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Sitzungsberichte

der

Gesellschaft

Haturforschender Freunde

zu Berlin.

Jahrgang 1913.

ee nn nen

BERLIN. Is Kommission BEI R. FRIEDLÄNDER & SoHn,

Inhalts-Verzeichnis.

BRAUER, A., Zur Kenntnis des Gebisses von Procavia r

—, Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoologischen Museum in Berlin . .

GERMERSHAUSEN, GuıDo, Untersuchungen See den Kehlkopf der Cha- maeleonen

GRÜNBERG, K., Ein neuer Fall er Vorkommens der Laws der Rinder- dasselfliege im menschlichen Auge .. ..»......

HANTZSCH, BERNHARD 7, Beobachtungen über die Säugetiere v von ı Baffins- land. Mit einer Einleitung von P. MATSCHIE

HENNIG, Epw., Über neue Funde fossiler Fische aus Adnatoriäk: und Südafrika und ihre paläogeographische Bedeutung

HILZHEIMER, MAX, Über neue ET nebst Bemerkungen über die Nomenklatur dieser Tiere .

HONIGMA\N, HANS LEO, Bemerkungen zur Beet und Brstömatik der Leporiden und Beschreibung eines neuen chinesischen Kaninchens

KLATT, BERTHOLD, Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913

KOLBE, HERMANN, Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia De ne A ee BE TE. ;

LENGERKEN, HANNS von, Die Kolbenzellen bei Anguilla und Petromyzon

LEvv, FRITZ, Über künstliche Auslösung der Eientwicklung bei Amphibieu

MATSCHIE, PAUL, Eine neue Form der Elenantilope . . TER

—, Bericht des Vorsitzenden über das Geschäftsjahr 1913

—, Ss. HANTZSCH, BERNHARD 7.

MAYER, EDMUND, Über die ee der menschlichen Wirbel- säule | i

NIEDEN, FRr,, ade ach nd, seine Unterarten i

_, Herpetologisch Neues aus Deutsch-Südwestafrika . .

Poronık, R. H., Über Blatt-Epidermen einiger fossiler Damen

RAMME, WILLY, Über einen Zwitter von Thamnotrizon fallax FISCH.

Zgologisches aus Krain und Istrien :

Rüsr, F. E., Drei unbeachtet gebliebene EREER J. En. SCHÖDLER’S

ScHuLzt, Paur, Studien über tierische Körper der Carotingruppe. I. Insecta.

SPATZ, P., Einige Bemerkungen über nordafrikanische Tiere und über das Verhältnis der Eingeborenen zu ihnen . . . .

STERNFELD, RICHARD, Die Erscheinungen der Mimikry bei den Schlangen

—, Beiträge zur ee Neuguineas und der benachbarten VE a ee a es

STOBBE, RUDOLF, Mallophagen.: 3, Beitrag: Die ker. dos Ber- liner Museums für Naturkunde Klara:

THIELE, JoH., Ein neuer Solenogaster von Spitzbergen Ey

Vogt, THEODOR, Zur Reptilien- und Amphibienfauna Koreas und Japans

1*

Ill

IV

VoGT, THEODOR, Über die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan VANHÖFFEN, E., Die antarktischen Cirolana-Arten . . » . 2... —, Uber Konservierung von Hydra . : 2. ua m nee F

VERHOEFF, KARL W., Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen und Hypsoiulus n. subg. (Über Diplopoden,

61. Aufsatz.) . = . 2: 2 0 200mm! WR wo —, Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63, Aufsatz.) „3525 WEDEKIND, R., Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Marten-

berg bei Adorf. . .. : . „women 2 TE A ZWIERZYCKI, J., Zur Frage der unteren Kreide in Portugisisch-Mozam-

bique : -.:. 2 Wu. ee

Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher Berichte über die ersten wissenschaftlichen Sitzungen 1, 83, 163, 231, 293, "305, 327, 394,

Berichte über die zweiten wissenschaftlichen Sitzungen 81, 162, 229, 281, 336, 390, 441,

304, 545.

Verzeichnis der im Jahrgang 1913 neu beschriebenen Gattungen, Arten, Varietäten usw.

Mammalia.

Acinony& wagneri, Kordofan, hecki, Senegal, n. sp., guttatus obergi, »-Deutsch- Südwestafrika, ngorongorensis, Ngorongoro, n. Sp., raddei n. sp., Turkestan, HILZHEIMER, p. 285—291.

Cuniculus kreyenbergi n. sp., China, HONIGMANN, p. 295.

Oreas oryx& niediecki n. subsp., Kafue- und Maschukulumbwe-Land, MATSCHIE, p. 249.

Procavia bamendae, kamerunensis, Kamerun, Pr. (Dendrohyrax) scheffleri, Brit.- Ostafrika, adolfi-friederici, Pr. (Heterohyrax) schubotzi, Bugoie-Wald (Deutsch- Ostafrika), frommi, Iringa, münzneri, Tanganjika-See, n. sp., BRAUER, p. 125—137.

Reptilia.

Chamaeleon fischeri RCHWw. n. subsp. fischeri, vosseleri, werneri, multituberculatus, Deutsch-Ostafrika, NIEDEN, p. 238—248.

Typhlops depressiceps n. sp., Neuguinea, STERNFELD, p. 384.

Ultrocalamus n. g. preussi, Seleo, bürgersi, Neuguinea, n. Sp., STERNFELD, p. 388.

Amphibia.

Arthroleptis schebeni n. sp., Deutsch-Südwestafrika, NIEDEN, p. 451.

.Callula tornieri n. sp., Korea, VOGT, p. 219.

Microhyla boulengeri n. sp., Hainan, Vogt, p. 222.

Molluseca. Solenogastres. Nematomenia arctica n. sp., Spitzbergen, THIELE, p. 161.

Cephalopoda. Goniatitidae.

7 Beloceras denckmanni n. sp., Oberdevon v. Martenberg, WEDEKIND, p. 49.

7 Crickites holzapfeli n. sp., Devon v. Bicken, WEDEKIND, p. 72.

7 Gephyroceras tuberculatum n. var., Martenberg, bickense, Bicken, sandbergeri, Martenberg, n. sp., WEDEKIND, p. 67 u. 69.

7 Manticoceras adorfense, bullatum, galeatum, inversum, drevermanni, schellwieni n. Sp., calculiforme n. var. crassa, Oberdevon v. Martenberg, WEDEKIND, p. 54, 56, 60 u. 61, 65 u. 66.

Crustacea. Isopoda.

Cirolana obtusata, albinota, oculata, intermedia n. sp., Antarktis, VANHÖFFEN, p. 78 u. 79.

Myriopoda. DIEERE

lachiensis n. subsp., marcomannius n. Sp. "mit traumianus n. El simplex >; n. var. nanus, engadinus, roettgeni, frigidarius n. Sp., trilineatus- ligne Be: n. subsp., VERHOEFF, p. 175—181, 189 u. 191. E Hypsoiulus n. subg. v. Leptoiulus, VERHOEFF, p. 188. Syngonopodium n.g., aceris n. sp. mit n. subsp. Bann, St. Gilgen, styricum n. sp., Graz, VERHOEFF, p. 270—278.

Insecta. Mallophaga.

Trichodectes vosseleri, Deutsch-Ostafrika, matschiei, Kamerun, zorillae, Tunis, viverriculae, Nalagaskar, nungos, Zanzibar, rammei, Kamerun, acutirostris, Pemba, mjöbergi, Borneo, n. sp., STOBBE, p. 371—379.

Coleoptera.

Anomala wkerewia n. sp., Ukerewe, KOLBE, p. 207. Dicranorhina conradsi n. sp., Ukerewe, KOLBE, p. 211. Euphoresia ugandana n. sp., Uganda, KOLBE, p. 203. Fornasinius insignis BERTOL. n. var. pıumilla, infradentata, transitiva, mixta, paradoxa, Ukerewe, KOLBE, p. 209 u. 210. Gnathocera trivittata SWED. n.. subsp. nyansana, Ukerewe, KOLBE, p. 215. Leucocelis adelpha n. sp. mit n. var. albopunctata, Ukerewe, KOLBE, p. 217, Melanocamenta variolosa n. Sp., Ukerewe, KOLBE, p. 204. Pedaria insularis n. sp., Ukerewe, KOLBE, p. 198. Pentecamenta subcostata n. Sp., Ukerewe, KOLBE, p. 205. Plaesiorhina plına WIEDEM. n. subsp. ukerewia, Ukerewe, KOLBE, p. 214. Schizonycha paterna, ukerewia, insularis n. sp., Ukerewe, KOLBE, p. 205 u. 207, Smaragdesthes conradsi n. sp., Ukerewe, KOLBE, p. 213. Trochalus ukerewius, fraterculus n. sp. Ukerewe, KOLBE, p. 201 u. 202.

Faunistische Aufsätze.

Coleoptera Lamellicornia von der Insel Ukerewe im Victoria Nyanza, KOLBE, p. 197.

Reptilien und Amphibien von Korea und Japan, Vogt, p. 219.

Reptilien und Amphibien von Hainan, Vo@T, p. 222.

Schlangen von Neuguinea und den benachbarteu Inselgruppen, STERNFELD, p. 384.

Reptilien und Amphibien von Deutsch-Südwestafrika, NIEDEN, p. 449.

x. EG. 6. 1008 \ ah |

= Sitzu ngsberichte Be = Se Ischaft

E —-_ Freunde

zu Berlin.

No. 1. Januar 1913.

C INHALT: Seite

Studien über tierische Körper der Carotingruppe. I. Insecta. Von PauL Schurze. 1 Die Goniatitenkelke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. Von

NE a N N

Die antarktischen Cirolana-Arten. Von E. VANHÖFFEN . . : x 22 n.20.. re 78

Über Konservierung von Hydra. Von E. Vanuwörren . . u 2.2.2... ..80

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 21. Januar 1913 . . ...... er BERLIN.

In Kommission BEI R. FRIEDLÄNDER & SOHN, NW CarLSTRASsE 11. 71918, U.

DEC 68 1916

Nr. 1. 1913 Sitzungsbericht

der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin

vom 14. Januar 1913.

Vorsitzender: Herr P. MATscHiE.

Herr Paur Scauzze sprach über das Vorkommen von Carotinen in den Flügel- decken von Coleopteren. Herr V. JoLLos sprach über experimentelle Untersuchungen an Infusorien.

Studien über tierische Körper der Carotingruppe. I. Insecta. Von PAuL SCHULZE. (Zool. Inst. Berlin.) Mit Tafel I—-Il.

Im Jahre 1909 traten bei Berlin unter der Ührysomelide Melasoma vigintipunctatum Scor., die normalerweise auf den Elytren 20 schwarze Punkte auf gelbem Grunde zeigt, eine Anzahl Tiere mit ziegelroter Flügelgrundfarbe auf, die von Avku als f. mımata beschrieben wurden. Als ich durch Zufall im Brieselang bei Finkenkrug diese Art in großer Anzahl auf Salıx fragılis L. fand und darunter auch die f. miniata, benutzte ich die günstige Ge- legenheit, um die Ursache der eigentümlichen Rotfärbung zu ermitteln.

Sehr überrascht war ich, als ich unter dem Mikroskope sah, daß die Färbung der Tiere nicht von einem dem Chitin eingelagerten Pigment herrührte, sondern von dicken gelben fettigen Massen, die zwischen den beiden Lamellen der Decken lagen; bei den ziegel- roten Tieren fanden sich außerdem auf der gelben Materie locker verteilt rote kristallinische Gebilde, die mich in Gestalt und Farbe auffallend an den Inhalt mancher Pflanzenzellen mit Üarotin- konkretionen erinnerten, wie sie z. B. Courcaer Taf. 17 Fig. 3 aus der Frucht von Lycopersicum pyriforme abbildet (mit dieser Figur vgl. man auch die f. 30 bei Horuanne (a), die eine Blutzelle von Agelastica alnı darstellt). Und in der Tat ergaben sie die für

1

2 PAUL SCHULZE.

diese Körpergruppe typischen Blaufärbungen mit konzentrierter Schwefelsäure mit Salzsäure und Thymol und mit konzentrierter Salpetersäure. In der Literatur fand ich dann die Arbeit von ZoPpr, der 1892 den roter. Farbstoff einer anderen Melasomaart, der Mel. popuh L. (neben dem einiger weiteren Chrysomeliden und Cocei- nelliden), auf chemischem und spektroskopischem Wege als einen carotinähnlichen Körper nachgewiesen hat, den er in keiner Weise von dem von ihm bei Microccus rhodochrous Zopr aufgefundenen zu trennen vermochte.

Mein Interesse war durch diese Angaben natürlich auf das Lebhafteste geweckt und ich beschloß, den Ausfärbungsprozeß und die Entwicklung des Stoffes in den Flügeldecken zu verfolgen. Doch die Sache war leichter gedacht als getan. Konservierte man die Decken mit irgendeiner Konservierungsflüssigkeit, so wurde das Fett mit dem daran gebundenen Farbstoff ausgelaugt und man bekam Zellen mit zahlreichen Vakuolen, aus denen in bezug auf die Entstehung des Carotins nichts zu ersehen war, ebensowenig erwiesen sich Osmiumsäuregemische als geeignet, die zwar das Fett erhielten, aber auch gleichzeitig schwärzten und die natürlichen Farbenuancen infolgedessen zerstörten, sich auch sonst als un- geeignet erwiesen. Zu alledem kam aber noch eine zweite Schwierig- keit, die Decken ließen sich bei älteren Stadien meist nicht dünn genug schneiden, um klare Bilder zu ergeben, oder das Chitin splitterte und riß und vernichtete die normale Anordnung der in dem Hohlraum der Decke liegenden Zellen.

Nun hatte Tower (a), der sich ebenfalls mit den Pigmenten der Blattkäfer beschäftigt hat, aus den oben angeführten Gründen eine, wie es schien, vielversprechende Methode angewandt, nämlich das Schneiden mit dem Gefriermicrotom. Da er nur die Verhältnisse bei dem fertig entwickelten Käfer studierte, ging sie für seine Zwecke, um im großen ganzen ein Bild von dem Aufbau der Elytren zu gewinnen und zu ermitteln, in welchen Zellen die Pigmente sich finden, noch an, aber selbst hier mußten ihm dabei viele Details entgehen; so hat er denn auch die Existenz des gleich zu besprechenden Carotingewebes nicht erkannt.

Ich bin nun zu einem anderen Verfahren übergegangen, dem ich es verdanke, wenn ich jetzt die Entwicklung dieses eigen- tümlichen Gebildes in den Hauptsachen darlegen kann, einem Ver- fahren, das auch für andere Untersuchungen sehr aussichtsreich zu sein scheint, nämlich dem Untersuchen und Photographieren der lebenden Objekte auf den verschiedenen Entwicklungsstadien. Nach- dem der photographische Apparat eingestellt war. wurde ein Stück

Studien über tierische Körper der Carotingruppe. B

der Flügeldecke abgeschnitten, schnell direkt in Kanadabalsam gebracht und dann die Aufnahme, nachdem ein Zettnowscher Lichtfilter!) in den Strahlengang eingeschaltet war, gemacht. Trübungen durch etwaiges Wasser in den Zellen traten nicht ein; nur mußte der ganze Prozeß in wenigen Minuten beendet sein, da sonst der Balsam das Carotinoid löste. Ich will zunächst die cytologische und dann die chemisch-physikalische und endlich die physiologische Seite des Problems besprechen.

Untersucht man die lebende Decke eines ganz frisch ge- schlüpften Käfers (30. V.)?), so bemerkt man in ihr keinerlei Zellen. Eine Stunde etwa nach Verlassen der Puppe, nachdem die blau- weiß erscheinenden Elytren zwar noch ganz weich sind, aber ihre natürliche Form und Lage angenommen haben, macht das Tier angestrengt pumpende Bewegungen, um die Blutflüssigkeit in die Decken hineinzutreiben. Jetzt erscheinen unter dem Mikroskop auch die ersten größeren Zellen. (Die Leucocyten usw. sind wegen ihrer Kleinheit nicht deutlich sichtbar.)

Über den Bau der Flügeldecken unserer Art habe ich an anderer Stelle (a) berichtet. Sie bestehen wie gewöhnlich aus einer stärkeren dorsalen und einer dünnen ventralen Chitin- lamelle; beide werden verbunden durch senkrechte Chitinpfeiler (columnae). Ihr Ausgangspunkt von der oberen Lamelle ist markiert durch eine schüsselförmige Einsenkung derselben (patina, s. Phot. 2). An der unteren hängen wie Tautropfen an einem Blatte eine große Anzahl kleiner Chitinperlen (perlae). Die Reste der Hypodermis- zellen der beiden Chitinplatten sind um diese Zeit noch deutlich wahrnehmbar, in lange Fortsätze ausgezogen stoßen beide Schichten in einer der unteren Platte genäherten Grenzlamelle zusammen. Mit dem Erscheinen der Carotinzellen schwinden sie allmählich ganz und geben den Platz für das sich bildende Gewebe frei.

Es sind ziemlich große Elemente, die etwas verschiedene, meist rundliche oder oblunge Formen zeigen. In ihnen entdeckt man eine große Anzahl winziger wasserheller Tröpfchen (Phot. 1). Nach einigen Stunden setzt nun in den Zellen eine sehr lebhafte Teilung ein; ein Vorgang, den man sehr deutlich wahrnehmen kann, da sich die Kerne als helle Bläschen deutlich von dem Plasma abheben. Die Teilungen sind fast ausschließlich amitotisch, nur

2) 160 gr Kupfernitrat, 14 gr Chromsäure, 250 ccm Wasser.

2) Ich will in Klammern die Daten eines konkreten Falles zu den einzelnen Stadien setzen, um eine Vorstellung von der Dauer des Prozesses zu geben.

1*

4 PAUL SCHULZE.

in einigen ganz wenigen Fällen lassen sich Mitosen erkennen, wie auch eine auf Phot. 2 bei zu sehen ist. Oft hat sich das Plasma noch nicht durchgeschnürt, wenn die Kerne schon zu neuen Tei- lungen schreiten (z.Z.). Durch diesen Vermehrungsprozeß bilden sich allmählich immer enger aneinanderrückende und miteinander ver- schmelzende girlandenförmige Zellgruppen aus (2. VI.) (Phot. 2), die sich auch um die Chitinpfeiler der Decke ringförmig herumlegen. Gleichzeitig mit diesem Vorgange werden die lichtbrechenden Tröpfchen in der Zelle allmählich immer gelber und gelber.

Auf dem Höhepunkt der Entwicklung ist der ganze Hohlraum zwischen den Deckenlamellen durch ein kontinuierliches „Carotin- gewebe“ ausgefüllt, das mit mächtigen, intensiv gelbgefärbten Fettmassen angefüllt ist, von einzelnen Zellen ist nun nichts mehr zu sehen (8. VI). Bei einem Teil der Individuen, die offenbar konstitutionell besonders kräftig veranlagt sind, ist die fettige Masse auffallend reichlich vorhanden und nimmt nach Verlauf einiger Wochen einen mehr orangegelben Ton an (5. VII.), außer- dem treten aber bei diesen nun in den Zellen kleine ziegelrote Körnchen auf (18. VII), die sich allmählich zu größeren, locker verteilten, kristallinischen, meist knorrigen Gebilden zusammen- ballen, die dann dem Auge den roten Gesamteindruck der f. miniata vortäuschen (Phot. 3). In meinen Zuchten und auch im Freien war das Verhältnis zwischen der gelben und der roten Form etwa wie 1:1, und zwar kam die f. miniata in beiden Geschlechtern vor. Gegen Ende Juli verlassen die Käfer die Weiden, an denen sie eifrig gefressen haben, und verkriechen sich unter Laub, um zu übersommern und dann zu überwintern. In dieser Zeit reifen dann auch die (seschlechtsprodukte, die beim Schlüpfen der Käfer im Gegensatz zu anderen Insekten ganz unentwickelt sind. Mitte April erscheinen die Tiere wieder auf der Bildfläche, saugen be- gierig Wasser, wo sie dessen habhaft werden können, und beginnen an den jungen Weidentrieben zu nagen. Von Tag zu Tag werden die sonst träge dasitzenden Tiere lebhafter und besonders die dd fliegen im Sonnenschein schwerfällig herum. Nun erst findet die Be- gattung statt und während der folgenden Zeit sind die Käfer fast beständig in Copula. Sehr häufig sitzen zwei auf einem ©, von denen das eine den Partner eifrig zu verdrängen sucht. Während des Winterschlafes haben die Elytren kaum eine Ver- änderung durchgemacht, betrachtet man aber etwa 14 Tage nach dem Wiedererscheinen (7. V.) die Decken, so ist mit dem Carotin- gewebe eine merkwürdige Veränderung vor sich gegangen (Phot. 4). Der Inhalt der Zellen ist zum größten Teil geschwunden, und

Studien über tierische Körper der Carotingruppe. 5

Zellgrenzen und Kern sind wieder deutlich sichtbar. Äußerlich sieht das Gelb der Flügeldecken stark abgeblaßt aus. Bei den Exemplaren der f. miniata fangen endlich auch die Kristalle an, sich zu verändern; sie liegen als große, dickflüssige, rote Tropfen in den Elytren, die um diese Zeit oft scheckig rot und gelb gefärbt sind. Noch einige Zeit später und das ganze Carotingewebe geht durch fettige Degeneration zugrunde, die Zellen zerfallen in eine große Zahl größerer und kleinerer Tröpfchen, die allmählich mit dem Blut in den Körper zurückgelangen (Phot. 5 u. 6). Kurz vor den Tode der Tiere findet sich von dem Gewebe in den Flügeldecken keine Spur mehr, nur einige wenige rote Carotinoidschollen und große farb- lose Kristalldrusen unbekannter Zusammensetzung liegen in ihnen (Phot. 7). (Am 11. VIII. das letzte Tier, ein 9, noch schwach rötlich erscheinend, 7.) Dagegen findet sich nun der gelbe Farb- stoff in den abgelegten Eiern, wo ihn Zopr für Mel. populi als Carotinoid nachwies. Bei dieser Art fand ich, daß die Zellen auch in die großen Adern der häutigen Hinterflügel einwandern, wo man sie sehr gut studieren kann (man vgl. hierzu Phot. 8).

Es erhebt sich zunächst die Frage, was sind es für Zellen, die mit dem Blut in die Flügel gelangen und den Grund zu dem in Frage stehenden Zellkomplex legen. Zweierlei fällt an ihnen sogleich in die Augen: ihre Größe und ihr zentral liegender Kern. Das Nächstliegende wäre ja, an jene großen Amöbocyten des Chrysomeliden- und Coceinellidenblutes zu denken, die durch ihren Inhalt an gelben oder roten Carotinoiden der Leibesflüssigkeit dieser Tiere ihre charakteristische Färbung geben. Sie entstehen nach Houzanne’s Untersuchungen aus spindel- förmigen Leucocyten und sind durch ihre sehr großen, in geringer Anzahl in ihnen liegenden Carotineinschlüsse leicht von den Carotin- zellen der Flügel zu unterscheiden. Einige von ihnen gelangen zwar ebenfalls mit anderen Blutelementen in die Decken, kommen aber für die Bildung der Carotingewebe nicht in Betracht.

Schneidet man eine Puppe, die kurz vor dem Schlüpfen des Käfers steht, oder eben geschlüpfte Tiere, so sieht man, wie mit dem Fettkörper und zwar fast ausschließlich mit den kleineren Lappen desselben, die in den Segmentbuchten liegen, eine merkwürdige Veränderung vor sich geht (s. Fig. 1 u. Phot. 9). Neben den charakteristischen, im konservierten Zustande mit Vakuolen ver- sehenen Zellen desselben mit ihren ziemlich kompakten, meist oblongen, oft ein wenig gelappten Kernen finden sich andere Zellen und zwar fast ausschließlich an der Peripherie des Fettkörpers, die abgerundet, schärfer umgrenzt und mit einem runden zentralen,

6 PAuL SCHULZE.

ziemlich chromatinarmen Keın versehen sind. Das Chromatin liegt besonders am Rand desselben, nur ein oder mehrere größere Bröckchen in seiner Mitte. Das ziemlich homogene Plasma dieser Zellen nimmt mit Säurefuchsin einen rötlichen Ton an. Bei senauerem Hinsehen trifit man sowohl zwischen den Kernen als auch zwischen der Plasmastruktur dieser beiden Zellarten alle Übergänge an, die erkennen lassen, wie die eine sich aus der anderen herausdifferenziert. Die runden Zellen vermehren sich schon an ihrem Entstehungsort durch amitotische Teilung. Dieser scheinen merkwürdige Kernvorgänge vorauszugehen, die ich aber noch genauer zu studieren gedenke, weshalb ich auch hier von einem

Vergleich mit den in der Literatur etwa schon vorhandenen Daten vorläufig absehe. Das Chromatin

IE a ballt sich zu einem großen chro- ea = „=, "=. matischen Kernkörper zusammen, ae neben dem nur ganz weniges,

a = a meist randständiges Chromatin

ER 2 Oo vorhanden ist. Er streckt sich RE EL N. darauf in die Länge und schnürt * u; © ,@ sich, und zwar oft heteropol & > ul durch, was zur Bildung zweier

DB Tochtercaryosome führt (Phot. 10).

a Die Teilung des ganzen Kernes 8. 5 ng Scor. und des Zellkörpers scheint erst sanz irischer Käler. arotinzeiien Im ar rn .: 5 Fettkörper. 340 :1. a Carotinzellen, einige Zeit darauf stattzu b große (Carotin-?) Zellen. fFettkörper. finden. Carnoy, Delafield-Gieson. Außer den eben besprochenen

Zellen finden sich im Fettkörper noch andere Elemente, die etwa die dreifache Größe der ersteren haben (Fig. 1b und Phot. 9b). Ihr Plasma ist nicht homogen, sondern zeigt Netzstruktur; der etwa die Hälfte der Zelle aus- machende Kern ist meistenteils in einige Fortsätze ausgezogen und zeigt locker verteiltes Chromatin (Fig. 1b, Phot. 9b). Auch hier ist amitotische Teilung wenn vielleicht auch seltener ähnlich wie bei den kleineren Zellen zu konstatieren. Es tritt ein Kernkörper auf, dessen Teilung wie bei diesen vor sich zu gehen scheint. Doch ist neben dem Caryosom immer noch sehr feines, den Kernraum gleichmäßig ausfüllendes Chromatin zugegen (Phot. 11b). Nach einiger Zeit zeigen sich im Plasma der ersten Zellart kleine Tröpfehen und das Chromatin ordnet sich gleich- mäßig im Kern an. Durch die Vermehrung der Zellen ist am

-

u a RT EN

Studien über tierische Körper der Carotingruppe. 7

Rande des Muttergewebes Raummangel eingetreten, infolgedessen sind sie an den Seiten meist polygonal abgeplattet (Fig. 2).

Die Carotinzellen, denn um diese handelt es sich, verlassen jetzt ihren Entstehungsort, liegen aber noch eine Zeitlang in diehten Haufen in der Nähe desselben, bis sie durch den Blutstrom in die Flügeldecken getrieben werden. Ihre nunmehrige unregel- mäßige, abgeplattete Form behalten sie zunächst noch bei, wie Phot. 7 sehr schön zeigt, wo auch einige Zellen zu sehen sind, die nach der Teilung noch dicht aneinander liegen (z. Z.). Ebenso verlassen auch die großen Elemente den Fettkörper und scheinen dann dieselbe Plasma- und Kernstruktur anzunehmen wie diese. Über ihr weiteres Schicksal habe ich bis jetzt nichts ermitteln können. BERLESE (S. 791) bildet Zellen, die mit den bei Melasoma

ve B

& N

EL.

Fig. 2

Melasoma X X-punctatum Scoe. Frischer Käfer. Die reifen Carotinzellen im

Begriff, den Fettkörper zu verlassen. 340:1. Carnoy, Delafield-Gieson.

Fig. 3 Melasoma X X-punctatum Score. Ausgefärbter Käfer. Einige Zellen des Carotin- gewebes. 650:1. Carnoy, Delafield.

im Fettkörper liegenden eine gewisse Ähnlichkeit haben, im Corpus adiposum von Tapinoma erraticum ab. Die kleineren nennt er Önoeyten, die größeren Uratzellen. Und in der Tat haben die Carotinzellen mit ersteren große Ähnlichkeit. Bei der Imago habe ich andere Gebilde, die man dafür ansprechen könnte, nicht gefunden. Bei der Larve sah ich auf Probeschnitten nur einige wenige Zellen, die man vielleicht dafür halten könnte; sie liegen ebenfalls im Fettkörper, sehen den „Carotinocyten“ sehr ähnlich, sind aber etwas größer. Das Chromatin ist unregelmäßig verteilt und zeigt mehrere große plasmatische Kernkörper. Die großen Zellen unterscheiden sich von den Uratzellen Bertesr’s vornehmlich durch den viel größeren Kern: Kristalleinschlüsse habe ich bei ihnen nie gesehen.

8 PAuL ScHUuLze.

Nach vollständiger Ausbildung des Zellkomplexes in den Decken Bi - haben die Zellen im Zusammenhang unregelmäßig polygonale Form : (Fig. 3). Das Plasma weist eine sehr deutliche Retikulierung auf,

so daß das ganze Gewebe eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Fett- körper hat. Es unterscheidet sich aber sofort deutlich von ihm durch die viel feineren und gleichmäßigeren Plasmamaschen und durch die großen, runden mit lockerem Chromatin versehenen Kerne, in denen man oft einen oder mehrere größere plasmatische Kernkörper (Plasmosome) findet (Fig. 3).

