede datirt: Augs- burg, 20. Febr. 1564'. Diese dem lateinischen Texte, aber 'mit weitleufftigen Worten' folgende deutsche Ausgabe hat er *^auff etlicher guter Herrn vnd Freund ansuchen verfertigt, 'auff dass sich darinnen auch der gemeine Lay zu ersehen, vnd ab dem wunderbaren geticht mit nutz zu erlustigen hette, darneben auch vielen Handwerksleuten, insonders den Goldschmiden, Malern, Formschneidern, Etzern und andern kunstreichen Meistern, der Figuren halben, dienlich, vnd zu jrer Handtierung befürderlich sein möchte . Die Uebersetzung ist in den damals für grössere erzählende Dichtungen seit langem üblichen Reimpaaren. Eine zweite Auflage folgte: Frankfurt 1571.

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Zur gleichen Zeit die Vorrede ist nur 2 VVoclien später datirt: Augsburg, den 8. Martii 1564 erschien von ihm die Uebersetzung eines zu seiner Zeit ausserordentlich beliebten Werkes eines älteren Zeitgenossen unter dem Titel 'Marcelli Palingenij Stellati des weit berhümten und Hoch- erleuchten Poeten zwölif Bücher, zu Latein Zodiacus vitae, das ist, Gürtel deß lebens genannt, gründtlich verteutscht vnd in Reimen verfasst durch M. Johan Spreng von Augs- burg, Franckfurt 1864, bei demselben Consortium Georg Rab &, wie der Ovid (16 und 298 Bl. in 8»). Das Werk des nach seinen Lebensumständen wenig bekannten Verfassers ist ein Inbegriff der Lebensweisheit, in anziehender Weise gegeben von einem literatur- und lebenskundigen Manne. Es fand daher auch so viel Anklang, dass von seinem ersten Erscheinen, Venedig um 1521 bis zu Sprengs Uebersetzung schon mindestens 7 lateinische Drucke vorhanden sind, denen bis 1621 neun weitere und später noch 20 folgten (soweit ich diess nach den hier vorhandenen Exemplaren bestimmen kann). Auch Sprengs Uebersetzung erschien noch in zAvei Neudrucken: Augsburg 1590 und Laugingen 1599.

Im Jahre 1565 veröffentlichte er ein lateinisches Gedicht in 60 Distichen : Epicedium in obitum Gg. Sigm. Seldii, Dr. juris et Caesareae Malest, intimum consiliarium. Wiennae 1565.

Um diese Zeit mag ihm wohl auch der Auftrag zuge- gangen sein, den ihm die schon mehrerwähnte Frankfurter Verlagsfirma Gg. Rab ertheilte und der ihm Gelegenheit gab, sich auch als gewandten Prosaiker zu zeigen, nämlich eine Uebersetzung der Werke des Flavius Josephus. Wegen des grossen Umfangs der Arbeit oder wie die Verleger sagen: Von vilfeltiger obligender geschafft (Sprengs) wegen* wurde dazu auch noch ein zweiter Gelehrter, Zacharias Münzer, beigezogen. Das umfangreiche Werk erschien in der Stärke von 568 Druckblättern in Folio im Jahre 1569 (nach Göd. S. 319 auch 1581).

Keinz: Ein Meistersinger und ein Liederbuch. 165

Einige Jahre nach seinem Tode im Jahre 1610 er- schienen noch zwei grosse Arbeiten von ihm: eine Ueber- setzung der Iliade und der Aeneide in einem Bande unter dem folgenden Titel:

Ilias Homeri, das ist Homeri, dess uralten, fürtrefflichen griechischen Poeten, XXIV Bücher: Von dem gewaltigen Krieg der Griechen wider die Trojaner, auch langwirigen Belage- rung vnd Zerstörung der Königlichen Statt Troia. Dess- gleichen die 12 Bücher Aeneidos, deß Hochberühmbtesten Poeten Publij Virgilij Maronis ..... In artliche Teutsche Reimen gebracht, von weiland Magistro Johan Sprengen, Kays. Notario, Teutschen Poeten und Bürgern zu Augspurg.

1. 1610 Augsburg 2", gedr. v. Chr. Mang, in Ver- legung Eliae Willers. Spätere Drucke:

2. 1617 Augsburg (Göd. Grdr. II ^ 571).

3. 1620 Frankfurt (Göd. Grdr. IP 571).

4. 1625 Frankfurt, Frz. Nie. Roth 'zum andern Mal' 4°.

5. 1629 Frankfurt; Virgil allein (?), zum andern Mal, Verlag Gtfr. Tampachs 4°.

6. 1630 Frankfurt, Tampach, zum andernmal.

Die etwaige Vermuthung, dass diese beiden Werke auch schon zu Lebzeiten Sprengs erschienen sein könnten, ist aus- geschlossen durch den auf dem Titelblatt stehenden Beisatz des Verlegers Elias Willer: 'jetzt erstmahls in offnem Track publiciert und verfertigt'.

Noch einmal erscheint sein Name in dem grossen Sammelwerke:

Deliciae poetarum Germanorum, das im Jahre 1612 in sechs Octavbänden erschien und Gedichte von fast 200 deutschen Dichtern, aber kein deutsches Wort, sondern nur lateinische Verse enthält. Es bietet von Spreng eine An- zahl kleiner Gedichte, die aber alle aus seinen anderen Werken, besonders den Metamorphosen entnommen sind.

166 Sitzung der philos.-jjhilol. Classe vom 4. März 1893.

Nach dem schon erwähnten Gedichte Weienmairs soll er noch Erasmi Sprächwörter und den 'Basilius' 'ti*ansfe- rieret' haben, wovon mir keine Ausgaben bekannt sind.

Zur Beurtheilung dieser seiner schriftstellerischen Thätig- keit mögen wenige Worte genügen.

In seinen lateinischen Gedichten zeigt sich eine be- deutende Gewandtheit in Handhabung der Sprache und Ver- trautheit mit den classischen Vorbildern.

Wichtiger ist seine Thätigkeit als Uebersetzer. Es hat zwar hierüber nicht an strengen Urtheilen gefehlt. Paul V. Stetten sagt in seiner Kunst- und Handelsgeschichte von Augsburg: 'Freilich haben sie (diese Arbeiten) die Eigenschaft nicht, welche man von einer guten Uebersetzung fordert; indessen hat man sich in Deutschland sehr lange Zeit da- mit beholfen'. Und der Verfasser der 'Merckwürdigkeiten der k. Bibliothek zu Dreßden 1744' urtheilt kurz (S. 134): Von ihm stehen etliche lateinische Epigrammata in den Deliciis Poetarum Germ., die nicht übel geratben sind, da hingegen seine teutsche Reimen heut zu Tage unerträglich erscheinen'. Richtig ist wohl, dass für die Zeit dieser Beurtheiler die Arbeiten Sprengs veraltet waren; aber für ihre Zeit lässt schon der Erfolg erkennen, dass sie auf jeden Fall einem Bedürfniss abhalfen und eine weite Lücke in der Literatur ausfüllten. Wenn wir sehen, dass seine Ovid-Uebersetzung in 2 Ausgaben, seine verspätete, erst nach seinem Tode er- schienene Homer- und Virgil- Uebersetzung in 6 Drucken, seine Palingenius-Uebersetzung in 3 Auflagen erschien und seine Verleger, die als Geschäftsmänner urtheilen mussten, ihm ein so theures Verlagswerk wie den Josephus über- trugen, so ist dadurch der vollgiltige Beweis erbracht, dass seine Arbeiten allgemeine Anerkennung fanden. Nicht min- der ist zu beachten, dass er sich nicht an zahlreichen Mustern bilden konnte. Für den Ovid waren zwar schon die Arbeiten Wickrams (nach Albr. v. Halberstadt) und Murners vor-

Keinz: Ein Meistersinger und ein Liederbuch. 167

banden; aber für die Iliade ist seine Uebersetzung die erste, denn der Müncbener Stadtscbreiber Simon Scbaidenraisser, genannt Minervius, der im Jahre 1537 die Odyssee über- setzte, bat seine Absicht, auch die Ilias zu bearbeiten, nicht ausgeführt. Auch für den Palingenius war unser Spreng der erste Bearbeiter. Man kann sehr wohl zugeben, dass Spreng kein schöpferischer Geist war, der der Sprache einen neuen Stempel aufdrückte, aber die Anerkennung kann ihm nicht versagt werden, dass er in einer Zeit, wo bei den Gelehrten die deutsche Sprache wenige Freunde und Pfleger hatte^ durch seine Uebersetzungen nach besten Kräften an der Er- weiterung ihrer Literatur gearbeitet hat.

Eine andere Richtung seiner Thätigkeit zeigt ihn als selbständigen Dichter in seinen Meisterliedern. Hierin hat er zwar auch, wie schon erwähnt, eine beträchtliche Thätig- keit entfaltet, doch kam dieselbe nicht der Allgemeinheit zu nutze, weil es bei den Meistersingern nicht üblich war, ihre Lieder drucken zu lassen. Er offenbart hier zwar keine hervorragende dichterische Begabung, aber seiner hohen wissenschaftlichen Bildung entsprechend stehen seine Gedichte doch weit über den gewöhnlichen Erzeugnissen der Singer- schulen. Die ganze Art der Meisterdichtung mit ihren über- künstelten Strophen von gewaltiger Länge (bis zu 30, 40, 50 Versen) und ihren mannigfachen Reimverschränkungen musste ja zu gewaltsamer Behandlung der Worte und des Satzbaues führen und es finden daher in dieser Beziehung Ausschreitungen je nach Anlage und Bildung eines Meisters in bescheidenem oder bedeutendem Umfange statt. Auch bei Spreng muss man, wie ja auch bei vielen hochgebildeten Männern jener sprachlich bedeutend zurückgegangenen Zeit manche Unebenheit hinnehmen auch er hat hie und da einen harten odei schwulstigen Satzbau und es fehlt seinen Versen nicht an Flickreimen, aber er bemüht sich, die Perioden richtig zu entwickeln und vermeidet ganz die in

168 Süsmifj der phüos.-phUol. Classe vom 4. März 1893.

den Meisterkreisen so gewöhnliche Misshandlung der Sprache in ihren grammatikalischen Bestandtheilen. In dieser Be- ziehung können wir auch seine Meisterlieder zu den besten Erzeugnissen ihrer Art rechnen.

II. Ein Liederbuch eines Meistersingers.

Der Cgm. 5102 ist eine Papierhandschrift in gewöhn- lichem Quartformat, in Holzdeckel mit gepresstem Leder- überzug gebunden und gut erhalten. Der Vorderdeckel zeigt eingepresst die Jahreszahl seiner Anfertigung 1608 und die Buchstaben G. B. A. Auf 412 Blättern sind 315 Lieder mit ab- gesetzten Verszeilen eingetragen. Die Blätter 414 428 füllt ein Register, das die Lieder der Reihe nach mit Titel, Weise und Blattangabe aufzählt. Auf der Linenseite des Vorder- deckels ist das oben erwähnte Porträt J. Sprengs in Kupferstich aufgedruckt mit einem Wappen, einem springenden geflügelten Pferd. Unten steht Dominic. Custos excud. A. V. Vor Beginn des Registers auf S. 413 findet sich folgende Erklärung:

*^Volget Hernach das Register über das Lieder Buech, an welchem Blatt Ein jedes Lied oder History zue finden sey, gestellt vnnd geschriben durch Georgen Braunen. Ein Lieb- haber des Teutschen Maystergesangs'.

Da das Register von derselben Hand ist, wie fast der ganze Codex, so haben wir in Georg Braun den Schreiber und, wie durch die erwähnten, auf dem Deckel eingepressten Buchstaben G. B. A(ugustanus) nahegelegt ist, auch den ersten Besitzer der Hs. anzuerkennen. Derselbe ist aber auch durch die Unterzeichnung vieler Lieder mit G. B., C. G. B., (C. gb.) und G. B. C. als der Dichter von 52 Liedern erwiesen und demnach für ein thätiges Mitglied der Augs- burger Singerschule zu erachten. Im Singerverzeichniss steht dieser Name an 91. Stelle als: Jerg Braun, weber, Cron.

Es ist also die ganze Sammlung der in dieser Hs. ver- einigten Lieder durch einen einzelnen Freund des Meister-

Keinz: Ein Meistersimjer und ein Liederbuch. 169

gesangs veranstaltet. Daraus erklärt sich auch der gewisser- massen einheitliche Charakter derselben. Ihre sämmtlichen dreistrophigen Lieder sind nämlich bei weitem der Mehrzahl nach nur von wirklichen Augsburger Meistern, die alle, nach den bei einzelnen beigefügten Zeitangaben zu schliessen, einem engbegrenzten Zeitraum angehören. Mit Ausnahme von Nr. 2 (1575), Nr. 173 (1588) und Nr. 180 (1500, was aber nur Schreibfehler statt 1606 ist) fallen nämlich alle datirten Lieder in das letzte Jahrzehnt des XVL oder das erste des XV IL Jahrhunderts, die Zeit des (Sammlers selbst. Ferner haben, einige auf den Meistergesang als solchen be- zügliche und einige lyrisch oder didaktisch gehaltene abge- rechnet, alle erzählenden und zwar meist geschichtlichen Lihalt und unter den letzteren ist wieder die Mehrzahl aus den Schriftstellern des Alterthums geschöpft, üer sonst bei den Meistersingern so gewöhnliche biblische Stoif ist gar nicht vertreten. Geordnet sind die Lieder mit wenigen Aus- nahmen nach dem Umfang d. h. der Verszahl der Strophen. Auch die äusserliche Behandlung der Lieder ist eine gleich- massige, sowohl in der Abtheilung der in abgesetzten Vers- zeilen geschriebenen Strophen nach Stollen und Abgesang, als in den Beigaben, soweit sie dem Sammler bekannt waren, nämlich der die Weise und hie und da einen Titel angeben- den Ueberschrift und der am Schlüsse durch Anfangsbuch- staben gegebenen Bezeichnung des Verfassers sowie bei einer geringeren Anzahl der Zeit des Gedichtes.

Da es für verschiedene Zweige der entsprechenden For- schung von Wichtigkeit ist, eine grössere Zahl von Gedichten dieser Art nach ihrem Stoffe und den in Betracht kommen- den Aeusserlichkeiten geschildert zu erhalten, so gebe ich nachstehend das vollständige Verzeichniss des Inhalts dieser Handschrift. Es dürfte sich eine solche Beschreibung um so mehr empfehlen, da wir, von Hans Sachs abgesehen, wohl eine Anzahl von Erwähnungen einzelner Gedichte, aber

ISOn. Philos.-pliilol. u. hist. Cl. 2. 12

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wenig grössere Zusammenstellungen haben. Auch diejenigen Werke, in denen man am ehesten derartige Aufzählungen erwarten könnte, die Handschriften - Kataloge der Biblio- theken, begnügen sich regelmässig mit einer kurzen Gesammt- angabe, weil die Einzelschilderung zu grosse Anforderung an den Umfang und damit die Kosten der Arbeit stellen würde.

Das Verzeichniss der Lieder gebe ich nach den Angängen (1 oder 2 Zeilen), bei welchen werthlose Schreibergewohn- heiten nicht berücksichtigt sind, und füge diesen, um die Arbeit nach verschiedenen Seiten nutzbar zu machen, die folgenden Angaben hinzu:

1. Die Blattnummer der Hs.; 2. den Verfasser, wo und wie ihn die Hs. angibt; 3. den Titel, den ich, wo er, wie meistens in der Hs. fehlt, aus dem Register oder in anderer Weise ergänzt, oder wo er undeutlich ist, durch einen besseren ersetzt habe; 4. die Weise oder den Ton nach der Hs., aber in möglichst kurzer Angabe; 5, die Zahl der Verse oder Zeilen der einzelnen Strophen und in Klammern die von der Hs. angegebene Zahl der Reime; 6) das bei einigen Liedern beigesetzte Datum, wohl der Abfassung bezw. des öffentlichen Vortrags; 7. die im Liede selbst angegebene Quelle der Erzählung, theils die mittelalterlichen Erzähler A. Kranz, Carion, Sabellicus, Petrarca, Vives, theils und mit Vorliebe die Classiker des Alterthums; ausserdem auch ver- schiedene Chroniken.

Hievon bedarf die Nummer 2 einer Ergänzung:

Zu 2. Die Verfasser sind bei dem grössten Theile der Lieder angegeben, aber, wenige Fälle ausgenommen, nur mit den Anfangsbuchstaben ihrer beiden Namen, denen ein D. (= dicht's) oder C. (= composuit) , gewöhnlich vorne, beigesetzt ist. Da diese nicht jedem bekannt sind, gebe ich nachfolgend, soweit sie sich mit Sicherheit oder Wahrschein- lichkeit bestimmen lassen, die genauere Bezeichnung, indem ich dabei die zahlreicher vertretenen voran stelle.

Kcinz: Ein Meistersinger tmd ein Liederbuch. 171

G. B. (auch C. G. B., G. B. C, C. gb.), mit etwa 50 Liedern, ist Georg Braun, Weber, der Schreiber der Hs.,

J. Sp. = Johannes Spreng, Notar, 40 Lieder,

H. W. = Hans Weidner, Weber, 38 Lieder,

M. Dh. = Martin Dhir (Dir, Thür) 32 Lieder.

Für H. P., mit etwa 50 Liedern, findet sich im Singer- verzeichniss kein genau entsprechender Name. Zunächst wäre an den Schulmeister Hans Bürzel zu denken, vielleicht auch an den Kürschner Hans Banzer, beide gekrönt, oder an den Weber Hans Bart.

Von den mit wenigen Liedern vorkommenden sind zu erwähnen :

A. D. = Abraham Danbeckh,

A. N. = der Schulmeister Abraham Niggel,

B. W. = der Sattler Bartlme Welser, D. H. = der Maler Daniel Holzmann,

D. St. = der Weber Daniel Steichelin (von diesem viele Lieder in der Augsburger Hs. 218),

G. D. = der Procurator Gg. Danbeckh, auch M(agi- ster) G. D.,

H. W. == der Weber Hans Weidner,

M. S. = der Kaufmann Marx Schelchlin,

M. K. =^ der Weber Max Kleiber.

Andere Bezeichnungen dürften vieldeutig oder sonst zweifelhaft sein. Von den zwei Doppelbezeichnungen in Nr. 69 und 169 dürfte bei der ersteren: C. gb. als aus der nächsten Nummer herauf gerathen, zu streichen sein. Die Bedeutung der andern ist unklar.

Bekannter sind die bei den Tönen angegebenen Namen, meist älterer Meister, von denen indess die meisten auch mit den vollen Namen vorkommen, und daher keiner Erklärung bedürfen. Sie sind grösstentheils nicht Augsburger. Es mögen erwähnt werden: B. F. = Balthasar Fridel, C. B. = Caspar Betz, C. V. = Conrad Vilsack (Füllsack), F. K.

12*

172 Sitzung der plülos.-philol. Classe vom 4. März 1893.

= Fritz Kettner, F. Z. = Fritz Zorn, G. H. = Georg Hager, H. F. = Hans Folz, H. F. L. (auch F. L.) Heinrich Frauenlob, H. E. = Heinrich Enders, H. V. = Hans Vogel, J. S. = Jörg Schiller, 0. S. = Onufrius Schwarzenbach, M. L. = Michael Lorenz, S. G. = Severin Griechsauer, S. W. = Sebastian Wild, W. R. = Wolf Rani (d. h. Wolf- ram V. Eschenbach).

Am Schlüsse füge ich als Proben aus dem Cgm. 5102 drei Gedichte an und zwar zwei von Joh. Spreng, eines von dem Schreiber der Hs. , und bemerke zu dem ersten , der Scholkunst, dass für die darin vorkommenden Kunstausdrücke aus der Meistersingerschule die besten und vollständigsten Erklärungen gegeben sind von 0. Plate in "^Strassburger Studien III 147 237', zum zweiten, dass Spreng auch den entgegen gesetzten Stoff im 102. Liede behandelt hat und dass er, wie oben erwähnt, wahrscheinlich nicht geheiratet hat. Der Text ist getreu nach der Hs. gegeben; nur voka- lisches u für V eingesetzt und einige gar zu werthlose Majuskeln (bei Adverbien u. dgl.) beseitigt.

Inhalt des Cgm. 5102. j

1 Gott griess euch liebe singer hie f

f. 1, J. Sp.: 'ein Schuel Kunst' mit allen Strafen, Chorweis Munichs v. Salzburg. 25 (27) V.; gedruckt am Schlüsse dieses Berichtes.

2 Gesanges kunst | hat ein göttlichen Ursprung I

f. 3, J. Sp. : die 12 meister in Augsburg, im jungen Franckhen, 27 V., a. 1575; gedruckt in 'A. Hartmann : Das Oberammer- gauer Passionsspiel' S. 189 ff.

3 Ein könig in Lambarden sass

f. 5, J. Sp. : vom König aus Lambarden, im freien Thcn H. F., 28 (30) V., nach ßoccatius.

4 Ein kaufman sass lobsame | in Genua der statt

f. 7, H. P.: die verleumdete Ehefrau, Vögel weis Hans Vogels, 27 (30) V., nach ßoccatius.

I

Keim: Ein Meistersinger mid ein Liederbuch. 173

5 Es sehreibet dar | in dem buech der geschöpf iiatur

f. 9, H. P. : der Vogel Phönix, im jungen Frankhen, 25 (27) V., nach Plinius.

G Nachdem kaiser Juli an us hochraüetig

f. 11, M. Dh. : Kaiser Julian und Theodorus, Engelweis Mich. Millers, Säckhler in Ulm, 24 (27) V., nach Ruffinus.

7 Die heilig jungfraw Agnes voller tugent

f. 13, H. W. : 'v. der Jungfrau Agnes', Engelweis H. Vogels, 25 V., nach St. Ambrosius.

8 Nachdem als der kaiser Licinius

f. 15, H. W. : 40 christliche Krieger gemartert, neuer Ton H. Sachsen, 25 V., nach ßasilius.

9 Ein wald brueder gedacht im auf ein zeite

f. 18, , vom Engel und Waldbruder, Engelweis H. Vogels, 25 V.

10 Als nun baid sander ' kriegten ein ander

f. 20, H. W., Kais. Konrad vor Weinsberg, fröliche Morgen- weis 0. S., 24 V., a. 1599 Sept. 28, nach dem Regentenbuech.

11 Nun hören zue ein klegliche geschieht

f. 22, M. S.: Sultan Machomet und Irene, neuer Ton H. Sachsen, 25 V'., nach Mart. Crusius.

12 Cuspinianus hat beschriben

f. 24, G. D.: Sultan Selim, schlecht langer Ton L. N., 30 V., nach Cuspinianus.

13 Nach dem Crösus der küng reich

f. 27, G. B. C. : Crösus und Solon, Gsangweis H. Sachsen, 24 (25) V.

14 Herototus j schreibt als gefangen wäre

f. 29, , Cambysea und Crösus, Reutters Ton Conr. Vil- sacks, 20 V., nach Herodot.

15 Herodotus der griechische poet

f. 30, , Cambyses und Praxaspes, Lorenzo plüe weis, 19 V., nach Herodot.

16 Cambyses ein wüetterich gross | darzue gottloss

f. 32, A. D.: V. Cambyses und seines Bruders Weib, guldin Ton H. Sachsen, 22 V., nach Herodot.

17 Obwol Cambyses mechtig | könig in Persia bekant

f. 33, H. W. : Cambyses und der ungerechte Richter, Kupfer- ton Frauenlobs, 18 (20) V., nach Carion.

174 Sitzung der philos.-pMlol. Glasse vom 4. März 1893.

18 Konig Alphonsus auf ein zeit

f. 35, G. B.: 'Die 6 guldinn frag', Hofton Marners, 22 V.

19 Der könig Hiero | einen sehr weisen mane

f. 36, G. B. : das Wesen Gottes, Lerchenweis Heinr. Enders, 20 V., nach Cicero.

20 Der | weiss man aus den siben

f. 38, : Solon und der Selbstmörder, Silberweis H. S., 18 (20) V, nach Solon.

21 Uns hat beschrieben Plutarchus | wie Solon der philosophus

f. 39, H. P.: Lehren, frischer Ton H. Vogels, 20 V., nach Plutarchus.

22 Als die Persier mechtig nach des Cambises todt

f. 41, M. Dhir: Darius' Königswahl, Morgenweis Severin Griechsawer, 20 V., nach Herodot.

23 Als in Persier land | kunig Darius mechtig

f. 42 (= 47), H. P. : des Darius Niederlage, verschiedner Ton Pauli Schmids, 22 (23) V., nach Plutarchus.

24 Als noch jung war Alexander Mangnus

f. 44, H. P. : des Darius Brief an A., Kelberweis Hs. Heyden, 20 V., nach Plutarch.

25 Nachdem Alexander Mangnus [ schickht gehn Jerusalem

f. 45, : Alexander in Jerusalem, im langen Hopfgarten, 20 V., nach Josephus.

26 Als in Persier land

f. 47 = f. 42.

27 Als sich mit machte der könig Alexander wolt

f. 48, H. P.: Kallisthenes Tod, abgeschiden Ton L. Nune- beckhen, 20 V.

28 Herr Justinus hat uns beschriben clare

f. 50, G. B. : Alexander und Lysimachus, Lewenweis Petter Fleischers, 22 V., nach Justinus.

29 Wie I Alexander Mangnus hoch

f. 51, B. W.: Alexander am 'Phison', guldin Schalweis S. W., 20 (23) V., nach Scolasticus.

30 Alexander | Mangnus hat ein weib Persanes genente

f. 53, G. B. : Aristotelis Schwäche. Rorweis Pfalzen v. Strass- burg, 20 V.

31 Man | list in Plutarcho bequemlich

f. 56, G. B.: Klitus todt. Glasweis H. V., 18 (20) V., nach Plutarch.

Keinz: Ein Meistersinger und ein Liederbuch. 175

82 Als nun könig Alexander i gewan die ganze weit

f. 57, : Tod Alexanders, im Stol Alment, 20 V., nach Plutarch.

33 Ein konig in Egipteu sass | hiess Sesostris

f. 59, G. D. : Glückes Wechsel, kurze Tagweis Mich. Vogels, 20 V., a. 1597 d. 12. Aug., nach Melanchton.

34 Hört in Sicilia dem künigreich

f. 60, C. gb.: '3 Sön so zum vatter schiessen', Plüeweis M. L., 20 V.

35 Als zu Babylon der soldan

im krieg gross mangel het an geltte

f. 62, : die 3 Ringe, kurze Tagweis M. Vogels, 20 V., nach Boccatius.

36 Ein I kaiser ist zu Rom gesessen

f. 63, C. gb.: der Bratfisch, Glassweis H. V., 18 (20) V.

37 Thaies Mylesius der weiss

f. 65, H. P.: die 10 fragen, 'in der Abenbheur' (H. F.), 20 V., nach Plutarch.

38 In Rom da war | vor manchem jar

f. 66 (auch 119), C. gb. : der Verschwender, Muskatblues Hofthon, 19 (22) V., nach Plutarch.

39 Kaiser Augustus sanftmuet vol

f. 68, G. D.: Augustus u. der Rabe, Mayenweis Lor. Wessels, 20 V., a. 1594.

40 Es schreibet Isidorus dar

f. 69, J. Sp. : Augustus und das neue Trinkglas, frischer Ton H. Vogels, 20 V., nach Isidorus.

41 Ein stat war die hiess Carthago

f. 71, H. P.: 'vom Hanno', im Stoll Alment, 20 V., nach Boccatius.

42 Als Sila het bezwungen Marium

f. 72, H. P.: Sullas Ende, hohe Gartweis J. Schmids, 20 V., nach Plutarch.

43 Mauritius das kayserthumb

f. 74, G. D. : Mauritius und Phocas, kurze Tagweis M. Vogels, 20 V., a. 1597 den 17, Aug., nach Funccius.

44 Cararius ein tirrann in Welschland

f, 75, H. P. : Cararius v. Vicenza, hohe Gartenweis J. S., 20 V,, nach dem Regentenbuech.

176 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 4. März 1893.

45 Als zu Rom wohnet lobesam

f. 77, M. Dh.: Coriolan, verschrenkter Ton C. B., 22 V., nach Valerius,

4G Valerius schreibt drei histori | den romeren zu ehr und glori

f. 78, : Camillus, Claudius, Pyrrhus, verdrehte Fridweis B. F., 22 V., nach Valerius.

47 Drei männer hat j Valerius beschriben

f. 80, G. D. : Pompejus, Zeno, Anaxarchus, süesse Klagweis G. D., 20 V., nach Valerius.

48 Als in Macedonia war l der gross tirrann Hispar

f. 81, : Leona, Ilgenweis H. V., 20 V., nach Bocatius.

49 Als Porsenna hochmüettig I belegeret ungüettig

f. 83, J. Sp. : Scävola, Summerweis H. E., 20 V., nach Liviu«.

50 Der gross historiographus | Paulus Orosius

f. 84, H. W.: die unkeuschen Weiber zu Rom, Gilgenweis H. V., 20 V., nach Orosius.

51 Als zu Rom burgermeister war

f. 86, H. P. : Aufruhr des Creszentius, im Stoll Alment, 20 V., nach Alb. Krantz.

52 Boccatius beschreibet dar

im buch der durchleuchtigen frawen

f. 87, Marx Schelchl: Portia, kurze Tagweis M. V., 20 V., nach Boccatius.

53 Die edel fürstin Hecuba } ein geraahel Priami

f. 89, : Hecuba, im Stoll Alment, 20 V., nach Homer.

54 Als im Macedonischen reich

f. 90, : Antipater der Muttermörder, im langen Hopf- garten, 20 V., nach Justinus.

55 In Macedonia [ ein kinig sass grossmechtig

f. 92, : Antigonus und Arsinoe, verschiden Thon Paul Schmids, 21 V., nach Boccatius.

56 Als im Maedonischen reich starb könig Pelops zart

f. 93, H. P. : Atreus und Thyestes, im langen Hopfgarten, 20 V., nach Boccatius.

57 Als Maximinus | das kayserthumb regieret

f. 95, H. P. : Kaiser Maximinus erschlagen, Reutters Thon Gonr. Vilsacks, 21 V., nach 'Herodot'.

58 Zu Constantinopel ein kaiser sass

f. 96, C. gb. : Kaiser Andronikus Ende, Kelberweis Hs. Heyden, 20 V., nach Plutarch.

Keim: Ein Meistersinger und ein Liederbuch. 177

59 Es schreibt geschichtschreiber Herodianus

f. 98, C. gb.: Tod des Kaisers Commodus, Römers Gesang- weis, 20 V., nach Herodian.

60 Pamphilius Secundus raechtig*

der neundt polnische konig prechtig

f. 99, H. P. : Pamph. v. Mäusen gefressen, verdrehte Frid- weis B. F., 22 V., nach d. poln. Cronica.

61 In der stadt Thebae ist ein hayd gesessen

f. 101, H. P.: Grates, Lewenweis P. F., 22 V., nach Plinius.

62 Ein harpffenist der ist gewesen

f. 102, M. Dh.: Arion, verdräte Fridweis B. F., 22 V., nach Plinius.

63 Als Ptolemaeus regiert in Egipten land

f. 104, H. P.: der Philosoph Hegesias, im langen Mügling oder Romers Gsangweis, 20 V., nach Cicero.

64 Als Silua der römisch hauptman

f. 105, J. Sp. : der Jude Eleasar, lauger Ton des Hopfgarten, 20 V., nach Josephus.

65 Nachdem die stat Jerusalem zerstöret was

f. 107, H. P. : der Jude Eleasar, Römers Gsangweis, 20 V., nach Josephus.

66 Julianus ein junger ritter wardt

f. 108, : J. mordet Vater und Mutter, Plüeweis M. L., 20 V.

67 Got ist kreftig und wunderbar

f. 110, B. W.: die Grafen Hund, Rosen Ton H. Sachsen, 20 V.

68 Als nach Jesu Christi geburt

f. 111, G. B.: Babo mit 32 Söhnen, Schrottweis M. Schrotten, 20 V. 'zu Abensperg in einem Stein'.

69 Wer arge list brauchet suptill

f. 113, M. Dh., C. gb. : Archetimus und der unredliche Wirth, Tagweis F. L., 20 V., nach Stobeus.

70 Es schreibt Johannes Stobeus

f. 114, C. gb.: Archetimus und der unredliche Wirth, Greutz Thon Marners, 22 V., nach Stobeus.

71 Stobeus spricht mit Worten khig

f. 116, M. Dh.: der vergrabene und gestohlene Schatz, iui Stol Alment, 20 V., nach Stobeus.

178 Sitzung der lAiilos.-philol. Classe vom i. März 1803.

72 Als könig Xerxes vor der zeite

f. 117, C. gb. : Pausanias v. Sparta, verdrehte Fridweis B. Fridels, 22 V., nach Stobeus.

73 In Korn da war

f. 119 = f. 66; hier aber 'in der langen Muscat Bluee'.

74 Valerius Maxiraus schrib

f. 120, C. gb.: der starke Milo, im grawen Regenbogen, 20 V., nach Valerius.

75 Hören was ich euch singen wil

f. 122, C. gb.: Demokritus, Schrottweis M. S., 18 (20) V., nach Plutarch.

76 Mensch nimb bericht

f. 123, C. gb.: Menander, Hippias, Euripides über den Neid, Reitters Thon C. V., 21 (20) V.

77 In Schweden dem konigreich war ein theürung gross

f. 125, G. B.r Schwedische Einwanderung in die Schweiz und Ursprung der Eidgenossenschaft, Gsangweis Römers, 20 V., nach der Cronica.

78 Basilius der frumb keyser gewonet hat

f. 126, M. Dh.: Kaiser B. und sein Sohn Leo, im langen Mügling, Bleistift-Correktur: Römers Gsangweis, 20 V., nach Corn. 'Tactius'.

79 Nach dem Tyrus die gross haubt statt

f. 128, M. Dh.: 'die ungetrewen Knecht', im Stoll Alment, 20 V., nach Justinus.

80 Nach Constantini käme j Julianus alleine

f. 129, B. W.: Julianus Apostata, 'Teutsch Tisch Cubunt' des Michel Herbst, 20 V., nach 'Dr. Brande.

81 Pocatius von Cleopatra schribe

f. 130, H. S. : Cleopatra, im klingeten Ton H. S., 18 (20) V., nach Bocatius.

82 Ein welscher herzog wol bekant

f. 132, H. P.: Gisilfus und Romilda, im Stoll Alment, 20 V , nach Bocatius.

83 Hört wie in Engelland ein reicher burger sass

f. 134, G. B.: die undankbaren Töchter, Gsangweis Römers, 20 V.

84 Zue lob und preiss will ich jezund singen zu band

f. 136, H. K.: Beschreibung Memmingens, Gsangweis Römers, 20 V. a. 1583.

Keinz: Ein Meistersinger und ein Liederbuch. 179

85 Hugo von Weissenburg genant

f. 137, H. P. : der hurerische Graf, Schatzton H. Vogels, 22 V., nach d. Cronica.

86 Ain tirann Lycaon [ sass in Arcatia dem land

f. 138, J. Sp. : Lycaon und Jupiter, Rebenweis H. Vogels, 22 V., nach Ovid.

87 Ein romischer krieger bekant

f. 140, H. W.: Horatius Codes, im Stol Alment, 20 V., nach Valeriu^i, a. 1599.

88 Barbarosa ein kayser frumb

f. 141, G. D. : B. und der Pabst Alexander, im ötol Alment, 20 V., a. 1598 nach Melanchton.

89 Als man zeit dar | zwelff hundert jar

f. 143, H. W. : Rudolf v. Habsburg und Ottokar, in der süessen Weynnachtweis, 21 V., nach Carion.

90 Als man zwelff hundert drei und zweintzig jare

f. 144, C. gb.: Graf Heinrich v. Schwerin, Hornweis H. E., 20 V., nach Alb. Kranz.

91 Zue Sardis im land weite

f. 146, ß. W.: König Lidias, hohe Knabenweis P. S., 20 V., nach Herodot.

92 Clärlich bekennet Valerius

f. 147, C. gb. : Pisislratus und seine Tochter, Hirschweis H. E., 20 V., nach Valerius.

93 Kayser Heinrich war der vierdt

f. 149, H. W.: Rudolf v. Schwaben, im Stol Alment, 20 V., nach Carion.

94 Hertzog Philip aus Schwaben

f. 150, G. D.: Kaiser Philipp, Kupfer Ton H. F. L., 20 V., nach Carion.

95 Nachdem der könig mechtig | von Apulia Alphonsus

f. 152, C. gb : K Alphons' Milde, in der gstraftten Zinweis,

20 V., nach Plutarch.

Nachdem Troia die mechtig stat

f. 163, L. W.: Pentesilea, kurze Tagweis Mich. Vogels, 20 V., a. 1598 Dez. 5, nach Bocatius.

97 König Erich der vierdte

f. 155, G. B. : König K. und seine Frau, Abentthon L. N.,

21 V., nach A. Kranz.

180 Sitzung der ]ihilos.-i)hilol. Classe vom 4. März 1893.

98 Wolffo ein könig in Dennmarckh

f. 156, H. S.: König W. und sein treuer Trabant Witze, Hofton Conr. v. Wirzburg, 22 V., nach A, Kranz.

99 Plutarchus beschreibet mit fleise

f. 158, H. S.: '3 Lehren Gratis', Rosenton H. S., 20 V., nach Plutarch.

100 In Plutarcho ich läse j wie Stratonikus wase

f. 159, G. B.: der Heuchler, Spruchweis H. S., 20 V., nach Plutarch.

101 Mit zweifei war ich hart umbfangen

f. 161, J. Sp.: 'vom Heuraten , Rosenton H. S., 20 V., ge- druckt am Schlüsse dieses Berichtes.

102 Geliebter freund ich hab vernummen

f. 162, J. Sp.: 'Antwort auf das vorhergehende Lied', im gleichen Ton, 20 V.

103 Einsmals ein guter freund mich fragt

f. 164, Ü. H.: Scherzhaftes Verzeichnisa v. Meistertönen, Abentheuer Weis H. F., 20 V.

104 Einsmals stund ich auff früe vor tage

f. 165, (C.) gb. (so): 'vom klagenden Pötten, Rosenton H. S., 20 V.

105 Einsmals in einem schlaff ich ligen wart

f. 167, H. S.: der Weltt Lauf, neuer Ton H. S., 25 V.

106 0 du jugent volkommen sehen

t. 169, M. Dh. : von Jugent und Alter, in der Nachtweis S. Gr., 20 V.

107 0 alter du krenckhest mich jerlich

f. 170, M. Dh. : 'ein Clag über das Alter, in Rosenton H. S., 20 V.

108 Kayser Justinianus klar

f. 172, : 'von Belisario', frischer Ton H. V., 20 V., nach Procopius.

109 Als in Denraarckh

f. 173, C. gb.: König Sveno und die Stadt Julin, Hofton des Brennbergers, 19 V., nach Alb. Kranz.

110 Als Jesus Christus gottes son

f. 175, H. P. : Abgar v. Edessa, senfter Ton Nachtigals, 19 V., nach Eusebius.

Keinz: Ein Meistersinger und ein Liederbuch. 181

111 Als Jesus unser hailaud güettig

f. 176, H. P.: Frauenkraut, Tagweis Regenbogen, 19 V., nach Eusebius.

112 Eins raals ein bischof herrlich

f. 178, M. Dh. : Bischof und Hirt, Creuz Thon W. R., 19 V.

113 Der ander kayser mechtig

f. 181, H. W.: Ludwig d. Fr. und sein Sohn Lothar, im guldin Cantzler, 19 V., nach Carion.

114 Zwei arge laster uns regieren

f. 182, M. Dh.: v. Geiz und Neid, Regenbogen Tagweis, 19 V.

115 Plinius schreibt von einem beren

f. 184, M. Dh. : Bär und Löwe, Baum Thon oder im Hochen Stollen, 18 (19) V., nach Plinius.

116 Arabrosius thuet uns beschreiben

f. 185, M. Dh.: der treue Hund, im hohen Stollen, 18 (19) V., nach Ambrosius.

117 Vil ist worden beschriben

f. 179, M. Dh.: vom Blinden, Creuz Thon W. R., 19 V.

118 Es wirdt clärlich beschriben

f. 187, J. Sp.: Rache der Königin v. Frankreich, geschidner Ton C. Nachtigals, 17 V., nach T. Livius.

119 Wie das gelückh sehr wankelmuettig

f. 188, J. Sp.: Polykrates, Tagweis Regenbogen, 19 V., nach Valerius.

120 Tullia war genaiget

f. 189, C. gb.: T. die Tochter des Servius Tullius, im guldin Cantzler, 19 V., nach Livius.

121 Als die dreissig tirrannen

f. 192, H. P.: die 30 Tyrannen, Creutzthon W. R., 19 V., nach Lud. Fiues.

122 Als in Schweden regieret ein könig hiess Phocas /Aie band

f. 193, H. P.: die Königin als Lebensretterin, im guldin Canzler, 19 V., nach Lud. Vives.

123 Ein konig in dem Welschland sass

f. 195, M Dh.: der hartherzige Pfarrer, im senften Nach- tigallen, 19 V.

124 Einsmals ein konig klare

f. 196, : vom drunkhnen Hirsch, im guldin Cantzler, 19 V.

182 Sitzung der pMlos.-plülol. Classe vom 4. März 1893.

125 Ein fraw schon aiisserlessen

f. 198, : Cornelia, im guldin Cantzler, 19 V.

126 Dess Bixen schiessen freye kunst

f. 199, Job. Debev v. Augsburg: Bertoldus Schwarz, kurze Traumweis H. V., 20 V., nach Caspar Goldwurms Wunder- buch (dieses Lied von späterer Hand).

127 Man liset offenbare

f. 201, G. B.: der Hund des Kindes Retter, im guldin Kanzler, 19 V., nach Gesta Rom.

128 Bocatius uns dar erzehlet

f. 202, J. Sp.: von M. Regulo, in dem hohen Stollen, 18 (19) V., nach Boccatius.

129 Ein edelman spazieret hin und wider

f. 204, M. Dh.: Edelmann und lahmer Bettler, im geschwin- den F. L., 18 V.

130 Einsmals thet einer fragen

f. 205, M. Dh.: v. Heuchlerei, im gröne Mugling, 19 V.

131 Im Elsass thet ein brechen | einsmals ein sterbent mit gewalt

f. 207, M. Dh.: der Geiger, im gröne Frauenlob oder Mug- ling, 19 V.

132 Ein reicher man thet enden

f. 208, M. Dh.: das Heylthumb, im gschidnen Nachtgallen,

17 (19) V.

133 Von der bösen unart | der kinder ungespart

f. 210, H. W.: der ungerathne Sohn, süesser Ton Jörg Schillers, 18 V.

134 Von Johanne dem frummen

f. 211, H. W.: der ungläubige Cerinthus, Baum Thon H. F.,

18 V., nach Carion.

135 Als auf ein zeit ein reicher man | Agesilaum redet an

f. 213, J. Sp.: 'von glückh und unglückh', gröne Hagweis Georg Hagers, 18 V., a. 1594 d. 16. Mai, nach Plutarch.

136 Valerius uns klar bericht

f. 214, H. W.: 'v. 2 getrewen freunden (die Bürgschaft), guldin Marner, 18 V.," a. 1597, nach Valerius.

137 Als man zeit hundert jar

f. 216, H. W.: vom Kaiser Trajan, süsser Ton J. Schillers, 18 V., nach Carion.

Keim: Ein Meistersinger und ein Liederbuch. 183

138 Nach dem ich hab vernumen

f. 217, J. Sp.: Kaiser Domitian, Baum Ton H. Folzen, 18 V., a. 97, nach Suetonius.

139 Der neundt teutsch kaiser wol bekant

f. 219, H. W.: Kaiser Heinrich und Herzog Arnulf, im guldin Marner, 18 V., a. 98, nach Carion.

140 Nachdem Philippus mechtig | in Griechenland für drechtig

f. 220, J. Sp. : K. Philippus von einem Weib zurecht ge- wiesen, Baum Ton H. F., 18 V., nach Plutarch.

141 Konig Philipus mechtig

f. 222, M. Dh.: der bestrafte Plünderer, Baum Thon H. F., 18 V., nach dem Regenten -Buech.

142 Als Stibartus mit seinem hör

f. 223, H. P.: Stibartus gerädert, Hofton Pet. Zwingers, 18 V., nach der dän. Cronica.

143 Als Ulysses irr fuer anff dem mör fehre

f. 225, Ct. B.: Ulysses und Circe, Spiegel Ton des Ehren- botten, 18 V., nach Homer.

144 Zwoe Ursachen man wol verstehe

f. 226, M. Dh.: über Eheglück, Froschweiss H. F. L., 18 V., nach Plutarch.

145 Nun hört zne inn einer aptey

f. 228, M. Dh.: der schlaue Mönch wird Abt, .Tarwei.^ L. V. Giengen, 18 V., (vgl. f. 248).

146 In ein kloster auff ein zeit

f. 228, M. Dh.: von 3 Mönichen, in der Jarweis, 18 V.

147 Plinius schreibt senfftmüetig

von Seps der schlangen wuettig

f. 230, H. P.: von falschen Zungen, Baumton H. F.. 18 V., nach Plinius.

148 Als Dionysyus | der konig mit verdruss

f. 231, H. W.: K. Dionysius und sein Sohn, süesser Ton .lerg Schillers, 18 V., nach Plutarch.

149 Von den heltfanten wirt klerlich gelesen

wie dass sie fieren gar ein keusches wesen

f. 233, J. Sp.: der Elephant als Rächer, Feuerweis Wolf Buchsner-, 17 V., nach Plinius.

ino Man lesset in dem Eu.sebio

f. 234, A. D. : Kaiser Conslantin und die glaubenslrouen Diener, plüeender Thon 11. F., 17 V., nach Eusebius.

184 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. März 1893.

151 Das die kindtliche lieb und trew

f. 236, H. W.: Elternliebe, in d. Feuerweis Albr. Löschen, 17 V., a. 1599, nach Valerius.

152 Im Lyiiio geschriben stet

f. 237, C. gb.: Curtius, im plüeenden Thon H. F. L., 17 V., nach Livius.

153 Drei fragen hat mit weisem muete

f. 239, H. P.: 3 Fragen an Aristoteles, im strengen Vogel, 17 V., nach Plutarch.

154 Hört was uns Titus livius thuet sagen

f. 240, J. Sp : 'vom verrätherische Schuelmaister , Feuer- weis M. V., 17 V., nach Livius.

155 Von einem könig ehren frumb (in Frankreich)

f. 212, H. W.: Modus (= Mass), lieber Ton Casp. Singer^^, 17 V. (Horaz citirt).

156 Als die | weisen in Griechenland

f. 243, J. Sp.: König Agesilaus, im plawen Frawenlob, 17 V., nach Plutarch.

157 Als der Carthaginenser haubtman prechtig

f. 245, J. Sp. : Belagerung v. Sagunt, in der Feuerweis M. V., 17 V., nach Livius.

158 Semiramis ein königin zue Babylon mit weissem sin

f. 246. Ct. D.: das Grab der Semiramis, im plüeenden Frauenlob, 17 V., nach Plutarch.

159 Einsmals | in einem kloster war

f. 248, J. Sp.: der schlaue Mönch wird Abt, im plawen Frawenlob, 17 V., (vgl. f. 228).

IßO Die weit ist yeczt geiczig und karg

f. 249, M. Dh.: der ehrliche Schatzfinder, lieber Ton C. Singers, 17 V.

161 Als die Thebaner vor vil hundert jaren

f. 251, H. P.: von gerechten Richtern, Feuerweis Wolff Buchsners, 17 V.

162 Von einem grossen wunderzeicben

f. 252, H. P.: 'von Marcus Curtius', im strengen Vogel, 17 V., nach Orosius.

163 Der alt historiographus ] genant Paulus Orosius

f. 254, H. P.: grosse Unkeuschheit zu Rom, im plüeenden H. F. L., 17 V., nach Orosius.

Keinz: Ein Meistersinger und ein Liederhiich. 1 85

164 Diogenes der war bei seinen tagen

frech scharpff' sinnig mit worten gar verschlagen f. 255, G. D. : Diogenes u. der Fechter, Feuerweis M. V., 17 V.

165 Als Darius in einem streit lag unden

f. 257, M. Dh.: Klage des Darius, in d. Feuerweis M. V., 17 V., nach Plutarch.

166 Der weiss und wol gelert bekant

f. 258, H. W.: Ermahnung, im lieben Ton C. S., 17 V., nach des J. Pomarius : des Adels Ehren Schild.

167 Als sich zu Rom selb thet erheben

f. 260, H. W.: V. Kaiser Constantinus und Maxentius, im strengen Vogel, 17 V., nach' Carion.

168 Constantinus gross mechtig

f. 261, H. W.: Kaiser Constantin, Zirkelweis H. F. L., 16 V., nach Carion.

169 Als die Franzosen mit eim hör | verderbeten die Römer sör

f. 263, H. S. C. G. ß.: v. Titus Manlius, Schrankweis des Römers, 17 V., nach Livius.

170 Als man tausent zwei hundert fünf und zwenzig jar

f. 264, M. K.: Bergversetzung, Briefweis H. F. Lob, 16 V., a. 1605 d. 21. März, nach Vincentius.

171 Licurgus ein gesetzgeber klar

f. 266, M. J. Spreng: Lycurgus über das Heiraten, Hofthon Müglings, 17 V., nach Plutarch.

172 Nachdem | Carolus Magnus war

f. 267, H. W.: Karls des Gr. Thaten, plawer ThonF. L., 17 V.

173 Gott griess euch singer frumbe

f. 269, H. W.: 'ein Grüesser , Zirkelweis F. L., 16 V., a. 1588.

174 Gott lasst uns predigen mit waarem gründe

f. 270, H. W.: 'ein Lehr aus dem Basilio', in d. Grundweis, 12 V., nach Basilius.

175 Plato der weiss philosophus

f. 271, J. Sp. : Gyges mit dem Ring, in der Gräferey F, Z., 16 V., nach Plato.

176 Es ist gar ein altes Sprichwort

f. 273, G. B. : von zu grosser Freigebigkeit, Frau VAnen Thon, 16 V.

177 Von eines reichen sun | finden zue lesen wir

f. 275. H. W.: vom Sterben, Kreutz Thon Walthers, 16 V., nach Petrarca.

Ih'tS. Pliilos.-pliilol u. liist. Gl. 2. 13

186 Sitzung der philos.-pküol. Classe vom 4. März 1893.

178 Es schreibt Alexius der weiss philosophus

f. 276, C. gb.: Gleichniss v. Mensch und Wein, Osterweis F. Kettners, 16 V., nach Alexius.

179 Zwen gesellen aus zugen

f. 277, M. Dh. : zweierlei Kriegesbeute, gailer Tb. H. F. L., 16 V.

180 Basel die alt freystat

f. 278, H. W.: Erdbeben in Basel 1356, Kreuz Thon Walthers, 16 V., a. 1506, nach Münsterus.

181 Zwen reich burger in Zürich der stat

f. 280, G. B.: Versöhnung, Frau Ehren Thon des Ehren- potten, 16 V.

182 Hörent ir tugent samen

f. 281, H. W.: 'ein Equivoca Lied', Zirkelweis, 16 V.

183 Artaxerxes ein reicher kling wäre

f. 283, G. B.: die Empörung des Sohnes, Hanenkrat Hans Folzen, 16 V., nach Plutarch.

184 Als Hercules der köne heldt

f. 284, G. B. : Erfindung des Purpurs, in der Gräffei-ei F. Zorns, 16 V., nach Polydorius.

185 Ein orator zu Bisanz war | der gar

f. 285, M. G. D.: der fette Redner, Klagweis Lochners, 16 V., nach Plutarch.

186 Als geregieret hat

f. 287, H. P. : von Kaiser Severus, Schallweis Hs. Vogels, 16 V., nach Campridus.

187 Beronice die künigin | legt hin

f. 288, H. W. : Ber. rächt ihren Ehemann, Klagweis Junkher Lochners, 16 V., nach Boccatius.

188 Nachdem Scipio mechtig | der römer wol bedechtig

f. 289, M. S.: die sanftmüthige Gattin, Zirkelweis II. F. L., 16 V., a. 1600, nach Boccatius.

189 Sabelicus beschreibet als Thebae die stat

f. 290, C. gb.: Frauenrache, Osterweis Fritz Kettners, 16 V., nach Sabellicus.

190 Hören von Prasila ein that

f. 292, C. gb.: Tod um die Ehre, Frau Ehren Ton, 16 V., nach Job Vives.

191 Plutarchus uns beschreibet dar

f. 293, C. gb. : von 3 treuen Wittwen, im giildin Wolfram, 16 V., nach Plutarch.

Keim: Ein Meistersinger und ein Liederbuch. 187

192 Es ist wie wir dar lesen

f. 294, H. W. : vom ehelichen Frieden, Zirkelweis -H. F. L., 16 V., a. 1599, nach Stobeus.

193 Hören ein haidnische geschieht

f. 295, B. von Wat: das Todtenbild beim ägypt. Mahle, Nachtweis Klingsors, 16 V., nach der Cosmographia.

194 Wider den geiz und überflus

f. 297, H. P.: vom Geiz, im guldin Wolfram, 16 V., nach St. Chrysostomus.

195 Valerius besehreibet | ein lob das noch beleibet

f. 298, G. D.: Wittwenverbrennung, Zirkelweis H. F. L., 16 V., nach Valerius.

196 Nachdem der jünger Scipio | Carthaginem bezwange

f. 299, H. P. : die röm. Bürgerkriege, Ritterweis H. F. L., 16 V.

197 Der alt berörabt poet | Homer ns weit bekant

f. 301, H. W.: Homer, Kreutz Thon Walthers, 16 V., nach Tarentinus.

198 Als Ulyssus von Troia auss | zue hauss

f. 302, H. W.: Ulysses und Kalypso, Klagweis Lochners, 16 V., nach Homer.

199 Albertus Kranz thuet sagen

f. 303, C. gb.: Macht des Weibes, im gailen Frauen Lob, 16 V., nach Krantz, gedruckt am Schlüsse dieses Berichtes.

200 Als könig Xerxes meint er wolt bezwingen

f. 305, C. gb. : Xerxes' Heerschau, vergessner Ton, 15 V., nach Herodot.

201 Valerius beschreibet dar | von einem könig offenbar

f. 306, C. gb.: Opfertod der Kaiserin Althea, Pflueg Thon Sigharts, 15 V., nach Valerius.

202 Der menschen vil tieff ligen in den sinden

f. 307. M. Dh. : 'vom Fluecher, im roten Zwinger, 15 V.

203 Ein vatter wolbetagt im leben

f. 308, M. Dh.: Strafe des ungerathnen Sohnes, im kurzen Wolfram, 15 V.

204 Im land Sicilia da stund ein bilde

f. 309, J. Sp.: des Bildes Schatten, vergessner Thon H. F. L., 15 V., nach Petrarca.

205 Valerius beschreibet das

f. 310, J. Sp.: 'der starkh Milo', Pflueg Thon, 15 V., nach Valerius.

13*

188 Sitzung der pliilos.-philol. Classe vom 4. März 1893.

206 Von dem geiz öd | und laster schnöd

- f. 311. H. S.: vom Geiz, im hohen Nachtigallen, 15 V.. nach Diogenes, Eusebius, 'Antyphan'.

207 Pocatius beschreibet das

f. 313, : Paulinas Täuschung, Pflueg T. des Sigharts, 15 V., nach Bocatius.

208 Nachdem als könig- Alexander prechtig

f. 314, H. P. : Reden an Alexanders Grab, vergessner Ton F. L., 15 V., nach Plutarch.

209 Chilo der weise man

f. 315, J. Sp. : Ermahnung, Hofthon Mich. Beheims, 15 V., nach Gellius.

210 Nachdem Philippus prechtig | het in Ceromia

f. 317, J. Sp. : Philippus und Diogenes, im süessen Regen- bogen, 14 V., nach Plutarch.

211 Zehen lehren thiiet uns für geben

f. 318, H. P. : Lehren Perianders, im süssen Härder, 14 V., nach Plutarch.

212 Uns thuet mit fleiss für geben

f. 319, H. P. : Lehren, im süessen Regenbogen, 14 V., nach Cato.

213 Äckhabius ein rabi hoch

f. 320, H. P.: Lehren, Meyenweis Eislingers, 14 V., nach Äckhabius.

214 Als in Sicilia regieret

f. 321, C. gb. : Strenges Gesetz, im süessen Härder, 14 V., nach Maximus.

215 Zue Rom ein schönes weibe

f. 322, H. P.: die treue Tochter, im hohen Ton F. K., 14 V., nach Plutarch.

2 IG Diogenes mit namen

f. 324, H. P.: Diogenes Spottreden, im hohen Ton Fritz Köttners, 14 V., nach Laertius.

217 Von einem bischof wird gemeldt

f. 325, M. Dh.: Bischof (v. Wirzburg) und Bauer, im kurzen Vogel, 14 V.

218 Hort wie ich im Plutarcho las

f. 326, C. gh.: Traum von einem Ei, Mayenweis Eislingers, 14 V., nach Plutarch.

219 Ein kramer ging durch einen waldt

f. 327, H. P.: Die bösen Affen, im kurzf^n Vogel, 14 V.

Keins: Ein Meistersinger und ein Liederbuch. 189

220 Von gelückh und ungelückhs wesen

f. 328, H. P.: von einem Schiffbrüchigen, im süessen Här- der, 14 V., nach Plutarch.

221 In Affrica dienet ein knecht

f. 329, M. Dh.: der dankbare Löwe, im kurzen Vogel, 14 V., nach Plinius.

222 Plinius schreibet mit verlangen

f. 330, Gr. B.: Knabe und Delfin, im siie8sen Härder, 14 V., nach Plinius.

223 0 wehe dir Pilati mit not

f. 331, H. W.: 'von Pilato gericht', Schalmeienweis G. H., 14 V., nach Josephus.

224 Man schreibet von Luthero der

f. 332, H. W.: Luther und der sterbende Student, Mayen- weis Eislingers, 14 V.

225 Kayser Augustus auf ein zeit

f, 334, G. D.: Augustus und der Poet, gülden Regenbogen, 13 V., a. 1600, nach Plutarch.

226 Kayser Caligula der war der viert

f. 335, H. P.: Caligula, kurzer Ton H. S., 13 V., nach Suetonius.

227 Als man ein opfer halten wolt

f. 336, G. B.: die habgierigen heidnischen Pfaffen, guld. Regenbogen, 13 V., nach Plutarch.

228 Drey fragen hat mit weisem muet

f. 337, H. P. : drei Fragen, beantwortet von Diogenes, Bluet Ton H. F., 13 V.

229 Uns schreibt Johannes Viues für war

f. 338, H. P.: 'die 3 edel jungfrawen', im kurzen Sachsen, 13 V., nach Joh. Vives.

280 Als Pompilius auf ein zeit

f. 339, G. D.: der röm. Gesandte bei Antiochus, gülden Regenbogen, 18 V., nach Valerius.

281 Siinonites der weiss ])hilosophus

f. 340, : der dankbare Todte, kurzer Ton H. Sachsen, 13 V., na^h Valerius.

282 Als erstlich inn Athen die stat

f. 341, J. Sp.: Diogenes und Antisthenes, des Foltzen Bluett Ton, 13 V., nach Plutarch.

190 Sitzung der pMlos.-pMlol. Classe vom 4. März 1893.

233 Als Theophrastus ein philosophus

iezunder sterben wolt, er mit verdrus f. 342, : Tlieophrastus, kurzer Ton H. S., 13 V., nach Cicero.

234 Von abenthettr man sagen kann

f. 344, M. Dh. : die beichtende Frau, verkerter Ton M. Be- heims, 13 V.

235 In Schweiz ein herr wohnet auf einem schloss

f. 345, M. Dh.: d. eingeladene Pfaffe, im kurzen Sachsen, 13 V.

236 Zwen fremde männer gaben einer mayd

f. 346, M. Dh.: Demosthenes entlarvt einen Betrüger, im kurzen Ton H. Sachsen, 13 V., nach Valerius.

237 Suech dein wohnung, o Christen man

f. 347, H. W.: Köhler und Bleicher, verkerter Ton M. Bö- hems, 13 V.

238 Doctor Lutherus im geist wolgemuet

f. 348, : V. unnötigen Fragen, im kurzen Sachsen, 13 V., nach Luther.

239 Man liset in dem Plutarcho

f. 349, G. D.: Augustus und der Jüngling, Schalmeien vreis G. H., 14 V., nach Plutarch.

240 Als der könig Darius frumb

f. 351, L. S. : Darius und Zopirus, im feinen Walther. 12 V.

241 Nachdem bey könig Alexander mechtig

f. 351, J. Sp.: Alexander und Diogenes, Grundweis F. L., 12 V., nach Laertius.

242 Uns hat beschriben Plutarchus

f. 358, C. gb. : Fabricius, kurzer Mügling, 12 V., mit 4 Nach- versen, nach Plutarch.

243 In Tracia war es also gehalten

f. 354, G. D.: Geburt und Tod bei den Thr., Grundweis H. F. L., 12 V.

244 Es schreibet | Marcellus der poet

t. 355, H. P.: Alle müssen sterben, kurzer Nunnenpeck, 12 V., nach Marcellus.

245 Als Aristippus auf ein zeit

f. 356, : Aristippus der Philosoph, im feinen Walther, 12 V., nach Vitruvius.

246 0 sun merckh deines vatters lehr

f. 357, H. P.: Lehren, im feinen Walther, 12 V.

Keinz: Ein Meistersinger und ein Liederbach. 191

247 Themistocles auf ein zeit war gefraget

f. 358, G. D.: Verheiraten der Tochter, Grundweis H. F. L., 12 V., nach Cicero.

248 Die erden | tregt böser menschen vil

f. 359, J. Sp.: Böse mehr als Gute, kurzer Ton L. N., 12 V., nach Mantuanus.

249 Thue leben [ spricht Naso der poet

f. 360, J. Sp.: 'von der Mittelmässigkeit des Lebens, kurzer Ton L. N., 12 V., nach 'Naso*.

250 In Asia merckht eben

f. 361, J. Sp.: der Wüterich Antipater, klingende Vesper- weis Jerg Hagers, 12 V., nach Justinus.

251 Ein edelman in Schweden was

f. 362, H. P.: Ehebruch, im feinen Walther, 12 V., nach Alb. Kranz.

252 Gar eben I beschreibt Valerius

f. 363, A. K.: Kaiser Constantin, kurzer Nunnenpeck, 12 V., nach Valerius.

253 Ein rechter christ soll sich

f. 364, B. H.: Lehren, kurzer Mügling, 12 V., n. Chrysostomus.

254 Tiberius Grachus als er zwue schlangen

f. 365, A. N.: der Liebe Prob, im Bauren Thon S. G., 11 V., a. 1608, nach Valerius.

255 Auf der insel Cipren ligt ein stat wiste

f. 366, : geldgierige Juden, im Bauren Thon S. Griechs- awers, 11 V., nach der Cosmographia.

256 Ein jeder halt für gnueg und guet

f. 367, H. P.: Gute Lehren, Spiegelthon H. F. L., 11 V., nach Ambrosius.

257 Ein Spiegel glas hell rein und pur

f. 367, J. Sp.: des Menschen Herz ein Spiegel, Spiegelthon, 11 V., a. 1582 d. 13. Aug.

258 Nachdem der könig Midas reich

f. 368, J. Sp.: Vorbedeutungen, Spiegelthon, 11 V., n. Valerius.

259 Als Athen überwunden wart

f. 369, : die 30 Tyrannen, Spiegelthon 11 V., nach Carion.

260 Simonidem inn allem stückh

hat wol gewöltt das walzend glückh

f. 370 (vgl. f. 392), G. B.: S. beim Gastmahl des Skopas, Spiegelthon, 11 V., nach Valerius.

192 Sitzung der 'philos.-philöl. Classe vom 4. März 1893.

261 Johannes Hörold schreibet dar

f. 371, G. B. : Semiramis, Spiegeltbon, 11 V., a. 1607 d. 10. Febr., nach J. Herold.

262 Als das romische kayserthumb

f. 372, H. P.: Kaiser Aulus Vitellius, Spiegelthon H. F., 11 V., nach Suetonius.

263 Gar nicht umb sunst | freut mich die kunst

f. 373, H. W.: 'Ein Schuelkunst', Alberweis S. S., 10 V.

264 In einer stat | daselb sich hat

f. 373, J. Sp.: Teufelsbannung, Feyhelweis H. F., 10 V.

265 Wann dir ohn spott | gibt kinder gott

f. 374, J. Sp.: Kinderzucht, gesprengte Negelweis, 10 V., nach Cato.

266 Vernemet hie | algeleich wie

f. 375, B. W.: Pisistratus' Rückkehr, kurze Nachtweis ß. W., 10 V., nach Valerius.

267 Solon der weiss | thet auch mit preiss

f. 376, H. W.: Solon, Feyhelweis H. F., 10 V., nach Carion.

268 Nimbt ein bescheyd | wie sich der heyd

f. 376, M. Dh.: Alexanders Sittenstrenge, gesprengte Negelin- weis, G. D.: 10 V.

269 Petrarcha dar | ganz offenbar

f. 377, D. St.: Jugend vergeht (Lehre), Nachtweis des Wil- den, 10 V., nach Petrarcha.

270 Als Zeno hört | ein Jüngling fort

f. 378, J. Sp.: V. der Geschwätzigkeit, Feyhelweis H, F., 10 V., a. 97 d. 20. Sept.

271 Der viertzehende kayser klar

f. 379, H. W. : Kaiser Hadrian, Affenweis Georg Hagers, 10 V.

272 In Thiro wass | geordnet dass

f. 379, : Charondas straft sich selbst, Feyhelweis H. F., 10 V.

273 Ich lob alzeit | in sunderheit

f. 380, : Sanges Lob, Alberweis 0. S., 10 V.

274 Esopus fein | schreibet wie ein

f. 382, C. G. B.: Kaufmann und Esel, Feyhelweis H. F., 10 V., nach Aesopus.

275 Höret mich an | wie ein kaufman

f. 383, G. B. : die leicht sich tröstende Wittwe, kurze Nacht- weis B. W., 10 V., a. 1607 Febr. 9, nach Bebelius.

Keinz: Ein Meistersinger und ein Liederbuch. 193

276 Hört in gemein | vier stucklin fein

f. 384, G. D.: Vier Lehren, Feylielweis H. F., 10 V.

277 Diogenes war auf ein zeit | von einem geschmächet bereit

f. 384, B. H.: Diogenes (zwei Erzählungen), in d. Winkhen Kleeweis, 9 (10) V., nach Petrarcha.

278 Als Diogenes auf ein zeit | kam in ein stetlein albereit

f. 385, D. St.: Diogenes (drei Erzählungen), Affenweis G. H., 10 V., nach Petrarcha.

279 Auf guet und geltt | ist alle weit

f 386, H. W. : Betrachtung, gesprengte Negelweis G. D., 10 V.

280 Solon der spricht | mit dem bericht

f. 387, : Ermahnung, kurze Nachtweis S. W., 10 V,

281 0 mensch alhie dein leben rieht

f. 388, H. W.: Ermahnung, Affenweis G. H., 10 V., nach der Statt (Basel) Cronica.

282 Drey lehren thuet für geben

f. 389, J. Sp.: Lehren Gates, verguldter Thon Wolframs, 9 V., nach Gate.

283 Valerius Maximus thuet beschreiben

f. 389, H. P.: Treue Freundschaft, Bluett T. des Stollen, 9 V., nach Valerius.

284 Als Bion war gefraget

f. 390, J. Sp.: Lehren, Hagenblüeweis H. F. L., 9 V., nach Plutarch.

285 Hesiodus ein alter poet wäre

bürtig aus einem dorff in Griechenland

l 391, H. W.: Hesiodus, Bluet T. des Stollen, 9 V., nach Plutarch und Virgilius.

286 Antigonus mit namen | als könig Alexander starb

f. 392, J. Sp.: Antigonus, Hagenblüeweis H. F. L., 9 V., a. 97 den 3. Sept., nach Plutarch.

287 Nachdem Simonides der weiss vor jaren

f. 392 (vgl. f. 370), H. P.: Simonides beim Gastmahl des Scopas, Bluet T. des Stollen, 9 V., nach Valerius.

288 Wer "jeiczinj ist und neidig

f. 393, - : Wolf und Schaf, im vergultcn Wolfram, 9 V.

289 Plinius uns beschreibet

f. 394, H. W. : von 3 treuen Pferden, Hagenblüeweis F. L., 9 V., a. 1600, nach l'linius.

194 Sitzung der jghilos.-pMlol. Glasse vom 4. Blärs 1893.

290 Als auf ein zeit der teufel arg und wüettig

f. 395, H. P.: Sünde der Trunkenheit, Bluet T. des Stollen, 9 V., nach Hieronymus.

291 Ein jungling lang zue heret

f. 395, J. Sp.: von Geduld, Hagenblw. F. L., 9 V.

292 Johannes Ludovicus Fiues schribe

f. 396, G. B.: .lustina und ihr toller Mann, Bluet Thon des Stollen, 9 V., nach Vives.

293 Sabelicus schreibet mit rechten

f. 397, : Elternliebe, kurzer Regenbogen, 7 V,, nach Sabellicus.

294 Valens der kayser mechtig

f. 398, hw. (H. W.): Kaiser Valens' Tod, im vergulten Wolfram, 9 V., nach Carion.

295 Als Cayus Marius zu Rom regieret

f. 398, H. P.: Treue Knechte, Bluet Thon des Stollen, 8 (9) V., nach Plutarch.

296 Zue Rom ein burger sasse | Drusus Buliclea genent

f. 399, G. Danbeckh: das schadhafte Haus, Hagenblüeweis H. F., 9 V., nach Plutarch.

297 Ein Jungfrau die sich iebet | der tugent williglich

f. 401, : Lehre für Jungfrauen, Hönweis W. R., 8 V.

298 Nun höret von mir einen schwank

f. 401, G. B.: Evangelischer und Papist, im Thailten Folzen, 8 V.

299 Die fürsten in Sachssen die heten

f. 402, M. Dh. : ein bekehrter Jude, im kurzen Regen- bogen, 7 V.

300 Heraclitus von Epheso

f. 403, : Schweigen, im thailten Thon H. Folzen, 8 V.

301 Valerius Maximus schribe

f. 403, D. H.: die treue Tochter, im kurzen Regenbogen, 7 V., nach Valerius.

302 Einsmals thet einer fragen | Byantem weiss und klueg

f. 404, : ob man heiraten solle, Hönweis Wolframs, 8 V., nach 'Gelyus'.

303 Hesiodus uns lehret | von der zungen lobhafft

f. 405, : die Zunge, Hönweis W. R., 8 V., nach Hesiodus.

Keinz: Ein Meistersinger und ein Liederbuch. 195

304 Kayser Sigmund in ehren stete

f. 406, H. W.: König Albrecht, kurzer Regenbogen, 7 V., nach Carion.

305 Ein frurame frau in irem hauss

f. 407, : Lob der guten Frau, im kurzen Ton L. N., 7 V., nach Petrarcha.

306 Es ist auch offenbarlich

f. 407, H. W.: Lob des rechten Mannes, Tagweis Nachtigals, 7 V., a. 1607, nach Petrarcha.

307 Athalus der heydnisch poet

f. 408, : 'vom Geitz', im- kurzen Nachtigallen. 7 V.

308 Eine schöne lehr thuet geben | der heyd Virgilius

f. 408, H. P.: V. der Jugend, Tagweis Nachtigals, 7 V., nach Virgilius.

309 Hört drey stuckh die haben gerawen

f. 409, : Cato's dreifache Reue, kurzer Regenbogen, 7 V., nach Cato.

310 Nachdem nun herr Gayus Grachus

f. 409, : C. Grachus Ende, kurzer Nachtigall, 7 V., nach Bocatius.

311 Es war einer gefraget | warurab er jederman

f. 410, : üble Nachrede, Tagweis Nachtigals, 7 V., nach Plutarch.

312 Diogenes genant ein hund

f. 410, H. P. : Diogenes und Aristippus, kurzer Ton L. N., 7 V., nach Plutarch.

313 Ein Spruch Isidorus mit nam

f. 411, H. W.: Isidors Lehren, kurzer Nachtigal, 7 V., nach Isidor.

314 Phocilides ein weiser man | hat uns sechs lehren geben

f. 411, H. P. : Sechs Lehren Phocilides, im kurzen Nach- tigallen, 7 V.

315 Aller äugen herr güetig | warten allein auf dich

f. 412, : ein Tischzucht vor dem Essen, Tagweis Nach- tigals, 7 V,

19G Sitzung der phllos.-phüol. Glasse vom 4. März 1893.

Beispiele.

In der Chorweiss^) Münichs von Saltzburg.

Ein Schuel Kunst darin Alle Straffen begriffen Sein (f. 1, Nr. 1).

Gott griess eucli liebe Singer hie an dem ort, wie ir all bey samen Seit; Gott grüess euch ir zue Hörer, die gesanges Kunst | aus Liebe Brunst Hertzlich er frewen thuet. & bin ich geleich ein Singer jung, doch soll mein Zung Gott loben jeder Zeit; sein wesen hat keinen vrsprung, ohn End sein KrafFt | beleibt stand halft, er ist das Ewig guet. & In lobet alle Creatur, vor Gottes Thron die Engel Pur Aus Reiner Liebe und wilkur sein hohen Namen Preisen. In loben neben Sonn vnd Mon Am Himel Alle sternen schon, die im sein müessen vnderthon. Gott thuet sein macht beweisen; fürnemlich er genad und Trew dem Sünder hie er Zaigt, wellicher Sich durch wahre Rew demüettig vor im naigt. &

Wie König Dauid der Prophet vor Jaren thet Singen zue Preiss vnd ehr Göttlicher macht vnd Mayestet, durch Harpffen klang | gaystlich gesang er offtmals hören Hess; & Also will sich gebüren heut, ir Christen leut!

1) Die Chorweise hat hier, wie bei Wagenseil (S. 539) 26 Verse. Die Angabe der Hs. : 27 Reime, ist irrthümlich, (25 Verse) Schreibfehler.

Keinz: Ein Meistersinger und ein Liederbuch. 197

Zue thon uns noch vil mehr,

weil uns Gott sein Schatz anbeut,

Sollen wir inim j frölicher stimm

(lankhen mit werten Süess. &

wolan ir Singer zue der stund,

last fliessen her von hertzen grund

gaistlich gesang aus Ewrem mund,

vnd wollet nit verschmehen

die gaaben hie vor euch gering;

Inn freundschafft jeder darumb Sing,

und was er guets kan herfürbring.

So wirt man im veriehen

von wegen seiner Kunst den Preiss,

vnd in erfrewen schon

mit einer gaab herlicher weiss,

die im heütt wirt zu Lon. &

An euch Merckher ist auch hiemit

mein freundtlich bit,

weil ir die Kunst verstet,

vnd Siezen hie vergebens nit.

gebt Achtung fort [ Auff alle wort,

Auff Keimen mass vnd Zal. &

strafft falsch vnd blinde Meinung grob

nach rechter Prob,

falsch Latein nit vmb geth,

Milben, Differencz, vnd vnlob,

falsch, blind, durchaus | stucz oder bans,

Aequivoca zue mal, &

gezwungen Reimen böser Art,

Ploss, Rierent, schnurrent inder fart,

zu lang, zue Kurcz, zu lind, zu hart

das alles ist zu straffen.

verfuert einer die Melodey,

bringt schilhend Reimen auch darbey,

Singt er unzierlich, wie es sey,

dem ist kein gab beschaffen.

wolan ir Singer braucht die Kunst,

Siezt auff der Maister stuel,

vnd zieren all aus liebe Brunst

heut mit gosang mein schuel. & i, t u

*' " U. J. bp.

198 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. März 1893.

Im Rosen Thon H(ans) S(achsen).

Vom Heuraten (f. 161, Nr. 101).

Mit Zweifel war ich hart umbfangen, thet zwischen Forcht und Hoffnung hangen, ob mir ein weib zue Nenimen wer, mein Hertz das stund in Sorgen schwer, gedacht Nimb ich ein Jungfraw züchtig, so ist Sie mir vileicht nit düchtig. & Thue ich mir dann ein witib Nemnien, so will Sie mich herrschen und demmen. Nimb ich mir dann ein Alte gar, die auflf ir hat Manches Jar, so ist mir al mein freüd entzogen und waiss nit wer mich hat betrogen. & Nimb ich dann zue der Ehe ein weib, berhafftig mit fruchtreichem Leib, So Setzt Sie mir das Hauss vol Kinder, muess essen und drinckhen destminder. Nimb ich ein unberhaffte schlecht. So Seind wir beide sand vcrschmecht, ein Baum der nit vil frucht thuct tragen, thuet man geringes Lob nach sagen. & Er wohl ich mir ein Reiche frawen, so hab ich mich wohl für zue schawen, dass Sie mir nit auff" rupfP ir guet, brauch gegen mir Stolcz und hochmuet. verpflicht ich mich dann zue einr Armen, so ist mein Leben zue er barmen. & Nimb ich ein weib still und verschwigen, die bey ir last die Red verligen, von der mir gar kein Trost zue stet, wann es mir etwan übel geth. Nimb ich ein weib, die vil thuet schweczen, gleich einer Krähen oder heczen, & So macht sie mich doli in dem haubt, das ich schier wirdt der Sinn beraubt. Nimb ich ein weib schön ausser kohren, von zierlicher gestalt geboren, so hab ich bey ir selb kein Rhue, muess ir besorgen immer zue,

Keinz: Ein Meistersinger und ein Liederbuch 199

sie werd mir aus dem weg entweichen, wie sich offt zue tregt der geleichen. & Nimb ich ein weih alt, ungesehaffen, gerunczlet, Murret, gleich eim Aflfen, so hab ich bey ir alle Tag ein stetigs Creücz und schwere Plag; wann ich schon hoflf Sie soll mir Sterben, mag doch mein wünsch gar nichts erwerben. & Also wa ich an allen Enden thue hin und her die Augen wenden, so find ich vil bekümmernus inn dem Ehestand mit überflus. das Süess mit bitrem ist. vergifftet, wa in Gott selbs nit het gestiflftet. & wer wolt begeben sich darein, der Dienstbarkeit verbunden sein? doch weil der stand Gott ist annemlich, dem Menschen Nuczlich und boquemlich, wann ich gleich darein treten solt, nichts Liebers ich mir wünschen wolt, dann das mir nur zue theil solt werden ein frumb Gotts forchtig weib auff Erden. &

D. J. Sp.

Im gaylen Frauenlob. (f. 303, Nr. 191)).

Albertus Krancz thuet sagen, wie dass in Schweden Sass ein Reicher König wass, war Haldanus genennet, ein Küener Held, verstet. & Als dem zue seinen Tagen sein gemahel für war ein schönen Sun gebar, sein Herz in freuden brennet, das er ein Erben hat. & Doch sagten die Doctores von dem Kinde, wann es vor den zwelf Jaren Säch geschwinde der klaren Sonnen schein, So niüest es hernach sein.

200 Sitzung der philos.-phüol. Glasse vom 4. März 1893.

So lang es Lebet, blinde;

das bracht dem König Pein. &

Dem Kind ein wohnung machte in einen Berg, war hol, darin er zog man wol den jungen König schone bis auff das zwelfte Jar. & Nachdem mit grossem Prachte Glorj und Ilerligkejt Hess der König bezejt heimb fieren seinen Sone, mit freyden offenbar. &

Liess den Sun seine Schätz und Kleinot sehen; als er auch thet dem frauen Zimmer neben, da manche Jungfrau Sass geschmuckht über die mass, der jung König thet jehen: Herr Vatter! was Send dass? & Scherczweiss der König saget: mein Son dass send Teuffei, die ein verfieren schnell, als er nun all sein habe und schäcz gesehen het, & der Vatter in bald fraget: , was hat am besten Dir

gefallen? sag Du mir! der Sun bald Antwort gäbe: Herr Vatter, mich verstet, & Für Eure Cleinoter und schätzen allen theten mir die Teufel zum bcstm gfalien. aus dem vermcrkht man pur die Sterkhe der Natur, welche das bluet macht wallen durch weibliche Figur. & C. gb.

201

Historische Classe.

Sitzung vom 4. März 1893. Herr Dove hielt einen Vortrag:

„Bemerkuncpen zur Geschichte des deutschen Volksnamens."

Die Geschichte des deutschen Volksnamens ist von der neueren Wissenschaft vielfach behandelt worden und liegt in ihren Grundzügen klar zu Tage. Der germanistischen Sprachforschung, an ihrer Spitze Jacob Grimm, verdanken wir die etymologische Erklärung: deutsch, theodisk^), Adjec- tiv abgeleitet von theod = Volk, bedeutet appellativ: zum Volke gehörig, also volksmässig oder volksthümlich; auf die Sprache angewandt als Theodiska, die Volkische, mit im Altdeutschen möglicher Auslassung von Zunge oder Sprache bezeichnet es mithin etwas, was wir in dem einen oder anderen Sinne die Volkssprache nennen würden. Und eben in dieser besonderen Beziehung finden wir das Wort, und zwar in latinisirter Gestalt in dem Ausdruck Theodisca lingua, zuerst in den späteren Jahren Karls des Grossen nach 788 zur individuellen Charakteristik der Volkssprache germanischer Abkupft im Frankenreich, im Gegensatze zum

1) Ich wähle absichtlich hier wie später in der Regel die älteste überlieferte Form. Vgl. J. Grimm, Deutsch. Gramui. 1^ Einleitung S. 10 ft'.: (iesch. d. deutsch. Spr. 3 S. 515 ff.

18ii3. Philos.-pliilol. 11. Iiist. Gl. 'i. 14

202 Sitzung der histor. Classe vorn 4. März 1893.

Latein oder auch zum Romanischen gebraucht. Ich betone sogleich, dass auch das deutsche Wort Theodiska an sich schon vor solcher Latinisirung in beständiger, mehr oder weniger langjähriger Anwendung auf ein und denselben Gegenstand sich zum Eigennamen eben dieser bestimmten Sprache verdichtet haben musste. Anderenfalls hätte man es ja nicht unmittelbar ins Latein herübergenommen; bei dem völlig durchsichtigen appellativen Sinne des Wortes theodisk hätte man einfach zur Uebersetzung durch lingua, sei es gentilis, sei es vulgaris je nach dem, was unter dem nur für uns doppelsinnigen Ausdruck Volkssprache eigentlich verstanden werden sollte gegriffen.

Für die weitere Entwicklung vom Ende des 8. bis ins 11. und 12. Jahrhundert hat die Quellenforschung der Histo- riker — ich nenne vor allen Waitz, Dümmler, Giesebrecht, Köpke ^) die Belege gesammelt und erläutert. Man ent- nimmt daraus ohne Mühe etwa folgendes Bild. Noch 50 Jahre lang, bis zum Tode Ludwigs des Frommen, ist ausschliess- lich von deutscher Zunge die Rede;'^) noch geraume Zeit,

1) Waitz im V. Bande der Verfassungsgeschichte S. 8 ff., 124 ff., womit die „Anmerkung über die Namen Germanen und Deutsche" im I. Bd. zu vergleichen; üümmler in der Geschichte des ostfrän- kischen Reichs, s. Register unter „Deutsch"; Giesebrecht im I. Bd. der Kaisergeschichte, Rückblick nebst Note; Köpke in dem von Dümmler ergänzten Excurse „Barbari und Teutonici", Jahrbücher der deutschen Geschichte : Kaiser Otto d. Gr. Daneben ist noch zu brauchen das ältere Verzeichniss bei Rühs, Erläuterung der Schrift des Tacitus S. 100 ff.

2) Unter den Zeugnissen des ersten Jahrhunderts, von 788—888, begegnet ausser der regelmässigen Verbindung mit lingua auch ein- mal — im ältesten Katalog der Reichenauer Bibliothek v. J. 822 (s. Becker, catalogi bibliothecarum antiqui p. 8) Theodisca allein: de carminibus Theodiscae, im engsten Anschluss an den deutschen Gebrauch. Der Bücherkatalog von St. Riquier v. J. 831 (Becker a. a. 0. p. 28) hat zum erstenmal das später noch einmal (im Testa- ment des Grafen Ekkard von Autun) wiederkehrende in Theodiaco:

Dove: Geschichte des deutschen Volhsnamens. 203

mehr als ein Jahrhundert danach, überwiegt wenigstens diese Verwendung des Wortes deutsch jede andere bei weitem. Als rein formale Wandlung ist es dabei anzusehen, wenn von 876 ab allmählich im lateinischen Gebrauch wie man meint, aus blosser antiquarischer Spielerei theotonicus, teutonicus an die Stelle von theotiscus, teutiscus tritt, ohne jedoch bis ins 11. Jahrhundert hinein das letztere, das an dem lebendigen diutisk, diutisch oder italienisch tedesco immer einen Rückhalt hatte, durchaus zu verdrängen. Bereits um 840 war indess in der Schrift eines deutschen Gelehrten an einer Stelle von sprachvergleichendem Inhalt der abgekürzte Ausdruck Theotisci für die deutsch redenden Menschen auf- getaucht; 845 dient in einer oberitalischen Urkunde Teutisci neben Langobardi ohne weiteres zur Kennzeichnung von Leuten deutscher Herkunft im unterschiede von den Lom- barden. Aus dem Begriffe der Sprachgenossenschaft ist, wie man sieht, die Idee der Nationalität hervorgegangen. Sehr spärlich bleiben indess noch lange die Spuren dieser Wen- dung, erst gegen Ende des 9. Jahrhunderts begegnet man ihnen überhaupt aufs neue. Inzwischen wählen die histo- rischen Berichte zur Umschreibung der Gesammtheit der rechtsrheinischen Stämme, wo sie diese nicht lieber einfach neben einander aufzählen, die antikisirende, geographisch ge- dachte Bezeichnung Germani, während in staatlicher Hin- sicht auch im östlichen Theilreich der fränkische Name noch iu umfassender Geltung waltet. Erst seit der Mitte des 10. Jahrhunderts häufen sich nach und nach die Erwäh- nungen der Theotisci, Teutonici, Teutones, und zwar vor- nehmlich an oder über den Grenzen, zumal auf italischem Boden, demnächst im halbromanischen Lothringen oder im sla vischen Markgebiet. Es entspricht lediglich der realen

passio domini in Theodisco; ein Weissenburger Katalog vom Ende des 9. Jaliiliunderts bringt: evangeliura theodisciim (ebd. p. 37); das Adverb theotisce zuerst bei Otf'rid um 868.

14*

204 Sitzung der histor. Ctasse vom 4. März 1893.

Entwicklung der Nation unter dem Einfluss äusserer und innerer Politik, wenn so von der ottonischen Kaiserzeit an der deutsche Volksname mehr und mehr an Kraft gewinnt, wenn er zugleich auf das Land und in steigender Concurrenz mit dem fränkischen Namen auch auf Reich und König über- tragen wird. Ohne Zweifel haben besonders die Römerzüge förderlich dazu mitgewirkt, auf denen Reisige aus allen deutschen Stämmen sich so oft geraeinsam als Tedeschi be- grüssen hörten. Auf der anderen Seite blieb doch bis in die Tage der Staufer hinein das Eigengefühl dieser Stämme viel zu stark, als dass im Binnenleben der Heimath der nationale Name zu wirklicher Herrschaft hätte gelangen können. Freilich darf man aus dem Schweigen der Schrift- steller nicht allzu absprechend auf die mündliche Rede schliessen. Unter den literarischen Denkmälern der Volks- sprache selbst ist es allerdings erst die Kaiserchronik aus der Mitte des 12. Jahrhunderts, die ausdrücklich von den Diutischen und von Dütiskland Notiz nimmt; allein sie ist auch das früheste deutsch geschriebene Werk von geschicht- lichem Charakter, der einen Anlass bot, der Nation und des Vaterlandes zu gedenken.

In diesem ganzen Hergange steckt nur ein einziges historisches Problem, dies aber freilich von höchst befrem- dender Natur: wie nämlich überhaupt der Eigenname für eine bestimmte Volkssprache entstehen konnte vor dem Da- sein eines Eigennamens für das betreffende Volksthum selbst, so dass den Zeugnissen der Quellen zufolge der letztere seiner- seits aus dem ersteren abgeleitet werden musste. Denn so entschieden jederzeit und allerorten die Sprache für das vor- nehmste Kennzeichen eines Volks in der nationalen Bedeutung des Wortes gegolten hat, so gewiss bleibt sie für die natür- liche Anschauung doch immer dessen blosse Eigenschaft. l^eberall sonst ist daher der Volksname früher da, während der Spraclmame so oder so von ihm herstammt. Für den

Dore: Geschichte des deutschen Volks name)is. 205

mngekehrten Verlauf, mit dem wir es beim Deutschen zu tlion haben, wäre nur noch eine, überdies sehr unvollständige Analogie beizubringen. Die Langue d'oc oder Lingua occitana, die neben der Langue d'oil oder Gallicana in französischen Urkunden des 14. Jahrhunderts direkt zur Bezeichnung des von ihr eingenommenen Gebietes benutzt wird,^) ist hernach zum Namen einer Landschaft erstarrt; ein irgend lebendiger Volksname hat sich jedoch nicht daraus entfaltet. Immerhin mögen wir aus diesem Beispiel den Wink entnehmen , dass es sich bei solcher Urzeugung von Sprachnamen ohne gen- tilen Stamm um etwas wesentlich anderes handelt, als um einen naiven Prozess. Die Namen Langue d'oc und Langue d'oi'l sind Produkte einer bewusst vergleichenden Betrachtung literarisch merkwürdiger Idiome.^) Der Gedanke liegt nahe, dass es mit der Schöpfung des Sprachnamens Theodiska ähnliche Bewandtniss habe.

Will man den in Rede stehenden Vorgang noch deut- licher in seiner Eigenart erkennen, so braucht man sich nur zu vergegenwärtigen, was im gewöhnlichen Laufe der Dinge hätte geschehen müssen. Die „überrheinischen Stämme", wie sie vom gallischen Standpunkt aus bei den Geschichtschreibern der Merovingerzeit regelmässig summarisch genannt werden,^) ohne dass wie es ihrer losen Angliederung entspricht der fränkische Name jemals auf sie erstreckt würde : sie werden im 8. Jahrhundert einer nach dem anderen durch die grossen Karolinger dem Reiche wirklich einverleibt und ver- dienen seither als Angehörige des regnum Francorum in ge- wissem Sinne Franken zu heissen. Hätte das karolingische Frankenreich von Haus aus lediglich oder doch stark über- wiegend germanische Bestandtheile enthalten , so wäre der

1) S. Ducange-Henschel s. v. lingua.

2) Ebenso der Name Sanskrit u. dgl. m.

3) Greg. Tur. IV, 49; 50. Fredeg. c. 38; 40; 87, Gesta Franc, c. 5; 32.

206 Sitzunrj der lüstor. Classc vom 4. März 18D3.

politische Gesamintname ohne Zweifel auch auf die Dauer zum nationalen geworden ; die geschichtliche Entwicklung des Sprachnamens hätte sich diesem Gange einfach ange- schlossen. So hat z. B. in Britannien der Sprachname eng- lisch den Sprachnamen sächsisch üherschattet und erstickt, nachdem einmal der Volksname der Angeln über den der Sachsen in der Gesammtauffassung des nationalen Wesens den Sieg davongetragen.^) Allein die karolingische Monarchie

1) Ich rede hier vom sächsischen Namen nur in dem Sinn einer Gesammtstammesbezeichnung für die wirklichen Sachsen in Enghxnd, die Bevölkerung von Wessex, Sussex u. s. w. Zum nationalen Ge- sammtnamen aufzusteigen hatte derselbe der gewaltigen Mehrheit der Angeln gegenüber wohl niemals Aussicht. Vgl. darüber Freeman in der Note ,Use of the word English" (Hist. of the Norman conquest I, Appendix). In dieser Hinsicht war die Frage bereits zu Beda's Zeit entschieden, ja die Entscheidung schon in den Tagen Gregors d. Gr. deutlich angebahnt. Die Spuren eines Gebrauchs von Saxones, Saxo- nicus, Saxonia im national umfassenden Sinne, soweit deren in latei- nisch geschriebenen Quellen in England selber vorkommen, erklärt der englische Forscher hauptsächlich aus welschen Einflüssen, da die Briten ihrerseits stets wie er ansprechend vermuthet, von den Tagen der rein sächsischen Anfälle im 4. Jahrhundert her die Nation ihrer Ueberwinder mit dem Sachsennamen belegt haben. Die Jahrhunderte hindurch lebendige Geltung des letzteren in partiku- larer Bedeutung bestreitet auch Freeman nicht. Auf sie ist es doch zurückzuführen, wenn man auf dem Continent, für den die Sachsen der Gegenküste im Vordergrunde vor den Angeln standen, vom 7. bis ins 9. Jahrhundert die gesammte überseeische Nation bald mit dem einen, bald mit dem anderen Namen belegte oder gleichsam unschlüssig den neutralen Doppelnamen schuf, der erst viel später drüben Fuss fasste: Angli-Saxones, Saxones-Angli zuerst bei Paulus, hist. Lang. IV, 22; V, 37; VI, 15; Engelsaxo in der fränkischen Vita Alchuini von c. 825, c. 11. Der Composition war die einfache Addition vorausgegangen: in gente Anglorum et Saxonum, schreibt Papst Zacharias 748 an Bonifaz. Sächsische Zunge nennt Beda, dem die Einheitssprache lingua Anglorum heisst, nur im Süden, das ursprünglich jütische Kent in die sächsische Region einbezogen; auch übrigens gilt von dem Vorkommen von Saxonice dasselbe wie von

Dore: Geschichte des deutschen Vollsnamens. 207

waltete zugleich über ebensoviel romanisches wie germanisches Volk ; die Namen Franci und Francia galten zuvörderst poli- tisch für das ganze Gebiet diesseit der Alpen; sie hatten sich überdies bereits im 7. Jahrhundert in engerem Sinne mit besonderem Nachdruck auf Neustrien , das romanische Land an der Seine, niedergelassen,^) Unter diesen Umständen ist jener hypothetisch angenommene Prozess zwar nicht gänz- hch verhindert, aber doch gestört und wieder rückgängig gemacht worden. Zum Beweise dafür, dass der fränkische Name im 9. Jahrhundert in der That auch in national um- schreibender Bedeutung angewandt worden, genügt es, an den stolzen Lobgesang auf Volk und Land der Frauken, d. h. dem Zusammenhang und Inhalt nach unzweifelhaft der Deutschen, im ersten Capitel der Evangelienharmonie Otfrids zu erinnern.^) Kein Wunder jedoch, dass der inzwischen

tlem des Namens Saxonea. Die Texte in der Volkssprache kennen nur englisc wie Engle und Angelcyn, alles in nationaler Bedeutung. An dieser ganzen Geschichte der Ausbildung des englischen National- namens scheint nur auffällig, dass die solide politische Einigung, die doch von Wessex ausging, nichts daran zu ändern vermocht hat: allein sie kam nun einmal dafür zu spät. Auf der anderen Seite war wenigstens die lockere Hegemonie des Bretwaldathums vor Egberts Auftreten meist in den Händen angliscber Könige gewesen.

1) S. Waitz, Verfassungsgesch. II, 1^ S. 154.

2) Franken und Frankenvolk, thiot Vrankono, im Ludwigslied dürfte man als politisch-westfränkisch gemeint nicht hierher ziehen. Das häufige Östfranken für die Unterthanen Ludwigs des Deutschen ist ebenfalls politisch gedacht und fordert Westfranken als Seiten- stück. Mehr nähert sich scheinbar einer nationalen Auffassung der Sprachgebrauch des Sedulius Scottus in einem an diesen König ge- richteten Gedicht (carm. II, 71; 73; 84; 91-92): Germania gaudet . . . Francigenum populus plaudit Rhenusque bicornis; Francis tuis; Francigenis; doch ist auch hier sicher anzunehmen, dass der irische Dichter Romanen des Westreiches ebenso bezeichnet haben würde. Sehr merkwürdig ist dagegen das wiederholte Francia im Gegensatz zu Gallia in den späteren Fulder Annalen, z. B. 879, 880, 885 so ziemlich die Umkehr der Redeweise der Vita Hludowici, die Franci

208 Sitzung der Imlor. Clause vom 4. März 1893.

auf anomalem Wege emporkommende Name Deutsche, der sich als eindeutige Benennung unserer Nationalität bei weitem besser empfahl, das Feld behauptete. Was nun die Sprache betrifft, so hat sich die Ausdehnung des Namens Fränkisch worin freilich der Franken jederzeit mit gedacht ward auf die einheitliche Rede der deutschen Stämme überhaupt eine Zeitlang noch entschiedener vollzogen , als es mit dem Volksnamen selber geschah ; erklärlicherweise , denn hier konnte von einer Verwechselung mit dem stets als romanisch bezeichneten Idiom der westlichen Reichshälfte nicht die Rede sein. Es ist lehrreich zu sehen , in welcher Region dieser Akt der Uebertragung vorzugsweise zu Hause ist.

Die einzelnen deutschen Stämme werden ihre Mundart unter örtlichem Horizont natürlich von jeher als bairisch, alamannisch u. s. f. charakterisirt haben :^) quod Alamanni, quod Baiuvarii dicunt, heisst es in den Volksrechten aus der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts. Wollte man einige Jahr- zehnte später die mittlerweile im Verkehr des fränkischen Reichs als solche bewährte germanische Gemeinsprache kurz bezeichnen, welches anderen Namens scheint es dazu bedurft zu haben, als des fränkischen selber? Wenigstens in dem centralen, wirklich stammfränkischen Bereich, sowie in der offiziellen Redeweise, sofern diese vom Standpunkt des herr- schenden Stammes ausging, verstand sich jener Ausdruck a potiori von selbst. Dem entspricht nun auch der wirkliche Befund. Ermoldus Nigellus, dessen Gesichtskreis auch im Exil zu Strassburg gallofränkisch blieb , bedient sich stets

und Francia an einer berühmten Stelle von nationalgeschichtlichem Gehalt vielmehr den Germani und Germania entgegenstellt (c. 45; vgl. c. 20). Die von Waitz, Verfg. V, 122 für das 10. und 11. Jahr- hundert beigebrachten Stellen fallen streng genommen sämmtlich unter die politische Kategorie.

1) Wobei es denn auch später vielfach blieb: s. z. B. Vita Tdae c. 3: locus, qui Saxonica lingua Hirutfeld nuncupatur.

Voce: Geschichte des deutschen Volksnamens. 209

der Wendungen Francisca loquela, Francica lingua, Francis- cnin nomen ; das alamannische Elsass führt er ein als

terra antiqua, potens, Franco possessa colono, cui nomen Helisaz Francus habere dedit,

während ihm die Stammesnamen der Schwaben, Thüringer, Sachsen an sich ganz geläufig sind. Die höfischen sog. Annales Einhardi berichten zu 789 von der slavenischen Völkerschaft, quae propria lingua Welatabi, francica autem Wiltzi vocatur, wo es sich doch sicher um sächsiche üeber- lieferung handelte. In Einharts vita Karoli schwebt, wie die Stelle vestitu patrio id est Francico lehrt , dem Autor auch bei dem sermo patrius, mit dessen Grammatik er seinen Helden beschäftigt zeigt , ein sermo Francicus vor , den er indess in umfassender Bedeutung den peregrinis linguis, Latein und Griechisch, gegenüberstellt ; in dem nämlichen Sinne ge- denkt er der bisher apud Francos üblichen Monatsnamen. So begegnet im Capitulare von Boulogne aus dem Jahre 811, wie in der 827 ebenfalls auf westfränkischem Boden vollendeten Gesetzsammlung des Ansegisus^) die Phrase: quod factum Franci herisliz (oder heriscliz) dicunt, ganz parallel der 801 in einem Capitulare Italicum vorgezogenen Fassung: quod nos teudisca lingua dicimus herisliz. Otfrid endlich, den man zwar nicht jener innerfränkischen Region, immerhin aber dem Saume der eigentlich fränkischen zuzurechnen hat, spricht in dem erwähnten einleitenden Capitel von unserer Zunge als der frenkisgon , während die Ueberschrift lautet : cur scriptor hunc librum theotisce dictaverit ; in dem Wid- mungsbrief an Liutbert von Mainz wechselt er mit theotisce und gleichbedeutendem Franzisce ab.*) Augenscheinlich ist

1) Anseg. Capit. III, 70.

2) Genau gesprochen steht dreimaligem theotisce einmal fran- zisce zur Seite; warum, wird man nicht erklären können. Dagegen war Frenkisga zunga im deutschen Text insofern geboten, als es in

210 Sitzimg der histor. Glasse vom 4. März 18D3.

also die als natürlich anzusehende Herausbildung eines Öprach- namens Fränkisch von nationalem Umfange in nicht ganz spärlichem Masse thatsächlich zustande gekommen; sie ward nur von vornherein gekreuzt und gehemmt durch die seltsam doppelgängerische Gestalt des Sprachnamens Deutsch. Des weiteren giebt die Herkunft der angeführten Belege den Fingerzeig, dass man was von vornherein zu vermuthen wäre die Schöpfung dieses letzteren Namens kaum auf eigentlich fränkischer Erde selbst zu suchen, oder doch wenigstens als von ihr absehend, in bestimmtem Hinblick auf die rechtsrheinischen Gegenden als solche geschehen zu denken hat.

Gerade bei der frühesten literarisch bezeugten An- wendung des bereits geschaffenen Namens Theodiska leuchtet diese rechtsrheinische Beziehung unmittelbar ein. Von der Reichsversammlung zu Ingelheim , die das Schicksal des Baiernherzogs Tassilo entschied, berichten die Annales Lau- rissenses majores unterm Jahre 788, die Urtheiler hätten ihr Verdikt über ihn gesprochen reminiscentes, quomodo domnum Pippinum regem in exercitu derelinquens et ibi quod theo- disca lingua harisliz dicitur zu ergänzen : fecerit. Im Streit der Meinungen über Ursprung und Charakter dieser Annalen herrscht doch Einverständniss darin, dass ihre Nach- richten über die Begebenheit von 788 eine ziemlich gleich- zeitige Aufzeichnung verrathen. Ja Barchewitz ^) hat es höchst wahrscheinlich gemacht , dass der vorliegende Bericht auf Grund eines amtlichen, vom Pfalzgrafen über die Verur-

unmittelbarer Verbindung mit jenem Preise des Frankenvolkes auf- tritt. Theotiska hätte sich dem Frankono thiot minder leibhaft an- geschlossen; die Nation selbst aber unter deutschem Namen auftreten zu lassen, war um 868, zumal in der concreten Sprache des Dichters, noch gar nicht möglich.

1) Königsgericht der Merowinger und Karolinger S. 43 ff. Brunner stimmt zu (Deutsche Rechtsgesch. I, 30).

I

Dovc: Geschichte des deutschen Volksnamens. 211

theiliing Tassilo's aufgenommenen Aktenstückes abgefasst worden sei. Er übergeht bei seiner Beweisführung die uns hier interessirende Phrase quod theodisca lingua harisliz dicitur, und doch darf mau gerade sie entschieden für seine Ansicht geltend machen. Es ist eine Formel der Rechts- sprache, kein Satz eines Annalisten. Wir gedachten bereits einer fast genau gleichen Wendung im Capitulare Italicum von 801 nebst ihren Parallelen. Ein Wormser Capitulare von 829 bietet : quod in lingua theodisca scaftlegi id est armorum depositio vocatur, und in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts begegnen in der Sprache der Gesetze und Urkunden noch fünfmal gleiche oder ähnliche Wendungen.^) Sicherlich haben wir also jene Worte der Laurissenses als einen formelhaften Nachhall vom Ingelheimer Gerichtstage selber zu betrachten. Nun aber waren eben zu dieser Ver- sammlung geflissentlich Vertreter aller deutschen Stämme entboten worden: conventum Francorum ceterarumque gen- tium, qui sub dominio eorum erant, nennen es die Annales Laureshamenses ; in den Laurissenses werden als Urtheilfinder bezeichnet Franci et Baioarii, Langobardi et Saxones vel ex Omnibus provinciis qui ad eundem sinodum congregati fuerunt. Der politische Prozess, der dem letzten selbständigen Stammes- regiment auf deutschem Boden den Garaus zu machen be- stimmt war, sollte nicht nach fränkischem Rechtsgefühl allein entschieden erscheinen. Gab es einen Namen, der die deutsche Einheitssprache in dieser ihrer Eigenschaft deutlicher als der fränkische bezeichnete , so rausste man ihm eben hier und

1) Lothar, cap. ackl. leg. Lang. c. a. 850: quod lingua Teudisca herisliz, i. e. armorum depositio (hier im Sinne von Desertion) dici- tur; Cap. Silvaticum a. 853: de collectis, quas theudisca lingua heris- zuph appellat; Syncd. Pistens. a. 862: collectas, quas theodisca lingua heriszuph appellant; Urkunde Karls d. K. v. 870: chartam pacationis, quod theotisce suonhuoch appellamus; St. Galler Urkunde v. 882: cartara pacationis . . ., quod tiutiscae suonbuoch nominamua.

212 Sitzung der histor. CJasse vom 4. März 1893.

diesmal bei der technischen Benennung des Verbrechens den Vorzug ertheilen. Sehr möglich, wenn auch keineswegs ge- wiss , dass damals wirklich zum erstenmal der bisher nur mündlich umlaufende Name Deutsch in die Schrift eingeführt und zu diesem Behufe latinisirt ward ; eine schicklichere Ge- legenheit wenigstens hätte sich dafür kaum finden lassen.^) Das Problem der Entstehung des deutschen Sprach- namens gehört, wie berührt, der Zeit vor seiner Latinisirung, mithin der Geschichte des 8. Jahrhunderts vor dem Sturze Tassilo's an. Es sei mir indessen gestattet, ehe ich auf diesen dunklen Punkt selber eingehe, die Zeugnisse der Quellen für seinen Gebrauch in den ersten hundert Jahren nach 788 noch näher vorüberzuführen; man könnte vielleicht hoffen, dabei Rückschlüsse aus dem Bekannten auf das Un- bekannte zu gewinnen. Schon der nächstälteste Beleg für die Anwendung des deutschen Namens, jenes quod nos teudisca lingua dicimus herisliz des italischen Capitulare von 801, legt eine Frage nah: ob nämlich die damals bereits dem Aussterben entgegengehende langobardische Volkssprache mit unter den Begriff des Deutschen gefallen sei. Ich stehe nicht an, diese Frage in gewissem Sinne zu bejahen. Das Gesetz wendet sich zwar nicht an die Langobarden allein, sondern berücksichtigt neben ihnen und den Römern auch in Italien ansässige Franken, Alamannen und Leute alterius cujuslibet nationis , so dass die Berufung auf die teudisca lingua auch hierdurch gerechtfertigt erscheint.^) Ferner haben

1) Etwas ähnliches hat wohl Büdinger eigentlich gemeint, als er (Allg. Deutsch. Biogr. I, 576) den wunderlichen Satz schrieb: „Wenn Arno (von Salzburg) wirklich der Verfasser ist (der Lauris- senses nämlich, was übrigens bekanntlich nicht der Fall), so hat man in ihm auch den ersten zu ehren, welcher unserer Sprache und damit unserem Volke den entscheidenden Namen deutsch gegeben hat." Ent- scheidend — was denn entscheidend? Gegeben wie denn gegeben?

2) Das Cap. ist wahrscheinlich auf der Rückreise Karls von Rom Juni 801 noch in Oberitalien erlassen; s. Mühlbacher, Reg. Nr. 366.

Dove: Geschichte des deutschen Volksnamens. 213

die Langobarden selber in ihrer Absonderung, die ja sogar politisch auch nach der fränkischen Eroberung noch einiger- massen fortbestand , im praktischen Leben ihre Zunge un- zweifelhaft auf das eigene Volksthum bezogen und nach dem eigenen Volksnamen benannt. Paulus, der nach 787 und wahrscheinlich vor 800 in Montecassino seine Volksgeschichte schrieb, deutet das an, wenn er mehrfach von einer lingua propria, illorum oder eorum lingua u. dgl. spricht. Allein derselbe Autor erzählt daneben: König Alboin werde hac- tenus etiam tam apud Baioariorum gentem quamque et Saxo- num, sed et alios ejusdem linguae homines in Liedern gefeiert, was man ungezwungen wohl nur so verstehen kann , dass Paulus auch das eigene Volk König Alboins in die deutsche Sprachgemeinschaft der überalpischen Stämme mit einschloss, ohne freilich das ins Latein soeben erst eindringende Wort theodisca dabei wirklich zu gebrauchen.^) Für die rein lin-

Das teudisca der besten Handschriften für theodisca steht in den ersten Jahrzehnten ziemlich isolirt da, könnte jedoch sehr wohl auf das Original zurückgehen; es enthält die romanisirte Lautform, passt also auf italische Conception.

1) Eine engere Auffassung des Ausdrucks ejusdem linguae würde auf die eine Seite der Sprachgleichung ßaiern und Sachsen, auf die andere die übrigen deutschen Stämme diesseit der Alpen setzen. Die Stelle ist so wie so bedeutsam , da sie die deutsche Sprachein- heit als einen Gegenstand des Interesses für den Ausgang des 9. Jahr- hunderts erkennen lässt. Von ähnlichen Beobachtungen wird übrigens selbstverständlich öfters Notiz genommen. Ohthere berichtete dem König Aelfred, dass die Finnen und Permen fast dieselbe Sprache redeten: tha Finnas, him thuhte, and tha Beormas spraecon neah an gedheöde. Jordanis fasst die Gepiden mit Ost- und Westgothen auf Grund ihrer gleichen Sprache gelegentlich in eine einzige Nationalität zusammen: (Get. 133 ouinis ubique hujus i. e. Gothicae linguae natio; cf. ib. 58; 131; 95); Prokop (b. Goth. IV, 20) legt ausser diesen dreien auch noch den Vandalen und anderen „gothischen Stämmen" eine einzige Sprache bei: (pwv)] rs avzoig iatc [.da, roz&ixij Isyo/aevtj. Beide denken dabei an gemeinsame Herkunft der sprachverwandten Völker und hätten Augustin beistimmen können, wenn er (de civ.

214 Sitsimg der histor. Classe vom 4. Blärs 1893.

guistisclie Ansicht war ja natürlich die Idee einer bestimmten Sprache so weit ausdehnbar, als das gegenseitige Verständniss von Mundart zu Mundart reichte ; und man muss annehmen, dass die 788 in Ingelheim mit anwesenden und Recht sprechen- den Langobarden der deutschen Verhandlung genau zu folgen im Stande waren.

Was sich so vom Langobardischen behaupten lässt, ist mit dem entfernter abliegenden Gothisch nachweisbar ge- schehen und zwar sogleich an dem drittältesten Fundorte für den Gebrauch des deutschen Sprachnamens. Im Donat- commentar des Smaragdus aus der Zeit zwischen 801 und 805 werden neben einander fränkische und gothische Per- sonennamen aus der auf beide Völker erstreckten Theodisca lingoa erklärt : In Francorum Gothorumque genere haec patronomica species frequentatur multotiens. A parte enim gentili^) et a Theodisca veniunt lingua, de quibus in exemplo Gothorura pauca primum ponimus nomina . . . und weiter- hin: Francorum patronomica secundum Theodiscam linguam haec sunt nomina. Man gewahrt hier deutlich , wie der deutsche Sprachname die Spuren der Entstehung auf dem Wege rein linguistischer Abstraktion an sich trägt : auch das Gothische bezeichnet der Grammatiker als deutsch, weil er es mit dem ursprünglich so genannten Idiom zu identi- ficiren vermag; fränkisch hätte er es hingegen schwerlich nennen können , weil sich die dazu nöthige Voraussetzung

Dei XVI, 6) sagt: auctus est autem numerus gentium multo amplius, quam linguarum; nam et in Africa barbaras gentes in una lingua plurimas novimus. Das alles verdiente keine Erwähnung, wenn es nicht zugleich den Namen Theodiska aufs neue contrastirend be- leuchtete. Man begnügte sich sonst, von „derselben" oder „einer" Sprache zu reden, oder wählte für sie, wie im gothischen Falle, den Namen des vornehmsten Volks; einen eigenen, nicht gentilen Namen für die Gemeinsprache zu brauchen, ist in allen jenen Fällen nie- mandem beigekommen.

1) D. h. hier dem Zusammenhange nach: von heidnischer Seite.

I

Doce: Geachichle des deutsche)!, Volksnamens. 215

einer Ausdehnung des zugrunde liegenden concreten Volks- namens Franken auf die Gothen historisch verbot/) wie denn das gleiche auch für die stets von den Franken geschiedenen Langobarden gelten muss. Ich schliesse, die chronologische Folge durchbrechend, an Smaragdus alsbald das berühmte Capitel aus dem um 840 verfassten libellus Walahfrid Strabo's de exordiis et incrementis quaruradara in observatio- nibus ecclesiasticis rerum an.^) Der schwäbische Autor führt nämlich hier das barbarische Deutsch , das er mit liebens- Avürdiger Selbstironie betrachtet, zwar als seine eigene Sprache und die seiner Landsleute ein: secundura nostram barbariem, quae est theotisca; auch er aber projicirt es dabei nicht auf eine fest umschriebene nationale Grundlage. Auch ihm haben die Gothen zur Zeit ihrer Bekehrung im griechischen Reiche deutsch geredet: nostrum, id est theotiscum, sermo- nem habuerunt; von den Resten dieses Volkes am Pontus weiss er, dass sie noch heute eadem locutione ihren Gottes- dienst beujehen. Wenn er in solchem Zusammenhanoj von den Wörtern spricht, welche die Theotisci den Latini ent- lehnt haben, oder von anderen, welche die Theotisci zu eigen besitzen, so ist klar, dass er dabei auch diesen, hier zuerst auftretenden Namen ,die Deutschen" nicht anders als den der Lateiner in abstrakt linguistischer Bedeutung ohne be-

1) Die wenigen Gothen Septimaniens, die als Reichsgenossen politisch Franken heissen mochten, kommen für den geschichtlichen Gesammtbegriff der gothischen Nation nicht in Betracht.

2) Neue Ausgabe des Capitels (VII) aus der ältesten St. Galler Handschrift von Dümmler, Zts. f. dts. Alt. N. F. XIII, 99 f. Die Datirnng „um 840" beruht auf folgender Erwägung. In dem zweiten Iveichenauer ßücherkatalog (Becker, a. a. 0. p. 19 ff.) verfasst unter Abt Ruadhelni während der Vertreibung Walahfrids 841 842 ist das Werk des letzteren bereits aufgeführt und zwar an vorletzter Stelle. Das Werk ist ohne Zweifel erst in Reichenau geschrieben, das Walah- irid 838 als Abtei erhielt. Man erhält also die Jahre 838—41, und zwar als wahrscheinlich die zweite Hälfte dieser Zeitspanne.

216 Sitzung der kistor. Classe vom 4. Man 1893.

stimmte nationale Beziehung braucht. Etwas anders fasst wohl ungefähr um die nämliche Zeit Walahfrids alter Lehrer Hraban den Gegenstand, wenn er in dem kleinen Aufsatz über die Erfindung der Buchstaben von den Nord- mannen sagt: a quibus originem ducunt, qui theodiscam loquuntur linguam.^) Die Deutschredenden werden hier im Anklang an die von Jordanis und Paulus mitgetheilte Wander- sage von den skandinavischen Germanen genealogisch her- geleitet, für die Gegenwart jedoch von ihnen getrennt; das Deutsche wird somit mehr als bodenständig behandelt.

üeberhaupt darf man sich durch die angeführten excen- trischen Uebertragungen des deutschen Sprachnamens nicht etwa von dessen realer Basis hinweglocken lassen; sie dienen dazu, seine Natur ans Licht zu ziehen, seine wirkliche Ge- schichte spielt sich nichtsdestoweniger von Anfang bis zu Ende auf deutscher Bühne ab. Gleich das nächste Zeugniss nach Smaragd bringt uns entschieden auf diesen Schauplatz zurück. Auf Geheiss Karls d. Gr. beriethen im Sommer 813 in den Reichslanden diesseit der Alpen ^) fünf Provinzial- synoden über die Besserung der kirchlichen Zustände; dem

1) Der Aufsatz de inventione literarum (vgl. Ebert, Literatur des Mittelalters II, 126 f.), offenbar zu Unterrichtszwecken bestimmt, gehört demnach jedenfalls in Hrabans fuldische Periode, also vor 847, vermuthlich vor 842, wo derselbe die Abtei verliess und sich auf den Petersberg zurückzog. Andererseits war das Interesse für die Nord- mannen im Frankenreich erst seit 834, dem Beginn der fast jährlich wiederholten Einfälle, lebendig geworden; cf. Ruodolf. Ann. Fuld. a. 854: Nordmanni, qui continuis viginti annis regni Francorum fines vastabant. Man darf also auch hier auf die Zeit um 840 schliessen_

2) Simson (Jahrb. Karls d. Gr. II, 500 f.) lässt die 5 Synoden „in dem westrheinischen Theile des Reichs" abhalten ; aber die von Mainz, an der u. a. Arno von Salzburg theilnahm, repräsentirte natürlich die ostrheinischen Lande. Alle 5 Concilien hatten sich mit der kirchlichen Reform im ganzen fränkischen Reiche zu befassen, nicht freilich im langobardischen; eben nur Italien haben die Ann. Einhardi mit ihrem Ausdruck per totam Galliam ausschliessen wollen.

Doce: Geschichte des deutschen Volksnamens. 217

Wunsche des Kaisers entsprechend, schärften sie den Bischöfen aufs neue dringend die Pflicht gemeinverständlicher Predigt ein. Zu diesem Behuf empfahl die Synode von Tours die Uebersetzung lateinischer Homilien von vorgeschriebenem Inhalt: ut easdem homilias transferre studeat in rusticam Romanam linguam aut Theotiscam, quo facilius cuncti pos- sint intelligere quae dicuntur. Dem literarisch überlieferten Idiom der Kirche werden hier neben einander zwei lebendige Volks- oder Landessprachen gegenübergestellt, eine roma- nische und eine germanische, jede für sich als Einheit ge- dacht; im Verständniss der letzteren, der Theotisca, begegnen einander die Stämme der Franken und Thüringer, Schwaben und Baiern, Friesen und Sachsen. Den Beschluss der Synode von Tours hat ein Mainzer Concil von 847 wiederholt; sein Wortlaut zeichnet in besonders lehrreicher Weise die ge- sammte sprachliche Situation im karolingischen Frankenreich. In dieser Beziehung schliesst sich ihm die bekannte Stelle in des Paschasius Radbert bald nach 826 verfasster Vita Adalhardi an, wo die dreifache Beredsamkeit des Helden gepriesen wird: quem si vulgo audisses, d. h. in romanischer Umgangssprache si vero idem barbara, quam Teutiscam dicunt, lingua loqueretur quod si latine^) etc. Das Deutsche erscheint auch hier in den beiden möglichen gegen- sätzlichen Beziehungen : dem Romanischen an die Seite ge- setzt, mit dem es die Sphäre des Volkslebens im Reiche auf- theilt, beide an Werth als vulgär oder barbarisch dem Latein, der Rede des gelehrt gebildeten Kirchen- und Staatsmannes untergeordnet.

1) Die Parallelstelle der als Vorrede zur Vita gedichteten Ekloge

Kustica concelebret Romana Latinaque lingua, Saxo quibus pariter plangens pro carmine dicat

zeigt, dasa der Autor bei der barbara, quam Teutiscam dicunt, lingua besonders an Sachsen, wo Adalhard Corvey gegründet hatte, denkt. 1893. Pliilos.-pliilol. u. liist. Cl. 2. 15

218 Sitzung der histor. Classe vom 4. März 1893.

Die meisten noch übrigen Belegstellen aus dem 9. Jahr- hundert zerfallen unter dem eben angegebenen Gesichtspunkt in zwei Classen, deren erste das Deutsche ausdrücklich oder stillschweigend, sofern es sich um die absolute Setzung des Namens in lateinischem Texte handelt, der letzteren Sprache allein gegenüberrückt, während die andere, minder zahlreiche Deutsch und Romanisch für sich als Gegenstücke zeigt. Zu jener gehören ausser den erwähnten Formeln der Rechts- sprache in Gesetzen und Urkunden eine Anzahl bibliogra- phischer Notizen in den Bücherkatalogen von Reichenau und St. Riquier aus den Jahren 821 842: carmina Theodiscae, carmina Theodiscae linguae formata, carmina diversa ad docendam Theodiscain linguam d. h. lateinische Hymnen mit Interlinearversion passio domini in Theodisco, evan- gelium theodiscum u. s. f.^) Unter dieselbe Rubrik fällt das mehrfache theodisce bei Otfrid, der freilich in dem Zueig- nungsbrief an Liutbert von Mainz neben dem Latein im Hintergrunde auch des Hebräischen und Griechischen ge- denkt.*) Man sieht die aufstrebende deutsche Literatur sich gleichsam am Spalier der lateinischen emporranken. Aus dem öffentlichen Leben sind dagegen die Zeugnisse gegriffen, in denen deutsche und romanische Zunge einander in poli- tischem Dialog begegnen. Erst der Bürgerkrieg und die Reichstheilung sind es, die dazu führen. Auf die Strass- burger Eide von 842, wie sie Nithard in den Lauten der lingua Romana wie der lingua Teudisca verewigt hat, folgen die gleichfalls in Theodisca und Romana lingua ausge- tauschten, jedoch nicht in ihrem Text überlieferten Erklä- rungen der drei Frankenkönige beim Friedensschlüsse zu Coblenz von 860.

Bei der von den Söhnen Ludwigs des Deutschen 876

1) S. Becker a. a. 0.

2) Auch die viel umstrittene praefatio zum Heliand ist hierher zu ziehen.

Dove: Geschichte des deutschen VolJcsnatnens. 219

im Ries vollzogenen Theilung des Ostreiches ist der Sache gemäss, da hier keine Romanen zugegen waren, allein von der Eidesleistung in deutscher Zunge die Rede, die bei dieser Gelegenheit in dem bald nachher aufgezeichneten Bericht der Annales Fuldenses zum erstenmal als theutonica lingua auftritt. Der Ausdruck gehört diesmal ohne Zweifel nicht dem offiziellen Aktenstück, sondern dem Berichterstatter zu; es ist Meginhart, dem als Fortsetzer des durch seine taci- teischen Studien bekannten Rudolf die Erinnerung an die germanische Urzeit nahe lag.-^) Wenn er nicht etwa selbst die Neuerung gewagt hat, scheint es jedenfalls die historische Stimmung der auf Hraban zurückgehenden fuldischen Kloster- weisheit überhaupt zu sein, welcher die lateinische Literatur der Folgezeit diese wohlgemeinte gelehrte Verunstaltung des deutschen Namens zu verdanken hat. Doch ist dieselbe nicht zureichend erklärt, wenn man mit Zeuss sagt: „Der Anklang zum alten Namen Teutones war zu stark, dass man sich dessen nicht hätte erinnern müssen," oder mit Waitz auf das Vorbild einiger Stellen des Claudian und des Mero- baudes verweist, an denen das metrisch bequeme Teutonicus sich pars pro toto dem Sinne von Germanicus an- nähert.^) Die Hauptsache ist, dass man auch im Bereich dieser primitiven Wissenschaft die Unnatur eines nunmehr

1) In der Germania, die in der von Rudolf begonnenen, von Meginhart vollendeten Translatio Alexandri benutzt ist, und in den Annalen des Tacitus, die Rudolf in den Fulder Jahrbüchern z. J, 852 citirt, kommen die Teutonen allerdings nicht vor, wohl aber in den Historien, wie bei so manchem anderen, weit mehr gelesenen Autor. Teutonicus boten Properz, Seneca, Claudian u. a. m. Es kam hier nur darauf an, den Ideenkreis zu bezeichnen, in dem die Verwand- lung von theotiscus in teutonicus vor sich ging.

2) Zeuss, die Deutschen und die Nachbarstämme S. 64; Waitz, Verfg. l^, 31. Uebrigens wagte Claudian nur einmal Teutonicus in umfassender Bedeutung, in Eutrop. I, 40G: Teutonicus vomer; Mero- baudes ist blosser Nachahmer.

15*

220 Sitzung der histor. Classe vom 4. März 1893.

nach langer Uebung bereits zu nationalem Nebensinne ge- diehenen Sprachnamens, dem doch kein realer Volksname zu Grunde lag, empfinden musste. Man suchte daher mehr oder minder bewusst nach einem gentilen Substrat für die teutisca lingua und gerieth so, dem Gehöre folgend, auf die alten Teutonen. Ist doch bis heut die nämliche Neigung bei un- geschulten germanistischen Antiquaren aus dem gleichen Grunde nicht völlig erloschen.

Teutonicus , dessen rasche und weite Verbreitung im 10. Jahrhundert für die Intensität der literarischen Bezieh- ungen selbst unter so ungünstigen Zeitverhältnissen Zeugniss ablegt denn in eine lebende Sprache ist es im Mittelalter nicht übergegangen teutonicus hat sich vor 900 nicht ohne Mühe Bahn gebrochen. Notker, der Mönch von St. Gallen, braucht es 883 zunächst noch halb unschlüssig: no.s, qui Theutonica sive Teutisca lingua loquimur ; an einer späteren Stelle , die man mit Unrecht zu übersehen pflegt, setzt er schlechtweg miliaria Theutonica den Italica ent- gegen.^) In dem Realbegriff deutscher Meilen liegt indirekt eine, wenigstens diesseit der Alpen zum erstenmal, von der Sprache absehende Anerkennung der Idee eines deutschen Volkes oder Landes. In Italien erscheinen freilich, wie be- rührt, schon in einer Tridentiner Gerichtsurkunde vom 26. Fe- bruar 845*) unter den bei der Verhandlung Anwesenden vassi domnici des dux Liutfred tarn Teutisci quam et Langobardi und somit die Unterscheidung einer deutschen Nationalität von der lombardischen, die man sich als damals allgemein romanisirt vorzustellen hat. Denn allein aus der Wahrnehmung der gleichen Fremdsprache konnte sich dem Italiener die Wahl dieses bequemen Sammelnamens für l)airische , schwäbische oder andere , an sich gleichgültige

1) Monach. Sangall. I, 10; II, 1.

2) Muratori Antiq. Ital. II, 971.

Dove: Geschichte des deutschen Volksnamens. 221

Abstammung der nördlichen Einwanderer ergeben. Der Name Francus, einst dem Langobardus in transalpiner Bedeutung überhaupt entgegengesetzt, zog sich dort nunmehr auf* die Galloromanen zurück; eine italische Urkunde von 909 unter- scheidet dreierlei Zeugen : ex genere Francorum, Langobar- dorum, Teutonicorum. In Deutschland selbst wird aus paläographischen Gründen noch ins 9. Jahrhundert eine altsächsische Glosse: Germania = thiudisca liudi, die deutschen Leute, gesetzt; nach jener Stelle Notkers, die von deutschen Meilen redet, in der That nicht mehr unerwartet.

Ueberblickt man so die ganze Reihe von Beispielen der Anwendung des deutschen Namens aus dem Jahrhundert von Tassilo's Sturz bis zum Tode Karls des Dicken , so ergiebt sich leider für die unbezeugte Geschichte seiner Entwicklung vor 788 daraus nur sehr wenig. Das Einzige, was wir dabei von Fall za Fall noch anschaulicher wahrnehmen konnten, als zuvor, ist das langsame Herabsteigen des Namens theodisk aus der ideellen Luft linguistischer Betrachtung auf den reellen Boden der volksthümlichen Gesammtexistenz , d. h. also eine Bestätigung des Problems, keine Handhabe zu seiner Lösung. Im übrigen sieht man eben nur die verschiedenen Verhältnisse widergespiegelt, in denen im 9. Jahrhundert ein Bedürfniss oder doch ein Anlass bestand , sich des Begriffs einer deutschen Gesammtsprache unter diesem bereits vor- handenen Namen zu bedienen : im Rechtsleben, wo es galt, auf den technischen Ausdruck zurückzugreifen ; im kirchlichen, wo es sich um gemeinverständliche Predigt handelte ; in der Literatur auf ihrem dermaligen Standpunkt der üebersetzung oder Nachbildung; zuletzt, seit 840, bei den politischen Ver- handlungen der national verschiedenen Reichshälften. Man erhält demnach wohl eine Anzahl von Fragen an die Ge- schichte des 8. Jahrhunderts vor 788 , die Antworten aber werden allein von dieser selbst zu erwarten sein. Und auch dadurch kommt man der genauen ursprünglichen Bedeutung

222 Sitzung der histor. Classe vom 4. März 1893.

des deutschen Sprachnamens und mithin den Umständen seiner Entstehung nicht n.äher, dass man nach dem Vorgange Jacob Grimm's auf die mannichfachen Epitheta ein Auge hat, welche der theodisca lingua neben diesem Namen oder an seiner Statt in den Quellen beigelegt werden. Gentilis, vulgaris, barbarus sind ebenso wenig wie patrius , proprins, vivus als erläuternde Uebersetzungen von theodisk gemeint ; sie konnten der deutschen Gesammtsprache ebenso gut nach- gesagt werden , wenn sie die fränkische hiess. Auch sie stellen lediglich Gesichtspunkte dar, unter denen die bereits benannte Sprache im 9. Jahrhundert betrachtet werden konnte; welcher von ihnen denn einer konnte es nach bekanntem psychologischen Gesetz nur sein bei der Namenschöpfung selbst im 8. Jahrhundert massgebend gewesen , lässt sich durch einen Rückschluss nicht ermitteln.

Indem ich mich der Zeit vor 788 zuwende , muss ich noch beiläufig eine irreführende Erscheinung aus dem Wege räumen. In die Monumenta Alcuiniana hat Jaffe einen Brief des päpstlichen Legaten Georg , Bischofs von Ostia , an Hadrian I. aufgenommen , worin jener über das Resultat seiner im Jahre 786 zum Zwecke kirchlicher Reform nach England erfolgten Sendung berichtet.^) Es kommen dabei die Beschlüsse eines 787 zu Cealchydh in Mercien unter König Offa abgehaltenen Concils zur Sprache, von denen es heisst: et in conspectu concilii clara voce singula capitula perlecta sunt et tarn Latine quam Teutonice, quo omnes in- telligere possent , dilucide reserata sunt. Der Brief ward zuerst in den Magdeburger Centurien nach einer inzwischen verlorenen Vorlage publicirt und ist dann mehrfach in Con- ciliensammlungen wiederholt worden. Herausgeber und Be- nutzer scheinen das Teutonice bisher ohne Anstoss gelesen

1) Bibliotheca rer. Germanic. VI, 155 sq. Zur Datirung und Geschichte der Synode von Cealchydh vgl. Heinsch, die Reiche der Angelsachsen zur Zeit Karls d. Gr., Breslau 1875 S. 28 IF.

Dove: Geschichte des deutsehen Volksnamois. 223

zu haben ; Freeman betrachtet es als ein oTta^ lEyof.i£vov in der Geschichte des heimischen Sprachnamens mit Verwun- derung, ohne es doch zu verwerfen. i) Stünde Theodisce da, so fände dieser Ausdruck sprachhch im Altenglischen selbst direkte Anlehnung, wiewohl es doch stutzig machen müsste, ihm dies einzigemal in solcher Punktion zu begegnen. Man möchte deshalb zur Noth den fränkischen Abt Wighod, der auf Befehl Karls des Grossen den römischen Legaten be- gleitete , für die Einschleppung eines immerhin halb zu- treffenden AVortes verantwortlich machen ; denn einer Aus- dehnung des continentalen Begriffs theodiska auf das Angel- sächsische stand 787 nichts Erhebliches im Wege. Ent- scheidend aber ist die Form teutonice als ein beinah säcularer Anachronismus. Gewahrt man nun, dass die Magdeburger Editoren an zahlreichen Personennamen und zwar besonders an deren Anfangssilben die gröbsten, von Jaffe berichtigten Lesefehler begangen haben , so wird man kein Bedenken tragen , teutonice in das verständliche saxonice zu verwan- deln.^) Es bleibt somit für das Auftauchen des deutschen Namens bei dieser Seite des Kanals und beim Jahre 788. Bei der nun folgenden gewagten Erörterung handelt es sich nicht etwa um das dem Historiker unzugängliche Ge- heimniss der Wortschöpfung, vielmehr allein um die Frage, wie, d. h. zu welcher Zeit und womöglich an welcher Stelle, vor allem in welchem Sinn und unter welchen Umständen, sich der rein geschichtliche Prozess der Herausbildung eines

1) In der oben angeführten Note „Use of the word English."

2) In saxonice für anglice braucht man nicht nothwendig con- tinentale Redeweise zu sehen (vgl. o. und ferner Saxonicum ver- biim in der Lul'schen Briefsammlung, Jaffe', bibl. III, 311); an der Synode von Cealchydh nahmen der Erzb. v. Canterbury, der B. v. Winchester u. s. w. theil, sie galt der vorangegangenen northum- brischen gegenüber für die Kirche des südlichen, vorwiegend säch- sischen Englands überhaupt.

224 Sitzung der Mstor. Classe vom 4. 3Iärz 1893.

noiiien proprium für die deutsche Sprache aus dem nomen appellativum „die Völkische", d. h. die Volkssprache, voll- zogen habe. Dieser Prozess, der, wie wir sahen, vor dem Jahre 788 abgelaufen sein muss, bestand, ich wiederhole es, in der eine Zeitlang constanten Anwendung einer von Haus aus gattungsmässigen Bezeichnung auf den nämlichen ein- zelnen Gegenstand. Auf diesen, die Gemeinsprache der ger- manischen Stämme im Frankenreich, rauss zu solchem Ende in der betreffenden Periode eine concentrirte Aufmerksamkeit fferichtet worden sein. Ebenso selbstverständlich ist auf der

o

anderen Seite, dass die in der Namengebung liegende be- tonte Hervorhebung einen Gegensatz nach aussen in sich schliesst; Individualbenennung bezweckt überall eine auf Ver- gleich beruhende Unterscheidung. Als solche Gegensätze bieten sich auf den ersten Blick die lateinische und die romanische Zunge dar, und man hat bald mehr an den einen, bald mehr an den anderen gedacht, je nach der doppelten Auslegung, die das zweideutig schillernde moderne Wort Volk für BegrifP und Namen der Volkssprache zu erlauben schien. Noch heute fassen die einen den letzteren im vulgären Sinn als die Sprache der Menge, wobei als contrastirendes Bild nur die Idee des lateinischen Idioms als der Ausnahme von der Regel, der Sprache der Gebildeten oder Gelehrten in Schule und Schriftwesen, Kirche und Staat vorgeschwebt haben könnte. Die anderen erblicken im Deutschen das nationale Moment: die Theodiska wäre die angestammte Zunge des eigenen Volks gegenüber der fremdartigen Rede, wobei sich der Gegensatz zu den romanischen Reichsgenossen als der nächste zu empfehlen scheint; doch will ich sogleich bemerken, dass nach der Ansicht jener Zeiten das Deutsche auch dem Latein gegenüber als nationale Eigenthümlichkeit charakterisirt werden konnte.

Noch ein dritter Gegensatz ist hin und wieder in Be- tracht gezogen worden; auch er geht vom Nationalen aus,

Dove: Geschichte des deutsche n Volksnamens. 225

wendet sich aber nach innen statt nach aussen, nicht wider das Fremde, sondern wider das Partikulare. Die deutsche Sprache wäre die des gesaramten Volks, des theod in emi- nentem Sinne, gegenüber dem Bairisch, Schwäbisch, Säch- sisch u. s. f. der gewöhnlich als theoda bezeichneten ein- zelnen Stämme. Nur schade, dass diese auf den ersten Blick überaus lockende Annahme einen historischen circulus vitiosus in sich birgt. Ist doch Idee und Name der gemeinsamen Nationalität, wie gezeigt, vielmehr umgekehrt erst aus dem Begriff und Kennwort der gemeinschafthchen Sprache lang- sam hervorgewachsen. Dass der Gedanke der nationalen Einheit im 8. Jahrhundert auf germanischem Boden in arti- kulirtem Bewusstsein nicht bestand, erhellt zur Genüge aus dem Mangel eines selbständig entwickelten umfassenden Volks- namens. Verhielte es sich anders, so müssten wir den Theo- disci selbst, wo nicht früher, so doch wenigstens gleichzeitig mit der Theodisca lingua begegnen. Es bleibt mithin für die letztere bei dem äusseren Gegensatz, entweder der Vulgär- sprache gegen das Idiom der durch Bildung aus der Volks- menge Hervorragenden, oder aber der Sprache des eigenen Volksthums gegenüber der eines fremden. Auch zwischen diesen beiden Vorschlägen endgültig zu wählen, ist nicht schwer. Das altdeutsche theod oder diot hat nämlich ebenso Avie seine germanischen Verwandten, das altenglische theod, die gothische thiuda, das nordische thiod mit dem bloss quantitativen Begriff der Volksmenge, also mit dem Vulgären auch in dieser seiner mildesten Bedeutung, nichts zu schaffen; es bezeichnet vielmehr in jenen Tagen ausschliesslich das Volksganze, sei es national, sei es politisch organisirt, was für die Jahrhunderte der Stammesgeschichten thatsächlich zusammenfällt, den Volkskörper, die Volkspersönlichkeit. Es besagt generell soviel, wie individuell der Volkseigenname: Gut-thiuda ist Gothorum gens, wie Fraukono thiot bei Otfrid die gens oder der populus Francorum. Theod mag dabei

226 Sitstmg der histor. Glasse vom 4, März 1893.

inimerbin seiner Etymologie nach ursprünglich von der Idee der Abstammung so wenig an sich getragen haben, wie etwa das griechische ed-pog, das dennoch im Laufe der Zeiten ebenso zum technischen Wort für den durch einen eigenen gentilicischen Namen ausgezeichneten, in der Regel auf dem Stammverbande beruhenden Volkskörper geworden ist. Will man einseitig den Blutzusammenhang, die genealogische Ein- heit dieses Volkskörpers betonen, so braucht man, dem latei- nischen genus oder natio jener Zeiten entsprechend, im Deutschen kunni, wie im Altenglischen cyn so Angelcyn für die englische Nation, das genus Anglorum selber. Gilt es die politische Organisation allein, so steht für den nationalen Heereskörper am liebsten folc, gleich dem populus für exer- citus in den Quellen der Völkerwanderungsperiode; im übrigen aber ist auch hier theod vollkommen an seiner Stelle. Es genügt, an die bekannten Ableitungen für staatliche Funk- tion, vor allem an den gothischen thiudans, altsächsischen thiodan, altenglischen theöden, den Volksherrscher, oder an den ähnlichen Sinn des fränkischen wie gothischen Personen- namens Theoderich zu erinnern. Das Wort ist später gegen das Mittelhochdeutsche hin als diet in seiner Geltung rasch gesunken, wie gleichzeitig gens in den romanischen Sprachen; für das 9. Jahrhundert dagegen, geschweige für das 8., be- hauptet es in Deutschland noch durchaus seinen edlen Gehalt. Sucht man indess nach einem Ausdruck, der wie das latei- nische populus vom vornehmen Begriff des Volkskörpers zum plebejischen der blossen Volksmenge herabreicht, so ist ausser auf folc ganz besonders auf liut mit seiner pluralen Neben- form liuti, die Leute, zu verweisen.^)

1) „Noch fehlt es uns," kann man nach mehr als 30 Jahren mit Vilmar (deutsche Alterthümer im Heliand S. 62) sagen, „an einer genaueren Erörterung der für Volk, Stamm, Geschlecht, in unserer alten Sprache vorkommenden Ausdrücke, welche ohne Zweifel durch- gängig sehr bestimmte Verhältnisse auf ebenso bestimmte Weise

Dooe: Geschichte des deutschen Volksnameiis. 227

F'ür theodisk folgt hieraus, dass es sicher nicht volks- raässig, d. h, zum Wesen der Volksmenge gehörig, vulgär, vielmehr allein volksthümlich, zum Volksthum oder zum Wesen des Volkskörpers gehörig, national, angestammt, ein- heimisch u. dgl. bedeutet haben kann. Wird doch das ge- rade Gegenstück alienigena, peregrinus, barbarus althoch- deutsch analog durch aliodiotig, altsächsisch elithiodig, alt- englisch eltheödig = „fremdvolkig" w^iedergegeben. Auch an dem altenglischen getheöde = das „Gevolke," die Volks- sprache, erkennt man sofort die nationale Farbe des Sinns, wenn man z. B. in König Aelfreds Vorrede zur Regula pastoralis Gregors d. Gr. liest, wie die verschiedenen Nationen, theöda, die heiligen Texte on hiora agen getheöde wendon, in ihre eigene Volkssprache übertragen. Hätte man unsere festländische germanische Sprache als die vulgäre gegenüber dem Latein bezeichnen wollen, so musste man ein Beiwort

kenntlich machten und mit unseren bildlichen und abstrakt gewor- denen Bezeichnungen sich nicht vergleichen lassen.'' Vilmar selbst behandelt übrigens a. a. 0. gerade thiod (thioda) nach seiner Ver- wendung im Heliand im allgemeinen treffend, während Grimm in seinen Auslassungen über theodisk alle möglichen Erklärungen geist- reich durcheinander wirft. Man vgl. zum oben Gesagten Steinmeyer und Sievers, althochd. Glossen I, 164—65: gentes = deota, nationes = khunni etc.; ferner Graff, ahd. Sprachsch. V, 124 ff. : diot = gens, natio, populus, besonders charakteristisch: Hute dieto = populos gen- tium; ebd. II, 193 ff. Hut = populus, plebs; III, 505 ff. folc = popu- lus, plebs; vulgus heisst einmal daz smala Hut, ein andermal luzilaz foleh u. s. w. Dazu die übrigen Wörterbücher, wobei jedoch stets die Chronologie der Belegstellen zu beachten ist. Dem all irmindeot des Hildebrandliedes entspricht genau die cuncta hominum gens des Walahfrid, Poetae Latini II, 393. Auch gentes = Heidenvölker im glimpflichen Sinne wird durch deota wiedergegeben , im scharfen Sinne = Heiden überhaupt steht dafür die heidineu; gentilis = heid- nisch heisst wie paganus immer heidanisc, nie dagegen nach ver- meintlich gothischem Muster theodisk. Die zahlreichen Com- posita mit theod haben in allen germanischen Dialekten stets die Beziehung auf das ganze Volk im Auge.

228 Sitzung der Mstor. Classe vom 4. März 1893.

dieser Richtung etwa von Hut ableiten; wir würden waliv- scbeinlich die Leutschen, jedenfalls aber nicht die Deutschen heissen. Eine Theodiska dagegen konnte nur die nationale Sprache, das einem bestimmten Volkskörper anhaftende, an- gestammte Idiom bedeuten. Denken wir uns Otfrid um ein Jahrhundert oder etwas mehr hinaufgerückt, so hätte er neben seinem Frankono thiot statt von einer Frenkisga zunga vielleicht noch in gleicher Tragweite von einer Frankono theodiska mit appellativer Verwendung dieses Worts, d. h. einer Francorum lingua gentilis, sprechen können. In Wirk- lichkeit ist, wie wir wissen, vor 788 diesseit des Rheins durchaus nur von einer Mehrzahl von gentes oder theoda die Rede gewesen. Die Angehörigen jedes dieser sechs Stämme mussten daher den Ausdruck theodisk, sobald er ihnen in Bezug auf das eigene Volksthum in Opposition zu einem fremden entgegengehalten ward, in gerader Linie auf das bairische, thüringische, friesische theod u. s. w. beziehen. Aber alle diese anscheinend divergirenden theodisk trafen, wenn damit auf die angestammte Sprache gezielt ward, bei der wesentlichen Einheit sämmtlicher Mundarten in der Sache dennoch zusammen. So ward gleichsam schlummernd in die Volksseele, gebettet in den nachgiebig dehnbaren Namen Volkssprache, der Gedanke eines grösseren theod, als einer sechsfältig einheitlichen Nation, hineingetragen, um in den folgenden Menschenaltern durch den stetig wiederholten Ruf „so weit die deutsche Zunge klingt" zum hellen Bewusstsein des Deutschthums erweckt zu werden.

Einer so eindringenden Zergliederung der einschlägigen Begriffe bedarf es vornehmlich für den Fall, dass das Wort theodisk selbst eine ganz junge, erst zu der in Rede stehen- den Zeit und vielleicht ausschliesslich im Hinblick auf das eine Objekt, die angestammte Sprache, zu Stande gekommene Ableitung aus dem uralten theod darstellt. War hingegen auch das Adjectiv theodisk, natürlich in genereller Bedeutung,

Doce: Geschichte des deutschen Volksnamens. 229

in unseren Mundarten schon in weit frülieren Tagen im Schwange, ja vielleicht wiederum gerade auch für den Gattungsbegriff einer beliebigen Volkssprache gangbar, so musste sich der Prozess der Erhebung des Appellativs Theo- diska zum Eigennamen für die deutsche Gesammtsprache in der Periode kurz vor 788 bei weitem bequemer vollziehen. In längerem Umlauf hätte das Wort gewiss an scharfem Gepräge eingebüsst; die Erinnerung an ein darin steckendes präcis umschriebenes theod konnte dabei ebenso in den Hinter- grund getreten sein, wie etwa für uns die an die wirkliche Mutter, wenn wir Muttersprache sagen. Die sechs deutschen , Stämme" oder „Völker," so streng sie sich sonst von ein- ander unterschieden dachten, mochten ein dergestalt abge- schliffenes „angestauimt" oder „volksthümlich" nunmehr in constantem Gebrauch ohne weiteres auf die allen gemein- same Zunge als solche beziehen lernen. Es ist deshalb von Interesse, die Wahrscheinlichkeit einer Präexistenz von theo- disk oder theodiska in genereller Bedeutung bei unseren Stämmen zu erwägen.

Im Deutschen selbst tritt ein Appellativ theodisk, diutisk neben seiner Funktion als Eigenname niemals auf. Wäre es dennoch ehedem gäng und gebe gewesen und nur durch seine Spezialisirung generell unmöglich geworden, so sollte man wenigstens für einen anscheinend so wichtigen Begriff wie national alsbald das Emporkommen eines einheimischen Ersatzwortes erwarten. Allein umsonst: unser „volksthümlich" hat sich erst ein volles Jahrtausend später eingestellt: es ward zugleich mit „Volksthum" selbst im -Jahre 1810 durch den alten Jahn aus eigener Machtvollkommenheit geschaffen.^)

1) Jahn wusste sehr wohl, was er that: „Namen und Sache war sonst Eins bei unseren Vorfahren: deutsch heisst volksthümlich .... unsere Volksthümlichkeit, oder die Deutschheit" (Deutsches Volks- thuru, S. 9). Man sieht, er machte den Prozess de^^ 8. .Jahrhunderts gewissermassen linguistisch wieder rückgängig durch eine patrio-

230 Sitzung der histor. Glasse vom 4. März 1893.

Eine erhebliche Rolle dürfte man übrigens dem appellativen theodisk im Ernst auf keinen Fall beilegen. Das Mittelalter dachte concret; man sagte: fränkisch, sächsisch, welsch, lom- bardisch, wenn man dem eigenen Stammesgefühle Luft machen oder die angeborene Art der Fremden kennzeichnen wollte, und grübelte nicht gleich uns in theoretischer Abstraktion über Volksthum im allgemeinen, üeberdies fehlt im Nor- dischen ein dem theodisk paralleles Gebilde ganz, und das gleiche lässt sich getrost vom Gothischen sagen : das formell genau correspondirende Adverb thiudisko, womit Ulfilas ein- mal si^vixüjg im Sinne von heidnisch übersetzt, war eine freie Nothschöpfung für den Einzelfall.^) Ein ganz anderes Bild gewährt dagegen freilich die Heranziehung des Angel- sächsischen. Hier findet sich wirklich ein Adjectiv theödisc in der allgemeinen Bedeutung zum Volke gehörig, eingeboren ; allerdings an einer einzigen und zudem sehr späten Stelle ;

tisch reflektirende Destillation des im Volksnamen festgewordenen Appellativs.

1) Gal. II, 14. El ov 'lovSaTog vjrägxon' ed^vixwg ^fji; aal ova 'lovdaixcjg, nüg xa s&vi] drayxdCsi? 'lovdaitsiv ; Si tu, cum Judaeus sis, gentiliter vivis et non Judaice, quomodo gentes cogis JudaizareV Jabai thu Judaius visands thiudisko libais jah ni judaivisko, hvaiva thiudos baideis judaiviskon? Da Ulfilas s-^vt-j stets durch thiudos übersetzt, musste er hier der strengen Proportion des grie- chischen Satzes durch ein willkürlich ad hoc gebildetes thiudisko für £&viHwg ebensowohl gerecht werden, wie durch das natürlich nicht minder neugebackene judaiviskon, jüdeln. Das Latein war in der- selben Lage: während sonst dem gentilis und gentiles der Vulgata in der Itala regelmässig Graecus, ethnici oder gentes gegenübersteht, giebt es an dieser einzigen Stelle für gentiliter im älteren Texte keine Variante. Hätte im Gothischen ein Adjectiv thiudisks existirt, so würden wir für ol i&nxoi nicht die Umschreibung thai thiudo = Ol zcüv e§vMv, für "EXXi]V£g rivsg, quidam gentiles, nicht sumai thiudo = quidam gentium antreffen. Auch hinterdrein hat sich ein thiu- disks nicht einmal für heidnisch entwickelt; man hielt sich an das neue paganus, das eine spätere Hand als haithno = 'EXhjvig, pagana bereits in die gothische Bibel eingetragen hat.

Dove: Geschichte des deutschen Volksnamens. 231

Layamon sagt in seinem gegen 1205 geschriebenen Brut (V. 5838) einmal von den Bewohnern Roms : tha theodisce men, die einheimischen Männer, Nicht allein drei Jahr- hunderte älter, sondern auch an sich um vieles merkwürdiger ist sodann das ebenso vereinzelte Vorkommen eines substan- tivirteu Neutrums theödisc in der generellen Bedeutung „Volkssprache", wofür gewöhnlich, wie gesagt, getheode steht. Thät tha ütemestan thioda eoverne naman upahebban and on manig theödisc eov herigen, heisst es in Aelfreds Boetius : dass die äussersten Völker euren Namen erheben und in mancher Volkssprache in manchem Deutsch , ist man versucht zu sagen euch preisen.^) Was man aus dieser Erscheinung zum mindesten entnimmt, ist die auch sonst deutlich ^) eingeborene Neigung speziell der Westger- manen, aus dem Volksbegrilfe das eine oder andere Derivat für die Sprache als Hauptmerkmal der Nationalität zu ge- winnen. Auf die Präexistenz eines westgermanischen theodisk mit besonderer linguistischer Tendenz wird man, isolirt und verhältnissmässig jung wie das Wort bei Aelfred auftritt, nicht mit Gewissheit, immerhin jedoch mit Wahrscheinlichkeit

1) Die Metra überarbeiten die Stelle folgendermassen : thät eöv sCidh oddhe nordh tha ytmestan eordhbüende on monig thiödisc mic- luni herien, dass euch in Süd oder Nord die äussersten Erdbewohner in mancher Sprache stattlich preisen. Grimm sah hier sonderbarer- weise in theödisc oder thiödisc eine Nebenform für theöd selbst und übersetzte: in variis gentibus; das Richtige, in variis Unguis ergiebt sich auch aus der Vorlage, Boet. de consol. phil. II, 7 : Licet remotos fama per populos means diffusa linguas explicet. Es ist wohl auf Grimm's Vorgang zurückzuführen, wenn in Wörterbüchern für theö- disc neben lingua noch gens, aber ohne Citate, weiterlebt; s. H. Leo, angelsächs. Glossen S. 132; Bosworth u. s. w. ; richtig dagegen Ett- müUer, Lexic. Anglosax. p. 598.

2) Dahin gehört, wie auf altenglischer Seite getheode, auf alt- hochdeutscher das freilich nicht mit unbedingter Gewissheit direkt auf diot zurückzufühx'ende diutan, deuten ^= dem eigenen Volke nahe bringen, auslegen, übersetzen u. dgl. m.

232 Sitzung der histor. Classe vovi 4. März 1893.

schliessen dürfen. Zugleich ergiebt sich aufs neue, dass die Individualisirung des Gattungsnamens Volkssprache zAim Eigen- namen eines bestimmten Idioms in Deutschland allein und dort jedenfalls nach der Auswanderung der Angeln und Sachsen stattgefunden hat.

Ich kehre damit zu der uns eigentlich beschäftigenden Begebenheit wir dürfen ohne Bedenken sagen : des 8. Jahr- hunderts — zurück. Sie bestand , wie berührt , aus einer stetig fortgesetzten , ungewöhnlich häufigen Nennung der „Volkssprache" stillschweigend darunter verstanden die eigene gegenüber einem damit verglichenen fremden Idiom, wodurch natürlich unvermerkt die appellative Bezeichnung zum nomen proprium verdichtet ward. Der geistige Blick musste ferner dabei auf die Gemeinsprache mehrerer deutscher Stämme als solche gerichtet sein, denn sonst hätte man ohne Zweifel die vorhandene concrete Be- nennung Fränkisch oder Schwäbisch u. s. w. nicht verlassen. Das leitet sofort nicht allein auf ein bewusst, ja mit Absicht vollzogenes Geschäft, sondern zugleich auf den Gegensatz zum Latein als den einzig möglichen. Die Contingente der rechtsrheinischen Stämme, die auf den Feldzügen Pippins und Karls mit einander den Romanen begegneten, werden, naiv wie sie dachten, zwar in ihrer Gemeinsprache, aber nicht von ihr viel gesprochen haben. Im übrigen kam den Deutschen in ihrer Menge die rustica Romana damals wenig zu Gehör, von national gefärbter politischer Parteiung, wie nach 840, war noch keine Rede. Der höhere Culturverkehr im Reich verlief in erster Linie lateinisch, in zweiter fränkisch. Auch zum Latein aber fühlte man sich auf germanischer Seite, wie schon hervorgehoben, noch in nationalem Gegensatz. Einem Otfrid in seiner Dichtung so ofut, wie Könige Aelfred in seiner Uebersetzung stehen bei ihrer Arbeit die Kriachi joh Romani , die Greccas und Laedenware, Lateinmänner, diese Vorbilder literarischer Thätigkeit, mit denen zu wett-

Dove: Geschichte des deutschen Völksnamens. 233

eifern dem Franken wie dem Engländer Stolz mid Pflicht ist, als greifbare Volkskörper lebendig vor Augen. Und nur das Latein bot ja überhaupt vermöge seiner ganzen Stellung im geistigen Leben Gelegenheit , und zwar beständige , zu einer mit linguistischer Besinnung betriebenen Confrontation mit der eigenen Volkssprache, die man dabei als solche kenntlich zu bezeichnen wieder und wieder Anlass fand.

Ist dem so, wie es denn wohl zugestanden werden wird, so lässt sich am Ende auch der besondere Kreis des geistigen Lebens näher angeben , in welchem der gedachte Vorgang seinen Schauplatz hatte. An den Staat in seiner urkundenden und gesetzgebenden Waltung wird man, obwohl die ältesten Zeugnisse für die theodisca lingua uns gerade auf diesem Gebiete aufstossen, trotzdem nicht denken wollen. Er ver- fährt da nicht eigentlich sprachvergleichend ; von praktischen Tendenzen beseelt, nimmt er die Dinge einfach, wie sie liegen. Wie er die rechtlichen termini der grösseren Klarheit halber in lakonischen Citaten aus der Volkssprache in seine lateini- schen Aktenstücke herübersetzt, so bedient er sich auch der Sprachnamen kurz als einmal vorhandener Thatsachen. Er mochte mit politischem Bedacht zumal 788 bei der Kata- strophe Tassilo's einen fertigen Ausdruck wie Theodiska wählen, der den östlichen Stämmen direkter entgegenkam, als der fränkische Name. Zur vorhergehenden Einübung jenes Ausdrucks in der germanischen Gemeinsprache selbst aber hat er schwerlich viel gethan oder thun können.

Anders steht es natürlich mit der Culturpolitik des Königs selber, mit seiner berühmten Fürsorge für Schule, Sprache und Literatur. Nur dass dieselbe in feinerer und intensiverer Weise bekanntlich erst mit den achtziger Jahren beginnt, und die deutschlinguistischen Bemühungen insbe- sondere, Entwurf wie sie blieben, gewiss erst der Zeit nach der LTnter werfung Baierns angehören. Auch erhoben wir aus Einhart und verwandten Autoren die dringende Wahr-

1893. Philos.-pbilol. u. hist. Gl. 2. 16

234 Sitzung der histor. Classe vom 4. März 1893.

scheinlichkeit, dass gerade am Hofe, wo man in der That im engeren Sinne fränkisch sprach, wohl in der Regel auch vom Fränkischen im weiteren Sinne des Deutschen ge- sprochen ward. Jedenfalls wird es zur Ausbildung des letz- teren Worts zum festen Spracheigennamen in diesen Kreisen während der kriegerischen Jahre vor 788 schwerlich ge- kommen sein. Man bedarf dafür ohnehin des Ansatzes einer längeren Periode, woraus zugleich zu folgern ist, dass auch Literatur und Schule überhaupt , soweit sie von der Kirche zu trennen sind, in ihren schwachen Anfängen vor jenem Epochejahr wenig dazu beitragen konnten. Wir werden sonach in jeder Hinsicht auf die kirchliche Region als solche verwiesen. Von der Kirche erhalten wir denn auch sogleich den terminus a quo für den uns beschäftigenden Vorgang. Vergegenwärtigen wir uns abermals, dass die constante Bezeichnung des dem Latein gegenübergestellten Idioms als theodiska dann und dort vorauszusetzen sein wird, wann und wo man weder allein noch in erster Linie das eigentlich fränkische Wesen, vielmehr die Summe der deutschen Stämme überhaupt oder doch eine Mehrzahl von ihnen mit Ueber- legung ins Auge fasste. Gerade das war die berufsmässige Aufgabe der deutschen Kirche von den Tagen ihrer Gründung her. Germanien, als Ganzes an und für sich geistig er- griffen , tritt uns in keinem Buche des Mittelalters so oft und so stark entgegen, wie in der Sammlung der Briefe von und an Bonifaz. Ihm schwebt von Anfang an und jederzeit das rechtsrheinisch deutsche Land, die plaga orientalis Reni fluminis, als providentiell bestimmtes Missionsgebiet vor der Seele. Dort hat er sich vom legatus Germanicus der all- gemeinen Kirche zum geistlichen Oberhaupt der von ihm für diese erworbenen provincia Germaniae emporgeschwungen. Das Papstthum erblickte von seiner fernen Höhe herab in den neu herbeizubringenden Stämmen dieses Landes von vornherein, der geschichtlichen Entwicklung vorgreifend, eine

Dove: Geschichte des deutschen VolJcsnamens. 235

einzige grosse Nation. Dreimal zwischen 722 und 732 ist in den Schreiben Gregors II. und III. an den Send- boten und Kirchenstifter ein alleinstehendes Faktum in der karolingischen Zeit schlechtweg von der gens Ger- maniae, wie von einem und demselben theod, die Rede.^) Bonifaz in seiner realen Anschauung des Sonderdaseins der einzelnen deutschen theoda spricht dagegen wieder und wieder nur von der Vielzahl der gentes oder populi Germaniae, der Germanicae gentes.*) Indem er sie jedoch zugleich stets in Gedanken insgesammt umfasst worin konnte ihm die

1) Jaffe, bibl. III, 81; 86; 91.

2) Es wäre unrichtig, unter den gentes Germaniae oder Germa- nicae gentes des Bonifaz nichts anderes, als „die Heiden Germaniens, die germanischen Heiden* zu verstehen. Gentes, einst wie s'&vt) als blosser Sammelname für eine beliebige, ungegliederte Masse heid- nischer Menschen gebraucht, hat im 8. Jahrhundert überhaupt nur noch selten diese Bedeutung; längst war dafür gentiles und vor allem pagani emporgekommen. Gentes selbst hatte sich dem gegenüber, wo es überhaupt mit heidnischer Färbung versehen erscheint, an die Peripherie der christlichen Welt zurückgezogen und bezeichnet dort die von der vocatio gentium noch nicht erreichten Heidenvölker in ihrer natürlichen Gliederung. So mag es auch Bonifaz an vielen Stellen meinen. Dass ihm jedoch dabei wirklich die einzelnen Stämme Germaniens vor Augen stehen, beweisen Wendungen wie ad praedi- candum Germaniae erroneis vel paganis gentibus, pro Germanicis gentibus idolorum culturae deditis u. dgl., wo die heidnische Charak- teristik den gentes erst von aussen durch besondere Zusätze beige- legt wird; ferner das für gentes, wenn auch nur vereinzelt eintretende populi; endlich die Aufführung der einzelnen Stämme unter ihrem Namen, wie gens Baioariorum. Schon oben haben wir erwähnt, dass gentes nur in jenem glimpflichen Sinne der noch unbekehrten Völker im Deutschen durch theoda übersetzt wird; alles andere Heidnische wird stets mit diesem noch heute gangbaren Namen be- zeichnet. Theodiska könnte daher auf keinen Fall eine Uebertragung von lingua gentilis als „der heidnischen Sprache" sein, vielmehr höchstens im Munde des Bekelirers der theoda einen leichten Bei- geschmack von „heidnischer Volkssprache" erhalten haben, der jedoch auf die Bekehrten dann nicht überging.

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236 Sitzung der histor. Classe vom 4. März 1893.

Einheit dieses seines Missionsgebietes deutlicher gegenwärtig sein, als in der Sprache? Er zuerst kann und wird diese in ihrer wesentlichen Identität von der friesischen Küste bis ans bairische Gebirg hinauf mit gereiftem Bewusstsein be- gleitet haben. Ihre Confrontation mit dem Latein war das eigenste Geschäft des Bekehrers und Predigers. Was küm- merte ihn dabei Thüringisch , Schwäbisch oder Fränkisch ? Es war immer das gleiche getheode oder theodisc um es angelsächsisch auszudrücken , in das er die Ideen der Kirchensprache zu übersetzen hatte. Was bei den Tauf- handlungen der früheren Jahrzehnte praktisch zur Sprache kam/) musste im Schoosse der germanischen Synoden der vierziger Jahre auf eine gewisse theoretische Stufe erhoben werden. Wenn irgendwo, so war dort der Anlass gegeben, den Namen einer Theodiska Germaniens auf die Bahn zu bringen.

Es liegt mir fern, diese sich aufdrängende Vermuthung für mehr zu halten als sie ist; aber soviel wird man aller- seits einräumen, dass in der Natur der berührten Verhältnisse der Ausgangspunkt für die allmähliche Umwandlung des Gattungsnamens Theodiska in ein nomen proprium der

1) Im Jahre 739 hielt Bonifaz in Baiern die Wiedertaufe für nöthig bei solchen, qui baptizati sunt per diversitatem et declina- tionem linguarum gentilitatis ; Papst Gregor III., dessen Schreiben diese Notiz enthält (JaiFe 1. c p. 105), entschied jedoch in anderem Sinne. Vergleicht man damit einen analogen Fall von 746 (ib. p. 168), wo es heisst, der taufende Priester, qui Latinam linguam penitus ignorabat , habe bei der Taufe nesciens Latini eloquii , infringens linguam gesagt: baptizo te in nomine patria et filia et spiritus sancti, so wird man auch die erste Stelle nicht auf ein Hersagen der Taufformel in der Volkssprache deuten dürfen, sondern ebenfalls auf ein „durch die Verschiedenheit und Abweichung der Zungen der Heidenschaft" verdorbenes Latein schliessen müssen. Nichtsdesto- weniger boten Fragen dieser Art Gelegenheit, den Gegensatz des Lateinischen und Theodisken vor der Gemeinde mannigfach zu erörtern.

Bove: GescMchte des deutschen Volksnamens. 237

deutschen Gesammtspraclie zu erkennen ist. Selbst an einen angelsächsischen Anhauch, der das noch nicht vorhandene continentale Wort, nach örtlicher Gewohnheit leise modificirt, hervorgerufen, oder aber das längst vorhandene zu neuem Leben angefrischt hätte, würde zu denken wenigstens er- laubt sein ; ^) hat doch anerkanntermassen auch die Generation der ersten Nachfolger des Bonifaz noch mit altenglischen Gedanken und Worten operirt. Wie sich von selbst ver- steht, musste dann die ganze lebendige Spracharbeit dieser nächsten Folgezeit, in der die Einheit der deutschen Kirche innerlich fester ausgebaut und durch die Hereinziehung des Sachsenstammes äusserlich vollendet ward, hinzukommen, um der Theodiska als unablässig aufhorchender Schülerin der Latina die volle Würde eines linguistischen Individualbegriffes zu verleihen. Und nur in diesem allgemeinen Sinne möchte ich es aufgefasst wissen, wenn ich den Namen Deutsch für den geschichtlichen Taufnamen unseres Volkes zu erklären wage.

1) Vorausgesetzt natürlich, dass theödisc oder wenigstens gethe- öde schon so lange vor Aelfreds Zeit im Altenglischen üblich war.

238

Oeffentliche Sitzung

zur Feier des 134. Stiftungstages am 21. März 1893.

Die Sitzung wurde von dem Präsidenten der Akademie, Herrn v. Pettenkofer eröffnet, indem derselbe an Stelle des erkrankten Sekretärs der philosophisch -philologischen Classe der Verluste gedachte, welche dieselbe im letztver- flossenen Jahre zu beklagen hatte.

Am 16. August 1892 starb zu St. Petersburg Herr August Nauck, geb. am 18. September 1822 zu Auer- städt bei Eckartsberge. Gebildet zu Schulpforte und auf der Universität zu Halle, war er eine Zeit lang in untergeord- neten Stellungen an verschiedeneu preussischen Gymnasien thätig, lenkte aber bald die Aufmerksamkeit der gelehrten Kreise durch vortreffliche Arbeiten über den alexandrinischen Grammatiker Aristophanes von Byzanz auf sich. Im Jahre 1859 wurde er zum Mitglied der Petersburger Akademie gewählt und bald darauf zum ordentlichen Professor der griechischen Sprache am historisch -philologischen Institute in Petersburg ernannt. So erhielt er einen weiten Wirkungs- kreis, als einer der bedeutendsten Förderer und hervor- ragendsten Vertreter der humanistischen Studien und der griechischen Philologie in Russland.

V. Brunn: Nekrolofje auf E. Renan u. M. v. Lexcr. 239

Seit seinem Eintritt in die Akademie hat er eine lange nnimterbrochene Reihe kritischer Versuche zum grossen Theil evidenter Emendationen zu fast allen griechischen und einigen lateinischen Autoren (melanges greco-romains) veröffentlicht, daneben eine Anzahl grösserer kritischer Ausgaben, so des Homer, der Tragiker Sophokles. Euripides, besonders auch der Fragmente der Tragiker, sowie einiger Neuplatoniker, des Jamblichus und Porphyrius bearbeitet. In all' diesen Arbeiten bewährt sich Nauck als eminenter Kritiker, der wohl manch- mal mit seinem Scharfsinn über die Schnur haut, aber doch auch das Richtige trifft. Er war bestrebt, der Wissenschaft neue Bahnen zu eröffnen und ist in stiller rastloser Thätig- keit für deutsches Wesen und Wissenschaft in dem grossen Slavenreiche eingetreten.

Ernest Renan, geb. am 27. Februar 1828 zu Treguier im Departement des Cötes du Nord, starb am 2. Oktober 1892 zu Paris. Er war der ausgezeichnetste Gelehrte der jüngeren Orientalisten -Schule Frankreichs, vielleicht noch bekannter als der hervorragendste Vertreter der kritisch- skeptischen Behandlung der Urgeschichte des Christenthums. Als genauer Kenner der betreffenden deutschen Literatur knüpfte er überall an deutsche Forschung an, ergänzte sie und führte sie weiter, ja er zog in vielen Punkten aus den zerstreuten deutschen Arbeiten das letzte Resultat. Gerade darum wurde er je nach dem Parteistandpunkt entweder als der Gipfelpunkt moderner historisch -religiöser Kritik erhoben und gefeiert oder im gleichen Maasse herabgesetzt und verurtheilt.

Am 1(3. April 1892 starb in Nürnberg Mathias Ritter von Lexer, o. ö. Professor der deutschen Philologie an der Münchner Universität, ord. Mitglied der bayr. Akademie der Wissenschaften und des obersten Schulraths. Geboren am 18. Oktober 1830 zu Liesing in Käruthen, besuchte er bis

240 Oeff entliche Sitzung vom 21. März 1893.

1851 das Gymnasium in Klagenfurt und sodann die Univer- sität in Graz, um zunächst Rechtswissenschaft zu studiren, bald aber auf Anregung Karl Weinhold's dem Studium der deutschen Philologie sich zuzuwenden und dasselbe in Wien fortzusetzen. Von September 1855 bis April 1857 war er zunächst als Lehrer der deutschen Geographie und Geschichte am Gymnasium in Krakau beschäftigt, worauf er mit Unter- stützung der kaiserlich östreichischen Regierung zu weiterer wissenschaftlicher Ausbildung sich nach Berlin begab, wo er Gelegenheit fand, mit den Gebrüdern Grimm in persönliche Verbindung zu treten. Weiter wurde ihm von der öst- reichischen Regierung eine Studienreise in seinem Heimath- lande ermöglicht, um seine schon in Graz begonnenen Samm- lungen des kärnthischen Wortschatzes zum Abschluss zu bringen, welche dann 1862 als ,Kärnthisches Wörterbuch" im Druck erschien. Als Mitarbeiter an der Herausgabe der „Deutschen Städtechroniken " durch die historische Kommis- sion der k. bayr. Akademie ward er veranlasst, 1860 seinen Wohnsitz in Nürnberg zu nehmen, von wo er im gleichen Jahre einem Rufe als ausserordentlicher, 1866 als ordent- licher Professor nach Freiburg i. Br. und 1868 nach Wtirz- burg folgte. Dort beschäftigte ihn von 1869 78 vor Allem die Herausgabe des grossen 3 bändigen „Mittelhochdeutschen Handwörterbuchs", an welches sich das kleinere korapen- diöse Taschenwörterbuch (in 3. Aufl. 1885 erweitert) an- schloss; sowie ferner die eifrige Mitarbeiterschaft an dem „Grimm'schen deutschen Wörterbuche (Bd. VII. N 0 P Qu und XI. T. 3 Lieferungen), daneben besorgte er für die Müncheuer Akademie die sprachliche Bearbeitung von „Johann Turmair's (Aventin's) bayrischer Chronik, welche 1884 im Druck vollendet erschien. Sehr geachtet war seine Stellung als Lehrer und Professor in Würzburg, wo er zweimal 1877 und 78 das Rectorat führte und mit dem bayr. Kronen- orden den persönlichen Adel erhielt. Ein noch weiterer

V. Cornelius: Nekrolog auf Paul v. Roth. 241

Wirkungskreis wurde ihm in Aussicht gestellt, als er im Sommer 1891, als Nachfolger Conrad Hofmann 's zum Pro- fessor an der hiesigen Universität und als Mitglied des obersten Schulrathes berufen wurde. Schon seit 1878 unser auswär- tiges Mitglied, sollte er sich nur ein Semester dieser Thätig- keit erfreuen, die zu um so grössern Hoffnungen berechtigte, als er sein ganzes Leben hindurch nicht bloss als hervor- ragender Gelehrter, sondern auch als Mensch durch seinen ganzen persönlichen Charakter zu wirken verstanden hatte.

lieber die Verluste der historischen Classe^ machte der Classensecretär Herr V. Cornelius die folgenden Mittheilungen:

Am 28. März 1892, dem Tage, an welchem die Aka- demie der verstorbenen Mitglieder gedachte, starb der Pro- fessor Paul von Roth, seit 1852 correspondirendes, seit 1857 auswärtiges, seit 18G3 ordentliches Mitglied der Akademie.

Paul von Roth ward geboren am 11. Juli 1820 zu Nürnberg, wuchs in München auf unter der einflussreichen Leitung eines geistig hervorragenden Vaters, studirte am Maxgymnasium und als Jurist an der Universität zu München, trat dann in die juristische Praxis und bereitete sich daneben für die akademische Lehrthätigkeit vor. Das letztere Stadium dauerte sieben Jahre. Dann eroberte er wie im Sturm alle akademischen Ehren. Im Jahre 1848 erlangte er zu Er- langen die Doctorwürde durch seine Schrift über die lex Bajuvariorum. Gleich darauf im Mai 1848 habilitirte er sich in München mit einer kleinen Dissertation, deren Stoff dem Gebiet der merovingisch-carolingischen Studien ange- hörte, in dem er sich heimisch gemacht hatte. Der Ein- druck seines Auftretens war so günstig, dass er schon 1850 zu einer ausserordentlichen Professur in Marburg berufen wurde. Dann erschien in demselben Jahre 1850 sein Werk

242 OeffentUche Sitzung vom 21. März 1893.

über das Beneficialwesen. Er stand in seinem 30. Lebens- jahre, als er diese reife Frucht einer überaus arbeitsamen Jugend dem Vaterland und der Wissenschaft darbrachte. Die grosse Wandelung, die unsere Erkenntniss der mittel- alterlichen deutschen Geschichte im Laufe des 19. Jahr- hunderts erlebt hat, ist zum grossen, vielleicht zum grösseren Theil das Werk der deutschen Rechtshistoriker gewesen, und wenn wir der glänzenden Reihe dieser Männer, von Eich- horn bis auf unsere Tage, Dank und Ehre darbringen, so werden wir auch nie der gründlichen, scharfsinnigen, origi- nalen Forschung vergessen, mit welcher unser College da- mals in jener Reihe Platz genommen hat. Der Beifall der Mitwelt fehlte ihm nicht. 1852 wählte ihn die Akademie zum correspondirenden , 1857 zum auswärtigen Mitglied. Er wurde 1853 von Marburg nach Rostock, 1857 von dort nach Kiel, 1863 nach München berufen, und zuletzt ist ihm 1872 der Lehrstuhl Homeyer's in Berlin zugedacht gewesen, eine Einladung, der er nicht folgte.

Je erfreulicher der Triumph des jungen Mannes war, um so mehr haben wir zu bedauern , dass in der folgenden Zeit andere Zweige der Jurisprudenz ihn dergestalt in An- spruch nahmen, dass er allmählich von der Rechtsgeschichte abgeführt wurde. Unter seinen Publicationen der 50er Jahre haben namentlich sein churhessisches Privatrecht und die Schrift über Gütereinheit und Gütergemeinschaft die lebhaf- teste Anerkennung der Fachgenossen gefunden. Dagegen bezeichneten die Schriften zur Rechtsgeschichte, die er in den 60er Jahren überwiegend zur Vertheidigung oder Wieder- holung der alten Sätze veröffentlicht hat, ein Herabgleiten von der Höhe, die er 1850 erstiegen hatte. Und dann wurde aus dem Nachlassen ein Aufhören. In den 70er Jahren nahm er nicht mehr an den Arbeiten der historischen Classe, in welcher er die deutsche Rechtsgeschichte zu vertreten hatte, Theil; seit 1875 und bis zu seinem Tode auch nicht

V. Cornelius: Nekrolog auf Carl Spruner v. Merz. 243

raebr an den Sitzungen. Er hat in diesen letzten zwanzig Jahren seines Lebens durch umfangreiche Werke über das bayerische Civih'echt und über das deutsche Privatrecht von seiner erstaunlichen Arbeitskraft und Arbeitslust neue Kunde gegeben, üeber die Bedeutung derselben, sowie über seinen Antheil an der Commission für das deutsche Civilgesetzbuch haben wir das Urtheil der Fachgenossen zu erwarten.

Nekrolog Pauls von Roth von S., in der Zeitschrift der Savigny- Stiftung für Rechtsgeschichte; Germanistische Abtheilung Bd. 13. Heft 1, p. 250.

Am 24. August 1892 starb der General der Infanterie, Carl Spruner von Merz, Excellenz. Er war 50 Jahre lang Mitglied der Akademie, seit 1842 correspoudirendes, seit 1853 ordentliches Mitglied.

Geboren in Stuttgart am 15. November 1803, wuchs er in Bayern auf, dem er durch seine Familie angehört. Er schlug die militärische Laufbahn ein, empfing seine Er- ziehung im Cadetteucorps, trat in die Armee als Jimker ein zu München und stand als Lieutenant in den Garnisonen zu Bamberg und Würzburg. Von früh an auf die Verbindung von Geographie und Geschichte gerichtet, hat er auf der Schule mit Vorliebe Karten gezeichnet und für die Oertlich- keiten, die er in den Autoren erwähnt fand, nach Orien- tirung gesucht. Die Liebhaberei des Knaben wurde zur wissenschaftlichen Arbeit des Jünglings und Mannes, Sehr bald trat er in die Oeffentlichkeit mit einer Schrift über Bayerns Gaue, welche eine Behauptung von Lang mit Glück bestritt. Ihr folgte eine Gaukarte von Ostfranken. Es ward ihm Aufmerksamkeit und Beifall zu Theil; wie sich versteht, mehr von Seiten gelehrter Fachgenossen, als seiner mili- tärischen Oberen. Wirksame Hülfe aber kam zweimal vom Ausland. Das eine mal, als durch das verständnissvolle Ein- greifen des Gothaer Buchhändlers AVilhelm Perthes ihm mög-

244 Oeffentliche Sitzung vom 21. März 1893.

lieh gemacht wurde, das Werk zu schaflFen, an welches der Ruhm seines Namens sich knüpft, den historisch -geogra- phischen Handatlas. Indem er durch dasselbe einem allgemein und lebhaft gefühlten Bedürfniss in befriedigender Weise ent- gegen kam, gewann er mit einem Schlag bei allen Geschichts- kundigen und allen Geschichtsbeflissenen Ansehen und Geltung. Damals hat Höfter der historischen Classe vier Correspon- denten zur Wahl vorgeschlagen: neben Gino Capponi, Carl Adolph Menzel und Hurter, den bayerischen Oberlieutenant Spruner. Dennoch wurde nöthig, dass noch ein zweites mal das Ausland eingriff: aus dem Oberlieutenant war ein Haupt- mann geworden, aber er hatte auch schon das achtund- vierzigste Lebensjahr erreicht, als König Friedrich Wilhelm IV. von Preussen sich bei König Maximilian IL nach dem ge- lehrten Offizier erkundigte.

Damit begann die zweite Hälfte seines Lebens, die der ersten nicht ähnlich war. Er wurde nach München berufen, das militärische Vorrücken wurde rasch und glänzend. Er erlangte die Gunst des Königs, der ihn zu seinem Flügel- adjutanten ernannte und ihn gern und häufig in seine per- sönliche Umgebung zog. Auch der königliche Nachfolger hat sich ihm gnädig erwiesen. So war er ein Mann von grossem Ansehen und nicht ohne Einfluss in mancherlei, auch wichtigeren Dingen.

Für die weitere Entfaltung seiner wissenschaftlichen Thätigkeit erwies die neue Stellung sich weniger günstig, als man erwarten mochte. Zwar folgten noch einige geo- graphische Publicationen , zum Theil auf des Königs An- regung; aber mit halber Kraft und sinkendem Interesse des Autors. Die Fortführung seines Hauptwerkes überliess er einem jüngeren Nachfolger, der sie zur Aufgabe eines arbeit- samen Lebens gemacht hat. In lebendigere Bewegung setzten ihn des Königs mannigfaltige Wünsche auf historischem Gebiet. Bei der Auswahl der Gegenstände für die Wand-

V. Cornelius: Nekrolog auf Carl Spruner v. Merz. 245

bilder des Nationalmuseums leistete er Rath und Hülfe und schrieb dann eine erläuternde Schilderung der ßilderreihe. Die Leitung der Arbeiten für eine bayerische Kriegsgeschichte wurde ihm übertragen. Bei der Gründung der Commission für deutsche Geschichte war der erste Schritt des Königs, ihn neben Sybel und Rudhart zu Mitgliedern zu ernennen und die Auswahl der auswärtigen Mitglieder ihnen anzu- befehlen. Auch der Akademie hatte er für die Wahl zum ordentlichen Mitglied den Dank abzustatten durch einen Vor- trag über den Prinzen Rupert den Cavalier. Aber schon das Gewühl dieser und anderer Aufgaben machte es ihm schwer, wo nicht unmöglich, die anhaltende Müsse und die entschlossene Sammlung zu finden, aus welcher Werke längeren Athems hervorgehen; was er in dieser Zeit hat drucken lassen, wiegt nicht allzu schwer, die kriegsgeschicht- liche Arbeit blieb Erhard und anderen überlassen, in der historischen Commission beschränkte er sich auf wohlwollende Theilnahme an den Sitzungen.

Indem der Mann der Wissenschaft allgemach verschwand, trat der Poet an seine Stelle. Schon in der Bamberger Zeit als junger Lieutenant hatte unser College um den poetischen Lorbeer gekämpft. Jetzt unter dem belebenden Einfluss der königlichen Kunstliebe kam eine Reihe von Dramen zur Vollendung. Was davon gedruckt vorliegt, mag dem strengen Richter nicht mustergültig erscheinen, doch ist es nicht ent- blösst von der Gunst der Muse und der Werthschätzung des hohen Gönners nicht unwürdig. Für uns aber liegt ein be- sonderer Werth dieser Dichtungen und der Jamben, die der alte Herr in später Zeit folgen Hess , darin , dass sie tiefer und klarer als alles andere in die Seele des Mannes blicken lassen: in seine ritterliche Art, die Treue zu König und Land, dann nach der Bekehrung des Particularisten, in seine Begeisterung für Reich und Kaiser, in die Herzenssorge, welche ihm die merkwürdige Epistel an König Ludwig H.

246 Oeffentliche Sitzung vom 31. März 1893.

eingab, und endlich in den stolzen Widerspruch des „Ghibel- linen" gegen die Hierarchie und sein demüthiges Ringen nach Frieden in der Lehre Christi.

K. Th. Heigel, Spruner, in der Allgemeinen deutschen Biographie.

Am 14. Mai 1892 starb zu Gotha Dr. Theodor Menke; seit 1877 Correspondent der Akademie.

Geboren am 24. Mai 1819 zu Bremen, studirte er Philo- logie, zunächst in Bonn, promovirte zu Halle mit einer Dis- sertation über „das alte Lydien". Da die Lehrthätigkeit, welcher er darauf eine Zeit lang an der Hauptschule zu Bremen sich widmete, ihm nicht zusagte, so ging er von neuem zur Universität und studirte diessmal Jurisprudenz. Er hat dann als Advokat in Bremen, später in Vegesack sich niedergelassen. Zuletzt gewannen aber die alten geogra- phischen Studien wieder die Oberhand. Er trat mit Wil- helm Perthes in Gotha 1851 in Verbindung und arbeitete eine Orbis antiqui descriptio aus, welche an die Stelle des Stieler'schen Schulatlas der alten Welt treten sollte. Der gute Erfolg dieses Werks und die Revision der häufigen Auf- lagen hielten ihn bei der historischen Geographie fest. Er begann 1858 die Neubearbeitung des Spruner'schen Atlas anti- quus, siedelte 1864 nach Gotha über und Avidmete sich seit 1865 der Umarbeitung der übrigen Theile des Spruner'schen Werkes, die zu einer völligen Neugestaltung unter dem Titel „Handatlas für die Geschichte des Mittelalters und der neueren Zeit" führte. Fünfzehn Jahre hingebungsvoller Arbeit in grosser Zurückgezogenheit waren nöthig, um diess Unter- nehmen zu Ende zu bringen. Daneben haben wir ihm einen Bibelatlas zu verdanken, der 1868 erschienen ist. Die all- gemeine Anerkennung und der Dank aller Geschichtsbeflis- senen begleitete die Arbeiten des unermüdlichen und be- scheidenen Mannes. Mit Freude und Vertrauen wurde dann die Nachricht empfangen, dass er sofort ein neues grosses

V. Cornelius: Nekrolog auf August v. Essenwein. 247

Unternehmen in Angriff genommen habe, nämlich ein Hand- buch der historischen Geographie des Mittelalters. Leider haben die schweren Leiden seiner letzten Lebensjahre die Ausführung verhindert.

Deutsche geograpliiscbe Blätter Bd. 15. Heft 2, p. 153. Justua Perthes in Gotha 1785—1885. Festschrift, p. 94.

Am 13. Oktober 1892 starb zu Nürnberg der Geheime Rath August von Essenwein, erster Direktor des Germa- nischen Museums, Er war seit. 1873 Correspondent , seit 1888 auswärtiges Mitglied der Akademie.

Geboren zu Karlsruhe am 2, Mai 1831 hat er dort das Lyceum bis 1847, dann die polytechnische Schule bis 1852 besucht. Das Studium der Architektur, dem er an dieser Schule obgelegen, setzte er auf mehrjährigen Reisen und in den Museen und gelehrten Anstalten von Berlin, Wien, Paris fort. Schon 1855 trat er in die Oeffentlichkeit mit einer grösseren Schrift über Norddeutschlands Backsteinbau im Mittelalter. Ein achtjähriger Aufenthalt in Wien, wo er bald als Architekt bei der Staatsbahn gesellschaft angestellt wurde, förderte durch den lebhaften Verkehr mit gleich- strebenden Freunden in fruchtbarer Weise seine bisherigen Bestrebungen und erweiterte zugleich den Kreis seiner Studien und seine Thätigkeit in der Richtung auf Kunstindustrie. Kunsthistorische Erörterungen und künstlerische Arbeiten gingen Hand in Hand, vornehmlich im Sinn der Restau- ration und besonders auf kirchlichem Gebiet, wo er neben der Architektur , allen Künsten und Gewerben, die im Mittel- alter dem Bau und der Ausstattung der Kirchen dienten, gleiche Aufmerksamkeit zuwendete". So vorbereitet, ist er, nach einem rasch vorübergehenden Aufenthalt in Graz als städtischer Baurath und als Professor an der polytechnischen Hochschule, von einem günstigen Geschick an die Stelle be- rufen worden, welche dem Gang seiner Bildung wie keine

248 Oeffentliche Sitzung vom 21. März 1893.

andere entsprach. Von 1866 an und bis zu seinem Tod stand er an der Spitze des Germanischen Museums. Die Anstalt bedurfte seiner und hat ihm Ausserordentliches zu danken: die Begründung ihrer neuen Organisation, die Ueber- windung der Finanznoth, die Herstellung und Erweiterung ihres Sitzes, der Kartause, die grossartige Vermehrung und Neuordnung der Sammlungen, Unter seinen Händen ist sie der Stolz Nürnbergs und die Freude Deutschlands geworden. Von anderweitigen Werken sind die Restauration der Lieb- frauenkirche zu Nürnberg, die innere Ausstattung von Maria im Capitol zu Cöln und die Ausmalung des Doms zu Braun- schweig; von seinen Schriften „Die mittelalterlichen Kunst- denkmale der Stadt Krakau", „Die innere Ausschmückung der Kirche Gross-Martin zu Cöln" hervorzuheben.

Der Artikel Essenwein in Brockhaus' Conversationslexikon. Der Nekrolog Essenwein's von Wilhehn Bosch im Anzeiger des Ger- manischen Nationalmuseums, Okt. 1892.

Am 14. Februar 1893 starb zu Mainz Dr. Ludwig Lindenschmitt, Director des römisch-germanischen Central- museums zu Mainz.

Er wurde geboren zu Mainz am 9. September 1809. Von seinem Vater empfing er die Liebe zur Kunst und zu den heimischen Alterthümern. Gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm studirte er an dem Gymnasium seiner Vaterstadt und folgte demselben in künstlerischem Streben zuerst in die Schule von Peter Cornelius, später nach Hohenschwangau, wo er mit ihm vereint als Fresco-Maler thätig war. Dann schlug er einen selbständigen Weg ein. Er hatte schon früh gemeinsam mit dem Bruder nach Alterthümern geforscht und Entdeckungen gemacht; zu diesen Studien kehrte er nun zurück, während der Bruder bei der Kunst blieb. Er nahm seinen Wohnsitz in Mainz. Unter seiner Mitwirkung wurde dort 1841 der Verein für Rheinische Geschichte und

V. Cornelius: Nekrolog auf Hippolyt Taine. 249

Alterthümer gegründet; es entstanden Sammlungen; er forschte und schrieb. Dann gewann seine Schrift „Die germanischen Todtenlager bei Sehen" 1848, weithin Aufmerksamkeit und Anerkennung; und als 1852 die deutschen Geschichts- und Alterfchumsvereine die Gründung eines Centralmuseums zu Mainz beschlossen mit der Aufgabe „zur Aufhellung der Vorgeschichte Deutschlands die zerstreuten Denkmale dunkler Vorzeit bis zu der Zeit Karls des Grossen in plastischer Nachbildung in Mainz zu vereinigen", trat er an die Spitze des Unternehmens und hat damit' eine Lebensaufgabe ge- wonnen, welcher er bis an sein Ende, vierzig Jahre lang, treu blieb. Die Thätigkeit, der er fortan in freudiger Hin- gebung und ohne Opfer zu scheuen, sich widmete, war eine dreifache: Sammlung, Nachbildung und Veröffentlichung. Das Ergebniss war, dass aus geringen Anfängen das Museum unter seinen Händen in der That der Hauptmittelpunkt für die Studien wurde, deren Namen es trägt; dass die Werk- statt, die er gründete und leitete und deren Hauptarbeiter er selbst war, von nah und fern in Anspruch genommen wurde; und dass sein persönliches Ansehen in Deutschland und im Ausland unbestrittene Geltung gewann. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: „Die Alterthümer der Hohen- zoller'schen Sammlung zu Sigmaringen" 1860; die vier Bände seiner „Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit" seit 1858; und zuletzt der erste Band des „Handbuchs der deutschen Alterthumskunde" 1889.

Arnold, Ludwig Lindenschmitt, in der Beilage zur Allgemeinen Zeitung, Mai 1893.

Am 5. März 1893 starb zu Paris Hippolyt Taine;

seit 1881 auswärtiges Mitglied der Akademie.

Geboren zu Vouziers im Departement der Ardennen, hat er zu Paris im College Bourbon und an der Normal- schule seine Ausbildung erhalten , worauf er die Laufbahn

1893. Pbilos.-philol. u. List. Gl. 2. 17

250 Oeff entliche Sitzung vom 31. März 1893.

als Lehrer an den Mittelschulen einschlug. Die starke Un- abhängigkeit seines Geistes, gegründet auf eine ungewöhnlich frühe Ausdehnung und Vertiefung des Wissens, war nicht geeignet, die Gunst der Behörde ihm zuzuwenden ; die Thätig- keit an unteren Schulclassen in entlegenen kleinen Provinzial- städten passte nicht zu seinen Zielen und Wünschen : so gab er diesen Beruf auf, kehrte nach Paris zurück, gründete seinen Lebensunterhalt auf Privatunterricht, und setzte seine Studien fort , die sich vor allem auf Philosophie richteten, wo er dem herrschenden eklektischen Spirituahsmus entgegen- trat, daneben und im Zusammenhange mit den philosophi- schen Studien auf Medizin und Naturwissenschaften, und auf Geschichte und Literatur. Schon seine beiden Doctor-Disser- tationen 1853 über Plato und über Lafontaine erregten Auf- merksamkeit. Es folgte eine Abhandlung über Livius 1855, und 1856 „Die französischen Philosophen des 19. Jahr- hunderts". Sie gründeten seinen Ruf als Gelehrter ; während die , Reise in die Pyrenäenbäder " 1855 ihm die Anerkennung weiterer Kreise als eines geistreichen und glänzenden Schrift- stellers eintrug. Nun wurde er Mitarbeiter der Revue des deux mondes und des Journal des debats, und schrieb eine Reihe durch Geist und Wissen fesselnder Abhandlungen über die verschiedensten historischen und literarischen Gegenstände, die später in zwei Sammlungen vereinigt worden sind als Essais de critique et d'histoire. Während dessen reifte das erste der Hauptwerke seines Lebens , die Geschichte der englischen Literatur, die 1864 in vier Bänden erschien und allo-emein als das beste Buch über den Gegenstand und als eines der Meisterwerke der französischen Literatur anerkannt worden ist. Jetzt kam auch die Regierung ihm entgegen und ernannte ihn zum Professor an der Ecole des beaux- arts. Der neue Beruf gab Anlass zu einer Anzahl Schriften über Philosophie der Kunst, über griechische, italienische, niederländische Kunst, 1805—68. Dann kehrte er zur reinen

V. Cornelius: Nekrolog auf Hippolyt Taine. 251

Philosophie zurück und schrieb sein zweites Hauptwerk : De Tintelligence, 1870. Er wollte fortfahren , ein Buch De la volonte sollte folgen. Aber die Ereignisse der Jahre 1870 und 1871 drängten ihn zur historischen Arbeit zurück, indem sie ihm die Aufgabe zuwiesen , seiner Nation ihr Bild und ihre Geschichte vor die Augen zu bringen und ihr zu zeigen, auf welchem Weg sie an den Rand des Abgrunds gelangt war. Die Ausführung dieses dritten Hauptwerks , seines grössten , erfüllte die letzten Jalirzehnte seines Lebens mit einer erstaunlichen, weit über das gewöhnliche Mass ragenden Anspannung aller Kräfte. Eine überaus glückliche Ehe er- leichterte die Mühen ; die schönere Hälfte des Jahres ver- legte er die Arbeit an die Ufer des Sees von Annecy. So gelang ihm, das ausserordentliche Unternehmen bis nahe an den Schluss zu führen. Der erste Band ist dem Ancien regime gewidmet , drei folgende der Revolution , der fünfte und sechste Napoleon und der von ihm ausgehenden neuen Ordnung der Dinge. Von dem sechsten Bande sind zwei Capitel in der Revue des deux mondes erschienen, es fehlen noch einige weitere Capitel.

Es war ihm nicht gegeben, die Ruhe der philosophischen Betrachtung, an die er gewöhnt war, auch in diesem Werke vollkommen zu behaupten ; und wer möchte ihm daraus einen Vorwurf machen ! Daher fehlt wohl ein Theil der Wahr- heit. Al)er um mit Monod zu sprechen , wenn er auch nicht alles gesagt hat, das was er gesagt hat, ist wahr. Kr hat die französische Nation von dem Götzendienst der Revolution und Napoleons befreit Noch ist der Widerspruch lauter als der Beifall, aber

se la voce tua sara molesta

nel primo gusto, vital nutrimento

lascerä poi, quando sara digesta.

Monod, Hippolyte Taine. Revue historique 1893 tome 52. p. 100.

17*

252 Oeffentliche Sitzung vom 21. März 1893.

Hierauf hielt Herr Prof. Dr. Karl Göbel, ordentliches Mitglied der mathematisch-physikalischen Classe, eine

„Gedächtnissrede auf Carl von Nägeli",

sodann Herr Prof. Dr. Moritz Carriere die Festrede über:

, Erkennen, Erleben und Erschliessen."

Diese beiden Reden sind bereits im Verlage der k. Alca- demie erschienen.

253

Philosophisch-philologische Classe.

Sitzung: vom 6. Mai 1893.

'o

Herr Wölfflin hielt einen Vortrag: „Neue Bruchstücke der Freisinger Itala."

In der christlichen Kirche des Abendlandes war das neue Testament anfänglich nur im griechischen Urtexte in Gebrauch, wie überhaupt die Sprache des Cultus, der Predigt, der theologischen Litteratur die griechische war. Erst gegen das Ende des zweiten Jahrhunderts muss eine lateinische Uebersetzung der Bücher des alten und neuen Testamentes, wenigstens der wichtigsten, vorhanden gewesen sein, sicher in Afrika. Denn während in Süditalien und in der Haupt- stadt Rom nicht weniger Griechisch als Lateinisch gesprochen wurde, führte in Afrika die griechische Sprache neben der lateinischen und phönicischen ein kümmerliches Dasein als eine nur von den Gebildeten gesprochene, so dass das Be- dürfniss, der christlichen Gemeinde das Wort Gottes lateinisch vorzulegen, viel stärker war, und der griechische Gottesdienst sich nicht halten konnte. Tertullian, welcher anfänglich griechisch geschrieben, citiert in seinen lateinischen Schriften zahlreiche lateinische Bibelstellen, und zwar sagt er adv. Marc. 5,4 für ovo diad^riKai, wie es im Galaterbriefe 4,24 heisst, duo testamenta, sive duae ostensiones, sicut invenimus interpretatum, wonach testamenta seine eigene Uebersetzung

254 Sitzung der pliilos.-pliilol. Classe vom 6. Mai 1893.

zu sein scheint, ostensiones die, welche er vorfand. In der Schrift de monogamia 11 tadelt er mit Berufung auf den griechischen Wortlaut, die Art, wie man die Stelle 1. Co- rinth. 7,39 gewöhnlich übersetze, als falsch: quomodo in usum exiit per duarum syllabarum eversionem. Die Bibel- citate Cyprians, welcher ein halbes Jahrhundert später in Afrika lebte und lehrte, weichen stark von denen Tertul- lians ab, so dass er eine andere IJebersetzung gehabt haben muss, und um die Wende des vierten und fünften Jahr- hunderts konnte Augustin, wenn auch etwas übertreibend, de doctr. christ. 2, 11 sagen, die lateinischen Bibelüber- setzungen seien nicht mehr zu zählen, mag er nun damit selbstständige Versionen oder nur Modifikationen und Ueber- arbeitungen einer UrÜbersetzung gemeint haben. Wenn aber schon in einer einzigen Provinz verschiedene Uebersetzungen im Umlaufe waren, sollten nicht auch vor Allem Italien, dann Gallien, Hispanien eigene Uebersetzungen gehabt haben? Die Bedeutung der grossen Arbeit des Hieronymus, die sog. Vulgata, besteht daher nicht bloss darin, dass sie statt einer sprachlich unvollkommenen Leistung etwas Besseres, ein die Gebildeten befriedigendes klassisches Latein bot, sondern ebenso sehr darin, dass sie an die Stelle der Mannigfaltigkeit und Zerfahrenheit eine Einheit setzte, was ja zu dem Wesen der katholischen Kirche gehört. Obwohl nun Hieronymus im Auftrage des Papstes Damasus arbeitete, so ging es doch sehr lange, bis sein Text allgemeine Anerkennung fand. Augustin hat ihn mit wenigen Ausnahmen nicht berück- sichtigt (vergl. Jos. Zycha, Bemerkungen zur Italafrage, im Eranos Vindobonensis. Wien. 1893. S. 177); auch war die ältere Uebersetzung bei den conservativ gesinnten Gemeinden bereits zu sehr eingewurzelt, veranlasste doch die Verlesung des neuen Textes, in welchem das hebräische kikajon (Jonas 4, 6. 7. 10.) mit hedera wiedergegeben war, statt wie bisher mit Cucurbita, eine Revolution gegen den

Wölfflin: Neue Briiclistüclce der Freisinger Itala. 255

Bischof, welche mit einem feierlichen Widerruf endete. August, epist. 88.

Das wissenschaftliche Interesse, welches den vorhiero- nymianischen Uebersetzungen von Seite der Theologen und Philologen zugewendet wird, ist ein sehr verschiedenes. Die Theologen verwerthen sie für die Kritik des griechischen Testamentes, da sie einen älteren Text repräsentieren als der älteste uns erhaltene griechische Codex, der dem Ende des vierten Jahrhunderts angehörige Codex Sinaiticus. Die klas- sischen Philologen werden die verschiedenen Uebersetzungs- methoden des Alterthums kennen lernen wollen, je nachdem man bestrebt ist, entweder getreu Wort um Wort, oder in freierer Weise nur den Sinn wiederzugeben, je nachdem man die griechischen Fremdwörter beibehält oder sie durch lateinische ersetzt u. s. w. ; vor Allem aber werden sie, da die ältesten Christengemeinden vorwiegend aus Armen be- standen (Matth. 11,5 Tirtoxol EvayyeXi^ovTai)^ auf die Elemente der Volkssprache achten , welche wir stets der Litteratur- sprache gegenüberstellen müssen, um ein richtiges Bild von der lebendigen Entwicklung des Lateinischen zu bekommen. Es hängt damit weiter zusammen, dass speciell die Neu- philologen oder Romanisten nicht nur im Allgemeinen Auf- klärung über das Vulgärlatein suchen werden, sondern, wenn es gelänge, eine italische, gallische, hispanische Bibelüber- setzung zu unterscheiden, Aufschlüsse über die lokalen Ver- schiedenheiten der lateinischen Sprache zu gewinnen hoffen dürften.

Unter diesen vorhieronymianischen Uebersetzungen giebt Augustin de doctr. christ. 2, 16 der sogen. Itala den Vorzug mit den berühmten Worten: in ipsis autem interpretationibus Itala ceteris praeferatur; nam est verborum tenacior cum perspicuitate sententiae. Wie diese Bezeichnung zu ver- stehen sei, ist bis auf den heutigen Tag Gegenstand des Streites gewesen , der auch hier nicht gelöst werden soll.

256 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 6. Mai 1893.

Nur das kann der Latinist besser sagen, als es in den bis- herigen Büchern zu lesen steht, dass der Name interpretatio Itala nicht zu beanstanden und darum allen Conjecturen wie illa, usitata jeder Boden entzogen ist. Denn der Einwand des grossen Bentley, Italus als Adjectiv gehöre der Dichter- sprache an, wie Italum robur, Itala tellus, Italum mare, während die gute Prosa in diesem Falle Italiens gebrauche, ist zwar im grossen Ganzen richtig, doch nicht so, dass die Regel nicht in der Prosa des silbernen und ehernen Zeit- alters ihre Ausnahmen hätte. Die früheste, bisher nicht beachtete Abweichung finde ich bereits bei dem Natur- forscher Plinius, welcher nat. bist. 3, 54 Italum mare sagt, wogegen wir beispielsweise bei Justin 20, 1, 3 Italicum mare finden. Ohne Zweifel hat sich Plinius durch die Reminis- cenz an eine Dichterstelle leiten lassen, und eben darin liegt auch die Entschuldigung für die späteren, so wenn Arnobius (um das Jahr 300) adv. gent. 2, 73 schreibt res Italas, wie schon vor ihm Verg. Aen. 8, 626. Hör, epist. 2, 1, 2. Das von Augustin adjectivisch gebrauchte Italus mit Sidonius und Jordanis zu vertheidigen , welche erst später geschrieben haben, ist natürlich vom methodischen Standpuncte aus nicht empfehlenswerth (Mommsen, Rom. Gesch. V 658 Note); aber der Beweis muss als ein voller anerkannt werden, wenn wir den Gebranch schon in früheren Jahrhunderten nachgewiesen haben und beifügen können, dass Augustin selbst an andern Stellen demselben gefolgt ist, z. B. de civit. dei 3, 26 Italae gentes, womit man das klassische Italicae gentes bei Pomp. Mela 2, 3, 11. 2, 4, 5 vergleiche. Es geht daraus auch hervor, dass ein Unterschied zwischen beiden Formen, wie dies behauptet worden ist, nicht besteht, und dass Itala sim- plicitas bei Symmach. epist. 1, 2, 6 genau dasselbe ist, wie Italica simplicitas bei Ennodius epist. 455 (pg. 317, 3 Vog. = pg. 249, 10 Hart.). Damit sind aber auch die sprach- lichen Bedenken gegen interpretatio Itala so erledigt, dass

Wölfflin: Neue Bruchstüelce der Freisinger Itala. 257

es von mm an keinen Sinn mehr haben kann, auf den Streitpunct zurückzukommen. Das Eine indessen sei noch beigefügt, dass man mit Rücksicht auf den im Ganzen in der Prosa doch seltenen, jedoch gerade bei Augustin mehr- fach bezeugten Gebrauch des adjectivischen Italus^) geneigt sein wird anzunehmen, die Bezeichnung interpretatio Itala sei keine allgemein übliche gewesen, da sie auch sonst nicht vorkommt, sondern Augnstin habe an jener einen Stelle die Uebersetzung von sich aus so genannt.

Diese von Augustin so hochgeschätzte Itala wird sich zunächst aus seinen eigenen Bibel citaten reconstruieren lassen, da es doch mehr als wahrscheinlich ist, Augustin werde sich in seinen Predigten und Schriften an jenen Text gehalten haben; und in der That stimmen die Anführungen von Bibel- stellen, wenn man von seinen frühesten Schriften absieht, unter sich im Grossen und Ganzen überein, d. h. mehrfach citierte Bibelverse erscheinen in der gleichen Gestalt. Dass Augustin gelegentlich auch frei aus dem Gedächtnisse citiert oder an einzelnen Stellen doch eine andere lateinische Fas- sung vorzieht als die der Itala, wird man bei so vielen Tausenden von Citaten und bei einem so selbstständigen Denker nur begreiflich finden. Freilich gewinnen wir auf diesem Wege nur die bekannteren Verse der heiligen Schrift, auf Avelche sich zu berufen Gelegenheit geboten war. Ein wichtiger Fund war es desshalb, als Leo Ziegler zu den schon Tischendorf bekannten Freisinger Uncialblättern weitere Theile einer lateinischen Uebersetzung der Paulinischen Briefe fand, welche sich mit der Version Augnstins auflFallend decken und von dem Herausgeber (Marburg 1876) daher als „Itala- fragmente" bezeichnet werden durften. Wenn einige Theo-

1) Als weitere Belege giebt Ziegler, Latein. Bibelübersetzungen vor Hieronyinus (München 1879, S. 19) noch pecudum Italarum quaest. in Gen. 95; montes Italos und oleam Italam bei Aug. contra Julian. Pelag. 6, 7.

258 Sitzung der philos.-phildl. Classe vom 6. Hat 1S93.

logen ^) lieber sagen, die Freisinger Blätter gehörten zu der Bibel Angustins oder der zu Augustins Zeit in Afrika ver- breiteten lateinischen Bibelübersetzung, so kommt diess in nnsern Augen ziemlich auf dasselbe hinaus.

Diese grösseren zusammenhängenden Partien des neuen Testamentes, 21 Quartblätter, genügen vollkommen, um uns eine genaue Vorstellung von dem sprachlichen Charakter jener lateinischen Bibel zu geben. Im vergangenen Jahre hat nun aber Oberbibliothekar Dr. Karl Schnorr von Karolsfeld auf der Münchener Universitätsbibliothek zwei weitere Quart- blätter jener etwa dem sechsten Jahrhundert angehörigen Freisinger Handschrift gefunden, welche zwei Kapitel des Galaterbriefes und den Anfang des Epheserbriefes enthalten. Wir werden unsern Dank dem Finder am besten damit ab- tragen, dass wir den Text Allen, die sich für diese Studien interessieren, in getreuer Wiedergabe vorlegen; dem Heraus- geber aber möge gestattet sein, einige sprachliche und kri- tische Bemerkungen daran anzuknüpfen, wobei ich mich nicht auf die beiden neuen Blätter beschränke, sondern auch auf die Zieglers greife, welchen eine Würdigung in sprach- licher Hinsicht noch nicht zu Theil geworden ist. Wenn es uns gelingt, nachzuweisen, dass die Freisinger Fragmente im Vergleiche zu der Vulgata des Hieronymus sich durch engeren Anschluss an den griechischen Wortlaut auszeichnen, so wird diess mit ein Grund mehr sein, sie für Theile der Itala zu halten, welcher Augustin eben die verborum tena- citas und perspicuitas sententiae nachgerühmt hat.

Dass die neu aufgefundenen zwei Blätter zu der von Ziegler veröffentlichten, jetzt auf der Münchener Staatsbiblio- thek befindlichen Uebersetzung der Paulinischen Briefe ge- hören, lehrt der erste Blick, der Charakter der Schrift wie

1) Gebhard in der Theol. Lit. Zeitschr. 1876, Col. 373 ff. Rönsch in der Zeitschr. f. wias. Theol. 1876, 316 f. Uebertrieben sind die Zweifel von Fritzsche, len. Lit. Zeit. 1876, N. 17.

Wölfflin: Neue Bruchstücke der Freisinger Itala. 259

das Format nnd die Zeilenzahl der einzelnen Seiten. Während uns von dem siebenten Quaternio bisher nur der vierte Theil, nämlich ein Doppelblatt mit 4 Seiten erhalten war, besitzen wir nunmehr genau die Hälfte; an die Blätter 50 und 55 der Handschrift schliessen sich nunmehr die Blätter 51 und 54 an. Vgl. Ziegler, Italafragmente, S. 13. Die äusserste und die innerste Lage des Bogens fehlen.

Auch unsere neuen Bruchstücke zeigen dieselbe auf- fallende Uebereinstimniung mit den Bibelcitaten Augrustins. wie die von Ziegler veröffentlichten. Das bekannte Wort im Galaterbriefe 6, 7 d-eöq ov f.w/!,Ti]QlC£Tai, Gott lasset sich nicht spotten, nach Luther, lautet bei Augustin comment. in Gal. deus non subsannatur, ebenso in unserm Freisinger Frag- mente, wogegen Cyprian deridetur, Hieronyraus irridetur über- setzt. Die Stelle Gal. 6, 17 zov Xoinov xonovg (.iol /.irjöelg TcaQeyjTw (hinfort mache mir niemand weiter Mühe. Luther) lautet in der Vulgata: De cetero nemo mihi molestus sit, doch bemerkt Hierouymus in seinem Commentare zu dem Briefe: melius in graeco legi Jabores nemo mihi exhibeat'. Augustin dagegen übersetzt an zwei Stellen Laboren! nemo mihi praestet, und genau so ist in dem Freisinger Frag- mente geschrieben. Gal. 3, 15 di'd^Qionov öia0^rjy.t]v oiöelg dd^Evel (eines Menschen Testament verachtet man nicht) ist bei Tertullian, Hieronymus und in der Vulgata wiederge- geben mit ^nemo spernit'; bei Augustin an verschiedenen Stellen mit nemo irritum facit, was sich denn auch im Freisinger Fragmente findet.

Est verborum tenacior cum perspicuitate sententiae sagt der grosse Kirchenlelirer, Das ist im Grunde genommen dasselbe doppelt ausgedrückt; denn die Durchsichtigkeit des Gedankens Avird eben damit erreicht, dass der engste An- schlu.ss an den griechischen Originalausdruck gesucht wird. Ohne Zweifel ist dO^ertio mit irritum facere genauer wieder- gegeben als mit sperno; i-WKrrjQt'Ccj plastischer mit subsan-

260 Sitzung der pMlos.-pliilol. Classe vom 6. Mai 1893.

nare als mit irridere. Während Hieronyraus nur einen lateinischen Gegenwerth gab, erstrebte die Itala mit Rück- sicht auf Etymologie und Wortbildung formelle Gleichheit. Daher wird dvvaf^iig 1, Cor. 2,5 und 6,15 mit potentia wiedergegeben, nicht, wie Hieronyraus that, mit virtus, weil das Verbum posse genauer dem griechischen dvvaaai ent- spricht. lÖLOQ übersetzte Hieronymus oft mit suus, weil suo tempore u. ä. feste Redensarten der Lateiner sind; die Itala regelmässig mit proprius, 1. Cor. 6, 18, Gal. 6, 5 und 9, 1. Tim. 2, 6. In der Itala ist navtiog 1, Cor. 16, 12 etymo- logisch genauer mit omnino ausgedrückt als von Hierony- mus mit utique; ör^Xov otl 1. Cor. 15, 27 wörtlicher mit manifestum quia als mit sine dubio, wie es in der Vul- gata heisst. Da beide üebersetzungsmethoden, die wörtliche unfreie und die freiere, mehr ein geschmackvolles Latein er- strebende ihre Berechtigung haben, so konnte man leicht darauf verfallen, den griechischen Ausdruck doppelt wieder- zugeben, wie ja die lateinische Sprache von jeher die Figur der Hendiadys ausgebildet hatte, von der Anschauung aus- gehend, dass was das eine Wort nicht enthält, durch ein zweites gedeckt werden könne. So verbindet Hieron. adv. Jovin. 2, 28 den plastisch derben und den zahmeren feineren Ausdruck: nee nos irrideas atque subsannes, was einer Con- cession an die Freunde der Itala gleichkommt. Wenn es aber im codex Börnerianus Gal. 6, 7 heisst: deus non diri- detur (deridetur?) vel non subsannatur, so scheint eher ein zwischen den Zeilen geschriebenes Glossem in den Text ge- rathen zu sein.

Ein Compositum wird also, wenn immer möglich, wieder als Compositum gegeben, damit die beiden Bestandtheile er- halten bleiben und nicht in einen zusammenfliessen. So ent- spricht Gal. 3, 14 dem griechischen enayye'kia adnuntiatio, nicht pollicitatio , womit Hieronymus den Sinn besser ge- troffen hat; Hebr. 6,18 dem naqü^-lriOLq adlocntio, nicht

WÖlfflin: Neue Bruchstücke der Freisinger Itala. 261

solatium, diessmal mit besserem Rechte, weil adloqui schon bei Klassikern von dem tröstenden Zuspräche gebraucht wird. Gal. 3, 19 zog die Itala für diarayeig dispositus vor, nicht ordinatus, wie Hieronymus übersetzte; Philipp. 1, 7 gibt sie ovyy.oivcovovg wörtlich mit consocios wieder, die Vulgata klassischer mit socios, da die Lateiner Bildangen wie con- civis, conf rater verpönten.

Dieses Bestreben ging so weit, dass der (oder die) Itala- ttbersetzer zahlreiche neue lateinische Wörter bildeten, meist Ableitungen und Composita, welche die griechischen so viel als möglich ersetzen sollten. Uebei'setzte Hierony- mus die Stelle Ezech. 22, 8 in der Vulgata mit Sanctuaria mea sprevisti, in seinen Epist. 135 mit despexisti, so ist da- mit das griechische e.S,ovd^ävioong nicht zur vollen Geltung gekommen, weil das Bild aufgegeben ist, und vollkommen begreiflich, dass die Itala und andere ältere Versionen nulli- ficasti, annihilasti, annuUasti vorzogen. Verbinden wir damit die zwei oben angeführten Stellen, wo Hieronymus a^ETHo und f.iviitr]Qi^o) mit irridere und spernere wiedergab, so haben wir bei ihm dreimal ^geringschätzen, verachten, verspotten', während die Grundbegriffe waren ^Grimassen machen, ungültig machen, zu nichte machen'.

Für V7To^iovrj hat das alte Kirchenlatein sustinentia geschaffen 1. Tim. 6, 11, während Hieronymus mit patientia zufrieden war; 2. Cor. 1, 6 ist dafür sustentatio gebraucht, während Hieronymus sich mit tolerantia behalf. Es reute den Italaübersetzer das schöne i.iay.Qod^vf.ua (Langmuth), welches die Vulgata 1. Tim. 1, 16 kurzweg mit patientia abthat, preiszugeben; er bildete daher longanimita s, welches auch Hieronymus annahm, da er für VTtoinoprj /.al i-iaxQoOv- f.ua zweier Wörter bedurfte, die er in patientia und longa- nimitas fand. Hebr. 11,6 gibt die Vulgata für ^iiadano- dorrjg renmnerator, die Freisinger Fragmente und Augustin wörtlich mercedis redditor. Dieser Anschmiegung: ver-

262 Sitzung der iiiJnlos.-philol. Classe vom 6. Mai 1893.

danken alle heutigen Cooperatoren ihren schönen Titel; denn die GvvsQyoi (avvEQyovvzeg) sind 2. Cor. 1,11 und 24 in der Itala die cooperatores (cooperantes), in der Vulgata adiu- tores (adiuvantes). Für ccTtagäßaTog setzte die Itala Hebr. 7, 24 intransgressibilis ein, was die Vulgata gegen sempiter- nus vertauschte. Indem nun solche Worte durch den Ein- fluss der Kirchensprache auch in die weltliche Litteratur eindrangen, so ist es klar, welchen Einfluss die Uebersetzung der heiligen Schriften auf die Entwicklung des Lateinischen gehabt haben kann. Es lohnte sich in der That der Mühe, diese christlichen Neubildungen zusammenzustellen und ge- nauer zu prüfen, wie viele die lebendige Volkssprache sich zu eigen gemacht und auf die romanischen Sprachen ver- erbt habe. Hier soll an einigen Verben wenigstens ein Ver- such gemacht werden.

MeoLTEvco Hebr. 6, 17 rief dem Verbum mediare (Hier. interponere); 1. Cor. 6, 9 xXrjQovof.ieco dem hereditäre (Hier, ungenau possidere); Hebr. 6, 6 TtaQaöeiyfAatiCco einem exem- plare (Hier, ostentui habere). Besonders häufig ist der Be- griff des Erniedrigens {za/reivoco, Gegensatz vij.i6to), sei es dass der Mensch sich selbst erniedrigt oder erniedrigt wird. Das heidnische Latein besass kein von humilis abgeleitetes Verbum, so dass der Neulateiner vermuthlich auf humilem reddere greifen würde. Da aber der Begriff in der Bibel etwa 150 mal vorkommt, so war ein Verbum unentbehrlich, und so gebraucht denn die Itala 2. Cor. 12, 21 humilare (ne humilet me deus), eine Form, welche sich bei dem afri- kanischen Dichter Corippus Joh. 7, 494. 8, 464 wiederfindet. Hieronymus hat die kaum berechtigte Form humiliare^) vor- gezogen, Ammian humilitare. So ist das Wort in das Spät- latein gekommen, wenn es auch in die romanischen Sprachen nur als gelehrtes Wort hineingekommen ist.

1) Vg]. levis levo; tristis tristo(r); gravis gravo(r).

WÖlffUn: Neue Bnichstücke der Frcisincjer Itala. 263

Dagegen lässt sich das lebendige Fortleben bei einem der wichtigsten Wörter der christlichen Latinität nachweisen, bei Salvator nnd salvare, deren Entstehungsgeschichte wir genauer untersuchen wollen. Die klassische lateinische Sprache hatte für die Familie owog, owUo, gcottiQ, öonrjQia zwei Reihen, salus und salvus, servare und servator, deren Ineinandergreifen^) in den Redensarten salus rei publicae, rem publicam salvam velle, servare rem p., servator rei p. klar zu Tage tritt; die Thatsach«, dass salvare und salvator fehlten, ist über allen Zweifel erhaben. Da Verres sich nicht nur als Patronus Siciliae, sondern auch als Soter ver- herrlichen liess, so fragt Cicero, Verr. 2, 154 hoc quantum est? Ita magnum, ut latine uno verbo exprimi non possit. Is est nimirum SOTER, qui salutem dedit. Also servator genügte ihm nicht und Salvator mochte er nicht sagen. In der Rede pro Plancio 89 nennt er sich freilich servator rei publicae, obschon er damit offenbar das Verdienst bezeichnet, die salus rei p. gewahrt zu haben, und ebenso an andern Stellen. Die Korinthier begrüssten den Quinctius Flamininus bei seiner Abreise aus Griechenland nach Livius 34, 50, 9 als servatorem liberatoremque, d. h. als Soter. Bei Plinius nat. h. 34, 75 wird der Zevg gcottJq Jupiter Servator ge- nannt. Von dem Freigelassenen Milichus, welcher die Ver- schwörung gegen Nero entdeckte, schreibt Tacitus annal. 15,71 conservatoris sibi nomen, graeco eins rei vocabulo, adsumpsit, ein lehrreiches Beispiel, wie ängstlich Tacitus als Purist das Fremdwort Soter vermied; warum er aber nicht Salvator geschrieben, das weiss niemand zu erklären.

Ebenso consequent wird das Verbum salvare vermieden. Die gute Prosa hat, abgesehen von serrare, mit salvum reddere, parare, saluti esse u. a. die Lücke auszufüllen ge-

1) Vanicek und andere Etymologen nehmen sogar an, servare sei ebenso wie salvus von Sanskr. sarva (ganz, integer) abgeleitet, was indessen nicht richtig sein kann.

264 Sitzung der philos.-philol. Classc vom 6. Mai 1893.

sucht, und auf diesem Standpunkte der Umschreibung stehen noch alte Bibelübersetzungen, wie 1. Tim. 1, 15 owoai] sal- vos facere, auch von Hieronymus beibehalten; 1. Tim. 2, 15 Ocodr^GETai] salva erit; Hebr, 7, 25 ototeiv] salvos perficere, und allgemein bekannt ist ja das Domine, salvum fac regem, welches aus Psalm. 19, 10 stammt. Nur empfand man den Mangel des Verbums salvare weniger als den des Substantiv salvator, weil man an salvum facere, salvum parare gewisser- massen Composita hatte wie salvificare oder aequiparare = aequum parare, aequare, während Ciceros Umschreibung qui salutem dedit für den Gebrauch zu ungefüge, und servator, conservator doch kein voller Ersatz für salvator war.

Wo liegt nun die Erklärung des Fehlens von salvare und salvator? Schwerlich darin, dass man die Ableitung salvare vermieden hätte, um nicht mit salvere zu concurrieren, da man ja transitives placare, sedare, albare neben intran- sitivem placere, sedere, albere duldete. Mart. Cap. 5,510 meinte, Cicero hätte salvator nicht gebrauchen wollen, weil es seine Vorgänger auch nicht gebraucht hätten. Cicero soterem salvatorem noluit nominare, sed ait ^qui salutem dedit'; illud enim nimium insolens videbatur. Dieser Grand liesse sich bei Caesar hören, welcher jedes neue Wort wie eine Klippe vermied, nicht aber bei Cicero, welcher die lateinische Sprache durch zahlreiche Neubildungen bereichert hat. Augustin, auf den mich Pater Odilo 0. S. B. auf- merksam macht, geht von Salvator = Jesus aus und glaubt, die Heiden hätten eben den Begriff des Erretters nicht ge- habt und das Wort habe sich eingestellt, sobald die er- rettende Person erschienen sei. Seine Worte sind interes- sant genug, um sie mitzutheilen, de trinit. 13, 10, 14: ver- bum (salvator) latina lingua antea non habebat, sed habere poterat, sicut potnit, qnando voluit; und in den Sermon. 299, 6 Jesus, id est Salvator. Nee quaerant grammatici, quam sit latinum, sed Christiani quam verum. Salvare et salvator non

WölffUn: Neue Bruchstücke der Freisinger Itnla. 265

fuerunt liaec latina, anteqnam veniret Salvator; qnando ad Latinos venit, et haec latina fecit. Doch auch diess erschöpft die Sache nicht ganz, da den Griechen der ^mtyiq so gut ein Retter war wie der Salvator uns Christen.

Und doch hat Augustin wenigstens den rechten Weg gewiesen, indem er fühlte, der Ausgangspunct der Wort- bildung sei den Christen die Person gewesen , nicht der VerbalbegriflP. So lange aber salvare fehlte, durfte man von dem Adjectiv salvus nicht salvator ableiten, so wenig als von bonus oder malus bonator und malator, der Wohlthäter und der üebelthäter, welche Substantiva nur aus den Verben bonare und malare hätten gebildet werden können. Darum schreckte Cicero, von richtigem Instincte geleitet, davor zu- rück, Salvator zu schreiben, und Augustin erkennt die gram- matischen Bedenken an. Hier half die Sache über die for- mellen Schwierigkeiten hinüber. Servare hatte neben der Bedeutung retten' die schwächere ^erhalten, bewahren', wie sie auch in servus, der Sclave = der Hüter (des Hauses) hervortritt, und unter solchen Umständen konnten die Christen ihren Heiland unmöglich den ^Erhalter (servator^) nennen; sie mussten; wenn sie nach dem Standpuncte der Itala GcoTtjQ wörtlich übersetzen wollten, an salus salvns anknüpfen und, wohl oder übel, auf salvator kommen, welches dann natür- lich das Verbum salvare mit sich zog. Tertullian de resurr, carn. 47 hatte es noch mit salutificator versucht. Wenn aber die Christen mit der Bildung von salvator einen Fehler begingen, so corrigirten sie denselben dadurch, dass sie ihm das bisher fehlende Verbum salvare zur Seite stellten. Seit- dem man dann salvare neben servare hatte, zog sich das letztere auf die Bedeutung ^bewahren' zurück, während jenes den Begriff der Rettung übernahm, eine Tlieilung, wie sie

1) Die klassische Sprache hätte auch wohl einen Zusatz wie hominum verlangt.

1893. Pliilos.-philol. u. bist. Gl. 2. 18

266 Sitziw(j der phüos.-lMlol. Classe vom 6. Mai 1893.

noch in dem nenfranzösischen conserver, conservateur neben dem ererbten sauver, sauveur erhalten ist. Und somit wäre denn, wie schon Augustin sagt, aus einem Worte der speci- fisch christbchen Latinität das itabenische salvare, das fran- zösische sauver hervorgegangen.

Gleichwohl müssen wir hier noch einen Vorbehalt machen. Zwar wenn Quintilian 12, 10, 44 alle Handschriften bieten discrimina salvare, so haben die Herausgeber mit Recht ge- ändert servare, weil Quintiban 1, 7, 4. 12, 10, 70 ebenso discrimina servare sagt, was überhaupt eine stehende Formel ist, z. B. Lucr. 5,923, Livius 5,46, 7; salvare im zwölften Buche des Quintilian, wo der treffliche codex Ambrosianus leider fehlt, ist Correctur eines christlichen Abschreibers. Gewagter ist es bei Plin. n. h. 17, 178 das handschriftliche salutentur palmites (die Rebschosse) in serventur zu ändern statt in salventur. Wenn aber der Weinbauer von einem palmes salvus sprach, so bildete er sich auf eigene Faust palmitem salvare, und Plinius wird eben ein Wort der Bauernsprache gebraucht haben. Es ist ja jeder Volks- sprache eigenthümlich. Alles über einen Leisten zu schlagen und die Ausnahmen auszugleichen, und so gut sie dem Per- fect odi ein Präsens odio (wie audio) zur Seite stellte, dann ein neues Perfect odivi (wie audivi) bildete, und im Passiv odior sagt (wie audior), während die Klassiker mit odio esse umschrieben, so gut rausste sie die ungleiche Reihe salus salvus servare servator ausgleichen. Ist diess richtig, so hätten wir anzunehmen, dass wohl salvator = Jesus Neu- bildung der Christen war, nicht aber salvare, welches die Volkssprache bereits früher besass, die klassische Sprache aber nicht bilden mochte, weil sie sich theils an die Um- schreibungen, theils daran gewöhnt hatte, servare als Ver- bum zu salvus zu nehmen. Die Verbreitung des Verbums und die Einführung in die Litteratur ist jedenfalls auf Rech- nung der Christen zu setzen. Und so möge man in diesen

Wölfflin: Neue Bruchstücke der Freisinger Itdla. 267

Ausführungen ein Beispiel für die Richtigkeit meiner Be- hauptung finden, dass jeder Lexikonartikel die Biographie eines Wortes sein müsse, wie ein Beleg dazu, dass wir von diesem Standpuncte noch weit entfernt sind.

Ein zweites Beispiel bietet uns das griechische von f-iiTQOv abgeleitete Verbum f.iezQko. Sollte dieses mit voller Kraft vor die Seele geführt werden, so passte das Deponens metiri nicht, weil es sich an kein Substantiv anlehnt, auch wegen naher Berührung und Verwechslung mit metere mähen' von dem gemeinen Manne lieber vermieden wird. Die Itala gebrauchte daher 2. Cor. 10, 12 das von mensura abgeleitete Verbum mensurare,^) welches im Italienischen wie im Fran- zösischen (mesurer) fortlebt. Indessen müssen wir hier den gleichen Vorbehalt machen wie bei salvare; denn wenn wir auch vor der Itala keinen Beleg für das Verbum aus der heidnischen Litteratur haben, so ist doch noch lange nicht bewiesen, dass die Christen das Wort neu gebildet hätten; vielmehr dürfte es schon die heidnische Volkssprache ge- schaffen haben und die Christen haben ihm nur zum Durch- bruche in der Litteratur verholfen.

Je deutlicher die Tendenz der Itala in der Wiedergabe des Griechischen zu erkennen ist, um so mehr wundert man sich, dass der üebersetzer sich nicht immer consequent ge- blieben ist, und dass es eine Anzahl von Stellen giebt, wo die Vulgata getreuer ist. So giebt mehrfach die Itala die mit aprivativum gebildeten Wörter positiv wieder, wäh- rend Hieronymus den negativen Ausdruck herstellte. Für dztfiia, äq)QCüv, ayEvrjg, dvorjzog finden wir 1. Cor. 15, 36. 43; 1. Cor. 1,28; Gal. 3,1 in der Itala conturaelia, stulte, stultus, contemptibilis. in der Vulgata ignobilitas, insipiens, ignobilis, insensatus.

1) Die Volkss])rache zog überhaupt die voller klingenden Verba der ersten Coniugation auf äre denen der dritten vor.

18*

268 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 6. Mai 1893.

Anders steht es mit den griechischen Fremdwörtern, welche die Itala gemäss ihrer tenacitas oft beibehält, während Hieronymus sie durch lateinische ersetzte. Man vergleiche:

Rom. 15, 9 xlidlXco Fris. psallere Volg. cantare

Ephes. 1,9 f.ivaTriQi07' mysterium sacramentnm

(Ebenso 1. Corinth. 2, 1 und 7)

1. Tim. 5, 19 7tQeoßvT£Q0i presbyteri senes

1. Joh. 5, 21 siöioXov idolum sinuüacrum

Hebr. 10, 27 CiJAog zelus aemulatio

Wenn Hieronymus an einzelnen Stellen den griechischen Ausdruck beibehalten hat, so wird man annehmen müssen, der Wortlaut der betreffenden Verse sei so in das Herz der Gemeinde eingedrungen gewesen, dass eine Aenderung un- statthaft erschien. Diess gilt z. B. von ßgaßsiov^ bravium, in der bekannten Stelle 1. Cor. 9,24 omnes quidem currunt, sed unus accipit bravium, wo Cyprian palmam gesetzt hatte. Vgl. auch Philipp. .3, 14. Um anoQeioO^ai nicht zu ver- lieren, bildete das Kirchenlatein ein Deponens aporiari, welches Hieronymus 2. Cor. 4, 8 stehen Hess; doch missfiel ihm die tenacitas der Itala, welche in dem gleichen Verse das griechische sBajtOQeloOaL gewaltsam mit exaporiari übersetzte; die Vulgata zeigt uns dafür destitui. Wenn also die Itala getreu ihrem Principe die Fremdwörter zäher fest- hält, so dürfen doch vereinzelte Fälle der Inconsequenz nicht verschwiegen werden, wie 1. Cor. 3,3, wo umgekehrt die Vulgata das griechische zelus bewahrt, während die Frei- singer Blätter aemulatio geben.

Da die Griechen den bestimmten Artikel für die Zwecke der Declination in Anspruch nahmen, so bereitete das Fehlen desselben den Römern grosse Schwierigkeiten. Die Lösungen sind verschiedene. Manchmal lässt die Itala den Artikel ein- fach weg, selbst wo keine Endung den Casus anzeigt, Gal. 3, 8 :rrQO£vt]yyeX(oaTO xio 'AßQaä.i.i~\ praenuntiavit Abraham, wo

Wölfflin: Neue BruchstücJce der Freisinger Itala. 2G9

Cyprian test. 1, 5 und Hieronymus lieber Abrahae declinierten. Gal. o, 7 viol l4ßQad^i] Itala und Augustin filii Abraham, Cyprian Abrahae. Offenbar sollte nach der Ansicht des Itala- übersetzers der Frenidname nicht verunstaltet werden, da der Genitiv Abrahae auch auf einen Nominativ Abraha oder Abrahas zurückführen könnte. Decliniert wird unter Anderem, wenn der Genitiv dem Nomen, von welchem er abhängit; ist, vorangeht, wie Gal. 3, 29 rov l4ßQaafi a/reQ/narog] Abrahae semen. Oder es wird ein Pronomen als Ersatz für den Artikel herangezogen, Ephes. 4, 30 tov yi6Gi.tov] Itala huius mundi, Vulgata bloss mundi.

Ebenso empfindlich war der Mangel des Participiums Aoristi activi. Während hier die Vulgata durch Temporal- sätze und Relativsätze auflöst, gab sich die Itala, um nicht den Satzbau zu ändern, mit dem Partie, praes. act. zufrieden.

Ephes. 1, 5 jCQOOQioag praedestinans qui praedestinavit

1, 13 aycovoai^zeg audientes cum audissetis

1. Cor. 2, 1 tl&av veniens cum venissem

Bekanntlich hatte schon Livius zu diesem Nothbehelfe gegriffen.

Um noch einige Bemerkungen über die Syntax anzu- schliessen, so zeigt sich der engere Anschluss an das Grie- chische namentlich in dem Indicative des indirecten Fragesatzes. 1. Thessal. 1, 5 öidave oloi EyevrjO^ijiitEi'] Itala quales fuimus, Vulg, quales fuerimus. 1, 9 CLnayytk- lovoiv oiioiav el'aodoi' soxo/iiei'] It. qualem habuimus, Vulg. qualem habuerimus. Hebr. 7, 4 O^scogelre 7rr]lUog ovzog] It. qualis hie est, Vulg. quantus hie sit. 1. Cor. 1, 10 ot'x oJöa SL xiva aXlov sßänxLöa] It. si aliquem aiium baptizavi, Vulg. si quem alium baptizaverim. Ebenso wird ort mit quia und dem Indicativ wiedergegeben, wo Hieronymus quod mit dem Conjunctiv vorzieht. Hebr. 7, 14 otl dvaTeTaXxev] Itala quia exortus est, Vulg. quod exortus sit. Bekanntlich zeigt auch das plautinische Latein vielfach den Indicativ in

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abhängigen Sätzen, wo Cicero den Conjunctiv anwendet; es ist daher wahrscheinlich, dass die lateinische Volkssprache an der alten ungekünstelten Einfachheit festgehalten habe.

Aehnlich steht es mit der doppelten Negation, die ja nach klassischem Sprachgebrauche sich gegenseitig auf- hebt, während sie im Altlatein verstärkt. Daher übersetzt die Itala 1. Cor. 1, 7 waie v/uccg {.ir^ vateQelod^ai Iv f-iTjöevl Xa(jioiLiaTi mit: ut nihil vobis desit in nulla gratia, Hiero- nymus: in ulla gratia.

Aber diese Gräcismen haben doch ihre Grenzen. Den Genitivus comparationis hat die Itala in der Stelle 1. Cor. 1, 25 {löyrvQÖzeqov rwv av^QW^rcov) vermieden, indem sie übersetzt fortius quam homines (Vulgata fortius homini- bus), obschon jene Construction bei Vitruv und Apuleius, ja sogar in der Kurialsprache in Formeln wie minor annorum decem vorkommt. Vgl. Arch. f. lat. Lexikogr. VII 117 ff. Indessen kann man aus diesem einen Beispiele der Freisinger Bruchstücke darum nichts Sicheres schliessen, weil in vor- hieronymianischen Uebersetzungen anderer Bücher der hei- ligen Schrift der Genitivus comparationis nicht selten ist.

Die Frage nach dem kritischen Werthe der Itala kann hier nicht untersucht werden; doch seien einige Be- merkungen gestattet, welche sich von selbst darbieten. Die Uebersetzung bestätigt zwar oft die Lesarten der ältesten griechischen Handschriften, sie ist aber auch nicht ohne Fehler, obschon dieselben sehr verschiedener Art sind.

Entweder ist unsere Freisinger Handschrift selbst ver- dorben, so wenn sie Epist. Ephes. 1, 7 yäqixog mit gloriae übersetzt; ursprünglich stand wohl gratiae im Texte, welches um so leichter verschrieben werden konnte, als gratia durch gra abgekürzt wird, wie gloria durch gla. So möchte ich auch die sinnlose Stelle 2. Cor. 12, 16 erklären doXco vf.iag eXaßov] dolo vos genui (Vulgata: cepi); es muss oflPenbar tenui heissen = dolo vos cepi et captos teneo. In der

I

Wölfflin: Nene Bruchstücke der Freisinger Itala. 271

Itala entspricht nämlich capere, accipere dem griechisclien la(.iß(xvEiv , wenn dieses bedeutet ^erhalten, bekommen'; da aber der Sinn hier ein anderer ist {laf.iß. = fangen), so schrieb der Uebersetzer tenui nach bekannten heidnischen Vorbildern, z. B. Sen. de ben. 7, 4, 1 teneo te (in laqueis). Ob der Abschreiber gedankenlos sich an die freilich nur äusser- lich ähnliche Stelle des ersten Korintherbriefes 4, 15 per evan- gelinm ego vos genui erinnerte, möge dahin gestellt bleiben.

Andere Fehler stammen daher, dass der Uebersetzer einen bereits corrupten griechischen Text vor sich hatte. So übersetzt er 2. Corinth. 7, 11 ayapcixTrjaiv (Vulgata indig- nationem) mit refectionem, vermuthlich weil er dväxzrjGiv (von dvaKraoi-iai, wieder erwerben) las, welches freilich sinnlos ist.

Ebenso sinnlos hiess es in der lateinischen Bibel vor Hieronymus im Römerbriefe 12, 11 tempori servientes statt domin o servientes, weil der Uebersetzer in seinem <>-rie- chischen Testamente r(;7 xaiQU) gefunden hatte statt des rich- tigen TW xv()t(o. Die Macht der Gewohnheit machte sich aber schon damals geltend, und Hieronymus blieb von der neidischen Kritik nicht verschont, weil er es gewagt hatte, nicht nach Conjectur das einzig Wahre herzustellen, sondern auf Grund der besseren griechischen Handschriften den Fehler auszumerzen. Hieron. epist. 27. Dass das falsche tempori auch in der Itala stand, ist wahrscheinlich, wenn auch nicht bezeugt, da das betreffende Freisinger Blatt fehlt; doch hat Augustin in diesem Falle seine Verehrung der Itala nicht auf die Spitze getrieben, sondern in dem Citate der Stelle de doctrina christiana cap. 4 richtig domino gegeben.

Ueber einen ähnlichen Schnitzer der Freisinger Blätter bin ich mir weniger klar. Es handelt sich um den be- kannten Spruch 1. Timoth. 5, 19: „denn es ist je gewisslich Avahr und ein theures werthes Wort, dass Christus Jesus gekommen ist in die Welt, die Sünder selig zu machen"; griechisch nioxog ö löyog xx/l. ; Hieronymus fidelis sermo.

272 Sitzung der philos.-philol. Glasse vom 6. Mai 1S93.

Hier geben die Freisinger Blätter und mehrere Anführungen Augustins: humanus sermo, und Hieronymus bezeugt in dem angeführten Briefe ausdrücklich, die Lesart humanus' werde von den Gregnern festgehalten. Wo liegt hier die Quelle des Irrthums? Sollten jene gelesen haben: Ttvozog 6 Xoyog = weltbekannt, und sollten sie diess mit humanus übersetzt haben? Non liquet.

Aber der Uebersetzer hat auch falsch übersetzt, und er verfiel um so mehr in Fehler, als er zu viel an dem Buch- staben hängen blieb. 2. Corinth. 1, 16 vq)' vfutöv 7CQ07cef.i- cpd^r^vai Eig ZTjv^lovdaiav hat Hieronymus richtig übersetzt mit : a vobis deduci in Judaeam (Luther: auf dass ich von euch geleitet würde in Judaeam), die Itala falsch mit praemitti. Ohne Zweifel kann jcqo7te(.inio diese Bedeutung unter Um- ständen haben, doch nicht an unserer Stelle.

Das Vorgetragene kann uns genügen, um uns ein ür- theil über den sprachlichen Charakter der Itala zu bilden. Sie wollte nichts von der Schärfe des Gedankens, nichts von dem Werthe des einzelnen Wortes, überhaupt kein Atom des göttlichen Wortes verlieren und benützte daher alle mög- lichen Uebersetzungsmittel, auch wenn sie jenseits der Grenzen des klassischen Lateins lagen. Hieronymus dagegen trug dem Geschmacke der Gebildeten Rechnung und indem er darauf verzichtete, den körperhaften Lihalt des griechischen Originales wiederzugeben, beschränkte er sich auf Wiedergabe des Sinnes. Augustin hat der Itala ein Lob gespendet, weil der Prediger namentlich in jener Zeit wie ein Exeget von dem Originale ausgehen musste und nicht von eleganten Paraphrasen.

Diese Itala, deren sich Augustin bediente (Lagarde hat 42000 Bibelcitate aus seinen Werken excerpiert) herzustellen sowohl nach lateinischen Bibelhandschriften, welche auf seinen Text zurückgehen, als auch aus den Anführungen älterer Kirchenväter, ist eine ebenso wichtige als schwierige Aufgabe. Wo und wann die Itala entstanden, wird sich

Wölff'lin: Neue Bruchstücke der Freisinger Itala. 273

liestimiiieii lassen, sobald die Hülfsmittel für die Texteskritik ausgebeutet sein werden; diese Untersuchungen werden sich verknüpfen mit denen über afrikanisches Latein. In weiterem Sinne hat man Itala nicht nur die lateinische Bibel Augu- stins genannt, sondern den Ausdruck collectiv für alle vor- hieronymianischen üebersetzungen gebraucht, was freilich bequem, aber auch verwirrend ist, Tertullian und Cyprian haben mehrere andere Üebersetzungen neben der Itala ge- habt. Lassen wir die von verschiedenen Seiten begonnene Untersuchung langsam und schrittweise vorrücken; die Sonne wird nicht ausbleiben.

Wir lassen nunmehr den Text der vier Blätter folgen, indem wir die Uncialbuchstaben durch Capitalschrift ersetzen und die mangelhafte Worttrennung zur Bequemlichkeit der Leser consequenter durchführen. Nicht sicher lesbare Buch- staben sind durch Antiqua wiedergegeben. Die Noten geben einen Auszug aus Sabatiers kritischem Apparate, und sollen vor Allem die Uebereinstiramung mit Augustin nachweisen.

Epist. Gal. 3, 5.

EX OPERIBUS LEGIS AN EX AUDITU FIDEI SICVT 3,6 ABRAHAM CREDIDIT DO ET DEPUTATUM EST ILLI AD lUSTlTIAM INTELLEGITE ERGO QUO . . . M 3,7

QUl EX FIDE . HII SUNT FILII ABRAHa . PRO 3,8

AUTEM SCRIBTURA QUIA EX FIDE lUSTIFIC . .

3,6 sicut ad iustitiam] August, epist. 19G wörtlich gleich; sicut scriptum est: Abraham Hier. Vulg. deputatum] Tert. Cypr. (var.) Iren.; reputatum Vulg.; aestiniatum Ambrosiaster. 3,7 intel- legitel August, opist. 196; cognoscite Iren. Vulg.; cognoscitis Tert. monog. 6; Cypr. tesiiim. 1,5. quoniam] Irenaeus; quia Tert. Cypr. Vulg. ex fide] Iren. Tertull.; ex fide sunt Vulg. Abraham] stand wohl im Fris., August, epist. 1136; Abrahae Iren. Tert. Cypr. Vulg.

3,8 pro ] providcns Aug. epist. lüG, Cypr. Vulg.; praevidens

Irenaeus (,?). Abraham] Abrahae Iren. Cypr. Vulg.

