l \ Akademie der Wissenschaften in Wien Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse Sitzungsberichte Abteilung I 130. Band Jahrgang 1921 - Heft 1 bis 10 (Mit 6 Tafeln, 31 Textfiguren und 1 Kartenskizze) Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fondsiw^ j» Wien, 1921 Aus der Staatsdrucl^erei In Kommission bei Alfred Holder Universitätsbuchhändler Buchhändler der Akademie der Wissenschaften III Inhalt Seite Brunswick H., Dei- mikroclicmische Nachweis pllanzlichcr Blausäreverbindungen. VÄnc neue mikrochemische Methode zum Nachweis von Cyanwasserstoff und Emulsin. (Mit 1 Textfigur.) 383 Diener C, Die Faunen der Halistättcr Kalke des Feuerkogels bei Aussee. (Mit 1 Textfigur.) 21 Geitler L., X'ersuch einer Lösung des Heterocysten-Problems. (Mit 1 Tafel.) 223 Handel-Mazzetti H. und Köhler A., Die in Guidschou (»Kweitschou«) und flunun gesammelten Gesteine. (Mit 2 Textfiguren und 1 Kartenskizze.) 437 Huber B., Zur Biologie der Torfmoororchidee Liparis LocseJii Rieh. (Mit 1 Tafel.) 307 Kerner-Marilaun F., Bauxite und Braunkohlen als Wertmesser der Tertiär- klimate in Dalmatien. (Mit 1 Textfigur.) 3-5 Klein G., Studien über das Anthochlor. (II. Mitteilung.) (iMit 1 Tafel.) ... 247 Klein G., Die \'erbreitung des Hespcridins bei den Galieac. (Ein neuer Fall von chemischen Rassen.) 295 Kober L., Regionaltektonische Gliederung des mittleren Teiles der ostalpinen Zcntralzone. (Mit 1 Textfigur.) 375 Krasser F., Zur Kenntnis einiger fossiler Floren des unteren Lias der Succes- sionsstaaten von Österreich-Ungarn 345 Piskernik A., Über die Einwirkung fluoreszierender Farbstoffe auf die Keimung der Samen. (Mit 1 Tafel.) 189 Priesner H., Beiträge zur Lebensgeschichte der Thj'-sanopteren. I. TJirips khipaleki Uz., ein Orchideenschädling. (Mit 6 Textfiguren.) 215 Ruttner F., Das elektrol3^tische Leitvermögen verdünnter Lösungen unter dem Einflüsse submerser Gewächse. I. (Mit 4 Textfiguren.) 71 Schröder B., Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. (Mit 12 Textfiguren.) 147 Schussnig B., Ein Beitrag zur Kenntnis der Cytologie von Tnher aesiivum Vitt. Mit 1 Tafel und 3 Textfiguren.) 127 Schwenk A., Über Mikroorganismen in der Wiener Hochquellenwasserleitung. 1 1 1 Solch J., Das Grazer Hügelland. Ein Überblick über seine geomorphologische Entwicklung 265 Tornquist A., Ein »Fenster« des Taucrndeckensystems inmitten der Murauer Granatglimmerschieferdecke südlich des Preber. (Mit 1 Profiltafel.) . . . 329 Wettstein F. v., Das Vorkommen von Chitin und seine Verwertung als syste- matisch-phylogenetisches Merkmal im Ptlanzenreich 3 Akademie der Wissenschaften in Wien Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse Sitzungsberichte Abteilung 1 Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen 130. Band. 1. bis 3. Heft 3 Das Vorkommen von Chitin und seine Ver- wertung als systematisch - phylogenetisches Merkmal im Pflanzenreich Von Fritz V. Wettstein (Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie, Berlin-Dahlem) (Vorgelegt in der Sitzung am 10. Februar 1921) Die Kenntnis der chemischen Zusammensetzung der Zell- membranen bei den Thallophyten ist noch nicht weit fortgeschritten. Eine große Zahl Einzelbeobachtungen ist vorhanden, doch fehlt meist ein Zusammenhang, ein Bild, wie es uns zum Beispiel die Zusammenstellung bei Tunmann (13), p. 610 bis 612, oder bei Czapek (3), p. 629 ff , bietet. Bei der oft geringen Zahl morpho- logischer Anhaltspunkte, welche die systematisch-phylogenetische Forschung dieser Gruppen findet, ist es selbstverständlich, daß auch die Chemie der Membranen wie überhaupt chemische Merk- male der Zellen stärker herangezogen wurden. Ich erinnere an die starke Betonung von Stoffwechselunterschieden in der Syste- matik verschiedener Algengruppen. Doch sind wir in der Durch- arbeitung der chemischen Zusammensetzung (ich beschränke mich jetzt auf die Zellmembran) noch lange nicht so weit, daß ihre Ergebnisse bereits in weitgehenderem Maße systematisch verwertet werden können. Unter den verschiedenen in diesen Zusammenhang gehörenden Substanzen ist eine, die besonders gut charakterisiert ist und über die bereits eine Reihe wichtiger Untersuchungen, besonders durch van Wisselingh (18 bis 20) vorliegen, das Chitin. Nachdem durch Gilson und Winterstein [Literatur bei Molisch (11) und Tunmann (13)] sichergestellt war, daß es sich bei dem charakte- ristischen Membranstoff der Pilze um Chitin und um dieselbe Substanz handelt, die im Tierreich weit verbreitet ist, wurde in verschiedenen Pflanzengruppen nach dieser Zellgerüstsubstanz F. V. Weitste in, gesucht und es liegen viele Angaben über ein Vorkommen vor. Die einigermaßen einwandfreien früheren Angaben seien zusammen- gestellt. ö Flagellata: Keine sicheren Angaben. Myxopliyta: Plasniodiophora hrassicae [Wisselingh (18)]. Schizophyta: Bei Bakterien und Cyanophyceen eine Reihe widerstreitender Angaben [Zusammenstellung bei Czapek (3)]. Zygopkyfa: | Phaeophyta: \ Keine Angaben. Rhodophyta: j Enthallophyfci: Unter den Chlorophyceen Geosiphon [Fr. Wett- stein (17)], unter den echten Pilzen bei sehr vielen Formen [Zusammenstellung bei van Wisselingh (18)]. Cormophyta : Keine einwandfreie Angabe. Alle anderen Mitteilungen über ein Vorkommen von Chitin oder »chitinähnlichen« Substanzen, Pseudochitin usw., die sich in der Literatur besonders bei Flagellaten finden, habe ich in allen den Fällen unberücksichtigt gelassen, wo es sich um ungenaue, beiläufige Angaben über Einzelfälle aus Gruppen handelt, bei denen meine Nachprüfungen sonst niemals Chitin nachweisen konnten. Aus dieser Zusammenstellung ergab sich die Möglichkeit, daß Chitin nur bei nichtautotrophen Thallophj^ten als Membran- stoff auftrete und eine Abhängigkeitsbeziehung zwischen hetero- tropher Ernährung und Chitinbildung bestehen könnte, worauf auch das Vorkommen im Tierreich hinzudeuten schien. Ich habe zur Entscheidung dieser Frage heterotrophe Formen aus allen Gruppen geprüft, ferner auch Organe an sonst autotrophen Pflanzen, die in ihrer Ernährung sicherlich heterotropher Natur sind, wie der Gametophyt der Gymnospermen und Angiospermen. Es wurden außer Myxophyten, Schizophyten und Euthallophj^ten, auf die ich später näher eingehen werde, bei denen sich aber, wie gleich hervorgehoben sei, nur bei der letzten Gruppe Chitin nachweisen läßt, farblose Flagellaten in großer Zahl, Zj^gophyten, Rhodophyten {Janczewsliiü, und als Kontrolle verschiedene autotrophe Formen in allen Entwicklungsstadien), Phaeophyten und Cormophyten, wie Neottia, Epipogon, Corullorlika, Monotropa, Orobanchc, Lathraea, Cyiiniis, ferner Prothallien vieler Gymnospermen und Embryosäcke von Angiospermen untersucht. Weder an heterotrophen noch an irgend einem Entwicklungsstadium autotropher Pflanzen dieser Gruppen läßt sich Chitin nachweisen und die oben angedeutete Abhängigkeitsbezichung besteht nicht. \'orkommen von Chitin im Pnanzenreicli. O Bei Myxomyceten und Schizophyten weichen die verschiedenen Angaben stark voneinander ab und darum will ich auf diese, gleichfalls in negativem Sinne entscheidenden Untersuchungen an diesen Gruppen näher eingehen, bevor ich die Einzelheiten innerhalb der Euthallophyten diskutiere. Vorerst sei aber ein Über- blick über die mikrochemischen Reaktionen gegeben, die von \'an Wisselingh eingeführt, für die Erkennung dieser Substanz brauchbar sind. Es kamen ja leider nur mikrochemische Reaktionen für diese Untersuchungen in Betracht, da bei der geringen Größe der Objekte ein Isolieren der Zellwände unmöglich ist und die ungereinigte Masse der Organismen mehr Fehlerquellen bietet bei makrochemischen Methoden, denn bei mikrochemischen. Besonders bei Bakterien ist dieser Umstand wesentlich. Auf die chemische Zusammensetzung des Chitins möchte ich nicht weiter eingehen, nachdem die Analysen noch zu keiner Einigung geführt haben. Es handelt sich um ein stickstoffhaltiges Polysaccharid von geringer Reaktionsfähigkeit mit anderen Substanzen, weshalb auch die Erkennung des Chitins nur dadurch möglich ist, daß es sich durch Erhitzen mit hochprozentiger Kalilauge in Chitosan über- führen läßt, das mit den verschiedensten Substanzen schöne, klar erkennbare Farbenreaktionen gibt. Die Durchführung dieser Reaktionen ist nicht immer leicht. Sehr exaktes Arbeiten mit absolut chemisch-reinen .Substanzen ist Bedingung. Dabei möchte ich von \'ornherein betonen, daß nur die einwandfreie Übereinstimmung einer ganzen Reihe von ver- schiedenen Reaktionen und einer großen Zahl gleicher Reaktionen und andauernde Kontrolle an Objekten mit sicherem Chitingehalt zu klaren Resultaten führt. Auf die Berücksichtigung dieser Fehler- quellen wird in den Büchern von Molisch (11) und Tunmann (13) immer wieder verwiesen und diese Hinweise können nicht ein- dringlich genug wiederholt werden. Mele der die Literatur so belastenden unrichtigen Angaben sind auf die nicht genügend kritisch angewandte mikrochemische Methode zurückzuführen, und ein als positiv angegebenes Resultat durch negative Befunde zu berichtigen, ist immer eine mißliche Sache. Ich bin bei meinen ersten Chitinuntersuchungen anfangs auch oft in die Irre gegangen, doch konnten diese Fehler immer durch kritischen Vergleich verschiedener Reaktionen vermieden und korrigiert werden. Nach- dem schon früher durch van Wisselingh (18) die ausgezeichnete Chitosanreaktion mit Jod und Schwefelsäure angegeben wurde, stellte dieser Autor (19) neuerdings noch eine Reihe neuer Reaktionen zusammen, die sehr wertvolle Dienste leisten. Diese Proben beruhen alle auf der Erkennung des Chitosan. Dieses wird aus Chitin durch Einwirkung von 50 bis 60% Kalilauge während un- gefähr einer halben Stunde bei gleichzeitiger Erhitzung auf 160° C erhalten. Die einzige Methode, die hier durchzuführen ist, ohne die meist zarten Objekte bis zur Unkenntlichkeit zu zerstören, ist die Erhitzung in zugeschmolzenen Röhrchen im Ölbade, wie 6 F. V. Wettstein, sie van Wisselingh öfters beschreibt (18, 19j. Anfängliche Miß- stände beim Zuschmelzen der Röhrchen beseitigt einige Übung. Die von Vouk (15) empfohlene Modifikation, die Objekte in kon- zentrierter Kalilauge offen zu kochen, ist bei gröberen Objekten, wie Teile von Hutpilzen usw., sehr gut durchfi^ihrbar, für feineres Material ist sie aber unmöglich, die Objekte werden so zerstört, daß ein orientierender Zusammenhang nicht mehr zu gewinnen ist. Nach der Erhitzung wird die Kalilauge allmählich durch starken Alkohol in Abstufungen bis zu destilliertem Wasser verdrängt, der mehr oder weniger rasche Übergang richtet sich nach der Natur der Objekte. Durch Alkohol erfolgt gleichzeitig eine sehr niitzliche Härtung des Materiales. Das nun in den Präparaten vorhandene Chitosan gibt folgende Reaktionen: Durch Zusatz von Jodjodkalium und einer verdünnten Säure erzielt man rotviolette Färbung. Am einfachsten ist die Verwendung von 1 bis 5% Schwefelsäure, die Konzentration darf aber nie höher genommen werden, da durch starke Konzentration der rotviolette Farbton verschwindet und anderseits schon schwach konzentrierte .Schwefelsäure Zellulosereaktion erscheinen läßt, die in schwacher Form sehr ähnliche Farbtöne gibt und sehr leicht verwechselt werden kann. Durch verdünnte Phosphorsäure, Salzsäure, Essig- säure, Zitronensäure, ja sogar Kaliumbisulfat läßt sich die Schwefel- säure ersetzen, dabei treten aber alle Farbenstufen von Rotviolett bis Blauviolett auf. Eine Übereinstimmung aller dieser Proben gibt ein sehr wertvolles Kriterium | Näheres bei van \\'isse- lingh (19)]. Von den zahlreichen anderen Reaktionen, die dieser Autor angibt, möchte ich als besonders wertvoll noch folgende, auch leicht anwendbare erwähnen. Durch Behandeln chitosanhaltiger Objekte mit Ferrocyanwasserstoffsäure und Zusatz eines Ferri- salzes oder mit Ferricyanwasserstoffsäure und einem Ferrosalz er- halten die chitosanhaltigen Stellen Blaufärbung durch die Bildung von Berlinerblau, respektive TurnbuUsblau. Ferner erzielt man durch Pikrinsäure dauernde, nicht auswaschbare Gelbfärbung, durch naphthochinonsulfosaures Natrium eine Orangefärbung, die gegen verdünnte Salz- oder Schwefelsäure resistent, in verdünnter Kalilauge (5 bis 10%,) dagegen in Olivgrün umgewandelt wird. Alle diese letzteren Reaktionen sind aus dem Grunde so sehr wertvoll, weil gerade die Jodschwefelsäure-Reaktionen sehr leicht zu den irreführendsten X'erwechslungen mit anderen Zellwandstoffen (Amyloid, Zellulose) und vielen Zeilinhaltsstoffen (Kohlehydraten), die sich an die Innenseite der Zellwände anlegen, führen, da sie ähnliche Farbtöne ergeben. Die von van Wisselingh angegebene Reinigung der Objekte durch Erhitzen in Glycerin auf 800° trägt sehr zur Vermeidung \-on Irrtümern bei. Zu diesen Untersuchungen kommt noch die Prüfung des Chitins selbst, Löslichkeit in konzentrierter Salzsäure, Schwefel- säure, Wobei Braunfärbung eintritt, Färbung mit Chlorzinkjod usw. Vorkommen von Cliitin im Pflanzenreich. / jvergl. Molisch (11) und Tunmann (13)], doch treten die Reaktionen an Bedeutung sehr zurück und sind nur als Ergänzung zu gebrauchen, immer aber muß betont werden, daß eine einzelne Reaktion wertlos ist und nur die Übereinstimmung möglichst vieler einer Kritik wirklich standhält. Mit Hilfe dieser Reaktionen habe ich die Angaben über das ^'orkommen von Chitin im Pflanzenreich möglichst vollständig nachgeprüft. Wie bereits erwähnt, waren es schließlich nur drei Gruppen, die näher untersucht werden mußten: Myxomyceten, Schizophyten und Euthallophyten. Die Membranstoffe der Myxomyceten. Darüber, daß in dieser Gruppe mit Ausnahme von Plasmo- Jiophora Brassicae Wor. Chitin nicht nachzuweisen ist, sind sich alle Autoren [Jahn (8), van Wisselingh (18, 19)] einig. Ich selbst habe folgende Arten untersucht: Arcyria pmiicea Pers., Comatricha nigra (Pers.), Fiiligo septica Gmelin, Hemitrichia riibifoniiis (Pers.), H. davaki (Pers.), Lycogala epidendroii (L.), Stemonitis fusca Roth, Keticiilavia iimbrina Bull., Trichia con- forta (Ditm.). Bei keiner Art fand ich diese Substanz. Chitin kommt also bei Myxomyceten nicht vor. Auf Plasmodiophora komme ich später noch zurück. Über das Vorkommen von Zellu- lose finden sich von de Bary (4) Angaben für junge Zustände von Arcyria, Lycogala und Trichia, ebenso von Jahn (8) für Cornatricha und Stemonitis, ferner von van Wisselingh bei Didymiimi squanmlosum (Alb. et Schw.), dagegen fand letzterer bei Ftüigo septica Gmelin (18) keine Zellulose. Ich habe die oben angeführten Arten auch nach dem W^rhandensein dieser Substanz durchgeprüft. Meist gelingt die Reaktion nicht ohne weiteres. Bei der größeren Zahl der untersuchten Arten konnte ich Zellulose nicht nachweisen. Bei Stenionitis und Comatricha aber wurden die Angaben Jahn's (8) bestäügt, daß Blaufärbung mit Jodschwefelsäure und Chlorzinkjod auftritt, doch nicht, wie Jahn bereits hervorhub, in allen Stadien, und selbst bei ein- tretender Blaufärbung sind die Löslichkeitsverhältnisse in Kupfer- oxydammoniak und konzentrierter Schwefelsäure andere, oft ganz verhindert oder unvollständig. Ob dies seinen Grund im Auftreten einer andern Modifikation von Zellulose hat, wie Jahn (p. 293) andeutet oder wie mir wahrscheinlicher vorkommt, darauf zurück- zuführen ist, daß andere begleitende Membranstoffe die Zellulose- reaktion verhindern, vermag ich nicht sicher zu entscheiden. Freilich gelingt es nicht durch van Wisselingh's Gh'cerinverfahren oder andere Mittel (Einwirkung von Chromsäure) solche Begleit- stoffe zu entfernen. Anderseits erinnere ich an die Membranen der Siphoneen, bei denen auch oft die Reaktion der vorhandenen Z^ellulose durch andere Stoffe verhindert wird. Jedenfalls ist 8 F. V. Wettstein. Überhaupt in den Membranen der Myxomyceten eine große Zahl interessanter Stoffe lokalisiert, worauf ja auch die lebhaften Farben hindeuten. Zellulose kommt also als Bestandteil dieser Membranen vor. doch spielt beim Aufbau eine andere Gruppe von Substanzen die Hauptrolle. Ich konnte feststellen, daß die Membranen dieser Pilze, des Kapillitiums, der Sporen und der Sporangienwände von Substanzen zusammengesetzt sind, die eiweißartigen Charakter tragen und wohl in die Gruppe der Keratine gehören. Sie geben die Eiweißreaktionen. Mit Salpetersäure tritt Gelbfärbung ein, Zusatz V(^n Ammoniak färbt orangegelb, von Nati'iumhj'droxyd braun. Die Millon'sche Probe ist deutlich und Zucker -H Schwefelsäure gibt meist eine purpurne Färbung, selten mehr violett. Die starke Schwarzfärbung durch Kalilauge und Bleiacetat deutet auf den für die Keratine charakteristischen Reichtum an abspaltbarem Schwefel. Die Substanzen sind nur in heißen Laugen und Säuren löslich. Sehr störend wirken hier verschiedene Farbstoffe, die aber meistens durch sehr schwache Chromsäure oder Kalium- permanganat + Schwefelsäure entfernt werden können. Die Zuge- hörigkeit zu den Keratinen scheint mir sehr wahrs'cheinlich und in der Verbreitung dieser Substanzen zeigt sich bei den unter- suchten Formen große Einheitlichkeit. Der Stamm der Myxo- phyten erscheint durch die Zusammensetzung aus Keratinen, durch das Zurücktreten von Zellulose der Membranen und Fehlen von Chiti n gegenüber den übrigen Pflanzenstämmen, bei denen eiweißartige Substanzen als Membranbildner fehlen, scharf charakterisiert. Die Membranstoffe der Schizophyten. Über die Natur der in dieser Gruppe vorhandenen Membran- substanzen gehen die Angaben sehr weit auseinander. Bei Schizo- phyceen fanden Hegler (7) und Kohl (10) Chitin verbreitet,, dagegen bestritten van Wisselingh (18) und Wester (16) dieses Vorkommen. Dieselbe Meinungsverschiedenheit bestand auch über das Auftreten von Zellulose. Eine seither erschienene Arbeit von Klein (9) über die Chemie der Zellhaut der Cyanophyceen hat hier Klarheit geschaffen. Mehrere Arten \on OscUlatoria, Lyngbiu, Schizothrix, Hydrocoleiun, Scytonema, ToJypothrix, Dichothrix, Riviilaria, Nostoc und Anabacna wurden geprüft. Klein kommt zu dem mit van Wisselingh und Wester übereinstimmenden Ergebnis, daß Chitin bei Cyanophyceen nicht vorhanden ist. Ich konnte dies bestätigen. Die Membran besteht vorwiegend aus Pektinstoffen. Außerdem findet sicli in den innersten Schichten der Scheiden von Scytonemataceen und Rivulariaceen, bei Schizo- thrix und in den Heterocj^sten der solche bildenden Formen Zellulose. Im Brennpunkt des Interesses steht die Frage des \'orkommens von Chitin bei Bakterien. Van Wisselingh (20) faßt 191G alle \'oi-kommen von Chitin im Ptlanzenrcich. <-* hiehergehörenden Angaben neuerdings kritisch zusammen. Die meisten Angaben halten einer kritischen Prüfung nicht stand und nach neuerdings durchgeführten Reaktionen an einer großen Zahl verschiedener Bakterien kommt van Wisselingh zu seiner früheren Ansicht, daß Chitin bei Bakterien als Membranstoff fehlt, betont aber, daß die einzigen Angaben, die einwandfrei erscheinen und die für ein Vorkommen sprechen, von Viehoever (14) ge- macht sind, die darum einer Aufklärung bedürfen. Dank dem überaus großen Entgegenkommen des Herrn Geheimrates Prof. Dr. A. Mayer, dem ich an dieser vStelle meinen ergebensten Dank sagen möchte, war ich in der Lage, an den gleichen Bakterien- stämmen, mit denen Viehoever gearbeitet hatte, meine Nach- prüfungen anzustellen. Ich untersuchte: Bacilhis alvei Krompecher. * asterosporus A. M. » prohatus A. M. et Viehoever. » robitr A. M. et Neide. » sphaen'cus A. M. et Neide. » subiilis Cohn. » tumescens Zopf. Sara' IUI iireae Beijerinck. Es war mir von vornherein wahrscheinlich, daß es sich nur um eine Fehlerquelle in der Methodik bei einem der Untersucher handeln konnte, da es doch auffallend war, daß mit der gleichen Reaktion van Wisselingh bei keiner einzigen der vielen Bakterien, die er untersuchte, Chitin nachweisen, während Viehoever bei allen Formen die Substanz finden konnte. Ich habe zuerst genau nach der Vorschrift van Wisselinghs gearbeitet und dabei eben- falls feststellen können, daß bei der Erhitzung vollständige Auf- lösung der Bakterien erfolgt, sie sind unauffindbar. Jede chitinöse Membran übersteht aber diesen Prozeß leicht und ist gar nicht empfindlich, selbst wenn es sich um sehr zarte Objekte wie Mucorineenhyphen handelt. Dies spricht einwandfrei gegen die Anwesenheit von Chitin. Die Möglichkeit, mit kürzerer Einwirkungs- dauer ein Verbleiben der Membranteile zu erzwingen, wie es Viehoever versuchte, scheint mir aber von falschen Voraus- setzungen auszugehen. Ich habe nun auch diese abgekürzten Verfahren vorgenommen, indem ich Kalilauge von 10% bis konzentriert, bei Temperaturen von Zimmertemperatur bis 200° und Einwirkungsdauer von fünt Minuten bis zu einem halben Jahre einwirken ließ. Immer erreichte ich dasselbe Ergebnis. War noch eine Spur der Bakterien fest- zustellen, ergab sich keine Chitinreaktion, war der Prozeß weiter fortgeschritten, waren die Bakterien verschwunden. Diese Prüfungen wurden mit denselben Bakterien durchgeführt, auf die sich Viehoever besonders stützt, Bacillus asterosporus und prohatus. Der Autor gibt eine Reihe Farbentöne an, die bei Zusatz von 10 F. V. Wettstein, Jodjodkalium und Schwefelsäure auftreten sollten und als Chitin- reaktion gedeutet wurden. Ich erhielt dieselben Erscheinungen, Farbentöne von rosa in allen Abstufungen bis dunkelrotbraun, auch ganz farblose und braune Individuen. Es war aber ein Irrtum, diese als Chitinreaktion zu deuten, denn diese P'arbenreaktionen sind nicht eine Folge des Zusatzes von Jod und Schwefelsäure, sondern sie treten auch schon bei Einwirkung von Kalilauge allein auf und werden nur deutlicher durch den Zusatz von Schwefelsäure. Jodjodkalium ist dabei überhaupt nicht notwendig, ebenso wie Zusatz von konzentrierterer Schwefelsäure (50"/o) diese Farbtöne dunkler und deutlicher macht, während bei der Chitin- reaktion hier schon Entfärbung beginnt. Viehoever selbst betont (p. 447), daß es unmöglich ist, das gleiche Objekt beim Durchsaugen verschiedener Lösungen immer zu beobachten. Darum konnte diese Fehlerquelle ausschlag- gebend sein. Trotzdem gelingt es durch Eintrocknen auf dem Deckglas manchmal eine oder die andere Zelle dauernd zu be- obachten und dann bekommt man ein einwandfreies Resultat. Diese violetten Färbungen sind also die direkte Folge einer Reaktion eines unbestimmten Stoffes mit Kalilauge, was Viehoever anscheinend auch gesehen hat (p. 447), wobei auch er angibt, daß diese Färbung nicht nur in der Membran der Sporen oder Oidien, sondern auch in den Schleimen, besonders bei B. astero- sporus auftritt. Das Verhängnisvolle war, daß gerade ein Farbton auftrat, der mit dem der Chitosanjodschwefelsäure-Reaktion zu \'ervvecliseln war. Es mußte also diese Verwechslung einwandfrei zutage treten, wenn die anderen van Wisselingh'schen Reaktionen mit Pikrinsäure, Cyanwasserstoffsäure und naphthochinonsulfosaurem Natrium angewendet wurden, die andere Farbentöne geben. Dabei trat nie eine Chitosanreaktion auf, auch unter allen \'orsichts- maßregeln, die Viehoever angibt, gutes Auswaschen der Kali- lauge, Anwendung bester Zeiß'scher Optik bei Tageslicht usw. Das letzte Glied dieser Beweisführung, die Analyse der Substanz, die mit Kalilauge F'^otfärbung gibt, muß ich leider schuldig bleiben. Ich vermute, es handelt sich um ein Produkt des Ernährungs- stoffwechsels der Bakterien, worauf seine \'erschiedene Menge in den einzelnen Zellen und die dadurch bewirkten Abstufungen der P'arben hindeuten. Damit sind die Ergebnisse der verschiedenen Untersuchungen über die Bakterienmembranstoffe in Einklang zu Gunsten der Annahme van Wisse lingh's gebracht, daß sich Chitin als Membranstoff der Bakterien nicht nachweisen läßt. Sonst dürfte die Zusammensetzung dieser Membranen entsprechend dem polymorphen Stoffwechsel der Bakterien eine recht ver- schiedene sein. Am meisten scheinen » Pektinstoffe ^< am Aufbau beteiligt zu sein. In wenigen Fällen ist Zellulose nachgewiesen, wie bei Bactcriniu xyliniuu von van VVisselingh (20). Auch die Chlamydobakterien scheinen sich membranchemisch, wie die Vorkommen von Chitin im l'flanzeni'eicli. 1 1 anderen Schizoph\'ten zu verhalten. Bcggicifcd hat kein Chitin und keine Zellulose, wohl aber reichlich das, was unter »Pektin- stoffen- vorläufig zusammengefaßt wird. Membranstoffe der Euthallophyten. Entsprechend der V'ielgestaltigkeit der hier zusammengefaßten Typen sehen wir auch in dem membranchemischen Aufbau eine große Mannigfaltigkeit. Einheitlicher sind die Verhältnisse bei den autotrophen Chlorophyceen, bei welchen die Zellulose die Grund- substanz der Membranbildung darstellt. Diese tritt in allmählicher phylogenetischer Entwicklung innerhalb der Volvocales auf. Die Pölyblepharideen, viele Chlamydomonadaceen haben sicher keine Zellulosewände, dagegen ist diese Substanz bei anderen ChJamy- ihimmias-Avten zweifellos vorhanden, bei Volvocaceen ist sie all- gemein verbreitet. Das Auftreten der Zellulosemembran geht hier Hand in Hand mit der morphologischen Entwicklung vom Flagellatentypus zur Volvocaceenzelle. Ulotrichales und Proto- coccalcs haben einheitliche Zellulosemembranen, dagegen werden die Verhältnisse bei den Siplionales immer verwickelter. Die Zellulose tritt stark zurück, meist ist sie noch x'orhanden und w'wd. von anderen Stoffen verdeckt, die in immer weiterem Umfange an der Wandbildung teilnehmen. Sie sind meist unbekannter Natur. Ich erinnere an die bei Caulcrpa und Verwandten von Correns (2) und bei Characeen von Debsky (5j gefundenen Substanzen. Doch will ich auf diese systematisch wichtigen Tatsachen nicht näher eingehen, da die Angaben noch zu vereinzelt sind. Chitin kommt bei Chlorophyceen nicht vor, mit Ausnahme von dem von mir beschriebenen Fall bei GeosipJioii, auf den ich noch zurück- komme. Die Membranstoffe der echten Pilze wurden zuerst von van Wisselingh genauer überprüft. Es hängt wohl mit der großen Mannigfaltigkeit morphologischer Differenzierung und physiolo- gischen Verhaltens zusammen, daß wir bei den weiterentwickelten Pilzgruppen sehr verschiedene membranbildende Substanzen finden. Zwei Grundsubstanzen haben allgemeine Verbreitung, aber in sich gegenseitig ausschließender Vertretung, Zellulose und Chitin. Nie sind beide zusammen vorhanden. Dabei tritt Zellulose nur bei einigen Gruppen der Phycomyceten auf, aber hier streng an syste- matische Einheiten gebunden, bei Monoblepharideen und Ooinycetes. Bei folgenden Formen wurde Zellulose gefunden, wobei die An- gaben van Wisselinghs (18) und Petersens (12) mit auf- genommen wurden und mit (Wi) und (Fe) bezeichnet sind. Munoblephariclcac: Mviiobhpharis niacraudra (Lagerh.) Woronin. » polymorpha Woronin. 12 F. V. Wcttstcin. i Oouiycetes, Peroiiosporaceae : Cystopns cüiiüidiis (Pers.). ' » PorHilaccae (Dl.) (Wi). \ Feronospora Alsincariiui Casp. (\\'i). > » iirborescens (Berk.). » (^ffiisci (Grev.). » Ficariae Tul. » Lauiii A. Braun (Wli. Fhytoplithora infestans (Mont.) De Bary (Wi). Flasmopara densa (Rabh.) (Wi). Fytliiaceae: Fytliinm üaphiiidanim Petersen (Fe). » F)c Baryaniiui Hesse. » gracile Schenk (Fe). » prolifeniui De Bary (Fe). SaproJegniaceae: Aiiilvü decorütd Petersen (Fe). » gracilipes De Bary (Fe). » oligacantha De Bary. » polyandra (Hildebrand) De Bary. » prolifeva Nees. » raceniosa (Hildebrand) Pringsh. (Fe), Saprolegnia dioica De Bary. » mixta De Bary. » monoica Pringsh ei m. » pavadoxa Petersen (Fe). » seniidioica Petersen (Fe). » T/jiirefi De Bary. Lcplolegnia caiidata De Bar}^ (Fe). Aplanes aiidrog)mus Archer (Fe). Apodachlya pirifera Zopf. Ferner Arten' \on ApJtai/diiiytes, Rhipidiiiui und Saproniyces, alle hei Petersen (12). Aucilystidaceae: L'jgcnidiimi iulnpliyttiiu ('Pringsh.). Vorkommen von Chitin im Pflanzenreic]). 13 Bei Oomyceten haben also alle Formen ausnahmslos Zellulose- membranen. Bei Monoblepharideen ist diese aber erst nach Behand- lung der Hyphen und Oosporen mit konzentrierter Kalilauge fest- zustellen, dann tritt Blaufärbung mit Jod -^ Schwefelsäure, Lösung in Kupferoxydammoniak usw. ein. Hier verdecken anfangs andere Stoffe; diese geben; Braunfärbung mit Chlorzinkjod, mit Jod-l- Schwefelsäure, Methylenblau färbt nicht dauernd, Rutheniumrot sehr stark, heiße Salzsäure quellt, kalte läßt unverändert wie Salpetersäure, Delafield'sches Hämatoxylin färbt nicht. Chitin ist nicht vorhanden, dagegen ergab ein Vergleich mit den Membran- stoffen von Vancheria überraschende Übereinstimmung, nur wird ■diese von Rutheniumrot viel schwächer, dagegen von Safranin stark gelblichrot, Moiiohlepharis aber von Safranin fast gar nicht gefärbt. Die Angaben von Petersen (12), daß bei Gonapodya und Blastochidia Zellulose nicht vorkommt, ist vielleicht auf ähnliche Erscheinungen wie bei Moiiohlepharis zurückzuführen. Sonst findet sich Zellulose bei den Pilzen nirgends, eine unsichere An- gabe \an Wisselinghs bei Rhytisma habe ich nicht bestätigen können. Chitin ist der Grundstoff der Membran aller höheren Pilze. Bei den Phycontyceten vertritt er die Zellulose in den Gruppen, wo diese sich nicht findet, ausnahmslos. Er kommt bei Oomyceten und Monoblepharideen nicht vor, findet sich aber bei Synchytria- ceen (Syncliyfrimn tavaxaci De Bary et Wor.), Zygomyceten [ver- schiedene Arten von Mucor, Püobolus cristallimis (Wiggers), Klüzopns nigricans Ehrenb., Phyconiyces nitens (Agardh.) und Sporodinia grandis Scop.], Entoniophtoraceae (Empiisa miiscae Cohn) bei allen bisher geprüften Arten, es ist keine Ausnahme bekannt. Leider war es mir nicht möglich, Material von Chytri- dineen zu untersuchen, die gerade in diesem Zusammenhange .sehr wichtig wären. Die Membranbildung der Ascomyceten erfolgt immer durch Chitin mit Ausnahme zweier Gruppen. Van Wisselingh hat bereits sehr viele Formen geprüft, ich habe diese möglichst ergänzt •durch solche aus Gruppen, die noch ausstanden, wie RJiizinaccae, Tnberineae, Exoascineae, Pyrenomyceten, wie Cordyctps und \iele andere. Ich will von einer Aufzählung absehen und nur betonen, daß bei allen Ascomyceten in allen Entwicklungsstadien, Hyphen, Konidien, Sklerotien, Fruchtkörpern usw., überall Chitin vorhanden ist, mit Ausnahme der beiden Gruppen Sacharomycetineen und Lahoiilbeniaceae. Für erstere steht dies sicher. Von der zweiten Ordnung konnte ich eine Labonlbenia- Art untersuchen, doch möchte ich, da das Material für eine ganz sichere Prüfung nicht reichte, diese Angabe noch mit der nötigen Reserve machen. Die Jod- Schwefelsäure -Chitosan- Reaktion fiel jedenfalls negativ aus. Chitin ist zwar der Grundstoff der Ascomycetenmembran, aber es finden sich auch manche andere Substanzen. Wir wissen 14 F. V. Wettstein. von der Natur dieser Stoffe zu wenig, als daß ich darauf näher eingehen möchte. Sie gewinnen aber an hiteresse und syste- matischer Bedeutung dadurch, daß sie meist an bestimmten Organen und bestimmten Stellen auftreten und mit Chitin gemein- sam die Membran aufbauen oder auch Chitin ganz vertreten können. Besonders auffallend ist die Tatsache, daß diese Sub- stanzen vor allem in der diploiden Generation nachzuweisen sind, in den Asci und auch in den askogenen Hyphen, während die Sporenmembranen dieser Formen (haploid!) wieder aus Chitin aufgebaut sind. Auch die Konidien können häufig andere Membran- substanzen zeigen. Die Durcharbeitung ist noch nicht so weit gediehen, daß diese Substanzen schon systematisch \-erwertet werden könnten. Die Basidiomyceten sind, was das \'orkommen von Chitin betrifft, gleichfalls einheitlich. Es ist auch hier die überwiegende Membransubstanz in fast allen Gruppen. Bei manchen treten wieder andere Substanzen hinzu, die neben Chitin vorhanden sind oder auch hier dieses ersetzen können. Zellulose fehlt \-ollständig. Bei abgeleiteteren Gruppen Polyporeen, Gasteromyceten scheint die Zahl der \ erschiedenen Membransubstanzen sehr groß zu sein. Schließlich wären noch die Flechten zu besprechen. Chitin ist häufig \orhanden, selbstverständlich nur in der Pilzkomponente. Die Algen haben Zellulosemembranen, wenn sie den Chlorophyceen, » Pektinmembranen '<, wenn sie den Cyanophyceen angehören. Oft sind die Pilzkomponenten den verwandten freilebenden Pilzformen auch in der Membranzusammensetzung gleich und bestehen aus Chitin. Daneben zeigt sich aber wohl, mit den eigenartigen ernährungsphysiologischen Verhältnissen im Zusammenhang stehend, ein Zurücktreten des Chitins lokaler und quantitativer Art, wofür andere Stoffe (hieher gehören van Wisselinghs Usnein imd Lichenin) in großer Mannigfaltigkeit auftreten und Chitin als Membransubstanz ersetzen. Ich habe mich bei Ascomyceten, Basidiomyceten und Lichenen beschränkt, die allgemeine Verbreitung des Chitins festzustellen und Abweichungen hie\"on zusammenzustellen. Da es sich in dieser Arbeit lediglich um die Verbreitung \on C'hitin und deren Verwertung in s^'stematischer Hinsicht handeln soll, habe ich alle Beobachtungen über andere Stoffe unbekannter Zusammensetzung weggelassen. Anderseits habe ich auch bisher nur die beobachteten Tatsachen zusammengestellt; ich mischte nun zur sj'^stematisch- phylogenetischen Auswertung übergehen. Vorerst aber einige Be- merkungen allgemeinen Inhaltes. Oft ist schon darauf hingewiesen worden, daß Merkmale chemischer Art in größerem Stile für .systematische Zwecke heran- gezogen werden können, gewöhnlich werden hier Paradebeispiele, wie das Vorkommen von Inulin bei Kompositen oder Myrosin bei Ouciferen angeführt. Alle morphologischen Merkmale lassen sich ^'(l|■kolnIllcn Von Chitin im Pflanzenreich. 1;> als ZLirückführbar vorstellen auf das Zusammenwirken einer spezi- fischen, chemischen Grundstruktur eines Organismus und aller einwirkenden Außenbedingungen. Die spezifische Grundstruktur ist das Konstante von Außenbedingungen Unbeeinflußte, und eine nur auf dieser fußende, phylogenetische Systematik müßte das Ideal vorstellen, da die Konvergenz im bestmöglichen Maße ausge- schaltet ist. Das sind .Träume. Die Richtung der biologischen Eiweißdifterenzierung hat versucht, gerade diese Grundstruktur zum Ausgangspunkt ihrer Untersuchungen zu nehmen, und zwar ohne Analyse derselben durch bloße Klassifizierung der Wirkungen. Soweit man jetzt schon überblickt, sind aber die unvermeidlichen Fehlerquellen durch die völlige Unkenntnis der Substanzen, deren Wirkungen untersucht werden, so groß, daß die Ergebnisse viel- fach an Verwendbarkeit für systematisch-phylogenetische Forschung- weit hinter den durch x'ergleichend morphologisch- entwicklungs- geschichtliche Untersuchung gewonnenen zurückstehen. Das Zusammenwirken der spezifischen Grundsubstanz mit den für diese Außenbedingungen ergibt einen Stoffwechselablauf, in den immer wieder neue Außenbedingungen eingreifen und der schließlich zur Organbildung führt. Die Grundstruktur ist das Konstante, die .\ußenbedingungen und die von ihnen abhängige Organbildung ist schwankend und je mehr bei phylogenetischen Arbeiten Teile dieses Stoffvv-echselablaufes zur Grundlage genommen werden, die der spezifischen Grundstruktur im Ablauf näher liegen, desto mehr können Konvergenzen ausgeschaltet werden. Diese Teile des Stoffwechselablaufes sind chemische Merkmale selbst oder die direkteren Grundlagen abgeleiteter Prozesse der Organ- bildung. Diese sind infolgedessen auch nicht gleichwertig, sondern je nach der Stufe des Stoffwechselablaufes, dem sie in irgend einer Weise zugehören von größerer oder geringerer systematischer Bedeutung. Doch ist erstens der Vorteil bei der Verwertung dieser Merk- male vorhanden, daß ihre Abhängigkeitsbeziehung von Außen- bedingungen experimentell leichter zugänglich ist und daß zweitens an Hand dieser experimentellen Untersuchungen ein Verständnis der Wechselbeziehungen zu gewinnen ist, das ökologischen Deutungsversuchen phylogenetischer Reihen entgegenkommt. Nicht weil diese chemischen Merkmale »exakter« sind, würden sie einen Fortschritt bedeuten, sondern weil sie in vielen Fällen im organbildenden Stoffwechselablauf der Grundsubstanz um eine mehr oder weniger große Zahl von durch Außenbedingungen be- einflußten Reaktionen näher stehen können. Bisher habe ich die Tatsachen über die Verbreitung von Chitin und Zellulose und einiger anderer Membransubstanzen der Thallophyten zusammengestellt. Jetzt will ich die systematische Verwertung diskutieren. Wenn ich dabei auftretende chemische Verwandtschaftsbeziehungen in den Vordergrund rücke und stark 1(3 F. V. Weitste in, betone, soll sich dadurch, dies sei nachdrücklichst herv^orgehoben, keine einseitige Überschätzung dieser Merkmale ausdrücken. Wir sind noch nicht so weit, daß wir über den Wert chemischer und morphologischer Merkmale urteilen können und es gilt vorläufig im Einzelfall abzuwägen, welchen wir mehr Wert zubilligen werden. Die hier heranzuziehenden chemischen Merkmale scheinen mir auch gewissermaßen am Ende des oben angedeuteten Stoff- wechselablaufes zu stehen. Jedenfalls aber ist das Auftreten von ("hitin insoferne von Wert, als es nicht direkt beeinflußbar ist. Wenn auch ein Zusammenhang mit der heterotrophen Er- nährung der Euthallophyte n angenommen werden muß, ist das Vorkommen vollständig konstant. Es gelingt nicht, eine zelluloseführende Clilorophrccac bei heterotropher Ernährung in einen chitinführenden Organismus umzuwandeln. Diese experi- mentelle Prüfung ist eine Voraussetzung der Verwendung eines chemischen Merkmales, die ich für Chitin an Clilauiydouionas- Arten Gouitini, Pandorina und ChoveU a -Axicn mit negativem Ergebnis durchgeführt habe. Daß ein besonderer, festgelegter Stoff- wechsel bei Heterotrophen die Grundlage der Ausbildung sein muß, beweist das Auftreten \'on Zellulose bei den Oomyceten, bei Polytoiua u. a. Das wichtigste Ergebnis scheint mir zu sein, daß innerhalb der einzelnen Pflanzenstämme in der chemischen Zusammensetzung der die Zellmembranen aufbauenden Grundsubstanzen große Ein- heitlichkeit herrscht und die beiden Körper, Zellulose und Chitin, sich in ihrem Vorkommen mit großer Konstanz gegenseitig aus- schließend vertreten können. Chitin ist im Pflanzenreich für die Euthallophyten allein charakteristisch. Zellulose tritt bei einfachen Gruppen zuerst hin und wieder auf, um dann bei fast allen Stämmen die Hauptrolle der Membranbildung zu übernehmen. Hier ist es dann nicht die Zellulose, sondern die verschiedensten Beimengungen, die den einzelnen Gruppen ein charakteristisches, membranchemisches Gepräge verleihen, Zygophyten mit starkem Hervortreten mineralischer Substanzen (Kieselsäure, Eisen usw.), Rhodophyten mit den charakteristischen Polysacchariden, welche die Grundlagen der Gallerten (Agar-Agar usw.) bilden, Phaeophyten mit Pentosanen, Methylpentosanen und anderen Substanzen, abge- leitete Chlorophyceen mit den charakteristisch zusammengesetzten Siphoneenmembranen, schließlich die Cormophyten mit einer großen, membranchemischen Mannigfaltigkeit, wobei wohl das W'ichtigste das allmähliche Auftreten der Holzsubstanz ist. Die Myxophyten sind durch sehr starkes Zurücktreten dei Zellulose durchaus einheitlich gekennzeichnet, indem die starren Wände durch eiweißartige, sonst im Pflanzenreiche nicht auf- tretende Substanzen, Keratine?, gebildet werden, welche in den Kapillitiumfasern, Sporenwänden und Cystenhüllen überall auftreten. Die auch sonst isolierte Stellung der Myxomycetcn unter den \'oi-kiininicn \-(iii ('liitin im rilan/cnreicli. 17' Pflanzen kommt dadurch auch in membranchemischer Hinsicht zum Ausdruck. Es scheint mir wesentlich, daß unter den gehäuse- bildenden Rhizopoden (Arcella, Dijßiig/u u. a.) nach Awerinzevv (1) bei der Membranbildung die gleichen oder ähnliche Substanzen beteiligt sind, wodurch die Annäherung dieser beiden Gruppen auch von dieser Seite zu stützen ist. Aus der einheitlichen Gruppe •der Myxomyceten fällt Plasjnodiophvra Brassicac Wor. stark heraus, da deren Membran zweifellos aus reinem Chitin besteht. Auch auf Grund morphologisch-entwicklungsgeschichtlicher Tat- sachen wurde der Gegensatz der P/iytoinyxiiieae und Myxogasteres ■oft betont und so deutet alles darauf hin, daß diese Form und vielleicht alle \'erwandten hier nicht ihren endgültigen Platz haben, sondern ihre Zugehörigkeit zu niederen, echten Pilzen, Chytridineen, 7.W erweisen ist, mit denen sie vielleicht auch vom membran- chemischen Standpunkt zu vereinigen wären. Wenn sich das Vor- kommen von Zellulose in den (Cysten von Vampyrelliden, ferner bei Chlauiydouiyxa (Doflein, 6, p. 715 ff.) bestätigt, sind vielleicht auch hier Anhaltspunkte für eine andere, richtigere Stellung dieser .ganz unklaren Formen zu gewinnen. Das vollständige Fehlen \on Chitin und seltenes Auftreten der Zellulose charakterisiert die Membranbildung der Bakterien und scheidet sie scharf von den heterotrophen Reihen der Euthallo- phyten. Die Grundsubstanzen scheinen bei Cyanophyceen, Bakterien und Chlamydobakterien überall »Pektinstoffe« zu sein, die aber, vielleicht im Zusammenhang mit der Mannigfaltigkeit der Stoff- wechselvorgänge, vor allem bei den Schizomyceten mit verschie- denen anderen kombiniert, \ erdeckt oder ersetzt sein können, unter denen auch Zellulose auftreten kann, bei Cyanophyceen in den Heterocysten und bei einzelnen Formen in der Innenschicht der Hüllgallerte, ferner bei Bactcrinni xyliuiuu u. a. Die Einheit- lichkeit im Fehlen von Chitin ist aber so groß, daß ich sogar glaube, bei strittigen Formen wie Mycobakterien könnte man die Zugehörigkeit zu Bakterien oder Pilzen auf diesem Wege zu ent- scheiden versuchen. Wenn wir auch über das ^•erbreitete Vorkommen der Zellu- lose bei Chlorophyceen bereits einen Überblick haben, fehlt uns dieser vollständig im Hinblick auf jene Substanzen, die bei der Membranbildung der Siphoneen beteiligt sind. Hier ist Klarlegung sehr wichtig, da ein Vergleich dieser und bei einzelnen Phycomy- ceten auftretender Substanzen für die systematische Gruppierung gerade dieser letzteren sicher sehr wertvoll wird. Chitin kommt bei den Chlorophyceen mit einer Ausnahme nicht vor. Auch heterotrophe Formen, wie PoJytouia und experimentell heterotroph gezogene Volvocales, verhalten sich ebenso. Zellulose tritt eben bei den ersten Anfängen einer Membranbildung bei Chlamydo- monadaceen bereits auf und verschwindet erst bei den abgeleitet- sten Typen mehr oder weniger. Ist dieser Körper der Membranstoff Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, loO. Bd. 2 18 F. V. Wettstein, der aiitotrophen Reihe, so ist es Chitin in der heterotrophen der Pilze. Hier tritt es bei den Ascomyceten und Basidiomyceten beherrschend hervor, bei den einfacheren Gruppen, den Phycomy- ceten, sind Übergänge in der Form vorhanden, daß einmal Zellulose,. bei andern Chitin erscheint, bei der großen Mehrheit aller Pilz- typen überwiegt aber letzteres und wird auch hier wieder bei abgeleiteten Typen durch andere Stoffe verdeckt oder ersetzt. Die Teilung durch das \'orkommen von Chitin und Zellulose ist bei den Phycomyceten sehr scharf. Die Oom3'ceten (ohne Aus- nahme!) haben Zellulosemembranen, die Zygomyceten Chitin! Da erstere Substanz membranchemisch nach ihrem Vorkommen bei älteren oder jüngeren Typen ursprünglicher, letztere abgeleitet zu sein scheint, will ich daraus schließen, daß es sich bei den Oomy- ceten und Monoblepharideen um jüngere direktere Abkömmlinge von Chlorophyceentypen handelt, bei denen Stoffvvechselvorgänge vorliegen, die etwa auf ähnlicher Stufe wie Polytoma stehen. Es ist wichtig, daß gerade bei diesen Formen auch morphologisch und ökologisch einfachere Merkmale auftreten, wie bewegliche Fortpflanzungsorgane (Zoosporen und Spermatozoiden der Mono- blepharideen;. einfache Eibefruchtung, die an \^orgänge wie bei Siphoneen stark erinnert, häufiges Wasserleben. Eine \ergleichende Untersuchung der Begleitstoffe ergibt sicher auch Anhaltspunkte für die Gruppen von Chlorophyceen, denen diese Pilze nahestehen,, für die Monoblepharideen, glaube ich, deutet die ähnliche Membran- zusammensetzung mit Vancheria bereits in diese Richtung, was morphologisch auch begründet ist. Daß sich anderseits innerhalb dieser Pilze auch Formen finden, die ihren Ursprung von ähn- lichen Pilzen nahmen, wobei eine morphologische Abänderung mit einem gleichbleibenden, die Membranbildung bedingenden Stoff- wechsel kombiniert sein kann, darauf scheinen mir die Ancylisti- dales hinzuweisen. Daneben aber finden sich unter den Phycomjxeten Gruppen ganz anderer Organisation, die Zygomyceten und Synchytriaceae^ deren Membran ohne Ausnahme aus Chitin gebildet wird. Es muß eine lange, vollständige Umprägung der Stoffwechselvorgänge vor sich gegangen sein und diese drückt vom membranchemischen Standpunkt diesen Gruppen den Stempel alter Typen auf, die meiner Meinung nach scharf von den jüngeren Gruppen zu trennen sind. Dabei soll dies nicht so zu verstehen sein, daß dadurch innerhalb dieser Chitintypen eine einheitliche Gruppe entsteht, die untereinander in direkter Beziehung stehen, sondern es handelt sich auch um die Zusammenfassung von verschiedenen von Chlorophyceen ehemals abgezweigter Typen, die aber bereits aus- geprägten Pilzcharakter haben, während der Chlorophyceen- charakter stark zurücktritt. Es bleibt dann der Entscheidung nach andern Merkmalen überlassen, mit welchen Organisationsstufen der autotrophen Reihen man die Glieder dieser heterotrophen Pilze Vorkommen von Chitin im Pflanzenreich. 19 zusammenbringt. Für die Synchytriaceae wird dies leichter gelingen, sie mit Protococcaceen in Zu.sammenhang zu setzen. Dagegen bilden die Zygomyceten eine isolierte Gruppe (Gametangien- Kopulation, kein einziger Flagellatenzustand, keine im Wasser lebenden Formen). Vielleicht bringt hier die Gruppe der Chytridia- ceen Aufschluß, die ich leider noch nicht berücksichtigen kann. In diesem Zusammenhang möchte ich auch Geosiphon erwähnen, dessen Chitinmembran und sonstigen reduzierten Merkmale (Fehlen jeder Zoosporen- oder sexuellen Fortpflanzung) jedenfalls auch auf einen alten Abkömmling der Chlorophyceen schließen lassen, für den aber entprechend dem siphonalen Bau eine Beziehung zu Chlorophyceentypen (Siphoneen, Boirydiinn) leichter zu finden ist. Zusammenfassend haben wir unter den bisherigen Ph3Xomyceten 2 Gruppen: H e t e r o t r o p h e Formen mit Betonung des Algen- charakters (heterotrophe Algen), jünger abgezweigte Typen mit Zellulosemembranen und irgend einem Flagellatenstadium (MoHoblepha ridcac, Oomycetes). Heterotrophe Formen mit Betonung des Pilz- charakters (heterotrophe Pilze), lange abgezweigte Typen mit Chitinmembranen und meist keinem Flagellatenstadium (Synchytriaceae, Zygomycetes). Die Äscoinycetes beginnen bei den niedersten Formen bereits mit Chitinmembranen und deren Vorläufer dürften daher auch in solchen zu suchen sein, mucorineenartige Typen, worauf die Andeutung eines antithetischen Generationswechsels bei Phycomyces auch hinweist. Die Ascomyceten sind membranchemisch im allge- meinen einheitlich, auf das Hervortreten von anderen Membran- substanzen, besonders in der diploiden Generation, das mir syste- matisch von Bedeutung erscheint, habe ich bereits hingewiesen. Ich möchte hier nur noch kurz auf zwei Ausnahmen unter den Ascomyceten eingehen, Sacharomycetineae und LabcmJhcv.ieac. Von beiden wissen wir nur, daß kein Chitin in den Membranen vorkommt, ich bin überzeugt, daß die kritische vStellung gerade der letzteren Gruppe von membranchemischen Alerkmalen eine Klärung erfahren könnte, leider war mein Material dazu viel zu spärlich. Über die Basidiomyceten ist in diesem Zusammenhange nicht viel zu diskutieren. Chitin spielt als Membransubstanz die Hauptrolle, nur möchte ich auch hier nachdrücklichst darauf hin- weisen, daß mit fortschreitender Differenzierung verschiedene neue Substanzen auftreten (Polyporeen, Gasteromyceten), die in s^^ste- matischer Verwertung sehr bedeutungsvoll sind. Damit will ich schließen, ich wollte zeigen, daß die Membran- chemie in der Systematik der Thallophyten sehr wertvoll ist und habe versucht, auf diesem Wege mit der Verwertung des Chitins zu beginnen. 20 F. V. Wettstein. Vorkommen von Chitin im Pflanzenreich. Schließlich sei es mir gestattet, allen denen, die mich bei meinen Arbeiten in zuvorkommendster Weise mit Material unter- stützten, insbesondere Herrn Prof. P. Claussen, Herrn Geheimrat A. Mayer, Herrn Dr. H. Neumayer und Herrn Kustos Dr. Wagner, meinen besten Dank zu sagen. Literaturverzeichnis. 1. Aw'crinze \v, S., 1907, Die Struktur und die chemische Zusammensetzung der Gehäuse bei den Süßwasserrhizopoden. Archiv für Protisterunde, MIT, p. 95. 2. Correns, C 1894, Über die Membran von Catilcrpa. Ber. der Deutschen bot. Ges., 12. p. 355. 3. Czapek, F., 1905, Biochemie der Pflanzen, Jena. 4. De Bar}', A., 1884, Vergleichende Morphologie und Biologie der Pilze, Myce- tozoen und Bakterien, 2. Aufl. 5. Debskj', B., 1898, Weiteie Beobachtungen an Chara fragilis Desv. Jahrb. für wiss. Bot., XXXII. 6. Doflein, F., 1916, Lehrbuch der Protozoenkunde, 4. Aufl. 7. Heglcr, R., 1901, Untersuchungen über die Organisation der Phj'kochromaceen- zelle. Jahrb. für wiss. Bot., XXXVI. 8. Jahn, E., 1899, Zur Kenntnis des Schleimpilzes Comatriclia ohitisala Preuss. ' Festschrift für Schwendener, Berlin. ; 9. Klein, G., 1915, Zur Chemie der Zellhaut der C3'anophyceen. Sitzungsber. der j Akad. d. Wiss., Wien. 124. Bd., Abt. I. 10. Kohl, G., 1903, Über die Organisation und Physiologie der Cyanophyceen- zelle, Jena. 11. .Molisch, H., 1013, Mikrochemie der Pflanze, Jena. 12. Petersen, H. E., Studier over Ferskvands-Phycomyceter. Botanisk Tidsskrift, 29. Bd., Kopenhagen. 13. Tun mann, O., 1913. Pflanzenmikrochemie, Berlin. 14. Viehoever, A., 1912, Über den Nachweis von Chitin hei Bakterien. Ber. der Deutschen bot. Ges., XXX. 15. Vouk, V., 1915, Zur Kenntnis der mikrochemischen Chitinreaktion. Ber. der Deutschen bot. Ges. XXXUI. 16. Wester, D. H., 1900, Studien über das Chitin. Archiv der l'harmacie, CCXLVII. 17. Wettstein, Fr. v., 1915, Gcosipliun Fr. Wettst., eine neue interessante Siphonee. ^ Östcrr. bot. Zeitschrift. fl 18. Wisselingh, C. v., 1897, Mikroskopische Untersuchungen über die Zellwände dci- Fniigi. Jahrb. für wiss. Bot., XXXT. 19. Derselbe, 1915, Über die Anwendung der in der organischen Chemie gebräuch- lichen I^eaktionen bei der phytomikrochcmischcn Untersuchung. Folio inicro- hiolo^i^ica, III. 20. Derselbe, 1916, 0\er het ondcrzoek naar hct voorkomcn van chitine en cellu- lose bcj bactci-ien. Pliarmaceiitisch Wcekhlad, Xi'. W.l und 34. 21 Die Faunen der Hallstätter Kalke des Feuerkogels bei Aussee Von Prof. C. Diener \v. M. Akad. (Mit 1 Textfigur) (Vorgelegt in der Sitzung am 27. Mai 1921) In der palaeontologischen Literatur des vorigen Jahrhunderts über die Hallstätter Kalke des Salzkammergutes, insbesondere in den Publikationen von F. v. Hauer, Stur, E. v. Mojsisovics, Kittl, Koken und Bittner, spielen drei Namen von P'undorten in der Umgebung von Aussee, nämlich: Feuerkogel, Rötelstein, Teltschen, eine hervorragende Rolle. Alle drei Namen beziehen sich auf den gleichen Fundort, den Gipfel des Feuerkogels (1622 w). Aus drei Aufschlüssen der roten und weißen, rotgeäderten Hall- stätter Kalke seiner flachen Kuppe, die unmittelbar östlich der Langmoosalpe zwischen dem Zuge des Rötelstein (1610«/) und des Kampl (1681 '") aufragt, stammt jene unterkarnische (julische) Fauna, die ebensosehr durch den Reichtum als durch die prächtige Erhaltung ihrer Fossilien berühmt geworden ist. Die Teltschenalpe liegt außerhalb des Verbreitungsgebietes der Hallstätter Kalke. Der Rötelstein dagegen besteht aus einem massigen, fossilleren Riff- kalk, an dessen Basis in der Nähe des ehemaligen Ferdinands- stollens norische Hallstätter Kalke mit einer Faunula anstehen, die E. V. Mojsisovics als »Linse mit Glypkidites doceiis« beschrieben hat. Die Cephalopoden der julischen Hallstätter Kalke des Feuer- kogels haben in F. v. Hauer und E. v. Mojsisovics, die Brachio- poden in Bittner, die Gastropoden in Koken, die Bivalven aus den Familien der Haloliidae und Monotidae in Kittl, die Fora- miniferen in A. Heinrich ihre Bearbeiter gefunden. Über die geologischen Verhältnisse des Gebietes hat zuerst Kittl im Exkursionsführer zum IX. Internationalen Geologenkongreß in 22 C. Diener, Wien, 1903, später in ausführlicher Weise G. Gej^er in seiner Arbeit: >^Aus den Umgebungen von Mitterndorf und Grundlsee im steirischen Salzkammergut ^ (Jahrb. Geol. Reichsanst., LXV, 191."), p. 193 ff.) berichtet. Meine Bearbeitung der reichen Aufsammlungen Kittl's und Hein rieh's ließ mir eine Untersuchung der stratigraphischen Verhältnisse am Feuerkugel wünschenswert erscheinen. Mit Unter- stützung von Seite der Akademie der Wissenschaften in Wien konnte ich eine solche Untersuchung im August 1919 unter Führung des Sammlers Johann Rastl, des besten Kenners aller fossil führenden Lokalitäten, vornehmen. Die stratigraphischen und tektonischen \'erhältnisse der Rötelsteingruppe brauche ich hier nicht zu erörtern. Sie findet in Geyer' s obenzitierter Arbeit eine erschöpfende Darstellung. An dieser Stelle will ich mich daher auf eine Gliederung der Hallstätter Kalke des Feuerkogels und auf eine Charakterisierung ihrer Fauna beschränken, wobei den Cephalopoden als den eigentlich leitenden Formen die Hauptrolle zufällt. Das Plateau des Feuerkogels mit seinen Gipfelkuppen besteht aus roten und weißen, rotgeäderten Hallstätter Kalken mit der unterkarnischen (julischen) Fauna. Geyer schätzt ihre Mächtigkeit auf 30 bis 40 m. Sie werden wahrscheinlich von ähnlichen Kalken unterlagert, die Spuren der anisischen Schreyeralmfauna führen, so daß eine Vertretung der ladinischen Stufe hier zu fehlen scheint. Alle Aufschlüsse im Hallstätter Kalk sind durch die Sammler gelegentlich der Ausbeutung des Fossilmaterials künstlich geschaffen worden. Der größte befindet sich knapp unter dem Gipfel des Feuerkogels (1622 m). Entlang seines südlichen Abfalls sind mehrere Bänke hier auf eine Länge von 40 lu bloßgelegt, aber gegenwärtig wieder ganz mit Trümmern und Scherben des zer- schlagenen Gesteins bedeckt, aus dem die Versteinerungen heraus- geklopft \vorden sind. Er entspricht der »Linse mit Trachyceras aiistriacmn« bei E. v. Mojsisovics. Der zweite Aufschluß ist erheblich kleiner. Er liegt 150;;/ östlich von der Gipfelkuppe und enthält die Fauna der »Linse mit Lohifcs ellipticns«. Die Bezeichnung »Linse« ist nicht ganz zu- treffend, da die Fossilien in Bänken, allerdings ungleichmäßig verteilt, vorkommen. Auch wechseln dünne, an Halobien reiche Lagen mit den massigeren Ammonitennestern ab. Manganüberzüge der Schalen und Manganputzen im Gestein sind häufig, aber, wie schon Kittl angibt, keineswegs überall \orhanden. Die Fauna der Bänke mit Tradivceras anstriacnm enthält nach E. v. Mojsisovics 167, jene der Linse mit Lohites elliptiais 337 Cephalopodenspezies, darunter nur 60 gemeinsame, wobei allerdings nicht nur der außerordentlich engen Artfassung Rechnung- getragen, sondern auch berücksichtigt werden muß, daß die Ellipticiis-V&\xn-<\ sehr viele kleine Elemente enthält, während in Faunen der HuUstättei' K'alUe. ^o der Fauna mit Trachyceras aiistriaciuu die mittelgroßen und großen Formen weitaus überwiegen. Es dürfte-- sich also hier keineswegs um zwei xerschiedene Zonen, sondern weit eher um Standorts- unterschiede handeln. Für eine solche Auffassung sprechen auch die Verhältnisse an einem dritten Aufschluß, den Rastl nordöstlich von dem zweiten und gegen 50 /// von diesem entfernt auf dem Nordabhang gegen den Graben zur Ausseer Teltschen (Schnittling- moos) entdeckt hat. Das aus diesem Aufschluß stammende Fossil- material ist zum größten Teil von Kittl für die Palaeontologische Abteilung des Naturhistorischen Staatsmuseums erworben worden und besteht aus Elementen der Ätistriacum- und Ellipticus-F auna.. Zu den von E. v. Mojsisovics aus den julischen Hallstätter Kalken des Feuerkogels beschriebenen 444 Cephalopodenarten kommen nunmehr noch die folgenden als neu hinzu :^ Arcestes Tietzei, » Gaüuari, Lohites cf. aber r ans Mojs., Pmacoceras nov. sp. ind., Epicera fites Venantii, Bucliites Helladii, » Heriherti, Trachyceras Schroetteri Mojs., » cf. felix Mojs., » cf. Fortunae Mojs., Sireiiites Elvirae, » Eiiphetniae, Diplosirenites Starhembergi Mojs., Anatomites Iineldae, Walthaiisenites Idtmac, » Forstcri, Celtites laevissinins, » Ottüiae, » Wittenburgi, Cycloccltites Oheronis. Eine Durchsicht von Bittners »Brachiopoden der alpinen Trias« ergibt 21 Arten aus den julischen Hallstätter Kalken des Feuerkogels, nämlich: Atilacothyris (Camcrothyris) sandlingensis Bittn., CruraHüa Beyrichii Bittn., » cf. carmtliiaca Rothpl., » Damesi Bittn., 1 Die Beschreibungen der neuen Dihiiincliuitii finden sich im 65. Bande des Jahrbuches der Geologischen Reichsanstalt, der Nanfi/oiden, Ainmonoidea leioslraca und Tropiloidea im 97. Bande der Denlvschriften, der Gerat iioidca im 129. Bande der Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien. -4 (■. iJiencr, Nucleatulci rctrocita Suess., Propygopc Hagar Bittn., Anstriella migtdifrons B i 1 1 n., » pirum Bittn., liugiiUnu Bittn., longicollis Sues.s., ^ hülophila Bittn., miiiutci Bittn., synophrys Bittn., subh'vafa Bittn., Sckönui Bittn., halorica Bittn. (?), Khynchonella regilla Bittn., gcuerosa Bittn., Norella aciutilatrix Bittn., Koninckella norica Bittn. 0), Spirigera Aiisseana Bittn. Aus Kittl's Monographie der Hidohiidac und MoiKdidac der Trias ergibt sich die folgende Liste julischer Halobiiden des Feuerkoo;els: Daoiiella teltscheiieiisis Kittl, prohoscidea Kittl, Halobia styriaca Moj.s., » Beyrichn Mojs., » uninuorca Kittl, » Art Im her i Kittl, » subaiistriaca Kittl, » CharJyana Mojs., » cximia Mojs., » cf. fropituni Kittl, » rngosa Guemb., » praesuperba Kittl. Sehr reich ist die Gastropodenfauna, die nicht weniger als 78 Arten umfaßt. Eine Liste derselben findet sich in Kokens Monographie -Die Gastropoden der Trias um Hallstatt •< (Abhandl. Geol. Reichsanstalt Wien XVIl, 1897, p. 10). ^ Die neuen von Rastl entdeckten Aufschlüsse jüngerer Hallstätler Horizonte liegen am Nordabhange des Feuerkogels gegen das Schnittlingmoos, ungefähr 40 ;/^ unterhalb des dritten Aufschlusses in den julischen Hallstätter Kalken. Das ganze Nordgehänge des Feuerkogels ist mit Schutt überronnen und mit Krummholz bewachsen. Nur an zwei Stellen, die ungefähr 20/;/- voneinander entfernt liegen, ist das Terrain teilweise, zumeist ; ..l Die Angaben: Feuerkugel und l^itelsteiii. Obere Sehicht beziehen sich auf den gleichen Fundort in den julischen Hallstätter KuIUen. Faunen der Hallstälter Kalke. 25 künstlich, vom Schutt entblößt. Die westliche Entblößung, aus weißem Kalk bestehend, gehört dem Sttbbnilatus-Honzont an. In dem östlichen ausgedehnteren Aufschluß sind mehrere Bänke bloß- gelegt. Die tiefere enthält die Sitbbiinafiis-Fauna. der tuvalischen Unterstufe, die beiden höheren Bänke haben die karnisch-norische Mischfauna geliefert. Für eine größere Anzahl von Fossilien, die hier lose gefunden wurden, kann die Feststellung ihrer Provenienz nicht mit voller Sicherheit erfolgen. Alle Bänke fallen 30° N ein, parallel mit den ebenfalls N fallenden Hallstätter Kalken am Gipfel des Feuerkogels. Wenn man auf Grund dieser Daten das Profil konstruiert, so ergibt sich aus der dem Abfall des Hanges gegenüber ein wenig steileren Schichtstellung eine Überlagerung der julischen Hallstätter Kalke durch jene, die die Snbbullütits-Fauna führen. Von der IJberlagerung der letzteren durch die beiden Bänke, die die karnisch-norische Mischfauna enthalten, kann man sich an dem Aufschluß selbst unschwer überzeugen. Auch in diesen Aufschlüssen sind die Fossilien bankweise verteilt, nicht in Linsen konzentriert. Dort, wo der Kalk angewittert ist, zeigt er zumeist eine sehr helle Färbung. In den tieferen Partien trägt er die rote Farbe der julischen Hallstätter Kalke. Der Mangangehalt tritt hier erheblich zurück. Gleichwohl ist die Erhaltung der Fossilien eine ebenso tadellose wie in den julischen Hallstätter Kalken der Gipfelkuppe. Die Bedeutung dieses Profils liegt vor allem in der Tatsache, daß hier zum erstenmal im Salzkammergut die Überlagerung von Hallstätter Kalken der Aoiioides-Zone durch solche der SiibbulJafns- Zone nachgewiesen erscheint. Noch in seiner -Alpinen Trias des Mediterrangebietes« (Lethaea mesozoica, 1/3, 1906, p. 372) konnte G. V. Arthaber mit Recht behaupten, daß beide Zonen noch nie in einem Profil übereinander gefunden worden seien. An dieser Stelle kommt sogar noch ein drittes Schichtglied in den beiden, zusammen ungefähr ■'•/^ iii mächtigen Bänken mit der karnisch- norischen Mischfauna hinzu. Die Siibbullafus-Fauna dieser Lokalität steht an Formen- reichtum hinter den klassischen Fundorten Raschberg und Vorder- Sandling nur wenig zurück. Sie enthält die folgenden 59 Cephalo- podenspezies: Aulacoccras (Asterocouitcs) cf. radiolare Teil., Dictyocointes Kittlii Dien., » Geyeri Dien., Arcestes piiiacostoimis Dien., » Geyeri Dien., Rotkyi Dien., » Xaver ii Dien., » regaJis Dien., » Schafferi Dien,,, 26 C. Diener, Pü rarcestes siihlabiatifonnis Dien., >' Kern er i Dien., » Weltevi Dien., Cladiscitis Gorgiac Gemm., » fiivalicus Dien., Hypocladiscites siibcarinatus Gemm., Homerites semiglohosus Hau., » Heinrichil Dien., Jovitcs hosuensis Mojs., » hosuensis var. bajnvarica Moj.s., » dactis Mojs., Anatomites cf. Broccliii Mojs., » diniidiatiis Mojs., >• Konincki Mojs., » Mojsisovicsi Dien., » Haasi Dien., » kiostracns Dien., » Folgner l Dien., » sp. ind. äff. Fischen Mojs., » sp. ind. äff. consangiiineo Gemm., » StoUeyi Dien., > Jaworskii Dien., Dimorphites niontis ignei Dien., Gonionotites Irmintrudis Dien., » cf. haloritiformis Dien., Trachysagenites Herhichii Mojs., » Beckei Dien., Tropites snhbnllatus Hau., Teller i Mojs., fnsobtdlaUis Mojs., discobidlatns Mojs., torquiUns Mojs., » aciitangnius Mojs., » Klebelsbergii Dien., Pciru tropites Plioenix Mojs., » Satnrnns Dittm., » Pintneri Dien., Discotropites Tlieron Dittm., » sandlingensis Hau., » Plinii Mojs., » Sengeti Mojs., TracJiyccras cf. triadicnm Mojs., Protrachyeeras Zenobii Dien., Anasirenites Ekkeliardi Mojs., Germanonautilns Breunneri Hau.. Proelydunantiliis triadicns Mojs., » tnvaticns Dien., I Faunen der Hallstätter Kalke. 27 Prodydonantilus Enicsti Dien., » Ermollii Dien. Alle übrigen Tierklassen scheinen nur sehr spärlich vertreten zu sein. Herr Dr. August Heinrich konnte mir aus seiner Sammlung nur je eine Gastropoden- und Brachiopodenart, Pleuro- tomaria Fr echi Kok. und Austriella JoiigicolJis Suess, namhaft machen. Unter den Ammoniten fällt die große Zahl neuer Arten — 25 unter 49 benannten Spezies — auf. Neu sind alle Arcestidae, die überwiegende Mehrzahl der Anatomiten und die beiden Ver- treter der bis dahin in den Alpen nicht bekannten Gattung Goriionotitcs. Dagegen gehören die Tropiten und Discotropiten fast durchwegs bereits bekannten Arten an. Dr. Heinrich's Mit- teilung, daß das Genus Trachyceras, das sonst in der alpinen Trias an der Oberkante der ÄoiioidL's-T.one erlischt, an dieser Lokalität wie im Himalaya und in Kalifornien bis in die SnhbuUatus- Schichten aufsteigt, kann ich bestätigen. Einen wesentlich anderen Charakter als die Subbullatiis-Fauna. trägt jene der darüber liegenden Bänke. Kittl hat sie direkt als norisch angesprochen und in die Bicrenatus-Zono. verwiesen. Sie enthält jedoch, wie schon Heinrich festgestellt hat, eine Mischung karnischer und norischer Faunenelemente. Ihr Formenreichtum ist noch größer als jener der SiibbHilatuS'Fauna. des P'euerkogels. Die Zahl der Cephalopodenarten beträgt 67. Zu diesen kommen noch 10 Gastropodenarten, 4 Brachiopodenarten und mindestens 2 Halobien- spezies hinzu. Die nachstehende Liste gibt einen Überblick über die Zusammensetzung dieser Fauna. Dfbranchlata. Dlctyoconites sp. ind. äff. Geyer l Dien., Atraciitcs Hemrichii Dien. Amnionoidea. Arcestcs Speiigleri Dien., » Traiithi Dien., » Piae Dien., Ptycharcestes Heiiirichii Dien., CJadiscites crassestriahis M o j s., » sp. ind äff. crassesfriafo Mojs., » sp. ind. äff. toniaio Bronn, » pusilliis Mojs., » neortus Mojs., » quadratus Mojs., » externccavains Welt., HypocJadlscites cf subaniiiis Mojs., 28 C. Diener, Rhacophyllites neojurensis Q u e n s t., Discophyllites patens Mojs., MegapliylUtcs applanatns Mojs., >^ huuiilis Mojs., ; Piiiacoceras paniia Mojs., J parmaeforme Mojs., 1 Shirm cf. Karpiiiskyi Mojs., Placites perauctiis Mojs., » placodcs Mojs., ; Jtwavites Büloivii Dien., i > Ampfereri Dien., i Grieshachites äciisicosfafus Dien., » Kastneri Mojs., ! » Waltharii Dien.. » coruuttis Dien., » Goctziugerii Dien., Malayites styriaais Dien., » Steigeri Dien., » Autipatris Dien., Gonionotites haJoriiiformis Dien., » Sclniberfi Dien., » iioriciis Dien., Heinrichites Paulckei Dien., » Grobbciii Dien., » Fiudauiae Dien., » Waageni Dien., Trachysagcnites sp. ind. äff. Hcrhicliii Mojs., Cycloceltites angularis Mojs., Heraclites Gorgouü Dien., Cyrtopkurites Sirabonis Mojs., » sp. ind. äff. bicreuata Hau., » Vestaliae Dien., » Hcrsiliac Dien., » Eiiplirasiae Dien., Acaufhinites Calypso Mojs., » Silverii Dien., » Ensebii Dien., Tibet ites Bibianac Dien., Picrotoceras Clarissac Dien., J Hcluiiiiac Dien., " Stciiuiunniitcs Soslhenis Dien., C/ioiiifes quinqiicspinatiis Dien., Drepaniles Hyatti Mojs., » fissisfriafiis Mojs., >^ Satnruini Dien., Polycycius Hcnscli Opp., EctoJcUcs Sidoniac Dien.. i Faunen der Hallstätter Kalke. 29 Nautiloidea. PJetwonatitilus (Enoploceras) Lepsiusii Mojs., » » lepsinsiformis Dien., » » ausseamis Dien.. Paranaitiilus modeshis Dien., Proclydoiiantilus Griesbachi Mojs., » biiddhaiciis Dien., » triadiciis Mojs., Jnvavioiiantiliis Geyeri Dien., Gastropoda.^ Sisenna Dittmavi Kok., Ettzone alaima var. cancellata Kok., Echetns scalariformis Kok., Pleurotomaria Haueri Hoern., » Fische ri Hoen., » phirhnvittata Kok., Sagana Hoernesi Stur sp. Rufilla densecincta Kok., Eticyclns striatus Kok., Lepidotroclius cancellatus Kok. JBrachiopoda. ^ Austriella mix Suess, » lotigicollis Suess, Nticleatula retrocifa Suess, Propygope Hagar Bittn. Pelecypoda. - Halobia Hyatti Kittl, » plicosa Mojs. Die Zusammensetzung dieser Fauna ist in mehr als einer Hinsicht interessant. Der Hauptanteil fällt auch hier wieder den Ammoniten mit 55 spezifisch bestimmbaren Arten zu. Während sonst in Ablagerungen der Hallstätter Facies Arcesten die Haupt- rolle zu spielen pflegen und an Individuenreichtum die Ammonoidea tracliyostraca weitaus übertreffen, sind sie hier selten und nur durch drei neue Arten vertreten. Unter den Großformen sind 1 Mitteilung des Herrn Dr. August Heinrich. 2 Vgl. Kittl: Materialien zu einer Monographie der Halobidae und Monottäae ■der Trias, Resultate der wissenschaftlichen Erforschung des Balatonsees, I/l. Palaeontologie, Bd. II, Budapest 1912, p. 123, 142, 181. 30 C. Diene r, Repräsentanten der Gattungen Cladiscites, RhacophylUtes, Piuaco- ceras und Hcinrichites die häufigsten. Sie \verden jedoch an Individuenzahl weitaus übertroffen durch eine Fülle von Zwerg- formen, die an einer Stelle geradezu massenhaft aufgetreten sein sollen. Diese Zvvergformen sind durchwegs Ccratitoidea. Zu ihnen gehören die meisten Vertreter der Genera Cyrtopleiirites, Acanthinites und Drepanites, ferner Stcininannitcs Sosthenis, Ectolcites Sidoniac und Polycyclus Hciiscli. Sie sind mit Ausnahme der letztgenannten Art den norischen Elementen in unserer Fauna zuzuzählen. Mit der SubbiiUatus-FsiunsL hat die vorliegende wahrscheinlich nur zwei Cephalopodenarten: Goniouolites haloritiformis und Froclydouaniihis triadicus, gemeinsam. Während die erstere Faima ein durchaus karnisches Gepräge besitzt, fällt in der letzteren, wie schon Heinrich betont hat, die Mischung karnischer und norischer Elemente auf den ersten Blick in die Augen. Um das Verhältnis richtig zu bewerten, muß man zunächst die sehr große Zahl neuer Arten in Berücksichtigung ziehen. Es sind dies nicht weniger als 36, unter denen 13 teils auf die neue Gattung Heini'ichites, teils auf die bisher aus der alpinen Trias noch nicht beschriebenen Genera Malayitcs (himamalayisch), Goiiionotifes (mediterran), Pierotoccras (himamalayisch) und Tibctites (hima- malayisch) entfallen. Unter den neuen Arten dürften Drepanites Sütnruiui, AcantJiinites Silverii, A. Eitsebü, Ectolcites Sidoniae, Steiiimamiites Sosthenis, Heraclitcs Gorgouii und wohl auch die überwiegende Mehrzahl der Cyrtopleuriten, die sich an C. bicrenatiis Hau. anschließen, den norischen Faunenelementen zuzuzählen sein. Dazu kommen unter den Nautiloideen noch die beiden Vertreter der sonst nur in der norischen Stufe heimischen Gattungen Paraiiautihis und JiwavionautiJns. Unter den bereits mit beschriebenen Arten identischen Cephalopodenspezies finden sich die folgenden nur in norischen Bildungen: Cladiscites ncortiis Mojs., » qtuidraiiis Mojs., RhacophylUtes iieojurensis Qu., Discopliyllites pateus Mojs., Cycloceltites angularis M o j s., Acanthinites Calypso Mojs., Drepanites Hyatti Mojs., » ßssistriatns Mojs., Pletironaidilus Lepsinsü Mojs., Proclydonaiitilns Griesbachi Mojs. Dagegen weisen auf die karnische .Stufe die folgenden Cephalopodenarten hin: Cladiscites crassestriatns Mojs., » piisilhts Mojs., Faunen der Hallstätter Kalke. 31 Hypocladistitcs cf. siibaratns Mojs., MegaphylUtes applauatns Mojs., Piuacoceras parina Mojs., » parmae forme Mojs., Stiiria cf. Karpinskyi Mojs., Placites placodes Mojs., Gricshacliites Kastueri Mojs., Cyrtodleurites Strahonis Mojs., Polycycliis Henseli Opp., Proclydonautilns triadiais Mojs., » Iniddhaictis Dien. MegaphylUtes kmnilis Mojs. und Placites perauciiis Mojs. sind beiden Stufen der Obertrias gemeinsam. Unsicher ist die strati- feuerkogel 1 Profil des Feuerkogels gegen den Graben der Ausseer Teltschen. 1 . Aonoides-?>Q\üchieT\. 2. SnhbnllatusSch\ch\.Q\^. 3. Schichten mit der karnisch -norisclien Mischfauna. 4. Schutt. graphische Stellung des Cladiscites extentecavatiis Welt. Die letztere Form verrät, zusammen mit ProcJydonaiitiliis bttddhaicus, P. Grieshachi, ferner den Vertretern der Gattungen Malayites, Pterotoceras und Tihetites einen Einschlag himamalayischer Typen. Die Sonderung unserer Fauna von jener der Siibbtdlafns-Zone wird verschärft durch das vollständige P'ehlen der Genera: Trachy- ceras, Sireuites, Tropites, Discotvopites, Jovitcs und Auatomites. Andererseits fehlt von bezeichnenden unternorischen l^pen Halo- rites. Dagegen finden sich in unserer Fauna bereits Vertreter der Gattungen Heraclites^ AcantJiinites, Drepauites und Ectolcites, die sonst nach E. v. Mojsisovics erst in der alaunischen Stufe des Mittelnorikums unvermittelt erscheinen sollen. Alles in allem genommen erscheinen die Beziehungen der Cephalopodenfauna dieser Bildungen zur norischen Stufe etwas stärker ausgeprägt als jene zur karnischen, wobei jedoch die große O' o2 r. Diener, Zahl neuer, stratigraphisch unsicherer Arten stets in Ri^icksicht gezogen werden muß. Die Brachiopoden geben für eine Altersbestimmung nur wenige Anhaltspunkte. Die beiden Austriellen sind der karnischen und norischen Stufe gemeinsam. Propygopc Hagar ist eine karnische, Niuieatiila retrocita eine norische Spezies. Die beiden Halobiaarten sind ausgesprochen norische Tj'pen. Unter den zehn von Heinrich mitgeteilten Gastropodenspezies sind 2 der karnischen und norischen Stufe gemeinsam, 3 bisher nur in karnischen, 5 in norischen Bildungen gefunden worden. Also auch hier macht sich wieder ein kleines Übergewicht der norischen Faunenelemente geltend. Versucht man es, den Bänken mit der karnisch-norischen Mischfauna ihre stratigraphische Stellung im Triassystem auf Grund ihres faunistischen Charakters anzuweisen, so wird man sie wohl in die norische Stufe, und zwar an deren Basis stellen müssen. Der innige Schichtverband mit den Hallstätter Kalken, die die oberkarnische Siibbullatiis-Fauna führen, läßt ja eine andere Deutung als die Alternative: oberstes Karnikum oder unterstes Norikum gar nicht zu. Die Lücke in der faunistischen Reihenfolge, die E. v. Mojsisovics zwischen beiden Stufen der Obertrias angenommen hatte, erscheint durch diese Fauna wenigstens bis zu einem gewissen Grade überbrückt. Ihr überwiegend norisches Gepräge spricht für eine Stellung an der Basis der norischen Stufe. Sie einfach als Übergangsfauna zu bezeichnen, dürfte kaum gerechtfertigt sein, da es sich mit Rücksicht auf die große Zahl selbständiger, neuer Formen und die auffallenden faunistischen Differenzen sowohl gegenüber der oberkarnischen Zone des Tropites snbbullattis als der unternonschen des Sagenites Giebeli wohl um eine neue Faunenzone handelt. Ich schlage vor, diese Zone nach einem ihrer charakteristischen Leitammoniten, dem Heinrichites Paiilckei, zu bezeichnen. Das Genus Heinrichites, das bisher in anderen Hallstätter Bildungen noch nicht gefunden worden ist, zählt zusammen mit Gricsbachiies und CvrtopJciiritcs zu den arten- und individuenreichsten Geschlechtern unter den trachyostraken Ammoniten in unserer Fauna. Daß die Zone des Heinrichites Paiilckei bisher nur am Feuerkogel im Salzkammergut nachgewiesen werden konnte, beeinträchtigt wohl ihre stratigraphische Bedeutung, nicht aber ihren zoologischen Wert. Ich habe wiederholt darauf hingewiesen \ J Zuletzt in meiner Abhandlung »Die Bedeutung der Zonengliederung für die Frage der Zeitmessung in der Erdgeschichte«. Neues Jahrbuch für .Mineralogie etc. Beil. Bd. XLII. 1918, p. 15,"). - Man vgl. insbesondere die Zone des Trachyccras Avil, die in voller Rein- heit nur aus der unmittelbaren Umgebung von St. Cassian bekannt ist, mithin kaum eine größere lokale N'erbreitung besitzt als die Zone des Heinrichiies Paulckcl im Gebiet von Aussee. l*"auncn dei- 1 lallstättcr Ix'alke. oO daß die Tatsache, ob eine Zone mit konstanten faunistischen Merkmalen über ein größeres oder kleineres Gebiet der Erdober- fläche sich verfolgen läßt, ohne Einfluß auf deren Bedeutung für -die Entwicklungsgeschichte der organischen Welt bleibt'-. Jedenfalls zeigt die Zusammensetzung der karnisch-norischen Mischfauna des Feuerkogels so wesentliche Abweichungen von allen bisher unter- suchten typischen Zonenfaunen der Hallstätter Kalke, daß sie als eine besondere Zonenfauna ausgeschieden zu werden verdient, die eine selbständige Entwicklungsphase in der Meeresfauna der Dorischen Stufe repräsentiert. Wer an eine Untersuchung unserer Ammonitenfauna mit der Hoffnung herantrittt, in ihr Formen zu finden, die mit je einer Art in der tieferliegenden SiibbiilUifiis-Va.una und je einer solchen in den jüngeren Hallstätter Kalken des Unternorikums zu einer Formen- reihe vereinigt werden könnten, erfährt eine schwere Enttäuschung. Zu der Aufdeckung derartiger Formenreihen bietet diese so wenig als andere Hallstätter Faunen einen Anlaß. Zum Schlüsse mag nochmals auf die stratigraphische Be- deutung des Profils am Nordabhang des Feuerkogels zum Schnittlingmoos hingewiesen werden, das drei verschiedene Faunen- zonen der Hallstätter Kalke im Schichtverbande übereinander aufgeschlossen zeigt, während man sonst im Salzkammergut kaum jemals auch nur zwei Zonen profilmäßig so aufgeschlossen findet, daß ihr gegenseitiges stratigraphisches Verhältnis mit Sicherheit ermittelt werden kann. Vor allem aber ist hier zum ersten Mal der Nachweis einer unmittelbaren Überlagerung von Hallstätter Kalken mit einer reichen karnischen Fauna durch solche mit einer ebenso reichen norischen Fauna geglückt, in der, wie dies ja von \"ornherein zu erwarten war, auch noch zahlreiche karnische Elemente als Superstiten vertreten sind. Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 130. Bd. 35 Bauxite und Braunkohlen als Wertmesser der Tertiärklimate in Dalmatien Von Oberbergrat Fritz Kerner-Marilaun k. M. Akad. Wiss. (Mit 1 Textfigur) (Vorgelegt in der Sitzung am 21. April 1921) Südeuropa war im Tertiär ein Archipel, dessen hydrometeorische Verhältnisse durch seine Ausbreitung beiderseits der Mittellage des Nordrandes der subtropischen Hochdruckzone bestimmt wurden. Es mußten sich überall in Küstennähe Winterregen und sommer- liche Trockenheit, in größerem Abstände vom Meere Frühlingsregen mit Spätsommerdürre und im nördlichen Randgebiete schon Sommer- regen einsteilen, indes in den Übergangsräumen Herbstregen zur Entwicklung kamen. Alleinherrschaft sehr großer und gleichmäßig über das Jahr verteilter Regenmengen ist für das tertiäre Südeuropa auch bei tropischer Wärme nicht anzunehmen, wie ja eine solche Herrschaft selbst im ostindischen Inselmeere nicht besteht, wo man nicht weniger als vier verschiedene Tj'pen der Regenverteilung kennt, von denen einer eine so deutlich ausgeprägte Trockenzeit in sich schließt, daß dort die Kokospalmen nicht selten verdorren. Bei den besagten hydrometeorischen Zuständen konnten sich auf kleineren Inseln und im Umkreise größerer nun Roterdedecken und Macchien bilden, im Innern größerer Eilande Salztonböden mit Xerophytenwuchs zeigen und im Norden Braunerden und üppige Wälder entwickeln. Anläßlich der stattgehabten Größen- und Formen- wechsel der Inseln mußten dann \'erschiebungen der Boden- und Pflanzenzonen erfolgen und mußten dieselben Gebiete bald in den Bereich des Meeres, bald in den des Landinnern kommen und in den Zwischenzeiten auch Bestandteil von Küstensäumen sein. Wäre die geologische Urkunde allerorts vollkommen lesbar und würden die irdischen Vorgänge ihrem Schema entsprechend verlaufen, so sollte man an allen nicht dauernd landfest oder meerbedeckt gewesenen Stellen einen wiederholten Wechsel von Kalken, von 36 F. Kern er-Marilaun, Bauxiten und von Salz- und Gipslagern, beziehungsweise von K'ohlenflözen in vorschreitender oder rückläufiger Folge erkennen. Nun ist aber jene Urkunde sehr lückenhaft und spielen sichi jene Vorgänge oft nicht in einfacher Art ab, indem beispielsweise, bei Reihenentwicklung manchmal einzelne Glieder ausfallen oder in doppelter Anzahl erscheinen. Besonders ist mit einem Wegfall der litoralen Übergangsbildung zu rechnen. An der Ostseite Spaniens ist in der Gegend von Murcia der Roterdesaum unterbrochen und reicht der Salztonboden bis ans Meer. Im liburnischen Karste wird die Macchienzone sehr schmal und drängt sich die pontische Flora fast bis an die Küste heran. Dann kann die Roterdebedeckung ver- karsteter Küstenstriche durch Einschaltung von Flußebenen lücken- haft sein. Auch das Reliktenphänomen kann Störungen des oben aufgezeigten Schemas bedingen. Wenn ein Gebiet, das eine kleine Insel war, durch Meeresregression zum inneren Teile eines großen Inselkörpers wurde, konnte sich die Roterdedecke auch nach er- folgtem Klimawechsel erhalten und w^enn dann das Gebiet infolge einer Transgression wieder in Küstennähe rückte, wird die vollaride Klimaphase in der Gesteinsfolge gar nicht angedeutet sein. So kann man nur hoffen, in einzelnen Gauen jenen Zyklus der Boden- und Florengestaltung ganz oder zum Teil entwickelt zu sehen. Ein solcher Fall ist in Mitteldalmatien gegeben. Nach- dem dieses Gebiet zur oberen Kreidezeit ganz meerbedeckt gewesen, wurde es im Protozän ein Küstenland, um dann im unteren Eozän wieder der Überflutung zu verfallen. Dann wurde es wieder eine Litoralregion, und zwar im oberen Mitteleozän ein bergiger Küsten- strich, im unteren Oligozän aber Schwemmlandküste und Delta- gebiet. Im Jungtertiär rückte es dann weit vom Meere ab, um sich ihm im Quartär abermals zu nähern. So sieht man in Dalmatien dem Rudistenkalke Bauxit auf- gelagert, diesen von marinem Untereozän in der Fazies von Fora- miniferenkalk bedeckt, über diesem ein oberes Bauxitniveau ent- wickelt und trifft dann im Unteroligozän eine Kohlenbildung und — altmiozäne .Sedimente ganz vermissend — im Pliozän eine jüngere P'lözentwicklung an. Geologische Übersicht. Der protozäne Bauxit. Die klaren Zeichen einer Absatzlücke zwischen dem Rudisten- kalke und den Cosinaschichten und die noch deutlicheren Wahr- zeichen einer Unterbrechung der Schichtfolge zwischen jenem Kalke und dem Miliolidenkalke in den Gegenden, wo das limnische Protozän fehlt, sind in meinen dalmatinischen Aufnahmsberichten wiederholt beschrieben.' Man erkennt eine alte, stark verkarstete Landobertläche, 1 In den Vciiumdlunffen der Gcoloe;isclien Reichsanstalt 1893 bis 1914. Tcrtiärkliinatc in Dalmaticn. oi in deren Hohlformen es zum Absätze von Roterde kam. Diese protozäne Roterde Dalmatiens ist dadurch bemerkenswert, daß für ihre Bildung nur die Lösungsrückstandshypothese gelten kann. Da es sich hier um aus weitem Meere frisch emporgetauchten Boden handelte, schloß sich die Möglichkeit der Zufuhr von schon in älterer Zeit gebildeter Roterde aus der Nachbarschaft ganz aus. Auch die aeolische Zutragung roten Staubes aus einem vielleicht in größerer Ferne bloßgelegenen krystallinen Kern kam kaum in Betracht. Auch die Annahme einer Zufuhr \on Eisenlösungen und durch sie bedingter Metasomatose ließe sich nicht begründen. Die eisenoxydul- und pyrithältigen Flyschmergel Dalmatiens waren damals noch nicht abgelagert und die Flyschmassen Bosniens lagen — ■ soweit sie vortertiären Alters sind — noch am Meeresgrunde. ^ö' Aber auch aus der Tiefe konnten Eisenlösungen nicht zutreten. Damals erstreckten sich Kalk- und Dolomitmassen \'on mehr als 2500 in Mächtigkeit von der Bodenoberfläche nach unten. ^ Wenn nun gemäß den Anschauungen Blank's gerade der Kalk nicht das Eisen der Roterde geliefert hätte, wären dessen nächstmögliche Ursprungsorte die Augit- imd Olivinkrystalle in den Diabas- porphyriten der Wengener Schichten und die Glimmerschuppen in den Sandsteinen der Werfener Schichten gewesen. Nun nahm Stäche- zur Erklärung der kieseligen Beschaffenheit mancher Cosinakalke allerdings den Eintritt von Warmquellen in die proto- zänen Süßwasserseen an; die Erscheinungen der Oxydationsmeta- somatose durch Tagwässer hätten aber Wasserdämpfe von Siede- hitze nicht hervorrufen können. Das Eisen der Bauxite des dalma- tischen Protozäns ist von dem dem Kalke isomorph beigemischten kohlensauren Eisenoxj^dul herzuleiten, das zusammen mit dem Kalke als Bicarbonat gelöst, durch den Luftsauerstoff in Eisen- hydroxydgel umgewandelt und dann in wasserfreies Gel über- geführt wurde. Die Umstände, welche gegen die Annahme von Kispatic, daß das Eisen im Kalk (der Hauptsache nach) schon in oxydischer Verbindung vorgebildet sei, sprechen, habe ich andern- orts erwähnt.'' Gegen die Aufrufung des dalmatischen Protozänbauxits als Zeugen eines mediterranen Klimas wird man aber den Umstand, daß er eine einfachere Bildungsweise als die südeuropäische Rot- erde der Jetztzeit besaß, nicht ins Feld führen. Roterden weisen unabhängig von ihrer besonderen Entstehungsart auf hohe sommer- liche Luftwärme und Lufttrockenheit, die zu allmählicher Zerstörung der humosen Massen führten, zugleich aber auch auf reichliche 1 Gemäß meinen Profilaufnahmen im Svilajagebirge. Trias: Verh. der Geol. Reichsanstalt. 1908, 12; Lias und Jura: ebenda, 1907, 11; Kreide: ebenda. 191.'.. Nr. M und 16. - Stäche, Die Liburnische Stufe und deren Grenzhorizonte. 1889, 49. 2 Kern er, Geologie der Bau.xitlagerstätten der österr.-ung. Monarchie. Berg- und HüJlgjjmänn. Jahrb. 1916, 38 F. K e r n e r - M a r i I a 11 n , iXirch feuchtung des Erdbodens in der kühleren Jahreszeit. Ein in- direkter, aber darum nicht minder glaubwürdiger Zeuge für ein mediterranes Klima Dalmatiens im mittleren Protozän m.eldet sich in einem negativen Befunde: im gänzlichen Fehlen von Resten einer Landtlora. Daß Stäche^ in Istrien solche Reste als große Selten- heiten fand, erklärt sich etwa so, daß sich dort entsprechend der borealeren Lage schon der Übergang in ein Braunerdeklima vollzog. Dagegen ist das spärliche Erscheinen von Characeenfrüchten und das völlige Fehlen von dunklen Kalken und Kohlenlagen in den Cosinaschichten Dalmatiens nicht durch mangelnde Erhaltung, son- dern durch Entvvicklungsmangel einer üppigen Algenflora in den protozänen Süßwasserseen dieses Landes bedingt. Die Kohlen und Charenkalke Istriens erscheinen dort, wo nach dem Rückzuge des Rudistenmeeres noch verbliebene Lagunen sich aussüßten. Im mittleren Dalmatien, wo Fortbestand von Wasserflächen nach dem Meeresrückzug eine seltene Ausnahme blieb, erfolgte die Seenbildung in mit Roterde erfüllten Mulden. Hier schienen die Bedingungen für das Gedeihen von üppigen Algenrasen zu fehlen. Die Bauxitentwicklung bietet keinen Anhaltspunkt für eine Beurteilung des Maßes der Ausprägung des mediterranen Klima- typus im Protozän. Sie weist wohl auf eine geringere Ansammlung von Roterde als die gegenwärtige hin. Allein es fehlte die Möglich- keit der Zufuhr schon früher gebildeter Erde und es läßt sich die im Protozän und die im Jungquartär entführte Menge von Roterde auch nicht annähernd schätzen. .So verbietet es sich, aus einer geringeren Anhäufung roter Eluvialgebilde im Protozän auf eine schwächere Ausprägung des Mittelmeerklimas zu schließen. Der mitteleozäne Bauxit. Der mitteleozäne Bauxit Dalmatiens wurde von mir und von meinem mit der Aufnahme Norddalmatiens betraut gewesenen Kollegen Schubert auch stets als fossile Roterde gedeutet. Ja .Schubert ging soweit, die Bauxitlinsen geradezu als verquetschte und verdrückte Dolinenfüllungen zu betrachten. Später trat Kis- patic- auf Grund seiner genauen mineralogischen Untersuchungen mit Entschiedenheit für die Terra rossa-Natur der karstländischen Bauxite ein, wobei er im \'ereine mit Tucan auch wieder ein eifrigei' Verfechter der Lösungsrückstandsh3'pothese wurde. In neuerer Zeit hat sich Katzer"' sehr gegen eine \'erallgemeinerung der These, daß Bauxit fossile Roterde und Terra rossa rezenter Bauxit sei, gewandt. I I.ihiirnischc StLifc, p. 53. ■-' Ki.spatic. I5auxilc des kroatisclien Karstes und iliro iMitsteluing. Neues .lahrb. für .Min., Geol. und l'al. Beilage Bd. XXXIV, 1012. ■' Katzer. Das Bau.xitvnrkommen von Dctmanovie in der Herzegowina. Zeit- .sehrift für pi'akt. (ieol. 1017, Xr. X. Tertiärlrpli(ij;encii Wiiiterkliinate Ivuropas zur Tertiärzeit- Diese .Sitzungsber., 1913, Februar. Tcrtiärklinialc in Diilinatien. 45 Aus je 50 Stationen des westlichen und östlichen Mcditerran- «ebietes ergaben sich für die mittlere Jahrestemperatur aus den Häufigkeitszahlen von 1 Grad breiten und um je einen halben Grad vorschreitenden Wärmestufen je zwei durch ein tiefes Tal getrennte Scheitel: 15-3 und 17*7 für das westliche, 15-1 und 17 "7 für das östliche Becken. Als Scheitelwerte der Temperaturen der extremen Monate wurden in gleicher Weise 11 '2 und 25*1 im westlichen, 9*0 und 25*5 im östlichen Becken gefunden. Größere Verschieden- heit weisen die Scheitelvverte der Amplituden auf: 15-2 West und 18-7 Ost. Die Mittelwerte sind: Jahr Kältester Monat Wärmster Monat West . . . .. 15-9 8-7 24-2 Ost . . . . .. 15-9 7-4 25-2 Als Durchschnittswerte der mittleren jährlichen Extreme ergaben i^ich aus im ganzen 50 Stationen für das Maximum 35-8, für das Minimum —2-1. Die Grenzen der Spielräume, innerhalb deren sich naturgemäß nur TcrtiarkliniatL' in Dalmatieii. 49 iillgemeinste Züge des Klimas aufzeigen. Einzelfloren mögen immer- hin zu näheren, sich bis zur Nennung von Zahlen vorwagenden Annahmen auch betreffs der H^airometeore einladen. Es wurde schon erwähnt, daß man die Pflanzenwelt des Monte Promina -als die eines Winterregengebietes ansehen muß und es läßt sich wohl versuchen, über das Maß der Ausprägung desselben einen Schluß zu ziehen. Man wird diesen zunächst auf das Vorkommen \on Proteaceen und Myrtaceen sowie von Celastrineen stützen, wobei freilich daran 7.U erinnern ist, daß gegen P>ttingshausen's Proteaceen-Diagnosen mehrseits Bedenken erhoben wurden. Aus zahlreichen Stationen A\'est- und Südaustraliens ergibt sich als relative Regenmenge des Sommers O-C'/o! 'ii-ich am Kap entfällt auf diese Jahreszeit fast ■ein Drittel der Normalmenge. Die relatix'en Regenmengen des Winters sind 40 bis 45 am Kap und im Durchschnitt 47 in West- und 39 in Südaustralien. Für die relative Feuchtigkeit im Jahresmittel und zur nassesten und trockensten Zeit können am Kap H7, 75 und öö, im neu- holländischen Proteaceenlande 58, 70 und 50 -als Durchschnittswerte gesetzt werden. Erstere stimmen mit den für das Roterdegebiet gefundenen genau überein. Die entsprechenden Zahlen für die Be- wölkung sind 3-7, 4-3 und 2-9 am Kap und 4-3, 0-0 und 2-7 in West- und Südaustralien (letztere \-on den Mittelzahlen im Medi- terrangebiet wenig verschieden). In den außerhalb der feuchten Regenwälder gelegenen Teilen des Tropengürtels, in deren Floren sich auch Analoga zu den Prominapflanzen hnden, liegt die relative Regenmenge der trockensten Jahreszeit — von Extremen abgesehen — zwischen 7 und 13%; jene des nassesten Vierteljahres ist großen Schwankungen aus- gesetzt (bis 40%)). Ähnliches gilt von Bewölkung und P'euchtigkeit. Es wird so als Maß der Ausprägung des subtropischen Regen- regimes im Unteroligozän Norddalmatiens ein zw-ischen -- und -;- gelegener Wert des pluviometrischen Quotienten des Sommers an- nehmbar sein. Für den Winter käme ein zwischen IV., und 2 ge- Jegener Wert dieses Quotienten in Frage. Die altpliozäne Flora von Sinj weist Typen der Mittelmeer- länder und des Orients in Mischung mit tropischen Nachklängen und borealen Einschlägen auf. Man wird so auch für die Zeit ihres Gedeihens keine sehr scharfe Ausprägung des mediterranen Regen- regimes vermuten. Gleich der Prominaflora birgt auch die Flora von Sinj Pflanzen- formen, deren nächste Verwandte in Ländern mit Sommerregen gedeihen (südjapanischer Kampferbaum). Auch dieser Umstand scheint auf eine nicht sehr ausgeprägte Trockenheit des Sommers zu deuten. Die Rotbuche Mitteleuropas dringt jetzt am Svilajakamme Sitzb. d. mathem.-naturw. KL. Abt. I, i:ju. Bd. 4 50 F. K e r n c r - M a r i ] a ii n , (nordwestlich von Sinj) bis dahin vor, wo der pluviometrische Quotient des Juli und August unter y., zu sinken beginnt.^ Andrer- seits reicht die Macchienflora im südlichen Jstrien bis dahin nach Nord,- wo der trockenste Monat vom Juli auf den Jänner umspringt.'^ Die relative Regenmenge des Sommers in Pola ist '2V\'q^ die des Winters 27"/o/' Bestimmung der morphogenen thermischen Klimate. Zur Beurteilung des morphogenen thermischen Klimas Dalma- tiens im Tertiär sind zunächst die von mir aufgestellten Formeln '• für die stenomorphogenen Wintertemperaturen Europas dienlich. Für einen mittleren Punkt des Bauxitlandes, entsprechend 'S =: 43° 30', X = 16° 30' ö. v. Gr. ergeben sich durch einfache Interpolation aus den für die Schnittpunkte fünfter Meridiane und Parallele auf Grund von Matthew's Karten' von mir bestimmten Werten folgende stenomorphogene Jännertemperaturen: Protozän 8"1, OHgozän ]0"0, Eozän 9 "9, Pliozän 3-7. Die stenomorphogenen Sommertemperaturen lassen sich nicht über das ganze Mittelmeerbecken hin durch eine einfache Formel, in der die Landbedeckung als \'ariable eines positiven Gliedes erschiene, darstellen, da das Land zwischen Pontus und Adria auch im vSommer vvärmemindernd wirkt. Während sich über der waldlosen Meseta eine von der 2()°-Isothei'me rings umschlossene Pleiotherme erhebt und den vorwiegend kahlen Küstenländern des jonischen Meeres zwei nach Nord vorgestreckte Zungen jener Iso- therme entsprechen, schließt die durch das Scliwarze Meer bedingte südliche Vorwölbung der 24°-Isot]ierme auch den waldreichen 1 F. V'. Kerner, l^cgenpi-nlile duich Dalmatien. .Met. Zeitschr. IMKS. ilol't !• und 10. p. 220. - A. V. Kerner, Flnrenkarte von (.)steiTeicli-l 'n.gai-n in l'liysil, 2()-lt. 2()-4 und 27-n. '■' K'erncr, Svnthese der morphogenen Wintci'klimale I".ui-opas zui' Tertiärzeit. Diese Sitzungsber., "i22. Bd.. IIa. l'ebruar 11)13. ' W.D. Matthew. Ilypotlictical outlines nf the continents in lertiary times. Mull. Am. .Mus. of Nat. Hist.' Xew York \WV,. 'I'crtiäikliinalc in halmalien. 51 Stamm der Balkanhalbinsel ein. Als Wiederholung des wärme- mindernden Eintlusses reicher Waldbedeckung erscheint die südliche Ausbauchung der 22° -Isotherme über Siebenbürgen (vielleicht spielt in beiden Fällen aber auch ein durch die Reduktion auf den Meeresspiegel nicht ganz kompensierter Einfluß der Seehöhen mit). Es ließen sich so nur für den westlichen Teil des Mittelmeerbeckens normale Beziehungen zwischen Sommerwärme und Landentwicklung aufzeigen. Für die Julitemperatur am 40. Parallel ergab sich als einfachster Ausdruck: / = 19- (36+ 12 -07 L, in welchem o wenn /„^ und t\ die prozentischen Landbedeckungen der um die betrachteten Punkte als Diagonalenschnittpunkte herumgelegten 20- und 5-Gradfelder sind. Die Formel gibt die beobachteten Werte mit einem mittleren Fehler von rbO'37 wieder: 20° W l.j 10 E , 10 17) 20 berechnet. . beobachtet. Differenz . 19-7 20-5 20 • 0 20-0 19-7 20 • 0 —() • 3 +0 • S ( ) • 0 28-0 24-6 25-0 28-2 , 27-0 I 25-5 j 25-2 _()-2 '-1-0-5 ' — 0-9 : — 0-2 26-0 I 26-5 2Ö-9 20 -3 4-0-1 4-0-2 Bei Beschränkung auf die Meridiane des Westmittelmeeres erhält man in analoger Art mittels des Ausdruckes / == 21 ■324-9-16 L folgende Temperaturen und Abweichungen von den beobachteten Werten : )" w 10 \o 20 berechnet. . . . , beobachtet. . . . Differenz , 27-7 27-3 28-2 27-0 —0-7) ' -1-0-3 •i:>- 1 2.1-7) -0-4 2.1-4 2 7, -2 -1-0 -2 2G-2 26-5 25-9 20-3 -t-0 • 3 -f-0 - 2 Der höhere Wert des konstanten Gliedes entspricht der größeren Erwärmung des Binnenmeeres im Vergleiche zum benach- barten Ozean. Für f^^ und J\ wurden die seinerzeit von mir zur Ableitung der Jännertemperaturen ermittelten Werte gewählt. .;■). F. K e r n e r - M a r i ] a 11 n . Am 45. Parallelkreise erscheint der Einfluß der anchiperi- statischen Bedeckung durch den Alpenbogen gestört, die eur3^peri- statische Bedeckung reicht aber zur Darstellung der Temperaturen nicht aus. Durch die Ausdrücke ; = 16-81+9-69/,„ und /=: 17-44+ 7 -90/20, von denen der zweite unter Ausschluß der Werte von 10° W und 10" E zustande kam, wird so nur eine sehr unvollkommene Wieder- gabe der Temperaturen mit mittleren Fehlern von ±1"16° und -i-0-95° erzielt: 20° W 15 10 5 0 5°E 10 berechnet . . . . beobachtet . . . Differenz 16-8 18-4 -1-6 17-8 18-1 -0-3 19-3 i 19-7 17-6 ! 18-6 -+-1-7 '-hl-1 02 '2 22*8 20-4 I 23-0 -M-8 —0-2 22-8 24-8 -2-0 23-4 24-0 -0-6 Durch Einsetzung der aus den Karten Matthew's abgeleiteten Bedeckungsvverte in obige Formeln erhält man für die Meridiane 1.")° und 20° E: Pi-utozüii Eozän Oligozän Pliozän 4Ö°. 40°, 15 20-8 22-8 20 20-8 15 20-8 :l-8 21-0 20 20-4 21-7 15 19-5 21-5 20 19-4 21-1 15 22 ■ 9 25-6 20 23-6 27-4 und für 'i = 43° 80', X = 16° 30' E einen mittleren Punkt des Bauxit- und Braunkohlenlandes als stenomorphogene Julitempera- turen: Protozän 21-3, Oligozän 20 • 1 , Eozän 20-8, Pliozän 24-0. Die relative Niedrigkeit der Werte für das Altterliär entspricht dem archipelagischen Charakter des Gebietes zu damaliger Zeit. Über die eurymorphogene Komponente der europäischen i Tertiärklimate lassen sich nur sehr unsichere Annahmen machen, da die Meinungen über die Morphologie des nordatlantischen Gebietes im Tertiär sehr widersprechende sind. Die Fragestellung kann hier^ nicht in der plumpen F'orm: »War im Tertiär eine nordatlantische Tertiiir-kiimate in Dalmalien. Oo Landbrücke vorhanden oder nicht?« erfolgen; sie muß lauten: In- wieweit hat in den einzelnen Abschnitten des Tertiärs die Möglich- keit eines Austausches tropischer und arktischer Gewässer in hori- zontaler und vertikaler Richtung Wandlungen und Schwankungen erfahren? Der von Diener^ ausgesprochene Satz, daß die Wande- rung einer Landfauna (und Landflora) aus einem Gebiete in ein anderes auch über einen Archipel erfolgen kann, dessen einzelne Inseln zeitweilig miteinander in Verbindung traten, ohne daß zu irgendeiner Zeit eine ununterbrochene Landbrücke zu bestehen brauchte, ermöglicht es auch hier, gegensätzliche Standpunkte zu vereinen. Es bleibt aber noch ein großer Spielraum thermischer Mög- lichkeiten. Heer's südwärts bis über die Azoren reichende Atlanüs brächte (auch bei im Vergleich zu heute milderem Polarklima) dem westlichen Europa im Winterhalbjahre kalte, trockene Landwinde aus Nordwest. Koken's isländischer Brücke würden aber — wie Semper- zeigte — Westeuropas Küsten eine Erhöhung der Winter- temperatur um 7° danken. Matthew's in den Umrissen schon dem heutigen gleichender Atlantik^ konnte für Westeuropa auch ein milderes Winterklima bedingen, wenn ihn unterseeische Barren (versunkene mesozoische Brücken) gegen Nord und Süd so ab- schlössen, daß seine Tiefen nicht kaltes Polarwasser füllte und der Wasserauftrieb im Kanarischen und im Benguelastrome dann auch keine Abkühlung der Passattriften hervorrief. Auch mußte der aus einer von zwei Seiten her mit lauem Wasser beschickten eurasiati- schen Hälfte der Arktis rückkehrende Strom weniger kalt sein als jetzt der Ostgrönlandstrom. F'ür die Überlegung, daß aus einer in ihren fesÜändischen Teilen waldbedeckten Polarkappe rückkehrende Ströme schon auf Grund dieser Herkunft nicht kalt gewesen wären, ist hier aber kein Platz, insolange das Polarklima des Tertiärs auf geographischem Wege nicht befriedigend erklärt wird. Als Wirkung des indischen Stromes auf das Klima Südeuropas im Palaeogen glaubte Heer eine Temperaturerhöhung um 4° an- nehmen zu sollen. Das ist insoferne zu wenig, als die indische Trift durch den aus der westsibirischen Straße rückgeflossenen Strom minder stark abgekühlt wurde als jetzt der Golf durch den Labrador und die thermische Wirkung des (abgekühlten) Golfstromes auf Westeuropa, die Heer zum Vergleiche heranzog, etwas größer ist als Heer annahm. Andrerseits muß bedacht sein, daß der thermische Einfluß 1 C. Diener, Die marinen Reiche der Triasperiode. Denkschr. der Akad. dci- Wissensch., mathem.-naturw. Klasse, 92. Bd., p. 130. - M. Semper, Das palaeothermale Problem. Zeitschr. der Deutschen geol. Ges., 1896, p. 317. 3 Neuerlich verlegt Matthew die Entstehung des Atlantischen Ozeans an das Ende der palaeozoischen Ära zurück. Plato's Atlantis in Palaeogeography. Proc. Nat. Acad. of Sc. of the U. S. of Amerika, 1920. Ö4 F. k' e i- n e r - AI a r i 1 a u n , der indischen Trift auf die Inseln im Mittelmeer nur insoweit zur Geltung kam, als jene Trift noch die diese Inseln im Westen be- spülenden Fluten erwärmte. Der von Semper für die Westküsten Europas erhaltene Wärmezuwachs stellt für diese einen Höchstwert dar und würde auch ostwärts abflauen. Er wäre im Jahre wenig veränderlich, wie folgende Zusammenstellung der Temperaturen in 'S = 4'), X = 20° w. V. Gr. zeigt: Wasser rertiär Jetztzeit Luft 'ertiär Jetztzeit Winter . Sdinniei' •i 1 ■ I » 24 • 2 ; :5 • ö 2(»-(i 2 .',•() 18-2 Als sicher ergibt sich nur für das Mitteleozän und Unter- oligozän ein eurymorphogener Wärmezuwachs von mehreren Graden, wobei freilich seine Größe noch unsicher bleibt und auf etwa 4° nur geschätzt werden kann. Ob dann für alle vier hier betrachteten Zeitabschnitte noch ein ungefähr ebenso groß zu schätzender oder nur ein geringer Wärmebetrag hinzukommt, hängt da\on ab, welche palaeogeographische Auffassung zu Recht besteht. Bestimmung der morphogenen hydrometeorischeh Klimate. Die Lösung des Problems, das morphogene hydrometeo- rische Klima Dalmatiens im Tertiär zu ermitteln, soll hier für die relativen Regenmengen des Sommers und Winters versucht werden. Die Darstellung der ersteren hat an das Verhalten des Luftdruckes anzuknüpfen. Die sommerliche Regenarmut wächst mit Zunahme der Beständigkeit und Stärke der ncn-dlichen Winde. Das Kartenbild der Juliisobaren auf der indo-atlantischen Halbkugel lädt dazu ein, den Luftdruck im Subtropengürtel als Funktion der Meeresbedeckung darzustellen. Statt peristatischer Bedeckungen wurden diesmal lineare Werte, die Wasserbedeckungen von Parallelkreisbogenstücken be- stimmt. Die Größenwahl dieser Bögen ergab sich aus der Lage und Ausdehnung des azorischen Hochs, indem für die von den in dieses Hoch fallenden Punkten halbierten Bögen volle Meeres- bedeckung zu. fordern war. Den Bögen war dann am besten eine Weite von 40 Längengraden zu geben. Es zeigte sich jedoch, daß die Luftdrucke auf den einzelnen l^reitenkreisen durch die auf diesen allein \(irhandenen Bedeckungen noch nicht gut darstellbar waren. Es mußten Mittelwerte der Be- deckung auf mehreren einander benachbarten Parallelen genommen Tertiäi-klimalc in Daliiiaticn. O.) werden, was dann gieiclisam einen Ersatz für die Bestimmung von P'lächenwerten der Bedeckung bot. Zunächst war eine geographische Analysis des Luftdruckes am 30. und 45. Parallel geplant. Zu dem Zwecke wurden in der von diesen Parallelen eingeschlossenen Zone in Intervallen von je 270° Breite für um je 20 Längengrade ab- stehende Punkte von 40° W v. Gr. bis 80° E v. Gr. die Meeres- bedeckungen (/;/) der von diesen Punkten halbierten 40°-Bögen bestimmt. Zur Darstellung des Luftdruckes am 30. Parallel ergab sich dann als passendste Wahl der heranzuziehenden Breiten die Kom- bination: jr (32 • 5 -^ 2 X 35 + 2 X 37 • 5 + 40). Der hiebei erhaltene Ausdruck war: ^ B 747-4-f-19-6 w. Derselbe gibt die beobachteten Werte befriedigend wieder, wie folgende Zusammenstellung zeigt, in welcher B die aus der Karte der Juliisobaren im Atlas der Meteorologie von Hann entnommenen, B' die berechneten Luftdrucke sind und ni die in obiger Art erhaltenen Bedeckungswerte bedeuten: B' B B '—B m% 40° \\' \ . Gr. 20 0 20" E V. Gr. 40 60 80 767-0 63-3 59-5 .--7 -6 52-9 48-1 47-4 767-0 62-9 59-8 58-1 .")2-4 47-4 48-2 0-0 -hO ■ 4 —0 • 3 — 0-5 -1-0-5 -I-0-7 —0-8 100 81 61 52 27 3 0 •1 •8 -0 •9 ■4 •0 Um den Luftdruck auf dem 45. Parallel darzustellen, erwies sich für die zwecks Bestimmung von ni zu treffende Breitenwahl als passend die Kombination ^- (37- 5-f-40 + 42- 5), doch mußte hier wegen der Beschleunigung der Luftdruckabnahme gegen Ost zu einer Wurzelziehung geschritten werden, um eine gute Wiedergabe der gemessenen Werte zu erzielen. Es läßt sich verstehen, daß für den Druck über einem inmitten des Passatgürtels gelegenen Parallel (30°) die in dessen nördlicher Nachbarschaft vorhandene Land- und Meerbedeckung von Einfluß ist, der Druck über einem in der sommerlichen Hochdruckzone gelegenen Parallel (45°) aber schon 56 F. K e r n e r - M a r i 1 a u n , durch die Budeckungsart seiner südlichen Nachbarschaft mitbestimmt wird. Nach Hann's Isobarenkarten des Juü Hegt südlich der nach Süddeutschland vorgestreckten pleiobarischen Zunge ein Rücken hohen Druckes über dem Westmittelmeer, dessen First dem 40. Par- allel folgt und deutet sich über dem Pontus eine östliche Fortsetzung- dieses Rückens an. Der auf die vorige Art gewonnene Ausdruck war B = 751-2+13-0 \/m. Die mit ihm erhaltenen Werte und deren geringe Abweichungen von den gemessenen enthält die folgende Tabelle. B' B B'—B m 0,'(j \Jiii 40° W V. Gl-, 20 0 20" E V. Gr. 40 00 8(.) 