Auch hier noch sind direkte Kernteilungen zu beobachten, wobei der Kern seine gleichförmige Struktur nicht ändert. Die Teilungsfiguren erinnern etwa an zwei konjugierende Difflugien. Bisweilen zeigt die eine Kernkomponente feinere Chromatinbröckchen als die andere (Fig. 3). Die Durchschnürung des Plasmas unter- bleibt oft, so daß die Zellen dann zweikernig sind (Fig. 3).

Photographie 12 zeigt das Entstehen der Carotinzellen bei der

Coccinellide Harmoniq margınepunctata SCHNEID., Wo sie zunächst eine unregelmäßigere Form zeigen, in Plasma- und Kernstruktur aber mit der Chrysomelide übereinstimmen; sie liegen hier ebenfalis nur an den Seiten des Körpers aber in den dort befindlichen Fett- körpersträngen ziemlich gleichmäßig über die ganze Fläche verteilt und scheinen die Peripherie nicht so zu bevorzugen wie die von Melasoma. Ich verweise hier wieder auf eine Figur von BERLESE (auf S. 801), wo in den direkt unter der Hypodermis liegenden Fettkörpersträngen von Loeusta mit den von Harmonia sehr über- stimmenden wiederum als Önocyten bezeichnete Elemente dargestellt sind. Vielleicht haben sie etwas mit der Bildung des grünen Farb- stoffes bei dieser Art, der ja von einigen Autoren als chlorophylil- ähnlich angesprochen wird, zu tun.

Die großen Zellen unterscheiden sich hier weder durch Plasma- noch durch Kernstruktur von den Carotinzellen, nur weist sowohl Zellkörper als auch der Kern die doppelten Dimensionen auf. Zu erwähnen wäre noch, dab sich in dem Fettkörper dieser Art oft ganze Scharen eines intrazellulären Symbionten vorfinden, der beim Aus- wandern der Carotinocyten aus demselben mitgeht, sie dicht um- drängt, mit ihnen in die Flügeldecken gelangt und dort einen lebhaften Tanz aufführt. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Bakterium. Bei Öhrysomeliden habe ich sie bis jetzt nicht ge- funden. i

Doch will ich auf die Coccinelliden nicht näher eingehen, da Herr cand. Krrmer augenblicklich im Zool. Inst. die den meinigen analogen Untersuchungen für diese Familie ausführt.

3 .

Studien über tierische Körper der Carotingruppe. 9

Das Vorhandensein des Carotingewebes ist äußerlich oft nicht zu erkennen. So besitzt z. B. Melasoma aeneum L. ebenfalls ein gelbes Carotinoid, das aber in den infolge einer Oberflächenfarbe erzgrün oder blau schillernden Decken nicht zur Geltung kommt.

Sehr wichtig endlich kann die Anordnung der Carotinzellen —- wo sie in die Erscheinung treten kann für die Systematik werden, da sie für jede Art sehr charakteristisch zu sein scheint. Z. B. sind sie bei den so sehr ähnlichen G@onioctena viminalıs und @. rufipes ganz verschieden.

Nebenbei sei bemerkt, daß die Giftigkeit des Blutes von Chryso- meliden und Coccinelliden nicht dem darin enthaltenen Caritinoid zuzuschreiben ist, sondern einem Enzymoid (HoLLAnDE c.).

Der f. miniata entsprechende Formen kommen auch bei einigen anderen gelben Chrysomeliden vor. So hat z. B. Tower (b) mit einigen solchen experimentiert; ich will aber nicht darauf eingehen, sondern später zusammenhängend die Folgerungen besprechen, die sich aus vorliegenden Untersuchungen für Temperatur und Vererbungs- experimente mit Chrysomeliden ergeben. Rötliche Formen treten bisweilen bei den gelben Gonioctena olwacea Forst. und V-punctata F. auf (Reıcnerr). Einen. besonders interessanten Fall fand ich in Gonioctena vıminalıs. Der Käfer variiert ziemlich stark, er kommt einfarbig rot vor, mit geringer schwarzer Punktierung, die bei einzelnen Stücken zum Zusammenfließen der schwarzen Flecke führen kann. Endlich gibt es eine ganz schwarze Form (f. calcarata F.), von der man bisher annahm, sie sei das End- produkt der Verschmelzung der schwarzen Flecken. Ich fand nun, daß diese Spielart dadurch zustande kommt, daß das Licht total absorbiert wird von ungewöhnlich reichlich vorhandenen röt- lichen Carotinoidmassen in den Decken. Hält man die Decke gegen das Licht, so erscheint sie rot. Bei der Mehrzahl meiner Exemplare war überhaupt kein schwarzes Pigment vorhanden, sie leiteten sich also von der ganz roten Form her, andere zeigten bei durchfallendem Licht einige Punkte. (In der Entwicklung dieser Form tritt allerdings ein graues Pigment auf, das sich über die Elytren ergießt und ilınen zunächst einen grauen Ton verleiht, mit der normalen Schwarzpigmentierung hat aber der Vorgang nichts zu tun; es handelt sich vielmehr um einen typischen Fall von Melanismus, über den ich in anderem Zusammenhang noch berichten werde. Die tiefe Schwarzfärbung der Tiere beruht aber auf dem oben geschilderten Vorgang.) Während normalerweise das Carotingewebe dieser Form dem von Mel. XX-punctatum sehr ähnlich ist, liegt bei der f. calcarata das Carotinoid so dicht in den Zellen, daß es sich

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an den Zellgrenzen leistenförmig staut, während die Zelle in der Mitte, wo der Kern liegt, vertieft erscheint.

In der Botanik ist durch TogLEer ein den Verhältnissen bei Melasoma XX-punctatum und seiner f. miniata entsprechender Fall bekannt geworden.

Durch die Untersuchungen von WILLSTÄTTER und ESCHER wissen

wir, daß die Rotfärbung der Tomatenfrüchte durch drei Stoffe der Carotingruppe bedingt wird, durch Carotin, Lycopin und Xantho- phyll, auf die später noch kurz eingegangen werden soll.

Die Frucht ist anfangs grün, wird dann kurze Zeit gelblich und schnell rot. Bei der Spielart „Kaleidoskop“ werden die Früchte normalerweise nicht rot, sondern reifen mit gelber Farbe.

Sie bleibt, wie G. und F. ToBLER zeigten, auf einem Stadium stehen, das von der gewöhnlichen roten Tomate rasch durch- laufen wird. Aber einige Spätlinge, die zum Nachreifen an einen sonnigen Platz im Treibhaus gebracht wurden, ergrünten stärker als die gewöhnlichen Früchte dieser Form, bildeten durch eigene Assi- milation Stärke (die sonst bei „Kaleidoskop“ nie vorhanden ist) und endlich auch Lycopin.

Also sowohl bei den Tomaten als auch bei der f. miniata ist

die Bildung des roten Carotinoids von der Anwesenheit reichlicher

Reservestoffe, dort Stärke, hier Fett, abhängig.

Chemische und physikalische Natur der Carotinoide.

Die hier in Rede stehende Gruppe von Körpern zeichnet sich durch ihre gelbe, gelbrote und rote Färbung aus. Sie sind entweder Kohlenwasserstoffe, oder enthalten etwas Sauerstoff. Unlöslich in Wasser, lösen sie sich dagegen in absolutem Alkohol leicht, in Benzol, Petrolätber, fetten und ätherischen Ölen, Schwefelkohlen- stoff usw.; sie zeigen charakteristische Absorptionsbänder in der erünen-violetten Hälfte des Spektrums (über ihr Verhalten gegen- über ultravioletten Strahlen liegen leider noch keine Beobachtungen vor, sie wären aber dringend erwünscht). In trockenem Zustande seben sie mit konzentrierter Schwefelsäure, mit Salzsäure Phenol oder Thymol, mit konzentrierter Salpetersäure und einigen anderen Körpern charakteristische Blaufärbungen.

Sie kristallisieren in gelben oder roten Kristallen von Blättchen oder Nadelform. Die Botaniker haben, um Carotine aus den Ge- weben zum Auskristallisieren zu bringen und so der direkten Unter- suchung zugänglich zu machen, einige indirekte Methoden zum Carotinnachweis ausgearbeitet. So die Säuremethode von FRANK

und Tscrirscn, wobei die Gewebe auf einige Tage in verdünnte De .

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Studien über tierische Körper der Carotingruppe. 11

wäßrige Säurelösungen (z. B. 10°, Oxalsäure) kommen bis zum Auftreten von Carotinkristallen. Bei der Kalimethode von MorıscH verwendet man an Stelle der Säure 80 Teile 40°/, Ale 20 Teile Kalilauge. Die Resoreinmethode Tswrerr’s endlich verlangt die An- wendung von konzentrierter Resoreinlösung (10—12 Teile Resorein auf 10 Teile Wasser). Alle diese Methoden sind aber keine Prüf- steine für bestimmte Carotine, wenn diese etwa nebeneinander vor- kommen. Um deren Trennung durchzuführen, sei auf die Arbeiten von WiırLsTÄTTER und TswETT hingewiesen.

Die Säuremethode findet in der Natur z. B. Anwendung, in der von mir untersuchten Nackengabel (Osmatarium) der Raupe von Pap. machaon L. In den großen Zellen dieses merkwürdigen Organes findet sich ein gelbes Carotinoid offenbar gelöst in von der Futter- pflanze stammenden ätherischen Ölen. (Bei den Raupen, die auf Fenchel gefressen haben, duftet die Nackengabel stark nach Fenchel, bei denen, die sich von Daucus nährten, macht sich nur bisweilen ein Geruch wie nach frischgeschabter Mohrrübe bemerkbar.) In der Gabel liegt ein Drüsenkomplex, „die ellipsoide Drüse“, die eine schwache Säure abscheidet; sie bewirkt offenbar, daß man auf der Cutieula der Zellen das Carotinoid bisweilen auskristalli- siert vorfindet (vgl. die Fig. a auf S. 188 meiner Arbeit). Die Carotinuntersuchungen scheinen noch einen weiteren Fingerzeig über dies für die Papilionidenraupen so bezeichnende Organ zu geben, und zwar in bezug auf seine Färbung bei den Arten der verschiedenen Himmelsstriche. Die Papilioarten der gemäßigten Zone haben gelbe Nackengabeln, die der tropischen Spezies neben einigen wenigen gelben und grünen fast ausnahmslos rote. Nun nimmt aber nach Kost (S. 43) das Carotin beim Erwärmen eine mehr rote Farbe an, möglicherweise liegt aber auch ein Carotin der roten Reihe vor. Ganz abweichend von allen anderen ist das ÖOsmoterium des afrikanischen Pap. brasidas Fern., es ist nämlich tief indigoblau. Sollte hier die ellipsoide Drüse eine so starke Säure produzieren, um die beim Zusammenbringen solcher mit einem Carotin entstehende Blaufärbung zu ergeben?

In hohem Grade charakteristisch für die Carotinoide ist ihr schnelles Ausbleichen, das nach den Untersuchungen von GERLACH bedingt ist durch die Zersetzung des Körpers durch Aufnahme von Sauerstoff, und zwar wird diese beschleunigt durch die Gegenwart des Lichtes. Infolgedessen verschwinden auch die gelben und roten Farben vieler Käfer so schnell. (Wo sie, wie z.B. bei Pyrrochroa coceinea L. und vielen anderen, erhalten bleiben, liegt auch kein an Zellen gebundener carotinähnlicher Stoff vor, sondern eine rote

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Färbung des Chitins, ebenso beruht die diffuse Rotfärbung der Hinter- ri

flügel mancher Chrysomelaarten nicht auf einem Körper dieser (sruppe, selbst wenn ein solcher in den Elytren, wie z. B. bei Chry- somela polita und staphylaea, vorhanden sein sollte) Die Farben halten sich aber in Kohlensäureatmosphäre und merkwürdigerweise nach GERLACH auch längere Zeit in einer Atmosphäre von schwefliger Säure.

Bereits der erste Forscher, der sich mit Carotinen (im weitesten Sinne) befaßte, Terupıcaum, erkannte schon im Jahre 1869, daß die von ihm als „Luteine“ bezeichneten Verbindungen, die durch ihr chemisches und spektroskopisches Verhalten ihre wahre Verwandt- schaft bekundeten, sich nicht nur in tierischen Geweben (in Ovarien, im Corpus adiposum, im Dotter usw.) vorfanden, sondern auch weitverbreitet im Pflanzenreich in Blüten und Früchten usw. KRUKENBERG nannte die Stoffe dann sehr unglücklich Lipochrome, da sie meist an Fett gebunden vorkommen, eine Gruppe, die auch nicht hierhergehörige Körper, z. B. grüne, mitumfaßte.

Wie oben schon bemerkt, ist Fett ein gutes Lösungsmittel für Carotinoide und daher ihr Vorkommen im Fett ein ganz akziden- telles und nicht wesentliches Merkmal für sie. Es ist eine ganze Anzahl von Fällen bekannt geworden, wo Carotine in reinem Zu- stande in tierischen und pflanzlichen Geweben vorkommen.

Durch diesen neuen Namen ging leider auch den Botanikern und Zoologen die Erkenntnis verloren, dab wir hier mit nahe verwandten Substanzen zu tun haben, die sowohl im Pflanzen- als auch im Tierreich eine eminent wichtige Rolle spielen müssen, da sie beinahe universell vorkommen, und an deren gemeinsamer Er- forschung beiden Teilen sehr viel gelegen sein muß.

Sowohl in der Botanik als auch in der Zoologie wurden dann in der Folgezeit einzelne dieser Substanzen je nach ihrem besonderen

Vorkommen mit besonderen da man über ihre genauere Zu- sammensetzung nichts Genaueres weiß, überflüssigen Namen be-

legt, wie das Tetronerythrin Wunm’s aus der sogenannten „Rose“ um das Auge der Birk- und Auerhühner, das „Zoonerythrin“ MEREJKOWSKT'S, das Vitellolutein Mary's usw.

Zopr, der durch seine Untersuchungen die Übereinstimmung dieser Substanzen in den wesentlichsten Punkten auch bei ver- schiedenster pflanzlicher oder tierischer Herkunft erkannte, nannte sie nach dem bestbekanntesten unter ihnen, dem roten Farbstofi der Mohrrübe, Carotine. Er zeigte gleichzeitig, daß sie sich in mehrere große Gruppen teilen lassen, eine gelbe Reihe mit einem breiten Absorptionsband in Grün Monocarotine, z. B. die von

Studien über tierische Körper der Carotingruppe. 13

Mierococeus rhodochrous und Mel. populi, Dicarotine mit zwei Absorptionsbändern, gehen im Gegensatz zu den ersten mit Ätzalkalien und alkalischen Erden Verbindungen ein und sind wahrscheinlich sauerstoffhaltig (Carotin der Chrysomelide Olythra quadripunctata L.), und Tetracarotine (Lycogola epidendron). Seine Angabe, dab das Mohrrübencarotin nur zweibändrig sei, hat sich als irrtümlich erwiesen (Kor, ToBLER), es ist drei- bändrig, wir hätten also ein Tricarotin vor uns. Daß die Nahrungs- pflanze der Käfer keinen Einfluß auf die Art des Carotinoids hat, demonstrierte Zopr auf folgende Weise. Melasoma populi L. lebt, wie der Name schon sagt, auf Pappel, sie besitzt, wie eben erwähnt, ein: Monocarotin, die auf Weiden lebende COlythra quadrıpunctata L. dagegen bildet ein Dicarotin. Füttert man nun Clythra nur mit Pappel und Mel. populi nur mit Weide, so bildet sich doch der für sie charakteristische Körper. Wenn neuerdings STECHE annimmt, das sich nach ihm in weiblichen Schmetterlingsraupen findende „Chlorophyll“ und das „Xanthophyli“ der männlichen seien die durch die Darmwand ins Blut hindurch- diffundierten analogen Stoffe der Nahrungspflanzen, so erscheint mir das sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlich sind diese Körper auch hier tierischen Ursprungs und an Zellen gebunden. SCHUNCK zeigte überzeugend, daß sein „L. Xanthophyll* aus Nasturtium vollkommen identisch ist mit dem gelben Carotinoid aus dem Dotter und dem Blutserum des Huhnes (man vergl. die aus seiner Arbeit reproduzierten Spectra). ZoPr wies ferner nach, daß die abweichen- den Angaben mancher Autoren in bezug des spektroskopischen Ver- haltens der Carotine darauf zurückzuführen seien, daß sich in dem untersuchten Alkoholextrakt des Farbstoffies mehrere Körper dieser Gruppe befanden. So hatte z. B. BLancHharnp für die rote Substanz von Diaptomus bacıillifer KoELBEL angegeben, daß sie ohne Ab- sorptionsbänder sei. Nach Zopr kommen aber bei dieser Art zwei ganz verschiedene Carotinoide nebeneinander vor, ein gelbes ein- bändriges und ein rotes zweibändriges, deren Spektra sich bei BrancHarp deckten, so daß eine diffuse Absorption ohne Bänder erfolgte.

Neuerdings sind nun endlich durch WiırLtsTÄTTER und seine Schüler genaue chemische Analysen angestellt worden über einige Carotine. Das Carotin der Mohrrübe ist ein ungesättigter Kohlen- wasserstoff von der Formel CyoHze, als ganz identisch mit ihm erwies sich dasjenige aus den Blättern der Brennessel. Bei der Untersuchung der Tomatenfrucht wurden nebeneinander drei Stoffe dieser Gruppe gefunden, Carotin, ein in der Formel isomerer, aber

14 PAuL SCHULZE.

im Verhalten gegenüber Halogenen abweichender Körper Lycopin,

und endlich das Xanthophyll, das sich interessanterweise als eine ebenfalls noch stark ungesättigte Oxydationsstufe des Carotins von der Formel Co Hzg Oz herausgestellt hat. Vor kurzem hat nun TswErTT dagegen opponiert, daß man alle Stoffe dieser Gruppe als Carotine bezeichne, nach den Untersuchungen WILLSTÄTTER'S sei dieser Name auf einen ganz bestimmten Körper festgelegt. Er schlägt infolgedessen für die Gruppe den Namen Caritinoid vor, der in der neuesten Arbeit von ToBLER akzeptiert worden ist. Mir scheint mit diesem neuen und nicht gerade schönen Namen wenig gewonnen zu sein. Gewib muß angestrebt werden, die einzelnen Stoffe genau zu analysieren und auf ihre speziellen Eigen- schaften hin zu prüfen. Diese Arbeit kann aber bei der großen Schwierigkeit der Untersuchung nur ein ganz gewiegter Chemiker leisten. Und bevor nicht genaue Analysen der einzelnen Carotine von dieser Seite ausgeführt sind, ist für den Biologen Carotin ein Begriff wie etwa „Eiweiß“. Um aber Irrtümer zu vermeiden, wende ich den indifferenteren Namen an. Ob, um auf unseren speziellen Fall zurückzukommen, bei Mel. vigintipunctatum zwei Garotinoide nebeneinander vorkommen, oder ob der rote derselbe Stoff ist wie der gelbe, nur in kondensierterer, fettfreierer, oder in den Kristalloiden fettfreier Form, muß die chemische Untersuchung erst lehren, ebenso, ob er etwa mit einem der bereits genau untersuchten pflanzlichen Stoffe identisch ist.

Ein rotes, ganz fettfreies Carotinoid, das chemisch in großen Zügen von Physaliz untersucht worden ist, liegt bei der Feuer- wanze, Pyrrhocoris apterus L. vor. Es findet sich hier nicht in einem besonderen Gewebe, sondern normalerweise in sehr fein verteilten winzigen Körnchen in den Epidermiszellen (Phot. 13) nicht nur der Elytren, sondern über den ganzen Körper verteilt auch an den Stellen, wo seine Farbe durch die Schwarzfärbung des Chitins nicht zur Geltung kommen kann. Es gibt mit Ösmiumsäure keinerlei Schwärzung. Bei manchen Exemplaren treten auberdem grobe tropfenförmige Carotinmassen in ganz unregelmäßiger Verteilung auf (Phot. 15), die in den Elytren bei einigen Tieren nur oberhalb der Costa (Phot. 14), bei anderen über den ganzen Flügel zerstreut vorkommen. Besonders reich- lich liegt das bei allen Stücken vorhandene kleinkörnige Carotinoid längs der Adern. Der rote Körper scheint eine wichtige Rolle bei der Häutung zu spielen, da er während der- selben bis auf geringe Reste aus den Zellen verschwindet, um dann wieder neu gebildet zu werden. Er verbleicht viel schwerer

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als die Käfercarotinoide, während nach Koru gerade die in fett- artigen Substanzen gelösten gegen die Einwirkung des Sauerstofts widerstandsfähiger sein sollen. Ob dies auf eine wesentlich andere Zusammensetzung oder auf einen besseren Abschluß in den Epi- dermiszellen schließen läßt, muß vorläufig dahingestellt bleiben. Bei einigen Exemplaren, die in schwachem Alkohol im Dunkeln etwa °/, Jahr standen, war der rote Stoff unverändert, dagegen fanden sich in den Decken farblose Kristallaggregate von sehr charakteri- stischer Form, Doppelstrahlenbüschel, die in der Mitte mit breiter Basis zusammenstießen (Phot. 15, 16) und die eine große Ähnlich- keit mit den von Konu (Taf. I 10b) abgebildeten „Phytosterin“- kristallen haben, in die sich bei ihm kristallisiertes Carotin ver- wandelte. Genauere Untersuchungen an Pyrrhocoris behalte ich mir vor.

Physiologische Bedeutung der Carotinoide.

Bei der weiten Verbreitung der Üarotinstoffe im Tier- und Pflanzenreich ist von vornherein anzunehmen, daß ihnen eine große Bedeutung zukommt.

Am besten und einwandfreiesten ist wohl ihre Funktion als Reservestofie nachgewiesen; hier liegt wohl in erster Linie auch die Bedeutung des Melasomacarotinoids, das nach der Begattung bei den © Oo in die Eier geht und bei den SG wohl auch zu einem Teil zur Bildung der Spermien, andererseits vor allem zum Ersatz der durch die ganz ungewöhnliche Lebhaftigkeit während der Paarungszeit verbrauchten Energiemengen dienen dürfte. Bei den 9 © von Maya und Platycarcınus beobachtete Hrım die Ab- wanderung eines roten Carotinoids aus den Hypodermiszellen durch das Blut an die reifenden Eier. Während der übrigen Zeit war die Haemolymphe farblos wie bei den SC während des ganzen Lebens. Das Blut des Cirripeds Pollicipes ist normalerweise auch durch einen Körper der Carotingruppe rot gefärbt. GRUVEL wies nun nach, daß auch hier dieses zur Zeit der Eireife von den Leucocyten an die Ovarien abgegeben wird. Ferner wird die Körperflüssigkeit farblos, wenn man die Tiere hungern läßt oder sonst in ungünstige Lebensbedingungen bringt. Setzte er dem Blute ein schwaches Gift hinzu, so verschwand der rote Stoff ebenfalls. Bei Melasoma konnte ich die frischgeschlüpften Tiere fünf Tage lang ohne Futter am Leben erhalten; in der Carotin- bildung blieben die äußerlich leicht gelblich gefärbten Exemplare auf dem Stadium stehen, das gefütterte Käfer am Ende des ersten Tages erreichen. Der Verbrauch des Carotinoids bei der Häutung

16 | PAUL SCHULZE.

von Pyrrhocoris wurde schon erwähnt. Inder Botanik wies Zopr nach,

daß bei Pilobolus oedıpus ein Carotin in den Mycelfäden gebildet wird, dann aber aus diesen gänzlich verschwindet und in die Gemmen und Sporongien wandert. Bei Trentepohlia Iolithus wird ein solches auch in die Schwärmsporen aufgenommen; bei starkem Wasser- verlust setzt bei dieser Spezies eine Art Trockenstarre ein, hierbei werden im Plasma ansehnliche Mengen von Öl und Carotin gebildet, die später bei der Neubildung vegetativer Zellen und der Produktion von Schwärmsporen in kommenden feuchten Tagen wieder Verwendung finden (Zopr). Gespeichert wird ein Carotinoid ferner in den Äcidien, Uredo- und Teleutosporen der Uredineen und vor allem auch in dem unterirdischen Stengel der Mohrrübe. In den Pflanzen bekommen endlich aus dem Stoffwechsel ausgeschiedene Carotine in den Blüten eine biologische Bedeutung als Anlockungs- mittel für Insekten.

Die Carotinoide als Sauerstoffüberträger.

Veranlaßt durch die große Affinität der Carotinoide zum Sauerstoff stellte MEREIKOowsKkı die Theorie auf, daß sie bei den niederen Tieren eine ähnliche Rolle spielten, wie das Hämoglobin bei den Wirbeltieren®), infolgedessen fände man sie besonders an den Stellen, wo ein lebhafter Gasaustausch stattfinde. Ich erwähnte oben schon die Anhäufung des Carotinoids an den Adern von Pyrrhocoris. KRUKENBERG gibt an, dab bei der Zer- setzung einiger Spongiencarotine Stoffe entstehen, die imstande sind, Sauerstoff zu polymerisieren und ihn in Ozon überzuführen. Heım stellte ähnliche Untersuchungen bei Crustern an, aber mit negativem Erfolge; er konnte weder eine Abgabe von Sauerstoff noch eine Ozonbildung bei der Carotinzersetzung beobachten, was aber noch nicht ausschließt, daß sie im lebenden Organismus nicht doch stattfindet. Auch derjenige, der die Carotine in chemischer Beziehung am besten kennt, WILLSTÄTTER, ist geneigt, ihnen eine Rolle als Sauerstoffübertrager zuzuschreiben. Nach seinen und Mıng’S Untersuchungen nimmt das Carotin s. str. schon bei gewöhnlicher Temperatur 34,2 °/,, das Xanthophyll merkwürdigerweise noch mehr, nämlich 36,5 °/, Sauerstoff auf. Hxım meint, die Sauerstoffaufnahme der Carotine sei für den Organismus ganz ohne Nutzen, da nach seinen Versuchen etwa aufgenommener Sauerstoff nicht wieder ab- gegeben werde. Er übersieht aber hier, daß, wenn die Stoffe nicht

») Man vgl. hierzu die Arbeit von Groser, Über die physiol. Bedeutung der Blutfarbe (Z. f. allg. Physiol. 10, 1910).

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imstande wären, den Sauerstoff wieder abzustoßen, die Carotine bei ihrer außerordentlichen Zuneigung zum Sauerstoff dem Organismus Unmengen dieser so wichtigen Substanz entziehen und ihn unter Umständen aufs schwerste schädigen könnten, und das ist bei dem so allgemeinen Vorkommen dieser Substanzen kaum anzunehmen. Möglich wäre nur, daß in lebenden Zellen die Carotine sich nicht mit Sauerstoff verbinden, doch ist auch dies nicht recht wahrscheinlich.

Kour (8. 19) erinnert an die von GomBeEre (Ber. d. deutsch. chem. Ges. 34, 1901) studierten Vorgänge bei der Oxydation des 'Triphenylmethyls eines ungesättigten Kohlenwasserstofis. Sie führt zur Bildung eines Triphenylmethylperoxydes und gleichzeitig bildet sich Wasserstofisuperoxyd. Die Bildung des starken Oxydations- mittels Wasserstoffsuperoxyd muß notwendigerweise verbunden sein mit einem Vorgange, bei dem eine Abnahme von freier chemischer Energie erfolgt. Die Uberführung des Kohlenwasserstoffes in das inaktivere Peroxyd ist dieser Vorgang. Er ermöglicht die Ent- stehung von H,O, aus H,O und OÖ, ein Prozeß, der ja bekanntlich freiwillig nicht verläuft. Bei dem ungesättigten Kohlenwasserstoff Carotin ist dasselbe zu erwarten. Die leicht sich vollziehende Oxydation des Carotins könnte ebenfalls die Bildung des Wasser- stoffsuperoxydes möglich machen und die Zellen in die Lage ver- setzen, mit Hilfe dieses kräftigen Oxydationsmittels Oxydations- wirkungen aller Art in ihrem Innern zu erzielen.

Violette Strahlen sollen die Atmung am lebhaftesten fördern, da nun, wie oben erwähnt, die Carotinoide gerade die grün-blau- violetten Strahlen energisch absorbieren, können diese Farbstoffe auch auf diese Weise in den Dienst der Respiration gestellt werden. Sehr interessante Resultate lieferten die Untersuchungen Heım’s über Crustercarotinoide; seine Arbeiten sind leider nirgends berück- sichtigt worden, obwohl gerade sie eine Fülle interessanter Tat- sachen übermitteln. Zunächst konstatierte er, daß bei den von ihm untersuchten Arten die dorsale Fläche des Panzers oder wenig- ‚stens dessen Epidermiszellen und die Eier die gleiche Färbung aufweisen, z. B. blau beim Hummer, rot bei Maja und Platycarcinus, beim Flußkrebs violettbräunlich, fast farblos bei Palaemon. Diese Stoffe nennt Hrım Luteogene, sie sind sämtlich wasserlöslich. Er konnte nun, und zwar nur beim oO zur Zeit der Eireife, nach- weisen, daß sie aus der Epidermis ins Blut gelangen, sich hier in ein rotes Carotin (Hrım sagt Lutein) umwandeln, das durch den Blutstrom den Ovarien zugeführt, wieder in ein Luteogen zurück- verwandelt wird. Ferner machte er wahrscheinlich, daß es sich hier um einen einfachen Entwässerungsprozeß des Luteogens handelt.

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In der Hitze und im Licht, oder unter dem Einfluß starker Reduk- tionsmittel, wie unterschwefligsaurem Natron, bilden diese Stoffe die roten Körper, die die Carotinoidreaktion ergeben. Das grün- liche Luteogene des Hummers absorbiert besonders die roten Strahlen, und Hrım glückte es, durch diesen Stoff gewöhnliche photographische Platten rotempfindlich zu machen (S. 249).