274 Sitzung der philos.-jjihilol. Classe vom 6. Mai 1893.

GENTES DS PRAENUNTIAUIT ABRAHAm

QUIA BENEDICENT ÜR IN TE OMNES GENTES

3.9 ITA ÜT QUI EX FIDE SUNT BENEDICENTUR CUM

3.10 FIDELI ABRAHAM QUAECUMQUE ENIM EX 0

PERIBÜS LEG SUB MALEDICTO SUNT

LEGIS SCRIBTUM EST ENIM. ^ QUONIAM

MALEDICTUS OMNLS QUI NON PERMANET IN OMniBUs QUAE SCRIBTA SUNT IN LIBRO

3.11 LEGIS UT FaciAT EA QUIA AUTEM IN LKGE NEMO lUSTIFICATÜR APUT DM MANIFESTÜ EST . QUIA lUSTUS EX FIDE UIUIT

3.12 LEX AUTEM NON EST IN FIDE SED QUI FECE

3.13 RIT EA UIUET IN ILLIS . . . NOS REDEMIT DE MA

LEDICTO LEGIS FACTUS OBIS MALEDICTÜ

QUIA SCRIBTUM . ST MALEDICTUS OMNIS

3.14 QUI PENDET IN LIGNO ENTIBUS BE

NEDICTIO ABRAHAE FIEKET IN XPÖ IHÜ UT AD

NUNTIATIONEM SPS ACCIPIAMUS PER FIDEM 3,15 FRATRES SECÜNDUM HOMINEM DICO tarn HOMINIS CONFIRMATUM TESTAMENTUM NEMO INRITUM FACIT AUT SUPERORDINAT 3,10 ABRAHAE DICTAE . . NT PROMISSIONES ET SE

3j9 ita ut] cöars; itaque Irenaeus; igitur Cypr.; ergo Ambro- siaster. 3,10 quaecumque] öooi : quicumque Aug. expos. Vulg. ; quotquot Ambrosiaster. Tichonius. quoniam] quia cod. S. Germ. Claromont.; fehlt Vulg. permanet] permanserit Tich. Ambrosia- ster, Vulg. 3,11 quia] quoniam Tichonius, Ambr. Hier. Vulg. 3,12 autem] enim Ambrosius. fecerit] facit Sedulius. 3,13 quia] August, expos. Hilarius, Vulg.; quoniam Irenaeus. maledictum] maledictio Tert. pendet] pependerit TertuUian. 3,14 ut in gentibusj ut in gentes codd. SGerm. Claromont. adnuntiationem] August, expos.; benedictionem Hieron. Ambrosiaster. 3,15 inritum facit] August, epist. 196; de doctr. christ. lib. 4, und öfter; spernit Tert. Hier. Vulg. 3,16 promissiones] repromissiones Ambr. Hieron.

WölffUn: Neue Bmchstücke der Freisinger Itala. 275

MINI EIUS IT ET SEMINIBUS TAMQUÄ

IN MULTIS SED TA . . UAM IN UNO ET SEM . . .

TUO QUOD EST XPS HOC AUTEM DICO . . .TAME 3,17

. . M CONFIRMATUM A . Ö . . P . . . QUAD

TOS ET TRIGINTA ANNOS FACTA LEX

NON INFIRMATA AD EUACUANDAM PROMISSIO . .

SI ENIM EX LEGE HEREDITAS lAM NON EX PROMIS 3,18

SI . . . M . ABRAHAE AUTEM PER PROMISSLONE

DONAUIT DS QUID ERGO LEX TRANSGRESSIONIS 3,19

PROPOSITA EST DONEC UENIRET SEMEN CÜI PRO

MISSUM EST DISPOSITUM PER ANGELOS IN MA

NU MEDIATORIS MEDIATOR AUTEM UNIUS 3,20

NON EST DS UERO UNUS EST LEX ERGO ADUER 3,21

SUS PROMISSA DI ABSIT SI ENIM DATA ESSET

LEX QUAE POSSET UIUIFICARE OMNINO EX LE

GE ESSET lUSTITIA SED CONCLUSIT SCRIB 3,22

tamquam] August, epist. 196 und öfter, Ambrosius; quasi Tert. Iren. Hier. Vulg. in multisj Aug. ep. 196, etc. Ambrosius, Vulg. ; pluri- bu8, de pluribus Tert.; de multis Irenaeus. tamquam] August. Tert.; sicut Ambrosius; quasi Irenaeus, Vulg. in uno] August. Vulg. Ambros. ; de uno Tert. Iren. quod] qui Ambros. Vulg.

3,17 facta] facta est Hier. V^ulg. August. infirmata] scrib. infirmat nach August.; irritum facit Hier. Vulg. 3,18 si enim] August. Tichon.; si ergo Aug. epist. 177; nam si Vulg. promis- sionem] August.; repromissionem Vulg. 3,19 ergo] Iren. August.; igitur Hier. Vulg. transgressionis] gratia einzusetzen nach August, i'pist. 177, doctr. dir. 4; praevaricationum gratia Ambrosiaster; propter transgressiones Hier. Vulg. factorum gratia cod. SGerm. Claromont. proposita] August.; posita Hier. Vulg. donec] usque quo, usquo dum Iren.; quoadusque SGerm. Claromont. veniret] veniat Iren. SGerm. Ciarom. promissum est] Aug. Iren.; repromissum est Ambr. Hier.; promiserat Vulg. dispositum] oder disposita Aug. Iren. Hier.; ordinata Hier. Vulg. 3,20 vero] autem Vulg. 3,21 dei] fehlt

in SGerm. Claromont. omnino] August.; omnimodo Tich.; vere Hier. Vulg.; pro certo SGerm. Clar. 3,22 credentibus] eis qui cre- dunt SGerm. Clar.

276 Sitzung der philos.-pMlöl. Classe vom 6. Mai 1893.

TURA OMNIA SUB PECCATO UT PROMISSIO EX

3.23 FFDE IHU XPI DARETUR CREDENTIBUS PRIUS AU TEM QLTAM UENIRET FIDES SUB LEGE CüSTODI EBAMÜR . CONCLUSI IN EAM FIDEM QUAE POS

3.24 TEA REUELATA EST , ITA LEX PEDAGOGUS NOS TER FUIT IN XPO UT EX FIDE lUSTIFICEMUR

3.25 POSTQUAM AUTEM UENIT FIDES lAM NON SU 3,20 MUS SUB PEDAGOGO . OMNES ENIM FILII Di ES

3.27 TIS PER FIDEM IN XPO IHÜ Q . . . CUMQUE ENIM

3.28 IN XPO BAPTIZATI ESTIS XPM INDUISTIS . NON EST lUDAEUS NEQUE GRECUS NON EST SER BUS NEQUE LIBER NON EST MASCULUS ET FAEMINA OMNES ENIM LOS UNUM ESTIS

3.29 m XPO IHU SI AUTEM UOS XPI ERGO ABAHAE SEMEN ESTIS . SECUNDUM PROMISSIONE

4.1 HEREDES DICO AUTEM QUANTO TEMPORE HERES PARUULUS EST ERT A SERUO

4.2 CUM SIT DNS OMNIUM . ED SUB PROCURATO RIBUS EST ET ACTORIBUS USQUE AD PRAE . .

4.3 NITUM TEMPUS A PATRE SIC ET NOS CU .

3,23 postea revelata est] August.; incipiebat revelari Hilarius ; revelanda foret Anabr. ; revelanda erat Hier. Vulg. 3,24 ita] ita- que Hilarius, Tich. Augu.st. Vulg. 3,25 postquam autem] Aug. Ainbr. Hier.; at ubi Vulg. Hilar.; veniente autem fiele Ambrosiaster, SGerm. Ciarom. 3,26 fidem] August.; tidem quae est Hier. Ambro- siaster, Vulg. 3,27 quicumque] quotquot Tert. Cypr. Hilar. bapti- zati] tincti Tert. Cypr. 3,28 est] inest Hilar. et] neque August. Hilar. Ambr. Vulg. 3,29 vos] August. Vulg.; vos estis Aug.

epist. 196; vos unum estis in Christo .lesu Ambrosiaster, SGerm. Ciarom. 4,1 quanto tempore] August, expos. Vulg.; quamdiu Ambrosiaster, Hier. Aug. parvulus] infans Anon. de aleator. 3,4. 4,2 sub pro- curatoribus est et actoribus August, expos.; sub tutoribus et actori- bus est Hier. Vulg.; sub curatoribus et actoribus Sedul.; sub procu- ratores et actores est agens Anon. de aleat. 3,4. 4,3 cum] dum (V) Tertull.

Wölfflin: Neue Briichstücl'e der Freisinger Itain. 277

ESSEMÜS PARUULI SUB ELEMENTIS HUIUS

ONUS PORTABIT COMMÜNICET AUTEM . . 6,5. G

QUI CATECIZATUR UERBUM ET QUI SE CATECIZAT

IN OMNIBUS BONIS NOLITE ERRARE DS NON 0,7

SUBSANNATUR QÜOD ENIM SEMINAUERIT HO 0,8

MO HOC ET METET QUIA QUI SEMINAUERIT IN

GARNE SUA EX GARNE METET CORRUPTIONE

QUI AUTEM SEMINAUERIT IN SPÜ DE SPü ME

TET UITAM AETERNAM BONUM AUTEM FAGI 0,9

ENTES NON INFIRMEMUR TEMPORE ENIM

PROPRIO METEMUS INFATIGABLLES ITAQUE 0,10

DUM TEMPUS HABEMUS OPEREMU R QUOD BO

NÜM AD OMNES MAXIME AUTEM AD DO

MESTIGOS FIDEI ÜIDISTIS QUALIBUS LITTE o,ii

RIS UOBIS SGRIBSI MEA MANU QUIGUMQUE 6,12

UOLUNT PLACERE IN GARNE HII GOGUNT UOS

GIRGUMGIDI TANTUM UT IN GRüGEM XPI

6,5 0. portabit] unusquisque enim proprium o. p. Aug'. expos. ; 0. suum p. Vulg-.; suam sarcinam p. Ambrosiaster. 6,6 verbum] Aug. Hier.; verbo Vulg. 6,7 nolite errare] n. aeduci Ambr. ;

erratis Tert. subsannatur] Aug. expos. ; deridetur Tert. Cypr. ; irri- deturVulg. ; ridetur SGerm. Ciarom. 6,8 quod] Tert. Aug. expos.; quodeunque Hier.; quae Vulg. SGerm. Ciarom. hoc] Tert. Hier. Aug. expos.; eadem SGerm. Clar. quia] Ambr. quoniam Vulg. seminaverit] Tert. Aug. Hier. Ambrosiaster; seminat Zeno, Ambr. ex carne] Aug.; de carne Hier. Aug. Vulg.; de carne sua SGerm. Clar. seminaverit] seminat Zeno, Ambr. 6,9 bonum] bene Tert.

non infirmemur] August, expos.; ne taedeat Tert.; non fatigemur Tert.; non deficiamus Cypr. August. Vulg. proprio] Aug. expos.; suo Tert. Cypr, Aug. Vulg. infatigabiles] Aug.; non fatigati SGerm. Clar. 6,10 itaque] Aug.; ergo Cypr. Vulg. quod bonum] bonnni Tert. Aug.; quod b. est Cypr. 6,11 vidistis] Aug. expos.; videte Vulg.; ecce Hil. Ambr. 6,12 quicumque] Hier. Vulg.; qui Aug. expos. cogunt] Aug. expos. Vulg.; compellunt SGerm. Claromont.

in cruce Aug. expos.; crucis Ambrosiaster, Hier. Vulg. patian- tnr] cruce Christi non fugentur SGerm. Claroin.

278 Sitzung der philos.-phüol. Classe vom 6. Mai 1893.

6.13 PERSECUTIONEM NON PATIANTUR NEQU . ENIM QUI CIRCUMCISI SUNT HII LEGEM CÜS . . DIUNT SED UOLUNT UOS CIRCÜMCIDl UT IN

6.14 UESTRA GARNE GLORTENTÜR MIHI AÜTEM . . SIT GLORIARI NISI IN CRUCEM DNI NOSTPJ IH . . . PER, QUEM MIHI MUNDUS CRUCIFIXUS EST E

6.15 MUNDO . NEQUE ENIM CIRCUMCISIO ALIQU

NEQUE PRAEPÜTIUM SED NOÜA CREATUR . . .

6.16 QUICUMQUE HANG REGÜLAM SECTANT

SUPER ILLOS ET MISERICORDIAM ET SUP

6.17 HEL Dl- DE CETERO LABOREM NEMO MIHI PR . . . TET EGO ENIM STIGMATA DNI IHU XPI IN COJl PORE MEO PORTO GRATIA DNI NOSTRI IHÜ XPI CUM SPtJ UESTRO FRATRES ~ AMEN -

/ / / / /

EXP AD GALATAS INC AD EPHESIOS

1.1 TDaULUS APOSTOLUSIHÜ XPI . PER UO J- LUNTATEM DI SCISET FIDELIBUS

1.2 QUI SUNT EPHESI IN XPO IHU . GRATIA UO _

BIS ET PAX A PATRE NOSTRO ET DNO IHU XPO

6,13 circumcisi sunt] Aug. expos. Hier.; circumciduntur Vulg. hü] hi Hier. Aug. expos.; ipsi SG-erm. Ciarom. {avzoij; fehlt Vulg. 0,14 absitj Cypr. Hilar. Ambros. Hier. Vulg. August.; non eveniat Irenaeus; non contingat Ambr. crucem] cruce Kirchenväter und Vulgata. 6,15 aliquid est] Aug. expos. Hier.; aliquid valet Ambr. Vulg.; quidquam est Ambrosiaster. 6,16 sectantur] Aug. expos. SGerm. Ciarom.; sequuutur Hier. Ambrosiaster; secuti fuerint Vulg.; obsecundabunt Hilarius misericordiam] scrib. misericordia dei] Aug. expos. Hilar. Hier. Vulg.; domini SGerm. Ciarom. 6,17 labo- rem praestet] Aug. expos. und de praedest. ; labores exhibeat Hier, (melius in Graeco legi); molestus sit Hier. Ambrosiaster, Vulg.

Ad Ephesios. 1,1 Christi Jesu SGerm. Ciarom.— sanctis] Omni- bus sanctis Hier. Vulg. 1,2 qui sunt Ephesi] nach ^sanctis' Hier. Vulg.

WÖlfflin: Neue BnichstücJce der Freisinger Itala. 279

BENEDICTÜS DS ET PATER DNI NOSTRI IHÜ XPI 1.3 QUI NOS BENEDIXIT OMNI BENEDICTIONE SPIRITALI IN CAELESTIBUS IN XPO SICÜT ELE 1,4 GIT NOä IN IPSO . ANTE MÜNDI CONSTITUTIO NEM UT ESSEMÜS SCI ET INMACULATI IN CONSPECTÜ EIÜS IN CARITATEM PRAEDES 1,5

TJNAN^ NOS IN ADOPTIONEM FILIORUM PER IHM XPM IN IPSÜM SECUNDÜM PLACITUM ÜOLUNTATIS SQAE IN LAÜDEM GLORIAE GRA i,G

TIAE SUAE IN QUA GRATIFICAUIT NOS IN DILEC TIONE FILIO SUO IN QUO HABEMÜS REDEMTIO 1,7 NEM PER SANGUINEM IPSIUS REMISSIONE ECCATORUM SECUNDÜM DlülTIAS GLORIAE . US . QÜAE ABUNDAT IN NOS IN OMNI SAPIEN 1,8 . . ET PRUDENTIA ut OSTENDERET NOBIS 1,9

. MYSTERIUM ÜOLUNTATIS SÜAE SECÜNDÜ . lAM ÜOLUNTATEM SUAM QUAM PRAEPO . . T IN ILLO IN DISPOSITIONEM PLENITUDINIS i,io . . PORÜM INSTAÜRARE OMNIA IN XPO

lj3 omni] Ambrosiaster, Sedulius; in omni Hilarins, Hier. Vulg. August. spirituali Vulg. in Christo Jesu Victorinus, Sedulius. Ij4 sicut] in quo Hilai-ius; secundum quod Victorinus elegit] et elegit Hil. Cassiod. in conspectu eius] in ipso Hil. Cassiod.; coram eo Ambrosiaster. 1,5 praedestinans] qui praedestinavit Hil. Vulg. adoptionem] nationem (?) SGerm. Ciarom. 1,0 in laudem] Hier.

Vulg.; ad laudein SGerm. Ciarom. 1,7 habenuis] habuimus Irenaeus 1,8 quae abundat) quae abundavit August.; qua abundavit Hier.; quae superabundavit Vulg. Sedulius. 1,9 ut ostenderetj Augustinus; ut notum faceretHilar. Vulg.; notum faciens Hier. mysterium] August. Hier. Ambrosiaster, Vulg. Sedul.; sacramentum Tert. Hil. bonam voluntatem] August.; boni existimationem TertuU.; bene placitum Hil. Hier. Vulg. quam] quod llil. Hier. Vulg. in illo] August.; in eo Hier. Vulg.; in ipso Hilarius. 1,10 in dispositionem] oder in dispositione Augustin {eI<; olxoro/uav) ; in dispensationem (dispen- satione) Tert. Hilar. Hier. Vulg. plenitudinis] adimpletionis Tert Ambrosiaster instaurare] recapitulare Tert. Hier.

280 Sitzung der philos.-phildl. Glasse vom 6. Mai 1893.

IN CAELTS SUNT ET QUAE IN TERRA IN IPSO

1,11 ETIAM ET SORTEM CONSECUTI SUMUS

DESTINATI SECÜNDUM PROPOSITÜM

QUI UNIUERSA OPERATUR SECÜNDUM CONSILI

1.12 UM UOLUNTATIS SUAE UT SIMUS IN LAU . EM GLORIAE ElUS QUI ET ANTE SPERAUIMUS IN

1.13 XPO IN QUO ET UOS AUDIENTES UERBÜM UERI TATIS EUANGELIUM SALUTIS ÜESTRAE IN QUO CREDENTES SIGNATI ESTIS SPU PROMISSIONIS SCO

1,11 etiam et] Aug. Vulg. ; et Ambr. Hier. nos (nach et) Vnlg. Ambrosiaster sortem consecuti sumus] Aug.; sorte constituti sumus Ambr.; sortiti sumus Ambrosiaster; sorte vocati sunius Hier. Vulg. qui] Aug.; eius qui Hier. Vulg.; dei qui Arabrosiaster universa] Aug. Hier. Ambrosiaster; omnia Vulg. 1,12 simus] Aug. Tert. Hier. Vulg.; essemus SGerm. Ciarom. qui] SGerm. Ciarom.; nos qui Tert. Hier. Vulg. Aug. et ante] ante Hier. Vulg.; prae- speravimus Tert. 1,13 audientes verbum] Aug. SGerm. Ciarom.; audito verbo Irenaeus, Hier.; cum audissetis sermonem Tert.; cum audissetis verbum Vulg. Ambrosiaster credentes] Aug. Iren. Ambr. ; et credentes Hier. Vulg.; credidistis et Tertull.

281

Anhang.

Neue Bruchstücke des Evaiiffelinm Palatinum.

'C3

In der Vallicelliana zu Rom befinden sich unter der Signatur U. 66 zu einem Fascikel vereint drei PappLände in und einige lose Blätter mit folgenden Aufschriften : 1. Evangelium secundum Matthaeum versionis antiquae Italae Codicis Tridentini. 2. Evangelium secundum Joannem anti- quae Italae versionis ex eodem Codice exscriptum. 3. Evan- gelium secundum Lucara antiquae Italae versionis ex codice Trideutino exscriptum. 4. Collatio imperfecta praecedentis codicis Evangelii secundum Lucam cum Vulgata versione facta a Vincentio de Regibus. Der 'codex Tridentinus' ist identisch mit dem jetzt in der Wiener Hof bibliothek (Nr. 1185) befindlichen Purpurcodex der Evangelien, herausgegeben von Tischendorf, Evangelium Palatinum ineditum, Lipsiae 1847. Ueber die Herkunft dieser Handschrift wusste Tischendorf (p. X) nur zu sagen, dass sie nach 1800 nach Wien ge- kommen sei. Herr Dr. A. Göldlin v. Tiefenau, Gustos der Hofbibliothek, hatte die grosse Güte, mir die Ergebnisse seiner Ermittelungen über die Schicksale der Handschrift mitzuteilen. Darnach kam sie e secretiori tabulario episco- pali von Trient mit anderen Tridentiner und den Salz- burger Handschriften aus Salzburg an das Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien und von da im November 1806 an die Hofbibliothek. Dort lag sie lange unbeachtet, so dass über ihren Bestand zur Zeit der Uebernahme nichts bekannt ist. Im Juli 17()2 war der Codex von Trient aus an Giuseppe Biancliiui , den bekannten Herausgeber des Evangeliarium

1893. Philos.-philol. u. List. Gl. 2. 19

282 Sitzung der philos.-phüol. Glasse vom 6. Mai 1893.

quadruplex, nach Rom versandt worden; wann und wie er wieder nach Trient zurückgelangte, ist nicht bekannt. Im Jahre 17G2 ist auch das Apographum in der Vallicel- liana angefertigt. Die Angabe des Schreibers ist wahr- scheinlich mit den Markusfragmenten verloren gegangen, aber die Schrift ist dieselbe wie in der unter U. 64 an der Vallicelliana befindlichen Abschrift des Vindobonensis 1235,^) welche als apographum . . . descriptum a Jos. Martines a. 1762 bezeichnet ist.

Die Abschrift ü. 66 ist also eine für G. Bianchini in Rom angefertigte Copie. Bianchini, der 1764 starb, ver- wertete sie nicht mehr, aber sie ist offenbar identisch mit dem von Arevalus in seiner Ausgabe des Juvencus (Rom 1792), p. 253 erwähnten apographum eines Evangeliarium vetustis- simum Tridentinum, aus welchem er zu Juvenc. III 143. 242. 262. 297. 368. 394. 405. 442. 448. 612. 620. 632. IV 75. 104. 122. 132. 318. 329. 331. 413 eine Anzahl Stellen aus Matthaeus, Lucas und Johannes in genauer Ueber- einstimmung mit der Abschrift in der Vallicelliana anführt. Die Aenderungen, die der Abschreiber Matth. 17,27 vor- nahm (adfer für adfert und in illo für in illum) finden sich auch in dem Citat bei Arevalus zu Juv. III 394. Dem gegenüber kann die Einfügung von tibi vor istud in der Stelle Matth. 16,22 (bei Arevalus zu Juv. III 297) nicht ins Gewicht fallen. Für die Identität des apographum des Arevalus mit dem Bianchini'schen spricht auch die Angabe des Arevalus: 'Apographum huius Evangeliarii exemplar mecum perhumaniter communicavit cl. praesul Simon de Magistris, episcopus Cyrenensis.' De Magistris '') aus dem

1) Fragmente aus Lucas und Marcus, zuletzt herausgegeben von J. Belsheim, Codex Vindobonensis, Lipsiae 1885.

2) Die folgenden Notizen über de Magistris und Vincentius de Regibus verdanke ich den freundlichen Bemühungen von Dr. Toh. Tschiedel in Rom.

Linke: Neue Bruchstücke des Evangelium Palatinum. 283

Convenfce der Filippini, zu dem die Vallicelliana gehörte, hatte die Manuskripte des Francesco Bianchini, Bibliothekar an der Vallicelliana und Oheim des G. Bianchini, erworben, darunter eine von Vincentius de Regibus^) geschriebene und mit Noten versehene Copie des Cliigianischen Codex des Daniel, zu der G. Bianchini eine Vorrede geschrieben hatte. De Masi- stris veröffentlichte sie unter seinem Namen: Daniel secun- dura septuaginta ex Tetraplis Origenis . . . Romae 1772,*) So ist es höchst wahrscheinlich,' dass auch die für Bianchini gefertigte Copie des Evangeliarium Tridentinum auf de Magi- stris überging und von diesem an Arevalus geliehen wurde. ^) Die Abschrift ist wie das Original in zwei Columnen geschrieben, aber der »Schreiber hat die Zeilenzahl vermindert. Job. 8, 21—32 (p. 145. 146 Tischendorf) ist durch Ueber- schlagen eines Blattes ausgefallen. Schreibfehler und Aus- lassungen sind häufig, aber Vincentius hat die Abschrift mit dem Original verglichen und an 115 Stellen das Richtige eingesetzt; nur an einigen wenigen Stellen sind Schreibfehler unverbessert geblieben,*) Die Orthographie des Originals ist stillschweigend geändert, so Jesus für ihs; ceciderunt, adpre- hendit für caeciderunt, adpraehendit; coelis für caelis; aliud

1) Vincenzo del Re, seit 4. Sept. 1734 Scrittore di Ebraico an der Vaticana, gestorben bald nach 1772.

2) Vgl. L'epistolario di Monsign. Francesco Bianchini Veronese, Memoria ed indici di Enrico Celani, Venezia 1889, p. 8.

3) Damit erledigt sich die Vermutung von Hort (Academy XVIII, 117 f., 14. Aug. 1880), dass die von Arevalus benutzte Abschrift von Honelli herrühre. Arevalus (zu Juv. III 143) spricht ja auch nur von einer Beschreibung des Codex von Bonelli, datiert vom 11. Mai 1762, die mit dem Codex von Trient nach Rom ging und jetzt verloren ist.

4) Dass Vincentius der Correktor war, ergiebt sich aus der Schrift, die mit der in der 'collatio' übereinstimmt. Die collatio erstreckt sich nur auf Luc. 18 und 19, 1—39 und enthält Lesarten des Cantabr., Corbei., Colbert., aus Cyprian, Augustin, Ambrosius, Lucifer, Orosius, Vigilius Taps.

19*

284 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 6. Mai 1893.

für aliut; thesauro für thensauro; dimisit für dismisit etc.; die Dativform altero ist in alteri geändert u. a.

Die Abschrift ist dadurch von Bedeutung, dass sie zwei Blätter enthält, die der Handschrift heute fehlen Fol. 5 = Fol. 2 der Hs. und Fol. 11 = Fol. 7 der Hs.; Fol. 10 der Abschrift ist leer), ein drittes (Fol. 6 = Fol. 3 der Hs.) war zur Zeit, als die Abschrift genouimen wurde, erheblich weniger verstümmelt als heute. Das erste Blatt (Matth. 13, 13 23) kam später in Irland zum Vorschein; der Rev. J. H. Todd veröffentlichte den Text des Blattes, das er einige Jahre vorher in Dublin gekauft hatte, in den Proceedings of the royal Irish Academy. Vol. III, Nr. 60. Dublin 1847, p. 374 381. Jetzt befindet es sich in der Bibliothek des Trinity College in Dublin; ein Facsimile giebt T. K. Abbott, Par palimpsestorum Dublinensium. The codex rescriptus Dublinensis of St. Matthew's Gospel (Z), fragments of the book of Isaiah in the LXX Version, fragment of the codex Palatiuus, Dublin 1880. Jedoch wird es erwünscht sein, wenn der Text hier nochmals wiederholt wird. Die Zeilen- einteilung der Abschrift ist beibehalten, die Zeilenenden des Originals sind durch / bezeichnet, ebenso auf Fol. 6 die Enden der in der Handschrift heut noch erhaltenen Zeilen. Die Abweichungen von dem Facsimile bei Abbott und in dem heut noch vorhandenen Teile von Fol. 6 vom Original sind unten angemerkt, die heute im Original verlorenen Zeilen von Fol. 6 sind gesperrt gedruckt, meine Ergänzungen durch cursive Schrift hervorgehoben.

Linke: Neue Bnichstücke des Evangelium Palatinum. 285

Vallic. ü. 66, Fol. 5'-.

1^'*^ et audientes non / audiant / ne intelligant / ne quan do con/vertant se. / ^^ et tunc replebi/tur in eis prophi/tia Eseiae dicen|tes: Vade et die / populo huic Au/ ditu audietis / et non intelle/ gitis et Yiden/tes videbitis et / non videbitis. / ^^ Ingrassa tum / est eniui cor / popu li huius et / auribus gra vi/ter audierunt

2 intelle<^ant 5 profitia

et oculos eo/rum ingrava / ne conver tant / se et sanem eos. / ^^ Vestrae autem / beatae aures / et oculi vestri / qui vident. ^'^ Amen / dico vobis quo/niam multi pro/phetae et iusti / cupierunt vi/dere quae vide|tis et audire / quae au ditis et / non audierunt. / ^^ Vos autem audite / pa rabolas se|minantis. ^^ Om|nis qui audit ver

5 e oculi 8 profetae

10

15

Fol. 5^.

buin regni / et non intel le/git venit malus / et ra pit quod / seminatum est / in corde eius: / hie est iuxta viani / semina tus. ^^^ Su/per autem pe/ trosa scmi|natus liic est / qui audit ver/buni et cum / gaudio susci/pit illum ^^ et non / habens ra (li/cem in se, sod / est tem poralis: /

facta autem an/gustia aut per /

6 super] per Vincentius, wohl weil per im Original die neue Zeile Ijcgann. 6 petrosaiu

secutione / propter

verbum / continuo

scan|dalizatur. /

'^^ Qui autem in spi|nis

seminatur / hie est 5

qui audit / verbum et

solli/citudo saeculi /

et divitiarum / vo

luntas suf/focat ver

bum / et fit sine fru 10

c/tu. /

^•* In terram autem / bouam

qui semi/iiatus est

hie est / qui audit ver/

bum et intelle/git 15

tunc facit /

1 persecutionem 12 bona

10 fructmn

286 Sitzung der philos.-iiMlol. Classe vom 6. Mai 1803.

Fol. 6'- = p. 5 Tischendorf.

aliut centensimum aliut scxagensimmn aliut tricensimum ^*Aliam vis intulit pa rabolam dicens: Siini le est regnum caelo rum homini qui se minat in agro suo bonuiii / seinen. ^^ Et do r/niientibus ho/niinibiis venit/ ini micus et / seniinavit ziza/nia in niedio / tri tici et abiit. /

^^ P o s t qtoam autcm cre

visset herba et fruc

tum iecisset

tunc apparue

runt et sizania. 5

^'^ E t a c c e s s e r u n t s e r

vi ad patrem fanii

lias dicentes: Donii

n e n 0 n n e b o n u ni

seinen seininasti / agro 10

tuo unde / ergo habet

zizania? /

2^ Quibus ait: ininii^cus

homo hoc / fecit. /

Dicunt ei servi vis/imus 15

et colHgi/mus illa? /

4 leg. eis. Vincentius

10 hominibus add.

Fol. (3^ = p. G Tischendorf.

^^ Dixit eis non ne forte cum colUgitis zizania eraclicetis et triticum. ^^ S e d s i n i t e u t r a q u e crescere et cum vene rit tenipus messis dicite messoribus: Colligite primuni ziza nia et facite niani/ pulos et igni / crementur / triticum vero / in horreo meo / reponite. / ^^ Aliani parabolam / locutus est eis /

Simile est regnum

caelorum grano si

napis qiiod accipiens

Jiomo seminavit in

agro suo. ^^ Et cum mi 5

nor sit oranibus se

minibus seminibus

crescens maior fit

Omnibus h o 1 e r i b u s

et fit arbor / ita ut 10

aves caeli / maneant

in / ramis eius. /

^^ Aliam parabolam

dixit illis: Simile /

est regnum cae|lo 15

rum fermento /

10 ita fehlt 11 haves

Linke: Neue Bruchstücke des Evangelium Palaünum. 287

Fol. ir-.

(Evangelium secundum Matthaeum.)

^■^''^ disco et datum est

[)iiellao puolla autem

pertulit niatri suae.

^^Et accesserunt discipuli eius

et tulerunt cadaber et se

pelierunt illud et venei'unt

et renunciaverunt ad

Jesuni.

'^Cum audisset autem Jesus

secessit inde in navi in

locuni desertuni singu

laris et cum audissent tur

bae secutae

sunt eum pedestraes

a civitatibus.

^*Et exivit et vidit turbaui

nuiltam et eominotus

est super eos et cura

vit infirmos eorum.

^^ Cum sero autem factum

esset accesserunt dis

cipuli ad eum dicentes:

Desertus est locus hie

et hora iam praeteri

ta remittamus turbas

ut euntes in castella emaat

10

Fol. U\

sibi escas.

^•^ nie autem dixit: Non habent

causam ire date illis

vos manducare.

^^ Aiunt ad illum : Non ha

bemus nos hie nisi qua

tuor panes et duos pisces.

^^ nie autem dixit: Adfertc

illos mihi. ^^ Et iussit tur

bas recumbere in her

bis et accepit quinque

panes et duos pisces et

aspiciens in caelum

6 quatuorj quinque corr. Vin- centiu^j.

benedixit fregit et dedit discipulis suis et discipuli turbis. Similiter de piscibus. '^^ Et manducaverunt omnes et satiati sunt et tulerunt id quod superfuit fragmentorum XII cophinos plcnes. ^^ Qui numducabant autem erant quinque milia hominum exceptis pucris et mulieribus.

10

Breslau.

Hugo Linke.

288

Historische Classe.

Sitzung vom 6. Mai 1893.

Herr Quid de hielt einen Vortrag:

„Untersuchungen zur Geschichte des Rheini- schen Bundes von 1254."

Derselbe wird in den Denkschriften veröffentlicht werden.

Herr Freiherr v. Oefele hielt einen Vortrag:

„Vermisste Kaiser- und Königsurkunden des Hochstiftes Eichstätt."

Sprach ich im Vorjahre die Vermuthung aus, von den älteren Eichstätter und Herriedener Diplomen sei die Mehr- zahl nicht in der Urschrift überliefert, so kann ich mich heute etwas bestimmter fassen. Bis zum Ende des eilften Jahrhunderts gerechnet, ist ungefähr der vierte Theil der Originalien ^) dahin gekommen, wohin dieselben gehören in das bayerische allgemeine Reichsarchiv.

Hier aber fand ich mittlerweile ein altes Repertorium des Eichstätter hochfürstlich bischöflichen Archives , aus Laden - Repertorien zusammengestellt , welche zumeist den

1) Regesta imperii I. 1, No. 1770, 1858, 1992, 2047; Stumpf No. 1053, 1280, 2430, 2544, 2823, 2907.

I

V. Oefele: Vermisste Kaiser- und Königsurkunden. 289

Jahren 1734 und 1735 entstammen. Das Repertorium über die Lade „Donationes imperiales huebarum, mansorum, man- cipiorura eorumque confirmationes permutationum et con- cambiorum, id est Tausch und Wexel der Güther, Hüben und Jauchert", im Jahre 1735 verfasst, führt neunundzwanzig Kaiser- und Königsurkunden von 831 bis 1055 auf, von denen es achtzehn ausdrücklich als Originalien bezeichnet. Das im selben Jahre aufgenommene Repertorium über die Lade Kayserlich e Privilegia", sowie die Ladenrepertorien „Greding", „Weissenburger Wald" und „Jagen, Holtz und Wildfuhr", alle vom Jahre 1734, verzeichnen noch acht Originaldiplome von 889 1091. Diese einzelnen Repertorien sind nun gerade nicht musterhaft. Ihre regesten artigen Vor- träge lassen zuweilen das Nöthigste vermissen, hie und da scheinen nur Dorsualien abgeschrieben. Die Ortsnamen sind nicht durchweg richtig gegeben. Am Schlimmsten ist die Chronologie behandelt. Monat und Tag der Ausstellung werden nirgends bemerkt, unter den Jahresdaten finden sich Unmöglichkeiten. So wird die Urkunde Konrads L vom Jahre 912 in's Jahr 1012 versetzt! L^rkunden eines Königes Ludwig sollen von 913, 917, 918, 919 und 932 sein; es sind Urkunden Ludwigs des Frommen und Ludwigs des Deutschen, welchen die Datirung nach dem Incarnations- jahre abgeht. Wie es scheint, kannte der Archivar von den Karolingern dieses Namens keinen anderen als Ludwig das Kind. Ihm schrieb er desshalb auch die Urkunden zu, welche von Ludwig dem Frommen in seinem 19. Regierungsjahre, von Ludwig dem Deutschen im 17. und 18. Regierungsjahre seines Vaters, ferner in seinem 13. und 32. Regierungsjahre ausgestellt wurden; und indem er diese Regierungsjahre dem ersten Incarnationsjahre der Regierung Ludwigs des Kindes (900) zuzählte, kamen jene falschen Jahresdaten heraus.

Das Ordinariats -Archiv zu Eichstätt hat einen Papier- kodex in Quart, welcher im Jahre 1699 dem Pfarrer Hart-

290 Sitzung der histor. Glasse vom 6. Mai 1893.

mann in Abenberg, später dem Jesuiten J. B. Planck ge- hörte, der ihn im Jahre 1750 verschenkte. Sein Hauptinhalt besteht aus biographischen Arbeiten über die Bischöfe und die Heiligen Eichstätts, zum Theile von obigem Hartmann verfasst, und einer Beschreibung der Eichstätter Diözese. Ungefähr in der Mitte des Kodex hat ein späterer Besitzer, der noch 1781 lebte und sehr zierlich schrieb, leere Blätter (Bl. 73 90) dazu benutzt, um die „Copia einer alten Ver- zeichnis der im Archiv vorhanden gewesnen Diplomen", dann ein „Verzeichnis der Documenten und Diplomen, die in des Herrn von Falkenstein Codice diplomatico antiquitatum nor- gaviensium zu finden" einzutragen. Für die „Copia u. s, w.", die allein uns interessirt, standen dem Ungenannten drei Ver- zeichnisse zu Grebote, welche sämmtlich „wenigstens der Schrift nach" aus dem 1(3. Jahrhunderte stammten. Ihrem Inhalte nach deckten sie sich nicht völlig, auch waren sie zum Theile fehlerhaft und flüchtig geschrieben. Aus diesen drei Ver- zeichnissen^) nun hat der Unbekannte eine Zusammenstellung gemacht, welche zunächst den Inhalt des besten derselben aufführt, dann in Noten die Varianten der übrigen mittheilt. Unübersichtlich und wenig kritisch, bildet das Elaborat, so- lange uns nicht die sämmtlichen Urkunden selbst vorliegen, dennoch eine Quelle von Werth. Freihch auf das Tiefste ist die Art zu beklagen, wie die Stücke verzeichnet wurden. Denn vom sachlichen Inhalt hören wir nicht das Geringste, in der Regel wird nur das Schlussprotokoll Signumzeile, Rekognition, Datum und Apprecatio nebst einer Siegel- bemerkung gegeben, ganz vereinzelt kommen dazu die In- vocatio und Intitulatio und einige Worte der Arenga. Eine solche Verzeichnung mochte früheren Archivaren praktisch erscheinen , der Historiker steht mit Bedauern Bruchstücken

1) Die genauere Beschreibung derselben, welche im Kodex Bl. 86' 87 steht, glaube ich als hier unerheblich übergehen zu dürfen.

V. Oefele: Vermisste Kaiser- und Königsurkmiden. 291

gegenüber, die znuächst nur für das Urkundenwesen und das Itinerar Bedeutung haben.

Allerdings für die Mehrzahl dieser ürkundentheile liegen uns Urkunden-FJditionen vor.^) Da sie aber nicht stets auf Grund der Originale, sondern zumeist nach fehlerhaften, auch unvollständigen Kopien gemacht sind, dient das Verzeichniss hie und da zur Ergänzung und Korrektur. So lautet hie- nach für die Urkunde Ludwigs des Deutschen vom 5. Ja- nuar 831 die Signumzeile: Signum (M.) Hludoimici glorio- sissimi regis, die Rekognition : Adalleodus diaconus ad vicem GausJieldi'^) recognovi und das Monats- und Tagesdatum : nonis Januariis. Die Urkunde Arnulfs vom 11. März 899 hat in der Siguumzeile: Signum Ärnolß (M.) imperatoris, als Rekognition : Engilpero notarius ad vicem Diothmari archicappeUani recognovi. Die Urkunde desselben vom 5. Mai 895 ^) ist mit der Signumzeile : Signum domini Armdfi (M.) rcgis invictissimi und mit der Rekognition : Ernustus- can- cellarius ad vicem archicappeUani recognovi versehen, neben welcher ein Rekognitionszeichen steht.

Wo wir hingegen auf noch unbekannte Urkunden stossen, da erübrigt nur, im Repertorium und im Verzeichnisse das Zusammengehörige zu ermitteln. Das ist mir, wie ich glaube, in den meisten Fällen gelungen ; nur einige Male sind für eine Urkunde zweierlei Schlussprotokolle möglich , und ein Mal steht für zwei Urkunden vom nämlichen Jahre nur ein einziges Schlussprotokoll zur Verfügung. Ich lasse nun die Ergebnisse folgen : voran steht das älteste Schlussprotokoll, zu dem ich keine Spur eines Urkundentextes fand.

1) Regesta imperii 1. 1, No. 872, 873, 1305, 1735, 1770, 1791, 1855, 1858, 1902, 1932. 1992, 2014, 2047; yturapf No. 1053, 1280, 2436, 2439, 246(3, 2541, 2823, 2907; die Urkunden Ludwigs des Deutschen vom 5. Januar 831 und Arnulfs vom 11. März 899, welche ich in den Sitzungsberichten dieser Classe 1892, S. 125 128 herausgab.

2) So statt Gauzbaldi.

3) R. i. 1. 1, No. 1855.

292 Sitzung der histor. Classe vom 6. Mai 1893.

828, 20. August.

Signum Hludouuici (M.) serenissimi imperatoris. Signum Hlodiarij (M.) gloriosissimi augusti. Adalulfus diaconus ad vicem Fridugisij'' recognovi. Data X i i j Kl. Septembris anno Christo propitio x v ini- perii domni Hludouuici serenissimi imperatoris et Hlodiarij au- gusti vi indict. vi*^ actum Theodonis villa palatio regio in dei nomine feliciter amen.

Sigillo transfixo cum i magine tonsi capite. Christe protege Hludovicum Imperatoren).

II. III.

846, 3. September. 847, 11. Juni.

Ludovicus rex concedit pleno jure Briwino centum mansos juxta fluvium Valchau. Ao. 913.

Orig. -Donations vnd respective Confirmations Brieff de ao. 913., tenore cuius rex Ludovicus duos pagos (quorum vo- cabula sunt Ginwag et Widinwang sive Swalafeld) monasterio Ilasenried concessos et traditos confirmavit simulque praefatum monasterium ac illius ingenuos servosque a publicis judiciis et judiciaria potestate immunivit.

Signum domni Hludouuici (M.) gloriosissimi regis.

Comeatus notarius ad vicem Radlaici recognovi.

Data iij non. Septem, anno Christo propitio xiij regni domni Hludouuici serenissimi regis in orientali Francia indic. V i i j actum Reganesburg civitate in dei nomine feliciter amen.

Garet sigillo quod fuit appensum.

Signum domni Hludouuici (M.) gloriosissimi regis.

Comeatus notarius ad vicem Radlaici recognovi.

Data i i i j idus Junias anno Christo propitio xiij regni domni Hludouuici serenissimi regis in orientali Francia indic. i X actum Reganesburg civitate in dei nomine feliciter amen.

Sigillo transfixo.

^ pidugisij Hs. ^ «i in der Hs. undeutlich.

V. Oefele: Vermisste Kaiser- und König surhunden. 293

IV.

864, 2. November.

Concambium sive permutatio episcopi Ambrici Rcgiuensis et episcopi Ottgarii ecclesiae Eystettensis in loco Zuillingon et ad Mamingon et ad Usterlingon una cum 20 mancipiis con- firmata a rege Ludovico. Anno 932.

C. In nomine sancte et indiyidue trinitatis. Hludouuicus divina favente gratia rex. Si enim etc.

Hebarhardus notarius ad vicem Grimaldi archicappellani recognovi.

Data i i i j non. novemb. anno Christo propitio x x x i j regni domiii Hludouuici Serenissimi regis in orientali Francia regnante indic. x i j actum Reganesburg civitate regia in dei nomine feliciter amen.

Sigillo transfixo cum imagine imperatoris, cuius scriptura in circumferentia ita sonat: Hlu- dowicus Rex.

V.

889, 28. Mai.

Idem rex Arnolphus tradit vasallo Porchtolf vocato in locis Tarschusa et Gutteshusa huebas 5 cum mansis et mancipiis utriusque sexus, domibus caeterisque aedificiis, campis, terris, agris, pratis, pascuis, silvis, aquis, molendinis, piscationibus, reditibus etc. Anno 889.

Signum domni Arnolfi (M) mitissimi regis.

Ernustus notarius ad vicem archicappellani recognovi.

Data V Kl. Junij anno incarnationis domini dcc clxxxvi i i j indictionum vij anno rcgni Arnolfi serenissimi regis ij actum in loco Felda nominato juxta flumen Pagniza in dei nomine feliciter amen.

VI.

891, 6. März.

Donatio regis Arnolphi facta Mogingozo Erchanboldi epis- copi Eysteteiisis vasallo in villa Phaldorf, llarolanta, 8antha-

294 Sitzung der histor. Classe vom ß. Mai 1893.

rolanta cum pertinentiis, quae antea in potestate Curinri Agni'* fuere. Ao. 881.

Signum domni Arnolfi'' (M.) Serenissimi regis.

Engilpcro notarius ad vicem Tlieotmari archicappellani recognovi (Rekognitionszeichen).

Sine sigillo.

Data ij non. Mar. anno incarnat. domini dccclxxxxj" anno regni iiij domni Arnulfi Serenissimi regis indiction. vij actum Franconofurt palatio regio in dei nomine feliciter amen.

YII.

903, 2. Juli.

Orig.-Diploma de anno 903., tenore cuius Ludovicus rex episcopo Erchanboldo 4 servos cum liberis et uxoribus, item Varenbach et Zenna in dominatu comitis Lupoldi et Poponis tradidit. In 2 plo.

Signum domni Hludouuici (M.) gloriosissimi regis.

Ernustus cancellarius ad vicem Tbeotmari archicappellani recognovi.

Data vi nonas Jul. anno incärnationis domini d c c c c i i j indic. vj anno autem regni domni Hludouuici iiij actum Ta- resso feliciter amen.

Signum domni Hludouuici (M.) sercnissimi regis.

Ernustus cancellarius ad vicem Theotmari archicappellani recognovi.

Data vi non[nrum] Jul[iarum] die anno incärnationis do- mini dcccciij indic. vi anno vero regni domni Hludouuici regis iiij actum Taresse foeliciter amen.

YIII.

906, 8. April.

Idem rex [Ludovicus] donat aliquos servos episcopo Er- chanboldo. Do anno 906.

Signum domni Hludouuici (M.) gloriosissimi regis.

^ So statt camere regle V '^ Arnulfi anderes Verzeichniss.

c Zuerst äccclxxxj.

V. Oefele: Vermisste Kaiser- und Königsurkunden. 295

Engilporo notarius ad vicem Theotmari arcliicappellani recognovi.

Data vi idus Ap. anno doniini dccccvi indictione viij anno rogni pii rcgis Hludouuici vij actum Raganosburg in dei nomine foliciter amen.

Siffillo transfixo.

IX. X.

907, 18. März, 29.. Oktober.

Donatio regis Ludovici super variis b'onis et locis, quam genitrici suae feeit, et cui sorores suas substituit. Anno 907.

Signum domni Hludouuici (M.) serenissimi regis.

Ernustus canceilarius ad vicem Theotmari archicappellani recognovi.

Data XV Kl. april. anno incarnationis domini dccccvij indict. X anno vero domni Hludouuici regis viij actum in loco Furt dicto in dei nomine feliciter amen.

Sigillo transfixo.

Signum domni Hludouuici (M.) serenissimi regis.

Ernustus canceilarius ad vicem Piligrimi archicappellani recognovit.

Data iiij Kl. Novem. anno incarnationis domini dccccvij indictione xi anno autem regni domni Hludouuici viiij actum Franckonofurt feliciter in dei nomine amen.

Sigillo tran.ifixo cum imagino, te- net ex utraque sceptrum et super ipsum scriptum in ejus circum- ferentia: Hludouuicus Rex.

XI. XII.

910, 9. Oktober.

Concambium seu permutatio Erchanboldi episcopi etDiockeri super bonis in villa Gredestorf, Ahusa et Stabaradorf facta et confirmata a Ludovico rege ao. !)](•.

Concambium sive permutatio Erchanboldi episcopi cum Re- ginger in pago Swnlaveld et in Appcnberg facta et a rege Ludovico confirmata anno 91U.

296 Sitzung der histor. Classe vom 6. Mai 1893.

Signum domni Hludouuici (M.) piissimi regis.

Oadalfridus notarius ad vicem Salamonis cancellarii reco- gnovi conscripsi.

Data vij id. octobris anno dominice incarnationis dccccx indictione xiij anno regni pii regis Hludouuici x actum in Loneresstat in dei nomine feliciter amen.

Sicrillo transfixo.

■^o'

XIII.

945, 20. Januar.

Concambium sive permutatio episcopi Starcandi cum comite Berchtoldo in loco Schambach et Comegeltinga super bonis ibidem sitis confirmata a rege Ottone. Ao. 945.

Signum domni Ottonis (M.) serenissimi regis.

Brun cancellarius ad vicem Friderici archicappellani re- cognovit.

Data xiij'* Kl. febr. anno incarnationis domini dccccxlv indictione ij anno domni Ottonis viiij actum in Franconefurt.

Sigillo transfixo.

XIV.

955, 12. Dezember.

Orig.-Donations-Brieff a rege Ottone de ao. 95,5., tenore cuius episcopo Starchando unam regalem hobam in pago Suale- veldense in comitatu Ernesti sitam, in villis quae dicuntur Ror- bach, Trugenhova. Elimprunn cum Omnibus ad eandern hobam pertinentibus ac reditibus in proprium donavit.

Signum domni Ottonis (M.) piissimi regis.

Tuoto cancellarius ad vicem Prunonis'^ archicappellani recognovi.

Data ij idus decem. anno incarnationis domini dcccclv indict. xiij anno domni Ottonis xx datum Radespone.<=

Sigillo transfixo.

a xxiij Hs. ^} Punonis Hs. c Badesjmnc und lintespane }ia.

V. Oefele: Vennisste Kaiser- und König surlcunden. 297

XV.

1033, 21. Juli.

Original-Donations-Brieff de ao. 1033., vi cuius Conradus imperator episcopo Heriberto 20 regales mansos in marchia et comitatu marchionis Adalberti sitos inter montem, qui dicitur Chumberc, et flumen Lesnic cum omnibus appertinentiis in proprium perpetuo possidendos donavit.

Signum domni Chuonradi (M.) invictissimi Romanorum im- peratoris augusti.

Burchardus cancellarius vice Bardonis^ archicappellani re- cognovi.

Data xij Kl. aug. indict. i anno dominicae incarnationis Mxxxiij anno autem domni Chuonradi secundi regni viiij imperii v i j actum in provincia Turinga apud villam Haga feliciter amen.

Sigillo transfixo.

XVI.

1055, 27. März.

Orig. -Donations-BriefF de ao. 1055., vigore cuius Henri- cus 3.""* imperator locuni Potenburg nuncupatum episcopatui Eystettensi in proprium tradidit et quidem cum omnibus sui« appendiciis, areis, aedificiis, agris, pratis, pascuis, terris cultis et incultis, aquarum decursibus, molendinis, piscationibus, silvis, venationibus et redditibus etc.

Signum domni Henrici tertii (M.) regis invictissimi Ro. imperatoris augusti.

Uuinitlierius cancellarius vice Liutbaldi cancellarii re- cognovi.

Data vi Kl. ap. anno dominicae incarnationis Mlv indic. viij anno autem domni llenrici tertii regis Roman, imperatoris ordinationis ejus xxvij regni vero xvi imperii viiij actum Tridentina civitate in dei nomine feliciter amen.

Sigillo transfixo.

a Bayogonis und Basgonis Hs.

185)3. Philo8.-pliilol. u. hist. Cl. 2. 20

298 Sitzung der histor. Classe vom 6. Mai 1893.

Diese Regesten , wenn ich so sagen darf, müssen uns also genügen, bis die Urkunden selbst zum Vorsehein kom- men. Auch zur Erläuterung lässt sich für jetzt nur Weniges beibringen , was zumeist die Personen und Oertlichkeiten betrifft.

Ist mit dem Briwinus in No. II der Slavenfürst Pribina gemeint, der am 12. Oktober 847 von Ludwig dem Deutschen jenes Gebiet, das er bisher zu Lehen getragen wahr- scheinlich Unterpannonien nördlich der Drau zu Eigen erhielt,^) so haben wir unter dem fluvius Valchau wohl den Valko oder Valpo in Slavonien zu verstehen, der bei Esseg in die Drau fällt. In No. III scheint Ginwag falsch gelesen zu sein, die Doppelbenennung „Widinwang sive Swalafeld" aber auf ein Missverständniss zurückzuführen. Denn es ist ebenso unwahrscheinlich, dass Weidenwang auch Schwalfeld geheissen habe, als dass es im Schwalfeldgaue gelegen sei ; Allem nach gehörte es dem Sulzgaue an. Die Urkunde wird von Ginwag und Widinwang und ausserdem von unbezeichnetem Gute im Swalafeld gesprochen haben; jsive* heisst also hier, wie gewöhnlich im Mittelalter, niclit „oder", sondern „und". Den in No. IV bestätigten Tauscli kennen wir längst schon aus der Notitia , welche in der Sammlung des Anamot von St. Emeram steht.'-*) Hienach fand die Tauschhandlung selbst zu Regensburg im Jahre 863^) statt, und es tradirte der Bischof von Eichstätt solches Eigen in Zulling, Maraming und Usterling „ut a rege assecutus

1) Dümmler, Gesch. des ostfränk. Reiches II, 176 f. und Reg. imp. I. 1, No. 1347 d.

2) Literalien des Klosters St. Emeram zu Regensburg im k. all- gemeinen Reichsarchive, No. 5V3, Bl. 80.

3) So deutlich in der Handschrift und danach richtig bei Pez, Thes. anecd. P, 205, sowie bei Falckenstein , Antiquitatum Nordga- viensium codex diplomaticus (1788) p. 13. Ried's Codex diplomaticus episcopatus Ratisbonensis I, 50 änderte die Jahreszahl ohne Angabe eines Grundes in 864 ab.

V. Oefele: Verviisste Kaiser- und Königsurhunden. 299

est". Aber wohl nicht wegen der Betheiligung ehemaligen Königsgutes, sondern weil der Tauschbetrag über drei Mausen hinausging, war die Genehmigung des Königes einzuholen, deren Ertheilung sich immerhin tief in das nächste Jahr verziehen mochte. Aus Tarschusa und Gutteshusa in No. V könnte Dorschhausen und Gotteshausen geworden sein, Orte, die sich in Schwaben und an der Mosel finden. Eine Ent- scheidung ist für jetzt um so weniger möglich, als nicht ein- mal erhellt, ob Perchtolf ein Vasall des Königes oder des Bischofes von Eichstätt war. Der Ort der Handlung ist Velden an der Pegnitz. No. VI stellt sich als Vorurkunde der Urkunde Arnulfs vom 5. Mai 895^) dar. Insoferne je- doch die Jahrzahl mit der Indiction nicht übereinstimmt und der Ort des Actum weder am Ausstellungstage noch in der jüngsten Vergangenheit Aufenthaltsort des Königs gewesen sein kann, glaube ich das Diplom als verdächtig bezeichnen zu sollen. In No. VII erblicke ich die Vorurkunde für Konrads I. Bestätigung von Faranpah am 5. März 912.^) Varenbach und Zenna klingen uns wohlbekannt, aber es kommen, nicht lediglich zwei, sondern sechserlei Orte in Be- tracht : Kirch-, Burg- und ünterfarrnbach, Obern-, Untern- und Langenzenn. Wäre Burg- oder ünterfarrnbach gemeint, die beide, wie es scheint, noch im Nordgaue lagen, so könnte mit dem comes Lupoldus der Markgraf des Nordgau's und spätere Bayernherzog gemeint sein. Ein Popo erscheint zu jener Zeit bei den Babenbergern , doch weiss man Nichts von einer Grafschaft derselben im Rangau. Taresse aber ist das babenbergische Theres, wo der König auch am 9. dieses Monates weilte.^) Von den in No. XI und XII genannten Orten sind Loneresstat als Lonnerstadt westlich gegen Norden von Höchstadt a/Aisch, Appenberg, auch aus der Urkunde

1) R. i. I. 1, No. 1855.

2) Diplomata I, 4; R. i. I. 1, No. 2014.

3) R. i. I. 1, No. 1955.

300 Sitzung der histor. Glasse vom 6. Mai 1893.

Arnulfs vom 1. Mai 899^) bekannt, als Ober- und Unter- appenberg südlich gegen Westen von Heidenheim gesichert, Gredestorf scheint Grösdorf nördlich von Kipfenberg und Stabaradorf das jetzige Staadorf nördlich gegen Westen von Dietfurt zu sein, das noch im XIII. Jahrhundert Stabdorf hiess.^) Bei Ahusa möchte eher an Ohausen (südlich von Freystadt), als an Kirch- oder Badanhausen zu denken sein. Graf Berchtold in No. XIII ist ohne Zweifel der spätere Markgraf des Nordgaues aus dem babenbergischen Hanse. Von den Orten des Namens Schambach ist hier wohl jener südlich von Arnsberg gemeint. Comegeltinga scheint identisch mit Gommelting in der Urkunde Arnulfs vom 5. Mai 895, wie dieselbe das Repertorium aufführt. Im letzten Drucke^) dagegen, dem nur eine alte Kopie zu Grunde lag, heisst die Oertlichkeit Gundoltingen, und das ist allerdings eine urkund- liche Namensform von Gungolding (westlich gegen Süden von Arnsberg.*) Aber im Volksmunde hiess es noch lange Gumelding. Ein Personenname Gomagelt lässt sich an- nehmen.^) Die Orte Rohrbach, Trugenhofen und Eilenbrunn nördlich gegen Osten und Westen von Rennertshofen (No.XIV) bezeichnen wohl die weiteste Erstreckung des Schwalfeldes gegen Südost; ohne Zweifel gränzte es nahe hiebei an den Kelsgau. Der Urkunde No. XV steht eine andere Konrads vom gleichen Datum, aber mit „Actum in provintia Turinga apud regalem curtem Imileb" gegenüber. Auch vom 19. dieses

1) R. i. I. 1, No. 1902, wo es nach dem Vorgange von Schultes irrig als Absberg gedevitet ist, dessen ursprüngliche Namensform viel- mehr Abbatesberc war (Mon. Germ, bist., SS. VII, 247; Förstemann, Namenbuch II, 4).

2) Mon. Boic. XIII, 226.

3) Mon. Boic. XXXI a, 146.

4) Dagegen wäre die Lesart Gundolfingen im Abdrucke jener Urkunde bei Falckenstein, Cod. dipl. Nordgav. (1733) p. 16 vielmehr Namensform von Gundlfing nördlich von Riedenburg.

5) Vgl. Forstmann, Namenbuch I, 553. 4G3.

V. Oefele: Vermisste Kaiser- und Königsurkunden. 301

Monats datirt eine Urkunde Konrads mit „Actum Iraileb".^) Ein Haga findet sich aber nicht in der Nähe von Memleben. Wäre jedoch der jetzige Flecken Haina westlich gegen Norden von Gotha gemeint, der im Jahre 874 Hago hiess^) und ungefähr auf dem Wege des Kaisers von Memleben nacli dem Rheine liegt, so nähme ich an, dass hier die beiden Diplome vom 21. Juli ausgestellt wurden und nur die Hand- lung des einen um ein paar Tage, etwa auf den 19. Juli zurückzuversetzen ist. Die geschenkten Königsmansen sind am Ostabfalle des Wienerwaldes (Kaumbergs), wohl zwischen der dürren und reichen Liesing zu suchen. Bei dem locus Potenburg der Urkunde XVI denkt man zunächst an jenen Poto, der, ein Bruder des Pfalzgrafen Aribo von Bayern, in die Empörung des Landesherzoges Konrad verwickelt und durch Hofgerichtsurtheil geächtet wurde. Da vom Gute dieses Poto der Kaiser soeben am (3. März zu Regensburg, am 12. zu Eitting, am 22. zu Brixen an die Kirchen von Salzburg, Eichstätt und wieder Salzburg geschenkt hatte,^) ist Potenburg wohl der gleichen Herkunft gewesen. Vordem eine starke Gränzfeste Niederösterreichs gegen Ungarn, stand die Potenburg noch im Jahre 1545 südöstlich von Hainburg, zwischen Wolfsthal und Berg, ober dem Neuhofe. Von einer Ortschaft desselben Namens unweit der Burg finden sich An- deutungen.*)

1) Mon. ßoic. XXXI<\ 313. XXIX», 37.

2) Dronke, Cod. dipl. Fuldensis No. ßlO, p. 274; Förstemann, Naitienbuch II, (lOl.

3) Riozler, Gesch. Baierns T, 471 f., Steindorff", .Talirbücher des deutschen Reiches unter Heinrich III., II, 291 f.

4) Siehe Neill's Topographie der verschollenen Ortschaften in Niederösterreich, in den Blättern des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich XVI, 200, XVII, 362.

-/

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Sitzungsberichte

der

königl. bayer. Akademie der Wissenschaften.

Philosophisch-philologische Classe.

Sitzung vom 3. Juni 1893. Herr Stumpf hielt einen Vortrag:

„Geschichte des Consonanzbegriffes 1. Theil: Die Lehre im klassischen Alterthiim." Derselbe wird in den Abhandlungen verüifentlicht werden.

Historische Classe.

Sitzung vom 3. Juni 1893. Herr Simonsfeld hielt einen Vortrag:

„Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken des Tolosanus und seiner Fortsetzer. " Zu den italienischen Geschichtsquellen des 13. Jahr- liunderts, welche als Nachtrag zu den in den ,Monumenta Germaniae liistorica' früher^) herausgegebenen nunmehr ver- öftentlicht werden sollen, gehören auch die beiden Chroniken von Faenza des Magister Tolosanus und des Petrus Cantinelli.

I) Besonder.s in VA. XVIII und XIX der „Soriptorcs." \mX Pliilos.-pliilol. 11. Iiist. ci. :?. 21

304 Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1893.

Beide sind zuerst im vorigen Jahrlinndert von dem be- kannten Benediktiner Giovanni Benedetto Mittarelli in seinem werthvollen Sammelbande ,Rei^um Faventinarnra Scrip- tores'^), die des Tolosanus neuerdings von M. Tabarrini nach den Vorarbeiten eines Zeitgenossen Mittarelli's , des Arztes Giovanni Battista Borsieri, im Auftrage und in den Publikationen des Toskanischen Geschichtsvereines heraus- gegeben worden.^) Beide Chroniken sind in alter und neuer Zeit vielfach benützt worden. Denn wenn sie auch vorzugs- weise einen lokalen Charakter tragen, bei dem Einfluss, den die mannigfachen Streitigkeiten und Fehden der ober- und mittelitalienischen Städte gerade in der späteren Staufer-Zeit auf unsere Reichs- und Kaisergeschichte gehabt haben, sind sie auch für diese von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit und gehören daher entschieden in den Kreis unserer ,Monu- menta'. Die Neubearbeitung beider Geschichtswerke aber stösst auf mancherlei Schwierigkeiten verschiedener Art.

Was zunächst die Chronik des Tolosanus anlangt.

1) Ad Scriptores Rerum Italicarum Gl. Muratorii Accessiones Historicae Faventinae .... Venetiis 1771.

2) Documenti di storia Italiana pubblicati a cura della R. Depu- tazione sugli studi di storia patria per le provincie di Toscana, delT Umbria e delle Marche. Tom. VI: Cronache dei secoli XIII e XIV, Firenze 1876. Borsieri hatte, wie aus der Einleitung Mittarelli's hervorgeht, schon früher seine Arbeit begonnen und vor diesem sie vollendet, war aber an der Drucklegung durch seine Berufung an die Universität Pavia 1769 verhindert worden. Sein druckfertiges Manu- skript war in die Stadtbibliothek (Biblioteca Comunale) von Faenza gekommen, wo es jetzt noch auf bewo.hrt wird. Hier sah es in neuerer Zeit wohl zuerst Ludwig Bethmann auf einer seiner italienischen Reisen und bezeichnete es in seinem Reisebericht vom Jahre 1854 (s. Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde Bd. XU S. 572) als „wichtig" und „noch zu benutzen". Dann hat G. Pertz persönlich in Florenz die Herausgabe der Borsieri'schen Bearbeitung befürwortet, die denn auch unter Zugrundlegung einer getreuen Ab- schritt des Borsieri'schen Manuskriptes a. a. 0, erfolgte.

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Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 305

so zeigt schon ein flüchtiger Blick in die beiden Ausgaben, dass sie hinsichtlich der Anordnung des Textes stellenweise weit auseinander gehen. Und Borsieri hat auch in dem Vorwort zu seiner Bearbeitung der Chronik in der That ganz offen erklärt, dass er die „Paragraphen" oder Kapitel ,da confusi che erano' in eine chronologische Reihen- folge gebracht hat. „Denn der Schreiber scheint sie zu- sammengestellt zu haben, wie sie ihm zu Händen kamen, vielleicht in abgerissenen, getrenn-ten Stücken, wie sie vom Verfasser mögen niedergeschrieben worden sein." ^) So haben wir denn hier einen vom Jahre 20 v. Chr. bis 1236 n. Chr. chronologisch ununterbrochen fortlaufenden Text vor uns, während der Mittarelli'sche ganz bedenkliche Sprünge auf- weist. Mittarelli wollte sich bei seiner Ausgabe so genau an das von ihm benützte Manuskript halten, dass er ur- sprünglich beabsichtigte, beim Druck dieselbe Zahl der Seiten und sogar der Linien einzuhalten. Dann beschränkte er sich jedoch wenigstens darauf, einen doppelspaltigen Text zu geben, indem er auf der einen Seite die Handschrift mit allen ihren Fehlern, Irrthümern, falschen Interpunktionen u. s. w. abdruckte und auf der nebenstehenden Seite den von ihm selbst corrigirten und verbesserten Wortlaut gesren- überstellte was er natürlich viel einfacher durch Fnss- noten hätte auch erreichen können.

Die Handschrift, welche beide Gelehrte, Mittarelli wie Borsieri, in erster Linie benützten, befand sich damals im Besitz des Grafen Annibale Perniani, gehörte aber einst der Familie Manfredi.

Ausserdem standen ihnen aber damals noch einige andere Handschriften zu Gebote und zwar (zweitens) eine Abschrift

1) Poiche il copista serabra averli mcf^si insienie come gli sono venuti alle mani forsc in pozzi staccati e divisi, conio saranno stati Hcritti dal suo autorc.

21*

306 Sitzung der histor. Glasse vom 3. Juni 1893.

aus dem Hanse Viarani, damals in Händen des Grafen Antonio Pasi, und (drittens) eine im Archiv Azzurini be- findliche. Dazu hat Borsieri noch (viertens) die von Mitta- relli's Hand für den Grafen Ferniani gefertigte Abschrift des Codex Manfredianus (die mit dem Druck nicht ganz identisch zu sein scheint) und (fünftens) die italienische Uebersetzung des Tolosanus von dem Faentiner Gregorio Zuccoli herangezogen. Während sich Mittarelli darauf be- schränkte, aus dem Codex Pasi nur zwei Stellen als ergän- zende Anmerkungen zu entnehmen und den Codex Azzurini nur für den Schluss der Chronik zu verwerthen, der im Codex Ferniani fehlte hat Borsiei'i aus allen Handschriften fast sämmtliche Varianten notirt, indem er, wie er selbst sagt, in den Text diejenige Lesart aufnahm, die ihm der Handschrift oder der Richtigkeit am meisten zu entsprechen schien. Man versteht daher, wie Bethmann angesichts dieses reichen Apparates die Meinung aussprechen konnte,^) dass durch Borsieri's Bearbeitung „der Text unendlich viel besser" werde, als ihn Mittarelli gegeben, und deshalb deren Verwerthung wünschte, zumal da die drei Handschriften Manfredianus, Viaraneus und Azzurinianus damals für „ver- schollen" galten.

Es musste meine erste Aufgabe sein, als mir Geh. Reg.- Rath Waitz die Neu -Ausgabe dieser und anderer ober- italienischer Chroniken für die ,Monunienta Germaniae" über- tragen hatte, mich zu vergewissern, wie es mit dem hand- schriftlichen Material dafür stehe, ob insbesondere jene drei Handschriften des Tolosanus wirklich nicht mehr vorhanden seien. Wie sich dann im Herbst des Jahres 1881 der Codex Manfredianus im Besitz der Familie Ferniani zu Faenza nach meinen wiederholten Recherchen wirklich fand und ich ihn dort in der ausgiebigsten Weise benutzen konnte, habe

1) a. a. 0. Archiv Hd. XII S. 572.

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Facntiner Chroniken. 307

ich au anderem Orte bereits früher dargethan.^j Auch der Codex Azzurinianns fand sich in der Bibliothek des Dom- kapitels von Faenza und konnte von mir nach Wunsch ver- gliclien werden; hingegen blieben alle noch so eifrigen Nach- forschungen*) nach dem Codex Viaraneus (Pasi) resul- tatlos. Und nur einen sehr dürftigen Ersatz dafür bot eine erst im vorigen Jahrhundert verfasste Copie des Codex Man- fredianus, die ich auf der Universitätsbibliothek in Bologna (nach Bethmanns Angaben) ehisehen konnte.

Es ist nothwendig, über diese Handschriften zunächst noch einige Worte beizufügen.

Der Codex Manfredianus (== M) ist eine Pergament- handschrift in klein folio, die aus 4 Quadernionen mit 31 Blättern besteht, da der Schluss unvollständig ist. Auf dem Deckel vorne hat eine Hand saec. XVHI bemerkt: ,Tolosani integra (!) urbis Faventinae Chronica antiquissimi et percelebris Historici. Hactenus deperditum, modo inven- tum unicuni et rarissimum exemplar'. Die Schrift des Textes selbst aber gehört noch gut dem (ausgehenden) 13. Jalir- hundert an, am Rand finden sich einige wenige Zusätze von älterer Hand des 1(). Jahrhunderts. Den italienischen Schreiber verrathen Formen wie cuntos und contos (= cunc- tos), nun (st. non), cumunitati, destram und senex, hedifti- cavit und dagegen niaiores uc usque (st. huc usque). Von anderen Eigenthümlichkeiten erwähne ich noch, dass ein Unterschied gemacht wird zwischen der (Perfekt-) Endung erunt, die meist erüt oder ert, und ere, die er abgekürzt ist. Im Ganzen ist die Schrift nicht allzuschwer leserHch, nur

1) s. meinen , Bericht über einige Reisen nach Italien" im «Neuen Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Gcschichtskunde" Bd. XV S. 480 und ff.

2) Insbesondere meines Freundes, Prof. C. Mal agola, Direktors des Staatsarchives in Bologna etc.

o08 Sltziuuj der histor. Classe vom 3. Juni 1893.

an einigen Stellen verblasst, wo dann ein Ueberpinseln mit einem Sud von Galläpfeln in sehr wirkungsreicher Weise nachhalf. Insbesondere konnten damit anderthalb Kapitel, welche sowohl Mittarelli wie Borsieri als unlesbar auslassen mussten, Wort für Wort ergänzt werden. Dabei hat sich denn dann gezeigt, dass das eine davon eine ganz falsche Ueberschrift trägt. Kap. 10 (bei Mittarelli = 13 bei Borsieri) handelt nicht ,de origine et statu urbis Faven- tiae', sondern vielmehr in Wirklichkeit von Ravenna, was vermuthlich ein Versehen des Schreibers ist, der sich Aehn- liches auch sonst mag zu Schulden haben kommen lassen, vielleicht überhaupt erst die mit rotiier Farbe geschriebenen Kapitelüberschriften hinzugefügt hat. Eine ziemliche An- zahl offenbarer Schreibfehler sind ilim jedenfalls zur Last zu legen. So findet sich gerade in dem erwähnten Kapitel über Ilavenna der Satz: ,Sedet (?) siquidem civitas memo- rata in litore niaris adnacio statt natürlich: Adriatici sita, quam pre ceteros annos (!) Eridani fluenta nobilitant'. Was aber weiter die Anordnung des Textes betrifft, so ist dieselbe sowohl in diesem Codex M. , wie um dies sogleich hier ausdrücklich zu bemerken in den übrigen von mir eingesehenen Handschriften, ganz die nämliche wie in dem Drucke bei Mittarelli. Von welchem Er- folge aber die nochmalige Vergleichung dieser alten Hand- schrift gewesen ist, wie wenig begründet Bethmanns Ansicht von der Verbesserung des Wortlautes durch den Borsieri- schen Text war, dafür möchte ich wenigstens ein charak- teristisches Beispiel hier anführen.

In Kap. 56 (Mitt. p. 59 C. = Bors. c. 58 p. 637) wird berichtet: im Jahre 1167 sandte Kaiser Friedrich wegen seines Streites mit Papst Alexander den Abt von Stablo und den Bischof von Lüttich als seine Gesandten (nach Italien), welche allen Geistlichen und Weltlichen den Eid des Ge-

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Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 309

liorsanis für den Kaiser abnehmen sollten. Wer nicht schwören würde, solle sein Reich verlassen müssen:^) Anno domini MCLXVII pro discordia que erat inter itnperatorem Fride- ricum et papam Alexandrum, dictus Imperator missit nuncios suos scilicet abbatem Stalivensem (Stalutensem Borsieri!) et episcopum Leodiensem ut facerent jurare omnes clericos sicut et laicos se obedituros; et qui non jararet, exiret de regno suo.

Da aber, fährt der Text bei Mittarelli fort, schwur ihm der Bischof Rambertus von Faenza und der Abt des Klosters S. Maria vor dem Thore mit seinen Mönchen und zwar am 1(3. Februar: Tunc vero juravit ei Rambertus Faventinus episcopus et abbas sancte Marie foris portam cum monacis suis die XVI. mensis Februarii indictione nona. Bei Borsieri aber heisst es: Da schwur nicht der Bischof und der Abt, und zwar wird als Datum der 18. Februar (statt des 16.) angegeben: Tunc non juravit ei Rambertus etc. . . . die XVIII. Februarii: also gerade das Gegentheil! Und wie liest nun unser Cod. M.? Tunc non juravit )iisi (ii) ... Es schwur nur . . . und als Datum findet sich (wie bei Mittarelli) der 16. Februar angegeben. Solche , Verbesserungen" des Textes richtiger Verböse- rungen — finden sich in der Borsieri'schen Bearbeitung noch mehrere!

Wir wenden uns nun zu dem Codex Azzurinianus (= A). Derselbe hat seinen Namen von einem gewissen Bernar- dinus Azzurini, der am Anfang des 17. Jahrhunderts als Notar zu Faenza lebte (1540 1620) '•^) und daneben mit grossem Eifer gelehrten Studien, insbesondere der Sammlung von wissenschaftlichen Materialien sich hingab. Zu diesen

1) Nach Giesebrecht (Forschungen zur deutschen Geschichte Bd. XXI S. G31) war Bischof Heinrich von Lütiich im Februar 1167 nicht mehr am Leben, da er im September 1160 starb, und ist die Gesandtschaft in das Jahr llGl oder 11Ö2 zu setzen.

2) Cf. Mittarelli, Ker. Fav. SS. p. 318,

310 Sitzmuj der histor. Classe vom 3. Juni 1803.

Kollektaneeii gehörte auch ein Band, der, wie schon erwähnt, heutigen Tages in dem Archiv des Domkapitels aufbewahrt und ,Liber Rubeus' genannt wird entsprechend dem modernen Titel: ,Bernardini Azzurrinii civis et publ)lici Tabel- lionis Faventini Liber Kubeus sive Collectanea Historica de Rebus Faventinorum. Accedunt nunc primum Praefatiun- cula ad Lectorem et duo Indices, alter Argumentorum prae- cipuorum Operi praefixus; Rerum alter et nominum ad cal- cem adjectus 1765'^) eine dicke Papierhandschrift in klein mit 206 Blättern: ursprünglich eine Art Kassen- bnch. Denn wir lesen am Anfang: ,In hoc presenti libro erunt uotate omnes pecunie que ad manus mei Bernardini Azzurrini Depositarii electi et deputati ab 1603 sub die 22 mensis Augusti . . . pervenerint et tradite fuerunt expendendi causa et ornamento lodiae a fundamentis construendae (sive Porticus e regione ecclesie cathedralis S. Petri Faventie)'. Dann aber folgen historische Kollektaneen^) von der Hand des Azzurrini, was er zu wiederholten Malen ausdrücklich bemerkt. Auf fol. 113 beginnen hierauf Auszüge aus der Chronik des Tolosan US, die bis fol. 147 reichen, aber frei- lich nur sehr unvollständig sind. Denn in der Mitte (f. 134) springen die Excerpte von cap. 80 (bei Mitt. = 71 Bors) auf c. 203 (Mitt. = 199 Bors.), bieten dann aber eben den im Cod. M. fehlenden Schluss und geben auf den fol- genden Blättern fol. 151b u. A. nochmals einige Excerpte aus Tolosanus. Auf das Cap. 202 (Mitt. = 188 Bors.) folgen nämlich ein paar Abschnitte (ohne Ueberschrift) über die Gründung Faenza's (aus Eutrop), Karl den Grossen (zum Theil mit den Worten des Tolosanus), dann über ,Elipran- dus etc.' entnommen ,ex Cronica Faventie reperta in multis

1) Vielleicht von Mittarelli beigefügt.

2) Auch auf den ersten Blättern hat später ein P. Abl^as Gran- dius Visitator Camaldulensis den freigelassenen leeren Raum mit historischen Notizen ausgefüllt.

Siiiioii.'<fel(l : Untni-sHcliHiitjcn zu den Faentiner Chroniken. 311

libiis' (= Mittcirelli col. 368), hierauf über den ersten Kreuzzug (= Mitt. c. 5—6, Bors. 17 und 19), den Kreuz- zug des Bischofs Johannes von Faenza (Mitt. c. 109 = Bors. 104), über die Krönung Otto's IV. (Mitt. c. 134 =- Bors. 131), über Friedrich II. (Mitt. c. 174 = Bors. 167) und Joliann von Jerusalem (Mitt. c. 190 = Bors. 184). Daran schliessen sich andere Excerpte und Kollektaneen, von denen Mittarelli einen grossen Theil in seinem Bande veröffentlicht oder verwerthet hat^). Man muss diesen Charakter des Cod. Azzurini im Auge behalten, um über die Auszüge aus der Chronik des Tolosanus richtig zu urtheilen. Wir haben keine absolut wortgetreue Abschrift eines alten Originals vor uns; denn Azzurini hat sich nicht immer ganz genau an seine Vorlage gehalten, sondern öfters ganze Sätze weggelassen, bisweilen einzelne kleinere Zusätze gemacht, Worte umgestellt, auch wohl nicht immer richtig gelesen: trotzdem bleibt seine Sammlung werthvoll und verdienstlich. Welche ältere Handschrift Azzurini benützt hat, gibt er leider nicht an; er spricht nur ein paar Mal von einer „sehr alten Kopie" (ex quadam vetustissima copia). Aber wir dürfen doch mit gutem Grund annehmen, dass er eben- falls aus Cod. M. geschöpft hat. In Cap. 50 (Mitt. = 51 Bors.) wird einer grossen Feuersbrunst Erwähnung ge- than, welche am 23. August 1151 in Faenza im Hause eines gewissen Girardinus de Farulfo ausbrach und den Dom und fast die ganze Stadt verzehrte (accensus est ignis in domo Guirardini de Farulpho). Dazu steht im Cod. M. am Kand

1) Jedoch nicht Alles; auch würde eine genaue Vergjeichung vielleicht noch marche Irrthümer bei Mittarelli ergeben; p. 321 A ist z- B. nicht 1260, sondern 12G5 zu lesen. Dieselbe falsche Zahl steht freilich auch in dem (handschriftlichen) Band I der .Annali della Cittä', welche Borsieri angelegt hat (cf. unten), und es mag dahin- gestellt bleiben, wer von Beiden dem Anderen den Fehler ausge- schrieben hat. Azzurini's Schrift ist übrigens nicht sehr gut leserlich.

312 Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1S98.

von einer späteren Hand (saec. XVI.): , Credo qaod iste Girardinus de Farulfo fuerit de Farulfis de Marciano de Faventia.' Diese nämlichen Worte (nur mit einer Ab- änderung: statt de Faventia heisst es ,seu de Faviano'; ferner (xuirardinus de Farulplio, de Farulpliis) finden sich auch im Cod. A. und zwar nicht mehr am Kand, sondern bereits in den Text übergegangen.

Dasselbe ist ferner der Fall bei dem Codex der Uni- versitätsbibliothek Bologna (= B), Aula II B Cap- sula 91 (81), der sich übrigens selbst vorne auf dem Titel als eine Abschrift von Cod. M. ankündigt: ,Chronicon Faven- tinum Magistri Tolosani Faventinae Ecclesiae Canonici. Accedit Anonymi Auctarium ab anno 1218 quo obiit Magister Tolo- sanus^) ad annum 1233. Ex Codice Membranaceo apud C(omiteni) Octavianum Frinianum (!) Patricium Faventinum Exemplum exscriptum Saeculo XVI II.*) D. Maurus Sarti Monachus et Abbas Camaldulensis Bononiensis Dioecesis D. D. (dedit donavit?) anno 1760' eine Papierhandschrift aus 12 ungehefteten Lagen a 6 Blatt bestehend; leider, wie mit Recht bemerkt ist, eine zum Theil sehr schlechte und unvoll- ständige Kopie, die nur bis Cap. 201 (Mitt. = 197 Bors.) reicht.

Was endlich den Codex Viarani-Pasi (^= V) betrifft, so ist dessen Verlust besonders desshalb zu bedauern, weil Borsieri es leider nach der damaligen Uebung unterlassen hat. Näheres über diese heute wirklich verschollene Handschrift mitzuth eilen, und auf die von ihm angegebenen Varianten leider, wie ich mich selbst überzeugen musste, durchaus kein fester Verlass ist. Denn er hat offenbar wiederholt die Hand- schriften mit einander vermengt, vielleicht sich nicht immer genaue Aufzeichnungen gemacht. Dass die Anordnung des

1) Sic! cf. unten.

2) Auf f'ol. 1, wo dieser Titel fast wörtlich wiederholt ist, folgen hier noch die Worte: ab imperito amanuensi qui veram codicis lectioneni nou assecutus innuuieris mendis hoc scriptum foedavit.

Siiiwnsfeld: Uiitersitchuii(jcn zu den Faentiiicr Chroniken. 313

Textes in Cod. V eine andere gewesen als in den übrigen Hand- schriften, ist anzunehmen kein Grund vorhanden. Was aber sein Verliältniss zu Cod. M anlangt, so sprechen mancherlei Anzeichen dafür, dass Cod. M auch für Cod. V die Vorhige gewesen sei. Ob jener Zusatz über den Girardinus de Fariilfo im Cod. V vorhanden war, wird zwar von Mittarelli und Bor- sieri nicht angegeben. Aber die anderthalb Capitel, die in A und B ausgehissen sind, da sie im M nicht lesbar waren, fehlten nach Borsieri ^) auch' in V. In Cap. 43 (Mitt. p. 47 C = Cap. IG Bors. p. Gll) fehlt im Cod. M eine Zeile; dasselbe ist der Fall im Cod. A und B und nach Borsieri auch in V. In Cap. 39 bemerkt Borsieri (p. 025'"), dass in V eine ganze Zeile ausgelassen sei, wo M einige schwieriger zu lesende (von Borsieri angeblich aus A er- gänzte) Worte bietet.^) In Cap. 153 (Bors. p. 699^' = Mitt. Cap. 150 p. 139 D) fehlt nach Borsieri in V ein ganzer Passus, der in M und B vorhanden ist (in A fehlt das ganze Capitel), und zwar, wie leicht ersichtlich, dess- halb, weil der Schreiber von dem einen Worte ,fecerunt' auf das gleichlautende hin übergesprungen ist. Auch ausserdem fehlen nach Borsieri in V öfters einzelne Worte, die in M vorhanden (cf. pag. GGl^, 6G9», G88'% 690"^). Ferner ist zu erwähnen, dass auch Cod. V nach einer von Borsieri p. 730" mitgetheilten Notiz ursprünglich nur so weit reichte, als heutzutage Cod. M. Wo dieser aufhört, (Mitt. cap. 203 p. 18GA = Bors. c. 199 1. c.) standen in V die Worte: Reliqua desiderabantur, sed postmodum re- perta sunt et sequenti pagina scripta; und eine weitere von Borsieri gleichfalls (p. 740') mitgetheilte Notiz am Schluss des Cod. V besagt sogar direkt, dass eine Hand- schrift der Familie Manfredi die Vorlage für V gewesen sei.

1) Cf. Documenti p. 608.

2) Mittarelli in Cap. 32 (p. 30 C) hat auch hier besser gelesen.

314 Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1893.

Dort stehen nämlich die Worte: ,La soprascritta Cronica s' e havuta da ser Bastiano di Guidone, alias detto di Pasolino, la quäle era delli Maufredi di Faenza, scritta in carta pecora, libro antichissimo/

Dagegen lassen sich für eine Unabhängigkeit des Cod. V von M und für die Annahme der Benützung einer anderen Vorlage, soweit ich sehe, nur folgende wenige Stellen an- führen: In Cap. 62 (Bors. p. 639« = Cap. 63 Mitt. p. 64 0) hat V (und B) gegen M und A eine bessere Lesart , majorem reverentiam' statt eines sinnlosen : marem rev. Cap. 32 (Bors, p. 621s = Cap. 38 Mitt. p. 40 D) hat V ein Wort poenäs, das in M und A und B fehlt (pro factis dignas impendebant quandoque poenas) beide Stellen, wo der Schreiber von

V leicht das Fehlende aus eigenem Antrieb ergänzen konnte, sind meines Erachtens nicht schwerwiegend genug, um für

V eine andere Vorlage als M anzunehmen.

Dass ich unter diesen Umständen die Originale der von Mittarelli und Borsieri verfertigten Abschriften nicht weiter berücksichtigte wo die erstere sich befindet, weiss ich nicht wird man begreiflich finden. Auch die italienische Uebersetzung des Zuccolo brauchte nur in zweiter Linie herangezogen zu werden, da auch sie auf Cod. M zurück- geht. Borsieri hat natürlich wieder kein Wort über die- selbe hinzuzufügen für nöthig gefunden. Nur aus einigen Citaten in seinen Anmerkungen zum Tolosanus geht hervor, dass er ein handschriftliches Werk des Zuccolo benützt hat, das wohl zu unterscheiden ist von einem Druck, der in Bologna im Jahre 1575 erschienen ist mit dem Titel: , Cro- nica particolare delle cose fatte dalla cittä di Faenza comin- ciando dal DCC in circa fin' al MCCXXXVL Li Bologna Per Alessandro Benacci, Dieser alte seltene Druck, den ich seiner Zeit in Bologna selbst benützen konnte, ist neuer- dings im Jahre 1885 als eine Gelegenheitsschrift in Faenza in einer sehr handlichen /Vusgabe mit demselben Titel wieder-

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 315

holt^) und dadurch allgemeiner zugänglich gemacht worden. Er bietet nach der deutlich ausgesprochenen Absicht Zuc- colo's nur eine auszugsweise, nicht wörtliche Uebersetzung der Chronik des Tolosanus.^) Das grössere handschrift- liche Werk des Zuccolo, welches Borsieri gelegentlich citirt^), ist wenigstens in einer Abschrift des vorigen Jahrhun- derts — auf der Stadtbibliothek zu Paenza vorhanden und trägt den Titel: ,Zuccoli, Memorie di Paenza. Memorie della citta di Paenza dall' origine sino al 1608 lasciate dal Zuccoli Cittadino Paventino'. Es beginnt mit den Worten: ,La Provincia ora detta Romagna' und stimmt daher, wie mir sogleich auffallen musste, wörtlich überein mit dem Anfang einer von Carlo Morbio in seinen ,Storie dei Municipj Ita- liani'*) aus seinem Besitz veröffentlichten, anonymen Chronik von Paenza. In der Vermuthung, dass diese letztere iden- tisch mit der grossen Chronik Zuccolo's sei, muss man auch dadurch bestärkt werden, dass zwei Briefe, die von Morbio im Anhangt) nach dem Vorwort aus der gleichen Hand- schrift — mitgetheilt werden, eben an einen Gregorius de Zuccolis gerichtet sind, Avohl einen Vorfahren des unserigen,

1) Von S. Regoli auf Bitten des Grafen Dionigi Zauli Naldi bei Vermählung von dessen Bruder.

2) Zuccolo sagt selbst im Vorwort (p. 10): ho voluto mirando piü al senso, che alle parole, trasportare nella lingua a

tutti commune alcuni annali i quäl scritti a mano in carta

pecora et in stil Latino longamente appres>;o a i Manfredi . . . si conservaro; ma dopo la ruina loro venuti in potestä d'altri e come cosa meritevole custoditi, capitati son ultimamente alle mie mani.

3) Cf. pag. Gü6f, Gl 5c etc.; 745 n. 1, 785 n. 78; woraus zugleich ersichtlich, dass dasselbe in fortlaufend gezählte Capitel eingetheilt war (die in dem Auszug nicht vorhanden).

4) Vol. II pag. 91 und tf.

5) Pag. 260—269. Dieselben sind auch von Mittarelli p. 352 bis 356 veröffentlicht mit mancherlei Differenzen; namentlich ist der zweite Brief bei Mittarelli auch lateinisch geschrieben, während er bei Morbio in italienischer Uebersetzung erscheint.

316 Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1893.

der im Jahre 1488 ja noch keine Briefe empfangen konnte. Ein weiterer Beweis für die Identität beider Chroniken liegt darin , dass sich in einem anderen , zweibändigen Sammel- werk Borsieri's Bruchstücke ans Zuccolo's Chronik finden, die mit Morbio's Druck übereinstimmen. Dieses von Bor- sieri zum Theil eigenhändig geschriebene Sammelwerk führt den Titel: , Annali della cittä di Faenza . . . Raccolta fatta e messa in ordine da me Giov. Batt. Borsieri nel 1767'), mid unter No. 8 des 1. Bandes ist verzeichnet: ,Storia di Faenza dal 1300 sino al 1500 inclusive, cioe Gregorio Zuccolo dal 1300 sino al 1310 (?)'. Hier sind auch'*) Kapitel angegeben z. B. zu Morbio p. 189 ,11 conte Guido': Cap. CXII später fehlen die Kapitelzahlen; da- ffesfen finden sie sich wiederum in einem anderen Bruch- stück der Chronik Zuccolo's, welches Borsieri in den näm- lichen ersten Band seines genannten Sammelwerkes aufge- nommen hat mit dem Titel: ,Storia del secolo decimo sesto o sia dal 1500 sino al 1606. Delle cose accadute in tal tempo alla cittä di Faenza. Tratta dalle Croniche mano- scritte di Gregorio Zuccolo conteraporaneo quasi a tutte le cose descrittevi'. Freilich, die üebereinstimmung zwischen dem Morbio'schen Text und diesen Abschriften oder Aus- zügen aus Zuccolo ist namentlich in den späteren Par- thieen nicht durchgängig vorhanden und nicht immer eine wörtliche. Da aber diese Theile für uns gar nicht in Betracht kommen und die ganze Chronik des Zuccolo ja doch nur für den Tolosanus einen sekundären Werth be- sitzt, erschien es nicht nöthig, diese Untersuchung weiter auszudehnen.^)

1 ) Auf fol. 42 und ff. finden sich chronologisch geordnete Aus- züge aurf dem ,Liber Rubeus' des Azzurrini (cf. oben).

2) Cf. oben S. 315 Anm. 3.

3) Wie ich nachträglich erst gesehen, hat auch der letzte Her- ausgeber von Zuccolo's kleiner Chronik erkannt, dass dessen grösseres

Simonsfehl: Untersuchungen zu den Fnentiner Chroniken. 317

Soviel über das handschriftliche Material, welches für die neue Ausgabe zur Verfügung stand. Wenden wir uns nunmehr zu dem Verfasser und seinem Werk selbst.

lieber die Persönlichkeit des Tolosanus wissen wir nur sehr wenig. Aus der Chronik selbst erfahren wir ledigj- lieh, dass er im Jahre 1219 den Magistertitel führte und die Würde eines Diakons und Kanonikus der Kathedrale von Faenza bekleidete, und dass er eben in diesem .Jahre, wäh- rend er mit den Chorbrüdern bei Tische sass, einen Schlag- anfall erlitt, der ihn fast der Sprache und des Bewusstseins beraubte.^) Sieben Jahre später am 5. April 1226 ist er gestorben. '^J Ausserdem hat Mittarelli in dem Archiv des Domkapitels zu Faenza mehrere Urkunden gefunden, in welchen der Magister Tolosanus, canonicus ecclesiae Faven- tinae, als Zeuge oder Mitaussteller u. s. w. in Privaturkunden der Kathedrale erwähnt wird. So zuerst 1188, dann am 25. April 1189, 1192, 1202, wo ihm der Bischof Teudericus von Faenza die Entscheidung einer Streitsache zwischen dem Abt des Klosters S. Maria foris portam und ,Alphei*ius hospi- talarius S. Leonardi de Vincareto' überträgt; dann zweimal 1203 (einmal am 4. Januar), am 13. April 1205, am 15. Januar 1208, 1209, wo er an Stelle des praepositus ,libellum conscribit'; am 16. September 1210, mehrmals 1215, am 24. März 1219, also nicht lange vor seinem

(ieschichtswerk ,e in gran parte quella stessa pubblicata dal Morbio in Milano nel 1837'.

1) Mitt. c. 172 p. 159 = Bors. c. 1G5 p. 708: Anno domini MCCXVIIII conpilator libri hiijus, ma<^ister Tolosanus nomine, sanc- tae Faventinae ecclesiae diaconus, dum ad mensain cum f'ratribus cihum sumeret, nostris exigentibus meritis, perniissione divina paia- lisj morbo percussus, cum sensu loquelam fere amisit.

2) Mitt. c. 189 p. 169 = Bors. c. 183 p. 720: Sub anno domini MCOXXVI die quinto intrante mense Aprili conpilator libri hujua, magister Tolosanus nomine, sanctae Favontine ecclesie diaconus atque canonicus, relicto carnis pondere, clausit extremum.

318 Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1893.

Schlaganfall und selbst nach diesem erscheint er noch in einer Urkunde vom 15. August 1220, worin er in seinem und seiner Erben Namen dem Propst Albertus ein Stück Acker- und Weinland zum Heile seiner und seines verstor- benen Bruders, des Magisters Orlandus, Seele schenkt, wozu er schon seit vielen Jahren entschlossen gewesen war. Mit- tarelli fügt zwar noch hinzu, auch in einem Prozesse über die Gründung der ,cella Montis clarii' (die dem Marienkloster foris portam unterstellt war), habe sich ein Zeuge auf den Kanonikus Tolosanus berufen und ,Ceteras paginas omittimus' er gibt aber hiefür keine Daten und Belege an, und so darf man doch wohl als sicher annehmen, dass wenigstens seit 1220 die Thätigkeit des Tolosanus erlischt, dass er ins- besondere — und das ist für uns hier das Wichtigste seit jenem Schlaganfall kaum mehr in der Lage gewesen sein dürfte, selbst an seinem Geschichtswerk weiter zu arbeiten. Daran knüpft sich unmittelbar vor Allem die Frage nach dem Antheil des unbekannten und ungenannten Fortsetzers an der vorliegenden Chronik, die ja mindestens bis Oktober 1236 fortgeführt ist. Mittarelli lässt den Fort- setzer bei Cap. 154 (pag. 144 = Bors. Cap. 186 pag. 721) eintreten, mit dem Bemerken, dass derselbe dann bei der Berichterstattung freilich nicht die chronologische Reihen- folge beobachte.^) Denn nachdem in Cap. 153 (Mitt. p. 143 = Bors. Cap. 155 p. 702) ein Ereigniss aus dem Jahre 1218 erzählt war, wird in jenem Cap. 154 über einen Frieden zwischen Faenza und Forli aus dem Jahre 1227 also nach dem Tode des Tolosanus berichtet; dann in Cap. 155 (Mitt. p. 145 = Bors. c. 193 p. 726), dass der Bisehof von Folimpopoli seine Besitzungen 1230 unter den Schutz von Faenza gestellt habe; in Cap. 156 (Mitt. p. 145 = Bors,

]) Mitt. p. 212 ad Cap. 154 ,Sumit sub hoc capite initium historiae suae Tolosani continnator, licet in factis, rjnae narrat, non servet chronologicum ordinem'.

Sinwnsfeld: Untersuchungen zu den Facntiner Chroniken. 319

c. 202 p. 732) folgt ein Absatz über die Massregeln Fried- richs II. gegen seinen aufrührerischen Sohn Heinrich und dessen Reise nach Deutschland 1234 worauf in den fol- genden Kapiteln zu den oberitalienischen und anderen Er- eignissen der Jahre 1212, 1213, 1216, 1218, 1234, 1219, 1218 u. s. w. u. s. w. übergegangen wird, bis erst in Cd\). 172 die Erkrankung des'Tolosanus gemeldet wird.

Borsieri glaubte in dem Cap. 153 und dem Bericht über das Jahr 1217 (pag. 698 = Mitt. c. 150—151 p. 139) eine Aenderung des Stils und zwar ,in pejus' er- kennen zu können und sprach deshalb die Ansicht aus, dass dieses Kapitel und fast alle folgenden nicht mehr dem Tolo- sanus zuzuschreiben seien. ^) Was aber eben dieses Argument betrifft, so hat im Gegentheil dazu bereits Mittarelli auf die häufigen stilistischen Uebereinstimmungen zwischen dem Tolosanus und seinem Fortsetzer aufmerksam gemacht, indem er betonte, dass beide wiederholt^) dieselben Phrasen und Wendungen gebraucht haben. Und direkt gegen Borsieri hat sich neuerdings Scheffer-Boichorst gewendet.^) indem er bemerkt, dass „trotz der Verschiedenheiten, die der jüngste Herausgeber vor und nach 1217 beobachtet hat, sich doch auf der anderen Seite die einheitliche Redaktion nicht

1) p. 098 A: Sequentia non videntur dictata esse a Tolosano. Stylu.«!, frequontia nienda, sensus labefactiis id innnoro videntur. Et idom dicendiim est de foio omnibus capitibus, ((uae seqviuntiir in posterum. Die Angabe bei Hartwif^. Quollen und Forschun.«:*'» zur ältesten Geschichte der Stadt Florenz Tbl. II S. 33: , Tolo- sanus, der um 1230 sehrieb und Faentiner Annalen benutzte" ist wohl nur ein Druckfehler statt 1220.

2) Mittarelli p. 7 gebraucht sogar den starken Ausdruck „a<l nauseam usque" (bis zum Uebordruss).

3) „Kleinere Forschungen zur Geschichte des Mittelalters" in Hd. X der ,,MittheiInngen des Instituts für österreichischo Geschichts- forschung S. 90".

1803. riiilos.-philol. II. liist. Ol. :i. 22

320 Sitzung der liistor. Classe vom 3. Juni 1803.

verkennen lässt." Zwischen der ersten und zweiten Hälfte beständen auffallende Gleichheiten.

Scheffer-Brichorst ist der einzige, der sich bei uns in neuerer Zeit etwas eingehender mit der Chronik des Tolosanus beschäftigt hat. Er war da/.n gelangt im Verlaufe einer anderen kritischen Untersuchung, auf welche auch wir nun unser Augenmerk richten müssen. In Bd. XXIV der „Scrip- tores" der Monumenta Germaniae historica hat Waitz aus- zugsweise eine Papst- und Kaiserchronik veröffentlicht, die theils bis 1250 theils bis 1274 reicht und wegen einiger Lokalnotizen aus Mantua von ihm als „Chronica Ponti- ficum et Imperatorum Mantuana" bezeichnet worden ist. In dem kurzen Vorwort dazu hat Waitz ^) bereits darauf hingewiesen, dass diese Chronik mehrfach (aliquoties) mit dem Tolosanus übereinstimmt, zugleich aber die Meinung ge- äussert, dass der Verfasser der Mantuaner Chronik diese Stellen aus einer anderen, Cremoneser Quelle entnommen haben dürfte. Diesen Gedanken hat Scheffer-Boichorst aufgegriffen und nachzuweisen versucht wir werden darauf zurück- kommen — dass in der That sowohl der Mantuaner Chronist als auch Tolosanus und Petrus Cantinelli von einander un- abhängig eine besondere Cremonesische Quelle benutzt hätten, welche sich nicht auf Cremona beschränkt, sondern sich auch z. B. mit den Kämpfen Friedrichs I. gegen die Lombarden und deren Entscheidung bei Legnano beschäftigt und andererseits mindestens bis 1248 herabgereicht habe.

Bis 1248? unterbricht sich hier Scheffer-Boichorst selbst. Wie soll dann Tolosanus, der 1219 vom Schlag betroffene und 1226 gestorbene , diese gemeinsame Cremoneser Quelle haben benützen können ? und wie sogar auch der Fortsetzer, dessen Werk nur bis 1237 (richtiger 1236)^) reicht?

1) p. 214.

2) Wenn Scheffer-Boichorst 1237 angibt, so hat er dies ijn Hin- blick auf c. 210 bei Borsieri (p. 741) gethan, wo ein Zug der Faen-

Siinon><fclä: TJntersuchangen zu den Faentiner Chroniken. 321

Gegen diese Einwände, die man erheben kann, bemerkt aber SchefFer-Boichorst sofort und wohl mit einleuchtendem Reclit: einmal dass der Fortsetzer ja nicht gerade im Jahre 1237 (richtiger 1236), dem Endpunkte seines Werkes, die Ereignisse eben dieses Jahres auch dargestellt haben müsse, dass er vielmehr geraume Zeit später erst Notizen und Erinnerungen habe verarbeiten können und zweitens, dass entweder durch diesen oder in noch fernerer Zeit durch einen Anderen die Cremoneser Bestandtheile zur Chronik des Tolosanus erst können hinzugefügt worden sein, zumal die charakteristische stilistische Uebereinstimmung dieser Stellen in der ersten und zweiten Hälfte die Annahme einer ge- meinsamen späteren Umarbeitung und neuen Redaktion der Tolosan'schen Chronik sehr wahrscheinlich mache.

Vermuthlich hätte Scheffer-Boichorst diese seine An- sichten noch entschiedener und bestimmter vorgetragen, wenn er sich erstlich bei seinen Untersuchungen der älteren Mittarelli'schen Ausgabe bedient und zweitens wenn er eine Stelle noch berücksichtigt hätte, die gerade in der neuen Ausgabe vielleicht noch mehr in die Augen fällt, als in der älteren. In dem vorletzten Kapitel (218) der neuen Ausgabe (p. 742 = Mitt. c. 212 p. 192 E) wird erzählt, wie im Sei)tember 1236 die Faentiner ihren Podesta und 50 bewaffnete Mann zur Unterstützung des Lorabardenbundes nach Mantua und Brescia abschickten, um im Verein mit diesem dem Kaiser Friedrich II, den Weg aus Deutschland

tiner gej^en Bertinoro und Forlirapopoli , wie die Unterwerfung der- selben, in das Jahr 1237 gesetzt ist was schon deshalb auttilllig ist, weil das Kapitel nach der sti'eng chronologischen Anordnung, welche Borsieri getroffen, an den Schluss der ganzen Chronik nach c. 219 gehörte. Da Mittarelli (c. 210 p. IIH) auf Grund der lland- schr, A das Jahr 1236 angibt und das nämliche sich in der Ueber- setzung des Zuccolo (s. Morbio a. a. 0. S. 1G9) und anderwärts (z. B. bei Tonduzzi p. 275 Historie di Faenza) lindet, ist das Jahr 1237 bei Borsieri vermuthlich nur ein Schreib- oder Druclcfehler.

22*

322 Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1893.

zu verlegen. Aber mit Hülfe Ezzelino's da Romano, Salin- guerra's, der Cremonesen, Parmenser und Modenesen gelang es dem Kaiser dennoch durchzukommen und Schrecken und Furcht unter seinen Feinden zu verbreiten. „Und so", heisst es zum Schluss, „ist erfüllt worden die Prophezeiung des Michael Scotus: So wird Brescia fahnenflüchtig werden." 0 Es ist dies der etwas geänderte Anfang der bekannten, öfters erwähnten Verse, die dem Hofastrologen Friedrich's, Michael Scotus, zugeschrieben werden, die sich in extenso z. B, in Salimbene's Chronik finden,^) von denen einzelne, namentlich die Verse: ,Papa Stupor mundi' und ,Fata monent etc.' auch anderwärts^) vielfach überliefert sind. Sie beziehen sich auf die Kämpfe Friedrichs H. mit den italienischen Städten und dem Papste und sind später natürlich, um ihre Richtigkeit entsprechend zu beleuchten, zurückdatirt worden. In Wahr- heit aber sind sie, wie mir Herr Professor Holder-Egger in Berlin, der sich eben eingehender mit ihnen beschäftigt, mitzutheilen die Freundlichkeit hatte, nicht vor dem Jahre 1260 abgefasst. Es ist ja nun freilich möglich, dass diese Stelle ,Sic Brixia vexilla' erst später von einem Dritten (also nicht etwa von dem ersten Fortsetzer) der Tolosan'schen Chronik hinzugefügt worden ist was aber sicher vor der Niederschrift des Cod. M. geschehen ist, der die Stelle bereits enthält , jedenfalls aber haben wir hier doch eine ganz deutliche Spur von jener späteren redaktionellen Thätigkeit vor uns , welche SchefFer-Boichorst bereits vermuthet hat. Und weitere Spuren einer solchen lassen sich, wie ich meine, an der Hand der alten Mittarelli'schen Ausgabe

1) Et sie completa est prophetia illa Michaelis Scoti quae dicit: ,Sic Brixia vexilla . . . fugiet.'

2) cf. ,Monumenta historica ad provincias Parmensem efc Placen- tinam pertinentia' tom. III pag. 176 mit dem Anfang: Regis vexilla timens, fugiet velamine Brixa.

3) So z. B. auch in der Mantuaner Chronik.

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 323

noch weit mehrere entdecken. Ich erinnere da sogleich wieder an jene Kapitel 154, 155, 156 und folgende, in denen ja wegen der späteren Zeitangaben 1227, 1230, 1234 auch Mittarelli schon die Hand des Fortsetzers erkannte. Betrachten wir das Kap. 156 etwas näher. Es erzählt von den Ereig- nissen des Jahres 1234. Kaiser Friedrich habe vernommen, dass sein Sohn Heinrich, der Herzog von Schwaben, sich mit den Lombarden gegen ihn verschworen habe, die seine Rechte in Deutschland und der Lombardei zu verfechten und ihn zum König zu erheben geschworen hätten nach einem Beschluss des Städtebandes, den allein die Faentiner nicht gebilligt hätten, da es Unrecht sei, dass der Sohn gegen den Vater sich verschwöre. Kaiser Friedrich sei darauf- hin „magno motus dolore magnaque accensus tristitia" von Apulien nach Pordenone und von da nach Deutschland ge- eilt, habe dort die Gesandten der Lombarden in seine Ge- walt bekommen, aber wieder frei gelassen, dagegen seinen Sohn nach einer Insel seines sicilischen Reiches verhärmt. Viel später erst (cap. 175 p. 161) wird z. B. der Kaiserkrönung Friedrichs 1220 und noch später (cap. 191 p. 171 173) nach der Nachricht vom Tode des Tolosanus des Feldzuges Kaiser Friedrich's vom Jahre 1226 ge- dacht, bei welchem dieser Hülfe von seinem Sohn Heinrich er- wartete. Das Kapitel 156 aber ist an dieser Stelle eigentlich ganz planlos, ohne jeden sichtbaren Zusammenhang ein- geschoben — vielleicht nur deshalb, weil im folgenden Kapitel 157 (p. 145 = Bors. c. 139 p. 192) ebenfalls einer Reise des Kaisers, d. h, des jungen Friedrich, von Apulien nach Oberitalien im Jahre 1212 Erwähnung geschieht jener Reise, mit welcher der Siegeszug des jungen Friedrich eröffnet wurde. Eben dieses Kapitel 157 aber steht unmittel- bar (in der Handschrift und bei Mittarelli) vor dem Kapitel 158, das von den glücklichen Kämpfen /wischen Cremona und Mailand im Jahre 1213 berichtet und eben von Scheffer-

324 Sitzung der hislor. Classc vom 3. Juni 1S93.

Boichorst als aus einer späteren cremonesisclien Gescliichts- quelle entlehnt und hier eingeschoben erklärt wird so dass wir hier einen Beleg für die Thätigkeit eines zwei- fachen Portsetzers und Interpolators in der Chronik vor uns hätten,

Oder man sehe, wie gleich am Anfang der Chronik zwischen Kapitel 4 und 10 (Mittarelli p. 17 und 21 = Bors, c. 6 und 7 p. 601), die ganz sicher zusammengehören, allerlei Heterogenes eingeschoben ist. Denn cap. 4 gibt einen kurzen Ueberblick über die Thaten Karls des Grossen besonders nach dessen Kaiserkrönung und daran schliesst sich in cap. 10 die Aufzählung der 12 Palatine ,hujus siqui- dem imperatoris Caroli temporibus' und der Kampf bei Ron- civalle. Kapitel 5 aber (= Bors. c. 17 p 614) schiebt da- zwischen einen kurzen Bericht über den ersten Kreuzzug von 1096, der in cap. 6 noch kürzer (== Bors. c. 19 p. 615) fortgesetzt wird (bis zur Erhebung Balduins), Und den An- lass zu dieser Einschiebung gab entweder die Bemerkung in c. 4, dass Karl der Grosse auch die Heiden ,Saracenos' in Germanien, Brittannien und Spanien mit allen Mitteln gebändigt und viele bekehrt habe (cap. 5 beginnt . . . Massamutus cum infinita multitudine Saracenorum) oder die Bemerkung in c. 10, dass Karl der Grosse auch das von den Saracenen lange umschlossene Jerusalem eingenommen haben soll oder endlich die angebliche Verwandtschaft Balduins von Flandern mit Karl dem Grossen und Gottfrieds von Bouillon mit dem Palatin Oliverius.^)

Zwei weitere Kapitel zwischen dem 5. und 10. erweisen sich bei näherer Betrachtung als Ergänzungen zu Kapitel 1.

In Kapitel 7 (Mitt. p. 19 = Bors. c. 2 p. 599) finden wir eine längere sagenhafte Erzählung über die Gründung

1) Mitt. c. 5 p. 17 E = Bors. c. 17 p. 614: primus dominus Balduinus qui de progenie Caroli dicebatur, secimdus Gotefredus de Buglione, quem Ultramontani de stirpe Auliverii esse dicebant.

Simo)isfclJ : Untersuchungen zu den Facntiner Chroniken. 325

von Konstantinopel durch Kaiser Constantin nach seinem Siege über die Scythen. Es wird der Traum Constantins von der Verwandkmg einer alten Frau in ein schönes junges Mädchen unter Beihülfe des hl. Silvester und die Deutung dieses Traumes auf die Umgestaltung des alten Byzanz er- zählt — wie dies anderwärts theilweise in gleicher Form überliefert ist.^) Von der Gründung Konstantinopels ist aber kurz auch in cap. 1 die Rede, wo es im Anschluss an die Taufe Constantins und dessen Schenkungen, besonders des Dukats von Ravenna, an die Römische Kirche heisst: Der Kaiser habe, damit nicht das ,imperium' irgend einmal die heilige Kirche verletze, die Stadt Rom dem Papst überlassen, sei mit allen Vornehmen über das Meer gezogen und habe die sehr prächtige Stadt Byzanz zur Residenz sich erwählend sie Constautinopel heissen lassen. Man sieht, dass hier zwischen dieser Stelle und der späteren Erzählung in c. 7 ein gewisser Unterschied besteht, ein Gegen^^atz in der Darlegung der Gründe Constantins unverkennbar ist, der wenn auch nicht nothwendig zwei verschiedene Autoren voraussetzen muss, so doch auf zwei verschiedene Quellen und Eintragungen hinweist.

Kapitel 9 aber (Mitt. p. 21 = Bors. c. 3 p. 600) wieder- holt zum Theil mit denselben Worten, wie es in cap. 1 geschieht, die Unterwerfung Italiens, Campaniens und Apu- liens durch Grimoald, den Nachfolger Alboins (!), mit Aus- nahme von Rom, Ravenna und Faenza'^) und berichtet dann noch von der Zerstörung Forlimpopolis wegen angeblicher Feindseligkeiten der Bewohner gegen seine Gesandten^) und

1) Cf. unten.

2) cum Grimoaldus . . . Italiam, Ciuupaniam et Apuliam praeter Roiuam, et Ravennam et Faventiam suo subjuga.sset regno . . .

3) accusan.s cives ijuod suos in Ai^uliara tendente.s impediissent lefjatos . . . Bei der Zerstörung selbst linden sich wörtliche Anklänge zwischen c. 9 (Mitt. p. 21C = Bors. c. 3 p. 600) und c. 2 (Mitt.

326 Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1803.

deren späteren Wiederaufbau, wobei die Faentiner thätige Mithülfe leisteten.

Aehnlich wird der Kreuzzug Friedrich Barbarossa's zweimal erwähnt, einmal ausführlicher in cap. 60 (Mitt. p. 65 = Bors. c. 103 p. 673) im Anschluss an die, mehrere Kapitel umfassende, Geschichte Kaiser Friedrichs und dann ganz kurz in cap. 108 (Mitt. p. 111 = Bors. c. 102 p. 613) im Zusammenhang mit der Geschichte des heiligen Landes und der über dasselbe durch Saladin herbeigeführten Kata- strophe.

In dem auf das zuletzt angeführte Kapitel 108 folgen- den 109 (Mitt. p. 111 = Bors. c. 104 p. 074) wird als Theilnehmer des dritten Kreuzzuges 1189 auch der Bischof Johannes von Faenza genannt und berichtet, dass er und der grösste Theil der 200 Faentiner vor Acca im Kampfe oder bei einem Schiffbruch umkam. Zehn Kapitel früher (c. 99), wo von Ereignissen des Jahres 1185 die Rede ist, wird seiner (Mitt. p. 95 A = Bors. c. 97 p. 605) bereits mit dem Zusatz ,bonae memoriae', also als eines Verstor- benen gedacht; es ist klar, dass dies erst später einge- schoben ist.

Andere Kapitel und Stellen, wie z. B. eben jenes c. 109, erscheinen verdächtig wegen ihres Inhaltes, wegen unrichtiger Angaben, die man bei einem gleichzeitigen Autor nicht erwartet.

Und als solcher gilt ja Tolosanus, worüber wir hier ein Wort einzuschalten haben. Nachdem Tolosanus seit 1188 und bis 1219 (oder 1220) in Faenza urkundlich nachweisbar, seine Chronik aber vornehmlich eben diese Zeit behandelt, möchte man ja am liebsten annehmen, dass dieselbe gleich-

p. 15 A = Bors. c. 4 p. 601) : tota civitate ultrici flamma com- busta et funditus aedificiis et turribus in terram prostratis . . . . sicut vetustissiraa referente fama, que usque ad nos manavit, didieimus.

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 327

zeitig abgefasst sei. Dafür lassen sich auch einige, scheinbar ganz bestimmte Angaben in der Chronik selbst anführen. Kap. 79 (Mitt. p. 81 = Bors. c. 70 p. 649) bei Erzählung von der Einnahme eines festen Platzes der Forlivesen durch die Faentiner 1171 heisst es, die letzteren hätten die ganze Stadt eingenommen, wenn es länger Tag geblieben wäre ,nt publica fuit fama'. In cap. 85 (Mitt. p. 87 = Bors, c. 79 p. 655) wird die Einnahme des castrum s. Cassiani durch die mit Christian von Mainz verbündeten Imolesen 1175 erwähnt ,quod Imolenses statim combusserunt nee postea restauratum est usque ad praesens tempus'. Im Jahre 1181 aber wurde dasselbe wieder aufgebaut, was nur wenige Kapitel später (c. 94 Mitt. p. 91 = Bors. c. 89 p. 659) berichtet wird: ,Hoc autem anno Faventini et Bononienses reaedificaverunt iterum castrum sancti Cassiani, revocatis habitatoribus'.

Besonderes Gewicht hat man ferner auf die Worte in cap. 112 (Mitt. p. 115 = Bors. c. 112 p. 678) gelegt, wo erzählt wird, wie Kaiser Heinrich YI. 1194 nach Entdeckung der Verschwörung in Sicilien den Sohn seines Nebenbuhlers Tancred samt dessen Mutter und Schwestern, dem Admiral Margaritus und vielen anderen Grossen und einer grossen Menge Geldes nach Deutschland in Gewahrsam geschickt habe: ,ut nos vidimus'.^)

Dagegen hat hiefür eine Stelle auszuscheiden, welche auf den ersten Blick ebenfalls oder ganz besonders die Gleich- zeitigkeit zu verbürgen scheint. In c. 101 104 (Mitt. p. 101 107 = Bors. c. 92, 121, 122, 124, p. 660 662, 683^685, 686) wird und zwar mit ausdrücklichen Worten als „Digression" bezeichnet ein längerer Abschnitt ül)er die Ereignisse in Byzanz nach dem Tode Kaiser Manuels

1) Cf. Toeche, Heinrich VI. p. 575: „Besonders wichtig ist die Erzählung eines Augenzeugen, des Faentiner Tolosanus".

328 Sitzunfj der Imtor. Glasse vom 3. Juni 1893.

und über den vierten lateinischen Kreuzzug bis zur Nachfolge Heinrichs in Byzanz und Wilhelms von Montferrat in Tessa- lonich eingeschoben und dieser Excurs eingeleitet mit den Worten: ,Qui de celo revelat mysteria, ipse mutat tempora et transfert regna. Hoc certe in regno Graecorum tem- poribus nostris audivimus adimpleri' das klingt so ursprünglich, so authentisch! und erweist sich schliesslich doch nur als eine Entlehnung. Da später (c. 103 Mitt, p. 105 D = Bors. c. 122 p. 083) bemerkt wird, der Papst habe von den Erfolgen des Kreuzheeres durch Schreiben Balduins von Flandern^) Kenntnis erhalten und diese voll Freude in pleno consistorio verlesen, lag es nahe in dieser Korrespondenz etwas näher nachzusehen; und da findet sich jener Anfang, wie auch ein späterer Passus, wörtlich in einem Glückwunsch-Schreiben Innocenz HI. vom 13. Novem- ber 1204 an die Geistlichkeit des Kreuzzugsheeres in Kon- stantinopel ! *)

Aehnlich werden (c. 167 und 168 Mitt. p. 153 und 155 = Bors. c. 160 und 162 p. 704—707) zwei Schreiben der Kreuzfahrer von Damiette 1219 eingeschoben, die an Papst Honorius gerichtet waren; die Worte ,a quibus omnibus literas ad hunc modum recepiraus; ab eis literas in hunc modum recepimus' dürften wohl nur auf den Papst zu be- ziehen sein, nicht aber auf den Verfasser der vorliegenden Chronik.

Dagegen zeigt die nachfolgende Stelle wieder den gleich- zeitigen Autor. In Kap. 153 (Mitt. p. 143 = Bors. c. 155 p. 702) wird erzählt, dass im Jahre 1218 der damalige

Ij welcher konstant ,Bernarclu8' genannt wird.

2) cf. Innocentii III. Regestorum Hb. VII No. OLIV in Migne. Cursus Patrologiae latinae tom. 215 p. 455 und dasselbe im Auszug bei Tafel und Thomas, Urkunden zur alt. Handels- und Staats- geschichte der Republik Venedig in den Fontes Rer. Austriac. Abt. II ßd. XII p. 518.

Simons fehl : Untersuclmmjen zu den Faentiner Chroniken. 320

Podesta von Faenza Talamacius eine Art Waffengeuossen- scliaft (commnnantia arniaturarum) errichtete (deren Zweck und Verhalten sehr unklar ist) ,in mense Februarii apud castrum sancti Petri, cum ibi in reaedificatione essemus', was übrigens nicht unbedingt die persönliche Anwesenheit des Schreibers anzunehmen zwingt.

Um so mehr Befremden, meine ich , muss es nun eben erregen, wenn wir bei einem so „gleichzeitigen" Autor so viele unrichtige und insbesondere auch so viele legenden- hafte Angaben finden. Ich kehre zu dem Abschnitt zurück, wo die Geschicke des Königreichs Jerusalem vor dem dritten Kreuzzug erzählt werden. Da lesen wir z. B. in cap. 105 (Mitt. p. 107 -= Bors. c. 93 p. 663) wie der aussätzige König Balduin dem Sohn des Markgrafen Wilhelm von Montferrat, Wilhelm Spatalonga, seine Schwester Benesenta (statt Sibylle) zur Frau gegeben, derselbe aber bald darauf gestorben sei. Deshalb habe es nicht an Stimmen gefehlt, die besagten, der Schwiegervater mit seiner Tochter hätten ihm Nachts ein Leid angethan, da er sich nichts um sie zu kümmern schien. Nach einem kurzen, aber sehr beredten Lob, wobei besonders seine sinnliche Enthaltsamkeit ge- rühmt wird, hören wir von der Geburt des jungen Balduin, dem in einem Alter von 7 Jahren die Königskrone von Jerusalem zugefallen sei. In Wahrheit erhielt der junge Balduin dieselbe aber bereits 1183, als er erst fünf Jahre alt war. Nach dessen frühem Tod sei seine Mutter zur Königin erwählt worden, mit der Ermächtigung zu heirathen, wen sie wolle; und diese hätte dann Veit von Lasignan zu ihrem Gemahl und König erhoben während bekanntlich dieser für die Geschicke des Landes so unheilvolle Bund auf An- stiften des aussätzigen Kiuiigs Balduin (des Bruders der Sibylle) bereits viel früher im Jahre 1180 geschlossen >vurde. So ist hier und anderwärts Wahres und Falsches in bedenk- lichster Weise durcheinander gemengt.

330 Sitzung der liistor, Classe vom 3. Juni 1893.

Oder man höre z. B. was (Mitt. c. 54 p. 57 = Bors, c. 56 p. 636) über das Schicksal der Mailänder nach der Zerstörung: ihrer Stadt im Jahre 1162 durch Friedrich Bar- barossa vorgebracht wird. Während die Zurückbleibenden nach dem Willen des Kaisers in 4 Flecken sich ansiedeln was ganz richtig wandern die Anderen nach ver- schiedenen Theilen der Welt aus, zum Theil nach Ungarn, wo sie vom König ehrenvoll aufgenommen werden und für immer von allen Lasten befreit sein sollen. Im ,comitatus Colozanis seu Colocensium' baut ein Theil eine neue Stadt Namens Francavilla (Freystadt), ein anderer die Stadt Cadabul und darin Kirchen zu Ehren ihres Patrons, des heiligen Am- brosius. „Diese alle bedienen sich der Mailändischen und Ungarischen Sprache und unterrichten auch ihre Kinder darinnen, damit sie kein Herrscher oder Bevollmächtigter derselben unterthänig machen könne." Andere aber begaben sich zu den Saracenen und gründeten dort einen Platz, der ,Mediolanum parvum' heisst; diese „haben sich, wie wir vernommen haben, der Lehre der Nicolaiten angeschlossen".

Dies ist, soviel ich sehe, nur hier überliefert und klingt doch so legendenhaft, dass man es viel lieber einem späteren Berichterstatter, als einem gleichzeitigen Autor zuschreiben möchte.

Gleich im folgenden Kapitel (55 Mitt. p. 59 = Bors, e. 57 p. 637) findet sich die Notiz von der Geburt des Kaiser- sohnes Konrad (sie!) im Februar 1166 bei Modigliami, die so viel Staub in neuerer Zeit aufgewirbelt hat, und schliess- lich in dieser Form als unrichtig verworfen worden ist. ^)

l)Cf. Giesebrecht in den Forschungen zur deutschen Ge- schichte, Bd. XXI, 631 u. if.; Hug, Die Kinder Kaiser Friedrich Barbarossas (1890) und dazu Scheffer-Boichorst in den „Mitthei- lungen des Instit. f. österr. Gesch." Bd. XI, G34 u. fF. ; hier ist auch schon überall darauf hingewiesen, dass ebenso später beim dritten Kreuz- zuge fälschlich statt Friedrichs von Schwaben Konrad genannt wird.

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 331

Aehnlicbe Verstösse treffen wir auch später. Winkel- maun hat dem Tolosanus zum Jahr 1209, speziell zur Kaiser- krönung Otto's IV. Ungenauigkeiten nachgewiesen/) und auch dem Fortsetzer zu den Jahren 1220, 1222, 122G Irrthümer, Missverständnisse, Unklarheiten vorgeworfen^) um zu schweigen von vielfältigen kleineren Irrthümern, besonders bei Angabe von Namen. Es wurde schon erwähnt,^) dass der Sohn Friedrich Rothbarts zweimal fälschlich Konrad genannt wird ; ebenso war der erste lateinische Patriarch in Constan- tinopel nicht ein ,dominus Angelorum Venetus',*) sondern bekanntlich Thomas Mauroceno ; 1212 wird der Ort, wo die Pavesen von den Mailändern geschlagen wurden , fälschlich Mons Malus ^) statt Mons brio genannt; zweimal wird der Euphrat mit dem Nil verwechselt^) u. dgl. m.

Nach alledem wird ein Zweifel darüber nicht weiter obwalten können, dass Einer oder sogar Mehrere die Chronik des Tolosanus nicht sowohl fortgesetzt, als viel- mehr vielfach interpoliert und überarbeitet haben. Der eine davon ist wohl sicher derjenige, welcher die Notizen über die Erkrankung und das Ableben des Tolosanus bei- gefügt hat, und von dem man vermuthen möchte, dass auch er der Kirche von Faenza angehört habe, einer der von ihm erwähnten ,confratres' des Tolosanus gewesen sei.

Dabei mag gleich hier bemerkt werden, dass die Nach- träge, wie auch kaum zweifelhaft sein kann, ') mehrfach ent-

1) Cf. Jahrbücher d. deutsch. Gesch. unter Philipp und Otto Bd. II S. 189, 496.

2) Jahrb. d. deutsch. Gesch. unter Friedrich II. Bd. I S. Ol Anm. 5, S. 101, 2G0, 286.

3) Cf. oben S. 330 Anm. 1.

4) Mitt. c. 103 p. 107 A -- Bors.

5) Mitt. c. 157 p. 1 15 D -- Bors.

6) Mitt. c. 166 p. 151 C = Bors. c. 159 p. 703 ad 1218 und Mitt. c. 176 p. IGl E = Bors. c. 169 p. 711 ad 1222.

7) In dieser Beziehung ist Borsieri mit seiner Bemerkung im Vorwort (cf. oben S. 305 Anm. 1) Recht zu geben.

er

Friedrich I

c.

122 p. 685.

c.

139 p. 692.

c.

159 p. 703

332

Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1893.

weder von vorneherein nicht am richtigen Platz hinzugefügt oder vom Schreiber der ältesten Handschrift unrichtig ein- gereiht worden sind, woraus sich für die richtige Anordnung in der Neu -Ausgabe nicht geringe Schwierigkeiten ergeben. Man betrachte nur z. B. die früher schon ^) erwähnten ersten Kapitel bei Mittarelli, wo sich ja ziemlich leicht erkennen lässt, wohin die einzelnen Kapitel gehören. Anderwärts lässt sich dies aber nicht so leicht klar darlegen; und wenn man nun überhaupt im Einzelnen feststellen will, was etwa von der Chronik bis 1219 (oder 1220) als ursprünglich, was als nachgetragen oder überarbeitet zu betrachten ist, so lässt sich das, wie mir scheint, äusserst schwer ausführen.

Als ein Hülfsmittel hiefür scheint sich vor Allem die Sprache, der Stil darzubieten, wie ja auch Scheffer-Boichorst davon Gebrauch gemacht hat. Ich untersuche also vor Allem die Partien, welche nach 1219, nach der Erkrankung des Tolosanus wahrscheinlich von dem Fortsetzer verfasst sind, und notiere, was mir an besonders charakteristischen Wen- dungen hier auffällt. Und es fehlt in der That nicht an solchen.

Da finde ich: Cum nimium confiderent in foveis magnis et profundis (cf. Mitt. c. 171 p. 157 E = Bors, c. 164 p. 708 ad 1219; c. 17 (angedruckt) p. 27 = Bors, c 14 p. 008 ad 1070 ; multum in armis et urbis fortitudine confidere c. 1 p. 13 = Bors. c. 1 p. 599);

magnam pluviam dignatus est mittere (Mitt. c. 174 p. 161 B = B. c. 167 p. 710 ad 1220; c. 32 p. 35 C = B. c. 39 p. 625 ad 1142);

ultrici flamma combusserunt (combussit) (Mitt. c. 144 p. 137 A = B. c. 145 p. 695 ad 1216 : c. 177 p. 163 B = B. c. 170 p. 712 ad 1222; c. 206 p. 187 D = B. c. 205 p. 734 ad 1235; c. 2 p. 15 A = B. c. 4 p. 601 ad 740 ; c. 9 p. 21 D = c. 3 p. 600 ad 030; c. 48 p. 53 E

1) Cf. oben S. 324.

Simonsfdd: Untersuchungen zu den Faentincr Chronil^en. 333

= B. c. 48 p. G32 ad 1150; cf. c. 54 p. 57 D = B. c. 5G p. 636 ad 1162 im Vers: iiltrici äamnia permisit cuncta cremari) ;

deterius habuerunt quam hostibus intulissent (Mitt. c. 177 p. 163 C = B. c. 170 p. 712 ad 1222 ; c. 126 p. 123 C --= B. c. 120 p. 682 ad 1202; c. 158 p. 147 A = B. c. 141 p. 693 ad 1213; cf. c. 159 p. 148 B = B. c. 151 p. 698 ad 1216) ;

miilti honerantur arrais, vexillis (Mitt. c. 178 p. 165 A = B. c. 171 p. 713 ad 1222; c. 206 p. 187 D = B. c. 205 p. 734 ad 1235; c. 43 p. 50 A = B. c. 16 p. 611 ad 1080; c. 80 p. 83 A = B. c. 71 p. 651 ad 1171; c. 100 p. 99 D = B. c. 97 p. 669 ad 1185; c. 148 p. 139 A = B. c. 149 p. 697 ad 1216; c. 158 p. 147 oben = B. c. 140 p. 693 ad 1213, richtige Lesart ,honerantur' statt ,liberantur'j ;

serrao declarabit inferius (Mitt. c. 177 p. 163 B = B. c. 170 p. 712 ad 1222; c. 16 p. 25 E (ungedruckt) = c. 13 p. 608 ohne Jahr) ;

asinio more leouis pellem induti (Miit. c. 183 p. 167 A = B. c. 176 p. 715 ad 1224; c. 100 p. 97 B = B. c. 97 p. 667 ad 1185);

similes sunt facti leoni in operibus suis et tam- quam catuli leonum rugientes in venatione sua (Mitt. c. 191 p. 171 D = B. c. 181 p. 718 ad 1226; c. 42 p. 43 C = B. c. 44 p. 628 ad 1145);

hanc verecundiam et perpetuum (Ariminensium et Ravennatuni) dolorem (Mitt. c. 191 p. 1 71 E = B. c. 181 p. 718 ad 1226; c. 43 p. 47 A = B. c. 16 p. 610 ad 1080, wo es mit Beziehung auf Faenza heisst : hanc verecundiam et hunc nobis perpetuum dolorem; ähnlich c. 41 p. 41 E = B. c. 42 p. 627 ad 1144: hanc iiroditionom, huiu^, per- petuum Faventinorum dolorem) ;

Lombardiae reetores (Lonibardi) mala recolentes jirae-

334

Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1S93.

terita, volentes futura vitare deteriora ^) (Mitt. c. 191 p. 173 A = B. c. 181 p. 719 ad 1226; c. 58 p. 61 A = B. c. 60 p. 638 ad 1167); vorher:

Omnes fere Lorabardi contra imperatorem con- juravere se invicem juvaturos, dummodo (si) Impera- tor vel ejus nuncius aliquem (aliquid) vellet per- tractare injuste (Mitt. c. 187 p. 169 C = B. c. 180 p. 717 ad 1226; fast ganz übereinstimmend*) c. 59 p. 61 A = B. c. 61 p. 638 ad 1167);

clamor ad sydera tollitur (Mitt. c. 191 p. 171 C = B. c, 181 p. 718 ad 1226; erweitert: bellum gladiis geritur, clamor et Stridor ad sydera tollitur, Mitt. c. 196 p. 175 D = B. c. 191 p. 725 ad 1229; ebenso Mitt. c. 42 p. 43 D = B. c. 44 p. 628 ad 1145; ingens cla- mor ad sydera tollitur, res gladiis geritur, Mitt. c. 35 p. 37 D = B. c. 36 p. 623 ad 1138; ebenso ingens tollitur Mitt. c. 100 p. 99 B = B. c. 97 p. 668 ad 1185 im Vers);

Vulcano superante (Mitt. c. 191 p. 173 B = B. c. 181 p. 719 ad 1226; c. 202 p. 179 B = B. c. 188 p. 722 ad 1228; c. 203 p. 183 C = B. c. 199 p. 729 ad 1234; c. 207 p. 188 D = B. c. 203 p. 732 ad 1235 (nicht 1236); c. 73 p. 71 D = B. c. 66 p. 642 ad 1169);

in ore gladii periere (Mitt. c. 178 p. 163 E = B. c. 171 p. 712 ad 1222,; c. 23 p. 31 B = B. c. 25 p, 618 ad 1126; cf. c. 63 p. 63 C = B. c. 62 p. 63 ad 1167; c. 100 p. 97 D = B. c. 97 p. 667 ad 1185; c. 103 p. 105 B = B. c. 122 p. 684 ad 1203);

tamquara novi sub tempore gratiae Machabaei (Mitt. c. 202 p. 179 D = B. c. 188 p. 723 ad 1228; c. 209 p. 189 E = B. c. 214 p. 739 ad 1236; c. 23 p. 31 B = B. c. 25 p. 618 ad 1126);

1) Cf. Scheffer-Boichorst a. a. 0. 97.

2) Cf. Scheffer-Boichorst a. a. 0. und später unten.

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 335

nequaquam silentio praetermittamus, imo omni laude et memoria dignum et posteris profuturum conservemus (Mitt. c. 198 p. 177 A = B. c. 194 p. 727 ad 1231 ; cf. ,silentio praetereundum nequaquam putamus . . . quod est mirabile dictu, omni memoria dignum' Mitt. c. 100 p. 101 A = Bors. c. 97 p. 670 ad 1185);

ex imperiali dignitate {que de fönte nascitur pietatis (Mitt. c. 156 p. 145 B = B. c. 202 p. 732 ad 1234 bei Friedrich IL; c. 61 p. 61 D = B. c. 78 p. 654 ad 1175 bei Friedrich I.);

surda audientibus (auditis verbis) aure (Mitt. c. 206 p. 187 E = B. c. 205 p. 735 ad 1235; c 35 p. 37 D = B. c. 36 p. 623 ad 1138; c. 128 p. 125 C = B. c. 127 p. 687 ad 1207);

facti sunt aquilis velociores, leonibus fortiores (Mitt. c. 206 p. 187 B = B. c. 205 p. 734 ad 1235; c. 210 p. 191 E = B c. 216 p. 741 ad 1236 hier noch similes f. s. etc. fortiores in operibus eorum; e. 74 p. 73 B = B. c. 67 p. 643 ad 1169);

in scriptis redigi praecepit (Mitt. c. 174 p. 161 A = B c. 167 p. 709 ad 1220; c. 64 p. 65 A = B. c. 94 p. 664 ad 1183; redigere concessit c. 204 p. 185 D = B c. 200 p. 731 ad 1234; redactis in scriptis c. 61 p. 61 C -= B. c. 78 p. 654 ad 1175);

wenn auch nicht durchaus wörth'ch gleich, wird doch dem Gedanken nach übereinstimmend der verderbliche Ein- fluss der „alten Schlange" ausgesprochen: (serpente sua- dente antiquo) Mitt. c. 202 p. 177 A = B. c. 188 p. 721 ad 1228; c. 16 p. 25 E = B. c. 13 p. 608 (ungedruckt) ohne Jahr; c. 129 p. 125 D = B. c. 123 p. 685 ad 1204; c. 133 p. 129 A = B c. 130 p. 689 ad 1208; c. 143 p. 135 A = B. c. 143 p. 699 ad 1214;

endlich vergleiche man Mitt, c. 199 p. 177 B = Bors, c. 195 p. 707: 1235 dominus Conus Faventinus potestas fecit

1893. Phüos.-philol. u. bist. Cl. 3. 23

336 Sitzung der Mstor. Classe vom 3. Juni 1893.

duci aqnam fluminis Alamonis per civitatem Faventie, unde lavatur atque purgatur omni sorde mit cap. 1 Mitt. p. 11 B = Bors. c. 1 p. 598: Plateae civitatis artificiose compositae per subterraneos meatus aquas pluviales sine diffi- cultate mittebant ad flumina; quae civitas omni sorde pur- gata semper ex se odorem praestabat non modiciini. (cf. unten S. 344 Anm. 1.)

Dies sind doch Wendungen, die nicht gerade als ganz gewöhnliche und besonders häufige bezeichnet werden dürfen. Kommen diese nun auch ebenso in früheren Kapiteln der Chronik, wie dies durch die beigesetzten Stellen nachgewiesen ist, vor, so ist nur eine doppelte Annahme zulässig: ent- weder der Fortsetzer hat mit ausserordentlichem Geschicke den Ton seiner Vorlage mit denselben Redewendungen nach- geahmt oder die betreffenden früheren Kapitel sind ebenfalls dem Fortsetzer (der hiedurch zum Bearbeiter wird) zuzu- schreiben, dem Tolosanus selbst abzusprechen.

In dem letzteren Falle würde freilich die schriftstellerische Thätigkeit des Tolosanus keine geringe Einbusse erleiden, ja sogar schliesslich so bedeutend verringert, dass man kaum mehr von einer Chronik des Tolosanus reden kann.

Ich wage es noch nicht eine definitive Entscheidung zu treff'en, wiewohl mir Vieles für die zweite Alternative zu sprechen scheint, indem auch manche der fraglichen Kapitel in dem ersten Theil schon durch ihre äussere Stellung als spätere Einschiebsel sich erkennen lassen und ferner durch den pa- thetischeren Ton (wie er den späteren Partieen besonders eignet) vor anderen kürzeren Kapiteln sich zu unterscheiden scheinen. Vornehmlich dürften dafür aber jene Stellen sprechen, wo die gleiche Wendung auch eine gleiche An- schauung und Gesinnung kundgibt, wie z. B. die über das Verhältnis der Lombarden zu Friedrich I. und IL, die ja eine entschieden städtefreundliche ist , wie auch an anderen Stellen. Sonst zeigt die Chronik entschiedene Sympathieen

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 337

für Friedrich I., der einmal als ,magnus', ein ander mal als ,clemens', in den Versen als , alter Achilles' gerühmt wird/) und ebenso für seinen Sohn Heinrich VI., dessen Tod ganz besonders lebhaft beklagt wird.^) Dass daneben Alexander IJI. als der rechtmässige Papst bezeichnet wird, darf nicht auf- fallen. Ausgesprochene Antipathie herrscht in der Chronik gegen Christian von Mainz. ^) In den Kämpfen der Faentiner steht die Chronik natürlich immer auf Seite der Landsleute und verschweigt wohl manche, diesen ungünstige Nachricht. Als verdächtig wären denn nun in dem Theile bis c. 171 (164) zunächst die Kapitel zu bezeichnen, in denen nach der obigen Zusammenstellung jene charakteristischen Wen- dungen sich linden (wobei auch bezeichnenderweise mehrere in den gleichen Kapiteln enthalten sind): also c. 1 (1), 17 (14), 23 (25), 32 (39), 35 (36), 41 (42), 42(44), 43 (16), 48 (48), 54(56), 58(60), 59(61), 61(78), 64(94), 73(66), 74(67), 80 (71), 100 (97j, 126 (120), 128 (127), 148 (149), 158 (140). Damit wäre auch schon ein Theil der eingefügten Verse und Reden verdächtigt*) und als Consequenz ergäbe sich, dass wohl die meisten derselben oder geradezu alle, wie auch die grossen Reden vor einzelnen Zusammenstössen, eher auf das Conto des redseligen Fortsetzers und Bearbeiters als des schweigsameren Tolosanus zu setzen wären, ^) Immer bleibt dabei natürlich die Möglichkeit bestehen, dass der Bearbeiter Notizen und Aufzeichnungen, wie auch Erinnerungen des ihm

1) Cf. Mitt. c. 63 p. 63 = Bors. c. 62 p. 639.

2) Mitt. c. 114 p. 115 = Bors. c. 115 p. G79.

3) Cf. Mitt. c. 92 p. 91 = Bors. c. 87 p. 659.

4) Darunter auch solche, die sich auf Friedrich Rothbart beziehen und die dann schwerlich, wie Wattenbach, Deutschlands Geschichts- quellen 5. Aufl. II, 298 anzunehmen geneigt ist, einem älteren Werke entnommen sein dürften.

5) Ich unterlasse es hier die vollständige Liste der weiteren verdächtigen Kapitel zu geben, da ich mir eine sichere Entscheidung darüber noch nicht zutraue.

23*

338 Sitzung der Mstor. Glasse vom 3. Juni 1893.

wohl persönlich bekannten Tolosanus benützen und verwerthen und ihn deshalb als den ,compilator hujus libri' bezeichnen konnte wie auch wir schon der Bequemlichkeit halber den Namen beibehalten.

Es erhebt sich nun aber weiter die Frage, wann der Redaktor gelebt und welche Quellen er benützt hat, um jene Nachträge zu dem ursprünglichen Werke, wie er es vorfand oder erhielt, vorzunehmen, insbesondere, wie es sich mit jener Cremoneser Quelle verhält, aus welcher nach Scheffer -Boichorst sowohl das vorliegende Geschichtswerk, wie die früher erwähnte Mantuaner Chronik geschöpft haben.

Wir erinnern uns, dass dieselbe nach Scheffer-Boichorst mindestens bis 1248 herab- und noch in die Zeit Friedrich Rothbarts zurückgereicht und speziell auch dessen Kämpfe mit dem Lombardenbund umfasst haben soll. Er kam zu diesem Resultat auf Grund folgender Beobachtungen. Es fiel ihm auf, dass in der Mantuaner Chronik so oft von dem Carrocio dem bekannten Fahnenwagen die Rede sei und zwar meist, wo es sich um Cremona handle: 1213 gewinnt Cremona das Mailänder Carrocio und schmückt damit sein Gemeindehaus, 1249 das Parmesaner, 1248 verliert es das eigene, 1237, wo die Eroberung des Mailänder Carrocio's durch Friedrich IL in der Schlacht bei Cortenuova erwähnt wird, sei Cremona wenigstens auf Friedrichs Seite gewesen.

Fast dieselbe Beobachtung sei nun in dem Werke des Tolosanus zu machen. Auch hier stehe, wenn vom Car- rocio die Rede sei und das geschehe bisweilen auch an anderen Stellen als in der Mantuaner Chronik , Cremona im Mittelpunkte und nur selten vollends im Verhältnisse zu dem Umfange des Faentiner Werkes werde sonst etwa des Faentiner oder Bologneser Carrocio's gedacht. Bezeich- nend sei, dass 1213 die Eroberung des Mailänder Carrocio's durch die Cremonesen von dem Mantuaner Chronisten und Tolosanus gleichlautend so gemeldet werde:

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 339

Mon. Germ. SS. t. XXTV p. 218: Cremonenses supera- vernnt Mediolanenses eorum carocium, arma et scuta acci- pientes, quibus liodie palatium Cremonense decoratur und Mitt. c. 158 p. 147 = Bors. c. 140 p. 693: Medio- lanenses carrocium amiserunt et armorum et scntorura multi- tudinem copiosam, im de liodie palatium Cremonen- sium decoratur.

Der Cremoneser Ursprung der gemeinsamen Quelle sei unverkennbar. Für die Benützung dieser gemeinsamen Cremoneser Vorlage durch den Tolosanus (bezw. den Fort- setzer) auch bei anderen Angaben (als solchen, die „Cremona und zugleich das Carrocio betrafen") verweist Scheffer- Boichorst auf die beiderseitige Erzählung von der Wieder- herstellung Mailands und der Begründung Alessan- drias unter Friedrich Rothbart. Der Mantuaner Chronist berichtet: SS. XXIV, 218: Cremonenses cum aliis Lum- bardis de consensu doraini Alexandri pape Mediolauuni, re- vocatis undique habitatoribus, rehedificavernnt, et reducti sunt in civitatem. Eodem millesimo Cremona cum Mediolano et Placentia contra civitatem Papiensem in eins confinio ex hominibus Guillelmi Montferrati civitatem construxerunt, que ut fieret famosior, ab Alexandro papa 111. Alexandriam vocaverunt.

Bei Tolosan heisst es nur (zum Theil allerdings gleich- lautend): Mitt. c. 58 und 59 p. 61 = Bors. c. 60 und 61 p. 638: Eodem anno Lonbardi mala recolentes preterita, vitare volentes futura deteriora, de consensu domini Alexandri pape Mediülanum revocatis undique habitatoribus rehedificavernnt. Anno domini MCLXVII civitatem in episcopatu Papiensi ex hominibus Guilelmi marchionis Montis Ferati construxere, ab Alexandro ipsara Alexandriam nominantes.

„Wie man sieht", bemerkt Scheffer- Boichorst hiezu, hat Tolosan die Lokal färbung völlig verwischt: weil sein Bericht sowohl die Wiederherstellung Mailands, wie auch

340 Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1893.

die Gründung Alexandrias als ein Werk kurzweg der Lom- barden bezeichnet, so könnte derselbe aller Orten geschrieben sein. Die beim Mantuaner erhaltene Fassung trägt dagegen ihren Cremoneser Ursprung gewissermassen an der Stirn: ,Cremonenses cum aliis Lombardis' etc. ,Cremona cum Medio- lano et Placentia' etc. und folgert dann daraus weiter noch, dass auch die Stelle im Tolosanus (c. 62 Mitt. p. 03) über die Entscheidungsschlacht bei Legnano, wo in nur 7 Zeilen zweimal ein Carrocio (das der Veronesen-Brescianer und das der Mailänder) begegne, auf jene gemeinsame Cremoneser Vorlage zurückzuführen sei.

So scharfsinnig und verlockend diese Ausführungen auch sind und so sehr sie die Untersuchung vereinfachen würden, ganz vermag ich mich ihnen doch nicht anzuschliessen. Denn, indem ich der Gründungsgeschichte Alessaudrias etwas weiter nachgehe, finde ich, dass schon in der gleichzeitigen ,Vita Alexandri IIT des Kardinals Boso zu lesen ist (Watterich, Vitae Pontificum II, 409): Anno dominicae incarnationis MCLXVIII Kai. Maii .... Cremona cum Mediolano et Placentia in manu valida pariter convenerunt contra rebelli- onem Papiensium et marchionis Montis ferrati ad villam quae vocatur Rovoretum ibique .... ambitum designarunt . . . et repente facta est civitas magna et fortis. Ut autem gloriosior ubique haberetur atque famosior, placuit Omnibus ut ipsa civitas pro reverentia beati Petri et pape Alexandri in perpetuum nominaretur Alexandria . . .

Von hier ist diese Nachricht übergegangen in die Chronik des Martin von Troppau nur dass hier (wenig- stens in der Ausgabe der Monumenta SS. t. XXII, 437) Mailand zuerst genannt wird.^) Wenn man aber weiss, dass Martin von Troppau auch sonst eine Hauptquelle für den

1) Huius (Alexandri) tempore Mediolanum cum Cremona et Placentia contra Papienses civitatem unam construxerunt, quam ut famosior fieret, ab Alexandro papa Alexandriam vocaverunt.

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 341

Mantuaner Chronisten gewesen ist/) und wenn man die beiden fast ganz gleichlautenden Stellen mit einander ver- gleicht (man beachte besonders das ,ut fieret famosior') wird man zugestehen , dass wir hier nicht erst nach einer neuen Cremoneser Quelle zu suchen haben, sondern der Mantuaner hier ebenfalls Martin ausgeschrieben hat zumal da auch der gleich darauffolgende Passus, dass der Papst der neuen Stadt Alessandria ein Bistum verliehen und dem Paveser Bischof wegen dessen Anhänglichkeit an Friedrich und die Verfolger der Kirche das Kreuz und das Pallium entzogen habe, wört- lich aus Martin von Troppau stammt, in letzter Linie aber ebenfalls auf die Vita Alexandri III. des Boso zurückgeht.^) Diese Verwandtschaft hat Waitz bei der Edition der Mantuaner Chronik an dieser Stelle übersehen sonst hätte er diesen Passus ebenfalls klein drucken müssen und in Folge dessen ist sie auch Scheffer-Boichorst entgangen. Da- gegen fehlt allerdings beim Martinus die Nachricht von der Wiedererbauung Mailands, die in der ,Vita Alexandri' ^J

1> Cf. Vorwort zur Ausgabe in den Mon. SS. t. XXIV p. 214.

2) Man vergleiche Chron. Mant. SS. XXIV, 218: Qui papa ad petitionera Lombardorum constituit eis episcopum, Papiensem vero episcopum crucis palii (sie) dignitate privavit eo quod Frederico et persecutoribus ecclesie ab antiquo adhesisset mit Martin us SS. XXII, 437: Et post ad peticionera Lombardorum constituit eis episcopum, Papiensem vero episcopum crucis et pallei dignitate privavit eo quod Frederico imperatori tunc et ab antiquo regibus persecutoribus ec- clesie adhesisset und mit Boso 1. c. p. 429: Eodem tempore Alexander papa ecclesiam Alexandriae ad postulationem Mediolanensis archi- episcopi et conprovincialiura episcoporum atque rectorum civitatum Lombardiae episcopatum constituit. In qua fecit eligi . . . Praeterea Papiensem episcopam crucis et pallii dignitate privavit eo quod civitas eius Octaviano haeresiarchae ac Frederico impei'atori excom- municatis adhaesit . . . Haec civitas ... ab antiquo receptaculum fuit regum, ecclesiam et Pontifices Romanos persequentium.

3) 1. c. p. 403 (mit anderen Worten als bei Tolosanus und beim Mantuaner Chronisten).

342 Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1893.

ebenso wie bei Tolosanus dem Lombardenbimd im allgemeinen zugeschrieben wird, während der Mantiianer Cremona beson- ders hervorhebt. Ob man daraus allein auf eine gemeinsame Cremoneser Quelle schliessen darf, welche bei Tolosanus nur abgeschwächt wäre, erscheint mir sehr problematisch, wahr- scheinlicher vielmehr, dass der Mantuaner Chronist hier nur seine Vorlage auf Grund anderweitiger Kenntnis zu Gunsten Cremona's geändert oder geändert vorgefunden hat. Icji bin um so weniger geneigt, hier eine gemeinsame Cremoneser Vorlage vorauszusetzen, als ich auch SchefFer's Ansicht, dieselbe habe auch die Entscheidungsschlacht bei Lesen an o noch mit behandelt, zurückweisen muss. Die zwei Carrocio's, die hier bei Tolosanus erwähnt werden, finden sich ebenso bereits in der Vita Alexandri des Boso ! ^) Ich glaube also nicht, dass diese angebliche gemeinsame Cremoneser Quelle noch bis auf die Zeiten Friedrich Rothbarts zurückgereicht hat. Und nach den schlimmen Erfahrungen, die ich mit den Carrocio's bei Legnano ge- macht, ist es mir auch zweifelhaft, ob man sich ihrer bei der weiteren Untersuchung über diese unbekannte Quelle als Leitsternes bedienen darf. Diese Carrocio's werden doch in den italienischen Geschichtsquellen des 13. Jahrhunderts'^) gar zu oft erwähnt, als dass man, meiner Ansicht nach, aus deren Nennung nun eine besondere lokale Quelle ableiten dürfte. Auch beim Tolosanus werden sie, wie Schefi'er- Boichorst selbst angibt, doch auch noch einige allerdings wenige Male ohne Zusammenhang mit Cremona ange- führt.^) Dass 1237 bei Cortenuova EViedrich das Carrocio der Mailänder erbeutete und dann nach Rom schickte, melden

1) "Watterich II, 429.

2) Man werfe nur einen Blick in Band XVIII der SS.

3) Ausser den von Scheffer-Boichorst citierten Stellen noch Mitt. c. 132 p. 127 D und c. 202 p. 181 D = Bors. c. 129 p. 688 und c. 188 p. 724 ad 1208 und 1228 das der Bolognesen,

1

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroml<en. 343

auch die Ann. Plac. Gliib., die Parm. Maj., Thomas Tuscus, und dass hiebei gar nichts spezifisch Cremonesisches von dem Mantuaner Chronisten zu bemerken war, hat Scheflfer ja selbst erwähnt.

Eigentlich bleiben nur drei Stellen und zwar unter den späteren Notizen des Mantuaners -, wo Cremona besonders hervorgehoben wird. Davon fallen die beiden letzteren für die Frage nach einer mit Tolosanus gemeinsamen Cremoneser Vorlage weg, weil sie Ereignisse aus den Jahren 1248 und 1249 berühren, die im Tolosanus nicht mehr erwähnt sind nämlich die Gefangennahme des Cremoneser Carrocio bei der Ueberrumpelung von Victoria und die Revanche der Cremonesen, welche dabei das Parmenser Carrocio ,Blanzardus' erbeuten. Beide Ereignisse werden übrigens auch in anderen italienischen Quellen der Zeit z. B, in den Annales S. Justinae, den Annales Piacentini Ghibellini und den Annales Parmenses majores erzählt und scheinen mir ebenfalls nichts speziell Cremonesisches za bieten. Ein Autor, der in Mantua schrieb, dürfte doch davon nicht allzuschwer Konntnis erhalten haben und brauchte die kurzen Notizen darüber nicht erst aus einer geschriebenen Cremoneser Quelle zu entnehmen. Wirklich charakteristisch erscheint mir nur die eine Stelle, wo zum Jahre 1213 von der Besiegung der Mailänder durch die Cre- monesen die Rede ist, welche deren Carrocio und Rüstungen erbeuten, quibus (unde) hodie palatium Cremonensiura decoratur, wie es bei Tolosanus und dem Mantuaner Chronisten gleichlautend heisst. Das erseheint eher als lokale Cremoneser Ueberlieferung, und dieser Eindruck wird verstärkt, wenn man sich die Stelle des Tolosanus in der Ausgabe bei Mittarelli betrachtet. Denn da erscheint sie in ganz anderem Lichte, als bei Borsieri. Nicht weniger als 5 Kapitel (bei Borsieri in 6 getheilt) folgen hier un- mittelbar hinter einander, Ereignisse aus den Jahren 1212 bis 1234 behandelnd, die speciell Cremona in nicht geringem

344 Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1893.

Masse berührten. Schon äusserlich unterscheiden sie sich zum Theil wenigstens von der übrigen Masse ; denn dreimal findet sich die Erzählung eingeleitet mit dem ungewöhnlichen ,In nomine Domini'.

In c. 157 p. 145 = Bors. c. 139 p. 692 (cf. oben S. 323) wird der Zug Friedrichs Tl. nach Oberitalien 1212 kurz erwähnt und des Empfanges desselben durch die Cremonesen am Flusse Lambro gedacht: et ibidem Cremonenses parati eum cum gloria recepernnt ac si vidissent Angelum Do- mini. ^) Cap. 158 ibid. = Bors. c. 140 p. 693 bringt in etwas ausführlicherer, leider nicht durchweg verständlicher, Erzählung die Niederlage der Mailänder durch die Cremo- 'nesen im Jahre 1213 mit dem mehrerwähnten Schlusssatz ,unde hodie etc.' und (Bors. c. 141 p. 693) eine zweite Nieder- lage der Mailänder im gleichen Jahre durch die Pavesen bei Casella; c. 159 Mitt. p. 147 = Bors. c. 151 p. 698 eine Niederlage der Placentiner durch die Cremonesen und Parmesen im Jahre 1216; c. 160 ibid. = Rors. c. 156 p. 792 einen Sieg der Cremonesen und ihrer Verbündeten über andere Lombarden bei Zibello im Jahre 1218; cap. 161 ibid. = Bors. c. 198 p. 728 endlich Kämpfe zwischen den Mailändern und ihren Verbündeten mit den Cremonesen, Parmesen und Placentinern im Jahre 1234.

Am deutlichsten erweist sich eben dies letzte Kapitel als späteres Einschiebsel im Tolosanus, aber auch bei den vorhergehenden Kapiteln wird über den Charakter eines spätem Nachtrages kaum ein Zweifel bestehen können, wenn man die Kapitel 151 153 vorher und Kapitel 162^164 nachher mit Faentiner Ereignissen vom Jahre 1218 damit

1) So eigenthümlich diese Wendung klingt, so gern man darin die Aeusserung eines Cremonesen erblicken möchte sie findet sich doch noch, wie oben S. 335 nachzutragen, an zwei anderen Stellen: Mitt. c. 19 p. 29 A = Bors. c. 20 p. 616 ad 1103 und Mitt. c. 213 p. 193 A = B c. 219 p. 743 ad 1236.

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 345

vergleicht^) höchstens, dass man darüber im Zweifel sein kann, ob alle 5 Kapitel 157 161 von einem späteren Fort- setzer oder etv?-a speciell c. 161 noch von einem zweiten, anderen hinzugefügt worden.

Aus welcher Quelle aber stammen diese Cremoneser Nach- richten? Wirklich aus einer besonderen unbekannten Cremo- neser, aus welcher uuabhängig auch der Mantuaner Chronist die eine Notiz zum Jahre 1213 geschöpft?*) Oder könnte der letztere nicht vielleicht direkt den Tolosanus ausgeschrieben haben?

Diese Frage, welche Scheflfer-Boichorst gar nicht auf- geworfen hat, scheint mir viel eher bejaht als verneint werden zu müssen. Warum sollte z. B. diese letzte Notiz über 1213 nicht aus Tolosanus sein können, der daneben eine noch viel ausführlichere Erzählung bietet? Warum sollten ferner in dem Passus über die Gründung Alessandria's die Worte ,ex hominibus Guillelmi Montisferrati', die sich bei Martin von Troppau nicht finden, vom Mantuaner Chronisten nicht auch aus Tolosanus übernommen sein können, da doch der Mantuaner solche Mosaikarbeit auch sonst liebt? ^) In einen Passus über die Translation der Reliquien der heiligen drei Könige nach Köln nach der Zerstörung Mai- lands finden wir die Worte eingeschoben: ,Mediolanenses enim fame coacti sine pactione se tradiderunt Frederico predicto', die ebenso auch bei Tolosanus (Mitt. c. 54 p. 57 = Bors. c. 56 p. 635) zu lesen: Anno domini 1162 in mense Marcii Mediol. intolerabili fame coacti, sese doraino tradiderunt sine pactione imperatori. In dem Passus über die Wiedererbauung Mailands findet sich eine Wendung

1) Kap. 154, 155, 156 mit Ereignissen aus den Jahren 1227, 1230, 1234 wurden schon oben (S. 323) als eingeschoben erkannt.

2) Denn die übrigen zum Jahre 1212, 1213, 1216, 1218, 1234 sucht man beim Mantuaner vergebens.

3) Cf. die Ausgabe in den Monumenten passim.

346

Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1893.

,revocatis habitatoribus' die auch sonst beim Tolosanus vor- kommt.^) Freilich au dieser letzteren Stelle lesen wir (cf. oben S. 339) statt des unbestimmten ,Lombardi' des Tolo- sanus beim Mantuaner das prägnantere ,Cremona cum aliis Lombardis'. Aber diese Thätigkeit der Cremonesen wird z. B. auch in der Kaiser- und Papstchronik des Thomas Tuscus besonders hervorgehoben,^) (welche in derselben Zeit verfasst ist, wie die Mantuaner) ohne dass man hier an eine geschriebene Cremonesische Quelle bisher gedacht hat.

Waitz hat ausserdem noch an drei Stellen auf eine Uebereinstimmung zwischen der Mantuaner Chronik und dem Tolosanus hingewiesen, welche Scheffer-Boichorst nicht erwähnt, so dass nicht erhellt, ob etwa auch sie auf jene gemeinsame Quelle zurückgeführt werden sollen. Die eine betrifft ein heftiges Erdbeben am Weihnachtstage 1222, das besonders in Brescia grosse Verwüstung anrichtete;^) die beiden anderen gehören ebenfalls der Geschichte Friedrich Rothbarts an. Sowohl Tolosanus als der Mantuaner nennen den Fluss, in welchem der greise Kaiser ertrank, Ferrus (der Mantuaner Fereus) Avie übrigens auch andere Quellen*) und beide berichten ziemlich übereinstimmend, dass der

1) cf. Mitt. c. 47 p. 53 = Bors. c. 47 p. 631 zum Jahre 1148; ebenso Mitt. c. 94 p. 91 = Bors. c. 89 p. 659 zum Jahre 1181, cf. oben S. 327.

2) Cf. SS. t. XXII p. 506 . . . fuerunt autem primi in repara- tione Cremonenses.

3) SS. t. XXtV p. 219: Hujus tempore 1223 fuit generalis terra motus in festo nat. die dominica, quod destruxit in magna parte Brixiam; cf. Mitt. c. 180 p. 165 = Bors. c. 174 p. 714: Anno domini 1222 die natalis domini venit vehemens terremotus hora tercia in Romania et Lombardia et maxime in Brixia et ejus epiacopatu ; qui bene duo millia inter viros et mulieres, pueros et puellas interemit. Civitas cum domibus et turribus dirupta fere et discipata fuit.

4) SS. t. XXIV p. 217 (cf. p. 115); Mitt. c. 66 p. 65 = Bors. 103 p. 173,

Simonsfeld : Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 347

Kaiser bei der Zusammenkunft in Venedig sich dem Papste zu Füssen geworfen habe^) der Mantuaner mit dein weiteren Zusatz, dass der Papst dann dem Kaiser den Fuss auf den Nacken gesetzt habe mit den Worten des Psalmisten : , Super aspidem et basiliscum ambulabis etc.

Waitz hat gemeint, dass diese Fabel hier zuerst auf- tauche. Aber sie kommt schon viel früher vor in einer der Schriften des bekannten Formelschriftstellers Buoncom- pagnus aus Florenz, nämlich in der 1215 vollendeten^) ,antiqua rhetorica', die er selbst ,Boncompagnus' nannte,^) und findet sich auch was Waitz nicht angibt in der Chronik von Reggio oder genauer in der von unserem ver- ehrten Collegen, Herrn Professor Dove, daraus losgelösten Papstchronik, deren Abfassung Dove in die Zeit des Interreg- nums verlegt.*) Das Gleiche ist der Fall mit der Charakteristik Innocenz III., mit den Notizen über den Abt Joachim in Calabrien , wo zwischen dem Mantuaner und dieser Papst- chronik volle Uebereinstimmung herrscht, die von Waitz nicht angegeben ist. Und weiter scheint beachtenswerth, dass auch bei dem Mantuaner Chronisten sich ein Theil der Verse findet, welche dem Michael Scotus zugeschrieben

1) Mitt. c. 53 p. 57 = Bors. c. 81 p. 656: Anno doraini 1177 in mense Julii apud Venecias dictus Imperator abjurato scismate ad pedes domini Alexandri procidens cum eo, Deo largieute, pacem re- formavit plenariam . . . .; Chr. Mantuan. SS. XXIV, 217: Tandem in vigilia sancti Jacobi ivit Fredericus ad pedes domini Alexandri pape apud Veneciani et eos osculatus est. Tunc papa ipsum absolvit ponendo pedem suum super cervicem eius dicendo: Super aspidem . . .

2) Cf. meinen Aufsatz: „Ein Bericht über die Eroberung von Byzanz im Jahre 1204" in den „Abhandlungen . . . Wilhelm von Christ dargebracht" (1891 S. 65).

3) lib. II tit. 2 cap. 1 , worauf Winkulmann bereits in den „Forschungen zur deutschen Geschichte" Bd. XV S. 376 aufmerksam gemacht hat.

4) s. Dove, Die Doppelchronik von Reggio und die Quellen Salimljcnes (1873) p. 141 und p. 148.

348 Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1893.

werden und mit einigen Varianten auch von Salim- bene überliefert sind, der ja gleichfalls jene Papstchronik in sein Geschichtswerk aufgenommen hat.

Andererseits ist daran zu erinnern, dass wir in dem vorletzten Kapitel des Tolosanus ebenfalls einem der Verse des Michael Scotus begegneten. Und wenn wir nun näher zusehen, glauben wir auch zwischen dem Geschichtswerk des Tolosanus und jenem des Salimbene und der Doppelchronik von Reggio gewisse Berührungspunkte zu entdecken. Und zwar glauben wir gerade in Kapiteln des Tolosanus, die uns als eingeschoben verdächtig sind, wenn auch nicht eine wörtliche, so doch bisweilen eine sachliche Ueberein- stimmung mit den Annalen von Reggio und Salimbene zu finden.

1213 bei dem Kampfe zwischen Mailand und Creraona lesen wir beim Tolosanus wie beim Chronisten von Reggio ,Mediol. amiserunt carrocium', und die Bundesgenossen der Mailänder stimmen überein zwischen Tolosanus und Salimbene,

Der vorausgehende Empfang Friedrichs IL durch die Cremonesen findet sich auch bei Salimbene, ebenso später aber freilich viel kürzer der Kampf 1218 bei Zibello und 1284 der Zusammenstoss zwischen Mailand und Cremona.

Bei der Belagerung und Einnahme des ,castrum S. Cesarii' durch die Bolognesen im August 1229 finden wir bei Tolosanus (Mitt. c. 196 p. 175 C = Bors. c. 191 p. 725) dieselbe Wendung ,videntibus Mutinensibus, Parmensibus et Cremonensibus, wie in den Annalen von Reggio (Dove p. 163). Auffallen muss ferner, dass in den (eingeschobenen) Kapiteln des Tolosanus, die über die Verhältnisse des heiligen Landes vor dem dritten Kreuzzug handeln, des Montferra- tischen Geschlechtes so besonders rühmend gedacht wird, so dass man unwillkürlich an eine Quelle , wie die Mont- ferratische Kreuzzugsgeschichte erinnert wird. Vergleicht man freilich die betreffenden Partieeu mit Salimbene oder

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 349

Sicard, so lässt sich eine genauere wörtliche üebereinstiramung nicht nachweisen.^)

Alle diese Beziehungen und Verhältnisse werden sich aber wohl erst dann klarer übersehen lassen, wenn einmal die Chronik des Salimbene samt der des Sicard und anderen dazwischen liegenden Quellen in korrekter Bearbeitung in den ,Monumenta Grermaniae' vorliegen wird.'^) Eine besonders wichtige Rolle dürfte hierbei nach der Ansicht des Herrn Prof. Holder-Egger die neuerdings erst bekannt gewordene Chronik des Johannes de Deo spielen, der aus Portugal stammte, aber dann in Bologna lebte, wo er 1247 und 1253 als Schiedsrichter vorkommt.^) Bruchstücke aus seiner Chronik, welcher er nach seiner eigenen Aussage namentlich die des Bischofs Sicard zu Grunde gelegt hat,

1) Auf eine solche Congruenz an einer anderen Stelle möchte ich hinzuweisen nicht unterlassen: Bei der Uebereinkunfb von Monte- bello 1175 heisst es bei Tolosanus (Mitt. c. 61 p. 61 D = Bors. c. 78 p. 654): Tunc ex imperiali dignitate, qua de fönte nascitur pietatis, omnetn ofFensam . . . Imperator cunctis remisit Lombardis. Ebenso findet sich bei Sicard als Ausspruch Constantins (Muratori SS. t. VII p. 353 E): ,Dignitas Romani imperii de fönte nascitur pietatis'. Mit den in den (Turiner) Monumenta Historiae Patriae SS. t. III veröffentlichten Montferrater Chroniken habe ich keine Verwandt- schaft gefunden, wohl aber in dem ebenda publizierten ,Chronicon imaginis mundi' des Jacobus ab Aquis (pag. 1495) eine Stelle über Karl den Grossen (raro regina) , welche Aehnliches von diesem hervorhebt, wie es bei Tolosanus (Mitt. c. 705 p. 109 A = B c. 93 p. 663> von Wilhelm Spatalonga geschieht; cf. oben S. 329.

2) Davon hängt auch die Beantwortung der oben (S. 338) auf- geworfenen Frage ab , wann der Bearbeiter der Chronik gelebt hat. Im Hinblick darauf, dass die Erzählung doch nirgends über das Jahr 1236 hinausgeht, und mit Rücksicht auf die Details über die Ereig- nisse dieser letzten Jahre möchte ich ihn doch nicht in eine allzu- späte Zeit setzen und eher annehmen, dass jener einzige Hinweis auf eine spätere Zeit der eine Vers aus der Prophezeiung des Michael Scotus von einem Andern später zugesetzt ist.

3) Cf. Savigny, Gesch. des römischen Rechtes im Mittelalter Bd. V S. 465 u. ff.

350 Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1893.

sind im „Neuen Archiv etc." Bd. IV S. 329—330 veröffent- licht, andere in Abschrift von Herrn Prof. Holder-Egger mir zur Verfügung gestellt worden. Sie stimmen vv^örtlich mit jener von Prof. Dove losgelösten Papstchronik und waren nach der Meinung von Prof. Holder-Egger sicherlich deren Vorlage, zu welcher der Chronist von Reggio nur noch die Chronik des Jacobus de Voragine hinzugefügt habe. Bei- spielsweise findet sich hier auch jene Fabel von der De- müthigung Friedrichs durch den Papst Alexander beim Frieden von Venedig. Aus ihr dürfte also auch der Mantuaner Chronist geschöpft haben, vielleicht auch einer der Bearbeiter des Tolosanus.

Wenn wir uns nach dieser längeren Digression über die Cremonesische Geschichtsquelle und das Verhältniss zwischen Tolosanus und der Mantuaner Chronik zu der Frage nach den sonstigen Quellen der Tolosan'schen Chronik zurück- wenden, so ist auch hierauf die Antwort leider sehr schwierig. Wir finden öfters Anklänge an uns bekannte Quellen , aber oft bleibt ein Rest von Notizen und Wendungen, der anders- woher stammen oder eigene Zuthat des Verfassers (oder Be- arbeiters) sein muss.

So verhält es sich z. B. bei der Geschichte Friedrich Rothbarts. Wir haben schon oben darauf hingewiesen, dasshier mehrfach üebereinstimmung mit der ,Vita Alexandri' herrscht, und ich wäre sehr geneigt, diese für die Hauptquelle eines Theiles der einschlägigen Nachrichten bei Tolosanus zu halten, wenn sie auch nicht völlig ausreicht.^) Zum Jahre 1167

1) Es ist hier noch zu erwähnen , dass in der ,Vita' auf jene Stelle über die Bestrafung des Bischofs von Pavia durch Alexander III. ein kleiner historischer Excurs über die Vergewaltigung der Kirche durch die in Pavia residirenden Langobardenfürsten Aistulf und Desi- derius folgt. Einige ähnliche Wendungen darüber finden sich auch bei Tolosanus (cf. Watterich II, 429 und Mitt. c. 2 u. 3 p. 15 = Bors, c. 4 u. 5 p. 603: Pipinus rex a papa (pontifice) rogatus cum exer- citu magno Lombardiam intravit (in Italiam venit) . . . Karolus . . .

Simonsfeld: Untersuclmmjcn zu den Faentiner Ghronilcen. 351

lesen wir ancli bei Tolosanus (Mitt. e. 57 p. 59 = Bors, c. 59 p. 638) von der Katastrophe welche Friedrich 's Heer in Rom betraf ,ex quadam nebula quae dicitur apud Romara omnes basabo'. Wir erinnern uns der ähnlichen Stelle in den Ann. Piacentini Ghibellini (SS. XVIII, 402): ,descendit super eos pluvia quae appellatur bazobo' es sind die beiden einzigen Stellen, wo dieser merkwürdige Aus- druck vorkommt, dessen Etymologie noch nicht enträtselt ist wir hoffen weitere Uebereinstimmung zu finden, aber vergeblich. Abgesehen davon, dass die , pluvia' der Ann. Piacent, bei Tolosanus eine ,nebula' ist wie wenig stimmt doch das , was bei Tolosanus hier vorausgeht, mit den An- gaben in den Ann. Plac. Ghib. und überhaupt anderen guten Quellen! Nach Tolosanus hätte Friedrich nach der Unter- werfung von Campanien und fast ganz Apulien Rom per- sönlich während des Juli und August belagert und dann beim Monte Porzio an einem Tage 15000 Römer getödtet! Dass die Lombarden (bei Bildung ihres Bundes) sich zu gegensei- tiger Hülfeleistung verpflichteten, wenn der Kaiser oder seine Boten sie ungerecht behandeln würden, wird mit ähnlichen Worten, wie bei Tolosanus, auch von dem Anonymus Lau- densis berichtet.^) Aber davon, dass dies ,auctoritate' Alexan- ders III. geschehen sei, steht nichts im Anonymus Laudensis und mit diesem finde ich auch sonst keine Uebereinstimmunir.

eundem regem (sc. Desidorinm) et eius uxorera .... captum secum reduxit. Doch möchte ich kein besonderes («e wicht darauf legen.

1) Cf. Mitt. c. 59 p. Gl = Bors. c. 61 p. 638: Tum juravere praeterea (vorher wird die Gründung Alessanchias erwähnt.) fere omnes Lombard! auctoritate praenoininati Komani pontificis contra impera- ti)i'rm se invicem juvaturos si imperator vel ejus nuncius aliqnid vellet pertractare injusto (siehe oben 8. 331); dazu vergleiche man:

SS. XVill, 616 ... pactum quod unaqueque civitas adiuvaret altcram, si imperator aut eius jirocuratores vel missi aliquam iniuriam vel malum amplius sine ratione eis inferre vellent, firmiter inter se finnaverunt ac iureiurando corroboiaverunt; cf. p. (147.

IS'Jul. l'hiloM.-pliilol. u. hiat. Gl. .i. 24:

352 Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1S93.

Hervorzuheben ist noch die stellenweise Benützung ur- kundlichen Materials aus der päpstlichen Kanzlei oder von der Kurie, üass dem Verfasser oder Bearbeiter ein Schreiben Innocenz' III. an die Geistlichkeit bei dem Kreuzzugsheer von 1204 (13. November) vorlag und von ihm ausgeschrieben wurde, haben wir oben (S. 328) erwähnt. Es war ihm auch bekannt geworden, dass Kaiser Balduin an den Papst ein Schreiben gerichtet, welches dieser ,in pleno consistorio' ver- lesen Hess, indem er zugleich seiner Freude über den Erfolg und der Hoffnung auf Wiedervereinigung der Griechen mit Rom Ausdruck gab. Dabei werden ihm freilich Worte bei Tolosanus in den Mund gelegt, die sich in eben jenem Schreiben Innocenz' an die Geistlichkeit in Konstantiuopel finden. Was aber die ,litterae Balduini' betrifft, so würde die Notiz, dass Balduin ,per Templarios et alios honorabiles legatos' geschrieben habe, wohl auf jenen Brief Balduins vom Jahre 1204 passen, der mit gleichem Wortlaute an verschie- dene Fürsten des Abendlandes verschickt ward,^j da Innocenz dessen Empfang dem Kaiser mit den Worten bestätigte:"^) ,Literas imperatoriae dignitatls, quas nobis per dilectum filium Barochium, fratrem militiae Tempil, tua devotio destinavit, re- cepimus'. Aber in diesem Briefe Balduins steht nichts davon, dass er wie es bei Tolosanus heisst dem Papst die Er- werbung von 635 Erzbistümern und Bistümern niitgetheilt habe.

Ferner finden wir bei Tolosanus den kurzen Bericht über die Römische Synode von 1215 (Mitt. c. 65 p. 152 = Bors. c. 144 p. 694), der ziemlich gleichlautend auch anderwärts überliefert ist und, wie Winkelmann annimmt,^)

1) Cf. Tafel und Thomas a. a. 0. p. 501; s. meinen Aufsatz: „Ein Bericht über die Eroberung von Bj-zanz 1204" a. a. 0. S. (!7 und 68.

2) Cf. Tafel und Thomas XII, 516.

3) Geschichte Kaiser Friedrich 11. und seiner Reiche I, 105 und •Tahrbücher der deutschen Geschichte unter Philip]) von Schwaben n, 512.

Simoiisfdd: Unter>iuch}tn(jen zu de» Faodiner Chronil-en. 353

aus einer gemeinsamen Quelle und zwar aus dem Protokolle des Laterankonzils herstammt. Von der vorliegenden Fassung ist zu bemerken, dass hier auch die Abgesandten Otto's er- wähnt werden, wie bei Albert von Stade, dass am Anfang ein Stück fehlt, dagegen am Schluss noch ein (sonst fehlender) Passus über die Vorbereitungen zum neuen Kreuzzug folgt. Endlich sind, wie auch schon früher erwähnt, bei dem Bericht über das Unternehmen geg-en Daraiette 1218 1219') zwei Schreiben der Führer des Kreuzbeeres an den Papst Honorius vom 11. und 12, November eingefügt mit den Worten: ,a quibus omnibus literas in hunc modum rece- pimus', die wohl ebenso dürften im Abendland verschickt worden sein, wie jene Schreiben aus den Zeiten des vierten lateinischen Kreuzzuges.

Welche Quellen etwa sonst, namentlich auch für die frühere Zeit, benützt sind, vermag ich nicht zu sagen ; zum grossen Theil mögen die Angaben besonders über die Kämpfe der Faentiner mit ihren Nachbaren u. s. w. auf persönlicher Kenntnis , mündlichen Nachrichten und Ueber- lieferungen beruhen.

Für die älteste Zeit vermag ich noch die Benützung des Paulus Diaconus nachzuweisen. So in c. 1 (Mitt. p. 13 = iiors. p. 598) und c. 9 p. 21 (= Bors. c. 3 p. 600), wo bei der Zerstörung Forlimpopoli's durch Grimoald in gleicher Weise als Grund die Verletzung langobardischer Gesandten angegeben wird,'^) während freilich sonst an dieser Stelle wenig Uebereinstimmung zu finden ist. P^'erner geht vielleicht

1) Mitt. c. 167 und 168 p. 153 und 155 Bors. c. 160 und 162

p. 7U4 und 706 (cf. ooen S. 328).

2) Toi OS. 1. c: Grimoaldus . . . Pupilienses civcs accusans quod suos in Apuliam tendentes impedisaent legatos ; l'aul. Dia^. Ilistor. Langobard. V 27: Forum l'opuli .... cuius cives eidem adversa (iuaedam intulerant Beneventum proficiscenti missosque illius euntes et redeuntes a Benovento saepius laeserant . . .

24*

354 Sitzung der Jtistor. Classe vom 3. Juni 1893.

die Notiz über die Hilfe, welche Liutprand Karl Martell gegen die Saracenen leistete, auf Paulus Di'aconus zurück;^) ebenso die Erzählung von dem Speerwurfe Karls des Grossen in der Meerenge von Messina auf den Bericht über eine angebliche ähnliche That König Autharis' : wenigstens stimmt sie hiemit dem Inhalt und dem Wortlaut nach mehr als mit anderen ähnlichen Legenden. ^)

Eine durchaus wörtliche Uebereinstimmung endlich besteht bei der Erzählung von der Grüudung Konstantinopels zwischen Tolosanus und dem ,Liber de laudibus virginitatis' des Bischofs von Salisburj, Aldhelm (640— 709).3) Ob Tolosanus bzw. sein Fortsetzer und Bearbeiter die Stelle direkt aus Aldhehii's Schriften entnommen oder anderswoher entlehnt hat, muss jedoch dahingestellt bleiben. Aldhelm's Bericht ist ja auch in andere mittelalterliche Geschichts- quellen übergegangen;*) z. B. findet sich derselbe auch in der ,Historia Constantinopolitana' des Magister Günther von

1) Mitt. c. 2 p. 15 = Bors. c. 4 p. 603; cf. Paulus Diaconus VI, 54.

2) Mitt. c. 4 p. 17 ^= Bors. c. 6 p. 604: Karolus versus

Siciliam in F'arum civitatis Micinarum quantum equus natare valuit, intravit atque telum, quod in manu habebat, fortiter lanceans, in columpna marmorea multum infra raare posita fixit. Fertur etiam dixiase: in regno Italiae non debet regnare, qui de Marchiis taliter nequit triumfare; cf. Paulus Diaconus, IH, 32: ... Fama est eundem regem (Autbari) . . . usque Regiam, extremam Italiae civitatem vicinara Siciliae perambulasse; et quia ibidem intra niaris undas colunma quae- dam esse posita dicitur, usque ad eam equo sedens accessisse eamque de hastae suae cuspide tetigisse, dicens : , Usque hie erunt Langobar- dorum fines'; cf. Grund in den „Forschungen z. deut. Gesch." XI, 580.

3) Cf. Mitt. c. 7 p. 19 = Bors. c. 2 p. 599 und Sancti Aldhelmi opera bei Giles, Patres Ecclesiae Anglicanae t. V p. 28; ich ver- danke diesen Nachweis Herrn Professor Friedrich. Nur der Ein- gang bei Tolosanus: ,Anno a Virginis partu 325. Postquam Con- stantinus Augustus habuit bellum Scitarutn et victoria celebrata cum esset in partibus Traciarum' steht nicht bei Aldhelm.

4) Cf. Üu Cang(!, Constantinopolis Christiana üb. T, 1 pag. 27 29.

Simonafeld: Untersuchungen zu den Faentiner ChroniJcen. 355

Pairis, ') jedoch nicht so vollständig als bei Tolosanus , der im üebrigen keine Verwandtschaft mit Günther aufweist. Wenn ich die vorausgehenden Bemerkungen nun schliess- lich zusammenfassen soll, komme ich zu folgenden Ergebnissen:

1) Die Chronik des Tolosanus ist nicht streng chrono- logisch geordnet gewesen ;

2) sie ist nicht von Tolosanus allein verfasst und von einem Anderen nur fortgesetzt, sondern schon in ihrem ersten Theil vielfach interpolirt und überarbeitet;

3) sie besitzt daher nicht durchgängig den Werth eines gleichzeitigen Zeugnisses und ist überhaupt , trotz zahlreicher werthvoller Angaben, wegen vielfacher Unrichtigkeiten im Ganzen mit Vorsicht zu benutzen.

Beruhen so die Schwierigkeiten bei der Neuausgabe des Tolosanus vornehmlich in der Komposition des Werkes , die sich nicht klar erkennen lässt, so liegen sie bei dem Petrus Cantinelli nach einer anderen Seite hin.

Auch diese Chronik ist und zwar allein bei Mittarelli veröffentlicht, der in der Einleitung über den Autor und die von ihm benützten Handschriften ziemlich ausführlich se- handelt hat. Wir entnehmen daraus, dass Cantinelli wahr- scheinlich aus Bologna stammte, wo ein , Petrus et Albertus, fratres, filii quondam D. Jacol)ini Cantinelli' urkundlich 1272 vorkommen.'^) 1274 aber dürfte er mit der von den guelfi- schen Geremei vertriebenen ghibellinischen Partei der Lambertazzi nach Faenza geflüchtet sein. Denn hier erscheint er (im Besitz des Notartitels) bereits 1276, dann 1278 und 1279 als Vertreter des Domkapitels.^) 1278 und 1294

1) s. die Ausf^abe von Riant (1875) p. 46.

2) Mitt. p. 229 „in charta anni 1272, quae est in archivo mona-

chorum Montis oliveti ad S. Michaelis in Bosco, noniinantur

qui magistro Bonaventure de Mantua hospitium Bononiae locaverunt in Foro Medii'.

3) Mittar. p. 229.

356 Sitzung der liistor. Classe vom 3. Juni 1893.

aber war er, wie er selbst abgibt, offizieller Vertreter der Stadt Faenza beim Papst und vor dem Statthalter der Romagna.^)

Jenen Thatsachen entspricht, dass die Chronik deutlich in zwei Hälften zerfällt: in den ersten kleineren Theil, dessen Anfang fehlt, der heutzutage mitten im Jabre 1228 beginnt und nur kurz die Ereignisse bis 1278 fortführt, seinen Ursprung in Bologna dadurch kennzeichnend, dass zu jedem Jahre die Podestä von Bologna an die Spitze gestellt sind.

Der zweite Theil wird eingeleitet durch einige (unge- schickte) Verse , die ein ,judex Thoraaxius' zum Lob der ,judices' von Faenza verfasst haben soll. Dann fährt die Erzählung, anfangs dürftig, mit dem Jahre 1270 fort^) unter Voranstellung der Podestä von Faenza, um sich dann bald vom Jahre 1274 ab in grösserer Ausführlichkeit zu er- gehen.^) Von da ab haben wir umfassendere, gleichzeitige, fast „tagebuchartige", Mittheilungen des Verfassers bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts (130(3) vor uns, deren Glaub- würdigkeit und Bedeutung für die Geschichte Mittelitaliens allgemein anerkannt sind.*)

1) cf Mittar. p. 253 C : Et sie per Commune Faventie quod dominabatur tunc pars Acharixiorura, fuerunt sindici ordinati D. Bonaventura Fusculi et ego Petrus Can tinelli, efc dicta occasione ivimus ad Romanam curiam, ubi nos presentavimus in civitate Viterbii coram summo pontifice. Ferner p. 295 D: ... in palatio Communis Faventiae .... facti sunt sindici generales totius com- munis civitatis et districtus Faventie Nicolinus de Zagonada et ego Petrus Cantinelli ....

2) Allerdings fehlen hier zwischen den Versen und der Er- zählung in der Handschrift 3 Blätter (cf. unten S. 362)!

3) Warum zu 1283 und 1284 nichts berichtet vrird, weiss ich nicht-

4) Cf. Kopp -Bu SSO n, Geschichte der eidgenössischen Bünde (2. Bd. 2. Abth. 2. Hälfte 3. Abschn. 1871) wiederholt und K alten - brunner, Aktenstücke zur Gesch. des deutsch. Reichs unter den

I

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Ghronilcen. 357

Fraglich kann erscheinen, warum der erste Theil bis 1278 fortgesetzt ist, wenn Cantinelli bereits früher nach Faenza übergesiedelt war und wirklich zuvor schon mit der Faentiner Fortsetzung begonnen hatte. Uebereinstimmungen zwischen beiden Theilen habe ich nur eine zum Jahre 127-3 irefun- den, wo mit nicht ganz denselben Worten zweimal erzählt wird,^) wie König Eduard von England bei seiner Rück- kehr von Palästina zwischen den streitenden Comraunen von Bologna und Forli vergebens vermitteln wollte, nnd Verschiedene aus Bologna und Faenza und Forli zu Rittern schlug.^) Hat Cantinelli vielleicht noch an eine spätere Rück- kehr nach Bologna geglaubt und deshalb den Bolognesischen Charakter seiner Chronik zunächst noch bewahren wollen? Oder hat er überhaupt erst um diese Zeit, etwa 1278 mit seiner schriftstellerischen Thätigkeit in Faenza begonnen, über die vorausgehenden Jahre und Faentiner Ereignisse im Zusammenhange seine Angaben nachtragend? Es würde für diese Annahme sprechen, dass, wie unten noch zu erwähnen sein wird, die Schrift in dem Originalcodex eben bis dahin

Königen Rudolf I. und Albrecht I. passim. (Einzelne Differenzen werden durch die besseren Lesarten der neuen Ausgabe beglichen werden.)

1) Mitt. p. 239 A: 1273. Hoc anno de mense Madii commune Bononie fecit exercitum super civitatem Forlivii et duravit per sex septimanas. Et dominus Ilodoardus rex Anglorum rediens de ultra uiare venit per illud exercitum et in eo multos milites novos fecit de pluribus civitatibus Bononie et Rome et voluit componere inier commune Bononie et commune Forlivii, sed non potnit . . . . p. 242 D. 1273 .... commune Bononie .... (folgt Begründung) fecit exer- citum generale super civitatem Forlivii de mense Madii et duravit exercitus 36 diebus .... (folgen Details). Et tunc transivifc per dictum exercitum d. Odoardus et uxor eius qui voluit facere concor- diam et non potuit et fecit in ipso exercitu multos milites novos et etiam in civitate Faventie et Bononie.

2) Cf. Lai)penberg-Pauli, Geschichte vcm England (in der Heeren- Ukert'schen Gesch. der europ. Staaten) Bd. IV S. 1 u. tf.

358 Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1893.

(Fol. 42) nur wenige Stellen abgerechnet, einen gleichartigen Charakter zeigt und erst von da ab (besonders von Fol. 44' ab) öfters wechselt.

Es liegt nahe auf den Gedanken zu kommen, ob nicht Cantinelli etwa einer der E^ortsetzer oder Redaktoren des Tolosan'schen Geschichtswerkes gewesen. Bei seinen Be- ziehungen zu dem Domkapitel von Faenza, dem ja auch Tolosanus angehört hatte, liegt es ja nahe zu vermuthen, dass er wohl auch Kenntnis von dessen Geschichtswerk er- halten und vielleicht jene Einschiebungen und Nachträge vorgenommen, von denen wir oben gehandelt.

Die erstere Vermuthung dürfte sich als richtig erweisen lassen. In dem erhaltenen Theil der Chronik des Cantinelli

genauer bei den Jahren 1228 123G zeigt sich aller- dings keinerlei Uebereinstimmung mit dem Geschichtswerk des Tolosanus; aber, wie wir später sehen wei'den, in einer anderen, jüngeren Chronik von Forli, in welcher grössere Fartieen aus der des Cantinelli entlehnt sind, finden sich einige Stücke (zu den Jahren 1058, 1126, 1188), welche aus Tolosanus stammen und höchst wahrscheinlich entweder in dem jetzt fehlenden Anfang oder auf späteren ebenfalls verloren gegangenen Blättern der Cantinelli'schen Chronik^)

vielleicht mit noch anderen Stücken aus Tolosanus überliefert waren.

Hingegen ist der Gedanke, dass Cantinelli etwa auch der Fortsetzer oder Bearbeiter des Tolosanus sein könnte, meiner Ansicht nach entschieden zurückzuweisen. Der klare, einfache, fast nüchterne Thatsachen-Stil Cantinelli's unterscheidet sich doch viel zu sehr von dem schwülstigen und oft so dunklen Pathos, dem wir in den betreffenden Partien beim Tolosanus begegnen.

Scheffer-Boichorst hat in dem oben erwähnten Aufsatz^)

1) vielleicht auf fol. 25-27 (cf. S. 362).

2) a. a. 0. S. 95.

I

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 359

die Ansicht ausgesprochen, dass jene gemeinsame Cremoneser Quelle auch von Cantinelli in Faenza benutzt wurde. Gleich am Anfang zum Jahre 1228 werde der Tod eines vornehmen Cremonesen erwähnt^) und über die Thätigkeit des Prediger- mönches Johannes von Vicenza^) stimmen Cantinelli und der Mantuaner Chronist wörtlich überein: Mitt, p. 233: Hoc annno (1235) frater Johannes de Vicencia de ordine praedicatorum incepit facere praedicationes et fuit magna de- vocio = SS. XXIV, 219: Eodem mense (sc. Madio 1235) frater Johannes de Vicentia ordinis praedicatorum cepit facere sol- lempnes praedicationes et paces et fuit magna devocio.

Obwohl es verdächtig ist, dass beide Chroniken dieses Auftreten des Johannes fälschlich in das Jahr 1235 (statt 1233) setzen,^) vermag ich doch an die Benützung jener gemeinsamen Cremonesischen Quelle auch hier nicht zu glauben. Cantinelli hat diesen Theil seiner Chronik ja nicht in Paenza verfasst (wo er nach Scheffer-Boichorst die auch beim Tolosanus verwerthete Cremoneser Quelle hätte benützen können), sondern in Bologna und hier wohl eine Bolog- nesische Quelle für den ersten Theil benützt, der Art, wie eine in dem ,Chronicon Bononiense' vorliegt, welches Dolleonius aus einer alten Handschrift der ,Bibliotheca Lol- liniana' zu Belluno veröffentlicht iiat.*) Diese Bologneser Chronik (deren Handschrift heute leider nicht mehr erhalten ist) bringt zuerst von 1162 1191 einige allgemeine Notizen (zur Geschichte Friedrich Rothbarts) und dann von 1187 bis

1) Mitt. p. 231 B.

2) Cf. über diesen Carl Sutter, Johann von Vicenza und die Italienische Friedensbewegung im Jahre 1233 (Freiburg i. B. 1891)

3) Bei Tolosanus wird dies mit anderen Worten und ausführ- licher richtig unter 1233 erzählt; cf. Mitt. c. 201 p. 177 = Bors, c. 197 p. 727.

4) in der ,Nuova Raccolta d'opuscoli scientific!' t. IV p. 221 u. ff. (1758).

360 Sitzung der Jiistor. Classe voyn 3. Juni 1893.

1299^) die Liste der Podestä's von Bologna mit mehrfachen Notizen zur italienischen besonders Bolognesischen Geschichte. Die wiederholte wörtliche Uebereinstimmung zwischen diesem Chronicon Bononiense und dem ersten Bolognesischen Theil des Cantinelli hat auch bereits Mittarelli bemerkt nnd er deshalb ohne weitere Schlüsse über das gegenseitige Ver- hältniss zu ziehen im Vorwort grössere Partieen beider einander gegenübergestellt. Mir ist es nicht zweifelhaft, dass eben dieses Chronicon Bononiense oder ein ähnliches die Quelle Cantinelli's für den ersten Theil gewesen ist. Und da lesen wir z. B. auch in diesem Chron. Bonon, (richtig zum Jahre 1233)*): ,Tunc fuit devotio sancti Johannis et devotio magna per totam Italiam.' Dass Cantinelli zu dieser Bolognesischen Quelle später in Faenza noch andere, ins- besondere Faentiner Quellen benutzt und zu Nachträgen im ersten Theil verwerthet haben kann, ist ja einleuchtend. Ueber das gegenseitige Verhältnis zwischen Mantuaner Chronist und Cantinelli aber möchte ich mir wegen der einen Stelle kein ürtheil erlauben.

Wenn somit die Chronik des Cantinelli nach dieser Richtung hin keine besonderen Schwierigkeiten bietet, so sind um so misslicher die handschriftlichen Verhältnisse. Wir besitzen noch die alte Handschrift, den Codex Auto- graph us der Chronik, der schon zu Mittarelli's Zeiten auf der Stadtbibliothek zu Gubbio (heute ,Biblioteca Comunale Sperelliana') aufbewahrt wurde. Er war dahin gekommen mit anderen Schätzen des Archives Armanni, dem er, wie der Besitzer Vicentius Armanni in einem Verzeichnisse seiner Schätze angibt, von dem Kardinal Bernhardinus Spada ge- schenkt worden war. Es ist eine dunkle Papier-Handschrift in Quartformat (0,14:0,21). bezeichnet jetzt: HI. XVHI.

1) So Dolleonius 1. c. p. 141 und 160; Mittarelli p. 222 und 227 dagegen gibt an, das.s die Chronik bis 1310 gereicht habe.

2) Nuova Raccolta IV, 126 und Mitt. p. 223.

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 361

A 14, die sich leider in einem sehr traurigen Znstand be- tindet. Nicht bloss, dass der Anfang (= Fol. 1 13) und einzelne Blätter ganz fehlen, andere halb weggerissen sind: auch der Rest ist theilweise ganz unleserlich, stellenweise kaum mehr za entziffern. Und dies durch die Schuld eines früheren Bibliothekars von Gubbio, Namens Guido Ubaldus Angelinus, dem zwar der Ruhm gebührt, die kostbare Handschrift im vorigen Jahrhundert entdeckt oder wieder entdeckt zu haben, den aber auch der Vorwurf trifft, sie sogleich ruinirt zu haben. Bei der Herstellung einer Ab- schrift für einen Bekannten, den Camalduleser Abt Mauro Sarti, dem er von seinem Funde Mittheilung gemacht hatte, verfuhr er mit der grössten Rücksichtslosigkeit und Un- geschicklichkeit. Um die durch Alter und Schmutz ver- blassten Buchstaben deutlicher zu machen und besser lesen zu Ivönnen, hat er insbesondere einzelne Stellen und ganze Seiten mit Galläpfel-Sud überstrichen und dadurch gänzlich verdorben.') Wiederholt gähnt uns da nun eine dunkel- braune, schwarze Masse entgegen, wo alle Bemühungen einer Entzifferung umsonst sind. Hätte der Unglückliche statt der vernichtenden Galläpfeltinktur eine leichtere Tanninlösung verwendet, so hätte er die Handschrift erhalten und den Text selbst retten können. Ich selbst habe mit einer solchen an vielen Stellen, die etwas weniger verderbt sind, sehr be- friedigende Resultate erzielt; in anderen kann man nui' ahnen oder annähernd vermuthen , was einst da gestanden. Fraglich ist, ob die Handschrift schon zu Angelinus Zeiten lückenhaft war und bereits die Einbussen erlitten hatte, die sie heute aufweist.

1) Cf. Mitt. p. 227 AngelinuH . . . ita paginas . . . tum niucore narium et ori.s liumoribus, tum verdaceo et atro liqnore ffallaruui maculavit, foedavit, deturpavit, ufc characteres in ipsis extantes vix exsculpi hodierna die queant.

362 Sitzung der liistor. Glasse vom 3. Juni 1893.

Dieselbe besteht jetzt ans 18 sehr iingleichmässigen Lagen mit alter Niimnierierung. Lage 1 beginnt mit fol. 14 (1 13 fehlen ja!) und reicht bis fol. 23' (fol, 21' ist der vierte Theil der Seite unlesbar); es folgt allein fol. 24; fol. 25 bis 27 fehlen.

Lage 2 umfasst fol. 28 40; fol. 41 fehlt; hier ist be- sonders f. 39 mangelhaft.

Lage 3 umfasst fol. 42 49 ; fast ganz unleserlich ist fol. 43'.

Lage 4 enthält fol. 50 59; hiebei ergiebt sich, dass die Numnierierung eine ungenaue ist; denn zwischen fol. 49 und 50 fehlt entschieden (wie auch in anderen Handschriften bemerkt ist) ein Blatt, was hier ganz ruhig übergangen ist; f. 57 und 58 sind schwer leserlich.

Es folgt Lage 5 fol. 60 bis 65, wovon sich fol. 61, 62, 63, 64, 65 durch ITnleserlichkeit auszeichnen.

Lage 6 umfasst fol. 66—73; fol. 74 fehlt.

Lage 7 umfasst fol. 75—77, worauf aber Ereignisse aus dem Jahre 1306 berichtet werden, die an das Ende der Chronik gehören.

Lage 8 enthält fol. 78—85, wovon fol. 78 sogleich wieder sehr schlecht ist, und in der Mitte ein grosses Loch aufweist.

Lage 9 umfassst fol. 86—93, wovon fol. 90', 92, 92', 93' wieder sehr unleserlich.

Lage 10 = fol. 94—101.

Lage 11 == fol. 102—117; hier fehlt von fol 108 und 108' die ganze untere weggerissene Hälfte.

Lage 12 umfasst foh 118—129; fol. 130 und 131 fehlen wiederum.

Lage 13 endlich besteht aus fol. 132 141; wovon das letzte Blatt (f. 141) auf der Vorderseite nur unvollkommen, die Rückseite aber gar nicht lesbar ist.

SimonsfeJd: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 363

Dieser traurige Znstand der Handschrift, der noch an vielen einzehien Stellen zu Tage tritt, ist um so mehr zu beklagen, als wir hier, wie wohl sicher anzunehmen, die Originalhandschrift des Verfassers vor uns haben. Wenigstens scheint dies der wiederholte Wechsel der Schrift zu besagen, die nur Anfangs einen gleichmässigeren, grösseren, sonst aber einen flüchtigeren, kleineren Charakter zeigt. Zuerst unter- scheidet sich namentlich fol. 24' mit den Versen auf die judices von Faenza durch eine ganz andere Schrift, während fol. 28 dieselbe aufweist, wie der frühere Theil; ebenso weisen fül. 38 und 38' einen anderen Charakter auf; fol. 42 wird die Schrift kleiner und der späteren ähnlicher; von fol. 44 ab (1279) findet häufigerer Wechsel der Schriftzüge statt. Bei der Wichtigkeit der Handschrift und andererseits der Schwierigkeit ihrer Entzifferung schien es nothwendig, eine zuerst im Frühjahr 1888 vorgenommene CoUation im vorigen Herbst (1892) nochmals zu wiederholen, umsomehr, da ich inzwischen einige andere jüngere Handschriften hatte ver- gleichen können, von denen sogleich die Rede sein wird.

Denn hier habe ich vor Allem noch zu erwähnen, dass in der zweiten Lage dieser Handschrift die Blätter (f. 28 bis 40) falsch gebunden sind. Dies hat schon Mittarelli bemerkt, indem er auf das Durcheinander bei Beginn der zweiten Hälfte nach jenen Versen hinwies^) und als den Grund davon falsche Einreibung der Blätter beim Binden vermuthete. An einer Stelle hat er auch im Anschluss an eine Notiz in der Handschrift selbst einen entsprechenden Hinweis an- gebracht, sonst aber nicht versucht die Unordnung zu be- seitigen.

Am Ende von fcjl. 35' nach dem Worte ,litteraliter' (Mitt. 248 B) steht nämlich in der Handschrift am Rand unten von späterer Hand: ,Sequitur infra fol. 39 Vers. Post-

1) 1). 230.

364 Sitzung der liistor. Clnsse vom 3. Juni 1893.

modum' und dementsprechend hat Mittarelli an dieser Stelle die Worte eingeschaltet: ,Vide continuationem hujns narra- tionis ad paragraphura: Postmodum' (der dann pag. 251 D folgt). Inhaltlich leuchtet die Zusammengehörigkeit auch sogleich ein, indem hier von dem Empfang des Kanzlers König Rudolphs in Faenza im November 1275 und von der Treueidsleistung der Stadt an denselben erzählt wird. Be- achtenswerth ist dabei namentlich dies, dass der Hinweis in der Handschrift heute iusoferne nicht mehr ganz stimmt, als nicht auf fol. 39 selbst der Schluss jenes Berichtes steht, sondern auf der Rückseite auf fol. 39'. Daraus erwächst die Berechtigung oder Nothwendigkeit das Blatt umzudrehen und darin liegt der Schlüssel, die Unordnung in dieser ganzen (zweiten) Lage von Blättern zu beseitigen. Wenn man fol. 29 und 28 vertauscht, fol. 28' dabei umdreht, dann fol. 37' und 37 folgen lässt, hierauf vielleicht f. 38', dann f. 30, 30', 31-35', 39', 39, 36, 36', 40', 40, 38 (?), 42, so erhält man folgende Ordnung des Mittarelli'sche)i Textes:

p. 242 A: D. Caxanimicus . . . 1270—71—72 bis B: castrum fuit destructum.

p. 242 C: D. Beccadinus 1273 E: et reb . . .

p. 241 D: Item dicto anno 242 A: secure.

p. 241 B C: D. Uguicionus 1274 intrantes.

Daran schliesst sich wahrscheinlich :

p. 249 D: et ipsa nocte et die 250 A: Philippus Cagnolus; dann:

p. 249 B D: et multi alii exierunt;

hierauf (?) p. 250 D: cum magna quantitate p. 251 A: parti Gereraiorum ;

dann lasse ich folgen: p. 242 E: Eo vero tempore 244 B: mortuus est (1275);

dann p. 243 C : D. Maghinardus 247 C : dacte Paventiam ;

hierauf p. 247 C: Item die jovis 248 B: dixerat literaliter, woran anzuschliessen:

Simonsfcld: Untersucliimgen zu den Faentiner Chronilcen. 365

p. 251 C: Posfcmodam arrengavit E: hoc fait die . . . Es folgt

p. 251 A B: Illustris vir (1277) Bagnacavallum ; dann wohl

p. 248 C: Eo vero anno 249 B: burgum.

p. 252 B: predieti milites D: de Florentia.

p. 251 E: in fiigam 252 B: moraturi; hier viel- leicht eine Lücke; dann (?)

p, 250 A: Eodem anno D: tempus;^)

p. 253 A: unde Comune Forlivii ....

Ich bemerke noch, dass diese scheinbar willkürliche Anordnung der Blätter auch dadurch sich rechtfertigen lässt, dass der breitere freigelassene Aussen-Rand einiger derselben

1) Wenn ich dies als nicht ganz sicher bezeichne, so geschieht es, weil hier eine kleine Schwierigkeit sich ergibt. Mitt. pag. 251 A werden die beiden Podestä von Faenza des Jahres 1277 genannt und gesagt, dass für die ersten 6 Monate dies Amt der comes Rogerius, filius comitis Guidonis de Mutiliana, für die letzten der comes Man- fredus, filius comitis Guidonis Novelli bekleidete. Dann wird sogleich ein Zug von Forli gegen ßagnacavallo und nach Florenz aus der zweiten Hälfte des Jahres 1277 erzählt. Auf fol. 38' (p. 250 A) würde nun fortgefahren mit einem Zug Faenza's gegen Imola im Mai desselben Jahre.s und dann ein Zug Forli's gegen das castrum Calbuli im April desselben Jahres folgen. Das wäre also ein bedenk- liche Durcheinander. Sieht man aber, dass der Zug Faenza's gegen Imola im Mai (1277) mit anderer Schrift auf fol. 38' oben ein- oder nachgetragen ist und verlegt man den Zug Forli's gegen das castrum Calbuli in das Jahr 1278, (wie dies auch durch die Chronik des Leone Cobelli in den ,Monumenti istorici pertinenti alle provincie della Komagna. Serie III. tora. I Cronache Forlivesi p. 51 und 54 bestätif,^ wird) dann erscheint unsere obige Anordnung als haltbar. Die gleiche Reihenfolge erscheint übrigens auch in der unten zu erwähnen- den Chronik des Moratinus (Muratori SS. t. XXII p. U3 B); nur ist hier als Podestä von Faenza, der den Zug gegen Imola leitet, nicht der comes Rogerius, sondern der Comes Manfredus (aus der zweiten Hälfte des Jahres 1277) genannt und zu dem Zuge Forli's gegen das castrum Calbuli gar kein Jahr angegeben.

366 Sitzung der liistor. Classe vom 3. Juni 1893.

in Folge des falschen Bindens nun nach innen gekehrt erscheint. Wenn ich aber f. 38 und 38' von einander trenne, so findet dies seine Rechtfertigung darin, dass die Schrift auf beiden Seiten einen ganz verschiedenen Charakter zeigt und z. B. das, was f. 38 und 38' steht, leicht etwas später ein- und nachgetragen sein kann.

Wenden wir uns nunmehr zu den übrigen Hand- schriften. Dieselben sind sämmtlich leider jüngeren Alters und stammen erst aus dem vorigen Jahrhundert. Die relativ älteste ist

1) Die Handschrift der Universitätsbibliothek Bo- logna Nr. 379 (früher Aula JI = D) eine Papierhandschrift in 4^ mit 190 beschriebenen (nicht numerierten) Blättern und zwei Titelblättern. Auf dem Rücken des farbigen gold- glänzenden Papiereinbandes steht mit Tinte geschrieben: Cantelli (sie!) Chronicon Bon. darunter L und Nr. 129. Auf einem aufgeklebten Stück Papier stehen ebenda noch die nicht ganz verständlichen Worte: H Nr. 380 Cantucii Decisiones Rom. Rotae e in Magazzeno vol. 43 (durchge- strichen) 6. Auf dem ersten Titelblatt aber heisst es: ,Petri Cantinelli (korrigiert aus Cantelli) Faventini Chronicon Rerum Bononiensium Ab An. Christi MCCXXVHl Ad Annum MCCCVI. Ex veteri Codice Tabularii Eugubini Descriptum. Von anderer Hand ferner: Ex Bibliotheca Benedicti XIV 0. M.'

Noch ausführlicher lautet das zweite Titelblatt: , Chro- nicon Petri Cantinelli (corr.) Faventini qui scribebat circa finem seculi XIH. Opus quod latitabat in Archivio Armanno publicae Bibliothecae Sperellae in Civitate Eugubii sub Tit. ,His- torie di cose Notabili e recondite', Notatum a tergo litt. A Et in Indice impresso Monuuientorum ejusdem Archivii fol. 185 describitur donatum Vincentio Armanno Antiquario Celeberrimo ex generosa liberalitate Emi Dni Cardinalis Bernardini Spadae. Nunc demum ex latibulo ad lucem prodit opera et studio Antonii Mrae (Mariae?) Zucchii Travalii de Civitate Pennae

Simonsfeld: Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 36/

Billorum praedictae Civitatis Locumtenentis ac Guidi An- o;elini A.dvocati Fiscalis Eugubini et Bibliothecarii.'

Ob dies die von Mittarelli p. 222 erwähnte Abschrift ist, welche Angelinus jenem obengenannten Abt Mauro Sarti zustellte, ist fraglich. Denn nach einer deutlichen Angabe Mittarelli's p. 296 B hätte diese Abschrift früher aufgehört, als die vorliegende Handschrift, welche bis zum Ende des Druckes reicht. Zwar ist auch sie recht schlecht und sehr fehlerhaft, die Nachlässigkeit des Schreibers hat wiederholt Auslassungen und Sprünge besonders bei gleichlautenden Wörtern verschuldet; auch ist sie leider erst nach den grossen Verwüstungen des Autographus hergestellt verfasst, jedoch an einzelnen Stellen ist sie doch noch besser als die anderen, sogleich zu erwähnenden Abschriften und hat eben dadurch mehrfach die Herstellung des richtigen Wortlautes ermöglicht.

Von der Abschrift, welche Sarti erhalten hatte, wurden weitere Kopien hergestellt, zu welchen auch gehört

3) die Handschrift der Universitätsbibliothek zu Bologna XLIV J. (jetzt 3838 1) in Papierhandschrift mit 115 Seiten, von verschiedenen Händen geschrieben. Der Titel lautet : ,Cronica di Pietro Cantinelli Notaro Bolognese di fazione Larabertaza, che descrisse li fatti piii particolari del suo tempo sino all' anno 1278 e poi proseguita d'Autore Anonirao^) dei fatti piii riguardevoli di Porli; V originale della quäle sta appresso 1' III'"''^ Communitä di Gubio (sie!) raccolta dagl' avanzi del famoso studio di Vicenzo Armanni Cieco, e fatta copiare dal sudetto originale del celebre e sempre comendabile litterato il rmo padre, D. Mauro Sarti, abate di S. Gregorio di Roma, e dalla Santitä di Nostro Signore Benedetto XIV destinato ä scrivere la storia di questo Studio di Bologna, e da esso favoritami per copiare 1' anno

1) Dass dies unrichtig, wird schon im Nachtrage (cf. unten S. 368) bemerkt.

1Ö93. PLilos.-philol. u. liist. Gl. 3. 25

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366

Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1S03.

in Folge des falschen Bindens nun nach innen gekehrt erscheint. Wenn ich aber f, 38 und 38' von einander trenne, so findet dies seine Rechtfertigung darin, dass die Schrift auf beiden Seiten einen ganz verschiedenen Charakter zeigt und z. B. das, was f. 38 und 38' steht, leicht etwas später ein- und nachgetragen sein kann.

Wenden wir uns nunmehr zu den übrigen Hand- schriften. Dieselben sind sämnitlich leider jüngeren Alters und stammen erst aus dem vorigen Jahrhundert. Die relativ älteste ist

1) Die Handschrift der Universitätsbibliothek Bo- logna Nr. 379 (früher Aula H = D) eine Papierhandschrift in 4*^ mit 190 beschriebenen (nicht numerierten) Blättern und zwei Titelblättern. Auf dem Rücken des farbigen gold- glänzenden Papiereinbandes steht mit Tinte geschrieben: Cantelli (sie!) Chronicon l3on darunter L und Nr. 12!>. Auf einem aufgeklebten Stück Papier stehen ebenda noch die nicht ganz verständlichen Worte: H Nr. 380 Cantucii Decisiones Rom. Rotae e in Magazzeno vol. 43 (durchge- strichen) 6. Auf dem ersten Titelblatt aber heisst es: ,Petri Cantinelli (korrigiert aus Caiitelli) Faventini Chronicon Rerum Bononiensium Ab An. Christi MCCXXVHI Ad Annum MCCCVl. Ex veteri Codice Tabularii Eugubini Deseriptuni. Von anderer Hand ferner: Ex Bibliotheca Benedicti XIV 0. M.'

Noch ausführlicher lautet das zweite Titelblatt: , Chro- nicon Petri Cantinelli (corr.) Faventini qui scribebat circa finem seculi XHl. Opus quod latiiabat in Archivio Armanno publicae Bibliothecae Sperellae in Civitate Eugubii sub Tit. ,His- torie di cose Notabili e recondite', Notatum a tergo litt. A Et in Indice impresso Monnmentorum ejusdem Archivii fol. 185 describitur donatum Vincentio Armanno Antiquario Celeberrimo ex generosa liberalitate Emi Dni Cardinalis Bernardini Spadae. Nunc demum ex latibulo ad lucem prodit opera et studio Antonii Mrae (Mariae?) Zucchii Travalii de Civitate Pennae

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Simons fehl : Untersuchungen zu den Faentiner Chroniken. 367

Billorum praedictae Civitatis Locumtenentis ac Guidi An- gelini Advocati Fiscalis Eugubini et Bibliothecarii.'

Ob dies die von Mittarelli p. 222 erwähnte Abschrift ist, welche Angelinus jenem obengenannten Abt Mauro Sarti zustellte, ist fraglich. Denn nach einer deutlichen Angabe Mittarelli's p. 296 B hätte diese Abschrift früher aufgehört, als die vorliegende Handschrift, welche bis zum Ende des Druckes reicht. Zwar ist auch sie recht schlecht und sehr fehlerhaft, die Nachlässigkeit des Schreibers hat wiederholt Auslassungen und Sprünge besonders bei gleichlautenden Wörtern verschuldet; auch ist sie leider erst nach den grossen Verwüstungen des Autographus hergestellt verfasst, jedoch an einzelnen Stellen ist sie doch noch besser als die anderen, sogleich zu erwähnenden Abschriften und hat eben dadurch mehrfach die Herstellung des richtigen Wortlautes ermöglicht.

Von der Abschrift, welche Sarti erhalten hatte, wurden weitere Kopien hergestellt, zu welchen auch gehört

3) die Handschrift der Universitätsbibliothek zu Bologna XLIV J. (jetzt 3838 1) in 4" Papierhandschrift mit 115 Seiten, von verschiedenen Händen geschrieben. Der Titel lautet: ,Cronica di Pietro Cantinelli Notaro Bolognese di fazione Lambertaza, che descrisse li fatti piü particolari del suo tempo sino all' anno 1278 e poi proseguita d'Autore Anonimo^) dei fatti piii riguardevoli di Forli; 1' originale della quäle stä appresso 1' 111"'"^ Communitä di Gubio (sie!) raccolta dagl' avanzi del famoso studio di Vicenzo Armanni Cieco, e fatta copiare dal sudetto originale del celebre e sempre comendabile litterato il rmo padre, D. Mauro Sarti, abate di S. Gregorio di Roma, e dalla Santitä di Nostro Signore Benedetto XIV destinato ä scrivere la storia di questo Studio di Bologna, e da esso favoritami per copiare 1' anno

1) Dass dies unrichtig, wird schon im Nachtrage (cf. unten S. 368) bemerkt.

1893. Philos.-philol. u. hist. Cl. 3. 25

368 Sitzung der liistor. Classe vom 3. Juni 1893.

1758.' Darunter von anderer Hand: Vbaldo Zanetti aff*^. (Ebenso steht am Rücken des Einbandes: ,Fü d' Vbaldo Zanetti.')

Diese Handschrift reicht wirklich nur bis Mittarelli p. 290 A. Sie ist von verschiedenen Händen geschrieben, weshalb z. B. auf p. 45 ein Theil von dem wiederholt ist, was schon p. 44 unten stand.

Am Ende der Handschrift p. 116 findet sich von anderer Hand die Bemerkung: ,Si prova essere il retroscritto autore Pietro Cantinelli Bolognese e non Faentino, come tal' uno pretende, stante 1' essersi ritrovato nel Publico Archivio di Bologna un' instromento che nomina un Nicolö Cantinelli Bolognese, che si crede essere assolutamente padre del sudetto Pietro, autore della presente Cronica , stante 1' altro instro- mento ritrovato dal Rev'"'' Padre Abate Sarti, monaco Camar- dolese (sie!) neir Archivio de' RR. PP. Olivetani di S. Michele in Bosco di Bologna, che nomina un Pietro Can- tinelli figlio di Nicolo, cittadini Bolognesi,'

Aus dieser Handschrift ist geflossen, eine Abschrift der- selben geradezu ist

4) die Handschrift der Stadtbibliothek in Bo- logna 17 G. I. 26, ein Sammelband in Papier in 4*^, ,ex Bibliotheca Nobilis Viri Comitis Balthassaris de Carratis', der pag. 77 161 die , Cronica di Pietro Cantinelli Chroni- con Petri Cantinelli Notarii Bononiensis' enthält. Die Ab- schrift reicht ebenfalls nur bis Mittarelli p. 290; dann folgt dieselbe Notiz über die Bologneser Herkunft Cantinelli's, wie in der sub 3 aufgeführten Handschrift und zu allem Ueberfluss schliesslich die Notiz: ,1766 (korrigirt in 1776) 15 Settembre trascritta da altra simile copia presso il Sig. Ubaldo Zanetti.'

Endlich ist eine weitere Kopie von der Abschrift, welche Abbate Mauro Sarti erhalten hatte:

Siiiionsfeld: Untersiichnngen zu den Fdentincr Chronihen. 369

5) die Handschrift der Stadtbibliotliek in Bo- logna 17 K IL 48 klein 4^ in Papier, deren Parte Prima das ,Chronicon Petri Cantinellii Notarii Faventini', die Parte Seconda aber über 15 Stücke, Auszüge und Fragmente von Chroniken etc. z.ur Geschichte Bologna's enthält. Gleich auf p. 1 steht am Rand die Bemerkung: „Questa Cronaca tro- vasi originale in Gubbio, fu copiata dal eh. P. Abb. Sarti Camaldolese e portata a Bologna. Dalla copia del Sarti e stata cavata la prefetta copia'. Auch diese Kopie reicht nur bis Mittarelli p. 290 A; und sie zeigt fast die gleichen Irrthümer und Lücken, wie die drei übrigen Handschriften.

Eben diese mannigfachen Lücken der ihm zur Ver- fügung stehenden vorliegenden, unvollständigen Handschriften auszufüllen und anderswoher zu ergänzen, war Mittarelli auf jegliche Weise bestrebt; und es gelang ihm auch ein solches Hülfsmittel zu entdecken. In Band XXII seiner ,Scriptores Rerum Italicarum' hat Muratori , Annales Forolivienses, vom Jahre 1275 anhebende und bis 1473 herabreichende Annale n von Forli veröflFentHcht, welche Anfangs eine sehr grosse Aehnlichkeit, ja wiederholt wirkliche Ueberein- stimmung mit der Chronik des Cantinelli aufweisen. Mitta- relli hat Muratori gegenüber festgestellt, dass der Autor dieser Annalen von Forli ein Bürger und Patrizier dieser Stadt gewesen ist, Namens Jaeobus Moratinus, der selbst in der (seinen Annalen eingefügten) Lebensbeschreibung eines , Guido Bonattus' Hinweise auf seine eigene Familie gibt. Jaeobus Moratinus dürfte nach Mittarelli Ende des 14. Jahr- hunderts geboren und 1473 hochbetagt gewesen sein. Mitta- reUi hat ferner auch den , Codex primigenius' dieser Chronik in Forli einsehen und jene Uel)ereinstimmung mit Cantinelli bestätigen können. Er brachte dieselbe dann bei der Edition der Cantinelli'schen Chronik in der Weise zum sichtbaren Ausdruck, dass er vom Jahre 1275 an, wo beide Chroniken übereinstimmen, Anführungszeichen am Rande

25*

370 Sitzung der histor. Classe vom 3. Juni 1893.

des Cantinellischen Textes beifügte. Auch hat er namentlich an einer Stelle (p. 252 E) eine vermeintliche grössere Lücke in seiner Vorlage des Cantinelli geradezu mittelst des Textes der Moratin'schen Chronik ausgefüllt.^)

Da Mittarelli bemerkte,^) die Chronik des Moratinus enthalte am Anfang noch mehrere Stücke über den Ursprung von Forli, zur Geschichte der römischen Kaiser etc., die bei Muratori nicht abgedruckt sind, lag mir daran, ebenfalls von jener alten Handschrift des Moratinus Einsicht nehmen zu können in der stillen Hoffnung, daraus vielleicht noch einiges Material zur Ergänzung des jetzt fehlenden Anfanges der Cantinelli'schen Chronik zu gewinnen. Durch die gütige Vermittlung meiner Freunde, Comm. Prof. Malagola, Direktor des Staatsarchives in Bologna, und Prof. Mazza- tinti, Bibliothekar in Forli, erfuhr ich, dass die alte Hand- schrift noch jetzt im Besitze der Familie Brandolini sei und in deren Hausarchiv zu Forli aufbewahrt werde; und mit grösster Liebenswürdigkeit gewährte mir der jetzige Chef des Hauses, Graf Brandolini Dall'Aste, italienischer Konsul in Marseille, die Erlaubnis, während seiner Abwesen- heit die Handschrift auf der Stadtbibliothek in Forli im Herbst vorigen Jahres zu benützen.

Es ist eine Papierhandschrift mit einem Holzdeckel (dessen Rücken mit Leder überzogen ist) in kl. fol., 181 Blätter umfassend, auf denen sich mehrfach Nachträge, Zu- sätze und Randbemerkungen von der Hand des Hieronymus de Aspinis^) aus dem 16. Jahrhundert finden. Ob die Hand- schrift wirklich der , Codex primigenius' (Archetypus?) der

1) Ich sage eine „vermeintliche" Lücke, denn in Wii-klichkeit hat Mittarelli in Folge der Unordnung in den Blättern hier über- sehen, dass dasselbe Stück auch in der Handschrift überliefert ist (p. 250 A bis C); cf. oben S. 365.

2) p. 228.

3) Cf. Muratori SS. XX H, 152.

Simonsfcld: Unlcrsuchungeu zu den Faentincr Chroniken. 371

Chronik de.s Moratinus ist, erscheint mir nicht ganz sicher. Die Vergleichung des Anfanges (bis zum Jahre 1325) mit dem Texte bei Muratori ergab wohl einige Verbesserungen des letzteren und dadurch eine zum Theil noch wörtlichere Ueber- einstimmung mit dem Cantinelli, aber leider nicht die ge- wünschte Möglichkeit ausgiebigerer Ergänzung für den An- fang der Cantinelli'schen Chronik.

Die Chronik des Moratinus beginnt mit einer Erzählung von dem Ursprung Forlis, und bringt dann einige kurze Bio- graphien von Heiligen der Stadt, insbesondere dem Bischof. Mercurialis und Valerianus. Hierauf folgt die allerdings sehr dürftige Kaiserchronik, die mit Albrecht von Habsburg schliesst und gar keine Aehnlichkeit mit der Chronik des Cantinelli oder etwa des Tolosanus bezw. seines Ueberarbeiters aufweist. Hingegen finden sich dann in der Handschrift des Moratinus (wie auch Mittarelli schon erwähnt) zwei Stücke aus den Jahren 1058 und 1126 und 1188, wovon das erste von einem Kriegszug der Ravennaten gegen Forli und Faenza, das zweite vom dritten Kreuzzug und Tod Friedrich Rothbarts handelt: beide schon unter den Anmerkungen zum Tolosanus von Borsieri veröffentlicht.

Aus dem Wortlaut erhellt, dass beide Stücke auf die Chronik des Tolosanus zurückgehen. Das erste von dem An- griff der Ravennaten auf Forli (1058) und auf Faenza (1120) ist stilistisch etwas umgeändert,') abgesehen davon, dass der Zug gegen Forli bei Tolosanus in das Jahr 1054 gesetzt ist und bei dem zweiten gegen Ravenna in der Chronik des Mora- tinus gar kein Datum angegeben ist, sondern nur gesagt ist, dass er bald darauf ,post parum' wegen der Hülfe erfolgte, welche die Faentiner den Forlivesen beim Wiederaufbau ihrer zerstörten Stadt sfeleistet hatten was bei Tolosanus

o^

1) Man vergleiche Documenti pag. 7G5 n. 43 mit pag. G()7 ca]). 12 (Mittar. c. 15 p. 25) und pag. G18 cap. 25 (Mittar. c. 23 p. 31 >.

372 Sitzunrj der histor. Classc vom 3. Juni 1893.

nicht zu lesen ist. Das zweite Stück dagegen über den dritten Kreuzzug und Tod Friedrich Rothbarts stimmt fast ganz wörtlich mit dem betreffenden Kapitel bei Tolosanus überein.')

Diese beiden Stücke also dürfte Moratinus dem nun fehlenden Anfang der Cantinelli'schen Chronik entnommen haben. Ob aber in dem letzteren noch viel mehr, noch grössere Partien aus Tolosanus sich fanden, erscheint mir sehr fraglich. Es ist hervorzuheben, dass z. B. für die Jahre, die von Cantinelli noch erhalten sind und in welchen eben- falls Tolosanus oder sein Portsetzer hätte benützt sein können, also für die Jahre 1228 1236 zwischen diesem und Cantinelli keine wörtliche Uebereinstimmung nachweisbar ist. Auch scheint die Handschrift des Cantinelli schon zur Zeit des Mora- tinus defekt gewesen zu sein. Z. B. die Lücke im Jahre 1297/98, welche durch das Fehlen von fol. 130 und 131 im Autographus heute klafft, lässt sich auch durch Mora- tinus nicht ausfüllen.

Endlich ist noch zu erwähnen, dass Moratinus sich hie und da doch auch einige kleine stilistische Aenderungen gegenüber dem Cantinelli erlaubt hat. Z. B. statt p. 273: dicta precepta maximam iniquitatem et injustitiam contine- bant liest er (t. XXII col. 148 A): iniquitatis et injustitiae penitus erant plena u. s. w. Immerhin jedoch dürfen wir froh sein, somit noch ein weiteres Hülfsmittel für die Her- stellung des Textes zu besitzen.

1) Man vergleiche Documenti p. 786 n. 86 mit p. 673 c. 102 und 103 (Mitt. c. 66 p. 65).

Corr. : S. 329 Z. 18 lies: oder die Schwiegermutter mit ihrer Tochter.

373

Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften

Januar bis Juni 1893.

Die verehrliclien Gesellschaften und Institute, mit welchen unsere Akademie in Tauschverkehr steht, werden gebeten, nachstehendes Verzeichniss zugleich als Empfangs- bestätigung zu betrachten.

Von folgenden Gesellschaften und Instituten:

Geschichtsverein in Aachen: Zeitschrift. 14. Band. 1892. 8".

Societc cVemulation in Äbbeville: Memoires. Tom. XVIII. 1892. 8''. Bulletin. Annee 1891, No. 4. 1892, No. 1. 8".

Ohservatory in Adelaide: Meteorological Observations 1890. 1892. 4".

Royal Society of South Australia in Adelaide: Transactions. Vol. XV, 2. XVI, 1. 1892. 8".

Südslavische Akademie der Wissenschaften in Ayram: Rad. Band 111, 112. 1892. 8«. Monumenta. Vol. XXIII. 1892. 8°. Ljetopis. Jahrg. 1892. S".

Archäologische Gesellschaft in Agram: Viestnik. Band XIV, 4. 1892. 8*'.

State Library in Albany: Bulletin No. 3, January 1893. 8".

Societe des Antiquaires de Picardie in Amiens: Bulletin. Tom. XVII, 1891, pag. 555-621. Tom. XVIII, 1892, No. 1. 1891/92. 8».

Historischer Verein in Augsburg: Zeitschrift. XIX. Jahrgang. 1892. 8«.

Johns Hopkins University in Baltimore: Circulars. Vol. XII, No. 102 105. 1893. 4". The American Journal of Philology. Vol. XII, 4. XIII, 1-3. 1891/92. S».

374 Verzeichniss der eingelaufenen Drucliscliriften.

American Chemical Journal. Vol. 47, No. 2—7. 1892. 8". American Journal of Mathematics. Vol. XIV, No. 2. 3. 1892. 4". Studies in Historical and Political Science. X. Ser., No. 4—11. 1892. 8".

Stermvarte in Bamberg: Ueber die Untersuchung der Scalen eines Heliometers von Gerhard Lorentzen. Kiel 1892. 4».

Historischer Verein in Bamberg: 52. und 53. Bericht für die Jahre 1890 und 1891. 1891/92. 8«.

Bataviaasch Genotschap von Künsten en Wetenschappen in Batavia: Tijdschrift. Deel 36, aflev. 2. 1892. S". Notulen. Deel 30, aflev. 3. 1892. S^.

Nederlandsch-lndisch Plakaatboek 1602-1811. Deel X, 1776-1787. 1892. &o.

K. Akademie der Wissenschaften in Belgrad: Spomenik. XIX. 1892. 4«. Glas. XXXVI, XXXVII. 1893. 8«.

Museum in Bergen: Aarsberetning for 1891. 1892. 8».

K. preussische Akademie der Wissenschaften in Berlin: Politische Correspondenz König Friedrich's II. Bd. XIX. 1892. 8". Corpus inscriptionum Atticarum. Vol. II, pars 2. 1893. fol. Sitzungsberichte 1892, No. 41—55. 40.

K. geolog. Landesanstalt und Bergakademie in Berlin: Abbandlungen zur geologischen Spezialkarte von Preussen. Bd. X,

Heft 4. 1892. 40. Abhandlungen der k. preussischen geolog. Landesanstalt. Neue Folge,

Heft 6—8 und 13. 1892. 4^. Jahrbuch für das Jahr 1891. 1893. S».

Deutsche chemische Gesellschaft in Berlin: Berichte. 25. Jahrg., No. 19, 20. 26. Jahrg., No. 1—11. 1892/93. 8°.

Deutsche geologische Gesellschaft in Berlin: Zeitschrift. Band 44, Heft 3. 1892. 8^.

Medicinische Gesellschaft in Berlin: Verhandlungen. Jahrgang 1892. Band XXHI. 1893. 8°.

Physikalische Gesellschaft in Berlin: Die Fortschritte der Physik im Jahre 1886. 42. Jahrg. in 3 Abth. 1892. 8^.

Physiologische Gesellschaft in Berlin: Centralblatt für Physiologie. Bd. VI, No. 19—26. Bd. VII, No. 1—3.

1892/93. 8». Verhandlungen 1892—93. No. 1. 1893. 8».

K. technische Hochschule in Berlin: Die Entwickelung der Mathematik im Zusammenhange mit der Aus- breitung der Kultur, von E. Lampe. 1893. 4".

I

VerzeicJiniss der eiiiyehtiifcneii Druclcschriflci). 375

Kaifierlich doifschesi (trchäolnr/isches Institut in Berlin: Jahrbuch. Band VII, Heft 4 (1892K 1893. 4°.

K. preuss. meteorologisches Institut in Berlin: Deutsches meteorologisches Jahrbuch für 1892. Heft H. 1893. 4**.

Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik in Berlin: Jahrbuch. Bd. XXH, Heft 1, 2. Berlin 1893. 8".

PhysilcnJisch-technische lieichsanstalt i)i Berlin: Vorschläge zu gesetzlichen Beatimmungen über elektrische Maass- einheiten, von E. Dorn. 1893. 4«.

Natunvissenschaftliche Wochenschrift in Berlin: Wochenschrift 1892, No. 52. 1893, No. 1 18. Berlin. 40.

Zeitschrift für Instrumentenkundc in Berlin: 13. Jahrgang 1893, Heft 1—5, und Beiheft zum Jahrgang 1893. S'».

Socicte d'emulation du Doubs in, Besangon: Memoires. VI. Serie, Vol. 6, 1891. 1892. 8".

Philosophical Society in Birmingham: Proceedings. Vol. VIII, part 1. 1891/92. S",

Geiverbeschule in Bistriz: XVII. Jahresbericht für 1891/92. 1892. 8".

Accademia delle Scienze in Bologna: Memorie. Serie V, Tom. 1. 1890. 4°.

Naturhistorischer Verein in Bonn: Verhandlungen. 49. Jahrgang, 2. Hälfte. 1892. 8.

Socicte de geographie commerciale in Bordeaux: Bulletin. 1892, No. 23, 24. 1893, No. 1-7. 8». Societc Linneenne in Bordeaux: Actes. Vol. 44. 1891. 8«.

Societc des sciences physiques et naturelles in Bordeaux: Meraoires. Serie IV, Tom. II avec un appendice. 1891. S''.

Public Library in Boston: 41. annual Report 1892. 1893. 8".

Society of natural history in Boston: Proceedings. Vol. XXV, parts 3, 4. 1892. 8«. Memoirs. Vol. IV, No. 10. 1892. 4».

Stadtarchiv in Braunschweig : Heinrich Nentwig, Die Wiegendrucke in der Stadtbibliothek zu

Braunschweig. Wolfenbüttel 1891. 8". Derselbe, Die mittelalterlichen Handschriften in der Stadtbibliothek

zu Braunschweig. Wolfenbüttel 1893. 8°.

MeteorologiscJte Station in Bremen: Ergebnisse der meteorol. Beobachtung. Jahrg. II. 1892. 4''.

376 Verzeicliniss der eingelaufenen Druckschriften.

Naturwissenschaftlicher Verein in Bremen: Abhandlungen. Bd. XII, Heft 3 und Beilage zu Bd. XII. 1893. 8".

Historisch- statistische Sektion der mähr. Ackerbau -Gesellschaft

in Brunn: Dr. Balthasar Hubmaier von Johann Loserth. 1898. 8^. Christian Ritter d'Elvert, Gedenkblätter zu 8. 90. Geburtstage. 1893. 8".

Naturforschende Gesellschaft in Brunn: Verhandlungen. Band 30. 1892. 8^. X. Bericht der meteorologischen Commission. 1892. 8**.

Acadcmie Royale de medecine in Brüssel: Bulletin. IV. Serie, Tom. VI, No. 10, 11, Tom. VII, No. 1—5. 1892/93. 8".

Acadcmie Boyale des sciences in Brüssel: Bulletin. 3. Serie, Tom. 24, No. 12, Tom. 25, No. 1-4. 1892/93. 8».

Bibliotheqiie Royale de Belyique in Brüssel: Rapport, annees 1890—1891. 1892. 8°.

Societe des Bollandistes in Brüssel: Analecta Bollandiana. Tom. XII, fasc. 1—3. 1893. 8". Societe entomologiqiie de Belgique in Brüssel: Annales. Tom. 34, 35. 1890/91. 8^. Memoires. Tom. I. 1892. 8«.

Societe malacoloc/ique de Belgique in Brüssel: Annales. Tom. 25, 26. Annee 1890, 1891. 8». Proces-verbaux 1891 et 1892, p I— LXVI. 8".

K. Ungarische Akademie der Wissenschaften in Budapest: Ungarische Revue. 1892, Heft 10, 1893, Heft 1-5. 8".

Academia nacional de Ciencias in Buenos Aires: Boletin. Tom. X, entr. 4. 1890. 8^.

Academia Romana in Bukarest: Analele. Ser. II, Tom. 12. Memoriile. Tom 14. Partea administra-

tiva. 1893. 4". S. Fl. Marianü, Inmormmtarea la Romäni. 1892. 8". S. Fl. Marianü, Nascerea la Romäni. 1892. 8". Etymologicum Magnum Romaniae. Vol. III, Fasc. 1. 1893. 4".

Institut metcorologique de Roumanie in Bukarest: Annales. Tom. VI. 1890, 1893. 4».

Societe Linneenne de Normandie in Caen: Bulletin. 4. Serie, Vol. 6, Fasc. 1—4. 1892. 8". Memoires. Vol. 17, fasc. 1. 1892. 4.

Meteorological Departement of the Government of India in Calcutta: Report on the Administration in 1891—92. 1892. fol. Monthly Weather Review, June— Oktober 1892. 1893. fol. Indian Meteorological Memoirs. Vol. V, part 2. 1892. fol. Meteorological Observations 1892, August, Sept., October. fol. The India Weather Review for the year 1891. 1892. fol. Report on the Meteorology of India in 1890. 1892. fol.

Verzcichniss der eingelaufenen Druckschriften. Ott

Asiatic Society of Bengal in Galcutta: Proceedings. 1892, No. 8, 9. 8". Journal. N. Ser., Vol. Gl, No. 318. 1892. S^. BiWiotheca Indica. New Series 821, 823-826. 1892—93. 8».

Geological Sureey of India in Galcutta: Records. Vol. XXV, part 4. Vol. XXVI, 1. 1892/93. 4». Palaeontologia Indica. Index by W. Theobald. 1892. fol. Contents and Index of the first 20 Volumes of the Memoirs 1859-1883. By W. Theobald. 1892. 4°.

Philosophical Society in Cambridge: Proceedings. Vol. VIII, 1. 1893. -8°.

Museum of Comparative Zoology in Candnidgc, Mass.: Bulletin. Vol. XXIII, No.4-6.XXlV,No.l-3.XVI,No. 11, 12. 1892/93. 8^ Annual Report for 1891—92. 1892. 80.

Astronomical Ohservatory of Harvard College in Cambridge, Mass.: 47th annual Report for 1891—92. 1892. 8*^.

Accademia Gioenia di scienze naturali in Catania: Atti. Serie IV, Vol. 5. 1892. 4».

Bullettino mensile. Nuova Ser., fasc. 30—32. (Dec. 1892 e Gennaio

e Marzo 1893.) 8».

K. sächsisches meteorologisches Institut in Chemnitz:

Deutsches meteorologisches Jahrbuch. Jahr 1891. II. Hälfte. 1892. 4*'.

D. Klima des Königr. Sachsen v. Paul Schreiber. Heft 1, 2. 1892/93. 4».

Societc des sciences naturelles in Cherbourg: Meraoires. Tom. 28. 1892. 8**.

Zeitschrift „The Monist" in Chicago: The Monist. Vol. 3, No. 2, 3. 1893. 8».

Zeitschrift „The Open Court": The Open Court. No. 277-298. Chicago 1892/93. 8".

K. Gesellschaft der Wissenschaften in Christiania: Forhandlinger 1891. 8".

Historisch-antiquarische Gesellschaft von Graubünden in Chur: Jahresbericht. XXII. Jahrgang. 1892. 8".

Chemiker - Z eitung in, Cöthen: Chemiker -Zeitung 1892, No. 101— io5. 1893, No. 1—29, 32—41. Cöthen. fol. Academia Nacional de ciencias in Cördoba (Repüblia Argentina): Boletin. Tom. XI, entr. 4. Buenos Aires 1889. 8".

Universität Czernowitz : Verzcichniss der öffentlichen Vorlesungen. Somra.-Sem. 1893. 8".

Historischer Verein in Darmstadt: Quartalblätter. 1892, 4 Hefte. 8".

Colorado Scientific Society in Denver: On a series of peculiar schists near Salida, Colorado, by Whitmann Cross. 1893. 8".

378 Verzeichnifis der eingelaufenen Druckschriften.

The Production of Columbous and Tnngstonsoxides. 1893. 8". Irving Haie, The latest Method of electric car control. 1893. 8"'. L. D. God.shall, A Review of the Russell Process. 1893. 8".

Verein für Änhaltische Geschichte in Dessau: Mittheilungen. Band 6, Theil 3. 1893. 8".

Gelehrte estnische Gesellschaft in Dorpat: Sitzungsberichte 1892. 1893. 8<'. Verhandlungen. Band XVI, 2. 1892. SO.

Union (jcocjraphifiue du Nord de la France in Douai: Bulletin. Tom. XII, Septb. Decemb. 1891. Tom. XIII, Janv. -Juin 1892. 1892. 8».

Verein für Erdkunde in Dresden: XXII. Jahresbericht. 1892. 8«.

Eoyal Irish Academy in Dublin: Proceedings. III. Series, Vol. II, No. 3. 1892. 8". Transactions. Vol. 30, part 1-4. 1892/93. 4«. Eoyal Society in Edinburgh: Proceedings. Vol. XIX, pag. 81-295. 1892. S».

Eoyal physical Society in Edinburgh: Proceedings. Session CXXf, pag. 173—308. 1892. S«. Carl Friedrichs-Gymnasium in Eisenach: Jahresbericht von 1892 1893. 40.

Gesellschaft f. bildende Kunst u. vaterländische Altertümer in Emden: Jahrbuch. Band X, Heft 1. 1892. 8».

K. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften in Erfurt: Jahrbücher. N. F., Band 18. 1892. S».

E. Accademia dei Georgofili in Florenz: Atti. 4. Ser., Vol. XV, 3, 4. Vol. XVI, 1. 1892/93. 8». Senckenbergische naturforschende Gesellschaft in Frankfurt a. M.: Abhandlungen. Band XVIII, Heft 1. 1892. 4».

Naturwissenschaftlicher Verein in Frankfurt a. 0.:

Helios. 10. Jahrgang, No. 9. 1892. 8».

Societatum Litterae. Jahrgang 1892, No. 11, 12. 8«.

Naturforschende Gesellschaft in Freiburg i. Br.:

Berichte. Band 6, Heft 1-4. 1891/92. 8^.

Kirchlich-historischer Verein in Freiburg i. Br.:

Freiburger Diöcesan-Archiv. 23. Band. 1893. 8".

Breisgau- Verein Schau-ins-Land in Freiburg i. Br.:

.Schau-ins-Land." Jahrgang 17, Heft 1, 2. 1892. fol.

Universität in Freiburg (Scluveiz):

Index lectionum per menses hiemales 1892—93. 4".

Congresso botanico internazionale in Genua:

Atti 1892. 1893. 8".

Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften. 379

Museo civico di storia naturale in Genua: Annali. Ser. 11, Vol. XII. 1892. S^.

Naturforscliende Gesellschaft in Görlitz: Abhandlungen. Band XX. 1893. 8^.

Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften in Görlitz: Neues Lausitzisches Magazin. Band 68, Heft 2. 1892. 8°.

K. Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen: Gelehrte Anzeigen. 1892, No. 21—26. 1893, No. 1—6. gr. 8». Nachrichten. 1892, No. 13-16. 1893, No. 1— D. gr. 8». Abhandlungen. Band 38. 1892. 4».

Lebensversicherungsbank für Deutschland in Gotha: 64. Jahresbericht f. d. Jahr 1892. 1893. S».

Denison University in Granville, Ohio. The Journal of Coraparative Neurology. Vol. II, p. 137—192. Vol III

p. 1—34. 1892/93. 80. Scientific Laboratories. Bulletin. Vol. VII. 1892. 8^.

Verein der Aerzte in Steiermark in Graz: Mittheilungen. XXIX. Jahr 1892. 1893. 8".

Naturwissenschaftlicher Verein für Steiermark in Graz: Mittheilungen. Heft 28, 1891. 1892. 8^. Naturivissenschaftlicher Verein für Neu- Vorjammern in Greifswald: Mittheilungen. 24. Jahrgang. Berlin 1892. 8*^.

Fürsten- und Landesschule in Grimma: Jahresbericht von 1892—93. 4°.

Unicersität Groningen: Jaarboek 1877/78—1891/92. 1879 1893. 8°.

K. Tnstituut voor de Taal-, Land- en Volkenkunde van Nederlandsch

Indte im Haag: Bijdragen. V. Reeks, Deel VIII, aflev. 1, 2. 1893. 8".

Kaiserl. Leopoldino-Garolinische Deutsche Akademie der Natur- forscher in Halle: Leopoldina. Heft 28, No. 21—24, Heft 29, No. 1—6. 1892/93. 4^

Deutsche Morgenländische Gesellschaft in Halle a. S.: Zeitschrift. Band 46, Heft 4. Band 47, Heft 1. Leipzig 1892/93. 8<'. Abhandlungen f. d. Kunde d Morgenlandes. Bd. IX, 4. Leipz. 1893. 8".

Universität Halle: Index scholarum per ae.-<tatem 1893 habendarum. 4°.

Naturwissensch. Verein für Sachsen und Thüringen in Halle: Zeitschrift für Naturwissenschaften. Band 6.5. Leipzig 1892. 8^.

Natunvissenschaftlicher Verein in Hamburg: Abhandlungen. Band XII, Heft 1. 1893. 4°.