1 00 704-2 03 • 5 62-5 60 ■ 6 57-3 54-1 51-2 .11-2 764-2 0 63-7 — 0 02-4 +0 60 -6 0- 7)7-6 — 0- 53-6 -^0- 51-3 ^0- 51-2 0- 1 00 88-7 75-0 53 - 0 22-0 5-1 0 0 1 00 94-2 86-6 72-8 46-9 22-6 0 0 Mit Hilfe der gewonnenen Formeln ließen sich die Luftdrucke zur Mittsommerzeit in Dalmatien für die von Matthew^ gezeichneten Bilder des Mediterrangebietes im Alt- und Jungtertiär rekonstruieren. Da eine lineare Interpolation für cp m 4372° ^^^^' '^^^ ^''"' ^^^ rohes Ermittlungsverfahren erschien, wurde noch ein analytischer Ausdruck für den Luftdruck in 37 1 ' ° /2 Breite erzielt. Dies konnte zu einer Isobarenzeichnung für die genannten palaeogeographischen Bilder verhelfen, aus der sich dann bessere Luftdruckwerte ergaben. Zur Darstellung des Luftdruckes in 'f == 37\/., wurden als Bedeckungszahlen dieselben Werte wie früher (für rp =: 45°), aber mit anderem Exponenten eingeführt. Der gefundene Ausdruck war Z? — 748 • 7 + 1 8 • U \/ni'. Die mit ihm berechneten Liiftdruckwerte, verglichen mit den gemessenen, sind: 1 Auf Matthew's Karlchcn erscheint infolge ungenauei- Zeichnung DahluUien in den Zeiten der älteren Bauxit- und Jiraunkohlenbildung zum Teile nocli meei- bedeckt. Dies stört aber die licrechnung m()]ph()gener Klimawerte niciit viel, weil für diese die Hedeckungsart im weiteren Cmkreise der betrachteten Punkte maß- gebend ist, eine Größe, die durch Felilcr in iler nächsten rmgcbung wenig beein- flußt wird. Tei'tiärklimato in Oaliiiatien Ol 40° W V. Gr. 20 0 20° K V. Gr. 40 CO 80 100 B' r66-7 65-2 63-2 ;")',) • 9 r)4 • .') 50 • 6 48-7 B 706 -7 67) • 9 ()2 • 9 59 • 5 55-0 50-3 48-2 49 • 0 B'~B 0-0 —0 • 7 +0-3 -l-ü-4 —0 ■ 5 ^-0 • 3 H-O • 5 —0-3 in 100 88-7 75-0 53-0 22-0 5- 1 0 0 \Jin-' 100 91-4 80 • 6 62-1 32-1 10-7 0 0 Aus den Kärtchen von Matthew für das Protozän (= Post- Cretaceus), Eo-, Oligo- und Pliozän (Mio- und Pleistozän blieben hier außer Betracht) entnahm ich nachstehende Werte von m^ für den oO. und \'on lu., für den 37^''.,. und 45. Parallel. 40°W 20 0 20° E 40 60 80 lOo 1 Wl 1 (JO 87-3 82-7 83-2 81-4 47-1 5-8 0 l '"-J. 100 80-1 75"G 73-8 62-9 45-8 10-8 (.) j <"i 1 00 89-1 84-6 87-8 93-2 1(H.) 5 7 ■ 5 15-3 \ ".-.. KiO 85 ■ 5 73-8 72-9 85-5 97-3 56 • 6 6-3 f "'l ] 1 )() 84-2 74-3 82-4 93-2 77-() 38-7 0 \ "'-2 1 ( H ) 76-5 70-2 80-1 82-8 72 • 9 45-9 0 f >"l 100 80-1 67 • 1 48-5 15-3 0 0 0 \ "h 94-6 71-1 57-6 36 • 0 1-8 0 0 0 Protozän Eozän Oligo/.än Pliozän Durch Einsetzung dieser Werte von m^, beziehungsweise der mit den Exponenten ^4 '-ind V., versehenen Werte von ///., ließen sich die Luftdrucke der folgenden Tabelle berechnen. 58 l". K e rn e r- M a ri I a i 'üö ■ 40°\V 20 20° E , 40 60 80 100 l'rf>to/,än Eozän 01it!()zan 'liozäii 30 3() 47) 371 64 2 66 ) 67 0 64 2 66 7 67 0 64-2 ()6 • 7 67 -0 63 -S 66-0 67 •() 62 • 8 63 • 9 64 • 7. 63-2 64 • 7 ()4-° w iu° 15' 2(.)' heredv-et.' 10-3 ' 8-4 ' 9-6 | 9-8 ' 8-8 G-3 | 3-6 beobaclitct 10-8 8-2 9-G 9-8 8-(; ß-n ^ 3-:) Differenz. -U- -ü- 0 0 +Ü-2 -hi>-3 -)-0- 1 1-G 2-0 -0 ■ 4 1 -4 1-. I -()• 1 > 11 III IV \' \I 1 \-ll VIII IX X berechnet . beobachtet Dift'eren/, . 11-3 11-4 — ( ) • 1 10-7 11-5 —0 • 8 9-0 8-8 +0-2 9-7 9-6 7-4 10-6' 8-0 7-0 — 0-9. -1-1 -G -1-0 -4 4-5 4-9 - -()-4 3-4 4-0-1 1-2 1-8 — 1 ) • G 1-4 0-8 -hO-6 Es wurden noch Relationen für den 35. und 40. Parallel auf- gesucht, von denen erstere als konstantes Glied 13-62, letztere 17-24 erhielt, woraus sich unter Zuziehung der vorigen Ausdrücke für 437-2° der hohe Wert 18-2 ergab. Die Sommermittel der Regenhöhe als Funktion des Julimittels der Luftdruckänderung darstellen, heißt wohl zeitlich Ungleich- wertiges vergleichen, nicht aber auch virtuell Verschiedenes. Für die Unregelmäßigkeiten in der Wertgestaltung bei den Regenmengen 1 Üic mit römi-schen Ziffern bezeichneten \\'ci-tc entsprechen in i^leicher Reihenfolge den Stationen: .Vngra. Ponta Dclgada. (CoimbraV i'alma. Mahon. Sassari, Palermo, Catania, Canea, Thcra. I 'IV'i'tiäi'kliiiiato in I )alinaticii. 6I_> als (auch noch in ihren Kelativvverten) von örtlichen Umständen abhängige Größen läßt sich — wenn man sie mit \on solchen Umständen unbeeinflußten barischen Größen vergleicht — gerade dadurch eine Kompensation schatfen, daß man bei den Regenmengen Durchschnittswerte für eine längere Zeitspanne als bei den Luft- druckvverten nimmt. Man ersetzt dann durch größere zeitliche Aus- geglichenheit, was gegenüber dem Luftdruck an Großzügigkeit des örtlichen Verteilungsbildes fehlt. Vereint man die in einer früheren Tabelle angeführten, für das Tertiär erhaltenen Druckdifferenzen in der vorhin angegebenen Weise zu Mitteln, so erhält man für den Durchschnittsmeridian von Norddalmatien (X = 167,° E) die Werte O'l'i, 0-14, 0-18 und 0*94 und durch Einsetzung derselben in die Formel (7)) als relative Reoenmengen des Sommers: 'ö* Protozän 14-9, Oligozän 14-3, Eozän 14-7, Pliozän 5*0. Formel (' ergibt für die älteren Stufen je einen um 1 "4 tieferen, für das Pliozän fast denselben Wert. Einer Höhenkorrektion be- dürfen diese Werte nicht, da zur Ableitung der Formeln schon Stationen auf gebirgigen Inseln und an den Rändern \-on Küsten- gebirgen benützt wurden, sich die Formeln somit auf ein# mittlere Gebirgigkeit beziehen. Wohl aber sind die vorigen Werte als steno- thermogen zu bezeichnen, insofern sie die Verhältnisse aufzeigen, welche sich bei der gedachten Land- und ^Ieer\"erteilung unter Annahme einer mit der jetzigen übereinstimmenden Obertlächen- temperatur des Meeres ergäben. Eine Erhöhung derselben würde wohl die Winterregen steigern und so zu einer Minderung der relativen Sommermengen führen. Für diese wird man darum auch auf 'f z=: 43\/./ höchstens die vorigen Werte ansetzen und nicht die noch höheren wählen, welche dem für diesen Parallel extra- polierten Konstantenwerte 18-2 entsprächen. Die relativen Regenmengen des Winters im Mittelmeere ließen sich als Funktion der Land- und Wasserverteilung darstellen. Der barische Sachverhalt ist dann selbst enge an diese X'erteikmg geknüpft und es kommt so sein Einfluß auf die Regenverhältnisse schon in deren morphologischer Bedingtheit mit zum Ausdrucke. Eben darum bedurfte es für den Winter keiner Formel, die auch für die Azoren Geltung hätte. Auch das mit dem Indik verbundene Mittelmeer des Palaeogens war im Vergleiche zum Nordatlantik in engerem Umkreise landumringt und so ungleich diesem (die relative Wintermenge des Regens auf den Azoren ist nur 32 bis 36i als Schauplatz für eine starke Entwicklung zyklonaler Winterregen geeignet. Für den 40. Parallel fand ich als einfachsten Ausdruck r,, ■= 55 -94 — 42-26//, 04 !■". Kerne r-.M arilaun , wobei 11 = 7,- (/ic + /j(i) ^i^d bei etwas geänderter Wertwahl 52-93 — 36-90 7/. Ersterer gibt die Messungen befriedigend wieder. 10° W 5° 0° 5°E 10° 15° 20° 25» berechnet beobachtet Differenz 43 42 +1 32 31 29 28 ^1 32 33 — 1 36 38 9 36 37 33 33 0 31 30 -+-1 Die Werte von 7';r sind die Summen der relativen Regen- mengen des November, Dezember und Jänner; sie sind meist größer als die des Winters in dessen gewohnter Begrenzung. Sie wurden einer Kurve entnommen, die ich durch graphischen Aus- gleich aus den Regenmengen einer Anzahl von auf oder nahe dem 40. Parallel gelegenen Stationen gewann. Für f == 43 Y-/ ergab sich auf analoge Weise bei in diesem Falle allerdings sehr unzuver- lässiger linearer Interpolation aus den schon vorgelegenen Werten von /j,^ und Z,,, auf rp = 40 und 45° der Ausdruck r,,r=r 54-11 — 40-07;/, in welchem die Variable die vorige Bedeutung hat. Die Auswertung ergibt: 5° E 10' 15' 20° 30' berechnet . beobachtet Differ-enz 29 30 -1 28 30 30 32 28 24 24 99 27 Setzt man die aus den von mir an Matthew's Kärtchen vor- genommenen Ausmessungen sich ergebenden Werte von -- (^/]o+/2o) für // in die vorige Gleichung ein, so erhält man als relative Regenmengen des Winters Protozän 41, Eozän 46, Oligozän 45, Pliozän 27. Eine andere Formel, die den in sie einbezogenen Wert von Ä = 30° E allerdings nicht gut wiedergibt, liefert in gleicher Reihen- folge die Werte 39*, 44, 43 und 27. Tertiiiiklimatc in I )aliiiaticn. 65 Trägt man die absoluten und relativen Regenmengen des Summers im Mittelmeere als Koordinaten auf, so ordnen sich bei allerdings großer Wertestreuung die Stationen doch in einer dia- gonal verlaufenden Zone an, so daß man von den letzteren auf die ersteren Mengen rohest schließen kann. Einer relativen Menge Aon 14 entspricht so im groben Durchschnitt eine Regenhöhe von 110 iniii, einer solchen von 6 eine Höhe von 40 mm. Daraus Avürde sich als Jahressumme des Niederschlages für die palaeo- genen Stufen 800 mm, für das Altpliozän 670 mm ergeben. Als Winterregenmenge bekäme man für das Protozän 310, für das Eo- und Oliiiozän 350 und für das Pliozän 210//////. Schlußbetrachtung. Es gilt nun, die aus den geologischen Erscheinungen er- schlossenen Klimate mit den aus dem vorzeitlichen Erdbilde abge- leiteten zu vergleichen. Richtig wäre es hier, nur Wertspielräume in Vergleich zu ziehen. Wenn Heer zur Kennzeichnung des durch •die Vorzeitfloren aufgezeigten Thermoklimas Durchschnittswerte statt Wertspielräume nahm, so war das bei geringer Weite dieser Spielräume statthaft. Durch terrigene Gesteine bezeugte Altklimate lassen sich bei der Eurythermie der Böden durch Durchschnitts- werte aber nicht gut charakterisieren. Auch für die morphogenen Temperaturen wären die Spielräume, innerhalb deren sie sich bei Ableitung aus den Rekonstruktionen verschiedener Palaeogeographen bevv'egen, zu ermitteln. Die hier angeführten stenomorphogenen Wärmegrade sind nur Einzelwerte aus noch unbekannten Wert- reihen. Um Einheitlichkeit zu erzielen, mußten so aber auch für das Terra rossa-Klima die Mittelwerte an Stelle der Amplituden zum Vergleiche genommen werden. Im folgenden sind die bei engem thermischem Analogieschluß von den Bauxiten und Braunkohlenpflanzen bezeugten Luftwärme- mittel, die »Orthotemperaturen« (/q) mit den der vorzeitlichen Land- und Meer\erteilung im Mediterrangebiet entsprechenden Mitteltem- peraturen (fs,„) verglichen. J. ^ Jahr, W. = Winter, S. =: Sommer. w. j. w Protozän Mittel-Eozän . . Unter-Oligozän Unter-Pliozän . 15-9 S-1 24-7 14-2 8-1 15-9 S-1 24-7 14-9 9-9 20-7 13-4 28-1 15-1 10-0 17-3 9-1 26-4 13-9 3-7 21 20 20 24 Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 66 F. K c r n c r - .M a f i I a ii n , Als Differenzen erg-eben sich: isin — /f) J. \V. S. Protozän --1-7 -IM) — n • G —3-4 0-U H-l-S —3-4 —5-4 — 3-4 —3-9 —8-0 — 2-4 Mittel-Eozän Unter-Oligozän Unter-Pliozän Die Wertspielräume im Roterdeklima, verglichen mit den stenomorphogenen Temperaturen in sind: den Zeiten mit Bauxitbilduns: W. s. w. 11-1- 18-7 1-7—13-0 1 20-5—27-3 Protozän 14-2 8-1 ! 21-3 Mittel-Eozän .,14-9 9-9 20-8 Von den stenomorphogenen Temperaturen der Zeitstufen mit Bauxitbildung weichen die Mittelwerte des Jahres und Winters \-on den entsprechenden W'ärmemitteln im Roterdegebiete nur wenig ab. Die engformbürtigen Temperaturen des Sommers sind niedriger als im Mittel die jetzigen, fallen aber noch innerhalb des Spielraumes derselben. Die stenomorphogenen Temperaturen der Zeiten mit Braunkohlenbildung liegen dagegen durchwegs, zum Teile sogar tief unter den Temperaturen, bei welchen die den dalmatinischen TertiärpHanzen analogen Gewächse der Jetztzeit gedeihen. Im Protozän, für welches die eurymorphogene thermische Komponente nur wenig großer als die heutige zu sciiätzen ist, ver- bleiben nach ihrem Zuschlage die Temperaturen noch innerhalb des jetzigen Wärmespielraumes im Roterdegebiete. Die von Stäche in Istrien entdeckte protozäne Landflora mit Dryaudra und Bauksia hätte nahe den oberen Grenzwerten jenes Spielraumes noch zu gedeihen vermocht. Die Mitteltemperaturen an und nahe den Süd- westküsten Australiens kommen jenen im südlichen Ahttelmeere gleich (Perth und Alger 18-3, Southern Gross und La Galle 18-2, Goolgardie, Patras und Naxos 18" ö bis 18 "6). Für das Mitteleozän ist der Mehrbetrag der euiymorpho- genen Komponente gegen heute im Mindestfalle auf 5° zu schätzen. Schlägt man ihn in dieser Höhe zur stenomorphogenen Temperatur hinzu, so gehen die Jahres- und Wintermittel schon etwas über Toitiärklimatc in Dalmatien. 67 deren Höchstwerte im Roterdeklima hinaus und zieht man höhere Komponentenwerte in Betracht, werden jene Maxima sehr über- schritten. Daß die mitteleozäne P'lora des Monte Bolca auf ein feucht- heißes Klima weist, zwänge noch nicht dazu, ein solches auch für das Lutetien in Dalmatien anzunehmen. Auch in den Tropen ändern sich die Klimate manchmal auf kurze Entfernung. Man trifft aber in Dalmatien selbst in der Nähe der Bauxite des Kalun die Zeusren eines sehr warmen Klimas zu ihrer Bildungszeit; es sind die der marinen Tierwelt von S. Giovanni Ilarione nahestehenden Faunen von Dubravice und Vacane im Westen der Kerka, die Oppenheim beschrieb. Man erkennt in ihnen die Lebewelt hochtemperierter Gewässer, welche den Küstensaum des jüngeren Bauxitlandes bespülten. Da dieses gebirgig war, wäre aber bei dessen morpho- genen Temperaturen eine Höhenkorrektion anzubringen, derzufolge sie um einige Grade absänken. Sie kämen dann immerhin noch hart an die obere Grenze des thermischen Wertspielraumes im jetzigen Roterdeklima zu liegen. Nur wenn man Höchstwerte der eurymorphogenen Wärmekomponente heranzieht, wäre zu schließen, daß das Mediterrangebiet noch nicht alle thermischen Bildungs- bedingungen der Roterde zeige, daß diese bei entsprechender Feuchtigkeit auch noch bei etwas höheren Wärmegraden als den im Südmittelmeer herrschenden vorkäme.^ Andernfalls müßte man zur Annahme eines ungünstigeren Solarklimas greifen, um den sich zeigenden Überschuß der morphogenen Temperaturen über die aus den Bauxiten als Klimazeugen abgeleiteten zu begründen. Erhöht man die stenomorphogenen Wärmegrade für das Unteroligozän um einen eurymorphogenen Wärmezuwachs von 5°, so werden die aus der Tracht der Vorzeitflora abgeleiteten Temperaturen im Jahresmittel hergestellt, im Winter überschritten, im Sommer aber noch nicht erreicht. Diese Abweichungen in ent- gegengesetztem Sinne deuten an, daß die Prominaflora einem thermisch gleichmäßigeren Klima angepaßt war als dem durch die früheren Analogieschlüsse gefundenen. Anlaß zum Ruf nach einem günstigeren Solarklima böten sie nicht. Im Gegenteile käme dann, wenn man einen höheren als den Mindestwert der für das Oligozän zu nehmenden eurymorphogenen Komponente erwägt, zum Ausgleich der dann eintretenden Überkompensation der palaeo- thermalen Differenz ein Abstrich an Solarwärme in Frage. Im Pliozän, für welches kaum eine größere als die heutige euiymorphogene Komponente zu erwägen ist, hätte aber — falls 1 Ein von mir besuchtes tropisches Kalk- und Karstgebiet mit Terra rossa- \'erwitterung (im Gegensatz zur Latentverwitterung umliegender Gneis- und PorphjTit- gebiete) am oberen Rio das almas, einer Quellader des Paranapanema, hat jedenfalls Temperaturverhältnisse, die noch innerhalb des thermischen Spielraumes im Mittcl- meerbecken fallen, doch gibt es auch in heißen Ländern (Jamaika, Sumatra) Kalk- gebiete mit Karsterscheinungen. 68 F. Kerncr-Marilaun, für diese der Gegenwart schon so nahestehende Zeit eine bio- logische VVärmedifferenz außer Betracht bleibt — höhere Solarwärme den Unterschied zwischen den Orthotemperaturen und morphogenen Palaeotemperaturen ausgeglichen. Es sind dies Sachverhalte, die den gewohnten Vorstellungen nicht folgen, nach welchen im Palaeogen ein sehr günstiges Solarklima bestand, das bei dem Abfalle zu seinem Tiefstande in der Eiszeit während des Pliozäns seinen heutigen Wert durchschritt. Die von allen Palaeogeographen aner- kannte starke Landentwicklung in Südeuropa im Pliozän zwingt aber zur Annahme tiefer stenomorphogener Temperaturen des Winters, denen nicht ebenso große Erhöhungen der Sommerwärme entsesenstehen. Zum mindesten müßte man den Floren des Pliozäns die Anpassung an eine sehr große Wärmeschwankung zuschreiben, um von der Annahme eines günstigeren Solarklimas abzusehen. Erschwert scheint solcher Verzicht durch den Umstand, daß das jüngere Bi'aunkohlenland gebirgig war — sein Bestand fiel in eine Zeit nach der Hauptfaltung — und so seine morphogenen Tem- peraturen einer Höhenkorrektion bedürfen, die sie noch um ein paar Grade erniedrigen kann. Es bietet noch Interesse, die Palaeotemperaturen mit den jetzigen an dem Orte, wo erstere erhoben wurden, zu vergleichen. Als solcher Ort kommt Dernis in Betracht, das in nächster Nähe der protozänen Bauxite von Uncistan und der eozänen Bauxite des K'alun, in der Nachbarschaft des Monte Promina und am Westende des Petrovopolje liegt, an dessen Südostende Neogenpflanzen von mir gefunden wurden. Die Temperaturen des Jahres und der extremen Monate zu Dernis sind nach Trabert: 13-8, 4-4 und 24-1. Sie sind sonach um 2-1, beziehungsweise 3-7 und 0*6 tiefer als die Gesamtmittel im Roterdeklima. Nimmt man für das Jahr 0-5, für den Winter 0-6 und für den Sommer 0-4 als Temperaturabnahme mit der Höhe an, so erhält man, da Dernis 300 ;;/ hoch liegt, als Wärmegrade im Meeresniveau 15-3, 6*2 und 25-3. Im folgenden sind die von den Bauxiten und Braunkohlen- pflanzen bezeugten Regenregime (r,,) mit den aus der Land- und Wasserverteilung zu ihrer Bildungszeit abgeleiteten (r„,) verglichen, für welche die tieferen der gefundenen Werte gesetzt wurden. Piotdzän Mittel-Eiv.an . . L'ntei-Oligoziin Untcr-Pliii/.än . . 7',j (Spielraum) \A'. 21— G3 21—63 30-47 27—30 S. 0—21 0—21 7—13 7 — 13 7-,j (.Mittel) W. 38 38 43 28 S. 9 9 10 ll) l'll! w. 39 44 43 14 14 13 () 'I'ertiäiklimate in Dalmatien. 69 Von den auf palaeogeographischer Grundlage berechneten rela- tiven Regenmengen liegen jene für die Zeitstufen mit Bauxitbildung innerhalb der großen Wertstrecke, über die sich diese Mengen jetzt im mediterranen Roterdegebiete verteilen, die für den Winter nahe der Mitte jener Strecke, die für den Sommer näher gegen den Höchstwert. Von den morphogenen relativen Regenmengen für die Stufen mit Braunkohlenbildung stimmen jene des Winters ganz mit den aus den vorzeitlichen Vegetationsverhältnissen erschlossenen überein, jene des Sommers liegen knapp an der Grenze ihres palaeobiologischen Spielraumes, jene für das Oligozän an der oberen, jene für das Pliozän an der unteren Grenze. Letztere Menge erscheint im Zusammenhalt mit dem niedrigen Winterwerte sehr gering. Doch zeigt Alicante bei 27 '1 relativer Wintermenge auch nur 7*8% im Sommer (Valencia 27-2 und 8 •6). Man trifft dort eine starke Entwicklung von Frühlings- und Früh- herbstregen (Februar — Mai 34-7, September — Oktober 30-4) und eine solche läßt sich auch für das jüngere dalmatische Braun- kohlenland vermuten. Für Alicante bedingt diese \'erteilung, daß trotz des sehr trockenen Sommers 45 y^, des Jahresniederschlages auf das Sommerhalbjahr entfallen. Ein ähnlicher Sachverhalt hätte im pliozänen Dalmatien wohl auch das Wachstum jener Pflanzen ermöglicht, deren Verwandte jetzt in Klimaten mit Sommerregen gedeihen. An der mauretanischen Küste entfällt dagegen nur mehr ein Fünftel der Jahresmenge auf das Sommerhalbjahr (Tanger 21, Oran 19, Alger 20 ^/o)- Man möchte für das weit vom Meere ab- gerückte gebirgige jüngere Braunkohlenland — marines Pliozän reicht ostwärts nicht über Pelagosa hinaus — aber doch auch eine Neigung zu Mittsommerregen annehmen, wie andrerseits der Winter minder feucht war als im Palaeogen. Es ist die aus der Landver- teilung im Pliozän erwachsene enge Scharung der Juliisobaren, aus der sich für dieses Land zu jener Zeit ein scharf ausgeprägtes Etesienklima ableitet. Eine relative Regenmenge von 13 im Sommer, wie sie sich für das Oligozän ergibt, erscheint dagegen in Verbindung mit einer solchen von 43 im Winter ungewöhnlich hoch. In Lesina sind 12 Sommerprozente mit 37 Winterprozenten verknüpft, in Valona 42 von diesen mit 10 von jenen. Am Tafelberg und an mehreren Stationen Südaustraliens entfallen 1 1 ^/^ der jährlichen Regenmenge auf den Sommer, 39 bis 43 auf den Winter (Cläre 39, Adelaide 41, Gap Northumberland 43). Letzteres Verhältnis kommt dem für die Zeit des Wachstums der Proteaceen in Dalmatien berechneten am nächsten. Es wurde hier versucht, bis jetzt nur bei der Erforschung palaeothermaler Zustände und bei Heranziehung von Pflanzen als Zeugen des Klimas der Vorwelt angewandte Methoden auch bei /(' F. Kerncr-M aril aun , Tertiäi-klimate in Dalmaticn. der Ergründung der vorzeitlichen H3^drometeorik und bei Aufrufung von Veru'itterungsböden als Klimazeugen anzuwenden. Sind diese Methoden auch mit großer Vorsicht zu gebrauchen und der Gefahr der Mißdeutung und des Mißbrauches ausgesetzt, so darf man doch von ihrer sinngemäßen Anwendung P'ortschritte in der Erkenntnis erhoffen. Würde bei der chemischen Auflösung des Kalkes, wie Kispatic sagt, schon ein Tonerdehydrat zurückbleiben, so wären die dalmatischen Bauxite nur mechanisch umgewandelte Roterden. Bleibt, wie die Meisten annehmen, bei der Kalkauflösung Ton zurück, so wäre bei der Frage, wie die Kieselsäure entfernt wurde, auch nach dem Klima zu fragen, unter welchem dies geschah. Die Bildung des Laterits aus dem bei der Feldspatverwitterung entstehenden Ton erfolgt im Savannenklima unter (abzüglich der Regenzeit; starker Sonnenbestrahlung. Falls die für das Pliozän in Südeuropa gefundene positive Differenz zwischen Ortho- temperatur und morphogener Palaeotemperatur auf ein günstigeres Solarklima weist, dem aber ein physisches Klima mit kaltem Winter entsprechen ki^inte, stünde vielleicht die verstärkte Sonnen- strahlung zur Austreibung der Kieselsäure in Beziehung.^ Vielleicht fiel dieses günstigere Solarklima (das für andere Gebiete erst zu erweisen wäre) mit jenem zusammen, welches Spitaler- bei der Ableitung solarklimatischer Perioden höherer Ordnung aus den von R. W. Farland nach den Formeln «von Le Verrier und Stockwell berechneten Störungen des Perihels und der Exzentri- zität für die der Eiszeit vorausgegangene Zeit gefunden hat. ^ Die protozänen und ccjzänen Hoterden waren zur Plioziinzeit in Ausbissen selion bloßgelegt. - R. .Spitaler. Das Klima des iMSzeitalters. !'i-ag, 1921. p. 102. 71 Das elektrolytische Leitvermögen verdünnter Lösungen unter dem Einflüsse submerser Gewächse. L Von Franz Ruttner (Aus der Biologischen Station in Lunz) (Mit 4 Textfiguren) Ausgeführt mit Unterstützung der Akademie der Wissenschaften in Wien (Vorgelegt in der Sitzung am 6. Mai 1921) Vor einer Reihe von Jahren wurde im Rahmen der hydro- graphisch-biologischen Untersuchungen im Arbeitsgebiete der Bio- logischen Station Lunz eine große Anzahl von Messungen des elektrolytischen Leitvermögens natürlicher Wässer durchgeführt ^ und bot mir Gelegenheit, die außerordentlichen Vorteile dieser Methode, welche es gestattet, auch die geringsten Schwankungen im Salzgehalt des Wassers rasch und sicher nachzuweisen, schätzen zw. lernen. Die Einfachheit dieser Untersuchungen, die Möglichkeit, an einer und derselben Flüssigkeitsmenge, ohne deren chemischen Charakter zu verändern, beliebig viele Messungen hintereinander durchzuführen und schließlich die große Genauigkeit der erhaltenen Ergebnisse drängten den Gedanken geradezu auf, das Verfahren auch in den Dienst von Stoffwechseluntersuchungen an PHanzen, insbesondere an submersen Wasserpflanzen, zu stellen. Sind doch die Probleme der Aufnahme und Abgabe von Stoffen seitens der Wassergewächse schon in Anbetracht der großen Verdünnung der Nährlösung, in welcher diese Pflanzen unter natürlichen Verhältnissen leben, in ihren Einzelheiten schwer 1 F. Ruttner, Die elektrolytische Leitfähigkeit des Wassers der Lunzer Seen. Internat. Rev. d. ges. Hydrobiol. u. Hydrogr. 1914. Hydrogr. Suppl. zu Bd. \'. 72 F. Kiittner, ZU verfolgen. Denn einerseits sind die auftretenden V'eränderungen der Konzentration vielfach zu klein, um auf dem Wege der chemi- schen Wasseranalyse mit Sicherheit erfaßt werden zu können, zu- mal wenn man nur kleine Wassermengen zur Verfügung hat, andrer- seits schließt die Umständlichkeit und Langwierigkeit der chemischen Methoden in \ielen Fällen die Ausführung einer größeren Anzahl von Beobachtungen innerhalb eines und desselben Versuches aus^ so daß man auf diesem Wege meist nur zu Ausgangs- und Endwerten gelangt, welche die Einzelheiten im Verlaufe des zu beobachtenden Prozesses im Dunkeln lassen. Deshalb verdienen jene Verfahren, welche mit Umgehung der chemischen Analyse brauchbare Aufschlüsse über Stoffveränderungen in Nährlösungen zu geben vermögen, die Beachtung aller mit ähn- lichen Problemen beschäftigten Biologen und daß die Bestimmung des elektrolytischen Leitvermögens verdünnter Lösungen (eine Messung, welche kaum umständlicher ist als jene der Temperatur) zu diesen anzuempfehlenden Methoden gehört, soll durch ihre An- wendung auf die Untersuchung gewisser Stoffwechselvorgänge bei submersen Wassergewächsen in der folgenden Arbeit dargelegt werden. Methodik. Obwohl Leitfähigkeitsuntersuchungen von Lösungen nach dem Prinzip der Wheatstone'schen Brücke schon seit langem eines der wichtigsten Hilfsmittel der physikalischen Chemie bilden, so war es doch Kohlrausch vorbehalten, in seinem grundlegenden Buch über das Leitvermögen der Elektroh'te^ auch auf die große praktische Bedeutung dieser Methode besonders für den analytischen Chemiker und für den Techniker hinzuweisen. Dieses ausgezeichnete und für jeden, der sich mit derartigen Messungen abgibt, ganz unentbehrliche Buch enthält alle nur wünschenswerten Angaben über die nötigen Apparate und deren Gebrauch, so daß ein näheres Eingehen darauf an dieser vStelle überflüssig erscheint. Für die vorliegende Untersuchung gelangte ausschließlich die von Pleissner- speziell für Wasseruntersuchungen angegebene, mit Tauchelektrode und Walzenbrücke ausgestattete und in ein leicht transportables Kästchen sehr zweckmäßig eingebaute Zu- sammenstellung zur Verwendung, welche sich bei mehrjährigem Gebrauch in jeder Hinsicht ausgezeichnet bewährt hat. Die diesen Messungen zugrundeliegende Einheit ist das Leit- vermögen einer Flüssigkeitssäule von 1 cur Querschnitt und 1 ciu 1 Kohlriuiscli und Holborn, Das LcitvermÖLicn der Elekti-olyte. Leipzig- 1898. 2 Pleissner, Handlicher, tragbarer Apparat zur Messung des elektrolytisclien Leitvermögens von Wässern, Abwässern und Salzlösungen an Ort und .Stelle. Wasser und Abwasser, Bd. '1, 1910. I,eitvcrmogon verdünntoi' l.iisiitigen. ( o Höhe, welche den Widerstand von 1 Ohm besitzt und wird, da die Leitfähigkeit dem Widerstände umgel6 Stunden von ()-9'^ auf 1"56 und fiel nach neuerlicher Belichtung wiederum auf 1-04 ab. Viel schwieriger ist es, eine Deutung für den so auffallenden mittleren Teil der sich regelmäßig wiederholenden Tageskurve, für das große Maximum im intensiven Licht und den bei abnehmender Lichtstärke darauffolgenden raschen Abfall zu finden, Erscheinungen, welche den bis jetzt erörterten Wirkungen der Spaltung und Neu- bildung von Bicarbonat anscheinend geradezu entgegengesetzt ver- laufen. Vor der eingehenderen Erörterung dieses Gegenstandes sei auf Fig. 2 hingewiesen, welche die Abhängigkeit des Verlaufes der Leitfähigkeitskurve von der Lichtqualität veranschaulichen soll. Die Ausführung dieses Versuches war im wesentlichen dieselbe wie jene des zuerst geschilderten. Als Kulturfiüssigkeit wurde das Wasser des Lunzer Seebaches verwendet, welcher einen höheren Bicarbonatgehalt und somit auch eine höhere Leitfähigkeit besitzt als der See. Die vier KcJlbchen wurden wieder im Glashause auf- gestellt, und zwar (ü, l\ c) unter doppelwandigen (Sennebiere'schen) Glasglocken, von denen u mit gewöhnlichem Wasser (weißes Licht), h mit konzentriertem Kaliumbichromat (langwellige Hälfte des Spek- trums), c mit Kupferox3/d-Ammoniaklösung (kurzwellige Hälfte des Spektrums) gefüllt waren. Der Versuch J war verdunkelt und befand sich ebenfalls unter einer Glasglocke. Alle Glocken wurden durch Berieselung gekühlt. Die Leitfähigkeitskurven der Versuche im »roten« und im weißen Lichte stimmen in hohem Grade überein und unterscheiden sich nur imwesentlich von der in Fig. 1 wiedergegebenen. Die Leit\-(jrni()geii \'eidüiintcr Lösungen. 79 einzige bedeutendere Differenz jener gegenüber besteht darin, daß die Ausfällung des Kalkes in a sowohl wie in h wegen der weniger guten Beleuchtung während der ersten Versuchstage längere Zeit in Anspruch nahm und der Anstieg im Licht erst am dritten Tage auftrat. Jedenfalls wirken Eloäea-Spvosse im »roten« Lichte in gleicher Weise und kaum weniger intensiv auf die Leitfähigkeit des Wassers ein, als wie im untiltrierten weißen Licht, eine Tatsache, die noch durch weitere, verschieden vari- ierte Versuche bestätigt werden konnte. Viel tionen Sprosse im /^ T19 21 22. 2h 24 Bewölkung Q 0 • • 0 0 0 0 Stunde 6 12 6 6 12 6 6 12 ö 6 12 C schwächere Reak- die Elodea- » blauen« Lichte. zeigten Hier fand eine merkliche Ab- nahme der Leitfähigkeit und somit auch der Bicarbonat- konzentration nur bei hellem Sonnenlichte und auch da nur allmählich statt. Von einem Anstieg des Leitvermögens im Lichte war auch dort keine Rede, wo die Pflanzen (in anderen Versuchen) erst nach erfolgter Spaltung des Bicarbo- nats unter die blaue Glocke gebracht wurden. Hier zeigte sich nur der Anstieg bei Nacht und ein darauf folgender Abfall im Sonnenlicht, die Kurve ist daher zu jener im »roten« und im weißen Lichte geradezu gegenläufig. Im Dunkelversuch endlich blieb die Leitfähigkeit nach einem anfänglichen Anstieg an- nähernd konstant, offenbar weil bei der von vornherein hohen Bicarbonatkonzentration und der durch die Atmung bedingten COo-Spannung eine weitere Auflösung des der Pflanze konnte. Bekanntlich liegt nun auch das Maximum der CO.,-Assimilation bei den grünen Pflanzen in der langwelligen Hälfte des Spektrums (ein zweites, in die kurzwelligen Strahlenbezirke fallendes Maximum ist von untergeordneter Bedeutung). Es zeigen somit die geschil- der Leitfähigkeit unter verschiedenen Licht- weiss . rot : bLaa d- d.VLr\, keL • Fig. 2. anhaftenden Kalkes nicht erfolgen derten Veränderungen 80 F. Ruttner, qualitäten eine volle Übereinstimmung mit den diesbezüglich für die Assimilation ermittelten Gesetzen und legen die Vermutung nahe, daß nicht nur der steile Abfall der Kurve am Beginn der Versuche, sondern auch die später folgenden Mittagsmaxima zu diesem wichtigsten Vorgang des Pflanzenlebens in irgendeiner Beziehung stehen, wenn sie auch den durch die Bicarbonatspaltung bedingten Schwankungen entgegengesetzt verlaufen. Es ist naheliegend, bei dieser merkwürdigen Erscheinung zunächst daran zu denken, daß die Erhöhung des Leitvermögens im intensiven Licht vielleicht durch den Austritt irgendeines Elektrolyten aus der Pflanze bedingt werde. Diese Annahme scheint auch im Einklang mit einer anderen schon bekannten Tatsache zu stehen, welche zuerst von Klebs beobachtet, von Hassack bestätigt und in letzterer Zeit von Molisch sowie auch später von Perusek für eine große Anzalil von Wasserpflanzen nachgewiesen wurde. ^ Bringt man nämlich Sprosse einer submersen Wasserpflanze in Leitungswasser, fügt einige Tropfen einer alkoholischen Phenol- phtaleinlösung hinzu und setzt das Ganze dem direkten Sonnen- lichte aus, so färbt sich das Wasser bald mehr oder weniger intensiv rot, ein Beweis für das Eintreten alkalischer Reaktion. Wohl muß schon die Entfernung der freien Kohlensäure aus einer Bicarbonatlösung, wie sie während des Assimilationsvorganges erfolgt, zu einer Veränderung der Reaktion führen.- Denn in jeder längere Zeit sich selbst überlassenen Bicarbonatlösung stehen Carbonat, Bicarbonat und freie Kohlensäure im chemischen Gleich- gewicht und dieses S3'stem reagiert gegen Phenolphtalein neutral. Wird die Kohlensäure auf irgendeine Weise entfernt, so setzt die Abspaltung einer gleichen Menge aus dem Bicarbonat ein, und solange der Ausgleich nicht vollständig ist, muß, da ja die saure Komponente, die in H"- und HCO^-Ionen dissoziierte Kohlensäure, entfernt ist, eine Verschiebung der Reaktion eintreten, die Lösung wird, infolge der nun zur Geltung kommenden Hj^drolyse des Carbonats und Bicarbonats, alkalisch. Man kann sich da\^on leicht überzeugen, wenn man aus einer Lösung von Calciumbicarbonat, der etwas Phenolphtalein zugesetzt wurde, durch Einleiten CO.,- freier Luft die Kohlensäure entführt. Es tritt alsbald eine schwache Rotfärbung der Flüssigkeit ein. Doch wird die Rotfärbung nie an- nähernd so intensiv, wie unter dem Einfluß der Pflanze und man 1 Klebs, Über die Organisation der Gallertc bei einigen Algen und Flagcllatcn. l^ntersucli. a. d. bot. Institut zu Tübingen, II. Bd., 1886. — Hassack, l'ber das Verhältnis von Pflanzen zu Bicarbonaten und über Kalkincrustation; ebenda, 1887. — .Molisch, Über die Fällung des Eisens durch das Licht und grüne Wasser- pllanzen. Diese .Sitzungsber., 119. Bd., Abt. I, 1910. ■ — Perusek, Über Mangan- speicherung in den Membranen von Wasserpflanzen; ebenda, 128. Bd., 1. H., 1919. - \'gl. auch Nathansühn, Über die Bedingungen der Ivohlcnsäureassimilation in natürlichen Wässern, insbesondere im Meere, lier. der mathem.-pliys. Klasse der kgl. sächs. Ges. der Wiss. Leipzig, LIX. 1^1., 1907. — Ferner auch: Stoffwechsel der Pflanzen. Leipzig 1910. I,eit\'crin(igon \'erdünntcr Lösungen. hl muß deshalb annehmen, daß bei dem Zustandekommen dieser alkalischen Reaktion noch andere Umstände mitspielen. Aus der Beobachtung, daß die Rotfärbung nicht nur im Leitungswasser, s(MTdern auch im Regenwasser entstand (bei Elodea imd Ct'ratopliyllniu), daß ferner bei Chara auch in Lösungen von Calciumnitrat, Calciumsulfat, Calciumacetat und Calciumchl(>rid eine Abscheidung von kohlensaurem Kalk eintrat und schließlich aus der Entfärbung eines auf der Obertläche \'on Wasserpflanzen erzeugten Niederschlages von Berlinerblau hat nun Hassack den von Pfeffer^ übernommenen Schluß gezogen, daß submerse AVasserpflanzen im Licht Alkali, und zwar vermutlich kohlensaures Alkali ausscheiden. Versucht man mm, diese Annahme einer Erklärung des An- stieges der Leitfähigkeit im intensiven Licht zugrundezulegen, so stößt man schon bei näherer Betrachtung des Kurvenverlaufes auf Schwierigkeiten. Wollte man sich schon mit dem steilen und eine außerordentlich rasche Abgabe des fraglichen Stoffes voraussetzenden Anstieg bei zunehmender Lichtintensität abfinden, so bliebe der ebenso rasche Abfall bei eintretender Dunkelheit ein Rätsel, man müßte denn annehmen, daß die Substanz, ebenso rasch wie sie abgegeben wurde, von der Pflanze wieder aufgenommen wird. Sieht man von dieser unwahrscheinlichen Voraussetzung ab, so müßten die Diagramme einen stufenweisen Anstieg des Leitvermögens er- kennen lassen, die Minima der aufeinandertolgenden Versuchstage müßten immer höher zu liegen kommen. Doch nichts davon ist der Fall, im Gegenteil, die Minima liegen in den meisten Versuchen von Tag zu Tag tiefer (vgl. z. B. Fig. 2). Immerhin mußte der soeben besprochenen Alkalibildung im Lichte und deren Zusammenhang mit den Schwankungen des Leit- vermögens im weiteren Verlaufe der Untersuchungen die größte Aufmerksamkeit gewidmet werden. Da nun weder das Leitvermögen der Lösung noch auch die Lebensfähigkeit der Elodea durch einen geringen Zusatz alkoholischer Phenolphtaleinlösung merklich beein- flußt werden, wurden den Versuchslösungen in vielen Fällen von vornherein 2 Tröpfchen des Indikators aus einer kapillar aus- gezogenen Pipette zugefügt und so ein bequemes Beobachten des Auftretens der Reaktion ermöglicht. Für die exakte Prüfung der hier interessierenden Furagen war es vor allem nötig, Versuchspflanzen zu verwenden, welche von dem ihnen anhaftenden Kalkniederschlag befreit worden waren. Denn da sich von CaCO^ auch in kohlensäurefreiem Wasser bei Zimmertemperatur Wintg im Liter lösen und diese Lösung gegen Phenolphtalein alkalisch reagiert, so muß bei Verwendung nicht gereinigter Pflanzen eine Beeinflussung sowohl des Leitvermögens wie auch der Reaktion eintreten. Es gelang auch (wenn auch nicht 1 Pflanzenphysiologie, I, p. 115. Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, l.')0. Bd. 82 F. F^uttner, SO rasch, wie Hassack es angibt, aber immerhin in etwa 24 Stunden bei nicht sehr stark inkrustierten Pflanzen) die Eloäea-SpTOSse- durch Einleiten eines kräftigen CO.,-Stromes bei wiederholtem Wassservvechsel gänzlich von Kalk zu befreien.^ Um die Temperatur und Lichtintensität leichter konstant halten zu können, wurde der größte Teil der den folgenden Aus- führungen zugrundeliegenden Versuche in der Dunkelkammer vor einer 100-kerzigen Metallfadenlampe ausgeführt. Die Kölbchen waren in etwa 20 cm Entfernung auf einer weißen Unterlage im Kreise um die Lampe aufgestellt, mitunter befand sich hinter den Kölbchen noch ein Schirm aus weißem Karton zur Verstärkung der Licht- intensität. Wo es wünschenswert erschien, die Wirkung der V/ärme- strahlung der Lampe herabzusetzen, wurden die Versuche in ein Wasserbad Cgroße weiße Porzellanschale) eingestellt. Versuche in destilliertem Wasser und in künstlichen Elektrolytlösungen. Findet im Lichte die Ausscheidung eines Elektrolyten statte so müßte sie im destillierten Wasser am deutlichsten zum Ausdruck kommen, da hier eine KompensierLing der Erscheinung durch die etwaige Aufnahme irgendwelcher gelöster Stoffe ausgeschlossen ist. Es wurde deshalb je ein sorgfältig von Kalk befreiter, etwa finger- langer Sproß von Elodea in \^() cnf destilliertes Wasser gebracht und zwei der so adjustierten Kölbchen vor der Lampe, zwei im Dunkeln aufgestellt. Außerdem wurden, um einerseits den Einfluß der Anwesenheit von Ca CO., zu prüfen, andrerseits zur Kontrolle der Assimilationsfähigkeit und Lebensfrische der verwendeten, von Kalk befreiten Sprosse noch folgende Parallelversuche eingeleitet. 4 Kölbchen mit destilliertem Wasser -+- einer Aufschwemmung von gefälltem CaCO., bis zur deutlichen Trübung der Flüssigkeit /je zwei im Licht und im Dunkeln); 4 Kölbchen mit destilliertem Wasser -+- 10 r;//' einer konzentrierten Ca(HCO.,)o-Lösung (je zwei im Licht und im Dunkeln).- Jedem Kölbchen waren 2 Tröpfchen Phenolphtaleinlösung zugesetzt worden. Tabelle I enthält die gemessenen Leitfähigkeitswerte und den durch Zeichen veranschaulichten Ausfall der Phenolphtaleinreaktion ( — farblos, + beginnende Rötung, -+- + rosa, -4- -+- + rot). i Die Kontrolle, ob die Reinigung \\iiklich vollständig gelungen ist, wird am einfachsten durch Leittahigkeitsmessungen bewerkstelligt. Sobald nach längerem Durchleiten von CO., das Leitvermögen nicht mehr steigt, muU aller Ivulk in Lösung gegangen sein. Ein allzulanger Aufenthalt in Wasser, das mit CO.2 gesättigt ist, wirkt auf Elodea schädlich, h-s ist deshalb zweckmäßig, das Waschen nicht länger als unbedingt nötig auszudehnen. '- Die konzentrierte Calciumbicarbonatlösung wurde durch längeres lünleiten von CO., in eine Aufschwemmung von gefälltem kohlensaurem Kalk gewonnen. Leitvermögen verdüniiler Lösungen. 53 o Oi ■•— • 73 Xi oc ■■^ o x: o — > 75 (U ^ a> ^ ca c ü Lh CO S Q ^ -t3 »T^ 1 ■-» .^ Cl) o K! C^l .1— t JJ JD 1— » -4-' r- o J '^ 1 •^ -_p CS —i. r^ ~ — "J CO •M h •"^ rt c >> - ; ~ ~ " ~ ~ r- p: s J^' 2 -^ ^ 3 = S ^ ^ 50 ~ :; ^ C_ — r. — — r. — DP 5 5^ 5 = p ic ö' - — -^ 1 - — ' 1 «-K 'J^ 1- ^ "^ -P 1 jq y. X 0= c. X I. ^ ^^ — ^ ^ -^ X > ZjZ 4- — ' lO ^ ^ c jC CO CO CS p tT' DO r^. ^ c; ^T* r-* 3 f*". 5 W ^ i.P c c c § 5- := §^ , ^ . ^ .--, §: e. i- ! c ^] IC IC 4- Cf: ^ o c; o .^ 00 c tl cn o GC t— k C; ^— cc Cj t— ^ O "^ M ^' o hl- tf- C: O X p 2 5" 3 3 3 ^"^1 — o o CR ~ 1 Q -1 IC IC ^1 IC li s o — o — — •^ ;^ ~3 Cl ^ . _^' ^ ~ 00 CO o ^ 00 CC CT! ^ i'- . o c o 1 ii^=l oSE.g-1 '- 5 "^ ^ '^ s^ ^ O £ Ö li 3 o >: IM o o ►- tc OD o ,' ^' .' -^^ " '^, «'w 1— »■ ' — ' c~l 02 '•O. o •^ ^3 CO »^ 0^3- o 2- a §• 1 o <^ I 1 C 00 CO oc w1 O S" - 3 Iw Iw C^ C ^; 3 O' rc 4^ 00 CC ,' ," ^^ ' ' r\ t\, 5 £c -* ^ o Ib. |p o f^ 1 lO 00 Ö S" ^ 5 ^ o c CT. CD < o .p er CD VI c5 in er; Q p Oh er. ^:3 uoipino^ -uionnqdiouoqj 1,^1] - tiouu auiqBuqv — ' Tor^'^'t 3 • 86 2 • 70 in UOI5>JT33JI -ui9[B;qdiou3qj 1 + 1 + + + ... qoTJU ouuiRuqy — 1 1 c o Ol ö ^or*^'^-''. OC' OO t- in 00 CT. OJ "* CO m 77 r-3 o X SP 5'! -ut3H?;qdiouoqj 1 1 ' + + 1 + ''•0.') UOA ua^igjaig qoüu aaiqnuqv ' Ol o -^ Ol \i)\-^^f' 5 '. CO o »n Ol -f -I- p ■r S? 1^ -uiDiTijqdjouaqj i - 4 - -- -- «'OO UOA U3;i3iuia qoBU ouuiT?uqY 1 c : £ -+ TOr^'^" CO o; oc c ^ I- co in Ol -t -f bc si -< U0I1JIB9^ -uiaiuiqdjouaqj i - 4 - + + -- ^03 UOA uaipjuig ipuu QUiqtiuqv 1 H o oc O tOT-^^-''- o\ in c CO o o in Dunkel- kammer, Lampen- licht März 1921 Tag und Stunde 'S { 1-- 92 I". l^uttncr, Zu Tabelle 6. März H>21 Tilg und Stunde Die \ei-\\endeten Ca(HC0;{)2-Li'Sungen ohne Elvdeu Vi,. 101 o CHI' 10 cin^ ' 20cin^ 30 cm-' 15., <)'^ nachmittags . 16., 10'' \die Pflanze das kohlensaure Salz in Form seiner Ionen aufnimmt und unter Ausscheidung von Sauerstoff und Alkalihydrat reduziert*, vermutet Nathansohn (1. c, p. 215) einer Bemerkung Czapek's (Biochemie, 1. Aufl.. Bd. 1, p. 421) zugrunde legen zu können. Es erscheint mir aber unsicher, ob die betreffende Stelle wirklich in diesem Sinne zu deuten ist. - Vgl. auch Czapek, Biochemie, 1. Aufl., II, p. 847, und Nathansohn. Der Stoffwechsel der Pflanzen. Leipzig 1910, p. 97, 98, 117. 3 Knqp, Landw. Versuchsanst., Bd. CXXI, 1861, p. 293. 96 I". Kuttner, Aber auch die bereits mitgeteilten Eri^ebnisse der Versuche in carbonatfreien Lösungen enthalten Anhaltspunkte für die Annahme, daß die Ca"-Ionen im allgemeinen mit geringerer Geschwindigkeit in die Pflanze aufgenommen werden als die an sie gebundenen Anionen. Ich erinnere an die Beobachtung, daß in konzentrierteren Lösungen von Neutralsalzen des Calciums |0- Ol -norm. Ca(NO„)^, CaSO^, CaCl, |, denen etwas Phenolphtalein zugesetzt war, scharf begrenzte, rote Wölkchen auf der Oberseite der Blätter auftraten. Diese lokalisierte, aber sehr deutliche Alkalibildung ist wohl kaum auf andere Weise zu erklären, als durch die Annahme eines rascher erfolgenden Eintretens der Anionen und deren Ersatz durch OH'. Es darf nicht wundernehmen, wenn der Vorgang beim Carbonat um so viel rascher vor sich geht, da der ständige und vollkommene Verbrauch der Carbonationen deren Aufnahme gewiß sehr begünstigt. Kehren wir nun noch einmal zu den Leitfähigkeitsschwan- kungen der früher geschilderten Versuche, insbesondere zu jenen der Tabellen .1 und G zurück, um zu prüfen, wie sich diese \'or- gänge unter Zugrundelegung der soeben besprochenen Annahme darstellen. In der Aufschwemmung von kohlensaurem Kalk steht der Pflanze, sobald etwa noch vorhandene Spuren von Bicarbonat zer- setzt sind, nur eine konzentrierte CaCOo-Lösung zu Gebote. Hier tritt die Wirkung der einseitigen Aufnahme der Carbonationen und der Abgabe \-on OH' gleich zutage, die Leitfähigkeit steigt beträcht- lich und die Lösung enthält nun außer CaCOo noch Ca(OH).,. Durch die Umsetzung in Hydroxyd wird die Konzentration des Carbonats herabgesetzt und neuer Kalk wird sich aus dem Bodensatz auf- lösen. Diesem Vorgang wird eine Grenze einerseits durch die individuelle Assimilationsenergie der Pflanze, andrerseits durch die Konzentration der OH'-Ionen gesetzt, die beim Überschreiten eines s;ewissen Maßes, wie anzunehmen ist und wie auch Nathansohn^ vermutet, die Assimilation sistiert. Leitet man nun Kohlensäure ein, so wird das Hydroxyd in Carbonat und dieses weiterhin in Bi- carbonat übergeführt, die Leitfähigkeit fällt rasch ab und erst wenn die ganze Umsetzung vollständig beendet ist, kommt sie zum Still- stande. Von vornherein könnte man erwarten, daß beim Ausgehen von der konzentrierten Carbonatlösung dieser Stillstand bei einem in der Nähe der Leitfähigkeit der äquivalenten Bicarbonatlösung liegenden Werte eintreten müßte. Dies ist aber durchaus nicht der Fall, sondern gerade bei den größten Schwankungen liegt das Minimum erheblich höher. Diese Erscheinung dürfte unschwer darauf zurückzuführen sein, daß die Ca-Konzentration, wie oben angedeutet wurde, im ganzen zugenommen hat (durch Auflösung aus dem Bodensatz) und, bei Einleitung von CO^, das CaCOg, bevor es noch ausfallen kann, in das gelöst bleibende Ca(HC03)2 übergeführt wird. 1 Nathansohn, Bedingungen der Kohlensäureassimilation etc., p. 215. Leit\-ermö.t'eii \-cii.lüiinter l.üsunücii. 97 »^ Man kann eine ganz analoge Erscheinung auch beobachten, wenn man Kohlensäure in eine reine Lösung \on Calciumhydroxyd einbläst. Folgende Zusammenstellung gibt diese Leitfähigkeits- abnahmen, wie sie in \erschiedenen X'erdünnungen einer mit ausgekochtem destillierten Wasser hergestellten Ca(0H).3-Lösung erhalten wurden, wieder: v-js-lOi Vor Einleiten von COo Nach Einleiten von COo 1-75 0-73 0-98 0-46 0-62 0-34 Der Stillstand der Abnahme erfolgt somit auch hier bei einem höheren, mit der Konzentration steigenden Werte. Zu einem Schwankungsausmaß, das dem in den Versuchen mit Elodea ge- fundenen noch näher kommt, gelangt man, wenn man von einer mit CaCOg verunreinigten Lösung ausgeht, wie man sie erhält, wenn man das Hydroxyd in ungekochtem, also etwas CO., ent- haltendem Wasser auflöst. Derartige Messungen ergaben: Vor Einleiten von C0._, Nach Einleiten \m\ CO.t 1-53 0-82 0-85 0-53 ■ 0-51 0-39 Bei den Versuchen mit Elodea in Bicarbonatlösungen ist, so- lange noch nennenswerte Mengen von Bicarbonat vorhanden sind, das Auftreten einer Leitfähigkeitsschwankung deshalb nicht möglich, weil unter dem Einfluß des sich ständig zersetzenden Bicarbonats eine Erhöhung der Hydroxylionenkonzentration nicht eintreten kann. Erst bei einer Gesamtleitfähigkeit von 0*7.10~^ tritt die Erscheinung rasch zunehmend auf, um die größte Differenz bei etwa 0-5 bis O'ü. 10~^ zu erreichen. Das Ausmaß der Schwankungen ergab sehr verschiedene Werte und erwies sich in hohem Grade abhängig von den indivi- duellen Eigenschaften der verwendeten Sprosse. Mitunter zeigten auch Pflanzen, deren Assimilationsfähigkeit in Bicarbonatlösungen anscheinend normal war, einen nur mäßigen Anstieg der Leitfähig- keit. So z. B. in den Versuchen der Tabelle 1, wo die Endwerte in Bicarbonatlösung und in Carbonataufschwemmung jene der kon- zentrierten CaCOo-Lösung nur wenig übersteigen. In diesen Fällen dürfte eine Bildung von Hydroxyd gar nicht oder nur in geringstem Umfange stattgefunden haben. In der Mehrzahl der Fälle jedoch beträgt der Leitfähigkeits- anstieg 0-10 bis 0-18 im Lampenlicht, 0-20 bis 0-43 im direkten Sonnenlicht und in diesen Fällen ist die Vermehrung der Hydroxyl- ionen und somit die Hydroxydbildung sehr beträchtlich. Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 130. Bd. 7 08 F. Ruttner. Stellt man die Versuche in wachsender Entfernung von der Lampe auf, so nimmt die vSchwankung ab, ein Beweis für deren Abhängigkeit von der Lichtintensität. Die Aufnahme von Carbonaten durch Elodea. Die vorstehenden Darlegungen setzen voraus, daß Carbonate überhaupt von der Pflanze aufgenommen werden, wenn auch, speziell bei Calciumcarbonat, unter Bevorzugung des Anions. Da es bisher auch mit den feinsten Methoden nicht gelungen ist, in reinen Carbonatlösungen eine Abscheidung von Sauerstoff aus Wasserpflanzen festzustellen, so hat man den Schluß gezogen, daß wohl die bei der Spaltung der Bicarbonate freiwerdende, aber nicht die in den Carb(^naten gebundene Kohlensäure für die Assimi- lation ausgenützt werden kann, und Nathansohn spricht die An- sicht aus, daß Carbonate überhaupt nicht oder nur spurenweise in die Pflanzenzellen eintreten.^ Diesen Fragen mußte, wegen deren Wichtigkeit für die uns interessierenden Probleme, einige Aufmerksamkeit gewidmet werden und die Resultate der diesbezüglichen Beobachtungen seien im folgenden mitgeteilt. Vorausschickend muß ich bemerken, daß hiebei die etwaige Aufnahme von Carbonat und Bicarbonat, beziehimgsvveise von CO^f- und HCOg-Ionen nicht unterschieden werden kann, da ja auch in reinen Carbonatlösungen infolge der Hydrolyse (vgl. p. 93) stets beiderlei Ionen vorhanden sind. F\ir unsere PYage ist dies auch gleichgültig, es handelt sich lediglich um die Feststellung, ob kohlensaure Salze als solche, beziehungsweise deren Ionen, oder nur freie CO., in die Zellen eintreten können. Zunächst sei auf den in Tabelle 1 wiedergegebenen Versuch in filtrierter CaCOa-Lösung hingewiesen. Hier sank Ä'jg.lO^ inner- halb 8 Tagen von 0-39 auf 0-05; in einem anderen Versuch inner- halb 6 Tagen von 0-29 auf 0*025, auf einen Wert, welcher dem Leitvermögen eines mittelguten destillierten Wassers entspricht. Es ist somit im Laufe der X'ersuchsdauer der kohlen- saure Kalk nahezu vollständig aus der Lösung ver- schwunden und muß \on der Pflanze aufgenommen worden sein.- ^ Natlianso Im. Über die Bedeutung der Kohlensäureassimilation etc., p. 2 IT) f. — Ferner Kniep, l^hotosynthesc im Handwb. d. Naturw. VII, p. 793. - Um dem Einwand zu begegnen, daß der Kalk vielleicht in anderer Weise, ■/.. B. als Oxalat außerhalb der Pflanze ausgelallt worden sein könnte, eine Vermutung, welehc sich besonders bei dem zweiten, bei höherer 'l'cmperatur (zirka 2()°) gehaltenen Versuch, dessen Lösung eine Hockige Trübung aufwies, aufdrängte, wurde diese Trübung abzentrifugiert und mikroskopisch untersucht. Sic bestand aus Bakterien und Protcjzoen. Der (iesamtrückstaiid win-de auf einem l'latinblech \erascht, und I,eit\'ei'niögen N'crdü unter Lösungen. 99 Hierauf wurden Lösungen von Kaliumbicarbonat untersucht. Würde das Salz von der Pflanze nicht aufgenommen, sondern, wie Nathansohn annimmt, nur durch Entzug der CO., in Carbonat übergeführt werden, so müßte die Leitfähigkeit der Lösung nach unseren früheren Darlegungen (wegen des größeren Äquivalentleit- vermögens des Carbonats) einen Anstieg aufweisen. Aber gerade das Gegenteil findet statt. In Fig. 4 ist der Kurvenverlauf von x^^, wie er durch je zw^ei kalkfreie EkhIcaSpxosse in Lösungen von 0"0005-norm. (1), beziehungs- weise 0-001-norm. (II, III. IV) KHCO, verursacht wurde, wie- dergegeben. \'ersuch I und II befanden sich im Licht ('20 cui vor einer 100-kerzigen Spiral- drahtlampe), III war während der ganzen Versuchsdauer ver- dunkelt, IV durch 4 Tage ver- dunkelt, dann, bei L, belichtet. Den Versuchskölbchen war Phenolphtalein zugesetzt worden und die entsprechende Reaktion ist neben den Beob- achtungen eingetragen. Die Temperatur betrug am Anfang des Versuches 17° und stieg allmählich auf 20°. Die Lichtversuche zeigten ein noch rascheres Fallen der Kon- zentration als bei Anwendung \ on CaC03. Dabei wurde, wie das Auftreten der Phenolphtaleinreaktion und der bei jeder Beobachtung kontrollierte Abfall der Leitfähigkeit bei Einleiten von CO., beweist, das Bicarbonat, jedoch nur zum Teil, in Carbonat umgesetzt (der Abfall betrug nur 0-08 im Maximum; Erscheinungen, die auf eine Hydroxydbildung hingedeutet hätten, wurden niemals wahr- genommen). Gegen Ende des Versuches verschwand die Phenol- phtaleinreaktion wieder infolge des schließlich fast vollständigen Verbrauches des gelösten Salzes. Die Geschwindigkeit der Aufnahme nahm mit fallender Konzentraüon allmählich ab, wie insbesondere die Kurve I sehr schön erkennen läßt. In einem anderen Versuch erfolgte der \'organg noch rascher, die Leitfähigkeit fiel innerhalb 4 Tagen von 0'53 auf 0'07. Im Vergleich dazu zeigten die Dunkelversuche eine nur gering- fügige Abnahme der Konzentration. Da es denkbar wäre, daß der Abfall des Carbonatgehaltes trotz der nur wenig \eränderten Leit- Fig. 4. mikrochemisch auf Ca geprüft, jedoch mit negativem Erfolg. Die I^'lüssigkeit selbst, zirka 80 cm-% wurde auf dem Wasserbade auf 8 ctn- eingeengt und ergab bei Zusatz von Ammoniumo.xalat nur eine minimale Trübung, viel schwächer als die nicht ein- geengte Ausgangslösung. 100 l'. Iv'uttner. fähigkcit d<»ch erfolgte, aber infolge der steigenden Sättigung der Lösung mit Atmungskohlensäure (welche offenbar den anfänglichen Anstieg bedingt) nur verdeckt war, wurde der \'ersuch IV nach 4 Tagen belichtet. Der Abfall trat von diesem Zeitpunkt ab ganz konform jenem am Beginn der Lichtversuche ein und gleichzeitig erschien die Phenolphtaleinreaktion sehr intensiv, zu einer Zeit, wo sie in den dauernd belichteten Versuchen infolge der Erschöpfung des Carbonatgeh altes schon verschwunden war. Daraus muß man schließen, daß im Dunkeln tatsächlich sehr wenig Carbonat \'on der Pflanze aufgenommen worden war.^ Wenn auch nach den mitgeteilten Ergebnissen die Aufnahme der Carbonate im Licht relativ langsam vor sich geht, so sind doch die im Laufe der Versuchsdauer in die Pflanze eingetretenen Gewichtsmengen immerhin nicht unbedeutend. So hatten zwei Elodea -Sprosse aus \ 00 cm^ der CaCO^-Lösung in 7 Tagen mehr als 1 mg kohlensauren Kalk, aus der gleichen Menge 0*001 -norm. Kaliumbicarbonatlösung zirka 5 uig des Salzes entnommen. Dieser Befund ist immerhin von einiger Wichtigkeit für die Beurteilung der Kohlensäureassimilation der Wasserpflanzen. Wenn Carbonate, wie die mitgeteilten Versuche zeigen, tatsächlich in die Ptlanzenzellen eintreten, so ist nicht einzusehen, daß deren COg nicht für die Assimilation verwendet werden sollte, zumal ja die Kohlensäure im sauren Zellsaft frei werden muß.- SchtMi die um so viel langsamere Aufnahme der Carbonate im Dunkeln spricht für den Zusammenhang der Erscheinung mit der Kohlensäure- assimilation. Die Angaben Nathansohn's und anderer Forscher, welche den Carbonaten jede Bedeutung für die Assimilation absprechen, dürften darauf zurückzuführen sein, daß sie sich sämtlich auf die Beobachtung des aus der Pflanze austretenden Sauerstoffes stützen. Da nun die Aufnahme der Carbonate, wie wir gesehen haben, außerordentlich langsam erfolgt, so ist es sehr gut denkbar, daß dabei gar keine merkliche Sauerstoffabgabe an die Lösung eintritt. Der Voruanij der Kohlensävireassimilation durch Elodea in Lösungen von Calciumbicarbonat. Über die Art und Weise, wie die Wasserpflanzen die für die Assimilation nötige CO., aus dem sie umgebenden Medium schöpfen. 1 Die Aufnahme scheint in .^leiciier Weise für Biearhonate wie für Carbonate /AI gelten. In einer Vcrsuchsreilie blieb, offenbar infolge irgendwelcher Schädigung der Pflanze sowolil die \'ertarbung sowie auch der Abfall nach Einleiten von C0._. aus, ein Beweis, dal.i das Bicarbonat nicht in Carbonat übergeführt worden war und doch war eine deutlic!ie Abnahme der Konzentration eingetreten. - Der I-j'nwand Nathansohn's, dati durch die Aufnahme der Carbonate allmählich eine Xeutralisierung des Zellsaftes eintreten müßte, erscheint mir nicht zutreffend, da in der lebenden Pflanzen zelle immer Mittel vorhanden sein werden, die Abnahme der .Vciditiit wieder auszugleichen, z. B. schon durch die früher erwäluite .\bgabc von OH'-Ioncn in Calciumcarbonatlüsungen. Lcit\'eiiiir)gen x-crdünntei' [.üsungen. 101 stehen sich zwei Meinungen gegenüber. Nathansohn vertritt die Anschauung, daß die Pflanzen nur die in jeder Bicarbonatlösung stets vorhandene freie Kohlensäure aufzunehmen vermögen, welche dann, infolge der erfolgten Störung des chemischen Gleichgewichtes, immer neu aus dem Bicarbonat abgespalten werden muß. Da nun die C0.3-Tension im Wasser von jener der Atmosphäre bestimmt wird und auch der absolute Gehalt dem in der Luft vorhandenen ungefähr gleichkommt, so wären die Wasserpflanzen hinsichtlich der Kohlensäureversorgung keineswegs günstiger daran als die Landpflanzen und die halbgebundene CO., der Bicarbonate hätte nur die Bedeutung eines Vorrates, der die Tension des Gases im ^\'asser immer auf gleicher Höhe erhält. Angelstein^ dagegen kommt auf Grund seiner Beobachtung, daß die Assimilationsgröße bei gleicher COg-Tension mit dem Gehalt an Bicarbonat steigt, zu dem Schlüsse, daß die Pflanzen imstande seien, nicht nur die freie COo, sondern auch die doppeltkohlensauren Salze direkt im Assimilationsprozeß zu verwerten. Prüft man nun diese Frage auf Grund der hier mitgeteilten ^'ersuchsergebnisse, so ergibt sich, daß als die wichtigste CO.,-Quelle für Elodea jedenfalls die durch die Gleichgewichtsverhältnisse in Bicarbonatlösungen bedingte Menge des freien Gases anzusehen ist. Denn die direkte Aufnahme der kohlensauren Calciumsalze erfolgt viel zu langsam, um den raschen Abfall der Konzentration bei lebhafter Assimilation zu erklären. Auch müßten, der großen Konzentrationsabnahme entsprechend, sehr große Mengen von Ca mitaufgenommen werden, deren Bindung in den Zellen kaum vor- stellbar ist. Man müßte denn annehmen, daß das aufgenommene Ca in gleicher Weise wieder abgegeben wird, was wiederum der allgemeinen Erfahrung und unseren Versuchen in destilliertem Wasser, wo kein Elektrolvtaustritt erkennbar war, widerspricht. Eine einseitige Aufnahme der HCO '-Ionen allein kann aber ebenfalls kaum den durch die Assimilationsgröße geforderten Um- fang erreichen. Andrerseits reicht aber Nathansohn's Annahme, wonach die Pflanze nur auf die spontan aus dem Bicarbonat abgespaltene CO.3 angewiesen wäre und keine Mittel besäße, aktiv und direkt in den Prozeß einzugreifen, allein nicht aus, die beobachteten Erscheinungen restlos zu erklären. \^or allem ist schon die große Geschwindigkeit, mit der die Ausfällung des Kalkes unter dem Einfluß der Pflanze erfolgt, mit dem Verhalten \-on Calciumbicarbonatlösungen bei künstlichem Entzug von CO.^ nicht in Einklang zu bringen. Wie die in der letzten Versuchsreihe der Tabelle 6 angege- benen Zahlen beweisen, sind auch recht konzentrierte Ca(HC03)2- Lösungen beim offenen Stehen an der Luft ziemlich beständig und 1 Angelstein, l'ntersuchungen über die Assimilation submerser Wasser- pflanzen. Beitr. z. Biol. d. Pfl., 1910. 102 F. lUittncr. eine stärkere Abnahme der Ivonzentration tritt erst nach mehreren Tagen hervor. Dieser Prozeß kann nun durch Einleiten C(J.,-fi"eier Luft wesentlich beschleunigt werden, aber auch dann wird die Geschwindigkeit der durch Wasserpflanzen im Licht hervorgerufenen Leitfähigkeitsabnahme bei weitem nicht erreicht. Ein Erlenmeyerkolben wurde mit 400 cuf Wasser aus dem Lunzer See gefüllt und aus einer Durchlüftungsanlage ein Luftstrom^ der durch Einschaltung von Natronkalkröhren und Kaliapparaten \on CO., vollständig befreit war, in feiner Verteilung durchgeleitet. Daneben wurde ein nicht durchlüfteter ebensolcher Kolben mit 8 Sprossen \'on Elodca im Licht aufgestellt. Nach Ablauf von 18 Stunden war •/.^g.lO'^ im ersten Gefäß von 1-95 auf 1"8H, im zweiten, Elodca enthaltenden Gefäß von 1-97 auf 1-02 gesunken. Daß in dem durchlüfteten Kolben die Kohlensäure wirklich weg- geschafft wurde, bewies das Eintreten alkalischer Reaktion gegen Phenolphtalein und trotzdem war der Leitfähigkeitsabfall ein viel geringerer als unter dem Einfluß der Wasserpflanze, obwohl schon infolge der starken, durch die Durchlüftung bedingten Wasser- bewegung die Bedingungen für die CO.,-Abgabe offenbar günstiger waren als in dem unbewegten Inhalt des £/oocn \oi\lunntci" Lösungen. 10/ des Kalkes zurückzufühfen ist. Nach Abschluß dieses Prozesses tritt jedoch die entgegengesetzte Erscheinung ein, das Leitvermögen wächst im intensiven Licht bedeutend an, um bei X'erdunkelung wieder abzufallen. 3. Dieser Lichtanstieg des Leitvermögens ist an die Anwesen- heit von Calciumcarbonat gebunden und dasselbe gilt auch \on dem schon bekannten Auftreten einer alkalischen Reaktion in belichteten Wasserpflanzenkulturen. Beide Erscheinungen unter- bleiben in destilliertem Wasser oder in verdünnten Lösungen verschiedener Neutralsalze. Es trifft somit der von Hassack an- genommene Austritt alkalischer Substanzen (Alkalicarbonaten) aus den Pflanzenzellen nicht zu und da demzufolge die Äquivalent- konzentration der Lösungen im Licht keine Vermehrung erfährt, kann der Anstieg ihrer Leitfähigkeit nur in Veränderungen der kühlensauren Salze zu suchen sein, welche das Äquivalent- leitvermögen erhöhen. Dafür kommt in unserem Falle nur eine Vermehrung der Hydroxylionen in Betracht. Die Tatsache, dalJ dieser Lichtanstieg des Leitvermögens durch Einleiten von CO., wieder rückgängig gemacht werden kann, führt zu dem Schlüsse, dalj es der Koblensäui'eentzug bei der Assimilation ist, der ihn bewirkt. Doch reicht die mit der Umwandlung des Bicarbonates in Carbonat verbundene Erhöhung des Leitverm()gens nicht aus, die Erscheinung zu erklären, sondern man muß annehmen, daß über diesen Prozeß hinaus noch ein Teil des gelösten Carbonats in Hydroxyd übergeführt wird, um zu der aus den Leitfähigkeits- schwankungen zu folgernden OH-lonenkonzentration zu gelangen. 4. Diese Hydroxydbildung, beziehungsweise die Vermehrung der OH-lonen wird auf Grund der auch durch andere Beobach- tungen begründeten \'oraussetzung erklärt, daß die Ca-lonen lang- samer von der Pflanze aufgenommen werden als- die Carbonationen und daß infolgedessen ein lonenaustausch stattfindet, bei dem an Stelle der überschüssig aufgenommenen Carbonationen OH-Ionen in die Lösung zurückkehren. 5. Daß Carbonate überhaupt von der Pflanze aufgenommen werden, konnte durch die allmähliche Abnahme der Leitfähigkeit von CaCO., und KHCO„- Lösungen im Licht, beinahe bis zum vollständigen Verschwinden der Salze aus der Lösung, nach- gewiesen werden. Im Dunkeln erfolgt die Aufnahme von KHCO.,, nur äußerst langsam. (5. Elodca hat die P'ähigkeit, Calciumbicarbonat bis zum letzten Rest zu spalten und in Carbonat überzuführen. Am Ab- schluß vieler Versuche in ßicarbonatlösungen war die Leitfähigkeit bis auf den Wert der konzentrierten Ca CO.. -Lösung, also auf etwa 0-3. 10"'"' gesunken. Aus dieser Tatsache und auf Grund der Erfahrung, daß eine Zersetzung von dieser X'oUständigkeit nicht einmal durch anhaltendes Kochen zu erreichen ist, ferner in An- betracht der großen Geschwindigkeit, mit der sich die Spaltung lOö ]•'. kuttner. l,L'it\'crmo£Ten verdünnter r.ösun.n'cn. des Bicarbonats unter dem Einfluß der Pflanze \'ollzieht, einer Geschwindigkeit, welche jene der spontanen Zersetzung des Salzes auch bei Durchleiten kohlensäurefreier Luft weit übertrifft, ergibt sich, daß die Annahme Nathans oh n's, wonach die submersen Wasserpflanzen nicht die Fähigkeit besäßen, aktiv in den Prozeß der Bicarbonatspaltung einzugreifen, zur Erklärung des ganzen Vorganges nicht ausreicht. Wohl bildet die durch die Gleich- gewichtsverhältnisse in Bicarbonatlösungen bedingte Menge der freien CO., die Hauptquelle für die Assimilation der Wcisserpflanzen, aber durch die nachgewiesene Vermehrung der Hydroxylionen und durch direkte unter Bevorzugung des Carbonat-Ions erfolgende Aufnahme der kohlensauren Salze wird die Spaltung des Bicarbo- nats wesentlich beschleunigt und die Assimilation gefördert. Akademie der Wissenschaften in Wien Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse Sitzungsberichte Abteilung I Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen 130. Band. 4. und 5. Heft 111 über Mikroorganismen in der Wiener Hochquellenwasserleitung Von Adolf Schwenk Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität in Wien, Nr. 149 der zweiten Folge (Vorgelegt in der Sitzung am 27. Mai 1921) Einleitung'. Für die Untersuchung des Trink- und Nutzvvassers kommen hauptsächlich zwei Untersuchungsmethoden in Betracht: die chemische und die biologische.^ Die ältere von beiden, die chemische Wasseranalyse, vermag zu entscheiden, ob eine durch gesundheitsschädliche Stoffe (z. B. Bleiverbindungen) bedingte Gefahr vorhanden ist, ob weiters ein Wasser infolge seines Gehaltes an gewissen Salzen (z. B. MgCi.j) ungenießbar oder technisch unverwendbar ist. Hingegen sind Schlüsse vom Vorhandensein von Ammoniak und salpetriger Säure und von einem vermehrten Gehalte an Chlor und Schwefel- säure auf eine hygienisch nicht einwandfreie Beschaffenheit des Wassers nur bedingt richtig, so daß man aus der chemischen Analyse allein auf eine Verseuchung oder Verseuchbarkeit eines Wassers nicht schließen kann.- Die jüngere biologische Methode im engeren Sinne oder die bakteriologische, auf die man gleich anfangs große Hoffnungen setzte, hat diese zu großem Teile gerechtfertigt und bildet auch gegenwärtig einen wichtigen Faktor bei der Beurteilung eines Wassers. Sie lehrte erkennen, wo die Gefahr verseuchten 1 Alez C, Mikroskopische Wasseranalyse, Berlin 1898. — Gärtner A., Die Hygiene des Wassers, Braunschweig 1915. — Kruse W., Die h3'gienische Unter- suchung und Beurteilung des Trinkwassers in We\'ls Handbuch der Hygiene, Leipzig 1919. '-' Kruse W., 1. c, p. 224 f. 112 A. Schwenk, Wassers liegt, sie erfand Methoden zur Erkennung der Infektion und zur Kontrolle der Wirksamkeit aller Maßnahmen. Doch haften auch ihr noch manche Mängel an; stößt doch die Auffindung und Diagnose von Krankheitserregern vielfach auf sehr große Schwierig- keiten — abgesehen von der beträchtlichen Unsicherheit des Schlusses von der beobachteten auf die wirklich vorhandene Bakterienzahl. In den letzten Jahren beginnt sich eine neue Methode Bahn zu brechen, nämlich die der biologischen Untersuchung im weiteren Sinne. Sie zieht die gesamten in einem Wasser N'orhandenen Lebewesen in Betracht und geht \"on der Tatsache aus, daß gewisse Pflanzen und Tiere in stark verunreinigten Gewässern, andere hingegen nur in reinem Wasser auftreten. Letztere werden als Katharobien, erstere als Saprobien (Poh'-, Meso- und Oligosaprobien) bezeichnet. Das geringe Alter dieser Methode bringt es mit sich, daß ihr vorderhand noch mehr Mängel anhaften als ihren beiden älteren Schwestern. So ist z. B. das Wachstum und Gedeihen der in Betracht kommenden Arten viel- fach von Verhältnissen abhängig, die uns meist nur recht un- vollkommen bekannt sind. Vor. zwei nahe verwandten Arten kann ferner die eine polysaprob, die andere sogar katharob sein! Diese Methode wird also erst dann zur vollen Geltung gelangen, wenn die Artabgrenzung der betreffenden niederen Organismen weniger schwierig und ihre speziellen Lebensbedingungen besser bekannt sein werden, als es heute noch der Fall ist. Immerhin wäre sie schon jetzt imstande, die chemische und bakteriologische Methode in willkommener Weise zu ergänzen. Es ist denn auch bereits eine Reihe von Arbeiten erschienen, die sich mit der Mikroflora und -fauna V(:)n Leitungen, Wasser- werken^ und Wasserfiltern befassen. Ich verweise diesbezüglich auf Ruttner's prächtige Arbeit über die Mikroflora der Prager Wasserleitung- und das darin enthaltene Literaturverzeichnis. Das Wasser von Quel lenleitungen wird in der Regel nur auf seinen Bakteriengehalt geprüft — begreiflicherweise, da es sich dabei meist um sehr reines Wasser handelt. So auch das der Wiener Hochquellenleitung. Es wird wohl seit einer Reihe von Jahren forthuifend zwei- bis dreimal wöchent- lich durch die Untersuchungsstelle des GesundheitsaAites der Gemeinde Wien am h3'gienischen Institut der Universität unter- sucht, doch beschränkt sich diese Prüfung auf die Ermittlung der Keimzahl, des Kolititers und des Prozentsatzes der verflüssigenden Keime. Von ihren Ergebnissen wird im Zusammenhange mit jenen der vorliegenden .\rbeit noch zu sprechen sein. ' De N'i'ies H.. Die l'Hanzcii und Tiere in den dunklen i^äumen der Rotter- danicr Wasserleitung, Jena 1S!U). - Rutlner 1"., Die .Mikrotloru der l'rai;ei- Wasserleitung, Archiv der natur- wissensch. Landesdurclif. x'on Hühnien (Xlii. iJand. Nr. 4). Mikroorganismen in der Wiener Hochquellenwasserieitung. 113 Eine qualitative Untersuchung auf Bakterien oder sonstige Organismen wurde bisher nicht vorgenommen. Und doch wäre eine solche wünschenswert! So wäre es z. B. von Interesse zu erfahren, ob in dem so reinen Wiener Leitungswasser außer Bakterien noch andere Lebewesen überhaupt existieren können, und wenn dies der Fall wäre, ob es sich dabei etwa um typische Reinwasser- oder Gebirgsformen handelt, die aus dem Ursprungsgebiet, dem Schneeberg und Hochschwab, stammen, oder um eine besondere lokale Lebensgemeinschaft des Leitungssystems. Und ließen sich endhch irgendwelche Formen feststellen, so wäre damit eine bequeme Quelle für Objekte zu biologischem Studium und für Anschauungsmaterial in Schulen gefunden. Aus allen diesen Gründen habe ich es auf Anregung meines hochverehrten Lehrers, Herrn Hofrates Professor Dr. Hans Moli seh, unternommen, die Mikroorganismen des Wiener Hochquellenwassers zu studieren. Eine Untersuchung seiner Bakterien im all- gemeinen lag hiebei nicht im Plane der Arbeit, sondern es fanden bloß Eisenbakterien und Purpuibakterien einige Berück- sichtigung. Methode. L Filtration. Zur Gevx'innung der Organismen aus dem Leitungswasser standen zunächst jene zahlreichen Methoden zur \'erfügung, deren sich die Planktonforscher zu gleichem Zwecke bedienen. Sie alle versagen jedoch angesichts der Aufgabe, sehr reines Wasser auf seinen Organismengehalt zu untersuchen. Selbst die feinmaschigsten Planktonnetze (Müllergaze Nr. 20) lassen kleinere Organismen durch. Sorgfältig genähte Beutel aus weißgegerbtem Ziegen- oder Schafleder, wie sie Ruttner bei seiner Arbeit verwendete,^ haben den Nachteil, daß die filtrierende Fläche im \^erhältnis zur Zahl der Mikroorganismen viel zu groß ist. Endlich war auch die Verwendung der von Lohmann empfohlenen gehärteten Papierfilter- und namentlich der Zentri- fuge^ in unserem Falle nicht gut möglich, da in Anbetracht der 1 1. c, p. 4. - Loh mann H., Neuere Untersuchungen über den Gehalt des Meeres an Plankton und über die Brauchbarkeit der verschiedenen Fangmethoden, Wissenschaft). Meeresuntersuchungen, VII., Kiel 1903. 3 Derselbe, Untersuchungen zur Feststellung des vollständigen Gehaltes des Meeres an Plankton, ebenda, X., 1908. 114 A. Schwenk, Reinheit unseres Leitungswassers zu große Wassermassen hätten filtriert, beziehungsweise zentrifugiert werden müssen. Hingegen wurden alle drei Hauptforderungen; Filtration hin- reichend großer Wassermengen bei genügender Dichte des Filters und möglichst geringer Ausdehnung der filtrierenden Fläche, gleichmäßig erfüllt, wenn man Läppchen von Rehleder (Sämisch- leder, Waschleder) mit einem Bindfaden direkt an den Leitungs- hahn anband. Nach sieben- bis achtstündigem Filtrieren bei mäßig auf- gedrehtem Hahne zeigte sich an dem Leder ein deutlicher kaffee- bis schokoladefarbener Rückstand. Die filtrierende Fläche wurde nunmehr ausgeschnitten, in einem Probierglase mit wenig Wasser ausgeschüttelt, sodann die Aufschwemmung zentrifugiert und der so erhaltene, nunmehr durch Lederfasern hellbraun gefärbte Nieder- schlag (etwa Vo ^^^^) mikroskopisch untersucht. Die in der angegebenen Zeit den Filter passierende Wasser- menge berechnete ich annähernd auf 400 Liter. Im ganzen wurden nach dieser Methode in der Zeit vom Jänner 1913 bis Juni 1914 27 Filtrate untersucht, also in einem Monat (die Hochschulferien ausgenommen) durchschnittlich drei. Alle Proben wurden einem und demselben Leitungshahne im Pflanzenphysiologischen Institute der Universität in Wien ent- nommen. Das Wasser gelangt dorthin meistenteils aus dem Schmelzer Reservoir, welches wiederum aus dem Reservoir Rosen- hügel gespeist wird und daher gemischtes Wasser der Ersten und Zweiten Kaiser F'ranz Josef - Hochquellenleitung abgibt.^ Unsere oben geschilderte Methode hat zweifellos auch ihre Mängel. Durch Filtrieren überhaupt können gewisse sehr zarte Organismen, hauptsächlich Plagellaten, arg in Ahtleidenschaft ge- zogen werden, so daß sie bis auf undeutbare Reste verschwinden.- Etwas störend wirkten ferner bei der mikroskopischen Unter- suchung die zahlreichen Lederfasern, die sich beim Ausschütteln des Lederfilters vom Schnittrande lösen und eine sehr sorgfältige Durchmusterung der Präparate erfordern. 1 Über Entstehung. Anlage und \'erlauf der I. und II. Kaiser Franz Josef- Hochquellenlcitung orientieren folgende Werke : .Stadler R-., Die Wasserversorgung der Stadt Wien in ihrer Vergangenheit und Gegenwart, Wien 1873; Riedel J., Die Wasserversorgung Wiens, Wien 1904; Die zweite Kaiser Franz Josef-HochqueU enlcitung der Stadt Wien, Eine Gedenkschrift zum 2. Dezember l'.UO. Wien 1010. - So kam es denn auch, daß bei der Durchforschung der Lunzcr Seen durch die dortige biologische Station seit der Einführung der Zentrifuge eine Reihe von Formen gefunden wurde, die bis dahin bei Anwendung von Filtration nicht oder nur in geringer .Menge beobachtet worden waren. (Ruttner F.. Über die Anwendung von Filtration und Zentrifugierung bei den planktologischen Arbeiten an den Lunzer Seen, Internationale Revue der ges. Hydrobiol. und Hydrogr.. Bd. II, J.eipzig 1909. Mikroorganismen in der Wiener Hochquellemvasserleilung. llo Dank dem Entgegenkommen der städtischen Behörden war ich hn Juni 1914 auch in der glücklichen Lage, ein Reservoir zur Zeit der jährlich einmal stattfindenden Reinigung, zu deren Durchführung das Wasser abgelassen wird, besichtigen zu können. Und zwar war dies das Schmelzer Reservoir, welchem ja, wie bereits erwähnt, die untersuchten Wasserproben entstammten. Der weite, kühle Raum der eigentlichen Wasserkammer, in den durch kreisrunde Licht- und Luftschächte des Decken- gewölbes ein schwaches Dämmerlicht einfällt, zeigte an der Wassersohle einen etwa 1 cm hohen, braunen, feinschlammigen Belag, dem ich einige Proben entnahm. II. KulturversuGhe. 1. Bei seiner Untersuchung der Flora der Budapester Wasser- leitung bediente sich Istvanfii^ großer, sterilisierter Glasgefäße, die mit dem zu untersuchenden Wasser gefüllt und durch längere Zeit im Lichte stehen gelassen wurden. Die an W^and und Boden sich entwickelnde Flora wurde untersucht. Ruttner^ wies auf die Mängel dieses Verfahrens hin, die darin gelegen sind, daß wohl nur ein kleiner Teil der in Frage kommenden Mikroorganismen unter den willkürlichen Bedingungen am Leben bleibt oder gar sich vermehrt. Immerhin könnte diese Methode in etwas modifizierter Weise doch bei dem einen oder anderen Organismus, der bei der direkten Untersuchung etwa ganz vereinzelt aufgefunden wird, zu einer Anreicherung führen, die seine sonst oft schwierige oder unmög- iche Artbestimmung wesentlich''"erleichtert. Deshalb wurden zunächst für etwa vorhandene Algen drei Kolonnen von Nährlösungen aufgestellt. 1. Kolonne (Februar 1913): Je drei sterile Erlenmayer- kölbchen wurden mit 200 cm^ einer Lösung von KNO3, beziehungs- weise KH.,PO^, K.HPO^, Ca., (POJ.,, KCl, NaCl, MgSO^, Knop's Nährlösung (sauer und basisch) und Leitungswasser + KNO3 + -H KH.^PO^ angefüllt. Die Konzentration betrug 0 -020/0. 2. Kolonne (Mai 1913): Wiederholung der ersten. 3. Kolonne (März 1914): Eine Reihe v^on je drei gleichen Kölbchen wurde mit je 200 cin^ einer 0-02o/„ Knop'schen Nähr- lösung (basisch und sauer), beziehungsweise mit Leitungswasser H-KH^PO^^-f-KNOg, eine zweite Reihe mit den gleichen Nähr- lösungen gefüllt, doch betrug die Konzentration 0-2%. 1 V. Istvanffi G., Die Vegetation der Budapester Wasserleitung, Bot. Zentral - blatt, LXL, 1895. 2 1. c, p. 2. 116 A. Schwenk, Das eine Kölbchen jeder dieser Nährlösungen impfte ich mit 1 cuv', das zweite mit 10 cnt^ Leitungswasser, das dritte endlich mit dem auf dieselbe Weise wie zur direkten mikro- skopischen Untersuchung gewonnenen Filterrückstand. Lösungen und Gefäße wurden in üblicher Weise sterilisiert. 2. Die mikroskopische Untersuchung des Filterrückstandes hatte es wahrscheinlich gemacht, daß im Leitungswasser die weit- verbreitete Ockerbakterie ChlaniydoiJirix (Lepioihrix} ochracea vorkomme, es war daher der Gedanke naheliegend, die von Molisch ^ gegebene Methode der Kultur dieser interessanten Eisenbakterie zur Stütze des mikroskopischen Befundes heran- zuziehen. Es wurden also in einem ersten Versuche (Dezember 1913) zwei Litergefäße mit in frischem Leitungswasser gelöstem Mangan- pepton (0'25Vo) gefüllt, ferner je zwei gleiche Gefäße, enthaltend. Manganpepton (0 • 25 ^/q) ^- Torfwasser (Absud eines faustgroßen Torfziegels) mit 1 cin\ beziehungsweise 10 ciir' Leitungswasser,, beziehungsweise mit Filterrückstand geimpft. Im Februar 1914 wurde dieser Rohversuch in Erlenmayer- Kölbchen unter Anwendung aller bakteriologischen Vorsichts- maßregeln wiederholt. Ein drittesmal endlich (März 1914) füllte ich vier stej-ile Kölbchen (200 cnf) mit frischem Leitungswasser und setzte sterile Manganpeptonlösung zu, während vier weitere Kölbchen, enthaltend je 200 cin^ steriler Manganpeptonlösung (0"25%), mit Filter- rückstand geimpft wurden. 3. Zum Nachweise etwa vorhandener Keime von Purpur- bakterien bediente ich mich des gleichfalls von Molisch"^ gefundenen, sehr einfachen Kulturverfahrens. Von zwei etwa einen Meter langen, vier Zentimeter dicken Glasröhren wurde die eine mit etlichen Weinbergschnecken, die andere mit einigen Regen- würmern beschickt, beide sodann sterilisiert, mit Hochquellenwasser angefüllt und darüber 1 cm hoch steriles Rizinusöl aufgeschichtet. (Dezember 1913). Bei einem späteren Kontrollversuche (Juli 1920) war der Vorgang der gleiche, nur wurden als organische Substanz Teich- muscheln {Anodonta sp.) verwendet. 1 Alolisch H., Die Eisenbakterien, Jena 1910, p. 32 1. -Molisch H., Die Purpurbakterien nach neuen Untersuchungen, Jena 1007, p. 4 f. Miknxirganismcn in der Wicnci- llocliquellenwassciieitung. 117 Die Org'anismen des Leitung-sw^esens. I. Resultat der mikroskopischen Untersuchung' des Fllterrüekstandes. 1, Pflanzliche Organismen. Eisenbakterien: Wohl in jedem Präparate war eine Faden- bakterie zu finden, deren meist recht kurze und unverzweigte Fäden häufig farblos, aber auch heller bis dunkler gelb, selbst dunkel rostbraun gefärbt waren, einzeln oder in kleinen Raschen auf Rostbröckchen saßen und eine deutliche vScheide mit zylin- drischen Zellen aufwiesen. Bei genügender Länge der Fäden ließ sich ein Gegensatz zwischen Basis und Spitze feststellen. Bisweilen saßen auf dickeren, gelb gefärbten Scheiden kleine, farblose Fäden rechtwinkelig auf. Alle Merkmale dieser Fadenbakterie wiesen auf Clilaiuydotlirix ochracea hin, nur sind in unserem Falle die Fäden meist recht kurz, offenbar Kijmmerformen, denen die Reinheit unseres Leitungswassers nicht recht zusagt. Wenngleich dieser Organismus, wie erwähnt, in fast jedem Präparate zu finden war, so trat er doch nur sehr spärlich auf. Eine andere Eisenbakterie, den berüchtigten Brunnen faden (Crenotlirix polyspora), der durch üppiges Wuchern und dadurch bedingte Verstopfung der Wasserleitungsröhren schon in so manchen Städten arge Kalamitäten hervorgerufen hat, konnte ich nur ein einziges Mal beobachten. Es handelte sich um einen offenbar nur zufällig in das Leitungssystem hineingeratenen längeren und dickeren Faden mit den für diese Bakterie charak- teristischen Mikrogonidien im oberen Teile. Gleichfalls nur ein einziges Mal begegnete ich einer dritten Eisenbakterie, der zuerst von Schorler in einem Dresdener Wasserwerke entdeckten und später auch von Molisch und Ruttner in der Prager Wasserleitung gefundenen Clonotlivix fusca. Ich fand sie in einer Leitungswasserprobe aus Hietzing vor, welche ich einem Freunde verdankte, dem damals eine \-orüber- gehende Braunfärbung des Leitungswassers aufgefallen war. Die Dicke der Zellen, die Inkrustation der Scheiden mit Eisenoxyd- hydrat, die regelmäßige Scheinverzweigung, kurz alle Merkmale stimmten \ollkommen mit der von S c h o r 1 e r ^ gegebenen Beschreibung überein. Möglicherweise sind gewisse farblose, spärlich verzweigte, dickere Fäden, die ich — sehr selten — zwischen den oben erwähnten Chlamydothrix-Räschen beobachtete, nichts anderes als 1 Schorler B., Beiträge zur Kenntnis der Eisenbakterien, Zentralbl. f. Bakt.- u. Parasitk., II. Abt., XII, 1904. 1 1 S A. S c h w e n k , junge ClonotJin'x-Fäden. Sicheres läßt sich darüber schwer aus- sagen, da ja Scheinverzweigungen auch bei Chlainydotlirix ocliracca, wenn auch nur selten, auftreten und weiters junge, daher kurze, noch nicht verzweigte Clonoihrix-Fäden von solchen der Chlantydo- ilirix wohl kaum zu unterscheiden sind. Endlich fand ich in vier aufeinanderfolgenden Proben ver- einzelt kurze (vier- bis fünfzellige), schwarzbraune, einfache Fädchen von GalHonella ferriiginea. In den Proben des Schmelzer Behälters hingegen war diese Art viel häufiger vertreten, und zwar sowohl in kurzen als auch in längeren Fäden, bald schmäler, bald dicker, bald lichter, dann wieder fast schwarzbraun gefärbt, einfach und in Zopfform. Daneben war auch hier Oüamydothrix ochracea zu beobachten, deren Fäden aber meist kräftiger und länger, auch stärker inkrustiert waren als die aus dem Leitungswasser filtrierten. Clonothrix und Crenoihrix fehlten hier ganz. Algen fanden sich zwar ebenfalls fast in jeder Probe (in 23 von insgesamt 27), stets aber sehr vereinzelt und meist bereits abgestorben, was ihre Bestimmung \ielfach erschwerte oder gar unmöglich machte. 'ö Aus später zu erörternden Gründen war eine fortlaufende Zählung der Organismen zwecklos und unterblieb daher. Folgende rohe Schätzung vermag aber immerhin vielleicht einen Begriff davon zu geben, wie gering die Za,hl der unter den wenigen Organismen relativ noch am häufigsten auftretenden Diatomeen war. Durchschnittlich wurden bei einer Filtration 400 / Wasser filtriert. In einem speziellen Falle wurden in Präparaten von 0"1 cni^ des in 1 cm' suspendierten Filterrückstandes zwei bis vier Diatomeen gezählt, woraus sich für 400 / 20 bis 40 Individuen ergeben. Gewiß eine sehr geringe Zahl! Sie dürfte — soweit sich dies nach dem Augenschein, ohne exakte Messung, beurteilen läßt — keiner nennenswerten Schwankung unterliegen. Im folgenden seien die wenigen Arten angeführt: Cyinaloplenra Solca (Panzer und lebend), Pimmlaria sp. » » » Nihschia linear is » » » Ceratoiieis Arcus (Panzer), Naviciüa sp. (Panzer und lebend), Meridion circtdarc (Panzer), Synedra Ulna (Panzer und lebend), Nitzschia sigmoidea (Panzer), Cocconeis sp. » Diatoina vulgare » Eunoiia sp. » Die beiden ersten Arten begegneten mir am »häufigsten«, nämlich in fünf (von insgesamt 27) Proben, die letzteren vier nur je ein einziges Mal. MiUroorganismeii in der Wiener Hoehquellenwasserleitunij. 119 Die Proben aus dem Schmelzer Behälter enthielten nur sehr vereinzelt Synedra Ulini und Nitzschia linearis. An Desmidiaceen beobachtete ich fünf Arten in je einem einzigen Exemplar. Die charakteristischen Schalen von Tetnieinoriis lacvis waren nicht zu verkennen, die übrigen Formen kann ich jedoch nicht als einwandfrei identifiziert hinstellen, da sie, wie erwähnt, nur in einem Exemplar vorlagen und Chromatophoren sowie Pyrenoide zerstört waren. P'orm und Skulptur der Schalen wiesen auf Cosuuirimn angustatnin und rcniformc, Clostcriiim Cyuthia und Pleiwotaeniopsis incisa hin. Die Chlorophyceen waren in fünf Proben durch einzeln auf- tretende, kurze Fadenfragmente einer Uloihrix und durch ein sechzehnzelliges Zönobium des niedlichen Coclastrmn micropormn vertreten. Armzellige Bruchstücke einer Oscillarici -Art waren die ein- zigen \''ertreter von Blaualgen. Im übrigen beobachtete ich in den Filtraten wie in den Reservoirproben nur Reste von höheren Pflanzen, wie sie sich gewöhnlich auch im Aeroplankton finden, z. B. Moosrhizoide, Pilz- hyphen und -sporen, Holzzellen, Gefäßreste, Stärkekörner, ein Trachelomonasgehäuse und endlich relativ häufig (in neun Proben), selbst im Winter, Koniferenpollen. 2. Tierische Organismen. Ist schon die Flora unserer Leitung an Art- wie an Individuen- zahl sehr arm, so gilt dies in noch viel höherem Grade von ihrer Fauna. Sie beschränkt sich auf zwei Gruppen. In etwa zwei Drittel aller Proben stellte ich Gehäuse mono- thalamer Rhizopoden fest, die wieder nur vereinzelt auftraten und meist leer waren, nur selten noch spärliche Plasmareste aufwiesen. Relativ noch am häufigsten waren es die zierlichen, ge- felderten Gehäuse von Englyplia alueolata, seltener die bestachelten der Ceutropyxis aculeata und einer zarten Aredia. — Im Schmelzer Behälter fand sich daneben noch das unsymmetrische Skelett einer Art, die ich für Cyphoderia margaritacea halte. Soviel Mühe und Geduld es bei allen bisher genannten Organismen wegen ilirer Kleinheit und ihres vereinzelten Auftretens erforderte, sie in dem dichten Filzwerk der Lederfasern des Filter- rückstandes ausfindig zu machen, so leicht wurde dies bei dem Vertreter der zweiten Tierfamilie, der sich bald durch ungebärdiges Zappeln und Umherschlagen bemerkbar machte. Es war dies ein Nematode von einer Länge bis über 300 |jl, der sich in der Hälfte aller Filterproben und auch im Behälter vorfand, lebend wie tot 120 A. Schwenk. und höchstens ihrer zwei bis drei in einem Präparat, also schätzungs- weise 20 bis 30 hidividuen in 400 Litern. Leider gelang es mir nicht, ihn auch nur annähernd zu bestimmen. Handelt es sich doch bei Süßwassernematoden um ein schwieriges, noch wenig bearbeitetes Kapitel. Im übrigen beobachtete ich nur ab und zu Überreste von Rotatorien und Insektenlarven, Anhänge von Kopepoden und Daphniden, sowie Schmetterlingsschuppen. II. Die Organismen der Kulturen. 1. Chlamydothrix ochracea. Nur in einem einzigen Gefäße (Manganpepton in Leitungs- wasser) von insgesamt sechs Kulturen des Rohversuches (p. 6) entwickelten sich nach zehn Tagen am Wasserspiegel die gelben Raschen dieser Fadenbakterie. In der zweiten Versuchsreihe waren es auch nur zwei Gefäße des gleichen Inhalts, in denen ich durch die Deckglas- methode, ^ d. h. nach Berührung des Wasserspiegels mit einem Deckglase, zahlreiche Chlamydothrix -Fäden feststellen konnte. Nach weiteren drei Wochen bildeten sich bereits üppige, schwarz- braune Raschen. In sämtlichen übrigen Kulturen der zweiten und in jenen der dritten Kolonne jedoch fand nirgends eine Entwicklung der Ockerbakterie statt! Es erschien befremdlich, daß dieser Organismus in so wenigen (12-5°/o) und gerade nur in solchen Kulturen aufging, in denen das Manganpepton direkt frischem Leitungswasser zu- gesetzt worden war, während in allen Gefäßen, deren Nährlösung mit dem Rückstande einer 7 Yg stündigen Filtration geimpft wurde, wo also die Keime viel dichter und zahlreicher vorhanden sein mußten, keine Spur von einer Entwicklung zu beobachten war. Dabei konnte ich doch nicht nur in jeder Probe, sondern auch fast in jedem mikroskopischen Präparate des Filterrückstandes die Fäden dieser Bakterie finden! Winogradsk}^- verschaffte sich Rohkulturen von Oihmiydo- thrix ochracea. indem er in 50 cm hohe Standgläser eine Hand- voll mazeriertes und in viel Wasser abgekochtes Heu tat, darauf etwas frisch gefälltes Eisenoxydhydrat schüttete und das Glas mit Brunnenwasser auffüllte. Bei Anwendung dieser Methode erhielt ich tatsächlich 5 mm dicke, braunschwarze Kahmhäute \'orwiegend von CJiIaiuydotJirix ochracea. 1 Molisch IL. I. c, p. 14. - Winiigriidsky S.. Über Eisenbaktciicn, Botan. Zeitung. 1888, p. 2G3. Mikroorganismen in der Wiener Hoeliquellenwasscrieitung'. 121 Nun hatte Molisch bei seinen Kulturversuchen mit Mangan- pepton, die ihm in Prag stets glückten, in Wien anfänglich mit Mißerfolgen zu kämpfen.^ Schließlich kam der genannte F\)rscher darauf, daß die Ursache wahrscheinlich in der wechselnden Zusammensetzung des käuflichen Manganpeptons liegt. Angesichts des Nachweises der Clilantydothrix in den Filterproben und des Erfolges mit Winogradsky's Rohkulturmethode bin ich geneigt, für den Mißerfolg bei einem Teil meiner Manganpeptonkulturen die gleiche Ursache geltend zu machen. ö' 2. Purpurbakterien. Die beiden Röhren des ersten Versuches zeigten, da sie im Winter zur Aufstellung gelangten und Purpurbakterien zu üppigerem Wachstum bekanntlich kräftiger Lichtintensität bedürfen, erst nach drei Monaten eine lichte Färbung ihres Inhalts, die sich allmählich in der einen (Nährsubstanz Regenwürmer) zu tiefem Blutrot, in der anderen (Schnecken) zu schönem Violett steigerte. Schneller schritt die Entwicklung in den Röhren des zweiten Versuches vor, die ja auch im Sommer geimpft worden waren. Ihr Inhalt leuchtete bereits nach einem Monat dunkel blutrot. Alle vier enthielten ein Purpurbakteriengemisch, und zwar Arten der Gattungen Rliodococcus, Rhodobacilliis und Rliodo- spirillnni, die beiden ersterwähnten überdies noch Formen mit Schwefelkügelchen in ihrem Zellinhalt und mit Schleimhüllen, wie sich bei Anwendung von Tusche ergab, also Thiorliodaceae.'- 3. Algen. Die ohnehin nur geringe Hoffnung, den direkten Unter- suchungsbefund indirekt durch Algenkulturen zu ergänzen, und die darauf verwendete Zeit und Mühe wurden wenig belohnt. Wohl fand in rund 34% der 78 Kölbchen, und zwar in 20% der ersten, in 43% der zweiten und in 38% der dritten Kolonne eine Entwicklung statt.'' Und diese hätte sich ja auf noch mehr Kulturen erstreckt, wenn nicht einige der Nährlösungen (z. B. KCl, NaCl, MgSOJ wenig aussichtsreich gewesen und nur aus ernährungsphysiologischem Interesse gewählt worden wären. Aber mit den meisten dieser Algen — es waren durchwegs Einzeller der niedrigststehenden Gruppen — machte ich dieselben 1 Molisch H., 1. c., p. 38. '-^ Molisch H., 1. c, p. 27 f. 3 Die verschieden reichliche Entwicklung in den drei Serien erklärt sich zwanglos aus der verschiedenen Aufstcllungszeit (1. Sei'ie Februar, 2. .Serie Mai, 3. Serie März), die ja sowohl auf die im Leitungswasser vorhandene Keimzahl als auch auf die Entwicklung in den Kulturen von Einfluß sein mußte. Überdies wurde bei der dritten Serie eine Reihe von nicht oder minder bewährten Nährlösungen fort- srelassen. 122 A. Schwenk, Erfahrungen wie Istvanffii^ mit seinen Kulturen bei der Unter- suchung der Budapester Leitungsflora: sie zeigten ein kränkliches Aussehen, warön vielfach blaß oder ganz farblos, wohl infolge von Teilungshemmung der Chromatophoren, wie sie bei Algenkulturen häufig zu beobachten ist; ernährungsphysiologische Varianten oder pathologische Formen. Zu allem Überfluß handelte es sich, wie erwähnt, ausschließlich um Vertreter von primitiven Gruppen fTetrasporaceae, Frotococcaceae, Sceneäesmaceae), deren Art- abgrenzung noch sehr unsicher ist und, soll sie einwandfrei geschehen, langwierige Reinkulturen erfordert. Es waren in der Mehrzahl kugelige, chlorellaähnliche Formen und ovale Zellen vom Habitus der Coccomyxa. Im übrigen erkannte ich Stichococciis bacillaris, Scenedestniis qnadricauda, Dictyosphacrinin ptilcliclliuu und Gloeocystis sp. Auch eine Diatomee, und zwar eine winzige Fragilaria, entwickelte sich in einem der Kölbchen, in einem anderen ein i^ippiges Moosstämmchen, das aber nicht bis zur Fruktifikation gedieh. Der Umstand, daß in rund 34 7^ der Kulturen eine Ent- wicklung stattfand und in vier Fällen, also 5%j sogar nach Impfung mit 1 cm'' Leitungswasser, läßt den Schluß zu, daß relativ nicht wenig Algenkeime im Leitungswasser vorhanden sind. Daß ich solchen bei der direkten mikroskopischen Untersuchung nur so selten begegnete, erklärt sich aus ihrer Kleinheit im Vereine mit der durch die Lederfasern bedingten Erschwerung der Durchmusterung. Die Frag'e der Periodizität. Eine .Schwankung im Auftreten der Organismen der Indivi- duen- und Artzahl nach zu verschiedenen Jahreszeiten, eine Periodizität, konnte nur insofern beobachtet werden, als die Algen, wie zu erwarten war, in der günstigen Jahreszeit mehr in den Vordergrund traten. Es wäre aber denkbar, daß diese Periodizität durch eine exakte quantitaüve Methode deutlicher zum Ausdruck käme. Eine solche quantitative Untersuchung begegnet aber in unserem Falle großen Schwierigkeiten. Es wäre dazu vor allem eine Messung der jeweils filtrierten Wassermenge nötig. Nun fließt aber das Wasser zu Beginn der Filtration in mäßigem Strahle, um dann immer schwächer und schwächer zu rinnen, bis es schließlich nur mehr fadendünn rieselt. Dieser Augenblick tritt bald früher, bald später ein, je nach der Dichte der zur Filtration 1 S. p. 115. /. MiUrDorganismen in der Wiener Hochquellcinvasscrlcitung. 123 \ervvendeten Lederfleckchen und der wechselnden Menge der vom Wasser mitgeführten Rost- und Mineralpartikelchen. Man könnte also bestenfalls nur mit sehr ungenauen Mittelwerten rechnen. Weiters sind aber auch die zur Untersuchung gelangenden Proben infolge der vielen Lederfasern aus dem Filter quantitativ immöglich zu prüfen, da sicherlich so mancher der ja meist sehr kleinen Organismen der Beobachtung entgeht. Fi^ir die qualitative L'^ntersuchung hat dies nicht viel zu bedeuten, weil kaum an- unehmen ist, daß jedesmal gerade dieselbe Art dem Auge des Beobachters sich entziehen sollte; wohl aber für die quantitative. Alle diese Mängel fallen aber um so schwerer ins Gewicht, als ja die Zahl der Lebewesen in einem Präparate schon an und für sich eine sehr geringe war. Es würden also die durch die geschilderten Mängel bedingten Fehler sicherlich ein Mehr- faches der wirklich vorhandenen Organismenzahl betragen. Ganz anders steht aber der Sachverhalt, wenn man zur Entscheidung der Frage der Periodizität die Bakterien heranzieht. Es war von vornherein zu erwarten, daß diese, wenn auch in absolut geringer, so doch im Vergleich zu den übrigen Organismen in bedeutenderer Zahl im Leitungswasser vorhanden sein dürften. Ein Einblick in die Protokolle der Untersuchungsstelle des Gesundheitsamtes der Gemeinde Wien am hygienischen Institute der Universität, der mir leider erst nach Beendigung der vor- liegenden Arbeit möglich war, bestätigte diese \'ermutung vollauf. Diese Untersuchungen finden, wie bereits erwähnt, fortlaufend zwei- bis dreimal in der Woche statt, erstrecken sich sowohl auf gemischtes Wasser der Ersten und Zweiten Hochquellenwasser- leitung als auch auf das der Zweiten allein und haben zum Gegenstand die Ermittlung der Keimzahl in 1 an'' des Kolititers nach dem besonderen \'erfahren von Krombholz^ für 100 cm' und in letzter Zeit auch die des Prozentsatzes der verflüssigenden Keime. Uns interessieren hier bloß Keimzahl und Kolititer des gemischten Wassers in den Jahren 1913 und 1914. Die Keimzahl schwankte 1913 pro Kubikzentimeter zwischen 3 und 1110; der Jahresdurchschnitt berechnet sich aber bloß auf 95, während der Kolititer (100 an") von 0 gelegentlich auf 444 und darüber steigt, der Jahresdurchschnitt jedoch nur 25 beträgt. Für das Jahr 1914 lauten die betreffenden Zahlen: Keimzahl 0 bis 1250, Durchschnitt 64; Kolititer 0 bis über 444, Durch- schnitt 30. Die meist geringeren Zahlen — am geringsten sind sie in trockenen, frostigen, dabei schneearmen Wintern — ■ zeigen nun 1 Krombhülz E., Über Keimzählung mittels flüssiger Nährböden mit besonderer Berücksichtigung des Kolititerverfahrens, Archiv für Hj^giene, Bd. 84. p. 151, Bd. 85, p. 117, Bd. 88, 5. und 6. Heft. 124 A. Schwenk, bisweilen einen jähen Anstieg, um dann aber wieder ebenso rasch herabzusinken. Diese Erscheinung tritt nun regelmäßig in nassen Zeiten, also zur Zeit der Schneeschmelze und der sommerlichen Regengüsse auf und wurde auch sonst bei vielen Quellen be- obachtet; namentlich bei solchen in zerklüftetem, spaltenreichem Kalkgestein ^ wie in unserem Falle. Sie ist auf die mangelhafte Filtrationskraft des Bodens im Tributärgebiet zurückzuführen. Interessant ist dabei eine gewisse Ungleichmäßigkeit der sich sonst meist parallel ändernden Keimzahlen und des Kolititers zu diesen Zeiten, indem sich nämlich der Kolititer zur Zeit der sommerlichen Regengüsse absolut wie auch relativ (im V'erhältnis zum allgemeinen Keimgehalt) höher erweist als in der Zeit der Schneeschmelze. - Auf dieselbe Ursache wie der zeitweilige jähe Anstieg von Keimzahl imd Kolititer, nämlich mangelhafte Filtrationskraft des Bodens im Ursprungsgebiet, ist nun auch eine andere, auf den ersten Blick befremdliche Tatsache zurückzuführen: daß nämlich fast alle von mir gefundenen Organismen, soweit sie bestimmt werden konnten, in jedem Graben oder Tümpel, also in mehr minder \'erunreinigten Gewässern anzu- treffen Lind daher als .Saprobien zu bezeiclinen sind. Nur Ceratotieis Arcus scheint klare Gebirgswässer zu bevorzugen. Hält man sich nun die außerordentliche Armut unseres Trinkwassers an organischer Substanz und die Tatsache vor Augen, daß, von den Bakterien abgesehen, die gefundenen Formen vielfach abgestorben sind, so gelangt man zur Anschauung, daß sie nicht erst aus vereinzelten Keimen im Leitungssystem entstanden sind, sondern eben erst durch Spalten und Klüfte des Gesteins bei Regengüssen und Schneeschmelze in das Wasser gelangen, wo sie aber mangels zusagender Lebensbedingungen bald zugrunde gehen. Diese Ansicht wird wesentlich gestützt durch die oben kurz angeführten Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchung. Zusammenrassung-. Das Wiener Leitungswasser wurde bisher in biologischer Beziehung nur auf Bakterien geprüft. IMe vorliegende Arbeit setzt sich das Ziel, zu untersuchen, ob in dem so reinen Wiener Leitungswasser außer Bakterien noch andere Lebewesen überhaupt \-orkommen und existieren können; und wenn dies der Fall wäre, ob es sich dabei etwa um typische Reinwasser- oder um Gebirgs- formen liandelt, die aus dem Ursprungsgebiet, dem Schneeberg 1 Kruse W., I. c. p. li)6. — Gärtner A., 1. c, p. 26G. ■-' K'romhlK.lz !■:., 1. c, Bd. 8S. p. 200. Mikroorganismen in der Wiener 1 lochquellenwasserleilung. 125 und Hochschwab stammen, oder um eine besondere lokale Lebens- gemeinschaft des Leitungssystems. L Von Eisenbakterien treten Chlauiydotlirix ochract'ci und ganz vereinzelt GallioncUa fiirriigiuea auf. Creuothrix polyspora und Cloiiotlirix fusca konnten nur je ein einziges Mal beobachtet werden. Die erfreulicherweise so geringe Entwicklung von Eisen- bakterien hat ihre Ursache wohl in der großen Armut des Wassers an organischen Substanzen. 2. Der Nachweis von Purpurbakterien braucht ganz und gar nicht wunderzunehmen. Es handelt sich jedenfalls nur um ganz vereinzelte Keime, wie sie sich ja auch sonst überall vor- finden und zu halb\\'egs üppigem Gedeihen nur dann gelangen, wenn alle erforderlichen Bedingungen, nämlich organische Substanz, Licht und Sauerstoffmangel, zusammentreffen. 3. Kieselalgen finden sich wohl zu jeder Zeit, jed(^ch nur in ganz wenigen Arten und hidividuen vor, sonstige pflanzliche Organismen ganz vereinzelt und in spärlichen Resten. 4. Von Tieren treten — wieder nur sehr vereinzelt — etliche Rhizopodenarten und ein Nematode auf. 5. Die Organismen sind zu großem Teile abgestorben. 6. Sie dürften alle bis auf die Eisenbakterien erst sekundär, etwa durch Niederschläge oder Schmelzwässer infolge mangel- hafter natürlicher Filtration, in das Quellwasser gelangen. 7. Diese Anschauung findet ihre Bestätigung in den Ergeb- nissen der bakteriologischen Untersuchung. Zum Schlüsse sei es mir erlaubt, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Hofrat Professor Dr. Hans Molisch meinen tief- ergebenen Dank auszusprechen für das hilfsbereite Wohlwollen, das er meiner Arbeit in Rat und Tat zuteil werden ließ. Herzlichen Dank schulde ich auch Herrn Dozenten Dr. Kromb- holz für so manche wertvolle Mitteilung und den Herren des Städtischen Gesundheitsamtes für ihr Entgegenkommen bei der Einsichtnahme in die bakteriologischen Untersuchungsprotokolle. Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, loO. Bd. 10 127 Ein Beitrag zur Kenntnis der Cytologie von Tuber aestivum Vitt. Von Bruno Schussnig (Mit 1 Tafel und 3 Textfiguren) Vorgelegt in der Sitzung vom 12. Mai 1921 Im Nachlasse des im Jahre 1914 verstorbenen Botanikers J. Brunnthaler fand sich mit Flemming gut fixiertes Material von Tuher aestivum. Fräulein Stephanie Herzfeld hatte die Freundlichkeit, von demselben Mikrotomschnitte herzustellen, die ich Ende des Jahres 1915 zwecks Untersuchung übernahm. Ich mußte jedoch aus äußeren Gründen meine Untersuchung wiederholt unterbrechen, so daß ich erst in den letzten Monaten dazu kam, mich dieser Arbeit endgültig zu widmen. Trotz der vielen Mängel, die diesem zu ganz anderen Zwecken gesammelten Material anhaften, will ich nicht zögern, die erzielten Resultate zu veröffentlichen, da sie immerhin eine ganze Reihe von interessanten Tatsachen enthalten, aber auch aus dem Grunde, weil bei der derzeitigen enormen Teuerung aller notwendigen Laboratoriums- behelfe an eine erschöpfende Bearbeitung dieser Pilzgruppe nicht gedacht werden kann. Die Bestimmung der Art verdanke ich Herrn Professor V. Schiffner, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen Dank ausdrücke. Über die Morphologie der Tiiberaceen sind wir durch die mustergültigen Untersuchungen von Tulasne, Hesse, de Bary, Ed. Fischer und Bucholtz u. a. genau unterrichtet. Besonders die Arbeiten Ed. Fischers haben uns in äußerst überzeugender Weise über die entwicklungsgeschichtlichen und verwandtschaft- lichen Verhältnisse dieser Pilzgruppe aufgeklärt. Dagegen konnte ich nirgends in der mir zugänglichen Literatur Angaben über die feineren Vorgänge, die sich vor und nach der Ascusbildung ab- spielen, finden, weshalb ich gerade auf diese Verhältnisse meine besondere Aufmerksamkeit lenkte. Über die dabei erzielten Unter- suchungsergebnisse will ich im folgenden berichten. 