In den Eiern bildet sich das Üarotinoid in seine Mutter- verbindung zurück, das dazu nötige Wasser muß es seiner Um- gebung entziehen; die Folge davon wird sein, daß die im Ei ge- speicherten Nährstoffe kondensiert werden. Aber auch im Panzer findet die allmähliche Umbildung der Luteogene durch das Licht in Luteine statt, gleichzeitig erfolgt das allmähliche Dickerwerden des Panzers und die damit verbundene Ablagerung von Kalksalzen, letztere wahrscheinlich wiederum als Folge der Wasserabscheidung bei der Bildung des Luteins. Bei Carcinus maenas kommen zwei Formen vor, eine gelbgrüne und eine rote, von denen die grüne sich besonders zwischen Algen, die rote sich auf Felsen aufhalten sollte. Hem (S. 254) zeigte, daß letztere Annahme irrtümlich ist, daß die grünen frischgehäutete Tiere mit dünnem Panzer und un- oder wenig zersetztem grünen Luteogen seien, während die roten alte Stücke mit diekem Panzer und rotem Lutein in den Epidermis- zellen seien. Ähnlich verhielte es sich mit den blauen und roten Flußkrebsen. Nach BErRTHELoT stellt das Chitin polymerisierte (Glukose dar, dieser Vorgang sei möglicherweise ebenfalls durch einen Entwässerungsprozeß hervorgerufen, wenn Luteine sich in die Luteogenezurückverwandelten. (Bemerkenswerterweise geht auch bei Melasoma die Erhärtung der Elytren und die Bildung des Carotinoids Hand in Hand; ob hier aber ein den „Luteogenen“ entsprechender Stoff vorhanden ist, vermag ich vorläufig nicht zu sagen.) Um die Bedeutung, die eine einfache Deshydratation für den Stoffwechsel haben kann, zu zeigen, weist Hrım ferner darauf hin, daß nach Wassermann durch einfache Entwässerung Peptone in Albuminoide übergeführt werden können (S. 260). Die Bedeutung der Carotinoide und ihrer Mutterverbindungen liegt also nach Hrım darin, die Energie der von ihnen absorbierten Lichtstrahlen für Entwässerungsprozesse nutzbar zu machen. Dab diese Strahlen für die Krebse von größter Bedeutung sind (und gleichzeitig, daß keine Atmung durch den Panzer hindurch statt- findet), zeigte der Autor auf folgende Weise (S. 261). Wurde der Cephalothorax und die Oberseite des Abdomens mit einem opaken Lack bedacht, so starben die Tiere auch unter den glänzendsten Lebensbedingungen. War der Lack ebenso undurchlässig, aber

Studien über tierische Körper der Carotingruppe. 19

durchsichtig, so lebten die Versuchstiere, ohne eine Spur von Un- behagen zu zeigen (S. 262). Newsıcıy hat, ohne die Arbeit von Heım zu kennen, ebenfalls die verschiedenfarbenen Crusterpigmente untersucht. Er findet bei Nephrops drei Pigmente, ein gelbes, ein rotes und ein blaues in Panzer, Epidermis und Eiern.

Das rote, ein Carotinoid, ist sehr unbeständig und kann unter gewissen Bedingungen das gelbe, das normalerweise in der „Leber“ vorkommt, hervorbringen, ebenso das blaue. Es bildet mit Alkalien und alkalischen Erden ein orangerotes in Alkohol fast unlösliches Pigment. Nun zeigen unentkalkte Tiere diese Farbe, die an Alkohol nicht abgegeben wird, während entkalkte Tiere hellrot sind, und diese Farbe wird schon durch kalten Alkohol leicht ausgelaugt. Wahr- scheinlich ist also das Carotin im Panzer eine Verbindung mit Kalk eingegangen. Tiefsee- und zarte Oberflächenformen mit dünnem, wenig Kalk enthaltendem Panzer hätten daher fast immer eine rote Färbung. Das blaue Pigment endlich sei die Verbindung des roten Carotins mit einer organischen Base und das grüne ein Mischfarbstoft.

Horranpe (a S. 26 u. 27) nimmt übrigens auch an, daß der im Blut der Chrysomeliden und Coceinelliden vorkommende Kalk an die Carotine gebunden ist.

Carotinoide als optische Sensibilatoren.

Von den Botanikern ist nachgewiesen worden, dab gefärbte Pflanzenteile eine höhere Temperatur als farblose, und rote eine höhere als grüne besitzen (Koru S. 17). Wo Carotinoide vor- kommen, werden sie also Licht und Wärme absorbieren und durch die dadurch hervorgerufene Temperatursteigerung auf die meisten Lebensprozesse beschleunigend einwirken können (Konz 8. 17). Sehr bemerkenswert ist, daß die ersten Lichtsinnesorgane, die in der Organismenwelt auftreten, die Augenflecke der Flagellaten und Schwärmsporen verschiedener Algen, aus einer maschigen proto- plasmatischen Grundsubstanz bestehen, in der Carotinoidtröpfchen eingelagert sind (Kort S. 15), und von da an bis zu den Wirbel- tieren hinauf finden wir in den Augen Stoffe dieser Gruppe, die von Künsne Chromophane genannt worden sind.

Der rote warzige Fleck über dem Auge der Tetraoniden und die Iris vieler Fische, Amphibien und Vögel enthalten ein Caritinoid, das „Tetronerythrin“ von Wurm. BRowN-SEQUARD zeigte nun, dab gerade bei diesen Tieren die Iris sich unter dem Einfluß des Lichtes zusammenziehen kann, selbst wenn das Auge herausgeschnitten ist. Möglicherweise bildet also die Zersetzung dieser Substanz die

‚erste Wirkung des Lichtes auf das Sinnesorgan. Yy*

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Den Sehvorgang stellt sich Hzım so vor, daß durch das Licht in der Retina vorhandene Luteogene in Luteine verwandelt würden (analog den Vorgängen .in der Ürustaceenepidermis), und daß dadurch die vom Zentralorgan als-Reiz empfundene, von DEwAR nachgewiesene Änderung des elektrischen Potentials bei Belichtung der Netzhaut verursacht würde. Unter dem Schutze der Dunkel- heit sollen dann die Luteogene regeneriert und die empfindliche Schicht wiederhergestellt werden. Wenn die sich abspielenden Vorgänge auch wohl sicher nicht so einfach sind, wie es sich der Autor vorstellt, so zeigen seine interessanten Ausführungen doch, welche Fülle wichtiger Erkenntnisse das Studium der Caritinoide und ihre Bedeutung im Leben der Organismen zu vermitteln verspricht. |

Wenn ich hiermit den ersten Teil meiner Carotinoidunter- suchungen der Öffentlichkeit übergebe, so bin ich mir der Unvoll- kommenheit derselben wohl bewußt, als Entschuldigung mag die relative Neuheit und Schwierigkeit derselben, besonders auch in bezug auf das Aufsuchen der über die verschiedenen Wissensgebiete zer- streuten Literatur gelten. In den folgenden Mitteilungen gedenke ich, neben der Vervollständigung der Daten über Insekten das rote ÖUarotinoid des Goldfisches zu behandeln.

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Studien über tierische Körper der Carotingruppe. 91

KRUKENBERG, C. FR..W,, a) Die Pigmente, ihre Eigenschaften, ihre Genese und ihre Meta- morphose bei den wirbellosen Tieren. Vgl. phys. Studien, 2. Reihe, 3. Abt., 1882. F b) Grundzüge einer vergl. Physiologie der Farbstoffe und der Farben. Vgl. phys. Vortr., III, 1884.

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Tafelerklärung. Phot. 1—7. Melasoma XX-punctatum Scor. Lebendaufnahmen der Flügel- decken, 1—3 300:1, 4—6 (um Einzelheiten besser zu zeigen) 500:1. 1. Einwandern der Carotinzellen.

22

Phot.

Phot.

Phot.

Phot.

Phot.

Phot.

PauL ScHULZE: Studien über tierische Körper der Carotingruppe.

2. Die Carotinzellen in lebhafter amitotischer Teilung, mi Mitose, z. Z. Akernige Zelle, deren Plasma sich noch nicht durchgeschnürt hat, pa Patina.

3. (f. miniata Auer.) Carotingewebe auf dem Höhepunkt der Aus- bildung; neben dem an Fett gebundenen gelben tritt ein rotes Carotin in kristallinischen Bröckchen auf. (Im Photogramm schwarz erscheinend.)

4. Nach der Copulation. Das Carotin ist zum größten Teil an den

Zellen geschwunden; diese mit ihren Kernen wieder deutlich sichtbar.

. und 6. Fettige Degeneration des Carotingewebes.

7. (f. miniata.) Kurz vor dem Absterben des Tieres. Das Carotin- gewebe ist geschwunden. Es finden sich noch einige rote Carotinoid- schollen und farblose Kristalle unbekannter Zusammensetzung.

8. Melasoma populi L. Lebendaufnahme. 300:1. Die Carotinzellen

wandern in die Costa des Hinterflügels ein. Z.Z, Zellen, die nach der

Teilung noch zusammenhängen.

9. Melasoma XX-punctatum Scor. Ganz frischer Käfer. a Carotin-

zellen im Fettkörper, b große (Carotin-?) Zellen. 420:1. Carnoy, Dela-

field-Gieson.

10. Melasoma XX-punctatum Scor. Carotinzelle, Teilung des Kern-

körpers. 700:1. Carnoy, Heidenhain.

ll. Melasoma XX-punctatum Scor. Große (Carotin-?) Zellen. b Teilung

des Kernkörpers, a Carotinzelle. 400:1. Carnoy, Heidenhain.

12. Harmonia marginepunctata Schnur. Ganz frischer Käfer. Carotin-

zellen im Fettkörper. 340:1. Carnoy, Delafield-Gieson.

13—16. Pyrrrhocoris apterus L. Hemielytren. 500:1,

13. Das Carotinoid in fein verteiltem Zustande in den Epidermiszellen. pa Patinae.

14. Oberhalb der Costa grobes, unterhalb normales Carotinoid,

15 und 16. Neben dem Carotinoid Kristalle unbekannter Zusammen- setzung.

Or

Spectrum (nach Scuuxck) des Carotinoids:

„L. Xanthophyli* aus Nasturtium, 2. aus dem Dotter \ 3. aus dem Blutserum [ des Huhnes.

R. Weverimp: Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg. 23

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf.

Von R. WEDEKIND, Göttingen. (Mit Tafel IV—VII und 14 Textfiguren.)

I. Stratigraphischer Teil. 1. Einführung: a) Umfang der Manticocerasstufe.

Die im Hangenden der Stringocephalusschichten folgenden Kalke und Schiefer bis hinauf zur Unterkante der Cheiloceras- schichten sind von E. Kayser!) als Intumescensstufe bezeichnet worden. Innerhalb dieser Stufe erkannten dann Frec#?) und A. DENncKMAnN?) als tiefste, aber selbständige Zone die Pharciceras- schichten (= Prolecanitenschichten). Von DREVERMANnN ®) u. A. wurden die Phareicerasschichten dem Mitteldevon zugezählt, weil an- geblich zusammen mit Pharciceras mitteldevonische Formen wie Maeneceras und Agoniatites vorkommen. In dem paläontologischen Teil dieser Arbeit ist der Nachweis erbracht worden, daß Phar- eiceras ein primordialer Goniatit ist und als solcher zur Familie der Manticoceratinae gehört. Wird nun die Intumescensstufe so begrenzt, daß als Unterkante derjenige Horizont genommen wird, in welchem zuerst primordiale Goniatiten oder Angehörige der Manticoceratinae im rheinischen Schiefergebirge hervortreten, so ergibt sich naturgemäß von selbst die Zugehörigkeit der Phareiceras- schichten zur Manticocerasstufe. Diese Grenze erhält einen auf- fälligen Charakter dadurch, daß gleich oberhalb derselben die höher differenzierten Manticoceratinae zusammen mit den einfachen Typen zugleich erscheinen. Dadurch wird vielleicht die Vermutung ge- rechtfertigt, daß diese Fauna zu diesem Zeitpunkt eingewandert ist.

Ebenso scharf und auffällig ist die Oberkante. Sie liegt dort, wo die ersten Cheilocerasarten hervortreten und die noch ein wenig tiefer dominierenden Manticoceratinae fast vollkommen bis auf eine Art verschwunden sind.

1) E. Kayser: Studien aus dem Gebiete des rheinischen Devon. Zeitschr. d. D. Geol. Ges., 1873, S. 669.

2) Fr. Freca: Geologie der Umgegend von Haiger. Abhandl. zur geol. Spezialkarte von Preußen, Bd. 8, Heft 3.

3) A. DENncKkMmann: Über die untere Grenze des Oberdevon im Lennetal und im Hönnetal. Zeitschr. d. D. Geol. Ges., 1903, S. 393ff.

#) Fr. DREvErMmAann: Die Fauna der oberdevonischen Tuffbreccie von Langenaubach bei Haiger. Jahrb. d. Kgl. preuß. geol. Landesanstalt für 1900, S. 112.

R. WEDERIND,.

b) Nomenklatur.

Die Bezeichnung Intumescensstufe, die von E. Kayser Rn geführt ist, kann aus dem Grunde nicht beibehalten werden, weil die namengebende Form Manticoceras intumescens BEyR. vertikal und vermutlich auch horizontal eine zu geringe Verbreitung hat, sobald diese Art im Sinne BryrıcH’s gefaßt wird. Vorläufig er- scheint es mir am zweckmäßigsten, die einzelnen Abteilungen oder | Stufen des Oberdevon nach den dominierenden Gattungen zu be- | zeichnen. Es ergibt sich nämlich, daß bei einer schärferen Prä- zisierung der Gattungen diese dominierenden Gattungen eine geringe vertikale Verbreitung haben. Auf diese Weise kommt man wiederum zu einer Einteilung, die ganz mit der DENcKMmAnNSs übereinstimmt. In der Tabelle I Seite 25 habe ich meine bisherigen Resultate niedergelegt. Das Oberdevon wird in einzelne Stufen (I, II, III, IV usw.) geteilt, die wiederum in weitere mit griechischen Buch- staben bezeichnete Zonen zerlegt werden. Nach den dominierenden (sattungen werden die Stufen benannt als I—= Manticocerasstufe, II —= Cheilocerasstufe, III = Prolobitesstufe, IV = Post- prolobitesstufe usw.

Die früher von mir u. a. vertretene Anschauung, daß das Oberdevon in. ein unteres, mittleres und oberes Oberdevon zu gliedern sei, vermag ich nicht mehr aufrecht zu erhalten, da allein schon die Stufen I—V einander vollkommen gleichwertig sınd. Da außer- dem die Clymenien in Amerika in meiner Stufe I schon erscheinen, könnte man mit vollem Recht das ganze Oberdevon als Clymenien- schichten bezeichnen.

c) Bisherige Gliederung der Manticocerasstufe.

Die Manticocerasstufe ist bisher fast ausschließlich vom petro- graphischen Standpunkte aus gegliedert.

°) Man vergleiche hierzu namentlich die folgenden Arbeiten:

A. Dexckmann: Zur Stratigraphie desOberdevon im Kellerwalde und einigen benachbarten Devongebieten. Jahrbuch der Kgl. Geol. Landesanstalt. 1894.

A. Desckmann: Über das Oberdevon auf Blatt Balve. Ibidem 1900, |

A. Denckmans: Mitteldevon, Oberdevon und Culm des BauerläudeR: | Ibidem 1902,

R. Weorekıso: Die Cephalopodenfauna des höheren Oberdevon am Enke- berge. Neues Jahrbuch für Mineralogie. Beilageband. 1908. \

R. Wepvekinn: Beiträge zur Kenntnis des Oberdevon am Nordrande des rheinischen Schiefergebirges. Sitzungsberichte der Gesellschaft der Winsen schaften. Göttingen. 1912.

R. Weneriso: Die Familie der Prolobitidae im Rheinischen Gebirge. Neues Jahrbuch für Mineralogie usw. (Zurzeit im Druck.)

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 25

I. Tabellarische Übersicht über die paläontologische Gliederung des Oberdevon?).

Bezeich- e - nungen |Fossilreiche Stufen: Zunenfolge: A. Denck- |Aufsehlüsse: manns: vI Schichten, stellenweise sehr [| Mocktumer Balve 3 reich an Gonioclymenien. Kalk. < | Selbständige Zone? 3 = SE yoser - De I a a er & | Men una olpmenta bisweata | S5|) md | Dasberg e- en Sk = 5.2|[ Dasberger | bei Balve. 3 ER bi Sr =.25|]| Kalk. z Zone der Clymenia laevigata |& Hövel > MsTr. Ss. str. E bei Balve. & IVß. Zone des Postprolobites | > Benl 8 Frechi WEDERIND u. d, Olymemia|zZ & Buches = annulata MÜNSTER Ss. str. er: 2 S je ®8x Eure s< Grenzbank mit Olymenia z Eh Annulata- | Enkeberg. 35 ef. striata v. MÜNSTER. = kalk. Burg. 3 * > ET TE A IVa. Zone der Clymenia 2 s” ns lerg, > protacta WEDERIND. E = RE En F III8. Zone des Prolobites Del-|z . . Ss phinus und der Olymenia invo- | 3 R = ee 2 luta WEDERIND,. Fun on BE FOIERE BE Bag. er 2 Il«. Zone mit Tornoceras Sand-|5 © = Enkeberg. =2 bergeri GÜNMBEL. ER Bike: Burg. Pe £ u TEE IT: 18. Zone mit Cheiloceras, |2 228 Kalk. Enkeberg. == Dimeroceras und Aganides. | EB= Burg. m = BEE Nehden. 7 8 IIa. Zone der Cheioceraten. |= & 5 Enkeberg. 5: =) | Burg. Beul. Iö. Zone des Crickites Holz- | r Bicken. y apfeli WEDERIND. £ E Martenberg. = Zone des Manticocerass = = © N adorfense WEDEKIND. | = Martanberg S= |lIr. Zone des Manticoceras cor-|& & |\ Adorfer | Martenberg. s% datum Saxoe. und carinatum |Z = Kalk. Burg. E SANDER. = 28 Balve. \ 2 .s 28 Beul o Iß. Zone des Gephyroceras s © er Balve nodulosum WEDEKIND. En esrtenbere. Grenz- Ia. Zone des Pharciceras Froie- Balve, Ar . ceaniten- |Martenberg. schichten lunulicosta SANDEGR. ee Dillmohle,

°) Fußnote siehe Seite 24.

26 R. WEDERIND,

1871 teilt Kayser (Studien aus dem Gebiete des rheinischen 2

Devon, II, Zeitschr. d. D. Geol. Ges., Bd. 23, S. 289) das untere Oberdevon von Büdesheim, von oben nach unten, in: Goniatitenschiefer, Cuboidesmergel.

Bei einem Besuch dieser Gegend im Jahre 1909 beobachtete

ich folgende Schichtenfolge: Goniatitenschiefer, Plattenkalke, Cuboidesmergel.

Die Plattenkalke sind relativ mächtig und in zahlreichen Stein- brüchen aufgeschlossen.

1888 scheidet Fr. Frech (Abhandl. d. Kgl. Geol. Landesanst., Bd. 8, Heft 3) als tiefste Zone des Oberdevon die Zone des Goniatites lumulicosta SanDpB. aus, die auf Grund des Goniatites triphyllus FrecH mit dem ÜCuboidesmergel von Büdesheim identifiziert wird. Daraus resultiert dann eine paläontologische Zweiteilung der Mantico- cerasstufe in die obere Zone des Manticoceras intumescens BEYR. und die untere Zone des Goniatites lunulicosta SANDB.

1894. A. Deyckmann (Zur Stratigraphie des Oberdevon im Kellerwalde, Jahrb. d. Landesanst., 1894) gliedert das untere Ober- devon des Kellerwaldes in

Adorfer Kalk, Büdesheimer Schiefer.

In einer Reihe weiterer Arbeiten aus den Jahren 1901 bis 1903 (Zeitschr. d. D. Geol. Ges. und Jahrb. d. Kgl. Geolog. Landes- anstalt) erbringt A. Denckmann den Nachweis, daß die Zone des Goniatites lunulicosta (= Prolecanites-Zone A. DENCKMANN’S) im rheinischen Schiefergebirge eine große Verbreitung hat, so daß das untere Oberdevon folgendermaßen zu gliedern ist:

a) Adorfer Kalk, b) Büdesheimer Schiefer, c) Prolecanitenschichten.

1900. Berusmausen (Das Devon des nördlichen Oberharzes, Abhandl. d. Kgl. Geol. Landesanst. N. F., Heft 30) überträgt die Gliederung Drxckmann’s auf den nördlichen Harz und versucht nachzuweisen, daß die Büdesheimer Schichten Denckmann’s den (soniatitenschiefern von Büdesheim gleichaltrig sind. Als weiterer Horizont wird von ihm der Kellwasser Kalk ausgeschieden.

1901. E. Horzarren (Einige Beobachtungen über den Flinz und Büdesheimer Schiefer. Verh. d. naturhist. Ver. d. preuß. Rhein- lande usw., Bd. 58, S. 181) sucht demgegenüber nachzuweisen, dab

|

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 27

die Büdesheimer Goniatitenschiefer A. Drxckmanv’s älter sind als die Goniatitenschiefer von Büdesheim.

Der bisherige Stand der Gliederung der Manticocerasstufe ist also der, daß außer der Zone des Goniatites lunulicosta drei Horizonte ich sehe hier ganz ab von dem im unteren Oberdevon von DENcKManN ausgeschiedenen Flinz und Webeler Kalk unter- schieden werden, nämlich: Büdesheimer Schichten, Adorfer und Kellwasser Kalk. Das gegenseitige Altersverhältnis dieser Horizonte an den verschiedenen Lokalitäten ist unsicher.

Die vom Iberg bei Grund ausgehende Bezeichnung Iberger Kalk ist übertragen worden auf ähnliche Bildungen des rheinischen Schiefergebirges. Allgemein wird der Iberger Kalk für älter als der Adorfer Kalk angesehen. Ich werde den Nachweis erbringen, daß diese Anschauung für den Teil des Iberger Kalkes, welcher oberdevonische Goniatiten führt, unzutreffend ist.

2. Die Goniatitenkalke vom Martenberg bei Adorf.

Die bekannte Klippe im Martenberger Tagebau muß deshalb den Ausgangspunkt dieser Untersuchungen bilden, weil hier von A. Denckmann (1902, S. 590) der Adorfer Kalk genau festgelegt ist. Eine Orientierung an der Martenberger Klippe ist nach der Beschreibung, welche HoLzaPprEL gegeben hat, sehr schwierig. Auch enthalten Horzarrer's Angaben einige Irrtümer).

Wenn man von der Westseite an die Klippe herantritt, so sind leicht drei Schichtengruppen zu unterscheiden:

1. Den Kopf der Klippe bilden Schiefer mit Kalkknollen. Sie haben bisher kein Cephalopodenmaterial geliefert.

2. Unter diesen liegen die Goniatitenkalke des unteren Ober- devon, die ihrerseits scharf abgegrenzt sind von

3. den mürben Eisensteinen des oberen Mitteldevon.

Die Goniatitenkalke zerfallen petrographisch in zwei Teile:

2a) Der untere Teil besteht aus deutlich gebankten, sehr festen grauen, splittrigen Kalken, die eine ungemein reichhaltige Fauna führen.

2b) Der obere Teil besteht aus undeutlich geschichteten, kurz- klüftigen dolomitischen Kalken, mit vereinzelten schwarzen Kalk- knollen.

Der untere Teil der Schichtenfolge läßt eine weitere Teilung auf Grund der Faunen zu. Zunächst liegt an der Basis, unmittel-

6) So z.B. die Angaben über das Vorkommen von Beloceras multilobatum Beyr.,, das nicht nur in dem höheren Teile, sondern auch in dem tieferen Teile der Goniatitenkalke sehr häufig ist.

28 R. WEDERIND.

bar auf dem Eisenstein des. Mitteldevon, der sehr wenig ı Pharcicerashorizont und über diesem ein etwa 10 cm mäcl dunkelblauer eisenreicher Kalk, für den DenckmanN (1902) Bezeichnung Webeler Kalk vorgeschlagen hat. u ‚dann olgen 2 = die dünnplattigen, rötlichen Kalke. | 7 Übersichtlich zusammengestellt ergibt das die tlgende: eat er“ folge: Bi.

I/I. Schiefer mit Kalkknollen. ER ra -

Id. Kurzklüftiger, gelb-roter dolomitischer Kalk mit vereinzelten Kalkknollen.

Iy. Dünnplattiger rötlicher Kalk.

la. Phareicerasschichten.

tmk.

Seit ca. vier Jahren sammelte ich systematisch an der Marten- berger Klippe namentlich im Horizont Iy, so daß ich dieser Arbeit ein Material zugrunde legen kann, bei dem mir von jedem einzelnen Stück bekannt ist, von welcher Stelle des Profils es stammt.

Io. Die Pharciceraszone ist hinreichend durch die Gattung Phareiceras charakterisiert. Den Angaben DrxckmAann’s habe ich nichts mehr hinzuzufügen.

Die bisher bekannte Cephalopodenfauna dieser Zone ist nach FrecH (1888), DexckmAann (1902) u. a. die folgende:

Pharciceras lunulicosta SANDB.

Becheri v. Buch. tridens SANDB. clavılobus SANDB.

Triarnoceras costatum ARCcH. U. VERN.

@Gephyroceras foreipiferum SAND».

Koenenites lamellosus SAND». ”).

”) = Goniatitis Hoeninghausi v. Buch.

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 29

Koenenites sublamellosus SANDB. Timanites Hoeninghausi ARCH. VERN. Sp.

& acutus Keys. 5 triphyllus FREchH. @Gephyroceras aequabile BEYR. „+ planorbe SANDB.

Iß. Zone des Gephyroceras nodulosum WDkD. Diese Zone wurde bereits von A. DEncKkMmann als besondere Zone erkannt. In ihr tritt zum ersten Male Beloceras multilobatum auf, während Beloceras Kayseri mir vom Martenberg erst aus dem nächst höheren Horizont bekannt geworden ist. A. Denckmann (1902) erwähnt aus dieser Zone noch eine neue Belocerasart, die an Beloceras Kayseri in der Weite des Nabels erinnert, sich aber durch die Dicke der Windungen von jener Art unterscheidet. Nach meinen Auf- sammlungen ist sie seltener in dieser Zone als Beloceras multilobatum. Beschränkt ist auf diese Zone außerdem Gephyroceras nodulosum n. sp. als häufigste Form und wahrscheinlich auch Manticoceras caleuliforme n. var. crassa. Manticoceras caleuliforme Beyr.-Typus ist bereits vorhanden. Insgesamt sammelte ich bei Martenberg in diesen 3-Kalken folgende Fauna:

Manticoceras caleuliforme Beyr. (selten).

var. crassa WDpxn. (häufig).

Bepkwroceras ee UNE Wper. (häufig). a

Manticoceras inversum WDpen». (1 Exemp)!.).

Beloceras Denckmanni Wpx». (mäßig).

> multilobatum BEyR. (häufig).

Iy. Zone des Manticoceras cordatum und Manticoceras carınatum SANDBERGER.

Die hangenden Goniatitenkalke der Martenberger Klippe be- zeichnet nun Denckumann (1902) als Adorfer Kalk und charakterisiert diesen, abgesehen von Manticoceras intumescens durch Beloceras multt- lobatum, Beloceras Kayseri und Cardiola anguilifera. Nun sind aber die an der Martenberger Klippe von mir unterschiedenen petrographischen Zonen Iyund auch faunistisch voneinander verschieden. Schon ohne genauere paläontologische Untersuchung erkennt man beim Sammeln, daß in dem oberen Teil der Klippe dicke bis kuglige Formen der Manticocerasgruppe vorherrschen, die sich in dem unteren Teil der Klippe Iy nicht finden oder doch nur selten sind und dann außerdem noch einer anderen Gattung angehören. Für den unteren Teil der Klippe ist abgesehen von den angegebenen Leitformen noch charakteristisch das Vorkommen von flach scheiben- förmigen echten Gephyrocerasarten, die sich in der höheren Zone nicht

30 R. WEDERIND,

finden. Der Iy-Kalk lieferte die reichste und am besten ee .

Fauna. Hier fand ich die folgenden Goniatiten: [@Gephyroceras forcipiferum SAnDB.®).]

5 Sandbergeri Wopen». (häufig). R aequabile Beyr. var. (häufig). = tuberculatum HoLZAPFEL (selten).

Manticoceras calculiforme Beyr. (häufig, in kleinen Exempl.).

intumescens BEYR. (selten).?). retrorsum v. BucH (mäßig). cordatum SANDB. em. WDkD. (sehr häufig). galeatum Wpx». (häufig). Koeneni HoLzaPrEL (mäßig). serratum STEININGER (sehr selten). Ur ickites exspectatum WDpxn». (sehr selten). Beloceras multilobatum BEyR. (sehr häufig).

Kauyseri HoLzaAPFrEL (mäßig). Tornoceras simplex v. Buch (mäßig).

auris QuEssteor (häufig). n. SP.

[Zone des Manticoceras adorfense Worp. Das Zonenfossil bei Martenberg nur in der. Grube beobachtet. |

16. Zone des Orickites Holzapfeli Wvekv. und Manti- coceras erassum Wpkn». Auf die rein äußerlichen Unterschiede habe ich bereits oben hingewiesen. Die Fauna ist durchweg schlecht erhalten und nur stellenweise an der Klippe häufiger. Von Marten- berg liegen mir aus den Kalken dieser Zone folgende Goniatiten vor:

Beloceras multilobatum Bryr. (häufig). E Kayserı HoLzAPFEL.