Wetterauische Gesellschaft für Naturkunde in Hanau: Bericht. 1. April 1889 bis 30. November 1892. 1893. 8».

380 Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften.

Historischer Verein für Niedersachsen in Hannover: Zeitschrift. Jahrgang 1892. S«.

Teylers fjodgeleerd Genootschap in Harlem: Verhandelingen rakende den natuurlijken en geopenbaarden Gods- dienst. N. S., Deel XIII. 1893. 8».

Societe Hollandaise des sciences in Harlem: Archives Ne'erlandaises. Tom. 26, Livr. 4, 5. 1893. 8". Oeuvres completes de Christiaan Huygens. Tom. V. La Haye 1893. 4^.

Universität Heidelberg : Idee und Grundlinien einer allgemeinen Geschichte der Mystik, von Adalbert Merx. 1893. 4«.

Historisch-philosophischer Verein in Heidelberg : Neue Heidelberger Jahrbücher. Jahrgang III, Heft 1. 1893. 8".

Natur forschender medicinischer Verein in Heidelberg: Verhandlungen. N. F., Band V, Heft 1. 1893. 8".

Societe de geographie de Finlande in Helsingfors: Fennia. Tom. 6, 7. 1892. S«.

Societe finno-ougrienne in Helsingfors: Me'moires, IV. 1892. 8^.

Verein für siebenhürgische Landeskunde in Hermannstadt: Reden zur Eröffnung der 43. 45. Generalversammlung. 1890 92. 8*^. Jahresbericht für 1891/92. 8». Archiv. N. F., Band 24, Heft 3. 1893. 8.

Ungarischer Kar pathen- Verein in Iglö: Jahrbuch. 20. Jahrgang 1893. 8°.

Naturicissenschaftlich-medicinischer Verein in Innsbruck : Berichte. 20. Jahrgang 1891/92. 1893. 8".

Medicinisch-natunoissenschaftliche Gesellschaft in Jena: Jenaische Zeitschrift f. Naturwissenschaften. Bd. 27, Heft 3, 4. 1893. 4°.

Centralbureau für Meteorologie und Hydrographie in Karlsruhe: Jahresbericht für 1892. 1893. 4°.

Grossherzogliche Sternioarte in Karlsruhe: Veröffentlichungen. Heft 4. 1892. 40.

Societe physico-matheniatique in Kasan: Bulletin. II. Serie, Tora. I, No. 3. Tom. II, No. 4. 1893. 8".

Universität in Kasan: Utschenia Sapiski. Band 60, Heft 1-3. 1893. 8". Abhandlungen der vierten Versammlung der russischen Naturforscher in Kasan im Jahre 1873. 5 Hefte. 1875. 4".

Verein für hessische Geschichte in Kassel: Mittheilungen. Jahrgang 1890 und 1891. 8". Zeitschrift. N. F., Bd. 16, 17. 1891-92. 8".

Section medicale de la societe des sciences experimentales in Kharkow: Travaux. 1892, Heft 1. S^.

Verzeichniss der eingelaufenen Druclcschriften. 381

üftiversite Imperiale de Kharlcow: Annales. Vol. 1. 1893. 8".

Gesellschaft für Schlesivig-Holstein-Lauenburgische Geschichte in Kiel: Zeitschrift, Band 22. 1892. S«.

Universität in Kiew: Iswestija. Band XXXII, 11, 12. XXXIII, No. 1-5. 1892/93. 8".

Aerztlich-naturunssenschaftlicher Verein in Klausenbiirg : Ertesitö. 5 Hefte. 1892. 8».

Stadtarchiv in Köln: Mittheilungen. Heft 1—22. 1883—1892. 8».

Phi/sil-alisch-ükonomische Gesellschaft in Königsberg: Führer durch die geologischen Sammlungen des Provinzialmuseuras von Alfr. Jentzsch. 1892. 8".

K. Akademie der Wissenschaften in Kopenhagen: 0 versigt. 1892. No. 2. 8".

Skrifter, 5^ Kaekke, Historisk Afd. Bd. V, No. 4. 6^ Raekke, Natur- videnskabelig Afd. Bd. VI, No. 6. 1892. 4^.

Gesellschaft für nordische Alterthumskunde in Kopenhagen: Nordiske Fortidsminder. Heft 2. 1893. 4". Aarböger, IL Raekke. Bd. VII, Heft 3, 4. Bd. VIII, Heft 1. 1892/93. 8«.

Akade7)iie der Wissenschaften in Krakau: Anzeiger. 1892, Dezember. 1893, Januar— April. 8^^. Rocznik. Rok 1890. 1891/92. 8^. Biblioteka pisarzöw polskich. Tora. XXIII. 1892. 8''. L. Teichniann, Elephantiasis. 1892. Text in 4" und Tafeln in fol.

Societe Vaudoise des sciences naturelles in Lausanne: Bulletin. 3. Serie, Vol. XX VIII, No. 109, 110. 1892/93. 8». Societe d'histoire de la Suisse romande in Lausanne: Me'moires et Documents. Tora. 37. 1893. 8°.

Maatschappij van Nederlandsche Letterkunde in Leiden: Tijdscbrift. N. Serie, Deel XII, aflev. 1, 2. 1893. S».

Archiv der Mathematik und Physik in Leipzig: Archiv. II. Reihe, Theil XI, Heft 4. XII, 1. Leipzig 1892/93. 8".

Astronomische Gesellschaft in Leipzig: Publikation XX. 1892. 4". Vierteljahresschrift. 27. Jahrgang, Heft 4. 1892. 8«.

K. Gesellschaft der Wissenschaften in Leipzig: Abhandlungen der philol.-hist. Ciasso. Bd. XIIT, No. 5, G. 1893. 4". Abhandlungen der mathem.-physikalischen Classe. Bd. XIX. 1893. 8". Berichte der philol.-histor. Classe. 1892, HL 1893. 8". Berichte der mathem.-physik. Classe. 1892, IV -VI. 1893, I. 8".

Journal für praktische Chemie in Leipzig: Journal. N. F., Bd. 46, No. 23, 24. Bd. 47, No. 1-8. 1893. 8".

382 Verzeichniss der eingelnufenen Dniclcschriften.

K. K. Bergakademie in Leoben: Programm für das Studienjahr 1893/94. 8*^.

Universität Lille: Travaux et Memoire«. Tom. II, No. 7-9. 1^92. 8".

Unicersity of Nehraslca in Lincoln: Bulletin ofthe agricultural Experiment Station, No. 25-27. 1892/93. 8«. 6th annual Report for 1892. 1893. S».

Commissao dos trahalhos geologicos de Portugal in Lissabon: Coinmunica9oes. Tom. II, fasc. 2. 1892. 8».

Observatory in Liverpool: Meteorological Results during the years 1889—1891. 1893. 8*^.

Universite Catholique in Loewen: Annuaire 1893, 8'' und 3 theologische Dissertationen. S".

Zeitschrift „La Gellide" in Loewen: La Cellule. Tora. VIII, fasc. 2. 1892. 4°.

Royal Institution of Great Britain in London: Proceedings. Vol. XIII, part 3, No. 86. 1893. 8". List of the Membres. 1892. 80.

The English Historical Eeview in London: Histor. Review. Vol. VIII, No. 29, 30. 1893. 8».

Royal Society in London: Proceedings. Vol. LH, No. 317-322. 1893. 8^.

R. Astronomical Society in London: Monthly Notices. VoL 53, No. 2-7. 1892/93. S".

Chemical Society in London: Journal 1892. Supplementary Num'ber. 1893, No. 362-367. (Jan.—

June.) 8». List of the Fellows. 1892. 8^ ,oaQ a,

Proceedings. Session 1892-93. No. 117—122. Session 1893-94. No. 123-124. 1893. 8».

jR. Microscopical Society in London: Journal. 1893. Part 1, 2. 8».

Zoological Society in London: Transactions. Vol. XIII,' 5, 6. 1893. 4°. Proceedings. 1892. Part 4. 1893. Part 1. 8^

Zeitschrift „Nature" in London: Natura. Vol. 47, No. 1207-1221. Vol. 48, No. 1227. 1892/93. 40.

Universität in Lund: Acta üniversitatis Lundensis. Tom. 28, Afdel I u. II. 1891/92. 4".

Universite in Lyon: Annales. Tom. II, 4. IV. VI, 1, 2. Paris 1892-93. 8^.

Washburn Observatory in Madison: Publications. Vol. 6, parts 3 and 4. ]892. 8'\

Verzeichniss der eingelaufenen DruckscJiriften. 383

Government Obseratory in Madras: Results of Observations of the fixed Stars Vol. VI. 1893. 40. Hourly Meteorological Observations made at the Madras Observatory 1856 to 1861. 1893. 4°.

Eeal Academia de la historia in Madrid: Boletin. Tom. XXII, No. 1—5. 1893. 8°.

Societä italiana di scienze naturali in Mailand: Atti. Vol. 34, fasc. 1. 1892. S".

Societä Storica Lombarda in Mailand: Archivio storico Lombarde. Ser. II, Anno XIX, fasc. 4. Anno XX, fasc. 1. 1892/93. 8^.

Liter ary and philosophical Society in Manchester : Memoirs and Proceedings. Vol. VI, 4. Series. 1892. 8".

Historischer Verein in Mariemverder: Zeitschrift. Heft 30. 1893. 8^

Faculte des sciences in Marseille: Annales. Tom. I (suite et fin). Tom. II, fasc. 1—6. 1892. 40.

Verein für Geschichte der Stadt Meissen: Mittheilungen. Band III, Heft 1. 1891. 8».

Gesellschaft für lothringische Geschichte in Metz: Jahrbuch. 4. Jahrgang, IL Hälfte. 1892. 4».

Sociedad cientifica Antonio Alzate in Mexico: Memorias. Tom. VI, No. 3—8. 1892/93. 8».

Societä dei Natur alisti in Modena: Atti. Ser. IH, Vol. XI, fasc. 3. 1893. 8«.

Societe Imper. des Naturalistes in Moskau: Bulletin. Annee 1892, No. 3, 4. 1893. 8».

Les Musees puhlic et Roumiantzotü in Moskau: Compte-rendu des Musees pour les annees 1889 91. 1892. S*^. Description systematique des collections du Musee Ethnographique Daschkow. Livr. 3. 1893. 8".

Deutsche Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte in Berlin

und München: Korrespondenzblatt. 1892, No. 11, 12. 1893, No. 1, 3, 5. 4".

K. Technische Hochschule in München: Personalstand. Somm.-Sem. 1893. 8°.

Metropolitan-Kapitel München-Freising in München: Schematismus der Geistlichkeit f. d. J. 1893. 8".

Universität Mü)ic}ien : Dissertationen aus den Jahren 1891/92. 4*^ und 8". Amtliches Verzeichniss des Personals. Somm.-Sem. 1893. 8".

Aerztlicher Verein in München: Sitzungsberichte II, 1892. 1893. 8".

Historischer Verein in München: Monatsschrift. Januar I)is Juni 1893. 8°.

1893 Philos.-philol. H. Jiist. Cl. 3 26

384

Verzeichniss der eingelaufenen DrucTiscIiriften.

Kauftnännischer Verein in München:

19. Jahresbericht. 1893. 8°.

Westfälischer Provinzialverein in Münster:

20. Jahresbericht für 1891. 1892. 8^.

Verein für Geschichte Westfalens in Münster: Zeitschrift. Band 50. 1892. 8".

Acadcmie de Stanislas in Nancy: Me'moires. 142^ annee, 5^ Serie, Tom. IX. 1892. 8°.

Societe des seiences in Nancy: Bulletin. Tom. XII, fasc. 26. 1892. 8".

Accademia delle scienze fisiche in Neapel: Rendiconto. Ser. II, Vol. VI, fasc. 7—12, Vol. VII, fasc. 1-5. 1892/93. 4».

Reale Accademia dl scienze morali e politiche in Neapel: Atti. Vol. 24, 25. 1891/92. 8°.

Rendiconto. Anno 28—30 (1889-91). Anno 31 (1892 Jan.— Juni). 1890-92. 8».

Societä di storia patria in Neapel: Archivio storico per le Provincie Napoletane. Anno 17, fasc. 4. 1892. 8"^.

Historischer Verein in Neubury: Kollektaneen-Blatt. 55. Jahrgang. 1892. 8«.

North of England Institute of Engineers in Newcastle-upon-Tyne: Transactions. Vol. 41, part 6. Vol. 42, part 1—3. 1892/98 S». Annual report for the year 1891 92. 1892. 8«.

Connecticut Academy of Arts and Sciences in New-Haven: Transactions. Vol. VIII,' 2. IX, 1. 1892/93. 8».

The American Journal of Science in New-Haven: Journal. Vol. 44, No. 263, 26t, Nov.— Dec. 1892. Vol. 45, No. 265 bis 268, Jan.— April 1893. 8». Astronomical Ohservatory of Yale University in Neiv-Haven: Transactions. Vol. I, part 3 and 4. 1893. 4°.

American Oriental Society in Neiv-Haven: Journal. Vol. XV, 3. 1893. 8°.

Astor Library in Neic-York: 44 th annual Report for the year 1892. 1893. 8°.

American Museum of Natural History in New-Yorh: Vol. IV. 1892. 8°.

American Chemical Society in New-Yorlc: Journal. Vol. XIV, No. 8-10. XV, No. 1. 1892/93. 8".

American Geographical Society in Neiv-Yorli: Bulletin. Vol. XXIV, No. 4. Vol. XXV,' No. 1. 1892/93. S«.

Germanisches Nationalmuseum in Nürnberg: Anzeiger. Jahrgang 1892. Mittheilungen. Jahrgang 1892. 8«. Katalog der Holzstöcke vom XV.-XVIII. Jahrh. Theil I. 1892. 8".

<

Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften. 385

Neurussische naturforschende Gesellschaft in Odessa: Sapiski. Tom. XVII, 2, 3. 1892/93. S».

Verein für Geschichte von Osnabrück in Osnabrück: Mittheilungen. Band. 17. 1892. 8».

Naturwissenschaftlicher Verein in Osnabrück: 9. Jahresbericht für die Jahre 1891 und 1892. 1893. 8".

Gcolocjical Survey of Canada in Ottawa: Contributions to Canadian Palaeontology. Vol. I, part 4. 1892. 8**. Verein für Geschichte und Alterthumskunde Westfalens in Paderborn: Verzeichniss der Büchersamralung des Vereins. 1893. 8*^.

Beale Accademia di scienze in Padua: Atti e Memorie. N. S., Vol. 8. 1893. 8°.

Societä Veneto- Trentitia di scienze naturali in Padiia: Atti. Ser. II, Vol. I, fasc. 1. 1893. 8".

Gircolo matematico in Palermo: Rendiconti. Tom. VI, fasc. 6. Tom. VII, fasc. 1, 2. 1892/93. 4«.

Collegio degli Ingegneri in Palermo: Atti, Annata 14. 1891, Maggio— Dicembre. 1891. 4^.

Academie de medecine in Paris: Bulletin. 1892, No. 52. 1893, No. 1—23. 8°.

Academie des sciences in Paris: Oeuvres completea d'Augustin Cauchy. Serie I, Tom. VII. 1892. 4*^. Comptes rendus. Tom. 115, No. 26. Tom. 116, No. 1—23. 1892. 4».

Bibliotheque nationale in Paris: Catalogue des raonnaies musulmanes. Espagne et Afrique. 1891. 8°.

Comite international des poids et mesures in Paris: Proces-verbaux des seances de 1891. 1892. 8". Quinzieme Rapport. 1892. 4^.

Commission permanente du Pepertoire des sciences mathemat. in Paris: Index du Repertoire. 1893. 8°.

Ecole polytechnique in Paris: Journal. Cahier 61, 62. 1891—92. 4«.

Monitetir Scientifique in Paris: Moniteur. Livr. 613—618, Janv.— June 1893. 4».

Musee Guimet in Paris: Annales in 4". Tom. 19-21. 1892. 4«. Annales (Bibliotheque d'etudes) in 8». Tom. I. 1892. 8». Revue de Thistoire des religions. Tom. 24, No. 3. Tom. 25, No. 1—3.

Tom. 26, No. 1. 1891/92. 8". Introduction au Catalogue du Musee Guimet. 1891. 8^.

Societe d'anthropologic in Paris: Memoires. II. S^rie, Tom. 4, fasc. 3. 1892. 8". Bulletins. IV. Serie, Tom. 2, fasc. 4. Tom. 3, fasc. 1, 2. 1891/92. 8". Catalogue de la Bibliotheque. Partie I, II. 1891. 8^ La determination de la taille par L. Manouvrier. 1892. 8".

26*

386 Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften.

Societe de geographie in Paris: Comptes rendus 1892, No. 17, 18. 1893, No. 1—10. 8». Societe inathematique de France in Paris: Bulletin. Tom. 20, No. 7, 8. Tom. 21, No. 1—4. 1892/93. 8^*.

Societe zoologique de France in Paris: Bulletin. Tom. 17, No. 8. 1892. 8°. Memoires. Tom. 5, partie 5. 1892. 8°.

Zeitschrift „U Electricien" in Paris: L'Electricien, No. 105—126, 2. Ser. 1892/93. 4^.

Acadcinie Imperiale des sciences in St. Petersburg: Bulletin. Nouv. Serie, Tom. III, No. 1—3. 1893. 4». Memoires. Tom. 38, No. 14. Tom. 40, No. 1, 2. Tom. 41, No. 1. 1892. 4P.

Botanischer Garten in St. Petersburg:

Acta horti Petropolitani. Vol. XII, 2. 1893. S**.

K. russische archäolog. Gesellschaft in Petersburg:

Sapiski. Bd. V, Heft 3, 4. 1892. 4°.

Chemisch-phi/siJcalische Gesellschaft an der l: ru.ss. Universität in

St. Petersburg :

Schurnal. Tom. XXIV, No. 9. XXV, No. 1-4. 1892/93. 8».

Institut Imperial de medecine experimentale in St. Petersburg: Arcbives des sciences biologiques. Tom. I, No. 4. 1892. 4*^. Physikalisches Central-Observatorium in St. Petersburg: Annalen, 1891. Theil I und II. 1892. 4°. Repertorium der Meteorologie. Band XV. 1892. 4°.

Societe des Naturalistes de St. Petersbotirg : Travaux. Section de zoologie. Tom. XXIII, 1, 2. Section de bota- nique. Tom. XXII.' 1892. 80.

Kaiserliche Universität in St. Petersburg :

Ottschet. 1892. 1893. 8».

Protokoly No. 46, 47. 1893. 8°.

M, J. Sweschnikow, Grundriss und Ziel der Selbstverwaltung. 1892. 8".

A. 0. Iwanowsky, Ueber die chinesische üebprsetzung des bud- dhistischen Sammelwerks Jätakamata. 1893. 8*^.

Derselbe, Kupfergeld in der Mandschurei. 1893. 8*^.

Sergei Georgiewski, Mythische Anschauungen und Mythen der Chinesen (in russischer Sprache). 1893. 8^.

Sapiski (Histor.-philol. Fakultät). Vol. 31. 1893. 8".

Academy of natural Sciences in Philadelphia:

Journal. Series II, Vol. IX, part 3. 1892. fol.

Proceedings. 1892, part II, III. 1892. 8«.

American pharm aceutical Association in Philadelphia:

Proceedings. 40 th annual Meeting 1892. 8°.

Geographicid Club in Philadelphia:

Bulletin. Vol. I, Nr. 1. 1893. 8°.

Verzeichniss der eingelaufene)^ Druckschriften. 387

Historical Society of Pennsylvania in Philadelphia: The Pennsylvania Magazine of History. Vol. XVI, No. 3, 4. XVII, No. 1. 1892/93. 8».

Äme7-ican Philosophical Society in Philadelphia: Proceedings. Vol. XXX, No. 139. 1892. 8^.

Societä Toscana di scienze naturali in Pisa: Atti, Processi verbali. Vol. VIII, pag. 157—176. 1892. 4°.

K. Gymnasium in Plauen: Jahresbericht für das Jahr 1892/93. 4°.

K. geodätisches Institut in Potsdam: Die europäische Längengradmessung im 52. Grad Breite von Green-

wich bis Warschau. Heft I. Berlin 1893. 4°.

Jahresbericht des geodätischen Instituts 1891—92. Berlin 1892. 8».

Böhmische Kaiser Franz Josef Akademie der Wissenschaften,

Literatur und Kunst in Prag:

Almanach. Rocnik I— III. 1891-93. 8^.

Rozprawy I. (Philosophische und historische Abtheilung). Ja,hrgang I.

1891/92 in 4 Heften. 8^. Rozprawy II. (Mathematisch-naturwissenschaftliche Abtheilung). Jahr- gang I. 1891/92 in 42 Heften. 8°. Rozprawy III. (Philologische Abtheilung.) Jahrgang I. 1891/92 in

5 Heiten. 8°. (Abhandlungen). I. Abtheilung 1 Band. II. Abtheilung 3 Bände.

III. Abtheilung 1 Band. 8°. Historiky Archiv. Band I. 1893. 8*». Vestnik. Band I in 12 Heften. 1891/92. 8".

Mappy Stare Prahy. (Karte des alten Prag von 1200-1419). 1892. fol. V. E. Mourek, Kronika Dalimilova. 1892. 8«.

K. höhmische Gesellschaft der Wissenschaften in Prag: Sitzungsberichte, a) philos.-hist.-philologische Klasse 1892. 1893. 8'^. b) mathem.-naturwissensch. Klasse 1892. 1893. 8^. Jahresbericht für das Jahr 1892. 1893. S«.

Regesta diplomatica Bohemiae et Moraviae. Pars IV. 1892. 8'^. Hermenegildus Jii-ecek, Antiquae Boemiae topographia historica. Vindobonae 1893. 8".

Mathematisch-physikalische Gesellschaft in Prag: Casopis. Band 22, Heft 1—4. 1893. 8".

Ijese- und Hedehalle der deutschen Studenten in Prag: Bericht über das Jahr 1892. 1893. 8".

K. höhiiiischcs Musrum in Praq: Casopis. Band 66, No. 1—4. 1892. 8".

Deutsche Universität in Prag: Ordnung der Vorlesungen. Sommer-Sem. 1893. 8*^.

Instituto historico e gcograjihico in Rio de Janeiro: Revista trimensal. Tom. 54, parte 2. Tom. 55, parte 1. 1892. 8'\ J. M. Pereira da Silva, Christovam Colombo. 1892. 8". Colombo, l'oema por Manoel de Araujo Porto-Alegre. 1892. 4'\

388 Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften.

Observatorio in Bio de Janeiro: Annuario. Anno VIII. 1892. 8°. Le climat de Rio de Janeiro par L. Cruls. 1892. 4^.

Bocliester Academy of Science in BocJiester. N. Y.: Proeeedings. Vol. II, part 1. 1892. 8".

Geolopical Society of America in Bocliester. N. Y. : Bulletin. Vol. III. 1892. 8".

Accademia dei Lincei in Born: Annuario 1893. 8". Atti. Serie V, Rendiconti. Classe di scienze fisiche. Vol. I, 2. semestre,

fasc. 11, 12. Vol. II, 1. semestre, fasc. 1-7. 1892/93. 4». Atti. Serie IV, classe di scienze morali. Vol. X, parte 2. Notizic

degli scavi Settembre, Ottbre. e Nov. 1892. 1892. 4°. Rendiconti. Clas<?e di scienze morali e filologicbe. Serie V, Vol. I,

fasc. 10-12, Vol. II, fasc. 1, 2. 1892/93. 8°.

Bihliotcca Vaticana Born: Regesti Cleraentis Papae V Appendices. Tom. I. 1892. fol.

B. Comitato geologico d'Italia in Born: Bollettino. Anno 1892, No. 3, 4. 1893, No. 1. 8". Memorie. Vol. IV, parte 2. Firenze 1893. 4^.

Archäologisches Institut (römische Abtheilung) in Born: Mittheilungen. Band VII, fasc. 3, 4. 1893. 8''.

Societä Bomana di storia patria in Born: Archivio. Vol. XV, fasc. 3, 4. 1892. 8".

Societä Bomana per gli sttidi zoologici in Born: Bollettino. Vol. 1, No. 6. 1892. 8».

Ufficio centrale meteorologico in Born: Annali. Vol. VI, parte 1, 2, 1889. 1893. 4".

Academie des scienccs in Bouen: Precia des travaux, annee 1890—91. 1892. 8".

üniversity of California in Sacramento: Contributions from the Lick-Observatory, No. III. 1893. 8''.

American Association for the Advancement of science in Salem: Proceedings. 41 st Meeting held at Rochester, August 1892. 8*^.

Gesellschaft für Salzburger Landeskunde in Salzburg: Mittheilungen. 32. Vereinsjahr 1892. 8''.

Naturwissenschaftliche Gesellschaft in St. Gallen: Bericht. Vereinsjahr 1890/91. 1892. 8».

California Academy of sciences in San Francisco: Occasional Papers. III. 1893. 8». Zoe, a biological Journal. Vol. I, II. 1890-91. 8°.

Geographical Society of California in San Francisco: Bulletin. Vol. 1, part 1. 1893. 8'^.

Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften. 389

Socicte scientißque du Chili in Santiago: Actes. Tom. II, 3. 1893. S».

K. K. archäologisches Museum in Spalato: Bullettino di archeologia. Anno XV, No. 10—12. Anno XVI, No. 1—4. 1892/93. 80.

K. Sihliothelc in Stockholm: Accessions-Katalog No. 7, 1892. 1893. 8^.

Nordiska Miiseet in Stockholm: Skansen och Nordiska Museets Anläggningar , of Herman A. Ring. 1893. 80.

Societe des sciences in Strassburg: Bulletin mensuel. Tom. 26, fasc. 10. Tom. 27, fasc. 1—5. 1892/93. 8°.

Württembergische Kommission für Landesgeschichte in Stuttgart: Württembergiscbe Vierteljahreshefte für Landesgeschicbte. N. F., Jahrgang T, Heft 3, 4. 1892. 8".

K. Statistisches Landesamt in Stuttgart: Württemberg. Jahrbücher f. Statistik u. Landeskunde. Jahrg. 1892. 40. Beschreibung der Oberämter Ehingen und Reutlingen. 1893. 80.

Department of Mines in Sydney: Records of the geological Survey. Vol. III, part 2. 1892. 40.

üoyal Society of New-South Wales in Sydney: Journal and Proceedings. Vol. 26. 1892. 8*'.

College of Science, Imperial University in Tokyo, Japan: The Journal. Vol. V, part 3. VI, part 1. 1893. 4«.

Canadian Institute in Toronto: Transactions. Vol. III, part 1. 1892. 80.

Societä Adriatica di scienze naturali in Triest: Bollettino. Vol. XIV. 1893. S».

Korrespondenzblatt für die Gelehrten und Bealschulen Württembergs

in Tübingen: Korrespondenzblatt. Jahrg. 39, Heft 9—12 Jahrg. 40, Heft 1, 2. 1892/93. 8°.

B. Accademia delle scienze in Turin: Atti. Vol. XXVIII, disp. 1—8. 1892/93. 8". Memorie. Serie II, Tom. 42. 1892. 4».

Gesellschaft der humanistischen Wissenschaften in Upsala: Skrifter. Band I. 1890—92. 8».

Observatoire meteorologique de V Universite in Upsala: Bulletin mensuel. Vol. 24. 1892. fol.

Physiologisches Laboratorium in Utrecht: Onderzoekingen. IV. Reeks. Deel II, 2. 1893. 8».

Ateneo Veneto in Venedig:

L'Ateneo Veneto. Serie XIV, Vol. 2, fasc. 1—6. Serie XV, Vol. 1,

fasc. 1—6. Serie XV, Vol. 2, fasc. 1-6. 1890/91. 8^.

I

390 Verzeicliniss der eingelaufenen Druclcsehriften.

Beale Istituto Veneto di scienze in Venedig: Memorie. Vol. 23, 24. 1887 und 1891. 4». Atti. Tom. 38 = Serie VII. Tora. 2, disp. 1—10. 1890/92. 8«.

National Academy of sciences in Washingto)t: Memoirs. Vol. V. 1891. 4».

Bureau of Ethnology in Wasliington : Contributions to North American P'thnolo^ie. Vol. VII. 1890. 4". VII th annual Report 1885 1886. 1891. 4". Bibliography of the Athapascan Languages by J. C. Pilling. 1892. 8^.

Volta Bureau in Washington: Education of the Deaf by Jos. Claybaugh Gordon. 1892. 8».

U. S. Department of Agriculture, Division of Ornitliology in Washington: Bulletin No. 3. 1893. 8°.

Meteorological Department of the Government of India in Washittgton: Meteorological Observations. 1892, June, July. fol. Monthly Weather Review. 1892, July, August, fol.

Smithsonian Institution in Washington: Report of the U. S. National Museum for the year ending June 30, 1890. 1891. 8».

U. S. Naval Ohserratory in Washington: Report for the year ending June 30, 1892. 8°.

Nautical Ahnanac Office in Washington: Astronomical Papers of the American Ephemeris. Vol. II u. III. 1891. 4".

Surgeon GeneraVs Office U. S. Army in Washington: Index Catalogue. Vol. XIII. 1892. 4°.

Grossher zogliche Bibliothelc in Weimar: Zuwachs in den Jahren 1889—1892. 1893. 8'^.

Naturwissenschaftlicher Verein des Harzes in Wernigerode: Schriften. 7. Jahrg. 1892. 8^.

K. K. ATiademie der Wissenschaften in Wien: Denkschriften. Philos.-hist. Classe, Bd. 41. 1892. 4°. Sitzungsberichte. Philos.-hist. Classe, Bd. 126. 8". Sitzungsberichte. Mathem.-naturwissensch. Classe. Abtheilung I, 1891,

No. 8—10. 1892, No. 1—6. Abtheilung IIa, 1891, No. 8—10.

1892, No. 1-5. Abtheilung IIb, 1891, No. 8—10. 1892, No. 1—5.

Abtheilung III, 1891, No. 8-10. 1892, No. 1—5. 8». Archiv für österreichische Geschichte. Bd. 78, I. Hälfte. 1892. 8". Fontes rerum austriacarum. Abtheil. II, Bd. 46 u. 47, 1. Hälfte. 1892. 8». Almanach. 42. Jahrgang. 1892. 8<'. Venetianische Depeschen vom Kaiserhofe. Band 2. 1892. 8°.

K. K. genlogische Beichsanstalt in Wien: Verhandlungen. 1892, No. 11—18. 1893, No. 1—5. 4«. Jahrbuch. Jahrg. 1892, Band 42, Heft 2—4. 1893. 4«.

Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften. 391

K. K. Hofbibliothek in Wien: Tabulae codicum manu scriptorum. Tom. VIII. 1893. 8". Verzeichniss der im grossen Saale ausgestellten Scbaustücke. 1893. 8".

K. K. Gradmessurufs-Bureau in Wien: Astronomische Arbeiten d. K. K. Gradmessungs-Bureau. Bd. 4. 1892. 4°.

K. K. Gesellschaft der Äerzte in Wien: Wiener klinische Wochenschrift 1893, No. 1 21. 4". Anthropologische Gesellschaft in Wien: Mittheilungen. Band XXII, Heft 6. XXIII, 1—3. 1892/93. 4°.

Geographische Gesellschaft in Wien: Mittheilungen. Band 35. 1892. 8«.

Zoologisch-botanische Gesellschaft in Wien: Verhandlungen. Jahrg. 1892, Bd. 42, Quartal III u. IV. 1892/93. 8".

K. K. naturhistorisches Hofmuseum in Wien: Annalen. Bd. VII, No. 4. Bd. VIII, No. 1. 1892/93. 4«. Verein sur Verbreitung naturivissenschaftlicher Kenntnisse in Wien: Schriften. 32. Bd., Jahrg. 1891/92 mit einem Nachtrag. 1892. 8^.

Verein für Nassauische Alterthumslcunde in Wiesbaden: Annalen. 25. Band. 1893. S«,

Phgsikalisch-medicinische Gesellschaft in Würzburg : Verhandlungen. N. F., Band XXIV, No. 6—8. 1893. 8^. Sitzungsberichte. Jahrg. 1892, No. 7—10. 1893. 8".

Schweizerische meteorol. Gentralanstalt in Zürich: Annalen. 1890. 4".

Antiquarische Gesellschaft in Zürich: Mittheilungen. Band XXIII, 5. Leipzig 1893. 4".

Naturforschende Gesellschaft in Zürich: Vierteljahrschrift. 37. Jahrg., Heft 3, 4. 1892. 8".

Universität in Zürich: Schriften a. d. J. 1892—93. 4*^ und S**.

Von folgenden Privatpersonen:

S. H. Albert I., Fürst von Monaco: Prqjet d'observations mete'orologiques sur l'Ocean Atiantique. Paris

1893. 40. Re'sultats de campagne.s scientifiques, fasc. 3, 4. 1892/93. fol. Zur Erforschung der Meere und ihrer Bewohner, aus dem Französ. von E. V. Marenzeller. Wien 1891. 8".

31. Berthclot in Paris: Traitd pratique de calorimetrie ehimique. 1893. 8".

Hartmann Caviezel in Chur: Register dils mastrals (mistrali) dil cumin d'Ortenstein. 1892. 8^*. General-Lieutenant Johann Peter Stoppa. 1893. 8".

392 Verseichniss der eingelaufenen Druckschriften.

H. Fritsche in Petersburg : Ueber die Bestimmung der geographischen Länge und Breite in Asien und Europa 1867—1891. 1893. 8».

Anton Ganser in Graz: Der reine Gottesbegriff und dessen Wichtigkeit. 1892. 8°.

Hugo GyhUn in Stockholm: Nouvelles recherches sur les series employees dans les theories des planetes. 1892. 4".

H. V. Heimholte in Berlin: Elektromagnetische Theorie der Farbenzerstreuung. 1892. 8*^. Zusätze und Berichtigungen zu vorigem Aufsatze. 1893. 8".

Karl Holder in Freiburg in der Schweiz: Die Designation der Nachfolger durch die Päpste. 1892. 8°.

Jos. Bcridi. Jack in Konstanz: Botanischer Ausflug in's obere Donauthal. 1892. 8°.

Friedrich Keinz in München: Ein Verzeichniss der Augsburger Meistersinger des XVI. Jahrhunderts. 1893. 8".

iSicolai von Kokscharow in St. Petersburg : Materialien zur Mineralogie Russlands. Vol. XI, p. 97 -137. 1893. 8^.

J. V. Kuli in München: Repertorium zur Münzkunde Bayerns. Heft III. 1892. 8<'.

S. N. Katna in Przemysl: Die Schöpfungslehre der mosaischen Urkunde. 1892. 8".

Monsignor Fred. La China i)i Vittoria (Sicilia): Uomini e cose. Dialoghi. 2 Voll. 1893. 8".

Henry Charles Lea in Philadelphia: The Absolution Formula of the Templars. Sep.-Abdruck. 1893. 8**.

A. Legrelle in Paris: Une negotiation inconnue entre Berwick et Marlborough. 1893. 8*^.

Emile Lemoine in Paris: La geometrographie. 1892. 8^. 3 mathematische Broschüren. 1893. 8^.

Alexander 3Iacfarlani in Austin, Texas: The Imaginary of Algebra. Salem. 1892. 8". The fundamental Theorems of Analysis. Boston 1893. 8*^.

T. C. Mendenhall in Washington: Determinations of Gravity with half-second pendulums. 1892. 8°.

Gabriel Monod in Versailles: Revue historique. Tom. 51, No. 1, 2. Tom. 52, No. 1. Paris 1893. 8».

Jules Oppert in Paris: La fixation exacte de la Chronologie des derniers rois de Babylone. 1893. 80.

Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften. 393

C. Schmidt in Strassburg: Hen-ade de Laudsberg. 1893. 8".

H. Schuermans in Lüttich: La pragmatique sanction de Saint Louis. Fase. 4, 5. ßruxelles 1892. 8*^.

T. J. J. See aus Columbia, Missouri, in Berlin: Die Entwickelung der Doppelstern-Systeme. 1893. 4°.

Simon Sepp in Freising: Pyrrhoneische Studien. 1893. 8^.

L. Serrurier in Leyden: Japanese-English Dictionary. Vol. Il-L 1892. 8^. Professor SchlegersCriticism of Japanese-English Dictionary. 1893. 8".

Christian Friedrich Sei/bold in Tübingen: Lexicon Hispano-Guaranicum. Stuttgart 1893. 8*^.

Michcle Stossich in Triest; II genere Angiostomum Dujardin. 1893. 8". Osservazioni elmitologiche. Zagreb 1892. 8".

J. de Mendizdbal Tamborrel in Paris: Tables de.s Logarithmes. 1891. fol.

Colonel J. F. Tcnnant in Calcutta: Report on the preparations for, and observations of tlie Transit of Venus, on Dec. 8, 1874. 1877. 4».

G. H. Otto Volger, Warte Somienblick am Taunus: Die Lichtstrahlen, allgemein verständliche Begründung eines wich- tigen Abschnittes der physiologischen Optik. Emden 1892. 8".

Frau Gerhard vom Bath in Bonn: Sach- und Orts- Verzeichniss zu den mineralogischen u. geologischen Arbeiten von Gerhard vom Rath, von W. ßruhns u. K. ßusz. Leipzig 1893. 8».

Budolf Wolf in Zürich; Astronomische Mittheilungen. IjXXXL 1893. 8".

Silvestro Zinna in Neapel: Nuovi studii sperimentali sul tricloruro di boro. 1893. 4^'.

395

Namen-Ee£;ister

Brunn v. 238.

Carn'ere 252. Christ V. 57. Cornelius v. 241.

Dove 201.

Essenwein v. (Nekrolog) 247.

Göbel 252.

Hefner-Alteneck v. 1. Hertz Wilhelm !.

Keinz 153.

Lexer (Nekrolog) 239. Lindenschmitt (Nekrolog) 248. Linke 281.

Menke (Nekrolog) 246.

Naegeli (Nekrolog) 252. Nauck (Nekrolog) 238.

Oelele Frhr. v. 288.

Pettenkofer v. 238.

Quid.Ie 288.

396 Namen-Register.

Reber v. 2.

Renan (Nekrolog) 239.

Eoth V. (Nekrolog) 241.

Simonsfeld 303.

Spruner v. Merz (Nekrolog) 243.

Stumpf 303.

Taine (Nekrolog) 249.

Wölfflin 253.

397

Sacli-Remster

Bund, rheinischer 288.

Chroniken, Faentiner 303. ConsonanzbegrifF 303.

Eichstätter Kaiser- und Königsurkunden 288. Erkennen, Erleben, Erschliessen 252. Evangelium Palatinum 281.

Faentiner Chroniken 303.

(Tiftraädchen, die Sage vom 1.

Horatiana 57.

Itala, Freisinger 253.

Kalenderbilder, alte 1.

Kunstkammer, bayerische, Inventare der 2.

Meistersinger, Augsburger 153.

Volksname, der deutsche 201.

Sitzungsberichte

der

philosophisch -philologischen

und der

historischen Classe

der

k. b. Akademie der Wissenschaften

zu Mümchen.

Jahrgang 1893,

Z^veiter Band.

München

Verlag der K. Akademie 1894.

[n Commission des G. Franz'aclien Verlags (J. Roth).

Inhalts - Uebersicht.

Die mit * bezeichneten Abhandlungen sind in den Sitzungsberichten nicht abgedruckt.

OeffenÜ. Sitsimg zu Ehren Seiner Königl. Hoheit des Prinzregenten

am 22. November 1893.

Seite Wahlen 451

P h i 1 o « o p h i s c h - p h i 1 o 1 o g i s c h e C l a s s e.

Sitzung vom 8. Juli 1893.

*W. Geiger: Etymologie und Lautlehre des Afghanischen . 1 K. Krumbacher: Mittelgriechische Sprichwörter 1

Sitzung vom 4. November 1893.

C. Weyman: Studien zu Apuleius und seinen Nachahmern . 321 N. Weck lein: Studien zu den Hiketiden des Aeschylos . . 393

Sitzung vom 2. Dezember 1893.

Unger: Die Tagdata des Joaephos 453

*v. Maurer: Ueber die Huldasage 492

Nachtrag zur Sitzung vom 2. Juli 1892. R. Scholl: Ueber die }y.'/.o)n) des Atticiaten l'lirynichos . . 493

IV

Historische Classe. Sitzung vom 8. Juli 1893.

Seite Hei gel: Ueber den Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz, die armenische Königskrone zu gewinnen (1698—1705) 273

*P reger: Beiträge zur Geschichte der religiösen Bewegung in den Niederlanden in der zweiten Hälfte des 14. Jahr- hunderts 320

Sitzung vom 2. Dezember 1893.

*S. Riezler: Zur Würdigung Herzog Albrechts V. von Bayern

und seiner inneren Regierung 493

Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften 541

Register 565

Sitzungsberichte

der

köoigl. bayer. Akademie der Wissenschaften,

Philosophisch-philologische Classe.

Sitzung vom 8. Juli 1893.

Herr Kuhn legt eine Arbeit des Herrn Geiger in Erlangen vor:

„Etymologie und Lautlehre des Afghanischen."

Dieselbe wird in den Abhandlungen veröffentlicht werden.

Herr Krumbacher hielt einen Vortrag:

„Mittelgriechische Sprichwörter."

Einleitung

„El proverbio no fala." Venez. Sprichwort. Pasqualigo I.

Wer von mittelgriechischen Sprichwörtern hört, denkt zuerst an das Göttinger Corpus und vermutet, es handle sich um irgend eine Bearbeitung oder Fortsetzung der alten Sammlungen, die unter dem Namen des Zenobios, Diogenian, Plutarch u. a. überhefert sind. Denn die Anschauung, dass jedes byzantinische Geisteswerk Abklatsch oder Nachahmung eines antiken Vorbildes sein müsse, ist allgemein verbreitet und trifft für grosse Litteraturgebiete wirklich zu. Für die mittelgriechischen Sprichwörter gilt sie nicht; sie bilden eine der zahlreichen Ausnahmen von der Regel. Ich habe das

1893. Phil08.-philol. u. liist. Gl. II. 1. 1

2 Sitzung der pMlos.-pliüol. Classe vom 8. Juli 1893.

ganze Göttinger Corpus trotz seiner abschreckend unprak- tischen Einrichtung durchgenommen, um für die byzan- tinischen Sprüche ältere Muster zu finden und dadurch die allgemeine Geschichte des griechischen Sprichwortes sowie die Bedeutung einzelner Sprichwörter aufzuhellen: die Aus- beute war eine so spärliche, dass ich fast die grosse Mühe bereute. Wenn man nun die grosse Zähigkeit erwägt, welche in so vielen anderen Teilen des nationalen Lebens der Griechen, in Litteratur und Sprache, in Sitten und Gebräuchen, in volksmässigen Vorstellungen und Sagen, hervortritt, niuss dieses negative Ergebnis befremden. Worin liegt es be- gründet?

Vor allem in der bekannten, aber vielleicht nicht jedem Leser lebhaft genug gegenwärtigen Thatsache, dass die an- geblichen Sprichwörtersammlungen des Altertums zum aller- grössten Teile nicht Sprichwörter in unserem Sinne, sondern Zitate aus Dichtern und Prosaikern, geflügelte Worte, altertüm- liche Redensarten, rhetorische Floskeln und andere Schmink- pflästerchen für stilistische Unterweisung enthalten. Wir unterscheiden scharf zwischen dem Sprichworte, das aus dem Volke hervorgeht und im Volke oder wenigstens in weiteren Kreisen desselben oder in gewissen Gegenden verbreitet ist, und dem geflügelten Worte und der Sentenz, die sich auf einen bestimmten Urheber oder auf einen bekannten Anlass zurückführen lassen und mithin trotz ihrer weiten Verbreitung den Charakter gelehrter Zitate an sich tragen.^) Diesen Unterschied halten wir theoretisch aufrecht, wenn auch zu- weilen in der Praxis die Grenzlinie zwischen beiden Be- griff'en schwer zu ziehen ist. In den alten Sammlungen

1) Vgl. Wand er 1 S. V und besonders Otto S. VII ff., dessen treffliche Darlegungen mir jedes nähere Eingehen auf die mit der Definition des Sprichworts zusammenhängenden prinzipiellen Fragen ersparen.

Kruinbacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 3

aber fliessen beide Gattungen mit noch manchen anderen Dingen völlig zusammen und zwar ist die zweite Gattung, das gelehrte Zitat, unendlich stärker vertreten als die erste. Der gelehrte Charakter der alten , Sprichwörter* kommt auch darin zum Ausdruck, dass die meisten den Späteren ganz unverständlich waren und daher wie Litteraturwerke mit ausführlichen Erklärungen begleitet werden mussten. Die letzten Parömiographen, Apostolios und Arsenios, ver- kannten ihre Aufgabe so sehr, dass sie die alten Sammlungen zu einer förmlichen Blumenlese ausgedehnter Dichterstellen erweiterten. Neben den auf litterarischem Wege überlieferten Dichterversen, Sprüchen und Redensarten finden sich in den alten Sammlungen allerdings auch Sprüche, die in einer gewissen Zeit volksmässig waren: ihre Zahl ist aber gering, sie gehören mehr zur Kategorie der voces sapientium, als der proverbia rustica (s. Otto S. XVI) und ihre Auf- nahme in die Sammlungen verdanken sie wohl nur dem zufälligen Umstände, dass sie vorher von einem Schriftsteller angewendet worden waren und dadurch gleichsam die litte- rarische Weihe erhalten hatten. Für das rein Volksmässige, dessen Bedeutung heute wohl zuweilen überschätzt wird, hatten die an der gelehrten Litteratur beteiligten Griechen im Altertum und im Mittelalter kein Verständnis, und eine Sammlung von wirklich volksmässigen Sprichwörtern, wie sie in der neueren Zeit bei den meisten Völkern der Erde veranstaltet worden sind, hat es im Altertum meines Wissens nicht gegeben.

Die ersten Beispiele solcher Sammlungen, die heute so verbreitet sind und für jedes feinere Studium des Charakters und der Sprache eines Volkes als unerlässlich gelten, haben wir auf griechischem Boden in den unscheinbaren Erzeug- nissen zu suchen, welchen diese Abhandlung gewidmet ist. Gerade dieser „Abhub" proverbialer Weisheit, wie ein über- mütiger Fachgenosse die byzantinischen Sprichwörter benannt

4 Sitzung der philos.-phÜol. Glasse vom 8. Juli 1893.

hat/) bildet den Anfang und Ausgangspunkt der griechischen Parömiographie im heutigen Sinne. Und diesen byzantini- schen Sammlungen ist es zu danken, wenn sich in die letzten Ausläufer der Parömiographie im antiken Sinne, in die Sammlungen des Apostolios und Arsenios auch einige rein volksmässige Sprüche eingeschlichen haben; denn wie diese schon in der Humanistenzeit stehenden Parömiographen die alten Sammlungen durch zahlreiche Dichterstellen be- reicherten, so schöpften sie auch die volksmässigen Sprüche aus der Litteratur, aus den älteren byzantinischen Samm- lungen, versäumten aber nicht, die plebejischen Neulinge, wenn auch ohne Konsequenz, durch den Beisatz örjf^wör]g zu kennzeichnen, ähnlich wie dieselben später von Erasmus mit den Worten „Sapit vulgi faecem" stigmatisiert wurden. Nach dem Gesagten ist es klar, dass in den alten Sammlungen nur ganz wenige Stücke vorkommen, die sich nach Herkunft und Beschaffenheit mit den raittelgriechischen Sprichwörtern vergleichen lassen. Aber auch in dieser kleinen Gruppe von Sprüchen, die nachweisbar volksmässig sind oder durch ihr Kolorit auf volksmässigen Ursprung hinweisen, findet man auffallend wenig Parallelen für die mittelgriechi- schen Sprüche, sehr selten dieselbe Einkleidung, selten den gleichen oder einen nahverwandten Gedanken; kurz die Ver- wandtschaft ist kaum grösser als die zwischen den Sprich- wörtern aller Zeiten und Völker. Hier kann die Schuld nicht mehr auf die Beschaffenheit der alten Sammlungen geschoben werden; sie liegt im Charakter des alten Sprich- wortes selbst. Die Kluft zwischen Altertum und Mittelalter, die auch auf einigen Litteraturgebieten unverhüllt zu Tage tritt, macht sich auf dem gelehrten Einflüssen Avenig zugäng- lichen Gebiete des volkstümlichen Sprichwortes besonders deutlich bemerkbar. Die Denk-, Anschauungs- und Aus-

1) (A. Kopp), Wochenschrift für klass. Philologie 1887 S. 217.

Knunbacher: Mittel griechische Sprichicörler. 5

drucksweise hat sich von der klassischen bis zur byzan- tinischen Zeit durch die Auflösung der Stammessonderheiten, durch die kosmopolitische Ausbreitung des Hellenismus, durch die römische Herrschaft und zuletzt durch die ungeheuere Wirkung des Christentums auf Geist und Gemüt so gewaltig verändert, dass das Leben und Wesen des Volkes bei aller Stabilität einzelner Dinge doch im grossen und ganzen ein neues Gepräge empfangen hat. Wie nun die alten Volks- sprüche aus der Anschauung und Sprache ihrer Zeit hervor- gegangen sind, so ruhen auch die mittelgriechischen Sprich- wörter in ihrem eigenen Zeitalter und lassen sich nur aus den kulturellen und sprachlichen Voraussetzungen desselben verstehen. Die Form des Sprichwortes war jetzt durch die in der Laut- und Formenlehre, in der Syntax und im Wörter- buche eingetretenen Veränderungen, sowie durch das neue metrische Prinzip der Silbenzahl und des Accentes bedingt, und sein Inhalt entsprang aus der Lebensführung, aus den geistigen und sittlichen Qualitäten des mittelgriechischen Menschen. Somit erweist sich der zweite Hauptgrund der Differenz zwischen den altgriechischen und den mittelgriechi- schen Sprichwörtersammlungen als ein chronologischer und kulturgeschichtlicher.

Neben dem griechischen Altertum verdient bei unserer Untersuchung das römische Beachtung. Dem ungeheueren Einfluss, den Hellas auf Rom in Sprache, Litteratur, Religion und Kunst ausgeübt hat, konnte sich auch das Sprichwort nicht entziehen, und wie erfolgreich hier das griechische Denken eingewirkt hat, lehrt eine oberflächliche Durch- musterung der bei den lateinischen Autoren erhaltenen Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten. Demnach durfte man auch auf dem römischen Boden Parallelen zum mittelgriechischen Sprichwort erwarten. Die Prüfung des Materials wurde ungemein erleichtert durch das treffliche Buch von Otto, dem man nicht nur eine nahezu vollständige

6 Sitzung der philos.-ioliüol. Classe vom 8. Juli 1893.

Sammlung, sondern auch eine gründliche Säuberung des in lateinischem Gewände vorkommenden Sprichwörterschatzes von biblischen, mittelalterlichen und modernen Bestand- teilen verdankt; auch der Nachtrag von Szelinski wurde beigezogen. Das Ergebnis Avar ähnlich dürftig wie das der Vergleichung des Göttinger Corpus. Doch konnte ich wenigstens die eine interessante Thatsache feststellen, dass ein im 12. Jahrhundert nachweisbares mittel- und neu- griechisches Sprichwort, das heute völlig international zu sein scheint, im Altertum nicht in den griechischen Samm- lungen, wohl aber bei einem lateinischen Autor belegt ist: „Qui asinum non potest, Stratum caedit." Otto 191 (aus Petron 45). Die mittel- und neugriechischen und son- stigen Belege s. im Kapitel V.

Nachdem die Vergleichung mit dem antiken Sprichwort ein grösstenteils negatives Ergebnis geliefert hatte, richtete sich der Blick von selbst nach dem entgegengesetzten Ende der griechischen Kulturentwickelung, zu den Neugriechen. An Material ist hier kein Mangel. Wenn mir auch die älteren Sammlungen von A. Negris, J. Z. Maniaris und J. Ph. Berettas,^) sowie manche in griechischen Zeit- schriften zerstreute Beiträge unzugänglich blieben, so fand ich doch in den Sammlungen von Bartholdy, Ross, Sanders, Arabantinos, Benizelos, Sakellarios, Jean- narakis, Kanellakis, Diamantaras, Manolakakis, G. Papadopulos, Barzokas, Benetes u. a. so reichhaltige Hilfsmittel, dass mir von dem der Oeffentlichkeit übergebenen Teile der neugriechischen Sprichwörter wohl keine erhebliche Partie unbekannt geblieben ist. Bedauerlich ist nur, dass die gegen 6000 Sprüche umfassende, vom Syllogos Korais mit einem Preise gekrönte Sammlung von K. Nestoridis,

1) Sämtliche drei sind mir nur aus dem Zitat in den NeoeU. 'Avdksxra I 129 f. bekannt.

Krumbacher: MitteUjriechische Sprichicörtcr. 7

über welche die ^Qxela r^g veioreQag e^Mjviy.rjg yXioooijg I (1892) oeX. id-' berichten, noch nicht herausgegeben ist.

Da die obengenannten Samrahmgen in meinem Kom- mentare fortwährend beigezogen werden, scheint es mir unerlässlich, an dieser Stelle einige orientierende Worte über ihre Beschaffenheit einzuschalten. An Reichhaltigkeit stehen obenan die zwei Sammlungen von Benizelos und Ar ab an- tin os. Leider lassen gerade sie recht viel zu wünschen übrig. Dem Buche von Benizelos haften, obschon es in der zweiten Auflage vorliegt, alle denkbaren Mängel au: Es fehlt au Uebersichtlichkeit, au Zuverlässigkeit, an Sauber- keit, an den notwendigsten Erklärungen. Die Sprüche sind rein äusserlich nach dem Anfangsbuchstaben alphabetisch geordnet, ein verwerfliches System, das dadurch nicht besser wird, dass es die meisten griechischen Sammler von Zenobios bis herab auf Kanellakis adoptiert haben. Einen Spruch aufzufinden ist nur möglich, wenn man genau weiss, mit welchem Worte er beginnt; da nun aber bei den Griechen wie bei den anderen Völkern die Sprichwörter in unzähligen Varianten umlaufen, so wird die Aufsuchung eines nur dem Sinne nach erinnerlichen Spruches in den neugriechischen Sammlungen, wie ich oft erfahren musste, zu einer wahren Sisyphosarbeit. Eine weitere schlimme Folge des lexikalischen Systems ist, dass dieselben oder eng verwandte Sprüche zwei- und dreimal aufgeführt werden, sobald durch ganz unwesent- liche Wortumstellungen, durch Weglassung des Augments usw. sich verschiedene Initialen ergeben.

Eine weit bedenklichere Eigenschaft der genannten zwei Sammlungen ist ihre Unzuverlässigkeit. Mitten unter den neugriechischen Sprüchen irren Sprüche mit altgriechischen Formen, die nicht volkstümlich sein können; vgl. z. B. Arab. 135. 327. 461. Beniz. 32, 409. 63, 151 f. 101, 135. 109,243. 111,285. 113, 7. 151, 17 (?). 171, 51. 240, 924. Ausser solchen klassischen Reminiszenzen, die wohl aus dem

8 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

Schulunterrichte stammen, haben sich in einzelne Samm- lungen, besonders die von Benizelos, auch Sentenzen, ein- zelne Verse, ja Distichen und Tetrastichen aus Volksbüchern und Lehrgedichten (in der Art des Spaneas und Depha- ranas) verirrt; vgl. z. B. Beniz. 72, 102. 285, 6. 300, 216. Anderen Sprüchen sieht man es deutlich an, dass sie von dem Herausgeber willkürlich aus dem Gedächtnis rekonstruiert worden sind und dabei an ihrer echten Form Schaden ge- litten haben. Die Wiedergabe der dialektischen Eigentümlich- keiten lässt bei Arabantinos und Benizelos auch bescheidene Wünsche unerfüllt; ganz unmögliche Formen wie tiotitoj, (fS^avio finden sich in Masse und lassen ahnen, wie ungenau erst die Mitteilung feinerer Unterschiede (z. B. im Artikel, im Augment usw.) sein wird.

Störend ist ferner die bei solchen Sammlungen wenig angebrachte Prüderie, die Benizelos so weit treibt, dass er derbere Ausdrücke regelmässig durch Wörter ersetzt, die in ihrer Form völlig abweichen, so dass schon ein Zeitgenosse das Richtige oft nur schwer erraten kann, z. B. '^H ^naotQiyiia (wohl zu lesen: Ttovräva) d^sXei vd TiiQvg^Tfj xt i] yoQa öiv T'^v dg)T^vei. Beniz. 104, 175. Kazd td *7rrjld (wohl oxard) yial ro g)TvdQi. Beniz. 138, 324. "Ooo v-ad^iV 6 ^ f.iaoy.aQdg TOGO * f.iaoyf.aQevBTai (wohl yiEQaTdg v.EqaTcovBzaL). Beniz. 229, 776. Aehnlich Beniz. 235, 852 usw.^)

1) Vgl. über diese Seite des Sprichwortes die treif'lichen Worte von Wand er 1, XIV f.: ,Für die Wissenschaft gibt es in dieser Beziehung kein unsittliches Moment als die Fälschung. Sind an- stössige Redensarten vorhanden, so verschwinden sie dadurch nicht aus der Gesellschaft, in der sie sich bewegen, indem man sie einem Werke entzieht, welches die Aufgabe hat, das Volk zu charakteri- sieren und seine Sprachweise treu darzustellen." Er betont dann u. a. noch sehr richtig, dass der Begriff der Anstössigkeit ein sehr bedingter ist und wesentlich von der Bildung des Ohres und dem Charakter der Zeit abhängt; und bemerkt über sein eigenes Verfahren: „Man wird es demnach auch wol ganz angemessen finden, dass ich der-

Krumhacher : MUiehjricclüsche Sprichtcörter. 9

Auf der tiefsten Stufe stehen die beigegebenen Er- klärungen. Namentlich Benizelos leistet in dieser Hinsicht Unglaubliches. Man sollte es nicht für möglich halten, dass ein Mann, der das Sammeln von Sprichwörtern so viele Dezennien betrieben hat, so wenig in den Sinn derselben eingedrungen ist. Ganz regelmässig werden Sprüche von einer ganz speziellen, komplizierten Bedeutung mit einem viel zu weiten Gemeinplatze abgefunden; es wimmelt von halbrichtigen oder schiefen Deutungen; ja es fehlt nicht an völligen Missverständnissen. Ein Hauptmangel ist es, dass Benizelos und Arabautinos sich so häufig bei einer ganz allgemeinen, abstrakten Deutung beruhigen, wo für den Leser zunächst eine Erklärung des Wortlautes der Einkleiduno- oder eine Mitteilung der zu gründe liegenden Anekdote nötig wäre; das gilt z. B. für den Ausdruck: l4-/.Qißcc rd ocpoyY.ara oov Arab. 17 = Beniz. 5, 52; ich habe mich persönlich überzeugt, dass selbst Griechen die seltsame Wundergeschichte, welcher die Redensart ihre Entstehung verdankt, nicht kannten. Als Schmerzensgeld erhält der Leser von Benizelos bei jeder Gelegenheit kindische Ausfälle auf die griechischen Politiker und naive Entschuldigungen bei Sprüchen, die einem Stande, einer Landschaft oder einer Stadt zu nahe treten (eine Kategorie, die bei anderen Völkern weniger tragisch genommen wird und z. B. in den italienischen Sammlungen ganze Kapitel füllt; Giusti 209 ff., Pasqualigo H 150 ff.). Mangelhaftes Verständnis für den volksmässigen Ausdruck und Gedankengang habe ich übrigens auch in meiner Lehrthätigkeit und im persönlichen Umgang mit Griechen, besonders solchen der jüngeren Generation, häufig bemerkt; wahrscheinlich ist es eine der vielen schlimmen

gleichen Wörter nicht punktire, sondern ausschreibe. Es ist eine sonderbare Tugend, die daa, was sie dem Leser zu denken zumuthet» selbst nur durch Punkte andeutet, als wonn die Moral in den Punkten und in ein paar unterdrückten Buchstaben steckte."

10 Sitzung der philos.-philol. Clause vom 8. Juli 1893.

Folgen der unverantwortlichen Vernachlässigung der lebenden Sprache, die in den Schulen auf Kosten eines hohlen und fast völlig in Formen erstarrenden Klassizismus betrieben wird. Selbst dem verdienten Kanellakis, der doch stets mitten im chiotischen Volke gelebt hat, begegnen Missver- ständnisse; er versteht z. B. das Sprichwort: 'H Y.oiXia naqa- ■d^vqa dev i.yjE,i (248) ^üni riov KOiXiodovXcov, während es vielmehr, wie schon Benizelos (99, 106) und Jeann. 56 richtig andeuten, die Tröstung enthält: „Was man isst, ist gleichgiltig; die Leute sehen es einem nicht an." Vgl. das deutsche „Auf den Magen sieht man nicht, aber auf den Kragen.« Wander 3, 328, 4.

Recht bedenklich stimmt auch das von Arabantinos in seiner Einleitung S. ^*' ff. vorgetragene Bekenntnis, dass er alle Sprüche, bei welchen im Volksmunde der Rythmus, die Worte und der Sinn verdorben worden seien, „emendiert" habe: „'Of.ioXoytö ds oii in'^vEy/.ov Xe-z-Tixag rivag öiOQdcooeig elg ooag dia Tt]v mio OTouaTog elg OT0/.ta f.ieraöooiv tcov id^ecogr^oa Tcabovoag öiaoTQOCpnjv tou qvO/liov, tcjv Xe^ecov xal Tijg svvoiag.'^ Dass manche alte Sprüche vom Volke all- mählich missverstanden und infolge dessen volksetymologisch umgestaltet werden, ist richtig; aber die Konjekturalkritik muss hier doch mit ganz anderer Reserve zu Werke gehen als bei alten durch die Hände mehrerer Kopisten gegangenen Texten und in jedem Falle muss der Herausgeber volks- mässiger Sprüche seine „Emendationen" in die Anmerkungen verweisen, wie es Arabantinos bei Nr. 324 auch wirklich gethan hat. Nach dem oben mitgeteilten Geständnis aber weiss man nie, ob man eine im Volke gebrauchte oder eine von Arabantinos „verbesserte" Form vor sich hat. Nicht weniger Misstrauen als diese Emendationen erweckt die bei Arabantinos ganz unverhüllt hervortretende Tendenz, durch seine Sprichwörter etwas für die Reinheit und Altertümlich- keit der neugriechischen Sprache zu beweisen, und wenn er

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichivörter. 11

z. B. in der Einleitung S. C' mit Stolz betont, dass in seinen 2000 Sprichwörtern kaum 40 Fremdwörter vorkommen, so liegt der Gedanke nahe, dass er mit Fremdwörtern „befleckte" Sprüche möglichst ferne gebalten habe. Kurz sowohl die Sammlung von Benizelos als die von Arabantinos können nur mit grösster Vorsicht und stetem Vorbehalt benützt werden.

lieber die anderen Sammlungen kann ich mich kürzer fassen. Die von Bartholdy, Boss und Sanders bieten wenig Material und kommen nur der Vollständigkeit halber in Betracht; Bartholdy, der seine Sprüche in lateinischer Transcription mitteilt, bat offenbar selbst nicht Griechisch verstanden; Sanders schöpfte aus sekundären Quellen. Recht erfreuliche Leistungen sind die kleinen Sammlungen, welche auf Anregung des athenischen Syllogos Parnassos von meh- reren Gelehrten veranstaltet und mit Ausschluss der schon bei Benizelos vorkommenden Sprichwörter im ersten Bande der NeoeXXrjvixa ^valexza veröffentlicht wurden, ebenso mehrere Sammlungen von Sprichwörtern bestimmter Land- schaften, wie die von Sakellarios (Cypern), Jeannarakis (Kreta), Kanellakis (Chios), Diamantaras (Kastellorizo), Manolakakis (Karpathos), Papadopulos (Nisyros) und die drei epirotischen Sammlungen von Barzokas, Benetes und einem Anonymus. Sie sind durchwegs in der neuesten Zeit veranstaltet worden, und man sieht es den meisten von ihnen deutlich an, dass die von griechischen und nichtgrie- chischen Gelehrten wiederholt ausgesprochenen Mahnungen zu treuerer Widergabe der Dialektformen nicht fruchtlos geblieben sind. Dass auch in manchen dieser Sammlungen (z. B. in der von Kanellakis) trotz ihres geringen Umfangs dieselben Sprichwörter dank dem lexikalischen Prinzip zwei- mal aufgeführt sind und dass auch die beigegebenen Er- klärungen da und dort der Revision bedürfen, thut dem Verdienste der fleissigen Sammler keinen Eintrag.

12 Sitzung der i)hilos.-phüöl. Classe vom S. Juli 1893.

Trotz aller dieser Beiträge bleibt noch ein grosses Stück Arbeit übrig. Wenn man mit Schmerz beobachtet, wie in Griechenland das alte Volksleben mit seiner ausdrucksvollen Sprache vor der meist oberflächlichen Durchschnittsbildung der grossen Städte täglich zurückweicht, so kann man den Wunsch nicht unterdrücken, dass möglichst bald ein philo- logisch und Iblkloristisch durchgebildeter Grieche mit behut- samer Verwertung aller Vorarbeiten ein kritisch gesichtetes, mit knappen Wort- und Sacherklärungen ausgestattetes Corpus der neugriechischen Spruchweisheit herstelle. Was die technische Einrichtung eines solchen Werkes betriff't, so wäre es angezeigt, die in Griechenland hergebrachte rein alphabetische Anordnung, durch welche die zusammenge- hörigen Sprüche auseinandergerissen werden und jede Ueber- sicht verhindert wird, ganz aufzugeben. Manche Vorzüge hat das in Italien übliche, z. B. von Giusti und nach ihm von Pasqualigo, Samarani und Pitre angewandte System der Einteilung in stofflich geschiedene, alphabetisch ge- ordnete Kapitel z. B. Abitudini; Adulazione; Äffetti; Agri- coltura; Allegria usw. Doch ist die Grenze zwischen den unter die einzelnen Kapitel fallenden Begriffen oft schwer zu erkennen und zahllose Sprüche gehören in verschiedene Stoffkategorien, wodurch das Aufsuchen derselben wiederum sehr erschwert wird. Am besten empfiehlt sich zur übersicht- lichen Anordnung eines so ungeheueren, aus lauter kleinen, durch kein äusseres Band verknüpften Teilchen bestehenden Materials das von Wander, Düringsfeld, Otto u. a. mit Erfolg durchgeführte Schlagwörtersystem, das zwischen dem neugriechischen und italienischen System in der Mitte steht, indem es die lexikalische Anordnung mit der inhalt- lichen verbindet.

Noch muss ich das Verfahren erklären, welches ich bei der Benützung der neugriechischen Sammlungen beobachtet habe. Mancher wird es vielleicht überflüssig finden, dass

Knimbacher: Mittehjriechische Sprichivörter. 13

ich mich bei Sprüchen, die in mehreren Sammlungen vor- kommen, nicht mit einer einzigen Verweisung begnügt habe. Von dieser Vereinfachung der Zitate hielten mich aber triftige Gründe ab: Einmal zeigen die Sprüche in den verschiedenen Sammlungen häufig bemerkenswerte dialektische Varianten, wenn dieselben auch von den Herausgebern nicht konsequent notiert sind. Dann ist es nicht gleichgiltig, ob ein Spruch nur in einer Sammlung oder in mehreren bezeugt ist; denn manche angeblichen Volkssprüche sind Flittergold oder sind wenigstens hinsichtlich ihrer Fassung verdächtig, und da sind mehrere Zeugen recht willkommen, um so mehr als die meisten Sammlungen eine selbständige Ueberlieferung dar- stellen; die Herausgeber haben grösstenteils auf eigene Faust aus dem Munde des Volkes gesammelt, ohne bei ihren Vor- gängern genauere Umschau zu halten. So wird aus dem Vorkommen eines Spruches in mehreren Saminlungen auch seine räumliche Verbreitung und seine Popularität ersichtlich. Selbst der zeitliche Abstand der einzelnen Sammlungen kommt zuweilen in Betracht. Meine lokalen Bestimmungen (epi- rotisch, kretisch usw.) haben natürlich nur den Sinn, dass das Sprichwort zunächst in einer Sammlung aus Epirus, Kreta usw. belegt ist, nicht aber, dass es anderswo fehlt. Bezüglich der dialektischen Schwankungen, die in mehreren Sammlungen nur unvollständig und inkonsequent wieder- gegeben sind, konnte ich mich natürlich auf keine Besserungs- versuche einlassen und auch in der bekanntlich sehr schwan- kenden Orthographie des Neugriechischen bin ich, von einigen unerträglichen Unarten und offenbaren Druckfehlern abge- sehen, meinen Vorlagen gefolgt.

Die Vergleichung der mittelgriechischen Sammlungen mit den neugriechischen war vom besten Erfolge gekrönt. So spärlich die Anklänge des byzantinischen Sprichwortes an das altgriechische sind, so zahlreiche und überraschend ähnliche l'arallelen fanden sich in der neugriechischen Spruch-

14 Sitzung der philos.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

Weisheit eine neue Bestätigung der auch auf anderen Gebieten beobachteten Thatsache, dass die christlichen Byzan- tiner mit den Neugriechen unvergleichlich enger verbunden sind als mit ihren heidnischen Vorfahren. Immerhin mag es auffällig erscheinen, dass so viele byzantinische Sprüche mit neugriechischen im Gedanken, in der bildlichen Ein- kleidung, ja fast wörtlich übereinstimmen; handelt es sich doch um Sprüche, von welchen, wie das Alter der Hand- schriften und die Zitate in Schriftstellern beweisen, die meisten spätestens schon im 14. oder 13., einzelne spätestens im 12. und 11. Jahrhundert in Gebrauch kamen. Ich weiss nicht, ob sich im Sprich wörtersch atz eines anderen modernen Volkes so viel nachweislich mittelalterliches Gut erhalten hat. Ihre Erklärung findet dieses zähe Fortleben der alten Sprüche, wenn man erwägt, dass dieselbe konservative Tendenz auch in der Sprache und Volkspoesie der Mittel- und Neu- griechen hervortritt. Es kann nach den neuesten Forschungen kaum einem Zweifel unterliegen, dass sich das Griechische vom Mittelalter bis auf den heutigen Tag erheblich weniger verändert hat als das Italienische, Französische, Deutsche und Englische, und es ist eine z. B. am Akritenzyklus bis ins Einzelne nachweisbare Thatsache, dass im griechischen Volk noch heute Heldensagen und umfangreiche Volkslieder fortleben, die aus Zuständen und Ereignissen des frühen Mittelalters (wohl des 10. Jahrh.) entsprungen sind. Ein neues Beispiel des Fortlebens alter Lieder wird in der byz. Zeitschr. II (1893) 562 angeführt. Eine andere Frage ist es, ob dieses starre Festhalten am alten Gute wirklich, wie es zum Ueberdruss oft geschehen ist, als ein besonderer Vorzug des neugriechischen Volkes, als Beweis eines starken Charakters und einer widerstandsfähigen Natur betrachtet werden darf. Ich denke, der Grund dieser häufig gedanken- los angestaunten konservativen Richtung ist nicht zu suchen in einer günstigen Veranlagung des griechischen Volkes,

Krumhacher: Mlttelgriechische Sprichtvörter. 15

sondern in der durch die politischen Verhältnisse verursachten kulturellen Stagnation, welche Griechenland seit dem 15. Jahr- hundert niedergehalten hat, gerade seit jener Zeit, mit welcher für die zunächst in Vergleich kommenden Völker des Abend- landes eine grossartige Epoche neuen Schaffens auf allen Gebieten anbrach. Hätten die Griechen das Glück gehabt, an den gewaltigen Geistesbewegungen der Renaissance und der Neuzeit teilzunehmen, so wäre auch bei ihnen von der mittelalterlichen Anschauungs- und Ansdrucksweise nicht mehr erhalten geblieben als bei den Westeuropäern. Statt dessen stehen sie in der wichtigsten geistigen Lebensfrage einer Nation noch vor einer Aufgabe, an deren Lösung Italiener, Franzosen und Spanier schon im Mittelalter mit Erfolg herangetreten waren, vor der Aufgabe, eine den Bedürfnissen der Gegenwart genügende und zur Schöpfung einer Litteratur geeignete Schriftsprache auszubilden!

Wenn somit der Gegensatz des mittelgriechischen Sprich- wortes zum antiken und seine grosse Verwandtschaft mit dem neugriechischen im Einklänge mit den allgemeinen kultur- und sprachgesehichtlichen Verhältnissen steht und durch sie ihre Erklärung findet, so erhebt sich noch die Frage, in wie weit das geschichtliche Verhältnis der Byzantiner und Neugriechen zu anderen Völkern auf dem Gebiet des Sprichwortes zum Ausdruck gekommen ist. Zu einer erschöpfenden Vergleichung der Sprichwörter aller benach- barten Völker gebrach es mir an Zeit und noch mehr an geeignetem Material und an Sprachkenntnissen. Doch liess schon eine beschränkte Umschau höchst interessante und für die vergleichende Litteratur- und Volksgeschichte lehr- reiche Thatsachen erkennen.

Am engsten verwandt mit dem Sprichwort der Mittel- und Neugriechen erweist sich das der Albanesen, soweit das beschränkte Material ein Urteil gestattet; mir stand leider

16 Sitzung der i^hilos.-philol. Glasse vom 8. Juli 1893.

nur Hahns Sammlung toskischer Sprüche zu geböte. Be- kanntlich ist auch die Sprache der Albanesen, die ja von jeher unter Griechen oder in unmittelbarer Nachbarschaft von Griechen wohnten und es nie zu einer selbständigen Kultur und Litteratur gebracht haben, mit mehr griechischen Bestandteilen versetzt als irgend eine andere.

Nach den Albanesen kommen die slavischen Völker. Zwar ist ein näheres Verhältnis zum mittel- und neu- griechischen Sprichwort zunächst nur für das russische Sprichwort (von Kurtz) nachgewiesen worden. Da aber die Südslaven mit den Byzantinern und Neugriechen viel länger und inniger in Verbindung standen als die Russen, die den grössten Teil des griechischen Kulturgutes erst durch südslavische Vermittelung erhalten haben, so lässt sich mit Sicherheit voraussetzen, dass die Verwandtschaft zwischen dem griechischen und slavischen Sprichwort sich auch auf das Bulgarische und Serbische erstreckt. Möchte sich dieser Frage, zu deren Prüfung mir die erforderlichen Sprach- kenntnisse und Hilfsmittel fehlen, ein wenn möglich auch mit der älteren bulgarischen und serbischen Litteratur ver- trauter Slavist annehmen.

Von den romanischen Völkern kommen zunächst die Rumänen in Betracht. Wie sie, zwischen Griechen und Slaven eingekeilt, von beiden in ihrer Sprache, ihren Volks- sagen und ihren Erzählungen beeinflusst erscheinen, so haben sie gewiss auch, sei es nun direkt oder durch slavische Ver- mittelung, griechische Sprichwörter angenommen. Den Be- weis dafür kann ich nicht erbringen, da mir keine einzige rumänische Sprichwörtersammlung bekannt geworden ist. Vielleicht findet der tüchtige Kenner des rumänischen Folklore und seiner Beziehungen zu den Nachbarvölkern, M. Gast er, Zeit und Neigung, sich auch diesem Problem zuzuwenden.

Unter den übrigen Romanen stehen den Byzantinern durch ihre Abstammung und Geschichte, durch die Lage

Krumhacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 17

ihres Wohnortes und ihre Lebensführung am nächsten die Italiener, und von diesen kommen in erster Linie die mit dem griechischen Volke bis in die neuere Zeit durch zahl- reiche kommerzielle und geistige Beziehungen verbundenen Venezianer in Betracht. Allerdings ist der europäische Osten vom Westen im Mittelalter mehr und mehr getrennt worden, und der gewaltige Gegensatz, der noch heute ganz Europa schneidig durchdringt und in eine germanisch-roma- nische und eine griechisch-slavische Welt spaltet, reicht in seinen verschiedenen religiösen, politischen und kulturellen Ursachen bis ins frühe Mittelalter zurück; aber andererseits haben doch gerade die Italiener anfänglich durch rege Handels- beziehungen, später durch politische Aktionen und durch die Erwerbung ausgedehnter Ländereien die Verbindung mit dem griechischen Osten bis in die neuere Zeit aufrecht erhalten. Es war also gewiss berechtigt, auch im Sprichwort erhebliche Spuren dieser engen und, wenn man die Italiener als ein Ganzes nimmt, mehr als zweitausendjährigen Kulturbezieh- ungen zu suchen.

Zur Vergleichung boten sich treffliche Hilfsmittel: für das venezianische Sprichwort die Sammlung von Pasqua- ligo, für das lombardische die von Samarani, für das toskanische das ausgezeichnete, jedermann, der sich mit dem italienischen Leben näher vertraut machen will, warm zu empfehlenden Buch von Giusti, für das sizilianische endlich die grosse Sammlung von Pitre; wenig Neues enthält die mit einer deutschen Uebersetzung versehene Sammlung von Giani. Die hohen Erwartungen, welche ich an die Durchmusterung dieser reichhaltigen Werke knüpfte, er- füllten sich nicht. Abgesehen von einigen Sprüchen, die völlig international sind, ergaben sich für die mittelgriechi- sehen Sammlungen wenig brauchbare Seitenstücke, und selbst zu den weit zahlreicheren neugriechischen Sprüchen fanden sich wenige schlagende Parallelen. Ganz vereinzelt stehen

1893. Philo8.-pliiloI. u. bist Cl. 11. 1. 2

18 Sitzung der philos.-philol. Classc vom 8. Juli 1803.

die Fälle, wo eine irgendwie originelle griechische Einkleidung im italienischen Sprichwort wiederkehrt; ziemlich selten findet sich derselbe Gedanke. Es hat also doch der oben erwähnte Gegensatz der Religion und Rasse sich auf dem Gebiete des Sprichwortes als mächtiger erwiesen denn die freundschaft- lichen Beziehungen in Handel und Politik. Diese Thatsache wird verständlicher, wenn man erwägt, dass das Griechentum auch in sprachlicher Hinsicht sich gegen den fränkischen Einfluss völlig ablehnend verhielt. Vergeblich sucht man im neucyprischen Dialekt erheblichere Spuren der langen französischen und venezianischen Herrschaft, und mit Recht hat jüngst Carl Neu mann, Deutsche Litteraturzeitung 1893, 687, darauf hingewiesen, dass es eine völlige Verkennung der Thatsachen war, wenn Haudecoeur in seiner Einleitung zu H. Noiret's Documents inedits pour servir ä l'histoire de la domination venitienne en Crete (Paris 1892) sich zu der Behauptung hinreissen Hess, das griechische Element sei in Kreta von dem venezianischen zurückgedrängt worden; genau das Gegenteil war der Fall: schon am Ausgang des 16. Jahrhunderts waren, wie Neumann mit Verweisung auf Zinkeisen weiter ausführt, die venezianischen Lehnsträger meist heruntergekommen und jedenfalls nahezu gräcisiert, während die griechischen Grundherren nach wie vor florierten. Und heute ist in Kreta vom Italienischen so gut wie nichts übrig geblieben. Nicht einmal auf den jonischen Inseln hat das italienische Element tiefere Wurzeln schlagen können. Der Unterschied des italienischen Sprichwortes vom griechischen kommt am deutlichsten in der Einkleidung zum Ausdruck. Der Italiener liebt eine abstrakte, nüchterne, raaximenhafte Fassung, während dem Griechen die konkret erzählende oder befehlende Form und ein grosser Reichtum origineller Bilder eigentümlich ist. Ausserdem scheidet sich das italienische, besonders das toskanische Sprichwort vom neugriechischen durch die grössere Mannigfaltigkeit der

Krumbachcr: Mittelyriechische Spriclnvörtcr. 1^

Lebensverhältnisse, die es widerspiegelt. Besässen wir von beiden Völkern keine historische Kunde und keine andere geistige Aeusserung als die Sprichwörter, so könnten wir aus diesen allein teils beweisen, teils vermutend erschliessen, dass die Italiener und unter ihnen wieder vor allem die Toskaner und Venezianer eine unendlich reichere Entwicke- lung in der Geschichte der Städte und Gemeinden, in Re- ligion, Wissenschaft und Kunst, in Handel, Gewerbe und Landbau hinter sich haben als die Griechen. Dem neu- griechischen Sprichwort fehlt der schöne Ausdruck eines mannigfach abgestuften Lebens, der das toskanische und venezianische Sprichwort auszeichnet; man erkennt an ihm, welchen Einfluss die der Individualität der Städte und Land- schaften stets feindselige byzantinische Monarchie und später die alle Unterschiede der christlichen Unterthanen nivel- lierende und jede freiere Regung des Volksgeistes unter- drückende Türkenherrschaft, welcher die Majorität der Griechen noch heute unterworfen ist, auf das ganze nationale Leben ausgeübt hat.

Endlich beschloss ich es mit den Spaniern zu ver- suchen, die durch die Aehnlichkeit der klimatischen und sonsticren äusseren Lebensverhältnisse und durch die viel-

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hundertjährige enge Berührung mit den Arabern ähnliche allgemeine Vorbedingungen haben wie die Griechen. Wenn das klassische Land des Sprichwortes, die Heimat des Sancho Panza, an sich zur Vergleichung locken musste, so war es noch ein äusserer Umstand, der mich in meinem Plane bestärkte: Mir stand für das spanische Sprichwort ein durch hohes Alter und reichen Inhalt ausgezeichnetes, ungemein seltenes Hilfsmittel zu geböte, der von dem Spanier Mosen Pedro Valles im Jahre 1549 zu Saragossa herausgegebene „Libro de Refränes", der etwa 4300 spanische Sprichwörter und Redensarten enthält. Für einen Teil dieser Sammlung benutzte ich die „Altspanischen Sprichwörter" von Haller,

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20 Sitzung der phüos.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

ein mit grossem Fleisse gearbeitetes, aber in der Grundidee verfehltes Werk, in welchem der Buchstabe A des „Libro" mit deutscher Uebersetzung, spanischem und deutschem Kom- mentar und zahllosen Parallelen aus anderen Sprachen neu herausgegeben ist. Die spanischen Sprichwörter erfüllten die Hoffnungen, mit welchen ich an das wegen der altertüm- lichen Sprache nicht gerade leichte Studium derselben heran- ging, noch weniger als die italienischen. So reiche Auf- klärungen sie für das spätmittelalterlicbe Leben der Spanier boten, so spärlich zeigten sich Sprüche, die zur Erklärung oder Illustration der mittelgriechischen Sammlungen dienen konnten. Einige treffliche Parallelen bietet V alles für das neugriechische Sprichwort.

Zuletzt durften auch die Sprichwörter der orien- talischen Völker nicht tibersehen werden, welche mit den Griechen zu verschiedenen Zeiten des Mittelalters, teils neben einander, teils einander ablösend, kulturellen Verkehr ge- pflogen haben, also der Araber, Syrer, Juden, Armenier und Türken. Eine systematische Durchführung der Ver- gleichung, zu welcher eine umfassende Kenntnis der orien- talischen Sprachen notwendig wäre, war hier noch weniger ausführbar als bei den Sprüchen der europäischen Völker; doch habe ich wenigstens einige grössere arabische Samm- lungen, die mir durch eine lateinische, deutsche oder eng- lische Uebersetzung zugänglich waren, und zwei türkische mit den mittelgriechischen Sprichwörtern verglichen. Dabei kam der glückliche Umstand zu statten, dass jede der ara- bischen Sammlungen eine nach ihrer zeitlichen oder örtlichen Herkunft verschiedene Gruppe von Sprüchen enthält. Eine umfangreiche Sammlung alter arabischer Sprichwörter, Redens- arten und Vergleiche, die grösstenteils einen litterarischen Charakter haben und daher auch mit Schollen ausgestattet sind, veranstaltete der Araber Meidani; G. W. Freytag hat sie mit zahlreichen Zusätzen der Oetfentlichkeit über-

Krumhacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 21

geben. Für das Studium der volksmässigen , noch heute üblichen Sprichwörter haben wir mehrere treffliche Samm- lungen: aus Egypten die von Burckhardt, aus Syrien die von Burton, aus der Gegend von Mosul und Mardin die von So ein. Wenig Brauchbares bot das wesentlich zur Illustration von Bibelstellen bestimmte Werk von Long. Aus dem Gesagten wird ersichtlich, dass die Sammlungen von Burckhardt, Burton und Socin sich zu der von Meidani ähnlich verhalten, wie die mittel- und neugriechischen Samm- lungen zu den im Göttinger Corpus vereinigten altgriechischen Paroemiographen, ein Verhältnis, das auch darin zum Aus- druck kommt, dass Meidani -E'reytag verhältnismässig am wenigsten Parallelen für die mittel- und neugriechischen Sprüche liefert. Für das türkische Sprichwort benützte ich die von der k. k. orientalischen Akademie in Wien herausgegebenen „Os manischen Sprichwörter" und die Sammlung sartischer Sprichwörter von Vambery. Sie lehren leider für das mittelgriechische Sprichwort wenig und bieten auch für das neugriechische Sprichwort meist nur solche Parallelen, die auch bei den Italienern und anderen Völkern vorkommen. Dagegen ergab sich aus den arabischen Sammlungen eine wichtige allgemeine Thatsache.

Bei der Lektüre derselben hatte ich fortwährend das Gefühl, mich auf einem dem mittel- und neugriechischen Sprichwort verwandten Gebiete zu bewegen; ich glaubte überall Anklänge an die griechischen Sprüche zu vernehmen; und doch erwies sich schliesslich der grösste Teil der schein- baren Aehnlichkeit als echt arabische Fata Morgana; das zahlenmässig berechenbare Fazit des langwierigen Vergleiches fiel über alles Erwarten ärmlich aus. Ich will erklären, worin diese Täuschung beruhte.

Unter den aral)ischen Sprichwörtern sind nur wenige, welche im Gedanken oder in der speziellen Einkleidung desselben mit einem mittel- oder neugriechischen Spruche

22 Sitzung der philos.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

übereinstimmen. Die dem Leser sofort auffallende Verwandtschaft beider Spricliwörtergebiete liegt nicht im Detail, sondern in einigen allgemeinen Eigenschaften: in dem Reichtum an originellen, dem Westeuropäer fremdartigen Bildern und vor allem in der Vorliebe für die anekdotenhafte, epi- logische, konkret erzählende, fragende oder be- fehlende Form der Einkleidung. Es sind lauter Sche- mata, in welchen der persönliche und partikulare Fall noch nicht zur Regel verdichtet ist, z. B.:

1. Als er zum Islam gelangt war, wollte er Scherif werden. Burckh. 136.

2. Sie bedurften (der Hilfe) des Juden. Dieser Tag, sprach er, ist mein Festtag. Burckh. 78.

3. Er floh vor dem Regen und setzte sich unter die Dach- traufe. Burckh. 474.

4. Wohin kann die Sonne fliehen vor den Bleichern? Burckh. 130.

5. Röste sie nur, aber verbrenne sie nicht! Burckh. 152.

Nun vergleiche man folgende mittel- und neugrie- chische Sprichwörter:

1. Ein anderer traf das Bad leer und fand keinen Platz, sich zu setzen. Unsere Sammlung 78.

2. Gärtner, heb mich auf! Da sagt er: Lass den Hund los. Ebenda 14.

3. Von der Frühmette ging ich weg und fand vor mir ein Hochamt. Ebenda 75.

4. Hier gehen Schilfe unter, und du, mein Kähnchen, wohin willst du? Beniz. 68, 42.

5. Ehe du ertrinkst, bezahle das Fahrgeld! Unsere Samm- lung 36.

In den italienischen und sonstigen westeuropä- ischen Sammlungen sind diese arabisch-griechischen Spruch-

Krumb acher: MittclgriccMsclie Sprichivörter. 23

formen äusserst selten. Namentlich fehlen in den italienischen Sammlungen, die zunächst zum Vergleiche reizen, die einzelne Person, das einzelne Factum und das erzählende Moment fast völlig; es herrscht die allgemein gültige mit oder ohne Gleichnis ausgedrückte Regel z. B. Acqua corrente non porta veleno: Rinnendes Wasser birgt kein Gift. Giani 4. Meglio amicizia che famiglia: Besser Freundschaft als Ver- wandtschaft. Giani 10. Senza Cerere e Bacco e amor debole e fiacco: Ohne Wein und Brot Leidet Venus Not. Giani 16. Cogli anni Vengon gli affanni: Beschwerden Sind des Alters Gefährten. Giani 18.

Damit der Unterschied noch deutlicher hervortrete, mögen die westeuropäischen und die griechischen Formen eines wol- bekannten internationalen Sprichwortes neben einander gestellt werden: „Einem geschenkten Gaul sieht man nicht ins Maul." Lateinisch: „Noli equi dentes inspicere donati." (Otto 607). Englisch: „Look not a gift horse in the mouth." Fran- zösisch: „A cheval donne il ne faut pas regarder ä la bouche." Italienisch : A caval donato non si guarda in bocca." Spanisch : „A caballo dado no le miran el diente." Portugiesisch: „A cavallo dado näo olhes o dente." Rumänisch: „Callulü de darü nu se cautä pe din^i." Ausser diesen Hauptformen werden von Düringsfeld 2, Nr. 305, noch zahlreiche Va- rianten angeführt, neuhoch-, mittel-, ober- und plattdeutsche, niederländische, friesische, englische, dänische, isländische, norwegische , schwedische , lateinische , churwälsche , nord- und südfranzösische, mittel-, nord- und süditalienische, kata- lonische, spanische, portugiesische und rumänische, im ganzen nicht weniger als 65. Vgl. auch Wander 1 S. 1362 Nr. 25. Wenn man all diese Varianten nach ihrer grammatischen Konstruktion prüft, so findet man folgende 8 Formen: 1. Sieht man nicht. 2. Muss man nicht sehen. 3, Darf man nicht sehen. 4. Sollte man nicht sehen. 5. Wird nicht gesehen. 6, Sieh nicht! 7. Seht nicht! 8. Nicht sehen

24 Sitzung der philos.-pkilol. Classe com 8. Juli 1893.

(Inf. = Inip. Ital. non guardare). Es ist klar, dass diese 8 Foraien wenig verschieden sind: der Gedanke wixd ent- weder als eine geltende Gewohnheit, nach der man sich richten muss (Nr. 1), oder geradezu als Verbot (Nr. 2 8) ausgedrückt; allen Formen ist der generalisierende, maximen- hafte Charakter gemeinsam.

Denselben Gedanken und dieselbe Metapher haben nun auch die Neugriechen; sie geben ihm aber eine Fassung, für welche sich in den von Düringsfeld angeführten 65 Va- rianten kein Analogon findet, sie kleiden den Gedanken in die Form einer lehrhaften Anekdote: Kaitoiov xäqiLav yofiaQi ■nai t6 TrjQae 'g rd öovxia. „Einem schenkte man einen Esel und er schaute ihm auf die Zähne." Beniz. 137, 312. Aehnlich: Kartov (sicher Druckfehler für Tiänoiov) yäqitav yu'idaqo xt Tjipaxe yial rd dovria tov. „Einem schenkte man einen Esel und er betastete noch seine Zähne." Neosll. ^v. 241. Aller- dings kommen daneben auch westeuropäische Formen vor: T' dloyo Ttov oov yaqitovv^ 'g rd dövtia fxrj ro ßXe7Tr]g. Beniz. 289, 65. Td iaQiGf.dvo aXoyo, 'g zd dovria (r] 'g xo -/.ovTEko) dh 10 ßlenovv. Beniz. 289, Q'o. Sie verraten aber den fremden Einfluss schon dadurch, dass in ihnen statt des für den griechischen Orient so charakteristischen Esels das Pferd gesetzt ist wie in sämtlichen romanischen und ger- manischen Fassungen. Die echt griechische Form ist, wie auch die allgemeine Betrachtung des mittel- und neugriechi- schen Sprichwortes lehrt, die anekdotenhafte. In den mir zugänglichen arabischen Sammlungen fand ich den Spruch nicht; er würde aber im Arabischen wahrscheinlich ebenso gefasst sein wie im Neugriechischen.

Hier ist ein wichtiges Unterscheidungsmoment aufge- deckt, welches bei der vergleichenden Betrachtung der Sprich- wörter die höchste Beachtung verdient. Wie die Syrer, Araber und andere Orientalen bei der griechischen Litteratur reiche Anleihen machten, so ist als Ersatz von der orien-

Krnmbacher: 31itteh/riechisc1ie Sjn-iclitvörtcr. 25

talischen Kunst, Erzählungslitteratur und Volkssitte so viel in den byzantinischen Boden eingesickert, dass die Byzantiner, wie oft bemerkt wurde, einen halb orientalischen Charakter erhielten. Nun wird diese Hinneigung zum orientalischen Kolorit durch die eben besprochene, den Arabern und Griechen gemeinsame Eigentümlichkeit in der Einkleidung des Sprich- worts aufs neue bestätigt und illustriert. Vielleicht wird man nach diesem Prinzip in der ganzen Sprichwörterlitteratur eine orientalische und eine europäische Gruppe unterscheiden können .

Vielleicht; denn es ist nicht festgestellt, ob die erwähnte Eigentümlichkeit nur auf der neugriechisch-orientalischen Denk- und Ausdrucksweise beruht, oder ob auch chrono- logische Momente mitspielen. Wie schon bemerkt wurde, sind die Griechen und in noch höherem Grade gilt das von den Orientalen der europäischen Kultur so lange ferne geblieben, dass sie mehr mittelalterliche Elemente bewahrt haben als das von der raschen Strömung des neuen Geistes vorwärts getriebene Abendland. Man kann nun ver- muten, dass die schwerfällige, aber wohl ursprünglichere Form des neugriechisch-orientalischen Sprichwortes zum Teil wenigstens auch mit seiner Altertümlichkeit zusammenhängt. In den wenigen Sammlungen mittelalterlicher Sprüche west- europäischer Völker, die ich kennen lernte, habe ich aller- dings von der orientalischen Form nicht mehr bemerkt als in den Sammlungen der neuesten Zeit. Um die Frage aber zur Entscheidung zu bringen, müsste man die mittelalterlichen Sprichwörter in ganz anderer Vollständigkeit, als es hier geschehen konnte, systematisch durchprüfen und zusehen, ob sich an denselben nicht ähnliche Eigenschaften nachweisen lassen wie bei der oben als griechisch-orientalisch bezeich- neten Gruppe.^) Mir gebricht es zu einer so weitaussehenden

1) Die wichtigste Litteratur für die deutschen Sprichwörter vom 11. Jahrb. bis auf die Gegenwart verzeichnet John Meier in

26 Sitzung der pliilos.-plülvl. CJuhsc cum 8. Juli 18D3.

Untersuchung an Zeit; vielleicht aber geben die hier aus- gesprochenen Gedanken eine neue Anregung zur Pflege eines noch fast unbekannten Gebietes der vergleichenden Litteratur- und Kulturgeschichte: der vergleichenden Geschichte des Sprichwortes und der sprichwörtlichen Kedensart.

Eine weitere Ausdehnung der vergleichenden Betrachtung auf die Sprichwörter der Franzosen, Deutschen, Engländer und der übrigen Germanen schien mir für den zunächst liegenden Zweck der Erklärung des mittelgriechischen Sprich- wortes nicht erforderlich zu sein. Alle diese Völker haben mit den Griechen keinen nennenswerten direkten Zusammen- hang und stehen ihnen auch durch ihre äusseren Lebens- bedingungen und ihre Geschichte nicht näher. Wenn sich in ihren Sprüchen auffallend ähnliche Seitenstücke zu griechi- schen Sprüchen vorfinden, so beruhen sie entweder auf gleicher selbständiger Schöpfung oder auf Vermittelung eines dem Orient näherstehenden Volkes, vielleicht auch auf irgend einer gemeinsamen litterarischen Quelle (Volksbücher u. a.). Wenn daher auch zuweilen die monumentalen deutschen Sammlungen von Wander und Düringsfeld und die fran- zösische von Le Roux de Lincy zur Erklärung beigezogen wurden, so bemerke ich doch ausdrücklich, dass ich diese Sammlungen nicht wie die früher genannten systematisch durchgeprüft, sondern ihnen nur einige zufällig gefundene Belege entnommen habe.

So füllen denn die auf den ersten Blick so unschein- baren Reste mittelgriechischer Spruchweisheit, im Zusammen- hang mit den Sprichwörtern anderer Völker Ost- und Süd-

H. Pauls Grundriss der german. Philologie II 1 (1893) 808—827. Nachweise zum französischen, italienischen und englischen Sprichwort geben G. Gröber in seinem Grundriss der roman. Philo- logie I (1888) 77 f. 8G, und Willi Häckel, Das Sprichwort bei Chaucer. Erlangen und Leipzig 1890 S. VII fF. (= Erlanger Beiträge zur eng- lischen Philologie 8. Heft.)

Krumbadicr: Mittelgriecliisch Spyiclncörter. 27

enropas und des Orients betrachtet, eine Lücke aus und geben Anlass zu Beobachtungen , die sich für ein weites Forschungsgebiet fruchtbar erweisen dürften. Von dem inneren Werte der byzantinischen Sprichwörter will ich nicht viel reden. Mehrere sind nicht nur relativ originell, sondern auch vortrefflich z. B. Nr. 5. 8. 10. 17. 22. 26. 36. 52. 55. 62. 67. 70. 71. 75. 76. 80. 99. 105. 116. 119. Andere sind allerdings in gleicher oder sehr ähnlicher Fassung allgemein verbreitet und können nur als neue, durch ihre Zeit und Herkunft wichtige Belege Interesse beanspruchen. Einige endlich sind zwar neu und enthalten gute Einfälle, aber in einer ungeläuterten und dem modernen Mitteleuropäer so fremdartigen Form, dass mancher Leser ihnen vielleicht eine ähnliche Zensur erteilen wird, wie sie Tinsley's „Wit and Wisdom from West Africa" erhielt, dass die „sparkies of wit were few and faint, and the wisdom of the mildest Order" (Burton I 265). Wie aber auch die Anhänger der klassischen Alleinherrschaft sich zu diesen kleinen Zeugnissen einer dunkeln Epoche des griechischen Geisteslebens stellen mögen, die historische Bedeutung derselben steht fest, nach- dem erkannt ist, dass man es hier mit den ältesten aus dem Volksmunde geschöpften Sammlungen griechischer Sprich- wörter zu thun hat. Sie liefern einen bemerkenswerten Beitrag zur Kultur- und Geistesgeschichte des griechischen Mittelalters und die ihnen beigegebenen Erklärungen belehren über die traurige Technik der untersten Stufe der byzan- tinischen Katechese. Endlich gehören die byzantinischen Sprichwörter zu den ältesten Zeugnissen der raittelgriechischen Volkssprache; denn wenn auch die Handschriften, welche sie überliefern, grösstenteils aus Jahrhunderten stammen, aus welchen wir weit grössere Denkmäler der Volkssprache be- sitzen, so sprechen doch triftige Gründe dafür, dass die Sprüche selbst einer bedeutend älteren Epoche angehören. Sprichwörter erhalten ihre stereotype Form, zumal wenn sie

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Sitzung der pliilos.-pliilol. Classe vom 8. Juli 1S93.

noch durch metrischen Bau geschützt ist, besser als zu- samnienhäng-ende Schriftwerke, die von jedem Abschreiber modernisiert werden, und dass sich auch in den mittel- und neugriechischen Sprüchen recht alte Formen und Wörter fortgepflanzt haben, beweist unter anderm der Umstand, dass die späteren theologischen Erklärer wie auch die neueren Heransgeber (vgl. z. B. Arabantinos 1708. 1762) manches nicht mehr verstanden.

Verzeichnis der Abkürzungen.

Mit Rücksicht avif die mit dem Apparat der klassischen Philo- logie weniger vertrauten Leser werden in dem Verzeichnis auch alle Teile des Göttinger Corpus einzeln aufgeführt. Die Sprichwörter aller Sammlungen, bei welchen hier nichts Näheres bemerkt ist, sind in den folgenden Abschnitten nach ihren Nummern zitiert.

Diese -i Hss sind zuerst aufge- führt, weil sie die zwei Samm- lungen des Glykas ent- halten.

1. Handschriften.

A = Cod. Paris. 228, Metrische Sammlung (s. S. 37 f.)

Ai= Cod. Paris 228, Prosasammlung (s. S. 37 f.)

B = Cod. Paris. 3058 (s. S. 36 f.)

C = Cod. Barb. II 61 (s. S. 42 f.)

D = Cod. Marc. 412 (s. S. 41)

E = Cod. Paris. 395 (s. S. 38 f.)

F = Cod. Paris. 1409 (s. S. 40 f.)

G = Cod. Paris. 2316 (s. S. 45)

H = Cod. Marc. III 4 (s. S. 41)

I = Cod. Vatic. 695 (s. S. 41 f.)

K = Cod. Taur. B. V. 39 (s. S. 43 f.).

2. Gedruckte Hilfsmittel.

Aesop = Proverbia Aesopi, Corpus Paroemiographorum Graecorum edd. Schneidewin et Leutsch (2 voll., Gottingae 1839—51) II 228 ff.

Aesop K. Kom. = Alacönov Hoa/xixal ncoftcpdiai ed. V. Jernstedt, Journal des (k. russ.) Ministeriums für Volksaufklärung 1893, Bd. 286 und 287, April- und Maiheft, Abteil, f. klass. Philologie, S. 23—48.

Krumb (icher: Mittelgriechischc Spricincörter. 29

Anon. = As^sig, (pQaosig xal Tiagoi/tiai vjio avcovvfiov. '0 ev KnoXsi 'EXltjv. ^iloX. Svlkoyog. Zmygdfpsiog äycöv, röfxog a . 'Ev Knökei 1891. S. 198—201. (138 Sprichwörter aus Epirus.)

Apostolios-Arsenios = Corpus Paroemiogr. Gr. II 233 fi.

Appendix, provv. = Corpus Pdroemiogr. Gr. I 379 ff.

Arab. = UaQoi/^iaori'jQiov i) ovXXoy)] jraQoifuwr iv y^Q}]oEi ovawv jiaQO. roTg 'HjzEiQWTaig fiST' dvaTtriJ^scog rfjg svvoi'ag avx&v xal jiaQaX- X}])uGi^iov jTQog rag agyaiag vtio IT. 'Agaßavzn'ov. 'Ev 'Imavvivoig 1863. (Etwa 2000 Spräche aus Epirus.)

Barth. = Bruchstücke zur nähern Kenntnis des heutigen Griechen- lands gesammelt auf einer Reise von J. L. S. Bartholdy. Erster Theil. Berlin 1805. S. 443-453. (67 Sprichwörter.)

Barz. = Kwvoiavrlvov BagCcoxa ovXX.oy/j [Xe^ecov xtX. rijg 'Hneigov). '0 EV KjiÖXei 'EXXrjv. 0t?.oX. SvXXoyog. ZmyqäqpEiog dycov, zofwg a . 'Ev KjiöXel 1891. S. 19 f. (25 Sprichwörter aus Epirus.)

Beuet. = As^Eig, (pgdoEig, jTaQot/.iiat, Ssiaidac/iioviai xal jiaQaf.ivd'ia {rSjg 'HnsiQov) vjto Nix. Bevet}]. '0 iv KjioXei 'EXX)jv. <PiXoX. SvXXoyog. Z(üyQd(pEiog dyd)v, TOfiog a . 'Ev KjtoXec 1891. S. 191 f. (74 Spx-üche aus dem nordwestlichen Epirus.)

Beniz. = Uagoi/niai dtj/icödEig ovXXsyETaaL xal EQ^ijVEv^Eiaai vjtö I. Bevi-

I^eXov, dixrjyÖQOv. 'Exdoaig ÖEVTsga ijirjv^rjfiivr] xal Sicoq&co^iev)].

'Ev 'EqixovtiöXei 1867. (Etwa 5000 Sprüche, welche, da jeder

Buchstabe eigene Zählung hat, nach Seiten und Nummern

zitiert werden.)

Burckh. = Arabische Sprichwörter oder die Sitten und Gebräuche der neueren Aegyptier erklärt aus den zu Kairo umlaufenden Spi'üchwörtern, übersetzt und erläutert von Johann Ludwig Burckhardt, herausgegeben im Auftrage der Gesellschaft zur Beförderung der Entdeckung des Innern von Africa von William Oiiseley, deutsch mit einigen Anmerkungen imd Registern von H. G. Kirmss. Weimar 1884. (782 arabische Sprüche.)

Burton = Unexplored Syria. Visits to the Libanus, the Tulul el Safa, the Anti-Libanus, the northern Libanus and the 'Ahili. By Richard F. Burton and Charles F. Tyrwhitt Brake. 2 voll. London 1872. Bd. I 266—294. (Sammlung von 187 arabischen Sprüchen, die nach der beigegebenen englischen Ueber- setzung zitiert werden.)

Diamant. = EXcooaixi) vXi] xfjg vi'jüov MEyiaTi]g (KaoTEXXoQi'Cov) V7i6 'AxiXXfcog 2. AiafiavxaQu. 'O ev KhöXei 'EXXijv. 'PiXoX. ^'vXXoyog, rö/iog xa. 'Ev KjtöXei 1892. S. 315—326. (554 Spricliwörter von der kleinen Insel Kastellörizo bei Rhodos.)

30 SäziOKj der philos.-ph'dol. Clause vom 8. Juli 1S03.

Diogen. = Diogenian, Corpus Paroemiogr. Gr. I 177 ff. Diogen. Vindob. = Diogenian nach der Wiener Hs, im Corijus Paroe- miogr. Gr. II 1 ff. Düringsfeld = Sprichwörter der germanischen und romanischen

Sprachen vergleichend zusammengestellt von Ida von Dürings- feld und Otto Freiherrn von Reinsberg-Düringsfeld. 2 Bde.

Leipzig 1872—75. Freytag = Arabum proverbia vocalibus instruxit, latine vertit, com-

mentario illustravit et sumtibus suis edidit G. W. Freytag.

3 tomi. Bonnae 1838—1843. (Der 2. Rand war mir nicht

zugänglich.) Giani = Italienische Sprichv^örter in deutschem Gewände von Leopold

Carl Maximilian Giani. Stuttgart 1876. (1882 Sprüche.) Giusti = Raccolta di proverbi Toscani con illustrazioni cavata dai

manoscritti di Giuseppe Giusti ed ora ampliata ed ordinata.

Firenze 1853. (Etwa 5500 Sprüche und Redensarten.) Greg. Cypr. = Gregorius Cyprius, Corpus Paroemiogr. Gr. I 349 ff. Greg. Cypr. Leid. = Gr. C. nach der Leidener Hs, Corpus Paroemiogr.

Gr. II 53 ff. Greg. Cypr. Mosq. = Gr. C. nach der Moskauer Hs, Corj)us Paroemiogr.

Gr. II 93 ff. Hahn = Albanesische Studien. 3 Hefte. Wien 1853. In Heft II

S. 151 157 eine Sammlung von 138 toskischen Sprüchen. Haller s. Valles. Hatzidakis Einleit. = Einleitung in die neugriechische Grammatik

von G. N. Hatzidakis. Leipzig 1892. .leannar. = Kretas Volkslieder nebst Distichen und Sprichwörtern.

In der Ursprache mit Glossar herausgeg. von Anton Jeannaraki.

Leipzig 1876. S. 291—314. (201 kretische Sprichwörter.) Kanell. = KcovoTavilvov N. KavEllaxt] Xiaxa 'AväXExra. 'Ev 'Ad/jvais

1890. S. 215—318. (793 chiotische Sprichwörter.) Kr. = Eine Sammlung byzantinischer Sprichwörter herausgegeben

und erläutert von Karl Krumbacher. Sitzungsber. d. philos.-

philol. u. bist. Cl. der k. bayer. Akad. d. Wiss. 1887. Bd. II

S. 43—96. Kurtz s. Planudes. Le Roux = Le livre des proverbes fran9ai9 par Le Roux de Lincy.

2 tomes. Paris 1842. Long = Eastern ])roverbs and emblems illustrating old truths. By

the Rev. J. Long. London 1881. Makar. = Proverbia Macarii, Corpus Paroemiogr. Gr. 11 135 ff.

Kr umh acher : Mittcl(jricchische Sprichwörter. 31

Manol. = IlajTä 'lomvrov MavoiXaxdxi] ^lagoi/niai, cpQaoEoXoyiai, alviy- l^iaia HUI 8r]/iiorixä qof^ara rfjg vrjoov KaQJzä&ov. 'O iv KjiöXei 'ElXi]v. <PtXoX. Svlloyog. Zcoygdq^siog äycor, tüf^iog a . 'Ev KjiöXsi 1891. S. 343—369. (544 Sprichwörter aus Karpathos.)

Mantissa provv. = Corpus Paroemiogr. Gr. II 745 tf.

NsosV.. 'Av. = A?]fiü)8eig jiaQoc/iiiai. NsoEXXrjvLxd 'AväXsxza jisQioSixcög ixdiSöfieva vjio rov (piXoloyixov ovXXöyov IlaQvaoaov. T6f.iog a (1871) S. 129—190. (530 Sprichwörter, von 18 Griechen aus verschiedenen Gegenden gesammelt.)

Osman. = Osmanisebe Sprichwörter herausgegeben durch die k. k, orientalische Akademie in Wien. Wien 1865. (500 osmanisebe Sprichwörter mit deutscher und französischer Uebersetzung.)

Otto = Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Römer. Gesammelt und erklärt von Dr. A. Otto. Leipzig 1890.

Papad. = Fecogyiov TlajiaöojiovXov Niovgiov yXcoooixt/ vXrj Tfjg vrjOov NiovQOv. 'O SV KnöXei 'EXXrjv. ^iXoX. ZvXXoyog. ZwyQärfEiog äycör, TÖiiiog a. 'Ev KjzoXei 18dl. S. 410— 413. (78 Sprichwörter aus Nisyros).

Pasqualigo = Raccolta di proverbi Veneti fatta da Cristoforo Pas- qualigo. 3 voll. Venezia 1857. (Gegen 4000 Sprichwörter.)

Pitre = Proverbi Siciliani raccolti e confrontati con quelli degli altri dialetti d' Italia da Giuseppe Pitre. 4 voll. Palermo 1880 (= Biblioteca delle tradizioni popolari Siciliane vol. 8—11). (Etwa 13000 Sprichwörter.)

Planudes = Die Sprichwörtersammlung des Maximus Planudes er- läutert von Eduard Kurtz. Leipzig 1886.

Plutarch = Proverbia Plutarchi, Corpus Paroemiogr. Gr. I 321 fF.

Ross = Reisen auf den griechischen Inseln. Von Dr. L. Ross. II (1843) S. 174 ff. (24 Sprichwörter.)

Sakell. = Tu KvjiQiaxu i'jzoi ysojyQarfia laroQia xal yXwoaa Trjg v/joov KvjiQOv dno zcöv aQ^aioTäxcov xQÖvwv /hexqi oh'jixeqov imo 'Adava- oiov A. SaxEXXaQiov. 2 Bde. 'Ev 'A^/jvaig 1890—91. Bd. II S. 277—289. (401 cyprische Sprichwörter.)

Samarani = Proverbi Lombardi raccolti ed illustrati dal professore Samarani Bonifacio. Milano 1858. (Etwa 6000 Sprichwörter.)

Sanders Das Volksleben der Neugriechen dargestellt und erklärt aus Liedern, Sprichwörtern, Kunstgedichten usw. von Dr. D. H. Sanders. Mannheim 1844. S. 220—233. (146 Sprichwörter.)

Sathas = MEaauorixi] ßißXioOi'ixt] ed. A'. N. I\i0ag. Vol. V, Venedig- Paris 1876. S. 525—569. (RecVen?arton und Sprichwörter mit Erklärungen aus verscliiedenen Hss.)

32 Sitzunfi der pMloH.-pJiilol. Classe vom 8. Juli 1803.

Socin = Arabische Spi'ichwörter und Redensarten gesammelt und erklärt von Dr. Albert Socin. Tübinger Universitätsschrift 1878. (574 Sprüche.)

Sotiriadis = Besprechung von Kr. (s. oben) in der 'AxgojioXig cpdo- loyixi) 1888 Nr. 14—15 (1. und 8. Mai).

Szelinski = Nachträge und Ergänzungen zu „Otto, die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Römer" von Victor Sze- linski. Diss., Jena 1892.

Valles = Libro de Refränes (von Mosen Pedro Valles anonym ver- öffentlicht; vgl. Valles-Haller II 110 f.). Saragossa 1549. (Samm- lung von 4300 spanischen Sprüchen. Weder paginiert noch mit Nummern versehen; doch sind die Zitate wegen der lexi- kalischen Anordnung leicht aufzufinden.)

Valles-Haller = Altspanische Sprichwörter und sprichwörtliche Redens- arten aus den Zeiten vor Cervantes ins Deutsche übersetzt usw. von Dr. Joseph Haller. 2 Teile. Regensburg 1883. (Kommentar zum Buchstaben A des vorher genannten Werkes. Der zweite Teil enthält eine reichhaltige, aber mit viel Ueberflüssigem belastete Sprichwörterbibliographie, Nachträge zum ersten Teil, Sach- und Wortregister usw.)

Vambery = Die Sarten und ihre Sprache. Von H. Vambery. Zeitschrift der deutschen morgenländ. Gesellschaft 44 (1890) 203—255. (486 Sprichwörter der Sarten, eines türkisch redenden Stammes, der zumeist das Grenzgebiet zwischen den iranischen und tür- kischen Volkselementen Centralasiens inne hat.)

Wander = Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Herausgegeben von Karl Friedrich Wilhelm Wander. 5 Bände. Leipzig 1867—80.

Zenob. = Zenobius, Corpus Paroemiogr. Gr. I 1 tf .

Kritmhacher : Mittelgriechische Sprichtcörter. 33

I. Ausgaben und Handschriften.

Es waltet zuweilen ein merkwürdiges Geschick über wissenschaftlichen Anregungen. Dasselbe Korn, das gestern nutzlos ausgestreut wurde und von niemand gehegt ver- kümmerte, schiesst heute üppig in die Halme und bringt reiche Frucht. Als K. Sathas im Jahre 1876 aus drei Pariser Handschriften der Welt zum ersten male die früher so gut wie unbekannte Gattung mittelgriechischer Sprichwörter in volkstümlicher Sprache vorlegte,^) achtete kein Mensch auf die unscheinbaren Zeugnisse byzantinischer Lebensweisheit. Drei Jahre später veröffentlichte E. Piccolomini, ohne die Ausgabe von Sathas zu beachten, in seinen Estratti inediti dai codici Greci, Pisa 1879,*) eine dem Planudes zuge- schriebene Sammlung verwandter Sprichwörter, und alsbald erwuchsen aus dieser Anregung eine Reihe von Arbeiten, die einander in schneller Erbfolge ablösten und überholten. Zuerst machte H. üsener in einer Besprechung der Estratti^) auf die körnige und charakteristische Lebensweisheit auf- merksam, die in den byzantinischen Sprüchen verborgen liegt. Den Hauptanstoss zu weiteren Arbeiten gab jedoch erst die mit einer deutschen Uebersetzung und einem reich- lichen Kommentare versehene neue Ausgabe der Sammlung

1) Msa. ßtßhoOVixi] V (1876) 544—569; vgl. auch 525-543; 569—578.

2) Annali delle universitä Toscane, tom. 16.

3) Deutsche Litteraturzeitung 1881 S. 121 ff'.

189;?. Philoa-philol. u. bist. Gl. [[. 1. 3

34 Sitzung der lyfiilos.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

des Planudes, welche Ed. Kurtz im Jahre 188G veröffent- lichte.^) Es zeigte sich auch hier wieder, dass neue Texte, wenn sie nicht durch eine ganz unbestreitbare und augen- fällige Wichtigkeit imponieren, nur dann auf grössere Teil- nahme rechnen können, wenn sie vom Herausgeber mit litterarhistorischen und sachlichen Erklärungen begleitet werden. Das hatte sowohl Sathas als Piccolomini versäumt. Die Teilnahme, welche die hübsche Schrift von Kurtz er- weckte, bekundete sich zunächst in einer Reihe ausführlicher, mit selbständigen Beiträgen ausgestatteter Besprechungen.*) Die reichsten Ergänzungen zur Aufhellung des litterarhisto- rischen Verhältnisses der Sammlungen wie zur Erklärung der einzelnen Sprüche gab 0. Crusius in seiner Abhandlung „Ueber die Sprichwörtersammlung des Maximus Planudes".^) Endlich lieferte E. Kurtz selbst noch eine ganze Reihe wich- tiger Nachträge zu seiner Ausgabe.*)

Auch die Kenntnis des handschriftlichen Materials wurde alsbald erweitert. Während Piccolomini die Planudes- sammlung nur im Cod. Laur. 59, 30 kannte und benützte, bemerkte 0. Crusius, dass der Codex Vatic. 878 einen ähnhchen Text enthalte.^) Auf eine dritte Hs desselben Textes, den Cod. Barocc. 68, hatte schon A. Kopp hin- gewiesen.*^) Nähere Mitteilungen über den Barocc. gab Max Treu.'')

Eine mit den von Sathas und Piccolomini edierten Sprichwörtern eng verwandte neue Sammlung veröflFent-

1) Die Sprichwörtersammlung des Maximus Planudes erläutert von Ed. Kurtz. Leipzig 1886.

2) Ein Verzeichnis derselben bei Kr. S. 44.

3) Rhein. Mus. 42 (1887) 386—425.

4) Philologus 49 (1890) 457—468.

5) Rhein. Mus. 42 (1887) 390 ff.

6) Beitrcäge zur griech. Excerptenlitt. Berlin 1887 S. G4.

7) Philologus 49 (1890) 185—187.

Krumhacher: Mittelgriechische Sprichivörter. 35

lichte ich ans dem Cod. Paris. 1409 mit einer litterar- historischen Einleitung, Uebersetznng und mit Anmerkungen, zu welchen auch 0. Crusius beisteuerte, in der Abhandlung „Eine Sammlung byzantinischer Sprichwörter".^) Als dieselbe erschien, war der Boden durch die Ausgabe von E. Kurtz und die ihr gewidmeten kleineren Arbeiten für die verständnis- volle Aufnahme mittelgriechischer Spruchweisheit schon in erfreulicher Weise gelockert. Das offenbarte sich in der ansehnlichen Zahl von Besprechungen, die selbständige Bei- träge enthalten und daher in der wissenschaftlichen Biblio- graphie aufgezeichnet zu werden verdienen. Die reichsten Nachträge lieferte zur Erklärung der sprachlichen Form und des Inhaltes C. Foy, Bezzenb. Beiträge 14 (1888/89) 33—40; nützliche Bemerkungen und Zusätze gaben ferner G. N. So- tiriadis, IdxqoTCokLo, (filoXoyiy.ri 1888, aq. 14 15; E. Kurtz, Blätter für das bayer. Gymnasialschulwesen 1888, 205 ff. (auch briefhch); C. Weyman, Zeitschrift f. vergl. Litteratur- geschichte, Neue F. 1 (1887/88) 382 ff.; J. Psichari, Revue critique 1888 N. 25, 505 ff.; H. Schenkl, Zeitschrift f. die Österreich. Gymnasien 39 (1888) 217 f.

Durch diese freundliche Teilnahme angeregt habe ich auf zwei Studienreisen, die ich in den Jahren 1891 und 1892 unternahm, stets auch auf die byzantinischen Sprichwörter geachtet. Meine Bemühungen waren von glücklichem Er- folge gekrönt. Ich fand sieben neue Hss, welche teils neue teils mit den schon bekannten übereinstimmende Sammlungen enthalten. Das von der erstmaligen Benützung alter in der Litteratur schon verzeichneter Hss häufig missbrauchte Wort „finden" traf in den meisten meiner Fälle wirklich zu: Eine Sammlung und zwar gerade die in der ältesten Hs enthalteiie ist im gedruckten Katalog überhaupt nicht verzeichnet, andere

1) Sitzungsber. der philos.-philol. und lii.st. Cl. der k. bayer. Akad. d. Wiss. 1887. Rd. TT S. 43-1)6.

3*

36 Sitzung der phüos.-philol. Glasse vom 8. Juli 1893.

stehen nur in ungedruckten Katalogen, aber zum Teil unter ganz irreführenden Angaben wie , Pselli denominationes hominum" usw.

Um die Einsicht in den etwas verwickelten Thatbestand der Ueberlieferung zu erleichtern, gebe ich zunächst ein vollständiges Verzeichnis und eine kurze Beschreibung der schon früher bekannten und der neugefundenen Hss:

A. Die von Sathas edierten Sammlungen.

1. Cod. Paris. Gr. 3058,^) eine Papierhs, im Anfang des 16. Jahrhunderts von Arsenios, dem Erzbischofe von jy^onembasia, geschrieben. Sie enthält fol. SO'' 46^ 18 Sprich- wörter mit theologischen Erklärungen in politischen Versen. Die Sprüche sind zur Unterscheidung von den Erklärungen wie im Cod. Paris. 228 mit roter Tinte geschrieben. Aus- gabe von Sathas S. 544 560. Titel: "E^r^yriöig öia. Gxiywv 7ColiTL'/.ii)v ug xiva drji^uodr] alvlyi-iaTa. Tivsg /lisv XeyovGi tov Wellov, Tivig ds tov UcwyoTrQodQOfiov, o y.ai neuEiGf-iai. Am Rande steht von der Hand des berühmten ehemaligen Vorstandes der Nationalbibliothek Jean Boivin die Notiz: ,neutrius, sed Michaelis Glycae, qui et Sicydites vocabatur vide cod. XXII. " Die Zahl XXII bezieht sich wohl auf eine Privatnotiz Boivins; die Nummer des Codex, für die er den freien Raum gelassen hatte, vergass er später hinzu- zusetzen, offenbar aber meinte er den Cod. 228, den er selbst mit handschriftlichen Einträgen versehen hat (s. unten). Dieselbe Vermutung wiederholt ohne Boivins Notiz zu erwähnen Sathas S. 544 Anm., nur dass er den Michael Glykas irrtümlich Johannes und yqai.ii.iaxiy.6g nennt. ^)

1) Von Sathas S. 544 irrtümlich mit N. 3085 bezeichnet.

2) Er verwechselt den Verfasser wohl mit dem Grammatiker Johannes Glykys (nicht Glykas, wie er früher irrtümlich genannt wurde), der um etwa 1 V^ Jahrhunderte später lebte als Michael Glykas. S. meine Gesch. d. byz. Litt. S. 282 f.

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 37

Diese Hs legte Sathas seiner Ausgabe zu gründe, während er den viel älteren und zum Teil auch besseren und voll- ständigeren Cod. 228 nur im Apparate beizog. Die Mühe, welche ich auf die Nachvergleichung des Cod. 3058 mit der Ausgabe verwandte, blieb nicht unbelohnt. Eine Seite des- selben ist facsimiliert bei H. Omont, Fac-similes de manu- scrits grecs des XV^ et XVP siecles, Paris 1887 N. 6 (vgl. dazu die Einleitung S. 10).

2. Cod. Paris. Gr. 228, eine höchst wertvolle Papierhs, aus dem Ende des 13. Jahrhunderts. Unter Werken des Michael Glykas stehen hier fol. 26*' 29'' ohne eigene Ueber- schrift zwei Sammlungen mittelgriechischer Sprichwörter mit theologischen Erklärungen, und zwar umfasst die erste (fol. 26*" 28^") 18 Sprüche mit Erklärungen in politischen Versen, die zweite (fol. 28'' 29'") 17 Sprüche mit Prosa- erklärungen. Ausgabe von Sathas S. 544 560 und S. 561 bis 563. Für die mit dem Codex 3058 identische Samm- lung (S. 544 560) hat der Herausgeber die Varianten des Codex 228 unvollständig und ungenau im Apparate ver- zeichnet; für die im Codex 3058 fehlende Sammlung mit den Prosaerklärungen (S. 561 563) diente der Codex 228 als Grundlage. Bezüglich des Schlusses dieser Sammlung bemerkt Sathas S. 563, nach dem letzten von ihm mitge- teilten Sprichworte folgen in der Hs noch 3 volkstümliche Sprüche, sie seien aber so verwischt, dass man kaum noch die Spuren einiger Buchstaben zu erkennen vermöge.^) Diese Angabe ist nicht ganz zutreffend: Allerdings sind die Lem- mata sehr undeutlich, Aveil die rote Tinte, mit der sie zur Unterscheidung von den Erklärungen geschrieben sind, stark verblasst ist; doch lassen sich, wenn man die Hs im richtigen Winkel gegen das Fenster hält, fast noch alle entziffern;

1) 'Ev tcü avxrp xcoöcxi tTtiGwünrovrai tQia en dt]f(o>Si] {h)T(x, zoaovTov i^izyka, ioore /lölig ai axial yga/i/iüxcov rtvcöv diafpairovrai.

38 Sitsunff der phüos.-phüol. Classc vom 8. Juli 1803.

zudem hat J. Boivin diese Sprüche wie auch viele der vorher- gehenden (von fol. 27'" 29''), soweit er sie lesen konnte, am Rande mit schwarzer Tinte beigeschrieben; endlich werden die Lemmata in den leicht lesbaren Erklärungen berück- sichtigt und zum Teil wörtlich wiederholt; die Zahl dieser angeblich unlesbaren Sprüche ist aber nicht 3, wie Sathas angibt, sondern 8 bzw. 11, wenn man die am Schluss bei- gegebenen physiologischen Notizen einrechnet. Schon früher hatte L. Cohn die undeutlichen Sprüche mit den Erklärungen grösstenteils entziffert und für 0. Crusius kopiert. Ich habe beide Sammlungen mit der Ausgabe von Sathas und den dort fehlenden Schluss der zweiten mit dem Cod. Marc. 412, der dieselbe Sammlung enthält, verglichen.

3. Cod. Paris. Gr. 395, ein aus mehreren Papier- heftchen bestehender Sammelband, mit Ausnahme der viel- leicht noch dem 15. Jahrhundert angehörigen Partie fol. 83 bis 115, im 16. Jahrhundert geschrieben. Die Sprichwörter stehen in einem sehr stark beschädigten Heftchen, welches von einer unbeholfenen Hand nach H. Omonts Schätzung am Ende des 1(3. Jahrhunderts geschrieben ist. Dasselbe trägt jetzt die Pagination fol. 13 35; doch ist die Reihen- folge der Blätter durch den Buchbinder verwirrt; fol. 13 17 gehören nach fol. 35, so dass also das Heft eigentlich mit fol. 18 beginnt. Dieses Heft enthält fol. 35'- 35^ und fol. 13^' 17^ eine Sammlung von 17 mittelgriechischen Sprichwörtern mit theologischen Prosaerklärungen, in der Ausgabe von Sathas S. 564 569. Titel: dnoq)i)^iyf.iara xal eQ^irjvevriai (\) elg rovg diiiiodovg (l) Xnyovg. Pol. 34'^ 35'' stehen die Rätsel, welche Sathas S. 569 570 mitteilt. Endlich hat Sathas S. 573 578 aus derselben Hs einige Formeln zur Beschwörung der Gyllo mitgeteilt. Dem wüsten Aussehen der Hs entspricht die ganz verwahrloste Ortho- graphie und der traurige Zustand des Textes. Sie ist Avohl die schlechteste aller bis jetzt bekannten Hss mittelgriechischer

Krumhacher: Mittclyricchische Simchwürter. 39

Sprichwörter. Ausser den Sprichwörtern enthält das er- wähnte Heftchen fol. 18'' 20^ ein am Anfang und Schhiss verstümmeltes vulgärgriechisches erbauliches Alphabet in politischen Versen, das jedoch mit dem von W. Wagner in den Carraina graeca medii aevi S. 242 ff. edierten nur die akrostichische Form und den allgemeinen paränetischen Charakter gemeinsam hat. Es beginnt mit der zweiten Strophe:

BaoiXeßev o oolof-icov cevatoXiijv zat dvoiv. QTOv v.c6o(.iov Ö€V£ßQ€d-)]'/iEv ~/.ave~ig vaxovvri'Kr^OEi. ovßvXla f-iEzegreyreg Trjg. v.al To^EVQSvvaTtyjoi]. S7ir]XEv Tov y.al vißrjycsv OTOvaötjV eig rtjv -/.qiolv usw.

Die Probe dieses Gedichtes, das in der Hs ohne Versabteilung geschrieben ist, mag zugleich eine Vorstellung von der in diesem Hefte herrschenden Orthographie gewähren. Auf das erbauliche Alphabet folgt fol. 21'' 23"^ eine Art Katechismus d. h. theologische Fragen und Antworten, wie sie in vielen Hss vorkommen; daran schliesst sich fol. 24^ 34'" ein Dialog zwischen einem Lateiner und einem Griechen über dogma- tische Fragen. Der innere Zusammenhang der Sprichwörter- sammlung mit diesem Katechismus findet ihren Ausdruck schon in der Beibehaltung der Termini 'EQonrjoig und ^47i6- ycQioig oder '^Egf-ir^vEia.

4. Cod. Paris. Gr. 1182, eine wertvolle Papierhs des 13. Jahrhunderts. Sie enthält eine grosse Sammlung von Schriften des Psellos^) und mitten unter anderen Sachen dieses Autors fol. IGS'"— ITO"" die Erklärungen volkstümlicher Kedensarten, welche Sathas S. 532 543 veröffentlicht hat. Diese Stücke gehören zwar streng genommen nicht zu unseren Sprichwörtersammlungen; sie verdienen aber Be-

1) S. die Ausgaben von Boissonade und Sathas und den Katalog von H. Oinont vol. I 247 If.

40 Sitzung der ^hilos.-])hilol. Classe vorn, 8. Juli 18D3.

achtung für die Aufhellung der den theologischen Erklä- rungen zu gründe liegenden Idee und für die Untersuchung der Autorfrage.

B. Sammlung des Planudes.

5. Cod. Laurent. 59, 30, eine Papierhs des 14./15. Jahr- hunderts. Sie enthält fol. 142^ 146^ eine Sammlung von 270 mittelgriechischen Sprichwörtern ohne Erklärungen unter dem Namen des Maximos Planudes. Titel: '^EiEQai rTaQOifiiai dr^ucodeig avXkeyeloai Ttaqd rov oocptoTarov y.vQOv fxa^iixov xov nXavovdrj. Ausgaben von E. Piccolomini und E. Kurtz (s. o.). Beschreibung und neue Kollation nach Mitteilungen von Joh. Ilberg bei 0. Crusius, Rhein. Mus. 42 (1887) 389 ff.

G. Cod. Vatic. Gr. 878, eine Papierhs des 14./15. Jahr- hunderts. Sie enthält fol. 23'*' 26"^ die Sammlung des Pla- nudes ohne Titel. Beschreibung und Kollation nach Mit- teilungen von R. Wagner und Joh. Ilberg bei 0. Crusius, Rhein. Mus. 42 (1887) 390 £F.

7. Cod. Barocc. 68, eine Papierhs des 15. Jahrhunderts. Sie enthält fol. 98^ 100^ die Sammlung des Planudes unter dem Titel: -rcaqoi^iai ag y^Qcovrai vMTa nolv 6i xoivol tcöv avdqtOTiwv. Beschreibung und Kollation von M. Treu, Philo- logus 49 (1890) 185 ff.

C. Die übrigen Handschriften.

8. Cod. Paris. Gr. 1409, eine Papierhs aus dem Ende des 14. Jahrhunderts; doch sind die Sprichwörter von einer etwas späteren, dem Anfang des 15. Jahrhunderts ange- hörenden Hand geschrieben. Den grössten Teil des Codex nehmen die historischen Excerpte des Planudes ein. Fol. 135^ bis 136^ steht eine Sammlung von 70 mittelgriechischen Sprichwörtern ohne theologische Erklärungen. Titel fehlt. Ausgabe von K. Krumbacher, Eine Sammlung byzantinischer

Knimbachcr: MiUeUjriechische Sprichivörter. 41

Sprichwörter (s. o.). Ich habe die Hs für die vorliegende

Arbeit noch einmal genau mit meiner Ausgabe verglichen.

Es folgen die von mir in den -Jahren 1891 und 1892

gefundenen und kopierten bzw. kollationierten neuen Hss:

9. Cod. Marc. Gr. 412, eine kleine Pergamenths des 13./ 14. Jahrhunderts. Auf den zwei letzten Blättern der Hs (fol. 8P 82"^'), deren Inhalt im Katalog von Zanetti mit Stillschweigen übergangen ist, stehen 17 mittelgriechische Sprichwörter mit theologischen Prosaerklärungen und 3 No- tizen aus dem Physiologuskreise. Der Titel lautet: ra 7raQa noXXoig yäqiv yeXoiov Xeyoi-iEra nqog yvcooiv aXXr^v ey7.ev- TQiod^evTcc naqu fiiyarjX rov yXv/xi. Diese Sammlung ist völlig identisch mit der zweiten Sammlung des etwa gleich- alterigen Cod. Paris. 228 (fol. 28»^— 29-^; s. o.). - p, S7 -^v^n.-^

10. Cod. Marc. Gr. Cl. III 4, eine Papierhs des 14. Jahr- hunderts. Er enthält fol. 345^" SöO'' eine Sammlung von 55 mittelgriechischen Sprichwörtern mit ausführlichen theo- logischen Prosaerklärungen. Der Titel lautet: ^E7tiqqi^i.ia.xa Twv aj'^^oojTTWv^) dieQurjVSi\ueva naQcc y.vQOv (.iiyarik rov ij.>€?.oT' eial yoQ ioq)iXi(.ia. Die Sammlung ist eng verwandt mit der des Cod. Paris. 1409. Von den 55 Sprüchen des Marc, stehen 37 auch in der Pariser Sammlung und zwar mehrfach ganze Gruppen in derselben Reihenfolge. Die Fassung der einzelnen Sprüche weicht freilich vielfach von einander ab. Auch von den übrigen 18 Sprüchen des Marc, finden sich mehrere in anderen Sammlungen wieder. S. die unten fol- gende Ausgabe und die Generaltabelle.

11. Cod. Vatic. Gr. 695, ein Sammelband, der aus mehreren teils dem 15., teils dem 16. Jahrhundert ange- hörigen Papierheften verschiedenen Inhalts besteht. In einem Hefte, das im 16. Jahrhundert geschrieben wurde, steht ausser

1) Daher im geschriebenen Katalog der ;<eltsamc Titel: „Michael Pseili hominum denominationes."

42 Sitzung der pMlos.-iMlol. Classe vom 8. Juli 1893.

einem reich illustrierten Physiologus fol. 207'' 214'" eine Sammlung von 75 mittelgriechischen Sprichwörtern mit theo- logischen Prosaerklärungen. Der Titel lautet: 7tohif.iav xov GocptoTaTOv f-iixanjl tov i/'eAor EQ/.ieivEiai (so) slg tu örjf.icüTr/.u anocpd^iyi^iaTa. Die Sammlung ist mit der des Paris. 1409 noch enger verwandt als die des Marc. III 4. Von den 75 Sprüchen kehren 59 im Paris, wieder und zw^ar fast durchwegs in derselben Reihenfolge; in der Fassung der einzelnen Sprüche weicht auch der Vatic, vielfach bedeutend vom Paris, ab. Auch von den übrigbleibenden Sprüchen, die ihre besondere Abkunft durch ihre Stellung am Schlüsse verraten, sind die meisten in anderen Sammlungen nachzu- weisen.

12. Cod. Barb. II 61, eine höchst wertvolle, leider schlecht erhaltene Papierhs aus dem 13. oder dem Anfang des 14. Jahrhunderts. Den Inhalt bildet eine jener byzan- tinischen Profananthologien mit vorwiegend rhetorischem Charakter wie sie noch in mehreren auch durch das Gross- octavformat, das eigentümliche filzige Papier und die schnörkel- hafte Schrift eng verwandten, offenbar aus derselben Verlags- anstalt stammenden Papierhss des 13. 14. Jahrhunderts vor- kommen.^) Hier steht mitten unter Schriften des Michael Psellos, Konstantin Manasses, Basilios Achridenos u. a. fol. 68"^ bis 70^ eine Sammlung von 16 mittelgriechischen Sprich- wörtern mit theologischen Erklärungen in politischen Versen. Titel fehlt. Es ist dieselbe Sammlung, welche Sathas S. 544 bis 559 aus dem Cod. Paris. 3058 mit Beiziehung des Cod. Paris. 228 herausgegeben hat; doch fehlen im Barber. die zwei letzten Sprüche; denn die Sammlung schliesst hier schon mit Vers 378 (TQOTtaiovxs). Darnach folgen noch

1) Ich habe meine Notizen über diese paläograpbiscli sehr wichtige Handscbriftengruppe meinem Freunde H. Omont zur Ver- fügung gestellt, der wie kein anderer zu einer eingebenden und um- fassenden Behandlung des Gegenstandes berufen sein dürfte.

Kntmbacher: Mittelgrieclüsche Sprichioörter. 43

drei kaum lesbare Zeilen, nicht in Kolumnen, wie das Vorher- gehende, sondern durchlaufend geschrieben; jedenfalls nicht im Zusammenhang mit der Sprichwörtersaramlung. Eine Kollation der Hs, welche ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Kollegen Dr, C. Wunderer verdanke, ergab, dass der Barber. teils mit dem alten und paläographisch in dieselbe Gruppe gehörigen Paris. 228, teils mit dem Codex des Ar- senios (3058) übereinstimmt. Von den im Paris. 228 fehlenden Versen (s. Sathas S. 544 Anm.) fehlen 3 auch im Barber., nämlich V. 27, 60, 61; dagegen sind die im Cod. 3058 fehlenden 4 Verse nach V. 200, die Sathas aus Cod. 228 im Apparat verzeichnet, auch im Barber. erhalten. Ebenso stimmt der Barber. in manchen wichtigen Varianten teils mit dem Paris. 228, teils mit dem Codex des Arsenios über- ein. Er steht also genealogisch in der Mitte zwischen den zwei Pariser Hss und ist für eine Ausgabe sorgfältigst bei- zuziehen.

14. Cod. Taur. B. V. 39, eine Papierhs des 16. Jahr- hunderts, ganz von Andreas Darmarios geschrieben. Auf dem ersten Blatt steht von seiner Hand der Vermerk: xrij^t/a avdqtov dciQ(.iaQiov yi.ai zolg cplloig und von einer zweiten Hand die Notiz: vvv ös yaßqir^X g)iXadeXg)iag /.ajTQonoXizov. üeber den Inhalt s. den Katalog von Pasini S. 379 f. Foll. 87'"— 108^ enthalten eine Sammlung von 58 bzw. 59 1) vulgärgriechischen Sprichwörtern mit ausführlichen theo- logischen Prosaerklärungen. Der Titel lautet: !A7io<fd^iy(.iaTa x/ zov ifieXoc. Die Verwandtschaft mit dem Paris. 1409 geht hier nicht so weit wie beim Vatic. 695 und beim Marc. HI 4; von den 58 Sprüchen finden sich im Paris, nur 33; doch stimmen auch hier mehrfach kleine Gruppen in der Reihen- folge überein. Die übrigen Sprüche lassen sich grösstenteils

1) Ea sind 59, wenn man das ausgefallene >cEifiEvov 30 dazu- rechnet; s. S. 44.

44 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

in anderen Sammlungen nachweisen. Nur für den Schluss (von Nr. 49 an) ist eine Sammlung benützt, die wir nicht kennen. Was die Ueberlieferung des Textes betrifft, so gehört die Turiner Hs zu den allerschlechtesten. Wenn nicht Andreas Darmarios durch die Schriftzüge und die Notiz auf dem ersten Blatte ausdrücklich als Schreiber des Codex bezeugt wäre, so würde kein Mensch glauben, dass ein Grieche jemals in seiner eigenen Sprache so krassen Unsinn geschrieben hätte. Viele Wörter sind so blödsinnig verballhornt, dass man den Kopisten für einen des Griechischen ganz unkun- digen Abendländer halten könnte. Die wilde Hast, mit der Darmarios in seiner Handschriftenfabrik arbeitete,^) wird u. a. dadurch illustriert, dass er an einer Stelle eine ganze Er- klärung mit dem folgenden Spruche übersah und so ein Sprichwort mit einer ganz unpassenden Hermeneia verband; er verknüpft nämlich das Sprichwort Nr. 35: Tov yf.ay.ov oloi yQEiooTOvvTcov (so) mit der Erklärung des ausgefallenen Spruches (Nr. 36): JinXovv omCel y.al f.iovan'kovv ov ocöt.EL. Darnach ist wohl mit Sicherheit anzunehmen, dass Darmarios die Sammlung nicht mühsam aus verschiedenen Hss zusammen-

1) Vgl. Ch. Graux, Essai siir les origines du fonds grec de TEscurial S. 289 ff. Ein sehr hübsches Zeugnis dafür, dass Andreas Darmarios, auf dessen Unzuverlässigkeit in der neueren Zeit öfter hingewiesen wurde, schon längst „erkannt" worden war, enthält eine andere Turiner Hs, der Cod. Taur. 107 = B. II. 19 (Katalog von Pasini S. 214). Hier findet man auf der ersten Seite von einer wohl dem 18. Jahrhundert angehörenden Hand folgende zornige Notiz: „pag. 1. sine auctoris nomine, de officiis aulae Constantinopolitanae, sed scripta sunt manu scelestissima illius Andreae Darmarii in Hispania apud Illustrissimum virum D. Antonium Augustum Iler- densem episcopum, cujus ego bibliothecam perlustraui et ter mille fraudes et panurgias illius in scribendo detexi, nee unquam quicquam ab illo scriptum offendi, in quo non aliqua labes uitium- que sceleris extabat. Eic omissum est nomen auctoris qui alioqui notissimus erat nimirum Georgios Codinus."

Krumhaclier: Mittelgriechische Sprichtvörter. 45

trug, sondern einfach eine vielleicht undeutliche Vorlage kopierte. Doch vermag ich diese wahrscheinlich noch er- haltene Hs bis jetzt nicht nachzuweisen. Vielleicht ist sie in Spanien zu suchen.

14. Cod. Laurent, acquisto 42, ein aus mehreren im 16. Jahrhundert geschriebenen Heften bestehender Sammel- band. In einem Hefte steht ein vulgärgriechisches medizi- nisches Glossar mit der Ueberschrift: Lexicon latricum Grae- coharharum pulckro charactere sed uitiosa ortliograpliia scriptum. Ex bibl. Heg. Gall. Nach diesem Glossar folgen fol. SS"" 40^" zwei vulgärgriechische Sprichwörtersammlungen ohne Erklärungen, von welchen die erste 32, die zweite 70 Sprüche umfasst. Die dem Glossar vorausgeschickte Be- merkung Ex hihi. Reg. Gall. bezieht sich auch auf die zwei Sprich Wörtersammlungen; denn die erste ist aus Cod. Paris. 2316, die zweite aus Cod. Paris, 1409 abgeschrieben. Der Kopist liess in der ersten Sammlung die Prosaerklärungen weg und übersah hiebei einen Spruch; im übrigen über- nahm er mit grosser Treue selbst die meisten orthogra- phischen Fehler seiner Vorlagen; ein abgekürztes Wort im Paris. 1409, das er nicht entzifiPern konnte, zeichnete er einfach nach; an einigen Stellen hat er sein Glück auch mit Vermutungen versucht. Für die Kritik ist die Hs mithin völlig wertlos.

15. Cod. Paris. Gr. 2316, eine Papierhs des 15. Jahr- hunderts. Sie enthält fol. 374^*^ 380^ eine Sammlung von 34 vulgärgriechischen Sprüchen mit theologischen Prosa- erklärungen. Der Titel lautet: ^nocf^eyi-iaTa xat 8Qf.iriviaig (!) elg Toig dr]f46ör]g (!) Xoyovg. Von den 34 Sprüchen kehren 21 im Cod. Paris. 1409 wieder und zwar stehen die meisten übereinstimmenden Sprüche in einer Gruppe und in gleicher lleihenfolge. Mehrere Sprichwörter sind hier mit starken Verderbnissen überliefert.

46 Sitzung der phüos.-xMlol. Classe vom 8. Juli 1893.

IG, 17 und 18. Anhangsweise seien noch die Codd. Vatic. Gr. 672 und 840 und Bruxell. 4476—78 erwähnt, weil sie eine ähnliche allegorische Erklärung unter dern Namen des Psellos enthalten, wie sie Sathas S. 532 543 aus dem Cod. Paris. 1182 veröffentlicht hat. Näheres im Kapitel V, wo auch der Text der Erklärung nach den 3 Hss mitgeteilt wird.

Krumbacher : Mittelgriechisclie Sprichivörter. 47

II. Verlijiltnis, Ursprung und Verfasser der Sammlungen.

Eine absolut vollständige Sammlung der Handschriften lässt sich bei Werken, welche wie die byzantinischen Sprich- wörtersammlungen vielfach anonym und unter verschiedenen Titeln überliefert sind, nur langsam und durch vereinte Be- mühungen erreichen. Um den Fachgenossen für etwaige weitere Nachforschungen einen Anhaltspunkt zu geben, be- merke ich, dass ich die griechischen Hss in München, Wien, Venedig, Bologna, Florenz, Rom (ausser der Biblioteca Chi- giana), Grotta Ferrata, Neapel, Messina, Palermo, Turin, Mailand und Paris, soweit es mit Hilfe aller ungedruckten und gedruckten Inventare möglich war, sorgfältig auf mittel- griechische Sprichwörtersammlungen durchgeprüft habe; in diesen Bibliotheken dürfte mir wenigstens eine grössere Sammlung kaum entgangen sein. Für alle übrigen Biblio- theken habe ich die gedruckten Kataloge befragt. Eine erhebliche Vermehrung des handschriftlichen Materials lässt sich demnach wohl nur aus spanischen, englischen, russischen und orientalischen Bibliotheken erwarten. Eine positive Nach- richt über die Existenz ähnlicher Hss in Athosbibliotheken verdanken wir Sp. Lambros in seiner Schrift „Besuch auf dem Berge Athos". Uebersetz. von Rickenbach S. 26 und 29.

Im allgemeinen habe ich aus meinen vieljährigen Nach- forschungen die Ueberzeugung gewonnen, dass die erhaltenen Hss byzantinischer Sprichwörtersammlungen ziemlich selten sind; sie wurden wohl grösstenteils nur für dtm nächst-

48 Sitzung der philos.-plülol. Classe vom 8. Juli 1893.

liegenden Zweck der Katechese in losen Heffcchen aufge- zeichnet, wie sie uns ja noch in mehreren Exemplaren vor- liegen (s. S. 38 und 41) und gingen daher leicht zu gründe. Dass manche solche Sammlungen verloren oder verschollen sind, lässt sich u. a. mit Sicherheit daraus erschliessen, dass wir für den grössten Teil der Sprüche des Planudes, die zweifellos aus Sammlungen der bezeichneten Art stammen, die Quellen nicht mehr nachweisen können.

Wenn nun auch in Zukunft noch die eine oder andere Hs byzantinischer Sprichwörter auftauchen wird, so bringt uns doch das bis jetzt gewonnene Material in allen auf den Ursprung, das litterarhistorische Verhältnis, die Autorschaft und die Ueberliefernng bezüglichen Fragen so bedeutend weiter, dass es berechtigt erscheint, dasselbe schon jetzt zu verarbeiten und die gewonnenen Schlüsse der Oeffentlichkeit vorzulegen. Weitere Hss werden sich dann mit Leichtigkeit in den Zusammenhang einfügen lassen. Der erste Eindruck, den ein Ueberblick über die neuen Hss hinterlässt, ist ein Gefühl der Enttäuschung. Obschon mehrere von ihnen durch hohes Alter und Reichtum an Sprüchen ausgezeichnet sind, bringt keine einzige eine wirklich neue, von den früher bekannten ganz unabhängige Sammlung. Drei Codices (und darunter die zwei ältesten), der Marc. 412, der Barber. II 61 und der Laurent, acq. 42, decken sich inhaltlich mit schon früher bekannten Hss, und von diesen drei Codices kommt der Laurent, als schlechte Kopie von zwei erhaltenen Hss für die Kritik überhaupt ausser Betracht. Die übrigen vier neuen Codices sind unter sich in mehrfacher Beziehung ver- wandt; alle vier enthalten Spruchsammlungen mit theo- logischen Prosaerklärungen; in allen vier sind gewisse zu- sammenhängende Gruppen von Sprichwörtern bemerkbar; auch die theologischen Erklärungen bewegen sich nach Inhalt und Form stets in demselben Geleise, wenn auch in der Anwendung schablonenhafter Wendungen (z. B. der Ein-

Krumb acher : Mittelgriechische Spi'ichtvÖrter. 49

führung durch o Xoyog rov Xöyov noiEitai) gewisse Unter- schiede hervortreten; trotz aller Abweichungen im Gesamt- bestande der Sammlungen, in der Reihenfolge und in der Fassung der einzelnen Sprüche findet man kein völlig neues Werk: derselbe Sprichwörterkatechismus, der in der Prosa- sammlung des Glykas vorliegt, erscheint in erweiterter, in überarbeiteter, auch in verunstalteter Form. Alle vier Samm- lungen haben den grössten Teil ihrer Sprüche aus einer oder mehreren Sammlungen entnommen, auf welche in irgend einer Weise auch die von den theologischen Erklärungen befreite Sammlung des Paris. 1409 zurückgeht. Auch hin- sichtlich ihres Umfanges kommen sie mit ihren 75, 58, 55 und 34 Sprüchen dem 70 Sprüche enthaltenden Paris. 1409 ziemlich nahe und stehen mit diesem in der Mitte zwischen den kleinen dem Michael Glykas zugeschriebenen Sammlungen von 18 und 17 Nummern und der 275 Sprüche umfassenden Planudessammlung, die offenbar systematisch zusammenge- tragen und überarbeitet ist. Schon aus diesem äusseren Verhältnis lassen sich, wenn man noch das Alter der Hss zu Hilfe nimmt, auf die Genealogie der Sammlungen einige Schlüsse ziehen.

An der Spitze der Gattung stehen die zwei kleinen Sammlungen des Glykas von 18 und 17 Sprüchen, in denen schon die beiden Arten der theologischen Erklärung, die metrische und die prosaische, vertreten sind; die drei ältesten Codd.: der Paris. 228, der Marc. 412 und der Barber. II Gl, enthalten nur diese kleinen Sammlungen; ausserdem kommt für sie der Cod. Paris. 3058 in Betracht. Daran schliessen sich als zweite Gruppe die Sammlungen etwas grösseren Umfangs (34 75 Sprüche) mit theologischer Prosaerklärung, die in den Codd. Marc. III 4, Vatic. (395. Taur. B. V. 39 und Paris. 2316 erhalten sind. Die dritte Gruppe bilden die Sammlungen, in welchen die Sprüche ihrer theologischen Erklärung beraubt sind, d. h. die des Planudes und die des

W9X Pliiloa-philol. ij. bist. Gl. II. 1. 4

50 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 8. Jvli 1893.

Cod. Paris. 1409; beachtenswert ist für diese Gruppe auch der sonst ganz wertlose Laurent, acq. 42, insofern als hier die Sammlung mit Erklärungen, aus welcher die blossen Sprüche excerpiert sind, noch nachgewiesen werden kann und erhalten ist. Es darf mithin schon nach der äusseren Ueberlieferungsgeschichte der Sprichwörtersammlungen als sicher gelten, dass die Anfänge der litterarischen Fixierung des mittelgriechischen Spruches nicht in systematischen Kol- lektionen von der Art der Planudessammlung, sondern in jenen unscheinbaren Xcaeig oder eQ/iitivelai 7A\ suchen sind, bei welchen das volkstümliche Sprichwort nur die Grundlage einer ausführlichen dogmatischen oder moralischen Erörte- rung bildet. Noch älter als diese in Sammlungen vereinigten Spruchexegesen scheinen die für den byzantinischen Folklore so ungemein wichtigen Erklärungen einzelner Volksausdrücke und Sprüche zu sein, die mit guter Gewähr dem Philosoplien Michael Psellos zugeschrieben werden (bei Sathas S. 525 bis 543). Es sind also in der Ueberlieferungsgeschichte des mittelgriechischen Sprichwortes zwei Hauptphasen zu unter- scheiden, von denen die erste neben der zweiten fortbesteht: Zuerst verwenden Theologen populäre Ausdrücke und Sprüche in religiöser Umdeutung für Zwecke des Unterrichts. Später kommen Gelehrte, die schon unter dem Einflüsse der byzan- tinischen Frühhumanistik stehen, und excerpieren aus den theologischen Sammlungen die blossen Lemmata, um daraus nach dem Muster der alten Sammlungen eines Zenobios, Diogenian, Plutarch usw. ein neues Sprichwörtercorpus zu bilden. Die Hauptsammlung dieser Art wird in einer Hs, dem Cod. Laurent. 59, 30, ausdrücklich dem Planudes zu- geschrieben und steht auch in einer zweiten Hs, dem Cod. Vatic. 878, direkt vor einem Werke des Planudes; weniger hat es zu bedeuten, dass in zwei Briefen des Planudes auf ein Sprichwort dieser Sammlung angespielt wird.^) Die

1) Vgl. M. Treu, Philologus 49 (1890) 187.

Krumb acJier : Mittelcjriechische Sprichtvörter. 51

zweite Sanimliiiig, die des Cod. Paris. 1409, hat keine Ueber- schrift, ist aber ebenfalls mit einem Werke des Planudes, seiner historischen Excerptensamnilung, überliefert. Gegen ihre Zuteilung an Planudes selbst streitet namentlich die wenigstens zum grössten Teil erhaltene vulgäre Form , die in der ausdrücklich dem Planudes zugeschriebenen Samm- lung durch eine gelehrte Ueberarbeitung verwischt ist; doch lässt sich aus ihrer Verknüpfung mit einem Werke des Planudes vermuten, dass sie in seiner litterarischen Um- gebung oder Nachfolgerschaft entstanden ist. In ähnlicher Weise hat dann ein unbekannter Mann im 16. Jahrhundert aus der Sammlung des Cod. Paris. 231(3 die Sprüche aus- gezogen und im Cod. Laurent, acq. 42 niedergeschrieben. Aber noch dem Arsenios und Darmarios erschienen die theologischen Erklärungen so wichtig, dass sie dieselben nicht von den Sprüchen lostrennten.

Aehnlich wie Planudes und die anonymen Urheber der Sammlungen des Paris. 1409 und des Laur. acq. 42 haben auch andere Byzantiner volksmässigen Sprichwörtern ohne Rücksicht auf katechetische Nutzanwendung ihre Aufmerksamkeit zugewendet und kleine Sammlungen der- selben veranstaltet. Dabei schöpften sie wohl teils aus den älteren mit theologischen Erklärungen versehenen Samm- lungen teils aus der Schwanklitteratur und wohl auch un- mittelbar aus dem Munde des Volkes. Vor allem sind hier zu nennen die kosmischen Komödien des Aesop, welche V. Jernstedt mit einem ausführlichen Kommentar heraus- gegeben hat.^) In denselben Zusammenhang gehört wahr- scheinlich eine zweite ebenfalls dem Aesop zugeschriebene Sammlung, von welcher der Anfang in einem Cod. Medic. erhalten und im Corp. Paroem. Gr. II 228 230 mitgeteilt ist; doch waren hier die volksmässigen Elemente, soweit sich

1) S. das Verzeichnis der Abkürzungen s. v. Aesop K. Kom.

4*

52 Sitzung der philos.-pliilol. Classe vom 8. Juli 1893.

nach dem kleinen Fragmente urteilen lässt, geringer an Zahl als in den kosmischen Komödien. Dass der Name des Aesop mit diesen zwei Sammlungen verbunden wurde, erklärt sich aus den bekannten Beziehungen des Sprichwortes zur Fabel (vgl. z. B. Otto S. XXIV f.) und aus der bedeutenden Rolle, welche die Vitae Aesopi in der mittelalterlichen Schwank- litteratur spielten.^) Endlich haben auch Apostolios und Arsen i OS ihren Sammlungen alter Sprichwörter manche mittelalterliche Volkssprichwörter einverleibt, die sie jeden- falls aus älteren Sammlungen in der Art der des Planudes entnahmen; die Verwischung der vulgärgriechischen Form durch gelehrte üeberarbeitung kommt mithin wahrscheinlich auf Rechnung ihrer Quellen.

Das in der Sammlung des Planudes, in den kosmischen Komödien des Aesop, in den Vorlagen des Apostolios und Arsenios und in schwächerem Grade auch in der Sammlung des Paris. 1409 hervortretende Bestreben, die volkstümliche Form der Sprichwörter durch eine gelehrte Fassung zu er- setzen, erklärt sich aus der allgemein herrschenden Ver- achtung der Vulgärsprache, die man für ein verderbtes, der schulmässigen Verbesserung bedürftiges Idiom hielt. Im gleichen Geiste hat noch im Anfang des 18. Jahrhunderts ein gewisser Parthenios Katsiulis aus Epirus etwa 700 in Janina gebräuchliche neugriechische Sprichwörter, die er einer von ihm veranstalteten, nicht gedruckten Sammlung altgriechischer Sprichwörter einverleibte, zuvor säuberlich in die übliche Schriftsprache übertragen. Arab. S. i icc . Von Planudes unterscheidet er sich nur dadurch, dass er direkt aus dem Munde des Volkes geschöpfte Sprüche umarbeitete, während sein byzantinischer Vorgänger das in den theo- logischen Sammlungen überlieferte Material gelehrt zuschnitt.

1) Ueber Aesop als Belehrer in Versen vgl. 0. Crusiua, Philo- logus 52 (1893) 203 f.

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichicörter. 53

Uebrigens findet man auch in der Geschichte der deutschen Paroemiographie einen ganz analogen und für das Verständnis des Verfahrens der eben genannten Griechen lehrreichen Fall: Der älteste Sammler von deutschen Sprichwörtern, Heinrich Bebel, glaubte seine Sprichwörter dem Leser nur in lateinischem Gewände darbieten zu dürfen und hielt es nicht einmal für nötig den deutschen Wortlaut beizufügen; seine lateinische Uebersetzung deutscher Sprüche erschien 1508. Valles-Haller II 106.

Das Verfahren des Planudes ist schon bei Kr. S. 48 ff. an einigen Beispielen charakterisiert worden. Wie weit er in seinem Bestreben ging, den Sprüchen ein altertümliches Kolorit zu verleihen, beweist z. B. Nr. 91: ' Evd^a ov £f.t€ivag, iyio ipdlXag ayijxa, wo er sogar mit dem seit alter Zeit volkstümlichen Masc. o ipvXXog nicht zufrieden ist, sondern nach der strengen Lehre des Phrynichos (ed. Lobeck S. 332) das attische Femininum ij ipüHa setzt. Den Spruch Nr. 51 bietet Planudes in einer noch gelehrteren Form als selbst Makarios (5, 32) and Apostolios (10, 23). Noch eine zweite Eigentümlichkeit der Sammlung rührt von Planudes her: die allerdings nur streckenweise durchgeführte Anordnung nach Schlagwörtern. Vgl. 0. Crusius, Rhein. Mus. 42, 393 f. und G. Knaack, Berliner Philol. Wochenschr. 1886, 1498 f. In den theologischen Sammlungen ist davon so gut wie nichts zu bemerken; jede Hs hat eine andere wohl durch den Zufall bestimmte Reihenfolge; nur der Inhalt der Er- klärungen scheint zuweilen die Zusammenstellung mehrerer Sprüche veranlasst zu haben. Vgl. die Generaltabelle am Schlüsse von Kap. III. In der Sammlung des Cod. F, die wie die des Planudes aus theologischen Sammlungen mit Weglassung der Erklärungen excerpiert ist, ist nur an einer Stelle (Nr. 56 58) die Berücksichtigung von Schlagwörtern bemerkbar. Der Autor der Excerpte im Cod. Laur. acq. 42 hat die Reihenfolge seiner Vorlage beibehalten.

54 Sitzung der phüos.-philol. Glasse vom 8. Juli 1893.

Einer längeren Erörterung bedarf die Frage nach den Verfassern der mit theologischen Erklärungen ausgestatteten Sammlungen, Die Ueberlieferung schreibt die einen dem Michael Glykas, die anderen dem Michael Psellos zu. Mit vollem Rechte scheinen den Namen des Psellos jene Erklärungen volksmässiger Ausdrücke zu tragen, die in dem alten Cod. Paris. 1182 mitten unter seinen Werken stehen.^) Dagegen sind die Spruchsammlungen mit Prosaerklärungen in den Codd. Marc, ül 4, Vatic. 695, Taur. B. V. 39, Paris. 3058 mit Unrecht unter seinem Namen überliefert. Diese Sammlungen, die an Sprüchen schon bedeutend reich- haltiger sind als die zwei dem Glykas zugeschriebenen und nach unserer Ueberlieferung jedenfalls ältesten, machen viel- mehr den Eindruck späterer, auf älteren Vorarbeiten be- ruhender Elaborate, und es ist sicher anzunehmen, dass man ihnen den Namen des Psellos nur deshalb vorsetzte, weil unter den wohlbezeugten Werken desselben ähnliche Er- klärungen vorkommen. Aber selbst wenn Psellos in der That eine grössere Sprichwörtersammlung erklärt hat, so bleibt es doch unbestreitbar, dass die drei unter sich ziemlich verschiedenen Sammlungen, die ausdrücklich ihn als Ver- fasser nennen, ^J eben nur Weiterbildungen jenes verlorenen oder noch nicht aufgefundenen Originalwerkes sein können.

An die zwei kleinsten Sammlungen knüpft sich der Name eines Byzantiners, der um ein Jahrhundert später lebte als Psellos, des bekannten Chronisten und Theologen Michael Glykas. In der einzigen Pergamenths, welche mittelgriechische Sprichwörter überliefert, im Cod. Marc. 412,

1) Bei Sathas S. 532—543.

2) Von Cod. Paris. 3058, der den Namen des Psellos neben dem des Ptochoprodromos nur vermutungsweise nennt, kann um so mehr abgesehen werden, als die in ihm enthaltene Sammlung mit grösster Wahrscheinlichkeit einem anderen Autor, dem Glykas, zugeteilt werden muss.

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichivörter. 5

r.

wird ausdrücklich Michael Glykas als Verfasser der kleinen Sammlung mit Prosaerklärungen bezeichnet. Ohne eine eigene Ueberschrift, aber mitten unter anderen wohlbezeugten Werken des Glykas stehen die beiden kleinen Sammlungen im Cod. Paris. 228. Wenn somit seine Autorschaft diplo- matisch genügend bezeugt ist, so wird sie noch durch die o-ewichtiffsten inneren Gründe unterstützt. Man kann nach- weisen, dass dem Michael Glykas eine ganz auffallende Vor- liebe für Sentenzen, gelehrte und volkstümliche Sprichwörter, sprichwörtliche Redensarten und Vergleiche, Märchen, Aeus- serungen des Volksglaubens und überhaupt alles Volksmäs- sige eigentümlich war. Die unwidersprechlichsten Beweise für diese oriorinelle Geistesrichtung enthält das bekannte vulgärgriechische Bittgedicht, das Glykas wahrscheinlich im Jahre 1156 aus dem Gefängnisse an Kaiser Manuel Kom- nenos richtete. (Ed. Legrand, Bibl. gr. vulg. I 18 37.) In den Eingangsworten erwähnt er seine Beschäftigung mit Fabeln und Kindermärchen. V. 4 f.:

jikaof-iara naXtv /.tv^i-ad y.al Xoyovg ygaidiiov riY.Qißiooat.irjv, o cpaoiv, s^ aitakCiv oi'vy/ov.

Man beachte in V. 5 auch den sprichwörtlichen Aus- druck £s o:naXwv ovvytov (Apostolios- Arsenios 7, 51a).

V. 19 ff. erwähnt er die schlimme Vorbedeutung, die das Volk dem Rabengekrächze zuschreibt:

ro ItyovOLv oi yjioqvAol %al o Xöyoc, o örjf.aüörjg ' ^ozav 6 -/.oqa^ novrcore '/.ad^iai] /.at cpcova^iß, eaei arj/.iaiveL d^dvarov xal ycogiOf-wv a^QOOv" .

Im Folgenden (s. bes. V. 32. 42) wird dieses Thema noch weiter ausgesponnen. Eine uralte Sentenz in freier Umarbeitung und mit ehiem christlichen Zusatz enthält V. 29 :

ooov yi]QCiOv.eig (.lävd-ave xal oeavzov ta7ieivov\

Mehrere Sprichwörter und sj)rich wörtliche Redensarten stecken in V. 43 45:

56 Sitzung der pliilos.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

F.yyvg jiov x6 /ragadsiyi-ia Y.al 6 fLKXQZvg dcp' eoriag' ETcl TtQodrikoig ngäyi-iaoiv ov %Qsia tmv f^iaQTVQtov, dcp' lov '^fxelg STcad^oi-iev.^ i/iiad-Ofxsv aqy.ovvTiog.

(Vgl. Zenob. 1, 40; Apostolios 4, 61; Diogen. 2, 31; Diogen. Vindob. 1, 61 ; Aesop, Fab. ed. Halm 232 u. a.).

Die im Sprichwort der Neugriecben, Italiener, Deutschen und wohl der meisten Völker verbreitete Anschauung von der Böswilligkeit der Nachbarn (vgl. Wander 3, 824 ff.; Düringsfeld II Nr. 124) ist in V. 83 verarbeitet:

o yeiTtov di Tiagdfxovog röig yeiTOvovGi ay.oXoifi.

Auf den ebenfalls ganz allgemein verbreiteten sprich- wörtlichen Satz, dass der Satte dem Hungrigen nicht glaube (vgl. Wander 3, 1868 ff.; Düringsfeld II Nr. 281) spielt Glykas V. 116 ff. an:

Xoyog, dXrid^sia, (psgerai dr]iLWTu6g dqxcuog'

^bnov a'xst d^sQifÄVOv ipvxr^v, ojtov evi %OQTao/uivog,

TtOTS ov nioxevEi vriGtixöv, noxt ov xpviOTiovaxaL"' .

Wie der abergläubische Satz vom Rabengekrächze (V. 20 f.) wird auch dieser sprichwörtliche Gedanke im Folgenden mit verschiedenen zum Teil wiederum sprich- wörtlichen Bildern weiter ausgeführt; vgl. z. B. zu V. 123 f.: ^^v ^idrjg elg x6 ntkayog -/.aQaßiv zivövvsvov, sov yel^g and fxaycQa, yC exel ixeydXi] x^ixva' den neugriechischen Spruch: Bläxog 'g xo ßovvö oiyaXrj d^dXaooa „Hirt auf dem Berge, ruhiges Meer." Beniz. 42, 51.

Auf einem Sprichworte beruht auch V. 183:

xoüxxtj/ xofxxtv dv oiüQEvi^rj xov {.lOÖLv vd ysf.do7]^ Vgl. z. B. neugriechisch: Kovyiovöo kowovöo xo (.idlad^qo, eyaf^iiGE iq yqrjd xov xdlad^o. Beniz. 144, 418 (mit den dort zitierten verwandten Sprichwörtern).

Zwei weitverbreitete Sprichwörter (s. S. 6 und Kap. V) enthalten die Verse:

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichivörter. 57

274 EXay.xioev 6 yaidaqog, zai öegovoi oäy/iia, und 282 Onov Tov cfovQvov ey.Tioe, naXe ag top x^^^^U-

Sprichwörtliche Wendungen bieten ferner folgende Verse: 325 0 o/reiQtoi' ydg ev day.Qvoi f.ied'' t^dovijg ^eqICei ' 349 f. To ifieudog yag xazd }.iLy.Q6v iXtyy^ETai zti) xqovw,

xai^d xQvoog tkLy^Exai t^ Xi&oj t^ Ivöia. 363 TovTO to aväßa xo yoqyov e'x^i Aal o^vv yiazäßav.

(Vgl. den neugriechischen Spruch: Kad^e dvqcpoQO l'x^i Aal To xarri^OQO, und den arabischen : There is no rising up without a falling down in front of it. Burton 25.)

365 f. Kad^eig y.oif.iäTai cog lorgiooev, iog saTtsige d^eQiQei,

Aad^Eig wg if-iayEigevoev evQioxsi to ef.i/iQOOÜ^iv rov

558 "Aal d-tXio ov ^eho yivof.iai Aal rov [.iioqov oaficcQiv'

endlich vielleicht auch V. 370:

Aard Qoylv rov eXaddv 6 ü^sog ova dnodiSei'

Auch sonst findet man in dem kleinen Gedicht mehr- fache Spuren volkstümlicher Vorstellungen und Redensarten. Eine solche Häufung der proverbialen Ausdrucks weise lässt sich nur aus einer ganz individuellen Vorliebe erklären; sie kehrt in keinem zweiten Werke der vulgärgriechischen Lit- teratur wieder. Selbst in dem etwa gleichzeitigen Lehrge- dicht Spaneas, dessen Inhalt zur Einflechtung von Sprich- wörtern geradezu Schritt für Schritt einladen musste, sucht man vergebens nach einem volkstümlichen Spruche oder einer sprichwörtlichen Redensart.

Wenn somit die Vorliebe des Glykas für das Sprich- wort an sich ausser Zweifel gesetzt ist, so lässt sich auch die Anwendung desselben auf den Religionsunterricht aus der Geistesrichtung des Mannes erklären: Dass Glykas sich mit der Popularisierung der Theologie eingehend befasste, wird durch seine im Cod. Paris. 228 und in zahllosen anderen Hss überlieferten Briefe dogmatischen Inhalts ausdrücklich bezeugt.

58 Sisung der phüos.-pMlol. Classe vom 8. Juli 1S93.

Wollte jemand das Gewicht der angeführten- äusseren und inneren Gründe nicht für genügend halten, so Hesse sich noch auf eine Stelle in der metrischen Sprichwörtersamm- lung hinweisen, deren Bedeutung für die Autorfrage schon Sathas S. 544 angedeutet hat. An die Erklärung des Spruches lArcod-ai-dvog q)iXov or/. syet knüpft der Verfasser einen längeren Epilog über eine persönliche Angelegenheit V. 335 378, Er wendet sich an den barmherzigen und menschenfreundlichen Kaiser mit der Bitte um Unterstützung; durch ein Vergehen sei er zu Boden geschmettert worden; er sei von allem entblösst; die Freunde und Verwandten haben ihn verlassen; alle fliehen ihn, wie eine Falle, wie eine Schlange; schlimmes Diebsvolk habe sich seine Ver- einsamung zu nutzen gemacht und, ihn schon für tot hal- tend, aus seiner elenden Hütte jeglichen Hausrat fortge- schleppt, so dass man ihn den früher halb Nackten ganz nackt aufgefunden habe. Nun möge der Kaiser, der menschen- freundlichste aller Herrscher, der wohlthätigste aller Könige, den Nackten wieder bekleiden lassen. Dann werde er wieder aufleben und des Kaisers erhabene Macht feiern. Der Kaiser möge ihn wieder ans Licht ziehen aus der dunkeln Grabe, wo er nicht seit 4 Tagen, sondern seit 5 Jahren schmachte. Der Kaiser möge seinem von Armut beengten Herzen Luft machen, und er werde dann seinem Munde Luft machen im Preise des Herrschers; sein Leben lang werde er dann für den sieggekrönten Monarchen beten.

Auf niemand scheint diese poetische Epistel besser zu passen als auf den byzantinischen Betteldichter ^ar' i-^oxr^v, den Ptochoprodromos. Der Klagegesang, den ich eben aus- zugsweise mitgeteilt habe, ist kaum um eine Note verschieden von den Tönen, welche aus den Bettelgedichten des Ptocho- prodromos bekannt sind.^) Namentlich ist die charakteri-

1) Vgl. C. Neumann, Griechische Geschichtschreiber und Ge- schichtsquellen im zwölften Jahrhundert, Leipzig 1888 S. 37 ff. Krum- bacher, Gesch. d. byz. Litt. 398 tt'.

Krumbacher: Mittelgriechische Spriclnoörter. 59

stische Verbindung- von hündischer Unterwürfigkeit mit lakaienhafter Frechheit, die aus dem Epiloge der Sprich- wörter herausklingt, ganz ebenso bei Ptochoprodromos zu bemerken. Doch ist das scheinbar Nächstliegende nicht immer das Richtige. In keiner alten Hs wird die Sprich- wörtersammlung dem Prodromos zugeschrieben, und die An- führung seines Namens im Codex des Arsenios beruht auf reiner Vermutung (s. S. 36). Von einem durch ein Ver- gehen veranlassten Hausarrest denn um etwas Derartiges scheint es sich nach den Darlegungen des Dichters zu handeln und einer langjährigen kaiserlichen Ungnade wissen wir aus dem Leben des Ptochoprodromos nichts; bei dieser offen- bar höchst harmlosen Persönlichkeit beschränkte sich die kaiserliche Ungnade höchstens auf ein zeitweiliges Versiegen des erbetenen Stromes von Gnaden und Geschenken. Da- gegen haben wir eine ganz positive Nachricht, dass Michael Glykas wegen eines schweren Vergehens gegen die Majestät gefangen gehalten wurde. Diese Nachricht verdanken wir dem schon erwähnten vulgärgriechischen Bittgedicht, welches Glykas aus dem Kerker an Kaiser Manuel richtete. Aus einer dem Gedichte angehängten Prosabemerkung erfahren wir auch, dass der Kaiser sich nicht erweichen liess, sondern über den Gefangenen die Strafe der Blendung verhängte.^) Es liegt gewiss nahe, dieses Ereignis mit dem Epilog der Sprich Wörtersammlung in Zusammenhang zu bringen. Einige Schwierigkeit macht nur der fünfjährige Hausarrest. Denn wenn Glykas wegen seines Vergehens, das ziemlich bedenk- licher Natur gewesen sein muss,*) eingekerkert und geblendet

1) S. Legrand, Bibl. gr. vulg. l Einleitung S. XVI ff. Die An- gabe von Sathas S. 544, die Leiden des Cllykas seien in zwei vulgär- griechischen Gedichten behandelt, ist nicht richtig. Es gibt nur ein Vulgärgedicht des Glykas; das zweite Gedicht, das ebenfixlls der Cod. Paris. 228 überliefert, ist in der üblichen Schriftsprache abgefasst.

2) Sehr ansprechend ist die Vermutung 0. Neumanns, a. a. 0.

60 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

wurde, so ist es doch kaum denkbar, dass diese schwere Strafe erst nach einer mehrjährigen Internierung im eigenen Hause über den Unglücklichen hereingebrochen sei. Aber warum soll man die fünfjährige Vereinsamung, das elende Leben ohne Freunde und Verwandte, nicht nach der Blen- dung ansetzen dürfen? Bekanntlich durchlief die Execution der Blendungsstrafe in Byzanz sehr mannigfaltige Grade von der rohen Ausbohrung der Augenhöhlen mit glühenden Zelt- stangen bis zur Brühung mit heissem Essig, und wir wissen, dass die Strafe zuweilen selbst bei politischen Verbrechern, die ihre Hand nach dem Throne ausgestreckt hatten, in milderer Form ausgeführt wurde. So wird man es auch bei Glykas gebalten haben, der, wie sich aus dem Schweigen der zeitgenössischen Historiker schliessen lässt, als politischer Verbrecher wohl nur eine Nebenrolle gespielt hat. Nach Erduldung der Strafe konnte er, wenn auch halb oder ganz blind, noch lange Jahre fortleben, allerdings Stets mit dem gefürchteten Stigma der kaiserlichen Ungnade behaftet. Daher mieden ihn Freunde und Verwandte. Vielleicht erklärt sich selbst der etwas seltsame Bericht, dass Diebe seine ganze Hütte ausgeleert haben, während er in der Ecke lag, durch die Annahme, dass der Geblendete die Eindringlinge nicht bemerken konnte. Dass der Ton des Bittgedichtes so stark an Ptochoprodromos anklingt, kann die wohlbezeugte Zu- teilung an Glykas nicht erschüttern. Die weitgehendste Nachäffung fremder Geisteserzeugnisse herrscht bekanntlich in allen byzantinischen Litteraturgattungen und wurde dort ebensowenig anstössig erfunden als bei uns in einer noch nicht allzulang entschwundenen Zeit die bis zur Bewusst- losigkeit getriebene Nachahmung antiker Muster in der Archi- tektur, Plastik, Malerei und selbst in der Poesie. Wenn

S. 51 Anm. 2, dass er bei dem Sturz des Styppiotes mit in die Unter-

suchung vei-wickelt wurde.

Krumhacher : Mittelgriechische Sprich^vörter. 61

Prodromos mit seinen Bettelgedicliten einiges Glück hatte, lag für andere arme Teufel die Versuchung nahe, ähnliche Saiten auf ihre Leier zu spannen. Haben ja noch im 14. Jahr- hundert seine Leistungen auf dem Gebiete der höfischen Bettelpoesie in Manuel Philes einen getreuen Verehrer und Nachtreter gefunden! Endlich ist zu bemerken, dass auch in dem oben erwähnten vulgärgriechischen Bittgedicht, als dessen Autor Glykas völlig sicher bezeugt ist, dieselben Anklänge an Ptochoprodromos vorkommen wie in dem Sprich- wörterepilog. Der Erguss über die Nutzlosigkeit der Bildung V. 204 216 atmet völlig den Geist des Prodromos, dessen viertes Gedicht ausschliesslich demselben Thema gewidmet ist; vgl. meine Gesch. d. byz. Litt. S. 399. Andrerseits ist die Bitte an den Kaiser im Kerkergedicht V. 522 ff. dem Sprichwörterepilog sehr ähnlich.

Die den Sprich Wörtererklärungen angehängte Bittschrift an den Kaiser bildet den Begleitbrief des Werkes, das er offenbar zur Unterstützung seiner Bitte dem Kaiser unter- breitete. Die noch darauf folgenden zwei Sprüche mit me- trischer Erklärung (N. 17. 18), die nur der Cod. Paris. 3058 überliefert, sind offenbar später hinzugefügt. In den beiden alten Hss, dem Cod. Paris. 228 und dem Cod. Barb. II 61, schliesst die Sammlung mit dem Epiloge (Vers 378). Die im Barb. noch folgenden drei Prosazeilen, welche nach der Mit- teilung des Herrn Dr. G. Wunderer (s. S. 42 f.) unlesbar sind, enthalten vielleicht dieselbe Notiz, die im Paris. 228 dem Epiloge angehängt und bei Sathas S. 561 o. abge- druckt ist.

Die Einsicht in das litterarhistorische Verhältnis der verschiedenen Sammlungen führt zuletzt auf die Kapitalfrage, wie die auf den ersten Blick so sehr verblüffenden religiösen Umdeutungen der volksmässigen Sprüche zu erklären seien. Der wahre Grund und Ursprung dieser stets gezwungenen, oft bei den Haaren herbeigezogenen und für unser Gefühl

62 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

zAiweilen sogar anstössigen allegorisch - theologischen Deu- tungen ist in der Anschauung zu suchen, dass den Erzeug- nissen und Vorgängen der Natur wie auch den vornehmsten Geisteswerken vergangener Zeiten irgend eine geheimnisvolle Beziehung zu Heilswahrheiten und religiösen Begebenheiten innewohne. Dieser Anschauung entsprang die gesamte Phy- siologusweisheit, die im Mittelalter die Theologie und die volksmässige Erbauungslitteratur, die Naturwissenschaften und die bildenden Künste befruchtete. Mit ihr hängt u. a. auch die höchst populäre Lehre zusammen, dass zwischen den angeblich für die Entwickelung des Embryo besonders wich- tigen Tagen d. h, dem 3., 9. und 40. und den Totenfeier- tagen eine innere Beziehung bestehe,^) und viele ähnliche Allegorien, die in der theologischen Litteratur vorkommen, z. B. die oft angewandte Vergleichung der körperlichen Be- schneidung mit der Reinigung von Fleischeslust. Wer die Gerontika durchliest , wird auf die seltsamsten Beispiele solciier Parallelen zwischen natürlichen und übernatürlichen Dingen stossen. Aus einer verwandten Anschauung erklärt sich der weitverbreitete Glaube, dass in den alten Büchern des Homeros, Vergilius u. a. eine nur dem Kundigen er- kennbare höhere göttliche Weisheit verborgen liege. Nur in diesem Zusammenhange kann die bekannte Sitte, aus Homer und anderen Dichtern einzelne Verse auszulesen und im christlichen Sinne umzudeuten oder den Vergil und Ovid als Orakelbücher zu benützen, richtig verstanden werden.^)

1) Näheres in meinen „Studien zu den Legenden des hl. Theo- dosios", Sitzungsber. d. k. bayer. Ak. d. Wias. philos.-phil. und bist. Cl. 1892 S. 341 ff.

2) Statt die ganze auf diese Dinge bezügliche Litteratur herauf- zubeschwören, will ich lieber auf ein typisches Beispiel hinweisen, den Cod. Marc. Gr. 507, s. XII, fol. 112i"— Uli", wo man eine ganze Musterkarte christlicher Umdeutungen von Versen aus Homer, So-

Krmnbacher: 3TittelgriecJiische Spriclnvörter. 63

In ähnlicher Weise, wie man aus natürlichen Vorgängen und Erzeugnissen und aus altberühmten Geisteswerken eine christliche Nutzanwendung zog, konnte man auch auf den Gedanken kommen, in der volksmässigen Spruchweis- heit, die dem einen als ein Naturprodukt, dem anderen als ein im Volke fortlebendes Erbteil erhabener Geister erscheinen mochte, in ihrer Entstehung aber allen dunkel blieb, einen geheimnisvollen höheren Sinn aufzusuchen. Wenn die Predigt und noch mehr die katechetische Schulpraxis da/u aufforderte, die Heiiswahrheiten an möglichst allgemein bekannten und dem gemeinen Verständnis nahe liegenden Beispielen zu er- läutern, so geriet leicht ein findiger Kopf auf den Gedanken, populäre Redensarten und dann auch eigentliche Sprichwörter zur Aufklärung, ja selbst zur Unterstützung^) eines mora- lischen oder dogmatischen Satzes zu benützen ; davon war nur ein Schritt zur systematischen Sammlung solcher alle- gorischen Deutungen. Ich wäre auf diesen Gedanken viel- leicht nicht gekommen, wenn ich nicht einmal in einem kleinen italienischen Orte einer Nachmittagschristenlehre bei- gewohnt hätte: der Geistliche, ein feueriger Mann voll natür- licher Beredsamkeit, benützte in seiner einem lebhaften Dia- loge mit der Gemeinde ähnlichen Unterweisung alle möglichen Vergleiche, um den Zuhörern die übernatürlichen Dinge recht verständlich und greifbar darzulegen. Solche Priester hat es auch l)ei dem lebhaften Volke der Griechen gegeben, und von ihnen ist die Anregung zu dem später so weit- verbreiteten und beliebten katechetischen Verfahren ausge- gangen.

phokles usw. findet. Die Rolle des Vergil in der allegorischen Litte- ratur ist aus D. Comparetti, Virgil im Mittelalter (bes. S. 93 tt'. der deutschen Uebersetzung), allgemein bekannt.

1) Die im III. Kapitel mitgeteilte Erklärung des dunklen Spruches Nr. 17 der Codd. A^ D schliesst mit den Worten: ,Es schweige also der Lateiner, durch diese sprichwörtliche Redensart offenbar überführt."

64 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

Wer zuerst in dieser Weise volkstümliche Sprichwörter zur Erläuterung von Heils Wahrheiten verwendete, wissen wir nicht; wir können aber nachweisen, dass dieses didaktische Verfahren in sehr alte Zeit zurückreicht. Schon Makarios der Aegypter (c. 300 c. 390 n. Chr.) verschmähte es nicht, moralische Vorgänge durch sprichwörtliche Redens- arten zu erläutern. In einer in seine 15. Homilie einge- schobenen 'EQCtjTrjaig ^nuy.Qioig (Migne, Patrol, Gr. t. 34, 604 C), auf die mich J. Psichari aufmerksam machte, er- örtert er die Frage, ob das Böse im Menschen nach und nach oder auf einmal ausgerottet werden könne, und gibt darauf die Antwort: Wie der Embryo nur allmählich zum Menschen und das Kind nur allmählich zum Manne wird, wie der ausgestreute Same nur langsam zur Aehre hervor- reift, so geschieht es auch auf geistigem Gebiete. Kaid [.iixqÖv 6 avd^Qi07Cog av^ävei -/.al yiverai eig avdqa TtXsiov, elg (xtTQOv r^Xiy.iag' ov% üortEQ rivig Xiyovaiv Evdvoai, tTt-övoai. Eine ganze Blumenlese volkstümlicher Sprich- wörter und Redensarten hat ein populärer Erbauungsschrift- steller des 6. Jahrhunderts, Johannes, in seinen Klimax (Migne, Patrol. Gr. t. 88) eingeflochten. Einzelnes bietet auch Johannes Moschos am Ende des 6. Jahrhunderts in seinem Leimon (Pratum Spirituale, Migne, Patrol. Gr. t. 87, 3). Die Belege sind im V. Kapitel zusammengestellt. Eine genaue Umschau in der gesamten älteren theologischen Litteratur würde sicher noch weit zahlreichere Beispiele dieser Lehrmethode zu Tage fördern.

Die im Obigen vorgetragene Erklärung des Ursprunges der byzantinischen Sprich Wörtersammlungen mag dem , philo- logischen Herzen" nicht so sehr zusagen, wie die von 0. (h-usius gegebene, dass , einsichtige Männer doch wieder begannen, die im Volke lebenden y.oivole^iai und öi]f.tioöt] qrjTcc oder ahd-yi-iaxa getreulich aufzuzeichnen wie die antiken Paroemiographen vielleicht die erfreulichste Leistung

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichtvörter. 65

byzantinischer Philologie",') und man mag es bedauern, dass eine so erfreuliche Leistung nun von der Philologie wieder an die in Byzanz alles beherrschende Theologie abgetreten werden muss; aber ich denke, dass meine Erklärung nicht nur mit dem allgemeinen Charakter byzantinischer Geistesthätigkeit, sondern auch mit den Thatsachen der üeberlieferung besser übereinstimmt als die meines verehrten Freundes.

Wie Pflanzen, Tiere und Vorgänge der Natur, so soll auch jedes Wort, jeder Gedanke auf Christus bezogen, gleich- sam zum Kriegsgefangenen Christi gemacht werden. Daher sagt Glykas V. 254 ff.:

Eycü di TovTo ro q}]t6v tclöccT)^ al^^iaXioxil^cov

elg exdo^i^v arayo/iica tovtov Tif.iuoraTi]v

Kai d^vQav alhjv d^avf.iaoxr^v ivvoiag VTvavoiyw.

Genauer erklärt das alyjiaXioTi'Ceiv der Verfasser der Prosaredaktion im Cod. Paris. 395: Andere mögen anders erklären; wir aber (erklären) ^xazd zov d/rooToXov tov "kiyovTa, ort del alyj.ialcoTiueLV rcccv vorjf.iav eig rt]v -tvraxo- XovOlav TOV Xqiotov''. (II Cor. 10, 5.) Sathas S. 565.

Lehrreich für die Einsicht in die Grundidee sind auch die Einleitungsverse des 5. Spruches der versifizierten Er- klärungen V. 92 tf.:

OvTog o Xoyog to öoxeIv ovöi%' onovöalov ■/.qv/itei, e^ dyoqag de (faivExac Xr^cpdr^vai xal tqwÖcüv,

1) Rhein. Mus. 42, 387. Des Weitern präzisiert Crusius seine Auffassung folgendermassen: „Aeltere Sammlungen dieser Art müssen den von Sathas im 5. Bande der bibliotheca medii aevi veröftent- lichten parömiographischen Versuchen des Michael Psellos, Johannes (s. S. 3G) Glykas u. a. zu gründe liegen. Wenigstens vermag ich nicht die erste Initiative zur Sammlung und Behandlung von Sprich- wörtern Leuten zuzutrauen, deren ganzes Bestreben auf eine ge- zwungene theologisch -allegorische Deutung «9/ iritäg iaroQiag ge- richtet ist."

189^ Pliiloa.-pliilol. II. liist. Gl. II. 1. 6

6G Sitzung der philos.-philol. Classe vom 8. Juli 189S.

ovy. Evyevij Tip> tvvoiav e'^co irqoßs,ßXrjf.itvog' ei Ö€ zig syxsvxQiosis xat rovrov zeyv^^ivTiog, xr^v ayqidda tgiipeie Tiavicog elg y^(.ie.Qida.

Aehnlich wird in der Einleitung des 6. Spruches die im Volksspruche verborgene Goldader höherer Weisheit her- vorgehoben, V. 110 ff.:

El yiai drif.aod£g x6 Qrjd-iv oXov xr^g Tragoii-uag xai TtQog xr^v cpqaoiv evxelig aal ov/.i7t£rcaxrjf.ievov, aXV Eoco (fXeßa d^avf.iaox7]v %qvoixida ovy'/.QV7ixEi.

In der nächsten Erklärung wird das Geheimnisvolle des verborgenen Sinnes sogar bis zum Schauervollen gesteigert, V. 139:

'0 Xoyog ovxog 6 xoivog yif.iei (fqiy.x7ig ivvoiag.

Nun wird es auch verständlich, dass in den zwei ältesten Hss (A^ D) den Sprich Wörtererklärungen noch drei Kuriosi- täten aus dem Physiologusk reise ^) beigefügt sind, dass ferner in einer dritten Hs die Sprichwörtererklärungen mit einem Physiologus verbunden erscheinen und dass endlich die Erklärungen in anderen Hss mit dogmatischen Schriften oder mit einem Katechismus (Cod. E) zusammengehen. Wir lassen uns die theologischen Erklärungen, so gezwungen und verworren sie auch sein mögen, gerne gefallen; denn ihnen allein verdanken wir die Erhaltung einer stattlichen Anzahl volksmässiger Sprichwörter des griechischen Mittelalters. Zuweilen liefern sie auch für die Aufhellung des wirklichen Sinnes dunkler Sprüche wert- volle Anhaltspunkte, wie z. B. 0. Crusius bei Kr. S. 71 f. zur Ei-klärung des rätselhaften Spruches „Vier die vier und es siegte die Thür" die ausführliche Hermenie mit Erfolg

1) Von den drei Tieren (Schlange, Löwe, Hase), die dort als mit offenen Augen schlafend erwähnt werden, wird diese Eigen- schaft in den bekannten Physiologusbearbeitungen allei-dings nur

dorn Löwen zugeschrieben.

Kruiiibacher : Mittel griechische Sprichwörter. 67

beigezogen hat. Uebrigens steht die seltsame Verschroben- heit der theologischen Umdeutung, welche uns in den Spricli- wörtererklärungen so unangenehm berührt, in der exege- tischen Litteratur nicht vereinzelt da. Nicht um ein Haar besser sind z. B. zahlreiche Deutungen von Versen des Hohen Liedes.

Die Griechen sind nicht das einzige Volk, bei welchem sich die Anwendung von Sprichwörtern in der Predigt und Katechese nachweisen lässt. Wie mich die unerschöpfliche Gelehrsamkeit W. Meyers aus Speyer belehrte, war dasselbe Verfahren anch im abendländischen Mittelalter bekannt. Wir haben lateinische Sermones de tempore, in welchen das Thema zuerst durch einen lateinischen Satz und dann durch ein sinnverwandtes altfranzösisches Sprichwort ange- geben wird, z. B. ^Sernio fratris Äuberti^ Minoris. Ambu- late in dilectione Dei .... Dicitur vulgariter Mieux vaut amis en voie que deniers en courroie.'^ Auch mitten im Texte werden zuweilen französische Sprichwörter und Redensarten zur Erläuterung verwendet. Eine Hs, welche eine im 13. Jahrhundert entstandene Sammlung solcher Ser- mones enthält, den Cod. Paris. 14952, bespricht B. Hau- reau in den Notices et extraits des mss de la bibliotheque nationale t. 32, 2 (1888) 275—338; vgl. G. Gröber, Ueber- sicht über die lateinische Litteratur von der Mitte des 0. Jahr- hunderts bis 1350 (Grundriss der roman. Philol. Bd. II) S. 197. Zwei andere Hss solcher aus Frankreich stammender Sprichwörtersermone hat mir W. Meyer nachgewiesen, den Cod. Monac. Lat. 2672, s. XIV., und den Cod. Monac. Lat. 23372, s. XIII. Uebrigens scheint die Zahl der fran- zösischen Sprichwörter in den Münchener Hss viel grösser zu sein als in der Pariser. Eine Arbeit, die über sie exi- stieren soll, konnte ich nicht ausfindig machen. Auch in Deutschland hat man volkstümliche Sprichwörter für die Predigt verwendet. Aus einer am Ende des 14. Jahrhunderts

68 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

in Mitteldeutschland abgefassten Sammlung von lateinischen Predigten, die in einer SchwaLacher Hs des 15. Jahrhunderts aufbewahrt ist, hat K. Hofmann deutsche Sprichwörter mitgeteilt, Sitzungsber. d. k. bayer. Akademie der Wiss., philos.-philol. und bist. Cl. 1870 Bd. II 25—38. Als Probe diene der Anfang einer dieser Predigten: ^Dominica quarfa post pascha. Peilte et accipietis ut gaudium vestrum plen^im Sit (Job. 16, 24) Jcum freud und friss mich: hoc non potest intelligi de gaudio^ quod hahemus in hoc mundo, quia talia gaudia sunt inania et itisufficiencia, ergo non possunf totum hominem apprechendere etc."' J. A. Schmidel, der für Hofmann die Hs excerpierte, bemerkt (S. 25) über die Anwendung der Sprichwörter: „Nach der Angabe der An- fangsworte des Textes folgt allemal das Sprichwort, welches dann erklärt und auf den Text angewendet wird. Die An- wendung der Sprichwörter oder sprichwörtlichen Redensarten auf die Perikopen ist oft naiv, immer aber, wie sich denken lässt, gezwungen." Dasselbe gilt, wie Kap. 111 zeigen wird, für die griechischen Sprichwörterkatechismen. Endlich sind von A. Brückner, Arch. f. sJav. Philol. 15 (1893) 475, auch polnische und böhmische Sprichwörter in mittel- alterlichen Hss lateinischer Predigten nachgewiesen worden. Ob nun auch in Prankreich, Deutschland oder bei den Slaven schon im Mittelalter jemand in der Weise des Planudes und des Autors von Cod. P aus solchen theologischen Werken die Sprichwörter ausgezogen und gesammelt hat, ist mir nicht bekannt. Jedenfalls aber repräsentieren auch hier wie in Byzanz die mit proverbialen Belegen oder Beispielen aus- gestatteten Theologica die ältesten Sammlungen volks- mässiger Sprichwörter.

Kriimhacher: Mittelgriechiaclie Sprichtvürter, 69

III. Die Texte der neuen Handschriften.

Ueber die zweckmässige Veröffentlichung des neuen Materials habe ich mir lange den Kopf zerbrochen. Dass jeder Versuch, aus allen Hss eine Urform herauszuschälen und die späteren Zusätze und Einschiebsel unter oder nach dem Texte in einer Art von Apparat unterzubringen, miss- glücken musste, dürfte nach den Darlegungen im ersten und zweiten Kapitel jedermann einleuchten. Belehrt durch manche Missgriffe in der schablonenmässigen Anwendung des Apparatus criticus auf Werke, die in erheblich ab- weichende Redaktionen auseinanderfallen, haben wir einsehen gelernt, dass in solchen Fällen, die sich in der spätantiken und mittelalterlichen Litteratur häufen, nichts übrig bleibt, als die Hauptbearbeitungen mit ihren speziellen handschrift- lichen Varianten nach einander mitzuteilen. Götz und Gunder- mann haben, um ein monumentales Werk zu nennen, diese Methode am Corpus glossariorum Latinorum mit zweifellosem Erfolge durchgeführt. Eine ähnliche Art der Publikation musste auch für die byzantinischen Sprichwörtersammlungen gesucht werden.

Wenn sich nun auch bei ihnen die Reduktion des ge- samten Materials auf einen Haupttext und einen ausgedehnten kritischen Apparat als unthunlich erwies, so sind andrerseits die theologischen Erklärungen viel zu unwichtig und unter sich viel zu ähnlich, als dass es sich empfehlen könnte, nach dem Muster des Göttinger Corpus einfach alle Sammlungen

70 Sitzung der phUos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

mit ihren lästigen Wiederholungen in extenso nach einander abzudrücken. Dieses System hat ja auch bei den Samm- lungen der alten Sprichwörter, deren Erklärungen viel mehr wertvolle Körner enthalten als die langweiligen Hermenien der byzantinischen, mehr gegen als für sich. Wie sehr durch dasselbe die Benützung des Corpus für gewisse Zwecke erschwert worden ist, wird schmerzlich genug empfunden. Da aber doch jede Sammlung einzelne Sprüche und Er- kläruncren enthält, die in den anderen nicht vorkommen, musste ein Mittelweg eingeschlagen werden. Diesen Mittel- weg glaube ich nach verschiedenen missglückten Experi- menten in folgender Art der Herausgabe gefunden zu haben: Zuerst wird die relativ besterhaltene Sammlung, die des Cod. Marc. III 4 vollständig mitgeteilt; für die weitsehich- tigen Erklärungen werden andere Hss nur insoweit beige- zogen, als es zur Verbesserung einzelner Verderbnisse und zur Ergänzung offenbarer Lücken notwendig ist. Daran schliessen sich die neuen Sprüche und Erklärungen aus den übrigen Hss. Zu diesen Ergänzungen wird zuerst der Cod. Vatic. 695, dann der Parisinus 2316, endlich der Tauri- nensis B. V. 39 herangezogen. Nachdem so aus allen Sammlungen der Gesamtertrag an Sprüchen und Erklärungen geschöpft ist, werden die Sprichwörter ohne die Erklä- rungen zusammengestellt und hier nun die Abweichungen aller Hss verzeichnet. Ausgeschlossen bleiben von dieser Zu- sammenstellung der blossen Sprichwörter nur die Sprüche der Planudessammlung, für welche auf die Ausgaben von Piccolomini und Kurtz und die Nachträge von Crusius und Treu verwiesen werden kann. Endlich wird in einer Gen eraltabelle der Bestand und die Reihenfolge der Sprüche in den einzelnen Hss mit Hilfe der in der obigen „Zusammenstellung" angewandten durchlaufenden Nummern dargelegt. Auf diese Weise wird auf massigem Raum die Quintessenz des neuen Materials so vollständig mitgeteilt,

Krumhacher: Mittel (jriecMsclie Spriclnvörter. 71

dass man bei weiteren Forschungen auf dem Gebiete des mittelgriechischen Sprichwortes darauf bauen kann. Auch für die Aufnahme der byzantinischen Sprichwörter in das von 0. Crusius vorbereitete neue Corpus dürfte so am zweck- mässigsten vorgearbeitet sein. Uebrigens bin ich gern bereit, Fachgenossen auf Wunsch meine vollständigen Abschriften der verschiedenen Redaktionen zur Verfügung zu stellen,

Ueber die Einrichtung der Ausgabe sei noch Folgendes bemerkt. Auf die Herstellung eines den Gesetzen der Logik und Grammatik entsprechenden, inhaltlich klaren und stili- stisch abgerundeten Textes der Erklärungen musste verzichtet werden, wenn nicht fortwährend das Eigentum der Bearbeiter selbst angetastet werden sollte. Die Individualität der Bear- beitungen lässt sich trotz aller Verwirrung an manchen Eigentümlichkeiten erkennen; so liebt der Verfasser von H für die Umschreibung des Dativs den Genetiv, der von I den Accusativ; vgl. Nr. 46 und 49 der „Zusammenstellung", Manche Erklärungen machen allerdings den Eindruck, als seien sie nach dem Vortrage eines Lehrers flüchtig aufge- zeichnet und dabei verunstaltet worden. In der Hauptsache aber fällt der üble Zustand der Texte den Bearbeitern zur Last, und es lässt sich ohne Mühe die Thatsache erkennen, dass die Erklärungen sich im Laufe der Zeit von den trotz aller Allegorie wohlverständlichen Sammlungen des Glykas bis herab zum platten Unsinn im Cod. K immer mehr verschlechterten. Wie sorglos die späteren Bearbeiter verfuhren, zeigt z. B. Nr. 18 des Cod. I, wo im Lemma ngoy-onzEi in 7iqooy.olcciaL (1, 7iQooxolXäTai) verderbt ist und nun sofort die Erklärung dieser unsinnigen Lesart an- gepasst wird; ebenso lässt in Nr. 2(3 des Cod. I die kleine Verschreibung von ycaTarcerQa in xarcnrre^a den Erklärer ohne Bedenken in das luftige Gebiet der Telonia abschweifen; in Nr. 43 desselben Cod. ist im Lemma yavqoi statt yafißqoi geschrieben und nun operiert die Hermenie mit dem Begriff

72 Sitzung der phüus.-pMlöl. Glasse vom 8. Juli 1803.

yavQi(j)\ Uebrigens beweisen solche Missverständuisse auch, dass manche Sprüche in der Zeit des Bearbeiters nicht mehr allgemein üblich waren.

Ebensowenig als die sachlichen Irrtümer durfte die sprachliche Form der Erklärungen in Ordnung gebracht werden. Das besonders in I und K oft ganz unverständliche Lallen der Sprich wörterkatecheten war möglichst unverfälscht wiederzugeben. Ein instruktives Beispiel für die syntaktische Bewusstlosigkeit, die hier herrscht, bietet Nr. 58 des Cod. I, wo zuerst ein Partizip im Acc, dann das zugehörige Sub- stantiv im Gen., dann ein zweites durch xai verbundenes Partizip im Nom., endlich ein auf beide Partizipien und das Substantiv bezügliches Pronomen wieder im Acc. er- scheint. Nochmehr als in I ist der Text in K verwildert, allerdings zum grossen Teil durch die Schuld des Kopisten Andreas Darmarios (s. S, 44). Die Sprüche selbst wie die Erklärungen sind hier zuweilen so bodenlos verderbt, dass ohne andere Hss jedes kritische Bemühen aussichtslos wäre; vgl. z. B. die Varianten von K zu Nr. 17, 22, 94 der „Zu- sammenstellung". Es ist ein Glück, dass die meisten Sprüche des Cod. K auch in anderen Hss vorkommen.

Wenn es mithin nicht geraten erschien, durch gewalt- same Mittel einen „lesbaren" Text im üblichen Sinne her- zustellen, so habe ich mich um so mehr bemüht, den hand- schriftlichen Thatbestand, dessen genaue Kenntnis bei der schwankenden Form vieler Sprüche und Erklärungen von Wichtigkeit ist, treu wiederzugeben. Ich habe meine Abschriften vor den Codices stets sorgfältig revidiert und zuletzt die Druckbogen wiederholt mit den Abschriften ver- glichen. Doch sind die rein orthographischen Fehler in den Erklärungen, soweit sie nicht für die Konstitution des Textes oder für sprachgeschichtliche Fragen Beachtung verdienen, stillschweigend korrigiert; ihre konsequente Auf- zeichnung würde nichts lehren, da ja alle Hss aus einer Zeit

Kruvihacher: Mittelgriechische Sprichivörter. 73

stammen, in welcher die nengriechisclie Aussprache durchge- drungen war. Dagegen ist für die Lemmen, auf die es vor allem ankommt, in der „Zusammenstellung" ein voll- ständig genauer Apparat gegeben, in welchem auch sämt- liche orthographische Varianten berücksichtigt sind. Nur in einem Punkte habe ich mich nicht an die Hss gehalten: Am Anfang der Sprichwörter und Erklärungen sind in der Ausgabe der Uebersichtlichkeit halber stets grosse Buchstaben gesetzt, während die Hss selbst in dieser Hinsicht ohne Kon- sequenz verfahren. Noch sei ausdrücklich bemerkt, dass in der „Zusammenstellung" keinerlei Emendation angebracht, sondern einfach der gesamte handschriftliche Thatbestand, soweit er die Sprichwörter selbst betrifft, vorgelegt ist. Die notwendigen Verbesserungen und Erklärungen sind dem vierten Kapitel vorbehalten.

Den Nachweis der in den theologischen Erklärungen vor- kommenden Stellen aus der hl. Schrift verdanke ich der Liebens- würdigkeit meines bibelfesten Freundes Dr. C. Weyman.

A. Die Sprichwörter der neuen Hss mit den Erklärungen.

1. Sammlung des Cod. Marc. Cl. HI 4.

E7i:iQQrj/.iaTa xtov avd^Qwrciov d iEQi.ir]VEVi.i8va naga xvQOv Mixcc^jX Tov H^eXkov' sioi yaQ cocfsXif.ia.

1 Eiaai yial y.Xtnxijg y.ai (jxoi'^og (?).

Abweichende Lesung der Handschrift: Am Rande sind einige Sprüche wohl von einer späteren Hand durch griechische Zahlzeichen nummeriert; doch ist hiebei der erste kSpruch übersehen, so dass also neben Nr. 3 ß, neben Nr. 4 y steht usw. Titel: yslov

1 "Has Da sowohl im Lemma als in der Erklärung oxovQÖg steht, wollte ich das Wort nicht antasten ; vgl. Kapitel IV Nr. 1

74 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 8. Juli 18D3.

KlefTTrjg (.liv 6 ^4ddu, wg (fayslv ano tov (fVTOv, arp' Ol) jiaQijyytXd^rj f^rj (payeiv, o avTog lov nat oy.ovQdg ötd to (.iBxd TO 71X010 f.ia f.ir] ßaXeiv fiezapoiav eine öi, oti q yurrj, riv dtöwxdg f.iOL, exeivti hioirjae |K£ cpayelv, zal roLOxriio

TQOJrO) fjTläTO TOV d^EOV.

2 ^7c6 y.l£7tTr]v v-ktTiTe y.al '/.oli-iav ovk e/fitg! '0 yiX87TTr]g tiöv ipvywv riJ.uov 6 öidßolog ' Y-Ximei ydq

Kai d(paQ7raCei dsl 6 tijg lljjf.iiag 7iei(ittTii]g. '0 yovv dcvrjO^eig, iva ipöxr^v xaTeyof-i8V)]v vno rov dai(.iovog ^/.liiiirj^^ ov fiovov /.Qlf^ia ov% ^yei, dkld aal f.tiya (so) (.iiöi^dv alV ovv de avTU) €^0(.ioiovTat rqi sIttovzi ' 6 s^dycov a^iov l^ dva^iov log GT6/.ia f.iov eoTai.

3 Ol TsoaaQEig rovg xioouQag y.al eviKrjoev r^ i^VQa.

Ol TtGoaQEtg EvayyeXiGTal dudga/^iov elg za ZEOoaQa l^iSQ}] TOV v.6of.iov, ccvaioh]v^ övoiv, aQKTOv v.al j^i£Orjf.tliQiav, ■/.rjQvooovTEg %6v Xoyov rov ^eov. Kai xi y&yovEv Ix xovxov; 'Ei'lxrjOEv 71 dvQa rjyovv 6 XQioxög, yiai^Mg avTog Iv Evayyelioig EL7CEV' ^Eycö eIj-il 71 &vQa' Si' sf.iov edv xig Eloel^i], Gwd^7jaExai.

4 'ßg EVQjjg xöv xaiQov, cpayE y.al xov Xayov\

'0 XQiGTog ciTcioxEiXE xov IlavXov Eig xo EiayyEirÜEGO-ai, SL71E ^dt^ ' Jiov OE Gvyy.axaßaivELV x-qv xov y.aiQOV övOKoliav. Jid xovxo '/.al avxog a'kEyev ' "EyEvof.iiqv xo'ig 'lovöaloig cog 'lovöalog, iva ^lovdaiovg y.EQÖiiGio. Kai ovxwg ivixijOEv y.al hcEG7idGaxo xov eB, sd^vüJv laov.

1 'H yvvr] (paysTv Gen. 3, 12

2 'O i^äycov e'orai ?

3 'Eycö acodrjaexai Job. 10, 9 ,

4 Aeov övaxoXiav'i 'Eyevöfitjv xEQdrjooi I Cor. [), 20

2 'Atio] 710 (indem der Kopist die rote Initiale nachzutragen vergass) xle^nj habe ich ergänzt s^o/iwiovvrai s^ a^iov earai (prjaiv

4 EVQSis Xaycüov: sine. 8sov fjv ovyxaxaßalveiv, SvoxoXov av Verbessert nach G

Krumhuchcr: Mittelf/ricchische Sprichwörter, 75

5 Kakrj 7ieTQsa avio ix to avwyaiov.

Ev owTOi-to) Eineiv o FoXiai)- i,7rlriyelgy V7cu (,/ceTQagy Tijc,' 7iei((fi)€i'ai]g ex xeiQog Javid eXeye ' Kah] neiqta ex to avojyiv riyovv e^ vipovq, sx T^g O^elag dvvcii.iEtog. '^H xai (dXwg £xßa?.elv tovto s'oixev nqog tavrov Xiyiov ' '0 trjg ißiSTfQag oojctiQi'ag eyßgdg jrlrjyjyeig dia tov Xqiotoü, Trjg (c/.Quyojvialag ntxqag <rf^c> arev yeiQog TftrjdBiarjg s^ ogovg f(laiof.trjTov , T'^g jttrqag zov naiQog <TrJt,'> Eig avaiQEOiv TOV diaßolov TTEf-irpO^eioT^g ex tov dvwyiov (!) ii'jTOi tov ovqavov' (iVM yuQ 80X1 Trjg yr^g 6 ovQavög.

6 H nxioyeia xaxeösi^s xd /.lOvaTrld.

FI 7ixojyeia xov voog xiov '[ovöaicov rixoi r] xovrpoxrjg auxoiv xuxedei^e xd /novarrld, xovx' toxi do^aLeiv i.iova7ih]v xi^v deoxrjTa xal f.ir] sv XQiddi if.iveiv.

7 ^rro oalov xal }.iei}vöxov xt]v dXTijd^eiav axovel ^no xov yoQOv xöJv dnooTolior, ovxiva xai {.uoqov sda-

xovv eivai, xai}o)g ai 7iQd^eig xiov aTtoaxolwv (faaiv^ 7]xovo0tj <i^> ahjOeia^ rJTig eaxiv 6 Xqiaxög' 6 yoQog yd() xcop a/to- aiohuv ixtiQV^Ev ^jf-üv xov dyvoovi-iEi'OP Xqloxov slrat ^eov dhjd^ivov.

8 E7criyai.iEv, ojtov /.iccg EyQEioaxovaav, xal syQE- MOX0Vf.iav xiog rj/iiElg [avxo7g].

5 dxQOYcoviaiag jistgag vgl. Je.s. 28, 16; Eph. 2, 2U; I Petr. 2, G ävev x^'-QÖ? vgl. Dan. 2, 45

7 ai jcQa^Eig xöjv dnoaröXcov'^ (2, 13Vj

5 TisTQCi dvMysov: tov yohäü r/ xaXöJg t) neu aUtog euXeiiiei TOVTO Evsxev. TiQog savTov Se eIejev Emendation und Ergänzung nach G ovQav6i{\ uvOQcojiog

ß TiTOiyia, doch das zweite Mal Jir<oxsTa

7 ri vor ulrjOeia habe ich nach dem Lemma und nach dem Sinn ergänzt

8 'EjiEiyafiEv EXQeomovfiavTog (da.s zweite mal ixQsooTov/iavTog) ijliEig avxoTg Da der Dativ in xog steckt, ist avtoig überflüssig; man könnte dafür amol vermuten, dagegen spricht aber die Form des

76 Sitzung der 2)hilos.-pldlol. Classe cum 8. Juli 1893.

'E7triya(.iev, OTtov f-iag sxQsioaTOvaav xal 8XQE(.oGTOvi.iav riog rifxelg. Kai ydg 6 ycvQiog rif.udv 'h]aovg XQiarog tog avd-Qionog iXQStüOTSi rov arto&aveiv ' o y.al ysyovBV y.al dntd^avev. Kai sXd^tov elg tov "Aidrjv ovy. evif.ieivEV £y.£iOE, alld xat Ttaoag rag ztov dn-^ auovcov ipvyag dvaXaßoiiiEvog s^tjX&b rov ^idov y.al dvEOTfj sx zcov vEKQcdv. '0 loyog K.ovp'^ dyEL ovxiog' 6dvQ6f.iEvoi ydq 6{.iov 6 '!l4iörjg xat 6 JidßoXog Xtyovoiv, uti Iv oaqj Eiyoi^iEV töv xqecüottjv y.al i^X7rito(.iEv XaßElv £<^ aviov xo yqiog ex tmv mnTovTcov dvd^Qioynov, EVQtdrßiiv (.läXkov ri^iE~ig ol dd-Xioi yoELOOTOvvTEg' ova oXöaftEv, ncug rovio yt- yovEv Tji-ilv ' y.al ydq ag yiaTEiyof^Ev xpvydg dq^rjQtd^r]i^iEV.

9 T6 noiTjOEig, näi^rjg Kai aXXov txeqigöoieqov.

KQEi.idi.iEvog 6 -mvQiog iirl gtuvqov xal rov XrjOTr^v Idcov /.lEtavoovvra v.al Xtyovxa' MvyjO&rjTi ^lov, v.iqie, eitve jrqog rov diäßoXov tovto, otl xar' dqyag rov nXaG^ivxa yeiQl ^Eov dl' ETrißovXrjg dcfYiQTTaoag xat sv 7iaQadEiGM ovta i^- OQiGTOV nEuoiijxag- STtadEg de tovto, otl aal tov X^jGTiqv, Gv Eiysg ev Ta~ig yßQOiv drft]Q7Taai.ievor, ecÖQay.ag ev tio naqa- ÖEiOip eIgeqx6[.i£vov xat ov f.i6vov avTOv, aXXo xat aXXo tte- QiGGOTEQOv, Ttdvxag Tovg dno xaTaßoXrjg KOGf-iov ■/.EA.oi}.ir]i.ievovg diy.alovg.

8 Das Gespräch des Hades mit dem Teufel scheint aus einer apokryphen Erzählung von Christi Höllenfahrt zu stammen; vgl. z. B. Acta Pilati cap. 4 ff. bei Tischendorf, Ev. Apocrypha^ S. 326 ff.

9 Mv7jaßt]Ti fiov xvQiE Luc. 23, 42 Christi Worte an den Teufel sind mir unbekannter Herkunft

Lemmas in der Erklärung Die Worte avroTg sxQsoorovfzavrog rjixsig sind mit einem Verweisungszeichen am Rande nachgetragen ovv habe ich zur Verbindung eingesetzt

9 aUor wollte ich mit Rücksicht auf Formen wie ylvxvv (Nr. 34), TiQäy/Liav usw. nicht antasten, obschon in der Erklärung die Form aX?.o gebraucht ist jieqloöxeqov Nach diaalovg folgt noch >ial ävsartjaE, ein sinnloser Zusatz, der in EG mit Recht fehlt

Krumhacher: Mittelgriechische Spricliwörter. 11

10 EY^af-iEv (filov y.rj/rovQÖv xal didaiuav zov y£vvi]f.iav aal edidsv }.iag läy^ava.

EpTavO^ct 6 loyog y.ijnovQ6v tcv Xqigtov Uyei xov rql- cfovia xal rroTi^owa r^f.mg zocg yi^yevelg. Jido/iiev oup avvw '/.6f.ii.iaTov (so) aQTov ]] allo Ti tmv Evrehor xccl öldei t'^^täg läyava, dvii tov evög exaxov xat dvxl cf^agriöv dq)i>aQTa, y.ai Trjg ßaadeiag avrod y.hjQovoixovg '^f.iag ^rsTrolrjxev.

11 Allog sfpayev xov ßovv xat slg xriv oiqdv o TT Eoxdd-rjv.

'Evxaud-a 6 Xoyog xov didßoXov Uyei. "Ecfaye xov ßovv 7]yovv drtd xrjg xov ^öd^u nlccoeiog ^lygi xr^g ivoaQxov oixovof.iiag Xqioiov xov dsov xj/^iiöv xj xvQavvig avzov hre- y.Q(xxei 'Kai slg savxov nävxag i^cöyQsi. ^icp' ov de 6 XQioxog xo {.dya xal arcÖQQrjXOv avxov jlwoxt^qiov ohovo/.irioag 7] dyuo- xdxTj avxov ^£6xr]g ioag/xod^rj sk xrjg dylag ^eoxoxov /.al oemaqiHvov Maqiag /.al iyevvri^rj, dnsGxä^ri [öi] neql xo xtlog xwv aliovwv 6 naf.ii.iiaQog /.al ey^Qog ri/itwv Jmßolog iqyovv' Ttegl xi^v ovqdv.

12 Egyov xov xsXsiojoavxog /al f.irj xov aTTO-zivi]- oavxog.

"Evxav^a 6 loyog nqog xov Amt /al xttjv ov^tßiov avxov xov loyov 7ioielxai. 'E/eirog /iiiv xov Xöyov xov d^eov dre- TiXriQiooE xal iowd-r], 7] ös ovfißiog avxov naQa/ovoaoa iyi-

10 Christus als Gärtner vielleicht nach Joh. 20, 15 tfj? ßaadsi'ag xXr]Qov6/iiovg Jac. 2, 5

10 In der enkliti.schen Behandluno' von fiag bin ich der Hs gefolgt Die interessante Bildung y.6fiiiaTov darf nicht angetastet werden, so leicht es wäre xo/nfidnv zu schreiben ätpßaQxa] ücpOdQzow mit ov über oj

11 Der absolute Nominativ olxovof.irjoag gehört zweifellos dem Verfasser; vgl. unten Nr. 14 und 20; auch meine Studien zu den Legenden des hl. Theodosios, Sitzungsber. d. k. bayer. Ak. d. Wiss., philos.-phil. u. bist. Cl. 1892 S. 315 (zu 74, 10) <5f habe ich in [ I gesetzt, obschon vielleicht auch hier eine Unbeholfenheit des Autors

vorliegt

78 Sitzung der iiMlos -pliüol. Classe vom S. Juli J893.

VBTO oxrikrj aXog. xal aTTiöXero. Kai äXhog eQyov rov rekuto- oavtog ' Xe.yei {.dv IdTTO Tr^g jrQcorr^g coQag tcog rrig naqay-^rig Tov xQOvov avTcov vriq>ovTsg tov ßiov Karalvoar. LdUcL /.al l'gyov TOV TslsKooarrog näXiv /.liv liyei cog o XrjGxrß, cog r^ TiOQvri^ ojg 6 Mavaoorjg' bf.iouog y.ai zovg ^eql ti/jv ivdsKaryjv WQav tXi^oviag. Kai f.tri tov djtOKivii'iOavTog, cj07ceQ o lovöag 6 nQodoTTjg.

13 "07C0V (pilelg, f^iq ddvei^e xat, 07rov dyauäg,

^EvTavda 6 loyog' '^'Ortov g)ile7g, (prjat, /.trj davEiQrjg rjyovv ETI Ei tog dvd^Qioirog di.(aQTdvEig ngög t6 Ovdslg dvai-iaQTrjTog ei /Lirj f-tovog 6 ^£0g, y.ai /inj öa}>£iCi]g oavTOv tu) diaßoXuj rjyovv dvE^Of.ioX6y)]Tog •/.aTaXnnov df-iaQTiag. Kai orrov ayccTjäg^ f.ni ovyfd'Ctjg, Elg rov y.6of.iov tovtov K^to^ TtgöoKaiQa '/.äl ßqayj.a xat TTQOg oXiyov q>aiv6f.iEva ' /.nj dyana ^lavTd^, %va |Urj tr]f.ii(oO[jg acpdaqTa te ymI aXXa cog 6 TrXovOiog ixsh'og 6 TOV '/.oa/Liov oXov yiEQdiijoag xal rr]j^ xl.w%i]v avTov trif.iuo'&Eig.

14 KrjTTOVQt, GvvinaQE' y.ai O^eXto vd 7r otioco. 'EheiÖtj 6 7rXdaag ^Eog toj' dviyqcojcov 7TQ0GETa^EV avvo)

SV Tti) vragaÖEioio egyatEoi^ai y.al cpvXdtTEiv, 6 di f^iy] (fv-

12 X'>]oxrjg der gute Schacher jioQvt] Magdalena Manasses vgl. Paralip. II 33, 12 jisqI r>)v Evdexdzijv w^av Matth. 20, G

13 o TtXovoiog Matth. 16, 2G

12 }iai äXXog EQyov Die in dieser Erklärung besonders auf- fallende Lockerheit der Satzbildung wäre durch einige Aenderungen leicht zu bessern; doch wollte ich den Autor stammeln lassen, wie er stammelte

13 q)iXfjg 8ä%'il^£ ayanug Statt ngog xo würde man xaTo. t6 erwarten; doch vgl. N. 15, 20, 41 Man könnte ävE^o^ioXoyi'jTovg ver- muten; doch hat der Autor offenbar das Wort im neugriechischen Sinne „einer, der nicht gebeichtet hat" gebraucht slg rov xöojxov ■tovtov jiQÖaxaiQa Der Präpositionalausdruck hängt von /«?) avp'dC'!]? ab ravra habe ich eingesetzt Ctj/^nojilEig y.E(>8r)oag ^tjfUM&Eig] e'O]- fu(äd"t] cori-igiert aus Cvfuojdi]

11 Zu qntXdTTEiv könnte man tov vö/ior ergänzen Der absolute

Krumbacher: MHtelgriechische Sprichwörter. 79

Xa^ag, eitcbv avtu) o deog ' ^vvsjrage, arto tou vvv ov ywQEi oe. 0 ds ^öaf.1 )J.y£i ngög tov S^eov ' Nd ttotiocü tovt'' lau vd dr/.auud^io, otl tj yvvtj, r^v edtoxdg f.ioi, f.iB r^ndTrjOEv.

15 Tläv ^töov bfiioiov avzov dyaui^osi.

ÜQog To Oiog o xo'ixog tolovtol xal ol %OLytoi, xal Olog 6 STTOvqaviog towvtoi xal oi hiovQccviOi. ^'Qots koinov 7iäv- tore TO ocdjiia avQEzai xal dyancc xal (pQOvsl xd yiq'iva ' o/Lioicog -/.al nj ^'^yj] ^^S dvXov xi TT^äy/iia xal df.ütoyov twv yrji'vcov noÖei ytal oQtyExaL xd ovqdvia.

16 H G'AvXa onovdaL,o {.lEvri xvcpld y.ov'KovA.ia iysvvrjoev.

E7ieiöiq r^ ovvaytoyr^ xiov ^lovöauov a/rsoÖBi Ttavxoiwg cpvXaxxEiv TOV vojiiov xov Miovoecog, cog xvq^Xd -/.al f.t£iQaxia xvvagia azc^iEivar. Tivig f.itv e^ avxtov EiöeQy^ovTai Eig x6 (ftog xovx'' tOTiv Elg dywv ßdvtxiofta Kai ßXtnovoiv X7]v Tji-tfQav Tr^v ocoTrjQiov e'xEQOi öe lnif.itvovOLV ayQi tov oydoov alm'og exeivov Kai tote oij.iovTai, Elg ov e^EKEVTi^Gav.

17 ^'Ooov sSeuEOE TO vvvlv, ndXiv ßsXovri gwCei. EvTavda 6 ^aTavdg Kai exdQog töjp dvÜ^Qw/riov Jid-

ßoXog TOV Xoyov itoiElTai Kai q^ijOiv '^'Ooov dv ETa7iEivwÜ-ijV viio xov ^EapO^QiOTiov Xoyov Kai ovk. h'EQyio wg tiqo xiig avxoü KaxaßdoEwg Kai oiötv kevxqojoei xd ßeXi] i-iov oXiKCjg xolg Eig avxov ^rioiEvovoi., 7idXiv dt xd vlv ßsXovij öloCei Kai ov 7ravaoj.iai 7rXriTTEiv öid tcov (.hkqmv (.wv ßEXiiJv xovxovg 7caXiv.

14 ■^ yvvrj Gen. 3, 12

15 OIo? FjiovQÜvioi I Cor. 15, 48

1(5 ^'i-ZQi TOV oydoov atöJvO';'^ i:^exirrt]aav Joh. 19, 37 17 Vgl. die Bemerkung zu 8

Nomin. qwldSag gehört dem Autor ov xc}Qyoai vajisiEioo} mit o von erster Hand über dem ersten s

IG OTiovda^öfievoi

17 xd vvv mit einem t von erster Hand über dem ersten v ßyh'»-»/

KTajiKivM&i] h'SQywv xEVTQÖot jrai'aoifiai

80 Sitzung der phüos.-philol. Glasse vom 8. Juli 1893.

18 KoTtze xQ^og, xottts XvTtrjvl

'EvTavd^a 6 Xoyog y.ad-'' oXov zov Xöyov TtoieiTaL /.ai qirjoiv' Q av&QiOTCE^ xo/rre XQtog [.läya ~/.al aXvxov^ tcov af.iaQTtajv oov xo xsiQoyQacpov ' XvGai dia zrjg f.ieravoiag v.ai e^oi-ioXoyr^oscog, o/tsq t'/rXe^ag oyoiviov i-iaKgov zat rtoiy.iXov ■/.OTCTE XvTtr^v vvv dia tov y.vQiov /lietcc diöi6(.iov /.layaigag iqyovv slEr]f.ioovvrjg xat 8^oi.ioXoyr^oscog. Ocds yag alXiog anaXkaS,e.Tai avd-Qionog xcoQig aiGyvvrjg ' xal el f.iij ro rrad-og töij 0 laTQog, ovy, av -/.ai xo q>aqi.iay.ov jrQooa^ei (so) v.acäX- XrjXov Tov Tiad-ovg. Fuf-ivdr yag.^ cfrjOLv^ yvi-ivioGov (.tcöXcojta Tip laTQoj' EiTce '/.ai fXTj aloyvvd^^g' 'E/liov to TQaif.ia, näzeg, SfUTj ri TzXrjyiq, s/iiog 6 qvnog^ %va o Xazqog zwv xpvyßjv Ssoa- Ttevoiß OS. [FtTij f.iov e^coXod^QsvGs jLie ex zov oiv.ov /liov Eva s^tüXod-QevGs zov !Adaf.i ex zov naQadEiGov.^

19 Tov ^vyovGzov za tt EvzdXizqa zov Ma'iov a.va'Crjzovvzai.

^vyovGzov oXov ivzav&a zov /.lovaQyj^Gavza Eig '^f.iag zd dnoXioXoza rcqoßaza 'irjGOvv Xqigzov zov ex zrjg rcaqd^tvov ^Eozoxov Magiag Xiysi, TTEVzaXiZQa zd tcevze zaXavza. Kai ozav xazeXdij Y.Qivai zov 'hog/liov zov Ma'iov r^yovv zc saQ zijg dhjd^Eiag, zd yXv/.v (fcog, Einr^, /.idXXov ds airog^alvEzai ' Jevze o\ EvXoyrjjjEvoi zov Tiazqög f.wv, oi zd zaXavza irXrjd^v- vavzsg, v.al zdlg eS, Eviovvf.uov Einrj ' JJoqeveg&e an'' ef-iov oi

18 axoivlov vgl. Ps. 118, Gl öiotofiov f^iaxaigag Hebr. 4, 12

19 änoXoiXÖTa nQÖßaxa Matth. 10, 6; 15, 24 Aevxe aicöviov Matth. 25, 34 und 41 rdXavra TiXrj^vvavTs? nach Matth. 25, 15 iF.

18 Xvjtf]v vor vvv 8iä tov hvqiov ist in der Hs durchstrichen l'Sfj] el'dt] Der seltsame Bau des Konditional- und Hauptsatzes

gehört dem Autor; auch in den übrigen Hss ist der Satz ähnlich konstruiert; doch könnte man wenigstens jtqooü^oi schreiben Die zwei in [ ] gesetzten Sätze, die in EGIK fehlen, scheinen aus einer anderen Erklärung hierher geraten zu sein

19 jisvrdXvzQa sirnj ist hier beidemal im futuralen Sinne ge- braucht E^ svcovv/iiotg (so)

Krumhacher: Mittelrfriechische Sprichivörter. 81

ytaTrjQa/nivoL sig 7rvQ to auoviov. Kai tote (faveQco&riOEiai exdoiou TO EQyov.

20 Ilgog rd oa/.xla f.ie(}iL€i 6 &e6g ti]v y.Qvdda. Evravda y.aXei rd r^iuov ai.taQT^!.iaTa 6 d-eog aa/x/a,

'/.Qiadag de zog naidsvOEig (.y.aiy rag olyiovof^iiag (^rdgy rn-üv hreQXOf-ievag, y.adwg y.ai 6 ^oloiuov cpiOf Yis, (.iri oltycogei, TTaidslag xvQiov ov ydq dya/tq. KVQtog, 7ratöevEi' -/.al u Javid' IJaidevcov s/raiöevos fie 6 xiQiog, riTi ds d^avario ov TraQsdcoxi /.le. Tavxa yaQ navra^ iog eiQrjTai, zcov df.iaQTiMv rif-tiov eloLV. El de -/.al TraQaxcoQel 7ioXkäy.ig netqd'Ceod^ai rjiiiag, f-irj övG7naTeiico Tic, dXXd ag f.iav.Qoi}viAfp tag <o> ^Icjß iKslvog V7c6 Tov ^laßöXov '/.al 6 Javld vtio tov /levd-eQOv avrov 7T£iQaCo(.iEvog. Kai Ü07tEQ ey.Eivoi yevvaaog xovg ttei- Qaof-iovg q^f^QovTEg Toaovtov xat t6 ovof.ia ixEivfoi' y.£'/.0QvcfCL)Tai, ovTCog xal ov, co avdqcoTiE, dvaXaßov zriv rqayioöiav toltwv xal kf.yE '0 '/.vQLOg l'dwxEV, 6 ■nvQwg dcpstXaTO ' cog xu) -/.vquü l'öo^E)', ovxoj y.al lyivEXO.

21 Olöa/iisv y.al (falaxQOv , dXX^ 6 /.ivEXog xov vd (faivExai^ ovy. svi yaXov.

Evxav^a 6 Xoyog Txqog xov avd^qcojrov xov Xoyov 7roiElxat y.ai (f>r]Oiv Oxi oida/iiEv qiaXaxQOv xoix'' l'oxiv d(.iaQXioX6v, dXXd yai oyaü^ov xivog {.itxoy^ov, x6 dt vd q)aivExai ö /.ivEXog xov 6 (.ir^iivog dyadov f.iExt%tov, <ot;x evi yaXövy.

20 Yie jiaiSsvsi Prov. 3, 11 f. JtaiSsvcov 7iaQs8o)XE /is Ps. 117, 18 '0 xvQiog syivEto lob 1, 21

20 oaxia (so auch unten) t«? de oixorojuiag rjixwv ijieg^o/iisj'ag dg fiaxQmdviirj 6 vor 'lojß habe ich ergänzt (peQovxsg'] Der ab- solute Nominativ stammt vom Autor; vgl. Nr. 11 und 14

21 Or(V///f)'] Vielleicht ist EI'da^iEv gemeint; vgl. aber Nr. 35 H und die Erklärung zu Nr. 36 H pifkog tov vaqpevtTai ort ol8a/isv

Der Schluss ist offenbar ausgefallen; der Sinn verlangt „ist nicht gut" oder „ist aehümin"

1893. Philoa-philul. n. liiMt. Ol. IT. 1. (I

82 Sitzung der 'philos.-philol. Classe com 8. Juli 1S93.

22 Ka/.ivei 6 TtiO^og zai 6 Qoyog /.ui d-/.ov£i ^»]^ •/.EQa(l) yiaiiiaTEQrj.

Kvqav 6 Xoyog rov xvQtov ri(.a~jv ^[rjOOiv Xqiotov Xiyei, og Tteiinei to ttoXv a'Xsog öia xr^g aneiQOv re y.al a/.i8TQ0v dyad-ötr^Tog ' xal dxovei oiy.og y.a(.iaTrjQ6g i^yovv tj xpvyr^ i] rijg avzov dya&OTijTog if-inlrjadelou^ öiori oik eoziv df-ia^iia viKiöoa ziijv (fiXavd^QiOitiav tov d^eov.

23 Tov v.a-/.ov oXoi tov xQetooTOvoLv.

^Evxavd^a 6 Xoyog Xeyei y.ay.6v tov Jidßolov ' ygecooTOvolv ZOO ÖS oXoi Oizojg, ozi ndvzag jreiQaKei did zi~)v ddi'jXiov avzov nayidiov xal ocöelg zojv avzov nayldcov lavO^avei, cog zo Ovöelg dva/.iaQzrizog, ovös idv f.aa ii]i.i6Qa yevijzai i^ Qtorj

avzov.

24 /JiTtlov ydq oto^si y.ai (.lOvanXovv ov acousi. ^Evzavd^a 6 loyog nQog riiiag zov Xoyov noisizaL /.ai

Xeyei' Q dvd^Qions^ zov (so) ttioieveiv duiXovv elvai zriv q^voiv^ iyeov xal drO^QCorrov^ zov v.iqiov r^f-nov ^Ir^oolv Xqiazov^ OioCsi zovz^ eoTiv iXevdeQOi zöJv df.iaQZLO)v ' zo de mozeveiv f-iovanXrlv zyjv dsözi^za, 6jG7Teq <oJ> t§co zov vo{.iov v.al zr^g azdoetog ovieg o\ 7raiiiߣßr]Xoi ^lovöaloi^ ov ocooei zovzovg v.ad^Log Kai zov '"AgEiov.

25 '^Ev.azöv IJavXoi djis^avov v,al 6 Ka&Eig zov Ydiov IlavXov '/.XaLyEi.

^Evzavd^a 6 Xoyog xa^' oXov zo'ig Ttaoiv Xeysi, ort noXXoi Eiöiv oi-iaQZCüXol, aXX^ ovÖEig iixtQ dXXov dnoXoyr^öETai, dXX''

22 Kdfivi] Den Artikel »/, der nach dxovst leicht ausfallen konnte, habe ich ergänzt xa/naregsZ

23 TOV ist betont und deshalb auch in der Hs mit Accent ver- sehen, den ich beibehalten habe

24 Am^dv ist trotz (.tovanXovv und trotz der Form dijilovv in der Erklärung zu halten sXsvdsQsT fiovaJiXovv oi habe ich ergänzt

25 'Exaiov UJTEßarwv mit o über co y.a&'' ffs miiJ?,or }<Xiyei

Krumbacher: Mittehjriechische Sprichicörtcr . 83

eiq e'yiaoTog öiooei Xoyov vneq ziov vvnTa xal rif.ieqaiyy xal ojQa(^vy did Tojv Xöycov -/.ai SQyiov Kai Ivd^vf-ir^oecov af-iagtri- j^iazcüv avTOv, a ovy. s^coi.ioloyr^GaTO.

26 ^Idv f.ie yXvTiüorjg^ vd ßdXco to if.iati6v aovl

Blentov 6 ^laßoXog, oti -/.aTartETiaTrjtai öid rv^g tov oiavQOv navoTiXiag v.al arfaviUszai avxog '/.ai xd ßsXrj avrov did xrig xov oxavqov orßiEUoGeiog, XiyEi nqog xov svaQsxcog ßiovvxa' Kala, jcoqevov log ^rogevsoai, edv xo sy.ßdXrjg e'^to' mv ds EVQio y.aiQOv, Oiov yiviöo'/.co syoj, ovy. ixXvxcoveig xdg ßovXdg xcov fioXvxQOncüv {.lov lvd^v(.ir^GEiov el ds y.ai ezXv- xcoof]g f-iov. vd ßdXco xo if-iaxiv oov xovx'' k'axiv otteq P/Eig

SV tp&UQXqj O(0f.iaXl (?).

27 Trjg xriQag /.ai ZTJg 0Qg)av7Jg oaov ri^g {^^s) ■/.Qovg (fovoKiovei.

^Evxaid^a 6 Xoyog v.ai y^r^qav /.ai OQcpaviijv zviv ioTEQt]f.t6vrjv dyai}iov l'qyiov ipvyj]v Xsysi zi^v (.iiq a%ovoav Xoyov d^sov sv avxj^, iqv sX'/Ei 6 novrjqdg nQog xo d-sXrji-ia avxov -/.ai sni- ßaXojv Xoyiö[.iovg aloyqovg sv avxf] öiEysigEi nqog xd xsiQOva, ■/ai qiOQXiovzaL sv zalg aloyoalg hrid^vj-iiaig avzijg ' öid ydg zöJv zoiovzwv, oaov ttqoö/qoiei, zooov q^ovoKtüvEi zovz'' saziv i^oy/ovzai sv d/.iaQxiaig.

26 TiavojtXla? vgl. Ephes. 6, 11; 13

26 'AjxeyeXäatjg, vaßälco xo ifidriöv oov: Verbessert nach der Er- klärung und den übrigen Hsa jroog avruv ivagairco; Verbessert nach I xaXu JioQevaecog jioqsveoge Verbessert nach I eKlrjrwvrjg

£xXr]x(boi}5 önsQ fjxovoe (pd-aQxöi owj-iazi Statt dieses Unsinns hat I : Ö71SQ olXeig (1. slleXg) h o(üfiazc cpOugrcö, doch scheint in der Lesung von // ein Wort wie ^/eig zu stecken

27 TTJg y.Qovg (povoHÖn] : (pogriorrai statt des erwarteten qpog- xoviai ist wohl eine Neubildung von cpogrior, mit der ^ogrid^co = (poQzi^co zu vergleichen ist

6*

84 Sitzung der 2^^ilos.-philol. Classe vovi S. Juli 1893.

28 KäT}]g y.ai rc ovr iKog s (xä^owT a(v'^y -/.al 6 ßXsncüv EysXa.

Td {.iayo}.iEva eloiv ^ i/^^^i'] >t«t ^o ocdf.ia ' »] f.isv xriqwv TTQug Tag tov v.vqiov evsQyeoiag, xo ds atroßlerrov ^rgog rd f-idzaia yelojv 6 ^evTr^TiijQ (?) OQa rd l'gya ongaycra xat äcfiXa ^s(o, og sv xfj v.QiOBi kvqiov x^/m ri]v fiexa^v f.idyjp> öiy.aaog.

29 *0 7CTV10V slg toj' ovqavov rd yäveid tov jiTvei. '0 TOV d^eov Tdg IvioXag TcaqoQcov xal /.irj to Si^aiov

doTcaCöf-ievog niuTEi eig Ti^v tov Oeov unoöooiv, -/.aO^^ wg/isq ^lovdag moXi]Oag tov d7ro'jh]rov ^laQyaQiTijV GKio'kiqY.oßQioTog yäyovev.

30 ^^AlXog EiyEV to y.ovöovviv ki aXXog exot;- dovrcLev.

"'yilXov 'KLyei tov tu ndvTa noiriaavTa eI'ts oQUTd eiie doQUTa. /Jlo 6 ftiaoKaXog öai(.icov xavyaTai nqog Tovg sav- Tovg snaqd-EVTag xal hnßaXlEL iv tjj -/.aqdia xtov dv&qvmiov niY-Qag 7iov}]Qiag xal diavot^OEig, ovg 6 -DEog xazeßalXi te '/.al TO xiodiöviv EiyEV ' 6 dsog ^yog^ ioziv dvaXXoiwrog ' 6 öe Modtovi'Ccov i^v 6 BeXioq 6 to^eviov tov av&Q(.07Tov h y.ay.o~ig.

31 ^Edw i.iEVio -/.al dXXov cfovQviCco.

Evxavd^a i] dv^gtOTrivt] cpvoig tov Xoyov 7toiE~iTai v.ai cfi]on\ OTL sdcü (.lEvouBV [xcfi] ('5c 7caQ0r/.0i v.ai TxaQerridrjiioi,

29 äjTCüXrjTog nach Matth. 13, Ah; vgl. auch H. Usener in Theol. Abh. für Weizsäcker, Freiburg i. Br. 1892 S. 201 ff. 31 <hg JiaQoixoi I Petr. 2, 11

28 i/j^dxovvTa r/ fiev rrjQÖiv ähnlich wie schon in alter Zeit Superlative auf -og und Partizipia auf -d>g mit einem Fem. verbunden werden. Vgl. meine Gesch. d. byz. Litt. S. 311 o y.srti/Q outöv

29 Jizlcov jTTi'ei dojra^o/isrog^ danäi^eTai

30 xal äXXog sxcodöriCsv : knuQd'svTag. og F.utßaliov ydg habe ich eingesetzt

31 xal ist überflüssig

Krumbacher: Mittelgriechisehe Sprichwörter. 85

alXov 08 Traqane^TXOVTai td egya ijf^wv ' /.al sav f^itv sioi y.ad^aga ra nQOnEf.inoi.iEva Igya, exel TQa(fr^ö6j.iEd^a r^dhog, iav de ivavria, i/.El Xtf.idg toxi'Qog ieoTai"^ Trjg ipcxrjg. '0 e'xiov cöia dzaiEiv dycovano.

32 Onov IxEL noXvv niniqi^ ßdvei y.al 'g rd layava.

^EvTav&a o Xoyog nqog xov vricporza dv&QWTrov xov Xoyov noiElrai xat q)r]Giv 'O/rot- syEi noXiv nXovTOv, noiEi {.lEyctXijV £XEi]uoovpr^v Elg rovg ÖEOfitvoüg tojv oQd^oöoSojp /.al ov (.lovov avTolg naqeyEi, dXXd y.at ^lovöaioig /.al "ElXrjGi, oiTivsg toosl Idyara Bi^QavO^tjOovTai. Outog di ovx y^XeriGsv avzovg öid xr^v d^Qijo/Eiav, dXXd did xijv ar&Qconoxtjxa.

33 Tlxioyog ]] TiXovaiog, dv öev xiqv ßdXXrj, ovdiv /oiftaxai.

Evxavi}a 6 Xoyog cpr^oiv, otl /dv df.iaqxtoX6g /dv di/aiog, dv ovv. diioöioGr^ xov yovv xo) yot, dXXcog ov dvvaxai xov au'jviov vTCvov y.oiiiirj&rivai.

34 rXv'/vv ffayElv, ni/oöv di x6 ysGEiv. 'Evrai&a 6 Xoyog y//ff/, oxi xovxov xov Xoyov tioieI nqog

xov nXovGLOv Xtyiov rXr/ea itiev rjvcpQaivEXO av xio oqcouevti^) /OG(.i('j xovTOj, ui/qd di evqev iv xfj '/a^dvio xov TtvQog xov alcovog s/Etvov.

31 '0 s'yoiv ojza Matth. 11, 15 und öfter

32 (basl Xä^ava vgl. Ps. 36, 2

33 xov xo^^ ^V X^'- v&l- Eccl. 12, 7 31 TiQog xov nlovoiov Luc. 16, 25

ivdvrta k'axai habe ich ergänzt

32 Die Schreibung 6:xov habe ich an beiden Stellen, der Ha Iblgend, beibehalten; der Accent erklärt sich wohl daraus, dass man 6 :iov im Sinne hatte xai V] xui sig

33 d(M:y xljv ßü'/.y.i Das pleonastische üllcog gehört dem Ver- fasser

34 rXvxijv x^oiv

86 Sitzung der philos.-philol. Classe com 8. Juli 1893.

35 Oldaf.isv, yvvy'i, ov 7TXovTOVf.iBv' y.av ag cpa(.iav

^EvTavd^a 6 vovg dvaloyiod/nerog aal elg saviov sXü^cov XiyeL TTQog rriv ipir/j^v 'Q, J/'t'X^), stieI oYdaf^iev td. rov y.oGf.iov TOVTOv xeQJivd nQOOKaioa xai QEVOva, oyjj^ieQOv ovra '/.al avQiov ovyi ovra, /.al Cor/> 6 gti\{.ieqov rrXovoiog avqiov Titviqg^ 'koinöv did tov yivQLOv dg (fdi-iev x6 7tqoÜ,v(Aiv riyovv rov aqxov Tov ^€0v y.al rov Xoyov avrov iv r^f-üv Eiod^cof.i£v, tva yEvarjrai 6 ytVQiog T'jjg xagdiag aal iq '/.aqöia rov '/.vqIov.