128 B. Schussnig, Das Mj^cel des Fruchtkörpers in den sterilen Anteilen besteht aus kurzgegliederten, einkernigen Hyphen von durchschnittlich 2 a Dicke. In den das Hymenium tragenden Innenbalken, den sogenannten >venae internae<', zeigt das Hyphengetlecht ein dichtes, plektenchymartiges Gefüge, was zur Folge hat, daß, besonders in dünnen Mikrotomschnitten, der \'erlauf der einzelnen Hyphenzellen kaum oder überhaupt nicht zu verfolgen ist. Die Zwischenräume zwischen den Hymenialflächen, deskriptiv unter dem Namen dei- »venae externae- bekannt, werden von einem lockeren Geflecht von ganz unregelmäßig verlaufenden, vielfach verzweigten und miteinander anastomosierenden Hyphenzellen erfüllt, die in der Regel ebenfalls einkernig sind. Nur hie und da findet man auch zweikernige Zellen, eine Erscheinung, die wohl darauf zurück- zuführen sein dürfte, daß sich die zwei Nuclei knapp nach der Ivaryokinese vor der Bildung einer trennenden Zelhvand befinden. An den Stellen, wo ein Hyphenzweig dieses Geflechtes frei in den Raum der venae externae endet, kann die Endzelle eine Verdickung erfahren, wodurch dieselbe eine keulige Gestalt annimmt. Die Kerne der vegetativen Mycelzellen messen 1-6 \i im Durchmesser, sind stark chromatinhältig, wobei die Chromatinsubstanz in Form von mehr weniger großen Körnchen \erteilt ist, und führen stets ein wenn auch nicht immer sehr deutlich sichtbares Binnen- kijrperchen, von dem später noch die Rede sein wird. An der Peripherie der venae internae kommt die Hymenial- schicht zur AusdifTerenzierung, ohne sich jedoch \"om vegetativen Gewebe scharf abzuheben. Li dieser liegen die Asci, entweder einzeln oder in Gruppen von zwei bis mehreren zusammen. Sie besitzen eine mehr weniger rundliche bis längliche Gestalt mit imregelmäßig \erlaufenden Konturlinien und werden von einer relativ dicken Membran umhüllt. Die Membrandicke dürfte allerdings in dem von mir untersuchten Materiale infolge der Einwirkung der Härtungsreagentien eine Steigerung erfahren haben (vgl. Tafel, Fig. 8). Zwischen den Asci, also im Gewebe der Hymenium führenden Fruchtkörperlamellen, und zwar immer parallel mit der Hymenial- schichte, wird das sterile Hyphengeflecht von weitlumigen, ungefähr zwei- bis dreimal so dicken Fäden durchzogen. Sie zeigen eben- falls einen unregelmäßigen, hin- und hergewundenen Verlauf, weshalb es im .Schnitt nicht möglich ist, sie in ihrer Kontinuität zu verfolgen. In der Nähe der Ascusregion werden diese Hyphen durch ihre reiche und dichte Verzweigung sowie durch ihre immei- stärker werdende Tingierbarkeit ganz besonders auffallend, so daß der Gedanke nahe lag, daß es sich um Elemente mit besonderer Funktion handle. Die weiteren Untersuchungen ergaben, daß die genannten Fäden die ascogenen Hyphen sind, wHarzhyphen^< bezeichnet hat. Allerdings ist die spezifische Funktion dieser Hyphen bis heute noch unbekannt. Damit ist die histologische Differenzierung im Fruchtkörper von Tuber aestivum, soweit ich es beurteilen kann, erschöpft. Es wäre nur noch hinzuzufügen, daß gegen die Peripherie des Frucht- körpers das vegetative Hyphengeflecht allmählich in eine breite, parenchymatische Rindenschicht übergeht, deren Zellelemente mit einer dicken, festen Membran von brauner Farbe versehen sind, eine Färbung, die selbst nach allen Prozeduren der Mikrotomtechnik erhalten bleibt und auch nicht durch den angewendeten Farbstoff verdeckt wird. Das r//i7^r-Material, das mir zur \'erfügung gestanden ist, war bereits erwachsen imd im reifen Zustand, d. h. der Frucht- körper hatte schon zahllose Asci der \erschiedensten Größenordnung entwickelt und diese befanden sich wieder in verschiedenen Stadien der Ascosporenbildung. Ein Blick in ein Schnittpräparat zeigt daher sofort, daß der Prozeß der Ascus-, beziehungsweise Sporenbildung im Augenblick der Fixierung sich noch im Gange befand, so daß Aussicht bestand, wenigstens bis zu einem gewissen Grade die aufeinanderfolgenden Entwicklungsstadien feststellen zu können. Ich richtete mein Hauptaugenmerk darauf, Organe zu finden, die als Oogonien und Antheridien hätten agnosziert werden können. Dies gelang mir aber trotz eifrigsten Suchens (es standen mir im ganzen aclit Schnittserien zur Verfügung) nicht. Es ist denkbar, daß das \on mir durchgesehene Material sich bereits in einem vorgeschrittenen Altersstadium befunden hat, zu einem Zeitpunkt fixiert worden ist, wo die Befruchtung schon vollzogen war und die Bildung der ascogenen Hyphen eingesetzt hatte. Mir scheint diese Annahme jedoch wenig wahrscheinlich, da die Hymenialzone, wie ich früher sagte, keinen fertigen Zustand aufwies. Es fanden sich \"ielmehr in derselben die verschiedensten Altersstufen der Ascus- produktion und da wir von anderen Ascomyceten her wissen, daß die Sexualorgane nicht weit von der Hymenialschicht angelegt werden, so wäre es durchaus gezwungen, bei dieser Ascomyceten- form die Anlage der Geschlechtsorgane auf einen früheren Zeitpunkt 130 B. Schussnig, der ontogenetischen Kntwicklung verlegen zu wollen. Ich glaube daher annehmen zu dürfen, daß bei dieser Tnber-Avi die Sexual- organe in Verlust gegangen sind, ähnlich wie bei der von Car ruthers untersuchten Helvella crispa Fries, eine Annahme, die gerade bei Berücksichtigung unserer Vorstellungen über die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Helvellineen und Tuberineen an Wahrscheinlichkeit gewinnt. Die ascogenen Hyphen, die mithin einen Überrest des ursprünglich vorhanden gewesenen Sexualapparates darstellen, enthalten in ihrer an der Grenze der inneren Hymenialschicht gelegenen Endverzweigungen in Jedem Gliede zwei Kerne. Wo und Fig. 1. .Sporogene Kilden und Makcnbildung in welcher Weise die Doppelzahl der Kerne zustande kommt konnte ich nicht eruiei'en. In Fig. 1 a ist eine Gruppe \'on solchen ascogenen Hyphenzellen dargestellt. Alan erkennt daran leicht den Größenunterschied gegenüber den \egetativen Mycelfäden, welche die Zwischenräume ausfüllen. Auch die Kerne zeigen noch dieselbe Größenanordnung wie im vegetativen Mycel, nur in der Teilfigur rechts unten erscheinen sie etwas vergrößert. In den folgenden Figuren 1 /' bis 1 d allerdings bemerken wir schon eine bedeutende Größenzunahme der Kerne und gleichzeitig damit die allmähliche Annäherung der beiden Kerne aneinander. Fig. 1 tl stallt ein Stadium unmittelbar vor der Verschmelzung dar. Nach stattgefundener Kernverschmelzung wird aus der Zelle, in der sich die Karyogamie abgespielt hat, die Anlage des jungen Ascus. Offenbar kann hier jedes zweikernige Glied der ascogenen Hyphe zur Ascusanlage werden, und darin ist eine auffallende Abweichung von der Norm gegeben. Zur Kenntnis Jer Gattung Tuhcr. 131 Nur höchst selten und nach langem Suchen ist es mir gelungen Stellen zu finden, die ich als die bekannten Haken- bildungen erkennen konnte, wovon die Figuren 1 e und 1 /" eine Vorstellung geben mag. In 1 e ist das Ende einer ascogenen Hj^phe gerade in dem Augenblicke wiedergegeben, wo sie umbiegt; im Bogenteil befinden sich zwei Kerne. Der Kern der Stielzelle ist imdeutlich, der der Spitzenzelle aus dem Schnitt herausgefallen. In Fig. 1/ ist ein vorgeschritteneres Stadium der Hakenbildung abgebildet, an dem die heranwachsende Ascusanlage deutlich zu sehen ist, allerdings konnte ich die Kernverhältnisse infolge des äußerst dichten, stark gefärbten Inhaltes nicht wahrnehmen. Es scheint also bei dieser Form neben der apikalen Entstehungsweise der Asci auch eine interkalare Ausbildungsmöglichkeit der Sporen- schläuche vorzukommen, letztere als akzessorischer, aber nach meinen Erfahrungen in diesem speziellen Fall prädominierender Entwicklungsmodus. Dies erscheint uns verständlich, wenn wir den anatomischen Aufbau eines T/z/vr-Fruchtkörpers betrachten und vor allem, wenn wir uns an den Modus der Sporenverbreitung bei den Hypogaeen erinnern. Die apikale Entstehungsweise der Asci bei den gymnokarpen Ascomyceten ist eine natürliche Folge der streng palissadenartigen Anordnung der Sporenschläuche im Hymenium, die wiederum den Sinn hat, dem Wind als Sporen- verbreitungsmittel einen ungehinderten Zugang zu gewähren. Beim angiokarpen Bau des Tuberineenfruchtkörpers im reifen Zustand ist das nicht notwendig, weil der Wind als Transportfaktor über- haupt nicht in Betracht kommt. Deshalb, und \venn wir uns 'noch vergegenwärtigen, daß bei dem hier in Rede stehenden Tuhcr aestivmu höchstwahrscheinlich die Ascogonien und Antheridien nicht mehr zur Ausbildung gelangen, scheint mir die interkalare Entstehungsweise der Asci eine sehr zweckmäßige Einrichtung zu sein, denn im Moment, in dem der Wind als Verbreitungsmittel wegfiel und die Sexualorgane rückgebildet wurden, war dem Pilz dadurch eine erhöhte Bildungsmöglichkeit der Asci gegeben. Bis 2U einem gewissen Grade kann man sogar die interkalare Entstehungsweise der Asci als einen Ersatz für die in Verlust geratenen Sexualorgane auffassen. Der junge Ascus wächst nach erfolgter Karyogamie sofort heran, nimmt eine mehr weniger kugelige bis ellipsoidische Gestalt an, wenn er nicht durch den Druck benachbarter Elemente gezwungen ist, seine Form der Umgebung in mehr minder weitem Maße anzupassen (Fig. 2, a und h). In diesem Stadium führt der Ascus einen Kern {Syukavyou), den ich hier als »primären Ascus- kern« bezeichnen will und der durch seine besondere Größe auffällt. Anfangs rund, nimmt er mit zunehmendem Wachstum des Ascus eine unregelmäßige Gestalt an, er treibt rundliche, pseudo- podienartige Fortsätze aus und gleichzeitig spielen sich in ihm Veränderungen in der Anordnung der chromatischen Substanz ab, .auf die ich weiter unten noch zu sprechen komme. Wenn der 132 B. Schussnig, Ascus eine gewisse Größe erreicht hat, findet eine Teilung des primären Ascuskernes statt, die das Entstehen von vier »sekundären Ascuskernen zur Folge hat. Den Teiliings\organg selber bekam ich nie zu Gesicht, wohl gelang es mir aber die vier jungen Tochterkerne, offenbar knapp nach ihrer Entstehung, zu finden (Tafel, Fig. 3). Im wesentlichen stimmen sie in der Gestalt mit den primären Ascuskernen überein, unterscheiden sich \-on den letzteren (von der Größe abgesehen) nur durch eine viel dichtere, gleich- mäßigere Struktur und \iel schärfer zugespitzte Pseudopodien- fortsätze. Diese vier sekundären Sporenkerne liefern die Sporen, wobei allerdings hervorzuheben ist. daß nicht immer alle vier .Sporen zur Reife kommen und daß der Reifungsprozeß der Sporen innerhalb eines Ascus in succedaner Reihenfolge erfolgt. Ist eine oder zwei Sporen im Wachstum den anderen Scliwestersporen stark voran, dann können die in der Entwicklung zurückgebliebenen Sporenanlagen nicht mehr zur Vollreife gelangen, sie gehen lang- sam zugrunde, indem ihre Substanz \om Ascusplasma langsam resorbiert wird. Solche Stellen sind dann durch ihre besonders intensive Tingierbarkeit gekennzeichnet. Im jungen Ascus erfüllt das Protoplasma den ganzen Innenraum und zeigt eine sehr deutliche schaumige Struktur. Später, wenn die Sporen heranreifen,, sammelt sich das Plasma vornehmlich um die .Sporenanlagen und sendet von da aus mehr weniger dicke Stränge bis in den plasmatischen Wandbelag aus, wie dies aus den beigegebenen Figuren hervorgeht. Das Gefüge des Ascusplasmas ist körnig, was besonders deutlich in den protoplasmatischen x'\nsammlungen in der Nähe der Sporenanlagen zum Ausdruck kommt. Die Folge davon ist, daß sich der plasmatische Inhalt der unreifen Asci mit Hämatoxylin sehr stark mitfärbt. Nach diesen kurzen allgemeinen Bemerkungen will ich mich dem eigentlichen Thema dieser Arbeit zuwenden, nämlich zur Besprechimg jener \'orgänge, die sich an den Ascuskernen während der Sporenbildung abspielen. Ich bin gezwungen, etwas weiter auszuholen und in wenigen Worten die Hauptergebnisse der Protistenkernforschung zu resümieren, weil meine Resultate wesentliche Übereinstimmungen mit denen der Protistenforscher aufweisen. In einem kleinen, in den Berichten der Deutschen Botanischen Gesellschaft erschienenen Aufsatze habe ich bereits den Versuch gemacht, diese so überaus wichtigen Tatsachen den sonst ferner stehenden botanischen Kreisen bekannt zu geben. Mit dem Hinweis auf diese X'eröffentlichung kann ich mich hier kurz fassen und will im folgenden nur so viel wiederholen, als zum Verständnis meiner Untersuchungsbefunde an Tuba- acstivuin unbedingt notwendig ist. Zur l\eniUnis der l'.atUing Tiihcr. 133 Die Forschungen auf dem Gebiete der Protistencytologie, hauptsächlich die von Schaudinn, Prowazek, Hartmann u. a. m., haben in den letzten zwei Dezennien gezeigt, daß zwischen der Konstitution des Zellkernes der Protisten und jener der höheren Organismen wesentliche Unterschiede bestehen. Hartman n machte im Jahre 1911 den Versuch, auf Grund eigener Untersuchungen und unter Heranziehung der bis dahin erschienenen Fachliteratur, eine Übersicht über dieses Gebiet zu geben und entwarf eine Art System der Protistenkerne, in dem er verschiedene Kerntypen unterscheidet, die einige wichtige Stufen der Zellkernentwicklung darstellen. Hartmann hat vor allem das Verdienst, eine gründliche Übersicht geschaffen zu haben und seine Arbeit bildet somit die Grundlage für spätere Forschungen, gleichgültig ob im einzelnen die Hartmann'schen Vorstellungen erschöpfend sind oder nicht. Später erschienene Arbeiten scheinen oft dem Hartmann'schen System zu widersprechen; ein endgültiges Urteil wird jedoch erst dann möglich sein, wenn die Protistencytologie auf breiter Grundlage und unter gleichzeitiger Heranziehung der niederen Pflanzen in Angriff genommen wird. vSoviel bis heute bekannt ist, läßt sich eine große Anzahl von Kernen aus den verschiedensten Verwandtschaftskreisen der niedersten Tiere und Pflanzen in einen Typus vereinigen, der uns einen relativ ursprünglichen Eindruck macht und den wir mit Hartmann als den Typus der einwertigen Karyosomkerne oder der Monocaryen bezeichnen wollen. Sie sind dadurch ausgezeichnet, daß an ihnen im allgemeinen zwei Komponenten unterschieden werden können, eine »lokomotorische« und eine »idiochromatische«. Vielleicht sagen diese Ausdrücke zu viel; wir wollen festhalten, daß die Unterscheidung dieser beiden Komponenten vorerst eine topographische ist, womit gesagt sein soll, daß bei den Kernen der einfachsten Tiere und Pflanzen eine mehr weniger strenge örtliche Scheidung zwischen jenen Substanzen durchgeführt ist, welche bei der Kernteilung die trophischen Anteile der nächsten Kerngeneration liefern und jenen, die während der Karyokinese diejenigen Strukturen aufbauen, die uns bei morphologischer Betrachtung dieses Vorganges den Eindruck kinetischer Zentren machen. Es ist klar, daß wir bei Betrachtung solcher subtiler Vorgänge im allgemeinen zu einer anthropomorphistischen Deutung des Gesehenen verleitet werden; deshalb möge mir die etwas zurückhaltende Formulierung dieser Dinge gestattet sein. Unter diesem Vorbehalte ist die Anwendung der nun üblichen Nomen- klatur, deren ich mich im folgenden natürlich bedienen werde, zu interpretieren. Auch die Bezeichnung -ursprünglicher Kerntypus << ist in der Weise zu \'erstehen, daß diejenigen Kerntypen, die wir zum Ausgangspunkt unserer Betrachtung wählen, fast durchwegs bei recht primitiv organisierten Lebewesen (hauptsächlich Flagellaten, Rhizopoden u. a.) vorkommen, wodurch die Vorstellung berechtigt erscheint, die Ursprünglichkeit dieser Organismen auch auf die Konstitution ihrer Kerne zu übertragen. 134 B. Scliussnig, Die topographische \'erteilung der beiden Kernkomponenten in einem Monokaryon kann nun recht verschieden sein, wodurch sowohl das Aussehen des Ruhekernes als auch die Gestalt der mitotischen Bilder sehr \erschieden ausfallen vv'ird. Im einfachsten Falle (besonders wenn es sich um sehr kleine, schwer in ihre Details auflösbare Kerne handelt) ist die Hauptmasse der Chromatin- substanz in einem zentralen Körper, dem Karyosom, zentralisiert, um das herum eine helle, gegen das Cytoplasma abgegrenzte Zone sichtbar ist. Diese Zone ist sehr arm an tingierbaren Substanzen, sie umgibt daher das Karyosom wie ein Bläschen (man spricht daher auch von Bläschenkernen) und man bezeichnet sie als Außen kern, oder besser vielleicht als »Perikaryon«. Das Karyosom stellt keine einheitliche basophile Masse dar, sondern es konnte in sehr vielen Fällen, bei vorsichtiger färberischen Differenzierung der Präparate in seinem Zentrum noch ein Bestand- teil aufgefunden werden, der als ein kugeliges Körnchen erscheint und als Centriol bezeichnet wurde. Von physiognomischem Interesse sind jene Veränderungen, die sich an den einfachen Protistenkernen während ihrer vegetativen Phase abspielen und die darin bestehen, daß die im Karyosom ausschließlich oder vornehmlich zentralisierte chromatische Substanz entweder teilweise oder sogar gänzlich in das Perikaryon aus- wandern kann. Diese Vorgänge, die wohl zu den trophischen Funktionen des Kernes in irgendeiner, wenngleich einer genaueren Analyse schwer zugänglichen, Beziehung stehen dürften, kann man während der individuellen Entwicklung eines Protisten un- schwer verfolgen, wobei noch darauf hingewiesen werden muß, daß die Wanderung der Chromatinsubstanz auch reversibel sein kann, d. h., es kimnen die zu bestimmten Zeitpunkten im Außen- kern dispergierten Chromatinpartikelchen wieder in das Karyosom zurückwandern. Man nennt diese Erscheinung »cyklische Meta- morphose-. Auf diese Weise kommen während der Ontogenese eines bestimmten Organismus die verschiedensten Kernbilder zustande, die meiner Auffassung nach durch den Kernstoffwechsel induzierte physikalisch-chemische Zustandsphasen der beiden Kernkomponenten darstellen. Ähnliches hat sich im Laufe der phylogenetischen Entwicklung der verschiedenen Protistengruppen abgespielt und es ist daher natürlich, daß wir bei bestimmten systematischen Einheiten ganz spezifisch aussehende Monokaryen- typen wiederfinden, die nichts anderes vorstellen als die früher erwähnten, erblich fixierten Zustandsphasen. Es entstehen somit Kerntypen, welche im ruhenden Zustand eine weitgehende histo- logische Ähnlichkeit mit den Zellkernen der Metazoen und Meta- phj^ten aufweisen und die nur bei sehr genauer morphologischer, beziehungsweise morphogenetischer Analyse von diesen letzteren unterschieden werden können. Die Morphogenese eines Kernes liefert uns das wichtigste Kriterium ziu' Entscheidung seiner Konstitution, imd da sind in Zur Kenntnis der Gattung 'l'itber. loO erster Linie die Vorgänge während der Karyokinese zu erwähnen. Bei den einwertigen Karyosomkernen (Monokaryen) geht die Kern- teilung in der Weise vor sich, daß die beiden in ihm enthaltenen Komponenten während des Teilungsvorganges so ineinander greifen, daß einerseits ihre histologische Autonomie gewahrt bleibt und anderseits die Zusammensetzung aus zwei Komponenten auch in die nächstjüngere Kerngeneration ijbergeht. Den Vorgang der Karyokinese scheint das Centriol einzuleiten, indem es sich auf dem Wege einer einfachen Durchschnürung in zwei Tochtercentriole teilt, wobei zwischen diesen zwei Hälften ein Gelfaden, eine so- genannte »Centrodesmose« ausgespannt wird. Gleichen Schritt damit hält das Karyosom, das sich in die Länge streckt und in der Mitte auseinandergezogen wird. Ist die gesamte Chromatin- substanz im Karj^osom lokalisiert gewesen, so kommt es zu einer wenig scharf differenzierten Spindel mit chromatischen Polkappen und einer Äquatorialplatte. Andernfalls wird die chromatische Kern- figur von dem im Außenkern befindlichen Chromatin geliefert, während Centriol und Karyosom bloß der Spindelbildung dienen. Natürlich liegen zwischen diesen beiden extremen Fällen allerhand Übergänge, bei denen eine scharfe topographische Grenze zwischen chromatischer und achromatischer Spindelsubstanz sich nicht ziehen läßt. Es soll noch erwähnt werden, daß es Fälle gibt, wo das Centriol allein als lokomotorische Komponente funktioniert, und daß seine Stellung sehr \erschieden, entweder innerhalb oder außerhalb des Kernes sein kann. Immer wirken aber die beiden Komponenten, ohne Rücksicht ihrer topographischen Lokalisierung, bei der Karyokinese ineinander und auf diese Weise kommen mitotische Bilder zustande, die bei oberflächlicher Betrachtung von den entsprechenden Teilungsfiguren der iMetazoen- und Metaphyten- kerne nicht zu unterscheiden sind. Zweifellos handelt es sich jedoch um einen wesentlich verschiedenen Vorgang und wir bezeichnen denselben mit dem Namen >^ Promitose«. Zum Wesen der Promitose gehört ferner aucli der Umstand, daß die Spindel- figur intranükleär entsteht, ausgenommen jene Fälle, in denen die lokomotoriscJTe Komponente aus dem Kern in das Cytoplasma übergewandert ist. (Aber aucl^i liier nicht immer !j Ich mußte diese Charakteristik der Monokaryen vorausschicken, um den zweiten wichtigen, V()n Hart mann aufgestellten Kerntypus zum besseren Verständnis bringen zu können. Es ist dies der Typus der sogenannten polvenergiden Kerne oder Polycaryen, mit denen ich mich in dieser Arbeit speziell befassen muß. Sie stellen sicherlich eine ebenso interessante als wiclitige Stufe in der phylogenetischen Entwicklung des Zellkernes der Protisten im besonderen wie auch der Organismen überhaupt dar. Bei der Besprechung dieses Kerntypus will ich von einem von JoUos studierten und sehr übersichtlichen Fall ausgehen, den auch Hartmann in seiner oben erwähnten Abhandlung als Ausgangs- punkt seiner Darlegungen gewählt hat und der sich auf die Kerne 136 B. Schussnig. einer Coccidie, Adelea ovata, bezieht. Ich lasse am besten die Worte Hartmann's selber folgen: »Die Kernteilung vollzieht sich bei der Zweiteilung in Form einer Promitose, die sich ganz am Karyosom abspielt, während der Außenkern vollkommen unbeteiligt bleibt. Mit dem Karyosom kann sich auch der ganze Kern teilen und dem kann, wie wir das sonst bei Zellen gewohnt sind, auch die Zellteilung unmittelbar folgen, was allerdings eine seltene Ausnahme ist. Gewöhnlich geht sogar die Teilung des ganzen Kernes nicht direkt Hand in Hand mit der Karj^osomteilung, sondern vollzieht sich nachher und der Prozeß wiederholt sich, bis mehrere Kerne in der Zelle gebildet sind. Der weitere Fall ist der, daß im Innern der erhalten bleibenden Kernmembran das k'aryosom sich nicht einmal, sondern mehrmals hintereinander promitotisch teilen kann und dieser Kern, der also schon mehrere Tochterkerne im Innern enthält, sich dann nach und nach in die Einzelkerne zerschnürt. Der letzte Modus schließlich vollzieht sich so, daß auch die Zerschnürung des ganzen Primärkernes unterbleibt. Die Kernmembran des Primärkernes wird einfach zum Schluß auf- gelöst und die vorgebildeten .Sekundärkerne zerstreuen sich hierauf im ganzen Plasma. Hier ist es wohl ohne weiteres klar, daß dieser letztgeschilderte Modus der Kernvermehrung sich von einer fort- gesetzten Promitose des Kernes ableiten läßt, wobei einfach die Membran und die Höhle des Primärkernes erhalten bleibt, weil eben alle wichtige Substanz (die lokomotorische und idiochromatische Komponente) im Karyosom konzentriert ist und die Teilung somit nur an letzterem stattzufinden braucht. Ebenso sicher aber ist es, daß jeder durch primitive Mitose entstandene Tochterkern im Innern des Primärkernes als totipotenter Kern gelten muß. Der große Kern vor der multiplen Teilung ist somit unbedingt ein polyenergider Kern oder Poh'caryon im eingangs erwähnten Sinne«. Wenn aus dieser Beschreibung Form und Wesen eines polyenergiden Kernes ohne weiteres einleuchtet, so ist über die Bedeutung dieser Kerne noch nicht alles gesagt. Das Problem des Polycaryon besteht meines Erachtens darin, daß es eine höhere (Organisation des betreffenden Organismus anzeigt, worauf ich übrigens schon in dem oben angeführten Aufsatze aufmerksam gemacht habe. Einige Beispiele mögen dies illustrieren. Die großen, mit einem mächtigen Kern versehenen Monocyttarien und Tripyleen CRadiolarien) sind nach Ansicht der l^rotozoologen von einer Kolonie der Polycyttarien abzuleiten. Wenn daher bei den ersteren zur Zeit der Gametenbildung der, wie Hartmann mit Recht annimmt, polyenergide Primärkern in eine große Anzahl von Sekundär(Gameten)kernen zerfällt, so ist dieser \'organg phylo- genetisch so zu erklären, daß im Kern dieser Radiolarien die ursprüngliche, von ihren Ausgangstypen übernommene Organisation festgehalten wird. In diesen l^olycaryen finden wir also den letzten phylogenetischen Rest der früheren, jetzt schon erloschenen multi- cellulären Natur der Ausgangstypen: und daß dieses Organisations- Zur Kenntnis der (ialtunü' Tii'^cr. 13 'ö inerkmal gerade bei der Bildung der P'ürtpflanzungsorgane in Erscheinung tritt, steht wohl mit der X'orstellung im Einklang, dal.i im Augenblicke der Eortpflanzung immer wieder phylogenetisch ältere Organisationsmerkmale auftauchen, wofür gerade im Pflanzen- reiche zahllose Beispiele angeführt werden könnten. Mithip wird unsere Annahme \on der Bedeutung der polyenergiden Kerne für die phylogenetische Beurteilung eines Organismus oder einer Organismengruppe vollauf bestätigt, wir wollen aber trotzdem an der Hand einiger weiterer Beispiele die Stichhältigkeit dieser These prüfen. Bei den Trichonymphiden, einer eigenartigen Gruppe hoch- -\vertiger Flagellaten, die vor allem durch eine enorme Vermehrung der Geißeln und Geißelapparate ausgezeichnet ist, finden wir einerseits Typen mit zahlreichen Kernen, wobei jeder Kern mittels des Basalkornes mit je einer Geißel in Verbindung steht, anderseits aber auch solche Formen, bei denen die Zelle wohl polyciliat ist, jedoch bloß einen größeren Kern enthält. Dieser Kern ist nun, wie Hartmann nachgewiesen hat, polyenergid. Die polyenergide Natur desselben ist allerdings bloß während der karyokinetischen X'orgänge ersichtlich, beim Übergang in das Ruhestadium lösen sich die einzelnen Karyoenergiden auf und gehen in der Bildung des chromatischen Netzwerkes auf. Das Resultat davon ist ein Ruhekern vom Aussehen eines gewöhnlichen Metazoen- oder Metaphytenkernes, eine Erscheinung, die wir schon bei den Mono- karyen gesehen haben und die in physikalisch-chemischen Prozessen eine Erklärung finden könnte in dem Sinne, daß durch den Zerfall der Chromatinsubstanz in zahllose kleinste Brocken die aktive Ober- tUiche derselben vergrößert, die Adsorptionsfähigkeit gesteigert wird u. dgl. m. Wir müssen unbedingt derlei Prozesse im Auge behalten, denn das uniforme Aussehen der Zellkerne im ruhenden Zustand, trotz aller konstitutionellen Verschiedenheiten, ist sicherlich kein Zufall. Dem Beispiel der Trichonymphiden ließe sich noch ein weiteres aus dem Pflanzenreich angliedern, wenn auch die Protophyten- cytologie noch lange nicht die Fortschritte aufzuweisen vermag, die in der modernen Protozoologie gemacht wurden. Bei der Gattung Derhesia hndet bei der Zoosporenbildung aller Wahr- scheinlichkeit nach eine Auswanderung kleiner Chromatinkörnchen aus dem Zoosporenkern in das Cytoplasma des Schwärmers statt, welche dann zu Basalkörnchen und schließlich durch Vereinigung zum Basalstab werden, dem der Geißelkranz dieser pol3'ciliaten Schv^ärmzellen aufsitzt. Das ist meine Auffassung der leider etwas unzureichenden Befunde Davis'. In meinem Aufsatz über die Kerne der Protoph\'ten habe ich mich über diesen Fall dahin geäußert, daß man die Zoosporenkerne von Derhesia als polyenergid auffassen kann, mit der Modifikation allerdings, daß die zahlreichen Karyoenergiden bis auf die Centriolen, die als Basalkörper bei der Ausbildung der Geißeln in Erscheinung treten, rückgebildet seien. Dies wäre ein ganz analoger Vorgang, wie er sich bei den 138 B. Schussnie O' Monokaiyen vollzieht, bei denen wir Fälle kennen, wo vom Karyosom nach Abgabe seiner Substanz an den Außenkern bloß das Centriol übrig bleibt. Und daß das Centriol und die Basalkörper der Geißeln in genetischer Beziehung stehen, darf wohl als bekannt angenommen werden. Nun kennen wir eine andere Gattung aus der Verwandtschaft der Siphoneen, und zwar Vaucheria, bei der ebenfalls polyciliate Schwärmsporen vorkommen, jedoch mit dem Unterschied, daß hier jedem Cilienpaar ein kleiner Kern entspricht. Vergleichen wir diese zwei Fälle mit den früher erwähnten Trichonymphiden, so finden wir einen weitgehenden Parallelismus. Mit Absicht habe ich diesen Gegenstand etwas ausführlicher behandelt, um einerseits auf die Wichtigkeit der polyenergiden Kerne für die phylogenetische Protistologie hinzuweisen, anderseits aber auch, um darzutun, daß das Vorkommen von polyenergiden Kernen immer durch entwicklungsgeschichtliche oder entwicklungs- mechanische Belege sozusagen legitimiert sein muß. Gerade aus diesem letzten Grunde scheinen mir meine Befunde an den Ascus- kernen von Tuber aesUvmn von einigem Interesse zu sein, \veshalb ich jetzt zur Besprechung dieses Falles übergehen will. In Fig. 2 a ist ein junger Ascus mit einem großen, runden Kern abgebildet. In diesem letzteren unterscheiden wir zunächst einen rundlichen, dunkel gefärbten Binnenkörper, der sich vom übrigen Kern durch eine helle Zone abhebt. Zwischen Binnenkörper und dem Rest des Kernes (wir kc'mnen vorausgreifend den ersteren als Karyosom, den letzteren als Perikaryon bezeichnen) ist die Kernsubstanz ebenfalls dunkel gefärbt, sie zeigt eine dichte, granulierte Struktur und in ihr sind zahlreiche Chromatinpartikelchen konzentrisch um den Binnenkörper herum angeordnet. Diese abgerundete Gestalt des primären Ascuskernes ist eine relativ seltene Erscheinung.sform und wird nur in sehr jungen Ascus- schläuchen angetroffen. Sobald der Ascus älter wird und an Größe zunimmt, wobei sein protoplasmatischer Inhalt immer grobkörniger und stärker tingierbar wird, ändert sich das Bild des Kernes, er nimmt eine unregelmäßige, mehr minder gelappte bis amöboTde Gestalt an (vgl. Fig. 2, b, L,d,J\g). In solchen gelappten Kernen kann man auch sehr deutlich die cyklischen Metamorphosen ver- folgen, die sich während dieser Entwicklungsperiode in ihnen abspielen. Aus Fig. 2d kann man mit größter Deutlichkeit ersehen, daß sich um das Karyosom herum zwei Substanzzonen heraus- differenziert haben, die nicht nur durch ihr verschiedenes Aussehen und durch ihre verschiedene Tingierbarkeit sondern auch durch einen Kranz von kleinen, stark gefärbten Chromatinkörnchen von- einander abgegrenzt erscheinen. Es lindet offenbar eine Stoff- wanderung vom Karyosom als physiologischem Zentrum in den Außenkern statt, was auch daraus zu ersehen ist, daß die Substanz des Binnenkörpers weniger dicht und etwas durchscheinend geworden ist. Diesem letzteren Umstände ist es nun zu \erdanken, daß wir in diesem Stadium in der Mitte des Karyosoms ein Zur Kenntnis der Gattuna; Tubcr. 139 deutliches Centriol wahrnehmen können, wodurch also die Karyosom- natur dieses Binnenkörperchens erwiesen ist (vgl. Fig. 2, b, d, g). In der ¥\g. 2 (/', c, e, f, g) sind verschiedene Zustandsphasen der Cyklomorphosen wiedergegeben, wobei zunächst auf die Teiltiguren c und / hingewiesen werden soll, die den Beginn des cyklischen Abbaues illustrieren. Das Karyosom ist noch durchaus dicht und undurchsichtig und im Außenkern befinden sich bloß einzelne größere Körnchen in regelloser Verteilung. In b und g ist die Auswanderung der chromatischen Substanz stärker vorgeschritten, wir finden letztere hauptsächlich an der Peripherie des Außen- Fig. 2. Junge Asei und primäre Ascuskerne. kernes verdichtet, wo sie, wie z. B. in Kig. b, als dunkel gefärbte Kappen der pseudopodienartigen Fortsätze des Außen kernes er- scheint. In beiden Figuren (/' und g) ist das Centriol sehr deutlich sichtbar. Manchmal, wie in der Fig. 2 t% ist die Chromatinsubstanz schollenartig ausdifferenziert. Alle diese Veränderungen müssen wir als den sichtbaren Ausdruck eines regen Stoffwechsels im primären Ascuskern auf- fassen, die schließlich zu einer günstigen Verteilung der idio- chromatischen Substanzen innerhalb des Außenkernes führen. Nach Abschluß aller dieser cyklischen Phänomene findet eine Teilung des primären Ascuskernes statt, die die Bildung von vier sekundären Ascuskernen zur Folge hat. In Analogie zu den übrigen bisher bekannt gewordenen Fällen dürfte es sich auch hier um eine Reduktionsteilung handeln. Diese vier sekundären 140 B. Schussnig. Ascuskerne stimmen, was die äußere (lestalt, die feinere Struktur und ihre Konstitution betrifft, durchaus mit den primären Ascus- kernen, aus denen sie durch Teilung hervorgingen, überein. Man kann an ihnen ein mit Centriol versehenes Karyosom und einen Außenkern \'on wechselnder Gestalt unterscheiden; der einzige äußerliche Unterschied gegenüber dem Mutterkern besteht darin, daß die pseudoppdienartigen Fortsätze des Außenkernes viel feiner und spitziger auslaufen, und daß diese Kerne kleiner sind. Außer- dem ist die Struktur weniger deutlich. Dieses Merkernstadium (vgl. Taf., Fig. 3) habe ich während meiner Untersuchung bloß ein einziges Mal zu Gesicht bekommen, was offenbar dafür zu sprechen scheint, daß sich die Teilung des primären Ascuskernes außerordentlich rasch abspielt. Es ist dies eine empfindliche Lücke in meinen Befunden, weil im Hinblick auf das spätere, gleich zu erörternde V^erhalten der sekundären Kerne, eine genaue Kenntnis des Teilungsmodiis des primären Ascuskernes von größtem Interesse sein dürfte. Ist das Vierkernstadium im Ascus erreicht, so \vachsen die Kerne allmählich heran, jedoch nicht alle zu gleicher Zeit. Es bestehen fast immer Größenunterschiede zwischen den vier Kernen, die wohl so zu erklären sind, daß ein Kern im Größenwachstum den anderen drei stark vorauseilt und die übrigen drei immer in einem gewissen Zeitabstand nachkommen. Mit zunehmender Größe verlieren die sekundären Ascuskerne nach und nach ihre unregel- mäßige, amöboide Gestalt, die sie noch im auf der Tafel, Fig. 3, abgebildeten Zustand besaßen und runden sich immer mehr ab. Der kugelige Umriß bleibt allerdings nicht lange erhalten, denn alsbald sehen wir, daß die Kerne eine im optischen Durchschnitt mehr weniger polygonal erscheinende Gestalt annehmen, wovon die Fig. 7 der Tafel, z. B. eine recht gute \'orstellung zu geben vermag. Verfolgen wir nun die weiteren Veränderungen in den sekundären Ascuskernen, Zunächst teilt sich das Karyosom zwei- mal rasch hintereinander, wodurch vier Tochterkaryosomen ent- stehen, welche anfangs noch gepaart nebeneinander liegen (Tafel, Fig. 2, links oben). Später rücken die vier Tochterkaryosomen :iuseinander und diese teilen sich noch einmal. Es entstehen somit vier Paarlinge, wobei die Paarlingshälften in der Regel nicht gleich groß sind (Tafel, Fig. 2, rechts oben und I"ig. 7, rechts unten). Die Fig. 4 der Tafel gibt ein Detailbild dieses zweiten Teilungs- vorganges wieder. Wir sehen, daß sich das Centriol in der weiter oben beschriebenen Weise teilt, wobei zwischen den zwei Centriol- hälften eine Centrodesmose ausgespannt wird. Darauf findet die Durchschnürung des Karyosoms selbst statt und wir sehen schließlich die zwei Karyosomhälften mit ihren Centriolen dicht -nebeneinander liegen (das oberste Paar in P'ig. 4 der Tafel). I3ie Deutlichkeit dieser Vorgänge hängt einerseits \-om Zustand des Materials, anderseits \"om Differenzierungsgrad beim Färben ab, Zur K'cnntnis der Gattung Tiibcr. 141 ■was zur Folge hat, daß ich nicht in allen Abbildungen die genaueren Details zur Darstellung bringen konnte. Aus dem Vergleich zahl- loser Stadien geht jedoch der eine wichtige Umstand hervor, daß in allen Generationen der Karyosome stets ein Centriol vorhanden ist, wie dies auch das spätere Verhalten dieser Karyoenergiden zeigen wird. Während oder knapp nach dieser letzten Teilung des Karyo- ■sonis zeigen, wie schon erwähnt, die daraus hervorgegangenen Tochterhälften eine verschiedene Größe. Aber nicht nur in der Größe, sondern auch in ihrem späteren Verhalten unterscheiden sich diese beiden Tochterhälften wesentlich voneinander. Und zwar können zwei Fälle eintreten. In dem ersten bleibt die eine, größere Karyosomhälfte unverändert und behält ihre runde Gestalt bei, während gleichzeitig die kleinere Hälfte aufgelockert wird. Sie geht offenbar in einen flüssigeren Zustand über, wie das bei Biokolloiden oft zu beobachten ist und umfließt förmlich die benachbarte, unverändert gebliebene Karyosomhälfte, so daß letztere in die Gelmasse der ersteren exzentrisch zu liegen kommt (Tafel, Fig. 2, Mitte, Fig. 7, links unten, Fig. 1). Es differenzieren sich also auf diese Weise innerhalb eines jeden sekundären Ascus- kernes vier kleinere Kerne heraus, und zwar so, daß die eine Karyosomhälfte den Außenkein für die in Ruhe verharrende andere Kar3'osomhälfte liefert. Daß dem so ist, geht auch deutlich aus dem Umstände hervor, daß man in dem neu entstandenen .Außenkern noch das in der metamorphosierten Karyosomhälfte ursprünglich enthaltene Centriol regelmäßig nachweisen kann (Tafel, F"ig. 1, 2, 7). Es ist ohne weiteres klar, daß wir in diesen sekun- dären Ascuskernen polyenergide Kerne, im oben erwähnten Sinne, vor uns haben, welche durch komplizierte Umwandlungen ihrer Kar^'oenergiden schließlich vier individualisierte Kerne in ihrem Innern erzeugen, die, wie wir weiter unten sehen werden, zu Sporenkernen werden. Vorher wollen wir ni)ch den zweiten Fall der Kernbildung innerhalb eines Sjaikaryons ins Auge fassen. Es kommt nämlich vor, daß die Ausdifferenzierung der Sporenkerne nicht immer in der soeben geschilderten Weise vollzogen wird. Nicht selten kann man beobachten, daß nach der zweiten Kiuyosom- teilung die größere Karyosomhälfte (die, wie wir sahen, im ersten Falle unverändert bleibt; nicht von der den Außenkern liefernden anderen Hälfte eingeschlossen wird, sondern sich von dieser ent- fernt (Tafel, Flg. 7, rechts unten) und schließlich entweder von der Substanz des Mutterkernes resorbiert <:)der aus demselben in ■das Ascusplasma ausgestoßen wird^ Es entsteht somit aus der einen (kleineren) Karj^^osomhälfte ein kleiner Kern von feinkörniger 1 Solche ausgestof.iene Karyoenergidenhälften gehen in der Regel im .Ascus- plasma langstim durch Resorption zugrunde und können lange Zeit in demselben .nachgewiesen werden (Tafel, Fig. 1 und 4). Sie können aber auch, allerdings nur ausnahmsweise, abortix'e Kerne im Cytoplasma liefern, wie in Fig. 2 der Tafel zu ■sehen ist. Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, .Vbt. I, 130. Bd. 1 1 142 B. Schussniir tt> Struktur, der in der Mitte bloß das Centriol birgt, welches wir beim ersten Kerntypus im Außenkern gefunden hatten (Tafel^ Fig. 6 und 7). Innerhalb eines Polykaryons (sekundären Ascus- kernes) können die darin enthaltenen Sporenkerne entweder alle nach dem ersten Typus gebaut sein, oder es kommen beide Typen nebeneinander vor (Tafel, Fig. 6, 7). Dieses letztere Verhalten scheint mir nicht ohne Interesse zu sein, weshalb einige wenige Worte darüber vielleicht am Platze sein dürften. Auf Grund unserer bisherigen cvtologischen Erfahrungen wissen wir, daß sich die Kerne der männlichen Sexualzellen durch eine besonders kräftig entwickelte idiogenerati\'e Komponente auszeichnen, bei schwacher Ausbildung des trophischen Kernanteiles (Außenkern), während in den weiblichen Geschlechts- zellen (Gameten, Eizellen etc.) gerade das Umgekehrte der Fall ist, d. h. Reduktion des lokomotorischen Anteils und dafür kräftige Entfaltung der idiochromatischen Komponente. In den oben be- sprochenen zwei Kerntypen hätten wir es im- wesentlichen mit einem ganz ähnlichen Vorgang zu tun. Es wäre daher denkbar, daß in den Sp(jrenanlagen von Ttiber aestivum eine geschlechtliche Differenzierung der Kerne durchgeführt ist, was mit dem weiter oben angenommenen Verlust der Sexualorgane in Zusammenhang gebracht werden könnte. Ich erinnere bei dieser Gelegenheit an das von Bürge ff aufgedeckte Verhalten der -t- und — Mycelien von Pliycomyces. Bei Ttiber aestivnni enthalten die Sporen vier Kerne und wenn diese geschlechtlich differenziert sind, so ist die Spore in der Lage, ein Atycel zu erzeugen, welches in seinen Zellen sowohl -+- als auch — Anlagen (Kerne) führt; bei einer entsprechenden Verteilung dieser Kerne in den späteren Zell- generationen (der Hymenialschichte) wäre es dann leichter ver- ständlich, daß trotz des Fehlens von Ascogonien und Antheridien ein Vorgang sich abspielt, der im Wesen einem Sexualakt gleich- kommt (Karyogamie in den ascogenen H^^phen). Ich will mich darüber nicht ausführlicher äußern; jedenfalls ist es nicht ganz zwecklos, auf diese Vorgänge aufmerksam zu machen, weil sie möglicherweise für spätere Untersuchungen als Richtlinien dienen könnten. Ich brauche ja nur an die überaus wertvollen Tatsachen, mit denen uns Kniep bei den Basidiomyceten bekannt gemacht hat, zu erinnern. Und nun wollen wir uii^ der Entwicklung der Ascosporen zuwenden. Die Sporen gehen aus den sekundären Ascuskernen, in denen bereits die vier Sporenkerne, wie ich oben schilderte,, ausdifferenziert wurden, hervor. Die Matrix des Polykaryons liefert also das Material für die Spore. Wenn die französische Schule unter Carnoy bei der Beobachtung von Spirogyra-Kernen den Satz aufstellen konnte: der sogenannte Nukleolus (nach unseren, Zur Kenntnis der Gattung- Tiiber. It-o jetzigen Vorstellungen das Karyosom) sei ein Kern im K'ern, so kann man in unserem Falle sagen: das P(^lykaryon ist eine Zelle in der Zelle (Ascus). Ich konnte für diesen Vorgang alle Über- gänge nachweisen, von denen einige markantere vStadien auf der Tafel wiedergegeben sind. Wir sehen zunächst die Substanz des Polykarj'-ons an Tingierbarkeit zunehmen, unter gleichzeitiger Vakuolisierung des Inhaltes, was zur Folge hat, daß die junge Sporenanlage weitmaschig mit breiten schollenartigen Netzbalken erscheint (vgl. Tafel, Fig. 8). Diese netzig oder maschig angeordnete, stark basophile Substanz verdichtet sich hauptsächlich an der Oberfläche der Sporenanlage, und man kann dann in den helleren Innenraum derselben hineinsehen (Tafel, Fig. 8 und 5). Die Oberfläche der jungen -/"-f Spore wird weiterhin facettiert, die Umriß- ~ '"" linie im (optischen Durchschnitt daher ;-^ _^ polygonal. Zur selben Zeit bildet sich eine zarte epiplasmatische Hülle um das ganze Gebilde: die Anlage der Sporen- / membran. Das Plasma des Ascus verdichtet sich um die im Wachstum begriffenen . . vSporenanlagen herum und man kann sehr , ^, . '^^^^"V. deutlich verfolgen, wie aus dem Epi- -^ ^~~~^'~\ ' plasma nach und nach die für diese Tnher- ^- Art charakteristischen Sporenmembran- Fig. 3. Skulpturen zur Ausscheidung gelangen j^^jf^ Spo,^ j,^, optischen (Tafel, Fig. 5j. Zuerst werden die Stachel- Längsschnitt mit den viel- artigen Fortsätze ausdifferenziert, welche Sporenkemen. auf den vorspringenden Ecken der Sporen- oberfläche aufsitzen, und nach und nach werden ganz zarte, anfangs kaum sichtbare Lamellen zwischen diesen ausgespannt, bis die für den fertigen Zustand so überaus charakteristische Leistenskulptur der Spore erreicht ist (Tafel, Fig. 4, 5, 8: Textfig. 3). Die reife Spore besitzt eine gelb bis gelbbraun gefärbte Membran, ihr Inhalt ist stark aufgehellt, ein Zeichen, daß die in den Sporenanlagen an der Oberfläche \erdichtete Substanz wohl auch am Aufbau der Membran teilgenommen hat. Sie enhält vier Kerne. In diesen sind auffallende Veränderungen vor sich gegangen. Wir finden zentral oder etwas gegen die Peripherie zu verschoben ein rundes, stark färbbares Körnchen, welches Non einer hellen, als Ring erscheinenden Zone umgeben ist. Aus einem N'ergleich mit den jungen Sporenkernen in der Sporenanlage ergibt sich ohne weiteres, daß dieses Körnchen das Centriol des ruhenden Karyosoms ist. Daß die Substanz des Kar\^osoms in der Onto- genese eines Kernes mannigfache Modifikationen erfährt, ja sogar bis auf das Centriol abgebaut werden kann, ist eine Erscheinung, die, wie weiter oben gesagt wurde, gar nicht selten ist. Genau so wie im Cytoplasma der Spore während ihrer Reifung so weitgehende Veränderungen sich abgespielt haben, scheint es auch 144 13. SchussniK. O! in den Kernen zu einer wesentlichen Modifizierung in der \'er- teilung der beiden wichtigen Komponenten gekommen zu sein (\^gl. Fig. 3). Der Außenkern der vSporenkerne in der reifen Spore ist auch bedeutend dunkler gefärbt als in den jüngeren Stadien, was zugunsten meiner Annahme spricht. Außerdem finden wir aber auch noch im Perikaryon ein zweites kleines Körnchen, welches bedeutend kleiner ist als das früher besprochene und sich auch nicht so scharf von seiner Umgebung abhebt. Es ist dies das Centriol der zweiten Karyoenergidenhälfte, jener, die wie ich weiter oben auseinandergesetzt habe, den Außenkern des jungen Sporenkernes geliefert hatte. In der in Fig. 3 wiedergegebenen Spore enthalten alle vier Kerne das Nebencentriol. Das muß jedoch, nach obigen Erläuterungen, nicht immer sein, \\'o\'on ich mich wiederholt überzeugen konnte. Die Kerne des vegetativen Mj^cels stimmen im Bau und m der Zusammensetzung vollkommen mit denen der reifen Spore überein. Wir müssen daher annehmen, daß in den ascogenen Hyphen die Kerne irgendwelche Veränderungen durchmachen, die hauptsächlich darin bestehen, daß die Karyosomsubstanz regeneriert \\'ird, oder besser gesagt, aus dem Perikaryon um das Centriol herum verdichtet \\'ird. Wissen wir doch, daß die zyklischen Meta- morphosen in den Protistenkernen reversible Vorgänge sind, ein Umstand, der sehr gut mit unseren modernen Erfahrungen auf dem Gebiete der Kollo'idchemie übereinstimmt. Zum Schlüsse möge noch die Frage in Erwägung gezogen werden, ob für die Existenz von pol^'energiden Kernen in diesem speziellen Falle irgendwelche entwicklungsmechanische oder phylo- genetische Gründe verantwortlich gemacht werden können, denn ich sagte ja weiter oben, daß dies eine conditio sine qua non für die richtige Beurteilung solcher Kernformen beinhalte. In diesem Falle ist man denn auch tatsächlich in der Lage, derartige Gründe anzuführen. Ich erinnere zunächst daran, daß die weitaus häufigste Sporenzahl in den Schläuchen der Ascomyceten acht oder sechzehn beträgt, und dies gilt auch von den mit den Tuberineen nächst- verwandten Formentypen. Das Auftreten von 4 Sporen bei der Gattung Ttilier muß daher als eine Reduktion gedeutet werden. Nun haben wir aber gesehen, daß aus dem primären Ascuskern (höchstwahrscheinlich durch Reduktionsteilung) 4 sekundäre Ascus- kerne entstehen. Bis daher stimmt das Verhalten der Ascuskerne bei Tiiber mit den übrigen Ascomyceten überein. Bei diesen letzteren ist es nun üblich, daß diese 4 haploiden Kerne sich entweder noch einmal, wodurch 8 Kerne, oder zweimal teilen, wodurch 16 Ascuskerne, die zu Sporenkernen werden, entstehen. Bei Tnbcv aestivmu unterbleiben diese vegetativen Kernteilungen im Ascus, die vier sekundären Ascuskerne vermehren ihre Karyo- energiden und aus diesen gehen, wie oben geschildert, 4 Sporen- kerne hervor, die jedoch innerhalb des polyenergiden sekundären Ascuskcrnes zur Ausdifferenzierung gelangen. Multipliziert man die Zur Kenntnis der Gattunu- Tubcr. 145 'o Zahl der sekundären Ascuskerne mit der Zahl der in ihnen ent- standenen Sporenkerne, d. h. also 4X4, so erhalten wir die Zahl 16. Es entspricht somit eine Spore von Tiiher aestiviuu einem Aggregate von 4 Ascosporen eines normalen Ascomyceten, was in der Vierzahl der enthaltenen Kerne und in dem ganzen Ent- \\^icklungs\organg deutlich zum Ausdruck kommt. Die polyenergiden Kerne erscheinen uns also in diesem Falle tatsächlich verständlich, denn sie stellen sozusagen ein Exponent für einen Entwicklungs- prozeß dar, den wir phylogenetisch ohne weiters erklären können. Aus diesem Grunde erschien mir die Veröffentlichung meiner Befunde an Tnher aestiviiin von Interesse, wenn auch, wie ich gleich vorausgeschickt habe, die Kenntnis noch einiger Details von großem Vorteil wäre. 146 ]i. Schussni2, Zuv Kenntnis der Gattuns; Ttibiri o Literaturverzeieh nis. Buchholtz 1".. Zur Kntwicklungsgeschichtc der Tuberaceen. Ber. d. Deutscli. bot. Gesellsch., /5. 1897. — Beiträge zur .Morphologie und Systematik der H\'pogaeen. lUO'i. — Zur Morphologie imd .S\-stemalik der Fiin^Q'i hvpo^i^'aei. Annales mvcologici, /. 190:^. — 7,uv I'jitwieklung der C//o/ro;;n'(:v,v-l'"rLichtkörper. Annales M\'Cologici. 6. 1908. — Zui- I'Jitwieklungsgeschichte des Balsamiaeeen-Fruchtkörpers, nebst Bemer- kungen zur Venvandtschaft der Tuberineen. Annales Mvcologici, S. 191(i. Fischer Ed., Tiihcraceae, in Rabenhorst Kryptogamenflora. 1896. — Tuln'iiiUtic. in Engier-Prantl, Natürliche Ptlanzenfamilien. 189fi. — i'ber den Paraileiismus der Tuberaceen und Gastromycetcn. Ber. d. Deutsch, bot. Gesellsch., 14. 1896. — Die Fruchtkörperentwicklung der Tuberaceen und Gastromvceten. Bot. Zeitung. II. Abt. ]WA. — Zur .Mui'pholijgie der Hypogaeen. Bot. Zeitung, 26. 1908. flartmann .M.. Die K'onstitution der Protistenkerne und ihre Bedeutung für die Zellenlehre, .lena. 1911. Lots\- J., Voi^träge über botanische Stammesgcschiciite. Jena, 1907. Schussnig B.. Der Zellkern der Protopiu'ten. Ber. d. Deutsch, bot. Gesellsch. 192n. \\'ettstein R.. Handbuch dei' systematischen liotanik. Wien. 1911. Sehussnig" B.: Zur Kenntnis der Gattung Tuher. 2 Sitzun£?sberichte der Akad. d. Wiss., matli.-naturw. Klasse, Abt. I, 130. Bd., 1921. 147 Phytoplankton aus Seen von Mazedonien Von Dr. Bruno Schröder (Breslau) (Mit 12 Textfiguren) (Vorgelegt in der Sitzung am 21. April 1921) Überblickt man den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse von dem Plankton der europäischen Seen, so ergibt sich, daß ins- besondere über die Seen von Nord- und Mitteleuropa eine bereits erstaunliche Fülle von Beobachtungen über die Qualität und die Quantität, über die Ökologie und die Biologie der Schwebewesen A'orliegen. Weitaus weniger wissen wir über das Seenplankton Süd- europas, das sich bekanntlich in drei Halbinseln, der Iberischen, der Apenninischen und der Balkanischen Halbinsel in das Mittelmeer hinein erstreckt. Die Apenninhalbinsel mit ihren großen oberitalie- nischen und den kleineren mittelitalienischen Seen ist durch die Arbeiten \-()n Pavesi, Rina Monti, Forti, Garbini u. a. noch einigermaßen gut erforscht, aber über die Iberische und die Balka- nische Halbinsel gibt es nur einige Mitteilungen, die von dem Phyto- plankton des Süßwassers der genannten Gebiete handeln. Dieser Umstand findet seine natürliche Erklärung darin, daß die zuletzt genannten Halbinseln keinen so großen Reichtum an Seen aufweisen, wie die von mehreren Vereisungen während des Diluviums heim- gesuchten nord- und mitteleuropäischen Länder, und außerdem ist das Innere Jener beiden Halbinseln schwer zugänglich, sobald man gezwungen ist, vom Schienenwege abzuweichen. Über das Phytoplankton der Balkanhalbinsel erschien zuerst ■eine kleine Abhandlung von Brunn thal er (1900), die über Schwebe- pflanzen aus dem Proscansko Jezero, dem größten See von Plitvice in Kroatien, einige Auskunft gibt. Es wurden 13 Arten aus diesem See aufgezählt, also nur eine geringe Zahl, da der See 800 w über dem Meere gelegen ist und demzufolge wie alle Bergseen •eine gewisse Armut an Phytoplankton aufweist. Eine größere Anzahl von Schwebeflanzen fand Forti (190*2) im Skutarisee in Albanien, der nur (3 in über dem Spiegel der Adria liegt und über 300 kin- groß ist. Forti konnte aus ihm 38 Algen nachweisen, unter denen allerdings einige Grundformen mit aufgenommen sind, die sich ins Plankton verirrt hatten. Dieses setzt sich hauptsächlich aus 148 B. Schröder, Schizophyceen, Bacillariaceen und Chlorophyceen zusammen und dürfte in systematischer Hinsicht ausreichend untersucht sein. Außerdem hatte ich selbst Gelee^enheit, zwei Brakwasserseen an der dalmatinischen Küste hinsichtlich ihrer Schwebepflanzen kennen zu lernen. Von Rovigno aus unternahm ich mit dem Stationsdampfer >Rudolf Virchow-< im Jahre 1909 eine Fahrt nach der mittleren Adria, bei der ich auch den Prokljan see unweit der Krkafälle bei Sebeniko besuchte und dort Plankton sammelte, in dem 62 Arten von Schwebepflanzen gefunden wurden, darunter natürlich auch solche, die sonst als marin gelten (1911). Endlich erhielt ich von Prof. Steuer aus Innsbruck Material aus dem \"ranasee bei Zara \'ecchia in Dalmatien. Es enthielt ebenfalls Brakwasserformen und stellte ein monotones Plankton von Chaeio- ceras Wighanii Brightw. dar. Aus dem Osten der Balkanhalbinsel kam Plankton vom Derkos-GöU, nordwestlich von Konstantinopel, zur Untersuchung, über das ebenfalls Forti Ergebnisse mitteilt, der dort über 40 Schwebepflanzen feststellte (1913). Das ist alles, was wir bis jetzt über das Phytoplankton der Balkanhalbinsel wissen. Alle die genannten Gewässer liegen aber nur am Rande derselben. Über die Schwebepflanzen aus den Seen in dem unwegsamen Innern dieses Gebietes waren wir bisher völlig im Dunkeln. Deshalb ist es um so dankenswerter und für die Wissenschaft um so wertxoUer, daß Geheimrat Doflein mit teilweiser Unterstützung durch Dr. Nachts heim während des Weltkrieges bei ihrem Aufenthalte in Mazedonien nicht verfehlt haben, aus den großen Seen an der serbisch-albanisch-griechischenj Grenze ungeachtet der damals quer über diese Seen gehenden Frontlinien der feindlichen Armeen Plankton zu sammeln. Es handelt sich dabei um den Doiransee, der östlich \'om mittleren Wardartale gelegen ist, und um die sogenannten dessaretischen Seen, den Prespa- und den Ochridasee, die westlich davon ungefähr unter derselben Breite, aber in größerer Meereshöhe liegen. Die Proben konnten aus den eben genannten Gründen zum Teil nur des Nachts unter dem Schutze der Dunkelheit gefischt werden und zwar von Booten aus, deren Seetüchtigkeit manches zu wünschen übrig ließ (1921). Schon an der Fangstelle wurde das gefischte Material mit Formol konserviert und mir später zur Be- arbeitung seines Phytoplanktons übergeben. Da ich vermutete, daß vielleicht im Naturhistorischen Staatsmuseum in Wien ebenfalls Material aus mazedonischen Seen aufbewahrt sein könnte, wandte ich mich durch gütige Ver- mittelung von Steuer an das genannte Institut mit dem Erfolge, durch Dr. Pesta von dort mehrere der gewünschten Planktonproben zu erhalten, die Dr. Sturany schon 1891 aus dem Doiran- und dem Ochridasee gesammelt hatte. Stammten die Proben von Di)flein vorwiegend aus dem Frühjahre und dem Sommer, so waren die Phytophuiklon aus Seen von Mazedonien. 149 von Stiirany im Herbste entnommen. Auch hatte letzterer 1891 noch den Ventroksee südöstlich vom Prespasee abgetischt, der 1917/18 im feindlichen besetzten Gebiete lag und deshalb für Doflein nicht zugänglich war. So bildete das Material Sturany's, das sich, in Spiritus aufbewahrt, sehr gut erhalten hatte, eine will- kommene Ergänzung zu dem von Doflein, besonders da ersteres reichhaltig an Schwebepflanzen war, während letzteres mehr Zoo- plankton enthielt. Über die oro- und hydrographischen Verhältnisse des maze- donischen Seengebietes findet man ausführlichere Angaben in den Abhandlungen von Nikolaides (1903), von Cvijic (1908 und 1911), von Oestreich (1916) und von Doflein (1921), aus denen ich im^ folgenden nur das notwendigste kurz anführe. 1. Der Doiransee. a) Beschreibung des Sees. Der Doiransee (serbisch Polinin Jezero) ist der Prasiassee der Alten, von dem schon Herodot im V. Buche das Leben des auf Pfahlbauten im Schilfe des Sees hausenden Fischervolkes der Pela- gonier schildert, deren Nachkommen auch jetzt noch einen Teil des Jahres in Pfahlbauten wohnen, was aus Lichtbildern zu ersehen ist, die Cvijic (1908) seinerzeit dort aufgenommen hat. Das Becken des Doiransees ist fast kreisrund und etwa 42 hii^ groß. Es läßt deutlich erkennen, daß der See früher größer war. Er gehört demnach zu den zusammengeschrumpften Seen und liegt in 148 m Meereshöhe in einem pleistocänen Einsturzkessel. Die Tiefe des Sees wird mit 10 ui angegeben. Er hat einen kleinen Zufluß aus den Bergen von Osten. Sein Abfluß nach Süden ist nur zeitweilig bei Hochwasser vorhanden, während er in regenarmen Zeiten abflußlos ist. Sein Wasser ist klar, rein und von grüner bis gelblichgrüner Farbe, worauf schon sein alter griechischer Name hindeutet. Ein dichter, mehrere hundert Meter breiter Gürtel von ?>/jn hohem Schilf umsäumt teilweise seine Ufer, wo sie flach weit in den See hineingehen. Auf dieser untergetauchten Uferzone wachsen außer Schilf besonders Ceratophylluin demersum und andere Wasserpflanzen, und auf seinem Grunde hat man Najas major gefunden. Der Reichtum des Sees an Fischen ist bedeutend. h) Inhalt der Proben. Nr. 1. Oberflächenfang 16. V. 18. leg. Doflein. 1. Dinohryon diver gens s.^ 2. Melosira gravmlata s. 3. Characimn Imineticmn h. Viel Zooplankton. 1 s. h. = sehr häufig, h. = häufig, n. s. = nicht selten, s. = selten und s. s. = sehr selten. 1 öO B. S c h r ö d e r, Nr. 2. Fang aus 5/// Tiefe. \i\ V. 18. leg. Doflein. 1. Dinobyyon divergeus h. 2. Melosira grauiilatu n. s. 3 . Sccncdesuins qnadricatida s. s. 4 . Charachiin Umneticiiin n. s. Viel Zooplankton. Nr. 3. Fang aus 8/;/ Tiefe. KJ. \'. 18. leg. Doflein. 1. Dinobtyoii divergeus n. s. 2. Melosira grüiinlafa h. 3. M. creiinlata \a.v. tennis s. 4. Cohicium vesiciilosinn auf Copepoden n. s. 5. Omraciiun liuiueticniu n. s. Viel Zooplankton. Nr. 4. Fang aus 10;// Tiefe. 16. \'. 18. leg. Doflein. Wie Nr. 3. Nr.5. Oberflächenfang, draußen im See. 8. VIII. 17. leg. Doflein. 1. Cliroococais liniueticus s. s. 2. Clathrocystis aeruginosa n. s. 3. Coelospliaeriiuii Küiziiigiaumn s. 4. Aiiahaena planctonica n. s. 5. A. Flos-aquae s. 6. Apliauizoineuon Flos-aquae n. s. 7. Cyclotella ScJiroeteri s. s. 8. Stephanodiscus Astraea s. s. 9. Melosira graniilafa s. h. 10. Closterium pronnm s. 11. Mallonionas spec. s. s. ' 12. Sy Ultra tivella s. s. 13. IJiiiobryoii divergeus h. 14. Diuobryou sfipifafnm var. eloiigatuin s. s. 15. Peridiniinu hipes s. s. lö. P. imimiscnlmn h. 17. P. polonicnin s. s. 18. Sphaeroeysiis Scliroeteri s. 19. Pandorina Moruin s. s. 20. Eiidoriiia elegaiis s. s. 21. CliaracitLui limneticimi h. 22. Tetraedron miuimmn s. s. 23. Seenedesjiius qnadricanda s. s. 24. Pediastnnu Boryauum s. s. 25. 7^. duplex var. clathraluui s. s. 26. P. iiicisuui s. s. 27. P. incisnnt \ar. ?'oto s. s. 28. Coelasfrtiin canibricum var. iiüenucdinui s. s. Phytiiplanktdii aus Seen von Mazedonien. lol Nr. (x Oberflächenfang, Nähe der Schilfregion. 8. VIII. 17. leg. Doflein. 1. Clathrocystis aeruginosa s. 2. Anahaeua planctonica n. s. 3. A. niacrospora n. s. 4. Apimiu'zonieiioii Flos-aquae s. 5. Melosira graniilata s. h. (3. Dinobryon divergens h. 7. Colaciuin vesiculosiiui n. s. 8. C. arhnscnla s. 9. Peridininni Qimniigtonii \ar. pseiuloquadrideiis ^. 10. P. ninnuscubun h. 11. P. immnscidum xnr. sphiiferum s. 12. Sphacrocystis Schroeteri s. 13. Pediastrniii Boryannm s. s. / Nr. 7. Oberflächenfang, innere Zone. 8. VII. 17. leg. Doflein. 1. Cliroococctis liiHucticiis a. .s. 2. Clathrocystis aeruginosa s. 3. Anahaena planctonica s. . 4. A. Flos-aquae n. s. 5. Aphanizomenon Flos-aquae s. ix StepJianodiscns Asfraea s. s. 7. Melosira gram data s. h. 8. Dinobryon divergens n. s. 9. Peridininni iminnsculum n. s. 10. P. Cunningtonii var. psendoqnadridens s. 11. Spliaerocystis Schroeteri s. s. 12. Planctonenia Lautcrbornii s. Nr. 8. Oberflächenfang. 30. IX. 91. leg. Sturany. 1. Qhroococcns limneticns s. 2. Clathrocystis aeruginosa h. 3. Lyngbya Lagerheiniii n. s. 4. Anabaena spec. steril, n. s. 5. ^. spec. steril, s. 6. Melosira granulata n. s. 7. Colaciuin arbuscnla s. s. 8. Sphacrocystis Schroeteri s. s. 9. Characiuni linmeticnni s. s. Viel Zooplankton. cy Schilderung des Phytoplanktons. Aus dem Doiransee kamen Proben aus drei Jahreszeiten zur Untersuchung, nämlich aus dem Frühjahr (Mai) 1918, dem Sommer (Juli) 1917 und dem Herbst (Ende September) 1891. Diese Proben 152 B. Schröder, zeigten merkliche Unterschiede in ihrer Zusammensetzung. Das Frühlingsplankton charakterisierte sich durch vorwiegende Anwesen- heit von Zooplankton, doch trat dazwischen vereinzelt Dinobryoii divergens und Melosira grauulata auf, sowie auf der Cladocere Diaphanosoma recht häufig Characium Umneticiim. Im allgemeinen aber war das Frühjahrsplankton sonst recht arm an Arten und Individuen. Wesentlich anders zeigte sich das Sommerplankton. In diesem traten die tierischen Schwebeformen hinter den pflanzlichen zurück und dafür wurde Melosira grauulata häufiger. Dinobryon dwergens kam reichlicher vor und daneben allerdings selten D. stijn- tafnni var. elongatnm. Auch die Schizophyceen machten sich mehr bemerkbar, besonders An ab ae na- Arien und Aphanizouicnon. Ferner waren Perii/iiiinni-Arten im Plankton anzutreffen und einige Grün- algen aus dem Genus Pediastrtun. Im Herbstplankton gewannen die tierischen Schwebeformen wieder die Oberhand, und von Schwebepflanzen w^ar nur Clatlirocystis aeruginosa häufiger. Hin und wieder fand man noch Lyngbya Lagerheimii, sterile Anabaena- Fäden und Melosira grauulata, alle übrigen Ph3^toplanktonten des Sommers waren sehr selten geworden oder fehlten ganz. Mehr läßt sich über die jahreszeitliche Verteilung nacli den Proben, die aus drei verschiedenen Jahren stammen und von zwei verschiedenen Forschern gesammelt wurden, nicht gut sagen. Bezüglich der regio- nalen vertikalen Verteilung des Frühjahrsplanktons kann nur bemerkt werden, daß die Artenzahl bis zu einer gewissen Tiefe um em geringes zunimmt, handelt es sich doch dabei um Plankton, das in der Nacht gefischt worden ist. Hinsichtlich der horizontalen Ver- teilung zeigt der Oberflächenfang draußen im See (Nr. 5) die größte Arten zahl. Nebenbei sei bemerkt, daß bei dem Material von Probe Nr. 5 aus dem Doiransee das Netz untergetauchte oder schwimmende Wasserpflanzen gestreift haben muß, denn es fanden sich in dieser Probe eine Menge verschiedener Grundformen der Diatomaceen. Da über diese Algen von der Balkanhalbinsel nur wenig bekannt ist, sei es mir gestattet, die selteneren unter ihnen in systematischer Reihenfolge hier anzuführen, auch wenn sie nicht direkt zum Phytoplankton mazedonischer Seen gehören: Cydotella Meneghiniana Kütz., C. couita (Ehrenb.) Kütz., Fragilaria capncina var. acuta (Ehrenb.) Grün., Synedra nlna var. spatulifera Grün., S. radiaus Kütz., Navicula ambigna Ehrenb., Amphipleiira pellncida Kütz., Gonipliouema gracile Ehrenb., G. constrictnm var. capitata Ehrenb., Rhoicospheuia curvata Kütz., Cyinbella Ehrcnbcrgii Kütz., C. cymbiforniis (Ag.) Kütz., C. parva W. Sm., Epithemia turgida vav.Westeniuinnii Kütz., E. Sorcx Kütz., E. Argus Kütz., Rhopalodia gibba (Ehrenb.) Müller, Nitzschia sigmoidea (Nitzschi) W. Sm., Cyuiatopleura solea var. apiculata Grün., Snriretla biseriata Breb., S. elegans Ehrenb. und Cani- pylodiscus noricus Ehrenb. Phytoplanktdn aus Seen von Ma;^ednnien. 153 2. Der Prespasee. a) Beschreibung des Sees. Der Prespasee (serbisch Prespansko Jezero) ist mit 288 km' ■der größte der mazedonischen Seen. Er liegt auch am höchsten, nämlich 857 /// über dem Meere. Seine Oberfläche hat eine unregel- mäßige Gestalt und weist drei größere Buchten auf der Westseite und eine im Südosten auf. In ihm ist auch eine Insel gelegen und zwar gegen das Westufer zu. Der See wird von stattlichen GebirgSr Zügen eingeschlossen, die teilweise in steilen Wänden in ihn ab- fallen. Auch er liegt in einer Einbruchsfalte und hat eine Tiefe von 54 111. Er bekommt von Norden zwei größere Zuflüsse von den Bergen her. Ein Abfluß ist nicht vorhanden. Trotzdem ist das Niveau des Sees erheblichen Schwankungen ausgesetzt, deshalb glauben die dortigen Bewohner, daß er sein Wasser unterirdisch in den tiefer gelegenen Ochridasee abgebe, wofür allerdings keinerlei Beweise vorliegen. Das Ufer des Sees verflacht sich nur nach dem nördlichen Teile bei Podmocani und geht in der Umgebung dieses Ortes in ein ausgedehntes Sumpfgelände über, aus dem übrigens George vitch (1910) eine größere Anzahl Desmidiaceen ange- geben hat. In diesem Übergangsgebiete und auch sonst an manchen Stellen ist ebenfalls wie im Doiransee ein mehrere hundert Meter breiter Gürtel \'on hohem Schilfe anzutreffen, ebenso gibt es dort auch inselartige Schilfhorste weiter seewärts. Untergetauchte Gefäß- pflanzen werden bisher aus diesem See nicht erwähnt. h) Inhalt der Proben. Nr. 1. Oberflächenfang. 21. VII. 18. leg. Doflein. 1. CladotJii''ix dichotoma s. h. 2. Anahaeua plauctoiüca n. s. 3. A. macrospora s. 4. A. affiuis s. s. 5. A. spiroides s. s. 6. ^4. Flos-aqiiae s. 7. ApJianizomenon Flos-aqiiac s. 9. Triclwdesmiiitn lactistre s. 10. Closteiiutii aciculare var. snbpronnm s. s. 11. Diplosigopsis frequentissitna s. s. 12. Diiiobrjon stipifafuin var. huiisfris s. h. 13. D. divergeiis n. s. 14. Colaciiim vesictdosmu n. s. 15. C. arhiisaila s. 16. Staszicella dinobryoiiis h. 17. Ceratimn JiiriindineUa n. s. 154 B. Schi-nder, 18. Pevidiuinui (_'iiuniugloiiii var. pseudoqudJridens s. 19. P. uinniiscnhun n. s. 20. Sphaerocysiis Schvoeteri s. 21. Pandoriiia Morum s. s. 22. Oocystis pusilla .s. s. 23. Lagerlieiuiia Doflemü s. s. 24. Cliaraciuin Unmeticnm h. 25. Scenedesinns quadricaudu s. s. 26. Pediastrum Boiyaiunu var. lougiconie s. s. Nr. 2. Fang aus 7 bis 10 /;; Tiefe. 21. \'II. 18. leg. Doflein. 1. Cladothrix dichotoma s. h. 2. Anahüena planciouica s. H. .4. ajßnis s. s. 4. .4. spiroides s. s. 5. yl. Flos-aqnae s. 6. Dinohryon stipitatmn var. laaisiris s. h. 7. D. divergens s. s. 8. Clostcriiiin aciciüare var. subproninn s. s. 9. Ceratimu liinnidinella n. s. 10. Pen'i/iiiiinn ('imningtonii var. pseudoqnadrideiis s. s. 11. Characiiiui Jiiuncticniu h. Viel Zooplankton. Nr. 3. Oberflächenfang in der Schilfzone. 21. \4I. 18. leg. Doflein. 1. Clciduflirix dichotoma h. 2. Änahaena planctonica s. 3. .4. Flos-aqnae s. s. 4. Dinobryoii sfipitatiuii var. lacustris s. h. 5. Ceraiiiun hinindiiieHa s. 6. Peridiniuin Ctimiingtonii vnr. pseudoqnadrideus s. s. 7. Sphaerocystis Scliroeteri s. s. 8. Charadnii! Umnetictim .s. 9. Pediastniui Boryaunm var. lougiconie s. s. Nr. 4. Fang aus 3 bis 5 m Tiefe. 22. MI. 18. leg. Doflein. 1. Cladothrix dichotoma n. s. 2. Dinobryoii stipitatiiui var. hicnslris n. s. 3. Ccratiiun liirnndinella s. 4. Colaciuin vesicnlosuiu n. s. 5. Cliaraciuin liuiucticuiii n. s. Viel Zooplankton. Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 155 Nr. 5. Fang aus 10 bis 12 w Tiefe. '22. VII. 18. leg. Doflein. Wie Nr. 4, aber iKich mehr Zooplankton. Nr. 6. Oberflächenfang. 22. VII. 18. leg. Doflein. Wie Nr. 1. c) Schilderung des Phytoplanktons. Die vorherrschende Alge im Phytoplankton des hochgelegenen Prespasees ist Dinobryon stipitatuin var. lactistris, an der als Planktonepibiont (1914) Staszicella diuohryonis häufig vorkommt. Fast ebenso häufig ist Cladothrix dichotoina. Von Anabaenen ist A. planctonica noch am meisten zu finden, die anderen weniger. Nicht selten kommt auch Ceratium liirundinella vor und zwar im Carinthiacinn-Typw^ allerdings nur vereinzelt, im Fnrcoides-Typwi mit dem kräftigen, langen Postäquatorialhorne häufiger. Colaciwn vesicidosnui und Characliim limueticniu. sind als Planktonepi- bionten hin und wieder auf Copepoden und Cladoceren anzutreffen. Auffallend ist das gänzliche Fehlen der Bacillariaceen im Plankton des Prespasees während der Fangzeit. (Jb auch zu anderen Zeiten keine Kieselalgen in diesem See planktonisch vorkommen, ist noch zu untersuchen. Als große Seltenheit wurde hier Lagerlieimia Doßeinii in wenigen Exemplaren aufgefunden. Hinsichtlich der vertikalen Ver- teilung des Phytoplanktons zeigte das des Prespasees im Gegensatz zu dem aus dem Doiransee eine erhebliche Abnahme der Schwebe- pflanzen nach der Tiefe zu, besonders bei den Proben Nr. 4 und 5, in denen das Zooplankton aber in den tieferen Regionen reicher an Individuen war als oberflächlich. Eigentümlich ist das reiche Vor- kommen von Cladothrix didiotoma, die ich auch anderwärts schon im Plankton gefunden habe (1917), obgleich dieser Spaltpilz eine Uferform ist. 3. Der Ventroksee. aj Beschreibung des Sees. Der Ventroksee gehört politisch zu Griechenland, ebenso wie die Südhälfte des Prespasees, von dem ersterer südsüdöstlich liegt und nur durch eine niedrige, etwa l lim breite und 2'^/^kin lange Barre abgetrennt ist. Auch der Ventroksee ist von hiMien Gebirgen umschlossen. Er hat weder Zu- noch Abfluß. Seine Meereshöhe beträgt ungefähr 850 in, und seine Größe dürfte 65 hir nicht über- treffen. Die Gestalt seiner Oberfläche gleicht in vieler Beziehung der des Prespasees in verkleinertem Maßstabe, denn das nördliche Hauptbecken, in dem sich eine Insel befindet, ist rundlich, und nach Südwesten zieht sich ein fjordartiger Ausläufer als schmale Bucht. Über die wahrscheinlich nicht unbedeutende Tiefe des Ventroksees sowie über seine etwaige Grund- und Ufervegetation konnte ich nichts ermitteln. • 156 B. Schröder, h) Verzeichnis der Proben. Nr. 1. Obcrflächenphinkton. 20. X. 1891. leg. Sturany. 1. Cliroococciis Umnetictis s. s. 2. CJathrocystis aeruginosa s. h. 8. Lynghya Lagerlicimii h. 4. Anahaena spiroides s. 5. A. m-acrospora n. s. 6. A. Flos-aqnae s. 7. Aphanhomcnou Flos-aquac s. s. 8. Melosira aiuhigiia n. s. 9. Dinohiyoii divcrgens n. s. 10. Z). stipitatiun var. lacnsiris n. s. 11. Ceratimii hinindiuella n. s. 12. Stanrastnim paradoxuiu s. 13. Sphacrocystis Sclwoctcri s. s. 14. Pediastrnm iviaugulnni h. 15. P. anguJainm var. draueosiun s. s. IG. 7^. duplex var. Uvidimi s. s. 17. P. duplex var. chithrütuiu s. 18. 7^. duplex var. retienlatuni n. s. 19. P. duplex var. suhgranulatuiu s. s. 20. P. biradialum n. s. ry Schilderung des Phytoplanktons. Die häufigste Alge im Herbstplankton des Ventroksees war Clathrocystis aeruginosa. Sie dominierte und bildete wahrscheinlich zur Zeit des Einsammelns der Probe eine Wasserblüte. Spärlicher waren die Anabaenen vertreten, sehr selten Aphanizouienou, während sich Lrughya Lagerheimii häufiger zeigte, ebenso wie Dynobryen, die noch häufiger waren. Von Bacillariaceen wiw nur Melosira crenulaia var. ieuuis in mittellangen Ketten anzutreff'en und von Desmidiaceen selten Staurasiruni paradoxum. Cevaiium hirundi- nella trat vereinzelt nur in dem Furcoides-Ty^ns mit dem langen, kräftigen Postäquatorialhorne auf. Besonders bemerkenswert und für den Ventroksee charakteristisch ist das Vorkommen von \er- schiedenen Arten \-on Pediasiruui, namentlich von P. friauguluni und P. duplex, letzteres in mehreren Varietäten. Es ist überraschend, daß P. Ir/anguluni, das sonst gewöhnlich nur in Flachlandseen gefunden worden ist, in ein so hochgelegenes Gebirgsgewässer wie der Ventroksee, hinaufgeht und sich dort auch wohl zu fühlen scheint, da es so reichlich und in den verschiedenen Formen vor- kommt. Die südliche Lage dieses Sees und die damit \-erbundene stärkere Erwärmung desselben durch die Sonne sind es wahrschein- lich, die dieses merkwürdige \'orkommen erklärlich machen. PliytopIaiiklDu aus Seen vnn Mazedonien. lO/ 4. Der Ochridasee. Li) Beschreibung des Sees. Der westlichste der dessaretisclien Seen ist der Ochridasee. Es ist etwas kleiner als der Prespasee, denn seine Oberfläche mißt 270 knr, aber er darf wohl wegen seines kobaltblauen Wassers und seiner reizvollen Umgebung als der schönste der Seen Mazedoniens bezeichnet werden. Überdies ist er das tiefste Einbruchsbecken, denn seine größte Tiefe beträgt 285 ///-. In einer Meereshöhe von 687 /;/ zieht er sich länger als breit in fast südlicher Richtung zwischen steilabfallenden Bergwänden hin und nimmt im Osten, Süden und Westen mehrere Bergbäche auf, während im Norden der Schwarze Drin das Wasser des Ochridasees zur Adria ableitet. Nur am Nord- rande bei Struga findet sich ein Stück Schilfgürtel, der aber nicht die Breite wie in den anderen Seen Mazedoniens aufweist, sonst hat der See nur Steilufer und in stürmischen Zeiten erheblichen Wellenschlag. Auch dieser See ist außerordentlich fischreich, be- .sonders an Forellen. b} Inhalt der Proben.^ Kr. 1 (20). Fang aus bm Tiefe nördlich der Bucht von Lin. 30. VII. 18. leg. Doflein. 1. Dinohryoii stipitahi'ni var. laciistris s. 2. CoJacium vesicnlosuiu h. 3. C. arbnscnia s. 4. Characiiun Jiuineticnui h. Viel Zooplankton. Kr. 2 (23). Ob er flächenfang vor der Schilfzone, Bucht von Struga. 30. VII. 18. leg. Doflein. 1. Dinohryon stipiiatinu var. laciistris s. 2. Colaciiun vesiculosiun h. 3. C. arbiLscula s. s. 4. Ceratiiim Jnrundinella s. 5. Stauvastrmn gracile s. s. 6. S. pavadoxiun s. s. 7. Sphaerocysiis Schroeteri s. 8. Characinm liinneticiiin h. 1 Aus dem Ochridasee erhielt ich von Doflein 14 Proben, die fast aus- schließlich Zooplankton enthielten, da sie zum Teil aus größerer Tiefe (50 bis 200 m) stammten. Im Nachfolgenden sind nur die Proben angeführt, weiche pflanzliche ■Schwebewesen enthalten. Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 12 158 B. Sclirüdcr, Nr. 8 (25). Oberflächenfanii- unweit des 'Landes, Höhe von; S\-. Stefan. 1. \'III. 18. leg. Doflein. 1. Anabaena F/os-aquae s. 2. Dlnobryoii divergeus xiw. Sclmiiinslandii s. 3. Dinohryon stipitatnin var. lacnslris s. 4. Colacuim vesicnlostiin h. 5. Ceratium hirnndiiiella s. 6. Sphaevocystis Schroeieri s. 7. Characiiun linmeticnm h. 8. Splrogyra spec. n. s. 9. Zygnema spec. n. s. Nr. 4. Oberflächenfang. 14. IX. 17. leg. Doflein. 1. Ceratium lürimdinella s. s. 2. Sianrastrinn gracile s. 3. Spluierocysfis Scliroctcri s. s. Nr. 5. Fang vom 10. X. 91, unweit von Struga; leg. Sturany. 1. Clathi'OLysfis aeruginosa n. s. 2. Lyngbya Lagerheimii n. s. 8. Anabaena Flos-aquae s. 4. A. discoidea n. s. 5. Dinobryon divergens var. Schaninslaudii s. h. 6. D. siipHaluni \ar. lacustias n. s. 7. Ceratium hirnndinella n. s. 8. Peridiniuni Cunningfonii \-ar. pscudoquadridens s. s. 9. Mclosira granulata h. 10. il/. Roeseaua s. 11. Closterium aciciüare var. snbpronnm n. s. 12. Staurastrimt paradoxum s. 1 3. Scenedesmiis opoJiensis s. s. 14. Fediastnim ovatuni s. s. 15. P. Boryanuni s. s. 16. P. l'xiryaiuim var. lougicoiiie s. s. 17. ('luu'ücium limueticnni s. t)) Schilderung des Phytoplanktons. Wie oben schon angeführt, wurde das Plankton des Ochrida- sees, das Doflein und Nachts heim Ende Juli und Anfang August sowie Mitte September teilweise im nächtlichen Dunkel gesammelt hatten, auch in den oberflächlichen Schichten fast aus- schließlich von tierischen Schwebeformen gebildet, gegen die die pflanzlichen Schwebefornien während dieser Zeit ganz außerordentlich Phytoplatikton aus Seen von Mazedonien. l-)9 zurücktraten, allerdings mit Ausnahme der beiden Planktonepibionten Colaciiiin und Characiuui limneticiim, die an Krebstieren häufig an deren Hinterende festsaßen und sich von ihnen tragen ließen. Schon die \'on Doflein (1. c.) erwähnte kobaltblaue Farbe des Wassers des Ochridasees deutet darauf hin, daß nur wenig Klein- plankton in ihm enthalten ist, denn »Blau ist die Wüstenfarbe des Wassers« (Schutt). Reichhaltiger und aus nicht weniger als 1 7 Arten bestehend ist der Fang, den Sturany im ersten Drittel des Oktober 1891 ausführte. In dieser Probe waren zwar auch viele tierische Schwebe- formen enthalten, aber sie waren reichlich imtermischt mit Dinobryon und Melosira gramilata, unter denen auch Clathrocystis aeruginosa, Lyngbya Lagerlieimii, Atiahaeua discoidea, Ceratinm hirundmella und Closterinni aciciilare var. siihproninii nicht selten zu finden waren. Von Ceratinm Iiiruiidinella mag noch besonders herxor- gehoben werden, daß der Piburgensetypus häufig auftrai, der auch im Alpengebiete öfter beobachtet wurde. Als Seltenheit sei noch Pediastruni ovatiun erwähnt. Bezüglich der vertikalen Verteilung des Phytoplanktons aus dem Ochridasee muß bemerkt werden, daß in den Proben aus größeren Tiefen 50 bis 200 nur ganz ausnahmsweise sich eine oder die andere pflanzliche Schwebeform (z. B. Dinobryon stipi- tatnni var. lacitsfris) fand, die nur zufällig in das Netz geraten sein konnte. Systematisches Verzeichnis der in den mazedonischen Seen gefundenen Schwebepflanzen. Abteilung Schizophf/ta. Klasse Schizomycetes. Ordnung Eubacteria. Familie Phytobacteriaceae. Gattung Cladothrix Cohn. 1. C. dichotoma Cohn (1875, p. 185, tab. 5, fig. 8). Prespasee. Klasse Schizophyceae. (Jrdnung Coccogoneae. Familie Chroococcaceae. Gattung Chroococcus Naegeli. 2. Ch. limneüciis Lemmermann (1898, p. 158, und 1899, p. 132, tab. 1, fig. 22 und 23). Doiransee, Ventroksee. 11)0 B. Schröder. Gattung Microcystis KütziriL;'. 3. M. aeruginosa Kütz. (1845, p. 0, tab. 8). Doiransee, \'entroksee, Ochridasee. 4. M. Flos-aqnae (Witt rock) Kirchner (1898, p. 5(), fig. 49 X). Doiransee. Gattung Coelosphaerium Naegeli. 5. C. Kiiefziiigiaiinni Naegeli (1849, p. 54, tab. 1 (_'}. Doiransee. Ordnung Hormogoneae. Familie Oscillatoriaceae. Gattung Lyngbya C. A. Agardh. i]. L. Lagerheimii (Moebius) Gomont (1893, p. 1(37, tab. 4, flg. 6 und 7; L. contorta Lemmerm. 1898, p. 202, tab. 5, fig. 10 bis 13; L. circtimcreta G. S. West 1907, p. 174, tab. 9, flg. 7; L. Lai^erhcimii (Moeb.) Gomont bei Ostenfeld 1908, p. 335, fig. 2). Doiransee, Ventroksee, ( )chridasee. (Ordnung Heterocysteae. Familie Nostocaceae. Gattung Anabaena Bory. 7. Ä. planctonica Brunn thaler (1903, p. 292; Virieux 1913, p. 7 in sep. fig. 7; G. M. Smith 1920, p. 56, tab. 8, fig. 2). Doiransee, Prespasee. Diese Art zeigt in vieler Hinsicht große Ähnlichkeit mit A. macrospora Kleb ahn, unterscheidet sich aber \-on letzterer durch die Gestalt der reifen Sporen. Diese sind bei A. planctonica im optischen Querschnitt elliptisch, bei A. macrospora dagegen fast sechseckig. Außerdem zeigte sich sowohl in den Proben aus dem Doiran- wie aus dem Prespasee ein eigentümliches Vergallerten nicht nur der äußeren Membranlamellen der Heterocysten, sondern zuweilen auch derjenigen der jungen Sporen, wie dies bereits Virieux (I.e.) zeichnete (fig. 7 a, c und e), ohne indessen näher darauf einzugehen. Bei den mazedonischen Formen war diese Er- scheinung besonders stark ausgebildet. Virieux gibt in seiner Fig. 7 a und c die Gallertkappen an den Heterocysten in dreieckiger Form an. Diesen Zustand sah ich auch, außerdem beobachtete ich aber noch grüßer und weiter gestaltete Schleimkappen. P^lbenso fand Pln-toplankton ;uis Seen von Mazedonien. 161 ich gleich Vi rieux an jüngeren Sporen eine ähnliche Vergallertung der äußeren Hautschichten. Eigentümlich ist es bei A. planctonica, daß die gemeinsame Hüllgallerte des Fadens (Breite der Hülle '23 bis 32 [x) bei Fäden mit reifen Sporen an der Stelle der Hetero- cysten etwas eingeschnürt war, während sie um die Sporen selbst fehlte, was insofern erklärlich sein dürfte, als ja die Sporen nach m U*f t»»:' :*-»»i W^ m:*^ ]PK:. Fig. 1. .-1 nabiuna planilonica B r u n n t h a 1 e r. Aus dem Prespasee. 825'j^. Mit Gallerthülle und reiter Spore. Aiuthiicna discoidea (S c h m i d 1 e) Ostent. Teil eines Fadenbündels mit reifer Spore aus dem Ochridasee. S25/j. Zerfall des Fadens auf den Grund des Gewässers sinken und für sie also eine Hüllgallerte als vSchwebemittel nicht mehr in Betracht kommt (Fig. 1). 8. A. macrospora Kleb ahn (1895, p. 29, taf. 4, fig. 16 bis 18). Prespasee, Ventroksee. 162 B. Scluüder, 9. A. ajjiiüs Lemmerm. (1897), p. 201, taf. 1, fig. 12 bis 13 und fig. 1(3 bis 17). " . Prespasee. 10. A. spiroides Kleb ahn (1895, p. 28, taf. 4, fig. 11 bis 13). Prespasee, \'entroksee. 11. A. Flos-aqiiae (Lyngbye) de Brebisson; nach Klebahn (1895, p. 27, tab. 4, fig. 21 und 22). Doiransee, Prespasee, Ventroksee, Ochridasee. 12. A. discoidea (Schmidle) Ostenf. (1908, p. 334, fig. 1; A. Flos- aqnae (Lyngbye) de Breb., forma discoidea Schmidle 1902, p. (31. Ochridasee. Anabaena discoidea ist meines Wissens bisher nur im Nyassa- und im \'iktoriasee in Afrika gefunden worden, wo sie in dicken, mehrschichtigen, kreisförmig zusammengerollten Scheiben, jedoch nur steril beobachtet wurde. Im Ochridasee bemerkte ich im Herbst- plankton nur o- bis 5-schichtige Scheiben, die aber reife Sporen trugen. Die Heterocysten waren wie die vegetativen Zellen (lat. 6 [x) kugelig, aber eine Wenigkeit größer (lat. 7 bis 8 [^) als die letzteren. Die bisher unbekannten Sporen sind wie die von A. Flos-aquae etwas gebogen, so daß sie nierenförmig aussehen. Auf der inneren Seite sind sie aber nicht gerade, sondern deutlich konkav (Fig. 2). Sie liegen von den Heterocysten durch vegetative Zellen getrennt und haben in reifem Zustande eine gelblichbraune Außenschicht. Ihre Länge beträgt 18 bis 20 [j., ihre Breite 10 bis 12[x. Eine Gallert- hülle um die Fladen konnte ich nicht nachweisen. Gattung Trichodesmium Ehrenb. 13. T. hicusirc? Kleb ahn (1895, p. 31, tab. 4, fig. 31 bis 33). Prespasee. In Probe Nr. 1 aus dem Prespasee fand ich hin und wieder blaugrüne Flöckchen, die aus 10 und mehr perlschnurartigen, 400 bis 500 jx langen Fäden bestanden, deren Zellen im allgemeinen eine Dicke von 5 [x hatten und halb bis ebenso lang waren, während ihre Breite am Ende der Fäden nur 3 bis 4 (x betrug. Diese Flöck- chen stimmten in ihrem Aussehen und in der Gestalt ihrer Zellen bis auf die Endzelle genau mit denen überein, die Kleb ahn 1. c. beschrieben und abgebildet hat, nur daß bei ihm die Endzelle der Fäden etwas verlängert ist (1. c, fig. 32). Deshalb habe ich vorläufig die von mir gefundenen Flöckchen unter dem obigen Namen an- geführt. Ich halte aber diese Gebilde nicht zu Tric/iodesiiiiiini gehörig, das nur in marinen Arten bekannt geworden ist, die stets im optischen Querschnitt quadratisch oder rechteckig aussehende PhytopUinktuii aus Seen von Mazedonien. lod Zellen mit geraden Seitenwänden htiben (siehe Wille, 1904, p. 53 bis 64, tab. 1, fig. 10 bis 27), während die in Rede stehende Flöckchenalge von Klebahn und die aus dem Prespasee aus- gesprochen tonnenförmige Zellen besitzen. Aus demselben Grunde kann die Flöckchenalge auch nicht zu Aphanizomenon gestellt werden, wie dies Klebahn tun möchte, denn letzteres hat ebenfalls Zellen mit geraden Seiten. Neuerdings bildet G. M. Smith (1920, tab. 8, fig. 1) ein sogenanntes TricJiodesuiiuiu lacustrc ab, das ganz die gleichen Eigenschaften wie die Gebilde von Kleb ahn hat. Vergleicht man jedoch die flöckchenartigen Trichodesniimii- Gebilde mit Entwicklungsstadien, die De Bary als Keimfäden bei RimiJaria augniosa (1863, tab. 1, fig. 13) und die Schwendener (1894, tab. 4, fig. 2) als ebensolche Gebilde bei der Keimung der Dauersporen von GloeotricJiia Pisiim beobachteten, so kommt man zu der Überzeugung, daß auch die als Tricliodesnüiun lacustrc bezeichneten Flöckchen nichts als Keimfäden oder jugendliche Ent- wicklungsstadien einer Nostocacee, wahrscheinlich einer A^m- .haena, sind. Gattung Aphanizomenon Morren. 14. A. Flos-aquac (L.) Ralfs bei Klebahn (1895, p. 31, tab. 4, fig. 27 bis 30). Doiransee, Prespasee, Ventroksee. Abteilung Flagellatae, Ordnung Protomastigales. Familie Bicoecaceae. Gattung Diplosigopsis P'rance. 1897. 15. D. frequentissinta (Zach.) Lemm. (1903, p. 114, tab. 1, fig. 13). Prespasee, an Coclosphacriniii. Ordnung Chrysomonadales. Familie Chromulinaceae. Gattung Mallomonas Perty. 1852. 16. M. tonsurans Teiling (1912, p. 277, fig. 3). Doiransee. Familie Hymenomonadaceae. Gattung Synura Ehrenb. 1838. 17. S. nvdla Ehrenb. (1838, p. 61, fig. 9, 1 und 5). Doiransee. 164 B. Schröder. Familie Ochromonadaceae. Gattung Dinobryon Ehrenb. 1835. 18. D. divergens Imhof (1887, p. 134); Dinohiyon cylindriaim var. divergens (Imhof) Lemmerm. (1900, p. 517, tab. 19,. fig. 15 bis 20). Doiransee. Mit der Abgrenzung der Arten von Dinohiyon, wie sie Le mm ermann (1900, und später 1913 Pascher) gibt, bin ich nur zum Teil einverstanden, da es ihr an der nötigen Klarheit fehlt. Besser erscheint mir die von Brunnthaler (1901, a, b). Um meiner- seits Unklarheiten zu vermeiden, gebe ich zu den von mir in den mazedonischen Seen gefundenen Dinobryon- Arten und -Wirietäten Zeichnungen, an denen man erkennen kann, um was es sich handelt. Fig. 3. Diitührvon divcrj^'cns Imliof aus dem Doiransee. 360/j. Im Doiransee kommt namentlich im Frühjahrsplankton ein Dinobryon massenhaft vor, das ich für ein typisches D. divergens Jmhof halte (Fig. 3). Es zeichnet sich durch überaus sparrigen Wuchs seiner Kolonien aus, deren Einzelzellen verhältnismäßig kurz sind (long. 20 bis 28 [x). Die Gehäuse zeigen dort, wo der Basalteil in die Mündung des Bechers übergeht, an der einen Seite eine, an der anderen zwei spitzenförmige Vorwölbungen. Der Basalteil ist stets schief kegelförmig und etwas gekrümmt, die Mündung erweitert. 17. D. divergens var. Schaninslandii Lemm. (1900, p. 516, tab. 19^ flg. 9 bis 11). Prespasee, Ventroksee, Ochridasee. Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 165 Diese Varietät zeichnet sich durch längere Gehäuse (long. 35 bis 50 [JL, 8 [x breit) vor dem Typus aus. Die Seitenwände sind namentlich in der Mitte leicht wellenförmig, besonders über dem Basalteile bis fast an die Mündung. Durch die sparrige Verzweigung der Kolonien erweisen sie sich zu D. divergens gehörig (Fig. 4). Fig. 4. Dinobryon dtvergens var. Schattinslandii Lemmerm. aus dem Ventroksee. SöO/^. 18. D. stipitattmi Stein var. lacustris Chodat (1897, p. 120 und 306 bis 307, fig. 4 und 7, p. 305). Doiransee^ Prespasee, Ventroksee, Ochridasee. Mit Brunnthaler (1901, p. 301) bin ich der Meinung, daß dieses Dinobryon mit den Formen von Chodat und nicht mit D. sociale Ehrenb. (1838, p. 125, tab. 8, fig. 9) identisch ist. Die Kolonien sehen besenartig aus und sind meist schmal und oft sehr verlängert. Auch die Gehäuse erreichen eine beträchtliche Länge, namentlich die obersten der Kolonie (bis 50 [x bei 8 [x Breite). Das Basalstück ist allmählich in einen langen, dünnen Stiel verjüngt^ imd die Seitenlinien sind nicht wellenförmig, sondern glatt. Die Mündung des Gehäuses ist deutlich erweitert. Der halsartige Fort- satz der Dauerzellenhülle geht ziemlich weit in die Gehäuse- mündung hinein (Fig. 5). 19. D. stipitatiim var. elongatiim (Imhof) Brunnthaler (1901, p. 303, fig. 5). Doiransee. Die Formen aus dem Doiransee weichen von der Abbildung bei Brunnthaler dadurch etwas ab, daß die Kolonien weniger sparrig und mehr büschelförmig eng zusammengedrängt sind. Die 160 B. Schröder, Gehäuse gehen ebenfalls an der Mündung enger zusammen, als dies Brunnthal er abbildet. Sie sind 45 bis 55 [j, lang und meist 5 [X breit (Fig. 6). Gerade die Verengung des Gehäuses an der Mündung ist für D. stipitatiun var. cJongaimn sehr charakteristisch imd k'ommt sonst bei keinem anderen Diuobryon vor. DJnobryon siipitdluin vai-. laciislris Chodat mit Staszicelhi. Aus dem Doiransee. 360 j. Fig. 6. Dinobryon stipitatiun \üv. ctoiit^^alinii (I m h o f ) B r 11 n n t h a 1 e r. Aus dem Doiranse .'C. 3G0 ;1- Ordnung Euglenales. Familie Euglenaceae. Gattung Colacium Ehrenb. 1). Brehm und Zederbauer geben ihn auch aus dem Lago di Caldonazzo im Val Sugana in Tirol an und bilden ihn ab (1903, p. 640, fig. 5 und p. 643). Sie weisen darauf hin, daß diese Form mit der aus dem Skutarisee und dem Vranasee auf Cherso größere Ähn- lichkeit hat als mit den Formen aus dem Gardasee. Ich bemerkte 168 B. Schrö'der, diesen P'ormentypus im Proi^ljansee bei Sebeniko und habe ihn seinerzeit beschrieben und bildlich dargestellt (1911, p. 641, fig. 9). Im Prespasee fand ich außer diesem Typus noch den Carmthiactun- Typus (lat. 35 bis 49 |x), der aber selten auftrat (Fig. 7, a). Dagegen kam im Herbstplankton des Ochridasees der Pibiirgense-Ty pus mit langen, vveitgespreizten Postäquatorialhörnern (Fig. 7, d) ziemlich häufig vor, weniger der Austriacum-Tyipus mit dem kleinen linken Postäquatorialhorne (Fxg. 7, c). d Fig. (. CcraliniiL hintndincUa O. F. Müll. ./ Cariuihiacnm-, h Fiiixoides-, c Aiistriaciun- und d Pihurgeiise-Typus. SOO/j. Gattung Peridinium Ehrcnb. 1830. 25. F. hipes Stein (1883, bei Pascher, 1913, Heft 3, p. 36, fig. 39). Doiransee. 26. P. poIoniciunWoloszihskii (1916, p. 271, tab. 12, fig. 1 bis 10). Doiransee. 27. P. (Ainningtonii vax. pseudoqiiadridens Lindemann (1918^7, p. 235, fig. 55 bis 62). Doiransee, Prespasee, Ochridasee. 28. 7^. ntimnsciilmn Linde mann (1918 t^ p. 239, fig. 66 bis 74). Doiransee, Prespasee. 29. P. iimmLsctiliiJU forma spinifernm Lindemann (1918/?, p. 143 und 144, fig. 71 bis 74) Doiransee. !''liyloplanklon ans Seen \-iiii Mazedcinien. 169 Abteilung Bacillariophyta. Ordnung Bacillariales. Familie Bacillariaceae. Gattung Cyclotella Kützing. 1833. 30. C. Scliroetcri Lenimerm. (1900, p. 30); Cyclotella comta var. qiiadrijnncta Schroeter (1897, p. 33, fig. 58). Doiransee. Gattung Stephanodiscus Ehrenh. 1845. 31. 5. astraea Grunow (1880, p. 114); Meister (1912, p. 50, tab. 3, fig. 12). Doiransee. Gattung Melosira Agardh. 1824. 32. M. grannlata (Ehrenb.) Ralfs (1861, in Pritchard, p.820); VanHeurck (1899, p. 444, tab. 19, fig. 621). Doiransee, Ochridasee. 33. M. crennlata forma fciutis (Kütz.) Van Heurck (1899, p. 443. tab. 19, fig. 619). Ventroksee. 34. M. Roeseaua Rabenh. (1853, p. 13, tab. 10, fig. 5, Supplement); Van Heurck (1899, p. 442, tab. 19, fig. 614). Doiransee, Ochridasee. 35. M. var i ans Agardh (1830, p. 64); \'an Heurck (1899, p. 441, tab. 18, fig. 611). Doiransee. Abteilung Conjugatae. Ordnung Desmidiales. Familie Desmidiaceae. Gattung Closterium Nitzsch. 1817. 36. C. pronum de Breb. (1856, p. 157, tab. 2, fig. 42); West (1904, p. 173, tab. 23, fig. 1 bis 3). Doiransee. 37. C. acicnlare var. stibpronniu West (1904, p. 175, tab. 23. fig. 4, 5). Prespasee, Ochridasee. 170 B. Schröder, Gattung Staurastrum Meyen. 1828. 38. 5. gracile Ralfs (1845, p. 155, tab. 11, fig. 3). Ochridasee. 39. 5. paradoxiun Meyen (1828, p. 777, tab. 43, fig. 37, 38); Ralfs (1848, tab. 23, fig. 8). Ventroksee, Ochridasee. Ordnung Zygnemales. Familie Zygnemaceae. Gattung Spirogyra Link. 1820. 40. 5. spec. steril. Ochridasee. Gattung Zy gnema (Ag.) De Bary. 1858. 41. Z. spec. steril. Ochridasee. Abteilung Chlovophyceae. Ordnung Volvocales. F'amilie Volvocaceae. Gattung Pandorina Bor3^ 1824. 42. P. Moniin Bory (1824, p. 000). Doiransee, Prespasee. Gattung Eudorina Ehrenb. 1832. 43. E. elegans Ehrenb. (1831, p. 78, tab. 2, Hg. \0 a b\s d). Doiransee. Ordnung Protococcales. Familie Palmellaceae. Gattung Sphaerocystis Chodat. 1897. 44. S. Schroeteri Chodat (1897, p. 119, tab. 9, fig. 1 bis 12). Doiransee, Ochridasee. Familie Antosporaceae. Gattung Oocystis Naegeli. 1855. 45. 0. pusilla Hansg. (1890, p. 9); Printz (1913, p. 180, tab. 4, fig. 31, 32). Doiransee. Phytoplankton aus Seen von Mazedonien. 171 Gattung Tetraedron Kützing. 1845. 46. r. nüiiüiuini (A. Braun) Hansg. (1888, p. 185). Doiransee. Gattung Lagerheimia Chodat. 1895. 47. L. Dofleinii nov. spec. Prespasee. Diagnose. Zellen einzeln, längiich-ellipsoidisch, in der Scheitelansicht kreisrund; 8 ;x lang und 4 \h breit; an den Enden mit vier 32 tx langen, schwach nach innen gebogenen Borsten besetzt. Lagerliciniia Dofleinii nov. spec. aus dem Prespasee. 585/]^. Chromatophor parietal mit Pyrenoid. Bemerkung. Diese neue Art steht sowohl L. qiiach'iseta Lem- merm. wie L. loiigiseta Lemmerm. nahe. Mit ersterer stimmt sie zwar in der Zahl der Borsten überein, nicht aber in deren Länge, denn diese sind bei L. quadriseta gerade und 14 bis 17-5 [Jt, lang. L. loiigiseta hat zwar lange Borsten, aber ihre Zahl beträgt 8, auch sind sie nach verschiedenen Seiten gebogen, bei L. Dofleinii geht die Biegung aber stets nur nach innen. Außerdem unter- scheidet sich die zuletzt genannte Art von den beiden vorhergehenden breiten Arten von Lemmermann durch die länglich ellipsoidischen Zellen, die dadurch ziemlich schmal erscheinen. Die neue Art erinnert in ihrem Aussehen lebhaft an gewisse Cliaetoceras- Arten der Sectio Solitariae Castracane, z. B. an Cli. suhsalsiim Lemm. oder an Ch. Borget Lemm. [1904, p. 1.34, 141 und 143, tab. 1, fig. 16, 17), welche ebenfalls vier lange, gebogene, allerdings an den Enden nach außen geschweifte Borsten tragen (Eig. 8). Gattung Scenedesmus Meyen. 1829. 48. S. qnadricauda (Turp.) De Breb. (1835, p. 66). Doiransee. 49. 5. opoliensis P. Richter (1896, p. 1, flg. a bis e). Ochridasee. Gattung Coelastrum Naegeli. 1849. 50. (\ cambricuui var. interniedimn Bohl in) G. S. West; Brunn- thaler (1915, p. 195, fig. 312). Doiransee. 172 B. Schröder, Gattung Pediastrum Meyen. 1829. öl. P. triangiilimi A. Braun (18(38, p. 81); Nitardy (1914, p. 177). Doiransee, Ventroksee. Eine bemerkenswerte Form mit stark granulierter Zellhaut traf ich im Doiransee an (Fig. 9, e). ^y Pediastrum iriangulniii A. Br. a und h var. angnslnin Nitar'dy. 360/i. 6- und d var. latnm Nitardy. 360/i; beide aus dem Ventroksee. e Granulierte Zwergform aus dem Doiransee. 510/^. Vorherrschend war im Ventroksee die var. Jalinn Nitardy, seltener kamen Exemplare der var. angiistiun Nitard}' vor, zu- weilen auch Übergänge von der einen zur anderen \'arietät. Pliytoplanlvton ans Seen von Mazedonien. 1<3 \'on P. triaugiilnni A. Br. sind bereits mehrfach Cuenobien verschiedenster Art der Anordnung der Rund- und Mittelzellen ge- zeichnet worden, denn diese zierliche Alge fordert mit ihrer außer- ordentlichen Formenmannigfultigkeit geradezu dazu heraus. Zuerst hat ihr Le mm ermann nicht widerstehen können. Er bildete einige Formen von ihr ab, die er fälschlich F. Schroeteri benannte (1897, p. 181), was er aber bald darauf änderte und dabei (1899, p. 112 bis 114, tab. 2, hg. 24 bis 31) weitere Formen von P. triangulimi, allerdings unter anderen Namen, beschrieb und darstellte. Ähnliche Formen dieses Pcdiastniuis enthält auch die Arbeit von Woio- szihska (1912, p. 661) aus Java. Noch mehr führte Nitardy (1914, tab. 3, fig. 19; tab. 4, fig. 4, 5, 7 und 8; tab. 5, fig. 1,2 und 10; tab. 6, fig. 1 bis 10, tab. 7, hg. 5; tab. 8, fig. 3 und 5; tab. 9, tig. 20, und tab. 10, flg. 1, 2, 4, 14 und 17)) auf, ohne indessen den B^ormenreich- tum zu erschöpfen. Ich habe ebenfalls einige Formen (1917, p. 691, tab. 12, fig. 3 bis 6j beschrieben und gezeichnet und kann nicht umhin, dies auch mit charakteristischen Abänderungen von P. Iri- angnhiiu aus dem \'entroksee, die noch nicht gezeichnet sind, zu tun (Fig. 9, a bis c). Bei meiner Fig. 9, a und b, sind sowohl Rand- wie Mittelzellen schmal, wodurch erheblich große Lücken frei bleiben. Die fünf (!) Mittelzellen sind in Fig. 9, a kreisförmig ange- ordnet, und in P'ig. 9, h bilden außer den Randzellen auch die Mittel- zellen an der Peripherie einen Kreis, in der Mitte aber eine Spirale. Fig. 9, c zeigt gleichfalls fünf kreisförmig angeordnete Mittelzellen und weite Lücken, dabei sind aber alle Zellen breiter als bei den vorherigen Figuren, ebenso wie in Fig. 9, c/, bei der alle 32 Zellen in einer Spirale angeordnet sind. Auch fanden sich im Ventroksee Coenobien, wie sie Lemm ermann (1897, p. 187, fig. 3) angibt. Nitardy zeichnete eine fast meiner Fig. 9, a ähnliche F'orm (1. c, tab. 4, fig. 4), die aber aus 17 Zellen gebildet wird. 52. P. ouatuui (Ehrenb.) A. Braun (1855, p. 81). Ochridasee. Im Ochridasee kommen typische Exemplare aus der \on A. Braun aufgestellten Sectio Monacfmium der Gattung Pediastnmi vor, die Ehrenberg (1845, p. 71) als Asterodictyon ouatiim aus einem vSee bei Beeskow unweit von Berlin in folgender Weise ausreichend beschrieben hat: >• . . . corpusculis ovatis, stylo longo terminatis, granulatis, ordine duplici concentrico in stellam consnciatis, mediis 3, marginalibus 10«. — Leider gibt Ehrenberg keine Abbildung seiner Art, die von A. Braun, der sie nicht gesehen hat und sie deshalb ebenfalls nicht abbildet, als Pedicistniui ovatiuu (Ehrenb.) benannt wurde (1855, p. 81). Die erste bildliche Darstellung von dieser Alge stammt von Reinsch (1867, p. 90, tab. 7, fig. 1), der sie, ohne sich um Ehrenberg oder A.Braun zu kümmern, Pediastniui Stiinnil neu benannte. Aut seiner Zeichnung sind die Stacheln der Randzellen Sazb d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 13u. Bd. 13 174 B. Schröder, offenbar falsch wiedergegeben, denn sie iciufen in Spitzen aus^ während Nitardy (1914, p. 431) ausdrücklich bemerkt, daß die den Randzellen aufgesetzten derben hyalinen Stacheln an den von ihm aus Brandenburg und aus Ägypten beobachteten Exemplaren dieses Pediastrums am Ende stumpf und abgerundet sind, was ich nach den von mir aus dem Ochridasee gesehenen Formen von P. ovatutn nur bestätigen kann.^ Zu allem Überfluß sah sich Lamm ermann (1899, p. 115, tab. 2, fig. 33 bis 35) veranlaßt, ebenfalls eine neue Art von Pedi- astriim aufzustellen, die er P. Schroeteri benannte, die aber weiter nichts als P. ovatuni (Ehrenb.) A. Br. ist, wie bereits Brunn- thaler bei Pascher (1915, p. 93) sehr vernünftigerweise angibt. Ich füge als Synonym zu P. ovatimi auch noch P. Sturmii Reinsch hinzu, denn der Bezeichnung von A. Braun gebührt unbedingt die Priorität, und damit dürfte wieder ein unnötiger Artname der Gattung. Pediastrnm hoffentlich für immer \-ersch\\'inden. iMg. 10. Fig. 11. Übergangsfonn von Pcdiastniiii Iri- angithim A. Br. zu P. ovaittm A. Br. aus dem Ochridasee. SSS/j. Pediasfriiin (iViiiuin A. Br. aus dem Ochridasee. 975]^. P. ovatimt tritt in recht mannigfachen Formen auf Reinsch- zeichnet 1. c. 3-, 4-, 7- und 10-zellige Coenobien dieser Art, von denen das 4-zellige eine nur kleine, viereckige Öffnung in der Mitte aufweist. Lemmermann gibt (1. c, tab. 2, fig. 32) eine ebensolche vierzellige Form an, die er als neue Varietät radialis bezeichnet. Bei ihr ist die Lücke wesentlich größer als bei der Form von Reinsch. Die in Fig. 11 von mir aus dem Ochridasee dargestellte Form bestand aus acht radiär in einem Kreise angeordneten Rand- zellen, die in der Mitte eine große achteckige Lücke frei lassen. Außer diesem typischen P. ovatuni bemerkte ich im (Jchrida- see auch noch Übergangsformen zu P. fn'aiignlum, von denen ich eine Figur beifüge (Fig. 10). Während bei ersterem die Umrisse 1 Was F. Wolle in seinen j>Desmids of the United States and List of american Pediastrums« auf p. 168 als P. siinplex Meyen beschreibt und auf Tafel 64, Fig. 17, abbildet, ist ebenfalls P. ovaluin (Fhrcnb.) A. Br., dagegen gehören Fig. 18 bis 20- auf derselben Tafel zu P. triangultiin A. Br. Pliyloplankton aus Seen von Mazedonien. 1 '^^ der freien Teile der Randzellen konv'ex sind, bei letzterem aber konkav, zeigten sie bei dieser Form beiderseits in der Mitte eine kleine Vertiefung, dadurch erscheint der freie Teil der Randzellen von der Spitze nach der Mitte zu erst konvex, dann konkav und dann wieder konvex, so daß man in der Tat nicht recht weiß, ob man diese Form zu der ersteren Art oder zur zweiten stellen soll. Der aufgesetzte Stachel war verhältnismäßig kurz, und das würde mehr für P. triangnlatum sprechen, aber die Zellhaut war grob granuliert, wie dies für P. ovatnin angegeben wird. Die Coenobien waren bei den beobachteten Exemplaren stets achtzellig, und zwar in der Anordnung 7+1, wobei in der Mitte keine Lücke blieb. 53. P. pertiisiiin Kütz. (1845, p. 143). Doiransee. 54. P. pertustini var. lividtun Raciborski (1889, tab. 2, fig. 31). Ventroksee. 55. P. perttLSum var. clathratnm (A. Braun) Lagerheim (1882, p. 56); Reinsch (1867, p. 93 und 94, tab. 10, fig. 5). Doiransee, Ventroksee. 56. P. pertiisnin var. reticttlatiim Lagerheim (1882, p. 56, tab. 2, fig. 1). Ventroksee. 57. P. Boryanuin (Turp.) Meneghini (1840, p. 210). Doiransee, Ventroksee, Ochridasee. 58. P. Boryaunui var. longicoriie Reinsch (1867, p. 96); Raci- borski (1889, p. 14, tab. 2, fig. 13). Doiransee, Ochridasee. 59. P. Bojyaimin \a.\\ pcrforatiini Racib. (1889, p. 13, tab. 2, fig. 1 1). Ventroksee. 60. P. angtilosnni var. araneosnm Raciborski (1889, p. 18, tab. 2, fig. 19 und 20). Ventroksee. 61. P. iiitisiim Hassal (1845, p. 92 [7], fig. 8); P. Ehrenbergii A. Braun (1855, p. 99, tab. 5, fig. H, 3). Doiransee. 62. P. iiicisnm var. rata Nitard}^ (1914, p. 181, tab. 4, fig. 6; tab. 8, fig. 14, und tab. 10, fig. 13); P. Ehrenbergii A. Braun (1855, p. 99, tab. 5, fig. H, 4). Doiransee. 63. P. lohahim Nitardy (1914, p. 181, tab. 5, fig. 4). — var. glo- buJifenim- nov. var. (Fig. 12). Ventroksee. 176 R. Schiödcr. Diagnose. Lappen der Randzellen tiefer eingeschnitten; Läpp- chen ein kugelartiges Köpfchen tragend. Bemerkung. Die Coenobien dieser Varietät waren 32-zellig. Die Breite ihrer Randzellen betrug 12 bis 16 [x. Sie waren an ihrer Basis nur ein ziemlich kurzes Stück miteinander verwachsen. Durch eine hochgewölbte Embuchtung an der Mitte ihrer Basis erschienen sie besonders schlank. Der tiefe Mitteleinschnitt der Randzellen war oft sehr schmal imd verenote sich zuweilen nach außen so sehr, daß die benachbarten inneren Randläppchen, die zungenförmig und a „Atvr? ' Fig. 12. Pediastniiii lobaluiii viir. ^JubitUfeniiii nov. var. aus dem \'entroksee. a Einzelne Rand/ellc. i^~5 j. /' Teil eines Coenobiums. 360/]_. meist an ihren Enden etwas kugelig verdickt waren, sich recht nahe kamen oder sich sogar miteinander überkreuzten. Die schmalen Mittelzellen ließen große I^ücken frei, wodurch diese Varietät der schwebenden Lebensweise gut angepaßt erschien. Familie Planosporaceae. Gattung Characium A. Braun. 1849. (34. eil. Vuiiucticuiu Lemm. (1903, p. 81, tab. 3, flg. 7 bis 10). Doiransee, I^respasee, Ventroksee, Ochridasee; nur an Dia- phanos(una Ivcuiiynnmi auf den hinteren Teilen des Panzers auf- sitzend. Aus dem Sjöbackasjön in Schweden untersuchte Lemm er- mann Plankton, in dem C/i. liinneticnin ausschließlich auf der obengenannten Cladocere aufsaß, obgleich, wie Lemmermann an- führt, »andere Planktontierc reichlich zur Verfügung- standen. Da- gegen fand er diesen Planktonepihionten im Lago di Monate (Italien) nur an Hjaloc/uphiiia (1895). Auch G. M. Smith gibt an, daß in den Seen von Wisconsin dieses (Jiaraciiini nur auf DicipJmiiosoina brayuriim vorkommt (1920). Demnach scheint diese Alge in der Tat nur Cladoceren zu bewohnen, was allerdings noch weiterer Bestäti- gung bedarf. Bei der Durchsicht der Literatur traf ich auf eine Arbeit von Tanner- Füllemann, in der ein Organismus beschrieben und" Pliyloplanktnn aus Seen \-(>n Mazedonien. 1''' abgebildet wird, der mit Cli. Jiiiiuclictmi sehr große Ähnlichkeit hat und wohl derselbe ist. Er wurde von dem genannten Autor als KhapliiiUnm Cliodati bezeichnet und im Schoenenbodensee in der Schweiz gefunden. Diese Grünalge stimmt in Gestalt und Ausmaßen mit Characiiini Uiniicticuiu genau überein, ebenso in ihrer histo- logischen Beschaffenheit durch das Vorhandensein eines Chromato- phoren mit zwei Pyrenoiden. Der einzige Unterschied ist das Fehlen der Haftscheibe und der distalen langen Borste bei ersterer. Die freischwimmend gefundenen Exemplare können aber xon ihrem Substrat losgerissen sein, wobei die Haftscheibe auf diesem sitzen blieb. Auch ich bemerkte in den mazedonischen Seen öfter frei- schwimmende, losgerissene Exemplare von Characiuui liiuiieticimi. Die Endborste ist bei manchen Exemplaren dieser Alge so kurz, daß sie fast zu fehlen scheint. Auch die vegetative Vermehrung durch wiederholte Zweiteilung des Zellinhaltes in der Mutterzelle ist bei beiden Schwebewesen die gleiche, so daß es außer Zweifel sein dürfte, daß Rliapliidlutu Chodati mit Cliaraciiiui liniueticiiui identisch ist und der erstere Name als der jüngere eingezogen werden muß. Übrigens hat CharLiciniii liuiucticum auch einige Ähnlichkeit mit sichelartig gekrümmten Formen von Schroederia setigera (Schroeder) Lemmerm. (1897), die aber an beiden Enden in feine B(^rsten ausläuft, nur ein Pyrenoid hat und, wie es scheint, sich nur durch einmalige Zweiteilung in der Mitte der Zelle ver- mehrt. Die nachstehende Tabelle zeigt zunächst, daß von den (U Schwebepflanzen, die nach dem systematischen Verzeichnisse in mazedonischen Seen gefunden wurden, aus dem Doiransee 41 Arten, aus dem Prespasee deren 20, dem \'"entroksee deren 21 und dem Ochridasee deren 22 festgestellt worden sind. Da vom Doiransee noch 23 Grundformen dazu kommen, so beträgt die Zahl der aus Mazedonien durch meine Untersuchung bekannt gewordenen Arten 87. Es kann dies als ein ziemlich günstiges Ergebnis bezeichnet werden, wenn man in Betracht zieht, daß in dem diesem Gebiete am nächsten liegenden Skutarisee in Albanien von Forti (1902) nur 38 Grund- und Planktonalgen gefunden wurden, die größtenteils übrigens dieselben sind wie im Doiransee, was auch nicht gerade verwunderlich ist, da beide Seen annähernd gleiche Tiefe haben und unter fast gleichen Breitegraden in geringer Meeres- höhe liegen. 