Orickites Holzapfeı Won.

Manticoceras erassum WDKD.

Die in vielen Anfschlüssen die Cheilocerasschichten unmittelbar unterlagernden Grenzkalke haben bisher keine Fauna geliefert. Bei Martenberg folgen auf die Kalke unmittelbar Schiefer, in denen ich an einzelnen Stellen verkieste Goniatiten (?) beobachtet habe.

Diese bei Martenberg gewonnenen Resultate fasse ich zu folgendem Schema zusammen:

*) Ein Exemplar der Göttinger Sammlung. Es muß zweifelhaft bleiben, ob es tatsächlich vom Martenberg stammt.

?) Nach Horzarrer's Material. Von mir selbst selten beobachtet.

10) Außerdem eine Form mit gezähnter Externseite der gleichen Art.

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 31

DenckMmanN (1902): WEDERInD (1912): (II/I. Cheilocerasschicht. ? Schiefer mit Kalk- knollen) (Kellwasser Kalk), Iö. Zone des ee und (rickites Adorter Kalk. Lager des Mantic. adorfnse. Iy. Zone des Mantic. cordatum und carinatum. Webeler Kalk. Iß. Zone des Gephyroceras nodulosum. Prolecanitenschict. Ia. Zone des Pharciceras lunulicosta.

Eisensteine des oberen Mitteldevon.

3. Die schwarzen Goniatitenkalke von Bicken.

Da die von mir an der Martenberger Klippe aus den ö-Kalken gewonnene Fauna immerhin nicht sonderlich gut erhalten ist, ver- suchte ich sie auch an anderen Lokalitäten in wohl möglich besserer Erhaltung nachzuweisen. Zunächst sind die von SANDBERGER auf Tafel 8 abgebildeten Goniatiten z. T. typische y-Formen. Sie stammen vom Seßacker, und zwar aus einem Roteisensteinlager. Unter dem reichen SAnnBEerGer’schen Material (Naturhist. Museum zu Wiesbaden) sind S-Goniatiten nicht vorhanden.

Eine von dieser vollkommen verschiedene Fauna liegt mir aus den Aufsammlungen des Herrn Geheimrats A. v. Kornen von Bicken vor. Sie ist besonders gut erhalten und entspricht vollkommen den ö-Kalken von Martenberg. Es liegt mir von dort in einer ganzen Reihe von Exemplaren Orickites Holzapfeli W pxn»., außerdem ?@ephyro- ceras bickense Wprkv. und Manticoceras Drevermanni WDED. Vor. Alle drei Arten sind häufig.

Es finden sich also auch bei Bicken zwei vollkommen verschiedene Faunen, von denen die eine der y-Fauna, die andere der 5-Fauna von Martenberg entspricht. Die erste ist im Dill-Gebiet vielfach an Eisensteine gebunden, die andere an schwarze Kalke. Lorz hat nun (1907) aus dem Tagebau der Grube Diana nördlich Beilstein die Eisensteine mit Adorfer Fauna und über diesen die schwarzen Kalke nachgewiesen.

4. Ense bei Wildungen.

Die Goniatitenschichten des unteren Oberdevon der Ense bei Wildungen gliederte DenckmAnn (1901 Seite 37) in a) Adorfer Kalk, b) Büdesheimer Schiefer.

32 R. WeDekind.

Das Wildunger Profil ist deshalb von Interesse, weil mehrere Lagen schwarzen Kalkes in demselben vorhanden sind. Eine im höheren Niveau des Kalkes auftretende Lage, die auch die reiche Fischfauna geliefert hat, enthält Manticoceras resp. Crickites Arten, welche denen der ö-Fauna von Martenberg und Bicken entsprechen, da sich sowohl Crickites Holzapfelı (in großer Häufigkeit) wie Manticoceras Drevermanni fand. Während nun in diesen schwarzen Kalken Manticoceras cordatum und carınatum fehlen, wurde wenigstens die erste Art im dem unteren Teile der Kalke ohne weiteres nach- sewiesen. Besonders wichtig wird die von A. DENCKMAnN aus der tiefsten Lage schwarzen Kalkes angeführte Fauna, die unmittelbar über den Goniatitensckiefern auftritt. Es wird sich vielleicht durch diese Fauna entscheiden lassen, ob der Webeler Kalke Dexckmanns (1902 Seite 590), meine Zone IB von Martenberg allein, dort durch die (oniatitenschiefer vertreten wird, oder ob die Goniatitenschiefer dort auch noch den unteren Teil von Iy umfassen. Mir ist es bisher nicht gelungen, eine Fauna in diesen Kalken zu gewinnen.

5. Die Manticoceraskalke des Beul bei Balve.

Nachdem es somit gelungen war, die Manticocerasstufe bei Adorf unter Hinzuziehung der Bickener und Wildunger Fauna zu eliedern, lag es natürlich nahe, von dem gewonnenen Standpunkte aus die Kalke der Gegend nördlich von Balve zu untersuchen. Sie sind am besten aufgeschlossen durch die Steinbrüche des Beul am Asbecker Tal. Hier sind zwei Steinbrüche vorhanden, die einander ergänzen. Der eine Steinbruch liegt unmittelbar an der Asbecker Straße, der andere genau im südlichen Fortstreichen am N.-Hange des Beul in einer kleinen Fichtenschonung (vgl. DenckmAnn 1902).

Gegenüber dem Martenberger Profile fällt hier die größere Mächtigkeit der Stufe I auf. Sie ist etwa fünfmal so mächtig. Die Gesteine bestehen aus Kramenzelkalken, welche mit sehr wenig mächtigen reinen Kalken wechsellagern. Etwa in der Mitte der Schichtenfolge liegt eine mächtige Bank schwarzen Kalkes.. In dem Steinbruch, der inmitten der Fichtenschonung liegt, bilden die schwarzen Kalke das Hangende von Kramenzelkalken, in dem zweiten Steinbruch das Liegende. In dem ersterwähnten Steinbruch findet sich Manticoceras cordatum Sanpp. rel. häufig. Die Kra- menzelkalke dieses Steinbruches entsprechen also der Stufe Iy.

Auch an der Asbecker Straße (Skizze 1) sind die Kramenzel- kalke dieser Stufe vorhanden, wie die Wegeböschung zeigt, die gleich westlich des Steinbruches folgt. Im Hangenden, unmittelbar am Eingange des Steinbruches folgen dann schwarze bis dunkel-

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. :

blaue Kalke. Kalke ist reich an Goniatiten.

33

Die untere Lage dieser z. T. linsenförmig auftretenden Um eine hinreichende Fauna zu gewinnen, ließ ich die schwarzen Kalke freilegen.

Da das Gestein

im unverwitterten Zustande sehr hart und splittrig ist, gelang es

mir nur spärliches Cephalopoden- material zu gewinnen, unter dem besonders wichtig AManticoceras adorfense ist. Dieser Goniatit findet sich hier also über den typischen y-Kalken, aber nicht zu- sammen mit ÖOrickites Holzapfeli. In höheren Lagen der Manticoceras- stufe habe ich in diesem Steinbruch bisher noch keine bestimmbaren Goniatiten gefunden. Cheiloceras- kalke folgen erst in einem größeren Abstande auf der östlichen Seite des Steinbruches. Die noch rel. mächtige Folge von Kramenzel- kalken, die zwischen den untersten Bänken der Cheiloceraskalke und dem Lager des Manticoceras ador- fense liegt, würde somit auch hier der Zone des Crickites Holzapfeli (15) entsprechen.

Über die tiefsten am Beul auf- tretenden oberdevonischen Kalke hat bereits A. Denckmann (1902, 1903) ausführliche Bemerkungen

Fig. 1. Geologische Skizze des Stein- bruches im Asbecker Tal nörd-

lich von Balve. 1 = Kramenzel- kalke mit dünnen Lagen reinen Kalkes, der die typische y-Fauna enthält. 2 —= schwarze Kalke, zwei Bänke. Die mit Id bezeichnete führt Manticoceras adorfense Won. 3 = Kramenzelkalke. IIa Untere Cheilocerasschichten. Die Fundpunkte sind in der gebräuch- lichen Weise bezeichnet.

gemacht. Danach hat es den Anschein, daß am Beul unmittelbar über dem Massenkalk der Horizont folgt.

6. Die Gesteine der Manticocerasstufe.

Die Manticocerasstufe zeigt heiten.

auffällige fazielle Verschieden-

Es lassen sich folgende Ausbildungsweisen unterscheiden:

a) Riff- und Brachiopodenkalke, b) Reine dichte dünn- oder dickbankige Plattenkalke, c) Flaser- oder Kramenzelkalke,

d) Cephalopodenschiefer, e) Tonplatten. a) Riffkalke.

Die Riff- oder Brachiopodenkalke finden sich nur an der Basis des unteren Oberdevon.

Sie können mehrere 3

3 .. R. WEDEKIND,

Zonen der Manticocerasstufe vertreten. So folgen an der Burg

bei Rösenbeck auf oberdevonische Riffkalke mit Phillipsastraea

unmittelbar die y-Kalke. Besonders eigenartig ist die Unterkante des Oberdevon bei Martenberg. In dem oben (S. 28) besprochenen Profil des Tagebaues folgen auf mitteldevonische Diabase korallen- und cephalopodenreiche Eisensteine des Mitteldevon. Diese werden überlagert von der wenig mächtigen Pharciceraszone und den übrigen Zonen der Manticocerasstufe in normaler Ausbildung. Einige 1000 m weiter nach Westen ist von DENcKMANN (1902) der Nachweis erbracht, daß in der Grube Martenberg selbst die Pharei- ceraszone fehlt. Nach meinen Beobachtungen liegt in der Grube Martenberg die Zone Iy mit Manticoceras adorfense unmittelbar auf Eisensteinen mit Maeneceras terebratum. Nach den örtlichen Verhält- nissen kann diese Lücke nicht durch eine Störung bedingt sein. Die beste Erklärung dürfte die sein, daß essich um Lücken in der Schichten- folge handelt, wie sie in der Nähe von Korallenrifien vielfach beob- achtet sind. Auf den flachen schildförmigen Diabasbergen entstanden Korallenriffe, die z. T. wie an der Burg bei Rösenbeck bis in das Oberdevon hineinreichen, wie das übrigens auch AnugurG!!) in der östlichen Lahnmulde nachgewiesen hat. In der Nähe der eigentlichen Riffe fehlen dann im Oberdevon meist mehrere Zonen, die sich mit der Entfernung von den Riffen wieder einstellen. Der oberdevonische Anteil der Iberger Riffkalke entspricht, soweit er Goniatiten führt, ziemlich genau der Zone Iy von Marten- berg, wie das die Manticocerasarten zeigen, die im Göttinger Geo- logischen Museum vorhanden sind: Manticoceras intumescens BEYR. S. Str. - cordatum SANDBERGER. a carınatum SANDBERGER. [; retrorsum v. Buch. a caleuliforme BEYRICH. 6 serratum STEININGER. Gephyroceras gerolsteinense STEININGER 12). Kalke vom Iberger'T'ypus bezeichnen somit keinen bestimmten Horizont, wie das bisher zuweilen angegeben ist, sondern lediglich eine Fazies. b) Die reinen Plattenkalke sind gegenüber den Riffkalken arm an Brachiopoden und Korallen, dagegen reich an Cephalopoden

1!) Autsur6! Die stratigraphischen Verhältnisse des Devons in der öst- lichen Lahnmulde. Jahrb. der Kgl. preuß. Landesanstalt, 1900, Bd. XXI, Teil I, Heft 3.

1?) Die von J. M. CLarke (1885) als Manticoceras caleuliforme bestimmten und besebriebenen Formen gehören zu Gephyroceras gerolsteinense STEIN.

Alert - Be x ee Di ser 2

A zw

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 35

und Lamellibranchiaten. Sie treten entweder allein oder als wenig mächtige Einlagerungen in Kramenzelkalken auf.

c) Die Flaserkalke sind infolge ihrer weiten Verbreitung besonders wichtig. Der Charakter dieser Kalke besteht darin, daß ein Flaserkern von ovaler Form, der aus Kalk besteht, von einem mächtigen tonigen Flasermantel umgeben wird. Entweder tritt das Material des Flasermantels so sehr in den Vordergrund, dab einzelne lagenweise angeordnete Kalkknollen einer mächtigen Folge von Tonschiefern eingelagert zu sein scheinen, oder der Flasermantel ist so wenig mächtig, daß der Flaserkalk fast dicht ist.

Ist eine Zone in der Fazies der Flaserkalke ausgebildet, so ist sie immer bedeutend mächtiger, als wenn sie rein kalkie ist. An der Martenberger Klippe ist die Manticocerasstufe als dichter reiner Kalk ausgebildet und nur sehr wenig mächtig. An der Ense bei Wildungen, an der Burg bei Rösenbeck und am Beul bei Balve wechsellagern dünne Lagen reinen Kalkes mit Kramenzelkalken. Eine jede einzelne Zone ist an diesen Lokalitäten ebenso mächtig oder gar noch mächtiger als die ganze Stufe bei Martenberg.

Eine weitere Eigentümlichkeit der Kramenzelkalke ist die, daß sie in der Horizontalen in reine Tonschiefer übergehen können. So werden die Manticoceras- und Cheiloceraskalke häufig durch Schiefer vertreten. Die Kramenzelkalke vermitteln somit zwischen den reinen Kalken und den reinen Tonschiefern.

Da die Kramenzelkalke, was seit langem bekannt ist (A. DEnckmann 1900 S. XVI), mit pflanzenführenden Sandsteinen wechsellagern, ja in litorale Bildungen übergehen können wie bei Iserlohn, ist eine Bildung im tieferen Meere, wie das A. Born jüngst ausgesprochen hat, nicht recht vorstellbar.

Was endlich die Entstehung der Kramenzelkalke angeht, so sind neuerdings von Born (1912) und von WEBER (1912) An- schauungen ausgesprochen, die ich nicht teilen kann. Die Flaser- kalke sollen posthum durch Gebirgsdruck!3) aus ungeflaserten Kalken entstanden sein. Daß es auch Flaserkalke gibt, die durch Druck entstanden sind, bezweifle ich keineswegs, für die große Masse der Flaserkalke ist aber nach wie vor eine primäre Entstehung in Anspruch zu nehmen.

Wiederholt habe ich durch Schurfgräben die Grenze von Ton- schiefer gegen Flaserkalke aufgeschlossen (z. B. bei Nehden, Balve usw.). In der Nähe der Kramenzelkalkgrenze stellen sich zunächst

13) Bei der Emporwölbung des Gebirges! 3#

36 R. WEDERIND.

ganz vereinzelt Kalkknollen ein, die sich gegen die Grenze immer mehr häufen und ganz allmählich in den Flaserkalk übergehen.

Die Flaserkalke führen besonders häufig gut erhaltene Gonia- titen, die im rheinischen Schiefergebirge in den mir bekannten Aufschlüssen am Nordrande nur sehr selten Außerungen des Druckes zeigen, also von einer Drucksutur durchsetzt werden. Wenn der Kramenzelkalk aber dadurch seine eigentümliche Struktur erhalten hätte, daß eine primäre tonreiche Kalkmasse durch Gebirgs- druck „stark zerklüftet“ wurde, so müßte das doch weit häufiger beobachtet werden.

Ganz und gar nicht können diejenigen Flaserkalke als posthum angesehen werden, die vorwiegend aus Tonschiefern mit nur unter- geordneten Flaserkernen bestehen und bei denen man beobachten kann, daß sie allmählich aus Tonschiefern hervorgehen.

Es muß also unterschieden werden zwischen der primären Kramenzelstruktur, die auch dadurch ausgezeichnet ist, dab die Flasern parallel zu den Schichtflächen angeordnet sind, und den Drucksuturen, die unbekümmert um die Schichtung Flasern und Fossilien durchsetzen.

d) Gephalopodenschiefer. Es ist bereits erwähnt, daß die Kramenzelkalke einer jeden Zone des Oberdevon in der Horizontalen sehr schnell in Cephalopoden -führende Tonschiefer übergehen können. Die Büdesheimer Schiefer, die Goniatitenschiefer von Nehden sind also lediglich fazielle Ausbildungen und es sollte daher besser vermieden werden, sie als Horizontbezeichnungen zu ver- wenden. Bereits Denckmann (1912) hat das angedeutet, wenn er bei der Besprechung des Martenberger Profiles sagt, daß „der

Adorfer Kalk« von Wildungen nur einen höheren Teil des unteren Oberdevon umfaßt, während der bei Adorf selbst entwickelte dichte oberdevonische Kalk tiefer hinabreicht“. Damit stehen ganz meine Erfahrungen im Einklang. Wo im rechtsrheinischen Gebirge in der Stufe I Goniatitenschiefer auftreten, sind sie an die Basis der Manticocerasstufe gebunden und vertreten entweder die Stufe Ia oder Io, IB und Iy oder doch eine dieser Zonen. Die Goniatiten- schiefer von Büdesheim scheinen mir dagegen jünger zu sein. Im (söttinger Museum sind folgende Manticocerasarten von Büdesheim vertreten:

Manticoceras caleuliforme Bryrıca (selten).

ıntumescens Beyrıc# (häufig). | affıne STEININGER (häufig). R serratum SANDBERGER. prumiense STEININGER.

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 37

Manticoceras gerolsteinense STEININGER. cordatum SANDBERGER (häufig).

Das ist eine Fauna, die nicht einem tieferen Teile der Manticoceras- stufe entspricht, sondern einem höheren, etwa der Stufe Iy. Ver- mutlich werden die Goniatitenschiefer von Büdesheim noch einen Teil der Zone umfassen. Leider ließ sich bisher nicht mit Sicherheit feststellen, ob auch noch Crickites Holzapfeli in Büdes- heim vorkommt, da die Büdesheimer Zwergformen für eine exakte Bestimmung zu klein sind und naturgemäß nur hin und wieder Spuren von Anwachsstreifen zeigen. Jedenfalls ergibt sich bereits jetzt schon mit Sicherheit, daß die Goniatitenschiefer von Büdes- heim nicht älter sind als der Adorfer Kalk, die rechtsrheinischen dagegen zum Teil älter.

e) Tonplatten. + dünnplattige Kalke von dunkler Farbe wechsellagern mit ebenschiefrigen Tonschiefern. Sowohl die Kalke wie die Tonschiefer sind reich an Tentakuliten. Das Alter dieser nur in der Nordostecke des Rheinischen Gebirges auftretenden Kalke konnte dadurch festgestellt werden, daß ihnen eine dünne Lage reinen Kalkes mit Adorfer Fauna eingelagert ist.

Zusammenfassung der stratigraphischen Resultate.

Die über den Phareicerasschichten folgenden Kalke des unteren Öberdevon oder der Manticocerasstufe können als Beloceras- schichten bezeichnet werden. Innerhalb dieser Belocerasschichten sind in vielen Aufschlüssen zwei petrographisch verschiedene Hori- zonte vorhanden, ein oberer, der häufig durch Einlagerung dunkler Kalke ausgezeichnet, und ein unterer, in dem diese Kalkeinlage- rungen fehlen oder doch zurücktreten. Der obere Teil wird durch den schwarzen Bickener (Kellwasser-) Kalk, der untere Teil durch den Adorfer Kalk repräsentiert. Es wurde der Nachweis von der durchgreifenden Verschiedenheit der Adorfer und der Bickener Faunen erbracht. Als Grenzhorizont zwischen diesen beiden Zonen mag die Zone des Manticoceras adorfense angesehen werden.

Eine weitere vierte Zone, der Webeler Kalk DEsckmann’s, ist, wie bereits A. Drxckmann angegeben hat, paläontologisch selbständig. Da die Zone des Manticoceras adorfense Woxv. paläontologisch nähere Beziehung zu der Zone des Örickites Holzapfeli zu haben scheint, fasse ich beide zusammen als obere Belocerasschichten, die Zone des Manticoceras cordatum als mittlere und die Zone des Gephyroceras nodulosum als untere Belocerasschichten. Daraus er- en sich die nachfolgende generelle Einteilung des unteren Ober-

evon:

w je #)

R. WEDEKIND.

Obere Kalk Irene ne AR Lager des Manticoceras adorfense \WDED.

sehichten.

Mittlere | Adorfer Iy. Zone des Manticoceras cordatum SpsGR. Kalk. und des Mantic. carinatum SDBGR.

Untere |WebelerKalk.|I3. Zone des Gephycoceras nodulosum WDeD.

Manticocerasstufe. Beloceras-

Il. Paläontologischer Teil. Familie Tornoceratidae WDxD. Subfamilie Manticoceratinae WDKD.

Familiendiagnose: Bikonvexe Anwachsstreifen. Sub- umbonal-primordialer Lobentypus'*).

Die von den älteren Autoren aufgestellten Arten dieser Familie sind zum Teil von zweifelhaftem Wert. Ein Zurückgehen auf diese Arten ist oft unmöglich, da sie entweder auf Jugend- exemplare begründet sind, die zu allen möglichen Altersformen bezogen werden können, oder doch sonst auf so schlecht erhaltene Exemplare, daß es unmöglich ist, einen präzisen Vergleich durchzuführen. Dazu kommt, daß eine Reihe von Originalen nicht mehr auf- zutreiben ist. 1837 hat Bryrıcn eine Reihe von primordialen (soniatiten beschrieben, darunter den Goniatites intumescens. Trotz- dem mir ein großes Material von primordialen Goniatiten vor- gelegen hat, habe ich doch bisher nur wenige Exemplare gesehen, die man unbedingt als Gomiatites intumescens Beyr. bezeichnen könnte. Bei einer Durchsicht aller einschlägigen Arbeiten wird

14) Die von Nortzuiıns vorgeschlagene Bezeichnungsweise der Loben- elemente ist von allen bekannten die exakteste, da nur homologe Loben die gleiche Bezeichnung erhalten. Indessen sind die Lobenformeln zu kompliziert.

Hier und im folgenden wird eine vereinfachte Lobenbezeichnung ver- wandt, indem ich von der Tatsache ausgehe, daß durch die Loben auch die Sättel bestimmt sind. Die primären Lobenelemente werden mit den Buch- staben L = Laterallobus, E = Außenlobus und J = Innenlobus bezeichnet. Durch kleine Buchstaben wird die Lage des Laterallobus bezeichnet, und zwar Ls = Laterallobus, wenn er sich in der Nähe der Naht niedersenkt (subumbonale Lage), Lu = Laterallobus, wenn er so liegt, daß er durch die Naht geteilt wird (umbonale Lage) und = der auf der Mitte der Seiten gelegene primäre Laterallobus.

Die durch Teilung meist alternierend ventropartite Spaltung des Innensattels entstehenden Loben, Umschlagloben, erhalten die Bezeichnung Ur, Uır, Ur usw. Mediansättel werden durch den sie teilenden Lobus mit Mı, Mır usw. bezeichnet. Man vergleiche hierzu die Textfiguren 2 und 8 und meine Arbeit über Prolobitidae.

Bickener Id. Zone des Crickites Holzapfeli Wo.

la. Zone des Pharciceras lunulicosta SDBGR.

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39

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon ven Martenberg bei Adorf.

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40 R. WEDEKIND.

man leicht erkennen, daß ein jeder Autor Goniatites intumescens sehr weit gefaßt und auf diese Art alle möglichen Formen bezogen hat. 1850/56 haben dann die Gebrüder SANDBERGER diese Goniatiten- gruppe zum ersten Male zusammenfassend behandelt. Sie haben die bereits bekannten Arten nicht immer richtig aufgefaßt. So enthält SANDBERGER’S Goniatites intumescens mehrere angebliche Varietäten, aber nicht den echten ıntumescens Bryr. selbst. Aber dennoch ist ihre Einteilung besonders klar, weil sie ganz einseitig die Unterschiede der Lobenlinie betont. So legen sie Wert darauf, ob der Laterallobus spitz oder gerundet ist und trennen danach ohne Rücksicht auf die Gehäuseform Gontatites intumescens (non BEyR.) mit spitzen und Gonmiatites lamed mit rundem Laterallobus. Später wurde festgestellt, daß die kleineren Exemplare von intumescens aut. ebenfalls runde Lateralloben haben.

Horzarreu (1882) gibt dann eine eingehende Darstellung der Martenberger Fauna, ohne ebenfalls den echten intumescens scharf zu umgrenzen. Er hat seine Ausführung später selbst zum Teil berichtigt (Horzarren 1899). Von besonderer Bedeutung ist J. M. CLarke's'?) (1898) musterhafte Darstellung der amerikanischen Vertreter dieser weitverbreiteten Familie. Bereits 1883 hatte Hyarr den Versuch gemacht, die bis dahin bekannt gewordenen primordialen Goniatiten in eine Reihe von Gattungen zusammen zu fassen, indem er, abgesehen von anderen später zu besprechenden (Gattungen. das Genus Manticoceras und Gephyroceras unterschied. Die Formen, die in der Jugend scheibenförmig sind und im Alter eine flache Externseite haben, werden als @ephyroceras den Formen gegenübergestellt, die in der Jugend dickere, nicht scheibenförmige Windungen haben: das ist Manticoceras. Daß eine derartige Unter- scheidung nicht durchführbar ist, hat Houzarren (1892) nach- gewiesen. Er führte deshalb ein weiteres und schärferes Kriterium ein: Gephyroceras hat einen Innenlobus, Manticoceras auberdem noch einen inneren Laterallobus. Die Gattungen werden also auf (srund verschiedener Lobenstadien getrennt.

Aber auch diese Gattungsdefinitionen sind nicht ausreichend, da eine positive Angabe über die Skulptur fehlt. Da mir nun primordiale Goniatiten bekannt geworden sind, die bikonvexe und konvexe Anwachsstreifen haben, sind diese beiden Gattungen zunächst auf diesen Charakter hin zu untersuchen. Als Typus der Gattung Manticoceras gilt Goniatites intumescens Bryr., den auch

15) Da jedes Vergleichsmaterial fehlt, war es unmöglich, die Martenberger Cephalopodenfauna mit der Amerikas (Naples Fauna) zu vergleichen.

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 41

Horzarren als einen echten Vertreter dieser Gattung ansieht. Das - Original zu Goniatites ıntumescens Bezyr. zeigt indessen keine Anwachsstreifen, dagegen Goniatites retrorsus Beyr., eine ihrem allgemeinen Habitus nach dem Gontatites intumescens sehr ähnliche Form. Das Originalexemplar (Berliner Museum) von @Goniatites retrorsus BEyYR. sehe ich deshalb als Typus der Gattung Manticoceras und der Manticoceratinae überhaupt an. Es zeigt (s. auch S. 54) ausgesprochen bikonvexe Anwachsstreifen und sub- umbonal primordialen Lobentypus. Von den Manticoceratinae sind daher alle diejenigen primordialen Goniatiten auszuschließen, welche konvexe Anwachsstreifen haben.

Abstammung. Die große Gruppe der früher als Anarcestes zusammengefaßten Arten enthält auch Formen mit subumbonal gelegenen Laterallobus bei bikonvexem Verlauf der Anwachs- streifen. Da der subumbonale Lobentypus ein Charakter ist, der ganz allein und ausschließlich bei Goniatiten auf die primordialen Goniatiten beschränkt ist, so muß das Vorhandensein gerade dieses Charakters bei zeitlich unmittelbar vorhergehenden Formen auf enge Verwandtschaft hinweisen. Zuerst treten jene Anarcestinae mit subumbonalen Lobentypus im unteren Mitteldevon auf. Sie unter- scheiden sich von den Manticoceratinae ganz ausschließlich durch das Fehlen des Mediansattels. Daß ein Manticoceras bereits in der Zone des Agontatites occultus vorhanden sein soll, was ich übrigens bezweifle, ist durchaus kein Gegengrund, denn sobald einmal ein Anarcestes mit subumbonalen Laterallobus vorhanden ist, bedarf es nur der Herausbildung eines Mediansattels, um einen Manticoceras resp. Gephyroceras entstehen zu lassen.

Die Entwicklung der Lobenlinie Wie zu erwarten, wird das Anarcestesstadium mit subumbonal gelegenem Laterallobus der Lobenlinie von allen Manticoceratinae durchlaufen. Büdesheimer Zwergformen von Manticoceras orbiculum BEyrıca zeigen folgende Verhältnisse: Die erste Lobenlinie geht als gerade Linie über die Seiten. Komplikationen treten auf der Externseite dadurch auf, daß die erste Lobenlinie häufig einen ausgesprochenen aber kleinen Externlobus besitzt. Die zweite Lobenlinie hat immer außer dem Außenlobus einen Laterallobus, dessen .subumbonale Lage in den ersten Lobenlinien nicht sehr deutlich hervortritt. Wann der Innenlobus entsteht, bleibt fraglich. Auf dem zweiten Umgang wird der Außenlobus durch einen Mediansattel geteilt und erst auf einem späteren Stadium auch der Innensattel durch einen weiteren Lobus. Es würde sich somit für diese Form folgende Lobenformeln ergeben:

42 R. WEDERIND.

1. Stadium: Gerade Linie oder Z,

2. Stadium: EL, J,

3. Stadium: M EL, J (vgl. Textfigur 2a), 4. Stadium: M EL, UrıJ (vel. Textfigur 2b). Nun ergibt sich, daß das Stadium 3 der Gattung ER

das Stadium 4 der Gattung Mantieoceras entspricht. Als Original des

Gephyroceras gilt nach Houzarren (1892 NEN S. 19) Goniatites aequalibis BEyRıcH, der ER ebenfalls durch bikonvexe Anwachsstreifen

en ausgezeichnet ist.