36 IIqIv 7tvLyoviiEv, öog tov vavXov\

^Evrav&a 6 Xoyog dvaq^avdov ßoa rölg rcdoi ytal vov- Ü^ETcov keysi ovzwg' 'Q dvd^QtojcE, ttqiv nviyfig ev ralg ßuori- y.aig (pQOvrioi tovÖe tov ■/.oof.iov -/.al ttqIv oe ■/.azalaßr^ d^a- vaxog, 7Tqiv aQQtooTy'^arjg, Ta7TEivcod^i]Ti ' ov ydq 0ida/.iEi', iioia ioqa 6 v.XeTiTrjg y.al 7iLy.Qdg ü^avaTog sgxETai. Kai dog dia TOV KVQiov TOV vavXov, tva dy.oXdoTcog diiXyhr^g tö. /.lEyaXa y.al övaxoXa v.ai ddidßata exEh'a rjyovv ra TEXiovia tov atQog.

37 '0 KOOf-iog ETcovT itETOv y.al 7] yvvri f.iov soxo- Xl'Qeto.

^EvTavO^a ßXtncov 0 vovg Tr^g ipvyjig zdg aloi}}]OEig vjio tov Kaxovgyov ayd^gov k^aixf.iaXiOTi'Qof.iivag XlyEi ' '0 '/.oof.iog etiovtlQetov tovt'' sotlv 7] ipvyji] vtto tov diaßoXov AE/.QaTtj- f-ievn] y.al r^ E(.n] yvvt] eotoXICeto r^yovv to ocdf.ia T£Qn6[.iEvov Ev Talg rjdovalg rov koo/liov ' yvvi]v ydq 6vof.idt.EL t6 oüf.ia.

38 ^£ig sde^co rag TirjxTdg, ös^ov y.al Tag if-i- 7trjy.Tag\

35 arifiEQov övxa vgl. Matth. 6, 30; Luc. 12, 28

36 Tiolq cöga vgl. Luc. 12, 39

35 dg jiQo^v/ii7]v Sil habe ich ergänzt Xomov pleonastisch wie N. 33 aXkmg ev vfiTv slad^coftej'

38 jiixräg ds^ov im Leinma und ebenso zweimal in der Er- klärung ist eine vulgärgriechische Analogiebildung i/^ijivxzag In der Erklärung i/Li7ii?iza.g und zuletzt i/njivHzag

Krumbacher: Mittelyriechischc Sprichwörter. 87

EpTavO^a 6 loyog irgog rov TtXovowv drcocpavTiKtog röv Xoyov vcoiElrai -/.ai (ptjoi ' 'Qg ey.aTeöi^to xal rjvq^qaivov iv laig Tov y.oouov y?<.VAEiaig y.al reQnvalg r^doralg, de^ov /.ai Tag i/n7C7]yiTdg tovt'' toriv rag fiy] reXog sxovoag iv riZ 7ivqI ■/.olaaeig. Kai "komöv .^ w i/'t'X*] '^^^ lov, ovj^id f.wv, tog exaTEÖt§io zal r]vq>Qaivov Iv ralg rov -/.öof-iov zovzov ylvv-eiaig TQOcpaJg^ di^ov y.al iau zag ff.inrf/.Tdg rjyovv rag xoldoEig.

39 Ilqlv Tov 7tOTa}.iov zd if.idTid aov ar)y.tov£l UaXiv 0 Xoyog ftqog zr^v xpvyjrjv y.al zd awua zov Xoyov

TCOiElzai zai (fr^oi ' "Q. il'vyjj, zi df.iEXE~ig, zi /.a^EvÖEig y.al ovöiv OTTEvÖEig ev zaysi y.al ovy. anoqqurzEig zd qEQvii(o(.itva xal naXaid Qay.rj Gov , nqlv (.läXlEig TTEQOOai zov TCOzaf.idv ixslvov ZOP y.avaii/.dv yal dffd-aQzov, oozig /.laXXsi doxif-iaoai Evog ty.aGzov vo egyov, Ttqlv Eig exeIvov zov nozafiov eyyiorjg y.al zd ßaQ)] aizcov slg ßvi^öv Z4idov ■/.aÜ^iX^otol oe.

40 Tlovz iy.ov ßovXdg yiöipEi ydzt^g.

Evzavi^a 6 Xoyog rtQog zdg EvDif^iiqOEig zov kyOqov 7ioiElzaL zov Xoyov xal cprjoiv, ozi yj vif](fovoa xal öiEytjyEQ- l-iEvri ijjvyri /rQÖg dsöv -/.oipEi rjyovv dcfaviGEi agi' eavzrig zd ßovXEVfiaza zov ■/.E'/.Qv/ii}.i&vov 7iovziy.ov iqyovv zov JiaßoXov zriv dvvaf-iiv zfj zov Xqiozov y.al &eov r^juaiv ydqLzi.

41 Elg aXXov yißEvziGfiav evqe&TjV dXXov aXoy ov.

'0 Xoyog ovzog q^t]Giv, ozi ooa eItiov o\ 7rQ0fpYJzaL 7CeqI zrß eXEiGEiog zov yvqiov zif-nov 'irjGov Xqigzov Eig Tji-icig zovg STil yrjg, xad^tog z6 rrvEÜfia zd oyiov 7ToXvi.iEQCog yal rcoXv- ZQOTicog avzovg sdlda^Ev v.al iogtteq x*]^t'X£g eyißävziGav zd 7ieqI zov Xqigzov yal d^eov {jf.uov, EVQfOtjoav de ol aTioGzoXoi

38 JiQog rov tiXovoiov vgl, zu 34

41 Jiokv/isQwg y.al TtoXvxQOJKog Hebr. 1, 1

39 olxove: iyyvoijg xa&e^ovai oe 41 y7]ߣvriafiav iyrjßeviijoav

88 Sitzung der philos-iJhUül. Glasse vom 8. Juli 1893.

%7tnoL TTQog ^TO^ 'Enißijg eg)' iTtTtovg rovg OTToaTolocg oov, y.vQie ' "/«( Vi Irtnaoia oov aonr^qia.

42 '^'O/Tov TToXXoL TtETEivoi, i/cel r^i-iequ ov ylvezai. ^EvTavda 6 Xoyog nQog tov vovv -äcu xi]v y.aQÖiav tov

Xoyov nounai v.ai q^rjOiv "Onov noXkol nereivol tott' eoriv 07C0V nolXoi /Mi f.ioyß^YjQOi loyiOf-ioi sv toi vdX docpeqovrai, SKei "qf-iega ocozi'^Qiog ov yiverai, alla vv^ tocpioörjg /.ai odvvr^qa.

43 ^vaXafirrir] yeii-ioJvog^ SaxQva jcoif-iävog. Ka&^ olov 6 loyog ^TQog nävra av&qconov tov Xoyov

Tcoidrai /.ai cfrjOiv , otl ri dvaXai^im]^ <j^> yevr^öOf^ih)] rov Xqiotov ytal &sov rif.iiöv rcaQOvoia, iav evqij (.is sv yeiuiovi ri 8v aaßßccTCi) xara tov svayyeXr/ov Xoyov, dan^Qva noXXa eig iiui t6 artoXioXog iiqoßaTOv yEvy]0£TaL ' ev^cofiE^/^a ds zo) yiVQioj, 'Iva f-ir^ tolovtov ysvqosTai r^(-i~iv.

44 !An6 TtTioyov f.ir^ öavEiod^jjg- /ai /.Xa'iEi /ai dyioXovd^a ge\

näXiv jiQog Ti^ xpvyi^v 6 avi}Qi07iog tov Xoyov f.iETa- rroiEiTai xal q^rjOi' 'Q ifivyii] TaXaintoQE, dud nztoyov (.lyj öavEiod-f^g r^yovv cltco tov -/öof-iov tovtov etteI ydq xo otcc- Gi(xov ovY. e'xei, ovSs Vi TQOCfr] avTOv dvvazai e/EiS^EV ^/.inXr^oai TTiv oi]v yaoTeqav^ dXX' dy.oXovd)jOEi aoi iv TO~ig KaTayßovioig TOV ''^4idov wg TOV nXoiOiov i^Eh'Ov /al |t/£z:a -/.Xavü^f-iov ovvo- ÖEVGEL OE tog Tag tt&vte TcaQÜ^ivovg Tag {.uoqdg ixEivag Tag f-iv exovoag sXaiov kv Talg XaixTtaoiv avTtov.

41 habe ich nach I ergänzt 'Ejießrjg'i

43 Iv xsificövi i] SV aaßßäxcp Matth. 24, 20; Marc. 13, 18

44 üisvre jiao'&evovg Matth. 25, 2 ff.

Statt sTisßtjg erwartet man s:rcsßt]oag ajioorö^ovgov

42 Statt iv reo vot hat I iv rw vaco

43 ;(;£<|itoj'o? ^ habe ich ergänzt yevfjaoiAEViß ysvofisvrj

44 davta&tjg xai xXisi xal axoXovßäos: rQorpi]] zQvqcfj ovvo- ösvasi oe] ovrodsvoecog

Krumbachcr: Mittchjriechische S^mchtvörter. b9

45 ^Eav zd 7CQc~)ra KaXd y.al rd vorsga xaxa, oXa jiaxd' y.al ixdXiv Ei rd nqvjxa y,axd xat id vOTSQa '/.aXa, oXa '/.aXa.

TovTo ds siQrjzai tceqI tov nXocGiov v.ai xov mtoyoi 8-/.EIV0V ^aLagov ' sneiör^ ydq 6 jckovGiog sTQvq'et y.ai ßvooov i]v evöedvf.ih'og, x6 7iiq ro aaßeoTOv avzov sdl^aio' '/(.cd Idov Xoinov dl avTov ola xaxd. '0 6s ytätaQoq xfj rrevia xal rrj voati) 7ri€u6f.isvog eig zovg '/.öXnovg tov ^4ßQad/.i aydXXeTcei. rtyQamai ydq Ot'x eoriv iv tm Z4idri fierovoia.

46 'H yrj i'')f.iooEv tov ovqavov' Mvottiqlov im] y.Qvßr^Tw\

^EnEidi] ^£K^ TOV yoog i\ cpvoig r^f-icov ovveOTri-AE y.al did T»]y Ti]g Evag Traqaßaoiv cpd^oQa V7T£7C6oausv y.al 7iaXiv u Xovg TtQog top yovv aTiEXEcosTai^ ooa 7rod^Ei to acöf.ia tovto h'EQyovorjg xal Tr^g ifivyrjg, sv r^f-isqa hi iGv.07tr^g (.icaTr^Qiov oc -/.Qvßr^OETai, Ttqog t6 BißXoi dvoiyr^oovTai^ q^ai'EQcoO r^GovTai 7iQa^Eig yal Ta y.qvnTa tov GxoTovg örj/noGiEvorTai.

47 "^Qg 6 /.oGf-iog yal 6 KoG(.idg.

EvTavd^a 6 Xoyog KoG(.iäv tov avO^QtüTtor XtyEi, y.al eI fiiv yaXcJg Tdg dtya aiGdr^GEig Tag vorfcdg y.al aiG^tjTdg syqr^GaTO, Kfertqu^E'^ '/.axd Tr^v EoayyEXr/.r^i' (fcovr^v ti]v Xi- yovGav, OTL ojf.ioicjd^r] rj ßaGiXEia xiov ovqaviov dty.a 7caqif^avoig, alg avTa/.ioißr^v aiTtöv yaqiGEzai 6 TtqvTavig y]j.iiov. ^sög.

45 reyQa:irai yäq vielleicht nach Sirach 41, 7

46 Tiähv 6 yovg vgl. Eccles. 12, 7 BißXoi. arotyijaovxai vgl. Dan. 7, 10; Apoc. 20, 12 rot xqvjizu tov oy.örovg 1 Cor. 4, 5

47 d)fioid)ß)] fj ßaodsia Matth. 25, 1

45 ökka xa'/.ü: EXQixprj oXla xaxa

46 (önmaev ex habe ich ergänzt nach I ö 8t- noä^fi ro awaa

47 Koaiim-] xoa/iov In dem nach ^ygijaaio folgenden Hauptsatz ist ein Verbum wie ^jiga^E zu ergänzen :raQ&Evoig. rolg uvrouoißijv avzcöv y^aQi'/oeirai (soj

90 Sitzung der plülos.-phUol. Clause com 8. Juli 18U.3.

48 "Oipi(.iO(; v\dg ov% oqa tov JiaxtQa.

^Evxavd^a oipif-iov v\6v liyEi exelvov tov Xiyovva, oii T()icpi'jOto vvv v.al cnioXavoco xa rov -AÖof-iov 'Aal, otav tlDio £tt,' naQaxXtjGiv tcov dvof.iiidv /.lov, rote ^Qog tov -/.oivov iia- xtqa Aal d^EOv yMxacpvyw. Kai ovxiog cfgornjoag ovx o\j.>exaL xov Ttaxiqa r^f.i6jv xov sv ovqavoig r^xoi x6 otoxrjQiov xov üsov, dioxi TioXkol noUa ßovXEvoaf.ievoi xijv avQiov ov y.axeXaßov.

49 "Edwxeg f.iov -aal söioviä. oov v.al evXoyijoiv ev^ov (.lov.

Tovxo TtEQL xov 'itoß uQrjiai. ^EttsI yccQ o JiaßoXog TTQOOxax&elg vno xov Oeov jrqog jteiqaoai avxov 'auI öid XI ; '^'iva xov d&hjXiqv rrleiova öxecpavworj -nal rjji/fTg xov- xov (.af.irioio(.iE&a, döeXqoi ymI '/.Evwoag 6 nol.v^x\yavog syd^Qog yMxd x-qg oaQy.6g avxov, ooa /.al eysi x£yi'aOf.iaxa, ovY. l'oxvGEv Yjxxr^oai xov deqänovxa ^[coß, djroyagaöoxrjoag 6 xalaiTtiOQog tyßqog HyEi nqog xov &e6v "Edor/.äg (.loi avxov Eig e^ovolav Efir^v ytal edcoya avxu) did xlov ßE?udv f.iov ovY. 'iqövvi]0^rjv de avxov XQiooai xiqv xpvyr^v v.al evIo- yi]Oiv Ev^ov (.lov.

50 "EfiiEv 6 nxLoy^og xov oivov xat EXrjGf.iovrjOEv %d XQsr] xov.

JJxtoyov xovxov XiyEi xcv af.ioiQov xrig dsiag yccQixog xov dylov nvEVf.iaxog ' Eig iavxov de eXd^cov -/.al v.axayvovg xd xov ■/.öof-iov nqdyi-iaxa, oxi Eiol QEvaxd, nqooEqtvyE Ttgog xov Xi- l-itva xcov ipvywv rif.uov , wg ö XrjGX7jg nEql xijv evÖEYMXijV

48 TQV(p/]oco usw. frei nach der Geschichte vom verlorenen Sohn, Luc. 15, 11 ff.

50 6 Xrjoxf]? JisQi ttjv svdsxdztjv wquv Couibination von Luc. 23, 42 mit Matth. 20, 6

48 jiaQdxXrjaiv zcjv dvo/nicöv fiov bedeutet wohl: Gebet für meine Sünden

49 svköyrjaiv] ev?Jy7]oo%' und ebenso in der Erklärung xE'p'do- /Liara xal fitj toxvoag fjrrfjoai

50 l)uo(i6viOEv zaxQEf]

Knimbacher: MittelgriecliiscUe Sprichtvörter. 91

WQcci' ilVwv '/.al jiuov tov uiror zov ayiov nvEij-iaiog y.al EVffQavd^eig eXriOf-iorrjOev rd XQstj ziöp ofiaQTUuv avtov, 7igdg 10 Tey.vov, dcpiovrai (so) oov ai afiaoziai.

51 r&QOVta ^aQa7.t]vdv ygofifiava f.iYJ f-iarO dvtjgl riqovxa evravi)a rdv JiäßoXov Xeyei, rov xr^g TZQüiiiq-

tOQOg Evag ^d/carEwra^ ovia' zal zov toiovtov yeQorra, f-tallov öi y.al ^lO^lona y.al ^evov rr^g rjf-ieTeQag q^vGEtog, ygd/jtjiiaTa f^irj (.laviyävrjg, nqog to Blrj yviöico rj dqLOTeqd ^r^g de^iag to sgyov rjyovv rov eXeov v.al a^OQ/riCsico ri -/.evodo^ia rov xaQnöv Tijg eXeijf.iOOvvrjg' 6 ydq ßliTicov Iv rij) y.QV7CT(7) anoStöoei gol iv toi g^avsQw izaTovzaTtXaoiova xai Ciot^v Tiijv alioviov.

52 '0 sXeöJv cfXaoy.iv %ävEi daxiv.

Tlaliv 6 Xoyog TiQog r^/iiag zov loyov Ttoielzai y.ai cp]Giv, ozi o iXecüv (plaGY-lv rjyovv 7tozriQLOv sv, yavEL EY.aT0vza7il.a- Giova, '/.aS^tog xal al tievze f.iioQal rragdevoi ixEivai eBetvegov zov wf-KfiZvog' -/.al tmv f.tEv dvG'/.6}Mv tcov dXXcov iyxgaTElg iyavovTO '/.al /näXXov zrjg 7TaQd-Eviag zijv TCaXaiozQav Ev/öXcog EcfiEQOv, 07TEQ zolg 7ToXXo~ig ddvvazov ziZv de TtdXiv Evy.oXwg ixovTOJv (.irj E%ovGaL Tr]v /.tEzdöoaiv zriv ÖE0/iiEvr]v dcfcoziGzai al ri(.ibQai avziuv syavovzo Trqog to Oüy. ^XEr^aaTE, ovv. eXe- tjO^rjOEGd-E df.(ijv Xiycü v/nlv oax oida v/iidg v7rdyETe Txqog Tovg TTioXoivzag y.al ayoQooazs. .ArcEQyof.iEViov de avzwv ayo- QaGai iytXeiGd^t] 7) i^vQa.

50 TsKvor Matth. 9, 2

51 Mi] yvüixco Matth. 6, 3 4 ExarovrajiXaalora Marc. 10, 30

52 aj.irjv vf.iäg Matth. 25, 12 vjtdysiE ßvga Matth. 25, 9 f.

51 oagaxivov yga/iara Vor ovra ist ein Substantiv wio djTarswva oder 8ia<pdoQea ausgefallen ; I hat zov rrjv jiQOf^trjtoQa Evav ipi&rjQrjaavza xal djian'jam'Ta

52 i^.siov <p}.aoxt]r uoxijv: EyxQaT?]? advy'cnov, öiä rovio TO jzgäy/ia. ro ds jiäXiv EvxöXoig sxon'. /xtj e'xcov (die.se zwei Wörter durchstrichen) /.</) s)^ovoai rt/v jxetäÖoaiv xwv öeo/hevcov

92 Sitzung der philos.-philol. Classe com 8. Juli 1893.

53 "Oiav oe zayidovv oitccqiv, to aaxxa'M oov Kai TQSxel

^EvTav&a tcqoq ttjv ifivyjjv tov Xoyov TtoieiraL y.al (prjOiv Hi xpvxYj f.iov , oxav (76 TLg iinri^ tka vd öt öcooio yivvr]i.iav acpdaQTOv, %va (.ir^ neivaorjq, f.iallov ös elg tov aliora tov altüvog <,ox^gy, oxav 6 h{.idg o (.dyag yi.ai layvQog xal alvxog tijg f.ieyäh]g rii.ilQag eldj], GTisvds xoivvv Iv idyei v.ai ava- Xaßiuv TO oaQYAOv oov ToiTO, OTteQ eyeig tug bvdof.ia, elov TYiv OTevTjv oöov, OTi ßiaoTij eoTiv ri ßaoilEia twv ovQavwv y.al ßiaOTal agnaj^ovoiv avnqv.

54 '^<J'> devd ■/.äi.uo vd neivw, y.dv ag '/.OL(.ioif.iai y.at dg ttsivÖj.

^EvTavOa 6 Jidßolog tov Xoyov [.leTanoieiTai -/.ai q^tjOiv, oTi sdv ü^eho onevdeiv iv navzi (!) coqq, ri^dqq te /at vvati, xat diTQaKTd /liov ra ßähj yivovTat öid Trjg tov ^eavS^gcoTtov löyov ovy-KaTußdoEcog. 'EtteI ydq ouv ij-tol ngaTTOvoiv oi TTolXot TToXXd y.al didg^oga, v.ai ydvio xoiTovg Eig ßqayvxdTijv y.al oix dy.€Qaiav cögav cug tov h^OTif^v, log rrjV TtÖQvr^v xal c<5g TOV Mavaoorjv. OvTto (aol EnoLr^oev Aal ttoieI i-iexqi ^al TTiv orji-iEQOv slg jroXXoig ttoXI^I te ymI Sarf-iaOTtj Trjg avTOv (.lEydlrjg (fdarÜ^QWTTiag -q dßvooog, -aal ovk egtiv di-iagzla Tr,v (fiXavd^QiOTiiav maiaa tov dsov. Kai dg xotfiovi^iai y.al dg 7tELvw xal /^u] tcqo^evvj amdig Trjv ßaoilEiav tiov ovqavcov.

55 jcQäyi-id oov docfdlitE /.al tov yeiTOva oov y.X£7iTrjv fxrjv tov ytai-irjgl

53 arevr]v 686v Matth. 7, 14 ßiuoit] iaiiv Matth. 11, 12

53 oaxdxi aus aaxi corrigiert Nach aiwvog ist ein Verbum wie axn? oder Aa/?//s ausgefallen i-2-d}}~\ el{>o)v oaxaiov oov, tovto ojiEQ oi'xsioE svÖvfia emendiert nach I, der ro aaQxixov tovto srÖv/ia bietet

54 'AM vay.äfioiva ug (beidemal und ebenso in der Erklärung) xoifiovfiai Zu JTuvrl toga vgl. die Bemerkung zu N. 28 xcü vor

ajcgaxTa im Sinne von „doch" axaigiav

55 JiQU.yi.ia oov yirovd oov

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichivörter. 93

^Evravi^a 6 Xoyog TTQog Tiqv ij.iixrjv zov koyov noieiiai Y.ui q^r^GLV '£2 ^'^7Ji ,"oy, daq^alite ro oiof.ia oov, ro rr^g ipux^g '/.ißojTiov, öia TCüv dexa aiad^tjaecov rtöv te aladtjTOJv y.al Ttov vor.icov y.al y.oät€i ccvrag y.al vnoyaXivov ooi rag Tov oiof-iarog ala&r^Getg v.al Tijg Wvyrß /.ai nXiqgov avtag rrjg evayyeh/Sjg K.orjOecog'^ xrjg 1eyoioi]g- ^löov ixegdioa alXa TtevTE zälavTa, iva Eioild^rig eig xr^v yuqdv tov 'kvqiov oov y.al a'i lainrdöeg oov n'kr^Qeig qiozog yivcovrat y.al gvv x(7) vv(.iqii(ü €ig Tüi' ya(.iov tov /.ivotixop aBicod^fjg. Kai tov yei- Tova. oov TOV '/KinTv^v tjyovv tov zliaßolov (.irjöautög yo'jQav diog '/.al eioeXevoei erdov tov vvf.t(pü)vog Xqiotov tov d^eov rj}.aov, oiL avTco TTQtnei öö^a £ig Tovg aliovag tcov auovojv.

^ll)]V.

2. Die im Cod. Marc. III 4 fehlenden Sprüche und Erklärungen des Cod. Yatic. 695.'^)

6 ^EQC0T}]Oig. '£■//£ yeqta veqov jiviyei (.iE.

^dtnoxQioig. 'EvTavd^a 6 xa-/.ovQyog i\(.auv tqov XqiOTiavwv z/idßoXog ßXiniov, ^oti"^ öid Tr^g yögiiog tov Xqiotov xal ^eov aiTOv VT[eQioyvo{.iev y.al ßih] vi]Ttlwv rjyov(.ted^a Tag aiTov {.irjyavdg tTj tov OTavqov TtavoyiXia, Xeyei Tcqdg rovg avTOv ovj,i/nvOTag' Tl d^elco ttgDm leysiv '/.al ay.oveiv syw Vr oiöa, OTi his yeoea veqov nviyEi f.iE, OTav dvd^qionog ßaTtTiCof-iEvog <ry> ev tqioI TrQOOWTTOig.

55 'löoi' ixsQdiaa hvoIov aov Matth. 25, 20 f.

6 ßsh] vt]:iioiv Ps. 63, 8 .-Tavo.i:Xiq vgl. Eph. 6, 11; 13

xai vnoxoLXivmaEi Tag Qrjoecog habe ich ergänzt yivovrui a^ico- i9/)c] a.^icod(üi.iEv

6 JTV7]y7]/us y.dy.ovQyog (!) ort habe ich ergänzt y.al {^sov /wv. i/g vjT£Qia-/v(or {jinov y.al ße).>] Für da« im Temporal^'atze fehlende Verbum linitum habe ich f] eingesetzt oi8(x\ l'da

1) Die Nummern bezeichnen die Stellung der Sprüche in der Hs.

94 Sitzung der jjhüos.-phUol. Classe vom 8. Juli 1893.

8 ^EQWTr]Oig. 'Qöe va Idf^g y.ai (.irj svqj] evyj]v {?)• Code vd rjoai Aal va lötjgl

ldn6v.QLGLQ. KaTaßag ^Icoävvfjg 6 ■JTQoÖQOf.iog ev T<p ^tdij TjQ^azo zal Tovg iv rw '^'Aiörj svayyeXiCeoO^ai Tr]v tov oioTrJQog xaTcißaoiv^ Y.al riQ^avxo OKigrav ol jrqocprfcai y.ai o\ Xoinoi' ■/.al OTQacpeig 6 Ziidiqg läyei' 'Qds ag Y.axe'kd^iof.iEv y.al dsi^co v(.iäg, 0 (fQOVEiTS, y.al Ityio viv Kai -/.araßag XQiorog o ■d-eog tif-iojv h zw ^<% eliOrjoav ra d£G{.td Kai oi f.toylol GvvETQißrjGav y.al ai nvXai ed-läGd^7]Gav zai avrov <. . .> €171 Eiv Tov '^idrjv 87101 riGEv y.al öeGj-irjoag zovxov a7TQa%'C0v y,artGTrjG£v. Kai GZQaq^elg 6 '^idt]g Xsyei 7TQ6g rovg vttovq- yovg avvov' Kala einer, ottov euxev 'Qöe vd r^GaL xat va lOijg.

10 ^EQtoirjGig. ^aXovg x/ e^rjyovg &edg ov 'nglret.

^7t6y.QiGig. ^alovg 6 Xoyog zovg /.az' olxov ßiav 7xa- Gyovzdg cpr^Giv, -/.adcog y.al 6 XgiGzog örj^irjyoQiuv eleyev ' 'Edv fxrj GZQacprjze -/.al ytvi]Gd^e tog zd Tcaiöia^ ov ilitj eioeXd^r]ze elg zr(i' ßaGileiav ziov ovQavwv, v.al zovg /.azd jiaquxioQijGiv e^rixovg ov xQirei 6 Ü^eog- ovo ydg '/.oldoeig u üeog ovv. e7T0ir]Gev.

17 'EQiozTjGig. Tavza, zd {.le Gvvzvxalveig, eIgIv TTaXaiov ovqavov d7toy.XaGi.1aza.

'^EqfA.Yjveia. 'Evzavda zd tOvrj, (fvXai yal yXcoGoai, zd Tteql zrjv nevzrjy.oozriv evQed^evza, a'vS^a zd 7ivev}.ia ayiov xazißi] yal tGOipiGev zovg d7tOGz6Xovg TiQog avzovg zov Xoyov

10 '^'ctj' fj-i] arQacptjxE ovQavcov Matth. 18, 3

8 mSs va i8i)g nal fit] svQr]. avyrjv (oSsva yos xal valSfja Was in £vyi]v steckt, ist mir unklar vfiäg (LqpQOvsuai Vor siMsh' ist wohl ein Wort wie rjm^dhTa zu ergänzen

10 y.E^ixovg zovg xaxixcov ßicov jiäaxovrag (%o] 8vi (oder 8vi)

17 ovvT7]x^^'V^

Krumhacher: Mittel griechische Sjirichwörter. 95

7C0L0vvxag xal XayovTag' Tavza f.iiv <ra> GvvTvyaiveie öia rojv ui-iETiQcov yhoaacüv ovv. eloiv, aXXd itakaiov oigavou a/ro- xXaojitaTa, yia&iog xai 6 TTQOcpr^Trjg zlavii]k liyei' ^E/.a0^iosv 0 nalaiOQ tiov T^ueQiuv'- -/mi ^^IIvüte avrov ol ovqavol Ttov ovQaviZv\ Kai xareXO^ov zo nvev(.ia t6 oyiov ioocpiaev miäg, aTTEQ naQo. tov naTQog riy.oias, viai diddoxsTai r^/iidg zriv odov zrfi oXj]deiag.

18 'EgcoTtjOig. BliXog^ t6 oe ov ir qog-aoXXüt ai, '/.Olpe Kai Qiipe ro\

Egi^irjveia. Evxavd^a 6 Xöyog dvacpavddv rolg naaiv ßoä' Q. avd^Qcojte, i-itXog, zo oe ov rtQOOyiveTai elg ztjv ijLitqav exeivr]v, oaov zo dvvazov oov dytovi'Qov xonze zovzo, cog oi TtXovoLOi vtzcoyol yeyovözeg did zov y.vqiov, xal zd dXXa nddi]^ dziva ovöiv eloffi^ovoiv oj(feX'^aaL eig zrjv ^/ueQav ixeivriv zrjv ilivyriv -/önze zo oaQ'Aov xal <zo> du(fd^aQfuh'Ov ow/.ia öid zrjg azsvijg v.al zei/Xijiijiievrjg oöov, ira evQrjg heJ itXdzog •/.al ZQV(pr]v aQQrjZOv xal döa/idvi]ZOP xal dzeXsvzt^zov.

22 Egwz)]Oig. Td e-Kaz ov ?r qooy. vvr^f.iaza d^ia ff o XX IV ot'x el V a i.

^noxQioig. ^Erzavd^a 6 Xöyog Xeyei^ özi f.i6vov zd fxazov TiQooy.vvri^taza <ot> dcvavzai i^tXecuoai zov d^eov, dXX' ovo'

17 'Ey.d'&ioEv Dan. 7, 9 AIveTxs Ps. 148, 4 didäaxExai vgl. Matth. 22, 16 öÖog zfjg äXtjßeiag vgl. II Petr. 2, 2

18 xiig ozEvrjg xal zE&Xi/ii/XEvtjg 68ov Matfch. 7, 14

noiovvxEg xal XiyovxEg Subjekt ist ::ivEvi.ia; doch habe ich statt der gewaltsamen Aenderung noiovv xal liyov das vulgärgriechische absolute Partizip vorgezogen, das man diesem Autor wohl zutrauen darf xa habe ich ergänzt avvxv%EV£ig v/^ex£Q(ov] ^fisxEQCov Grössere Aenderungen bzw. Zusätze würden nötig, wenn man den Satz nach E korrigierte.

18 Mekog mit darübergeschriebenem X, ebenso in der Hermenie füXXog TtQooxoXüxai xo habe ich ergänzt

22 ixaxov (pöXrp' ohx' ijvai : 6'xi \ x6 fii/ ov habe ich ergänzt i^ijXaicJoai

96 Sitzung der jyhilos.-philol. Clctsse vom 8. Juli 1893.

(■•/.aiov TCL h'KaTOV cocpekr^Gai iqf.mg divavxaL ytoqlg Ttjg svnouag. Ti yaQ -/.al cucpeXr^Gav zag jraQD^lvovg iy-sivag, rag f.uooag Xiyio, Tag y.aTOQdovaag navxa' slaiov di f.uj lyocoaL voTSQTt]- d^rjOav rr^g ßaailsiag tcov ovQavoJv.^ Inel yoq y.al 6 ocottiQ XeyeL öia xov Trqoq^riTOv ot'rwg El oa7.-/.ov '/.cd onodov avxiT) VTroazQoiaeig v.al -/Xoiöv iv roi rQayJ]).co aoc d^r^oeig, etqgai- voiiai ' dXXa Xve nävTct ovröea/nov adr/.lag y.al dia^QVTrze 7Ceiv(jÖvx(ov xov aQTOv aov. Kai ov nag 6 Xeyojv tioi ' Kvqu, KvQie, eloeleiOExai elg xtjv e/^njv ßaoilüav, d?.'A' 6 ;ioiCJv x6 i^tkru-iu xov yraxQog /liov xov Iv ovgavolg. Kai 6 ayyelog xov KoQvr^Xiöv q^r^oiv ' KoqvrfkiE^ a\ nqooEvyai oov y.al ai ^s'^Xerjfioavvai oov dvtßi]oav elg i.iv)]uoovvov evcotiiov xov ■d^eov, /.al oly. e'uiev Ev an 6 xojv dvo, dlXd y.al xd d(.i- (foxEqa i]f.idg rrxEOOvoiv dvio. 'Ev xavxaig ydg xaig övolv evToXalg oXog 6 y.öoLiog y.al o\ TiQoq^ijxai xQiuavxai. Kai did xovxo xd ;y.axdv yrgoa/vv^f-taxa, Xiyei 6 Xoyog, diia (foXXiv ovY. eivat.

24 'EQcÖTi]Oig. Töv ydiöagov snovQevav /al and xr^v aXXrjv ovXiCev.

^ino/Qioig. 'EvxavD^a 6 Xoyog ya'idaqov xov novrjqov avd-QOiiTOv Xiyu xov dnoxaaaoi-iavov xd xov y.6of.iov -/al ovy- ywQOVf-ievov xov furf/exi aipaa^ai d7i6 xovxiov xt. Kai f.iEx'' oXiyov y.aiQOV naXiv hiiGxqifpu nqog xag ai.iaQXiag' hil xt^v aXXrjV ovXiUev.

26 'EqvjxrjGig. Ov dXXoi, xd aayfxaxa elg xd y.axa- Ttxeqa !

22 aänxov Jes. 58, 5 xXoiov Deut. 28, 48 alXa Ivs Jes. 58, 6 did&Qvnzf Jes. 58, 7 ov Jiäg ovgaroTg Matth. 7, 21 KoQr)]}.iov Act. 10, 4 EvzoXaXc Matth. 22, 40

dcpeXf'joavTEg nag&evov; rag xaxoQdovoag nuaag. yieyov (5*- //») slomxxov (so) >ial ajToöov avior vTioorgcoosig xai xXiwv h' liö TQuyjjXio aov ■&iaig svqjQcu'ro/iai y.al aiXei]i(oovrai zgFftavTO t/oXijr 24 ä?^i]v ebenso in der Ei'klärung ujTozcwM/tFror Ov slXij

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 97

'^Eqi.ii]VEia. 'EvTav&a 6 ?.6yog Goyf.iaTa tag ßageiag rcuv avoLiiiZv (.iov liyu., tiaxänxEqa di rd nevTaxÖGia Tshovia za iv T(7j dlQL ■/.QEi-Uof.iei'a, cog 6 Kli(,ia^ iprjoiv. Kai oi eyovTsg 7reQi7te7rley/.ierov tov y6(.iov avxwv, Isyio öiq zag d/^iagTiag^ Sf.in:odiov evq7joovoiv tovg q^OQoloyovg tov deQog xov noof-iov

TOVTOV.

27 ^EQioxrjoig. Etio~iov (?) dyovQOv no(.iTCEvovGLv^ xal XkyEi' 'Tovxog and f^iiag (so) TtOfXTirig ^'*'^'

^7ioy.Qiöig. Evxavd^a 6 Xoyog dyovqov xov /lidßolov XiyEi noi.nxEvovGiv (3e avd^qtoitoi di e^ayoQEvOECog xdg avxov f-iEi)^odiag' /.al ovxcog ^Eaxoi'CofiEi'og 6 syd^QÖg x-^g dhjdEiag ayovQog ov/. aloyvvExai^ dlXd ottevÖel JTavxouog wqq xe xai iijf^iEQcc xo Tvwg nayiÖEvOT] x6 yivog xwv dvdQwmov.

29 ^EQCOxijGLg. Or/.ovof.irjd^ri 1^ dyla ^ocfla f.i£ xrjg (foXeov x6 Xddiv.

^7toxQiGig. ^Evxavi}^a ö Xoyog q^tjGiv, oxi rjvcfQavd^v 6 ffvGEi EVGnlayyvog ^Eog rj/ucov snl xwv ovo Xetcxlov xrjg yv^ag

fy.EivTijg xr^g hii xio ya'QoqvXayino ßalovGr^g xal f

<zo;^wg> (fijGiv 6 XqiGxog JiQog r]^iceg- ^f^rjv, df-ojv Xeyco vf-üv OGxig noxLOr^ vdaxog noxyjQiov^ ov {.irj drroXEGij xov /iiioOöv avxov' 7.ai did xovxo rjvcfqdvd^rj 6 -dEog Sid xrig (foXiov xr^v ilEt]fAOGvvijv.

26 u Klli-ia'^: Die Stelle ist bei Johannes Klimax (Migne, Patrol. Gr. t. 88) nicht zu finden qoQo?.öyovg vgl. Leontios von Neapolis Leben des hl. Johannes des Barmherz. ed. H. Geizer S. 82, 22

29 rcöv 8vo kejiTcöv Marc. 12, 42 noriar} Marc. 9, 41

ßageia xgsfi/iwfisva sfAnodov (eine Schreibung, die wohl dem Nebenaccent von sfijiodcöv ihre Entstehung verdankt)

27 Ainoiov ovzcog] ovxog nayibtvoei

29 (iZTr]g ?Mdr]v snl zu yaCocpvXanico Nach ßaXovoi]g xal folgen die sinnlosen Worte: xo fit] /idvov oßoXwv 1) ßQaxvQrjfia (so) // uhyoozw ev(pQaivEi Ob(7j zcö XalEiv. (fijoir xadwg habe ich ergänzt 189:!. Pliilo.s.-pliilul. u. liist. Cl. 11. 1. 7

98 SiUung der fhilos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

33 EQWTtjoig. Mr]T£ xov ■/.a/tivovTog /.ii^ze xov dico- y.ovTog.

'^EQf-n]VEia. ^Evxavd^a 6 Xoyog ngog r\fxag zov Xoyov noi- Eucai y.ai qiijOLv ' BIyjTS tov TQtyovTog avd^Qconov tovt^ eoviv ■/.aroQ^coOBi tl oiof.iaTiy.6v ze ycal y.ivxiy.dv avev zrjg zov &eov 87riyiOVQiag, icQog zov Xiyovza^ ozi ovösig dwazai eyd^qov TiaXaioi-iaza viyii^oaf o\ vi'/iwvzeg yaQ iv ^eij) vipovvzai' mv piq y.vQiog rfvXäBrj noXiv, elg {.läxiqv r^yqvnvr^oev ö (pvlaootov avziqv y.vQiog yaq euol ßorji^og xat ov (poßr^dr^oofiai.

34 'E()iL>Trjoig. '^'Ozav 6 d^Eog zo yivvyi\.iav ^ o öia- ßo'kog zo oay.Kiv.

^EQ/Lirjvela. Tovzo tteql ziov ^lovöaiwv Eiqr^zai. ^EriEi yaq 6 O^Eog anäozEiXEv avzovg zo /iiavva xal zr]v ÖQZvyo(.n^ZQav, ZEOoaQccKOvza l'zr] yoQEoS^ivzEg zgocfijg z^g inovgaviov TTQog

zov EVEQyezr^v r^fuov Oeov ^ ^ " zote v.al o diaßoXog

zo oavf.y.Lv Tiyovv snoQEvd^rjOav iv zaig 87Tii)vf.ii(xig zrjg oagyiog avzwv Kai aniozrioav dno dEOv ^zov^ oiozr^Qog avziov y.al eO-voav zo~ig daifiooi zd zty.va avzCJv. Kai 6 didßoXog zo oay.v.lv zrig oaQv.dg avztov zo~ig daiftooiv xazffii^Ev.

37 ^EQiozrjOig. !A7c6xpE zd dyia yoivzovga xal avQiov 1^ dvaX^ip ifiog.

'^EQi.i)]VEia. Tovzo jteqI zr^v dvdXrjipiv zov y.vQiov EiQi]zai. Kai woTtEQ snl zov ßaoiXecog zov eniyEiOv yivszai did zov dnoGzaXivza dvd^Qtonov avzov zov XEyo/iiEvov yovvTOVQiaQiv y.al f (fdovGi i.a]vvi.iaia yal y.af.ivovv zov a/tox^iOEig, ovztog xat ETtl zov ßaotXiiog zov STtovQaviov syeyovEi ' y.al avaßai-

33 eav /m) xvQiog Ps. 126, 1 xvgiog (poß7]{)yao/(ai Ps 117, 6

34 ixävva Num. 11

33 Statt /«;r£ hat die Hs stets in'ße uvsv Tfjg] ävsv&tjg

34 ysrrjjLim' oaxxip' £l'Qi]Tai\ aiQsrai nach d'sov ist ein Verbum finitum (z. B, avsozi]oav) zu ergänzen xov habe ich ergänzt

37 uyia i) ärah'jipi^iog] räyia lelipara , verbessert nach den übrigen Hss; vgl. den Kommentar zu N. 68

Krumb acher: Mittelgriechische Simclitvörter . 99

vovvcov TCüv dyyehov [xat] ccpco (.liv e'leyov ' 'l4oaT:e nvXag, •/.axio öe' IIuvTa rd eS^pr]^ /.QOTiqoaTE xeiQag, ort üveßt] XQiOTog, onov i^v x6 Ttgorsgov.

40 EgiorrjOig. ^tvy^og vecoTEQog Tr^v Idiav %w^av '/.ovQaevei.

'^EQf.irjveia. Tov vovv avvxov vecotbqov Evxavd-a ö löyog Xiysi. E/TEidy] ydq f loai xal nävzcov (.wqiiov 7iEQie'0^rf/.E f , iva -/.vQiEvrj rag Trjg oaov.dg ootBeig ' edv -/.avarEvorj raig rjdovaJg rijg oag^og Y.cd tlov TiaOojy, evd^a vrroovQOvoiv Tor acpQOva, r\\v Idiav ywqav v.ovqoevel ' did riov alo&r^TCÖv al- od^YjOEiop rdg vorjxdg irß xpvxr\g cdod^i\oEig rf/t-iaXcözevaEV.

41 EQtorr^oig. ^aQayirjvdg Eig t6 boniTiv oov /.at

SOV, OTIOV d-ÜEig, yVQEVE\

EQf-irjVEia. Ualiv o koyog nqög tov vovv noiElrai tov Xoyov '/.ai (pi^OL^ oti iav avaTcavEoai iv Talg yXvK0/rr/.Qiaig 7jdovalg Tijg '^/.uoag TavTtjg, oO^ev 6 ayO^gög ndvTag viro- g-keXiCei öia Tiüv jcayidcov avTOv, ^agaytr^voig ii'jyovv öaif.iovag ELQ^GEi ri ipvxri 8/.e7^ev.

43 EQOJTrjOig. "^Ogoi oyivXoi -/.ovvtovqoi oXoi '^f.d- TEQOi yaßgoi.

^EQi.ir]VEiay. ^Evxavd^a r^ ipvyjiq tov Xoyov noiElTai /.ai (fijQiv * '"OooL G/.vXoL '/.OVVTOVQOI, "i^yovv Td öaif-iovia axvXoug ovoudtEi, imf.ievovaiv ds f dXX)]v dXXiog iv s}.iol /.ai ov'/ hoGLv r^QEVvr^Oiü to ovvoXov. Kai oXol r^f.dTEQOi yavQOi, tovt^

37 "AgaTE Ps. 23, 7 und 9 IJüvra e&vt} Ps. 46, 2

40 vsörsQog xovQOsvt] k'vßa vjxoovQovvreg tov ö.q?Qova >} rijv

41 Saqaxivog eis t6 t'jOTtrjxtjv (so) ■&£h]g avaTiavEoail ävajievsaai Vielleicht ylvxonixgai? SaQaxrjvovg] oagamvos

43 "Oooi Y'^^Q'^'^ > wofür icli yaßgol schrieb; doch schliesst

sich die Erklärung an die Schreibung yavool an ijiiinsvovaiy Sk

uh}v älojg h if.ioi icö mit blossem Konjunktiv wie ä(psg, diXco usw.

Die Form riQEvyrjoco mit erstarrtem Augment gehört dem Autor

7*

100 Sitzung der philos.-phildl. Classe vom 8. Juli 1893.

bOiLVy ooa Tia-d-fj neQiy.eiTai zvi oco/iiaTi /.lov, tooovtcov öai- f.ioviov d^QaavvövTCüv ev i/.ioi -/.ai yavQicooi ra ov>(.iaza r^icjv Kai sav /.irj y.vQiog cfvXaBrj noXiv, elg f-iaTrjv riyQvnvr^aev ö (fvXäoocov avTTjv r^yovv to owjna yiai tiji' ipu^^v.

44 ^E^C'jTrjGig. '^0 evaywv ivayouevog.

'^EQf.irjvEia. EvTaid^a o loyog cfrjoir, oti 6 cr/.OQEOrog '^idt]g rcavxag sig savzov "ly.cov <. . ,> ttqiv rrjg Xqiotov 'Aaraßäaeiog, dq)^ ov öe ro zov ozavQOv yeyovev (.ivgii]Qiov de i)f.tccg zovg avüqioTTOvg zovg elg aivdv TTiGzevovzag, lyl- vezo 6 Z4iöt]g öicc zijg zov Xqiozov fiov yaqizog Irayo^ievog.

51 ^EQiözr^öig. JJQog ovo ovdt o^[iQcc'/.'kr^g{\) exElvog.

^Eqi-irjVEia. .Aiyezai de '/.al tteqI zov ^daf.i, ozi ijita- zr^d^t] VTto zcüv ovo ' 6 de Xoyog ovzog q>rjoiv [orAAa] zov öovlevovza zr^v ^ivyj^v -Aal zo ovjf-ia.

53 ^EQiozrjGig. "Ozav ifi lo q i a g t] 6 yeizwv gov^ eGv yieögeav dyoQa'Cel

'EQf-HjVEia. '0 Xöyog Ttgog zr^v ij.!vyr^v ovzcog Xeyei, ozi ozav ßXeTijjg zov vovv xal zo Gcoiia, ozi -/.azeGniXioGev o ^azavag öid ztöv enaXlTfjkiov ZQOifiov (?) zr^g /.ioyJ}r]Q5g /.ay.o- jirjyaviag zcov vorjzwv yial aiGdrjziöv, Aal eGv xedqlav dyoQaCe iqyovv eX£t]f.iOGvvi]v did f-iezavoiag^ cog zov Koqvr^Xiov e^e'ivov 6 dyyeXog eirxev Nrjffe dirjvey.öjg, 'Iva iiij GvyxoXXii'jorj y.al zd a/LicpozeQa zr^g aXXrjg odov y.al zr^g ave^aXeinzov (fd^oqccg.

51 Ti]v yi'/Jjv y.al ro owfia vgl. Matth. 10, 28

zoaovTCOV dai^iövcov 'd'QaavvöivKov

44 ivaycöjuevog Zu t'ly.mv muss ein Verbum finitum wie fjv ergänzt werden afpovSs tovtov azavQov

51 igäxltjg ixsivog ovrog] ovrcog

53 "Orav ylxcov karj dycoQaCs xa>cofi)jxariag] xatiofii/iag, was schwerlich als xanofiot^tag zu lesen ist votjräJr^ jrovrjocöv ovvxo- }.voFi y.al TU afiqÖTSQa rr'jg dhjcoSov (undeutlich, vielleicht ä^oi coSov) y.al Trjg E^ah]jrrov (fd-ogäg :

Krunibacher : Mittelgrieclüsche Sprichivörter. 101

54 ^EQOJT}]Oig. ^Ano tov oqS^qov scfEvyov xal k'fi- TiQOod'e.v f.iov XeiTOVQyiav svqov.

'^Eof.tTjveia. ^levoycoQovi^iEvog o ^Sarav vtto tcov dv&Qiörctov dia rrjg tov Ü^EavdQWTvov naoovGiag y.al doToyjjOag rrgog sxelvov 6 Xoyog qnjat'p' Tig ydg övvarai dval xvQioig dovXeveiv y.al Tolg dval yaqiv diiove(.iEiv\ Jtcc tovto y.al sov, w ipvyri fxov, f.n] yiaravEÜOTig Talg r^dovaig tcov rra&cov {yiai ßdeXvKTd rjyovv TavTo)^ %va ?'.dßr]g tvjv aitovicov 'Aal dcpd^dqTWv dyai}töv Tr^v dnoXavöiv.

56 ^EoiorrjOig. Mayag vaog xal oliyi] 7] yaoig.

'Eoui]P€ia. ^EvTavOa 6 loyog f.ieyav vaov tov tov 2olo- f.aovTog s/.eivov -/.TioOevTa leyei ' oliyrj de y^Q^S tvrf o Tovg ^lovdaiovg y.al STtQovg aB d?.lcov ei^vcov syevovTO ^ydgy df-iOL- QOL TY^g d^Eoyvcooiag. yttyETai öe xal aXXog (.ityag vaog 1] /.teyalo/iQS^reia uiv tov ota/naTog '/.al /coog ra nqooxaiQa tov ßiov TOvTOv (poßeQTi y,al %aid ipvyi^v {.isv dlöyioirj yf.al axagrirj TCOV ovo evTo2.cdv,

58 ^EocoTrjOig. 'Exel, onov s/nelva/iiev oipag, /.at ö [cüdvvr^g y.al oloi eyoQEvav.

ilnOAQiGig. ^EvravO^a 6 Xoyog ovrog cpriGiv^ otl xaTa- ßdvTa (!) TOV Xqiotov iv Tcj} '[l^idj] y.al TQn](.iEQEVoag (!) ey.eI idcov avTOv 6 'icodvvtjg XeyEi TiQog TOvg ■/.aTrjyovf.iEvovg ' OvTog eoTiv, riEQi ov Einov vf.i~iv ' y.al dxovoavTEg ol jTQOcpriTai xat Ol Xoinol TiQ^avTO oaiqtccv, 6 de ^Icodvvrjg yial oXoi iyoQEvav.

59 'EQcoTTjOig. ^'AXXog tjVQEv Xovtqov odßovQov ■/.ai TD 710V xa O^LOEiv ov% siysv.

54 8val y.vQioig Matth. 6, 24. Luc. 16, 13

54 XoirovQylav evqov jiuQOVoiag] jzaQQyaiag Aia tovto] diälvTO 56 EyevovTo äfA,v(joi jiQÖay.aiQo] jigoo^sQU cpoßeQol aköyioToi äxagjioi

58 m/iEg ovTog] ovztog xaraßärta avzöv (Jie unsinnige Kon- struktion gehört dem Verfasser

59 7]i<()F.v xadrjoiv 'JX^^'

102 Sitzung der pJiilos.-philol. Classe vom S. Juli 1893.

^TtoyiQLOig. ^EvTav^a 6 Xoyos ccXXov tov '^'Aidriv Xiyti KaraßdvTog yccQ tov ^eavS^Qwnov Xoyov ev to) Z^idi^ exiviooEv Tovg Tacpovg 6 XvTQonrjg ' <xat> ^t/Tj evqtov iv rolg raf-tieioig auTOv riva ro tiov yiad^ioai ovy, dy^ev Ttavrag yaQ o a/.OQ£- OTog 'iAiörjg axwv s^äf.iEOEV rovg au'' ahovcov vexQOvg.

60 'EQCoTijGig. KXsTtzrjg ycXemrjv (povoynoTo. Xov- v.avi'A.a TtcoXei' ■/.al Xeyei' Kvqi^ yiai-iTiavov y.ai ooa ■d-elovv, ag e^iTvalvovv]

'^EQ/.(i]V£ia. Evrav&a nqog xov hxd^qdv tov doQccTwg sv rj/iilv q^EQOVTa InakXr^ovg lviyvi.ir\OEig did xov voog 6 Xoyog cpäoTiEi, ort vXinxrig toÖE xaxog ysiTcov (.ievel y.ai iv xo) (.tel- lovTL xolg avxov dEXr^(.iaGi 7r qdxxovoiv * yEixovag dt avxol xoig dai/.iovag tyovoiv.

63 ^EQtoxrjOig. 'H yqala xo f.iEOoyEiiA.iovov rcETtövLV

SJted-V (A.7]GEV.

^4rc6y.QiGig. Fqulav evxavSa 6 Xöyog xtjv Ttalaidv /.al Gy.uödi] XaxQEiav MyEi xcov 'lovöaicov (.iegov de yeificüvog xr^v ^(OTjv avaKaivovv avxol xqiyovGi. ÜEnoviv ette^tixi^gev., xovx'' EGXiv xivsg xiov avriov yvovxsg x6 y.a-/.dv f.iEXEQXOf.iEvov slg eavxovg iU]tr]Gav ilsovg xvyE~iv ' diov zat yivExai, oxl y.axa- cpEvyovv xivig Etg xov GioTrJQa XqigxÖv. Kai xov Xsifttova xwv o/iiaQxuöv (.lov nsrcoviv XiyEi y.al dcpavltEi i) x^Q^S '^ot! ayiov nrEVf^axog.

64 ^EQOJXTjGig. '0 xoGfiog (.it xov KOGf^iov xat r^ g^tfr] yvvTj (.lExd 8(.ii.

^7Toy.qiGig. KaTsld^wv 6 yLöyog %al gccq^ ysyovtog t^vioge xa ovQavia y.al xd STiiyEia ' xal rj £//r] yvvr^ f.iExd i/iii rjyovv xo jtXaG&iv £x xov yoog y.ax'' Eixova xal '/.aif o/noiiooiv ri(.iE-

xal habe ich ergänzt rajuioig avxov rivd. nov xa&fjoai 60 KXinxi]g xXinxy] q^rjol Xovxm'iHa. xal Jiähv Xsyei hvqi äg ifijievovv enaXXriloig, wofür vielleicht sn aXX-i'jkaig zu lesen ist

63 YQEa ^sooxsifJLOvov nenövrjv Fgeav dvaxaivovv] slg y.airov xo Küxcög /iiexsQxofisvcov. xag slg savxöv iCf'jxsiaav

64 i/iifj yv7'lj] sjusT yvvfj £/t?;] sxsl offenbar durch J/tsr im Lemma veranlasst

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 103

rsQaV (TTjvy ^corjv 6 avO-QCüTtog ov d^slo) aTtoXiOto tov oco- xrJQog (paöKOvrog ' IdXka /nsz'' sf-is aat sv rolg tov rcaxQog /.lov noXkai f.iovai eIoiv ngog to Kai tj e[.n] yvvi] f.iex'' e(.ii.

66 ^EqcoTrjoig. '0 yiuKog xai eig t6 ipw/iiiv oov (.lol- Qav e'xei.

!A7i6y.Qioig. TovTO noXkaywg [wc] o loyog cpt]Giv Xs- ysTai f.tev xat jteql tov ^lovöa to " Eßaxl'sv f.isv Ti^v yelga TTQcdrog Tcov aXXtov XeysTai ös xaf nsgl tcov ^lovdaUov tcuv KOQEod^h'Twv Twv dyadcov avTOv * Xayei to /.lavva, ttjv oqtv- yof.n^TQav y.ai Tiqv y^v Trjg snayyeXiag rrXriQOcpoQit]oag avTovg. ^-AvTol dt'^ xaTEXaXovv tov eve^yeTov d-eov Kai a^vov TO~ig öccif-iooiv '/.al lyxaxiXEinov tov noi'x^üavTa avTovg S^eov. yii- yETUL ÖS y.al slg to tov ytad^Evog £y.aGTOv eqyov, ^0 ydq cpvoEi TCOvrjQog diäßoXog ov navETai to ncog ymg diqQEVoai, dÖEXcpoi , v.al Eig tov oItov Tr^g il'vyjig onoqov egtteiqev 6 EyOqdg Qitccvia. Kai did tovto etqrjTai, cprjoiv '0 Kayiög •/.al Eig TO ipio{.iiv oov (.lolqav iyEi.

68 'EQCüTr^Gig. Blia yEXiöiov lag ov kti^ei.

^TioxQiotg. 'EvTavd^a 6 Xoyog yEXidova tov Xi^ottjv Xeysi, TO ntog <0i;> öid ^lovrjv tt^v ipvyjjv tov XrjOTOV naqadEioog rivoixTai^ dX?<.d öid ndaag Tag tcov dyicov ipvydg eaq cpuEivov Y.ai yXv'AV eXafÄipE. Tovto avTolg (,ovy yEvrjOETai tcov viprjXa

(pQOVOVVTiOV^ STIEL TOVTO TTj lüQa Sy.ElVT] 6 OCOTT^Q TrQog aVTOV

TOV XrjoTriv eIttev ^j-ir^v, l4i.irjv Xeyco ool' gt^ueqov (.iet^ sf.iov EOri Iv TM naQaÖELGio. ^qa Tiqv wqav s'/.Eivi]v EiGr^Xd^e

G4 TtoXXai [.lovai Joh. 14, 1 f.

66 'lovda Joh. 13, 26 I^iUvm Matth. 13, 25

68 TOV Iriarriv Marc. 23, 42 f.

xi]v habe ich ergänzt £;«»)] E>ceT

66 tpoifj-rjv fii'jQav (ebenso in der Erklärung) Avzol ds habe ich ergänzt syxazsXiJiov

68 y_Ehdü)v ov habe ich hier und unten ergänzt saQ qmivov Kai yXvy.i) Das Anakoluth avroTg rüv vy. (fQovovvTOiv gehört dem Autor EJiEi] eTjisi

10-1 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

avv T(p ocorfJQi Xqiotm ; Mij yavoiro. f tovto elneiv tlvo. EivaL 7reQiyQa7trdv t6 dx'iov. ^rtog 6 7rXr]Q(T)v navia Kai nav- za^ov jtaQEOTiv sv xco TiaQadeioco elorjX^ev (.lezd Xr^OTijv de (og Tivsg TtZv acpQOvtov oveiQonovXovoiv aXh ooTig VTtooxere Tiva f. OTi oTav el^r] t6 nldiov f.te top yofxov, zioga oe VTTOöxovf-iai' Met'' if.iov torj -/.^.rjqovöf.iog skeI. Ouziog Kai 6 OcoT'i^Q EinEv ^Ev rq) TTagaÖEiooj o<xr]xo(ia oe noir'jOio. Kai 6 h]OTiqg nqog avröv ' Mvi^od^rjTi jaoü, -/.vqie, brav tXd-rjg iv TJj ßaoiXEig Gov.

69 ^EgcoTTjOig. ^AXki] ygala oJx eyävvrjGEv. ^Aiiöy.QLOig. ^Evxavd^a 6 löyog ro ^'AXkr] yqa~ia ovv. iyav-

vrjosv (,(pr]Oiv'^, cogjceq t] naXuia öiaü^ryKi] syervi]OE roi^g tiqo- cftizag' öia de rov veov v6f.iov Xqiozdg rj al.r^3Eia h' rjf.uv f E7iEV7]OEv Eig zd onoXcoXoza rrqoßaza <2:oi5> o\y.ov ^lOQariX. Kai did zovzo EiQrjzai ^'AXXiog zoiamrj ygala zoiavzrjv yevvav ovy. syivvrjöEV.

70 ^EQtözrjGig. ^ETtoirjGEg, yvvrj, ge eittov; <^> yvvq XiyEi' ^AXrjd^wg, v.al z6 /^ie ovk Er/iEg.

IdrtO'nqiGig. ^Evzavd^a u Xoyog nqog zriv Euav zov Xoyov TioiEizai '/.al XiyEi' 'EnoirjGEg, ytriq., x6 ge Einov, ozi ano Tvavzög §vXov ßqiÖGLv (fayEh> (^övvaGaCy, d/ro de zov ^vXov zov £v fJ8Gw zov naqadEiGov ov (fayrjg an' avzov. H ös Eva (friGiv ' Nal y.vQiE y.al /lie ovv. EiTTsg.

68 o jiXrjQcöv nävTa Eph. 4, 10

Den Sinn der zwischen ff eingeschlossenen Stelle vermag ich nicht zu finden jzkoTov] nXeioi' jroirjou)] Jiofjooy

69 yQEa (ebenso in der Erklärung) (p]aiv habe ich ergänzt tovg 7TQ0(prjra<;. 8iov 6 vsog vöjxog xg Für das unverständliche

ETtEvrjOEv (d. h. wohl ejiaivrjöEv) erwartet man ein Wort wie Eiaißt], wenn nicht gar ein intransitiv gebrauchtes EyEvvtjaev in der Lesung steckt 'AkXcog] dllcog

70 yin'fj ro as rj habe ich ei'gänzt ywfj x6 fiE o-ux' EiJisg: Nach cpayEh' ist ein Wort wie övvaoac, EtEorcv etc. ausgefallen ov (paysig

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichivörter. 105

72 EQCüT)]oig. Kai (poßslrai /.al g)oßeQiuei. Anoy.qioig. 0 Xoyog cprjoiv or/, orav l'drjg ifivyjjv öisyrj-

yeqi-dvTjV -/.al vr^cfocoav TTQog ^sov xal z6 onXov tov ozavQOv £7f' cof-iov aviy]g aga/Kevip', 6 diaßoXog a/cQayiTa rd ßelrj avrov TTQog avriqv rsirst , y.aijcog y.ai 6 oojTrJQ rrgog ^/.lag ovrcog (prjoiv ' EOecüqovv tov ^azavav wg doTQa/ty]v Ix tov oigavou 7reoovTa * Idov didiOf.ii vj-üv rrjj^ s^ovaiav tov naTelv STtavco Oipsiov /.al 0'/.OQ7Tiiov ■/.al eul Ttaoav tt^v dvra/-iiv tov lyOqov. (DoßbQiteL de tov to. Evavvia tovtcov cfQOvovvza, oti to. ßiXri xov övvaTOV ri/.ovi]i.ih'a did diOTOf-iov (.layaiQag, y.al Tig ixavog Gcoog (pvlayO^rivai ky. tov lyOqov d{,ia '/al dvdQCono'/TOVov dalfuovog;

73 EQcoTijGig. To ytigdog dvÖQslav tytiqei. Eofirjvsia. ErrEidr] ydg 6 loyog, qrjoi, /.tri cpegcov OQav

oAlvf.tsroi' TOV avdQLOTTOv, Ol' or/eiaig yeQolv a'nlaoev TJj ai-itTQü) avTOv (fikavd^QtOTiia, oti dno tov ,(/rj ovTog snolrjoev /<£ avd^Qcouov, tjiXaotv f.ie öe log dcpOQf.ir^v ocoitjQiov ix tov yoög TtQog to ^i yeiQeg oov ETToir^odv /.le /al STrlaöäv (xe, [xaij /aTrfA^Ev 6x tiov -/olfttov tov yevvrJTOQog -/al dnav- yaOf.ia Tr^g do^t^g -/al aaQ/cüSslg ix Tr^g dyiag OeotSxov /al deiuaQÜivov MaQiag /al /axe'k&cov iv Tct) "i^idrj evge tyjV a7ioXXvf.(evrjV ÖQayjiriv /al öid tovto EiQrjTai, otl to /iqdog dvÖQeiav dieysiQei..

74 EgontjOig. El'ya/.iev a/vXov /al sßor]S-€iv tov Xvxov.

EQi^irjveia. Tovto inl tov tcqoöotov 'lovda EiQrjTai.

72 'E§ed>Qovr ex-dgov Luc. 10, 18 f. ßsh] fiaxaigag Ps. 119, 4 und Prov. 5, 4

73 Al x^iQs? Ps. 118, 73 sy. tojv xöIjicov Job. 1, 18 anav- yao/ua Hebr. 1, 3 8Qaxi.irjv Luc. 15, 8

72 (poßtQi^rj TW öjiko) TOV otavQov iji'' oj/iico uvTtJg aQafisvr] jiQog avrov teivovzai tov xa h'ävxia rovru)v (pgovovvzcov oixort]-

fteva. diä arö/uov (!) /.laxaigag

73 arSgiav iyijQsi: AI x^^Q^'^ goi<\ a! /f/jpa/oofj

74 fßoi'/i))]v i6 Xvxor

106 Sitzung der philos.-phüol. Classc vom 8. Juli 1893.

75 ^EgcüTtjOig. 'H xaxr] S7tiGy,07Trj zöv E7tio-/.OTtov TQ£q)ei zov.

'^EgiiirjVEia. Kayiijv enioTCOTii^v hravO^a 6 Xöyog rov af.(aQ- Tiolov leysL <7r^oc> to El xai ai-taQTtoldg xvyyävio vmI to doO^sv (.lOL rälavTov ovy. egyaKof-irjv , dXX' ovv rivog iliixqov dyad-ov ^litoyog, vjrdqyo) /ml enl tovvo Kjo"^ oh'yov ayadov 6 e7iioy.07iog xiov STTioxoTnop Xqiotoq 6 ■deog rji.aov <. . . .>.

3. Die im Marc. III 4 und im Vatic. 695 fehlenden Sprüche und Erklärungen des Paris. 2316.^)

2 Ol dvo Tov evav rreid-ow tov y.al ol rgelg xara- Ttovovv zov.

"Eof.irjvda. '0 ocpig /.al r^ Eva /reL&ovaiv zov ^4öccf.i ysv- aaad^ai zov rpvzov' zf] ovveQyla ös zov diaßoXov li^avaziod^rj.

3 Td od sf.id y.ul ayco dg yslco.

'^Eqi.Djreia. Flgog zov v.vqiov ö Ilavlog rpr-oiv Td od if.id, zovz'' eoziv log sY zt sj-ieXlEv ovva^rj i] Q^yj] t^ov, ozav Eni yrß hitzqißEV swg zov vvv. [avvdyw syio nEQinazüJv Aal EvayyEht6{.iEvog. zovz' eoziv ov övayEQaivco hcl zolg odvQf.io~ig, dlXd (.lallov yaiQCi) Aal dyaXhwi-taf Kai /.idgzvg ziZv Xoyiov ril^iiov avzog 6 f-iayag drvoozolog Tlavlog Kfiozi^ Xlycov ' XaiQco SV zolg 7Tal}rif.iaoi fiov v.al dvaTThjQto zd vöZE^rn-iaza fiov ev z^ aaqycl f.iov.^

75 zdkavTov Matth. 25, 16 3 XaiQco aagxi ^ov Col. 1, 2i

75 ■^ xaxfj'sjiioxojti] rgscpt] rv^ävco ovxsQyäl^ov y.ai sjii rovzo oUycov äyaßcöv Am Schlüsse fehlt ein Verbuin

2 jioiOovvrcov xazajiovovvzcov

3 syü> äg eiAslsv ovvä^Ei sßayysliCößsvog Isyoiv. xaiQCOv Der Schreiber hat nicht bemerkt, dass mit avvdyco ein neues Sprichwort und eine neue Erklärung anhebt. S. Sathas S. 564 f. und Nr. 122 der Zusammenstellung

1) Die Nummern bezeichnen die Stellung der Sprüche im Paris. 2316.

Krumbacher : MittelgriecJmche Sprichicörtcr. 107

8 Na fqv siTtcö y.al ra. as dyaTta.

'^EQi.ujVEia. Nüf-icfiog 6 XQiGTog, vi'f.icpaycüydg 6 ayiog TTavlog. ytäyei Toirvv 6 dnootoXog nQog zov Xqiotov rr^v s^ eO^vwv by.y.XrjGiav Nd T?p Einco, tolt' eoTiv vd xr^v öeiico t6 ayiov svayyiliov y.at vd ae dya/ra, diday&elaa ydg nag'' ijiiov dcpElvai sy. Travzdg zov }MTQEieiv zolg daijitoai yal os zov ovTcog dsov dyarcav.

13 JMiyQog zov /.leyav ö vvdo zr]v ay. sXeav zov ßdXXe i y.al Un eoev.

'EQf.UjV£ia. Miyoog 6 xvQiog ya^iog ozaycov xai [.laqya- Qizi]g naqd zrjv yQaffrjv (!) XeyeTai^ (.layag 6 didßoXog y.ad^cug o?Mg XEViaod^Eig rj 6 ßaoiXeig zwv iv zolg töaaiv Xiytzai. *0 yovv y.vQiog hi/.r^OEv zov didßolov yazaoyßiv avzov, oze y.azr^Xi^Ev iv zqi Z^idr^, y.al dnozaozaQ^ixjoag avzov, eW^ ovzcog avaoidg i/. vEyqcov uez' e^ovoiag lög d^sög.

15 Kaäagd xal yußaqd oXa 7] ydqig diyEzai zd. Eqi-irjVEia. ^H {.lEzdvoia svzEvd^Ev dr^ovzai. '/f ydqig

ydg, q^r^oiv, zr^g öi-ioovGiov zqidöog ndvzag daysTai, sdv sni- oiQacfiöoiv ovy. soziv ydg df.iaQzia viyiooa zr^v cpiXavifgconlav zov d-EOv. Kai dXXcog zig q^Xijvag'sl ev f l4ßaziavolg ' eI'ze yaq EiOEß)]g ioriv 6 enLOZQecfcov e^ dfiaQziag eI'ze doEßr^g^ TTooodiyEzai Ttaqd zov eXEr^f.iovog d^tov öid ßanziauazog y.al {.lEzavoiag.

16 '0 Xvy.og z6 (xaXXlv dXdooEi^ zvv de yvc6/.irjv ovy. dXdooEi.

EQurjvEia. '0 Xoyog ovzog zov v7tEQr^qdvov yal snrjQ- /iievov zliaßoXog (!) y.aO^dnzEzai Xv/.ov di avzov 6 Xoyog

8 varov vaas Na ttjv elnco] vazoy eIticö :iao^ f/ioP] :xaosifiol

13 axelalav ßa.).si xadcög o?.cog keßiaa^ijg , worin doch wohl

das Partizip eines von Xsvia^äv gebildeten Verbums ksviä^oi steckt.

15 Seyjri za Wegen des Reimes ist es aber vorzuziehen, id nicht enklitisch zu behandeln u/./.og ztg rfkfjrarpi] ev dßaziavoig

16 t6 fta u/.uaai] ory.cOAni Aiüßolog als Genetiv wie fliröagog, Zdy.vvdos usw. Vgl. KZ 27 (1884) 538 Mszä zijg oi^vyog steht nach

108 SUzany der pMlos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

'/.alsl, tag del o/isvdeTai tov diaif&eiqai /.al diaqrräoaL ra TVQoßara tov y.vqiov, tog, el zal to f.iaXlh> yjlla^EV rotr' s'oTiv, u jiaQEvedidvTO {atoorpoQog yoQ iqv y.al oycozog f.tszrj- (f'iäod^rji^?) dia rrjv 7CQioToioav (\) avzov krcagoiv), y.cd eJg yijv Qiq^slg Trjv yvoJiitrjv ovv. aXaoGEi x«t otx acfiöiataL Trjg TTQOXEoag avzov ETTCiQOEiog Yxd aXaKovEiag.

17 '^0 ^'Eqig /.cd 6 ^EQtii-teQig oXxovg e'xXEiaav xal eyio 'Aal i^ nEvdEqa /.lov xov '^^iezeqov.

'^E(){.ir]VEia. '/? d^EOTrjg y.al tj uv&QCL>noT)]g hvcod^Eioiov xiov ovo ovouov ddiaiQäxojg xal dovyyvTiog oiyov l'yXEioav iqyovv zov aqyovta xov OY-orovg yatiykEioav^ yal rd ßalrj avxov dffavrj eyevovxo xfj xov &eov hnupavEia. Eyco de y.al tj TTEd^EQa f.iov xov rj(.iixEQOv xom' egtiv x6 owf.ia yal xijv i^ivyjqv "y.aaxog, sdv i}eX(ouEv, vrjCpovxEQ yaxaßalXof-iEv xov didßoXov.

4. Die im Marc. III 4, Vatic. 695 und Paris. 2316 felilenden Sprüche und Erklärungen des Taur.

B. V. 39.1)

47 KEif.iEvov. To '/.aXov dqvlv ovo f.idvvag ßv'CavEi.

'^EQf.DjvEia. ^Evxav&a y.aXov dgviov XeyEi xov exTrXrjQOvvxa

XTjv EvayyElr/.rjr ffiovi\v xiqv leyovoav ' ^4ya^rjO£ig yvQiov xov

16 koiocpÖQog vgl. Jes. 14, 12 47 ^Ayam)aeig Marc. 12, 30 f.

einer freundlichen Mitteilung des Herrn Nylander (Upsala) auf einer Inschrift des Klosters Nsa Movri in Chios, welche in einer Reise- beschreibung des Professors Eneman (1711) mitgeteilt ist o nagevs- dsdsro

17 EQfjg yxovg k'xhaav iycö v(xexeqov ovoicov adiegsiog xai dovylt]' jts'&sQa. nach vulgärgriechischem Lautgesetz; vgl. Hatzidakis, Einleitung S. 356 Anm.

47 (jLÜvag ßi'Cdv>]

1) Die Nummern bezeichnen die Stellung der Sprüche in der Hs.

Krumbaclier : Mittelgriechische Sprichtcörter . 109

■i^eov oou e^ ohjg xr^g ipv/r^g aov ötiitqov dya7Vtja£ig zöv 7Tlr^oiov aov log eavTor.

49 KdfAEvor. IMi/.qog daiuwv i.ieyal)j neiQaaia. ^E^f-ir^veia. ^Evzavi}a 6 Xoyog g^i^ol, ort f.ir/.Q6g öaif-icov

käyEtai ixEh'O xo ariooraXiv an 6 d^eov ^coviiQOp y.al /.ii/.ony ycvEVf.icc^ lug rj yQaiff] (fi^oi ' Kai r^TrarrjOE xop ^yaaß. Ai- yExai ÖS xal aXXog {.ir/.qog dalf-ttoy lug yöovrj xijg QEvOEiog' El '/ML f-iiAga ioTiv, dXXa /.leyäh] nEiQcioia xu) di'0^Qi07r([) ixEivitJ x(7) E7TEXi}ovxi (?) yivExai. Kai did xi\v dfiagziar ^TavTrjty uLgiadsg JioV.al Y.axa7tE00V /.al 6 lycov wxa axoi'Eiv ay.ovixio, oxi xd dfiaqrri(.iaxa £zrog xov ocof.iax6g toxi, ö ÖS TiOQVEVCov Eig xo ^idiov odf-ta ^of-ioiiogy d/.iaQxdv£i.

50 Keiuevov. Td /.laxQd y.al i)^avf.iaGxd, xd yovzd da y.al Iniy.EQÖa.

Eq}.ir]vEia. 'EvravO^a 6 Xoyog (Aayqd a/.Eivd cpr.oi xd yiyavxEia ovmaxa' ItyExai da yai aXXcog {.la/.qd xd dyai>d h.Eira, a oq^^alfiög oirK eiÖev y.al ovg ovy. rjxovGE yal i/rl yaqdiav dy^QCo/rov ovx dvtßr], a y.al d^ai\uaoxd iTTOirjaEV o ■i^Eog yal auövia xo7g avxöv (piXoZoir.

51 Keiuevov. Kaxdq)ayE x6v ßiov aov yai dvoiyEi o d^Eog xr]v axgaxav aov.

'^EQj.n^vEia. 'Evxav^a 6 loyog (.iEydh]v qwvriaiv xo'ig näoi noiElcai /.a'i (frjai ' 'Q dvÜqiojTE, y.ardcfayE xov ßiov aov (.lExd 7CEvt]xtov yal y.xioEig qilov xov i^söv, oti 6 dd- vaxog ov yqoviEi /.al, Idv ovxwg yaxaffdyrjg xov ßiov aov,

49 'Axaäß III Reg. 22, 20 und Paralip. 2, 18, 19

50 « oifdaXuog (pilovoiv I Cor. 2, 9

51 6 Mrarog Sir. 14, 12

49 t) xal fiixoa ravir^v habe ich ergänzt fivotddrg TioD.a (!) y.uTu Jieoöv Im letzten Satze verlangt der Sinn Ergänzung eines Wortes wie ofioicog, cboamcog etc.

50 Tu i^uy.Qu, nach der Erklärung verbessert y.ovxa te

51 uvoiyj] /.isya mit / über dem a (pcovtj mit o über dem ;/ und der für so)g üblichen Ligatur (also (f^wvijaecog) jisv^tcov\ nevijTMv

XTioeig] XTiatjg (vielleicht xTyoi/) ygorifi analogische Präsens- biidung statt x^oviCei

110 Sitzung der 'phüos.-pliüdl. Glasse vom 8. Juli 1893.

y.azavoöcod^7Jv ejei r| ovQara r^g V^^^X^S ^^^ ^^^ xwv teXojvuov Tov atQog.

52 KEI/.ISVOV. Twv cfgovlf-icov xd naidia^ nqiv ttel- vaGOv, f.iayeiQEvovv.

'^Eqi.iriveia. ^Evtavd^a rj yqag)^ cprjOL zo rlvEode (pQOvif-iOL wg Ol otpeig /ml to f Kar'' elytova vficov q)uXdTT£GOe{?)' Kai {.irj rj(.iag, dde'/icfioi, ddiaq^oqäv rd zov jTovt]QOv kvedga Kai (jtaQaoKevd'LEO i>ai f.irj i^f-iagy Kata'kdßtj li/nog. 'Q V't'/^J f-iov, dyoga^E dno %'r\g naviqyvQBiog ravrrig /.ai /.layeigevs eig tov nivi]'ia., %va TS^r^g S:r]0avQ6v h> ovqavöig. zlid tolto si/rev TIqiv neivdoov, f.iayeiQ£vovv toös.

53 Keif-iEvov. Elg aaXov /.scpalrjv tvoXXoI kov-

QiGy.0 i.

'^EQi^njvEia. ^EvTavd^a 6 loyog fCQog ti]v Evav, on xaxwg q)QOVYjaaGa (!) avTr^g Aal ti]v ivioXriv (xyj (pvXa^dorjg ^ yrfivog mcaoa qivoig t^ cpd^OQa vnETviaafXBv. AiyExai (Je xat tte^i TOV voog zov v.a&Evdg e/.doTOv rjyEf.iorEvovTog, ori, edv f-iiq xrjV EvdE~iav oöov -qyE^OPEvrj rig, dlXd rd oz-olid v.al <ra(,'> TrExqioÖEig odovg, tiovijqoI Kai tzlkqoI kovqiokoi nsQi xijg ipvyjig xovxov yEvi]OovxaL daif-iovEg.

54 KEif.ievov. f El ötov qsr] dXXd eyt] xqvjcav. '^EgurpEia. ^EvxavSa 6 Xoyog TTQog rjf.idg xov Xoyov

TtoiEixai Kai cprioi' f EY öe ov qet] f xovx'' toxi, XiyE av itqCoxog xdg diiaqxiag oov, iva diKauod^fjg Kai sloeX^r^g egco öid x-^g axEVYjg Kai xEd^Xi{.i(.iivr]g onTJg' Kai xoxe, avi^giorrE,

52 (pQovifioi Matth. 10, 16 drjoavQov Matth. 19, 21 und öfters

53 evSsTav 0H0?uä Jes. 40, 4

xara ßodco&fp' e'xf]

52 Twv (fQovi]/uÜT(jov (!) Tisirdaov (ebenso in der Erklärung) fxayr}Qsvovv log löq^tjg xaz'' slxöra V/.IWV (pidaTrsa&ai. xal jiU] ij^iäg aösXcpol dtatpoQäv ra rov jiovr]QOV eredga. xal xazaMßi] ?.oiftog. (h

53 xEcpali] y.ovQovoxoL verbessert nach der Erklärung, wo die Hs xovQioxoi bietet

Kr limbacher: Mittel griechische Sprichivörter. 111

Tr\v EVjroQiav < > vov (fiXavüqwjiov v.cd slsuji-iovog

■deov Tov hiioTCi'Qovxog oivov xal to e'Xaiov, tv u) XqiOTog edsQaTTEvaEv.

55 Keif-iEvov. K6f.i7itovs. y.al aQfxtviQel 'EQiiirjvela. Kai vcdXiv 6 loyog 7rQog r^f-iäg xov Xoyov

itoiÜTai '/.ai cftjOL' 'Q il'vxnj, -/.o/urrtove xal aQf.uvi'Ce sig ttjv ji:oXvoxedri ravTrjv tov ßiov ^a'kaöaav, dvrl tov ^ E^ayogd'Qov TOV xaigöv Tiüv t^ iqjiieQwv Tijg egyaolag oov, ojg Tai lllcovofj 6 ^eog -/.eleiaag icoirioaL tji '^fitQcc tov ^aßßccTov Tr^g dva- OTaosiog. Kai artevoai, ipvyjj /.lov, iva iy.(fvyr]g Tag xvfia- TCüötig (y.ivriasigy tojv tcoviiOmv y.al 7toI,vtq67Ccov tvi)v(.iriGecov xai Tovg ovveyßig xal 7CoXlovg /.al dvixTqTOvg dva/Liovg twv 7rovrjQCüv 7ieiQaof.aüv.

56 Keii-iBvov. '^H ygaia side OQaf.iav /.ai ovti tleyev, wg TO EiÖEP^ dlld wg tovQ) eovvr\Q%ETO.

'^Egf.irjveia. F^alav Trjv 7iaXaidv öiad^ii'A.\]v Xi-yw siös yoQ OQa(.ia to 6id tojv 7rQ0(fr]TO)v (!) laXr]S-8v, /mI ovy. tXeyov o\ ^lovöaloi, wg to rj^ovoav a7tö tiov 7iQO(pi]Tiov, aXka log Tovg eovvr^QyovTO ovxcog Kai iXdXovv.

57 KEi(.iBvov. llTiüydg 7tTtoyöv ov d^eXei /.ai ö d-sog (Aioä TOvg ovo.

^EQf.ir]V£ia. '0 Xoyog 7VQ6g Trjv ijivxrjv '/ai to oc7)f.ia tov Xöyov TTOielzai -/ai ffijOi, otl edv r^ ipvyjj ^etiei EVTog tov

54 ohov vgl. Luc. 10, 34

55 xfj rj/^iBQa xov Saßßurov vgl. z. B. Exod. 16, 2G

54 Vor oder nach svjioQiav fehlt ein Verbum (wie otiiei) x6v eXaiov

55 xönnovE Eig x6 (!) jioXvoxs^fj (vielleicht ist zu schreiben noXv- axidrj'i) wg x6 i.ia>vofjg 6 Oeog xu >y y/iEga xov ad xfjg aräoEwg (so) xal onevoai txcpvyijg Nach HVf^axcodeig ist ein Wort z. B. Hivt]aEig zu ergänzen dvixriiovg^ dxiv/jzovg

56 XU eJHev xcüv TTQOff'VTOjr den Accent habe ich beibehalten ■ijy.ovaav] rjxovaa eovv^'jqxexo

112 Sitzung der philos.-pMlol. Classe vom 8. Juli 1893.

awfjiaTog zalg rjöovalg xal to OüJf.ia ovy. snay.oXovd^el Trjg ipvyjig rfj evQcooTia '/.at tyovoiv aXXiog Tcqdg rag ivTo'kag rov Osov, ol ToiovTOi nzcoyol f.iiorjTol Tvaga loj Oso) yivovzai. yityETai de y.al rtf-QL zov '^^idov v.ai txeql tov daiuovog' v.ai ö O^Eog i-iioa. Tovg ovo.

58 K.K.eif.ievov.'^ Enaqe rov aviyqconov '/.al löe % Ötvov iQrj /iiovl

^EQf.tr]vetay ^^vdQcorrov saeivov Xtyei rov /.az' er/iova xal v.ai)'' 6/.toicooiv [ai] cfvldzzovza ^zovg röf.iovg'^, xal aar rov zoiovzov avÜQionov i^tXr^g^ £Qt]uog 'Aal a'Aonog Treql zrjg savzou il'vyjjg ysyove nqog zo "ide zdv zö/rov tQrj(.iov.

5. Die von Satlias weggelassenen Sprüche und Er- klärungen der zweiten Sammlung des Cod. Paris. 228, die auch im Cod. Marc. 412 stehen.^)

10 Tliog OQyslzai 6 yaeiöaQog, wg ü^scoqeI zov

'AVQIV Z0V\

aXoyov t]f.udv Gcoua v.ai zov avzov xvQievovza vovv 6 Xoyog obzog aQidrjXiog nagiaiTjOi. KaOaneq yaq zj aza-/.zog zov VTTotvyiov OQi.ni y.aza zooovzov eiioöe '/.Qoaiveiv y.ai aX- Xeoiyai, -/.adöoov 6 suißdzrjg avzov zog i^viag 8vdiö(oGiv, ovzio 'Kai Eni zov GiOf.iazog ))f.aZv v.ai avzov ()r] zov voog ÖLavoelod^ai ge d^iov.

11 XEQEa VEQOV TTviyEL fXB.

Kai axcop ivzavda 6 öioßoXog zrjv z^zzuv Of.ioXoyEl val

58 xax'' elxova Gen. 1, 26

57 EJiaxoXov&si^ emiHokoi^dsT dalfiorog] daifiog

58 Nach (i'vXäxxovra fehlt das Objekt z. B. tol's vofiovg

10 yaeidagog] dsiSagog D dsogsT D HQoah'eiv in A-*^ als jtqo- aivsiv verlesbar

1) Die Nummern bezeichnen die Stellung der Sprüche in den zwei Hss. Die ersten 9 Sprüche bei Sathas S. 561 563.

Krumb acher : Mittelgriechisclie Sprichivörter. 113

ouTCO cfTjor Td tov ßaTtiio^iaTog vdioq coael jiiia f.ih> öga^ t(7) ffairo^ih'O) öoksI, nolvövvai.iov ös df.iü}g sotIv, rjrisQ ifxe raXsov aTtonviysi tov s^ c^QX^iS avxTjg xov avd^QWicov arro- TTvi^avTa.

12 Na riqv eYnoi v.ai vd oi dyana.

'0 f-iaxägiog TlavXog ravrriv e'or/.s rrqog <roi'^ kvqiov ehrelp Tiqv q^cov^v ' Na zr^v iimo v.aL vd os dya/ra. Triv eS, sd^vcov^ (frjaiv, i/.xlrjGiap tt^v (pilcog diaxeif-tevriv zoJg dai- l-iooiv JTQOTEQOV eTriGTQaq)rjvai ^raQaaxevdoio rrgog ge zalg if.talg diöaxalg, oü-ev Kai vidvzag {■y.eivovg ztleov d^roQ^iiltaGa OS y^ai (J.OVOV okooxEQÖJg zov ovza vv(.icpiov dyanr^GEL Xqigzov.

13 ^TCO-O^af-ibvog cpiXov ovy. exsi.

'0 KVQiog T^i-iojv Irjoovg Kgiazog, 'iqvi/.a zw zov Gzavqov anjjwQrjzo ^vlo), zeivag l'vO^ev Kcoisldsv zovg 6(pd^al/.iovg y.al zovg f-ia&rjzdg sGxoQTtiGi-iivovg lötov ziqv zoiavztjv cpcovyiv xal f.iaXa ÖLKauog hcpdeyyezo ' o\ ydq ovvO^avelv avzai vniGxvov- f-isvoL /.irjds f.iiy.Qdv KaQzeQi'jOavzsg cpvydöeg a/ravzeg oj^orzo.

14 Tiqv £XQazovf.iEV dyafj.ov, evQed-rj syyaGZQco- fiavi],

IcüGrjcp 0 zt/.ziüv iyxvf.iovovGav Idcov zr^v dneiQavÖQOv xat zade nQog zolg dlloig eXeyev ' ^Hv o &£log sdt^azo vadg ZQiEzi'QovGuv, r^v zd ayia zcov dyliov tog naqd-Evov ek^qe- ijjavzo (so), riv Qoßdog r^ ßXaGzii\GaGa vragado^cog f.ioi sfirrj- ozELGazo, ov/. o/J' od^EV Kül o;rcog Eyxvf.iovoüaa Gr^f.isqov EVQrjzai.

14 Vgl. Protevangelium Jacobi cap. 7; 9; 13

11 tjjisQ A^ Das Femininum wird vom Verfasser in freier Kon- struktion auf Sga^ bezogen

12 rd as A^ : va oe J) Den in A^ D fehlenden Artikel habe ich ergänzt jrgog xv eoixe rtjv (fojvijv raimjv siJisTv A^ siJtcb A^ qyi'Xcog] (fdicog A^ dai'/iooi A^

13 Ol yoiQ avvß'avsTv] ei yaQ d-avsTv D

14 syxaazQcofisvij D: In A^ ist nur noch T äyafiov

s yynnTQcofisvi] zu unterscheiden röJv dyi'cov sxd-Qsipavro (diese

Form auch D) (hg naQÜivor A^

1893. Philos.-pliilol. u. bist. Cl. II. 1. 8

114 Sitzung der piiilos.-i^liilol. Glasse vom 8. Juli 1893.

15 KaXiq TtsTgea sk avöjyiv.

*^0 FoXiad sTielvos o Goßagog xat vntQoq^qvg.^ 'r^vr/.a oqev- öovloag avTOv ö Javld looel vsxqov tQQHj,is y.ara yr^g, xai tccÖe yoegcog avsgid-syyeTO ' 'H dia "ki^iov avrrj ßoXi^ yevvaia T(i) ovTL -Kai liav y.aXiq., i^rcsQ iitii xov arjTzrjzov hni toöovtov avvätQiipE' ytXr]v i^ avioyaiov tovz^ totiv er/. Tyjg ävio xal ^eiag xaTTJXife x^iQog' ovöi yccQ avzov zov z/avld eXaxiozov ovza zooaiza av dvvaaO-ai einoif^u.

16 BXsTTE elg zo tv, /.mj Trad^jig diy.a\

^Evtl zw (.layiaqUij z/avid l'oziv Mt»' zo TraQOif^iicüdeg Tovzo niqag Xaßov "qvixa yceg SKslvog zw zr^g fioi^eiag sqwzi ovoxsS^elg s/UTtad^wg a'yvw zr^v BrjQoaßei zr^v &eiav^ ov /.liv ovv öixtjv l^ag)vy£i\ aXXd /alav enEveyACov zw OvQiq TrXrjyrjv dexa dr/.atwg vTcejueirev exElvog zalg avzov nalXaY.a}g {öey.a ÖS avzai) zov ^ßeooaXw/.i löcov oviKpOsiQOfAsvov.

17 f '-^J' oiöa zig etv(.i(jooe, zr^v 7te/-i7TzrjV eyei dvaßeiv.

El /.al drji.i(üdeg zo qijd^ev, dXXd öoy^idzwv TrXrJQeg iaziv VTCE{.iq>aivEL ydq avzov zov Xqiozov , zrjv ezoifiaolav zov ÖELTCvov zov 1-ivGZLy.ov, zy\v dyiav xai ^lEyohjV 7re/.inzrjV '/.ai zov oQzov exEivov dr]Xov6zi evl^vf-iov ' r^ ydq dvdßaoig ov% a'Qvf.iov, dXXd Cv/^iizrp' ccqtov o(.ioXoyovue.vwg TTaQiazrjOi. 2i- yazw XoL7i6v 6 ylai~ivog iv zw 7TaQ0i(.iiwÖEL zovzw Qt/Ziit jiqo- q)aviog eXsyyoi-iEvog.

16 BriQoaßsE II Reg. 11, 3 ff.

15 TiETQaia D ooßegdg D ocpEvdovrjoag D ex rijg ävM&Ev A^

16 EJiEVEyxwv] i^Eyxwv A^ dsxa dixaicog EXsTvog vnif^iEivE A^ na)Mxai:g D rov dßEaoa^ojfi ovncp^EiQÖixEvov [tdwv om) A^

17 In D ist der Anfang kaum noch lesbar; meine Kopie bietet: avSiöiogi^) Tigzo iCtj/^icoas A^ rijv F A^ El y.al aus Eids korrigiert A^ : in D sind die beiden Wörter verwischt exeTvov] ixEivcog D »; d' dväßaoig D 6 Xaxivog D ev rcp] xai tw A^

Krumbacher: Mittelgriechische Sjjrichtvörter. 115

Nun folgen in A^ D ohne Absatz nocli folgende Fragen aus dem Physiologuskreise :

(18) TivoQ (-'vEzev 6 ocpig dvecjjy^ievovg sxsi Tovg og)d^aXf-iovg '/.oi/.icof.ievog;

"^ ha TOP aloO^rjTOv tovzov ßXsnovTeg oqiv ovtcoal dta- '/.d(.iEvov To Tov vorjzov '/.aTavocdj.iev ocfeojg avnvov KavtevO^sv /rQooiyiO}.iev, f.aj nore Trjv miqvav iqfAiov XeXtjü^OTCüg xaV doxt^ 7^QEi.iE7i^ 7raQ' avzov drjxd^iöf.iei' slg &avarov.

(19) '0 ds Xiiov zivog evEKav dvEojy i-iivovg Eyei zovg ocpd-aXi-iov g yioificoi-iEvog;

'^'fva "/.azd Xqlotov evzev^ev nQOZvntod^En] /LivozriQiov ' dvaitEGcov yaQ, (prjGiv, Ev.OLf.ir^&i] log Xewv ' ojotteq ydq 6 Xhov y.ai y.oiuiOf.iEvog aytcfoßel zovg nagiovzag y.al (fEvyEiv noul did z6 zovg 6cpd^aX(.iovg dvEcoyiLievovg e'xeiv '/.ai doy.E~iv sv dltj- daicc oqäv, ovzio v.aL 6 dEGuozrjg rif-icov KgiGzog iiixQOv vn- viöoag SV zdtpco cog avd^Qtonog, eycov ös log dsog dvEcoyf.i8vovg zovg 6cpdaXf.iovg zrjg -d-sozi^zog y.dvzEvS^EV zag ziov daifiovcov cpäXayyag excpoß^iqGag cug'^eI KOTirdv öiaXvGazo.

(20) '0 de Xaywg zivog svexev dvECtjyfxavovg e^el zovg oq)d^aXf.ioi;g xoif.iwf^Evog;

''ha f.i(xdiü/.iEv ivzevd^Ev , ozi xal 6 öiKaiog, ov /.aza- (fvyiq u XgiGzdg (jxEZQa ydq, g^rjGi, /.azacpvyiq zolg Xaycüo7g), yQriyoQOi' dsl zov zijg diavoiag 6q^0alf.idv Kßx^i^ '/.azd zov

18 msQvav Gen. 3, 15

19 dx; Xeoiv Num. 24, 9

20 TiEXQa Ps. 103, 18

18 o vox' ofpig om D ovTcoai D jiQoaixof^sv A^D doxsT A^

19 KKOijX))0rj\ dxoifir'jßi] D iv Tacpco^ kvrav&a D ixqpoß

et xanvov öiaXvaavxo: D : ixcpoß/jaag e'/ft Tovg d(pdaX/iovg xoc/icö- fiFvog : A^

20 TTSTQ .... qn] ToTg {naxacpvyij om) D d(p&ak . . . D s](ei fehlt in AID

8*

116 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

elrtovra- "Eyco xad^evdco, r^ de xagdla f.iov ayqvnviav '/.tyitri- rai, f.iri nore Talg näyaig £yy.vQ07] xov xaig xpvy^aig rn-uZv ael iveÖQEvovTog öaij-iovog.

B. Zusammenstellung der blossen Sprichwörter.^)

1. Sprichwörter des Codex H.

1 "HoE v.at y^U7TTi]g xal oyiOVQog H : KXamrjg riv axov- Qog E : ^'Evi -/.al 'Atrtxr^g y.ai oxlrjQog BC : Kai vliTiTT^g y,al loxvQog AA^D : Kai y.'kinTit]g y.ai oxrjQog G

2 ^TTO (no H) vXinxriv AinxE {vlixpag G : vlixpai I) xm y.Qii-iav ovy. eyeig EGHI : ^nö yiUnrov xXeipov y.al yiQif.ia OVK ejeig F : ^tio xXämrjV yXeipag /.av . . (also: y.aviv oder vielleicht -/.avera) ■/.QLj.ia ovy. eysig A : Kliipov iy yXiicxov y.al TTavTcog ygif-ia ovy tjEig BC (in C steht nach der Col- lation von Wunderer noch eine Abkürzung nach y.Umov, die, soweit die Kopie ein Urteil gestattet, in Xoyov aufzu- lösen ist)

3 Ol Teooageg {reGoaQsig EHI : Teooagoi G) zotg rta- oaqag (TaoaaQEig E : reaoaqoig Gl) yal iviyrjOEV {hr(üi]OEV

20 'Eyoi xa&evdo) Cant. cant. 5, 2 Vgl. den Ausdruck: Aaycog xa^svdcov Zenob. 4, 84. Diogen. 6, 1, dessen alte Erklärung allerdings den Schlaf des Hasen als einen verstellten aufFasst

äyQVJiviav] äygvm'oT A^ : ygtjyoQsTar D raTg näyaig A^ : in D verwischt (wie tö. /»«??) In D folgen noch fünf (nicht zur Sprich- wörtersammlung gehörige) Zeilen in kleinerer Schrift, von welchen

nur einzelne Wörter lesbar sind wie . . roToLv sodloX? >| Viagra

de . . . ToTg xaxoTg sivai xakovg /iiiocö. xal rag aaxpQOvag /lisv ....

1) Die Sprüche sind nach den einzelnen Sammlungen aufgezählt, also zuerst die des Codex H (N. 1—55), dann die Ergänzungen aus I (N. 56-89), aus G (90-96), aus K (97-107), endlich aus AAißCDEF (108—129).

Krumhacher: 31ittelgriec1iische Sprichtvörter. 117

G) Yj dvQa AiBCDEFGHI : In A ist nur noch Oi zioo . . ag 'Aal .... sichtbar

4 ^Qg ecqrjg {evQig E : evQeig H) tov KaiQOv (ksqov EG) q'oye '/.cd rov Xayiöv (kayov E : Xaycov G : Xaycoov H : in A sind die letzten 4 Worte verwischt) ABCEGH

5 KaXri (-/.alt G) rcETqia (ntTqaia ACD) ex to avioyiv (dvcoytv CG) AA^CDG : KaXi^ nexQcc avio ex to dvcayeov H :

KaXrj nsQea avrw dvto' (und in der Erklärung KaXiq tie- gaia iy. rcöv avtoyij) K : KaXri ^^^^^'^^ "^ov r^Xd^Ev fx to avioyiv B

6 'H 7rTtüxEia {mcoyia BGH) 'AaxtÖEi^E (y^araösi^EV K) (.lovanXä A A^BCDHK : of . Trrw/ot y.axiÖEi^av xd f.io- varrla. G

7 ^TTO aaXov xat ^ieS^vgxov oKOvEig (so) r A :

i^/ro fforAw xat' fiEd^vaci^v dyovosig xr^v dXr^S^Eiav BC : ^fto aaXov y.al f.iEd^voxov xr^v dXtjd-Eiav axovE H : ^/ro oaXiöv y.al i.iEi}vO(.(EViov vai-ial^i^g Tr]j' aXtii^eiav G : -Atto oaXov y.al ^lEd^voTov xTJv dXxjd^Eiav K

8 !A7Tiqyai.tEv o/tov f.iag ixQEcoGxsi {ßyqEwoxEiv A^C : lyQEtooTTqv B) xat ly_QE(x)Oxov(.iav xov (sxQECoaxov/^iEv xov A^D) A A^BCD :'Ejrriyaf.iEV onov (.tag eyQEOOxovaav xal iyQauo- oxovi-iEvxovg G : ^ETtEiya/iiEv onov (.lag iyqEOOxovoav y.al syqEO- Gxoi!.iarxog rif.iE7g avxolg (aixolg ist nebst dem Anfang der Erklärung mit Verweisungszeichen am Rande nachgetragen) H : !A7i7^ya(.iEV orcov f-ir^ iyS^iooxovva (so) xat iyd^QECooxov- f.iEvxa (so) K

9 T6 7tou]OELg {rtoiEiOEig G : noii^or^g K) Trdd-Xjg {nd- &Eig G : ndö-og K) yul aXXo (x6 dXXco G : dXXov HK) tie-

QIOOOIEQOV (jlEQlOCüXEQOV G : rtEQlOOXEQOV H) GHK : To TtOL-

Eioig 7rdO^Eig y.al x6 dXXtov tceqiooeüoei E

10 Er/a/iiEV {eya G) qiXov ((fiXsiv K) '/.rjitovqov mal (om G) didaf.if:v xov {eöiöaf.itvxov G : didaf.iEvxoi K) y€vvr]f.iav {yevtji-iav G : yevrj(.ia K) xat l'öidtv f.iag {edidi {.lag K) Xd-

118 Sitzung der x)Mlos.-iihilol. Classe vom 8. Juli 1893.

yava G H K : Wiyov q^'ikov ■/.tjTiovQüv xal sdidovv avtio yivtji.ia v.ai iöiöov (.loi kayava F

11 ^Xkoc, (alog Gl) l'cpayev (ecpayev G) tov ßovv (ro ßödijv G : t6 ßö'Cöy^v K) xat elg rtjr ovqav {ovqav G : ovqciv I) aneoxa&i]v (efr' torä&r^v G : ctyreotäd-ri K) GHIK : '^'Olov TO ßo'i'div ecpaye ytal elg xr^v ovqav dviEora^i] F

12 ^'Egyov (^'E^yco G : sQyov K) tov TelEUooarrog -/.al (.iTj TOV aTTOKiv^aavTog (dfioxvvrioavTog G) GHIK : ^'Eqyov TOV TeXeuüoavrog yial /.irj tov emyeiQiiOavTog F

13 "0/TOv (onov I) cpiXeig (g^'Arjg G), f^u] davelur]g (da- veiteig F : daviCeig 1 : davi'Cj]g G : dafidCr^g K) xal oriov {oTtov GK : onov I) dyanag^ f.tri ovyvdCrjg (Gvyvd'Ceig I) FG IK : "^'Ottov cpiXrjg fArj ddvite y.(xi onov ayandg /iir] ovyvate H

14 KfjTtovQE GvvenaQS^) Myei vd ili)]ilii {^'vyj'i F) FI : KrjnovQE ovvenaqE ' Xiyei Xvaai tov oxvlov G : Kr^nougi ovv- snage xat ^elw vanoTiaio H : Krjnovqe ovvsnaqev dif-inw vd noTioco K

15 Uav ^cooi' t6 oi-ioiov (ofioiov I) aixov (eavTcö F) dyan7]GEi FGHIK

16 "jy oxvXa {ri OKr'iXXa E : coay.vXXa G) onovdaC6(.ievrj (onovda(^6[.ievoi EH : anovöa^ofievt] G) TiffXd y.ovXovy.ia lyiv- V7^aev EGHIK : 'H aziXa /.tag anovöd^ovoa TvcpXd yovzCovdia syevvrjGE F : 'jF/ oxvXXa onovddtovoa TvcpXd xovXovxia yEvvä K

17 ^Edv E^EntOETO rivivii nd^ ßEXwvt^v ocoooi E : "Ooov y,al iav E^inEOE to vvviv ßEXoviqv atotEi F : '^'Ooov dniuEOEv TO Ivvv nd^ ßEXovi'iv oioCei G : "Ooov s^enEOE to '^vvv ndXiv ßEXc6v7^ owtEL H : '^'Ooov vMi dv i^EneoEi to rjvvv naXiv ßs- Xiüvrjv yivETai I : "'Oaa dv dnenEOEv tolvvv ndXiv ßsXtovT] acof^iarog (in der Erklärung aber ndXiv da to Ivvv ßEXiovrj

GlötEl) K

1) So auch F, wie eine erneute Kollation gezeigt hat; darnach ist also lueine Ausgabe S. 69 zu korrigieren.

Krunibacher: BlittelgriecJdsche Spriclnvörter. 119

18 EoTT'ce {y.OTTTai G) XQtog -mixte (^/Lomai G) 'kvnaq, {llniiv HIK) EFGHIK

19 Tov (om E) avyovoTOv xa TtEvraXizga {nevräXvTQa H) Tov uai'ov (f.iav E : fiäv G) dva'Ci]TOvvTai EGH : Tov avyov- OTOu ja deyM?uToa (dexaXi^TQa I) rov (.laiov (/.la'i'v I) dvaCri- TOvvTai {dvaLi]TOvvTS I) FI

20 '0 dsog y.axd zd odyia {aayid I : qovxcc F) /noiqdLsL {l.i)jQdCr] K : i-ieQiKeL F) ymI rr^v y.qvddav (ti^i' yqiddav FK : Ti^j' y.Qidda I : rag "/^m'Jög EG^)) EFGIK : nqog xd aayia l-iEgi^si 6 d-Eog riqv yQvada H

21 EYdaf.isv^) (paXay.Qdv {(faqayXov E) dXXd iiakiv (om E) )'« (falvExai ((fivExai G) o j.iva'kog {6f.if.iiaX6g G) toj; yayöv eivai {evEi G) EG : OYda^iEv y.ai cpaXcr/.QOv dlV 6 /niEXog xov varpivExai ovy-evl yakov H : Ida/.iEV qiaQay.X6v aXXa naXi] va- q)ivETai 0 {.ivaXog xov otxivi xaXov I : EI'Soiliev cpaXayqov dXXd TvdXiv vd cpaivexai 6 (.tveXog xov F : Eidaf.iEv (faqayXov dXXd tyu nov yal (.iiav xqlya yal ndXiv idv (paivrixai o l-iVEXog xov ovx evi yaXov K

22 Kdfivei {y,d(.ivri H) o nii^og yal 6 Qoyog yal okovei i] v-v^d (xEQd ohne Artikel H) '/.a(.iazeQr^ (y.af,iaxeQE2 H) FH : Kdf.ivri ö y.vQig y.al 6 Qoyog Kai dyovEi iq yvgd ya/iiaxEQri I : Kdi-irij 0 yvQrjg xal dxovi] t] yvgd yaf-iaTEQrj G : Kaovvrj (so) o yiQtjg yai ö viog ~/.al cyovtj r^ y,vqa yovqaxioqE (so, auch in der Erklärung) K

23 Töv yay.6v oXol yQetoöxovv xov {xqeogxovv xov I) Fl: Tov ya%ov oXoi xov xqeogtovoiv H : Tov yaXov oXol xQ^^'^~ axovvxiüv K

24 JltcXov {ßr^nXov I : öinXovv F) gm'Qei kuI (.lOvaTvXov {f.iova7rXovv F) ov öwCei FI : JucXov ydq aoj^ei yal f.iova- nXovv ov awCet H : in K ist nur die Erklärung erhalten,

1) Auch E hat tcW y.Qiüdag, nicht rag xqvädsg, wie Sathas S. 567 schi'eibt.

2) Nicht EUa, wie Sathas S. 508 schreibt.

120 Sitzung der philos.-plülol. Classe vom 8. Juli 1893.

der Spruch selbst ausgefallen; in der Erklärung die Formen ÖittXovv und ixovaTtXovv

25 "Ey-utov (Ey^arov H) navloL (nailoi I) dnaS^avov {arctd^avcov mit o über co H) /at o ■Kai>Eiq (xa^' £tg H : yiad^BEig I) tov Xölov navXov {jtavXov H : Tiavlov I) 1'y.XatEV {Meev I rxAeyet H) FHI

2() '-^v jU£ eyXvTwGTjg va ßälio y,al to ^/.larn' gov F : ^v i-isto syXrjT6or]g vaßdXco y.al to l/^iaTijv ooo I : Läi-ieye- läor^g, vaßaXco to Ificcviov oov H

27 Trjg xrjQug x.al Tj]g oQcpavrig ooov Tr^g yiQOvg g)ovo- y.6vr] H

28 KdxTjg /.al 7tovTLy.dg ei-idxovvTa '/.al 6 ßleTiwv iyeXa H

29 ^0 nriiov elg xov ovquvov to. yireiaxov tcxihl H

30 ^LilXog üyßv xo xovdovviv y.al äXXog ixcodoritev H

31 'Qde (wöe I : söcö H) f-iivw y.al cdXov q^ovQvlCco FHI

32 '^Orcov {orcov I) i-yßi noXvv {noXkr^v I) niniqi ßavei y.ai elg xd Xdyava HI : Oiog tyßi nolvv ilddif ßavei yal sig xd Xdyava F

33 Kdv nXovGiog xaV jrxioydg avxr^v ov ßaXrj ov kol- /Liaxai F : Uxcoyög r] nXovoiog ddiv xiqv ßdXei ovöev y,oif.idxai H : üxcoyog ij nXovGiog /.tavxrjv ov ßdXei ov yoi/,iäxai I : Ilitoydg i] TiXovGLog oxav ov ßdXt] ov yoifiaxaL K

34 rXvKvv xo (fdyij yal Ttiyqov xd ytoet F : rXvy.vv cpdsiv y.al JtixQOv xeGr]v K : rXvy.riv xo q>ayElv JtiyQOv de xo %eGLv H : rXv/.riv xo (palv jiqiyr^v xo yeGrjV I

35 Ölda {Öida I) ot'x olöa (löa I) yvviil (yvvT] I : yvvai K) ov nXovxovi-iEV {7tXovxovi.uv I) yav dg (pdycü/.t£v (yavag(pa- ycof-iEV I : xaV dGcpd(.iEv K) xo 7iqo^vfA.LV {ttqo'Qvi-il F : nqo- ^vf.irjv IK) FIK : OYda^iEV yvry] ov nXovxov}.iEv y.dv ag (fdf.i£v xo 7iQ0<^vi.ir]v H

36 UqIv TTviyrjg dog xov vavXov F : Tlolv nviyovuEv dog xov {ßogxov xov K) vavXov (vaiXov I) HIK

Krumhacher: 31ittelgriecliische Simchu-örter. 121

37 '0 y.6ouog snovziUTO {s/rovriuezov H) y.al 7] sf.iiq j'iti] (r) yvvt'j ^lov H) aoroXi'CeTO (eoTh^ßyjCero I : iozdßovezo K) FHIK

38 'Qg ede^ov (söe^co H) rag nrf/.Tag {rag nixTccg H : Tag frü/rag K : riqv Ttivariv I) Jt'^oi' xai zag Ei^iTtrf/.xag (i/ii- 7tvy.Tdg H : 8^iniY.zag I) HIK : 'ßg eäi'^co zag ZQvqjdg ötiai y.ai zag ixTC?^r]zdg (so, statt r/.nlr^yag) F

39 ÜQiv nozaiiov zd oovya oov örp^iooov F : JJqlv zov TTOzauov zd utdzid oov oUove H : Uqlv TToraiiov ovio zai- f.idzid oov oiY.ove I

40 TI0VZIY.0V ßovXdg y.6ipei -/.dza (xdzr]g H) FHI

41 Eig Tov dXlov zd yvßivzioua s^eßrj zov aXkov zo dloyov F : Eig dXlov zd yrjßavziof^iav etoid^viv dklov aXoyov H : E\g r'aXoD zo yr]߀VTt]Of.iav svQe&rj zdllov t' aloyov I

42 '"Oitov noXkoi nezEivol {nezrjvol I) exel (raxrj I) ri(.itQa ov ylvszai HI

43 !AvaXai.i7Tr^ ysiiiovog ddy.Qva /toi/jisvog HI

44 ^dnd TTZCoyov i-iiq öavio&rjg (öaviod^Tig I) /ml /XIel {■iiXar] I) xal dy.o'kov&doe (d-/oXov3doaL I) HI

45 'Edv zd TcoCoza -/aXd y.al zd vozeqa '/.ay-d^ oXa y.ay.a. '/.al ndliv. sl zd jigcoza -/.a/M, y.al zd vozeqa yaXa, olXa '/.aXd H : ^dv zd nQwza xav.d /.al zd vozeqa y.aXXa oXa y.aXXd. edv 8& zd nQwza yaXXd yal zd vozsQa yaxa oXa yay.d I

46 'H yri lof-iooe (cüf.icooev I) zto oigariZ [zov ovqavov I) l-ivozr^qiov ov y.qvßdzai (y.qlßezai I) FI : 'H yri iöf.iiooev zov ovqavov /iivozr^qiov /.iiq -/.qvßiqzio H

47 'ßg 0 y6o{.iog /.al b yoofiag FH : .zi (der erste Buch- stabe ist verwischt; die erhaltenen Spuren führen auf r^, also '^zi d. h. wohl eY zi) 6 y.6Gf.iog yal 6 y.(ßO(.idg I

48 'Oiluf-iog viog ovy (ovy korrigiert ans ovy I) oi^iezai naziqa FI : "Oifiifiog viög ovx bqä zov 7tazeqa H

122 Sitzung der pliilos.-liMlol. Clasnc vom 8. Juli 1803.

49 EdioY.a ooi -/.al edwaag /.loi Aal evX6y)]Oiv ev^ov fts F : Eötoxtg f.iov xal k'dioxd oov, /at svXoyrjoov (so) sv^ov /.lov H : Edcoxtv fiiE y.al l'dco7.cc zov /.al ev'koyr^öov (so) ev^ovi-iai I

50 Eniev {^'Ertoiev I) o Tiztoyog y.Qnoiz'Civ (y.QaoliQi]v I : y.QaohL,eiv K) xal eh]af.i6vtjOS {eXia/.i6i'r]08v I : eXloi-iÖvioev K) ro yqiog rov FIK : "Eniev 6 Tcrco^ög zov olvov nai 8hof.i6- VLOEv zayQai] zov H

51 FiQovza aaQay.r]vdv (aaQaxivov H) yga/n/^iaza {yQcc- (xaza H) f-ii] f.md^iv>]g (/uav^civijg H) FH : FaQOvza aaQaaivöv ygafi/iiaza f.iri didc(0'/.eig I

52 '0 eXeoJV (ilecov H) q^laoy.i]v yävsi {yarrj IK) aOAViv [ao^riv I) HIK : '0 elmv ogxIv yävEi cplaY.iv F

53 "Otav oe zayifovv olzccqlv zo aaxdxi (korrigiert aus oaxl) oov y.al zqiyE H : '^Oiav oe eiuel zivdg vaoE dwoio yävrjf.iav zo aay,'/iv oov ■/.al ZQiys I

54 ^4d^€ va/dfiiüva nsivw /av ag ■/oif.iovf.iai '/al dg TtEivco H : Idv d^iXEig '/df.ivEiv /al niväv, /dv dg /oif-iovi-iai y.al ag nEivio K

55 T6 7TQdyi.ia oov docpdli^e /al zov yizovd oov /Xerczijv f.ir^v zov /a(j.rjg H

2. Ergänzungen aus I (s. S. 93 iF.).

56 XEQea veqov fiviyei f.iE AA^D : XsQta nviysi fxe vEQov C : ^Eue (alj-is G) x^Q^'^ veqov nviqyiq(.iE Gl : yaiola VEQOV Ef-ie Tcviyrj (.iE K : ""Oaov dv /aiytof-iaL yeQEa veqov nviyEi {.IE B : ^EfX8 yßQta veqov TtviyEt (iE /al zo dlXov l'yE zo F

57 ^Eödrd i'ötjg ov jui^ evqi] cüÖe vd rjoai /al vd lörjg F loÖE vd lörig /al /.irj evqtj. Evyr^v üÖEva r^OE /al valdija I ^Edw vd löijg ov (irj l'Xd^r]g edco coÖEva eIoe /al va).drß G Eoava lOEig ov (iri eAxTco eoio. ooEva rioai /ai va lOEig K

58 ^alovg {oalovg K) /al c^rf/ovg {/al E^rf/ovg G : /al E^oX/ovg K : /EBiyovg I) 6 (om I) ^Eog ov [ov G) /qivei {/Qivai K) FGIK

Krumhacher: WlitteJgriecliüche SpricMvürter. 123

59 Toüra f.iiv rd avvTvyaivr]g, e'vi nalaiov ovqavov d/roxXaOf.iaTa E : Tavta rdf-ie GvvTi]yJvr]g elolv nakaiov ov- qavov d/roxldof.iaTa I : Tovraidf-iE avvtiyevrjg^ eivai nalaiov dvO^QOhrov (in der Erklärung aber nalaiov ovQavov) d/ro- '/.Idofiaia G : Tavra iQSvg (so, nach erneuter Kollation) /<£ GvvTvyaiveTs elolv ovqavov naXaiov anoyiXao(.iaTa (so, nicht drcoyf.'kiOGf.iaTa; darnach ist die Notiz in meiner Ausgabe S. 69 zu korrigieren) F

60 Melog z6 oe ov ^qo-z-omei xöxpe '/.al qiips zo F : l-ialXog Tooe ov Ttqoa7.oXatai xoifie xal qiij.i£T0 I

61 Td exarov 7Tqooy.vvri(.tara a^ia q^oXecog ovy.eiotv aXXd Eig zo/cov cocpsXovat F : Td i-aaTOv nqoaxvv)'ji.iaTa aE,ia (poXrjv ov/. r^vuL i

62 Tov ydidaqov (deidaQOv F) eycovQEvav xal dno xriv dXrjv ovXtLsv FI : Tov ydtdaqov e}covq£voav y.al dno rrjv ovXi]v (so) ovqi^ev K

63 ^^Xri rd odyi-iaxa eig rd -/.aTdTterqa F : Ov elXr^ xd ody^iaza eig xd yiaTanzsqa 1 : ^uXr^zd rd oa(.iaTa eig zd ■/.aKOTiezqa K

64 Udiov dyovqov noi-ircevovöiv ovzog dno (.nag uofxiiTJg an F : ^inoiov ayovqov no/nnevovoiv xat Xeyei zovzog and l-tiag nof.inrig e'vi I : doinowv dyovqov noi-ineßovv /.al ov/. i'vei dno fxiag nof.inrig K

65 'ECcooyovrjS^rjV r^ dyia oocfla (.lezd zrjg q^oziog^) zov eXaiov F : Or/.ovof.ir^iyij ri dy'ia oocfia (lezrig (foXäov z6 Xddt]v I

66 Mr^ze zov zqtyovzog (.izize zov Sico/.ovzog F : l\lr^^e zov '/df.ivovzog (ir^öe zov öior/ovzog I

1) Eine andere Lesung der Ligatur ist, wie eine genauere Ver- gleichung mit den sonatigen Abkürzungen des Schreibers ergab und wie auch mein Freund Omont bestätigte, paläographisch ausge- schlossen. Darnach ist also die Notiz in meiner früheren Ausgabe S. 70 zu korrigieren.

124 Sitzung der pldlos.-pliüol. Classe vom 8. Juli 1893.

67 "Orav 6 S-edg ytvri}.ia oay.lv ö öiaßoXog F : "Ovav 6 d-Eog %o yivrif.iav 6 diaßoXog ro öay/.r^v I

68 ^iqi-iEQOv rd ayia xövTOvqa xal avqiov tj oi'aXrnlug Psellos im Cod. Paris. 1182 (Sathas S. 53.5): ^47t6ipaTd atiOvvTovqa v.al aiQiov rtog dvalrjjpi'jiiov F : ^inöipai %d dyio- y,ovvTovQa -/.ai avqiov y (xraXijil,H]iiiog K : Anoips ta ayia ■/.ovvTOvqa xort avqiov zäyia lehpava I

69 ^^Axvyiog vscoTEqog (i'eöreqog I) zr^v Idiav %ioqav v.ovq- OEV7] (xovqei'ei F) FI

70 2aqay.rjV0L {^aqaKivol K : ^aqay.ivdg I) slg xo bonr^xiv (^qanriTijV I : omlin K) aov'^) /.al ov (iov I) wiov ÜiXeig {Hlrig IK) yiqeve FIK

71 "Ogoi C'Oool I) G/.vXoi yiOvvTovqoi oXoi (oXrj K) '^/.is- Tsqoi yai-ißqoi [yavqol I) FIK

72 ^Eyivexo 6 svdytov hayöi-ievog F : '0 svdycov ivayw- l-iEvog I

73 IlQÖg ovo ovo'' 6 "^HqaxXr^g syelvog F : Ilqog ß ovöe 6 Iqd^iXrjg 8KEivog I

74 "Orav ij.iioqiäoij 6 yircov oov egh] -AEÖqiav aytöqa'CE I

75 ^no zöv oq'}qov E(fEvyov '/.al i:'f.i7Tqooihtvf.iov Aoi- Tovqyiav svqov I

76 Meyag vadg xal ollyt] r^ yaqig I

77 jBxfif 07T0V [ö/tov I) si.iEivaf.iEv oif.iE {6i].i£g I) xat o lcodvvr]g y.al oXoi h/oqEVOv (sxoqsvav I) FI

78 "^AXXog si-qs to Xoviqov oäßovqov Kai ovyc Eixs 7t ov yiad^loai F : "IdXXog r^vqsv to Xovrqov oäßovqov Kai ro tcov ■/.ad^r^oiv ovK yjx^v I

79 KXeTTxrjg KXeTiTrjv cpovoKiozd XovKavixa ticoXeI y.a(.i- Tiavov Kai ooa d^eXEig F : KXaTtzrjg KXmzrj q)r]ol zd XovYMviKa.

1) Auch F hat aov, nicht av, wie ich in meiner Ausgabe S. 70 notierte.

Kriimbacher: Mittelgrieehische SpricJucörter. 125

xat 7TaXiv Xe.yEL v.vqi y.af.irrai'ov ymI ooa d-elovv ag Ff.i- nivovv I

80 '^H yqaia lo (.iEGoyBii.iovov reTQayxovQOv fiCi]TEi F : 'i? yqia to f.iEOOxeif.iovov nE7t6vi]v e7TEd^v{.n]OEv I : ^H yoaia

TO f.lEOOyEl{.llOVOV TTEjIOVOV (so) e7tEtTi]T}]GEV K

81 '0 KÖOftog (.lETOv KOGi-iov y.ai i) £^<r) {^ieI I) yvvri {yvvri I) i.iEta. kf.i€ {(.iet' Ef-iov K) IK

82 '0 -KaY-og Eig xo ipct}/.iiv oov /nolgav ovy. byßi F : '^0 Y.uv.6g y.ai Eig ro \^!cof.ir(v {\livf.n'v, dagegen in der Erkläi'nng iptof-ii^v K) oov f.ioiQav {^.iriQav I) EyEL (l'yj] K) IK

83 Blia xeIiöcov aag ov kii^ei I

84 '^Xh] ygea ovy. eyevvriOEr I

85 ^EnoirjOEg yvvr^ rooe eittov. yvvy kiyEi. aXi]d^(dg y.ai TO f.iE ovyC EiTXEg I : ^EnoirfAEg yvvq xo as elna. dh]&iüg y.ai TO (.ly] ovy ElrtEg K

86 Kai cfioßElxai '/.ai q)oßEQiCr] I

87 To '/.iQÖog avÖQiav syvQSi I

88 El'yaf.tEv {ElyauEv I) ay-vlov {oyvXkov K) y.al eßor^d-r^v {ißor^^ij K) xov (ro I) Xv-/.ov IK

89 'fl xaxtj ircLOy-OTtil xov sttigkojcov XQ&g^t] xov I : ^H •/.aycrl iTtiGAOni] xov Xdiov 8nioy.onov XQicfi] K

3. Ergänzungen aus G (s. S. 106 ff.).

90 0\ ovo xov tva TTEii^ow xov K^G : 0\ ovo (Ölo E) xov eva (xoviva E : xov e'vav G) rtEii^ow xov {noidovxov E : Tioi&ovvxiov G) yal o'i XQE~ig {eiroEig E) y.axanovovv xov {y.axäniovovvxov E : yaxarcovovvxiov G) EFG

91 Ta oa ef.id y.ai eyco {syco G) dg yEltü EG

92 Nd xi^v Einto (elttco A^CD) '/.ai vd Gs (vd ge A^ : va GE ü) dyanä AA^BCD : Naiov Ei7iiZ '/.ai vaOE dyanä G; vd xr^v Eiiti.0 y.ai vaGx EiTtio avG£ ayanä K

93 Tov (.liyav dvvarai o/sltav xov {xov?) ßdvEi '/ai s

126 Sitzung der philos.-phüol. Classe vom 8. JiiU 1893.

xal avTog A : MiKQog tov /.leyav dvvaxaL okeIoq tov ßävei ycal aT {s C) ymI avzog BC : Bli^Qog tov (.dyav övväorrp' oyiElaiav rov ßälei. y.ai enEOEv G : MrAQog tov {.dyav övvarai GKaleav tov dcöoei (den mit darübergeschriebenem ff) K

94 Kißaqa {xißaQa A) xat xad^aQa oXa 'q yaqiq deytrai AC : Kad^aQO. y.al xißaQcc ola t] yaQig diyeTai BE : Ka^aQa YMi v.ißaQa ola i] xaQig öeyeii Ta G : Kai^äneq Aal xißaqa. oka 71 yoiQig dayeTai K

95 '0 Xvyiog t6 /.lalViv {{.lä mit übergeschriebenem "k G : (.lalriv K) alläooEL {aXaöOt] G : allaöoi] K) tt^v de {av jiffi Trjv K) yvcoj-irjv ovy, dlXdooEi {ovy.aldoi G : om dXlaooi] K) EGK

96 '0 sQig 7.al 6 rißegig olytov e'yiXeiaav (0 eQr^g yiai o F.Qri{.itQig '^\y.ovg eyiXiöav G : riiQig (so) xai 6 mQiegrjg oHov eAr]oav K) xat fyco {iycö G) xat rj TtEvO^sga /.lov zov rii.it-

TEQOV {vf.liTEQ0V G) F G K

A. Ergänzungen aus K (s. S. 108 ff.).

97 Td '/.aXov dqvlv ovo f.iävag ßi'Cövrj K

98 MiKQog daif.aov i-iEydXi] JiEiqaaia K

99 Td {.uKQa y.al d^avinaozd zd KOVTd te y.al IrtiyiEQÖa K

100 KaTdq>ayE tov ßiov aov Kai dvolyr] 6 S-Eog tii]v GTQaTav oov K

101 Tcöv cpQ0vr]iAdTwv Td naidia nqlv nEivdoov (.layt]-

QEVOVV K

102 ElöoaXov y.E(paXri noXXol y.ovQOvGyiOi K

103 El deov QSt] dXXd tyr] TQvnav K

104 K6/.1710VE xal dgi^iEvits K

105 'H yqala e'iÖe oQafiav 'Kai ova l'XEyEv, (og t6 eiÖev dXXd log TOV EGvvTqQyETO K

106 TlTwyog nTtoyov ov d^eXsi xal o d^eog (.iiGcc Tovg düo K

107 "EjraQE tov dvdqiojiov xal l'ös to/tov e'Qijf.iov K.

Krumh acher : MittelgriechiscJie Sprichioörter. 127

5. Ergänzungen aus AA^BCDEP d.h. aus den Sammlungen, die schon früher von Sathas und mir ediert worden sind.

108 '^'Eiog t6 TQirov y.al rj ah'jOsia ACF : '^'Eiog tqItov 7j dXiqdeia evQioxeTai B

109 "Otvov nolh] dyd/n] i^e'i zat rroXlrj /ndxr] A B : In C unleserlich

110 !4nod^a(.ievog (filov om ky^i AA^BD : In C ist die Zeile weggerissen

111 H/ii€7g -/.üv eL.rj(.aooaf.iEv , xd nMa xpio^na iyQsio- oxoi'/iidv xa B

112 £2g t'vL nj i}alaoaa dXLivqa, Siaxi ol l^d^veg elot yXvKslg; B

113 Eig y.Xanxfjg v.ai dey.a i.irjvvTai A^D

114 ^Tto^woov y.al vd qtS^dorjg A^D

115 EvQcoye xai xd oipdqid (.lov xal nxvu -/.ai xd yiveia f.iov A^ : Exqwye Aal xd oipdQid f.iov hrxvB Kai elg Ta yiveid (xov D

116 EiÖEv (E . . . vA^) 6 y.Xsnx7]g xt]v ßovXav xal lyi- XaOEv A^D (Boivin hat in A^, wo der Spruch sehr verblasst ist, an den Rand notiert: "ExXETtxev fortasse y,l£7ixrjg xr^v ßovliav y.al iysXaoev; vgl. Sathas S. 563)

117 ^q)' lov {vicfiov A^) eKaßakXUevae (ixaßaXUevae D) KVQ rjXie {y-VQ-qXie D) f^r] xov yXairjg A^D

118 nwg OQXslxaL 6 yaeldaqog (dsidaQog D) wg ■&Eio(je7. (S^eoqeI D) tov KVQiv xov A^D

119 Ttjv iy.Qaxov(.iEv dyaf.iov Eugäd-rj Eyy.aoxQiO(.dv}j (in

A^ ist nur noch T dyaf.iov e yyaoxQio-

f.i6V7] ZU unterscheiden) A^D

120 BXäjiE Eig xd tv fir] Ttddrjg dexa A^D

121 ^24v oiöa xig (in D kaum noch lesbar; meine Kopie bietet: dvöidLog{'i) xioxo) 8'Qvf.itüOE (s'QyjfAOJOB A^) T7]v nif.irrxijv {e A^) tysi dvdßEiv A^D

128

Sitzung der philo s.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

122 ^vvayco syco fteQircaxiov (jceqinaxio E) /.al ißayye- htöf-ievog {EvayyeU'ÜO[.iaL E) EG (s. S. 106)

123 ^Eav aoL e'Xdi] tv zaXdv ixdeyßv /.al aXko F

124 ^lyiqQov OTOfAaTog 3 sog ey.diyirjTTig P

125 ^lytjqov noraf-iov zd ßäd-vj yvgeve P

126 Tov 7TOxa[.iov ra 6Qf.nj[.iaTa svq^QaivovGi Tiqv noXiv

TOV d-EOV P

127 nQoq>cü}>ovf.ial ooi nxwy^L %o oaxiv oov nwXr'Ooi' '/.al zr\v EOQTi'iv oov diaßißaaov F

128 EX TL Ef.ißai^' (also ef.ißaivovv oder if.tßaivei) tov 7ian6.v Sfxßalvei y.al tov öicckovov P

129 ^'Ooa /.oit-iaxai 6 laywg ÖQccfAEiv Ta ^eXsi F

C. Greneraltabelle

zur Veranschaulichung des Inhaltes und der Anordnung der

einzelnen Sammlungen.

Die Sprüche werden mit den fortlaufenden Nummern der Zusammenstellun £>• S. llß ff. bezeichnet.

A

AI

B

C

D

E

P

G

H

I

K

1

1

1

1

1

1

1

3

1

1

3

33

2

56

113

56

56

113

90

96

90

2

11

34

3

90

6

90

90

6

91

10

91

3

46

68

4

8

3

8

8

3

122

11

(122)*

4

12

35

5

92

114

92

92

114

2

46

2

5

47

70

6

93

115

93

93

115

3

12

3

6

56

36

7

108

8

108

108

8

4

47

4

7

13

71

8

2

116

2

2

116

9

36

5

8

57

37

9

109

117

109

109

117

94

13

92

9

14

38

10

94

118

94

94

118

95

57

6

10

58

5

11

6

56

6

6

56

20

14

56

11

15

92

*) In der Hs ist dieser Spruch mit seiner Erklärung von der Erklärung des vorhergehenden Spruches nicht geschieden; s. S. 106.

Krumhncher: Mitteig

riechiscJie Sprichwör

ter.

129

A

AI

B

C

D

E

F

G

H

I

K

12

7

92

7

7

92

59

58

7

12

16

6

13

3

110

3

3

110

21

15

8

13

17

56

14

5

119

5

5

119

19

16

93

14

18

7

15

4

5

4

4

5

16

17

9

15

19

8

16

110

120

110

110

120

17

18

94

16

20

93

17

121

111

121

18

19

95

17

59

9

18

112

20

96

18

60

94

19

Ol

00

59

10

19

21

95

20 21

o .

00 1-H

O .

05 rH

60 21

11 12

20 21

22 23

96 10

22

22

13

22

61

11

23 24

«5 "

Oh _

45 C3

-

23 61

57 14

23 24

24

62

12 13

25

^ bc

^ bb

24

58

25

48

57

26

CD Ü5

62

15

26

63

14

27

r5P

48

16

27

64

58

28

C^

fR

64

17

28

25

15

29

25

18

29

65

16

30

65

19

30

26

17

31

26

20

31

32

18

32

32

59

32

31

20

33

66

21

33

m

21

34

67

22

34

67

22

35

34

35

33

23

36

33

36

34

(24)*

37

68

37

68

62

38

35

38

35

63

39

49

39

49

64

40

69

40

69

50

41

70

41

70

80

42

36

42

36

81

43

71

43

71

82

44

72

44

72

52

45

37

45

37

85

46

38

46

38

88

*) Der Spruch selbst ist ausgefallen und nur die Erklärung übrig geblieben; s. S. 44.

1893. Pliilos.-philo]. u. hist. Gl. II. 1. 9

130 Sitzung der fhilos.-pliüol. Classe vom 8. Juli 1893.

A

A^

B

C

D

E

F

G

H

I

K

47

39

47

39

89

48

40

48

40

97

49

41

49

41

54

50

2

50

2

98

51

77

51

73

99

52

78

52

44

100

53

123

53

74

101

54

108

54

75

102

55

90

55

42

103

56

124

70

104

57

125

43

105

58

126

77

106

59

63

78

107

60

31

79

61

73

45

62

79

50

63

50

80

64

80

81

65

51

51

66

82

82

67

52

52

68

127

83

69

128

84

70

129

85

71

53

72

86

73

87

74

88

75

89

Von den 129 Sprüchen, welche sich durch Kombination unserer zehn Hss ergaben, kommen nur 39 auch in der Planudessammlung vor. Die übrigen Sprüche hat Pia- nudes wohl aus anderen jetzt verlorenen oder verschollenen Hss byzantinischer Sprichwörterkatechismen, vielleicht auch zum Teil aus dem Munde des Volkes entnommen und nach den früher erörterten Grundsätzen in die Schriftsprache über-

>

Krionhacher : Mittelgriechische Spriehicürter.

131

tragen. Manches stammt wohl auch aus byzantinischen Sammlungen alter Sprüche und Schwanke. ^) E-3 folge eine Konkordanz der Planudessammlunuf und unserer Zusammen-

Stellung:

Planudes-

Unsere

sammlung

Sammlung

1

11

4

58

6

101

8

46

9

29

10

7

18

31

33

13

45

42

49

108

51

16

56

19

58

53

59

67

71

38

76

104

78

23

79

50

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Planudes-

Unsere

sammlung

Sammlung

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36

1) Ich hätte S. 50—52 deutlicher hervorheben sollen, dass Pia- nudes ausser den Sprichwörterkatechismen auch noch andere Quellen benützte. Vgl. 0. Crusius, Rhein. Mus. 42, 39G tt'. und E. Kurtz, Blätter für das bayer. Gymnasialschulwesen 1888, 20G.

132 Sitzung der philos.-pJdlol. Classe vom 8. Juli 1893.

IT. Bemerkungen zum Texte und zur Erklärung.^)

1 „Er ist sowohl diebisch als hart" (?). Wie aus der Generaltabelle ersichtlich ist, steht dieser Spruch in den meisten Hss an erster Stelle; er gehört offenbar zu den ältesten Bestandteilen der Sammlung und ist ein typisches Beispiel für die mannigfaltigen Verderbnisse, denen diese in Scbulkatechismen überlieferte Volksweistümer ausgesetzt waren. In unserem Spruche, der wohl im späteren Mittel- alter aus dem populären Gebrauche verschwand, wurde namentlich das letzte Wort nicht verstanden, und die Ab- schreiber oder Bearbeiter erschöpften ihre Weisheit in ver- schiedenen Einfällen. Die drei alten Hss schwanken zwischen 07.Xr]Q6g und lOxvQog. Eine dieser beiden Lesarten steckt wohl auch in G; denn oxr^gog ist entweder durch Aphärese des i und den im Vulgärgriechischen gesetzlichen Ueber- gang von a% in ffx aus loxvqög entstanden oder einfach aus oy.XriQ6g verschrieben; in keinem Falle darf man in o-/.i]Qog das alte und seltene Wort o/.iQQ6g (oder GxiQog; vgl. G. Meyer, Gr. Gramm. ^ § 293) erblicken. Von den zwei Lesarten der alten Hss ist loxvQog die am besten bezeugte; sie steht sowohl in den beiden Sammlungen des alten Paris. 228 als auch in dem Codex Marc. 412, während oxlr^gog nur durch eine alte Hs, den Barb. , und durch den jungen Paris. 3058 bezeugt ist. Ln 1. und 17. Verse der AvGig bieten auch diese zwei Hss loyvQ^ög, im 13. dagegen OKh]Qog.

1) Die Nummern beziehen sich auf die Zusammenstellung S. 116 ff.

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 133

Trotzdem zögere ich, der Lesimg loyvQog den Vorzug zu geben; denn der Verdacht liegt nahe, dass loyvQog vom ersten Verse der Erklärung, wo das Wort aus metrischen Gründen gewählt sein mochte, nachträglich in das Keif-ievov eindrang. Die echte Form ist also doch wohl die in BC überlieferte: Evl y,al ■/.XercTrjQ y.ai oycXrjQog. Der Sinn scheint allerdings bei beiden Lesungen derselbe zu sein, nämlich „Er ist sowohl diebisch als hart (gransam) oder stark" mit Anwendung auf einen Menschen, der sowohl durch List als durch Gewalt sich Vorteil zu verschaffen sucht. Die udvoig allerdings fasst loyvqog bzw. oxlrjQog im Sinne von „hart- näckig", „verstockt" und Avendet den Spruch auf Adam an, der als Dieb des Apfels erfanden wurde und trotzdem ver- stockt blieb; aber diese Deutung ist ohne proverbiale Pointe und offenbar erst von dem Theologen hineingetragen. Für sich stehen die Lesungen von E axoiQog und H oy.ovQog. Das erste Wort könnte in einer so späten Hs „dunkel" be- deuten (neugr. oxovQog von ital. oscuro) ; oxovQog wüsste ich nur als oyovQog „lockig", „kraushaarig" zu deuten. Da nun aber das Epithet auch in der ^EQf.irjV£ia von E und H ebenso wie in der der übrigen Hss im Sinne von „hart- näckig" gefasst ist, so wird die seltsame Lesung im Lemma aus dem Versuche der Verbesserung einer verdorbenen Lesart (etwa OY.ijQog, was in G ja wirklich vorliegt) zu erklären sein. Im Neugriechischen fehlt der Spruch. Denselben Sinn scheint aber ein heute weitverbreitetes Sprichwort zu haben, welches besagt, dass der Dieb, statt sich vor Lärm zu fürchten (Ol q)ü)Q£g TT^v ßoi^v: r^toi dedoUaoiv. Diogen. 7, 36 u. a.) selbst ein Geschrei erhebt, damit der Hausherr das Feld räume: Eovq' 6 y.licfzrjg zrrj (fcovrj vd (piyyj o vor/.ozvQig. „Der Dieb erhob ein Geschrei, auf dass der Hausherr weg- gehe." Sanders 56.^) Aehnlich in Epirus: 'Eßyä'C 6 y.lacpTijg

1) Die orthographischen und son.stigen Fehler Sanders, der das Neugriechische wühl nur aus der Ferne kennt und namenthcli von

134 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

xi] cfcoriq, va (pvy ö vor/.oy.vQig. Arab. 378. In Kreta: '0 xXiq^rrjg aovQS cfcorrj, va cfvyrj 6 voiy.OY.iQig. Jeannar. 104. In Karpathos: Na ovq' u '/.Xecprr^g rr^tp cpcorr^ yia va q^u' 6 voiy.o-/.vQrjg. Manol. 301, mit der Erklärnnry: ^Errl rov xara- ßocüvrog xaza zov vre'' avxov ddiy.ovf.ievov, oxl adr/.euai mi'' avrov. Auf Nisyros: Na olq'' ö y.Xt(pTr^g rr] cpcovrj, vd y.öip'' ö vor/.o-ALQrjg. Papad. 30, mit der Erklärung: 'Eni svoyojv nQOO/rad-ovvTtov did aadqiov 6TCixEiQrj/.iaTiüv y.al cpcovaGKicov vd d7coöc'jocoai tijv evO^vvtjv /ml h>oyj]v treQOig. Eine ähn- liche Rolle spielt der Dieb im Spruche des Planudes 60; vgl. Crusius, Rhein. Mus. 42, 405 f. und Kurtz, Philologns 49, 461. Verwandt sind die arabischen Sprichwörter^ „Wenn der Räuber unverschämt ist, packt er den Haus- herrn". Socin 226 und „Impii (latrones) contra domoruni possessores clamant". Freytag III 97, 583.

2 „Vom Diebe stiehl und du hast keine Sünde!" Vgl. Kr. S. 70. 91. Crusius, Rhein. Mus. 42, 408. Zu der von 0. Crusius bei Kr. vorgeschlagenen Grundform ist zu be- merken, dass das Wort di.iaQriav^ durch welches er einen politischen Fünfzehnsilber herstellt, nur in der Ueberarbeitung des Planudes steht, welche, wie ich a. a. 0. S. 48 ff. gezeigt habe und wie durch das neue Material noch deutlicher geworden ist, für die wörtliche Fassung der Sprüche am wenigsten Gewähr bietet. Nach dem Stande der Ueberliefe- rung scheint es hier überhaupt nicht geraten, eine Grund- form aufzustellen. Es ist natürlich, dass manche Sprüche zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten, ja auch zu derselben Zeit oder an demselben Orte in abweichenden P'assungen kursierten. Die verfängliche Moral des Spruches, der das Stehlen vom Diebe wohl als eine Art Notwehr

Lauten und Aceenten keine Ahnung hat, habe ich hier (wo er xXijii7]g, xr]v (pmvrjv und 6 oltcoxvQrjg schreibt) und im Folgenden stillschweigend korrifriert.

Krumb acher: Mittelgriechische Sprichicörter. 135

rechtfertigt, wird noch weit überboten im spanischen Sprich- wort: Quien hurta al ladron, cien dias gana de perdon. „Wer dem Diebe stiehlt, gewinnt hundert Tage Ablass." Valles. Noch mehrere Kinder des gleichen Geistes bei Valles- Haller Nr. 118, 1—4.

3 „Die vier die vier und es siegte die Thür." Vgl. Kr. S. 71 f. Der Spruch gehört zum ältesten, unveräusserlichen Bestände der Sammlungen und ist, im Gegensatz zu Nr. 1 und 2, auch in seiner Fassung gleich geblieben; nur in den zwei Zahlwörtern streiten die vulgären Formen mit den schriftsprachlichen.

4 'ßg £iQ}]Q tov xaiQOv, q^äye y.al tüv layovl „Wie du die Gelegenheit triffst, so iss (auch) den Hasen!" Der Sinn ist wohl: „Strecke dich nach der Decke; iss, Avenn du etwas hast!" Der Spruch besteht aus zwei durch Assonanzreim verbundenen jambischen Tripodien (mit dem kleinen Ver- stoss q^äye).

5 KaXr\ TCtXQea e/. to avcoyiv. „Gut ist ein Stein wurf aus dem Oberstock" d. h. leicht ist ein Angriff aus ge- schützter Stellung. In den ^vöeiq ersetzt diesen klaren und echt sprichwörtlichen Gedanken eine wunderliche Deutung auf Christus, der von oben kommend dem Teufel den Kopf zertritt, und auf David, der durch die ihm von oben ver- liehene Kraft den Goliath überwindet. Die Varianten sind ohne Bedeutung. In H ist noch ein überflüssiges avio ein- geschoben ; ebensowenig ursprünglich ist der erklärende Zn- satz tov riXü^Ev B; in K ist das echt mittelalterliche £x to im Keii-ievov durch aviio d. h. d(p ersetzt, während die Er- klärung mit ex Tcov dvioyrj noch die Spur der alten Fassung bewahrt. In der Lesart iieiqd H steckt offenbar 7reTQm. Zu 7iETQia niidi nexQEu vgl. Hatzidakis, Zur Wortbildungs- lehre des Mittel- und Neugriechischen, Byz. Zeitschr. 2 (1893) 256 ff. Den gleichen Gedanken enthält der altgriechische Spruch: yicp' vipijXov fiov -/.aiayelc^g, Diogen. 3, 24, der,

13G Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

wie die Heransgeber richtig bemerken, aus Aesop fab. 75 Furia (= 135 Halm: Verspottung des Wolfes durch das auf dem Dache stehende Zicklein) abgeleitet ist, jedoch von Diogenian mit der schiefen Erklärung begleitet wird: „otov Ttdvv f-iov Karayeläg. ^Enl riov acp" vifiovg öiaXsyo/.iäviov'^ . Dieselbe Erklärung haben (mit der Variante y.aracpqoveig st. ■aaTaytlag) Suidas, Greg. Cypr. Leid. 1, 59, Mak. 2, 66 und Apost. 4, 62 getreulich wiederholt; ich vermute aber, dass in der Urhandschrift des Diogenian: oiov arcoivsl /.lov yiara- ysXäg stand. Vgl. auch den Ausspruch: Tl Tovg l4yaiovg and Tov nvQyov y.QiveTE\ bei Apost. 16, 71. Im Neu- griechischen scheint der Spruch KaXrj irerqla etc. zu fehlen; nur einen verwandten Gedanken, nämlich, dass es leicht ist, in geschützter Stellung Gefahren gering zu achten, enthält das durch Kürze und Schärfe ausgezeichnete Sprichwort: BXdyog 'g ro ßouvo^ oiyaXr^ dalaooa. „Hirt auf dem Berg, ruhig das Meer." Beniz. 42, 51. Vgl. die S. 56 angeführten Verse 123 f. des Glykas. Dieselbe Me- tapher („naufragia ex terra intueri" u. x4ehnliches) kannten schon die alten Griechen und Römer. Otto 1202.

6 'Ji mcoyeia ■aaTeöei^e rd {.lovanla. „Die Armut lehrt Einfachheit", ähnlicli wie „Not bricht Eisen" oder „In der Not frisst der Teufel Fliegen". In der theologischen Lösung „Die geistige Armut hat die Juden zur Einheit d. h. zur Leugnung der hl. Dreieinigkeit geführt" ist vom wahren Sinne nichts übrig geblieben. Die Varianten sind ohne Be- deutung. Bei Planudes Nr. 208 ist der allgemeine Begriff „Einfachheit" nicht sehr glücklich durch „dnldg iod^rjTag" ersetzt, was Avohl „einfache Kleider", nicht, wie Kurtz wollte, „bloss ein Gewand" bedeutet. Andere Eigenschaften und Wirkungen der Armut schildern die Sprüche bei Beniz. 111, 279—287.

7 „Vom Narren und Trunkenen höre die Wahrheit!" Von den griechischen Fassungen streiten sich die drei ersten

Krionhacher : Mittelyriechische Sprichwörler. 137

(A, BC, H), die alle drei einen politischen Vers bilden, um den Ruhm der Ursprüngliclikeit; doch wird man wegen der echt volksmässigen Konstruktion von drco mit Accusativ der Fassung von BC den Vorzug geben, wo übrigens statt cr/.ouoEig wahrscheinlich dy.ocar]g (statt vd d-/.ovor]g mit ini- perativischem Sinn) zu schreiben ist. Die freie Umschreibung von G und die Verkürzung von K verraten ihren späten Ursprung schon durch die Beschädigung bezw. Verstümmelung des Verses. Auch in der freien Umschreibung des Planudes (Nr. 10) ist der Vers zu gründe gegangen. Eine neugriechische Fassung zitiert dortselbst E. Kurtz aus Arab. 105 (= San- ders 61). Eine schwerfällige und wenig proverbiale Form (anders Crusius, Rhein. Mus. 42, 401) bietet Beniz. 150, 8: MaO^aiveig ano xov roelXo xt airo tov (.ie0^vG[.iivo oxi div ^{.iTTOQslg i-iäd^rjg drco rov q^QOviuo xi dno xov -/.ahjZEQO. In Kreta sagt man : l4nd zov^ovXo y.i dird f.i£&vof.iivo f.iad^aiv'' b (fgoviiiiog xiqv dlr^d^eiu Jeannar. 17. Vgl. auch den cyprischen Spruch: Bli^vo' xor ad^QcoTTOv, rd uddi^g xd t.iioa xov. Sakell. 243. Gewöhnlich aber vertritt im Neu- griechischen die Stelle des Trunkenen das Kind wie im deutschen Spruche „Kinder und Narren sagen die Wahr- heit" z. B. And f.{r/.QÖ y.i ayio tov^Xo /.ladaiveig xrji' dh]- ^€ia Beniz. 25, 321. i^/ro {.ti/.Qdv y.i dno lioXov (.lar&dveig xi\v ah'i&Eiav Kanell. 6(5. ^no 7raiXX6v (Narr) xt] a/ro f.i(.oq6v (Kind) i-iaOd^dvvEig (oder vd f.tuO)jg) xrjv dXii&Eiav. Sakell. 106 und 283. Auch NeoeU. !Av. 113. Diamant. 1. Manol. 61. Der Spruch gehört zu den allgemein verbreiteten z. B. spanisch: „El nii^o y el orat dizen la Verität" und: „Los locos y los ninos dizen la verdades." Valles. In der yivaig erscheinen als die Narren und Trunkenbolde die Apostel, von welchen die Wahrheit verkündet wurde.

8 l^ymjya/LiEv, 07cov /.tag ty^EioaxEiv, -/.al eyQEioGxoi\udv xov. „Wir gingen zu einem, der uns schuldig war, uiul wir wurden ihm schuldig." Offenbar eine Hausregel: „Wir

1 38 Sitzung der pMlos.-philol. Classe vom S. Juli 1S93.

sollen unserem Scliuldner keine Gelegenheit geben, uns durch Bewirtung oder durch Freundschaftsdienste yax ver- pflichten und dadurch gleichsam unser Gläubiger zu werden". Die ylvoig ist ganz verdreht. Die Hss überliefern zwei Hauptformen: in der ersten ist das Subjekt des Relativsatzes und das Objekt des Schlusssatzes ein Singular, in der zweiten ein Plural. Der Sinn bleibt in beiden Fassungen der gleiche. Nach dem Stande der Ueberlieferung ist die erste Fassung, welche in beiden Sammlungen der alten Hss vorliegt, zweifellos als die ursprüngliche anzusehen. Etwas schwieriger fällt die P]ntscheidung über einige formale Vari- anten der ersten Fassung. Der Form ex^ecooTsiv gebe ich den Vorzug, weil sie sowohl in zwei Hss der poetischen Sammlung (BC) als auch in einer Hs der Prosasammlung (A^) steht und weil sie mir besser als ixQatooTSL zu der in den Text gesetzten Form exQECüGtovf.iav zu passen scheint. Die letztere Form ist in den drei Hss der metrischen Samm- lung zu lesen, während die zwei Hss der Prosasammlung exQewaToi^isv bieten. Wollte man 8XQECüOT0Vf.iev bevorzugen, so müsste man wohl auch exgecöoTEi schreiben, was wenig- stens von einer Hs der Prosasammlung (D) gestützt ist. Die zweite Fassung des Spruches wäre nach H zu kon- stituieren: 'E/TrjyauEv, onov f-iäg tyQEtoaxoioav , -/.al exqeio- OTOvi-iav Tiog rjjt/elg. Das am Rande nachgetragene aivoJg ist neben rcog, das der Schreiber wohl übersehen hat, über- flüssig. G, wo rjftElg fehlt, nähert sich mehr der ersten Fassung; statt rcog steht hier das gewöhnlichere rovg. K bietet, wie so oft, vollständigen Blödsinn. Im Neugriechischen finde ich nur einige entfernte Parallelen, wie: 'EieI nov (.lag yQWOTOLGavE, jnäg 7TrJQav y.at xo ßoöi. Beniz. 75, 146. 'EnrjyE vd jnäarj xi IrtiäoTTfAE. Jeann. 48. 'Enriaf-iEv vd 7rov{.iEV '/?] Einav i-iög. Sakell. 165.

9 Td 7xoiriOEig, näiyrjg xal allov tteqioooteqov. „Was du anthust, wirst du erleiden und noch anderes mehr (dazu)."

Knmhaclier : MUtelgriechische Simclnvörler. 139

Die Varianten sind ohne Bedeutung. Ganz unsinnig ist die Lesart von E. Das Neugriechische bietet zahlreiche Pa- rallelen. Am nächsten steht in Gedanke und Einkleidung ein Spruch, der aus Chios und Karpathos bezeugt ist: "On '/Mf-ifig, i)a. oov yMf-iovv yiL tva neoindvco. Kanell. 446. Oti y^äf-weig, da oov v.ä^iovv z' tva nagairävco. Manol. 358. Den Gedanken der doppelten Wiedervergeltung enthält der Spruch: Movo tu xäi'sig, dinlö XaßaivEig. Beniz. 348, 8, und das Distichon bei Beniz. 239, 911:

"On /.lor/Mi-ieg yeiroriooa 'g zov eöiy-o {.lov yai.io, Na i-i a^aöoTj 6 ü^eog dinla vd oov td xa(.uo.

Andere Sprüche verkünden einfache Vergeltung: 'Ocl sxaj^ag, laßaivr]g. Beniz. 238, 896. "Oci ■/Mi.u]g, da oov ■Aäfwvv. Beniz. 239, 902. De Cigalla, Fev. :^iaTiorr/.ri Trjg vrioov GriQag S. 70. Mit ironischer Färbung: "Oci ^cjur^g, Idßijg (xdveig, nddi^g Benet.), yiaQdia fiiq oe Tioviorj. Beniz. 239, 903. Benet. 12. In Form eines Gleichnisses: "Oil y.di-iv^ ri ylöa 'g ro oovf.tdyi (yoQXOv^)), -/.df-ivei ymI io oov{.ia/.i

1) Bei dieser allgemeinen Definition wird sich niemand beruhigen. Sovi-iäxi (auch oov/,idxa), von arabisch sommaq, ist die mittel- und neugriechische Bezeichnung des Essig- oder Hirschkolben- baumes, den die alten Griechen 6 und jy Qovg und die Lateiner in Ermangelung eines einheimischen Wortes ebenfalls rhus oder rhos nannten. Das mittel- und neugriechische Wort ist auch in andere moderne Sprachen übergegangen z. B. italienisch sommaco, spanisch zumaque, französisch sumac (vgl. Diez, Etym. Wörterbuch ^ (1889) 1, 299), deutsch und englisch Sumach. Eine Art dieses Baumes, der echte Essigbaum oder Gerbersumach (Rhus coriaria L.) wird der Blätter halber kultiviert, welche einen der wichtigsten Stoffe zum Gerben oder Schwarzfärben, den Sumach (Scbmack) liefern. Nun ist der Sinn klar: „Was die Ziege dem Essigbaum anthut, das thut (später) der Essigbaum der Ziege an". Das Sprichwort ist eine Rarität; ich habe in den zahlreichen Sprichwörtersammlungen der Griechen und ihrer Nachbarvölker, die S. 28 tf. aufgezählt sind, nur eine Parallele gefunden und zwar eine arabische: «Wie das Schaf

140 Sitzung der pMlos.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

'g Tiq yida. Beniz. 239, 904. Eine altgriechische Parallele wenigstens für den ersten Teil des luittelgriechischen Spruches ist: Ragnor, ov l'oiTEiQag, S^sqile: ircl rcov TOiavra na- oyupTiüv, oia tögaoav. Greg. Cypr. Leid. 2, 57. Makar. 4, 93. Lateinisch: „Ab alio exspectes, alteri quod feceris". Publil. Syr. 2. Vgl. Otto 68 f. Auch sonst weit verbreitet z. B. venezianisch: Chi fa mal al so prossimo, el soo se prossima. Pasqualigo I 104. Weitere Parallelen bei Dürings- feld I Nr. 643.

10 El'xaf.iev qiilov y.rjTrovQOv xal didaf.iiP tov yivyij/.iav xal l'diöiv /iiag Xäyava. „Wir hatten einen Gärtner zum Freunde und gaben ihm Feldfrüchte (Getreide) und er gab uns Gemüse." Vgl. Kr. 73. Die Fassung von F unterscheidet sich nur dadurch , dass sie das Subjekt im Singular bietet. In der theologischen Hermeneia wird der unzweideutige Sinn auf den Kopf gestellt. Ohne Beziehung auf eine bestimmte Person wird die Idee eines unvorteilhaften Tausches ausge- drückt in den neugriechischen Sprüchen: iV« xa/^ot'^ot'g, öog iC dXevQi und Nd xot'/m ymI öog /.tov q^dßa. Beniz. 169, 4. In einem osmanischen Sprichwort erscheint statt des Gärtners der Hirte als der ärmliche Spender: „Des Hirten Geschenk ist Fichtenharz". Osman. 200.

11 ^Xkog tq^ayev tov ßovv yiai elg ziijv ovqccv aTieGTad^rjv. „Ein anderer ass den Ochsen und am Schweife ermattete er." In dieser in 4 Hss überlieferten Fassung hat der Spruch

es macht mit der Acacienschote, so macht es die Acacienschote mit dem Felle des Schafes". Burckh. 659, der dazu erklärt: „Karad ist die Frucht der Mimosa, welche sant oder sant heisst, und besteht in einer Schote, gleich der des Johannisbrodbaumes. Diese enthält einige Bohnen und gibt frisch ein vortreffliches Futter für das Vieh, getrocknet nehmen sie die Gerber in Oberägypten und alle Beduinen zum Gerben der Schaffelle". Näheres über die Arten der Acacie, deren Hülsen oder Rinde zum Gerben benützt werden, lehrt ein beliebiges Conversationslexikon s. v. Acacie.

Krumb eiche)-: MitteJgriechische Sprichwörter. 141

dieselbe anekdotenhafte Gestalt wie Nr. 78 und 84 unserer Zusammenstellung. Vgl. Kr. S. 48, 73 und 91. In der selt- samen theologischen Nutzanwendung ist wenigstens der allge- meine Sinn des Spruches bewahrt. Während in allen mittel- alterlichen Versionen ein Ochse verzehrt wird, ist im Neu- griechischen an seine Stelle wohl zur schärferen Betonung der Schwierigkeit des vollbrachten Werkes meistens der ungeniessbare Esel, im Russischen (s. E. Kurtz S. 14) sogar der Hund gesetzt worden. Für die offenbar ursprüngliche Figur des Ochsen finde ich in den neugriechischen Samm- lungen nur zwei Beispiele: "OXo ro ßo'id' i(fccyaf.ie -/.al 'g 7-jJ)' ovQa '7rooTdaa/.iE. Arab. 890. Beniz. 196, 269 und kar- pathisch : '^'OXov roß ßovv irpayai-iev x' slg Tiqv o{v)Qd Vocrra- 0^rjf.iEr. Manol. 334 (wobei das nur noch dialektisch erhaltene alte Wort ßovv zu beachten ist). In den übrigen neu- griechischen Fassungen wird der Esel verzehrt: 'E(pdya/.iE t6 ydöaQO, /nag ^ieiv ri ovqo. tov. Beniz. 85, 288. Tu yaidaqo ovXo 'cpaye y.i Elg tiqp ogd 'jcoard^rjxE. Jeann. 170. EffayE Tu yddciQO /.cd '/.öf-inioo''^) 'g xriv ogyid rov. Kanell. 215 mit der schiefen Erklärung: 'E/rl riov Sia/rga^dvitov (.isyala OffdX/iiaTa xal kErtroXoyovvTcov slg Ta dvd^ia ttqoo- oxr^g. Der Spruch bezieht sich ja nicht speziell auf schwere Vergehen oder Fehler, sondern auf schwierige Unternehm- ungen überhaupt, wie übrigens schon Beniz. S. 85, 288 richtig gesehen hat. Das Verbum drcoözivo) „ich ermatte" (von dno oTivio = lozdro), weshalb nicht dnoad^evco die richtige Schreibweise sein kann, wie Sk. D. Byzantios in seinem neugriechischen Lexikon^ S. 43 wollte) bildet, wie die obigen Beispiele zeigen, teils passiven teils aktiven Aorist. Die ältere Form scheint die passive zu sein, welche alle fünf Hss des mittelalterlichen Spruches überliefern; der aktive

1) Ueber die chiotisclie Bedeutung von yo/uro'n'O) , yov/ijzcovco ^tnappern, langsam essen, übrig lassen" vgl. A. Gr. Paspatia, Tu Xiaxov yXcoaoÜQiov, Athen 1888 S. 192.

142 Sitzung der pliüos.-philol. Glasse vom 8. Juli 1893.

Aorist mit intransitiver Bedeutung gehört wohl einer jüngeren Sprachperiode an. Heute sagt man im kontinentalen Griechen- land und im Peloponnes dnooTtvio^ OTtöoiaöa sowohl tran- sitiv als intransitiv, in Kreta dagegen im transitiven Sinne ccTtooTtvio, anöoreoa (so), im intransitiven a7TOOzivo{.iai, arto- OTÖ^ry/M. Hatzidakis, Kuhns Zeitschr. 33 (1893) 111 f. Vgl die Bemerkungen zu Nr. 79. Dass der letzte Teil eines Unternehmens oft die grössten Schwierigkeiten mit sich bringt, lehren auch italienische Sprüche mit demselben Bilde: „La coda e la piii cattiva a scorticare" und ,Nella coda sta il veleno" mit der Erklärung: „La fine e la parte piü difficoltosa delle cose" etc. Giusti 243. Auch vene- zianisch: „El velen sta in te la coa". Pasqualigo I 109. Weitere italienische Varianten bei Pitre II 13.

12 ^'Eoyov Tov reXeaöoavTog y.al /.irj tov d/roxivrioavTog. „Das Werk ist dessen, der es vollendet, und nicht dessen, der es beginnt." Hier haben GHIK in d/royuvriOarTog sicher die volksmässige Fassung bewahrt, während iTrixeiQi^oavTog F wie eine gelehrte Paraphrase aussieht. Zur Erklärung vgl. Kr. S. 74. Derselbe Gedanke in zahlreichen neugriechischen Sprüchen: Ausser dem a. a. 0. zitierten Spruche: LdlXog txpaivE t' avyö, alXog t6 rraQaoTEXE xi aXXog Tj^i^fi rocpayE. Beniz, 9, 106. Arab. 1496 vgl. die Sprüche: ^LdXkoi o/.dffTOvv ■/.ai y.Xadevovv /.l dlXoi ttivovv '/.al /.isd^ovv Arab. 31. Benet. 52. :AXkoi GrctQvovv y.al O^eqiCovv ki dXXoi tqcov xal {.(axagiCow (ßoQtoi'tCovv SakelL). Sanders 122. Beniz. 8, 91. Jeannar. 9. Sakell. 195. Papad. 15. ^'AXXog xd(.irEi z6 cpooe/iia /.i dXXog TO (fOQsT. Beniz. 9, 110. ^'AXXoi ■Ad\.ivovv xt dXXoi ßglonovr. Manol. 20. ^4XXov V rd y.ovqxaXa y.L dXXou V <o/^ yd/.ioi. Manol. 28. '^XXog jitvei xi dXXog (.ledva. Manol. 32. ^^XXog iydG/.7]GEv -/.L dXXog Ef.i7Tovy.y.cooEv. Sakell. 33. ^'AXXog tXaßs Y.I aXXog fiETfXaßs. Kanell. 3. Etwas ferner stehen die Sprüche bei Beniz. 9, 102; 9, 104 f. Lateinische und altgriechische Parallelen bei Otto 125. 152. 1945. Ita-

Krunihacher: Mittel griechische Sprichwörter. 143

lienische bei Giusti 71, Pasqualigo III 18 (Uno se la fa e r altro se la gode) usw. Albanesisch: „Wer es brät, der isst es nicht". Hahn 59. Arabisch: „Nicht der, welcher den Nagel einsclilägt, sondern der, welcher ihn plattdrückt, (ist der Meister)". Socin. 47. Türkisch: „Der eine säet, der andere erntet". Osman. 153. Sartisch: „Das Pferd hat es gefunden, der Esel hat es gegessen". VamlDery 208. Vgl. Düringsfeld I Nr. 344 346.

13 0/rov ffdelg, i_nq däveiU xal, orcov ayarrag, //j] avyva'Cel „Wo du Freund bist, leihe nicht und, wo du liebst, gehe nicht häufig hin!" Vgl. Kr. S. 7(3. Von der Fassung, die in H überliefert ist, weicht die von FGIK nur durch den verschiedenen Ausdruck des Imperativs ab. Die theologische Erklärung bringt nichts Brauchbares. Im Neugriechischen sind die beiden in dem Spruche ent- haltenen Gedanken sehr populär; doch finde ich sie nur einmal in einem Spruche vereinigt: Tov ayanag jt/r) daveil^s xal TOV TTodslg /rjj ovyva'Ce. Beniz. 309, 348. Sonst wird jeder Gedanke in selbständigen Sprüchen ausgedrückt, der erste z. B. in folgenden: l\le tov diy.6 aov (fäye yial irit v-al ovvTQO(fia {7rQay/iiaTEidv Barth. Sanders) (.lyjv xa/z/yg. Barth 25. Sanders 27. Arab. 727, wofür Beniz. 158, 119 die Variante: Ms top diy.6 oov cfdys nij yial dhjaißsQioi fiTf] -/.drrjg bietet. Ebenso auf Kastellörizo: Bis tov idr/.6g oov (fds oral nij, ^tt' dVig-ßsQig ^n}v xa///;g. Diamant. 294. Zur Erklärung von dlrjaißeoiGL s. Kr. S. 76 und C. Foy, Bezz. Beiträge 14 (1889) 49, der den Spruch auch im Türkischen nachweist. Mi tov dixö oov cpdye nd yiai /ite ^h'ovg TTQa^iazdoov. Beniz. 158, 120. Aehnlich De Cigalla, rev. iTaTioTrAiq Trjg vtjOov GriQccg S. 72. Wiloi vd '(.leOa ■aal Ta novyyid f.tag vd ^(alcävovv. Beniz. 333, 30 und ganz ähnlich chiotisch: 7:7 (fiXia f.iag cpilia xal rd novyyid (.tag XcoQia. Kanell. 233. Auch in der Form: 'II rpilid /.lag cfdid, //a 7iovi'Qi ^lag ytöqia. NeoeXl. 'Av. 207. Vi cfilia f.i£

144 Sitzung der pliilos.-phüol. Classc vom 8. Juli 1893,

z6 '/.avraQi -/.ai i^ ngaf-iciTsia f.i£ to f-ictoyah. Beniz. 110, 272 (von Crusius, Rhein. Mus. 42, 406 irrtümlich mit Planudes 70 verbunden). Aehnlich : 'H q^üda f.iag f.is ro yMvroQi zal TalioߣQiOL (.lag f.ie to dQa/.ii. NeoslX. "Av. 200. 'E cfilia /.lag ffiXia roai to lvTEQioof.i f.iag IvteQeoo. Diamant. 114. Auch türkisch: „Das Geschäft kennt weder Vater noch Mutter". Osman. 126. Beispiele für den zweiten Gedanken, über dessen Ursprung und sonstiges Vorkommen 0. Crusius, Rhein, Mus. 42, 402 und E. Kurtz, Philologus 49, 459 f. handeln, sind:

^EkeT rcov TToXcayanag vd f-ir^ TTolvnrjyaivTßg, riccTt, Eüv OS ßaQEOovv, voTSQa Ti od ylvijg;

Beniz. 75, 147. Kai f-irj nolXd 'g zo cpllo aov v.i o <fikog ßaQeOfj OS. Beniz. 123, 91 und mit einer kleinen Variante kretisch: Blijds 'g zov cpilov oov 7toXkd /.l 6 (ftlog ßagsOf] OE. Jeann. 89. ^'Otav Oig vd o' dyartovrE, orloye (oder agys) vd os '7ti&vf.iovvE. Beniz. 233, 837 und ähnlich: ^'Oiav ■O-ig vd ü^vf.iovrzai, ccQyE vd os OcooovrE. Beniz. 234, 838. Vgl. den arabischen Spruch: „Raro visita; amore cresces". Freytag I 587, 12. Türkisch: „Der viel zum Freunde gehende sieht ein saueres Gesicht". Osman. 242. Spanisch: „A do te quiereu mucho, no vayas amenudo". „VVo sie dich viel verlangen, dahin geh nicht oft." Valles-Haller 54 (mit Parallelen aus anderen Sprachen). Deutsche und andere Seitenstücke bei Düringsfeld I Nr. 360. Wander 4, 538, 6 ff. 14 KrjTiovQe, ovvinaQE' XiyEi' Nd \pri^ii\ „Gärtner, heb mit auf"; da sagt er: „Da Pst, Pst!" KrjtovQe, owsTtaQS' XiyEf Nd xlwyj]\ „Gärtner, heb mit auf"; da sagt er: „Hier, Seele!" KrjirovQe,^ ovvejtaQE' läysi' yiüoE zov o>tvlov\ „Gärtner, heb mit auf"; da sagt er: „Lass den Hund los!" Kr^novQE,, ovvtnaQE' -Kai dtXco vd noziocol „Gärtner, heb mit auf!" „Und ich will begiessen!" Kijtcovqe, ovvhcagE' vd Ef.inco vd nozlowl^ „Gärtner, heb mit auf!" „Ich will

Knimhaclier: MiUelgriechische Sjmchivörter. 145

hineingehen, um zu begiessen!" Dass dieser Spruch, an dessen Textkonstitution und Erklärung Crusius und ich in meiner früheren Ausgabe (S. 69 und 76) verzweifelt waren, nun in nicht weniger als 4 neuen Hss wiederkehrt, ist gewiss erfreulich; doch werden auch jetzt nicht alle Bedenken ge- hoben. Zunächst muss ich noch einmal betonen, dass auch F, wie eine erneute Prüfung der schwer zu entziffernden Ligatur gezeigt hat, zweifellos KrjnovQs ovvinaqt überliefert, wonach Kr, S. 69 zu korrigieren ist und die von Crusius und mir ausgesprochenen Vermutungen hinfällig werden. Klar ist aus allen Fassungen der Hss, dass wir es hier mit einem anekdotenhaften Spruche zu thun haben, der aus zwei Teilen besteht, ^) Der erste -Teil lautet in allen 5 Hss gleich und ist also sicher nicht anzutasten, sondern nur zu erklären. Das Wort owsTiaQs ist Imper, Aor, von ovvsjc- atQO)^) und wohl zu übersetzen „Heb mit auf!" „Gärtner, heb mit auf!" ruft also jemand, wohl ein Vorübergehender, der eine schwere Last, einen Korb oder Sack, niedergestellt hat, um auszuruhen, und nun, da er die Last allein nicht wieder auf den Rücken bringen kann, fremder Hilfe bedarf. Die Rolle des Helfers wird ganz passend dem Gärtner zu- gewiesen; niemand ist in Griechenland oder Italien zu einem solchen Dienste, der zu jenen selbstverständlichen gehört wie die Hilfe beim Sturze eines Pferdes, das Feuer für die

1) Sprichwörter in Form eines Zwiegespräches sind häufig in den neugriechischen Sammlungen; auch Planudes bietet Beispiele z. B. den von Piccoloniini mit Unrecht in zwei Nummern 126—127 zerlegten Spruch: Ti'ru Tzatdioi' ayajiqg; Tov dcoQovfisröv fiot ri.

2) Der Imper. Aorist sjiaos vom einfachen Verbum nalgroi ist noch heute ganz gewöhnlich, S. z. B. die Sprüche bei Beniz. 40, 28; 42, 53; 68, 33; 81, 224—227; 244, 981. Das Präsens enaiQvco = naigvco hört man heute z. B. auf Cypern; s. Sakell. KvjzQiaxd II (1891) 543 s. v. und seine Sprichwörtersammlung 120, Auch das Decom- positum ovvBJiaiQvco mit dem Substantiv ovvejiaQaia existiert noch heute dialektisch z. B. in Kreta, wie mir Hatzidakis mitteilte.

]89f!. P]iilos.-pliilol. n. liLsf. Cl. 11. 1. 10

146 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

Zigarre usw., besser geeignet und kommt öfter in die Lage ihn zu leisten als der im Freien weilende, seinen am Wege gelegenen Wein- oder Obstgarten pflegende Gärtner.

Der zweite Teil des Spruches ist in 3 Hss durch layet eingeleitet, wozu doch nur der Gärtner Subjekt sein kann. Was sagt nun der Gärtner? Seine Worte sind in allen Hss ebenso verschieden überliefert, wie die an ihn gerichtete Ansprache in allen Hss gleich lautet. Nur zwei Hss, HK, stimmen wenigstens dem Sinne nach überein. In F sagt er: Na, ij-wyr], was Crusius a. a. 0. für eine Grussformel hält. Wörtlich heisst es einfach: „Hier (Da), Seele" ;^) mag man nun i/zü/rj wie immer erklären, jedenfalls kann Nd xpvyji nicht bedeuten: „Hier bin ich. Dir zu helfen''. Das raüsste anders ausgedrückt werden; die Bezeichnung des persönlichen Pro- nomens dürfte bei vd nicht fehlen. So, wie die Worte da- stehen, geben sie überhaupt keinen vernünftigen Sinn, und wahrscheinlich sind sie in der That nicht richtig überliefert, sondern durch Konjektur des Excerptors F aus der Lesart I entstanden: „Da, Pst, Pst".^) Der Gärtner, der um den Dienst ersucht wird, sagt etwas, was ganz ungereimt ist. In der zweiten Hauptfassung sagt der Gärtner: „Lass den Hund los!" Das passt wieder nicht zur Bitte oder ist viel- leicht gar eine Drohung, wenn man die Worte als einen etwa dem Knechte gegebenen Befehl auffasst. In der dritten Hauptform, der von H K, ist zwar das einleitende Myei weg- gelassen; doch ist auch hier der zweite Teil des Spruches sicher als Antwort des Gärtners aufzufassen. Auch hier sagt er etwas, was mit der Situation nichts zu thun hat: „Ich will ja begiessen" bzw. „Ich will hinein, um zu begiessen".

1) Nd wird häufig mit einem Nominativ verbunden z. B. Na rovQ, va fiäXa/ia. Beniz. 169, 18.

2) Natürlich hat dieses ynjyH nichts zu thun mit dem Si^ruehe bei Beniz. 325, 585 : T6 ysi, ysl, ysl ylvsTai y>sTQa. ^EjtI twv diu av^vf/s InavaXrm'Ecog Jigä^ecog zivog ijiizvyxavövKüv rov oxojtov/iisvov.'^

Krwnhacher: Mittelgricchiselie Sprichivörter. 147

Kurz der Spruch gehört zu jenen Scherzworten, die ange- wendet werden, wenn jemand etwas Ungereimtes thut oder spricht, in Wort oder Handkuig Ungereimtes verbindet. Der Gedanke, dass jemand unpassende Dinge in seiner Rede ver- bindet oder dass jemand nicht zuhört bzw. nicht zuhören will und deshalb Ungereimtes antwortet, erfreut sich bei den heutigen Griechen einer so grossen und für uns so auf- fallenden Beliebtheit, dass er besonders betont werden müsste, wenn jemand die neugriechischen Sprichwörter für völker- psychologische Studien verwerten wollte.^) Der erste Fall, die subjektive Verbindung zusammenhangsloser Gedanken wird in mehreren witzigen Sprüchen und spruchartigen Distichen gegeisselt. Das häufigste und wohl am weitesten verbreitete derselben lautet:

14.7x6 TtjV 7t6Xl EQxoi-iat y.al 'g ti^v '/.OQq)ri 'AaviXka^ Xaf.irikcüo'' To -/.miiXko aov vd f.n] cfav'' ^i] Of-i/rqilXa.

Beniz. 27, 355. Meist wird jedoch nur der erste Vers ge- braucht, wie bei Diamant. 57. Manol. G9. Andere Bei- spiele sind:

^47c6 rov ai viuCaQO tog Tr] q>av£qco{.iivi]

Mov ■/.Xiil>uv ZYj yaöc'cQa f-iov /.i yrav y.al 'yyaoiQWf.dvij.

Sanders 119. Beniz. 28, 356.

i^TTO TO KaOTeXloQiCü cpaivsTai t6 ^ivwjn

Kl av ösv ö' dgio'' yj f-itot] {.lov vd oov rr^v Trekem^ow.

Beniz. 29, 374.^) In diese Kategorie gehört wohl auch das Zwiegespräch bei Sanders 127. Denselben Sinn haben die

1) Eine Aufgabe, die z. B. J. Kradolfer am italienischen Sprich- wort durchzuführen versucht hat. Zeitschr. f. Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft 9 (1877) 185-271.

2) Eine hübsche Parallele zu diesem Distichon bietet, was die Einkleidung betrifft, die italienische Redensart:

Da Montelupo si vede Capraia, Iddio fa le persone e poi 1' appaia. Giusti 353.

10*

148 Sitzung der ]}hilos.-philol. Classe vom S. Juli 1893.

Sprüche: l4rt6 i-i^lo tag avyo vd y.i tva (oder -/.vQa) Xovyia- vixo. Beniz. 25, 320, und: '^Aqara d^^iaxa xot'xxm {.tayei- i^ef-if-itva. Kanell. 75.

Auch für den zweiten Fall, die unpassende Antwort auf eine Frage, also das ungereimte Zwiegespräch, giebt es eine Auswahl von Sprüchen z. B. das bekannte: Kalv^iiga, FiccwT]. Äoüxxm ansQvcü. Beniz. 128, 163, mit verschie- denen Varianten wie: Feia oov, riävvi]l Kovy.zia ottIqvio. Arab. 199; reiä oov, ytQO. Äot-xx/a, oneQvco. (Karpathos) Beniz. 128, 164. Manol. 101; Fem oov, Fiävvrj. '2 ror^ TQiyf.ovy.Kiag, zd 'xo/iie. Jeann. 27. Auch in erweiterter Form: Feld Gov, Fidvvri\ Kovyiid onäqvio. Mr^v xa d^eqio>]g. Naoai yald. NeoeIX. !Av. 276. Eine andere Form bietet Arab. 1483: WdU.e, deonoral Bit 7rovEl ödytvlo. Hieher gehören auch einige Sprüche, welche die wirkliche oder geheuchelte Begriffsstutzigkeit und die unpassende Ant- wort einer angeredeten Person in der Form einer deutlichen Beschwerde rügen, wie: '^lla Uf syco trß Otiag f-iov yi alla Uf Ef-ifv' avzri und ähnlich: '^4Xla Uyco xov xaXov l-iov '/.L aXka üov dim'EVETai. Beniz. 6, 57 58. ^vTa{.ia of.iilovf.iE y.al ycogiard d/.oifiE. Beniz. 20, 248. Tl Ti]g l^yco yw TTJg d^Eiag fiov, zi fiov Xsy'' sf.Uv^ avztj. Beniz. 301, 231. '.^Xla ItvE zrig xafiivdvag xt dXka y.afi7caviC E-AEivr} oder: ''!AXka Ieve T-^g ylEiodQag (feines Sieb) xt alla ytlEioaQi^'' (siebt) eyEivr]. Beniz. 345, 4 5. Zdlla leovv zrig dv£f.ir]g xt alla yliod^Ei y.al yvQi'CEi. Papad. 27.

Auch ausserhalb des Neugriechischen findet man Sprich- wörter zum Ausdrucke eines absichtlichen Missverstehens von Bitten oder Fragen. Vgl. z. B. die altgriechischen Sprüche: ^!Afiag d/rjizovv, ol c)' dmqqvovvzo oydcpag, Zenob. 1, 83 = Greg. Cj\)Y. 1, 45, und: ''Eyco axoQodd aoi layco, av ds ygofifw' djzoKQLvr] Apost.-Ars. 6, 48 a. Doch ist der letztere Spruch wohl mittelgriechisch; vgl. Planudes 248: ^KOQoda fisp '^qco- zazo., yQOfifwa ()' drtEyiQivazo. Dazu das bekannte '^Paßöog

Krumbacher: MitteJgriechische Sprichivörter. I'IG

tv ywvia, aqa ßq^yEL und der von Crusius bei Kr. S. 94 bei- gebrachte Spruch aus Apostolios 18, 8: Xaiqoig '^Yipinih] cfiXi]. Toi}g ii-iovg y.oqvi.ißovg jtXey.io etc. Auch im Ara- bischen gibt es solche Sprüche z. B. „Ich fragte ihn nach seinem Vater. ,Mein Onkel heisst Schaib' antwortete er". Barckhardt 324.

Nun wird in unserem mittelgriechischen Spruche alles klar. Der Gärtner ist wohl absichtlich schwerhörig wie der Bischof in dem oben aus Arab. 1483 angeführten Spruche und sucht durch sein Pst, Pst oder durch eine sonstige un- passende Antwort, ja selbst durch eine Drohung dem von ihm verlangten Dienst zu entgehen. Der Spruch bezieht sich also auf Leute, welche, um- einen Gefallen gebeten, dem Bittsteller entschlüpfen, indem sie dem Gespräche eine andere Wendung geben, Geschäfte vorschützen oder gar nach dem Grundsatze ,Der Angriff ist die beste Verteidigung" aggressiv werden.

Mit Absicht habe ich bisher die theologischen „Lösungen" ganz aus dem Spiele gelassen. Auch sie mögen jetzt zum Worte kommen! Bestätigt wird in allen theologischen Er- klärungen die Auffassung des Keii-ievov als Rede und Gegen- rede; das erste Kolon wird Gott, das zweite Adam in den Mund gelegt. Bestätigt wird auch die Auffassung des Wortes oivanaqe. als Imper. Aor. von avvenaiQto; nur wird dem Worte eine andere Bedeutung beigelegt: In sämtlichen Her- menien sagt Gott zu Adam: „Gärtner, hebe dich weg. Hier ist kein Platz für dich". Im zweiten Spruchteil, der in den Hss verschieden lautet, weichen naturgemäss auch die Er- klärungen von einander ab. In H erwidert Adam dem, der ihn angesprochen hat, Gott selbst, und sagt: „Ich will be- giessen d. h. mich rechtfertigen" (s. S. 79). In K, dessen Keii-ievov mit H dem Sinne nach übereinstimmt, lautet trotz- dem die Lösung ganz anders und zwar stammt sie, wie sich zeigen wird, aus einer Erklärung, wie sie in G I vorliegt.

150 Sitzung der j)hilos.-])liilol. Classe vom 8. Juli 1893.

Wir lesen nämlich in K nach der mit G H I ziemlich überein- stimmenden Einleitung: Ehiev airo) 6 O^eog ovvtnaqe^ and zov vvv Ol) yojQEL OS. ^) Kai oiQaq^eig ö ^4da(.i nQog xov dnaxr^oavra ocpiv. iva tl eltiio. (so) yv/nvog yoQ cjor^hd^io (!) e,lg •/.ri7iov yvi-ivog /ml dyTsXevoouai. Diese unsinnigen Worte erhalten einige Aufi^lärung durch die Lösung von G und T. In G lesen wir nach der Einleitung mit Beziehung auf das Lemma Xvae top axvXov: '/.al eutev avro) 6 d-eog' owenaoe., and Tov vvv ov y^cogel oe coöe. Kai oiQaq'slg o ^ddpi XiyEi TT^dg idv dnarrioavTU airöv^) öcfiv rv(.iv6g eloijlOov elg TOP -/.mcov, yvf.ivdg y.al aTttQyo^tai. Merd di t'^v naqaßaoiv d(ph>TEg (so) aviov dnavia rd d^tjQia l'ffiyov (.lovog de o •Avcov riy.o'kovdr]OEv avröv (so). In I lesen Avir: Kai emev TiQog avTOv 6 d^eog 2vvinaQE, dno xov vvv coöe ov yioqü OE."^) Kai otqacfElg 6 l4ödi.i XeyEi rcQog zov dnazr'ioavia oq^iv Nd ipr]^'>]'^) yvf.iv6g ydg EiorilOov slg zov y.r^7C0v' yv/.iv6g y.al dnEXEiaof.iat. Das in der Lösung wiederholte if-irjipi] scheint hier nach dem Zusammenhange der Kede Adams ein Ausdruck des Missbehagens, der Entblössung von allen Mitteln zu sein.

An Willkür und Verschrobenheit stehen, wie man sieht, auch diese „Lösungen" hinter den übrigen nicht zurück. Dass sie für das zweite Kolon nichts Brauchbares bieten, wird wohl jedermann sofort zugeben. Das einzige Körnchen, das sie zu bieten scheinen, ist die in ihnen gegebene Inter- pretation des Wortes ovvinaqE = „Heb dich weg". Doch

1) ovyoQYioig Cod. Den übrigen Unsinn, von dem K wimmelt, habe ich belassen. Orthographische Fehler habe ich in den folgenden Citaten, in welchen es ja nur auf den Sinn ankommt, stillschweigend verbessert.

2) avTü) Cod.

3) ovxoQEioai Cod.

4) In der Hss sind diese zwei Wt)rter verwischt und nur noch mit Mühe zu entziffern.

Krumhacher: Mittelgriechische Sprichioörter. 151

kann ich diese nach der Zusammensetzung des Wortes auf- fallende Bedeutung sonst nicht nachweisen, und selbst wenn sich wirklich eine Belegstelle für sie finden Hesse, so wäre damit noch nicht gesagt, dass die aus der Zusammensetzung und dem alten Gebrauch des Wortes sich natürlich ergebende Bedeutung , mitaufheben " zu verwerfen sei. Dass die theo- logischen Hermeneuten den natürlichen Sinn eines Wortes oder eines ganzen Spruches zu gunsten ihrer Nutzanwendung ganz willkürlich verdrehten, dafür bieten unsere Sammlungen eine Reihe 'von lehrreichen Beispielen.

15 näv tcoov Ojiioiov avvov dyanriOEi [ayanr^orj?), „Jedes Tier wird (mag) seines Gleichen lieben." Nach Sirach 13, 15. Kurtz, Philologus 49, 458. Vgl. Kr. S. 77 f. Ob in dyani'fiEL ein wirkliches Futur oder der Konj. Aor. steckt, ist schwer zu entscheiden. Der Dativ eavT(Z ist gelehrte Adaptierung des Excerptors F und kann neben dem von 4 Hss bezeugten avrod nicht in Betracht kommen. Das Neugriechische bietet zahlreiche Parallelen. Die kürzeste Fassung ist: "Ofxoiog tov of-ioiov (sc. dyanä). Jeannar. 110. Eine Doppelung des einfachen Satzes: "Of-ioiog tov of.ioiov dya/ia^ of-ioiog tov of.ioiov &eXei. Beniz. 198, 306. Meistens Avird jedoch der Gedanke durch Bilder ausgedrückt z. B.: ^^v dev eTaiQia'^av, div \^8^ovi.i7iedeQia'Cav. Beniz. 13, 164, mit Varianten wie: ^[»'J öav f-ioidCow, dsv ov(.uied^EQiätovv. Kanell. 102, ^'Oytoioi ofioiö'Covv, avf.i7iE&eQiaCovv Arab. 927, !)^v dev ibf.ioiaCai.iEv (oder Ef.ioidCccfiEv) sv eav jatt Ei^ i)^EQ/.atai.iEv (oder lovf.i7iEi)^dEQEi:A.ai.iEv). Sakell. 288, ^Idd öev li.ioiaCa(.iEd, dev eavf.t7CEdOEQia^afi£. Diamant. 2, ^d öev e(.ioiaCa(.iEv dea 0V7iEi>EQiaC.ai.iEv . Manol. 38, ähnlich De Cigalla, Vev. ^iutl- OTiKnj TT^g vTjaov Qi^Qag S. 70. "Ofioiog tov o(.ioiov xt i] xoTtqta To. Xdyuvu. Beniz. 198, 303, wofür Arab. 904 "Of.ioiog tov of-ioiov (iya/ra xat tt^v ■/.ottqio. to. Xa^ava bietet; vielleicht ist die richtige Form aus beiden Fassungen zu kombinieren: "Of-ioiog TOJ' of.LOiov /.ul TT^v y.OTiQia Ta Xayava, wenn man

152 Sitzung der philos.-iiliüol. Classe vom S. Juli 1893.

nicht mit Kanell. 514 schreiben will: "Of.ioiog röv o(.ioiov /.i ij Y.0TiqL6. 'g xa Xö-iuva. "^'Oixoiog röv öfioiov ciyanä xt 6 ipevTrjg röv i^ievti] d^elei. Beniz. 198, 304. "Ofioiog zov Of.ioiov ayana %i ^ yaxa lo novTi-/.i. Beniz. 198, 305. lyoivl f.is o%OLvi y.at ßovqko {.le ßovQlo. Beniz. 284, 233. Beliebt ist auch das Bild vom Topfe, der seinen Deckel gefunden hat z. B.: ^EkvXiobt tot Ttr'CeQO v.i TiVQEt tox y.a7väyiL. Manol. 454; Hvqs TOOvKa fvoi\uav rr^g. Papad. 37. Derselbe Vergleich auch bei den Germanen und Romanen; s. Düringsfeld II Nr. 466. Mit spezieller Beziehung auf das Heiraten ist der Gedanke in einem cyprischen Distichon verarbeitet; Sakell. 368 f.:

'^'Of.ioiog i-is TOP 0f.i0L0v n^inEi va y^ai.irj zuiqlv Kai OL 6 f.iavQoy.6Qa'/.og /iis x' aartgov jrEqioxtQiv.

Vgl. endlich die Sprüche, auf welche Beniz. zu 13, 164 hinweist.

Auch im Ältgriechischen war der Gedanke sehr populär, wie die im Göttinger Corpus I S. 350 angeführte Stelle des Aristoteles, Rhet. I 11 beweist. Vgl. folgende alte Sprüche: ^EL -/.oloiog noxl yioXoiov ItavEi. Zenob. 2, 47 und bei den Späteren. 'Hli^ r^i-/.a xeqrcEi. Diogen. 5, 16 (mit den dort angeführten Parallelen). "0/noiog o/lioIco öeI nlrjOiaKEiv. Apo- stolios-Arsenios 12, 74a. Heute ist die proverbiale Fassung des Gedankens völlig international und die Sammlung von Beispielen aus allen Sprachen könnte ins Unendliche fort- gesetzt werden; ich nenne nur folgende: Arabisch: Jedes Dino; liebt etwas von seiner Gattuncr. Socin 169. Jeder Vogel fliegt mit seines Gleichen. Socin 205. Vgl. Freytag III 445, 2672. Türkisch: Der Dieb ist Genosse dem Dieb. Osman. 217. Toskanisch: Ogni simile appetisce il suo simile. Giusti 65. Venezianisch: Ogni simile araa el so simile. Pasqualigo I 82. Lombardisch: Ogne semel ama el so semel. Samarani 169. Im übrigen s. Düringsfeld I Nr. 601 und Wander I S. 1712 ff.

Krumhaclier: Mittchjricchisclie Sprichwörter. 153

16 „Die Hündin warf in ihrer Eile blinde Junge." Vgl. Kr. 49 f. 78. Crusius, Rhein. Mus. 42, 404. Kurtz, Philologus 49, 460. Sprachlich interessant ist das gut be- zeugte mediale Partizip OTCOvdat,of.iEviq, neben welchem das aktive OTtovda'Qovoa F K wie eine gelehrte Vermutung aus- sieht. Vgl. die Bemerkungen zu Nr. 79. Die „Lösung", in welcher als Hündin die Synagoge, als Hinklein die geistig blinden Juden figurieren, bringt nichts Brauchbares. Zu dem von E. Kurtz S. 20 aus Arab. 466 angeführten neugriechischen Spruche kommen noch die Varianten: "^H Gy-vV ano xr\ ßia Trjg zvq)Xa yevvq ra Tiaidia rr]g. Beniz. 107, 220. 'H oy.vXa ^TTOv TT^ß ßiaar] zrjg otQaßa xovlovxia y.avei. Manol. 207. Der Freundlichkeit von J. Psichari verdanke ich folgende dem Witzblatt V "Pco^ii]6g vom 20. Aug. 1888 S. 4 ent- nommene Variante: 'H oycvX dno ir^ ßla Ttjg orqaßa -/.ov- zdßia^) xavei. In der Schreibung von o-nvlog, oaula, axvXXog, oxilla schwanken die Hss ungemein; besser scheint II bezeugt zu sein; doch wage ich nicht auf grund des mir vorliegenden Materials eine feste Entscheidung zu treffen. Die Stelle der Hündin vertritt die Katze in der Variante aus Kastellorizo: ^E y.ar%a rcov onovddCei, ■xä/^ivEi otquo. Kovlottoa. Diamant. 212. Ebenso toskanisch: La gatta frettolosa fece i gattini ciechi, auch venezianisch: I gati nati in pressa i nasse orbi. Pasqualigo III 37. Weitere Parallelen bei Pitre HI 363 f. und Düringsfeld I Nr. 340.

17 „Wie sehr die Pflugschar auch heruntergekommen ist, zu einer Nadel reicht sie aus." Vgl. Kr. S. 69. 78. Kurtz, Philologus 49, 465. Die Form des Spruches ist zweifel- los ein politischer Vers, der in E F G H erhalten ist. Die Fassung von I, welche den Vers vernichtet, verrät sich auch sonst als erklärende Umschreibung (yiverai für oto^eil). In K ist der Vers durch die Aenderung von oaa dv in oaov

1) Zu diesem Worte vgl. den epirotischen Spruch: Mi] (.C dvd<pr}jg xovzäßia (axvkattag). ÜQog rovg E()E-(^i'Qorxag xd nädt} rtvog. Anon. 79.

154 Sitzung der plülos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

(vgl. GH) und von oto^iavog in om'Cei leicht heivAistellen. Die „Lösung" stimmt mit der a. a. 0. S. 78 gegebenen Deutung überein. Im Neugriechischen kann ich den Spruch nicht finden; der in ihm enthaltene allgemeine Gedanke ist zwar sehr geläufig, wird aber durch andere Bilder ausge- drückt z. B. Td ßovßaki xi av ^ETiiot], näV a^itei yia eva ßoiöi (To 'm ßodi Beniz.) Arab. 1305. Beniz. 302, 245. Aehnlich: To ßovßah /.l av yeQoojj, xo yierCi rov ßodi •/.avEL. Beniz. 302, 244. In Cypern dient ein Vergleich zwischen Kamel und Esel: '/J^ xa^ir^a xrj äv ipioQ^iaar] ndle orj-/.6vvEL yof-KXQi yia 7ioXXovg yaoQOvg. Sakell. 118. In Ka- stellorizo werden Christus und die Heiligen beigezogen: XQiOTog Tff' av IcpTcoyavrj, ndlE Jtx' dywvg d^d xdvr]. Dia- mant. 127. Aehnhch Beniz. 230, 780. In Karpathos sagt man mit negativer Pointe: ^^v e^Eniörj ßlavTi., xov yadgou GiqavovQa de yivEiai. „Wenn auch das Wams herunterkommt, so wird es nicht zur Eselsdecke." Manol. 433. Weiter ent- fernen sich eine Reihe von Sprüchen, welche besagen, dass trotz Alters oder Verlustes doch noch Kraft, Schönheit usw. übrig geblieben ist z. B. '0 -/.diTog xjj av eytqaoEv rd vvxicc Tiov 'xEi lyEi %a. Sakell. 194. Vgl. Beniz. 15, 198. 22, 274 (vgl. Arab. 98). 99, 112. 285, 15. Bemerkens- wert ist die in den angeführten Sprüchen zu Tage tretende mittel- und neugriechische Bedeutung von ndhv (neugriechisch TtdlE) „immerhin", „dennoch". Ein weiteres Beispiel bietet der cyprische Spruch: '0 xöroigog (= omoq) xij av hqdvrj TcdlE -/.öroiQog tri. Sakell. 132. Im Altgriechischen werden wie in den obigen neugriechischen Sprüchen Vergleiche aus der Tierwelt zum Ausdruck des Gedankens verwendet: 1. !Aeiov yijqag '/.OQvöov vEOtrjg. Zenob. 2, 38 und in den späteren Sammlungen. 2. FriQag Uovxog xqe7ooov dy-i-iaiiov vEßQiov. Apost. 5, 41 (auch bei Stobaeos, Flor. 115, 14). 3. Kd{.tr]log /.al xptoquooa TtoXXCov ovcov dvaziO^ETai (fOQCia. Piog. 5, 81. Der letzte Spruch, dessen hohes Alter seine

Krmnbachcr: Mittchjriedmchc Sprichicörtcr. loo

Anwendung bei Synesios, epist. 113 (Migne, Patrolog. gr. t. 6G Sp. 1496), bezeugt, stimmt mit dem oben zitierten neucyprischen Spruch (Sakell. 118) wörtlich überein und war demnach wohl auch im Altertum echt volksmässig.

18 „Verringere Schulden, verringere Sorgen!" Vgl. Kr. S. 78. Ob XivrrjV oder Ivjiag das Ursprüngliche ist, lässt §ich nach dem Stande der Ueberlieferung nicht entscheiden.

19 „Die vollen SchejEfel des August werden im Mai be- gehrt." Vgl. Kr. S. 69. 78 f. Crusius, Rhein. Mus. 42, 405. In sämtlichen Hss ist der metrische Charakter deutHch be- wahrt; nur muss bei Tov ^uyovoTov die Verschiffung (Tvagustu) angewendet und statt Blaiov, wofür ich in der früheren Ausgabe j-iäio geschrieben hatte, eine der über- lieferten einsilbigen Formen, ßloiv oder geradezu Blav, in den Text gesetzt werden. Die Variante dE/.aXiTQa Trevid- liToa ist ohne Bedeutung. Den August preist im Gegensatz zu den übrigen Monaten der karpathische Spruch: May.aQL oax TOV aovGTOv varov oi firjvEg ovloi. Manol. 270. Ver- bindung von August und Mai auch in dem sonst nicht hieher gehörigen Spruche: T' Avyovoiov rd ßagiaofiaia Mai dvaOvf-iovvzai. Beniz. 294, 142 Vj.

20 „Gott verteilt nach den Kleidern auch die Kälte." Vgl. Kr. S. 79 f. Von den zwei Hauptformen ist die in EP G I K überlieferte zweifellos die ursprüngliche. Der Doppel- vers (zwei katalektische jambische Tetrapodien) ist durch die Lesung /.ioiqcc':^] leicht herzustellen. Das Verbum f-iegiCei statt des echt volksmässigen f.iOiQaCeL bietet ausser H auch der, wie ich oben gezeigt habe, ebenfalls zu gelehrten Ver- besserungen hinneigende Codex F. Zu den a. a. 0. zitierten neugriechischen Parallelen kommt noch die verwitterte Form bei Arab. 626: Kaxd rd ^ovya /.i r) y.Qvada und die offenbar ganz individuelle Umgestaltung bei Kanell. 343: Kara ro ■/.Qio 7c' dq/ia^a u Oeug xal id qovya (mit der seltsamen Erklärung: 'JSrt xiöv Ihii'Covxcov elg /.lövov tov üeov y.al

156 Sitztmg der phüos.-phüol. Classe vom 8. Juli 18D3.

Tovg ovdQto/iovg). Toskanisch: Dio manda il freddo se- condo i panni. Giusti 72. Sonstige italienische Paral- lelen bei Pitre I 278. Etwas ferner steht das spanische: Dios ayuda a los mal vestidos. Valles. Vgl. Düringsfeld I

Nr. 620 f.

21 „Wir kennen einen Kahlköpfigen, aber dennoch ist es schlimm (nicht gut), dass sein Kopf offenbar ist." Vgl. Kr. S. 69. 81. Die dort gegebene üebersetzung und Erklä- rung muss ich nach Vergleichung des neuen handschriftlichen Materials zurücknehmen. Was zunächst die Abweichungen der Hss betrifft, so steckt der richtige Text zweifellos in E GHI; aus ihnen ergibt sich etwa folgende Grundform, die nur am Schlnss eine übrigens nicht den Sinn , sondern nur den Wortlaut berührende Variante bietet: Öl'daf.i£v (BYda/nsv'^) cpaXaxQOv. aXld TcaXiv va (faiverai 6 f.ivaX6g tov, yiaxdv evi (ot'x h'L y-alov HI) „Wir kennen einen Kahlköpfigen; aber dennoch ist es schlimm (nicht gut), dass sein Kopf^) offen- bar ist". Der Spruch bezieht sich auf alte, aber trotz ihres Alters thörichte Leute. Beim Kahlkopf tritt der Sitz des Geistes, der Schädel, deutlicher hervor als beim Dichtbehaarten ; bei manchen Kahlköpfen d. h. Greisen aber wäre es besser, ihr Schädel d. h. ihr Geist bliebe verborgen. Die Vergleichung von EGHI zeigt auch, in Avelcher Weise die üeberlieferung in F und K getrübt ist: In F ist der unentbehrliche Schluss- satz weggefallen; in K ist offenbar wegen eines Passus in der theologischen Erklärung {aXka y.ai dya&ov Tivog (.liToyfiv) von dem Bearbeiter die Bemerkung „e'x^t Ttov -/.al fiiav iqixa xat" hinzugefügt worden. Wenn wir diesen Zusatz in [ ] setzen und edv in vd ändern, gesellt sich K zur Gruppe HI und stimmt speziell mit I gegen H durch die Form q'aQav.Xöv und die Weglassung des ersten -/.al. Die sonstigen

1) Die Neugriechen gebrauchen ßvaXög genau wie wir „Kopf" z. B. 8kv s'xsi f^valö „er hat keinen Kopf (Verstand)".

Krumhacher: Mittelgnechische Sprichwörter. 157

Varianten der 6 Hss betreffen meist Schwankungen zwischen Doppelformen wie cpalaxQog neben dem vulgären (fagaytlog^ f-wslog neben dem vulgären /.tvalog, mittelalterlich evi neben dem später in Gebrauch gekommenen ehai.^) Die theolo- gischen Lösungen weichen ziemlich von einander ab, stimmen aber in dem Grundgedanken überein „Es ist nicht gut, dass das Gehirn des Sünders d. h. seine Seele offenbar werde". Als Proben mögen die bei Sathas S. 568 und oben S. 81 mitgeteilten Texte von E und H genügen. Mit den stark verdorbenen und stellenweise ganz blödsinnigen „Lösungen" von GIK will ich den Leser verschonen. Zur Erklärung vergleicht Kurtz, Philologus 49, 458 den neugriechischen Spruch: KaXog ehe y.i 6 KovxQOvlrjg, /.la va f^irj cfavfj 6 /.ivalog Tov. „Ein guter Mensch ist auch Kutrulis, aber dass nur sein Kopf nicht sichtbar wird (d. h, dass er nur mit seiner Intelligenz sich nicht hervorwagt)." Nsosll. ^»'.232. Viel- leicht hat denselben Sinn auch der arabische Spruch: „Transii ad calvum, ut mecum consuetudinem iniret. Calvitiem suam retexit et timore me implevit". Freytag III 79, 458.

22 „Es arbeitet Fass und Scheune und die Hausfrau heisst arbeitsam." Vgl. Kr. S. 60 f. Zu den dort gegebenen Ausführungen ist Verschiedenes nachzutragen: Das Wort Qoyog ist im Neugriechischen keineswegs unbekannt und auch das Verbum yidf.ivco mit der Bedeutung „arbeiten" findet sich noch heute in kleinasiatischen Dialekten; zahlreiche Belege für ^oyog gibt K. Foy, Bezzenbergers Beiträge 14 (1889)

1) In der heutigen Sprache bestehen drei Stufen dieser Form neben einander: In Cypern und im Pontus herrscht das mittehilter- liche EVI, im Peloponnes, in Sphakia auf Kreta und wohl auch anders- wo die Uebergangsforra svai, in der genieinneugriechischen Umgangs- sprache endlich die späteste Form nvai. Vgl. Hatzidakis.. ICin- leitung S. 207 und Psichari, Essais de grammaire historique neo- grecque II (1889) XXVIII f. und Kindes de phiJologic neo-grecque (Paris 1892) S. 369 ff.

158 Sitzung der pliüos.-philol. Glasse vom 8. Juli 1893.

41 44, der auch ganz gut nachweist, dass meine Vermutung bezüglich des hohen Alters dieses Spruches verfehlt war. Die a. a. 0. veröffentlichte Fassung des Spruches, die mit der unbedeutenden Variante /£(»« auch durch H bezeugt ist, ist zweifellos die ursprüngliche. Die übrigen Versionen tragen deutliche Spuren einer späteren Ueberarbeitung: 1. Kd/^nei 6 nvQig Y.ai 6 Qoyog xal a-/.ovei t) y.vQd -/.afiaTegri I. „Es arbeitet der Herr und die Scheune und die Frau heisst arbeitsam." Der Bearbeiter hat niÜ^og durch /.vQig ersetzt, um einen Gegensatz zu y.vQa zu gewinnen. 2. Kaftvsi 6 y.iQig '/.al ay.ovsL y -/.igd y.aj.iaxtQr^ G. „Es arbeitet der Herr und die Frau heisst arbeitsam." Eine noch tiefere Stufe der Verderbnis. Der Bearbeiter hat auch das (nach der Aen- derung von ni&og in Kvgig allerdings nicht mehr gut passende) Wort Qoyog weggelassen und damit die echt proverbiale Volkstümlichkeit und Bildlichkeit des Ausdrucks völlig zer- stört. 3. In K herrscht die für diese Hs charakteristische unbegreifliche Korruption. Kaovv)] ist jedenfalls in Käj-tvEi zu emendieren; ■/.vQig ist wie in I Ersatz für niiyog; dazu setzte aber der Bearbeiter auch für das folgende ^oyög kon- sequenter Weise ein Mitglied der Familie, den v\6g^ ein; in dem seltsamen •/.ovQazioQE würde man in einer halbwegs ver- nünftigen Hs ital. curatore suchen, obschon der Sinn curatrice verlangte; bei der wunderlichen Gepflogenheit des Schreibers von K aber darf man das Wort getrost in -/.a^taTEgr] emen- dieren. So erhält man nach Ausführung der allernötigsten Verbesserungen in K eine mit I identische Fassung. Die theologische Erklärung von H ist ganz verworren und passt nicht einmal zum Texte. Besser erhalten ist die Lösung in GIK, wo übereinstimmend der Herr als Christus, die Frau als der sich mit Unrecht eigener Kraft rühmende Mensch (oder die Seele) gedeutet wird. Aus dem Neu- griechischen weiss ich nur einen Spruch zu vergleichen, in welchem träge Weiber, um als fleissig zu gelten, die Nacht

Krumhacher : 3Iittelgriechische Simchtcürter. 159

und die Morgendämmerung zu Hilfe rufen: BorjOa /nov riyra 'Aal auyrj va (pah'Co/.iai y.auatSQij. „Eni xcov oavIjQlov yurar/udv slrtiLovoiöv OL'vdQOjiirjr, oÜev GuvrjOcog öiv avaf.ievExai"' . Beniz. 42, 61 und ganz ähnlich in Chios: BovD^a fiov vvyva yu avyrj yai (faivoi.iai yaf.taTEQrj. ^) Kanell. 128. Zum Gedanken vgl. den spanischen Spruch: Uno tiene hi fama y otro lava la lana. Valles.

23 „Dem Bösen sind alle schuldig." Vgl. Kr. S. 69. 81. Die Lesung -/.aXov K ist Schlimmbesserung und nach den übrigen Hss in yMxov zu emendieren. Wir erhalten dann aus den 4 Hss zwei nur formal abweichende Formen des Spruches 1. Tov }iaxdv oXol yQecoorovv zov FIK 2. Tov yayov oXoi tov xQBiooTOvoiv H. Die erste Form scheint die echtere zu sein. Zwar enthält auch die zweite nichts, was nicht rein volksmässig sein könnte: der Dativ kann ebenso gut durch den Genetiv als durch den Accusativ ersetzt werden und die 3. Pers. Flur, auf oi statt )' ist noch heute über ein weites Dialektgebiet verbreitet. Vgl. Hatzidakis, Einleit. S. 110 ff. Trotzdem darf man mit Rück- sicht auf die in H auch sonst hervortretende gelehrte Neigung eine Retouche annehmen, die namentlich das rein vul- gäre XQEtüGTOvv durch die mit der Schriftsprache überein- stimmende Form ersetzte. Die „Lösung" deutet den „Bösen" auf den Teufel, dem jeder (als Sünder) etwas schuldet. Im Neugriechischen finde ich zwei Parallelen, von welchen die eine mit dem mittelalterlichen Spruche fast wörtlich über- einstimmt , die andere eine Spezialisierung des Gedankens enthält: 1. '2"" rovg xa/otg oXoi ygcooroiv. Beniz. 281, 189, mit der Erklärung: zlion nawore adr/.ovoi. 2. Tov yXtcpiov y.al TOV öavEiGiov 'AaOevag tov yQcoGTaei. „Dem Diebe und

1) Einen Beleg für das Wort xa/xaregog bietet auch der Spruch: Nv(f7] fiov xafiaxeQi], xä&e ^ußßaro ßgaSv. „Floisaig meine Schwieger- tochter, jeden Samstag Abend." Beniz. 173,70. (Ironisch von Trägen, die am Feierabend mit Ostentation arbeiten.)

160 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

dem Borger schuldet jeder." Beniz. 320, 513. Dasselbe bei Barth. 56, Sanders 60, Arab. 1408, wo aber rov övvaotov (f adynastu Barth: rov öwaorr^ Ärab.) statt tov öareiOTOv steht. Ebenso vertritt den Borger der Gewalthaber in der Variante aus Kastellorizo : ■"- tov i/iläq^tr^v roal 'g rod öwarov ^a&avag l'aei xQtog. Diamant. 430.

24 , Doppelt reicht es und einfach reicht es nicht." Vgl. Kr. S. 69. 82. Nach den neuen Hss ergibt sich als ur- sprüngliche Form: Jinlbv otoLei xal /.tova/rlov ov oco'Cet. Die zwei Varianten dinloiv und /.lovajrXovv in F, sowie (.lOvanXovv in H beruhen auf gelehrter Retouche. Das un- passende yaq in H scheint aus einer Erklärung zu stammen, in welcher der Spruch zum Schluss mit yaq wiederholt war. Die proverbiale Pointe wird auch durch die in den neuen Hss enthaltenen „Lösungen" nicht deutlich; wahrscheinlich liegt doch nur der hausbackene Sinn zu gründe: Mit doppelter. Kraft gelingt manches, was mit einfacher nicht gelang. Einige verwandte Sprüche bietet das Neugriechische. Am nächsten kommt in der abstrakten Form der Fassung, nicht aber im Gedanken der epirotische Spruch: JurXo de (pravei, {.lovo nEQioosvEi.'^) Benet. 15. E. Kurtz S. 40 zitiert den Spruch: Tov ywQiäzi] t6 oyoivi f-iovo öiv (pvavei, dinlo rov 7rsQiaoeiei. Arab. 1424 (auch Beniz. 324, 568 mit Weg- lassung von tov). Cyprisch: To ay^oivlv rov ytoQy.aTrj f.iovov £v (fTctvvei /.al dinXov nEQiaoevxei. Sakell. 84. Karpathisch: Tov (fTwyov TO OKOivl f.iov6 dir ecptdvEi yial ölttIo tveqiooevei. „'^'Ovi Ol (.li] dwäi-iEvoi vd 7iQOOy.Tr^O(.ovraL gveqeo. TTgay/tiaTa tog s'A TriQ evÖEiag tcov VTto/ruvTOvoiv Eig dtirXä e^oda.'^ Mauol. 406. Die Pointe scheint nach dieser Erklärung nicht darin zu liegen, dass der ungeschickte Bauer oder Arme mit dem überflüssigen Ende nichts anzufangen weiss, während

1) Der Spruch erinnert an den alten Satz, dass die Hälfte mehr als das Clanze {jtUoi' fj/nov jiarrös) sei. Vgl. Otto 558.

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichtcörter. 161

doch, wie der Lateiner sagt, „Superflaa non nocent"/ Sze- linski S. 33, sondern darin, dass die entlehnte Sache für ihn nicht passt nnd er dadurch geschädigt wird. Verändert in Form und Sinn erscheint der Spruch in Chios: Tov ytoQiäxrj z6 oyoivi j-iavanlo da q^ravei xat öinlo CrjzeT va Oiooij. „'Eni Twv dnoQcov, oirireg övo>i6hog e^oixovo/iwvoi Ta y^az' airovg." Kanell. 768. Sehr passend vergleicht Arab. den Spruch 1217 seiner Sammlung: '^ t6 y.aXccd^i öiv yioqäei y^ai 'g xiv xöcpa TtEQioaEiei. Auch in der Form: '2 xa- läi^L de ywgel ycal 'g '/.oq)ivi neqiooevei. Nsoell. liv. 513.

25 „Hundert Paul starben und jedermann beweinte seinen eigenen Paul." Vgl. Kr. S. 69. 83. Die einzige bemerkens- werte Variante ist /.UyEL (d. h. y.laiyei) H. Ob nun das Präsens oder das Imperfekt ursprünglicher ist, lässt sich nicht entscheiden. Im Neugriechischen finde ich nur einen verwandten Spruch, in welchem die Figur des Paul beibe- halten ist, den cyprischen: Käd^e Ilavlog tov Tlavlov tov v.laki. Sakell. 113. In den übrigen Varianten wird Paul durch die 12 Apostel vertreten: Jwde/' dnooxoloi, xad^evag l-is TOV novo tov. Beniz. 65, 172. Jüöaxa dnooxoXoi rjxave xt ö -/.adtvag tov növov t b'^Xaiye. Arab. 1582. Beniz. 65, 171. Jcöde/.' aTtooToloL r]ro (?) y.i ri^evQe '/.a&ävag ja ör/M TOV. Manol. 130. Dass es unvernünftig ist, über den Tod eines Fremden zu trauern, besagt der Spruch: Klaiei 'ge ^evo Xeiiliavo. Neoell. !Av. 85. Vgl. auch den arabischen Spruch: „Wenn jemand weint, so weint er über seinen Toten". Socin. 463.

26 „Wenn du mich herausziehst, will ich auch noch dein Kleid anziehen." Vgl. Kr. S. 70. 84. Die Fassung von I hätte den Vorzug, dass sie einen (allerdings etwas holperigen) Fünfzehnsilber bildet, aber to nach '!Av f.ie gibt keinen Sinn. Die Variante von H ist einfache Verschrei buuo-, wie schon die „Lösung" derselben Hs zeigt. Diese „Lösung" ist übrigens sowohl in H als in I völlig verschroben. Zum

1893. Philoa.-philol. u hist. Cl. II. 1. 11

162 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

Verbura ylvrcovco s. Hatzidakis, Uegl cfd^oyyoXoyiyicdv vo/xcov, Athen 1883 S. 6. Zum Gedanken vgl. den arabischen Spruch: „Beherberge du den Beduinen; er wird dir deine Kleider mitnehmen". Burckh. 386; auch den spanischen: „Ayuda al escaravajo y dexar os ha la carga." ,Hilf dem Käfer (Knirps) und er wird (dir) die Last lassen." Valles-Haller 85.

27 „Der Witwe und Waise schwillt es an, je mehr du sie stösst (?)." In der „Lösung" erscheinen Witwe und Waise als die von guten Werken entblösste Seele; je mehr sie der Teufel zum Bösen antreibt, desto mehr schwillt sie in Sünden an. Der Erklärer fasst also xqovco im Sinne von „vorwärtstreiben" {wd-iu), einer Bedeutung, die zwar selten, aber nicht unerhört ist; vgl. Belisar V. 162 (Carmina gr. m. aevi ed. Wagner S. 309): avf.i6vovv ds xai slg t7]v yijv, XQOvoiv Tct xdiegy' e^(o. Uebrigens braucht darauf auch kein Gewicht gelegt zu werden, da die Erklärer die ursprüngliche Bedeutung einzelner Wörter und ganzer Sprüche oft ganz willkürlich drehen und wenden. Für uns hat die „Lösung" hier nur insofern Wert, als sie im allgemeinen den Wortlaut des Spruches und seine Uebertragung bestätigt. Zur Ueber- setzung muss zunächst noch bemerkt werden, dass das Pro- nomen Tr]g sowohl Acc. Plur. Gen. Fem. (avrag, tag, rig, T't^g oder rtg)^) als Gen. Sing, sein kann; das Verbum scheint aber den Acc. zu verlangen. Das Wort (fovay.cövco wird heute auch in der abstrakten Bedeutung „aufgeblasen, zornig werden" gebraucht, die jedoch hier nicht zu passen scheint. Was soll nun aber dieses nur in H überlieferte Sprichwort bedeuten? Dass wir es hier wirklich mit einem volks- mässigen Spruche zu thun haben, dafür spricht die hübsch pointierte Fassung des Gedankens und der tadellose politische Vers. Nach dem Wortlaut könnte man sich versucht fühlen.

1) Vgl. J. Psichari, Essais de gramniaire historique neo-grecque I (188G) 136 tf.

Krumbaeher: Mittelgriechische Sprichicörter. 163

die Antithese auf die zähe Widerstandskraft der Witwen und Waisen (wie überhaupt unglücklicher Menschen) zu deuten: „Je mehr du auf sie schlägst, desto mehr wachsen sie in die Höhe". Doch wird sich ohne eine aufklärende Parallelstelle eine definitive Entscheidung kaum erreichen lassen. Die neugriechischen Sprüche, welche sich auf Witwe und Waise oder auf die Waise allein beziehen, z. B. Sakell. 244, Kanell. 384. 590, bringen keine Hilfe.

28 „Katze und Maus kämpften und der Zuschauer lachte." Der wie Nr. 27 nur in H überlieferte Spruch erinnert sofort au Nr. 106 der Planudessammluno:: Tiov ovo l.iayof.itv(jüv 6 rgiTog ttqcotoq und an das lateinische „Duobus litigantibus tertius gaudet" , wofür der Neugrieche sagt: Pioj.tuo Tiavyag, TovQy.cd xaXßäg. Beniz. 267, 11; doch ist der Sinn nicht derselbe. Welcher dritte soll denn aus dem Streit von Katze und Maus Vorteil ziehen oder erhoffen? Der Spruch bezieht sich also wohl ganz allgemein auf Situationen, wo zwei Personen oder Gemeinschaften sich in den Haaren liegen und eine neutrale Person oder Partei ihre Freude daran hat, ohne dass ihr ein direkter Vorteil winkt. Die „Lösung", in welcher Leib und Seele als die Kämpfenden und der Teufel als Zuschauer erscheinen, hilft nicht weiter, und auch der neugriechische Spruch: ^v6 yai- öagoi i-iäyoivTai 'ge S,ivri i^Efxovia „Zwei Esel streiten sich um einen fremden Strohhaufen" Jeann. 39 hat keine nähere Beziehung.

29 „Wer gen Himmel spuckt, spuckt in seinen Bart." Ein politischer (jambischer) Fünfzehnsilber. Der Sinn ist klar und ausnahmsweise auch in der „Lösung" getroffen. Bei Planudes 9 eine langweilige Paraphrase. Ein biblisches Vorbild zitiert Kurtz, Philologus 49, 458. Die neugriechi- schen Parallelen, für welche schon Kurtz in seiner Ausgabe S. 15 und Crusius, Rhein. Mus. 42, 400 Belege beigebracht haben, zerfallen in zwei Hauptformen: l. einen einfachen

11*

164 Sitzung der philos.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

Ausspruch in der dritten Person, 2. eine Alternative in der ersten Person. 1. Am nächsten kommt dem mittel- alterhchen Spruche die Fassung: "0/iov q^xel xov ovQavov, rpTEi Tcc i.iovTQ(x Tov. Barth. 38. Sanders 19, und mit dia- lektischen Varianten: "OitOLog q)xvvvei 'g tov ovquvo, (fTvvvei. 'g ta. (.iovtqÖ. tov. Diamant. 334. Sonst ist der „Himmel" durch das „Bergauf ersetzt: "Oitoiog cpivEL 'g tov aviqcpoQO, ra f.iovTQa tov if^d q)Tvar^. Arab. 960 und mit einigen Va- rianten Beniz. 220, 629. 2. ''^4v (fTvoco 'nävto, cfTvvio to. fxovTQo. (.lov., av (pxvGio yiciTio, q)Tvvw TCC yavsicc fxov. Beniz. 220, 630. Dasselbe cyprisch: "24^ cpTvoto ^ndvto, g)Tivvco tov TCQOOWTCov /J.0V KiTj ov q)TvOio Y.a.110, q)Tvvvco Tcov yevEicöv f.iov. Sakell. 197 (hes: 497). Ebenso karpathisch: "^y (pTvoco ^^rtdvco^ (pzvü TCC (.laTia fxov ^i dcp q)Tvaco y.aTw, (pTvw 'g Ta yäveia f-iov. Manol. 436, mit der wohl zu sehr speziali- sierenden Erklärung „'ii/ft tcov Ix avyysvwv nad^ovriov, oiTivsg l.ieyaloipvyovvTEQ, dev -/.OLvoTtOLOvoi tcc /.aT avTiov naqa/cova.^ OTttpg (.iri mdeocooL tt^v Idiav avTcov yevedv.^ Auf einem individuellen Einfall, wenn nicht gar auf einem Gedäcbtnis- irrtura des Sammlers beruht die Fassung: 'l4v cpTvoco diiävio (fivio TOV ovQavo, av qiTvoio "KaTio (fTvco tcc yäveia f.iov, NsoeXX. !Av. 11. Altgriechische Parallelen bei Crusius a. a. 0. Auch die Lateiner kennen die Metapher „Auf den Schützen fliegt der Pfeil zurück". Otto 1566. Dagegen hat nichts zu thun mit unserem Spruche das alte „ftg -/.oXnov 7tiveiv, in sinum spuere", über dessen Bedeutung Otto 1656 handelt. Der Türke sagt: „Wer gegen den Wind speit, speit sich selbst ins Gesicht". Osman. 246. Der Italiener: „Chi Sputa in su, lo sputo gli torna sul viso" oder mit anderen Bildern: „Chi contro Dio gitta pietra, in capo gli torna". Giusti 270. „Chi pissa contro '1 vento, se bagna la camisa". Pasqualigo III 23. Vgl. Pitre III 291.

30 „Der eine hatte die Glocke und der andere läutete" oder, wenn man das W^ortspiel beibehalten will „Der eine

Krutiibacher: MittelgriecMsche Sprichwörter. 165

hatte die Klingel (Schelle) und der andere klingelte (schellte)." Ein trochäischer Fünfzehnsilber. Das handschriftliche ey.co- öori^Ev hat neben -/.ovdovviv keine Berechtigung und durfte daher unbedenklich der Lautstufe des Substantivs angepasst werden. Der Sinn ist wohl: ,Der eine hat die Mittel, die Macht, den Namen usw., der wahre Benutzer ist aber ein anderer." Vgl. den neugriechischen Spruch: '0 At'/og lyei r' ovoiiia /u ?j ccXsttov rd TQcoyei (oder riq yögi). Beniz. 196, 272; in Kastellorizo : 'E ?.v-Kog riooei rovo(.iav ra' £ aXsjrov tijy^ yaqy. Diamant. 119.^) Vielleicht ist der Spruch auch auf jemand zu beziehen, der seine Absichten heimlich durch andere ausführen lässt: Andere läuten, die Glocke gehört aber ihm. Dann wäre Nr. 31 mit den in meiner früheren Ausgabe und unten angeführten Parallelstellen zu vergleichen. Ganz verdreht ist der Sinn in der , Lösung".

31 'Qde (.livio /.al aXXov q^ovqviuo. „Hier weile (wohne) ich und anderswo backe ich." S. Kr. S. 56. 93. Die Lesung oiöe FI verdient vor Idoj H den Vorzug; denn wöe ist die echt mittelalterliche Form, die übrigens auch heute noch z, B. in Bova, wie ich als Ohrenzeuge bestätigen kann, und in Cypern üblich ist. In der Lösung ist der klare Sinn wie gewöhnlich verdreht. Im Neugriechischen findet man mehrere verwandte Sprüche. Am nächsten kommt der cyprische: l41Xov d^ioQEi xr] oXkov cpoiQviTei. Sakell. 228. Sonst wird der Gedanke mit andern Bildern ausgedrückt. Allbekannt ist der folgende in zahllosen Varianten vorkommende Spruch: ^IXov ra yMQyMQio/i(ara (yM/./MQiOf.iara Beniz.) xi aXXov ysvovv Ol (al Sanders) -/.övaig. Barth. 28. Sanders 14. Beniz. 10, 127. ^XXov Tcc y.aQ/MXiOf^iaza y.i oXXov ysrvä rj yorra (yevvovv ?) yozaig Benet.). Arab. 47. Benet. 58. Auf Ka-

1) Dieser Spruch kann als Bestätigung der Vermutung Ottos 1945 dienen, dass der Satz „Saepe condita luporum fiunt rapinae volpium", Querol. p. 18, 9 Peiper, sprichwörtlich war.

166 Sitzung der pliilos -philol . Glasse vom 8. Juli 1893.

stellörizo: ^Ji.Xov ra KaKy.ato/.iaza, to'' dXlov yefovv al OQvid-eg. Diamant. 47. Auf Nisyros: AXkov r' ccQvld^ia y.al x' avyd y.1 dl^Xov xd ■/.ayiva'/iiof.iaia. Papad. 8. Auf Chios: ^Xkov V t' avyd xi ol OQViO^eg y.i aXKov V rd xax'/.aQioinaTa. Kanell. 96. Ferner stehen dem Gedanken die Sprüche: IdXXov /laräg xt dXXov xurräg. Arab. 46. ^4Xlov siv' 6 ■/.aXoyeqog XL dXXov Eivai zd qdaa xov. Arab. 42. Auf Karpathos: AXXov o Csuyäg ki aXXov rd ßovdia xov oder AXXov 6 narrnäg 7.1 dXXov xd gaoaxov. Manol. 26. ^XXov y.xv7C0vv (x^vnovv?) Ol Tioxafxol y.i dXXov axvnovv xd Qvdxia. Manol. 27. Zum Gedanken möchte man den arabischen Spruch vergleichen: „Er schlägt hier Feuer, aber in Indien entzündet es sich". Socin 310, doch ist dort die Erklärung beigegeben: „Er bringt nichts zu stände".

32 "O/tov IjEi noXvv tvitisqi, ßdvei y.al 'g xd Xdxccva. „Wer viel Pfeffer bat, nimmt (ihn) auch zum Gemüse." Ein trochaeischer Fünfzehnsilber. Dadurch dass nun zwei Hss (HI) mit dem neugriechischen Sprich worte und anderen bei Kr. S. 84 beigebrachten Parallelen übereinstimmen, er- vpeist sich die Fassung von F als völlig isoliert und ist wohl auf eine subjektive Aenderung des Kompilators dieser Samm- lung oder seines Vorgängers zurückzuführen, der auch für OLog statt onov verantwortlich zu sein scheint. Der neu- griechische Spruch, den ich a. a. 0. aus Beniz. 211, 496 belegte, steht mit unbedeutenden sprachlichen Varianten auch bei Barth. 33, Arab. 1123, Jeann. 124, Kanell. 509. Ganz abweichende E'assungen sind in Cypern und Karpathos gebräuchlich: 'JTZo 'x£t ttoXv /ueXiv ßdXXei yial 'g x6 yaXav x' o^ivov. „Wer viel Honig hat, tliut ihn auch in die sauere Milch." Sakell. 138. "O/r' e'xsi rcoXv ^liXi.^ ßdXXei /.l elg xit] cpaßa. „Wer viel Honig hat, thut ihn auch in den Bohnenbrei." Manol. 340 (aus Karpathos). Italienisch: Chi ha del pepe, ne mette anche sul cavolo. Giusti 248.

33 „Ob reich, ob arm, legt er sein Ohr nicht hin, so

Krumhacher: Mittelgriechische Sprichicörter. 167

schläft er nicht." Vgl. Kr. S. 85. Die Erklärung des dunkeln Spruches wird leider auch durch die 3 neuen Hss nicht ge- fördert. Vielmehr beweisen ihre Varianten nur zu deutlich, dass das Sprichwort schon zu der Zeit, aus der die Hss stammen, nicht mehr gebraucht wurde. Der eingeschobene Satz, welcher die Bedingung des Schlafens enthält, blieb den Bearbeitern oder Kopisten unverständlich. F bietet avTy]v ov ßaXin, wofür ich a. a. 0. S. 70 avzlv ov ßaXXeL geschrieben habe. H hat avrr]v oder etwas Aelinliehes wohl als äv TTjV verstanden und dann vulgarisierend geschrieben ddsv rTJi' ßdlei d. h. dv div iriv ßdXXj] (oder ßdlXei) „wenn er sie nicht legt (anlegt, hinlegt?)". Aber man sieht nicht, was mit Tr^v gemeint wird.^) I bietet i.iavTr(i> ov ßalsi d. h. (.lavxiv ov ßdXXei, wobei das konditionale Bindewort wie in F ganz weggelassen ist, also „legt er nicht einen Mantel (unter den Kopf?)"; aber das emiache ßäXXco kann meines Wissens nur bedeuten „anlegen"; vgl. z. B. das Sprichwort Nr. 26. Kurz, die Variante von I beruht offenbar auf einem ver- fehlten Besserungsversuche. In K endlich, wo der Spruch die Sammlung eröffnet, ist das Objekt ganz ausgefallen; allein ein derartiger absoluter Gebrauch von ß. ist mir un- bekannt und unverständlich. Die ansprechendste Lesung bleibt mithin die von F. Sotiriadis S. 233 glaubt, das Sprichwort wolle besagen, dass die sociale Ungleichheit durch die Natur ausgeglichen werde, indem auch der Reiche den Schlaf nicht geniessen könne, wenn er sich nicht dazu verstehe, sich niederzulegen; auch er habe kein vornehmeres Mittel, sich den Genuss des Schlafens zu verschaffen , als sich hin- zustrecken. Die Deutung ist hübsch ; nur will mich be- dünken, dass in dem Akte des Sichniederlegens der Begriff

1) Etwas anderes ist die Verbindung von ßäXXm mit dem Neutr. Plur. des demonstrativen Pronomens z. B. Mr'jxs fis rois ayiovg va ßäXrig, firjXE /lis xovg rosXXovgl , Binde weder mit den Heiligen an, noch mit den Narren!" Beniz. 163, 191.

168 Sitzunr/ der iMlos.-iMlol. Classe vom 8. Juli 18D3.

des Unfeinen foder Beschwerlichen) viel zu wenig hervor- tritt, als dass die von S. angenommene Pointe genügend ver- ständlich würde. Ganz nutzlos sind die theologischen Er- klärungen der neuen Hss, auf die ich zuerst Hoffnung ge- setzt hatte: Sowohl in H (s. o.) als in IK wird mit dem Spruche die eines Beweises nicht bedürftige Wahrheit be- wiesen, dass sowohl der Sünder als der Gerechte, wenn er nicht den Staub dem Staube zurückgibt, nicht zur ewigen Ruhe gelangen könne.

34 Vgl. Kr. S. 85. Zu den Formen q^ayei, yjoei vgl. die für die Erklärung derselben höchst instruktive Stelle in der Vita Euthymii ed. C. de Boor (Berlin 1888) S. 71, 10 ycQ8a elg q^ayr^v etteCt^tei^ wo q^ayeiv zu schreiben ist. Die Varianten der neuen Hss bieten nur in sprachlicher Hinsicht einiges Bemerkenswerte. Die Verbindung mit xat ist F mit K gemeinsam, in H sind die zwei Glieder mit öe verknüpft, I bietet völliges Asyndeton. Die zwei substantivierten In- finitive erscheinen nur in F in der neugriechischen Form ohne Schluss-J^, doch ist (päysi betont, während man heute meines Wissens allgemein t6 cpayel spricht. In HIK haben die zwei Formen das Schluss-v bewahrt; im Accent von cpayEiv stimmt K mit F überein, während HI nach neu- griechischer Weise das Wort auf der letzten Silbe betonen. Um das Verhältnis und die Bedeutung dieser Varianten zu erläutern, müsste ich der auf die genannten Formen bezüg- lichen Kontroverse, für welche ich a. a. 0. S. 85 die wichtigste Litteratur verzeichnet habe, näher treten, wozu hier nicht der Ort ist. Die Variante von I TtQunqv d. h. 7rQixvv beruht auf einer im Vulgärgriechischen weitverbreiteten Metathese (rroiKog statt TTixQog wie «d^ey/, ttovqvo, aqfAsyco statt adeQcpi, TTQwivo, ai^elyco; vgl. zuletzt G. Meyer, Indogerm. Forschungen 2^1893) 443 f. und Wilh. Schulze, KZ 33 (1893) 226) und auf dem hier durch das A^orausgehende yXviivv in seinen Gründen ad oculos demonstrierten Metaplasmus, dem Formen

Krumhacher: Mittelgriechische Sprichrcörter. 169

wie jnaxQvg, eXacfqvg w. s. w. ihre Entstehung verdanken. Vgl. Hatzidakis, Einleitung S. 381. Das Neugriechische bietet mehrere Parallelen /. B. TAfza t' sffayeg, ^ivd O^d Ta ^SQaorjg. Beniz. 49, 87. Ecpayeg, v.aQdia. f.iot\ rd ylvxo- /nccQOiXa, ffäye y.ai xd 7riv.Qoi.iccQovXa. Beniz. 85, 294. Aehnlich auf Kastellörizo: Tlolld 'cpasg, xaQdooXXd /.lov, qde toai f.iaQOvllovdia. Diamant. 387. ' Eq^ayeg rd /neXi, vcit ymI %6 ^eldi. Beniz. 85, 295. '0/rov rocoyei x«^m, yJKei cpiii'lia. Kanell. 557. Vgl. auch den Spruch: Fai-ueaai, züQt], yal- QEOai, i^id v' agy' ^ yavva xal vd ^dfjg. NsoeXl. l4v. 32. Viele Parallelen im Italienischen z. T. mit denselben Bildern wie im Neugriechischen z. B. Chi mangia il pesce, caca le lische. Giusti 84. Chi ga magna le candele, caga i stopini. Pasqualigo I 104. Bravure da zoveni, dogie da vecci, und: Pecai da zoveni, penitenza da vecci. Pasqualigo II 4(). Se leca '1 mel, se spiida '1 fei. Samarani 155. Chi a mangia i candir, caga i stopin. Samarani 208. Chi ä maiat el pes, caga le resche. Samarani 208. Andere ita- lienische Parallelen bei Pitre I 333.

Ferner steht dem Gedanken eine Sprichwörtergruppe, welche besagt, dass die Väter oft ausessen müssen, was die Söhne einbrocken, also eine Umkehrung des ebenfalls sprich- wörtlichen (vgl. Düringsfeld I Nr. 409) biblischen Satzes: 0\ TiaTeQsg expayov öi-icfaxa y.al oi odovreg twv rexvwv f^mÖiaoav (.Jerem. 38, 29, vgl. Ezech. 18, 2) z. B.: Ol V601 TQO)yovv rd ^tvd xt oJ ye.qovTeg /iiovSid'Covv „Die Jungen essen Saueres und die Alten bekommen stumpfe Zähne". Beniz. 185, 124. Aehnlich karpathisch: "AXkoi tqwoiv rd ^vvd XL dXXoL /iiovöid'Covv. Manol. 24. Gewöhnlich werden zum Vergleiche die saueren Aepfel gebraucht z. B. Td naidia zQtoyovv za /itr^Xa Y.al o\ yeqovTeg (.lovdid'Qovv. Beniz. 291, 102. Td 7iaiöid xa tqwv ta f.ir^Xa y,al oi yeqovToi rd /novöia^ovv. Benet. 53. Albanesisch: „Die Jungen essen die Aepfel und den Alten werden die Backenzähne stumpf.

170 Sitzung der i)hilos.-phUol. Classe vom 8. Juli 1893.

Hahn 34.^) Vgl. den lombardischen Spruch: ^Vün fa la bügada, a on alter ghe toca a sügala". Samarani 175, mit der Erklärung: „Certi figliuoli, per es., commettono gravi spropositi, che il padre e forzato rimediare con grave suo danno".

35 „Ich meine, mein Weib, wir sind (werden?) nicht reich: essen wir wenigstens den Sauerteig!" Vgl. Kr, S. 70. 87. Mit der Version von F stimmen IK überein; eine den Sinn nicht berührende Variante bietet H: Oldai-iev, yvvi], ov 7rXovTov(.iEV v.av ag (faf.iev zo 7tQol,vi.iiv. „Wir wissen es, Weib, wir sind nicht reich: essen wir wenigstens den Sauerteig!" Welche von beiden Fassungen die ursprünglichere ist, lässt sich nicht entscheiden; doch spricht sowohl die Fassung an sich als die Uebereinstimmung von FIK für die erste Form: oida, ovk oiöa, neben welcher das öLdafiev von H nach einer vereinfachenden jüngeren Redaktion aussieht. In der „Lösung" wird der Sauerteig mit völliger Verwischung des proverbialen Gedankens auf das Brot und Wort Gottes gedeutet.

36 „Ehe wir ertrinken, bezahle das Fahrgeld!" Vgl. Kr. S. 70. 89. Während im vorhergehenden Spruche FIK gegen H zusammengehen, steht hier F (mit Planudes) allein gegen H I K und in der That ist die Fassung der neuen Hss für die Situation passender. Die Variante von K, welcher nach dög das überflüssige Pronomen tov bietet, ist ohne Be- deutung. Ueber den sprichwörtlichen Gebrauch von vavlog = letzter Heller s. Otto 1204. Die „Lösung" deutet das Fahr- geld auf die vor dem Ertrinken d. h. dem Tode notwendige

1) Rückert übersetzte diesen Spruch:

Die Aepfel is.st der Sohn,

Des Vaters Zahn wird stumpf davon.

Rückertiana. Mitgeteilt von Edm. Bayer, Zeitschv. f. vergleich. Litteraturgescb. 6 (1893) 246.

Krumbacher: Mittelyriechische Simchwörter. 171

Bekehrung y.u Gott. Zu den am Schlüsse der theologischen Erklärung erwähnten TeXcoria d. h. Luftgeister ", die auch in der Lösung des Spruches 26 des Vatic. 695 (s. S. 1)7) und des Spruches 51 des Cod. Taur. (s, S. 110) wiederkehren, vgl. Krumhacher, Studien zu den Legenden des hl. Theo- dosius, Sitzungsber. d. k. bayer. Ak. d. Wiss., philos.-philolog. u. hist. Gl. 1892 S. 349, Leontios' von Neapolis Leben des H. Johannes des Barmherzigen herausgeg. von H. Geizer, Freiburg i. B. 1893 S. 191 und Michael Glykas ed. Bonn. 513, 17. Zu der Vorstellung von den himmlischen Zoll- einnehmern lässt sich aus dem Altertum die Stelle des So- phokles, König Oedipus 199 f. vergleichen, welche 0. Crusius, Philologus 52 (1893) 162, nach Zielinski's Herstellung und Deutung angeführt hat: ^zeXog yccQ et ri Ni^ ^(ffp tovt^ en' 'Hj-iaq tQxeiai: Tag und Nacht als die Tsltovai des Todes". 37 „Die Welt ging unter und mein Weib putzte sich." Vgl. Kr. S. 70. 89. Die Varianten der neuen Hss sind rein formaler Art. Statt Ittovti'Qeto bietet H im Texte und in der Erklärung die vulgärgriecliische Form s/iovtI'Cetov, statt ij e^iri yovri das ebenfalls volkssprachliche r yvvin uov. Statt iaroXiCsto FH, mit welchen auch das neugriechische Sprich- wort bei Benizelos S. 190, 193: '0 v.oof.iog htovritevo x' i) yvvar/.a /.i' eoroUteTO übereinstimmt, hat I iorXrjßrjteio d. h. EOThßiUzo mit Metathese (vgl. S. 168 unten) statt toiil- ßiuzo und K die von demselben Stamme gebildete Neben- form ioTilßövEzo (1. iazdßwvezo). Zur Bedeutungsgeschichte von TCovTi'Cw ist folgendes zu bemerken: Die altgriechische Bedeutung „ins Meer versenken" (Aeschylos und Sophokles; s. den Thesaurus H. Steph.) scheint auch noch in der byzan- tinischen Zeit zu existieren; so haben einige Hss des Theo- phanes 375, 22 (ed. de Boor) 7Colld ay.dcpi] hrovziod-rjGav Oijiiilivya, andere knorzLoi^rjoav und eßvO-ioD^iiaai", er stürzte sich ins Meer heisst ebenda 405, 22 hcövicooev aavzov, eine kleine Nuance „überschwemmen" „zerstören", (?) bietet Theo-

172 Sitzung der philos.-phüol. Glasse vom 8. Juli 1893.

phanes 171, 23 6 jrora}.idg .... nXrjiiiiiivQT^aag ör/.t]p S-aXaooijg Tovg ol'y.ovg ocv rcng oIy-oioi oiocor inovriCev. Von dieser Anwendung, die von dem speziellen Begriff des Meeres offenbar schon absieht, finden wir den Uebergang zu der aligemeinen Bedeutung „verderben", aus welcher sich, wie „corrumpere", ^Siacf&EiQEiv'^ u. a. Wörter zeigen, leicht die prägnante Be- deutung „schänden" entwickelt. So sagt derselbe Theophanes 432, 4: T^deXrjOav rag yvvaly.ag aiztov Trovri'oai, was Ana- stasius ganz missverständlich „in pelagus iacere" übersetzt und auch Goarius im bildlichen Sinne aufgefasst hat (s. den Index von de Boor s. v.). Wahrscheinlich aber war schon damals das Bewusstsein der ursprünglichen Bedeutung ge- schwunden. In den cyprischen Assisen (ed. Sathas, Mea. ßißX. vol. VI) dient noviitto geradezu als technischer Ausdruck teils für die Vergeudung des Vermögens, teils für die Defloration; die erste Bedeutung hat z. B. statt S. 163, 23; 283, 15, 24 und 26; die zweite S. 98, 14 {txovxiQeiv x-^v Ttaldsvav); 346, 31 {/r. Trji' nagOeriav); 348, 13 (tt. riqv y(.07ieXlav) ; 348, 24 (tt, Tiaq^Eviav). Einen Beleg für die Bedeutung „vergeuden" bietet auch Sachlikis ed. Wagner S, 71 V. 217: t6 Gm^riv tov, to s'ysiv xov oXov va ro ttov- xiorj. Neben novriCio findet sich vereinzelt das Präsens 7TOvtiätio, ebenfalls mit der Bedeutung „zu gründe richten", „ruinieren" (zur Bildung vgl. Hatzidakis, Einleitung S. 398); Georgillas, Pest von Rhodos ed. Wagner S. 34 V. 67: x' r) IvyEQoig syaü^}]oav x' oi v&oi e7tovTiaGirjyMv. Nun fällt auch auf die aus Theophanes angeführten Stellen ein neues Licht: Sicher belegt ist novzi^dj dort nur im Sinne „über- schwemmen" oder vielleicht ganz allgemein „zerstören" 171, 23 und im Sinne der Assisen „schänden" 432, 4. Dagegen bieten die Hss an der einen der zwei Stellen , wo der Zusammenhang die alte Bedeutung „ins Meer versenken" erfordert, übereinstimmend novröco 405, 22 und an der zweiten Stelle 375, 22 haben nur drei Hss STTOVTiad^)]oav, eine

Rrumbacher: Mittelgriechische Sprichioörter. 173

STTOvTwd^riGav, die übrigen ißvd-iG^t]aav^ was de Boor auch in den Text gesetzt hat. Es scheint also, dass man, als jiov- Titco in die allgemeinere Bedeutung „verderben", „schänden'" überging, zur Differenzierung des Begriffes „ins Meer stürzen" das wohl jüngere, aber ebenfalls schon altgriechische (im Thesaurus aus Nikol. Damask., Quintus Sniyrn. und Konst. Manasses belegte) Bruderwort novröco wählte. In der heutigen Volkssprache scheint nur das Kompositum ■KaTartovilUo „gänzlich zerstören", ruinieren *■ gebräuchlich zu sein, das sich auch in der mittelalterlichen Litteratur, z. B. Belthaudros ed. Legrand V. 1105, Geschichte vom ehrsamen Esel ed. Wagner S. 115 V. 101, Glykas ed. Bonn. 519, 4 findet. Zu der in der „Lösung" vorkommenden Form yw-qv vgl. meine Abhandlung ytTrj, yvvr^q etc. KZ 27 (1884) 529-545.