178 B. Schröder. C c -- '-> ^ ►^ ^ \i Q ►5' 1 ._• .^^ C^l cc -^ >C 'S- 1 cu 1^ «3 1 S '^ :^ w^ 0 '<; ■-)' '^ -=5; z — -- c^i • • ■rc • -t • • u': • • 0 • • • 1 "o «ü ^ '^. 5 S cc 1 4 1 -^ 1 1 fc ^ 1 1 0 ->». ' ' ' 1 <: », 1 1 .5 ,~ Co 1 1 — •^ « ^ "^ rs 5 •S la ^ 5 ?^ ■| f^ 0 Co S *^ ^i — ~ '^' ""^ ■' "^ f^ '^^ ._ C-J CO ^ 0 CO t^ X C5 /i C 1 ■ .^ .g 1 0 0 «0 gr !< 'r^ ^ Cy. s. :^ ^ "?■ '^ ^ ;; -* .2 1 C/-, ~^ 1 1 ' ^ ' ' V ' c/-. • — 1 Ja Cr 0 5 p ö 0 ■ '^' "^ ■■a" ^. .^^ M -n -f ,- cc t- OC — 3 X riiytiiplankton ans Seen von Mazedonien. 179 Ox "»^ « '^ ■B^ s t-C S ^ -.^ ^ -^ ^ 'S «2 5 "-^ ^ u C U c; s 5 er. 1 :i< Vi CO 'S; ■- .2 ~ « 'Q Ci s ;~ "5 •H 1 1 s 2 'S; (3 a. CO ;ü ~ 1 s •-2 <^. u ^ * 1 K- 'S ^ *^ -^ Qh Qs CO Ci ^5 o> ft. ■u O "5 o Co c S c ■M "SA ^ Co CO g ^> ^ e ■jj 1-; ^ "^ -=; -* l-O tti CJ Ol CM 180 I). Schi-ödei ^ S:; u. _£;- V o o ::: >-_ »CT -^ ■s. ■y >: •^ V; J W 5^ § 1 1 >. 1 1 1 1 1 • ^ 1 1 1 i JU r<. o -< y. JS •^ •^ •s^ ';^ ^ .'U ;^ V; S .- . "+ \r,^ CC' t^ OC ^_ :^ ^ ;;;; d "^ o -/■ .^^ o -J-. ^ 1 1 1 1 1 1 ^ i 1 1 1 1 1 1 o ^ 1^ *— '^ 'S 1 .' '^■' cc -* "Z. ■■"■ ■^^ p *^ o >. 5 -$ 1l J-. >: i. -< ri I 1 1 ~ 1 1 1 ■^ 1 I 1 1 1 I Cx, ^-^ 1 ) /. ^^ 1 1 1 -?:i 1 1 1 1 -^ 1 1 1 1 ( ) o ■^ • c ■>* 'J •>■" i-^, --5 l- CO - '?. " ^^ ~ ->- ^ ^ .^ "*j ^ »s^ ~ 2 i 1 1 , >& '5 , "^ 1 '•j 1 ^r 1 1 ^ g ^- ^ si IX Ci ^ ^ ^ \ s ö p "5 1 ^ t* 1 s ■»s •1 § V ^ 1^ s. ■-^ ^ ■^ ö ^ v; '3 ^ ^ t~ 00 o ^ , > > <2 > i- V O ^ 0^ On g s= = =L, a lO CD t^ OD Ol o o a: o r - 00 182 B. Schröder, Die Verteilung der einzelnen Algengruppen in den \-ier maze- donischen Seen stellt sich folgendermaßen dar: Gruppe Doiransee 148 m Prespasee 857 m Ventroksee 850 m Ochridasee 687 m 1. Schizom\-cetes 2. Schizophyceae 3. Flagcllatae . . . 4. Bacillariaceae . 5. Conjugatae . . . 6. Chloroph3^ceae Zusammen 12 5 1 15 41 0 1 2 20 21 6 4 4 6 1 2 1 4 9 6 iJO Außerdem ergeben beide Tabellen, daß der relativ flache und in geringer Meereshöhe gelegene Doiransee die meisten Arten auf- weist, und zwar ungefähr doppelt so \'iel als die drei tiefen Berg- seen, deren Artenzahl untereinander fast dieselbe ist. Die wenigsten enthält der am höchsten gelegene Prespasee. Im Doiransee machen sich besonders die Flagellaten und die Chlorophyceen bemerkbar, wie dies auch sonst in flacheren Seen der Fall ist. Im Prespasee sind Schizoph^'ceen und Flagellaten mehrfach xertreten, im \'entrok- see dagegen Schizophyceen und Chlorophyceen und von letzteren besonders Arten der Gattung Pediastniui. Allen Seen gemeinsam sind nur drei Arten, nämlich Atiabaciia Flos-aqiiae, Colacinni vesi- ciilosiun und (liayaciuui liiuueticiiui, die letzteren als Plankton- epibionten auf tierischen Schwebeformen vorkommend. Auffällig ist das spärliche Auftreten von Bacillariaceenarten, die im Plankton des Prespasees überhaupt nicht vorhanden waren; ebenso das Fehlen einer ganzen Anzahl von Vertretern des Phyto- planktons, die man sonst in Seen zu finden gewöhnt ist, z. B. Lyngbya Jimnetica Lemm., Ankistrodcsmus faJcatus (Cor da) Ralfs. Äctinasirnui Haiüzschii Lagerh., Botryococcus Branuii Kütz., Asterionella graciUiuta Griin., Fragilaria crotonensis Kitton. Synedra dclicatissima W. Sm., Rliizosolenia longiseta Zach, und Atthcya Zachariasi Brun., die man sämtlich im Doiransee wenig- stens hätte erwarten kcmnen, da sie teilweise im Skutarisee beob- achtet wurden. Vielleicht wird eine oder die andre Art später noch nachgewiesen werden. Außer zum Skutarisee finden sich mancherlei Beziehungen des Phytopkmktons der mazedonischen Seen auch zu den Seen, die im mysischen und bithjmischen Kleinasien in der Nähe des Mar- marameeres liegen und die von Brunnthaler (1908) und neuerdings besonders von Forti (1913) untersucht wurden. Unter ihnen zeigt Phytoplankton aus Seen von Ma/iedonien. 183 dies der Abullonia-Göll westlich \om bithynischen Ol^mip am deut- lichsten. Dieser See hat mit den mazedonischen Seen insbesondere folgende Arten von Schwebepflanzen gemeinsam: 1. Chroococcus limneticns, 2. Microcystis Flos-aqnae, 3. M. ■aeruginosa, 4. Coelosphaeriuni Kütziiigianimi, 5. Lynghya Lager- heimii, 6. Anahaena macrospora, 7. A. plaiiüonica, 8. A. spiroides, 9. A. Flos-aqiiae, 10. Aphanizomenou Flos-aqnae, 11. Pediastrnni Boryamifii, 12. P. duplex und seine Varietäten, 13. P. Iriangtihini, 14. P. ovalnm, 15. Seeuedesmus qtiadricanda, 16. Sc. opoliensis, 1 7. Tetraedron minhmim, 18. SphaerocysHs Schroeteri, 19. Peridinium ■Cimjiinglonii, 20. Ceratimu hirnndinella, 21. Melosira granulata, 22. ilf. cvennlata \sd\ leunis und 23. Stanvastrmn paradoxum. Andrerseits fehlen dem Abullonia-Göll auch eine ganze Anzahl der F^ormen, die auch in den Seen Mazedoniens nicht gefunden wurden. Zum Schlüsse meiner Ausführungen ist es mir noch eine angenehme Pflicht, Herrn Geheimrat Doflein in Breslau für gütige Überlassung des so schwierig zu erhaltenen Materiales aus einer gänzlich unbekannten Gegend meinen verbindlichsten Dank zu sagen, ebenso auch Herrn Dr. Pesta in Wien für seine Bemühungen imd Herrn Dr. E. Lindemann in Berlin-Tempelhof, der so freund- Üich war, die Peridiiiiuin-Avten zu bestimmen. 184 B. Schröder, Literaturverzeichnis. 1911. Bachm:iiin H.. Das Phytophinkton des Süßwassers mit besonderer l'crück- sichtigung des X'ierwaldstätter Sees. Luzern. 1863. De Bary A.. Beitrag zur Kenntnis der Nostocaceen, insbesondere der Kivu- iarien, in: Kloia von liSBß. Regensburg. 1823. Bory de St. Vincent .1. 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Es wurden 50 oder 10() Stück, je nach der Menge des vorhandenen Materials, in Leitungswasser 24 Stunden quellen gelassen und darauf in mit feuchtem Filtrierpapier ausgekleideten Kcimschalen zum Keimen gebracht. Auf diese Weise kann man sich leicht ein genaues ßild von der Beschaffenheit und Güte dei- Samen verschaffen. Die zu untersuchenden Samen wurden in der Lösung des fluoi-eszierenden Farbstoffes zur Quellung gebracht. Die Imbibition dauerte, um Schäden, hervor- gerufen durch intramolekulare Atmung, zu \-ermeiden, in keinem Falle langer als 24 Stunden, wohl aber fast immer annähernd 24 Stunden, damit eine möglichst große Menge der Lösung \-on den zu quellenden Samen aufgenommen und gespeichelt wurde. Die mit den Farbstoff lösungen beschickten X'ogelschalen, in welchen sich die Samen befanden, wurden durch die 24 Stunden hindurch in einen dunklen Kasten gestellt, um jede Einwirkung der fluoreszierenden Farbstoffe vny dem Auslegen der Samen zur Keimung zu verhindern. Xach der 24 stündigen Quellung Asurden die Samen rasch acht- bis zehnmal unter der Wasserleitung abgewaschen und abgepinselt, um den den gefärbten Samen von außen anhaftenden Farbstoff möglichst gründlich zu entfernen ; derselben Prozedur wurden auch die Kontrollsamen, die in leinem Wasser der Ouellung unterworfen waren, aus dem Grunde unterzogen, dal.'i auch sie dem Eintlusse des kalten Leitungswassers aus- gesetzt waren, somit um auch hier dieselbe \'ersuchsbedingung zu schaffen. Dem Auslegen der Samen ist die größte Aufmerksamkeit und Sorgfalt zuzuwenden. Es handelt sich einer'-eits darum, für die dem Lichte ausgesetzten Kontroll- und \'ersuchssamen gleiche l'euchtigkeitsverhältnisse herzustellen und andrerseits möglicl-ist gleiche Temperatui- und Feuchtigkeitsgrade für Licht- und Dunkehersuche zu scliaffen. Um die Feuchtigkeitschwankungen zwischen den dem Lichte ausgesetzten und den im Dunkeln gehaltenen Samen auszuschalten und die Temperaturunterschiede auf ein Minimum herabzudiiicken, wurden die N'ersuchs- anstcllungen m.mnigfach modifiziert. Folgende zwei Arten wurden hauptsächlich diuxhgefühi-t : a) Die Samen wurden in Petrischalen ausgelegt, die mit einer Doppellage von Filtrierpapier ausgekleidet waren. Sowohl die Licht- als die zur Kontrolle auf- gestellten Dunkelversuche stellte ich auf das Fenster eines gegen Süden gelegenen Korridors, wobei die Wärmestrahlen von allen Petrischalen nach Möglichkeit abgehalten wurden. Diejenigen der Lichtversuche standen hinter Küvetten, die zum Zwecke der Absorption der Wärmestrahlen mit Wasser gefüllt waren, und unter gr()ßen X'ogelschalen, die demselben Zwecke dienten. Jene der Dunkelversuclic wurden unter BLchzylinder gebracht, welche mit weißem Papier umhüllt ebenfalls hinter große ICüvetten gestellt wurden. Die Temperaturdifferenzen waren auf diese Weise minimal. Um in den einzelnen Petrischalen, von denen jede V'crsuchssei ic acht bis zehn umfaßt (vier oder fünf licht und cbensoviele dunkel), denselben l'euchtigkeitsgrad zu erzielen, wurde nach je ein oder zwei Tagen, wie eben die \'ersuchskontrollc ^•orgenommen wurde, das Filtrierpapicr sämtlicher Schalen mit Wasser vollkommen durchfeuchtet; ein eventueller Überschuß an Wasser wurde sorgfälligst entfernt. b) Noch einwandfreier sind die Versuche, bei welchen Licht- und Dunkel- e.xempiare derselben Lösungskonzentration (z. B. Eosin 1 : lUOO licht und Eosin 1 : lOOÜ dunkel) in ein- und derselben Petrischale untergebracht waren. Zu diesem Zwecke wurde sowohl der untere Teil der Petrischale als auch der Deckel von außen zur Hälfte mit schwarzem Papier \erklebt, während im Innern der Schale die Scheidewand zwischen der Licht- und Dunkelhälfte der Schale ein nach oben offener Doppelstreifen von schwarzem Filtrierpapier, welcher die innere Höhe der Petrischale halte, bildete. Schon auf diese Weise wurde das Licht beim Schließen Kinwirkunt;- fluoreszierender Fai'hstoffe. 193 der Sclialc liiiireicliend ausgescluiltet. doch um jeden Liclitstrahl abzuhalten, \vurde über die Dunkelhälfte auch von innen ein halbkreisförmig geschnittenes schwarzes F'iltrierpapier gelegt, das mit seinem geraden Ende in das nach oben offene Mittel- stück umgebogen wurde. Bei dieser Art der Versuchsanstellung fielen die Feuchtig- keitsunterschiede weg und die Temperaturdifferenzen zwischen Licht und Dunkel überstiegen, weil ja auch Kiivetten vorgestellt wurden, wohl kaum einen halben bis einen Grad. Die X'ersuchc wuiden öfters kontrulliert und zwar in hezug auf den Grad und die Schnelligkeit des Auskeimens, die Wurzel- und Stengellänge, die Aus- bildung oder Nichtausbildung der Wurzelhaare, die Größe und .Menge derselben sowie auf die Anzahl der kranken und abgestorbenen Wurzeln. Weil bei Samen, die photodynamisch sehr stark geschädigt waren, die Grenze zwischen Wurzel und Hypokot\i oft nicht festzustellen war, ist unter der Bezeichnung »Wurzellänge« die Summe Wurzel länge -j- Hypokotyl zu verstehen und zwar bei allen in den Tabellen angeführten Samen mit Ausnahme von SiM,.ipis. Die Länge ist in Millimetern angegeben 2. Versuche. Um die Wirkung photodynamischer F'arbstoffe auf die Samen- keimung zu ermittehi, wurden nach den eben besprochenen Methoden X'ersuche ausgeführt, wobei es sich zeigte, daß es hauptsächhch die Wurzehi sind, die je nach Lichtstärke, Art des Farbstoffes und Kon- zentration desselben geschädigt werden. Im übrigen besteht aber die Wirkung zunächst in einer oft sehr bedeutenden Verzögerung der Auskeimung, später in einer auffallenden Wachstumshemmung, bei starker Konzentration im Verlust des Richtungsvermögens und schließlich im Absterben der Wurzelspitze eventuell der ganzen Wurzel. In Konzentrationen von 1 : 800 bis 1 : 10.000 ist bei Safra- nin, Eosin und Magdalarot das durch den Einfluß dieser Farbstoffe und entsprechende Belichtung bedingte Absterben der Wurzelspitze regelmäßige Erscheinung, in der Konzentration 1 : 12.000 bis 1 : 20.000 schon selten, wobei das Safranin insofern eine Aus- nahme macht, als es auch bei dieser Verdünnung die Wurzel häufig tötet. Ähnlich wie diese drei Stoffe verhält sich auch INIethjdenblau. In noch verdünnteren Lösungen (1 : 30.000 bis 1 ; 1,000.000) wird die Wurzelspitze selten getötet, doch bleiben bis zu einer bestimmten Grenzkonzentration Sproß und Wurzel in ihrem Wachstum im Vergleich zu denjenigen des Kontrollsamens mehr oder weniger zurück. Diese Grenzkonzentration ist auch abhängig von der Lichtstärke und bewegt sich zwischen 50.000 und 100.000. Bei noch stärkerer Verdünnung über diese Grenz- konzentration hinaus tritt oft eine Wachstumsförderung (Stimu- lierung) ein, wie sie in der Natur zu finden ist, wenn kleine Dosen Gift dem lebenden Organismus einverleibt werden. Was nun speziell den Stengel betrifft, muß betont werden, daß er nie ab.stirbt, daß aber seine Blätter in den ersten Tagen der Versuchsanstellung nicht fähig sind, zur vollkommenen Ghlorophyllbildung zu schreiten. Am deutlichsten zeigt dieses Phänomen Siiiapis alba; während die Kotyledonen der Kontrollsamen schon tief grün sind, haben die Blätter der in den Farbstoft'lösungen gequollenen Samen ein je 194 A. Piskernik. nach der Stärke der Konzentration mehr oder weniger blasses Aussehen, das aber nach einigen Tagen fast immer der Chlorophyll- färbung weicht. Das von mir besonders betonte Kennzeichen der Schädigung der Pflanzenkeimlinge durch belichtete fluoreszierende Farbstoffe ist das »Krankwerden« der Wurzeln, das sich bei höheren Konzentrationen schon äußerlich durch das Braunwerden und Ab- sterben der Wurzelspitze (^der der ganzen Wurzel samt Hj'-po- kotyl verrät, ferner durch das Fehlen oder den Mangel von Wurzel- haaren und deren Länge, durch ein gerunzeltes, manchmal schuppiges Aussehen oder aber schon gleich nach dem Hervorkommen aus der Samenschale durch die Unfähigkeit, irgendeinem Tropismus in seiner Einwirkung zu folgen. Merkwürdig sind die oft zu beob- achtenden »Wurzelstummel«, welche etwa 1 ////;/ lang und einen Haarkranz tragend dem Hypokotyl wie Bürsten unten aufsitzen. Bei geringeren Konzentrationen treten. diese Desorganisationserschei- nungen zurück und dann ist es vorzugsweise nur die mindere Wurzellänge, welche zum Vergleich mit den Kontrollexemplaren herangezogen werden kann. Es sei nun gleich vorweggenommen, daß zu starke Kon- zentrationen der Farbstoffe, wie es Lösungen 1 : 600, 1 : 800, 1 : 1000, 1 : 1200 und bei einigen Stoffen noch höhere sind, bei allen Samenarten auch im Dunkeln eine stark nachteilige Wirkung zeigen, die allerdings weit zurücksteht hinter derjenigen im Lichte, aber doch auffallend groß ist, so daß diese Keimlinge nie das Au.s- sehen normal sich entwickelnder haben. Die Wurzeln sind kurz und machen einen eigentümlich steifen Eindruck; ebenso die Stengel. Bei Verwendung von Eosinlösungen bemerkte ich dieses Verhalten besonders schön bei Sinapis alba, und zwar noch bei einer Kon- zentration von 1 : 10.000. Alle diese Schädigungen im Dunkeln sind auf die Eigengiftigkeit der verwendeten Farbstoffe zurückzuführen, die bei hohen Lösungskonzentrationen zum Ausdrucke kommt. '&• Auf andere besondere Merkwürdigkeiten und auffallende Er- scheinungen wird bei der Besprechung der einzelnen X'ersuche, von welchen ich mehrere in Tabellen vorführe, eingegangen werden. Samen von Lepidiiini sativniu, Beta vulgaris, Brassica ole- racea, Sinapis alba und Spinacia, welche bei Anwendung von Methylenblau, Eosin und Rhodamin B in den Monaten Jänner, Februar und in der ersten Hälfte des März zur Keimung ausgelegt wurden, zeigten infolge der geringen Lichtintensität fast keine Unterschiede gegenüber den Kontrollsamen. Die kleinen, übrigens sehr schwankenden Differenzen in der Schnelligkeit der Aus- keimung, die nach recht sonnigen Tagen beobachtet wurden, glich das schwache Licht der darauffolgenden Schnee- und Regentage wieder aus. Nur die Konzentrationen 1 : 600, 1 : 800 und 1 : 1000 bewirkten einige Keimungs- und Wachstumshemmung sowohl in Licht als auch in Dunkel, was auf eine gewöhnliche Giftwirkung Kinwii'lvUiiL;' nLiiii'oszicrcni.lci' l'^uhstoffe. 195 des angewendeten Farbstoffes zurückzuführen ist. Aber schön in der zweiten Hälfte des März war das Tagesliclit stark genug, um mit fluoreszierenden Farbstoffen photodynamische Wirkung aus- zulösen, welche um so deutlicher zutage trat, je intensiver das Licht mit vorgerückter Jahreszeit wurde. Im folgenden sollen die Ergehnisse meiner Untersuchungen nach P'arbstoffen geordnet be- sprochen und durch beigefügte Tabellen ergänzt werden. Versuch I, aufgestellt um 2• 11 4 11 11 Dunkel ■ 5. » 26 5 23 25 . t . 40 7 38 39 f ■ 'A. .> () 0 o 3 t Licht ' 5. •> 13 5 8 0 Stengel- (. 18 8 11 11 länge ■ 3. » 8 2 G 8 Dunkel - 5. » 25 10 23 24 - 7. » 37 15 34 34 1 ' 3. .» 0 0 15 5 Licht ■ 7). 0 40 28 5 1 Kranke 1 . 0 40 32 . 5 Wurzeln ■ 3. » 0 0 0 0 Dunkel - 5. >■ 0 28 10 0 i 1 h ( • ■•^ 0 28 10 1 i Vorstehende Tabelle zeigt trotz des in den Tagen dieser Versuchsanstellung fast durchwegs bewölkten Himmels auffallende Unterschiede in der Wurzel- und geringe auch in der Stengellänge der Versuchssamen gegenüber denjenigen der Kontrolle, gibt aber 190 A. I'iskcrnik. gleichzeitig in der Kolonne 1 : lOOo das zahlenmäl^ige Bild der durch die Eigengiftigkeit bewirkten Schädigung im Dunkeln. Diese allzu grofie Wachstumshemmung bei starken und stärksten Kon- zentrationen ist im Lichte die Folge der kombinierten Eigengift- und photod\'namischen Wirkung, kann also zur Beurteilung der reinen photodynamischen \\^irkung nicht herangezogen werden. In die Tabellen wurden abei auch diese Befunde eingetragen, womit auf die Unzulänglichkeit beinahe aller Experimente miit zu stark konzentrierten Farbstofflösungen hingewiesen werden soll. Der Ver- gleich mit dem ebenfalls im Lichte aufgestellten Kontrollversuche ist nie allein maßgebend; weit wichtiger ist die Beurteilung der Ergebnisse mit Rücksicht auf die Dunkelversuche derselben Kon- zentration. Nur dann, wenn die Farbstoffversuche im Dunkeln mit dem ebenfalls im Dunkeln gehaltenen Kontrollversuche zahlen- mäßig übereinstimmen oder sich demselben stark nähern, wird die Schädigung im Lichte auf photodynamischer Wirkung allein beruhen: in jedem anderen Falle muß mit kombinierten Wirkungen gerechnet werden. Während die Verdünnung 1 : 1000 kombinierte Wirkung zeigt, tritt bei 1 : 10.000 die photodynamische Wirkung hervor: die Wurzeln sind nur halb so lang als beim Kontrollversuch und auch der Stengel ist bedeutend kürzer. Sehr eigentümlich ist besonders bei diesen beiden Konzentrationen und am autfallendsten ebenfalls bei Siiiapis das steife Aussehen der Keimlinge in den Dunkel- versuchen Wurzel und Stengel sind vollkommen gerade gestreckt, während die Lichtexemplare und die Kontrollkeimlinge im Dunkel natürlich gebogen und gekrümmt sind. Eben wegen dieser Eigen- tümlichkeit, die ganz abnormal ist, bezeichnete ich auch diese Wurzeln als krank, obschon sie die VVurzelspitze besitzen und auch — wenn auch bei 1 : 1000 nicht bedeutend — wachsen. Wurzelhaare sind bei 1 : 1000 (Licht) keine oder sehr wenige vor- handen und sind sehr kurz. Die Wurzeln selbst sind schon zur Zeit der Auskeimung geschädigt, denn bei einer Länge von 3 bis 4 intn, wo man schon imstande wäre, ihren eventuellen Tropismus zu verfolgen, stehen dieselben passiv jeder solchen Einwirkung gegenüber. Nach einiger Zeit werden sie braun und vertrocknen. Kennzeichnend für alle geschädigten Keimlinge der hier gebrauchten Konzentrationen ist der rasche Übergang von Hypokotyl zur Wurzel. Das vollkommen normal scheinende, kräftige Hypokotyl geht unvermittelt in die dünne, schlaffe Wurzel über. Von den zu "je 50 verwendeten .Samen keimten von 1 : 1000 am dritten Tage erst 5, am fünften Tage 17 und am siebenten 32 aus, von 1 : 10.000 an den genannten Tagen 35, 45, 50, während im. Kon- trollversuche (H.^O) schon am ersten Tage alle 50 ausgekeimt waren. Auffallende Resultate wurden mit diesem Farbstoff auch erzielt bei Viciii sufirii, Leus cscnleiüa imd Pistini sütivimi (Tafel, Fig. I und II). Einwirkuii.n' nuoi-csziei'enJcr I'"arbstiiffe. 19; Versuch II, r aufgestellt am 7. Juni 1921. Samen V(Mi Trilicniii diinnii (je öü Stück) durcli 24 Stunden geqimJlcn in Eosin 1 : 1000. 1 : 10.000, 1 : 20.000. 1 : 50.000. Licht- und Dunkelversucli. Konti-ollc mit H.,0. Starkes Sonncnliclit. Tabelle II. 1 : 1000 11: 10.000 i 1 : 20.000J 1 : fiO.OOO Wurzel- Lieht J 8. Tag länge Stengel- länge 2. Dunkel { 3. Licht ( :i Dunkel { 3. [ ( Licht l Kranke Wurzeln 2. Dunkel { 3. 10 25 93 12 30 86 2 12 63 3 17 92 0 0 0 0 0 0 2 5 6 6 5 10 15 17 22 34 51 60 4 12 12 12 17 31 37 32 24 90 102 104 1 2 2 o 6 10 12 12 9 9 57 62 69 2 3 3 4 8 15 16 17 49 82 84 93 0 0 0 0 43 20 3 0 45 20 3 0 0 0 0 0 21 (j 0 0 21 0 0 0 Von den 50 Keimlingen 1 : 1000 hatten am 18. Juni, als der \'ersuch abgeschlossen wurde, nur 20 einige wenige Wurzelhaare, welche 1 mm lang waren im Gegensatz zu den 3 mm langen Haaren der Kontrollsamen. Auch jene von 1 : 10.000 blieben in Zahl und Länge hinter dem Wasserversuche zurück. Gerade hier bei diesem Objekt ist bei hoher Konzentration die Schädigung auch im Dunkeln eine enorme, so daß der nur photodynamisch schädigend wirksame Konzentrationsbezirk dieses Farbstoffes in bezug auf Wurzelwachstum sich etwa von 1 : 10.000 bis 1 : 100.000 erstreckt. Der Stengel zeigt bei dieser letztgenannten Konzentra- tion bereits eine Wachstumsförderung, welche übrigens im Dunkeln mit Ausnahme von 1 : 1000 fast immer bei allen Verdünnungs- graden zu beobachten ist. 198 A. Piskcrnik, Versuch III, aufgestellt am 21. Juni 1921. Samen von Leus esciilenia {50 ^iuck) durch 24 Stunden quellen gelassen in Safranin 1 : 1000, 1 : 10.000, 1 : 50.000, 1 : 100.000. Licht- und Dunkelversuch. Kontrolle in Wasser. Starkes Sonnenlicht. Kühlvorrichtung. Tabelle III. 1 IL,0 G 1 : loOO 1 : Ki.noi) 1 : 50.000 1 : 100.000 / r 2. Tag 3 3 5 6 Lich.t 42 5 1 D3 29 "Wurzel- 73 5 10 25 40 lange • 2. V, 5 2 3 4 5 Dunkel < 3. .. 40 2^) 35 40 41 It. . 68 40 67 70 73 ' - ». 0 0 0 0 0 l.icht 13 9 i() 12 14 Stengel- *)'> 14 IG 21 22 länge Dunkel ir. 0 12 () 15 0 15 0 16 • 27 ■)o 27 27 27 \l: 0 () 0 0 0 Dicht 0 46 39 26 10 l\i-anke 0 46 39 20 10 Wurzeln \v 0 0 0 0 0 Dunkel 0 20 0 0 0 1 0 20 0 0 0 Safranin ist einer der in bezug auf Keimlini^sschädigung am kräftigsten wirkenden fluoreszierenden Farbstoffe, der bei sehr starkem Lichte selbst in der Verdünnung: l : 50.000 noch eine außerordentlich große lichtkatalj^satorische Wirkung entfaltet. Die Wurzeln von 1 : 1000 und 1 ; 10.000 sind arg geschädigt; bei ihrer geringen Länge von 5 bis 7 mm sind sie stark gerunzelt und gedreht und nur wenige aus 1 : 10.000 haben eine gesunde Wurzel- spitze. Auch im Dunkeln ist die Schädigung bei 1 : 1000 bedeutend, doch sind die Wurzeln nur kurz geblieben und sind entweder gar nicht oder nur minimal gerunzelt und nicht gedreht. Ähnliche Resultate wurden erzielt bei Pisniii salivuui, Mcia sativa und Siuapis alba. EinwiikuiiL; tluofcszicrendcr l'ai-bstiiiTe. 199 Versuch IV, Dunkel / .1. [ ü. y Lieht Dunkel 6. » 3. * 5. > G. ^ H.,0 1 ; lüOO 1 : 10.000 1 : 50.000 14 5 ( 13 45 5 16 32 50 5 18 41 12 8 9 10 50 ■ 25 47 48 60 30 58 58 3 0 0 2 14 3 12 16 15 ( 13 19 - 0 0 5 17 14 16 18 21 19 20 23 () 40 25 5 0 40 26 - 0 40 26 1 0 20 o 0 0 20 0 0 0 20 0 0 Kinwirkuns' fluures/cierL'ndcr Farbstoffe. 201 Versuch VI, aufgestellt am 31. Mai 1921. Samen von Pisnin sulivuin, je ;")() Stück, durcli 23 Stunden quellen gelassen in Magdalarot 1 : lUOO, 1 : 10.000, 1 : 50.000. .Sonst wie bei X'ersuch IV. Kühlvorrichtung. Tabelle VI. Licht Wurzel- länge Dunke 4. Tag 6. ■> 8. ^ 4. » 6. » 8. » Stengel- länge Licht I: 6. > 8. " 4. > Dunkel { 6. » 8. » Kranke Wurzeln Licht Dunkel 4. 6. 8. 4. (). 8. 46 70 90 53 80 100 7 14 20 15 22 36 0 0 0 0 0 0 0 5 5 33 49 54 5 11 14 12 20 25 49 49 49 16 16 16 17 29 34 53 43 67 54 53 80 79 98 101 6 7 12 14 17 19 13 13 21 21 34 33 14 0 14 '^ 14 0 0 0 0 0 0 0 Am fünften Versuchstage waren die Wurzeln von 1 : 1000 schon ganz eingetrocknet und hatten nur wenige Nebenvvurzehi. Am achten Versuchstage wurden die Keimlinge in Blumentöpfe gegeben. Die Stengel der aus 1 : 10.000 und 1 : 50.000 überholten in einigen Tagen die Kontrollstengel an Länge, während jene aus 1 : 1000 immer mehr oder weniger Zwergformen blieben. 202 A. Piskernik, Versuch VII, autgcste am 1. Juli 1921. Samen von l.ens esctilenla duicli 24 Stunden zur ^uellung gelassen in Fuchsin 1 : 1000, 1 : 10.000, 1 : 50.000. I.iciit- und Dunkcl- versuch. Kontrolle in HoO. Starkes Tageslicht. Tabelle VII. 11.,«) 1 : l()(i(» 1 : 10. 000 ,'i0.()O0 r ■A. Tag 14 11 13 14 Licht ; ."). » 41 32 40 43 Wuizel- ('). >• .30 30 49 52 länge ■ 3. » ,). >■ (i. 11 10 10 12 Dunkel 4o 31 41 41 . GO 38 58 59 ' 3. >> 3 0 0 9 Licht < .-.. » 14 10 14 14 Stengel- [ 6. » IG 13 IG IG länge ' 3. ■ 8 0 0 .") Dunkel < .".. . 19 18 18 19 ■ (). » •)') 19 21 22 3. » o 0 0 0 Licht . ,'). . > o 0 0 0 Kranke (i. ■ 0 0 0 0 \\'urzcln 3. > 0 0 0 0 Dunkel < ."). ^> o 0 0 0 ,6. . 0 0 0 0 Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, weist auch dieser nicht- fluoreszierende Farbstoff in der Konzentration. 1 : 1000 eine Schädi- gung auf, und zwar sowohl im Licht als im Dunkel. Diese Schädi- gung ist keine Folge der photodjmamischen Wirkung, sondern ist bedingt — wie zum Teil auch bei den fluoreszierenden Farbstoffen solcher Konzentration — durch die Eigengiftigkeit des verwendeten Stoffes. Bei allen übrigen Konzentrationen konnte keine Schädigung konstatiert werden. Dieselben Resultate wurden mit anderen Samen gewonnen. ikiiiin- lluiires/jercndcr l"'arhsti)ft\ 203 Versuch VIII, aufgestellt am 1. Juli H.I21. Samen \-on Pisa in siilivinii, durch 24 Stunden quellen »gelassen in Erytlirosin 1 : 1000, 1 : lO.OOO, 1 : 50.000. Licht- und Dunkelversucli. Kiintrolle in H.,0. Schwaches diffuses I.iclit. Keine Kühh'dnichtimj^-. Tabelle VIII. W'ui/sel- län^e l.icht [ ■'•■ TaK Dimkel Licht Stengel- länge Dunkel Licht Kranke Wurzeln Dunkel \: 3. » 5. •■ 7. » 26 84 29 94 0 10 18 32 0 0 0 0 0 0 1 : 1 <)()(_) 18 28 36 0 ') 0 0 15 26 45 45 45 20 20 20 1 : 1().(,H,)() 1 : 50.000 11 26 21 40 30 57 27 28 66 70 94 103 (_) (_) 8 9 12 12 8 8 18 21 32 39 21 o 29 2 29 2 0 0 i 0 0 0 0 ' Wurzeln von 1 : 1000 und 1 : 10.000 .sind stark gerunzelt und mehrfach gebrochen. Viele sind schneckenförmig eingedreht. Einige von 1 : 1000 haben ein schuppiges Aussehen. Die Wurzeln der im Dunkeln gehaltenen Keimlinge sind nur wenig gerunzelt, haben aber bei 1 : 1000 wie im Lichte auch kein Richtungs- vermögen. Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 1.30. ßd. 15 204 A. I'iskeniik, Versuch IX, aufgestellt am 7. Juni 1921. Samen von Pisuiit sattvti/ii 24 Stunden gequollen in Anilinblau 1 : 1000, 1 : 10.000, 1 : 50.000. Licht und Dunkel. Kontrolle in HgO. Starkes .Sonnenlicht. Kühh'on-ichtung. Tabelle IX. Wurzel- länge Licht Dunkel Licht Stengel- länge Dunkel Kranke \\^urzcln Licht Dunkel 2. Tag 10 93 9 46 108 0 8 20 0 16 35 0 0 0 0 0 0 9 46 91 9 46 109 0 4 17 0 16 35 0 0 0 0 0 0 9 45 93 9 40 108 0 8 21 0 15 34 0 0 0 0 0 0 10 46 93 10 48 110 0 8 22 0 18 36 0 0 0 0 0 0 Anilinblau wurde als nicht fluoreszierender Farbstoff nebst Fuchsin zur Kontrolle verwendet. Dieser Farbstoff zeigt selbst bei der Konzentration 1 : 1000 keine Schädigung der Wurzel, wohl aber eine Wachstumshemmung des Stengels. Bei Lcns, Sinapis und Spinacia trat zuweilen in 1 : 1000 eine kaum merk- liche Schädigung der Wurzeln ein. Rinwifkun"'- niii>rcszierendcr I'^arbstoffe. 205 Versuch X, aufgestellt am 30. Juni 1921. Samen von Sinapis durch 2-i Stunden quellen gelassen in ".Methylenblau 1 : lOOÜ, 1 : 10.000, 1 : 50.000, 1 : 100.000. Licht- und Dunkel- versuche. Kontrolle in H2O. Starkes Licht. Kühlvorrichtung. Tabelle X. H2O 1 ; 1000 1: 10.000 1:50.000 I : 100.000 Stengel - länge Licht Wurzel- länge Dunkel Licht Dunkel Kranke Wurzeln Licht Dunkel 2. Tasf 2. » 5. » 6. » 4 21 30 5 27 31 3 14 16 5 24 30 0 0 0 0 0 0 6 3 19 24 2 7 9 3 17 22 0 41 41 25 25 25 2 11 14 31 3 10 12 4 21 26 0 20 20 3 14 21 4 28 32 3 12 15 5 24 31 0 5 5 0 0 0 3 22 32 5 31 33 3 15 16 5 25 31 0 0 0 0 0 0 1 : 1000 (Licht): Die Wurzeln sind eingetrocknet, die Pflanze entwickelt keine Nebenwurzeln. Die Mehrzahl der Keimlinge liegt am Boden, die Stengel wachsen am Boden hin. Das Hypokotyl ist stark entwickelt und trägt am Ende die dünne tote Wurzel. Wurzelhaare fehlen oder sind bei noch lebenden Wurzeln in geringer Zahl vorhanden. 206 A . P i s !; c r n i k , In den Kontrollvensuchen des Dunkeln fallen die" grün ge- färbten Blätter auf, die durch das Gelb des Etiolements und das Blau des Farbstoffes zu ihrer Farbe kommen. Mit Ausnahme 1 : 1000 sind alle Pflänzchen ungeschädigt. Versuch XI, aufgestellt um 12. Mai 1921. .Samen von Siiiapis alba durch 24 .Stunden gequollen in Rhodamin 1 : 1000, 1 : 10.000, 1 : 100.000. 1 : 1,000.000. Licht und Dunkel. Kon- trolle in H.,0. Helles Licht. Kühlvorrichtuni^. Tabelle XI. HoO t 1:1000 jl: 10.000 jl: 100.000 |1: 1,000.000 ,icht Wurzel- , länge Stengel- länge Kranke Wurzeln Dunkel 2. Tag 7. » 8. » Dunkel < i . » S. Dunkel < < . > 8. » 8. » 4 30 32 f) 30 40 3 19 20 5 36 37 0 () 0 0 0 0 9 3 29 32 2 14 1.") 3 30 30 0 45 4.1 0 3 9 lö 6 36 41 15 15 4 3t) 37 0 t> 27 0 0 0 4 22 28 6 35 40 3 15 16 4 36 38 0 {) 0 U (_» 0 4 29 34 6 35 41 3 19 22 5 38 39 0 0 0 0 0 0 Eiii\\irln üben nacli imten : 1. Keihc H._>0 Licht 2. >•• Eosin 'l : 1000 3. » » 1 : 10.000 » 4. » » 1 : ÖO.OOO » Fig. IL N'on oben nach unten: 1. Reihe Eosin 1 : lO.OOO Liclit 2. >^ » 1 : 10. 000 Dunkel 3. » » 1 : 50.000 Licht 4. » 1 : 50.000 Dunkel B. Versuch vom 21. Apr-il 1921. Quellung von Siiuxpis iiU\i in H.,0 und Magdalarot 1 : 1000, 1 : 10.000, 1 : lOO.OOO.'^Versuch aufgestellt in Licht und'Dunkel am 22. April und am 25. April photographiert. Fig. III. \'on oben nach unten: 1. Reihe H.^0 Licht 2. » .Magdalaro t" 1 : 1000 3. » » 1 : 10.000 » 4. » » 1 : lOO.OOO Fig. I\'. \'on oben nach unten : Dunkel 1 : 1000 Licht 1 : 1000 Dunkel (hici- die Samen mit den längsten Wurzeln genommen!) 1. Reihe HcO 2. >•> .M. igda' arot 3. » » Piskernik, A.: Wirkung fluoreszierender Farbstoffe. s je 2 u kl Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. 130, Abt. I. 1921. 215 Beiträge zur Lebensgeschichte der Thysanopteren I. Thrips klapaleki U z., ein Orchideenschädling Von Dr. Hermann Priesner (Mit 6 Textfiguren) (Vorgelegt in der Sitzung am 9. Juni 1921) Im Mai des Jahres 1920 unternahm ich gemeinsam mit einigen Linzer Entomologen eine Exkursion in das faunistisch und floristisch interessante Ibmer Moos, an der Grenze von Ober- österreich und Salzburg, um die Thysanopterenfauna des ziemlich ausgedehnten Moores zu studieren. Außer einer Anzahl seltener Thysanopterenarten, wie Megalothrips bonamiii Uz., AnaphotluHps badiiis Will., Limothrips schnmtzi Pr., fand ich unter Weidenrinden den Entwicklungskreis von TncJwflirips pini Hai. und an Orchis incarnata L., die in zwei Farbenformen zahlreich die Uter des Seeleitener Sees und das Moor westlich desselben schmückt, in größerer Zahl in beiden Geschlechtern den wenig bekannten Thrips klapaleki Uz. Die genannte Art wurde im Jahre 1895 von Uzel nach Exemplaren, die aus Böhmen stammten, beschrieben, seither von P. Buffa in Italien (Pisa), von R. S. Bagnall in England und von mir bei Linz und Klaus in Oberösterreich aufgefunden. Bagnall fand in England auch das bisher unbekannte cf (siehe Literatur- verzeichnis, Nr. 3), hat es aber meines Wissens noch nicht be- schrieben. Gleichzeitig mit den Imagines waren im Ibmer Moos auch Larven in allen Entwicklungsstadien und Nymphen zugegen. Die Jugendstände dieser Art waren bis jetzt nicht bekannt, weshalb eine genaue Beschreibung derselben nebst einer kurzen Charakteristik des stets brachypteren cf angeschlossen sei. 210 li. V r 1 e s n o r Kurzflügelige öo findet man unter den einheimischen Arten der Gattung Thrips L. nur bei Tlirips dilatatiis Uz., einem Be- wohner der Scropliulariaceen (EiipJirasia, PedicnJaris), und T/irips nigropilosus öz., der auf AcliilJea millcfoliiim schädigend auftritt, worüber später berichtet werden soll. \on diesen ist ersterer mit Thrips klapalcki Uz. meines Erachtens sehr nahe verwandt; es treten bei dieser .Art, nebenbei bemerkt, auch brachyptere 9 auf, was bei Thrips klapaleki nicht der Fall zu sein scheint. \"on den zirka lOü weiblichen Exemplaren der genannten Art, die mir zur Untersuchung \orlagen, waren alle langgeflügelt. Bei der Untersuchung der 0;r// /.v -Pflanzen fiel mir sofort auf, daß viele Exemplare rotbraune \-ertrocknete Blüten zeigten. Gerade an diesen Stücken der Orchidee fanden sich die Thripse und besonders reichlich die Larven in den Blüten und zwischen Fruchtknoten und Stützblättern. Bei näherer Betrachtung sah man nicht nur das Perigon und den Fruchtknoten — besonders der nicht NöUig entfalteten Blüten — «rostfleckig« oder vertrocknet und verkrümmt, sondern auch die Stützblätter waren vielfach miß- farbig oder sogar an den Rändern eingerollt. Einige kümmerliche Exemplare der Orchideen zeigten nur mehr wenige unversehrte Blüten. An den Herbarexemplaren tritt die Schädigung nur sehr wenig hervor, da ja der Farbenkontrast fast wegfällt, nur die geschädigten Perigonblätter erscheinen den gesunden gegenüber teilweise gebleicht. Aus Alkoholmangel mußte ich es seinerzeit unterlassen, naß konserviertes Pflanzenmaterial einzutragen, so daß ich über den Ort der Eierablage, die Größe und Gestalt der Eier nichts sagen kann. Daß diese in das Gewebe der Pflanze abgelegt werden, dafür spricht der Umstand, daß sich zahlreiche sehr kleine, fast farblose Larven, die eben dem Ei entschlüpft sein mußten, vorfanden, welche wohl nicht in.sgesamt den weiten Weg aus dem Rasen oder anderswoher auf die Blütenähren der oft 25 cw Höhe erreichenden Pflanze machen konnten. Daß die vorgefundenen Larven dem Thrips klapaleki ange- hören und nicht einer anderen Art, geht daraus hervor, daß die erwachsenen Larx-en in ihrer Größe und die Puppen in ihrem Körperbau den Imagines sehr ähnlich sind und daß außer den zahlreichen Imagines nur wenige Imagines anderer Arten in reichem Blütenmaterial zu finden waren. Es waren in den Blüten außer Titrips klapaleki noch Thrips tahaci Lind, (zirka 10 Stück 9 und cf), Thrips physapiis L. var. obscuricornis Pr. (1 9), Thrips major Uz. (1 9), Frankliniella intonsa Tryb. (1 9, 3 cT^) und Haplothrips aculeatus V. (1 9) zugegen. Zur I.clicnsi^L'scliiclilL' dei- ■l"hysanoptcicn. ^1 i Beschreibung* der Entwieklungsstadien. A. Larve. I. Stadium. Die eben dem Ei entschlüpfte Larve ist durch ihre geringe (rröße (Lg. 780 bis 800 p.), durch die plumpen Gliedmaßen und den fast völlig hyalinen Körper zu erkennen. Augen rot, Mundkegel gelblich. Die sechsgliedrigen Fühler (Fig. 1) sind durch kurzes, rundliches drittes Fühlerglied, das nur um 0-3 länger als breit ist, ausgezeichnet. Auffällig ist ferner eine sehr lange Borste auf der Unterseite des 2. Fühlergliedes, deren Spitze die Mitte des 3. Fühler- gliedes überragt und die im folgenden Stadium \\^ohl vorhanden, Fig. 1. Fig. 2. aber viel kürzer ist.^ Das 3. Fühlerglied ist durch fünf deutliche Nähte und eine undeutliche Naht geringelt; diese Nähte sind mit äußerst winzigen Härchen spärlich besetzt (Fig. 1), das 4. Fühler- glied, das um 0-4 bis 0*5 länger ist als das dritte, erscheint durch sechs derartige Nähte geringelt; die letzte (distale) Naht schneidet hier ziemlich tief ein, so daß ein weiteres Fühlerglied vorgetäuscht wird. Das 5. und 6. Fühlergiied sind einfach, mit längeren Härchen besetzt. Fühlergliederlängen (-breiten): 1. 16 (30) [j,; II. 27 (26) \h\ III. 38 (28 bis 30) [x; IV.\54 (27) jx; V. 14 (14) [x; VI. 26 (8) [x. Die Borsten auf Kopf, Thorax und Abdomen sind ähnlich wie bei der erwachsenen Larve angeordnet, nur erscheinen sie relativ und absolut kürzer. Die starken Borsten an den Hinterecken des Prothorax, ferner die Borsten auf den Abdominalsegmenten sind 1 Diese Borste, die vermutlich auch bei anderen Thripideniarven im ersten Stadium auftritt, wird sich vielleicht als wichtiges Erkennungsmerkmal desselben erweisen. ■218 IT. Pricsnc: (mit Ausnahme der völlig spitzigen vier Ventralborsten des mit sechs Borsten ausgestatteten letzten Segments) eigenartig gestaltet. Sie sind nicht besonders lang, gegen die Abdomenspitze allmählich länger, starr, wenig gebogen und an der Spitze mit einer löffeloder spateiförmigen Erweiterung versehen (Fig. 2). Im Kanada- präparat ist diese löffeltormige Verbreiterung nicht sichtbar, nur bei Beobachtung in Alkohol ist sie zu erkennen. Im Dauer- präparat erscheinen die Borsten also fast spitzig. Das 10. Abdominalsegment ist etwas länger als das 9., es ist aber nicht genau meßbar, da die Chitinisierung sehr schwach i^t. Durch Nahrungsaufnahme wohl er- hält die Larve nach erfolgtem Wachstum des Rumpfes ein weniger plumpes Aus- sehen und ist dann schwach gelblich ge- färbt. Nach einer vermutlich bald ein- setzenden Häutung geht sie ein in das II. Stadium. (Fig. 3 und 4.) In dieser Entwicklungsstufe sind die Larven teils gelb,^ teils rot gefärbt. Die rote Färbung zeigt an Kopf und Prothorax eine gelbrote Tönung, während der übrige Körper zinnober- bis karminrot gefärbt erscheint. Es ist nicht der ganze Körper rot, sondern es sind einige Stellen weißlich- gelb, so einige Längsfiecken am Kopfe, zwei Längsflecken am Prothorax, Quer- flecken am Meso- und Metanotum. Die Vorderränder und etwas schmäler die Hinterränder der Abdominalsegmente sind weißlichgelb gesäumt. Kopf und Prothorax Hf?- 3. sind teilweise, die hintere Hälfte des 9. und das 10. Abdominalsegment stärker chitini- siert, hellbräunlich. Augen tief rot pigmentiert, aus vier Fazetten bestehend. Fühler 220 jx lang, das 'i. Glied \iel gestreckter als bei Stadium I, es ist mehr als doppelt so lang (um l'ö länger) als 1 Die rein gelben Larven, etwas klcinei- als die roten, unterscheiden sich sonst nicht von den erwachsenen roten, so daß ich glaube, daß beide zu einem .Stadium gehören und daß es sich nicht um zwei duich Häutungen getrennte Stadien handelt, daß sich also das Pigment der Hypodcrmis im Laufe des Wachstums der Lai'X'c iimcrhalb eines l'lntwicklungsstadiums bildet. Zur LcbensgcscluL'hte dci Tliysannpiercn. 219 breit. Die Borste auf der Unterseite des '2. Fühlergliedes ist kürzer als bei Stadium 1, sie erreicht mit ihrer Spitze kaum das erste Drittel des 3. Gliedes oder überragt kcium das 2. Glied. Das 3. Glied ist wie vorhin sehr dünn gestielt, besitzt sechs bis sieben deutlich erkennbare Nähte, wodurch es in Ringel ge- teilt erscheint (sieben bis acht Ringel, je nachdem man ) die Stielchennaht einrechnet oder nicht). Die Nähte sind mit äußerst feinen Härchen bewimpert, die im Kanadapräptirat kaum zu sehen sind. Das 3. Glied besitzt zwei dorsale und zwei ventrale Borsten, seitlich außen die Anlage von Sinneszäpfchen. Das 4. Glied ist wie beim I. Stadium länger und schmäler als das 3.; es hat sechs Nähte (sieben Ringel), deren letztes deutlicher abgesetzt ist und ein Fühlerglied vor- täuschen könnte; das 4. Fühlergiied trägt innen und außen je einen schmalen Sinneskegel; diese stehen nicht auf gleicher Höhe (Fig. 4). Das 5. Glied ist kurz, das 6. länger und mit sechs längeren Borsten besetzt. Am Kopfe der Larve finden sich oben vier längere und vier sehr kleine, ferner unten vier sehr kleine Börstchen. Der Prothorax trägt eine Anzahl (ich zählte zwölf) Borsten, von denen zwei Paare an seinen Hinterecken länger sind, sie sind an der Spitze löffei- förmig (siehe Fig. 2); ebensolche Borsten zählt man am Mesonotum acht, am Metanotum zehn; das 1. Abdominalsegment trägt oben vier, die übrigen Segmente haben sechs Borsten; das neunte Abdominalsegment hat im ganzen vier derartige Borsten (außerdem zwei spitzige X'entralborsten). das 10. deren zwei (vier spitzige). Das 9. Tergit trägt am Hinterrande einen schwachen Zähnchenkamm. Maße in [x; Fühlergliederlängen (-breiten): I. 27 (35) [x; II. 34 (27) jx; III. 57 (28) [j,; IV. 59 (24) -j.; V. 14 (14 bis 15) p,; VI. 27 (10) [j. Kopf 143 [X lang, 116(j. breit. Prothorax 238 [x breit. Pterothorax 357 |j. breit. Abdomen 390[x breit. 9. Abd.-Segm. 81 u., 10. Abd.-Segm. 67 bis 68 ja lang. Die beiden Larvenstadien unterscheiden sich also, abgesehen von der Färbung und Größe, hauptsächlich durch die Beborstung des 2. und die Form des 3. Fühlergliedes. Fig. 4. III. Vorpuppe (Pronymphe, Propupa). Dieses Stadium war in dem Material, das ich eingesammelt, nicht zu finden. Es ist wohl auch bei dieser Art, wie bei anderen Thripiden, von nur sehr kurzer Dauer. IV. Puppe (Nymphe). 9 : Mit Ausnahme der Fühler und Beine rot pigmentiert, Prothorax 255 (x, Mesothorax 306 «x breit. Lg. 1-46 mm. Die langen Sitzb. d. mathem.-natarw. KL, Abt. I, I.SO. Bd. 16 220 H. PricsncM-, Flügelscheiden erreichen die Mitte des 6. Abdominalsegmentes. Die Fühlerscheiden sind auf die Oberseite von Kopf und Prothorax zurückgeschlagen; sie bedecken zwei Drittel des Prothorax. Von sehr langen Borsten stehen je drei an den Seitenrändern, jederseits am Hinterrande. Abdomen langborstig. Von den Paaren Chitinstacheln des letzten Segmentes stehen: oben stark nach oben gekrümmte, stumpf zugespitzte, die sehr zwei zwei zwei stark chitinisiert sind; darunte-r, etwas seitlich davon, zwei scharfspitzige. gerade nach hinten gerichtete Dorne, darunter liegt ein unpaarer, an der Spitze abgerundeter Fortsatz, angehört (Fig. 5). der dem 11. Segment cT: Wie das 9 gefärbt und gebaut, auch die Fühler wie bei diesem zurückgeschlagen, die Mitte des Prothorax überragend; kleiner (Lg. 1-3 min), Flügelscheiden kurz, läppchenförmig, sie erreichen nicht den Hinterrand des Metanotums. Das letzte Ab- dominaltergit mit vier in einer Ebene liegenden, schräg nach oben gerichteten, spitzigen, starken Dornen besetzt; die Abdomenspitze viel weniger lang ausgezogen wie beini 9 (Fig. 6). V. Image. 9: Uzel, Mon. Ord. Thys. 1895, p. 203; Syn.: Thrips alpinus Priesner, Sitzungsbcr. d. Akad. d. Wiss. Wien, 1020, p. 78.1^ 1 Da der von mir aus Ostpreußen angegebene Thrips klapahki (Priesner nee. Uzcl; Verh. d. phys. -Ökonom. Ges., Königsberg 191G) sich als neue Art des Zur Lcbensycschichte der ThysanDpleren. 221 cT (noch nicht beschrieben). Fast wie das 9 gefärbt, im allgemeinen etwas heller, Körper etwas kleiner. Flügel stets ver- kümmert, nur als kleine Läppchen ausgebildet, die den Hinterrand des Metanotums nicht erreichen. Abdomen an der Basis sehr schmal, das 2. Segment am Hinterrande 184 [x breit, dann verbreitert, am 7. Segment am breitesten, 306 [x breit, erst vom 8. Segment an wieder stark verengt. Das 3. bis 7. Abdominalsternit mit sehr breiten, in der Mitte etwas verengten, lichten Vertiefungen, ähnlich wie bei Thrips dilatatus, sonst ohne sekundäre Sexualmerkmale. Fig. 6. Maße in ;x; Fühlergliederlängen: I. 24 [x; II. 41 ;x; III. 59 p.; IV. 53 (x; V. 41 [x; VI. 55 [x; VII. 22 [x. Breite des Mesothorax 247 jx. Gesamtlänge zirka 1 • 1 uim. Die cfcf waren in nur sehr geringer Zahl in den Blüten. Nachtrag", Durch die Güte des Herrn L. Gschwendtner (Linz), der Anfang Juni 1921 abermals das Ibmer Moos besuchte, erhielt ich einige durch Thripse geschädigte Orchis iiicarnata-Füanzen, an denen ich mit Erfolg nach Eiern von Thrips klapaleki suchte. von Bagnall mit Recht von Thrips L. abgetrennten Genus Euchaetothrips {ingens Pr. i. 1.) erwies, den ich damals für Thrips klapaleki (Uzel) hielt, habe ich, nach- dem ich den wahren Thrips klapaleki (Uzel) auffand, diesen als Thrips alpimis (1. c.) neu beschrieben. Nachträglich fand ich erst, daß Ijzels Beschreibung seines Thrips klapaleki viel besser auf alpimis m. passe, als auf die habituell ähnlichen ost- preußischen Stücke. ö 222 H. Priesner, Zw Lcbensgeschiclite der Thysanoptercn. Nebst einigen Imagines und Larven sah man an der Ptlanze, besonders an den Fruchtiage von selbst aufdrängt, was sie eigentlich zu bedeuten haben. Ein Teil der Autoren \\'ollte beweisen, daß die Heterocysten nichts anderes seien als degenerierende Zellen, die keine Bedeu- tung an sich, sondern nur eine für den Faden, in dessen Verlauf sie auftreten, besitzen. Diese Behauptung wirkt wiegen des großen Mißverhältnisses zwischen dem komplizierten Bau, der eine recht Avichtige Funktion erwarten läßt, und den ihnen zugeschriebenen nebensächlichen Funktionen (die übrigens mitunter nur eine un- berechtigte Verallgemeinerung von an kleinen Gruppen gewonnenen Erfahrungen darstellen) ziemlich unbefriedigend. — Ein anderer Teil hielt diese sichtlich im Vergleich zu den \egetativen Zellen oder gar zu den Dauerzellen an festen Inhaltsstoffen armen Zellen für Reservestoffbehälter. — Außerdem beschrieben einige ^^■enige Autoren Erscheinungen, die auf eine auffallende Lebendigkeit des Inhalts, speziell auf Fortpflanzungsvorgänge, hindeuteten. Diese unsystema- tischen, auf zufälligen Beobachtungen beruhenden Angaben konnten den Kampf mit den systematisch angestellten Untersuchungen nicht aufnehmen, zumal die Beobachter selbst ihnen keine Bedeutung beimaßen oder sie nach einer der beiden Meinungen interpretierten, also sie entweder als Abnormität des degenerierenden, oder des Reservestoff speichernden Inhaltes hinnahmen. 224 L. Geitler, Die erste Annahme, der zufolge die Heterocysten degene- rierende Zellen ohne unmittelbare Bedeutung sind, die, wie Borzi (5) will, zur Unterbrechung des Fadens und zur Koloniebildung, oder;, nach der Meinung Kohls (14j, der Scheinastbildung und »Hormogoniengeburt« dienen, besitzt die meisten Anhänger. Noch in letzter Zeit ist eine Arbeit (21) erschienen, die diese Ansicht verficht, wenn auch nur mit Beschränkung auf die Nostocaceen. Diese Beschränkung scheint mir bereits für eine wirkliche Lösung des Problems verfehlt. Da die Heterocysten bei allen Formen in prinzipiell derselben Gestalt auftreten, so kann ein Licht auf die Frage nur fallen, wenn man nach der Bedeutung der Heterocysten überhaupt fragt. Der Autor unterscheidet die drei oben angeführten M(')glich- keiten. Das Resultat der — hauptsächlich cytologischen — Unter- suchungen ist, daß die Heterocysten degenerierende Zellen sind, die ein Zerreißen des Fadens bewirken, und zwar dadurch, daß sie in loserem Zusammenhang mit den vegetativen Zellen stehen als diese untereinander. Wie wenig durch diese Lösung gewonnen ist, sieht man, wenn man sich folgende Fragen vorlegt. Was sollen die terminalen Heterocysten bedeuten, wie sie an den Enden der Hormogonien von A^ostoc auftreten und wie sie für die Rivulariaceen charakte- ristisch sind? Was soll die serienweise Anordnung zu mehreren hintereinander, wie sie bei fast allen Heterocysteae eine sehr häufige Erscheinung ist? Wozu dienen die Heterocysten in den mehr- reihigen Fäden der Stigonemataceen? Was bedeuten die nicht seltenen Fälle, in denen sich Heteroc\'sten in ganz jungen, zwei- oder vierzelligen Keimlingen, oft noch vor dem Aufspringen der Dauerzellenmembran, bilden? ^ Überdies können die den Heterocysten zugeschriebenen Funktionen auch ohne ihre Mithilfe zustande kommen, was auch Lemmermann (15, p. 15) feststellt. Es fragt sich, wie man zu dieser Ansicht hat kommen können, da die Heterocysten bei naiver Betrachtung durchaus den Eindruck von lebendigen und wichtigen Organen, speziell von Fortptlanzungs- organen, machen. Dafür hielten sie auch die älteren Autoren, wie Kützing. - Diese Annahme behauptete jedoch zmiel, da an Fort- pflanzungsorganen Fortpflanzungs\orgänge zu beobachten sein müssen, was aber den späteren Autoren nicht gelang. Sie behaupteten nun zu wenig, indem sie die Ansicht vertraten, daß die Heterocysten mit Fortpflanzungsvorgängen überhaupt nichts zu tun hätten. Unter diesem Zeichen stehen alle folgenden Untersuchungen. Da keine Keimung beobachtet werden konnte, so wurde die relative Farb- 1 Diese Beobachtung habe ich namentlich an A'os/i^^ -Arten häufig gemacht (vgl. auch 2). 2 Zitiert bei Brand (7, p. 42). Lüsuna- des Heterocvsten-Problems. 225 'o losigkcit und Armut an festen Stoffen des Inhalts als Absterbe- erscheinung gedeutet. Man ging so weit, die Gelbfärbung der HeteroCysten in die Membran zu verlegen und den Inhalt als wässerig zu bezeichnen (z. B. Kirchner, 13, p. 47). Zwar hatte Pringsheim (19) eine gegenteilige Bemerkung gemacht, nämlich bei Rivnlaria eine grüne Heterocyste mit körnigem Inhalt beob- achtet, doch wurde die kleine Notiz nicht weiter beachtet. Ebenso erging es der Bemerkung, die Bornet und Thuret an Nostoc elUpsosporinii machten. 4, p. 94 heißt es: »il n'est pas rare de rencontrer de vieux heterocysts dont le contenu est redevenu granuleux, un peu verdätre, et qui ressemblent ä des spores.'^< (Vgl. Taf. XXVII, Flg. 8). 1903 erschien dann die ausführliche Arbeit Kohls (14), die den cytologischen Nachweis zu erbringen schien, daß der Inhalt der Heterocysten in Degeneration begriffen sei. Knapp vorher war die Arbeit Brands (6) erschienen, der an Heterocysten von Nostoc commune Keimungsvorgänge sah.^ Kohl, der sie vor der endgültigen Drucklegung seiner Abhandlung noch zu Gesicht bekommen hatte, wurde durch sie zu keiner anderen Meinung gebracht (14, letzter Abschnitt). Was die Ansicht 2 anbelangt, so stellte man sich vor, daß die an den Fori der Heterocysten auftretenden Cyanophycin-Kövnchen als Reservestoff dienen. Hieronymus (12, p. 483) stellte dies als Vermutung auf, während Hegler (11, p. 305) dieser Meinung schon entschiedener zuneigte. Auch Brand (7, p. 44) schloß sich dieser Auffassung an uhd deutete seine Keimungen als ausnahmsweise Funktion der sonst Reservestoff speichernden Heterocysten. Lemm ermann (15, p. 15) erhebt dagegen den ganz richtigen Einwand: »Als Reservestoffbehälter möchte ich sie (die Heterocysten) nicht auffassen, da dann der Inhalt doch annähernd denselben Reichtum an Reservestoffen aufweisen müßte, wie bei den Dauer- zellen.-< Zur Ansicht 3 ist zu bemerken, daß an Heterocysten in der Regel keine P'ortpflanzungserscheinungen zu beobachten sind, daß man sie daher nicht schlechthin als Fortpflanzungsorgane bezeich- nen kann. In welchem Sinn man davon reden kann, werden die nächsten Kapitel zeigen. Hier ist noch die Arbeit Spratts (20) zu erwähnen, in der die interessante Beobachtung von aus Heterocysten der in den C)/a75-Wurzelknöllchen lebenden Schizophycee austretenden Goni- dien mitgeteilt wird. Zum Schlüsse dieses Abschnitts soll noch die Ansicht Carters (8, zitiert bei Brand, 7, p. 42), die auch ich einige Zeit erwogen, aber nicht bestätigt gefunden habe, Erwähnung finden. Es handelt sich um die Auffassung, daß die Heterocysten zur Befruchtung 1 Dieser Schrift verdanke ich die eigentliche Anregung zu meinen l'nter- suchungen. 220 L. Geitlci-, der Dauerzellen dienen, also namentlich dort, wo die Dauerzellen in unmittelbarer Nähe der Heterocj^sten entstehen, wie bei Cylindro- speriunin, einigen Auabacu u -Axien und einigen Rivulariaceen. Man kann jedoch in keinem Fall irgendeine Veränderung, auch nicht cytologisch, in den den Dauerzellen benachbarten Heterocysten feststellen (siehe Fig. 1 der Tafel;. Die Entwicklung erfolgt während der Entstehung der Dauerzellen bis zu ihrer Reife genau so, wie in irgend einer anderen Heteroc3'ste auch. . Morphologie und Cytologie. Um der Lösung des ganzen Problems näher zu kommen, war Vorbedingung ein genaues morphologisches und cytologisches Studium. Auf die Cytologie wurde nur soweit eingegangen, als es bei der auf diesem Gebiet herrschenden Unsicherheit ohne Vor- nahme eigener größerer Arbeiten in dieser Richtung möglich war. Das untersuchte (lebende) Material war das folgende: Nostoc ptmctifonne (aus Gunnera und Cycas) » paJndosjiin » JJucliiü » carnctini >■ ellipsosporniu » commune » microscopicnui » spliacricinu vcrrncosiuu Aiiühaeud HaUcusis » oscillarioides » Azollac Cylindruspcrmiim miiscicola Microchaete tencra Scytonema Hoßnainii » JnUaunui * Tolypothrix laiiatu ^ » linibatü Hapalosiplion ßexnosits Stigonema minntnm Calothrix fnsca Rivnlaria, 2 Spezies. Außerdem noch einige nicht bestimmbare Nostoc und Scyto- nema- oder Tolypothrix- Arten. 1 Lern 111 ermann (lö, p. 218) vereinigt T. hiftiihi mit T. ientiis und nennt sie T. tenuii,. Nach meinen I''it"alirunj4;cn ist T. laiicita eine wohl unterschiedene eis'cne Form. I.üsuiig des Ilcicr()cysten-Pri)hlcms '--^ Als \'ergleichsmaterial für die Cytologie wurden Chroococ- caceen und Oscillatoriaceen herbeigezogen. Die Kulturbedingungen werden, wo es darauf ankommt, be- sonders erwähnt werden. Im allgemeinen wurden Agarkulturen benutzt oder die Algen submers in Nährlösung gezogen. Als hin- reichend erwies sich eine Lösung einer Messerspitze K.3HPO4 und die gleiche Menge Ca(N03).3 in 1 / Leitungswasser. Zu den Untersuchungen diente ein Zeißmikroskop, Wasser- immersion J mit Korrektionsfassung und Oc. 4. In besonders kriti- schen Fällen stand mir die homogene Imm. 2 nun, Ap. 1-30 und Kompensations-Oc. 8 von Zeiß zur Verfügung. Bei der Untersuchung des Materials war zunächst die voll- kommene prinzipielle Übereinstimmung im Bau der Heterocysten bei allen P'ormen festzustellen. Die vollentwickelten Heterocysten besitzen nebst einer äußeren, der Membran der vegetativen Zellen entsprechenden Pektinmembranschichte eine innere, bei der ich mit Chlorzinkjod immer Violettfärbung erzielen konnte und die auch die übrigen Jod-Zellulosereaktionen zeigte. Demnach scheint sie aus Zellulose zu bestehen, wie auch frühere Autoren angeben. Sie verrät sich ohne Vorbehandlung durch ihr starkes Lichtbrechungs- vermögen, ist aber an prallen, ungeschrumpften Exemplaren als be- sondere Schichte nicht immer unterscheidbar, so daß manchmal der Eindruck einer einheitlichen Membran erweckt wird. Fig. 3,^ 5, 11, die linke Heterocj^ste in Fig. 18 und die obere in Fig. 30 lassen beide Schichten erkennen, dagegen Fig. 1, 2 und 6 bis 9 nicht. In diesen Fällen kann man sie meist durch Plasmolytica, wie Glyzerin oder Eisenalaun, zum Abheben bringen und so voneinander iso- lieren. Durch Druck auf das Deckglas kann man oft den gleichen Effekt erzielen (Fig. 27, untere Heterocyste). In abgestorbenen und geschrumpften Heterocysten ist sie meist ohne Präparation sichtbar (Fig. 10, obere Heterocyste). Sie bleibt lange Zeit nach dem Ab- sterben des Protoplasten erhalten und verschwindet erst spät, wenn eine Verschleimung und Auflösung der Pektinschichte ein- getreten ist. Mit der Ausbildung der Zelluloseschichte geht oft, aber nicht immer, eine Größenzunahme Hand in Hand. Der Inhalt wird ärmer an körnigen Bestandteilen, die Rindenschicht verliert ihre grüne Färbung und die Heterocyste nimmt eine gelbe Farbe an.- Diese Erscheinung beruht wohl zum Teil auf dem Übrigbleiben des Karotins, welches nach der Kalimethode von Molisch '^ (17) zum Auskrystallisieren gebracht werden kann. 1 Von dem eingezeichneten Inhalt ist in diesen und den folgenden Fällen zunächst abzusehen. 2 Daß die gelbe Färbung nicht der Alembian, sondern dem Inhalt zu- zuschreiben ist, ist an vakuolisierten sowie an alten, inhaltsleeren Heterocysten sichtbar (vgl. z. B. Fig. lU mit Fig. 2 und 11). 3 Einlegen auf mehrere Tage in 20'V^^ ((;exv.) KOH -}- 40";,, (Vol.) Alkohol. 228 L. Geitlcr. Die Pori, durch die die vegetatixen Zeilen miteinander in plasmatischer Verbindung stehen, bleiben bei der Bildung der Heterocvsten erhalten und treten deutlich hervor, namentlich wenn in ihrer Umgebung die Zelluloseschichte stärker ausgebildet ist (vgl. z. B. Fig. 3). Manche vegetati\"e Zellen besitzen nur an einer .Seite einen l^orus mit Plasmaverbindung, nämlich alle Endzellen der Fäden. Dabei ist es gleichgültig, ob sich an die Zelie überhaupt keine mehr anreiht, oder ob sie an eine degenerierende oder tote (Spalt- körper etc.) angrenzt. Verwandeln sie sich in HeteroCysten, so besitzen auch diese nur einen Porus. Das ist z. B. der Fall bei Tolypothvix, wenn die Scheinastbildung durch einen Spaltkörper eingeleitet wird (\'gl. hierüber 7, p. 39 und Fig. 7 bis 9 meiner Tafel;. Verwandelt sich eine Zelle im Fadenverlauf mit angrenzenden gesunden vegetativen Zellen in eine Heteroc3^ste, so besitzt diese zwei Pori (siehe Fig. 3). Bei den mehrreihigen Fäden der Stig(me- mataceen kann sie wahrscheinlich auch mehr besitzen. Demnach ergibt sich die Einteilung in terminale und inter- kalare Heterocysten, je nachdem sie aus terminalen oder inter- kalaren vegetativen Zellen entstanden sind. Man hat außerdem als Unterabteilung der terminalen basale (an der Basis der peitschen- förmigen Fäden der Rivulariaceen), als Unterabteilung der inter- kalaren laterale (in den mehrreihigen Fäden der Stigonemataceen) unterschieden. Ich nenne jede HeteroCyste mit nur einem Porus terminal, auch wenn sie scheinbar im Fadenverlauf auftritt,^ und jede mit zwei oder mehreren interkalar, auch wenn sie — wie es durch Abreißen manchmal vorkommt — scheinbar am Ende steht. Diese genetische Einteilung trifft das Wesen der Sache besser als die bloß deskriptiven Einteilungen nach der Stellung im Faden. Die Entwicklung der Heterocy.sten von ihrer Bildung aus den vegetativen Zellen an bis zu ihrem Tod stellt in der Regel keine stetig abfallende Kurve dar, wenn man auf der Ordinate den Grad der Degeneration des Inhalts und auf der Abszisse die Zeit auf- trägt. Vielmehr schaltet sich an einer bestimmten Stelle ein horizon- tales oder schwächer abfallendes Kurvenstück ein. W^'ährend dieser Zeit besitzt die Heterocyste ihre fertige Form und Größe, die Zelluloseschichte ist ausgebildet und der Inhalt zeigt ein gelb- liches Aussehen. Wie aus der Cytologie hervorgehen wird. \\äre die Kurve besser so darzustellen, daß das erste absteigende Stück ansteigend zu zeichnen wäre (Entwicklung bis zur vollen Aus- bildung), darauf ein db ausgedehntes .Maximum eintritt (Stillstand auf der vollen Ausbildung) und hierauf das Absteigen (Degeneration .bis zum Schwund des Protoplasten) erfolgt. - 1 Tatsächlich bezeichnet sie immer das Ende eines Fadens. - Die Entwicklung erfolgt nicht immer in der angegebenen Weise. .Manch- mal treten sclion frühzeitig als Zeichen beginnender r)egeneratif)n X'akuolen auf (siehe Fig. 25, oberste Heterocyste). Lüsuiiü' des Ilelerdcvsten-Problcms. L29 'o Diese Erscheinung eines Stillstandes in der Entwicklung habe ich an jungen, kugelförmigen Kolonien von Nosioc comiiiuiie, die noch aus einem einzigen Zellfaden bestanden, auf Agar beob- achtet. Obwohl ich nicht mit markierten Individuen, sondern mit ganzen Kolonien arbeitete, kommt mir diese Entwicklung doch ziemlich sichergestellt vor. Für die Fähigkeit, auf dem Stadium der vollen Entwicklung stehen zu bleiben, sprechen auch die Beobachtungen an im Winter gesammeltem Material: es zeigt immer eine Menge entwickelter, aber sehr wenige oder gar keine jungen Heteroc3^sten. In diesem Stadium besitzt die Heterocyste eine bestimmte Färbungj die bei verschiedenen Formen meist verschieden ist (vgl. Fig. 2, 3 und 11). Der Entwicklungsgang der Heterocysten ist ganz analog dem der Dauerzellen, wenn sie unter Bedingungen stehen, die ein Aus- keimen verhindern. Zuerst erfolgt die Ausbildung bis zur Reife, dann tritt eine Ruheperiode ein und schließlich erfolgt der Tod. Daß es sich um keine bloß äußerliche Ähnlichkeit, sondern um eine wirklich analoge Erscheinung handelt, ließe sich zeigen, wenn es gelänge, die die Keimung verhindernden Faktoren aufzuheben. Solange die Heterocysten noch lebensfrisch sind, d. h. während der ersten Entwicklung und während der Ruheperiode, stehen sie mittels Plasmodesmen, die die Fori durchsetzen, in Verbindung mit den angrenzenden vegetativen Zellen. Das läßt sich durch ver- schiedeiie Mittel nachweisen. Kohl (14, p. 106) gibt die Methode mittels heißen Karbolfuchsins an, die aber den Nachteil hat, daß sich Gallerte und Scheiden stark mitfärben und so die Deutlichkeit der Bilder beeinträchtigen. Ich behandelte lebendes Material zunächst durch 8 Tage mit der von Mo lisch (17) zum Karotinnachweis empfohlenen Kalimethode und färbte dann 2 Stunden in konzen- trierter wässeriger Eosinlösung. Die die Fori der Heterocysten durchsetzenden Pkismodesmen sind dann als rosa gefärbte, feine Fäden sichtbar. Wandeln sich die an die Heterocysten anstoßenden vegetativen Zellen in Heterocysten um (bei interkalaren zu beiden Seiten, bei terminalen an einer), so wird die Plasmaverbindung zwischen der älteren und der in Bildung begriffenen Heterocyste aufgehoben und die jüngere zeigt an der der älteren Heterocyste benachbarten Seite keinen Porus, sondern nur einen an der an die vegetativen Zellen angrenzenden Seite. Diese Entwicklung kann in derselben Art weitergehen: es entstehen dann die bekannten Serien von Heterocysten, die bis zu zehn und darüber Individuen zählen können. An die älteste Heterocyste reihen sich beiderseitig (bei interkalaren) oder einseitig (bei terminalen) nach dem Alter in ab- steigender Linie terminale Heterocysten; die Fori befinden sich alle an der der ältesten Heterocyste abgekehrten Seite. Dieser Vorgang ist ein gesetzmäßiger, er erfolgt nie in anderer Weise. Die nächst ältere Heterocyste übt dieselbe Wirkung wie ein Spaltkörper oder 230 L.G eitler. sonst eine degenerierende Zelle aus. Ein Schließen der Pori der sich in terminale Heterocysten umwandelnden \'egetativen Zellen, d. h. die Aufhebung der Plasmaverbindung, kann nicht verwundern, da dasselbe z. B. auch bei der Dauerzellenbildung eintritt. Zwischen der Ausbildung der Serien und der der Dauerzellen scheint eine Korrelation zu bestehen. Wo die Tendenz zur Dauer- zellenbildung schwach ist (z. B. bei A^ostoc Linckia und Xostoc microscopiciim oder bei den Formen, denen Dauerzellen überhaupt fehlen), treten häufiger Serien auf als im umgekehrten Fall (z. B. bei Änabaena oscillarioides, Anahaena Hallensis, Cylmdrospermnm inuscicnla). Die Tendenzen hängen nicht nur vom Material ab, sondern sind auch durch Außenbedingungen Schwankungen unter- ■\vorfen. Die Anordnung, die die Bilder Kohl's (14, Taf. c, 4 und Taf. ^-'j 8) zeigen, bei der die Heterocysten untereinander in Kommunikation stehen, ist eine Ausnahmserscheinung, die bei Tolypothvix lanata häufiger auftritt (wenn auch im \'ergleich zu der oben beschriebenen Weise selten), bei anderen Formen aber nur ganz vereinzelt. Sie stellt den Grenzfall zu einer von mir an Xostoc Linckia und anderen A^05/06- -Arten, Scytouema Jiiliannni, Tolypothrix lanata, Tolypothrix limhata, Stigoneuia minnUun beobachteten, \vahrscheinlich bei allen Formen möglichen Erscheinung dar. Es handelt sich um Hetero- cysten. die in Teilung begriffen zu sein scheinen. Fig. 6 stellt einen Fall dar, wie ich ihn nur an Tolypothrix lanata beobachtete. Es scheint sich hier die Heterocyste in drei Teile zu teilen. Im unteren Teil sieht man nur eine Einschnürung, während im oberen sich die Querwand bereits gegen die Mitte zu schließen scheint. Ver- breiteter ist der in ¥'\g. 7 abgebildete P^all. Ich beobachtete (an verschiedenen Exemplaren) alle Stadien V(^n der Einbuchtung der Membran am Äquator bis zum Zusammenschluß der Querwand, wobei aber ein Porus offen bleibt. Dies ist der von Kohl abge- bildete Grenzfall. Brand (7) hat dieselbe Erscheinung an Tolypo- thrix penicillata beobachtet (vgl. seine Abb. 10 und 11, Taf. 2) und sie als Teiiungsstadien der fertigen Heterocysten angesehen, ohne die Entwicklung an einem Individuum verfolgt zu haben. Palla (18, Fig..21, 22, Taf. XXIV) hat sie ebenfalls an Tolypothrix lanata gefunden. Ich verfolgte einige solcher Heterocysten auf Agar, ohne das geringste Wachstum feststellen zu können. Somit handelt es sich nur um in Teilung begriffene vegetative Zellen, die ihre Teikmg imterbrochen haben ^ und deren beide noch nicht voll- ständig voneinander getrennte Zellhälften sich als ein Individuum in eine Heterocyste umgebildet haben. Während der Umbildung erfolgen noch kleine \'eränderungen, wie Abrundung der Formen, so daß die fertige Doppelheterocyste nicht genau dasselbe Aussehen wie die ursprüngliche in Teilung begriffene \-egetative Zelle besitzt. 1 Nach der .\nsiclit 1-" ischers (9) können Zellteilungen bei Schixophyceen an jeder heliehit;en Stelle der l^ntwieklun.^- unterbrochen werden. Lösung des Heterocystcn-Problcms. 23 t Einen besonderen Fall terminaler HeteroCysten stellen jene dar, bei welchen die Zellulosemembran an der den Perus besitzen- den Querwand fehlt, so daß hufeisenförmige Formen entstehen. Solche HeteroCysten zeichnet auch Palla (18, Taf. XXIV, Fig. 1, 2 und 9). Im Inneren der Pektin- und Zelluloseschichten befindet sich der Protoplasmakörper. Er ist, wenn die Heterocyste vollentwickelt ist, von einer besonderen Membran rundum umgeben, die sehr dünn ist, wie die Membran der Keimlinge in den Dauerzellen. In prallen, lebensfrischen Heterocysten ist sie nur schwer sichtbar, da sie durch den Turgor des Protoplasten eng an die Zelluloseschicht an- gepreßt wird. Dagegen ist sie in abgestorbenen Exemplaren mit geschwundenem Protoplasma leicht bemerkbar (siehe Fig. 10, obere Heterocyste). Sie ist durch Plasmolyse wie die Membran der vege- tativen Zellen nur schwer abzuheben, manchmal gelingt es, sie durch 33 'Yf, Chromsäure sichtbar zu machen, ^ meist dann, \\enn der Inhalt bereits vakuolisiert ist. Bisher wurde von einem zwar nicht so wichtigen, wie Kohl glaubt, aber häufig auftretenden Inhaltsbestandteile der Heterocysten abgesehen. Das sind die Verschlußkörper Kohls, die Cyanophycin- körnchen Borzis (5) u.a. Autoren, die Eiweißkrystalloide Heglers (1 1). Auf ihren cytologischen Wert wird später eingegangen werden. Hier kommt es zunächst auf ihre physiologische Bedeutung an. Die Ansicht Heglers, derzufolge sie Reservestoffe darstellen, kann durch nichts bewiesen werden. Nie kann man ein Schwinden beobachten, vielmehr trifft man sie in abgestorbenen und aus dem Fadenverband gelösten Heterocysten häufig an. Nach der Auffassung Kohls wären sie den Kallusplatten in Siebröhren analoge Bildungen. Zunächst ist zu bedenken, daß sie fehlen können,'^ ohne daß die Entwicklung der Heterocysten irgendeine Abänderung erlitte. Ich habe diese Erscheinung an markierten Individuen (z. B. von Nosfoc LiiiclHa) oft festgestellt. Fig. 2, 25 und 27 zeigen noch grüne, in Bildung begriffene Hetero- cysten, die keine Verschlußkörper besitzen. Also können diese Körper die Funktion eines Verschlusses der Pori, die die typische Entwicklung der Heterocysten im Gefolge hätte, nicht ausüben. Dazu kommt, daß sie meistens, wenn- sie überhaupt auftreten, nicht die von Kohl beschriebene Gestalt zeigen. Nur selten besitzen sie einen kegelförmigen Auswuchs, der in den Porus hineinreicht. Meistens sind sie auch nicht von dickflüssiger Konsistenz, wie Kohl angibt, sondern liegen in Form krystalloider Körnchen vor dem Porus (siehe Fig. 2, obere Heterocj^ste). In der Mehrzahl der Fälle liegen sie innerhalb der den Protoplasten umschließenden 1 Dieses Mittel venvendete Goniont (10) zum Nachweis der Membranen der vegetativen Zellen. - Das hat aucli Hegler konstatiert (11, p. 305). 232 L. G eitler Membriin (Fig. 9, untere Heterocj^ste) seltener zwischen dieser und der Zelluloseschichte. Um die polaren Körnchen, sowie die Heterocysten überhaupt niiher zu präzisieren, muß auf die Cytologie eingegangen werden. Dies ist nicht leicht bei der großen Zahl der auf diesem Gebiet herrschenden Meinungen. Ich habe mich im großen und ganzen auf die wertvolle Arbeit Baumgärtels (1) gestützt, die ich nach- prüfte und deren Ergebnisse ^ mir den Tatsachen zu entsprechen scheinen. Ich muß sie als bekannt voraussetzen und will hier nur bemerken, daß Baumgärtel folgende Teile des Schizophyceen- protoplastes unterscheidet. Zu äußerst findet sich eine gefärbte Schicht, das Chromato- plasma, die das ungefärbte Zentroplasma umgibt. Letzterem sind eingelagert die Plasten: die Endoplasten, die die Hauptmasse des »Zcntralkörpers« ausmachen und von flüssiger bis stcifgeliger Beschaffenheit sein können; ihnen angelagert sind die Epiplasten, durch ihre leichte Tingierbarkeit mit Methylenblau ausgezeichnet (ihnen entsprechen die Zentralkörner Kohls); endlich die Ectoplasten, die dem ganzen Aggregat von Endo- und Epiplasten außen auf- sitzen und daher peripher zu liegen kommen (sie sind mit den Cj^'anophycinkörnern der meisten älteren Autoren identisch). Die stark lichtbrechenden Körnchen, die man in Dauerzellen regelmäßig antrifft (Fig. 1) und mit denen unter extremen Verhält- nissen auch vegetative Zellen- angestopft erscheinen können (Fig. 26), sind keine C^'anophj^cinkörnchen, sondern steifgelige Endoplasten. Fig. 1 und 7 zeigt die mehr flüssigen Endoplasten mit ange- lagerten Epiplasten. Fig. 3, 4, 10, 28 gibt ein Bild''' des lebenden Materiiils. Fig. 2 veranschaulicht die Veränderungen, die der Protoplast der vegetativen Zellen während seiner Umbildung in die Hetero- Cysten erleidet. Die Endoplasten rücken auseinander imd die Farbe geht von blaugrün über gelbgrün in gelb über. — Nicht immer sind die Endoplasten in den Heterocysten so deutlich geschieden und leicht sichtbar. Meist werden sie größer, flüssiger und schwächer lichtbrechend (Fig. [). Oft geht das so weit, daß das Innere homogen erscheint (siehe z.B. Fig. 6, 11). Daß dies nicht wirklich der Fall ist, läßt sich durch Färbung mit Methylenblau zeigen: die Epiplasten treten deutlich hervor (Fig. 7). 1 Soweit sie nicht thenretisclier Xatur siiul. wie die DeutuiiL;- des zentralen Phisiiias als offenen Zellkern, wovon aber in dieser Arbeit abgesehen werden kann. - ilieronymus (12, p. 480) hat diese Erscheinung als >Cyanophycinnosc« beschrieben. 3 Die Abbildungen sind keine idealen Schnitte, sondern geben das Objekt unschematisiert so wieder, wie es im Mikroskop bei Einstellung auf die Mitte erscheint. Lösiinß- des Heterocvslcn-Problems 233 'O Diese Bilder stimmen im wesentlichen mit denen Baum- gärt eis überein (1, Taf. 3, Fig. 39, 56). Er ist der erste, der den Zellinhalt der Heterocysten cytologisch richtig gedeutet hat. Der Inhalt ist nicht degeneriert, die einzelnen Bestandteile der normalen vegetativen Zellen sind auch noch in den vollentvvickelten Hetero- Cysten enthalten. Das Pigment des Chromatoplasmas verschwindet zwar, was aber als keine Degenerationserscheinung der ganzen Zelle aufgefaßt werden kann, da dasselbe auch bei den Dauerzellen erfolgt. Diese Ansicht wird durch das folgende Kapitel bestätigt, welches zeigen wird, daß der gelbe Inhalt zu ergrünen vermag und keimungsfähig ist. Die spätere Degeneration, \^'ie sie in den Heterocysten nach einiger Zeit normalerweise eintritt, gibt sich dadurch kund, daß die Hindoplasten zusammenfließen und Vakuolen^ entstehen.- Die Epiplasten sind nicht mehr nachweisbar und mit Methylenblau tritt eine gleichmäßige Färbung zuerst des Zentroplasmas und dann des gesamten Protoplasten überhaupt ein. Die polaren Körnchen in den Heterocysten sind nach Baum- gärtel bald Epiplasten, bald Ectoplasten. Was ihre Physiologie anlangt, so teile ich die Ansicht Baumgärtels (1, p. 140): »Daß solche Bildungen an den Querwänden der Grenzzellen auftreten,, läßt sich erklären, wenn man bedenkt, daß die Endoplastensubstanz in Form einer großen zentralen Vakuole das Innere der Hetero- cysten erfüllt, deren Chromatoplasma sein Pigment verloren hat. Es wird dann auch die Bildung von Kohlehydraten in den Grenz- zellen abnehmen und durch die stark verdickten Wände auch eine Ernährung nach Art der Saprophyten erschwert sein; die Zufuhr von Assimilaten kann nur aus den Nachbarzellen durch die er- wähnten Poren der Querwände erfolgen. Und W(j die zuströmenden Assimilate mit der liquiden Endoplastensubstanz zusammentreffen, also an der inneren Mündung der Heterocystenquerwandporen, bis zu welcher die Vergrößerung der zentralen Vakuole bald reicht, entstehen jene Bildungen als Verschlußkörper, welche in den nor- malen vegetativen Blaualgenzellen die Oberfläche der Endoplasten besetzen.^' Es ist noch zu bemerken, daß unter Umständen auch in den vegetativen Zellen polare Körnchen an fast allen Formen zu be- obachten sind. Bei Formen mit breiten Zellen liegen sie zu vielen an den Querwänden, bei solchen mit schmalen auch oft in der Einzahl (z.B. charakteristisch für Lyiigbya hipnnctata. Vgl. Le mm er- mann 15, p. 102, Fig. 12, von mir häufig an Nostoc eUipsosporum 1 Baumgärtel hält das Zusammenfließen der Endoplasten und die Vakuolen- "bildung nicht auseinander, was mir nicht richtig zu sein scheint. - Aleibt tiitt nicht eine zentrale, wie angegeben wird, sondern eine seitliche Vakuole auf (siehe Fig. 25), in der oft kleine Körperchen in lebhafter Brownscher Molekularbewegung begriffen sind. 234 L. Geitler. beobachtet;. Es sind dies also iieine den Heterocysten eigentüm- lichen Bildungen. Daher wird man ihnen auch keine besondere Bedeutung gerade für die Heterocysten zuschreiben. Keimungen von Heterocysten. Aus den bisher mitgeteilten morphologischen und cytologischen Befunden geht einerseits hervor, daß die Ansicht, die in den Heterocysten nur degenerierende Zellen sieht, der Fülle der Er- scheinungen nicht gerecht wird, andererseits, daß die Heterocysten auch keine Reservestoffbehälter, Fortpflanzungsorgane oder der Befruchtung" der Dauerzellen dienende Organe sind. Man kommt zu dem Schluß, daß sie überhaupt keine ihrem Bau adäquate Funktion besitzen, daß es sich um typische funküonslose Organe handelt, die zwar in manchen Fällen Funktionen ausüben, wie Fadenunterbrechung, die aber in keiner engeren Beziehung zu ihrem Bau stehen, als z. B. die Unterbrechung, die bei der Dauer- zellenbildung auftritt zum Bau der Dauerzellen. Wie verfehlt wäre es, die Funktion der Dauerzellen in ihrem Herausfallen aus dem Faden zu erblicken. Man stelle sich vor, daß die Dauerzellen im Laufe der Entwicklung ihr Keimungsvermögen eingebüßt hätten und man hat einen den Heterocysten analogen Fall. Wenn diese Auffassung der Heterocysten als funktionslose Organe, die ehemals besondere und wichtige Funktionen besessen haben, die sich in ihrem Bau noch jetzt ausdrücken — ■ sofern keine sehr weitgehende Reduktion erfolgte — richtig ist, so kann sie durch Rückschlagserscheinungen in die alte Funktion bewiesen werden. 1 Gelingt dies, so erfährt man gleichzeitig auch, welches die ehemalige Funktion war. Eine solche primäre oder relativ primäre (denn sie kann selbst wieder die Folge eines Reduktions- vorganges sein) Funktion wird daran kenntlich sein, daß sie eine befriedigende Erkl§.rung des Baues der Heterocysten ermöglicht. Denn zwischen den Funktionen eines Organs und seinem Bau herrschen die engsten Beziehungen, Letzterer ist nur der sichtbare Ausdruck ersterer. Ich hatte in vereinzelten Fällen (an Nostoc pitncftforme, N. Linckia, N. carneum, N. microscopicnm, Tolypothrix liinhata) fertig ausgebildete Heterocysten beobachtet, die einen lebhaft blau- grünen, w^enn auch =b geschrumpften, zweigeteilten Inhalt zeigten. .Später gelang es mir, die noch lebensfrischen Stadien aufzufinden. Die Heterocysten haben einen Inhalt vom Aussehen des in keimen- den Dauerzellen vor dem Aufspringen der Membran vorhandenen. Er besitzt ein deutlich sichtbares Chromatoplasma, ist somit lebhaft blaugrün gefärbt, und zwar dunkler als die vegetativen Zellen, 1 Tm Falle einer starken l^cduktion, die einen Rückschlag nicht mehr zuließe, würde es bei der bloßen, zwar sehr wahrscheinliclien, aber nicht beweisbaren An- nahme bleiben. t> Lösung des Heterocyslen- Problems. 23o und führt große, stark lichtbrechende Körnchen (Ectoplasten) ^ (Fig. 8). Manchmal ist eine Teilung eingetreten, wobei die Zahl der Kr)rnchen und die Intensität der Färbung (die aber noch immer größer als die der vegetativen Zellen ist) abgenommen hat (Fig. 9). Diese Fälle traten in Agarkulturen auf. Fig. 27 zeigt ein Stück einer Serie von drei Heterocysten. Die interkalare besitzt einen zweigeteilten Inhalt vom Aussehen eines Keimlings, die anstoßenden terminalen sind noch in Bildung begriffen. Die beiden Membran- schichten der Heterocysten mit zweigeteiltem Inhalt sind durch Druck auf das Deckglas sichtbar gemacht. In einem alten Kulturglas gelang es, bei genauer Durchmusterung des Materials, d. h. wenn man beispielsweise einen Nachmittag lang kleine Partien des Materials untersuchte, eine Anzahl (etwa fünf bis zehn) solcher Heterocysten zu finden. Die cytologische Untersuchung zeigte, daß sich der Inhalt in nichts von dem der vegetativen Zellen unterschied (siehe Fig. 26). Der Gedanke liegt nahe, diese Erscheinungen als Keimungs- vorgänge aufzufassen. Zu erweisen war nur, daß es sich nicht vielleicht um Heterocysten handelt, deren Inhalt gar nicht »degene- riert« war, d. h. seine grüne Färbung nicht \erloren imd die damit zusammenhängenden Veränderungen nicht erlitten habe, wodurch dieser Erscheinung keine weitere Bedeutung zukäme. Daß es sich wirklich um Ansätze zu einer Keimung handelt, geht aus dem folgenden Fall hervor, der den Schlüssel zur ganzen Heterocysten- Frage liefert. Mitte Jänner sammelte ich frisches Material von A'ostoc commune. Ein Teil wurde auf feuchtem Sand unter einer Glas- glocke weiter kultiviert, ein anderer in Nährlösung gebracht, und zwar so, daß die in Stücke zerrissenen Thalli untergetaucht lagen, ein dritter auf Agar geimpft und ein vierter auf Gypsstücke, die in Nährlösung lagen, übertragen. Das Ausgangsmaterial zeigte das normale Aussehen von Xostoc comimme. Olivengrün gefärbte Zellfäden wurden von schwach gelblichen Heterocysten unterbrochen. Vereinzelt w^aren Serien von drei Heterocysten anzutreffen. Die Membran der Hetero- cysten war stark lichtbrechend und verriet dadurch die Anwesen- heit der Zelluloseschichte, die auch mittels Chlorzinkjod nach- gewiesen werden konnte. Die äußere Schichte war durch ihre größere Mächtigkeit an den Polen sichtbar und trat bei Behandlung mit Plasmolytica deutlich hervor. Der Inhalt war fast homogen und blaßgelb gefärbt. In Fig. 18, links, ist eine solche Heterocyste 1 Sie quellen allerdings in KOH nicht immer und färben sich auch mit Säure- fuchsin nur schwer. Daher ist es nicht ganz sicher, ob es sich um typische Ecto- plasten handelt. Von den steifgeligen Endoplasten unterscheiden sie sich durch ihre leichte Löslichkeit in verdünnter HCl und HoSO^. Sie liegen nicht immer peripher (das gibt auch Fischer, 9, p. 113, für die Cyanophycinkörner an). Ich habe sie im folgenden einfach als »stark lichtbrechende Körnchen« bezeichnet. Sitzb. d. mathem.-nalurw. KI., Abt. I, 130. Bd. i7 236 I.. GcitiLM-, abgebildet. Außerdem kamen noch Heterocysten vor, die sich durch die machtige Ausbildung der äußeren Alembranschicht von den er- wähnten unterschieden (siehe Fig. 11). Sie sind bei Xostoc comniiiiie keine seltene Erscheinung. Besonders häufig treten sie in alten Agarkulturen auf, wo die Pektinschichte oft abnorm große Dimen- sionen annimmt. Polare Körnchen waren nur in wenigen Exem- plaren sichtbar. Nach drei Wochen traten in den untergetaucht in Nährlösung liegenden Thalli die in Fig. 12 bis 24 dargestellten Erscheinungen auf. Neben Heterocysten vom normalen Aussehen waren in großer Zahl (in manchen Thallusstücken bis 25%) keimende Heteroc^'^sten anzutreffen. Manche besaßen einen intensiv dunkelgrünen, mit stark lichtbrechenden Körnchen angefüllten Inhalt (Fig. 17). Bei anderen" war der Inhalt zweigeteilt (Fig. 13, 14, 16, 18, 22, 23). Einige waren aufgesprungen, wobei der Inhalt zutage trat (Fig. 12, 19, 20, 21, 24). Aus manchen waren längere Zellfäden herausgewachsen (Fig. 15), die, je mehr Zellen sie besaßen, desto heller, aber noch immer lebhafter als die vegetativen Fäden des Ausgangsmaterials, gefärbt waren und desto weniger Körnchen führten. Die Membran der keimenden Heterocysten war auffallend schwach lichtbrechend, so daß die Zelluloseschichte zu fehlen schien. Es waren auch in der Tat weder an den geschlossenen noch an den aufgesprungenen keimenden HeterocN^sten zwei Schichten sichtbar. Mit Chlorzinkjod und den anderen Jod-Zellulose- reaktionen war nie eine Violett-, beziehungsweise Blaufärbung zu erzielen, die an den ungekeimten Heteroc^'sten derselben Präparate immer eintrat. Die beiden Extreme waren durch Zwischenstufen verbunden, bei welchen der Inhalt schwach grün und wenig körnig erschien und die Zelluloseschichte sehr dünn war und sich nur schwach färbte. Nie war an einer Heterocyste, die soweit ent- wickelt war wie die in Fig. 17 dargestellte, oder in der gar eine Zweiteilung stattgefunden hatte, die Zelluloseschichte mehr nach- weisbar. Die Membran der keimenden Heterocysten schwankte in ihrer Dicke und in ihrem Lichtbrechungsvermögen je nachdem es sich um eine Heterocyste der in Fig. 11 oder in Fig. 18, links, dar- gestellten Art handelte. Oft war sie so dünn, daß sie bei un- geteiltem Inhalt kaum sichtbar war. War der Inhalt zwei- oder mehrgeteilt, so war sie an den Einbuchtungen der Keimlingszellen erkennbar (Fig. 18. In diesem Fall ist sie überdies durch ihre Mächtigkeit an dem einen Pol sichtbar). Die Dünne der Membran ist leicht erklärlich, wenn man sich die in Fig;. 18. links, einge- zeichnete Zelluloseschichte weg denkt. Fig. 12, 16 und 19 zeigen Keimlinge, die aus Heterocysten mit dicker äußerer Membranschicht entstanden sind. Die ganze Erscheinung \\'ar sehr auffallend, zumal die meisten keimenden Heterocysten noch im Fadenverband standen Liisung- des Heterocystcn-l'i'obleins. Zc5 / und der Unterschied in der Färbung des Keimlings und den alten vegetativen Zellen sehr groß war. Fig. 13 zeigt diese Verhältnisse. Es handelt sich in diesen Phallen nicht um nachträgliche Weiterentwicklung noch unfertiger Heterocysten, die noch keine Zeiluloseschicht ausgebildet haben, da bei solchen die äußere Membran- schicht nie so dick ist, wie die der Fig. 12, 16, 19, 22. Außer- dem waren im Ausgangsmaterial nur verschwindend wenige un- ausgebildete Heterocysten (wie es an Wintermaterial Regel ist), die in gar keinem Verhältnis zur Zahl der Keimungen standen. Um den exakten Nachweis zu erbringen, daß es sich wirklich um eine Keimung fertig ausgebildeter Heterocysten, bei der die Zellu- loseschicht verschwindet, handelte, zerlegte ich frisch gesammelte Thalli in so kleine Stückchen, daß sie unter dem Mikroskop voll- kommen durchmustert werden konnten. Dabei wurden solche, die noch unentwickelte Heterocysten besaßen, ausgeschlossen. Die anderen kamen in Nährlösung. Nach zirka drei Wochen zeigten sich dieselben oben beschriebenen Stadien. Aus den Fig. 11 bis 24 gehen die näheren Details der Keimung her\"or. Sie erfolgt sowohl an interkalaren wie an terminalen Heterocysten. In der Regel tritt die erste Teilung vor dem Öffnen der Membran ein. Im gegenteiligen Fall ist die austretende Zelle abnorm groß (Fig. 12). Der Vergleich der Fig. 11 und Fig. 12 zeigt deutlich die bei der Keimung auftretende Veränderung in der Farbe und Beschaffenheit des Inhaltes und den Schwund der Zellulose- schicht. Der Keimling tritt entweder seitlich hervor (Fig. 12, 20, 21, 24), was durch eine auf die Längsachse der Heterocysten ± schiefgestellte Teilungsebene vorbereitet ist (Fig. 22), oder polar (F'ig. 13, 14), letzteres meist bei terminalen oder hufeisenförmigen Heterocysten. In diesem Falle schnürt die dem Porus anliegende Zelle — ähnlich wie bei der Sprossung — eine kleinere Zelle ab, die sich durch den Porus zwängt und ihn durch ihr Wachstum dilatiert. Cytologisch unterscheiden sich die Keimlinge in nichts von den gewöhnlichen vegetativen Zellen von A^ostoc commune. Wie es mir bei Nostoc commutie überhaupt schwer gelungen ist, schöne Endo- und Epiplastenbilder zu bekommen, da leicht Überfärbung eintritt, so war es auch der Fall bei den Keimlingen. Mit saurem Methylenblau erhielt ich meist den Zentralkörper, wie er in Heglers (11) Photogrammen dargestellt ist (siehe Fig. 19, 23, 24). In manchen Fäden sieht man große Epiplasten (die Zentralkörner Kohls), die sich im lebenden Zustand als stark lichtbrechende Kugeln vom übrigen Zellinhalt abheben (Fig. 15). Sie färben sich stark mit Methylenblau (siehe die ein anderes Objekt darstellende Fig. 26, oben). In noch ungeteilten oder zweigeteilten Keimlingen sieht man mitunter polare Körnchen (Fig. 16, 17). Sie sind keine \'erschlußkörper im Sinne Kohls, sondern mit den im übrigen Zellinhalt verteilten, stark lichtbrechenden Körnchen identisch. 238 I,. GeitlcT, Fig. 24 zeigt eine keimende Heterocyste im Fadenverlauf: der Keimling ist lebensfrisch, die Zellen des Fladens abgestorben, wie aus ihrer gleichmäßigen Blaufärbung ersichtlicht ist. Der Schwund der Zellulosemembranschicht, dieses für die HeteroCysten so charakteristischen und rätselhaften Gebildes, ist sehr bemerkenswert. Die Annahme ist berechtigt, daß sie als Reserve- zellulose dient, die bei der Keimung verwendet wird. Das zeitliche Zusammenfallen des Verschwinden s mit der Keimung kann kein zufälliges sein, da es im Falle einer vollständigen Keimung bei allen Heterocysten eintritt und die Zelluloseschichte, wie erwähnt, ansonsten sehr widerstandsfähig ist und in abgestorbenen Hetero- cysten noch lange erhalten bleibt. Auch zeigten sie die unge- keimten Heterocysten in denselben Präparaten immer. Die Keimung trat nur bei den untergetaucht in Nährlösung liegenden Thalli ein, Kulturen auf relativ trockenen Substraten zeigten keine Keimungsstadien. Am günstigsten wirkte Zimmer- temperatur. Auf einem ungeheizten Gang traten bedeutend weniger Keimungen auf; Warmhaustemperaturen wirkten ebenfalls hemmend. Diese Beschreibung der Keimung der Heterocysten von Nosfoc coniniHue \\-eicht von der Brands (6) beträchtlich ab. Die von ihm beobachteten Keimlinge zeigten eine hellere Färbung als die v-egetativen Zcllfäden, besaßen einen fast homogenen Inhalt und kleinere Dimensionen. Das erklärt sich daraus, daß Brand eine Keimung gar nicht beobachtet hatte, sondern verschiedene, am Freilandmaterial beobachtete Stadien in eine konstruierte Auf- einanderfolge brachte. Er beobachtete 1. aufgesprungene Hetero- cysten, die einen »last homogen aussehenden, zwar wenig gefärbten, aber durchaus nicht wässerigen, sondern elastisch konsistenten, kugelförmigen Lihalt« austreten ließen (seine Fig. 2^)- Dies kann man durch Druck auf das Deckglas, speziell bei Xostoc couiinune sehr leicht, an gewöhnlichen Heterocysten jederzeit erzielen. - 2. sah er »in vereinzelten Fällen« Heterocysten mit zweigeteiltem Inhalt, deren Membran in zwei oder mehr Stücke zersprungen \\a.v (Fig. 8). Dies ist eine Kombination der unter 1 angeführten P>- scheinung mit den von mir am Eingang dieses Kapitels mitgeteil- ten Fällen von Heterocysten mit zweigeteiltem Inhalt, die zwar Ansätze zu einer Keimung darstellen und als solche wertvoll sind, aber als Keimung selbst nicht angesehen werden können. 3. beob- achtete er kleinere und schwächer gefärbte Fäden (Fig. 1), die er 1 Zu Brands Abbildungen ist zu beniuiken. dati sie schematisiert sind, daher der Wirklichkeit nicht entsprechen. .Seine Heterocysten besitzen polare Membranauswüchse, die nicht existieren (sie stellen wohl die polaren Körnchen vor). In diesem Punkt ist Kohls Polemik (14, p. 199) richtig. .Auf die Strukturen der Membran ist er überhaupt nicht eingegangen. - Diese Erscheinung tritt auch manchmal spontan ein, ohne daß dabei an eine Keimung zu denken wäre. Bornet und Flahault (3, 7, p. 211) machten diese Beobachtung an Nosfoc iiiicroscopicuin. Lcisiing des Heterocysten-Problems. 2o9 als vorgeschrittene Keimlinge ansah, wozu kein Grund vorhanden ist: es handelt sich einfach um degenerierende vegetative Zellfäden. Brand hat selbst den Beweis geliefert, daß es sich bei diesen drei Beobachtungen um Degenerationserscheinungen handelt (also daß sie einer Keimung gerade entgegengesetzt sind): Die Hetero- cysten und >ihre Deri\'ate« färbten sich mit Methylenblau schon nach kurzer Zeit gleichmäßig blau, während in den vegetativen Zellen der Zentralkörper sichtbar wurde. Er verficht also eine gute Sache mit schlechten Gründen, weshalb wohl auch die Arbeit ohne wesentlichen Einfluß auf das Verständnis der Heterocysten blieb. Er betrachtete selbst seine Beobachtungen . als Ausnahmeerschei- nung, die seiner Meinung nach nur dafür spricht, daß der Inhalt der Heterocysten nicht tot sei und hielt im übrigen die Heterocysten für Reservestoffbehälter (7, p. 44). Seine diesbezüglichen an Freiland- material gewonnenen Beobachtungen, daß die Heterocysten nach Regen ihren hihalt an die benachbarten vegetativen Zellen abgeben, die dann ein lebensfrischeres Aussehen als die entfernteren be- sitzen, sind unbewiesene Annahmen. Ich habe sie nie bestätigt gefunden. Es schien natürlich' wünschenswert, Keimungsvorgänge auch an anderen Formen festzustellen. Im folgenden seien die noch nicht erwähnten Fälle, in denen eine Keimung oder Ansätze dazu zu beobachten waren, mitgeteilt. Ende Jänner wurden frisch gesammelte Kolonien von Nostoc ellipsosporuiii auf dieselbe Weise wie Nostoc commune behandelt, d. h. zerzupfte Thallusstücke in Nährlösung gebracht und bei Zimmertemperatur aufgestellt. Nach zirka einem Monat konnten Heterocysten mit dunkelgrünem, häufig zweigeteiltem Inhalt be- obachtet werden. In der Mehrzahl der Fälle war die Zellulose- schicht nicht mehr vorhanden (Fig. 10). Fig. 28 zeigt eine Hetero- cyste mit erhaltener Zellulosemembran, deren Keimling keinen so lebensfrischen Eindruck wie in den Fällen mit rückgebildeter macht. Austreten der Keimlinge konnte nicht beobachtet werden, was wohl an der Spärlichkeit der im Material enthaltenen keimenden Heterocysten überhaupt gelegen ist. An Nostoc Linckia (aus dem schon erwähnten Kulturglas) beobachtete ich ebenfalls keimende Heterocysten, die keine Zellu- loseschicht besaßen (Fig. 25, mittlere Heteroc3^ste). Fig. 27 stellt eine Heterocyste mit zweigeteiltem Inhalt mit einer solchen dar; die vegetativen Zellen leiden an »Cyanophycinnose«.^ Wie in allen Fällen, in denen die Zelluloseschicht nicht aufgebraucht wird, ist der Keimling nicht weiter entwicklungsfähig. Das verrät sich schon dadurch, daß er nicht die ganze Heterocyste ausfüllt. Er ist 1 An der Glaswand über dem Wasserspiegel waren eine Reihe solcher an »Cyanophycinnose« leidenden Kolonien angeklebt. Sie fielen durch ihre rotbraune Färbung auf. 240 L. Geitler, zwar noch lebend, liegt aber in einer gleichmäßig durch Methylen- blau färbbaren, im lebenden Zustand farblosen Substanz. Früher oder später schrumpft er und stirbt ab. Von A^ostoc niicroscopiaim besaß ich ein Präparat, welches im August angefertigt worden war. Damals entgingen mir die in ihm enthaltenen Stadien keimender Heterocysten. Nachdem ich auf die ganze Frage aufmerksam geworden war, bemerkte ich eine Reihe von Keimungen, aus denen die in Fig. 29 und 30 dar- gestellten herausgegriffen sind. Zwei junge, kugelige Kolonien waren lebend in Glyzeringelatine eingelegt worden. Die vegetativen Zellen waren fast gar nicht geschrumpft ^ und zeigten nahezu die natürliche Färbung. In dem Präparat befanden sich außer normalen, ungekeimten Heterocysten solche mit zweigeteiltem Inhalt und offene terminale (hufeisenförmige), aus denen Keimlinge austraten. Am häufigsten war eine der in Fig. 25 von Nostoc Liiickiu dar- gestellten Anordnung analoge. Fig. 29 zeigt den Unterschied in der Farbe zwischen dem zweizeiligen Keimling, der gerade aus der Heterocyste austritt, und den \-egetativen Zellen, Nach oben zu schließt sich im Präparat noch eine intercalare Heterocyste an und darüber hinaus die Ergänzung der Serie. Zwischen den Heterocysten befinden sich gelb bis braun gefärbte, degenerierte vegetative Zellen (wie in Fig. 25). Fig. 30 stellt ebenfalls ein Stück einer Serie dar: zu oberst eine leere interkalare, darunter eine terminale, aus der ein vierzelliger Keim- ling ausgetreten ist, daran anschließend eine degenerierte vege- tative Zelle und — in der Figur nicht mehr sichtbar — eine junge terminale mit vegetativen Faden. In allen in dem Präparat ent- haltenen Fällen ist der Unterschied zwischen den blaugrünen Keimlingen und den olivengrünen vegetativen Fäden sehr deutlich. Die gekeimten Heterocysten besitzen keine Zelluloseschicht, was aus ihrem geringen Lichtbrechungsvermögen ersichtlich ist (vgl. die interkalare und die gekeimte terminale Heterocyste in Fig. 30). Das Präparat, das an sich nicht beweisend wäre, ist eine brauch- bare Ergänzung zu den Beobachtungen an A'ostoc comniime. An Anabaena Hallensis, die von einer nahezu vertrockneten Agarkultur in Nährlösung gebracht wurde, waren die in Fig. 3 bis 5 dargestellten Erscheinungen zu beobachten. In einer Reihe von Fällen hatte sich der Inhalt, ohne zu ergrünen, in zwei, drei oder vier Teile geteilt (Fig. 3, 5). Die Zelluloseschichte war erhalten. In einigen war der Inhalt größer geworden und ergrünt, die Zelluloseschicht war rückgebildet. An den Polen, wo sie dicker ist, waren noch Reste erhalten (Fig. 4). .Öffnung der Hetero- cysten konnte nicht beobachtet werden, da die Kultur einging. 1 Da hei den Schizophvceen Plasmolyse wegen des Fehlens größerer Zellsaf't- vakuolen nur schwer zu erzielen ist, kann man leicht ungeschrumpfte Präparate in r.lyzeringelatine herstellen, wenn man dafür sorgt. daU die Gelatine nicht zu schnell erstarrt, so dal.i die Zellen Zeit Hnden, sich mit ihr zu sättigen. L()sung des Heterocysten-l'roblcms. 24] wie die eintretende Gelbfärbung der vegetativen Zellen zeigte. Es scheint somit Mangel an Nährstoffen eingetreten zu sein, was auch das Nichtergrünen der meisten Keimlinge erklärt. Dieser Fall zeigt besonders deutlich, daß der hihalt deshalb, weil er gelb ist, noch nicht degeneriert zu sein braucht. Als Ausgangsmaterial wurde nur solches mit vollentwickelten Heteroc^^sten verwendet, so daß es sicher ist, daß es sich um Rückbildung der Zelluloseschicht handelt, da die Keimung schon nach 14 Tagen erfolgte, in welcher Zeit die Bildung neuer HeteroCysten nicht soweit vorgeschritten sein kann. Auch spricht die Fig. 4 unmittelbar gegen eine solche .Annahme, da die Ausbildung der Zelluloseschicht an den Polen nicht soweit gediehen sein kann, ohne daß auch am Äquator eine ähnliche Ausbildung erfolgte.'' Diskussion der Resultate. Keimungsvorgänge an Heterocysten im weiteren Sinn (Er- giiinung oder Teilung des Inhalts) wurden beobachtet an: Nostoc ptuictifomie, » Lmckia, » carnctim, » ellipsosporuiii, » coinininie, » imcroscopiciim ; Anabaena Hal/etisis ; Tojypothrix Janata, » limbata. Rückbildung der Zelluloseschicht an; Nostoc ellipsospormn, » comniime, » microscopictitn. Austreten des Keimlings an: Nostoc cotmntine, » microscopicuni. 1 Ich versuchte außeidem folgende Mittel, um die Heterocysten zum Keimen anzuregen : Ätherisierung (24 und 48 Stunden in 0 • 1 0 .'|-, Ätherwasser) ; Warmbad ; vorübergehende Plasmoh-se (Eintauchen in konzentriertes und auf l'o verdünntes Glyzerin); Giftwirkungen (1 bis Stägiges Verweilen in Lösungen verschiedener Kon- zentration von NaCI, FeSO], Urannitrat, Zitronensäure); vorübergehende Einwirkung von stark konzentrierten alkalischen, neutralen und sauren Nährlösungen. Nach den Versuchen wurde das Material in frische Nährlösung (normaler Konzentration) gebracht. Es erfolgte normales vegetatives Wachstum (im Falle der Ätherisierung sehr üppiges). Keimungserscheinungen der Heterocysten konnten nicht beobachtet werden. 242 L. Geitler, Diese Erscheinungen sind zu selten, als daß sie als Funk- tionen der HeteroCysten schlechthin gelten könnten, aber zu häufig, als daß sie als bloß zufällige, ausnahmsweise, den Heterocysten nicht wesentliche Vorgänge aufgefaßt werden könnten. Die Hetero- cysten sind demnach als funktionslos gewordene Fortpflanzungs- organe anzusehen. Die Teilungsvorgänge im Innern der Heterocysten, bei denen ein Verbrauch der Zelluloseschichte nicht stattfindet, stellen Ansätze zu einer Keimung ohne fernere Entwicklungsmöglichkeit dar, abnorme Erscheinungen an Formen, die das Vermögen, in die ursprüngliche F'unktion zurückzufallen, in weitgehendem Maß ver- loren haben. Sie sind aber wertvoll als Hinweis auf die Natur der Heterocysten als Fortpflanzungsorgane überhaupt. Der Bau der Heterocysten ist somit aus ihrer Funktion erklärt. Das Vorhandensein einer Zelluloseschichte, die zugleich einen Schutz des Protoplasten und Reservematerial darstellt, die eigene, den Protoplasten umgebende Membran, sowie die An- ordnung in Serien wird sinnvoll. Es ist noch unklar, welcher Kategorie von Fortpflanzungs- organen die Heterocysten angehörten. Sie scheinen den Dauer- zellen analoge Bildungen zu sein.^ Möglicherweise ist auch das schon die Folge eines Funktionswechsels: es könnten die Hetero- cysten noch früher Gonidangien gewesen sein, die Akineten erzeugt hätten, wofür man die Beobachtung Spratts (20) anführen könnte. Diese könnten wieder reduzierte Zoosporangien darstellen, wie es Lots 3' (16, p. 379) will. Doch ist das eine Annahme, die der realen Unterlage noch entbehrt. Einiges ist noch über die kleine Zahl der beobachteten Keimungen in Anbetracht des großen untersuchten Materials zu sagen. Die größte Zahl von Keimungen konnte ich an der Gattung Nostoc feststellen, also derjenigen Gattung, von der mir die meisten Arten zur Verfügung standen. Bei Untersuchung mehrerer Arten der anderen Gattungen, besonders der selteneren, ließe sich die Zahl der Keimungen wahrscheinlich um ein beträchtliches ver- mehren. Doch ist sicherlich nicht bei allen Formen das Rückschlags- vermögen in gleichem Maß entwickelt. Wenn ich gerade an einer so häufigen und \-ielfach unter- suchten Pflanze wie A'Ostoc conininuc die wichtigste und in die Augen springendste Beobachtung machte, .so hängt dies von dem zweiten Faktor ab, der einer Beobachtung von Keimungen hinder- lich ist, nämlich von der Unkenntnis der Bedingungen, unter denen sie erfolgen. Soviel i.st klar, daß möglichst günstige Bedingungen, unter denen an erster Stelle Feuchtigkeit in Betracht kommt, herrschen müssen. Das Vorangehen von ungünstigen (d. h. das 1 Derselben .Ansicht ist I.cmmcrmann (IT), p. l.'>) nnd West (22, p. 313). Lösung- des Ueterucystcn- Problems. -43 Wachstum ohne dauernde Schädigung sistierenden) Umständen (Ivälte^ Trockenheit) scheint wichtig zu sein.^ In den meisten Fällen keimen die Heterc^cysten auch dann nicht, wenn diese Bedingungen, wenigstens anscheinend, verwirklicht sind. Vielleicht übt auch die Jahreszeit einen gewissen Einfluß aus: bis auf den Fall von A^ostoc inicroscopicmn beobachtete ich alle Keimungen mit \'erbrauch der Zellulosemembran nach der Winterruhe. Zusammenfassung". Die HeteroCysten sind Fortpflanzungsorgane, die ihre Funktion im Laufe der Entwicklung verloren haben. Unter Umständen ver- mögen sie in die verlorengegangene Funktion zurückzufallen. In diesen Fällen tritt eine Keimung ein, bei der der gelbe Inhalt ergrünt, die als Schutz und Reservestoff dienende Zelluloseschicht aufgebraucht wird, der Keimling aus der Heterocyste austritt und zu. einem normalen vegetativen Zellfaden heranwächst. Zum Schlüsse sei es mir gestattet, auch an dieser Stelle Herrn Hofrat Wettstein für das Interesse, welches er dieser Arbeit entgegengebracht hat, ergebenst zu danken, ebenso Herrn Doz. Dr. F. Knoll für \ iele nützliche Winke und Ratschläge meinen herzlichsten Dank auszusprechen. 1 Auch Spratt (2U, p. 376) beobachtete die Gonidienbildung dtinn, wenn ■der Austrocknung überlassene Kolonien in frische Nährlösung gebracht wurden. 244 L. Geitler, Erläuterung der Tafel. \'ergrüßerung aller Figuren 2500 : 1 . Fig. 1. Anahaena oscillarioides. Heterocj'sten und in Entwicklung begriffene Dauer- zellen. Saures Methylenblau Baumgärtels ohne Fixage, mit 0-5'^,jKOH differenziert. Fig. 2. Tolypothrix litnbata. N'egetative Zellen. Heterocysten in Bildung, vnll- entwickelte Heterocysten. Lebend. Fig. 3 bis 5. Anahaena Hallensis. Heterocysten in verschiedenen Keimungsstadien, Lebend. Fig. P) bis 9. Tolypulhrix laiiata. Fig. 6. Heterocysten in scheinbaicr Dreiteilung begriffen. Lebend. Fig. 7. Heterocysten in scheinbaicr Zweiteilung begriffen. Behandlung wie Fig. 1.' Fig. 8, 9. Ansätze zu einer Keimung der Heterocyste. Lebend. Fig. 10. Nostoc eUipsospotnni. Tote und keimende Heterocysten. Lebend. Fig. 11 bis 24. Nostoc commune. Keimungsstadien der Heteroc3'sten . Fig. 19, 23, 24 wie Fig. 1 behandelt, alle übrigen lebend. Fig. 25 bis 27. Nostoc Linckia. Fig. 25. .Serie von drei Heterocysten. die mittlere in Keimung begriffen. Lebend. Fig. 26. An »Cyanopln-cinnose« leidender Faden mit terminaler Heterocyste mit Keimling. Wie Fig. 1 behandelt. Fig. 27. Stück einer Serie von drei Heterocysten. die mittlere mit gekeimtem Inhalt. Ihre Membi'anschichten durcli Druck auf das Deckglas sichtbar gemacht. Lebend. Fig. 28. Nostoc ellipsosporum. Ansatz zu einer Keimung der Heterocysten. Lebend Fig. 29, 30. Nostoc microscopicnm. Fig. 29. Stück einer Serie mit einer gekeimten Heterocyste. Fig. 30. Desgleichen, mit austretendem vierzelligen Keimling. Beide nach einem ungefärbten Glj'zeringelatine-Präparat. -üsunii- des Hetci'ucvsten- Problems. 245 'o Literaturübersicht. 1. Baiimgärtel, 0.: Das Problem der Cvanoplivceenzelle (Archiv für Protisten- kunde 1920). 2. Beck V. Mannagetta: Die Sporen von Micniciuiele iencra Thuret und ihre Keimung (Österr. bot. Zeitschr., 1898). 3. Bornet-Flahault : Revision des Xoctocacees heterocj'stees (Ann. d. scienc. nat., 7. ser. Bot. 3, 4, 5, 7). 4. Bornet-Thuret: Notes algologiques II (Paris 1880). .). Borzi, A.: Note alla morfologia e biologia delle alghe ficocromacee (Nuo'vo giorn. bot. it. X). 0. Brand, F.: Bemerkungen über Grenzzellen und über spontan rote Inhattskörper der Cyanophvceen (Ber. d. deutsch, bot. Ges., 1901). 7. — iVlorphologisch-biologische Betrachtungen über Cvanophvceen (Beih. z. bot. Zentralbl., XV). 8. Carter: Ann. and magaz. nat. bist.. II. Ser., X'ol. X\'1II. 9. Fischer, A.: Die Zelle der Cvanophyceen (^Bot. Ztg., 1905). 10. 