Gruppe des Goniatites lamellosus Sanp#B. Einen natürlichen Fortschritt in der Weiterentwicklung der Lobenlinie zeigt die wenig umfangreiche Gruppe des Goniatites lamellosus Sanpe. Die Formen unterscheiden sich von Mantreoceras lediglich dadurch, daß der Sattel, der zwischen den Loben Z, und U; liegt, durch den Lobus Urr zerlegt ist (Textfig. 2c), so daß die dieser Gruppe ent- sprechende Lobenformel folgendermaßen lautet:

MEL, Un Ur).

Das zeigt auch das Lobenbild, das FrecnH

(1902, S. 55, Fig. 16) gibt und auch eine Ei Septalfläche, welche von mir beobachtet und a $ nn in Textfig. 3b abgebildet ist. Diese Loben- formel, in der der kleinste Lobus so liegt, daß Fig. 2. Loben von: das Lobenverhältnis = 2:2 ist, kann nur nach

a (ephyroceras Hyarr em: s Horzarr.; b Manticoceras der alternierend-ventropartiten Lobenspaltung Hyarr em. Horzarr.; ce entstanden sein (vgl. Wepzrınp 1911 8. 99). Koenenites Wox».; d Ti- Die Gruppe des Goniatites lamellosus unter- manites Moss. em. Hotz- scheidet sich demnach auf die gleiche Weise we hareiceras Hyatt. nm Manticoceras wie diese Gattung von

chematisiert!) f ? (Gephyroceras, so daß es mir erforderlich scheint, auch diese Gruppe als besondere Gattung von Manticoceras abzutrennen. Ich schlage den Namen Koenenites vor. Der Typus dieser Gattung, Koenenites lamellosus Sanp»., ist abgesehen von der Lobenlinie, ebenfalls durch bikonvexe Anwachsstreifen charakterisiert.

Timanites (Moss) Horzarreı. Typus der Gattung ist Timanites acutus Kevseruing. Den Gattungsbegriff hat HorLzarreu (1899 S. 41) revidiert, der auch darauf aufmerksam macht, dab Timanites zu den primordialen Goniatiten gehört. Dem kann ich

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 43

noch hinzufügen, daß Timanites in der Lobenlinie an Koenenites

anschließt und sich, abgesehen von der galeaten Gestalt, dadurch

unterscheidet, daß die Zahl der Loben durch einen weiteren Lobus

dadurch vermehrt ist, daß der zwischen den Loben U, und Uyr

liegende Sattel durch Fortsetzung der alternierend-ventropartiten

Lobenspaltung geteilt ist (Textfig. 2 d), so daß die Lobenformel lautet: M EL, Un Um UıJ

Eigene Beobachtungen habe ich über die Lobenentwicklung dieser Gattung nicht machen können:

Pharciceras Hyarr em. Kayser. Die Gattung Pharciceras ist aufgestellt für Goniatiten vom Charakter des Goniatites trıdens und clavelobus. FrecH hat aaO. (1902) diese Gattung mit Prole- camites Moss. vereinigt und mit einer Reihe anderer Gattungen als selbständige Unterfamilie seiner Gephyroceratinae betrachtet. Kayser (1907) hat dagegen an mehreren Stellen die Selbständigkeit der Gattung Phareciceras betont, ohne aber meines Wissens seine An- schauung zu begründen.

Eine Klärung der Sachlage ergibt sich ohne weiteres aus dem Bilde der Septalfläche. Zunächst ist von Wichtigkeit ein mittel- großes Exemplar von Pharciceras sp., das ich vor einigen Jahren in der Gegend südlich von Balve fand. Dies Exemplar zeigt ein Lobenbild, das der Lobenlinie von Koenenites entspricht. Die definitive Zahl der Loben, wie sie z. B. Pharciceras tridens zeigt, ist um einen Lobus größer als bei Timanites. Diese Art zeigt somit im ausgewachsenen Zustande eine Lobenlinie mit dem Loben- verhältnis 3:3, was nur "bei alternierend-ventropartiter Loben- spaltung der Fall sein kann (Textfig. 2e, 3d).

Die ontogenetische Entwicklung der Lobenlinie zeigt nämlich, daß die unverhältnismäßig großen Sättel, welche jederseits unmittel- bar neben dem Sipho liegen, nicht als Außensättel, sondern als Mediansättel zu deuten sind. In Übereinstimmung hiermit stehen auch die Lobenbilder, welche SANwDBERGER aaO. Taf. IX Fig. 2 gegeben hat. Somit fügt sich Pharciceras vollkommen in die große Reihe der Manticoceratinae ein. Die Lobenformel lautet:

M E Ds Ur V+n J.

Nun hat Freca Prolecanites Moss. mit Pharciceras vereinigt. Es liegt mir kein Material vor, um die Herausbildung der Prole- caniteslobenlinie zu untersuchen. Aber die inneren Lobenlinien, welche Frec# selbst aaO. (1902) S. 64 von Prolecanites gibt, zeigen eine von Pharciceras vollkommen verschiedene Lobenlinie, indem sie bei einer verhältnismäßig großen Lobenzahl nur einen einzigen inneren Seitenlobus haben. Prolecanites fällt deshalb vollkommen

44 R. WEDERIND,

aus dem Rahmen der Manticoceratinae heraus, da Pharciceras außer dem Innenlobus mindestens zwei innere Seitenloben hat. Triarnoceras Hyarr schließt sich eng an Phareiceras an und

unterscheidet sich von den Formen dieser Gattung lediglich durch die Kräftige Berippung und den galeaten Querschnitt der Wohn-

y YA

Fig. 3. Septalflächen von: a Manticoceras Hyarı em. Horzarr.; b Koenenites Wpoe».! ce Timanites acutus Keys., d Pharciceras Sp. Die von den Loben auf der Septalfläche verursachten Einsenkungen sind schwarz ausgezeichnet. Die Scheitel der Sattelwülste sind punktiert. Z = pri- märer Laterallobus; Ur-ıx = Umschlagloben (cf. Anmerkung Seite 38); E = Außenlobus, durch Mediansattel geteilt.

kammer. Kine besondere und lehrreiche Arbeit hat Drevkr- MANN (1903) dieser Gattung gewidmet, auf die hier verwiesen werden kann.

beloceras Hyarr. Für Formen vom Typus des Goniatites multilobatus hat Hyarr (1883 8. 333) die Gattung Beloceras auf- gestellt.

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 45

Beloceras multilobatum bietet ein ungemein verwirrendes und kompliziertes Lobenbild, dessen Deutung meines Wissens bisher noch nicht versucht ist. Daß Beloceras multilobatum eine stark involute Form ist, erschwert die Untersuchung der Entwicklung der Lobenlinie sehr. Es ist mir in der Tat bisher auch noch nicht gelungen, jedes einzelne Stadium der gesamten Lobenlinie zu beobachten. Wo es gelang, recht niedrige Lobenstadien herauszuprä- parieren, fehlte für das Gesamtbild die innere Lobenlinie. Nach alledem, was ich bisher über die Lobenlinie publiziert habe, ist es selbstverständlich, daß die Beobachtung eines Teils der Lobenlinie auch zu verschiedenen Stadien keine hinreichende Basis für die genetische Erklärung des Lobenbildes bietet. Nur das Gesamtbild reicht hierzu aus. Es bot sich somit eine Gelegenheit, das von mir (1910) aufgestellte Gesetz der Septal- fläche, daß bei jugendlichen Septalflächen der kleinste Lobus auch der zuletzt gebildete Lobus ist, hier wieder anzuwenden. Ich füge hier ein weiteres Gesetz hinzu:

Il. Gesetz von der konstanten Lobenlage: Die Lage der Loben zueinander, also ihre relative Lage, ist konstant. Fig. 4. Beloceras multi-

Ein Blick auf die Septalfläche, welche we ne in der Textäig. 3 von Manticoceras, Koenenites, in Bi = Er ee Timanites usw. gegeben ist, zeigt, daß der Mır. Mrrr= durch fort- primäre Laterallobus immer gegenüber dem gesetzte Mediansattelbil- Sattel liegt, welcher eingeschlossen wird vom dung entstandene Loben. Innenlobus J und vom ersten inneren Latera]- (Fezeichnet mo az lobus Ur. Dieses Gesetz erlaubt somit bei er Formen mit gleicher Lobenentwicklung, den primären Laterallobus zu erkennen ohne Evolution der Lobenlinie.

Nach den Untersuchungen von Hyarr (1883), CLarke (1898) und Branco (1880) ist die erste Lobenlinie der verschiedenen Belocerasarten primordial. Das zeigen insbesondere gut die Loben- bilder, welche J. M. CrarkeE (1898 S. 104) von Beloceras Iynx gegeben hat. Nun gelang es mir bei mehreren Exemplaren von Beloceras multilobatum eine Septalfläche zu präparieren. Auf dieser fällt ein Lobus durch seine Lage besondes auf (Textfig. 4). Er hat die gleiche Lage wie der primäre Laterallobus von Manti-

46 R. WEDERIND, .

coceras usw., er liegt also so, daß er in dem Sattelwall des Innen-

sattels eingesenkt zu sein scheint (Lobus Z in Fig. 3 u. 4). Die

auf der Septalfläche nabelwärts von diesem Lobus aus folgenden Loben sind alternierend angeordnet, so daß ein Sattel immer einem Lobus gegenüberliegt, während die nach der Externseite zu folgenden Loben paarig angeordnet sind. Den Lobus (Z), der bei Beloceras multilobatum dem Innensattel gegenüberliegt, deute ich als primären Laterallobus, weil ein in gleicher Weise ausgezeichneter Lobus bei allen Manticoceratinae vorhanden ist und von diesem nachgewiesen wurde, daß er dem primären Laterallobus entspricht. Die alter- nierenden Loben entsprechen ebenfalls den alternierenden Loben der Septalfläche von Manticoceras, Koenenites usw.; sie sind also durch alternierend ventropartite Teilung des Innensattels entstanden.

Wie sind nun die Loben entstanden, welche in paariger An- ordnung nach der Außenseite hin auf den primären Laterallobus folgen? Zunächst ist bekannt, daß ein Mediansattel den Außen- lobus teilt. Auf den verschiedenen Wachstumsstadien von Beloceras multilobatum konnte ich beobachten, daß durch wiederholte Median- sattelbildung vom Außenlobus aus neue Loben gebildet werden. (sanz ähnliche Mediansattelbildung habe ich früher von Prae- glyphroceras beschrieben (WEDERIND 1908 Taf. 39 Fig. 10—12). Danach entstehen die paarigen Loben der Septalfläche von Beloceras multilobatum lediglich durch fortgesetzte Mediansattelbildung. Bei besonders gut erhaltenen Exemplaren von Beloceras multilobatum konnten bikonvexe Anwachsstreifen beobachtet werden.

Daraus ergibt sich, daß die Gattung Beloceras zu den Manticoceratinae gehört, daß bei Beloceras die beiden Charaktere Mediansattelbildung und die alternierend ventropartite Spaltung des Innensattels durch pseudospontane Variation (vgl. SumPpER 1912) zu einer extrem großen Zahl von Loben geführt haben.

Übersicht über die Gattungen der Manticoceratinae.

l. Gephyroceras Hyarr em. HoLzAPFEL. Vorherrschend flache (scheibenförmige) weitgenabelte Gehäuse mit bikonvexen Anwachsstreifen. Lobenlinie M EL,J. Außer dem Außen- und Innenlobus nur der primäre Laterallobus vorhanden.

2. Manticoceras Hyarr em. HoLzAPrFEL.

Vorherrschend enggenabelte, platte bis bauchige Gehäuse mit bikonvexen Anwachsstreifen. Lobenliniie MEL,U7,J. Außer den Lobenelementen der Gattung @ephyroceras noch ein innerer Seiten- lobus vorhanden.

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 47

3. Koenenites WDkn».

Vorherrschend scheibenförmige, mäßig weitgenabelte Gehäuse mit bikonvexen Anwachsstreifen. Lobenliniie M EL, U Ur. Außer den Lobenelementen der Gattung Manticoceras noch ein weiterer äußerer Seitenlobus. Es sind also insgesamt zwei äußere und ein innerer Seitenlobus vorhanden.

4. Timanites MoJsısovics. Vorherrschend enggenabelte, flache, galeate Formen. Bikonvexe Anwachsstreifen. Lobenlinie M EL, Urr Ur UrJ. Es sind außer zwei äußeren und einem inneren Laterallobus ein Nahtlobus vor-

- handen.

5. Pharciceras Hyıarr em. KAYsEr.

Vorherrschend weitgenabelte, niedrigmündige Gehäuse Bi- konvexe Anwachsstreifen. Lobenliniie M E L, Un Ur Ur Ur J. Es sind mindestens zwei innere und ‘zwei äußere Lateralloben vor- handen und außerdem ein Nahtlobus.

6. Triainoceras HyıarTr em. DREVERMANN.

In der Jugend weitgenabelte, breite und kräftig berippte Windungen mit ungeteiltem (?) Außenlobus. Im Alter werden die Umgänge höher als breit und involuter. Die Wohnkammer größerer Exemplare ist unberippt und galeat.

Die Lobenlinie ıst noch nicht genau untersucht. Sie gleicht der Pharciceraslobenlinie.

7. Beloceras Hyaı.

Weit- bis enggenabelte, immer extrem scheibenförmige Go- niatiten mit schmaler Externseite. Die Lobenlinie besteht aus einer großen Zahl von Seitenloben, die durch die Spaltung des primären Innensattels, und einer größeren Zahl von Loben, die durch fortgesetzte Teilung des Außenlobus entstanden sind. Loben-

formel M,„ Myır Mor M;E L Ur Ur Uyr Uyıtn Uyır Uy Ur Ur J.

‚Tabellarische Übersicht über die Arten der Gattung Beloceras, soweit sie im Rheinischen Gebirge vorkommen.

A. Scheibenförmig, galeat und enggenabelt: Beloceras multilobatum BeEyr.

48 R. WEDEKIND.

B. Weitgenabelt. a) Zahlreiche Umgänge. Röhre abgeplattet. Beloceras Kayseri HOoLzAPFEL.

b) Wenige Umgänge: Seitenfläche gewölbt. Beloceras Denckmanni WEDERIND.

1. Beloceras multilobatum BEXRICH. Textfigur 5. Synonyma bei Crıck und Foorp: Catalogue of the Fossil Cephalopoda. S. 274. Die Angaben, welche SANDBERGER, HoLZAPFEL uU. a. über die Schalenform von Beloceras multilobatum gemacht haben, sind in einigen Punkten zu ergänzen.

Kleinere Exemplare (Textfig. 5a,) zeigen bis zu einem Durch- messer von 25 mm auf der schmalen Außenseite eine tiefe und

Q,

d (A Az

Fig. 5. Beloceras multilobatum Beyrk. Querschnitt eines kleinen Exemplares

Externfurche; Querschnitt eines größeren Exemplares. Beloceras Kayseri

Horzapr. b Querschnitt. Beloceras Denckmanni WoDevD. c Querschnitt. Sämt- lich von Martenberg. Museum Göttingen.

kantig begrenzte Externfurche. Erst bei 20 mm Windungshöhe verschwindet diese Furche und die Externseite wird galeat, aber nicht kantig. Bei größeren Exemplaren beobachtete ich jederseits der schmalen Externseite seichte aber deutliche Längsfurchen (Textfig. 5a).

Die Skulptur wird nur in seltenen Fällen beobachtet, da meist

nur Runzelschicht vorhanden ist.

Vorkommen: Bei Martenberg in Iß, Iy und häufig. Weitverbreitet, aber auf die kalkige Facies dieser Zonen beschränkt.

i | |

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 49

2. Beloceras Kayseri HoLzAPFEL. Textfigur 5b.

1882. Goniatites Kayseri HoızarreL: Die Goniatitenkalke von Adorf bei Waldeck. Palaeontographica. XXVII Taf. 45 Fig. 7—9. Taf. 46 Fig. 1.

Vorkommen: In den Zonen Iy und bei Martenberg.

3. Beloceras Denckmanni WEDEKIND. Textfigur 5c.

Auf die Selbständigkeit dieser neuen Art hat bereits A. Drenck- MAnNn (1902 S.:579) hingewiesen. Ich möchte sie deshalb als Beloceras Denckmanni bezeichnen. Mit Beloceras Kayserı hat unsere neue Art die Weite des Nabels gemeinsam, während sie im Querschnitt der Röhre einem Beloceras multilobatum entspricht. Sie ist somit ohne weiteres von der zuletzt genannten Art durch den weiten Nabel zu unterscheiden. Von Beloceras Kayserı ist Beloceras Denekmanni durch die geringe Anzahl der Umgänge, durch größere Dicke der Röhre unterschieden, die bei der neuen Art nicht abgeplattet, sondern gewölbt, bei Beloceras Kayseri dagegen abgeplattet ist.

Die Lobenlinie ist bisher nur zum Teil beobachtet. Sie zeigt wie die anderen Arten der Gattung Beloceras spitze Loben und Sättel.

Vorkommen: Beloceras Denckmanni findet sich bei Marten- berg nur in der Zone IB und in dem gleichen Horizont des Beul bei Balve.

Tabellarische Übersicht über die im folgenden be- handelten Arten der Gattungen Manticoceras und @Gephyroceras.

A. Enggenabelt. 1. Externseite und vor allem die Seitenflächen immer und in allen Wachstumsstadien gerundet. a) Niedrigmündig, so daß im Querschnitt die Höhe kleiner ist als die Breite.

a) Querschnitt gerundet. Externseite breit.

Manticoceras affine STEININGER. 8) Querschnitt dreiseitig. ; Manticoceras bullatum W EDEKIND. b) Hochmündig. Daher die Höhe im Querschnitt größer als die Breite.

a) Querschnitt gerundet. Externseite breit. Manticoceras intumescens BEYRICH.

4

R. WEDEKIND,.

ßB) Querschnitt dreiseitig.

Manticoceras adorfense WEDEKIND.

y) Ebenso, aber in der Jugend mit Längsfurchen und rippenartigen Anwachsstreifen.

Manticoceras retrorsum v. Buch.

2. Die Seiten sind abgeplattet, aber nicht oder nur mäßig gegeneinander geneigt. Nabel eng.

a) Dickscheibenförmig, neben dem Nabel bei. größeren Exemplaren eine Depression. Mediansattel hoch. Manticoceras intermedium SANDBERGER b) Gehäuse extrem dünnscheibenförmig. Außensattel sehr schmal. Manticoceras Schellwieni WEDEKIND, c) Mittlere Form, vermittelnd zwischen Manticoceras Schellwieni und intermedium (ef. Textfig. 10). Median- sattel sehr niedrig, Außensattel sehr breit. Manticoceras carinatum (BEYRICH). d) Die Altersform im Querschnitt wie Mantieoceras carınatum, die inneren Windungen wie cordatum. Außensättel schmal, Mediansattel sehr hoch. Manticoceras Drevermanni WEDEKIND.

3. Seitenflächen stark abgeplattet und gegeneinander geneigt. Windungen im Querschnitt bedeutend höher als breit. a) Dünne Form.

Manticoceras cordatım SANDBERGER. b) Dicke Form Manticoceras erassuwm WEDEKIND. c) Windungsquerschnitt größerer Exemplare wie bei Manticoceras cordatum, die inneren Windungen galeat. Manticoceras inversum WEDEKIND.

d) Galeate Nebenformen.

a) Dünnscheibenförmig. Manticoceras galeatum WEDEKIND.

[B) Diekscheibenförmig. Manticoceras Koeneni HouzarrEı.|

BI. Weitgenabelt und dünnscheibenförmig.

l. Windungen in der Jugend sehr breit und mit Furche auf der Externseite, die aber nie kantig begrenzt ist und die früher oder später verschwindet.

a) Die Externseite der Schlußwindung sehr schmal. Manticoceras ealculiforme BeyrıcH. b) Die Externseite relativ breit. Manticoceras caleuliforme Beyr. var. n. erassa.

Da

a Pe E EN Re Er

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 51

2. Weder in der Jugend noch im Alter auf der Externseite eine Furche. a) Röhre im Querschnitt kreisförmig so breit wie hoch. (?) Gephyroceras bickense WEDERIND. b) Röhre im Querschnitt höher als breit. a) Die Umgänge umfassen einander zur Hälfte oder mehr. Gephyroceras aequabile Bzyr. var. ß) Die Umgänge umfassen die vorhergehenden nur sehr wenig. Gephyroceras Sandbergeri WEDEKIND. 3. Dünnscheibenförmig. Die Seiten sind stark abgeplattet. a) Sehr weit genabelt. Externseite abgeplattet und kantig. Gephyroceras planorbe SANDBERGER, b) Enger genabelt. a.) Externseite abgeplattet und kantig begrenzt. Neben der Externseite seichte Längsfurchen. , Gephyroceras forcipiferwm SANDBERGER. ß) Externseite gerundet. Gephyroceras gerolsteinense STEININGER. BII. Weitgenabelt, kräftige Skulptur.

1. Externseite der inneren Windungen platt. Schlußumgang galeat (kantig). Innere Windungen berippt.

Gephyroceras tuberculatum HoLzAPFEL.

2. Externseite der inneren Windungen gekielt. Schlußumgang unbekannt. Auf den inneren Windungen Rippen.

Gephyroceras tuberculatum var. noV.

3. Externseite gerundet aber nicht gekielt, Schlußumgang

schmal aber nicht kantig. Innere Windungen mit Nabel-

knoten . . Gephyroceras nodulosum WEDEKIND.

Gruppe des Manticoceras intumescens BEykıcH.

Die zu dieser Gruppe gehörigen Formen sind scharf dadurch

charakterisiert, daß einmal die Seiten- und die Externfläche im Querschnitt gerundet, nicht abgeplattet, und daß sie im Querschnitt höher als breit sind. Von den hierher gehörigen Formen unter- scheiden sich Manticoceras intumescens und Manticoceras adorfense dadurch voneinander, daß der Querschnitt des Manticoceras ador- fense infolge einer schmalen Externseite ein dreiseitiges Aussehen erhält, was bei Manticoceras intumescens nicht der Fall ist, da diese Art eine breite Externseite hat. Der Manticoceras retrorsum ist

4*

52 R. WEDERIND,

nur in kleinen Exemplaren bekannt und in diesen deutlich von den beiden anderen Formen dieser Gruppe unterschieden.

4. Manticoceras intumescens BEYR. Typus. Tafel IV, Figur 9, Textfigur 6.

1837. Ammonites intumescens BevrıcH: Beiträge zur Kenntnis der Versteine- rungen des rheinischen Übergangsgebirges. Berlin, S. 36, Taf. II, Fig. 3. Ammonites orbieulus Beyrich. Ebenda. S. 96, Taf. 11. Fig. 4.

1899. Manticoceras intumescens BEyRıcH sp.: HorzarreL: Die Cephalopoden des Domanik im südlichen Timan. Mem. du Comite geologique vol. XI, Nr. 2, S. 22, Taf. I, Fig. 9.

Das Original des Goniatites intumescens (Geolog. Museum der

Berliner Universität) ist von HoLzarFEı neu beschrieben und abgebildet. Ich füge dem hier noch einen genauen Querschnitt des Originales Fig. 6a hinzu, der nach einem durchgesägten (sipsabguß gezeichnet ist. Der wesentlicheCharakter des Mantı-

Fig. 6. Manticoceras intumescens Bryr. a Querschnitt von Beyrıcas Original-

exemplare (Berlin); b Querschnitt eines größeren Exemplares von Marten-

berg (Göttingen); e Lobenlinie desselben Exemplares; Manticoceras retrorsum v. Buca; d Querschnitt.

coceras ıntumescens besteht darin, daß ein relativ weiter Nabel vorhanden ist (6,5 mm bei einem Durchmesser von 38 mm des Originals), daß die Seiten und Externfläche gerundet und die Win- dungen bei Exemplaren von mittlerer Größe so hoch wie breit sind.

>

ee

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 53

Die Lobenlinie (Horzarreu 1899, Taf. I, Fig. 9) zeigt einen spitzen Laterallobus, sehr breit gerundeten Außensattel und Mediansättel von mittlerer Höhe.

Horzapren bildet am angegebenen Ort auch größere Exem- plare als Intumescens-Typus ab, die hochmündiger sind, aber ge- rundete Seitenflächen behalten. Es ist mir sehr zweifelhaft, ob diese Timanexemplare wirklich dem Intumescens-Typus entsprechen, zumal Horzarprer's Abbildungen gerade, nicht sichelförmige Anwachs- streifen zu zeigen scheinen.

Mit Manticoceras intwmescens ist andauernd der von mir als cordatus bezeichnete Manticoceras verwechselt worden. Ja, es hat den Anschein nach der bestehenden Literatur, daß als intumescens alle + enggenabelten Formen mit primordialer Lobenlinie bezeichnet sind. HorzarreL betrachtet den cordatus als Varietät des intu- mescens. Demgegenüber bemerke ich, daß es vielleicht, abgesehen von der Anfangskammer und den beiden ersten Umgängen, kein Stadium gibt, in dem die beiden Arten einander ähnlich sind.

Von den drei von SANDBERGER zu seinem Goniatites intumescens gezogenen Varietäten ist vielleicht nur SANDBERGER'S Cconvexzus ein intumescens. Es ist nur noch das Original zu Taf. VII, Fig. 3b vorhanden, das folgende Größenverhältnisse zeigt:

D-35336 mm; NW=38,7 mm; r=17 mm; d—=18,8 mm!®t), Die Schale zeigt nur auf der einen Seite Spuren einer etwas kräfti- geren aber sehr undeutlichen Skulptur. Auf der Außenseite läuft in der Mitte eine sehr feine Kante entlang, die auch SANDBERGER in seiner Abbildung (Taf. VII, Fig. 3b) angegeben hat. Diese ist an den von Schale bedeckten Stellen nicht mehr vorhanden. Ein weiteres Exemplar der SanDBErRGErR’schen Sammlung (Wiesbaden) zeigt sichelförmige Anwachsstreifen.

Von größeren Exemplaren, die zu Manticoceras intumescens BryricH gerechnet werden können, ist mir nur ein Exemplar von Martenberg (oder Webel) bekannt, das zeigt, daß auch größere Exemplare den gleichen Windungsquerschnitt wie das Original

haben (Textfigur 6b). Vorkommen: In dieser Fassung des Artbegrifis, die auf einer Untersuchung des Bevrıca’schen ÖOriginalexemplares basiert, ist Manticoceras intumescens eine relativ seltene Form (häufig nur bei Büdesheim), die nach ihrem Vorkommen bei Martenberg auf die Zone Iy beschränkt zu Sein scheint.

16) D Durchmesser; NW = Nabelweite; r = Windungshöhe; d = Dicke der Röhre.

5 R. WEDEKIND.

5. Manticoceras retrorsum v. BuchH.

Textfigur 6d.

1832. Ammonites retrorsus L. v. Bucn: Abhandl. d. Kgl. Akad. d. Wiss. Berlin. S. 181, Taf. II, Fig. 13.

1850. Goniatites lamed var. tripartita SANDBERGER:! Versteinerungen des rheini- schen Schichtensystems in Nassau. S. 90, Taf. VII, Fig. 7.

1884. GoniatitesretrorsusL.v. Buch: Beyrıch Zeitschr.d.D.Geol.Ges. Bd. 36, S.216.

Bryrica hat schon 1884 nachgewiesen, daß Gontatites retrorsus v. Buc# nicht ein Tornoceras ist, wie bis dahin allgemein an- genommen wurde, sondern ein echter primordialer Goniatit. Der Originalabbildung liegen zwei Exemplare zugrunde, die verschiedenen Arten angehören. Beide stammen vom Martenberge. Das eine Exemplar, das einem Handstück aufsitzt, bildet die Grundlage der Ab- bildung L. v. Buc#’s, dem aber die Skulptur des zweiten isolierten Exemplares aufgezeichnet ist. Die Beschreibung selbst paßt nur zu dem isolierten Exemplare, das fortan demnach als alleiniges Original zu Goniatites (Manticoceras) retrorsus anzusehen ist.

Außer dem Berliner Exemplare standen mir weitere zahlreiche Exemplare vom Martenberge zur Verfügung.

Das Originalexemplar es hat eine Windungsdicke von 4,3 mm und eine Windungshöhe von 4,7 mm zeigt eine deutlich von den Seiten abgesetzte nur schwach gewölbte Externseite, die bei einer Windungshöhe von 4,5 mm eine Breite von 1,8 mm hat. Sie wird jederseits begrenzt von einer Längsfurche. Die Seiten sind gebaucht, wie das der Querschnitt in unserer Textfig. 6d zeigt. Der Nabel des Originalexemplares ist 3,6 mm weit. Ein anderes, etwas gröberes Exemplar zeigt, daß schon auf dem nächsten Um- gange die Furchen verschwinden. Die Windungen erhalten dann ganz flache nach außen konvergierende Seiten und die vorher ungewöhnlich scharf und kräftig ausgebildeten bikonvexen Anwachs- streifen werden mit dem Verschwinden der Furchen schwächer, bleiben aber ausgesprochen bikonvex. Altersformen sind bisher nicht bekannt geworden. Ob das von Frron (1902, Taf. 3, Fig. 1) als Gephyroceras retrorsum abgebildete Exemplar hierher gehört, läßt sich nach der Abbildung allein nicht entscheiden, da FrrcH keinen Querschnitt mit abgebildet hat.

Vorkommen: In typischen Exemplaren fand ich diese Art bei Martenberg nur in der Zone Iy.