Das Neugriechische liefert ausser der oben angefahrten Fassung noch folgende Varianten : '0 'AOGf-iog eyiovitovrav y.1 i] yQt]d keooxzEvitovvav'^) Arab. 1771; auch Beniz. 190, 194 (der jedoch sxwpiCero, ^^sooyvevi'CsTO schreibt). Ganz ähnlich chiotisch: '0 -/.öoiiog ovi'TeXevyeTai y,i i] yQTi^ b^QO- yteviLsiai. Kanell. 499. Die Stelle der Alten vertritt ein Eigenname in der Fassung: *^H yij y.aTarcovTiCezai /.i rj IUccqcj ■/.aTQenzi'Cetai {/.a^QEq^vil^exai NeoelX. ^v.). Beniz. 94, 34. NsoelX. !Av. 281. Denselben Gedanken endlich enthält der formal ganz abweichende Spruch: '^'OXol yvQevav xo oeiof-io Y.1 6 f.iaQay/.6g yvval/.a. Beniz. 195, 251 ; auch das karpathische Sprichwort: '0 y.6ofj.og jU£ top -/.oo^iov zov /.al y] yQl]ci iti rd lov/Mvr/M zrjQ. „Eig Tovg iv '/.aiQ(^ '/.ivdvvov xaTaytroLUvoig elg ovTidard Igya.^ Manol. 330. Ganz verblasst erscheint

1) Ueber den Sinn von ^sgoxTsviCo/iiai (wörtlich „ich kämme mich trocken") bin ich nicht ganz im Klaren. Verbindungen mit ^eQo- sind im Neugriechischen häufig, z. B. ^EgoocpovyyiCofiai Beniz. 229, 772; ^sQoxaxvaxlCw (doch wohl nur Druckfehler für ^egoxavaxiCco) Beniz. 245, 1001; ^FQOxoxxiria^ua Beniz. 175, 32. Es wäre zu wünschen, dass die Bedeutung und Verbreitung dieses Kompositionswortes näher untersucht würde.

174 Sitzung der philos.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

der Gedanke in dem faden Gemeinplatz: l4XXov yilaivE /.i aXXov yeXäve. Beniz. 10, 122. Albanesisch: „Das Dorf brannte und die Hure kämmte sich". Hahn (3; im Original ist der Spruch wie seine griechischen Verwandten gereimt: cpöaTL diyisiy, '/.ovqßa xqixEiy.

38 „Wie du die Fleischgallerte angenommen hast, so

nimm jetzt auch " Vgl. Kr. S. 70. 90. Die Fassung

von HTK liegt offenbar auch der Bearbeitung des Planudes Nr. 71 zu gründe; mithin steht die Form von F, wo die echt proverbialen bildlichen Ausdrücke durch die abstrakten Begriffe „Ueppigkeit" und „Schrecken" ersetzt sind und statt der vulgären Form dt^ov das korrektere de^ai erscheint, in der Ueberlieferung völlig isoliert und kann mit Sicherheit als eine wertlose gelehrte Paraphrase bezeichnet werden. Die Erklärung der wahrscheinlich echt volksmässigen Anti- these fcrfz-TT] und l[xnri%Tri macht grosse Schwierigkeiten. Das erste Wort heisst im Altgriechischen „geronnene Milch", „Käse" und in der heutigen Sprache „Fleischgallerte" (Aspic);^) aber unklar ist die Bedeutung von «;i/7f?yxTrj, das offenbar einen Gegensatz zu Tnyxrr) bildet. Nach seinem körperhaften Bestände heisst das Wort „das darin Geronnene"; was jedoch speziell damit gemeint ist, vermag ich nicht festzustellen. In der „Lösung" werden die nr^yitai mit den Weltlüsten, die ei.utrf/.Tai mit den Höllenstrafen verglichen. Die Ver- mutungen von E. Kurtz S. 22 „was im Käse drin war" und H. Schenkl, Zeitschr. f. österr. Gymn. 38 (1887) 180 „die ungeniessbaren Reste, die bei der Käsebereitung übrig

1) Das Wort ist auch ins Lateinische übergegangen *picta und von dort in der nach italienischem Lautgesetze umgestalteten Form pitta, Jifjrxa {jiirxa, nira) wieder zu den Griechen zurück- gewandert, wie Ct. Meyer, Bezzenbergers Beitr. 19, 153 gezeigt hat. In dieser romanisierten Form bedeutet das Wort ein rundes, fladen- artiges Brot, das schneller als das gewöhnliche Brot gar gebacken, aber auch schneller hart und ungeniessbar wird. Auch das Wort Jiijrra spielt im Sprichwort eine Rolle. Vgl. Beniz. 255, 125 f.; 262, 217.

Kru)7ihaeJier : MHtelr/riechische Sprichwörter. 175

bleiben", bringen uns nicht weiter. In einem ganz ähn- lichen Gegensatz zu Lust und Genuss wie hier das Substantiv si-iTtijxTTi steht das Verbum ef.inriXvco in einem epirotischen Spruche: To Ttal^s nai^e qiaovEL y.al to f.i7rfi§e /.iTtri^e. Aral). 1921, mit der Erklärung: „"Ort £x zov TtaiCeiv y.al aoxiev- Eod^ai YMTa Kogov STTccyovrai dievs^stg y.ai al/.iOf.ioi^ . Viel- leicht lässt sich von hier aus der Weg zur Lösung des Rätsels finden.

39 „Vor einem Flusse hebe deine Kleider auf!" Vgl. Kr. S. 70. 90. Crusius, Rhein. Mus. 42, 416 f. In HI ist der Spruch in die Form einer dauernden stets geltenden Vorschrift gefasst und daher der Imperativ Präs. gebraucht. Während bei einigen der vorhergehenden Sprüche die Form von F gelehrten Einfluss verrät, bietet hier F das volks- mässige Fremdwort qovya (vgl. D. Matov, Griechisch-bul- garische Studien, Sep.-Abzug aus dem 9. Bande des Sbornik des bulgar. Unterrichtsministeriums, Sofia 1893 S. 61), HI dagegen das griechische und wohl gelehrte tf-iazia.

40 „Der Maus Pläne wird die Katze zerstören." Vgl. Kr. S. 90.

41 „Bei der Stäupung (Verkündung eines Verbotes?) des einen kam des andern Pferd heraus." Vgl. Kr. S. 70. 90 f. Zu yißercitio, yißavTiai.ia ist zu bemerken, dass das Wort noch heute bekannt ist z. B. '0 \pevTr]q to yEßevriGf^a yia '/.avyjjiia ro e'yei. Beniz. 246, 1013. '0 Y.Xtq)Ti]q to ysßevTiOf.ta yid jtavijvQi xloyßL. NeoslX. l4v. 216. 'jff noq- ziycr] (wohl = TroXiTixT^, Hure) ra yeßevza yia navrjyvQi Tayei. NeoeXl. !Av. 29. Ebenso auf KastelhSrizo : xovqßa TO yEßeviiGf.iav 7cavaÜQaxoiv twoei. Diamant. 131. Aeltere Belege bietet Sachlikis ed. Wagner II V. 421. 627. 654, auch Sachlikis I in der unedierten Redaktion des Cod. Neapol. III A. a. 9, wo der Schlussvers (= ed. Wagner S. 77 V. 367) lautet:

Kai Tozeg TTißovlEvovzai oi 7iaXaioyißEvziO(AivaLQ.

176 Sitzung der phüos.-philol. Glasse vom 8. Juli 1893.

Zur Erklärung haben die Rezensenten nicht beigebracht, und auch die neuen Hss führen nicht zur Entscheidung. Ihre Hauptvariante evQed^rjV bzw. evQsd^r] (statt s^eßrj) ändert den Sinn nur unwesentlich. Die „Lösung" hat von den zvi^ei Bedeutungen von yißsvTiLw „etwas öffentlich bei Galgen- strafe verbieten" und „stäupen" die erste im Äuge und fasst ytßevTiOf.ia als die „öffentliche Verkündigung oder Predigt" der Propheten, zu welcher sich dann die Apostel (= Pferde) einfanden. Darnach hätte das Sprichwort den Sinn: „Während der eine eine gesetzliche Bestimmung öffentlich ausrufen Hess, kam des andern Pferd als Zuhörer" mit Anwendung auf Leute, welche nicht auf anderer Worte hören; vgl. Nr. 14. Sehr ansprechend ist eine Erklärung, welche mir 0. Crusius vorschlug: „Während der eine (Unschuldige) öffentlich ge- stäupt wurde, trat des andern gestohlenes Pferd heraus und verriet dadurch seinen Herrn, den wirklich Schuldigen". Sotiriadis S. 234 vermutete, dass aXoyov in evkoyov = t] eiloyia, 6 ydfxog zu ändern und der Spruch auf die ungleiche Verteilung des Glückes zu beziehen sei: „Während der eine zum Galgen geführt wurde, kam des andern Hochzeitzug heraus"; dazu verglich E. Kurtz brieflich noch den derben neugriechischen Spruch: '^Xlog ipvxoi.iaxa£i v-i oXkoo, y.acXo~ f-iaxaei. Arab. 40 (ähnlich Beniz. 9, 107; 10, 122). Allein nachdem aloyov von drei sonst weit auseinandergehenden Hss gleichmässig überliefert ist, darf an eine Aenderung der Lesart nicht mehr gedacht werden.

42 "Ojiov nollol 7TET€ivoi, ixei rj/uega ov yivEXai. „Wo viele Hähne sind, da wird es nicht Tag" d. h. Wo viele sich um etwas bemühen, da kommt nichts Rechtes zu stände. Planudes 45. Zur Variante von I Taxrj d. h. raxeZ ver- gleicht Hatzidakis brieflich: xa xO^ig, za orn-tEQa, zq niqtaL, TU (fäiog^ Tccgya, mio xa totsc;, xa MV5. Zwei Belege für diese Verstärkung des Adverbs durch den Artikel bietet das Sprichwort: "Ooto (schreibe "Otfo) Eixa{.ie n] f-iäpa f.iag, 7Trjyai-

Krunibacher: Mittelgriechische Sprichivörter. 177

vai.iE ovXo ra nioto^ rioga tcov dsv ttjv s'xot\us, 7rrjyaivovi.is ovlo ra '(.iJiQOGtä. NeoelX. ^v. 149. Im Neugriechischen ist der Spruch weit verbreitet. Eine epirotische Fassung zitiert Kurtz zu Planudes 45 aus Arab. 968. Kretisch: "Oirov noXXot nereivoi^ agyel vd ^rj/neocoGf]. Jeannar. 136. Chiotisch : "0/rov Ve nolXot nETEivot^ aQyel td ^riuf-gwot]. Kanell. 452. Cyprisch: ^7t6 'ysi noXlovg vreTeivovg, aQ^eX vd ^rjiuEQCoor]. Sakell. 98. Karpathisch: "Ojtov y.QaCovv jtoXXoi tieteivoI^ dqyEl vd ^ri(.iEQWOi]. Manol. 351. Ebenso Kastellorizisch. Diamant. 344. Auch türkisch: „Im Hause, wo viele Hähne sind, wird es spät Morgen". Osman. 140.

Zahllos sind die Sprüche, welche denselben Gedanken mit andern Vergleichen ausdrücken. Ich nenne nur einige Beispiele: Altgiiechisch: IloXXol OTQaxi^yoi Kaqiav diiM- Xsaav. Diogen. 7, 72. Apostolios 14, 51. IJoXXol laxQol ßaoiXla dncoXEOai\ als Ausspruch Hadrians angeführt von Dio Cassius (s. die Note zu Diogen. 7, 72). Neugriechisch: 0\ TToXXol •Aaoaßo'/.vQOi nviyovv -/.aQaßi. Barth. 45. San- ders 8. Aehnlich auf Kastellörizo : Td rroXXd y.ovf.idvTa t6 Y.aQdßiv Tiviovv xo. Diamant. 483. 0\ jioXXeq f.taf.i{.ieg nvi- yovv t6 7iaidi. Arab. 459. Arabisch: The number of Cooks burn the food, und: Too many. captains sink the ship. Burton 178. Türkisch: Zwei Steuermänner machen das Schiff untergehen. Osman. 115. Wo viele Schäfer, dort geht das Schaf elendiglich zu gründe. Vambery 283. Weitere Parallelen bei Valles-Haller I Nr. 312. Düringsfeld II Nr. 543. Wander II S. 1447, 70 ff.

Recht unwahrscheinlich ist die Fassung bei Arab. 1812, dem sie wohl Beniz. 235, 849 mit kleinen Aenderungen entlehnt hat: 'Ovar XaXfj "vag (d Beniz.) /cEzsivog^ doyaEi (agysl Beniz.) vd ^rji.iEQOJOr]. ' Beide geben die lederne Er- klärung, ein einziger könne nicht leicht etwas Gutes zu stände bringen, da Eig ovöslg sei, und Arab. ist von der proverbialen Schärfe dieses Gedankens so überzeugt, dass er

1893. Pliilo8.-philol. u. bist. Cl. II. 1. 12

178 Sitzung der jihüos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

sogar die mit dem mittelalterlichen Spruche und den oben zitierten neugriechischen Parallelen übereinstimmende Parömie 968 seiner eigenen Sammlung (^'Orrov Xakovv nixoi noUoi^ aqyaei va Brjf-ieQcoorj)^ deren Sinn ihm verborgen blieb, als aroTttog EKTEd^eifAevt] bezeichnet, ohne sich jedoch diesmal zur Emendation (s, S. 10) hinreissen zu lassen. Sein Spruch könnte aber höchstens dann einen Sinn haben, wenn man laXij besonders betonen wollte: Wer eine Sache laut an- kündigt, bringt sie nicht oder nur spät zu stände; ein Tüch- tiger macht wenig Worte, oder wie das neugriechische Sprich- wort sagt: T6 ßadv noTaf^u dev xävei y.qozo. Beniz. 302, 242. Doch müsste dann jedenfalls der Lesung o (Beniz.) vor evag (Arab.) der Vorzug gegeben werden. Wahrscheinlich aber hat Arab. an den vSpruch gedacht „Eine Schwalbe (ein Kuckuck) macht keinen Frühling aus" (s. Nr. 83 unserer Sammlung) und diesem Einfall zu liebe tvag in den Spruch eingeschmnggelt ein Beweis, wie vorsichtig man auch bei der Benützung von Sammlungen zeitgenössischer Sprüche sein muss.

43 „Anbruch des Winters Thränen des Hirten." Der nur in HI überlieferte Spruch gehört in die grosse und z. B. in der Sammlung von Benizelos ziemlich reich ver- tretene Kategorie der Bauernregeln, kann aber wohl auch auf andere Verhältnisse Anwendung finden.

44 Idrco TCTCoyßv /.iiq öavEioS^'^g' -/.al vXa'iEi y.al anoXovd-^ OS. „Von einem Armen borg nicht; er weint und läuft dir nach." Die Varianten sind rein orthographischer Natur. Denselben Ratschlag enthält der neugriechische Spruch: ^/c6 nxtoyov f.i7j daveioSf^g., os naiQvei xo yf-axönt. Arab. 125. Eine etwas verschiedene Form bieten Beniz. 160, 145 und Manol. 286: Mt] öaveiadfjg a7rö (prcoy^o '/.al Tcaqrj os -/.aröiri (x' snaqrj a' ccjio tvIgco Manol.). Ohne Angabe eines Grundes warnt der Spruch bei Beniz. 169, 16: Nd (.iri xQcoovag oe nlovoio, q>Tiox6 vd /.iri öavsi'Cjjgl Auf ein älteres Zeugnis

Krumhacher: Mittel (jrieckifiche Spriclitvörter. 179

von der Existenz des Spruches hat schon E. Kiirtz, Planudes- sammlnng S. 7, hingewiesen; es ist folgende Stelle in einem Briefe des Plann des: ^/?jds t^v naQOi(.iiav /.loi nqöcfEQe "/Qr^Gaod^ai Ttagd 7revi]Tog airoTQenovGav. Maximi mo- nachi Planudis epistulae ed. M. Treu No. B\ S. 79, 38.

45 „Wenn das erste gut ist und das letzte schlecht, ist alles schlecht; und umgekehrt: Wenn das erste schlecht ist und das letzte gut, ist alles gut." I bietet dasselbe Gedankenpaar in umgekehrter Reihenfolge, dazu einige un- bedeutende Varianten im Texte, wie -«)', was nicht ganz unzulässig wäre, hier aber doch wohl aus Eav verlesen ist, und die Anknüpfung mit ds statt mit v.al 7idXLv. Dieselbe breite Ausführung von „Ende gut alles gut" existiert noch heute in Kreta: Td jiQWTa v.akd -/.al rd voiEqa xaxa, otAa xaxa* TTQiüra xazd '/.al vd vorsoa /laXa, ovXa y.aXa. Jeann. 1G7. Den ersten Teil des Spruches spezialisiert das Sprichwort: Kald veidza, zaxa yeQareid^ oXa xaxa. NeoeXX. Uv. 33. Eine kurze Fassung bietet Beniz. 293, 130: Td ^otSQvd zii^ioiv xd TcqiZra.

46 „Die Erde schwur's dem Himmel zu: Ein Geheimnis bleibt nicht verborgen." Vgl. Kr. S. 68. 73 f. Kurtz, Philo- logus 49, 457 f. Zu der Form KQvßdzat F, die ich früher auf- fällig fand, kann ich jetzt vergleichen: SKQvßrjif^r^g, Glykas ed. Legrand, Bibl. gr. vulg. I S. 24 V. 199; eiiQvßrjü^i]Gav Pika- toros ed. Wagner S. 239 V. 490; y.QvßrjO^fj, Aöyog naq^yoq. Romans grecs ed. Lambros V. 62; £yiQvßi^S^r]yieg Messe des Bartlosen ed. Legrand, Bibl. gr. vulg. II S. 32 Z. 130; hQv- ßrid-rjg, '^Aliooig ed. Legrand, Bibl. gr. vnlg. I S. 196 V. 825; sy.Qovß7\d^rj Passow, Carmina Nr. 433, 4. Uebrigens bietet I die gewöhnliche Form 'AQvßevai (Cod. '/.QißezaL). Der un- mögliche Dativ TU) ovQav(^ F ist in I richtig durch den Accusativ zov ovqavov ersetzt. Für sich steht die Fassung von H. Verwandt ist der neugriechische Spruch bei Beni- zelos 67, 18: "Eyiv' 6 ouQavog df-if-iog^ /.al x6 üQvifd ötv

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180 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

8y.QV(frrj „Der Himmel wurde zu Sand, und das Geheimnis blieb nicht verborgen" d. h. „Auch wenn der ganze Himmel Sand würde, könnte er das Geheimnis nicht zudecken".

47 „Wie die Leute, so auch Kosmas." Vgl. Kr. S. 68. 74. Die Lesung von I ist wohl herzustellen: EX xi etc. „Wenn die Leute (etwas sagen oder thun), dann auch Kosmas." Zu £t tl vgl. den Spruch 128. Neugriechische Seitenstücke: Benizelos 220, 638 und Kanell. 542: "Ott'' 6 Y.6öf.iog V.I ö Koof.iag „Wo die Leute (sind), (da ist) auch Kosmas", wozu Beniz. die schiefe Erklärung gibt: Elg rovg £x ayf-inad^eiag y.al q)iXavdQiOTiiag i^ierexorvag nov öeivcov äXlcov^ während Kanell. richtig deutet: 'Eni tcov naviaiov naQOVTcov^ drjiaöri tcov avafiiyvvo/uevcov elg Ttaoag rag vno- d^iöEig. Arab. 983 gibt die den Hss FH nahekommende Fassung: '^'Oniog 6 yi6of.iog /.i 6 Koof-täg und erklärt: 'On öeI öv^if.iOQ(povod-aL Talg negioraoEOi ymI rcQaxTeiv^ ort o\ nXeioTOL nqaxTovoiv (d. h. mit den Wölfen heulen). Damit stimmt die Fassung und Erklärung des Spruches bei Manol. 505 überein: "^Otl y.af.i'' u -KÖG^iog^ 3a y.af.ir] xi 6 Koo/iiag. ^ Eni riov ovf.i/.iOQg)Ovi.t£vwv nqog ttjv yeviyir^v yvcof.irjV.^ Eine vierte Form bietet Diamant. 364: "Oti y.6o/.iog ra' £ KoG/.iäg.

48 „Ein nachgeborener Sohn wird seinen Vater nicht sehen." Vgl. Kr. S. 69. 82. Die Variante von H ovx oQa verdient keine Beachtung. Die Erklärung, welche ich a. a. 0. noch mit einigem Bedenken vorgetragen hatte, wird durch weitere Parallelen als zweifellos richtig erwiesen. C. Foy zitiert, Bezz. Beitr. 14, 47, aus Arab. 1062 den Spruch:

Oiluf-wg viog /.is tov TTarega zov dtv 3sQi^ei und aus Arab. 197 den Spruch: rdf.wg '6iJ,Uf.iog, uaiöid za' OQcpdviag (auch bei Beniz. 44, 11), endlich brieflich aus dem Peloponnes die Fassung: "Oipiinr] ycavvQeia, 7iQCüif.i dQq)avia. Der zuerst genannte Spruch in der Form: '0(pif.wg v\dg f.ie xvqiv der ^SQiQei schon bei Sanders 78, der aber unsinnig übersetzt: „Ein später Sohn reift nicht mit seinem Vater". Zweifellos

Krumbacher: Mittelgriecliische Sprichtvörter. 181

falsch ist die vor der Klammer stehende Variante bei Beniz. 246, 1016: ^'Oii'/f-wg v'iog (.is y.6Qr) (ij (.is yttgr] nariqa) de ^egitei, und ebenso falsch die beigegebene Erklärung: „'^Oti zd dvvafAEva va cpegioGi xanov mtOTiXEOf-ia 8k rrjg ovyxoi- vwvtag tiov div nQt7rEi va avyy.oiviovwGi'^ . Das traurige Schicksal der Waisen schildert der Spruch bei Beniz. 338, 33: Xr^Qag /Taid(o ya'iSovQag novlagia.

49 „Ich gab dir und du gabst mir und Segen wünschtest du mir" (F). Vgl. Kr. S. 70. 88. Die neuen Hss bieten bemerkenswerte Abweichungen. Zunächst wird durch HI die apriorische Vermutung bestätigt, dass der Spruch in P schulmässig zugestutzt ist: Statt des unzulässigen Dativs ooi und ^loi bietet (genau wie in Nr. 46) H den Gen. und I den Accus., statt edtoxag lesen wir in H das volksmässige eäiü-Aeg. Die übrigen Varianten gehen tiefer. H hat die ersten zwei Glieder in umgekehrter Folge, wohl mit Recht; denn es ist geziemend, dass der Sprechende seine eigenen Wohlthaten erst an zweiter Stelle erwähnt; hierin stimmt auch I mit H überein. Dass aber I in beiden Gliedern statt der zweiten Person die dritte bietet, scheint auf Irrtum zu beruhen; denn im Schluss des Spruches wird wie in PH so auch in I, wo EvlöyrjOLV für Evlöytioov und ev^ov {.ie für Eu^ov/.tai zu schreiben ist, eine Rede an eine zweite Person vorausgesetzt. Die dritte Person liesse sich nur verteidigen, wenn man £v§ovf.iai als 1. Pers. Sing. Fut. auffasste: „Er gab mir und ich gab ihm und werde ihm Segen wünschen"; doch spricht hiegegen die Uebereinstimmung von PH. Die eigentliche Pointe des Spruches wird freilich auch durch die neuen Hss nicht klar. Völlig nutzlos ist wie gewöhnlich die „Lösung", wo eöwxa in dem auch sonst z. B. häufig bei Malalas und Theophanes (s. die Indices) bezeugten Sinne „ich habe ihm eines hinaiifgegeben" aufgefasst ist. Auf das Verhältnis gegenseitiger Pflichterfüllung, das der Spruch aus- zudrücken scheint (s. Kr. S. 88), bezieht sich der neu-

182 Sitzung der philos.-philol. Glasse vom 8. Juli 1893.

griechisclie Spruch: ^E/rr^gaf-te xi ediiJOaf.t£. Arab. 1626. Eine doppelte Leistung von der einen Seite behauptet das chio- tische: ^^v {.C e'xjjg eva, ff' s^w ovo. Kanell. 60. Auch die bekannte Form der Forderung Do ut des ist im Neugrie- chischen bekannt: Jovde -nai vo. dovdco. Jeann. 37. Den entgegengesetzten Gedanken enthält Planudes 122 : Ovre fidwxag, ovTE elaßeg. Vgl. die dazu von Kurtz und von Crusius, Rhein. Mus. 42, 411, angeführten Parallelen.

50 „Es trank der Arme Wein und vergass seine Schulden." Vgl. Kr. S. 71. 95. Crusius, Rhein. Mus. 42, 407. Die volksniässige Form wird durch F I K vertreten, vi^ährend der Urheber von H hier offenbar überarbeitet hat, indem er das echt mittelgriechische y.Qaoir'Civ durch tov olvov ersetzte. In der früheren Ausgabe (S. 56. 71) hatte ich, um den Vers herzustellen, vorgeschlagen, entvt^eder tov zu streichen oder XQeog einsilbig zu lesen, und im Texte das erstere Mittel zur Anwendung gebracht. Da aber tov übereinstimmend von FHIK bezeugt und in der That auch vom Sinne erfordert wird, sind die zwei akatalektischen trochäischen Tetrapodien folgendermassen herzustellen: "Eniev 6 jcrwxog xQaak'Civ xt eXrjOi^wrrjOE ro XQSog zov (oder vielleicht t6 xqiog z'). Es ist bemerkenswert, dass der in der Fassung ganz abweichende neugriechische Spruch, den Kurtz S. 24 aus Arab. 928 zitiert, nach demselben Metrum gebaut ist: "0/toioi 711V0VV v.al i.ie&ovv£, hqof-iovovv ooa x^warot'j'fi.

51 „Einen alten Sarazenen lehre keine Wissenschaft!" Vgl. Kr. S. 71. 95, Auch hier hat H sich eine kleine Korrektur nicht versagen können, indem er (xavdavrjg schrieb; v^^eiter ging I, der ganz schriftgemäss didäoY.eig (1. didäonTjg) einsetzte. Gegen die Aenderung fud&aive, welche ich a. a. 0. dem Vers zu liebe (s. Kr. S. 56) in den Text setzte, spricht auch H, und man wird, wenn man sich den Hss unterwerfen will, nun doch schreiben müssen: Fsqovza ^agaxrjvov yqu^-i- (.laxa i-n] i.iadairrjg. Uebrigens Hessen sich, wie ich schon

Krumbacher: Mittel griechische Sprichioörter . 183

a. a. 0. S. 95 bemerkt hatte, die zwei katalektischeu trochä- ischen Tetrapodien auch durch einfache Umstellung repa- rieren: !.ii] i-iad^aivrjc. yQü/uf-iata. Für diese Aenderung spricht der Umstand, dass, wie bei N. 50, dasselbe Metrum auch im neugriechischen Spruche bewahrt ist: Tojqa 'g za yeqa- /iiaza f.iad^e, ytQO, yQaf.if.iaxal Randers 108. Arab. 1448. Jeann. 194. Kanell. 707. Diamant. 445. Manol. 408; mit Umstellung der zwei Glieder: Mads, yego, yQäf.i^iaTa rcoga 'g Tcc ysQcei-iaTa. Arab. 693. Beniz. 150, 7.

52 „Wer eine Flasche bedauert (spart), verliert einen Schlauch" d. h. „Wer an Kleinem spart, verliert Grosses". Vgl. Kr. S. 71. 95 f. Nach der Ueberlieferung von F hatte ich a. a. 0. übersetzt „Wer einen Schlauch als Almosen spendet, verliert eine Flasche" d. h. „Almosen tragen hundert- fache Zinsen". Nun ergibt sich aber aus HIK, dass die Lesart von F auf einem Irrtum beruht. Es ist zweifellos mit den genannten drei Hss zu schreiben: ^O eXsior (f'kaov.iv yavsi aoA-iv. Wenn jemand noch zweifeln wollte, dass der Spruch nicht in F, sondern in HIK richtig überliefert ist, kämen zahlreiche neugriechische Parallelen zu Hilfe. Die heutigen Griechen drücken den Gedanken vornehmlich durch fünf Bilder aus: 1. Nagel und Hufeisen, 2. Schaf und Pferd, 3. Katze und Mäuse, 4. Fleisch und Brühe, 5. Zwei Zahlen. Es folgen Beispiele für diese bildlichen Fassungen: ria t6 ■Kaqqti yavEi xb rcixako. Arab. 208. Dasselbe etwas aus- führlicher: '^'Onoioq, 'kvna.xai x6 y.aQcpi, yävei xo nixako. Beniz. 206, 412 und ganz ähnlich: ^'Onov Ivuccxai xo y.aQq>l yavei yial xo nixaXo. Kanell. 541. Mit einer Erweiterung: ""O/toiog Ivuaxai xo Aaqcpiy^ yavvEL xo näxaXov, ra' onoiog Ivnäxai xo nixaloy, yävu xoXeßo (= xäXoyo). Diamant. 362. Pia xo iTQoßaxo yccvec x' aXoyo. Arab. 1546. Der Vergleich mit Katze und Mäusen findet sich in den Sammlungen aus Chios, Cypern, Karpathos und Thera: "Oyoiog Xinaxai xrig xdxxag xo ipwfil xqojv' oi novxr/.OL xa qovya xov. Kanell. 508.

184 Sitzung der philos.-philöl. Classe vom 8. Juli 1893.

"Orcoiog XvTTccTaL tov yiäirov ro \povf.dv^ tqioi' ol novTiY.oi %a. Qovya rov. Sakell. 325. "Onowg XvTtätm tov yiccrri] ipcoiui., TQcov Ol novTixol rd Qovxa tov. Manol. 492. Aehiilich De Cigalla, Fsv. ^TaTiGTixri T'Jjg vrioov Qr^Qag S. 69. Den vierten Vergleich enthält der Spruch: "O/iov dyandsi (fxrjvö KQsag, ydvei xal ro ^ovf.ii tov. Ärab. 963 und mit einer Variante 1109. Das arithmetische Gleichnis im chiotischen Spruch: "'Oyoiog l.vnäTai to. svvrjd.^ yävu ^al ra dsKa. Kanell. 463. Nicht ganz klar ist mir das Bild: "Orcov onaQaviaQEi mio TOV nvQO (Holzpfropfen am Fasse), yävEL mro to ytag- Tovvi (cartone., vielleicht die Pappe, mit der man den Pfropfen umwindet?). NsoeXl. L4v. 17. Dazu kommen abstrakte Pas- sungen des Gedankens wie: Xävei to Uyo yid vd cfvldirj TO Ttolv. Beniz. 337, 8. '0 dxQißog öltvIo. iiIeqwvel. Arab. 813, endlich fernerstehende Sprüche, welche nur ganz all- gemein besagen, dass man durch Vermeidung eines kleinen Uebels sich oft ein grosses zuzieht z. B. Oevyovxag ^imqo yf.ayi.6 rjVQa f.i£yal7jTeQ0. Arab. 1457. Von hier Uebergang zu den unter Nr. 75 erwähnten Sprüchen. Italienisch: Per un chiodo si perde un ferro, e per un ferro un cavallo. Giusti 96. Vgl. Pitre II 58. 142. Arabisch: „Get rid of the Badawi (wild man) with a cloak, and not with the whole cloak- market". Meaning, sacrifice a little to save much. Burton 79. Ohne Gleichnis albanesisch: „Wer geizig ist, der gibt mehr aus". Hahn 16. Vgl. Düringsfeld I Nr. 751. 53 „Wenn man dir Getreide verspricht, (nimm) deinen Sack und lauf!" Zwei akatalektische trochäische Tetrapodien. I bietet eine breite und geschmacklose Umschreibung, welcher auch der metrische Charakter zum Opfer gefallen ist. Das Gleiche gilt von der Fassung des Planudes 58. Der Sinn ist die triviale Nützlichkeitsmoral: „Wenn dir jemand etwas verspricht, so nimm ihn gleich beim Worte und versichere dich der Gabe!" Die gleiche Mahnung enthält das neu- griechische Sprichwort bei Benizelos 276, 115: 2ovTt' 6 q>ilog

Krumbacher: MittelyriecMsche SpricMvörter. 185

yia araQi, Ttags t6 oay.m y.ai rgeya. „Der Freund sprach dir von Getreide: nimm den Sack und lauf!" Benizelos, der so viele Sprüche seiner eigenen Sammlung in geradezu ver- blüffender Weise missverstanden hat, gibt die unsinnige Erklärung: „^Errl zwv ey.xe'kovvTcov xr^v hxolriv tcuv -/.aXiöv (filcüv ÖQaoTrjQicog" . Wie bei Nr. 50 und 51, zeigt auch hier der neugriechische Reflex dasselbe Metrum wie das mittelalterliche Sprichwort: denn man braucht nur, was leicht angeht, oitccql zu schreiben und man erhält ebenfalls zwei akatalektische trochäische Tetrapodien. In dem mittelalterlichen Sprichworte ist der Aor. Pass. ray- d^ovv etwas auffällig. Das Verbum täooio bzw. ra'Cw, das im Mittel- und Neugriechischen „geloben", „widmen" be- deutet, hat heute im transitiven Sinne die aktiven Formen (l'ra^a, d^d xä^co usw.). Nach unserer Stelle scheint es aber, dass man das Wort früher medial mit passivem Aoriste gebrauchte. Vgl. die Bemerkungen zu Nr. 79.

54 „Wenn ich arbeiten werde, um zu hungern, dann will ich wenigstens schlafen und hungern" d. h. Besser als arbeiten und (doch) hungern ist faulenzen und hungern. In K weicht der erste Teil des Spruches nach Form und Inhalt ab: ^Eav ^sXr]g ycäfiveiv y.ai neivär, xaV ag y.oiuoijiai Y.al ag neivcT). „Wenn du arbeiten und hungern willst, will ich wenigstens schlafen und hungern." Doch macht es das Fehlen der kaum entbehrlichen Pronomina ov und eyco sehr wahrscheinlich, dass die Schreibung &tleig für i^ilto von dem Kopisten herrührt, dem K so viele Verballhornungen verdankt. Dagegen mag die weitere Abweichung, nämlich die Fassung i^iXeig bzw. &eXco Aouveiv /.al neiväv^ neben der von H eine gewisse Berechtigung haben. Wenn man in H K xt ag nsivco und in K ^^v statt ^Edv schreibt, er- geben beide Versionen zwei jambische Diraeter. Zur Fassung vgl. Planudessammlung Nr. 144. Der Gedanke des Spruches, in dem etwas wie orientalischer Fatalismus durchschimmert,

186 Sitzung der pMlos.-j^hüol. Classe mm 8. Juli 1893.

ist auch im neugriechischen iSprichwörterschatze vertreten: Nd dovXetco, vd neivü), ag neivco xi dg xdü^co/iiai. Beniz. 168, 1 und ähnlich: Nd öovXevco, vd novio.^ dg v.oi(.iov{.iai.^ vd jtBQvto. Beniz. 168, 2. Vgl. auch den italienischen Spruch: S' io dormo, dormo a mi; s' io lavoro, non so a chi. Giusti 304. Pasqualigo II 163. Dass sich der Hunger beim Schlafen leichter erträgt, ist bekannt, und ein neugriechischer Spruch meint sogar: "Oncnog xoif.idTai, div Tceiva. Beniz. 213, 530, niit der kaum richtigen Erklärung: 'E/ri xwv '/.ad-' v/TSQßaoiv TTleove/.tcov. Ebenso altgriechisch: IlsivcZoav dXtorreKa vnvog EntQxerai. Diog. 7, 91 (Gregor. Cypr., Apostolios), nach Dio- genian, den Apostolios wiederholt, ^^ni zwv nevi^Tcov riov dl' anoQiav TQoq)rig ^^i^ovvTtov" ; doch hatte der Spruch viel- leicht ursprünglich den von Apostolios mit den Worten „£/ft TCüv rtavovQycüv'^ angedeuteten Sinn, dass der hungrige Fuchs sich aus List schlafend stellt. Vgl. Crnsius, Rhein. Mus. 42, 408 zu Nr. 89. Den entgegengesetzten Gedanken enthält der Spruch: TleivcövTi ös X^."?) v7tvog ovy. hrtQxexai. Makar. 7, 13, dem auch die Italiener beistimmen: Chi ha fame, non ha sonno. Giusti 57. Pasqualigo I 72.

55 „Verschliesse deine Sachen und mache deinen Nach- barn nicht zum Diebe!" d. h. Provoziere nicht durch über- mässige Sorglosigkeit andere zum Diebstahl usw. Das Ver- bum aoffalitw ist hier offenbar im neugriechischen Sinne „schliessen", „verschliessen" gebraucht. Ganz ähnhch neu- griechisch: Tö önriTi oov y.Xsidiovs y.ai t6 yeirovd oov v.M(pTri f^iri v.dvrjg. Beniz. 316, 463, mit der Erklärung: "Oil rj nqoffv- XaSig 7TQOTif.irjT6a Tcov ddtxwv xal 7i aQaloywv vnovouov xard yeiTOvog Kai aXXov did t6 d/toXsoi^ev.

56 Xegea veqov nviysL /.le. „Eine Handvoll Wasser ertränkt mich." Diese einfachste Form ist in AA^D und mit belanglosen Varianten, die wesentlich in der veränderten Wortstellung und in der verstärkenden Zufügung von Sj-ts bestehen, auch in CGIK überliefert, und sie scheint in der

Krumhacher : Mittelgriechische Sprichwörter. 187

That die ursprüngliche Form des Spruches darzustellen. Die Erweiterungen, welche B F bieten, sind offenbar spätere Zu- sätze, welche den in seiner ursprünglichen lakonischen Gestalt etwas dunkeln Spruch verständlicher machen sollten, und zwar ist der Zusatz des jungen B wohl aus der „Lösung" abgeleitet, die den Spruch auf den Teufel deutet, während der Znsatz von F sich als einen Versuch darstellt, den Spruch in dem Sinne zu deuten, welchen ich Kr, S. 74 f. angenommen habe und noch annehme.

57 Vgl. Kr. S. (39. 76. Sehr hübsch ist die Deutung, welche Sotiriadis S. 232 dem Spruche mit einer leichten Aenderung der Ueberlieferung von F gegeben hat; er schreibt: ^Eda va l'drjg ov fii^ ecgrj^g'^^ coös va r^oai zai va <ji/r]> "idrjgl und erklärt: „Dass du ihn vor dir siehst und doch nicht findest, dass du in seiner Nähe bist und ihn doch nicht siehst!" Damit wären dann Sprüche zu vergleichen wie: Kai 't,' rr^v daXaooa va /larj -/.i ixel veqd öiv d^d ^ßg}]. Beniz. 124, 111 u. a. Allein gegen diese Aenderung und Deutung sprechen die drei neuen Hss; in ihnen hat der dunkle Spruch nach Verbesserung der orthographischen Fehler fol- genden Wortlaut: 'QÖe vd Idfjg /.al i-ir] EVQr^ Bvxiqv {^y coös vd r^oai Aal rd ldj^g\ „Hier sollst du sehen und er wird keinen Segen (?) finden; hier sollst du sein und sehen!" I. Eöto rd idf^g, ov /.ir^ s'l^rjg idio ' coöe vd r^aai xai vd löfjg ! „Hier sollst du sehen, dass du nicht hierher kommst; hier sollst du sein und sehen!" G. 'Eöavd Idf^g^^ ov /^iiq e'Xd^to sdw- lüde vd r^oaL %al vd Idfjgl „Hier sollst du sehen, dass ich nicht hierher komme; hier sollst du sein und sehen!" K. Obschon, wie man sieht, der körperhafte Bestand des Spruches sich aus der verwahrlosten Orthographie leicht herausschälen lässt, bleibt der Sinn der seltsamen Worte dunkel, und er wird sich wohl kaum sicher deuten lassen, wenn nicht ein günstiger Zufall eine aufhellende Parallele entdecken hilft. Uebrigens lässt sich aus den bedeutenden Abweichungen der

188 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

Hss vermuten, dass schon die Kopisten über den Sinn dieses wahrhaften ^aiviy/ua'^ nicht im Reinen waren. Die „Lösung" bringt keinen brauchbaren Anhaltspunkt. Ich möchte jedoch die Vermutung nicht unterdrücken, dass oqoj hier den präg- nanten Sinn hat „völlig sehen", „sich überzeugen" wie im neugriechischen Spruche Ta 'dsg, naTtna f.iov, (pzctveL ae /.i olag. Beniz. 286, 20.

58 „Thoren und Verrückte richtet Gott nicht." Vgl. Kr. S. 69. 77. Die Varianten der neuen Hss sind ohne Be- lang. G I bieten statt des vulgären o^rjxovg das schrift- sprachliche a^r'iyovg, woraus K zweifellos falsch (trotz unseres deutschen „aus dem Häuschen sein") t^oUovg gemacht hat. Wenn man mit I den Artikel o weglässt oder -d-eog ein- silbig (^£og, äjog) liest, erhält man zwei gleichgebaute Glieder ("-—" " " " ^).

59 „Das, was du zu mir sagst, ist alter Kohl (?)." Vgl. Kr. S. 69. 80. Die neuen Hss stimmen mit den früher be- kannten in der Hauptsache überein und es zeigt sich, dass an eine Aenderung der letzten Worte, wie sie 0. Crusius a. a. 0. S. 80 für möglich hielt, sicherlich nicht gedacht Averden darf. Was die einzelnen Varianten betrifft, so ist zunächst klar, dass die Lesung von E Tovza f.iev zce aus Tovza za /tte verderbt ist. I hat das vulgäre zovza durch das korrektere zavza und das echt mittelgriechische svl gar durch eiolv ersetzt. G hat av&QConov für das ihm dunkle oder wegen der Abkürzung (oi^vov dpov) missverstandene ovqavov und die spätere Form ehai für evL geschrieben. Ln übrigen stimmen E G I überein und es ergibt sich aus ihnen mit Sicherheit die Lesung: Tovza za. f.ie ovvzvyaivsig s'vi jraXaiov ovqavov ccTroxlaoiLiaza. Für sich steht F, wo nach Tavza statt des unentbehrlichen Relativs za das verdorbene iqevg (wohl für UQslg) steht und das Verbum in den Plural gesetzt ist. Nach der in F öfter bemerkbaren Neigung, die Ueberlieferung teils der schriftsprachlichen Regel, teils dem

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichtvörter. 189

Sinne zuliebe umzuändern, muss von dieser Fassung, deren Urheber, vielleicht durch ovgavov veranlasst, dem Spruche eine Spitze gegen die Priester gegeben hat, abgesehen und an der aus E G I sich ergebenden Lesung als der ursprüng- lichen Form festgehalten werden. Zur Erklärung hat mir C. Foy brieflich den neugriechischen Ausdruck tioKlov ovgavov yaXaouaTa, der von wertlosen alten Sachen gebraucht wird, beigebracht. Darnach hätte der Spruch einfach den Sinn „Was Du mir erzählst, ist alter Schund (Kohl)".

60 „Ein Glied, das dich nicht fördert, hau ab und wirf weg!" Vgl. Kr. S. 69. 81. Die Variante von I: „Ein Glied, das dir nicht anklebt, schneide ab und wirf weg" ist un- sinnig, obschon ihr auch die Hermenie, die jigooKollarai durch jiQOoyivETai erklärt, angepasst ist. Vgl. den türkischen Spruch: „Heraus mit dem Auge, das mir unnütz!" Osman. 155.

61 „Hundert Komplimente sind keinen Heller (Follis) wert; aber am rechten Orte nützen sie. Vgl. Kr. S. 69. 82. Die neue Hs bringt zu diesem Spruche die Variante q)oXrjv (d. h. qyolXiv)^ neben welcher cpölscog F zweifellos als ge- lehrte Korrektur zu betrachten ist, und rivai (d. h. eivai) statt des gelehrten elolv. Dagegen fehlt in I der Adversativ- satz. Da der Spruch in der That auch ohne denselben einen vernünftigen Sinn hat, lässt sich ohne neue Hss nicht ent- scheiden, ob er zur ursprünglichen Fassung gehört. Für seine Zugehörigkeit lässt sich ein sinnverwandter neugriechischer Spruch anführen : '0 xalog Xoyog eivai oliyoe^odog /.ai noXv c^iui. Beniz. 188, 170. Die byzantinische Follis sprichwört- lich als geringwertige Münze auch bei Sachlikis ed. Wagner I S. 77 V. 361: t) tioXitixt] av T^i-moQeae dicc q^oXav (sehr. (foXXav) Tov enovXai. Dass der Münzname noch heute im Volksmunde lebt, beweist der Spruch: ElvaL xi avi>Qionog (foXXiaQog, eivat xai dvo 'g tu] cpöXXa' eivai xal TQslg 7^ leooaQeg, jiov (föXXa ö&v a^i'Qovv. Beniz. 70, 67.

62 „Den Esel schor man; da wuchs ihm auf der andern

190 Sitzung der pliüo^.-jMlol. Classe vom 8. Juli 1893.

Seite Flaumhaar/ Vgl. Kr. S. 69. 82. Statt der Form asi- öaQog F, welche auf der bekannten mittelalterlichen Ety- mologie des Wortes (von del öiQw) beruht,^) bieten I K die richtige Form mit anlautendem y; die Differenz in der Beto- nung ist zu gunsten von I zu entscheiden. Die übrigen drei Varianten von K gehören zu dem in dieser Hs allenthalben blühenden Unsinn. Für die Richtigkeit der von mir am an- geführten Orte gegen E. Kurtz vertretenen Erklärung spricht jetzt auch die l4n6y.QiöiQ in I. Dass man den Esel weder kämmen noch scheren kann, weiss schon Zenob. (interpoliert) 5, 38: "Ovov 7iöxovg LrjTsTg: eni rtov awrcooraza tr]xovv- ztüv. UagÖGOv zrjv ovov ovte ne.^aL rig öwaxai ovxe v.(uQai. yleysTai de y.al "Ovov yieiQsig, snl twv avrjvvTOig hri%ei- QOvvTcov. Vgl. die Note des Herausgebers und Crnsius, Rhein. Mus. 42, 414. Die unverwüstliche Zähigkeit des Esels spielt u. a. auch in den mittelgriechischen Bearbeitungen des Reineke Fuchs (s, meine Gesch. d. byz. Litt. S. 460 ff.) eine erhebliche Rolle. Venezianisch: chi fa la verba (= bai-ba) all' asinu, perde a fatica e u savone. Pasqualigo III 62. Weitere italienische Parallelen bei Pitre IV 37.

68 „Wehe, die Sättel auf rauhem Gestein!" Vgl. Kr. S. 71. 93. Von den Varianten der neuen Hss ist Ov eiXiq I jedenfalls nach FK in Ov oXlol zu emendieren, wobei Ov wohl als eine den Ausruf allol einleitende Interjection zu fassen ist. Das unsinnige y.aTameQa I ist offenbar aus ■/.aTccTTeTQa verdorben; doch muss die Korruptel aus einer älteren Hs stammen, da sie auch in der folgenden „Lösung" vorausgesetzt wird, wo die „Geflügelten" auf die 500 Luft- geister (Telonia) gedeutet Averden. Zu den Telonia vgl. meine Bemerkung zu Nr. 36 (S. 171). In K ist ^vhjvd in IdlXoi cd und v.ay.6ireTQa wohl in yiardneTQa zu emendieren, wäh-

1) S. Thesaur. H. Steph. s. v. uEidaQog. Vgl. auch das Göttinger Corp. Paroemiogr. Gr. vol. l S. 258 Note zu 36b.

Krumbacher: Mittelgriecliische Sprichwörter. 191

rend die Form oaf^iava wahrscheinlich echt ist, so dass sich als Grundform ergäbe: ^IXoi za aof-iaza elg rd v.aTdjTExqa\ Für den Ausruf ^ä'kXol (oder !Akoi st. ^loi/iiovo) finden sich zahlreiche Belege, z. B. Sachlikis ed. Wagner II S. 80 V. 247 (wo dlXol statt dlrj zu schreiben ist); Benizelos 6, 68. 8, 88 f., 93 ff. NeoeU. !Av. 73 (sehr. dXloi statt alloi). 110. 117. 180. 237. 297. Kanell. 31. 79. 115.

64 Vgl. Kr. S. 69. 83, Der Sinn des Spruches wird leider auch durch die zwei neuen Hss und ihre „Lösungen" nicht aufgeklärt. Die Lösung deutet den äyovqoq auf den Teufel, der von den Mensehen durch die Beicht der Be- schimpfung preisgegeben wird. In der Fassung des Spruches selbst stimmen die neuen Hss in zwei Punkten gegen F über- ein: in der ähnlichen Form des ersten Wortes ^irroiov I : ^oucoLOv K und in der Verbindung der zwei Satzglieder durch xat, was darauf zu deuten scheint, dass im ersten Worte nicht, wie man nach F vermuten möchte, das Relativ Onoiov.^^) sondern ein Indefinitum wie Kccttoiov oder ein Adjektiv oder ein Name zu suchen sei. Im übrigen entfernt sich I von F vor allem durch die Einfügung von liyei rovxoq., wodurch der Spruch einen anekdotenhaften Charakter erhält, K durch die Zufügung der Negation oi'x, durch welche übrigens der Sinn nicht notwendig umgekehrt wird, sobald wir nur am Schlüsse des Satzes ein Fragezeichen setzen. Wenn wir in I Kdnoiov schreiben, so ergibt sich der Sinn: „Einen Burschen stellt man auf den Pranger und er sagt: Der da ist von demselben Pranger" d. h. er tröstet sich mit dem Hinweis auf einen andern, dem dasselbe Unglück passiert ist. Zur Bedeutung von nof-iTiii vgl. ausser den schon a. a. 0. S. 83 genannten Belegstellen noch Sotiriadis S. 233. Beniz. S. 43, m. 44, 13. 65, 5. 77, 168. 108, 228.

1) Nach IK wäre snoTov zu schreiben und diese (heute übrigens unbekannte) B'orm als Analogiebildung nach syd), ExeTvog, hovrog, izhoiog zu betrachten, wie mir Hatzidakis brieflich bemerkte.

192 Sitzung der phüos.-iiliüol. Classe vom 8. Juli 1893.

121, 53. 121, 55. 137, 307. 200, 328. 218, 601. 224, (390. 251, 59. Arab. 472. 534. 635. Kanell. 191. In den neu- griechischen Sammhingen, die S. 28 ff. genannt sind, suchte ich vergebens nach einer Spur des Spruches; um so mehr war ich überrascht, in der Sammlung von Sanders, die ich wegen ihrer mir von einer früheren Lektüre bekannten Aermlichkeit erst in letzter Stunde durchsah, zu lesen (103): Tlolov dyovQOv no^ircevovoL | Ourog arro /mag 7T0f.t7rrjg e'vi. Dazu die ganz unmögliche Uebersetzung: „Wenn man tadelt einen jungen Mann, dann verdient er den Tadel gewiss". Aus dem Fehlen des Spruches in allen anderen neugriechischen Sammlungen, aus der altertümlichen Sprach form und aus der buchstäblichen üebereinstimmung mit Cod. F lässt sich mit Sicherheit schliessen, dass Sanders, der leider nie eine Quelle nennt, hier auf irgend einem Wege aus Cod. F oder einer verwandten Hs geschöpft hat.

65 „Die Hagia Sophia wurde versorgt mit Oel für einen Heller (Follis)! " Vgl. Kr. S. 70. 83 f. Dem sinnlosen (fOTiog F, das ich a. a. 0. vergebens zu emendieren suchte, kommt I mit cfoltov recht ansprechend zu Hilfe. Mit I stimmt nun, wenn wir (forcog emendieren, F ziemlich über- ein. Die Ersetzung von /.iE Xädiv durch (.lera tov slaiov ist den oft bemerkten schriftsprachlichen Neigungen von F zuzuschreiben. Auffälliger ist etcooyopr^O-rjV statt des ganz passenden ohovo/iirid^rj; der Bearbeiter von F fand wohl oiKorof-ico zu allgemein und setzte dafür ein Wort, welches das „am Leben erhalten" des Oellämpchens prägnanter aus- zudrücken schien. Die „Lösung" vergleicht die biblische Geschichte von den Hellern der Witwe und die Verheissung Christi an den, der einen Durstigen tränkt. Der Sinn des Spruches, dem übrigens wohl ein bestimmter Vorfall bzw. eine auf die Hagia Sophia bezügliche Legende zu gründe liegt, wäre also: „Auch mit Kleinem, wenn es in guter Absicht (oder mit Gottes Segen) geschieht, wird Grosses erreicht".

Krumhacher: Mittelgrieehische Sprichwörter. 193

66 .Weder dessen, der läuft (sich abmüht) noch dessen, der nachjagt." Vgl. Kr. S. 70. 84. Dass die dort von mir gegebene Erklärung falsch war, hat E. Kurtz, Philologus 49, 458, bewiesen durch Hinweis auf die Urquelle des Spruches, Paul. Rom. 9, 16: aga ovv ov xov d^akovrog, oide zov roeyovTog, aXXa zov sXeovvrog d^eov. Dass dieser Satz wie so viele andere Stellen der hl. Schriften^) schon im Mittelalter sprichwörtlich gebraucht und dabei etwas umgestaltet wurde, zeigt ausser unseren Sprichwörterhand- schriften die von E. Kurtz a. a. 0. beigebrachte Stelle des Georgios Akropolites 83, 20 ed. Bonn.: vMVTEvd-ev driXov ibg alrjO^eg Iotl x6 tio artooToXio IlavXto EiQrj(.dvov ^ ov Tov XQtyovTog., ovde xov diWÄOvTog., aXld xov evöoKOvvxog d^eov. Mit der aus der Paulusstelle gewonnenen Erklärung stimmt auch die Hermenie überein, die in dem Gedanken gipfelt: „Auch der, welcher läuft d. h. sich abmüht, erreicht nichts Materielles oder Geistiges ohne Gottes Hilfe". Kaum noch zu erkennen sind die Bibelworte in der neugriechischen Form des Spruches: Mr^r' OTtowg xQeyec i.ir^x'' onoiog ifiXsi. Beniz. 163, 201. Der Herausgeber scheint in den zwei Verbis einen Gegensatz („sich abmühen" „wünschen" d. h. sich nicht abmühen) zu erblicken und gibt die ganz schiefe Er- klärung: ^Enl xwv dnoxvyxavövxiüv Ilgov. eYxe Y.ojTiaocoGiv ELTE f-iiq. Der Codex I bietet im Lemma •/.df.ivovxog statt xQtyovxog; da jedoch in der Hermenie von I ■/.at.ivovxog durch XQtyovxog wiedergegeben ist, lässt sich annehmen, dass in der Vorlage von I wie in der von F auch im Lemma xqe- yoviog stand. Die Variante jU'jj'de statt /frjre beruht auf der

1) Ueber die IequI Tiagoi/xiai bei Planudes und in der Sammlung des Cod. F vgl. Crusius, Rhein. Mus. 42, 395 f. und Kurtz, Philologus 49, 458. Noch heute sind aus der hl. Schrift stammende Sprich- wörter und sprichwörtliche Redensarten beim griechischen Volke weit verbreitet. Arab. S. 172 ff. Beniz. 353 ff.

1893. Philo8.-philül. u. bist. Gl. II. 1. 13

194 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

in den raittelalterlicben Hss grassierenden Konfusion /wischen l^r^re und fxr]Ö€.

67 „Wenn Gott die Frucht (gibt), (nimmt) der Teufel den Sack." Vgl. Kr. S. 70. 85. Von den Varianten des Codex I ist die im Mittelalter häufige und noch heute dia- lektisch erhaltene Form des Neutrums auf -av bemerkens- wert; dagegen wird die Umstellung des zweiten Spruchteiles, durch welche der ohnehin holperige jambische Dimeter völlig gefährdet wird, trotz der Beistimmung von Planudes 59 keinen Beifall finden. Es ist also zu schreiben: "^'Ocav 6 Osog yivfrjf.iav, xo oay.xlv 6 diaßoXog. Das neugriechische Sprich- wort, welches Kurtz aus Arab. 1009 anführt, steht auch, in etwas abweichender Form, bei Beniz. 232, 810: "Ocav öiv'' 6 ^£0g t' aXevQi, naiqv'' 6 diäßoXog xo oa'/.y.ovXi, mit der unzutreffenden Erklärung: 'Eni tcov evdewv y.avaGTQEcpoixäviov^ f'cüg ov iiieX^T] tj diädeoig twv lOxvQiov^ iva ovvÖQäf.aoGiv avTolg.

68 „Heute Abend die heiligen Postpferde und morgen die Himmelfahrt!" Vgl. Kr. S. 70. 85 ff. Die zwei neuen Hss stimmen mit F gegen den Cod. Paris. 1182 darin über- ein, dass sie statt gth-ieqov das zweifellos echte d.n6ij.is bieten. Statt der Verkürzung a hat I das vollständige Adjektiv ayia {ayia)^ während in K ein Kompositum ayiOAOvvTOVQa er- scheint.^) Alle diese drei Lesarten können sprachlich richtig sein; bei allen bleibt auch der Vers (s. a. a. 0. S. 56) gewahrt, wenn man nur xd äy. durch Synizese verbindet. Durch ri dvaXtjif.irjf.iog K erklärt sich das verdorbene rcög dvalrjipifAOv F; man kann nur zweifeln, ob TÖjg in Triv zu emendieren oder geradezu auch in F i^ zu schreiben ist; sicher aber steckt im Substantiv nicht dvälu^xlng. wie ich früher geglaubt hatte, sondern dvaliqipif.wg sc. eoQTiq oder

1) üass trotzdem äyio- einen eigenen Accent hat, beruht auf einer bekannten orthographischen Gewohnheit des Mittelalters.

Krumhncher: Mittelgriecimche SpriclnoÖrtcr. 195

Tj/Liega. Belege für das Wort z. B. im Lexikon von So- phocles. Dass der Cod. Paris. 1182 r) oväh]ilug bietet, hat nichts zu bedeuten; denn dort ist der Spruch, wie arn-iegov beweist, überhaupt schriftsprachlich zugestutzt. Mithin ist aus FK folgende Form des Spruches herzustellen: l4/T0if.>s la a '/.ovvTOVQa (oder ta_ayioyf.ovvrovQa) xt avqiov 7j ava- Ir^iluf-iog. Die ganz alleinstehende Variante von I rayia ldil>ava ist offenbar aus dva-Xrnlnf.iog entstanden, indem ava in ay{i)a verlesen und dann lri\iH(.iog in Isiipava geändert wurde. In der Hermenie wird auch in I der Spruch auf die avdlr^ilug bezogen. Aehnliche auf Kirchenfeste be- zügliche Sprüche gibt es auch heute noch, z. B. Tqelg rd yevva, rgslg td (fcoxa y.i e^i] ty^v dvdoxaoi. Beniz. 326, 598.

69 „Ein unseliger Jüngling verwüstet sein eigenes Land." Vgl. Kr. S. 70. 88. Meine a. a. 0. in den Text gesetzte Vermutung ytovQoevs statt -/.ocqsvsi F wird durch I, was den Stamm des Verbums betrifft, bestätigt; dagegen muss das Imperfekt, das ich dem Metrum zu liebe hergestellt hatte, nun nach der Ueberlieferung beider Hss dem Präsens {'/.ovq- gevel) weichen. Der Spruch bezieht sich wohl auf Leute, die ihr eigenes Gut oder Blut schlecht behandeln und zu gründe richten; so fasst ihn auch die Hermenie, indem sie ihn auf den Novg eines Menschen deutet, der seine eigenen Seelenkräfte durch Sinnlichkeit gefangen nimmt. Zur Be- deutung von y.ovQGevio vgl. z. B. den Vers: vd 'öiö -cd y.üGTQr] xd /.QaTsig, xaig yo'jqaig xalg -/.ovQoevEig, Pikatoros ed. Wagner S. 228 V. 120, und den Spruch: To gtiitl -KaTaviiioavE od ycoqa y,ovQOE}.iu£vrj. NeoeXX. Idv. 406.

70 „Sarazenen sind in deinem Hause: und du wandere hin, wo du willst!" Vgl. Kr. S. 70. 88 f. Die einzige be- deutende Variante der zwei neuen Hss: 2aQa-/.ivdg I kann neben dem durch FK übereinstimmend geschützten Plural ^aQaY.}]vol keine Beachtung finden. Die Hermenie ist völlig unsinnig. Der a. a. O. aus Beniz. beigebrachte neugriechische

13*

196 Sitzung der plülos.-philol. Classe vom 8. Juli 1S93.

Spruch steht auch bei Arab. 1414. Ausserdem vgl. den Spruch : "E^io Fiawr-g, f.ieaa 2ovXui.idv7jg. Arab, 354.

71 „Alle stutzschwänzigen Hunde sind unsere Schwieger- söhne (Schwäger)." Vgl. Kr. S. 70. 89. Die zwei neuen Hss bieten keine bemerkenswerte Variante. Das Verbum yavQitooi in der Hermenie von I beruht vielleicht nicht, wie ich S. 71 erklärte, auf Akkommodation an die etwa schon früher im Lemma vorhandene falsche Lesart yavQoi, sondern es ist wahrscheinlich umgekehrt das unsinnige yavQOi in der Erklärung mid im Lemma durch das Verbum yavQitoOi ver- anlasst. Das schliesse ich aus dem Umstände, dass auch K, wo die Erklärung übrigens heillos verdorben ist, yaßQuZaiv za Ttäd-rj TTjg oaQ-/.6g (xov bietet, trotzdem aber sowohl in der Erklärung als im Spruche selbst das ursprüngliche yaf-ißqoi bewahrt hat. Es handelt sich also wohl um ein Wortspiel mit yajiißQog und yavquo. Ueber die Schreibung von oy.il.OL s. die Bemerkung zu Nr. 16. Der bei Kr. 89 aus Beniz. 321, 526 zitierte Spruch : Tov owrizvor f.iag 6 G7.illog ovvieyivog eivai /.i ixelvog steht mit einigen Varianten auch bei Manol. 538. Der ,cauis sine coda" war vielleicht schon bei den Römern sprichwörtlich. Otto 333.

72 „Der Ankläger wurde zum Angeklagten." Vgl. Kr. S. 70. 89. I bietet den nackten proverbialen Ausdruck, F kleidet ihn in einen Satz. Altgriechisch : ^IqoZvTEg ^qr^f-iE^^a. Diog. 1, 33. Der umgekehrte Gedanke arabisch: „(Erst) war er der Ambos, (dann) wurde er der Hammer". Burckhardt 539. Einen ähnlichen Ausspruch thut der Satan im Evang. Nico- demi p. II cap. 5 bei Tischendorf, Evangelia apocrypha'^ p. 397: Ne captivemus tenentes captivitatem. Vgl. Wey- man, Arch. f. lat. Lexikogr. 8 (1892) 38. Kurtz vergleicht, Philologus 49 , 459 : riyovsv 6 ■/.vvrjyiTrjg elg d^rjQazQOv. Theophylaktos Simokates ed. Bonn. 100, 16 = ed. De Boor 101, 21.

73 „Gegen zwei nicht einmal jener Herakles." Vgl. Kr.

Knimbacher: Mittelgriechische S'prichicörter. l97

S. 71. 93 f. Die Varianten von I sind ohne Bedentnng. Zu den a. a. 0. von Crusius beigebrachten Belegen kommt noch eine von Kurtz, Philologns 49, 459 zitierte Stelle im 49. Briefe des Enstathios (Opnsc. ed. Tafel S. 352, 28) : TTQog ovo ir^i'AavTu, %6 y.äXkog, of-iov xat to {.leyed-og d' (1. ovS'') '^Hgay-Xtig sxelvog dvzaytovioaiTO, ai (1, ij) 7raQ0if.iia rfr^oiv, welche allein von allen bei den byzantinischen Historikern recht häutigen Anwendungen des Spruches das charakteristische ixelvog der zwei Sprichwörterhss P I bietet. Der neugriechische Spruch, den ich a. a. 0. beigezogen habe, steht mit einer kleinen Variante {l4lloi{.iovov statt lälloi) bei Beniz. 8, 86 und dann noch einmal 337, 8 in der offenbar nicht echt volksmässigen, sondern vom Verfasser aus dem Gedächtnis willkürlich hergestellten Form : 0\ dvo onaof-ievoi vr/.5v xov avrQBUo(.ihov. Epirotisch lautet er nach dem Zeugnis von Arab. 55: l4loia a/rö tov avögeicof-iivor, av TOV 7Tiäoovv ovo onaOf.tevoi. Karpathisch : Allol 'g zov avdQEico/nho, tov nidaovv dvo OTraoi-dvoi. Manol. 22. Für Santorin notiert De Cigalla, rev. IrariaTiyiiq rrjg vy^oov Qrjqag S. 72 die wohl etwas retouchierte Form: l4Xloii.iovov slg tov dvdQEUo(.iEvov , nov rov jridoovv ovo orraoi-iivoi. Eine kürzere Fassung des Gedankens bietet Arab. 1580 : Jvo V.0VTO01 viy.äv ?vav ysoov. Dazu der kretische Spruch : xdlXid 'j7£ ovo y.a-K0VQidsg naqä 'vav avtQEicof.tevo. Jeann 73. Arabisch: Duo debiles robustum vincunt. Freytag III 292, 1750. Die Tosken sagen mit einem seltsam übertreibenden Vergleich: Zwei Katzen besiegen einen Bären. Hahn 114, und ähnlich die Türken: Zwei Katzen genügen für einen Löwen. Osman. 118. Spanische Parallelen bei Valles- Haller I Nr. 211. Eine Erklärung der lateinischen TJeber- setzung gibt Valles S. 2 seines Kommentars. Vgl. Otto 584. 74 „Wenn dein Nachbar die Krätze bekommt, kauf dir Cedernharz" d. h. wenn in deiner Nähe eine ansteckende Krankheit ausbricht, so triff deine Schutzmassregeln ; denn.

198 Sitzung der pliüos. -philo!. Glasse vom 8. Juli 1893.

wie ein kretisches Spricliwort sagt, "'Evav cJCo xp(ji}QiaQr/.o ilitüQiö'Qei t6 kovqÖöi „Ein räudiges Schaf steckt die ganze Herde an". Jeannar. 45. Welche spezielle Bedeutung nun das Wort iptogiaCw, das sowohl von der Krätze der Menschen und Tiere als der Pflanzen (z. B. der Oelbäurae) gebraucht wird, in unserem Spruche hat, darüber könnte die yteögea Aufschluss geben ; doch konnte ich noch nicht feststellen, gegen welche Art der Krankheit dieses Harz als Heil- oder Schutzmittel betrachtet wurde. Auf die Krätze des Menschen bezieht sich der neucyprische Spruch, welchen Sakell. 192 anführt: ^"Aviav ilKOQxdor] (tj Xvaidörj) 6 yshog aov, xal aov ßoräviv yvQEVXE. „Wenn dein Nachbar grindig wird, dann suche auch du ein Heilkraut !" Das Wort Xvy.id^co ist im Cyprischen, wie das Glossar von Sakellarios (a. a. S. 642) lehrt, = '/.aoidid^co (werde grindig) und 6Xvy.og = 6 xaoidiaQrig (der Kopfgrindige). Ebenfalls auf die Krätze des Menschen bezieht sich, wie es scheint, die chiotische Parallele:

2dv rpiOQiao'' 6 yeirovdg gov, WcoQoßöiavov Kovzd aov. Kanell. 639.

Zweifel könnte noch entstehen über die Bedeutung des Wortes KeÖQia; denn in der spätgriechischen und byzanti- nischen Zeit sind zahllose Baumnamen analogisch mit Hilfe der Endung -ea umgebildet worden. KeÖQäa entspricht dem altgr. Kedgia „Cedernharz" ; der „Cederbaum" heisst altgr. nur tj KiÖQog. Erhaltung der alten Formen wäre hier vor- auszusetzen nach der von Hatzidakis, Byz. Zeitschr. H 237, aus zahlreichen Beispielen abgeleiteten Regel: „Die Formver- änderung auf -sa -Ecc ist eingetreten, wenn es galt, den Baum oder die Pflanze von der Frucht, von der Blume, von der Wurzel, von dem Spross, von den Teilen derselben usw. zu unterscheiden; sonst bleibt der alte Name intakt, und nur selten und in wenigen vereinzelten Gegenden wird er durch Analogie ähnlich wie die zahlreichen Baum- und Pflanzen-

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichivörter. 199

iiamen anf -eä verändert". Doch scheint gerade unser Wort zu den am Schlüsse der Regel berücksichtigten Fällen zu gehören. Hatzidakis nennt nämlich S. 242 nach Langkavel, Botanik der spät. Griech. S. 98 y.eÖQia = '/.edgog (ohne Orts- angabe), dagegen zaei'ÖQog auf Aegina , xoedoog in Megara, 6 xegdog im westlichen Kreta, '^eqdeg st. 'Aegöiag auf Klau- dos = yiEQdiov. Es wird also der Baum noch heute an einigen Orten mit einer Form auf -og benannt (in manchen Gegenden scheint das Wort wie die Sache überhaupt un- bekannt zu sein), und für das Mittelalter ist demnach eine noch weitere Verbreitung der alten Formen KeSgog und ■KEÖQia {xEÖQea) mit dem erwähnten Bedeutungsunterschiede voraus- zusetzen. Es braucht kaum erwähnt zu werden, dass auch der Sinn in unserem Sprichworte für Y.€ÖQea die alte Be- deutung „Cedernharz* verlangt; denn es ist nicht denkbar, dass man sich als Heil- oder Schutzmittel einen ganzen Baum kaufte. Uebrigens scheint Cedernharz als Heil- oder Schutz- mittel gegen Krätze heute selbst auf Cypern, das einst durch seine hohen Cedern berühmt war und noch jetzt eine Cedern- art besitzt,^) nicht mehr bekannt zu sein; wenigstens ist in dem oben angeführten neucyprischen Sprichworte die aeögea durch den allgemeinen Begriff ßoxaviv ersetzt. Zum Ge- danken des Spruches vgl. Hör. ep. 1, 18, 84: Nam tua res agitur, paries cum proximus ardet. Dazu Otto 1343. Neuere Parallelen bei Düringsfeld II Nr. 127.

75 „Von der Mette ging ich weg und fand vor mir ein Hochamt." Wie unser „Vom Regen in die Traufe kommen". Planudes 216. Aehnlichen Sinn haben die neugriechischen Sprüche: ^no eva cfayt cpevyco xal 'g rd ^lÖio -aaiavTaivio. Arab. 106. Idvio xov liXr^ 'g xov Xovoo. Arab. 136. In ab- strakter Fassung: i^/ro x6 zay,6 'g yÜQOv (volksmässig?).

1) V^l. F. Unger und Th. Kotschy, Die Insel Cypern, Wien 1865 S. 113 f. Sakellarios, Ta KvjiQiay.d P S. 250 f.

200 Sitzung der phüos.-philol. Glanae vom 8. Juli 1893.

kräh. 135 und ähnlich: Osvyoviag ilukqo '/.a}id t]VQa i^ieya- lriT8Q0. Arab. 1457. Etwas ferner steht das karpathische: ^Of-inQog nrjXd xt oniöto oy.6vrj. Manol. 482 und das kre- tische: 'Oi-i/rgog yge/uvog /.i ojriov) ihäXaooa. Jeaiin. 111, der dazu vergleicht "Ef.iTTQoa[hv ■nQrjf.ivog^ omod^Ev Xvxoi. Apost. 7,15. Altgriechische Parallelen: MrJ xriv xäfpQav cpevytov eig rr^v avd^Qav-iav s/^inear^g. Dingen. 6, 68. Töv '/.arvvov qtevyiov eig z6 7rvQ svsneoov. Diogen. 8, 45 und (mit der Variante iveyceoev) Greg. Cypr. 3, 70 und Makar. 8, 42 (vgl. die in der Note beigebrachten Belege), auch (mit der Variante trceoov) Apost. 16, 93. 2n:od6v (pevyiov ug 7ivq 8f.i7i£fiTcoyf.a. Makar. 7, 77. Karrvor q^evyiov slg nvq tteqi- hvEGov. Apostolios-Arsenios 9, 59a. Trjv Xäqvßdiv sxq)vyiov tfi 2y.vX7] neQUTrEOov. Apost. 16, 49. '"Pi^x^S (fvytov eig ßoQßoQov E7CEO0V. Maut. provv. 3, 49. Endlich zitiert Arab. zu Nr. 135 seiner Sammlung: "l^ovg q>Evyovoa oQvig ßqöyov EV.VQOEV (Woher V). Lateinische Parallelen bei Otto 667. 986. Arabisch: Elige inter amputationem et castrationem. Frey- tag I 438, 44, und: Repuli leones, tum nie hyaenae lacerant. Frey tag I 517, 75, Türkisch: Um dem Rauche zu ent- gehen, springe nicht ins Feuer. Osman. 187, und: Der vor dem Regen Fliehende begegnete dem Hagel. Osman. 476 (mit orientalischer Fassung, die in der beigegebenen deutschen und französischen üebersetzung freilich nicht wieder zu er- kennen wäre, s. S. 22 ff.) Spanische und andere west- europäische Verwandte bei Valles-Haller I Nr. 6. Dürings- feld I Nr. 133. Wander III S. 1582, 144.

76 „Grosser Tempel, kleine Gnade." Der unzweifelhafte Sinn ist ausnahmsweise auch in der '^Eqf.nqvEia richtig auf- gefasst.

77 „Da, wo wir gestern Abend verweilten, da tanzten Johannes und alle (Welt)." Vgl. Kr. S. 70. 91. Die drei Varianten von I sind Vulgarismen, die in F, wie öfter, durch korrekte Formen ersetzt sind. Es ist zu lesen: 'EitEl_p7rolUf.iEi-

Krunihacher: Mittelgriechische Sprichivörter. 201

vaf^(Ev Olpe, XI 6 'l[co]avvrig xi oloi^yfiQEVuv (Zwei jambische Tetrapodien). Für die Erklärung ist zu bemerken, dass der Jannis im neugriecbisclien Sprich worte dieselbe Rolle spielt wie der Hans im deutschen und der Juan im spanischen; v^l. z. B. Beniz. 175, 28; 195, 256; 241, 946; 270, 49; 272, 76; 287, 42. Arab. 886. Das Wort xo^et'W wird häufig im allgemeineren Sinne „hüpfen, springen, sich vergnügen" gebraucht; vgl. z. B. den epirotischen Spruch: Xoqeve, y-vqo. NtovTOv, KvTxate ytai zov OTtixiov. Arab. 1476, und den gleichbedeutenden chiotischen : XoQEvye, /.icoqi] Dlaqov, Kl t'/e Kl l'vvqia Tov öultiov. Kanell. 781. Darnach wäre der Sinn: „Wo wir gestern waren, vergnügte sich Hans und jedermann (Kreti und Pleti?)." Aber die proverbiale Spitze ist mir noch immer unklar. Zur Fassung vgl. Planudes 155.

78 „Ein anderer traf das Bad leer und fand keinen Platz sich zu setzen." Vgl. Kr. S. 71. 91. Die echte Form bietet zweifellos I : "AXkoc, rjvQsv ro Iovtqov odßovQOv xal xo Ttov xaS^iGEiv ot'X Eix^v. Zu rjiQEv vgl. Hatzidakis, Einleitung S. 68 Anm. 1, zu ytad^loEiv die bei Kr. S. 85 zu Nr. 35 angeführte Litteratur. Das Wort adßovgog z. B. bei Prodromos I 129. IH 260 (Legrand, Bibl. gr. vulg. I S. 42. 61). Sinn- verwandt sind die neugriechischen Sprüche: Kat 'g rrj d^aXaooa vd ndyrj v.i h/.E~i veqo div ^d ßQjj. Arab. 565. Beniz. 124, 111 und: l4n^ idio '/mZog, a/r' ekeI 'yiaXog xal ttov vd tieoco vd jiviyw; Kanell. 63.

79 Vgl. Kr. S. 71. 94 f. In I ist der Spruch arg ver- dorben. Den sinnlosen Worten, in welchen ohne die Hilfe von F wohl niemand cpovOKcord in q^rjal rd und tccoXeI in ndliv erkennen würde, scheint folgende Fassung zu gründe zu liegen: KXeTtTrjg y^Xsnrrjv cpoioyicord Xovy.dvr/.a ntoXE~i' y-ccl "kiyEL' KvQi, ■/.af.iTcavov y.ai ooa i)^tXovv og EfXTtaivovv. „Ein Dieb verkauft einem anderen aufgeblasene Würste, und (der Käufer) sagt: Mein Herr, wäge und dann mögen, so viele wollen, herein (etwa in den Korbj." Was die Erklärung

202 Sitzung der fhilos.-pliilol. Classe vom 8. Juli 1803.

betriift, so ist zunächst die Form xaiiiTcavov., die ich, weil Du Gange nur y.af.inavLtco bietet, a. a. 0. bedenklich ge- funden hatte, einfach als ein Produkt der bekannten Kon- fusion der Präsensstärame auf -/Cw, -fCw, -uo, -eto, -ato zu betrachten, und das zu gründe liegende •/.a/iinavovf.iai ebenso zu erklären, wie yaiQexw, rprjffcö, Oi'lXoyovf.iai, ogyärai statt yaiQSTiCco, ilir]q>iCci)^ ovlXoyito/.iaL, ogyiCeTai. Hatzidakis, Ein- leitung S. 395 f. Auffälliger als die Umbildung des Stam- mes ist das Genus; denn nach der sonst bezeugten Form Kaf.t7cavitco würde man ■aai.uiaveco oder yia^inaväco erwarten. Doch gibt es für das Medium lehrreiche Analogien, z. B. das durch vier Hss bezeugte örtovöatof^ievrj st. onovdatovoa in Nr. 16 unserer Sammlung (S. 118), rayßovv st. xatovv in Nr. 53 (S. 122), ojTEvdexai st. anevSei in der Erklärung von Nr. 16 des Cod. G. (S. 108), didaaKSTai st. öidäoKEi in Nr. 17 des Cod. I (S. 95), 6 Möf.iog to d^avi-iaoTrjv st. {s)dav(.ia.'C.e in den rhodischen Liebesliedern 20, 3, yQi]tof.iai st. XQlitto, notiert bei Mullach, Gramm, d. griech. Vulgarspr. S. 304 u. a. Darnach kann es nicht zweifelhaft sein, dass im Mittelalter manche Verba, welche im Altertum aktivisch waren und auch heute aktivisch sind, medial (aber natür- lich mit passivem Aorist) gebraucht wurden. Vgl. Hatzidakis, Einleit. S. 196 f.

Was 0. Crusius bei Kr. S. 94 und E. Kurtz, Blätter für das bayer. Gymnasialschulwesen 24 (1888) 207 zur Er- klärung des Spruches von F beigebracht haben, muss nun auf sich beruhen ; auch die theologische Hermenie in I, die nur ganz allgemein die Diebe mit den Dämonen vergleicht, lässt uns völlig im Stiche. Die Lösung des Rätsels erteilen zwei neugriechische Sprüche : "Ooo ^tleig cpovomovs ra, f.ie ro 'Qvyi ^d ta 7C(xQto [dcöor^g Beniz.). „So viel du willst, blase sie auf, mit der Wage werde ich sie nehmen". Arab. 996. Beniz. 229, 774, und ganz ähnlich: (Dovoytwra ^a f.iov xa dcöorjg, i-is ro ^vyi i)a xa TtaQco. „Aufgeblasen wirst du sie

* Krumbaclier: Mittelgriechische Sprichwörter. 203

mir geben, mit der Wage werde ich sie nehmen". Beniz. 334, 49. In betrügerischer Absicht aufgeblasene Würste sind dem Griechen geläufiger als uns: vgl. die Redensart: (t)ovay.to(.itvu cvTeqa eivai. „Es sind aufgeblasene Gedärme". Beniz. 334, 48 mit der Erklärung 'Eni uaxauov ^/.al xovcfcov, dazu den Spruch der Planudessamralung 89 : KUmy]Q 'Ainxri nt(fvGr^^dvovq, aXlävrag sninQUO-AEv und den entsprechenden neugriechischen : '0 ^lagiöXog zov (Aaqiolov q^ova/.coT avtega Tov novXie. „Der Spitzbub verkaufte dem Spitzbuben auf- geblasene Gedärme". Jeannar. 109. In diesen beiden Sprüchen fehlt die Fortsetzung, durch welche der Spruch in FI zur proverbialen Anekdote erweitert ist. Nun ergibt sich mit Sicherheit der Sinn: „Ein Dieb wollte einen anderen Dieb mit aufgeblasenen Würsten anführen; der aber durchschaute ihn und sagte: Wäge sie!" d. h. Spitzbuben können sich schwer gegenseitig betrügen, .weil sie ihre Schliche zu gut kennen. Daher fragt der Cyprier : Tov y.U(pTr] y.XacpTeig tov; Sakell. 48, und der Araber: Kann man einem Diebe seinen Stock stehlen? Socin 59. Spanisch: AI ladron no hurtes. Dem Diebe magst du nicht stehlen! Valles-Haller I Nr. 118.

Was die Fassung des Spruches betrifft, so findet sich die dialogische Form, die in den alten Sammlungen fehlt, vereinzelt bei Apostolios, wiederholt bei Planudes (vgl. 0. Crusius, Rhein. Mus. 42, 396 Anm. 2), ziemlich häufig in den neugriechischen Sammlungen; vgl. zu Nr. 14 unserer Sammlung (S. 145 ff.). Beniz. 83, 260. 152, 29. NeoeXX. '^v. 67. 80. 146. 157. 158. 276. 323. 361. 387. 414. 504. 507. 521. Kanell. 92. 140. 144. 146 f. 235. 297 u. a.

80 „Die Alte suchte mitten im Winter eine Fettgurke." Vd. Kr. S. 71. 95. Die neuen Hss IK weichen von F vor allem dadurch ab, dass sie tietvÖvl an Stelle von TETQayyovQor bieten. Doch scheinen beide Wörter dieselbe Frucht d. h. die Melone oder wenigstens zwei eng verwandte Arten der- selben zu bezeichnen; denn einerseits stammt neTiovi von

204 Sitzung der jiliilos.-phUol. Classe vom 8. Juli 1893.

7TS71C0V SC. aUvog, vgl. Phrynich. Ecl. S. 258, und andrer- seits erklärt Suidas oim':a durch zeTgäyyovQa. S. auch den Thes. H. Steph. s. v. oUvog und TEVQayyovQiov.'^) Der neu- griechische Spruch bietet in seinen verschiedenen Formen teils ayyovQt,^) teils ^vXayyovgo, teils Tionovi als die ersehnte Frucht, wahrscheinlich weil TSTQayyovQOv später in Vergessen- heit geriet und nicht mehr verstanden wurde. Was die übrigen Varianten betrifft, so ist sowohl hiEi>vi.u]oev I als htetr^zrioev K erträglich, obschon bei diesen Lesarten statt des gewöhnlichen Versmasses, des politischen Fünfzehnsilbers, zwei jambische Dimeter eintreten. Ein offenbarer Schreib- fehler ist nETiovov K. Mithin ergeben sich zwei Hauptredak- tionen: 1. 'fl yqaia. zo f.isooyEi(.uovov zETQoyyovQOv e'QriTEL F, 2. H ygaid to f.iEGoyEifiWvov ttettÖvlv STTE^vj-irjOEv {ertEtf^- tijOEv K) IK. Im Neugriechischen erscheint der Spruch in folgenden Fassungen: 1. 'fZ yqrjd 'g zo {.hgoxeij-uovo %' ayyovQi adviinid^r]. Beniz. 95, 50. 2. 'H yQrjd 'g zo i.iiaoxEif.i(oro ^vldyyovQo yigevei. Beniz. 96, 51. 3. T?jc yQljctg zo (.iioo- yßif-iMvo dy-AOVQia ZTJg /LaQiozrjxav. Beniz. 298, 193. 4. Tijg yQTjag zo (.iLOoyEif.uüvo dyyovQa zrß dvf.ir^d^riy.E. Sanders 117. 5. H ygr/d Eig r' d7roxEi(.itüva sQsxzrj/iEv dyyovQi. Kanell. 241 mit der guten Deutung „'E/tl zcov Eoiazoyiqqojv zcov em- ■&vil10vvzwv vd vvf.tq^Ev'fcdoiv". 6. 'H yQtjd zo i.iiooyü{.iv}vo TtOTCOv' T^yvQEiliE. NeoeXI. !Av. 189.^) Auch in anderer Weise wird die Begehrlichkeit und das unzeitgemässe Handeln der alten Frau im neugriechischen Sprichwort verspottet; vgl. z. B. Barth. 39. Arab. 291. 860. Beniz. 48, 85-86. 95, 44—49. 190, 194. Kanell. 176. 600. Sakell. 5. Manol. 107 (= 452). 183. Dazu altgriechisch: Fqavg ßay.yEVEL.

1) Neben einander stehen die alxvoi und die jtsjiovs? Num. 11, 5.

2) Die Gurke als Gegenstand hartnäckiger Begehrlichkeit auch im Spruche: "0?mi ?Jyav >ci änoXeyav xi tj Magym 'Izytv x' ayyovQi. Kanell. 481.

3) Zu der Form jioköv d. h. jiojiövi vgl. ital. popone (Melone).

Krumhaclier : MittelgriecMsche Sprichioürter . 205

Zenob. 2, 9G (und bei" den Späteren), rqavg avad^vq: avtl Tov, yiaTTQä. ^E/tl zwv na^'' rih/iiav ywaiY-iCo^dvcov. 'Qg "Aal To, Fgatg avaßaY.yßvei. Diog. 4, 10 usw. (s. den Index des Gütting. Corpus s. v. yqavg). Endlich gehört hierher der zweifellos mittelalterliche und volksmässige, wenn auch in gelehrter Ueberarbeitung überlieferte Spruch: FQala löoioa d-üQvßov EiTTEV ^^Avdqa f.ioL dore. Aesop. K. Kom. 9. Die Alte, die einen Aufruhr benützt, um sofort (für ihren persönhchen Schutz!) einen Mann zu verlangen, ist kösthch. Dieselbe verletzende Härte gegen das Alter zeigt der latei- nische Sprichwörterschatz. Otto 120 123. Vgl. auch den spanischen Spruch: Arregosto se la vieja a los bledos: ni dexa verdes ni secos. Die Alte fand an den wilden Fuchs- schwänzen Behagen : sie lässt weder von grünen noch von dürren. Valles-Haller I Nr. 295.

81 „Die Leute mit den Leuten und mein Weib mit mir." Die Variante von K f.iei'' sf-iov ist wertlos. Sinn- verwandt ist das alte (?) Sprichwort: ^ sv olkm fxiq iv ör^f-iw und die neuen : 'Hvza os voLa'Qu aqi' zov ■/.oof.iov rt]g dov- Xeieg; Kanell. 239. '0 y.6oi.iog f^s tov vioöixov ra/£t. NsosXl. !äv. 162. Dieselbe Einleitung und Fassung hat der im übrigen nicht zugehörige neugriechische Spruch : 'O xoci-iog fx£ TOV Y.üGfxo TOV xt 1] 79]]^ A'^ "^^ '/.ovQKovTi. Arab. 1770. Benizelos 190, 196 {tov om.) mit der Erklärung: ^Errl tcov naQrjkUcüv f.tir] ag)0QwvTwv slg ällo rj slg Xltov ßiov.

82 „Der Schlechte hat an deinem Brote keinen Anteil." Vgl. Kr. S. 71. 95. In den neuen Hss wird der in F ver- neinte Gedanke bejaht, und dass die Negation nicht etwa durch Versehen ausgefallen ist, wird durch die Zufügung von ymI und durch die theologischen Erklärungen bewiesen. Der Sinn spricht aber entschieden für die Fassung von F, und es scheint, dass der Gedanke in IK der „Antwort" zu liebe auf den Kopf gestellt wurde. E. Kurtz, Philologus 49, 458, vergleicht den neugriechischen Spruch : '0 yiay-og xaxa i^a

206 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 8. Juli 1S93.

(fCLfi, NeoeXX. l4v. 454, und bemerkt, f-iolgav tyeiv sei hier in der gewöhnlichen Bedeutung „Glück haben" zu fassen und statt Gov sei rov zu schreiben d. h. „Der Schlechte hat mit seinem Brote kein Glück". Die Erklärung ist bestechend, verliert aber an Wahrscheinlichkeit, nachdem auch die zwei neuen Hss rov bieten.

83 „Eine Schwalbe macht keinen Frühling aus." Die altgriechischen Sammlungen bieten eine einfache und eine erweiterte Form des Sprnches: 1. Micc yeXiöiov lag ov ttoiei. Zenob. 5, 12 (nnd die Späteren). 2. Mia yßXidcov tag ov Ttoiel ovöt {(xia Codd. Leid. Mosq.) (.ithaoa f.ieXi. Greg. Cypr. 3, 11 (Cod. Leid. 2, 71, Cod. Mosq. 4, 43). Im Neu- griechischen vertritt die Stelle der Schwalbe der Kuckuck: "Evag yf.ovy.xog dev (peqvei rr^v avoih. Arab. 348. Vgl. den chiotischen Spruch: M' eva TgiavTaq^vXXo y.aXoxalQi öev ylverai. Kanell. 360. Im Italienischen hat sich die Schwalbe er- halten: Una rondine non fa primavera. Giusti 339 (mit allerlei Varianten wie „Una spiga non fa manna" usw.); auch venezianisch: Una rondina (oder Un fior) no fa primavera. Pasqualigo III 28. Spanisch: Una golondrina no haze verano ni una virtud bien aventurado. Valles. Türkisch: Eine Blume macht keinen Sommer. Osman. 146. Weitere Parallelen bei Düringsfeld I Nr. 377. Wander IV S. 412, 12 ff.

84 „Eine andere Alte gebar nicht." Die Pointe des anekdotenhaften Spruches (vgl. Nr. 78) ist mir dunkel, werjn nicht der einfache Gedanke vorliegt: .Alte Weiber sind un- fruchtbar" und etwa noch eine Spitze gegen spätherbstliche Heiratsgedanken (wie in Nr. 80) beabsichtigt ist.

85 Statt der S. 104 hergestellten Fassung von I bietet K ausnahmsweise die einfachere und wohl echtere: "Enoirf/.Eg^ yvviq, xo ae eivra; l4Xijdcdg^ xal t6 /.ie ot'x eineg. „Thatest du, Weib, was ich dir sagte? Wahrhaftig, auch das, was du mir nicht sagtest." Zu der Form snouf/,a vgl. Hatzi-

Kr umh acher : Mittel griechische Sprichicörter. 207

dakis, Einleit. S. 30. 438. In f-iri K steckt eigentlich f.ioi, aber das vorhergehende Gt und der volkstümhche Sprach- charakter verlangen notwendig die Emendation ^le. Der Sinn des Spruches ist klar und auch in der , Antwort" getroffen.

86 „Er fürchtet sich und will Furcht einjagen (droht)." Neugriechisch: Kai cfoßaraL y.al (poßsQiCsi. Arab. 1705. Spezialisiert ist die Situation, auf welche sich der Spruch bezieht in den neugriechischen Sprüchen, welche zu Nr. 1 (S. 133 f.) angeführt sind.

87 , Der Gewinn weckt den Mut." Planudes 189. Ausser dem von Kurtz aus Arab. 1314 und dem von Crusius, Rhein. Mus. 42, 415, aus Beniz. 307, 317 zitierten Spruche vgl. auch den chiotischen: T' dyvjyi ^vttvc tov dyioyiaTT].^) Kanell. 716. Italienisch: Chi buon guadagno aspetta, non si stanca. Giusti 79.

88 „Wir hatten einen Hund, und er half dem Wolfe." Die Varianten von K sind belanglos. Ebenso neugriechisch: EX^df^tE oxvli, y.1 sßoYj^aye rov Ivy.ov. Arab. 309.

89 „Das schlechte Bistum nährt (doch) den Bischof." Der Zusatz Xöiop K ist überflüssig, obschon auch Planudes 183 oiKslov hat. Mit der xaxt] enioytOTtiq ist wohl nicht, wie Usener meinte, ein „schlecht verwaltetes" Bistum gemeint, sondern ein wenig einträgliches Bistum (wie wir sagen „eine schlechte Pfarrei"). Zur Erhaltung des Bischofs reicht aber auch ein solches aus; denn er weiss, was da ist, heraus- zuziehen. Aehnliche Aeusserungen über die Geistlichkeit sind im neugriechischen Sprichwort sehr häufig. Eine lettische Parallele bei Kurtz, Philologus 49, 464.

1) ,Das Führergeld macht den Führer wach." Zu zd dyöjyi vgl. to iroTxi „das Mietgeld". Die Herkunft von dyöiyi, dycoytdnjg bedarf keiner Erörterung. Zur Erheiterung des Lesers diene aber die Notiz, dass noch in unserem Jahrhundert jemand den dycoyidzt]? „von der äussersten Ermüdung und Erschöpfung (Agonia), die er sich oft zuziehe", benannt sein liess. Barth. S. 81.

208 Sitzung der phüos.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

90 „Zwei überreden einen, drei aber zwingen ihn." Vgl. Kr. S. 71. 92. Hier liegen offenbar zwei verschiedene Fassungen oder vielmehr zwei verschiedene Sprüche vor: 1. Zwei überreden einen. 2. Zwei überreden einen und drei zwingen ihn. Die zweite Fassung stellt eine Weiter- bildung des Gedankens dar, wie man eine ähnliche Ent- wickelung des Sprichwortes auch sonst in unseren Hss beob- achten kann z. B. bei Nr. 56. 61. 79. Eine deutliche prover- biale Pointe hat zwar erst die zweite Fassung; dass aber auch der mattere Spruch: „Zwei überreden einen", welcher ein- fach den Gedanken von Nr. 73 Ugog ovo ovo' o 'HgayiXrig exeivog auf geistiges Gebiet überträgt, einmal volksmässige Geltung hatte, dafür spricht die Uebereinstimmung der drei Hss ABC. Die Varianten der sechs Hss bieten (ausser dem in den Text gesetzten tov evav G) nichts Bemerkenswertes. Der erweiterte Spruch findet sich noch heute mit einer merkwürdigen Variante in Syme: Ol ovo %ov %vav tqcoovv tov -M o\ TQslg /.ara/covovv tov., Chabiaras im '^EklrjV. q>iloX. ^vll. Bd. 8 (1874) S. 483, 19 (nach Kurtz, Philologus 49, 459), und ebenso in der nicht weit von Syme liegenden Insel Kastellorizo: ovo xov evav tqwv tov toal I tQelg xara- novovv TOV. Diamant. 135.-

91 „Das Deine mein und ich will lachen." Der Spruch bezieht sich wohl auf höhnische Gewaltthätigkeit: Ich nehme dir dein Eigentum und lache dich dazu noch aus. Vgl. das deutsche „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen".

92 „Ich will es ihr sagen, und sie wird (soll) dich lieben" d. h, ich brauche ihr nur zuzureden, und sie wird sofort in Liebe zu dir entbrennen: wohl mit ironischer An- wendung auf ungeschickte Jünglinge, die zur Gewinnung einer Braut die Hilfe dritter Personen in Anspruch nehmen, und dann überhaupt auf Leute, die sich durch andere em- pfehlen lassen statt sich selbst zu empfehlen. Diese Auf-

Krumhacher: Mittelgrieehisehe Spriclnvörter. 209

fassung (von der Ironie natürlich abgesehen) wird auch durch die Hermenie bestätigt.

93 Zuerst mögen die verschiedenen Fassungen von den offenbaren orthographischen Fehlern befreit und übersetzt werden: 1. Tov (.leyav dvvarai oxeXeav zov (oder tov) ßavsL 'Aal s Y.al avTog. „Dem Grossen kann er ein Bein stellen und na, da (liegt) er." A. 2. Blr^Qog rov /.isyav dvvarai ayJlog zov ßavet xai e y.al avrog. „Ein Kleiner kann dem Grossen ein Bein stellen und na, da (liegt) er." BC. 3. Mc- ■/.qog TOP /iteyav övvaoTtjv oxelaav tov ßallei /.ai sjieasv. „Ein Kleiner stellt dem grossen Machthaber ein Bein und er fiel nieder." G. 4. Mixoog tov (.dyav dvvazai OAeliav tov dtüoei. „Ein Kleiner kann dem Grossen ein Bein stellen." K. Von diesen verschiedenen Fassungen dürfte zunächst die von G ausgeschieden werden; denn (Jfj'aarj^i' ist zweifellos Schlimm- besserung von övvavai^ dessen Konstruktion mit ßälEi der Bearbeiter vielleicht nicht verstand, und eneoev ist sicher nur erklärende Umschreibung des höhnischen Zurufes. In K ist duvavai richtig erhalten, aber der von den ältesten Hss bezeugte Schlussteil des Spruches weggefallen; auch dcJasi passt nicht gut, denn oy.sXeav dlöio hat wohl nicht bedeutet „ein Bein stellen", sondern einen „Fusstritt geben"; vgl. didwf.ti ZIVI „einem eines versetzen" (z. B. xara n^aviov) bei Malalas und Theophanes (s. die Indices der Ausgaben von L. Dindorf und C. de Boor). Die zwei ersten Fassungen, von denen die eine durch den alten Paris. 228, die andere durch den ebenfalls alten Barberin. II 61 und dazu durch den Paris. 3058 vertreten wird, scheinen sich gegenseitig zu berichtigen: Einerseits ist das Subjekt ML/.q6g, das in A fehlt, für den Sinn unentbehrlich, andrerseits muss oy.älog BC vor dem volksmässigen, gut passenden und ausser durch A auch durch die jungen Hss GK bezeugten oy-ekeav zurück- treten. So ergibt sich durch Kombination von ABC folgende ursprüngHche Gestalt des Spruches: l\li/.q6g tov (.leyav öivaTai

1893. Philoa-philol. u. bist. Gl. II. 1. 14:

210 Sitzung der pMlos.-jMloI. Classe vom 8. Juli 1893.

öXEkiav tÖv ßavei v.al s v.al «wog! Der Sinn ist klar: „Auch dem Schwachen ist sein Stachel gegeben." Sprach- geschichtlich interessant ist die Konstruktion von dtvatat mit ßavEi ohne das verbindende vd; zu ßdvsi vgl. auch die bei Kr. S. 85 zu Nr. 35 angeführte Litteratur. Ueber die Wortbildungen auf -6«, wie o/.eXea, gaßd&a^ yiovragia, yrevaa, ipaXiöea Schlag (Stoss oder Schnitt) mit dem Fuss, Stock, Speer, Kamm, der Scheere usw. handelt vortrefflich Hatzi- dakis, Byz. Z. II (1893) 283—286.

94 Die Varianten der fünf Hss lassen sich leicht er- ledigen. In der Stellung der zwei Adjektiva wird man den zwei alten Hss AC gegen die drei jungen BEG den Vorzug geben. Die ganz isolierte Lesart deyeri ra G verstösst gegen das Metrum (zwei katalektische trochäische Tetrapodien), wenn man nicht, was schwer angeht, däxet'' oder öty^rai lesen will, und man darf mit Kücksicht auf die übrigen vier Hss sicher annehmen, dass xa hinzugefügt wurde, um einen Reim herzustellen. Hiemit ergibt sich als ursprüngliche Fassung: KißaQcc Kai xadagd oX' i^ yoQig öexstai d. h. „Un- reines und Reines, alles nimmt die Gnade an". Die Hermenie bezieht den Spruch auf die göttliche Gnade, welche Reine und Unreine d. h. Fromme und Gottlose durch die Taufe und Reue in gleicher Weise annimmt. Daraus ergiebt sich wenigstens mit Sicherheit, dass die theologischen Erklärer ■Kißaqd als einen Gegensatz zu '/.adagd verstanden haben. Aber woher stammt das Wort? Bei Sophocles ist ein Sub- stantiv 6 xißaQÖg „grobes Brot" (von lat. cibarius sc. panis) angeführt, und cibarius, a, um wurde, wie die Wörter- bücher lehren, meton. im Sinne von „gering, ordinär, grob" gebraucht. Aber selbst wenn wir annehmen wollten, das Wort sei auch als Adjektiv und in dieser Bedeutung ins Griechische übergegangen, so wäre ein brauchbarer Gegen- satz zu Kadagog noch immer nicht gegeben. Ausserdem müsste man dann ytißdqiog erwarten, wie denn auch schon

Krunihacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 211

Sophocles zu yiißaQog bemerkt, die richtige Lesart scheine yiißägiog.

95 „Der Wolf wechselt sein Haar, seine Gesinnung aber wechselt er nicht." Vgl. Kurtz zu Planudes 178 f. und Philologus 49, 463 f. und Crusius, Rhein. Mus. 42, 414. Alle Varianten sind orthographischer Natur, ausser av f.is K, worin natürlich ccf.if.is (= aber, vielmehr) steckt. Bei Pla- nudes 178 gelehrte Paraphrase. Ganz ähnlich das neu- griechische Distichon:

'0 Iv'/iog y.i av syiqQaoe /.i alXa^s t6 fiaKXi tov, 3Ir^e TTi ypcof^irj t' äXla^e fir^xe ri^v ytecpaXr'j rov.

Beniz. 196, 273 und ähnlich bei Jeann. 108 und Kanell. 453. Derselbe Gedanke in kürzerer Fassung: '0 kvy.og^ xi av iya- paffe, Ti] yvcüfu] öiv aXlä'Qei. Arab. 894. '0 Xv'Aog zriv TQvna Tov aXXdtsi, fia rr] yvtof.ir^ tov oyj. NeoeXX. ^4v. 68. '0 }.v-/.og TQiya dXXä^Ei^ ofarXi] öiv dXXdCei. Benet. 10. Dass der Wolf selbst in der Todesstunde noch an die Schafe denkt, besagt der hübsche Spruch: Tov Xvxo tov ixovQevav v.l eXeys' Iläv td TiQoßaTa. Arab. 1357 und mit einer Variante Beniz. 311, 389. In anderen neugriechischen Sprüchen wird dieselbe Unver- änderlichkeit des Wesens dem Schweine und dem Hunde zugeschrieben. Beniz. 319, 492 f. Sakell. 148. Bei den Lateinern vertritt der Fuchs die Stelle des Wolfes. ,Vu]pem pilum mutare, non mores." Sueton. Vesp. 16. Otto 1940. Mit dem aus Arab. 1357 angeführten neu- griechischen Spruche vgl. den arabischen: Man brachte den Wolf in die Leseschule und sprach ihm vor „abc"; er aber sagte: „Lamm, Ziege, Böckchen". Socin. 282. Ganz mit dem griechischen stimmt das türkische Sprichwort überein: Der Wolf wechselt sein Haar, nicht seine Gemüts- art. Osman. 35'8. Ebenso toskanisch: 11 lupo perde il pelo, ma il vizio mai. Giusti 323. Dagegen hat man in Venedig, Friaul und Bergamo das lateinische Bild vom

14*

212 Sitzung der philos.-philol. Classe com 8. Juli 1893.

Fuchse bewahrt. Pasqualigo III 102. Samarani 30. Bei den Spaniern treffen wir wieder den Wolf: El lupo muta el pelo, ma no el vezzo. Valien ; daneben aber auch den Fuchs und Esel. VaUes- Haller I Xr. 510 (mit vielen Parallelen). Vgl. Düringsfeld I Xr. 97.

96 „Eris und Tiberis verschlossen ihr Haus; da schlössen auch ich und meiue Schwiegermutter das unserige." Vgl. Kr. S. 68. 73. Die Differenz der zwei neuen Hss betrifft vornehmlich den zweiten Namen, der in F TißaQig^ in G ^EQr^ueoig., in K KvQiegrg lautet. Das Prinzip der Assonanz beider Namen ist überall beibehalten. Welche Hs das Ur- sprüngliche bietet, ist nicht zu entscheiden; doch vermute ich, dass der bekannte Name Tißeotg F von dem Bearbeiter für eine ähnliche unbekannte oder seltene Namensform, wie sie GK bieten, eingesetzt wurde; Ktoieqr^g {Kioiigig) kommt übrigens noch heute als Familienname vor. Die Lesart Tjxot'g (d. h. ol'/.ovg) könnte richtig sein, darf aber wegen der Uebereinstimmung von FK (or/.ov) beiseite gesetzt werden. Zur Erklärung weiss ich auch heute nichts Besseres vorzu- bringen als a. a. 0, S. 73.

97 „Das gute Lamm saugt bei zwei Müttern." Neu- griechisch: '"Otuv r' Qiovi r^vai xaXo, ßvCavei ovo uarradeg. Arab. 1032, mit der Erklärung: "On öid ir^g r^usQOxr^vog ■/Ml dyai^orrjTog nQOO/.Tä xig nheiovag (filovg. In anderer Fassung und mit etwas abweichender Erklärung bei Beniz. 306, 301: To Y.af.6 dovl ßiCdvet ovo fiavädeg, to y.axo fxr^re tr^ luava tov. .0\ d^ioi y.al dquoTr^oioi coqeXovvzaL TXOtXa.- yoi^ev, iv ip o\ aväSioi o'ütE drro to enäyye/Mo. zojv.' Die- selbe Fassung (nur ovte statt ^wtjV«) schon bei Barth. 31 und Sanders 26. Beide Erklärungen können richtig sein; die theologische Lösung bringt keine Entscheidung. Im italienischen Sprichwort wird das Saugen bei verschie- denen Müttern wie von Arab. auf Demut oder Sanftmut zurückgeführt: L' agnello umile succhia le mammelle della

Sjrmmbadter: MUtdfrkdiiedke Spndtwörter. 213

propria madre e qiaelle degli altri. Giasti 222. Aehnlieh Pasqualigo U 160. Samarani 156.

98 , Kleiner Dimon grt^se Versuchung. ' Wer mit dem kleinoi Teafel ursprünglich gemeint ist wage ich nicM zn enisclieiden^ wahrscheinlich eine Sünde oder ein Laster, wenn auch nicht gerade da? in der Hermenie beschriebene.

99 Da in der Hermenie ftax^ statt fuvjQa steht und diese fuixQa dann mit riestenhafben Körpern und mit dem höehslb^a Glück Tergüehen werden, so muss auch im Kei- fttvor ursprünglich hcolq/Ü gestanden haben. Ebenso wird die Aenderung von tuoitci in xojtc 6i auf keinen Wider- spruch stoßsen. Die also herg^tellten Worte sind zu über- setzen: :,Da? Feme ist auch bewundernswert, das Xahe aber auch nützlich*'. Xun ist aber auch das doppelte v.ai störend und überflüssisr: denn man wird doch nicht deuten wollen: ,Das Feme ist ausser dem, dass es ferne ist, auch be- wundernswert usw.^ Ich Termute daher, dass rxu aus ^rai entstanden ist, und sehreibe mit Streichung Ton öi: Tc uonr^ ''rat ^^avfiaara, ra vMria. [<?«] 'rai esrixe^a. In dieser Ver- mutung bestärkt mich Planud^ 101, wo von xci ebenfalls keine Spur ist Zum Gedanken vgl. »Was willst Du in die Weite seh weifen? Sieh, das Gute liegt »o nahl*

100 , Verzehre dein Vermögai und es öffnet Gott deinen Weg.' Das Wort ßi/os steht hier offenbar in der Bedeutung , Lebensgut. Vermögen', welche im Altgr. ßioroz^ ßio^ häufig, im Neugr. ro ßiög. oder ßio ausschliesslich haben z. B. TQiayovr ro &'i'0 ßi6c = akl/at^r ßiotov idovaw. Vgl. die Wörterbücher. Die Hermenie deutet: , Verbrauche Dein Ver- mögen mit den Armen, damit Deine Seele auf ihrem (letzten) Wege von den Telonia (s. S. 171 j nicht behelligt werde*. Aber der wahre Sinn des Spruches bleibt dunkel; denn es ist klar, dass luxro^ccye nicht ^verzehre mit den Armen* bedeutet, Oder sollen die Worte den leichtsinnigen Ver-

214 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

schwender charakterisieren „Verbrauche Dein Vermögen und Gott wird weiter helfen " ?

101 „Die Kinder der Klugen kochen, ehe sie hungern." Statt des überlieferten neivaoov könnte man Tteiväoov^v'^ in den Text setzen, da -v hier vielleicht nur wegen des fol- genden i-i weggefallen ist. Der Spruch, dessen Sinn keiner Erklärung bedarf, lässt sich schon bei Manuel Philes nachweisen (s. Cap. V A 14) und ist noch heute und zwar meist in derselben Form weit verbreitet: Twv cpQOvif.icüv rd naidia nolv 7itivaoovv /.laysiQEvovv. Sanders 99. Arab. 1446. De Cigalla, ^taviGT. Q-qqaq S. 70. Beniz. 329, 640 (mit unwesentlichen Varianten). Tuiv cpQOvi(.aov xa naidia ttqiv TtEivaaovv /LiayeiQevyovv. Kanell. 726. Twv q>o£vii.aüv ra Ttaidia 71QLV ntivaoovv f.iaeiQ€vy.ovv. Sakell 97. Taj cfQEvi'iLicov xa Traidia nQLv usivaaovi-i /naeiQEvyovv. Diamant. 502. Eine abweichende Fassung des Gedankens gibt Jeannar. aus Kreta 187: Tov (fQOvi^i' 6 yiog ngixov 7CEivaarj Tjasi ^g i-ivXo. Planudes 6 hat wie gewöhnlich eine fade Paraphrase. Alba- nesisch: Iss zu Mittag und koche für den Abend. Hahn 54.

102 Elg aaXov /.EcpaXrj noXkol ^ovqiaxoi. „Auf eines Narren Kopf (arbeiten) viele Barbiere". Die verdorbene Form ■AOvqovOY.oi ^ welche die Hs im Lemma bietet, erhält ihre Aufklärung durch die Worte der Lösung: tcovi^qoI aul friKQot y.ovQiGy.01 (s. S. 110). Dass in der späteren Gräcität die Primitiva vielfach durch Deminutivbildungen ohne de- minutive Bedeutung verdrängt werden, ist bekannt; doch be- schränkt sich diese Deminutivwucherung im wesentlichen auf die Neutralendungen wie -aöiov, -äqiov, -aaiov, -lov (-lov) usw. Verhältnissmässig selten sind daneben die masculinen Demi- nutiva auf -ioKog, wie vEavloxog, ÖEOTTOTioxog, avd-QWTtioxog^ aber auch bei ihnen scheint das Gefühl für die deminutive Bedeutung geschwunden zu sein, woraus sich wohl erklärt, dass König Silko sich selbst ah ßaGilioxog bezeichnet. GIG III 5072. In der Volkssprache müssen diese Bildungen schon

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 215

früh ausgestorben sein; denn in der mittelalterlichen Vul- gärlitteratur sind sie sehr selten (z. B. cpovio/.og bei Sachlikis ed. Wagner S. 65 V. 60) und heute ist meines Wissens keine Spur mehr von ihnen übrig, während die Wörter auf -lov {-IV, -i) unzählbar sind. Für -/.ovQiaxog bieten die Wörter- bücher nur einen einzigen Beleg, nämlich eine Stelle über die Vertreibung der Friseure durch Kaiser Julian : ofxolcog (sc. idiio^e) /.cd ^layeiQOvg did x6 Xivdv xr^g diakr^g xal xof- QLOKOvg dtd TO tva nollo'ig dgxelv, cug eleyer. Theophanes 71, 19 ed. Bonn. (= 47, 11 ed. de Boor) und in wörtlicher Uebereinstimmung Kedrenos 532, 18 ed. Bonn. Der Sinn des Spruches ist w^ohl: „An einem Narren dürfen viele ihre Kunst ausüben; denn mit einem ist er nicht zufrieden", mit Be- ziehung auf Leute, welche für Geschäfte, die von einer Person ausgeführt werden sollten, unnützer oder gar schäd- licher Weise die Dienste mehrerer in Anspruch nehmen, z. B. gleichzeitig bei verschiedenen Aerzten in Behandlung treten. Sinnverwandt sind die neugriechischen Sprüche : Elg ro xecpdh zov xqeXkov e'ixa&s vd ^igacpiCr]. Am Kopf des Narren lernte er rasieren. Arab. 306. '^ ro xecpäli xov TQellov ajiaO^'' 6 y.aoidi^g vd. f.i7taQf.ineqitri. Am Kopf des Narren lernte der Grindige scheren. Beniz. 279, 158. 3 xcov xoi^^ouAtü xd yivEia f.ia&aLvovv ol f.utaQuniQiS£g. An den Barten der Verrückten lernen die Barbiere. Jeannar. 162. Ebenso deutsch : Am Kopf des Narren lernt der Junge scheren. Wander II S. 1499, 2, und die dortselbst angeführten arabischen Sprüche : Am Kopf der Waise macht der Chirurg Versuche (Algier) und: Er lernt das Schröpfen an den Köpfen der Waisen (Egypten). Eine andere deutsche Form ist: An des Narren Barte lernt das Messer scheren. Wander III S. 878, 15, der hier auch italienische, (mittel- oder neujlateinische, por- tugiesische und spanische Seitenstücke anführt. Eine ähnliche Einkleidung, aber einen anderen Sinn haben die neugrie- chischen Sprüche: '— toD /.aGiörj xo KecpdXi 6 xadevag yivetai

2 1 6 Sitzung der phUus.-philol. Classe vom 8. Juli 1803.

[.inaQf.iTfiQrjg. Am Grindkopf wird jeder Barbier. Beniz. 279, 159, und: Mav&ovei va ^ovqi'Crj 'g tov y.aaidiaQi] KSffaXi. Er lernt am Grindkopf rasieren. Nengriech. Lexikon von Sk. D. Byzantios s. v. ytaaiöictQtjg. '.5" tov cpaQa/ila ro xot- (paXi ßoi'Xoi ^eQovv xoai TteQjii/rsQtKovv (wohl f.urEQneQi'Covv zu schreiben). Diamant. 431. Verwandt ist endlich der arabische Spruch : Eine Blinde schert eine Wahnsinnige. Burckh. 420. In der Erklärung, welche B. dazu gibt, ist ein Missverständnis zu berichtigen: . . . . Libän schämi ist ein weisses, klebriges, glänzendes Harz, eine Art von Terpentin, wird von den Inseln des Archipelagus, beson- ders von Scio, nach Aegypten gebracht und von einer Art Tanne gewonnen". Die „Art Tanne" ist doch wohl der Mastixbaum und die „Art Terpentin" das feine Harz des- selben, durch dessen Produktion die Insel Chios seit alter Zeit so berühmt war, dass sogar eine seiner Benennungen von ihrem Namen abgeleitet wurde; s. Byz. Z. II (1893) 307.

103 Ueber die Emendation und Bedeutung dieses Spruches kann ich nicht ins Reine kommen. Das überlieferte y.eif.iBvov ergibt, wenn man sich auf orthographische Verbesserungen beschränkt: El öeov, qeei, aXka eyei xqvnav. Dagegen wäre nach der Hermenie zu schreiben: El ös. ov geei., aXla eyei T^tVrav, was ganz unmöglich ist. Sehr nahe liegt: '^Hdelov Qsei^ aXXa eyei xQVjrav. „Angenehmes fliesst, aber es hat ein Loch (es ist ein Loch da)", etwa mit Anwendung auf ver- gebliche Bemühungen (Danaidenfass etc.). Zur Form rjösiov vgl. Hatzidakis, Einleitung S. 381. Um wenigstens nichts versäumt zu haben, notiere ich noch das inhaltlich vielleicht verwandte altgriechische Sprichwort: ^IXrjV /nev et^ip'xXov (.lev ^ 7i (5' hieigqhL. Zenob. 1, 75 (vgl. die Erklärung).

104 „Prelle und fahre ab!" Die Fassung des Planudes 7G: Idnaxa y.al dQ/.i&vit£ ist eine hochgriechische Paraphrase. Damit erledigen sich die Vermutungen, welche E. Kurtz dort- selbst über den Sinn des Spruches und besonders über das

Krumbacher: MittelgriecJiische Sprichwörter. 217

Wort a/rata geäussert hat. Die richtige Erklärung hat H. üsener, Deutsche Litteraturzeit. 1886, 1788 gegeben. Denn von den verschiedenen Bedeutungen des Wortes xo^- TTiovco: „betrügen" (z. B. Glykas ed. Legrand, Bibl. gr. vulg. I S. 25 V. 222, S. 30 V. 362; Prodromos I, ebenda S. 41 V. 106; Uegl rijg ^sviTslag ed. Wagner S. 216 V. 436; Sachlikis ed. Wagner I S. 76 V. 349, II S. 82 V. 112 usw.) „knüpfen", „durch Knoten besprechen", kann hier nur die erste statthaben. Dieser Meinung ist auch Crusius, Rhein. Mus. 42, 407; das zweite Verbura hält er für eine Ableitung vom Völkernamen IdQi^ihiog. (wie KaQiCeir, KQrjrlCeiv usw.). Gegen diese hübsche Vermutung spricht aber die Schwierig- keit zwischen einem Verbum aQ/,iEvi(^cj „ich handle wie ein Armenier" und agfieviCco „ich fahre ab" zu differenzieren. Zur lakonischen Befehlsform des Spruches vgl. neugriechische Sprüche wie: '^Qi^sys xat y.ovQevys, v.axovQie ymi def-ioTia^el Kanell. 94 (ähnlich 121). KUipe va q^ag y.i oQfta^e va 'yr^g. Kanell. 289. ^teq^äviove v.i di^tnagcore y.ai ßaq)xiC,e y.al (pevya. Beniz. 278, 141.

105 „Die Alte sah einen im Traum und sagte nicht, dass sie ihn sah, sondern dass sie mit ihm sprach." Das Wort ovvlqyEod^ai ist hier offenbar nicht in der heute üb- lichen Bedeutung „zu sich kommen, sich sammeln" gebraucht, sondern in einer der alten Bedeutungen „zusammenkommen", ,sich geschlechtlich vereinigen", „mit jemand sprechen" und zwar wahrscheinlich in der letzten. Ausschliesslich diese Bedeutung hat in der mittelalterlichen und heutigen Volks- sprache das dem ursprünglichen Sinne nach mit Gvveqyoj.iaL eng verwandte ovvTvyaivco. Zur Rolle der Alten im Sprich- worte vgl. Nr. 80 und 84 unserer Sammlung. Der obige Spruch fehlt im Neugriechischen; doch findet sich ein ver- wandtes Sprichwort, von dem mehrere Varianten ediert sind: "Ort eh/ Yj yQr]d 'g tov vov xrjg, ToyXE7ie 'g ro oveiqo Trjg. Arab. 1038 (auch 1817). Beniz. 238, 897 (wo eiy' und x6

218 Sitzung der phüos.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

statt ej' und ra zu schreiben ist). Tct 'x' ^ 79^ '^' ^^"^ loyiof-io Tr]g, za d^cogsl xl eis tovsiqo trjg, Manol. 400. Taoev e Magov 'g tov vovv rijig, za dcogovoe 'g tovelqov tv^g. Diamant. 454.

106 „Ein Armer will den andern nicht und Gott hasst beide." Vgl. den neugriechischen Spruch: '0 d-Eog öev if.ii- GrjGEv aXkov cog zog) cprcoyo y.ai nsQr^cpavo. Manol. 324. Bei- spiele für die Rolle des Armen im Sprichwort bei Arab. 976 bis 981. Beniz. 111, 279—287. 244, 975—990. 335, 58—65. Kanell. 776 f. Sakellarios 217.

107 „Nimm den Menschen weg und sieh eine Wüste!" d. h. ohne Menschen ist eine Gegend unwirtlich und öde, also das Gegenteil der Schiller'schen Verse „Die Welt ist vollkommen überall. Wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual". Für den Griechen wie für den Südländer überhaupt ist die Natur ohne die belebende Gegenwart des Menschen wertlos, und das empfindsame Schwärmen für die Natur als solche ist ihnen wie ihren antiken Vorfahren wenig verständlich. Dass der Spruch, obschon er nur in K über- liefert wird, echt volksmässig ist, beweist ein neucyprischer Nachkomme desselben, den Sakellarios in seiner wertvollen Sammlung (Nr. 311) mitteilt: '0 ad^d^Qionog eV o zonog y,al 6 ro'/iog y£Qr]/iwg. „Der Mensch ist der Ort und der Ort (ohne den Menschen) ist öde". Uebrigens kennen die Neu- griechen auch die entgegengesetzte Anschauung IloXka xaXd 'g Ti] SQijf-W, yiarl xaveig öev Eivai. Arab. 1144.

108 „Bis zum dritten Male auch die Wahrheit!" Vgl. Kr. 71. 92. Die Richtigkeit der a. a. 0. bevorzugten Fas- sung wird jetzt auch noch durch C gestützt. Der neu- griechische Spruch, welchen Kurtz S. 20 aus Arab. 304 zitiert hat, steht auch bei Beniz. S. 280, 178 mit der gleichen Erklärung aus der Aesopischen Fabel. Vgl. Crusius, Rhein. Mus. 42, 403 f. Sotiriadis S. 234 erinnert an den heute bei Wurfspielen gebräuchlichen Ausruf: Ka&e tqlti] xat y.aXr\

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 219

109 „Wo viel Liebe ist, da ist auch viel Streit." Wie unser „Was sich liebt, neckt sich". Vgl. Wander III S. 169, 87 ff.

110 „Ein Toter hat keinen Freund." Ungefähr das Gegenteil des lateinischen „De mortuis nil nisi bene". Eben- so spanisch: A muertos y a idos no ay amigos. „Für Tote und Weggegangene gibt es keine Freunde." Valles-Haller I Nr. 188. Zum Trost dient dem freundlosen Toten der Spruch: '0 d7io9-a[.ii.ievog (fd^övo ds q^oßärai. Beniz. 178, 26.

111 „Wenn wir auch gebacken haben, die meisten Brote waren wir schuldig." Von Leuten, die über ihre Mittel leben. Vgl. die neugriechischen Sprüche: Zvi.iwaaf.iEv evvea iluofitd Kai xQewazoLf-is dUa. Arab. 416, und ähnlich: 'Etv- f-icoGaf-iEv Ivvia xal yQC0OT0hf.uv dcusy.a. Manol. 134. JavEr/.o, xvQcc, r' dXevQi, darsiy.o y.al rrQoCvf.u. Arab. 225.

112 „Während das Meer salzig ist, warum sind die Fische süss?" Ein naturwissenschaftliches Problem, das so- fort an den Vorstellungskreis des Physiologus erinnert, je- doch, wie mir Dr. M. Goldstaub mitteilte, in den bekannten Bearbeitungen dieses Buches nicht vorkommt. Will man diese nur in B überlieferte Frage als Sprichwort gelten lassen, so wäre der Sinn etwa: „Auch aus einer schlechten Familie oder Gesellschaft kann Gutes hervorgehen". Die „Lösung" bezieht die Frage auf tugendhafte Menschen, die auch im Sturm des Lebens rein bleiben; dann wäre also der Sinn: „Ein Diamant bleibt Diamant auch im Düngerhaufen". Uebrigens nähren sich die Fische nach der Lehre der Alten nicht vom Salzwasser, sondern von dem das Meer umgeben- den Süsswasser. Dr. Goldstaub, dessen Liebenswürdigkeit ich auch diese Bemerkung verdanke, verweist dafür auf Ael. De nat. an. IX 64 und die von Jacobs in seiner Ausgabe zu dieser Stelle beigebrachten Belege. Ein Beispiel für die metaphorische Anwendung des „Salzwassers" bietet ein Traktat des P sei los, den Th. Uspenskij herauszugeben beabsichtigt:

220 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

owayr^oya noXXd ös xal a/cö riöv aX/LivQCtJv vöarcov^ cprj(.d dri Tcdv 'Elhjvixojv. Cod. Monac. Gr. 384 fol. 43^.

113 „Ein Dieb und zehn Angeber." Bezieht sich ent- weder auf die allgemeine Wahrheit, dass der Verbrecher von vielen Seiten verfolgt und beobachtet wird, oder auf spezielle Fälle, wo zur Entdeckung eines Verbrechers ein unverhältnis- mässiger Aufwand von Kräften stattfindet. Von Planudes 103 ausnahmsweise unverändert aufgenommen. Vgl. den neu- griechischen Spruch: Ka&s ipevTrjg eyei ytal xov fiaQzvQct tov. Barth. 58. Sanders 29. Arah. 538. Diamant. 234, der nach Arab. sowohl bedeuten kann, dass jeder Lügner überführt wird, als auch, dass Lügner oft falsche Zeugen zu Hilfe rufen. Darnach ist Kurtz, Philologus 49, 462 zu berichtigen.

114 ^Arrottooov v.ai va q)i)^dor]g. „Entgürte dich (lass dich abdanken) und du sollst ankommen (am Ziele)!" Die in beiden Hss bezeugte Form ccTtoCtooov ist der Imper. Aor. von mTüUovofuai (wie ÄVTtrioov, v.oif.iyioov von Xv7T0Vf.iai., v.oi!.iovf.iaL usw.), und dieses Wort entspricht genau dem altgriechischen o.7totiovvvo(.iai (vgl. Hatzidakis, Einleitung S. 408); die Frage ist nur, ob das Wort noch die alte Bedeutung hat „Entgürte dich" oder in übertragenem Sinne „Lass dich abdanken" gebraucht ist. Im ersten Falle wäre der Sinn „Wenn man die (beim Laufen hinderlichen) Kleider ablegt, kommt man leichter zum Ziel", im zweiten hätte der Spruch wohl ironische Beziehung auf jemand, dem man zumutet, Amt und Würden niederzulegen, um zu Macht, Reichtum oder Ansehen zu gelangen.

115 ^'EtQtoye xat Ta oipdgia fiov y-i srnve 'Kai elg rd yivua f.iov. „Er ass meine Fische und spuckte auf meinen Bart." Undankbarkeit. Der Lesung von D habe ich den Vorzug gegeben, weil wir dadurch zwei völlig gleiche Glieder (— " " w_w_) erhalten ; dem Sinne entspricht natür- lich auch die Lesart von A^. Sinnverwandt sind die neu- griechischen Sprüche: Eg^asv zrjv xotra /nag ra' sysGsv Trjv

KrumhaeUer: Mittelgriechische Sprichivörter. 221

nÖQTa fiag. Diam. 165. Bli rd XiO^ägia uov /.is ßagsX. Arab. 719; auch die arabischen: Er isst und spöttelt (über das, was er isst). Burckh. 780. Hordeura editur et vitu- peratur. Freytag I 666, 46. Spanisch: Hize nie albardan y comi me el pan. Valles.

116 ElÖEv 6 Alenzrjg ti]v ßovllav xal syilaoev. „Der Dieb sah das Siegel und lachte." Für die vollständige Er- haltung des vortrefflichen Spruches, dessen Ergänzung weder Boivin noch Sathas gelungen war (s. oben S. 127), muss man dem Cod. D besonders dankbar sein.

117 ^4(p' cov haßaklUsvae, -/.vq "Hhs, (.iri rov '/.lairjg\ „Nachdem er geritten ist, beweine ihn nicht, Herr Helios!" Zur Erklärung s. 0. Crusius bei Kr. S. 87. Zu den a. a. 0. erwähnten Belegen für den v-vq "'Hhog kann noch Vers 29 der ''Pq^äza -/.öqt^g y.al väov (ed. Legrand, Bibl. gr. vulg. IT S. 52) gefügt werden: /.ai ^-/.iva 6 y.vQ r^liog (richtiger wohl "Hhog) Tov ögöf-iov vd (povoxtovrj.

118 „Wie hüpft der Esel, wenn er seinen Herrn er- blickt." Bezüglich der Variante deidaqog vgl. die Bemerkung zu Nr. 62 (S. 190). Mit dem 0Qxe~iai)ai des Esels ist natür- lich seine Bereitwilligkeit zur Arbeit gemeint. Der Spruch bezieht sich also wohl auf träge Leute, die in Gegenwart anderer (besonders ihrer Vorgesetzten) Emsigkeit heucheln.

119 „Die wir unvermählt beliessen (als un vermählte fest- hielten), wurde schwanger befunden (stellte sich als schwanger heraus)." Ein jambischer Fünfzehnsilber. Der Spruch bezieht sich wohl auf thörichte Massregeln, welche in das Gegenteil der beabsichtigten Wirkung ausschlagen. Dem hier voraus- gesetzten Unglück verdankt ein weit verbreitetes neugrie- chisches Sprichwort seine Entstehung: "Ola tov ydi-iov dio- y.o?M y.i rj vvffr^ 'yyaOTQ(oi,itvij (ebenfalls ein jambischer Fünfzehnsilber). „Lauter Schwierigkeiten bei der Hochzeit und die Braut ist schwanger." Beniz. 191, 209 (mit der

222 Sitzung der phüns.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

lakonischen Erklärung: Elg dvci f.iaXa) . Kastellorizisch : BovlXa Tov yccfxov övOiioXa ra' h vvqxpr] ''yx.aovQcof.isvrj. Diamant. 73.

120 „Achte auf das eine, damit du nicht zehnfaches erleidest!" d. h. halte das eine fest, damit du nicht alles verlierest. Vgl. die Aesopische Fabel vom Hunde mit dem Stück Fleisch (233 Halm).

121 Die nur noch in A^ vollständig lesbaren griechi- schen Worte (s. S. 114 und 127) lauten in deutscher Ueber- setzung: „Wenn ich vi^eiss, wer gesäuert hat, so wird er am Donnerstag anzünden". Die „Lösung" deutet den Spruch auf Christus, die Bereitung des Liebesmahles, den hl. Grün- donnerstag und das gesäuerte Brot und schliesst mit einem Hiebe auf die Lateiner. Daraus ergibt sich wenigstens, dass itvfÄCOöE und jtei-inTrjv richtig überliefert sind und dass es sich in der That um das Geschäft des Brotbackens handelt. Dass der Spruch trotzdem so dunkel bleibt, liegt an den zwei ersten Worten; sie können unmöglich richtig sein. Man er- wartet vielmehr im Konditionalsatz eine Bestimmung der Zeit des Knetens (oder etwa noch der Art und Weise). Was aber dergleichen in ^^v oida A^ oder in den halb verwischten Buchstaben avbiÖLog (?) D steckt, vermag ich nicht zu finden. Zur Konstruktion tyßL dväßsiv vgl. -/.axavodcod^r^v ejEi in der Hermenie von Nr. 51 des Taur. (S. 110). Der Begriff „Säuern", „Backen" wird in neugriechischen Sprichwörtern öfter zu Vergleichen angewendet, z. B. Jeann. 151. Sakell. 176. 206, an der letzten Stelle sogar ebenfalls in Verbindung mit Wochentagen: i^/ro V (lies V) 'Cv/.icüarj ^äßßazov , Aay.r\v JevTtQav bysL „Wer am Samstag nicht bäckt, hat einen schlechten Montag". Aber zur Erklärung des mittelalter- lichen Spruches finde ich auch hier nichts Brauchbares.

122 ^vväyio syoj tteqiti azwv xal euayyeliCo/^ievog. „Ich sammle, indem ich herumgehe und das Evangelium verkünde." Die „Antwort" (Sathas S. 565) deutet den Spruch auf den hl. Paulus, aber in Wahrheit gehört er wohl zu den Sprüchen,

Krumhacher: Mittel (jriechisclie Sprichwörter. 223

welche die Habsucht und Bettelei des Klerus geissein. Vgl. Nr. 128 und Crusius, Rhein. Mus. 42, 396.

123 ,Wenn dir ein Glück kommt, erwarte auch ein anderes!" Vgl. Kr. S. 71. 92. Echter als das a. a. 0. bei- gebrachte neugriechische Sprichwort scheint folgendes zu sein: IIov nciQ, xaZo; '— xaXko y.a'ko. „Wohin gehst du, Glück? Zum andern Glück." Sanders 92. Beniz. 263, 238. Auch den in Westeuropa mehr geläufigen gegensätzlichen Ge- danken ,Ein Unglück kommt selten allein" kennen die Neu- griechen : "Oiav d-aQi^jj {Od^i^fj Arab.) eva ■naT.o, GeQvei /.laKl tov /vA aXlo (oder nsQifxevE v.al aXlo Arab.). Arab. 1011. Beniz. 233, 833. Dasselbe bedeutet der Spruch: Kalwg t^q^ ri övoTvxia, av (.mg r^Q^^E (.lovayji. „Willkommen ist das Un- glück, wenn es allein zu uns kam." Arab. 608. Die Vor- Stellung von der Anziehungskraft des Glücks und besonders des Unglücks ist ganz allgemein verbreitet. Vgl. die ara- bischen Sprüche: Wie gut hat's der, dem einmal das Ge- schick lächelt! Socin 364. Wenn du mit dem, der Glück hat, umgehst, wirst du Glück haben, und wenn du mit dem, der Unglück hat, umgehst, wirst du Unglück haben. Socin 20. Aehnlich gefasst, wie der oben angeführte neugriechische Spruch ist der spanische: A do vas duelo? a do suelo. „Wohin gehst du, Trübsal? Wohin ich (zu gehen) pflege." Valles-Haller I Nr. 53. Hier und bei Düringsfeld H Nr. 512 Belege aus den romanischen und germanischen Sprachen.

124 „Schweigenden Mund rächt Gott."

125 „Stillen Flusses Tiefe untersuche!" Vgl. Kr. S. 71. 92 f. Im Neugriechischen gibt es zahlreiche Parallelen, z. B. Idno oiyavo TTOTOf-ii f.ia/.Qvd rd Qovya oov. Beniz. 26, 336. Kanell. 109. l4/i6 oiyavö Ttoraf-u O7jy.cov€ ro Qovycc aov y.ai niqva. Beniz. 26, 337; der Zusatz xat jieqva scheint über- flüssig zu sein. Epirotisch: Elg to oiyalo Trorafu orf/.iooe ipfjld xd qoiya. Arab. 303 und: *0 S^eog vd os g)vldyr] aTtö ^ovXoyro 7iOTdf.ii. Arab. 837. Ganz ähnlich chiotiscli:

224 Sitzung der pliilos.-pUlol. Classe vom 8. Juli 1893.

'0 d^eog va os q)vXayr] drtd oiyavov 7tOTäf.ii. Kanell. 471. Kretisch: l4n6 aiyavdv 7roTaf.i6v iprjld roij 7roöaQaig oov. Jeann. 21. Cyprisch: 'iTo rov oiavöv 7ioiaf.i6v vd cfoäoai. Sakell. 282. Kastellorizisch: 'A7tov oiavov 7Coxa(.iöv dläqya zd Qovyd oov. Diamant. 22. Die deutsche Fassung , Stille Wasser gehen tief' fehlt im Griechischen. Italienisch: Da fiume aramutito fuggi. Giusti 301, wo noch sechs andere auf das stille Wasser bezügliche italienische Sprüche angeführt werden. Vgl. Pasquahgo III 71. Spanisch: En rio quedo no pongas el dedo. Valles. Arabisch: Unter jedem gesenkten Kopf wohnen tausend Bubenstücke. Burckh. 542.

126 „Des Flusses Andrang erfreut die Stadt Gottes." Vgl. Kr. S. 71. 93. Der Spruch stammt aus Ps. 45, 5. Dieselbe Reminiszenz in einem Gedichte des Manuel Holo- bolos ed. Boissonade, Anecd. gr. V 165 Nr. 6:

yiai.i7rQdg dvioyei 7T0Tafxdg h xpali.ir/.rig 7ir]ya{ag Evq'Qaivtov rolg b^f^ir^i-iaoiv oXrjV ö^eou r'tjr tioXiv.

127 „Ich rufe dir zu, Armer: Verkauf deinen Sack und verbringe dein Fest!" Vgl. Kr. S. 71. 96. Verwandt nach Form und Inhalt ist das arabische Sprichwort: „0 Lump, verkaufe den Wassereiraer (das Nötigste) und kaufe deiner Frau Süssigkeiten dafür!" Socin. 231.

128 „Bringt man den Pfaffen herein, so bringt er auch den Diakon mit." Vgl. Kr. S. 71. 96.

129 „So viel der Hase schläft, so viel wird er laufen." Vgl. Kr. S. 71. 96.

Krumhacher: Mittelgriechische Sprichivörter. 225

V. Miszellen.

A. Sprichwörter in der byzantinischen Litteratur.

Einzehie alt- und mittelgriechische Sprichwörter, welche sich bei byzantinischen Autoren zerstreut finden, sind ge- legentlich schon von E. Kurtz in seiner Ausgabe der Planudes- sammlung S. 6 f. und ina Philologus 49, 457 468, besonders 466 IF., von 0. Crusius, Rhein. Mus. 42, 386—425 und bei Kr. S. 94, von M. Treu, Philologus 49, 187 und von mir bei Kr. S. 60 verzeichnet worden. Dazu kommt die Samm- lung der in den Homerkomraentaren des Eustathios vor- kommenden Sprichwörter von Aug. Hotop. Vgl. E. Kurtz, Blätter f. d. bayer. Gymnasialschulwesen 25 (1889) 43 ff. Es wäre nun zu wünschen, dass jemand, durch das Studium des (jöttinger Corpus und der mittel- und neugriechischen Sammlungen genügend vorbereitet, die byzantinische Litte- ratur systematisch auf Sprichwörter durchforschte und eine ähnliche Zusammenstellung veranstaltete, wie sie Otto für die lateinische Litteratur gegeben hat. Die Arbeit würde allerdings viel Zeit und Mühe kosten und viel Ausdauer er- fordern; denn auf grosse Strecken würde der Ertrag voraus- sichtlich ungemein spärlich ausfallen. Zwar kommen einige antike Sprichwörter wie Ovöi '^Hqay.Xrß rcqdg ovo und einige sprichwörtliche Redensarten, besonders aus dem Kreise der aöivara^ ziemlich häufig vor; aber diese Gruppe, in der wir nur alte Bekannte treffen, ist ohne grössere Bedeutung.

1893. Pbilos.-philol. u. bist. Gl. II. 1. 15

226 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

Unbekannte Sprichwörter des Altertums und mittelalterliche Sprichwörter, auf die es vor allem ankommt, sind recht selten und so schwer zu finden wie Nadeln in einem Heu- stock. Die bei den Autoren zerstreuten Zeugnisse volks- tümlicher mittelalterlicher Sprichwörter verdienen namentlich deshalb sorgfältig aufgesucht zu werden, weil wir mit ihrer Hilfe einige Sprüche vom frühen Mittelalter in grösseren oder kleineren Zwischenräumen bis auf den heutigen Tag verfolgen und an ihnen die Geschichte und das Wesen der Gattung studieren können. Ein lehrreiches Beispiel hiefür bietet Planudes 135: ^Eyio ae sKTioa, mve, /.l lycö as xaxa- onaoiü. Dazu hatte ich in meiner ersten Ausgabe S. 60 einen Beleg aus dem 11. Jahrhundert (Skylitzes ed. Bonn. n 643, 12 und ebenso Glykas 601, 10) und einen zweiten aus dem 12. Jahrhundert (Glykas' Gedicht an Manuel Kom- nenos Y. 282) beigebracht, Kurtz zitierte dazu den neu- griechischen Spruch: ^Eyto a' SKTioa, q^ovQve, eyco va oe XaXdoco. Beniz. 68, 32.^) Es lässt sich nun durch Ver- gleichung der Zeugnisse aus dem 11. und 12. Jahrhundert mit der neugriechischen Form zu völliger Evidenz erweisen, dass Planudes volksmässige Sprüche willkürlich in die ge- lehrte Schriftsprache übertrug.

Welcher Ertrag an Sprichwörtern von den einzelnen byzantinischen Litteraturgattungen zu erwarten ist, lässt sich nur in allgemeinen Zügen andeuten. In der nach Gehalt und Umfang bedeutendsten Abteilung der byzantinischen Lit- teratur, den Geschichtswerken und Chroniken, findet man, soweit ich sehe, fast nur Sprichwörter, welche von einer historischen Person bei einem bestimmten Anlass ausge- .sprochen wurden. In der rhetorischen und epistolographischen Litteratur beschränkt sich der Ertrag fast völlig auf antike

1) In verschiedener Fassung enthalten denselben Gedanken die neugriechischen Sprichwörter: 'H xcoga ßäXXsj EJiiaxojto xi f\ iwQa Tov ißyäXXsi. Manol. 213, und: Zk (inäCoi xal oe ßyä^co. Beniz. 272, 64.

Krumbacher: Mittelgriecliisclie Sprichwörter. 227

Sprichwörter und sprichwörtliche Floskeln. Mehr dürfte in der popularisierenden theologischen Litteratur, von der ich nur wenig geprüft habe , zu erwarten sein. Aber selbst die vulgärgriechischen Schriftwerke, die ich ohne Aus- nahme vollständig gelesen habe allerdings zum Teil, noch ehe ich auf Sprichwörter zu achten begonnen hatte , liefern auffallend wenig Material. Eine grosse Reihe* der- selben wie der Spaneas, die sämtlichen Gedichte des Ptocho- dromos, das erbauliche Alphabet, Pikatoros, die Legende vom ehrsamen Esel, die Kindergeschichte von den Vier- ftisslern, die reimlose Erzählung von Belisar, Tamerlan, des Georgillas Pest von Rhodos, die demselben Dichter zuge- schriebene Eroberung von Konstantinopel, des Manuel Sklavos Erdbeben von Kreta u. a. lassen Sprichwörter und sprich- wörtliche Ausdrücke völlig vermissen.

Mir sind nur zwei byzantinische Autoren bekannt, welche sich des volksmässigen Sprichwortes mit ausgesprochener Vor- liebe und Absicht bedienten : der Erbauungsschriftsteller Johannes Klimax im 6. Jahrhundert und der Chronist Michael Glykas im 12. Jahrhundert. Glykas bekundet seine Neigung zur proverbialen Weisheit vor allem durch seine Sammlungen raittelgriechischer Sprichwörter und sein mit Sprichwörtern gespicktes vulgär griechisches Gedicht, über welches S. 55 S. gehandelt worden ist. Mehrere interessante Belege seiner Vorliebe für Sprichwörter, sprichwörtliche Vergleiche und Bilder enthält auch sein un- ediertes schriftsprachliches Gedicht an Manuel Kom- nenos, das ich aus Cod. Paris. 228 abgeschrieben habe und demnächst der Oeffentlichkeit übergeben werde, wobei sich Gelegenheit bieten wird, auf die erwähnte Eigentümlichkeit der Darstellung im Zusammenhang mit den übrigen Werken des Autors näher einzugehen. Dagegen lieferte die Chronik des Glykas, die ich während des Druckes dieser Arbeit noch einmal mit spezieller Rücksicht auf das Sprichwort vollständig

15*

228 Sitzung der iMlos.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

durchgelesen habe, nicht mehr Ertrag als andere Werke dieser Gattung. Das erklärt sich wohl aus dem Charakter der Darstellung: In der meist ungemein summarischen und von Reflexion fast vollständig freien Erzählung bot sich für die Einflechtung von Sprichwörtern wenig Gelegenheit; daher findet man hier nur einige altgriechische sprichwörtliche Redensarten und einige von historischen Personen gebrauchte mittelgriechische Sprichwörter, wie sie auch bei anderen Chro- nisten vorkommen; die Belege s. S. 226. 235. 237. Immerhin verrät sich die S. 55 geschilderte Geistesrichtung des Glykas auch in der Chronik durch die unverhältnismässig reichliche und in keiner zweiten byzantinischen Chronik wiederkehrende Zugabe allegorischer Erklärungen in der Schöpfungsgeschichte, in die der Verfasser einen grossen Teil des Physiologus ^) nebst manchen anderen naturwissenschaftlichen Kuriositäten hineinarbeitete, und durch die Vorliebe für moralische Nutz- anwendung zoologischer Dinge (z. B. S. 80, 1) und für Aeusserungen des Volksglaubens (z. B. 359, 9 ff.). Nicht mehr Ausbeute als die Chronik ergaben die theologischen Briefe des Glykas, welche auf meine Veranlassung Herr K. Kuruniotis aus Chios geprüft hat; s. S. 235.

Auf den Sprichwörterreichtum des Johannes Klimax wurde ich kurz vor Abschluss der vorliegenden Arbeit auf- merksam und veranlasste darauf Herrn Kuruniotis, alle Stellen, die Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten zu enthalten scheinen, aus dem Werke auszuziehen; ausser

1) Trotz des Hinweises von 0. Zöckler, Geschichte der Bezieh- ungen zwischen Theologie und Naturwissenschaft I (Gütersloh 1877) 377 ist diese üeber lieferung des Physiologus in der neueren Litteratur, auch bei Fr. Lauchert, Geschichte des Physiologus S. 99—103, unbeachtet geblieben. Wer die Beschaffenheit der von Glykas be- nützten Vorlage feststellte, würde dem in der jüngsten Zeit auf so manchen Punkten aufgeklärten Stammbaum des Physiologus eine wichtige Ergänzung zuführen.

Krumhacher: Mittelgriechische Spricluvörter. 229

Klimax prüfte K. seinen jüngeren Zeitgenossen Johannes Moschos, bei dem ich eine ähnliche Fülle von Sprich- wörtern vermutete; doch erfüllte er die auf ihn gesetzten Hoffnungen nur in einem sehr bescheidenen Masse, und es bestätigt sich hiemit durch die Vergleichung dieser beiden sonst so nahe verwandten Schriftsteller die Annahme, dass der Sprichwörterreichtum des Johannes Klimax auf einer ganz individuellen Geistesrichtung beruht.

1. Johannes Klimax (Migne, Patrol. gr. t. 88).

1 0\ vyiah'OVTsg iv laTQSup ov naqayivovTai. 640 A.

2 KaQ7rov f-irj naqovrog ov avi'eyMg oQEyo/^ie&a. 665 A.

3 Bli/.QOv nvo -/.ijQov nolvv Y.aTEf.icXaiE. 713 C.

4 Bchp oad^qo) avöodev ivaTTOTUrovTai 0/iCüXr]/.eg. 841 D.

5 (Devysi ayy.iaTQOv lyS^vg o^iwg. 889 A.

6 Jozif.idCei y.af.iLvog yqvoöv. 937 D.

7 ^Dlg ar Qiil')]Q [ravTrjv] Tiqv TQißoXov, OQdov vo KivTQOv ioTarai. 949 C.

8 '^^.Irj /.toqffr^ ^Id^iojicov xal ertQa dvÖQidvriov. 952 B.

9 Tlavxog [^<gV yccQ] y.aQ7TOV nQOrjyelTai avifog. 677 C.

10 KtAXTfiai naoa rd^ig /rtarcDv, [wg q>aoi riveg']^ diacpoQog diarfSQOvTCüv. 697 B.

11 *0 d6y.t(.tog /ravtayov d6y,ifxog tag v.al t6 ef-irrahv. 716 C.

12 Elg lt"/.og divazai ey-tagd^ai Ttoi/iivrjV. 832 D.

13 '0 '/.aXog qayoXöyog rag Tcercoiqovg qayag sod-Uov ovdev 7TeQl Tiuv oLicfaxiov STtiQayokoyr^OEL. 848 D.

14 KoeIttov tiegeIv dno vipovg Eig yijv rj drro yXcooorjg, 852 C.

15 IMalaooGLiEvoL döY.ol eirididovoi (sie) t^ ytoQrjOsi, tceqi- (pqovovf-iEvoi öe ov tooovtov öe.yovxai. 868 B.

16 ^0 ovx i'yEL 6 d^rjOavQog, ov nqocptQEL r^ d^vQa. 993 B.

17 Td dirÖQü v/id ziöv dvsfAWv OEiOfAEva ßai^Eiag Qitag /.ara- ßdUovoiv. 728 B.

18 ^XloTQiov To /ivQ Tov vöaxog. 848 A,

230 Sitzung der phüos.-jMlol. Classe vom 8. Juli 1893.

19 Ms/Liovcüf-ievog trtiroQ, ytoXkäxiq r^f'/e/v (^oxel, avvayela- ^öiLisvog de tots tr^v mvtov s/ieyvco vtod^QOTrjTa. 993 B.

20 ^edoiY.aGLv OQvsig leqaxog eidog. 1000 A.

21 '^AXkcog 6 87x1 d^Qovov xai aXXiog 6 srrl KOTTQiag •/.ad-r'j/.ievog diaxsirai. 1001 A.

22 ^yjday.cov nlrjd-og TtoXXäxig Gv/.i7Tviy£i cpXoya 'Aal arco- oßivvvoiv, 7rXridog -kcctwov Eoyaöa(.ievov. 1085 B.

23 ^idrjQOg duy.if.iog v.al tov ddoKifiov o^vvai övrarai. 1085 C

24 "^0 Trjv anocpaoiv eiXrjcpwg -/.al TXQOg xriv y.azadi-/.rjv tioqsvo- fievog ov XaXei tveqI i^EaTQwv. 1085 C.

25 Kai fiiq ßovXofisvog 6 aidijQog vTtaiiovei zw f.iayviT7]. 1 085 D.

26 ^r£vovf.isvov vöcoq sig vi^iog dvargexsi. 1085 D.

27 Ov TlKTEl TCVQ %i6%'a. 1088 B.

28 Ov TiävTEg TxävTCog ndvra hriorig -/.EUTr^i-iEd^a. 1068 C.

29 Td Tiod^Ev 6 avEf-iog 7vve~i tiqo navTtov KrjTriacof.iEv. 1072 D.

30 SrjQav^Eig ßoqßoQog ovy.tXL yoiqovg ^EQanEVEi. 1085 B.

31 Oößog tUtel triQrjoiv evraXfidtojv. 1092 C.

32 TijQEi i-ivv r' tovTOv ^YjQEVTQia. 1097 B.

33 OvY, docpaXsg f-tEz' Eod^r^Tog vrf/Eoi^ai. 1097 C.

34 '^'Ydarog fxif] 7ra^6vTog iv Ttrjyfj avor/.Eiov ro ovofAa. 1108 C.

35 MixQcc ^Qi^ TaQaoOEi oq^i^aXfiov. 1109 D.

36 Mia xvXiB, TToXXäyiig yEvaiv olvov lor\i.iavEv. 1116 D.

37 \^'Oi.ioi6g EOxi\ IM f-iETCc (XQTOv TOV xvva [zr^g g^iXr]doviag'\ Xi^atovTi. 804 D.

38 \^'Ofioi6g 8ori\ x(^ tteqI dvsi-iwv orad-f-iov 7ioXv7rQayfxovovvTL Ehfj. 949 A.

39 [^Ofj.oi6g eaxi^ zo) zrjv oytidv eavxov v.axaTQiyovxL yal xavxYjV xaxsyELv doKif-iaCovxi. 669 C.

40 To vöcoQ äcpqa-/.xov yioXvEiv. 853 A.

41 Mexcc eXaiov oßEvvvEiv Sf-ircgr^G/növ. 868 A.

42 ["Ofioiog soxl] xai dvef.iovg iy^Xslovri. 980 A.

43 ['^'O/.ioiog sGTi] xo) vöiOQ dvxXovvxL yial Eig ni&ov XExgrj- (.dvov ßaXXovxt. 1089 A.

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 231

44 [t(7) elTTOVTi] TW viaidl Iv ht ßi\i.iaTi näoav areXi^elv tv,v xXi^iaxa. 865 B (Cf. 997 D: Ovöelg yag y^liiiaKa v(f' €v TTOve dvsXd^elv dsdvvrjzai.)

45 "Ai-iT^yarov hl f.iev 6cpd^al{.aü elg zov ovqavov, hl Ss elg rrjv yrjv veveiv. 668 D.

46 l^ÖL'vaTov e/. xwvog ngoisvai cploya. 996 B (cf. Nr. 27).

47 Ovy vnoy.livEi y-v/idgiGOog elg yr^v neguraTeiv. 965 D.

48 ^SvvaTOv Tov TtEivcövra /^lij {.ivrif-iOVEiEiv oqtov. 1088 D.

49 Ov övvavdv zov drcod-vriGyiOVTcc ßadlCsiv. 1089 A.

50 !Advvarov tov (.ir^ ygcc/ni-iaTa /.lE/.iad-rjT.OTa cpvofKiog h dal- Toig f-ielsTav. 1109 B.

51 !A6vvazov nvEV{.ia dEopiEiv. 1132 D. (cf. Nr. 42).

52 'ßt; oidrjQog yalnEl {yTTOxäGGEGd^ai rivi). 689 A.

53 Jo^av savtqj et. tov oXXotqiov gltov TtEQLJioir^Gaod^aL. 713 A.

54 Avv.ov üvtI TTOifxevog. 813 C.

55 ^Ey. ßod-vvov Eig v.QriJ.iv6v. 829 D.

56 '^vo zaiTa '/.EQÖavElg ev f.iic Ef.i7iXaGTQoj. 848 A.

57 Tov ÖElva dnenlvva {AvTiq GS \ SrifAwdtjg q^tovr] nEiGaTco frXvvTTjQiov TOV ovEidiGj-iov Tiov ri^c,' ^'vyjig nadwv xad^iG- TaGd^af cpaol ydq Tivsg tiov h tcTj kogi-iw, r(i>iy.a Tiva ■/.azd TiQoaconov dTif.iiag nEQtßällovGi, v.avyiö(XEV0L n^og

ETEQOVg, OTl TOV ÖeT-VU aTCEuXwCi). 833 B.

58 JvvaTOv '/.al Qodiov Tto ßovXofxiviiJ dyqdlmov slg xaXlii- Xaiov fxETEyKEVTQiGai. 893 D.

59 ^Qgei (xeXl -aal ydXa. 724 B.

60 [Kai iqnaT'^d^rjoav ol (pdoGMÖTTTai] v.aTtvov dvTl ■i^'iov '^.aTtyovTEg. 848 B.

61 ['0 dt €x /.uGd-ov rt]»' VTTOTay^v noirjodiiiEvog'] ovixog l-ivXog yiat^iGiaxai did ycavTog cbGavTcogv.ivov(.iEvog. 637 A.

62 KE'/.o}Jlrji.iEva tyoviag tu OGva tj oaQKi. 768 C.

63 Mayt.Qdv d/ro dydnrjg gteqqoq (fvGiv.rig i-ivi]Gi/.axia., EvyEQiög de TtOQVEia nlr^Gid^Ei avTjj- xat lElrjd-OTiüg ogäg ev tieqi- GiEQÜ (pdElqav. 841 B.

232 Sitzung der philos.-philol. Glasse vom 8. Juli 1893.

64 KadoGOv ani^ovoiv dvaroXal and övo/-(iov. 1029 B.

65 [^v/it7tXey.eTai r^ avdqeia r^ xvcfMOig] cöoiieq 6 "keyopitvog af.iiXa§ rqt ytvnaqlaoto. 1069 C.

66 niijd^og y.OTTQOv nlrj-9-og GynoXrf/.iov egya^evai. 1088 D.

67 '0 dßovXriTcog ■/.otcuov ■/.ad^oXLy.cog mw/^evei. 652 oy_6%iov xry'.

68 nvQ £v vyqölg ^vXoig ovx otvtei. 793 B oyöXiov.

69 KaxakaXog ypvyji rgißoXov e'xsi yXcjoaav. 849 oyol. ß' .

70 ^Ev Tt7) OEOaQtof.ii.vw or/w ra r-jjg /rovrjQiag ivoiKiCerai 7rvevf.iaza. 837 D oxSl. t .

71 ylcyiw TTQoßaTOv ov owegyerai slg CE'/.voyoviav. 873 A.

72 ztaifxiov öaij-iova ovy. SKßällEi. 877 A.

73 ^'YTTOvXog dvTqq dUzvor yiEv.Qvi.ij.iivov. 985 C oyol. g .

74 '^'OrtEQ rcovog ovy. s/naiEvoaTO, ovde nod-og T^yyiaXiaoaTO. 1044 C oyol. WtoTiov Xy .

75 0 ytXcog tov (Aay.aQiG(x6v xov frevi^ovg l'^co ßdXXei. 1045 A oyoX. TOV dy. 'E(fQt(.i.

76 ^og TtQod^EOtv y.ai XafAßdvEig dwaiuiv. 1052 B oyöX.

77 Tovg (.liv y.Evovg doxovg t6 7iveviia diioxr^OLv ' zovg dt dvorixovg r) öLr^oig. 1128 B oxoX. tov OeoXoyov.

78 lo/^WiSg ioTi] tiJ) (.iet^ dy^vqiov oßEvvvEiv inixEiQOvvTi. 676 C oxoX. iC'.

79 ^ETtavaoTQecpovTai elg tov l'öiov e/lietov. 649 A (cf. Kvtov hri TOV Xdiov s'ijetov Greg. Cypr. 2, 83 und H, Usener, Der heilige Theodosios S. 163 Anm. zu S. 62, 1).

80 "^ß? '/.6qi]v ocpd^aXfWv. 821 C oxoX. i .

81 [Td] ovx 0 TOTtog oAA' 6 TQonog. 828 B oxoX. xe'.

2. Johannes Mosches, Pratum Spirituale (Migne, Patrol.

gr. t. 87 p. III).

82 ndvTa VTta'/.ovEi tuj yQVOUo [ytaTa ^oXcof.iäJvTa}. 2897 A.

83 "noEi Xid-ov ßoXriv. 2948.

84 "^YTieq tov rjXiov (schöner als die Sonne). 2917 A.

Krumhachcr: Mittelgriechische Sprichtvörter. 233

85 (tiiXeQi]^iog elg noXiv ßatv ov laf-ißarEi. 3017 A. Interessant ist die Erzählung, worauf er die Entstehung dieses Spruches zurückführt.

86 ^i^ To iLif-iccTiv rrjg cpa/.rig f-ivrjGiKaxEiv. 3029 A.

Da ich die vorstehende Zusammenstellung erst erhielt, als ich die S. 28 ff. aufgeführten Sprich Wörtersammlungen durchgearbeitet hatte und schon der Setzer zu drängen an- fing, musste ich auf die Beigabe eines mit Parallelen aus- gestatteten Kommentars verzichten. Doch sei wenigstens einiges notiert, was augenblicklich zur Hand ist. Zu Nr. 26 vgl. Planudes 203b: Td vdcoQ cvayy.at6i.ievov 7] elg "i/'og.tj elg ßäd-og und den dazu von Crusius, Rhein. Mus. 42, 416 angeführten neugriechischen Spruch: To orevevovj^ievo vego TirjyaiveL TavrjcpoQt. NeoeXl. ^4v. 131, mit der chiotisclien Variante: To reoo oav OTevoxojQevzfj, rov avTjCpoQOv niavei. Kanell. 741. Zu Nr. 37 vgl. Otto 324. Zu Nr. 48 gibt es zahlreiche neugriechische und sonstige Gegenbilder, z. B. Kanell. 555. Sakell. 212. 289. Mit Nr. 62 stimmen ver- schiedene neugriechische, auch italienische (z. ß. Tra carne e ongia no gh' e gnente che ponza. Pasqualigo II 25) und türkische Sprüche (z. B. Man kann das Fleisch nicht vom Nagel trennen. Vambery 71).

Wichtiger als das aus Johannes Klimax und Johannes Moschos beigebrachte Sprichwörtermaterial selbst ist die un- anfechtbare Thatsache, dass in mehreren der hier vorliegen- den Sprüche trotz der Freiheit, mit welcher beide ikutoren ihre proverbialen Hilfsmittel dem Gefüge des Satzes akkom- modierten, und trotz aller Unbilden der Ueberlieferung regel- rechte politische Verse erhalten sind. Das gilt sicher für Nr. 7 (wenn man für ioTarai das vulgäre OTr]v.eL oder ein ähnliches Verbum einsetzt). 16 (mit der leichten Aenderung <rot5T'>oi; TTQOcptqei). 67. 75. Auch in Nr. 48 schimmert ein politischer Vers durch, und wahrscheinlich steckt auch in Nr. 85 dasselbe Metrum, obschon die Art der Herstellung

234 Sitzuvff der philos-phiJol. Classe vom 8. Juli 1893.

nicht sicher ist; am nächsten liegt: OtleQtjjiwg elg vroXiv <wV> ßatov ov Xaf.ißdvei. Damit wird das Alter des politischen Verses um etwa vier Jahrhunderte über die bisher angenommene Frühgrenze^) hinaufgerückt, und die Ansicht Wilh. Meyers,*) dass dieser Vers als die letzte Schöpfung der griechischen Rythmik gelten müsse und dass er von einem Gelehrten erfunden worden sei, die schon durch das Vorkommen politischer Verse in einer bei Konstantin Porphyrogennetos überlieferten Volks- akklamation erschüttert worden war, wird nun durch die Thatsache, dass mehrere in Autoren des 6. und 7. Jahr- hunderts überlieferte, aber selbst wahrscheinlich in früherer Zeit entstandene offenbar volksmässige Sprichwörter in diesem Versmasse gebaut sind, wohl endgiltig beseitigt.

Die oben nachgewiesenen politischen Verse sind nicht das einzige metrische Element in den Sprüchen des Johannes Klimax. In mehreren lassen sich, wenn auch nicht regel- rechte Verse, so doch, ähnlich wie in vielen mittelgriechischen Sprichwörtern, rythmischer Bau, Isokolie und Assonanz er- kennen oder leicht herstellen. Vgl. Nr. 5 (5 -]- 5 Silben), 8 (8 -f- 8 Silben mit ^ am Schluss und Assonanz), 20 (w_w w._w [| ^_w o_w), 26 (wenn man schreibt '? vipog, ergibt sich wie in Nr. 20 das Schema ^ ^ ^ _ v.. || ^ " ^ ^ ; zur Chronologie von 'g statt elg vgl. Byz.

1) Henrichsen und Bernhardy glauben, dass vor dem 12. Jahrb. politische Verse in der Litteratur nicht vorkommen ; W. Meyer (am unten angeführten Orte) scheint an das 11. Jahrb. zu denken, ob- schon er sich mit Reserve ausdrückt: „welche seit dem Anfang des 11. Jahrb. sich immer mehr verbreitete"; in meiner Geschichte der byz. Litt. S. 303 habe ich auf politische Verse in einer Akklamation hingewiesen, die in einem Werke aus der ersten Hälfte des 10. Jahrb. überliefert, aber wahrscheinlich älter ist.

2) Anfang und Ursprung der lat. und griech. rythmischen Dich- tung, Abhandl. d. k. bayer. Akad. d. Wiss. I. Cl. 17. Bd. 2. Abteil., München 1885 S. 325.

Krimibacher: Mittehjriechiaclie Siirichioörter. 23o

Z. II 305, 2), 36 (schreibt maii 'o'q/.iavEv, ergibt sich: __o_ww_Lw _w_wi_lwo mit Umspringen des Accentes im dritten Fiiss), 74(— -^ ^|— ^" ^^1|

_w ^|_w v^_^ w mit Reim), IG (Assonanz), 81

(Reim).

3. Chronik des Michael Glykas (ed. Bonn.) S. 74, 20 und 543, 18: Tcövza yiäXtov xiv-qoag (Greg. Cypr. Mosq. 2, 27 u. a.). Ebenda 75, 4: vr/.ä yag ttjv darcdvrjv r^ ttqo- oodog. Bei Planudes 204 in der Form: Nr/.a xr^v £taxo!.iidriv ri danävrj. Vgl. die von Knrtz angeführten Seitenstücke. Sprichwörtlich klingt der von Glykas 435, 11 angeführte Ausspruch des Tiberius: neiQeod^waccv fxsv xa nqößaxa, rcXriv ov f-itXQig aixijg ^.xriQ zu ergänzen^ iniöeQ/Lildog. Ebenso der Vergleich 525, 16: ex öeiroxaxov Xeovxog nQivuloxQOnog noQÖaXig.

4. Briefe des Michael Glykas (ed. Migne, Patrol. gr. t. 158) S. 693 C: "Ojtov d-e6g,-sx£~iO£ xcoQav ovx syei x6 ncog und ähnlich ohne Reim 920 A: "Evd^a yagig d^sov, ytöqav ovy. k'yei x6 nag. S. 804 B: 'Qg ivxevd-Ev, a ye yqri y.al f.u-/.QOv xi yaQiEvxioao&ai, xo nagoif^iicddeg e-/.Elvo nagag sttl X(o diaßoXqj ^laßelv zu ergänzen^ ro Xayov o rcoiTjoeig., €~/.e7i'0 navxcog xal näi^rig. Vgl. unsere Sammlung Nr. 9 (S. 117 und 138 ff'.). S. 849 A: El ^al ^tXov oyf.a(.ißdv dvoyeQsg oQd^to- iyr^i'ai ^, '/.al navxr^ ddivaxov. S. 896 A: Oidelg yoQ eig 'Aiocpot i^vqav ■/.ai 77oAAoj'(!) yiQOvoag Elor^zotodr] Ttoxe. Vgl. neugr. ^— xov y.ov(pov xrjv rroQxa, OGO O^slEig., ßgovxa. Beniz. 280, 183. Es seien noch einige, wenn nicht sprichwörtliche, so doch für die Neigung des Glykas zum bildlichen Ausdruck charakteristische Stellen angeführt: S. 868 A: ^Efisi ytal rraylg, edv f.n] 7Cavxay6i)Ev ovOKiaoÜ^fj, otx av dyQEVGrj oxQOudov. S. 893 B: BißXov eoffQaytoi-itvrji' ouÖEig dväyvio noxL S. 913 C: Tw y.adaQu) oixuj v.al Qv/iioör] xivd jiuQaf.il(.ii'Axai.

5. Die in einem Gedichte des Michael Glykas an Manuel Konmenos vorkommenden Sprichwörter sind schon

236 Sitzung der philos.-iiliüol. Classe vom 8. Juli 1893.

S. 55 ff. verzeichnet worden. Vgl. auch S. 226. Zu V. 274: ^Elaxrioev 6 ydidagog xal öfQorai to oäy(.ia mögen hier noch einige Bemerkungen Platz finden. In die bis jetzt be- kannt gewordenen handschriftlichen Sammlungen mittelgrie- chischer Sprichwörter, die nur auf theologische Nutzanwen- dung abzielen, hat dieser Spruch keine Aufnahme gefunden; dass er aber echtes Volksgut war, beweist ausser seiner sprach- lichen Form sein Fortleben bis auf den heutigen Tag. Die neugriechischen Sammlungen enthalten eine Reihe von Sprü- chen, welche denselben Gedanken teils in gleicher, teils in etwas abweichender Einkleidung ausdrücken. Am nächsten steht der Spruch: (Dralyei 6 yadagog xal öIqvovv to aaf.iäQi. Beniz. 334, 53 und (mit belanglosen Varianten) Arab. 1168. Benet. 4. Aehnlich kretisch: "Efprai^' o yaLÖaQog xt edel- qav TO GO(,iaQi. Jeann. 51. Karpathisch: Jtv eotixov to yäaqo xal (d)tQvov to öafiäqi. Manol. 117. Etwas weiter entfernen sich die Sprüche : ^^v i'ag)aXs 6 yädaqog^ ti q)Taiei TO oaiiiaQi', Beniz. 15, 197 und: Je i-utoqü va deigrj to yädaqo y.al öeQvei to oaficcQi. Beniz. 57, 66. Derselbe Ge- danke mit einem anderen Bilde: OTaiysi 6 qarpTrjg y.al öIq- vovv TO /.laysQa. Beniz. 334, 52. ümkehrung des Gedankens: BaQEi TO Ga(.iaQL v'dy.ovo^ 6 ydSagog und: BaQOvve to oa/tiaQi yid v'dyiovaij to yof-iÖQL. Beniz. 40, 24 f. Dieselbe Um- kehrung in anderen Bildern : Bagel tov Toiyßv %>d voiwoovv Tcc TCOVTLY.ia. Betiiz 40, 26 und : Bagel r?] ^vga v'^dyiovo'' rj noQa&vQa. Beniz. 40, 23. Arab. 1537. Ganz ähnlich alba- nesisch: „Sage es der Thüre, damit es das Fenster höre". Hahn 31. Von dem letzten Gedanken ergibt sich leicht der Uebergang zu Spruch 116a der Planudessammlung; s. unten S. 248 ff. Eine lateinische Parallele bei Otto 622, ara- bische bei Socin 164 166 und Freytag III 367, 2195, spa- nische und sonstige bei Valles-Haller I Nr. 33. 496, auch bei Düringsfeld II Nr. 270, italienische bei Giusti 48 und besonders Pitre I 143.

Krumbacher: Mittelgriechische Sjmchwörter. 237

6. Ein volkstümliches Sprichwort scheint in folgender Stelle des Georgios Akropolites (3. 138, 14 ff. ed. Bonn.) zustecken: ^ d' exe/vog „ev xolg döriXoig sotI yäoig ßeßaüog -/.al dXrjÖcog dnoffuli'SG&ai' STti yccQ Tolg dt'iXoig xal oi deiöaqoL XiyovGLv"" . „Bei selbstverständlichen Dingen können auch die Esel mitreden."

7. Zu Planudes 38: ^Ey. zavxov ^vXov y.al oxavQog '/.ai mvov hat E. Kurtz, Philologus 49, 460, ausser dem fast wört- lich übereinstimmenden neugriechischen Spruche : Idn'' to i'öio §vXo ßyaivei Giavgdg /.ai cpxvdQi mehrere ältere Belege aus Kedrenos (ed. Bonn. II 446, 9), Glykas (445, 21) und Manasses (V. 2093. 6031) nachgewiesen. Vgl. auch 0. Crusius, Rhein. Mus. 42, 403. Auf eine weitere Stelle, welche dieses und ein zweites gleichbedeutendes Sprichwort enthält, hat mich Dr. John Schmitt aufmerksam gemacht. Im Codex Vatic. Ottobon. gr. 118 steht ein vulgärgriechischer Auszug aus der Chronik des- eben erwähnten Kedrenos. Hier lesen wir fol. 283 '^ als Beginn einer plumpen Schil- derung der schlechten Eigenschaften Konstantins VIII und seines Vorgehens gegen Romanos Argyros (ungefähr = Kedre- nos ed. Bonn. II 480, 9 485, 20) folgende Worte: Tw ,g(fXii'^^ (sie) srei lol zoGf^ov^ rr^g de &eiag GaQxcooECog ^aXr/^'^ (sie) sßaGiXevGe KiovGxavxlvog aöeXcpog ßaoiXelov sxrj ovo. ^Epxavda iqdvt] dXrjd^r^g r^ 7iaqoi(.iia r^ XiyovGa' nox'i^qiov y.ai xagovoa dito vaXlv eva tj Gxavoog y.ai nxvdqLv an 6 ^vXov eva. rj ydg yvcoGiv (sie) xcov öuo xovxcov ddeX- cpiov r^xov dnö f.ia/.Qd r] {.na xrjg aXXrjg usw. Im ersten Spruche ist mir die Bedeutung des Wortes -/.aQouQa unbekannt; offen- bar aber haben wir hier die vulgäre Form desselben Sprich- wortes, das E. Kurtz a. a. 0. aus Glykas (445, 21) und Ma- nasses (V. 2093) beigebracht hat: djiug /.al noxiGxrjOiov l/. Tr||(,' avxrig veXov (politischer Ver^). Den zweiten Spruch hat Kedrenos an einer anderen Stelle (s. o.), allerdings in schrift- sprachlicher Form verzeichnet (ag?' evog '^vXov xal Guaugog

238 Sitzung der philos.-pMIol. Classc vom 8. Juli 1893.

y.al TTtvov). Ueber alte Gegen bilder vgl. Kurtz a. a. 0. Ein gegenteiliger Ausspruch wird auf Pythagoras zurückgeführt: „Non enim ex omni ligno, ut Pythagoras dicebat, debet Mercurius exsculpi." Apul. apol. 43. Dazu die Bemer- kungen von Otto 1098.

8. In der volkssprachlichen Poesie sind Sprichwörter, wenn man von dem erwähnten Gedichte des Glykas absieht, sehr selten: Lybistros und Rhodamne V. 79 f. (Trois poemes grecs ed. Wagner S. 244):

elnä Tov ^^vs, yvcoQiKe, Xiyei 6 ör^i-tcödriQ loyog, „y.dXliov eve elg oöov ddeXcpog r] f.ir]TaQa^ .

9. Ein noch heute sehr verbreiteter sprichwörtlicher Ausdruck findet sich in der schönen Geschichte vom Esel, Wolf und Fuchs V. 248 (Carmina graeca medii aevi ed. Wagner S. 131):

0 didßoXog 'c; tov ymXo tov ■/.ovy.id tov (.layeiQEVEL

(Der Teufel kocht seinem Hintern Bohnen d. h. thut ihm Böses an, bereitet ihm schlimme Tage). Vgl. z. B. den Ausdruck: IIa xt atVij vd f.iayeiQEiyrj rov xiolov T)jg v.ovy.iä. jEnl Tr^g vewotI GvCEvyOeiGrjg.'^ Kanell. 583, und den Spruch:

'0/iov xaXd y.ai^ovf.isva ytaXliTega yvgeuyEi^

'0 diäßoXog TOV y.cokov tov '/.ovy.'/.ia rov /nayeiQsvyei. Kanell. 435.

Recht lehrreich ist die schamlose Fälschung, welche sich dieser Spruch der Schriftsprache und Dezenz zu liebe bei De Cigalla, Fer. ^Tat. rr^g viqoov Gr^Qag S. 69 (allerdings gegen die Absicht des Verfassers; s. S. 126) gefallen lassen musste:

"Offr/g (!) y.d&ETai naXd y.aXrjt£oa yvgevEi,

'0 didßoXog otcIgco tov (!) y.ovy.id rov /.laysiQEVEi.

In anderer Weise drückt denselben Gedanken ein cyprischer Spruch aus: TIov Ve y.aXd xat O^tXEi KaXXiTEqa tov f.inEXXdv lov yvQEvy.Ei. Sakell. 128.

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 239

10. Wie ein gelehrt überarbeitetes Sprichwort klingen vier Verse im Ptocholeon V. 3G3 ff. (Carmina gr. ed. Wagner S. 287):

y.OQa'/.Eg io&lovv nävTLoq oaQKag ts tcov ^vr]aif.iaicov, Ol ds KoXayceg sad^lovv Twv aq^QOviov rag y(,aQÖiag.

Ebenda V. 328 f. ein sprichwörtlicher Ausdruck:

ov yccQ XQj'jCei nXäov.^ xvqi, Ttaqa tv -/.cocpov y.aQvdi.

11. Sp. Lanibros sagt, Coli, de Romans grecs S. XXF, von dem anonymen Gedichte über die Fremde und dem Gedichte des Pikatoros über die Hölle (Carmina gr. ed. Wagner S. 203 ff., 224 flf.): „on y reconnaitra non-seule- ment plusieurs traits de la poesie populaire, mais des vers entiers tires des poemes vulgaires connus, des proverbes du peuple grec". Ich weiss nicht, was L. hier unter „proverbes" verstanden wissen will; von Sprichwörtern im ül)lichen Sinne habe ich in den zwei Gedichten so gut wie nichts gefunden. Nur einen sprichwörtlichen Ausdruck bietet das Gedicht über die Fremde V. 58: yivei'' 6 S,lvog tov /LtcoQOv aaiLiaQiv, /.al yia&i(^ei. Denselben Ausdruck ge- braucht schon Glykas V. 558 (s. S. 57). Sicher nicht sprich- wörtlich ist V. 67: ri ^eviTeid xi 6 S^ävavog oöäXg)ia Xo- yovvxai.

12. Um die Unmöglichkeit, seinem missratenen Sohne Franz Vernunft beizubringen, recht drastisch zu schildern, verschwendet Sachlikis I V. 5 21 (ed. Wagner S. 62 f.) nicht weniger als 16 Ausdrücke aus dem Gebiet der advvava. In den meisten erkennt man dem Bedürfnis des Zusammen- hangs und des Verses angepasste sprichwörtliche Redens- arten:

240 Sitzung der philos.-phUol. Classe vom 8. Juli 1893.

5 y,al cpaiverai /nov oneqvio ta xa Xoyia /.lov 'g tov ai-i/iiov, yi.ai di%(jog ^vXov ßovlojLiai vd nöyco eig xi^v 2äf.iov^ %al öwQiavd Y.oXdt,o(.iat elg ooa al av aov Xeyio. TtovXid 7reT0/.i£va Sioqöj y.al ^sXco vd zd viiäaw., Aal TOV ^TQOf-iTToXL xd ßovvd odv xdf.in07' vd xd (fxidooj.

10 /.IS x'^v fiavaovxav rcoXe/iä tov äve/Aor vd ösiQio,

/.i djid xöv qdrjv xovg vs-HQOvg y.oXdi^o/.iaL vd yvQco'^) xrjg d^aXaooag xd y.v/.iaxa d-tXco vd öey.axiow.^^) xal x^ aöTQ^j xd dfxixgrjxa ßidCof.iai vd f.isxQrioii}. xr^v vvnxav -d-älco oxoxuvd yQdi.i/.iaza v' dvayvioO-w,

15 /.i a/TO xfjv nöXiv ibg sdco xl y.df.ivovoi vd yvcödw Y.al (.lOiXag kiyco ^naxaoai vd yvgrjg elg xd inprj'^^ y.al xo cpeyyaqiv xovqavov ya/ial 'g rijV yr^v vd ■Kviprj' xi^v d^aXaooav xrjv a/iexQOv OQi^covco vd ylv/idvri.^ ■/.al Xv/iov Xeyco nqoßaxa noxe vd /lii] öayxdvi]'

20 dei'XQOv qotiaqiv xal -/.vqtov vd ''oiäoco /.ts xd Xoyia^ Y.al Siytog o~/.aXav ßovXo/.iai v' avai'ßco elg t' dvcöyia '

13. Ein noch heutigen Tages weit verbreitetes Sprich- wort enthält Sachlikis I V. 96 (ed. Wagner S. 66): xr^g vvY-xag xd xa/ico/iaxa r] r^/dqa dvayeXa xa. Z. B. chiotisch : Tr^g vvyvag xd xaiiUO(.iaxa xd ßXeii'' -q (.laQa y.ai ysXa. Kanell. 747. Aehnlich Jeann. 191. ManoL 528. In schriftsprach- licher Paraphrase schon bei ApostoHos-Arsenios 8, 77 g: ^Hwg OQÖJoa xd vvY.xdg sQya yeXa^ Vgl. arabisch: „Der Tag vernichtet das Wort der Nacht". Burckh. 561, und: „Was in der Nacht geredet wurde, wischt der Tag aus". Socin 357. Nur verwandt, nicht identisch ist Planudes 151.

1) Trotz V. 16 doch wohl 'ysigco zu schreiben, wie schon Wagner selbst unter dem Texte vermutete.

2) Eigentlich „den Zehnten nehmen", eine Bedeutung, die das Wort im ABC der Liebe ed. Wagner 53, 8 hat; neugriechisch: ösna- QiCco; vgl. Byz. Zeitschr. IT 553 und 562. Sachlikis gebraucht das Wort aber in der allgemeinen Bedeutung „berechnen", „zählen".

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 241

Der wider Erwarten regnerische Mai scheint sprich- wörtHch gewesen zu sein; vgl. Sachlikis I V. 349: tov allop '/.ai y.Of.iniovEL top, coaav xov Mai nov ßgexei.

14. Zu den Autoren, welche mittelalterliche volksmässige Sprichwörter ins Altgriechische übertrugen (vgl. S. 52 f.), gehört, wie ich nachträglich sehe, auch der byzantinische Hofdichter Manuel Phil es. E. Miller bemerkt in seiner Ausgabe Bd. II S. XVIII: „Proverbia saepe citat, quae nuUi nota sunt" und zitiert dazu als Beleg Bd. II S. 138, LXXVI V. 5 ff.:

Ooßsi yoQ Tj i/'Jjg^/g /t/£ rrjg /raQOif.iiag '^YiT^Q Xid-ov dvoGiGTOv £/. i.tstaQoUov, Mri Tig jcag'' r^f-üv dvG(.ievrfi ■KaiQOoy.o/Tog, Kai il^>i^vQioz7g y.ai cfd^oosig xcov ngayf-iariov, ^(frjy.E Xad^cov elg {.iv^oig drco-KQvqjovg, Hv avd^ig elqeIv ovÖsvl mo qccÖiov.

In den ersten vier Versen bittet Philes den Kaiser, er möge die Hoffnungen, die er früher erweckt, und die Mühe, die sich Philes für ihn gegeben habe, nicht zu schänden machen. Dann fährt er weiter: „Es ängstigt mich das Jawel (?) des Sprichwortes von einem aus der Höhe schwer aufzuhebenden Stein, es möchte nämlich ein missgünstiger Intrigant, ein Ohrenbläser und Spielverderber, in einem abgelegenen Winkel ihn (d. h. einen Stein) versteckt haben, welchen man nun nicht leicht auffinden kann". Philes will offenbar sagen, er fürchte, irgend ein Feind habe ihm durch eine heimliche böse Nachrede die Gnade des Kaisers geraubt; diesen Vor- gang, welchen wir wohl durch das Bild „einem einen Floh ins Ohr setzen" ausdrücken würden, umschreibt er durch einen nach seiner eigenen Angabe sprichwörtlichen Ver- gleich mit einem böswillig an verborgener Stelle nieder- gelegten Steine. Ich kann mich aus meiner Sprichwörter- lektüre an keinen Spruch erinnern, der das Bild vom Steine

1893. Philoa-philol. u. bist. Gl. II. 1. 16

242 Sitzung der pMlos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

in dem hier gebrauchten Sinne enthält; wahrscheinlich aber hat Philes mit einiger Lizenz den Spruch verwertet, der bei Planudes 245 lautet: IVhoqog giipsi li&ov slg (fQeag xai dey.a (pQ6vif.ioi rovxov ovv. avEXxvoovoi. Zu dem neu- griechischen Gegenstück, das Kurtz aus Benetokles S. 28 zitiert, kommt noch die ziemlich abweichende Fassung bei Beniz. 79, 201: '''Evag TQEXlog ()iyiZEL (.iid nhqa 'g xi\ ü^älaooa v.al yikioi qiQOvifAOi de f.i7tOQOvv vd t'^v ßyalovv. Deutsche, jüdisch-deutsche, französische, italienische, böhmische, pol- nische und ungarische Parallelen bei Düringsfeld II Nr. 145 mit dem Nachtrag S. 495 und Wander III S. 893, 363.

Mit völliger Sicherheit lässt sich ein zweites Sprichwort des Philes aufklären. Bd. I S. 147 V. 85 ff. lesen wir:

^EkeIvo Tovd-'' o (pr]Giv i^ naQOi/.na Ol yoQ roKOi ottevöovoi twv syEq^qovwv TIqo TüJv TQaTtE^üJv xi^v eÖLoör^v ccqtveiv '

Dazu bemerkt Miller: ,Non novi hoc proverbium " . In der That fehlt das Sprichwort in den alten Sammlungen; es ist nichts anderes als eine sch)iörkelhafte Paraphrase des volks- mässigen Spruches, den auch Planudes (Nr. 6) in die Kur genommen hat, während der Codex K seine ursprüngliche Form überliefert = Nr. 101 unserer Zusammenstellung: Tiöv q^Qovi(.aov rd naidia ttqlv TCELvdoov jiiayEiQEVovv (s. S. 214). Nachdem nun die Quelle der scheinbar altgriechischen Sprich- wörter des Philes, deren Herkunft der Herausgeber begreif- licher Weise nicht ergründen konnte, aufgedeckt ist, wäre zu wünschen, dass jemand die Werke des Betteldichters auf Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten durchmusterte. Ich habe den ganzen Philes über mich ergehen lassen, als ich § 204 der Geschichte der byzantinischen Litteratur aus- arbeitete, besitze aber nicht den Mut noch einmal in dieses Meer unterzutauchen.

15. Häufiger als volkstümliche Sprüche und Redensarten

Krumhacher : Mittelgriechisclie Sprichwörter. 243

sind in der byzantinischen Litteratur Reminiszenzen aus den altgriechischen Sammlungen. Doch habe ich solche Zitate, die meist sehr bekannte Sprichwörter und Redensarten be- treffen, früher nicht systematisch gesammelt und kann daher nur weniges notieren. Aus dem vielgelesenen Romane Bar- laam und Joasaph, ed. Boissonade, Anecd. gr. vol. IV, hat Zotenberg, Not. et extr. des mss t. 28 (1887) 1, 18, folgende sprichwörtliche Wendungen zusammengestellt: Ovtu) xakiog sxovztov xwv TiQayf.iäziov y.al iQvoalg ttt&qv^i., t6 dr, lEyoiiisvov.1 Eig oiQavovg tvoXXwv avinraf-Uvcov (p. 6 ed. Boiss.); %al Ttavra Xid^ov y.iviqoag t6 iov loyov (p. 9) und rrävta Xid-ov^ To Tov Xöyov.^ -/.ivwv (p. 232); tvvq^ to tov loyov^ nvevoag (p. 27); tovto drj ro rov Xoyov, elg ovqavov lo^eveiv STtixeiQwv (p. 29); aAA' SQyiodeg iozi /.al y.oi.uöij ddvvazov ro TtvQL ovvavaoTQE(p6f.tsv6v riva f.ii^ v.anviL,eoiyai (p. 99); eg)' vdaxcov iöoxsi ayrsiQsiv (p. 183); ovog «/, zov Xoyov, XvQag ccKOvcüv Y.al davvezog fxavcov (p. 293); '/.evr^v ipälXeiv st^xsL (p. 316).

Von diesen Redensarten lassen sich die meisten aus den alten Sammlungen nachweisen: ndvza Xid-ov Zenob. 5, 63, Diog. 7, 42; elg ovqavov zo^evsiv Zenob. 3, 46, Diog. Vindob. 2, 61; zu icp' iddzwv GneiQeiv vgl. Zenob. 3, 55, Diog. 5, 83; 7, 67, Diog. Vindob. 2, 59; ovog Icgag dyiovwv Diog. 7, 33, Greg. Cypr. Mosq. 4, 66, Apost. 12, 82. Zu kevtiv ipdllsiv und seinen Varianten s. Diog. 7, 60; Append. provv. 5, 38; Makar. 5, 12 ; 8, 91, besonders den Kommentar zu Makar. 5, 12. Der Ausdruck %Qvoaig nztqv^i stammt aus einer Stelle des Euripides, welche Clemens Alex. Strom. IV p. 642 anführt, und ist auch von Plutarch verwertet worden. Tragic. Gr. Fragm. ed. A. Nauck^ (1889) S. 655, Eurip. fragm. 911. Das Bild tvvq nveiv ist aus Pindar Ol. 7, 128 (71); Ol. 13, 128 (90); Soph. Ant. 1146; Xenoph. HelL 7, 5, 12 u. a. bekannt.

16. Auch in den übrigen Bänden der Anecdota von Fr.

16*

244 Sitzung der philos.-pMlol. Classe vom 8. Juli 1893.

Boissonade finden sich manche alte Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten, auf die der Herausgeber in der Regel unter dem Texte aufmerksam macht. Den reichsten Ertrag liefern die Rhetoren der Paläologenzeit, allen voran Theodoros Hyrtakenos. Man sieht deutlich, dass die längst in bequemen Sammlungen zugänglichen Sprichwörter im damaligen Schulbetrieb für unentbehrliche Zieraten der schönrednerischen Darstellung gehalten wurden. Zum Teil sind die von Boissonade verzeichneten Belege schon von Schneidewin und Deutsch verwertet worden; doch wird für die geplante Neubearbeitung des Corpus manches zu beachten sein, was die Göttinger Herausgeber beiseite gelassen haben. Zu einer Erörterung der einzelnen Stellen ist hier nicht der Ort; doch will ich wenigstens die Fundorte der wichtigsten Belege notieren, ohne für absolute Vollständigkeit zu garan- tieren: Anecd. Gr. ed. Boissonade, Vol. I S. 5 f. 10. 20. 28 f. 98. 167. 254. 260. 268. 394-399. 455. 459. Vol. II S. 199. 207. 216. 227 f. 238. 241. 251. 253 f. 280 f. 291. 293. 297. 311. 314. 381. 413. 418. 419. 427. 429. 431. 434. 437. 440. 442. 444. 445. 447. 450. 451. 480. Vol. HI S. 12. 36. 130. 188. 198. 366. 382. 400. Vol. V S. 129. 146. 411. Anecd. Nova ed. Boissonade, S. 5. 16. 22. 23. 25. 37. 56. 58. 100. 151. 156. 170. 174. 179. 215. 216. 260 f. 265. 285. 295. 296. 302. 306.

17. Dio Cassius 64, 7, 1 (ed. Dindorf Bd. IV S. 67): war' amov fxerayvovTa sni röig neTtQayf.iivoig Einsiv „rt yäq f.ie k'öei {.laxQolg avkolg avlelv;^ eozi ds rovro örj- /.iiodeg, ig TraQOif.iiav cpsQOv snl tcZv a^oj tl tov rtqoocpoqov

Gifloi 71010 VVT tov.

18. Zu den Belegen, welche Deutsch für die Redensart ineq rd fO/.af.if.ieva mqd&v^ Makar. 8, 67, beibringt, kommt noch, wie mir Dr. F. Boll mitteilte: Incerti auctoris chri- stiani dialogus Hermippus s. de astrologia libri duo ed. 0. D. Bloch, Havniae 1830 p. 37.

Knimbacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 245

B. Nachträge zu Planudes.

7 Jiy.a f-ittga /mI tv r^ive. Die von E. Kurtz aus Arab. 1564 angeführte neugriechische Parallele steht auch bei Beniz. 53, 14 und mit dialektischen Varianten bei Kanell. 149. Manol. 111: z/6xa /Lterga yf.i "va yioßye^ und Diamant. 98: Ji'/M f-iixQa 10^ %vav v.ößye. Mit anderen Zahlen: TlävTE f.iärQa -/.i Vra Y.6(pTe. Beniz. 53, 15. Papad. 4. Toskanisch: Misura tre volte e taglia una. Giusti 276. Venezianisch: Misura diese e tagia una. Pasqualigo III 38. Vgl. den lombardischen Spruch: Chi no la misura, no la dura. Samarani 258. Weitere italienische Varianten bei Pitre III 356; deutsche, englische u. a. bei Düringsfeld I Nr. 208.

28 -Et' ff£ (.ilXlei dr^^eo^ai -avcov, aoico y.av Xaycocfovog. Dazu bemerkt Kurtz, Philologus 49, 459: „Der hasenmor- dende Hund ist mit Recht aufgefallen, da durch dies Epi- theton keine besondere Stärke - oder Tapferkeit bezeichnet wird. Ich glaube, dass das Wort nur einem Mi>sverständnis des Paraphrasten sein Dasein verdankt, indem dieser das vulgärgriech. 'kayioviY.ö = Spürhund, Jagdhund (aus Aa-uo- vixöc) fälschlich mit layiog. zusammenbrachte". Die Sache verhält sich anders. Das neugriechische t6 Xaycovr/.o, rd ?Myojvr/M „Spürhund", „Windspiel" hat nichts mit Aaxio- jT/og zu thun, sondern entspricht in der That dem alten '/.viov Xayiüixog wie ital. levriere, spau. lehret, franz. levrier einem canis leporarius. Vgl. Diez, Wörterbuch d. rora. Spr,^ S. 192 und C. Foy, Lautsystem d. griech. Vulgärspr. S. 12. Bei Ptochoprodromos I 238 (Bibl. gr. vulg. ed. Le- grand I S. 46) findet sich der genaue vulgäre Reflex des alten xvcov layiuixog : naqa a'/.vXlv Xayioviy.öv xaXXia qivrj- Aarrjaag, und noch in einem Gedichte, das sicher nicht vor dem .15. Jahrhundert entstanden ist, in der „Legende vom ehrsamen Esel" V. 33 (ed. Wagner S. 113) wird das Wort adjektivisch gebraucht: Xay(oviy.ovg xovTQOO'AvXovg and ri^v

246 Sitzung der philosriMlol. Classe vom 8. Juli 1893.

ylovf-inaQdeav^ dagegen in einer späteren Bearbeitung des- selben Gedichtes, der „Schönen Geschichte vom Esel, Wolf und Fuchs" V. 86 (ed. Wagner S. 126) schon substantivisch: Gv.vXovg xovTQOvg, Xayiovi7.a arid Tr]v ytof-trcagdia. Der Fall zeigt nun recht deutlich, wie durch die mechanische Para- phrase der Sinn der Sprüche getrübt werden konnte. Aus Xaycovi-/.6, wo der Begriff „Hase", wie in den genannten romanischen Wörtern, längst in der allgemeinen Bedeutung „Windhund" aufgegangen ist, machte Planudes das vor- nehmer klingende laywipovog, ohne auf das verschiedene Be- deutungskolorit der beiden Wörter zu achten und ohne zu bedenken, dass der Spruch durch seine rohe Manipulation ganz unverständlich werden musste. In seiner ursprünglichen Form hatte der Spruch einfach den Sinn: „Wenn dich ein Hund beissen soll, so sei es wenigstens (nicht ein gemeiner Köter, sondern) ein Windhund, d. h. eine edle Rasse". Die Stärke oder Tapferkeit des Hundes bleibt dabei ganz aus dem Spiel. Auch in mehreren der Seitenstücke bei Dürings- feld I Nr, 194 liegt der Nachdruck auf dem Begriffe „vor- nehm": Es ist besser, von einer Karosse als von einem Düngerwagen überfahren, besser von einem Pferde als von einem Esel geschlagen zu werden etc. Antike Verwandte des Spruches notiert Crusius, Rhein. Mus. 42, 402.

53 ^Qf.iaviov e'xeig cpilov., zsiqov'' iyd^QOv fii^ ^äXe. Ob die auf dem vorhergehenden Spruche (52) und einigen neu- griechischen Sprüchen wie KQrjTiyiov /.l av y.äfjT]g cpilov, yi^azei TTCcvTOTS t6 ^vXov u. a. beruhende Vermutung von Crusius, Rhein. Mus. 42, 404, die ursprüngliche Form habe gelautet: ^Ql-dviov e'xsig cplXov, ytQarsi navroTE ro ^vXoi\ richtig ist, lässt sich ohne neue mittelalterliche Zeugnisse nicht ent- scheiden. In jedem Falle enthält der Spruch ein deutliches Zeugnis der üblen Meinung, welche die Byzantiner von den Armeniern haben zu müssen glaubten. Gegen die Armenier richtet sich wahrscheinlich auch Planudes 225: 'Ei' ttj leixpei

Kiumbacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 247

rcüv ayyfXcov Aal 6 MoQÖaQig ayyeXog, wo Criisins a. a. 0. 418 MaQÖaQig (3IaQdcQiog) von der armenischen Stadt Magöaga ableitet und demgemäss erklärt „Wo keine braven Leute sind, gilt auch der armenische Schuft dafür". Dagegen hat Nr. 76: i^yraVa xal aQf.iivite nichts mit den Armeniern zu thun ; s. S. 216 f. Das böse Leumundszeugnis, welches die Byzantiner den Armeniern ausstellten, erklärt sich wohl aus der gefährlichen Konkurrenz, welche die Griechen nicht nur im Handel und Verkehr, sondern auch bei der Besetzung der höchsten Stellen des Hofes, der Armee, der Justiz und Verwaltung von den Armeniern auszuhalten hatten. Nach dem Falle des oströmischen Reiches traten Griechen und Ar- menier gleichmässig vor den Osmanen in den Hintergrund und mehrere Gebiete, auf welchen sie sich früher bekämpft hatten, wurden ihren Ansprüchen entzogen. So erklärt es sich wohl , dass in der auf fremde Völkerschaften bezüglichen Gruppe der neugriechischen Sprichwörter die Armenier gänzhch verschwunden zu sein scheinen; soweit ich mich aus meiner Lektüre erinnere ich habe leider versäumt, über diesen Punkt Aufzeichnungen zu machen werden im neugriechischen Sprichwort ausser dem KoUektivbegriif der Franken nur drei fremde Völker: die Türken, Juden und Albanesen gegeisselt. Es dürfte nicht unpassend sein, bei dieser Gelegenheit an ein altes byzantinisches Epi- gramm zu erinnern , welches gerade durch seine masslose Uebertreibung und Verbissenheit für die erwähnte Konkur- renz zwischen Griechen und Armeniern sehr charakteristisch ist. Seine Schärfe fällt um so mehr auf, als es in einem Werke einer frommen Dame, der Dichterin Kasia (aus der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts) überliefert worden ist. Bisher sind von ihr einige Kirchenlieder bekannt geworden; dagegen ist die zweite Gruppe ihrer poetischen Werke, mehrere Sammlungen von Gnomen und Epigrammen, die ich demnächst aus den Hss zu Venedig, Florenz, Paris und

248 Sitzung der plülos.-philol. Classe vom 8. Juli 1893.

London veröffentlichen werde, der Aufmerksamkeit der For- scher, selbst des besten Kenners der griechisch-byzantinischen Gnoraenlitteratur, A. Elters, entgangen. Die umfangreichste dieser Sammlungen, die der Cod. Medic. 87, 16, s. 13/14, fol. 353, überliefert, beschäftigt sich V, 33 42 folgender- massen mit den Armeniern (s. Bandini's Katalog der Lau- rentiana III 402):

Twv ^Qi-ievUov ro deivozarov yavog

vvcovXov loTL y.al (favlwdeg elg ayav, 35 f.iavicddig xe Y.ai XQE7tTdv y.at ßaoy.a7vov,

7ie(fvGuof.ievov Tra/nTrleiora 'Aal öoXov TrXriQsg.^)

ELTTe zig Goq>6g rteQi tovtiov ely.ortog

l4Qf.dviOL cpavXoi /niv xaV ddoBtdoi,

q)avXoT€QOL di yivovxai do^ao&avTsg, 40 TrXovrrjOavtsg de (pavlotaroi v.a&6Xov^

V7ieQ7rXovTiG&&vTeg <^£>^) xat TiftrjO^evieg

ffiavXE7i icpavXoTatOi deiKvvvTai 7iüOi.

97 '0 cpÜ^siQ ov öedoize röv q^d^eigioxr^v^ aXXa xov STxava- ipSeiQiGxr^v. Ein neugriechisches Gegenbild fand ich nur in der karpathischen Sammlung von Manol. 215: 'H ipelga div £fpo{ß)rj&r] t6 ipEiQLGf.ia.1 {.lövo x' avxixpuQiGna.

116 a ist von E. Kurtz richtig übersetzt und durch eine neugriechische und eine italienische Parallele erklärt worden. Eine syntaktisch noch näher stehende Variante aus Ainos zitiert Kurtz, Philologus 49, 462: '^iva xa Xiyio Tted^ega ycal Gv vvg)r] axova xa. 0. Crnsius, Rhein. Mus. 42, 410, gibt zwar zu , dass Kurtz die von Piccolomini verbundenen zwei Sätze (116, 116a) richtig getrennt habe, meint aber, ihre enge Verwandtschaft sei unverkennbar. Ich denke,

1) Der überzählige Fuss kommt wohl auf Rechnung der Ver- fasserin.

2) Das für den Vers nötige Sk fehlt in der Hs, was Bandini nicht anmerkt.

Krumbncher: Mittelgriechische Sprichwörter. 249

die Verwandtschaft besteht nur im gleichmässigen Vor- kommen der vv/iicfrj und drÖQaöelrpr]. Auch die formelle Verwandtschaft des Spruches Na rrjv elncd y.al vd oe dyarra (Sathas V S. 548), die Crusius erwähnt, ist doch eine sehr entfernte. Wenn Crusius endlich bemerkt, dass wir durch Tilgung von räö'' zwei dem vorhergehenden Spruche gleich- wertige trochäische Tetrapodien gewinnen, so ist dagegen einzuwenden, dass es vergebliche Mühe ist, in der Planudes- sammlung zur Herstellung des Metrums Aenderungen vor- zunehmen, da hier ja die meisten Sprüche in sprachlich überarbeiteter Form vorliegen (vgl. Kr. S. 48 ff.). Die Hauptveranlassung, noch einmal auf diesen Spruch zurück- zukommen, geben mir die von H. Schenkl bezüglich des griechischen und von Socin bezüglich eines gleichbedeutenden arabischen Spruches ausgesprochenen Bedenken. Schenkl zweifelt, Zeitschrift f. d. Österreich. Gymn. 38 (1887) 180, an der Richtigkeit der von Kurtz vorgetragenen Erklärung ^Den Sack schlagen und den Esel meinen" und meint: „Viel- mehr beziehen sich die Worte auf die Schwatzhaftigkeit der Weiber, welche alles ihnen Anvertraute ihren Basen und Gevatterinnen verraten". Socin 554 notiert den arabischen Spruch: „Sage es der Tochter, damit es die Schwiegertochter höre!", bemerkt aber dazu: „Ich möchte lieber annehmen, dass etwa zu lesen wäre: külü lehä bint usw. Dann wäre zu übersetzen: Nennt die Schwiegertochter Tochter, damit sie auf dasjenige, was man ihr sagt, höre! Vgl. Neuphal S. 468". Um diese Zweifel endgiltig aus der Welt zu schaffen, füge ich zu dem von Kurtz angeführten neu- griechischen Spruche noch weitere Belege: Eoe to. Xiyco Tred^EQa yid vd 2:' d/.ov'' ?j vvq)r]. Beniz. 82, 251. Kanell. 195. Diamant. 200. Aehnlich kretisch: Xiyto oha TredsQa yid vd t' ckov' r^ vvq^r]. Jeann. 175. Cyprisch: 'Eoev to Xeco jcEd-d^sQa yid vd t' axovri r^ -/.vQd vvffffrj. Sakell. 2. Epirotisch: Fid oi to Xeyio ne^egd yid vd t' dnovr] ^ vvcfrj.

250 Sitzung der philos.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

Arab. 207. Beiiiz. 47, 58. Karpathisch: Fia gs to Xico^jreS^EQa, ym vd t' dy.ov' r) vvq^rj. Manol. 102. Kastellorizisch : 'Eoevav, VKpq»], kitü ra, zoal ff' dvTQaeQq>rj, yooixa xa. Diamant. 201. Dazu noch arabisch: Te dico et audi o vicina! Freytag I 72, 187. Spanisch: A ti lo digo, hijuela; entiende lo tu, mi norezuela! „Dir sage ich es. Töchterchen; höre es du, mein Schwiegertöchterchen !" Valles-Haller T Nr. 341 (mit mehreren Parallelen). Beispiele für den Ausdruck desselben Gedankens mit anderen Bildern s. oben S. 236. Da nun der Spruch, wie sich aus diesen Belegen ergibt, heute bei den Griechen ganz allgemein verbreitet ist und auch bei anderen Völkern vorkommt und zwar, wie die Verweisungen bei Beniz. 82, 251 und die Erklärungen bei Arab., Jeann., Kanell., Freytag, Valles-Haller zeigen, überall in dem von Kurtz zuerst angenommenen Sinne gebraucht wird, darf diese exegetische Frage als erledigt betrachtet werden. Auf die ungeheuere Verbreitung der sprichwörtlichen Verarbeitung des Gedankens, dass man jemanden eine Mahnung, Warnung, Mitteilung usw. nicht direkt, sondern durch eine dritte Person zukommen lässt, wirft die Thatsache ein Licht, dass ein hierher gehöriges Sprichwort in der Volkssprache von Ceylon existiert. In einer ungedruckten Sammlung singhalesischer Sprichwörter, in welche mir Don Martino de Zilva Wickremasinghe Einsicht gewährte, findet sich der Spruch: „Der Pfeil wurde auf den Hasen geschossen, traf aber den Busch" (Vidde hävatayi vänne pänduratäyi), der nach der Erklärung meines singhalesischen Freundes genau dasselbe bedeutet wie die oben angeführten griechischen, arabischen und spanischen Sprüche.

128 McoQOv ^£(f>al7] nävra vai. Zunächst ist zu be- merken, dass die Abkürzung des Laur. Ttav^ weder mit Picco- lomini in nävtiog noch mit Schenkl, Zeitschr. f. d. Öster- reich. Gymn. 38, 180, in ndvirj, sondern nur in navta auf- gelöst werden kann, was auch durch den Vatic. und Barocc.

Krumhaclier: Mittelgriechitiche Sprichtcörter. 251

(s. Treu, Pliilologus 49, 186) bestätigt wird.^) Dieses Ttdvva fasst Crnsins, Rh. Mus. 42, 411 als Objekt und übersetzt: „Eines Narren Kopf (nickt) zu allem ja". Allein Ttavia ist hier offenbar Adverb = nävTOTe, also: „Eines Narren Kopf: immer ja". Belege für das aus der mittel- und neu- griechischen Adverbialbildung auf -a (z. B. y.aXa, xQOf.iEq(x, yQYjyoQa) leicht zu erklärende Zeitadverb nävra: Spaneas, ed. Legrand, Bibl. gr. vdg. l S. 8 V. 215: dvccTravoä tovg ohyöi' Y.al Tiävra vd Toig syrjQ. ABC der Liebe ed. Wagner 47, 3: rofiiCto^ j.iäyia (.C sxafteg, y.al ndvia as d^vf.iovf.iai\ ebenso 49, 2; 78, 3; 80, 2; 83, 7; 92, 7; 108, 2. Sach- likis I (Cod. M) V. 345 (ed. Wagner S. 77). Auch der heutigen Sprache ist das Wort nicht fremd : vgl. die Formel ^ndvxa xaÄa" „Immer gut" (auf die Frage: „Wie geht es?"), die Sprüche bei Beniz. 25(3, 142. 297, 173. 330, 7. Kanell. 381. 515. 717. 74G und das chiotische Distichon:

Xaqd 'c; rr) rvyj] oag, ßovvd, tvov Xdgo ds (poßdoTe, Move ndvx'' tyßx'' dvoi^i y.ai TtQaGiva "koyciorEl

144 '!Av TB cfdyrjg^ dv ze {.li (pdyr^g, d-AOvoeig' >tav yovv (fdys. Kurtz übersetzt: „Ob du es nun gegessen hast, ob du es nicht gegessen hast, in jedem Falle wirst du Vor- würfe zu hören kriegen; also iss es wenigstens" und zitiert dazu, Philologus 49, 463, eine russische Parallele: „Ob du issest, ob nicht, als Mittag wird man es dir doch anrechnen". Die Uebersetzung von d^cohoeig ist unzutreffend, wie schon Crusius, Rhein. Mus. 42, 412 bemerkt hat; es ist nicht ein Objekt wie „Vorwürfe" zu ergänzen, sondern dy-oveiv bedeutet hier „heissen", „gelten für etwas" und das not- wendige Prädikat „Esser" ergiebt sich aus dem vorher- gehenden zweifachen cpdyrjg. „Ob du issest oder ob du nicht

IJ Die zu erwartenden a-Punkte sind wohl vom SclireilJer de« Laurent, in seiner Vorlage übersehen oder vom Herausgeber nicht angemerkt worden.

252 Sitzung der philos.-i)hilol, Classe vom 8. Juli 1893.

issest, du wirst doch dafür gelten (ein Esser heissen); also iss wenigstens". Ein Beispiel für die hier vorliegende Be- deutung von a-KOvco bietet Nr, 22 unserer Sammlung; weitere Belege bei Kr. S. 61. „Essen" ist hier vielleicht, wie so häufig im Neugriechischen, in dem prägnanten Sinne „von öffentlichem Gute zehren", „sich von Staatsgeldern mästen" zu verstehen. Sinnverwandt ist das alt(?)griechische: ^vxoc, Iv aviia yivsTaL., y.av cpegt] xav (xr^ (f^QI]- Appendix provv. 3, 74. Mak. 5, 71. Vgl. auch den neugriechischen Spruch: Tov d^EQiGx'' rjvys (1. rißye) TOvo[.ia d^EQiorj ös d^egiörj. NsoeXl. ^v. 4. Cyprisch: Eßaalev z^ ovoaa 6 dsQiOTiqg y.iij STTTteoev xr] e:y.oi(x(XTovv. Sakell, 88. Aehnlich Beniz. 33, 421. Manol. 77. 157 Eßiv fiV xoY.yi.LOv ?^, rov f.ivlov sativ. Kurtz über- setzt: „Wenn's auch nur ein einziges Korn giebt, es gehört der Mühle" und vergleicht den neugriechischen Sprach: Td y.aXa rov yial 'g tov /livIo. ^Elg svdeeordrovg'' . Arab. 1246. Der Sinn des Sprichwortes ist aber: „Wenn's auch nur ein Korn ist, es kommt schliesslich doch in die Mühle, d. h. es kann seiner Bestimmung nicht entgehen". Zu vergleichen ist also nicht der Spruch des Arab., sondern ein anderes in vielen Varianten verbreitetes neugriechisches Sprichwort z. B. karpathisch: "Orrov vd rrdrj r' aXeof-m, 'g ro f^ivXo d^d yvQiarj. Manol. 500, mit der unzureichenden Erklärung: 'Eni riov e^ dvayxtjg yevrjooiiiävcov. Chiotisch : rvQiXei, yvQiteL to öixdQi.^ 'g TO f.ivXov dd 71 a. Kanell. 142, mit der gut gemeinten aber ungeschickt formulierten Deutung: To diyiaiov y.al näv aXXo övv TW xq6v(o enaveQyeTai., onov dirfKEi. Aehnlich kastellorizisch : Pygiae, yvqioe to ozagi 'g xopi /nvXod- ^a Tiarj. Diamant. 82. Arabisch: Granum circumvertitur et ad molam redit. Freytag I 419, 251 und: Triticura circum- vertitur et in molam venit. Freytag III 162, 981. Auch Burckh. 122. S artisch: „Der Weizen gelangt schliesslich nur in die Mühle". Vambery 318. Deutsch: „Das Korn geht von Hand zu Hand, kommt aber zuletzt in die Mühle".

Krumhaclier: Mittelgriechische Sprichwörter. 253

Wander II 1541, 12 mit der richtigen Erklärung: „Er mag es noch so schlau anfangen, noch so oft durchschlüpfen, er wird endlich doch erwischt werden und in die Hände seines Feindes, Richters, Verfolgers usw. fallen". Ich bin sicher, auch italienische Varianten gelesen zu haben, kann sie aber infolge der unpraktischen Einrichtung der italienischen Sammlungen (s. S. 12) nicht wieder auffinden.

175 Ei'dof.iev y.al noXiTr]v (.iv^covra. .Wir sahen auch einen rotznäsigen Bürger." So übersetzt Kurtz und erinnert an altgr. [■iv^rjg ^isorög (= einfältig) und das Gegenstück ^emunctae naris^. Ich vermisse in der Uebersetzung die proverbiale Pointe und vermute daher, dass nollzr^g [TIoXiTijg) hier die von der mittelalterlichen Anwendung des Wortes uoXig abgeleitete Bedeutung „Konstantinopolitaner" hat, eine Bedeutung, die wahrscheinlich auch dem weitverbreiteten neu- griechischen Familiennamen nolhrjg zu gründe liegt. Ist das richtig, dann bezieht sich- der Spruch auf den im byzan- tinischen Reich scharf ausgeprägten kulturellen Gegensatz zwischen Hauptstadt und Provinz. Als der einzige Sitz fei- nerer Bildung galt Konstantinopel ; die Beamten in der Pro- vinz, selbst die in Athen, klagen, dass sie verbauern müssen.^) Aber auch in Konstantinopel gibt es keinen Nürnberger Trichter. Der Sinn wäre also: „Wir sahen auch einen ein- fältigen Hauptstädter." Wahrscheinlich ist aber auch das Wort i-iv^iovra nicht im altgriechischen Sinne {/.iv^r^g (xeGiöv).^ sondern, als äusserliche Hellenisierung eines im Spruche ur- sprünglich vorhandenen volksgriechischen /.iv^iaQrig , rein konkret aufzufassen: „Wir sahen auch einen rotznäsigen (schmutzigen, unfeinen) Hauptstädter." Es ist vielfach zu

1) Vgl. z. B. Gesch. d. byz. Litt. S. 191. 195. Die im Mittel- alter den ganzen Osten beherrschende Stellung Konstantinopels, die von Dichtern, Rednern und Geschichtschreibern in allen Tönen ge- feiert wird, klingt noch in dem stolzen neugriechischen Spruche nach: "Oloi 6 Hoofioi; dwöexa Hi fj IlöXi, öexaTcerzs. Arab. 177G. Beniz. 196, 268.

254 Sitzung der pliilos.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

beobachten, dass Planudes die volksmässige Form der Sprüche mechanisch in die Schriftsprache umgegossen hat, ohne sich um das altgriechische Lexikon und die alten Bedeutungen viel zu kümmern. So sind auch einige von Kurtz S. 7 nicht ganz zutreffend auf die sprachschöpferische Kraft des Volkes zurückgeführte Neubildungen zu beurteilen, wie eirava- q^dEioiorrß .^ was offenbar aus dem volkstümlichen ^avaipei- Qiozrig oder dvrnpeiQiozrig (s. S. 248) zurückübersetzt ist, 'QevyiTrjg aus vulgärgriechisch ^svyäg usw. Vgl. oben S. 246. Die ursprüngliche Form des Spruches wird also gelautet haben: El'da/.iev v.al noXivr^v f^v^iaQTjv. Zur Form und Be- deutung von f.iv^ioQf]g vgl. das hübsche dialogische Sprich- wort: Fai-iJTQE, (.iv^idQTjg eioai. Xsi/.icdi'ag sive. 2s ^eQio V.I dno x6 xaloxalgi. Kanell. 144. Auch in der Form: Kov[j.rcaQe.i i^ (.iv^a aov ZQs'yei. l\Id sivai yeiucövag. ^£Qco yu dit' xo -/.aloxalqi. NeoeXX. l4v. 323. Mit Um- schreibung des Wortes f.iv^iäQr]g bei Beniz. 277, 129.

182 ^H y.oiXia ßaorätsL zd yovara. „Der Bauch trägt die Knie." Vgl. Crusius, Rhein. Mus. 42, 414. Kurtz, Philol. 49, 464. Am nächsten kommt der deutsche Spruch: Der Magen trägt die Füsse und nicht die Füsse den Magen. Wander III 329, 32, sowie ein dortselbst angeführter portugiesischer und spanischer Spruch (der letztere aus Don Quixote). Sinnverwandt sind die Sprüche: Tov Xvxov Ol 7i6öEg avzov zgeq^ovoiv. Planudes 147 (Umkehrung des Gedankens). Aehnlich: ^24v dav v.07Tidoovv /war«, v.aQÖid dir d'EQaTzevysTai oder rovava, 7iov dar xoTtiaootv., yoilia Sav d^sQa/ceiyovi'. Kanell. 74. 145. Ebenso auf Kastellörizo: '^ö dav yo/Tixxofjg ßövava, aagdid öai}^ S^SQaTrsvyeig. Dia- mant. 14. ^^öeio oaxxi dav OTaxei. Beniz. 3, 25, und kre- tisch: 'OcpyiaiQri oaKOvla dav oraveraL OQi^tj. Jeannar. 142, ganz wörtlich das deutsche „Ein leerer Sack steht nicht". Ebenso türkisch: „Ein leerer Sack bleibt nicht aufrecht stehen". Osman. 165, und italienisch (venezianisch): Saco vodo no stä in pie. Pasqualigo III 77. An anderen ita-

Krumbaclier: Mittelgriechische Sprichtvörter. 255

lienischen Orten, z. B. in Toscana, sagt man mit Umkehrnng des Gedankens : Sacco pieno rizza l'orecchio. Giusti 254. Etwas weiter entfernen sich Sprüche wie: EovoaiQi] TOOiXia TQaovda TOal yef.iaTrj /.aXavaQxa (= 7.avov6Qy£i). Diamant. 161. NipziÄTi aqy.ovöa, yoQeuei nora; »Ein nüchterner Bär, tanzt er je?" Beniz. 172, 62. Dieser Spruch auch türkisch, Osman 12, und wohl allgemein europäisch. Aus dem Göt- tinger Corpus vgl, den Spruch : llen'wvtog dvögog loyvd zdvvL/.vrj/uia. Makar. 7, 16, und zur Metapher „Der Bauch trägt die Knie" den Trimeter: ^vÖQog yäqovTog ol yvdd^ot ßazTiiQia, d. h. die Kinnbacken tragen die Knie (des Greises). Diogen. 1, 78 u. a. Mit einem Gegenstück ist der Gedanke versehen im albanesischen Spruche: Der leere Bauch springt nicht gut, der volle Bauch springt gar nicht. Hahn 51, den Rückert (s. oben S. 170 Anm.) nicht sehr glücklich übersetzt:

Bauch leer,

Springt nicht sehr,

Bauch voll

Springt gar nicht wohl.

211 Tooavra naiei 6 dovlog, oaa ßovXezai c öeOTioTrjg. Kurtz übersetzt : Der Knecht schlägt darauf los, so lange es der Herr wünscht". Dabei bleibt die proverbiale Pointe dunkel. Der Baroccianus 68 scheint, da Treu, Philologus 49, 186, nichts notiert, ebenfalls TtalsL zu lesen. Dagegen bietet der Vaticanus 878 eine beachtenswerte Variante, über welche Crusius, Rhein. Mus. 42, 416, folgendes bemerkt: „Im Vat. las Ilberg mvei^ was sich ebenso gut oder schlecht erklären lässt, wie naiEL. Ohne Parallelen, die ich bisher vergebens gesucht habe, mag ich nicht entscheiden". Zweifel- los steckt in der von Ilberg notierten Lesart das Richtige: bekanntlich sehen sich in flüchtig geschriebenen Hss des 14. 15. Jahrhunderts eine solche ist der Cod. Vat. die Zeichen ai und v oft zum Verwechseln ähnlich ; ich schreibe daher: TooavTcc maiei o öovXog, ooa ßovketai u

256 Sitzung der phüos.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

d£07i6zr]g. „Der Knecht ist so viel schuld (verschuldet so viel), als der Herr will", d, h. wenn der Herr beim Untergebenen eine Schuld und einen Vorwand zum Tadel finden will, so findet er sie; der Untergebene bleibt immer im Unrecht, wenn sein Vorgesetzter ihn chicanieren will.

231 MayXrjv ywalza ayaye., f^iccx^S (5« TiaJöa (.tri dyayi]g. Dass im zweiten Gliede statt f-iäylrjv, wie Piccolomini und nach ihm Kurtz geschrieben hatte, mit dem Laur. und Vatic. l-täyXrjg zu schreiben ist, hat schon Crusius, Rh. Mus. 42, 419, gezeigt und von Treu, Philologus 49, 186, erfuhren wir, dass auch der Barocc. ^icxylrjg bietet. Zur Erklärung be- merkt Crusius: „Der Sinn soll wohl sein: ,Ein lüsternes Weib führe heim, aber nicht die Tochter eines lüsternen Weibes' weil nämlich die Schwächen der Eltern bei den Kindern zu Lastern werden können". Kurtz, Philologus 49, 465, zitiert für diese „annehmbare Erklärung" zwei interessante Sprüche aus dem Russischen und Lettischen. Da beide Gelehrte sich mit einiger meines Erachtens ganz überflüssigen Reserve äussern, sei noch ein neugriechisches Spruchdistichon angeführt, das ebenfalls vor der Vermählung mit der Tochter einer Buhlerin warnt, als Gegensatz jedoch nicht die Buhlerin selbst, sondern den Sohn derselben empfiehlt:

MavlioxQag yviö yiäf-ie ya^ißgo 'g tr] y.OQt] aov (ay ^eh]g)' Kai va (.n\v y.ci(.irjg vv(ft] aov f.iavlioTQag i^vyaxiQa.

Arab. 703. Beniz. 153, 50. Der letztere bemerkt dazu: JiöxL ai xaxat t^^ig xrig fxrjXQog /.levovoiv uolla-Aig dvs^a- "keimoi iv t^ yMQÖla xr^g i)vyaxQÖg. Gute Belege für die Anschauung, dass die Untugenden der Mutter sich auf die Söhne und Töchter in erhöhtem Grade übertragen, ent- halten mehrere sizilianische Sprichwörter, die Pitre II 218 und 221 f. anführt z. B. Megghiu bagascia ca figghia di bagascia. Megghiu putta ca figghia di puta. Putta e figghia di putta, lu peju e la figghia. Ebenso venezianisch: Putana

Krumbacher: Mittel griechische Sprichwörter. 257

la mare e pezo la fia. Pasqualigo II 27. Vgl. auch den sartischen Spruch : Der Vater hat einen Mistkäfer geschossen und der Sohn schiesst schon ein Wildschwein. Vambe'ry 466. 249 BaoiXr/.dg f.i6Xißdog ov /.aradvETai. Das Sprichwort gehört in den neugriechischen Sammlungen 7a\ den seltenen. Daher sei zu dem Reflex, den Kurtz aus Beniz. 302, 241 beibringt, noch ein zweiter Beleg (aus Karpathos) angeführt: ld(fEvTiA.6f.i (.lolvßi deß ßovXä. Manol. 82. Vgl. den deutschen Spruch : „Des Herrn Birnen faulen nicht". Wander II 542, 156.

C. Zu den weltlichen Komödien des Aesop.

1. Aesop. K. Kom. 4 lautet in der Moskauer Hs: '-Aqyog ey.läod^}] /.al elrcev. ^4\ evyai uov sn'kr^QOjd-r^oav ., in der Münchener mit einer für den Sinn gleichgiltigen Variante: ^Qyog '/.laad^eig ' ^i evxccl /tiov, einev, hrXr^Qcod^riOav. Jern- stedt übersetzt (S. 30) : „Ein Träger verletzte sich schwer (brach sich etwas; ubilsja bezw. rassibsja) und sprach: Meine Wünsche haben sich erfüllt." Er vergleicht dann Planudes 160: 'Qg ov/. sdiöooav avioj., cj^ivisv, otl ov ^eXto und die Fabel vom Jäger und Reiter (Nr. 163 ed. Halm)^) und ver- weist bezüglich der epilogischen Einkleidung auf M. Haupt, Opusc. II 395 ff. und K. Bürger, Hermes 27 (1892) 359 ff. Die Pointe läge also in dem Gedanken, dass der Träge das ihm widerfahrene Unglück nicht verflucht, sondern als eine willkommene Wohlthat aufzufassen heuchelt oder wohl wirk- lich auff'asst, weil er jetzt nichts mehr zu arbeiten braucht. Ich will nicht entscheiden, ob diese Deutung inhaltlich be- friedigt; sicher aber scheint mir zu sein, dass altgr. zAaw ohne einen bestimmenden Zusatz (etwa vovg nödag) den von Jernstedt angenommenen Begriff nicht ausdrücken kann. Hier liegt vielmehr schon jene prägnante Bedeutung vor, in welcher

1) Denselben Gedanken enthält Babrius 60 = Aesop ed. Halm 292 (beide mit schiefen Deutungen versehen).

1S93. Pliilos.-pliilo]. u. bist. Ol. II. 1. 17

258 Sitzung der pMlos.-phildl. Classe vom 8. Juli 1893.

das mit dem alten xAow identische y.Xavto,^) l'aXaoa, '/.XaofAtPog heute ausschliesslich gebraucht wird, nämlich: ßdico {neqdio). Der passive Aorist statt des nach dem neugriechischen Ge- brauche erwarteten aktiven steht auf gleicher Stufe wie die S. 202 besprochenen mittelalterlichen Formen. Dass von niXaio ursprünglich das Medium bezw. der Aor. Passiv im Sinne von ßdeu gebraucht wurde, ist wohl daraus zu er- klären, dass der Bedeutungsübergang durch , gebrochen wer- den", „bersten", „weich werden", vermittelt wurde; vgl. (.dxQa ■/.ev.Xaofieva = versus molles; pepedi diffissa nate ficus, Hör. Sat. I 8, 46; auch das deutsche „sich brechen, er- brechen", wo dasselbe Bild von einem ähnlichen physischen Vorgange gebraucht ist. Dass Ptochoprodromos II 57 (Bibl. gr. vulg. ed. Legrand I S. 50) das Kompositum enaQE%läod^i] im alten Sinne „wurde zerbrochen", „zerbrach" anwendet, kann natürlich für die damalige Bedeutung des einfachen Aorists ey.läoS^r] nichts beweisen. Ebenso könnte auf die wirkliche Bedeutung von h/.Xaod^i]v im 14. Jahrh. aus der Stelle der altgriechisch abgefassten Monodie des Deme- trios Kydones § 10: ^Ilcog ovy. hldad^rjoav rriv ipuyjiv;" kein Schluss gezogen werden, selbst wenn Combefis die Worte des Autors richtig wiedergegeben hätte. Es hat aber Bois- sonade, Anecd. Nova S. 255 Änm. 2, mit Recht aus dem

1) Dieser nach Analogie anderer Verba regulierte Präsensstamm schon im Martyrium Arethae ed. Fr. Boissonade, Anecdota Graeca vol. V S. 57: Kai oi jtoXsfxovviEg zoTg xovroig xal ToTg doQaaiv sxXavov Tag nXsvQiig xüjv iszEixiofisvcov xagdßcov. Regelmässig verwendet wird die Form xXdvco zur Uebersetzung verschiedener Formen des Verbums ayco (= äyvvfu, ä^co, sa^a etc ). auch zur Erklärung der alten Form xXcö {xkäca), im Etym. M. z. B. 1, 50. 9, 4; 10. 15, 22. 54, 20. 306, 54. 418, 3. 516, 48; 51. 517, 13. Dazu notiert Gaisford S. 3 H, dass für xXdvco in Hss auch y.kävvo) vorkomme, und verweist auf Meursius, Gloss. Graecobarb. und Tittmann zu Zonaras Lex. S. 1221, wo ebenfalls xXcö durch x?Mva> {Cod. xPmvco) erklärt wird. Hatzidakis, Einleit. S. 406 unten und 407 Mitte, verbindet xXdva>, wohl durch die heutige Bedeutung des Wortes verleitet, irrtümlich mit xldCco.

Krumbncher: Mittel griechische Sprichwörter. 259

Cod. Paris. 1213 ^ov xaTExXäad^rjaav" hergestellt. Uebrigens scheint das Präsens Aktiv -/.Idvco (mit der Bedeutung j9e(^o) schon im 15.— 16. Jahrhundert durchgedrungen zu sein; es findet sich in zwei aus dieser Zeit stammenden Werken, im Physiologus ed. Legrand V. 450 und in der „Schönen Ge- schichte vom Esel, Wolf und Fuchs" ed. Wagner S. 137 V. 452.

Der Sinn des derben, aber echt volksmässigen und für den höchsten Grad der Faulheit sehr charakteristischen Spru- ches bedarf nun keiner weiteren Erklärung mehr. Dass übrigens der so wenig salonfähige Begriff pedere im neu- griechischen Sprichwort eine erhebliche Rolle spielt, lehrt eine flüchtige Durchsicht der gedruckten Sammlungen ; vgl. z. B. Beniz. 54, 42. 57, 67. 334, 40. Arab. 7. 293. 324. 497. 676. 900. 1154. Jeannar. 34. Auch dem altgriechi- schen Sprichwort ist der Begriff nicht fremd, z. ß. Br]^ dvxl noQdriq. TlaQa '/.wcpov dftonaQdeiv. NexQog /.slvai ßdecov (s. den Index des Göttinger Corpus).

2. Aesop. K. Kom. 28: 0alay.Qs, Ttcug -/.ard rqiya ef.ia- diad^r]g; „0 Kahlkopf, wie ist dir Haar für Haar ausgegangen (oder: wie hat man dir Haar für Haar ausgezupft)?" Jern- stedt übersetzt: „0 Kahlkopf, wie hast du dir alle Haare nass gemacht (zamocil)?" eine Uebersetzung, die wohl auf Verwechslung von griechisch /naölCco mit lateinisch madere beruht und vergleicht den russischen Spruch: „Guten Tag, Kahlkopf, verbrenne nicht deine Haare!" und Planudes 201 (203): 0\ (paXaxQol vno Trjv GeX7]vrjv (pd-EiQitovrai. Weit enger verwandt ist das spanische Sprichwort: „Como te haziste caluo? Pelo a pelo pelando" (Valles), in welchem der Inhalt des griechischen Spruches in Frage und Antwort auf- gelöst erscheint. Man kann darnach vermuten, dass auch der griechische Spruch ursprünglich lautete : OaXaxgs., ncög e/^ia- dioifrjg; Kaxd rqiya. Nichtbeachtung des Fragezeichens und dadurch veranlasste Umstellung von v.aid rglya ist gewiss nicht auffallend bei einem Texte, dessen üeberlieferung noch

17*

260 Sitzung der phüos.-philöl. Classe vom 8. Juli 1893.

ganz andere Schäden aufweist (z. B. im Spruche 31, den Jernstedt durch eine glückliche Emendation geheilt hat). Vgl. das deutsche: „Immer nur ein Haar und der Mann wird kahl." Düringsfeld I Nr. 388 (mit englischen, dänischen, isländischen, norwegischen, schwedischen, französischen, ita- lienischen u. a. Parallelen).

D. Zu Apostolios.

0. Crusius, Rhein. Mus. 42, 398, sagt, Michael Apo- stolios habe die volksraässigen Sprichwörter nicht „von sich aus", wie es Kurtz, Planudes S. 8, wenigstens für möglich hält, seiner Sammlung einverleibt, sondern er habe für sie eine unleserliche Vorlage benützt und daher gerade in ihnen die unsinnigsten Schreibfehler manu ipsissima der Nachwelt überliefert. Dazu die Note: „Ein Beispiel genügt. Zu dem Sprichwort Elg xr^v Xrjipiv (für XelipLv) tcov dyyikcov '/rA. notirt Apostolios: ötj/.aodr]g y.ai aacprig' soiks rfi- t)]v ygauv slg Tdy.Qcotr^Qiov a'iTavoq^Qvi drjXovoiv, was er später korrigiert diTavocpQvv yiaXouaiv: vMXovoiv verständlich, aber was steckt in dem andern Monstrum?" Die Ansicht, dass Apostolios auch für seine volksmässigen Sprüche ältere Sammlungen benützte, halte ich für richtig; unzutrefiFend aber ist der angeführte Beleg (Apostol. 6, 54), der die ihm von Crusius erteilte Censur keineswegs verdient. Im Codex des Apostolios (Paris. 3059) steht nach Leutsch diTavog)qvi dr]Xovaiv^ dafür schrieb Arsenios im Cod. Paris 3058 (nicht Apostolios selbst, wie Crusius sagt) d'iiav6q>Qvv xaXovaiv. Die Hauptkorrektur ist offenbar die des Verbums; die im vorher- gehenden Worte angegebene Variante ist unwesentlich und beruht vielleicht nur auf ungenauer Wiedergabe der Hs. Jedenfalls ist in der von Leutsch in den Text aufgenommenen Schreibung des Arsenios alles in Ordnung: Die überlieferten Worte stellen die nach dem früher (S. 52 f.) besprochenen Prin- zip schriftsprachlich zugestutzte Form eines volksmässigen

Krumhacher: Mittclgriechische SpricMvörter. 2G1

Spruches dar; ursprünglich lautete derselbe etwa: Ti^v ygalav 'g xaY,QcotriQiov yaiTavocpQvv (diTarocpQvv) -aalovoi, oder, wenn man ihn der (unten zu erAvähnenden) Ueberlieferung des Hermodoros nähern will: Trjv yqaiav 'g TaxQioTriQiov yaixavo- cpQvdr] xQa'Covv. „Die Alte auf dem Vorgebirge nennt man schnuraugenbrauig", d. h. in einer öden, menschenleeren Gegend findet man auch eine Alte schön (oder gibt ihr wenigstens ein schmückendes Beiwort). Apostolios hatte also recht, wenn er das Sprichwort als Parallele anführte zum Spruche: „Beim Mangel an Engeln ist auch Mardaris Engel", den Crusius S. 418 richtig erklärt hat (s. oben S. 247). Vgl. die dortselbst von Crusius zitierten Sprüche : '^ tcov af.iaQTCoXco ri) xcoqa adiytog kqit^q y.ad^i^£i und : ^2 icov az-iagrcohü zrj ywqa v.i Idtdgaßdvrjg 'Tr/Wo/rog {^^dQaßdvrjg l-iaXog K£CfaXXrjvr/.rig olxoyEvdag naoyßvorig drcd xovcfotrjza), Beniz. 282, 205 f. 'jEV ti tcov xvcpXiov nolei yial 6 stsqS- (fdaXiiwg lOQalog doxel. Planudes 253 (mit den von Kurtz beigebrachten Seitenstücken).

Die Form aLTavLOv neben der ursprünglichen und ety- mologisch allein berechtigten yai'tdviov {yairdviv^ später yazdvi) erinnert an die Schreibung deldaqog statt yaiöaQog^ die im Mittelalter wegen der Ableitung des Wortes von dei- ötQio (s. S. 190) sehr beliebt war. Doch Hesse sich die Schreibung dsiöaQog aus der etymologischen Schrulle allein nicht wohl erklären ; der Hauptgrund des Schwankens in Wörtern wie yaixdvi^ ydidaqog liegt in der vulgären Ent- wickelung eines durch y ausgedrückten irrationalen Spiranten im Anlaute von Silben und Wörtern (y.lalyco, dovXevyco^ yai^ia)^ dem ein häufiger Schwund des echten y im Silben- und Wortanlaut gegenübersteht (/Ifw, vqevio).^) Durch diese laut-

1) Näheres bei Krumbacher, Ein irrationaler Spirant im Grie- chischen, Sitzungsber. d. k. baj'er. Ak. d. Wiss., philos.-philol. u. hist. Cl. 1886 S. 359—444. Buresch, Philologus 51 (1892) 103 f. Hatzi- dakis, Einleit. S. 118 ff.

2t)2 Sitzung der i^lülos.-phüol. Glasse vom 8. Juli 1893.

liehen Vorgänge entstand in der Orthographie mancher Wörter eine gewisse Unsicherheit: indem man sich bestrebte, das falsche y in (JofAet'/oj, jiavyio usw. zu vermeiden, ent- schlüpfte zuweilen auch ein (pevco, xqavätio usw. ; ^) noch mehr musste sich diese Unsicherheit bei neuen und von der schulmässigen Tradition nicht oder nur wenig fixierten Wörtern bemerkbar machen. Es wird also die Schreibung deidagog und oiravi im allgemeinen nur orthographische Bedeutung haben, obschon sie zuweilen auch durch dialek- tischen Schwund des y veranlasst oder gefördert worden sein mag. Zu den Belegen für /aiVayt „Schnur"^) bei Du Gange s. V. yaizdvLOv und Addenda p. 46 kann noch Imberios (ed. Legrand, Bibl. gr. vulg. I) V. 607 und 669 gefügt werden; vgl. auch das Glossarium m. et i. Latinatis s. v. gaitanum. Der im griech. Glossar mit yairdviov verbundene Artikel: ^raiTavoq>Qvdov (so) Vitfa circa supercilia'^ ist natürlich zu berichtigen; die Bedeutung von yaixavocfQvdov ist dieselbe wie die von ya'iravoffQvg. Von grösster Wichtigkeit für die paroemiographischen Studien ist der von Du Gange zu dem letzten Worte angeführte Beleg: „Hermodorus Rhegius in

1) Vgl. Krumbachei-, Studien zu den Legenden des hl. Theo- dosios, Sitzungsber. d. k. bayer. Ak. d. Wiss., philoa.-philol. u. bist. Cl. 1892 S. 266.

2) Die lateinischen Uebersetzungen ^zona, cingulum, vitta"' machen allerdings den Begriff nicht ganz klar ; yai'zävi ist heute nicht etwa ein Band oder eine Binde, sondern eine zum Schmuckbesatz des Gewandes dienende mit zarten Fäden öberflochtene Schnur, deren Querdurchschnitt gewöhnlich ein Quadrat mit abgerundeten Ecken bildet. Dass das Wort auch früher dieselbe Bedeutung hatte, beweist Sachlikis I V. 259 (ed. Wagner S. 73), wo als Herstellungsart des y. das „Flechten" („Stricken") erwähnt wird: svog oaKxovXiv xäaoexai Kl aXXov yairdviv nXsxEi. Ob sich nun der Vergleich auf die eben- massige Form der Schnur überhaupt oder, wie mein Freund Papa- stathis wollte, auf das auch bei schönen Augenbrauen zu beachtende kreuzweise Geflechte bezieht, will ich besseren Kennern griechischer Mädchenbrauen zur Entscheidung überlassen.

Krumbacher: Mittel griechische Sprichivörter. 263

Adagiis Ms rriv OTQaßi]v slg t' aKQcotrjoi ya'iravoifQvöoi r-qv xQaLovv". Es ist klar, dass dieses Sprichwort eine Variante des von Apostolios zitierten Spruches darstellt; nur ist der politische Vers in ihr durch zwei trochäische Tetrapodien ersetzt.^) Wie verhält es sich aber mit den meines Wissens in der neueren Litteratur von niemand genannten Adagia Herraodori Rhegii, die Du Gange, wie er im Index auc- torum S. 27 berichtet, in einer von dem Jesuiten Adrian us Parvilerius angefertigten Abschrift benützt hat. Nach der von Du Gange zitierten Probe handelt es sich um eine Sammlung, in der volksmässige Sprichwörter vorkamen. Wo ist der Originalcodex zu suchen und wo die von Du Gange benützte Abschrift? Die letztere liegt vielleicht unter den Papieren Du Gange's in Paris. Möchte sich doch ein Kenner der Pariser Bibliotheken und der Grelehrtengeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts (z. B. H. Omont oder E. Legrand) der Frage annehmen!

Zum Schluss sei noch bemerkt, dass das uns fremde Schmuckwort „schnuraugenbrauig" auch sonst vorkommt. In den rhodischen Liebesliedern ed. Wagner 111, 1 wird das Mädchen angeredet: '£2 xogr] yaTav6q>Qvör] yial (pwg tojv df-if-iuTiLov i-iov, ein kaum zu übersetzender Vers, obschon eine bessere Verdeutschung möglich war als die Wagners: „0 Mädchen, süsses Augenlicht, mit zarten Augenbrauen". Eines der am Sylvesterabend von herumziehenden Kindern vorgetragenen Lieder enthält die Verse:

KvQci i/'JjArj, y.vQcc hyvrl^ xtga ya'iTavocpQvdct,

KvQcc 'g IWa otoXi^eaai, va rtäg 'g t»Jv £/.yiXr]Oia oov.

Das Substantiv ya'itavoq^Qvöi „Schnuraugenbraue" kennt die neugriechische Volkspoesie in einer stereotypen Wendung:

1) Die trochäische Tetrapodie ist in der byzantinischen Litte- ratur nicht selten. Vgl. meine Geschichte d. byz. Litt. S. 429 f.

264 Sitzung der philos.-plülol. Classc vom 8. Juli 1893.

Bäveig top r'^Xio TVQOOcono '/.al ro g^eyyägi oiij^i Kai TOI) yiOQaxoü t6 q)TSQ6v ßaveig ya'iravocpQvöi.

Passow, Popularia carm. Graeciae rec. S. 219 V. 2G f. (aus Kepliallenia) und ähnlich S. 317 V. 24 f. (aus Cliios):

BaXe Tov rjXiov nQoacoTCOv xal lo g)£yydQi orrjd-og Kai TOV '/.OQccaov t6 (fTEQOv ßaXe ya'iTavocfQvdi.

Weniger leicht als bei der Vergleichung schöner Augen- brauen mit dunkeln Schnüren dürfte sich der Mitteleuropäer bei dem allerdings auf männliche Augenbrauen bezüglichen und demgemäss kräftigeren Vergleich mit Blutegeln be- ruhigen :

Eixsg Tcc (.laTC 6Xof.iavQa^ tq cpqvdia aav dßöiXXsg.

Passow a. a. 0. S. 258, 7 (Nr. 354).

E. Eine allegorische Deutung des Psellos.

Auf die merkwürdigen Erklärungen volkstümlicher Redens- arten und Sprüche, welche Sathas, Bleo. ßißX. V 532 543, aus dem Cod. Paris. 1182, der berühmten unschätzbaren Sammelhandschrift von Werken des Psellos, herausgegeben hat, ist schon oben (S. 39 f. 50) hingewiesen worden. Im Zusammenhang mit diesen Erklärungen und den übrigen Sprichwörterhermenien möge noch ein Lehrgedichtchen be- trachtet werden, das ebenfalls dem Psellos zugeschrieben wird. Es ist in jambischen Trimetern abgefasst und enthält eine allegorische Deutung der Worte des Evangeliums Mat- thaei 13, 33 {= Luc. 13, 21): ^Of-ioia töviv rj ßaoiXsla rcöv ovqavcov ^viurj, rjv Xaßovoa yvvi] fivä-/.QVipEv elg dXevQOv odra TQia, ecog ov sCvfucodi] oXov. Mir sind folgende drei Hss, in welchen die Verse dem Psellos zugeteilt sind, be- kannt geworden:

Krumbacher: Mittelgricchisclie Sprichtvörter. 265

1. Cod. Vatic. gr. 672. Papierhs d. 14./15. Jahrb. Enthält eine ähnliche Sammlung von Psellosschriften wie der Paris. 1182. Das Gedicht steht fol. 158^ (A).

2. Cod. Vatic. gr. 840. Papierhs. d. 14./ 15. Jahrh. Enthält verschiedene theologische, besonders kanonische Schriften. Das Gedicht steht fol. 7^ (B).

3. Cod. Bruxell. 4476—78. Papierhs d. 13./14. Jahr- hunderts. Das Gedicht ist fol. 32^ mit roter Tinte wohl zur Ausfüllung der Seite eingetragen. Ueber den sonstigen Inhalt der Hs s. H. Omont, Catalogue des mss grecs de la bibliotheqne royale de Bruxelles etc., Extrait de la Revue de l'Instruction publique en Belgique, t. 27 et 28 (1885) Nr. 70 (C).

Ausserdem hat sich das Gedichtchen wie so manches anerkannte Eigentum des Prodromos, Christophoros von My- tilene , Athanasios Monachos , Alexios Makrembolites u. a. unter die Werke des Massendichters Manuel Philes ver- irrt und ist unter denselben aus Cod. Escur. X IV 20 (E) von E. Miller, Manuelis Philae carmina II 418, ohne ein Wort der Erklärung herausgegeben worden. Da aber die Verse in drei Hss, von welchen eine nur Werke des Psellos enthält, ausdrücklich dem Psellos zugeschrieben werden und da sie so trefflich zu den im Cod. Paris. 1182 enthaltenen allegorischen Erklärungen desselben passen, so sind sie aus den Werken des Philes sicher auszuscheiden.

Die zwei codd. Vatic. habe ich selbst kopiert , eine Kollation des Bruxell. verdanke ich der Liebenswürdigkeit des Herrn P. J. van den Gheyn S. I. Der Hauptunter- schied der vier Hss besteht darin, dass das Gedicht in AE zwölf, in BC nur acht Verse enthält. Ich lasse den Text mit den Varianten folgen; zu gründe gelegt ist der Cod. A.

266 Sitzung der philos -plülol. Classe vom 8. Juli 1893.

Tov avTOv.

"EyovGiv s^riyi]Oiv sBr^Qrjiidvrjv ^4XXrjyoQOvoav zovg 7tQoy.eif.iävovg Xoyovg. rvvT] f.iiv iari yrgoGqivaig sy!.xh]Gia, 5 Zvi-iT] de i^elog yiai ^eSyQacpog Xoyog^ lAXevQOv i] (peqovoa tovtov xag(5/a, Wv^cov ds TQii-iäQEia rot. rgia Gaza' Qvf.idg^ Xoyog., ^loS^og re, •/.gsitrövcov e'iowg, 'Ev oig 0 ü^eIoq ov/iicpvQaü^elg /iiog Xoyog 10 "Olr]v GweCxif-iioGE rr^v x^w^wv q)VGiv. Td yovv Gütov 7Tsrfvv.E %oivLy.Eg dvo '^EßQo.'i'/.dv orj/.iavTQOv oIt.eIov i-Utqov.