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Juli 1921) In der ersten Mitteilung ^ wurde eine Gruppe wasserlöslicher gelber Blüten Farbstoffe, die sogenannten Anthochlore, studiert, ihre nahen Beziehungen zu den eigentlichen Flavonen einerseits, den Anthokyanen andrerseits gezeigt und ihre Natur als eine, eigen- artige Gruppe von Flavonderivaten wahrscheinlich gemacht. Nun sollen noch in Ergänzung einige hieher gehörige, bisher ihrer Stellung nach fragliche Blütenfarbstoffe und Anthochlore aus Blüten und Blättern behandelt werden. In einer folgenden Mitteilung werden die Resultate der im Gang befindlichen makrochemischen Unter- suchungen einiger Vetreter mitgeteilt werden. Untersuehung" einiger bisher fraglicher Blütenstoffe. Acaciablüten. Schon Hildebrand- fand in den Zellen der gelben Blüten von Acjciii ßorihttnda, Benlliaini, iinhricata und dcalbata dunkelgelbe, flüssige Massen, die vom dünnen, farblosen Zellsaft räumlich getrennt erscheinen. Auch Prantl-^ gibt in der 1 Klein G., Studien über das Anthochlor, I. Mitt., Sitzber. d. Akad. d. Wiss., Bd. 129, Jg. 1920, 7. u. 8. Heft. - Hildebrand F., Anatomische Untersuchungen über die Farben der Blüten, Jahrb. f. wiss. Bot., 1863, Bd. .3, p. 64. 3 Prantl K., Notiz über einen neuen Rlütenfarbstoff. Bot. Ztg. 1871, Jg. 29, p. 425. 248 G. Klein, Korolle und in den Staubfäden von Acacia falcala in den Epidermiszellen farblose Vakuolen und davon getrennt gelbe Massen an, die sich beim Kochen mit Wasser oder bei Zusatz von Alkohol lösen und über die Zelle verteilen. Er betonte, daß in diesen gelben Vakuolen ebenso wie in den farblosen anderer Arten Gerbstoff enthalten sei. Ich selbst untersuchte wiederholt die gelben Blüten von Acacia i\iiii"iilcs und falcala, die lichtgelben von A. rosfellifcra und die farblosen von A. iitollissiiiia. In der gelben Korolle von .4. relinoides und falcala findet man fast in jeder Zelle (die Korollblätter haben nur eine bis wenige Zellschichten) einen gelben Ballen mit konvexen Flächen durch, die Schmalseite der gestreckten Zellen und zu beiden Seiten farblosen Zellsaft oder den Ballen an einer Seitenfläche, den übrigen Zellinhalt farblos. Die ganz jungen Zellen sind von einem homogenen gelben Zellsaft erfüllt. Die gelbe Farbe stammt vom Anthochloi-. Es zeigt die t^vpischen Löslichkeitsverhältnisse. gibt mit Lauge orange- bis blutrote und mit konzentrierter Schwefelsäure orange- bis wein- rote Farbe. In der farblosen Korolle von A. roslellifera findet man in den meisten Zellen des Basalteiles je eine große festweiche Kugel bis zu zwei Dritteln der Zelle mit farblosem, stark lichtbrechendem Inhalt, im Alittelstück verstreut in den Zellen eine bis zwei Kugeln, ein Drittel des Zellraumes einnehmend, an der Spitze in den meisten Zellen je einen kleinen Tropfen in einer Zeilecke. In den Filamenten sieht man meist die Zelle mit gelbem Saft erfüllt, in der Mitte eine farblose bikonvexe Vakuole oder zwei abgerundete farblose Vakuolen in den Zellecker, und dazwischen gelben Saft (Fig. 1). ,1. niolissinia hat farblose Korolle und Filamente, nur die Antheren sind gelb. Hier ist die Verteilung der lichtbrechenden Vakuolen viel durchsichtiger. In Korolle luid Filamenten ist die Substanz fast in jeder Zelle im farblosen, dünnflüssigen Zellsaft in Form von schönen Kugeln, im oberen Teil der Filamente sind die ganzen Zellen davon erfüllt. I^as Fruchtknotengewebe enthält am meisten, sowohl in der ^^'and wie in den Samenanlagen. Wir finden also zwei Substanzen, das Anthochlor und die farblose, lichtbrechende Masse, manchmal in der Zelle im selben Ballen, manchmal nur eine von beiden, je nach Organ und Art verschieden. Es war nun interessant zu untersuchen, ob diese Substanz nur auf das Blütengewebe beschränkt oder auch sonst in der Pflanze zu finden sei. Das Anthochlor ist nur in der Blüte. Dabei zeigte sich der farblose Stoff bei allen untersuchten Formen auch in den Blütenstielen, Blättern, Blattstielen und den jungen .Stammpartien. Ältere Stammteile standen mir nicht zur \'erfügung. Die Verteilung in diesen chlorophyllführenden Organen wird erst bei Behandlung mit den später zu besprechenden Reagentien deut- lich sichtbar. Im f^lütenstiel enthalten die Substanz viele Zellen des Markes und der primären Rinde. Im Stamm liegt sie innerhalb des Gefäßbündelringes markvvärts in einer Zone \erstreuter Zellen und in der primären Rinde gegen die Peripherie, spärlicher auch im Weichbast. Bei uiollissima enthält die Epidermis zahlreiche große Köpfchenhaare, die in den Zellen häufig eine Kugel der Substanz führen. Die typisch bilateral gebauten Blätter von A. relinoides und rosfellifera zeigten in der beiderseitigen Assimilationsschicht Tropfen und Klumpen, überdies in dem ziemlich farblosen Blattinnern ein- zelne Idioblasten, manchmal in Reihen (Fig. 4). Bei A. luollissima ebenfalls in einzelnen Zellen des Grundgewebes, des Palisaden- parenchyms und an den Hlatträndern. speziell aber in den Zellen um das Gefäßbündel in Form einer Scheide und in den Epidermis- Sludien über das Antlmchlur. 249 >^ellen über dem Hauptgefäßbünde], mehr an der Unter- als an der Oberseite des ziemlich isolateral gebauten Blattes. Die chemischen Eigenschaften dieser lichtbrechenden zäh- flüssigen Substanz liel.ien sich an gelben Blütenteilen nicht verfolgen, da das gleichzeitige Reagieren des Anthochlors in derselben Zelle stört, wohl aber gelang es leicht an der farblosen Korolle von A. rostellifcra und besonders inollissima. Konzentrierte Salzsäure färbt zitrongelb, läßt aber die Kugeln intakt, ja härtet sie, Salpetersäure löst orangerot. Konzentrierte Schwefelsäure färbt die ganze Zelle purpurviolett, nach einigen Stunden blutrot. 50%, Lauge gibt purpurviolette bis tiefblaue P'ärbung, besonders am Grunde der Korolle und im Fruchtknoten. Bei dem Reichtum der Acacia -Avien an Gerbstoffen, speziell Katechugerbstoffen, lag es nahe, in der Substanz Gerbstoffe oder Katechuglukotannoide zu vermuten und auf diese zu prüfen. 50,11 wässerige Eisensulfatlüsung färbt diffus liimmel- bis schwarzblau, auf Zusatz von Lauge rotviolett. rjü/'i-, ätiierische Eisensulfatlüsung (um die Kugeln ungelöst zu erhalten) färbt die Klumpen dunkelbraun. Osmiumsäure gibt den Kugeln in der Kurolle erst lichtblaue, dann stahlblaue, schließlich schwarze oder lichtbraune - gi-aubraune - schwarze P'arbe (.Fig. 2). Gelegentlich sieht man in einer blauen Kugel viele schwarze Körnchen, nacii Stunden auch in den Filamenten grauschwarze Häufchen (Fig. 3). 5",'|| Ammoniak schlägt dunkelgelbtaraune Klumpen nieder. Natriumwolframat bildet gelbbraune Kugeln. Saures oder neutrales Bleiacetat erzeugt gelbliche Körnchen oder gelbbraune Klumpen. Silbernitrat bildet teilweise schwarze Kugeln. Millon'sches Reagens schlägt gelbbraune bis braunschwarze Kugeln nieder. Vanillinsalzsäure färbt in einigen Stunden Korolle und Fruchtknoten karminrot. Paradimethvlaminobenzaldehyd, das von Joachimowitz l benutzte, charakteristische Reagens auf Glukotannoide fixiert und färbt in wenigen Minuten die Kugeln rot- ^•iolett mit steigender Intensität in Filament, Korolle und Fruchtknoten, der tief violettpurpurn fingiert ist. Mit diesem Reagens und Osmiumsäure läßt sich die Verteilung der Substanz auch in den chlorophyllhaltigen Geweben sehr schön überblicken. Alle angewandten Gerbstoff- und Glukotannoidreak- tionen fielen also positiv aus. Nun gibt es zwar kein Unter- scheidungsmittel zwischen Phloro- und Katechuglukotannoiden; wenn man aber bedenkt, daß für die Mimosoiden im allgemeinen, speziell die Acacia -Arten schon längst neben Tanninen ein hoher Katechin- gehalt erwiesen ist, liegt es nahe, die hier gefundenen Gerbstoffe, deren Glukotannoidnatur gezeigt wurde, als Katechuglukotannoide anzusprechen. Interessant ist die Form, die Verteilung in der Zelle und ganz besonders das Zusammenvorkommen von wasserlöslichem Anthochlor (Flavonkörper) mit dem ebenfalls leicht löslichen Gluko- 1 Joachimowitz M., Ein neues Reagens auf Phloroglucin, Katechin und ihre Derivate, sowie über die Verbreitung derselben im Pflanzenreich, ßiochem. Zeitschr., 82. Bd., 1917, p. 324. 250 G. Klein, tannoid in derselben Zellvakuole, da durch Freudenberg ^ die nahe Verwandtschaft der Katechine mit den Flavonen dargetan wurde. Erwähnt sei noch, daß diese GerbstülYpiodukte typische Aldehj-dreaktion geben. Schiff'sches Reagens lüst die Kugehi und gibt in den betreffenden Zellen eine diffus rotviollette Färbung. Manchmal bleiben die Kugeln in dieser Farbe erhalten und heben sich von den nach einigen Stunden durch das iVeigewordene Fuchsin schwach rot gefärbten Membranen schön ab. Das von Willstätter^ angewandte spezifische Fonnaldehydreagens (Schiff'sches Keagens -(- HCl. 1:1) zeigt die Kugeln erst rotbraun, nach K) Minuten, besonders bei Luftzuti'itt. tiefblau, später blaugrün, eine Erscheinung, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. Helichrysin. Schon in der ersten Ahtteilung hatte ich betont, daß das von RosolP gefundene Helichiysin kein vereinzelt dastehender, spezi- fischer Farbstoff gewisser Hei ichryswn- Arten sei, sondern auf Grund der Angaben von Rosoll und eigenen Voruntersuchungen zu den Anthochloiiarbstoffen der DüJiJia -Gruppe gehöre. Nur besitzt er die Eigentümlichkeit, daß er, ähnlich wie das Anthochlor von Eriogo- utirn umbellatiim, in den ausgewachsenen Blütenblättern, deren Zellen frühzeitig absterben, in der Membran adsorptiv gespeichert wird. Ich war nun bestrebt, den Werdegang des Farbstoffes \"om ganz jungen K()pfchen bis zum ausge\\'achsenen zu verfolgen. In den jungen, schon zitrongelben Köpfchen \-()n Hcliclirysiiiii fvdiduui -ind die Epidermiszellen der Involukralblätter von homogen gelbem Saft ei'füUt, ebenso die Zellen der Staubfadenhaare, während die Staubfäden Karotin führen. Der gelbe Zellsaft gibt mit Lauge orangegclbe, mit konzentrierter Schwefelsäure orange- bis blutrote Färbung. In den offenen Blütenköpfchen sind die Zellen bereits leer, nur die Membranen intensiv gelb und geben dieselben Reaktionen wie früher der gelbe Zellsaft. Ein klares Bild geben die großen Köpfe von Helichtystiin biricteiiliiiii, das in den Gärten in allen Farben ^•on Weiß. Gelb, Rosa und Rot gezogen wird. Bei den gelben sind die jüngsten Blütenköpfchen bis zu 3 ////// farblos, sie geben aber schon bei der Reduktionsprobe rosenrote Färbung; also müssen bereits flavonartige Vorstufen vorhanden sein. Im 4 iiiiii hohen Köpfchen sind die äußersten Deck- schuppen schon gelb, vielfach auch orangerot angelaufen, ebenso die Spitzen der Köpfchen. Die inneren Blättchen sind alle noch farblos. Bei Behandeln mit Metli^'len- blau (1 : 10.000) in lO^/y Salpeterlösung (blaue Plasmolyse) zeigen sich noch alle Zellen lebend; im untern Teil, bis zu einem Drittel \'on der Insertionsstelle des Blütenbüdens, ganz intakt, gegen die .Spitze das Plasma schon teilweise geschrumpft, der Kern noch sichtbar, die Außenseite noch jünger als die Innenseite. Im 8 ////// langen Köpfchen sind die oberen Drittel bis Hälften der Involukralblätter schon tut. 1 l'reudenberg K., Neuere Ergebnisse auf dem (iebiete der (Jerbstoff- Forschung. Die Naturwissenschaften, S. .Ig., 1920, p. 'MV.]. — Die Chemie der natür- lichen Gerbstoffe. Berlin 1920. - Willstättcr R. und Stoll. Cntcrsuchungen über die Assimilation der Kohlensäure, Berlin 1918. •' Rosoll A., Beiträge zur Histochemio der rtlaiize. Sitzbcr. d. Akad. d. Wiss. in Wien, Bd. 80, .Ig. 1884, p. 138. Studien über da:-. Aiilhochlor. 251 die unteren Teile lebend. Was an der Knospe belichtet ist, ist brauniot angelaufen, alles andere farblos, in den toten gefärbten Zellen sitzt der Farbst(jff schon in der Membran. In noch giößeren Knospen sind nur mehr die Basalteile lebend, alles aber schon zitrongelb gefärbt. Bei den offenen Blütenständen geben die inteneiv gelb gefärbten Involukra und die gefiederten Staubfadenhaiu'c mit Lauge purpur- violette, mit konzentrierter Schwefelsäure feuerrote Farbe. Erwähnt sei mich, dal.S im Queischnitte der jungen wie der alten Involukra die Außenmembran der inneren (oberen) Epidermis eine stark lichtbrechende, bikonvexe Linse vorstellt, die den Farbstoff stark gespeichert zeigte (auch sämtliche Innenwände sind mit dem Farbst(jff infiltriert). Bei Zusatz von starker Lauge quillt die vei'dickte. lichtbrechende Alembran stark auf, erfüllt die Zelle, hebt die flache Papille und dehnt sie in eine Spitze aus. Die äußere (untere) Epidermis ist allseits verdickt, besonders stark nach außen, und quillt bei Laugenzusatz gleichmäßig auf. Die dazwischenliegenden fünf bis acht Zellschichten sind dünnwandig, alle aber intensiv gelb gefärbt. Diese Membrancigentümlichkeiten dürften wohl für das \'er- halten bei der Quellungsbewegung bestimmend sein. Die weitere chemische Untersuclumg des gelben Membianfarhstoffes ergab folgendes : a^ Die tiefgelbe alkoholische Lösung gibt mit Bleiacetat eine tief ziegelrote Bleiverbindung, ebenso der Eisessigextrakt nach Neutralisieren mit Ammoniak. Die Fällung ist fast quantitativ und besteht aus roten Körnchen und Schollen, aber auch gelben Drusen und Sphäriten. Aus dem Bleiniederschlag löst Eisessig fast nur den Farbstoff, während die Verunreinigungen infolge Schwerlöslichkeit ihrer Bleisalze ungelöst bleiben. Die rotbraune Eisessiglösung läßt beim langsamen A-bdunsten gelbe Tropfen fallen, die zu gelben Nadelbüscheln und Sphäriten werden. Auch der mit 4% Schwefelsäure aus dem Bleiniederschlag freigemachte Farbstoff krystallisiert in gelben Nadeldrusen. Der Farbstoff ließ sich aber auch in intaktem Zustand krystallisieren. Die alkoholische Lösung wurde im Vakuum bei 50 bis 60° ein- geengt und noch heiß mit der gleichen Menge kalten Wassers Übergossen, wobei der Farbstoff zum größten Teil in großen gelben Kugeln ausfällt. Der Niederschlag wurde in wenig heißem Methyl- alkohol aufgenommen und mit der doppelten Menge Äther geschüt- telt; es scheidet sich ein tiefbrauner Sirup ab, der sich nach einigen Tagen in lauter gelbe, beiderseits zugespitzte Nadeln verwandelt (Fig. 3). Der noch in Lösung befindliche Farbstoff fällt nach Ab- gießen des Äthers beim Ausbreiten in dünner Schicht in wenigen Minuten als gelbe Kugeln. Diese geben, wie die Nadeln, mit Schwefelsäure rosenrote, mit Lauge purpurviolette bis tiefblaue Lösung, zeigen also das gleiche Verhalten wie die Anthochlor- krystalle von Linaria vulgaris. Ein anderes kiystallisiertes Produkt wurde aus der Eisessiglösung durch Fällen mit Äther und Neu- tralisieren des Sirups mit Ammoniak in Form von rotbraunen, mächtigen Sphärokrystallen, bei wenig Ammoniak als gelbe Nadel- büschel und Schollen erhalten. Die Hydrolyse gelang am besten durch Kochen der alkoho- lischen Lösung 1 Viertelstunde lang und folgendes Verdünnen mit Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 18 252 G. Klein. Wasser, wobei das in Alkohol lösliche Aglj'kon vollständig als rotbraune Körnchenmasse, teilweise auch als Schollen und Nadel - drusen ausfällt, die, aus Alkohol umkrystallisiert, gelbe Nadeln und Büschel liefern. Schließlich gelang auch die Reduktion des gelben Farbstoffes zu einem roten Produkt, während Rosoll nur zu einer farblosen Lösung reduzieren konnte. Die salzsaure Lösung wird mit Zink- staub und Magnesiumband farblos, wenn man aber gleichzeitiq- kühlt, rosa. \'iel schönei gelingt die Reduktion nach Noack. ^ Die w^ässerige Lösung wurde mit Amylalkohol ausgeschüttelt, dieser unter Abkühlen bis zur Rosafärbung reduziert, dann vom Zink abgegossen und mit Salzsäure am Wasserbade erhitzt. Dabei nimmt die Lösung eine tief rosenrote bis rotviolette Farbe an und stimmt auch sonst mit den Anthochlorreduktionsprodukten überein. Safflorgelb. Auch die Farbstoffe \'on Cartlianins Unctoriiis, die bisher nicht krystallisiert werden konnten, wurden weiter untersucht, freilich an altem, getrocknetem Material, da mir frisches nicht zu- gänglich war. Der wasserlösliche gelbe Farbstoff, das Safflorgelb, dessen allgemeine Anthochloreigenschaften schon früher- gezeigt wurden, gibt bei der Hydroh'se der essigsauren Lösung mit 20Vo Schwefelsäure einen orangegelben Aglykonnicderschlag, der, in Alkohol gelöst, beim Abdunsten lauter rötlichgelbe Sphärokrystalle in recht reiner Form ausfallen läßt. Der Eisessigextrakt gibt mit dem halben Volumen konzentrierter Schwefelsäure am Wasserbade nach 10 Minuten sehr lange, gelbe, besenförmig und flechtenartig gekrümmte Krj'stallbüschel, nach 30 Minuten schwarzbraune Spliäro- kr\^stalle. Bleiacetat bildet eine orangerote Fällung; diese wurde mit 4*^/,, Schwefelsäure gespalten, die überschüssige Schwefelsäure mit Bariumchlorid gefällt und abhltriert; nach einigen Wochen hatten sich schillernde lichtbraune Plätlchen entwickelt, an denen orangebraune lange Nadeln und dunkle Drusen hafteten. Wird die saure Lösung mit Alkali neutralisiert, so fallen mächtige Klumpen, aus hunderten gelbbraunen Sphärokrystalle n bestehend, fast quan- titativ aus. Die wässerige Lösung gibt endlich mit Ammoniak (2: 1), am Wasserbade eine halbe Stunde behandelt, einen gelb-rot-grün schillernden Niederschlag von schönen gelben Nädelchen und Kugeln. Die Reduktion zu einem roten Produkt gelang freilich mit diesem alten Material nicht mehr. 1 Xoack K.. rntersuchungen über den Anthokyonstoffwechsel auf Grund der cliemischen Eigenschaften der Antliokyangruppe. Zeitsclir. f. Bot., 1918, p. 574 bis 570. '-• Klein ('... 1. Miti., 1. c. Suulien über das Anthochlor. ZOo Schliefjlich noch einiges zur chemischen Stellunu' des 'ö' Safran färb Stoff. Die orangefarbigen Nai'ben \'i)n Crociis salirii.'; tüliren in allen Zellen einen orangerolen Farbstoff im Zellsaft gelöst,! neben fettem Öl, in dem er unlöslich ist;- im getrockneten Zustand im Zellinhalt und der Membran. Auch andere Safranarten führen einen iihnlichen Farbstoff in den Narben und, was besonders interessant ist, zwei Scrophalarineen, Lyperia crocea- und Gardenia grandißora.'-' eine Iridacee, Tritunid iiiiixa, und eine Rubiacee, Fabiana indica (chinesische Gelbschoten). 4 Soviel über diesen Farbstoff geschrieben wurde, sowenig Sicheres ist bekannt, so verschieden die Anschauungen. Der Farbstoff, das Crocin, ist in Wasser, in ver- dünnten Sauren und verdünntem -Alkohol mit gelber bis orangeroter Farbe leicht, in absolutem Alkohol schwer löslich, in Äther und den anderen organischen Lösungs- mitteln unlöslich. Die Färbekraft ist sehr groß (1 : 200.000 färbt noch deutlich gelb). Konzentrierte Schwefel- und Salpetersäure färben vorübergehend indigoblau, dann violett, rot und schließlich braun; ähnlich färbt Brom. Bei der Hydroh-se entsteht Zucker (Dextrose) und ein wasserunlöslicher Farbstoff, das Crocetin, das in Alkohol leiclit löslich ist. Das Crocin ist also ein Glykosid. Außerdem liegt im Gewebe auch ein ätherisches Öl in ziemlicher Menge, das Safranöl, das als Terpen erkannt wurde. Das Crocetin zeigt dieselben Farben- reaktionen wie sein G!3'kosid. Das Crocin konnte bisher nicht krystallisiert werden, wohl aber das Crocetin. Zufolge seiner stark sauren Natur bildet es mit anorganischen und organischen l^ascn Verbindungen, die teilweise gut krystailisieren. So konnte Decker'' das Ammoniumsalz, Pfyl und Scheitz'J dieses, das I^rucin-, Conün- und Chininsalz krystallisiert darstellen, später Decker" das Kalium- und Natriumsalz, eine Anilin-, Pj'ridin- und Chinolinverbindung. Auch die Erdalkalimetalle geben hellgelbe, die Schwermetalle dunkelgelbe, orange bis braune Niederschläge der entsprechenden Metalhcrbindung. Die von älteren Forschern aufgestellten Formeln besagen nichts, da sie an unreinem, amorphem ^Material durchgeführt wurden. Die letzten Analysen von Decker ergaben fü-r Crocetin die Formel Cj^H^jOg, was aber noch immer mit entsprechender Reserve aufzunehmen ist, da auch dieses Material noch ver- imreinigt erscheint. Er hat neben den genannten auch andere Derivate, z. B. das Aoetylprodukt, dargestellt, aber nicht anal3'siert. Tunmann^ versuchte mikrochemisch die angeführten krystallisierten Ver- bindungen darzustellen, als ergänzende Charakteristika für die bisher allein gebrauch- ten Farbenreaktionen. Er erhitzte etwas Narbenpulver mit dem entsprechenden Reagens. Dabei wird der Farbstoff gespalten und das frei-werdende Crocetin gibt dann die Verbindungen mit den verschiedenen Basen. Er erhielt so das Kali- und Natiiumsalz, die Stiychnin- und Conün- und schließlich eine Anilinverbindung, die relativ leicht in großen rotbraunen Sphäriten krystallisiert. Diese Reaktion bezeichnet 1- Moliscli H., Grundriß einer Hi'itochemie der ptlanzlichen (Jenußmittel. Fischer, Jena, 1891. - Möller, Nahrungs- und Genußmittel. Bei'lin, 1905. ■' M Macchiati, Gaz. chim. itaL, 16, 1886, p. 231, Malpighia L, 1887, p. 478. " Tswett M., Über das Pigment des herbstlich vergilbten Laubes. Ber. d. d. bot. Ges., 26. Jahrg., 1908, p. 94. 7 Staats G., Ber. d. d. ehem. Ges., Bd. 28, 1895, p. 2807. Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 1.30. Bd. 19 ■260 G. Klein, selbe zeigen die im Laufe der Vegetationsperiode bei ungünstigen Witterungsverhältnissen vergilbenden und die nach dem \'erfahren von Molisch ^ künstlich zum Vergilben gebrachten. Blätter der genannten Pflanzen. Der gelbe Farbstoff gibt mit Schwefelsäure tiefgelbe, mit Lauge orangegelbe und bei Reduktion schön rosen- rote Farbe. Damit ist auch das Auftreten von Anthochlor bei der herbstlichen Verfärbung und beim Vergilben der Blätter gezeigt. In der ersten Mitteilung wurde das ziemlich häufige Vorkommen von wasserlöslichen gelben BlütenfarbstoPfen, ihre Flavonnatur und ihr gleichzeitiges Vorkommen mit den eigentlichen schvvachgelben, wasserunlöslichen Flavonen (Ruta, Reseda) einerseits, ihr \ikari- ierendens Vorkommen mit Anthokyanen andrerseits gezeigt. Hier wurde das Vorhandensein von Anthochlor in Frucht, Blättern und Stengeln festgestellt und ihr Zustandekommen beim \'ergilben und bei der herbstlichen Gelbfärbung der Blätter dargetan. Nun konnte Shibata^ zeigen, daß farblose, beziehungsweise schwachgelbe, wasserlösliche Fla\-ongl3'koside ein regelmäßiger Zellbestandteil der Epidermis von oberir-dischen Organen fast aller Pflanzen sind, und ferner, daß im Herbst rötende Blätter schon im Sommer reich an Flavonen sind. Diese Tatsachen legen den Schluß nahe, daß sowohl die roten (Anthokyane; wie die gelben Flavon- derivate (Anthochlore) aus schon vorhandenen, mehr minder farb- losen Flavonkörpern durch gerade hier sich zahlreich abspielende Reduktions-, beziehungsweise Oxydationsvorgänge etc. entstehen. Dieses fast allgemeine und so verschiedenartige Vorkommen von Flavonen und deren Derivaten wirft ein neues Licht auf die Bedeutung dieser Körperklasse für die Pflanzenwelt. Welche chemische Stellung die Anthochlorfarbstoffe in der Reihe der Flavonabkömmlinge einnehmen, soll in einer im Gange befindlichen makrochemischen Untersuchung gezeigt werden. Schließlich fühle ich mich gedrängt, Herrn Hofrat Prof. Dr. Hans Molisch für das stete Interesse, das er den Untersuchungen entgegenbrachte, auch hier meinen ergebensten Dank auszu- sprechen. Herrn Assistenten Josef K isser danke ich herzlich für die Anfertigung der Zeichnungen. Zu sam m e n fas s u n g. In der ersten Mitteilung über Anthochlor wurde das Vor- kommen und die Verbreitung von im Zellsaft gelösten, gelben Antho- chlorfarbstoffen in den Blüten verfolgt, ihre Flavonnatur aufgedeckt und ihre Krystallisationsfähigkeit dargetan. Nun wurde ergänzend festgestellt: t Mo lisch ir.. über die Vergilbung der Blätter. Sitzher. d. .\Uad. d. Wiss. in Wien, Bd. 127, 1918, 1. H. ■- Shibata K., Unteisuchungcn , I.e., 1., II. u. 111. Mitt. Studien über das Anthochlor. 261 1. Anthochlor findet sich auch in Früchten (CVYr«5-Schale), in Blättern und Stengeln (Dalilia, Antirrhimmt, Reseda), im herbstlich gelbgefärbten und im vergilbten Laub. 2. Die schon von früheren Forschern festgestellten wasser- löslichen, gelben Farbstoffe in Blättern wurden unter einen Gesichts- punkt gebracht und ihr Zusammenvorkommen mit farblosen Flavon- glykosiden (Anthokyanvorstufen) festgestellt. 3. Von bisher fraglichen Farbstoffen wurde bei Helichrysin und Safflorgelb die Anthochlornatur und Krystallisierbarkeit gezeigt. Der Werdegang des Helichrysins wurde in der Blüte verfolgt. 4. Der Crocw^-Farbstoff wurde krystallisiert und seine Be- ziehungen zu den Anthochloren zu begründen versucht. 5. EndUch wurde ein merkwürdiges Zusammenvorkommen von Anthochlor und Gerbstoffderivaten, wahrscheinlich Katechu- glukotannoiden, in derselben Zelle bei den gelben Acacia-B\üten gezeigt. 262 G. Klein, Studien über das Anthochlor. Fig'urenerklärung. Fig. 1. Stück eines Filamentes \'on Acacia rosielltfera. A. Farblose Vakuolen im gelben Zellsaft. Fig. 2. Stück eines Korollblattes von Acaaa rosteUifera. Die Gerbstoffvakuolen mit Osmiumsäure schwarz gefärbt. Fig. 3. Stück eines KoroUblattes von Acacia falcata. In den Gerbstoffvakuolen Körnchen mit Osmiumsäure blau gefärbt. Fig. 4. Stück eines Querschnittes durch das Blatt von Acacia rosteUifera. Die gerb- stoffführenden Zellen mit Paradimethylaminobenzaldehyd + H2SO4 violett gefärbt. Fig. 5. Kiystallnadeln von Helichrysin. Aus Alkohol mit Äther gefällt. Fig. 6. Krystalle von Anilincrocetin. Fig. 7. Krystallschollen und Nadelbüschel von Crocin aus alkoholischer Lösung durch Äther gefällt. Dr. Gustav Klein.: Studien über das Anthochlor. 2. A y V.A A > 1 I «, U r" i ... / ■ ff u uV**. ♦a«^. - Qp (ü:f^ ..5 '■2-'v;.^^'.^'t^5'^>^üB#^:i-'^-'^ / V-> 1 ,1/./: 1/^^: \ / ..;^!- :^^i!i 5. \ /'• 6. ^ \ '.. j ^» .?. '>> •3 ^ ■'>i Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse. Abt. I, 130 Bd , 1921. i Akademie der Wissenschaften in Wien Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse Sitzungsberichte Abteilung 1 Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen 130. Band. 8. und 9. Heft 20 265 Das Grazer Hügelland. Ein Überblick über seine geomorphologische Entwicklung Von Johann Solch (Vorgelegt in der Sitzung am 9. Juni 1921) Das Gesichtsfeld von Graz wird im W durch einen NS strei- chenden, langgestreckten Höhenzug begrenzt. Ziemlich schroff zum Murtale abfallend und größtenteils bewaldet, erreicht er, unter dem Namen Plabutsch gegen sein Nordende hin allmählich ansteigend, im Fürstenstand (früher Bauernkogel geheißen) 764 m. Ungefähr in der Mitte wird er durch zwei tiefere Sättel unterbrochen, den Thaler Sattel (»Beim Hergott auf der Wies«, 528 m) und den Wetzelsdorfer Paß (fast 500 m).'^ Zwischen ihnen erhebt sich mit prächtiger Kogelform der Kollerberg (630 in). N vom Thaler Paß stellt der Gaisberg (646, beziehungsweise 652 nt) die Verbindung mit dem Plabutsch her, ist aber von dessen südlichem Teile, dem Mühlberg, noch durch einen flachen Sattel (622 m) geschieden. S vom Wetzelsdorfer Paß hinwiederum gewinnt der Kamm nicht sofort wieder die gleiche Höhe wie im N, sondern erst in 2 Tim Entfernung steigt er im (Grazer) Buchkogel noch einmal auf 659 in empor. Buchkogel und Plabutsch sind also die beiden etwas erhöhten Enden des Zuges. Nach ihnen bezeichnen wir ihn als den Plabutsch-Buchkogelzug. Von beiden genießt man eine präch- tige Rundsicht über die mittlere Steiermark. Sie soll uns mit der allgemeinen Oberflächenformung der Grazer Landschaft vertraut machen. Diese stellt sich uns als ein Hügel- und Plattenland dar, ausgebreitet zu beiden Seiten des Kammes, auf dem wir stehen, und umschlossen im weiten Halbrund von NO über N und W bis 1 Die Namen für die beiden Pässe führe ich der Kürze halber ein. Schreibung Thal nach der Spez.-Karte 1:75.000. Deren Blätter (zumal 17. XII. Köflach-Voitsberg und 17. XIII. Graz) sowie die einschlägigen Blätter der Orig.-Aufn. 1 : 25.000 sind in der Folge fortlaufend zu vergleichen. 266 J. Solch, gegen S vom Steirischen Randgebirge.i Seiner Formung nach ist das Hügelland eine Einheit, soweit das Auge absehen kann: von dem gut ausgeprägten Abfall der Rahmenerhebung angefangen bis zur Wasserscheide zwischen Raab und Mur im 0 und, wie man sich leicht überzeugen kann, über diese hinaus bis gegen die ungarische Grenze hin. Wir nennen den westlichen Teil das Grazer Hügelland und ordnen ihm das Oststeirische Hügel- land östlich der Raab bei. Deren Tal eignet sich hier verhältnis- mäßig gut zur Abgrenzung zweier Erhebungsgruppen. Denn als ein breites, hellgrünes Band bietet es sich dem Blick des Beschauers dar, der z. B. vom Schöckel her, jener weitesten Auslug gewährenden Landmarke der Grazer Kalkberge, in die Niederung hinabblickt. Die Hügelwellen beiderseits sind reicher an Farben: dunkelgrüne bis schwärzliche Waldbestände, hellgrüne Wiesen, gelbe Felder, weißschimmernde Häuser und Gehöfte, rote Dächer, all dies mischt sich in der schönen Jahreszeit zu einem bunten Mosaik durcheinander; und selbst im Winter, wenn Schnee die Landschaft zudeckt, herrscht in ihrem Bereich mehr Abwechs- lung der Eindrücke als in der breiten Aue des Raabtales, die dann als weißer Streifen die düster dreinschauenden Waldhügelvvellen durchzieht. Eine ähnliche solche Tiefenlinie wie die Raab im 0 schuf die Kainach im W. Sie wählen wir zur Westgrenze des Hügel- landes von Graz, bemerken aber gleich, daß sich ganz ähnliche Formen auch südlich vom Kainachtal fortsetzen bis in den Bereich der Sulm und Saggau. Dieser südwestliche Teil sei nach dem ziemlich in der Mitte gelegenen und in der Geologie des Gebietes schon längst bekannten Marktflecken das Florianer Hügelland genannt. Östlich der Mur streicht keine gleichwertige Furche durch die Plattenzüge. Eine Südgrenze ist hier infolgedessen nur schwer zu ziehen; aber am ehesten noch kommt wohl dafür das Stiefing- tal in Betracht. Denn es mündet fast gleichzeitig mit dem Kainach- tal in das Murtal aus, während sich sein Ouellgebiet verzahnt mit dem letzten durch seine Richtung (gegen ONO) noch für die Ab- grenzung verwendbaren Seitental der Raab, dem Laßnitztal. Das Stiefingtal ist ferner in der Gegend das erste unter den linken Seitentälern der Mur, das nach S gestreckt ist. Gegen O folgt dann deren eine ganze Reihe. "Deutsches Grabenland^< heißt die Landschaft im Gegensatz zu den Windischen Büheln südlich der Mur. Grazer und Florianer Hügelland, Windische Bühel, Deutsches Grabenland und Oststeirisches Hügelland machen in ihrer Gesamtheit das Hügelland des Mitte Isteirischen Beckens aus.- 1 Diesen Namen liat, wenn ich mich recht erinnere, Penck gelegentlich in einer Vorlesung gebraucht. In die IJteratur eingeführt ist er seit meinem »Beitrag zur Geomorphologie des .Steir. R.«, Vh. 18. D. G. T. Innsbruck 1912, p. 218. 2 N. Krebs (Länderkunde der österr. Alpen. .Stuttg. 1913) spricht (p. 379) von Mittel- oder Oststeiermark und nennt das ganze Mügelland innerhalb des Rand- Das Grazer Hügelland. 267 Im folgenden befassen wir uns im allgemeinen mit der Formung nur des Grazer Hügellandes. Doch werden wir wieder- holt auch in die angrenzenden Landschaften blicken müssen, um zu besserem Verständnis des Gesamtgebietes zu gelangen. Das Mittelsteirische Becken ist ein buchtartiger Ausläufer der großen Pannonischen Niederung, ein Senkenraum neben einem Gebirgshochland. Das Alter der Senke reicht jedenfalls weit in der Erdgeschichte zurück. Denn schon in jungkretazischer Zeit bestand hier ein Aufschüttungsgebiet, in welches das benachbarte, schon vorgebildete Randgebirge seine Zerstörungsstoffe hineinwerfen ließ. In der Folge an jüngeren, aber sicher noch vormiozänen Brüchen versenkt, blieben große Teile der damals abgelagerten Schotter und Sande, Tone, Mergel und Kalke als '>Kainacher Gosau^< bis auf den heutigen Tag erhalten.^ Aus dem Alltertiär sind dagegen bisher innerhalb des Mittelsteirischen Beckens nirgends irgend- welche Gebilde nachgewiesen worden. Auch dem Randgebirge fehlen sie völlig, ausgenommen dessen letzte Ausläufer im NO und S; hier sind im Poßruck spärlichste Eozänspuren festgestellt worden, 2 dort ermittelte man solche ebenfalls nur in ziemlich un- bedeutenden Resten bei Kirchberg am Wechsel. ^ Es ist unwahr- scheinlich, daß das Randgebirge ehemals unter einer auch nur unbedeutenden Decke von Sedimenten begraben gewesen wäre. Irgendwelche Anzeichen hätte die fortgesetzte geologische Durch- forschung der jüngsten Zeit sonst unbedingt auffinden müssen. Das Randgebirge war vielmehr durch die ganze ältere Tertiär- periode hindurch Zerstörungsland. Erst viel weiter im 0 und S lag das dazugehörige Auftragsgebiet. Allein auch der Bereich des heutigen Mittelsteirischen Beckens war damals, im Alttertiär, an- scheinend der Abtragung preisgegeben; denn nirgends haben sich vorläufig in ihm zwischen den krystallinen und paläozoischen Gesteinen seines Untergrundes und den jungtertiären Einschüttungen paläogene Ablagerungen ermitteln lassen, weder in den natürlichen gebirgsrahmens das »Oststeirische Hügelland«. Aber wir sehen keinen Anlaß, von der Gepflogenheit der einheimischen Bevölkerung abzugehen, für die über die Regriffe West- und Oststeiermark die Lage der Hauptstadt Graz entscheidet. Voitsberg z. B. ins Oststeirische Hügelland versetzt zu sehen, ist von diesem Standpunkt aus un- erträglich. 1 Schmidt W., Die Kreidebildungen der Kainach. J. Geol. R. A. Wien, 1911. - R. Jaeger fand im ältermiozänen Eibiswalder Konglomerat bei Leutschach (Hoheneck am Montehügel) GeröUe mit Nummuliten. Sie dürften aus der nächsten Nähe stammen. Über ein Eozängerölle in den Miozänschichten usw. Vh. Geol. R. A. Wien, 1913. Vgl. auch ders., Foraminiferen usw., ebd. 1914. 3 Vgl., abgesehen von den älteren Mitteilungen F. Toulas im J. Geol. R. A. Wien, 1879, vor allem H. Mohr, Zur Tektonik der Grauwackenzone zwischen Schneeberg und Wechsel in Niederösterreich. M. Geol. Ges. Wien, 1910, p. 201 ff. 268 J. Solch, Auslässen der Talgchänge noch aus Bohrproben noch in den Auswürfen der jüngeren oststeirischen Vulkane um Gleichenberg. Mit Beginn des Miozäns treten wesentliche Veränderungen ein. Der Ablagerungsraum der Pannonischen Niederung vergrößert sich auf Kosten des Abtragungsraumes beträchtlich gegen W: Das Mittelsteirische Becken wird ihm angegliedert. Die Ursache hiefür waren tektonische Vorgänge, wobei Brüche entstanden. Ob an ihnen das Mittelsteirische Becken in die Tiefe sank oder das Randgebirge emporstieg oder ob beide Vorgänge neben- und miteinander wirkten, bleibe zunächst noch unentschieden.^ Für jetzt genügt es, die Tat- sache zu betonen, daß bereits damals der Abfall des Rand- gebirges nach Umriß und Aufriß im wesentlichen in seiner heutigen Form festgelegt wurde und von nun an die heutige Mittelsteiermark, aus einer in Zertalung be- griffenen Berglandschaft umgewandelt in eine bald der Zuschüttung, bald sogar der Überflutung durch das Meer verfallene Senke, in eine höchst wechselvolle Geschichte eintrat. Sie ist keineswegs mehr leicht aus den Formen und dem Aufbau des Bodens zu entziffern. Der Abfall des Randgebirges ist als eine Stufe entwickelt, die sich besonders scharf, nämlich unvermittelter, höher und steiler, über das Florianer und den innersten Winkel des westlichen Grazer Hügellandes erhebt, weniger hoch und mehr allmählich über das selbst so mannigfach abgestufte Hügelland östlich der Mur, das mehrfach selbst bis zur Höhe einer breiteren, simsartigen Vorstufe des Gebirges heranreicht. Er macht einen ganz jugendlichen Ein- druck. Auf längere Strecken hin ist er nur von kürzeren, tief ein- gerissenen, schluchtartigen Gräben zerschnitten, die sich mit steilem Gefälle zum Vorlande hinaussenken. Kleinere und selbst größere Stufen, über welche die Wässer und Wässerlein in Form von Kaskaden und höheren Wasserfällen herabstürzen, sind in ihnen nichts Seltenes. Nur wenig gegliederte Fazetten kehrt der Abfall zwischen den Ausmündungen dieser Schmalkerben gegen das Vorland. Am besten sind solche Erscheinungen dort zu sehen, wo Kalkberge dessen unmittelbare Umrahmung bilden. Ja selbst größere Flußläufe, wie Raab und Weizbach, haben zwar ihr Bett tief in den Abfall eingefressen, aber ihre Durchgangsschluchten trotz aller Kraft noch nicht zu flacherhängigen Sohlentälern verbreitern können. Vollends im W und SW haben sich auch die im Innern des Randgebirges wurzelnden Flüsse bisher nur enge, steilwandige Täler geschaffen, sohlenlos oder höchstens örtlich schmalsohlig, so die beiden Laßnitz, die beiden Sulm, aber auch weiter nördlich die Bäche der Gegend von Voitsberg.- Eigentlich macht hier im 1 Wir halten es für das Wahrscheinlichste, dafj beide .Arten von Bewegungen miteinander eng verbunden waren. Vgl. u. p. 276. '- Vgl. Solch J., Beiträge zur eiszeitlichen Talgeschichte des Steirischen Rand- gebirges. Forsch, deutsch. L. Vk. XXI. 4. 1917, p. 464. Das Grazer Hügelland. 2b J weiten Bogen des Mittelsteirischen Beckens bloß ein einziger Fluß eine Ausnahme, die Mur.^ Sie allein durchbricht das Randgebirge seiner ganzen Breite nach in einem wirklichen Sohlental; indes auch dieses verengt sich dort, wo es von trotzigerem Gestein übersetzt wird, zu schmalen Einschnitten. Also bloß der größte der Flüsse ist in der Talbildung soweit fortgeschritten, daß seine Ausmündung als breitere Pforte erscheint. Aber wenn nicht alles trügt, sind an deren Entstehung letzten Endes doch auch wieder tektonische Kräfte mitbeteiligt gewesen: die Buchten von Rain und Gratkorn sind Ausläufer des Mittelsteirischen Beckens, die spitzwinkelig den Umriß des Abfalls zahnen, ganz ähnlich wie ihn im Bereiche der Feistritz und der PöUauer Safen Buchten gliedern, die, mit größerer Breite gegen die Niederung geöffnet und noch erfüllt von deren Gehügel, gebirgswärts in schmälere Spitzen auslaufen. Im ganzen genommen, weist demnach der Abfall des Rand- gebirges gegen das Mittelsteirische Becken entschieden jugendliche Züge auf Das ist um so merkwürdiger, wenn er wirklich, wenig- stens in seiner ersten Anlage, altmiozän, also verhältnismäßig alt ist. Es gilt somit erstens diese Behauptung zu erweisen und zweitens jene Tatsache zu erklären. Den unteren Teil der Becken-, beziehungsweise Buchten- füllung bilden vor allem Schiefertone, bläuliche oder grünliche Tegel, die stellenweise sandig sind oder überhaupt von Sanden vertreten werden. Nur örtlich verbinden sich mit ihnen Süßwasser- kalke und Kalkmergel aufs engste. Wirtschaftlich wertvoll und geologisch bedeutsam werden aber alle diese einem einheitlichen Ablagerungsverband angehörigen Absätze durch die Einschaltung von ßraunkohlenflözen. Eben deren Untersuchung hat ja das meiste zur Altersbestimmung des ganzen Gebildes beigetragen, h'inerhalb des Grazer Hügellandes sind zwei \'orkommnisse vor allen anderen wichtig, einmal das von Voitsberg-Köflach-Lankowitz und zweitens das (schon viel kleinere) von Rein-Hörgas. Jenes lieferte eine ziemlich beträchtliche Anzahl von Säugerresten, nach denen seine Entstehung bis ins untere Mittelmiozän, wenn nicht überhaupt ins Untermiozän zurückreichen würde; die Süßwasserkalke \^on Rein hingegen eine Konchylienfauna, die im allgemeinen, wenn- gleich unter den Fachmännern noch Meinungsverschiedenheiten bestehen, ebenfalls auf älteres Miozän hinweist.^ Unseres Erachtens 1 Weiter im Süden zeigt selbst das Tal der Drau ein auffallend jugendliches Gepräge. - Über das Alter der steirischen Braunkohlen vgl. besonders Hilber V., Das Tertiärgebiet um Graz, Kö flach und Gleisdorf. J. Geol. R. A., Wien, 1893; ders., Das Alter der steirischen Braunkohlen. M. Geol. Ges., Wien, 1908; sowie Hoernes R., Bau und Bild der Ebenen Österreichs. Wien u. Leipzig, 1903, p. 950 ff. usw.; zuletzt Granigg B., Mitteilungen über die steiermärkischen Kohlenvorkommen am Ostfuß der Alpen. Ost. Z. Berg. Hüttwes., 1910. 270 J. Solch, dürften nämlich doch diejenigen Recht behalten, die, wie in neuerer Zeit Hilber und D reg er, allen den kohleführenden Schichten am Außensaum des Randgebirges von Eibiswald-Wies angefangen bis hinüber an dessen Nordostende gleiches Alter zuschreiben möchten. Die Ablagerungen jener fernen Zeit sind in der Folge keinen lebhafteren, stärkeren Störungen unterworfen worden; schwächere haben freilich nicht gänzlich gefehlt. Beachtenswert ist es in dieser Hinsicht auch, daß sich die Ablagerungen in der Richtung gegen die Niederung zu allmählich senken und dabei überdies auffallend mächtig werden. Die Süßwasserkalke unfern dem Rande des Gebirges reichen nämlich bis zu 500 m Meereshöhe empor, weiter im S gleichalterige Tegel nur mehr auf 400 bis 450 m\ an der Westseite des Plabutsch-Buchkogelzuges stehen solche in etwa 400 m Höhe an, weiter südlich oberhalb Doblbad in 350 bis 360 in. In dieser Gegend erwies ein 345 /// tiefes Bohrloch eine erstaun- liche Mächtigkeit des Gebildes; ^ ein anderes ergab unter einer 57 m mächtigen Schotterschicht eine 175 in mächtige x'\uftragung von Tonen, darunter 4-8 in mächtige Kohle und dann nochmals Tone.- Hier reichen die älteren Tegel und Tone also nicht mehr an die heutige Oberfläche empor. Doch dürfte dies nicht ausschließ- lich auf Absenkungen, die zum Teil noch während des Absatzes, zum Teil später eintraten, zurückzuführen sein. Denn auch in diesen südlicheren Strichen steigen gleichalterige Ablagerungen — am Holzberg östlich in bezeichnender Verbindung mit Kalken — wieder auf 480 m, ja sogar auf mehr als 500 in empor. Diese Ungleichmäßigkeiten möchten wir zum Teil auf spätere Land- zerstörung, verursacht durch Zertalungsvorgänge, zurückführen. Wenn nun aber diese ältermiozänen Absätze auch am Gebirgs- rand keine Spuren stärkerer tektonischer Einwirkung zeigen, keine größeren Verwürfe, keine Aufrichtungen, keine Faltungen, so liegen sie offenbar auch heute noch so, wie sie einstmals gebildet wurden, ferngelagert an den Gebirgsabfall, eingreifend in einzelne Buchten desselben, die erst kurz vorher entstanden waren. An den Beginn des Miozäns ist somit dessen Entstehung zu stellen. Die Veränderungen, die ihn später noch trafen, bestanden nicht so sehr in örtlichen tektonischen Umgestaltungen, als vielmehr in weiträumigen Verkrümmungen. Speziell als Einmuldungen kamen solche auch im Bereiche des Beckens zur Erscheinung. Die Ablagerungen selbst sind Süßwasserschichten. Sie können sich nur in seichten stehenden Gewässern gebildet haben. An lang- sam fließende Gewässer zu denken, ist hier wohl von vornherein ausgeschlossen, angesichts des Steilabfalls des Gebirges, dessen Wasserläufe im Gegenteil gröberes Material in die Niederung hätten hineinschütten müssen. Nur in einem Süßwassersee also können ' Granigg, a. a. 0., p. 48. - Hilber, Tcrtiärgebiel. p. 313. Das Giazcr Hügelland. ^' 1 ••o sich die Tegel und Kalke abgesetzt haben und sein Spiegel mußte wenigstens zu der Zeit, wo sich deren oberste Lagen niederschlugen, in mehr als 500 ;;/ Höhe liegen. In dieser Höhe haben wir heute nirgends mehr einen Gegendamm in der Nachbarschaft. Allein auch die Buchten am Saume des Randgebirges waren bereits breit geöffnet und verbunden mit dem Hauptteil des Mittelsteirischen Beckens, das seinerseits schon damals ein Ausläufer der Pannonischen Niederung war. Mögen auch die Auslässe aus jenen Buchtvvinkeln in das eigentliche Becken durch spätere Senkungsvorgänge noch erweitert worden sein, so ist doch schon für jene frühe Zeit ein zusammenhängender Spiegel innerhalb des ganzen Beckens das Wahrscheinlichste. Jedenfalls unterbrachen keine Felsschwellen lückenlos den Austausch der Gewässer; möglich nur, daß Teile der Buchten durch Sand- oder Kiesbänke abgeschnürt waren von dem Hauptsee. Dort, wo Täler mit lebhaft strömenden, einen Abfall zer- schneidenden Flüssen ein Vorland erreichen oder in einen See münden, ist Aufschüttung die Regel, sei es in der Form trockener Schotterkegel oder Schotterfächer, sei es in der Form von Deltas. Man ist überrascht, längs des weststeirischen Beckenrandes so wenig davon wahrzunehmen. Aber wo sie sich finden, sind sie als Blockschotter entwickelt, deren Gerolle wiederholt ganz unglaubliche Größe erreichen, vereinzelt selbst die kleiner Häuschen, häuliger Durchmesser von 1 bis 2 in in der Länge, 0-5 bis 1 in in der Breite, 0 3 — 0*5 ;;/ in der Höhe. Vielleicht am großi^rtigsten ist dieses Blockphänomen in der Eibiswalder Bucht und nordwärts von ihr bis in die Gegend von Deutsch-Landsberg, natürlich nicht ununter- brochen. Aber eine größere Lücke zeigt doch erst der Saum auf der Linie Deutsch-Landsberg — Ligist — Köflach und von hier weiter gegen NO. In der Bucht von Gratkorn trift\ man dagegen neuer- dings auf grobe Gerolle. Dann vermißt man sie auf der ganzen Strecke bis Hartberg, ja Friedberg, wo das sogenannte »Sinners- dorfer Konglomerat« ein prächtiges Gegenstück zu den Eibiswalder »Radikonglomeraten« ist.^ Allein damit ist die Verbreitung der Blockschotter noch nicht erschöpft: an der Westseite des Kulm, gegen Weiz hin, liegen solche vor der breiten Öffnung des Feistritz- tales in großer Tiefe, versenkt unter eine mächtige Decke jüngerer Ablagerungen.- So schrumpft bei genauerer Betrachtung der Raum, 1 Auch über dieses hat sich, abgesehen von den älteren Mitteilungen Hof- mann's und Hilbei's, besonders H. Mohr eingehend geäußert. \gl. dessen ersten Bericht über die Verfolgung der geol. Aufschlüsse längs der neuen Wechselbahn, insbesondere im Großen Hartbergtunnel. Anz. Ak. Wiss. Wien, 1909, p. 391 ff. - Vgl. die bemerkenswerte Angabe bei Granigg, a. a. O., p. 51 : In der Mitte der Mulde zwischen Raasberg und (Weizer) Kulm wurde in nicht ganz 440 in Mh. ein Bohrloch abgestoßen. In einer Bohrtiefe von 306 bis 363-4 m wechselten Letten- lagen mit Glimmerschiefergeröllen, die bis zu 2 in Durchmesser erreichten, sicheren Grundgebirgsschottern. Ebenso wechselten in einem 366-5 nt tiefen Bohrloch bei Etzersdorf von 209 bis 366-5 m Bt. wiederum die Glimmerschieferschotter mit einem 272 J. Solch. wo fluviale Einschüttungen aus jener Zeit am Beckenrand fehlen, doch recht erhebUch zusammen, und wir haben tatsächlich vor den Austrittsstellen der Hauptflüsse fast imm.er deutliche Auftragsgebiete. Wenn aber solche Ablagerungen in anderen Gegenden, wo man sie erwarten sollte, wirklich fehlen, so sind verschiedene Erklärungen möglich: entweder können sie in die Tiefe versunken sein, ähnlich wie vor dem Feistritztal, wo ja erst neuere Bohrversuche auf Braunkohlen ihr \'orhandensein erwiesen, oder sie können späterer Ausräumung zum Opfer gefallen sein, wie ja sicher in der Grat- korner Bucht die ursprünglichen Bestände stark vermindert worden sind; oder endUch, es ist dortselbst in der Tat damals nicht ab- gelagert worden. Das scheint zwischen der Laßnitz und Gratkorn der Fall gewesen zu sein und dann wieder am Gebirgsfuße nord- östlich von Graz. Hier ist ja die Talvertiefung auch heute noch weit zurück; auch dort ist der Abfall verhältnismäßig wenig zer- schnitten, größere Schotterkegel sind also nicht zu erwarten. Am ehesten würde man der Kainach und ihren Zuflüssen in der Köflach-Voitsberger Bucht lebhaftere Tiefennagung im Gebirge und dementsprechend stärkere Aufschüttung an dessen Saume zutrauen. Daß diese gleichwohl fehlt, dafür wüßten wir vorderhand kaum eine andere Erklärung als die, daß damals die Flußläufe in der westlichen Mittelsteiermark zum Teil anders gerichtet waren als heute. Wer weiß, ob speziell die Gegend der heutigen Bucht von Köflach von größeren Flüssen erreicht wurde. Kleinere Bach- läufe aber stürzten über den Abfall, als er sich gerade erst frisch gebildet hatte, vermutlich in Wasserfällen herab, zumal, wenn er sich rasch, vollends, wenn er sich plötzlich entwickelte. Oben hin- wiederum flössen sie bis an den Rand der Stufe in ihren alten, breiten Tälern heran, ohne in diese einzuschneiden; dort konnten sie sich folglich auch nicht mit Gerollen beladen, ebensowenig wie beim Sturz über die obere Abfallskante. Deshalb fehlt es vor ihren Ausmündungen in die Bucht an größeren, gut erkennbaren Geröllablagerungen. Wo die Beschaffenheit des Gesteins der Verkittung günstig war, haben sich Kittschuttmassen gebildet und bis auf den heutigen Tag erhalten, so besonders die »Breccie von Rein«, die einst als Schutthalde am Hang von Kalken und Kalkschiefern emporwuchs.^ Kalkwände lieferten auch an anderen Stellen nicht bloß reicheren, festeren Schutt, sondern auch das bindende Mittel. Am P^uße kristalliner Hänge sind die alten Schutthalden viel schwerer zu erkennen und überhaupt, da sie nicht verkittet wurden, später durch lehmigen Bindemittel. A. Winkler hat diese Tatsache weder in seinen so wertvollen und anregenden Studien »Über die jungtertiäre Sedimentation und Tektonik am Ostrande der Zentralalpen «, M. Geol. Ges. Wien, 1914, p. 256 ff., noch in seinen »Untersuchungen zur Geologie und Paläontologie des steirischen Tertiärs«, J. Geol. R. A. 1913, erwähnt. 1 Über die Breccie von Rein vgl. neben den älteren Angaben von Peters, Stur u. a. besonders Hilbcr. Tertiärgeb., p. 307. Das Grazer HüacUand. 273 •'o Verwitterung. Abbröckeln, Abrutschen viel stärker zerstört worden. Seither haben sie seinerzeit entlang den Gebirgsabfall eine viel größere Verbreitung gehabt, als sich gegenwärtig noch nachweisen läßt. So ergibt sich aus allen diesen Feststellungen die Richtigkeit unserer Behauptung, daß der Abfall des Gebirges in der Hauptsache schon ausgebildet war, als der ältermiozäne Seespiegel an ihn herantrat, in ihn eindrang. Woher dann aber die Jugendlichkeit seiner Formen, seine gute Erhaltung? Sie ist nur verständlich unter der Voraussetzung, daß der Abfall während langer Abschnitte der seit dem älteren Miozän verstrichenen Zeit von keinerlei Zerstörungs- vorgängen betroffen wurde, vor allem, daß die Erosionskraft der Flüsse erlahmt war. Wäre er seit damals ununterbrochen der Tal- bildung und ihren Auswirkungen preisgegeben gewesen, so hätte er sich bestimmt nicht so frisch erhalten, obwohl man auch dann noch keineswegs starke Talvertiefungen, Rückwärtsverlängerungen, Flußverebnungen erwarten dürfte. Davor muß schon der Vergleich mit den Abfällen anderer Gebirge warnen, die ungefähr gleich alt und gleich gebaut sind. Immerhin ist die Erhaltung der jugend- lichen Formen ganz besonders in Zusammenhang zu bringen mit einer außerordentlich weitgehenden Ver- schüttung, durch welche die normale Zersägung des Abfalls für geraume Frist unterbrochen wurde. So umfänglich und mächtig war die Verschüttung, daß sie nicht bloß das Vorland, das in- zwischen in den Bereich der Zerschneidung einbezogen worden war und ein Hügelrelief erhalten hatte, von neuem unter sich begrub, sondern auch langhin über den Rand des Abfalls empor- und in die Talmündungen hineinwuchs. Ausläufer des Gebirges, die sich zur Zeit des ältermiozänen Süßwassersees als Inseln über dessen Spiegel erhoben hatten, verschwanden nun unter einer dicken Schotterdecke, kaum daß z. B. der Plabutsch-Buchkogelzug mit seinem Haupte aus ihr herausschaute. Wir finden die mäch- tigsten Lagen dieser Schotterdecke einmal im westlichen Grazer Hügelland, dann östlich der Mur, angefangen von der Gratkorner Bucht hinab bis fast zur Südgrenze und hinüber zur Ostgrenze des östlichen Hügellandes. Hundertfältiger Beobachtung zeigt sie immer wieder ein ganz besonders auffälliges Merkmal: einen außer- ordentlichen Reichtum an Quarzschottern und zahlreiche Geschiebe eines schwarzen Kieselschiefers. Zu ihnen gesellt sich vorwiegend kristallinisches Material, das meistens stark verwittert ist; schein- bar ist es in den tieferen Schichten stärker vertreten als in den höheren. Kalke, selten über Faustgröße, gewöhnlich nur bis hühnerei- groß, stellen sich zahlreicher nur um die Mur-Raab -Wasserscheide ein: sie entstammen hauptsächlich den Schöckelkalken der Grazer Kalkberge. ^ 1 Über die Herkunft der Quarzschotter siehe unten. Das Herkunftsgebiet der Kieselschiefergerölle ist meines Wissens noch nicht ermittelt (vgl. p. 283, Anm.). Die 274 J. Solch, Dieses Schottergebilde nun stellt uns vor eine ganze Reihe inhaltsschwrerer Fragen; die wichtigsten davon sind die nach den Ursachen seiner Entstehung und nach seinem Alter. In beiden Beziehungen gibt ihre Verbreitung nach Höhe und in der Situation bemerkenswerte Aufschlüsse. Dazu tritt die Feststellung ihres Ursprungsgebietes hilfreich, um die Bedingungen ihrer Aufschüttung, die Untersuchung ihrer und ihres Liegenden spärlichen Fauna, um ihr Alter zu ermitteln. Die größten Schwierigkeiten, die Verbreitung der hieher- gehörigen Schotter klarzulegen, sind erstens die Möglichkeit, ja die Wahrscheinlichkeit, daß andere, ältere Schotter im Untergrunde vorhanden sind, von gleicher Herkunftsstätte (wenigstens zum Teil) und ähnlichster Beschaffenheit, so daß eine Trennung der jüngeren von den älteren nahezu unmöglich wird; und zweitens die zahl- reichen Rutschungen, die, ausgelöst durch die neuere Talbildung, Schottermassen aus höheren Lagen in tiefere versetzt haben, nicht bloß um wenige Meter, sondern manchmal im Verein mit Abspül ung und Abgleitung um mehrere Hunderte von Metern. Ihre formen- schaffende Bedeutung im einzelnen zu würdigen, wäre eine Auf- gabe für sich. Hier nur soviel, daß infolge ihrer Wirksamkeit Schotterhüllen erst nachträglich Talgehänge aus anderen, älteren Schichten ummantelt haben und uns dann eine tiefere, ursprüng- liche Aufschüttung vortäuschen; und daß die Höhen durch sie t stark zerstört und abgetragen worden sind. Eigentlich nur dort, wo sie über die Insel- oder Randberge aus Kalk gebreitet wurden, haben sich ihre obersten Lagen wenigstens annähernd noch in ihrer ursprünglichen Lage erhalten. Auf den Schieferbergen fehlen sie dagegen fast ganz.^ % Anreicherung der Quarz- gegenüber den Kristallinschottern ist nur zum Teil ursprünglich (über ihre Ursache vgl. unten p. 276), zum Teil dagegen zu erklären aus der starken \'er- witteiamg der Silikatgesteine. Da sie besonders in den oberen Lagen vor sich ging und vermutlich auch an der Ausbildung der lehmigen und sandigen, sehr ungleich mächtigen und ungleich verbreiteten Deckschichten beteiligt war, wird der Fündruck noch verstärkt, daß das kristalline Material in den unteren Teilen der Aufschüttungen überwiegt. Im übrigen dünkt uns dies gerade sehr wahrscheinlich, wenn man, wie wir es tun, die oberen und die unteren Schotter nicht allenthalben in die gleiche Aufschüttungsperiode versetzen. 1 Daß die Schotter auf den Schieferbergen fehlen, ist ganz merkwürdig. Während z. 15. die l'lächen der Tanneben östlich Peggaus weithin mit ihnen über- streut sind und ihrer auch die Kalkbergc der näheren Umgebung von (iraz nicht crmangeln, sucht man sie auf dem langen, aus einem prächtig entwickelten Talbecken herausgeschnittenen Zuge des Hiening nahezu vergeblich ; nur ganz vereinzelt beobachtete ich hier Quarzgerölle, und auch sie, bezeichnend genug, fast ausschließ- lich am Hang. \'ermutlich sind sie von oben herabverfrachtet worden oder herab- gestiegen. Seit den Zeiten ihrer Aufschüttung sind die Scliiefergesteine docli viel stärker abgespült worden als die Kalkbergc. Durch die Schotterdecke hindurch gelangte das atmosphärische Wasser bei ihnen auf undurchlässigen Grund, durch- feuchtete ihn und brachte ihn zu Abwärtsbewegungen von verschiedener Geschwin- digkeit. Dadurch wurde den Schottern ihre Unterlage entzogen und sie wanderten an den neu sich ausbildenden, nach unten wachsenden Hängen abwärts. Bei Kalk- unterlage dagegen geriet das eindringende Wasser auf durchlässigen Hoden; dessen Das Grazer HüücUand 275 •'ö Trotz alledem läßt sich doch einiges Bemerkenswerte mit Sicherheit sagen. Erstens, daß die jüngeren Schotter östlich der Mur ursprünglich nicht unter etwa 400 bis 450 in Meereshöhe abgelagert wurden und in ihrem Liegenden mit Vorliebe Sande weitverbreitet sind. Sande stehen auch sonst mit ihnen häufig durch Ein- und Wechsellagerungen in Verbindung, wobei sie gegen S und SO an Bedeutung zunehmen. Im übrigen ist östlich der Mur das Liegende der Schotter entweder unmittelbar das paläo- zoische Grundgestein oder es sind die Süßwasserschichten oder endlich auch Tegel und Lehme nachweisbar pontischen, seltener sarmatischen Alters. Die Schotter selbst können daher frühestens gleichfalls noch während des Pontikums abgelagert worden sein. Für Unterpliozän spricht auch die Fauna. Freilich wurde diese in noch sehr tiefen Horizonten gefunden. Eben deshalb ist es nicht ausgeschlossen, ja sogar wahrscheinlich, daß die höheren Schotter- schichten erst während des mittleren Pliozäns aufgeschüttet wurden.^ Denn die Gesamtmächtigkeit der Schottermasse betrug am Rand des Gebirges nördlich von Graz mindestens 400 in. Und das ist das Zweite. In geschlossenem Zusammenhang lassen sie sich hier allerdings kaum mehr bis zu 600 in Meereshöhe verfolgen, aber Schotterfetzen, sämtlich gleicher Art untereinander und gleicher Zusammensetzung wie die Hauptmasse, geleiten empor zu 700 m und Einzelvorkommnisse bis 800 in. Nichts nötigt dazu, diesen hochgelegenen und vereinzelten Schotterresten ein höheres Alter zuzuschreiben. Im Gegenteil: weiter westlich ist im N von Voits- berg der ursprüngliche Zusammenhang der niedrigeren Schotter Zerstörung blieb weit geringer und damit aucli die Abfuhr der hangenden Schotter. Aber gewisse Schwierigkeiten bleiben auch da noch bestehen. Vgl. Solch J., F.pi- genetische Erosion und Denudation. Geol. Rdsch., IX., p. 173. Vielleicht sind bestimmte chemische Vorgänge ins Auge zu fassen, wie z. B. Cvijic gelegentlich in anderem Zusammenhange es tat. Entwicklungsgesch. des Eisernen Tors. P. M. Ergh. 160, 1908, p. 16. 1 Wir sind leider diesbezüglich noch immer auf Vermutungen angewiesen. 1912 war ich, veranlaßt durch die Darlegungen von Bach (und ältere Beobachtungen von Peters), geneigt, die Grenze zwischen pontischen Tonen und Sauden und levantinischen Schottern schärfer zu ziehen. Speziell hatte Bach die Überreste eines Zahns von Mastodon (als Rest von M. longir. hatte ihn Peters seinerzeit erwähnt; meine Ausdrucksweise in Vh. D. G. T., Innsbruck, 1912, p. 132, sei damit klargestellt) Mast, arvern. zuweisen wollen und daran bestimmte Schlüsse über das Alter der Schotter und Sande in der Mittelsteiermark geknüpft. Allein seither hat Löczj' den Zahn neuerdings Mast. long, zugesprochen, Schlesinger einer Übergangsform zwischen M. l. und M. a. Ähnlich Hilber, der insbesondere betonte, daß gerade jene Schotter unmittelbar über dem Tunnel auch Reste von Dinoth. gig. und, wie man erst seit kurzem weiß, auch von Acerath. incis. enthalten. Darnach ist der Schotter der Raab-Mur-Wasserscheide, in dieser Höhe wenigstens, noch pontisch. Vgl. Hilber V., Baustufen, Paläolithikum- und Löß-Stellung. M. Geol. Ges. Wien, 1919, p. 199/200. Für die höheren Lagen, die heute nicht mehr vorhanden sind, aber einst vorhanden gewesen sein müssen (vgl. die hochgelegenen Schotter auf dem Gipfel des Wildoner Buchkogels und im Gleichenberger Vulkangebiet), möchte ich aber an einem jüngeren, also mittel- bis oberpliozänen Alter auch jetzt noch festhalten. 276 J. Solch, mit hochgelegenen (auch hier in fast 800 /;/) kaum unterbrochen. Ganz besonders aber spricht ein morphologischer Beweisgrund für die Zusammengehörigkeit aller dieser oberen Schotter: die Anlage des heutigen Talnetzes; es ist nur durch Epigenese erklärbar und diese setzt Aufschüttung bis zu einer Höhe von mehr als 700 m voraus.^ Westlich Graz macht sich an der Grenze gegen das Florianer Hügelland eine besondere Schwierigkeit bemerkbar. Sie eindeutig zu lösen, will solange ziemlich aussichtslos erscheinen, als Fossil- funde fehlen. Hier bietet sich uns eine Gelegenheit, kurz die Zustände unserer Landschaft in dem Zeitraum zwischen dem Älter- miozän und dem Pontikum zu beleuchten. Nach den sorgfältigen Untersuchungen älteren und jüngeren Datums besteht das Florianer Hügelland hauptsächlich aus zwei Arten von Ablagerungen: im Liegenden aus brackischen und marinen Tegeln und feinen Sanden, die nur gegen das Gebirge hin gröber werden, und im Hangenden aus Kleinschottern, Kiesen und gröberen Sanden. Gesteine anderer Art, z. B. Mergel, treten ganz in den Hintergrund. Kalke stellen sich erst in einiger Entfernung vom Gebirgsrand ein, hier dann aber in ziemlicher Ausdehnung und Mächtigkeit. Ihr bedeutendstes Gebilde ist der Wildoner Buchkogel, von dessen Höhe sie mehr als 200 m aufbauen, dabei in ihm gipfelnd in 551 w H. ü. d. M. Es sind mittelmiozäne Leithakalke, angehörig der zweiten Mediterranstufe (dem Tortonien). Als äqui- valente Bildungen sind nun die oberen Florianer Schichten, die Kiese und Sande, aufzufassen. Die unteren Florianer Schichten hinwiederum gehen anscheinend über in die Mergel- und Schlier- schichten, welche im S und SO unter den Leithakalken hervor- kommen und sich besonders am Aufbau der mittleren Windischen Bühel beteiligen.^ Sie sind, obwohl sie zu den oberen Schichten ziemlich enge Beziehungen haben (das ist namentlich dort der Fall, wo sie gröber ausgebildet sind), doch deutlich älterer und anders- artiger Entstehung: spätestens dem Grunder Horizont gleichzusetzen, wenn nicht noch in das eigentliche Untermiozän zu stellen. Sie sind daher ungefähr gleich alt mit den ältermiozänen Süßwasser- schichten: deutlich glaubt man die Zunahme der Tiefe und des Salzgehaltes jenes Gewässers zu erkennen, dessen Wellengang an den neu gebildeten Abfall schlug. Blockschotter am Saume des Gebirges, wo kräftigere Flüsse ausmünden, Schutthalden an den prallen Abfällen besonders der Kalkberge, Absätze von Süßwasser- tegeln und Sanden im Innern von Buchtwinkeln mit Zufuhr frischen ^ Über die Epigenese vgl. Sülch, Epigen. Eros., und u. •-' Vgl. Sülch J., Die Windischen ßühcl. M. G. Ges., Wien, 1919, Sab. p. 16/7. Das Giazer Hügelland. 277 ^o Wassers, Neigung hier zur Versumpfung und Vertorfung; wo das Meer breiter eindringen konnte, Absatz von Tegeln in schwach brackischem, 'seichterem Wasser, weiter draußen Niederschlag ähn- lichen Materials in tieferem Wasser: dies alles läßt sich sehr gut zusammenbringen. Nun wurde über die feineren unteren Schichten des Florianer Hügellandes gröberes, ja grobes Material gebreitet, das nur von fließendem Wasser herbeigeschleppt worden sein kann. Dies bedeutet, daß sich das Aufschüttungsgebiet der Festlandflüsse erheblich ver- größert hatte und meerwärts vorgerückt war. Zum größten Teil unter dem Seespiegel abgelagert, erheben sich heute die Schotter und Konglomerate aus jener Zeit zu Höhen von mehr als 600 m, sogar in ziemlicher Entfernung vom Gebirgsabfall. Selbst hier sind sie noch etwas von späteren tektonischen Bewegungen erfaßt worden, obwohl ihre Neigung in einem gewissen Ausmaße auch auf die ursprüngliche Deltastruktur zurückzuführen ist. Stärker waren jene aber weiter im S, in der Richtung gegen Ramschnigg- und Radelgebirge: in der Umgebung von Arnfels sind die Fall- winkel größer und zugleich auch nicht mehr so einheitlich orientiert wie nördlich davon, wo N- und NO -Fallen vorherrscht. Diese Schotterdecke aber steht in so engem Zusammenhang mit den Radelkonglomeraten, daß man sogar an ihre Gleichaltrigkeit denken konnte. Unseres Erachtens wäre jener nur etwa so zu verstehen, daß das Radelkonglomerat das Material für das vorlagernde Delta- gebiet lieferte. Das Radelkonglomerat war bereits in Zerstörung begriffen, als sich die oberen Florianer Schichten bildeten: durch das Einsetzen einer Hebung war es nunmehr Zertalungsvorgängen überantwortet worden, während die Senkung des Vorlandes weiter fortschritt. Zeigen schon die liegenden Süßwasserbildungen und die brackischen Tegel und Mergel ganz erstaunliche Mächtigkeiten und trotzdem keine wesentlichen Verschiedenheiten in der Be- schaffenheit ihrer unteren und oberen Partien (und das läßt sich nur bei einer lange fortdauernden, allmählichen Einkrümmung begreifen), so verrät die große Masse der Leithakalke, die sich nur in seichtem Wasser niedergeschlagen haben können, eine derartige Krustenbewegung mit untrüglicher Bestimmtheit. Eben daher die gewaltige Schotteranhäufung im S, eben daher auch das Einfallen der liegenden Mergel nordwärts.^ 1 Wie weit die Ansichten gerade hier noch auseinandergehen, zeigt uns schon folgendes: Hilber hält den Schlier für eine Entsprechung der Grunder Schichten und die Eibiswalder Schichten für älter; auf jenen lagern dann die Leitha- kalke, -Schotter (-konglomerate) und -sande. Winkler hielt die Foraminiferenmergel (Hilbers Schlier) für älter und stellte die Konglomerate und Sande ursprünglich zur Grunder Stufe, später zur Leithastufe. Mit diesen vereinigte er auch die Block- schotter des Radel; die Eibiswalder Schichten versetzte er unter die Foraminiferen- mergel. Dreger verknüpfte die Radelschichten mit gewissen Schottern der Arnfelser Gegend und hält sie für älter als die Eibiswalder Schichten, die wohl in die Grunder Stufe gehören. Ich selbst halte alle diese Bildungen für ungefähr gleich alt, zu den 278 J. Solch, Der auffälligste geologische Zug des Florianer Hügellandes ist wohl der, daß aus ihm sarmatische Ablagerungen^ und jüngere pontischen und levantinischen Alters bis heute noch ' nicht nach- gewiesen sind, hn westlichen Grazer Hügelland aber haben wir die großen pliozänen Aufschüttungen, und Überreste sarmatischer Kalke und Tegel, gebildet nahe dem Seespiegel, sind in der Thaler Bucht westlich von Graz bis heute erhalten geblieben; dagegen ließen sich nirgends Äquivalente der Leithakalke, -sande und -Schotter sicher beobachten. Wir stünden also vor der eigenartigen Tatsache, daß das Kainachtal eine der wichtigsten geologischen Grenzen innerhalb des Mittelsteirischen Beckens darstellte: nördlich von ihm kein Mittelmiozän, aber Reste von Obermiozän (Sarmati- kum) und reichliches Pliozän, südlich von ihm dagegen reichliches Mittelmiozän, wenig Sarmatikum und kein Pliozän. Wie soll man sich dies zusammenreimen? Wir sind jetzt vor der erwähnten besonderen Schwierigkeit angekommen. Prüfen wir die einzelnen Möglichkeiten, sie zu überwinden! Die pontischen (und jüngerpliozänen) Schotter östlich von Graz reichen, wie bemerkt, im allgemeinen nicht unter 400 in herab. Dürfen wir dann aber tiefer gelegenen Schotter westlich von Graz für gleichaltrig ansehen? Vollends wachsen unsere Bedenken, wenn wir berücksichtigen, daß das Sarmatikum westlich von Graz merklich höher liegt als östlich der Mur, so daß hier sogar eine tektonische Einbiegung nicht ausgeschlossen ist. Andrerseits steigen die »Leitha- schotter und -sande«, d. h. die oberen Florianer Schichten südlich der Kainach auf mehr als 400 in — noch heute — an. Was für eine Annahme ist dann weniger gekünstelt: Die unteren Schotter- lagen des westlichen Grazer Hügellandes sind eben gar nicht pontisch, sondern Äquivalente der südlich des Kainachtales an- schließenden Leithastufe; oder: zwischen Mur und Kainach läutt zwischen Leithaschottern im Westen, Kongerientegeln und sarma- tischen Schichten östlich der Mur eine EinfüUung pliozäner Schotter spitz gegen S bis SSO aus. Aus solchen Erwägungen heraus habe ich schon 1912 die Schotter des Kaiserwaldes als »Leithaschotter« gedeutet und möchte auch heute noch an dieser Ansicht festhalten.- Ansichten F. Roll es zurückkehrend, und möchte nur die Iiöheren Schotter und Kalke in die Leithastufe verweisen. Die Radelkonglomeratc keilen anscheinend sehr rasch im Untergrund der kohlefiJhrenden Schichten von Eibiswald aus (vgl. Radimsk}' V., Das Wieser Bergrevier. Klagenfurt, 1875) und diese gehen weiter hinaus zu alsbald in die Foraminifercnmergel, beziehungsweise Grunder Schichten über (vgl. meine Darlegungen in der Vers. D. Natf. Ärzte, Wien, 1913, an denen ich auch heute festhalten muß). 1 Sie überschreiten nirgends die Mur. 2 Trotz der Bedenken, die A. Aigner in seinen »Geomorphologischen Studien über die Alpen am Rande der Grazer Bucht«, J. Geol. R. A., 1916, p. 295 ff., gegen meine Auffassung (siehe diese in den Vh. 18. D. G. T. Innsbruck, 1912) erhebt. Aber Aigner bleibt die Erklärung für die Haupttatsache schuldig, die sich dann ergibt: die erwähnte Rolle der Kainachlinie. Auf die zum Teil recht fragwürdigen und in sich nicht widerspruchsfreien Einwände Aigners werde ich übrigens Das Grazer Hügelland. 27 J -•6 Wo sich später die wirklich pliozänen Schotter unmittelbar auf die älteren legten, wird es allerdings so gut wie unmöglich, die Grenz- fläche zwischen beiden auch nur örtlich zu ermitteln, geschweige denn, in ihrer ganzen Erstreckung zu verfolgen. Nur Fossilfunde (und selbst diesen dürfte keine absolute Beweiskraft zuerkannt werden) können einen Schimmer von Licht in das Dunkel dieser Frage bringen. Andere Überlegungen sind unserer Annahme günstig, noch andere wenigstens nicht ungünstig. Die Verhältnisse am Weiten- dorfer Basalt gewähren keine Entscheidung, stehen aber jedenfalls nicht im Widerspruch mit ihr. Der Basalt hat nämlich eine Decke mariner Schiefertone, Äquivalente der unteren Florianer Schichten, bei seinem Aufsteigen emporgehoben, sie aber nicht durchbrochen, er tritt daher in keine unmittelbare Beziehung zu den Schottern.^ Wichtiger ist vielleicht nur die Tatsache, daß hier überhaupt nörd- lich der Kainach doch noch Marinschichten mit Schottern im Hangenden anzutreffen sind: Damit ist eine Analogie zu dem Befunde jenseits der Kainach gegeben. Sie wird noch dadurch verstärkt, daß auch in die Hangendschotter des Basaltes lehmige Partien und Sandbänke eingelagert sind und man in diesen auch hier wieder Wellungen wahrnehmen kann, alles Dinge, die zum mindesten unserer Auffassung nicht zuwiderlaufen. Noch besser würde diese gestützt, wenn sich zeigen ließe, daß auch die Schotter noch mitgehoben oder angebrannt worden seien. Bewiesen freilich auch dann nicht; denn selbst Gleichzeitigkeit der Schotterablagerung mit dem Basaltausbruch wäre dann nicht völlig von der Hand zu weisen, während freilich eher noch sarmatisches Alter für ihn in Betracht käme, da sarmatische Schotter weiter im O und SO jen- seits der Mur eine nicht geringe Rolle spielen.- Allein immer wieder führt mich zuletzt etwas zurück, die Annahme mediterranen Alters zu bevorzugen; jetzt wiederum die Wahrscheinlichkeit, daß jüngere Nachbrüche vielleicht noch sarmatischen, wahrscheinlich früh- pontischen Alters ungefähr entlang dem heutigen Murtal eine höhere Scholle westlich der Mur von einer abgesenkten östlich gelegentlich ausführlicher zurückkommen. Dagegen möchte ich auf den Miirex sttblavatus, den Stur seinerzeit (Geol. v. Steiermark, p. 634) aus dem Kaiserwald erwähnt hatte und an den ich a. a. 0. nebenbei erinnerte, selbst nicht allzuviel Gewicht legen. Der Begriff »Kaiserwald« war vielleicht für Stur ein anderer. Im übrigen ist ja Sarmatikum in geringer Entfernung in der Tat nachgewiesen worden. 1 Über den Weitendorfer Basalt vgl. die zum Teil recht widerstreitenden Meinungen von J. Dreger (Vh. Geol. R. A., Wien, 1902), H. Leitmeier (N. J. Min. Geol. Pal. BB. XXVII, 1919 u. M. natw. Ver. Stm., 1910), Ohnesorge (Vh. Geol. R. A., Wien, 1909), Hilber (Zbl. Min., 1905 u. N. J. Min. etc., 1908). Trotz mehr- maligen Besuches des bekannten Steinbruchs wage ich hier eine Entscheidung derzeit nicht zu treffen. 2 Vgl. Fabian K., Das Miozänland zwischen Mur und Stiefing bei Graz. M. natw. Ver. Steierm., 1905, ferner die .arbeiten und Mitteilungen Hilbers und in neuester Zeit besonders A. Winklers. Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl , Abt. [, 130. Bd. 21 280 J. Solch, scheidet. ^ Wir dürften dann die unteren Schotter des westlichen Grazer Hügellandes erst recht nicht als Äquivalente der sarma- tischen Schotter im südöstlichen und im anschließenden deutschen Grabenland ansehen, sondern müßten hier ihre Entsprechungen in der Tiefe unter diesen suchen, gleichwie ja auch die Leithakalke hier unter ausgiebiger V^erschüttung unten begraben liegen.- Die Annahme einer Einkrümmung oder gar eines Einbruchs, die sich östlich vom Plabutsch-Buchkogelzug, vom Weiten dorfer Basaltberg und vom Wildoner Buchkogel entwickelt hätte, hilft uns, einem sonst sehr berechtigten Einwand zu begegnen: W^enn wir uns scheuen, die Kainachlinie als Grenze zwischen zwei ver- schieden alten Schottergebilden zu betrachten, ^varum scheuen wir uns nicht, eine solche Grenze entlang dem Murtal zu suchen? Ist damit nicht bloß eine Verschiebung der Schwierigkeit erzielt!^ Abgesehen davon, daß wir ja in Wirklichkeit die Mur gar nicht als Grenze festlegen (denn wir schreiben der Schotterfüllung des w^estlichen Hügellandes keineswegs einheitliches Alter zu), sprechen im übrigen Höhenlage und Verbreitung der Sch(_)tterkomplexe zugunsten unserer Auffassung und gegen die andere; und eine stärkere Einbiegung östlich vom Plabutsch-Buchkogelzug erweisen jene Bohrungsergebnisse, wonach im Untergrunde des Grazer Feldes Sarmatikum erst etwa 150 m unter der heutigen Oberfläche (also in imgefähr 200 in Meereshöhe) anzustehen scheint. Auch weiter östlich reicht bei Weiz das Sarmatikum, bisweilen 100 bis 150 /;/ mächtig, bis 200 in Meereshöhe hinab.-'' Hier liegen dann unter ihm die mächtigen Schotter älter- und mittelmiozänen Alters, die wir oben in eine Reihe mit den Eibiswalder Konglo- meraten stellten. Allein nunmehr müssen wir eine Einschränkung machen; Die oberen Partien sind vermutlich bereits oberes Mittelmiozän, beizuordnen der Leithastufe, jedoch nur schwer von den älteren zu trennen, genau so wie zwischen den Radelkonglomeraten und den Arnfelser Schottern enge Zusammenhänge bestehen. Hier, öst- lich der Raab, ist also die Folge ziemlich deutlich erkennbar: Mächtige älter- und mittelmiozäne Schotter unten, mächtige pliozäne Schotter oben, dazwischen bedeutende sarmatische und pontische Ablagerungen überwiegend feinerer Art. Im Untergrunde von Graz käme man unter den sarmatischen Mergeln aller Wahrscheinlichkeit nach gleichfalls in die mittelmiozänen Schotter. Westlich vom fc>' 1 Auf die Bedeutung und den Verlauf solcher Brüche, beziehungsweise Abbiegungen hat neuerdings besonders A. Winkler aufmerksam gemacht und ein- schlägige Beobachtungen geliefert; aber schon lange vor ihm hat llilbei- ähnliches erwogen. 2 Vgl. u. a. die Auswürfe im Gleichenberger X'ulkangebiet und seiner Nachbarschaft. ^ Über Sarmatikum in der Weizer Gegend Vgl. Granigg, a.a.O., weiter südlich Hilber, Tertiärgehiet. Das Grazer Hügelland. '281 Plabutsch-Buchkogelzug aber liegt alles, was sich schon vor dem jüngeren Einsinken abgelagert hatte, ein paar hundert Meter höher: das Sarmatikum in 440 bis 500 in, das Mediterran in 300 bis 350«;. Aber das Sarmatikum ist hiei- überhaupt schon viel schmächtiger gewesen, das Pontikum tritt gleichfalls zurück. Infolgedessen rücken die obere Grenze der unteren Schotter, die untere der oberen immer mehr zusammen, und wo das weichere Material jener Stufen ausgeräumt war, ehe sich die oberen Schotter niederschlugen, dort lagern beide Schotter unmittelbar übereinander. Vielleicht sind auch sarmatische und pontische Schotter aufgeschüttet worden; sie müßten sich dann, soweit sie erhalten blieben, zwischen die älteren und die jüngeren einschalten. ^ Obgleich auch das Bild des Entwicklungsganges dadurch noch verwickelter wird, so darf man trotzdem solche Möglichkeiten nicht aus dem Auge verlieren; denn es tut uns die Natur nicht den Gefallen, bloß Einfaches zu bieten. Endlich aber: Wenn wir südlich der Kainach, im Florianer Hügelland, eine mittelmiozäne Einschüttung haben, seewärts ab- geschlossen durch einen Kranz von Leithakalken, den man bei Wildon noch deutlich ostwärts umbiegen sieht, so muß ja doch irgendeine Entsprechung auch nördlich der Kainach vorhanden gewesen sein. Süßwassergebilde gleichen Alters als Äquivalente hier zu suchen, hätte keine Berechtigung. Wenn das Meer über- haupt hier eindrang, so kann es sich nur um Absätze von der Art der Leithasande und -schotter handeln. Wo und in welcher Höhe dann aber überhaupt der Strand des Leithameeres lag, wird sich kaum jemals so genau ermitteln lassen.- Östlich der Mur liegen nämlich, wie erwähnt, die Leithakalke und ihre Äquivalente weit unten in der Tiefe. Erst bei Hartberg findet man sie wieder, hier ufernah in einer Höhe von mehr als 400 m.^ Im Wildoner Buchkogel dagegen erheben sie sich zu 550 m, und zwar obwohl sich während ihrer Bildung der Meeresgrund gesenkt haben muß. Vorausgesetzt, daß dort die Verkrümmung der Erdkruste mit dem Ende des Miozäns aufgehört hätte, müßte man den Seespiegel in rund 600 nt Meereshöhe annehmen. Allein höher noch steigen die Arnfelser Schotter im Kreuzberg. Wir erhalten folglich für den Strand des Leithameeres im Süden sehr viel größere Höhen als im N und ganz das gleiche zeigen uns die ufernahen Bildungen des sarmatischen Meeres. Wir müssen daher mit einer späteren Schrägstellung entlang den ganzen Gebirgsrand rechnen. An- nähernd ließe sich für die Gegend von Graz die Höhe der Ufer- linie des Leithameeres zu rund 500 in Meereshöhe berechnen. Aber sie läßt sich nicht mehr beobachten, denn östlich von Graz, 1 Hinweise auf die Verschiedenheit im Alter der Schotter, siehe zumal in den Arbeiten von Hilber, Solch, Winkler. 2 Vgl. besonders Hilber, Über das Norduter des Miozänmeeres bei Graz. M. Geol. Ges., Wien. 1913. 3 Hilber, Das Tertiärgebiet von Hartberg. J. Geol. R. A., Wien 1894, p. 394. 282 J Solch. wo sie sich deutlicher ausprägte, ist der Gebirgsabfall w^eit über diese Höhe hinauf von jüngeren Gebilden verhüllt, westlich von Graz hingegen konnten sich im Hintergrunde der tief eingreifenden Bucht Strandmarken etwa in Gestalt von Brandungskerben kaum entwickeln, abgesehen davon, daß nach unserer Auffassung Flüsse ihre Schotter vortrugen und dem Meere ihrerseits verwehrten, seine Wirksamkeit zu entfalten. Nun mußten wir dann allerdings erwarten, daß die Leitha- schotter zwischen Mur und Kainach bis ungefähr 500 in hinauf- reichen, während wir vorhin ihre obere Grenzfläche in rund 400 tu annahmen. Aber diese Zahl bezog sich auf einen schon weit gegen S vorgeschobenen Teil, und war nur gewonnen aus der Höhe, bis zu der die Leithagebilde südlich der Kainach heute empor- reichen. Wissen wir aber so sicher, daß das Florianer Hügelland von allem Anfang an nicht höher war, daß die Landzerstörung bloß das gegenwärtige Talnetz einfurchte, dagegen die wasser- scheidenden Hügelzüge zwar kuppte und sattelte, aber nicht wesentlich abtrug? Daß das Florianer Hügelland früher tatsächlich zu größerer Höhe emporreichte, wird erwiesen durch die Schotterreste auf dem Gipfel des Wildoner Buchkogels, in 550 w.^ Von einem Flusse herbeigeschleppt, erfordern sie eine Frachtbahn quer über das heute viel niedriger bleibende Hügelland hinweg. Wenn sie, wie wir glauben, wirklich aus dem Westrahmen des Mittelsteirischen Beckens stammen, so muß — auch hier wieder vorausgesetzt, daß stärkere Krustenbewegungen sie nicht mehr trafen — ■ der Fluß, der sie herbeischleppte, beim Austritt aus dem Gebirge in mindestens 600 bis 650 m Meereshöhe geflossen sein. Bis zu dieser Höhe mußte dort der Gebirgsabfall von der Beckenfüllung verhüllt sein. Und damit stehen wir auch hier, am Westrand des Florianer Hügel- landes, vor jener wichtigen, wenn nicht der wichtigsten Ursache, warum er sich trotz seines verhältnismäßig hohen Alters noch immer so auffallend jugendliche Züge erhalten hat! Seine Zer- schneidung und Ausgestaltung konnten ja stets nur so weit in die Tiefe heruntergehen, als er durch die Abtragung des Vor- landes aus seiner Hülle herausgeschält wurde, und in stärkerem Ausmaß überhaupt erst wirksam werden, als dieser Vorgang schon größere Fortschritte gemacht hatte. Wieviel Zeit mußte aber darüber verstreichen! Seit der Ablagerung der Wildoner Höhenschotter ist also das Florianer Hügelland westlich davon um mindestens 150 ni erniedrigt 1 Hilber erwähnte bereits 1878 (J. Geol. R. A., Wien, p. 554) »vereinzelte, aber nicht seltene Gneis- und Quarzgeschiebe« vom Wildoner Schloßberg, fügte aber ausdrücklich hinzu, daß auf dem Buchkogel niclits derartiges vorkomme. Ich habe jedoch im März 1915 auf dessen Gipfel etliche Gerolle von ganz der gleichen Art wie auf dem Schloßberg gefunden. Vgl. Solch, Ungleichseitige Flußgebiete und ralquerschnitte. P. M. 1918, p. 254. Das Giazer Hügelland. 283 worden. Wann ist das geschehen? Abermals eine schwierige Frage! Wüßten wir das Alter der Wildoner Höhenschotter eindeutig geklärt, so wäre sie leichter zu beantworten. Aber diese liegen so vereinsamt, so ohne jede Beziehung zu den Ablagerungen ringsum, daß es sich kaum jem.als wird unmittelbar feststellen lassen. Nur mit gevxissen Wahrscheinlichkeitsgründen läßt es sich vielleicht annähernd be- stimmen. Erstens: zu einer Zeit, wo der Nordrand des Mittel- steirischen Beckens bis zu ungefähr 800 ;;/ verschüttet wurde, ja wo auch der Westrand bis herüber in die Gegend von Ligist noch bis zu dieser Höhe unter Schottern begraben war, mußte der Abfall des Gebirges auch weiter im S viel höher hinauf als heute von Aufschüttungen bedeckt sein. Wie könnte man es begreifen, daß die Nordhälfte des Mittelsteirischen Beckens von mehrere hundert Meter mächtigen Ablagerungen aufgefüllt wurde, die Süd- hälfte gar keine erhielt? Das wäre nur denkbar, wenn die Oberfläche der Südhälfte an und für sich höher gelegen, also z. ß. nur sehr wenig abgetragen oder wenn sie höher gehoben gewesen wäre; und selbst dann wäre eine so scharfe Grenze zwischen beiden Räumen nicht recht verständlich, man müßte einen Übergangs.^ürtel erwarten. Allein dafür, daß die Landschaft im S damals soviel höher lag, dafür sind Anhaltspunkte nicht vorhanden. Es haben daher wohl den pliozänen oberen Schottern im N auch Auf- schüttungen weiter im S entsprochen; nur brauchten sie hier nicht mehr so hoch hinaufzureichen. Im Gegenteil, bei ihnen derartige Höhen anzutreffen wie im N, würde überraschen, denn hier stammte weitaus der größte Teil der Auffüllung von der Mur: sie hat zuerst einen Deltakegel in das Aleer hinausgebaut und darüber dann ihren Schotterfächer vorgeschoben, immer weiter und weiter, je mehr sich der pliozäne See der Pannonischen Niederung zurück- zog. Vor allem der Stau, den der von ihr mitgeführte Schutt aus- übte, indem er sich vor die westlichsten Ausläufer aes Mittel- steirischen Beckens legte, zwang auch die dort aus dem Gebirge heraustretenden Flüsse zur Auftragung. ^ Weiter im S machte er 1 Ich bin also noch sehr weit davon entfernt, die >Beh'edereschi:)tter« der Grazer Gegend ausschließlich auf ONO fließende Flüsse zurückzuführen, wie Hilber auf Grund einer weit weniger besagenden Äußerung von mir anzunehmen scheint. Baustufen usw., p. 299. Von den Gründen, die Hilber in derselben Abhandlung anführt, um meine Ansicht zu widerlegen, ist nur der erste stichhältig. (Ebd.. p. 198 f.) Allein 1912 waren die hochgelegenen Schotter der Köflacher Gegend weder ihm noch mir bekannt. Erst seither haben Aigner und ich unabhängig von- einander solche aufgefunden und davon Mitteilung gemacht. Dagegen bemerke ich zu 2, daß nur auf Karten ganz kleinen Maßstabes einzelne Flüsse in einer Ebene unmittelbar am Abfall eines Gebirges entlang zu fließen scheinen und daß zwar bei Köflach selbst der Alpenfuß noch NS streicht, aber nicht mehr auf der Linie Köflach-Gratwein, der Flußrichtung an Hilbers Beispiel, die, gegen ONO gestreckt, eben doch mit der Richtung des Abfalls zusammenfällt. Zu 3: Über die Quarze siehe unten. Zu 4: Über die Herkunftsstätte der Kieselschiefer ist allerdings nichts bekannt. Aber die einzige Angabe über anstehende Kieselschiefer bezieht sich jeden- falls auf das Murgebiet. Siehe Morlot A. v., Über die Gliederung der azoischen Abteilung des Übergangsgebirges im Murtal. Haid. Ber. III., 1848, p. 242/3, dessen 284 J. Solch, sich dagegen immer weniger bemerkbar und die Wasserläufe, deren Schotterführung selbst heute in der viel tieferen Lage beim Austiitt in das Vorland keineswegs besonders reichlich ist, schütteten hier nicht so hoch auf wie weiter im N. Ganz dasselbe kann man erst recht östlich der Alur beobachten: die Schotter nehmen hier gegen S und SO an Mächtigkeit ab, ihre GeröUe werden kleiner und kleiner, Kiese und Sande gewinnen das Übergewicht. Gerade hier, östlich der Mur, sind aber pliozäne Schotter im Gleichenberger Vulkangebiete erhalten geblieben, in Höhen bis zu 500 m und noch darüber;^ sie verraten, daß das Hügelland der Umgebung seither schon merklich tiefer gelegt worden ist, und wir brauchen uns nicht mehr darüber zu wundern, daß das Florianer Hügelland um 100 bis 150 ui und mehr abgetragen wurde. Wir kommen darauf noch kurz zurück. Der große Schotterfächer der Mur ist durch die Vorherrschaft der Quarzgerölle gekennzeichnet. Das hat unseres Erachtens zwei Hauptursachen. Erstens: Die Zersetzung und Zerstörung der anderen Gerolle, die weniger widerstandsfähig waren. Immer wieder kann man nämlich beobachten, wie die Quarze stets in den obersten, den Atmosphärilien jeweils am meisten ausgesetzten Schichten am stärksten angereichert sind. Hier sind zugleich wiederum Lehme weit verbreitet, vermutlich sehr oft aus der Zersetzung der anderen Gerolle hervorgegangen. Aber schon in geringer Tiefe ist das kry- stallinische Material reicher an der Schottergesellschaft beteiligt, und zwar, bezeichnend genug, sehr oft in der Form von Gesteins- leichen.- Solche trifft man jedoch, und zwar gerade im westlichen Hügelland, ganz besonders auch wiederum in verhältnismäßig tiefen Lagen an, eine Tatsache, die mir von Anfang an als ein Haupt- grund galt, diesen ein anderes, höheres Alter zuzuschreiben.'^ Zweitens: Die Aufschüttungen der Mur waren hier von Anfang an besonders reich an Quarzgeröllen. Dann, wie ich an anderer Stelle zeigen werde, entstammen sie in der Hauptsache den Schotter- füllungen der Norischen Beckenfurche, in denen gleichfalls krystalli- nes Geröll und Quarze, aber in einem für das Krystallin weit günstigeren Verhältnis, gemischt sind. Bei der während des Pliozäns erfolgenden Ausräumung jener Becken waren die krystallinen Gerolle schein so stark verwittert, daß ihre Verfrachtung selbst Angabe hiermit jedenfalls der Vergessenheit entrissen und zur Nacliprüfung cnip- folilcn werden soll. Die petrographische \'erschiedenheit zwischen den Geschieben der heutigen Mur und denen des Belvcdereschotters konnte nur ein Blinder bestreiten, aber sie erklärt sich aus unseren Darlegungen ohne weiteres. 1 Nach einer freundlichen Mitteilung von A. Winkler trägt die Terrasse an der Nordwestseitc der Gleicl-.enberger Kogel gut gerundete Quarzgerölle noch in einer Höhe von .130 ;;/. - So nenne ich schon seit vielen Jahren die stark zersetzten Gerolle, deren Form im Gesteinsverband noch erkennbar ist, die aber sofort abbröckeln, wenn man sie anschlägt. Pcnck spricht ähnlich von (iesteinsskeletten. ■■! Wie auch K\v Stur. Vgl. Vh. G. T. Innsbruck. 1012. p. 136. Das Grazer Hügelland. 285 kaum mehr über kürzere Strecken möglich war, geschweige denn bis ins Mittelsteirische Becken. Nur die festen Quarze waren fracht- fähig; und wenn sich schon sonst bei der Beförderung frischen Gerölls über eine Strecke von etlichen Meilen infolge der »natürlichen Auslese« die Quarze immer mehr anreichern, so erst recht unter solchen Voraussetzungen. Endlich aber: Nicht alles Geschiebe, das dem flüchtigen Blick Quarz zu sein erscheint, erweist sich, wenn man es aufschlägt, wirklich als solcher. Die gewisse bräunlichgelbe bis bräunlichrötliche Färbung, die für ein so bezeichnendes Merk- mal der Ouarzschotter gilt, soll darüber nicht täuschen: sie ist auch Gerollen aus anderen Gesteinen eigen. Und was war die Ursache dieser gewaltigen Aufschüttung aber, die ihre Entsprechungen am ganzen Gebirgsrand bis hinüber in die Gegend von Friedberg hat? Ausräumung der Norischen Furche, Auffüllung am Saum des Steirischen Randgebirges: sie beide sind Korrelate, bewirkt durch eine weiträumige Auf- krümmung der nordöstlichen Alpen und eine Einkrümmung des Mittelsteirischen Beckens einerseits und ein gleichzeitiges Ansteigen des pliozänen Seespiegels andrerseits. Jene Krustenbewegungen riefen Zerschneidung im Innern des Gebirges und Ablagerung an seinem Rande hervor, das Steigen des Sees führte zum teilweisen Untertauchen des Gebirgssaumes und zu einer Verschiebung der Ablagerungsräume gebirgswärts, in die Buchten und breiteren Tal- mündungen hinein. Strandmarken am Gebirgsabfall haben sicn jedoch auch aus jener Zeit nicht mit Bestimmtheit nachweisen lassen, obwohl gewisse plattformartigc .Stufen in der Gegend von Weiz vielleicht von der Abbrandung geschaffen worden sind. In etwa 630 m eingekerbt, liefen sie etwa 90 m höher als die obersten Uferlinien des Pontischen Sees im Wiener Becken.^ Will man sie nicht verschiedenen Seebecken oder verschiedenen Wasser- ständen eines einheitlichen Sees zuschreiben — und zu beiden ist kein rechter Grund vorhanden, so käme man damit zur Annahme einer späteren, sei es noch pontischen, sei es etwas jüngeren Schrägstellung entlang den Gebirgsrand zwischen seinen nordöst- lichen und seinen mittleren Teilen. Wie weit sie sich nach S erstreckt hätte, wissen wir derzeit noch nicht. Die früher erwähnte Höhenspannung der Leithakalke und des Sarmatikums wäre also nur zum Teil auf vorpliozäne, zum andern vielmehr auf jene jüngere Bewegung zurückzuführen. Und jetzt nur noch eines! Der Untergrund, über den die pliözäne Füllung gebreitet wurde, war keine Ebene, sondern ein Flachrelief, vermutlich mit breiten Tälern und niedrigen Hügeln. Das Meer war zur Zeit des oberen Sarmatikums, an der Wende zum Pontikum zurückgewichen; die Spuren seines Strandes sind 1 Vgl. Hassinger H., Beiträge zur Physiogeographie des inncralpinen Wiener Beckens. Penck-Festbd. 1918. Bes. p. 178f., 186ff. 286 J. Solch, viel weiter östlich erl• 417 südlich davon, <>■ 423 öst- lich der Stiefing usw. Zu untersuchen bleibt noch, inwieweit die von Hassinger (vgl. a. a. O. und dessen ältere Arbeiten) im Wiener Becken ermittelten zwölf Niveaus der pliozänen Talbildung mit denen des Mittelsteirischen Beckens übereinstimmen. Ist etwa unser Niv. VI Hassingers Niv. IV/V des Wiener Beckens gleichzusetzen? 290 J. Solch, CO Q O O o' a> in a 3 J5 ? O 2 o -^ X t-t- p O" fT r. TT c o 2 p 2 (6 o ^ "■ c O "^ ^ ^ 'ä O " S aq o T) o C«5 =■ EL p' 3 X 5-' o. O"' o O Jq 2 'JQ p 3c; N • :t ^ C^ i1 v^ 4- H^ 4- 4- oo c +- tc '^ C5 ZiZ — » Ol o ri C' c — o o ^ U) z^ -' iO cc tc to *- o c;i o CO Ci tc -X! X 4^ o r^ o w~l i-T 1.T wT ^ ^-^ o o p C: O >^ X X X = ^ C: P c CO to tc to — ' ►— •— CO 00 wT — CO OT tc O ^1 4^ O O O O Ci ^ in cn CT cn O o P <6 C. c: V 4^ C Ci O --1 in *- — in O c 4- O C5 IC C tc CT 30 C71 OC o CT 4- 4- ^ X C-i o o o I I I 4^ 4^ 11 2. C: P o <' o o o 3 o 4^ 4^ Cn 7Q 3" o :^ > Z ^ 3- ^ _^ P X — -. 3^ O o o p o :^ — 3" 5-2 P 5 T o 'ic. 2. OS — S-4.2. = 4^ S. CO r, — n' ä 3- 3 C o Das Grazer Hügelland. 291 Zum weiteren Vergleich bringen wir noch die Leisten- und Eckhöhen beiderseits des Andritzbaches und die von uns ange- nommene Einordnung in die obigen Niveaus (aber ohne unmittel- bare Beziehung zum heutigen Murtal): westlich Ortlichkeit absolute Höhe relative Höhe Niveau der Mur bei Andritz 360 in östlich relative Höhe absolute Höhe Ortlichkeit Rohrerbg. Forstbr. 440 510 80 150 III IV V VI VII VIII IX X XI XII 50 410—415 75 430—440 90 450 125 485—495 155 510—520 185 •i 205 560—570 250 610 290 650 330 690 tS! J^ < ir. 0> -*-» br, 1) -.-» rr 1-: ■Si >. C N B cS 7 y> 8 » Untergruppe Galieae Rondehtia amoena » speciosa Coffea avahica Hydnophytmn inontaiiu tu Ixora odorata Myrmecodia fnberosa Pavetta caffra » indica Psychotria brasiliensis 7 Gfl/«/m-Arten 1 Tunmann O., Über krystallinische Ausscheidungen in einigen Drogen (Hesperidine) usw. Verh. Naturf. Ges. Salzburg 1910, II, 1, p. 113. 298 G. Klein, Tabelle Ib. Vorkommen von Hesperidin in der Untergruppe der Galieae. Gattung Art Hesperidin- führend III. IV. V. VI. Sherardia Aspentla CrucianeUa Galhim VaiUaniia Rtihia arvensis L. odorata L. gla2ica B ess. canescens Vis. aristata L. cynanchica L. Jatifolia L. Arten 28 Arten siehe Tabelle II miiraUs L. peregrina L.l tinclorum L.i Die mikrochemische Prüfung wird dadurch .sehr erleichtert, daß alle Pflanzen ausnahmslos entweder hesperidinfrei sind oder den Stoff so reichlich führen, daß er fast in jedem Blütchen und Blättchen krystallisiert zu finden ist.- 2. Bei Galimn ist die Verbreitung eine sehr interessante. Von den zirka 35 im Gebiete des alten Österreich-Ungarn vorkommenden Arten führen es nur sieben, die anderen nie. Diese 7 Arten sind aber innerhalb der Gattung nicht regellos verteilt, sondern bilden einen zusammenhängenden P'ormenkreis (Tabelle II). 1 Zur Untersuchung wurde größtenteils frisches Material, nur bei Rtibia und einigen Galüiin-Artcn Herbarpflanzen verwendet. Bei den folgenden Tabellen wird, wo es von Bedeutung erscheint, »frisch« oder »Herbar« immer angegeben. - Zur Duicliprüfung wurden die Pflanzenproben in 10*^ „ HCl aufgekocht und nach dem Abkühlen in Chloialhydrat gelegt. In dem entfärbten Medium sieht man übersichtlicli die leuchtenden .Sphäritc etc. des gefällten Hesperidins. Verbreitung des Hesperidins. 299 Tabelle II. Vorkommen von Hesperidin in der Gattung Galium. Zeichener klärun.a;: -+— I— h viel, H— I— f- bedeutet nicht vorhanden, H — h ziemlich viel viel vorhanden. sehr Aus Raummangel konnten Standort, Jahr und Name des Sammlers nicht angegeben werden. Art Anzahl der Standorte frisch Herbar Hesperidin- gehalt Anmerkung G. cniciata Scop verntiiii Scop pedciiiontamtni All. .. rotundifoliitiit L horcale L fubioides L trifidiim L palusire L conslrictiiin Chaub... ti'icorne With parisiense L divaricatitin Lam. . . . uliginosuin L aparine L spnriinn L mitrale (L.) All silvaticum L veniiii L purpureum L rnbriiin L anstaliim L SchiiUesii Vest lucidum All meliodorum G. Beck. cineruin All molliigü L LeyhoJdii H. B r helveticitm We ig uiargaritaceum Kern. haldense Spreng. . . . hercynicum Weig. . . . asper tun S c h r e b. . . . attslriacttm Jacq au isophy 'l/titii V i 1 1 . . . 4 3 2 3 2 2 2 2 1 2 2 1 2 2 1 1 2 1 2 1 1 2 2 3 3 9 2 2 1 oder oder -oder siehe Tab. 111 Formenkreis utoUtii''o 300 G. Klein, Das Herbai-material stammt größtenteils aus dem Herbar des botanischen Gartens in Wien. Alles frische Material wurde von dem Ga/n/7«-Spezialisten, Herrn Direktor Karl Ronniger bestimmt, dem ich auch an dieser Stelle für sein bereitwilliges Entgegenkommen und die langwierige Untersuchung wärmstens danke. In der systematischen Reihe ^ tritt Hesperidin zum erstenmal bei Galiimi ritbniui in mittlerer Menge auf. bei Exemplaren anderer Standorte fehlt es auch. Dasselbe gilt für G. aristatmn. Sehr reich- lich und konstant ist es bei den folgenden: G. Schnltesii, hiciänui, nicliodormn und cinerciim; im P'ormenkreis von G. mollugo schwankt es wieder, ist in derselben Varietät bald vorhtmden, bald nicht und fehlt von der folgenden Art, G. Leyholdii, an wieder vollständig. Bei G. rubrum und aristatuni hatte ich nur je 3 Herbarexemplare ver- schiedener Standorte zum Vergleich, dagegen untersuchte ich hunderte Pflanzen vom Formenkreis mollugo frisch und aus Herbar und konnte in diesem Falle die Verhältnisse eindeutig festlegen. 3. Die folgende Tabelle III soll eine Übersicht über das Vor- kommen von Hesperidin bei den untersuchten Varietäten und Formen der Spezies G. mollugo nach der gegenwärtigen systematischen Gliederung von H. Braun schaffen. Die Tabelle kann natürlich keinen Anspruch auf Voliktjmmenheit erheben, da Formen fehlen, die ja möglichenveise andere Verhältnisse zeigen könnten und auch bei einer größeren Zahl von Standorten ein klareres Bild entstanden wäre. Im Prinzip hätte sich freilich nicht viel geändert und darum genügt sie dem angestrebten Zweck vollkommen. Die Zahlen in der Tabelle beziehen sich nur auf Standorte nicht unter- suchter Pflanzen; von manchen Varietäten, speziell genuinnvi und pycnotrichitm wurden an die hundert Pflanzen geprüft. Aus der Übersicht ersieht man, daß bei fast allen untersuchten Varietäten \^on Galium mollugo Individuen mit und solche ohne Hesperidin gefunden wurden. Dieses gelegentliche X'orkommen könnte nun klimatisch, am gleichen Ort durch Standortsverhältnisse — Licht oder Schatten, feuchter oder trockener, guter oder schlechter Boden — oder durch das verschiedene Alter bedingt sein. Dem ist aber nicht so. Das Alter spielt keine Rolle. Ein Stock, der Hesperidin führt, hat es vom zeitlichen Frühjahr bis in den Herbst an allen ober- irdischen Organen. Stöcke \'on Galium gcnuiuum und pycnofrichiim, die mir im Frühjahr zur Blütezeit durch ihren Reichtum an Hespe- ridin aufgefallen waren, wurden auch im Juli, August und Anfang Oktober untersucht. Immer konnte das Hesperidin in ungefähr gleicher Menge, wenn auch etwas weniger als zur Blütezeit, fest- gestellt werden. Selbst die am Stock schon vertrockneten Blätter 1 Nach F ritsch K., Exkursionsflora für Östcrreicli. Wien 1900. II. Aufl. Verbreitung des Hesperidins. 301 Tabelle III. Varietas Forma Anzahl dei • Standorte frisch Herbar -t- — -h — a ^enuintun (H. Braun) a typ. 4 8 3 ß pnbescens (S c h r a d e r) 1 2 r pyc not ficht im (H. Braun) 13 17 9* 2 h anQ'nslifolitnii (L e e r s) a iyp. 1 1 O c tiroliense (H. Braun) u. typ- 1 O d a decolorans (Gr. et Godr.) = angiislifoUuni X vertun 2 1 3 elatuiii (Thuill.) typ. 1 1 o f ß brcvifivns (Borbas" et H. Br.) 1 erectum (Huds.) a. lyp. 1 1 2 3 2 0 kirtifoliiim (H. Braun) 1 IT pmticoliiiii (H. Braun) a typ. 1 4 h dniitetornui (J 0 r d a n) a. typ. 1 3 1 1 zeigten es in Schollen krystallisiert, wenn auch gelegentlich kor- rodiert, worauf später noch zurückzukommen sein wird. Nur die Blätter, welche schon seit Wochen verdorrt und von Pilzen ganz durchsetzt waren, hatten nichts mehr. Nach dem trockenen, heißen 302 G. Klein, Sommer trieben die Stöcke durch den Regen im September neue Sprosse und sogar Blüten. Au:h in diesen war reichlich Hesperidin. Der Stoff ist also im einzelnen Stock durch die ganze Vegetations- zeit konstant. Das Klim-a erscheint nicht maßgebend, wiewohl ja die An- nahme möglich war, da wir von anderen Stoffen wissen, daß sie in ihrem Entstehen vom Klima abhängig sind, z. B. im wärmeren Klima reichlicher oder sogar ausschließlich auftreten. Nun zeigten aber frische und Herbarproben aus verschiedenen Gegenden Österreichs — Tiefland und Gebirge — , von Dalmatien, Kreta und Kleinasien durchaus keine Gesetzmäßigkeit, denn Pflanzen derselben Varietät in derselben Gegend führen teils Hesperidin, teils nicht. Tabelle IV möge dies an einem Beispiel erläutern. Tabelle IV. Galium moUusco var. erectum Huds. N'r. Standort Hespeiidingehalt frisch Herbar 3 4 5 6 I 8 bei Wien (Nußberg) bei Wien (Kaltenleutgeben) bei Wien (Haschhof) Waldviertel (Niederösterreich) Mittelrliein Böhmen Kreta TrapezLint Spanien H- -t-H — h Auch die Möglichkeit der Beeinflussung durch Standorts- verhältnisse muß verneint werden. Dafür spricht besonders die Tatsache, daß von Stöcken, die unter genau denselben Bedingungen, oft nur einige Dezimeter oder Meter voneinander entfernt stehen, der eine reichlich Hesperidin führt, der andere nicht (Tabelle V). Freilich muß erwähnt werden, daß von den bestuntersuchten Varie- täten pycnotrichuui und geniiiiiiuu, Pflanzen, die unter Büschen oder Bäumen, also im starken Schatten standen, nie Hesperidin zeigten, doch \v\\\ das nach dem vorher Gesagten nichts dagegen besagen. Aus diesen wenigen Beispielen, die leicht \ervielfacht werden könnten, geht klar hervor, daß es innerhalb der Varietäten von Galium iriollugo systematisch nicht unterscheidbare Individuen gibt» Verbreitung des Hesperidins. 303 die konstant Hesperidin führen und andere, die es nicht führen. Äußere Einflüsse können dafür nicht verantwortlich gemacht werden. Es sind also innerhalb der Varietäten eindeutig bestimmbare chemische Rassen vorhanden. Solche chemische Rassen ohne andere systematische Kenn- zeichen sind ja schon einige bekannt und werden in der Natur sicher häutiger vorkommen. Es sei nur an die süßen und bitteren Mandeln {Amygdahis coimmmis L. var. amara) erinnert, die Schindler^ in Persien, Capus- in Turkestan ohne äußeres unter- scheidendes Merkmal nebeneinander fanden, oder an die süße Eber- esche (Sorbits anciiparia var. Juleis), die Kraetzl-^ ebenso in Mähren neben den herbfrüchtigen wild feststellte; an die Santonin führende Varietät Arteinisüi maritima var. Stecknianniana^ und schließlich an die physiologischen Rassen bei niederen Organismen, wie sie Eriksson'' beim Getreiderost aufdeckte. Tabelle \a. Galium mollugo var. genuinum aus der Umgebung Kahlenbergerdorfs bei Wien. Nr. Aussehen des Stockes Standiirt Hesperidin- 2:ehalt stark, verzweigt, diclitc Rispe stärk er als 1, lockere R ispe schwächei ■, dichter als 1 stark. unverzweigt seh • stark. dicht verzweigt stark, verzweigt auf einer sonnigen Wiese, an einer Südmauer ebendort, i '., //; von 1 2 ;;/ \'()n 1 15 tn von 1 auf der Wiese, 20 m von 1 Rand eines Weingartens, sonnig, 1 () in von 1 1 Schindler, Reisen im südlichen Persien. 1879. - Capus, Arui. d. scienc. nat. 1884. — Nach Tschirch. Handbuch der Pharmakognosie, II. Leipzig 1917, p. 1474. '■' Kraetzl, Die süße Eberesche. 1890; nach Sc hne i der, C. R. Illustr. Hand- buch d. Laubholzkunde, I. Bd., Jena 1906. •1 Nach Wiesner J. V., Über die chemische Beschaffenheit des Milchsaftes der EiipJtorbia-Arten etc. Diese Sitzungsber., 121. Bd.. p. 7. 5 Eriksson J., Eine allgemeine Übersicht der wichtigsten Ergebnisse der schwedischen Getreiderostuntersuchungen. Bot. Zentralbl. 1897 304 G. Klein, Tabelle V^. Galium mollugo var. pycnotrichum aus der Umgebung Kahlenbergerdorfs. Nr. Aussehen der Pflanze Standort Hesperidin- gehalt 1 lockerer, hoher Stock steiniger, sonniger Südhang mit Grasnarbe 1 1 1 2 niedrig, unverzweigt zirka 2 /// von 1 1 1 1 3 mittelstark, \-erz\veigt zii'ka 4 in von 1, am Wiesenhang — 4 zwischen vereinzelten Sträuchern am Hang — 5 wie 4, zirka 8 in \nn 1 -- 6, 7.8 leluniger Steinbruch, zirka 30»/ von 1, Südhang — 9 dichtbeblättert, üppig grün Fuß des Steinbruches, dichtei- Baumschatten — 10 stark, dichte Rispe Rand eines Weingartens im Tal — 11 mittelstark, schwach \erzweigt wie 10, 4 ;// von K» H— 4- 12 schwacli, wenig verzweigt 1 /// von 1 1 — Von diesem Gesichtpunkt aus wäre es interessant gewesen, Bastarde auf ihr Verhalten dem Hesperidin gegenüber zu prüfen. Die sicher bestimmten Bastarde, welche ich im Herbar des botanischen Gartens vorfand, ergaben folgendes (Tabelle VI). Dort, W(^ mindestens eines der Eltern sicher Hesperidin hatte, wie bei den Bastarden G. uioUugo X G. lucidum (4 und 5), führen auch diese den Stoff. Im Falle G. decolorans (1 und 2) wäre es naheliegend, anzunehmen, daß die Mutterpflanze G. mollugo var. angustifolinui Hesperidin gehabt habe, da verum dieses nie führt. Bei decolorans (3), delicatum und Schtützei endlich wäre die einfachste Erklärung die, daß gerade die in Betracht kommenden Partner (G. mollugo, in. var. nngiislifoliuni und rnbnini) hesperidinfrei waren. Verbreitung des Hesperidins. 