6. Manticoceras adorfense WDpKD. Tafel IV, Figur 5—6, Textfigur 76}, C2. Vor einigen Jahren fand ich auf der Halde der Grube Marten- berg einen Block Roteisenstein, der ganz erfüllt war von Goniatiten

ger N zen. u.

AL 702

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 55

dieser Art, so daß es mir gelang, eine Reihe guter Exemplare zu gewinnen. In der Lobenlinie unterscheidet sie nichts von Mantico- ceras intumescens, während der Querschnitt konstante Unterschiede zeigt. Die Seiten und die Externfläche sind gerundet, während aber Manticoceras ıntumescens eine relativ breite Externfläche be- sitzt, ist die von Manticoceras adorfense schmal, so daß die Form des Querschnittes dreiseitig wird. Der Nabel ist von mäßiger

q, 6, cz | C2

Fig. 7. Manticoceras bullatum Wpxe»., Burg bei Brilon. Querschnitt,

ae Lobenlinie. Manticoceras affine Stem, Bredelar. 5b, Querschnitt, b, Loben-

linie. Manticoceras adorfense Wopev., Grube Martenberg. Querschnitt, ca Lobenlinie. Originale im Museum zu Göttingen.

Weite. Ein gut erhaltenes Exemplar ergab folgende Größen- verhältnisse:

D= 38 mn; NW=8 mm; r—=22 mm; d=18 mm. Während bei allen Formen der Windungsquerschnitt immer der gleiche bleibt, schwankt die Dicke in mäßigen Grenzen.

Vorkommen: An der Martenberger Klippe ist diese neue Art im Anstehenden bisher nicht nachgewiesen. Es ist daher von Wich- tigkeit der in diesem Jahre von mir erbrachte Nachweis, daß sich die gleiche Art auch in den schwarzen Kalken des Beul bei Balve, hier mit erhaltenen Anwachsstreifen findet, und zwar im Hangenden von 1y.

56 R. WEDEKIND.

Il. Gruppe des Manticoceras affine STEININGER.

Die Gruppe des Manticoceras affıne ist durch gerundete Seiten- und Außenflächen ausgezeichnet. Die Windungen sind im Quer- schnitt immer niedriger als hoch. Hierin beruht der Unterschied von den Formen der Gruppe des Manticoceras intumescens.

Die beiden hierher gehörigen Arten Manticoceras affine und bullatum unterscheiden sich voneinander leicht dadurch, daß bei Manticoceras affine die Externseite breit, bei bullatum schmal ist.

7. Manticoceras affine STEIN. Tafel IV, Figur 10, 11, Textfigur 7b,_.. 1849. Goniatites affine Steisinser: Versteinerungen im Übergangsgebirge der Eifel. S. 26. 1850. Goniatites lamed var. latidorsalis Gebr. SANDBERGER: Versteinerungen des rheinischen Schichtensystems in Nassau. S. 90, Taf. VIII, Fig. 8. 1855. Goniatites affinis STEIINGER! Geognostische Beschreibung der Eifel. S. 42, Taf. I, Fig. 4. 1882. Goniatites affinis HoLzarreL: Palaeontographica. Bd. 28, S. 243, Taf. 46, Fig. 3. 1902. ERS affine Frecn: Über devonische Ammoneen. S. 59, Fig. 18d. Die weitgenabelten niedrigmündigen Zwergformen von Büdes- heim hat SrtEıınGER als affine bezeichnet. Frech bildet den Querschnitt eines größeren Exemplares ab, das von Cabrieres stammt. Größere Exemplare, die dem Frecn’schen gleichen, hat A. v. KoEnEN auch auf der Grube Charlottenzug bei Bredelar gefunden. Diese Exemplare zeigen, daß die Wachstumsverhältnisse, die die Exemplare von Büdesheim auszeichnen, auch bei den größeren Exemplaren fort- j bestehen. Die Lobenlinie ist in Textfig. 7b, abgebildet. Sie zeigt \ sehr schmale und tiefe Außenloben und einen spitzen, relativ weit vom Nabel gelegenen Laterallobus. Vorkommen: Von der Martenberger Klippe kenne ich diese Art bisher nicht. Auch konnte ich bisher an keinem Exemplare Anwachsstreifen nachweisen. Manticoceras affine scheint die höhere Zone der Intumescensstufe zu charakterisieren.

| H |

8. Manticoceras bullatum WDk».

Tafel IV, Figur 12, 13, Textfigur 7 a,_..

Diese neue Art gleicht in der Breite und Höhe der Röhre den gleich großen Exemplaren von M. affine, unterscheidet sich aber durch den dreiseitigen Querschnitt. Größenverhältnisse:

D 42,7 mm; r—=20 mm; d = 22,7 mm; NW = 9 mm.

Die Lobenlinie ist der von affine ähnlich und nur dadurch unter- schieden, daß der Laterallobus sehr nahe an der Naht liegt. Anwachs- streifen bisher noch nicht beobachtet.

E. = >. E;

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 57

Einen im Querschnitt (unsere Textfig. 9a) sehr ähnlichen Goniatiten haben die Gebrüder SAnDBERGER (1850/6, Taf. VIII, Fig. 4) als Goniatites lamed var. rugosa abgebildet. Er ist ver- mutlich mit Manticoceras bullatum ident. Unter der Bezeiehnung var. rugosa haben die Gebrüder SANDBERGER ganz heterogene Formen zusammengefaßt, so daß der Name nicht bestehen bleiben kann. Auf Taf. VII Fig. 7 habe ich das Original von neuem ab- gebildet.

Vorkommen: Burg bei Messinghausen, Horizont 1°.

Ill. Gruppe des Manticoceras cordatum SDBERG.

Hochmündige Formen, bei denen die Seitenflächen abgeplattet sind und nach außen gegeneinander Kkonvergieren. Die konstant schmale Form wird als cordatum, die konstant dicke Form als erassum bezeichnet. Hier schließe ich auch gleichzeitig die galeaten Mantieoceras-Arten an. Das Bindeglied stellt Manticoceras inversum dar, das im Alter den Windungsquerschnitt von Manticoceras cor- datum, in der Jugend den von Manticoceras galeatum hat. Mantı- coceras galeatum ist neu. Sie unterscheidet sich von Manticoceras Koenenı Horzarren durch das Fehlen einer kräftigen Skulptur und die geringere Dicke. Von den hierher gehörigen Formen sind mir Mantieoceras cordatum, galeatum und Koeneni von Martenberg aus Iy, Manticoceras crassum aus 1®, Manticoceras inversum aus bekannt geworden.

9. Manticoceras cordatum SANDBERGER Sp. Tafel IV, Figur 7, 8; Tafel V, Figur ”—11; Tafel VI, Figur 2, Textfigur 8b,_, 9b, 11a.

1850. Goniatites lamed var. complanata ex parte Gebr. SANDBERGER:! Versteine- rungen des rheinischen Schichtensystems in Nassau. Taf. VIII, Fig. 5. Gomiatites lamed var. cordata Gebr. SANDBERGER aaO. Taf. VIII, Fig. 6c. cet. excl.

SANDBERGER’S Varietäten von Goniatites lamed umfassen ganz heterogene Formen. Es hat sogar den Anschein, als ob hin und wieder ein und dasselbe Exemplar für die eine Varietät als Profil- ansicht für eine andere als Hauptansicht diente. Es ist das ver- mutlich der Fall für Goniatites lamed var. complanata und Goniatıtes lamed var. cordata.

Goniatites lamed var. complanata. Die beiden Exemplare, welche SANDBERGER als Grundlage für die Fig. 5 und 5b gedient haben, liegen mir vor. Mit complanata hat SANDBERGER einen primordialen Goniatiten bezeichnen wollen, von flachscheibenförmiger Gestalt, wie das seine Fig. 5b sehr deutlich zeigt. Insofern stimmt diese Figur ganz mit dem Original überein. Dieses Exemplar ist

58 R. WEDERIND.

aber nun nicht, wie man erwarten sollte, das Original zu Fig. 5. Das Original zu Fig. 5 hat einen Querschnitt, wie ihn SANDBERGER’S Goniatıtes lamed var. cordata in Fig. 6c besitzt. Nun stimmt auch Fig. 5 mit Fig. 6c in der Größe und dem gesamten Habitus so genau überein, daß meine Vermutung berechtigt ist, daß ein und dasselbe Exemplar als Grundlage für SAnDBERGERr’s Fig. 5 (Gontatites lamed var. complanata) und für Fig. 6c (Goniatites lamed var. cor- data) gedient hat. Ich beschränke den Begriff Manticoceras cor- datum auf dasjenige der SAnDBERGER’schen Originalexemplare, das die Grundlage für Fig. 5 und 6c bildet und komme damit zu einer Art, welche für einen bestimmten Horizont charakteristisch ist.

b, j

Fig. 8. Manticoceras galeatum Wpek»., a, Querschnitt, as Lobenlinie. Manti-

coceras cordatum SANDBERG. Sp., Querschnitt, 5b, Lobenlinie. Manticoceras

crassum Wpe»., ce (Juerschnitt. Sämtliche Exemplare von Martenberg, Tagebau. Museum Göttingen.

Das Original zeigt folgende Abmessungen:

218 mm; NW =4 mm; r—= 11,8 mm, d=9,3 mm. Die Seiten sind nahezu flach und konvergieren nach außen, während sie bei complanatum zueinander parallel sind. Die Nabel- und Extern- kante sind gerundet. Die Lobenlinie des Originalexemplars zeigt noch runde Lateralloben bei leicht gebauchten Seiten. Bei größeren Exemplaren werden sie im Alter, namentlich bei den großen Marten- berger Exemplaren platt. Die Lobenlinie gleicht der des Mantico- ceras intumescens, unterscheidet sich aber durch die geringere Breite des Außensattels.

Wo Anwachsstreifen beobachtet wurden, sind sie auch bei größeren Exemplaren immer bikonvex. Bezüglich der Unterschiede von anderen Arten verweise ich auf die Bestimmungstabelle und auf die Zusammenstellung der Querschnitte.

Vorkommen: Diese weitverbreitete Art kenne ich von folgen- den Fundpunkten: Martenberg Iy, Tunnel bei Behringhausen, Beul

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 59

bei Balve Iy, Sessacker Iy(?) Falls sie, was immerhin möglich sein kann, auch in die höheren Horizonte der Intumescensstufe hinauf- reicht, so bleibt sie doch immer dadurch charakteristisch für Iy, daß sie in dieser Zone sehr häufig ist und nicht zusammen mit Orickites Holzapfeli vorkommt.

10. Manticoceras crassum WEDEKIND. Textfigur 8c.

Den oberen Teil der Martenberger Klippe charakterisiert ein Goniatit, der an Manticoceras cordatum SANDBERGER in der von mir gegebenen Fassung erinnert, sich aber deutlich dadurch unter- scheidet, daß die Form bei sonst gleichem Habitus sehr diek ist.

a d Fig. 9. Goniatites lamed var. rugosa SanDB. —= ? Manticoceras bullatum WEDE- Kınd. a Querschnitt des Originals. Manticoceras cordatum SANDBERG. b Quer- schnitt eines mittelgroßen Exemplares von Martenberg (Tagebau). Das Original zu 7a in Wiesbaden, 7b in Göttingen.

Dieser leicht in die Augen fallende Unterschied tritt ganz besonders deutlich in den Querschnitten hervor, die ich in den Textfig. 8b u. e von Exemplaren gleicher Größe gegeben habe. Die Lobenlinie, von der nur der äußere Teil beobachtet wurde, bietet keine Unter- schiede. Anwachsstreifen bisher nicht beobachtet. Wenn Anwachs- streifen, was meistens der Fall ist, nicht vorhanden sind, so liegt die Möglichkeit einer Verwechslung unserer Art mit Orickites Holz- apfeli vor. Beide Formen sind indes leicht auf folgende Weise auseinander zu halten:

Crickites Holzapfelı. | Manticoceras crassum. Seiten stark gerundet. Seiten platt. Nabelkante kurz gerundet. Nabelkante breit gerundet.

Diese Unterschiede genügen, um beide Arten sofort und ohne weiteres zu unterscheiden.

Vorkommen: Diese Art ist mir bisher nur von dem oberen Teil der Martenberger Klippe aus den ö-Kalken bekannt geworden,

60 lt. WEDEKIND.

wo sie zusammen mit Ürickites Holzapfel vorkommt. In den y-Kalken von Martenberg habe ich sie bisher nicht gefunden.

Manticoceras galeatum WEDEKIND. Tafel IV, Figur 3, 4, Textfigur 8a.

Nachdem durch meine Aufsammlung von Martenberg festgestellt war, daß innerhalb der primordialen Goniatiten Formen mit kon- vexen und Formen mit bikonvexen Anwachsstreifen zu unterscheiden sind, fand ich auch einen echten galeaten Manticoceras, der eine Konvergenz zu dem von SANDBERGER als Goniatites intumescens var. acuta beschriebenen und abgebildeten Exemplare bildet, der ja bekanntlich gerade, konvexe Anwachsstreifen zeigt. Das Gehäuse ist scheibenförmig mit zugeschärfter Externseite Die Windungen sind bedeutend höher als breit. Die Seitenflächen sind etwas ge- baucht. Sie sind bedeckt mit ausgesprochen bikonvexen Anwachs- streifen, die sowohl eine innere wie eine äußere Lateralvorbiegung zeigen. Die Lobenlinie ist die typische Manticoceras-Lobenlinie. Der Laterallobus kleinerer Exemplare ist gerundet.

(Größenverhältnisse: D Tr d NW 1. 28,3 mm 15 mm 93 mm 3,2 mm 2.315 It 11432 ES Al ao 30 193 GR, FR BER Ba re

Exemplar 1—3 stammt vom Martenberg, 4 von Oberscheld. Be- sonders das größte dieser Exemplare ist deshalb von Interesse, da es zeigt, daß sich Manticoceras galeatum von Crickites acutus auch dann unterscheiden läßt, wenn unbeschalte Exemplare ohne Anwachs- streifen vorliegen, indem sich nämlich bei Goniatites acutus SAND- BERGER die Externseite allmählich zuschärft, bei Manticoceras galeatum dagegen ziemlich plötzlich, wie das auch ein Vergleich des Querschnittes unserer Textfig. 8a, mit SanpBERGER’S Abbildung deutlich zeigt.

Vorkommen: Diese Art fand sich in sicheren Exemplaren bisher nur in den y-Kalken von Martenberg und in den gleich- altrigen Kalken von Oberscheld.

ll. Manticoceras inversum WEDEKIND. Tafel IV, Figur 1 u. 2. Eine der eigentümlichsten Formen, die mir bisher leider nur in einem einzigen Exemplare bekannt geworden ist, stammt vom Martenberg, und zwar aus der Zone Iß. Das Auffällige dieser

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Be: Ve heine h

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 61

Form beruht darin, daß sie bis zu einem Durchmesser von ca. 20 mm deutlich galeat ist und dann einen Querschnitt annimmt, der genau dem von Manticoceras cordatum entspricht. In der Lobenlinie, die innere Lobenlinie habe ich bisher noch nicht ge- sehen, sind keine Unterschiede von der des Manticoceras cordatum vorhanden. Bei den übrigen mir bekannten galeaten Goniatiten liegen die Verhältnisse so, daß die Formen erst im Alter galeat werden. Der Nabel ist eng.

(srößenverhältnisse:

D=32,5 mm; r=17 mn; d=12 mm; NW=5 mm. Anwachsstreifen sind nur in der Nähe des Nabels beobachtet.

Vorkommen: Martenberg Iß.

vr Eh.

Fig. 10. Manticoceras intermedium SANDBERG. em. a= Querschnitt von SanD-

BERGERS Originalexemplare, Wiesbaden. Manticoceras carinatum SANDBERG. em.

Querschnitt eines Exemplares von lberg bei Grund, 5b» Lobenlinie des

gleichen Exemplares. Manticoceras Schellwieni Wo». Querschnitt, cs Loben-

linie des gleichen Exemplares, Burg bei Bredelar. b und c im Museum Göttingen.

IV. Gruppe des Manticoceras carınatum,

Diese Gruppe ist durch die gerundete Externseite und durch die abgeplatteten und parallelen, aber nie nach außen kon- vergierenden Seiten und die sehr niedrigen Mediansättel charak- terisiert. Manticoceras Schellwieni ist eine extrem dünnscheibige Form, die dicke Form mit senkrechter Nabelwand ist Manticoceras intermedium. In der Mitte zwischen beiden steht Manticoceras carinatum mit gewölbter Nabelwand. Den Übergang zu der Gruppe des Manticoceras cordatwm bildet Manticoceras Drevermanmı.

12. Manticoceras Drevermanni WEDEKIND. Tafel V, Figur 5, 6, Textfigur 11bı-.. Kleinere Exemplare dieser neuen Art haben einen Querschnitt,

der durch eine ungewöhnlich schmale Externseite ausgezeichnet ist. Die Seiten sind gerundet, so daß der Querschnitt etwa dem von

62 R. WEDERIND,

Manticoceras adorfense entspricht. Selbst die kleinen Exemplare haben ausgesprochen bikonvexe Anwachsstreifen.

Bei fortschreitendem Wachstum ändern sich die Wachstums- verhältnisse in der Weise, daß bei gleichbleibendem starkem Höhen- wachstum der Querschnitt dem von Manticoceras carınatum gleich wird. Die inneren Windungen entsprechen also im Querschnitt einem Manticoceras cordatum oder auch adorfense, die späteren dagegen einem Manticoceras carinatum. Ein gut erhaltenes und

unverdrücktes Exemplar zeigt folgende

Größenverhältnisse: D-—-39 nm; r—=21l nn; d = Ta NW = 18 mm. Die Lobenlinie besteht aus sehr hohen a b, Mediansätteln, die etwa halb so hoch sind

als die im Scheitel sehr schmalen, aber doch N gerundeten Außensättel. Fig: 12. Ve Die Anwachsstreifen sind bikonvex. Drevermanni Woxo. Manticoceras Drevermannı kann mit zwei Querschnitt, ds Loben- Arten verwechselt werden: linie desselben Exem- a) Um die Unterschiede dieser Art von plares. Zum Vergleich y nticoceras eordatum festzulegen, sind auf daneben Manticoceras cor- £ i h j hr, . datum Sanveere. a. Taf. Vin Fig. 6—11 die Abbildungen typischer Formen nebeneinander gestellt. Diese zeigen deutlich, daß bei Manticoceras cordatum die Seitenflächen nach außen konvergieren, bei Manticoceras Drevermanni dagegen nicht, und daß bei der ersten Art die Umgänge schneller an Höhe zunehmen als bei der anderen. Die kleinen Exemplare Können einander sehr ähnlich werden. Es genügt hier festzustellen, daß Manticoceras Drevermanni bedeutend schmaler ist als cor- datum.

b) Mantieoceras carinatum, dem unsere Art im Querschnitt erößerer Exemplare am meistem gleicht, ist durch die sehr niedrigen Mediansättel und durch die größere Breite des Außensattels unter- schieden. Daß auch im Querschnitt durchgreifende Unterschiede - vorhanden sind, zeigen die Querschnittszeichnungen unserer Fig. 10 u: 34,

Insgesamt stellt somit Manticoceras Drevermanni eine inter- essante Zwischenform zwischen Manticoceras cordatum und cari- natum dar.

Vorkommen: Manticoceras Drevermanmi ist mir bisher nur aus den schwarzen (8-)Kalken von Bicken bekannt geworden.

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 63

13. Manticoceras carinatum (BEYRICH) SANDBERGER. Tafel V, Figur 3, 4, Textfigur 10b,_..

1837. Ammonites carinatus Beyrich: Beiträge zur Kenntnis des Rheinischen Übergangsgebirges. S. 35, Taf. II, Fig. 2a, b, c.

1850/6. Goniatites carinatus BEYRICH, SANDBERGER: Versteinerungen des rheini- schen Schichtensystems in Nassau. Taf. VI, Fig. 4.

1902. Gephyroceras complanatum Frec#: Über devonische Ammoneen. S. 59, Fig. 18b.

Gehäuse scheibenförmig, von mäßiger Dicke, mit engem Nabel. Die Seiten sind abgeplattet und nicht gegeneinander geneigt. Die Externseite ist gerundet. Die Lobenlinie zeigt einen breitgerundeten hohen Außensattel, stumpfeckigen bis spitzen Laterallobus und meist niedrige Mediansättel.

Als Goniatites l/amed var. complanata haben die Gebrüder SANDBERGER einen flachen Goniatiten bezeichnen wollen mit ab- geplatteten Seiten. Das Original ist leider noch zu klein und zu wenig typisch ausgebildet, um die sichere Erkennung dieses Charakters zuzulassen. Ich habe mich daher nicht entschließen können das SANDBERGER’ScChe Original als Grundlage einer Art anzusehen, weil dadurch eine arge Verwirrung hervorgerufen würde So hat denn bereits FrecH (1902, S. 59) eine ganz andere Form als Manticoceras complanatum bezeichnet, die sich von den SANDBERGER’Schen Originalen durch eine größere Breite unterscheidet. Diese durch größere Breite unterschiedenen Formen hat nun bereits Bryrıck und später SANDBERGRR Goniatites carınatus (BEYR.) genannt. Es ist das eine scheibenförmige Form von mäßiger Dicke, die im Querschnitt dem von FrecH abgebildeten Manticoceras complanatum durchaus ent- spricht. Für Goniatites carınatus ist von SANDBERGER das Vor- handensein eines sehr feinen Kieles als charakteristisch bezeichnet, daher der Name. Bei guter Erhaltung kann man indes einen der- artigen Kiel bei allen möglichen Manticoceras-Arten beobachten, so z. B. auch bei Manticoceras ıintumescens BeyrıcH. Daher ist das Vorhandensein eines Kiels, der nur im Steinkern hervortritt, nichts charakteristisches. Ich kann aus diesem Grunde nicht daran zweifeln, daß Manticoceras complanatum Frec# identisch ist mit carınatum SANDBERGER, zumal mir ein großes Vergleichsmaterial vom Iberg bei Grund vorliegt, von wo auch FrecH’s Exemplar stammt. Durch unmittelbaren Vergleich der Iberger Formen mit SANDBERGER’S Original habe ich mich davon überzeugen können, daß diese Formen tatsächlich ident sind. Ein Unterschied würde sich vielleicht darin ergeben, daß carınatum bei kleineren Exem- plaren einen runden Laterallobus hat. Ein derartiger Unterschied zur Abtrennung von Arten ist, wie HouzaPpreu und J. M. CLARKE

64 R. WEDERIND.

gezeigt haben, nicht ausreichend. An der Lobenlinie ist lediglich bemerkenswert, daß kleinere und Exemplare von mittlerer Größe einen runden, größere Exemplare einen stumpfwinkligen Laterallobus haben, der bei einzelnen Formen der Naht stark genähert sein kann.

Vorkommen: Bei Marienberg ist diese Art in der Zone Iy nicht selten; da sie auch am Iberg zusammen mit Manticoceras cordatum vorkommt, ist ein Zweifel daran nicht mehr möglich, daß diejenigen Teile des Iberger Kalkes, in denen dieser Goniatit vor- kommt, der Zone Iy entsprechen.

l4. Manticoceras intermedium SANDB. em. Tafel VI, Figur 1, Textfigur 10a.

Nach der erneuten Untersuchung von Bryriıcr’s Original zu Gonivatites intumescens ist es nicht mehr möglich, die von SAnD-

BERGER aufgestellten drei Varietäten als Varietäten des intumescens‘

anzusehen. Sie werden hier als besondere Arten betrachtet.

Das Original zu SANDBERGER’S Taf. 7, Fig. 2a ist ein schlecht erhaltenes Exemplar, das die Anwachsstreifen, welche SAanD- BERGER diesem Exemplare aufgezeichnet hat, an keiner Stelle zeigt. Dieses Exemplar ist zu schlecht erhalten, als daß es den Ausgangs- punkt einer Art bilden könnte.

Taf. 7 Fig. 2 zeigt weder Lobenlinie noch Anwachsstreifen. Das Original zu Taf. 7 Fig. 2e u. f scheinen Kombinationsfiguren zu sein. Ein diesen Abbildungen genau entsprechendes Exemplar befindet sich unter dem SanDBERGER'schen Material nicht mehr.

Es entspricht jedoch eins der SanpgeErger’schen Originalexemplare

in Form und Querschnitt ziemlich genau dem, was SANDBERGER als Goniatites ıntumescens var. intermedia hat bezeichnen wollen. Dieses Exemplar mag daher dem Artbegrifi Manticoceras inter- medium zugrunde gelegt werden.

Das Gehäuse ist dick, scheibenförmig und hat bikonvexe Anwachsstreifen. Größenverhältnisse: |

D=59 mm; r= 5335 mm; d=23 mm; NW = 9,5 mm.

Die Anwachsstreifen sind auf der äußeren Hälfte eines jeden Umganges durchweg fein und dann auf der Externseite zu einem breiten Externsinus zurückgebogen. Der innere Lateralvorsprung zeigt gebündelte Anwachsstreifen, welche infolgedessen eine etwas kräftigere Skulptur hervorrufen. Neben dem Nabel läuft eine sehr flache Depression entlang, die aber an den SAanpBeErGer’schen Exemplaren nur auf dem letzten Teil des äußeren Umgangs zu erkennen ist.

ran 2

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 65

Die Lobenlinie gleicht der von Manticoceras intumescens und unterscheidet sich somit von der des carınatus durch die etwas höheren Mediansättel und die immer spitzen Lateralloben.

Vorkommen: Dillmulde. Lager nicht bekannt.

15. Manticoceras Schellwieni WEDEKIND. Tafel V, Figur 1 u. 2, Textfigur 10c,_..

Während Manticoceras intermedium dickscheibenförmig und auf die tieferen Intumescensschichten beschränkt ist, findet sich in dem oberen Teile der Intumescensschichten eine extrem dünn- scheibenförmige Art, die ich als Manticoceras Schellwieni bezeichne.

Größenverhältnisse:

D=28 mn; r=13 mm; d=75 mm; NW =6 mm.

Die Lobenlinie entspricht der typischen Manticoceraslobenlinie, jedoch ist bei dieser der Außensattel ungewöhnlich schmal. Anwachs- streifen nicht erhalten.

Vielleicht ist der bereits öfter erwähnte Gontatites lamed var. complanata mit unserer Art identisch. Eine sichere Entscheidung ist indes nicht möglich, da das SanDBERGErR'sche Exemplar noch zu klein ist und außerdem eine abweichende Lobenlinie hat.

Durch den schmalen Außensattel und die dünnscheibenförmige Gestalt ist Manticoceras Schellwieni von allen anderen Manticoce- ratinae unterschieden.

Exemplare von gleichem Querschnitt mit gezähnelter Extern- seite werden wohl meist als Manticoceras serratum STEININGER be- zeichnet.

Vorkommen: Obere Intumescensschichten der Burg bei Messinghausen.

Gruppe des Manticoceras calculiforme BryriıcH.

Die hierhergehörigen Formen haben das Gemeinsame, daß die inneren Windungen bis zu einem Durchmesser von 10—15 mm gänzlich andere Wachstumsverhältnisse besitzen wie die Schluß- windungen. 5 |

Die inneren Windungen sind extrem weitgenabelt und im Querschnitt breiter als hoch. Manticoceras calculiforme Beyr. hat auf der Externseite eine Furche, Gephyroceras tuberculatum Houz- APFEL hat eine abgeplattete, Gephyroceras tuberculatum HoLZAPFEL var. nov. eine gekielte, Gephyroceras nodulosum n. sp. eine gewölbte Externseite. Die inneren Windungen von Manticoceras caleuliforme Beyrıca sind unberippt, die von @ephyroceras. nodulosum n. sp. haben Nabelknoten und die von Zuberculatum Houzarrzı Rippen.

5

66 R. WEDERIND,.

Alle diese Charaktere verschwinden auf den späteren Win- dungen ziemlich unvermittelt. Die Schlußwindungen sind fast immer glatt und im Querschnitt bedeutend höher als breit. Bei Mantreoceras caleuliforme BEyrıca ist die Externseite breit, bei Gephyroceras nodulosum n. sp. schmal aber gerundet, bei Gephy- roceras tuberculatum HoLzAPrFEL dagegen galeat, kantig.

Die berippten Formen dieser Gruppe sind bezeichnend für den Webeler Kalk, die Zone 1Bß.

16. Manticoceras calculiforme Beyrich. Textfigur 12a ,_..

1837. Ammonites calculiformis Beyrıca: Beiträge zur Kenntnis der Versteine-

rungen des rheinischen UÜbergangsgebirges. S. 37, Taf. 2, Fig. 5. 1843. Goniatites calculiformis F. A. Roemer: Versteinerungen des Harzgebirges.

Taf. 9, Fig. 14, S. 34.

1850/6. Goniatites lamed var. calculiformis Gebr. SANDBERGER; Versteinerungen des rheinischen Schichtensystems in Nassau. S. 90, Taf. 8, Fig. 9a. 1867? Goniatites quadratus W. TRENKNErR: Palaeontologische Novitäten. I, S. 6,

Taf. 1, Fig. 8.

? Goniatites discoides W. TRENKNER ibidem. Taf. 1, Fig. 13.

1877. Goniatites gerolsteinus Lee: Geol. Magaz. (2) Vol. 4, S. 101, Taf. 5,

Fig. 5.

1880. Goniatites lamed var. calculiformis W. Branco: Palaeontographica. Bd. 27,

Taf. 6, Fig. 1, Taf. 10, Fig. 5.

1882. Goniatites calculiformis HouzarreL: Palaeontographica. Bd. 28, Taf. 3,

Fig. 11—15.

1902. Gephyroceras caleuliforme Fr. Frech: Über devonische Amoneen. Bei-

träge zur Palaeontologie ÖOsterreich-Ungarns. S. 57 u. 58.