Titel nach A : orixoi tov tpsklov B C : Titel fehlt E 2 s^rjaiv C

i^rjQtjlLisvfjv] aHQißeotdzrjv B C 3 Der ganze Vers fehlt B C 6 rov-

Tcov E 7 tpvxfj? BE 8 Der Vers fehlt BC 10 xpvxStv] ifv^fj? E:

ßgoTcöv B: ßgötov C 11—12 Beide Verse fehlen BC 12 /tihgov E.

Knniibacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 267

Alphabetisches Verzeichnis der mittelgriechischen

Sprüche. ^)

Seite !^ 3^8 s. 'l4v d^e

"AXh] yqaia ovv. iyavvrjoev (84) 104. 125. 20G

^llol xa Gayi^iava elg rd /.atäntTQa (63) 96. 123. 190

AlXog eh/ßv x6 xovdovpiv y.i aXlog iy.ovöovvi^€v (30) 84.

120. 164 AXXog tcpayev %6v ßovv v.ai elg tr^v ovqccv aireoTad^rp' (11)

77. 118. 140 l4llog rjvQsv to Xovtqov oaßovQOv Kai xo nov yia&iosiv ovx sixev (78) 101. 124. 201

^vala/H'/tTJ yßLf.aovog danQva 7Toi{.tivog (43) 88. 121. 178 Av d-8 va yf.af.ao va neivcö^ y.av ag KOifiov^iai y.al ag nsivcd (54) 92. 122. 185

'l^v fis syXvxworjg, va ßdlio ytat x6 ifiäxiv oov (26) 83.

120. 161 Av olda zig (?) 8Cv/.aoGE, x-qv TtsfiTtxrjV tyei dvdßsiv (121)

114. 127. 222 Annya^iev ottov f.iäg 8xq£wgteiv kül 8xqeiooxovf.iäv xov (8)

75. 117. 137 l47tot,(x)Oov -/.al va cpd-darjg (114) 127. 220

^Ttod^a/uavog q)ilov om tyu (110) 113. 127. 219

1) Die in Klammern gesetzten Zahlen bezeichnen die Nummer des Spruches in der Zusammenstellung S. 116 ff'., 132 ff".

268 Sitzung der pMlos.-jjMlol. Clause vom S. Juli 1893.

Seite Lind vXfi7i%riv yilime y.al y.Qif.iav ovy. tyßig (2) 74. 116. 134 !A/i6 7tTtoyd%> f-ir^ öavEio&^g y.al KXaiei xai ayiolovO^a oe (44)

88. 121. 178 l4nd oaXov '/.at f^sS^vaT'qv anovoEig rriv äX^ii^eiav (7) 75.

117. 136 ^no Tov oqSqov tq)Evyov y.al e'f.i7TQ0G&ev f.iov XeirovQylav EVQOv (75) 101. 124. 199

!Arr6\l.iE xa ayia xövTovga etc. (68) . 98. 124. 194

^Tvyog vECOTEQog x^?]j' Idiav yojqav y.ovqosvEi (69) 99. 124. 195 v^y' cov iy.aßaXlixEV0E^ y.vQ "^'HXie^ i-ir] tov -/.lalißg (117)

127. 221 BU7rE Elg Ev i.n] Trd^rjg ds^a (120) 114. 127. 222

FeQOVTa 2aQaarjvdv yga/uf-iaza f.ir^ /.lad^alvr^g (51) 91. 122. 182 rkvy.vv To qxxysi y.al nrAQOv ro yioEi (34) 85. 120. 168 JiuXov oioCei xat (.lovanlov ov owCei (24) 82. 119. 160 Jiav sgETTEOE s. üoov -/.at av

^Eav Goi sXd^rj ?v xalov sy.deyov vmi aXKo (123) 128. 223 ^Eav Tcc TTQüJTa y.ald etc. (45) 89. 121. 179

^EyivETO ö Evdycüv Evay6f.iEvog (72) 100. 124. 196

^Edavd l'dTjg ov f.iri evqtj etc. (57) 94. 122. 187

"Edtoxd öOL v.ai tdcoxäg f.iOL etc. (49) 90. 122. 181

^EUooyovT^dtiv 7j ciyla ^oqiia etc. (65) 97. 123. 192

EXdai-iEv q^aXaKQOP etc. (21) 81. 119. 156

EiÖEv 0 ■/.ktTTzrjg Tr^v ßoiXXav etc. (116) 127. 221

Ei dsov QEEi{?) etc. (103) 110. 126. 216

EiouL y.al iü^EiiTTr]g etc. (1) 73. 116. 132

Elg -/Ximrig %al dsKa (.tr^wral (113) 127. 220

Etg aaXov y.EcpaX'q noXXol -/.ovqiokol (102) 110. 126. 214 Elg TOV dXXov TO yißevTiof^a etc. (41) 87. 121. 175

EYti £t.tßaivovv TOV Ttanav etc. (128) 128. 224

EXyaf.iEv oy.vXov yal aßorj^Eiv etc. (88) 105. 125. 207

EYyaftEv ffiXov xrjTrovQOv etc. (10) 77. 117. 140

'EKazdv navXoi mct^avov etc. (25) 82. 120. 161

Krumbacher: Mittelgriechische Sprichwörter. 269

Seite 'ExeZ 07rov if-ielva/uev oifii etc. (77) 101. 124. 200

"Ena^s TÖv av^Q<m[oi> etc. (107j 112. 126. 218

EiTrjyaf.iev s, .l47irjya/.iEP

EniEv 6 nxioyfio, xQaGLrCiv etc. (50) 90. 122. 182

^E7toir]oeg, yw^., to sirca etc. (85) 104. 125. 206

Enolov s. JJolov

Eqyov tov zelsuooavTog /.al i-iri tov ccTtoxivTioavTog (12) 77.

118. 142 ^'ETQcoys y.al td oxpaqiä f.iov etc. (115) 127. 220

"'Ecog TQLtov xtti 7 aXi'id^Eia (108) 127. 218

'H yrj cof.wos tov ovqavov etc. (46) 89. 121. 179

"i? yqaia siösv OQUi-iav etc. (105) 111. 126. 217

'H yQoia t6 /.lEGoyeiiiicovov reTQayyovQOv etc. (80) 102. 125. 203 'H xaxt) ertiOY-om] tov snioyiOTiov etc. (89) 106. 125. 207 'Hf-ielg -/.av sC;vf.aüOai.i£v ra ttXscc etc. (111) 127. 219

\H TtTtoysia xaTadEi^E toc (.lOvanW (6) 75. 117. 136

'H aY.vXa 07tovdaC,6i.iEvrj TvcpXd ytovlovycia etc. (16) 79. 118. 153 KaOagd s. Kißagd

Kai (poßetTai v.al (foßEQit.Ei (86) 105. 125. 207

Äa/lr) uETQta ex to dvcoyiv (5) 75. 114. 117. 135

KäiivEi 6 ni^og v.al 6 qoyog etc. (22) 82. 119. 157

Kav nlovoiog '/.av mtoyog etc. (33) 85. 120. 166

KaxäcpayE tov ßlov oov etc. (100) 109. 126. 213

KaTrjg v.al novTiKog etc. (28) 84. 120. 163

Kr]TiovQS, ovvsnaQE., XiyEi etc. (14) 78. 118. 144

Kißaqd /.al ^laitagd oXa ri yäqig dexETai (94) 107. 126, 210 KXtnTt]g -/XkitTriv (pova'/coTcc Xov/ävr/a etc. (79) 102. 124. 201 K6f.i7iwvE '/al dQ(.ieviL,B (104) 111. 126. 216

KoHTE 7^«og, xo/rre Xwirjv (18) 80. 119. 155

Miyag vaög Kai oXiyij r) yßQLg (70) 101. 124. 200

MiXog x6 OS ov TtgoKOziTSL etc. (60) 95. 123. 189

MriTE TOV TQtyovTog [.ii^te tov duo/ovTog (66) 98. 123. 193 Mia xeXiötüv sag ov ktiQel (83) 103. 125. 206

270 Sifzunf/ der pMloH.-phüol. Classe vom 8. Juli J893.

Seite

Mi)^Qog dai/niov f-isyalr] Treigaoia (98) 109. 126. 213

MiKQog Tov f-ieyav dvvazai etc. (93) 107. 125. 209

Nc rriv Einto /.al vd as dyarta (92) 107. 113. 12^5. 208

'0 eXecov (plaoy.iv y_dvEi doiniv (52) 91. 122. 183 'O ivdycov svay6f.ievog s, ^Eyivero

'0 "EQig xal 6 TißtQig ohov etc. (96) 108. 126. 212

'0 d^eog xard rd odyia etc. (20) 81. 119. 155

Oiöa ov% olda, yvprj, ov ttXovtov(.iev etc. (35) 86. 120. 170

0\ dvo tov eva neii^ovv tov (90) 106. 125. 208 Oly.ovoj.nj0^r] i^ dyia ^ocpia s. "Euooyovi O^tjv

Ol zeooaQEg tovg TeaaaQag etc. (3) 74. 116. 135

'0 xaxog slg zo ilicof.tiv aov etc. (82) 103. 125. 205 '0 xooiiog htovxi'Qs.To xal r^ Sfirj yuvr] etc. (37) 86. 121. 171

'O KOGfAog f^ii TOV y.6oi.iov %al i^ fi^ia] yvvi^ etc. (81) 102.

125. 205

*0 IvKog To iiaXklv dXXdaoEi etc. (95) 107. 126. 211

^Ottov t'yu nolvv TtiTiegi etc. (32) 85. 120. 166

'^'O/iov 7rolkri dydnrj ekeI xal TXoXXy] i^dyvj (109) 127. 219

"0/tov TioXlol TTETEivol, sxEi ctc. (42) 88. 121. 176

"O/tov (filEig^ i-ir davEitrjg etc. (13) 78. 118. 143

'0 TtTvtov Elg TOV ovQavöv etc. (29) 84. 120. 163

"'Ooa y.OLf.idTaL 6 Xaycog etc. (129) 128. 224

*^'0(7ot axtloi KovvTovQoi, oloi etc. (71) 99. 124. 196

'^'Ooov y.al ov e^etieoe to vvvlv etc. (17) 79. 118. 153

"^'ÖTav 6 d^Eog TO yhvrjijav etc. (67) 98. 124. 194

"Orav OS TaxO^ovv oltÖqlv etc. (53) 92. 122. 184

"Orav ipioQLaor] 6 yEiTcov oov etc. (74) 100. 124. 197

"Oilnf.iog vlog ovy. öipETui naTeqa (48) 90. 121. 180

ndv (^wov t6 Of.ioiov avTov dyaTttjOEi (15) 79. 118. 151

TIolov oyovQov 7iof.i7TEiovou\ ovTog etc. (64) 97. 123. 191

IIovTiKOv ßovldg KoipEi KaTa (40) 87. 121. 175

IIqIv TtvLyovfXEv^ dog tov vavXov (36) 86. 120. 170

JIqIv TiOTafxov zd Qovxd oov or^y.tooov (39) 87. 121. 175

Knimbaclier: Mittel griechische Sprichtrörter. 271

Seite riQog di'O ovo'' 6 'HgaxXr^g sy.sivog (73) 100. 124. 19(5

IlQocpiovovLiai GOi, 7rrcoxe' to oa-/.7.iv aov etc. (127) 128.224 Ilrcoydg tctw/^ov ov &alsi /.al 6 d-eog etc. (106) 111. 126. 218 Ucog ogyelrai 6 yaeiöaQog, cog d^etoQsl etc. (118) 112. 127. 221 ^alovg '/.al o^rf/ovg o i)e6g ov -/.qlvel (58) 94. 122. 188

^agaxrivol elg to bojirinv oov etc. (70) 99. 124. 195

^rjuEQOv Tcc ayia -/.övTOVQa s. ^rroipe

^lyrjQOv noTafxov za ßäd^rj yvQeve (125) 128. 223

^lyTjQov OTOf-iaTog -dsog sy.diKrjTYig (124) 128. 223

^vvoyco iyco neQLnaTwv y.ai evayyeli'C6f.i€vog (122) 106. 128. 222 2'« exaTov 7tQooxvvr]f.iaTa a^ia cfoXiv etc. (61) 95. 123. 189 Ta f.ia/.Qa \ai d^avi-taOTo, tcc y.ovTd etc. (99) 109. 126. 213 Td ad sftd /al Iyco dg yelcd (91) 106. 125. 208

TavTa td fie ovvrvya'iveig s. TovTa Tr^v t/QaTOVfXEV dya/AOv, evQed-f] lyyaoTQiOf.iivif] (119) 113.

127. 221 Tr-ß yi]Qag /.al zrß oqq^avrjg etc. (27) To /.aXov oQvlv ovo /.idwag ßvLavEi (97) To v-igöog dvdqeiav eyeiosL (87) Tov yaidaqov i'/ovgevav etc. (62) Tov y.a'/6v oXot yQetoorovv tov (23) Toi' j.ieyav dvvaxai s. Mi/Qog tov {.layav To noLT^öEig ndd-r^g /al dXkov jibqlöooxeqov (9) 76. 117. 138 To 7CQayfia aov docpdli^e v.al tov yEiTOva aov etc. (55) 92.

122. 186 Tov .AvyovaTOv Ta TTSvTdliTQa (dE/äliVQa) etc. (19) 80.

119. 155 Tov noTa(.iov xd 6Qf(i^f.iaTa Evq^Qaivovoi (126) 128. 224

Tovra xa f.iE avvxvyaiveig^ l'vi Tialaiov ovQavov etc. (59)

94. 123. 188 Tiöv q)QOvi\uojv xd natdia^ txqIv jCEivdaov^ juayEiQEvovv (101)

110. 126. 214 XEQea vEQOv nvlyEi (.iE (56) 93. 112. 122. 186

83.

120.

162

108.

126.

212

105.

125.

207

96.

123.

189

82.

119.

159

272 Sitzung der i-iliilos.-phüol. Classe vom 8. Juli 1893.

lQ(j£ i^ieno Aal allov (pov()vi(;iü (31) 84. 120. 165

'Qg iöi^ov rdg jirj-KTag etc. (38) 80. 121. 174

^i^g 8VL 7] ^älaGoa alf-ivQa etc. (112) 127. 219

'ü.g EVQ'fjg zov -/.aiQov^ ipäye /.al rov Xayöv (4) 74. 117. 135

V^g 6 xöö^iog yial 6 Koof-iäg (47) 89. 121. 180

Inhaltsverzeichnis.

Einleitung

I. Ausgaben und Handschriften ....

IL Verhältnis, Ursprung und Verfasser der Sammlungen

III. Die Texte der neuen Handschriften

A. Die Sprichwörter der neuen Handschriften mit den Erklärungen

B. Zusammenstellung der blossen Sprichwörter

C. Generaltabelle

IV. Bemerkungen zum Texte und zur Erklärung V. Miszellen.

A. . Sprichwörter in der byzantinischen Litteratur Nachträge zu Planudes ....

Zu den weltlichen Komödien des Aesop Zu Apostolios ......

Eine allegorische Deutung des Psellos

B. C. D. E.

Alphabetisches Verzeichnis der mittelgriechischen Sprüche

Nachtrag und Berichtigungen

1 33

47 69

73 116 128 132

225 245 257 260 264 267 272

Nachtrag und Berichtigungen.

S. 26 Anm. hätten auch K. Müllenhoff und W. Scherer, Denk- mäler deutscher Poesie und Prosa, 3. Ausg. von E. Steinmeyer I S. 57 ff., II S. 133 ff. erwähnt werden sollen.

S. 37 Z. 14 V. 0. ist statt: 18 Sprüche zu lesen: 16 Sprüche.

S. 118 Nr. 16 Z. 3 ist statt: EGHIK zu lesen: EGHI.

Sitzungsberichte

der

königl. bayer. Akademie der AVissenschaften.

Historische Classe.

Sitzuncr vom 8. Juli 1893.

^o

Herr Hei gel spricht:

„lieber den Plan des Kurfürsten Johann Wil- helm von der Pfalz, die armenische Königs- krone zu gewinnen (1698 1705)."

Bei Forschungen über die pfälzische Politik zur Zeit des spanischen Erbfolgekriegs geriet mir eine Schrift in die Hände, die mein lebhaftes Interesse wachrief. Im Jahre 1829 brachte Ministerialrat Joseph von Fink eine akademische Fest- rede merkwürdigen Inhalts zum Vortrag; sie handelte von einem Projekte des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz, eine Armee nach Armenien zu führen, die armenische Christenheit zu befreien und sich selbst die Königskrone aufzusetzen. Der Vater des Planes war ein armenischer Handelsmann Israel Ory in Düsseldorf.

Das Projekt ist so abenteuerlich, dass der erste Eindruck Zweifel an der Wahrheit jener Nachrichten war, der noch dadurch verstärkt wurde, dass Fink zwar wiederholt Briefe des Ory, des Kurfürsten, armenischer Fürsten etc. als seine Quellen bezeichnet, aber mit keinem Worte verrät, wie imd wo er die Urkunden gefunden hat.

1893. Philoa-philol. u. bist. Gl. II. 3. 18

274 Sitzung der histor. Classe vom 8. Juli 1893.

Dieser Zweifel regte mich an, der Sache nachzugehen. Zu memer Ueberraschung, wie ich gestehe, erhielt ich auf eine an das k. geheime Staatsarchiv gerichtete Anfrage die Antwort: Ja, es sind die Dokumente über das armenische Projekt, welche Fink als Quellen gedient haben, vorhanden.

Ich nahm nun Einsicht von dem betreffenden Archival- akt; leider muss derselbe noch in neuerer Zeit spoliirt worden sein, denn es fehlt von den mit Blei numerirten Blättern etwa die Hälfte, die Blätter 1—12 und 27—70. Das noch Vorhandene sind Briefe des Israel Ory aus Düsseldorf und Moskau, Concepte des Kurfürsten, aber auch zwei russisch abgefasste Originalbriefe Peters des Grossen an den Kur- fürsten u. s. w.

Dass Johann Wilhelm den von Ory angeregten Plan ernstlich ins Auge fasste und deshalb mit Kaiser Leopold und Zar Peter, mit dem Fürsten von Georgien, dem Schah von Persien, endlich auch mit Papst Klemens XI. in Ver- bindung trat, ist nicht zu bezweifeln, dagegen stiegen bei der Durchsicht der Briefe andere Bedenken in mir auf, von denen ich später sprechen werde.

Das geplante Unternehmen ist nur eingeleitet, niemals ausgeführt worden, war wol auch von vorneherein unaus- führbar. Doch dass der phantastische Vorschlag an der Wende des 17. Jahrhunderts von dem Pfälzer ernsthaft ge- nommen wurde, ist lehrreich. Es ist damit ein neuer Beweis dafür geboten, wie verführerisch gerade damals die Aussicht auf eine Königskrone auf deutsche Fürsten wirkte und alle besonnenen Erwägungen in den Hintergrund zu drängen vermochte. Ausserdem bietet sich bei näherem Eingehen auf die Verhandlungen so viel anziehendes Detail, dass ich mich für meine Mühe belohnt und einen kurzen Bericht über die Ergebnisse meiner Forschung der Aufmerksamkeit weiterer Kreise wert halte. Um das Thema erschöpfend zu behandeln, habe ich im hiesigen Staatsarchiv des Kurfürsten

Heigel: Plan des Kurfürsten Johann Williehn etc. 27ö

gesamte Familienkorrespondenz, seine Briefe an Kaiser Leopold und an die pfälzischen Agenten in Rom und Madrid durch- gesehen. Auch das badische, sowie das vatikanische Archiv wurden herangezogen, leider vergeblich; nur noch im k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv zu Wien Hessen sich einige einschlägige Schriftstücke auffinden.

Das umfangreichste und wichtigste Schriftstück des Hauptaktes ist ein wohlbemerkt nur in Abschrift vorhandenes und von Israel Ory ins Französische übertragenes Sendschreiben von zehn armenischen Fürsten vom 29. April 1699.^) Aus ihm und den beigefügten Briefen des Ory er- fahren wir folgende Thatsachen und Vorgänge.

Israel Ory war schon seit mehreren Jahren in Düssel- dorf ansässig und trieb einen Getreide- und Weinhandel. Im Jahre 1698 wandte er sich an den Kurfürsten Johann Wilhelm mit einer Beschwerde gegen kurpfälzische Hof- beamte, die ihn angeblich beim Weingeschäft übervorteilt hatten. Bei diesem Anlass scheint Ory dem Kurfürsten, der damals vierzig Jahre zählte und ein prunkliebender, ehr- geiziger Herr war, zum Erstenmal von dem grossen Unter- nehmen gesprochen zu haben, das, wie er sich in seinen Briefen ausdrückt, den Ruhm des pfälzischen Hauses über alle Könige Europas erhöhen werde. Er schilderte die Not und die Leiden seiner armenischen Landsleute, die, weil sie am Christentum festhielten, von den mohammedanischen Zwingherren, den Persern, in unerhörter Weise bedrängt und mishandelt würden, und versicherte, es werde ein Leichtes sein, die Armenier um den Preis ihrer Befreiung vom Joche der Ungläubigen zur Rückkehr in den Schoss der römisch- katholischen Kirche zu bewegen. Sobald ein christlicher

1) Bayr. Staats-Archiv. Kasten blau, 45/6. Correspondenz Sr. Churfürstl. Durchlaucht zu Pfalz mit dem Kayser in Russlandt, den Königen von Persien und Schweden, dem Fürsten von Georgien, des Koloneis Israel Ory Negotiationen btr. 1698—1705. S. Anhang, I.

18*

276 Sitzung der histor. Classe vom 8. Jtdi 1893.

Fürst mit einer anständigen Heeresmacht auf armenischem Boden erschiene, würde ihm sofort das armenische Volk zu- fallen und die Krone von Armenien zu Füssen legen. Er selbst, Ory, sei von fürstlichem Geblüt, und Männer von gleich edler Geburt hätten ihn beauftragt, einen europäischen Fürsten zu suchen, der das Rettungswerk zu vollbringen und die Krone Armeniens anzunehmen bereit sei. Der Kurfürst möge, um sich von der Wahrheit dieser Erzählung zu über- zeugen, einen pfälzischen Offizier gemeinsam mit Ory nach Armenien schicken und die dortige Lage prüfen lassen.

Von Abordnung eines Offiziers wurde Umgang genommen, aber den Antrag Ory's wies Johann Wilhelm nicht von der Hand; er sandte ihn nach Armenien mit Briefen au Pangrat Mepe Artschil, Fürsten von Georgien, an den Patriarchen Kappan von Kiensassar, den Patriarchen Jegasar vom Sitz der drei armenischen Kirchen und andere armenische Grosse.

Ueber die Reise Ory's nach Armenien und seine dortigen Verhandlungen unterrichtet uns das erwähnte Sendschreiben der zehn Fürsten.

Ory begab sich zunächst zu den drei Kirchen, aber Patriarch Jegasar, der seinem Plane gewogen gewesen, war inzwischen gestorben, und sein Nachfolger war mit den be- stehenden Verhältnissen zufrieden, sodass Ory es für geraten hielt, denselben in seine Absichten und Aussichten nicht ein- zuweihen. In Kiensassar versammelten sich zehn weltliche Fürsten, vier Erzbischöfe und der Grosspatriarch. Ihnen eröffnete Ory vorsichtiger Weise nur, dass der Kurfürst von der Pfalz, ein mächtiger europäischer Fürst, für das Geschick Armeniens warme Teilnahme hege und die Kirchen und Klöster Armeniens reichlich bedenken wolle. Vortrefflich, erwiderte der Patriarch, wir danken diesem grossen Fürsten unterthänigst, und wenn es gelingt, das Geld heimlich herein- zubringen, werden wir es verwenden, wie es uns zweckmässig erscheinen wird!

Hcigel: Plan des Karfärstcfi Johann Wilhelm etc. 211

Darauf belehrte aber Ory den Patriarchen und die Bischöfe, so einfach liege die Sache nicht; so leicht werde sich ein mächtiger und weiser europäischer Fürst nicht hinters Licht führen lassen; er werde vielmehr seine eigenen Leute, Beamte und Geistliche, schicken, damit sie sich über- zeugten, wo und wie geholfen werden müsse. Von solcher Einmischung wollten nun aber die Kirchenfürsten nichts hören, und als darauf Ory einen heiklen Punkt berührte und die Frage aufwarf, weshalb denn die Armenier sich bedächten, den römischen Bischof als ihr Oberhaupt anzu- erkennen, da doch ihr grösstes Kirchenlicht, St. Gregor, die Bestätigung des Papstes eingeholt habe, erhob sich grosser Lärm, die Gemüter erhitzten sich, und die weltlichen Fürsten fanden geraten, die Versammlung aufzuheben, ohne den Prä- laten den Brief des Kurfürsten mitzuteilen. Die Fürsten aber nahmen davon Kenntniss, und Ory schilderte dazu mündlich, wie er sich dem Kurfürsten zu Füssen geworfen, um ihm die Ergebenheit der Armenier zu bezeugen und ihre Seufzer vorzutragen, und wie er von ihm mit unerhörter und unvergleichlicher Güte aufgenommen worden sei. Die Nachricht wurde mit Jubel aufgenommen. Der Brief eines so hohen, so mächtigen, so gebenedeiten Fürsten, schreiben die Armenier, habe nicht weniger Freude hervorgerufen, als die himmlische Botschaft, welche der Engel dem Adam brachte, dass Gott zur Erlösung der Menschheit den Heiland senden werde, „und dem Mass unsrer Freude entsprach das Mass des Segens, den wir auf das Haupt Eurer Königlichen Hoheit herabflehten". Auch Ory wird im Briefe der zehn Fürsten mit den höchsten Lobsprüchen bedacht; er stamme von einer der ersten Familien des Landes, Prosch; er sei, nachdem eine Fürstenversammlung zu Drei Kirchen im Jahre 1678 beschlossen habe, die Hilfe der europäischen Christen- heit anzurufen, dazu ausersehen worden, im Verein mit einigen andren Prälaten und Fürsten die europäischen Höfe

278 Sitzung der histor. Classc vom 8. Juli 1893.

zu besuchen; nur Ory sei diesem Vorhaben getreu geblieben, sei aber lange erfolglos umhergewandert, bis ihn die göttliche Gnade den Weg zum Herzen des Kurfürsten finden liess. Schon der Name Frosch sei eine Bürgschaft für die aufrich- tige Gesinnung und die Selbstlosigkeit des Vermittlers, denn schon zwei von seinen Ahnen hätten für ihr Festhalten am Christentum den Märtyrertod erlitten, und auch sein Vater Melineck Israel sei aus dem gleichen Grunde vergiftet worden. Es sei gar nicht hoch genug anzuschlagen, dass der Spröss- ling eines so erlauchten Geschlechtes neunzehn Jahre lang die Vermummung als Handelsmann ertrug und alle damit verbundenen Demütigungen sich gefallen liess, bis er durch die Verbindung mit dem Kurfürsten reichen Lohn erhielt. In Ansehung der tadellosen Haltung, der Vorsicht, Geduld, Güte, Ausdauer und Gewissenhaftigkeit dieses Mannes hätten sie beschlossen, ihn zu ihrem Oberhaupt zu erheben und mit Vollmacht auszustatten, dass er in ihrem Namen mit dem Kurfürsten beschliesse, was er für gut halte. Sie Alle seien des festen Willens, zurückzukehren zur wahren Kirche Jesu Christi, und ihr Führer möge der Kurfürst sein. Vier Prin- zessinen des pfälzischen Hauses seien bereits geschmückt mit den glänzendsten Kronen Europas,^) aber eine fünfte, noch glänzendere Krone sei dem Kurfürsten selbst vom Himmel bestimmt. „Wir sind es, die sie aufrichtigen Herzens Eurer Kurfürstlichen Durchlaucht anbieten, zu Gott flehend, er möge unsre Wünsche erfüllen und die Krone auf Ihrem Haupte befestigen." Sie hätten beschlossen, Israel Ory selbst und einen Geistlichen, Vartabet Minas, Abt des St. Jakob- klosters, nach Düsseldorf abzusenden, um dem Kurfürsten ihr Anerbieten zu eröffnen. „Gott Lob und Dank, es fehlt

1) Der Kaiser, der König von Spanien, der Sohn des Königs von Polen und der König von Portugal vparen mit Schwestern Johann Wilhelms vermählt.

Hei gel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 279

uns an nichts, wir haben Geld, Güter, waffentüchtige Mann- schaft und Alles, was zum grossen Unternehmen notwendig ist; uns fehlt allein ein Führer, der unser Land leitet und regiert." Das Unternehmen erheische nur eine Kriegsmacht, die ein Kurfürst von der Pfalz leicht aufbringen könne. Der Bruder des Kurfürsten, Prinz Karl Philipp, möge die Truppen nach Armenien führen; der Sieg werde ihm von selbst in den Schoss fallen, und der Kurfürst brauche dann nur feier- lichen Einzug zu halten und sich krönen zu lassen. „Nie- mals gab es für uns ein solches Uebermass von Freude, niemals so hohen Ruhm für das erhabene pfälzische Haus, niemals einen so glorreichen Triumph für die Religion, denn wir hoffen, noch andere geeignete Reiche ausfindig zu machen, um zwei Könige krönen zu können, wenn dies Eurer Kur- fürstlichen Durchlaucht so gefallen würde." Um dies zu erreichen, wollten sie gern Alles, Gut und Geld, opfern, im Dienste des Kurfürsten, der keine besseren, gehorsameren, opferwilligeren Unterthanen sich wünschen könne. Zeugnis davon gebe schon dieses ihr Schreiben, das mit ihren eigenen Unterschriften und Siegeln versehen sei ; schon damit sei ihr Eigentum, ja ihr Leben aufs Spiel gesetzt.

Ein Original des Sendschreibens ist, wie gesagt, nicht vorhanden, nur eine von Ory und Minas Vartabet verfasste Uebertragung; dieselbe wurde am 13. September 1699 dem Kurfürsten übergeben.

Ob auch das Original damals in die Hände des Kur- fürsten gelangt und seither verloren gegangen ist, wir wissen es nicht. Es ist uns also die Möglichkeit benommen, dasselbe auf seine Echtheit zu prüfen; wir können nur auf Grund der Uebersetzung aus inneren Gründen auf Echtheit oder Unechtheit des Schriftstückes schliessen. Und da muss ich sagen: ich hege das allergrösste Mistrauen gegen diesen Armenier.

Es ist ja eine bekannte Thatsache, dass die Handelsleute

280 Sitzung der histor. ülasse vom 8. Juli 1893.

Armeniens allen anderen Orientalen, auch Griechen und Juden, an Schlauheit und Findigkeit überlegen waren, und dass Armenier im achtzehnten Jahrhundert auch an den europä- ischen Höfen nicht selten eine geheimnisvolle, einflussreiche Rolle spielten. Dass Israel Ory Handelsmann war, ist an sich nicht auffällig. Auch Mechitar, der 1717 die Mechi- taristen-Kongregation stiftete, durchreiste als Kaufmann die europäischen Staaten. Ory soll aus einem der ersten Fürsten- geschlechter des Landes stammen; unmöglich wäre das nicht. Auch die Sache, die er zu vertreten hat, ist auffällig, aber nicht unglaublich. Dass die Armenier ihres Glaubens wegen in jener Zeit von den Persern bedrückt wurden, ist bekannt, Es gab lange schon eine ansehnliche Zahl Katholiken in Armenien, und die Missionen des Dominikaners Paolo Firo- moli, des Theatiners Galanus und Andrer, welche Papst ürban VIII. mit der Bekehrung Armeniens betraut hatte, gewannen der römischen Kirche neue Anhänger.^) Immerhin ist es nicht gerade wahrscheinlich, dass zehn Landesfürsten ganz offen und rückhaltlos ihre Bereitwilligkeit, zur römischen Kirche überzutreten, versichert hätten. Und sollten diese Männer wirklich über die Schwierigkeiten, ja die Unmöglich- keit des Unternehmens im Unklaren gewesen sein? Ein deutscher Kurfürst soll mit Truppen, die nach der Lage der Dinge nicht zahlreich sein können, nach Asien ziehen, um dort den Schah von Persien zu bekriegen und sich die Königskrone von Armenien zu holen? Ja, sogar auch seinem Bruder Karl wird, wenn er nach Armenien kommen würde, eine zweite Königskrone in Aussicht gestellt!

Dies Alles klingt verdächtig. Und wie kommt Ory gerade an den Kurfürsten von der Pfalz? Er selbst erzählt in einem Briefe an Johann Wilhelm, er habe ursprünglich vorgehabt, die Hilfe Ludwigs XIV. anzurufen; zu diesem

1) Neumann, Geschichte der armenischen Literatur, 242.

Heigel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 281

Zwecke sei er nach Frankreich gegangen und habe dort ein Geschäft mit allerlei Luxus waaren für grosse Herren über- nommen; auf solche Weise sei er mit Offizieren, Höflingen und Beamten bekannt geworden und habe durch sie alle Vorgänge im Staat und in der Armee erfahren. Nach Aus- bruch des Kriegs sei er mitgezogen und habe sechs Feldzüge mitgemacht, immer bestrebt, einmal zu einem Gespräch mit dem König zu gelangen, aber alle Versuche scheiterten, er fand in Frankreich nur Schwierigkeiten, Hindernisse, Unheil aller Art, bis er den Finger Gottes erkannte, Frankreich verliess und in die pfälzischen Staaten übersiedelte, wo sich Alles in Segen verwandelte. „Deshalb bin ich vollkommen überzeugt: es ist Gott selbst, der mich hierher geführt hat; es verhält sich dabei wie ehedem mit Columbus, der auch zuerst in Frankreich acht Jahre bei Hofe zubrachte, um zur Entdeckung einer neuen Welt und zur Aufspürung von Gold- und Silberminen die Ueberlassung eines Schiffes durchzusetzen, dann aber, als alle Mühe vergeblich war, nach Spanien ging, wo er seine Wünsche durchsetzte. Ew. Kurfürstliche Durch- laucht wissen, was daraus für Spanien erzielt ward. So, hoffe ich, wird eines Tages auch die glorreiche Erhöhung des erhabenen Hauses Eurer Kurfürstlichen Durchlaucht nicht ausbleiben, wenn Sie mir gnädigst die erbotenen Mittel einräumen werden."

Es ist ein Orientale, der das Wort hat. Einen gewissen üeberschwang werden wir also begreiflich finden, aber ist dies die Sprache eines Mannes, dessen Wort ernst zu nehmen ist, oder eines Abenteurers?

Doch seien wir auch nicht hyperkritisch! Unter allen Umständen fällt gewichtig in die Wagschale, dass der Kur- fürst selbst, der den Armenier persönlich kannte und hörte, den hochtrabenden Versicherungen offenbar Glauben schenkte.

Ein Bedenken scheint auch in dem Kurfürsten aufge- stiegen zu sein: weshalb kommt der Vertrauensmann der

282 Sitzung der histor. Classe vom 8. Juli 1S93.

reichsten und angesehensten Fürsten Armeniens mit leeren Händen? weshalb schicken diese Fürsten, die mich zu ihrem König erheben wollen, keine Geschenke, wie dies doch gerade der orientahschen Sitte entsprechen würde? Dieses Bedenken scheint auch dem Armenier zu Ohren gekommen zu sein, wenigstens richtete er an den Kurfürsten ein Billet folgenden Inhalts: ,Tn der That habe ich für Ew. Kurfürstliche Durch- laucht keine Geschenke mitgebracht, da ich den grössten Teil der Reise auf der Post zurückzulegen hatte und die Erhebung der Türken ganz Anatolien in Unordnung brachte, so dass es dort von Räubern wimmelt. Freilich hatten mir Herr Saphrase (Melkon de Saffras, einer der zehn armenischen Fürsten) und Andere Alles ohne Ausnahme, was an Kostbar- keiten, Pferden und andren Schätzen in ihren Häusern zu finden wäre, ein für alleraal zur Verfügung gestellt, damit ich es als Zeichen ihrer Ergebenheit Eurer Kurfürstlichen Durchlaucht zu Füssen lege. Ich habe auch einige seltene Pferde und ein paar andre Dinge ausgewählt und Freunden den Auftrag gegeben, mir Alles hierher zu senden. Dieselben werden Anfangs Oktober das Land verlassen; ich habe ihnen befohlen, nach Kuranstat (Kronstadt) in Siebenbürgen zu (jehen, dorthin mögen Ew. Kurfürstliche Durchlaucht einen Pass senden!"

Ob wohl diese Pferde je in den kurfürstlichen Marstall und diese Raritäten in die kurfürstliche Schatzkammer ge- langt sind?

Johann Wilhelm verlangte nun von Ory genaue Aus- kunft, auf welchem Wege man denn nach Armenien kommen könne? Ory entsprach diesem Wunsche durch eine Schilde- rung des Marsches über Wien, Krakau, Moskau und Damur- kapi und eine Beschreibung Armeniens. Als den Haupt- vorzug des Landes rühmt er die gute Luft, die es möglich mache, dass sich die Bewohner fast durchgehends eines sehr langen Lebens erfreuen und Hundertjährige gar nicht selten

Heigel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 283

anzutreffen sind. Die Mutter des Melik (Melik'h = Fürst) Saphras habe, während sie bis dahin keine Kinder hatte, in ihrem 61. Lebensjahr den Prinzen zur Welt gebracht. Es gebe in Armenien fast gar keine Aerzte, weil es an Kranken mangle, dagegen gebe es dort viel schöne Frauen etc. ^)

Müssen nicht auch diese Hyperbeln unsren Verdacht bestärken?

Fink teilt auch einen von Ory entworfenen Kriegs- und Feldzugsplan mit; da sich derselbe heute im Archivalakt nicht mehr vorfindet, sind wir auf Fink's Auszug angewiesen. Hier sei nur Folgendes daraus mitgeteilt.

Zunächst sollen der Papst, der deutsche Kaiser und der Grossherzog von Toskana - letzterer wohl als Verwandter Johann Wilhelms vom Vorhaben des Kurfürsten in Kenntnis gesetzt und um Unterstützung des Unternehmens angegangen werden; dann soll vom König von Polen und vom Kaiser von Russland die Erlaubnis zum Durchmarsch der Truppen durch ihre Staaten erwirkt werden; der erstere werde keine Schwierigkeiten bereiten, doch auch vom Zaren sei, wenn der Wunsch gehörig vertreten werde, Zustimmung zu erwarten. Der Kurfürst soll 1000 Mann Reiterei, 1000 Mann Dragoner, 100 Grenadiere und ein paar Batterien ins Feld stellen, der Kaiser 2000 Husaren, 1000 schwere Reiter, 1000 Dragoner und ungefähr ebenso viel Artillerie, wie der Kurfürst; der Grossherzog von Toskana soll die Höhe seines Kontingents selbst bestimmen. Ausserdem sei es notwendig, mindestens 100 Fahnen mit dem Kreuz und dem Bildnis des hl. Gregor mitzuführen, um dieselben in den armenischen Provinzen zur Verteilung zu bringen. Den Unterhalt der Truppen, sowie überhaupt alle Kosten des Feldzugs sollen die Armenier selbst bestreiten. Gegen Ende Mai des nächsten Jahres (1700) soll das Heer aufbrechen und durch Böhmen,

1) Anhang, II.

284 Sitzung der hiator. Classe vom 8. Juli 1893.

Polen und Russland nach Moskau marschieren: dann soll es zu Schiffe auf der Wolga und dem kaspischen Meere die Grenze Persiens zu erreichen suchen ; bis Anfang Oktober könnte es dort eintreffen. Die erste persische Stadt Scha- maching^) werde leicht einzunehmen sein, da beim Anblick der Kreuzesfahnen 10000 Armenier in Waffen die Stadt verlassen würden, um sich mit den Befreiern zu vereinigen. Von Schamachiug aus soll das Heer in vier Kolonnen weiter- ziehen und alle auf dem Wege gelegenen Städte und Festungen einnehmen, eine leichte Sache, da allenthalben die Ar- menier mit Mannschaft und Geld, Pferden und Munition aushelfen würden. Erheblichere Schwierigkeit könne nur die Einnahme der Festung Rewant^) verursachen, doch viel- leicht sei auch dieser feste Platz durch einen Handstreich zu gewinnen. In der reichen Handelsstadt Toris ^) und der ehemaligen Hauptstadt Persiens Sopia*) sollen sodann Winter- quartiere bezogen werden. Aus den christlichen Provinzen Persiens könnten etwa 192000 Bewaffnete ausgehoben werden, dazu noch 80000 Mann aus Georgien, auch in den unter türkischer Herrschaft stehenden christlichen Provinzen brenne die Jugend vor Begierde, für ihren Glauben zum Schwert zu greifen. Der Reichtum der Armenier sei nach europä- ischen Begriffen geradezu unermesslich ; es werde ein Leichtes sein, für Kriegszwecke 60 000000 Livres aufzubringen. Da- gegen habe der Schah von Persien höchstens über 100000 Mann Reiterei und 10000 Mann berittener Garden zu ver- fügen; an Fussvolk und Geschützen fehle es ihm gänzlich, und auch die verfügbaren Truppen seien des Krieges ent- wöhnt und nichts weniger als kampfbereit und kampflustig. Sodann werden über den weiteren Vormarsch im eigent-

1) Heute Schemacba im Gouvernement Baku.

2) Eriwan, die Hauptstadt des gleichnamigen Gouvernements.

3) Tauris, Hauptstadt der persischen Provinz Aserbridschan.

4) Sophia.

Heigel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 285

liehen Armenien eingehende Vorschriften gegeben. Grossen Nutzen verspricht sich Ory von einer Unterstützung der christlichen Landmacht durch spanische oder portugiesische Kriegsschiffe, die in den persischen Meerbusen vordringen und Banderabas^) einnehmen sollten und die Perser in äusserste Bestürzung versetzen würden. Möglicher Weise werde der Einmarsch der pfälzischen Truppen in Armenien ein Bündnis zwischen Persien und der Pforte zur Folge haben, aber auch dieser Gefahr könne durch rechtzeitige diplomatische Vorkehrungen des deutschen Kaisers, des Zaren und des Königs von Polen vorgebeugt werden ; falls es trotz- dem zum Krieg mit der Pforte kommen sollte, würde Russ- land mit Genugthuung die Gelegenheit ergreifen, mit dem Türken wieder anzubinden.

Fink spendet der Kühnheit und der Genialität des von Ory ausgesonnenen Kriegsplanes begeistertes Lob. „Dem Kurfürsten Johann Wilhelm schien bereits eine Krone zu Füssen zu liegen, wobei es nur von glücklichen Unterhand- lungen und Verbindungen abgehangen hätte, um sie mit leichter Mühe aufzuheben. Zugleich öffnete sich eine uner- messhche Aussicht zur Verbreitung des Christentums und der Civilisation, dann der Künste und der Wissenschaften in einem Weltteil, welcher einst schon die Wiege derselben gewesen ist. Welche üppige Früchte die Errichtung eines christlichen Königreichs Armenien auf den Trümmern von Persien für den Handel mit Russland, mit Portugal und Spanien, und durch diese Kanäle mit dem übrigen Europa hervorgetrieben hätte, das würde ohne Zweifel auch die kühnste Erwartung übertroffen haben."

Ich halte eine nüchternere Beurfceiluns; des Planes für angemessener und kann wieder nur finden, dass der Armenier,

1) Benderabassi, in der pers. Provinz Kirman, am persischen Meerbusen.

286 Sitzung der histor. Classe vom 8. Juli 1893.

um sich und sein Projekt bei dem Kurfürsten einzuschmeicheln, in Schönfärberei und in Verdrehung des Thatsächlichen das Menschenmögliche leistet. Nach seiner Darstellung hätten die mit hundert Kreuzesfahnen ausgestatteten pfälzischen und kaiserlichen Reiter eigentlich nur zu einem Ausflug nach Schlaraffenland von Rhein und Donau aufzubrechen; der unermessliche Reichtum der Armenier würde ja alle Schwierigkeiten beseitigen, die Feigheit der Perser jeden ernsten Widerstand unmöglich machen, und sechzig Millionen Livres wären schon ein artiger Gewinn! Auch dieser Feld zugsplan vermag also nicht unser Mistrauen gegen den Armenier zu vermindern!

Der Kurfürst aber scheint den Verheissungen Ory's volles Vertrauen geschenkt zu haben, und die günstige Auf- nahme des Kriegsplanes ermutigte den Armenier zu einer Bitte, von welcher er selbst annahm, dass sie seinen Gönner anfänglich in massloses Staunen versetzen, allmälig aber als vorteilhaft und erspriesslich sich darstellen werde. Er bat, es möge ihm selbst das Kommando über die nach Armenien entsandten Truppen übertragen werden. „Gewiss haben Ew. Kurfürstliche Durchlaucht Generäle und andre Offiziere, die zum Kommando tausendmal geeigneter erscheinen, als ich. Das ändert sich aber bei dieser Art von Kämpfen, bei einem Wechsel des Landes und der Landessitte, der nur dem Gegensatz zwischen Schwarz und Weiss entspricht. Nicht Ruhmsucht und Eitelkeit, ich beschwöre es, treiben mich zu meinem Verlangen; es soll nur der Erfolg erleichtert werden, denn ich allein kenne das Land, die Bewohner und ihre Art. Wohl wird in Manchem Eifersucht erwachen, wenn er sich befehligt sieht von einem Manne, der in Düssel- dorf Haudelschaft getrieben hat, aber ein wenig später werden ihnen die Augen aufgehen, und sie werden erkennen, dass ich nicht zum Handelsmann geboren bin."

Ob der Kurfürst geneigt war, auf das Ansinnen Ory's

Hek/el: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 287

einzugehen, wissen wir nicht; jedenfalls wurde Ory vorerst nicht mit einer militärischen Charge ausgestattet. Dagegen übertrug ihm der Kurfürst neuerdings einen diplomatischen Auftrag; dem von Ory selbst aufgestellten Programm ent- sprechend sollten zunächst ein Bündnis mit dem Grossherzog von Toskana und die Zustimmung des Papstes, sodann die Unterstützung des Kaisers Leopold, des Königs August von Polen und des Zaren Peter angestrebt werden. Demgemäss sollte Ory zunächst nach Italien gehen. Da klingt es wieder etwas verdächtig, dass Ory in Italien, zumal in Rom nicht selbst als Gesandter auftreten will, da sich dort armenische Geistliche aufhielten, die gegen ihn Verdacht schöpfen könnten; der Kurfürst, so bat er, möge ihm deshalb wenigstens einen in das Geheimnis eingeweihten Geistlichen mitgeben, dessen er sich in Rom bedienen könnte. Von der Kurie erwarte er überhaupt wenig Gutes, um so Besseres vom Kaiser und vom Zaren, nur dürfe man sich nicht merken lassen, welche Hoffnungen die Armenier auf den Kurfürsten setzten, man dürfe nur im Allgemeinen von der Not der armenischen Christenheit sprechen und müsse dem Zaren selbst auf Er- werbungen in Armenien Hoffnung machen, i)

So gänzlich uneigennützig, wie er sich in seinen Briefen selbst schildert, ist Ory nicht zu Werke gegangen. Er hatte Schulden in Kreuznach einzukassieren, konnte aber die Be- zahlung nicht durchsetzen; nun vertauschte er diese Pfand-

1) In diesem Sinne schrieb Ory 17Ö1 auch an den Zaren: ^Ohne Zweifel wird es Eurer Majestät bekannt sein, dass es in Armenien früher christliche Könige gegeben hat. Wie die Nachkommen Adams den Messias erwarteten, so hofft unser Volk auf die russischen Zaren. Es gibt eine Weissagung, der zu Folge, wenn die Ungläubigen allzu arg gegen uns wüthen, ein grosser Fürst aus dem zarischen Hause, tapferer als Alexander der Grosse, erscheinen und das Volk der Ar- menier befreien werde. Wir glauben zuversichtlich an die nahe Erfüllung dieser Weissagung". (Brückner, Peter der Grosse, 457, nach Ssolowjew XV, 419.)

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Sitzung der histor. Classe vom 8. Juli 1893.

um sich und sein Projekt bei dem Kurfürsten einzuschmeicheln, in Schönfärberei und in Verdrehung des Thatsächlichen das Menschenmögliche leistet. Nach seiner Darstellung hätten die mit hundert Kreuzesfahnen ausgestatteten pfälzischen und kaiserlichen Reiter eigentlich nur zu einem Ausflug nach Schlaraffenland von Rhein und Donau aufzubrechen; der unermessliche Reichtum der Armenier würde ja alle Schwierigkeiten beseitigen, die Feigheit der Perser jeden ernsten Widerstand unmöglich machen, und sechzig Millionen Livres wären schon ein artiger Gewinn! Auch dieser Feldzugsplan vermag also nicht unser Mistrauen gegen den Armenier zu vermindern!

Der Kurfürst aber scheint den Verheissungen Ory's volles Vertrauen geschenkt zu haben, und die günstige Auf- nahme des Kriegsplanes ermutigte den Armenier zu einer Bitte, von welcher er selbst annahm, dass sie seinen Gönner anfänglich in massloses Staunen versetzen, allmälig aber als vorteilhaft und erspriesslich sich darstellen werde. Er bat, es möge ihm selbst das Kommando über die nach Armenien entsandten Truppen übertragen werden. „Gewiss haben Ew. Kurfürstliche Durchlaucht Generäle und andre Offiziere, die zum Kommando tausendmal geeigneter erscheinen, als ich. Das ändert sich aber bei dieser Art von Kämpfen, bei einem Wechsel des Landes und der Landessitte, der nur dem Gegensatz zwischen Schwarz und Weiss entspricht. Nicht Ruhmsucht und Eitelkeit, ich beschwöre es, treiben mich zu meinem Verlangen; es soll nur der Erfolg erleichtert werden, denn ich allein kenne das Land, die Bewohner und ihre Art. Wohl wird in Manchem Eifersucht erwachen, wenn er sich befehligt sieht von einem Manne, der in Düssel- dorf Haudelschaft getrieben hat, aber ein w^enig später werden ihnen die Augen aufgehen, und sie werden erkennen, dass ich nicht zum Handelsmann geboren bin."

Ob der Kurfürst geneigt war, auf das Ansinnen Ory's

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einzugehen, wissen wir nicht; jedenfalls wurde Ory vorerst nicht mit einer militärischen Charge ausgestattet. Dagegen übertrug ihm der Kurfürst neuerdings einen diplomatischen Auftrag; dem von Ory selbst aufgestellten Programm ent- sprechend sollten zunächst ein Bündnis mit dem Grossherzog von Toskana und die Zustimmung des Papstes, sodann die Unterstützung des Kaisers Leopold, des Königs August von Polen und des Zaren Peter angestrebt werden. Demgemäss sollte Ory zunächst nach Italien gehen. Da klingt es wieder etwas verdächtig, dass Ory in Italien, zumal in Rom nicht selbst als Gesandter auftreten will, da sich dort armenische Geistliche aufhielten, die gegen ihn Verdacht schöpfen könnten; der Kurfürst, so bat er, möge ihm deshalb wenigstens einen in das Geheimnis eingeweihten Geistlichen mitgeben, dessen er sich in Rom bedienen könnte. Von der Kurie erwarte er überhaupt wenig Gutes, um so Besseres vom Kaiser und vom Zaren, nur dürfe man sich nicht merken lassen, welche Hoffnungen die Armenier auf den Kurfünsten setzten, man dürfe nur im Allgemeinen von der Not der armenischen Christenheit sprechen und müsse dem Zaren selbst auf Er- werbungen in Armenien Hoffnung machen, i)

So gänzlich uneigennützig, wie er sich in seinen Briefen selbst schildert, ist Ory nicht zu Werke gegangen. Er hatte Schulden in Kreuznach einzukassieren, konnte aber die Be- zahlung nicht durchsetzen; nun vertauschte er diese Pfand-

1) In diesem Sinne schrieb Ory 17Ö1 auch an den Zaren: ^Ohne Zweifel wird es Eurer Majestät bekannt sein, dass es in Armenien früher christliche Könige gegeben hat. Wie die Nachkommen Adams den Messias erwarteten, so hofft unser Volk auf die russischen Zaren. Es gibt eine Weissagung, der zu Folge, wenn die Ungläubigen allzu arg gegen uns wüthen, ein grosser Fürst aus dem zarischen Hause, tapferer als Alexander der Grosse, erscheinen und das Volk der Ar- menier befreien werde. Wir glauben zuversichtlich an die nahe Erfüllung dieser Weissagung\ (Brückner, Peter der Grosse, 457, nach Ssolowjew XV, 419.)

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scheine gegen einen Betrag von 500 Thalern, welche ein Düsseldorfer Kaufmann für eine Weinlieferung an den pfälz- ischen Hof zu fordern hatte, aber nicht eintreiben konnte, und darauf bat er den Kurfürsten, Befehl zur Auszahlung zu geben, damit er Geld zur Reise bekomme.

Am 24. Oktober 1699 richtete Johann Wilhelm an den Grossherzog von Toskana ein Schreiben, worin er für Israel Ory gnädige Aufnahme erbittet und zugleich ersucht, es möge verhütet werden, dass die armenischen Landsleute vom eigentlichen Zwecke der Sendung Kenntnis erhielten,^) Gleich- zeitig schrieb er in diesem Sinn auch an den pfälzischen Agenten in Rom, Baron Fede.^) Ueber die Aufnahme Ory's in Florenz haben wir keine Nachricht, dagegen unterrichtet uns ein Bericht Fede's vom 26. Juni 1700, dass der Papst dem Vertrauensmann des Kurfürsten thätigen Anteil an der Befreiung der armenischen Christenheit zugesichert habe. ^)

Inzwischen tauchten aber am pfälzischen Hofe Gerüchte auf, die dem Armenier eine gewinnsüchtige, ja betrügerische Handlungsweise zur Last legten. Insbesondere ein Lands- mann Ory's, Taragoli, mit dem er früher eng befreundet und verbündet gewesen war, verbreitete allerlei Anklagen, wobei auch die angebliche Pferdesendung aus Armenien eine Rolle spielte. Ory verth eidigte sich aber, wie es scheint, mit Glück gegen die erhobenen Vorwürfe, wenigstens wurde der Fortsetzung seiner Reise kein Hindernis in den Weg gelegt.

Ueber den Aufenthalt in Polen haben wir keine Nach- richt, dagegen zwei ausführliche Berichte über die Aufnahme

1) B. St. A. K. Bl. 62/8. Acta, Correspondenz mit dem Agenten Baron Fede zu Rom, 1698—1700. Lettre de l'electeur a mr. le Grand-Duc, 24. oct. 1699.

2) Ebenda. Lettera del elettore al agente Fede, 24. ottobr. 1699.

3) Ebenda. Lettera del agente Fede, 26. giugno 1699.

Seigel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 289

in Polen und die mit Zar Peter gepflogenen Unterhand- lungen. \)

Ory wurde wie ein Gesandter des Kurfürsten von der Pfalz mit hohen Ehren empfangen. Es wurden ihm kaiser- liche Wagen und eine Leibwache zur Verfücjung gestellt, er wurde auf Kosten des Zaren verpflegt und nach einigen Tagen auch in Audienz empfangen. Peter, der damals mit dem päpstlichen Hofe in freundschaftlichen Beziehungen stand und sich mit dem Plane einer Vermählung seines Sohnes mit einer österreichischen Erzherzogin trug,^) ging auch auf die von Ory entwickelten Ideen um so bereitwilliger ein, da die Absicht, die russische Herrschaft über das Gebiet des Kau- kasus auszudehnen, schon seit langem feststand. Er sandte an den Kurfürsten ein Antwortschreiben, worin er in über- schwänglichen Ausdrücken seine Zustimmung zu dem grossen Unternehmen aussprach; zugleich liess er durch Ory um Muster von Feuer- und Seitengewehren, wie sie in den Staaten des Kurfürsten hergestellt würden, ersuchen; Ory selbst sollte ein Regiment Carabiniers, welche nach deutschem Brauch zu Pferde Feuerwafi'en gebrauchten, einüben und befehligen. Im nächsten Briefe nennt sich Ory auch schon Colonel de Sa Majeste Czarienne. Bei Hofe machte Ory auch die Bekanntschaft des Fürsten von Georgien, der nach unglücklichen Kämpfen mit den Persern nach Russland ge- flohen war und bei Zar Peter freundliche Aufnahme gefunden hatte; sein Sohn war in russische Dienste getreten und in schwedische Gefangenschaft geraten. Ory eröffnete nun dem Vater Aussicht, es werde sich durch Fürbitte des Kur- fürsten von der Pfalz bei seinem Blutsverwandten, Könisf Karl XII., die Freilassung des jungen Prinzen erwirken

1) Anhang, TU.

2) Theiner, Monuments historiques de Russie, extraits des archives du Vatican et de Naples, 387.

1893. Philoa-philol. u. bist. C). II. 3. 19

290 Sitzung der histor. Classe vom 8. Juli 1893.

lassen. Wirklich richtete Fürst Pangraz Mepe Artschil ein Gesuch an Johann Wilhelm und bot zur Vergeltung seine Dienste für das geplante armenische Unternehmen an.^)

Die Briefe des Zaren, des Fürsten von Georgien und Ory's wurden von einem Armenier und ehemaligen polnischen Offizier, Arecowiz, in die Pfalz gebracht, aber gerade während der Anwesenheit dieses Boten geriet Johann Wilhelm, der in den Krieg des Kaisers mit Frankreich verwickelt worden war, in äusserste Gefahr, seine eigenen Erblande zu verlieren. Er musste sich daher in seiner Antwort an den Zaren darauf beschi'änken , dem Bedauern Ausdruck zu geben, dass er augenblicklich nicht in der Lage sei, dem armenischen Pro- jekt seine Kräfte zu widmen; erst nach erfochtenem Sieg über seine Feinde werde er auf jene Idee zurückgreifen und seinen guten Willen durch Thaten beweisen können.

Inzwischen hatte Zar Peter einen Offizier nach Armenien geschickt, um über die dortigen Verhältnisse Kundschaft einzuziehen, und der Bericht hatte dahin gelautet, dass die armenischen Christen in der That unter der Unduldsamkeit und Bekehrungssucht der Perser viel zu leiden hätten und das Verlangen nach Befreiung allgemein verbreitet wäre. Darauf gab der Zar Befehl, auf der Wolga bei Kasan und Astrachan 350 TransportsciiilFe bereit zu stellen; nach Be- endigrunsj des Krieges mit Schweden sollte unverzüglich ein Zug nach Armenien angetreten werden.

Allein Karl XII. weigerte sich, die vom Zaren ange- botenen Friedensbedingungeu anzunehmen ; der nordische Krieg dauerte fort. Ory ging nun nochmals nach Wien, um sowol die Verwendung des Kaisers für Befreiung des Prinzen Alexander aus schwedischer Gefangenschaft zu er- bitten, als auch das schon früher in Wien erörterte arme-

1) Anhang, IV.

Heigel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 291

nisclie Projekt zu betreiben. Der Gesandte hätte aber keinen unglücklicheren Zeitpunkt treffen können; der Krieg mit Frankreich nahm die kaiserhchen Streitkräfte gänzlich in Anspruch, es war keine Möglichkeit geboten, an phantastische Kreuzzugspläne zu denken. Kaiser Leopold Hess also durch Ory zwar seine Bereitwilligkeit ausdrücken, die Befreiung des Prinzen von Georgien zu betreiben, zugleich aber er- klären, dass er auf den anderen Vorschlag zur Zeit nicht eingehen könne. ^)

Allein auch Zar Peter war noch durch den Krieg mit Schweden festgehalten; er musste sich darauf beschränken, seinen Obristen Ory als Gesandten nach Persien zu senden, um dem Schah wegen der ungerechten Bedrückung der armenischen Christen Vorstellungen machen zu lassen. Ory überredete den Zaren, es werde noch stärkeren Eindruck auf den Schah machen, wenn auch der Kurfürst von der Pfalz in gleichem Sinne wirken werde. Der Zar willigte ein, und Ory gab darauf dem Kurfürsten ganz genau die Gesichts- punkte an, wie an den Schah, der nicht nach den Regeln der europäischen Etiquette, sondern „un peu librement" zu behandeln wäre, und an den Zaren geschrieben werden müsse.^)

Diesen Winken entsprechend wurden denn auch die

1) K. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien. Literae prin- cipis Archil de Georgia ad imperatorem, Moscoviae, jan. 1704. Literae imperatoris ad Petrum imp., Viennae 27. aug. 1704. Literae impera- toris ad principem Arcliil, Viennae 27. aug. 1704. Am nämlichen Tage erliess Kaiser Leopold auch an seinen Gesandten in Schweden, Grafen ZinzendorfF, Weisung, sich für Befreiung des Prinzen von Georgien zu verwenden. In den zahlreichen, zwischen Kaiser Leopold und Kurfürst Johann Wilhelm in jenen Jahren gewechselten Briefen (B. St. A. K. bl. 44/4) wird das armenische Projekt nicht erwähnt, auch in der Korrespondenz zwischen dem Kurfürsten und seiner Schwester, der Königin Maria Anna von Spanien (B. St. A. K. bl. 46/14) ist nichts darüber enthalten.

2) Anhang, V.

19*

292 Sitzung der Mstor. Classe vom 8. Juli 1893.

Briefe abgefassst. •^) Dem Schah wurde versichert, gerade wegen der Hochachtung und Verehrung, die der Kurfürst für den Beherrscher Persiens hege, sei es ihm zwiefach schmerzlich, gewahr zu werden, wie alljährlich Tausende von persischen Untertanen ihre Heimat und ihre Familien verliessen und teils in der Türkei, teils in europäischen Staaten eine Zuflucht suchten, nur um ihr christliches Be- kenntnis nicht verleugnen zu müssen. Da aus dem Verlust so vieler Untertanen dem Sultan erheblicher Nachteil er- wachse, lasse sich nur annehmen, dass er gar nichts davon wisse, wie grausam seine Beamten gegen die armen Christen verführen. Der Kurfürst als ein christlicher Fürst halte sich also für verpflichtet, dem Schah die Augen zu öfi'nen, in der Hoffnung, der echte Vater des Vaterlands werde künftig jede ungerechte Verfolgung verhindern. Auch in den pfälz- ischen Staaten werde niemals ein Muselmann zur Annahme des katholischen Glaubens gezwungen; nur wenn er aus freiem Entschlüsse ohne Rücksicht auf zeitlichen Gewinn diesen Schritt thun wolle, könne er Katholik werden. Aus aufrichtiger Freundschaft mache der Kurfürst dies dem König der Perser kund; noch ausführlichere Aufträge werde Oberst Israel Ory mündlich hinterbringen; ihn möge also der Schah gütig aufnehmen und als zuverlässigen Dolmetsch der Wünsche des Kurfürsten und seiner hohen Verbündeten ansehen.

Neben der Mission nach Persien sollte aber auch die Verhandlung mit den armenischen Fürsten weiter geführt werden. Zu diesem Zwecke richtete Johann Wilhelm an dieselben ein Schreiben, worin er ihnen für die ehrenvollen Beweise ihres Vertrauens und ihrer Ergebenheit dankte und sie seiner Bereitwilligkeit zu Rat und Hilfe versicherte; in allem Uebrigen beziehe er sich auf den Ueberbringer des

1) Anhang, VI u. VII.

Heigel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 293

Briefes, Israel Ory, der von den Absichten des Kurfürsten genaue Kenntnis habe.

Diese Wendung beweist, dass Johann Wilhelm den ehr- geizigen Gredanken, der seiner Einmischung in die arme- nischen Verhältnisse zu Grunde lag, noch nicht aufgegeben hatte. Doch die Macht der Thatsachen zwang ihn, seine Kräfte zu ganz andren Unternehmungen anzuspannen. Han- delte es sich doch jetzt nach Verhängung der Reichsacht über Max Emanuel von Bayern für den Pfälzer darum, die in Folge der Schlacht am weissen Berge verlorenen Stamm- güter und Rechte des pfälzischen Hauses zurückzugewinnen, und vorübergehend kam diese Erwerbung bekanntlich auch zu Stande.

Aus den pfälzischen Akten und Briefen verschwindet damit das armenische Projekt, üeber Ory's weitere Schick- sale erfahren wir aber noch Einiges aus den Denkwürdig- keiten des polnischen Jesuitenpaters Krusinski. ^) Von ihm wird Folgendes erzählt. Im Jahre 1708 kam ein Abenteurer von armenischer Abkunft, Ory Israel, als russischer Gesandter nach Szamachi. Derselbe hatte früher als Kaffeehändler Frankreich, Italien imd Deutschland bereist, war dann als Soldat in die kaiserliche Armee eingetreten und hatte, da er ein geborener lutrignant war, obwohl er als Militär nur einen niedrigen Grad erreichte, Zutritt bei den Ministern Kaiser Leopolds gefunden. Wegen seiner Fertigkeit in den orientalischen Sprachen hatte man ihn nach Konstantinopel

1) Ducereeau, Histoire de la derniere revolution de Perse (1723), eine französische Bearbeitung der,„History of the late Revolutions in Persia taken from the memoirs of Father Krusinski, done into English by Father Du Cerceau (1728), 1, 211. In Baumgarten's Ueber- setzung der Allgemeinen Welthistorie, die in England durch eine Gesellschaft von Gelehrten ausgefertigt worden (1744), 22. Theil, 564, und in Hanway's Beschreibung der neuesten Reichsveränderungen in Persien (1754), II, 23, sind nur Krusinski's Angaben wiederholt.

294 Sitzung der histor. Classe vom 8. Juli 1893.

entsendet, um die Gesinnung der Türken in Bezug auf den Frieden 7A1 ergründen. Aus kaiserlichen Diensten war er sodann in russische übergetreten, und auch Zar Peter hatte ihn nach Konstantinopel geschickt, um bei der Pforte ein Abkommen mit Russland anzubahnen. Zur Belohnung für die in der Türkei geleisteten Dienste war ihm sodann der Posten eines Gesandten in Persien übertragen worden. Diese Stellung benützte Ory zunächst dazu, sich zu bereichern; da Gesandte in Persien keinen Zoll zu entrichten hatten, nahm er grosse Vorräte kostbarer Waaren mit sich und veräusserte dieselben in Persien mit ansehnlichem Gewinn. Ausser dem Kreditiv des Zaren führte er auch einen Brief des Kaisers Leo- pold an den Schah, sowie ein Breve des Papstes Klemens XL mit sich, da er sich in Wien, wie in Rom für einen Manu von höchstem Einfluss bei den schismatischen Armeniern aus- gegeben und sich damit gebrüstet hatte, es werde ihm ein Leichtes sein, Armenien in den Schooss der katholischen Kirche zui'üdczuführen.

Das Erscheinen der russischen Gesandtschaft, fährt Kru- sinski fort, rief am Hofe zu Ispahan ungeheures Aufsehen hervor, schon deshalb, weil Ory nicht weniger als 200 Mos- kowiter und Armenier bei sich hatte, dann aber auch, weil Ory in Szamachi sich öffentlich Aeusserungen erlaubte, er stamme von den alten Königen Armeniens ab, und durch- blicken Hess, er wolle die darauf begründeten Ansprüche geltend machen. Man fürchtete nun am persischen Hofe, das Auftreten des Armeniers sei darauf berechnet, einen geheimen Plan Russlands zu unterstützen, und wurde in dieser Besorgnis bestärkt durch Gerüchte, die von den in Ispahan weilenden Europäern, namentlich von einem Fran- zosen Michel, zugetragen wurden. Li Armenien, berichtete Michel, sei die Prophezeiung allgemein verbreitet, es werde demnächst unter russischem Schutze das Königreich Armenien wieder erstehen, und man freue sich des Anagramms, das

Heigel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 295

der Name Israel Ory enthalte: II sera roi! Der persische Hof schenkte diesen Gerüchten Glauben und sah sich in eine peinliche Lage versetzt. Den Gesandten aus Persien ausweisen, ging nicht an, weil man den Zaren nicht ver- letzen wollte, zumal da am Siege Russlands im Kriege mit Schweden nicht mehr zu zweifeln war. Man entschloss sich daher, den Armenier nach Ispahan einzuladen, wo er unter den Augen des Hofes weniger gefährlich sein werde, als in der Provinz. Ory wurde mit allen Ehren empfangen, be- nützte aber den dortigen Aufenthalt hauptsächlich zur Ab- wicklung lohnender Handelsgeschäfte; im Uebrigen hatte er genug damit zu thun, sich zwischen den in Ispahan wohnen- den Europäern und seinen armenischen Landsleuten mit Anstand durchzuwinden. Er starb einige Jahre später in Astrachan als Bekenner der katholischen Religion und nahm die Hoffnungen auf eine Wiederaufrichtung des armenischen Königreichs mit sich ins Grab. Nichtsdestoweniger war seine Gesandtschaft von verhängnisvollen Folgen für Persien. Da der Afghanenhäuptling Myrr-Weis, der seiner verdäch- tigen Haltung Wegen an den persischen Hof gezogen worden war, beobachtet hatte, dass schon die chimärischen Gerüchte in Bezug auf Israel Ory genügten, um den persischen Hof in heillose Verwirrung zu stürzen, fasste er den Plan, einen Aufstand zu wagen und für sich selbst einen Thron zu er- ringen. Er bauschte die Gerüchte von der Wiederaufrichtunsr des armenischen Königreichs übermässig auf und bezichtigte den Fürsten Georgi-Khan, Gouverneur von Kandahar, einer verräterischen Verbindung mit den Armeniern und dem russischen Zaren. Dadurch bewog er den in die Wollust seines Harem versunkenen Schah Hussein, ihn gegen den angeblichen Verräter ins Feld zu schicken; Georgi-Khan wurde besiegt, aber nun warf der Sieger die überflüssig gewordene Maske ab, nahm Kandahar ein und errichtete hier ein von Persien unabhängiges Königreich.

296 Sitzung der histor. Classe vom 8. Juli 1893,

So weit Krusinski. Es bot sich aber nocb ein wich- tigeres Nachspiel.

Zar Peter hatte während des ganzen nordischen Krieges die Ausdehnung der Russen nach Osten nicht aus den Augen verloren. Das kaspische Meer in einen russischen Binnensee zu verwandeln und die reichen Küstengebiete im Süden dieses Meeres zu erwerben, dünkte den Zaren ein lockender Gewinn. Die auffällige Begünstigung des Armeniers war kein ver- einzelter Fall; zahlreiche armenische Flüchtlinge fanden in Russland freundliche Aufnahme, den armenischen Kaufleuten wurden besondere Vorteile eingeräumt, in allen an Russland angrenzenden asiatischen Staaten gab es armenische Emissäre, Agitatoren, Spione in russischem Solde. ^) Als das persische Reich durch den Aufstand des Myrr-Weis und andere Rebel- lionen hinlänglich entkräftet schien, glaubte Zar Peter den entscheidenden Schlag führen zu können. Im Frühjahr 1722 brach er selbst zum Kriege mit Persien auf; die Senatoren in Moskau tranken auf das Wohl des Zaren, der „die Pfade Alexanders des Grossen wandle". Der erste Angriff auf die südlichen Ufergebiete der kaspischen See misslang; im nächsten Jahre wurde aber der Feldzug erneuert, und im Frieden, den der Nachfolger Husseins, Schah Mahmud, am 12. September 1723 in Petersburg abschloss, wurden Baku, Derbent und andere Grenzprovinzen von Persien abgetreten. Zwar konnte Russland die kaspischen Besitzungen vorerst nicht behaupten, aber die Richtung der asiatischen Politik Russlands war damit vorgezeichnet, und noch heute hält die russische Re- gierung an der Begünstigung der armenischen Christen fest, um sich dieses Elements beim Aufrollen der orientalischen Frage mit Vorteil zu bedienen.

Hat Ory, als er in Düsseldorf und Wien und Petersburg mit seinen Bitten und Anerbietungen hervortrat, wirklich im

1) Brückner, 458.

Heigel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 297

Auftrag seiner Laiidslente gehandelt oder die Propaganda für die Befreiung Armeniens auf eigene Faust betrieben, um sich selbst einen Namen zu machen und eine Stellung zu erringen?

Wir müssen die Frage ungelöst lassen, wie wir auch nicht wissen, ob Kurfürst Johann Wilhelm im Ernst einen glücklichen Erfolg für möglich hielt oder mit dem phan- tastischen Plane gewissermassen nur zu seiner Belustigung tändelte. Was für den Pfälzer nur ein Spielzeug sein konnte, wurde für den mächtigeren, verschlageneren Zaren eine furchtbare Waffe.

Zu Gunsten Ory's spricht es jedenfalls, dass die Väter von San Lazaro noch heute von seiner Uneigennützigkeit überzeugt sind, wenn sie auch zugeben, dass er um der guten Sache willen betrügerischer Weise sich einer hohen Abkunft rühmte, ohne deren Nimbus er eben nie dazu gelangt wäre, mit den Mächtigen der Erde in Verbindung zu treten.^)

Fink erklärt in den Schlussworten seines Vortrags, er werde durch den grossartigen Entwurf des Kurfürsten Johann Wilhelm au König Ludwigs I. Teilnahme am griechischen Befreiungswerk erinnert. Im Jahre 1829 mag diese Parallele Manchem, namentlich dem zunächst Beteiligten, wunderlich erschienen sein; heute, nach gewissen Erfahrungen, dünkt sie uns leider in mancher Hinsicht zutreffend.

1) P. Carekin, Bibliothekar in San Lazaro, spricht sich in einem Briefe, den er am 8. Juni 1893 an mich zu richten die Güte hatte, in diesem Sinne aus.

298 Sitzung der liistor. Classe vom 8. Juli 1S93.

Anhang.

Schreiben der zehn armenisclien Fürsten an Kurfürst Johann Wilhelm

vom 29. April 1699.

Serenissime Electeur Palatin, Tres grand et tres puissant Prince, nostre chef, nostre gloire, nostre lumiere pour venir a la vraye religion de Jesus Christ et au salut de nos ames, nostre unique recours et soulageraent pour nostre bonheur tempore], choisi, eleu et ayme du grand Dieu le Souverain Maistre.

Nous les Principeaux de la grande Armenie avons eu le grand bonheur de recevoir par les niains de Monsieur Israel Ory (descendant de la tres illustre maison des Princes de Brosch) ie 13. avril l'an 1699 la lettre, qu'il a bien plü ä Votre Altesse Electorale nous faire la grace de nous ecrire le 3. may de l'an 1G98. Cette haute grace nous provenante d'un sy grand, sy puissant et sy benit Prince ne nous donna pas nioins de joye, que l'ange du ciel en apporta ä Adam et au genre humain, luy annongeant de la parte de Dieu la destinee du Sauveur pour la Redemption. 11 y avoit dix neuf ans que nous attendions avec la derniere impatience apres Monsieur Israel Ory et nous estions au desespoir de ce que depuis quinze ans nous n'avions receu aucunes lettres de luy, c'est pourquoy nous ne songions plus a luy et avions perdu l'espoir de sortir de l'esclavage et du chisme, ou nous sommes mal- heureusement. Vostre Altesse Electorale ayant bien eu la bontc d'ecrire a Philippe Patriarche Kapan, du Siege de Kien- sassar, et a Jegasar Patriarche, du Siege des trois Eglises, nous nous donnons l'honneur de marquer a Yostre haute Altesse Electorale, que le second, seavoir est celuy des trois Eglises, est niort il y a huit ans.

Monsieur Israel, apres sou arrivee, tout deguise et presque metamorphose pour estre inconnu, s'est rendu premierement

Hcigel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 299

aux trois Eglises pour apprendre les pensees, intentions et factions des gens d'eglise, leur cachant parfaitement son desseia; de la il s'en est alle a Kiensassar, ou il rious fit assembler secrcttement pour nous conununiquer son secret et les hautos ordres, qu'il avoit eu le bien de recevoir de Vostre Altesse Eiectoralc. Ces tres ayniables ordres nous estantes communi- quees, nous fimes par apres une assemblee avec le grand Patriarche et quatre Archeveques, et comnie sy nous ne sca- vions rien, nous demendames ä Monsieur Israel ce qu'il vouloit et quelle ostoit sa proposition. II repondit, qu'il venoit de la parte de Son Altesse Palatino, un des plus grands et des puissants Princes de l'Europe ä cause de sa haute naissance et de sa haute alliance avec les premiers monarques du monde, et s'ils en estoient bien contents, qu'il vouloit pour l'avantage de la Religion Chrcstienne faire une charite, qui devroit estre appliquee aux Eglises, monasteres, couvents, hospitaux et autres semblables selon leur necessite. Cette proposition leur plüt d'abord et le grand Patriarche dit: a la bonheur, nous remer- cions tres humblement ce grand Prince pour cette grace, et sy l'argent vient en cachette, nous l'employerons, ou il sera necessaire. Mais repondit Monsieur Israel: II ne faut pas, que vous soyez persuade de pouvoir tromper les Europeens, princi- palenient un Prince sy eclaire, parceque ce qui se depense dans sa maison et par sa genereuse liberalite passent pour le nioins dans trois registres, par consequent il envoyera ses In- genieurs, commissaires et gens d'eglise pour scavoir, ou l'argent est mis, pour en rendre compte a leur serenissime maistre, Ils ne voulurent pas entrer la dedans et le Patriarche prit le mot, disant qu'ils ne pourroient pas permettre cela, a cause des troubles, qui en pourroient provenir. Alors Monsieur Israel s'en servit de l'occasion de leur faire voir la difference, qu'il y a entre la religion Armenique et la Catholique, et leur de- manda, pourquoy ils mettoient le chisnie pour trois ou quatre personnes entre un peuple sy bon et la vraye religion de Jesus Christ, et pourquoy ils ne suivoient pas l'exemple du grand Docteur de l'eglise Saint Gregoire, qui avoit pris sa Jurisdiction et son pouvoir du Vicaire de Jesus Christ en terre et suc- cesscur de Saint Pierre, qu'ä bon droit ils en devroient faire autant, parce qu'il est le fondenient, sur lequel Christ a basty et etablis son Eglise, fonde sur la croyance de la tres sainte Trinite, Dieu le Pere, Dieu le Fils et Dieu le Saint Esprit.

300 Sitzung der histor. Classe vom 8. Juli 1893.

Nous Times alors, que le feu ralumoit, que les paroles se re- haussoient et que les parties s'echauffoient. C'est pourquoy nous priämes Monsieur Ory, de se rendre dans nos terres sans donner part de son dessein au grand Patriarche, parceque nous avions raison de nous defier des gens d'eglise, qui nous sont tousiours contraires, qui ruinent les eglises, dont ils tirent de l'argent pour donner aux infidols en payement de leur pro- motion qu'ils ambitionnent d'une teile furie, qu'ils se chassent souvent et se perdent les uns les autres.

La lettre de Vostre Altesse Electorale n'estant pas ä nous, nous n'osames vrayment point l'ouvrir alors, toutes fois Monsieur Ory voyant, que nous devions les apprehendre, ne trouva pas bon de la leur montrer n'y de leur donner ä connoistre nostre dessein. Par apres et tout retire de nous primes la har- diesse d'ouvrir la ditte lettre et la lümes avec une joye sans pareille et priämes tous de bon coeur le tres grand Dieu, qu'il voulut bien accomplir les hauts et genereux desirs de Vostre Serenite Electorale et primes rosolution de faire prier partout en cachette pour que le Ciel donne sa benediction temporelle ä la tres haute personne de Vostre Altesse Electorale et ä sa tres glorieuse raaison jusques a la fin du monde et apres la gloire du paradis pour l'Eternite. Voila les voeux, que nous avons commence ä faire, lorsque Monsieur Israel nous a apporte les tres benites lettres sy pleines de graces, de bontes et de generosites. Nous faisant plus amplement rapport, comment il s'estoit Jette aux pieds de Vostre Serenite Electorale, pour luy rendre nos obeissances et pour luy communiquer nos soupirs: de laquelle il avoit este regeu avec une clemence tout ä fait innouye et incomparable, il ne peut estre a comprendre, combien de joye, de soulagement et de douceurs d'esprit nous en re- geumes et autant que nous en estions remplis de joye, autant estions nous occupez a benir le tres baut nom de Vostre Altesse Electorale.

II a plüt a Vostre Altesse Electorale d'ordonner dans sa lettre, que le grand Patriarche Jacob auroit a venir, mais il est mort a Constantiuople, apres qu'il avoit souvent este d'in- tention d'aller implorer les graces du Saint Pere le Pape, de Sa Majeste Imperiale, de Vostre Altesse Electorale et d'autres monarques Chrestiens. Mais il n'a obtenir permission de sortir, jusques ä ce enfin que nous nous assemblämes aux trois Eglises l'an 1678 et fimes un conseil, qui consistoit en six

Heigel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 301

des Premiers princes et principeaux du Pays, six archeveques avec le Patriarche Jacob, ou füt depute pour aller en cachette dans l'Europe, demander assistance pour nous faire sortir de Tesclavage le Patriarche Jacob avec trois archeveques et trois des Principaux du nombre, duquel estoit Monsieur Melic- que Israel Prince de Broscli et pere de Monsieur Israel Ory, qui estoit asseurement tres capable de venir au bout de cette grand affaire, mois il ne luy fiit pas possible de s'acquitter de cette commission a cause des infidels, c'est pourquoy il envoya son fils Monsieur Israel Ory en sa place avec le dit Patriarche Jacob et les autres deputes, qui vinrent jusques a Constanti- nople, ou le Patriarche mourut, ce qui arresta ce voyage et dessein et obligea les autres deputes de s'en retourner dans l'Armenie, hormit Monsieur Israel Ory, qui eut le courage de poursuivre son chemin jusques dans l'Europe, ou il a pratique les Chrestiens et les nations, qui sont dans l'obeissance de la Sainte Eglise de Jesus Christ, jusques a ce que la divine pro- vidence luy a donne l'occasion de gagner la connaissance de la Serenissime Maison Palatine, sy glorieuse par son merite et par ses hautes alliances, et luy a fait meme naistre le grand bonheur de se prosterner aux pieds de Vostre Altesse Electorale pour luy rendre nos tres humbles obeissances et pour luy pro- poser en toute soummission nos desseins et donner a connoitre, combien nous languissons apres nostre redemption, qui consiste en ce que nous soyons delivre du joug des infidels et remis dans l'obeissance de la vraye eglise. Nous en rendons un million de graces ä Dieu et esperons dans sa bonte misericorde premierement et apres dans les graces de Yostre Altesse Elec- torale et dans les glorieux avantages des hautes alliances, que la honte Divine et son grand merite luy ont fait avoir.

Apres la mort du Patriarche Jacob les Georgiens decla- rerent la guerre aux infidels, d'ou est arrive, que nous avons eu continuellement depuis ce temps-la les trouppes des in- fidels dans nos pays, et n'avons pas eu de repos que depuis deux ans, que nous avons la paix et sommes en estat de pouvoir travailler a nostre dessein pour sortir de l'esclavage.

Vostre Altesse Electorale fait dans sa lettre la grace ä Monsieur Ory de luy donner louange des bonnes volontes, de fidelites, de hon zele et de sage conduite dans son entreprise. II est bien vray, qua sa vertu et le merite de sa tres illustre naissance, comme aussy les souffrances et martyrs de ceux de

302 Sitzung der Jiistor. Classe vom 8. Juli 1893.

sa niaison sy distinguee, nous l'avoient clesia rendu fort con- siderable, niais sur tout l'approbation de Vostre Altesse Elec- torale nous oblige ä avoir tant d'estime pour luy qu'il nous est tout-a-fait pretieux, c'est pourquoy avec la bonne grace de Vostre Altesse Electorale nous dirons en deux mots ä son avantage, que nous avons veu nous meine trois de sa tres illustre maison endurer le martyr pour la Religion, le preniier, Melick Martin fut lapide et par apres brüle, apres avoir repris un pays aux infidels et rendu aux Chrestiens, auxquels il appartenoit, et ineontinuent apres selon les coutumes du pays les chrestiens ont mis le dit Melick Martin au rang des saints. Le deuxieme estoit Melineck Agajang, lequel ils ont coupe en pieces dans son palais, enfin ils ont tranche la teste sur la place au troisieme nomme Garagan. Cette furie et rage ne pouvant pas encore se borner la, ces mechants gens cherchoient aussy de faire niourir de la meme maniere et pour la meme raison monsieur Melineck Israel, le pere de Monsieur Ory, mais ne pouvant pas venir au bout de ses cruels desseins ils luy ont donne le poison; estans touiours sy enragez contre cette tres illustre maison, que tant qu'ils pouvent, ils n'en laissent pas vivre un, qui puisse par son esprit, talent et con- duite donner avantage ä la Religion, ä laquelle ils sont tous merveilleusement attaches. C'est pourquoy nous devons beau- coup a cette illustre famille, mais ce qui surpasse tout est que la Divine providcnce nous avoit entres dans les bonnes graces de Vostre Altesse Electorale par Monsieur Israel, lequel apres avoir pratique l'Europe dix neuf ans et apres avoir eu pendant tout ce temps-la beaucoup de peines, de chagrins et de souf- frances, et jusques a meme estre oblige aux dernieres bassesses faisant le marchand etc., quoy qu'il est d'une sy illustre nais- sance descendant de la maison des princes de Brosch, une des plus distinguees de nos pays, jusque a ce que par un tres bei effet de la divine providence il nous approuve les graces de Vostre Altesse Electorale, dans laquelle apres Dieu nous avons tout nostre espoir, tant a cause du bien, qu'elle nous peut faire estant un tres grand et tres puissant prince, qu'ä cause des avantages, qu'elle nous peut procurer par ses hautes al- liances, ce que considerans nous sommes pleins de la joye et louons Dieu. Et le dit monsieur Israel estant revenu par les hautes ordres de Vostre Altesse Electorale en porte (?) a temoigne sy bon zele, sy sage conduite, sy secrete police pour l'avantage

Heigel: Flau des Kurfürsten Johann WiJlichn etc. 303

de cette entreprise, qu'il ne s'est donne a nul part a connoistre aupres de nous, estant metamorphose et deguise comme il estoit dans l'Europe, voir il a meine löge deux nuits chez sa soeur et uiie nuit aupres de son frere sans estre connu, avec reso- lution de s'en retourner de la meme maniere comme il a fait, afin que le tout füt parfaitement bien secrette.

Nous donc voyans et eonsiderans cette belle conduitte, cette patience, bonte et zele pour la religion et pour son pays, avons gaigne toute la confiance du monde pour luy et l'arons estably nostre chef, luy donnant nostre parole, que tout ce qu'il fera avec Vostre Altesse Electorale, nous l'approuverons et le tiendrons bon, comme sy nous l'avions fait nous memes. Voila comme nous sommes incontinuent tombe d'accords avec luy. Car voyant les graces de Yostre Altesse Electorale, qui veut bien avoir la bonte de s'interesser pour nous et nous envoyer quelque secours, pour nous aider ä nous tirer hors de l'esclavage et a nous remettre dans l'union de l'eglise de Jesus Christ, nous n'avons differer longtemps. languissants ex- tremement apres nostre redemption et apres la glorieuse entree de Vostre Altesse Electorale dans nostre Royaume.

Grand Dieu! quel surcroit alors pour la religion, quelle gloire pour la Serenissime Maison Palatine, quelle joye pour nous et pour nostre peuple, qui ne sera alors pas moins ravit que le peuple d'Israel l'estoit voyant la mer rouge ouverte devant ses yeux, le bonheur estant egal d'un coste et d'autre, du peuple d'Israel echappans les mains de Pliaraon et du nostre triomphant de l'infidelite. Et tout cela nous proviendra (apres Dieu) des graces de Vostre Altesse Electorale. Donc que le souverain maistre luy donne la benediction et les forces a ses armes pour triompher pas seulement sur les ennemis" de sa tres glorieuse maison, mais aussy sur ceux de la religion de Jesus Christ, qui sont les nostres, pour la gloire de Dieu, de la religion et de la Serenissime maison Palatine. laquelle, comme nous a dit monsieur Ory, a desia la gloire d'avoir quatre prin- cesses couronnes dans l'Europe; la cinquieme couronne paroist estre destinee du Ciel a cette meme tres glorieuse maison et eile sera par la grace de Dieu pour Vostre Altesse Electorale, laquelle nous luy presentons du tres bon coeur et avec tout le respect du monde, priant le grand Dieu, qu'il veuille seconder nos veux et la luy accorder.

Nous n'ccrivons pas dans cette lettre tout ce que nous

304 Sitzung der Mstor. Glasse vom 8. Juli 1893.

avons dans le coeur, de peur qu'elle ne tombe dans les mains des infidels en voyage, mais toutes nos pensees et desirs sont connus ä monsieur Israel et a monsieur Yartabet Minas, abbe mitre de la grande abbaye de Saint Jacques. Ils se donneront l'honneur de les exposer ä Vostre Altesse Electorale en toutes soumissions, c'est pour ces desseins et pour obeir aux hautes ordres de Yostre Altesse Electorale, que nous laissons sortir sitost Monsieur Ory, ne l'ayant eu icy que douze jours, non obstant que nous aurions bien soubaite de le retenir plus long- temps. Mais, nous esperons, par la grace de Dieu, qu'ä lavenir nous profiterons de sa presence, quand il se sera acquitte des commissions, que nous luy donnons maintenant de bon coeur, a cause de son zele, de sa conduite et de son inerite, mais sur tout ä cause qu'il a le bonheur d'avoir l'approbation de Vostre Altesse Electorale, laquelle le trouye capable de nous rendre bon service et de faire du bien ä son pays.

Nous n'avons aussy pas trouve bon de donner la lettre au Prince de Georgie, qui estoit pour luy de la parte de Vostre Altesse Electorale; Monsieur Israel se donnera l'honneur d'en dire le sujet ä, vostre dite haute Altesse Electorale en toutes soummissions. Toutes fois en peu de temps nous irons donner part au dit Prince de nos affaires et luy demanderons son alliance, sur quoy nous rendrons tres humblement compte a Vostre Altesse Electorale par Monsieur Ory. Nous nous trou- vons sy plein de confiauce, de respects et de devotion pour Yostre Altesse Electorale, que nous nous donnons des le com- mencement l'honneur de luy envoyer une carte blanche avec nos signatures et cachets, estants parfaitement persuades, que par la grace de Dieu et par son haut merite eile eniportera la couronne de nostre pays, ce que nous ne souhaitons pas seulement, mais s'il est besoing nous sommes aussy prest de nous sacrifier pour la luy faire avoir. Le grand Dieu soit benit et loue, il ne nous manque rien de tout ce qu'il faut pour cela, car nous avons assez d'argent, de biens, des hommes faits a porter les armes et d'autres choses necessaires pour nostre entreprise. II nous manque seulement un chef pour gouverner nos pays. Nous desirons tres ardamment et supplions tres justament et tres affectueusement la Divine Majeste, que ce soit Yostre Altesse Electorale, laquelle est le plus aymable Prince, que l'on pourroit trouver, comme nous sommes asseure et persuade par Monsieur Ory, le quel ä cause de cela merite

Heigel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 305

que nous luy donnions encore une fois louange d'un tres honneste homme, tout a fait desinteresse, car nous luy a,Tons offert quelques choses pour ses voyages, mais il n'a absolument rien voulu et nous avons bien deu acquiescer, quand il nous a fait connoistre ses raisons. De meme nous avons este tres content, quand il nous a remontre ce qu'il fallait a Son Altesse Electorale pour ses frais, et au contraire il scait, de quoy nous avons besoing, et il donnera a connoistre tres humblement a Vostre Altesse Electorale, la quelle verra, que ce qu'il nous faut, sera vrayement beaucoup pour nous, mais peu de choses pour un sy grand Prince, comme Vostre Altesse Electorale n'estant que pour un mois ou environs. Sy Vostre Altesse Electorale nous veut envoyer avec le premier secour, que nous esperons, son serenissime frere monseigneur le Prince Charles, nous le recevrons tres humblement a bras ouverts, et nous le traiterons, comme Vostre Altesse Electorale nous ordonnera par apres, incontinent que le tout sera en estat et qu'il n'y aura plus qu'ä mettre la couronne. Vostre Altesse Electorale nous pourra faire la grace de faire son entree dans vostre Royaume, Jamals tant de joye pour nous, jamais tant de gloire pour la Serenissime maison Palatine, ny tant d'avantage pour la re- ligion, car estant sy avant nous esperons de decouvrir des autres Royaumes capables pour couronner deux Roys (selon qu'il plaira a Vostre Altesse Electorale), qui s'assisteront Tun l'autre. Toutes fois sy cela n'arivoit pas pour le moins Vostre Altesse Electorale est asseuree de nostre Royaume. Pour l'amour de Dieu donc qu'elle fasse ce qu'elle pourra pour nous tirer hors des mains des infidels et pour nous mettre ä son obeissance, ce qui est le plus grand de tous les desirs, que nous puissions avoir au monde. C'est pourquoy nous nous sacrifierons tous, exposants nos biens, nostre sang et nostre vie pour le service de Vostre Altesse Electorale, laquelle peut estre persuadee, qu'elle ne pourra jamais avoir de meilleurs et plus fideles sujectes que nous serons.

II seroit bien juste, que nous viendrions nous memes temoigner nous memes a Vostre Altesse Electorale et chercher d'estre mis a son obeissance. Mais c'est une chose impossible, car cela feroit du bruit et alors nous serions perdus, nous aurions eu meine da la peine de douner nos signatures et nos cachets de la maniere, que nous avons fait, sy la prudence, conduite et secrete police de Monsieur Ory ne nous auroit pas

189;!. Pliilos.-pliilol. u. bist. Cl. II. 3. 20

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induit ä faire ce que nous n'avons jamais fait de peur de risquer tout ce que nous avons et nostre vie meme. Mais nous remercions le grand Dieu tres humblenient, quo nous avons eu cette oecasion de le faire, tant nous avons d'espoir sur les graces, bontes et pouvoirs de Yostre Altesse Electorale, laquelle nous supplions en tres profond respeet de vouloir bien ajouter foy ä nos lettres signatures et cachets it de nous vouloir bien rendre cette justice que de croire, que nous sommes tous avec tout le respeet, soumission et devotion possibles.

Les tres humbles et tres obeissants servi- teurs de Vostre Altesse Serenisaime Electoi'ale et de son altesse serenissime Madame l'Elec- trice et de toute la serenissime maison Pala- tine. Nous mettons de bon coeur nos cachets et signatures ordinaires sur cette lettre,

Je met mon cachet Je met mon cachet

et sigrnature ordre d'un et ma signature ordre

Moy cachet

je met mon et signature ordi-e d'une bonne vo- lonte

Hegios Philippos.

Je met mon cachet et signature ordre d'un grand coeur

Martin de Emir- beck.

Je met mon cachet et signature de bon coeur

Narinbeg de Cha- nasar.

tres grand coeur Melcon de Saffras.

Je met mon cachet et signature ordre avec un grand contente- ment

Javri de Agajan.

Je met mon cachet et signature ordre de bon coeur

Chahin de Suekias.

de bon coeur

Bagasage de Toe- tivoes.

Je met mon cachet et signature de bon coeur

De Diodon Savokan.

Je met mon cachet et signature ordre de bon coeur

Bagdasarg de Mel- con.

Je met aussy mon cachet et signature d'une bonne Volonte

Noe de Joannes.

Escrite cette lettre a Inguerakott le 29. avril 1699.

Copie de la lettre des principaux d'Armenie ä Son Altesse Electorale translatee d'Armenien en Francois par le R. P. Pot- tier, Minas Vartabet, et Israel Ory, l'iuterprete, rendue a sa dite Altesse Electorale le 13. septembre 1699.

(Copie.)

Heigel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 307

II.

Schreiben Israel Ory's an den Kurfürsten. 0. D.

Serenissime Electeur

Voicy la routo, que Vostre Altesse Electorale pourra tenir pour entrer dans lo Royaume d'Araienie, Par Vienne, par Cracovie, par Livo, par Casqui; entre la mer noir et la mer Caspiann, il y a un cheniin par terre, qui passe par Damur Kapi (c'est a dire) la porte de fer, eile est entre deux mon- tagnes sur un passage, sans aiicune forteresse. Les Persians en sont maistres. En allant du coste de Moscovie il y a trois journees de chemin ruine et abandonne, et il faut quinze jours pour le racommoder, et sur la droite il y a un chemin, qui est mareeageux quatre journees et coinmence a gesler au mois de Novembre et environ le quinzieme ou vingtieme, l'on com- mence ä marcher, rouler et aller sur des traineaux, enfin de quelle maniere, que l'on veut, jusques au mois d'Avril et ou ce chemin n'est pas mareeageux l'on y a fait des logements pour y loger des voyageurs.

Les Pays de Pollogne et de Moscovie ce sont des pays plats, ou l'on n'y trouve pas une montagne et depuis le mois de Decembre jusques au Mois de Mars il n'y a point d'autre commodite que des traineaux.

S'il m'est permis icy de faire une petite disgression, pour expliquer ä Vostre Altesse Electorale l'air de l'Armenie, veu qu'en allant et revenant je me suis donne fais passer pour un medecin, un Armenien est venu aupres de moy pour me con- sulter sur ce que depuis quatre ans il n'avoit plus tant de forces qu'auparavant; je luy demandai, quel äge il avoit, il me dit cent six ans, je luy repondis, qu'il nous estoit defendu de donner des remedes ä un homme, qui a passe cent ans.

En passant sur les frontieres de la Georgie, j'y ay veu une dame agee de cent trente quatre ans, laquelle nc paroissoit pas plus vielle que dans l'Europe une dame de soixante ans. La mere de Monsieur Melick Saphrase dans sa soixante uniemo annce est accouchee de Monsieur Saphrase, laquelle n'avoit Jamals eu d'enfant, cela est cependant rare; mais pour des gens de cent vingt ans, cela est assez commun. J'ay aussy veu un archeveque äge de cent vingt huit ans, lequel il y a huit ans qu'il a fait un voyage en Espagno et en France, et

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308 Sitzung der histor. Classe vom 8. Juli 1893.

en passant par Vienne a parle deux fois ä Sa Majeste Im- periale. Voila d'ou 11 est constant, que l'air est fort hon cn Armenie, C'est pourquoy 11 y a fort peu des medecins et encore ceux, qui y sont ont assez de peine de siibsister de leur mestier.

II y a aussy en Armenie du tres beau monde.

(Copie.)

III.

Schreiben Israel Ory's an den Kurfürsten vom 26. April 1702.

Monseigneur

Vostre Altesse Serenissime Electorale sgaura qu'estants arives sur les terres de Sa Majeste le Grand Tzar, les ministres de Sa Majeste au respect de Vostre Altesse Serenissime Elec- torale nous ont fait donner des voitures jusques icy, nous ont aussi tost donne quartier, gardes, nostre depence de bouche, et enfin nous fönt plus d'honneurs, que je ne puis marquer a Vostre Serenite, A l'arivee de Sa Majeste, il luy a plüt nous donner audiance, ä la quelle pour la premiere chose, Sa Ma- jeste s'est informe de l'estat de la sante de Vostre Altesse Electorale, et de Sa Majeste tres Auguste. Ensuitte Sa Majeste nous a fait l'honneur que de nous dire, qu'elle a veu et leu toutes lettres de Vostre Altesse Electorale et de Sa Majeste Imperiale et de nos principeaux et parlera des affaires secret- tement. Je n'ay pas escrire plustost ä Vostre Serenite attendant une derniere resolution de Sa Majeste, laquelle nous a fait donner par escrit par Monsieur Alexiewitz Czolowin, son premier Ministre, que Sa Majeste veut faire cette entreprise avec grande force et avec toutes les precautions necessaires, afin de venir ä bout de cette grande affaire, mais veut pre- mierement finir de ces costes-cy auparavant commencer de l'autre, et qu'en commenceant cette affaire Sa Majeste escrira ä Vostre Altesse Electorale et ä Sa Majeste Imperiale par un envoye, que Sa Majeste envoyra eile meme. Presentement Sa Majeste fait reponce aux lettres de Vostre Altesse Electorale et de Sa Majeste Imperiale, lesquelles j'envoye par Nazar Areckowitz, un homme de qualite de nostre Pays, qui a este cy-devant officier au Service de Pologne. J'ay demande a Sa Majeste un regiment, pour en faire un reginient des cara-

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biniers, et j'ay donne a connoistre ä Sa dite Majeste. comme dans les pays, qui sont sous l'obeissance de Yostre Altesse Elcctorale on y travaille eii toutes sortes de belles armes. Sa Majeste ni'a ordonne d'ecrire a Vostre Altesse Electorale pour cela, mais je n'ay pas voulu prendre cette hardiesse, mais j'ay donne ordre a cet homme Arekowitz, de rapporter iin echantillon de chaque fagon, par exemple trois carabines, trois paires de pistolets carabines, trois mousquetons avec les pistolets pour de la eavallerie, quelques demydouxaine d'epees et de sabres, avec le prix de chacun, afin que Sa Majeste puisse envoyer un homme pour en acheter. De meme Sa Ma- jeste souhaite d'avoir deux ou trois maistres, qui scachent faire des epees et des sabres et quelques fourbisseurs de meme, quelques armuriers ea carabines et autres, avec lesquels il aecordera pour ce qu'ils veulont avoir par an, leur depence leur sera payee jusqu-icy. Vostre Altesse Serenissime Elec- torale aura, s'il vous plait, la bonte de leur donner des passe- ports pour venir avec nos gens, s'il y vient quelqu'uns avec nos gens, cela fera grand plaisir ä Sa Majeste. Et comme Sa Majeste a ordonne, il y a trois ans, que toute la noblesse, gentilshommes et bons bourgeoi's, se mettront en habits, epee et ce qui s'en suit ä la mode Allemande, par consequent toutes sortes de gens de vocations, qui viendront icy, se feront riches. En demandant tres humblement cette grace ä Vostre Altesse Electorale, que cet homme ne reste pas longtemps la et qu'il rameue nos gens, j'ay l'honneur d'estre toute ma vie et avec un tres profond respect et soumission

De Vostre Altesse Serenissime Electorale Monseigneur, Moscovie le 26. avril 1702. le tres humble, tres

obeissant et tres fidel serviteur Israel Orv. (Orig.)

(Auf der Rückseite Weisung für die Antwort: „Que S. A. E. avoit este bien aise d'apprendre le bien accueil, qu'il avoit recü du Grand Czar de Moscovie, et qu'il estoit si dispose de preter la main au dessein en question, que S. A. E. avoit fait tout le bon accueil aussy aux Armeniens, qui estoient venus icy, et les avoit regale de la maniere.

310 Sitzimg der kistor. Classe vom 8. Juli 1893.

comme il avoit propose, qu'elle leur avoit aussy donne toute sorte de secours et assistence pour faire la provision des armes, dont ils estoient charges, et comme il verroit de la reponse, que S. A. E. donnait au Grand Czar et au Prince de Georgie ce que S. A. E. Icurs escrivoit a en seconder le contenu aussy de vive voix.")

IV.

Schreiben des Fürsten von Georgien an den Kurfürsten. 0. D.

Serenissime.

Venit ad Nos Israel Ory e familia principum de Brosch oriundus, nobisque retulit, Vestram Serenitatem Nos litteris honorasse, eo tempore, quo in Georgia morabamur occupati bello cum Turcis habito, id quod in causa erat, dictas litteras ad Nostras manus non pervenisse. Honorem attamen illo pacto Nobis exhibitum, ut decet, aestimamus, parati mille obsequiis eundem remunerari. Non dubitamus, notum esse Serenitati Vestrae, quo pacto, deletis aut sub jugum infidelium missis Regibus et Principibus Christianis in Asia Minore, quorum plures vicenis erant in Graecia, Armenia et Siria ab annis circiter trecentis, non alius manserit Princeps supremus, quam ille, qui in exiguo nostro Georgiae regno imperabat. Bella gessimus contra duos potentes Christianae religionis hostes, Turcos atque Persas, conatique sumus innatam illorum contra Christianos rabiem tantisper reprimere, sed quoniam soli eraraus, nimiae ipsorum potentiae diutius resistere non poteramus co- actique sumus ad Serenissimum Moscoviae csarum confugere et ab illo auxiliura petere, quo instructi nostras repetere terras et afflictae ibidem Christianitati opem ferre possemus; at vero Serenissimus iste post adventum nostrum bellum contra Suecos gerere coepit, in cujus exordio filius Noster Princeps Alexander rei tormentariae generalis praefectus in exercitu serenissimi Cesaris, a Suecis captus etiam nunc detinetur Holmiae captivus. Hoc infortunium Nos equidem valde affligit, magis tarnen illud, quod yidemus tot milliones Christianorum gemere sub jugo in- fidelium, qui non secus, quam lupi inter ores grassantur et omnem adhibent conatum, ut animas Christiano charactere sig- natas ad maledictam Mahometi sectam pertrahant.

Visis litteris a Vestra Serenitate ad Serenissimum Csarum datis, in quibus Vestra Serenitas suum declarat animum et

Heigel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 311

promptam ad succurendum in negotio domini Israelis Ory volun- tatem, valde exhilarati sumus agimusque immensas gratias Se- renitati Vestrae pro tanta promptitudine et desiderio propug- nandi Religioneni Christi. Postquani dictus Irael Ory ad Nos appulit et litteras tum a Vestra Serenitate, tum ab Augustissimo Romanorum Imperatore attulit, Serenissimus Csarus petitioni domini Israelis annuit et subito 350 naves fabricari caeteraque pro bello necessaria fieri curavit; insuper et officialium quem- piam ad illius regiones expedivit, observaturum , quid inibi locorum agatur quidve agi suo tempore possit? Redivit ille quidom omnia utcunque speculatus; at quoniam bellum cum Suecis etiamnunc durat, neque spes proxima concludendae pacis affulget, judicavimus e re futurum, ut dictus d. Israel Ory noster in hoc negotio confidens et sincerus amicus ad Vestram Serenitatem revertatur. Exposuit hie Nobis prolixe Yestrae Serenitatis animum, virtutem ac generositatem nemini parem, amicitias item et foedera cum Primariis Europae Principibus inita; quam ob causam speramus, Serenitatem Vestram in hoc negotio Nobis astituram tam per se, quam per alios Principes foederatos, ob quod factum nunquam interitura Illam manebit gloria. Dominus Israel, qui negotium istud pro viribus urget et promovet, optime novit, quid ad hunc finem hie et nunc necessarium sit. Credimus praeterea Serenitatem Vestram cum Serenissimo Suecorum Rege colere amicitiam, hinc demisse rogamus, aliquem ab lila modum Nobis indicari, quo Filius Noster e captivitate Suecica liberari possit, sit litrum sive aliud quid. Confidimus plurimum in d. Israel Ory, cui maximopere commendavimus, ut Vestrae Serenitati Nostras intentiones cum omni respectu oretenus aperiat; illi Serenitas Vestra plenam dignabitur fidem adhibere, et sibi firmiter persuadere, quod simus ex toto corde

Vestrae Serenitatis

Sincerus amicus et servus obligatus.

. Le titre du Prince de Georgier

A Son Altesse Serenissime Royale Pangrat Mepe Artschil, Prince de Kartei et d'Imiretti, Seigneur de Samszchesatabagossa, descendans des Maisons de Jesse, David et Salomon etc.

(Copie.)

312 Sitzung der histor. Classe vom 8. Juli 1893.

V.

Schreiben Israel Ory's an den Kurfürsten. 0. D.

Tres Serenissime Electeur

Je remercy des millions de fois Vostre Altesse Serenissime Electorale de la grace, qu'elle m'a fait d'ordonner l'expeditioa de mes depeches. Je prie Dieu et du plus profond de mon coeur, que ces lettres apportent autant de biens et de secours aux pauvres peuples de nos pays pour la plus grande gloire de Yostre Altesse Serenissime Electorale, que Vostre Altesse Serenissime Electorale en a apporte ä l'empire la campagne passee, qui, comme oa dit par tout, estoit en grand danger sa(ns) la grande assistance de Vostre Altesse Serenissime Elec- torale. Mais aussy, comment se pourroit-il faire, que le grand Dieu ne comble Vostre Altesse Serenissime Electorale de bene- dictions, voyant que Vostre Altesse Electorale a tant de bontes et de charite pour des pauvres peuples Chretiens, qui geuiissent sous l'esclavage des infidels, et lesquels (tant Armeniens que Georgiens et autres) prient incessament Dieu pour la sante et longue vie et prosperite des hautes entreprises et des armes de Vostre Altesse Serenissime Electorale, esperants que par le moyen de Vostre Altesse Serenissime Electorale ils seront un jour delivre de leurs esclavage.

Comme en l'annee 1698 je priai Vostre Altesse Sere- nissime Electorale par un memoire, de me faire la grace, de me donner un officier de la cour de Sa Serenite, pour le mener avec moy dans nos pays, pour voir et remarquer tout ce que je ferois pour le service de Vostre Altesse Serenissime Electorale, mais comme c'estoit dans un tomps de guerre avec les Turcques, Vostre Altesse ne le trouva pas a propos. Mais presentement j'ose esperer des bontes infinies de Vostre Altesse Serenissime Electorale, qu'elle me fera la grace de me donner quelqu'un de la cour (quand ce seroit le moindre ecrivain) pour aller en Perse avec moy, pour estre temoin des honneurs, dont je pretend (moyennant la grace de Dieu) faire ä Vostre Altesse Serenissime Electorale, lequel pourra aussy rendre compte ä Vostre Altesse Electorale de tout ce que j'ay fait jusques ä present et ce que je feray encore pour exalter la gloire et haute reputation de Vostre Altesse Serenissime Elec- torale dans ces pays-lä.

Heigel: Plan des Kurfürsten Jolicmn Wilhelm etc. 313

Presentement je me donneray l'honneur de ruarquer ä Vostre Altesse Serenissime Electorale et en peu de mots, que lorsque je füs arrive en Moscovie, j'apris que Sa Majeste le Grand Czar n'estoit pas trop contente ä Sa Majeste tres Au- guste pour avoir fait la paix avec les Turcques au prejudice de l'aliance faite avec le Serenissime Czar pour faire la guerre aux Turcques trois ans; marque dequoy, Sa Majeste Czarienne n'avoit pas fait reponce ä deux lettres, que Sa Majeste Im- periale luy aToit ecrite.

Mais quand Sa Majeste Czarienne a veu les lettres de Vostre Altesse Serenissime Electorale et de Sa Majeste Im- periale, et qu'elle a veu dans Celles de Vostre Altesse Sere- nissime Electorale, comme Vostre Altesse Serenissime Electorale a eu la bonte d'offrir ses troupes, si Sa Majeste Czarienne vouloit bien accorder le passage: cela luy fit tant de plaisir, qu'au meme moment nous accorda nos demandes et ordonna de faire des preparations. Sa Majeste Czarienne dit aussi, qu'elle remercioit Vostre Altesse Serenissime Electorale de l'ofFro, qu'elle faisoit de ses trouppes, attendu aussy que c'est loing, que cela feroit trop de bruit au commencement, mais qu'elles pourroient servir ä l'.avenir. Je me donnai en meme temps l'honneur de presenter un memoire ä Sa Majeste Cza- rienne, par lequel je representai, comme Vostre Altesse Sere- nissime Electorale et Sa Majeste tres Auguste ne demandoient que le bien et l'agrandissement de Sa Majeste Czarienne, qui si Dieu nous faisant la grace, que Sa Majeste Czarienne com- mence cette grande entreprise et se rende maistre de l'Armenie et de la Georgie. comme il luy est tres facile, Sa Majeste tiendroit par ce moyen les Turcques investis par terre et par mer, et que, s'ils venoient a luy declarer la guerre, qu'alors les hautes aliances et les trouppes de Vostre Altesse Serenissime Electorale et de Sa Majeste tres Auguste seroient fort neces- saires et d'un grand secours de ces costes-cy. Tout cela enfin luy fit grand plaisir.

Et comme j'ay veu, que Sa Majeste Czarienne avoit en veneration les tres hauts noms de Vostre Altesse Serenissime Electorale et de Sa Majeste Imperiale, je commen§ai ä prendre le party de Sa Majeste tres Auguste, et pour cet effect, je fiit trouver Monsieur le Grand Chancelier Theodor Alexiewitz Golovin, auquel je dis, comme j'avois apprit ä Vienne, que Sa Majeste Imperiale avoit ecrit deux lettres ä Sa Majeste

314 Sitzung der histor. Classe vom 8. Juli 1893.

Czaiienne, aux quelles Elle n'avoit pas fait de reponco, de ineme qu'on avoit arrete des lettres, qui venoient de Perse pour Sa Majeste Imperiale. Monsieur le Chancelier rapporta tout cecy a Sa Majeste Czarienne, qui ordonna de faire reponce ä Sa Majeste Imperiale et de s'excuser sur ce qu'on avoit este en campagne, et d'envoyer les autres lettres, et dans les memes temps on depecha Monsieur le Princc de Gallizzin pour l'en- voyer ä la cour de Sa Majeste Imperiale.

Et dans le temps que je vis, que l'Electeur de Baviere et les Hongrois commengoient ä se rebeller, que les Turcques avoient detrone leur Enipereur et que le bruit couroit, que c'estoit ä dessein de declarer la guerre a Sa Majeste Imperiale, je conimengai a soliciter Monsieur le Prince de Georgie, de faire (conjoinetement avec Messieurs les Princes ses freres) une aliance avec Sa Majeste tres Augiiste afin que, si les Turcques declaroient la guerre a Sa Majeste Imperiale, luy remontront aussy que cela estoit fort a leur avantage, et comme Monsieur le Prince de Georgie connoit mes parents fort longtemps et me fait nieme la grace de m'aimer, remit le tout entre mes mains, me disant ce que je ferois, qu'il le tiendra bien fait, et qu'il desiroit entier en aliance avec Sa Majeste Imperiale pour tousiours, comme Vostre Altesse Serenissime Electorale et Sa Majeste Imperiale l'ont veu dans ses lettres, et que, si Sa Majeste tres Auguste luy fait l'honneur d'agreer son aliance, qu'il trouveroit non seulement les Georgiens, mais aussy les Turcquomaniens, les Curdiens, les Abassiens et autres, qui feront la guerre aux Turcques en cas qu'ils la declarassent ä Sa Majeste Imperiale.

Voyant aussy que l'envoye de France faisoit des grandes propositions ä Sa Majeste Czarienne et que Sa Majeste luy faisoit beaucoup d'honneurs (comme je me suis desia donne l'honneur de le marquer a Vienne ä Vostre Altesse Serenissime Electorale par un memoire), j'envoyai un memoire ä Monsieur le grand Chancelier, par lequel je m'etonnais, comme Sa Ma- jeste Czarienne pouvoit se fier aux Frangais, luy remontrant, qu'ayant este en France douze ans, que je s§ay, de quoy les Frangais sont capables, que lors qu'ils vouloient faire aliance avec quelque Prince, que c'estoit a mauvais desseins, et qu'ils ne manqueroient pas d'apporter quelques troubles dans les pays de Sa Majeste Czarienne, qu'on voyoit journellement, qu'ils ne gagnent pas une bataille n'y une place sans tra-

Hei gel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 315

hison etc. Aussi on ne l'a pas garde longtenips en Mos- covie.

Touchant nos affaires, il est vray, qu'elles sont allees bien lentement, mais ce n'a este aucunement par nia faute, car je n'ay rien neglige pour faire voir ä Sa Majeste le Grand Czar ]a grande facilite de l'entreprise, dont tant par mes inemoires, qiie par le temoignage de Monsieur le prince de Georgie et qiie parceque nos pays sont proches, estants de frontieres ä la Riissie, Sa Majeste Czarienne jugeant donc l'aflfaire si fai- sable, ordonna de travailler k trois cents cinquaute vaisseaux de transport siir se fleuve d'Astrachang propres ä porter chacun environ quatre cens homuies avec leurs munitions, lesquels furent tous prests dans moins d'un an. Envoya aiissy un homme dans nos pays, pour voir et examiner, couime le tout s'y passe. Sa Majeste Czarienne ordonna de plus de tenir prestes les trouppes sur les frontieres, et enfin nous fit esperer, qu'en consideration de Vostre Altesse Serenissime Electorale, qui luy confioit une si grande negociation pour l'amour de la foy Chrestienne et pour le bien de cette pauvre Chrestiente, Sa Majeste Czarienne feroit de toutes mauieres pour traiter la paix avec le Roy de Suede, pour d'autant plus aisement pouvoir entreprendre nos affaires. Mais comme le Roy de Suede estoit alie avec la Republique Polonoise et vouloit entrer en Pologne, n'en voulut pas entendre parier.

Moy voyant donc que l'honime (que Sa Majeste Czarienne avoit envoye en nos pays) estoit revenu avec des lettres de nos principaux pour Sa Majeste Czarienne, par les quelles ils niarquoient, que les Persiens exercent tousiours de plus en plus des cruautes et persecutions sur eux et sur les peuples, pour les contraindre ä se rendre de leur mauvaise loy, et voyant que la paix retardoit tant, et sans sgavoir les incon- veniens, qui pourroient encore arriver avec le temps, je de- niandai a Sa Majeste Czarienne, de quelle maniere on pouvoit donc aider ces pauvres peuples? Sa Majeste Czarienne me fit reponce, qu'elle trouvoit bon de m'envoyer avec des lettres au Roy de Perse en qualite d'envoye pour le soulagement de la Chrestiente.

Mais moy scachant et considerant, que Vostre Altesse Sere- nissime Electorale est l'autheur et le fondateur de tous les biens, que nous esperons d'une si grande afFaire, je ne voulus rien faire que premierement par les hautes ordres de Vostre

316 Süzmig der histor. Classe vom 8. Juli 1893.

Altesse Serenissime Electorale. Cecy arriva aussy im peu apres que j'eus eu receu la lettre, que Vostre Altesse Serenissime Electorale nie fit tant de graces et d'honneurs que de m'en- voyer par Nazar Arechovitz, par laquelle Yostre Serenite me fait la grace de m'asseurer, que je ne dois aucunement appre- hender, que Vostre Altesse Serenissime Electorale ecoute ny ajoute foy ä ceux, qui ne nous voulant pas du bien voudroient donner quelques sinistres impressions de ma conduite etc. Mais Vostre Altesse Serenissime Electorale a encore bien plus de bontes en ecrivant de sa haute main propre sept ou huit lignes, par les quelles Vostre Altesse Serenissime Electorale nous fait la grace de nous temoigner toute la bonne affection, et nous ordonne de prier Dieu, qu'il fasse Vostre Altesse Serenissime Electorale victorieux contre ses ennemis, que ce sera alors que Vostre Altesse Serenissime Electorale fera ses efPorts pour nous assister et nous faire voir la bonne volonte serenissime Electorale. J'ay montre cette chere et honorable lettre (que je conserve comme un tresor pretieux) ä Monsieur le Prince de Georgie, lequel loua le grand Dieu et Vostre Altesse Sere- nissime Electorale pour tant de bontes et pria la divine Majeste de vouloir benir les armes de Vostre Altesse Electorale et de ses hauts alies pour victoriser leurs ennemis. Je luy dis aussy, que c'estoit Vostre haute Altesse Electorale, qui est autheur de tous les biens, que nous esperons et que je ne- voulois rien faire sans les hautes ordres de Vostre Altesse Electorale, de quoy Monsieur le Prince me pria luy-meme. me promettant, que de son coste il m'aideroit de toutes ses forccs.

C'est pourquoy je remontrai donc ä Sa Majeste le grand Czar, qu'il seroit encore mieux de retourner vers Vostre Altesse Serenissime Electorale et vers Sa Majeste tres Auguste pour les supplier de m'accorder des lettres d'envoye pour le Roy de Perse, pour authoriser les lettres, que Sa Majeste Czarienne me vouloit bien donner afin que les affaires soient d'autant mieux fondees. Enfin Sa Majeste Czarienne trouva mes pro- positions bonnes, et meme me dit, que j'en pourrois prendre de tant de Roys et Princes Chrestiens, que je pourois etc.

II est vray, que pendant sept ans entiers je travaille et voyage incessament, pendant lesquels j'ay souffert tous les meaux imaginables, j'ay vendus tout ce que j'avois, j'ay laisse mes pauvres enfans avec rien et fait des dettes, pour enfin poursuivre cette grande negociation! Mais presentement je

Heigel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 317

remercy et loue le grand Dieu de ce que par les graces et bontes infinies de Vostre haute Altesse Electorale, j'auray le moyen de me remettre, parceque je pourray retourner au pays publiquement, je pourray recevoir les revenus de mes petits biens depuis 26 ans, et comme j'espere (moyennant la grace du bon Dieu) et par les ordres du Roy de Perse, faire une assemblee entre les gens du pays pour regier les differents dans ce temps-lä, j'auray lieu de faire contribuer les principaux ä me donner de quoy continuer mes travaux et eux voyants que les affaires sont si avancees, ne manqueront pas de me donner bonne assistance.

Mais j'ay beaucoup d'ennemis icy, qui me veulent du mal Sans suject, comme je me donneray l'honneur de le remontrer ä Vostre Altesse Serenissime Electorale par d'autres ecrits, lesquels je ne craindray pas, s'il piaist ä Vostre haute Altesse Electorale me continuer les memes graces et bontes, dont Vostre Serenite m'a favorise des le commencement. Je prie donc tres humblement et avec toute la soumission Vostre haute Altesse Electorale de rae faire la grace de me proteger encore, afin que je puisse finir ma vie en la sacrifiant d'un bon coeur pour le Service de Vostre haute Altesse Electorale, en qualite de, De Vostre haute Altesse Serenissime Electorale Tres Serenissime Electeur

tres humble, tres obei'ssant, tres oblige et tres fidel ser- viteur et suject (Copie.) Israel Ory.

VI.

Schreiben des Kurfürsten Johann Wilhelm an Schah Hussein. 0. D.

Serenissimo et potentissimo Domino Hussein Sophi Abbas, Regi Persarum, Medorum et Armeniae, Amico Nostro plurimum honorato salutem ac sinceram amicitiam nostram. Serenissime et potentissimo domine princeps, amice charissime ! Occasione praesentis ablegationis Colonelli Israelis Ory abstinere nos non potuimus, quin avidum amicitiae Majestatis Vestrae animum nostrum explicemus et cum quanto dolore nos et confoederati nostri percipiamus, magnam subditorum Majestatis Vestrae copiam terras proprias, famiiias, bona etc. transfugiendo in Turciam, Europam aliasque provincias absque necessitate deserere et hoc

318 Sitzung der histor. Classe vom 8. Juli 1893.

partim ob Tuvcas consanguineos illorum bona abripientes, partim ob alia plura gravamina. Agnoscentes itaque per tantorum hominum jacturam Majestatis Vestrae nullum expectandum com- modum, suspicamur quam maxime, quod haec et similia Eidem haud constare queant, nam alias Majestatem Vestram tales ab officialibus suis commissos excessus juinime passuram fore fir- miter crederemus. Quapropter summo, quo Christianum prin- cipem decet, fervore commoti, Nos obligatos duximus, ut talem unius alteriusve officialis injustitiam Eidem remonstremus et partes fidei Nostrae Catholicae tueamur, spe freti Majestati Vestrae summopere hoc displicere eandemque utpote justum ac pium principem patriaeque patrem illorum miserorum Christia- norum bonum cordi habere. Turcam in Nostros amplectendae fidei Catholicae causa venientem terras non acceptamus, nisi ob solam fidem, nequaquum vero ob aliud temporale lucrum, et absit quam longe. ut aliquem quocunque modo (uti etiam in regno suo accedere rescimus) cogeremus. Hac de causa Nos et confoederati Nostri ad conservandam cum Majestate Yestra bonam et sinceram amicitiam eandemque de miseria et consternatione huiusce populi certiorem reddendum ablogamus Colonellum Israelem Ory, cui etiam plura confidinius puncta Majestati Vestrae refereuda, quae nostris inserere literis nole- bamus. Ab Eadem ergo peramanter poscimus, ut dictum Ory non solum benevole admittere et ipsi omnem fidem adhibere, sed et animi sui sensa nobis quantocius per literas communi- care velit, quod Nos pro singulari Vestrae Majestis affectu interpretaturi, Eidem pariter cuncta laeta et prospei'a evenire optamus.

Datum Viennae etc.

Majestatis Vestrae etc.

Johann Wilhelm m. p. (Concept mit eigenhändiger Unterschrift.)

VII.

Schreiben des Kurfürsten Johann Wilhelm an Zar Peter v. 2. April 1705.

P. P. Literas Czareae Majestatis Vestrae ad nos d. 23. mensis Januarii anni proxime elapsi perscriptas reddidit nobis Israel Ory Armenus, ex Principum Broschensium familia, et Czareae Majestatis Vestrae colonellus, ex quibus simul atque

Heigel: Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm etc. 319

ex relatione dicti Israelis Ory summa cum laetitia percepimus, quatenus non solum Czareae Vestrae Majestatis ipsum singulari benevolentia summoque favore laudabile negotium coeptum pro- sequi, constantem eo ipso in nos affectum pariterque amicitiam sinceram atque aestimatissimam porro testari dignetur, quo nomine summas Majestät! Vestrae agimus gratias, sed etiam lubenti animo intelleximus a praefato Israele Ory, Majestatem Vestram totam in eo esse, ut magnus navium numerus in flu- minibus Casan et Astrachan eonquiratur, et ad magna molimina praeparetur, in eum praecipue finem, ut finito bello Suecico miserae Armeniae ut tot afflictis in ea provincia Christianis tandem magnis ausibus et provida simul cura succurratur. Ex- plicavit nobis idem Ory, Ipsam in Armeniam nuper quendam officialem misisse, ad investigandum verum rerum in illa pro- vincia statum, ilhimque post reditum nuntiasse et literis a Primoribus Armeniae aliatis edocuisse, ad extremam miseriam res Christianorum ob immanem infidelium persecutionem ibi esse redactas; quapropter quas a nobis iterum iterumque humi- liter petiit saepius nominatus Ory literas publicae fidei in finem ablegationis ad Regem Persarum, ad impetrandam aliqualem sublevationem Armeniae populorum, eas libenter ex parte nostra illi quoque sumus impertiti. nulli dubitantes, Deum ter Optimum maxiraum instituto adeo pio ac laudabili optatum successum largiturum et post alios Reges ac Principes Christianos, prae primis Czareae Majestatis Yestrae generosum animum zehimque Christianae religionis propagandae excitaturum, ut tandem for- tioribus remediis, si opus erit, libertas et securitas afflictae hac in parte Christianitatis et tam longo tempore saevo sub barbarorum jugo gementium Armenorum salus restitui valeat. Plura oretenus aperiet Majestati Vestrae iterum ad Ipsam et ulterius ablegatus Ory et quae sint sincera animi nostri sensa tam circa hoc negotium, quam alia turbato hoc rerum in tota fere Europa Christiana statu, prae omnibus autem enixum animi cultum, quo Czaream Majestatem Vestram veneramur, impense declarabil, cui successus rerum optatos, felix glori- osumque regimen et longaevam omnigenamque prosperitatem animitus apprecantes sunimo studio decentique veneratione per- manemus. Data Dusseldorpij die 2*^° Aprilis Anno 1705.

(Concept.)

320

Herr Preger hielt einen Vortrag:

„Beiträge zur Geschichte der religiösen Be- wegung in den Niederlanden in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts."

Derselbe wird in den „Abhandlungen" veriMTentlicht werden.

321

Philosophisch-philologische Classe.

Sitzung vom 4. November 1893.

Herr Wölfflia legte eine Abhandlung des Herrn Carl Weyman vor:

„Studien zu Apuleius und seinen Nachahmern."

Den ersten Teil der folgenden Arbeit bitte ich als Epi- legomena zu meiner 1891 erschienenen Ausgabe der Psyche- fabel (Freiburg i, d. Schweiz-. Beigabe zum Vorlesungsver- zeichnis für den Sommer 1891) zu betrachten.^) Der Aufsatz von Rohde (Rhein. Mus. XLHI 467 £P.), den ich bei der Abfassung meines Programmes leider übersehen habe, die fast gleichzeitig mit letzterem veröffentlichten ,Apuleiana' von Crusius (Philol. XLIX 675 if.), die ausführlichen Be- sprechungen, welche Petschenig (Zeitschr. f. d. Österreich. Gymn. XLII 746 ff.) und Rossbach (Berl. philol. Wochenschr. 1891, 1617 ff.)^) meiner Arbeit widmeten, endlich fortge- setzte eigene Lektüre gaben Veranlassuno; und Stoff zu er-

1) Ein Nachtrag zu met. V 2 p. 79, 27 E. in den Abhandlungen aus dem Gebiet d. klass. Altertumswissensch. W. von Christ darge- bracht S. 150 f.

2) Ausser diesen beiden sind mir Anzeigen im Lit. Centralbl. 1891, 724, in der Wochenschr. f. kla.ss. Philo!. 1891, 978 f., in der Revue critique 1891 II p. 446 f. und in den Blättern f. d. bayer. Gymnasialschul w. XXVIII (1892) S. 60 bekannt geworden.

1893. PLilos.-philol. u. List. Gl. II. 3. 21

322 Sitzung der pMlos.-philol. Classe vom 4. November 1893.

neuter Erörterung verschiedener Stellen. Auf F. Marx' Jnter- pretationes latinae' p. XVII ff. (Index lect. Gryphiswald. 1892/93), die mehrfach mit meinen bez. Traubes Aufstel- lungen zusammentreffen, habe ich keinen Grund näher ein- zugehen, mit A. J. Kronenberg ,Ad Apuleium Madaurensem' (Roterod. 1892, Erasmiani gymnasii progr. litt.) habe ich mich bereits in der Wochenschr. f. klass. Philol. 1892, 1403 ff. (vgl. 1893, 579***) auseinandergesetzt.

Im zweiten Teile habe ich unter dankbarer Benützung der verfügbaren Vorarbeiten eine Reihe von Schriftstellern auf ihre stilistische Abhängigkeit von Apuleius geprüft und dadurch unsere Kenntnisse vom literarischen Einflüsse des Madaurensers auf die Folgezeit zu erweitern bez. zu präci- sieren gesucht. Ich habe mich dabei von der Ansicht leiten lassen, dass, wenn einmal einige Parallelen von zwingender Beweiskraft die sprachliche Abhängigkeit des Autors B vom Autor A erhärtet haben, man unbedenklich eine Reihe von Erscheinungen bei B von A herleiten darf, auch wenn die- selben noch bei C und D nachweisbar sind, und deshalb kein Bedenken getragen, den äusseren Eindruck meiner Parallelen- sammlungen hie und da durch Anführung von Belegen aus einem dritten und vierten Autor abzuschwächen, ganz abge- sehen davon, dass ich damit eine Pflicht der Ehrlichkeit zu erfüllen glaubte, lieber die Giltigkeit einzelner Parallelen kann man natürlich in sehr vielen Fällen streiten, aber wenn die literarhistorische Thatsache auf etliche pieces de resistance basiert ist, erscheint dieser Streit mehr oder minder müssig. Ich glaubte diese principielle Bemerkung schon deswegen vorausschicken zu sollen, weil im Hinblick auf meine Po- lemik gegen Engelbrecht (Cap. II 8) der Vorwurf gegen mich erhoben werden könnte, dass ich mit ungleichem Masse messe. Es erübrigt mir noch zu betonen, dass ich nicht das Fortleben des Apuleius darzustellen, sondern Beiträge zur Lösung dieser umfassenden Aufgabe zu liefern unter-

Weyman: Studien zu Apuleius. 323

nommen habe,^) und Herrn Professor Eduard Wölffliu für mehrere Winke nnd Berichtigungen meinen Dank auszu- sprechen.

I.

Kritische Nachlese zur Psychefabel.

1. met. IV 28 p. 74, 5 habe ich Traubes Vorschlao-, ,venerabantur' hinter ,Venerem' einzuschieben, befolgt. Auf den nämlichen Gedanken ist fast gleichzeitig 0. Crusius (Philol. XLIX 678) gekommen. Ich berühre die Sache noch einmal, um auf eine Parallele hinzuweisen, die eine erst vor wenigen Jahren aufgefundene Schrift darbietet, Prisciliians tract. I 19 p. 17, 16 Schepss ,Venerem autem velut deum venerentur, qui operantur turpitudines etc.' Als Analogie darf auch die von Albrecht Wirth in seinem gelehrten, aber confusen Buche „Danae in christlichen Legenden" (Wien 1892) S. 25 Anm. 2 erwähnte Inschrift unter dem Bilde der hl. Ve- nera zu Aci Reale ,Venerae Venerandae concivi etc.' an- geführt werden.

2. IV 29 p. 74, 13 hat E. Rohde (Rhein. Mus. XLIII 467) den Ausdruck ,fama porrecta' mit Recht als „sprachhch an- stössig" beanstandet. „So wenig wir sagen würden „der

1) Ueber Benützung des Apuleius bei Walahfrid Strabo: Traube, N. Archiv f. ä. d. G. XVIII (1893) S. 665. Zwischen Apul. apol. 92 p. 103, 5 Kr. jfloris rudimentum' und vita S. Gisleni 608 ,floris . . rudi- mentis' (Harster, IX vit. sanct. metr. p. 172J liegt wohl ein (poetisches?) Vermittlungsglied. Apuleius in alten Bibliothekskatalogen: Ma- nitius, Rhein. Mus. XLVIl Ergänzungsheft S. 73 f. Apuleius im späteren Mittelalter: Traube, 0 Roma nobilis S. 12 = Abhandl. d. bayer. Akad. I. Gl. XIX. Bd. S. 308. Auf eine Erwälmung des 'Anovlriiog als Zauberers bei Psellus (Bull, de corresp. hellenique I p. 131, 8; vgl p. 309) und den Artikel des Gualterus Burlaeus de Vit. et mor. philos. c. 58 p. 254 Knust (Blbl. d. lit. Vereins CLXXVII) macht mich Traube aufmerksam.

21*

324 Sitzung der philos.-philöl. Classe vom 4. November 1893.

erstreckte Ruhm", so wenig sagen die Lateiner ,fama por- recta', ohne einen Zusatz, welcher die Art der Erstreckuner (vgl. ,latius porrecta fama', Met. V 4) bezeichnet, oder die Richtung, die Grenzen derselben."^) Weniger gewichtig scheint mir das Bedenken, welchem nach Rohde im näm- lichen Satze die Worte ,insulas iam proxumas' unterliegen. Dieselben machen allerdings, nachdem bereits im vorher- gehenden erwähnt worden war, dass der Ruf von Psyches Schönheit ,iam proximas civitates et attiguas regiones per- vaserat' den Eindruck einer nicht eben nötigen Wiederholung und scheinen sich mit dem folgenden ,multi mortalium longis itineribus et altissimis maris meatibus .... conÜuebant' nicht völlig vereinbaren zu lassen. Aber die Forderung unentwegt geradliniger und streng logischer Gedankenentwickelung muss meines Erachtens dem Märchenerzähler gegenüber, auch wenn es der raffinierte Apuleius ist, hie und da herabgespannt werden, und wenn ich auf die von Rohde angeführte Paral- lele aus met. V 4 p. 81, 4 ,latiusque porrecta fama', auf Stellen wie Eugipp. vit. Sev. 21 p. 39, 5 Kn. ,fama eins latius excurrente', Amm. Marc. XIV 2, 20 ,haec ubi latius fama vulgasset', XXXI 3, 8 ,fama late serpente' (vgl. XVI 8, 8 ,latior fama') und auf die Neigung blicke, mit der das Adverbium ,latius' zu ,porrigere' tritt (vgl. Sali. Jug. 52, 6. Apul. met. X 18 p. 193, 14. Cypr. ad Don. 12 p. 13, 18 H. Novat. de trin. 30 [Patrol. III col. 946 A]. Amm. Marc. XXXI 15, 5. [Auson.] perioch. II. 18 p. 388 P.), so kann ich mich viel leichter entschliessen, den Ausfall von ,latius' (oder ,late') vor ,porrecta' anzunehmen, als Rohdes scharf- sinnig erdachter Aenderung ,insulas iam per extimas' (zu

1) Die stark ähnliche Stelle des Tacitus (ann. XII 36) ,fama eius evecta insulas et proximas provincias pervagata i^er Italiam quoque celebrabatur' kann nicht für die Ueberlieferung ausgespielt werden; denn hier regiert ,evecta' den Accusativ , insu las'; vgl. Gerber-Greef, Lex. Tac. s. v. ,eveho'.

Weyman: Studien zu Apuleius. 325

gunsten derselben könnte Amm. Marc. XV 9, 4 ,ab insulis extimis' angeführt werden) für ,insulas iam proxumas', die allerdings jeden sprachlichen und sachlichen Anstoss weg- räumt, beizupflichten. Die Worte ,sic immensum procedit in dies opinio', welche Rohde zu der Frage veranlassen „kann man es .iiumensum procedere' nennen, wenn die fama von dort [d. h. von Psyches Heimatstadt] zu den nächsten Inseln gelangt?", beziehen sich auf den gesamten Ausdehnungs- process, nicht blos auf seinen ersten Teil. Vgl. Amm. Marc. XXII 7, 10 ,timore eius adventus per finitimos longeque distantes latius explicato' und die ganz an die Sophisten- romane gemahnende ngooevxiq LdoEvid^ (Batiffol, stud. patr. I p. 40, 8) c. 1 y.al öiläoauev r^ g^r^iir] (vgl. Charit. I 1, 2; acta Xanthipp. et Polyx. 10; translatio Philippi 1 bei James, Texts and Studies 11 3 p. 65, 19 und 161, 2) tov y.d?Jovg at'rijg elg näoav rrv yi^v i-/.Eivrjv xat acog tcsqutcov Trjg olv.ov- f-iivr^g.

3. met. IV 29 p. 74, 22 wünscht Rohde a. a. 0. S. 468 „das allein in den Zusammenhang passende ,Veneris absentis nomen propitiatur', welches früher Vulgata war, wieder auf- genommen" zu sehen. Obwohl hiedurch eine angenehme Abwechselung erzielt würde (denn vorausgeht ,deae tantae numina placantur'), wage ich nicht von dem handschrift- lichen ,numen propitiatur' abzugehen. Vgl. Apul. met. II 31 p. 38, 1 ,deum Risum . . . propitiamus'; X 32 p. 202, 22 ,deam suam propitiantes' ; XI 2 p. 206, 6 ,vario cultu pro- pitiaris' (Isis); XI 9 p. 210, 25 ,siderum caelestium stirpem propitiantes'; XI 26 p. 222, 9 ,quae (Isis) summa cum vene- ratione propitiatur'. Val. Max. II 7, 7 ,numen tuum propitia- batur'. Plin. n. h. XV 135 ,propitiandis numinibus'. Amm. Marc. XVI 12, 52 ,propitiati numinis'; XIX 12, 12 ,propitiandi causa numinis' und besonders Vell. Pat. II 107, 2 ,quae (iuventus) cum vestrum numen absentium colat'.

4. met. IV 31 p. 75, 27 habe ich das überlieferte ,oras

326 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Nooember 1893.

refliii litoris' gegen Cornelissens Conjektnr ,o. r. liquoris' festgehalten, ohne zu wissen, dass auch Rohde (a. a. 0. 468) diese Vermutung vorgetragen hat. Zu meiner Freude ver- teidigt auch Rossbach (Berl. philol. Wochenschr. 1891, 1618) die allerdings „bedenkliche Hypallage" (Rohde a. a. 0.) als „eine der bei Apuleius nicht seltenen kühnen Metaphern" und erklärt „das Ufer, wo die Wellen zurückfliessen". Ich mache noch einmal auf met. III 3 p. 40, 14 aufmerksam, wo das ,vasculum . . . guttatim defluum', wie schon Georges erkannt, nichts anderes bedeuten kann, als ein Gefäss, in welchem das Wasser tropfenweise herabfällt. Prudentius cath. V 86 f. wage ich nicht als weitere Stütze heranzuziehen. Zwar bietet daselbst der altehrwürdige codex Puteanus (was Dresseis Apparat verschweigt) ,ut refluo in solo (,salo' die übrigen Handschriften^)) securus pateat te duce transitus' es ist vom Durchzuge des Volkes Israel durchs rote Meer die Rede , aber der Sprachgebrauch des Dichters, der cath. III 129 und perist. VII 65 mit ,solum' den Fuss be- zeichnet und hamart. 482 und perist. VII 69 das Epitheton ,refluus' dem Jordan beilegt, macht es mehr als wahrscheinlich, dass ,solo' den Schreibfehlern des Pateanus (vgl. Aem. Faguet, De Aur. Prud. Clem. carm. l}^-. Burdig. 1883 p. 29) beizu- zählen ist. Zu dem pleonastisch klingenden, aber in der That nicht pleonastischen Ausdrucke ,oras litoris' vgl. Tac. ann. II 78. Auson. epigr. 35, 1 p. 325 P. Mart. Cap. VI 669 p. 230, 16 E. (Plin. n. h. V 22, aus dem der letztere schöpft, hat nur ,ora').

5. met. IV 32 p. 76, 19 (Psyche) ,odit in se suam for- monsitatem'. Michaelis vermutet für ,in se' ,ipsa', ohne Grund: Vgl. Aug. in Job. ev. tr. XII 13 (Patrol. XXXV 1491) , oportet ut oderis in te opus tuum' und tr. LXXXVII 4 ,odit ergo in se naturam' (ib. 1854).

1) Die Variante jSalum-solum' auch Sednl. pasch, carm. III 223.

Weyman: Studien zu Apuleius. 327

6. met. V 1 p. 79, 16 hat bereits Rohde (a. a. 0. S. 468) voro-eschlagen ,beatos qui superbi (oder , süperbe') gemmas et monilia calcant', da das überlieferte ,snper' dem Sprach- gebrauche des Apuleius und der übrigen Autoren zuwider- laufe. So gefällig und sinnentsprechend (vgl. die bekannten Stellen: Sen. dial. V 35, 5; IX 1, 8; epist. 16, 8; 80, 7; 94, 56. Lucan. X 116 f. Plin. n. h. IX 114. Justin. XXXVIII 10, 3) die Aenderung ist, so unnötig ist sie. Denn wenn auch Apuleius sonst ,calcare' transitiv gebraucht, kann er nichtsdestoweniger sich einmal einer Wendung bedient haben, die, wie M. Petschenig, ohne gerade einen Beleg zur Hand zu haben, richtig gefühlt hat, dem Spätlatein wohl zugetraut werden darf (Zeitschr. f. d. österr. Gymn. XLII [1891] 747). Ich kann den vermissten Beleg beibringen. Die bekannte Stelle des Lukasevangeliums, cap. 10, 19, lautet in der Vul- gata ,ecce dedi vobis potestatem calcandi supra^) serpentes et scorpiones, et super (Wordsworth- White N. T. sec. Hieron. I 3 p. 379 haben auch hier ,supra'; s. aber ihren krit. App.) omnera virtutem inimici', während in den Citaten der Väter (Sabatier III p. 310) mehrfach entweder beidemale ,super' steht (so z. B. auch Cass. contr. Nestor. VII 20 p. 378, 5 P.), oder dieses mit ,supra' den Platz tauscht (so z. B. auch Ru- finus in der Uebersetzung von Origenes' neqi aqyßv IV 161 p. 333 Redepenning und Sedul. pasch, op. IV 14 p. 264, 13 H.).^)

1) Vgl. Coripp. Joli. V 514 f. .supraque cadavera calcant quadru- pedes'. Bei Lucan. VII 748 f. ,ire super gladios supraque cadavera patrum et caesos calcare duces' ist wohl ,ire . . supra c. p.' zu con- struieren. Ps.-Cypr. de sing. der. 37 p. 213, 12 ,supra spinas et tribulos nolite calcare' (v. ,super'); Tlirenus Seilae bei James, Texts and Studies 11 3 p. 182 ,conculcate supra virginitatem meam'.

2) An der entsprechenden Stelle des paschale carmen (IV 157 f.) verbindet Sedulius , calcare' mit dem Accusativus. Ebenso Zeno von Verona in seinem freien Citate tract. II 43, 2 p. 255 G.

328 Sitzung der phüos.-])hilol. Glasse vom 4. November 1893.

7. met. V 1 p. 79, 19 f. verwirft Rohde (a. a. 0. S. 469) in dem Satze ,ut diem suura sibi domus faciat licet sole nolente' die alte Verbesserung ,faciat' für das handschriftliche ,faciant', bezieht letzteres auf die eine Zeile vorher erwähnten ,parietes' und wirft ,domus' als irrtümlich aus Zeile 18 wieder- holt aus. Nach meiner Ansicht verliert die Stelle an Wir- kung, wenn der helle Goldglanz nur von den Wänden, statt vom ganzen Hause (vgl. V 8 p. 83, 5 ,doraus aureae') prä- diziert wird, und schliesst sich das unmittelbar folgende ,sic cubicula .... fulgurant' weniger gut an. Auch eine Stelle in den Predigten des Bischofs Zeno von Verona, der, wie ich später nachweisen werde, in den Metamorphosen des Apuleius belesener war, als es für einen Bischof gerade er- forderlich ist, spricht für die gewöhnliche Textgestaltung, nämlich tract. I 9, 3 p. 73 G. ,licet radient tibi pretiosorum lapidum discoloribus formis referta penetralia, gemat terra sub pondere argenti, auro ardens tota doraus pugnet sua flamma cum sole (der Herausgeber ,Sole'V) etc.' Vgl. auch Coripp. laud. Just. I 97 if. ,est domus interior .... luce sua radians .... conspicuo vitrei splendens fulgore metalli. dicere si fas est, rutili non indiga solis, vel Solls dicenda domus' und IV 115 f. ,extabat sedes auro gemmisque superba, lumen habens sine sole suum'.

8. met. V 10 p. 84, 11 habe ich das überlieferte Ad- verbium ,rarissimo' mit Recht festgehalten (ebenso Marx, Interpret, lat. p. XVII), aber irriger Weise apol. 12 p. 18, 12 ,rarissimo cuique philosophorum ignara' als Parallele ange- führt, wo ,rarissimo' natürlich Dativus^) ist (vgl. Tac. bist. II 84 ,rarissimus quisque'. Hilar. in ps. CXVIII Lamed 12 p. 463, 26 Z. ,rarus quisque est u. s. w.'). Einen sicheren Beleg bietet Macrob. somn. Scip. I 6, 51 (,rarisimo' Par.).

1) Ich habe mein Versehen alsbald in der Berl. philol. Wochen- schrift 1891, 385 berichtigt.

Weyman: Studien zu Apuleius. 329

9. met. V 21 p. 91, 2 ,maritus . . . altnm soporem de- scenderat' ist mir der Ausdruck ,soporem descendere' = ,in soporem descendere' auffällig erschienen, ohne dass ich des- halb die Präposition einzuschieben wagte. Meine Zurück- haltung war gerechtfertigt. 1. Die bekannte Salluststelle ,quod verbum in pectus Jiigurthae altius . . descendit' ^) (Jug. 11, 7) ist einer Reihe von Schriftstellern im Gedächtnis geblieben; vgl. z. B. Spart. Ant. Get. 6, 7 (I p. 181, 31 P.^) ,quod dictum altius in pectus Bassiani descendit' und den sog. Hegesippus,^) dessen eingeher.de Salluststudien F. Vogel nachgewiesen hat, I 36, 1 p. 65, 24 W. ,quod altius in pectus Herodis . . . descendit'. Auch Julius Valerius, dessen Vertrautheit mit Apuleius ich später aufzeigen werde, er- innerte sich der Stelle, aber er schrieb mit leiser Variation^) ,id cum altius animum Stasagorae descendisset' (II 1 p. 67, 13 K.). 2. Auch die heilige Schrift kommt abermals dem unheiligen Apuleius zu Hülfe, Ps. 106, 23 lautet die alte lateinische Version (z. B. Ijei Ambrosius; vgl. Sabatier 11 p. 215) in engem Anschlüsse an die LXX (o< -/.azaßaivovTsg eig i)o7xtooav iv nloioig) ,qui descendunt in mare in navibus'; in unserer Vulgata dagegen fehlt die Präposition vor ,mare'. Hiezu liefern uns noch die beiden lateinischen Hermasüber- setzungen eine Analogie. Sowohl die ältere Version (ed. Hilgenfeld Lips. 1873 p. 48, 13), als die jüngere palatinische (Patr. apost. opp. ed. Gebhardt etc. HI p. 93, 17) bieten mandat. VI 2 ,haec omnia (universa) cum ascenderint in cor

1) Vgl. Sen. rhet. contr. I praef. 18 p. 11, 8 M. ,quaecumque semel in animum eins descenderant'.

2) Gegen Vogels Ansicht, Hegesippus könne nicht mit Ambrosius identifiziert werden, wendet sich mit Glück M. Ihm, studia Ambro- siana p. 61 if. (XVII. Supplemenlbd. d. Jahrbb. f. Philo!.). Die Ab- handlung Rönschs über die Sprache des Werkes ist jetzt bequem zugänglich in den Collectanea philol. S. 32 ff.

3) Eine andere Variation bei Tac. ann. I 69.

330 Sitzung der philos.-philöl. Glussc vom 4. November 1893.

tuum' (i. c. t. a.), aber das freie Citat der Stelle in Rufins Uebertragung von Origenes tieol aqyojv (III 140 p. 283 R.) lautet ,si quando bonae cogitationes cor nostrnm ascenderint'. Im griechischen Originale des Hermas steht ^ravra navia orav eig z'qv y.aqdiav oov dvaßfi'; vgl. Gebhardt und Harnack zu vis. I 1, 8.

10. met. V 23 p. 92, 12 schreibt Crusius (De Babrii aetate p. 217 adn. 1 und mit ausführlicher Begründung Philol, XLIX 678 f.) ,ex osculis (cod. oculis) et manibus infelicissimae coniugis tacitus avolavit (Amor)'. In der That widerspricht ,oculis' dem Folgenden zu stark, als dass, woran ich früher gedacht, die überlieferte Verbindung als eine an das Formelhafte angrenzende (vgl. Liv. XXX 24, 10 ,ne tanta ex oculis manibusque amitteretur praeda'; Gegensatz Cic. Cluent.^) 19 ,res . . . oculis ac manibus teneretur'; vgl. Verg. Aen. XI 311. Fronto ad M. Caes. II 1 p. 26 N. Macrob. somn. Scip. II 1, 10. Sulp. Sev. epist. III 14 p. 149, 11 H. Baeda bist. eccl. III 16 p. 129 H.) entschuldigt werden könnte. Dagegen liegt für die von Crusius hergestellte Fassung eine schöne Parallele^) vor bei Gell. III 15, 3 ,in osculis (eine Handschrift , oculis') atque in manibus ßliorum animam ef- flavit'3) (Diagoras). Auch met. IV 31 p. 75, 26 und Tac. ann. XV 71 steht im Laurentianus unrichtig , oculis' statt , osculis'.

11. met. V 31 p. 97, 19 ,ut . . . quam ille diligit tu quoque perdere gestias'. Die Ueberlieferung ist sinnlos, da

1) Total falsches Citat bei Otto, Sprichwörter S. 211.

2) Vgl. auch Ps. Quint. declam. mai. IV 5 ,timui ne in oscnla mea plenasque . . . manus . . rueret'. Ebenda IV 20 ist vielleicht zu lesen ,cum bene in osculis (für , oculis') meis amplexibusque requiescas' (vgl. IV 22; V 12; X 1. 6; XIV 5. 9; XV 4. 9. 12; XVIII 3. 7); doch s. X 18; XVI 10.

3) Vgl. Auson. parenfc. XXIII 18 p. 44 P. ,illa manus inter gene- tricis et oscula patris occidit'.

Weyman: Studien zu Apulehis. 331

im Relativsatze sieh kein Begriff findet, der das quoque des Hauptsatzes rechtfertigt.^) Um einen solchen zu gewinnen, scheint es mir jetzt, nachdem ich früher an die Verdrängung eines Wortes wie ,deperit' durch die Glosse .diligit' gedacht hatte, am geratensten, vor letzterem ,perdite' einzuschieben, .perdite diligere' gebrauchen Arnobius (VI 13 p. 224, 23 R.) und TrebeUius Pollio (GalL duo 21,3. 11 p. 90, 9 P.i), ,per- dite amare' ist aus Terenz (Heaut. 97; Phorm. 82) und Catull (XLV 3; CIV 3) geläufig. Freilich erhalten w^ir auf diese Weise ein Wortspiel, das die logische Prüfung nicht aushält; denn derjenige, welcher ,perdite' Hebt, richtet nicht eine andere Persönlichkeit durch seine Liebe zu Grunde (,amando perdere- Hör.), sondern vergeht selbst aus Liebe (Plaut, mil. 1253 ,amore perditus'; vgl. Lorenz z. St.). Aber man ver- sündigt sich wohl nicht gerade an Apuleius, wenn man ihm einmal eine derartige Spielerei mit den blossen Wortgebilden zutraut. Wenn der Bischof Zeno von Verona I 5, G p. 50 von den noch heiratslustigen alten Weibern sagt ,quae ipsae cum pereunt, detestabili exemplo adolescentulas quoque perire compellunt', so will er vielleicht das erste ,pereunt' nicht blos ,de continentiae iactura', wie der neueste Herausgeber erklärt, sondern zugleich, was bei dem gegen die weiblichen , Schwächen' auch sonst nicht zu nachsichtigen Prediger'^) nicht überraschen würde, im erotischen Sinne aufgefasst wissen, wodurch eine ähnliche Parallelisierung der Begriffe

1) Die Erklärung ,tu (non soluiu non diligas, sed) quoque (= etiam, sogar) perdere gestias' kann ich nicht für zulässig halten; quoque in diesem Sinne bei Zeno I 4, 5 p. 41 ,Joseph . . clarus genere, clarior pulchritudine, morum quoque clarissimus probitate'V Im Mittel- alter erhielt , quoque' direct adversative Bedeutung; vgl. z. B.Petschenig ad Vict. Vit. p. 169. Christ dachte an ,quam ille dereliquit'.

2) Vgl. seinen beissenden Spott über die trauernde Wittwe, welche ,nimio dolore' sich eines anderen Gatten getröstet (1 16, 6 p. 123).

332 Sitzimg der philos.-pMlol. Glosse vom 4. Noveviher 1893.

„vor Liebe vergehen" und „verderben" erzielt würde, wie ich sie bei Äpuleius angenommen habe. ,Pereo' in erotischem Znsammenhange, aber ohne den ausdrücklichen Beisatz von ,amore' z. B. Apul. met. II 10 p. 24, 10. Zum Wortspiele mit ,perdere' und ,perdite' als solchem kann eine Stelle aus dem 20. Sermo des hl. Bernhard von Ciairvaux über das Hohe Lied (S. 56, 19 der Auswahl von 0. Baltzer in Krügers Sammlung ausgewählter kirchen- und dogmengeschichtlicher Quellenschr. Heft VII. Freiburg i. B. 1893) ,quos vivendo perdidi, quia perdite vixi' verglichen werden.

12. met. VI 1 p. 98, 7 ist überliefert ,tanto cupidior iratum licet si non uxoriis blanditiis lenire, carte servilibus precibus propitiare'. Daran ist, wie ich leider erst spät erkannt habe, kein Wort zu ändern. Freilich liegen die Belege für den Pleonasmus ,licet si' nicht an der breiten Heerstrasse! Vgl. die (einer genaueren sprachlichen Unter- suchung würdige) lateinische üebersetzung des von Theodor von Mopsvestia, dem berühmten Vertreter der antiochenischen Exegetenschule, verfassten Commentares zu den Paulusbriefen (herausgegeben von Swete, Cambridge 1880 f. 2 voll.) I p. 197, 12 ,licet si et aliqua alia sint'; I p. 202, 18 ,licet si in vinculis'; II p. 53, G ,licet si et rare'. Ebenso findet sich , licet etsi' verbunden in den Berner Schollen zu Luc. VIII 153 p. 261, 14 Us. und im cod. Lond. Add. 11880 der passio apostolorum Petri et Pauli bei Bonnet-Lipsius, acta apostolorum apocrypha vol. I p. 225, 15.

13. met. VI 11 p. 104, 11 ,oves ibi nitentes aurivecole florentes incustodito pastu vagantur'. So lautet die sinnlose Ueberlieferung der schwierigen Stelle, welcher die inter- polierten Handschriften durch die Schreibung ,aurique colore', Luetjohann durch die Conjektur ,nitentis auri decore', die ich provisorisch in meinen Text aufgenommen habe, aufzu- helfen suchten. Die ersteren haben meines Erachtens inso- fern Recht, als in dem handschriftlichen ,cole' schwerlich

Weyman: Studien zu Apuleius. 333

etwas anderes stecken kann als ,coIore'. In ,nitentes' aber kann icli nichts anderes erblicken, als eine in den Text ge- drungene Glosse zu ,flürentes' ; denn ,florere' im Sinn von „glänzen"^) ist sicher der seltenere und erklärungsbedürftigere Ausdruck.^) Ich möchte somit als die ursprüngliche Lesart betrachten ,oves ibi aureo^) colore florentes incustodito pastu vagantur'. ,aureus color' steht bei Apiüeius auch met. 11 8 p. 22, 27, und von einem Schafe wird die goldene Farbe auch bei Tarquitius (Macrob. sat. III 7, 2) prädiziert. Für , colore florere' liegt eine Parallele vor in der Schrift de mundo 4 p. 109, 13 G. , (terra) infinitis coloribus floret', die zugleich lehrt, wie unwahrscheinlich die von Koziol befür- wortete Construktion ,florentes (= laeti) i. pastu' ist. Gegen letztere spricht auch die schon in meiner Ausgabe beige- brachte Stelle met. V 25 p. 93, 10 ,vago pastu'; vgl. auch Ps. Quint. declam. mai. XIII 17 ,animalia per pastus vaga'; Suet. Caes. 81 ,greges . . . vagos et sine custode'; Prud. cath. VII 167 f. ,ne vagum pecus contingat . . gramina'.

14. met. VI 15 p. 106, 9 hält Rossbach a. a. 0. 1620 mit Recht an dem überlieferten ,primi Jovis' fest, obgleich die Aenderung ,supremi J.' durch eine Parallele bei Apuleius selbst und zahlreiche Stellen der Komiker (Plaut. Amph. 1127; Capt. 426. 973; Men. 1114; Most. 348; Pseud. 607; Ter. Ad. 196; vgl. Porph. zu Hör. carm. I 21, 3) empfohlen wird. Vgl. ausser den von Rossbach angeführten Stellen Interpr. Iren. I 21 (I p. 211 Harvey) ,non a primo deo factum esse

1) Vgl. Oehler zu Tert. apol. 11 (I p. 158) ,candore florere' Hilar. in ps. LXVIII 1 p. 313, 21.

2) ,aureo colore renitere' (von Trauben) finde ich bei Ambros. hex. III 12, 52; ,aureo colore fulgere' (von ,maculae') bei Plin. nat. bist. IX 76, und (von der ,pupilla' eines Edelsteinn) ib. XXXVII 149; vgl. VIII 137; XIV 15. Mart. Cap. VI 581 p. 197, 1.

3) Wölfflin zieht aus paläographischen Gründen ,auri colore' (,ve' durch falsch eingesetztes ,re' entstanden) vor.

334 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 4. November 1S93.

mundum'; 11 1, 2 (I p. 252); II 2, 1 (p. 254); II 4, 5 (p. 263); II 5, 1 (p. 265); 11 7, 2 (p. 271) u. Arnob. II 6 p. 52, 3 ,sapientiam hominis stultitiam esse apud deum primum' (nach I. Cor. 3, 19, wo aber nur naga t(7) Oeu) steht); II 29 p. 72, 17 ,tam se esse immortalem quam ipsnra deum primum; II 72 p. 107, 2 ,omnipotens et primus deus'; III 2 p. 112, 22 ,satis est nobis deus primus, deus, inquam, primus'. Auch II 52 p, 89, 17 ,nec ad deum primum nativitatis eorum referatur auctoritas' muss doch wohl .deum primum' im Sinne von ,deum principem', wie Arnobius wiederholt schreibt (vgl. Reifferscheids Index p. 338 b) gefasst werden.

15. met. VI 19 p. 109, 6 ,recalcans priora vestigia'. Dies die Marginallesart von F, während der Context ,recolens p. V.' (irrig Rohde a. a. 0. 470) bietet. Als neuen Zeugen für die Richtigkeit der ersteren kann ich jetzt den Apuleius- leser Zeno von Verona anrufen; vgl. tract. II 47 p. 265 ,sua recalcaus . . vestigia dies . . advenit'. S. auch Vibius Gallus bei Sen. rhet. contr. X 1 (30), 1 p. 457, 9 M. ,non calcabis vestigia mea'.^)

16. met. VI 22 p. 110, 23 hält Juppiter dem Amor vor, dass er ihn ,in serpentes, in ignes, in feras, in aves et gregalia pecua' verwandelt habe. Ich glaube jetzt alle Be- denken, die man gegen ,ignes' geltend gemacht hat, besei- tigen zu können. Apuleius dachte allerdings nicht an den obscuren Mythus von der Asopide Aegina (Kohde, Rhein. Mus. XXX 275), wohl aber an das Semeleabeuteuer. Das- selbe wird in der Aufzählung der araores des Zeus bei Ps. Clemens recogn. X 22 p. 232 Gersdorf mit den Worten er- wähnt ,SemeIem Cadmiam mutatus in ignem' (ütupravit), und im griechischen Texte der Apologie des Aristides, den

1) An sich würde natürlich ,vestigia recolere' keinem Bedenken unterliegen. In übertragener Bedeutung gebraucht es Aug. conf. I 7, 12 ,cuius (temporis) nulla vestigia recolo'.

Weyman: Studien zu Äpuleius. 335

uns die Geschichte von Bai-laam und Joasaph aufbewahrt hat, lesen wir 7raQeiaayoioi yccQ tovtov (den Zeus) /.lexa- l.iOQ(povf.isvov eig 'AEoavvov ttqoq ^ei-ulrjv (Boissonade Anecd. IV p. 245 ^= J. Armitage Robinson, Texts and Stadies I 1 [Cam- bridge 1891] p. 105). Der syrische Uebersetzer (Schönfelder, Tüb. theol. Quartalschr. LXXIV 543; Raabe in Gebhardts und Harnacks Texten und Untersuchungen IX 1 [2. Ab- handlung] S. 11) des Aristides hat Seraele mit Selene ver- wechselt.

Ich lasse noch einige Bemerkungen zu Stellen des Äpu- leius, die nicht der Psychefabel angehören, folgen.

17. met. IV 27 p. 73, 4 ,visa sum mihi de domo, de thalamo, de cubiculo, de toro denique ipso violenter extracta' habe ich S. 46 meines Programms ,de cubiculo' als Glosse zu ,de thalamo' ausgeschieden; vgl. Corp. gloss. IV p. 181, 14; 397, 6; 572, 6 ,talamus (talamum) cubiculus (cubiculum) sponsi et sponsae'; Apul. met. IV 26 p. 72, 15 ,contubernio donmsculae, immo vero cubiculi toriqne'; Ps. Quint. declam. min. CCCXLVII p. 368, 12 R. ,in eadem domo, in eodem cubiculo, in eodem lecto'; Hieron. epist. XXII 14 (Patrol. XXII 403) ,eadem domo, uno cubiculo, saepe uno tenentur et lectulo'; Tert. de res. carn. 16 (II p. 487 Oehl.) ,gladium . . . quis nou a domo tota, nedum a cubiculo, nedum a capitis sui officio (d. h. ,a cervicali' nach Rigaltius) relegabit?' Plin. epist. IX 7. 4 (possis) ,ex hac (villa) ipse piscari hamumque de cubiculo ac paene etiam de lectulo . . . iacere' (paneg. 83. Tac. bist. IV 24. 77; ann. I 9).

18. met. VII 26 p. 132, 10 hat Traube für das ver- kehrte ,nec uspiam ruris aperitur ille' (puer) geschrieben ,n. u. r. comparet i.' (Wochenschr. f. klass. Philol. 1891, 688). Damit ist die gewöhnliche Äusdrucksweise^) hergestellt, deren

1) Sammlungen bei C. F. W. Müller, Plautinische Prosodie S. 514 A. 1; Prellei-JordLin, Rom. Mythol. 1=^ S. 95 ff.; M. Bonnet, Le latin

336 Sitzung der %iJnlos.-pM6l. Classe vom 4. November 1893.

auch Apuleius sich wiederholt (vgl. met. I 13 p. 8, 27; VII 2 p. 118, 4; VIII 21 p. 147, 24; X 15 p. 191, 5 und be- sonders fior. 16 p. 21, 12 ,nec Phileraon uspiam comparet') bedient hat. Nun liegt aber der Ueberliefernng die Besse- rung ,reperitur' entschieden näher, und da sie gleichfalls durch den Sprachgebrauch gestützt werden kann (vgl. met. IX 30 p. 173, 14 ,nec uspiam reperta illa muliere'; flor. 7 p. 7, 20 ,si quis uspiam reperiretur'; 14 p. 16, 8 ,neque formonsiorem uspiam gentium . . invenire'),^) so dürfte sie wohl den Vorzug verdienen.

19. met. XI 1 p. 205, 17 ,ipsa etiam corpora terra caelo marique nunc incrementis consequenter augeri, nunc detri- mentis obsequenter imminui' will A. Engelbrecht (Unter- suchungen über die Sprache des Claudianus Mamertus S. 24 f. = Sitzungsber. d. Wien. Akad. phil.-hist. Cl. CX 444 f.), ohne einen Anhalt an der üeberlieferung zu haben ,detri- mentis' durch ,decrementis' ersetzen. „. . wer die Stelle ge- nauer betrachtet . . ., wird durch das Wortspiel ,consequenter- obsequenter' hinlänglich belehrt, dass der Schriftsteller wohl auch ,decrementis' wegen des Gleichklanges mit dem voraus- gehenden ,incrementis' absichthch schrieb." Hier trifft Engel- brecht der nämliche Tadel, den Rossbach (a. a. 0. 1G17) gegen meine Behandlung von met. IV 29 p. 74, 17 ausge- sprochen hat, dass er sich „durch das Homoioteleuton zur Auf- nahme seiner Konjektur" hat „verleiten lassen".^) Während

de Gregoire de Tours p. 255; Rönsch, Collect. S. 128; Lipsiua, Acta apost. ap. I p. 311.

1) Aug. civ. dei YlII 11 p. 338, 14 D.2 ,nescio utrum hoc uspiam reperiatur'.

2) Paul Lejay, Revue critique 1891 vol. II p. 447 zählt dagegen meinen daselbst gemachten Vorschlag (,praetermeantur' für ,prae- feruntur'j zu den ,conjectures . . fort heureuses'. Die gegen die näm- liche Vermutung gerichtete Bemerkung des Recensenten im Lit. Centralbl. 1891, 724 beruht, wie mir derselbe alsbald persönlich mit- geteilt hat, auf einem Versehen.

Weyman: Studien zu Äpuleius. 337

es sich aber in letzterem Falle um eine kritisch offene Stelle handelt, lässt sich der von Engelbrecht behelligte Satz auch durch Parallelen als vollkommen richtig überliefert erweisen. So schreibt Äpuleius in einem nicht minder ebenmässig ge- bauten Satze ,lunae vel nascentis incrementa vel senescentis dispendia'^) (flor. 18 p. 31, 5), und ebenso lässt er de deo Socr. 1 p. 5, 15 ,pari incremento' und ,paribus dispendiis' sich entsprechen.^) Auch Apollinaris Sidonius, ein dem Äpu- leius ebenbürtiger Phrasenkünstler, begnügt sich in einem sehr pointierten Satze mit der Gegenüberstellung der ,in- crementa' und ,detrimenta'^) (scientiae; epist. IV IG, 2 p. 67, 21 L.). Was ferner die von Engelbrecht herangezogene Stelle des Ps. Cyprianus de spect. 8 (III p. 11, 13 H.) ,globum lunae temporum cursus incrementis suis detrimentisque sig- nantem' betrifft, so bietet nach meinen Notizen der wichtige cod. Par. 1658 (Z) nicht ,decrementis', sondern ,detrimentis'*) (vgl. den kritischen Apparat zu Gell. III 10, 11 und über ,recrementum-retrimentum' Keil Comment. in Varr. r. r. p. 126). Liegt somit kein ausreichender Grund vor, bei Äpuleius zu ändern, so geht es noch viel weniger an, „mit

1) Vgl. Plin. n. h. XIV 57.

2) Aehnlich die Entsprechung von ,coiiipendium' und ,detri- mentum' bei Arnob. II 61 p. 97, 9; dagegen II 64 p. 100, 5 ,con- pendii aliquid dispendiive'.

3) Dieser Gegensatz ist überhaupt ein feststehender; vgl. Novat. trin. 4 (Patrol. III 893 B). Hilar. in ps. LXIX 4 p. 343, 24 Z. Auim. Marc. XIV 11, 26. Passio Ferreoli 2 (acta mart. p. 490 ed. Ratisb.). Macrob. soran. Scip. I 11, 12. Greg. Magn. hom. XL 11. Mart. Cap. VII 731 p. 258, 5.

4) Vgl. Archiv VIII 10. Hilar. in ps. LXVIII 29 p. 838, 1. Ps. Clem. recogn. (vers. Ruf.) VIII 40 p. 145 G. verbindet ,augraentis detrimentisque' (,incrementis frugum' geht unmittelbar vorher), Lact, inst. II 5, 18 p. 117, 12 Br. ,incrementa deminutionesque' (lunae); vgl. Faust. Rei. epist. 8 p. 209, 9 E. Macrob. somn. Scip. I 2, 20. Mart. Cap. VII 760 p. 274, 7. ,cremento vel detrimento' schol. in Lucan. X 212 p. 324, 27 Us. ,crementa decrementa' Tert. an. 25 p. 341, 21 R.

1893. Philos.-pLilol. u. bist. Cl. II. 3. 22

338 Sitzung der pUlos.-pJdlol. Classe vom 4. Nooembcr 1893.

Bezug auf Äpul. met. XI 1" das bei Claudianus Mamertus II 12 p. 149, 4 E. überlieferte Jnnaris globi per incrementa ac detrimeiita' anzutasten. Ob Dombart ganz in seinem Rechte war, als er bei Äug. de civ. d. V 6 p. 198, 29* dem von drei nicbt interpolationsfreien Handschriften gebotenen ,detrimentis' den Vorzug vor dem von Dübner (aus seinen Pariser Handschriften?) aufgenommenen ,decrementis' ein- räumte, lässt sich ohne ausgedehntere Beobachtungen über Augustins Sprachgebrauch schwerlich entscheiden.

20. de mundo 22 p. 123, 12 steht in Goldbachers Text ,micant imbres, ignes rumpuntur'. Ich weiss nicht, ob schon jemand darauf aufmerksam gemacht hat, dass ,ignes' und ,imbres' ihren Platz zu wechseln haben. Vgl. 34 p. 131, 11 ,abruptis imbribus' und Z. 15 ,incendia de nubibus emicarunt'. Macrob. somn. Scip. I 22, 9 ,aer . . . abrumpit imbres'. Verg. Aen. XI 548 f. ,tantus se nubibus imber ruperat'. Ambros. hex. II 3, 16; VI 4, 20. Ich benütze diese Gelegenheit, um mich denjenigen Forschern anzuschliessen , welche die bisher gegen die apuleianiscbe Herkunft der Schrift ,de mundo' vorgebrachten Argumente nicht für durchschlagend erachten; vgl. Rohde, Rhein. Mus. XL 87 Anm. 1; M. Hertz, Gellius, ed. mai. II p. V*; Schwabe bei Teuffei IP 925; R. Büttner, Porcius Licinus S. 113. Das Zeugnis des Au- gustinus, der sich für Apuleius lebhaft interessierte, die An- rede an Faustinus (vgl. de dogm. Plat. II 1 p. 80, 14) mid die mehrfach hervortretende römische Lokalfärbung (ebenso in den Metamorphosen) sind doch sehr beachtenswerte Mo- mente, und das Gewicht der sprachlichen Differenzen^) ver- ringert sich, wenn man erwägt, dass es sich um eine Ueber- setzung handelt. Es fehlt übrigens nicht an Einzelheiten, welche an den originalen Apuleius gemahnen:

1) Auch zwischen de dogmate Piatonis und den übrigen Schriften des Apuleius besteht bekanntlich ein bedeutender sprachlicher Unter- schied.

Weyman: Studien zu Äpuleiiis. 339

,ceterum' = sonst (1 p. 106, 22; vgl. met. V 5 p. 81, 14 u. ö.); ,stellarnm choros' (1 p. 107, 11; 29 p. 127, 31; vgl. raet. VI 19 p. 109, 6); ,circulus signifer' (1 p. 107, 29; vgl. met. XI 26 p. 222, 12); ,coloribus floret' (4 p. 109, 13; vgl. met. VI 11 p. 104, 11 und oben S. 333); ,mutui nexus' (5 p. 109, 27; vgl. met. I 1 p. 1, 5; III 18 p. 49, 18; de dogm. Plat. I 7 p. 68, 19); ,prosatus' (12 p. 115, 3; vgl. de dogm. Plat. I 1 p. 63, 7; Archiv VIII 199); ,ad instar' (16 p. 118, 5; 29 p. 128, 4; 32 p. 130, 8; vgl. Bursfan, Münchener Sitzungsber. 1881, 127 Anm. 1); ,Ditis spiracula (17 p. 119, 17; vgl. met. VI 18 p. 107, 29. Verg. Aen. VII 568); ,quod res est, fateantur' (19 p. 121, 6; vgl. p. 121, 10; met. X 16 p. 191, 23; X 24 p. 197, 15 u. ö.); ,lunae globo' (21 p. 122, 8; vgl. de dogm. Plat. I 10 p. 71, 20); ,quid, oro te' (22 p. 122, 26; vgl. met. V 31 p. 97, 20); ,obiti' = ,mortui' (23 p. 123, 30; 35 p. 132, 28; vgl. de dogm. Plat. II 22 p. 98, 3^)); ,opem salutis adferre" (25 p. 125, 4; vgl. met. V 5 p..81, 21; V 19 p. 97, 20); ,pro- vinciam nacti' (26 p. 126, 4; vgl. de deo Socr. 6 p. 11, 8 ,ut est cuique tributa provincia' ; met. VI 21 p. 110, 8; IX 17 p. 165, 18); ,animae oculis' (30 p. 128, 16; vgl. de dogm. Plat. I 6 p. 67, 27. Gomperz, Die Apologie der Heil- kunst S. 145).

1) Bei Georges ist diese Stelle unter ,obitus, us' wegen des „ungew. Genit. obiti" angeführt.

22*

340 Sitzung der iMlos-pUlol. Classe vom 4. November 1893.

IL Zum Fortleben des Apuleius.

1. Dass Tertullian von Karthago die Schriften des Ma- daurensers gekannt habe, ist von vorneherein wahrscheinlich; dass er in seinen eigenen Werken Kenntnis derselben verrate, sreht zwar nicht aus den Zusammenstellungen von Ernst Nöl- dechen, Tertullian (Gotha 1890) S. 10 Anm. 1 und nur zum geringsten Teile aus den von J. Van der Vliet, Studia eccle- siastica. Tertullianus I. critica et interpretatoria (Lugd. Bat. 1891) p. 13 sqq., wohl aber aus gelegentlichen Bemerkungen Oehlers in seinem Commentare hervor. Ich glaube an (in ihrer Gesamtheit: vgl. Cic. nat. deor. II 163) beweiskräftigen Parallelen anführen zu dürfen:

Tertullian. Apuleius.

apol. 25 (I p. 224 Oe.) teme- d. deo Socr. prol. p. 2, 14 la-

raria de cespite altaria. pides temerario interiectu poni

(Oehler).

ad. nat. I 16 (I p. 339 = I met. X 23 p. 196, 19 nequo

p. 87, 16 R.) iilios . . quos pa- casu . . . nescius nesciam so-

rentes aut alii filii incursent rorem incurreret. (obscön).

de pud. 14 (I p. 824 = I met. V 30 p. 97, 7 quas (pin-

p. 250, 7 R.) Paulum . . . tan- nas) . . neetarei fontis infeci

tae levitatis inficeres. (Oehler).^)

1) So gut wie diese singulare Construktion von ,inficere' (im nämlichen Sinne gebraucht Sulp. Sev. dial. I 4, 6 p. 156, 21 H. ,fati- gare' neben ,notare' [dial. I 9, 2 p. 160, 21; Aug. epist. 197, 5. Patrol. XXXIII 901] und dem gewöhnlichen ,arguere' [dial. II 8, 2 p. 189, 18]) wird man wohl auch afficere mit Genetiv beim Verf. des Constantin- romanes p. 12, 9 f. H. belassen müssen (gegen Thielmann, Ueber Sprache u. Kritik d. lat. Apolloniusrom. S. 62 und Fürtner, Bl. f. d. b. Gymn. XVII 350).

Weyman: Studien zu Apuleiiis.

341

de virg. vel. 9 (I p. 896) virgo

vidua.

de pall. 3 (I p. 927) follicans

ruminat (chamaeleon).

de pall. 4 (I p. 940) digito

destinare et nutu tradere.

de pall. 5 (I p. 949) si quid calceatus inducitur.

adv. Marc. I 15 (II p. 64) nihil . . non inaius est id.

adv. Marc. II 2 (II p. 85) omnifariam nosse.

de carn. Christi 23 (II p. 462) mater ante quam nupta.

met. IV 32 p. 76, 17 virgo vidua; vgl. apol. 69 p. 80, 7. met. IX 13 p. 162, 21 foUi- cantes nares (Oehler). met. II 30 p. 37, 20 directis digitis et detortis nutibus . . denotor; III 12 p. 46, 14 om- nium . . nutibus ac denique manibus denotatus (Oehler); vgl. XI 16 p. 214, 20 digitis hominum nutibusque notabilis. met. II 28 p. 35, 23 (iuvenem) pedes palmeis baxeis inductum; vgl. VII 8 p. 121, 28 »j (Kronen- berg, Ad Apul. Mad. p. 25); VIII 27 p. 151, 23; IX 21 p. 167, 10; XI 8 p. 210, 1; flor. 9 p. 10, 19 (Van derVliet). met. I 18 p. 12, 3 nihil non . . iugulum . . dolui; vgl. meine Ausg. S. 37.

de deo Socr. prol. p. 1, 5 ut me omnifariam noveritis (Van der Vliet).

apol. 76 p. 86, 21 vidua ante quam nupta (Hieron. epist. XXII 13 [Patrol. XXII 401]).

Einige andere üebereinstimmungen dürften sich ans der Apuleius und Tertnllian gemeinsamen Vorliebe für Ausdrücke und Anspielungen, welche in die Rechts- oder Kanzleisphäre fallen, erklären. Hieher rechne ich:

1) Es ist nicht ausgemacht, ob Kronenberg berechtigt ist, an dieser Stelle nach Analogie der übrigen ,calceis inductus' statt ,c. in- dutus' zu schreiben. Der ältere Plinius z. B. gebraucht neben ,cal- ceum . . inductum' (II 24) ,calciamentum . . . induatur' (XXVIII 38; vgl. XXXIII UO; XXXVII 17). Vgl. auch Cic. inv. II 149 und de or. III 127.

342 Sitzung der liliilos.-philol. Classe vom 4. November 1893.

apol. 7 (I p. 138) cum vel ex forma omnibus mysteriis silentii fides debeatur; vgl. Oehler zu de idol. 18 (I p. 99). de fuga in pers. 1 (I p. 462) ne a praesenti articulo avo- vgl. Oehler z. St.

cemur

adv. Marc. V 1 (II p. 274) quem in albo apostolorum . . non deprebendo.

adv. Valent. 31 (II p. 415) credas . . leges quoque Julias intervenire (ironisch), de anim. 37 (11 p. 618 = I p. 364, 1 R.) idonee.i)

met. YII 25 p. 131, 20 consue- tus ex forma concidi fustibus.

de dogm. Plat. II 8 p. 87, 1 civilis articuli umbram (nach Plat. Gorg. p. 463 D. nolizi- -/r;g /lioqiov el'dioXov); Lipsius wollte ohne genügenden Grund (nach der Wiedergabe der pla- tonischen Worte bei Quint. i. o. II 1 5, 25 und Amm. Marc. XXX 4, 3) ,particulae' schreiben, met. VI 23 p. 111, 3 dei con- scripti Musaruni albo; vgl. Heu- mann, Handlexikon zu denQuell. d. röm. Recht. S. 27^. Sedul. pasch, carm. I 347 f. Ennod. XLIV 3 p. 45, 14 V. met. VI 22 p. 110, 22 con- traque leges et ipsam Juliam (ironisch).

met. IV 28 p. 73, 26; flor. 16 p. 22, 1 2 idonee. Belege aus den Rechtsquellen bei Thielmann, de serm. propr. quae leg. ap. Cornif. etc. p. 55, welcher be- merkt: .videtur inihi in Juris- consultorum sermone adverbium male sonans , idonee' sollemnem suum locum et antiquitus ha- buisse et diu servasse'. Später noch z. B. bei Cassian. inst. V 1 p. 82, 3 P. Boet. de trin. 5 p. 162; ine. contr. Eut. et Nest. 7 p. 214 Peip. Greg. M. hom. III 3.

1) Auch der Tertullian (vgl. Oehler zu adv. Marc. II 29 [II p. 121]), Apuleius (vgl. met. V 5 p. 81, 14; 19 p. 89, 25 u. ö.) und den Juristen (vgl. Heumann, Handlex. S. 67") gemeinsame häufige Gebrauch von ,ceterum' = ,alioquin' verdient Erwähnung.

Weyman: Studien zu Apuleius. 343

de anim. 56 (II p. 644 = I apol. 98 p. 108, 22 investem

p. 390, 9 R.) puer investis vesticipem.

vesticeps.

Endlich werden mehrere Tertulliaustellen, die vielleicht auf Apuleius zurückgehen, gelegentlich der Vergleichung von Apuleius und Zeno, welch letzterer sowohl den Madaurenser als den Karthager benützt hat, erwähnt werden.^)

2. Dass der Uebersetzer des Pseudo-Kallisthenes (Aesop), Julius Valerius, viele sprachliche Berührungen mit Apu- leius aufweist, hat bereits G. Landgraf in einem gehaltreichen Aufsatze (Zeitschr. f. d. österr. Gymn. XXXIII [1882] 429 tf.), in welchem er die afrikanische Herkunft des Schriftstellers sehr wahrscheinlich macht (zurückhaltend Kubier praef. p. IX), dargelegt. Man darf aber weiter gehen und Apuleius als eine der stilistischen Quellen des Julius Valerius bezeichnen. Auch der sog. Hegesippus und Dictys Cretensis haben eine griechische Grundschrift bearbeitet und dabei zahlreiche sprachliche Entlehnungen aus lateinischen Schriftstellern ge- macht (vgl. Krumbacher, Bjz. Zeitschr. II 163 f.), und dem lateinischen Bearbeiter des Alexanderromans musste es zudem

1) Ich will TertuUian nicht verlassen, ohne zu bemerken, dass ich mich zur Ansicht jener Forscher neige, welche den Kirchenschrift- steller mit dem Juristen gleichen Namens identifizieren. P. Krüger unterschätzt den juristischen Faktor in TertuUians Schriftstellerei gewaltig, wenn er bei ihm nur „eine gewisse Rechtskenntniss" hervor- treten lässt (Gesch. d. Quell, u. Litt. d. röm. R. S. 203 Anm. 99). TertuUians gesamte Theologie ist, wie besonders Harnack zu Eingang des dritten Bandes seiner Dogmengeschichte dargelegt hat, auf juri- stischer Grundlage aufgebaut. Dass die Frage „lediglich auf Grund sprachlicher Untersuchung entschieden wei'den" könne, wie neuer- dings K. J, Neuraann, Der röm. Staat u. die allgem. Kirche I 110 Anm. 3 geäussert, halte ich bei dem äusserst geringen Umfange und rein technischen Charakter der in den Pandekten erhaltenen Bruchstücke für unmöglich. Vgl. auch die Bemerkung von W. Kalb, Juristenlat. S. 78 A. 1^.

344 Sitzung der iMlos.-pMol. Classe vom 4. November 1893.

sachlich naheliegen, ein Werk wie die Metamorphosen des Apuleius in Contribution zu setzen. Selbstverständlich ist im folgenden die tüchtige Ausgabe von Bernhard Kubier (Lips. 1888) zu Grunde gelegt.

Julius Valerias. I 1 p. 1, 29 magno risu disso- lutus est.

I 3 p. 3, 5 consule super cu- pitis; vgl. 5 p. 10, 17; II 4 p. 69,12; 29 p. 98,24; III 2 p. 113, 3; 32 p. 140, 21 pe- titis adnueret (Itin. Alex. 53 referunt cupita).^) I 3 p. 3, 5 et cum verbis. I 7 p. 14, 12 et cum dicto; Ygl. I13p.24, 16; 50 p. 61,9; III 38 p. 146, 4. I 13 p. 24, 1 et una cum dictis. I 16 p. 27, 8 cum bis dictis; vgl. 18 p. 28, 24; II 20 p. 82, 5; III 40 p. 147, 12. I 30 p. 39, 15 et bis dictis; vgl. 34 p. 45, 18.

I 43 p. 54, 17 fuga facessunt.

Apuleius.

met. III 7 p. 43, 8 Milonem risu raaximo dissolutum; vgl. X 15 p. 191, 18 risu maximo dirumpuntur (Otto, Sprichw. S. 301. Arch. f. Lexikogr. YIII 408 f.).

met. V 6 p. 81, 32 cupitis ad- nuat; vgl. 23 p. 92, 10; IX 18 p. 165, 29.

met. I 6 p. 4, 16 et cum dicto; vgl. 16 p. 10, 22; 17 p. 11,13; p. 12, 6; 22 p. 14,0; 11 5 20, 12; 10 p. 24, 7; 15 27, 10; 24 p. 33, 7; 28 35, 22; III 13 p. 40, 25; 15 p. 47, 21; VI 21p. 109, 27; YII 28 p. 133, 25; YIII 19 p. 146, 22; IX 7 p. 159, 5; X 22 p. 195, 22. YI 21 p. 110, 10 bis dictis. III 14 n. 47, 16 cum isto fine ser- monis; vgl. lY 7 p. 60, 23. met. lY 20 p. 68, 17 fuga facesso.

1) Die wenigen dem Itinerarium Alex., welches man dem Julius Valerius , nicht ohne Wahrscheinlichkeit wegen auffälliger sprach- licher Uebereinstimmung . . beigelegt" (TeufFel-Schwabe IP S. 1040) entnommenen Stellen sind nach der Ausgabe C. Müllers (hinter dem Didotschen Arrian p. 155 ff.) citiert.

Weyman: Studien zu Apuleius.

345

I 4 p. 5, 20 cum te lectulo

conlocaris.

14 p. 5, 22 explora vultus

illos.

I 4 p. 6, 31 onere (von der

Leibesfrucht).

I 4 p. 9, 4 cum auribus . .

usurpasset; 8 p. 15, 3 ocuHs

usurpare.

I 4 p. 9, 23 promptum os porri-

gebat (draco zum Zeichen seiner

,lubentia').

I 5 p. 10, 23 infit . . docere.

16 p. 11, 18 cursus astrorum

motusque elementorum.

I 7 p. 12, 16 filo pulcherrimus.

17 p. 14, 18 Philippus ad illum.

SIC

18 p. 15, 6 easquo (Stellas) in coeli choro lucentes; III 37 p. 145, 8 stellasque . . . cae- lestem chorum agere.

I 8 p. 15, 11 praeceps ho- minem adpellens inipulsu im- proviso praecipitat.

met. II 6 p. 21, 17 (te) blande lectulo collocavit. met. V 11 p. 85, 19 meos ex- plorare vultus; vgl. apol. 15 p. 21, 20.

met. I 9 p. 6, 18 onere (von der Leibesfrucht), de deo Socr. 1 p. 5, 8 visu usurpamus; 20 p. 22, 14 vocem . . auribus . . usurpatam; p.23, 1 non modo auribus . . verum etiam oculis . . . usurpasse (Plaut. Gas. 631 G.-Sch.; Lu- cret. I 301. Paneg. XII 2 p. 272, 12 B.). met. VII 11 p. 124, 3 promptis saviolis adlubescebat.

met. YII 4 p. 119, 19 infit. . . sciscitari; vgl. VIII 28 p. 152, 10; apol. 77 p. 87, 13. met. VI 22 p. 110, 20 leges elementorum et vices siderum. met. IV 23 p. 70, 22 filo li- beralem.

met. VI 10 p. 103, 7 sie ad illam (Venus); vgl. II 25 p. 33, 28; VI 22 p. 110, 17. met. VI 19 p. 109, 6 ad istum caelestium siderum chorum ; de mundo 1 p. 107, 11 agens stol- larum ehoros; vgl. 29 p. 127, 31; de deo Socr. 2 p. 6, 17 caeli chorum (Ps. Cypr. spect. 9 p. 11, 13 H. Claud. Mam. II 12 p. 149, 12 E. Eurip. El. 467. Vita Theognii Anall. Boli. X p. 81, 9).

met. IV 12 p. 64, 5 repentino et inopinato pulsu . . praeceps inegit.

346 Sitzung der philos. -philo!. Classe vom 4. November 1893.

I 12 p. 23, 5 infert sese.

I 13 p. 23, 26 matrem . . nuptiis coniugabo; vgl. III 58 p. 166,

I 13 p, 23, 26 TOS participabo

convivio; vgl. 39 p. 49, 16;

47 p. 59, 3. - 42 p. 52, 25

(honore); 46 p. 57, 19; II 27

p. 95, 29 (facto); 38 p. 109, 10

(regno); III 27 p. 135, 17

(scientia).

I 13 p. 24, 7 filios . . pro-

venturos.

I 13 p. 24, 18 prorsus ut ni-

hilum de Centaurorum Lapitha-

rumque convivio demutaret.

I 14 p. 24, 24 post complus-

culos dies; vgl. III 56 p. 164, 1.

I 17 p. 28, 4 quibus, ut res erat, cognitis; vgl. 36 p. 47, 2;

II 27 p. 95, 7; III 41 p. 149, 12. II 24 p. 85, 10 pro- indc ut res erat. An letzterer Stelle ,perinde' zu schreiben, liegt kein Grund vor; vgl. F. Skutsch. Forsch, z. lat. Gramm, und Metr. I 85. Auch II 28 p. 96, 21 dürfte ,proinde" (so T) den Vorzug verdienen.

I 19 p. 29, 1 propter illam adsistens.

I 23 p. 33, 5 multo denique itineris exanclato; vgl. III 18

met. VI 1 p. 98, 13 sese . .

intulit.

met. V 26 p. 94, 15 sororem

tuam . . nuptiis coniugabo.

met. 14 p. 3, 14 (te) prandio participabo; vgl. IX 33 p. 174, 33 (Sulp. Sev. chron. I 53, 6 p. 54, 25 H.).

met. X 2 p. 182, 17 provenisse (von einem Sohne), met. lY 8 p. 61, 5 iam cetera semiferis Lai)ithis debacchantur Centaurisque similia. met. IV 33 p. 77, 11 diebus plusculis; vgl. VII 1 p. 117, 28; 41 p. 181. 2; X 2 p. 182, 13 post dies plusculos (Gell. XIII 2, 2. Mareen, emp. p. 6. 1 H. plusculis diebus. Macrob. sat. I 2, 2 per conplusculos dies), met. X 8 p. 187, 13 ut res est . . . cognoscite; 16 p. 191, 23 cognito quod res erat; vgl. IX 25 p. 169.30; X 24 p. 197, 15; 28 p. 199, 20; de mundo 19 p. 121, 6. apol. 93 p. 104, 13 uti res fuit, ita dicere. de deo Socr. 21 p. 24, 1 proinde ut res est.

met. II 23 p. 32, 24 quam propter adsistens; vgl. V 28 p. 95, 10; Vm 13 p. 142, 28; X 20 p. 194, 25. met. VI 4 p. 100, 6 exanclatis laboribus; vgl. XI 12 p. 212, 18 ;

Weyman: Studien zu Äpuleius.

347

p. 127, 3; 50 p. 158, 9.

ITI 23 p. 131, 13 labore . . .

exanclato.

I 36 p. 47 , 7 in enodando

(von einem Traume).

I 39 p. 49, 16 convivio . . ad-

fluente (afluente? vgl. aber

Kühlers Index p. 239).

I 49 p. 60, 9 neque me fugit

. . . sed (Redeanfang).

I 53 p. 63, 34 ,quam vellem' inquit; vgl. III 32 p. 139, 27; 40 p. 147, 19.

I 54 p. 64, 20 uti adesset . . . magnopere contendunt.

II 2 p. 67, 25 ne verbis quidem temperavere.

II 2 p. 68, 7 dictis vos in- solentibus velitatos.

II 5 p. 69, 25 quousque tan- dem, Aeschines.

II 5 p. 70, 4 cum tu suaseris et . . . persuaseris.

II 10 p. 74, 2 orationis plus- culum.

15 p. 213, 25. Petscheniga.a.O.

S. 748.

met. lY 33 p. 77, 10 prae- cepta sortis enodat. mct. YI 24 p. 111, 18 cena . . afluens.

met. YI 13 p. 105, 9 ncc me praeterit . . . sed (Redeanfang; vgl. Sali. or. Macri 3 p. 119, 22 J.3).

mct. YI 4 p. 100, 10 .quam vellem' inquit; vgl. III 12 p. 46, 3; 20 p. 50,20 (Cic. Brut. 248; fin. III 10. Curt. III 12. 26. Suet. Nero 10). met. II 18 p. 29, 3 magno opere . . contendit . . cenulae interessem (Suet. Yit. 4). met. IX 36 p. 176, 19 saltem verbis temperare noluit (Tac. bist. 169. Suet.vit. Lue. p.51,5 Reiff.).

met. YIII 25 p. 150, 13 contra me velitaris iocis; apol. 2 p. 4, 19 adversum te . . calumniis velitatur (Gell. YII [YI] 11, 1). met. III 27 p. 54, 24 quousque tandem, inquit (Lucif. mor. esse pro dei fil. 12 p. 310, 11 H.). met. YII 4 p. 119, 29 eique suasisse ac denique persuasisse; vgl. IX 25 p. 170, 9; apol. 93 p. 104, 3. met. lYll p. 63,

10 suadens persuadere (Sen. epist. 71, 30. Aug. cat. rud. 8, 2; de nat. boni 44 p. 881,

11 Z.).

met. lY 29 p. 74, 12 terrae plusculum.

348 Sitzung der 2^^^^os.-philöl. Classe vom 4. November 1893.

II 15 p. 77, 16 videte denique.

II 15 p. 77, 25 alimoniam petit: protinus parent. Auro indiget: sunt vectigalia ditia. Militem quaerit: animis volentibus prae- sto sunt. II 25 p. 91, 17 stupore defixi.

II 25 p. 91, 22 en . . . adsum (Redeanfang); vgl. 26 p.92,24. II 26 p. 93, 26 ecquid, inquit, hoc est, quod . . . ? II 27 p. 95, 24 demirantique quae gesta sunt.

II 27 p. 95, 27 gestae rei seriem explicat.

II 29 p. 99, 17 in eam sen- tcntiam vadit. Der Verf. des Itinerarium 62 scheint einen Witz machen zu wollen, wenn er schreibt ,neque difficile ce- teri pedibus in sententiam se- cuti regis exenipluin (der zu Wagen geflohen) paria Con- sultant'.

II 29 p. 99, 20 redditurus scilicet matrem ; vgl. III 55 p. 163, 12.

II 30 p. 102, 2 ipsis etiam orbatus adfectibus (adfectus = homines aniati: Kubier p. 239).

III 10 p. 120, 2 flagrantiam solis.

met. III 23 p. 52, 26 spccta

denique.

met. V 15 p. 87, 20 iubet

citharam loqui: psallitur; tibias

agere: sonatur; choros canere:

cantatur; vgl. II 30 p. 37, 18.

met. III 22 p. 51, 25 stupore defixus; vgl. de dogm. PI. II 4 p. 83, 20.

met. XI 5 p. 207, 23 en ad- sum (Redeanfang). met. IX 6 p. 158, 11 ecquid istie est? ait.

met. IV 12 p. 64, 10 narra- tisque . . . quae gesta sunt; vgl. V 31 p. 97, 17; VIII 1 p. 134, 14; IX 21 p. 167, 11. apol. 61 p. 71, 23 oninem or- dinem gestae rei . . . percensuit (Suet.Claud.37. Dares 11 p.l3, 9 M.).

met. II 7 p. 21, 23 pedibus in sententiam meam vado; vgl. VI 31 p. 117, 7 (Otto, Sprich vv. S. 276. Archiv VIII 34).

met. VI 8 p. 102, 10 datura scilicet . . . poenas; vgl. IX 42 p. 181, 21.

de dogm. Plat. II 22 p. 97, 26 carissimis orbatus adfectibus.

met. IV 1 p. 56, 9 flagrantia solis; vgl. IV 17 p. 66, 25; 32 p. 76, 7; VI 12 p. 104, 20 (Georges s. , flagrantia'; Ambros.

Weyman: Studien zu ApuJeius.

349

III 14 p. 124, o Prasiacae , . .

quae civitas.

III 18 p. 127, 21 curiositate

rimantibus.

III 22 p. 130, 26 properanter

sarcinis strictis.

III 24 p. 132, 8 locura ar- boribus consituru.

in 31 p. 139, 17 neque enim .... ab interfectione . . nmlieris teuiperabit; vgl. 39 p. 147, 7. III 32 p. 141, 1 onustum donis . . reddam.

III 36 p. 143, 28 quos (currus) et cursum agere opinarere et raoveri oiiinia non discrederes (Beschreibung eines Kunst- werkes).

III 37 p. 145, 10 opere circum- foraneo.

III 39 p. 146, 23 gladius maus . . comes.

III 40 p. 147, 16 vidua . . . hie sederem.

in 47 p. 155, 20 nudo vestigio.

III 48 p. 156, 24 certe illud tibi iam Homericum adest, quod illic sapientissimus gloriatur

hex. IV 3, 9 ; conim. Bern, in Lucan. YII 5 p. 220, 16 Us.). met. I 5 p. 3, 24 Hypate quae civitas; vgl. X 35 p. 205, 1. met. V 22 p. 91, 26 curiosa rimatur.

met. III 28 p. 55, 9 raptimquc constrictis sarcinis; vgl. IV 21 p. 69, 22; XI 26 p. 222, 3. met. V 1 p. 79, 5 lucum ar- boribus consituni; vgl. VIII 18 p. 146, 7; X 30 p. 201, 1 (Hertz zu Gell. XIX 12, 7). apol. 2 p. 5, 10 ut aegre Lol- lius Urbicus ab eius pernieie temperarit.

met. V 15 p. 88, 1 muneribus . . onustas . . . reddidit; vgl. 8 p. 83, 18.

met. II 4 p. 20, 6 credes illos ut vere (,interne' Rohde) pen- dentes racemos . . . nee agita- tionis officio carere (Beschrei- bung eines Kunstwerkes), met. IV 13 p.64, 23 circumfora- nea domus; vgl. III 2 p. 39, 27. met. III 5 p. 42, 8 gladiolo qui me comitabatur; vgl. II 18 p. 29, 17.

apol. 76 p. 86, 21 vidua . . . domi sedisset; vgl. met. IV 32 p. 76, 18 (Passio Bonosi 5 p. 612 ed. Ratisb,). met. V 20 p. 90, 10 nudoque vestigio (Gaudent. Brix. p. 56 Gal. Verg. Aen. VII 689 f. vestigia nuda pedis). met. IX 13 p. 163, 1 nee im- merito priscae poeticae divinus auctor apud Graios summae

350 Sitzung der philos.-pkilol. Classe vom i. November 1893.

,nuiltigenasqiie urbes hominum prudentiae virum monstrare cu- moresque notavi'. piens inultarum civitatum obitu

et variorum populorum cognitu

summas adeptum virtutes ce-

cinit.

Itin. Alex. 22 dumque sibi porgi met. III 6 p. 42, 15 quem (la-

aliam (hastam) petit. pidem) dum sibi porrigi flagitat.

30 venenum noxium. met. V 17 p. 88, 24 veneno

noxio; Ygl. X 26 p. 198, 7 (Cassian. inst. VII 7, 5; conl. II 11, 6). 67 vicem . . . repensaret. met. YI 22 p. 110, 28 vicem

. . . repensare (Caspari, Briefe S. 60. 144 u. ö. Kurie, ep. II 50; 64).

3, Dass dem christlichen Cicero und dem christlichen Horatius ein christlicher Apuleius^) an die Seite gestellt werden kann, hat man dem Bischof Zeno von Verona, einem geborenen Afrikaner,*) zu verdanken. Zeno (gestorben etwa 380) hat eine Anzahl besonders kulturgeschichtlich wich- tiger Predigten (tractatus) hinterlassen, um deren Kritik und Erklärung sich vor allen die Brüder Ballerini und zuletzt der an der Capitelbibliothek zu Verona wirkende Canonikus Graf J. B. C. Giuliari (seine Ausgabe erschien Verona 1883^)) verdient gemacht haben. In diesen Predigten*) tritt uns der Bischof als ein eifriger, energischer, witziger und, was uns

1) So hat C. Barth den Zeno genannt.

2) Seine Sprache lässt hierüber keinen Zweifel; vgl. zuletzt R, Sabbadini, Rivista di filol. XII 139 ff.

3) Vgl. dazu die Bemerkungen von L. Duchesne, Bulletin critique 1883, 325 ff. Einige Beiträge zur Textkritik s. unten im Exkurs 1.

4) Ueber ihren theologischen Gehalt vgl. aus der neueren Zeit Innsbrucker Zeitschr. f. kathol. Theol. 1884, 233 fl\ Zenos Bedeutung für die Entwickelung der Mariologie wird in dem trefflichen Buche von F. A. von Lebner, die Marien Verehrung in den ersten Jahr- hunderten (2. Aufl. Stuttgart 1886) S. 125 ff', u. ö. betont.

Weyman: Studien zu Apuleius. 351

hier am meisten interessiert, belesener Mann entgegen. Um mit seinen klassischen Kenntnissen 7a\ beginnen, so zeigen sich zunächst mehrfache Spuren seiner Vertrautheit mit Vergil. Vgl. tract. I 7, 1 p. 63 G. ,soli labores imponunt' und I 16, 8 p. 125 ,par laboribus fratris' [luna] mit Aen. I 742; I 16, 2 p. 119 ,quisque suos patitur manes' mit Aen. VI 743; I 16, 12 p. 127 ,igneus est ... . seminibus' mit Aen. VI 730 f.; II 8, 2 p. 162 ,decem mensiuni fastidia' mit Bucol. IV 61; II 17, 2 p. 200 ,praeruptorum montium' mit Aen. I 105; II 17, 3 p. 201 ,spirantes consulunt fibras' mit Aen. IV 64. Aus der Dichterlectüre stammt auch die ,discors concordia' I 12, 4 p. 86: vgl. Hör. epist. I 12, 19; Ovid. met. I 433; Lucan. I 98; Lactant. inst. II 9, 17. Die Klage über die Macht des Geldes I 9, 2 p. 72 ist durch Cicero (in Verr. act. pr. 4) inspiriert, die Charakteristik der Habsucht I 9, 1 p. 71 als ,sui tenax, appetens alieni' ist eine Variation zu Sali. Cat. 5, 4. Die Zusammenstellung der E/rirrjÖEv/iiaTa (nauta, miles etc.) endlich im Preise der Hoffnung (I 2, 1 p. 12) heimelt jeden an, der die neueren Forschungen über den Einfluss des Kynismus auf die Literatur einigermassen verfolgt hat; vgl. E. Norden, In Varronis saturas Menippeas observationes selectae p. 295 adn. 3^) (XVIII. Supplementbd. d. Jahrbb. f. Philol.); A. Gercke, Rhein. Mus. XLVIII 43 ff.

Was Zenos christliche Quellen betrifft, so ist in erster Linie darauf hinzuweisen, dass sich sein Bibeltext mehrfach mit dem cyprianischen berührt, sei es, dass er direct die Bibel Cyprians, welche uns besonders durch die scharfsinnige Unter- suchung Peter Corssens^) zu einer bestimmten, fassbaren Grösse geworden ist, sei es, dass er, wie z. B. Lactantius,

1) Vgl. noch Cypr. ad Demetr. 3 p. 353, 5 H.; Salvian. ad eccl. II 10, 46 p. 259, 22 P.

2) „Der cyprianische Text der acta apostolorum." Berlin 1892.

352 Sitzung der 'phüos.-philol. Classe vom 4. November 1893.

die testiraonia des karthagischen Bischofs benutzt hat. ^) Gleich manchen Predigern der neueren Zeit hat Zeno ausser den kanonischen Schriften auch Apokryphen ausgebeutet, denen z. B. die erbauliche Geschichte von der ungläubigen Hebamme entnommen ist (II 8, 2 p. 1G3 f.; vgl. Protevang. Jacobi 19 f. bei Tischendorf Evang. apocr. p. 37 f.^). Von den älteren Kirchenschriftstellern hat unstreitig Tertullian den grössten Einfluss auf ihn geübt. Von ihm hat er wohl den Hang zur Ironie ererbt, aber ohne in seine ätzende Bitterkeit zu verfallen, von ihm hat er eine gewisse ener- gische Gedrungenheit des sprachlichen Ausdruckes gelernt, unter welcher bisweilen beim Schüler wüe beim Meister die Verständlichkeit zu leiden hat. Nur einige wenige Beispiele mögen Zenos bald auf den Gedanken, bald auf den Stil sich erstreckende Abhängigkeit von dem genialen Karthager ver- anschaulichen. Zeno I 9, 1 p. 72 ,pecus' von der Frucht im Mutterleibe; vgl. Tert. adv. Marc. IV 21 mit der Note Oehlers II p. 213; I 16, 4 p. 120 ,mortis iam lege dis- punctus'; vgl. Tert. de res. carn. 58 (11 p. 545) ,nondum resurrectione dispuncti' mit Oehlers Erklärung im Index p. CXXXVII; II 1, 1 p. 132 ,exserte iubet'; vgl. Tert. ad ux. 11 1 (I p. 684) ,exerte iubet'; de ieiun. 17 (I p. 878 Oehl. = I p. 297, 9 R.); II 46 p. 263 ,idem sui successor' (dies); vgl. Tert. de res. carn. 12 ,lux . . . haeres sibimet existens', vrozu schon Oehler II p. 482 die Zenostelle an- gemerkt hat. Zenos Bekanntschaft mit Cyprian geht aus I 5, 8 p. 52 ,tota mugiet litibus domus' (vgl. Cypr. ad Donat. 10 p. 11, 22 H. ,forum litibus mugit') hervor, auf seine Beziehungen zu der pseudocyprianischen (novatianischen ?) Schrift ,de bono pudicitiae' habe ich bereits im Historischen Jahrbuch XIII 748 aufmerksam gemacht. Seine ziemlich weitgehende Abhängigkeit von Lactantius (vgl. Giuliari p. 25 ; 83; 117 u. ö.; über Benützung des Phönix Rhein. Mus.

1) Corssen a. a. 0. S. 5. Lactantius: Brandt I p. XCIX.

Weyman: Studien zu Apnleius.

353

XLVII (340) und Hilarius (vgl. Giuliari p. 63; 67) ist leider von Brandt (vol. I) und Zingerle nicht berücksichtigt worden.^) Doch nun zu meiner eigentlichen Aufgabe, der Confrontierung des christlichen Bischofs, der die letzten Reste des Heiden- tums in seinem Sprengel zu tilgen bestrebt ist, mit dem lasciven Romanschreiber, der das junge Christentum nur eines verächtlichen Seitenblickes würdigt!

Zeno. I 1, 4 p. 9 factionibus pollet.

11,4 p. 9 in penetralibus

cordis; vgl. I 2, 7 p. 19; II

40 p. 246 pectorum . . cuncta

penetralia.

I 1, 5 p. 10 mortuorum iu

postliminium vltae animas re-

ductas inspira.

I 2, 3 p. 15 mortuosque . . ipsos . . cum suis sibi exequiis roverti. I 2, 4 p. 16 (Caritas) universis rebus est praedita (= praelata, praefecta).

I 2, 8 p. 20 (Amor) pennatus . . . telis facibusquo constructus (instruetus? vgl. aber Arnob. VI 11 p. 223, 2).

Apuleius.

met. IX 35 p. 176, 7 poliensque factionibus (Sali. Jug. 41, 6). met. III 15 p. 47, 29 pectoris tui penetralibus (Gell. IX 9, 15. Baeda bist. eccl. IV 3 p. 1 7 1 H).

met. 11 28 p. 35, 20 reducere . . . spiritum corpusque . . post- liminio mortis animare ; vgl. X 12 p. 189, 5; flor. 19 p. 33, 11 (Tert. de an. 35 p. 361, 25 R. ex postliminio vitae). met. IV 34 p. 77, 23 Psyche comitatur . . . exequias suas. de deo Soor. 15 p. 18, 24 ho- minibus praediti (dei); vgl. 16 p. 19, 15; de dogm. Plat. II 25 p. 101,10;apol. 12 p. 18,19(?) (M. Caesar ad Front. III 9 p. 47 ; Fronte de eloquent, p. 146 N.). met. IV 30 p. 75, 9 (von Amor) puerum . . pinnatum , qui . . . flaranns et sagittis armatus.

1) Der „schnarchende" Jonas (II 17, 2 p. 200) erinnert an das Gedicht ,de Jona' 54 (Hartel, Cyprian III p. 299 = Peiper, Cypr. Gall. p. 223), der Vergleich des Schiffes mit der Synagoge (ibid. 3 p. 200) an Ps. Clem. ep. ad Jacob. 14 (Patrol. gr. 11 49); zu II 38 p. 242 vgl. die sog. ,cena Cypriani' (Patrol. lat. IV 926 ff.j.

189.3. Philo.s.-pliilol. u. bist. Cl. II. 3. 23

354 Sitzimc) der pJiUos.-phUol. Clasae vom i. Nooeinher 18D3.

I 2, 8 p. 21 promittit fallit, dat toUit.

I 3, 1 p. 26 sie utramque me- diis e manibus perdiderunt.

met. V 21 p. 90. 28 festinat differt, audet trepidat, diffidit irascitur.

raet. VII 24 p. 130, 30 modus Orci manibus retractus; VIII 5 p. 136, 26 praedam mediis ma- nibus amittimus (Wochenschr. f. klass. Philol. 1892, 1404); vgl. IX 1 p. 155, 18. met. I 26 p. 17, 7 ingratis oboedientem; vgl. II 20 p. 31,6; III 9 p.44, 17; VI 30 p. 115,26; de dogm. Plat. 11 27 p. 103, 17 (Oehler zu Tert. apol. 4 [I p. 127]).

met. IX 20 p. 166, 27 prima stipendia Veneri militabant. met. II 17 p. 28, 13 (Fotis) in spociem Venoris . . . refor- mata . . . feminal rosea palmula potius obumbrans de industria quam tegens verecundia (vgl. apol. 33 p. 43,25; 34 p. 44, 5). met. V 27 p. 95, 2 fallacie germanitatis inducta. met. V 4 p. 80, 27 interfectae virginitatis (Tert. pud. 4 p. 225, 24 R. pudicitia trucidetur; de pall. 4 [I p. 942 Oehl.] occisae . . . castitatis. Von TertuUian beeinflusst Ps. Cypr. de bon. pud. 14 p. 25, 6 H. quod . . interficiat . . pudorem ; vgl. Mio- doüski zum Anonym, adv. aleat. 9, 2 S. 100).

]) Die Schilderung von Susannas Gang zum Tode erinnert im allgemeinen an Psyches Hochzeifcszug (Zeno I 4, 6 p. 42. Apul. met. IV g. E.); vgl. auch Zeno a. a. 0. ,omnibus displicens, sed soll suae conscientiae placens' mit met. IV 32 p. 76, 19 ,gentibus totis com- placitam odit in se suam formonsitatem'.

I 3, 7 p. 33 ingratis avaritiam pietate condis (ingratis nach dem neuesten Herausgeber = malo, invito animo).

I 4, 2 p. 37 stipendio (obscön).

I 4, 3 p. 39 Venerem . . . con- vexis manibus se tegerc co- nantem, immo animi sui vitium et corporis demonstrantem.

I 4, 5 p. 41 invidae germani- tatis impulsu; vgl. I 2, 3 p. 15. I 4, 6 p. 42 cuius . . pudor esset iugulandus; I 5, 4 p. 48 virginitatis . . . occisio. ^)

Weyman: Studien zu Apuleius.

355

I 4. 6 p. 42 malitiae scenani (liripuit.

I 4, 7 p. 43 allegatac . . . preces : vgl. I 15, 2 p. 110.

I 5, 3 p. 46 quovis prato iu- cundioi".

I 5, 4 p. 48 obtundam yerbis palpantibus aciem veritatis.

I 5, 6 p. 50 quid agam, quo me vertam.^) nescio . . P-) felicita- temne virginitatis (praodicem)? at habcnt suas yirginos.

met. IX 27 p. 171, 11 scaenam propudiosae mulieris patefecit; vgl. lY 26 p. 72, 11 scaenam meae calamitatis ; VIII 8 p. 1 39, 14; p. 140, 2 (scaenam sce- leris); 29 p. 153, 25; X 23 p. 196, 3 (Tert. an. 46 p. 377, 24 K. malitiae suae scaenam. Hegesipp. I 38, 6 p. 74, 59; 44, 3 p. 103, 32; 6 p. 105, 68 W.). apol. 7 p. 10, 20 preces alleget; vgl. 54 p. 64, 14; de deo Socr. 5 p. 10, 2 (Tac. bist. IV 84, wo- selbst Wolffs Anmerkung un- richtig ist. Mam. grat. act. 18 p. 259, 3 B., wo ,alligant' wohl nur auf einem Druckversehen beruht. Aug. civ. dei VIII 19 p. 350, 6 D.'). met. V 9 p. 84, 8 quovis puero pusilliorem; vgl. VII 16 p. 126, 29; 23 p. 130, 29; VIII 17 p. 145, 7.

met. Vin 7 p. 138, 9 verbls palpantibus stimulum doloris obtundere.

met. V 30 p. 96, 27 quid agam? quo me conferam? . . . petamne auxilium ab inimica ....'? at rusticae . . . conloquium ad- hibendum est (vgl. Arellius Fuscus bei Sen. rhet. controv. VII 1 (16) 7 p. 277, 2 M. und 43).

meine Ausg. S

1) Ter. Hec. 51G ,quid agam? quo me vortam?'; vgl. Sali. Jug. 14, 15. Symm. epist. III 10 p. 73, 11 S. Aug. contr. Faust. XI 2 p. 315, 19 Z. Claud. Mam. I 8 p. 47, 9 E. ,quo te vertas' Plin. ep. IV 25, 5.

2) ,quo me vertara nescio' Cic. Cluent. 4; Lig. 1, wieder aufge- wärmt von Ennod. CCXLIII 4 p. 191, 31 und CCLXUI 52 p. 209, 27 V.

23*

356 Sitzung der philos.-pJülol. Glasse vom 4. November 1893.

I 5, 9 p. 53 reliquias poculi

propiaati lambendo labris ex-

hauris,

I 6, 3 p. 58 terra pio sanguine

impiata.

I 6, 4 p. 59 praecipiti festi- natione.

I 7, 2 p. 64 propheta ... sie inquit; vgl. II 6, 4 p. 152.

I 8, 3 p. 68 ceto iahiante . . sepelitur (Jonas). I 8, 3 p. 69 laciniis omnibus spoliatur puella.

I 9, 1 p. 71 ebibita veneni

tempestas; vgl. I 10, 1 p. 77;

I 11 p. 82; I 12, 8 p. 89.

I 9, 2 p. 72 stipi trivial! sub-

iectos.

I 9, 2 p. 73 inlicitum putant

habere vicinum.

I 9, 8 p. 73 auro ardens tota

domus pugnet sua flamma cum

sole.

I 10, 1 p. 77 mercenaria lingua.

I 12, 1 p. 84 age, excita sen-

sum, lector, invenies veri-

tatem.

I 12, 5 p. 87 libidine percita

(caro).

I 12, 5 p. 87 delicate tumentis

ac reflabilis tori plumoo se-

pulchro.

met. II IG p. 27, 24 relictum

(vinutn) puUulatim labellis rai-

nuens.

met. I 18 p. 11, 32 me . . cru-

ore humano . . impiatum ; vgl.

III 3 p. 41, 9 (Fronto priacip.

bist. p. 205, 3 N.).

met. V 21 p. 90, 30 praecipiti

festinatione (Vell. Pat. I 16, 1.

Petron. 80 p. 54, 25 B.^).

met. VI 13 p. 105, 9 (Venus)

sie inquit; vgl. meine Ausg.

S. 47.

met. V 18 p. 89, 6 bestiae

sepeliri visceribus.

met. II 8 p. 22, 25 lacinias

omnes exuunt; 17 p. 28, 12

laciniis cunctis renudata; vgl.

III 21 p. 51, 13; 24 p. 53, 1.

met. X 28 p. 199, 19 tempestas

detestabilis potionis.

met. I 6 p. 4, 3 stipes in tri- viis erogare.

met. IX 38 p. 178, 5 dum scias . . . habiturum te tamen vicinum aliquem (Arch. VIII 398). met. V 1 p. 79, 19 ut diem suum sibi domus faciat licet sole nolente; vgl. o. S. 328. apol. 3 p. 5, 24 mercenaria loquacitate.

met. I 1 p. 1, 15 lector in- tende: laetaberis.

met. 17 p. 5, 11 urigine per- cita (Meroe).

met. X 20 p. 194, 16 pulvillis . .ventose tumentibus pluma de- licata; vgl. 34 p. 204, 16 lectus . . . plumea congerie tumidus.

Weyman: Studien zu Apuleius.

357

I 12, 8 p. 89 pocuinam (seil. montem) te esse cognoscis; vgl. I 16, 12 p. 127; n 65 p. 289. I 14, 5 p. 107 sine pretio mar- garitae.

I 1.5, 2 p. 110 figraenta

auri argentiqiie detrimento nia- tris liniae moderato dente figu- rata.

I 16, 1 p. 117 custodia car- ceris.

I 16, 2 p. 117 placidis sedibus refoveri.

I 16, 3 p. 119 aggressurae tempus; vgl. II 13, 3 p. 183;

II 15, 1 p. 192.

I 16, 6 p. 122 deo concinnat

invidiam.

I 16, 8 p. 124 repigret cursus.

I 16, 14 p. 129 tot efficit vultus (speculuni), quot ille intrinsecus tristes seu hilares suos fecerit motus.

II 4 p. 144 omnia . . . eius cum dicto complevit; vgl. II 5 p. 146 opus cum dicto completur.

II 7, 3 p. 156 ad filium sie (seil. ,ait'); vgl. II 13, 4 p. 184. II 9, 1 p. 166 provenisse (von einem Sohne). II 12, 1 p. 176 uteri sarcinam.

II 15, 1 p. 192 famigcrabile . . proelium; vgl. II 74 p. 298.

mot. VIII 30 p. 154, 2 pecuinis ossibus; vgl. XI 1 p. 205, 16; apol. 12 p. 18, 16. met. V 1 p. 79, 18 domus sine pretio pretiosae. met. VI 6 p. 100, 31 currum .... limae tenuantis detri- mento conspieuum et ipsius auri damno pretiosum. met. V 5 p. 81, 19 carceris custodia (Sulp. Sev. ehron. I 54, 4 p. 55, 17). met. V 15 p. 87, 18 sedilibus refotas.

met. VII 7 p. 121, 21 ad- gressurae vindictam.

met. III 13 p. 46, 28 me . . angorem . . tibi eoncinnasso. met. 19 p. 6, 16 repigrato fetu; VIII 15 p. 144, 13 re- pigratur impetus. apol. 14 p. 21, 8 (speculum) tot vultus . . laetantis vel do- lentis imitatur.

Vgl. oben S. 344 (Juvenc. II 595).

Vgl. oben S. 345.

Vgl. oben S. 346.

met. I 9 p. 6, 15 in sarcina praegnationis; vgl. V 12 p.86,1; X 23 p. 196, 11 (Tert. ad ux. I 5 [I p. 676 Oehl.]). met. 17 p. 4, 31 spectaeuli . . famigerabilis; vgl. II 21 p. 31, 13; IX 5 p. 157, 26; X 17 p. 193, 3.

358 Sitzung der 'phüos.-philol. Clause vom 4. November 1803.

11 18, 2 p. 206 de lucis istius incongruis usuris.

II 20 p. 211 homini nato.

II 21, 3 p. 215 competentibus

poenis.

II 25 p. 222 paene pro infecto

habetur, quod non diffamatur.

II 27, 2 p. 225 nodis adstrin-

gitur.

II 28 p. 228 paucis accipite;

vgl. II 66 p. 290; II 67 p. 291.

II 35 p. 237 quod unctui, quod

tersui opus est, praebiturus.

II 36 p. 239 lacteum . . fontis ad laticem; vgl. 37 p. 240. II 38 p. 242 diversis epulis in- trimentorum lenocinio saporis de summa certantibus.

II 39 p. 244 sicunde susurrus iugruerit.

II 45 p. 260 mustulentus au- tumnus.

apol. 18 p. 27, 11 brevi usura

lucis; vgl. met. II 28 p. 35, 28

brevem solis usuram (Ennod.

CCLXI, 5 p. 201,25; CCCLXI

19 p. 263, 13; CDXX 1 p.291,

17; CDXXXVIII 11 p. 302, 4;

CDLXVI 5 p. 325, 4).

met. IX 1 p. 155, 20 homini

nato; vgl. apol. 8 p. 11, 22;

14 p. 20, 20.

met. X 1 1 p. 188, 28 poenae,

quae . . in eum competit.

met. I 20 p. 13, 11 mira et

paene infecta; X 3 p. 183, 29

quod nemo novit, paene non fit

(met. V 10 p. 85, 3 nee sunt

enim beati quorum divitias

nemo novit).

met. II 9 p. 23, 24 nodus ad-

strinxerat.

met. II p. 1 , 6 paucis accipe

(Sali. Jug. 110, 6).

met. 17 p. 4, 24 quod unctui

quod tersui ipse praeministro;

vgl. 23 p. 15, 16.

met. I 19 p. 12, 22 latice fontis

lacteo.

met. X 13 p. 189, 25 sapidis-

simis intrimentis sucuum pul-

menta condita; vgl. VIII 31

p. 154, 31 femus .... in

protrimentis sapidissime per-

coctum.

met. II 4 p. 19, 23 sicunde

. . latratus ingruerit; vgl. de

deo Soor. 18 p. 21, 13 sicubi

locorum . . . consultatio in-

gruerat.

met. II 4 p. 20, 4 mustulentus

auctumnus; vgl. IX 32 p. 174.9

mustulentas autumni delicias.

Wci/man: Studien zu Apiüeins. 359

II 47 p. 265 sua recalcans . . . met. VI 19 p. 109, 6 recalcans vestigia dies. priora vestigia; vgl. IX 11

p. IGl, 20; oben S. 334. II 57 p. 279 praesentariae . . met. II 25 p. 33. 29 vim prae- mortis. sentariam; vgl. X 5 p. 184,

21 venenum praesentarium; 9 p. 187, 14 (Gell. YII (VI) 4, 1 venenum non praesentarium).

Excurs 1. Zum Texte Zenos.

tract. 1 2, 5 p. 18 G. schreibt der Herausgeber für ,sic ait dicens' ,ex contextu' ,docens': mit Unrecht. Vgl. z. B. Ambros. hex. III 3, 13 ,sicut ait propheta dicens'. Zeno selbst I 13, 6 p. 96 ,loqmtur dicens'; I 16, 5 p. 122; H 7, 3 p. 157. Hilar. in ps. CXVIII aleph 4 p. 361, 2; ib. Koph 1 p. 522, 4; ps. CXXVII 2 p. 629, 22. ,locuntur dicentes' schon Porphyr, zu Hör. serin. I, 1, 1.

I 4, 6 p. 42 ist zu lesen ,iam totas populus in eins .sanguinem (seil. Susannae; überliefert ,sanguine') tumescebat'; vgl. I 6, 3 p. 58 ,in fratris Cain anhelat exitium'. Vell. Pat. n 47, 3 ,in gladios caedesque civium furente ambitu'. Apul. met. VI 12 p. 104, 22 in exitium saevire mortalium'. Ael. Lamprid. Comm. Anton. 3, 9 (P p. 91, 21 P.) ,in tanti or- dinis perniciem saeviret'. Jul. Val. I 7 p. 14, 5 ,in huiusce- modi pabulum saevit'. Amm. Marc. XXI 12, 20 ,in studia saeviisse discordiarura' ; XXII 3, 10 ,in Silvani necem . . . arsisse'; vgl. Orig. (Ruf.) hom. 1, 1 in ps. 37 (vol. XII p. 239 L.). Ennod. LXXX 191 p. 108, 16 V. ,in ruinam publicam saeviebat'. Beispiele aus Lucifer habe ich Zeitschr. f. d. österr. Gymn. XLIII (1892) 110 angeführt.

I 5, 1 p. 45 und ebenda 6 p. 50 hat Giuliari über- liefertes ,quia' mit Indikativ nach ,dubium non est' in das „correcte" ,quin' mit Conjunktiv verwandelt; es genüge hie-

360 Süzmiff der philos.-phüol. Classe vom 4. November 1893,

gegen z. B. auf Bonnet, Le latin de Gregoire de Tours p. 663 zu verweisen.

I 5, 5 p. 49 hat Giuliari für das handschriftliche ,hoc esse solum (seil, remediuni), ut fiammas tuas niaritalis gladii contemplatione compescas' die Conjektur Vallarsis ,m. glaciei contemperatione' eingesetzt. Ich meine, der Sinu der überlieferten Worte, welche nach G. ,omni sensu carerent', ist klar genug. Die Gattin hütet sich, einen „Vertreter" des abwesenden Gatten zu suchen, weil sie vor der Rache des Heimkehrenden zittert. Zum Gebrauche von ,contemplatione' vgl. I 2, 7 p. 19 ,ut contemplatione imaginis pateremur reve- rentiam'; I 4, 6 p. 42 ,metus contemplatione'; I 12, 2 p. 85 ,contemplatione opificii'; II 18, 3 p. 206 ,maioris poenae contemplatione'. Ambrosius ermahnt den Gatten , naturalem rigorem . . . temperare . . contemplatione coniugii' (hex. V 7, 19). Weiteres bei Dederich, Dict. Cret. p. XLIX.

I 6, 5 p. 59 hat bei Giuliari in dem Satze ,quae (ten- tatio) eum (Abraham) sacrilegum fecerat, si contemneret deum' der Ind. plusquamperf. selbstverständlich ,ex contextu' dem Coniunct. imperf. weichen müssen. Vgl. dagegen H. Blase, Geschichte des Irrealis S. 72.

I 8, 3 p. 69 wird das Martyrium der hl. Thekla ge- schildert. ,laciniis omnibus spoliatur puella, vestitur incendio'. Für die beiden letzten Worte, welche die Ballerini freilich nur ,difficile' erklärt haben, hat Giuliare die Lesart ,vehitur in stadio', welche ,in postilla Ms. profert Dionys[ius]', als der geschichtlichen Darstellung besser entsprechend in den Text gesetzt. Er hätte der Stelle nicht übler mitspielen können! ,r^>' ttsqI avrr^v ve(ftXrj ^ivQog^ heisst es in den acta Pauli et Theclae 34 bei Lipsius acta apost. apocr. I p. 261, 2, loGTE fAi^TE xa. iyriQia (d. h. die von Zeno unmittel- bar vorher erwähnten ,marina monstra') ameod^ai at'rijg, (.ir^TE ^etogelo^ai uvtr^v yv/.ivr^v''. Also das Feuer (incendium) verhüllte (vestitur) die ihrer Kleider beraubte Jungfrau.

Wcywan: Studien zu Apuleius.

361

Aehnlich pointiert sagt Zeno vom ägyptischen Joseph I 4, 5 p. 41 ,nuc]iis aufugit, sed pudicitiae splendore vestitus'; vgl. I G, 7 p. ()0, quem (lob) divitiis exspoliaverat magnis, magnis vestit ulceribus'.^) Vgl, auch Narg. Aen. VI 640.

4. Dass der Stil des Ammianus Marcellinus, der gleich Apuleius das Lateinische nicht zur Muttersprache hatte, eine bunte Mosaikarbeit ist, hat sich längst herausgestellt. Auch dass zu den Schriftstellein , bei denen er Anleihen gemacht, unser Apuleius gehört, ist nach dem bekannten Aufsatze von Martin Hertz „Aulus Gellius und Ammianus Marcellinus " (Hermes VIH [1874] 257 fF., vgl. über Apuleius S. 2(36 ff. 274) kein Geheimnis mehr. Da aber der ehr- würdige Altmeister die Frage nur h 7raQ6Qyoj behandelt hat, so wird man den folgenden aus wiederholter und aufmerk- samer Leetüre der beiden Autoren erwachsenen Zusammen- stellungen die Existenzberechtigung nicht absprechen.

Ammianus. XIV ], 4 stipe conlaticia; vgl.

6, n.

XIV 2, 6 nisu valido ; vgl. 11,1;

XV 10, 4; XXIX 5, 46. XIV 2, 7 circumspeeta cautela observatum est; vgl. XV 5, 26 erat . . cautius observandum ; XXVII 2, 1.

XIV 6, 23 reinedium . . . va-

lidum.

XIV 11,10 ultro citroque dis-

currentes; vgl. XVII 2, 3; XXI

16, 18; XXII 6, 4; 4,22; XXV

8. 3; XXVII 5, 3; XXVIII

3, 8; XXXI, 5, 3. XIV

4, 1 ultro citroque discursantes.

Apuleius.

met. VIII 26 p. 151, 10 con- laticia stipe.

met. V 20 p. 90, 14 nisu quam vahdo; vgl. IX 30 p. 173, 10. met. V 5 p. 81,10 observandum pressiere cautela.

met. IV 11 p. 62, 26 remedium . . . validum.

met. I 5 p. 3, 23 ultro citro discurrens (Macrob. somn. Scip. II 10, 10. Orig. [Ruf.] hom. 1, 3 in ps. 36 [vol. XII p. 161 L.]).

1) Tert. ad nat. I 18 (I p. 91, 2 R.) ,vestiendum incendiali tu- nica' i^t wörtlich zu verstehen.

362 Sitzung der j)hilos.-pliildl. Classe vom 4. November 1893.

XIV 11, 15 cura pervigili; vgl.

XV 8, 1 4; XXIV 4, 21 ; XXIX 5, 50.

XV 2, 10 concinnatis men- claciis.

XV 4, 7 malo repentino per- culsus; XXX 7, 10 malo re- pentino perturbatam (so Gardt- hausen nach der editio Aceursii ; ,perculsam' ed. Gelenii. Für die erstere Lesart sprechen die 8 Buchstaben umfassende Lücke, welche derVaticanus nach ,per' bietet, und Apuleius, für die letztere, der deshalb auch Pet- schenig Comment. Woelffl. p. 4 1 den Vorzug gegeben, Ammians Sprachgebrauch; vgl. XVII 2, 2: 10, 7; XIX 7, 1; XXIII 3, 5; XXVI 7, 13; XXXI 6, 3^). ,repentinum malum' auch XX 6, 8.

XV 5, 1 1 Silvani vicem gra- viter jngemiscens. XV 5, 14 abiit innoxius; vgl. XIX 12,12; XXI 12,20; XXII 3, 5; 9, 11; XXIX 3, 9. XV 8, 6 impiis eorum manibus Romano sanguine parentantes.

met. V 17 p. 88, 21 pervigili cura; vgl. VII 6 p. 121, 5; XI 26 p. 222, 14. (Auch sonst nicht selten bei späteren Au- toren.)

met. V 27 p. 94, 19 concin- nato mendacio (Lucif. de sanct. Ath. II 7 p. 160, 5 H. Sid. Ap. epist. IV 22, 3 p. 73, 9 L.).

met. IX 20 p. 166, 32 repen- tino malo pcrturbatus; vgl. X 4 p. 183, 3.

met. IX 14 p. 163, 12 ut . . eins vicem . . ingemiscerem. met. VI 15 p. 106, 23 abiret in- noxius (vgl. meine Ausg. S. 47 und u. S. 368). met. VIII 12 p. 142, 11 sanctis manibus eins istis oculis paren- tabo (Petron. 81 p. 55, 24 B.^ noxio sanguine parentabo in- iuriae meae. Flor. I 22, 8; II 9, 20).

1) Vgl. Cic. de div. 1 U'J rei novitate perculsus. Sali. Jug. 58, 2. Tac. ann. XIV 30. Suet. Tib. 11.

Wcymaii: Studien zu Apulcius.

863

XV 9 , 6 cum gencrosis fe- niinis.

XVI 1 . 1 genuino vigore.

XVI 10, 13 plebis ... nee a

libertate coalita desciscentis;

vgl. XVII 5, 2 nusquam a

genuino fastu declinans.

XVI 12. 6 populosis gentibus;

vgl. XXXI 2, 16.

XVI 12, 40 utque in rebus

amat fieri dubiis; vgl. XVII

1, 7.

XVI 1 2, 40 an ignoratis fugani

. . . stultitiam indicare?

XVI 12, 43 iaculoruni . . crebri- tate hinc indeque convolante; vgl. XIX 1 , 8 hinc inde con- volantibus telis. XVI 12, 58 lucis usuram.

XVI 12, 59 mollitie glutinosa; vgl. XX 11, 25; XXII 16, 9. XVII 1 , 9 accedere fidentissime ; XXI 1 2, 1 8 prope fidenter ac- cessit; vgl. XX 7, 5.

XVII 2, 1 Franconim vali- dissimos euneos; XVIII 8, 9 cuneorum densitate; XIX 13, 1 cunoos densos.

«

XVII 2, 3 observata nocte in-

luni; vgl. XIX 6, 7.

XVII 3, 1 conlaturao capita

(gentes).

XVII 4, 14 urgens effectus.

XVII 5, 4 haec . . me saepius replicasse; vgl. XVIII 4. 2; XXI 2, 2; XXVIII 1, 37.

met. V 29 p. 96, 12 praesurnis . . te soluni generosum (heiterer Irrtum bei Georges''); vgl. VII 14 p. 125, 29 (Archiv V 214 f.). met. VIII 5 p. 136, 30 genuini vigoris.

met. IX 19 p. 166, 17 nee a ge- nuina levitate descivit mulier; vgl. VII 8 p. 122, 1.

flor. 6 p. 5, 1 3 gens populosa

eultoribus.

flor. 16 p. 21, 2 quod genus

in comoedia fieri amat (anders

Sali. Jug. 34, 1).

met. IV 17 p. 66. 29 an ig-

noras hoc genus . . . incubare?

vgl. VII 27 p. 133, 21.

met. III 28 p. 55, 3 auxiliis

hinc inde convolantibus.

Vgl. oben S. 358.

met. 14 p. 2, 31 mollitie cibi

glutinosi.

met. II 23 p. 32, 25 fidenter

accessit.

met. IX 18 p. 165, 32 validum

addens euneuni (seil, aurum);

IV 26 p. 72, 26 denso conglo-

batoque cuneo.

met. IV 18 p. 67, 14 servato

noctis inluni tempore.

met. III 26 p. 54, 7 capita

conferunt (Pferd und Esel).

met. IV 33 p. 77, 12 urget

. . . effectus.

met. 114 p. 9, 23 haec iden-

tidem meeum replieabam; vgl.

III 1 p. 39, 13; VI 29 p. 115, 8.

364 Sitzung der 2)liilos.-pliüol. Classe vom 4. November 1893.

XVII 7, 1 adsiduis pulsibus.

XVII 10, 3 lucrum , . inspe-

ratum.

XVII 10, 8 ad indignationcm

iustam . . erectus; vgl. XXIV

3, 3; XXV 1, 8.

XVII 12, 9 impediente sin- gultu.

XVIII 4, 6 inetu cuncta tur- baret; vgl. XVI 12, 27. 38. XVIII 5, 8 regem incendebat ardenteni.

XVIII 8, 6 siniul haec dicens . . . abscessit.

XVIII 9, 2 in ipso . . medi- tullio.

XIX 2, 5 cibo recreati; vgl.

XXVII 2, 5.

XIX 5, 4 scalae . . . fabre po-

litae; vgl. XXIII 5, 1; XXIX

3, 4.

XIX 5, 5 clamoris ululabilis;

vgl. XX 6, 7; XXIV 1, 7;

XXX 4, 15.

XIX 6, 8 discusso somno.

XIX 6, 11 prope confinia lucis; vgl. XXV 1, 11; 6, 4; XXVII 2, 8.

XIX 7, 8 proeliatoris militis; vgl. XXIII 5, 24.

mef.. XI 13 p. 212, 28 adsiduo

pulsu.

met. II 26 p. 84, 17 insperato

lucro.

met. III 9 p. 44, 9 ad iustam

indignationem arrecti.

met. II 27 p. 35, 6 voce . . .

singultibus impedita.

met. III 9 p. 44, 6 fletibus

cuncta turbaverat.

met. V 21 p. 90, 19 tali in-

cendio flammata viscera sororis

iam prorsus ardentis (vgl. meine

Ausg. S. 41 und Cic. de fat. 3).

met. II 17 p. 28, 19 haec simul

dicens ... me satiavit; vgl. II

24 p. 33, 18; VI 7 p. 101, 22

(Macrob. sat. III 18, 8).

met. III 27 p. 54, 16 in ipso

fere medituUio; vgl. VII 19

p. 128, 25; X 32 p. 202, 14;

XI 24 p. 220, 18.

met. V 5 p. 81, 22 cibo ....

recreata.

met. II 4 p. 20, 2 uvae faber-

rime politae ; vgl. IV 32 p. 76,14.

met. X 5 p. 184, 30 ululabili clamore.

met. X 11 p. 188, 31 sopore discusso; vgl. 12 p. 189, 5; VIII 13 p. 142, 22; XI 1 p. 205, 22; 22 p. 219, 2. met. II 17 p. 28, 14 ad con- finia lucis.

flor. 16 p. 20, 19 miles proe- liator Cproeliator' müsste hier == „kriegerisch" gefasst werden;

Weyman: Studien zu Apuleius.

365

XIX 8, 5 vespera tenebrante; vgl. XXV 8, 18.

XIX 8. 7 raembratim discerptus.

XIX 9, 6 postliminio reversus.

XIX 9, 8 consiliis validis.

XIX 12, 5 acri feile concaluit.

XX 4, 22 stetere paulisper.

XXI 9, 8 amarum subridens; vgl. XXVII 11, .5.

XXI 16, 7 perquam scientis- simus; vgl. XXIV 1, 3.

XXII 5, 2 pectoris . . arcaiia.

XXII 9, 1 ultra homines iam spirabat.

XXII 14, 3 barbani . . . hir-

cinam.

XXII 14, 7 necatur choragio

pari bos; vgl. XXIX 1, 29.

XXII 16, 14 locus . . . per-

flabilis.

doch hat Traubes Vermutung ,gloriator', der Schwabe bei Teuffei I^ S. 24 beistimmt, viel für sich).

met. VIII 1.5 p. 143, 29 vespera semitam tenebrante (Tac. bist. III 19 inumbrante vespera). met. I 13 p. 8, 20 bacchatim discerpimus; VI 26 p. 113, 5 membratim dissipabunt; VII 2G p. 132, 11 membratim lace- ratum; IX 37 p. 177, 13 fru- stratim discerpunt (Arnob. 141 p. 27, 17 R. comm. Bern, in Luc. II 173 p. 62, 4 Us.). met. III 25 p. 53, 21 postliminio redibis; vgl. V 7 p. 83, 2; IX 21 p. 168, 1.

met. I 25 p. 16, 30 valido con- silio; vgl. V 10 p. 84, 26. met. V 9 p. 83, 21 invidiae feile flagrantes.

flor. 16 p. 21, 16 stetere pau- lisper.

met. VI 13 p. 105, 8 subridens amarum.

met. II 7 p. 21, 27 tuccetum

perquam sapldissimum.

met. V 8 p. 83, 13 pectoris

arcanis (Paneg. XI 18 p. 258,

15 u. ö.).

met. V 9 p. 84, 5 deam spirat

(Interpr. Iren. I 7, 3 divinum

spirare).

met. XI 8 p. 210, 6 hircino

barbitio.

met. II 20 p. 30, 17 choragii

funeris; vgl. IV 38 p. 77, 13.

met. IV 17 p. 66, 27 perfla-

bilem locuin.

366 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. November 1893.

XXIII 3, 8 riparuin fluvialium.

XXIII 4, 1 canalis angusti meatu cavatus.

XXIII 6, 2 medium . . agens cursum aetatis.

XXIII 6, 23 Persidis . . spe- cimen summum.

XXIII 6, 67 silvae sublucidae.

XXIV 2, 5 validis viribus; vgl. XXXI 7, 11; 15, 3.

XXIV 6, 12 concito gradu; vgl. XXIX .5, 11. - XXIX 6, 13 concito cursu; vgl. XVI 12, 55; XXXI 5, 9.

XXV 2, 4 stupore defixus; vgl.

XXVI 6,18; XXX 5,13; XXXI 5, 11.

XXV 4, 22 venustate oculorum micantium.

XXV 6, 11 (nos) moi'is . . ex- cruciabant,

XXVI 6, 18 palatium pessimo pede . . . introiit.

XXVI 6, 20 spiritu intercluso.

XXVI 10, 9 internecivo bello quovis graviorem.

XXVII 9, 6 Athenis Atticis.

met. IV 2 p. 57, 13 ripae flu-

vialis.

met. VI 14 p. 105, 25 angusti

canalis exarato (so Petschenig;

cod. ,exarto') tramite.

met. V 15 p. 87. 29 medium

cursum aetatis agere.

met. II 4 p. 19, 25 summum

specimen operae fabrilis; vgl.

flor. 3 p. 4, 3 stultitiae maxi-

mum specimen; met. IV 29

p. 74, 14 saeculi specimen glo-

riosum (Lorenz zu Plaut. Most.

251).

met. VI 3 p. 99, 20 sublucidum

lucum.

met. III 6 p. 42, 14 validis . .

viribus (Juvenc. III 201).

met. IV 18 p. 67, 26 concito

gradu; vgl. 21 p. 69, 23; 22

p. 70, 12; IX 40 p. 180, 4.

IV 2 p. 57, 6 cursu concito.

Vgl. oben S. 348.

met. V 31 p. 97, 11 venu- statem micantium oculorum. met. VII 10 p. 123, 6 cruci- antes mora . . . mea praecordia. met. VI 26 p. 112, 19 pessimo pede domum nostram accessit. met. IX 24 p. 169, 25 inter- cluso spiritu. Vgl. oben S. 355.

met. I 24 p. 16, 1 apud Athenas Atticas; vgl. flor. 18 p. 29, 16 (Bursian, Geogr. von Griechen!. I 271 A. 4. Macrob. sat. V 1, 20; VII 1, 17).

Weyman: Studien zu Apuleius.

367

XXVII 10 1. latenter inrepsit.

XXVII 12, 8 passibusque in- sonis; vgl. XXIX 5, 54.

XXVIII 1,10 accepta . . . no- cendi materia.

XXVIII 1, 17 ciiius (negotii) huDC novimus esse textum; vgl. XXX 1, 1; XXXI 2, 1; XVII ö, 2.

XXVIII 1, 33 niachinas omnes . . . commoveret; vgl. XVI 1, 2.

XXVIII 1, .55 (mancipia) ad

usque ultimum lacerabat ex-

itium; vgl. XXX 7, 7; XXXI

7, 3.

XXVIII 4, 21 aleariae solae

(seil, amicitiae) . . . sociales

sunt.

XXVIII 4, 23 obliquato . . a-

spectu.

XXVIII 6, 4 ferarum rabie

concitarum; vgl. XXX 5, 19.

XXVIII 6, 25 vigilavit lustitiae

oculus; vgl. XXIX 2, 20 iu-

conivens lustitiae oculus ....

vigilavit adtente.