305 Jedenfalls stimmen die Fälle 1 bis 3 mit der Annahme überein, daß die Varietät inolliigo var. augiistifolmui eine hesperidinfreie und -führende Rasse in sich birgt. Mehrjährige Zuchtversuche könnten hier erst eindeutige Ergebnisse bringen. Tabelle VI. Verhalten v^on Galiumbastarden bezüglich des Hesperidingehaltes. ,^ Kreuzungsprodukt '^'■- (Name) Hesperidin- gehalt 1 G. verutny^mollngo var. angiistifoliuiii (G. decolorans Gr. et Godr.) ++^ 2 - i 1 1 3 — 4 G. inollngoyC^Uicidum _i , 1 1 1 1 5 H— 1— 1- 6 G. inolltio'oy(^veniiii (G. Schttltzei) — 7 G. mollugoy^ruhnim (G. delicatuiii Porta) — Autolyse des Hesperidins. Schließlich sei noch eine interessante Tatsache hervorgehoben, die an G. inollugo vax. pycnotrichiim festgestellt werden konnte. iMit Ausnahme dieser kann man alle hesperidinführenden Galium-Arten, die mir frisch zur Verfügung standen, langsam oder schnell, am Licht oder im Finstern, frei oder zwischen Filterpapier trocknen, das Hesperidin krystallisiert in Schollen aus und bleibt unverändert. Auch am Stengel im Freien verdorrte Blätter behalten es. Nur wenn das Gewebe schon von Pilzen durchsetzt ist, findet man das Hespe- ridin größtenteils abgeschmolzen. Läßt man aber Exemplare von G. inollugo var. pycnolrichuni langsam, z. B. am Tisch freiliegend, trocknen, so verschwindet der krystallisierte Stoff vollständig, nach 8 bis 14 Tagen findet man von Sphäriten keine Spur mehr, während rasch und scharf getrocknete Exemplare auch nach 20 Jahren den Stoff unverändert zeigen, wie die beiden Herbarexemplare (siehe Tabelle III,*) beweisen. Von anderen Varietäten konnte ich ein teil- weises Abschmelzen nur an je einem Exemplar von G. mollugo var. gemiimmi und var. procurrens Briguet feststellen. Schon Tunmann^ legte sich die Frage vor, wieso es kommt, daß die Hesperidinkry stalle von Citrus und Hyssopiis officinalis 1 Tun mann 0., Über das Hesperidin und die Krystalle in Hyssopus offici- nalis. Auto Ref. Apoth. Ztg. Berlin 1915, p. 214. 306 G. Klein, Verbreitung des Hesperidins. noch nach 40 Jahren erhalten sind, während sie in Verhascum und Tilia überwiegend verschwinden. Ob es der Einfluß des Trocknens oder anderer Stoffe auf das schwer spaltbare Glykosid sei, will er noch nicht entscheiden. Diesbezügliche Versuche, die er ankündigte, dürften nicht vollendet worden sein. Bei Galiiim liegt ein ähnlicher Fall vor. Hier ist der Einfluß des Trocknens festgestellt und sicher ein Fall von Autolyse vor- handen. Daß diese nur bei G. pycnotricJiuui auftritt, kann daran liegen, daß hier ein Hesperidin von abweichender Konstitution vor- liegt oder ein spezifischer fermentativer Apparat, der den anderen fehlt. Zusammenfassung. Auch in der Familie der Rulnaceae konnte Hesperidin gefunden werden, und zwar nur bei der Gattung Galinni. Innerhalb dieser Gattung führt nur ein bestimmter, zusammen- hängender Artenkreis, nämlich G. rnhrmn, arisfatnm, SchiiUesii^ lucidmn, meliodovum, einer cum und mollugo diesen Stoff. Die Arten Sehnltesii, hicidtim, meliodorum und cineretim enthalten Hesperidin konstant in jedem Exemplar, die beiden ersten und die letzte Art wechselnd. Dieses wechselnde Vorkommen konnte im Formenkreis G. mollugo geklärt werden; denn, wie die eingehende Prüfung ergab, hängt es weder vom Klima, noch Standort, noch vom Alter des Individuums ab, sondern ist von Exemplar zu Exemplar ver- schieden, aber für jedes konstant. Es liegen also noch innerhalb der Varietäten systematisch nicht greifbare chemische Rassen vor, die durch das reichliche Vor- handensein oder gänzliche Fehlen von Hesperidin charakterisiert sind. Bei GaJium mollugo var. pycnotrichiim konnte im Gegensatz zu den meisten anderen Gcilinin-Formen beim langsamen Trocknen ein gänzliches Verschwinden der im Gewebe krvstallisierten, schwer hydrolysierbaren Substanz als regelmäßige Erscheinung konstatiert werden, die den Beobachtungen Tunmann's an Tilia und Verbas- eum entspricht. 307 Zur Biologie der Torfmoororchidee Liparis Loeselii Rieh.' Von Bruno Huber Aus dem Botanischen Institut der Universität Innsbruck und dem Pflanzen- physiologischen Institut der Universität in Wien. Nr. 157 der zweiten Folge. (Mit 1 Tafel) (Vorgelegt in der Sitzung am 7. Juli 1921) I. Einleitung. Schon um die Mitte des vorigen Jahrhunderts haben die morpho- logischen Eigentümlichkeiten unserer einheimischen Malaxiden die Aufmerksamkeit der Botaniker erregt.- Gab doch der Besitz von Sproßknollen Anlaß zum Vergleich mit den tropischen Orchideen. Dazu kamen noch die eigenti^imlichen Netzverdickungen in den absterbenden Blättern und der Grundachse, die die Behauptung aufkommen ließen, die Malaxiden besäßen ein Velamen radicum. Goebel hat dann^ diese Angabe auf den wahren Sachverhalt geprüft und für diese eigentümlichen Gewebe eine der Bedeutung des Velamen ähnliche Aufgabe dargetan. In dieser Arbeit findet sich auch eine kurze Angabe über die Verpilzung der Malaxiden, die einzige in der botanischen Literatur, die kurz das Wesentliche kennzeichnet: »Die Sproßachsen der Malaxiden sind regelmäßig und in ausgedehntem Maße von Pilzen bewohnt; sie finden sich in den peripherischen Geweben außerhalb des von den Gefäßbündeln 1 Zur Frage der Nomenklatur vgl. Ascherson P., Synopsis der mittel- europäischen Flora, III, p. 900. - Irmisch Th., Bot. Ztg. 1847, p. 137, Flora 1854, p. 625. 1863, p. 1. Zur Morphologie der monokotvlischen Knollen- und Zwiebelgewächse, BeHjn 1850, p. 159. 3 Goebel K., Morpholog. und biolog. Bemerkungen. 9. Zur Biologie der Malaxiden. Flora 88 (1901), p. 94. 308 • B. Huber, durchzogenen Zenlralzylinders. In den inneren Zellschichten des Rindengewebes bilden die Pilzhyphen dichte Knäuel. Diese Zellen führen keine Stärkekörner, während in den äußeren Rindenzellen, die wenige oder keine Pilzhyphen aufweisen, große Stärkekörner abgelagert sind. Man findet in der Sproßachse auch die »Klumpen«, die nach W. Magnus als verdaute Pilzhj^phenknäuel zu betrachten sind. . . Die Zellen der Wurzelrinde sind auffallend inhaltsarm, so daß man von einer »endotrophen Mykorrhiza« hier kaum sprechen kann. Zwar lassen sich Pilzhyphen von den Wurzelhaaren aus durch die Wurzelrinde bis an ihre Innengrenze verfolgen, aber sie treten in verhältnismäßig geringer Menge auf und bilden nirgends die dichten Knäuel, die in den Wurzeln der anderen Orchideen auftreten«. Seither ist diese durch ihren Standort auffallende Orchideengruppe auf ihre Verpilzung nicht mehr untersucht worden. Und doch birgt die M\'korrkizenfrage noch so viele Rätsel, daß jede neue Teiluntersuchung einen Baustein liefern kann, bis dann schließlich auf Grund zahlreicher Einzelergebnisse die volle Deutung möglich sein wird. Und vielleicht darf man gerade zur meist umstrittenen Frage nach der Bedeutung des Pilzes für die Stickstoffversorgung bei den eigenartigen Hochmoororchideen eine ausgesprochenere Anpassung ei-vvarten. die wieder einen F"ingerzeig zur Deutung der ganzen P'rage geben könnte. Sieht doch Burgeffi gerade darin, daß sich die Orchideen im allgemeinen die stickstoffarmen Hochmoore nicht erobert haben, einen wichtigen Wahrscheinlichkeitsbeweis gegen die Annahme, daß der Pilz atmosphärischen Stickstoff assimiliere oder hochmolekulare Stickstoff- verbindungen auszunutzen verstehe. Gerade die Malaxiden kommen aber auf Torf- mooren in engster Gesellschaft mit Drosera vor, - die im Insektenfang ihren Stickstoffbedarf zu decken vermag und man ist geneigt, den Burgeffschen Schluß umkehrend, für die Pilze dieser Malaxiden einen .Stickstoffgewinn zu fordern. Daß diese bemerkenswerten Pflanzen trotzdem noch keine Untersucher gefunden haben, ist wohl auf ihre Seltenheit zurück- zuführen. Das Viller Moor bei Innsbruck (842 in über dem Meeres- spiegel) ist nun ein ergiebiger Standort für Liparis LoeseJii'^ und so entschloß ich mich im Frühjahr 1920, an dieser Pflanze meine Studien zu beginnen. Sie waren naturgemäß in zwei Richtungen 1 Bürge ff H., Die Wurzelpilze der Orchideen, ihre Kultur und ihr Leben in der Pflanze, Jena 1909, p. 197: »Auf den an löslichen Stickstoffverbindungen ärmsten Standorten, den Hochmooren, finden wir keine Orchideen, mit Ausnahme zweier, in ihrer Mykorrhiza gänzlich unbekannter, eben nur hier vorkommender Gattungen, die sich schon durch ihre systematische Stellung wesentlich unter- scheiden, Alalaxis und Microstylis. Hier auf den Hochmooren war ein Gebiet, das sich die verpilzte Familie hätte erobern können, wenn die Mykorrhiza ihi einen bedeutenden Gewinn an Stickstoff garantiert hätte. Fänden wir sie hier, dann wäre auch der Frank'sche Vergleich mit den Infcktivoren berechtigt, die hier vorkommen. 2 Nach Hegi's Illust. Flora von Mitteleuropa, Bd. II, 20. Lieferung, p. 393 ff. kommt Malaxis palndosa fast ausschließlich, Liparis Loeselii vorwiegend auf Hoch- mooren, aber auch auf Flachmooren (so am Innsbrucker Standort) vor. Microstylis ist eine Pflanze moosiger Voralpenwiesen und -wälder, findet sich aber auch in Torfstichen. •'S Habitusbild in G. Karsten und H. Schenk »Vegetationsbilder«, 4. Reihe, ••. Heft. Tat 4«, Biologie von Liparis Loesclii Rieh. dü9' ZU führen: einerseits war die Entwicklungsgeschichte der Verpilzung in der Pflanze in möglichst geschlossener Folge zu studieren, anderseits sollte der Pilz in Reinkulturen auf seine Ernährungs- ansprüche untersucht, die nach den bisherigen Erfahrungen wenig aussichtsreiche Samenkeimung auf Reinkulturen des Pilzes versucht und die Pflanze selbst in den Grundzügen ihrer Ernährung, wenn möglich auch an pilzfreien Exemplaren geprüft werden. Die Untersuchungen wurden zuerst am Botanischen Institut der Universität Innsbruck, seit Dezember 1920 am Pflanzen- physiologischen Institut der Universität Wien ausgeführt. Den Vorständen der genannten Institute, meinen hochverehrten Lehrern, den Herrn Hofrat Heinrich er und Hofrat Molisch danke ich für die zuvorkommende Beistellung der Hilfsmittel und für ihre ständige rege Anteilnahme an meinen Untersuchungen. Für die Einführung in die bakteriologische Technik bin ich Herrn Prof. Sperlich zu besonderem Dank verpflichtet. Den Herrn Assistenten danke ich für ihr vielfaches Entgegenkommen und manchen wertvollen Wink. IL Herkunft der Pflanzen. Sehr bald nach Beginn meiner Untersuchungen wurde die Abtorfung des Viller Moors beschlossen und unverzüglich in Angriff genommen. Es galt daher, für meine Untersuchungen hinreichend lebendes Material zu sichern. Das Viller Moori ist ein Wiesenmoor und liegt 842 m über dem Meeresspiegel in jener Talmulde, die von Igels -Vill über den Lansersee gegen Hall ins Inntal zieht und die Fortsetzung des Stubaitales bildete, bis der Silldurchbruch jenen äußersten Teil von seinem Zufluß abschnitt. Seen, Tümpel und Moore weisen den Weg des alten Tals und seines Gletschers. Das Moor besitzt keinen Zufluß und trocknet im Spätsommer oberflächlich aus. An den Rändern herrscht die typische reiche Flora der Wiesen- moore, gegen die Mitte wird sie ärmer. Hier sitzt Liparis Loesclii mit Grundachse und Wurzeln in Laubmoospolstern eingebettet, die nach unten absterbend, allmählich in Torf übergehen. In unmittelbarer Gesellschaft linden sich Drosera rotttndifolia und longifolia. Einige Zentimeter unter dem Boden zieht ein dichtes Geflecht von Wurzeln und Rhizomen, besonders von Pliragmites. Unter den Sauergräsern über- wiegt Schoeniis fernigincus. dessen Rasen im Frühjahr vor dem Emporschießen des jährlich abgemähten Schiifi'ohrs dem ganzen Moor das Gepräge geben. Ich entnahm etwa 150 Pflanzen mit einer 'i cm tiefen Bodenschicht dem Standort und pflanzte sie in flache, glasierte Töpfe ohne Bodenloch, so daß bei reichlichem Begießen stets stehende Bodennässe vorhanden war. Vom Spätsommer bis ins erste Frühjahr wurde dann trockener gehalten. Die Pflanzen erhielten sich ausgezeichnet. Im September stirbt die Pflanze ab und überwintert nur mit der von toten Blattscheiden umhüllten Sproßknolle und der ihr anliegenden Knospe. In diesem Zustand ist Liparis gegen Trockenheit ausgezeichnet geschützt und verträgt vollkommenes Austrocknen des Bodens. Mitte März_^wurde wieder reichlicher begossen und Mitte April trieben alle Knospen neuerdings aus und gediehen prächtig. Aber nur drei Pflanzen kamen am 15. Mai zur Blüte, obwohl alle Pflanzen einen Blütenstand angelegt hatten. Das »Ausbleiben'« der Malaxiden wird auch in allen Florawerken angegeben. 1 Vgl. MurrJ. Die Lanserköpfe bei Innsbruck und ihre Umgebung. Deutsche Bot. Monatsschrift XIX (1901), p. 152 bis 154. 310 H. Hube: ITI. Anatomisch-entwicklungsgeschichtlicher Teil. Längsschnitte durch die Pflanze zeigen das in Fig. 1 dargestellte Bild. Liparis wächst wie die meisten Orchideen sympodial. Man findet im Juni deutlich erhalten die Reste der vorjährigen Pflanze, den Zentralzylinder der Grundachse {a^, während die Rindenzellen ziemlich vollkommen verwest sind, die Sproßknolle k^ umgeben von den Resten der abgestorbenen Blätter mit den von Goebel (a. a. O.) beschriebenen Netzverdickungen und schließlich den Fruchtstiel, der manchmal noch die Fruchtkapseln trägt und mit dem das Wachstum des Hauptsprosses sein Ende nahm. Das Wachstum wurde von der Achselknospe des obersten Laubblattes fortgesetzt, aus der dadurch die heurige Pflanze hervorgegangen ist. Wir finden eine nahezu senkrecht aufsteigende Grundachse, die ziemlich zahlreiche Wurzeln trägt, von denen eine an der Seite der alten Achse senkrecht nach ab\\'ärts dringt, während die übrigen, die Blattreste durchbohrend, seitlich in den Boden gelangen, dann die Blätter (meist 3 Niederblätter und 2 Laubblätter) und über dem obersten Laubblatt wiederum eine Anschwellung des Stengels, die junge Sproßknolle (Ä'.,), die sich in den Blüten tragenden Stengel fortsetzt. Ihr seitlich angedrückt findet sich die Anlage der nächstjährigen Pflanze.^ In der Grundachse fällt namentlich an Alkoholmaterial schon mit freiem Auge eine milch- weiße Zone auf, die als Hohlzylinder den Zentralzylinder umschließt, es ist die Zone der Verpilzung (in Fig. 1 dunkel getont). Besonders gut ist ihre Ausdehnung an Querschnitten zu verfolgen (Fig. 2). Etwa von der dritten Zellschicht unter der Epidermis angefangen bis nahe an die Gefäßbündel sind alle Zellen der stark entwickelten Rinde mit Pilzknäueln gefüllt. In den Wurzeln ist dagegen keine ausgebreitete \'erpilzung bemerkbar. Von der Achsenrinde aus setzen sich die Hyphenknäuel noch ein kleines Stück in die Wurzelrinde fort und in der nächsten Nähe der Wurzelaustrittstelle sind zahlreiche Wurzelhaare von Hyphen durchzogen, die sich in der Epidermis wenig ausbreiten und sich dann bis ins Pilzgewebe der Achse verfolgen lassen. Es liegen hier offenbar nur die Ein- und Austrittsstellen des Pilzes vor. Schon etwa V2 ^'" ^''^^ ihrer Durchbruchstelle ist die Wurzel vollkommen pilzfrei. Untersucht man dann im September oder Oktober zarte Längsschnitte durch die Anlage der nächstjährigen Pflanze, so findet man (vgl. Goebel a. a. 0., p. 98, Fig. 3) zwar alle morphologischen Einzelheiten, Grundachse, Blätter, junge Knolle, Blütenstiel mit Blüten und einige Wurzeln schon angelegt, die ganze Anlage ist aber pilzfrei. Das Rindenparenchym der jungen Achse enthält in ^ In der Regel ist die Tochterknolle in rechtem Winkel zur Mutterknolle orientiert, so daß man auf einem Schnitt durcli alte Knolle und heurige Pflanze nicht auch die junge Knospe trifft. Biologie von Liparis Loeselii Rieh. 311 allen Zellen reichlich Stärkekörner. Da sich die Verpilzung in der diesjährigen Achse, die schon im Absterben ist, nicht weiter aus- gebreitet hat und sich zwischen Grundachse und Knolle eine Trennungsschicht gebildet hat, so ist es offenbar, daß kein Über- wandern des Pilzes in die junge Pflanze stattfindet, sondern eine Neuinfektion von außen stattfinden muß. Schon Mollberg erwähnt (Untersuchungen über die Pilze in den Wurzeln der Orchideen. Jenaer Zeitschrift, XVII, 1884), daß er bei den von ihm untersuchten Ophr3^deen mit verpilztem Rhizom nie das Hinüberwachsen des Pilzes aus dem alten in das neue Rhizom beobachten konnte und daß daher eine Neuinfektion anzunehmen sei. Diese Neuinfektion bleibt nun bei Liparis keineswegs der zufälligen Anwesenheit des Pilzes überlassen, sondern ist durch eine sehr eigentümliche Ein- richtung sichergestellt. Als ich Mitte April 192P Pflänzchen unter- suchte, die eben die Knospenspitze aus der Umhüllung der Knolle hervorschoben, waren sie äußerlich noch wurzellos. Bei näherem Zusehen zeigte es sich aber, daß die beiGoebel in Fig. 3 in ihrer Anlage sichtbare, senkrecht nach abwärts gerichtete Wurzel ausgetrieben hatte und ins Rindengewebe der vorjährigen Grundachse einge- drungen war, in dem sich neben verdauten Pilzklumpen auch noch lebende Hyphen erhalten hatten. Der Pilz dringt sofort durch die Wurzelhaare in die Wurzel ein und erreicht durch diese die junge Achse, in der er nun nach und nach aufwärts dringt, wobei die Stärke aus den Rindenzellen verschwindet. Erst später dringen weitere Wurzeln, die Blattbasen durchbohrend, seitlich nach außen. Es ist bemerkenswert, daß Irmisch schon 1854 an Malaxis pahidosa das- selbe Eindringen der Wurzel in die Rinde der Mutterachse beobachtete, 2 ohne natürlich die biologische Bedeutung ahnen zu können. Es ist dies nämlich um so bemerkenswerter, als Malaxis sich in den Spiralfaserzellen der Blätter und der Achse eine Wasserabsorptionsvorrichtung geschaffen hat, die zum Verlust aller übrigen Wurzeln geführt liat. Nur diese eine Wurzel wird beibehalten, weil sie die Neuinfektion vermitteln muß. Noch eine zweite Tatsache läßt die Infektion gesichert er- scheinen. Die Blattbasen, die die junge Knolle umschließen, sind schon im lebenden Zustand regelmäßig, wenn auch meist nicht in ausgedehntem Maße von den Hyphen des Orchideenpilzes durch- zogen, der auch hier durch Rhizoiden Eingang findet. Die Ver- pilzung der Blattbasen ist schon Goebel aufgefallen (a. a. O., p. 100): 1 Die Infektionsgeschichte wurde 1921 an meinen Kulturexemplaren verfolgt, die den Pflanzen des natürlichen Standorts in der Entwicklung um 2 bis 3 Wochen voraus gewesen sein dürften. - Th. Irmisch, Bemerkungen über Malaxis pahidosa Sw., Flora 1854, p. 625: * Äußerlich war nichts von einer Wurzel zu bemerken, doch überzeugte mich eine^ neuerliche Untersuchung, daß sie durchwegs eine solche besaßen. Sie befindet sich ganz unten an der Basis des diesjährigen Blütenstengels, senkt sich aber gleich vertikal nach unten und wächst ins Parenchym der schlanken Achse hinein, die sich unterhalb der vom vorigen Jahr stehen gebliebenen Knolle findet und die vorjährigen Blätter trug.« Sitzb. d. mathcm.-naturvv. Kl., Abt. I, 130. Bd. 23 312 B. Ruber, »Die Blätter der Malaxiden weisen an der Basis Wurzelhaare auf. Die Gegenwart der Wurzelhaare spricht sich auch darin aus, daß ganz ebenso wie in den Wurzeln selbst durch sie eine Pilzinfektion erfolgt. Auch hier kann man die Pilzhyphen, freilich nur in geringer Zahl, in die tiefer liegenden Zellschichten verfolgen. Sie treten hier zuweilen in ziemlich dichten Knäueln auf.« Aber auch der Raum zwischen den Blattbasen ist von Pilzhyphen übersponnen. Vom August angefangen findet man hier reichlich jene Sporenketten, die von der Kultur des freien Pilzes allgemein bekannt sind. Selbst das oberste Blatt, dessen Grund als feines, eng angepreßtes Häutchen schützend die Knolle mit der jungen Knospe umschließt und am Übergang in den Fruchtstiel einen eigentümlichen Kragen bildet (vgl. Goebel, p. 101), ist in dieser Weise von sporulierenden Hyphen übersponnen. Seltener kann man diese Sporenbildung auch im Innern von Epidermiszellen feststellen. Man kann von diesen kugeligen Sporen (Fig. 3) wegen der vollkommenen Übereinstimmung mit denen der Kulturen (vgl. Fig. 4 a und b) und wegen des Auftretens gleicher Bildungen in der Wurzelepidermis (Fig. 5), wo der Zusammenhang mit dem Pilzgewebe der Achse deutlich nach- weisbar ist, die Zugehörigkeit zum Orchideenpilz mit voller Sicher- heit behaupten. Daneben findet man dann allerdings, besonders nach dem Absterben, verschiedene andere Mikroorganismen (Dia- tomeen, Pilze usw.) Aus dieser Beobachtung geht hervor, daß der Pilz nur Bruchteile von Millimetern von der jungen Knospe entfernt in Dauerzuständen vorhanden ist, so daß selbst beim Versagen der zuerst erwähnten Infektionseinrichtung die seitwärts die Blätter durchbrechenden Adventivwurzeln den Pilz aufnehmen müssen. Im Mai hat dann der Pilz die anfangs angegebene Verbreitung erlangt. Die Stärkekörner, die in der jungen Anlage in allen Rindenzellen der Achse reichlich vorhanden waren, sind aus den verpilzten Zellen bis auf wenige Überbleibsel verschwunden. Dagegen ist die Stärke um die Gefäßbündel und in den beiden subepidermalen Zellschichten unversehrt erhalten. In den Epidermiszellen selbst finden sich nur um den Kern gedrängt Stärkekörner. Die Kerne, die vor der Infektion in allen Rindenzellen ungefähr gleich groß waren, haben sich in den verpilzten und einigen angrenzenden Zellen bedeutend vergrößert. Ihr Durchmesser hat sich ungefähr verdoppelt. \'on einer Differenzierung in Wirt- und Verdauungszellen ist nichts zu bemerken, alle Zellen führen den lebenden Pilz, der auch vollkommen lebenskräftig ist, wie aus der mühelos gelingenden Isolierung auf Kulturböden geschlossen werden darf. Alle Hyphen sind gleichartig, kurz nach der Infektion ziemlich kräftig. Eine Sonderung in Ring- und Haustorialhyphen wie bei Neottia^ fehlt. Wenn man in seltenen Phallen um einen 1 W. Magnus: Studien an der endotrophcn Mikorhizza von Xcotiia nidu- sans Jahrb. f. w. Hot., 35 Rd. (1900). Biologie von Liparis Loeselii Rieh. 3l3 Knäuel zarterer Hyphen einen Ring von kräftigen findet, so sind diese auf eine Neuinfektion zurückzuführen, während jene schon Verfallsstadien darstellen. Auch Eivveißhyphen fehlen. Mit dem Substrat besitzt der Pilz reichliche Verbindungen. Liparis trägt ja nicht nur an den Wurzeln sehr zahlreiche Wurzelhaare, sondern auch viele Epidermiszellen der Achse und Blattbasen wachsen zu Rhizoiden aus, die in die wasserspeichernden Blatti'este eindringen. Wie diese Organe dem Pilz den Eintritt in die Pflanze erschlossen, so sind sie nun in weit reichlicherem Maße die Stellen, durch die er mit dem Boden in Verbindung tritt. In den Wurzeln findet ein Aus- strahlen nur in den basalen Teilen statt, der größere Teil der Wurzel ist vollkommen pilzfrei. Die austretenden Rhizoiden bilden in der Basis des Rhizoids lockere Knäuel und Schlingen und verlassen, sich nach außen verzweigend und mehrfach anostomo- sierend, das Haar. Sporenketten findet man in den Rhizoiden nur ausnahmsweise, dagegen treten sie sehr häufig in den Epidermiszellen der Wurzel auf (Fig. 5) und zwar meist in gebräunten, toten Zellen. i ö^ Wie erwähnt, sind im Juni alle verpilzten Zellen gleichartig Der große Kern liegt zunächst sehr chromatinarm in der Mitte des dichten Hyphenknäuels, nur der gut färbbare Nukleolus ermöglicht es, ihn ziemlich regelmäßig zu finden (Fig. 6). Bald aber treten reichlich Chromatinkörnchen und -ballen auf, so daß der Kern nun scharf hervortritt. Die Kernmembran ist sehr deutlich, ein Aussenden von Plasmafortsätzen ist nur selten zu bemerken (Fig. 7). Dieses typische Bild zeigen in der zweiten Junihälfte fast alle Kerne des Pilzgewebes. Später deformieren sich die Kerne, so treten längliche oder gelappte Kerne auf, die nun die Wand erreicht haben oder dem Hyphenknäuel angedrückt liegen. Im Laufe des Juli beginnen dann die Hyphen zu kollabieren, die Pilzknäuel füllen daher die Zellen nicht mehr so prall, sondern heben sich von der Wand ab. Dieser Vorgang schreitet im August rasch weiter fort, so daß Anfang September die Hyphen in vielen Zellen zu ziemlich festen Klumpen geballt erscheinen. Teilweise kann man allerdings die einzelnen Hyphen noch gut erkennen. Man findet dann regellos nebeneinander alle Über- gänge von verhältnismäßig wenig kollabierten Hyphenknäueln über dicht geballte, stark kollabierte Reste bis zu fast homogenen Klumpen. Die Kerne sind inzwischen wieder erheblich kleiner geworden, die regen Stoffwechselvorgänge sind abgeklungen, der Kern der höheren Pflanze hat gesiegt. Während dieser Vorgänge der Grundachse und wohl auf Grund der Nähr- stoffzuschübe, die die Pflanze beim Absterben des Pilzes erhält, vollendet Liparis in den oberirdischen Teilen ihre Entwicklung. Anfangs September welken rasch die Blätter, deren Chlorophyll schon seit einiger Zeit allmählich degeneriert war; in 1 Bei den übrigen Orchideen wurden solche Sporenketten nur in den Wurzel- haaren der Ophrydeen ziemlich regelmäßig gefunden (Burgeff, p. 120). Sonst erwähnt nur Burgeff in einem Falle sklerotisch dichte Sporenhaufen in abgestorbenen Wurzelepidermiszellen von Ophris muscijera. 314 B. Huber, ihren Zellen sind die eigenartigen Netzverdickungen aufgetreten, die den toten Blatt- resten die Fähigkeit der Wasserspeicherung verleihen. Die Früchte sind gereift, bleiben aber geschlossen (am natürlichen Standort wird der Fruchtstand durch die Schneebedeckung niedergedrückt, in der Kultur bleibt er dauernd erhalten). Die Reserveknolle hat sich bedeutend vergrößert und ist vollgepfropft mit Stärke. Ihr angedrückt ist die Knospe der nächstjährigen Pflanze schon vollkommen ausgebildet. Auch der Pilz hat sich durch die Sporenbildung für den Schluß der Vegetations- periode vorbereitet. Die Grundachse hat ihre Aufgabe erfüllt und wird durch Ver- stopfung der verholzten, reich getüpfelten Zellen mit einer auffallenden gelben Masse i von der Knolle in schmaler Trennungsschichte abgetrennt und geht zugrunde. Schon Ende September ist es kaum noch möglich, einen Schnitt durchzuführen, weil der Zell- verband schon in Auflösung ist. Nur die Leitbündel und das von ihnen umschlossene Mark wiederstehen ein volles Jahr der Verwesung. Ich fand es daher recht auf- fallend, daß auch in den Rindenzellen wenige Wochen vor dem Absterben dieselben Netzverdickungen auftraten wie in den Blättern. Die Beobachtungen im April 1921 klärten den Widerspruch auf. Die Rindenzellen bilden um die Infektionsv\-urzel eine schützende wasserspeichernde Hülle. Die' Netzverdickungen sind + verholzt. Ihre Entstehung kurz vor dem Absterben der Zellen erklärt es, daß diese Verholzung in vielen Fällen wenig weit vorgeschritten ist, so daß man oft die Holzreaktionen ohne oder mit schwachem Erfolg versucht. Wir müssen uns zum Schlüsse die Frage stellen, welchen Verpilzungstyp wir bei Liparis Loeselii vor uns haben. Schon Magnus hat die Forderung aufgestellt, daß man die Verpilzungs- formen der Orchideen nicht unnatürlich nach der Form der Klumpen in ein System bringen dürfe, sondern den Grad der Differenzierung in Wirt- und Verdauungszellen als Einteilungsgrund nehmen müsse. Für Liparis ist nun das Kennzeichnende das Fehlen einer dauernden Pilzwirtschicht. Am Ende der Vegetations- periode findet sich der Pilz in den meisten Zellen verdaut oder degeneriert. Nur ganz regellos liegen ab und zu Zellen dazwischen, in denen sich der Pilz noch erhalten hat. Nach diesen Verhalten ist Liparis an der Seite der Neottieae zu stellen, für die gleich- falls das Fehlen einer dauernden Wirtschicht bezeichnend ist. (Die ausführlichste Zusammenstellung aller anatomischen Befunde finden sich im angegebenen Buche Burgeff's, II. Teil, Pilz und Pflanze, C. Die interzellulären Vorgänge in der Pflanze, p. 95 ft'. Dort auch alle nötigen Literaturangaben.) So finden sich in den aus sehr zahlreichen Schichten bestehenden Rindengewebe der rübenförmig verdickten Spiranihes -Wui'zeln- Pilzknäuel und -klumpen in un- regelmäßigen Komplexen. Bei Goodyera^ nimmt die Verdauung einfach gegen die äußere Rinde hin zu. Bei Coryanthes^ wird das Rhizom durch eigentümliche Trichome infiziert. Der Pilz kann 1 Obwohl ich dieser gummiartigen, stark lichtbrechenden Masse, die sich von der Zellwand mit scharfem Rande abhebt, einige Aufmerksamkeit schenkte, konnte ich ihre chemische Natur nicht ermitteln. Mit Sudanglyzerin und besonders mit Scharlachrot erhielt ich distinkte Rotfärbung, doch machte das Versagen wieder- holter Verseifungsvcrsuche die Fettnatur fraglich. Reaktionen auf Gerbstoffe, Phlorog- lukotannoide und Pentosane verliefen negativ. In Alkohol verschwinden die amorphen gelben Ballen, es treten aber feinkörnige Fällungen auf. Die Masse scheint anfangs weich zu sein und später zu erstarren, denn sie ist dann oft stark rissig. 2 Bürge ff a. a. 0., p. 127 bis 129 und die dort angegebene Literatur. I Biologie von Liparis Loesciii Rieh. olo dann in allen Rindenzellen des Rhizoms der Verdauung anheim- fallen. Mit diesen Pflanzen steht Liparis Loeselii am Anfang der anatomischen Differenzierung der Verpilzung. Nach dem Endergebnis wird auch bei diesen Pflanzen gewöhnlich von Verdauungszellen gesprochen. Ich bin aber der Ansicht, daß der Begriff Verdauungszellen im Gegensatz zu Wirt- zellen nur dort gebraucht werden sollte, wo tatsächlich eine Sonderung eingetreten ist und bestimmte Zellen von vornherein dazu bestimmt sind, den Pilz, sobald er die Zelle gefüllt hat, zu verdauen, während andere den Pilz ohne Schädigung beherbergen. Bei Liparis aber lebt der Pilz viele Wochen ohne Anzeichen einer Degeneration in den Zellen, man würde diese Zellen unbedenklich als Wirtzellen bezeichnen, würde nicht später der Pilz doch verdaut. Der Ausdruck Verdauungszellen wird bei Liparis LoeseJü dadurch noch weniger scharf faßbar, weil die Degeneration des Pilzes nicht in allen Zellen bis zur bezeichnenden Klumpenbildung fortschreitet, sondern nur eine Ballung der stark kollabierten Hyphen eintritt, wobei die einzelnen Hyphen noch kenntlich bleiben. Burgeff will für diese Fälle nicht den Namen Verdauung angewendet wissen, denn er stellt eine Angabe von Magnus, er habe bei Piatanthera bifolia den Pilz gelegentlich in allen Zellen verdaut, gefunden, dahin richtig, daß in den Wirtzellen die Hyphen bei der Verdauung verschont bleiben, aber später, etwa zur Blütezeit der Pflanze »von selbst« degenerieren und vom Pflanzenplasma unter Mitwirkung des Kernes etwas zusammengeballt werden. Diese Scheidung kann nun wohl bei der in ihrer Verpilzung ziemlich hochstehenden PlatantJiera scharf durchgeführt werden, weil dort Wirt- und Verdauungszellen von vornherein einen verschiedenen Entwicklungs- gang nehmen und echte Verdauung und Ballung zeitlich auseinander liegen. Es ist aber klar, daß sich diese Scheidung bei weniger differenzierter Verpilzung kaum aufrecht erhalten läßt. Es ist daher wohl das Natürlichste, für solche Fälle die Scheidung in Wirt- und Verdauungszellen überhaupt fallen zu lassen. Wir haben eine anatomisch einfache Form der Symbiose, bei der die Sonderung noch nicht ausgebildet ist. Wir erhalten so eine Reihe, die von den Neottieae und Malaxidae (bei den beiden andern einheimischen Malaxiden Achroanttins moiiophyllos und Malaxis paliuiosa ist die Verpilzung jedenfalls sehr ähnlich), bei denen in denselben Zellen, die den Pilz beherbergen, später Verdauung eintreten kann, über die Oplirydeae mit ständiger Sonderung in Wirt- und Verdauungsschicht bis zur höchsten Form der Neottia führt, die in schärfster, unab- änderlicher Ausprägung eine äußere und innere Verdauungszone und eine Wirtschicht in der Mitte besitzt. Nur in einer Hinsicht ist es nicht ganz gerechtfertigt, die Verpilzung von Liparis in einer Linie mit der der übrigen Orchideen zu betrachten: wir dürfen die Achsenverpilzung bei 316 B. Huber, Liparis nicht ohne weiteres mit der Wurzelverpilzung der übrigen gleichsetzen. Gerade die Differenzierung in Wirt- und Verdauungs- zellen findet sich in dieser scharfen Ausprägung nur in den Wurzeln. Magnus fand selbst für die so hoch differenzierte Neottia, daß die Sonderung im Rhizom und namentlich im unteren Teil des Stengels immer mehr schwindet. Er fand im Rhizom den Pilz nur in wenigen, nicht bestimmt lokalisierten Zellen, im Stengel überhaupt nie verdaut. Dort ist aber die Rhizomverpilzung nur von nebensächlicher Bedeutung. Er fand Rhizome pilzfrei oder bis zu sechs Rindenschichten verpilzt. Auch bei den Ophrydeen mit verpilztem Rhizom kommt doch die Hauptbedeutung der Wurzel- verpilzung zu. Die vollkommen regelmäßige, nie fehlende Verpilzung der Achse gleichzeitig mit zurücktretender Wurzelverpilzung ist das Neue und Eigenartige bei den Malaxiden, worauf schon Goebel hingewiesen hat (v^gl. die anfangs angeführten Sätze). Wir sind daher zur Annahme berechtigt, daß hier die Achsenverpilzung die Aufgabe der Mykorrhiza vollwertig übernommen hat und mit Rücksicht darauf können wir Achsen- verpilzung hier und Wurzelverpilzung dort als physiologisch und biologisch gleichwertig in einer Linie betrachten, wenn es sich nur um die Aufstellung einer biologischen Reihe handelt. Überblicken wir noch einmal die Gesamtheit der anatomischen Befunde, so kommen wir zum Schluß, daß die Symbiose bei Liparis Loeselii eine der wenigst ausgebildeten unter den Orchideen ist. Der Pilz ist bei Neottia schon vollkommen ans Leben in der Pflanze angepaßt, seine Isolierung gelingt nicht mehr, Fortpflanzungs- körper werden nicht gebildet, Kommunikationen mit dem Boden treten nur selten und unregelmäßig auf. Bei der Mehrzahl der Orchideen gelingt die Isolierung, dagegen werden Fortpflanzungs- körper, Sporenketten nur in den reproduktiven Hyphen gebildet, die durch Wurzelhaare die Pflanze verlassen. Bei Liparis gelingt die Isolierung sehr leicht, Fortpflanzungskörper werden auch in (allerdings meist abgestorbenen) Geweben der Pflanze sehr reichlich gebildet, die Verbindungen mit dem Boden sind zahlreich. Der Liparis-P'üz hat in der Pflanze seine Selbständigkeit noch nicht weitgehend aufgegeben. Parallel mit der anatomischen Differenzierung läuft dann die gegenseitige Abhängigkeit der Symbionten von- einander. IV. Physiologisch-Ökologischer Teil. Auf die Deutungsmöglichkeiten der Pilzsymbiose einzugehen, kann ich mir im Hinblick auf die wiederholten Erörterungen dieser Frage füglich ersparen. Ich verweise aus der neueren Zeit nur auf E. Stahls »Sinn der Mykorrhizenbildung«,^ auf die Abschnitte 1 Jahrb. f. vv. Botanik. 34. Bd. (1900). Biologie von Liparis Loeselii Rieh. 317 D und E (p. 147 bis 207) in H. Burgeffs »Wurzelpilzen«, die alles auf die Orchideen Bezügliche zusammenstellen und kritisch verarbeiten, auf H. Weylands Beitrag «Zur Ernährungsphysiologie mykotropher Pflanzen«^ und die Darstellung des gegenwärtigen Stands der Frage durch H. Miehe.^ Für mich handelt es sich bloß darum, Tatsachen zu- sammenzustellen, die auf die Ernährungsphysiologie der Pflanze und des Pilzes ein gewisses Licht werfen. A. Die verpilzte Liparis Loeselii. 1. Die Assimilation. Im Kampf um die Nährsalze sind bei den höheren Pflanzen drei Arten von Heterotrophie entstanden, die fremde Organismen in den Dienst der eigenen Nährsalzversorgung stellen, der Parasitismus, die Mykotrophie und die Carnivorie. Erst in zweiter Linie bot dann diese Ausnutzung fremder Lebewesen Gelegenheit, auch den Kohlenstoff auf diesem Wege zu beziehen und so ging im Laufe der Entwicklung dieser biologischen Gruppen die Fähigkeit selb- ständiger Kohlensäureassimilation immer mehr verloren, während die Anfangsglieder solcher Reihen vollständig assimilationstüchtig sind. (Ich erinnere an die von Hein rieh er aufgedeckte Erit- wicklungsreihe der Rhinantheen. Eine ähnliche Abstufung der Assimilationsfähigkeit finden wir beim Vergleich der heimischen Orchideen. Vgl. Burgeff, p. 172.) Entsprechend den anatomischen Befunden, die für Liparis eine verhältnismäßig ursprüngliche Stufe der Verpilzung dartaten, ist Liparis Loeselii auch in der Assimi- lation des Kohlenstoffs vom Pilz unabhängig. Alle oberirdischen Organe der Pflanze, Blätter, Sproßknolle, Stengel, Blüten und Früchte sind grün. Die beiden Laubblätter erreichen eine recht beträchtliche Größe und sind von einfachem Bau: die spaltöffnungs- freie obere Epidermis bildet einen schwach entwickelten Wasser- gewebsmantel aus zarten, inhaltsarmen Zellen, die Epidermis der Unterseite hat merklich kleinere Zellen und sehr viele, kleine Spaltöffnungen vom Cypripedinin -Typus mit kleinen Cutinhörnchen. Dazwischen liegen meist vier Lagen ellipsoidischer Zellen, die sämtlich Chlorophyll führen. In diffusem Licht stehen die Chlorophyll- körner in Flächenstellung an den der Oberfläche parallelen Wänden. Der Nachweis der Assimilation gelingt für Liparis sehr leicht, da sie, abweichend von der Mehrzahl der Orchideen (unter den einheimischen sonst nur noch Cypripedium und Herininiiun monor- diis, für die beiden anderen Malaxiden liegen keine Angaben vor) 1 Jahrb. f. w. Botanik, 51. Bd. (1912). -' Fh-)ra, 111. und 112. Bd. (Stahlfestschrift 1918). 318 B. Huber, Stärkeblätter besitzt. Durch die Sachs'sche Jodprobe läßt sich denn auch an tagsüber belichteten Blättern reichlich Stärke nachweisen, während mit schwarzem Papier verdunkelte Streifen stärkefrei sind. Der Farbenton ist nach der Probe ein dunkleres Weinrot, da Liparis (ebenso wie Microstylis monophyllos) »rote« Stärkekörner^ besitzt. Im Dunkeln gehaltene Pflanzen halten sich einige Zeit ganz gut. Nach etwa vier Wochen erweisen sie sich aber als schwer geschädigt, die Blätter werden fleckig und schlaff. 2. Transpiration und Nährsalzversorgung. Stahl hat in seiner vergleichend biologischen Studie -der Sinn der Mykorrhizenbildung« (a. a. 0.) als gemeinsames Merkmal aller Mykotrophen eine geringe Wasserdurchströmung gefunden und diese damit in Zusammenhang gebracht, daß der Pilz die Pflanze hinreichend und ökonomischer mit Nährsalzen versorge, wodurch der Pflanze ein Ersatz für die geringe Transpiration geboten werde. Für die Herabsetzung der Transpiration läßt sich eine ähnliche Reihe aufstellen, wie für die der Assimilation (Bürge ff, p. 172). Anzeichen geringer Wasserdurchströmung sind nach Stahl: spärliches, unverzweigtes Wurzelwerk, Fehlen der Wurzelhaare, Fehlen einer Ausscheidung flüssigen Wassers, Blatt- glanz, langsames Welken, Zuckerblättrigkeit (wegen der damit \'er- bundenen Erhöhung des Turugors). Die Wasserdurchströmung bei Liparis ist nun ziemlich ansehnlich. Wohl hat ihr der Glanz der Blattoberseite den deutschen Namen »Glanzkraut« eingetragen und auf dieselbe Eigenschaft spielt das griechische XiTiapo? (= fettig) an. Dieser Blattglanz ist aber wohl in erster Linie ein Schutz gegen zu große Bestrahlung, die auf den schattenlosen Mooren im Sommer tatsächlich eine ernste Gefahr werden kann. Von den drei Malaxiden hat Liparis die kräftigste ßewurzelung,- indem hier nicht nur am blattlosen Grund der Achse, sondern auch noch über den Niederblättern Adventivwurzeln entstehen können. Ich zählte an besonders kräftigen Pflanzen bis zu 20 Wurzeln, von denen die längsten 45 min lang wurden. Microstylis trägt nach Irmisch 3 bis 6 Wurzeln, Malaxis besitzt stets nur eine einzige. Drosera hat nach Schmid^ 1 bis 3 Wurzeln von durchschnittlich 15 mm Länge. Die Wurzeln von Liparis sind stets unverzweigt und mit sehr vielen Wurzelhaaren bedeckt. Das 1 Vgl. Molisch H., Mikrochemie der Pflanze, 2. Auflage, p. 384. Goebel, a. a. O., p. 96. Irmisch, Flora 1803, p. 1. 3 G. Schmid: Beiträge zur Ökologie insektivorer Pflanzen. Diss. Jena. 1012. 9 Biologie von Ltparis Loesclii Rieh. 319 Wairzehverk von Liparis ist also sicher an und für sich schwach, im \'ergleich mit anderen Mykotrophen aber verhältnismäßig kräftig. Dabei ist zu bedenken, daß die Wurzeln oft im Wasser stehen, beinahe immer in feuchtem Moos gebettet sind. Zudem ist des wirksamen Absorptionssystems zu gedenken, das die toten Blatthüllen und die Achsenrinde mit ihren Netz- verdickungen darstellen. Rhizoiden an Achse und Blattbasen ent- nehmen diesen Wasserbehältern das Wasser. Die Wasserabgabe ist bei der starken Bestrahlung, namentlich bevor das Schilfrohr entsprechend hoch geworden ist, gleichfalls als hoch anzunehmen. Abscheidung flüssigen Wassers fehlt aller- dings. (Sie findet sich unter den einheimischen Orchideen nur bei den wenig mykotrophen Cypripedium, Epipactis und Listera ovata.) Besonders auffallend ist die hohe Zahl von Spaltöffnungen. Die Zahl der Spaltöffnungen ist an sich natürlich kein Maßstab für die Transpirationsgröße, weil die verschiedenen Bautypen sehr verschieden wirksam sein können. Je näher sich aber die ver- glichenen Formen stehen, um so eher kann die Zahl ihrer Spalt- öffnungen als Ausdruck der Transpirationsgröße genommen werden.^ Allerdings sind die Spalten von Liparis bei sonst ähnlichem Bau erheblich kleiner als die der zum Vergleich herangezogenen Formen.- Auf einem Quadratmillimeter zählte ich bei Liparis Loeselii 136 Spaltöffnungen Epipactis palustris 70 bis 80 Coeloglossii'm viride 64 bis 72 Gymnadenia odoratissima 50 » Goodyera repens 40 bis 60 » » » Unter den geprüften einheimischen Orchideen besitzt also Liparis weitaus am meisten Spaltöffnungen, die wenig mykotrophe Epipactis palustris desselben Standorts kommt ihr mit der Hälfte der Spalten noch am nächsten. Schließlich sei nochmals auf den Besitz von Stärkeblättern bei Liparis hingewiesen, worin sie wieder dem wenig mykotrophen Frauenschuh nahesteht. W'ägungsversuche ergaben auch tatsächlich für Liparis eine sehr ansehnliche Transpiration. Eine kräftige Liparis-Füa.nze mit 2X19cw- Blattfläche (Oberseite -t- Unterseite), die in einen wasser- gefüllten Glaszylinder so eingesenkt wurde, daß die Wurzeln in Wasser tauchten und der Zylinder über der Knolle mit Kork verschlossen und mit Paraffin abgedichtet wurde, zeigte in drei- 1 Vgl. Haberlandt G. Ph3^siologisclie PflanzenanatGmie, 5. Auflage, p. 440. 2 Die Diffusion durch Löcher in einer dünnen Wand ist aber nicht der Fläche, sondern nur dem Radius proportional (Renner 0., Flora. 100, S. 541). 320 B. Huber tägiger Beobachtung folgende durch Wägung ermittelte Tran- spirationsgrößen: Frischgewicht der Pflanze (samt Knolle und Wurzeln) 3 '20^. Freie Oberfläche (über der Paraffindichtung) 42 -5 cm-. (19+ 19 Blattfläche, 2-5 Stiel, 2 Früchte.) Tag Stunde Gewichts- verlust pro Stunde und cm^ Oberfläche Anmerkung 3. VII. 1920 3. VII. 1920 5. VII. 1920 6. VII. 1920 . 7. VII. 1920 i 17 h 18-10 1630 845 1545 l 0-450^^ 3-870 0-730 3-650 0-0064 1 0-002 0-001 0-0028 sonniger, windiger Nach- mittag Durchschnitt von 2 Tagen Nacht (Transpiration verringert) 2 sonnige Tage Durchschnitt aller 3 Tage 2-16 7;/^^ pro Stunde und cm^. Zum Vergleich entnahm ich Pfeffer's Pflanzenphysiologie {I. Bd., p. 153) willkürlich folgende Zahlen: Hanf 3 mg pro Stunde und Quadratzentimeter Oberfläche Hopfen 1-8 » » » » Roggen 1 • 95 » » » » Erbse 1 • 05 » » » » Der Einfluß des Lichtes geht aus folgenden Angaben Wiesner's hervor. (Untersuchungen über den Einfluß des Lichtes und der strahlenden Wärme auf die Transpiration. Sitzungsber. Wiener Akad., I. Abt., 74. Bd. (1876), p. 21 des Separatabdruckes): Mais im Dunkeln 0*97 mg pro Stunde und Quadratzentimeter » » diffusen Licht.. 1*14 » » » » » » Sonnenlicht .... 7 ■ 85 » » » » Die Transpiration der Liparis bei Nacht und an sonnigen Nachmittagen bewegt sich nahezu in den gleichen Grenzen. \'on einer verringerten Wasserdurchstromung kann also bei Liparis offenbar nicht die Rede sein. Die Transpiration erreicht an sonnigen Nachmittagen einen stündlichen Wasservcrlust, der ein Zwölftel des Frischgewichtes beträgt. In Anbetracht der Nährsalzarmut der Moore können aber die Stahl' sehen Erwägungen trotzdem zu Recht bestehen. Es ist möglich, daß auf diesem Standort der gleiche Wasserstrom, der an anderen Standorten die Pflanzen hinreichend mit Nährsalzen versieht, nicht in Augustumal K 0-044^ PO, 0-075 Ca 0-217 Mg 0-138 N Hochmoor Verl lältnis 1 : 2 - 4 1 • 9 • 4 1 13 •1 1 :5- 9 1 : 27 •3 Biologie von Liparis Loeselii Rieh. 321 hinreicht, um den Nährsalzbedarf zu decken. Es gelten die Erwägungen, die Schmid {a. a. O.) über die gleichfalls ziemlich stark transpirierende Drosera anstellt. Er stützt sich auf Bodenanah'^sen Webers aus dem mittleren Teil des Hochmoors von Augustumal, auf dem allein Drosera vorkommt und vergleicht sie mit dem Nähr- stoffgehalt eines diluvialen Lehmbodens. 100^ Trockensubstanz enthalten auf diluvialem Lehm 1-06^?- 0-18 2-86 0-88 Kiefernwaldhumus Daraus folgt, daß auf solchen Standorten erst eine vielfach größere Wasser- menge den gleichen Nährsalzbedarf zu decken vermag. Ich möchte allerdings anderseits auf das außerordentlich träge Wachstum der Orchideen verweisen, das doch einen bedeutend geringeren Nährsalzverbrauch zur Folge haben muß. Zwingend erscheint mir also aus diesen Überlegungen die Notwendigkeit des Pilzes für die Nährsalzversorgung nicht hervorzugehen. Da aber die Ausbeutung des Pilzes durch die Pflanze bei der Verdauung eine mikroskopisch beobachtete Tatsache ist und die Assimilationsversuche die Selbständigkeit der Pflanze auf diesem Gebiete dargetan haben, ist es doch sehr wahrscheinlich, daß die Verdauung des Pilzes der Pflanze die so schwer erreichbaren Nährsalze liefern muß. Der Ver- gleich mit den Insektivoren wäre dann wenigstens für die Verdauung gerechtfertigt. Im übrigen sollen Versuche mit pilzfreien Pflanzen über die Notwendigkeit oder Entbehrlichkeit des Pilzes entscheiden. 3. Die Fortpflanzung. Als Bernard im Jahre 1903 aus den Orchideen Pilze isolierte, die Orchideen- samen zur Keimung brachten, schien das Geheimnis, das die Keimung der Orchideensamen umhüllte, entschleiert. Tatsächlich gelingt heute die Anzucht tropischer Orchideen aus Samen mit großer Sicherheit, über den Keimungsbedingungen der einheimischen Orchideen liegt der Schleier aber noch ebenso dicht wie einst. Burgeff gelang es trotz mannigfacher Versuchsanstellungen nicht, einheimische Orchideen zum Keimen zu bringen (a. a. O., 1909, p. 51). Es lag mir im Rahmen dieser Untersuchung fern, der Samenkeimung eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Es sei nur erwähnt, daß sterile, im Herbst aul verpilzten Nährböden aus- gesäte Samen, die teils am Licht, teils im Dunkeln unter verschiedenen konstanten oder täglich schwankenden Temperaturbedingungen gehalten wurden, bis Ostern keine Entwicklung zeigten. Ein Teil der Kulturen war inzwischen verunreinigt worden, einige aber waien noch vollkommen rein. Da die Fruchtkapseln von Liparis sich nicht von selbst öffnen, können aller- dings am natürlichen Standort die Samen erst durch die Schneebedeckung in den Boden kommen und daher frühestens im Frühjahr keimen. Dabei dürfte es sich aber wohl nur um eine erzwungene Ruhe handeln, da von anderen heimischen Orchideen noch im Oktober die Keimlinge der gleichjährigen Samen gefunden werden und die tropischen Orchideen innerhalb von 14 Tagen keimen. Pflänzchen, die erst in der zweiten Vegetationsperiode standen, fand ich wiederholt. Es dürfte sich aber wohl fast immer um Adventivpflanzen gehandelt haben, die im Vorjahr an der inzwischen verfaulten alten Knolle entstanden und nun selbständig geworden sind. Ich wurde leider auf diese Adventivbildungen erst aufmerksam, als eine Beobachtung am natürlichen Standort nicht mehr möglich war. 322 B. Huber, Die Entstehung von Adventivpflänzchen an der Knolle von Liparis (-StiinniaJ Loeselii hat zuerst Irmisch^ beschrieben und er hat eine Knolle mit drei Adventivknospen abgebildet. Ich habe nie mehr als eine Adventivknospe gefunden, diese aber nahezu immer. Ich konnte daher auch ihre Entwicklungsgeschichte recht gut verfolgen. Wenn die normale Knospe ausgetrieben und sich zur blühenden Pflanze entwickelt hat, bleibt in der Reserveknolle immer noch eine ansehnliche Menge Stärke zurück. Diese Stärke sammelt sich im oberen Teil der von der jungen Pflanze abgekehrten Hälfte der Knolle an einer Stelle besonders dicht an, an der zwei, manchmal auch drei Leitbündel \\^ieder zusammenlaufen.- Man erkennt im Juli diese Stelle, den neuen Vegetationspunkt mit freiem Auge als weißes Pünktchen. Es treten in und unter der Epidermis Zell- teilungen auf, die Kerne treten deutlicher hervor und es wölbt sich ein Vegetationspunkt vor, an dem in Yg- Stellung 3 Blattanlagen auftreten (Fig. 8). Die Unterseite dieser Blatthöcker entwickelt sich bedeutend stärker und liefert eine kreisellörmige Anschwellung der Achse, die in manchen Fällen noch weiter als Entwicklung des Blattgrundes kenntlich bleibt (Fig. 9), in anderen Fällen als Teil der knolligen Grundachse erscheint. Es entsteht bis September ein etwa 2 mm großes Pflänzchen (Fig. 10), das mit einer winzigen Sproßknolle abschließt, der die Knospe des nächsten Jahrestriebs seitlich anliegt. In diesem Stadium findet man Pflänzchen manchmal noch unverpilzt, meist aber ist der Pilz schon durch die langen Rhizoiden der Blattgrundschwellung (eine kleine, Rhizoiden tragende Anschwellung besitzen auch die Blätter erwachsener Pflanzen) in die Achse eingewandert und hat hier die Rinde in der bekannten Ausdehnung in Besitz genommen. Wurzeln besitzt das Pflänzchen nicht. Als Absorptionssystem dienen wiederum die oft erwähnten Netzfaserzellen. Hier treten Netzverdickungen nicht nur in allen Zellen der Achsenrinde und des Blattgrundes auf, sondern auch in den Zellen der Mutterknolle, die wieder embryonal geworden sind und den Vegetationspunkt für die Adventivknospe geliefert haben. Es ist der einzige Fall, daß in der Knolle diese Verdickungen auftreten. 1 Irmisch Th., Zur Morphologie der monocotylischen Knollen- und Zwiebelgewächse. Berlin 1850, p. 159: »Auf der vorjährigen Knolle entwickeln sich nicht selten, und zwar meistenteils auf dem Scheitel derselben, also durchaus nicht in den Biattachseln, kleine spitze Knöspchen {geminae adveniivae), die bald abfallen und selbständige Pflänzchen bilden.« - Ich fand einmal eine solche Knolle, in der die Stärkekörner ganz abweichende Gestalt besaßen. Statt vieler kleiner, fanden sich in jeder Zelle nur wenige (4 bis 7) große Stärkekörner in der Gestalt kreisförmiger, konzentrisch geschichteter Scheiben (Fig. 11). Im Polarisationsmikroskop bilden daher bei gekreuzten Nikols die Aus- lüschimgsbalken ein ganz gleicharmiges Kreuz (wie ein Deutschmeisterkreuz). Mit Jod färbten sich diese Stärkekörner wie die übrigen braunrot. Im Meristem für die Adventivknospe waren die Stärkekörner normal. Biologie von Liparis Loeselii Rieh, d23 In einem Falle fand ich in fast allen verpilzten Rindenzellen eines solchen Advcntivpflänzchens je ein bis zwei \vi.irfelige oder oktaedrische Krystalle von starker Lichtbrechung, die an die bekannten EiweÜJkrj-stalloide der Kartoffel erinnerten. Sie gaben jedoch keine Eiweißreaktionen. Das spärliche Material gestattete leider nicht, ■die Natur der Krystalle festzustellen, so wichtig dies möglicherweise für die Theorie der Symbiose gewesen wäre. Es erscheint mir nämlich wahrscheinlich, daß ihr Auf- treten aut die Anhäufung eines Stoffwechselproduktes des Pilzes zurückzuführen war, das von den rascher wachsenden größeren Pflanzen sofort verbraucht wird, während es hier auskrystallisierte. In den pilzfreien Zellen fehlten diese Krystalle. Ich habe sie aber auch an anderen AdventivpOanzen nie wieder gefunden. Im zweiten Jahr entwickelt sich eine verhältnismäßig lange, dünne Achse, die in etwa 12 mm Entfernung wieder eine kleine Knolle von 1 bis 2 mm Durchmesser entwickelt und ein einziges Laubblatt, das erste, trägt. Die Länge der Grundachse ist biologisch verständlich, denn die Knolle soll ja immer an der Oberfläche der ständig weiterwachsenden Moospolster bleiben. Nun ist die Adventiv- pflanze gegenüber ihrer legitimen Schwester ohnedies um ein volles Jahr zurück und muß daher durch starke Streckung den Vorsprung nachholen. Die ganze Achse ist in ihrer (nur zwei- bis vierschichtigen) Rinde verpilzt. Im wievielten Jahr die Pflanze zur Blüte kommt, weiß ich nicht. B. Der Pilz. Schon wenige Wochen nach Beginn meiner Untersuchungen ging ich an die Isolierung des Orchideenpilzes. Ich hielt mich genau an Burgeff's ausgezeichnete Anleitung (Anzucht tropischer Orchideen aus Samen, Jena 1911) und erhielt gleich beim ersten Versuch aus 25 von 30 Impfstellen auf 6 Platten einen Pilz, der sich durch seine radial unbegrenzt fortwachsenden Langhyphen und die nahezu senkrecht von diesen abzweigenden Kurzhyphen als ein Orcheomyces zu erkennen gab. Als am achten Tage an Stelle von Kurzhyphen auch Ketten kugeliger Konidien auftraten, war es sicher, daß ich den richtigen Symbionten gewonnen hatte. Aus diesen Rohkulturen kommt man rasch zu Reinkulturen, indem man einige Male auf Platten abimpft, denen keine Stickstoff- quelle beigegeben ist. Die in der Stärke und sonst als Verun- reinigungen vorkommenden Stickstoffmengen genügen für den Liparis-Filz, während Bakterien auf solchen Böden zurückbleiben. Zum Vergleich isolierte ich auch aus einer Phalaenopsis ihren Symbionten, der sich in der Wuchsform vom Orcheomyces Loeselii (wie ich ihn kurz nennen wall, ohne die Möglichkeit zu bestreiten, daß er nur eine physiologische Rasse eines anderen Pilzes daisteilt) deutlich unterscheidet. Dieser ist trag wüchsig, breitet sich kaum jemals über die ganze Platte aus und erhebt sich nicht über das Substrat, während der Phalaenopsis-Vilz eine Platte rasch mit einem flaumigen Luftmyzel überspinnt. Dei- Phalacnopsis-VWz ist auch kräftiger, seine Hj'phen haben 7 jj. Durchmesser, die ellipsoidischen Sporen sind bis 22 p. lang, bei einem Durchmesser von 15 [i, die Hyphen des 0. Loeselii haben einen Durchmesser von 4 ij.. die fast kugeligen Sporen 324 B. Huber, einen von 10 bis ISpi. Die Formen wechseln allerdings je nach der Nährlösung. Wird als Stickstoffquelle ein Ammonsalz gegeben, so bilden die Sporenketten regel- mäßig im Substrat verteilte, sternförmige Häufchen, die dem freien Auge als weiße Pünktchen erkennbar sind. Jede einzelne Sporenkette zählt ungefähr 10 kugelige Glieder. Steigeit man die Kohlehydratkonzentration von i'^ bis 5 0 q, so werden die einzelnen Sporen etwas länglich ellipsoidisch. Wird Harnstoff als Stickstoffquelle gegeben, so sind die Hyphen etwas dicker, die Sporen sind nicht zu Häufchen ver- eint, sondern unregelmäßig im Myzel verteilt, die Sporenketten bestehen nur aus 3 bis 4 kugeligen Gliedern Knäuelbildung an der Oberfläche des Substrats habe ich nie beobachtet, ebenso trat nie Sklerotienbildung ein. Nimmt man die Wuchsform der Ammonsalzkulturen für die Beurteilung, so ist es klar, daß der Pilz zu jener Gruppe gehört, die Bürge ff (»Wurzelpilze«, p. 25) als Gruppe I vom Tj^pus Orcheomyces psychodis bezeichnet und zwar steht er gestaltlich gerade dem Typus sehr nahe, so daß die Burgeff'schen Abbildungen (Fig. 11, 12) beinahe genau das Aussehen des O. Loeselii bei V2 Vo Stärke und Ammoniumchlorid als Stickstoffquelle wiedergeben. .Abweichend ist nur das Fehlen der Sklerotien und der Hyphen- knäuel. Es ist dieselbe Form, die Bernard^ als Rhizoctonia repens folgendermaßen kennzeichnet: »Mycelium toujours rampant, formant sur les milieux nutritifs riches un volle epais, blanc jaunätre, qui peut devenir brun clair tardivement. Filaments moniliformes ramifies, groupes en petits amas granuleux, jamais anastomoses. Pelotons formes par l'enroulement de filaments myceliens sur eux-memes pendant de nombreux tours«. Dagegen wird der Phalaenopsis-Filz zur Art Rh. miicoroides gestellt. Während der Wintermonate wurden die Ernährungsansprüche des Pilzes in Flüssigkeitskulturen geprüft. Das Myzel bildet stets unter dem Flüssigkeitsspiegel eine schwer zerteilbare Flocke und erreicht ihn nur bei besonders üppiger Entwicklung. Ich arbeitete immer mit der stickstoffreien, mineralischen Nährlösung nach Arthur Meyer^ 1 / destilliertes Wasser 1 g KH.PO, 0-3<§^ MgSO^^+ZHaO (0-1^ Ca Gl,) (0-1,^ Na Gl) 0-01^ FCaGlß der wechselnde Mengen von Stärke oder Dextrin und verschiedene A^-Quellen beigegeben wurden. Es seien hier nur die Ergebnisse zusammengestellt, die diesen Torfmoorpilz von den von Burgeff untersuchten (p. 27 bis 4i) nicht nennenswert unterscheiden: 1 Angeführt von ßurgcff im .Anhang, p. 209. - Praktikum der bot. Bakterienkunde, Jena 1903, p. 15. Diese Nährlösung empfiehlt Burgeff (1911). Biologie von Liparis Loeselii Rieh. 325' 1. 0. Loeselii verlangt neutrale oder schwach alkalische Nährböden. In saueren Nährlösungen erfolgt überhaupt kein Wachs- tum. Daher wurden alle Kulturen stets sorgfältig neutralisiert. 2. Die Konzentration der Kohlehydrate kann innerhalb weiter Grenzen (Vo bis 5 "/o) schwanken, ohne das Wachstum dauernd zu beeinflussen. Die Förderung durch hohe Konzentrationen ist mehr vorübergehend und verwischt sich allmählich wieder. Sporen- bildung erfolgt bei allen geprüften Konzentrationen. In den folgenden Versuchen wurden 1 bis 2 ^/^ Kohlehydrate geboten. 3. O. Loeselii wächst gar nicht mit Nitriten und Ammoniumoxalat, schlecht mit Nitraten und Ammoniumtartrat, gut mit mineralischen Ammonsalzen, Asparagin (ohne Sporen zu bilden), sehr gut mit Harnstoff und Pepton, ausgezeichnet mit Ammoniumeitrat (einen festen weißen Kuchen bildend. Reichlich Sporen). Die Kohlehydrate sind dabei aber nicht entbehrlich. 4. 0. Loeselii kommt mit sehr geringen Mengen von Stickstoff aus. Eine Assimilation atmosphärischen Stick- stoffs scheint aber nicht stattzufinden. Neben allen Versuchs- reihen liefen stets Kulturen, denen kein Stickstoff beigegeben war. Bei jeder Neuimpfung wurde wieder von einer solchen Kultur abgeimpft, um den Fehler zu verringern. Trotzdem blieb das Wachstum nie nennenswert hinter den Ammonsalzkulturen zurück. Erst als ich unter einer Glasglocke 10 Kolben mit folgender Nährlösung aufstellte: 0-5^ KgHPO^ durch zweimaliges Umkrystallisieren gereinigt 0-15^ MgSO^ Spur FeSO^ » » » » 10^ wasserklarer Kandiszucker in schönen Krystallen gelöst in 500^ heißem destillierten Wasser, wobei ein Schälchen mit H.,S04 konz. und eine Menge Ätznatron für die Absorption von Ammoniak oder Salpetersäure sorgten, erfolgte beinahe kein Wachs- tum mehr. Die gute Ausnutzung aller geprüften, niedrig oxydierten Stick- stoffverbindungen ist mit Rücksicht auf den Standort biologisch verständlich, ebenso wie die schlechte der Nitrate. Die Fähigkeit, sich Spuren von Stickstoff dienstbar zu machen und die geringe Spezialisierung gegenüber den Stickstoffquellen (verschiedene Stufen des Eiweißabbaus: Pepton selbst, Aminosäuren, Harnstoff, Ammoniak) sind wertvolle Eigenschaften, die auch für die Symbiose von Bedeutung sein können. 326 B. Huber, C, Die pilzfreie Pflanze. Zum Schluß sei noch über meine Versuche mit pilzfreier Liparis kurz berichtet, wenn diese auch noch kein abschließendes Urteil zulassen. Als ich die Pilzfreiheit der jungen Knospe und der Reserveknolle festgestellt hatte, kam mir der Gedanke, es müßte durch rechtzeitige Abtrennung der verpilzten Teile möglich sein, die Neuinfektion im Frühjahr auszuschließen und so zu pilzfreien Pflanzen zu gelangen. Solche pilzfreie Orchideen wären für die Beurteilung der Notwendigkeit und Bedeutung des Pilzes von hohem Wert. Dabei mußte man sich natürlich vor Augen halten, daß ein Erfolg im ersten Jahr noch nichts gegen die Notwendigkeit des Pilzes beweise, da ja das Reservematerial der Knolle noch von der verpilzten Pflanze gespeichert und auch die Knospe noch auf ihr in allen Einzelheiten ausgebildet wurde, so daß beinahe nur das Wasser zur Streckung der fertigen Anlagen fehlt. Wegen der Unsicherheit des Ergebnisses verwandte ich für den ersten Versuch bloß 12 Pflanzen. (Ausgeführt am 24. I. 1921.) Ich entfernte die Blatthüllen von der Knolle, zog namentlich das innerste zarte Häutchen sorgfältig ab und trennte die Grundachse knapp an der erwähnten Trennungsschicht mit sterilem Rasiermesser ab. Die nackten Knollen (eine Wattehülle bei wenigen Knollen bewährte sich nicht, da sie schimmelte und erwies sich auch als überflüssig) mit den anliegenden Knospen gab ich in Petrischalen mit sterilem Torfmoos und begoß nun reichlich. Schon innerhalb einer Woche begann sich von zwei Pflanzen die Knospe zu strecken, im Laufe von drei Wochen folgten alle übrigen. Am 28. Februar mußten die Deckel abgehoben werden und die Schalen wurden nun in staubdichten Glashäuschen im Experimentierraum des Gewächshauses aufgestellt. Mitte April, als die Topfpflanzen eben die ersten Knospen hervorstreckten, waren die pilzfreien Pflanzen unter den günstigen Feuchtigkeitsbedingungen schon einige Zentimeter hoch. Ende April opferte ich eine Pflanze für die anatomische Untersuchung. Sie erwies sich tatsächlich als ganz pilzfrei. Ich wagte kaum meinen Augen zu trauen, als ich dieselbe Grund- achse, die ich bisher an ungezählten Schnitten immer mit dichten Hyphenknäueln erfüllt gesehen hatte, pilzfrei, reichlich mit Stärke gefüllt und mit verhältnismäßig kleinen Zellkernen fand. Sie zeigte, von der Größe der Zellen abgesehen, ganz die \''erhältnisse der Anlage. Die bezeichnenden Veränderungen, die der Pilz in den Zellen her\-orruft, waren unter- blieben. Anfang Mai folgte aber rasch ein auffallendes Zurückbleiben. Ein paar ganz kleine Pflänzchen waren schon im April eingegangen, ohne daß ich damals beim guten Gedeihen der übrigen besonders darauf geachtet hätte. In der ersten Hälfte Mai begannen aber I Biologie von Li f ans Loeselii Rieh. 327 auch die kräftigsten Pflanzen vom Blattgrunde her zu bleichen und die Blätter brachen dann an dieser Stelle. Als Mitte Mai drei verpilzte Pflanzen zur Blüte kamen, waren die pilzfreien im Wachs- tum zurück. Bei einzelnen Pflanzen ist die Möglichkeit nicht zu bestreiten, daß sie äußeren Einflüssen erlegen sind; einige schienen durch die Hitze der Pflingsttage geschädigt, andere wurden, aller- dings in deutlich geschwächtem. Zustand, eine Beute der Schimmel- pilze. In allen Fällen scheint aber schon die Tatsache der Schädigung ein Ausdruck mangelnder Widerstandskraft zu sein, denn von den verpilzten Pflanzen ist keine einzige zugrunde gegangen, obwohl ich zur Kontrolle einige gleichfalls in Petrischalen mit Torfmoos verpflanzt und in Glashäuschen neben den pilzfreien aufgestellt hatte. Über den Mai hinweg retteten sich nur zwei Pflanzen, die aber noch heute vollkommen kräftig erscheinen und gute Knollen gebildet haben. Ob man daraus schließen kann, daß die Pflanze durch die Entbehrung des Symbionten nur vorübergehend aus dem Gleichgewicht gebracht wird und, wenn sie die Krise überdauert, sich den neuen Verhältnissen anpassen kann, oder ob nicht vielleicht bei diesen Pflanzen die Isolierung mißlungen oder nachträglich eine Infektion erfolgt ist, bleibt abzuwarten, denn es ist erst im Herbst, nach Ausbildung der Trennungsschicht möglich, die Grundachse auf ihre Pilzfreiheit zu prüfen, ohne die Pflanzen zu opfern. Bis dahin sei auch von einer Erörterung der Befunde abgesehen. Die Möglichkeit einer wenigstens zeitweiligen Lebens- fähigkeit ohne den Sj^mbionten würde mit der sonstigen Ursprüng- lichkeit der Verpilzung gut übereinstimmen. ^ Ergebnisse. 1. Die Rinde der Grundachse v^on Lipavis Loeselii Rieh, ist reichlich verpilzt. Die Verpilzung der Wurzeln und Blätter tritt demgegenüber zurück. (Vgl. Goebel Flora 88. Bd. p. 103.) 2. Ein Überwandern des Pilzes aus der alten in die neue Achse findet nicht statt. Diese muß vielmehr alljährlich von neuem infiziert werden. Die Infektion erfolgt durch die älteste Wurzel, die geradewegs in die alte Achse hineinwächst. Durch rechtzeitige Beseitigung der verpilzten Teile gelang es, die Infektion zu verhindern und pilzfreie Pflanzen zu erzielen. 3. Eine Sonderung in Wirt- und Verdauungszellen fehlt. Der Pilz fällt im Laufe der Vegetationsperiode in der Mehrzahl der Zellen der Verdauung anheim. 4. Die Sporenketten des Pilzes finden sich regelmäßig in der Wurzelepidermis und den Blattbasen, selten in Wurzelhaaren. 5. Liparis ist selbständig assimilationsfähig. Als Assimilations- produkt erscheint »rote« Stärke. 1 Im Laufe der ersten Julihälfte gingen auch noch die beiden letzten pilz- freien Pflanzen ein. Die Unentbehrlichkeit des Pilzes auch für die erwachsene Pflanze ist damit ei-wiesen. Sitzb.d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 24 328 B. Hub er, Biologie von Liparis Loeselii Rieh. 6. Die Wasserdurchströmung von Liparis ist lebhaft. In der Spaltöffnungszahl übertrifft sie die untersuchten heimischen Orchideen bedeutend. 7. Samenkeimung gelang nicht. Dagegen erfolgt reichliche Vermehrung durch Adventivknospen, deren Entwicklungsgeschichte lückenlos verfolgt werden konnte. 8. Die Isolierung des Symbionten bereitet keine Schwierigkeiten. Er gehört zur Sammelgattung Rhizoctonia repens Bernard (= Typus Orcheomyces psychodis ^nvgeff) und stimmt in seiner Ernährung mit den bisher untersuchten Orchideenpilzen im wesentlichen üherein. Er vermag mit sehr wenig Stickstoff auszukommen, ist den N- Quellen gegenüber wenig spezialisiert, assimiliert jedoch atmo- sphärischen Stickstoff nicht. Tafelerklärung". Fig. 1. Liparis Loeselii. Längsschnitt, Übersichtsbild. Fünffach vergrößert. 7cj alte, A'o junge Knolle, a-^^ alte, a^ junge Grundachse, ak Vegetationspunkt für eine Adventivknospe. Fig. 2. Grundachse im Querschnitt. 20 fach vergrößert. Die verpilzte Zone in Fig. 1 und 2 dunkel getont. 3. Blattepidermis mit Sporenketten des Orchideenpilzes. 300 fach vergrößert. 4. Sporenkette a aus dem Blatt, h aus der Reinkultur. 600 fach vergrößert. 5. Wurzelepidermiszelle mit Sporenketten. 350 fach vergrößert. 6. Kern aus einer frisch verpilzten Zelle. 7. Kern aus einer länger verpilzten Zelle. 8 bis 10. Entwicklungsgeschichte der Adventivknospe. Alle Stadien pilzfrei. Im Stadium 10 (30 fach vergrößert) erfolgt die Infektion. Fig. 11. Ungewöhnliche Stärkekörner aus einer Knolle. Fig Fig Fig Fig Fig Fig Bruno Huber: Biologie von Liparis Loeselü Rieh. Sitzungsberichte der Akad, d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Abt. I, 130. Bd., 1921. 329 Ein „Fenster" des Tauerndeckensystems inmitten der Murauer Granatglimmerschiefer- decke südlich des Preber Von Alexander Tornquist in Graz (Mit 1 Profiltafel) (Vorgelegt in der Sitzung am 3. November 1921) 1. Die Katschberglinie und das Fenster. Die Untersuchung der Südflanke der Niederen Tauern und der Zusammenhänge derselben mit den von mir früher beschriebenen Teilen des Murauer und Turracher Decken- systems hat zu dem überraschenden Auffinden eines mitten im Granatglimmerschiefergebiet dieses Deckensystems auftauchenden Fensters des Tauerndeckensystems nördlich und vor allem östlich Tamsweg geführt. Dieses Fenster und seine Bedeutung für die Tektonik der östlichen Zentralalpen soll im folgenden behandelt werden. Ich beabsichtige, später auf Grund meiner Begehungen im Laufe der letzten Jahre eine eingehende Gesamtbeschreibung des östlich und südlich der Katschberglinie gelegenen Gebirges zu geben. Das Untertauchen des Systems der Tauerndecken unter die weit gegen Osten ausgedehnte Granatglimmerschiefermasse ist zuerst von Becke^ am Katschberg beobachtet worden, nachdem ältere .Autoren den Katschberg bereits als Störungszone erkannt hatten. Becke hat die Katschberglinie mit ihrem Überschiebungs- charakter sodann später- gegen Süden weiter verfolgen können, 1 Bericht über die Aufnahme am Nord- und Ostrand des Hochalmmassivs. Sitzungsber. der Kais. Akad. d. Wiss. Wien, mathem.-naturw. KL, 117. Bd., 1908, p. 371 ff. - Bericht über geologische und petrographische Untersuchungen am Ostrand des Hochalmkerns. Sitzungsber. der Kais. Akad. d. Wiss Wien, mathem.-naturw. KL, 118. Bd., 1909, p. 1066. 330 A. Tornquist, ohne daß ihr Ende nach dieser Richtung bis heute bekannt geworden wäre. Er beobachtete ihren Verlauf über St. Peter durch den Wolfsbachgraben über die Pirkeralni, Torscharte, Ebenwald, Dornbachwiesen bis vor den Radigraben unterhalb Gmünd. Ob diese Linie durch das von Granigg^ beschriebene Profil des oberen MöUtales geht, ist aus Graniggs Beschreibung wohl möglich, nicht aber mit Sicherheit zu entnehmen. V. Uhlig- hat sodann den Verlauf der Katschberglinie gegen Norden bis Mauterndorf verfolgt und sie dann mehr konstruktiv aus den älteren Literaturangaben in die Südabdachung der Niederen Tauern gegen Osten hinein gezogen. Er bezeichnete als Katsch- berglinie in diesem Gebiet den Kontakt der Schladminger Masse im Norden mit dem Granatglimmerschiefergebirge im Süden, ohne des Zwischengliedes der dort vorhandenen mächtigen Serie von stark verquetschten lichten Glimmerschiefern und anderer Gesteine näher zu gedenken. Auf Grund der älteren Forschungen von Geyer und Doelter in diesem Gebiet hielt Uhlig es für möglich, daß die Katschberglinie im Gebiet der Niederen Tauern ihren Charakter als Überschiebung eingebüßt hat. Auch ich hatte bisher der Ansicht, die Katschberglinie nur dort als Überschiebungslinie aufzufassen, wo sie quer zur Achse der Zentralalpen steht, zugeneigt und war daher heuer durchaus überrascht, in ihr auch im Gebiete ihres westöstlichen Verlaufes, d. h.. im südlichen Teil der Niederen Tauern alle Anzeichen einer alpinen Deckenüberschiebung ersten Ranges wahrzunehmen, so daß sie sich auch im Gebiete ihres westöstlichen Verlaufes als der Ausbiß einer Deckenüberschiebung L Grades darstellt. Dieses ergab sich weniger aus den Feststellungen an dieser Linie in den Niederen Tauein selbst, als daraus, daß etwa 3-5 ^m südlich vom Durchstreichen der Katschberglinie durch das Massiv der Golz (2581 w), des Rotheck {2743 ni) und des Preber (2741 w) mitten im Granatglimmerschiefergebirge ein Teil des unter ihm gelegenen Tauerndeckensystems als tektonisches Fenster auftaucht, welches erst 7 km südlich der Katschberglinie in diesem Gebiet wieder unter der Serie der Granitglimmerschiefer verschwindet. Dieses tektonische Fenster des Tauerndeckensystems ist im Norden durch eine Linie begrenzt, welche im wesentlichen ober- halb und teilweise auch in der gut ausgebildeten glazialen Schliff- kehle hindurchzieht, welche am Südfuß des Preber, des Preber- kessels und der Golz den untersten Steilabsturz bildet, welcher das Längstal Krakauebene — In der Klausen — Prebersee gegen Norden begrenzt. Die Nordgrenze des Fensters verläuft in westlicher ^ Geologische und petrographischc Untersuchungen im Oberen Mölltal. Jahrb. d. geul. R. A., 1901, p. 307. - Zweiter Bericht über geotektonische Untersuchungen in den Radstädter Tauern. Sitzungsber. der Kais. Akad. d. Wiss. Wien, mathem.-naturw. KI., 1908,^ p. 1379. I Ein »Fenster« des Tauerndeckensystems. b31 Richtung nördlich Lessach, wo eine jüngere Störung ihren regel- mäßigen Verlauf quert, über das Lessachtal, von dort hoch am Gummaberg bis in große Höhe hinauf und überquert das Göriachtal. Am Südfuß des Kranitzl konnte ich sie nicht mehr auffinden, dort tauchen aus der südlich angelagerten diluvialen Moräne bereits unmittelbar die chloritischen Schiefer der Schladminger Serie empor. Der südliche Rand des Fensters ließ sich aus dem Göriachtal nördlich des unteren, südlich Lessach gelegenen Engtales, ungefähr beim Blabacherbauern, quer durch den Südabfall des Lerchecks bis unmittelbar nördlich Haiden und dann von dort ziemlich geradlinig über den Eberwein (1720 w) bis zum Koglberg verfolgen. Die weitere Ausdehnung des Fensters gegen Osten konnte noch nicht festgestellt werden, vermutlich setzt es noch weit über die Lungauer steirische Grenze fort und verläuft nördlich des Wad- schobers über Krakaudorf wohl bis Schöder. Die Westgrenze des Fensters westlich Haiden gegen Wölting — St. Andrä — Maria Pfarr ist unsichtbar, da dieser Teil des Fensters von den tonigen Sanden und festverbackenen Schottern des Jung- tertiärs und in den hochgelegenen Gebirgsstufen völlig von diluvialen Moränen verdeckt ist. In dem untersuchten Gebirgsstück sind demnach die Geste ins- serie der Granatglimmerschieferstufe im Norden und Süden des Fensters und diejenige des Tauerndeckensystems in dem Fenster selbst zu unterscheiden. Als dritte Gesteinsserie ist diejenige unmittelbar an der Aufschubfläche der ersteren auf die letztere zu betrachten. Es sind das Serpentine und Talklagen von bedeutender Entwicklung. Derartige Gesteine sind bisher auch schon von mehreren Stellen der Katschberglinie selbst bekannt geworden. Becke erwähnt Serpentin auf der Katschberghnie im Wolfstcil und in größerer Ausdehnung westlich Ebenwald. Granigg beschrieb Serpentine aus dem oberen MöUtal. wo ihr Zusammenhang mit einer tektonischen Fläche zwischen dem Granatglimmerschiefer- gebirge und der Schieferhülle aber nicht sichergestellt ist. Aber auch im Prebergebiet ist die Katschberglinie an der Golz und am nördlichen Prebergrat, am sogenannten Federweisjöchl durch Serpentin und Talk ausgezeichnet. Das Auftreten von Serpentin und Talkbildung am Rand des Fensters bildet einen weiteren Beweis dafür, daß die Aufschub- fläche des Granatglimmerschiefergebirges auf das Tauern- deckensystem in der Tiefe unter der Granatglimmerschiefer- decke auf weite Erstreckung genau den gleichen Charakter besitzt, wie er an der Ausbißlinie dieser Deckenbewegung, d. h. an der Katschberglinie beobachtet wird. Erwähnt sei schließlich noch, daß nach meinen vorjährigen Be- gehungen auch noch Gesteine der Frauenalpedecke und der Decke des Turracher Carbons im Hangenden der Granatglimmer- schiefer von Süden her nördlich des Murtales auftreten und bis in keine allzu große Entfernung von unserem Fenster vorstoßen. 332 A. Tornquist, Diese Verhältnisse bleiben in der nachfolgenden Darstellung un- erwähnt und einer weiteren Publikation vorbehalten. Dagegen ist bereits in dieser Arbeit der sehr wichtigen Feststellung Raum gegeben, daß die basalen Gesteine der Turracher Scholle als Hangendes der Granatglimmerschieferserie sogar auch innerhalb der Niederen Tau er n in größerer Ausdehnung vorhanden sind. 2. Die einzelnen Gebirgssj'^steme. Geyer^ hat im Jahre 1893 zum ersten Male die Gesteine unseres Gebietes in einer kurzen Erläuterung seiner Aufnahme des Blattes St. Michael behandelt und vortrefflich charakterisiert. Auch die von ihm zu einer Zeit;, als die Deckentektonik noch unbekannt war, gemachten tektonischen Deutungen sind von vor- bildlicher Objektivität. Er erwähnt im allgemeinen in Süd verflächende Hornblendegneise in den oberen Lungauer Tälern der Niederen Tauern, dann südlich von ihnen eine Folge stark gestörter, nur hiie und da granatführender grauer Tonglimmerschiefer und im unteren Teil der Täler, im Lessachtal, am Bodenmoosgraben nach ihm beginnend, die Granatglimmerschiefermasse. Er weist das Vor- handensein einer »einfachen Auflagerung« dieser Gesteinsserien bereits ab und betrachtet die Gesteine als »eingefaltet«. Die damit schon von Geyer erkannte tektonische Diskordanz zwischen dem Granatglimmerschiefer im Süden und den Schlad- minger Gneisen im Norden ergibt sich aber \'or allem daraus, daß die Granatglimmerschieferserie im Gegensatz zu letzteren ganz überwiegend nördliches Einfallen zeigt und kein südliches, welches vorhanden sein müßte, falls sie als hängendstes Schicht- glied der Niederen Tauern diese am Südfuß ummanteln würde. Die »grauen Tonglimmerschiefer«, eine sehr verbreitete Gesteinsart lichter, verkneteter, meist sehr harter, gneisähnlicher lichter Glimmer- oder Serizitgesteine rechnen wir der Schladminger Gneisdecke, beziehungsweise dem Tauerndeckensystem zu. Einen Beweis dafür, daß man in einem solchen Gebiet intensivster Gebirgsbewegung und daher lokal stark wechselnder Beeinflussung des Gesteins nicht durchweg mit Hilfe genauer petrographischer Gesteinsbestimmung die Unterscheidung der ver- schiedenen vorhandenen Gebirgssysteme vornehmen kann, sondern sich dort, wo Fossilien fehlen, \iel mehr an die Ausbildung der betreffenden Gesamtgesteinsfolgen mit ihren charakteristischen Ein- lagerungen halten muß, bietet die genaue petrographische Unter- suchung einer Anzahl \-on Gesteinen unseres Gebietes durch Doelter''^ und seine Schüler. Wir finden bei Doelter unzweifelhafte 1 Vorlage des Blattes »St. Michael«. Verhandl. d. geol. R. A., 1893, p. 52. - Das krystallinische Schiefergebirge der Niederen Tauern usw. Mitteil, des naturw. Ver. f. Steiermark, 18i)7, p. 117. Ein >Fenster« des Tauerndeckensystems. 333 Gesteine der Granatglimmerschieferserie als Gneise erkannt und anderseits den Nachweis, daß andere von Geyer als Gneise benannte Gesteine des tieferen Gehirgssystems trotz ihres Feldspat- gehaltes petrographisch in die Bezeichnung Glimmerschiefer einzu- reihen sind. So wertvoll die genaue petrographische Präzisierung auch sein mag, sie führt uns zwecks Bestimmung der Zugehörig- keit zu den einzelnen großen zusammengehörigen Gesteinsserien nur dann weiter, wenn sie im Sinne der Becke'schen Gesteins- benennungen auch auf die Genesis der rein regionalen oder regional-diaphthoritischen Ausbildung Bezug nimmt. Die Gesteins- bestimmung in den krystallinen Zentralalpen muß eben Hand in Hand gehen mit der Feststellung des tektonischen Faktors im Gesiein. a) Das Granatglimmerschiefergebirge. Die Gesteinsfolge, welche dieses Gebirge zusammensetzt, ist zwischen der Katschberglinie im nördlichsten Prebermassiv gegen das Rotheck und dem Fenster in nahezu völliger Lückenlosigkeit auf dem 4 km langen, die Schichten fast senkrecht verquerenden Preberkamm vom Grazer Haus bis zur Preberspitze (2741 in) entblößt. Das andauernde nördliche Einfallen der Gesteinsfolgen auf dem ganzen Grat ist erstaunlich, da die Glimmerschieferserie östlich des Katschbergpasses am Ainack ein von der Katschberg- linie abgekehrtes Verflachen aufweist. Durch diese Lagerung wird am südlichen Preberfuß aber die Heraushebung unseres Fensters erst verständlich, während am Ainack umgekehrt sehr bald das Hangende der Granatglimmerschieferserie erscheint, der Gneis der Buntschuhmasse, welcher, wie an anderer Stelle gezeigt werden wird, das basale Schichtenglied der Turracher Decke bildet. Der Anstieg über den tiefsten Preberfuß von In der Klausen im oberen Rantental auf den Sattelkogl mit dem Grazer Haus bei fast 2000 in führt durch lichte, im Hangenden stark verquarzte Biotit führende Glimmerschiefer von Gneishabitus. Die Gesteine gehören Geyers grauen Tonglimmerschiefern an, welche Do elter als Gneisglimmerschiefer bezeichnet hat. Sie gehören bereits dem Fenster an. Das besondere Merkmal dieser Gesteine ist eine Art ptychmatische Fluidalstruktur, d. h. eine stark geschwungene Schieferung, die teilweise um größere Milchquarzknauern verläuft. Südlich des Grazer Hauses ist in ihnen zunächst ein schwach nördliches, aber schon 100 w weiter ein ziemlich anhaltendes süd- südwestliches Einfallen zu erkennen. In einzelnen Lagen treten auch Granaten auf. Die erste Felspartie nördlich des Grazer Hauses bei 1920 in zeigt ein diesem noch ähnliches Gestein im Schichtverbande mit flaserigen Granatglimmerschiefern. Sodann beginnt die normale Schichtenserie der letzteren. Bei 1950 w stehen mit reichlichen, bis 10 cm dicken Milchquarzknauern 334 A. Tornquist, durchsetzte, sohlig gelagerte, flaserige Granatglimmerschiefer mit bis 2 an großen Granaten an.^ Der nächste anstehende Felsen wird erst bei 2020 in sichtbar, es sind das flaserige, muskovitreiche, verpreßte Granatglimmerschiefer, welche mit 37° in Nord fallen und ostsüdöstlich streichen. Mit wechselndem Fallwinkel von 10 bis 30° sind die gleichen Gesteine bei 2080/;? und bis 2100 7« Höhe vorhanden, stets sind Granaten in ihnen enthalten. Bei 2120 in ist eine an Granaten arme, aber stark verquarzte Partie sichtbar. Im Hangenden folgen stark zer- knetete, gefältelte, flaserige muskovitreiche Schiefer ohne Granaten. Bei 2160;« treten in diesen Schiefern dunkle Hornblendeschiefer eingelagert auf. Sie enthalten dünne Lagen einer dichten Hornblende, die mit Quarzschichten wechsellagern. Bei 2190w nim.mt das Auf- treten von Granaten wieder zu. Das Einfallen ist zunächst um 10°, dann bald 60° in Nord gerichtet. Bei 2220 w tritt der an Granaten arme, flaserige, gefältelte Muskovitschiefer mit flacherem nördlichem Fallen wiederum auf, dem bei 2230 in grauweiße, geschichtete Quarze — wohl verkieseltes Marmorband — eingelagert sind. Mit wiederum zunehmender nördlicher Neigung bis zu 60° stellen sich bis 2250 in wiederum an Granat reiche Schiefer ein. Diese Gesteine zeigen bei 2260 in auf kurze Erstreckung einmal stell südliches Einfallen. Schon bei 2290 m ist aber das steile (70°) nördliche Fallen wiederhergestellt. Das gleiche Gestein hält in dieser Lagerung bis 2350 in an. Noch einmal tritt auf sehr kurzer Strecke bei 2360«/ ein mit 60° in Süd gerichtetes Fallen auf. Der bei 2380 in beginnende steilere Anstieg des Grates besteht aus normalen, verpreßten, muskovitreichen Granatglimmerschiefern, denen bei 2400 in wiederum ein Hornblendeschiefer eingelagert ist, in dem sehr dünne Hornblendelagen mit gleichen Quarzlagen wechseln. Bei 2410;« vorübergehend südliches Einfallen. Die Schiefer nehmen an Verquarzung zu und enthalten bei 2420 bis 2450 m lichte, auf dem kahlen Hang leicht auffallende Apliteinlagerungen, in denen auch Turmalinzüge auftreten. Verquarzter, flaseriger, granatreicher Schiefer hält bis 2500 in stets mit nördlichem Ein- fallen an. Bei 2510«/ beginnt noch einmal ein granatenfreier, gefältelter Muskovitschiefer, dem bei 2550«/ wiederum ein Aplitzug eingelagert ist, man kann hier beobachten, wie der Aplit in Apophysen in die Schiefer eindringt. Ihm folgt ein mächtiger an Hornblende reicher Horizont, teils die oben beschriebenen Hornblendeschiefer, teils dichte, bis 40 c«/ dicke Amphibolite enthaltend. Bei 2620/;/ treten lichte, feinkC)rnige, flaserige Muskovitschiefer auf, in denen 1 Unter dieser Region streicht die Nordgrenze des Fensters durch und ich bedauere, erst viel später von dem Obersteiger Graff in Lessach die Mitteilung erhalten zu haben, daß an den Flanken dieses Teiles unter dem Grazer Haus von ihm Talkschiefer und .Serpentin gefunden worden sind, die unmittelbaren Begleiter dieses Randes. Auf dem l'rcberkamm ist diese Zone durch Vegetation bedeckt und mir daher leider entgangen. 335 tr. >> ;h — a. ^O cc *T^ (U U2 Ä ü !/: .22 *-M rt -U s ^ o Ä > o CO CT! VJ g (L> Xi t. ■ ■ I ■ ' ^ ü 0) ■*■* iiii: ^ 0) 73 > :-:i :.-::; (d CD s~ ^ ^ Q 'S ^ I «^ cj c 2 ^ cfl t/1 § TJ C C o > 5- -iü in o c 3 cq c -; 73 Oob A. Tornquist, reichlich Ouarzknauern und einzelne Hornblendeeinlagerungen vor- kommen. Dieses Gestein hält bis 2670 m an und wird am Preber- vorgipfel (2695 m) von 60° nördlich fallende, feinkörnige, eben- schiefrige, granatfreie Muskovitschiefer abgelöst. Diese Schiefer fallen zunächst immer noch 60° in Nord, weisen aber im Paß zum Haupt- gipfel ein westliches Einfallen auf. Dieses Gestein wird von einem auffallenden, sehr dünnschiefrigen Quarz, Hornblendeschiefern und lichten Sericitschiefern überlagert, wie sie ähnlich im Preberprofil sonst nicht beobachtet werden. Der Prebergipfel (2720 bis 2741 iii) selbst wird von einem stark abweichenden Gestein aufgebaut, von einem festen, fein- körnigen Zweiglimmergneis, welcher vor allem durch reichlichen braun gefärbten Biotit ausgezeichnet ist. Dieses sehr auffallende, zunächst mit 80° nördlich fallende und dann auf dem Gipfel und jen- seits desselben südlich fallende Gestein ist von besonderem Interesse. Es unterliegt keinem Zweifel, daß dieses Gestein dem Buntschuh- gneis ^ entspricht, welcher ebenso wie der Gneis der Preberspitze östlich des Ainack in den Buntschuhtälern auf der Granatglimmer- schieferserie des Ainack gelagert ist. Dieser Buntschuhgneis erstreckt sich, wie oben bereits erwähnt wurde, vou den Buntschuhtälern gegen den Kielprein unter die Turracher Carbondecke und tritt dort zwischen der Granatglimmerschieferserie und den Kalken dieser Decke auf, er stellt das basale Gestein der Turracher Decke dar. Wir sehen daher an der Preberspitze im Hangenden der Granatglimmerschieferdecke mitten in den Niederen Tauern einen Rest der Turracher Decke erhalten, ein geotektonisch äußerst wichtiges Moment. Dieser Gneis bildet am Preber ein morphologisch sehr bemerkenswertes Gestein. Im Gegensatz zu den weichen Granatglimmerschieferabhängen an den Flanken des Prebers zieht der Gneis in äußerst wildem Grat vom Gipfel des Berges sowohl gegen Westen in das Prebertal als auch gegen Osten in den Preberkessel hinab. Das Preberprofil weist demnach eine mächtige Partie der Granatglimmerschieferserie auf, welche \'or allem durch die charakteristischen Amphibolit- und Apliteinlagerungen ausgezeichnet ist. Eine Abweichung vom Normalen ist durch die starke djmamische Fältelung der Schieferlagen und durch die teilweise diaphthorische Verschieferung \orhanden. In Anbetracht dessen, daß sowohl südlich als auch nördlich dieser Gesteinsserie die unter ihr gelegene Tauerndeckenserie zutage kommt, sie also immer nur eine basale und deshalb durch den Aufschub auf diese Deckenserie stark beeintlußte Gesteinspartie sein muß, kann diese Ausbildung nicht wundernehmen. Von Interesse ist das im allgemeinen nördliche 1 Geyer beschreibt den Buntschubgneis schon als Zweiglimmergneis, dessen Glimmer vorwaltend durch braune Biotitschuppen gebildet wird. Die Identität ergibt sich auch aus Handstücken, die ich im Turracher und Buntschuhgebict früher gesammelt habe. Ein »Fenster« des Tauerndeckensystems. 337 Verflachen der Serie, welche vielleicht auf eine starke Schleppung der tiefsten, unmittelbar auf der Aufschubfläche gelegenen Schiefer bei der Gebirgsbewegung hinweist, aber wahrscheinlicher durch spätere Faltung erzeugt ist. Es fällt ferner an dem beschriebenen Profil des Prebers auf, daß die gleichen Gesteinsserien mehrfach wiederkehren. Diese Wiederkehr dürfte keine normale Lagerung sein, denn zwischen jeden dieser gleichen Gesteinsfolgen konnte abweichend vom über- wiegenden und daher normalen nördlichen Einfallen der Gesteins- folge eine kurze Zone mit söhliger oder entgegengesetzter, südlich einfallender Lagerung festgestellt werden. Die Wiederkehr ist auf eine Schuppung zurückzuführen. Die Schichtenfolge ist in mehrere, jeweils 1000 m bis einige 100 m breite, gegen Süden überlegte Falten gelegt. Anhangsweise sei ferner erwähnt, daß die im Liegenden der Buntschuhgneise, deren überraschendes Auftreten am Prebergipfel soeben erwähnt worden ist, vorhandenen Serizit- und Ouarzhorn- blendeschiefer allenfalls Äquivalente der von mir im Gebiet der Paal früher beschriebenen Frauenalpedecke sein könnten.^ Südlich des Fensters ist die Serie der Granatglimmerschiefer in solcher Vollständigkeit nicht aufgeschlossen. Das beste Profil wird in der Lessachschlucht zwischen Wölting und Lessach sicht- bar, welcher die Fahrstraße zwischen den beiden genannten Ort- schaften unterhalb Reiner der Spezial karte folgt. Am südlichen Ausgang der §chlucht steht eine kleingefältelte Serie muskovit- reicher, etwas phyllitischer Granatglimmerschiefer an, welche mit 60° in Nord fällt. Es folgt eine zirka 500 in breite Zone, in welcher diese Schiefer zunächst söhlig gelagert sind und dann in Süd fallen. Granaten sind überall eingeschlossen. Dieses Verhalten und die dynamometamorph entstandene Phyllitisierung der Granatschiefer hält bis zur folgenden Straßenbrücke an, bei welcher sich nördliches Einfallen einstellt. Im nördlichen Teil der Schlucht werden dann stark zerpreßte, schwach südlich fallende Granatglimmerschiefer sichtbar. Die stark diaphthoritische Phyllitisierung der Granat- glimmerschiefer weist darauf hin, daß die Decke des Tauernsystems, welche unter der Granatglimmerschieferserie liegt, dort in keiner sehr großen Tiefe vorhanden sein dürfte. Das vorwiegend südliche Einfallen ist darauf zurückzuführen, daß das Fenster des Tauern- deckensystems im Norden dieser Serie zutage tritt. Ich erblicke in der gegen Norden gerichteten Neigung der Granatglimmerschiefer- serie am Preber nördlich des Fensters und in der vorwiegend gegen Süden gerichteten Neigung der Granatglimmerschieferserie in der Lessachschlucht südlich des Fensters einen Beweis dafür, 1 A. Tornquist, Die Deckentektonik der Murauer und Metnitzer .-Mpen. Neues Jahrb. f. Min. Geol. u. Pal. B. B. 41, 1916, p. 93 ff. — Die westliche Fort- setzung des Murauer Deckensystems und ihr Verhältnis zum Paaler Carbon. Sitzungsber. der Akad. d. Wiss. Wien, mathem.-naturw. Kl., I. Bd., 126, p. 155 ff. 338 A. Tornquist, daß das Auftreten des Fensters durch eine spätere Faltung des Gebietes verursacht worden ist. h) Die Gesteinsserie des Tauerndeckensystems. Die Gesteine innerhalb des Fensters sind am besten in dem Profil am Wege von Tamsweg über Haiden zum Prebersee und von diesem bis in den Aufstieg zum Preberkessel zu beobachten, eine gute Ergänzung bietet dann die Begehung der östlich des Lessachtales gelegene Erhebung vom Paß Prebersee — Lessach südlich über den Lerchner (1722 w) — Lercheck (1705 w) bis Wölting. Es sind ferner die Höhen zwischen dem Sauerfelder Seetal und dem Brandlbach und der vom Gummaberg gegen Wölting herabziehende hohe Kamm begangen worden. Die beiden letzt- genannten Gebirgsteile weisen recht ungünstige Aufschlüsse auf. Entsprechend 'der tektonischen Diskordanz zwischen dem umrandeten Gebirge der Granatglimmerschieferserie und dem Fenster des Tauerndeckensystems treten am Fensterrand jeweils sehr verschiedenartige Gesteine des letzteren mit dem Granatglimmer- schiefer in Berührung. Nur am Nordrand ist vom Paß Lessach — Prebersee gegen Osten im Fenster als nördlicher Gesteinszug der vorbeschriebene lichte, stark verquarzte, Biotit führende Gneis- glimmerschiefer im Liegenden des Granatglimmerschiefers vorhanden. Im Westen dieses Passes gegen Lessach treten aber andere Gesteine. Kalke und Quarzite, an den Nordrand. Am Südrand ist der Gesteinswechsel des Fensterrandes ein größerer. Dieser sehr verschieden ausgebildete Kontakt hat seine Ursache darin, daß das Streichen der Fenstergesteinsserie ein anderes ist als das der Granatglimmerschiefer. Letztere streichen fast genau westöstlich mit einen Strich in WSW — ONO (etwa Stunde 5), während die Gesteine im Fenster sehr wechselndes Streichen aufweisen und in diesem vorwiegend NW — SO gerichtet sind. Der Almweg Tamsweg — Haiden — Prebersee tritt beim Aufstieg von Tamsweg zunächst in die jungtertiären Sande und verbackenen Schotter ein, deren Terrasse er bei Planitzer erreicht, vor dem weiteren Anstieg nach Haiden gelangt der Weg in die der tertiären Terasse aufgelagerte diluvale Moräne. Nördlich Haiden, am Ein- gang in die Südnordschlucht des vom Prebersee kommenden Baches, steht, rechts und links oberhalb des Weges sichtbar, saiger stehender Granatglimmerschiefer an, hinter dem der südlichste Kalkzug des Fensters beginnt. Die Granatglimmerschiefer sind am Wege selbst nicht wahrnehmbar, wohl aber beim Aufstieg gegen Osten, den Südrand des Kalkzuges entlang. Der südliche Kalkzug tritt orographisch beiderseits der Schlucht in Form einer steilen Klippe auf. Im Westen bildet dieser Kalkzug eine steile, zum Ofner abfallende Wand. Dieser Kalk, eine innerhalb Ein »Fenster« des Tauerndeckensystems. 339 dieses Teiles des Tauerndeckensystems steckende Kalkdecke II. Ordnung, unterscheidet sich von den höher metamorphen, in dem Murauer Deckensystem befindlichen Marmoren dadurch, daß er meist nicht völlig krystallin ist, sondern teilweise noch körnige Struktur besitzt, so daß seine Körner selbst mit einer scharfen Lupe nicht aufgelöst werden können. Dieser Zug besteht aus lichten bis gelblichlichten, matten Kalken, welche den mesozoischen Habitus sehr deutlich verraten. Auf diese Struktur ist es zurückzu- führen, daß diese Kalke einen matten Klang beim Hammerschlag geben, oberflächlich körnig verwittern und ab und zu Gebilde erkennen lassen, welche sicher noch nicht völlig zerstörte Fossilreste sind. Auch ist die stets vorhandene, deutlich gelbe Verwitterungsfarbe recht charakteristisch. Der Almweg zum Prebersee verquert diesen süd- lichen Kalkzug in einer Breite von etwa 600 w. Man erkennt an mehreren Stellen, daß die Kalkzone in sich stark kleingefaltet ist, so daß ein Bündel dicht aufeinander liegender Kleinfalten von zirka 50 in Länge ausgebildet ist. Diese kleinen liegenden Falten sind stellenweise nach Süden und andernorts nach Norden überkippt. Nördlich dieses Kalkzuges stellen sich schwach südlich fallende bis söhlig gelagerte gefältelte, Biotit führende, etwas chloritische, silberglänzende Gneisglimmerschiefer ein, die stark phyllitischen Habitus aufweisen. Bei der zweiten Alühle treten in ihnen auch Granaten auf. Dann folgen Bänke fester Grünschiefer. Nördlich dieser Zone folgen in erheblicher Ausdehnung in das Fenster eingefaltete Granatglimmerschiefer mit einem Einfallen von 35° in Nord, ihr Einfallen wird weiter nördlich steiler bis 65°, sie nehmen dann in zunehmendem Maße Quarzlinsenzüge und zusammen- hängende Quarzschwielen in sich auf und enthalten auch dann noch reichlich Granaten. Je weiter nördlich, um so zerpreßter werden die Schiefer. Bei einer westlich bleibenden Brücke sind ihnen feste Bänke von Hornblendeschiefer und harten Amphiboliten eingelagert. Das Einfallen ist sehr wechselnd südwestlich, dann östlich. Diese Zone ist ungefähr 400 in breit. Sie ist durch feste, mehrere Meter mächtige Quarzschichten von NO fallenden chloritischen Schiefern getrennt, mit "denen verwitterte Reste von Talkschiefer sichtbar werden, welche in NO einfallen. Es folgt dann eine zweite, nur 150 w breite Kalkzone, welche eine Kleinfaltung von eng aufeinander liegenden, meterlangen Falten zeigt, mit ostwestlichem Streichen und nördlichem Einfallen. Es folgt ein chloritischer Phyllit in saigerer Stellung, dem Quarzitbänke eingelagert sind, welche gegen Norden im Hangende in 45° nördlich fallende chloritische Glimmerschiefer übergehen. Am Wege sind dann bis kurz vor dem Prebersee keine Aufschlüsse mehr vorhanden. Scharf südlich des Prebersees wird aber die dritte, nördliche Kalkdecke mit steil gegen Norden und Süden gerichteten Abbruchen sichtbar. Das Profil ist dann am Prebersee unterbrochen und erst hinter ihm, beim neuerlichen steilen Anstieg zu den Preberhütten durch die am Fuß des Golz- Prebermassivs ausgebildete diluvale SchlifTkehle wird es klar, daß 340 A. Tornquist, wir uns in dem lichten, Biotit führenden befinden. Die leicht bis verfolgen. Gneisglimmerschiefer drei Kalkdecken des Fensters lassen sich gegen Westen über den Höhenzug südlich des Bodenmoosgrabens Der nördliche Kalkzug bildet dort die steile Kuppe des Lerchner (1722 m), an dessen Südwestabfall ein mit 40° in SSW gerichtetes Einfallen beobachtet wurde. Am Paß nördlich vom Lerchner streichen chloritische Phyllite durch vom Habitus der Becke'schen Serizit-Chlorit-Phyllite vom Edenbauer bei Tweng. Südlich des Lerchner wird eine wenig mächtige Partie westlich fallender Granatglimmerschiefer sichtbar, in denen reichlich Quarz- linsen eingeschaltet sind. Südlich folgt dann, über die Vorhöhe des Lerchnerkogls streichend, eine schmale Zone von mesozoischen Kalken, welche durch chloritische Glimmerschiefer von der breiten Kalkzone des Lerchnerecks getrennt sind, die ihrerseits der vor- erwähnten II. Kalkzone entsprechen. Am Lerchkogl besitzt die Kalkzone, welche teilweise aus mattlichten Kalken von jurassischem Habitus, teilweise aus bläulichen dolomitischen Kalken besteht, eine bedeutende Entwicklung. In den lichten Kalken gelang es mir, undeutliche Reste von Erinoidenstielgliedern und wenig deutliche Reste von kleinen Brachiopoden aufzufinden. Der graublaue dolomitische Kalk ist in die lichten Kalke eingefaltet. Es folgen dann nordöstlich fallende feinkörnige Gneisglimmerschiefer und noch einmal eine schmale Kalkzone. Am Paß südlich des Lerchnerecks setzt die Granat- glimmerschieferzone ein, welche in der östlich gelegenen Schlucht zum Prebersee zwischen dem ersten und zweiten Kalkzug beschrieben worden ist. Der südliche Teil des Fensters ist in dem folgenden dicht bewaldeten Gebiet nicht nachzuweisen gewesen. Östlich der Straße Haiden — Prebersee besteht die gesamte Südflanke des Sauerfelder Gebirges vom Sauerfelder Seetal bis zum Koglwald und zum Übergang westlich Eberwein aus Granat- glimmerschiefer von sehr steil südlichem Einfallen, welche auf der Höhe, also wieder an der Grenze gegen das Ferrster, reichliche Quarzlinsen und Quarzschwielen aufnehmen. Erst am Nordabfall des Eberwein tritt der Biotit führende Gneisglimmerschiefer des Fensters auf, welcher hier fast die ganze Breite des Fensters zusammenzusetzen scheint. Tiefer, am Nordgehänge dieses Gebirgs- zuges, bei der Raberalpe wird ein schmaler Zug \on mesozoischen Kalken sichtbar, welcher die östlichste Fortsetzung des breiten Lerchnerzuges ist und von der Raberalpe im Zusammenhang gut bis zur Kalkrippc unmittelbar südlich der Prebersees verfolgt werden kann. Das Resultat der Begehung des P'ensters nördlich Tamsweg — Sauerfeld ist demnach, daß in ihm die von den Radstädter Tauern bekannten mesozoischen Kalke, Quarzite, Chloritserizitphyllite und feste Chloritquarzite auftreten. Neben ihnen sind vornehmlich am Ein »Fenster« des Tauerndeckensystems. 341 Nordrand des Fensters und im Osten, allmählich fast die gesamte Breite des Fensters einnehmend, lichte Biotit führende Gneisglimmer- schiefer entwickelt, welche in der Zone der Tauerndecke südlich des Radstädter Tauernpasses anscheinend nicht bekannt sind. Diese Gesteine besitzen im Fenster auch vorwiegend das nördlich Mauterndorf im Tauerndeckensystem herrschende nordwestlich- südöstliche Streichen, so daß ihr Streichen im Fenster gegen das Streichen des umrandenden Granatglimmerschiefers deutlich diver- giert. Im Gegensatz zu dem gleichen Deckensystem, wie es nördlich Mauterndorf ausgebildet ist, sind die Fenstergesteine später stark gefaltet worden, so daß in zwei Zonen, zwischen der nördlichen und mittleren Zone und zwischen dieser und der südlichen Zone Züge des hangenden Granatglimmerschiefersystems eingefaltet sind. Im Gegensatz zu den Radstädter Tauern ist auch das gesamte Fenster hier, wie es die steil südlich fallenden Granatglimmerschiefer an der Südgrenze und die nördlich fallenden gleichen Gesteine nördlich der Nordgrenze des Fensters beweisen, durch eine spätere Auffaltung aus der Tiefe über Tag heraufgefaltelt worden. Es bleibt der zukünftigen Forschung vorbehalten, die weitere Ausdehnung des Fensters gegen Osten und seine Zusammensetzung dort aufzuklären. c) Die Serpentine und Talklager an der Nordgrenze des Fensters. Der Talkbergbau im Bodenmoosgraben östlich Lessach bietet derzeit eine gute Gelegenheit, die Schichtenfolge dieser Gesteine genau festzustellen. Die dort vorhandenen Aufschlüsse zeigen, daß die große Schubfläche zwischen dem basalen Tauernsystem und der hangenden Murauer Granatglimmerschieferdecke lokale Serpentin- einschübe ausweist und daß die diese Einschübe begleitenden oder ihnen folgenden aufgestiegenen, an Magnesium reichen Wasser, die im unmittelbaren Kontakt befindlichen mesozoischen Kalke in sogenannten körnigen oder edlen Talk umgewandelt haben. Die gestreiften, aus dunklen bis schneeweißen Talkschichten bestehenden Talklager haben durch ihren Gehalt an Graphit noch deutlich das Aussehen der mit mehr oder weniger Bitumen durchsetzten ursprünglichen Kalke beibehalten und mitten in den Talkschichten sind auch stets noch Reste von Kalken als Kalklinsen von einer Ausdehnung bis zu mehreren Metern in unverwandelter Beschaffen- heit verblieben. Es müssen also zwei Vorbedingungen für das Auftreten dieser Talke vorhanden sein, erstens ein Serpentineinschub und zweitens ein unmittelbarer Kontakt derselben mit einem Kalk- zug des Tauerndeckensystems. Der Bodenmoosbach hat eine in SW einfallende Schichten- folge entblößt, in welcher als Hangendes im SW ein Granat- glimmerschiefer sichtbar ist, welcher dem zwischen Lerchner und Lerchnereck eingefalteten Zug entspricht und dessen liegende Partie 342 A. Tornquist, ein Kalkzug in geringer Mächtigkeit darstellt, welcher sich mit zunehmender Breite bis zum Lerchnerberge hinauf verfolgen läßt. Das Streichen der Schichtenfolge ist hier nahezu nordsüdlich, genau in Stunde 23. Im Bachbett erscheint unter dem genannten Granatglimmerschiefer zunächst ein zirka 10 m mächtiger Quarzit- horizont von körniger Struktur und gelbbrauner Verwitterungs- färbung, unter diesem werden zersetzte Schiefer sichtbar, welche drei kleinere, teilweise verzweigte Talklager eingeschoben enthalten, sodann folgt ein mehrere Meter mächtiger Serpentin, auf ihn das obere Haupttalklager, der 8 bis 10/;/ mächtige mesozoische Kalk- zug und hinter ihm nochmals Granatglimmerschiefer mit einge- schobenen Talken. Die Aufschlüsse im Bergbau sind diesem Profil analog. Der Franzstollen verquert Granatglimmerschiefer, gelangt sodann in ein Lager von Talkquarzitschiefem und in Glimmer- schiefer von 30 m Mächtigkeit, dann durchfährt er zirka 20 in mächtigen Quarzit, dessen Liegendpartie Schiefereinlagerungen auf- weist. Es folgt weiter im Liegenden ein weiches talkiges, nur 10 ein mächtiges Schiefergestein, dem neuerdings Quarzit folgt. Nunmehr stellen sich sehr stark verfaltete, Talk führende, lichtgrüne Serpentinschiefer ein und dann das Serpentinlager, ein lauchgrüner fester Serpentin. Unter ihm gelangt der Stollen in das Haupttalk- lager, welches teilweise aus grauem gebänderten Talk, teilweise aus schneeweißem oder lichtgrünem Talk, zum Teil auch aus dunklem graphischen Talk besteht, hinter diesem steht der Kalk. Dieses Profil zeigt deutlich, daß die Gesteine auf einer intensiven Dislokationsebene liegen. Die starken Verfaltungen der talkigen Serpentinschiefer beweisen, daß zur Zeit oder unmittelbar nach dem Aufdringen des basischen Eruptivgesteins eine starke Gebirgsbewegung bestand und die Schichtenfolge beweist, daß eine intensive Vermischung der Granatglimmerschiefer und der Quarzite und teilweise der Kalke im kleinen erfolgt ist. 3. Die tektonischen Folgerungen. Die vorstehende Beschreibung hat in der weiteren Umgebung des Fensters auf der Südflanke der Niederen Tauern den Nachweis dreier übereinanderlagernder Gebirgssysteme oder Decken höherer Ordnung erbracht: des Tauerndeckensystems, der Murauer Granat- glimmerschieferdecke und der Turracher Carbondecke. Dieser letztgenannten Decke wurde nur kurz Erwähnung getan, da ihre Lagerung im Grenzgebiet von Kärnten, Steier- mark und Salzburg erst an anderer Stelle ausführlicher behandelt werden muß. Der erste Nachweis ihrer Ausbreitung bis in den Kern der Niederen Tauern konnte nur kurz beschrieben werden.