Der Name Manticoceras caleuliforme ist auf diejenigen Formen zu beschränken, die auf den inneren Windungen auf der Extern- seite eine deutlich ausgeprägte Furche besitzen. Die Gebrüder SANDBERGER haben, wie die Untersuchung ihrer Originale gezeigt hat, noch andere Formen als Goniatites calculiformis bezeichnet. Im Alter verschwindet diese Furche und gleichzeitig setzt ein schnelleres Höhenwachstum ein. Bei den typischen Exemplaren ist die Externseite im Alter sehr schmal, während bei

Manticoceras calculiforme var. n. crassa

die Externseite sehr breit ist, wie das die Querschnitte in unserer Textfig. 12a, deutlich zeigen. Die Lobenlinie bietet keine Unter- schiede. |

Vorkommen: Die typische Form ist in kleinen Exemplaren am Martenberg in der Zone Iy sehr häufig und reicht auch in die höheren Zonen hinauf, wo sie indes seltener zu sein scheint. Demgegenüber ist die var. n. crassa fast immer in großen Exemplaren

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 67

in häufig. Sie scheint nach meinen Beobachtungen bisher nur eültig für Martenberg ganz auf diese Zonen beschränkt zu sein,

17. ?Gephyroceras tuberculatum HoLzAPFEL. Tafel VI, Figur 8, Textfiguren 12c ı_;.

1882. Goniatites tuberculatus HoLzarreL: Die Goniatitenkalke von Adorf in Waldeck. S. 244, Taf. XLV, Fig. 7—10.

Die inneren Windungen dieser Art haben immer kräftige Rippen, die Externseite dagegen ist abgeplattet und glatt. Die

en

D I

a7 d, Ce, Fig. 12. Manticoceras calculiforme Beyrk. a, Querschnitt eines kleinen Exemplares, as Querschnitt eines größeren Exemplares (Schlußumgang). Manticoceras calculiforme BEyR var. crassa. az Querschnitt des Schlußumganges, as Lobenlinie. (2?) Gephyroceras nodulosum Wp»eD. Querschnitt - eines kleinen Exemplares, 5b, Querschnitt des Schlußumganges, bs Lobenlinie. ? Gephyroceras tuberculatum HoLzapr. c> Querschnitt eines kleinen Exemplares, cs Querschnitt des Schlußumganges, cz Lobenlinie. Gephyroceras tuberculatum Horzarr. var.n. Querschnitt eines kleinen Exemplares. Sämtlich von Marten-

. berg, aı, bı, Cı— sind vergrößert.

'Schlußumgänge sind galeat und höher als breit. Bei allen mir bekannten Exemplaren dieser Art ist der Laterallobus gerundet.

Vorkommen: Bei Martenberg wurde kein Exemplar dieser Art im Anstehenden gefunden. Von einigen der Horzarrer'schen Exemplare vermute ich dem Gestein nach, daß sie aus der Zone IB stammen.

Gephyroceras tuberculatum var. NOV. Tafel VI, Figur 7, Textfigur 12. Es sind nur die inneren Windungen eines einzigen Exemplares bekannt, das die gleiche Berippung hat wie Gephyroceras tubereu-

68 R. WEDERIND.

latum HouzaPFrEL, aber durch den Besitz eines durch Längsfurchen abgesetzten Kiels ausgezeichnet ist. (senaues Lager und Schlußumgänge nicht bekannt. .

Gephyroceras nodulosum WEDEKIND. Tafel VI, Figur 4, 5, Textfigur 12b ,_;. Die inneren Windungen haben einen breitovalen Querschnitt.

Die Externseite ist nicht abgeplattet, sondern gewölbt. Da, wo die größte Breite der Windungen liegt,

finden sich flache Knoten. Mit dem 7. oder 8 Umgange setzt ein schnelles Höhenwachstum ein. Der Schlußumgang = d hat eine schmale Externseite, ohne aber

galeat zu sein. Die Lobenlinie ist pri-

mordial mit spitzem Laterallobus. Die

innere Lobenlinie bisher nicht beobachtet. Anwachsstreifen bikonvex.

Vorkommen: @ephyroceras nodulosum

BF n. sp. fand sich sehr häufig in den B-Kalken

7 der Martenberger Klippe. Da sie bisher

nicht in den höheren Horizonten gefunden j

Fig. 13. Gephyroceras Sand- ist, kann sie als Zonenfossil gelten. bergeri Wpo&nD. a Querschnitt.

Gephyroceras aequabile BeyR. Gruppe des Gep hyroceras gero TERN. var., b Querschnitt. Gephy- S roceras gerolsteinense STEın, TEININGER.

Querschnitt, c> Lobenlinie. Diese Gruppe umfaßt dünnscheiben- DiebeidenerstenvonMarten- formive - weitgenabelte G@ephyroceras- berg, die letzte Form vom nt Bj en ci Bra ma Iberg. Etwas vergrößert. Arten. Bis auf Gephyroceras biekense sin

sie bezeichnend für die tieferen Teile der Mantireoceras-Schichten und Iy. Gephyroceras bickense hat einen kreisförmigen Querschnitt. Ein stärkeres Höhenwachstum setzt ein bei Gephyroceras aequabile var. und Sandbergeri, bei denen die Seiten aber nicht abgeplattet sind. Eine Abplattung der Seiten zeichnet den Gephyroceras gerolsteinense aus; diese Art bewahrt aber eine runde Externseite, welche bei planorbe und foreipiferum abgeplattet und kantig begrenzt wird.

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19. Gephyroceras gerolsteinense STEININGER. Tafel VI, Figur 11 u. 12, Textfigur 13c ı_..

1853. Goniatites gerolsteinensis STEININGER! Geognostische Beschreibung der Eifel. S. 43, Taf. 1, Fig. 8. | 1884. Goniatites caleuliformis CLArkeE: Die Fauna des Iberger Kalkes. S. 329,

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 69

Diese Art fand sich am Martenberg nicht, dagegen in großer Häufigkeit am Iberg bei Grund. Sie wurde von J. M. CLarke als calculiformis beschrieben, von dem sie sich aber durch das Fehlen der Externfurche unterscheidet. Da STEININGER nur kleinere Exemplare abgebildet hat, gebe ich auf Taf. VI Fig. 11,12 die Ab- bildung eines größeren Exemplares.

Vorkommen: Iberg und Büdesheim.

21. Gephyroceras bickense WEDEKIND.

Tafel VI, Figur 6.

Diese neue Art ist in einer größeren Anzahl von Exemplaren durch A. v. Kornen bei Bicken gesammelt. Eine Lobenlinie habe ich bisher nicht beobachten können. Der Verlauf der Anwachs- streifen und die auffallende Ähnlichkeit dieser Art mit Gephyroceras gerolsteinense STEININGER läßt indessen kaum daran zweifeln, dab es sich um einen Goniatiten dieser Gattung handelt. Die Anwachs- streifen beginnen an der Nabelkante mit einem nach vorn konkaven Bogen, der in der Nähe der Externseite zu einem kräftigen Lateral- vorsprung vorgezogen ist. Der Externsinus ist relativ schwach. Das Gehäuse ist sehr weit genabelt, so daß die Umgänge einander kaum umfassen. Die Röhre ist im Querschnitt kreisförmig.

Ich habe diese Art bisher nicht abgebildet gefunden, indes ist es möglich, dab die von Lrr (1877, Tafel 5, Fig. 5, 8, 9) ab- gebildeten Formen mit unserer Art ident sind. Von Saltern Cove liegen mir ganz ähnliche Formen vor.

Vorkommen: Bei Bicken kommt diese Art zusammen mit Orickites Holzapfeli ziemlich häufig vor. Auch bei Büdesheim haben sich kleinere Exemplare dieser Art gefunden, die wohl von den meisten Autoren bisher als Manticoceras calculiforme bestimmt sind. Sie unterscheiden sich von dieser Art indes ohne weiteres durch das Fehlen der Externfurche.

22. Gephyroceras Sandbergeri WEDEKIND. Tafel VI, Figur 9 u. 10, Textfigur 13a.

In den y-Kalken von Martenberg finden sich in großer Anzahl eine Reihe flach scheibenförmiger Goniatiten, die von den bisherigen Bearbeitern der Martenberger Klippe übersehen sind. Obwohl diese Form sehr häufig ist, ist es mir doch nicht gelungen, größere Exemplare zu finden. Die Durchschnittsgröße ist 15 —20 mm.

Das Gehäuse ist flach scheibenförmig, bei einer Windungshöhe von 6 mm ist die Externseite des beschalten Exemplars deutlich abgeplattet und von den Seitenflächen durch seichte Längsfurchen

70 R. WEDEKIND.

deutlich begrenzt. Die Seitenflächen selbst zeigen eine stärkste Wölbung in der Nähe der Nabelkante. Der auf diese Weise ent- stehende charakteristische Querschnitt ist in Textfigur 13a wieder- gegeben. Die Anwachsstreifen sind schwach sichelförmig gebogen und zeigen vermutlich bei größeren Exemplaren einen sehr kräftig ausgeprägten Lateralvorsprung.

Das Bild der Septalfläche, das an einem Exemplar beobachtet wurde, zeigt deutlich, daß diese Art zu der Gattung Gephyroceras gehört. Das an einem anderen Exemplar beobachtete äußere Loben- bild gleicht dem von Gephyroceras gerolsteinense.

Vorkommen: Bisher nur in den y-Kalken der Martenberger Klippe.

23. Gephyroceras aequabile BEYRICH Var. Tafel VI, Figur 13, Textfigur 13b.

Dem Gephyroceras Sandbergeri sehr ähnlich ist diese bei Marten- berg ziemlich häufige Form. Ein gut erhaltenes und unverdrücktes Exemplar zeigt folgende Größenverhältnisse:

D=16 mn; r=74, mn; NW=5 mm; d=5 mm.

Die Anwachsstreifen sind schwach sichelförmig geschwungen, indes tritt der äußere Lateralvorsprung bei dieser Art weit kräftiger hervor als bei G@ephyroceras Sandbergerı.. Die Windungen sind im Querschnitt ein wenig höher als breit. Die leicht gebauchten Seiten- flächen sind von der gerundeten Externseite durch eine kaum be- merkbare Längsdepression abgesetzt. Das an einem Exemplar beob- achtete Lobenbild gleicht dem von Gephyroceras aequabile BEyR. Es zeigt wie alle kleineren Exemplare dieser Gattung gerundete Loben.

Da mir kleine Exemplare von Gephyroceras aequabile s. str. nicht vorliegen, bin ich vorläufig nicht in der Lage anzugeben, ob und wie sich diese Formen von Martenberg von dem typischen, älteren Gephyroceras aequabile Beyrıch unterscheiden.

Vorkommen: Iy Martenberg. Häufig.

Subfamilie Crickitinae WEDEKIND.

Das interessanteste Resultat, das meine Untersuchungen der Martenberger Fauna ergeben haben, dürfte das sein, daß zu der Formenreihe der Manticoceratinae eine Parallelreihe existiert, die bei vollkommen analogen Lobenbildern sich durchweg durch den Verlauf der Anwachsstreifen unterscheidet. Während bei den Manticoceratinae die Anwachsstreifen ausgesprochen bikonvex ganz unabhängig von der Form des Gehäuses verlaufen, sind sie bei den COrickitinae konvex.

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 71

Die Crickitinae sind Goniatiten mit primordialer Lobenlinie, also subumbonal gelegenem primären Laterallobus. In der äußeren Gestalt zeigen sie durchweg Konvergenz zu den Manticoceratinae. Bisher sind zwei Gattungen nachgewiesen, die eine Crickites ent- spricht der Gattung Manticoceras, die andere ?.Probeloceras CLARKE entspricht der Gattung Timanites der Manticoceratinae.

Daß die Vertreter dieser Familie nicht selten sind, zeigt schon ein Blick auf Tafel 8 Figur 4e der Gebrüder SANDBERGER. Goniatıtes lamed var. rugosa pars SANDBERGER hat konvexe Anwachsstreifen, die auch am Originalexemplar gut zu beobachten sind. Tafel VII Fig. 4 gibt eine neue Abbildung von SANDBERGER'S Original.

24. Crickites acutus SANDBERGER eM. WEDEKIND. 1850/6 Goniatites intumescens var. acuta SANDBERGER. Versteinerungen des

Rheinischen Schichtensystems in Nassau. Tafel 7, Figur 1.

Das von SANDBERGER a. a. O. abgebildete Exemplar zeigt folgende Größenverhältnisse:

D= 1753 mm; r= 54,5 mm; NW = 11,5 mm.

Das gut erhaltene Exemplar ist ganz gekammert. Es zeigt auf der Septalfläche außer einem Antisiphonallobus J noch einen inneren Seitenlobus U. Die äußere Lobenlinie hat wohlausgebildete Mediansättel und einen subumbonal gelegenen spitzen primären Laterallobus. Nur der letzte Teil des Umganges zeigt Anwachs- streifen, die ein ausgesprochen cheilocerasartiges Gepräge haben. Der übrige Teil des äußeren Umganges zeigt nur die innere Schalen- seite mit den linienartig angeordneten Runzelstreifen, die die auf der Abbildung SAnpBERGER’S stark vorgezogenen Anwachsstreifen vortäuschen. Von dem ebenfalls galeaten Manticoceras galeatum läßt sich diese Art auch dann unterscheiden, wenn die Anwachs- streifen nicht vorhanden sind (vgl. S. 60).

Vorkommen: Bei Martenberg hat sich diese Art bisher nicht gefunden. Sie kommt zusammen mit Bolceras multulobatum BeyriıcH in Öberscheld vor.

| 25. Crickites exspectatum WEDEKIND.

Tafel VII, Figur 1(?), 2, 3.

Diese Art ähnelt den Mantcoceras carınatum. Das am besten erhaltene und größte Exemplar zeigt die folgenden Größen- verhältnisse:

D=273 mm; r=13 mn; d=8,7 mm; NW =5,2 mm.

Das Gehäuse ist scheibenförmig und hat nur schwach gewölbte leicht nach der Externseite zu konvergierende Seiten. Die Extern-

72 R. WEDEKIND.

fläche ist gerundet und nicht wie bei AManticoceras carınatum abgeplattet. Die Seitenflächen sind bedeckt mit feinen Anwachs- streifen, welche nahe der Externseite in einen gerundeten un- verhältnismäßig tiefen Externsinus zurückbiegen. Die Lobenlinie zeigt einen gerundeten subumbonal gelegenen Laterallobus, einen hohen runden Externsattel und einen durch hohe Mediansättel ge- teilten Externlobus. Die innere Lobenlinie ist mir bisher nicht bekannt geworden. Vorkommen: Martenberg, Zone Iy; Oberscheld.

26. Orickites Holzapfeli WEDEKIND. Tafel VII, Figur 5, 6, Textfigur IA. In den schwarzen Goniatitenkalken von Bicken findet sich in größerer Häufigkeit ein primordialer Goniatit, der von den meisten

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Fig. 14. Crickites Holzapfei Woxv. a, b Querschnitte verschiedener großer Exemplare, ce Lobenlinie. Bicken. Museum Göttingen.

Autoren bisher als G@oniatites (Manticoceras, Gephyroceras) intumes- cens Beyrıca bezeichnet ist. Bei der bisher üblichen Präparation, beı der es sich meist nur darum handelte, die Lobenlinie heraus- zupräparieren, litt die Skulptur derartig, daß Skulptureinzelheiten bei den meisten Sammlungsexemplaren nicht mehr zu erkennen sind, Einige Exemplare der Göttinger Sammlung zeigen infolge eines guten Erhaltungszustandes die Anwachsstreifen und setzten mich dadurch in die Lage, die von mir bereits vermutete Selbständigkeit dieser Form genauer zu präzisieren.

Das Gehäuse ist durch ein ungemein starkes Dickenwachstum ausgezeichnet, so daß hierher die auffallendsten Gestalten unter den primordialen Goniatiten gehören. Sowohl die Seiten- wie die Extern- flächen sind gerundet. Im Querschnitt sind die Windungen meist breiter als hoch oder doch wenigstens so breit wie hoch. Die Schale ist bedeckt mit sehr zarten Anwachsstreifen von konvexem Verlauf, denen bei allen bisher untersuchten Exemplaren ein durch

te

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 73

die Rückbiegung der Anwachsstreifen auf der Mitte der Seiten abgesetzter äußerer Lateralvorsprung fehlt. Die Lobenlinie ist in Textfigur l4c wiedergegeben. Sie weicht von den typischen Manticoceras-Lobenlinien nicht ab. Zwei Exemplare zeigen folgende Größenverhältnisse:

D=25 mm; NW=45 mm; r=13 mm; d=14 mm.

D=69 mn; NW = 125 mm)’ r—=35 mm; d = 32 mm:

Bereits ein flüchtiger Vergleich des Querschnittes von Manti- coceras intumescens BEyrich mit dem eines Crickites Holzapfeli zeigt, daß der intumescens zwar gerundete und gebauchte Seiten hat, aber immer durch ein weit geringeres Breitenwachstum ausgezeichnet ist. Dazu kommt, dab ıntumescens bikonvexe, die Bickener Form konvexe Anwachsstreifen hat. Zwischen Manticoceras intumescens und Orickites Holzapfeli besteht also der gleiche Unter- schied wie zwischen einem Tornoceras sımplex und einem Chetiloceras subpartitum.

Vorkommen: In den Iö-Kalken von Bicken, von Wildungen, von Martenberg.

Literatur.

BEUSHAUSEN. 1900. Das Devon des nördlichen Harzes. Abhandlungen der Kgl. preuß. Geologischen Landesanstalt.

Neue Folge. Heft 30.

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1837. Beiträge zur Kenntnis der Versteinerungen des rheinischen Übergangsgebirges. Berlin.

1884. Erläuterungen zu den Goniatiten L. v. Buc#'s.

| Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft.

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1912. Die geologischen Verhältnisse des Oberdevons im Aecketal (Oberharz).

Neues J ahrbuch für Auuslugie usw. Beilageband. XXXIV.

BRANCO.

1880. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der fossilen Caindo: poden. |

| 'Palaeontographica. Bd. 27.

BUCH, L. V.

1832. Über Ammoniten, über ihre Sonderung in Familien, über die Arten, welche in den älteren Gebirgsschichten vorkommen, und über Goniatiten insbesondere.

| 74 R. WEDEKIND.

Physikalische Abhandlungen d. K. Akademie der Wissen- schaften. Berlin. CLARKE, J. M. 1885. Die Fauna des Iberger Kalkes. Neues Jahrbuch für Mineralogieusw. Beilageband. III. Stuttgart. 1898. The Naples Fauna in Western New York. Part I. ÜRICK und FOORD. 1897. Catalogue of the fossil Cephalopoda in the British RER Part III. London. DENCKMANN, A. 1900. Das Oberdevon auf Blatt Balve. Jahrbuch der Kgl. preuß. Geol. Landesanstalt. Berlin. 1901. Der geologische Bau des Kellerwaldes. Abhandlungen der Kg]. preuß. Geolog. Landesanstalt. Neue Folge. Heft 34. 1902. Devon und Karbon des Sauerlandes. Jahrbuch der Kgl. Geol. Landesanstalt. Berlin. 1903. Über die untere Grenze des Oberdevon im Lennetale und im Hönnetal. Zeitschrift der Deutschen Geolog. Gesellschaft. Bd.55. Berlin. DREVERMANN, FR. 1901. Die Fauna der oberdevonischen Tuffbreccie von Langenaubach bei Haiger. Jahrbuch der Kgl. preuß. Geolog. Landesanstalt. Berlin. 1903. Über Triainoceras costatum A. V. Zeitschrift der Deutschen Geolog. Gesellschaft. Bd. 55. S. 85 ff. FRECH, FR. 1888. Geologie der Umgegend von Haiger. Abhandlungen der Kgl. Geolog. Landesanstalt. Bd. 8. Heft 3. Berlin. 1902. Über devonische Ammoneen. B Beiträge zur Paläontologie und Geologie OÖsterreich-Ungarns und des Orients. Bd. XIV. Wien. HOLZAPFEL, E. 1882. Die Goniatitenkalke von Adorf in Waldeck. Palaeontographica. Bd. 28. 1899. Die Oephalopoden des Domanik im südlichen Timan. M&moires du Comite geologique. Bd. XII. Petersburg. 1901. Einige Beobachtungen über den Flinz und Büdesheimer Schiefer. Verhandlungen des naturhist. Vereins der preußischen Rhein- provinzen. Bd. 58.

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 75

HYATT, A. 1883. Genera of Fossil Cephalopoda. Procedings of the Boston Society of Natural History. Bd. XXI. KAYSER, E. 1871. Die devonischen Bildungen der Eifel. Zeitschrift der Deutschen Geolog. Gesellschaft. Bd. 23. 1873. Über die Fauna des Nierenkalkes vom Enkeberge und der Schiefer von Nehden. Ebenda. Bd. 25. 1907. Erläuterungen zur geologischen Spezialkarte von Preußen. Blatt Oberscheld. LEE, J. E. 1877. Notice of the Discovery of Upper Devonian Fossils in the shales of Torbay. Geological Magazin. New Series. Dec. II. Vol. IV. ROEMER, F. A. 1843. Versteinerungen des Harzgebirges. Hannover. SANDBERGER, Gebrüder. 1850/6. Versteinerungen des rheinischen Schichtensystems in Nassau. Wiesbaden. STEININGER, J. 1853. Geognostische Beschreibung der Eifel. Trier. WALDSCHMIDT, E. 1885. Über devonische Bildungen der Gegend von Wildungen. Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft. Bd. 37. Ss. 56—80. WEBER, M. 1911. Über die Bildung von Flaserkalken. Geognostische Jahreshefte. München. WEDEKIND, R. | 1908. Die Cephalopodenfauna des höheren Oberdevon am Enkeberge. Neues Jahrbuch für Mineralogie usw. Beilageband. 1910. Über die Lobenentwicklung der Simbirskiten. Gesellschaft naturforschender Freunde. Berlin.

Das der Arbeit zugrunde gelegte Material wurde zum größten Teil von mir selbst an den erwähnten Fundpunkten gesammelt. Außerdem stellte mir Herr Professor Pompecxs das Material des Göttinger Museums zur Verfügung. Besonders wichtig war das von Herrn Geheimrat v. Kornen bei Bicken vor einer Reihe von Jahren gesammelte Material. Soweit nichts besonderes bemerkt ist, befindet sich das gesamte Material im Museum zu Göttingen.

ID. ° R. WEDERIND.

Die Originalexemplare SANDBERGER'S stellte mir Herr Kustos Dr. Lampe, Wies- baden, zur Verfügung.

All den genannten Herren, insbesondere Herrn Geheimrat v. Koenen und Herrn Professor PompeckJ5 danke ich an dieser Stelle verbindlichst für ihre weitgehende Unterstützung.

Göttingen, Geologisches Institut, im Dezember 1912.

Tafelerklärung. Tafel IV.

Fig. 1 u. 2. Manticoceras inversum Wok». S. 60 Fig. 1 Vorderansicht, die das galeate Jugendstadium und die spätere nicht zugeschärfte Externseite zeigt. 1/l. Fig. 2 Seitenansicht mit Lobenlinie. 1/1. Man vgl. die Lobenlinie von Manticoceras galeatum Textfig. 8a». Martenberg, Tagebau, Iß. Fig. 3 u. 4. Manticoceras galeatum Wok». S. 60. Fig. 3 Vorderansicht. 1/l. Fig. 4 Seitenansicht mit Anwachsstreifen. Etwas vergrößert. Martenberg, Tagebau, 17. Fig. 5 u. 6. Manticoceras adorfense Won. S. 54. Martenberg, Grube. !/ı. Fig. 7. u. 8. Manticoceras cordatum SANDBERGPR. S. 57. Fig. 7 Ansicht von der Seite, Fig. 8 Vorderansicht. 1/1. Tunnel bei Behringhausen, Iy. Fig. 9. Manticoceras intumescens Beyr. 1/l. S. 52. Martenberg, Tagebau, 17. Fig. 10 u. 11. Manticoceras affine Stein. S. 56. Fig. 10 Seitenansicht mit Lobenlinie. Fig. 11 Vorderansicht mit Septal- fläche. 1/1. Grube Charlottenzug bei Bredelar, obere Manticocerasstufe. ig. 12 u. 13. Manticoceras bullatum Won. S. 56. Burg. *h:

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Tafel V.

Fig. 1 u. 2. Manticoceras Schellwieni Worn. S. 65. Fig. 1 Seitenansicht mit Lobenlinie. Fig. 2 Vorderansicht. 1/1. Burg bei Messinghausen, 18. | Fig. 3 u. 4. Manticoceras carinatum (BEyr.) Sanps. S. 68. Fig. 5 Seitenansicht mit Lobenlinie. Fig. 4 Vorderansicht. 1/1. Iberg bei Grund, 17. Fig. 5 u. 6. Manticoceras Drevermanni Wok». S. 6l. Fig. 5 Seitenansicht mit Lobenlinie (schmaler Externsattel). Fig. 6 Vorderansicht. 1/1. Bicken, 1d. Fig. 7 u. 8. Manticoceras cordatum Sans. S. 57. Fig. 7 Seitenansicht mit Lobenlinie. Fig. 8 Seitenansicht mit Anwachs- streifen. 1/1. Martenberg, Tagebau, 17. Fig. 9 u. 10. Manticoceras cordatum SanDB. S. 57. Ein größeres Exemplar mit charakteristischem Windungsquerschnitt. A Martenberg, Tagebau, 17.

Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. 77

Fig. 11. Manticoceras cordatum Sans. 1/1. 8,57, Martenberg, Tagebau, 1y.

Tafel VI.

Fig. 1. Manticoceras intermedium SAnDe. Sp. S. 64. Originalexemplar SANDBERGER Ss. 1/l. Museum Wiesbaden.

Fig. 2. Manticoceras cordatum Sanpe. 1/l. S. 57,

Originalexemplar SAnDBERGER'S (Taf. 7, Fig. 5). Der zugehörige Win- dungsquerschnitt ist auf SAnDBERGER’S Taf. 7 Fig. 6c gut abgebildet. Oberscheld.

Fig. 3. Goniatites lamed var. complanata Sanpe. 1/l. S. 57. Originalexemplar SANDBERGER’S. Die zugehörige Vorderansicht ist auf SANDBERGER’S Taf. 7 Fig. 5b gut abgebildet.

Oberscheld. Fig. 4 u. 5. Gephyroceras nodulosum WopeD. S. 68. Fig. 4 Seitenansicht. Fig. 5 die inneren Windungen eines anderen Exemplars. 1/1. Martenberg, Iß. Fig. 6. Gephyroceras bickense Wove». 1/1. S. 69. Bicken, legit A. v. Koknen.

Fig. 7 u. 8. Gephyroceras tuberculatum HoLzarr£L. S. 67.

Fig. 8 Originalexemplar Horzarrer’s zu Taf. 34 Fig. 8. Fig. 7 Gephy- roceras tuberculatum var. nov. (Rippen und Kiel.) 1/1. Martenberg, Tagebau. Fig. 9 u. 10. Gephyroceras Sandbergeri Wo». 1/1. S. 69. Fig. 9 Bruchstück mit Skulptur und Septalfläche. | Martenberg, Tagebau, 17.

t Fig. 11 u. 12. Gephyroceras gerolsteinense Stein. S. 68.

e Fig. 11 Seitenansicht mit Lobenlinie. Fig. 12 Vorderansicht (Quer-

schnitt). 1/1.

Iberg bei Grund, Iy. Fig. 13. Gephyroceras aequabile Beyr. var. nov. S. 70.

Martenberg Iy.

Tafel VI.

L Fig. 1—3. Crickites exspectatum Wok». S. 71. Fig. 1. Größeres Exemplar mit Skulptur und Lobenlinie. Grube Charlottenzug bei Bredelar. * Fig. 2 Seitenansicht mit Skulptur, Fig. 3 Vorderansicht eines kleineren Exemplars. Martenberg, Tagebau, Iy. a Pig. T: 1/1, Fig. 2: 2/1, Pig.-3: 1/1. > Fig. 4. Crickites sp. = Goniatites lamed var. rugosa Sanpe. 1/1. S. 71. Originalexemplar zu SAnDBERGER’S Taf. 7 Fig. 4e. Fig. 5 u. 6. Crickites Holzapfeli Won. S. 72. Seitenansichten mit Skulptur. 1/1. Bicken, Legit v. KoEnen. Fig. 7. ? Manticoceras bullatum Woe». S. 57. = Goniatites lamed var. rugosa SANDB,. Originalexemplar zu SanpBErger’s Taf. 7 Fig. 4. 1/1.

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78 E. VANHÖFFEN.

Die antarktischen Cirolana-Arten.

Von E. VANnHÖFFEN.

Bei der Gaussstation erschienen in Reusen, die am Grunde in 385 m Tiefe mit Köder ausgelegt waren, fast regelmäßig zahlreiche Exemplare der Isopodengattung Cirolana, so daß im Laufe des Jahres von Februar 1902 bis Februar 1903 1400—1500 Stück ge- sammelt werden konnten. Sie gehören zu den größten Vertretern der Gattung. Vorher waren nur zwei Exemplare aus der Antarktis bekannt geworden, die von der Discovery im Mc. Murdo-Sund erbeutet waren. Hopcson hat diese Art, die durch den Mangel der Augen auffiel und deren

Fig. 1. (< 7.) Vie: ST

fünftes Abdominalsegment auch an den Seiten frei lag, Orrolana meridionalıs genannt.