XXVIII 6, 27 laquei nexibus interiit; vgl. XXX 2, 12.

XXIX 1, IG leni quiete . . . consopitus.

XXIX 2, 6 OS . . vultuosum.

XXIX 2, 9 cruciarius ille.

XXX 1, 8 exanclatis laboribus.

met. IX 5 p. 157, 27 latenter inrepit; vgl. II 22 p. 31, 30 (Macrob. somn. Scip. 112, 8). met. III 21 p. 51, 11 insono vestigio.

met. X 27 p. 199, 8 grandem scelerum nancta materiam. met. X 23 p. 196, 8 eins poenae talem cognoveram fabulam(Gell. V 12, 3).

met. III 16 p. 48, 8 machinas

omnes . . exercet (Otto, Sprichw.

S. 204).

met. VII 2 p. 118, 11 (servum)

paene ad ultimam mortem ex-

carnificatum.

met. V 28 p. 95, 16 non ami- citiae sociales.

met. III 2 p. 39, 23 obliquato . .

aspectu.

met. IX 36 p. 177, 6 (canes)

rabie conciti ; vgl. IV 3 p. 58, 3.

met. II 22 p. 31, 27 vigilandum

est . . . inconivis oculis . . .

oculos Solis et lustitiae; vgl.

III 7 p. 43, 4 Solis et lustitiae

. . oculum. VI 14 p. 106, 1

inconivae vigiliae luminibus ad-

dictis.

met. VIII 31 p. 154, 23 mortem

sibi nexu laquei comparabat.

met. V 26 p. 94, 9 leni quiete

sopitum.

met. III 13 p. 46, 22 vultuosam

frontem.

met. X 7 p. 186, 20 cruciarius

ille.

Vgl. oben S. 346.

368 Sitzung der pJiilos.-phüol. Classe vom 4. Nooemher 1893.

XXX 4, 13 ora niercenaria. XXX 4, 13 inresolubili nexu.

XXX 4, 19 qui est in verba

fidentior.

XXX 6, 6 singultus ilia , .

pulsans.

XXX 7, 8 metuendani rabiem.

XXXI 1, 3 larvale simulacrum. XXXI 2, 6 pernox et perdius.

XXXI 5, 6 in nepotali mensa.

XXXI 10, 18 dum . . lanugo genis inserperet.

XXXI 12, 8 extorres patriis laribus; vgl. XIV 1, 4.

XXXI IG, 7 inaccessas pulchri- tudines.

Vgl. oben S. 356. de dogm. Plat. II 13 p. 90, 27 inresolubili nexu (Ciaud. Mam. II 2 p. 104, 3 indissolubiliter nexum).

met. 13 p. 2, 21 tunc ego in verba fidentior.

met. IV 24 p. 71, 12 singultibus ilia quatiens (Petron. 91 p. 62, 18B.3 Tac. bist. III 10. Sedul. pasch, op. III 9 p. 239, 12 H.). met. VI 20 p. 109, 16 horrenda rabie.

met. I 6 p. 4, 12 larvale simu- lacrum.

met. V 6 p. 81, 27 perdia et pernox; vgl. IX 5 p. 158, 7 (Gell. II 1,2. Mart. Cap. II124 p. 35, 9 E. Symm. epist. I 53 p. 26, 16 S. Thiofr. Ept. vit. Willibr. metr. I 52 R.). met. II 2 p. 18, 9 in luxu nepo- tali (lixae n. Scaliger), met. VII 5 p. 120, 9 ei com- modum lanugo malis inser- pebat; vgl. apol. 63 p. 73, 20 lanugo malis deserpat. met. V 9 p. 83, 26 extorres et lare et ipsa patria (Sali. Jug. 14, 11 extorrem patria domo), met. IV 28 p. 74, 2 inaccessae forraonsitatis.

innoxius

Excurs 2.

bei Ammianus.

Ammianus verbindet mit auffallender Vorliebe , innoxius' in passiver Bedeutung mit einem verbalen Begriffe des Gehens, Entkommens u. s. w. Vgl. XIV 7, 8 innoxius discessit; XX

Weymaii: Studien zu Apiileius. 369

7, 2 abscessit innoxiiis; XXI 5, 12 i, recessit; XXII 8. 15 praeterisset innoxia (Argo); XXIII 5, 3 remearunt innoxii; XXIV 2, 10 evasit innoxius; XXVI 9, G; XXVII 5, 4 redire innoxius; XXXI 10, 16 innoxii ire. Hie und da wird zur Abwechslung ,innocuus' verwendet (XVI 2, 6 innocuos abire; vgl. XVII 8, 5; XXIX 1, 36 abscessit innocuus), vereinzelt andere Synonyma, wie XXIII 5, 11 discessit incolumis; XXIX 2, 17 abire inlaesum (vgl. Tert. apol. 27 I p. 226; de pat. 8 I p. 603 Oehl.). Dies zur Ergänzung der Ausführnngen von 0. Hey, Semasiologisehe Studien S. 197 ff. (XVIII. Sup- plementbd. d. Jahrbb. f. Philol.). ^)

5. Für die stilistische Abhängigkeit des Diktys (Sep- timius) von Apuleius hat A. Dederich in den Prolegomena seiner Diktysausgabe p. XLVIII ff. und an zahlreichen Stellen seines Glossars Belege gesammelt. Mehrere derselben sind heute bedeutungslos, teils weil die Textkritik der beiden Autoren Fortschritte gemacht hat,^) teils weil die Sallust- plünderung des Dictys erst in neuerer Zeit in ihrem geradezu schamlosen Umfange aufgedeckt worden ist. Die gewich- tigeren Parallelen mögen (durch einige Nachträge vermehrt) um der Vollständigkeit und um der Bequemlichkeit der Leser willen hier vorgelegt werden.

Dictys. Apuleius.

I 20 p. 15, 21 Meister domui- met. II 31 p. 38, 9 donmitionem tionein confiniians. caposso; vgl. 17 p. 5, 8; 111 19

p. 50, 18; IV 35 p. 78, 15; . X18p.l93,17;XI24p.221,4.

1) Seine S. 199 geäusserte Ansicht, dass man , innoxius' = ,sine noxa' setzte, hätte Hey durch Zusammenstellung von Belegen für ,innoxius abire' mit Lact. inst. epit. 52, 8 p. 733, 6. Dict. Cret. V 16 p. 101, 2 M. , abire sine noxa' (vgl. Tac. hist. III 69 ,digredi sine noxa') stützen können.

2) z.- B. liest jetzt Meister III 22 p. 65, 24 ,revolvit spiritura', nicht mehr ,refovit sp,' (so cod. P), wodurch die Uebereinstimmung mit Apul. met. I 18 p. 12, 5 in Wegfall kömmt.

1893. Philos.-philol. u. bist. Gl. II. 3. 24

370 Sitzung der philos.-phiJol. Classe vom 4. Noiiemher 1893.

II 2 p. 19, 8 ei ... . societatis ius perseverabat.

II 5 p. 20, 23 hostiliter . . ver-

saretur.

II 14 p. 26, haud procul

.... adstans.

II 14 p. 26, 29 morsu serpentis

. . contingitur.

II 22 p. 32, 9 an vos soll igno-

ratis . . .?

II 23 p. 33, 7 indignatione

rerum permoveri.

II 33 p. 39, 27 tamquam in- spirato ^) divinitus levaraiae.

III 2 p. 52, IG forte quadam die.

III 6 p. 55, 21 desuper pro-

culcans optereret.

III 15 p. 61, 5 excisis manibus.

V 5 p. 90, 29 exertius disser- turum; vgl. V 8 p. 93, 9.

V 7 p. 92, 1 1 raptum omittit (aquila).

Y 9 p. 93, 33 refectumque aninii.

VI 6 p. 107, 4 Nausica Tele- niacho denubit; vgl. VI 8 p. 104, 11 cuius filia in matrinionium Aegisthi denupserat; 1 1 p.3, 22 quae eo tempore Nestori de-

de dogm. Plat. II 19 p. 95, 10

talibuö viris nee aiuicitiaruin

fides perseverat.

met. IX 39 p. 179, 15 civilius

atque mansuetius versari.

niet. VI 25 p. 112, 2 astans

ego non procul.

met. IX 2 p. 156, 6 venenatis

morsibus contacta . . iumenta.

met. IV 9 p. 61, 19 tune solus

ignoras

met. IV 27 p. 73, 10 perse- cutionis indignatione perniotus. met. VI 12 p. 104, 17 divinitus inspirata (arundo). met. II 18 p. 29, 3 forte qua- dam die.

met. 125 p. 16,24 insuperpisces inscendere ac . . . obterere. met. V 24 p. 92, 26 caput ex- cideres.

met. I 17 p. 11, 3 exerte cla- mitans (vgl. oben S. 352). met. VI 19 p. 108, 23 ut . . . . omittas ofFulam (Beyte quaest. Appul. p. 44 ohne Grund ,a- mittas').

met. XI 22 p. 219, 1 recreatus animi; vgl. II 11 p. 24. 30; V 22 p. 91, 15 (Sali. Cat. 48,4 animos reficeret). met. V 16 p. 88, 11 deoprofecto denupsit; vgl. apol. 70 p. 80, 22; met. 1X31 p. 173, 20 in quod (castellum) pridem denupserat (Nipperdey zu Tac. ann. VI 27).

1) So habe ich Bl. f. d. b. Gymn. XXIX (1893) S. 524 für das überlieferte ,sperato' geschrieben. Oder sollte ,spirato' (vgl. chrou. min. ed. Frick 1 p. 218, 4; 276, 21) genügen?

Wcyman: Studien zu Apuleius.

371

nupta erat; II 17 p. 28, 14; VI 2 p. 103, 6. VI 12 p. 110, 32 vix a per- nicie viri rotenti sunt.

apol. 2 p. 5, 10 ut aegre . . ab eius pernicie temperarit (Sulp. Sev. chron. I 17, 1 populus aegre ab exitio ducis tempe- rabat).

6. Aiisonius nimmt im Epilog seines frivolen cento nuptialis p. 218, 11 Peiper mit den Worten (meminerint) ,esse Appnleium (Apuleium T) in vita philosophnm, in epi- grammatis amatorem' auf Apnl. apol. 9 p. 12 Bezug, und auch sonst zeigen seine Werke Spuren von Bekanntschaft mit dem in mancher Beziehung ihm geistesverwandten Schrift- steller. Besonders verdient der Umstand Beachtung, dass eine Reihe sicherer Reminiscenzen auf die neuerdings dem Ausonius abgesprochenen periochae von Ilias und Odyssee entfallen.

Ausonius. Ephem. VI 153 f. p. 12, 5 P. concute ferventes palniis vol- ventibus ollas, tingue celer di- gitos iure calente tuos.

prof. Burd. XXI 14 p. 67 prosa solebas et versa (so Scaliger; versu V*; versa Schenk!) loqui. epitaph. XI 4 p. 76 cuncta ele- menta duci tanto commune se- pulcrum.

ludus sept. sap. 1 p. 169 ignos- cenda istaec an ^cognoscenda rearis.

griph. p. 198, 39 caperrata fronte; vgl. cento nupt. p. 2 1 8, 1 1 .

Apuleius. met. II 7 p. 22, 2 ff. cibarium vasculum floridis palmulis ro- tabat in circukim .... beatus cui permiseris illue digitum in-

tingere ego quae . . .

ollam . . . quatere novi.

flor. 18 p. 32, 1 prorsa et vorsa

facundia.

met. IV 11 p. 63, 15 et nunc iacet noster Lamachus elemento tote sepultus.

apol. 65 p. 75, 10 non tarn ignoscendi quam cognoscendi causa; vgl. de deo Socr. prol. p. 1, 13 und Archiv I 384. met. IX 10 p. 164. 14 capor- ratuin supercilium (vgl. aber Peiper p. 475).

24*

372 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. November 1893.

cento nupt. p. 207, 36 merae

nugae.

epist. 2 p. 224, 38 quod paene

praeterii.

epist. 6, 11 p. 229 consponsi

foederis,

epist. 10, 12 p. 235 alacri . .

vigore.

epist. 12, 57 p. 241 melleae

Yocis modis.

epist. 25, 33 p. 272 niolanim

ambagibus.

epist. 26, 9 p. 273 hispidus,

trux.

epist. 28, 20 p. 283 inspirata

dehinc vento cantavit harundo;

vgl. 29, 13 p. 285 est et harun-

dineis modulatio musica ripis.

epigr. 41, 1 p. 327 Meroe Name einer anus ebricsa.

grat. act. 1, 2 p. 353, 7 ut apud deum fieri amat.

perioch. II. 3 p. 380, 5 mon- stratu Helenae de viris insig- nibus edocetur.

per. Od. 6 p. 394, 15 fati- gationem diluit somno.

per. Od. 7 p. 395, 7 suadente vespera concedit quieti; vgl. 14 p. 399, 15.

per. Od. 8 p. 395, 7 citharam iubet pulsare.

met. I 8 p. 6,' 4 nugae merae; vgl. II 23 p. 32, 17. met. II 22 p. 32, 7 quod paene praeterieram; vgl. apol. 53 p.02, 14 (P. Mohr. Zu Apoll. Sido- nius, Bremerhaven 1886 S. 4). met. V 14 p. 87, 3 consponsae factionis.

met. II 11 p. 24, 21 alacrem vigorem.

met. VI 6 p. 101, 6 melleis modulis.

met. IX 11 p. 161, 10 intor- quebant molas ambage varia. flor. 3 p. 3, 16 trux, hispidus (Peiper).

met. VI 12 p. 104, 16 inde de fluvio musicae suavis nutri- cula leni crepitu dulcis aura'e divinitus inspirata sie vatici- natur arundo.

met. I 7 p. 5, 6 quandam cau- ponam Meroen, anuni (Peiper). 10 p. 6, 25 ist sie ,temulenta'. flor. 16 p. 21, 2 quod genus in comoedia fieri amat (unrich- tig citiert bei Peiper p. 496). met. V 28 p. 96, 2 cuius mon- stratu puellam illam cognos- ceret.

met. I 26 p. 17, 3 viae vexa- tionem . . . somno diluendam; V 3 p. 80, 10 somno . . . fati- gationem sui diluit. met. V 4 p. 80, 21 vespera suadente concedit Psyche cu- bitum; IX 20 p. 170, 25 quieti recedere.

met. V 3 p. 80, 18 alius ci- tharam pulsavit.

Weymcm: Studien zu Apulcius. 373

per. 0(1. 9 p. 396, 12 dapibus, mot. IX 37 p. 177, 12 canibus

quas caede . . instruxerat. instruit nefariani tlapcni.

per. Od. 18 p. 401, 5 stipes inet. I 6 p. 4, 3 stipes in triviis

in triviis solitus rogare (Hein- erogare.

sius ohne Grund ,stipem-).

per. Od. 24 p. 405, 16 iam apol. 22 p. 31, 14 ncque uiio

couiitatior. baculo coinitatior.

Excurs 3. Zu den periochae des (Ausonius).

Zur Ergänzung der Ausgaben Schenkls und Peipers, sowie der Schrift von E. Cornelius, ,Quomodo Tacitus histo- riarum scriptor in horainum memoria versatus sit' (Marburg 1888) p. 31 f. bemerke ich, dass der Verfasser der periochae, wie die Benützung des Apuleius, so auch die des Tacitus mit Ausonius gemein hat. Vgl. per. II. 1 p. 379, 21 ,per de- ridiculum ministrante Vulcano' mit Tac. ann. VI 2 ,per deridiculum auditur'; 4 p. 38.1, 7 (Pandarura) ,astu . . ad- greditur' mit ann. II 64 ,Rhescuporim . . . astu adgreditur' (vgl. per. Od. 21 p. 403, 6); 16 p. 387, 8 ,caeco pavore' mit bist. I 82 ,caeco pavore'; 17 p. 388, 10 ,cum tota moles belli , . . ingruisset' mit bist. III 46 ,ne externa moles utrim- que ingrueret'; Od. 9 p. 396, 15 ,poenas inmanitatis exsolvit' mit ann. I 10 (vgl. VI 24)^) ,Antonium . . . poenas morte ex- solvisse'; 17 p. 401, 7 ,diras . . . imprecatur' mit ann. VI 24 ,diras inprecabatur'. II, 1 p. 379, 17 ,ultum ire'*) adfectat iniuriam' (vgl. Od. 24 p. 405, 14; Tac. ann. XII 45 u. ö.). Od. 6 p. 395, 7 ,genua regiae virginis advolveretur' (vgl. Tac. bist. IV 84 u. ö.) kann mit gleicher Wahrscheinlichkeit auf Sallust (vgl. Jug. 68, 1 ; bist, fragm. ine. 92 D. = 16 Maurenbr.), II. 9 p. 384, 9 ,fessis rebus' (vgl. Tac. ann. XV 50) mit

1) So schon Vell. Fat. II 88, 3. ,poenam e.' Heges. I 1, 7 p. 5, 51 W.

2) Vgl. Dederich zu Dict. Cret. p. 371.

374 Sitzung der pliilos.-philol. Classe vom 4. Novemher 1893.

grösserer auf Vergil (Aen. III 145; XI 335) zurückgeführt werden.

7. Bei Teuffel-Schwabe IP S. 1158 ist bereits richtig bemerkt worden, dass die Prosa des Martianus Capella „in vieler Hinsicht besonders an Apuleius" erinnert, und jedem Leser der Hochzeit der Philologie müssen sich die sachlichen Berührungen mit dem Schlüsse der Psychefabel aufdrängen. Eine Vergleichung von Einzelheiten beider Schriftsteller ist mir aber nicht bekannt geworden.

Martianus Capella.

I 2 p. 2, 1 Eyss. quid istud, mi pater . . .?

I 7 p. 5, 3 (Psychen) adaman- tinis nexibus a Cupidine de- tineri.

I 25 p. 12, 2 conubiorum co- pulis adlubcscat; vgl. 31 p. 13, 25; 11181p. 47, 20; VII 726 p. 255, 28; IX 913 p. 342, 13. I 35 p. 14, 26 repigratus. I 41 p. 16, 33 ac mox Jovis scriba praecipitur pro suo or- dine ac ratis niodis caelicolas advocare, praeeipueque sena- tores deoruni; 65 p. 19, 10 senatum curiamque contrahi ; vgl. 69 p. 21, 6; 94 p. 26, 21; 97 p. 27, 2; II 125 p. 36, 10; 196 p. 49, 18; 208 p. 51, 1; 214 p. 51, 32; 218 p. 52, 16; III 223 p. 54, 23; 326 p. 97, 15. 24 u. ö. (vgl. übrigens Norden, Rhein. Mus. XLVIII 349).

I 42 p. 17, 8 collegae Jovis, qui bis seni cum eodera To- nante numerantur quosque di-

Apuleius.

met. I 6 p. 4, 6 nii Socrates quid istud? vgl. 24 p. 16, 6. met. VI 23 p. 111, 16 nee um- quam digredietur a tue (Psy- ches) nexu Cupido. met. VII 11 p. 124, 3 basiare volenti . . . adlubescebat ;

vgl

IX 3 p. 157, 2.

Vgl. oben S. 357. met. VI 23 p. 1 1 0, 30 iubet Mer- curium deos omnes ad contioneni protinus convocare; p. 111, 3 dei conscripti Musarum albo (vgl. Prud. perist. II 555; gloss. ad apoth. 293 p. 96 Dr.).

de deo Soor. 2 p. 6, 23 illi duodecim ... in duo versus ab Ennio coartati , Juno-Apollo'.

Weyman: Studien su Apideius.

375

stichum complectitur Ennianuni , Juno-Apollo' (ann. 426 p. 50 M.; 79 p. 72 B.).

I 65 p. 19, 11 Tonantem ex- uviis indusiari ; vgl. II 114 p. 31, 14.

II 98 p. 27, 17 magno . . . boatu (poet.).

II 124 p. 35, 9 perdia pernox-

que (poet.)

II 127 p. 37, 30 circumspectione

cautissima.

II 135 p. 39, 8 et cum dicto;

vgl. VI 580 p. 196, 26; 705

p. 245, 27; IX 889 p. 332, 14.

I 26 p. 12, 2 bis dictis.

II 199 p. 50, 3 paululum con-

quierunt.

II 219 p. 52, 25 ni rosctis pur-

puraret culmina Aurora (poet.).

VI 577 p. 196, 1 aciem in-

dustriae melioris obtudit.

VI 636 p. 213, 18 ortivi solis;

vgl. 697 p. 241, 28.

VI 646 p. 215, 8 flagrantia

solis aestivi.

VI 727 p. 256, 9 marcidulis

. . luminibus.

VIII 811 p. 301, 6 totis ar- tubus . . oculea.

VIII 820 p. 304, 9 aestivam flagrantiam.

IX 893 p. 333, 18 pectorum arcana.

IX 897 p. 335, 2 confinio

noctis.

IX 901 p. 336, 21 alacri . .

vi göre.

met. II 19 p. 29, 28 pueri . .

pulchre indusiati; vgl. VIII 27

p. 151, 18; X 30 p. 201, 4.

met. III 3 p. 40, 12 amplo

boatu.

Vgl. oben S. 368.

met. XI 19 p. 216, 28 cauto- que circumspcctu. Vgl. oben S. 344.

met. IV 22 p. 70, 3 paululum

conquiescunt.

met. VI 24 p. 111, 23 Horae

rosis . . . purpurabant omnia.

Vgl. oben S. 355.

met. III 28 p. 55, 5 ortivi solis.

Vgl. oben S. 348.

met. III 20 p. 51, 3 luminibus

. . marcidis; vgl. 14 p. 47, 16

oculos . . . marcidos.

met. II 23 p. 32, 19 oculoum

totum.

met. IV 14 p. 65, 3 aestiva

flagrantia.

Vgl. oben S. 365.

Vgl. oben S. 364.

Vgl. oben S. 372.

376 Sitzung der philos.-phUol. Classe vom 4. November 1893.

8. Eine in ihrer Isolieruni^ auffällige Reminiseenz an Apnleius im paschale Carmen des Sedulius^) ist schon von dem neuesten Herausgeber des Dichters angemerkt worden. Apuleius bezeichnet die Pudentilla (in ihrem Wittwenstande) als ,desuetudine coniugis torpens et diutino situ viscerum saucia' (apol. 69 p. 79, 22), Sedulius „singt": ,Saucia^) iam vetulae marcebant viscera Sarrae grandaevo con- sumpta situ' (I 107 f.). Vielleicht darf auch an einer Stelle des prosaischen paschale opus (ITT 24 p. 249, 21 H. ,latere tarnen deus esse non potuit [Christus] ; vgl. met. V 3 p. 80, 20 ,ut . . . chorus tarnen esse pateret') eine Einwirkung apulei- anischer Diction angenommen werden, doch ist die literar- historische Thatsache schon durch die Stelle des carmen ge- nügend gesichert.

9. August Engelbrecht hat in seinen von Sittl im Jahres- bericht Bd. LXVTIT (1891. II) S. 286 mit Recht gerühmten „Untersuchungen über die Sprache des Claudianus Ma- mertus" (Wien 1885 = Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. d. kais. Akad. d. Wissensch. CX 423 ff.) den wichtigen Nach- weis geliefert, dass der Stil des Bischofs von Vienne von dem des Apuleius wesentlich beeinflusst ist. Dieser Nachweis steht auf unerschütterhcher Grundlage,^) soweit er sich auf die Apologie und die philosophischen Schriften des Apuleius erstreckt, für die Metamorphosen kann ich ein gleiches bis auf weiteres nicht zugeben.

a) In der Sammlung der Parallelen, welche „bewusste Nachahmung des Apuleius bei Claudian" (S. 18 flP. [438 ff.])

1) Dass Claudianus den Apuleius (met. VIT 7 p. 121, 25; de dogm. Plat. I 15 p. 77, 6) für die zwei Verse bell. Poll. 449 und IV cons. Hon. 245 bemüht habe, wird von Birt, proU p. CCII mit Recht stark bezweifelt.

2) Arntzen wollte ,saucia' in ,arida' , verbessern" !

3) Es ist deshalb gegenstandslos, einige der angeführten Paral- lelen als wenig oder gar nicht signifikant zu beanstanden.

Weyman: Studien zu Apuleius. 377

ergeben sollen, finden sieb nur zwei Stellen aus den Meta- morpbosen, näuilicb II 7 p. 21, 22 ,quod aiunt pedibus in sententiam meam vado' und VI 32 p. 117, 7 ,non pedibus sed totis animis latrones in eins vadunt sententiam', welche als Quelle von Claud. Mara. de stat. anim. I 8 p. 48, 7 E. ,in magistri sententiam pedibus ut aiunt transeam', bezeichnet werden. Es handelt sich hier aber, wie ein Blick auf die Zusammenstellung Ottos Sprichw. S. 276 lehrt, um eine sprichwörtliche Redensart, die Claudian durchaus nicht aus Apuleius zu beziehen brauchte. Auch die Verschiedenheit der Verba (vadere-transire; vgl. dag. oben S. 348) ist nicht zu übersehen.

b) Von den lexikalischen Uebereinstimmungen, die „in ihrer Totalität" wirken sollen, müssen mehrere als jeder Beweiskraft ermangelnd in Wegfall kommen. Ich fasse mich möglichst kurz. ,altrinsecus' ist im Spätlatein über- haupt verbreitet; .autumare' schon bei Arnob. V 30 p. 202, 5 R., später z. B. auch bei Cassian (Petschenig I p. 447) und Boetius (Meiser II p. 514); ,consequenter' = folgerichtig wiederholt bei Novatian (trin. 2. 4 Patrol. III 889 B. 892 C. u. ö.) u. a.; das über ,continuari' gesagte ist nach neueren Texten zu berichtigen; vgl. z. B. Archiv VIII 129. 136; über met. XI 1 p. 205, 19 und Claud. Mara. II 12 p. 149, 5 ist bereits oben S. 336 f. gehandelt worden ; ,exhinc', über dessen Gebrauch man sich allerdings nach Georges keine zutreffende Vorstellung machen kann, begegnet bei Juvencus I 130. 435. Theod. Mopsv. vers. lat. I p. 268, 9 Sw. Sedul. p. c. III 182. Cass. inst. II 6 p. 22, 21. Mart. Cap. p. 220, 1 (bei Eyssen- hardt ex hinc); 325, 15; 360, 4 E. Eine Stelle aus Ful- gentius bei Sittl a. a. 0. 236 Anm. 1; zu ,medullitus' vgl. auch Piechotta, curae Apul. Breslau 1882 p. 40, zu ,mo- mentarius' Ambros. hex. IV 6, 27 ,momentaria celeritate'; ^periclitari' mit Genetiv auch bei Justin. XXXVII 3, 7 (vgl. Plin. n. h. XXXIl 133, wo cod. E ,periclitari partus' bietet);

378 Sitzung der pliilos .-philol . Classe vom 4. November 1893.

,praecisio' in der eigentlichen Bedeutung bei Aug. de cat. rud. 27 und de trin. IX 4, 6; vgl. Zingerles Apparat zu Hilarius' Psalmencommentar p. 527, 12; für ,se praesentare' mehrere Stellen bei Peiper, Cypr. Gall. p, 333; ,se reprae- sentare' schon bei Hegesipp. I 44, 3 p. 103, 37 W. und Aug. in Joh. 99, 7; ,suggestus' übertragen Arnob. IV 9 p. 148, 19 R. ,honorum suggestus summos'; vgl. Salmasius zu Tert. de pall. p. 364. Die übrig bleibenden Berührungen (häufiger Gebrauch von ,equidem' mit der zweiten oder dritten Person,^) von ,ergo igitur', die Anwendung von ,scaevus' als Attribut von Sachen und von ,sudis' im Sinne von Steinspitze) reichen meines Erachtens nicht aus, um Claudians Metamorphosen- studien zu erweisen. Begnügen wir uns mit den zwei anderen bischöflichen Romanlesern, von denen der eine ein Landsmann des Apuleius war und als Sittenprediger eher zur Leetüre des „Sittenromanes" veranlasst werden konnte, als sein in theologisch-philosophische Spekulation vertiefter College von Vienne, während der andere, der mit Claudian innig be- freundete Apollin aris Sidonius, niemals es über sich brachte, dem bombastischen Wortschwall und dem affectierten Phrasengeklingel der Rhetorenschule zu gunsten einer wür- digeren und männlicheren Schreibart zu entsagen.^) Beim letzteren erinnern schon die Suffixreime (epist. 11 2, 19 p. 26, 25 L.; vgl. IV 9, 4 p. 61, 15), Wortspiele wie ,exer- citum exercitatissimum' (III 3, 4 p. 41, 22; vgl. Crusius Philol. XLIX 677), die paarweisen Asyndeta (VI 12, 9 p. 102, 25; VIII 6, 13 p. 132, 20; IX 9, 11 p. 158, 6; vgl oben

1) Derselbe ist übrigens nicht auf die Metamorphosen beschränkt, wie Engelbrecht S. 25 (445) angiebt; vgl. de dogm. Plat. II 26 p. 102, 12; de mundo 27 p. 127, 6.

2) Ich übersehe dabei die den beiden Galliern gemeinsamen Wendungen und Phrasen (Engelbrecht S. 39 [459] ff.) keineswegs, aber man lese nur beide im Zusammenhange, um sich des Unter- schiedes bewusst zu werden.

Weyman: Studien zu Ajmleius. 379

S. 354) an das in Rede stehende Vorbild. Vgl. Paul Mohr, Zu Ap. Sid. Progr. v. Bremerhaven 1886 S. 4. 6. 13 und Eugen Geisler in Luetjohanns Ausgabe p. 356. 360. 863 u. ö. Auf eine Zusammenstellung der Parallelen muss ich aus äusseren Gründen verzichten.

Excurs 4. Zum Text des Claudianus Mamertns.

Claud. Mam. epist. 2 p. 204, 28 E. lautet die üeber- lieferung ,(videö) philosophiam atque uti quoddam oniinosura bestiale numerari'. Der Herausgeber hat das störende , atque' eingeklammert, später aber (Untersuchungen 113 [533]) den Ausfall von ,astrologiam' nach der Conjunktion als „viel wahrscheinlicher" angenommen. So passend die Erwähnung der Astrologie dem Zusammenhange nach wäre (Engelbrecht verweist auf zwei Parallelen aus Claudianus selbst und Apol- ■linaris Sidonius), so unwahrscheinlich muss ich es finden, dass Claudianus die Philosophie und die Astrologie als ein ,ominosum bestiale' sollte betrachten lassen, nachdem er un- mittelbar vorher geschrieben ,(video) musicen . . et geome- tricam atque arithmeticam tres quasi furias despui'. Meines Erachtens ist mit minimaler Aenderung statt ,atque' ,aeque' zu schreiben. Die Verbindung ,aeque ut' bat allem Anscheine nach (vgl. Krebs-Schmalz, Antibarbarus I 107 und für den älteren Plinius Mayhoff zu XXII 161^)) seit dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert Boden gewonnen und ist z. B. auch bei Apul. met. V 6 p. 82, 9 längst für das überlieferte ^atque ut' hergestellt worden. Vgl. den kritischen Apparat zu Plin. n. h. IX 155. Apul. met. VII 5 p. 120, 20. Ps. Cypr. de mont. S. et S. 5 p. 109, 17 H. Amm. Marc. XVII 11, 1. Oros. bist. I 10, 6. Salv. ad eccl. IV 1 p. 301, 11 P.

1) Detlefsen hat sie auch XV 79 durch Conjektur in den Text gebracht.

380 Sitzung der philos.-philol. Classe com 4. Nocember 1893.

10. Der erhaltene lateinische Apolloniusroman ist be- kanntlich eine christianisierende Bearbeitung eines griechisch- heidnischen Originales ä la Xenophon von Ephesiis u. dgl. Die Berührungen mit dem genannten Sophisten hat neuer- dings A. Riese in der zweiten Auflage seiner Ausgabe der historia Apollonii vermerkt, auf Beziehungen zu Apuleius dagegen deutet er nur zweimal hin, und zwar das eine mal anlässlich der bekannten Häufungen, wie ,conloquium ser- monis' u. s. w. (p. 122 adn. 1), das andre mal gelegentlich einer Stelle, die schon Thielmann, Ueber Sprache und Kritik des lat. Apolloniusrom. S. 54 aus Apuleius verbessert bez. erklärt (denn die handschriftliche Lesart enthält keinen Fehler) hat. Ich eitlere im folgenden die der ursprünglichen Fassung des Romanes am nächsten kommende Recension A P nach Rieses zweiter Ausgabe. ^)

Historia Apollonii. Apuleius.

1 p. 1, 1 in civitate Antiochia inet. IV 28 p. 73, 24 erant rex fuit quidain. in quadam civitate rex et re-

gina; vgl. VIII 1 p. 134, 17 erat in proxima civitate iuvenis; VII 6 p. 120, 27 fuit quidara ... in aula Caesaris clarus.

1) Vgl. meine ausführliche Besprechung in der Wochenschr. f. kl. Philol. 1893, 575 rt'., woselbst wiederholt zum Schutze der Ueber- lieferung Apuleius herangezogen wird. Zu p. 68, 9, wo ich nach ,valent' ein Fragezeichen zu setzen empfohlen habe, vgl. Apul. met. VIII 19 p. 146, 20; IX 28 p. 172, 1; zu p. 77, 9 ,discessit' = ,mortuus est' Archiv VIII 448. Cic. Cat. m. 85; div. I 47; p. 113, 2 kann das überlieferte ,horarum-spatia' vielleicht durch Baeda bist. eccl. III 11 p. 122 H. ,post aliquantum horae spatium' (an der von C. F. W. Müller, Jahrbb. f. Philol. CXLVII 202 beigebrachten Suetonstelle [Nero 37] ist sicher von wirklichen Stunden die Rede) geschützt werden, doch halte ich meine Vermutung ,morarum-spatia' nach wie vor für wahr- scheinlicher. ,horarum-spatia' im eigentlichen Sinne Plin. n. h. VI 217; 220; IX 51. Ps. Cypr. de spect. 9 p. 11, 15 H.

Weyman: Studien zu Apuleius.

381

1 p. 2, 3 incidit in amorem filiae siiao; vgl. 17 p. 32, 3.

1 p. 2, 9 inruiiipit cubiculum; vgl. 18 p. 34, 4.

. 1 p. 2, 13 evasit cubiculum.

2 p. 3, 5 roseo rubore; vgl. 21 p. 39, 12 iß).

3 p. 4, 12 nuptiarum petitores.

4 p. 7, 2 doniine rex; vgl. Riese p. 121.

6 p. 9, G ad seinet ipsum lo-

cutus est dicens ,quid agis

ApoUoni u. s. w.'

8 p. 14, 6 fugae praesidiuni

maiida (codd. fuge).

14 p. 26, 11 rogat te rex, ut

ad cenatn venias.

16 p. 30, 14 dicam quod sentio.

21 p. 39, 15 bis dictis; vgl. 28 p. 55, 2; 46 p. 102, 12. 25 p. 47, 5 doniiue, tu quideni pie facis, sed navis mortuum sufferre non potcst.

26 p. 49, 3 quantas putauius lacrimas hanc puellam suis pa- rentibus reliquisse? ')

met. V 23 p. 92, 1 Psyche sponte in Amoris incidit amo- rem; vgl. X 19 p. 194, 7 (Ps. Quint. decl. min. CCXCI p. 100, 15 R. Liv. perioch. 3). met. IX 2 p. 156, 14 ni . . cubiculum . . . inrupissem (Plin. ep. VI 20, 4. Suet. Claud. 37. Jul. Val. I 4 p. 6, 13). met. I 14 p. 9, 10 limea eva- serant.

met. II 8 p. 22, 27 roseo ru- bore; vgl. XI 3 p. 207, 4 (Ovid. am. III 3, 5). met. IV 32 p. 76, 13 nuptiarum petitor.

met. II 14 p. 27, 1 Luci do- mine; vgl. III 11 p. 45, 13; VI 22 p. HO, 18 domine fili. met. VI 26 p. 112, 30 ipse mecum ,quid stas, Luci u. s. w.'

met. I 15 p. 10, 10 fugae

mandes praesidium.

met. I 22 p. 14, 18 rogat te;

vgl. 26 p. 17, 1; III 12 p. 46,1.

met. V 10 p. 84, 17 dicam . .

quod sentio.

met. VI 21 p. 110, 10 bis

dictis.

met. II 20 p. 31. 3 tu quidem

domina in officio mones sanctae

tuae bonitatis, sed ferenda non

est quorundam insolentia; vgl.

V 19 p. 89, 16.

met. V 14 p. 87, 13 quantum

putas boni nobis in ista geris

perula?

1) Die Erzählung c. 26 und 27 erinnert sofort an Apul. flor. 19 p. 32, 14 ff., ist aber aus einer ganz anderen Quelle geschöpft.

382 Sitzung der philos.-philol. Classe com 4. Nooemher 1893.

31 p. 59, 8 illa quae adhaeret lateri oius.

41 p. 88, 4 regni mei vires (so cod. P; Riese mit der zweiten Recension , viribus') relovem; bei der anderen Lesart ist ,te' als Objekt zu ergänzen. 46 p. 101, 8 populi ab auri- culis eum coniprehonderunt. ^)

met. II 2 p. 18, 14 huius ad- haerebat lateri senex ; vgl. IX 22 p. 168, 20.

met. VI 2 p. 99, 13 donec . . . meae vires .... leventur (so Rohde, Rhein. Mus. XL 101 für das überlieferte ,leniantur').

met. IX 36 p. 176, 23 vicinum illum auriculis . . . sublatum . . . proiectum iri; vgl. Kronenberg, Ad Apul. Mad. p. 30, der mit Recht sich gegen alle die ,auri- culae' bedrohenden Veräude- rungsversuche erklärt.

Excurs 5. „P]s war einmal."

Eine hübsche Geschichte über den Märchen- und Er- zählungsanfan^- xar' s^oyr^v (vgl. Plaut. Stich. 539. Ter. Andr. 221. Aug. civ. dei XXII 8 p. 574, 4 D.* Sulp. Sev. chron. II 12, 3 p. 67, 26 H. Cassian. conl. XXIV 13 p. 688, 4 P. acta mart. p. 283. 322 ed. Ratisb. Greg. M. hora. 35, 8. Baeda hist. eccl. IV 10 p. 182; 14 p. 188; 31 p, 224 11.)^) findet sich bei Caesarius von Heisterbach dial. IV 36 (I p. 205 Strange) ,ln solemnitate quadam cum abbas

1) In dem von E. Heydenreich 1879 herausgegebenen Con- stantinronian ist keine einigermassen sichere Spur von Benützung des Apuleius zu finden.

2) Aehnlich im Griechischen; vgl. den Anfang des Ptomanes von Xenophon von Ephesus. Long. I 27, 2. Acta Joannis p. 137, 9 Zahn ,yvvrj Tig tjv iv jiöksi xivi ; mit ,lv jiöXei zivl'' beginnt auch eine Er- zählung in der eben von H. Geizer edierten Biographie des Patriarchen Johannes des Barmherzigen von Leontios von Neapolis S. 87, 13. S. auch Crusius, Philol. LH 534 f. Sebillot, Formules initiales ... de conteurs en Haute Bretagne (Revue Celtique VI 62 f.).

Wcyman: Studien zu Apiäeius. 383

Gevardus verbum exhortationis in Capitiilo ad nos

faceret, et plures . . . dormitare, nonnullos etiara stertere con- spiceret, exclaiuavit; audite, fratres, audite, rem vobis novam et magnam proponam. Rex quid am fuit, qui Artus voca- batiir. Hoc dicto non processit, sed ait: Videte, fratres, miseriam magnam. Quando locutus sum de deo, dormitastis ; mox ut verba levitatis inserui, evigilantes erectis auribus omnes auscultare coepistis'. Dass übrigens das Manöver des guten Abtes keineswegs neu war, beweist Cassian. inst. V 31 p. 105, 5 £F. Petsch. ,Hic idem senex (Machetes) otiosarum fabularum diabolum esse fautorem ac spiritalium conlationum inpugnatorem seraper existere bis declaravit indiciis. nam cum fratribus quibusdam de rebus necessariis ac spiritalibus disputaret, eosque videret Lethaeo quodani sopore demergi nee posse ab oculis suis pondus somni depellere, otiosam repente fabulam introduxit. ad cuius oblectationem cum eos evigilasse confestim atque erectas aures suas habere vidisset, ingemescens ait: nunc usque de rebus caelestibus loquebamur, et omnium vestrum oculi letali dormitione deprimebantur: at cum otiosa fabula intromissa est, omnes expergefacti torporem somni dominantis excussimus'.

11. Bei der Besprechung von met. V 1 p. 79, 20 (vgl. oben S. 328), habe ich zwei Stellen aus dem Panegyrikus des afrikanischen Dichters Corippus auf Kaiser Justinus heran- gezogen, ohne ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen den beiden Autoren anzunehmen. In der That habe ich weder in dem genannten Panegyrikus, noch in dem umfangreicheren Epos über den Feldherrn Johannes Berührungen von zwingen- der Beweiskraft gefunden (Job. 1 156 ,lacrimisque rigans vestigia tinxit' vgl. mit met. VI 2 p. 99, 1 ,uberi lletu rigans deae vestigia'),^) doch möchte ich die Frage zu erneuter und genauerer Untersuchung empfehlen.'^)

1) Mit grösserer Wahrscheinlichkeit fuhrt die Wendung des

384 Sitzung der pliüos.-liihilol. Glasse vom 4. November 1S9S.

12. Eine auffällige Uebereinstimmnng mit der Schilde- rung des dem Gotte des Lachens zu Ehren instruierten Cri- minalprozesses (Apul, met. III) tritt uns in einem Dokumente entgegen, in dem man von vorneherein sicher keine Berüh- rungen mit Apuleius erwartet, in der passio sanctorum Pionii et sociorum eius martyrum (Acta martyrum ed. Ruinart p. 188 ff. der Regensburger Ausgabe). Allein in Anbetracht der Thatsache, dass diese passio nur eine (aller- dings freie) üebersetzung eines griechischen Originales ist eine Ausgabe desselben ist nach Harnack, Gesch. d. altchristl. Lit. I 819 von 0. von Gebhardt zu erwarten müssen wir mit der bestimmten Entscheidung über die Ausdehnung der Nachahmung noch zurückhalten.

c. 3 p. 188 f. cum ad forum

ducerentur ita se mi-

rantes stipabant (einige codd. inter se m. stupebant), ut . . . . ut ad forum ventum est, re- pente immensa multitudine, quicquid spatii in medio fuit, et superposita paganorum aedi- culis teeta completa sunt .... Omnis auteni circumfusa undi- que visendi studio ruebat aetas: et quos ad videndum destitue-

met. III 2 p. 39, 19 dum pri- mum angiportum insistimus, statim civitas omnis in populum oifusa mira densitate nos inse- quitur. p. 40, 3 repente euneti . . flagitant propter coetus mul- titudinera, quae pressurae ninu'a densitate periclitaretur, iudi- cium tantum theatro redderetur. nee mora cum passim populus procurrens caveae conseptum mira celeritate^) conplevit, a-

Corippus auf Ovid. met. IV 343 = V 592 zurück R. Amann, De Corippo prior, poet. ]at. imitatore I. (Oldenburg 1885) p. 23.

2) Petschenigs Emendation ,inflexos' (hamos) für ,infixos' (Joh. II 122) findet eine Stütze wenn sie einer solchen bedarf an Apul. apol. 32 p. 42, 19 ,flexis (nach 8 368 yvafiJiToTg) hamulis'.

1) Das überlieferte ,celeritate' habe ich Wochenschr. f. klass. Philol. 1892, 1404 und 1893, 579*** gegen Kronenbergs Aenderung ,celebritate' (Ad Apul. Mad. p. 17; vgl. Plin. ep. IV 2, 4) verteidigt. C. Häberlin, Berl. philol. Wochenschr. 1893, 588 hält letztere zwar für „gut", klammert aber doch zu mira celeritate ,= mirum quam celeriter?' (was denn sonst?) ein; ,mira celex-itate' findet sich z. B,

Weyman: Studien zu Apuleiiis.

385

bat brevitas corporis, supra- positi scamiiis, aut ascendentes arcas, ne subtraherentur mi- raculo, ae(|uiparabant ingenio qaod natura subtraxerat. 4p.l 89 Judaei risu se cachinnante dissolvunt. 7 p. 191 cum populus ad theatrum ire dis- poneret, ut in conscensu (lies consessu^)) caveae multo melius beati raartyris verba posset au- dire. ^)

4 p. 190 incurrentes (so Yermute ich für das überlieferte ,per- currentes') in <suum> sexum.

5 p. 190 martyrem persuadere tentabant tali sermone sua- dentes.

9 p. 192 adstante haud procul Asciepiade. ^)

ditus etiam et tectum omne fartim stipaverant. plerique co- lumnis implexi, alii statuis de- penduli, nonnuUi per fenestras semiconspicui, miro tarnen om- nes studio visendi pericula sa- lutis neclegebant. 7 p. 43, 6 risu cachinnabili difflue- bant.

Vgl. oben S. 340.

Vgl. oben S. 347. Vgl. oben S. 370.

Anhang 1.

Liesse sich der Beweis erbringen, dass der Horazerklärer Porphyrio*) den Apuleius gekannt hat, so würde die viel-

Vell. Pat. II 88, 3; 129, 3. Plin. n. h. IX 82; XXVIIl 227; XXX 117. Gell. IX 15, 9 Zeno Ver. I 6, 2 p. 56. Macrob. sat. V 11, 22. Mart. Cap. I 7 p. 4, 28. Zur Variante celeritas-celebritas s. Ennod. LXXX 41 p. 89, 19.

1) Vgl. Lncr. IV 76. Verg. Aeii. V 340; VIII 636. Tac. anii. XIII 54. Prud. c. Symm. II 1091.

2) Ich übersehe nicht, dass die Verlegung der Verhandlung in das Theater auch in anderen Martyrerakten erwähnt wird; vgl. z. B. Le Blant, Les persecuteurs et les martyrs aux premiers siecles de notre ere (Paris 1893) p. 276 n. 4.

3) 0. V. Gebhardt wird auch die lateinische Version in neuer kritischer Bearbeitung vorlegen.

4) W. V. Christ hat in den „Horatiana", mit denen er kürzlich seine Schüler und Freunde erfreut hat, richtig betont, dass kein

1893. Pliilos.-philol. u. liist. Gl. II. 3. 25

386 Sitzung der philns.-phüol. Glasse vom 4. Nooniiber 1S93.

verhandelte Frage nach der Lebenszeit dieses Grammatikers dahin zu entscheiden sein, dass er zwischen Apuleius und Juhus Romanus vorausgesetzt, dass das Citat des Cha- risius p. 220 K. wirklich aus Roraanus herübergenommen ist (0. Pröhde, XVIII. Supplementbd. d. Jahrbb. f. Philol. p. 645. Archiv VIII 464) , welcher ,librum dq)OQfXLov sub finem fere alterius vel initio tertii saecuh composuit' (Fröhde a. a. 0. p. 672 nach Keil) anzusetzen sein. Nun sind die Berührungen mit Apuleius, welche ich im Horazcommentare aufgefunden zu haben glaube, freilich an Zahl äusserst spärhch, aber zwei derselben scheinen mir so auffällig, dass ich mich zur Annahme eines zufälligen Zusammentreffens nicht ent- schliessen kann. Immerhin glaubte ich die Sache nur im bescheidenen Dunkel eines Anhanges zur Sprache bringen zu dürfen.

Porph. in epod. 3, 17 p. 149, met. III 1 p. 39,10 civium san- 11 M. veste . . saaguine . . guine delibutum ; vgl. YII 17 delibuta. p. 127, 22; IX 38 p. 178, 17

(Arnob. III 24 p. 128, 11;

VII 24 p. 257, 23). in epod. 15, 23 p. 168, 23 met. IX 14 p. 163, 12 ut eius ingerneseit iam vicein illius. viceni . . ingemescerem (so F).

Vgl. oben S. 362. in epist. I 7, 73 p. 277, 6 fre- met. X 15 p. 191, 9 libera- quentibus cenis inescatus est. libus cenis inescatus; vgl.VII14

p. 125, 19.1)

genügender Grund vorliege, die im cod. Mon. 181 dem Commentare vorausgehende kleine Horazbiographie dem Porphyrie abzuerkennen (Sitzungsber. d. b. Akad. phil. Gl. 1893, 64 f.). Ich mache noch auf die Uebereinstimmung von vita p. 1, 11 Bruti secutus est partes mit comm. in serm. 1 1, 13 p. 184, 15 Pompeianaa partes secutus auf- merksam.

1) M. Hertz (Hermes VIII 274) steht nicht an, die Verwendung von , inescatus' bei Ammianus auf Apuleius zurückzuführen.

Weyman: Studien zu Apuleius.

387

Anhang 2.

Dass Beziehungen zwischen den grösseren unter Quin- tilians Namen gehenden Deklamationen und Apuleius obwalten, unterliegt für mich keinem Zweifel. Aber leider ist die Forschung über die Entstehungszeit der Deklamationen noch nicht so weit vorgeschritten, dass die Frage „Ist Pseudo- quintilian von Apuleius abhängig oder umgekehrt?" mit Be- stimmtheit beantwortet werden könnte. Nach meinem persön- lichen Empfinden spreche ich die Priorität den Deklamationen zu (im Gegensatz zu C. Hammer, Beiträge zu den 19 grösseren C[uintilianischen Deklamationen, München 1893 S. 12 er- scheinen mir dieselben als ein in sprachlicher Beziehung einheitlicher Complex), sowohl aus allgemeineren literar- historischen Erwägungen (Rohde, Roman S. 336 ff.), als aus dem ganz speziellen Grunde, dass mir die unten an fünfter Stelle angeführte apuleianische Wendung gegenüber der ent- sprechenden pseudoqnintilianischen als entschieden secundär auffällt.!)

Ps. Quintilianus.

I 14 p. 16 Bip. assiduo vis- ceris pulsu.

II 12 p. 30 parricidium struitur.

III 11 p. 49 incurrat iam 11- bido in sexuin suum.

III 18 p. 50 Caput . . excidat.

IV 18 p. 77 (sidera) vagos cursus certis emetiuntur erro- ribus.

A})uleius.

niet. XI 13 p. 212, 28 adsiduo pulsu raicanti corde; vgl. oben S. 364.

met. VII 11 p. 85, 13 parri- cidium struentes. Vgl. oben S. 347.

met. V 24 p. 92, 26 caput ex-

eideres.

met. IX 11 p. 161, 20 vagarer

errore certo (vom Esel!).

1) Auf einzelne sprachliche Berührungen mit Apuleius hat

Hammer a. a. 0. S. 44 und bes. 51 hingewiesen.

25*

388 Sitzung der pliilos.-phüol. Glasse vom 4. November 1893.

V 7 p. 92 nisi nos promeru- erimus obsequiis.

VI 1 p. 110 fleri . . usque ad caecitatem; 4 p. 113 totos ef- flevit oculos.

YI 14 p. 123 lucis usuram.

IX 12 p. 179 paternis laribus

extorrein .

XII 2 p. 221 sepulta ventribus

nostris . . yiscera.

XII 19 p. 239 arcessita mors.

XII 22 p. 242 alterum con- fingitur mendacium.

XIII 17 p. 264 animalia per

pastus vaga.

XV 10 p. 287 (Amor) petulans,

telis funereis facibusque ar-

matus.

XVII 18 p. 316 invade po-

culum, ne hauriam.

XIX 13 p. 347 festinatione praecipiti.

met. V 25 p. 93, 23 (Cupi- dinem) obsequiis promerere; vgl. XI 6 p. 209, 5 (Cypr. epist. LXII 3 p. 699, 8 H. Paneg. II 10 p. 97, 30 B.). met. I 6 p. 4, 9 diffletis paene ad extremam captivitatem (wieder- holt wurde caecitatem conji- ziert) oculis suis; V 7 p. 82, 20 difflebant (cod. deflebant) oculos. Vgl. oben S. 358. Vgl. oben S. 368.

Vgl. oben S. 356.

met. V 25 p. 93, 20 ullo mortis

accersito [te] genere (, mortis

arcessitae' Oudend.; ,m. accer-

sitae' Michaelis; vgl. Ps. Quint.

decl. min. CCCVI p. 204, 15 R.

Plin, ep, I 12, 2 mit den krit.

App.).

met. V 16 p. 88, 8 meudacia

(soOudendorp, ,mendacio' cod.)

confingere; vgl. VIII 28 p. 152,

10 (Fronto p. 212 N. Ignat. ad

Trall. 10, 2 vers. lat. bei Funk,

opp. patr. apost. II p. 73, 6).

met. V2 5 p. 93, 10 vago pastu;

vgl. VI 11 p. 104, 11.

met. IV 30 p. 75, 9 (Amorem)

satis tenierarium, qui . . . flammis

et sagittis armatus.

met. VIII 31 p. 154, 25 fu-

nestum nodum violenter in-

vadens.

Vgl. oben S. 356.

Weyman: Studien zu Apuleius.

389

Stellenverzeichnis.

Acta Pionii 4

. 7

Amm. Marc. XXX 7, 10 . Apul. niet. III 2 p. 40, 6 . 38

IV 27 p. 73, 4 .

, IV 28 p. 74, 5 .

, IV 29 p. 74, 13 .

, IV 29 p. 74, 22 .

. IV 31 p. 75, 27 .

IV 32 p. 76. 19 . , , V 1 p. 79, 16 .

, V 1 p. 79, 19 .

, V 10 p. 84, 11 .

, V 21 p. 91, 2 .

r V 23 p. 92, 12 .

, V 31 p. 97, 19 .

, VI 1 p. 98, 7 .

, VI 11 p. 104, 11 .

VI 15 p. 106, 9 .

, VI 19 p. 108, 23 .

, VI 19 p. 109, 6 .

VI 22 p. 110, 23 .

, VII 8 p. 121, 28 341

, VII 26 p. 132,10 .

, IX 36 p. 176, 23 .

, XI 1 p. 205, 17 . flor. 16 p. 20, 19 . . de dogm. Plat. 11 8

p. 87, 1

, de mundo 22 p. 123, 12 Amob. II 52

Seite

Seite

385

August, civ. dei V 6 .

. . 338

385

[Auson.] perioch. Od. 18 . 373

362

Claudian. Mam. stat. an. II 12 338

54 A. 3

epist. 2

. . 379

335

Coripp. Job. II 122 .

384 A. 2

323

[Cypr.] spect. 8 . . .

. . 337

323

Dict. Cret. II 33 . .

370 A. 1

325

Bist. Apoll, p. 68, 9 R.2

380 A. 1

325

p. 77, 9 ,

380 A. 1

326

, p.88,4 ,

. . 382

327

. p. 113,2,

380 A. 1

328

Incert. de Const. p. 12, 9 H.

340 A. 1

328

-Jul. Val. IT 24 . . .

. . 346

329

, II 28 . . .

. . 346

330

Lucan. VII 748 f. . .

327 A. 1

330

Lucas evang. X 19

. . 327

332

Mamert. grat. act. 18 p. 259,

332

3 B

. . 355

333

Prudent. cath. V 86 .

. . 326

370

[Quint.Jdeclam.mai.lv 20 330 A. 2

334

Sedul. pasch, carm. I 107 . 376

334

Tac. bist. IV 84 . .

. 355

lA.l

Zeno Veron. I 2, 5

. 359

335

, I 2, 8 .

. 353

382

. I 4, 6 .

. 359

336

. I 5, 1 .

. 359

364

. I 5, 5 .

. 360

I 5, 6 .

. 359

342

. I 6, 5 .

. 360

338

. I 8, 3 .

. 360

834

, I 9, 3 .

. 328

390 Sitzuiifj der jMlos.-^Mlol. Classe vom 4. Nnoember 1803.

Sprachlicli-literarhistorisches Register.

Seite

Acta Pionii, Verhältnis zu

Apuleius 384 f.

ad instar 339

aeque ut 379

afficere mit Genetivus 340 A. 1 ait, loquitur dicens . . 359

album apostolorum u. dgl. . 342

allegare pi'eces 355

Ammianus Marcellinus, Ver- hältnis zu Apuleius . 361 ff.

animae oculi 339

Apollinaris Sidonius , Ver- hältnis zu Apuleius . 378 f. ApoUoniusroman, Verhältnis

zu Apuleius .... 380 ff. Apuleius, Verfasser der

Schrift de mundo . . 338 f. Apuleius im Mittelalter 323 A. 1 arboribus consitus (Lact.

Phoen. 9) 349

articulus 342

ascendere aliquid, in aliquid (Orig. [Ruf.l hom. in Jesu N. 15, 3 [XI p. 136 L.]; 21, 2 [p. 184]) .... 329

Athenae Atticae .... 366 atque und aeque vertauscht 379

aureus color 333

auribus, oculis usurpare . . 345 Ausonius, Verhältnis zu Apu- leius 371 ff.

[Ausonius] periochae , Ver- hältnis zu Tacitus . . . 373

autumare 377

calcare super (supra) aliquid (Orig. [Ruf.] hom. in Jesu N. 12, 3 [XI p. 117 L.] nach Jos. 10, 24) . . . 327

celeritas und celebritas ver- tauscht 384 A. 1

Seite

ceterum = alioquin 339. 342 A. 1

chorus siderum 315

Claudianus , Verhältnis zu

Apuleius .... 376 A. 1 Claudianus Mamertus, Ver- hältnis zu Apuleius . 376 ff.

colore florere, nitere, fulgere 333

consequenter 377

consessus caveae .... 385 Constantinroman, Verhältnis zu Apuleius . . . 382 A. 1

constructus = instructus . 353 contemplatione alicuius rei 360 contendere (fordern), ut . 347 continuari (continari) . . . 377 Corippus, Verhältnis zu Apu- leius 383

cum dicto u. dgl. (Juvenc.

IV 511) . . . 344. 357. 375 curia, senatus (von den

Göttern) 374

denubere 370

descendere aliquid = in ali- quid 329

Dictys Cretensis, Verhältnis

zu Apuleius .... 369 ff. discedere = decedere (Orig. [Ruf.] hom. in Jesu N. 7, 2 [XI p. 207]. Prud. perist.

II 25) 380 A. 1

discurrere ultro citroque . 361

dispungere 352

domus, cubiculum, lectus als

xkifia^ 335

smri]d£viiiara (agricola, nauta

u. dgl.) 351

equidem mit der 2. oder

3. Person . . . 378 A. 1

erat, fuit im Erzählungs- anfang (Juvenc. I 1. Orig.

W ei/man: Studien zu Apuleius.

391

Seite [Ruf.] hom. in libr. I Sana. 1, 4 [XI p. 293]. . . 382 f. exerte (exserte) . . . 352. 370

ex forma 342

exhinc . 377

fessae res 373 f.

flagrantia solis . . . 348. 375

generosus 363

genua advolvi 373

gestae rei series, ordo . . 348

horae (horarum) spatium (spatia) 380 A. 1

idonee 342

ignes(Blitze)zurBezeichnung des Semeleabenteuers . . 334

impiare sanguine .... 356

incidere in amorem alicuius 381

incrementum, Gegensatz de- trimentum u. dgl. . . . 337

inducere, induere von der Fussbekleidnng(Suet.Aug. 92; Claud. 7) . . . 341 A. 1

inficere, fatigare u. dgl. ali-

quem alicuius rei . 340 A. 1 ingratis = wider Willen . 354 innocuus bei Ammianus . . 369 innoxius bei Ammianus 362. 368 f, innoxius = sine noxa 369 A. 1 inrumpere cubiculum . . . 381

interficere pudorem u. dgl. (acta Pionii 4 p. 190 iugu- lato hospitii iure) . . . 354

Itinerarium Alexaudri, Ver- hältnis zu Apuleius . . 350

Julius Valerius, Verhältnis zu Apuleius .... 343 ff.

Juristisches bei Apuleius und Tertullian 341 ff.

latius porrigere 324

lex Julia (Prud. perist. X 208) 342

licet si, etsi 332

Martianus Capella, Verhält- nis zu Apuleius . . . 374 f.

membratim discerpere u. dgl. 365

Seite niendacia concinnare . . . 362 mendacia confingere . . . 388 mira celeritate (Flor. I 45,

16) 384 A. 1

mors accersita, arcessita

(Maurenbr. Sali. bist. II

p. 225) 388

non dubium quia mit Indi-

cativus 359

nudo vestigio 349

numen propitiare .... 325 obsequio promereri . . . 388

: oculi et manus (Prud. Apoth.

8. 235) 330

odisse in se aliquid . . . 326

ora litoris (Orig. [Ruf.] hom. in Exod. 1, 3 [IX p. 6]. Prud. perist. XI 47) . . 326

oscula et manus .... 330

osculis-oculis vertauscht. . 330

parentare alicui aliqua re . 362

participare aliquem aliqua re 346

paucis accipe (Commod. apol. 806 D.) 358

pecus von der Frucht im Mutterleibe 352

penetralia cordis , pectoris (Orig. [Ruf.] hom. in Exod. 7, 4 [IX p. 80]; 9,4 [p.ll7]. Juvenc. IV 7) .... 353

perculsus, perturbatus ali- qua re 362

perdite diligere, amare . . 331

perdius et pernox . . 368. 375

periclitari mit Genetivus . 377

plusculi, complusculi dies . 346

pollens factionibus .... 353

Porphyrie, Verhältnis zu Apuleius 385 f.

Porphyrie, Verfasser der Ho- ratiusbiographie vor dem Commentare . . . 385 A. 4

poenas , poenam exsolvere (poenas solvere Sali.) . . 373

postliminio reducere . . 353

392 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. November 1893.

Seite

praecipiti festinatione 356. 388

praecisio (eigentlich) . . . 378

praeditus = praefectus . 353

primus Juppiter, deus . . 333

prosatus 339

quam vellem im Redeanfang 347 quatere und ähnliches (vom

Schluchzen) 368

quid agam, quo me vertam?

und ähnliches .... 355

[Quintilian] grös.sere Dekla- mationen, Verhältnis zu Apuieius 387 f.

quoque steigernd und ad- versativ 331 A. 1

quousque tandem (Prud.

perist. X 868) .... 347

rarissimo Adverbium . . . 328

rarissimus , rarus quisque

(Orig. [Ruf.] hom. in Exod.

2, 1 [IX p. 15]; 13,6 [p. 161] 328

recalcare vestigia ( Prud.

cath. VII 75) . . . 334. 359

recolere vestigia . 334 A. 1

refluus 326

risu dissolvi und ähnliches 344. 385

roseus rubor 381

rumpi vom Regen .... 338

saevire, furere u. dgl. in

(final) aliquid 359

Sallustius, nachgeahmt von Spartianus u. a. 329. 351. 373

sanguine delibutus. . . . 386

scaena 355

sedere (von Jungfrauen und

Witwen) 349

Sedulius, Verhältnis zu Apu- ieius 376

Seite 378

326

326

A. 1

366

385 378

373

se praesentare, repraesentare solum = Fuss bei Prudentius (perist. XII 17 u. ö.) . . solum-salum vertauscht . spirare = inspirare . 370

stupore defixus (Orig. [Ruf.] hom. in Exod. 5, 5 [IX p. 57] 348.

suadere-persuadere . . 347.

suggestus, übertragen . .

Tacitus, benützt in den pe- riochae des [Ausonius] .

TertuUian, Verhältnis zu Apu- ieius 340 ff.

TertuUian, Kirchenschrift- steller, identisch mit dem gleichnamigen Juristen 343 A.l

TertuUian, benützt von Zeno

von Verona 352

ultum ire 373

uspiam comparere, reperiri 335 usura lucis . . 358. 363. 388

uteri sarcina 357

vagus vom weidenden Vieh (Prud. perist. XI 93) 333.

velitari iocis u. dgl. . venenum noxium . Venerem venerari . . verbis temperare .

vestire, übertragen (Orig. [Ruf.] hom. in Exod. 9, 4 [IX p. 117 f.] ... 360 f.

vicem repensare .... 350

visceribus, ventrüms sepeliri (Prud. perist. XI 75) 356. 388

Zeno von Verona, Quellen 351 ff.

Zeno von Verona, Verhältnis zu Apuieius .... 353 ff.

388 317 350 323

347

Nachtrag. Die Bemerkung über Prud. cath. V 86 (oben S. 326) ist dahin zu berichtigen, dass der Sprachgebrauch des Dichters kein Hindernis gegen die Aufnahme der Lesart des Puteanus bildet; vgl. cath. III 5; contra Symm. I 431; 11 326; perist. XIV 30 u. ö.

393

Herr N. Wecklein hielt einen Vortrag: „Studien zu den Hiketiden des Aeschylos."

I. Die Danaidensage.

Die Annahme liegt sehr nahe und man hat seit Welcker auch allgemein angenommen, dass Aeschylos bei der Bear- beitung der Danaidensage aus dem Epos Javatg geschöpft habe. Der Beweis für diese Annahme liegt in V. 749 f.

t^iöMg EGTt iiägyov ^lyvmov yevog l-iaxrjg t' anXi^orov v.ai Myto itqog Eldora.

Die Danaiden erinnern ihren Vater an die Kämpfe in Aegypten. Zufällig handelt von diesen Kämpfen das einzige Bruchstück, welches von der Javatg erhalten ist:

y.al tot'' aQ' co/rXiCorro doojg Javaolo drayiTog ngöodev evQQslog tcotui-iov Nei'loio d^vyaTqeg.^)

Auffällig ist in dieser Stelle die örtliche Bestimmung mit ngöad^ev. Wie es scheint, wird damit der Schauplatz des Kampfes in das Delta verlegt. Es enthält dieses Tcqooi>Ev die Erklärung für den ungewöhnlichen Ausdruck des Aeschylos

1) Eduard Meyer, Forschungen zur alten Geschichte 1 S. 83 meint, diese Verse bezögen sich nicht auf einen Kampf, sondern auf die Ausrüstung zur Abfahrt. Aber der Text von Clem. Alex. Strom. IV 224 Sylb., wo die Verso citiert sind, lässt über den Kampf keinen Zweifel.

394 Sitzunfj der philos.-pliilol. Classe mm 4. November 1893.

Hik. 2 GToXov rn-ieregoi' vaiov dgd^evt' ano 7TQOorof.iuov Xemoiliaiuddcov NeiXov. Der Scliol. bemerkt dazu: zivig TTJg Qi(xQOv ' ^lyvTTTOv ngoTiagoiSev yaq eotlv. d/neivor ds td OTÖj-iici ccKOveiv, TrXeovatovarjg rr]g ttqo. öid ydg rot '^Hqa- v.'kEiOT IV.OV OTO{.iiov TTjv cpvyiqv eTTOiiqoavTO. Gegen diese Auf- fassung, dass nQOötoi-iiov die Mündung des Nil bedeute, spricht das Epitheton Xemoipaf-idSiov. Hermann glaubt, dass ngo- ötÖi^hov das Gleiche bezeichne wie ngoaxco/iia Prom, 873 NeiXov nQog avTcn OTO/nari y.al nQOGyw(.iaTi. In gewissem Sinne ist das richtig. TlQ0ör6f.iLa ist das vor der ursprüng- lichen Mündung durch den Nilschlamm gebildete Land, also das Delta. Vgl. Herod. II 10 ff.

Obwohl Aeschylos die blutigen Kämpfe zwischen Danaos und den Söhnen des Aegyptos nach Argos verlegt, benützt er doch die Reminiscenz an die Kämpfe in Aegypten, um der Handlung einen düsteren Hintergrund zu geben und die Flucht des Danaos und der Danaiden zu motivieren. Nach Aeschylos Darstellung konnten in Aegypten eigentlich keine Kämpfe stattfinden; denn Aegyptos ist König des Landes; die Danaiden allein können ihn nicht bekriegen. Ein Krieg in Aegypten ist nur möglich nacli der Erzählung des Apollo- dor II 1, 4: „Epaphos, König von Aegypten, heiratet Memphis, die Tochter des Neilos, und gründet die nach ihr benannte Stadt Memphis. Nach seiner Tochter ^tßvrj wurde das Land Libyen benannt. Von Libye und Poseidon stammten Agenor und Belos. Agenor ging nach Phönikien, Belos wurde König von Aegypten; mit Aechinon, der Tochter des Neilos, er- zeugte er den Aegyptos und Danaos, nach Euripides auch den Kepheus und Phineus. Den Danaos siedelte Belos in Libyen an, den Aegyptos in Arabien, welcher das Land der Schwarzfüssler unterwarf und nach sich Aegypten nannte. Danaos erzeugte 50 Töchter, Aegyptos 50 Söhne. Da diese einen Aufstand erregten, fürchtete sich Danaos vor ihnen, baute auf den Rat der Athena ein Schiff und entfloh mit

Wecklei II : Zu den Hiketiden des Aeschi/Ios. 395

seinen Töchtern". Nach dieser Darstelhing, nach welcher Danaos ebensogut König eines Landes ist wie Aegyptos, kann zwischen beiden Krieg geführt werden. Aber man versteht nicht, warum Danaos aus Furcht vor den Söhnen des Aegyptos entflieht. Auch die weitere Erzählung ist schwer verständlich. „Danaos landete in Rhodos und weihte dort das Bild der ^d^r]va ^ivdia. Von da kam er nach Argos, wo Gelanor ihm die Königsherrschaft abtrat. Da das Land wasserlos war, weil Poseidon aus Zorn gegen Inachos, von welchem das Land als Eigentum der Hera erklärt worden war, die Quellen ausgetrocknet hatte, schickte Danaos seine Töchter aus um Wasser zu holen. Eine von ihnen, Amyraone, warf ein Geschoss nach einem Hirsch , traf aber einen Satyr, welcher ihr dann Gewalt anthun wollte. Poseidon erschien, der Satyr entfloh, Amymone verband sich mit Poseidon und zum Danke oö^enbarte ihr der Gott die Quellen in Lerna. Die Söhne des Aegyptos kamen nach Argos, forderten zur Versöhnung auf und verlangten die Danaiden zur Ehe. Danaos misstraute ihrem Anerbieten, war auch erbittert wegen der Flucht, sagte die Ehe zu und verloste die Töchter. Nach dem Hochzeitsmale gab er den Töchtern Dolche und jede tötete ihren Bräutigam in der Nacht mit Ausnahme der Hypermestra, welche den Lynkeus verschonte, weil er ihr Magdtum bewahrt hatte. Danaos warf sie darum ins Gefängnis. Die übrigen Danaiden begruben die Köpfe der Getöteten in Lerna, die Leichen bestatteten sie vor der Stadt. Athena und Hermes reinigten sie im Auftrag des Zeus. Danaos gab später Hypermestra dem Lynkeus zur Frau, die übrigen verheiratete er mit denjenigen, welche in einem zu dem Zweck angestellten Wettkampf siegten." Hier muss vor allem auffallen, dass die Danaiden in Argos zum Wasser- suchen ausgeschickt werden und Amymone sich mit Poseidon verbindet, dann erst die Aegyptiaden erscheinen und die Danaiden zur Ehe fordern. Der Bräutigam, welcher Amy-

39H Sitzung der pMlos.-philol. Classe vom 4. November 1893.

mone erhielt, war nicht in der Lage wie Lynkeus die Jiingfräuhchkeit derselben zu bewahren. Zur Aufklärung dient der Bericht des echten Apollodor bei dem Schol. zu II. 1, 42. Hier heisst es nicht vavv y.ar£aASvaoE rrgcorog, als ob Danaos zuerst ein Schiff gebaut hätte, sondern vavv TtQcÖTog xaT£0->ievaöe Trjv ■/.Xr]^E~ioav tog arto rov agid-fjov TÖJv ^vyaTeQwv avrov ttevttjxovtoqov. Wichtiger aber ist die Reihenfolge der Begebenheiten. „Nach dem Streite wegen der Herrschaft lässt später Danaos die Söhne des Aegyptos bis auf einen oder zwei durch seine Töchter umbringen, weil er aus einem Orakelspruch wusste, dass er von einem der- selben werde getötet werden. Dann baut er auf den Rat der Athena den Fünfzigruderer der Zahl der Töchter ent- sprechend und schifft sich mit seinen Töchtern ein. Er landet in Rhodos, kommt dann nach Argos, wo Gelanor ihm die Herrschaft übergibt." Hier ist also wie der Kampf, so auch die Ermordung der Aegyptiaden nach Aegypten verlegt. Die Furcht vor den Aegyptiaden ist durch das Orakel erklärt. Diese Furcht ist der Grund des Mordes, nicht der Flucht. Die Danaiden müssen das Land meiden, wo sie Blut ver- gossen haben, und erfreuen sich des Beistandes der Athena. Diese Form der Sage, nach welcher die Hauptsache nach Aegypten verlegt ist, dürfen wir nach dem oben angeführten Bruchstück als die Darstellung der Danais betrachten. In dem unechten Apollodor ist mit Rücksicht auf Aeschylos und die spätere Auffassung die Reihenfolge der Begebenheiten geändert worden.

Eine andere Gestalt der Sage bietet das Schol. zu Eur. Hek. 886. Hiernach waren Aegyptos und Danaos Brüder und Jo, die Tochter des Inachos, ihre Mutter. Sie waren in Argos zu Hause, Danaos aber vertrieb aus Neid auf die männliche Nachkommenschaft des Bruders und aus Furcht vor derselben den Aegyptos samt seinen Söhnen. Dieser ging in das Land, welches nach ihm Aegypten benannt

Wecklein: Zu den Hiketiden des Afischylos. 397

wurde. Später als die Sohne zu Männern herangereift waren, kehrte Aegyptos im Vertrauen auf ihre Kraft nach Argos zurück und Danaos versprach aus Furcht dem Bruder seine Töchter für dessen Söhne. Aegyptos ging bereitwillig darauf ein, Danaos aber befahl seinen Töchtern nachts vor der ehe- lichen Verbindung ihre Männer umzubringen, indem er auf den Ungehorsam die Todesstrafe setzte. Alle folgten dem Vater, nur Hypermestra verschonte den Lynkeus, welche infolge der Vereinigung mit ihm Zuneigung zu ihm gefasst hatte. Dieser rächte seine Brüder, tötete die Danaiden und ihren Vater und bestieg mit Hypermestra den Thron von Argos. Aegyptos also ist ein Grieche und geht eigentlich nur deshalb nach Aegypten, um diesem Lande seinen Namen zu geben. Der Streit und die Bluthochzeit gehören dem Argivischen Lande an.

Es ist nicht schwer zu unterscheiden, welche Form der Sage ein ursprünglicheres Gepräge hat. Aegypten ist durch den Namen ^XyvTiTog, hereingekommen. Es findet sich auch in der anderen Darstellung ein Moment, welches für die argivische und griechische Heimat der Sage sehr sprechend ist, weil es originelle Färbung hat und nicht nachträglich erfunden sein kann. Ich meine die Angabe, dass die Leichen der Aegyptiaden vor den Thoren der Stadt, die Köpfe der- selben aber in Lerna begraben wurden. Mit Recht hat Völcker, Mythol. des Japetischen Geschlechts 1824 S. 192 ff. bemerkt, der Mythus sei so lokal, dass er nur auf Argo- lischem Boden erwachsen sein könne. Er verweist auf Paus. n 15, 5, auf den Streit des Poseidon und der Hera um das Besitztum des Landes, infolge dessen alljährlich die Bäche und Wasser des Landes versiegen, nur der See und Bach Lerna nicht. „Die Danaiden sind die Quellen und Wasser des Landes, Wasserträgerinnen, Brunnen gebend, insbesondere Amymone oder Hypermestra und der gleichnamige Bach oder See Amymone, auch Lerne genannt, und Danaos, des Belos

398 Sitzung der iMlos.-phüol. Clause vom 4. November 1893.

Sohn, ist der Erquicker des vieldürstenden Argos. Das Land zuvor quellarm wird durch Danaos quellenreich. " Völcker meint, auch der Name Danaos gehe auf Wasser; mit Recht könne man auch in Aegyptos eine andere Wurzel zugrunde liegend vermuten als den Eigennamen Aegyptens, in welchen die ursprüngliche Form erst, da man Verbindungen mit Aegypten suchte, umgewandelt worden sei. „Dieses Aegyptos Söhne sind es, welche die Jungfrauschaft der Danaiden be- gehren, und wenn sie siegen, wenn die Glut des Sommers die Ströme vertrocknet, und das Wasser in den Höhlen der Erde weilt, dann ergiessen die Danaiden umsonst ihr Wasser, dann wird ihre jungfräuliche Reinheit verloren, und sie schöpfen vergebens in das lecke Fass. Der unversiegbare Quell Lerne war das Geschenk des Poseidon an die schöne Amymone, damals als der Vater in dem durstenden Argos die Töchter Wasser zu holen gesandt hatte. Dieser Quell ist der übrig bleibende Brunnen, Hypermnestra {fivrjOzriQ, f^rrjoirj), die ihre Jungfräulichkeit allein gerettet. Amymone nämlich und Hypermnestra scheinen zusammenzufallen. In Lynkeus liegt eine Personifikation des Argolischen Landes und Volkes." Obwohl alles darauf hinweist, dass diese Er- klärung auf rechtem Wege ist, bietet sie doch verschiedene Rätsel und Schwierigkeiten. Aegyptos findet in derselben keine rechte Stelle, die Hauptsache der Fabel, die Ermordung der Aegyptiaden, wird nicht beachtet. 0. Müller, Prolego- mena zu einer wissenschaftlichen Mythologie S. 184 ff"., leitet zJavaog und Javäij aus ro Öavadv '^gyog ab, welches, wie er vermutet, in demselben Sinne wie t6 öiipiov '^gyog gesagt wurde. „Daraus wurde bald ein Javaog und eine Javärj. Man sang, wie zur Danae, zur trockenen Erde, Zeus im goldenen, befruchtenden Regen herabgekommen sei, u)id Danaos, das Feld im selben Zustande, aus sich die Quellen des Landes erzeugt habe. Denn dass die Danaiden, die Wasserschöpferinnen, ursprünglich nichts sind als die Quell-

Wecklein: Z\i den HilieUden des Aeschylos. 399

nymphen des Landes, scheint mir einleuchtend; vier von ihnen, Aniymone, Peirene, Physadeia, Asteria, waren es gewiss; von anderen beweisen es die Namen. Die dem Lynkeus vermählte ist wahrscheinlich die Quelle des Inachos im Lynkeion oder Lyrkeion." „Nun waren aber die Danaer, die Einwohner des daraor 'Ldqyoo,^ durch die epische Poesie mit Heroenruhm gekrönt worden, und es folgte daraus, dass auch Danaos ein Kollektiv Ächäischer Helden wurde. In dieser Eigenschaft kam er, wie ich meine, mit dem Aegyptos zusammen, indem in Aegypten einfallende und raubende Griechen ihre Kämpfe, wie sie es auch in anderen Gegenden thaten, in die Mythenzeit zurückschoben; vielleicht waren es seefahrende Rhodier, die ja den Danaosmythus mit dem Athenakult zugleich aus ihrer Metropole Argos erhalten hatten." Diese Deutung gibt uns kein Verständnis, wie der Name des Landes Aegypten zum Vater der übermütigen Freier wurde und in Betreff der Aegyptossöhne schliesst sich 0. Müller einfach der Völcker'schen Erklärung an. Preller, Griech. Myth. II S. 45^ ff., betrachtet Danaos gleichfalls als den erdichteten Repräsentanten der Danaer, verwirft aber die Ableitung des Namens Javaöo, von öävöc, (dürre, trocken). „Die Dürre des argivischen Bodens ist auch in Wahrheit nur eine vorübergehende; denn sowohl die Stadt als das Land, namentlich das Gebirge war reich an Brunnen und Quellen. Man darf ohne Zweifel die fünfzig Danaiden für einen Gesamtausdruck dieser zahlreichen Quellen der Stadt und des Landes erklären, da sie von der Sage sehr bestimmt als die Nymphen des Danaerlandes charakterisiert werden. Im Sommer nun pflegten die meisten von diesen Quellen bei anhaltender Dürre zu versiegen und infolge davon auch die grösseren Flüsse, namentlich der Inachos und Kephisos, daher der alte Ausdruck ölipiov ^'Aqyoo, und jene Fabel vom Zorne Poseidons; dahingegen Danaos und die Danaiden dieses dur- stende Argos zu einem wohlbewässerten gemacht haben sollen

400 Sitzung der philos.-philöl. Classe vom 4. November 1893.

und namentlich Amymone, die niemals versiegende Quelle bei Lerna, einer ganz besonderen Gunst Poseidons sicli erfreute. In der nassen Jahreszeit aber hatte man eher über das ent- gegengesetzte Uebel zu klagen, da die Flüsse dann heftig und stürmisch wurden und Ueberschvvemmungen verursachten, wie namentlich die Gegend bei Argos und Myken bei man- gelnder Kultur an Versumpfung gelitten haben soll (Aristot. Meteor. I 14 p. 352, 9). Ein Umstand, durch den sich zu- gleich die wahre Bedeutung des Aegyptos und der Aegyp- tiaden in diesem Mythos ergibt, welche ihre Namen aller- dings der historischen Voraussetzung einer Abkunft und Einwanderung aus Aegypten verdanken, in Wahrheit aber wie Danaos und die Danaiden auf jenen eigentümlichen Wechsel von Dürre und Ueberschwemmung in der argi- vischen Landschaft sich zu beziehen scheinen. Es sind die Bäche und Flüsse der Landschaft, welche als Sturzbäche in der nassen Jahreszeit üppig und mutwillig dahinströaiten, also wohl für zudringliche Freier der Landesnymphen an- gesehen werden konnten, während diese sie im Sommer töteten und ihnen die Köpfe abschnitten d. h. das Wasser an der Quelle entzogen. Denn die Köpfe der Flüsse sind ihre Quellen und es ist eine sehr deutliche Hinweisung auf diesen Sinn, wenn die Landessage erzählte, die Danaiden hätten die Köpfe der Aegyptiaden in dem lernäischen Wiesen- grunde versenkt, weil nämlich dieser Ort immer Ueberfluss an Wasser, ja des Guten zu viel hatte, wie darauf auch die Fabel von der Lernäischen Wasserschlange deutet."

Die Interpretation Prellers hat viel Ansprechendes; nur fehlt ihr noch die einheitliehe Auffassung; vor allem aber hat Aegyptos noch keine Erklärung gefunden.

Zunächst wird man fragen müssen, ist es notwendig bei der Erklärung des Namens ^Xyvnxo(i von dem Lande Aegypten auszugehen? Kann der Name nicht der ursprüng- lichen Aigivischen Sage angehören, wie wir eine Gestalt des

WecMein: Zu den Hiketiden des Aeschylos. 401

Mythus kennen gelernt haben, nach welcher Aegyptos seine Heimat in Argos hat? Völcker a. 0. S. 193 hat zuerst den griechischen Ursprung des Namens AYyvnxog vermutet und nachdem der Versuch, den Namen aus dem Aegyptischen zu erklären, nicht gelungen ist, hat sich die Ueberzeugung Bahn gebrochen, dass diese Bezeichnung des Landes Qemt von den Griechen herrührt (vgl. Ed. Meyer, Gesch. d. Alt. I S. 47 f.). Wenn wir aber vom Griechischen auszugehen haben, wird der älteste (jebrauch des Namens bei Homer zu beachten sein. Sehr bezeichnend ist y 300 rag newe vtag m:avo- TCQWQEiovg ^h/üTTTM hiilaooE q^iqtov ave^wg ze ycal vdioQ. Ohne weitere Bestimmung bezeichnet hier AXyvnxog den Fluss. Anderswo 477, 581, l 258, q 427 steht die Bestim- mung noxa^iög dabei {nqiv f oV av Alyvmoio, dunstiog jrorafiolo avrig vSwq tlO-rjg, a^i d' elg MyvTtzoio, duTteziog 7tOTa(.iolo, Giijoa veag, ovr^oa d' h AlyrntTii) 7rova(.u7) viag ä(.i(fiBliGoag), ^ 257 das Epitheton £VQQEiTi]g. Die zuerst an- geführte Stelle kann zeigen, dass wir auch bei ^ 246 Al- yv/iTovde ^le dv^iog dvioyei vavvähoi^ai und ^426 og /n' a/.ia Iv^ioiriQOL 7iolv7rläyy.ToiGiv avrf^ev Alyvmovd' Uvai an den Fluss, nicht an das Land zu denken haben. Am deut- lichsten ist dies bei ö 483 ovvey.ä fi' auzig avtoyev tit' r]e- Qoeidäa noviov Alyvmövd' Uvai, da damit das kurz vorher- gehende Aiyvmoio öiineziog jcotaiAolo vdioQ wiedergegeben wird. Ebenso ist d 351 AlybuTM (beim Aegyptos) /<' IVt dEvqo O^eol f.ief.mwTa veEodai eoxov wie gleich nachher (355) vr^oog ETiEird zig egzl nolvY.liGZL^ In rcovico Alyvnzov TCQonaQoi&E, 0ÖQOV dd e KlKXr^oyiovGtv der Fluss zu verstehen. Das Gleiche ergibt sich für $ 275 lug ocpElov ^avhiv xal 7c6z(.iov eniGjiElv avzov av Aiyvnzc^o aus dem vorhergehenden V. 258 Gzr^Ga d' iv Alyvnzio 7tozaf.u7j veag zzL Wenn hiernach eine einzige Stelle q 448 übrig bleibt, an welcher Al'yv7czog sich auf das Land bezieht, so darf man schon jetzt die Behauptung aufstellen, dass Aiyvnzog bei Homer

1893. Philo8.-philo]. u. bist. Cl. II. 3. 26

402 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. November 1S93.

zunächst Flussnarae ist. Betrachten wir aber diese Stelle näher. Auf die erdichtete Erzählung des Odysseus, wie er aus einem wohlhabenden Manne ein Bettler geworden sei:

aXXd Zsvg aXarta^e Kqovuov rjd-EXs yag nov og (.C af.ia Irj'i'otr^QGt 7CoXvnXäyaxoiöiv avriY.Ev ^lyvmovö' lavai, öoXixrjp odov, ocfQ^ arro'koij.iriv OTTjGa (5' SV ^4lyvnTijj noraf^iu) veag af.iq^ieXiooag /.zL

erwidert der Freier Antinoos boshaft:

Tig dalfitov roöe urj/iia TTQOorjyayE daivog dvirjv: oxrii}'' ovxiog eg {.leGOor, ^/-trjg dnarev&e zQa/raKrjg, {.iTi zäyja. nvAQr^v ^Yyvmov '/.al Kvttqov Idr^ai.

Da Antinoos sagen will „hol dich der Kukuk mit dem, was du von Aegyptos und Kypros erzählst", so kann AXyvnxog nur das Gleiche wie vorher d. h. den Fluss bezeichnen und wiewohl Trixorjv dem Sinne nach auch zu -^iXyvmov gehört, ist es grammatisch auf Kvjtqov bezogen. Wir haben eine Kürze des Ausdrucks, die uns nicht gestattet, dem Namen AXyvrcxog eine von den übrigen Stellen abweichende Be- deutung zu geben. Wir müssen also noch weitergehen und sagen: yiXyv7Cxog ist bei Homer nur Flussname^) und der älteste Gebrauch vindiciert diesem Namen die Bedeutung eines Stromes. Wir bedürfen übrigens hier dieser weitergehenden Behauptung nicht; es genügt uns gezeigt zu haben, dass die Benennung AXyvnxog nicht vom Lande auf den Strom des Landes, sondern vom Strome auf das Land übertragen worden ist.

Wenn die Griechen dem Nil den Namen ^Xyvnxog gegeben haben, so wird, wenn anders die Bezeichnung nicht

1) Dass Bezeiclinungen wie Alyvjixicov dvÖQcöv neQixaXXeag aygovg ebd. 432 oder IJQcorsvg Alyvnziog 8 385 {äXiog ysgcov) dieser Ansicht nicht entgegenstehen, brauche ich nicht auszuführen. Aiyvjinoi {ürögsg) sind die Anwohner des Aegyptos.

Wecldein: Zu den Hiketiden des ÄeschyJos. 403

willkürlich war, die Haupteigenschaft des Flusses, welche den Fremden vor allem in die Äugen fallen musste (vgl.Strab. I 36), berücksichtigt worden sein, die Ueberschwemmung des Nil. Dem entspricht die Etymologie, welche K. Tümpel. Jahrb. f. cl. Philol. XVI Suppl. S. 161 versucht. Er findet in der ersten Worthälfte eine Anlehnung an das in Poseidonischen Namen so häufig erscheinende Wnrzelwort ^lyv-g, -QOSi -AlyEvg. Ob in der zweiten Hälfte bloss eine Ableitungsendung oder die Wurzel von not-af-iög stecke, wagt Tümpel nicht zu entscheiden. Die Bedeutung „Meerstrom" würde unserer Auffassung sehr zu statten kommen. Aber nicht in dieser zweifelhaften Etymologie suchen wir den Beweis, sondern in der Argivischen Danaidensage, welche wir von Aegypten unabhängig machen. Wenn die Aegyptiaden die Wildbäche und Flüsse des Landes sind, so müssen sie sich zu AXyviiToq, verhalten wie die Flüsse der Erde zu ihrem Vater Okeanos. Demnach ist hier ^l'yvrcrog das Meer oder vielmehr der Meerstrom, in welchen sich die Wildbäche ergiessen, die Ueberschwemmung des Landes, welche durch die reissenden Sturzbäche herbeigeführt wird. Was aber sind uns die Danaiden? Eine besondere Stellung hat unter ihnen Amy- mone. Sie allein findet Wasser, weil sie sich dem Poseidon hingibt, welcher ihr dafür die lernäischen Quellen schenkt. Der wasserreiche Bach Amymone vereinigt sich nach kurzem Laufe mit dem Meere. Man sieht hieran deuthch, wie der Mythus nicht, wie es häufig geschieht, symbolisch aufzu- fassen, sondern als eine Sprechweise der Vorzeit zu be- trachten ist, welche die natürlichen Vorgänge in ihrer Art ausdrückte, später aber durch die Vorstellung von Persönlich- keiten und von menschlichen Verhältnissen zu einer Ge- schichte wurde. Bei diesen mythischen Resten uralter An- schauuno; und Ausdrucksweise wird man an das Homerische oV Bävi^ov 'AaXi'ovai V^eoi, ai'ÖQsg öi ^xaiiiai'dQOv erinnert. Amymone passt also ebensowenig wie Hypermestra zu den

26*

404 Sitzung der philos.-pMldl. Classe vom 4. November 1893.

Danaiden, welche Wasser in ein durchlöchertes Fass schöpfen. Solche Danaiden sind versiegende Quellen (vgl. die oben an- geführte Stelle von Völcker und Preller, G. M. TI S. 543). Freilich findet Welcker, Tril. S. 405 hierin einen späteren Zug der Sage. J. M. Reinkens, de Aesch. Dan, Düsseldorf 1886 S. 8 meint, die bei Piaton Staat S. 363 D bezeugte volkstümliche Anschauung von der Bestrafung der Gottlosen in der Unterwelt: rovg di avooiovg av y.al aölxovg eig jttjXov Tiva y.aTOQVTTOvoiv i.p '^Ididov v.ai xooüivcü vöcoq ovay/.al^ovüi cptQEiv habe sich später an die Danaiden angesetzt, weil man sie auf alten bildlichen Darstellungen Wasser tragen sah. Aber es ist kaum glaublich, dass Piaton nicht an bestimmte Personen des Mythus gedacht haben soll, und wenn Gorg. 525 E nur Tantalos, Sisyphos, Tityos als solche erwähnt werden, welche zum abschreckenden Beispiele ewige Strafen in der Unterwelt erdulden, so passen die Danaiden nicht zum Beweise des Satzes, dass grosse Macht zu Unrecht ver- leite, weshalb gerade solche Machthaber von Homer in der Unterwelt erwähnt würden. Allerdings heisst es ebd. 493 B von den Uneingeweihten (dj-ivr^Toi) in der Unterwelt, dass sie Wasser in ein durchlöchertes Fass tragen, und Piaton könnte auch an der erwähnten Stelle der Politeia die Un- eingeweihten im Auge haben; dann aber ist eher eine in den Mysterien vorgenommene Uebertragung der Danaiden- sage auf die ausserhalb der Mysterien Stehenden anzunehmen. Jedenfalls dürfen wir daraus, dass Homer die Danaiden in der Unterwelt nicht kennt, nicht schliessen, dass die ganze Sage eine spätere Erfindvmg ist. Wir dürfen nur schliessen, dass die ethische Auffassung dieser Beschäftigung als einer Strafe und die Verlegung in die Unterwelt der jüngeren Zeit angehört. Also die Danaiden erscheinen als Mädchen, welche Wasser in ein durchlöchertes Fass schöpfen. Hiernach ist die Danaidensage ungefähr in folgender Weise zu inter- pretieren. Die Wildbäche, welche die Quellen mit sich fort-

Wecldcin: Zu den Hiketiden des Aeschylos. 405

reissen, bilden eine Ueberschwemmung; da aber die Quellen versiegen, werden die Flüsse ihrer Köpfe beraubt; sie sterben dahin und der Aegyptos, die Ueberschwemmung des Landes, verschwindet. Sehr bezeichnend werden in der oben be- handelten Argivischen Sagenform die Danaiden getötet. Die versiegenden Quellen sind ja auch dem Untergange geweiht. Hypermestra allein verschont ihren Bräutigam, den Lynkeus. In Lynkeus oder Lyrkeus hat man die Quelle des Liachos erkannt (Preller II S. 35 u. 52). Die Köpfe der Aegyp- tiaden werden in Lerne bestattet. Damit wird der Wasser- reichtum der Südwestecke von Argos in Gegensatz zu dem vertrockneten Hauptteil der Ebene bezeichnet (vgl. Curtius, Pelop. II S. 340, Ed. Meyer, Forschungen z. alt. Gesch. I. S. 74). Wenn nach Strab. VIII p. 371 die zahlreichen Brunnen in der Ebene von Argos auf die Danaiden zurück- geführt werden, entsprechend dem Verse ^'Aqyoo, avvdoov lov Javaai d^eoav "^qyog evvÖQOv, so hat man unter diesen Jaraal andere Quell- oder vielmehr Brunnennymphen zu verstehen. Der Inhalt der Danaidensage, die Trockenlegung der Niederung von Argos, liegt auch der Sage von dem Streite der Hera und des Poseidon um den Besitz des Landes Argos zugrunde (Paus. II 15, 5, Apollod. II 1, 4, 7). Bei diesem Streite, bei welchem Phoroneus mit Kephisos, Asterion und Inachos die Schiedsrichter machten, wnrde das Land der Hera zugesprochen. Deshalb entzog Poseidon dem Inachos und den anderen Flüssen ihr Wasser, so dass ihnen im Sommer das Bett ganz austrocknet, die Flüsse in Lerne aus- genommen. Poseidon, welcher aus dem Lande verdrängt wird, bedeutet das Gleiche wie -Al'yvmog. Eine ähnliche kultur- historische Sage haben wir in dem Mythus von der Lernä- ischen Schlange. In dieser Wasserschlange, welcher immer zwei Köpfe erwachsen, wenn ihr einer abgehauen wird, hat man den feuchten Grund von Lerne mit den vielen Quellen, in ihrem Gift das Miasma, welches sich aus den stagnierenden

406 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Noveiriber 1893.

Gewässern entwickelte, erkannt. „Ihre Köpfe sind die zahl- reichen Kephalaria, Quellen, welche an einer Stelle verstopft, an anderen Orten immer wieder durch den weichen Moor- boden empordringen. Nur durch Abbrennen des Waldes, welcher den Sumpf bedeckte, konnte die Urbarmachung be- gonnen werden" (E. Curtius a. 0. S. 369, vgl. Preller II S, 192 f.). Geradezu ein Doppelgänger des Mythus von Aegyptos und den Danaiden ist der Mythus von Inachos bei dem Schol. zu Eur. Or. 932: .Als nach der Ueber- schwemmung die Argiver auf den Höhen wohnten, da ver- band sie zuerst Inachos zu einer Gemeinde (oL'ro)/iiö£i') und reinigte die versumpfte Ebene längs des Inachos; er gab dem Fluss eine bestimmte Quelle und nannte ihn nach sich Inachos und Argos das Inachische. Von Inachos und Melia stammten Phoroneus und Phegeus." Der letzte Satz, nach welchem der erste Mensch von der Esche abstammt, zeigt, dass der Mythus auf uralter Ueberlieferung beruht. Die Quelle des Inachos ist eben der Lynkeus, welcher in der Danaidensage allein übrig gelassen wird. Treflflich stimmt zu diesem Mythus die Ausführung von E. Curtius ebd. S. 431: „Es waren die Bodenverhältnisse der Argeia nicht zu allen Zeiten dieselben. Denn da die ganze Tiefebene aus einer allmählich fort- schreitenden Ausfüllung des grossen Meerbusens entstanden ist, so Avar ursprünglich der niedrigere Teil der Ebene wie der attische Küstenstrich ein Halipedon, ein angeschwemmtes Sumpfland, in welchem alle Gewässer der Ebene stockten. Dagegen war der obere Teil trocken gelegen und Avurde, solange noch ein reicherer Waldbestand die Quellgebirge beschattete, mit fliessendem Wasser versorgt. Die Gegend von Mykenä hatte also den entschiedenen Vorzug vor der Tiefebene von Argos. Später vertrocknete mehr und mehr die obere Ebene, Avährend gleichzeitig die untere anbaufähig und dadurch der Avichtigere Landesteil wurde." Danaos, der r[Qiog i/icjvv{,iog der Danaer, ist der Held dieser Kulturepoche,

Wecklein: Zu den HiJcetidoi des Äeschylos. 407

welche viel mehr auf der Entwässerung als auf der Bewäs- serung des Landes beruht, nur dass gleichzeitig mit der Aus- trocknung des Landes die Anlage zahlreicher Brunnen not- wendig wurde.

Mit der Erkenntnis, dass ^l'yimrog einer griechischen Vorstellung von einem Strom, welcher eine Ueberschwem- mung, ein Meer bildet, entstammt, scheint das Rätsel in Betreff des Namens Aegypten gelöst. Als die Griechen Kunde vom Nil und von seinen Ueberschwemmungen erhielten, gaben sie dem Meerstrom den ihnen da- für geläufigen Namen ^XyvnTog. Der Name des Stromes ging auf das Land über. Stephanos von Byzanz erwähnt unter ^X-'/vmog ein Kleinägypten {ton de xai aXlrj yiXyvKXOi^ uixQa). Nun hat ngonstg ^lyvrcTiog (Hom. Od.

4, 385) d. i. ohog seine eigentliche Heimat in Chalkidike und an der Strymonmündang ('Preller I S. 501, Tümpel a. 0.

5. IGl). Wie Tümpel bemerkt, führt der Weg, welchen Proteus nach Tzetzes zu Lykophr. 124 u. Eustath. zu Hom. II. p. 680, 24 unter dem Meere von Pallene nach Aegypten zurücklegt, nach der Strymonmündung. ^) Wir finden also auch Kleinägypten an einem Strome, welcher ein Meer bildet.

Nach Aegypten wird Helene entrückt. In eine Wolke eingehüllt wird sie von Hermes durch die Luft dahingetragen. Helene ist eine Mondgöttin. Nach Aegypten gelangt auch eine andere Mondgöttin, Jo. Allerdings hat Plew (.Jahrb. 1870 S. 665 ff.) diese alte Auffassung des Wesens der Jo bestritten. Aber seine Gründe können nicht genügen. Die Etymologie bei Suid. unter ^Ivr Yorg' occco yaq xr^v oelrivr.v ixälovv ^AqyEioi mag immerhin willkürlich sein. Vor allem betont Plew die Ungleichheit in der Behandlung gleich- stehender Figuren des Mythus, wenn man Jo und Argos auf

1) Was E. Maasä de Aesch. Suppl, p. XXII dagegen bemerkt, ist nicht von Belancr.

408 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 4. November 1893.

den Mond und den gestirnten Himmel deute, Zeus und Hera dagegen nicht symbolisch, sondern als persönlich handelnde Göttergestalten auffasse. Aber Zeus und Hera brauchen nicht der ursprünglichen einfachen Vor.'=tellung, dass die Mondkuh ihrem Wächter Arges von Hermes geraubt wird d. h. dass der Mond von dem gestirnten Himmel (Macrob. sat. I 19, 12) verschwindet, anzugehören, sondern können nachträglich bei der Ausbildung und Motivierung des Mythus hinzugekommen sein. Wenn also die von Plew vorgebrachten Gründe an der gewöhnlichen Auffassung nur rütteln, sie nicht umstürzen, so gibt es andere Gesichtspunkte, welche sie wieder befestigen. Die Wanderung ist ein wesentlicher, also ursprünglicher Zug der Jo-Sage; die Wanderung aber kommt vor allem der Mondgöttin zu (vgl. Usener, N. Rhein. Mus. 23 S. 344, Siecke, Beiträge zur genaueren Erkenntnis der Mondgottheit bei den Griechen. Berlin 1885 S. 6 f.). Die Mondgöttin wohnt in einer Höhle (vgl. üsener a. 0. S. 340, Siecke a. 0. S. 6). Auf Euböa gab es an der dem Agäischen Meere zu- gewendeten Küste eine Höhle, welche „Hof der Kuh** {ßoog avlr^ hiess, wo Jo den Epaphos geboren haben sollte (Strab. X p. 445). Jo ist die Priesterin der Argivischen Hera wie Medea; die Kuh Jo ist ursprünglich der ßoöJ7rig "Hqt] iden- tisch. An die Stelle der Herakuh, an welche ßocoTcig er- innert, trat die Dienerin Jo, welche in eine Kuh verwandelt wird, wie an die Stelle des Zeuswolfes der Priester des Zeus Lykaon, welcher zum Wolfe, an die Stelle der Artemisbärin Kallisto, welche zur Bärin wird. Nun aber hat sich immer mehr die Meinung befestigt, dass Hera Mondgöttin ist (vgl. Usener a. 0. S. 339, Röscher, Studien z. vergl. Myth. d. Gr. u. Römer. II u. Lexikon I Sp. 2087 ff.). Also muss es auch Jo sein, ebenso wie die andere Priesterin der Hera Medea oder die Priesterin der Artemis Iphigeneia oder KaXXiiforj, die Doppelgängerin der Jo, Kalli^orj xXeiöovyog ^OliVf-imäöog ßaoiXioorjg '^'HQi]g ^äQyeirjg (Ooqwv. frg. 4), eine Mondgottheit

WecUein: Zu den Hifcetiden des Aeschylos. 409

ist. Mit Hera hat Jo auch die Schönheit gemein, worin sich gleichfalls eine Eigenschaft der Mondgöttinnen kundgibt (vgl. Usener a. 0. S. 325, Siecke a. 0. S. 5). Ein weiterer Ge- sichtspunkt hat sich neuerdings ergeben. Röscher a. 0. findet einen Hauptbeweis für die ursprüngliche Mondbedeutung der Hera in ihrer Funktion als Göttin der Entbindung und Men- struation ('Hoa Ellsidvia). Artemis, Hekate, Iphigeneia, Juno Lucina haben grossen Einfluss auf Geburten. Bisher kannte man nichts von einer ähnlichen Bedeutung der Jo. E. Maass aber (de Aesch. Suppl. Greifswalde 1890) hat in dem Sohne der Jo ^'Enacpog, welchen man früher nach Herod. H 153 mit dem Äegyptischen Apis identificierte, den Geburtshelfer nachgewiesen. Der Sohn gibt das Wesen der Mutter wieder, wie die E'deld^viai zu Töchtern der "Hga EileH^vta geworden sind (Hom. II. 11, 271, Hes. Theog. 922). Vielleicht hat die Beziehung der Jo zu den BoonoQOi, zunächst zu dem Thrakischen Bosporus nicht in der falschen Etj^mologie ßoog nogog, sondern in der ursprünglichen Be- nennung nach der '^E/.dzt] OioGcfooog (dialektisch BoorcoQog)^ w^elcher eine 'ico cfioocfvqog gleichsteht, ihren Hauptgrund. Wenn also beide Mondgöttinnen, Helena und Jo, nach Aegypten versetzt werden, so liegt die Vermutung nahe, dass unter ^YyvrrTog nicht das Land, sondern ein unbe- stimmtes Meer im Osten zu verstehen ist. So fällt Licht auf eine Stell j des Homer, nach welcher Paris bei der Heim- führung der Helena nach Sidon kommt, IL 6, 290:

^löoviiov, Tag avxog 'AXi^avdqog i}£oeidiqg

Tx^y o^ov r^v ^E?Jvr^v avriyayev si^cazeQEiav.

Dass die argivische Danaidensage nach Aegypten verlegt wurde, brachte der Name ^^lyuntog mit sich. Im übrigen hat die Sage mit Aegypten nichts gemein und es würde schwer verständlich sein, wie das Epos Jaraig es zu 5500 Versen

410 Sitzung der plnlos.-philol. Classe vom 4. November 1893.

brachte, wenn nicht die Josage Wcäre. Wir müssen die Verbindung der beiden Sagen schon in diesem Epos voraussetzen, wenn die Josage auch nur in Episoden ge- geben sein mochte. Wenn diese Sage schon ursprünglich, wie wir vermutet haben, von Aegypten wusste, dann lag die Verbindung mit der anderen argivischen Sage von Aegyptos sehr nahe. Für gewöhnlich nimmt man an, dass die Griechen in der gehörnten Isis die Jo (Herod. 11 41), in dem Aegyp- tischen Apis den Epaphos (ebd. 153) sahen und deshalb die Jo nach Aegypten versetzten. Aber wir haben oben eine Gestalt der Sage kennen gelernt, nach welcher Jo in Argos Mutter des Aegyptos und Danaos ist. Auch bei der späteren Auffassung von ^Al'yvnzog war es leicht, die Wandergöttin Jo nach Aegypten zu bringen. Wie der Mond aus dem Osten über das Aegäische Meer kommt, so wird ursprünglich Jo direkt über das Aegäische Meer geschwommen sein. Das ist der Weg, welcher Prom. 853 ausgelassen ist; denn wenn der Thrakische Bosporus nach der Jo benannt sein soll, so muss sie nach der Darstellung, welche Aeschylos dort von den Irrsalen der Jo gibt, bevor sie nach Dodona gelangte, nach Kleinasien hinüber und über den Thrakischen Bosporus wieder herübergekommen sein. Nicht ohne Grund kann es sein, dass Aeschylos bei der Aegyptischen Partie der Josage zweimal ausdrücklich der Stadt Kanobos gedenkt:

Prom. 872 e'oiiv nohg Kavcoßug eoyaTi] yßovog

Neilov jrgdg avru) OTOf-iaTL /.ai 7Tqooywi.iaxL Hik. 315 y.al firiv Kctrcoßor y.aiTi l\'Hf.i(piv Xy^ezo.

Wir werden wohl nicht fehlgehen, wenn wir die Danais als Quelle dafür betrachten. Zugleich erinnert uns der Name an die Herkunft des Stoffes, welcher sich an die alte argivische Sage angesetzt hatte. Die Danais, in welchem Gedichte die Sage in Aegypten spielte, setzt eine grössere Bekanntschaft mit Land und Leuten voraus. Diese Kenntnis

Wecldein: Zu den Hiketiden des Acschylos. 411

verdankten die Griechen zunächst dem König Psarametich, welcher mit jonischen und karischen Söldnern um G55 seine Nebenbuhler besiegte und die Söldner in den Lagern zwischen Bubastis und Pelusion ansiedelte. Nicht ohne Grund nimmt Heinr. Dietr. Müller, Myth. der Griech. Stämme S, 56 an, dass unter diesen Söldnern Rhodische Ansiedler ArQ-ivischer Abkunft sich befanden. Obgleich wir nicht „in der Wan- derung oder Flucht des Danaos und seiner Töchter von Aegypten nach Argos einen durchaus angemessenen mythi- schen Ausdruck für die historische Thatsache einer Nieder- lassung Argivischer Rhodier in Aegypten" erblicken können, vielmehr in dieser Wanderung nur die Herstelluns des ur- sprünglichen Schauplatzes der Sage sehen, so wird doch die Entwicklung und Ausbildung der Aegyptischen Gestalt der Sage mit jenen Söldnern zusammenhängen und dem Jahr- hundert zwischen Psammetichund Amasis angehören. Amasis legte die griechischen Söldner als Besatzung nach Memphis und gestattete den' griechischen Kaufleuten die Ansiedlung in Naukratis an der Kanobischen Nilratindung. In der Sage, welche wahrscheinlich in dem Epos Javaig erzählt war, heiratet Epaphos als König von Aegypten Memphis, die Tochter des Neilos, und gründet Memphis. Es ist schon von anderer Seite bemerkt worden, dass der Name Nsllog zum ersten Male in dem genannten Epos auftritt, während die Telemachie nur den Namen ^l'yvmog kennt. Allerdings kommt der Name Nellog auch in der Theogonie vor; aber das Verzeichnis der Flüsse 337 ff. ist als unecht erkannt. Hiernach kann die Bemerkung von Eduard Meyer, Forsch, z. a. Gesch. I S. 82, dass das Epos Javaig keinesfalls älter, vielleicht aber beträchtlich jünger als 600 v. Chr. sei, nur gebilligt werden. Man kann daran denken, dass Hekatäos die Vermittlung zwischen der Danais und Aeschylos gebildet habe. Diese Annahme ist aber nicht notwendio-.

412 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 4. November 1893.

II. Die Danaidentrilogie.

Die Bestimmung der mit den Hiketiden verbundenen Stücke ist durch zwei Punkte wesentlich erleichtert worden. Einmal hat sich mit der Zeit herausgestellt, dass dem Ver- zeichnis Aeschyleischer Stücke, welches die Mediceische Hand- schrift enthält (S. 471 meiner Ausgabe), ein grösseres An- sehen zukommt als früher angenommen wurde, dass jeder Titel des Katalogs ein eigenes Stück vorstellt und es nicht erlaubt ist, den einen mit dem anderen zusammen- zuwerfen. Es geht also ebensowenig an, etwa den Bleftvcov mit der ^^vxoataoia, den ylkov mit den Kr^qvneg^ die ^r^f.i- viOL mit der '^Yi^iinvXri oder mit dem (DiXo/.xr^XTqg zu identifi- cieren, als anzunehmen, JavaCÖEg sei der Name der ganzen Trilogie gewesen. Letztere Ansicht, welche Birt im N. Rhein. Mus. 1877 S. 423 aufgestellt hat, kann umsoweniger ge- billigt werden als mehrere Fragmente ausdrücklich aus den Javatdeg angeführt werden. Birt schliesst aus Strab. V p. 222 -Aloyv'kog ö' ex rov tceql D'lvxr^vag ^Ldqyovg qrjoiv iv '^iKiTioiv r] zJavdiGi t6 yevog avtajp (nämlich rcov TlEXaoycöp)^ dass der Titel der drei Stücke gelautet habe: Javatdeg rj '^Uätidsg, Javatdeg yj &ala/,i07Toioi^ zlavdideg y\ ^lyunrioi. Hermann will in der Stelle des Strabon 'Ixirioi nal Javdioi schreiben. Aber da der Geograph offenbar Hik. 258 im Sinne hat, so muss man annehmen, dass er nur nach un- sicherer Erinnerung schrieb und die Wahl liess, in welchem von beiden Stücken sich die Stelle finde. Das zweite Hilfs- mittel zur Bestimmung der Trilogie ist durch eine glück- liche Kombination von A. Dieterich im N. Rhein. Mus. 1893 S. 141 ff. gewonnen worden. Die Hypothese, dass der oben genannte Katalog Aeschyleischer Stücke, welcher jetzt 4 Ko- lumnen von je 18 Zeilen enthält, ursprünglich aus 5 Kolumnen von je 18 Zeilen bestanden habe, so dass sich die von Suidas

Wecklein: Zu den Hiketiden des Äeschylos. 413

ano-egebene ZaM 90 ergibt, wird durch die Thatsache, dass die nicht im KaiaXoyog enthalteneu Titel riav-/.og 7C0Tvi£vg^ ^leQEiai^ rLalaf-ir^öi^g^ nQOf.ir]d^svg nvo'Aaevg^ liov(fog netoo- ■/.vXiOTrig^ OivEvg, 'üoeiO^via nach der alphabetischen Ordnung in die fünfte Kolumne gehören oder wenigstens, da nur die alphabetische Ordnung der Anfangsbuchstaben genau einge- halten wird (z. B. folgt r]dojvoi auf rjhdöeg), in dieselbe gesetzt werden können.^) Dem widerstrebt nur der Name QaXaf.iOTCOioi. Man wird aber nicht deshalb die Hypothese fallen lassen, sondern nur eine Bestätigung darin finden für die von Hermann u. a. vertretene Ansicht, dass die Titel QaXa(.i07iOLoi und ^lyvmiOL das gleiche Stück bezeichnen.

Durch frg. 43, welches von dem vfievaiog dieyeovizög handelt, und frg. 44, worin Aphrodite als Verteidigerin auf- tritt, ist festgestellt, dass in den Danaiden das Gericht über Hypermestra behandelt war tnid dass die blutige Hochzeits- nacht vorherging. Darnach kann kein Zweifel sein, dass, wie schon Gruppe, Ariadne S. 72 &. bemerkt hat, dem ersten Drama Vorbereitung und Motiv, dem Mittelstück die tragische That, dem Endstück Urteil und Sühne zufiel. Mit Recht nun hat Hermann (opusc. VHl S. 183) bemerkt, dass sich der Titel GaXa^io/roiOL am besten eigne für das Stück, in welchem fünfzig Paare an einem Tage Hochzeit machen und 49 Männer ermordet werden. Der Titel erinnert auch an Hom. II. 6, 243:

avzaQ iv avxty 7tevTT^y,ovT^ avEoap daXaf.ioi ^eüvöIo Xid-oio TrXrjoior aXXr^Xwv öedf-ir^i-ievoi ' s'vOa de Ttaidtg y.oif.icdpTO ngidf-ioio Ttaqu /nrrjaTr^G^ dXoyoioiv.

1) Ein Bedenken kann nur darin gefunden werden, dass die Alivaiai vödoi nicht unmittelbar auf die AhvaTai yvi']Oiot folgen, wenn der Name der 5. Kolumne dazwischen tritt. Doch halte ich dieses Bedenken für nebensächlich.

414 Sitzung der pJiUos.-iMlol. Classe vom 4. November 1893.

Es liegt sehr nahe anzunehmen, dass der Dichter durch die 50 Ehegemächer im Palaste des Priamos auf den Gedanken gebracht wurde, ebenso 50 Brautgemächer für die Aegyp- tiaden und Danaiden erbauen 7a\ lassen. Eine ferne Erinne- rung an das nXriOiov dXXrihov ÖEdi.ü](.itroi möchte man in der Darstellung des Ovid (Her. XIV) erkennen, wo es heisst (31):

In thalamos laeti thalamos, sua busta! feruntur . . Circum me gemitus morientum audire videbar.

Wenn man für ein und dasselbe Stück die zwei Titel Qala- l^ionoioi und Alyhitzioi bat, wird man nicht im Zweifel sein können, welches der eigenthche Titel ist.^) Schon durch den ungewöhnlichen Namen gibt sich (daka\.ionoioi als ur- sprünglichen Titel 7A1 erkennen. Aber es konnten auch weder Aegyptier noch Aegyptiaden den Chor in einem Stücke bilden, in welchem die hinterlistige Ermordung der Aegyp- tiaden angezettelt wurde. Nur zum Schlüsse konnten die Aegyptiaden erscheinen und etwa vereint mit ihren Bräuten unter dem Gesänge des Hymenaios abziehen. Der Gesang musste dann die tragische Ironie bewirken, welche Ovid mit thalamos sua busta andeutet.

Es ist schwer, sich von der Handlung des Mittelstücks eine Vorstellung zu machen. Keine Angabe des Mythus bei den späteren Schriftstellern kann mit Sicherheit auf Aeschylos zurückgeführt werden. Th. Birt (a. 0. S. 409 ff.) will dies von der Darstellung des Ovid erweisen. In der That finden

1) Mit Recht bemerkt Welcker, Kl. Sehr. IV S. 101: ,Dass die Aegypter nicht zu den beiden anderen Stücken gehört haben könnten, darf wenigstens niemand aussprechen, ohne einen anderen Mythus anzuführen, worin Aegypter auf die Bühne gebracht werden konnten". Westphal, Prolegomena S. 4 nimmt die Alyimxioi mit M^ivon' und Wv^oaraaia zu einer Trilogie zusammen. Aber wie kommen Aegyptier nach Troja? Memnon kommt nicht von Aegypten, sondern von Aethiopien.

WecJcIein: Zu den Hiketiden des Äescliylos. 415

sich, wenn wir aucli von der Kombination, durch welche Birt seine Hypothese zu stützen sucht, absehen, viele Züge, welclie der Aeschyleischen Dichtung nicht fremd sein können. Vor allem scheint der Name des Königs Pelasgos aus Aeschylos zu stammen, da der Argivische König sonst Gelanor heisst. Die Verse

esse ream praestat c]uam sie placuisse parenti. non piget immunes caedis habere manus

erinnern an Prom. 894 -/.Xceiv avaXy.ig (.lälXop rj {.iiaiffSvog. Das Gleiche gilt von der Beschreibung der Irren der Jo. Selbst die Angabe, welche Birt als selbständigen Zusatz des Ovid betrachtet (111):

bella pater patruusque gerunt. regnoque donioque pellimur; eiectos ultimus orbis habet,

können belegt werden mit Hik. 749 :

i^ioXeg ioTi juaQyov ^lyvmov yevog l-iccyr^g t^ anXr^ovor, '/ml ?Jyio rrgog eidora.

Aber die Darstellung des Ovid ganz aus der Trilogie des Aeschylos abzuleiten hindert gerade die Stelle, wo der Name des Pelasgos vorkommt (23):

ducimur Inachides magni sub tecta Pelasgi et socer armatas accipit ipse nurus.

Bei Aeschylos kommt Aegyptos nicht nach Argos. Birt behauptet, ipse sei in diesem Zusammenhange zwecklos, und schreibt nee socer mit dem Sinne: non in soceri, sed in alienam domum sponsae ducimur, neque enim socer ipse adest ut nurus suas armatas accipiat. Aber ipse steht in Kontrast zu armatas, ist also ganz am Platze; dagegen er- scheint armatas in dem von Birt gegebenen Gedanken als unbrauchbar; denn es ist nicht Brauch, dass ein Schwieger- vater bewaffnete Schwiegertöchter in seinem Hause empfängt.

416 Sitzung der philos.-phüol. Glnsse vom 4. November 1S93.

Ovid muss also eine Dichtung im Sinne haben, nach welcher Aegyptos seine Söhne begleitet, wie es Enr. frg. 846 heisst:

^l'yvTiTog, cjg 6 jrXsloTog aaTragrai loyog, Bvv naiöl 7TBvxriy.ovTa vavriXqj jckarrj I^Qyog v.axaoyji')v.

Vgl. die Scholien zu Eur. Or. 871. Dass Hypermestra bei Ovid die Scheu vor Blutvergiessen als Beweggrund den Lynkeus zu verschonen angibt, kann nicht als Abweichung von Aeschylos erscheinen. Hypermestra braucht nicht selbst Liebe als Grund ihres Ungehorsams hinzustellen. Aber wenn Hypermestra sagt:

dum petis amplexus sopitaque bracchia iactas, paene manus telo saucia facta tua est,

so scheint der Dichter die Sage im Sinne gehabt zu haben, wie sie gewöhnlich gegeben wird: avx\] ytvy/.ia duGioas TTaqiylvov avTr^v cpvld^avra Apollod. H 1, 5, 10, vgl. Schol. zu Hom. II. 4, 171, zu Find. Nem. X 10, wie sie aber der Auffassung des Aeschylos nicht entspricht. Diese lernen wir aus Prom, 891 kennen:

l-iiav ÖS jraidcov "ti-teQog &el^€L xo (.ly] "/.Teivai GvvEvvov.

Vgl. Schol. zu Eur. Hek. 886 ai {.dv ovv naoai eyovaai (1. TijQOvaai) zd zov TtaxQog nQüOiäyf-iaza dve'dov Tovg arögag, l-iia de (.lovt] tovtcjv r^ 'Y7ieQ(.n]0TQa scpeioazo tov ylvyy.Ht)g, ccTtd zrig f.u^ecog öid&eoiv ioyjjAvla TTQog avtov. Dass auch in der Danaidentrilogie diese Auffassung festgehalten war, beweist das Auftreten der Aphrodite zur Verteidigung der Hypermestra.

Wir können also von den Angaben des Ovid keinen anderen Gebrauch machen als von anderen Notizen und müssen zunächst die Hiketiden und die Fragmente zu Rate ziehen. In den Hiketiden tritt der Aegyptische Herold unter

Wecldein: Zu den Hiketiden des Aeschylos. 417

der Drohung eines blutigen Krieges ab. Dieser Krieg muss, wie es längst bemerkt worden ist, zwischen das erste und zweite Stück fallen. Dieser Krieg war auch für den Dichter das einfachste Mittel, den Pelasgos zu beseitigen, indem er ihn auf ehrenvolle Weise im Kampfe fallen Hess. Die ge- wöhnliche Anschauung ist die, dass Danaos den Pelasgos verdränge und dass schon die Leibwache, welche Danaos nach Hik. 996 vom Volke erhält, auf einen Staatsstreich hinweise, wie ihn Aeschylos von Pisistratos her kannte. Welcker (kl. Sehr. IV S. 105) führt zum Beweise auch die Charakteristik des Danaos und Pelasgos an; jener sei dar- gestellt als ein Mann geeignet ein Reich zu gewinnen, dieser es zu verlieren. Aber dabei verwechselt Welcker einen Punkt, welcher der avoraaig tcov Tcqayfxättov angehört, mit einem Elemente des i\i^og. Das Schwanken und die IJnentschlossen- heit des Pelasgos in den Hiketiden ist ebenso wenig ein Kennzeichen von Charakterschwäche wie das Schwanken der Medea bei Euripides. Sobald das den Pelasgos ehrende Be- denken Bürgerblut um der fremden Frauen willen zu ver- giessen überwunden ist, zeigt er volle Thatkraft und die Antwort, welche er V. 963 dem Herold gibt:

dlV aqöEvag zoi trjGÖe yr^g olyt.'rfcoqag ELQrjGST' ov nivovrag Ix y.Qi&wv fied^v^

lässt erwarten, dass er sich im Kampfe mit den Aegyptern in einer Weise aussetzen wird, dass sein Fall erklärlich ist. Wenn Pelasgos durch einen Aufstand gestürzt oder zur Aus- wanderung genötigt würde, so stünde das in schreiendem Gegensatze zu den Worten des Danaos (991):

10 TTaldeg, ^Qyeioion' evxsoi^ai xqecov &VSIV Xeißeiv ^', cog ^eolg '01vf.iTrioig G7iovdag, h-rtel aiotrJQeg ov diyoQQontog,

oder zu den Worten seiner Töchter (977):

1893. Philos.-pliilol. u. liist. Gl. II. 3. 27

418 Sitzung der pliÜos.-philol. Ctasse vom 4. November 1Sf).3.

dlV ccvt'' ayad-iov ayad^olai ßqvoig, öle üeXaoycüv.

Wenn die Argiver eine Niederlage erleiden und gar der König fällt, also grosse Not und Gefahr die Stadt bedrängt, so liegt darin die Rechtfertigung für die Hinterlist des Danaos :

ciTzazrjg diycalag oj;x onoGTaTEL S'sog.

Dieses Fragment (301) kann, wie schon Härtung u. a. nach Hermann opusc. II S. 329 gesehen haben, keine bessere Stelle haben als da, wo Danaos seinen Plan gegen die Aegyp- tiaden entwickelt.

Solange man AlyvnriOL als eigentlichen Titel des Mittel- stücks betrachtete, konnte man annehmen, dass zum Schau- platz der Handlung das Lager der gelandeten Aegypter gewählt worden sei (Welcker kl. Sehr. IV S. 110). Es lässt sich gar nicht vorstellen, wie auf diese Weise die List gegen die Aegyptiaden angezettelt und was überhaupt in Gegen- wart eines Chors von Aegyptern verhandelt werden konnte. Welcker lässt den Aegyptos im Lager anwesend sein und mit Danaos unterhandeln, dann den Lynkeus auftreten, zu- letzt gar die Danaiden erscheinen, welche aus der Stadt geholt werden.^) Der voraus mit ihnen verabredete Plan soll in der Verlobungsscene aus versteckten und zweideutigen Worten hervorleuchten. Der Vater soll sogar nach dem Verlöbnis jeder Braut einen Dolch reichen, „wenn dies viel- leicht vermittelst einer Figur des Chors so zu bewerkstelligen war, dass es den Bräutigamen entging". Man sieht, zu welchen Verlegenheiten ein solcher Schauplatz und ein Chor von Aegyptern führt. Welcker sagt selbst: „Wir können

1) „wie in den Schutzflehenden gegen Ende des Drama die Schar der Dienerinnen für den Chor aus Argos gesandt wird". Dieser Irrtum ist daraus entstanden, dass früher die V. 986 990 dem König

zugewiesen wurden.

Wecldem: Zu den Hilcetiden des Aeschylos. 419

die Aufgabe einer solchen Scene stellen; die Art der Aus- führung und wie weit es möglich war in Gegenwart des Chors die beabsichtigte That anschauHch und schauerlich zu machen, kaum ahnen". Wenn Qala(.iojioioi der richtige Titel ist, dann fallen solche Schwierigkeiten ohnedies weg. Der Schauplatz der Handlung kann nur Argos sein, wo die Hochzeit stattfindet. Es entspricht kaum der Weise des Aeschylos, etwa den Lynkeus als handelnde Person auftreten zu lassen. Die Vermittlung zwischen Danaos in der Stadt und den Aegyptiaden im Lager wurde naturgemäss durch einen Boten unterhalten, welcher, wie in den Sieben gegen Theben, immer wieder auf- und abtreten konnte. Welche Personen aber haben wir uns unter den Galai-iOTioioi vor- zustellen? Kruse, Weil, Oberdick denken an die Danaiden selbst.^) Allerdings braucht man die Danaiden im Stücke; denn sie müssen den Plan erfahren und vielleicht auch die Dolche erhalten. Aber der Name „Thalamosbereiterinnen" wäre doch für sie sonderbar. Ausserdem heisst es Poll. VH 122 tciya -/.al o\ ^aXa^onoiol eiöog reyvrjg. Da nun zu- fällig ein Bruchstück erhalten ist, welches die Ausstattung eines Baus zum Inhalt hat und zwar in befehlender Form (78):

aXV * 0 i-iiv Tig ^aoßiov (faTviöjAttZL y.vf.1 tv TQiycüvoig sv-nEQüivirio qvd^f^idiq,

so ist alle Wahrscheinlichkeit dafür gegeben, dass die Qala- (.lO/toioi als Bauleute zu betrachten sind, welche im Palaste des Pelasgos, den nunmehr Danaos bewohnt, für die 50 Paare die ^ccXaf.101 herzurichten haben. Es wird nunmehr ver- ständlich, warum Hik. 969 dsdwf.i(xzio/.iaL ö' ovo' syco of-u^qa yeQi der Umfang des königlichen Palastes besonders betont wird. Es ist Raum darin wie im Palaste des Priamos für 50 ^aXaf,ioi. Nun aber bietet eine Schwierigkeit die Frage,

1) Von der Aenderung des Namens in OaXaixrjTiöXoi , welche Härtung beliebt, können wir absehen.

27*

420 Sitzung der phüos.-phüol. Classe vom 4. Nooemher 1893.

wann der Bau der S-oXa/iioi erfolgt, wenn die Bauleute eben bestellt sind und erst während des Stückes ihre Anweisung erhalten. Wenn zwischen dem zweiten und dritten Stücke die nächtliche Blutthat stattfinden soll, wie aus dem Frag- ment 43 gefolgert werden kann, dann inuss mit dem Schlüsse des Stückes alles vorbereitet sein. Es scheint keine andere Auskunft zu geben als das Abtreten des Chors vor dem Schlüsse. Eine treffliche Analogie bietet das Stück des Euri- pides, welches auch eine Hochzeit zum Gegenstande hat, der Phaethon. Da dort der Brand in der Schatzkammer des Königs ein wichtiges Moment des Stückes ist, so besteht der Chor aus den Dienerinnen, welche die Besorgung der Schatz- kammer zur Aufgabe haben. Der Chor geht ab; an seiner Statt tritt ein Chor von Jungfrauen auf, welche den Hymenäos singen; dann verwandelt sich wieder der Chor der Jungfrauen in den Chor der Dienerinnen, av eiche aus der brennenden Schatzkammer erscheinen. In gleicher Weise kann hier der Chor der Thalaraoserbauer abtreten. Es muss aber ein anderer Chor an dessen Stelle treten. So ergibt sich die Möglichkeit, die Brautpaare auf die Bühne zu bringen. Die Mitteilung des Planes, mit welcher vielleicht auch eine Verteilung von Dolchen verbunden war, erforderte, dass die Danaiden vor den Aegyptiaden auftreten. Hermann (opusc. H S. 324 f.) hat frg. 379

vf-teig de ßco(.i6v rovde vml ttvqoq oeXag '/.vyXl^ ntqiGxiqi'' e.v Xoyw r' mceiQOvi

den Javaidsg zugewiesen. Einen Altar erfordern die Hike- tiden, ein Altar kann auch in dem zweiten Stücke wie in den Sieben gegen Theben angebracht gewesen sein, während beim dritten Stücke eine Gerichtsstätte dargestellt werden muss. Dem Inhalte nach passen die Verse vortrefflich in das zweite Stück. Wenn man sich überhaupt fragt, was

Wecklehi: Zu den Hiketiden des Aeschylos. 421

den Inhalt des zweiten Stückes gebildet haben mag, so bietet sich für den ersten Teil die Verhandlung mit den Aegyp- tiaden, welche durch einen Boten oder vielmehr Herold geführt wird (fr. 318 Toaavra, x^^i;^, s^ s/uov diaqxaGov hönnte hieher gehört haben), für den zweiten Teil die Ver- lobung. Die Verlobung ist auch schon Gegenstand der Ver- handlungen und wenn Thalamosbereiter die Parodos singen, so muss der Plan der listigen Verlobung von Anfang an dargelegt werden. Man kann also sagen, dass die Verlobung der Danaiden und Aegyptiaden den Mittelpunkt der ganzen Handlung bildet. Es ist die Vermutung ausgesprochen worden, dass die bei Apollodor angegebenen Namen der Danaiden und Aegyptiaden aus Aeschylos stammen. Wenn wir an die grosse Botenscene der Sieben gegen Theben denken, so ist ein solcher Gedanke mit der Weise des Aeschylos sehr wohl vereinbar. Während also die Thalamoserbauer fortgeschickt werden, erhalten die Danaiden, welche hier stumme Personen sind, den Auftrag, sich im Kreise um den Altar zu stellen, um ihre Bräutigame zu erwarten. Sobald sich der Chor der &aXa/.i07roiol in AlyvmiOL verwandelt hat, erscheinen die Aegyptiaden, um ihre Bräute von Danaos entgegenzunehmen. Es folgt die feierliche Handlung der Verlobung und nachdem ein Bote die Nachricht gebracht hat, dass die d-aXaf.iOL den Weisungen des Danaos entsprechend fertig gestellt sind,^) findet der Abzug der Brautpaare statt und zwar zunächst zum Hochzeitsmale. Vielleicht tritt dann der erste Chor noch einmal auf, um den vi-ievaiog y.axay.oif.n]T Ly.6q zu singen, welchem der v/.ievaiog öieyEQZiKog entspricht, von welchem in dem bereits erwähnten Fragment der Danaiden (43) die Rede ist. Vgl. Gruppe, Ariadne S. 78, welcher nur darin irrt, dass er den vfAipaiog dieyeQTinög zu Beginn des dritten

1) Für das, was ausserhalb der Bühne geschieht, gilt bei Aeschylos noch mehr als bei den anderen Tragikern nur eine ideale Zeit.

422 Sitzimg der philos.-philol. Classe vom 4. November 1893.

Stücks wirklich gesungen sein lässt. Von demselben war nur in dem Berichte des Danaos die Rede, welcher er- zählte, wie der Weckhymnus keinen aufweckte, so dass sich Danaos vor Freude wie verjüngt fühlte {■aad-aiQOiiiai to y^gag frg. 45), bis er die unliebsame Entdeckung von dem Un- gehorsam der Hypermestra machte. Hermann (opusc. VIII S. 184) lässt an die Stelle des Chors der ^lyvniioi die QaXaiiiOTioioi treten; für uns ergibt sich die umgekehrte Ordnung. Wozu auch Qulaf-ionoioi, nachdem die Aegyp- tiaden bereits in den däXafiog abgezogen sind? Und gegen die Aegyptiaden als Hauptchor besteht das Bedenken, welches bereits Tittler, Zeitschr. f. d. Altertumsw. 1838 S. 191, hervor- gehoben hat (vgl. Reinkens de Aesch. Dan. p. 12), dass die rohen, ungeschlachten Gesellen, wie sie in den Hiketiden dargestellt sind, sich nicht für den Chor eines Aeschyleischen Stückes eignen. Dagegen hindert nichts, dass sie an einer Stelle des Stückes ihrer Freude über das Glück, welches ihr Untergang ist, Ausdruck geben.

Auf solche Weise erklärt sich der doppelte Titel des Stücks. Vielleicht hat auch der Doppeltitel QecoQol rj ^lod^f-ii- aoxai die gleiche Bedeutung und ist der eine Name auf einen Nebenchor zu beziehen. Was die Bezeichnung ^l- yvTTTiOL für ^iyvTiTiadai betrifft, so hat Welcker a. a. 0. S. 111 richtig bemerkt, dass die Aegyptiaden doch auch Aegypter waren und dass der Nationalname als der kürzere und geläufigere vorgezogen worden sei wie der der Perser. Allerdings wird in den Hiketiden der Name ^^Lyurnog als Name des Landes absichtlich vermieden, um der Verwechs- lung mit dem König .AYyvTizog vorzubeugen. Aber das Adjektiv Alyvmiog findet sich 885 und neben dem Namen Jlslaoyog steht der Name des Volkes IleXaayoi. Für frg. 373

öeivol nXsv.ELv toi (.irjxavag ^lyvnxLOL

kann sich keine bessere Stelle finden als in diesem Stücke.

Wecllein: Zu den Hiketideu des Äcschylos. 423

Aus den ^lyvmioi wird nur das Fragment ZayQSvg ange- führt: in den Gott der Unterwelt verwandelt sich in diesem Stücke der Hymenaios (thalamos sua busta bei Ovid).

Welcker ebd. S. 104 (vgl. Trilogie S. 399) findet in der Erhebung des Danaos zum König von Argos und in der Begründung des Volkes der Danaer einen Hauptzug der Dichtung des Aeschylos. Doch heisst es ebd. S. 124: „OfiFen- bar verteidigte und erhob in dieser Trilogie Aeschylos die Macht und die Rechte der Liebe, die sie selbst gegen einen zürnenden Vater aufrecht hält; sie stritt gegen die Strenge der Zwangsehie, welcher ein Gefühl, etwas Göttliches in der Natur widerstreite, so heilig als Here, welche die Ehen bindet und schützt, und welcher Aphrodite die Hand reichen soll. Die Sage war vermutlich benützt, um eine auch für Athen anwendbare Idee geltend zu machen, einen Missbrauch zu rügen und eine höhere würdigere Ansicht vorzuführen, zu empfehlen". Der Erhebung des Danaos können wir umso- weniger Gewicht beilegen, als wir dieselbe als Mittel der dramatischen Oekonomie betrachten und die gewaltsame Ver- drängung des Pelasgos nicht gelten lassen. Dagegen bildet das Thema „Ehe und Liebe" den roten Faden der ganzen Trilogie. Dies erkennt man besonders aus drei Punkten, aus dem Beweggrund, welcher die Danaiden bestimmt die Heirat zurückzuweisen, aus dem Schlussgesang der Hiketiden, endlich aus dem Auftreten der Aphrodite im dritten Stücke. Wenn man Prom. 879 liest:

nif-ncrri d^ cm'' avzov yivva rrevtrjXOVTcc/taig 7iaXiv TTQog ^Ldqyog ov% hnovo'' eXetosTai ^r]XL07roQog, (fevyovGa Gvyyevr^ ydf.iov oveifiaüv o^L (5' 8ntoi]fievoi (pQtvag xtI.,

worin ovyyevrj neben dveilHcov ein causales Verhältnis zu er- kennen gil)t, so möchte man die Verwandtschaft als Grund des Abscheus betrachten. Aber weder nach griechischen

424 Sitzung der philos.-jMlol. Classe vom 4. November 1893.

noch nach ägyptischen Sitten unterlag die Heirat von Ge- schwisterkindern irgend einem Bedenken. Der wahre Be- weggrund ist deutHch 232 ausgesprochen:

OQVL^og OQvig rtcog av ayvevoi cpaycov; Tig d' av yaf,adv ay.ovoav äxovrog Tvaga ayvog yävoit'' (xv\

Während die Vergleichung auf die Verwandtschaft hinzu- deuten scheint, wird doch der Grund mit a7.ovGav axovTog TcciQa angegeben. Die Danaiden hassen die übermütigen Aegyptiaden (749 f., 824), von denen sie nur wie Sklavinnen behandelt werden (337):

XO. wg uTj yevioiuaL df.uotg .Alyvjitov yivEi. B^. ftorega y.az'' ejO^gai' rj zo /litj S^i/mg ^.eysig; XO. Tig 6" av (fiXovg lovolxo rovg y.ey.Trjiii6vovg;

d. h. „mit der Mitgift würde ich mir nur einen Herrn erkaufen; wie soll da von Liebe {cpiXovg) die Rede sein?" Die Worte to (.irj &Efxig hat der Schol. richtig verstanden : rj OTi dd^ai-UTog yoi-iog; toeto ydg avrdg ixdedoodaL rjdrj a'AXoig dvÖQaaiv. Dagegen ist das Scholion zu 37

JTQIV TtOTS XSXTQCOV.1 CüV d^lf-Hg UQyBL.^

oq)ETEQL^di.ievoL yraTQadeXcpeiav rr^vd^ oenovTcov iTtißrjvai:

luv TO öixaLOv iq/.iäg eigyei did to |t/ij d^avarw&r^vai %ov na- xiQa unrichtig. Des Orakels, dass Danaos durch einen seiner Schwiegersöhne den Tod finden solle (Schol. zu Rom. II. 1, 42), wird nirgends gedacht. Auch ist eigyei avzovg^ nicht rii-iag zu verstehen, und der Grund zu lov d^ifxig eigyei wird durch dexovzwv angedeutet. Das Hindernis geht zunächst von den Danaiden aus; sie müssen vor allem von Hass erfüllt sein; denn die Leidenschaft soll soweit gehen, dass sie zum Dolche greifen. Der Dichter hat auch die Grösse

Wecklein: Zu den Hiketiden des Aeschylos. 425

ihrer Leidenschaft durch die Drohung, dass sie sich lieber an den Bildsäulen der Götter aufhängen als den Vettern in die Hände fallen wollen, geoffenbart. Danaos schliesst sich dem Hasse seiner Töchter um so leichter an, als auch er Grund genug zum Hasse hat (749 f.). Dagegen verrät die Bemerkung eines Gelehrten: „Es ist eine verkehrte Welt, wenn der Vater ein Annex seiner Töchter ist. Das ist also offenbar, dass der Dichter hier des überlieferten Stoffes nicht ganz Herr geworden ist" (Hermes 22 S. 258), eine Ver- wechslung des Standpunktes. Aeschylos behandelt den Stoff als Dichter. Es handelt sich auch nicht in erster Linie um Aufnahme in das Bürgerrecht, sondern um Schutz vor den verhassten Vettern und um Schutz können die Töchter, welche eben den Chor eines Dramas bilden, eindringlicher bitten als der Vater. Auch die Auffassung, dass in den Hiketiden die Aufnahme der Metöken in die Klientel durch Volksbeschluss geschehe (ebd. S. 247), ist schief. Der König befragt das Volk nur, weil die Gewährung des erflehten Schutzes einen schweren Krieg im Gefolge hat. Die Furcht vor Blutvergiessen ist ja das Motiv für das Schwanken des Königs und aus seinen peinlichen Zweifeln, da den Danaiden gute Gründe zur Seite stehen, findet er den einzigen Ausweg dadurch, dass er die Entscheidung dem Volke anheimgibt, welches den Schutz mit seinem Blute bezahlen rauss. Es kann nur auffallend sein, dass die Danaiden auf den Einwand des Königs „du musst nach deinen heimischen Gesetzen nach- weisen, dass sie kein Anrecht auf dich haben" (395) nicht erwidern, was so nahe liegt und was auch in a-/.ovTog jraqa (rvaTQÖg) 233 ausgesprochen ist, dass die Vettern kein An- recht haben, solange ihr xvQiog, der Vater, noch lebt. Aber man kann sich denken, dass der Dichter die Behandlung des Rechtsfalles für das dritte Stück aufgespart hat, welches vor den Richtern spielt. Die Angabe, dass der König die Aus- lieferung der Mädchen zusage, wenn die Aegypter ihr Recht

426 Sitzung der lihüos.-iiliilol. Clause vom 4. November 1893.

an die Person derselben erweisen könnten (ebd. S, 258), beruht auf einem Missverständnis von 951

xavtag (J' e.v.ovoaig f-iiv xar' £vvoim' rpQEViov ayoig av, nrcEQ evosßTjg nid^oL löyog xt6.,

wo der König nur sagt: „mit Güte, wenn sie euch wilHg folgen, könnt ihr sie haben, mit Gewalt nicht". Die Gewalt und den Zwang zur Ehe lehnen die Danaiden noch im Schlussgesang von sich ab: f-ivid' v/t" dvdyy.ag yäf.iog {rilog Weil) eld^oi Kvi^sgeiag. Im zweiten Strophenpaar heisst es: „Der Kypris ist diese verständige und fromme Weise nicht uneingedenk und achtlos. Diese Göttin steht mit Hera gleich neben Zeus. Bei aller Arglist gebührt ihr Ehre wegen ernster Werke (Erhaltung des Menschengeschlechts). Ihr steht zur Seite das Liebesverlangen und Peitho, der nichts versagt wird. Die Harmonia hat Anteil an Aphrodite und an dem flüsternden Kosen i) der Eroten (d. h. der Genuss der Liebe braucht nicht ausgelassen und zügellos zu sein; in der Ehe ist ihm Mass und Ordnung angewiesen). Den Flüchtlingen ahne ich schlimmes Weh und blutige Kriege. Warum auch haben die Aegyptiaden günstige Fahrt in schnellsteuernder Verfolgung erlangt? Was Bestimmung des Schicksals ist, das geschieht des Zeus Sinn lässt sich nicht berücken und das Ende dieser Sache wird sich den Hei- raten früherer Frauen anreihen". Ganz richtig erklärt der Schol. fUETCc dXXcov Txollcov y6(.aov yvvai-/.iov xai ovrog teIso- d^riaerai. Nach dem Zwischensatze Jiog . . dneqaTog ergänzt sich dv aus yivon' dv 1058 auch zu niXoi 1062 wie Cho. 593 zu Tig Uyoi aus dv (fQdoai 590 f. „Der Wunsch, dass mit vielen Ehen wie sie bisher waren dies Ehen wie sie hier

1) Gewöhnlich schreibt man Ssdorai 8' 'Agf^ovia f^oTg' 'A(pQo8irag rpEdvQal xQißoi z eqmtcov. Die Handschrift gibt yjeSvga (mit ■& über 8). Da das Liebeskosen zur Aphrodite gehört, so ist offenbar yjsSvQäg TQißov zu schreiben.

Wecklein: Zu den Hilietiden den Aeschylos. 427

geschildert sind das Ende des früheren Fraiienloses sein möge" (Welcker kl. Sehr. IV S. 123) entspricht weder dem Zusammenhang der Gedanken noch dem Wortlaute des Textes ^ETCL noXXtöv öi yaf.iiov ade tsIevtcc 7iQ0T€Q5v rriloi yvvaiY,cdv, worin von einem früheren Frauenlose keine Rede ist. ^) Es ist auch nicht von den Frauen der Vorzeit die Rede, wie manche Erklärer glauben; der Gedanke ist einfach folgender: „was vielen anderen Frauen bisher begegnet ist, wird auch den Danaiden nicht erspart bleiben". Wer kann so sprechen? Sicher nicht die Danaiden selbst. Im Gegenteil, ganz entsetzt bei solcher Prophezeiung rufen die Danaiden aus: o f.ieyag Zevq dnaXe^ai yä(.iov ^lyvmoysvrj ixoi. Die zweite Anti- strophe kann also nicht dem Chore der Danaiden angehören. Aber auch die zweite Strophe, welche die Göttin der Liebe und Ehe feiert, entspricht nicht der augenblicklichen Stim- mung der Danaiden. Wiewohl es unrichtig ist zu sagen, ihr Widerwille richte sich gegen jede Ehe, ^) so können sie doch jetzt, wo es sich um die Ehe der Aegyptiaden handelt, unmöglich geneigt sein die Göttin Aphrodite zu feiern. Auch die Erklärung des Schol. zu 1045 6 tov vf.iETeQOv vfivov v6/iiog legt den Gesang anderen Personen bei; allein wie Victorius rif.iErsQOv für viaeTeQOv gesetzt hat, so ist überhaupt die Autorität des Schol. nicht von besonderem Belange. Aber der Inhalt spricht entschieden dafür, dass andere Personen den Danaiden einen Einwand machen und damit gewisser- massen den Process der Hypermestra vorbereiten. Man hört fast den Diener des Hippolytos im Anfang des Euripideischen Stückes sprechen, der seinem Herrn die Geringschätzung der Aphrodite zwar sehr zurückhaltend, aber in sehr ernster

1) Welcker bemerkt dazu: ,An dieser Stelle zeigt sich das Schicksal, welches die Auslegung des Aeschylos oft gehabt hat, auf grelle Weise". Sehr richtig! In der That ist es interessant, die von Welcker angeführten Deutungen zu mustern.

2) Daran hat Tittler a. 0. S. 965 gedacht.

428 Sitzung der philos.-phüol. Glasse vom 4. November 1893,

Weise verweist. Auch hier erfolgt die Einrede in sehr schonender Weise, indem die Sprechenden gleichsam im Namen der Danaiden das Wort ergreifen: „Der eben ge- hörte Gesang, der verständig und fromm sein will, lässt Aphrodite nicht ausser Acht". Für wen schickt sich dieser Ton besser als für die Dienerinnen? Und nachdem wir aus 988 f. wissen, dass sich die Dienerinnen neben ihren Herr- innen aufgestellt haben, müssten wir das zweite Strophenpaar den Dienerinnen geben, wenn auch die ausdrückliche Auf- forderung VTioöeBaa&e (5' onadoi^ jueXog nicht vorherginge. Nun erinnert freilich onadoi an onaooiv 965 und onadovq TOvoÖE Kai öoQvaaoovg 996. Obendrein bietet an der ersteren Stelle die Handschrift ovv (flXoig onaooiv,^ folglich ist an eine männliche Begleitung zu denken und die Mitsingenden sind die Lanzenträger, welche Danaos mitgebracht hat. Aber, wie schon Schütz bemerkt hat, muss es dort cpikaig onäoöiv heissen; denn abgesehen davon, dass sich das Epitheton für die Soldaten wenig eignet,^) wissen dort die Danaiden von diesen Soldaten noch gar nichts. Sonderbar müsste es sich ausnehmen, wenn die Danaiden ohne weiteres die von Danaos mitgebrachten Soldaten zum Mitsingen aufforderten. Ganz ungehörig würde im Munde von Argivern die zweite Anti- strophe sein. Kurz, die neuerdings hereingebrachten^) Lanzen- träger sind als Sänger weit abzuweisen und die von anderen angenommenen Dienerinnen bestehen zu Recht, lieber die weitere Verteilung des Schlusschors später. Wie aber in der zweiten Strophe der Process der Hypermestra und das Auf- treten der Aphrodite, also der Inhalt des dritten Stücks, vor- bereitet wird, so prophezeit die zweite Antistrophe den Inhalt

1) Etwas anderes ist es, wenn Antigone Soph. 0. K. 1103 die Krieger des Theseus, welche sie aus den Händen der Feinde gerettet haben, als (piXiaioi onäoveg des Theseus bezeichnet.

2) Von Freericks, de Aesch. Suppl. choro 1883 u. J. M. Reinkens, de Aesch. Dan. 1886.

WecMein: Zu den Hiketiden des Aeschylos. 429

des zweiten Stücks; denn die Hochzeit kommt ja thatsächlich zustande: die Aegyptiaden siegen im blutigen Kriege und erreichen ihr Ziel, Aber was in der letzten Strophe erfleht wird, Y,Q(xiog vtfioi yvvai^iv^ wird auch erfüllt; schliesslich obsiegen die Frauen. Also die Ehe der Hypermestra wird von Aphrodite gerechtfertigt, weil sie auf Liebe beruht. Da- gegen erzwungene Ehe bringt Wehe. Die Danaiden sind aber Erbtöchter und die Aegyptiaden erheben auf ihre Hand Anspruch kraft der dyxiorsia^ vgl. 392

EL TOI xqarovGi jtaideg ^lyv7CT0v asd^ev vojMü TToXscog, q)aGY.ovTeq iyyvTata yivovg dvai, zig av xolod'' dvTitod^r^vai ü^iloi;

Auch mit 340 od-evog f.tsv ovrto f.ielCop av^erai ßqorolg spendet der Dichter den Grundsätzen des attischen Familien- rechts in Betreff der Erbtöchter eine gewisse Anerkennung. Es lag also die Anwendung der Idee des Ganzen auf attische Verhältnisse sehr nahe. Die Erbtöchter sollen nicht zu Skla- vinnen herabgewürdigt und nicht wider ihren Willen von dem nächsten Anverwandten zur Ehe gezwungen werden. Dieser Gedanke, welcher für das Familienleben der Athener von weittragender Bedeutung war, brauchte nicht besonders ausgesprochen werden. Er ergab sich aus der Idee, dass Aphrodite und Hera im Verein die Stifterinnen der Ehe sind und dass der Zwang sich mit der Weihe der Ehe nicht verträgt, von selber.

III. Die Bühne in den Hiketiden.

Den altgewohnten Vorstellungen von der Gestalt der griechischen Bühne und von der Art, wie die Stücke der grossen Tragiker aufgeführt wurden, hat die neue Theorie Dörpfelds einen schweren Stoss versetzt (vgl. die Bemerkungen von E. Curtius, Berl. Philol. Wochenschrift 1893 S. 97 ff.). Die aus den Bauresten antiker Theater gewonnene Ansicht, dass

430 Sitzung der phüos.-phüol. Classe vom 4. November 1893.

es im 5. Jahrhundert keine erhöhte Bühne gegeben habe, dass vielmehr die Schauspieler auf gleichem Niveau mit dem Chore gestanden und nur durch den Kothurn über sie empor- gehoben worden seien, bereitet der Erklärung mancher Stelle Schwierigkeit. Die Bemerkungen, welche Horaz epist. ad Pis. 275 ff. über die Entwicklung der griechischen Tragödie und Komödie macht, sind zweifelhafter Natur und beruhen zum Teil auf Missverständnissen. Aber doch wird es uns schwer zu sagen, dass die Angabe 278

post hunc personae pallaeque repertor honestae Aeschylus et modicis instravit pulpita tignis et docuit magnumque loqui nitique coturno geradezu eine Unwahrheit enthält, i) Die grösste Verlegen- heit bereitet der neuen Theorie jedenfalls das Auftreten von Schatten, vor allem das Auftreten der Klytämestra in den Eumeniden. Der Versuch von Bodensteiner, Scenische Fragen betr. das griechische Drama im 19. Suppl. der Jahrb. f. cl. Philol. S. 676 aloxQcog dhof-iai Eum. 98 dahin zu deuten, dass Klytämestra umherirre wie der Geist des Polydor in der Hekabe, also nicht direkt aus der Unterwelt zu kommen brauche, kann nicht als gelungen erachtet werden, da sich

1) Der neueste Herausgeber Lucian Müller scheint in der An- merkung ,Es errichtete ihm zuerst Agatharchus (Vitruv. praef. VII 1) eine Bretterbühne, während bis dahin das Spiel in der Mitte des erhöhten Tanzplatzes des Chores stattgefunden hatte, wobei der Schauspieler von einem Tische mit dem Chor verhandelte. Vgl. Poll. IV 123 sXsög, TQdjiE^a dgxaia, s(p' rjv jiqo Gsojiiöog sig zig avaßag roTg xoQsv^at? anexQivaro" Bühne und Dekoration (scaena) zu ver- wechseln. Auch ,bis dahin" kann nicht richtig sein. In der ange- führten Stelle heisst es doch nqo Osambog. Sobald ein Schauspieler in verschiedenen Rollen auftrat, brauchte er eine Bude, in welche er sich zum Umkleiden zurückzog {oxyp'ri). Er musste also abtreten und die Bude hinter einer Bretterwand versteckt sein. Damit war die Hinterwand gegeben. Die ox7]vr] und die Hinterwand, also das Spiel an der Grenze, nicht in der Mitte der Orchestra muss ebenso alt als Thespis sein.

Wecklein: Zu den Hihetiden des Aeschylos. 431

alo%Qiog dlidf.iaL nur auf die Unterwelt bezieht und die ent- ehrende Ausschliessung aus der Gesellschaft der Toten be- zeichnet. Aber liesse sich für Klytämestra auch noch irgend eine derartige Auskunft finden, so gibt es eine andere bisher übersehene Stelle, wo das Hervorkommen aus dem Boden ausdrücklich angegeben wird. Im Satyrdrama Sisyphos (dga- nhrjg) hat sich Sisyphos aus der Unterwelt davongestohlen. Die Satyrn sehen ein Ding aus dem Boden hervorkriegen; sie stellen ihre Betrachtungen an und einer meint, es sei wohl ein Maulwurf,^) worauf ein anderer erwidert (Aesch. frg. 227):

dlX^ dgovQalog zig sgti G{.iiv&og cod'' viiEQq)VTfi\

„Aber gibt es einen solchen Riesen von einem Maulwurf?" Uebrigens bietet vielleicht gerade diese Stelle einen Anhalts- punkt, das Aufsteigen der Schatten mit der neuen Theorie in Einklang zu bringen. Solche Vermutungen, wie sie die Satyrn über das aus dem Boden hervorkommende Wesen anstellen, setzen doch wohl eine gewisse Entfernung der Er- scheinung voraus. Die Bestimmung, etwas in der Ferne zu zeigen, hatte das OTQO(fslov. Poll. IV 132 to öTQOcpeiov o Tovg rJQwg l'yst Toig slg t6 d^siov f.isd-£GTr]KOTag 7] zovg ev TTEXäyEi r' TToMf-u^ rekevTcoviag. Wir kennen die Einrichtung dieser Maschinerie nicht. Da aber das Schol. zu Eum. 64 angibt: avQacpevTa (.irjyavrjf.iaTa svSr]Xa noiel rd %axd xo liavxElOv cog exei. /.al ylverai oipig TQayiy.r^ ' t6 f.iev ^Icpog fj(.iayf.ievov sxi /.axiywv 'OQeoTr]g, ac ds y.vy.Xuj cpQovQovaai airov und mit ovQacp&vTa (.n^yavrif.iara auf das OTQoq>elov hinweist, so kann man darunter etwas Aehnliches verstehen wie unter der scaena versilis oder ductilis der Römer. ^)

1) So verstehe icli hier dgovgaTos ofuv&og.

2) Zwischen exxvxXrjfxa, s^coorga und oxQotpsXov scheint der Unter- schied zu sein, dass bei dem IxxvxXrma das Spiel scheinbar ins Innere des Hauses verlegt, bei der i^wazQa ohne kunstgerechte Motivierung

432 Sitzung der philos.-pMlol. Glosse vom 4. November 1893.

Jedenfalls wurden Apollon und Hermes, Orestes mit den ihn umlagernden Erinyen innerhalb der Scene sichtbar. Was hindert auch die Geister innerhalb der Dekoration erscheinen zu lassen?

Aber klar ist dieser Punkt nicht. Vielleicht jedoch wird auch dafür eine Erklärung gefunden, wie manches, was mit der neuen Ansicht unvereinbar schien, bereits in Ein- klang damit gebracht ist, teilweise sogar zur Unterstützung dieser Theorie dient. Ich glaube, dass es sich in ähnlicher Weise auch mit der Bühne in den Hiketiden verhält. In seiner Schrift „Zur Dramaturgie des Aeschylus" Leipzig 1892 wendet P. Richter den Bühnenverhältnissen der Aeschyleischen Dramen besondere Aufmerksamkeit zu, um die Richtigkeit der Höpken-Dörpfeld'schen Hypothese zu prüfen. Er kommt S. 273 zu dem Schlüsse, dass der Prometheus und vor allem die Schutzflehenden jene Hypothese zurückweisen. In der That scheint alles auf eine erhöhte Bühne hinzudeuten. Danaos steht auf einer Anhöhe, auf welcher sich ein Altar der Landesgötter befindet, und fordert auch seine Töchter auf, an diesem Altare sich niederzulassen {nayov nQooi'Qeiv xiovd^ dytovUüv ^etov). Die Töchter kommen bei 213 f. der Aufforderung des Vaters nach, steigen also auf die Anhöhe und verbleiben dort mit Danaos bis 512 bez. 517. wo Danaos den Altar verlässt, um in die Stadt zu gehen, der Chor aber in die Orchestra herabsteigt. Danaos kommt 608 aus der Stadt zurück; er befindet sich 721 wieder auf der Höhe, von welcher er einen Ausblick auf das Meer hat (heTadoKOV yoQ TTiod'' CLTTO OY.07tfig OQio nldlov). Es fragt sich, ob er diese Anhöhe schon von Anfang an (608) inne hat oder erst während des Chorgesanges 633 ff. einnimmt. Bevor er abgeht, mahnt er seine Töchter, wieder sich unter den Schutz

das Innere ohne weiteres herausgeschoben wie Soph. Ant. 1293, bei dem ozQotpsTov dagegen im Innern d. h. innerhalb der Dekoration gespielt wird.

Wecl'lein: Zu den Hiketiden des Aeschylos. 433

des Altares zu begeben {of.aog äf.iEivov, el ßgaövpoif.tev ßofj, «Axrjg Xad^eaS^ai Triode i.a]öai.iwg ttote 738). Das geschieht, sobald sie des Herolds der Aegyptiaden ansichtig werden, vgl. ßah's (fvya nqög dlxdv (845). Während der Anapäste 980 ff. müssen sie den Altar wieder verlassen haben, weil sie ihre Mägde auffordern, sich neben sie zix stellen. Sie begeben sich für den Schlussgesang in die Orchestra, aus welcher der Auszug der gesamten Schar erfolgt, des Danaos und seiner Trabanten, der Danaiden und ihrer Dienerinnen. Da sich Danaos und der Chor von vornherein auf ge- trenntem Schauplatz befinden, Danaos beim Altar auf einer Anhöhe, der Chor auf ungeweihtem Boden, und da nach 517 XevQov xar' dloog vvv ErriOTQtcpov rode der Chor sich von den Götterbildern und dem geheiligten Boden nach einem offenen, allen zugänglichen Wiesenplan w^enden soll, so scheint gleiches Niveau des Schauspielers und des Chors ausgeschlossen und eine erhöhte Bühne und räumlich getrennte Orchestra erwiesen zu sein (P. Richter a. 0. S. 113). Aber kann nicht für das Stück eigens eine Estrade mit einem Altar errichtet worden sein? Darf man ohne weiteres hieraus auf eine ständige Bühne schliessen? Betrachtet man die vorher an- geführte Stelle genauer, so ergibt sie einen Beweis nicht für, sondern gegen die erhöhte Bühne. Für die Dana- iden wäre es viel besser, im Schutze des Altars sitzen zu bleiben; aber der Dichter braucht den Chor für den fol- genden Chorgesang in der Orchestra. Damit nicht der Zu- schauer dem Dichter den Einwurf macht, dass das Herab- steigen der Danaiden in den unge weihten Raum unzweck- mässig sei, lässt der Dichter die Danaiden selbst diesen Einwand erheben:

B^. y.Xddovg /.isv avTOv Xshce, örjf.ielov 7i6vov.

XO. y.ai örj oq^e Xebno, xsiQia Xoyoig aeOsv.

B^, XevQOv A.a%' ccXoog vuv e7CiGTQ£(pov zöös.

XO. Kai TTiög ßißr^Xov dXoog av (rvoiTO /.le;

1893. Philos.-philul. u. bist. Gl. IL 3. 28

434 Sitztmg der phüos.-philol. Glasse vom 4. Noremher 1893.

Der König ist nicht anf der Anhöhe des Altars (avtou), dagegen ist er in dem nngeweihten Raum, in welchen der Chor hinabsteigen soll {rööe). Der König ist also in der Orchestra. Danaos tritt im Anfange an der Spitze seiner Töchter, also in der Orchestra anf. Er steigt auf den Altar, um von dort aus, während die Parodos gesungen wird, bald nach dem Meere, bald nach dem Lande zu spähen. Ebenso besteigt er nicht schon 608, sondern erst nach G32 die Höhe des Altars, um während des folgenden Chorgesanges in der Spähe eine Beschäftigung zu haben. Die 12 Danaiden können sich natürlich nicht auf dem Altare, sondern nur auf der Estrade, welche den Altar trägt und an der Weihe des Altars teilnimmt, niederlassen. Dieselbe muss also ziemlich geräumig sein. Man könnte versucht sein, auf solchen Auf- bau, den jedenfalls auch der Prometheus erforderte, die An- gabe des Horaz modicis instravit pulpita tignis zu beschränken. Um das noch anzufügen, war mir bisher immer die Auf- forderung des Chors Cho. 891

aTiooru^(.u(.iEv TXQay/AaTog ZElovf.iävov

auffallend; ich glaubte annehmen zu müssen, der Chor befinde sich auf der Bühne, ohne hiefür einen Anhaltspunkt finden zu können. Aber wenn der Chor auf der gleichen Ebene sich befindet, auf welcher das Haus steht, fällt nichts mehr auf. Einen peinlichen Eindruck müsste die Scene Eur. Hek. 1056 ff. machen, wenn der blinde Polymestor auf der er- höhten, schmalen Bühne herumtobte, um Hekabe zu fassen, und jeden Augenblick in Gefahr käme in die Tiefe zu stürzen.

IV. Die handschriftliche Ueberlieferung der Hiketiden.

Gewöhnlich macht man keinen Unterschied zwischen der handschriftlichen Ueberlieferung der Hiketiden und derjenigen anderer Stücke des Aeschylos und leitet in gleicher Weise die Mediceische Handschrift aus einem in Uncialen fortlaufend

WecUein: Zu den Hiketiäcn des Acschijlos. 435

geschriebenen archetypus ab. Das kann nicht richtig sein. Die Zahl der Fehler, welche sich aus der älteren Schreib- weise ergeben haben, ist in den Hiketiden ausserordentlich gross. Die Verwechslung von yt und ^ und J ist besonders häufig: 15 y.moai {-AÜoai), 102 ds anYötov (d' shriöcov), 435 t' ad'iOTav {zla^ rar), 1018 ovv hlrjQcödr} {ovvs^/ia riQod-rj), 1050 OeaxTOQi (düyiTOQi); 118 Uycov (d' eyco), IGl '^öwy.zvrtov {r^h6y.TV7tov)^ 260 mövriq (alav i^c;), 312 Tredag (rc^lag), 443 Sqeixtei'i'sü' {"AQeL 'yiiireiv), 808 ös^ö/iievov (ae^o^ievoi'), 890 /.laXda {uüXa J'). i) Ziemlich häufig auch ist die Verwechs- lung von r und T: 162 zaiov (yä'i'or), 170 atar (äyav), 313 zr^g (yf,g), 562 zdv (yäv), 670 rag (yag), 726 rtda av ov (plh] (ylcüooav ov cfilrjv). Für 0 findet sich 0 und um- gekehrt 2 aQOEVz' (agd^EVT'), 405 Tvxi>ri {rvyoL). E und C oder C und 0 sind vertauscht 199 eviovviaov {ovviovvf.uov), 221 Eiyvcoq {ovyyolrj), 725 avvovzriQog (Eu^vvtr^Qog). Die meisten Fehler hat die falsche Verbindung der Buchstaben verschuldet: 30, 229, 692 ÖEOfiov {Ö' eo^wv), 208 eI^ev rj {ei s6Vry), 232 ovaivEvoi [av dyvEvoi), 242 TTQOOcpcovovfiEvov {frQOO(fwvoL^i£v, ov), 265 t' anEiza ds (zottI zoöe), 279 di]- qIoiv {drj QriGiv), 298 zr^ Iöeu' (zr^d' iv), 324 roi; davaoiyE {zovd' avoiyE), 331 ()£/do<g (c)' Yöoig), 384 Tog (J'cJ^a (raad' 'dÖQag), 473 aAAa /rwt; (aZZ' arrlcÖg), 579 ^6 i)a^ißolv (d' Ei^df.ißovv), 605 '*j;i<£V ot' (jif.iEvov), 630 ty.lavav Euy.XrjzoQog (axgav' üvev y^h/rriQog), 682 d' icfooovg (di q^OQovg), 749 e^w- Afdfc; zi(.iaQyov {e^toUg lozi ^läqyov), 774 ot-()'£j' (otc)' fj'), 776 aA/l' wOTt {dllcog ze), 794 naiQOoy.onaL ds (.ieUov {nazQog OKoual ÖE i-ieIIov), 830 nidavEv {zi ö' dvEv), 856 ELÖara {EiÖ' dvd), 896 ßqozLoaa Quoazac {ßgezsog aqog dza), 918

1) 701 jraj' t' £« öai/wvow XdOocEv hat Turnebus Xaßoisv, Din- dorf ^a;t;o(£j' verbessert. Diese Ausdrücke sind zu allgemein. Hermann besser i'W.oisv. Aber diese Aoristform findet sich nirgends. In dem Hymnos auf Pan V. 33, worauf Hermann verweist, ist M&s das Rich- tige. Da AA = AA, so ist wohl ahpoisv zu schreiben.

28*

436 Sitzung der phüos.-philol. Glasse vom 4. November 1893.

OccQGsi Tov ysQei zaragyiav (OaQOs'n'' ovyc Iqsjlx'' aragylav), 919 duoX6i.iEO'Ja smava^ {ditoX6i.tEoy, aEXm\ ava^), 950 elod^iyavTog yoi'i {eXgbi ov t' airog yol), 955 Tcdrde cfiXioval xoQio {xiovö'' hprikonai roQLÖg), 998 doQV/.'' ov7jf.ieQCL) [öoQixai'el /.lOQio), 1066 ^eXyeig dväd^eh/.xov {tf^eXyoig av äd^eXy.TOv). In anderen Stücken des Aeschylos findet sich dergleichen nur vereinzelt wie Sieb. 334 -/.XivezaL (xaivexai), Ag. 136 «t« {aya)., 266 avxaig {avyalg). Eum. 204 6' eKTCOQ {öey-Xioq)^ 357 Tcidaoog {Tidaaog), 392 ovydCeTai (ovy di^eTai), 401 Tr^v (j/ijv), 553 £)t rwj'd' {ßKiov d'). Am nächsten stehen den Hiketiden noch die Ohoephoren: 47 XvyQOv (Xvtqov), 94 re (/f), 261 davaQiag (d' av oQeiag), 310 f.ieyavTi {i^&y' dvTeT).^ 351 öiaTtovTiovzag {dianovxiov yag), 373 (pcovel odvväoai {cpcovelg' dtvaaai), 398 xaxi^ovlcov (Fä yO^ovliov), 408 ne- xiOTQaTtoiiap {nq xig XQccTtoix^ aV), 438 de xcooxooxeiör^g (de y'' cog xod'' eldfjg) ^ 472 aicoj.iavaiQeiv {öi cü/.idv eqiv), 560 Xe^aix'' (öe^aix'')^ 962 ya(.iaineieloE Kslai)^' (ya/,iaircEX£ig EY.Eioiy''). Aber es ist doch kein Vergleich mit der Anzahl solcher Fehler in den Hiketiden. Wenn man Fehler wie o'vv i7.Xi]Qc6&rj für oiW/a r^qöd^t] in Betracht zieht, wozu man auch XEO^Eif-iavog für XE^ijyf^ivog (192), xovd' für xiovö^ (193, 195), xd xQta für l^ayoEla (200), log ovdev für dg ovo' SV (421) rechnen kann, so möchte man die Schrift des arche- typus als eine sehr alte betrachten. Dem steht aber ent- gegen, dass die Scholien iene fehlerhaften Lesarten nicht berücksichtigen, dagegen öfters die richtige Lesart erklären wie yd'ior 162, EVcovvfAtov 199, alav 260, ßqixEog dgog äxa 896. Nur die falsche Trennung d' tcpoqovg (682) lag bereits den Scholiasten vor. Aber ö' iipOQOvg wird selbst jetzt noch von manchen bevorzugt. Ueberhaupt lassen die monströsen Wörter, welche durch falsche Trennung entstanden sind, weit mehr die Sorgfalt, mit welcher die einzelnen Buchstaben nachgemalt wurden, als die Unwissenheit des Schreibers er- kennen. Manche monstra wie auof,iavciiQELv sind erst in diesem

WecJdein: Zu den HikeUden des Äeschi/lus. 437

Jahrhundert beseitigt worden. Nach Conjectur sind allei*- dings schon früher griechisch lautende Wörter dafür gesetzt worden wie alcov'' avaiqelv, jtauov^ avevgelv^ ol-kwv ag^aiQsh' u. a. Aber glückh'cher Weise sind die Abschreiber nicht ebenso geneigt gewesen Conjecturen zu machen. Der Mann, welcher sein deo gratias zum Schlüsse in einen anständigen Trimeter gebracht hat: reXog ösdioyaog Xqigts öoi %(xqiv cpegw, braucht nicht gerade unwissend gewesen zu sein. Deshalb wird es mir zweifelhaft, ob der Grund für die Verschiedenheit des Schreibers des Textes und des Scholienschreibers, die Un- wissenheit des einen, die achtbare Gewandtheit des anderen, die volle Beweiskraft hat. Die Conjectur zu Cho. 312 oi NelXov TTtdag (für neXag) oi/iiai fcaldeg ist nicht sehr ge- schickt. Besser, wenn auch nicht ganz richtig ist die Con- jectur zu ebd. 435 r' aatarav: oif.iai rXairjg rdv. Am besten ist oi/iiai (.dy^ dviel zu /.leyarzi Cho. 310, oif.tai SeKTwg zu d' r/iTioQ Eum. 204 und oli^iai de 0co7.iKTqv deleir zu dem Schob (poviv.T^v Cho. 561.

Die Beobachtung der Sorgfalt, mit welcher der mittel- alterliche Schreiber seine Vorlage beachtete, legt uns wieder den Gedanken nahe, dass die Corruptelen der Handschriften zum Teil in recht alte Zeit hinaufreichen. Vgl. meine Ab- handlung über die Textüberlieferung des Aeschylos in diesen Sitzungsb. 1888 Bd. II S. 347 f., wo ich einen Teil der Fehler in den Hiketiden wie in den Persern auf den ur- sprünglichen Zustand der Aeschyleischen Schriftwerke zurück- geführt habe. Es findet sich eine Stelle in den Hiketiden, welche, wie es scheint, diese Ansicht bestätigt. Der König ist über die Folgen der Forderung, welche die Danaiden stellen, und über die Gefahr derselben zu voller Klarheit gekommen (447):

'/.ai Jrj nhcfQaoaai ' SevQO d' e^O'/.tX'kerai r] toIgiv ]] TOig vioXeliov aiqeaS^ai juayai' 7iao' boz' drdy'/.>j' Aal y€y6f.i<fC(jTai oy.d(pog

438 Sitzung der plülos.-phüol. Classe vom 4. November 1803.

450 avQeßXaioi vavTixaloiv log 7CQOorjyf.ievov. avev öi XvTtr^g ovda(.iov y.aTaoiQoq)ri. ■Aal yiQri(.iä.Ttov f.t€v ex Sof.(tov noQ9^ov(.iiv(ov ccTVjV yE}.iiCcov v.ai /.uy'' sf.inXi]Gag yof.iov yevoiT'' ar alXa ■arrjolov ^log yagiv

455 xat yXcöooa roBevoaoa ^<rj rd /.aiQia yivoLTO f-ivd-ov (.ivd^og dv d^eXxTr^og^ aXyeiva d^vf.iov -Aagta KivrjTriQia' OTTwg ()' oftaifxov aif-ia /.a] yEvr^OErai^ 6 EL xagza i)vELv y.al 7ieoe~iv yQrjoryjQia

460 d^EÖioi TToXXölg TtoXXa^ 7iiji.iov7'^g aar]. rj y.aqra VEiyiovg rotö' syto TraQoiyo}.iai ' d^eXio d' aiÖQig /.läXXov 7] oocpog Kaxiov Eivai' ytvoiTO (J' ev naga yvco(.iriV i/LirjV.

In V. 453 gibt die Mediceisclie Handschrift ys f.iEi'C(o : ys- l-ii'Qwv hat Scaliger nach dem Schol. rov Jiog ef.iniTtXwi'Tog xai yE{.iitovxog aztjg zöv y6f.iov. Die Richtigkeit der Ver- besserung kann nicht zweifelhaft sein, obwohl die Kon- struktion des Satzes gestört ist. Es gibt bei Aeschylos mehrere Fälle unregelmässiger Participialkonstruktion, über welche ich in meinen Studien zu Aeschylos S. 14 gehandelt habe. Für alle Fälle findet sich eine einfache Erklärung; eine Rechtfertigung des vorliegenden Falles ist undenkbar. Man hat alle möglichen Versuche gemacht, die Stelle durch Aenderung des Textes in Ordnung zu bringen (vgl. meine kritische Ausgabe Teil 11 S. 110 f. u. 336 f.); aber kein Versuch kann als gelungen erscheinen. Wenn aber der Vers nicht verbessert werden kann, so muss er unecht sein; als unecht hat ihn Dindorf erklärt. Nun aber hat der Gedanke „Unheil als Fracht (auf das Schiff) ladend und hoch mit (dieser) Fracht (das Fahrzeug) anfüllend" ganz Aeschyleisches Gepräge. Vgl. Ag. 995 ff. Der Fall wird noch merkwürdiger durch folgende Beobachtung. Wir haben in der Stelle 452 bis 460 einen Gedanken, welcher öfters bei Aeschylos wieder-

WecJdein: Zu den Hiketiden des Aeschjjlos. 439

kehrt, welcher den unersetzlichen Schaden des Mordes scharf hervorhebt: „Verlust von Geld und Gut lässt sich gut machen; beleidigende Worte kann man zurücknehmen und den Ge- kränkten wieder versöhnen; vergossenes Blut aber ist uner- setzlich; darum muss man alles thun, um Blutvergiessen zu verhindern, zumal da es sich um Verwandtenblut handelt". Die drei Glieder des Hauptgedankens werden kurz zusammen- gefasst und in drei Zeilen gegeben. Man könnte erwarten, dass die beiden Stellen des Aufgesangs, wenn man so sagen darf, je eine Zeile weniger hätten; jedenfalls aber müssen sie bei der grossen Vorliebe des Aeschylos für Symmetrie die gleiche Anzahl von Versen haben. In der Ueberlieferung haben sie diese auch, da beide aus 3 Versen bestehen. Keines- falls also darf man 453 streichen und 455—457 unangetastet lassen. Aber auch dieser zweite Stollen hat einen Vers, welcher aus der Satzkonstruktion herausfällt. Wieder hat man allerlei probiert, um V. 457 einzurenken. Die Form desselben ist der Art, dass Aenderungen des Textes von vornherein als verpönt erscheinen müssen; denn der Gedanke „Kränkendes, was sehr den Zorn erregt", ist für den Zu- sammenhang durchaus geeignet. khQV mehr lässt sich durch die schon von Stanley empfohlene Umstellung erreichen. Immerhin kann man aXysiva . . /.ivrjTYiQia als Apposition zu (.li] ra xaiQia denken. Allein ist die Umstellung methodisch? Ist es nicht methodischer, auch diesen Vers des zweiten Stollens auszustossen, um die gestörte Symmetrie wieder her- zustellen, wie es bereits Geel gethan hat? Aber wer kann derjenige gewesen sein, welcher auch bei der Hinzufügung von Versen der Symmetrie eingedenk war? Ich glaube, kein anderer als Aeschylos selbst; denn auch der zweite Vers hat ganz Aeschyleisches Kolorit? Wie aber lässt es sich erklären, dass bei dem ersten Vers (453) die Kon- struktion des Satzes ausser Acht gelassen ist? Kaum anders als durch die Annahme, dass der Dichter nur vorläufig beide

440 Sitzung der pliUos.-pliilol. Glasse vom 4. November 1S98.

Verse an den Rand schrieb, um den Gedanken zu fixieren, und sich die Hineinarbeitung noch vorbehielt. Wäre ein Diaskeuast über dieses Stück gekommen, so würde er die Verse entweder beseitigt oder umgearbeitet haben. Wir haben demnach bei diesen Versen einen ähnlichen Sachverhalt wie wir ihn in der oben erwähnten Abhandlung S. 341 f. bei Pers. 530 534 gefunden haben. Wir müssen also die beiden Verse weglassen, ohne ihnen den Aeschyleischen Ur- sprung abzusprechen.

Aber mit der Beseitigung dieser Verse ist die Stelle noch nicht in volle Ordnung gebracht. Zu V. 461

j] yiOQTa ver/,ovg tovö'' eyco naQoiyo(.iaL

gibt es mehrere Conjecturen. Ganz unglücklich ist der Ge- danke von Hermann, welcher den Vers in der Form r^ v.oqt'' avoi'/iTog TOiö' eyco TTaQoiyofiat vor 464 einsetzt und dem Chore gibt. Der Vers ist ganz gesund und der Sinn voll- ständig klar: „widrigenfalls irre ich sehr von der Art dieses Streites ab" d. i. „oder ich müsste mich in dem Wesen dieses Streites sehr täuschen". Ganz ebenso ist naqoiyof-iaL gebraucht Eur. Med. 995 övotave, {.loiqaq ooov jraQOiyr] („unglücklicher, wie sehr täuschest du dich in dem, was das Schicksal dir zugedacht hat!"). Das Missverständnis dieses Verses ist verzeihlich, da auch der Schol. von dem Sinne abgeirrt ist: xat xovto ttouov exrog saofxai zov veUovg ü^solg v7ty]QBTiov^ um so verzeihlicher, als man nicht einsieht, was der Gedanke an seiner Stelle soll. Der Vers wird nur dann verständlich, wenn man ihn mit 451 verbindet:

avEv de Xvjn^g ovSa/iiov xaraOTQOfprj. iq ytaQTa veiy.ovg rovd' eyco yraQOiyofiaL.

„Ohne Weh geht die Sache nicht ab; oder ich müsste den Sachverhalt vollständig verkennen." Ueber die Zusammen- gehörigkeit dieser Verse möchte man mit dem Dichter sagen :

WeckJein: Zu den Hiketiden des Aeschylos. 441

yeyöiiiq^ioTai oxaq^og y.re. Dieses war mir schon früher klar, nicht aber das Weitere; ich freue mich aber, dass ich vor- sichtig bemerkt habe: 461 post 451 suum lociim habet. Denn 461 kann nicht einfach nach 451 umgestellt werden, weil sich das Folgende daran anschliesst: „Ich müsste mich sonst sehr in dieser Sache täuschen. Ich wollte aber, ich täuschte mich und es ginge gut ab in Widerspruch mit meiner Ansicht von der Sache". Erst jetzt ist mir die Ein- sicht gekommen, dass der Gedanke von 452 460 gar nicht an seiner Stelle ist. Eigentlich genügt zur Beseitigung dieser Verse die einfache Schlussfolgerung aus dem, was wir vorher festgestellt haben. Da 461 seine Stelle nach 451 hat, 461 aber von 462 nicht getrennt werden kann, so müssen die dazwischen liegenden Verse 452 460 ausgeschieden werden. Aber auch, wie bemerkt, der Zusammenhang der Gedanken erweist dies. Der König sagt: „Das Ergebnis meiner langen Ueberlegung ist die Gewissheit grossen Unheils. Entweder Krieg mit den Aegyptern oder Krieg mit den Göttern. Das steht fest. Ohne Weh geht es nicht ab. Und wenn Gut verloren geht, bringt Zeus y.ir^oiog anderes Gut; wenn ein Wort beleidigt hat, kann ein Wort wieder versöhnen; auf dass aber Verwandtenblut nicht vergossen werde, muss man sehr opfern und vielen Göttern viele Tiere schlachten zur Abwendung des Unheils. Oder ich ' irre sehr in der Art dieses Streites. Möge ich irren." Der Krieg mit den Göttern hat kein Blutvergiessen zur Folge. Man versteht auch hier den Ausdruck o^iai(.iov ai(.ia nicht recht. Auf die dreimalige Wiederkehr von -/.agta 457, 459, 461 soll kein Gewicht gelegt werden, da die Tilgung von 457 wenigstens eines beseitigt. Der Ausdruck of.iaif.tov aifia kommt erst zur vollen Klarheit nach 483 und richtig findet sich nach 486 die einzig richtige Stelle für unsere Partie:

el (5' aü^' Ofiaifioig 7raiGlv .Alyvmov ot^ev oiaO^Eig 71 teiyjiov did fiox^jS rj^^w ttXocg^

442 Sitzung der philos.-philol. Clasae com 4. Novcwhcr 1803.

485 mog ov^l Tdvdlcof.ia yiyveTai niv.QOi\ avÖQag yvvaiKcZv eivex' ai/.ia^aL Tteöov;

452 xat ygrifidvcov /iiev ev. öo/itwv /roQdovf.i6viov y&roiT'' av dkXa '/.Ttjoiov Jiog ycQiv' xal yXcüOoa ro^si'aaoa j^iri rd -/.aiQia,

455 yivoiTO i-iv^ov /.ivd^og dv d^el'/.Tr[Qiog' 07ctog d'' of.iaif.iov aifia fir^ yevriüSTai, öel xagta Ü^ieiv -/.ai Tveaelv yQTjOir^Qia

460 d^eoloL noXlolg noXXd, nrjfiov^ß dyiTj.

487 ofiwg ö' drdyxrj Zi-jvog aldeiod^aL y.6tov ixTTiQog vipioxog ydq sv ßqoTolg (poßog.

Der König führt aus: „Icli bin in peinlicher Verlegenheit und schwer wird mir die Wahl. Wenn ich euch nicht erhöre, bringt euer Entschluss euch an den Bildsäulen der Götter aufzuhängen eine fürchterliche Befleckung über das Land. Wenn ich mit den dir verwandten Söhnen des Aegyptos Krieg beginne, wird um Frauen willen das Blut von Männern vergossen. Ist schon dieses bitter, so ist das Vergiessen von Verwandtenblut das Unheilvollste, was man sich denken kann. Trotzdem muss die Rücksicht auf Zeug ixioiog alle Bedenken überwinden." Erst jetzt begreift man, welchen Zweck die Worte 6fiaif.ioig oid^ev (483) haben: es wird damit der Gedanke OTicog S' ofiaifwv aifia xte. vor- bereitet. Zwischen 461 und 486 hat man 26 Verse; es scheint also die Partie 452 460 um eine Colunine ver- schoben worden zu sein. Diese Verschiebung kann ebenso wie die Interpolation von 453 und 457 unmittelbar auf das Manuscript des Dichters zurückgeführt werden. Der Gram- matiker, welcher zu 461 xai tovto nouov sy.tdg eaofiai lol vEiyiovg d-Eolg vnrjQeTCov angemerkt hat, las bereits jene Partie vor 461, da sich tovto noicov und d^edig vjtrjQETiov auf das in 459 f. geforderte Opfer bezieht.

Wecklein: Zu den Hihetiden des Aeschylos, 443

V. Ueber den Schlussgesang 1029 ff.

Die Grundsätze für die Verteiluno; und Anordnung des Schlussgesangs, einer eigentlichen t^odog^ haben Burney, G. C. W. Schneider, Böckh, Kirchhoff erkannt. Burney hat gesellen, dass eine Abwechslung der Singenden statt- findet; Schneider hat dem Chor der Danaiden den Chor der Dienerinnen beigesellt; Böckh liat beobachtet, dass das letzte Strophenpaar die Danaiden und Dienerinnen zusammen singen; Kirchhoff hat das zweite Strophenpaar den Dienerinnen zu- erkannt. Dieser letzte Punkt, welcher noch am meisten an- gezweifelt Avird, ist, wie ich hoffe, durch das oben S. 427 f. Bemerkte der Sicherheit näher gebracht. Ich glaube nicht, dass der Satz von Weil, id est totius carminis argumentum, ut ubique ipsas Danaides verba facere apertum sit, noch gelten kann, mag dies auch die Ansicht von Hermann gewesen sein. Das erste Strophenpaar singen die Danaiden, welche 1033 die Dienerinnen zur Teilnahme am Gesänge auffordern. Als fraglich erscheint es nur, ob nicht Halbchöre singen. Auf Halbchöre kann nämlich der viermalige gleiche Schlussvers nEQivaiovoiv nalaiöv (1032), 7üQoyoag olßto(.iev v/.ivoig (103G), TOÖE f-tEdiooovTeg oidag (1040), oivyeQCov ntkoL ro(J' dü^lov (1044) hinweisen. Aber da nach 989 f. die Dienerinnen sich neben ihren Herrinnen aufgestellt haben, müsste man auch bei den Dienerinnen Halbchöre annehmen. Von einer solchen Verteilung aber ist keine Spur vorhanden. Nicht nur fehlt ein gleicher Schlussvers, sondern es stehen auch die Gedanken der zweiten Strophe und Antistrophe in engstem Zusammenhang. Endlich kehrt jener Schlussvers auch am Ende des zweiten Strophenpaares wieder: ipedvQ&g XQißov t' eQWTiov, jiQOTEQav neloi yvrar/.c)v. Ausserdem würde man sich bei Halbchören die im dritten Strophenpaar folgende Unterredung nicht gut vorstellen können. Eben diese Unter-

444 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 4. November 18'J3.

reduug bietet noch eine grosse Schwierigkeit, während alle anderen Fragen meines Erachtens erledigt sind. Die Verse lauten :

Str. 0 niyaQ, Z^vc, dnaXE^ai

ydfAOv ^lyvnroyEvrj {.iol.

To f-uv dv ßeXraTOv eiri.

ov di S^iXyoig dv d^eXyiTOv.

ov de /' ov-/. oioda to i-dXkov. Antistr. xi de uIXIm cfQeva Jiav

■AadoQccv^ oipiv aßvoGov;

fjiTQiov vvv ETtog evyov

xiva y.aiQOv fxs öiöao/.eig;

Ta S-eiöv f.irjÖ£i' aya'Csiv.

Die Unglück prophezeienden Worte der Dienerinnen ,die glückliche Fahrt der Aegyptiaden lässt die Bestimmung des Schicksals erkennen; diese aber erfüllt sich; sie werden also ihr Ziel erreichen und ihr werdet heiraten wie andere Frauen bisher" erschrecken die Danaiden. Entsetzt rufen sie o /iieyag Zeig ayrale^ai ydjiiov ^lyvTiToysvri f.ioi. Im Folgenden ist ein Zwiegespräch auf den ersten Blick ersichtlich. Die Frage, ob sich Danaiden unterreden oder die Dienerinnen den Da- naiden erwidern, wird gelöst durch die Beziehung von 1066 au de dalyoig dv di}eXv.xov auf 1059 ^log ov Traqßarög eoxiv fiEydXa cfQ-riv dnagaxog. Beide Gedanken müssen der gleichen Person gehören. Ebenso weist mit ov de y' ov/. oioO^a l-telXov (1067) die Sprechende auf die Prophezeiung des un- glücklichen Ausgangs hin, welche die Dienerinnen vorher gegeben haben. Es muss also ein Zwiegespräch der Da- naiden und Dienerinnen angenommen werden, wie dies schon G. 0. W. Schneider erkannt hat. Nur die eine Frage wage ich nicht zu entscheiden, ob die beiden Chöre oder die Führerinnen der beiden Chöre sich unterreden. Die Ver- teilung der Strophe scheint ganz klar zu sein: Dan. „Der allmächtige Zeus bewahre uns vor der Ehe mit den Söhnen

Wecklein: Zu den HUcetiden des Äeschylos. 445

des Aegyptos". Dien. „Das wäre wohl das Beste. Du aber dürftest den besänftigen, der nicht besänftigt werden kann (d. h. dein Flehen aber dürfte an dem Ratschlasse Gottes nichts ändern)". Dan. „Du aber weisst nicht die Zukunft (Wer hat dir gesagt, dass ich dieser Heirat nicht entgehen kann?)". Die Schwierigkeit beginnt bei der Antistrophe. Wenn voraus die Danaiden gesprochen haben, muss die Er- widerung „Wie sollte man von mir erwarten, dass ich in die Tiefe des Sinnes von Zeus blicke? Das hiesse eine grundlose Tiefe ergründen" nur den Dienerinnen gehören. Nun aber müssten die Danaiden sagen „massige dich also in deinen Wünschen".^) Eine e^VI haben vorher nur die Danaiden ausgesprochen mit 6 ueyag Zeig CLTtaU^ai /.xh. Nirgends ist in den Worten der Dienerinnen von einem Flehen die Rede. Weiter sollen dann die Dienerinnen sagen: „Welchen heilsamen Rat gibst du mir?" Für die Beziehung von ■KaiQÖv auf /.ihgiov verweist man auf Hesiod "E. x. 'H. 694 f-ihga (fvläoosod^ai- -/.aiQog d' srcl näoiv aqiGTog, Pind. Ol. 13, 47 hnezm d' ir ixaoTi;j i.ikTQLOv' vorjoai 6s -/.aiQog UQioiog. Die Herrinneu erwidern: ra ^ewv /.irjöev dyaCeiP. Diese Worte geben einen passenden Sinn, wenn man ayd'Qeiv mit dem Schol. Xiai> s^erd^eiv erklärt. Die Danaiden können ihren Dienerinnen sagen, sie sollen die Ratschlüsse der Gott- heit nicht allzu genau wissen wollen. Abgesehen also von dem unerklärlichen evxov würde das Zwiegespräch sich richtig entwickeln. Die Danaiden würden ihren Mägden die un- glückliche Prophezeiung verweisen. Gegen diese Anordnung und Auffassung wird entschiedener Widerspruch erhoben durch die gestörte Symmetrie von Strophe und Antistrophe. Man erhält 2. 2. 1 = 2. 1. 1. 1, welche Anordnung bei strophischer Responsion unannehmbar ist. Auch muss die

1) Offenbar ist /nergiöv vvv zu schreiben oder es ist wenigstens das schlussfolgerncle vvv anzunehmen, wenn man dieses, wo es hing gebraucht ist, rvv accentuieren wilL

44G Sitzung der philos.-pMlöl. Glosse vom 4. Novemher 189S.

vom Scholiasten gegebene Erklärung von ayä'Qsiv sehr zweifel- liaf't sein. Das sprichwörtliche f.irjdsv ayav legte die Ab- leitung von ayav sehr nahe. Es hängt aber mit ayav wohl ebensowenig zusammen wie etwa haCsiv mit llav (Buttmann, Lexil. I S. 75). Wie ßiaCeiv von ßia^ so wird dyaCeiv von ay^ abzuleiten sein. Richtig wird es also von den Gram- matikern (Hesych., Etym. M.) mit dyavay.Teh^ ßaoetog cpegeir erklärt. Bei dieser Erklärung geht die Mahnung rd ^ecov /.iijöev dyd'Ceiv nicht mehr auf die Dienerinnen, sondern auf die Danaiden und betrifft das Entsetzen, welches die Danaiden mit o (.liyag Zeig dnale^ai y.xh. zum Ausdruck brachten, als die Mägde die Bestimmung des Schicksals und den Willen der Gottheit verkündeten. Weil, welcher freilich die Unter- redung Halbchören der Danaiden zuteilt, gibt mit Enger, Schwerdt, Kruse folgende Ordnung in Strophe wie Anti- strophe: 3. 1. 1. Ganz unbegreiflich ist dabei, warum der- jenige, welcher den Wunsch 6 f.ieyag Zsvg dnali^ac ydf.iov ^iyvTTToysvri fioi ausspricht, noch hinzufügen soll: to fisv dv ßelrarov mj. Bei Droysen (1884) erhält die gleiche Anordnung folgenden Sinn:

Chor der Danaiden. Wenn der Eh' nur mit den Söhnen Des Aegyptos mich befreit Zeus, So geschieht mir das Ersehnte!

Chor der Mägde. Doch du rührst nicht den Unrührbaren.

Chor der Danaiden. Doch du weisst nicht, was bevorsteht.

Chor der Mägde. Wie vermocht' auch ich des Zeus Rat, Ich den Abgrund zu ergründen? Was du flehst, sei es bescheiden.

WecMein: Zu den Hücetiden des Aeschi/los. 447

Chor der Danaiden. So belehr' mich, wie geziemt sicb's?

Chor der Mägde. Was der Gott schickt, des bescheid dich.

Dieser Wiedergabe gegenüber verweise ich nur auf f.i6v 10G5 und VW 1070. Andere folgen der Abteilung von Hermann, welcher die Halbchorführer abwechseln lässt: 2. 1. 1. 1. Bei Todt (1891) wird diesem Texte folgende Uebersetzung zuteil :

Chorführerin der Danaiden.

Der grosse Zeus bewahre mich

Vor der Aegypterehe!

Chorführerin der Mägde. Das wäre ja der höchste Wunsch!

Chorführerin der Danaiden. Du mahnst umsonst! Ich bleibe hart!

Chorführerin der Mägde. Du kennst ja nicht die Zukunft.

Chorführerin der Danaiden. Wie könnt ich auch den Sinn des Zeus Erspäh'n, der unergründlich?

Chorführerin der Mägde. Drum sprich mit Massen dein Gebet.

Chorfahrerin der Danaiden. Und welches Mass empfiehlst du mir?

Chorfahrerin der Mägde. Die Gottheit nicht zu reizen.

Diese Wiedergabe gibt teils einen unklaren Sinn, teils ent- spricht sie nicht dem Urtexte. Warum sollen hier die Da-

448 Sitzung der fliüos.-philol. Glosse vom 4. November 1893.

naiden cc&eX-kzov auf sich beziehen? Haben sie bereits ihren Entschluss, die Aegyptiaden zu ermorden, ausgesprochen? Aus welchem Grunde sollen die Mägde zu ihren Herrinnen sagen: ,Du kennst ja nicht die Zukunft?'' Endlich heisst dyaCsiv nicht „reizen". Von vornherein kann die Trennung dessen, was augenscheinlich zusammengehört, zu keinem Ziele führen. Zusammen aber gehört to f.iii' av ßtlxarov eit]- od ÖS ifi-lyoLg av aOeh/.TOv. Wir müssen also von der fest- stehenden Abteilung der Strophe 2. 2. 1 ausgehen und dar- nach die Antistrophe einzurichten suchen. Hiernach fallen die beiden ersten Verse den Dienerinnen, die beiden folgenden den Danaiden, der letzte den Dienerinnen zu. Die einzige Schwierigkeit bietet nur das Wort s'uxov. Oefters nun sind die Formen von evxeo&ai und avyüv in den Handschriften vertauscht. Prom. 715 ist rfvxow in rjhö^'rjv übergegangen, ebd. 1090 hielt man bisher evxiq für das Richtige. M gibt rovö' Evtvx^, worin die Lesarten tovÖs Tijr] und rovö' evyj] zusammengeflossen sind. Todt hat gesehen, dass abyj] dem Sinne am besten entspricht. Eur. Med. ist umgekehrt s^tjv- Xovv aus s^rjvyov geworden. Geben wir nun

l-ieTQiov VW l'nog aiyei' Tiva '/.aiQOv f.ie didccOAeig;

den Danaiden, so ist alles in bester Ordnung. Wir erhalten dann folgendes Gespräch: Dan. Der allmächtige Zeus behüte mich vor der Ehe mit den Aegyptiaden. Dien, Das wäre wohl das Beste. Dein Flehen zu Zeus aber ist vergeblich. Dan. Du sprichst, als ob du die Zukunft genau wüsstest. Dien. Wie soll ich das? Das ist unmöglich. Dan. Dann massige deine Rede und nimm den Mund nicht so voll. Welche Lehre, die am Platze ist, soll eigentlich deine Ein- rede {oü ds i)elyoig av aS^sXyiTOv) für mich enthalten? Dien. Die Lehre, über die Fügungen der Gottheit dich nicht zu sehr zu ereifern.

Wecklein: Zu den Hiketiden des Aeschylos. 449

Nunmehr ist dem Sinne wie der Symmetrie genug- getlian. Strophe und Antistrophe bieten folgendes Bild:

(!1)

Der Grundsatz, den ich früher aufgestellt habe: „Wer die Strophe singt, trägt auch (üe Antistrophe vor" wird durch diese Verteilung nicht beeinträchtigt, obwohl das Ganze eine Unterredung gibt. Es ist nämlich wohl zu beachten, dass fille Verse das gleiche Versmass von zwei jonici haben. Die Danaiden wie die Dienerinnen erhalten in der Strophe wie in der Antistrophe 3 solche Verse. Ueberhaupt geht der eben ausgesprochene Grundsatz aus dem Wirrwarr der ver- schiedenen Verteilungen dieses Chorgesangs siegreich hervor. Das erste Strophenpaar fällt ganz den Danaiden, das zweite ganz den Dienerinnen zu; das dritte ist gleichmässig unter die Danaiden und Dienerinnen verteilt; das vierte singen die Danaiden und Dienerinnen zusammen.

In der letzten Antistrophe ist eine Stelle noch nicht klar, der Anfang (1079)

'/.al y,Qarog vif-ioi yvvai- ^iv To ßelvEQov -/.aKOv xort TO öiLioiQOv aiviö.

Weil erklärt: eventum, si non secundum, at adverso prae- stantiorem, t6 ßeltegov y.av.ov (quod vulgo exponunt „id c^uod e duobus malis melius est", quasi legeretur xaxttjij^), sortem- que ancipitem, to diLioiQOv „et quasi teraperatam ex ambobus Jovis dolus" (sunt Stanleii verba, ad II. 24, 527 respicientis) i. e. ut opinor, pugnam quam vis fnnestam, modo victrices ex ea prodeant, se aeque laturas aiunt, futura per obscuram praevisionem augurantes. Diese Erklärung von to ßiXxtqov xanov ist nicht klar, die von öi'i-ioiqov entspricht kaum der Bedeutung des Wortes. Die Deutung des Schob r^öatog eyw

1893. Pliilos.-philol. u. bist. Gl. II. 3. 29

4:50 Sitzung der phüos.-philol. Glasse vom 4. November 1893.

di^ioiQOv Tiöv YM/Mv ovv tvl ccyadw^ 0 iavi rry a7va?<.Xayfj Tov yä{-iov. nlrdagog „tv naQ' iod^Xop avvdvo daioviai nri- {.laza ßQOTolg aOävaxoi" wird der Bedeutung von di/^ioiQOv eher gerecht; nur hätte er vielmehr dljiioiQOv t(üv dyaO^wv ovv 8vl Kayto) sagen sollen; denn Pindar (Pyth. 3, 81) kann das Los der Sterblichen beklagen, dass neben Einem Gut immer zwei Uebel stehen; seine Zufriedenheit (alvii)) aber kann man einer Sache nur dann spenden, wenn sie entweder Sfanz 2ut oder wenn des C4uten mehr ist als des Schlimmen. Tucker hat auf die richtige Bedeutung von ro dif.ioiQOv auf- merksam gemacht; aber seine Auffassung: „wenn ein Uebel vor uns liegt, kann es in einer schlimmeren oder besseren Form kommen, und ich bin zufrieden, wenn ich nur seine bessere Form antreffe" ist auch nicht zum vollen Sinne durchgedrungen. Der Chor singt: „Mögen nur die Frauen schliesslich obsiegen; dann ist mir alles Unglück, das ich durchgemacht habe, doppelt ersetzt." Der Ausdruck ro ßel- T£QOv ■Kaxov y.al x6 dif-ioiQOv ist wie eine Art Hendiadyoin. zu betrachten; ro ölftoiQOi' = ra ovo /.liQ)] bezeichnet nach bekannter Ausdrucks weise zwei Teile von dreien, also zwei Dritteile. „Wenn die Frauen obsiegen, so anerkenne ich dies als das Bessere an dem Unheil und zwar als zwei Dritt- teile" d. h. „so anerkenne ich, dass bei allem Unglück, das ich erfahren habe, zwei Dritteile auf das Gute und nur ein Dritteil auf das Schlimme kommt"

451

Oeffentliche Sitzung

zu Ehren Seiner Königlichen Hoheit des Prinz- Regenten

am 22. November 1893.

Der Präsident der Akademie, Geheimer Rat Dr. v. Petten- kofer, eröffnete die Sitzung mit einer Ansprache, in welcher er der wichtigsten akademischen Ereignisse der letzten Monate gedachte. Die Ansprache ist in den Sitzungsberichten der mathematisch-physikalischen Classe, 1893 Heft 3, vollständig abgedruckt. Sie berührt unter anderm die Errichtung eines Grabmonuments für den vorigen Präsidenten der Akademie, Ignaz V. Döllinger, sodann den Plan eines Verbandes der grossen wissenschaftlichen Körperschaften deutscher Zunge und des durch diese Gesellschaften herauszugebenden The- saurus linguae latinae.

Sodann erfolgte die Verkündigung der durch die Aka- demie am 15. Juli 1. J. vollzogenen und von Sr. Kgl. Hoheit dem Prinzregenten unter dem 20. November bestätigten aka- demischen Neuwahlen.

Es wurden gewählt und bestätigt:

für die philosophisch-philologische Classe: als correspondirende Mitglieder: Herr Girolanio Vitelli, o. Professor der griechischen Sprache und Literatur am Istituto snperiore in Florenz,

29*

452 Oe ff entliehe Sitzung vom 22. November 1893.

Herr Wolfgang Heibig, einst Sekretär des kaiserlich- archäologischen Instituts in Rom,

Herr Alexander Nikolajewitsch Wesselofsky, Mitglied der kaiserlich -russischen Akademie in St. Petersburg;

für die historische Classe: als ordentliches Mitglied: Herr Professor Dr. Alfred Dove dahier, bisher ausserordent- liches Mitglied,

als correspondirendes Mitglied: Herr Dr. Karl Justi, o. Professor für Kunstgeschichte an der Universität Bonn.

Hierauf hielt das ordentliche MitgHed der mathematisch- physikalischen Classe, Professor Dr. Nikolaus Rüdin ger, die Festrede „Ueber die Wege und Ziele der Hirnforschung. "

Dieselbe ist bereits als besondere Schrift im Verlag der k. Akademie erschienen.

Sitzungsberichte

der

Ivöiiigl. bayer. Akademie der Wissenschaften.

Philosophisch-philologische Classe.

Sitzung vom 2. December 1893.

Das correspondirende Mitglied, Herr Ungar in Würz- burg, hatte folgenden Vortrag eingesendet, dessen Aufnahme in die Sitzungsberichte beschlossen wurde.

„Die Tagdata des Josephos."

In der Geschichte des Judenkrieges von 66—73 nach Chr. (7t€Ql Tov '[ovda'iKOv 7toUf.iov) gibt Josephos eine grosse Zahl von Tagdaten und wendet zur Bezeichnung der Monate die makedonischen Namen an; dasselbe thut er in seinem späteren Werke, der jüdischen Geschichte {aQyaioloyia '[ovda'ix^)^ ver- bindet aber dort mit den makedonischen Monatsnamen die entsprechenden jüdischen und gibt desswegen auch überall (was er im 'Judenkrieg' nirgends thut) ausdrücklich an, dass die ersteren makedonisch sind. Scaliger bezog diese, obgleich die TagnuQimer beider Kalender des Josephos überall die gleiche ist, auf das in der Kaiserzeit eingeführte, den syrischen Christen noch heute geläufige syromakedonische Sonnenjahr, welches sich von dem julianischen nur in der Benennung der Monate

1893. Pliiloa-pliilol. u. liist. CI. II. i. 30

454 Sitzung der phüos.-pMlöl. Classe vom 2. Dezember 1S93.

unterscheidet^); ihm folgten bloss Baronius und Usserius, die anderen huldigten der Ansicht des Petavius, dass die makedonischen Monatsnamen des Josephos lediglich eine auf das Verständniss seiner meisten Leser berechnete üebersetzung der jüdischen liefern, seine Tagdata also auf dem Mond-, nicht Sonnenjahr beruhen. Betreffs der 'jüdischen Geschichte' trifft diese Ansicht, da die dortigen Tagdata jüdischen, auch uns zu Gebote stehenden Quellen , den Büchern des Alten Testaments entlehnt sind, ohne Zweifel das Richtige und das Postulat, dass die syromakedonischen Data des 'Juden- kriegs dieselbe Bedeutung haben wie die des andern Werkes, liegt auf der Hand ; Bedenken macht aber der Umstand, dass das einzige Datum desselben, welches sich an der Hand der heidnischen Geschichtschreiber prüfen lässt, zu dieser Auffassung nicht stimmt: der 3, Apellaios, welcher bell. jud. 4, 11,4 als Todestag des Kaisers Vitellius bezeichnet Avird, entsprach als 3. Kislev genommen im J. G9 dem 6. (oder 7.) Dezember, aber nach Tacitus, Dio Cassius und überhaupt nach allen vorhandenen Zeugnissen, ja auch nach Josephos selbst ist er auf einen der 4 Tage 20. 23. Dezember zu setzen. Dieser Schwierigkeit begegnete Norisins mit dem Hinweis auf den Sonnenjahrkalender von Tyros, in welchem

1) Zur Zeit des Josephos entsprachen, wie aus seinen Gleichungen hervorgeht, die syromakedonischen Monate den jüdischen (und im Groben auch den römischen) in folgender Weise:

1. Dios 8. Marcheshvan(Nov.) 7. Artemisios 2. Jjar (Mai)

2. Apellaios 9. Kislev (Dezbr.) 8. Daisios 3. Sivan (Juni)

3. Audynaios 10. Tebeth (Januar) 9. Panemos 4. Thamrauz(Juli)

4. Peritios 11. Shebat (Februar) 10. Loos 5. Ab (August)

5. Uystros 12. Adar (März) 11. Gorpiaios 6. Elul (Septbr.)

6. Xanthikos 1. Nisan (April) 12. Hyperbere- 7. Thishri (Okt ).

taios In früherer Zeit waren sie um 1 Monat eher eingetroffen (Dios = Thishri, Oktober), in späterer wurde der Hyperberetaios zum ersten Monat erhoben.

Unger : Die Tagdata des Joseplios. 455

M

der 3. Apellaios auf den 20. Dezember und damit gerade auf den Tag traf, auf welchen der älteste und beste Zenge, Tacitus, hinzuführen schien ; seine Ansicht fand allgemeinen Beifall, freilich die Frage, wie sich die Zurückftthrung dieses einen Datums auf das tyrische Sonnenjahr mit der von No- risius. Ideler und überhaupt den. Meisten festgehaltenen Ab- leitung der anderen Data aus dem jüdischen Mondjahr verträgt, blieb eine offene: zunächst konnte man folgern, dass noch mehr Data des 'Judenkriegs' je nach ihrer Quelle sei es demselben Ka- lender wie jener 3. Apellaios oder auch einem dritten, vierten entnommen sein können; dieser Vorstellung folgt Schürer, Ge- schichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi (1890) I 633 in der principiellen Behandlung unserer Frage, wäh- rend er in der Anwendung auf die einzelnen Fälle der An- sicht von Norisius und Ideler treu bleibt. Eigentlich aber sollte man erwarten , dass im 'Judenkrieg' überall ein und derselbe Kalender zu Grund gelegt sei, und in diesem Sinne führt Niese, zur Chronologie des Josephos, Hermes (1893) XVIII 194 ff. den Gedanken aus, dies sei der tyrische^) ge- wesen, welcher damals vermuthlich im ganzen Süden der Provinz Syrien geherrscht habe ; einige Data muss indess auch er mit Petavius, Norisius u. a. als ursprünglich jüdische anerkennen. Auch Scaliger's Ansicht über die Tagdata des Judenkriegs hat wieder Anhänger gefunden : von vielen neueren Historikern in der Reduction derselben stillschwei- gend anerkannt, ist sie von Otto Adalb. Hoffmann, de im- peratoris Titi temporibus recte definiendis, Marburg 1883 (Strassburger Dissertation) ausführlich vertheidigt worden.

1) Zeit seiner Monatsanfänge : 19. Oktober Hyperberetaios, 18. No- vember Dio3, 18. Dezember Apellaios, 17. Januar Audynaios, 16. Fe- bruar Peritios, 18. März Dystros, 18. April Xanthikos, 19. Mai Arte- misios, 19. Juni Daisios, 20. Juli Panemos, 20. August Loos, 19. Sep- tember Gorpiaios. Die 5 ersten und die 2 letzten Monate halten 30, die anderen 31 Tage.

30*

456 Sitzung der iMlos.-pMlol. Classe vom 2. Dezemher 1S93.

Was im Nachstehenden erwiesen werden soll, ist Fol- gendes. Vitellius wurde nicht am 20., sondern am 21. De- zember 69 ermordet (Cap. I). Damit entfällt jeder Grund, manche oder gar die meisten Data des Judenkriegs auf den Kalender von Tyros zurückzuführen. Die makedonischen Tagdata der Judengeschichte treffen im Sinne des Josephos wirklich auf den syromakedonischen Kalender zu, welchen er, die Monatsnamen ausgenommen, für vollständig mit dem jüdischen Mondjahrkalender identisch hält (Cap. II). So sind auch die Data seines Judenkrieges aufzufassen: alle einer Prüfung fähigen, den erwähnten 3. Apellaios ausgenommen, erweisen sich als jüdische Kalenderdata mit makedonischen Monatsnamen (Cap. III). Jene einzige Ausnahme ist daher für einen Textfehler zu halten; die dem 21. Dezember G9 entsprechende Tagnummer lässt sich mittelst einer nichts weniger als gewaltsamen Aenderung herstellen (Cap. IV).

I. Der Todestag des Vitellius.

Die Ermordung des Vitellius setzt Tillemont zwischen den 19.— 23., Peter auf den 21. oder 22. Dezember, jenen Tag wählt Merivale, diesen Max Puhl, de Othone et Vitellio imperatoribus quaestiones duo, Halle 1883 (Dissertation); für den 20. Dezember entscheiden sich nur diejenigen, welche den 3, Apellaios des Josephos aus dem Kalender von Tyros zu erklären suchen : Norisius, Ideler, Knaake Zeitschrift für luther. Theologie 1871 S. 244, Chambalu im Philolog. An- zeiger (1886) XVI 553, Schürer, Niese; sie halten sich bloss an Tacitus, beachten aber keineswegs alle Angaben desselben. Erschöpfend und zugleich zutreffend ist die Frage überhaupt nirgends behandelt.

1. Aus dem, was Tacitus über die Unternehmungen des von Umbrien her gegen Rom vorrückenden Flavianerheeres und über die gleichzeitigen Vorgänge in Rom erzählt, ist

Ulli/er: Die Tagdata des Joscphos. 457

ziiiiäclist so viel zu entnehmen, dass die Eroberung der Stadt und die Todtung des Vitellios an einem der nächsten Tage nach dem 19. Dezember geschehen ist. Einen bestimmten Aufschkiss gibt aber sein Bericht über die Ereignisse auf einem Nebenschauplatz. Nachdem er die städtischen Vor- gänge des 18. und 19. Dezember erzählt hat, schreibt er bist. 3, 76 : iisdem diebus L. Vitellios (der Bruder des Kaisers) positis apud Feroniam castris excidio Tarracinae imminebat; am 18. und 19. Dezember war also Tarracina noch in der Hand des Claudius Juhanus und Apollinaris, welche sich mit der Flotte und den Gladiatoren für Vespasian erklärt hatten, aber trotz der Nähe des L. Vitellius sich wenig um Wach- samkeit und Mannsziicht bemühten. Da kam ein Sclave zu diesem und erbot sich, die nicht besetzte Burg einer Heeres- abtheilung in die Hand zu spielen: in tiefer Nacht (multa nocte, bist. 3, 77) führte er die leicht bepackten Cohorten auf die Höhen zu Häupten der Feinde, von wo sie dann V-u einer Metzelei mehr als zum Kampf' herabstürmten. Dies geschah also in der Nacht des 19./20. Dezeinber. Die Feinde, waffenlos oder erst nach den Waffen greifend, zum Theil gar erst aus dem Schlaf geweckt, wurden durch die Finsterniss, den Schreck, das Trompeteuschmettern und Schlachtgeschrei vollständig ausser Fassung gebracht, einige Gladiatoren suchten vergeblich Widerstand zu leisten, die übrige Menge stürzte zu den Schiffen. Der Ueberfall ist also, nach quos- dam somno excitos und tenebris zu schliessen, in der Frühe des 20. Dezember, vielleicht zur Aufstehenszeit, Beginn der vierten Nachtwache, um'5*/4 Uhr geschehen. Zu den Schiften flüchteten auch viele Landleute , die Vitellianer metzelten ohne Unterschied alle Personen nieder, auf welche sie stiessen. Apollinaris entkam mit G Schiften, die übrigen wurden theils weggenommen, theils von der Last der Flüchtlinge in die Tiefe gezogen. Julianns ward in das Heerlager gebracht und auf Befehl des L. Vitellius hingerichtet; dann schickte dieser

458 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 2. Dezember 1803.

einen Boten zum Kaiser mit der Siegesnachricht und der Anfrage, ob er gleich nach Rom ziehen oder die Unter- werfung Campaniens durchführen solle. Das Heiligthum der Feronia lag an der Strasse nach Rom (der Appia), von Tar- racina war es 3 mil. pass. entfernt (Horat. sat. 1,5,25); der Aufbruch des Heeres von da hätte also frühestens um 6^2 Uhr bewerkstelligt werden können. Nun fügt Tacitus der Mel- dung von der Botensendung die Bemerkung hinzu : 'Dies Avar ein Glück für die Flavianer, aber auch für den Staat: denn wenn das zäh entschlossene, jetzt auch siegestrunkene und von einem so thatkräftigen Führer befehligte Heer nach Rom geeilt wäre, würde die Entscheidung zweifelhaft gewesen und nicht ohne Schädigung der Stadt herbeigeführt worden sein.' Er setzt also voraus, dass L. Vitellins mit seinem Heer noch zu rechter Zeit, d. i. vor Eroberung der Stadt und bei Leb- zeiten des Kaisers hätte in Rom eintreffen können. Dieser wurde am Spätnachmittag ermordet, bist. 3,82,6 Vitelliani ad serum usque diem subeuntes arcebant ; 83, 3 ni statim re- cipiantur, noctem in arrais agendam; 85, 1 VitelHus capta urbe Aventinum in domum uxoris defertur . . . dein ... in Palatium regreditur; 86, 4 (nach seinem Tod) praecipiti in occasum die ... ob pavorem magistratuum . . . vocari senatus non po- tiiit. Die Sonne ging um 4 Uhr 26 Min. unter, um 4 Uhr spätestens mag der Kaiser ermordet, um 3 Uhr spätestens die Stadt eingenommen worden sein; dass ein ganzes Heer die 12 Meilen Wegs^) vom Feroniaheiligthum bis Rom in acht (6^/2 Uhr früh bis 2^/2 Uhr Nachm.) oder noch we- niger Stunden zurückgelegt hätte, ist undenkbar; wäre es wenigstens von einem Theil denkbar, so würden die Soldaten

1) Nach dem Itinerarium Antonini (18 mil. pass. von Tarracina nach Appi forum, 10 von da nach Tres tabernae, dann 17 nach Aricia und 16 nach Rom, im Ganzen also 61 mil. pass. = 12 '/s Meilen) ■wären es vom Feroniaheiligthum 11 ^/s Meilen; doch ergeben unsere Karten einige Miliarien mehr in der Luftlinie.

Unfjer: Die Tafjdata des Josephos. 459

doch iu völlig kampfunfähigem Zustand angekommen sein. Taeitus meint vielmehr, dass L. Vitellius und sein Heer am andern Tage, dem 21. Dezember, noch rechtzeitig hätte an- kommen können.

Die Entfernungen in Betracht gezogen ergibt sich das gleiche Datum auch aus der Haupterzählung des Taeitus. Am 18. Dezember (hist. 3,67,3. 69,4) besetzte Vespasians Bruder Flavius Sabinus mit seinem Anhang das Capitolium, zur Zeit des Schlafengehens (concubia nocte, hist. 3, 69, 6) umstellten dieses die Truppen des Kaisers, noch in der Nacht aber schlichen sich die Boten des Sabinus durch die Wacht- posten , um die Heerführer seines Bruders aufzusuchen : Antonius Primus war mit den moesisclien und pannonischen Legionen in Narnia angelangt, Mucianus mit den syrischen weiter entfernt. Am Lichttag des 19. Dezember wurde das Capitol berannt und schliesslich eingenommen, wobei das Jupiterheiligthum in Flammen aufging; dann hielt Vitellius noch Gericht über Sabinus und seine Genossen (hist. 3, 70 75). Antonius erhielt die Nachricht von der Belagerung des Ca- pitols in Otriculum, wo er nach dem Aufbruch von Narnia ein paar Tage (festos Saturni^) dies, hist. 3, 78) unthätig zubrachte; er brach jetzt auf und kam auf der Flaminischen Strasse weiterziehend in tiefer Nacht (multo jam noctis, hist. 3, 78) nach Saxa rubra (auch Rubrae genannt); am andern Tag (hist. 3, 79) erreichte er Rom und eroberte es. Wäre die Nacht, in welcher er zu Rubrae Rast hielt, die des 19. /20. Dezember gewesen, so müssten in der Zeit von der vorausgegangenen Nacht bis dahin zuerst die Boten des Sabinus 8^/5 oder 9 Meilen von den Thoren Roms bis Otri- culum und dann das Heer 7 oder 7 '/4 Meilen'^) von da bis

1) Die Saturnalien dauerten vom 17. bis 23. Dezember.

2) Das Itin. Anton, gibt 24 m. p. von Rom bis Rostrata villa, von da 21 bis Otriculum; das Itin. Hierosolymitanum 9 m. p. nach

4G0 Sitzung der liliilos.-xiJiilol. Classe vom 3. Dezember 1803.

Rubrae zurückgelegt haben, was gegen alle Wahrscheinlich- keit ist. Der Tagmarsch eines römischen Heeres betrug im gewöhnlichen Schritt 4, im Eilschritt 4*/5 Meilen, Vegetius de re milit. 1, 9 militari gradu XX m. p. , pleno autem gradu, qui citatior est, XXIV m. p.; quicquid addideris, jam cursus est; so rechnet auch Diodor 166^/3 Stadien d. i. 20 mil. pass. auf den gewöhnlichen Tagraarsch: die 3 Tag- märsche bei Diod. 12, 4 entsprechen den 500 Stadien bei Aristeides panathen. p. 250 Diod., die sechs bei Diod. 19, 37 den 1000 Stadien bei Plutarch Eumenes 15 und Polyainos 4,6, 11; er selbst gibt 20,41 für 3000 Stadien 18 Tag- märsche an^). Eine grössere Schnelle als die des Eilmarsches war durch die Maschinen, Lastwägen und bepackten Saum- thiere, in unsrem Falle aber durch den Winter, die grosse Entfernung und die Rücksicht auf den bevorstehenden Kampf auch wohl der Eilmarsch ausgeschlossen. Einen P/4 Tag- märsche erheischenden Weg konnte das Heer, auch wenn es bis 6 Stunden nach Sonnenuntergang marschirte, unmög- lich zurücklegen, wenn es erst um die Mittagstunden aus-

Rubrae, 11 bis Ad vicesimum, dann 12 bis Aqua viva, endlich 12 bis Otriculum ; Aurelius Victor Caes. 40, 23 ferme IX m. p. von Rom bis Saxa rubra.

1) Die nothwendig eingelegten Ruhetage hat er offenbar über- gangen. Ein Tagmarsch heutiger Heere wird durchschnittlich auf 3 Meilen berechnet unter Voraussetzung eines Rasttages auf je drei Märsche, Seeck im Hermes VÜI 154; Kaiser Napoleon (Leben Cae- sars n 56 d. Uebers.) rechnet 24 Kilometer = 37* Meilen auf den Tagmarsch der Legionen im J. 58 v. Chr. bei 6 Ruhe- und 28 Marsch- tagen; Göler (Caesars Bürgerkrieg 11141) täglich 5— 6 Stunden Weges 'wie heutzutage' und 1 Rasttag auf 4 Tagmärsche. Bei den Hebungen der deutschen Truppen wird 1 Kilometer mit gewöhnlichem Schritt in 12, mit Eilschritt in 9 Minuten zurückgelegt. Vegetius a. a. 0. spricht bloss von den Hebungen, welche dreimal in jedem Sommer- monate gemacht werden sollen ; die herkömmliche Deutung auf den Tagmarsch eines Heeres wird durch Diodors Angaben bestätigt. Vgl. Cap. nr, 3 Anm.

Ungcv: Die 'Tagdata des Josephos. 4.(31

gerückt war; früher aber lässt sich die Ankunft der Boten des Sabinus in Otricuhim nicht wohl ansetzen. Das Wahr- scheinliche ist vielmehr, dass diese am Abend oder in der Nacht des 19. Dezember eingetroffen waren und Antonius den Marsch am 20. Dezember in aller Frühe, etwa mit Be- ginn der vierten Nachtwache angetreten , Rom also am 21. Dezember erreicht hat. Der plötzlich eingetretene Regen- guss (hibernus imber repente fusus, bist. 1, 69), welcher bis Tagesanbruch Blick und Gehör der Belagerer hemmte und dadurch das Entkommen der Boten aus dem Capitol er- leichterte, musste andererseits auch ihre Eile hemmen und bis zur porta Flaminia, von welcher ab die 35 36 m. p, gerechnet sind, hatten sie ungefähr V4 Meile zurückzulegen.

Bestätigt wird der 21. Dezember als Todestag des Vitel- lius durch die Worte, mit welchen Tacitus bist. 3, 78 von den Vorgängen in Rom und Tarracina zu den Unterneh- mungen des Antonius Primus übergeht : dum haec in partibus Vitellii geruntur, digressus Narnia Vespasiani exercitus festos Saturni dies Otriculi per otium agitabat. Der im Vorher- gehenden zuletzt erzählte Vorgang ist die Absendung des Siegesboten aus dem Lager bei Tarracina, geschehen, wie wir oben sahen , am Morgen des 20. Dezember : zu dieser Zeit stand also Antonius noch unthätig in Otriculum. Daraus folgt wieder, dass er nach Saxa rubra in der Nacht des 20./21. Dezember gekommen und Vitellius am 21. getödtet worden ist.

2. Dio Cassius 65, 22 nebst seinem Ausschreiber Zonaras 11,16 gibt dem Vitellius 54 Jahre 89 Tage Lebens- und 1 Jahr weniger 10 Tage Regierungsdauer. Von den zwei Geburtsdaten , welche Suetonius Vitell. 4 vorgefunden hat, dem 7. und 24. September 15 n. Gh., setzt er das spätere voraus: vom 24. September führen 89 Tage auf den 21. oder 22. Dezember als Todesdatum. Die Regierungszeit rechnet er offenbar von dem Tage, an welchem Vitellius

462 SitZHiuj der pJälos.-philul. Classe vom 2. Dczemhcr 18'J3.

von seinen Truppen als Kaiser ausgerufen worden war; dies ist nach Tacitus am 2. Januar 69 geschehen, aber nach Sue- tonius, wie sich zeigen wird, am 1. Januar. In der Frühe dieses Tages hatten die zwei Legionen Obergermaniens die Standbilder des Kaisers Galba umgestürzt und den Fahnen- eid auf den Namen des römischen Senats und Volks ge- schworen (Tac. bist. 1, 55. Plut. Galba 22), den Vorschlag aber, Vitellius den Statthalter Niedergermaniens zum Kaiser auszurufen, nur ein Theil von ihnen gebilligt (Plutarch a. a. 0.); sofort eilte einer von diesen, der Adlerträger der 4. Legion, nach Köln, traf dort Nachts^) bei Vitellius ein, der eben grosse Tafel hielt, und meldete ihm, was geschehen war (Tac. histor. 1, 56. Plut. a. a. 0.). Li der Berathung, welche dieser jetzt mit seinen Vertrauten hielt, wurde be- schlossen, den unsicheren Lauf des Glücks in eine bestimmte Bahn zu lenken und einen Kaiser vorzuschlagen; Gesandte wurden zu den 4 Legionen Niedergermaniens und ihren Le- gaten geschickt mit der Meldung von der Empörung des obergermanischen Heeres: wolle man gegen dieses nicht zu Felde ziehen, so müsse ein Kaiser aufgestellt werden; einen solchen entgegenzunehmen sei leichter, als ihn erst zu suchen.'^) Darauf erschien am nächsten Lichttag (postero die, Tac. h. 1, 57; rf^ varegala, Plut. a. a. 0.) der Legat Fabius Valens mit den Pteitern und Hülfstruppen der in der Nähe liegenden Legion, um Vitellius als Kaiser anzuerkennen ; an demselben Tag huldigten ihm die Legionen der Provinz und am 3. Januar die obergermanischen. Nach Tacitus hat also Vitellius die Initiative ergriffen, indem er sich selbst vorschlug, und waren es nicht die römischen Soldaten, welche

1) Tacitus: nocte quae kal. Januarias secuta est; Plutarch: rv>czcoQ. Aus Suetonius (vespere) geht hervor, dass der 1. Januar noch im Gange war.

2) So Tacitus; Plutarch bloss: rov öh Xöyoii dta.-TsaövTog eig t6 OTQä.T£Vj.ia .iQwrog (päßiog Ovüh]? xil.

UiKjcr: Die Tagdala des Joscphos. 463

ihn zuerst als Kaiser begrüssten, sondern ein Legat mit (nichtrömischen) Reitern und Fussvolk. Dagegen Suetonius Vitell. 8 schreibt: jam vespere (am 1. Jan.) subito a mili- tibus e cubiculo raptus ita ut erat in veste domestica impe- rator est consahitatus circum]atu?que (am 2. Jan.) per eele- berrimos vicos; consentiente deinde (am 3. Jan.) etiam supe- rioris provinciae exercitu etc.; hienach haben die bei Vitel- lins in Köln befindlichen Soldaten bei der Ankunft des Adler- trägers mit diesem aus ei<?enem Antrieb noch am 1. Januar jenen als Kaiser ausgerufen, ein Vorgang, welchen Tacitus oder sein Gewährsmann als zu unbedeutend übergangen hat. Einer solchen Darstellung scheint auch Dio gefolgt zu sein; er schreibt 64,4: ol iv ralg i'fo/zaj'/a/g OTQatiwTai 7r^o- GTi]Oai.ie,voL ^ilov Ovirs'lhov hiaviorriOav. Hat er dem- entsprechend die Regiernngszeit des Vitellius mit dem 1. Ja- nuar begonnen, so glich diese einem fast vollständig abge- laufenen Kalenderjahr; die 10 Tage, welche zu einem ganzen Jahr fehlten, lassen als letzten Regierungstag den 21. De- zember übrig.

3. Josephos bell. 4,11,4 berechnet die Regierungsdauer des Vitellius vom Ende des Otho ab : dTTOOCfazvetai i-iiivag oxTcij y.QaiijGag /.al r^f^itqag ntvie; es fragt sich aber, ob er dieses an die Entscheidungsschlacht bei Betriacum oder an den Selbstmord des Otho oder an die Anerkennung des Vi- tellius in Rom angeknüpft hat, und über die Zeit der zwei ersten Ereignisse bestehen verschiedene Meinungen. Gewiss ist, dass sich Otho 2 Tage nach der Schlacht den Tod ge- geben hat (Tac. bist. 2, 44. 45 und 49), beide Ereignisse aber in Rom am gleichen Tage bei den ludi Ceriales be- kannt worden sind, an welchem dann auch Vitellius als Kaiser anerkannt wurde (Tac. bist. 2, 55). Die 95 Tage Regierungszeit des Otho bei Suetonius Otho 11, Eutropius, Äurelius Victor (hier in 85 verdorben) und Joannes von Antiocheia nebst den 3 Monaten 5 Tagen bei den Kirchen-

464 Sitzung der iilülos.-philol. Classe vom 3. Bezeniber 1893.

Schriftstellern Theophilos und Epiphanios führen vom 15. Ja- nuar (Tac. hist. 1, 27) auf den 19. April (der 20. April ist durch die Gleichzeitigkeit der Ceresspiele ausgeschlossen, welche vom 12. 19. April dauerten); diese Zählung beruht auf Verwechslung des Todes mit der Anerkennung des Nach- folgers, welche in der That am 19. April stattgefunden hat, Henzen Acta fratr. Arval. p. XCIV und 64 ob diem imperi (Vitellii) Germanici imp. quod XIII k, Mai. statutum est. Den Tod setzt Tillemont auf den 15. oder 16., Peter und Knaake auf den 16., Merivale und Puhl auf den 17. April; ebenso verschieden bestimmen sie das um 2 Tage frühere Datum des Entscheidungskampfes. Das Rechte haben Meri- val-e und Puhl getroifen. Die 90 Tage, Avelche Dio Cassius 64, 15 und der Chronograph von 354 auf Otho's Regierung rechnen, führen vom 15. Januar zum 14. oder 15. April, die 37 Jahre weniger 11 Tage, welche er nach Dio gelebt hat, von seinem Geburtstag, dem 28. April 32 n. Chr. (Suet. Otho 2), weil das 37. Jahr mit dem 27. April 69 endigt, zum 17. April; letzteres ist also der Todestag und demnach die Schlacht von Betriacum auf den 15. April zu setzen: mit ihr lässt er die Regierung Otho's zu Ende gehen. ^) Den

1) Der Auszug Otho's in den Krieg ist wegen Suet. Otho 8 die quo cultores Deum matris lameutari et plangere incipiunt mit Un- recht von manchen auf den 23., von mir in Fleckeisen's Jahrbb. 1890 S. 507 auf den 22. März (Anfang der dreitägigen Klage um Attis) gesetzt worden. Otho hielt am 14. März eine Sitzung, in welcher er dem Senat das Wohl des Staates an das Herz legte; dann schenkte er den aus der Verbannung Zurückgerufenen ihre von Nero confis- cirten Güter, so weit sie noch nicht zu Geld gemacht waren; nach- her berief er eine Volksversammlung, in welcher er eine Rede hielt. Dies sind die letzten Vorgänge, welche Tacitus hist. 1, 90 vor seinem Auszug erwähnt, offenbar Abschiedsakte gleich dem Gelübde des gleichen Tages, Henzen Acta fr. Arv. p. XCIII und p. 15 prid. id. Martias (vota) i^ro salute et reditu (Vitellii) Germanici imperatoris; nur folgt daraus nicht, dass der Kaiser mit dem Heer an jenem Tage

Unger: Die Tagdata des Josephos. 465

17. April hat auch Josephos bell. 4, 9,9 im Auge, wenn er ihn 3 Monate 2 Tage regieren lässt; er erstreckt die Re- gierungsdauer Othos bis zu seinem Tode. Von hier ab sind also die 8 Monate 5 Tage zu rechnen, welche er auf die Herrschaft des Vitellius zählt: sie bringen den Sturz und Tod desselben auf den 21. oder 22. Dezember; welchen von beiden Tagen er meint, ist aus Tacitus und Dio klar. Otho tödtete sich im Ausgang der Nacht (prima luce, Tac. bist. 1,49); da somit das Ende der Nacht und der ganze Licht- tag des 17. April dem Vitellius gehört, zählt er dem Otho nur 3 Monate 2 (nicht 3) Tage, dem Vitellius aber 8 Mo- nate 5 Tage, vom 17. April bis 21. Dezember einschliesslich. Ueber {.lEid (.iiav i^fttgav elatXavvei lävnoviog s. Cap. III, 3.

II. Die makedonischen Kalenderdata der Juden-

geschiclite.

1. Kalenderdata gibt Josephos m der Judengeschichte nur da, wo das Alte Testament es thut; es sind die jüdi- schen^), welche er in dieser so weit es reicht seiner Haupt- quelle vorgefunden hat, aber jedes ist von einem makedoni- schen begleitet, welches ihm zur Erklärung, gewissermassen zur Uebersetzung in's Griechische dient; beide haben überall dieselbe Tagnummer und unterscheiden sich überhaupt nur in der Monatsbezeichnung von einander. Die makedonischen

auch noch ausgezogen ist, um nach kurzem Marsch gleich die Nacht- quartiere zu beziehen. Die Klage der Kybeleverehrer begann im weiteren Sinne genommen am 15. März mit dem Trauerfest Canna intrat (Marquardt Staatsverw. III 371), gefeiert wegen der Auffindung des entmannten Attis in der Rohrpflanzung; am Morgen dieses Tages ist Otho ausgezogen. An der Jahrbb. a. a. 0. gegebenen Ausführung wird dadurch im Uebrigen nichts geändert.

1) Die Monate werden bald durch besondere Namen (Nisan, Ijar u. 8. w.), bald durch Ordnungszahlen (der erste, zweite Monat u. s. w.) bezeichnet.

466 Sitzung der pMos.-plüM. Classe vom 3. Dezeinher 1S93.

Monatsnamen sind ihm so vollständig mit den jüdischen gleich- bedeutend, dass er sie auch in der Geschichte der Zeiten vor Alexander d. Gr., in welchen jene noch gar nicht in Asien Eingang gefunden hatten , anwendet und sie öfters auch (wie z. B. antiquit. jud. 3, 10, 2 f.u]vl öevreQw, or Ma/.sdöveg f.iev ^iQTef-tioiov -/.alovoiv , ''EßQoioi dt 'Ioq) an erster Stelle anbringt oder gar wie die eigentlichen Namen behandelt. Letzteres thut er ant. 3, 10, 5 !-irivi rcf Bavi>r/.(7,, dg Nioav naq ri(.uv yialEhai xal tov a'zovg eoriv doyj]^ TSGOageo/iai- dey.azri und 2, 14, 6 t^^ ÖE/ATr, lov Bavi>iY.ov jiDjvog elg tijV T£OoaQ£0/.aidE'/MTr]v, dg naqa /.lev ^lyvmioig 0aQf.iovOl'^) ■/Mlelrai, Ntodv de 7iaqa 'Eßqaioig, l\la'/.sd6vEg d'aoTOv Ha»'- ^/xov TTQOoayoQEvovaiv; dem entsprechend gebraucht er auch, wo er einen soeben durch beide Namen bezeichneten Monat zum zweiten Mal nennen und sich daher kürzer fassen will, nicht den jüdischen sondern den makedonischen, ant. 11,6,13 zuerst TOV öcoÖetkxiov i.tr,idg t^ TgiGAaidEÄarrj, og xarc f-iev "Eßgaloig Idöaq /.alEizai xara öe May.EÖOi'ccg JioiQog, dann TETQodi x«t ÖEy-ocTTj TOI Jlotqov, ferner 12, 7, 6 zuerst nEf-tJcz/j yial ehaöi tov XaolEl i-irjvog, dr oi Ma-AsdörEg ^TtslXalop Tialoloi, dann zweimal ni^utTTj xat ehoor^ (an der zweiten Stelle eI/möi) tou UitEllaiov ^np-ög; 2, 15, 2, vgl. mit 2, 14,6. 2. Diese völlige Gleichsetzung der makedonischen Monate mit den jüdischen würde unbegreiflich sein, wenn, wie all- gemein (vgl. Ideler I 429) angenommen wird, der syro- makedonische Kalender schon seit den ersten christlichen Jahrhunderten, also bereits zu Josephos Zeit auf das Sonnen- jahr gestellt und von dem julianischen nur in unwesentlichen Dingen verschieden gewesen wäre: Josephos würde doch schwerhch als allgemeines Datum des im Sonnenjahr hin-

1) Der alexandrinische Sonnenmonat (27. März bis 25. April), welcher dem Mondmonat Nisan nur im Groben entsprach ; desswegen vergleicht ihn Josephos mit diesem nur als Ganzes und vermeidet es, ihn durch den Genitiv von der Tagbezoichnung abhängig zu machen.

Unger: Die Tagdata des Joscphos. 467

und herscliwankenden Oster- oder Passahfestes den 14. Xaii- thikos (ant. 2, 14, 6. 3, 10, 5) angegeben haben. Einen Beleg für jene Meinnng bat Niemand aus dem ersten, ja nicht einmal aus dem zweiten Jahrhundert beigebracht; aus dem Verfahren des Josephos ist vielmehr zu schliessen, dass die syromakedonischen Monate, wie nachweislich^) im Jahre 47 vor Christus, so auch damals noch ihre ursprünglicbe lunare Bedeutung gehabt haben. Den positiven Beweis liefert ant. 2, 15, 2 (.itp'l Bcivd^r/LU)^ 7viu7irrj -/.al öey.ccTj] /.ara oe?.rjvrjv; 4, 4, 6 ii(i]v6g BccvdiAOv vocfir^via xava asXr^vrjv;^) 3, 10, 3 öey.ozr] xov avTOv (.irjvdg (des vorher bloss Hyperberetaios benannten 'zweiten' jüdischen Monats) /ara öeXriVi^v', 4,4, 7 Y.aia oeXrvr^v vovfUjVia jiop'og ovrog naqa (.ih ^O^rjvaioig E/iato/.(ßaiwi>og -/.aXorf-itrov , Amov ds naqa. Maxeöooiv, Aßßd di naq 'Eßgaioig. Aus der Angabe des palästini- schen Christen Julius Africanus bei Synkellos p. 611 "ElXrjveg ■/.al loidaloL rosig {.tr^vag (drei Mondmonate) afißoXif.iovg I'teoiv o/.zoj 7i(XQmßäXXovoiv ist zu schliessen, dass noch zu dessen Zeit, im Jahre 222 das Mondjahr bei den Syromakedonen herrschte: denn diese führten bei den christlichen Schrift- stellern y.ax' s^oyjiv den Namen Hellenen (Ideler I 431) und nur bei der Beziehung auf sie begreift es sich, dass Africanus nicht, wie er sonst hätte sagen müssen, '^EXXr^v^ov xivtg son- dern wie von einem ganzen Volk "EXXr^veg sagt. Die Ein-

1) Zeitrechnung der Griechen und Römer in Iw. Müller's Handb. d. kUiss. Altertumsw. P 770.

2) Niese sucht in diesem Zusatz die Andeutung, dass die make- donischen Monatsnamen der 'Judengeschichte' nicht wie die des 'Juden- krieges' als Sonnenmonate aufzufassen seien. Hat Josephos eine der- artige Unterscheidung damit beabsichtigt, so würde ihm der make- donische Kalender der Provinz Asia vorgeschwebt haben, welcher zwischen 10 und 1 v. Chr. auf das Sonnenjahr gestellt worden war. Die Tyrier waren und hiessen allezeit Phoiniker, nicht Makedonen; an ihren Kalender denkt also Josephos nicht, wenn er von Monaten der Makedonen spricht.

468 Sitzung der pMlos.-pMlol. Classe vom 2. Dezember 1893.

führung des antioclienisclien d. i. syromakedonischen Sonnen- jahrs ist vielleicht in die Mitte des dritten Jahrhunderts zu setzen^): die erste sichere Anwendung desselben findet sich um 277 in dem vergleichenden Datum des Anatolios bei Eusebios hist. eccles. 7, 32; daher sind auch in den Doppel- daten der um 325 verfassten Schrift de martyribus Palaestinae, welche einen Bestandtheil des 8. Buches der eusebischen Kirchengeschichte bildet, die syromakedonischen Data trotz der unbestimmten, in hypothetischer Form vorgetragenen Gleichung^) des ersten Doppeldatums als solare aufzufassen ; dass die im J. 375 von Epipbanios haeres. 51, 22 beige- brachten vergleichenden Data dem Dionysios von Alexandria, der um 260 geschrieben hat, entlehnt sind, ist schon Zeit- rechnung S. 767 vermuthet worden. Trifft dies zu, so liefern sie den ältesten Beleg für das syromakedonische Sonnenjahr. 3. Josephos glaubt, wie die soeben ausgeschriebenen Stellen lehren , die attischen und syromakedonischen Monate seien den jüdischen vollkommen parallel gelaufen; damit ist er aber wenigstens hinsichtlich der attischen gewiss im Irrthum. In Athen hiess der letzte Monatstag SV»; y.al vea, der 'alte und neue' Mond, weil an ihm der wahre Neumond, die Con- junction des Mondes mit der Sonne eintreten sollte; der scheinbare (sichtbare) Neumond traf daher in der Mehrzahl der Fälle auf den 2., manchmal auf den 3., selten auf den 1., votf-irivia genannten Monatstag. Dagegen die Juden be- s-anneu den Monat mit dem Tag des scheinbaren Neumondes, vgl. Cap. III. Wie es in Antiocheia gehalten wurde, wissen wir nicht; selbst wenn dort ebenfalls die Regel bestand, den Monat mit der ersten Erscheinung des neuen Mondes zu be-

1) Hienach ist das Zeitrechnung S. 770 fg. Gesagte zu verbessern.

2) Welche an die bloss auf Kenntniss der Monatsgleichung im Allgemeinen (nicht auch der Taggleichung) beruhenden Doppeldata, bei Plutarch Sulla 14, Appian b. civ. 2, 149 u. a. (s. Zeitrechnung S. 757) erinnert.

Unger: Die Tagdata des Josephos. 469

ginnen, kann doch oft in der Ausführung eine Abweichung stattgefunden haben: die Beobachtung desselben erforderte grosse Sorgfalt und oft war sie an dem einen Orte wegen bewölkten Himmels nicht möglich, während sie an dem an- dern stattfinden konnte; wenn Josephos den 14. Xanthikos gerade so für das constante Datum des Passahfestes hält wie den 14. Nisan, so verräth er, dass ihm der syromakedonische Kalender nicht genauer bekannt ist als der attische. Aus der Thatsache, dass beide gleich dem jüdischen auf den Mond gestellt waren, schliesst er, dass ihre Monate immer mit demselben Tage begonnen hätten wie die jüdischen. Von der gleichen Voraussetzung ist der Schöpfer des ver- gleichenden Kalendersystems ausgegangen, nach dessen Vor- gang Epiphanios a. a. 0. die römischen Data der Geburt und der Taufe Christi, den 6. Januar und 8. November mit den entsprechenden von fünf Sonnen- und zwei Mondjahren zusammenstellt: die letzteren sind der jüdische 5. Tebeth und 7. Marcheshvan, der attische 5. Maimakterion und 7. Metageitnion.

III. Die Tagdata des Judenkriegs.

Das Postulat, dass die makedonischen Kalenderdata des Judenkriegs dieselbe Bedeutimg haben wie die der Juden- geschichte, in welcher trotz mannigfacher Bezugnahme auf das ältere Werk nirgends, wie es im entgegengesetzten Fall hätte erwartet werden müssen, auf Verschiedenheit des beider- seits vorausgesetzten Kalenders hingewiesen wird, dieses Po- stulat wird zunächst durch die Unstatthaftigkeit der in an- derer Richtung versuchten Deutungen , sodann durch die Beschaffenheit aller eine Prüfung verstattenden Einzelfälle bis auf einen , endlich durch die Tagepoche und vielleicht auch durch die Monatsdauer bestätigt.