^ 1 Ich darf hier nicht unterlassen, aut die von Hold haus (Sitzungsber. der Akad. Wiss., Wien 1921, p. 19) gemachten Funde von fossilführenden Trias- sedimenten in der Turracher Decke hinzuweisen. Hold haus hat durch die Funde Ein »Fenster-< des Taueimdeckensystems. 343 Die vorliegende Arbeit behandelt nur den nördlich und östlich von Tamsweg aufgefundenen Aufbruch des Tauerndeckensystems unter der Murauer Granatglimmerschieferdecke. Es ist damit der Nachweis erbracht, daß die letztere sicher in einem sehr erheblichen Teil tatsächlich von den Tauerndecken unterteuft wird. Die Lage des Fensters ist derart, daß als Mindestmaß des Aufschubes 10 km in Betracht kommen. Dabei zeigt die Ausbildung des Tauerndecken- systems noch keine wesentliche Abweichung von derjenigen bei Mauterndorf, so daß das Ausmaß der Überschiebung vermutsweise ein viel bedeutenderes sein dürfte. Die Bewegung der Murauer Granatglimmerschieferdecke muß aber eine junge sein. Die mesozoischen Kalkzüge im Fenster lassen die Bewegung entweder vor- oder nachgosauisch erscheinen. Ich betrachte sie als nachgosauisch, kann aber die Beweise erst später bei der Besprechung der Tektonik der Turracher Decke erbringen. Im einzelnen ist es von Interesse, daß die Tektonik inner- halb des Fensters, in der wir genau so wie in den Radstädter Tauern mehrere, äußerst stark in sich verfaltete Kalkzüge als Decken niederer Ordnung erkennen, die gleiche ist, durch welche das Tauerndeckensystem bei Mauterndorf ausgezeichnet ist. Schief zu dem fast genau ostwestlichen (in Stunde 5) Streichen, welches in den oberen Decken herrscht, ist im Fenster ein nordwestlich- südöstliches Streichen wahrnehmbar. Es scheinen die einzelnen Kalkzüge oder Teildecken im Fenster damit keineswegs als eine Fortsetzung der Mauterndorfer Decken, sie bilden weiter östlich gelegene, ihnen parallel ziehende Züge. Die mesozoischen Kalkteil- decken des Fensters werden auch, wenigstens soweit es unsere heutige Kenntnis der Niederen Tauern zu beurteilen gestattet, keineswegs im gleichen Streichen nördlich der Katschberglinie zwischen dem Weißbriach- und Lessachtal wiederum sichtbar. Dieser Umstand erheischt eine besondere Erklärung. Um diese zu geben, müssen wir auf die Ursache eingehen, welcher das Erscheinen des Fensters über Tag zuzuschreiben ist. Es wurde nachgewiesen, daß das Fenster durch eine junge Faltung dieses Gebirges, welche sich auch durch die Einfaltung von Teilen der Granatglimmerschieferserie in die Gesteine des Fensters bemerkbar macht aus der Tiefe herausgefaltet wurde. Die steile und stets vom Fenster abgewandte Neigung der das Fenster umrandenden Granatglimmerschiefer liefert einen Beweis hierfür. Diese Faltung wird aber vom Tamsweger Gebiet bis in die Niederen Tauern hinein ständig intensiver und hat schließlich das eine Entdeckung gemacht, welche von allergrößter Bedeutung für die Tektonik der südlichen Zentralalpen ist. Er hat nachgewiesen, daß zumindest der größte Teil der früher für Carbon angesprochenen Kalke unter dem Obercarbon der Turracher Decke Mesozoikum ist. Ein tektonisches Äquivalent der Radstädter Decke liegt hier aber keineswegs vor. Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 25 344 A. Tornquist, Ein »Fenster« des Tauerndeckens5''stems. Schladminger Massiv bis über die höchsten Erhebungen des Gebirges (Hochgolling) emporgebracht. Daraus ergibt sich, daß der im Fenster sichtbare Teil des Tauerndeckensystems einer mehr oberflächlich gelegenen Partie in diesem System angehört als der nördlich der Katschberglinie in den Niederen Tauern erscheinende. Man erkennt hieraus demnach, was leicht verständlich erscheint und in Profilen anderer Autoren auch dementsprechend bereits zum Ausdruck gekommen ist, daß die Kalkteildecken nach der Tiefe zu auskeilen. Ich habe mich bemüht, bei der Begehung des Gebietes bereits direkt eine Verminderung der Mächtigkeit der Kalkzüge vom Lerchner und Lerchnereck bis auf die Sohle der von Haiden zum Prebersee führenden Schlucht zu beobachten. Die gemachten Beobachtungen sind aber nicht derart, daß auf die zirka 500 m betragende Niveau- differenz bereits eine Mächtigkeitsverminderung der Kalkzüge als erwiesen anzusehen wäre. Im übrigen liefert auch der Fund des Fensters wiederum einen unumstößlichen Beweis für die Deckennatur des Murauer Gebietes und für die alpine und nicht varistische Natur des Gebirgsbaues dieses Gebietes. Alle Versuche dieses zu leugnen, laufen, um mich eines von Kober kürzlich gebrauchten Ausdruckes zu bedienen, auf eine Entstellung und nicht auf eine Darstellung der tatsächlichen Ver- hältnisse hinaus. Zur Kenntnis einiger fossiler Floren des unteren Lias der Sukzessionsstaaten von Österreich-Ungarn Von Dr. Fridolin Krasser (Vorgelegt in der Sitzung vom 24. November 1921) Vorwort und Historisches. In jüngster Zeit sind die mesozoischen Kohlenlager Österreichs m den Vordergrund praktischen und wissenschaftlichen hiteresses getreten. Sie bergen eine höchst interessante fossile Flora. Vor- liegende Arbeit befaßt sich mit den fossilen Fk)ren des unteren Lias der österreichischen \'oralpen; ferner \-on Fünfkirchen im ungarischen Komitat Baranya, \"()n Steierd()rf im Banat und \on Kronstadt in Siebenbürgen. Eine kritische Übersicht über diese Floren fehlt bis heute, •obschon bereits Schenk 1867 in seiner »Fossilen Flora der Grenz- schichten« eine »Übersicht« und Stur 1871 in seiner »Geologie der Steiermark« eine »Tabelle« der fossilen Flora des alpinen Lias und des Lias \"on PXuifkirchen und Steierdorf gegeben haben. Stur hatte auch vorher schon in einem » Reisebericht ■< 1865 auf Arten dieser F^loren reflektiert und dann speziell 1872 über .die Liasflora von Kronstadt Mitteilungen gemacht. . Ich selbst habe 1908 die Flora des unteren Lias der österreichischen Voralpen zum \'or\vurf einer Abhandlung genommen und später auch Bestimmungen neuerer Pflanzenfunde im Lias von Kronstadt in einer Abhandlung von Toula bekanntgegeben. Die von Hantken 1873 gegebenen Übersichten über die fossile Flora von Fünfkirchen und Steierdorf bieten lediglich Namen, sie gehen im wesentlichen nicht über die alten Mitteilungen hinaus. Die vorliegende kurze Bearbeitung beruht auf gründlicher und wiederholter Untersuchung des in den Sammlungen der Geologischen Reichsanstalt und des Nal urhistorischen Museums in Wien aufbewahrten Schatzes fossiler Pflanzen des in Rede Sitzuiigsbii-ichte d. mathem.-iiaturw. Kl., Abt. I, 13(i. Hd. 26 346 F. Krasser, Stehenden Gebietes. In der Literatur werden vielfach nomina nuda gebraucht. In den Sammlungen finden sich andrerseits Stücke neu benannt (nomina musealia), Namen, die sich teils mit einem oder dem andren nomen nudum decken, wodurch er aufgeklärt wird, teils sich lediglich in der Originalsammlung oder auch bei Tauschobjekten in andren Sammlungen finden. Eine kritische Rex'ision der Arten, welche die fossile Flora des unteren Lias der Sukzessionsstaaten Österreich-Ungarns zusammensetzen, war um so mehr geboten, als die pflanzenführenden Schichten gerade dieses Liasgebietes auch seitens der Geologen stratigraphisch^ genauer festgestellt sind. Die vorliegende Arbeit kann nichts andres sein, als ein Prodromus einer Monographie einer der reichsten Liasfloren überhaupt, deren Arten meist in Prachtstücken in den Wiener Sammlungen vertreten sind. Ihre Abbildung ist unter den gegenwärtigen V'erhältnissen leider unmöglich. Sie muß dem Alonographen \orbehalten bleiben. Bei den einzelnen Arten wurde nur die allerwichtigste Literatur,, und zwar abgekürzt zitiert. Es enthält demgemäß die Literatur- übersicht am Schlüsse der Abhandlung die genauen Zitate. Die Angaben über die geographische Verbreitung der Arten außerhalb des Gebietes wurden im allgemeinen auf Nürnberg und Hör beschränkt. Vorliegende Arbeit, das Ergebnis langwieriger und zeit- raubender Untersuchungen, hätte niemals vollendet werden können^ hätte ich mich nicht in der Geologischen Reichsanstalt und im Naturhistorischen Museum des liberalsten Entgegenkommens erfreut. Dafür auch an dieser Stelle verbindlichst zu danken, ist mir Erfüllung einer angenehmen Pflicht. Systematische Übersicht und kritische Revision der Arten, I. FHicales. Von den echten Farnen sind nur die I^olypodiaceen, Dipteri- diaceen, Matoniaceen, Osmundaceen und Schizaeaceen \ertreten, und zwar Dipteridiaceen und Osmundaceen im ganzen Gebiete, Matoniaceen hauptsächlich in Steierdorf, Schizaeaceen nur in den Voralpen. Polypodiaceen nur in Steierdorf. Die häufigsten Farne gehören den Gattungen Todites Sew. und Dictyophylllun L. et H. an. J Man vgl. hierzu die in der ^Literaturübersicht- genau zitierten Abliandlungen von Andrae, Lipoid, Stur, Traut und Toula. Fossile Floren des unteren Lias. o-ii Polypodiaceen. Praedeparia Stur nom. mus. gen. nov. 1. P. banatica Stur nom. mus. Fundort: Steierdorf (Dreifaltigkeitsschacht, im Liegenden des Liegendflötzes). Es Hegen vor ein Handstück mit drei doppelt gefiederten Spindelstücken, fertil, ein Handstück mit mehreren teilweise über- einander liegenden Fiedern vorletzter Ordnung mit fertilen Fieder- chen, sowie ein Handstück mit drei Fiedern vorletzter Ordnung. In der Literatur fand ich unter den beschriebenen und abgebildeten Farnen weder Gleiches noch im wesentlichen Ähnliches. Hingegen zeigte sich nach den Abbildungen in Gre\'ille et Hooker, Icon. filic. tab, 154, Übereinstimmung in den wesentlichen Merkmalen mit Deparia. Christ^ erblickt in Deparia Hook et Grev. eine künstliche Gattung, welche Formen von Aspidintn Swartz und Atliyrimn Roth umfaßt, welche randständige und über den Rand hinaustretende, selbst etwas gestielte Sori, deren Indusium aus einer unterständigen seicht-becherförmigen Membran- besteht, besitzt. Die zitierte Tafel 150 von Greville et Hooker bezieht sich nach Christensen auf Athyriiim prolifenim. Dieses ist bei Christ nach Hillebrand als A. deparioides (Brackenr.) beschrieben und abgebildet. Die Fiedern letzter Ordnung fließen bei Praedeparia banatica zusammen, so daß sie als Segmente der Fiedern vorletzter Ordnung erscheinen. Die Segmente besitzen einfach gefiederte Nerven, welche kräftig hervortreten und in die Zähne austretend die marginalen Sori tragen, deren Indusium eine flache Schüssel bildet. Die Spindeln sind an den erhaltenen Fragmenten mehrstreifig der Länge nach und flach. Die Textur der wenigstens zum Teil durch einen herab- laufenden Saum verbundenen Segmente war jedenfalls fest, kaum lederig. Breite der Spindeln 2 bis 4 mm, des sich verjüngenden Medianus der Segmente an der Ursprungsstelle 0 • 5 imn. Länge zur Breite der Segmente etwa 25 zu 7 niui. Entfernung zwischen zwei benachbarten Segmen, am Medianus derselben gemessen, 10 bis 8 mm, Spitzenpartien der Fiedern vorletzter Ordnung liegen nicht vor. Die Maße beziehen sich auf grund- und mittelständige Segmente. 1 Christ H., Die Farnkräuter der Erde, Jena 1897, p. 223, 230, Fig. 707: Alhyritiiii dcpjrioidcs, 731 Deparia Moorci. -' Polypodhtm (Depariopsis) deparioides Baker besitzt kein Indusium, gleicht jedoch sonst nach Christ der Deparia Moorci. :',-i8 V. Krasser segmentierter Die Entfernung der Ursprungsstellen je zweier Fiedern wurde an einer zwei Fiederpaare tragenden Spindel mit 60 mm gemessen. Sowohl die segmentierten Fiedern als die Segmente sind gegenständig oder doch fast gegenständig angeordnet. Matoniaceen. Es wurden festgestellt Laccoptcris in den X'oralpen und in Steierdorf, Andriania in Fünfkirchen und Steierdorf, letzteren Ortes auch eine neue Art von auffallendem Habitus, sowie Gtifbiera bloß in Steierdorf. 2. Laccopteris elegans Presl. Krasser, Voralpen, p. 442. Fundort: Voralpen, .Steierdorf. Worauf sich Laccopteris Schenk, Übers. (Steierdorf und \\)ralpen) sowie Laccoptcris cf. Miinstcri Stur, Tab. beziehen, ist Mangels von Originalen halber nicht zu entscheiden. 3. Andriania baruthina F. Braun, non Andrae, Steierdorf, p. 36 und Taf. VII, Fig. 1 bis 3. Vorkommen: Steierdorf und Fünfkirchen. — (Nürnberg, Hör). Die Exemplare der Geologischen Reich.sanstalt gleichen den Abbildungen in Schenk, Grenzsch., wo sich übrigens p. 227 mit Beziehung auf Andrae's Angabe die Bemerkung findet ...»eine Laccoptcris von Andrae als Andriania harnt liina beschrieben-. Unabhängig davon gibt Gothan (Nürnberg, p. 101) an, daß Andrae's Original (Museum für Naturkunde in Berlin) »überhaupt nicht zu Andriania'//«w-Fächerblättern, \-on denen das eine die Form xollständig erkennen läßt. Es zeigt sieben am Grunde zusammenfließende Fiedern \'on höchstens 7 cm Länge kerbig gezähnt. Primär- und Sekundärnerven treten kräftig hervor, Textur derb. Es ist das Original von Stur's D. hanaticuiu nom. mus. Bei naiver Betrachtung erinnert es habituell an ein sieben- lappiges Aralia-^\B.\.i. Da in Steierdorf Dictyophylluin Nilssoni hreviJohatnin vorkommt, dürfte es sich um Primärblätter dieser Form, also die Beblätterung jugendlicher Indixiduen derselben handeln. Thaumatopteris Goepp. emend. Nath. Die Arten dieser Gattung sind von besonderem Interesse, da sowohl Th. Bratmiana Popp als Tli. Schetikii Nath. in zwei Parallelformen und überdies eine neue Art nachgewiesen werden konnten. Schenk Übers, gibt Tli. sp. Branuiana äff.. Stur, Tab. Th. cf Branuiaua an. 14. Th. Brauniana Popp emend. Nath. \^orkommen: Im ganzen Gebiete. Da Popp Abbildungen nicht veröffentlicht und seine Be- schreibung auf Belegstücke gegründet ist, die zum großen Teile jedenfalls der später erst \-on Nathorst unterschiedenen Th. Schenk// angehören, so sind wir über erstere weitaus weniger unterrichtet, als über letztere. Popp's Angaben über Größe der Wedel und Fiedern sind jedenfalls nicht in erster Linie auf Th. Bratmiana zu beziehen, denn Schenk, Grenzsch., p. 74, sagt ausdrücklich: »Popp nennt allerdings die sekundären Segmente seiner Art ganz- randig, allein an dessen mir zahlreich mitgeteilten Exemplaren ist der Rand der Lappen fast nirgends frei, da wo er aber frei liegt, ist er auch gekerbt. Ich möchte deshalb glauben, daß die Art stets gekerbte Segmente hat«. Nun sind aber gerade ungekerbte Segmente für T//. Brauniana Popp emend. Nath charakteristisch. Von dem fränkischen Originalfundorte ist überhaupt nur ein kleines Bruchstück einer entwickelten fertilen Primärfieder abfiebildet, 352 F. Krasser denn nur Schenk, Grenzsch., Taf. 19, Fig. 1, 1 a, 1 h, beziehen sich auf Tli. Branniana Popp emend. Nath., während die übrigen Schenk'schen F'iguren sich auf die später \-on Nat hörst abgetrennte Tli. Schcnkii beziehen, die er nach den Prachtexemplaren von Stabbparp (Mittleres Rhät) ausführlich beschrieb und reichlich abbilden konnte, ^'on Fundorten außerhalb Frankens sind gleichfalls- nur spärliche Fragmente abgebildet. In den Voralpen fanden sich speziell im Unterlias von Grossau und Pechgraben sehr ansehnliche Bruchstücke von Primärfiedern, mittlere und Spitzenpartien, so daß man nun mit Sicherheit auch die typische Th. Branniana als einen ansehnlichen Farn bezeichnen kann, der Th. ScJicnkii an Dimensionen nicht nachsteht. Es liegen auch fertile^ Segmente (F'iedern letzter Ordnung) vor. Von Th. Branniana lassen sich zwei Varietäten unterscheiden, nämlich gennina. Fliedern letzter Ordnung von ansehnlicher Breite \'ar. und Länge. Mittlere Fiedern letzter Ordnung können bis \ö umr Breite und mehr als \00 nmi Länge erreichen. \'on der Ursprungsstelle verjüngen sie sich allmählich gegen die Spitze, bei 80 nun sind sie noch 9 mm breit. Fieder letzter Ordnung in der Spitzenregion von 43 mm Länge \"erjüngt sich von einer basalen Breite \on 9 mm allmählich aut^ 4 mm in 12 mm Entfernung \-on der Spitze und schärft sich dann rasch zu. \'orkommen: Fünfkirchen, besonders in den \'oralpen,. scheint in Steierdorf zu fehlen. var. angnstior: Fiedern letzter Ordnung o O bis 6 ;///// breit bei einer Länge von zumeist 30 bis bO mm. Nach den. vor- handenen Bruchstücken kann man Primärfiedern von über ?>0 cm Länge und mindestens \Q) cm größter Breite voraussetzen. Die einzelne Fieder letzter Ordnung ist lineal, besitzt einen kräftigen, sich v-erjüngenden, in die Spitze auslaufenden Mittel- ner\- und zarte Sekundärnerx'cn \'on derselben Gestaltung und Anastomosenbildung wie TIi. Branniana, Th. Fnchsii und Tli. Seile nkii. Fertile Fiedern sind noch nicht bekannt. \'(M-komm cn: Nur in Fünfkirchen, häufig! Schon Nathorst, Thanmatopieris Schenkii, p. 7, erklärt, daß IHctyophyllnm Fnchsii Zeil 1er aus Tonkin so nahe stehe, daß man sogar die Identität mit Th. Branniana P(^pp vermuten könne. Allerdings erwähnt Zeiller auch sägig gezähnte Fiedern letzter Ordnung. Das würde freilich auch auf das X'orhandensein einer 1 Die von Schenk, Grenzsch., Taf. IS, Fig. 2 abgebildeten .Sporangien gehören zu 77z. .Sciicn/cii] - Seltener mehr. z. J5. 17 //////. •' TJiaiimalopIci'is {':) Iciiiiifolia Stur nom. nud. Tab. bezieht sich vielleicht auf diese Reste. Fossile Floren des unteren Lias. 353 der TJi. Sclicukii Nath. mindestens nahestehenden Art hindeuten. Ich habe unabhängig von Nathorst unter der Aufschrift Dictyo- pliyUiuu spec. detcnuinandac, Voralpen, p. 446, auf die Ähnlichkeit der TJmimiatopteris des alpinen Lias mit DictyopliyUuin FiicJisii Zeil 1er und mit »gewissen Formen von Dictyophylltiiu Müusteri Xath. (z. B. Th. Müusteri var. longissiiua Goepp.)« hingewiesen. Meine Bemerkung betrifft die nun als Tli. Brainüaua Popp emend. Nath. und Tli. Scliculüi Nath. sichergestellten Exemplare. Bezüglich der Dictyophylliiui-AviQn von Tonkin möchte ich an dieser Stelle bemerken, daß D. Fiichsii und D. Rciiitnyt sowie D. Sarranii Zeiller typische Tf/diinmiopfcris sind. Mit Tli. lirLiinüana läßt sich jedoch Tli. Fnclisii ('Zeill.) nicht vereinigen. Es steht dieser Art jedoch sehr nahe, scheint aber schmälere F'iedern letzter Ordnung und viel bedeutendere Dimensionen zu besitzen. Die terminalen Partien des Blattes kommen Th. Braiiuiaua war. angiistior nahe. Eine nähere Vergleichung der Tlianiuatopfcris von Tonkin mit den europäischen \"orkommissen dürfte \-erschiedene Parallel- formen ergeben. 'ö^ 15. Th. Schenkii Nath.^ Vorkommen: Fünfkirchen und Steierdort. \'on den voralpinen Fundorten noch nicht bekannt. Schöne Exemplare liegen mir \'on Fünfkirchen \'or. Sie ent- sprechen meist, mit den Abbildungen von Nathorst, Tli. Schenkii, Taf 1 lind 2, x'erglichen, mittleren Partien von Primärwedeln. Sie repräsentieren die typische Form. Von Steierdorf sind mir nur schmächtigere Exemplare bekannt. Man kann also unterscheiden: 1. \'ar. gcuuiua: Fiedern letzter Ordnung \'on 8 /;//// Breite, am Grunde allmählich sich \erjüngend (wie Tli. BrainnaiiLi geuniiia) und bis mehr als \A0 lum Länge erreichend ('meist über 90 //////). Diese Fiedern sind also länger als bei den Exemplaren \on Stabbarp. Vorkommen: Im Gebiete nur in Fünfkirchen. — (Hör.) 2. \'ar diigiistior:- Fiedern letzter Ordnung nur 4 ////// breit und bis 40 Win lang. X'orkommen: Nur in Steierdorf. — ■ (Nürnberg.) 1 Wegen des Baues der Sporangien vgl. man insbesondere Halle T. G., On the sporangia of some mesocois Ferns, Arkiv för Bot., Bd. 17. Nr. 1 (1921). -' MocUer, Bornholm, p. 6, 7, gibt für Tli. Schenlni als Fundorte auch an »Banat: Fünfkirchen". Diese Angabe, nämlich Fünfkirchen (Banat ist eine irrige geographische Erläuterung), geht wohl auf Schenk, Grenzsch., p. 74, zurück, wo im Anschlüsse an die später als Tit. .Schenlni erkannten .Spezimina ein Exemplar St Urs von Fünfkirchen erwähnt wird, das ■> vielleicht Andrae's Fnlypodites creni- folius'i sei. Nach Andrae's Zitaten müßte letzterer jedoch eine Laccoplcri.^ sein. Es kann nach dieser Sachlage eine sichere Deutung des Polypodiles craiifoliiis- Andrae, Steierdorf, p. 31 erst nach .Vuffindung der Originale versucht worden. 3.)-r F. Krasser, 16. Th. Sturii sp. nov. Synon.: Th. plcnipliyUouIcs Ettingsh. num. nud. bei Hantken et mus. \'or1':ommen: Voralpen (nur Pechgraben), Prachtstücke aus BXinfkirchen. T3^pische T/ianmatoptej'Js-Nevvaiur. Fiedern letzter Ordnung linealisch parallelseitig, 2 min breit und über 20 mm lang, ganz- randig mit deutlichem Mittelnerv, der Spindel von Fiederbreite wagrecht oder unter einem Winkel bis 45° entspringend, und zwar in F^ntfernungen von mehr oder weniger \0 mm, fast gegenständig. Die Spindel ist durch einen die Fiederchen \erbindenden Laminar- saum schwach geflügelt. T/i. Sturii erinnert habituell an Polypodites ? Aiigelini Nath. (wahrscheinlich ein DictyopJiyUnm) aus dem Rhät von Helsingborg (Taf. 8, Fig. 7, nicht die übrigen), sowie an Bruchteile \on Dictyo- phylliun Münster i xar. longissiiua Goepp., Tli. (recte Dictyopliytlnui) exilis Sap. und Dictyoptn'ltnm Diinkeriamim Nath. Im Museum der Geologischen Reichsanstalt ist der hier als T/i. Sturii n. sp. beschriebene Rest als Th. aiignstissima Stur bezeichnet, aber ebenso auch die Tti. Sclicnldi \'ar. angiistior. Ich habe daher den Stur'schen Musealnamen als mehrdeutig nicht aufgenommen und die Art von Pechgraben nach Stur benannt. Ein Prachtexemplar nur im Xaturhistorischen Museum. ? Osmundaeeen.' Xur die Gattung Toditcs Sew. ist vertreten. Prachtexemplare liegen insbesondere aus den Voralpen und von Steierdorf \'or, schone Stücke auch von Fünfkirchen. Die größte Verbreitung hat Todites denticnlata (Brongn.), T. (jocppertiana (Münster) kommt nur in den Voralpen und in Fünfkirchen vor, T. WiJliamsonii (Brongn.) Sew. und T. Jobata (0. et. M.) nur in den \'oralpen. 17. Todites WilHamsonii Sew. .Synon.: T. WilliiiinsDiiii Krasser. X'nralpen. p. 444 ex parte. Nur Exemplare \'on Hinterholz, sterile und fertile, gehören dieser Art an. Die übrigen \"on mii- 1. c. hinzugezogenen gehören zu Jedenfalls liegt von Steierdorf Laccaplcris pn/ypodioldes (Hrongn.) Sew. nieht vor. womit Seward, .lur. 1"1. I, p. 20, PolypodUes crenifolius Andrae identifiziert. V.s niufi aber zugegeben werden, daß zur Zeit, als ."Xndrae seine Abhandlung schrieb (1854), die iieute als 77;. Schenkii bezeichneten Fossilien nach Brongniarfs Histoire, Taf. 132, 133, nicht anders als Phleboptens crenifolia VhW. zu bestimmen waren. Es kann sich darnach möglicherweise um Th. Schenkii var. iiii,t;usli'iopteridiuiii Haidin,i{cri Schimp., Traite I, p. G03. Pseudodauaciipsis Haidin^^cri Krasser, Diagn., p. 28, Anm. 1. \'orkommen: \'oralpen (Waidhofen loc. class.I). Auch fertil vorliegend = Augioptt'viüiuin Haidiiiß^cri Stur nom. mus. Im Traite III, p. äl4, hat Schimper ausdrücklich seine Angioptcridiiu}i-Avt(dn, ausgenommen .4. Miiusteri und Iioereiise, die er zur rezenten Gattung Marattia bringt, in die Gattung Maraitiopsis verwiesen. Es empfiehlt sich, mit Antevs und GotJiau auch die ersteren in die Gattung Marattiopsis Schimp. einzureihen, welche dann einfach fiedrige Blätter mit t3.'pischer Taeuioptcris- Nervatur und fertil mit Synangien nach Art \'on Marattia umfaßt. 23. Taeniopteris Brongn. exci. Marattiopsis Schimp. In Schenk's Übers, und Stur's Tab. werden folgende Arten angegeben: Fossile Floren des unteren Lias. So t Tcicii. iciniincrvis Brauns für das ganze üebiet, Taeu. gigaiüed Schenk für die Voralpen und Tacii. vUlaia für Fünfkirchen und Steierdorf. Andrae, Steierdorf, p. 38, gibt Tacu. Milusicri Goepp. und Taeu. vittata Brongn. an, doch geht schon aus seinen Erläuterungen hervor, das er verschiedene Taeniopteris unter letzterer konfundiert. Stur hat überdies einzelne Stücke W)x\ Steier- dorf als Tacu. Mc' Clelaudi Old. et Murr, und von Fünfkirchen und Steierdorf als Tacu. stcuoucnra Schenk ausgestellt.^ Alle genannten Arten pflegt man zu Macroiaeniopteris Schimp. zu stellen, ausgenommen Tacu. Milusicri Goepp., welche zu Maratti- opsis Schimp. gehört. Die systematische Zugehörigkeit der Macro- iaeuioptcris-Axien ist noch strittig und es sind noch eingehende Untersuchungen notwendig. Es dürften Cj^cadoph^^ten darunter sein, aber es kann sich auch um Marattialcs handeln, wie gewisse fertile Macrvtacuioptcris der Trias \'on Neue Welt bei Basel und der Lunzer Schichten lehren. - III. Ilydroptevkleen. Marsiliaceen. 24. Sagenopteris rhoifolia Pres) var. elongata Schenk. Krasser, \'oralpen, p. 447. Schenk', iMiers.. Stur, Tab. Synon.: Sagcnopleris clongela Andrae, Steierdorf, p. H5, Taf. 10, Fig. 4. Vorkommen: Im ganzen Gebiet. In Kronstadt scheint Sag. Pliillipsii (Brongn.) Pres!, und zwar die Form mit schmäleren Fiedern \'orzukommen. IV. Uquisetales. 25. Equisetites Ungeri Ettingsh. Ettingshausen, Ijcitr. II, p. 90, Taf. 8. Fig. 3, 4. — Krasser, Voralpen, p. 447. Synon.: Calauiil^-s sp. und Equiscliics Ungeri in Schenk, Tab. Caiainites Uasiiiiis. EquisetUes Ung'cri Ett. {Eqii. liasiniis Heer) und Eqaiscli/cs hunganis in Stur. Tab. EquisetUes lülirjlis Andrae, Steierdorf, p. 31. Eqiiisclilcs conicus, Höflidiuis und lUistriaciis Ung. Gen. pl. fcss. Vorkommen: Im ganzen Gebiet. Eine Diskussion auf Grund der Literatur und die Untersuchung des vorhandenen Materials rechtfertigt die Anschauung, daß ver- schiedene Erhaltungszustände und Bruchstücke verschiedener Ent- wicklungsstadien von Equisciiics Uugcrl \-orliegen. Auch Handstücke mit der Bezeichnung Eqnisetuin augusic-Jcuiaiuut Stur (nomen mus.!) und Calamiies Lciiuiaiiuiauns Popp fügen sich zwanglos ein. 1 Siehe auch Krasser, Voralpen, p. 442, 443. - Vgl. auch meine bei Nilssonia vorgebrachten Bemerkungen. 358 V. Krasser, 7 \ Cijradop/t f/trn . Außer Bebliitterungen, die teils mit großer Wahrscheinlichkeit iTliinnftidia, Ctcnis, Ctcnopteris), teils mit voller Sicherheit {Pten>- phyJlum, Anouiozamiics, gewisse Tacniopterls, Dioonites, Ptilo- phv/Iuin, Zamites, Otozauiites und Podozamites) hier eingeordnet werden, fanden sich auch Blüten Williatnsonia Alfredi F. Kr. und W. banal icü F. Kr., beide d"') und der Abdruck eines Stamm- fragmentes, welches möglicherweise hierherzustellen ist. A. Blüten. 26. Williamsonia Alfredi F. Krasser. Krasser, Steicrdorf. p. '.^. Tat'. 2. Fig. 1 und 2. 27. W. baiiatica F. Krasser. Krasser 1. c, p. 8, Tat". 2, Fig. 1 und 2. \'o r k o m m e n : Steieidorf. Während sich Tl'. Alfredi an TF. hifuhereulaia Xath, («carpellary disc« Will.) anschließt, steht IF. bauatica der \\\ setosa. Nath. nahe. B. Stammgebilde. Als 28. Cycadites elegans Ettingsh. nom. mus. (Original) bezeichnet, lindet sich in der Geologischen Reichsanstalt ein Handstück vor, welches ein etwa XA cm langes und 11c/// breites Oberflächenfragment eines, von etwas gestreckten, abgerundet rhombischen Blattfüßen bedeckten, flach gedrückten Stammes auf- weist. Die Blattfüße sind 9 bis \0 nun lang und 10 bis \\ niui breit. Deutliche Narben sind an keiner Stelle zu erkennen. Es läßt sich daher nach der Gestalt der Blattfüße kein sicherer Schluß ziehen, ob es sich um einen Cycadophyten- oder um einen Farnstamm handelt. An einzelnen Stellen scheinen abgerundet rhombische Blattnarben vorhanden zu sein, welche punktiert erscheinen nach Art rezenter Cycadeen, nicht aber nach Art der Farne,^ bei welchen die Blattspurstränge in charakteristischen Linien auftreten. Ganz ähnlich sind die Blattfüße mit Blattnarben (nur von etwas geringeren Dimensionen), welche man in Fig. 30 ,4 bei Seward, Jur. Fl. 1., p. 194, erblickt, die einen Cycadeenstamm mit Beblätterung von Ptilophylluin citlclicnsc aus Indien (Rajmahal) darstellt. Man vgl. auch Mora foss. Ind., Vol. I., Taf. 34. Vorkommen: Steicrdorf. ' Abgesehen von .MaraUiacecn und Ophioglossaceen. Fossile Floren des unteren Lias. 35U C. Sichere Cycadophyten-ßeblätterungen. 29. Pterophyllum Kudernatschi Stur nom. mus. Stur, Tab. V'o rko m m e n : Steierdorf. Diese neue Art ist durch eine dicke Spindel ausgezeichnet, an deren Oberseite beiderseits in einer randnahen Zeile die ober dem Grund verschmälerten und dann bis zur Berührung der Nachbarfiedern verbreiterten großen Fiedern inseriert sind, die Fiedern sind durch an der Spindel, infolge der eigenartigen Gestaltung der P^iederbasen, ausgerundete Buchten getrennt. Sie sind alternierend bis fast gegenständig angeordnet. Nerven zahlreich, parallel, Gabelnerven mit verschieden hohen Stielen. Die Fiedern sind an dem einzigen vorhandenen Original nicht vollständig, so daß über ihr terminales Ende nichts ausgesagt werden kann. Das 200 uini lange Spindelfragment zeigt 12 ohne Spitze erhaltene Fiederpaare und die Ansatzspuren von zwei Fiederpaaren. Das längste Fiederfragment ist fast \Q ein lang, die größte Breite ist 18 mm, die Einschnürungsbreite 12 mm, die verbreiterte Basis 22 tum. Die Spindel verjüngt sich von 8 auf 6 uiui Breite, zwischen den Randlinien von 5 auf 3 nun. Die Fiedern sind im allgemeinen senkrecht auf die Spindel orientiert. Pterophyllmn Kiidcrnatsclii ist eine der prächtigtsen Cykado- phyten des Lias. Es erinnert an das Pterophyllum giganfcimi Schenk \'()n Raibl und das Pterophyllum Haueri Stur von Lunz, sowie an das Ctenophyllum graudifolium Font, von Virginien, also an mehrere Trias-Pterophyllen, sowie an Pterophyllmn sp. Zeiller von Tai-Pin-Tschang (Rhät-Lias), Tonkin, Taf. 56, Fig. 5, welches am nächsten- steht. Habituelle Ähnlichkeit (abgesehen von der \erschiedenen Orientierung der Fiedern) zeigt auch Pseiidocteiiis eathiensis Sew. (Jur. Fl. of Sutherland). Mit Psendoetenis Sew. aus dem Kimeridge, hat unsere Pflanze jedoch nichts zu tun, da sie keine, Nerven- anastomosen besitzt. 30. Pterophjilum sp. conf. propinquum Goepp. Synon.: Pt. ^t^resieiisc .Stur nom. mus. — Krasser, Voralpen, p. 449. Vorkommen: Voralpen (Hör). Ein 25 mm langes Spindelfragment mit den Ansätzen \on 2 Fiederpaaren (vgl. Antevs, Hör, Taf. 3, Fig. 16) als Repräsentant der breitfiedrigen .Formen und mehrere Stücke mit Abdrücken von Spindelfragmenten, welche bis zu 70 mm Länge erreichen und bis zu 10 Fiederpaare tragen (zu letzteren vgl. Schenk, Grenzsch., Taf. 41, F^ig. 1), welche von Exemplaren mit schmäleren (um Q mm breiten) Fiedern stammen. 3(30 F. Krasser, 31. Pterophyllum rotundatum n. sp. Die kräftige (von 4 nun basaler auf 1 ////;/ in der Spitzenregion) sich \-erjüngende Spindel trägt senkrecht oder nur w^enig schief daraut orientierte F'iedern von fast durchaus 5 nun Breite. Die Fiedern sind dicht gestellt, gieichbreit, an der Spitze in geringem Maße xerjüngt und gleichmäßig abgerundet. Die basalen Fiedern sind 6 ////;/ lang, die längsten Fiedern, etwa im terminalen Drittel des Blattes gelegen, erreichen bis 35 luiii Länge, gegen die Spitze (das terminale Ende ist nicht erhalten) nehmen sie rasch an Länge ab. Die Nerxen (12 bis 15} sind durchaus einfach und verlaufen parallel. Die Fiedern sind fast gegenständig bis alternierend an den Seitenlinien der Spindel befestigt. Die Spindel ist oberseits flach und quer runzelig, der Umriß der ganzen Blattspreite länglich N'erkehrt eiförmig, Konsistenz derb. Vorkommen: Voralpen, bisher nur im Pechgraben. Für l^t. ntfuudafum n. sp. ist der Schnitt der Fiedern, ihre wenig verjüngte, abgerundete Spitze charakteristisch. Es gleicht in dieser Beziehung dem Pf. Tit::ci Schenk von Persien (Rhät-Lia.s), welches jedoch sehr breite und noch dazu ungleich breite Fiedern besitzt. Man vgl. die um -/,- verkleinerte Abbildung letzterer Art bei Zeiller, Tonkin, Taf. 47, Fig. \ü. »Pteropliyllinii sp. scgiuciüis Jatis« und »P/. scguicnfis augtisfis iicrvis vülidis« der .Schenk'schen Übers, sind mangels von Beleg- exemplaren nicht aufzuklären. Sie werden nur für den unteren Lias der Voralpen angegeben. 32. Anomozamites banaticus n. sp. Habitus von A. grac/lis Nath., jedoch die Fiedern mehr gestreckt (8 bis 4 min breit und 7 bis 8 /;//// lang). Vo r k o m m e n : Steierdorf. Dioonites Goepp. Die!se Gattung ist durch D. Audracauus (Schimp.) und D. Bavieri (Zeiller) vertreten. Ersterer kommt im ganzen Gebiete, auch in Kronstadt vor, letzterer war bisher nur aus Tonkin bekannt. Während D. Audracauus dem I). Carualliauus Bornem nahesteht, erinnert I). Baricii an D. Diinkcriaiius (Goepp.) Miqu. aus dem Wealden. 33. Dioonites Andraeanus (Schimp.) Synon.: Plcmphylluiii longifoliuiii Andrae, Steierdorf, p. 41. 'I'af. 10, Fig. 1, iumi Brongn. PlerophyUiiin Andnici .Stur, Schenk, Übers, und Stui-, Tab. noni. nud. Plcrophyllitiii Äiitiriieivniiii Schimp., Traite II. p. i;35, mit neuer Diagnose! 1870. Divdiiites Canhilliiiinis Krasser. Wiralpen, p. 449. non Hornem. \'orkTommen: Im ganzen Gebiete, auch in Kronstadt. Steier- dorf loc. class.! Fossile P'loren des unteren Lias. 361 Nach Nenatur und Gestalt der Fiedern ein Divoiiitcs. Maßgebend für die Nomenklatur ist Seh im per U c, denn «r gibt eine neue Diagnose, doch hat zweifelsohne Stur schon vorher in litt, ad Schenk das angebliche Pt. longifoliuin von Steierdorf als eine von Ft. loiii^ifolinui Brongn. verschiedene Art erkannt und umbenannt. Bei Schenk, Grenzsch. findet sich jedoch kein Hinweis im Text, der Name steht lediglich als nomen nudum in der Übersicht. In der Geologischen Reichsanstalt erscheint er allerdings als nom. mus. Es sind von Steierdorf Fragmente aus ■den mittleren imd terminalen Partien des Blattes x'orhanden, auch •die Blattspitze selbst. Eine nahestehende Art ist im Dogger und Kimmeridge von England vorhanden: DivouUcs xWüliorsti Seward. 34. D. Bavieri (Zeiller). S5''non.: PleropIiyHiiiii Juivicri Zeiller, Tonkin. p. 198, Tat". 49. Fig. 1 bis '.i. Pltrophyllinii DiinkcriiViinu Andrae, Steierdorf, p. 42, Tat". 11, Fig. 2, 3 non Goepp. Vo r k o m m e n : Steierdorf. Novopokrovskij hat gelegentlich seiner Bearbeitung der Tyrmaflora mit Pteropliylliim Dunkcrianiini Andrae non Goepp. von Steierdorf seinen Dioonites Polynovi n. sp. identifiziert.^ Das Fossil ist in der Tat der Pflanze von Steierdorf sehr ähnlich, ich glaube jedoch, daß es mit der letzteren zu D. Bavteri gehört. Die \'erschiedenheit der Pflanze von Steierdorf von Dioonites Dtiiikenainmi hat bereits Schenk, Grenzsch., p. 67, erkannt. Pt. cf. Braiiuianiuu Stur, Tab. ist darauf zu beziehen. Mit Pt. Bavieri Zeil 1er von Tonkin herrscht vollste Übereinstimmung in allen Details. Nach Nervatur und Gestalt der Fliedern gehört es zu Dioonites Miqn. Es liegen Stücke aus xerschiedenen Regionen des Blattes vor. 35. Ptilophyllum imbricatum (Ettingsh.) '.Synon.: PlcrvpJiyllinn iinbricaliiin Ettingsh., Lias, p. 7, Taf. 1, Fig. 1. Schenk, Übers., Stur, Tab. Zaiuites ,iJ'mcilis Andrae, Steierdorf, p. 40, Taf. 11, Fig. 4, 5, non Kurr. Otozaiiiilcs iiiibricatns Schimp., Traite II, p. 171. cf. WiUiainsutjia pectcn Sew., Jur. Fl. I, p. 20. Vorkommen: Nur in Steierdorf, loc. class. ! Andrae hat die Diagnose verbessert. Saalfeld, Jura Süd- westdeutschlands, hat sich gegen die Zuweisung zu Zamites oder Otozamites sowie die Auffassung von Seward gew^endet, Gothan, Nürnberg, p. 138, möchte es zu Ptilopln'ttimi stellen. Dorthin 1 Novopokrovskij J. Beiträge zur Kenntnis der Juraflora des TyrmataJes (Amurgebiet). Explor. geol. et nim. Chem. de fer de Siberie, Livr. 32, St. Petersburg 1912, p. 23, tab. :!, tig. 6. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Aht. 1, l.SO. Bd. 27 362 1'". Krasser, gehört es, wie ich schon vor langer Zeit durch Untersuchung" eines schönen Abdruckes feststellen konnte. Die Epidermis ist bei Schenk, Grenzsch., p. 156, beschrieben. 36. Ptilophyllum rigidum (Andrae). Synon.: Pternphyllnui ri^i^idiini Andrae, Steierdorf, p. 42, Tat". 11, Fig. 1. Stur, Kronstadt. Dioomles n]i^'iiiiis .Schimp., Traite II. p. 148. cf. Williamsoytia pecien ScAv.. Jur. Fl. T. p. 29. Vorkommen: Steierdorf, loc. class.! Auch in Kronstadt. vSteht jedenfalls dem Ptilophyllum pyecHuojdes (Phill.) Halle sehr nahe. Vgl. Halle, Grahamland, p. 69. 37. Zamites Andraei Stur. Stur, Veiii. Geol. Keichsanstalt, 1872. p. 345. Synon.: Zamites Schmiedein Andrae, Steierdorf. p. 39. Taf. 9; Taf. 11, Fig. von Presl. Puiioziriniles cf. Schiniedelii Stur, Tab. Willitniisniüa isi^'as Sew. Jur. Fl. 1, p. 2r,. A 'S ' Vorkommen: Steierdorf, loc. class.! Auch in Kronstadt. Ahnlich sind Z. Feiieouis Ettingsh. und Z. gigas Morris (zr Williamsoma gigas Sew. ex parte), beide sind jedoch von Z. Andraei Stur verschieden. Z. Feneonis besitzt weniger Fiedern, Z. gigas allerdings ebenso zahlreiche wie Z. Andraei, doch sind die Fiederbasen bei letzterer Art nicht so bauchig, wie insbesondere bei Z. gigas. Z. Schnüedelii Presl ist, wie schon Schimper, Traite II, p. 152, andeutet, verschieden. Das Sternberg'sche Original stammt überdies aus dem weißen Jura. Im Rhät-Lias von Bayreuth kommt Z. Sclnniedelii Presl nach Schenk und Schimper nicht vor. Über die Abgrenzung von Zumiies gegen Ohcaiuifes, Ptiln- phylium und die Gruppen der Gattung Zamites \g\. man Halle. Grahamland, p. 54 ff. Z. Andraei Stur liegt in Prachtstücken vor, so daß alle Teile des Blattes vorhanden sind. Otozamites F. Braun. Diese Gattung ist \ on den Fundorten im unteren Lias der Voralpen und von Fünfkirchen nicht bekannt. In Steierdorf findet sich nur Otozamites obtusus (L. et H.) Brongn., in Kronstadt jedoch sind O. Moliuiauus Zign. und 0. Cariossae Zign. neben O. obtusus nachgewiesen O. Maudelslolii, welcher früher von Steierdorf angegeben wurde, kommt dort nicht vor, ebenso wenig an den anderen Fundorten des behandelten Gebietes. Fiissile l-'liirun dos untcicn I.ias. 8b3 38. Otozamites obtusus (1.. et H.) Brongn. Synon.: Oloplcvis Mniidelslolii Schenk, Übers., Oloplcris (?) et". Mandelslohi Stur. Tab. Vorkommen: Steierdorf, Kronstadt. Liegt in Prachtexemplaren vor, welche die Kenntnis des ganzen Blattes vermitteln. Stimmt in allen Merkmalen mit der im Lias von England gemeinen Art vollkommen überein. ^ Die Fiedern können unter Umständen breiter und mehr abgerundet erscheinen, dann erinnern sie an Otcr.aniites Mandelslohi (Kurr) Schimp. 39. O. Molinianus Zigno. 40. O. Canossae Zigno. 41. O. conf. contiguus Feistm. Vorkommen: Die letzten drei Arten nur in Kronstadt. Die beiden ersteren wurden zuerst aus Oberitalien, der letztere aus Indien beschrieben. Es liegen von dem Fundort in Sieben- bürgen von den genannten Arten nicht einzelne Fiedern, sondern Spindelbruchstücke verschiedener Größe mit mehreren Fieder- paaren vor. 42. Podozamites lanceolatus (L. et H.) F. Braun, forma: distans Heer. Synon.: Ziiiiiilcs disLiiis var longifolia Ettingsh., Lins, p. 8, Tat'. I, Fig. 3. Andrae, Steierdorf, p. 39. ZainUcs dislaus Schenk, Übers., Stur, Tab. Vorkommen: Alpen, Steierdorf, Kronstadt. Auch in Nürnberg. In Hör breitere Form. 43. Podozamites Schenkii Heer. Krasser, Voralpen, p. 448. Vorkommen: X'oralpen (Hinterholz) und Steierdorl. 44. Podozamites gramineus Heer. Vorkommen: Steierdorf. Nur isolierte Fiedern. 1 Siehe Beschreibung und Abbildung bei Seward, .lur. Fl. II, p. 39, Taf. 1, Fig. 1, 3, 5. 364 V. K r a s s e r D. Xilssoniales. Nilssonia Brongn. Diese Gattung ist bekanntlich der Repräsentant eines in hoiiem Grade selbständigen Typus, der gegenwärtig aber noch am besten bei den Cycadoph\'ten unterzubringen ist.^ In unserem Gebiete sind mehrere Arten vorhanden. \'on diesen kommt N. poJyuiorpha reichlich in den \'oralpen und in Kronstadt \'or. A*. lucdiana und ücuininüta, von welchen nur spärliche Fragmente \orliegen. finden sich nur in den Voralpen. W^elche \"on den unter Tacnioptcvis (Macrotacuioptcris) im vorhergehenden (p. 357) angeführten Arten etwa noch zu Nilssonia gestellt werden müssen, läl.it sich vorläufig nicht mit Sicherheit entscheiden. Doch dürfte sich A'. orientaJis Heer nachweisen lassen, sowohl in Fünfkirchen als in Steierdorf. 45. N. polymorpha Schenk. Krasser, \'oraIpen, p. 450. Vorkommen: Voralpen, Kronstadt. TAuch in Hör.) Schöne typische Exemplare sind namentlich von Gresten und Hinterholz bekannt. 46. N. mediana (Leckenb.) Fox.-Strangvv. Krasser, \'- TJniites Gennari D u n k. aus Steierdorf nachgewiesen, daß ein Teil derselben zu Palissyii Braunii Endl., die übrigen wahrscheinlich zu Chcimlcpis gehören. 60. Cheirolepis Münster! (Schenk; Schimp. Synon.: Tliiiilcs Gennari An Ar hq, Steierdorf, Taf. 12, Fig. 1, 2, 3, 4i;. 77/. cxpansiis Andrae, 1. c p. 45 (ohne Abbildung). Tliuiles sp. Schenk, Übers. Thiiilcs cf. fallax .Stur. Tab. Cheirolepis .Schenk nwd. Wealdfonn., p. 44. Brachyphyllinii sp. Schenk, t'beis. Vorkommen: Fünfkirchen, Steierdorf (Nürnberg). Von Steierdorf sind mir reichlich verzweigte Exemplare bekannt. 61. Schizolepis Fellini Nath, Krasser, Voralpen, p. 450. Synon.: Padvcaipilcs aciciilaris Andrae, Steierdorf, p. 45. Taf. 10, Fig. ."). Schenk, Übers. Stur, Tab. Vorkommen: Wiralpen, Steierdorf. Nach Nathorst, Palsjö, p. 29, stimmt Poäoc. acicularis Andr. in der Nervatur mit Schizolepis FoUini überein. Von Gresten (Vor- alpen) liegen mir auch Zapfenfragmente vor, welche die Bestimmung sichern. Sonst müßte an Sclii'.olcpis Braunii Schenk gedachc werden. Fossile Floren des untern I.ias. •' ^ 1 62. Pityophyllum alpinum F. Krasser. Krasser. Voralpen, p. 450. Vorkommen: Voralpen. Dieses sehr charakteristische Fossil liegt nur von Hinterholz in einigen isolierten Blättern vor. Es kommt habituell Pityoph. Staratschiui Nath. aus dem Oberjura von Spitzbergen am nächsten, ist aber durch den Mangel an Ouerrunzeln leicht zu unterscheiden. Erst reichlichere Funde können seine systematische Stellung auf- klären. Literaturübersicht. Andrae, K. .T. Beiträge zur Kenntnis der fossilen Flora .Siebenbürgens und des Banates. — Abb. Geol. Reichsanstalt in Wien, 2. Bd., 3. Abt., Nr. 4. Aus- gegeben am 22. März 1854. Antevs, E. Die Gattungen TJiinnfcldia Ettingsh. und Dicroiditiin Goth. — Sv. Vet.-ak. Handl., Bd. 51, Xr. r.. 1914. — Die liassische Flora des Hörsandsteins. — Ibid., Bd. 59, Nr. 8, 1919. Ettingshausen. C. von. Beiträge zur Flora der Vorwelt. — Haidinger's naturw. Abb., Bd. 4, .Vbt. 1. Wien 1851. Monographia Calamarium fossilium. — Ibid.. 1851. -- Begründung einiger neuer oder nicht genau bekannter .\rten der Lias- und der Oolithnora. — Abb. Geol. Reichsanstalt Wien. Bd. 1, Abt. 3, Nr. 3. 1852. Gothan, W. Über die Gattung Thinnfeldia Ettingsh. — Abb. Naturhist. Ge>. Nürnberg, Bd. 19, Heft 3. 1912. - xNachtrag. Ibid., Heft 4. 1912. — Die unterliassische (rhätische) Flora der ümgegend vs}'cniicr. Sv. \'et.-ak. Handl.. 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Dipteridiaceen' 349 Hausinannia. Clailiroptcris. DicfvapliyUniii. Thamnuiopieris. '. Osmundaceen 354 TodUcs. Schizaeaeeen 356 Khikia. IL Marattiales . 356 ^ilaraUiopsis. Taenioplcris. IIL Hydropterideen 357 Süi^enopleris. iV. Equisetales 357 Equisetites. V. Cycadoph}'ten 35-S A. Blüten. Willianisonia. B. Stammgebilde. Cycadiles elcgans Ettingsh. nom. mus. C. Sichere Cycadophj'ten-Beblätterungen. Plerophylluin. Anoinozaiiiiles. DiooiiHes. Ptilophylluin. ZainUcs. Oiozainiies. PodozaiiiUes. D. Nilssoniales. NflssoniLi. E. Wahrscheinliche Cj'cadophyten. Thinnfeldia. Ctenopteris. Cienis. VI. Ginkgophyten • 367 Baiera. VII. Coniferen 370 Pallissya. Chcirolepis. Scliizolepis. Pityophylliiin. 4 Regionaltektonische Gliederung des mittleren Teiles der ostalpinen Zentralzone Von Prof. Dr. Leopold Kober (Mit 1 Textfigur) (Vorgelegt in der Sitzung am 3. November 1921) Die nachfolgenden kurzen Zusammenfassungen sind die Ergebnisse von Studien aus den Jahren 1906 bis 1913 und 1919 bis 1921 und geben eine Übersicht über die regionaltektonische Gliederung des mittleren Teiles der Zentralzone der Ostalpen. Diese Studien wurden 1921 zum Abschlüsse gebracht und hiermit \-eröffentlicht. Der Akademie der Wissenschaften schulde ich Dank für die mir 1921 nochmals verliehene Subvention. Das behandelte Gebiet ist in den letzten Jahren vielfach neuerdings durchforscht worden. Ich möchte hiei- kurz nennen: die Tauernuntersuchungen von Uhlig, Becke, Kober, Schmidt, Trauth, Stark, vSeemann, die Arbeiten von Sander, von Hart- mann, Furlani, Ohnesorge, Holdhaus, Gej^er, Tornquist u. a. Ich habe in der Tauernarbeit bereits Gelegenheit gehabt, den Aufbau des östlichen Tauernfensters genauer aufzuzeigen. Ich habe dort den Nachweis gebracht, daß die Tauern Deckenbau zeigen und daß sich ganz bestimmte Gesteinsfolgen übereinander nachweisen lassen. Ich möchte nun hier zeigen, daß der Bau des Ostens kein spezieller Fall ist, sondern nur der Ausfluß des allgemeinen Bauplanes, der auch den Westen beherrscht. Wir unterscheiden im ganzen Gebiet der zentralalpinen Zone der Ostalpen von unten nach oben folgende große Gesteins- zonen (Deckenmassen). 1. Die Zentralgneise bilden überall die tiefsten Gesteins- massen und gliedern sich in die Zentralgneise im engeren Sinne, die eigentlichen Orthogneise, verschieferte Granite (Tonalite etc.) und die Paragneisse mit Glimmerschiefern, das Dach der wahr- scheinlich karbonen »Zentralgneisintrusionen« bildend. Paläozoikum ist gering entwickelt, Konglomeratgneise. Porphyroide und Sandsteine. Sitzungsberichte d. mathem -naturw. Kl , Abt. I, 130. Bd. 376 L. Knber, Die Zentralgneismassen scheiden sich in eine östliche Hälfte und eine westliche. Im östlichen Tauernfenster bildet die tiefste Zone die Ankogelmasse, darüber liegt die Hochalm- masse, darüber die Sonnblick- und die Modereckdecke. Schiefermulden verschiedener Breite trennen die einzelnen Zentral- gneismassen, so die Lieser-, die Woigsten-, die Seebach-, die Mallnitzer Mulde u. a. Im Westen ist die tiefste Einheit die Zentralgneismasse der Ahorn spitze. Höher liegt die Tuxer Masse. Zwischen beiden finden sich noch trennende Glimmer- schiefermulden, so südlich der Ahornspitze (F. Becke). Die höchste Einheit ist die Zillertaler Masse mit einer kleinen Abspaltung im Dache. \'on Westen und Osten reichen trennende Schiefermulden (Greinermulde) tief zwischen die beiden Hauptzentralgneisdecken des westlichen Tauernfensters ein. In der Mitte scheinen die Massen zu verschmelzen. Die große te klonische Kluft zwischen beiden Deckenmassen ist noch aufzusuchen. Auffällig ist im ganzen Westen die Hauptstreichrichtung SW — NO, das starke Zusammen- pressen der Zentralgneismassen zu langgestreckten Linsen, die ost- und westwärts spitz endigen, ausgezogen gleichsam, wie etwa im kleinen ein Feldspatporphyroblast in einem Augengneis ausgezogen sein kann. Im Osten ist die Streichrichtung NW — SO. Tiefere Einsicht in den Bau der Alpen zeigt, daß die westliche Richtung (SW — NO) an die schwäbische Richtung anklingt, die östliche (NW— SO) an die des Böhmerwaldes. So erscheinen große Leit- linien in der Tiefe des alpinen Deckenbaues. Die X'erbindung zwischen den Zentralgneismassen des Westens mit denen des Ostens gibt der Granatspitzkern. Aller Wahrscheinlichkeit nach gehören folgende Deckenmassen in eine Einheit, sind einander gleichzustellen. Zillertaler Masse — Granatspitz — Sonnblick. Tuxer Kern — -Hochalm. Ahornspitze — Ankogel. Nähere Studien werden erst jetzt von besonderem Interesse, wo diese Zusammenhänge wahrscheinlich werden. 2. Die Schieferhülle ist die nächsthöhere große Gesteins- zone einheitlicher Art durch das ganze l^iuernfenster. Meiner Meinung nach ist sie zum großen Teil mesozoisch; sie kann aber auch paläozoische Elemente enthalten.^ Für die Tektonik ist das Alter des ganzen Schichtkomplexes — ob mesozoisch oder paläozoisch — \'ollständig nebensächlich. In das Mesozoikum möchte ich stellen: Ouarzite, Rauchwacken, Marmore, Dolomite (Angertalmarmor— Hochstegenkalk). Die große Masse der Schiefer würde dem Jura (der Unterkreide) zufallen. Oberkreide ist meines Erachtens in der Schieferhülle nicht vorhanden, weil der Decken- baii der Ostalpen immer noch als \-orgosauisch betrachtet werden muß. Diese beiden großen Einheiten fassen wir als die penninischen Decken der Tauern zusammen und betrachten sie als die Äqui- valente der penninischen Decken der Westalpen. 1 D. i. Pcrmi>l -^ E r — =3 ^2 .1-1 CT> "co tu CD tu CD D. CL tu cj CD Q tl) c: J5 ™ nj tO CO o o II c tu ^c o tu Q tu ta to O O i- a> o 'SSO 1- Kober. Hornblcndegaibenj, Marmore, Kalke, Pegmatite, Glimmer- schiefer und mannigfach gestaltete Ortho- und Paragesteine gehin-en hierher, bilden das Gros des ostalpinen Krystallins, der Aluralpen, der Schober-, der Kreuzeck- und Polinikgruppe usw. Im Westen und Süden ist diese Zone vorhanden. Nahe den Tauern finden in dieser Zone sich die tertiären Intrusionen. Diese ganze Zone ist meiner Meinung nach das tektonische Äquivalent der Zone von Bellinzona, der Zone von Ivrea, mit einem Worte, der mittelostalpinen Decken masse der westalpinen Geologen. Diese Einheit bildet die Unterlage des Ortler (Laaser Phyllite, Marmore, Kinzigitgneise, Silimanitgneise der Campodecke [Staub]). Im Osten gehören hierher die gleichen Gesteine der Muralpen. Hierher gehören auch die Dolomite, Marmore, Phyllite des Schneeberger Zuges (Sander). 7. Noch höher liegt im Osten die Bundschuh-Gneismasse, die zuerst Geyer näher bekannt gemacht hat. Die Bundschuh- masse liegt aut Glimmerschiefer, Ouarzphylliten etc. und trägt auf ihrem Kücken die Trias der Stangalpe. Das ist bereits die obere ostalpine Decke. Hierher gehören die Ouarzphyllite der Frauenalpscholle, die Tornquist vor kurzem als Deckschollen auf der Marmor-Glimmerschieferzone \^on Murau erkannt hat. Diese Marmor-Glimmerschieferzone ist nichts anderes als die mittelostalpine Decke. Die Ouarzphyllite der Frauen- alpscholle von Tornquist sjnd das seitliche Äquivalent der Pundschuhgneise, mit denen sie sich \'erzahnen dürften. Diese \'erhältnisse sind noch zu klären. Im Westen rechne ich zu dieser Zone das Stubai-Ötztaler Massiv mit der Tribulaun Trias b 1 Schiefer, Kitzbühler Kalke etc.) und darauf die Kalkzone. Bei Schladming folgt die GrauvMickenzone dem Krystallin — nicht im primären Verbände — darauf die Kalkzone des Dachstein. Der Mandlingzug ist dabei SW— NO streichend der GrauvvackenzcMie eingeknetet. Im Süden liegt ebenfalls Paläozoikum als Basis der Trias (Karawanken — Gailtaler Alpen), mit dem höheren Altkrystallin verbunden. Im Tribulaun, in der Stangalpe, sehen wir Trias unmittel- bar auf Altkrystallin liegen und vom Carbon überschoben. Letzteres ist dabei sicher ein Teil der Grauwackenzone des .Südens, also der Unterlage der Gailtaler Alpen. Alle diese Elemente sind höhere Teile der oberen ost- alpinen Decke. 9. Darüber kommt noch die hoch ostalpine Serie zu liegen (Hallstätter und Dachsteindecke). Das sind nur ganz skizzenhafte Ausführungen, die durch die beigegebene Figur veranschaulicht werden sollen. Ich hoffe, später Gelegenheit zu haben, mich weit- gehender über die Verhältnisse aussprechen zu können, möchte aber die Zeilen nicht schließen, ohne noch folgendes zu sagen. Ich habe mich jahrelang bemüht, den Deckenbau der Ost- alpen aufzuzeigen. Was ich von selten meiner Kollegen geerntet habe, war Spott und Diskreditierung meiner Arbeiten. Man lese die Referate von He ritsch, Ampfer er, von Schwinner, von Sander u. a. Das alles hat mich kalt gelassen und ich werde auch jetzt nicht viel Worte ^ darüber verlieren, wenn Schwinner noch jüngst die Deckenlehre eine abenteuerliche Periode in der geologischen Erforschung der Alpen bezeichnet hat, wenn Klebels- berg vor kurzem noch sagt, daß die Unkenntnis der Ostalpen die Deckenlehre ermöglicht. Der wahre Sachverhalt ist: die alte Auffassung der Autochthonie der Alpen ist nur bisher so lange möglich gewesen, weil man die Alpen so wenig gekannt hat. Wie traurig es um diese Verhältnisse steht, beweist schlagend die Entdeckung der Trias auf der Stangalpe. So viele Geologen waren schon dort. Und es ist kein Lob für diese, daß ein Zoologe kommen mußte, um dort die Trias zu finden, dort, wo ein alpines Kalkgebirge, etwa von der Art der Brenner Trias, hunderte Meter mächtig, weithin zu verfolgen ist. Und dieses Überschiebungsgebiet ist »das klassische Land< des variszischen Horstes, wo das Carbon nach Heritsch die alte variszische transgressive Lagerung zeigt. Das ist auch das Gebiet, das für Sander das Äquivalent der paläozoischen Schieferhülle der Tauern ist. Mehr Probleme als jemals bieten uns die Ostalpen. Mesozoikum ist an der Grenze von Grauwackenzone und Krystallin zu erwarten, an Stellen, wo es kein Geologe erwarten würde. Die Deckenlehre zeigt den Sehenden die W^ege, auf denen die Geologie der Alpen die großen Fortschritte unaufhaltsam erzielen wird, mögen auch immer wieder einzelne versuchen, den allge- meinen Fortschritt aufzuhalten. Der mikrochemische Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen Eine neue mikrochemische Methode zum Nachweis von Cyanwasserstoff und Emulsin Von Hermann Brunswik Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität Wien. Nr. 174 der zweiten Folge (Mit I Textfigur) (Vorgelegt in der Sitzung am I. Dezember 1921) A. Einleitung". 1. Historisches. — Ziel der Arbeit. Seit den Arbeiten des holländischen Botanil^ers M. Treub^ über die ph^'siologische Bedeutung des Vorkommens von Blausäure bei Paiigiiiiu ednle Reinvv., Pliascohis hiuatns u. a. ist das Inter- esse an dieser auch heute noch nicht £ibgeschlossenen Frage stets wachgeblieben. Die gleichzeitig einsetzenden chemisch-phj^siologi- schen Untersuchungen hauptsächlich englischer, französischer und italienischer Forscher haben einerseits die Konstitution vieler in der Pflanze vorkommender Blausäure\-erbindungen aufgeklärt, andrer- seits ergab sich eine uneru'artet weite Verbreitung dieser Stoffe bei den verschiedensten Familien und Gruppen des Pflanzenreiches. So kann bereits 190G Greshoff- ungefähr 175 HCN-führende Arten angeben und die aus jüngster Zeit stammende Liste L. Rosen- thaler's-' umfaßt schon 360 Arten aus 41 Familien. 1 M. Treub, Sur la localisalion, le transport et le i'ole de I'acide cyan- hydrique dans le Pangium edule Reinw. Ann. d. Jardin Bot. de Buitenzorg, Vol. XIII, p. 1 — 89 (1895). — Nouvelles recherches sur le role de I'acide C3'anhydrique dans les plantes vertes, I, 11, III. Ann. d. Jardin Bot. de Buitenzorg, Ser. 2, Vol. IV, p. 8Ü — 147 (1905); Vol. VI, p. 79—106 (1907); Vol. VIII, p. 85 — 118 (1909). - W. Greshoff, Über die Verteilung der Blausäure in dem Pflanzenreiche. Arch. d. Pharmazie, 1906, Bd. 244, p. 397—400, p. 665—672. •' L. Rosenthaler, Beiträge zur Blausäure-Frage. Schweiz. Apoth. Ztg., 1019. 57. Jahrg., p. 267 ff. Sitzungsberichte d, mathem.-naturw. Kl . Abt I, 130. ?.d 384 H. Brunswik, Diese Befunde scheinen immerhin für die \on Treub auf- gestellte Hypothese einer Bedeutung der Blausäure bei der Stick- stoffassimilation zu sprechen, doch konnten gerade auf physio- logischem Gebiete in den letzten zehn Jahren keine klärenden oder abschließenden Ergebnisse erzielt werden. Im folgenden wurde nun versucht, zu prüfen, inwieweit es gelingt, die in der Pflanze gebildeten Blausäureverbindungen mikro- chemisch nachzuweisen, da auf Grund einer in dieser Hinsicht ausgebildeten Methodik eine Erleichterung beim weiteren Auf- decken der Verbreitung dieser Verbindungen in der Pflanzenwelt und ihrer physiologischen Bedeutung zu erwarten ist. 2. Übersicht über die in der Pflanze vorkommenden Blausäureverbindungen, 1 a) Die Blausäureglukoside. Die cyanwasserstofYhältigen Körper, die bisher aus Pflanzen isoliert und eingehend studiert wurden, erwiesen sich alle als sogenannte »Blausäureglukoside«. Es ist dies eine Reihe von \'erbindungen, die in ihrem Molekül außer dem Zuckerkomplex und einem aromatischen oder aliphatischen Aglykon noch ein Molekül Cyanwasserstoff HCN enthalten, das bei Hydrolyse mit verdünnten Säuren oder bei enzymatischer Spaltung (Emulsin) in Freiheit gesetzt wird. Nach dem \'organge \"on Greshoff^ lassen sich die bisher bekannten Blausäureglukoside je nach der Beschaffenheit ihres Aglykons in drei getrennte Gruppen stellen: 1. Ben zaldehydcy anhy dringlukoside. Hieher gehören: Amygdulin CoijHoyNOj-i (2 Mol. Ghikose 4- Benzaldehyd -H HCN) sowie das nahezu identische Pterisamygdalin,-^ Laurocerasin (amorphes Amygdalin), die drei isomerei\ Glukoside Prulaurasin, Sambunigrin und Prunasin Cj,H,-NO,; (1 Mol. Glu- kose -h Benzaldehyd -+- HC'N; aucli isomer mit dem Mandelsäurenitrilglukosid E. Fischer's). schließlich Vicianin Cjc)H._,.,NOiq (1 Mol. Glukose -I- 1 .Mol'. .\ra- binose [Pentose] -h Benzaldehyd -1- HCN), schon loser Dhurrin C,iH,-NO; (1 Mol. Glukose -H Paraoxybenzaldehyd -+- HCN) sowie das noch nicht völlig aufgeklärte ("oryn o carpin. respektive ICarakin. 2. Acetoncyanhydringlukosid e. Zu diesen zählt das Linamarin, das nach Dunstan und Henry identisch ist mit dem von ihnen dargestellten Phaseo- lunatin Cj^H^yNO,; (l Mol. Glukose -h Aceton -|- HCN); auch das früher als 1 \''gl. den ausführlichen Abschnitt in I'. Czapek, Biochemie der Pflanze. 2. ^x\\^.. 111. Bd. (1921), p. 20.')— 220. ^ W. Greshoff, 1. c, p. 665— ()72. 3 W. Greshoff, Vorübergehende .\nwesenheit von Bl.nusäure im l'arn. Kcf. i'hem. Zentralbi.. lOtlS, 11, p. 3.34. — Unterscheidet sich von .\mygda1in nur durch seine gi-ößere l.öslichkeit in .Uheralkohol. Nachweis pHan/Jicher l^laustLurex-crbiiidungcn. 3öi> eigenes (UuUosid gotührte M unn i hotoxir, (liefert bei der Spaltung Acctmi -f- HCX) dürfte mit den genannten beiden völlig übereinstimmen. — Nahe verwandt mit diesen drei Gkikosiden ist schließlich Gynocardin CjoH^.iNOg, das aus Glulcose,, IK'N und einem nicht naher bekannten Diketon C^JI^O, besteht. 3. Lo ti)fla\'in c)-anh ydringluküside. Diese interessante Gruppe, die ein Rindeglied zu den reinen, weit verbreiteten Flavonen darstellt, wird repräsentiert durch das von Dunstan und Henry studierte Lotusin C\2.. HojNOn; — spaltet in zwei .Mol. Glukose, Blausäure imd LotollaN-in 'i.-, HjqOi; (isomer mit Lutcolin und Fiselin). Schließlich ist eine große Zahl \on Pflanzen bekannt, die ein HCN-abspaltendes Glukosid führen, dessen Konstitution noch nicht näher studiert wurde. ^ Die Zahl der Blausäureglukoside dürfte daher mit den eben angeführten bei weitem noch nicht erschöpft sein.- b) Über die »lockere« Blausäurebindung. In der botanischen Literatur über die Blausäurefrage findet sich bei zahlreichen Autoren (M. Treub, \'. Romburgh, M. Dekker, A. W. de Jong, K. Peche, C. Ravenna, V. Babini, G. Bosi- nelli u. a. in den Jahren 1897 bis 1913) eine mehr oder minder scharf betonte Gegenüberstellung der oben angeführten, chemisch greifbaren Blausäureglukoside und einer »quasi - freien <, »labil-«, respektive »locker-gebundenen« oder gar "freien« Blausäure, die neben den »stabilen« Glukosiden in denselben Pflanzenorganen, besonders in den Blättern (speziell den jungen!), vorkommen soll. Über die Art und Weise der »labilen« oder »lockeren« Bin- dung wurden nur Hypothesen geäußert (de Jong,''' Peche ^), chemisch isolierbar und analysierbar schienen die fraglichen Sub- stanzen nicht zu sein. In Anbetracht der Wichtigkeit, diese durch die verschiedensten Bezeichnungen einigermaßen in Verwirrung gebrachte und zudem noch teilweise hypothetische Frage zu klären, sollen die diesbezüg- lichen Angaben im folgenden kritisch zusammengestellt werden. Das Vorhandensein \'on freier Blausäure in lebenden Zellen und Geweben im strengsten, wörtlichen Sinne erscheint höchst unwahrscheinlich und wurde in klarer Weise (nicht bloß als 1 Vgl. E. Abderhalden, Biocbem. ITandlexikon,5Bd. II. p. 720-722, Bd. VIII. p. 362—368. - Über das jüngst entdeckte Hiptagin vgl. Czapek, 1. c. III. Bd. (1921). p. 806. •^ A. \V\ K. de Jong, .Sur la .presence d'acide cyanhydrique libre ou tres faiblement combine dans les feuilles da Pangium edule. .A.nn. d. Jard. d. Buitenzorg\ 1908, Ser. 2, Vol. VII, p. 1 — 17. Ref. Just's Jahresbericht, 1908. 3. Bd., p. 500—57)3. ^ K.Peche, Alikrochemischer Nachweis von Cyanwasserstoffsäure in Prunus Laurocerasus L. .Sitzb. d. Akad. d. Wiss. in Wien, Bd. CXXI, Abt. I (1912), p. 15— 1(> (des Separatdr.). 386 H. Brunswik. verschwommener, mehr der chemischen Terminologie entsprungenei- Ausdruck) auch \on niemandem behauptet. Die Wirkung geringster HCN-Konzentrationen auf die Assimilation (0. Warburg ^) durch Hemmung der »Blackmann'schen Reaktion«, gedacht als eine Schvvermetallkatalyse an Oberflächen, die hemmende Wirkung der Blausäure auf die pflanzliche Atmung (H. Schroeder-), die schädi- genden Folgen gasförmig dargebotener HCN in relati\" schwachen Konzentrationen auch bei sogenannten Blausäurepflanzen, wie sie zuletzt Jungmann ^ festgestellt hat, schließlich die überaus große chemische Reaktions- und Additionsfähigkeit \on HCN und seine physikalischen Eigenschaften (Flüchtigkeit) erlauben wohl nur eine glatte \'ern einung dieser Möglichkeit. Anders liegen die \'erhältnisse bei der »labilen« oder »lockeren« HCN-Bindung, deren Vorkommen etwa als Cj'anhydrin an Aldehyd- oder Ketongruppen, wie Jong^ sie z. B. bei Pangiiini ediilc und Prunus javanica annimmt, \on \ornherein als möglich zugegeben \\'erden muß. Treub, der in dieser Plinsicht jedenfalls die genauesten und ausgedehntesten Untersuchungen (1891 bis 1909) anstellte, unterscheidet in seinen zwei ersten Arbeiten (1895, 1905) streng glukosidisch gebundene HC\ (bestimmbar nach längerer Mazeration des Materials in H.2O) und »quasi-freie« HCN, die schon bei der »distillation directe« (Übergießen des frischen Materials mit siedendem Wasser und sofortiges Destillieren) zu gewinnen ist und nicht glukosidischer Herkunft sein sollte. Gerade diese letztere konnte er mit seiner Berlinerblaumethode nachweisen. Angeregt durch die Methodik, die Guignard bei Sainbiictis nigra anwandte, voll- führte Treub in seiner nächsten Arbeit (1907) die »distillation directe« durch Über- gießen des frischen Materials mit kochendem absoluten Alkohol oder mit kochender 80 " Q-Salzlösung (zirka 106° C.). Während durch Anwendung der Salzlösung von 106° die Menge der direkt abdestillierbaren HCN deutlich, aber gegenüber der mit reinem kochenden W^asser nur höchstens um die Hälfte herabgedrückt war, ergab die Destillation nach Übergießen mit kochendem absoluten Alkohol Werte, die sich bereits um eine ganze Dezimale von denen der früheren Methode unterschieden : eine scheinbare Ausnahme bildete nur Pcjngiinn sp. Treub •'' gestand auf Grund dessen zu. daß ein Teil der durch seine Methode (distillation directe) bestimmten '>quasi-freien« HCN — trotz der Siedetemperatur — auf Grund rascher enzvmati- scher Spaltung der betreffenden Glukoside entstanden sei, dachte aber beim kochenden Alkohol nicht so sehr an eine raschere Enzym-Inaktivierung, als \ielmehr an eine »spezifische W'irkung auf die Zellen« und hielt, besonders mit Rücksicht auf die Resultate bei Pangitnii. an der Existenz der labilen HCN-Bindung fest. — In seiner letzten Arbeit (1909) wirft Treub"' neuerdings die Frage nach der Bindungs- 1 O. Warburg, Theorie der Kohlcnsäurcassimilation. Die Naturwissenschaften. 1921, IX. Jahrg., Heft 18. p. 354— 358. - H. Schroeder. Über den Einfluß des Cj'ankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger etc. .iahrh. f. wiss. Botanik, 1907", Bd. 44. Heft 3. p. 409—481. •• W. Jungmann, Plu's.-anatom. Untersuchungen über die Einwirkung von Blausäure auf die Pflanzen. Ber. d. deutsch. Bot. Gesellsch.. 1921. 39. .lahrg., p. 84—88. I de Jong. 1. c. Vgl. auch Treub, I.e. (1909). p. 115. ■^' M. Treub, 1. c. (1907), p. 97—98. '■• .M. Treub. I.e. (190VT). p. 112 -116. Nachweis pnanzlichcr lilaiisäureverbiiidungen. 387 art der Blausäure in der Pflanze aufi und äußert sich, besonders im Hinblick auf seine an Prunus javanica ausgeführten methodischen Experimente, schon folgender- maßen (1. c., p. 116): »Folglich scheint es, daß im allgemeinen die Wirkung der Biattenzyme auf die betreffenden Blausäureverbindungen nicht allein sehr ener- gisch ist. sondern daß sie sich vor allem plötzlich (subitement) äußert, was ich früher nicht glaubte, annehmen zu können.... Ich lege Wert darauf, schon hier zu sagen, daß ich nun mehr und mehr von der Berechtigung der Ansicht Guignard's überzeugt bin, der immer die Glukoside als die absolut überwiegenden (absoiument predominant) HCN-Verbindungen nicht nur in den .Samen, sondern auch in den Blättern angesehen hat." Damit schien, trotzdem Dekker- und de Jong^ noch an Ti-eub's alter Auffassung festhielten, die Frage durch Treub selbst schon geklärt. Um so überraschender ist es, daßPeche^ (1912) füv Pnimis hinrocerastis L. neuerdings auf eine reichlich vorhandene > lockere '< HCN-Bindung (alles, was durch das Mercuronitratreagens nachweisbar war), neben den beiden Glukosiden Prulaurasin und Laurocerasin, zurückgreift. Peche urteilt folgendermaßen: »Ange- nommen, die nachgewiesene Blausäure entstünde durch Enzj'm- wirkung auf die Glj-'koside, dann müßte man Benzaldehyd und Zucker in denselben Zellen, die Blausäure enthalten, nachweisen können, was für den Benzaldehyd nicht der Fall ist. (Nicht bewiesen, da bis jetzt kein eindeutiges Reagens auf Benzaldehyd in der Pflanzenmikrochemie bekannt ist! Anm. d. Verf.) Daß aber eine Enzymwirkung geradezu ausgeschlossen ist, geht aus dem ver- schiedenen Intensitätsgrade des Blausäurenachweises in stark und minder belichteten Blättern hervor, während die Reaktion, da der Glykosidgehalt derselbe bleibt (? vom Verf.^), stets dieselbe Inten- sität zeigen müßte.« Es hat den Anschein, als ob Peche sich hierbei nur auf die ersten Arbeiten Treub's stützte, während ihm die exakten Ver- suche Treub's, die gerade an dem mit seiner Versuchspflanze in allem so ähnlichen Prunus javauica ausgeführt wurden (1909)^ 1 \^gl. 1. c, p. 113. ■- . . . Est-il (HCN) engage sous forme glucosidique ou nun? N'oilä surtout la question, qui se pose. Et, pratiquement, eile revient ä une autre question, savoir: l'action enzymatique est-elle arretee, oui ou non, dans les conditions de l'experience ?« •-' J. Dekker, Pharmac. Wcckbl. 1906, Bd. 43, p. 942. ■■ de Jong, 1. c. — Jong's Versuchsanstellung trachtet die Enzj'mwirkung durch niedere Temperaturen (abs. Alkohol Ann — 10°) auszuschalten. Enzym- präparate (immer schwächer als die nativen Enzyme!) erwiesen sich dabei tat- sächlich als unwirksam. Bei ungepulverten, bloß zerschnittenen Blättern muß Jong zugeben, daß selbst durch dreistündigen Aufenthalt in Alkohol von — 10° das Enzym in den Zellen noch nicht völlig unschädlich gemacht wurde. Dasselbe — nur in geringerem Alaße — muß man für das gepulverte Material annehmen, aus dem Jong seine definitiven Werte zog. J K. Peche, 1. c, p. 15 (des Separatums). ■' Bezieht sich wohl auf die Feststellung \'erschaffelt's (1002). der aber den Glukosidgehalt nach der erzielbaren HCX bestimmte, also hier richtiger »Blau- säuregehalt^^ zu setzen wäre, wodurch die ganze Argumentation hinfällig wird. 388 H. Biunswik, scheinbar entgangen sind. Die Annahme einer reichlichen lockeren HCX-Bindung bei Pnnius hnirocerasns ist experimentell durch nichts begründet und durch die erwähnten Experimente Treub's an Prunus javanica sehr unwahrscheinlich gemacht. Auch Ravenna und seine Mitarbeiter l suchen 1912 den Gehalt an »freier«' (gemeint wohl locker gebundener) HCN in den Organen verschiedener Hiausäure- pfianzen quantitativ festzustellen, gelangen aber bei \'erfeinerung der Methodik. (Tütung der Enzyme bei 110°) zu immer kleineren .Mengen, wobei sie jedoch nach ihrer eigenen Ansicht die Möglichkeit nicht ausschließen können, daß während der Analysen das betreffende Glukosid infolge der raschen Wirkung der hydrnli- sierenden Enzyme gespalten worden sei. Hält man die genau durchgeführten Versuche Treub's aus den Jahren 1907 bis 1909 mit den letztgenannten Resultaten zusammen, so gelangt man zur Überzeugung, daß es auch eine '■locker gebundene« HCN in Wii-klichkeit überhaupt nicht gibt, da bei fortschreitender Methodik (bei möglichst wirksamer Enzyminaktivierung) die Menge der aus frischen Blättern gewinn- baren HCN immer xerschwindender wird. Daß sie nicht gänzlich auf Null gebracht werden kann (und nur diese experimentelle Tat- sache ließ Treub zurückschrecken, diese letzte Folgerung zu ziehen), läßt sich durch die ungezwungene Annahme erklären, daß Glukosid und Enzym in diesen Fällen in denselben Zellen, wenn auch im Leben räumlich auseinandergehalten, vor- kommen und bei den bisher verwendeten — ■ und wohl auch bei allen möglichen — Methoden die Zellen stets um einen Augen- blick früher getötet werden, Glukosid und Enzjmi daher eher miteinander in Berührung kommen, als die Inaktivierung des Fermentes erfolgen kann. Durch diese Koexistenz \on einem HCN-Glukosid und einem rasch wirkenden Ferment- — wie sie auch in anderen Fällen angenommen wird — ist das scheinbare- Vorkommen der »lockeren« HCN-Bindung gerade bei saftreichen und jugendlichen Organen (Blätter) im Gegensatz zu den trockeneren Samen, sowie die Verschiedenheiten bei den einzelnen Methoden direkter Destillation und beim mikrochemischen Nachweise ver- ständlich. Bereits Czapek-' scheint einer ähnlichen Überzeugung zu sein, indem er die ganze Frage mit den Worten abtut: »Freie Blausäure kommt meist nur in sehr geringer Menge in der Pflanze \or; überall handelt es sich um enzymatische 1 C. Ravenna und V. Babini, .Sulla presenza dell'acido cianidrico libero nelle plante. Rend. Accad. Line. Roma, Vol. XXI (1912), p. 540—547. Ref. Just's -lahresbericht, 41. Jahrg.. 1913, p. 1420. — C. Ravenna und G. Bosinelli, Sulla presenza... etc. Nota HL Rend. Accad. Line. Roma, vol. XXI (1912), p. 355 — 358. Ref. Just's Jahresbericht. 41. Jahrg., 1913, p. 1420. - Dieser Standpunkt findet sich schon angedeutet von Pfeffer, Handb. d. Pflanzenphysiologie, 1. .Aufl. (1881), I. Bd., p. 307, für Amygdalin-Emulsin in den bitteren Mandeln, wo er aber als nicht zutreffend fallen gelassen werden mußte. - Y. Czapek, Biochemie der Pnanzcn. 2. Aufl., 3. Bd. (1921), p. 205». Nachweis pllan/.licher B1ausiiure\-crbindLingen. 38U Abspaltung derselben bei der Präparation unter dem Eintluß von Enz\'men vom 'iypus des Mandelemulsins. . . . « Die Wichtigkeit dieses Gegenstandes jedoch, gerade in physiologischer Hin- sicht und bei der Beurteilung mikrochemisch gewonnener Resultate, ließen es trotz- dem angebracht erscheinen, die Literatur hierüber eingehender vorzuführen und selbst hierzu Stellung zu nehmen. Wenn demnach im weiteren dieser Untersuchung noch von einer »lockeren« HCN-Bindung gesprochen wird, so sind dabei stets jene Verhältnisse gemeint, die durch das Zusammen- vorkommen der bekannten Blausäureglukoside mit einem sehr wirksamen Ferment gegeben sind und die durch die heutige Methodik nicht näher aufgelöst werden können. B. Mikrochemischer Nachweis der Blausäure (HCN). I. Allgemeiner mikrochemischer HCN-Nachweis. In der allgemeinen, respektive technischen Mikrochemie scheint nur ein geringes Bedürfnis nach einer Reihe brauchbarer Blausäure- reaktionen bestanden zu haben. Sowohl Emich^ wie Behrens - führen einzig die Berlinerblauprobe an, die ja, begleitet von der •Geruchsdiagnose, bei nicht zu geringen Materialmengen, hin- Teichend ist. Im Hinblick auf das häufige Vorkommen natürlicher Blausäureverbindungen, die durch enzymatische Prozesse leicht HCN abspalten, untersuchte ich sämtliche bei der makrochemischen, qualitativen Analyse gebräuchlichen Blausäurereaktionen auf ihre Verwertbarkeit in der Mikrochemie. Die hierbei erzielten Resultate sollen im folgenden dargestellt werden, während die Anwendbarkeit der einzelnen Reaktionen für botanische Zwecke erst nachher kurz zusammengefaßt werden wird. I. Nachweis der Blausäure als Silbercyanid. Blausäure und die löslichen Cj^anide geben mit Silbernitrat einen weißen, amorphen Niederschlag von Silbercyanid [Cyan- silber, AgCN, respektive Ag"(Ag(CN).3)' |. Im Gegensatze zu dem in vielem sehr ähnlichen Ag Cl bleibt Cyansilber am Lichte unver- ändert oder bräunt sich höchstens. In einer heißen Lösung von Na^COo oder K.,COg etwas löslich, scheidet es sich aus diesen beim Erkalten krystallinisch, und zwar in feinen Nadehi ab (Bloxam-^;. In Wasser und verdünnten Säuren (bis zu 50 7o HNO., in der Kälte) ist Cyansilber unl()slich, während NH., und Cyankalium 1 Fr. Emich, Lehrbuch der Mikrochemie, HMl, p. 145. - W. Behrens, Tabellen zum Gebrauch bei mikroskopischen Arbeiten, 1908, p. 160.— H. Behrens-Klev, Mikrochemische Analyse, 191;'), I.Teil, p. 180 — ISl und p. 184. 3 Ch. L. Bloxam, Chem. Xews, Bd. 50, p. 155. Ref. .lahresber. d. Fortschr. d. Chemie, Bd. 37a, 1884/1, p. 475. 390 II. ßrunswik, lösend wirken unter Bildung des komplexen AgCN.NHg, respektive Kaliumsilbercj^anid. In konzentrierter heißer AgNOg-Lösung oder bei Einwirkung konzentrierter HNO3 bildet sich aus Cyansilber ein Silbercyannitrat, das in langen, weißen, glänzenden Nadeln (luft- und alkohol-, aber nicht wasserbeständig) krystallisiert und dem Bloxam^ die Forniel AgCN.2AgN03 zuschreibt. — Konzentrierte HCl verwandelt Cyansilber in Chlorsilber, obwohl ersteres das unlöslichere ist. Infolge dieser Eigenschaften wird schon seit langem Silber- nitrat zur Titration blausäurehältiger Destillate verwendet."- Als qualitatives Blausäurereagens hat Silbernitrat besonders wegen der schwereren Unterscheidbarkeit von Ag Cl und Ag CN in der Makro- chemie nur geringe Bedeutung gewonnen. Auch bei qualitativen mikrochemischen Untersuchungen bietet der direkte Zusatz von Silbernitrat keine Vorteile. Der etwa auftretende amorphe Niederschlag im untersuchten Tropfen müßte erst durch seine Unlöslichkeit in verdünnter HNO3 und seine Eigenschaften nach dem Umkrystallisieren mit Ammoniak näher bestimmt und besonders gegenüber AgCl scharf unterschieden werden. Weitaus besser läßt sich Silbernitrat unter Ausnützung des niederen Siedepunktes von Blausäure (26° C.) im hängenden Tropfen als eindeutiges HCN-Reagens verwenden. a) Silbernitrat im hängenden Tropfen. Die Reaktion läßt sich am .besten in derselben Anordnung durchführen, die Molisch ^ für den Ammoniumnachweis empfohlen hat. Auf den Objektträger wird ein gut anschließender, 3 bis 7 mm hoher Glasring -^ aufgelegt; in die so entstandene Kammer gelangt die zu prüfende Substanz. Das Ganze wird mit einem Deck- gläschen bedeckt, an dessen Unterseite ein mäßig großer Tropfen einer P/o-Silbernitratlösung hängt. 1. Reaktion SV erlauf. Enthält die Probe freie Blausäure — die der meisten Cyanide kann durch Ansäuern mit verdünnter HgSO^ oder HNO« (nicht HCl!) in Freiheit gesetzt werden — , so entsteht in der abgeschlossenen Glaskammer schon bei Zimmer- temperatur eine Blausäureatmosphäre, die, da um 7 % leichter als 1 Ch. L. Bloxam, 1. c, und Chem. News, Bd. 48, p. 154. Ref. Jahresber. d. Fortschr. d. Chemie, 1883, Bd. 36 a, p. 472. 2 Vgl. W. Treadwell, Lehrbuch der analytischen Chemie. I. Bd. (Qualit. Analyse), 9. Aufl., 1918, p. 309. — II. Bd. (Quantit. Analyse), 6. Auf}., lOKi p. 284—286 und p. 604—606. 3 H. Molisch, Mikrochemie der Pllanze. 2. AutL. 1921, p. 65. i Um jeden etwaigen Verlust an HCX zu vermeiden, benützte ich zumeist Glaskammern mit fixem Boden von 5 //;/// Höhe und \4 inm Durchmesser (leicht herstellbar durch entsprechendes Absprengen des Endteiles der »Apothekergläschen«;. Nachweis pflanzliolier ßlausäurevei-binciungen. 391 Luft, langsam aufsteigt und vom hängenden Silbernitrattropfen absorbiert wird. In kurzer Zeit bildet sich in diesem eine — oft schon makroskopisch sichtbare — weißliche Trübung, die sich bei mikroskopischer Betrachtung meist als ein Gewirr kleinerer und größerer feinster Nadeln^ \'on Silbercyanid erweist (Fig. 1,^^). Die allmähliche Bildung (zuerst am Tropfenrand, dann auch in der Tropfenkuppe) und Verdichtung des Cyansilberniederschlages läßt sich mit dem Mikroskop gut x'erfolgen. — Da der Siedepunkt von HCN bei 26° liegt, genügt schon ein ganz vorsichtiges und kurzes Anwärmen über dem Mikrobrenner, um die Reaktion bei Spuren von Blausäure zu beschleunigen. ^. ^ M . Ag ("X. Dieses Doppelsalz - krystallisiert in langen, weißen, glanzenden Xadeln, die an der Luft sein- beständig sind, sich nicht schwärzen und sich ohne Zersetzung mit Alkohol waschen lassen ; beim Eintragen in H.^O überziehen sie sich sofoi-t mit .Ag CX. ohne sich völlig zu lösen. Läßt man einen Reagenstropfen, in dem sich auf die beschrie- bene Weise Silberc3''anidkrvstalle gebildet haben, an der Luft ein- trocknen, so bemerkt man nach einiger Zeit, wenn nur mehr geringe Flüssigkeitsmengen übrig sind, daß die Cyansilberkrystalle unter Einwirkung der so entstandenen konzentrierten Lcisung von AgNO.^ oder, wenn alles Silber verbraucht, infolge der konzentrierten HNO., in schöne, stark lichtbrechende prismatische Krystalle um kry stall i- sieren, die nichts anderes darstellen als das vorerwähnte Siiber- cyannitrat AgCN.BAgNOg. Bei Zusatz von Wasser erscheinen diese Krystalle augenblicklich wie angenagt, mit körniger Ober- fläche, bleiben jedoch weiterhin unverändert (unter dem Schutz des gleich gebildeten Ag CN). — Daß die Bildung mikrochemisch kleiner Mengen des Doppelsalzes bloß durch konzentrierte AgNO.^- Lösung, respektive konzentrierte HNO., oder beider zugleich auch ohne Erwärmung (wie bei der makrochemischen Darstellung) vor sich geht, erscheint nicht weiter verwunderlich. Da sich, wie oben bereits angeführt, AgCN in konzen- triertem wässerigen AgNOg einigermaßen löst, so kann die Kon- zentration des Reagens (Ag NO3) nicht ohne Einfluß auf die Empfindlichkeit der Reaktion und auf die erscheinende Kry- stallform V(»n AgCN sein. In der Tat ließ sich dies durch Versuche bestätigen. Während — bei gleich- mäßig gebotener HCX-Menge — in sehr stark verdünnten ^bis über 1 *^,'^,) -Ag NO ;- Lösungen ("yansilber als ein schönes Nadelgewirr ausfiel, entstanden in verdünntem (3 bis T) 0/^^-) .Silbernitrat üppige Nadeln und Ranken von Ag CX, bei ziemlich kon- zentrierten .Silbernitratlösungen schließlich war das Erscheinen der Krystalle wesent- lich verzögert, dafür traten aber wohl ausgebildete prismatische oder schach- turmartige, stark lichtbrechende Einzelkrystalle auf, die schon in reinem Wasser und in verdünnter MNO.j scheinbar braun und wie angenagt wurden, ohne ihre (iestalt zu ändern oder sich wahrhaft zu lösen — ohne Zweifel also bereits das früher beschriebene Siibercyannitrat waren (Fig, 1, /'). 1 Ch. L. Blü.xam, 1. c. (1883 und 1884). - Vgl. Friedheim-Gmelin-Kraut, Handbuch der anorganischen Chemie, 7. AulL, HM4, lid. V. .\bt. 2, p. ir)2. Nachweis pllanzlichcr BlausiiurevcrbinJunt^cn. 393 In allen Fällen kann man demnach eine l^Q-Lösung von Silbernitrat als Reagens verwenden, wobei Weder eine Verzöge- rung des Ausfallens von AgCN, noch die Bildung von AgCN.2AgN0., eintritt. 4. Eindeutigkeit der Reaktion. — Die Reaktion kann als \ollständig" eindeutig bezeichnet werden. Schon allein der Umstand, daß nur gasförmige Körper in Reaktion treten können, schließt die meisten anderen Substanzen aus. Ähnlich verhalten sich nur HCl-Dämpfe und Rhodanwasserstoff (Thiocyanwasserstoff ), weshalb die Unterschiede zwischen AgCN gegenüber Ag Cl (Chlor- silber) und AgCNS {Rhodansilberj nähei- festgestellt werden sollen. 7.1 Silberchlorid AgCl. — Silberchlorid entsteht auch im hängenden Tropfen, selbst bei sehr langsamem Freiwerden und Ab- dunsten von HCl, Jedoch niemals gut krystallisiert wie Ag CN, sondern nur als amorpher Niederschlag, der erst durch Umkrystallisieren mit NH., in die bekannten tesseralen Krystalle übergeführt werden kann. Sie unterscheiden sich von den auf dieselbe Art erzielten AgCN-Krystallen: 1. durch ihre Gestalt [AgCl: Würfel, Oktaeder, kreuzförmige oder ordenssternartige Bildungen — AgCN: die be- schriebenen Nadeln und Nadelaggregate, nach dem Umkrystalli- sieren mit NHy meist knollig-kugelige Bildungen oder Kleeblatt- formen (Fig. 1, c)]; 2. durch ihr Verhalten im Licht; die AgCl- Krystalle werden in kurzer Zeit blau, dann ^■iolett bis schwarz durch die zersetzende Wirkung des Tageslichtes, während die Ag CN-Krystalle als praktisch lichtunempfindlich zu bezeichnen sind; 3. durch ihr Verhalten im polarisierten Licht; die tesseralen Chlorsilberkrystalle erscheinen in allen Lagen dunkel, die \-on Cvansilber leuchten bei gekreuzten Nicols stark auf, zeigen gerade Auslöschung und die sphäritischen Bildungen (Kugel- und Kleeblattformen) das »Brewster'sche« Kreuz; 4. durch die verschiedene Löslichkeit in konzentrierter HNO.j. Während AgCl und AgCN mit ihrer Löslichkeit in Ammoniak, Cyankalium und Natriumthiosulfat übereinstimmen, lassen sie sich durch kon- zentriertes HNO.,, besonders in der Wärme, gut unterscheiden. AgCl wird selbst durch rauchende Salpetersäure nicht angegriffen, AgCN löst sich unter Deckglas bereits beim x'orsichtigen Erwärmen mit einer zirka (iO "/„-HNOo bis knapp an den Siedepunkt und fällt, bei nicht zu geringen Mengen, während des Erkaltens in zarten Nadeln und dichten Nadelbüscheln wieder aus. (Eine gute Kontrollreaktion dafür, ob wirklich Cvansilber vorliegt! Fig. 1, d }. O. Brunckl hat zuletzt diese Verhältnisse makrochemisch eingehend geprüft und fand, daß .Silbcrcyanid in kalter, verdünnter HNO-, auch in frisch gefälltem, lein verteiltem Zustand ganz unlöslich- ist; bei höherer Temperatur, namentlich 1 O. Brunck, Die ( yan\-erbindungen des Silbers imd Kupfers in der Gewichtsanalyse. Ber. d. Deutsch, ehem. Ges.. 34. Jahrg., II. Bd., p. 16u4 — 1609. - Das Sübernitratreagens kann deshalb mit verdünnter HNO-, angesäuert -\verden (bis zu eineni Gehalt von 1"",^, HNO;.), ohne dal.i Reaktionszeit und Krystall- Sitzungsherichte d matliem.-iiaturw. Kl , Abt. I, loo. Bd 29 394 II. Brunswik. in der Siedehitze und bei stärkeren Salpetersäurekonzentrationen findet eine umkehi- b.ire Reaktion statt: Ag CN -)- HNO3 -± Ag NO3 -+- HCN, wobei HCN teilweise in der Flüssigkeit verbleibt und beim Erkalten Silber neuerdings feinnockig fällt. Auf Grund der angeführten Unterschiede ist eine Unsichei'- heit, ob Ag Cl oder Ag CN im hängenden Tropfen vorliegt, wohl ausgeschlossen, ja man kann sogar Chlor und Blausäure in einem Silbernitrattropfen zugleich nebeneinander nachweisen, wie sich z. B. aus den später zu schildernden Versuchen mit Tabak- rauch ergibt. Daß selbst sehr stark verdünnte HCl hei genügender Reaktionsdauer durch diese Methode auf das Silbernitrat im hängenden Tropfen einwirkt, zeigt folgender Versuch: In drei Glaskammern werden je 4 Tropfen einer 2 " ^,-Oxalsäure gebracht; hierauf werden in die eine von ihnen 5 Tropfen 1 • 2 0 |^-KCl-Lösung. in die andere 5 Tropfen einer 10 '^/Q-NaCl-Lösung, in die dritte Kochsalz in Form einiger Körnchen hinzugefügt und alle drei mit einem hängenden Silbernitrattropfen abgeschlossen. Nach 16 Stunden ist in allen drei hängenden Tropfen ein feinkörniger Niederschlag zu beobachten (und zwar in einer, der verwendeten Chlorkonzentration proportio- nalen Menge), der mit NH3 vorsichtig umkrystallisiert, die typischen, am Licht sich bald schwärzenden Krystalle von AgCl liefert. \'on der in den angeführten Systemen (Alkalichlorid-Oxaisäure) teilweise entstehenden Salzsäure sind daher deutlich nach- weisbare Mengen abgedunstet und vom Silbernitrat absorbiert worden. Bei der Untersuchung von chloridhaltigen Proben auf HCN (respektive Cyanide) wird daher beim Ansäuern mit HgSO^ oder selbst mit einer schwachen organischen Säure stets — bei längerer Expositionsdauer — auch etwas HCl in Reaktion treten, vermag aber — nach der angeführten deutlichen Unterscheidbarkeit von AgCl und AgCN — die Eindeutigkeit der Reaktion keineswegs in Frage zu stellen. ^ ß) Silberrhodanid AgSCN. Nicht so leicht läßt sich Rhodansilber vom Cyansilber unterscheiden. Beim Abdunsten von Rhodanwasserstoff (Siedepunkt bei 85° C, also bedeutend höher als der von HCN) bildet sich AgSCN an der Oberfläche des hängenden Tropfens in Form von Nadeln oder Körnchen, so daß die Krystallform und das optische Verhalten (leuchtet ebenfalls im polarisierten Lichte auf) keine klaren Unterschiede gegenüber AgCN form nachteilig beeinflußt würden. Blausäure lieljc sich daher evcntLicll mit Vorteil zum mikrochemischen Silbernachweis heranziehen. Wenn hierbei infolge der gerin- geren Molckülgrößc von AgCN die Empfindlichkeit der von Erich Bayer (Über eine neue Rubidium [CäsiumJ-Silber-Goldverbindung und ihre Verwendung zum mik;o- chemischcn Nachweis von Gold, Silber, Rubidium und Cäsium. Sitzber. d. Akad. d. Wiss. Wien, math.-naturw. KL, Abt IIb, 1920, 129. Bd., p. 243) in jüngster Zeit vorgeschlagenen Reaktion auch nicht erreicht werden dürfte, so steht dem die Einfachheit des verwendeten Reagens (aufsteigende HCN-Dämpfe) für den prakti- schen Gebrauch gegenüber. 1 Bei den pflanzlichen LICN -Verbindungen, die nur durch Fermentation bei neutraler Reaktion Blausäure abspalten, fällt dieser Umstand sogar völlig weg (vgl. p. 24). Nachweis ptlaiizliclier Blausäureverhindungen. 39o bietet. In bezug auf ihre Liclitbeständiglveit halten die Ag SCN- Kiystalle etwa die Mitte zwischen AgCl und Ag CN. Ein gutes Unterscheidungsmerkmal gegenüber Ag CN ist nur die Unlöslichkeit in konzentrierter (über 00 7o) HNO3, während AgCN, wie bereits erwähnt, durch 60 ^q HNOy in der Wärme leicht umkrj'-stallisiert werden kann. Ag sex ist jedoch in einer konzentrierten AgNOo-Lösung (1 Gewichts- teil 1I.>0 — 2 Gewichtsteile Ag NO3) beim Erhitzen unter Deckglas beträchtlich lös- lich und beim Erkalten krystallisiert das Doppelsalz 2 Ag NOo . Ag SCN (Silbernitrat- Silberrhodanid) in schönen, durchsichtig glänzenden Prismen, vier- oder sechseckigen Tafeln aus, die lichtbeständig sind und mit Alkohol (.96 Oq) ohne .Schaden gewaschen werden können. Setzt man dem Deckglasrand etwas Wasser zu, so werden die Krystalle sofort braun, erscheinen wie angenagt, doch das obernächlich gebildete .\g sex verhindert die weitere schnelle Zersetzung des Doppelsalzes, so daß die Krystalle auch im Überschuß von Wasser oder in verdünnter PIXO-. ungelöst bleiben. Noch viel ratsamer ist es jedoch, die Gegenwart, respektive die Abwesenheit von Thiocyanwasserstoftsäure und der Rhodanide durch die bekannte^ Reaktion mit bis zur Farblosigkeit xerdünntem Eisenchlorid [Bildung des blutroten Eisenrhodanids EeiSCNigl sicherzustellen. Es kann dies entweder durch direktes Zusetzen von stark \erdünntem Fe CI3 zum angesäuerten Probetropfen geschehen oder falls dies aus irgendeinem Grunde untunlich, mit Fe CI3 im hängenden Tropfen, eventuell gleich am selben Objekt- träger, neben dem Tropfen des 1 ^/'Q-Silbernitratreagens. Bei letztgenannter Vcrsuchsanstellung kann noch die Rhodanwasserstoffsäure, die beim Zusammenbringen von drei Tropfen einer O'Ol O.yi-Rhodanammonlösung (1 : 10.000) mit einem Tropfen verdünnter HNO, oder H.iSOj entsteht und abdunstet, in Form einer deutlich gelbroten Färbung im hängenden FeCl^-Tropfcn nachgewiesen werden (Reaktionszeit höchstens 20 Minuten). Auch Silberrhodanid ist demnach durch verschiedene Methoden von AgCN gut und einfach zu unterscheiden. Y» Entstehung eines Si Ib e rcarbonates.. Bei der Anwendung der Reaktion auf die verschiedensten Objekte stieß ich in zwei Fällen — bei der Prüfung von frischem menschlichen Speichel (rein oder mit starkem Chloroformzur.atz ver- wendet) und bei der Analyse von frisch zerriebenen Wasserasseln — auf die Bildung- schöner gelblicher Krj-stalle, Drusen oder Sphärite im hängenden Ag NOg-Tropfen. Die Natur dieser Krystalle ließ sich in annäliernder Weise leicht feststellen. Schon in ganz schwacher HNOj lösten sich die genannten Krj^stalle blitzschnell (^Gegen- satz zu AgCN, AgCl, AgSCN!). in 20 0^ Essigsäure und in konzentrierter HCl verschwanden sie sehr rasch unter Gasblasenentwicklung und es hinterblieben bei Anwendung von Essigsäure einige kleine gelbliche Körnchen (wohl beigemischtes Silberoxyd), bei Zusatz von konzentrierter HCl Pseudomorphosen von Ag Cl, wie sich durch Umkrystallisiei-en mit NH3 ei-gab. Es ist demnach nicht zweifelhaft, daü es sich hierbei um ein Silbercarbonat handelt. Der menschliche Speichel enthält bekanntlich bedeutende Mengen von COo (bis 67 Volumprozent der Gase), teils direkt auspumpbar, teils aus Bicarbonatbindung allmählich freiwerdend. Diese Kohlen- säure wird vom hängenden Tropfen langsam absorbiert, ebenso wie die aus deni Vgl. F. Emich. I. c, p. 140. 396 H. Brunswik, frisch angeriebenen, partiell weiteratmenden Wasserasselbrei. — Auch Wiener Leitung'^- wasscr, das mit durciigeblasener Atemluft (4 '' ,, CO.,) gesättigt wurde, und mit Ateni- luft gefüllte Seifenblasen lieferten in der Glaskammer — wenn auch langsamer — im hangenden Ag NO-j-Reagens Krj'stalle und Sphärite vom selben chemischen Ver- halten. Eine Verwechslung dieses Silbercarbonates mit .Silbercyanid erscheint wohl ausgeschlossen. 5. Empfindlichkeit der Reaktion. — Da Silbercyanid noch unlöslicher ist als AgCl, ist auch die Empfindlichkeit der Reaktion eine beträchtliche. Es läßt sich auf die angegebene Weise noch die Blausäure von einer C^'ankaliumlösung 1:400.000 (r= 0 '0002570) eindeutig aus V^g cur (1 Normaltropfen) nachweisen, was einer HCN-Verdünnung von 1 : 1,000.000 (= 0-0001 "/o) ent- spricht, das sind 0*06 y (Mikrogramm) HCN in einem Normaltropfen gelöst.^ Benützung eines kleinen, niedrigen Glasringes sowie rasches Hantieren beim Ansetzen der Reaktion, respektive beim Säurezusatz erhöhen die Empfindlichkeit der Reaktion, die mit jener der bekannten Chlorreaktion mit AgNOg zu vergleichen ist. Behrens- gibt für sie als Empfindlichkeitsgrenze O'Oö y an. Infolge dieser Empfindlichkeit ist bei der Durchführung der Reaktion noch auf einige Umstände zu achten. Während der größte Teil der Proben in reiner Luft, in einem Raum ohne Gasleitung und Gashahn durchgeführt wurde, arbeitete ich gelegentlich neben einem Tag und Nacht geheizten Paraffinofen. Es zeigte sich hierbei, daß zur Kontrolle aufgestellte Leerproben (leere Glaskammer mit Ag NO3 im hängenden Tropfen) in Spuren positiv auf HCN reagierten. Wie die folgenden Versuche zeigen, miiß die Luft durch etwas ausströmendes Le uchtgas verunreinigt gewesen sein (»Labo- j-atoriumsluft«). Das Rohleuchtgas enthält bekanntlich Cyanwasserstoff und andere Cyanide in größerer Menge. Diese Stoffe werden beim Gasreinigungsprozeß großenteils zurück- gehalten, nichtsdestoweniger enthält das Leuchtgas von Wien derzeit noch beträchtliche Mengen von Blausäure, wie aus folgenden Versuchen her- vorgeht.■'■ 1. Läßt man Leuchtgas gegen einen Tropfen des Silbernitratreagens aus- strömen, so ist dieser nahezu im Augenblick von einer Kruste von Silber- c}-anidk ry stallen (Nadeln) überdeckt. — Schöne Krystalle sind erst in einiger Entfernung von der Gasquelle (d. i. bei geringerer Konzentration) erzielbar. 2. In einen li,.^ /-Kolben wird durch 3 Sekunden Leuchtgas mit einem Schlauch eingeleitet. Nach 1., Stunde offenen Stehens dieses Kolbens ist mit dem 1 Nach G. Anderson, [Prüfung der wichtigsten Methoden zum qualitativen Nachweis der Blausäure, Ztschr. f. analyt. Chem., 55. Bd. (1916), p. 459 — 468], ist die makrochemische Empfindlichkeitsgrenzc bei einer Konzentration von 0-0001",, KCN erreicht (nur als Opaleszenz in \2 cm hoher Schicht gegen schwarzes Glanz- papier erkennbar) — ist demnach nur 2 i/o mal größer als die Mikroreaktion in der geschilderten Anordnung. .Auch die Nachprüfung von J. M. Kalt ho ff (Über den Nachweis und die Bestimmung kleiner Mengen Cyanwasserstoff, Ztschr. f. anal\-t. Chem., 57. Bd., 1918, p. 1 — 15) ergab eine praktische Empfindlichkeit von 0*00025 •' II KCN im Liter, stimmt also mit den von mir gefundenen Mikroempfind- lichkeitsgrcnzcn gut überein. 2 H. Behrens-Kley, I. c, p. 172. 3 Nach der Analyse des städtischen Gaswerkes Wien enthält 1 ;;i- Reingas 10—20 mg IICN. Xacliwcis pllan/licher B1ausäureverbindun,q-cn. o97 Geruchssinn kein Leuchtgas mehr in ihm festzustellen. 'IVotzi-lem tritt, wenn man den Hals des Kolbens mit einer Glasplatte abschließt, die 1 0 (, Siibei-nitrat im hängenden Tnipfen trägt, in diesem im Verhiuf von zirka 10 Minuten deutliche HCN-Reaktion ein. Außer durch Leuchtgas ist die Luft jedoch auch häufig durch Tabakrauch verunreinigt und kann somit das Reaktionsergebnis auch dadurch beeinflußt werden. Schon seit langem ist das \'or- handensein \'on Blausäure im Tabakrauche behauptet worden und durch die Arbeiten von Toth^ sowie von Lehmann und Gundermann- wurden die quantitati\'en A'erhältnisse überein- stimmend sichergestellt, wenn auch die Frage noch offen blieb, ob im Tabakrauch primär Dicyan (CN)^ enthalten sei (Toth) oder ob gleich Cyanwasserstoff entsteht (Lehmann). Durch folgende Versuche läßt sich der Blausäuregehalt des Tabakrauches mikrochemisch leicht nachweisen: 1. Da nach den Feststellungen von Lehmann - in der Mund- höhle des Rauchers etwa die Hälfte der Cyan\-erbindungen zurück- gehalten werden, wurde zuerst der Reagenstropfen ( P/'o AgNO^ neutral oder mit HNO.,, schwach angesäuert) zwischen Zigarette und Raucher eingeschaltet. Eine etwas größere Glaskammer (20 nun Durchmesser, 14 /////; Höhe) mit einem tiir den Ag NOg-Tropfen bestimmten heraushebbaren Glasplättchen am Boden derselben wird mit einem doppelt durchbohrten Kautschukstöpsel gut verschlossen. Durch die eine Bohrung wird.em Glasröhrchen derart eingesetzt, daß an das freie Ende mit einem Kautschukschlauch die Zigarette angesetzt wei-den kann, während das andere Ende in der Glaskammer knapp oberhalb des Reagenstropfens am Boden niLUidet; in die andere Bohrung wird ein nur wenig in die Glasl- Blausäure (respektive Dicyan) ist demnach nuch in einem ausgeblasenen Zuge von Tabakrauch leicht direkt mikrochemisch nachweisbar, gegen eine mäßige Tabakrauchatmosphäre ist das Reagens jedoch normalerweise nicht mehr empfindlich. Immerhin zeigen die angeführten Versuche, daß man sich bei mikrochemischer Untersuchung auf Blausäure nach der beschrie- benen Methode vor \'erunreinigung der Luft mit Tabakrtiuch und besonders mit Leuchtgas zu hüten hat. Kontrolleerversuche können vor* Fehlschlüssen bewahren. bj Färbbarkeit der Silbercj^anidkrystall e. In jüngster Zeit wurde vom Verfasser^ gezeigt, daß Silber- chloridkrystalle beim Umkrystallisieren mit Ammoniak durch Zusatz geeigneter organischer Farbstoffe (Methylenblau, Eosin, J-jismarckbraun) während ihres Entstehens echt zu färben sind. — ]n ähnlicher Weise gelingt dies auch mit den Cyansilberkr)''stallen. Naturgemäß konnten auch hier nur ammoniakbeständige Farbstoffe 1 II. ]5runs\vik. Über die Färbbarkeit der .Siiberchloridkrystaile mit organi- schen Farbstoffen. Zeitschr. f. wiss. Mikroskopie etc., 38. Bd. (1921), p. 150 — 152. N'achwcis pllanzlicher Blausüui-e\'erbindungen. 399 verwendet werden. Die beim Umkrystallisieren von AgCN mit NH., erzielten Resultate sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt; ■der erhaltene Farbton, da nicht immer identisch mit dem des Farb- stoffes, sowie die Beeinflussung des Krystallhabitus/ unter sonst gleichen Bedingungen, wurden jeder Rubrik beigefügt, ebenso — vergleichsweise — die nach derselben Methode erzielten Färbungs- •ergebnisse bei Ag G (Silberchlorid) und Ag SCN (Silberrhodanid). Das Umkrystallisieren laßt sich bei AgCN nur im unbedeckten Tropfen durchführen, da das zuerst entstehende Silberammoniumc3'anid nur bei- Luftzutritt das XH-; wieder abgibt und so Silbercyanid zum Ausfallen gelangen kann. Sämtliche als positiv angegebenen Krystallfärbungen sind homo- gen und als »echt« zu betrachten; sie sind völlig beständig gegen Waschen mit Wasser, Alkohol, 20 7o Essigsäure, 20 bis 40 7o I^alter Salpetersäure etc. Doch nicht nur beim Umkrystallisieren mit NH.,, sondern auch bei dem eben geschilderten Blausäurenachweis mit AgNOg kann man gefärbtes Silbercyanid sofort im hängenden Tropfen erzielen, indem man dem Silbernitratreagens ein wenig Methylenblau zusetzt. Bei genügend schwacher Farbkonzentration (der hängende Tropfen soll wasserblau sein) sind die entstehenden Körnchen, Nadeln, Ranken, Drusen oder Sphärite von AgCN zart, aber deut- lich blaugrün gefärbt. Eosin, liismarckbraun. Patentblau und Xigrosin flocken mit dem Elektroh'ten Ag NO;; aus und können daher für diesen Zweck nicht verwendet werden. Orange G. kann zwar dem Silbernitrat ohne Schaden zugesetzt werden, beeinflußt aber die Krvstallform von AgCN nicht günstig und die erzielte Färbung (orange-rötlich- braun) besitzt im Gegensatz zu der mit Methylenblau für die mikroskopische Beobachtung zu \\enig Tinktionskraft. Die Beigabe von Methylenblau zu dem 1 '^/o-Silbernitratreagens wurde von mir fast stets durchgeführt, da sie sich als sehr vor- teilhaft erwies. Besonders bei Anwendung der Reaktion auf pflanz- liche und tierische Objekte (HCN- und Emulsinnachweis) können die manchmal auftretenden Körnchen, Decken oder Krusten von reduziertem Silber (Silberspiegel) sowie die mit Chloroform über- sehenden Verunreinigungen auf den ersten Blick von den stets -schön blaugrün gefärbten Silbercyanidkrystallen unterschieden werden. Im Jahre 1894 sagte O.Lehmann- in der Schlußbemerkung zu seiner Arbeit über künstliche Färbung von Krystalien: »Die Möglichkeit, Krystalle zu färben und die auftretenden Unterschiede 1 Eine derartige, durch Farbstoffe als Lösungsgenossen bewirkte Struktur- Störung der Krystalle, die bis zur völligen Auffaserung führen kann, beob- achtete schon O. Lehmann (Wied. Ann. d. Phvsik u. Chemie, Neue Folge. Bd. 51 (1894), p. 08—70). - O. Lehmann, 1. c, p. 76. 4'h:) IL lirunswik, Übersicht über die Färbbarkeit der Krystalle von Ag CX, Aü; Cl und Ag SCN\ Farbstoff .. , ^ . ^vT Bewirkt arbt As UM : , „ ^ iw ° , als Krvstalltorm Fiirbt AgCl Färbt AgSCN ßismarckbraun Boraxkarmin Brasilin Eosin wässerig Fluoreszin Indigokarmin Kongorot Methylenblau (dunkelgelb) (rosaviolett) 0 (leuchtend rot) t (gelbrot) 0 (blaugrün) Naphthol- schwarz Xigrosin Orange G. T (violett) Patentblau (rotorange) fgrünlicli) Knollen Knollen Strahlensterne Knollen Strahiensterne Knollen t (!) t (!) n * Kleeblattformen, Knollen t (!) zerfasert, feinste, zart lila gefärbte Krystalltrichite (zerfasert jedoch leicht) Kleeblattformen. Knollen strahlige Sphärite, Doppelpinsel, ICnollcn 0 (sehr licht- empfindliche farblose Einzel- krvstalle t (!) Zeichenerklärung: f färbt echt und dilut, 0 fäi-bt nicht, 0 (:■; nicht untersucht. " Die Färbbarkeit von Ag Gl mit Kongorot ist dadurch von Bedeutung, daß sie selbst nach dem Kochen mit konzentrierter HNO3 völlig unverändert bleibt, während der Farbstt)ff selbst schon bei einer .Spur freier .Säure in Blau umschlägt und ausflockt. Eine bloße Adsorption luid Speicherung des Kongorot an die gut ausgebildeten Einzelkrj'stalle ist demnach ausgeschlossen, wie sie z. B. der Verfasser an den Chitosans alzsphäriten (Über die Mikro- chemie der Chitosanverbindungen, Biochem. Ztsch., 113. Bd., 1921, p. 117) nachweisen konnte, wo das Kongorot in den Sphäritcn bei Säurezusatz in Blau umschlägt. Die, Färbung mit Kongorot (und Xigrosin) gelingt nur bei sehr geringem Farbzusatz und langsamem Abdunsten des NH3 (unter einer Uhr- schale z. B.), sonst tritt eine völlige Ausfaserung des Krystallhabitus ohne Farbstoffaufnahme ein, wie es in meiner diesbezüglichen Mitteilung (1. c, p. 151) angegeben wurde. Nachweis pllanzliclier lilausÜLircvcibindungen. 40 1 bei \'eränderter Wahl \ün Farbstoff und Krystall dürften tür ana- lytische Zwecke, insbesondere für die KrystaIIanal3'se, in manchen Fällen großen Nutzen ge\\-ähren. Man wird auch vielleicht imstande sein, aus einem Gemisch \'on F'arbstoffen, einen durch eine kry- stallisierte Substanz zu isolieren....« Diese Hoffnungen haben sich bisher nicht verwirklicht, der Ausbau der Krystallfärbungsfrage geriet seit 1900 — trotz des Aufschwunges von theoretischer und angewandter Mikrochemie — ins Stocken und ihre Ergebnisse waren, wie die gelegentlichen Hinweise von Emich/ Molisch- und Tun man n^ dartun, für die Mikrochemie bisher \on keiner praktischen Bedeutung. — Wenn auch im vorliegenden Fa\]e die Färbung des Silbercyanids im hängenden Tropfen nichts für die Reaktion wesentliches bedeutet, so bietet deren Uurchführung- doch gewisse Vorteile für die praktische Handhabung und darum möge sie, im Sinne Lehmann's, empfohlen sein. 2. Nachweis der Blausäure mittels Mercuronitrat. Blausäure und lösliche Cyanide reagieren mit Mercuronitrat nach folgender Gleichung: 2 KCN + Hg, (NO,),. = 2 KNO, + Hg (CN), + Hg; es entsteht demnach das in Lösung verbleibende Mercuricyanid und metallisches Quecksilber. Peche ^ hat diese Reaktion in die Mikrochemie einueführt und zum lokalisierten Nachweis der »locker gebundenen« Blau- säure im Gewebe von Prunus Laiiroccrasits L. benützt. Doch läl3t sich Mercuronitrat (1 bis 3"/o' auch mit Vorteil zum rein qualitativen Nachweis \on C3'an Wasserstoff in ganz analoger Weise wie Silbernitrat (vgi. p. Sj bei Benützung einer Glaskammer im hängenden Tropfen \-erwenden. Die Bildung der kleinen Quecksilberkügelchen, ihre Ansammlung und teilweise \'ereinigung an der tiefsten Stelle des Tropfens sowie das teil- weise Sublimieren des Hg in die Umgebung des Reagens läßt sich mit dem Mikroskop schrittweise verfolgen. Auch hiei' gelingt die Reaktion besser bei schwächeren HCN-Konzentrationen, indem sich größere Ouecksilbertropfen bilden. Unter den geschilderten \'ersuchsbedingungen (selbsttätiges Cberdestillieren der HCN bei Zimmertemperatur), demnach bei Vermeidung des direkten Zusetzens von Hg., (NO,)., zum Unter- suchungstropfen, der ja auch andere reduzierende Substanzen ent- halten könnte, ist die Reaktion wohl vollkommen eindeutig. Ihre i- F. Emich, 1. c. p. 123 — 1^4; p. 143. 148, 174. - H. Molisch, 1. c, p. 55 u. 61. 3 0. Tun mann, PnanzenmiUrochemie, 1013, p. 74, p. 109 und p. 114. 4 K. Peche, 1. c, p. 4 — (S. 402 H. Brunswik, Empfindlichkeit steht jedoch der mit Silbernitrat bedeutend nach: es konnte HCN noch aus einer Cyankaliumlösung 1 : ö.OCM) (()-(V2"'/„) nachgewiesen werden, was einer Blausäureverdünnung von 1 : 12.000 (0-0083 7p) entspricht. Der Grund hiefür dürfte in der teilweisen Flüchtigkeit des sich an der Grenzfläche von Tropfen und Atmosphäre bildenden Hg zu suchen sein. Wenn also der Nachweis von HCN als Silbercyanid auch 80 mal empfindlicher ist als der mit Mercuronitrat, so wird letzterer trotzdem, falls es sich nicht um Spuren von Blausäure handelt, herangezogen werden können. 3. Nachweis der Blausäure mittels Benzidin-Kupferacetat. Abgesehen von den spezifischen Blciusäureproben (BerHncrblaureaktion. Rhodanreaktion, in gewissem Sinne auch die Proben mit Silbernitrat, Mercuronitrat, Pikrinsäure-Soda etc.) ist noch eine Reihe von Farbenreaktionen bekannt, welche infoige ihrer großen Empfindlichkeit, trotzdem sie nicht vöHig eindeutig sind, als X'orproben in der makrochemischen Analyse verwendet werden. 1 Sie beruhen alle darauf, daß Blausäure in Gegenv/art von ("uprisalzen oxydierend wirkt und dadurch verschiedene farblose Substanzen in ihre gefärbten Oxydationsprodukte umgewandelt werden. In dieser Weise werden Guajakharz- CuSOj, Aloin-CuSOj, alkalische Phenolphtalinlösung verwendet und in neuerer Zeit hat Moir^ Hj^drocoerulignon-Kupferacetat, respektive Ben- zidin-Kupferacetat empfohlen. Da die beiden letztgenannten Reagentien sich durch ihre Haltbarkeit -und große Empfindlichkeit auszeichnen und dem Behrens'schen Prinzip der >J\rystallfällung« entsprechen, so er- schienen sie für mikrochemische Untersuchungen sehr geeignet. Leider war ich nicht in der Lage, mir Hydrocoerulignon (CjoHjgO,; — ein Diphenylderivat: Empfindlichkeit 1:5,000.000!) zu verschaffen: die Anwendung von Benzidinacetat-Kupri- acetat ergab jedoch sehr günstige Resultate. i!) Reagens. Als Reagens wurde in Anlehnung iin die Angaben von Pertusi und Gastaldi •• ein Gemisch von folgenden Substanzen verwendet: \ cin^ 3 %-KupriacetatlüSung. \0 cur" ge- sättigte Benzidinacetatlösung und 16 cur reines Wasser. Das Reagens hat — in dickerer Schicht — eine schwachgelbgrüne Färbung und ist eiiiige Zeit haltbar. h) Reaktion s\ erlauf und Beschaffenheit des Reaktions- produktes. Um die Eindeutigkeit der Re,iktion einigermaßen zu erhöhen (vgl. Punkt c) wurde auch in diesem Falle die Probe in der Glaskammer mit dem Reagens im hängenden Tropfen durch- 1 Vgl. auch B. Rosen thale r, Der Nachweis organischer Verbindungen. Stutt- gart 1914. p. 492—495. - J. Müir, New sensitive fest for hvdrocvanic acid. Proc. Cheni. Soc. May 19!U, 14. Bd., p. 115. Ref. Pharmaceutical Journal, Bd. 84 (1910), p. 759. •' ('. Pertusi und E. Gastaldi, Neue allgemeine Methode zum Nachweis der i;Uiusäure. Chem. Ztg., Jahrg. 37 (19i:3), p. 009—010. Nachweis pnanzliclicr Blausaurcverbindungen. 40o geführt, die leichte Verdampfung freier, respektive freigemachter Blausäure schon bei Zimmertemperatur wie in den beiden vorher beschriebenen Reaktionen benützend. hifolge der durch das Kuprisalz vermittelten Oxydations- wirkung der absorbierten Blausäure entstehen im hängenden Tropfen bei geringer HCN-Konzentration schöne blaue, nadeiförmige Krystalle, während bei größeren HCN-Mengen eine mehr einheit- liche Decke ultrtimarinblauer Körnchen und Nädelchen entsteht. Die chemische Natur dieses krystallisierten, wasserunlöslichen Oxyda- tionsproduktes des Benzidins ist noch nicht völlig aufgeklärt; es ist jedenfalls völlig analog dem sogenannten »Benzidinchromat«, das bei Einwirkung \-on Chromaten und Bichromaten auf Benzidin allein entsteht (vgl. die diesbezügliche Untersuchung \on Wü- stätter und Piccard\) und das auch unter diesem Namen zum mikrochemischen Nachweis von Chromsäure mit Vorteil heran- gezogen wurde,- analog auch dem »Benzidinferricj'anid« (Moir- Barziiowsky), das aus Benzidin und Ferricj^-aniden direkt entsteht und das von Behrens '^ zum mikrochemischen Nachweis der Ferri- und Ferrocyan wasserstoffsäure (Trennung durch Chinolin) ver- wendet wurde. Nach den Untersuchungen von Seh lenk und Knorr^ handelt es sich in allen diesen Fällen um die ent- sprechenden meri-Diphenochinondiimoniumsalze (auf 1 Mol. Imin 1 Mol. Amin und 2 Äquivalente Säure enthaltend), die ihre lebhafte Färbung der chinoiden Bindung verdanken. In auch nur schwachen Säuren oder Alkalien werden diese krvstallisierten blauen Verbindungen zerstört, wie schon Madelung^ festgestellt hat. Im polarisierten Lichte leuchten die größeren Krystallnadeln auf, zeigen eine gerade Auslöschung und Pleochroismus. c) Eindeutigkeit der Reaktion. — Benzidin allein liefert entsprechende tlaue Oxydutionsprodukte mit Ferricyaniden, Chromaten, Bichromaten, Permanga- naten, Perjodaten, Persulfaten. Platinchlorid, Goldchlorid, Eisenchlorid ; Wasserstoff- superoxyd-Peroxydasen, Ozon, Oxyhämoglobin. — Nur bei Gegenwart von Cupri- acetat geben nach Pertusi's*' Untersuchungen Bromide (sehr langsam), Jodide, Cyanide, Ferrocyanide und Rhodanide die betreffenden blauen Oxydationsverbin- dungen des Benzidins. 1 R. Willstättcr und Jean Piccard, Über meri-Chinon-imine IT. Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. (Berhn). 1908, 41.2 Bd., p. 3245— 3252. - Vgl. hierzu H. Behrens, Anleitung z. mikrochem. Analvse, 2. Aufl., 1899, p. 102. — H. Behrens-Kley, 1. c, p. 89. — F. Emich, 1. c, p" 100. 3 H. Behrens-Kley, 1. c, p. 180—181. i W. Schlenk und Aug. Knorr, Über chinoide Biphemiderivate. Lieb. .Annalen d. Chemie, 1908, Bd. 363, p. 313—339. ö W.Madelung, Über stark gefärbte holo- und meri-chinoide Imoniumsalze des Benzidins etc. Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. (Berlin). 1911. 44.1 Bd.. p. 626-631. '■ C. Pertusi und E. Gastaldi, 1. c. p. 609. 404 H. Brunswik, Durch die angegebene \'ersuchsanstellung werden freilich die meisten dieser Substanzen, da sie nicht gasförmig oder flüchtig sind, ausgeschaltet. Nur Ozon, Jod iBromj und Rhodan- wasserstoffsäure \erhalten sich identisch wie Cyanwasserstoff. HSCN kann, ebenso wie bei der Reaktion mit AgNOg (vgl. p. 13) durch einen beigegebenen zweiten hängenden Tropfen von \'er- dünnter Fe Cl.^ sichergestellt werden, Jod und eventuell Brom durch einen ebensolchen von Stärkekleister, so daß die Reaktion mit Benzidin-Kupferacetat in der dargestellten mikrochemischen Anordnung doch als hinreichend eindeutig gegenüber Blau- säure bezeichnet werden kann, um brauchbare Resultate zu liefern. In der Praxis wird man trotzdem diese Reaktion wohl nie allein, sondern in Verbindung mit dem Silbercyanidnachw^eis (zwei hängende Tropfen nebeneinander in einer Glaskammer) anwenden, wobei sich die Eindeutigkeit der Probe mit AgNO^ und die noch größere Empfindlichkeit (vgl. Punkt J) des Benzidinreagens in bester Weise ergänzen. Für die in iliiem V\'escn selir verwandte HCX-Reaktion Scliönbein's mit Guajaktinktur-Cu S0| wird von Anderson i und Kolthoff- — anscheinend nicht unabhängig voneinander — angegeben, daß sie in ihrem Werte dadurch geschmälert sei, daß »auch indifferente .Stoffe, wie Ammoniak und Zigarrenrauch« den positiven Ausfall der Reaktion bewirkten. Für das Benzidin-Kupferacetatreagen s gilt dies von XH;;, wie ich mich überzeugte, jedoch keineswegs. Zigarrenrauch kann aber — wie bereits früher eingehend dargestellt wurde — gegenüber einem Blau- säurereagens nicht als »indifferenter Stoff« bezeichnet werden. Der Umstand, daß Zigarrenrauch regelmäßig HCN oder Cyanide in nachweisbaren Mengen enthält, scheint den beiden genannten Autoren entgangen zu sein. Die von mir zum Nachweis von HCN im Leuchtgas und Zigarettenrauch angestellten Versuche (vgl. p. 14 und p. 15) gelingen bei Verwendung des Benzidinreagens an Stelle des 1%- Silbernitrates, der gesteigerten Empfindlichkeit entsprechend, noch wesentlich besser, so daß auch hierbei stets beide Proben gleich- zeitig ausgeführt wurden. d) Empfindlichkeit der Reaktion. — Wie bereits erwähnt, ist die Empfindlichkeit des Benzidin-Kupferacetatreagens eine be- deutende; aus einem Normaltropfen einer 0-00008 %-KCN-Lösung (1 : 1,250.000) erfolgt nach dem Ansäuern noch deutlich positive Reaktion im hängenden Tropfen (blaue Einzelnadeln, besonders am Tropfenrand). Dies entspricht einer HCN-Konzentration von 1 : 3,000.000, respektive 0-02 v HCN im Normaltropfen. Die Reaktion ist daher noch dreimal empfindlicher als diejenige mit Silbernitrat im hängenden Tropfen, für eine biologische Anwendung, wo es sich meist um sehr geringe HCN-Mengen handelt, deshalb besonders geeignet. 1 G. Anderson. 1. c. (191t)), p. 4(!7. -' .1. M. Kolthoff. 1. c. (lOlS), p. I.".. Nachweis pnanzlicher BlaLis;uiic\"crbinJunL;en. 4^,) 4. Übersicht über die mikrochemischen HCN-Reaktionen. Auch die übrigen gebräuchlichen Blausäureproben wurden auf ihre mikrochemische Verwertbarkeit geprüft. Doch weder die sonst so empfindliche Rhodanreaktion (Lieb ig), noch die von allen Autoren übereinstimmend als recht unempfindlich und wenig brauchbar bezeichnete Probe mit Pikrinsäure-Soda, noch andere erwiesen sich als mikrochemisch mit einigem Vorteil anwend- bar, so daß auf die diesbezügliclien Untersuchungen nicht näher eingegangen werden soll. Zu der in der Mikrochemie bereits lange geübten Blausäure- leaktion durch Bildung von Berlinerblau direkt im Lösungstropfen können demnach zwei Reaktionen in der Glaskammer mit Silber- nitrat, respektive Benzidin - Kupferacetat im hängenden Tropfen gestellt werden, die an Einfachheit der Handhabung imd Empfindlichkeit^ erstgenannte noch übertreffen und zur Anwendung auf biologische Objekte durch die Möglichkeit. Spuren erst langsam entstehender HCN zu summieren, besonders geeignet erscheinen. IL Mikrochemischer HCN-Nachweis in Anwendung auf pflanzliche Objekte. I. Rein qualitativer Nach\A7eis. Man kann Avohl sagen, sämtliche Befunde über ein neues Vorkommen von HCN in der Pflanze, sei es als Glukosid, sei es in locker gebundener, noch nicht näher bekannter Form, wurden bisher auf Grund ma kröche misch er Analyse £!;e\vonnen. Guignard - z. 11, der eine große Zahl blausäureführender Pflanzen ent- deckte, verwendete bei seinen Untersuchungen gewöhnlich 100. 5^ des betreffenden frischen Gewächses, nur in seltenen Fällen bloß l(-\g'. Die Vorteile, welche eine mikrochemische qualitative Untersuchung von pflanzlichen Objekten auf Blausäure bietet, liegen auf der Hand; nebst Material- und Zeitersparnis ist es der Umstand, daß die oft erheblichen Individual- und Altersschwankungen im HCN-Gehalte einer bestimmten Art bei Untersuchung eines Blattfragmentes, eines kleinen Rinden- oder Stengelstückchens oder einiger Samen- querschnitte, also gerade erst durch die mikrochemische Methode aufgedeckt werden \n überhaupt abzusprechen, während Ravenna von einem wassei unlöslichen Emulsin sprach — Behauptungen, die schon von Guignard (Nouvellcs obserwitions etc. Gompt. rend., 141. Bd., 1905/2. p. 1193 bis 1201) widerlegt wurden. Nachweis pnanzlicher Blausäureverbindungen. 4. Kooper (Untersuchungen über die schwefelhaltigen Verbindungen in AUium cepa. Ztschr. f. Untersuch, d. Nahrungs- und Genußmittel, li). Bd. [lOlOl. p. 569—571^ für den Preßsatt von Alliinn cepa einen starken Gehalt an Thiocyanwasserstoff an. Wz'i der mikrochemischen Untersuchung und bei direktem Zusatz von verdünnter I"e Cl;; konnte HSCN jedoch nicht nachgewiesen werden. Der von Kooper mit Colasanti's Reaktionen (a-Xaphtol, respektive Thymol + konzentrierte H2SO,) gefundene Rhodanwasserstoff dürfte daher erst bei der .Analyse aus seiner Ester- bindung freigemacht worden sein. Nachweis pllan/licher Blausäurcverbindungcn. 40i' Xiir beschränkte Anwendung kann die \ iel weniger empfindliclie Reaktion mit Merkuronitrat im hängendenTropfen finden, da die Blausäureverbindungen in der Pflanze meist in sehr geringen Konzentrationen vorhanden sind und bei ihrer Spaltung nur 0"5Vo [Pi'uuus javanicns, sehr junge Blätter) — 0*003°/o HCN (grüne Rinde von Sambuais nigra), bezogen auf das Gewicht der frischen Substanz, entstehen. Als Untersuchungsmaterial dienten stets intakte Samen und frische Pflanzen, es wurde jedoch auch die Frage geprüft, inwieweit man Herbarmaterial ^ zur Ausführung dieser Reaktionen heranziehen kann, weil dadurch die Durchprüfung seltener oder gerade nicht frisch zur Verfügung stehender Arten ermöglicht wäre. Die Blattfragmente der betreffenden Herbarpflanzen wurden zu diesem Zwecke möglichst fein gepulvert in die kleinen Glaskammern mit fixem Boden (vgl. p. 8) gefüllt und mit Wasser durchfeuchtet. Der Zusatz von Chloroform wurde hierbei — als überflüssig — unterlassen. Wie die nachfolgende Tabelle zeigt, konnte — wider Erwarten — in der Mehrzahl der untersuchten heimischen Blau- säurepflanzen HCN nachgewiesen werden, wenn auch überall in geringeren Mengen als beim frischen Material. Auch hier zeigen sich zwei Gruppen. Diejenigen Pflanzen, die ein faßbares Blausäureglukosid enthalten (für die man daher eine getrennte Lokalisation von Glukosid und Ferment im Gewebe annehmen muß), weisen nicht so wesentlich abgeschwächte Reaktionen bei der Mazeration des getrockneten Materials in bloßem Wasser auf, z. B. Rosaceen, Picris, Mc/icu, Scliciiclizcria, während die Pflanzen mit noch unbekannter oder sogenannter »lockerer« HCN-Bindung (wo man also Glukosid und ein sehr wirksames Ferment in denselben Zellen annehmen könnte), nur sehr •schwach oder gar nicht mehr reagierten, z. B. Ranunculaceen, Arilin nidcnlatum. Sainhuciis niffi'Lt, der. wie bereits erwälmt, ein sehr träges, schwer wasser- lösliches Emulsin hat, reagierte auch in 10 Stunden nur in Spuren: durch Zusatz einiger Schnitte völlig si.il.ler Mandeln (an Stelle eines Eniulsinpräparates) konnte 1 Die einzige Angabe über den HCN-Gehalt trockener I^llanzen fand ich bei M. Mirande (1. c, p. 141), der mit seiner Methode bei trockenen Blättern gar keine HCN feststellen konnte, bei wieder angefeuchteten Teilen nur schlechte Resul- tate erzielte. E. f'ouperot (Ptrtes en nitrates et en acide cj'anhydrique, chez les plantes qui en renferment. pendant leur dessiccation, .lourn. d. Pharm, et de Chimie, 6f Serie, T. 29 [1909]. p. 100 — 102) erörtert zwar ebenfalls diese Frage, beschränkt jedoch seine Versuche auf drei Hollunderarten iS,iiiibiiciis nij^Tij. S. laciiiiala. S. raceinosa), die wegen ihres besonders trägen Emulsins (vgl. p. 24) aber keines- wegs als typische iiCN-Pllanzen angesehen werden können. Langsam nach phar- mazeutischer Praxis an der Luft getrocknete HoUunderblätter verlieren hierbei ein Fünftel bis einhalb ihres Gehaltes an HCN und Nitrat, was Couperot einer sekun- dären l'"ermentation zuschreibt: die rasch bei 60° im Trockenschrank behandelten Blätter weisen denselben HCN-Gehalt wie frische auf, was bei der schweren Spalt- barkeit des Sambunigrins nicht verwunderlich ist (vgl. die Resultate mit Sivnbuctis in umstehender Tabelle 1). Sit/.uiigsbfrichtf d. ni:itlHiii.-iiatur\v. Kl., Abt. I, l.'i(i. l!d. 30 410 }\. Iji'ii n s wik. . , rt ■ ^ ■— o ^ P '*-' ■_> — _■_ _ _;^ _ ■z = ^< ^t. -;- ^i- -:— *!"" -l— - i~ '•' ~ -r- -'- ►:- -I- - — o j_ - -^- _ ~~ -1 — "■J— ■V- ~ -r- -.- _ ".■"" "-■" — -!— " • — .J— — rß- E -;— — .^. 5 — '^ > s-g — _x c:: ;- O ^ '_) '^ 0- "3 ^ ^ z: Ö , ^^ •\-~ [1^ I I'I I .•- "^ -:- ■;- - 13 '2 .=s Ä ~ -'' -L J- ^ -;- -;- cT: m 0 0 0 ^ ir 0 ^ cc c 'Z» : ^ U n •^■i 's <-* C - „ ^^ »« c ^ 'd 'Z. i S .bf c u* ij !5 >, ^^ T3 •X. 5 c '— J. =S 5 '' <"» ,>. s >* <' •" 0 X. = '^ r_^ Ent CN-\ ä- < p < ^ X — -;_ f-r* o ! T 0 —* Q_^ -+ V^ jj in ^^ >— 0 N3 -+ cc 3- C5 ^ -f ■0" c et '^ -t ,_^ L^^ -+ -t 'C — X 5 _£ ^ _ o- 5 05 ^ ^ ^ et ^ t: ^ T"^ ^ bC S bC bp «- 'J _r- o 3 c C c Ä 2i - ^ £ ^ ^ ■^ 1> _ ^ 1^ bC 0 \ bp. CJ TU X 0 C3 5 ^ ^ "ä, ^ "ö 1/ r^ ^ -a >c X! 5 > 1 . ■5 OJ L/- N — ' ■^ *!^ -■c .^ — ; "^ U 2 "-^ >• ■c ^ »^ Q ^ - 5 ^1 -.r 5 o ^ "3 C ,^ •C* ^ ;;; •» '/i -. ^ »: — * a i -^ ■^ i. i t" -^ ^ 7^ '• ^ _^ ■C ^ ^ 5 0 5 -^ - PM •-*. •^ s ^ u X! :3 o 4) C (L) Cj — 3 OJ - & 'O 00 5 .^ W3 — ' N c o o p s • er. > ö &5 13 = c ? !2 tn g S- O tu S tß o c -:— o iß":; c o o 00 ^ Ci •- OD O — ' JS D X — •1 d -^ •;; J E ::: ^ -* '^ »^ > ^ ■— ' ::; Cj rS "S fa 0 ^ 5 li -5 -~ 2 ::; •5 w- % T- c >) ;~ ^ ^ ■^ r 0- -^ ^ : ?c -^ CA, ^ ■- •~ ::::: ^ r J ->- ■^ ^^ ^ ■:; '^ S c ^ ^ ■> ■y. 1 -^ r~ :; (* ft Ä A .i^ A Ä ;;:. ft 4K A *< '< F P-, --' m u "bö td .^.* 0 c 0 s: 0 r-- U C .ü """ 0 !n -*-> 2 -0 'S CS -O 0 ii ■- cii 2 5=^ 0 OJ 'S C Ciisia, Lasia, Cytiospeniia, Dracontiuin und Dieffenhachia verteilen. Die Anwendung der mikrochemischen Methode gerade bei -dieser Familie erschien daher erfolgversprechend, zumal die Aroi- •deen des Mediterrangebietes und die Araceaen der europäischen -Gewächshäuser noch kaum eine Untersuchung erfahren haben. ]. Aroideae^' — Folgende Arten gaben mit ihren Blättern und Stengeln positive Blausäurereaktionen: Aniiii Dioscoridis Sibth et Smith var. spectabile Schott (Nr. 3), Arilin Orientale M. Bieb (Nr. 8) in verschiedenen .Subspezies, Ariim italicmn Mi 11 (Nr. 11) mit verschiedenen Varietäten, und in Übereinstimmung mit zahl- reichen früheren Angaben (Jorissen, Mirande) Ariim macu- Jatuin L. (Nr. 12) in mehreren Varietäten; ebenso Eininiiuu intortiun O. Ktze. (früher Helicopliytlnm [Arum] Rauwolfii [Blume] Schott), Arisarmn vulgare Targ. Tozz. und Arisartun proboscidemn (L.) Savi, schließlich PiucUiu teniatd (Thunb.) Breitenbach. Alle angeführten Arten wurden so\\'ohl im ersten Jugend- stadium (Jänner, unter Schnee und Laub) als auch knapp vor der 1 M. Treub, Nouvelles recherches etc. II. Ann. d. Jardin Bot. de Buiten- 2org, 2e Serie, vol. VI (1907), p. 91. - Vgl. L. Rosenthaler, I.e., Tabelle. 3 Die Anordnung, Nomenklatur und Numerierung erfolgte wegen der zahl- Teichen .Synonyme, Varietäten etc. nach A. Engler, Das Pflanzenreich (Regni vege- tabilis conspectus), Bd. IV, 23 F. Araceae — Aroideae, Leipzig 1920. 410 I. ßrunswik, X 3 SC X c b/j 5 c < Ü c Q bc (M XI X ■4-» ^- >2-^ ■M = c . "u 'S bC -C: J .3 •o r<^ c "^ u p 'o ^ rt s^ rt ^ r- ci ^ ' ^ ;i. — C <^ ^ O 33 cn JL < Cl rs ^^ L.~ ^Tl 00 C^l Ol Ol Ol rc cc 0-- /^. II Xaclnveis pflanzlicher Blausäureverbindung'en. 41' o ^ o u *^ -^, ^•"1 r" CJ r; Z^ O '^ G o — ^ 15, o -— _ X. :/) "^ "7^ o u ::: ^^ > >-_ 5 c 'O c ?- ■5 '5: T3 "^ 0 C3 — II :^ CO CD I - -:- I o ~ o ~ -:- o 3 a bC O :c: „ ■y o '— 23 o j: • o ■Tj o j:: "53 ± ^ CJ ™ S ■-> N! Ifi ^ •f o -j 0 - ^ _ o -*-j — 1) i< < jv !^ b 0) bD -4-» .2 t* rj ^ := d: y" rf ä .^ ■j; vS .2 .C 2 ri < CO •- ''S ^ g ~ 'j- ■§ '^' '^ r^ o ^ - ^ ~ c >: ^ -^ TU 5 c =5 - '^^ c •^ > 'h Ä Ä c \ _£ ^ 1 ^ ^ ^^ "^ * 5 ■p 'S ^ "p c : c 3 ■ < 5 .i' r- ^ Tt, •:) ■^ ir > — c cj T '^-^ i > Q , ^ tj 1 Si ■"? < o 1-t 418 H. Brunswik, Blüte (Mitte Mai) untersucht, ohne daß eine wesentliche quantitati-."e Abnahme des Blausäuregehaltes in den ausgewachsenen Blättern festgestellt werden konnte, wie dies für Arnui inactilatnui von mancher Seite angegeben wurde. Bei Antm iiiaculatum wurden die einzelnen Teile eingehender geprüft. Die unterirdischen Knollen erwiesen sich als frei von HCN; in reichem Maße führten Cyanwasserstoff alle grünen Teile, ein- schließlich der jungen Spatha und der Infloreszenzachse bis in die Höhe der männlichen Blüten. Nur der Appendix ergab keine Blau- säurereaktion. • — V'on Artini Nickelii (Schott) Engl., einer Varietät \on Ariim italiciim, standen auch Früchte und Samen zur Verfügung. Im Juli besaßen die unreifen grünen Früchte und die unreifen Samen einen starken HCN-Gehalt; die Mitte September untersuchten überreifen roten Beeren und die reifen Samen reagierten hingegen völlig negativ. 2. Araccac im allgemeinen. — Bei verschiedenen Araceen der liicsigen Gewächshäuser konnte mikrochemisch das reichliche X'orkommen von Cyanwasser- stoff zumindest in den jungen grünen Organen bestätigt werden, z. B. bei Cnlocasia Xiffantea Hook. Lasia actilcala Low., Aiilhuriinii pciilaphylliim G. Don, Anfhiin'tiin Hiirrisii G. D on. Von den bisher noch nicht untersuchten Arten erwiesen sich folgende Pflanzen in ihren jugendlichen Teilen als blausäure- jührend: Anfliuriniu iinperialc Mig., Anthnriuni Binofii Linden, Anthnrmui Migiidianiun C. Koch, Anthnriuni Scherzeriaunni Schott, Antluirittni cnspidatnni Mast., AJocasia cnciillafa Schott, Dieffenhachia Bausei Rgi. Negativ verliefen die Keaktionen bei den Gattungen Pullms, l'liihnlciidi''iii. Aglaonciiia, Schismaio/^'loUis, Taccn, Stciichicra, AiiiorphophalJus, Ziintedeschiii u. a. Im ganzen konnten demnach nur bei der Durchprülung der in den botanischen Instituten der Universität Wien gezogenen Ara- ceen 14 neue blausäureführende Arten gefunden werden. Eine Abhängigkeit des Blausäuregehaltes vom Alter des betreffenden Organs, wie sie bei Ribes so deutlich zutage getreten ist, konnte nicht durchgängig, sondern nur bei den Araccae mit ausdauernden Blättern (Anlhnrium etc.) festgestellt werden. IV. Sonstige neue Blau säure pflanzen. Nach den vorstehenden drei ausgearbeiteten Beispielen, welche zeigen sollen, daß die mikrochemische Methode des HCN-Nach- weises auch für den Einblick in die physiologischen Verhältnisse der behandelten Pflanzen von Bedeutung ist, sollen schließlich noch kurz jene Pflanzen angeführt werden, bei denen das Vorkommen von cyanogenen Substanzen gelegentlich der Erprobung der Mikro- Reaktionen ebenfalls neu aufgefunden wurde, welche also zu der Liste der blausäureführenden Pflanzen von L. Rosenthaler (1910; noch hinzuzufügen wären: Nachweis ptlanzliclicr Hlausäurcverhindunt^x'n. 419 ^ --J Cj /C bfl ~ C C ^ 0.) ,3 X o x 5. X: 5 CJ W o in 'S nl (/) r/^ C C-L ;„ -♦-» IT! :i« -4-> CQ O X - ?! C 0) X: c C c C i— o < *-c o CS ■o PS rt > ^ 5 CJ -^ X tu ?C -..SocJ >• N -^ISS° 5: C J2 ^§. S 2 1 ■h -s 'Q ^ 2 Ö 3 S 5 2 ^ s t ~ S ~ G c- * o o Di 'S J -J o o o Cu " 3 P- "^ Nl X! X %i X3 OJ O ^3 nj *"^ ■ ^ RV -^ Ul CO 5 ^ -^ - "^ ^ s* .^ ■^2 S •<: .^- ^ ^ -*- "c: ^'- -<, (^^: ^ i/^ •< 13 , « S,' •<. 0) r^ tu V O CS P c W .5P n der glykosidi- schen \'erbindung (Phaseolunatin). Die folgende Erfahrung zeigt, daß es so ist, . . . .« Diese Ansicht entspringt aus der Überlegung, daß durch das Eintauchen der Blätter oder Schnitte in die alko- holische Kalilauge (erster Teil der Reaktion) jede weitere fermen- tative Spaltung eventuell vorhandener HCN-Glukoside unterbrochen und gelähmt werden muß. Aus diesem Grunde wird die Berlinerblau- methode bei allen jenen Objekten \' er sagen, die Glukosid und Ferment räumlich getrennt enthalten,^ wie z. B. bei trockenen, dünnen Schnitten von der bitteren Mandel, von Phaseolns hinatns (Bohnensame) oder bei Blättern \'on Sambncus nigra etc. Tatsächlich ist die Lokalisation bei der Berlinerblaumethode, wie schon Peche betonte, nur eine bedingte und nur bei den stark HCN-haltigen Tropenpflanzen (Pangitim cdnle, Phascohis Iiniatus, Araceen) stets befriedigend, besitzt jedoch den Vorteil \-ollkommener Eindeutigkeit. — Schon bei Prunus lanrocerastis, einer der an Blausäure reichsten Pflanzen der Heimat, sah sich Peche zur Erprobung einer feineren Methode gezwungen; mit dem Mercuro- nitratreagens erzielte er auch an diesem Objekt sehr günstige Ergebnisse. Wird zur Ergänzung mit demselben Material eine der früher angegebenen qualitativen Mikroreaktionen durchgeführt, so ist auch die Herkunft des reduzierten, metallischen Quecksilbers eindeutig sichergestellt. — Dort, wo keine > lockere« HCN-Bindung \orliegt, z. B. bei Anim niaciilatimi, versagt aber auch diese Methode, was bereits Peche anscheinend erkannte. Die für den qualitativen Blausäurenachweis so empfindlichen Reaktionen mit Silbernitrat und Benzidin-Kupferacetat kommen 1 M. Treuh, 1. c. (1S95), p. 1 — 12. - K. Peche, 1. c, p. 4 — 5 (des Separat.). •^ Betreffs der Art der Durchführung beider Reaktionen vgl. neben den Orf- ginalarbeiten auch: H. Molisch, Mikrochemie der Pflanze, 2. Autl. (1921), p. 101 bis 193; O. Tunmann, Pllanzenmikrochemie. 1913, p. 358-359. 4 M. Treub, 1. c, 1905 (Phaseolns luiiciliis), p. 94. f* Die »lockere< HCN-Bindung kann man hingegen, wie bereits angedeutet, als eine topographische Koexistenz von Blausäureglukosid und wirksamem Enzym auffassen (vgl. p. ti). Xacinvcis pnanzlicher Blausäuroverbindungen. 421 für die Lokalisationsermittlung im Pflanzenschnitt nicht in Betracht. l'Yy Silbernitrat schädigt zwar, wie ich mich durch Versuche über- zeugte, den fermentativen Prozeß gar nicht, doch das bei direktem Kontakt gefällte Silbercyanid ist amorph, käsig weiß, ähnlich wie Silberchlorid, und kann (\gl. p. 8) erst durch Umkrystallisieren mit NH.. als Silbercyanid identifiziert werden, wodurch jede Lokalisation verloren geht. Das Benzidinreagens ist gegen zahlreiche in den Schnitten vorkommende Stoffe empfindlich (z. B. werden die sauer- stoffübertragenden Kuprisalzspuren von Gerbstoffen abgefangen ■ — Prunus luin-occi-iisits), so daß es bei direktem Kontakt mit diesen in der Regel versagt (vgl. p. 50). Für den lokalisierten Nachweis der aus den Glukosiden bei langsamer F'ermentation abgespaltenen HCN ist daher keine der vier erwähnten Proben als »abfangendes« Reagens geeignet. Man kann also zusammenfassend feststellen, daß der lokali- sierte Nachweis der aus pfianzlichem Gewebe freiwerdenden Blau- säure mit den bisher bekannten Methoden bei der großen Melir- zahl der cyanogenen Pflanzen nicht gelingt, in besonders günstigen Fällen jedoch (bei der sogenannten »lockeren^< Bindung) und bei relativ konzentriertem Vorkommen l'reub's Berlinerblaureaktion und Peche's Mercuronitrat brauchbare Resultate liefern. Die rein qualitatixen HCX- Reaktionen mit Silbernitrat- Methj^lenblau und Benzidin-Kupferacetat im hängenden Tropfen sind jedoch bei sämtlichen cyanogenen Pflanzen anwendbar und speziell erstere stets eindeutig. C. Versuch des direkten mikrochemischen Nachweises eines Blausäureg-lukosids. Die Unmöglichkeit eines lokalisierten Nachweises der aus den Blausäureglukosiden abgespaltenen HCN, die im \()rhergegan- genen Abschnitte aufgezeigt wurde, legte den Gedanken nahe, \iel- leicht die Glukoside selbst, noch ungespalten, analytisch zu fassen und damit dem rein qualitativen Blausäurenachweis eine wertvolle Ergänzung zu geben. Am längsten bekannt und am eingehendsten studiert ist das Amygdalin ('erste Darstellung 1830 \on Robiquet-Boutron Charland) und an diesem, bei den Rosaceen (Primoiäccic-Pomo/- deae) so verbreiteten Glukosid habe ich alle Möglichkeiten für den direkten mikrochemischen Nachweis dieser Substanz erprobt. Amygdalin ist leicht löslich in Wasser und Alkohol, unlüslich in Äther. Schon allein diese gute Löslichkeit Iaf.it einen lokalisierten Nachweis /raglich erscheinen. Durch heiße verdünnte Sauren wird Amj^gdalin hydrolysiert, doch sind alle entstehenden Produkte selbst wieder leicht löslich. Mit kon z en tri erter HoSO , gibt es, wie einige andere Glukoside (z. B. Salicin, Coniferin) eine tiefrote Färbung; mikrochemisch ist diese Eigenschaft jedenfalls nicht verwertbar. Wohl wird ein 422 H. Brunswik, Schnitt von einer bitleren .Mandel in ivonzentrierter Ho SO, in kurzem tiefviolcttrot, doch zeigt ein unter gleiche Bedingungen gebrachter Schnitt einer süßen Mandel, die nachweislich höchstens Spuren eines Blausäureglukosides enthält, dieselbe Farben- reaktion, wenn auch in weit geringerem Grade; cffensichtlich tritt hier die bekannte Raspail'sche Reaktion ein. Durch Kochen mit Kalilauge oder Barytwasser wird AmjJ^gdalin in Amygdalin- siiure C2QH<,gO]^3 und XH> gespalten. Diesem Umstände schreibt es auch Rosen- thaler i zu, daß Amygdalin mit Xessler's Reagens einen gelb- bis braunroten Niederschlag liefert, der beim Erhitzen seine Farbe kaum ändert (im Gegensatz zum Salicin) ; das durch die freie Lauge des Reagens abgespaltene NH-j bildet das hitze- beständige, unlösliche NHg2J. In der Tat erhält man einen teilweise lokalisierten braunen Niederschlag» wenn man Schnitte von bitteren Mandeln, Apfel- oder Ouittenkernen in Xessler's Reagens auf dem Objektträger vorsichtig kurze Zeit erwärmt. Wie viel jedoch hierbei durch Ammoniumverbindungen oder organische Substanzen mit einer XHo-Gruppe verursacht wurde, bleibt unentschieden. Doch schon bei Prunus laiirocerasiis L. (Schnitte aus Blatt und Stengel) versagt die Reaktion vollends, indem sich die von Peche 2 näher studierten zahl- reichen Gerbstoffzellen sofort intensiv gelb bis orange färben, bei stärkerem Erwärmen liingegen das Xessler'sche Reagens zu einem tiefschwarzen Xiederschlag reduzieren. — Es sprechen also dieselben Einwände, die gegen die Verwertbarkeit von Xessler's Reagens zum Ammoniumnachweis im Gewebe geäußert wuixien,-j in noch gesteigertem Maße gegen seine Verwendung zum Xachweis von Amygdalin und anderer HCX- Glukoside, zumal da auch die meisten Saponine, wie J. Vamvakas* und Rosen- thaler & zeigten, mit diesem Reagens starke Fällungen geben und nach der Zusammenstellung E. Schaer's'^ bei 22 Pflanzenfamilien Saponine zugleich mit Blausäureglukosiden vorkommen. Mit Kaliumpermanganatlösung sollen aus Amygdalin cyansaures und benzoesaures Kalium entstehen. Mikrochemisch gelang es mir nicht, aus Schnitten, die in Kaliumpermanganat eintrocknen gelassen wurden, Benzoesäure au sublimieren. Als lokale Reaktion käme dieser Weg ohnehin nicht in Beti-acht. Die übrigen Blausäureglukoside stimnien in ihrem chemischen Verhalten im wesentlichen mit Amygdalin überein, so daß auch bei ihnen keine besseren Resultate zu erzielen wären. Zusammenfassend kann also gesagt werden, daß ein direkter mikrochemischer Nachweis dieser Körper mit Hilfe ihrer bis jetzt bekannten Eigenschaften nicht gelingt, weder qualitativ in ein- deutiger Weise, noch auch lokalisiert. — Es zeigt sich in diesem negativen Ergebnisse eine gewisse Analogie mit den Verhält- nissen bei demSinigrin der Cruciferen, das Peche" an einzelnen 1 L. Rosenthaler, Das Verhalten von Xessler's Reagens gegen einige Glu- koside (speziell Saponine) und Kohlehydrate. Pharm. Zentr. II. 47, p. r>81; Ref. Chem. Zentralbl., 1906, II, p. 718. - K. Peche, Mikrochemischer Xachweis der Cyanwasserstoffsäure in Prunus Laurocerasus L. Sitzbcr. d. Akad. d. Wissensch. in Wien. 1912, Bd. CXXI, Abt. I. 3 Vgl. H. Molisch. Mikrochemie der Pflanze, 1913, p. 61. 4 Jean Vamvakas, Xessler's Reagens als Mittel des Xachweises von Saponin. Ref. Chem. Zentralbl., 1906, II, p. 167—168. 5 L. Rosenthaler, I.e., p. 718. >' Ed. Schaer. Schweiz. Wchschft. f. Chemie u. Pharmacie, 1910, XLVIIl, p. 645, zitiert nach Tunmann. ■? K. Peche, Mikrochemischer Xachweis des Myrosins. Ber. d. deutsch. Bot. Gesellsch., 19i:i Bd. 31, Heft 8, p. 458-462. Xiichweis pflanzlicher Blausäureveibindungen. 423 Objekten nachzuweisen versuchte, jedoch zu keinen befriedigenden, eindeutigen Reaktionen gelangte. D. Mikrochemischer Nachweis des Emulsins in pflanzlichen und tierischen Objekten. Wenn man den Begriff »Emulsin« in der Weise faßt, daß man alle ungeformten Enzyme in Pflanze und Tier, die imstande sind, Amygdalin in HCN, Benzaldehyd und Zucker zu spalten, als »Emulsin im Sinne eines Gruppenbegriffes« (Molisch ^) bezeichnet, so genießt dieses Ferment bei allen Lebewesen, von den Bakterien, Pilzen und Flechten angefangen, bis selbst zum Menschen herauf eine weite Verbreitung.'^ Wie Molisch ^ betont, sind spezifische, mikrochemische Re- aktionen, die eindeutig Emulsin anzeigen, bisher nicht bekannt. Es lag daher der Gedanke nahe, die im Abschnitt B geschilderten empfindlichen, rein qualitativen Mikroreaktionen auf HCN mittels AgN03, i'espektive Benzidin-Kupferacetat auch für den qualita- tiven Nachweis von Emulsin in biologischen Objekten zu ver- werten. 1. Qualitativer mikrochemischer Nachweis von Emulsin, Bei makro-, respektive biochemischen Untersuchungen wurde Emulsin in der Weise nachgewiesen, daß ein feines Gereibsel des Objektes (5 bis 50,(,'!) mit einer 1 bis 5 0/q- Lösung von Amygdalin zusammengebracht und unter Ausschluß von Rakterienwirkung bei erhöhter Temperatur (25° big 38° C.) durch 24 bis 48 Stunden der Fermentation i.iberlassen wurde. Der eventuelle Eintritt der Amygdalinspaltung wurde entweder bloß durch Auftreten des Bittermandelölgeruches (K. Kobert,-^ M. Gonnermann ij eventuell in Verbindung mit dem HCN-Nachweis mittels Schönbein's Guajakonsäure-Kupfersulfatpapier festgestellt oder es wurde in exak- terer Weise die entstandene Blausäure abdestilliert und im Destillat nachgewiesen (L. Guignard,ä Bertrand und Kivkind,*» L. Rosenthaler," S. Higuchi^), 1 H. Molisch, 1. c, 1921, p. 322—323. '- Bezüglich der Verbreitung vgl. E. Abderhalden, Biochemisches Hand- lexikon, V. Bd., p. 564 — 568, sowie die dort zitierte Literatur. 3 R. Kobert, Über einige Enzyme wirbelloser Tiere. Pflüger's x\rchiv f. d. ges. Phys., 99. Bd. (1903), p. 116 — 186. -1 ^L Gönn ermann. Über das Spaltungsvermögen von Leberhistozym und einiger Enzjmie auf einige Glykoside und Alkaloide. Pflüger's Archiv f. d. ges. Phys., 113. Bd. (1906), p. 168 — 197. ^ L. Guignard, Quelques faits relatifs ä l'histoire de lemulsine; existence generale de ce ferment chez les Orchidees. Compt. rend., Bd. 141 (1905/2), p. 637 bis 640. •> G. Bertrand et L. Rivkind, Sur la repartition de la vicianine et de sa diastase dans les graines de Legumineuses. Compt. rend.. Bd. 143 a906;2), p. 970 bis 972. ' L. Rosenthaler, Über die Verbreitung emulsinartiger Enzyme. Arch. d. Pharm., Bd. 251 (1913), p. 56—84. 8 S. Higuchi, Über die pharmakologischen Wirkungen der Plazenta. Biochem. Ztschft., 17. Bd. (1909), p. 21— 67. 424 IL Brunswik, schließlich griff man wie Gonnermannl und Higuchi^ hei tierischen Geweben zmn Zuckernachweis in der Mazerationsllüssigkeit oder man bestimmte nach iJourquelot's 3 biologischer Methode die Amygdalinspaltung nach dem Rückgang des Drehungsvcrmogens in der Probeflüssigkeit. Beim mikrochemischen Emulsinnachweis kommt jedoch im allgemeinen nur die Feststellung des einen Spaltproduktes des Amygdalins — der Blausäure HCN — in Betracht, da redu- zierende Zucker in Pflanzenteilen meist schon von vornherein enthalten sind und für Benzaldehyd bisher kein eindeutiges, empfind- liches Mikroreagens bekannt wurde, die Geruchsprobe aber sub- jektiv und wenig empfindlich ist und durch andere flüchtige Sub- stanzen völlig unmöglich gemacht werden kann. Daß die HCN- Abspaltung aus Amj'gdalin immer als Enzym- wirkung des zugesetzten Gereibsels aufzufassen ist, erörtert bereits eingehender Rosenthaler-^ in bejahendem Sinne; bei Vermeidung höherer Temperaturen und bei strengem Ausschluß von Bakterien- wirkung ist eine andere als rein fermentative HCN-Abspaltung aus dem stabilen Amj^gdalin in neutral reagierendem Medium wohl aus- geschlossen. Zum Nachweis der entstandenen HCN läßt sich 1 "/,, Silber- nitrat-Methylenblau, respektive Benzidin-Kupferacetat im hängenden Tropfen verwenden. ci) Durchführung der mikrochemischen Probe auf Emulsin. — Eine sehr geringe Menge der Substanz (Samen, Frucht, frische Stengel und Blätter oder Drogen, respektive Herbar- material: ganze Tiere oder einzelne tierische Organteile) wird — eventuell unter Zuhilfenahme von Quarzsand — zu einem feinen Pulver, beziehungsweise Brei zerrieben/' Die so \-orbereitete Sub- stanz gelangt in eine Glaskammer mit fixem Boden (14 iniii Durchmesser, 5 nun Höhe) und wird mit einer 5 %-Amygdalin- lösung" — höchstens mit ^/.^cnf — angerührt, die überdies ein Antisepticum enthält, auf dessen Wahl im nächsten Punkt [b) näher eingegangen werden soll. Die Glaskammer wird hierauf durch einen Objektträger abge- schlossen, der nebeneinander je einen hängenden Tropfen von 1 7o"Silhernitrat-Methylenblau und von Benzidin-Kupferacetatlösung H 1 M. Gon n c rma ii u, 1. c. 2 S. Higuciii. 1. c. •i Em. Hourq uel n t . Über den Nachweis der Glykoside in den Pllanzen mit ilfc des Emulsins. Arch. d. l'iiarm., 245. Bd. (1V>1)7), p. 172 — 18u. i L. Nosenthaler, 1. c. (1913), p. 59. •'' Auch ein oder mehrere Schnitte können verwendet werden, nur wird dadurch die Reaktionszeit etwas verzögert. '■ Amygdalin wurde als Originalpräparat von C. Kahlbaum verwendet; bei lang andauernder Selbstmazeration erwies es sich als völlig frei von eventuellen Ferment (Kmulsin) Verunreinigungen. Nachweis pflanzlicher Blaiisäurex'erhindungen. 425 trägt. Auf die Darbietung einer erhöhten oder optimalen Temperatur (25 bis 40°) während der nun erfolgenden Fermentation, wie dies bisher üblich, wurde verzichtet, um besondere Vorkehrungen gegen das Eintrocknen der hängenden Tropfen in der Glaskammer zu erübrigen und das vorzeitige Abdampfen des zugesetzten Anti- septicums zu verhindern. Ich führte vielmehr sämtliche derartigen Proben bei einer Zimmertemperatur von 8° bis 16° aus. Trotz- dein zeigte sich im allgemeinen — z. B. bei Seeale corniitmn, Siuapis alba, Coriaiidrutn, Ant/iyllis viilneraria, Aspergillus niger, Mclolontlia vulgaris (Maikäfer) — schon nach IV2 bis 2 Stunden in beiden Reagenstropfen deutliche Reaktion auf HCN, regelmäßig stärker in dem von Benzidin (große blaue Nadeln und Aggregate), oft erst in Spuren im Silbernitrat (blau gefärbte Knollen und Drusen von AgCN). In längstens 8 bis 12 Stunden lassen sich auch nicht sehr wirksame Emulsine (Ricinus coniiininis, Glcditschia tri- acanthos [Samen]; Rinderleber) durch das Entstehen einer schwachen HCN-Atmosphäre in der Mazerationskammer mittels beider Reagen- tien nachweisen.^ Länger als 24 Stunden wurde der Mazerations- prozeß in keinem Falle fortgesetzt, da bei Erschöpfung des Anti- septicums die Gefahr einer Bakterienwirkung zu befürchten war. b) Wahl des Antiseptikums. — Da bis jetzt ungefähr sieben Bakterienarten bekannt geworden sind, die Amygdalin unter Bildung von Blausäure zu spalten \'ermögen, kann der oben beschriebenen Reaktionsanstellung eine wirkliche Eindeutigkeit nur zugeschrieben werden, wenn die Entwicklung von Fäulnis auf dem organischen Gereibsel durch Antiseptica hintangehalten wird. Nicht alle Antiseptica sind hierzu verwendbar. Zugesetztes Sublimat oder Silbernitrat würden den gebildeten Cyanwasserstoff abfangen, Formol hemmt bereits in Spuren jede Emulsinwirkung gänzlich. Von Kobert^ und seinen Schülern^ wurden hauptsächlich drei Antiseptica in wechselnder Zusammensetzung und Konzentration beim Fermentnachweis verwendet: Toluolwasser (Toluol zu 3%, wasserlöslich; eingeführt von E. Fischer), Chloroformwasser und Natriumfluorid (bei 15° C. zu 4 "^Z,, wasserlöslich; eingeführt von Tappeiner). Letzteres schien besonders geeignet, wenn auch schon Kobert^ und in eingehenderer Weise Higuchi^ darauf hinwiesen, daß Na F bei gewissen Objekten (menschliche Plazenta; die Wirkung der nicht organisierten Fermente vernichtet oder wenigstens nicht aufkommen läßt, schon in Konzentrationen, die nicht mehr als Fäulnisschutz angesehen werden können. 1 Bezüglich AgCN vgl. p. 8 — 14; bezüghch des Benzidinoxydatiinisproduktes p. 20 -22. - R. Robert, I.e. (1903), p. 117—118. '■'• Werner Fischer, Über einige Enzyme wirbelloser Tiere. Therap. Monats- hefte, 16. Jahrg. (1902), p. 619— 621. — S. Higuchi, I.e. (1909), p. 22— 24. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 130. Bd. 31 426 H. Brunswik, 0) XI o "bh :3 ÖD n CS s c 3 :0 CS bC lO .bß 71 CS O P s Ol ö 00 1 4. Kontrolle um el^lO'" nachm. ■=^ JZ •O -1- ■st :st ^ in ^ = «•§ CO = .'S -i- (U -t- XI ■n -I- X ^ -= o 6 . P CO Th £ j: öl 03 ~ c^^ > 'S tu 73 -1— TD -!- beide fff! stärker als Nr. 1 - 8 1. Kontrolle um 11 '1 45™ vorm. -1— -t- -1— -4— .S "^ :h o c a3 bD .■2 O S bß 03 < 1 o CU bß oq <; -1- o 'S ^ _, 71 c CD 5 < iö e <=> £ o > g ö d J= o o > s . CO F .:= Ö o > s . ? i o > Objekt in der Glaskammer (in der gleichen Menge) AnthyUis vtilneraria L. (Samen) ' S XI O 71 :$-§ .'S 'n 0 2 1 cß CS ~ E c ÖC v-< K CQ < ä Z 0 ^ K N g s . g S . « "^ r- 10 r:^ lO p 10 Ö CO £ .0 0 0 c Ä 0 _> 01 P 0 0 Ol g 5 "55 ö > 0 > 0 > 0 > 0 < ^"^ ''~' ■•"' ■^ o, "vx -1— -1— . _o QJ ^— s P 0 0 P to .«^ XTi skan Men tu c X! G 0 'X: 0 ■u 1' c>i C in der r gleich ^ * 'S fe 0 f (U bo ^ 'S '^ S tfl in •a ^ E p 0 c3 'S 'S 0 tn __ 5 ^ 1 3 tn 2 CS tn 6 'S - bö c p :c« G _&c ^1 <; -4-» to 0 CD C u :-< tH K^ Silbernitrattropfen noch kein AgCN ausgefallen ist (vgl. in der Tabelle Nr. 4 und 5 bei der 1. Kon- trolle!); die Zeit, welche vom Entstehen von HCN in der Mazera- tionsflüssigkeit bis zur Reaktion derselben im hängenden Tropfen verstreicht, ist hierbei als ein in allen Fällen konstanter Fehler in Rechnung zu stellen. Ein Vergleich der Wirksamkeit von Emulsinen verschiedener Herkunft ist somit ermöglicht. — Die Fällung von Silbercyanid im hängenden Ag N03-Tropfen erlaubt jedoch auch eine quantitative Abschätzung der entstandenen Blausäuremengen; die Intensität der fermentativen Amygdalin- spaltung zweier emulsinhaltiger Objekte läßt sich — unter sonst gleichen Bedingungen — daher ebenfalls in relativem Maßstabe vergleichen. Da infolge der Empfindlichkeit der HCN-Reagentien hierzu nur äußerst geringe Substanzmengen erforderlich sind, kann diese Mikroreaktion als orientierende Vorprobe bei Untersuchung der Enzymwirksamkeit und Spaltungsintensität irgendeines Emulsins dienen. Emulsin konnte z. B. in einem dünnen Quer- schnitt von Seeale eornntnm und in einem zerquetschten Samen- körnchen von AnthyUis vnhicraria (zirka 2 iniu im Kubus) auf diese Weise innerhalb weniger Stunden (zwei bis vier) nachgewiesen werden. d) R e s u 1 1 a t e b c i A n w e n d u n g d e r R c a k t i o n a u f P fl a n z e n o b j e k t e. — Bertrand und Rivkind i haben anläßlich einer rntersuchung über das Vorkommen des \^icianins bei den Leguminosen auch der X'erbrcitung des Kmulsins in 1 R. Bertrand und 1.. Rivkind, I.e. (190H), p. 970. i Nachweis pllanzlicher Blausäureverbindungen. 429 diesen Samen durch systematische Untersuchungen ihr Augenmerk geschenkt. Sie prüften zirka 40 Gattungen mit 60 Arten und fast alle Samen gaben ein positives i^esultat. Nur folgende Arten lieferten keine Reaktion., wurden daher als emulsin- frei (»en quantite appreciable«) bezeichnet: Cassia fistiila L., Ceralonia siliqna L., (laJega ofßcinalis L., Lalhynis silvcstris L. var. amelioree, Glcdilschia iriacaullios L., Liipintis albus L., SopJiom jciponica, Vicia narhonensis L. Es schien nun von Interesse, was für Resultate in diesem Falle mit der angegebenen Mikroreaktion zu erzielen wären. Es ergab sich, daß bei sämtlichen Leguminosensamen ohne Aus- nahme Emulsin nachgewiesen werden kann. Während bei CoJniea arhoresccus L., Leus esciilenta Mnch., Vicia sativa L. (sofern nicht selbst HCN-, respektive vicianinführend), Lotus cornicnJatiis L., Latliyi'us sativns L. und L. pratensis L., AntliylJis vulneravia L., Lupinus sp., Astragatus glycypljyllos L. z. B. die Abspaltung von Blausäure aus Amj'^gdalin rasch und reichlich erfolgt, setzt die Emulsinwirkung bei Cassia-Avt^n {Cassia orieiitalis L., C. Absits L.), bei Ceratoiiia siliqiia L., Galcga officinalis L., Lathyriis sitvestris L. var. pla typ Jyt tos, L. iiiger, Gteditsctria triacaiittws zwar im selben Zeitpunkt ein, hält sich jedoch in engen Grenzen, so daß man bei- spielsweise bei Gteditsctria, Gatega oder Lathyriis iiiger während einer 20 stündigen A-Iazeration mit einem Paar hängender Tropfen auskommt, während Cotutea-, Lotus- oder ^4/;///r///.<^- Samen ein erschöpftes Sublimat nach dem anderen liefern können. — Mit der empfindlichen und durch ihre Anordnung jeden HCN -Verlust aus- schließenden mikrochemischen Reaktion zeigt sich demnach bei den Samen der Leguminosen kein qualitativer Unterschied im Emulsinvorkommen,^ sondern bloß eine Differenz in der Aktivierung und Wirksamkeit dieses Fermentes bei den einzelnen Gattungen und Arten. Überhaupt ist das Vorkommen von Emulsin in Samen und Früchten etwas beinahe zu Erwartendes. Daß Ricinus-, Siuapis-, Brassica-, Cannalns- und Cucurbita-Samen Amygdalin spalten, ist schon lange bekannt. Doch auch in Samen von Vitis vinifera (schwach), Gatiiun sitvaticiun, Ptantago media (besonders wirksam!), Aquitegia vutgaris (im Gegensatz zu einer Angabe Rosen thaler's 2), Citrus medicus (nur schwach), Lepidium draba, Lepidium ruderale (schwach) und bei Früchten von Capselta bursa pastoris konnte mikrochemisch ein emulsinartiges Ferment festgestellt werden. Rosent haier machte schließlich auf das Vorhandensein von Emulsin in Umbelliferenfrücht en aufmerksam: von Focuicnhiiii vulgare. Carinii carvi, Andhiim gravcoleus, Coniiuii maculalinii, Ocnantlie pltiUandriuin, Pelroseliiuiiti sali- i'iiin konnte er wirksame Enzympräparate gewinnen, bei PimpineUa anisinn und Coriandrinn saiivnin waren nur die gepulverten Früchte selbst aktiv. 1 Bertrand und Rivkind setzten nicht Amygdalin, sondern Vic iani n (aus Vicia angustifolia und T". macrocarpa ; vgl. p. 2) "zu ; . dieser Umstand kann aber nicht als wesentlich beeinflussend angesehen werden. 2 L. Rosenthaler, Über die Verbreitung emulsinartiger Enzyme. Arch. d. Pharm., Bd. 251 (191.3), p. .36—84. 430 H. Brunswik, Bei mikrochemischer Nachprüfung reagierten alle diese Drogen rasch und stark positiv auf Emulsin; doch auch andere, wahllos gesammelte Umbelliferenfrüchte, z. B. Sauiciüa curopea (!), Plnipi- nella magna, Dauais carota, Biipleiiriim falcatiun, Anthrisciis süvestris (!), Silans Bessert, Sinm latifolinm (!!) zeigten Amygdalin- spaltung in stärkerem oder geringerem Maße. Frische, grüne Pflanzenorgane, gut zerrieben, liefern ebenfalls die Reaktion, wie z. B. Achülea inillefolium (Blütendroge \on Rosenthaler schon erwähnt), Tropaeoluiii mains (in 6 Stunden), Miniosa pudica (in 4 ^/.^ Stunden), Auciiha japouica, doch war die Spaltung, wie bei gewissen früher erwähnten Leguminosensamen, zwar relativ rasch eingetreten, aber quantitativ gering und selbst bei längerer (24- bis 36 stündiger) Fermentation an Intensität und Spaltungsgeschwindigkeit nicht wesentlich zunehmend. Überblickt man diese Resultate zusammen mit den von Rosen- thaler ^ an den verschiedensten Drogen gemachten Erfahrungen, im Verein mit den vielen verstreuten Angaben über mehr zufällig festgestelltes Emulsinvorkommen (vgl. E. Abderhalden, Biochem. Handlexikon, Y. Bd., p. 564 — 568), in Zusammenhalt mit der Tat- sache, daß bei keiner der bis jetzt bekannten 400 blausäurehältigen Pflanzen, die sich auf das ganze Pflanzenreich verteilen, Emulsin gefehlt hätte (Grenzfall Samhuciis nigra), ja häufig in solcher Wirksamkeit und allgemeiner Verteilung in den betreffenden Gewächsen vorhanden ist, daß eine Analyse der intra vitam bestehenden HCN -Verbindung erschwett oder verhindert wird (»lockere« HCN-Bindung), so scheint es keine Übertreibung, wenn man sagt, daß »Emulsin<^ im Pflanzenreiche eine derart weite Verbreitung besitzt, daß in Hinkunft die Feststellung des even- tuellen gänzlichen Fehlens von Emulsin bei einer Pflanzenart von wesentlich grr)ßerem Interesse sein wird als weitere positive An- gaben. Jedenfalls ist die von Guignard' geäußerte Ansicht, daß der Emulsingehalt der Pflanzen in einem gewissen Zusammen- hang mit der heterotrophen Lebensweise steht (Pilze, Flechten, LatJiraea sqnaniaria, Monotropa Hypopitys, Orohauche Galii und O. cpitliynimn, Orchideenwurzeln \j\Iykorrliiza -'FWz]), nach den heutigen Erfahrungen nicht mehr aufrechtzuerhalten. Eher läßt sich an einen Zusammenhang zwischen Emulsin und der Ausrüstung der Pflanzen an Diastase- und Maltasefermenten denken, wofür besonders die Befunde an Samen und Früchten (Leguminosen, Umbelliferen u. a.), sowie die allgemeine Verbreitung sprechen. Sicherlich wird aber der mikrochemische Emulsinnachweis bei Ermittlung von nur schwach wirksamem Emulsin oder bei 1 L. Rosenthaler, I. c. 2 L. Guignard, Quelques faits rclatifs ii l'histoire de l'emulsine etc. Coinpt. rend., Bd. 141 (1905 2), p. 637—640. Nachweis ptlan/Jichei- IMausäarcvcrbindungen. 431 Feststellung des gänzlichen Fehlens dieses Fermentes in beliebigen Pflanzenteilen gut brauchbar sein, wenn auf völlige Antisepsis ent- sprechend geachtet wird. e) Anwendung der Reaktion bei tierischen Objekten. — Durch Kobert und seine Schüler sowie durch eine Reihe französi- scher Forscher wurde die weite Verbreitung von amygdalinspaltenden Fermenten bei niederen und höheren Tieren bekannt. — Mit ge- pulverter Maikäfersubstanz (ohne Chitinpanzer) von Maikäfern, die ein Jahr lang lufttrocken aufbewahrt waren ^ und mit zu Brei zerriebener, Irischer Rindeileber- gelang der mikrochemische Nachweis von Emulsin auch ohne Anwendung von 0*9 % Koch- salzlösung und erhöhter Temperatur in eindeutiger und rascher Weise (Maikäfer in 2 Stunden, Rinderleber in 12 bis 19 Stunden). Alle drei angewendeten Antiseptica erwiesen sich hierbei als brauch- bar (vgl. Tabelle, p. 45, Nr. 5 bis 8). Menschliche Plazenta läßt sich jedoch nicht so einfach behandeln, worauf schon HiguchiS hinwies. Nach mehrfachen vergeblichen Versuchen reagierte aber eine nur wenige Stunden alte Plazenta, in physiologischer Kochsalzlösung feinst zerrieben mit Amygdalin-Chloroformwasser innerhalb von 12 Stunden deutlich positiv. Bei Verwendung der beiden anderen Antiseptica koimte auch unter diesen Umständen das Emulsin nicht nachgewiesen werden. Die Untersuchungen in dieser Richtung wurden jedoch — als zu weit führend — nur auf das Prinzipielle beschränkt. Immer- hin läßt sich sagen, daß die angegebenen Mikroreaktionen bei der Ermittlung, welche Teile, respektive Organe bei den wirbel- losen, meist kleinen Tieren das in Rede stehende Ferment ent- halten, beziehungsweise bilden — einer Frage, die bisher aus techni- schen Gründen offenbleiben mußte — gute Dienste leisten könnte. 2. Lokalisierter mikrochemischer Nachweis von Emulsin. Mit Recht weisen Molisch sowie Tunmann ' auf die Unzulänglichkeit des bisher geübten lokalen mikrochemischen Nachweises von Emulsin hin. Die Gründe hierfür sollen an dieser Stelle nicht neuerdings angeführt werden. Auch die eben besprochene Methode des eindeutigen quali- tativen Emulsinnachweises ist zur Lokalisationsermittlung im Ge- webe nicht anwendbar (vgl. die Ausführungen p. 38 — 39), selbst nicht bei Pflanzen, die ein durch Emulsin spaltbares Blausäureglukosid bereits enthalten. 1 Werner Fische r, 1. c. (1902) untersuchte nur frisch getötete Maikäfer, die stark Amygdalin spalteten; derselbe Autor konnte jedoch selbst in 150 Jahre alten Kellerasseln noch wirksame Fermente nachweisen! 2 Vgl. M. Gonnermann, 1. c. (1906), p. 183. '■' S. Higuchi, 1. c. (1909). •i O. Tunmann, Pllanzenmikrochemie, 1013, p. 431 — 433. 432 H. Brunswi 1< , Bei dem so allgemeinen Vorkommen amygdalinspaltender Fermente hat aber auch die Frage nach ihrer Lokalisation einiger- maßen an Bedeutung verloren. In der Mehrzahl der Fälle wird wohl das wirksame Emulsin dem fermentativen Apparat jeder ein- zelnen Zelle angehören und der früher fast ausschließlich studierte RosaceentypLis dürfte nur einen der möglichen Spezialfälle dar- stellen. — Bereits früher wurde die Ansicht vertreten, daß in allen jenen zahlreichen Pflanzen, wo eine stabile Blausäureverbindung (Glukosid) nicht faßbar ist, eine — im Leben getrennt gehaltene — Koexistenz von Emulsin und HCN-Glukosid in denselben Ge- webszellen angenommen werden kann. An eine gewisse Lokalisa- tion des Emulsins im Gewebe könnte nur bei jenen Pflanzen gedacht werden, aus denen Blausäureglukoside leicht zu gewinnen sind (Mandeltypus — schon kaum mehr Prunus laiirocerasns [vgl. die Ergebnisse Peche's]), wenn auch in vielen Fällen (z. B. Smn- biicus nigra) bloß die geringe Aktivität und Wirksamkeit des spal- tenden Fermentes dafür \-erantwortlich zu machen sein wird. In einem Falle, bei Prunus ain\\:^'JaIus L. \'ar. ainara und einigen anderen Rosaceen Samen (Apfel, Quitte) gelang ein gewissermaßen lokalisierter Nachweis der emulsinhaltigen Zellen mittels des Benzidin-Kupferacetatreagens. Auf einen Tropfen des durch die Gegenwart einer fast gesättigten Benzidin- acetatlösung stark viskosen Benzidinreagens wird ein ziemhch großer, nicht zu dünner Querschnitt einer bitteren Mandel möglichst zart aufgelegt, hierauf der Objektträger mit dem am Tropfen hängenden Schnitt über eine Glaskammer, die einen Tropfen Chloroform enthält, gestülpt. In kurzer Zeit läßt sich im hängenden Schnitt das Ausfallen blauer Flocken der Benzidinoxj'dationsverbindung, hervor- gerufen durch die einsetzende HCN-Abspaltung, feststellen, und zwar in günstigen Fällen knapp um die Leitbündelquerschnitte beginnend (Periz3'kelze!len) und von hier aus konzentrisch in das amygdalinführende Parench3mi fortschreitend, ent- sprechend der allmählichen Diffusion des Emulsins im viskosen Medium. Die An- sichten von Johannsenl und Guignard '- über die LokalisatiDn des Emulsins in der bitteren .Mandel können daher durch diese spezifische Emulsin- (respektive HCX-) Reaktion bestätigt werden. Die Anwendbarkeit der Reaktion, deren richtiges Gelingen hauptsächlich vnm Treffen physikalischer Xebenumstände abhängt, ist jedoch eine geringe. Sie wurde auch mit Querschnitten von Apfel- und Quittensamen mit ähnlichem Erfolge durchgeführt, doch schon bei Prunus Laurocerasus versagt sie völlig, da das für den Reaktionsverlauf so nötige Kupfersalz anscheinend durch den reichlich vor- handenen Gerbstoff abgefangen wird. Eine allgemein anwendbare .Methcde liegt demnach infolge der Empfindlichkeit des Benzidin-Kupferacetatreagens gegen ver- schiedene Pflanzenstoffe nicht A'or; wegen der manchmal schönen Bilder, die an Schnitten von bitterer Mandel zu erzielen sind, sollte sie trotzdem erwähnt werden. E. Zusammenfassung der Ergebnisse. 1. Abgesehen von den chemisch bisher analysierten Blau- säureverbindungen (HCN-GIukoside) im Pflanzenreiche, die über- sichtsweise in der Einleitung zusammengestellt wurden, ist besonders 1 W. Johannsen, Sur la localisation de l'cmulsine dans les amandes. .\nn. des Sciences nat. Bot., scr. \'I1, t. G, p. 118. - L. Guignard, Sur la localisation dans les plantcs des principes, qui fournissent l'acid c3\anhydriquo. Compt. rend. 1890, Bd. llü, p. 477. Nachweis pflanzlicher lilausäureverbindungen. 433 in der botanischen Literatur mehrfach eine »labile« oder »lockere« (quasi-freie) Blausäurebindung angenommen worden. An Hand der betreffenden Arbeiten wurde gezeigt, daß das Auftreten dieser »lockeren Blausäurebindung« bei verfeinerter Methodik quantitativ immer geringer wird, aber nicht völlig zu vermeiden ist, und daß sich dieses Vorkommen in ungezwungener Weise durch die Annahme einer in der lebenden Zelle noch aus- einandergehaltenen räumlichen Koexistenz von B lau säur e- glukosid und stark wirksamem Enzym (Emulsin) erklären läßt. 2. In der allgemeinen (technischen) Mikrochemie waren bisher zum Nachweis von HCN nur die Berlinerblauprobe, eventuell die Rhodanprobe direkt im Lösungstropfen angewendet. — Es wurden zwei weitere einfache mikrochemische Reaktionen auf Blau- säure angegeben, mit 1 *^/^ Silbernitrat, beziehungsweise mit Ben- zidin-Kupferacetat, die unter Benützung des niederen Siedepunktes von HCN (26° C.) in der Glaskammer mit den Reagentien im hängenden Tropfen bei Zimmertemperatur ausgeführt werden imd trotzdem empfindlicher sind als die erwähnte Berlinerblau- probe. 3. Bei der Reaktion mit 1 ^/^^ Silbernitrat entsteht bei dieser Reaktionsanordnung krystallisiertes Silbercyanid (Nadeln, Ranken, Drusen), das sich eindeutig von Silberchh^rid und Silber- rhodanid auf mehrfache Weise unterscheiden läßt, am einfachsten durch Umkrystallisieren des Silbercyanids mit fast kochender öO^fl-HNOg unter Deckglas in feine Nadeln und Nadelbüscheln. Die Empfindlichkeit der Reaktion beträgt 0*06 y HCN in einem Tropfen. Wie die Silberchloridkrystalle erweisen sich auch die Cyan- silber-(und Rhodansilber-)Krystalle als »echt« färbbar mit ver- schiedenen organischen Farbstoffen. Aus rein praktischen Gründen wurde daher stets 1 7o AgNOg-l-Methy lenblau als Reagens im hängenden Tropfen verwendet, um blau gefärbte AgCN-Krystalle zu erzielen. 4. Das Benzidin-Kupferacetatreagens (nach Pertusi) zeigt eine noch größere Empfindlichkeit (0-02 y HCN), wurde jedoch, da nicht völlig eindeutig, nur zugleich mit AgN03 angewendet. Die chemische Natur der erzielten blauen Benzidinoxydations- verbindung (blaue Nadeln oder Körnchen) ist analog dem bekannten »Benzidinchromat« und »Benzidinferricyanid«. 5. Mittels beider Proben läßt sich in geringsten Mengen von (Wiener) Leuchtgas und im Tabakrauch (sogar noch in einem ausgeblasenen Zuge) Cyanwasserstoff eindeutig nachweisen. Die Reinheit der Luft ist demnach für die ein^^'andfreie Ausführung dieser Reaktionen unerläßlich. 6. Zum rein qualitativen Nachweis von HCN in Pflanzen- teilen (etwa vergleichbar der Mikrosublimationsmethodik) eignen 434 H. Brunswik. sich beide mikrochemischen Proben besonders dadurch, daß die stets erst durch Fermentation entstehende HCN sich summieren kann. Die Fermentationszeit in der Glaskammer wurde sicherheits- halber stets auf 10 Stunden erstreckt, immer jedoch die HCN- Abspaltung durch Zusatz von etwas Chloroform beschleunigt und zugleich das Ganze steril erhalten. 7. An drei ausgearbeiteten Beispielen {Rihes, Crataegus, Araceen) wurde die Anwendbarkeit der mikrochemischen Methode speziell dargetan. Es wurden dabei \2 Rihes -Avien, 5 Crataegus -Arien, 14 Ara- ceen und 10 Arten aus verschiedenen Pflanzenfamilien, also im ganzen 41 neue Blausäurepflanzen gefunden und die quan- titative Abnahme der in den jungen Organen dieser Pflanzen reichlich auftretenden Blausäureverbindung im Laufe einer Vege- tationsperiode stichprobenweise verfolgt. 8. Der lokalisierte Nachweis von HCN im Gewebe biete: große methodische Schwierigkeiten, gelingt deshalb bei der Mehr- zahl der Pflanzen nicht; in besonders günstigen Fällen jedoch sind die bekannten Reaktionen von Treub (Berlinerblau -Bürsten- verfahren) und Peche (Mercuronitrat) anwendbar. 9. Der \^ersuch des direkten mikrochemischen Nachweises eines HCN-Glukosides (Am^^gdalin) führte zu keinem brauchbaren Ergebnisse. 10. Auch zum eindeutigen, qualitativen mikrochemischen Nachweis von Emulsin — im Sinne eines Gruppenbegriffes auf- gefaßt — lassen sich die beiden Blausäurereaktionen mit Silber- nitrat und Benzidin heranziehen. Die fein zerriebene, respektive gepulverte Substanz (oder Schnitte) wird in einer Mikroglaskammer mit fixem Boden mit 5°/p Amygdalinlösung, die zudem ein Antiseptikum (Toluolwasser, Chloroformwasser, 2 bis 4°/o Natriumfluorid) enthält, angerührt und höchstens 24 Stunden der Fermentation bei Zimmertemperatur über- lassen. In lYo bis 8 Stunden ist bereits abgespaltene HCN in den hängenden Tropfen bei Anwesenheit von Emulsin nachweisbar. 11. Dieser mikrochemische Emulsinnachweis bietet — abge- sehen von seiner Empfindlichkeit — den Vorteil, die Wirksam- keit zweier Emulsine, sowie die Intensität der eingetretenen Amygdalinspaltung ohne Störung der Reaktion in einem relativen Maßstabe vergleichen zu können. 12. In Anwendung der Probe auf pflanzliche Objekte bestätigte sich die ungemein weite Verbreitung des Fermentes, selbst bei bisher (makrochemisch) als emulsinfrei angegebenen Arten. Auch bei tierischen Objekten (Maikäfer, Rinderleber) gelang die mikrochemische Reaktion; sie könnte zur Ermittlung, in welchen Xachweis pflanzliclier Bhuisiiuievcrbindungen. 43o Organen das amygdalinspaltende F^erment bei den wirbellosen, meist kleinen Tieren enthalten ist, mit Vorteil angewendet werden. 13. Ein lokalisierter spezifischer Nachweis des Emulsins im Gewebe gelingt in allgemeiner Weise nicht. Bei der Mehrzahl der Pflanzen dürfte jedoch das Emulsin der Fermentausrüstung jeder einzelnen Zelle angehören und der Rosaceent3'pus (mit spezifischen Emulsinzellen) nur einen Spezial- fall darstellen. 14. Die Anschauungen Johannsen's und Guignard's über die Lokalisation des Emulsins in der bitteren Mandel und in Samen verwandter Pflanzen konnte durch eine bei diesen Objekten gelingende spezifische Emulsinreaktion bestätigt werden. Am Schlüsse möchte ich noch Herrn Hofrat Prof. Dr. H. Molisch, meinem hochverehrten Lehrer, für die Anregung zur Bearbeitung dieses Themas, sowie für das stete Interesse, das er meinen dies- bezüglichen, einjährigen Untersuchungen entgegengebracht hat, von Herzen danken. Auch Herrn Assistenten Dr. G. Klein danke ich bestens für seine Unterstützung, Herrn Assistenten Josef Kisser viel- mals für die Anfertigung der Textfigur. Ergebnisse der Expedition Dr. Handel-Mazzetti's nach China 1914 — 1918, unternommen auf Kosten der Akademie der Wissen- schaften in Wien Die in Guidschou („Kweitschou") und Hunan gesammelten Gesteine Von Dr. Heinrich Handel-Mazzetti und Alexander Köhler (Mit 2 Textfiguren und 1 Kartenskizze) (Vorgelegt in der Sitzung am 24. November 1921) I. Erläuterungen zur Kartenskizze. Von Dr. Heinrich Handel-Mazzetti. Aut meinen Reisen in China habe ich als Nichtfachmann keineswegs daran gedacht, geologische Aufnahmen zu machen. Die Unterlage für die vorliegende Arbeit entstand vielmehr durch das Bedürfnis, einerseits die Substrate der gesammelten Pflanzen kennen zu lernen, andrerseits die von mir kartographierten Gelände- formen doch wenigstens bis zu einem gewissen Grade auch zu verstehen. Obwohl ich keineswegs sicher bin, daß iclv die einmal gesammelten Gesteine immer richtig wiedererkannt und notiert habe und daß ich als Fallen nicht manchmal ganz nebensächliche Flexuren verzeichnete, folge ich doch der Aufforderung des Herrn Hofrates Becke, meine Beobachtungen in Form einer Kartenskizze zu veröffentlichen. Daß über die Geologie von Hunan — mit Aus- nahme der Strecke des Hsiang-djiang — bisher gar nichts ver- öffentlicht ist, über Guidschou die Arbeit Leclere's^ nur eine schematisierte Übersichtskarte in ganz kleinem Maßstabe bringt, wird die Veröffentlichung einer Grundlage, die vieler Kritik bedarf, aber damit Anregung zu weiterer Beobachtung gibt, berechtigt 1 Annales des mines, 9. Serie, memoires, tome XX. Paris 1901. Mehrere Gesteinsproben aus diesen Gebieten haben Michel-Levy und A. Lacroix be- schrieben : Note sur les roches cristallines et eruptiv^es de la Chine meridionale. C. R. Acad. sei. 29. fevrier 1901. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 130. ßd. 438 H. Hiin d el-.\l azzetti und A.Kühler, erscheinen lassen, wenn sie auch in keiner Weise auf Genauigkeit Anspruch macht. Das Fallen ist vielmehr stets nur geschätzt, das Streichen meist im Verhältnis zur aufgenommenen Wegrichtung dargestellt, seltener direkt gepeilt. Wenn ich meine Notizen aus Guidschou mit der Darstellung Leclere's, dessen Reiseweg sich zum größten Teile mit meinem deckt, in Einklang zu bringen suche, so gelingt dies nicht voll- ständig. In der Richtung meiner Reise von W nach E möchte ich nun die Gegensätze erläutern. Ob Ledere schon westlich von Sidsung von seinem südlicheren auf meinen Weg traf und der von ihm verzeichnete Porph3'ritstock mit dem von mir notierten SE einfallenden Sandstein,^ der viel Kohle führt, zu tun hat, wird mir nicht klar. Die Stelle, wo ich Carbonfossilien fand (1), hat er nicht passiert. Die Schicht liegt im Fußteil eines der zahllosen Kegelberge, die schon öfter beschrieben wurden. Ledere- spricht diese in der Gegend von Hsingyi und bis zum Hwadjiao-ho für permotriassisch, anderswo, besonders auch in der Gegend von Loping, als mesozoisch an. Diese Kegelberge haben alle so \oll- ständig gleichen Charakter, daß mir der aus anderen Gründen ausgesprochene Zweifel F. v. Richthofens (China, 111, p. 163) daran, daß sie teilweise zur Liasformation gehören sollen, sehr begründet erscheint. Dazu kommt, daß, wie sich in der kahlgeschlagenen Landschaft klar sehen läßt, die Kette des Beling-schan, nach Ledere mittlere Trias, ganz richtig unter der von den Kegelbergen überlagerten Beckenausfüllung auftaucht, nach Deprat'^ aber das ganze östliche Yünnan aus paläozoischen Sedimenten aufgebaut ist, also auch der Beling-schan älter sein muß. Den Antiklinalrücken zwischen Tjiaolou und Hsintscheng notierte ich als Sandstein; der Zufall wollte es, daß die mitgenommene Probe (2) Hornstein war. Die Formen sind ganz andere als im Kalkgebirge, die Farbe rotbraun. Den, von ferne gesehen, aus einer Folge verschiedener, sanft südlich einfallender Schichten, unter denen Kalkstein sicher keine große Rolle spielt, bestehenden Lung-schan, der unseren Rücken jenseits eines seichten Flußtales anscheinend fortsetzt, erwähnt Ledere gar nicht, obwohl er ihn, vielleicht allerdings in einer tiefen Furche, überschritten haben muß. Die Kalke der Gegend von Nganschun schienen mir von den bisher gesehenen verschieden; ihre Farbe ist dunkler, ähnlich dem Ouarzit Nr. 4, und die Formen sind massigere. Da das Land hoch liegt und wenig gestört ist, sind vielleicht diese als mesozoisch anzusprechen. Wenn man 1 Ich habe zu dieser Bezeichnung in meinen Notizen nicht mehr viel Ver- trauen, vielleicht weniger, als tatsächlich berechtigt ist. - Sein auf Tat". 14, hg. 4, als von östiich Loping stammend wiedergegebenes Bild ist nicht von dort, sondern über dem Hwadjiao-ho gegen Taipinggai; ich machte dieselbe Aufnahme aus größerer Ferne. Auch zeigt Taf. XVI mit dem .See von Tangdse nicht die Ebene von Yiliang, die 12 km entfernt und 200 /;/ liefer liegt. •' Depi'at et Mansuy. Etudc geologique du Yunnan oriental, I. Gesteine von Giiidschou und llunan. 439 meine Fallzeichen betrachtet, so erkennt man, daß in Guidschou ein durchaus nicht so ungestört gelagertes Tafelland vorliegt, wie die bisherigen Darstellungen vermuten ließen. Das bei Lungli aus- geschiedene sandige Sediment halte ich für identisch mit einem in W-Yünnan bei Pintschvvan gesammelten; der Beleg von dort ist leider noch ausständig und konnte daher nicht bestimmt werden. Auf dem Gebirge südöstlich von Guiding (»Kweiting«), welches ich auf demselben Wege überschritt, wie Ledere und vorher Bourne, habe ich den unter Nr. 4 beschriebenen Ouarzit gesammelt. Im Gegensatze zu jenen Forschern, die beide Kalkstein angeben, bin ich sicher, daü der Quarzit dort eine große Verbreitung hat, des- halb, weil ich keinen Kalk notierte, sondern dasselbe Gestein bis Lopusse. im Osten von einzelnen Kalkbändern durchzogen, und die Bergi'ormen ganz andere sind als im Kalkgebirge, nämlich zusammenhängende, nirgends in Kegel zerschnittene Rücken, die Flanken fieilich auch steil, von Gräben zerfurcht, aber nirgends scharfkantig oder mit Karrenbildung. Ledere schreibt von bis zu 600 fu mächtigem Quarzit der sinischen P'ormation in Kwanghsi. Die Verbreitung und Mächtigkeit spricht also nicht gegen die Identifizierung des Gesteins der ganzen Strecke mit dem ge- sammelten. Das Alter freilich wird ein anderes sein, mesozoisch, wie jener das ganze östliche Guidschou nennt, aber wghl nicht. Flußabwärts von Sandjio gelangte ich nicht 100 m über den Fluß, da ich von Sandjiang weiter im Boote reiste, er aber bis 500 m^ und dies mag den Widerspruch aufheben, der darin zu liegen scheint, daß er kalkige und schieferige Horizonte des Productus- kalkes geschnitten gefunden hat, mir aber die Grauwacke, soweit die nahezu tropische Pflanzendecke Einblicke zuließ, unverändert durchzuziehen schien. Die Konglomerate bei Gudschou, offenbar, ähnlich wie F. v. Richthofen solche »mit wollsackähnlichen Formen« oberhalb Hsiangtan in Hunan beschreibt, erwähnt jener Autor nicht, sein Phthanit könnte wohl mit meinen Mergeln dort identisch sein. In Gudschou trennt sich mein Reiseweg von jenem Leclere's. Zwischen den Tonschiefern fand ich nur bei I^iping und gegen Dsingdschou Kalk, der Karrenbildung zeigt und mit jenem von Nganschun identisch zu sein scheint. Die große Verbreitung der Tonschiefer gegen E ist auch den deutschen Bergleuten in Tschangscha und Hsikwangschan bekannt, welche die Provinz zu Minenuntersuchungen vielfach bereist haben, und erstreckt sich noch weit nach NE. Während v. Richthofen auf seiner Reise durch Hunan erst von einem einzigen Bergwerk bei Hsinning gehört hatte, ist heute Hunan, wenigstens was Abbau betrifft, die erzreichste Provinz Chinas. Das wertvollste Erz ist Wolfram, der aus dem Süden kommt; in größter Menge aber wird -Antimon produziert, besonders in Hsikwangschan. Das dortige, von den Bergleuten als Trümergang bezeichnete, 1907 entdeckte Vorkommen liegt zwischen Kalkschichten ohne jedes Tiefengestein und kommt auf einer gegen 2 km langen Strecke an den Tag, 440 H. Handel-Mazzetti und A.Köhler, während der Gang von Tjilidjiang jenseits eines Rückens weitere 2 hii im S offenbar die direkte Fortsetzung da\on ist. Hsikwangsciian zählt zirka 40 Schmelzwerke und soll zur Zeit der Hochkonjunktur während des Krieges gegen 100.000 Ein- wohner gehabt haben. Wie bereits angedeutet, ist heute die Kenntnis der Pro\'inz Hunan weit vorgeschritten und wäre nur zu wünschen, daß von einem der guten Kenner — lieber einem, der es still schweigend ist, als einem, der sich dazu berufen fühlt, ohne es zu sein — auch etwas wissenschaftlich Verwertbares darüber \-er- öffentlicht wird. Die topographische Unterlage ist hier meine eigene Aufnahme, die im Detail in absehbarer Zeit veröffentlicht werden wird. Zu den eingetragenen Gesteinen habe ich noch zu bemerken, daß auf das Vorkommen von Granit auf dem Gebirge SE \'on Hsinning aus den am Fuße liegenden Blöcken geschlossen wurde, auf jenes zwischen Daloping und Tschangscha aus dem Aussehen der riesigen runden Blöcke an den beiderseitigen Berghängen abseits vom Wege. In der dortigen Gegend, am Flusse unter Daloping, gibt es auch (in der Karte nicht eingetragene) rotbraune Tuffe vielleicht vulkanischer Natur. In dem Granitstock zwischen Ludu und Hsinhwa kommt das Gestein (13) auch äußerst weich, zu Sand zerbröckelnd, vor. Der Laterit, genau wie ihn v. Richt- hofen aus der Gegend zwischen Tschangscha und Yodschou beschreibt, liegt wohl meist über seinem »Decksandstein«; da ich dies aber nicht konstatieren konnte, habe ich jene jüngste Bildung selbst eingetragen, v. Richthofen, der die Strecke Höngdschou — Tschangscha wie ich auf dem Flusse zurücklegte, hat keinen Granit gesehen, sagt aber, daß der Höng-schan solcher sein soll. Ich habe unweit der so benannten Stadt am Flußufer »Gneis« an- stehend notiert, wohl ohne die Schieferung deutlich gesehen zu habep. II. Beschreibung der Gesteine. Von Alexander Köhler. Dr. Handel-Mazzetti hat in seiner Kartenskizze die Fund- punkte V(jn Westen nach Osten mit fortlaufenden Zahlen bezeichnet. Die Beschreibung wird dieselbe Reihenfolge einhalten. Der westliche Teil der Karte greift bereits in die Provinz Yünnan über. Von dieser Wegstrecke wurde kein Material mitgebracht. Es soll hier erwähnt werden, daß von Dr. Handel-Mazzetti auch in den \'on ihm durchreisten Provinzen Yünnan und Sz'tschwan eine statüiche Anzahl von Gesteinsproben gesammelt wurde, die aber erst zum Teil in Wien eingetroffen sind. Sie werden nach dem Eintreffen des gesamten Materials beschrieben werden. Nr. 1 (Ahung zwischen Hwangtsaoba und Hsintscheng) ist ein dunkler, knolliger Kalkstein mit Fossilien, die Herr Prof. Gesteine von Guidscliou und Ilunan. 441 C. Diener als Conocardium (Carbon) zu bestimmen die Freund- lichkeit hatte. Nr. 2 (Bergrücken zwischen Hsintscheng und Tjiaolou) ist ein grauviolettes, makroskopisch vollkommen dichtes hornstein- artiges Gestein. Unter dem Mikroskop zeigt der Schliff ein äußerst feines granoblastisches Quarzgewebe. Einzelne undeutliche stengelige Gebilde möchte ich für Spongienreste ansehen. Feinverteilte tonige Substanz und Schlieren von Limonit trüben das mikroskopische Bild. Die Frage, wie sich dieses Gestein zu dem von Dr. Handel- Mazzetti ausgeschiedenen Ouarzit verhält, muß hier offen bleiben. Nr. 3 (Flußschlucht an der Brücke Baling-tjiao sw. von Dschenning) ist ein dunkelgrauer Krinoidenkalk. Kleine, klastische Körner von Quarz sind häufig, desgleichen kohlige Partikel. Tonige und limonitische Verunreinigungen sind nur spär- lich vorhanden. Nr. 4 (vom Gebirge se. Guiding) ist ein typischer Quarzit. Die Quarzkörner löschen wenig undulös aus und begrenzen ein- ander in buchtigen, oft zahnigen Formen. Feine Streifen von winzigen Flüssigkeitseinschlüssen durchziehen die meisten Körner und sind stets mit der Richtung von w des Quarzes in ungefährer Übereinstimmung (Böhm'sche Streifung). Als accessorische Gemeng- teile kommen vor: Turmalin in kleinen Säulchen, am neg. Char. der Hauptzone und an dem Pleochroismus nach dem Schema CO >- £ leicht zu erkennen. Zirkon tritt in kleinen Säulchen auf. Titanit, ohne krystallographische Umgrenzung, unterscheidet sich \'om Zirkon durch die hohe Doppelbrechung; seine Verbreitung ist gering. Ganz untergeordnet findet sich Albit (mit o! und -/ unter n des Kanadabalsams) und Hämatit in feinsten Schüppchen. Nr. 5 (\'on Sandjio) ist eine Grauwacke, ein bläulichgraues Gestein, feinkörnig mit einzelnen größeren (bis Yg cm) Quarzbruch- stücken, die sich wie Einsprengunge in der Grundmasse ausnehmen. Von den zahlreichen kleinen klastischen Körnern sind manche undulös auslöschend, manche zeigen Spuren starken Druckes, so daß sie randlich, mitunter auch ganz in ein granoblastisches Gewebe aufgelöst wurden. Die Form ist eckig bis gerundet, je nach der Länge des Transports bis zur Sedimentation. Von be- trächtlich geringer Verbreitung finden sich Feldspate, Orthoklas, Mikroklin und ein dem Albit nahestehender Plagioklas. Ein Korn eines Eruptivgesteins zeigt Quarz und Feldspat (Schachbrettalbite), beide krystallographische Begrenzung zeigend, in einer feinkörnigen Grundmasse, die fiüher vielleicht glasig war. Weitere Gemengteile dieser Grauwacke sind ferner Calcit, der in unregelmäßig begrenzten Körnern auftritt und pseudomorph zu sein scheint. Ganz spärlich sind Reste von Pyroxen. Das unauflösbar feine Grundgewebe scheint hauptsächlich aus Serizit zu bestehen. Chlorit als Zersetzungs- produkt ist selten. Sitzungsberichte d. matliem.-naturw. Kl., Abt. I, 13(i. Ed. 32 442 H. Handel-Mazzetti und A.Köhler, Nr. 6 (zwischen Gudschou und Liping) ist ein grünlich- graues Handstück eines Tonschiefers, makroskopisch vollkommen dicht, keine vSchichtung oder Schieferung zeigend. Unter dem Mikroskop zeigen sich klastische Quarzkörner von der durch- schnittlichen Größe 0'02 mm. Auch Feldspatkörner, in einigen Fällen Lamellen nach dem Albitgesetz erkennen lassend, finden sich vor. In der nicht aufzulösenden Grundmasse liegen sehr kleine Sericitschüppchen, die ohne eine regelmäßige Anordnung das ganze Gestein durchziehen, desgleichen winzige Tonschiefernädelchen in großer Menge. Einzelne Muskowitschuppen, zum Teil mit Pennin vergesellschaftet, scheinen Pseudomorphosen nach klastischen, größeren Gemengteilen zu sein. Chlorit als Zersetzungsprodukt ist recht verbreitet und verleiht dem Gestein seine grünliche Farbe. Nr. 7 (Grenzgebiet Guidschou-Hunan, zwischen Liping und Dsingdschou) ist ein dem vorigen Gestein ähnliches Sedi- ment, ein umkrystallisierter Tonsandstein, das sich nur durch die größeren Dimensionen der Gemengteile unterscheidet; schon makroskopisch sieht man Quarzkörner bis 2 mm Größe, unter dem Mikroskop zeigen sie gerundet- eckige Form. Einzelne Körner sind randlich, wo der Druck am stärksten wirkte, andere zur Gänze in ein granoblastisches Aggregat umgewandelt. An der Albitlamellierung verraten sich die Albite, und mehrere größere, klastische Körner erweisen sich als Schachbrettalbit, der durch seine kurzen Lamellen leicht erkennbar ist. Merkwürdig sind jene rundlichen oder ovalen Gebilde, die aus alternierenden Muskowit- und Penninschuppen bestehen. Wie schon oben bemerkt, liegen hier jedenfalls Pseudomorphosen vor. Nirgends sind Reste des früheren Minerals vorhanden, die Aufschluß über die Genese dieser sonderbaren Gebilde geben könnten. Sericit, Chlorit und Rutilnädelchen bilden auch hier gewissermaßen das Grundgewebe, in dem die größeren klastischen Körner ein- gebettet sind. Nr. 8 (Beckenrand von Wukang) ist ein dunkler Kri- n o i d e n k a 1 k. Nr. 9 (vom Yün-schan bei Wukang) ist ein Tonschiefer mit schöner Bänderung. Das Handstück ist von grünlichgrauer Farbe, wenig geschiefert und außerordentlich feinkörnig. Es zeigt typische Warvenschichtung. ^ Gröberes Material geht allmählich in allerfeinstes über, bis eine scharfe Grenze dieses \\-ieder vom gröberen trennt (siehe die schematische Figur ^). Die Ursachen solcher Warvenschichtung sind bei den glacialen Bändertonen 1 Der Name kommt von dem schwedischen Worte »vai'v«, das einen Kreis oder eine periodische WiederlErgänzungen< sollen nicht veröffentlicht, sondern in der Kanzlei der Akademie aufbewahrt und eine's davon über Wunsch an Interessenten für einen Monat entliehen werden. Über die Beigabe solcher »Ergänzungen« wird am Ende der Arbeit ein entsprechender Vermerk stehen. Ferner werden die Herren Autoren ersucht, behufs X'erringerung der Druck- kosten und Erzielung einer größeren Übersichtlichkeit jene Teile ihrer Arbeiten in Kleindruck zu bringen, welche ihrem Inhalte nach als Ergänzungen oder Erläuterungen des im gewöhnlichem Drucke erscheinenden Textes aufzufassen sind. Die Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: Abteilung 1. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Ph3'siologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie. Geologie, Physischen Geographie und Reisen. Abteilung IIa. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astro- nomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Abteilung IIb. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen und der Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin. Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhandlungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis beigesetzt ist, kommen Separatabdrucke in den Buchhandel und können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder, Universitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem angegebenen Preise bezogen werden. Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in besonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie und verwandte Teile anderer Wissenschaften« herausgegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser Monatshefte beträgt 100 K, beziehungsweise 40 M, oder mit direkter Zusendung 120 K, beziehungs- weise 48 M. Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Der Preis des Jahrganges ist 20 K, beziehungs- weise 10 M. Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzung vom 11. März 1915 folgendes beschlossen: Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzunehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäftsordnung nebst Zusatzbestimmungen). § 43. Bereits an anderen Orten veröfTentlichte Beobachtungen und Unter- suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen werden. Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen, aber entweder kein Belegmateriai oder anderes Belegmaterial als jenes enthalten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist. Unter den gleichen Voraus- setzungen gelten auch voriiiufige Mitteilungen in anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen Mitteilung zu machen und sie beizu- legen, falls sie bereits im Besitz von .Sonderabdrucken oder Bürstenabzügen sind. § 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht, bleiben, auch v.-enn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie aufgenommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts veröffentlicht werden. Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Einreichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften erst dann zulässig, wenn der Verfasser die .Sonderabdrucke seiner Arbeit von der Akademie erhalten hat. Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei anderen Zeitschriften eingereicht werden. Bei der VeröffentHchung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt. Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche den- selben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt, ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im .Anzeiger der Akademie mitgeteilt wurde und daß die Abhandlung als >Auszug aus einer der Akademie der Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig, sobald der Verfasser die Ver- ständigung erhallen hat, daß seine Arbeit von der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten Veröffentlichungen an anderer Steile hat der Verfasser ein Belegexemplar der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzusenden Für die X'eröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhandlung nn anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen: 1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden, dürfen in anderen chemischen Zeitsciiriften deutscher Sprache nicht (auch nicht auszugs- weise) veröffentlicht werden; 2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentHcht werden; 3. .Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihie Einwilligung gibt. y Akademie der Wissenschaften in Wien Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse Sitzungsberichte Abteilung I Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen 130. Band, 4. und 5. Heft (Mit 1 Tafel und 15 Textfiguren) Gedruckt auf Kosten der Jerome und Margaret Stonborough-Spende Wien, 1921 österreichische Staatsdruckerei In Kommission bei Alfred Holder Universitätsbuchhändler Buchhändler der Akademie der Wissenschaften Inhalt des 4. und 5. Heftes des 130. Bandes, Abteilung I der Sitzungs- berichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse: Seite Schwenk A., Über Mikroorganismen in der Wiener Hochquellenwasserleitung. [Preis : 60 K] • 111 Schussnig B., Ein Beitrag zur Kenntnis der Cytologie von Tuber aestivum Vitt. (Mit 1 Täte! und 3 Textfiguren.) [Preis: 90 K] 127 Schröder B., Phj-toplankton aus Seen von Mazedonien. (Mit 12 Textfiguren.) [Preis: 180 K] . : 147 Textkürzung. Infolge der foitduuernden außerordentlichen Preissteigerungen des Druckes ist die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse außerstande, die Abhandlungen im alten Friedensumfange abzudrucken; insbesondere, sollen die Sitzungsberichte von den aufgenommenen Arbeiten nur das zum Verständnisse unumgänglich Not- wendige bringen. Sehr oft sind manche Einzelheiten der Versuchsanordnungen, Beobachtungsprotokolle, Zahlentabellen, Kurven, Zwischenrechnungen u. a. m. nur für den auf dem betreffenden 'Gebiete arbeitenden Fachmann von Wichtigkeit, während sie für den Fachmann verwandter Gebiete von minderem Belange sind. Die Autoren werden demnach gebeten, derartige Einzelheiten als »Ergänzungen« ihren Arbeiten beizugeben, und zwar womöglich in Maschinenschrift und in zwei Exemplaren. Diese > Ergänzungen« sollen nicht veröffentlicht, sondern in der Kanzlei der Akademie aufbewahrt und eines davon über Wunsch an Interessenten für einen Monat entliehen werden. Über die Beigabe solcher »Ergänzungen« wird am Ende der Arbeit ein entsprechender Vermerk stehen. Ferner werden die Herren Autoren ersucht, behufs Verringerung der Druck- kosten und Erzielung einer größeren Übersichtlichkeit jene Teile ihrer Arbeiten in Kleindruck zu bringen, welche ihrem Inhalte nach als Ergänzungen oder Erläuterungen •des im gewöhnlichem Drucke erscheinenden Textes aufzufassen sind. Die Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse erscheinen vom Jahre 1888 (Band XC VII) an in folgenden vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Minerctlogie, Krj'stallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Phj'sischen » Geographie und Reisen. Abteilung IIa. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astro- nomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Abteilung IIb, Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem. Gebiete der Anatomie und Physiol ogie des Menschen und der Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin. Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhandlungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis beigesetzt ist, kommen Separatabdrucke in den Buchhandel und können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder, Universitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem angegebenen Preise bezogen werden. Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in besonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie und verwandte Teile anderer Wissenschaften« herausgegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser Monatshefte beträgt 100 K, beziehungsweise 40 M, oder mit direkter Zusendung 120 K, beziehungs- weise 48 M. Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Der Preis des JahrarRt^o-^s. ist 20 K, beziehungs- weise 10 M. Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse Iiat in ihrer Sitzung vom II. M.ir/ r.UÖ folgendes besclilossen: Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzunehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäftsordnung nebst Zusatzbestimmungen). § 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter- suchungen können in die Drucl^schriflen der Akademie nicht aufgenommen werden. Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht als Vorveroffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen, aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes enthalten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist. Unter den gleichen Voraus- setzungen gellen auch vorläufige Mitteilungen in anderen Zeitschriften nicht als Vor\-eröffentlichungen. Die Verfasser haben bei Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen \'orveröffentlichungen Mitteilung zu machen und sie beizu- legen, falls sie bereits im Besitz von Sonderabdrucken oder Bürstenabzügei^ sind. § 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht, bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie aufgenommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts veröffentlicht werden. Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Einreichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrucke seiner Arbeit von der Akademie erhalten hat. Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei anderen Zeitschriften eingereicht werden. Bei der \'eröffentlichung an anderer .Stelle ist dann anzugeben, daß die Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt. Die Einreichung einer. Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche den- selben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt, ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der Wissenschaften in Wien vorgelegten .Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig, sobald der Verfas.ser die Ver- ständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der .Akademie einzusenden Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhandlung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen: 1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden, dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch nicht auszugs- weise) veröffentlicht werden; 2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentHcht werden; 3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihie Einwilligung gibt. Akademie der Wissenschaften in Wien Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse Sitzungsberichte Abteilung I Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen 130. Band, 6. und 7. Heft (Mit 3 Tafeln und 6 Textfiguren) Gedruckt auf Kosten der Jerome und Margaret Stonborough-Spendc Wien, 1921 österreichische Staatsdruckerei In Kommission bei Alfred Holder Universitätsbuchhändler Buchhändler der Akademie der Wissenschaften Inhalt des 6. und 7. Heftes des 130. Bandes, Abteilung I der Sitzungs- berichte der matliematisch- naturwissenschaftlichen Klasse: Seite Piskernik A., l^ber die Einwirkung fluoreszierender Farbstoffe auf die Keimung der Samen. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 325 K] 189 Priesner H., i^eiträge zur Lebensgeschichte der Thysanopteren. I. Thrips klapaleki Uz., ein Orchideenschädling. (Mit 6 Textfiguren.) [Preis: 100 K] 215 Geitler L., Versuch einer Lösung des Heterocj'sten-Problems. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 300 K] 223 Klein G., Studien über das Anthochlor. (IL Mitteilung.) (Mit 1 Tafel.) [Preis: 225 K] 247 Textkürzung. Infolge der fortdauernden außerordentlichen Preissteigerungen des Druckes ist die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse außerstande, die Abhandlungen im alten Friedensumfange abzudrucken; insbesondere sollen die Sitzungsberichte von den aufgenomiaenen Arbeiten nur das zum Verständnisse unumgänglich Not- wendige bringen. Sehr oft sind manche Einzelheiten der Versuchsanordnungen, Beobachtungsprotokollc, Zahlentabellen, Kurven, Zwischenrechnungen u. a. m. nur für den auf dem betreffenden Gebiete arbeitenden Fachmann von Wichtigkeit, während sie für den Fachmann verwandter Gebiete von minderem Belange sind. Die Autoren werden demnach gebeten, derartige Einzelheiten als »Ergänzungen« ihren Arbeiten beizugeben, und zwar womöglich in Maschinenschrift und in zwei Exemplaren. Diese > Ergänzungen« sollen nicht veröffentlicht, sondern in der Kanzlei der Akademie aufbewahrt und eines davon über Wunsch an Interessenten für einen Monat entliehen werden. Über die Beigabe solcher >Ergänzungen« wird am Ende der Arbeit ein entsprechender Vermerk stehen. Ferner werden die Herren Autoren ersucht, behufs Verringerung der Druck- kosten und Erzielung einer größeren Übersichtlichkeit jene Teile ihrer Arbeiten in Kleindruck zu bringen, welche ihrem Inhalte nach als Ergänzungen oder Erläuterungen des im gewöhnlichem Drucke erscheinenden Textes aufzufassen sind. Die Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaft liehen Klasse erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physischen Geographie und Reisen. Abteilung IIa. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astro- nomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Abteilung IIb. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen und der Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin. Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhandlungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis beigesetzt ist, kommen Separatabdrucke in den Buchhandel und können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder, Universitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem angegebenen Preise bezogen werden. Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer Wissenschaften Angehörigen Abhandlungen werden auch in besonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie und verwandte Teile anderer Wissenschaften« herausgegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser Monatshefte beträgt 100 K, beziehungsweise 40 M, oder mit direkter Zusendung 120 K, beziehungs- weise 48 M. Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Der Preis des Jabro-ano-o«; jst 20 K, beziehungs- weise 10 M. Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzung vom 11. .März 1915 folgendes beschlossen: Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzunehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäftsordnung nebst Zusatzbestimmungen). § 43. Bereits an anderen Orten verüffentHchte Beobachtungen und Unter- suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen werden. Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen, aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes enthalten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist. Unter den gleichen Voraus- setzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen Mitteilung zu machen und sie beizu- legen, falls sie bereits im Besitz von Sonderabdruck^en oder Bürstenabzügen sind. § 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht, bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie aufgenommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts veröffentlicht werden. Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Einreichung •einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrucke seiner Arbeit von der Akademie erhalten hat. Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei anderen Zeitschriften eingereicht werden. Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt. Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche den- selben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt, ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt wurde und daß die .Abhandlung als >Auszug aus einer der Akademie der Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig, sobald der Verfasser die Ver- ständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von der Akademie angenommen wurde. Von solclien ungekürzten oder gekürzten Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzusenden Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhandlung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen: 1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden, dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch nicht auszugs- weise) veröffentlicht werden; 2. .Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden; 3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt wiid, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und gekürzter Form veröffcntliclu werden, außer wenn die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihis Einwilligung gibt. Akademie der Wissenschaften in Wien Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse Sitzungsberichte Abteilung I Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen 130. Band, 8. und 9. Heft (Mit 1 Tafel und 1 Profiltafel) Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Wien, 1921 österreichische Staatsdruckerei In Kommission bei Alfred Holder Universitätsbuchbändler Buchhändler der Akademie der Wissenschaften Inhalt des 8. und 9. Heftes des 130. Bandes, Abteilung I der Sitzungs- berichte der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse: Seite Solch J., Das Grazer Hügelland. Ein Überblick über seine geomorphologische Entwicklung. [Preis: 10 Mark] 265 Klein G., Die Verbreitung des Hesperidins bei den G'alieae. (Ein neuer Fall von chemischen Rassen.) [Preis: 5 Mark] 295 Huber B., Zur Biologie der Torfmoororchidee Liparis Loeselii Rieh. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 12 Mark] 307 Tornquist A., Ein >Fenster« des Tauerndeckensystems inmitten der Murauer Granatglimmerschieferdecke südlich des Preber. (Mit 1 Profiltafel.) [Preis: 6 Mark] 329 Textkürzung. Infolge der fortdauernden außerordentlichen Preissteigerungen des Druckes ist die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse außerstande, die Abhandlungen im alten Friedensumfange abzudrucken; insbesondere sollen die Sitzungsberichte von den aufgenommenen Arbeiten nur das zum Verständnisse unumgänglich Not- wendige bringen. Sehr oft sind manche Einzelheiten der Versuchsanordnungen, Beobachtungsprotokolle, Zahlentabellen, Kurven, Zwischenrechnungen u. a. m. nur für den auf dem betreffenden Gebiete arbeitenden Fachmann von Wichtigkeit, während sie für den Fachmann verwandter Gebiete von minderem Belange sind. Die Autoren werden demnach gebeten, derartige Einzelheiten als »Ergänzungen« ihren Arbeiten beizugeben, und zwar womöglich in Maschinenschrift und in zwei Exemplaren. Diese »Ergänzungen« sollen nicht veröffentlicht, sondern in der Kanzlei der Akademie aufbewahrt und eines davon über Wunsch an Interessenten für einen Monat entliehen werden. Über die Beigabe solcher »Ergänzungen« wird am Ende der Arbeit ein entsprechender Vermerk stehen. Ferner werden die Herren Autoren ersucht, behufs Verringerung der Druck- kosten und Erzielung einer größeren Übersichtlichkeit jene Teile ihrer Arbeiten m Kleindruck zu bringen, welche ihrem Inhalte nach als Ergänzungen oder Erläuterungen des in gewöhnlichem Drucke erscheinenden Textes aufzufassen sind. Die Sitzungsberichte der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physischen Geographie und Reisen. Abteilung IIa. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astro- nomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Abteilung IIb. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen und der Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin. Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhandlungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis beigesetzt ist, kommen Separatabdrucke in den Buchhandel und können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder, Universitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem angegebenen Preise bezogen werden. Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in besonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie und verwandte Teile anderer Wissenschaften« herausgegeben. Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Die Preise werden nach dem jeweiligen Stande der Valuta nach Maßgabe der Verhältnisse berechnet. Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat .in ihrer Sitzung vom 11. März 1915 folgendes beschlossen: Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzunehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäftsordnung nebst Zusatzbestimmungen). § 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter- suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen werden. Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse, der Untersuchung mitteilen, aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes enthalten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist. Unter den gleichen Voraus- setzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen Mitteilung zu machen und sie beizu- legen, falls sie bereits im Besitz von Sonderabdrucken oder Bürstenabzügen sind. § 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht, bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie aufgenommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts veröffentlicht werden. Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Einreichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrucke seiner Arbeit von der Akademie erhalten hat. Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei anderen Zeitschriften eingereicht werden. Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt. Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche den- selben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt, ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung< bezeichnet wird, zulässig, sobald der Verfasser die Ver- ständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzusenden Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhandlung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen: 1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden, dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch nicht auszugs- weise) veröffentlicht werden; 2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden; 3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt wird, dürfen m anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und gekürzter Form vcroffcnthcht werden, außer wenn die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt. Äkademi NEW YORK ACADPill OF SCIEMCE3 der Wi§,&pnschaft ;n in Wien Mathem^isclj^-natunyiggf^ngphqfiiphf^ Klasse Sitzungsberichte Abteilung I Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen 130. Band, 10. Heft (Mit 1 Kartenskizze und 4 Textfiguren) Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Wien, 1921 österreichische Staatsdruckerei In Kommission bei Alfred Holder Universitätsbuchhändler Buchhändler der Akademie der Wissenschaften Inhalt des 10. Heftes des 130. Bandes, Abteilung I der Sitzungs- berichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse: Seite Krasser F., Zur Kenntnis einiger fossiler Floren des unteren Lias der Succes- sionsstaaten von Österreich-Ungarn 345 Kober L., Regionaltektonische Gliederung des mittleren Teiles der ostalpinen Zcntralzone. (Mit 1 Textfigur.) 375 Brunswick H., Der mikrochemische Nachweis pflanzlicher Blausäureverbindungen. Eine neue mikrochemische Methode zum Nachweis von Cyanwasserstoff und Emulsin. (Mit 1 Textfigur.) 383 Handel-Mazzetti H. und Köhler A., Die in Guidschou (»Kweitschou«) und Hunan gesammelten Gesteine. (Mit 2 Textfiguren und 1 Kartenskizze.) . . 437 Textkürzung, Infolge der fortdauernden außerordentlichen Preissteigerungen des Druckes ist die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse außerstande, die Abhandlungen im alten Friedensumfange abzudrucken; insbesondere sollen die Sitzungsberichte von den aufgenommenen Arbeiten nur das zum Verständnisse unumgänglich Not- wendige bringen. Sehr oft sind manche Einzelheiten der Versuchsanordnungen, Beobachtungsprotokolle, Zahlentabellen, Kurven, Zwischenrechnungen u. a. m. nur für den auf dem betreffenden Gebiete arbeitenden Fachmann von Wichtigkeit, während sie für den Fachmann verwandter Gebiete von minderem Belange sind. Die Autoren werden demnach gebeten, derartige Einzelheiten als »Ergänzungen« ihren Arbeiten beizugeben, und zwar womöglich in Maschinenschrift und in zwei Exemplaren. Diese »Ergänzungen« sollen nicht veröffentlicht, sondern in der Kanzlei der Akademie aufbewahrt und eines davon über Wunsch an Interessenten für einen Monat entliehen werden. Über die Beigabe solcher »Ergänzungen« wird am Ende der Arbeit ein entsprechender Vermerk stehen. Ferner werden die Herren Autoren ersucht, behufs Verringerung der Druck- kosten und Erzielung einer größeren Übersichtlichkeit jene Teile ihrer Arbeiten in Kleindruck zu bringen, welche ihrem Inhalte nach als Ergänzungen oder Erläuterungen des in gewöhnlichem Drucke erscheinenden Textes aufzufassen sind. Die Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse erscheinen vom Jahre 1888 (Band XC VII) an in folgenden vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physischen Geographie und Reisen. Abteilung IIa. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astro- nomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Abteilung IIb. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen und der Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin. Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhandlungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis beigesetzt ist, kommen Separatabdrucke in den Buchhandel und können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder, Universitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem angegebenen Preise bezogen werden. Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in besonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie und verwandte Teile anderer Wissenschaften« herausgegeben. Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Die Preise werden nach dem jeweiligen Stande der Valuta nach Maßgabe der Verhältnisse berechnet. 1 1 5 WHSE 00861 •.» * • •,* * » • • * \ * ♦ * » .■•>.\X*M*t'M*t • ^ • » b to ^ » , . '. -. . k . s ■"' vÄ' />:-:': fc » V • • • »^»^*^h.-* *,» h k » » » » » » b » k,b »^k ^ . * i » b • > » h V ft • • b' • • fr * » •. 4 • * » » ^ • ^ . i. fc f'fc •% * » • > », * • * |I » » » * * • .* » ^ . k tr *- «*kk*ikb • » fc • * 1 ' • *,*^^.* ft • • %,* ^ >,* » 4i k » » • » B • k » « i^» • »^b ¥ I. »^» ^ b> • fc • • • • . ., WWW. \-r. '.','>*. ^'^.W.W.W • *• ♦.» ».k » ^.^ •.» » » * *.• ta fc • « f » ■- » >* - • » *.*.*,* * 4*bk*bk ^«kteh»» b*ba«< - - •«••bb*k^ »b»9»«a*t»«» «»•-«»*••«-►•• »1» * • * • » • * * •I* »44**4»» t ••»»» Bk«|>K* ' • W*^«» * »b W * M p » »«» » •«* > t ■ * i fc ». • • * « * » * * # ► > • • » » • '-•*».* • • * * *.• *»b»»b' •»-►•» - ■ 1» ■ » • » 4 •