1. Nachdem durch die Bemühungen von Petavius, Norisius u. a. der 14. Xanthikos, 17. Panemos und 10. Loos

1893. Philos.-philol. u. liist Cl. II. 4. 31

470 Sitzung der philos.-pMlol. Classe vom 2. Dez einher 1803.

des Jahres 70 als eigentlich jüdische Kalenderdata mit make- donischen Monatsnamen erkannt waren, ergab sich der Schluss von selbst, dass die andern Tagdata des Judenkriegs dieselbe Bedeutung haben, und von ihm hätte man auch dann nicht abv^eichen sollen, wenn das auf den 3. Apellaios gesetzte Todesdatum des Vitellius wirklich dem 20. und nicht, wie oben gezeigt worden ist, dem 21. Dezember 69 entsprochen hätte: denn es liegt keinerlei Grund zu der unnatürlichen Annahme vor, Josephos habe in einer und derselben Schrift stillschweigend bald diesen bald jenen Kalender zur Anwen- dung gebracht. Die Behauptung Hoffmanns, die Data des Josephos seien den im römischen Lager selbst geführten Akten entnommen, deren Monate er nur mit makedonischen Namen bezeichnet habe, widerlegt Schürer I 633 treffend mit dem Hinweis zunächst darauf, dass Josephos in der Schrift gegen Apion 1, 9 sich auf seine Eigenschaft als Augenzeuge der Ereignisse und auf seine eigenen Aufzeich- nungen beruft, eine Ausnahme aber nur mit den Vorgängen in Jerusalem während der Belagerung macht, über welche er die Aussagen der Ueberläufer benützt habe; er erinnert ferner daran, dass Josephos auch viele innerjüdische Ereig- nisse datirt, für welche ihm kein römisches Datum vorliegen konnte. Aber ohne Grund eignet sich Schürer die Meinung Hoffmanns an, Josephos sei kaum im Stande gewesen und wenn doch, habe er sich gewiss nicht die Mühe genommen, Daten , die ihm nach einem andern Kalender überliefert waren, nach dem jüdischen umzurechnen, und behauptet dem entsprechend, manche Data seien nach dem jüdischen, andere nach dem römischen Kalender, überhaupt jedes nach dem der jeweiligen Quelle gegeben , der 3. Apellaios also desswegen dem tyrischen entlehnt, Aveil das Todesdatum des Vitellius ihm aus phoinikischer Quelle zugekommen sei.

Josephos wurde nach dem Ausbruch des Krieges im Herbst 66 zum Feldherrn von Galiläa ernannt mit dem Auf-

Unger: Die Tagdata des Joseplws. 471

trag, dieses Land gegen die Römer zu vertheidigen ; bei der Eroberung von lotapata fiel er am 3. Panemos 67 in römische Gefangenschaft; von da bis zur Einnahme Jerusalems befand er sich im römischen Heerlager, wo es ihm bald gelang, das Vertrauen des Vespasian und Titus zu erwerben. Als Befehlshaber von Galiläa, vielleicht auch früher als Unter- anführer (was er vorher gewesen sein muss, weil man ihm sonst keine so hervorragende selbständige Stellung gegeben haben würde) musste Josephos von Amtswegen ein Tage- buch führen; auch ohnedies darf man seiner eigenen Ver- sicherung glauben, dass er die Kriegsereignisse aufgezeichnet hat. Bis zu seiner Gefangennahme datirte er sie offenbar nur nach dem jüdischen Kalender; im Groben konnte er ihn auch bei den Römern auf eigene Faust fortführen, die nöthige Kunde über den Wechsel der einzelnen Monate aber und über die etwaige Einlage eines Schaltmonats sei es sofort oder bald dar- nach von üeberläufern. Gefangenen und beim Aufenthalt in jüdischen Orten erfahren. Die entsprechenden römischen Ka- lenderdata erfuhr er von den Römern ; er brauchte also nur bei seinen Aufzeichnungen jeden Tag mit dem jüdischen und dem römischen Datum zu versehen, um sich fortwährend über beide Kalender im Laufenden zu erhalten; Data aus einem dritten Kalender bedurfte er nicht. Eine grössere, aber keineswegs unüberwindliche Schwierigkeit würde es ihm ge- macht haben, das jüdische Todesdatum des Tiberius, Cali- gula, Claudius zu finden; er hat es auch nicht versucht son- dern nur in Jahren, Monaten und Tagen die Regierungsdauer dieser Kaiser und ebenso die des Galba und Otho angegeben, die Zahl der Tage (und Monate) aber bei allen Kaisern nach Massgabe des Kalenders seiner Quellen, d. i. des römischen berechnet; nach dem jüdischen würde er z. B. statt der 7 Monate 7 Tage des Galba (9. Juni 68 bis 15. Januar 69), da die Mondmonate nur theils 30 theils 29 Tage halten, 7 Monate und 14 15 Tage angegeben haben. Bloss den

31*

472 Sitzung der phüos. -philo!. Classe vom 2. Dezember 1803.

Tod des Vitellius hat er auch, natürlich jüdisch, datirt; offen- bar desswegen, weil von da an bis zum Ende des Werkes Vespasian Alleinherr ist ; das jüdische Datum zu finden war ihm dem oben Gesagten zufolge ein Leichtes. 'Phoinikische Quellen' vollends, von welchen ohnehin sonst nirgends eine Spur in seinem 'Judenkrieg' zu finden ist, zu befragen hatte er nicht den geringsten Anlass : er erfuhr das Ereigniss und mit ihm das Datum von den Römern, mit welchen er beim Eintreffen der Nachricht verkehrte.

Nach Niese hätte das Sonnenjahr von Tyros durch die Römer allgemeine Anwendung in Palästina und überhaupt im ganzen Süden der Provinz Syrien gefunden und die Tag- data des ganzen 'Judenkrieges' wären diesem Kalender ent- nommen. Von einer weiteren Verbreitung desselben ist nir- gends eine Spur zu entdecken, auch von Niese gar nicht der Versuch gemacht worden, eine solche nachzuweisen; der ganze Gedanke ist aus der Luft gegriffen. Ob der Kalender von Tyros damals schon auf die Sonne gestellt war, ist sehr fraglich : wir kennen dieses Sonnenjahr fast nur aus den wohl später, christlicher Zeit^) angehörenden Hemerologien einer Florentiner und einer Leidner Handschrift, welche Ste Croix herausgegeben und Ideler (I 41,1 ff.) ausgezogen

1) Das makedonische Sonnenjalir von Lykien und Sidon, dessen 1. Dies dort dem 1. Januar entspricht, ist frühestens um 200 n. Chr. eingeführt worden : denn es setzt dreimonatliche Verspätung des ehe- maligen Mondjahres durch die Oktaeteris voraus, welche in je 152 Jahren den Kalender um einen ganzen Monat verschob, und die letzte Verspätung musste schon lange bestanden haben, als das Sonnenjahr aufkam ; Lykien hat frühestens Herbst 333, Sidon frühestens Herbst 332 V. Chr. den makedonischen Kalender angenommen. Um ein halbes .Jahrhundert (s. S. 468) weiter herab sinkt die Frühgrenze der Ent- stehung jener Hemerologien dadurch, dass sie auch in Antiocheia be- reits das Sonnenjahr voraussetzen. Das von Tyros kennt man ausser- dem noch aus den Akten der Concile von Chalcedon und Constan- tino])el vom J. 448 und bezw. 518, s. Ideler I 471.

Ungcr: Die Tagdata des Josephos. 473

hat. Auf Südsyrien beschränkt Niese wohl desswegen die Herrschaft jenes Kalenders, weil er in Nordsyrien schon zur Zeit des Josephos das eigentlich syromakedonische, d. i. das antio- chenische Sonnenjahr eingeführt glaubt; das tyrische hat aber auch in Südsyrien schwerlich eine Verbreitung ge- funden : wenigstens die aus den erwähnten Hemerologien be- kannten Kalender von Sidon, Heliopolis und Gaza mit Askalon weichen von dem tyrischen ebenso weit wie von einander ab. Ueberhaupt aber ist es von vorn herein nicht glaublich, dass die Römer gleichzeitig im südlichen Syrien ein anderes Son- nenjahr eingeführt haben als in Nordsyrien, oder dass nach- dem im Süden oder Norden schon ein dem julianischen nachgebildetes Sonnenjahr in Geltung gekommen war, nach-^ her noch ein zweites in der andern Hälfte der Provinz ein- geführt worden sei. Und während bei der Ansicht des No- risius sämmtliche Tagdata des 'Judenkriegs', den einzigen 3. Apellaios ausgenommen, auf einen und denselben Kalender zurückgehen, sieht sich Niese genöthigt, nicht weniger als 4 (oder eigentlich 5) Ausnahmen zu machen, indem er den 8. Xanthikos und 21. Artemisios des J. 66, den 14. Xanthi- kos und 17. Panemos des J. 70 doch dem jüdischen Kalender zuweist. Wie er sich mit diesen ^Ausnahmen und mit dem 10. Loos des J. 70 abfindet, wird sich unten an Ort und Stelle zeigen.

2. Controlirbare Einzelfälle. Wenig oder gar nicht her- angezogen ist der letzte Hyperberetaios (bell. jud. 2, 19, 4) des J. 66,^) welcher, nach der vorausgehenden Erzählung zu schliessen, 7 8 Tage später fiel als der (oder der eine) Sab- bat des Laubhüttenfestes (15. 22. Thishri). Als die Römer unter Cestius Gallus, dem Statthalter Syriens, auf dem Zug von Antipatris gegen Jerusalem bei Lydda anlangten, fanden

1) Ueber den 8. Xanthikos und 21. Artemisios dieses Jahres s. zum 11. Xanthikos des J. 70.

474 Sitzung der lihilos.-philol. Glasse vom 3. Dezember 1893,

sie diese Stadt von Vertheidigern entblösst, weil sich die Männer zur Feier des genannten Festes nach Jerusalem be- geben hatten (bell. 2, 19, 1). Sie zündeten den Ort an, tödteten die 50 Personen , welche ihnen aufstiessen , und rückten über Baithora (Beth Horon) nach Gabao (Gibeon), 50 Stadien von Jerusalem, wo ein Lager bezogen, also die Nacht zugebracht wurde. Die Entfernung zwischen Lydda und Gabao, über 4 geogr. Meilen, entspricht der Länge eines römischen Tagmarsches (Cap. I, 1) ; in Lydda hatten sie also wahrscheinlich die vorhergehende Nacht zugebracht; dazu stimmt, dass sie von Caesarea, dem Ausgangspunkt des ganzen Zuges, bis zu dem über 5 Meilen entfernten Antipatris und von da, reichhch S^/a Meilen weit, bis Lydda gekommen waren, auf den starken, nach langer Ruhezeit unternommenen ersten Tagmarsch also einen leichteren hatten folgen lassen. Angesichts der Nähe des Feindes griffen die in Jerusalem aus dem ganzen Land versammelten Juden ohne Rücksicht auf das Fest (bell. 2, 19, 2) zu den Waffen und eilten ihrer grossen Ueberzahl vertrauend dem Feind entgegen, obgleich gerade Sabbat war. Sie griffen mit solchem Ungestüm an, dass die Reihen des römischen Fussvolks durchbrochen wurden und Cestius, wenn es auch schliesslich Dank dem Eingreifen der noch intacten Abtheilungen und einer Umgehung durch die Reiterei gelang die Angreifer zurückzuwerfen, nach einem Verlust von 515 Mann (während auf jüdischer Seite nur 22 gefallen waren) den Rückzug nach Baithora antrat und dort (12 mil. pass. von Jerusalem nach dem Onomastikon des Eusebios) 3 Tage unthätig zubrachte. In Jerusalem brach unterdessen Uneinigkeit aus (bell. 2,19,3); auf die Nach- richt hievon (bell. 2, 19,4) zog er wieder heran, warf die Juden von den Höhen am Wege, welche sie besetzt hatten, bezog in Skopos, 7 Stadien von Jerusalem, ein Lager und drang, nachdem er 3 Tage lang auf günstige Nachrichten aus der Stadt gewartet hatte, am 4. Tage dort ein; dies Avar

Utujer: Die Tacjdata des Joscplms. 475

der letzte Hyperberetaios, TQiav.ag '^YneqßEQszaiov}) Im Mond- monat bezeichnet r^mxag den letzten Tag, gleichviel ob jener 30 oder nur 29 Tage hält, im Sonnenmonat nur den 30. Tag. Suchen wir nun das julianische Datum des genannten Sabbats zu ermitteln.

Die Reduction der jüdischen Kalenderdata jener Zeit kann mit grösserer Sicherheit erstellt werden als die der grie- chischen, weil die bei Mondmonaten niemals völlig vermeid- bare Abirrung meistens nur einen Tag betrug und immer bloss in einer Verspätung, nicht einer Verfrühung bestand. Erster Monatstag (vovf.i7]via) sollte derjenige werden, an wel- chem der Neumond gesehen wurde : zur Zeit des zweiten Tempels bis zur Zerstörung desselben wurde es der auf den 29. des bisherigen Monats folgende Tag, wenn in seiner Nacht zwei glaubwürdige Zeugen die junge Sichel beobachtet hatten; war das nicht geschehen, so zählte dieser als 30. Tag und der nächste wurde auch dann zum ersten des neuen Monats erhoben, wenn der Mond in seiner Nacht ebenfalls nicht gesehen worden war: mehr als 30 Tage konnte ein Mondmonat nicht halten und bei Bewölkung war der ohne- hin schwache Lichtstreifen nicht sichtbar. Im Oktober'^) 66 fand die grösste Annäherung des Mondes an die Sonne (der wahre Neumond) am 7. Tag statt. Nachts 7 U. 38 M. Je- rusalemer Zeit; unter der Breite dieser Stadt entfernt er sich 32 Stunden später so weit von ihr, dass er, Nacht oder Dämmerung

1) Ueber die Fortsetzung s. Abschnitt 3.

2) Auch das Neujahr (1. Nisan) ist nicht oft zu verfehlen. Am 16. Nisan wurden die Erstlinge reifen Getreides (Gerste) geopfert; am frühesten erhielt man sie in dem halbtropischen Klima von Jericho, wo ungefähr 14, frühestens 11 Tage nach der Nachtgleiche die Schnittreife der Gerste eintritt. Zur Zeit des grossen Juden- krieges traf die Gleiche auf 22. März jul. (genauer 21./22. März von Sonnenuntergang ab); der 1. Nisan fiel also frühestens auf den 18. März. Vgl. Ideler I, 488 und wegen des Monatsanfangs I 512.' Gumpach. Hülfsbuch der rechnenden Chronologie S. 7G.

476 Sitzung der philos.-philol. Classc vom 2. Dezember 1893.

vorausgesetzt, einen Schein wirft; ist es zur Zeit Lichttag, so wird er am nächsten Abend ^) sichtbar. Daraals ereignete sich der scheinbare Neumond am 9. Oktober früh 8^/2 Uhr, der 1. Thishri wurde also auf diesen oder (bei Nichtbeob- achtung) auf den nächsten Tag gesetzt, das Laubhütten- fest am 24.-31. Oktober (25. Okt.— L Nov.) gefeiert. Die nächste Conjunction ereignete sich am 6. November Vorm. 9 U. 30 M. Jerusalem er Zeit, der scheinbare Neumond also am 7. November Abends 5^/2 U. und der \. Marcheshvan traf auf den 8. (oder 9.) November, beginnend mit dem vor- hergehenden Abend, mithin der letzte Thishri (Hyperbere- taios) auf den 7. (oder 8.) November. Für HofFmann trifft der 30. Hyperberetaios auf den 30. Oktober, also auf den vorletzten oder drittletzten Tag des Festes, während er frühe- stens dem letzten Tag desselben entsprechen dürfte ; für Niese auf den 17. November, 1 2 Wochen zu spät. Grössere Bestimmtheit ergibt die Erwähnung des Sabbats. Ein Sams- tag war der 30. Oktober 66, jenes Fest hatte also bloss einen Sabbat und der letzte Hyperberetaios (7 8 Tage darnach) entfiel auf den 6. oder 7. November; da es nach dem oben Gesagten nur der 7. oder 8. gewesen sein kann, so folgt hieraus, dass er, dem Mond genau entsprechend, auf den 7. November gefallen ist, 8 Tage nach dem Laubhütten- sabbat; ebenso viele Tage beträgt die Verfrühung des Holf- mann'schen, 10 Tage die Verspätung des Niese'schen Datums. Jahr 68, der 4. Dystros (= 4. März nach Hoffmann, 21. März nach Niese). An diesem Tag zog Vespasian in Gadära, der Hauptstadt von Peräa ein (bell. 4, 7, 3). Von

1) Da in diesen Fällen die junge Mondsichel die ganze Nacht hindurch sichtbar sein konnte, so dürfte eine Fehlbeobachtung hier seltener vorgekommen sein. Dass Anfangs hie und da auch mehrere Monate nach einander in Folge einer solchen zu spät angefangen worden waren, lehrt das Bestehen der Vorschrift, dem Jahr nicht weniger als 4 und nicht mehr als 8 volle Monate zu geben.

Unger: Die 'Tagdata des Josephos. 477

da kehrte er bald mit dem Hauptheer nach Caesarea zurück, nachdem er in Gadara 3300 Mann unter Placidus gelassen und ihn mit der Verfolgung der flüchtig gewordenen Auf- ständischen beauftragt hatte. Diese wurden bei Bethnabris besiegt, die Stadt eingenommen, die jetzt ebenfalls geflüchtete Bevölkerung der ganzen Gegend am Jordan eingeholt und grossentheils niedergemacht ; dann zog Placidus gegen die benachbarten Städte und Flecken, nahm Abila, Julias, Be- simoth und alle Orte bis zum Todten Meer ein und übergab überall die Herrschaft der zu ihm übergetretenen Partei; die in den See Fliehenden wurden dann von Booten verfolgt, welche mit Soldaten bemannt waren, und sämratlich nieder- gemacht ; so brachte er ganz Peräa bis zu der starken Feste Machairus theils mit Güte, theils mit Gewalt wieder in Ab- hängigkeit (bell. 4, 7, 4 ^6). Jetzt ^) erhielt Vespasian Kunde von der Erhebung {x(vr]fia, bell. 4, 8, 1) des Julius Vindex in Gallien gegen Nero; Angesichts des kommenden Bürger- kriegs beschloss er, die Niederwerfung des jüdischen Auf- stands zu einem schnelleren Ende zu bringen und anstatt dem bisherigen Plan gemäss zuerst das ganze übrige Land vollständig zu unterwerfen, ohne Weiteres gegen Jerusalem selbst vorzugehen. So lange es noch Winter war {e'tog STieixsv 6 xeii-uov)^ sicherte er die unterworfenen Städte und Flecken durch Besatzungen, setzte in allen neue Regierungen ein, besiedelte verwüstete wieder und zog nach Beginn des Frühlings {vrcö xr(v aqxrjv xov eaQog, bell. a. a. 0.) nach Judäa. Der Anfang des Frühlings ist hier^) offenbar auf die Nachtgleiche (22. März), nicht auf den Eintritt des

1) 'Ev rovTü), ein in dieser Bedeutung bei Josephos beliebter Ausdruck, z. ß. bell. 1, 5, 4. 8, 1. 8. 10, 10 12, 2. 13, 3. 6. 15 u. s. w.

2) Wie überhaupt bei den Geschichtschreibern, Dichtern und überall, wo die Volksanschauung nicht unter dem Einfluss künstlicher Theorien verdunkelt ist, s. Frühlings Anfang, Fleckeisens Jahrbb. 1890 S. 163 ff. Zeitrechnung S. 720. 782.

478 Sitzung der phüos.-phüol. Clause vom 2. Bczemher 1893.

Zephyrs (um 7. Febr.), noch auf den scheinbaren (um 23. Febr.) oder wahren Spätaufgang des Arktur (um 6. März) gestellt; der 21. März also für den 4. Dystros viel zu spät, der 4. März knapp ausreichend, vollkommen passend der 4. Adar = 27. (28.) Februar: wahrer Neumond 22. Februar früh 2 U. 29 M. Jerus. Z., scheinbarer eigentl. 23. Febr. Vorm. 10 Va U.; 1. Adar also der 24. (25.) Februar.

Die Zeitangabe des Josephos über Vindex steht an- scheinend mit Suetonius in Widerspruch: Nero erhielt die erste Nachricht von der Erhebung des Vindex erst am 20./22. März, Suet. N. 40 Neapoli de motu Galliarum cogno- vit die ipso quo matrem occiderat; an demselben Tage kam später ein Schreiben gleichen Betrefis, aber bedrohlicheren Inhalts. Agrippina wurde im J. 59 an den Quinquatrus (19.— 23. März) ermordet, Tac. ann. 14,4. 12. Suet. N. 34, vor dem letzten Festtag, Henzen Acta fr. Arv. p. 77, und nach dem ersten: denn das Fest war schon im Gang, als Nero sie einlud (Tac. 14,4 festos dies apud Baias frequentabat) und um Mitternacht {^sqi (.doag vvy.Tag, Dio 61, 13) nahm sie von ihm Abschied; noch in der Nacht geschah die Er- mordung, aber erst bei dem zweiten, längere Zeit nach dem ersten unternommenen Versuch, also in den ersten Stunden nach Mitternacht. Hiernach i) hat es den Anschein, als habe Vespasian die Nachricht erst im April erhalten können; es war aber sehr wohl möglich, dass er sie eher erfuhr als der Kaiser. Vindex, in dessen Provinz keine römischen Truppen standen, sah sich zunächst auf den gallischen Landsturm, welchen er organisirte (Tac. hist. 1, 16. 4, 17. Jos. bell. 4, 8, 1 u. a.), dann aber auf den Gewinn angesehener Macht-

1) Nicht, wie Schiller, Gesch. d. röm. Kaiserreichs unter Nero S. 276 behauptet, nach der vorhergehenden und nachfolgenden Er- zählung des Josephos; auch sein hiemit zusammenhängender Tadel, dass Sievers (Studien zur röm. Kaisergesch. S. 145) das Datum des Josephos zu früh setze, verfehlt das Ziel.

Unycr: Die Tagdata des Josephos. 479

haber angewiesen. Dass er mit mehreren eine Verbindung anzuknüpfen suchte, geht aus Plutarch Galba 4 fg. hervor. Vindex (schreibt dieser) soll schon vor seinem offenen Abfall nach Hispanien ein Schreiben an Galba gerichtet haben, welcher demselben keine Folge gab, es aber auch nicht zur Kenntniss des Kaisers brachte, während andere Statthalter die von Vindex an sie gerichteten Briefe jenem schickten und dadurch, so viel an ihnen lag, einen Plan vereitelten, an welchem sie sich später selbst betheiligten und dadurch bekundeten, dass sie sich ebensowohl verriethen als jenen; dagegen als Vindex offen den Krieg erklärte und den Galba einlud, die Führung zu übernehmen und in seiner Person dem starken Körper Galliens, welches zehn Myriaden Männer ausgerüstet habe und noch mehr Zehntausende ausrüsten könne, das fehlende Haupt zu geben, da ging er mit seinen Freunden ernstlich zu Rathe. Die Stimme des Befehlshabers der römischen Truppen entschied für Annahme der Ein- ladung, Galba setzte durch Edict einen Termin für Frei- lassungen an, welcher in Erwartung grösserer Dinge massen- haft besucht wurde ; an diesem erklärte er seinen Abfall von Nero und nahm, während die Menge ihn zum Kaiser aus- rief, den Titel Legat des römischen Senates und Volks an. Dieser Tag war, wie aus den 9 Monaten 13 Tagen seiner Regierungszeit bei Dio 64, 16 erschlossen worden ist, der 3. oder 2. April. ^)

Die zwei ersten dem Kaiser zugegangenen Nachrichten bestanden, wie mir scheint, eben in dem Inhalt der von einigen Statthaltern ihm zugeschickten Briefe des Viudex, welche zum Abfall einluden : das ist an sich wahrschein- lich, weil diese Einladung vor dem offenen Abfall erging; auch ])ezogen sich jene Nachrichten wohl nur auf die den

1) Einen von diesen Tagen meint wohl Mommsen im Hermes XIII 95, wo der 6. April jedenfalls auf einem Druckfehler beruht; Sievers hat den 2. April genannt.

480 Sitzung der pMos.-philol. Classe vom 2. Dezember 1893.

Abfall vorbereitenden Schritte des Vindex : denn Nero machte 8 Tage lang Niemanden eine Mittheilung von ihnen ^); erst durch ehrenrührige und zahlreiche Edicte des Vindex vrurde er veranlasst, den Senat brieflich zum Einschreiten aufzu- fordern, und als neue Botschaften einander drängten, kam er selbst nach Rom. Offenbar erliess Vindex jene Edicte bei seiner offenen Empörung ; aus ihr konnte Nero kein Geheim- niss mehr machen. Auch die Zeiten stimmen dazu. Von den Edicten erfuhr Nero am 27./30.März; in denselben Tagen scheint Galba das Schreiben des Vindex von seiner offenen Empörung erhalten zu haben : denn nach Neucarthago (Suet. G. 9) kam es in ungefähr ebenso viel Tagen wie die Mel- dung über die Edicte nach Neapel und für den Termin der Freilassungen hat Galba wahrscheinlich nur eine kurze Frist o-ewählt. Zu den hochstehenden Männern, an welche sich Vindex vor seiner Empörung wandte, hat vielleicht auch Vespasian gehört, neben Galba der älteste und angesehenste, nicht so vornehmer Geburt wie jener, dafür aber Befehls- haber eines grossen Heeres. Da die zur Betheiligung ein- ladenden Briefe des Vindex dem Kaiser erst von den Em- pfängern zugeschickt worden sind, konnte Vespasian den an ihn gerichteten eher erhalten als Nero jene; es darf auch

1) Aber geheime Schritte konnte er zur Abwehr schon jetzt thun; ein solcher war sein Mordanscblag gegen Galba, Suet. G. 9 nee diu cunctatus conditionem (den zweiten Antrag des Vindex) partim metu, partim spe recepit. nam et niandata Neronis de nece sua ad procuratores clam missa depreheuderat etc. Schiller a. a. 0. S. 278 vermuthet, derselbe sei zur Rechtfertigung von Galbas Abfall fingirt worden : er stehe völlig vereinzelt in der Geschichte des Kai- sers und auffallend sei die völlige Gleichheit der von Galba gegen- über Vespasian berichteten Geschichte bei Suet. G. 23. Diese wird aber nicht als Geschichte, sondern als Vermuthung Vespasians (opi- natus) gegeben, ist auch inhaltlich mehrfach verschieden und eine Er- hebung wie die des Vindex steht ebenfalls vereinzelt in der Geschichte des Muttermörders da.

Unger: Die Taydata des Josephos. 481

angenommen werden, dass wegen der weiten Entfernung Vindex an ihn früher als an andere geschrieben habe; die sachliche Verschiedenheit, welche zwischen den zwei am ersten Tag bei Nero eingelaufenen Briefen bestand, führt dahin, dass Vindex seine Einladungen nicht zu gleicher Zeit hat abgehen lassen.

Jahr 70, 14. Xanthikos, Datum des Passahfestes bell. 5, 3, 1 Tr^g rcov dCvjiuov Evozäor^g i^juegag TeGGaQeoKaidexdTt] Bavd^r/.ov jiirjvos, entsprechend dem antiq. 3, 10, 5 (oben Cap. II, 1) angegebenen Doppeldatum desselben : 14. Xan- thikos und Nisan; als im jüdischen Mondjahr festes (im Sonnenjahr also bewegliches) Datum erscheint es in dem Zu- satz «' y (nämlich rif.uQq) doxovoiv "[ovdaioL tov -/tqiotov drcallayi^ai v.aiqcv TtZv ^lyvrczuov. Es traf im J. 70 auf den 15. (oder 16.) April: wahrer Neumond 30. März Nachts 10 U. 32 M. Jerusalemer Zeit, scheinbarer eigentlich 1. April Q% Uhr früh; 1. Nisan = 2. (3.) April. Im syromakedo- nischen Sonnenjahr entsprach der 14. Xanthikos dem 14. April, im tyrischen dem 1. Mai; auf einen so späten Tag wie diesen konnte das Fest in jenen Jahrhunderten nicht fallen. Dass hier kein tyrisches Datum vorliegt, sondern ein jüdisches mit makedonischem Monatsnamen, gibt Niese zu, weil es ein allgemeines sei; dies gilt aber nur vom Zusatz, in den zu- erst citirten Worten dient es als Bestandtheil der fortlaufen- den Tagdatirung des grossen Judenkriegs und rauss sowohl desswegen wie wegen des Fehlens einer ausdrücklichen Unter- scheidung von den andern Tagdaten desselben für gleichartig mit jenen erklärt werden: entweder sind alle von Haus jü- disch oder alle tyrisch, ein tyrisches aber kann dieser 14. Xan- thikos nicht sein. Unten wird sich zeigen, dass Josephos denselben in der That als dem auch sonst im 'Judenkriesr' zu Grund gelegten Kalender angehörend behandelt, s. zum 1. Panemos. Auch die Data der im J. 66 geschehenen Vor- zeichen der Tempelzerstörung : bell. 6, 5, 3 dü-QOiQo^ävov loZ

482 Sitzung der iHiüos.-pMlöl. Classe vom 2. Dezember 1893.

Xaov TtQog xr^v xwv aQvfiiov eoqztv, oydorj d' rp> Sav&fnov l-irjvdg und f^erd ttjv eo^rijV riiugaig loteqov ov noXkaiq^ imc xal elxadi läQxmiOiov [.irjvog will Niese wegen ihres ent- sprechenden Abstandes vom 14. Xanthikos Nisan als jü- disch anerkennen, obgleich hier ihre Anwendung nicht ein- mal die bei jenem Datum vorgebrachte Entschuldigung finden würde, wenn sonst nach dem tyrischen Kalender datirt wäre. Im J. 66 traf der 14. Nisan normal genommen aul den 28. Api'il (wahrer Neumond 13. April Vorm. 9 U. 48 M. Jerusalemer Zeit, scheinbarer eigentlich 14. April Nachm. 5^/4 U.), der 8. Nisan auf den 22. April und der 21. Ijar auf den 4. Juni (wahrer Neumond 12. Mai Nachts 10 U. 53 M. Jerusaleraer Zeit, scheinbarer 14. Mai Morgens 7 U.); der syromakedouische 8. Xanthikos = 8. April würde schlecht zu einer Vorversammlung für die Feier passen, besser der tyrische (= 25. April).

Jahr 70, 1. Panemos. Dieses Datum hätte Niese den zwei soeben besprochenen hinzufügen sollen, weil es eben- falls zum 14. Xanthikos als Passahtag in Beziehung gesetzt ist. Vom 14. Xanthikos bis zum 1. Panemos wurden, wie ein hervorragender Ueberläufer erzählte, durch ein einziges Thor Jerusalems nicht weniger als 115 880 Leichen hinaus- geschafft, bell. 5, 13, 7. Die Belagerung hatte ein paar Tage vor dem 14. Xanthikos, an welchem das Passahfest gefeiert wurde, begonnen und dieser Tag war der erste, an welchem eine ungewöhnlich grosse Zahl Einwohner den Tod fand: die Römer hatten den Angriff noch nicht eröffnet, aber die Be- lagerten einander selbst bekämpft, bell. 5, 3, 1, Am 2. oder 1. Panemos war der Berichterstatter "zu den Römern über- gegangen : Josephos bringt die Nachricht in der Schilderung des grossen Elends, welches in der Stadt eintrat bei Gelegen- heit der einige Tage vor dem 1. Panemos (bell. 6, 1, 3) ge- schehenen Vorgänge mit den Worten rtQog Tixov ev xavxaig xalg iqf-iiQaig (Ende Daisios und Anfang Panemos) Mavvalog

Unger: Die Tagdata des Josephos. 483

o ytatüQov cpvycov did fxiag elsyev ktX. Die zwei Data sind offenbar dem gleichen Kalender entnommen; der 14. Xan- thikos ist aber anerkannt ein eigentlich jüdisches Datum und zugleich, wie aus seiner Verbindung mit dem 1, Panemos hervorgeht, dem Kalender entnommen, welcher sei es allen oder den meisten Daten des 'Judenkriegs' zu Grund liegt.

Jahr 70, 17. Panemos (im syromakedonischen Sonnen- jahr der 17. Juli, im tyrischen der 6. August). An diesem wurde das tägliche Morgen- und Abendopfer im Tempel ein- gestellt, womit die Theokratie ihr Ende nahm, bell. 6, 2, 1 ; nach dem Talmud (Mishna Taanith 4, 6) geschah es am 17. Thammuz und noch jetzt wird an diesem Tage gefastet (vgl. Ideler I 528). Im J. 70 traf er auf den 12., bei Fehl- beobachtung 13. Juli: wahrer Neumond 24. Juni Mittags 11 U. 23 M. Jerusalemer Zeit, scheinbarer 25. Juni Abends 7VciU. ; 1. Thammuz also der 2-6. (27.) Juni. Niese erkennt die jüdische Bedeutung dieses 17. Panemos an und sucht, um seinem der chronologischen Ordnung des Judenkrieges entsprechenden Auftreten die Beweiskraft zu nehmen, die Richtigkeit der benachbarten Tagdata durch Gründe ganz subjectiver Art in Frage zu ziehen, welche man bei ihm selbst nachlesen mag.

Jahr 70, 10. Loos (im syromakedonischen Sonnenjahr der 10., im tyrischen der 29. August). Auf den 10. Loos setzt Josephos bell. 6, 4, 5 den Tempelbrand und erklärt den Kalendertag für denselben, an welchem einst die Chaldäer den salomonischen Tempel verbrannt hatten; also für den 10. Tag des 5. Monats (Ab) bei Jeremia 52, 12.i) Im Tal- mud (Mishna Taanith 4, 6) ist das Ereigniss auf den 9. Ab gesetzt und noch jetzt wird an diesem als einem Trauer- tag gefastet. Die Abweichung in der Tagnummer thut nichts

1) Der 7. Ab 2 Könige 25, 8 (wo mehrere Hdss. der LXX den 9. geben) wird von den Erklärern auf den Anfang des Brandes be- zogen. Ueber den 1. Loos Jos. ant. 10, 8, 5 s. Cap. IV.

484 Sitzung der philos.-philol. Glasse vom 2. Dezember 1803.

zur Sache. Nach Jos. b. G, 4, 2 ff. wurde am 8. Loos (ver- muthlich Nachmittag) Feuer an die Thore der äusseren Ring- mauer gelegt, welches schnell die nächsten Hallen ergriff, an diesem Tage aber und in der darauf folgenden Nacht (welche bereits dem 9. Monatstag angehört, s. Abschn. 3) sich allmählich über alle Hallen ausbreitete. Am Lichttag (des 9. Loos) beschloss Titus, den Tempel zu erhalten und befahl, das Feuer zu löschen ; als aber am 10. Loos nach einem vergeblichen Ausfall die Juden einen Angriff auf die löschenden Soldaten machten und zum Tempel zurückgejagt wurden, legte ein Soldat Feuer an eine Thüre , welches bald weiter um sich griff. Der 10. Loos des Josephos gilt also dem Tempelgebäude, der 9. Ab dem äusseren Tempel- ring sammt den von ihm umfassten Hallen. Um die Beweis- kraft dieses Zusammentreffens abzuschwächen, behauptet Niese, es sei bloss von Zufall herbeigeführt; dann müsste also der 10. Ab des J. 70 dem 10. Loos des tyrischen Sonnenjahrs, d, i. dem 29. August entsprochen haben ; er traf aber (nor- mal) auf den 6. August: wahrer Neumond 26. Juli 3 U. 22 M. früh Jerusalemer Zeit, scheinbarer eigentlich 27. Juli 11^/4 U. Mittags, 1. Ab der 28. Juli. Dass der Kalender zum Mond stimmte, lehrt die Angabe des Wochentags, auf welchen der 9. Ab traf, im babylonischen Talmud (Taanith fol. 29, a), citirt von Derenbourg, histoire de la Palestine p. 291, vgl. Schürer I 29. 530: der Brand geschah am Tag nach dem Sabbat und zwar am Abend desselben, also Sams- tag Abend. Der 9. Ab traf dem Obigen zufolge, normal genommen, auf den 5. August, sein Anfang auf Sonnenunter- gang des 4. August. Dieser war in der That ein Samstag. Auch Dio Cassius 66, 7, wo der Untergang Jerusalems auf einen Sabbat gesetzt ist, wird mit Recht hieher gezogen : denn er beendigt mit dieser Angabe seine Erzählung von dem Untergang des Tempels und aus ihr geht hervor, dass er mit diesem den Fall .Jerusalems für vollendet hält.

Unger: Die Tagdata des Josephos. 485

Sind alle im Vorstehenden behandelten Tagdata des 'Judenkrieges' nichts anderes als jüdische Kalenderdata mit syromakedonischen Monatsnamen, so wird Niemand leugnen, dass von den übrigen auch diejenigen, welche zwischen je zwei von ihnen fallen, als eigentlich jüdische anzusehen sind, vorausgesetzt, dass sie (was auf das Todesdatum des Vitellius zutrifft) auch in der Erzählung zwischen ihnen auftreten; dass die zwischen dem 14, Xanthikos und 1. Panemos des J. 70 liegenden demselben Kalender angehören, versteht sich ohnehin von selbst. Wenn somit die meisten Tagdata des Werkes ursprünglich jüdisch sind, so muss das Gleiche auch von den ausserhalb der chronologischen Ordnung angeführten gelten.

3. Der bürgerliche Tag fing in den makedonischen Ka- lendern mit Sonnenaufgang an, im jüdischen mit Sonnen- untergang; dass letztere Epoche auch Josephos voraussetzt, ist in der Abb. 'Tages Anfang, Philologus LI 227 an zwei Stellen, bell. 4, 1, 9 und 6, 8, 5 gezeigt worden. Hier mögen zwei andere Belege Platz finden. Als im J. 66 die Juden wiederholt im Gebiet von Skythopolis einfielen, muthete die heidnische Einwohnerschaft ihren jüdischen Stadtgenossen zu, zum Erweis ihrer guten Gesinnung in dem Asylhain Woh- nung zu nehmen, bell. 2, 18, 3. Als jene sich arglos dazu verstanden, verhielten sich 2 Tage lang (ovo f^sv 'qf.tsgag) die Skythopoliten ruhig, um sie im Vertrauen zu erhalten; in der dritten Nacht aber {tfj di tqittj vvxti) fielen sie über die Juden her und metzelten sie alle nieder. Die dritte Nacht geht in dieser Erzählung dem dritten Tage voraus: sonst hätte Josephos von drei, nicht zwei Tagen Ruhe sprechen müssen.

Als am letzten Hyperberetaios des J. 66 Cestius Gallus in der Unterstadt von Jerusalem eingerückt war (bell. 2, 8, 4, oben S. 475), belagerte er zuerst die Oberstadt 5 Tage lang ohne Erfolg: am nächsten (r^ amovor], b. 2, 18, 5), also am

1893. Pbilos.-philol. u. liist. Gl. II. 4. 32

486 Sitzung der philos.-pMlol. Classe vom 2. Dezember 1S93.

5. Dios wandte er sich gegen das Tempelheiligthmn, zwang schliesslich die Vertheidiger den Kampf vor den Mauern aufzugeben und machte schon Anstalt, sie zu untergraben und zugleich Feuer an das Thor zu legen. Plötzlich aber (b. 2, 18, 7) ordnete er den Abzug an, rückte von den Juden verfolgt bis zu seinem alten Lager in Skopos und setzte Tags darauf (Trj smovorj, also am 6. Dios) den Rückzug fort, auf welchem er, an diesem Tage noch heftiger verfolgt, mit Mühe und Noth zu seinem früheren Lager bei Gabao kam. Hier blieb er unschlüssig 2 Tage lang stehen ; am dritten (also am 8. oder 9. Dios) war die Zahl der Feinde noch stärker angewachsen und alles ringsum von ihnen besetzt; er suchte daher die Rettung in beschleunigter Flucht, ent- ledigte sich alles entbehrlichen Trosses (b. 2, 18, 8) und Hess von den Eseln und Zugthieren nur die zum Fortbringen der Geschütze und Maschinen nöthigen am Leben. Beim Eintritt in das Gebirge wurde er weniger vom Feind belästigt: um so stärkere Verluste erlitt er in dem Engpass, welchen jener schon vorher besetzt hatte. Vor gänzlicher Vernichtung wurde das Heer durch den Einbruch der Nacht gerettet, in welcher es endlich Baithora erreichte, die Juden aber die weiter führende Heerstrasse besetzten. Cestius Hess nun die 400 tapfersten Soldaten zurück (b. 2, 18, 9), welche den Feind in dem Glauben, dass noch das ganze Heer anwesend sei, zu erhalten wussten, und legte auf einem Seitenweg 30 Stadien zurück. In der Frühe (ßiod^ev) erkannten die Juden die Täuschung, schössen die Vierhundert in Bälde nieder und machten sich wieder an die Verfolgung des Cestius. Der aber hatte in der Nacht einen guten Vorsprung ge- wonnen und floh nach Tages Anbruch {/ued-'' ^inegav) mit solcher Eile weiter, dass die Juden vor Antipatris angelangt die Verfolgung einstellten. Dies geschah, wie Josephos (a. a. 0.) hinzufügt, am 8. Dios. Aus seiner Erzählung haben manche geschlossen, dass vom Einzug des Cestius in Jeru-

Unger: Die Tagdata des Josephos. 487

salem bis dahin 10 oder 11 Tage vergangen seien; aber vom letzten Hyperberetaios bis zum 8. Daisios verflossen nur 9. Diese kommen heraus, wenn man den b. 2, 18, 7 genannten 3. Tag seit dem 6. Dios als 8. (nicht 9.) Dios nimmt und ihn nach jüdischer Weise mit Sonnenuntergang beo-innen lässt; dann gehört mit der ganzen Nacht (welche ca. P/2 Stun- den nach dem Untergang der Sonne eingetreten sein mag) auch der Lichttag, an welchem die Verfolgung aufhörte, zum 8. Dios.

Eine Dauer von 29 Tagen haben nur Mondmonate, Sltägige Monate finden sich bloss im Sonnenjahr. Mit Sicher- heit lässt sich keine von beiden Monatslängen in dem Werk des Josephos nachweisen ; doch Niese will zwei dem Kalender von Tyros entsprechende 31tägige Monate in dem Artemisios und Daisios des J. 67 erkennen, in welchem Jotapata be- lagert wurde. Als vorletzten und 47. Tag der Belagerung bezeichnet Josephos bell. 3, 7, 33 den letzten Daisios und laut b. 3, 8, 9 war seine Prophezeiung, dass die Stadt nach dem 47. Tag fallen werde, am 1. Panemos genau erfüllt worden ; aber so viele Tage hat noch Niemand aus seinen Daten herausgebracht. Niese nimmt als Anfangstag der Be- lagerung aus bell. 3, 7, 1 den 17. Artemisios, gibt diesem Monat und dem Daisios je 31 Tage und erhält mit dem 1. Panemos, an welchem die Einnahme stattfand (bell. 3, 7, 36) den 47. Tag. Zwar soll der 47. Tag schon auf den letzten Daisios fallen; aber Niese behauptet, die bei diesem gemachte Bemerkung stehe am unrechten Platz, sie gehöre vielmehr zum letzten Tag, dem 1. Panemos; er bringt aber keinen Beweis dafür bei und vergisst, dass der Text dieser Stelle durch die andere geschützt wird, welche das Ende der Belagerung erst nach dem 47. Tag eintreten lässt. Ebenso willkürlich ist seine Behandlung des 17. Artemisios als An- fangstag der Belagerung. An diesem das Datum ist nicht angegeben, aber aus den nächsten Worten zu erschliessen

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begann laut bell. 3, 7, 3 die Arbeit der von Vespasian ent- sandten Mannschaften an der Umwandlung des felsigen, für Fussvolk schwer, für Reiterei gar nicht passirbaren Berg- weges, auf welchem man Jotapata erreichte, in eine breite Heerstrasse; in 4 Tagen wurde sie vollendet, am 5. Tage, dem 21. Ärtemisios, kam Josephos von Tiberias nach Jota- pata und hob den gesunkenen Muth der durch Zuzug ver- stärkten Bevölkerung ; ein Ueberläufer kam in das einen Tagmarsch (s. unten) entfernte Lager Vespasians, meldete die Ankunft des Josephos und ermahnte ihn, schleunigst die Stadt anzugreifen, weil er durch Gefangennahme des- selben das ganze Judenland gewinnen würde. Darauf hin schickte Vespasian sogleich 1000 Reiter ab mit dem Auf- trag, alle aus der Stadt führenden Wege zu besetzen, damit Josephos nicht entrinnen könne ; er selbst folgte ihnen nach einem Tage {{.lera {.liav rji-iiQav^ bell. 3, 7, 4) mit dem ganzen Heer und kam noch vor dem Abend {i-itxQi öelXrjg) vor Jota- pata an, wo er auf einem 7 Stadien von der Stadt entfernten Hügel Lager schlug, rings um die Stadt in zwei Linien das Fussvolk und um dieses die Reiterei aufstellte, in der Absicht, den Fliehenden alle Wege zu verlegen ; der Angriff selbst musste wegen der Ermüdung des Heeres auf den nächsten Tag verschoben werden.

Den Beginn eines Strassenbaues vor dem Herankommen des Heeres hält Niemand für den Anfang einer Belagerung;^) in unserem Falle kommt dazu, dass zwischen dem Ende des Baues und dem Eintreffen des Heeres ein paar Tage ver- gangen sind. Die Belagerung hat vielmehr, wie auch bisher angenommen worden ist, nach dem 2L Ärtemisios begonnen, als Vespasian vor Jotapata Lager schlug. Niese übersieht

1) Vespasian war noch nach der Vollendung des Strassenbaues nicht mit sich im Reinen, wann er die Belagerung, behufs deren er ihn angeordnet hatte, anfangen solle ; erst die Meldung und Auf- forderung des Ueberläufers bestimmte ihn zu der Wahl des Tages.

Urxjcr: Die Tagdatd des Joseiiilws. 489

auch, dass Josephos die Dauer der Belagerung den Jota- patenern selbst vorhergesagt hatte, was doch wohl erst nach ihrem Beginn und nach seiner am 21. Artemisios erfolgten Ankunft geschehen ist. Als Datum des Anfangs der Be- lagerung ist aber nicht, wie gewöhnlich geschieht, der 22., sondern der 23. Artemisios anzusehen. Die Ermüdung der Truppen bei der Ankunft kam davon her, dass sie einen ganzen Tag hindurch^) marschirt waren {di' oXr^g wdevKorEQ rjjiieQag, b. 3,7,4); die Entfernung zwischen dem bisherigen Aufenthaltsort Vespasians und Jotapata betrug demnach 5 oder mehr Meilen.^) Andererseits hatte Josephos, als er am 21. Artemisios von Tiberias nach Jotapata kam, über 3^/a Mei- len zurückgelegt und nachher erst der Ueberläufer diese Stadt verlassen, um in das mindestens 5 Meilen entfernte römische Lager zu kommen, hat dieses also frühestens am Abend, d. i. am Anfang des 22. Artemisios erreicht. Wenn nun Vespasian sogleich 1000 Reiter, nach einem Tage (f-iera f.iiav ■jJ|U.) aber das Hauptheer in Bewegung gesetzt hat, so ist dieses, gleichviel ob die Reiter am Abend, in der Nacht oder am Morgen des 22. Artemisios aufgebrochen waren, jeden- falls erst am 23. früh ausgezogen; vielleicht war es über verschiedene Orte vertheilt und musste am 22. erst zusammen- gezogen werden. Ein bloss in einer Nacht bestehendes, am Lichttag gar nicht betheiligtes Intervall wird nicht durch f^ETCc (.iiav r^f-dqav ausgedrückt^); dieser bei Josephos beliebte

1) Das Wort 8eilrj bezeichnet die Stunden um Sonnenuntergang (Spätnachmittag und Abend) : vermuthlich sind sie in der 4. Nacht- wache, um Nachtstunde 10 oder 11 ausgezogen und in der ebenso" vielten Tagstunde angekommen, so dass ihr Marsch die Dauer eines Lichttages hatte (am 23. Panemos = 26. Mai 67 n. Chr. in Galiläa über 13 '^/4 Stunden); natürlich haben dazwischen auch Rasten stattge- funden: Vegetius (oben S. 460) rechnet als Marschzeit auf 20—24 mil. pass. 5 Sommerstunden , welchen circa 6 gewöhnliche (äquinoctiale) Stunden entsprechen.

2) Josephos würde iiera /iiav vvxxa oder nexa fxiav sojiequv gesagt haben; vgl. b. 5,2, 1 svOa /.uav eajisQuv aidioü/.i£vog vno lijv sco Ji^öeioi.

490 Sitzung der pliilos.-philol. Classe vom 2. Dezember 1S03.

Ausdruck bezeichnet das Dazwischenliegen eines ganzen 24stündigen Tages: so heisst es bell. 4, 11, 4, nachdem die Eroberung des Capitols, also die Geschichte des 19. Dezember erzählt ist : xat /.lezd {.dav rßieQav slgelavvsi /.liv Livzwviog, v/ti^vTCov de Ol OvLTeXkiov ytal . . . {OuiTilhog) aTTOog^aTTerai; der Angriff des Antonius und die Ermordung des Kaisers geschah am 21. Dezember (Cap. I); falsche Auffassung jenes Ausdrucks hat manche verführt, auch Josephos für den 20. Dezember als Datum dieser Ereignisse zu citiren. Ferner bell. 6, 2, 7 8v rovrcp (d. i. vneQ 7t€f.in:Tr]v rrjg r]i.äQag äqav^ s. § 5) ovodov evTQSTTLGavTO mit § 8 /.leTcc (.ilav iqf.ieQap atrcüv zi^g avodov enLzid^evzat tieql cöqav evöexazrjv zrjg 7ji.ieQag, wo fast 29 Stunden in der Mitte liegen.

Vom 22. oder vielmehr 23. Artemisios bis zum letzten Daisios 47 Tage zu zählen ist ein Ding der Unmöglichkeit, entweder eines der zwei von Josephos angegebenen Data (der 21. Artemisios und, als Tag der Einnahme, der 1. Pa- nemos) oder die Zahl 47 ist falsch. Schürer 1 512 findet den Fehler (da der 1. Panemos bell. 3, 7, 30 durch den 4. Panemos bell. 3, 9, 1 geschützt ist, welcher sich auf den mindestens 2 3 Tage späteren Abzug Vespasians bezieht) im 21. Artemisios; aber eine nicht gewaltsame Aenderung des überlieferten ely.oozij nQWzr] bietet sich schwerlich dar. Am wahrscheinlichsten ist Chambalu's Vermuthung, dass sich Josephos um 10 Tage geirrt und den 47. Tag mit dem 37. verwechselt habe. Dann hielt dem im Mondjahr herr- schenden Verhältniss entsprechend von den zwei Monaten Artemisios und Daisios der eine 30, der andere 29 Tage oder umgekehrt.^) Man könnte auch vermuthen, bell. 3, 7, 33 zeoaagaKOOz^ {/iiav ri(.ieQa ■aal Ißdof-irj) sei ein Textfehler st. zQiaxooTfi und im Hinblick auf diesen sei bell. 3, 8, 4

1) Chambalu selbst erhält, vom 22. Artemisios ausgehend, für beide je 29 Tage.

Umjcr: Die Tagdata des Josephos. 491

{f-iera) TQiaxoazrlv (sßd6f.trjv rjf.ieQav) von einem durch das Wunderbare der Erzählung angeregten Leser in TEOoaqa- V.0ÖT7V verwandelt worden.

IV. Das Apellaios-Datum.

Wenn die makedonischen Kalenderdata des Josephos überall aus jüdischen übersetzt sind, lässt sich das als solches unerklärbare Tqixrj /.cr]vdg ^änElXaiov bell. 4, 11, 4 nur auf einen Textfehler zurückführen. Dem 21. Dezember 69 ent- sprach der 18. (oder 17.) Kislev : wahrer Neumond 2. De- zember Nachmittags 3 U. 12 M. Jerusalemer Zeit, schein- barer 3. Dezember Nachts 11^4 ü. ; 1. Kislev also der 4. (bei Fehlbeobachtung 5.) Dezember. War die Tagnummer 18 in der Vorlage des Archetypus nicht durch ein Wort, son- dern durch eine Ziffer ausgedrückt (r^ u] oder THIIH), so konnte daraus ^^tV*^ hervorgehen, wenn der die Zahl an- zeigende Querstrich über IH etwas kurz ausgefallen war, so dass er den zweiten Buchstaben H nicht zu bedecken schien ; statt THIIH wurde dann THITH gelesen und dies als TPITH gedeutet; das stumme Jota fehlt bekanntlich in vielen Handschriften theils vollständig theils häufig, das Gleiche ist schon seit Beginn der römischen Zeit in den In- schriften der Fall. In Tagdaten wird dem Ordinale in der Regel kein Artikel beigegeben ; doch schreibt Josephos ant. 2, 14, 6 Ttj ÖETiärrj rov Bavd-rAov f.ir]vdg slg rtjv TeooaQsg- ■Aaid€y,üTr]v; 3, 10, 4 t^ /tcf^uTT] tov aviov f.irjv6g Kai öe- y^ccTTj; 10, 8, 2 rov Tetoqtov (.nqvog t^ evarrj rn-itQc^.

Auf ähnliche Weise ist vielleicht das sonderbare Tajj- datum des älteren Tempelbrandes ant. 10, 8, 5 ^irivi Hei-LTiTio ifi vov(.irivic< entstanden; Josephos hatte nur die Wahl zwischen dem 7.1) Tag (2 Kön. 25, 8) und dem 10. (Jerem. 5, 12) des

1) Nach anderer Lesart (S. 483) dem 9.

492 Sitzung der ^ihHos-philol. Classe vom 2. Dezember 1803.

5. Monats Ab; in der 'Judengescliichte' hat er sonst nirgends^) das Datum angegeben, in seinem älteren Werke aber (bell.

6, 4, 5) den 10. Loos (Ab) als Datum beider Tempelzerstö- rungen bezeichnet. Dieses hat er wohl consequenter Weise auch hier angegeben und nur aus ihm ist die Entstehung des Fehlers erklärbar. War es ebenfalls in der Vorlage durch Ziffer {THII) ausgedrückt, so konnte, wenn der Querstrich vergessen oder undeutlich war, das zweite I im Sinne des älteren griechischen Ziffernsystems als Bezeichnung der Zahl Eins aufgefasst und dann durch den Namen des ersten Monats- tages ersetzt werden.

1) Niese S. 206 glaubt eine Spur des 10. Ab in den 10 Tagen zu erkennen, welche ant. a. a. 0. in den Zeitabständen des Tempelbrandes von älteren Epochen vorkommen: 470 Jahre 6 Monate 10 Tage seit dem Tempelbau, 1062 J. 6 M. 10 T. seit dem Auszug aus Aegypten. 1957 J. 6 M. 10 T. seit der Sündfluth, 3513 J. 6 M. 10 T. seit Adams Erschaffung. Dieselbe Tagzahl steht ant. 10, 8, 4 in der Regierungs- dauer der jüdischen Könige seit David 514 J. 6 M. 10 T. (in den darauffolgenden Worten £t mv eI'xooi rljv uqxtjv xaziox^v 6 jcgcörog avTCOv ßaaiksvg Saov^o? ist statt i^ mv zu lesen e^co cov, d. i. 'ausser den 20 Jahren welche'; den Hiatus meidet Josephos nicht) und 9, 14, 1 in dem Abstand vom Ende des Königreichs Israel bis zu dem des Reiches Juda 130 J. 6 M. 10 T. Diese 10 Tage entsprechen aber den 10, welche 2. Chron. 86, 9 den auch 2 Kön, 24, 8 auf die Regierung des Königs Jojachin gerechneten 3 Monaten zulegt, s. Destinon, die Chronologie des Josephos, 1880 S 16 ff.

Herr v. Maurer hielt einen Vortrag: „Ueber die Huldasage." Derselbe wird in den Abhandlungen veröffentlicht werden.

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Historische Classe.

Sitzung vom 2. Dezember 1893.

Herr Oberbibliothekar Riezler hielt einen Vortrag:

„Zur Würdigung Herzog Albrechts V. von Bayern und seiner inneren Regierung."

Derselbe wird in den Abhandlungen veröffentlicht werden.

Philosophisch-philologische Classe.

Nachtrag zur Sitzung vom 2. JuH 18i)2.

Herr R. SchölP) hielt einen Vortrag:

„Heber die eytXoyri des Atticisten Phrynichos."

Phrynichos aus Arabien (nach Suidas aus Bithynien), der zur Zeit der Kaiser Marcus und Conimodus lebte und sein grosses lexikalisches Werk aoq^iGTizr] jraQaGnsvri dem

1) Der Vortrag über Phrynichos ist der letzte, den mein Bruder in der Akademie gehalten hat. Er hat dafür eine Skizze hinter- lassen, die nur kleiner formaler Aenderungen und Ausfüllungen, so- wie einer Vervollständigung der angedeuteten Citate und Belege be- durfte, um druckfähig zu werden. Sicherlich würde der Verfasser selbst für die Veröffentlichung noch Manches verändert und ergänzt haben: aber auch in der vorliegenden Gestalt wird diese letzte Gabe einer wehmüthig freundlichen Aufnahme sicher sein und das schmerz- liche Bedauern verstärken, dass es dem uns so früh Entrissenen ver- sagt blieb, mit anderen grösseren Plänen auch die so lange und sorg- sam vorbereitete Ausgabe des Phrynichos zu vollenden.

Heidelberg, Dezember 1893. Fritz Schöli.

494 Nachtrag z. Sitzung d. plülon.-philol. Classe v. 2. Juli 1892.

Commodus widmete wie sein Zeitgenosse Julius Pollux das erhaltene Onomasticum, ist für uns der älteste und wichtigste Vertreter des grammatischen Atticismus, der seit Hadrian etwa gleichzeitig mit der jüngeren Sophistik in Blüthe kam und mit dieser zusammen die charakteristische Erscheinung des zweiten Jahrhunderts bildet.

Man darf die Leistungen dieser atticistischen Sprach- lehrer nicht an dem Massstabe des rhetorischen Atticismus messen, der zu Ciceros Zeit zu Rom seine Stätte fand und theoretisch in der augusteischen Zeit von Dionysios von Ha- likarnass und Caecilius zu einer neuen Stillehre ausgebildet wurde. Noch weniger ist die jetzt beliebte Auffassung^) irgend zu begründen, dass diese klassicistischen Bestrebungen ihre Wurzel in Pergamon haben und an die Arbeiten der pergamenischen Gelehrten Krates u. A. anknüpfen. Dass die Pergamener jemals eine Regeneration des Stils und der Sprache nach dem klassischen Muster altattischer Schlichtheit und Grösse im Gegensatz zu dem herrschenden Asianismus er- strebt hätten, davon ist nichts bekannt. Dionysios und Cae- cilius haben in der That ein solches Programm aufgestellt und in ihren literarhistorischen und ästhetisch - kritischen Untersuchungen durchgeführt; sie haben damit auf die Lite- ratur der Folgezeit eingewirkt, ohne doch die Praxis, wie sie gehofft, in neue Bahnen zu lenken ; sie haben für richtige Auswahl und Anwendung des Sprachmaterials Achtungs- werthes geleistet, besonders Caecilius in seiner 'Wohlreden- heit' •/.alhQQr]i.ioovvr], die bei Suidas eine e■aXoyr^ Xe^siov xara OTOixelov heisst: aber gerade auf dem Gebiete der Wort- wahl waren sie weit entfernt, eineui einseitigen Purismus zu huldigen.^)

1) L. Cohn im Rhein. Mus. XLIII S. 405, Susemihl Gesch. tl. gr. Litt, in der Alexandrinerzeit II S. 482 ff. u. A.

2) Eohde, Griech. Roman S. 32G Anm. 2.

li. Scholl: Die 'ExXoyrj des Ätticisten Fhrynichos. 495

Gerade auf diesem Gebiete des Wörterschatzes und Sprach- gebrauches ansschliesshch bewegt sich die neue Atticistik ; sie stellt die korrekt attischen Ausdrücke zum Behufe der Nachahmung zusammen : wobei sie natürlich Sammlungen, wie die des Caecilius, so gut wie die zu wissenscbaftlichen Zwecken gehäuften reichen Materialien gelehrter Alexandriner und Pergamener benutzt haben wird. Jene Grammatiker stellten sich die Aufgabe, die griechische Prosa von den Flecken und Auswüchsen zu reinigen, welche ihr seit der Herrschaft einer koiv7[, einer ^^allgemeinen Conventionssprache' in der hellenistischen Periode anhafteten. Eine Wiedergeburt des klassischen attischen Stiles in seiner Fülle zugleich und seiner Einfachheit , seiner Bestimmtheit und seiner zarten Linienführung erstrebten sie nicht. Etwa wie unsere mo- dernen Sprachreiniger sich begnügen, zur Bekämpfung der 'Fremdwörterseuche' ein Wörterbuch "^echt deutscher' Ausdrücke herzustellen, wo es vor Allem noth thäte, der Stillosigkeit und manierierten Ungebundenheit unserer Literaten und Feuil- letonschreiber entgegenzuwirken.

Die atticistischen Grammatiker arbeiteten unmittelbar für die Praxis, im Dienste der Rhetorik, d. h. eben jener gleichzeitig blühenden Sophistik. Denn so sehr die modische Rhetorik noch immer im Banne der alten asianischen Manier blieb, so ängstlich war sie beflissen, ihrer sprachlichen Form einen möglichst attischen Anstrich zu geben : aTziKiCELv war damals das allgemeine Schlagwort; in den Hörsälen, den öffentlichen Versammlungen, bei ärztlichen Consultationen, in der Privat-Correspondenz wie in der kaiserlichen Kanzlei wollte man gut attisch reden und schreiben. Die angesehenen Rhetoren hielten sich ihre Leibgrammatiker : aus Phrynichos selbst erfahren wir, dass Polemou von Smyrna, der gefeiertste dieser Sophisten, seine Schriften vor der Herausgabe durch den Grammatiker Sekundos revidieren liess was freilich nicht hinderte, dass in den erhaltenen Reden Polemons be-

496 Nachtrag z. Sitzung d. iMlos.-philol. Glasse v. 2. Juli 1892.

denkliche Verstösse gegen den attischen Sprachgebrauch stehen geblieben sind. Den gleichen praktischen Zweck verfolgten die Sammlungen des attischen Wortschatzes, Mer alten und beglaubigten Redensarten', wie die ooquozLv.'r] naQaGxsvrj des Phrynichos schon in ihrem Titel "^grammatisches Rüstzeug für die Sophisten' verräth.

Mit Eifer wurden die alten Autoren durchforscht: die Regel, dass man kein Nomen oder Verbum brauchen dürfe, das nicht in den klassischen Schriften stehe i.ir]TE ovo- (.lari /^(rjTE QT^f-iati yQrjodai alXoig TtXrjv zolg £x nov ßißXiiov spricht Aristides Rhetorik II 6 aus. Die klassische Her- kunft jedes Wortes ward peinlich geprüft: man kennt aus dem Athenaeos jenen ülpianos aus Tyros mit dem Spitz- namen KEiTOvxsiTog, der bei jedem Ausdruck zu fragen pflegte xeiTai ii] ov ■/.eliai.

Die Folge dieser an sich löblichen Aufmerksamkeit war ein pedantischer Purismus. Die Atticisten wollten attischer sein als die attischen Autoren selbst. Sie verwarfen Formen und Ausdrücke als nur vereinzelt bei guten Autoren vor- kommend ; den behebten Menander und die Dichter der neuen Komödie erkennt Phrynichos gar nicht als Zeugen für attische Ausdrucksweise an. Der Kreis attischer Muster ist eng ge- zogen : als solche gelten ihm in erster Linie Piaton, De- mosthenes und der Sokratiker Aeschines, sodann die übrigen Redner, Thukydides und (mit Einschränkung) Xenophon, Kritias, Antisthenes, Aristophanes und die alte Komödie, endlich die drei grossen Tragiker. Mit schulmeisterlicher Ueberlegenheit kritisiert Phrynichos wie den Menander und Philemon, so von Prosaikern den Aristoteles, Theophrast, Chrysippos, Plutarch u. A. Mit besonderem Behagen wendet er sich gegen die sprachlichen Verstösse der zeitgenössischen Sophisten, gegen den hochbewunderten Polemon, gegen Lol- lianos, der die neue Sophistik zuerst in Athen eingebürgert hat, vor Allem gegen den Philosophen unter diesen Rhetoren,

B. Scliöll: Die 'Exloyri des Atticisten Phrytiichos. 497

Favorinus. Im Ton eines plagosus Orbilius äussert er den Tadel jeder Versündigung an der Sprachreinheit : 7cavv a/na- ^cog, soxaTtog ßdqßaQOv, yidxiOTOv, ccTTOTQsmo Xeyeir, sve- y.aXvipcif.irjv oqcop S. 69, svaviiaoa tovt' dxovöag S. 194, vavTiag d^iov zovvof-ia S. 226, o tovto Xtycov XtjQsl S. 137 dies ist eine Blüthenlese der kräftigen Ausdrücke ^), mit denen übrigens Phrynichos nicht allein stand. Sie finden sich schon in den Fragmenten seines Vorgängers Irenaeus oder Minucius Pacatus'*), wohl des ältesten der grammatischen Atticisten.^)

Trotz alles Eifers und aller Gründlichkeit dieser gram- matischen Studien ist es nur zu deutlich wahrnehmbar, dass die altattische Prosa für jene Zeit bereits eine todte Sprache war. Wo Phrynichos in längeren Ausführungen Proben seiner Schreibweise giebt, machen dieselben den Eindruck eines mühsamen Exercitiums, das mit lauter attischen Idio- tismen gespickt ist und von wirklichem Stilgefühl keine Spur zeigt.*)

Immerhin darf man den Werth dieser Sammlungen des Phrynichos nicht unterschätzen. Nicht bloss sind zahlreiche attische Worte und Wendungen aus der reichen Literatur mit Sorgfalt gebucht und theilweise mit auserwählten Citaten belegt: auch die Regeln der Flexion und Wortbildung sind vielfach richtig erkannt und gegenüber der verwilderten spä-

1) Vgl. Cobet Var. lect. S. 26.

2) Vgl. das neue Fragment S. 518 Ruth, (fragm. 13 bei Haupt): iaxÜT^cos ßdgßaQov (s. u. S. 512).

3) Den man jetzt richtiger an den Anfang des zweiten Jahr- hunderts setzt als früher in die augusteische Zeit. Gegen Ritschi Opusc. I S. 115. 188, Rohde Griech. Roman S. 327 Anm., Schmid Atticisraus I S. 205 vgl. Bethe Quaest. Diodor. S. 91 Anm. 113.

4) So besonders S. 418 in dem Ausfall gegen Menander: eine Stelle, über die richtiger als Lobeck urtheilt Meineke Fragm. Com. IV S. VI f. Vgl. Rohde Griech. Roman S. 329 Anm. 1.

498 Nachtrag z. Sitzimg d. phüos.-iMlol . Classe v. 2. Juli 1892.

teren Grräcität scharf hervorgehoben.^) Vor Allem aber liegt der Werth der lexikalischen Schriften für die historische Be- trachtung der Sprachentwickelung nicht allein in dem, was Phrynichos als echt attisch zusammenstellt und charakteri- siert, sondern nicht minder in dem, was er als unattisch, unbeglaubigt, dialektisch, vulgär verwirft oder brandmarkt. Dadurch werden diese Zusammenstellungen eine Fundgrube für den Sprachgebrauch der /.oiviq^ sie geben für die Trübung und Abschwächung des Sprachgefühls in hellenistischer Zeit, für die Vermischung griechischer und halbbarbarischer Ele- mente sprechende Belege.

Unter diesem Gesichtspunkt hat nach unvollkommenen Versuchen seiner Vorgänger Lobeck zuerst in seinem Com- mentar zu den 'Eclogae nominum et verborum Atticorum' auf Grund seiner staunenswerthen Belesenheit in der ganzen uns erhaltenen Literatur die Angaben des Phrynichos con- trolliert und mit reichen Belegen versehen.

Die Prüfung ergiebt, dass sich die von Phrynichos ge- rügten Ausdrücke vielfach weit zurück bis in die attische Literatur selbst verfolgen lassen, vielfach aber auch erst in der späteren Gräcität nachweisbar sind. Lii Grossen und Ganzen wird man sagen dürfen, dass sich Phrynichos' Tadel gegen solche sprachliche Verstösse richtet, welche in der Literatur zur Erscheinung gekommen sind das gilt auch von Bezeichnungen , wie ^vqav.ÖGLOi , üoveg , ^lyvmioi, ^4Xs^avÖQe7g^ ^4Xe^avÖQECüTr/.6v Tovvofia.^) Aber hie und da sind doch wohl auch Ausdrücke aus der Vulgärsprache berücksichtigt. So richtet sich der Artikel vr]Q6v vScoq (un- richtig für 7iq6oq)axov S. 42) gegen einen Sprachgebrauch, den wir in der Prosa nicht belegen können, wohl aber in

1) Vgl. Lobeck in F. A. Wolfs Analecta III S. 47 ff.

2) S. 332 : TS&eXrjxsvai 'Aks^avögscoriHOv xovvojxa. 8i6 uxpExeov 'Aks^avÖQSvaiv xal Alyvjtrioig avrö' TJfiTv ös Qrjxiov rjd^sXrjHEvai.

B. Scholl: Die 'ExXoyij des Ätticisten Phrynichos. 499

dem vEQov, veqÖ der Volkssprache bis zum heutigen Tag. So war VTTOOTaoig eqyiov (nicht anöoTaaig S. 285) häufig im Munde der Bauunternehmer: Phrynichos kennt keinen ent- sprechenden klassischen Ausdruck, el ö' Eigsd-eirj draye- yQaipevai. Vgl. auch S. 146 über den Dativ yeiqoiv.

Für eine Reihe von Worten hat sich ein literarischer Beleg bisher nicht linden lassen: S. 17 EvxoUei, 60 ipd6-/.ovQog ('kurz geschoren'), 201 atVor^o^og (für Ofzoa/rog 'Volontär'), 84 87TiTQomaCeiv (für vrcoTQo/ciü^eiv 'Rückfall haben'), 121 l-ieaiduo^r^vai (für fieoeyyvrjd^^vai 'deponiert, verpfändet sein ), 146 svegior (und yeiQGiv: s.o.), 178 ■/.qaoriqQia (richtiger als ivr^Xara 'Bettstollen'), 193 vif-ii-ia (für drroviTrzQov), 194 f.iEO0- dd'/.rvXa, 284 nah.

S. 440 : y.aTaloyifjV o\ avQcpaxsg leyovai rrjv ttqoq riva aldöj, oi'x oQ&cög. Dies Wort xaraAo/i] = Scheu, Rücksicht ist im römisch-griechischen Anltsstil geprägt: dqEzrjg v.axa- /loyrjg TE evE^-EP = 'virtutis honorisque ergo' u. ä.^) Der Gebrauch ist aber schon nachzuweisen bei Polybius XXII 16, 10 H. (XXIII 12, 10): der Senat gebot den Achäern, seineu Legaten die nöthige Rücksicht angedeihen zu lassen: tolg öe nqEoßEvxaig ro'ig aEt itaq' eavrcov E'/.7iEf.i7tO(.Uvoig TtaQiiVEL TtQOOEXEiv Tov vovv '/.ai y.ataXoyi]v noiEiodai rrjv OQj.io'QovGav , wo freilich Reiskes Konjektur 'Aaradoyriv noch immer in den Texten steht (zuletzt bei Capes [1888]).

S. 402 : EvxQijGZEh' d7t6QQnf.iov. leys di y.r/Qavai. Darüber sprach Stephanus(Thes. IV S. 600) seine Verwunderungaus, wäh- rend Pauw erklärte 'utilis est qui commodat'. Dagegen dachte

1) Bases 'E<p. dg^. 1886. S. 43. Dazu SC von Tabae aus Sullas Zeit (Hermes XXV S. 625). Vgl. Viereck 'Sermo gr. quo S. P. Q. R. usi sunt' Göttingen 1888. S. 73 [XVII 9 ojicog xaraXoyt) avrcöv yEvi]zai und XVIII 37 (Oropos) xaxaXoyfjg ^söv a^aväzcov hsxEv] und Her- mes XXV S. 627; Newton anc. gr. inscr. of the Brit. Mus. II 143, S. 5 Z. 13: Tuv fieyiotar y.aTaXoyu\y jTQoajiotov/is^vog rcöv zs dg^ovrcov y.al rag jiöhog (Anfang des ersten Jahrhunderts v. Chr.).

500 Nachtrag z. Sitzung d. phxlos.-philol. Classe v. 2. Juli 1892.

Lobeck vielmehr an Verschmelzung zweier Artikel, deren einer evxQrjOTsiv = dienlich, brauchbar sein, sich nützlich machen, der andere yiixQcv betroffen hätte. Allein thatsäch- lich ist evxQrjOTelv = 'commodare' als euphemistischer Aus- druck der Umgangssprache anzuerkennen und zu belegen: vgl. die Inschrift von Eleusis '%. dcQx. 1887 S. 6^) und be- sonders die Orgeoneninschrift (Bursian Sitz.-Ber. 1879 S. 109j: 7iQoevxQrjGTr]X£v ds y.al diarfoqov 7TolXäY.ig aroy-ov dnodr]- }.iom>Tog xov rafiiov.

S. 238 : Ttaqaßohov adoy.ifxov tovto. t^ f.iEv ovv 6v6f.iaTi ov v.ixQrivTai o\ naXaioi, tcü ös Q7]f.iaTi. cpaot yaq ovtio, 7iaQaßalXof.iai t^ sf-iavTOv xfyaAjI. «X^f»' ovv naTtl tovtcov Xeyeiv, 7taQaßdXXof.(ai aQyvQiw. Zu naqaßöXiov = Einsatz, Pfand vgl. die Inschrift von Thyatira (Bull. X S. 399): VTtelQtovrjd^eioi 7raQaß6X[^iov.'^)

S. 309 wird gelehrt, dass iplad-og, vaXog, ^laqog mit a, nicht E, dagegen nveXog und yiveXög mit £, nicht a, zu schreiben sei. Für f-iisgög liefert C I G. 3588 den von Lobeck ver- missten Beleg, für TCvaXog Inschriften aus Kos, Karlen und Bithynien.^)

Anderwärts bestätigen die Inschriften Phrynichos' An- gabe nicht. S. 324: ßaÜ^i-iog iaxöv did rov ^, did rov ff ccttikÖv. Vgl. dagegen Inschriften aus Kyzikos (4. Jahrh.) und Erythrae bei Bechtel Inschr. d. ion. Dial. n. 111. 117.*)

1) svxQrjOTwv xoiveT näoiv (s. die Bemerkung des Herausgebers), •wie anderwärts CIA. II 621: xal xoiveT: xoTg ogysöJaiv xal tSia sxdorcp Evy^QfjOTOV avTov JiaQaoxsvaLcor.

2) Vgl. Viereck a. a. 0. VIII S. 9. 79.

3) Ross, Inscr. gr. in. 300; Mitth. XII S. 172 (nvekov und jroi'a- Aor), XV S. 270 {nomh's).

4) roll nvoyov xal ßaa/^iov und 686g ärSgoßaa/iög. Vgl. Bechtel S. 152.

B. Schall: Die 'ExXoyrj des Atticisten Phrynichos. 501

Eine auf ausreichender handschriftlicher Grundlage be- ruhende Textrecension der Ekloge des Phrynichos fehlt bis heute. Die Editionen von der Princeps d. J. 1517 an bis auf Rutherfords New Phrynichus 1881 geben eine zufällige, oft willkürliche Ueberlieferung.

Die Editio princeps wurde von dem Kreter Zacharias Kalliergos in Rom 1517 besorgt nach einer der gewöhnlichen Handschriften, welche die ^Eytloyrj in zwei Büchern (^^t/r;- f-iara) enthielt. Aber diese Eintheilung und die handschrift- liche Reihenfolge der Artikel, welche ein Prinzip der An- ordnung nicht erkennen lässt, ist aufgelöst und durch eine streng alphabetische iVnordnung ersetzt, die an der Ueber- lieferung keinen Anhalt hat.^) Dies wurde festgehalten in den späteren Ausgaben des sogenannten Varinus Phavorinus (Guarino, Bischof von Nocera) bei Kalliergos 1523, des Fr. Asulanus Venedig 1524 und der Pariser des Vascosanus 1532, die auch am Text der Editio princeps wenig änderten.

Eine ganz andere Gestalt erhielt der Text in der Aus- gabe des Spaniers Pedro Juan Nufiez aus Valencia (Nun- nesius Valentinus) Barcelona 1586. Dieser gelehrte Gräcist, auch Verfasser einer brauchbaren Schulgraramatik (Instit. gramm. linguae Graecae 1590), gab den Text nach einer Handschrift, die beträchtlich mehr enthielt, als die bis- herigen Ausgaben : sie war vielleicht in seinem eigenen Be- sitz, wie die Handschriften des Thomas Magister und des Moschopulos, welche er in den Noten zu dem Artikel /.aqr^vaL citiert^); jetzt ist sie verschollen. Nicht zwei Bücher, son- dern drei Abschnitte wurden hier geboten, der erste von

1) Ohne Grund meinte Ritschi Thom. Mag. praef. p. XXII, Kal- liergos habe eine Handschrift benutzt, in welcher die alphabetische Ordnung durchgeführt gewesen sei : dergleichen Handschriften exi- stieren nicht.

2) S. G3 der Hoeacheliana 1601.

1893. PLilos.-philol. u. hist. Cl. II. 4. 33

502 Nachtrag z. Sitzung d. phüos.-pliilol. Glasse v. 2. Jxäi 1892.

Nnnez als ey.Xoyr des Phrynichos bezeichnet, der zweite als Tov avTOv s/TiTOf-iri, der dritte als dgx^ ^oD tqitov (nur we- nige Artikel, eine Art Nachtrag umfassend).

Diese Gestalt blieb massgebend für die Nachfolger, die ohne neue handschriftliche Hilfsmittel Nunez' Text zu Grunde legten, obgleich über die Zusätze und neuen Artikel Zweifel blieben: David Hoeschel 1601, Cornehus de Pauw 1739 und Chr. Aug. Lob eck 1820. Lobecks Verdienst Hegt nicht in seinem Text, sondern in den diesen begleitenden und con- trollierenden Anmerkungen, in denen sich die wahrhaft stu- pende Literatur- und Sprachkenntniss des Mannes von ihrer glänzendsten Seite zeigt. In der Textgestaltung bezeichnet die Ausgabe vielmehr einen Rückschritt. Lobeck kehrt in- soweit zu der Ordnung in der Editio princeps zurück, als er Artikel, welche dasselbe Lemma haben, in den Handschriften aber an verschiedenen Stellen stehen, nebeneinander rückt ^), ja selbst solche Artikel, welche dieselbe Regel an analogen Formen oder verschiedenen Beispielen variieren ohne Rück- sicht auf die Ueberlieferung zusammenstellt.^)

Der neueste Herausgeber Rutherford (1881) ist in diesen willkürlichen Verbindungen inhaltlich verwandter oder nahestehender Glossen sogar noch über Lobeck hinausge- gangen^), obgleich ihm handschriftliche CoUationen aus einigen Codices der Laurentiana zu Gebote standen.

Es ist nicht bloss Gleichgiltigkeit gegen die Textüber- lieferung — vielleicht genährt durch die grosse Verschieden-

1) S. 162 eXXvxvlov (aus B. I und 11), rjvvazQov evvotqov (aus B. I und III), S. 68 viicog (für visog) und vtea (für vtor), S. 208 exxQwaai und i^hgcoasv.

2) S. 69 rsXsvzaiözaTov und xogvqpaiorarog , S. 45 extots und OLTiöjtaXai.

3) S. 70 zuxtov und ßgadiov (S. 101), S. 215 svgaa&ai und acpsÜMzo (S 139 und 183), S. 225 t)? und f^'/? (S. 149 und 236), S. 246 ilvRwyEv und Sisqp&OQÖg (S. 157 und 160).

R. ScMU : Die 'E-Aoyr) des Atticisten Phrj/niclios. 503

heit der Texte in den ältesten Ausgaben und derjenigen des Nunez , welche Lobeck zu seinen gewaltsamen Umstellungen veranlasste : er meinte in der That durch dieselbe die ur- sprüngliche (in unseren Handschriften alterierte) Ordnung der Artikel herzustellen (vgl. S. 15. 38). Lobeck setzt eine systematische Disposition des Stoffes durch den Autor voraus, die durch die Epitomierung des Werkes gestört Avorden wäre.

Dies ist eine petitio principii und ist eine Täuschung. Vielmehr lässt sich zeigen, dass durch diese Systematisierung die in der Ueberlieferung noch erkennbare Zusammengehörig- keit der Artikel aufgehoben wird.

So gleich an dem ersten Beispiel S. L5 : Idnivai (falsch ^Enivai Lobeck), y.azivai, tTQoalvai, eiivaf nävia oöo'/.tua avev Tov e XeyofXEva' xQ^i Y^Q ^'^^' '''V ^ ccTiievat Y.al e^ievai kayeiv y.al Tci loina of-wiiog. Darauf folgt bei Lobeck : Eiotärw xal neol tovtov ovTcog e'ox£. ytolliavog a'AOvoag, ort xQTj avv rtp s sioiävai Xayeiv, eiS^' vnelaße /.al lo eiotvoj eloihto delv ItyEoiyai. Dieser Artikel steht hinter ai vr^eg : rag vavg (S. 170): Aolliavog d' 6 ooq)iOTrjg d-/.ovoag jcagä Tivog, oxi ov xqri ai vavg keyeiv aXV ai vrjeg, «J^i^^ <^€'^ XiyEiv ymI rrjv alxiaTiy.rjv of-iokog rag vrjag xtA. Hier ist ja nun die Zusammengehörigkeit klar und die Beziehung des y.al negl tovtov ovTiog tyu auf das Verfahren des in diesen beiden Artikeln genannten LoUianos , während es Lobeck falsch auf den (ursprünglich vorhergegangenen) Artikel a^n- ivai bezieht.

Ebenso darauf S. 37 : A7r€lsioo(.iai; vtavTanaoi q)vlcxr- Tov ovTB yoQ Ol doY-if-ioi qi]TOQEg ovre rj dqyaia yuüi-uoöia ovre nXdxdJv y.exQi]Tai rfj (fcov^. dvxi de avxov xi^ ajiEifiL XQw '/.ai xo'ig 6f.ioEidaoiv cooavtcog. Damit verbindet Lobeck einen Artikel: 'E/iE^ElEvoöi-iEvog' äXXog ovxog rjv 'HgaAlrjg' xovx'' ovv l'ovQEv cx XQiüöov (Daßcoqlvog' yQrj yoQ hcEBuop eIiieIv yixl. Dieser Artikel hat seine Stelle S. 190 hinter Jvotü^fEloOai, wo Plutarch wegen des Gebrauchs von dvotoiria

i3*

504 Nachtrag z. Sitzung d. pMIos.-phüol. Classe v. 2. Juli 1892.

für "^falsche Scham getadelt wird. Eine ähnliche Abweichung vom guten alten Gebrauch hat sich Phavorinos zu Schulden kommen lassen: darauf bezieht sich das sprichwörtliche äXXog ovTog [7]v'\ 'Hgaulr^g^ das Lobeck und Rutherford fälschlich für Worte des Phavorin halten.^) Andere Beispiele über- gehe ich.

Das Schlimmste ist, dass man sich durch dies willkür- liche Verfahren eines wichtigen Kriteriums zur Erkenntniss der Entstehung und des wahren Charakters der Eklogai be- raubt. Es ist gewiss nicht zufällig, dass die das gleiche Lemma tragenden oder die gleiche Regel wiederholenden Artikel meist den verschiedenen Abschnitten (oder Büchern) angehören'*): so I'vvotqov und rjvvoiQov (S. 162) aus Buch I und III, ellvyj'iov (S. 162) aus Buch I und II, yslccoif-iov (S, 226) aus Buch I und 11, Qeei edesTO TtQoodteod^ai (S. 220) aus Buch I, II, III, ßaoihooa und ßaoihooav (S. 225) aus Buch I und II, ebenso EXTQwoai und l^ixQcooev (S. 206), vleiog und vUa (S. 68), xvvidiov und XiiyäqLov (S. 180).

Diese Wahrnehmung fällt ins Gewicht bei der Frage nach dem Verhältniss der Abschnitte, die in den Hand- schriften verschiedene Ueberschriften haben. Dafür müssen wir aber zunächst eine Uebersicht über den Stand der Ueber- lieferung geben.

Die handschriftliche üeberlieferung ist ausser- ordentlich compliciert, nicht bloss wegen der schon aus den Ausgaben ersichtlichen Verschiedenheit einer reichhaltigeren

1) Richtig Hemsterhusius und Cobet Var. lect. I 23.

2) Ausnahmen aus Buch I: TeXEiözarov S. 69 und (S. 242j xoqv- (paiozarog, xögrjjua S. 83 und (S. 113) oaQcoaov; aus Buch II: ira ä^co- aiv S. 287 und (S. 347) sav ä^tjs (hier folgt äyayov), sf^sXXov noifjoai S. 336 und (S. 367) s/^eXXov yQmpai.

Ji'. Scholl : Die 'EaXoyrj des Atticisten Phri/nichos. 50o

und einer minder vollständigen Sammlung, sondern auch wegen der grossen Anzahl unter sich verschiedener Auszüge aus dem vollständigeren Werk, die handschriftlich erhalten sind: Epitome-Handscliriften, welche die einzelnen Artikel verkürzt wiedergeben, ohne wörtliche Citate, mit Weglassung einer Reihe von Glossen, auch wohl nur Excerpte einzelner Ab- schnitte des Ganzen geben ein Epitomierungsprocess, den in seinen einzelnen Stadien zu verfolgen um so mehr geboten ist, als auch diese Excerpt-Handschriften eigenthümliche Vor- züge haben und im einzelnen Fall Gutes bieten.

Die Mehrzahl der vorhandenen Codices des vollstän- digeren Werkes giebt die Ekloge in zwei Büchern, wie sie der Artikel Oqvvixoq bei Suidas kennt (Tiegl I^ttikcüv ovo/iiaTtov ßißXla /?'), die Artikel in der Fassung der Editio princeps, nur nicht in der alphabetischen Ordnung derselben, sondern von einigen Abweichungen abgesehen in einer mit Nunez' Ausgabe übereinstimmenden Folge.

Es sind drei Vaticanische Handschriften (Vat. 1410 = Ä, Vat. 1377 = ^, Vat. Pal. 243 = C), eine (C) dem vierzehnten Jahrhundert, die anderen (AB) dem fünfzehnten angehörig, ein Laurentianus (6, 22 = Jf ) und ein Pari- sinus, beide in Venedig geschrieben, der eine 1491 von Joh. Rhosos, der andere 1501 von Scipio Karteromachos (dazu ein mir unbekannter Bodleianus, der Baroccianus 76 saec. XV). Der Titel 0qvvixov 8Y.Xoy\ otzikcuv Qr^f-iaziov ymI 6vo(.mTiov steht in CM an der Spitze , in den übrigen nur als subscriptio des Werkes.^) Die Artikel von ^^vriQqr^oiv an (S. 265) werden als xov avtov Tf.ir^/ua öeiteqov vom ersten Theile geschieden.

An diese Gestalt der Ueberlieferung schliesst sich eine epitomierte Fassung an, die mehrfach vorkommt. Aus

l) reXog xfjg (pQvvixov exXoyfjg äxriHwv Qrj^äxoiv xat 6vofiäx(ov B. xs?.og (pQVvi}^ov dxxcxcöv ovo/ndxoyv xal Q}]fi(xxcov sxkoyfjg A Par,

o06 Nachtrarj z. Sitzung d. phüos.-philoh Classe ?;. 2. 'Juli 1S'J2.

einer Pariser Handschrift (Suppl. gr. 70) hat Bachmann Anecd. II eine Collation der Epitome veröffentlicht, ganz unzuverlässig und obenein entbehrlich, weil diese Handschrift aus einem anderen Parisinus 2662 saec. XIV ^) abge- schrieben ist, wie L. Colin erkannt hat. Ausserdem findet sich diese Epitome in einer von dem Parisinns etwas ab- weichenden Fassung in einem Marcianus zu Venedig (486) und einem Codex der Bibliothek von Ferrara^) aus dem Jahre 1337: dazu ein Vindobonensis gr. 205 saec. XIV. Es fehlt die Büchereintheilnng und der Widmungsbrief an Cornehanus. Die Artikel sind verkürzt; z.B. fehlt Alles von S. 321—331 bis auf den Artikel (fäyo^iai (S. 327).

Diese Epitome ist nicht werthlos und hat im Einzelnen das Richtige besser gewahrt als die vollständigen Hand- schriften. So bieten S. 224 alle Handschriften: ßakavozla- 7iTijq (.iTj "kiye, dXXa ßalavEiOY.li.nTrjq. Scaliger verlangte ßalavT0xXs7tTt]g ßalavTioxMmrjg (ebenso Thomas): und dies findet sich in der Epitome des Parisinus. ^) Auf das un- verständliche ov (fQOvrig ^[yrnoxXeidt] S. 364 in der Glosse EvexvQiiiiala wirft Licht die Ueberlieferung der Epitome ivexvQii-ialov ovv. egeig, cig "^hcnox'keidiqg (vgl. Thomas) u. ä, m.

Eine wesenthch abweichende Tradition mit reich- haltigeren Artikeln bot Nunez' Manuscript. Dasselbe ist verloren: aber einen Doppelgänger glückte mir's in Flo- renz in der Laurentiana aufzutreiben: eine Handschrift, die merkwürdigerweise Rutherford entgangen ist, weil sie nicht dem alten Bestand der Mediceer- Bibliothek angehört, den

1) sx TCü)' qygvvi'xov. Auch von Paris, 2650 nahm Cohn eine Probe.

2) ^Qvvixov ExXoyi] aTiixcöv Q?]f^drcov xal dvo/nuzcov Marc. *{pw- vixov Ferr.

3) Aber nicht im Marc, und Ferr.

B. Scholl: Die 'Exloyrj des Atticisten Phri/nichos. oO?

Bandinis oredruckter Katalog verzeichnet, sondern aus den Conventi soppressi stammt, deren Handschriftenschätze erst Ende des vorigen Jahrhunderts in die Laurentiana kamen.

Der Codex Badiae n. 8^) (saec. XIV*) enthält den Phrynichos in Verbindung mit Thomas, Maximos Planudes, Moschopulos und metrischen Tractaten. Der Titel yQaf.iinaTiA't] Tov (fQvvlyov steht am Rande (vor dem Brief an Kornelianos) ; bei der Glosse ^Avtiqqv^oiv^ die das rf.n^f.ia öeitsqov eröffnet, ebenfalls am Rande tov uvtov sttI tcö (.iiq (so): aber am Schluss dieser Abtheilung: ttXog tov devTSQOv, aQyrj xov Fov mit den wenigen (dieser Recension eigenthümlichen) Artikeln des sogenannten dritten Buches.

Auch der Text entspricht sehr genau dem des Nunez : an Identität der Handschriften zu denken, verbieten aber einzelne Abweichungen, wo Nunez' Lesart durch die gleich zu nennende Vaticanische Handschrift bestätigt wird.

Eng an diese Recension {F) schliesst sich auch eine Epitome-Handschrift der Laurentiana 57, 24 (L) vom Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts.^) Grössere Vollstän- digkeit und andere Reihenfolge der Artikel theilt dieser Codex mit dem Florentinus und Nunez' Handschrift: aber die Fas- sung der Artikel ist verkürzt, auf das Wesentliche beschränkt. Ueberschrift und Büchertheilung fehlt, auch der Brief an Kornelianos steht nicht an seiner Stelle (erst von einer jüngeren Hand ist er unter grammatischen Bemerkungen hinter dem Phrynichos nachgetragen) : doch enthält die Hand- schrift auch das sogenannte dritte Buch, sogar um einige Artikel vermehrt und mit Zusätzen einer jüngeren Hand.*)

1) Vgl. Scholl -Studemund Anecd. 1 S. 92, Moiiimsen Pindari canii., Berol. 1864, S. XXXIV.

2) Das Jahr 1360 in einer Notiz am Ende der Handschrift.

3) Bei Rutherfbrd Ap^D. cod. B.

4) Vgl. Rutherfbrd S. 506, der aber nnvollstilndig ist.

508 Nachtray z. Sitzung d. phüos.-philol. Classe v. 2. Juli 1893.

Eine ganz eigenthümliclie Stellung nimmt eine Hand- schrift ein, die erst kürzlich in der Vaticana zum Vor- schein gekommen ist. Sie fand sich unter den Colum- nenses, den Handschriften der Fürsten Colonna, die erst in den zwanziger Jahren in die Vaticana gelangt und daher im Katalog nicht verzeichnet sind : 93 griechische Handschriften, auf die R. Reitzenstein zuerst aufmerksam gemacht hat. Die in Frage stehende Handschrift (S) gehörte, wie andere der- selben Sammlung, ursprünglich den Salviati in Florenz (deren theilweise sehr werthvolle Handschriften am Ende des vorigen Jahrhunderts in die Hände der Colonna übergegangen sind), sie war ehemals im Besitz des Demetrios Tribolis von Sparta und scheint durch Janos Laskaris erworben und nach Florenz gebracht worden zu sein, wie der gleichfalls aus dem Besitz der Salviati in den der Colonna und weiterhin in die Vati- cana gelangte Commentar des Proklos zu Piatons Staat

vm— X.

Es ist eine Sammelhandschrift des vierzehnten Jahr- hunderts, eine grosse Anzahl grammatischer Schriften ent- haltend, auch Harpokrations und Pollux' Lexika. Die bei- den fälschlich dem Herodian zugeschriebenen Schriften tvsql ißaQcrji.iivwv Uhiov und (DdhaiQog begegnen hier in einer abweichenden und viel vollständigeren Fassung: aus ihnen ist eine Anzahl neuer Fragmente des Sophokles, Kratinos, Aristophanes , Eupolis , Menander und Anderer gewonnen worden.^)

Hinter dem (DiUraiQog folgt der Phrynichos unter dem eigenartigen Titel: OqvvIxov cctti-üiotov tteqI öo-Kifxcov Is- ^eiüv y.ccl f-irj.

Die Recension dieses Codex steht der des Florentinus und Nunez' Handschrift nahe: die meisten Artikel finden

1) Vgl. L. Cohn Rhein. Mus. XLIII S. 407 ff.

ü. Scholl: Die 'Exkoyrj des Ätticisten Phrynichos. 509

sich hier, welche in der Zwei-Bücher-Recension fehlen; auch findet sich eine Spur der Eintheilung in drei Bücher, indem die nach dem Schluss des zweiten x\bschnitts folgenden Ar- tikel eingeführt werden durch cpQvviyov dzriiiiiGzov ßißliov F corr. m. rec.) : die Bezeichnung eines zweiten Buches findet sich nicht, weil die betreffende Partie, in welche der Abschnitt fällt (S. 251 275 Lobeck, 17 Artikel umfassend), in der Handschrift ohne Bezeichnung einer Lücke fehlt ^), offenbar durch zufällige Verstümmelung des Archetypus an der Stelle. Der Widmungsbrief an Kornelianos fehlt ganz. Auch an anderen Stellen hat ein Ausfall ganzer Artikelserien stattgefunden, wo er indess wohl nicht auf zufälligen Grund zurückzuführen ist. So fehlen 12 Artikel {svyaQioreiv bis dvede'iv) S. 18—29 und 23 Artikel S. 348—374: in beiden Fällen schwankt die Stellung der benachbarten Artikel in unserer LTeberlieferung.

Auffallender noch ist, dass oft einzelne Artikel umge- stellt sind, den Platz mit einander getauscht haben oder um 1 3, ja auch mehr Stellen verschoben sind; ja ganze Par- tien haben ihre Stelle gewechselt. Besonders seltsam er- scheint dies Durcheinanderschieben S. 122 135, wo mitten in die erste Hälfte des ersten Buches eine Partie aus dem letzten Theil des zweiten Buches (S. 384 416 bei Lobeck) eingefügt ist : eine schwer zu erklärende Eigenthümlichkeit, die nicht auf bessere Ueberlieferuug zurückgeführt werden kann, da meist die beiden sonst so abweichenden Hand- schriften-Familien hier gegen den Vaticanus stehen, hie und da auch offenbar Zusammengehöriges auseinandergerissen wird.^)

In der Fassung der Artikel nimmt der Vaticanus eine Mittelstellung zwischen den beiden bisher bekannten Hand-

1) Uebergang aus dem Artikel y.azoQ&wfiata in den Artikel ogd'Qog.

2) S. 208 dvai und AvsTv durch 'ExxQwoat getrennt, das in den übrigen Handschriften vorhergeht.

510 Nachtrag z. Sitzung d. philos.-phüol.. Glasse v. 2. Juli 1892.

schriften-Familien ein, stimmt bald mit dieser, bald mit jener und giebt in der Regel den Ausschlag für die bessere Lesung.

In einer ganzen Reihe von Fällen hat er allein das Richtige bewahrt, auch Conjekturen Scaligers, Lobecks und Anderer bestätigt. Vereinzelt finden sich auch willkürliche Abweichungen, Verkürzungen des Textes und sonstige Frei- heiten^) ; aber im Ganzen bleibt der Vaticanus das wich- tigste Hilfsmittel zur Controlle der Ueberlieferung.

Auch diese Handschrift hat einen Begleiter in einer Epitome. Der Codex Laurentianus 91 sup. 10 saec. XIV enthält den grössten Theil des Phrynichos in epitomierter Fassung. Bisher ward dies verkannt, weil das betreffende Stück die Ueberschrift "^OTToyiQaTUovog trägt. Gleich der erste Artikel sichert dieser Epitome ihren eigenthümlichen Werth. Sie beginnt nämlich erst in der Mitte des soge- nannten ersten Buches (S. 108) mit einem Artikel, der in den meisten Handschriften (auch dem Vaticanus) fehlt, nur in der Recension des Nunez {F und L) steht, hier aber ohne Lemma: nagd 'E/rixägf-Up y.al sari öwqlov dlV 6 dTTiKiCcov yevia&ai leyerco. Für das ausgefallene Lemma des Epicharm, das dem yeveoi)-aL entspräche, vermuthete Pauw yepvaod^ai, dagegen Oudendorp (zu Thomas p. 189) ysvrj^^vai: dies be- stätigt die Epitome Laur., die an der Spitze eben das bisher vermisste Lemma hat: revr]i^ijvai dwl xov yereoi^ai naq' ^ETtixäQfio). Man kann die Vermuthung wagen, dass mit diesem Artikel ursprünglich eine selbständige Glossenreihe begann, das Anfangslemma vom Miniator geschrieben oder diesem überlassen war : so erklärt sich der Ausfall desselben bei der Einordnung in die Ekloga: ein Fingerzeig für die Entstehung der Sammlung.

Im Uebrigen hängt diese Epitome eng mit dem Vati- canus zusammen, stimmt in charakteristischen Lesarten mit

1) S. Anhang I.

B. Scholl: Die 'Exloyt) des Ätticisten Phn/iiichos. 511

iliiii, zeigt die gleichen Verschiebungen gegen die gewöhn- liche Ordnung, selbst den Ausfall der 17 Artikel (S. 251—275), der sich durch zufällige Verstümmelung der Mutterhand- schrift d. h. also des Archetypus des Vaticanus und der Epi- tome erklärt. Dagegen fehlt die Partie S. 348 376 in der Epitome nicht. Sonst sind die Abweichungen vom Vaticanus gering, doch findet sich auch selbständig Gutes und hie und da Zusätze, deren Echtheit zweifelhaft ist.V)

Endlich muss ich noch zweier Phrynichos-A uszüge gedenken, die gleichfalls nur einen Theil, und zwar einen kleinen Theil des Textes enthalten, die aber nach Reihen- folge und Lesarten der besseren , reichhaltigeren Recension angehören.

Einen dieser Auszüge hat Rutherford in der Appendix B aus einem Laurentianus 57, 34 abgedruckt; ein besseres Exemplar habe ich in einem Ambrosianus des vierzehnten Jahrhunderts (L 44 sup.) unter Schriften des Synesius und Libanius gefunden und copiert : cpQvviyov etiixo^ti [dno twv Tov (pQOivlxov Laur.). Der Auszug beginnt mit dem Artikel eTiLTOy.og (S. 333), berührt also bloss die zweite Hälfte des sogenannten zweiten Buches nebst einigen Artikeln des so- genannten dritten.

Das andere Excerpt steht unter dem gleichen Titel eni- toi-iy] cpQvvlxov in einem Parisinus am Schluss eines Mis- cellancodex , die betreffende Partie aus dem sechzehnten Jahrhundert (wie es scheint von derselben Hand, wie Bach- manns Epitome - Handschrift). Sie enthält nur das Schluss- stück und beginnt mit dem Artikel [rhevxe) tov OY.07toi

\) S. Anhang III, wo die Epitome nach einer sorgfältigen Ab- schrift (der Anfang von L. Cohn [ svxaiQsTv ov kexzeov ' dAA' ev a^oXfjg e^etc:], der Haupttheil von Dr. J. Seger) abgedruckt ist.

512 Nachtrag z. Sitzung d. philos.-phihl. Classc v. 2. Juli 189'-i.

(S. 395) : das Lemma fehlt hier gleichfalls, offenbar weil in der Vorlage der Platz für den Rubrikator leer gelassen war was auch für einen ursprünglich selbständigeren Abschnitt zu sprechen scheint.^)

Auch diese Excerpthandschriften, die aus keinem der er- haltenen Codices geflossen sind, sind nicht ohne Werth, in- sofern sie gute Lesarten bestätigen. Die Epitome Ambrosiana bietet sogar zu dem Artikel ay-gazevead^ai (S. 442) ein bis- her unbekanntes, in allen übrigen Handschriften fehlendes Citat des Atticisten L'enaeus (Minucius Pacatus), welches der von M. Haupt gelieferten Sammlung der Fragmente des L'enaeus^) einzureihen ist.

Ich gehe hier nicht auf das handschriftliche Verhältniss im Einzelnen ein, sondern begnüge mich, das Ergebniss für die Beurtheilung des ganzen Werkes in seiner überlieferten Gestalt, respective seinen beiden Recensionen zu ziehen, zu- nächst das Verhältniss der vollständigeren Sammlung zu der kürzeren in zwei Büchern darzulegen.

Rutherford meinte (S. 506. 507) wie schon Pauw in einzelnen Fällen , die grössere Vollständigkeit in Nunez' Text beruhe vielmehr auf Interpolation ; ja er äusserte Zweifel an Nunez' Zuverlässigkeit, die an sich ganz ungerecht- fertigt — jetzt Angesichts der uns zugänglichen Handschriften vollends verstummen müssen.

Aber auch davon kann keine Rede sein, dass die durch Nunez hinzugekommenen Artikel oder eine grössere Zahl von

1) S. Anhang II, wo das kleine Stück nach einer Copie des Herrn üymnasial-Assistenten Lieberich abgedruckt ist.

2) Ind. lect. Berol. 1871 = Opusc. II S. 434. Uebrigens bestätigt dies Citat, dass Irenaeus' Werk Jtsgt äTzixfig owrj&siag nach Tendenz und Ausdruck ganz ähnlich beschaffen war, wie die Ekloge des Phry- nichos (s. o. S. 497).

B. Scholl: Die 'ExXoyrj des Ätticisten Phrynichos. 513

ihnen interpoliert sei. Diese Artikel unterscheiden sich in Nichts von den übrigen, zeigen das gleiche Gepräge, den gleichen schulmeisterlichen Ton von Gravität, gelegentlicher Pedanterie und Grobheit; unter ihnen finden sich besonders werthvolle Nachweise; Citate aus attischen Autoren, den Komikern, Thukydides, Piaton, Demostheues, Hyperides, sind hier eher noch zahlreicher beigegeben.

Rutherfords Gedanke, dass der erste Theil mehr als der zweite die Hand des Phrynichos zeige, ist willkürlich und ohne Begründung.

Allerdings ist das sogenannte dritte Buch nur ein Em- bryo: ein paar Artikel, die man als Nachträge bezeichnen kann, auch solche wiederholt, die schon früher gegeben waren. Aber daraus folgt nicht, dass diese Artikel nicht von Phrynichos herrühren können. Wiederholungen finden sich ja auch im zweiten Buch gegenüber dem ersten.')

Das erste Buch ferner erscheint in sich abgeschlossen, auch äusserlich. Am Schluss die Wendung: Tavxa [so F. xaÖE ABC] (pvlaTTOj-ievog xig ßskrlcov y.al doxi/niÖTaTog eI'i] av correspondiert mit dem (nur in F und Nunez' Ha'nd- schrift erhaltenen) Eingang: 'Oazig ctQyaiwg xal doxificog id^eXei dials'yeod^ai, zdde avTw cpvla/.rsa. Diese abschliessende Phrase scheint dem Buch den Charakter einer selbständigen Schrift zu geben. Waren also vielmehr zwei Schriften des- selben Autors zu scheiden ?

Man könnte versucht sein, dafür die verschiedenen Titel yQa(.i(.iaTLY.i zov (fqvviyov für den ersten Theil, rov avxov S7iiT0(.irj bei dem zweiten Theil geltend zu machen, welche die zweite Recension giebt: aber dieselbe hat die Nachträge als drittes Buch.

Und für engeren Zusammenhang spricht die Thatsache, dass derselbe Cornelianus, dessen Name in der Widmung an

1) Ja zum Theil innerhalb desselben Buches.

514 Nachtrag z. Sitzung der phüos.-phüol. Classe v. 3. Juli 1892.

der Spitze des Werks erscheint, im zweiten Theil wiederholt angeredet wird (S. 225, 379, 418) als ßaodixog sTtiaroleug = 'ab epistulis Graecis', kaiserlicher Sekretär des Commodus, wie der Grammatiker Julius Vestinus für Hadrian.

Eine dieser Stellen macht, wie ich glaube, den Zu- sammenhang der beiden Theile deutlich, die (von Lobeck S. 225 zusammengestellten) Artikel über ßaolXiaoa. Im ersten Theil heisst es davon : ovdeig iwv aQxauov einer, alla ßaöileia rj ßaodig. Der längere Artikel im zweiten Buch führt aus: ßaalhaoa soll der Komiker Alkaios. und Aristo- teles in den '^Of.iriQOv d/iOQrji.iaTa gebraucht haben: Du aber (Cornelianus) hast mir als belesener und kundiger Mann einen Beleg aus der Demosthenischen Rede gegen Neaira beige- bracht. Aber diese ist dem Demosthenes abgesprochen wor- den, unter Anderem eben wegen solcher Worte : rolg Ttleiooiv ovv Tieid^oi-ievoi ßaolleiav r] ßaodlda Xiycof^ev. ovtco ydg dv diay^Qiven' do^aij^ev re '/.alov /.al ro aioxQOv.

Offenbar ist dieser zweite Artikel durch den Einwand des Cornelianus nach der Lesung des ersten veranlasst. Also ist .das zweite Buch später abgefasst als das erste, aber Fortsetzung desselben.

Wir haben uns das Verhältniss zu denken, wie bei dem grossen Hauptwerk des Phrynichos, der oocpionarj 7TaQaoxevTq. Photios (cod. 158) berichtet ausführlich über dasselbe: er las es in 36 Büchern, die nach Ausweis der Vorrede nacheinander geschrieben und verschiedenen Männern ge- widmet waren. ^) Das Ganze war dann dem Commodus zu- geeignet.

Die successive Abfassung der Abschnitte kann zur Er- klärung mancher Eigenthümlichkeiten des Werkes dienen,

1) So die drei ersten Bücher dem Aristokles, das erste zum Ge- burtstag, die anderen später, demselben Aristokles in der Folge das zehnte und dreizehnte, so das vierte und achte dem Julianos, das fünfte und elfte dem Menodoros, das siebente und 15—36 dem Menopbilos,

R. Scholl: Die 'Ey.loyrj den Atücisten Phrynichos. 515

besonders der wiederholten Artikel. Immerhin bleibt die Frage, ob auch so das Werk uns in seiner ursprünglichen Gestalt erhalten ist, ob nicht auch die vollständigere Form nur Auszug ist. Schon Pauw hat dies behauptet (praef. in.), ohne einen Beweis zu geben. Der Titel E7mof.trjy der im Florentinus und bei Nufiez dem zweiten Abschnitt beigefügt ist, dient zur Bestätigung. Ferner gewisse Incon- gruenzen. S. 362: iviavaialov xal roj;^' ouolov eoxl tu) diovvoialov setzt einen Artikel diovvaialov voraus, der fehlt.^) S. 223 unter svd-rj-/.rj heisst es: ro /asp n:aQevi}riy.rj o/rwg vtto 'HqoöÖtov ecQrjTat, voteqov 6\p6(.iei^a: die Stelle, auf die ver- wiesen wird, findet sich nicht. ^) Die bei Menander S. 418 gerügten Worte oipiovLaof-iög, oipcoviov, övGQiyog fehlen vor- her: in integro opere praecessisse videntur' sagt Pauw.

So würde der Epitomierungsprocess, den die erhaltenen Handschriften uns durch alle einzelnen Stadien von der voll- ständigsten Gestalt in F S Nunn. bis zu den Excerpten in Florenz, Mailand und Paris zu verfolgen gestatten, noch über jene vollständigste Gestalt hinausweisen.

Die Epitomierung betrifft indess wohl nicht so sehr die Fassung der Artikel, die im Wesentlichen original zu sein scheint: wie die durchgehende Gleichartigkeit der Form zeigt. Vielmehr betraf die Epitomierung die Auswahl des Stoffes. Aus einem grösseren, mehrfach gegliederten Ganzen ist das Vorhandene zusammengestellt, mit Aushebung längerer Serien, Weglassung anderer Reihen oder einzelner Artikel. So mag man die Abweichungen in unseren Handschriften

1) S. 367 öiovvotov passt nicht, da hier öiovvaeTov vorausge- setzt wird.

2) Falsch Nunez. dass Jtaga&i^xii und der dort genannte "Icov Tig avyyoacpev^ (S. 312) gemeint sei, der allerdings Herodot zu sein scheint: ^aosvdyy.i] heisst etwas ganz anderes ; die Beispiele Herodota bei Rutherford.

516 Nachtrag z. Sitzung d. philos.-philol. Glasse ti. 2. Juli 1892.

erklären, namentlich die Verschiebungen ganzer Partien im Yaticanus und der Epitouie Laurentiana.

Die Umstellungen, Auslassungen zusammenhängender Stücke, Nachträge weisen auf eine schwankende, unfertige, im Flusse befindliche, nicht zu sicherem Abschlüsse gediehene Redaction; ebenso die Zusammenstellung ver- sprengter Artikel am Schlüsse als drittes Buch.

Mit dieser Entstehung des Werkes in seiner gegen- wärtigen Gestalt, wie sie sich aus der Uebereinstimmung und Abweichung der Handschriften ergiebt, hängt auch die An- ordnung der Artikel zusammen, richtiger der Mangel jedes erkennbaren ordnenden Princips.

Die oocfiOTtxri /ra^aff/fifr] enthielt die Artikel in alpha- betischer Redaction (so auch der erhaltene Auszug, den Bekker zuerst herausgegeben hat) : auffallend genug bei einer allmählich entstehenden, durch Jahre fortgesetzten Samm- lung.^) Die 36 Bücher, welche Photios kannte und beschreibt, enthielten Attische leBeig von ^ ß, also das vollständige Werk: die Nachträge, welche sich naturgemäss während der langsamen Ausarbeitung ergaben, wollte Phrynichos selbst, wie er in der Widmung an Kaiser Commodus schrieb, zu ebenso viel Büchern verarbeiten, wenn ihm Leben und Ge- sundheit blieben: dazu scheint es nicht gekommen zu sein.^)

In unserem Werk ist weder eine alphabetische Ordnung, noch eine sachliche zu erkennen. Oder besser: Spuren einer sachlichen so gut wie Spuren einer alpha- betischen scheinen bemerkbar, aber wie mit absichtlichem Eigensinn verwischt , das anscheinend Zusammengehörige durch fremdartigen Einschub durchbrochen.

1} Unrichtig Hugo Weber Philol. Suppl. III S. 480 fi.

2) Suidas: ^Qvvixog .... ao(piaTixfjg jcaQaoxsvfjg ßißUa fxL,' (zu lesen wohl A^) oi öi od' (d. h. die doppelte Summe, welche Phryni- chos beabsichtigt hatte).

B. Scholl: Die ^Exloyrj des Ätticisten PhrynicJios. 517

S. 24: ai]uavai, d^eq(.iavai, ^a&aQai (richtig aijiiirjvai &eQi.ir^vai^ -/.ad^r^Qai): durch den Artikel öioqia getrennt folgt 8(fXiy/.iave, (pXeyf.iaraL' dia rov fj y.al zavta leyerai: wo der Wortlaut deutlich an jenen Artikel anknüpft.

S. 248 über övi.imiO(.ia (das Substantiv falsch, oüf-inircTEiv gebräuchlich) ; dann S. 250 : y.axoq^iof.iara ci(.iaQxävovoi ■AOLvraZd^a o\ qyjTOQeg ovk eldoTEg ozi to (.liv gr^^/^ia ooy.if.iov to '/.aroQd^ioöai^ xo d'' ano rovxov ovof.ia ddoy.i(.iov x6 v.ax- ögOtof-ia: dazwischen tritt der Artikel eyd-E(.ia})

S. 31 : nicht r^XeiTtxai und yiaxwQvxxai (attisch aXr^Xemrai und Y.axoqwQVAxaL)\ nach einem Artikel über a7teXevoo(.iai folgt iof.ioyis (falsch für 6f.uüf.iO'/.e).

So steht xdyjov in ABC hinter yaQyaXi'Ceiv S. 97 in FS an anderer Stelle und wird von ßqaÖLOv durch die Artikel yrjivov und ylcoao6y.0f.iov getrennt.

S. 362 wird iviavoialov für iviavoiov verpönt (wie ölo- vvGLoiov für diovvoiov) : dazu S. 364 IvexvQifiaia (falsch für avayvQo). Diese einer Regel angehörigen Glossen werden unterbrochen durch einen Artikel über s^aXla^ai.

S. 433. 439 yaxacpayäg und yaxarpsQrjg werden getrennt durch y.oX6yivvd^a; S. 51 OQd-Qivog (für oqd^Qiog) und oiluvog (für oipiog) durch drei Artikel (dabei oipivog bfiouog xiii oqd-QLVog xovxo dfiÖQxrjfia).

Ebenso wird not ditei S. 43 (falsch nov) getrennt von iTTjjv/xa (für 7t6x£) durch exxoxe^); auf i] öf.ig)a^, r] ßdiXog (richtig) und r^ nrjXog (falsch, syrakusisch) folgt nach fünf Artikeln ?J yoQa^ (richtig), nach drei Artikeln 6 g)oiQvy^ (falsch, Epicharm), nach vier Artikeln jJ vonlri^ (richtig) und nach zwei Artikeln ^ ^ä^ (nicht o qco^) S. 54 75.

Man könnte hier an zufällige Störung denken : etwa annehmen, der betreifende zweite Artikel sei wegen der Zu-

1) S und Epit. Laur. haben hier bessere Ordnung. Auch naga- ßöXiov S. 238 gehört vielleicht in diesen Zusamiuenhang.

2) S. 49. Auch :ioza7i6^ (für noöanög) S. 56 gehört hierher. 1893. Philos.-pliilol. u. liist. Ol. II. 4. 34

518 Nachtrag z, Sitzung d. philos.-philol. Classe v. 2. Juli 1892.

sammengehörigkeit ursprünglich am Rande des Archetypus notiert worden, dann aber um eine Stelle verschoben einge- fügt. Aber das Regelmässige der Störung des Zusammen- hangs empfiehlt den Redactor der Sammlung selbst für die- selbe verantwortlich zu machen.

Nur selten sind Fälle, wo wirklich inhaltlich Zusammen- gehöriges durch die Folge von zwei oder sogar mehr als zwei Artikeln verbunden bleibt: S. 210 övöi (falscher Dativ für dvoiv) mit S. 211 töxoig (falsch für (ßOiv)\ S. 135 f. wird Eoya%ü)Ta%ov als Superlativ und dann af.ieiv6TSQ0v als Comparativ verpönt. Noch bemerkenswerther sind 214 ff. dvad-eo&ai, ava/reoelp., avaxsiTai, avTißäXleiv (von den At- tikern in anderem Sinne gebraucht als in der späteren Grä- cität): wo eine Störung nur hinter der ersten Glosse durch Einschub von azaO-eqog erfolgt ist.

Anderwärts scheint in kleineren Partien eine ursprüng- lich alphabetische Ordnung unverkennbar. So finden wir S. 425—440 eine Folge von acht Artikeln mit x; S. 222 ff. überwiegen die Anfänge mit ä e; unmittelbar folgen sich S. 229 ff", die Artikel yXcoooiSag, yqvTrj, öitoqvyog, öUqovv, diooKOvQOi, £g)r]g; S. 94 103 herrscht y ] ebenso stehen zu- sammen S. 239 ff. TraidiGüi], Tval^ai, nalaioiQixög, vorher durch einen Artikel getrennt TtaQaßoXiov, später noch drei Artikel nQoaXiog.^ nr(/iov und (wieder durch einen Artikel ge- trennt) TTQoyQaui-ia; S. 149 188 herrschen durch 26 Artikel die Buchstaben t], i^, 7, x, Ä vor (dazwischen Einschub von 16 andersartigen Glossen); S. 193 206 überwiegend l,

ß, V, 0.

Geflissentlich ist auch hier meist die alphabetische Folge verwischt und unterbrochen: S. 85 105 folgen einander vier Worte mit /?, drei mit ä, sieben mit y beginnend ; drei fremdartige Artikel sind eingeschoben. S. 122 ff. zeigen 16 Artikel Anfang mit e, 6 andere Initialen. S. 102 ff. werden 11 Artikel mit ä beginnend von 9 andersartigen

li. Scholl: Die 'Exloyi] des Ätticisten Phrynichos. 519

durchsetzt; S. 72 ff. haben wir fünf Artikel mit i und >c: nach dem zweiten sind zwei andere eingefügt. In diesen und anderen Fällen scheint also eine ursprünglich alpha- betische Folge durch willkürliche Einschiebungen durch- brochen.

Endlich finden sich Spuren eines dritten Ordnungsprin- cipes: nach den Autoren, welche der Verfasser benutzte, deren Lektüre ihn zur Correctur gewisser Ausdrücke als un- attisch und verwerflich veranlasste. Charakteristisch beson- ders S. 415 ff., wo lauter Menander-Glossen im Lemma stehen und gerügt werden (im Ganzen 11): ^ro^voxo/rog, Irjü-aQyog, f.iEOonoQeiv^ yvQog, ovoürjf.iov (zusammengefasst S. 418: s. o. S. 515), dann (nach zwei anderen S. 425) f^isTQiüCeiv, -/a'x- xaßov (S. 427 nach einer Glosse, ebenso S. 433), y-avacpayccg und (nach drei anderen) ■/.oXlvßiGTiqg und dxQaTsveodaL (da- zwischen ein anderer Artikel), sowie alyjialcoziaO^rjvai (oder vielmehr aly[.ialioTov yeraadai). So begegnet S. 170 Lol- lianos der Sophist in zwei aufeinanderfolgenden Artikeln (s.o. S. 503) ai vfjsg und slaihco^); S. 190 (nach dvocoTTeiod^ai). 192 199 wird bei k7iE^eXevoü(.ievog, affiEQcooat, e^ididl^oi'Tai, S. 237 f. bei voTSQi'Ceiv und arazog, S. 242, 244, 248 bei •/.oQVfpaiOTavov , diöovGiv und Gi>f.i7TTCü/.ia , S. 443^447 bei ^€viT£vGai, TTQOodeeod^ai und anriQxiO(.iivov Phavorinus citiert.

In solchen Fällen sind möglicherweise auch zwischen- geschobene oder benachbarte Glossen auf denselben Schrift- steller zurückzuführen, da unser Autor im Uebrigen mit aus- drücklichen Citaten kargt.

Und so mag auch sonst die anscheinende Principlosig- keit darin ihre Erklärung finden, dass Phrynichos die mehr oder weniger zufällige Folge der von ihm auf unattische Formen durchgesehenen Autoren und Schriften einhielt. In

1) Derselbe S. 180 nach zehn Artikeln.

34*

520 Nachtrag z. Sitzung d. philos.-jjJülol. Classe v. 3. Juli 1892.

der oocfiGTixri Ttaquayievr^ berichtete er selbst vor dem elften Buch, dass er den Rhetor Aristides erst jetzt gelesen habe.

Ganz ähnlich lässt sich für die nicht alphabetisch ge- ordneten Sprich Wörtersammlungen des Pseudo-Plutarch vi. A. der Beweis führen^), dass der Anordnung die Serie der be- nutzten Autoren (Demon u. A.) zu Grunde liegt : und dass in den lateinischen Glossographen sich häufig innerhalb der alphabetischen oder systematischen Reihenfolge ganze Reihen von Glossen aus einem Autor, ja einer Schrift des Schrift- stellers finden, ist bekannt.*)

Somit stellt die Ekloge - Epitome, wie sie uns vorliegt, ein aus verschiedenartigen Bestandtheilen zusammenredigiertes Ganzes dar: wie denn die lockere Verbindung der Bestand- theile uns zum Theil noch durch die erhaltenen Excerpthand- schriften (Epit. Laur., Arabr., Par.) bestätigt wurde. Ein Auszug, oder Auszüge aus grösseren Massen, wobei die in den Vorlagen befolgte Anordnung nicht fest eingehalten, ja willkürlich und mit Absicht beseitigt zu sein scheint.

Die Scheidung der zwei Bücher ist ursprünglich, die Redaction aber ist nicht völlig abgeschlossen: daher Nach- träge am Schluss, die sich wenig passend als drittes Buch einführen.

Der Titel 'ii/Ao/tj in dem späteren Sinn von 'Excerpten oder 'E7tiT0f.irj spricht diesen Charakter des Buches bezeich- nend aus.

1) Vgl. Fr. Scholl in der Festschrift zur Begrüssung der Karls- ruher Philologenversammlung (Freiburg 1882) S. 46 ff. und 0. Crusius Anal. crit. ad paroemiogr. Gr. (Leipzig 1883) S. 70 ff.

2) Vgl. für Festus den Nachweis von C. 0. Mueller und R. Reitzen- stein, für Nonius die Arbeiten von P. Schmidt, C. Reblin, H. Caesar, E. Bartels u. A., für die Glossae des Vaticanus 3321 G. Götz Ind. len. 1889/90 p. VII (Hecyra- Glossen), CGL. II p. 130 Glossen aus dem Hautontimorumenos (A. Funck, Berl. philol. Wschr. 1890 S. 477) u. ä. m

E. Scholl: Die 'ExXoyri des Ätticisten Phrynichos. 521

Anhang I (zu S. 510).

Wenigstens ein paar Proben mögen das Handschriften- verhälfcniss verdeutlichen (S. 207 und S. 308 f.).

ABC

/Qvoovg Xsys' xo yaq yovoeog la- xov (haavTcog xal dgyvQOvg, dXXä jxi] dgyvQsog'xakxovg' xvavovg , xal oiioia.

To yo.Q XQvasog laxöv ' oliloc'cog 8e xal dqyvQovg, d?.ka //,?] ägyvgeog, xal XQvaovg xal %aX- xovg xal xvavovg, xal zd ofioca.

s

waavrcog XQ^- öovg doyvQovg Xakxovg xvavovg, dXld [j,rj xQVOsog dyvQEog xvdvsog ' laxd yäg.

TO yag XQvasog laxbv ofiokog 8s xal dgyvQovg, dX- Id jiirj XQ^f^^og dqyvQEog.

Die stelle ist charakteristisch: in FL, wie in S sind zwei Artikel in einen zusammengezogen : daher die Wieder- holung 10 yag xqiaeog laxov FL, die hier unpassend ist, weil xcfi xQvoovg erst folgt (das in ABC richtig vorhergeht) ; In S ist (sehr frei) nach luoavrcog (woavTwg Aal ABC. 6f.ioicog ds xal FL) yqvoovg gesetzt vor aqyvqovg, so dass auch hier S eine Mittelstellung hat ; in L (wie in S) steht aXka (.n] yqvoEog aqyvqeog, obgleich yqvoovg an der Spitze ausge- lassen ist.

F

'ErpioQXOvg zov

afiaQzavovaiv oi did tov £ Xiyov- Wi' dööxi/iov yÜQ.

X a i axoQivvu rov vdliov jiaiSa ■drjOEig.

[j^jiveXog didtov £ xul /ivsXog Qtjräov.

G pr. ABC eorr.

'EcpiÖQXovg Tovzo 'EcpiÖQxovg zovzo did zov n Xeys. 8id zov jz Xsys.

xplsd-og ' fxisQÖg veXog fitj Xsys

{xp)ls{d')og [iisQog IIvEXog ' (AVsXög

vsXog dfiagzdvov- vsX-og dfiaQxdvov

all' Ol 8id zov £ aiv Ol /ii7] Sidzovdid zov e dXX^

XeyovzEg{xal fir]) e Xsyovzsg dXXd t] 8id zov ä.

öid zov 5. did zov ä.

s

'EcpioQxog TOVZO 8td zov jt Xsys snloQXog.

ABC

jTvsXog 8id zov s xal i-ivEXög qyj- rsov.

axoQivva zovva- XiovTTadaßijasig

IJvsXog 8id zov £ xal fivsXog

Q}]ZEOV.

L

'EjllOQ-

xovg 8id zov

n Xsys.

522 Nachtrag z. Sitzung der philos.-philol. Classe v. 2. Juli 1893.

In F ist der erste Artikel mit dem zweiten durch Aus- fall verschmolzen : Nunez' Codex war hier vollständiger als sein Zwillingsbruder F (sofern nicht etwa Nnnez der Vulgata folgte). S hält es im Eingang mit (Nunez' Codex und) C pr. : Wied-og liiiEQÖg vslog war also überlieferte Lesart auch im Archetypus der ÄBC-Chsse: erst durch Correctur ist die zweite Fassung hier eingeführt, durch die Phrynichos zwei- mal dasselbe sagen muss. S stimmt trotz der willkürlichen Variante der Fassung mit F (Nunn. und G pr.). Das Ko- rinnacitat haben nur FS Nunn. Den Artikel rtvekog schliessen ABC ohne Rubrik an: richtig S Ilvelog; ^Ttislog in F scheint Nunez' '0 nveXog zu bestätigen: aber der Artikel ist ungehörig und steht nur, wo er das Geschlecht bestimmen soll (so gleich im nächsten Artikel Ol yöliY.eg oder ai yoliinEg S. 310 und sonst).

Anhang II (zu S. 512). ErriTOfiri (DQvviyßv.^) Tov axoTtov i-iTj Xsyrjg' 7TOLrjTiv.6v yccQ' all' an' avxov, TW öoy.i(.tio xQio rsTvyr^KS'. \\ rgoßdov ol f.iiv TtaXaiol idco- öif.iov Xsyovotv Kai aiixo ro divÖQOV o/ Ö€ || aQyaiOL rr^v ßiaiov TOV avei-iov ulrjOiv xal ovoTQOcf^v, OTQoßiXov (paor y.al II ovOTQoßiXr^ooL ovOTQeipaf ovziog ovv ymI r^f-äv qrj- T€OV TO de sdcödii-iov, \\ niTviov y.aQ7idv yiai xo devögov ni- Tvv. SvynaTaßaiveiv elg xdg OY-tipaig' || ovy-AaTaßaivBiv eig didaGAaliav /^lij eirirjg' dlXct ovyyLad^ievar Kai ovyyia \\ i^'tjxev

1) Die Ueberschrift und die grossen Initialen roth (in der zweiten Zeile [2] vergessen, einmal auch ein Accent auf ?^sys roth nachge- tragen); II bedeutet Zeilenende. Die 30 ersten Zeilen füllen Fol. 278" der Handschrift, die 14 folgenden stehen auf Fol. 279 '' : der übrige Theil dieses Blattes ist leer (nur im letzten Drittel des freien Raumes stehen ein paar unleserliche Worte von späterer Hand mit anders- farbiger Tinte).

jR. Schall: Die 'Exloy^ des Atticisten Phrynichos. 523

eig xo naiQELV ]] oXXo tl\ \\ ^^voyoXaoTag ioyax' araTrr/.or- ov ÖE, ov/.i(poL II Trjrdg Uye'. 'Faözsoov, /nrj- qccov di' GvyxQi- TiKov yaq Gvyy.QiTiy.ov, ov/. soiiv \\ o\ov eX zig UyoL 'AQEiaao- TtQOV. Töf.ti] xal TOVTO Ol f.iEv a&)]va7oi sni rrjg o^^wjjg || hl- d^Eoav o\ di vvv a/iiad^elg hil xov oxevojtvov- öoxeT, de f^oi v.ai xovTO II f-iaKsöoruGv Eivaf dXXd GXEvionov xalslv yqrr Qvi-irjv ÖS xr{^ oQf-irjv. \\ 2x6!.t(pvla oi f.iiv nolXoi xd xiov ßo- XQvwv E 1.171 laif-iaxa dfiadcog' ot || dxxixol ös, GXEf.i(pvla iXacdv. TlEvxasxriQixdg dywv %ai TTEvxaExrjQig \\ ^irj Uys- dXl' dffai- Qidv xo a TfEi'XExrjQig- xal 7tEvxEXr'QLy.dg dywv. ÜEVxd \\ (.irivov TiEvxaTvrjyv (.lExd^Eg xo ä Elg e* TtEvxefxrivov Uytov y.al tiev- XE7ti]yv\ nEQiEG7idGd'r] Xeyovoi. xivig xi&evxsg 7idvv v.ißdr^liog ETTi xov Ev doyoXia \\ yEveod^ai ' xo ydq TVEQiGTtäv xal tteqi- GTcaGdai ETIL xov 7iaQaiQslv y.al \\ TcaQaiQEiGd^ai xdxxovGiv Ol agyaloi- öeov ovv ccGyoXog r^v XsyEiv. TloQvoyio \\ 7Tog' ovxco (.lEvavÖQog- o\ dqyaloL d&rjvawi TCÖQvoxQiip XeyovGiv. Olxodo ' f-U] ov XiyExar dvx' aixov öi ohodo/nTjua XEyExaf. Kax'' opüQ ddo-/.i^ao II xaxov äayiEQ ydq /.aO^' V7Ceq ov XsyExar dXX' irraQ, ovxtog otdi xar' üvccq j| dXX' Xjxoi övaq Idcov ]] di' ovEiQOv oifiECog' ovxtog aqa f.iEy' ^) egxiv ovoj-idrcov \\ yvwoig-. DlEXQiatEiv xovxo o\ dqyaloi etil xov xd GVfxßaivovxa f.ie \\ XQicog q^EQEiv xideaGi- (.levavÖQog öe etil xov dadEVElv ddo- '/.[{.aog-. .Aid^dqiov || 7Tdvv q^vXdxxov Isysiv Xid^iöiov XiyE'. Kad^cog- o\ 7TaXaiol ov yQcövxai xavxtj xr^v (piovr^' dXX' aVr' av- xov, xo xad^o' ibg &ovüvdid)]g- y.ad6 öeI Eig GCAEXiav ttXsIv. \\ Kay-xaßov did xov T] ■aay.y.dßrjv Xiys' xo ydq did xov ö ddo- y.if.;ov. Evvrjydg- xovxo xovvofxa ovxco 7ctog /.lExayXEiQyiLovxai^)' Ol fiEv XQayizoi || TTOirjxat XQiovXXdßtog '/.ai öcoqi'Cwgi ' xo i] Eig ä fiEiaviO^evxEg- Y.vvay6g- || ol d'di>rjvaloi xExqaGvXXdßcog- ■Kvvrjyexrjg XlyovxEg'. ^EXXvyviov tjqo \\ doxog v.Eyqrixai' dd^r]-

1) Durch Abdruck einiger Buchstaben von dem gegenüber be- findlichen Blatt sind etwa vier Buchstaben (wohl lazi]) unleserlich geworden.

2} Die Buchstaben eig sind durch ein Loch weggefallen.

524 Nachtrag z. Sitzung ä. philos.-philol. Classe v. 2. Juli 1892.

vaioi ÖS d^Qvallida Xeyovöf. |1 KoX6y.vvd-a- rjf^icxQTtjTai \\ r/ toxäv}] ovXkaßri' dia Ti]g Oa XEyof.dvi]' Saov dia rijg xjq'. Kolo'Avv&rj' C(5g II dS^r]valoi\ KaTwq<eQi]g Ittl ziüv tcqoq aq^qo- dloia a/.oXäoiiov layovoiv \\ 6i ttoIXoI ov^ai^icög ot'rw ndv doY.ii.aov xQio(.dvLOV. Ta Ydia TVQcaxo)' || -/.al xa löia ^iqäxxe o\ TtolXol leyovoiv sl^tj' öiov xa si-tavxov jTQaxxio' || yiai xa oavxov itqaxxE läyeiv wg ol Ttalaiol'. 'EyKoaxsveo&ai {.iii] liye- dlla\\Uy€ oix ey/.Qaxeverai'. ^h/f.ia?MXiaOr]vai avv- ^ixwg ov X&yexaL- diu \\ lelvfxävtog de Itys alyjiälioxov yev&o&ai-. ^vvrrodijxog iqelg did \\ xov fj- xo ydq h xio e, d(^idQxrj(.ia' Kai ydg VTtoöiqaaod^ai leyeraf ovx mrodeoaa^ai '. EvQrjiiia XQTi leyeiv did xov fj- ovx €^W'<^'- nqoodeiW G^ai läys- dlld fu] TrqoGÖeeoS^aL diaigcZv. ^4yii]QTioi.tevov cinrjQ- XI] II yta' y.ai xd dno xovxiov dnavxa oolor/.a'. ^TtoxsxeltOTat ÖS- xal \\ d7toxsxeleof.i8vor yQ^ Uyeiv a/neirov ydq'.

Anhang III (zu S. 511). ~ dQ7TOy.QaxUovog : ^)

-j- yev)]d-TJvai dvxl xov ysveo&ai Ttaq' eTriyaQf^ico ' '/cd toxi öcoQiov dlV 0 dxxr/.iuov yEvaaO^ai Isyexio:

GvaxaXxiov xo ä sv xco nelaqyog- ovöev ydq ollo aoxiv 7] SQEXQiayioJg TTsXaoyog:

docpdqayog avv xc~ (p ov xio Tt, oyqiov xi q>vxdv Kai ovv. SV xolg ^f-äqoig v.axaleyoi.ievog -/.qaxlvog uixo/^taxel de rpeoei xid^vf-ialov Aal oqdzov Trqog avxio doqdqayov yivxioov xe' Iv ctnaoiv dvd^Eoiov.og Evr^ßd' /.al q&oov dqd^ovov:

xwv layavcov al avO^ai-) oquEvd y.alovvxar /.al i^oqi-itvl- Ieiv xo hßlaoxdvEiv /al sBard^slv leycof-iEv ovv etvl xmv ri(XEQOiv bqixEvd, dlld (.vr] dorcaqdyovg:

1) Die Absätze zwischen den einzelnen Artikeln sind in der Handschrift durch : und Spatien angedeutet. || bezeichnet Seitenschluss.

2) Lies axavd^ai.

E. Scholl: Die 'Exloyi) des Atticisten Plirtjniclios. 525

doyii (.aar EQOv aoßokog Xeysiv aXld //r) doßöXrjV :

naQay.OQrjGOv xal f.nq adgcoGOV oti ovde odqov hcyExai alXd. AoqYi\.ia y.al y.dXkvvTQOv:

dsQ/iioTijg Xeye y.al /iirj d-eQi.iaala:

aiO-aXog aQOEvixcdg dXld f.tri alOaX)] :

aTTayijv iir^ Xsye dXX'' drzaydg wg dXag : ^)

dXuddag urj y.oXv!.ißddag sXdag Xsye:

yoriyoQio yqy^yoQei ov öel' xqt^ yoQ syQijyoQa Xeyeiv Aal iyQrjOQEP :

aud-evTi] f.iri nors XQ^lor] stvI tov öeottovov, wg ol tteqI rd diy.aöTr^oia QrjTOQsg, aXX^ hrl tov avxoyEiqog cpoveojg:

rffß Xeye' y.al d}]i.iood^evr]g \\yaOE XiyEi, dXX' ovy dyi^oyaoi:

i.iEOOEyyvrid^r]vai Xeys yal i^ir^ inEOiduo&rjvai:

EvyaiQEiv ov Xexzeov dXX^ ev ayoXijg s'xeiv:

slg TidXXog yqacpEiv ov y.aXXLyQa(pEiv:

ETI yqdcfE' dXXd f4i^ dy.{xiiv, eI Aal ^Evocftdv mca^ 7T0v eyqr'iOaro :

ircixXii'TQOP Q)]Taov ovy avay.XivtQOv\

ETtido^ov^) TOV nQOodo-/.wi.iEvov /.al sXTvitoi-iEvov SQslg ovx wg 01 df.iad'Eig tov €^iarjf.iov :

f.id{.i[.iriV Tr]v f.ii]TQ6g rj jraxqog /nrjzeQa ov Xeyovoiv oi agyaloil dXXd Tizd^r^v^)' /.idf.if.ir]v ös y.al f.idf.ifuov Trjv f.ir]T£Qa:

EiTEV xal ETtELTEv soyüTcog ßaqßaqa' sha ydq xal euEiTa XQiq Xeysiv !

d/tOTtaXat EATtaXaL a(.iq)oXv dvoyEQaivEiv €x naXaiov '^'.Q QrjTeov.

i^E/tirroXrig Xsyovol Tivsg olof.iEvoi TavTO tu i^aicpvrjg ' dXX" ol dQyaloi avEV Trjg i^:

1) Lies dkXäg.

2) Am Rande von alter Hand (mit I ) Tovrovi 8e Xsyois av oQ&cög imtifiov.

3) TTjdip von jüngerer Hand übergeschrieben: am Rande steht JjTtrj;^ (ein Buchstabe ausradirt) Z\, darunter ausgestrichen aXXoA.

526 Nachtrag z. Sitzung d. philos.-])Mlol. ülasse v. 3. Juli 1893.

evdov slosQxof.taL ßaqßaQOv ' e'vöov yccg iari '/.al e'vdov elf-d, doY-if-iov del ovv sl'oco 7taQe^xo!-i<^i' ^^^yeiv :

ioco diaTQißcü ovv. SQEig ' e'vöov diavQißco Xeye :

■nXrjQOvOfUo Tovds wg rj aoyaia XQ'^oig' ov zovde:

&QidaKa rlQoöoTog la^cov "i^^ielg Ss ^QiöayJvrjv wg ol azTixoi:

EGyaxog /(»r) Xeyeiv ' ovyi sGyarcoTaTog eI y.al (.laqxvqa TtaqsyoL xig :

el TCOir^TTjg eirrev a/LisivoteQOv yaigäzcü' ovSs yaq Y.aXkico- TSQOv ovSe xQEiOGOTEQOv Qrjvsov GvyytQtTiKdv ydq ovyxQLTr/.ov ov XeyETaf af.iEivov ovv ccfAEivov XeyEiv :

f.iov6g)&aXf.iov ov qr^xiov £t£Qoq)9^al(.iov de' ugailvog ös (jovoj-if-iaTOv EiTiE zov xuxlco/ra :

ecovrjGäfiriv^) sig Xoyog tceql tov äf.iaqxrif.iaTog' evd-a av f^v dvvrjd-rß to TTqiaodai r] knQiaf.irjv d^slvai, exsl za ajco zov siövr][.iai zazzE' svd^a d' av zd cnto zov /TQiaGd^ai, cpvXarzov &äzEQOv' y.Q£lzzov ydq leysiv 8nQidf.irjv orKiav ]] hovrjf.iaL' v.al KQEizzov TtdXiv , tzvyov icovrjLisvog olaiav || 7] 7rQidf.iEvog eItteIv ovTcog ovv yiwil zov hovriaäf.u]V naqov ydq 87tqiäf.ir]v eItteTv^ f-ni] iiTCH]g £covr]Gd/^r]v:

iTaqaGizovg orx elEyov 01 dqyaXoL hc^ oveldovg log rm\ dXXd yiöXanag:

EvqioS^ai naXXiov r) EvqaGd^ai:

EvvoiKtög e'xEi /.loi ' i-ii^ Evviog XeyE :

qdqtavov s/tl qacfavidog 1.17] d^rjg- Gi](.ian'EL ydq zr(v vqdfißrjv :

Ev&v iyiacpeqEL zov sv&vg' z6 {.lav ydq zottov egtIv Evd^v^) dd-rjvcov zc da XQOvov:

tioqözEqov 6 Ttoirjzrig ' ov d' Ev^coqov '/.sqaoov Xeye " xat EvCcoqozEqov, cog dqiGzocpdvrjg xat vqazlvog mal EvrcoXig :

6 qvTtog ' ov qvrcog :

1) Am Rande von alter Hand + scov m.

2) Am Rande von alter Hand + ev&vg.

li. Scholl: Die 'ExXoyrj des AtUcisten Phryniclios. 527

SL6Q10V {.li^ leye ' dXX'' eiegov iftäziov ZQiovlldßiog Aal avev Tov i :

vEO/iirjvia jttrj Xeys' Icovcov yciQ] dXXd vovf^rjvia^):

rjg SV dyoQu aoloizov Xeye ovv rad^a' oQdcoTSQOv di XQCÖTO av, 6 Xsyojv sdv rjg ev dyoqd :

t]v.ijy.oeoav ' eyeyQacfEöav ' svEV07j7.£Gap ' S7t8TConjyf.eoav kqeig ' dXX' ovyl ovv nZ i :

aXeiv sqelg ovy. aXrjd-Eiv y.al tjXel ovv. 'x\Xi]d^EV ' dXovoa ovxl dXr^d^ovaa :

l-iei^voriY.dq ov /.laO^voog i/rl ds yvvaixog (.liO^voog ov /.lE&tor] :

rjfxrjv el /.al evqio/.ETUL naqd To7g aQyaioig, ovk SQetg '

üXX' r(v syw :

codr]y.ev wyiod6jiirj'/.sv ovyi did zrjg o xal i:

ayaqiv oojiiijv Xeye Üötieq o\ y.io(.aodo7roioi^ /.ir^ ßgiofiov :

TjQaxXia TteQizXia Ü^£f.iiaTO/.Xsa STteKTSiviov zr^v sayaTr^v

Xeye ' dXXd f.17] rJ^a/Arj v :

TjVVOTQOV OVK k'vVGTQOV :

avitoyev rj d-vQa aoXoixiOf.iog'^)' yqrj ydq Xiyeiv dviioKTai:

Ol rJQcog ov Xeyerai ' dXX^ 01 TjQwsg zQiovXXdßcog irvl öi %r\g aiTiaTLKrjg zovg r^Qcog^ sl y.al dQiOTOcpdvi^g drta^ ßiaoSeig vno rot f.iaTQov 01 rJQCog eine ' red ös ijvay/.aoi.iävw ov yQYioxiov :

■dsod-vzov ovy \eq6&vzov :

öiscpd-aQiLievov al{.4a ov disf&OQog ' äoiceq /.a&d ztov lazQwv svioi ooXovAi^ovzsg ovzco Xiyovoi :

■d^veiav^) Xeye j^ir] YySrjv:

avazor/slv fiiq Xaye' dXXd diazoiyelv.

i^QvaXllöa Qr^zaov firj eXXvyviov :

1) Am Rande -j- und y.

2) Am Rande von junger Hand dvscoyaaiv oixiai ovvsaiog.

3) Am Rande &vei.

528 Nachtrag z. Silzung ä. inhüos.-ijlülol. Classe v. 2. Juli 1802.

d^vf-ielr]^)' TovTO ol f.isv CQxaloi avtl tov &voiav ezi- ^eoav ol ds vvv snt tov xönov ev reo d^eatqio' icp^ ov avliqral y.at y.idaQcodoi Kai aXkoL rivtg aycorii^ovrai ' ov fiävToi l'vd^a (.lEv TQaycodol Kai '/.coi.icodol dycovl'Qovzai, Xoyeiov SQEig' svda ds ol avhjTal /.al ol yoqol, OQXtjOTQav [.nq Xeye de dvf.ieXrjv:

loTwv alXd dXXd f^irj larecov, d/.iaQrr]OEig ydg df.ioiioQ tco XsyovTi, KaXafjeiüV dvÖQecov' Itctcecov diov ■/.aXaf.iwv iTtTtcov dvÖQCov :

avXrjziijg f.17] nv&avXtjg :

y,aTa7rQ0i^€TaL ov xaTajTQö'C^ETaL:

al vr]eg SQsIg ovy al vavg^)' enl di rrg alriaiiKrig Tag yatg xQt] Xiyeiv: etil fusv tov dyiagei-iq^aTOv sloiivai QrjT&ov inl 08. TOV 7vqoGTav.xiKOv eIoltlo :

■/.Xaödv df-uceXovg q^dd-i' dXXd (xr^ zXadeveiv:

noXiTrjg (.tri o^l-^^oXiTiqg :

■/.veq^aXXov aXXd /.irj tvXtjv :

To Tr^v yvdO-ov nXazeia tt] ysigl frXij^aL enl KOQQt]g TtaTa^ai \\ ddr]va7oi cpaoi' to de Qaniteiv y.al qamof-ia^) ovk

OTTIKOV :

TTaQOipig TO oiliov ovxl de to dyyelov tovto de zQvßXiov ]] Xey.dqiov KaXotoi :

'/.örcTsiv Xeye "/.al /.irj y.qoveiv Tiijv S^voav ei de nov rcaga- ßeßiaoTai rj ygrjOig^ a/cdviov :

evt'jXaTa xXivrjg rj oy.i(.inodog ov yQrj XeyEiv tov otti- v.itovTa- dXXd KQaöTriQia:

KQißavog (.idXXov did tov q )] yMßavog^) :

ededioav Xeye (irj edEdieoav:

1) Am Rande von alter Hand ■&v/^üi]; dazu von junger: oHrjvi) vnoxQircöv 'iöiov (?) i) ö' oqxV^'^Q'^ ^^^ X^Q'^^ ^'^ V V "^v^iiXi] ßfjfid ti 1] ßcifiog ev&a avXrjxal xid-agcodol.

2) Am Rande von junger Hand al vavg 6 -Oovxvdi.

3) fiiagov von junger Hand zugesetzt.

4) Am Rande von alter Hand äjid tov xqI.

B. Scholl: Die 'ExXoy^ des Ätticisten PhrynicJios. 529

xvvidiov Xeye f-irj y.uvaQiov el y.al d^Eonof-mog 6 •/.coiiico- do/Toiog aria'S, ly^qr^oaxo :

ovÖEig Qijzeov /.axa roig aQyalovg' xo yaq ovdslg döo- ■/.i(.iov, et y.ai yQVGinnog /.al o\ ainf aviov ovxio liyovor.

layvr^g y,oilhov tj Xäyvog:

Xaycog dxxixtog layw o). de "uoveg ßqayüvovGi , layog layov Ityovxeg' x6 de layioog Y.OLvdv läyog ös Idyov u TiaxrjQ xov TtxoXe/naiov:

X7^v hf.wv Ol dioQielg oQQevixcog ov rrgoffsgovaiv dXld X)]v Xoi}.i6v ov ÖS xov Xi(.i6v cpä&L:

Xoiod^ai iXovf.irjv eXovxo^) xo o dcpaiQiov Xiye- döoxiua yaq xd /.isxd xov o :

6voiOJTSioi>ai BvtqeTiead'aL yial (.ir^ dvxtyeLV öi alöco ojg nagd nXovxdgyw sv xw negi övGwiriag avxov Xoyco TTOQa liiavxoi xo7g dqyaioig xo vq^OQäadai /.al vnonxeveiv Gr]/iiaivei :

E7r6^ei/.u Xeysiv yqrj ' dXX' ov-/. s/re^eXevGoiiai :

GaXm/xrjg xo doxi/.iov öid xov /• ovyl de did xov g' zai, xo oaXTTiGat öid xov g naqaixov döoKi^wv ydq' did de xov ^ Xiye :

acfieQcoGai' f.iri /,ai>i€QOjGai Xeye^):

KoXXaßovg xovg ev xr^ Xvqa el fiep aXXrj öiäXe/xog Xeysi, ov (pQovxig hrrcoxXeiör]- gv de cog ddrivalog Xs'ye, -/oXXo/iag:

vi/iifia 0 TvoXvg Xeyev q^telg de dnovinxQOv Xeyof.iev cog '/al aQiGxo(fdvr]g /al o\ df.i(f avxov :

l-ieGodä^/xvXa ftr] Xeys' xd fieGa xcov da/xvXiov de:

XüGxavQog ol f.iev vvv yqcovxai eul xov novrjQOv -/al d^iov GxavQOv' o\ de d()ya~ioi enl xov ■/axanvycovog:

f-iaXn] Ol/ egelg- vitoftöXT^v fievioi:

fieya dwaf-ievog Xeyo/itev ov f.ieyiGxdveg:

f-ii/rjxag Xtye dXXd fii) f.iv/ag:

1) Am Rande von alter Hand Xovaai koü/iiE&a koPriai. 2} Lies: lU/iFQwaai /u'j' xa0irQ(7)oai l^jr.

530 Nachtrag z. Sitzung ä. phüos.-philol. Glasse v. 3. Juli 1892.

Xoyiog cog ol ttoXXoI XeyovGiv Ini tov öeivov elnelv v.al vip)]lov' Ol ds aQyaloi^ ent rov ra. iv exaVrw edvei eTiiywQia e^r]yovfj.evov £{.iTceiQcog :

idiovo&ai layovaiv ol agyaloi ovy, a^idia^ovrai:

avTOTQogtog /.iTi Xeye dXV olaooivog wg dd^r]valog ' /.iiq öe ol}ioy£vri dXl'' olxoTQißa :

to bXoocpvQaxov binßaHe. ' ocfVQri'karov Xlye rj o'Köocpvqov :

ontoQOTTiohjg ol dyoQaloi ! dXX^ ol 7rsrraid£Vf.iivoi o/tcoqcÖ- vijg cog ytal ör]f.ioad-ivrjg :

voooog voöoiov df.iqio~Lv XebreL ro e ' did tovxo ■aal aöo- 7tif.ia ' Xsye ovv veozzog y.ai veottiov :

ygvoea dqyvqea yaXY.Ea' '/.vdvEa ravia land öiaiQOV{.iEva' yqy] ovv XiyELv ' xQvoa || yjah^a dqyvQcc Kvava. pf^t'ffotg Xiye ' ro ydq ygvoEog lay.6v ' ofioicog xat dgyvqovg yaXxovg xvarovg :

öiol i-iy] XeyE' dXld dvolv:

E^af.tßlcüoaL y.ai df^ßkiOKEi ' dXXd ji/rj exTgcoGai :

dvEiv.^ eoTi (lEv d6y.ifiov rio de dXXov.ÖTCog amco ygr^od^ai Tivdg STtnaqdxTETaL' Eni ydq (xovrig yEvpi/.rjg zid^Evai ovyi ■/.ai öori/.rig :

dva&EoO^ai xaAwg 6 löitoTtjg dvaßdXXo/ttai q)t]aiv ol ydg Eni tovTOv TaTTOvTEg ro dvadäod-ai , df.iaQTQvovaL' Xiyovoi ydq dvarid^Ei-iai eoav&ig t6 ngayi-ia, ayvoovvzeg ag ro ava- TL&Evat ovo G)]f.iaivEi' tv (.lEv ro f.iETayiviooy.ELV ig)^ otg EiQfjY.s xal aQQYjTa tioieIv "teqov ds dpari&evai ro (poQxiov.

oxad^EQa f.iEOr]f.ißQia y.al GTa&EQa yaXiqvr] Xeys' ora&EQog ds av^QLOTiog ovda^uog dXX' Ef.ißQLd^i\g :

dvajtEOEXv ov y.aXiog Eni tov dvay.Xid^rjvaL rarrercff sdv Öe etil tov TYiv \pvyr(v dörjfj-OvrJGai .^ ytaXidg' oiov ovetvegev avd-QiOTtog' dvTL tov rr]v ipvyrii' Tt]d^vfir]GEr :

dvdxEirai (.tiv dvÖQidg y.al dvaS^rjjiiaTa , y.aXcZg egslg ' dvdxEiTaL ds hti rijg yiXlvrjg ovketi ' dXXd ytsiTai :

dvTißaXslv dvTi tov dvTavayviövai onölov tl to avvi- Tid^ExaL :

yEXaGii-iov f.iri XLyE dXXd ysXolov :

li. Schall: Die 'EyAoyrj des Atticisten Phryniclios. 531

oxoQTTiCeTaf l/.aTcuog uiv avxo XiyEi Iwvcov oi Ss cct- Ti'Kol G'A.EÖavvvTai ff aal:

zaraGyaoai largol f.iiv xo(.oj.ievoi, syovoiv dycoloyi'av log ovTog Tiaqa xoig aQyalotg tov eoycov avvl tov eoya^ov Kai sxevTOvv dlXd v.aravv^ai r^ue7g Xeyoftev df.icpo7v d' ctf.ieivov eoTi Xiyeiv ts^ieiv q^läßa:

aqyaiy.ov tog dXyiar/.ov ycat TQoyar/.öv liye: Qtei Tilhi Ciei m/a* Xeye ovv qei Kel nXei: evd^rixr]- to f.iev naQEvd^rf/.r] oncog ivro YjQOÖotov E^ioiixai^ vaiEoov oiliouES^a ' to öe hd^i^y.r] wc; ol 7CoXlol Xeyovon\ arorrov a(fOQt.iY^v yoo Xiyovoiv o\ aQyaloi:

aq^VTiviad^rjvai leye' dXld firj e^virviad^iivai: aixyairoiiiai tiü ovxi vavriag a^iov Toupofta- aXl' tQE~ig ßÖEXvTTOiiiai tog 6 dd^rivalog :

ßaaiXiooa ovSslg rwv doyaiiov e\7ie' ßaülXsia ds 7] ßaoiXig :

aXE/.TOQig EvoiOY-ETai Kai iv TQaycoSia y,al iv ■/.cot.icüöia ' XeyE di aXE7.ZQicji' /.al hrl d^r^Xsog xal Eni aqQEVog cog 01 iraXaioi :

yXojöoidag avXwv rj v7Todt]udTiov /.n] XeyE' dXXd yXcjo- aag avXwv:

ßaXavouXirtTrjg fir] XeyE' dXXd ßakavEio^Ximrig:

yQvzri o soviv dTtooxEvrj' 7TaQa7rE7roir]Tai Y.ai rovto' to

ydg zoiovTOv arrav yQv/itaiap ov(.ißeßr-/.E v.aXEiod^ai o ör]Xoi

TTjV a/.EvoO^iq'/crjV :

Ol oQyaloi öid tov y äuuQvya nQocpaiQOvGi^) xr(v diwqvya: voxeqiZeiv xol -/MiQOv ov TC~ -KatQCü' El /.al q^aßioqivog doxr/.rj ovvtxa^E:

dixQavov oi d^yaloi öi/.QOvv y.aXovoi :

dlOOXOQOl OQÖÖXEQOV 7] dlÖOKOVQOl :

ecprjad^a (.läXXov rj Eg>i]g:

1) 1. JTQ0<f:S00V0l.

532 Naclitracj z. Sitzung d. philos.-philol. Classe v. 2. Juli 1892.

TraQaßohov dd67.if.10v tovto' reo qyipiaxi ydq di || 7r aXaioi yiiyorivTaL' oiov nagaßdlXo/iiai Tr^ 8f.iavT0v '/.scpaXij' sxQr^v ovv Kant TOVTwv Xiyeiv 7raQaßdkXof.iai dqyvQUü;

otaxög 6 Tcov avXrjTidv %ltiov ov Myerai' dkX' oq&o- arddiog %LXiov :

Ttaiöioytt] hil z^g veaviSog ol oQxaJoi' oi Ö8 vvv hil Tr\g O^EQaTtaivrjg :

Tial^ai öcoQr/.t7jg- rcaiGai ds xat 0 avfiTTalazrjg, arrr/wg:

na'kaiGxiv.ov o\ dqycxloL' ov 7taXaiGXQiy.ov :

y,OQvg)ai6xaxov ddöxi/Jiov /ragd cpaßtoQivw y.oQv<faiov ovv.

STTtoörj ov/. anaoidrj :

öidoaoiv ovyl diöovai yQrj XeyEiv x6 ycq öiöovoiv aklo XI ori(xaivBi' x6 öeIv:

TVQorcsxojg ovyl 7tQoaXiog :

{■•/.d^sfia ßdqßaqov ' Xsye ös TrQoyQa(.i(.ia :

oovzvyiav ygri Xtyeiv ovyj. ovf.i7Txw/.ia, rj Ivoavxag ovxio' ovveneoev avxio yevioS^ai xööe' drjf.ioo&ivr]g dna^ eiQrjxe xo]jvof.ia :

xaT6Qd^coi.ia xovxo dd6/.i(.iov ' x6 ös Q^fja xo -/.axoqdiooai d6xif.iov :

xo f.iEv /.laysiQog öoyuj.iov x6 de (.lay^jQEiov ovk exf avxi Öe xovxov onxdviov Xeyovaiv, xrjg /.liv ösixegag avXlaßrjg o^vTOvovi-dvrjg- xr/g ds xqixi^g ßQayvvoi-iEvt^g:

ipiXog (.lOL xvyyavEL cov ovxcog 01 dqyaioi' xo de (ftXog f.ioi xvyyavEi ycogig xov V7caQy.xt'/.ov, dd6y.if.tov :

dvxE^ExdiEiv yal naqaßaXXELv ygrj Xiysiv ovyl ovy/.QivEtv, eI yal xig wcEQidtov TragEXQyjoaxo :

yax'' ey-e'ivo yaiQOv' TraQaxijQrjxEOv y.al fiExd xov agÜ^gov yQtioxeov xar' etieIvo xov yaiqov cog yal dovxvdldrjg' ovdslg ydg xtov dgiaxcov Eyqrjoavo:

£7taoxi]OE' y.al E/rioxdoELog aiiov xo 7tqdyfia dvxl xov r)7t6QrjOE y.al dnoQiag a^iov Trqayfia' ovxtog 01 Gxo)iy.ol El ds yal dqyauog ]] doxifuog a^iov sniGiisiliECog:

ttÖXiv fiExd xov V ibg o\ agyaioi :

li. SchöU: Die 'Exloy^ des Atticisten Phn/nichos. 533

doza&eia tj Evova^rig- ddoyci/iiov alla ov STtieUeia Xiye xal 8(.ißQid^Tqg :

v/coaraaig agycov xal tovto tiov rj^i€lr]f.i&viov' i/tl /tolv naod To7g sqyoläßoig rwv ^äQytov CrjTovvieg ds rl dvx' avzov dqyalov deiri(.iEv ovoj-ia, ov qaduog äyQi vvv evQioyM^iev el ds svQsd^sir] dvay£yQdif.i£Tai:

iva d^LOGLv ov yQTJ Uyeiv dlV %va dydycoGiv :

avv/]VT£TO xai dnif^vTETO 7toir]Tix(Zg- yqr^ de Uyuv ovv- rivTrjas xal dTcrjVTr^as :

oivaTii ov lexTeov vdjiv de- o -Aal dxTL'Aov yial doxi/nov:

Id^wQog 6 snlyaQig v-ard rovg vvv o\ de. dqyaloL tov iTafiov xal dvaidrj :

eiexQcooEv i] yvvr] (.ir^ Uye' e^rif.ißlco :

ey.ZQioi.ia- /nrjöe tovto- e^di.ißXcoi.ia de xal df.fßlcüd-Qidiov:

eiTideGfiog dQQEvixcog (.nq leye' ro enideoiAOv de xal Td eTtideof-ia lug oi d^yaloi:

axoTog ov UyETai enl Ev^elag' dUd x6 oxioq tov axdzovg yEvixr\ dno xrjg dyQT^OTOv sv&Eiag t6 axazog:

g^lovg- xal tovto '^f.idQTr]Tai- oi ydq dTTixol cphwg le- yovai, xal Td drrd tovtov 7TXEx6i.iEva q^U'iva xalovvvai:

TtaXaGTri rd f^hgov xal 0^i]Xvxojg XeysTai xal dvev tov l. o [.levToi dS^Xr^Trjg naXaiGTrig xaXelraL dQQsvixtdg:

nETtoid^rjGig oix EiQ)]Tai- dXX' rjTOL ttigtevsiv rj Tterroi- d^evai :

eyyiov s,.l tov eyyvTeqov /nr^ Xeys' dXV eyyvTEQOV ettI de TOV ev Ttj yiy, olov eyyEiov ygri/ita Et Tig xqwto, dqiGTa dv yQr^GalT0, tag xal dr]i.ioad^evrjg eyysiov toxov XeyEi:

(.ia[xi.i6dQE7CTOv ^rj Xeye' Tid^eXXadovv^) de:

Ticptjv d?'.Xd f-ir TiXiprjV :

ifjva rj/.idQTr]Tai did tov v xal egtl (.idXXov did tov o' \poa VEcpQov ovv Xeye :

TQvyoniov, dXXd (.iri vXrjOTrjQa : ||

1) a über (Ti&)s{kXadovv). 1893. Philos.-pliilol. u. bist. Cl. II. 4. 35

534 Nachtrag z. Sitzung d. jphüos.-'pliilol. Glasse v. 2. JuU 1892.

ndrrvQOQ' Tondosisv dv rig alyvmiov eivai Tovvof.ia' TToXv yc/Q xar' aiyvrixov itlöX^Exai' r^f-iEig de ßlßlov SQOi'i-tsv:

dcpovLTQOv TsXeojg s^irt^Xov xat ado/uf-iov vQiq ovv llyeiv XizQOV rj vicQOv dffQOV vltQOv aloXevg f.isv av emoi. coOTreg ovv yiai ri oa/ccpco ötd lov v d&rjvalog ds öid xov X:

navdoxelov y.al 7Tavdoy.Evg xal rravöo-AEVTQia öia xov v. yQr\ Xiyeiv ovyi did xov %:

s^ddeXq^og fxri Xfys' dvEifiidg de Qrjxeov:

dfxad-eg sItisIv virdXXayfxa dvxl xov eveyvqov :

xov giO^sTga dQQEViMtg cog ■/.al xov xoqiv :

(.loyXov dXXd f^n] jiW/.X6v :

VTvdysiv XTjv yaoxega cpaoiv oi TtaXaiol' ovyl -/.aza xoi- Xiag Ttoielv wg oi yvfivaoxLy.oi:

ETTiOQ-KOv öid XOV 7t Qtjxeov ov öid xov q):

ipiaS-og f-iiagog vaXog did xov a d6y.i(.ia' ov öia xov e' '/.al y.OQLvva xov vdXivov noöa d^r oeig qir]Oi :

TtveXog did xov e xal /.ivEXog Qi]xeov :

TtQwxov xal öevxeqov Xeys, eI y.ai xiveg 7taQanE7Toiri}.itvcog TtQwxtog XeyovGiv:

al yioXiy.Eg ^) d-rjXvKwg ov/. aQqEvr/cog :

XOvÖQOxioveiov df.iadeg xo ovvd^sxov :

eY.xEVLog f-iri Xeye dXXd dail,iiXcög:

7taqay.axad^rf/riv' dXXd fiiq TTaqaiyrp/nqv xexQaovXXaßcog:

CTtaQaixrjxov dXXd firj aTxaqaßaxov :

Xvyvia' dvxl xouxov XvyvElov Xeye cog ev yccof.uoöia :

dycoyov xovxo oi TiaXaiol, e7cl xov r^yovj-ievov oöov xiva xdxxovoiv wg /al &ov/vöidrjg ' oi de 71eqI xd öi/aoxriQia vvv Q-qxoQeg., '/aXovoiv dycoyovg xovg oyexovg xcov vöaxiov:

■KoyXiaQiov ' xovxo Xioxqov aQiGxorpavrjg :

ÖE^af-iEvri' xovxo cpaol TxXöxova htl Ttjg xoXv^tßrj&Qag EiQrj/evaL' eyw de ov cpr]f.ii' dXXd deSaf-tht] tog 7Toiovf.iivi]' /.oXvf.tßrid^Qav ovv qrjxeov /uoXXov :

1) a über (x)o{^vxeg).

B. Scholl: Die 'ExXoyt] des Atticisten Phrynichos. 535

X^iCov noiriTiy.6v\ yßEOivov iv tte^w löyta \

ßad-(.i6g laxdi' öia xov 0- ' aTTixcog dia rov a, ßaof.i6g :

7CVQLa- xovro hd ^r^g. av ßaXavelco TCViXov zivig xäi- Tovar -/.cd a'yei /nev zo stv/hov dno rov nvQovoi^ai- ov tir^v TO axQtßig y.al dSycifiov nviXovg yaq oi agyaloi '/mIovoiv aÄA' ov nvQiag :

Tcheod^ai dzTiMV Yrrzacdai v,oiv6v:

xazd yeiQwv -Kai sttl yeiQwv dvellriviOTOv -/.ard yeiqog ydq r^ y.io(.aodia (frjoiv:

q^dyofxai ßäqßaQov 1'dof.tai ovv Uye:

ff.uviQavov Xeyszar ovy i)i-iiX€(^dXaioi>:

ivagezog- noXv 7taQd zolg GTcoiKolg -KvAelzai ov-/. ov agyalov :

yaozQoxvrif.iiav f^itj Xiys' dXXd y.vrji.irjv:

iylQl-ia did zov a, {.lävai'ÖQOg- naqd 6s zolg dqiozoig, ^6Q/.n] did zov r]:

zsdtiXriy.ivaL'^)- oXeSavögecoziKOv zovvofia' r^f-äv ös qr^zbov ^deXriTitvaL : ||

ipvXXog ßciQßaQOV rj il'vXXa ös dzzixov:

svoxrn-uov' zovzo oi dgyaloi snl zov v.aXov xal avf.i- /iiezQOv. Ol de dj-iad-elg , sttI zov ttXovgIov -/.al iv d^iw- jiiazL ovzog :

STtizov.og ^ yvvi] (.iiq Xeys- dXX' enize.^:

iyycad^szog- ovzcog vneQEidrig iijftEX}]i.iirwg, ötov öo-Aif-uo- ztQiü xQr^oaodai zw ^ezog- >J donoitjzog' rj v/roßXrjzog :

hdv(.m'La- d/^iaOidg, öäov dizzcög Xeysiv tog evTToXig x6- Xa'^i- oy.evri zd xazd zrjv ohlav -/.al tninXa:

i^invQiGiiog, r]f.ieXrjf.ttvov diov i/,i7TQi]0(.idg Xeyeiv:

rffiUa/.ov ovy ovztog dXX' r^^u/.wxÜ)]Qov cpdS^i:

1(.ieXXov rj evEGzwzL Gvvzaxzeov, rj (.itXXovzi' r] l'/n£?lov yroiElv, rj 7coir^GEiv zd de GvvzEXud ovöeva zqonov dgi-ioGEi zw I'ueXXov :

1) s über {r8djij(?.tj>tfvai).

35*

536 Nachtrag z. Sitzung d. phüos.-phüol. Classe v. 2. Juli 1892.

'/.oqvdalXoq' evßovlov rov ■/.toixwdorroiov ÖQaf.ia e/ri- y^äcpstai ovtcoq' gv de. tog ccQiOToq^dvrjg 'AOQVÖdg ?Jy€ to Cwov aTTiy.wQ o^vTOvovfxevov :

yiqay{.idg aXXc y.Qavyao}.idg Xsye :

■KaTaf-iveiv tag o\ aq^cüoi dXka. {.tri y-afif-ivstv:

■/.agaTOi-iEiv dXW f-iri^) '/.sg^aXoroi^iElv:

XaKaiva tyjv yvvaixa SQsTg' Trjv öi xf^ijoccv, Xa-/.cüviy.rjv, et ytal svQiTTiörjg naqalöywg (fi]Oiv, cbg r' Xäy.aiva tcov cpQvy(ov f.i£iiov Tiolig:

fxevovv vTioTaooETai rolg öoy.ifioig ovxi TtQOTaooeTui, syco (.lev ovv Xeyovai ytal y.aXa f.i€v ovv:

fxiaqia aöoxiixov, ro di fxiaqog ccQxcilov:

Tcc Trig TTQcözrjg ovt;vyiag y.al Tqivrjg twv 7teQiG2itofAevtov, öid TTJg OL öicfd^öyyov Xsye- olov reXotr]' vooir]' cfiloir]' xa ÖS T^g ÖEvregag did rov w oiov vixcörj yekcöi]: €QyodoTi]g 'Aal £QyodoTsiv Ttaqd xivi twv vewxeqcov xco/Licodcöp eiqrjrai :

TEXviyicog^) ösi leysiv olXd ^rj ivzexvwg' ei y.al tco Xvoia 7T0V TcaqaTtenoiijTaL :

öidoirj' dXld f.n^ öidcot]- te'Ai-iriqiel de Ofx}]qog' edv (.lev ydq vnovay.tLKwg yqr^xai, did tov co Xeyei, el de -aev avrog öcör] iivdog dqeod^af el öe evy.Tr/.cog, ovTcog- aoi öe d^eoi Tooa (5o7«', ooa' ovKOvv dXä^avdqog 6 avqog oocpiOTrjg ötot] y.al öi- öwf] Xeyiov, enl EVKTiyov aTrodoxit-iai^eTai :

TO ßqwoof.iai tag yal t6 cpdyof.iai s^coGTqa/.loOi] Tiuv (XTTiKCÖv^ sdofiai yal yaTedof-iUL ;j()W|i<£Vwj' avTcov :

edv dydyi]g yqdcpe ' ovy eov ayi-jg :

ayayov ov leyETai enel \.iEToyjiv ovy eixe ti]v ayayag ' dlXd dyaye ' yal ydq i] fieToyr] dyaycov, ibg aveXe aveXcov :

dvaio9^r]zei;oi.iai, aTOTCOV Xeye ovv ovy aiodavof.iai yal t6 ovof.ia dvaiod^rjTog ;

1) i^fj von jüngerer Hand eingefügt.

2) Am Rande : -^ jiXÜxmv oti lavd' ovrcog t'x^i 7)/iiTi' xal xFxrixöJg E^EVQt^xai (Euthyd. p. 303 E).

B. Scholl: Die 'Ex).oyri des Ätticisten Phrynichos. 537

avd^sKaGTOTijg- dkloxoTOV zo ös avd-äxaOTOv yiaXhoiov, acp' OL) ixeh'O sysvsTo:

dxoXovd-£7g TCO deivr ov f-iexa tov öelvog dyioXov^elg, el y,al Iva lag ev zw avToxQaxoQi, tov naida tov dzoXov^ovvTa jAETa eiQTf/iB' TCaQaiTrjXtov ydq tS ondviov.

ßuoTi7.6v di]drlg rj U^ig- Uye ovv xQrjOiiiiov ev tcü ßltü:

ßovvog, s^cüOTQaxiad-rj y.al avTrj Trjg dzTiV-rig r^ U^ig' avTog yoQ 6 \\ XQtjod^ievog, Tig ead-' 6 ßovvog, iva oacpcog oov f-iavd-avco, cprjGr ev f.dvTOL rtj oiQay.ovoia noiriGU zad^wfjii- XrjTai 6 ßovvog- dlV ov TTQoalsTai TavS-' 6 aTTimafidg- negt ov dyioviL.O(.iBd^a ' ottov yoQ dveniiuxzog y.al ayqavzog ßov- Xezai^) {.levBLv zrjg äXh^g eXlddog, aiolkov leyco xal dcoQUiov y.al elXrjvwv xovziov f.iev xat avyysvwv ovzcov, axoXv /' dv ddoy.if.iov '/.al ixi^oßdqßaQOv tcqogioizo ffwvijv:

(.lovd^vlevio ovT(jj Tiveg z6 /.tolvvovzi zagdzTuv XeyovGi ' anoqQiTtzE ovv xai zovzo :

ßolizov aXld /nr] ßoXßizov Xeys oXlyoi ydq ol yQi]Gdf.i€voi TCO öevzeQOJ :

yoyyvGfwg xat yoyyvuiv lazd ' cpcoxvXidrjg 6 /ndi^Giog eyqrjGazo, Xeycov yqn] zol zov ezaiqov ezaiqco cpQovTiCeiv, ogg' dv TtsQiyoyyvt.coGi noXlzaf ißieig de zovd-QVGfWv y.ai zovd^QvL,co Xeyo/iiev rj gvv zco o tov^oqvg/hov :

övvrj' edv piev vKuay.TCKOv ■»] edv dvvco{.mL idv övvr], oqdcog XeysTaf edv 6e OQiGTizcdg Ti&ij Tig, dvvrj tovto jTQa^ai, ovx iyaog av TiÜ^elrj' /^r] ydq Xeyeiv övvaGai tovto

Öqxcögs ymI oqxco Ttjg d'eyco' ovzco ycQazlvog- (.laXXov ös did TOV CO Xsye, ij f-UTa tov <, wqytiGev :

£vxeQf.iaT£lv, dt]ösg ndw ^öiGza ö' dv etTioig, evTtoqelv y.EQi.idTCjov :

hiavGiaiov v.ai Tovd^' o/.ioi6v eOTi, tcZ diovvGiaiov, ycißdrjXov Xeye ovv eviavGiov cog dvovvoiov t6 de öiovvGelov

1) ßovhzm von jüngerer Hand zugefügt.

538 Nachtrag z. Sitzung d. philos.-philol. Classe v. 2. Juli 1892.

Ol) Xiyerar yqy] ovv aQiavoq>ap£i dxoXovd^elv, sv tco yriQa li- yovTi, zig av (pQaoEiE nov 'otl t6 diovvaiov o^rov rd fiOQ- /.loXvxeia 7tQ0öY.QeixavvvTaL :

iöeevo e/rAeero, laxä eöelro eTtkelro aTzr/ia :

s^aXld^ai' zo zagipai /.al TtaquyayEiv elg EV(fQ0Ovvi]v, cpiXLTCTtidrjg yial /.lavardgog yqojvzai :

iveyvQti-iccla ovdeig ehre ziov do'/ii/Licov el ds ztZv r^/.ish]- l-dviov zig, ov (pQOVTig iTtTtoy.Xeidrj ' ov de h'lyvqa Mye :

eY.Xi7iiov OV'/. iy.Xeiipag xQiij Xiy&iv :

XQt]Ozög zo rjO-og' ov zd rjd^ij nXijO^vvzr/.iog :

S-vgeov zoid-^ o(.ir^Qog s/rl XlO-ov zid^i^oir, dvil O^iQccg zr^v xQelav 7iaQiyovzog' o\ de rtoXXoi hcl zr^g aonldog' yjyiq ovv do/iiöa i-iaXXov Xeyeiv rj dvQsov :

ov% oiov 6Qyi'Qof.iaL v.ai /xrj olov Xey6vz(ov ov f.wvov yoQ zw ddoY-if-Uo d7i6ßXi]Z0i\ dXXd y,al zw rjyw drjdeg' Xeyeiv de XQ)], ov Srj^rov y.al fir^öi^nov :

olxlag df.GTt6zt]g Xeye- ovx wg dXe^ig ol'A.oÖEOn:oTrjg:

ovzivovv ovx ovdrjjtozovv grjzeov :

nQ6oq)azov yxd jieql zovzov noXXr^v diazgtßrjv enou]- odfir]v, S7tio-/.07i:ovfXEVog, el /uövov Xeyezai uQOog^azog rsy.Qog, y.al (.iiq nqooq^azov 7tQdyf.ia' EtgiGAEzai de GOfpoxXrjg ev zfj dvdQOf.ieda zid^Elg ovzw i-irjde cpoßElod^e TCQOO(pazovg sttl- azoXdg :

TTZWfiaza vEüQwv ?j* ol'ywv ol aQyawi rpaolv ovyi nzdfia

VEKQOV :

7teQiozaGiv XeyovGiv oi jiaXaiol^) zriv dia zLva zaqayov 7iaQ0VGiav 7iXrjd-ovg' zrjXEyiXEidrjg zig r^dE y.gavyrj xat do/nwv TTEQiozaGig' o\ d' drco zrjg ozodg avzi zrß ovfiq>OQag zrj XIBel XQcövzai :

7TaQEf.ißoXrj- ddoKif-iov GZQazorrEdov de zwv doy.if.uov: Ganqdv o\ noXXoi eixl zov aiGxQdv d-ewv (prjoiv 6 yQafi- (.iaziy,dg \\ EVQrjyevai Tiagd cpEQEKQazEi, nzaiwv cxTtavza yoq

1) Von anderer Hand übergeschrieben.

Ji*. Sdiöll : Die 'Ey.Xoyrj des Atticisten Phrynichos. 539

a (pegsL ^laQXvqia, Lil rov 7ia)Miod /.ai GEOrjyioTog eiQrjrai '/.eii-isva :

otof^iaia hti rcov covuov avöqanödiov olov aojj.iaro7TiüXai, ov xQüipzai Ol ctQyaioL :

To TTQOOMira afKpcü TtaQrjv ad6y.i(.iov' vm^-ov yoQ syei nQooiOTtov o\ TcaXaiol cpaoi:

TQVcpäv ov OTQr^viäv yQi^ Xeyeiv :

ovv aygiov ov ovayqov qr^riov :

ovyyvtof.iovr^oaL ov yqr^ XLyuv ' dXXd avyyvtovai :

Girof.ieiQBiad^ai f.irj Xeye' Xviov d'egslg olrov f.ieTQeia&ai:

(.lEOonoQeiv ' tovto fxevavdqog ovdev STtißdXXtov yvwf.ia To'ig 6v6f.iaoiv dXXä nävra cpiQCOv:

ycQog' y.al tovto f.ievavÖQog Ttjv ymXXIotijv tcov '/.oj/lIco- öicöv avTOv Tov liiiGoyvvrjv y.aTey.rß.idcooev elrtiov tl ydo Srj yvQog iarh ov ovvirif^ii:

XrjS^agyog- ovoo)]}.iov onogvo^onog' oxpioviao^og' oipwria' öiOQiyog jxavTa fierdvÖQOv ravxi TtaQaizrjzia :

oiyiod6f.ir]f.ia ovy. ol-/.oöof.i.ri QYjTeov :

Üotveq y.ai^vjiuQ ov XeyeTai, oXV vnoQ, omcog ovdi xax- oi'UQ' dXV yJTOt ovaQ Idcoy, r^' s^ oveiqov oiUscog' ovTcog IVt f-ieyiOTov eoTiv ovoj-idztov yvcooig' o/rov ys örj y.al td anga twv sXXiqvwv TtxaiovTa OQCLxai :

/.lEZQid'Csiv TOVTO Ol f.iiv dq^oloi, ETTi TOV zd ovf.ißai- vovza f.ieTQicüg cpeqEiv Tid-iaoi' f.iivavdQog öi hri tov ao^eveiv Ttaqd TTqv twv doxificov ygr^aiy:

Xi&iov XiyE {.irj Xid^dqiov.

■/.aiyd ov y.ad-cüg- d^ovxvdidr]g' y.aO^d ÖeI Elg oiAEXiav nXelv:

■/.dyiKaßov {.nq Xeye' dXXd ■Kay.y.dßriv tag d()iOTog)avi]g ev daiödXio :

-/.vvriyov f.ii^ XiyE' dXXd Y.vvriyäTiqv aTTi-Ktog:

YMTarfaydg' 6 fiivavdqog aloyvvcov Tr(i> Txaxqiov rftovriv ovTOJ q)r]Giv aQiGiocfdvrjg ös ovtcü Ttcog XiyEi' egtl yaq -/.axio- cpaydg Tig dXXog r] y^XECüvvf.iog' iyQrjV ovv yigaTivco TTEid^o- (.lEvov (.idXXov ffayag eItteIv, i] reo /.ivqtiXw XiyovTi, tog o ^«v,

540 Nachtrag z. Sitzung d, phüos.-philol. Glasse v. 2. Juli 1892,

Tt.'ksTiTrjq' b ds, aQTta^' 6 öe, avänrjQog /tOQvoßoOKog xata- g)ayag' to yaq arca^ qt^O-sv ov fiLf.irjT£Ov :

yeXolov ov yeläoii-iov Xiye :

d-QvalUda f-iallov i] slluyvLOv log i^qoöorog laC^ov:

y.okoxvrxi] aTTixcog ov 7.oXoyivv9-a:

xaTag)eQTqg etcI twv to. aqiqodioia ayioXaGviov leyovaiv oi TtoXkol c(doKif.uüg :

yiaTa?Myrjv ol ovQ(faKeg liyovGi Tiijv Ttqog riva aldco, ovK OQdcög :

rd Sf-iavTOv TtQamo ovrco Xeys ' ov la. Ydia jcgarrco otx £yxQaTsvo!.iaL Xiys' ovx dxQaTevo{.iai, cog 6 i^iivavÖQog :

aiyi-ialwToi' yeveoO^ai ovk alxf.ia?MTiGdT]vai :

r'ivvOTQOv dlXd fxr^ evvOTQOv :

d7toxETEleO(-dvov nal dTtoTEtilEöxai XQ^ läyeiv ' ovy, d7trjQTiOf.ievov y.al dnriQTiy.a:

dviod-h OOL cplXog elf-U, oiy. dvixa&ev w^; '))Qodoxog- d^rjvaloi ydq dviy.adev v.azin&OE Xiyovoi :

iieg:>alauoddoiaTOJ\ ddöyiif-iov sotl^):

1) Hierauf folgt von jüngerer Hand : syxQtzog 6 kvtsxayixsvog xov xsxQi/Lisvov xal ExXsxxov xai doxifiov: exxQirog o sxxsifA.svog xai jiqo- sxcov zäjv nexQi/xivcov, sowie einiges Weitere von derselben Hand.

541

Verzeichiiiss der eingelaufenen Druckschriften

Juli bis Dezember 1893.

Die verehrlichen Gesellschaften und Institute, mit welchen unsere Akademie in Tauschverkehr steht, werden gebeten, nachstehendes Verzeichniss zugleich als Empfangs- bestätigung zu betrachten.

Von folgenden Gesellschaften nnd Institnten:

Geschichtsverein in Aachen: C. Wacker, Die Aachener Geschichtsforschung. 1893. 8°.

Historische Gesellschaft des Rantons Aargau in Aarau: Argovia. Band 24. 1893. 8».

Observatory in Adelaide: Meteorological Observations 1884—85. 1893. fol.

Boi/al Society of South Aiistralia in Adelaide: Transactions. Vol. 16, part 2. Vol. 17, i-art 1. 1893. S".

Südslavische Akademie der Wissenschaften in Agram: Rad. Band 113. 114. 115. 1893. 8°. Stari pisci hrvatski. Bd. 20. ic93. 8".

Geschichts- und Alt er thunis forschende Gesellschaft in Ältenhiirg: Mittheilungen. Bd. X, Heft 3. 1893. 80.

Societe des Antiquaires de Picardie in Amiens: Memoires. Tom. XIII. 1892. 4». Bulletin. Annee 1892. No. 2—4. 1892—93. 8^.

K. Akademie der Wissenschaften in Amsterdam: Verhandelingen. Afd. Natuurkunde. 1. Seclie. Deel I, No. 1 8. 2. Sectie. Deel I, No. 1—10. Deel II, No. 1. 1892/93. gr. S». Verhandelingen. Afd. Letterkunde. Deel 1, No. 1. 2. 1892/93. S». Zitting.sverlagen. Afd. Natuurkunde. Jar 1892/93. 1893. gr. 8°. Verslagen Mededeelingen :

a) Letterkunde 3. Reeks. Deel IX.

b) Natuurkunde 3. Reeks. Deel IX mit Register 1892/93. gr. 8". Jaarboek voor 1892. gr. 8°.

Quattuor carmina latina. 1893. 8^.

542 Vcrzcichniss der eingelaufenen Bruckschriften.

Soeiete d'etudes scientifiqices in Angers: Bulletin. Nouv. Ser. Annee XXI. 1891. 1892. 8^.

Peabody Institute in Baltimore: 26 th annual Report, June 1. 1893. 8°. Catalogue of the Library. Part V, S.— Z. 1892. 4».

Johns Hophins University in Baltimore: Circulars. Vol. XII, No. 106. 107. 1893. 40.

Naturforschende Gesellschaft in Bamberg: XVI. Bericht. 1893. 8°.

Genootschap von Künsten en Wetenschappen in Batavia: Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde. Deal 35, afl. 5.

en 6. Deel 36, afl. 3. 1893. 8^. Notulen. Deel 30, aflev. 4. 1893. 8».

Observatorium in Batavia: Regenwaarnemingen. XIII. Jahrg. 1891. 1892. 8°. Observations. Vol. XIV. 1891. 1892. fol.

Natuurlcundige Vereeniging in Nederlandsch Indie zti Batavia: Natuurkundig Tijdschrift. Deel 52. 1893. 8°.

Historischer Verein in Bayreuth: Archiv für Geschichte. Band 18, Heft 3. 1892. 8°.

Universitätsbibliothek in Basel: Schriften der Universität Basel vom Jahr 1892/93. In und 8°.

Historisch-antiquarische Gesellschaft in Basel: Beiträge zur vaterländischen Geschichte. N. F. Bd. III, Heft 4. 1893. 8".

Natur forschende Gesellschaft in Basel: Verhandlungen. Band 10, Heft 1. 1892. 8".

K. Akademie der Wissenschaften in Belgrad: Spomenik. XX. XXI. XXH. 1893. 40. Glas. XXXVIII-XL. 1893. 80. Die ersten Grundlagen der slavischen Literatur von Stojan Novako-

vich (in serbischer Sprache). 1893. 8°. Geologia Srbije od J. Schujowicha. 1893. 8°.

Museum in Bergen: Aarbog for 1892. 1893. 8«.

K. Preussische Akademie der Wissenschaften in Berlin: Sitzungsberichte. 1893. No. 1—38. gr. 8°. Abhandlungen aus dem Jahr 1892. 4*^.

K. geolog. Landesanstalt und Bergakademie in Berlin: Abhandlungen zur geolog. Specialkarte von Preussen. Bd. IX, 4 und

X, 5. 1892—93. 4". Abhandlungen der k. preuss. geologischen Landesanstalt. N. F. Heft 12. 14. 15. 1892-93. 4».

Deutsche chemische Gesellschaft in Berlin: Berichte. 2G. Jahrg. No. 12-18. 1893. 8».

Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften. 543

Deutsche geologische Gesellschaft in Berlin: Zeitschrift. Band 44, 4. 45, 1. 2. 1892/93. 8'>.

Physiologische Gesellschaft in Berlin: Centralblatt für Physiologie. Bd. VI. Literatur 1892. Bd. VII. No. 4

bis 19. 1893. 8°. Verhandlungen. Jahrg. 1892—93 No. 1—18. 1893/94 No. 1.

Kaiserlich deutsches archäologisches Institut in Berlin: Jahrbuch. Band VIII, Heft 1. 2. 3. 1893. 4». Antike Denkmäler. Band II, Heft 1. 1893. fol. Jahresbericht über die Thätigkeit 1892—1893. gr. 8^.

K. preuss. meteorologisches Institut in Berlin: Ergebnisse der Niederschlags-Beobachtungen im Jahre 1891. 1893. 4°. Bericht über die Jabre 1891 und 1892. 1892—93. 8". VeröfiFentlichungen 1893. Heft 1. 4°.

Jahrbuch über die Fortschritte der Matliematik in Berlin: Jahrbuch. Bd. XXH. Jahrg. 1890. 1893. 8".

Verein zur Beförderung des Gartenbaues in Berlin: Gartenflora. Zeitschrift. 42. Jahrg. 1893. 8».

Verein für Geschichte der Marie Brandenburg in Berlin: Forschungen zur Brandenburgischen und Preussischen Geschichte. Band VI. Leipzig 1893. 8".

Naturivissenschaftliche Wochenschrift in Berlin: Wochenschrift. Band VIII, Heft 6—11. 1893. fol.

Zeitschrift für Instrumentenkunde in Berlin: Zeitschrift. XIII. Jahrg. Heft 6—11. Berlin 1893. gr. 8».

Allgein. geschieht sforschende Gesellschaft der Schweiz in Bern: Jahrbuch für Schweizerische Geschichte. Band 18. Zürich 1893. 8^. Quellen zur Schweizer Geschichte. Band 13. 1893. 8".

Historischer Verein in Bern : Archiv. Band XIV, 1. 1893. 8".

R. Accademia delle Scienze in Bologna: Memorie. Serie V, Tom. 2, fasc. 1—4. 1892. 4°.

B. Deputazione di storia patria per le Provincie di liomagna

in Bologna: Monumenti. Serie I. Statuti. Vol. 4. 1888.

IL Carte. Vol. 2. 1888—1891. III. Cronache. Vol. 1. 1869—1877. 4». Documenti e studi. Vol. I, H. 1886-87. 8". Atti e Memorie. III. Serie. Vol. X. 1892. 8«.

Niederrheinische Gesellschaft in Bonn: Bericht über die Allgemeine Sitzung am 2. Juli 1893 zur Feier des 75jährigen Bestehens der Gesellschaft. 1893. 8".

Universität in Bonn: Schriften aus dem Jahre 1892/93. 4P u. S«.

544 Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften.

Verein von Ältertliumsfreunden in Bonn: Jahrbücher. Heft 94. 1893. gr. 8".

Naturliistorischer Verein in Bonn: Verhandlungen. 50. Jahrgang, 1. Hälfte. 1893. 8''.

Sociäe de geographie commerciale in Bordeaux: Bulletin. 1893. No. 8—22. 8^

Societe des sciences physiques et naturelles in Bordeaux: Memoires. IV. Sdr. Tom. I, Tom. III fasc. 1 et Appendix au Tom. III. 1893. 8».

American Äcademy of Ärts and Sciences in Boston: Proceeding8. Vol. 27. 1893. 8''. Memoirs. Vol. XII, No. 1. 1893. 4P.

American PMJosophical Association in Boston: Transactions. Vol. XXHI. 1892. 8».

Verein für Naturioissenscliaft in Braunschweig: 7. Jahresbericht für die Jahre 1889/90 und 1890/91. 1893. 8".

Meteorologische Station I. Ordnung in Bremen:

Deutsches meteorologisches Jahrbuch für 1892. Jahrg. III. 1893. 4''.

Schlesische Gesellschaft für vaterländische Gultur in Breslau:

70. Jahresbericht. 1893. 8».

J. Partsch, Litteratur der Landes- und Volkskunde Schlesiens. Heft 2.

1893. 8°.

Historisch-statistische Sektion der k. k. mähr. Landivirthschafts-

Gesellschaft in Brunn:

Zur Feier des 90. Geburtstages des k. k. Hofrathes Christian Ritter

d'Elvert. 1893. 4».

Academie Boy die de Medecine in Brüssel: Bulletin. IV. Serie. Tom. VII, No. 6-9. 1893. 8°. Memoires couronnes. CoUection in 8''. Tom. XII, fasc. 1. 2. 1898. 8^.

Academie Boyale des Sciences in Brüssel: Bulletin. 3. Serie, Tom. 25, No. 5 11. 1893. 8». Memoires des Membres in 4«. Tom. 48. 49. 50, 1. 1892/93. 4". Memoires couronnes et des savants etrangers in 4°. Tom. 52. 1890/93. 4P. Memoires couronnes et autres mem. in 8°. Tom. 46. 1892. 8*^. CoUection des Chroniques. 5 Vols. 1892/93. 4«. Biographie nationale. Tom. XI, 3. XII, 1. 1890-92. 8^.

Societe des Bollandistes in Brüssel: Analecta Bollandiana. Tom. XII, 4. 1893. 8^.

K. Ungarische Akademie der Wissenschaften in Budapest:

Ungarische Revue. 1893. Heft 6—9. 8«.

Mathem. und naturwissensch. Berichte aus Ungarn. Band X, 1. 2.

XI, 1. Hälfte. Berlin 1893. 8°. Almanach 1893. 8^. Rapport sur les travaux de l'Academie en 1892. 1893. 8\

Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften. 545

B. Munkacsi, Lexicon linguae Votjacicae. Lief. 2. 1892. 8".

Munkacsi Bernät, Yogul ne'pköltesi gyüjtemeny (Sammlung Vogulischer Volksdichtungen). Band IIl. 1893. 8".

Nyelotudomänyi Közleraenyek (Philologische Mittheilungen). Band XXII, 5. 6. XXIII, 1. 2. 1891—93." 8°.

Nyelotudomänyi Ertekezesek (Philologische Abhandlungen). Band XV, 11. 12. XVL 1—8. 1892—93. 8«.

Törtenettudomänyi Ertekezesek (Historische Abhandlungen). Band XV, 7—12. XVI, 1. 1892-93. 8°.

Archaeologiai Ertesitö (Archäologischer Anzeiger). Neue Folge. Band XII, 3-5. XIII, 1. 2. 1892-93. 4".

Thaly, Gröf Bercsenyi Csaläd. Band III. 1892. 8.

Monumenta Comitialia Regni Transylvaniae. Vol. XV. 1892. 8".

Haläsz (J.) Sved-Lapp Nyelv. III. IV. V. 1888-89. 8".

Thüry (J.) Török törtenetirök. Band I. 1893. 8°.

Ivolosväri (J.) A Magyar törvenyhatösagok sogszabalyainak gyüyte- menye (Sammlung der Rechtsregeln der ungarischen Behörden) Bd. III. 1892. 8°.

Bunyitay (V.), A Gvula-feherväri szekesegyhäz (Die Karlsburger Dom- kirche). 1893.' fol.

Termeszettudomänyi Ertekezesek (Naturwissenschaftliche Abhand- lungen). Band XXII, 4—8. XXIII, 1. 2. 1892—93. 8°.

Matheraatikai Ertekezesek (Mathematische Abhandlungen). Band XV, 2. 3. 1893. 8".

Mathematikai Közlemenyek (Mathematische Mittheilungen). Band XXV, 1—3. 1892—93. 8».

Mathematicai Ertesitö (Mathematischer Anzeiger). Band X,'8. 9. X I 1-5. 1892—93. 8«.

K. Ungarische geologische Anstalt in Budapest:

Mittheilungen aus dem Jahrbuche. Band X, Heft 3. 1892. 8». Földtani Közlöny. Band XXII, 11.12. Band XXIII, 1-8. 1892/93. 8°. Jahresbericht für 1891. 1893. S».

Instituto y Observatorio de marina de San Fernando in Cadix:

Almanaque näutico i^ara 1895. 1893. 8°.

Societc Linneeune de Normandie in Gaen:

Bulletin. 4. Serie, 7. Vol. Fase. 1. 2. 1893. 8°. Memoires. Vol. XVII, 2. 3. 1893. 4.

Meteorological Departement of the Government of India in Calcutta:

Monthly Weather Review. 1892. November, December. 1893. January July. 1892—93. fol.

Meteorological Observations. 1892, November, December. 1893. Ja- nuary—July. 1892—93. fol.

Rainfall Data of India. 1891. fol.

Report on the Administration in 1892—93. 1893. fol.

India Weather Review. Annual Sumraary 1892. 1893. fol.

Indian Meteorological Memoirs. Vol. IV, part 8. Vol. V, part 3. 1893. fol.

Cyclone Memoirs. No. V, by J. Eliot. 1893. 8».

546 Verzeichniss der eingelaufenen Driiclcschriffen.

Asiat ic Society of Bengal in Calcutta: Proceedings. 1892. No. X. 1893. No. I-V. 8°. Journal. No. 319-322. 324-326. 1893. 8». Bibliotheca Indica. New Ser. Nr. 827-833. 1893. 8«.

Geological Surcey of India in CaJcutta: Eecords. Vol. 26, part 2. 3. 1893. 4«.

Museum of Comparatioe Zoology in Cambridge, Mass.: Bulletin. Vol. XVI, No. 13. 14. Vol. XXIV, No. 4-7. Vol. XXV,

No. 1. 1893. 8». Memoirs. Vol. XVI, No. 3. 1893. 4°.

Astronomical Observatory at Harvard College in Cambridge, 31ass.: Annais. Vol. 19, part. 2. 1893. 8°.

K. sächsisches meteorologisches Institut in Chemnitz: Jahrbuch. Jahrg. X, 1892. 1893. fol.

Zeitschrift „The Open Court" in Chicago: The Open Court. Vol. 7, No. 299-324. 1893. 4°. Zeitschrift „The Monist" in Chicago: The Monist. Vol. 3 und 4. Vol. 4, No. 1. 1893. 8».

Videnskabs-Selskab in Christiania: Forhandlinger. Aar 1890. 1891. 8».

Naturforschende Gesellschaft Graubündens in Chui : Jahresbericht. Neue Folge. Band 36. 1893. 8«.

Chemiker -Zeitung in Cöthcn: Chemiker -Zeitung 1893, No. 42-78. 86. 87. 90. 91. 1893. fol.

Universität in Czernoicitz: Uebersicht der akademischen Behörden 1893/94. 8". Verzeichniss der Vorlesungen 1893/94. 8".

Provinzial-Kommission zur Verwaltung der westpreussischen Provinzial-Museen in Vanzig: Abhandlungen zur Landeskunde der Provinz Westpreussen. Heft 5. 1893. 40.

Colorado Scientific Society in Denver: T. A. Rickard, Certain dissimilar occurences of gold-bearing Quartz.

1893. 8«. On the nature of the chemical elements. VIth paper. 1893. 8".

Äcademie des Sciences in Dijon: Memoires. IV. Serie. Tom. 3. 1892. 8«.

Historischer Verein in Dillingen : Jahresbericht. 5. Jahrgang, 1893. 1892. 8°.

Verein für Geschichte in Donaueschingen: Schriften. Heft 8. Tübingen 1893. 8«.

Union geographique du Nord de la France in Douai: Bulletin. Tom. 13, No. 3. 4. 1892. Tom. 14, 1. et 2. trimestre. 1893. 8°.

Verzeichniss der eingelaufenen Druclcschriften. 547

Universität Dorpat: Schriften aus dem Jahre 1892/93 in 8^ und 4'^ Meteorologische Beobachtungen. 27. Jahrg. Bd. VI, Heft 2. 1893. 8^.

Natiirforschende Gesellschaft hei der Universität Dorpat: Sitzungsberichte. Band X, 1. 1893. 80.

Königliche Sammlungen in Dresden: Bericht über die Verwaltung in den Jahren 1890 u. 1891. 1893. fol.

Sächsischer Alter tumsv er ein in Dresden: Neues Archiv für Sächsische Geschichte. Band 14. 1893. 8".

Verein für Erdkunde in Dresden: XXIIL Jahresbericht. 1893. 8°.

Royal Irish Academy in Dublin: Proceedings. III. Series. Vol. 2, No. 4. 5. 1893. S».

Verein Pollichia in Dürlcheim: Mittheilungen der Pollichia. 49. u. 50. Jahrg. No. 5 u. 6. 1892. 8°.

Geological Society in Edinburgh: Transactions. Vol. VI, part 5. 1893. 8». Roll. 16. March 1893. 8^.

Royal Society in Edinburgh: Proceedings. Vol. XX, pag. 1—96. 1898. 8».

Verein für Geschichte und Älterthümer der Grafschaft Mansfeld

in Eisleben: Mansfelder Blätter. 7. Jahrgang. 1893. 8^.

Gesellschaft f. bildende Kunst u. vaterländische Altertümer in Emden: Jahrbuch. Band 10, Heft 2. 1893. 8°.

Naturforschende Gesellschaft in Emden: 77. Jahresbericht. 1893. 80. ,'ry

Akademie gemeinnütziger Wissenschaften in Erfurt: Jahrbücher. N. F. Heft 19. 1893. 8°.

K. Universität in Erlangen: Schriften aus dem Jahre 1892/93 in 4" u. 8°.

Accademia de' Georgofili in Florenz: Atti. 4. Ser. Vol. 16, disp. 2. 1893. 8°.

R. Istituto di Studi superiori in Florenz: Feiice Tocco, Le opere latine di Giordano Bruno. 1889. 4°. Emilio Fasola, Rendiconti di clinica ostetrica 1883 85. 1888. 4''. Giorgio Roster, L' acido carbonico dell' aria e del suolo di Firenze.

1889. 4". Luigi Luciani, Fisiologia del digiuno. 1889. 4*^. Carlo de Stefani, Le piaghe delle Alpi Apuane. 1889. 4**.

Senckenberglsche naturforschende Gesellschaft in Frankfurt a. M.: Bericht. 1893. 8». Katalog der Reptilien-Sammlung im Museum, v. 0. Boettger. 1893. 8°.

548 Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften.

Verein für Geschichte in Franlcfurt a. M.: Archiv für Frankfurts Geschichte. III. Folge. Band 4. 1893. gr. 8".

Physikalischer Verein in Frankfurt a. M. : Jahresbericht für 1891—1892. 1893. 8".

Naturwissenschaftlicher Verein in Frankfurt a. 0.: Helios. 10. Jahrg. 1892. No. 10—12. 11. Jahrg. 1893. No. 1 5.

1892—93. 8". Societatura Literae. 7. Jahrgang. 1893. No. 1—7. 8°.

Breisgau-Verein Schau-ins-Land in Freiburg i. Br.: Schau-ins-Land. 18. u. 19. Jahrgang. 1893. fol.

Universität in Freibiirg (Schiveiz): Collectanea Friburgensia. Fase. II. 1893. 4".

Observatoire in Genf: Resume meteorologique de l'anne'e 1892. 1893. 8°.

Societe de physique et d'histoire naturelle in Genf: Memoires. Tom. 31, part. 2. 1892—93. 4^.

Universität Genf: Schriften der Universität Genf vom Jahre 1892/93 in 8°. Kruidkundig Genootschap Dodonaea in Gent: Botanisch Jaarboek. V. Jaarg. 1893. 8°.

Oberhessischer Geschichtsverein in Giessen: Mittheilungen. N. F. Band 4. 1893. 8°.

Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Giessen: 29. Bericht. 1893. S«.

Universitätsbibliothek in Giessen: Schriften aus dem Jahre 1892/93. u. 8'^.

Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften in Görlitz: Neues Lausitzisches Magazin. Band 69, Heft 1. 1893. S".

Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen: Gelehrte Anzeigen. 1893. No. 7—19. gr. 8°. Nachrichten. 1893. No. 4—14. gr. 8».

Herzogliche Bibliothek in Gotha: Die orientalischen Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Gotha mit Ausnahme der persischen, türkischen und arabischen, von Wilh. Pertsch. 1893. 8°.

The Journal of Comparative Neurology in Granville: Journal. Val. III, pag. 35—162. 1893. S».

Historischer Verein für Steiermark in Graz: Mittheilungen. Heft 41, 1893. 8».

Beiträge zur Kunde steiermärkischer Ge.schichtsquellen. 25. Jahrgang. 1893. 8«. Naturwissenschaftlicher Verein für Steiermark in Graz: Mittheilungen. Heft 29. Jahrgang 1892. 1893. 8".

Verzeiclmiss der eingelaufenen Druckschriften. * «549

Gesellschaft für Pommei''sche Geschichte in Greifswald : Pommer'sche Geschichtsdenkmäler. Band 7. 1894. 8*'.

K. Instituut voor de Taal-, Land- en Volkenkunde van Neäerlandsch

Indie im Haag: Bijdragen. V. Reeks. Deel VIII, 3. 4. 1893. 8°.

Ministerium van binnenlandische Zaken im Haag: Prodromus Florae Batavae. Vol. II, pars 1. Nijmegen. 1893. 8".

Nova Scotia Institute of Science in Halifax: Proceedings and Transactions. Ser. 11. Vol. 1, part 2. 1892. 8".

K. K. Obergymnasium in Hall (Tirol): Programm für das Jahr 1892/93. S**.

Leopoldinisch-Carolinische Deutsche Akademie der Naturforscher

in Halle: Leopoldina, Heft 29. No. 7—20. 1893. 4».

Deutsche morgenländische Gesellschaft in Halle : Zeitschrift. Band 47, Heft 2. 3. Leipzig. 1893. 8". Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes. Band X. No. 1. Leipzig. 1893. 8°.

Universität Halle -Wittemberg in Halle: Index Scholarum per hiemem 1893/94 habendarum. 1893. 4". Verzeichniss der Vorlesungen. Winter-Halbjahr 1893/94. 4*^. Schriften aus dem Jahre 1892/1893 in 4^ u. 8".

Naturwissenschaftlicher Verein für Sachsen und Thüringen in Halle: Zeitschrift für Naturwissenschaften. Bd. 66. Heft 1.2. Leipzig. 1893.8°.

Verein für Hamburgische Geschichte in Hamburg: Zeitschrift. Band IX. Heft 2. 1893. 8°. Mittheilungen. 15. Jahrgang 1892. 1893. 8*^.

Historischer Verein für Niedersachsen in Hannover: Zeitschrift. Jahrgang 1893. 8°.

Musee Teyler in Harlem: Archives. Ser. II. Vol. IV, fasc. 1. 1893. 4".

Teylers Ttveede Gonootschap in Haarlem: Atlas der Nederlandsche Pfenningen , door Jacob Dirks. 3. Stuk.

1893. fol. Verhandelingen. Nieuwe Reeks. Deel IV. Stuk 1. 1893. 8«.

Societe Hollandaise des Sciences in Harlem: Archives Neerlandaises des sciences exactes. Tom. 27, livr. 1. 2. 3. 1893. 8".

Universität Heidelberg : Schriften aus dem Jahre 1892/93. u. 8°.

Ueber die wachsende Nervosität unserer Zeit, Akademische Rede. 1893. 40.

Historisch-philosophischer Verein in Heidelberg : Neue Heidelberger Jahrbücher. Jahrgang 3. Heft 2. 1893. 8°.

1893. Pbilos.-philol. u. List. Cl. II. 4. 30

550 . ' Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften.

Commission geologique de la Finlande in Helsingfors: Carte geologique de la Finlande. No. 22—24. 1893. 8^

Finländische Gesellschaft der Wissenschaften in Helsingfors: Öfversigt of Förhandlingar. XXXIV, 1891/92. 1892. 8". Bidrag tili käaedom of Finlands Natur och Folk. Heft 51. 1892. 8«.

Gesellschaft pro Fauna et Flora fennica in Helsingfors: Acta. Vol. V, pars I A, IL Vol. VIII. 1890-93. 8". Meddelanden. Heft 17. 18. 1890-92. S».

Institut incteorologique central in Helsingfors: Observations de l'Institut meteorologique, faites en 1884 86, 1890 et 1891. fol.

Societe de geographie in Helsingfors:

Fennia. Vol. 8. 1893. 8°.

Siebenbürgischer Verein für Naturtvissenschaften in Hermannstadt: Verhandlungen und Mittheilungen. 42. Jahrgang. 1892. 8^.

Ferdinandeum in Innsbruck : Zeitschrift. III. Folge. Heft 87. 1893. 8».

Medicinisch-naturwissenschaftliche Gesellschaft in Jena : Denkschriften. Band HI. Heft 2. 1893. fol. Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaft. Bd. XXVIII, 1. 1893. 8».

Technische Hochschule in Karlsruhe: Schriften aus dem Jahre 1892/93. 4^ u. 8».

Societe 2^hysico-mathei)iatique in Kasan: Bulletin. Tom. I, No. 1. 3. 4. Tom. II, No. 1-3. Tom. III, No. 1—4. 1891-93. 8".

Kais. Universität in Kasan:- Utschenia Sapiski. Band 60, Heft 4. 5. 6. 1893. 8". 3 Dissertationen in russischer Sprache. 1893. 8**. Universite Imperiale in Kharkow : Sapiski (Annales). 1893. Heft 2. 1893. Vol. 3. 8».

Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere

in Kiel: 6. Bericht. XVII— XXI. Jahrgang. Heft 3. Berlin. 1893. fol. Ergebnisse der Beobachtungsstationen. Jahrg. 1892. No. VlI— XII. Berlin. 1893. 4°. Naturwisseiischaftlicher Verein für Schlesivig-Holstein in Kiel: Schriften. Band 10, Heft 1. 1893. 8".

K. Universität in Kiel: Schriften aus dem Jahre 1892/93. u. 8«.

Universität in Kiew: Iswestija. Band 33, No. 6-11. 1893. 8».

Naturhistorisches Landesmuseum in Klagen fürt: Jahrbuch. 38. Jahrgang. Heft 21. 22. 1893. 8«. Meteorologische Diagramme, Dezbr. 1891 bis Novbr. 1892. fol.

Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften. 551

Geschichtsverein für Kärnthen in Klagenfurt: Jahresbericht für 1892. 1893. 8°. Carinthia I. 83. Jahrgang. No. 1—6. 1893. 8".

Stadtarchiv in Köln: Mittheilungen. Heft 23. 1893. 8».

Physiknlisch-ökonomische Gesellschaft in Königsberg: Schriften. 33. Jahrgang. 1892. 4".

Universität Königsberg : Schriften aus dem Jahre 1892/93. 4*^ u. 8^.

K. Akademie der Wissenschaften in Kopenhagen: Oversigt. 1892. No. 3. 1893. No. 1. 1893 8". Skrifter. 6 ßaekke.

a) Historisk og fjlos. Afd. Tom. I, No. 2. Tora. IV, No. 1.

b) Naturvidenskab. Afd. Tom. VII, No. 2. 1892/93. 4".

Gesellschaft für nordische Alterthumskunde in Kopenhagen: Aarböger. IL Raekke. Bd. 8, Heft 2. 1893. 8».

Akademie der Wissenschaften in Krakau: Anzeiger. 1893. Mai, Juni, Juli, October, November, gr. 8". Rozprawy, filol. T. XVII, XVIII. 1893. 8». Rozprawy, matemat. T. XXIV und Ser. II, T. 5. 1893. 8". Antropologia. T. 16. 1892. 8^. Acta rectoralia. Tom. I, fasc. 1. 1893. 4". St. Ramult, Stownik pomorski. 1893. 4°. Biblioteka pisarzöw potskich. No. XXIV. 1893. S".

Historischer Verein für Niederbayern in Landshut: Verhandlungen. Band 29. 1893. 8*^.

Michigan Mining School in Lansing, Midi, Reports of the Director for 1890-92. 1893. 8«.

Societe Vaudoise des sciences naturelles in Lausanne: Bulletin. III. Se'rie. Vol. 29, No. 111. 112. 1893. 8<'.

Societe d'histoire de la Suisse romande in I^ausanne: J. R. Rahn, L'e'glise abbatiale de Payerne, trad. parW. Gart. 1893. 4".

Maatschai:)pij van Nederlandsche Letterkunde in Leiden: Tijdschrift. Deel XII, No. 3. 4. 1893. 8». Handelingen 1892-93. 1893. 8». Levensberichten. 1893. 8^.

Archiv der Mathematik und Physik in Jjeipzig: Archiv. H. Reihe. Band XII, 2. 1893. 8°.,

Astronomische Gesellschaft in Leipzig: Vierteljahresschrift. Jahrgang 28. Heft 1. 2. 3. 1893. 8^.

K. sächsische Gesellschaft der Wissenschaften in Leipzig: Berichte, mathem.-physik. Classe. 1893. Heft II -VI. 8». Berichte, philol.-histor. Classe. 1893. 1. 8^*.

Abhandlungen a) philos.-hist. Classe. Bd. 13, Heft 7. Bd. 14, Heft 1—4. b) mathera.-phys. Classe. Bd. 20, Heft 1-4. 1893. 4".

36*

552 Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften.

Journal für praktische Chemie in Leipzig: Journal. N. F. Bd. 47. Heft 9-12. Bd. 48. Heft 1-5. 1893. 8".

Verein für Erdkunde in Leipzig : Mittheilungen. 1892. 8».

Geschichts- und AUertumsverein in Leisnig: Mittheilungen. Heft 9. 1893. 8«.

University of Nebraska in Lincoln: Bolletin of the Agricultural Experiment Station. Vol. IV, No. 29. 30.

1893. 80. 6th annual Report of the Agricultural Experiment Station. 1892. 8*^.

Museum Francisco-Cwolinum in Linz : 51. Bericht. 1893. 8».

Zeitschrift „La Cellule" in Loetven: La Cellule. Tom. IX, fasc. 1. 2. Loewen. 1893. 4».

Royal Society in London: Proceedings. Vol. 53, No. 323-327. 1893. 8^ Philosophical Transactions. Vol. 183 A. and B. 1893. 4^. List of Membrea 3Üth Nov. 1892. 4».

M. Astronomical Society in London: Monthly Notices. Vol. 53, No. 8. 9. Vol. 54, No. 1. 1893. 8".

Chemical Society in London: Journal. No. 368-373. July— Dec. 1893. 8°. Proceedings. Session 1893—94. No. 125—130. 1893. 8".

Linnean Society in London: The Journal a) Zoology. Vol. 24, No. 152-54.

b) Botany. Vol. 29, No. 202-204. 1892-94. 8". The Transactions a) Zoology. Vol. 5, part 8—10.

b) Botany. Vol. 3, part 8. 1892—93. 4". List of the Linnean Society 1892-1893. 1892. 8".

R. Microscopical Society in London: Journal. 1893. Part 3 - 6. 8».

Zoolofjical Society in London: Proceedings. 1893. Part II. III. 8^. Transactions. Vol. XIII, part 7. 1893. 4».

The English Historical Revieiv in London: Historical Review. Vol. 8, No. 31. 32. 1893. 8°. Zeit.iührift „Nature'^ in London: Nature. Vol. 47, No. 1222 1226. Vol. 48, 1228 1252. Vol. 49, No. 1253. 1254. 1893. 4«.

Societe geologique de Belgique in Lüttich: Annales. Tom. 18, livr. 3. 4. 1891/92. 8°.

Historischer Verein der fünf Orte in Luzern: Der Geschichtsfreund. Band 48. 1893. 8".

Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften. 553

Societe ä' anthropölogie in Lyon: Bulletin. Tom. XI, No. 1. 2. 1892-93. &>.

Beal Academia de la historia in Madrid: Boletin. Tom. XXII, No. 6. Tom. XXIII, No. 1-6. 1893. 8».

Naturwissenschaftlicher Verein in Magdeburg: Jahresbericht und Abhandlungen 1892. 1893. 8^.

Societä italiana di scienze naturali in Maüand: Atti. Vol. XXIV, fa.sc. 1—3. 1892-93. 8".

Societä Storica Lomharda in Mailand: Archivio storico Lombardo. Anno 20, fasc. 2. 3. 1893. Q^.

Verein zur Erforschung der Rheinischen Geschichte in Mainz : Zeitschrift. Band III, Heft 2—4. Band IV, Heft 1. 1883—93. 8".

Literary and philosophical Society in Manchester : Memoirs and Proceedings. Vol. VII, No. 1. 1893. 8°.

Universität Marburg : Schriften aus dem Jahre 1892/93. u. 8«.

Fürsten- und Landesschule St. Afra in Meissen: Jahresbericht für das Jahr 1892/93. 1893. 4».

Academie des sciences in Metz: Memoires. Annee 70. 1888 89. Annee 71. 1889-90. 1893. 8^'.

Sociedad cientifica Antonio Alzate in Mexico: Memorias y Revista. Vol. VI, 9^12. VH, 1. 2. 1893. S».

Sociedad de geografia in Mexico: Boletin. IV. epoca. Tom. II, No. 8—10. 1893. 8».

Regia Accademia di scienze in Modena: Memorie. Ser. II, Vol. VIIT. 1892. 4».

Societä dei Naturalisti in Modena: Atti. Ser. HI, Vol. 12, fasc. 1. 2. 1893. 8^.

Internationales Tausch-Bureau der Republik Uruguay in Montevideo: Schriften der Republik Uruguay. 45 grössere, 41 kleinere Hefte. Estadistica escolar 1890 y 1891. 1892. 40.

Memoria del Ministro Secretario de Estado, Don Francisco Bauza. 1893. 80.

Academie des sciences et lettres in Montpellier: Memoires. Section des letti-es. Tom. IX, 3. 4. Section des sciences. Tom. XI, 3. Section de medecine. Tom. VI, 2. 3. 1892. 4».

Societe Imper. des Naturalistes in Moskau: Bulletin. 1893. No. 1. 2. 3. 1893. 8°.

Statistisches Amt der Stadt München: Mittheilungen. Band XHI. Anhang (Heft 5). 1893. 4«.

554 Verzeickniss der eingelaufenen Druckschriften.

Deutsche Gesellschaft für Anthropologie in Berlin und München: Korrespondenzblatt. 1893. No. 6-10. München. 4^.

K. Technische Hochschule in München: Bericlit für das Jahr 1892/93. 4«. Programm für das Jahr 1893/94. S», Personalstand. Wint.-Sem. 1893/94. 8°.

Metropolilan-Kapitel München-Freising in München: Amtsblatt der Erzdiöcese. 1893. No. 1—28. 8'^. K. Staatsministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegen- heiten in München: Verhandlungen der X. allgemeinen Conferenz der internationalen Erd- messung 1892 in Brüssel. 2 Bände. Berlin. 1893. 4". Geognostische Jahreshefte. 5. Jahrgang, 1892. Cassel. 1893. 4»,

Universität München : Dissertationen aus den Jahren 1892/93. und 8». Verzeichniss des Personals. Winter-Sem. 1893/94. 8°.

Bayerischer Dampf Icessel-Bevisionsverein in München : 23. Jahresbericht 1892. 1893. 8».

Historischer Verein in 3Iünchen: Monatsbericht. Oktober, November, Dezember. 1893. 8".

Societe des sciences in Nancy: Bulletin. Ser. 11. Tom. XII, fasc. 27. Paris 1893. 8<>.

Accademia dellc scienze fisiche e matematiche in Neapel: Rendiconto. Ser. IL Vol. 7, fasc. 6. 7. 1893. 4». Atti. Serie II, Vol. 5. 1893. 4».

Zoologische Station in Neapel: Mittheilungen. Band 10, Heft 4, Band 11, 1. 2. Berlin 1893. 8».

Societe des sciences naturelles in Neuchätel: Bulletin. Tom. XVII— XX. 1889-92. 8». North of England Institute of Engineers in Newcastle-upon-Tyne: Transactions. Vol. 42, part 4. Voi. 43, part 1. 1893. 8». Annual report for the year 1892—93. 1893. S».

The American Journal of Science in Neio-Haven: Journal. Vol. 145, No. 269. 270. Vol. 146, No. 271 276. 1893. May— Dec. 8».

Observatory of the Yale University in New-Haven: Report for the year 1892—93. 1893. 8».

American Oriental Society in Neiv-Haven: Proceedings et the Meeting of April 1893. 8^.

Academy of Sciences in New-Yorh: Annais. Vol. VII, No. 1—5. 1893. 8°. Transactions. Vol. XII, 1892-93. 1893. 8».

American Museum of Natural History in Neiv-York: Annual report for the year 1892. 1893. 8«.

Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften. 555

American Chemical Society in Neic-York: The Journal. Vol. XV, No. 2-11. Easton. 1893. 8".

American Geoyraphieal Society in Nerv- York: Bulletin. Vol. 25, No. 2. 3. 1893. 8°.

Nederlandsche Botanische Vereeniging in Nijmegen: Nederlandsch kruidkundig Archief. II. Ser. 6. Deel. 2. Stuk. 1893. 8",

Naturhistorische Gesellschaft in Nürnberg: Abhandlungen. Band X, Heft I. 1893. 8^

Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg: Mittheilungen. Hefe 9. 1892. 8". Jahresbericht. XIV. Vereinsjahr. 1891. 1892. 8".

Verein für Geschichte in Osnabrück: Mittheilungen. Bd. 18. 1893 u. Inhaltsverzeichniss zu Bd. 1—16. 8».

Royal Society of Canada in Ottawa:

Proceedings and Transactions for the year 1892. Vol. X. 1893. 4^.

Geological and Natural History Survey in Ottawa (Canada):

Catalogue of Section One of the Museum, by G. Christian Hoffmann.

1893. 80. Catalogue of a stratigi-aphical Collection of Canadian Rocks, by Walter

F. Ferrier. 1893. 8".

Societä Veneto-Trentina di scienze naturali in Padua: Bullettino. Tom. V, No. 3. 1893. 8".

Circolo matematico in Palermo: Rendiconti. Tom. VII, fasc. 3—5. 1893. 4«.

Collegio degli Tngegneri in Palermo: /

Atti. Anno XV. 1892. Sett.-Dec. Anno XVI. 1893. Genn.— Aprile. 1893. 40.

Academie de mcdecine in Paris: Bulletin. 1893, No. 24-32. 34—50. 8".

Academie des sciences in Paris:

Comptes rendus. Tom. 116, No. 24—26. Tom. 117, No. 1—25. 1893. 4». Oeuvres d' Augustin Cauchy. I. Se'rie, Tom. 8. 1893. 4^.

Bibliotheque nationale in Paris:

A. Morel-Fatio, Catalogue des raanuscrits espagnols et portugaia. Livr. 2. 1893. 4«.

Comite international des poids et mesures in Paris: Proces-verbaux des seances de 1892. 1893. 8".

Ministcre de V Instruction publique in Paris: M. Berthelot, La Chimie au raoyen äge. 3 Vols. 1893. i**. Moniteur Scientifique in Paris:

Moniteur. Livr. 620 624 Aoüt - Janv. 1893. Livr. 625 Jan. 1894. gr. 8».

556 Verzeiclmiss der eingelaufenen Druckschriften.

Musee Guimet in Paris: Annales. Tom. 22-24. 1892—93. 4«. Annales (ßibliotheque d'etudes). Tom. 2. 1893. S». Revue de l'histoire des religions. Tom. 26, No. 2. 3. Tom. 27, No. 1. 2. 1892/93. 8".

Museum iVhistoire naturelle in Paris: Nouvelles Archives. III. Ser. Tom. 3, fasc. 2. Tom. 4. 1891—92. 4».

Societe ä'ant'hropologie in Paris: Bulletins. IV. Ser., Tom. 3, fasc. 3. 4. Tom. 4, fasc. 1-4. 1892-93. 8». Memoires. II. Serie, Tom. IV, fasc. 4. 1893. B«. Societe de geographie in Paris: Comptes rendus 1893, No. 11—16. 8«.

Bulletin. VII. Serie, Tom. 13. 4. trimestre 1892. 8^. Tom. 14. 1. et 2. trimestre. 1893. 8».

Societe mathematique de France in Paris: Bulletin. Tom. XXI, No. 5-7. 1893. 8".

Zeitschrift „L'Electricien" in Paris: L'Electricien. 2. Ser. Tom. 5, No. 127. 129. 130. Tom. 6, 132-156. 1893. 4°.

Zeitschrift „Moniteur scientifique" in Paris: Moniteur. Livr. 619. 1893. 4«.

Kaiserl. Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg: Repertorium für Meteorologie. Band XVI, No. 5. 1893. 4».

Comite geologique in St. Petersburg: Bulletin. Tora. XI, No. 5 10 et Supplement au Tome XI. Tome XII,

1. 2. 1892. 8°. Carte geologique de la Russie, 6 feuilles avec une note explicative.

1893 8*^. Memoires*. Tome XII, No. 2. 1892. 4». Tome IX, 2: X, 2. 1893. 4».

Commission Imperiale Archeologique in St. Petersburg: Compte rendu pour les annees 1882 1888 avec un Atlas. 1893. fol. Ottschet (Bericht). Jahrg. 1889. 1890. 1892-93. fol. Materialy po archeologii rossii No. 4—12. 1890—93. fol.

Russische Archäologische Gesellschaft in St. Petersburg: Sapiski (Orientalische Abtheilung) Tom. VII, No. 1—4. 1893. 4». Trudy (Orientalische Abtheilung) Tom. XXI. 1892. 4».

K. russische mineralogische Gesellschaft in St. Petersburg:

Verhandlungen. IL Serie, Bd. 29. 1892. 8^. Materialien zur Geologie Russlands. Band XVI. 1893. 8^. Physilial. -chemische Gesellschaft an der k. Universität in St. Petersburg Schurnal. Band XXV, No. 5-8. 1893. 8«.

Societe des Naturalistes de St. Petersbourg : Travaux. Section de botanique. Vol. XXIII. 1893. 8«.

Section de geologie. Vol. XXII, fasc. 2. 1893. S».

Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften. bbl

Kaiserliche Universität in St. Petersburg : Obo^reni (Verzeichniss der Vorlesungen. Histor.-philolog. Fakultät)

1893-94. 1893. B". Sapiski. Tom. 32. 1893. 8°.

Academy of natural Sciences in Philadelphia: Proceedings. 1893, part 1. 1893. 8«.

Alumni Association of the Philadelphia College of Pharmacij

in Philadelphia : Alumi Report. June 1893. Vol. XXX, No. 1 und 2. 1893. 8".

American Philosophical Society in Philadelphia: Proceedings. Vol. XXXI, No. 140. 141. 1893. 8^. Transactions. New. Ser. Vol. XVII, part 3. Vol. XVIII, part 1. 1893. 4".

Historical Society of Pennsylvania in Phdadelphia: The Pennsylvania Magazine of History. Vol. XVII, No. 2. 1893. dP.

Societä Toscana di scienze naturali in Pisa: Atti. Memorie. Vol. XII. 1893. 4». Atti. Processi verbali. Vol. VIIl, pag. 175—231. 4°.

Central-Bureau der internationalen Erdmessung in Potsdam:

Verhandlungen der 1892 in Brüssel abgehaltenen X. allgemeinen Con-

ferenz. Berlin 1893. 8°. Kapport sur les triangulations par A. Ferrera. s. 1. s. a. 4".

Astrophysikalisches Observatorium in Potsdam: Publikationen. Band VIII. 1893. 4°.

Mathematisch-physikalische Gesellschaft in Prag: Öa-sopis. Band XXII, No. 5. 1893. 8".

Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und

Literatur in Prag:

Uebersiclit über die Leistungen der Deutschen Böhmens im Jahre 1891.

1893. gr. 8". Symbolae Pragenses, Festgabe zur Philologen- Versammlung in Wien

1893. gr. 8^ Heinrich Gradl, Geschichte des Egerlandes. 1893. gr. 8''.

K. böhmisQlies Museum in Prag: Pamätky archaeologicke'. Band XV, 9—12, XVI, 1. 2. 1892/93. 8".

K. K. Sternwarte in Prag: Magnet, und meteorolog. Beobachtungen im Jahre 1892. 53. Jahrg. 1893. 4".

Deutsche Universität in Prag: Ordnung der Vorle-sungen. W.-S. 1893/94. 8". Personalstand des Studienjahres 1893/94. 8°.

Historischer Verein in Regensburg : Verhandlungen. 45. Band. 1893. 8°.

Naturforscher - Verei7i in Riga : Korrespondenzblatt. XXXVI. 1893. 8^.

o58 Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften.

Academy of Science in Eochester: Proceedings. Vol. II, No. 2. 1893. 8°.

Beale Accademia dei Lincei in Born :

Atti. Serie V, Rendiconti. Classe di scienze fisiche. Vol. II, fase.

8—12. 1. semestre. Vol. II, fasc. 1 11. 2. semestre. 1893. 4». Atti. Serie IV. Classe di scienze morali. Vol. X, parte 2. Notizie

degli scavi Dicembre 1892 e Indice per l'anno 1892. 4^. Atti. Serie V. Classe di scienze morali. Vol. I, parte 2. Notizie

degli scavi Gennaio— Luglio. 1893. 4". Rendiconti. Classe di scienze morali. Serie V, Vol. II, fasc. 3—10.

1893. 8". Atti. Rendiconti dell' adunanza solenne del 4 Giugno 1893. 4".

B. Comitato geologico d'Italia in Born :

Bollettino. Anno 1893. No. 2. 3. 8°.

Kais, deutsches Archäologisches Institut in Bom:

Mittheilungen. Band VIII, fasc. 1. 2. 3. 1893. 8".

Ministero della Istruzione publica, Divisione per le Bibblioteche etc.

in Bom : Le opere di Galileo-Galilei. Vol. III, parte 1. Florenz 1892. 4«.

JB. Societä Bomana di storia patria in Bom: Archivio. Vol. XVI, fasc. 1, 2. 1893. 8».

Universität in Bostoclc: Schriften aus dem .lahre 1892—93. u. 8"*.

JRssex Institute in Salem: Bulletin. Vol. XXIII, No. 1—12. Vol. XXIV, No. 1-12. Vol. XXV,

No. 1-3. 1891-93. 8«. Henry Wheatland, Sermon preached by Edm. ß, Wilson. 1893. S**.

Gesellschaft für Salzburger Landeskunde in Salzburg: Mittheilungen. 33. Vereinsjahr 1893. B«.

K. K. Staatsgymnasium in Salzburg: Programm für das Jahr 1892/93. S».

Academy of Sciences in St.^Louis (N. A.): Transactions. Vol. VI, No. 2—8. 1892—93. 8«.

Historischer Verein in St. Gallen: Johann Dierauer, Rapperswil. 1892. 4^.

Aug. Hardegger, Die Cistercenserinnen zu Maggenau. 1893. 4^. Urkundenbuch der Abtei St. Gallen. Teil IV, Lief. 2. 1893. 4^.

California Academy of sciences in San Francisco:

Proceedings. IL Series. Vol. III, part 2. 1893. 8». Occasional Papers. IV. 1893. 8«.

Deutscher toissenschaftlicher Verein zu Santiago (Chile) :

Verhandlungen. Band IL Heft 5. 6. 1893. 8°.

Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften. 559

Verein für melclenburgische Geschichte in Schiverin: Jahrbücher und Jahresberichte. 58. Jahrgang. 1893. 8°.

China Brauch of the lioijal Asiatic Society in Shanghai : Journal. N. S. Vol. 25. 1890—91. 1893, 8".

K. K. archäologisches Museum in Spalato: Bullettino. Anno 16. No. 5—10. 1893. 8".

Museum in Stavanger: Aarsberetning for 1892. 1893. 8^.

K. Akademie der Wissenschaften in Stockholm: Handlingar. Band 22, 1. 2. 23, 1. 2. 24, 1. 2. 1886/92. -4". Bihang (Coli de me'raoires in 8^). Band 14—18. 1888/93. 8". Öfversigt. Ärgang 46-49. 1890—93. 8^. Meteorologiska Jakttagelser. Band 27—30. 1890—93. 4". Lefnadsteckningar. Band III, 1. 1891. 8". Astronomiska Jakttagelser. Vol. 4. 1889—91. 4^. Observations faites au Cap Thordsen. 2 Vols. 1887—91. 4". Carl Wilhelm Scheeles, Bref och antekningar. 1892. 4^ Projet de mesure d'un arc du Me'ridien de 4P 20' au Spitzberg. Par P. G. Rosen. 1893. 8".

K. Vitterhets, Historie och Antiqiätets Akademien in Stockholm :

Mänadsblad. XX. Ärgang 1891. 1891—93. 8^. Antiqarisk Tidskrift. Delen XI, 5. 1893. 8^.

Societe des sciences in Strassburg:

Bulletin mensuel. Tom. 27, fasc. 6—9. 1893. 8«.

Universität Strassburg :

Schriften aus dem Jahre 1892/93 in 4P u. 8**.

Australasian Association for the Advancement of Science in Sydney: Report. Vol. IV. 1892. 8^.

Department of Mines, Geological Branch, in Sydney: Geological Map of New-South-Wales. 1893.

Geological Survey of Neiv-South Wales in Sidney: Records. Vol. 3, part. 3. 1893. 4°. Annual Report of the Department of Mines for the year 1892. 1893. fol.

Observatorio astronömico nacional in Tacubaya (Mexico): Boletin. Tom. I, No. 13. 14. 1893. 4».

Noricegische Gesellschaft der Wissenschaften in Throndhjem: Schrifter. 1891. 1893. 8°.

Physikalisches Observatorium in Tiflis: Beobachtungen im Jahre 1891. 1893. fol.

Beobachtungen der Temperatur des P>dbodens in den Jahren 1886—87. 1893. 80.

560 Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften.

Kaiserl. Japanische Universität in Tokio: Mittheilungen aus der medicinischen Facultät. Bd. II, No. 1. 1893. 4^.

College of Science, Imperial University, Tokyo : The Journal. Vol. V, pari 4. VI, 2. 3. 1893. 4». Calendar for the year 1892—93. 1893. B^.

Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens

in Tokio (Japan) : Mittheilungen. Heft 51. 52. 1893. 4".

Kansas Academy of Science in Topeka: Transactions. Vol. XIII. 1891-92. 1893. 8».

Canadinn Institute in Toronto: Transactions. Vol. III, part 2. 1893. 8». 5th annual Report. Session 1892-93. 1893. 8".

Museo comunale in Trient: Archivio Trentino. Anno XI, fasc. 1. 1893. 8°.

Korrespondenzblatt für die Gelehrten und Bealschulen Württembergs

in Tübingen: Korrespondenzblatt. 40. Jahrg. Heft 3-6. 1893. 8».

Universität Tübingen : Schriften der Universität aus dem Jahr 1892/93. 4P u. 8».

B. Accademia delle scienze in Turin: Atti. Vol. XXXVIII, 9-15. 1893. 8". Observazioni meteorologiche dell' anno 1892. 1893. 8°.

Verein für Kunst und Älterthum in Ulm: Mittheilungen. Heft 4. 1893. 4°.

Observatoire meteorologique de V Universite in Upsala: Bulletin mensuel. Appendices. I. Pluies par Thure Wigert. 1893. 4". H. Hildebrand Hildebrandsson, Des principales methodes employees pour observer at mesurer les nuages. 1893. 8^.

Societe Eoyale des sciences in Upsala: Nova Acta. Ser. III, Vol. 15, fasc. 1. 1892. 4».

Universität in Upsala : Schriften aus dem Jahre 1892/93 in u. 8».

Historisch Genootschap in Utrecht: Werken. N. S. No. 59. s'Gravenhage 1893. 8«. Bijdragen en Mededelingen. Deel 14. s'Gravenhage 1893. 8".

Societe provinciale des arts et sciences in Utrecht: Verslag der algemeene vergadering 1892. 8". Aanteekeningen van de sectie-vergaderingen 1892. 8^.

Accademia Olimpica in Vicenza: Atti. Anno 1891 e 1892. Vol. 24. 26. 1892/93. 8°.

American Historical Association in Washington: Annual Report for the year 1891. 1892. 8».

Verzeichniss der eingelaufenen DrucTcschriften. 561

Bureau of Ethnology in Washington:

VIII th annual Report 1886-1887. 1891. 4».

Bibliography of the Chinookan Languages, by J. C. Pilling. 1893. 8^.

U. S. Department of Agriculture in Washington:

North American Fauna No. 7. 1893, 8".

Division of Ornithology and Mammalogy. Bulletin No. 4. 1893. 8'^.

Smithsonian Instiiidion in, Washington:

Albert A. Michelson, On the application of interference methods to

spectroscopic measurements. 1892. fol. Smithsonian Meteorological Tables. 1898. 8". Miscellaneous Collections. Vol. 34. 36. 1893. 8^.

U. S. Patent Office in Washington: Alphabetical Lists of Patentees for the quarter ending March 31, 1893. 40.

Surgeon General' s Office in Washington: Index Catalogue. Vol. XIV. 1893. 4°.

U. S. Coast and Geodetic Survey in Washington: Bulletin No. 26. 27. 1893. 80.

United States Geological Survey in Washington:

Bulletin. No. 82-86. 90—96. 1891—92. 8". Mineral Resources of the United States, year 1891. 1893. S". Monographs. Vol. XVII. XVIII. XX and Atlas in fol. 1892. 40. XI th annual Report 1889—90. 1891. 4».

Harzverein für Geschichte in Wernigerode:

Zeitschrift. Jahrg. 25. Schlussheft. 1893. 8^.

Festschrift zur 25jährigen Gedenkfeier des Harzvereins für Geschichte. 1893. fol.

K. K. Akademie der Wissenschaften in Wien:

Ed. Suess. Bericht der kaiserlichen Akademie und der mathematisch-

naturwissenschaftl. Classe 1892—93. 1893. 8°. Eröffnungsrede des Herrn Erzherzogs Rainer 31. Mai 1893. 8^. Sitzungsberichte der philos.-hist. Classe. Bd. 127 u. 128. 1892/93. 8". d. mathem.-naturw. Gl. Abth. I. 1892. No. 7— 10

" uu\lti' " «~!nrl892-93. 40. ,, IIb. 1892. 6 -lOj

m. 1892. 6— loJ

und Register zu Band 97 100.

Denkschriften. Mathem.-naturw. Classe, Bd. 59. 1892. 4°.

Monumenta Conciliorum. Tom. III, pars 2. 1892. 4P.

Tabulae codicum. Vol. III. 1893. 8^.

K. K. Central -Anstalt für Meteorologie in Wien: Jahrbücher. Jahrg. 1891. 1893. 4".

K. K. geologische Beichsanstalt in Wien: Jahrbuch. 1893. Heft 1. 1893. 4". Verhandlungen. 1893. Heft 6 10. 4".

562 Veriseichniss der eingelaufenen Druckschriften.

K. K. Gesellschaft der Aerzte in Wie^i: Wiener klinische Wochenschrift 1893. No. 22—42. 44—52. 4».

Anthropologische Gesellschaft in Wien: Mittheilungen. Band XXIII, 4. 5. 1893. 40.

Zoologisch-botanische Gesellschaft in Wien: Verhandlungen. .Jahrg. 1893. Bd. 43, Quartal I. IF. 1893. 8".

Oesterreichische Gradmessungs-Coiumission in Wien: Verhandlungen. Protokoll über die am 6. April 1893 gehaltene Sitzung. 1893. 8».

K. K. naturhistorisches Hofmuseum in Wien: Annalen. Band 8, No. 2. 1893. 40.

K. K. Universität Wien: Jahrbuch 1892/93. 8".

Uebersicht der akademischen Behörden 1893/94. 8°. Oeffentliche Vorlesungen. Somm.-Sem. 1893 u. Wint.-Sem. 1893/94. 8". Die feierliche Installation des Rectors für das Studienjahr 1893/94. 8".

Verein zur Verbreitung naturivissenschaftlicher Kenntnisse in Wien: Schriften. Band 33. 1893. 8«.

Nassauischer Verein für Naturkunde in Wiesbaden: Jahrbücher. Jahrg. 46. 1893. 8«.

Physikalisch-medicinische Gesellschaft in Würsburg:

Verhandlungen. N. F., Band 27, No. 1—4. 1893. 8°. Verhandlungen. 1893. No. 1—6. 8".

Historischer Verein von Unterfranken in Würzburg:

Archiv. Band 34. 35. 1891—92. S«. Jahresbericht für 1890 und 1891. 1891—92. 80.

Naturforschende Gesellschaft in Zürich:

Vierteljahrschrift. Jahrg. 38, Heft 1. 2. 1893. 8°.

Physikalische Gesellschaft in Zürich:

6. Jahresbericht, 1892. 1893. 8».

Von folgenden Privatpersonen;

Fürst Albert von Monaco: Resultats des Campagnes scientifiques. Fase. V. VI. 1893. i^.

Julius Bergbohm in Wien ; Entwurf einer neuen Integralrechnung. Heft 2. Leipzig. 1893. 8".

lieuward Brandstetter in Luzern: Malaio-Polynesische Forschungen. II. 1893. 4".

Domenico Comparetti in Florenz: Le leggi di Gortyna. Milano. 1893. 40.

Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften. 563

Karl Fritsch in Wien: Ein neues Universalstativ für astronomische Fernrohre. 1893. 8". Gustav Adolf Göttert in Posen:

Lösung des 210jährigen Räthsels der Schwerkraft! Text und Atlas. 1893. u. 4".

E. V. Haxthausen in Sommerau im Spessart: Vorgeschichtliche Bewohner des Südspessarts. Heft 1. 1893. 8^.

H. V. Helmholtz in Berlin: Folgerungen aus Maxwell's Theorie über die Bewegungen des reinen Aethers. 1893. 8».

A. L. Herminjard in Lausanne: Corresi)ondance des Reformateurs. Tom. VIII. Geneve. 1893. 8".

H. Kleinschmidt in Insterhurg : Zwei lemnische Inschriften 1893. 8'*.

A. Kölliker in Würzburg: Handbuch der Gewebelehre des Menschen. Bd. II, 1. Hälfte. Leipzig 1893. 80.

Moritz Kulm in Wien: Ueber die Beziehung zwischen Druck, Volumen und Temperatur bei Gasen. 1893. 8".

Henry Charles Lea in Philadelphia'.

The Taxes of the Papal Penitentiary. London. 1893. 8". The Spanish Inquisition as an Alienist. 1893. 8''.

Richard Lepsius in Berlin: Geologie von Attika. Mit einem Atlas 1893. 4'^. Atlas in fol.

L. Manouvrier in Paris: Etüde sur les variations morphologiques du corps du femur dans l'espece humaine. 1893. S*'.

Konrad Maurer in München: Nogle Bemaerkninger til Noges Kirkehistorie. Christiania 1893. 8^.

Gabriel Monod in Versailles: Revue historique. Tom. 52, No. 2. T. 53, No. 1. 2. 1893. 8".

F. J. Patricia in Porto (Portugal): Flora latina inscriptionum urbis Portucalensis. 1893. 8^.

Bobert Pöhlmann in Erlangen: Geachichte des antiken Kommunismus und Socialismus. Band I. München 1893. 8°.

J. de Bey-Pailhade in Toulouse :

Essai sur l'unification internationale de l'heure. 1893. 8°.

F. V. Sandberger in Würzburg :

Zur Geologie der Gegend von Homburg v. d. Höhe. Wiesbaden 1893. 8".

564 Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften.

E. Vogel in Alameda, California: The Atomic Weights are, under Athmospheric Pressure, not Identical with the Specific Gravities. 1893. S«.

Alexander Wesselofshj in St. Petersburg: Boccaccio, sein Kreis und seine Zeitgenossen. (In russischer Sprache.) Tora. 1. 1893. S«.

Johannes Wislicenus in Leipzig: Die Chemie und das Problem von der Materie. 1893. 8'^.

Rudolf Wolf in Zürich : Astronomische Mittheilungen. No. LXXXII. 1893. 8".

Namen-Register.

Dove Alfred (Wahl) 452. Greiger 1.

Heigel 273.

Heibig Wolfgang (Wahl) 452.

Justi Karl (Wahl) 452.

Krumbacher 1.

Maurer 492.

Preger 320.

Riezler 493.

Rüdinger Nikolaus 452.

Scholl 493.

Unger 453.

Vitelll Girolamo (Wahl) 451.

Wecklein 393.

Wesselofsky Alex. Nikol. (Wahl) 452.

Weyman 321.

1893. Philo8.-philol. u. bist. Cl. II. +. 37

566

Sach- Register.

Aeschylos, Hiketiden des 393.

Afghanisches, Etymologie und Lautlehre desselben 1.

Albrecht V., Würdigung des Herzogs 493.

Apulejus, Studien zu 321.

Armenische Königskrone, Plan sie zu gewinnen 273.

Ekloge des Phrynichos 493. Etymologie, des Afghanischen 1.

Hiketiden, des Aeschylos 393. Huldasage 492.

Johann Wilhelm v. d. Pfalz, über einen Plan des Kurfürsten 273. Josephos, die Tagdata des 453.

Lautlehre, des Afghanischen 1.

Mittelgriechische Sprichwörter 1.

Niederlande, religiöse Bewegung in den 320.

Phrynichos, Ekloge des 493.

Religiöse Bewegung in den Niederlanden 320.

Sprichwörter, mittelgriechische 1.

Tagdata des Josephos 453.

Wahlen, akademische 451.

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AS Akademie der Wissenschaften,

182 Munich. Philosophisch-

MS2j Historische Abteilung 1893 Sitzungsberichte

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