Meine Exemplare verteilen sich auf vier Arten, die alle Augen haben, also mit der oben erwähnten nicht identisch sein Können. Alle gehören zur Gruppe der COrrolana hirtipes M. Epw., welche sich durch die schmale Stirnplatte und durch bedeckte Spitzen des fünften Abdominalsegments auszeichnet.

1. ©. obtusata n. sp. ist die häufigste Art, wird bis 37 mm lang und ist charakterisiert durch deutliche, dunkelbraun pigmentierte Augen, die länger als breit sind, schmal erscheinen, und durch das vierte Abdominalsegment, das gerundete Seitenzipfel hat; diesen verdankt die Art ihren Namen. Die Geschlechtsanhänge des bestehen aus zwei kurzen Griffeln zwischen dem letzten Beinpaar (Fig. 1a) und starken etwas gedrehten Anhängen des zweiten Pleopodenpaares (Fig. 1b). Die Schwanzplatte trägt jederseits von der Spitze, abgesehen von den Fiederborsten, sieben Zähne...

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| F

Die antarktischen Cirolana- Arten. 79

2. C. albinota n. sp. Diese Art, die ausgestreckt bis 45 mm Länge erreicht, erhielt ihren Namen von den hellroten Augen, deren Farbe nach dem Konservieren verblaßt. Sie sind kleiner als bei den übrigen Arten, lassen jedoch die Fazetten noch er- kennen. Das vierte Abdominalsegment hat scharf ausgezogene Spitzen. Die Griffel beim 9 sind kurz, lappenartig verbreitert (Fig. 2a), während die Pleopodenanhänge säbelartig gekrümmt sind und um ein Drittel ihrer | Länge die Pleopoden überragen (Fig. 2b). Acht Zähne / | treten zu beiden Seiten der kurzen Schwanzspitze auf. |

3. C. oculata n. sp. erreicht 37” mm an Länge 5 und schließt sich durch gerundete Augen an die vorige | Art an. Die Augen sind aber größer, dunkel pigmentiert LEHE und verblassen daher nicht im Alkohol. Auch die Fig.3. (7) Seiten der Abdominalsegmente gleichen denen von C. albınota, da das vierte ebenfalls in eine Spitze ausgezogen ist. Die Griffel sind ganz kurz, treten nur als gerundete Höcker hervor (Fig. 3a) und der gekrümmte Pleopodenanhang überragt nicht das Blatt der Pleopoden (Fig. 3b). Die Schwanzplatte läuft in eine längere Spitze als bei den anderen Arten aus und trägt jederseits vier Zähne.

4. C. intermedia n. sp. ist die kleinste der antarktischen Arten, da sie nur 25 mm lang gefunden wurde. Die Form der

Augen gleicht der bei C. obtusata, sie sind lang

und schmal, aber das Pigment ist schwächer ent-

wickelt. Die Seiten der Abdominalsegmente gleichen

denen von C. albinota.. Daher habe ich sie

b CO. intermedia genannt. Aber die Geschlechts-

anhänge des 9 sind so abweichend von denen

jener beiden Arten gebildet, daß es sich um keine

Zwischen- oder Bastardform handeln kann. Während

z bei den anderen drei Arten die Griffel zwischen

dem letzten Beinpaar nur als kurze Stummel

hervortreten, sind hier lange, zylindrische Organe

mit abgesetztem Ende vorhanden (Fig. ta) und der

Anhang am zweiten Pleopodenpaar ist stark gekrümmt und über-

ragt das Pleopodenblatt nicht (Fig. 4b). Am Schwanzschild finden sich jederseits der Endspitze 6 Dornen.

Die ausführliche Beschreibung mit Hinweisen auf die ver- wandten Arten aus anderen Gebieten wird in den Ergebnissen der Deutschen Südpolarexpedition 1901—1903, herausgegeben von E. v. Drysauskı, erscheinen.

Fig. 4 (<< 7)

80 E. VAnHÖrFEn: Über Konservierung von Hydra.

Über Konservierung von Hydra. Von E. VANHÖFFEN.

Die bekannte Hydra, der Süßwasserpolyp, hat bei der Kon- servierung Schwierigkeit gemacht, da sich die Tiere beim Ab- sterben gewöhnlich stark zusammenziehen, so daß sie meist nur als unkenntliche Klümpchen mit einigen Fortsätzen erhalten bleiben. Nur durch umständliches Verfahren, wie Überraschen der in wenig Wasser ausgestreckten Tiere mit heißem Sublimat, ferner durch Osmiumsäure oder Chromsäure gelang es zuweilen, Hydren, die durch Betäubungsmittel unempfindlich gemacht waren, ausgestreckt zu konservieren. Alle diese Mittel machen aber noch längeres Auswaschen in Wasser und Überführen in Alkohol nötig. Daher kommt es, daß Hydren in den Sammlungen meist schlecht ver- treten sind.

Da ich zufällig eine größere Menge dieser Tiere erhielt, machte ich einen einfachen Versuch, der gleich zum Ziele führte und den ich hier zeigen möchte. Man löst die Polypen von ihrer Unterlage ab und hebt mehrere in einem Glasrohr mit wenig Wasser heraus. In dem Glasrohr kann man das Ausstrecken der Tiere beobachten und durch etwas Drehen das Festsetzen derselben ver- hindern. Haben sie sich ausgestreckt, so läßt man durch Lüften des das Glasrohr verschließenden Fingers das Wasser aus der Röhre in konzentriertes Formol fallen und schüttelt dann dieses etwas, um das Verkleben der Fühler zu verhindern. Aus dem konzentrierten Formol bringt man die Polypen dann in zwei- prozentige Lösung. In kürzester Zeit lassen sich so für Sammlungs- zwecke gut brauchbare Präparate von Hydren und wahrscheinlich auch von anderen, ähnlich empfindlichen Tieren herstellen.

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 21. Januar 1913. 81

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 21. Januar 1913. E. VANHÖFFEN: 1. Die antarktischen Cirolana-Arten (s. Seite 78). 2. Über Konservierung von Hydra (s. Seite 80). F. DUYSEN: Eine Miesmuschel mit Perle. P. MATSCHIE: Über Dendrolagus-Formen aus Neu-Guinea.

W. WETEKAMP: Über ein Myriopoden(?)-Nest und eine leuchtende Raupe aus Brasilien (Rio de Janeiro) und Beobachtungen über Wechsel der Blütezeiten bei Pflanzen in Südamerika.

Druck von:A. Hopfer in Burg b. M.

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Auszug aus dei Gesetzen

der

Gesellschaft Naturforschender Freunde ud

zu Berlin.

Die im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforschender Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindung zur Beförderung der Naturwissenschaft, insbesondere ‘der Biontologie.

Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außer ordent- lichen und Ehrenmitgliedern.

Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20° betragen darf, ergänzen sich dur ch einstimmige Wahl nach den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789 und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise die Vorsitzenden und Schatzmeister.

Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschränkt ist, werden von den ordentlichen Miteliedern, auf Vorschlag eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung, gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und Einladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlichen. Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das Arc chiv für Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter- stützten Ver ötenlliehnngen zum ermäßigten Preise Der \

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Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit Ausnahmei der Monate August und September am 2. und 3. Dienstage jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im Konferenzzimmer der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, i Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt. 1 20 Se

Alle für die Gesellschaft bestimmten Sendungen sind an den Sekretär, Herrn Dr. K. Ara Berlin N 4 Invalidenstr. 43, zu richten.

DECO. 6 1916

3932

Sitzungsberichte

Gesellschaft

.

Maturforschender Freunde

zu Berlin.

No. 2. Februar BB. * 6, INHALT: Seite

_ Über einen Zwitter von Thamnotrizon fallax Fisch. (Orth. Locust.). Von N En a 83 Zoologisches aus Krain und Istrien. Von W. RamE . . 22.2.2 2.2.20.. 90 $: Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen. Von R. StERNFELD . . . 98 Zi ur Kenntris des Gebisses von Procavia. Von A. BRAUER . . ......% 118

| EN Veitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. en Museum in Berlin. ee a a IHN. 125

©; Beobachtungen über die Säugetiere von Ba Von Beninn Hiwrzeent 13 Mit einer Einleitung von: P. MuArsche . . „=... lernen 141 E in neuer Solenogaster von Spitzbergen. Von JoH. THIELE . . :...... 160 weite wissenschaftliche Sitzung am 18. Februar 1913 . . .. 2.2.2... 162

BERLIN.

In Kommission BEI R. FRIEDLÄNDER & Sonn, NW Carıstrasse 11.

] F1913.

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Nr. 2. 1913 Sitzungsbericht

der Gesellschaft naturforschender Freunde

zu Berlin

vom 11. Februar 1913.

Vorsitzender: Herr P. MATSscHIE.

Herr W. Rammz sprach über eine zoologische Sammelreise nach Krain und Istrien sowie über einen Zwitter von Thamnotrizon fallax Fıscn. Herr R. STERNFELD sprach über Mimikry bei Schlangen.

Über einen Zwitter von Thamnotrizon fallax FISCH. (Orth. Tettig.). Von WıuLy RımMmE (Kgl. Zoolog. Mus.). Mit Tafel VIII und IX.

Gelegentlich eines Sammelausfluges auf die Gora von Planina (Krain) aus fing ich in etwa 900 m Höhe einen Zwitter von Thamnotrizon fallax FıscH., den ich im folgenden beschreiben will.

Zunächst möchte ich jedoch eine kurze Übersicht über die bisher bekannt gewordenen Insektenzwitter geben; ich lege derselben die MEISENHEIMER’schen „Studien zur Soma- und Geschlechtsdiffe- renzierung“ zugrunde. Das Hauptkontingent aller Insektenzwitter stellen die Lepidopteren; nach den Feststellungen von WENKE dürften deren weit über 1000 bekannt geworden sein. Leider ist aber der innere anatomische Bau nur bei verschwindend wenigen untersucht, da die glücklichen Finder solcher interessanten Objekte diese nur selten der wissenschaftlichen Untersuchung opfern, sondern lieber zu Sammlungszwecken verwenden.

Aus anderen Ordnungen sind nur ganz wenige Fälle von Hermaphroditismus bekannt geworden. Unsere artenreichste Ordnung, die der Coleopteren, hat nur einige Zwitter geliefert, und von keinem einzigen kennt man die innere Organisation. Von Hymeno- pteren sind mehrere Zwitter von Apis mellifica L., drei Zwitter von Formica sowie ein solcher von Abia sericea L. untersucht worden. Alsletzten führt MEISENHEIMER einen Hermaphroditen von CHERMESAan.

6

84 WırLy RAmme.

Über einen Orthopterenzwitter war zunächst nirgends eine Notiz aufzufinden, doch verdanke ich Herrn Prof. Dr. KırscH die Kenntnis von einem Zwitter einer Feldheuschrecke, Chrysochraon dispar GERM., den BrısouUT DE BARNEVILLE im Jahre 1848 gefangen hat. Es handelt sich um ein Exemplar von männlichem Habitus und männlicher Flügelbildung, das äußere weibliche Genitalien besaß, deren Teile aber stark verkümmert und miteinander ver- wachsen waren. Immerhin muß es nach der kurzen Beschreibung zweifelhaft erscheinen, ob wir es wirklich mit einem Zwitter und nicht etwa bloß mit einem verkümmerten Männchen zu tun haben, um so mehr, als auch hier wieder die innere Organisation un- bekannt ist.

Der vorliegende Zwitter von Thamnotrizon nun gehört nicht den Acridoideen, sondern einer anderen großen Orthopterenfamilie, den Tettigonoideen (Locustoideen), an und stellt somit den ersten bekannt- gewordenen Fall einer Zwitterbildung zum mindesten bei einer Laub- heuschrecke dar. Da ich mit Konservierungsmitteln für feinere histologische Untersuchungen nicht versehen war, so mußte ich mit Alkohol von 95°/, vorlieb nehmen, in dem ich das Tier auf- bewahrte, nachdem ein Einschnitt auf der Unterseite des Abdomens semacht worden war. Ich habe dann später den Zwitter von ver- schiedenen Seiten photographiert und nach Untersuchung der äußeren Genitalien die Eingeweide in situ herauspräpariert und mikro- tomiert; die Schnitte wurden mit GRENAcHER’s Hämatoxylin gefärbt und nach der van Gızson’schen Methode (Pikrinsäure und Säure- fuchsin) differenziert. Von diesen Schnitten wurden einige Mikro- photographien angefertigt.

Betrachten wir nun zunächst einmal ein normales Paar von Thamnotrizon fallax, so sehen wir, daß das Weibchen flügellos ist; die winzigen Flügelrudimente werden durch das Pronotum völlig verdeckt. An seinem Analsegmente trägt es eine lange Legescheide (Tafel VIII, Fig. 1). Das Männchen dagegen besitzt wohlentwickelte Flügeldecken, die zu einem Stridulationsorgan modifiziert sind; eine Legescheide fehlt naturgemäß, doch fallen uns am Hinterleibsende die mächtigen Cerci auf, die beim Weibchen viel schwächer ent- wickelt sind, so daß sie im Bilde gar nicht in Erscheinung treten (Tafel VIII, Fig. 2). Der Zwitter nun vereinigt in sich die beiden äußeren Hauptkennzeichen der Geschlechter, die Flügeldecken des Männchens und die Legescheide des Weibchens (Taf. VIII, Fig.3). Die ersteren erweisen sich bei näherer Betrachtung als vollkommen normal entwickelt (Taf. VIII, Fig. 4), auch der Schrillapparat ist in allen Teilen wohl ausgebildet.

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NEIN REFERENZ rm

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Über einen Zwitter von Thamnotrizon fallax Fisch. (Orth. Tettig.) 85

Bei den äußeren Geschlechtsorganen indessen finden sich mannigfache Modifikationen, auf die wir nun an der Hand einiger schematischer Zeichnungen!) näher eingehen wollen. Sehen wir uns zuerst wieder die Verhältnisse bei normalen Tieren an, so finden wir, daß beim Weibchen (Textfig. 1) die Legescheide aus 4, eigentlich 6 Teilen besteht: eine äußere Legescheide setzt sich aus vier Blättern zusammen; die beiden dorsal gelegenen Blätter (k,) nehmen

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Fig. 3.

ihren Ursprung von der Rückenplatte des neunten Segments, die beiden ventral gelegenen (k,) dagegen von der Bauchplatte des achten Segments. Im Lumen dieser durch die 4 Blätter gebildeten Röhre liegt eine kleinere zweiklappige Scheide (X), die wiederum vom neunten Segment ausgeht. Diese Scheide führt zu der Öffnung, aus der die Eier heraustreten (fo). Ventral von der Basis der äußeren Legescheide liegt die Genitalöffnung (/g,), die eine dem achten Segment angehörige Subgenitalplatte (sg,) verdeckt; letztere trägt in der Mitte eine Ein-

!) Die Zeichnungen sind stark schematisiert; sämtliche Hinterleibs- anhänge sind nach außen geklappt, da sie in normaler Lage die Leibes- _ Öffnungen verdecken würden.

6*

86 WırLy RAMmME.

kerbung. Die Cerci (c,) sind, wie schon oben erwähnt, schmächtig; zwischen ihnen liegt im zehnten Segment die Afteröffnung (an). Auch das Männchen (Textfig. 2) besitzt zum Schutze der Genital- öffnung eine Subgenitalplatte, die aber glatt abgestutzt ist und zwei Styli trägt. An der Basis der Sub- genitalplatte (s92), die im Gegen- satz zur weiblichen dem neunten Segment angehört, sitzen die männ- lichen Kopulationsorgane. Die Cerci (c>) sind bedeutend kräftiger gebaut als beim Weibchen und auf der Innenseite mit einem Dorn be- wehrt. Der Zwitter nun zeigt eine eigenartige Kombination der männlichen und weiblichen Genitalien (Textfig. 3). Aus der Medianebene nach links gerückt finden wir eine Legescheide, von deren 6 oben geschilderten Teilen nur 3 unpaare Teile der linken Seite vorhanden sind. Sämtliche Teile sind nicht voll entwickelt wie bei einem normalen Tier; der ventrale, von der achten Bauch- platte ausgehende Teil der Lege- röhre (%k,) ist sogar als verkümmert zu bezeichnen; er erreicht nur die halbe Länge des dorsalen Teiles und

Fig.4. Hinterleibsanhänge des Zwitters. männlich, cz weiblich gebildeter Cercus; /!sı männliche, Is weibliche Subgenitalplatte: und 1St SO schmal, dab er den Unterrand k; äußere Klappen der Legeröhre, der dorsalen Klappe (%k,) nicht ein-

k. Klappe der inneren Legeröhre mal berührt. Ebenso ist die Sub-

Anm.: ke dieser Figur entspricht j Br . x auf Textfig. 3, ky entspricht Ay); gemtalplatte (91) nur als eine

85, 80, 510 8., 9., 10. Segment. Vergr. Kleine lappenförmige Vorwölbung 6:1. Etwas schematisiert. angedeutet, die aber immerhin die Form einer halbierten weib-

lichen Subgenitalplatte erkennen läßt. Sowohl die Öffnung zum Austritt der Eier in die Legeröhre als auch die Genitalöffnung fehlen. Auf der rechten Seite dagegen finden wir eine männ- liche Genitalöffinung, flankiert von einer halben, männlich ge- bildeten Subgenitalplatte (sg,) mit einem Stylus; die Subgenital- platte trägt die männlichen Kopulationsorgane. Auch die Cerei sind dementsprechend auf der linken Seite weiblich gebildet (hier aller-

rE I A yyc t hy di = r f \ ie u r b Bat Para ir a « u “4 eat IE Euer 1

Über einen Zwitter von Thamnotrizon fallax Fisch. (Orth. Tettig.). 87

dings etwas größer als bei normalen Tieren) und auf der anderen Seite vollkommen männlich. Sämtliche Teile der äußeren Genital- organe des Zwitters setzen sich an die Segmente an, denen sie normalerweise angehören, beispielsweise die weibliche Subgenital- platte an das achte, die männliche an das neunte Segment. Die Afteröfinung zeigt keine Abweichung in der Lagerung (Textfig. 3 u. 4; Taf. VIII, Fig. 5 u. 6). Zusammenfassend sei noch bemerkt, daß also bei unserem Zwitter eine fast genaue Halbierung der äußeren Genitalien vorliegt. Dies geht so weit, daß sogar ein sonst un- paares Organ, wie die Subgenitalplatte, halbiert wird und auf der einen Seite die dem einen Geschlecht eigene Form annimmt, auf

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Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7.

der gegrenüberliegenden Seite die des anderen; die beiden Halb- teile rücken sogar auf verschiedene Segmente, entsprechend ihrer Lagerung bei normalen Tieren.

Was nun die inneren Geschlechtsorgane betrifft, so finden wir beim normalen Weibchen zahlreiche Ovarialschläuche (ov); in den Uterus (uf) münden eine akzessorische Drüse (ad) von sehlauchförmiger Gestalt und die Vesicula seminalis (vs) (Fig. 5')). Das Männchen besitzt paarige Hoden (f); in die Vereinigung der Vasa deferentia (vd) mündet eine reichverzweigte akzessorische Drüse (ad). Bei dem Zwitter sind ebenfalls paarige Hoden, Vasa deferentia und die männliche akzessorische Drüse vorhanden; zwischen beide Hoden aber schieben sich zahlreiche mit Eiern er- füllte Ovarialschläuche ein, und zwar entsprechend der Anheftung der Legescheide etwas nach links verlagert. Eine Verbindung von den Ovarialschläuchen zur Legescheide konnte ich nicht Konstatieren;

!) Auch diese Zeichnungen sind sehr stark schematisiert; besonders sei hervorgehoben, daß die Zahl der Ovarialschläuche bedeutend größer ist; die Vasa deferentia sind sowohl bei normalen Tieren als auch bei dem Zwitter verhältnismäßig viel enger und mehrfach gewunden.

88 WırLy RAmmeE.

sie war auch bei dem Nichtvorhandensein einer Genitalöffnung nicht zu erwarten. Der linke Hoden ist kleiner als der rechte, und die Ausbildung des Ovars ging offenbar zum Teil auf seine Kosten vor sich.

Auf Tafel VIII, Fig. 1 sehen wir einen Querschnitt, der durch die Partie geführt ist, die dicht über den letzten Ausläufern der akzessorischen Drüse liegt. Die Größe des Schnittes verbot, ihn im

ganzen photographisch aufzunehmen, so daß ein Teil der Hoden .

und der Ovarialschläuche weggeschnitten erscheint, doch erkennt man deutlich die geringere Entwicklung des linken Hodens (t,) gegenüber dem rechten (t,). Beide Vasa deferentia (vd, und vd,) sind angeschnitten; sie sind stark mit offenbar reifen Spermato- zoiden erfüllt (Taf. IX, Fig. 2; Ausschnitt aus einem Vas deferens). Dorsal liegt der Darm (:£), ventral die Ovarialschläuche (ov). Ob die in letzteren befindlichen Eier reif waren, läßt sich bei der hier- für nicht ausreichenden Konservierung nicht entscheiden.

Legen wir uns nun die Frage vor, wie der Zwitter in ge-

schlechtlicher Hinsicht fungiert haben mag, so ist diese

unschwer zu beantworten. Der äußere Habitus des Tieres ist vor- wieegend männlich; die Flügeldecken und mit ihnen der Schrillapparat sind absolut normal entwickelt, und das Tier wird wacker damit striduliert haben. Kräftig funktionierende Hoden, Vasa deferentia und männliche Geschlechtsöffnung sind vorhanden. Es ist also an sich eine erfolgreiche aktive Begattung durchaus möglich gewesen, während indessen zu einer passiven Begattung die inneren wie die äußeren weiblichen Genitalien nicht hinreichend entwickelt waren. Nur ist anzunehmen, daß rein mechanisch das Vorhandensein der Legescheide eine aktive Begattung wohl verhindert haben würde. Nach MEISENHEIMER hätten wir unseren Fall der Zwitter- bildung dem Hermaphroditismus completus zuzurechnen, der vorliegt, wenn „der gesamte Geschlechtsapparat sowie sämtliche sekundären Geschlechtscharaktere zweigeschlechtlich in demselben Individuum vereinigt sind“. Zwar greift nun, wie wir sahen, die Zwittrigkeit bei dem Thamnotrizon-Zwitter nicht auf die Flügel über, denn auf der linken, weiblichen Seite ist der Flügel voll- kommen entwickelt; es fehlt ferner u. a. die weibliche Genital- öffnung vollständig. Doch dürfte dieser krasseste Fall des Herma- phroditismus, bei dem die Zwitterbildung bis ins kleinste durch- geführt ist, in praxi kaum vorkommen, und auch MEISENHEIMER reiht ähnliche, bei Schmetterlingen beobachtete Fälle unter den H. completus ein, im Gegensatz zu dem von H. genitalis, der sich nur entweder auf die äußeren oder auf. die inneren Sexualorgane erstreckt. | | | |

Wiege

Über einen Zwitter von Thamnotrizon fallax Fisch. (Orth. Tettig.). 89

MEISENHEIMER kommt bekanntlich auf Grund seiner Versuche mit künstlichen Zwittern und der Befunde an den natürlichen Zwittern zu der Schlußfolgerung, daß eine Abhängigkeit der sekundären (sexuellen wie somatischen) Geschlechtscharaktere von den primären von vornherein nicht besteht. Auch unser Zwitter kann diese Ansicht nur stützen, denn obwohl männliche wie auch weibliche Keimdrüsen vorhanden waren, vermochten sie wenigstens die somatischen Charaktere nicht zu beeinflussen, was sich am stärksten in einer Zwittrigkeit der Flügelbildung hätte äußern müssen.

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß man bei den natürlichen Zwittern im allgemeinen ein Überwiegen der weiblichen Charaktere, primärer und sekundärer, konstatieren kann, während der vorliegende Zwitter vorwiegend männliche Charaktere aufweist. Auch in dieser Beziehung ist er also bemerkenswert.

Literatur über Zwitter.

1. Briısour DE BARNEVILLE, Zwitter von Acridium (= Chrysochraon) dispar. Ann. Soe. ent. France Tome VI, ser. 2, p. LIV, 1848.

2. GoLDSCHMIDT, R., Erblichkeitsstudien an Schmetterlingen I. Z. f. in- duktive Abstammungslehre, Bd. VII, Heft 1, 1912.

3. Kope£, St., Uber den feineren Bau einer Zwitterdrüse von Lymantria dispar L. Zool. Anz. XXXVI, 1911.

4. Kuuczysskı, Wl., Ein Zwitter der Erigone fusca Brackw. Rozpr. i Spra- wozd. Wydz III Akad. Umiej. w. Krakowie, Tom XIV, 1885. Mit einem Auszug in deutscher Sprache und 1 Tafel.

5. MEISENHEIMER, J., Experimentelle Studien zur Soma- und Geschlechts- differenzierung. Erster Beitrag. Jena, 1909. (Siehe darin weitere Literatur!)

6. ScHÖNEMUND, E., Zur Biologie und Morphologie einiger Perla-Arten. Zool. Jahrb., Abt. Anat. u. Ontog. d. Tiere, Bd. 34, 1912.

7. STEINACH, E., Geschlechtstrieb und echt sekundäre Geschlechtsmerkmale als Folge der innersecretorischen Funktion der Keimdrüsen. Zentralbl. f. Physiologie, Bd. 24, 1910/11.

Tafelerklärung.

Tafel VIH. Fig. 1 u. 2. Normales $ und 2 von Thamnotrizon fallax Fısch. Nat. Gr. Fig. 3. Zwitter von Thamnotrizon fallax FıscH., von der Seite gesehen. | Vergr Fig. 4. 3 r r 3 r von oben gesehen. ri 5

» es a s von unten gesehen. (Das rechte Sprungbein ist autotomiert!)

Tafel IX.

Fig. 6. Querschnitt durch die inneren Organe in situ. tr und ti =rechter und linker Hoden, vd+- und vdı =rechtes und linkes Vas deferens, ov = Ovarium, it=Darm. Vergr. 30:1.

Fig. 7. Querschnitt durch ein Vas deferens, mit Spermatozoiden erfüllt.

| Vergr. 250:1.

90 Wırry RAMME.

Zoologisches aus Krain und Istrien.

Von WırıLy RımmE (Kgl. Zool. Mus.).

Im Spätsommer des Jahres 1912 unternahm ich mit Unter- stützung des Kultusministeriums zu zoologischen Zwecken eine Reise nach Krain und Istrien, über deren Hauptergebnisse ich in Kürze Einiges berichten möchte; es wird sich naturgemäß dabei nicht vermeiden lassen, hier und da auch bereits Bekanntes zu bringen. Ich erlaube mir, an dieser Stelle dem Herrn Minister für geistliche und Unterrichtsangelegenheiten für die gewährte Beihilfe meinen ergebensten Dank auszusprechen.

Ich wählte zur Reise die Zeit von Mitte August bis Mitte September. Die ersten zwei Wochen verbrachte ich in Planina in Krain; der Rest der Zeit galt einer Tour rund um Istrien. Nach mehrtägigem Aufenthalt in Fiume und Abbazia fuhr ich zu Schiff über Cherso (auf der gleichnamigen Insel) nach Pola, von dort mit der Bahn nach Rovigno zu einem Besuch der Zoologischen Station und dann, wiederum zu Schiff, nach Triest. Der zweite Teil der Reise litt etwas unter der Ungunst der Witterung und einem gewissen Zeitmangel, so daß ich in der Hauptsache auf meine in Krain gemachten Beobachtungen eingehen werde.

Planina liegt in Innerkrain, etwa eine Wegstunde nördlich von Adelsberg. Es gliedert sich in Unter- und Ober-Planina; der letztere Ortsteil erstreckt sich bis zu Höhen von etwa 700 m. Das Tal, in dem Planina liegt, wird auf der westlichen Seite flankiert von der Gora, die sich bis zu etwa 1000 m erhebt, auf der Ost- seite vom Javornik und seinen Ausläufern. Gegen Norden Öffnet sich das Tal zu einem weiten ebenen Wiesenplan, der von der Unz durchströmt wird. Nach diesem Talboden hat der Ort seinen Namen: planina ist ein slovenisches Wort und bedeutet etwa Hoch- ebene.

Er liegt zwar schon im Gebiete des Karstes, doch finden sich auf der Seite des Javornik noch die herrlichsten Tannenwaldungen, die dieser Formation sonst zu fehlen pflegen. Es sind dies wahre Urwälder, gebildet von riesenhaften, oft ganz mit Efeu überwucherten Fichten, wie ich sie selten in den Alpen gefunden habe; die in den Wäldern befindlichen Schläge sind mit der üppigsten, oft manns- hohen Vegetation bedeckt.

Nur auf der Seite der Gora haben wir schon einige kahle Bergkuppen, aber bedeckt mit blumigen Wiesen und verstreutem Gebüsch. Verkarstet sind nur ganz wenige Stellen von geringem

Zoologisches aus Krain und. Istrien. 91

Umfang; erst viel weiter südlich, bei St. Peter in Krain, tritt die

typische Karstformation mit ihren öden Steinwüsten zutage. Dem-

_ gemäß scheinen gerade dieser Formation eigene Tiere, wie Priono-

tropis hystrie GERM., eine beispielsweise in Istrien häufige große

Feldheuschrecke, zu fehlen, während der waldliebende Carabide

Procerus gigas Creutz., ebenfalls ein Karsttier, nicht selten ist.

Ich wählte gerade Planina zum Aufenthalt aus zwei Gründen: einmal liegen in seiner näheren und weiteren Umgebung zahlreiche

Höhlen, deren Fauna ich kennen lernen wollte. Sodann aber folgte

ich einer Einladung des Fürstlich Windisch-Graetzschen Revier-

försters Herrn A. Haucke, der sich außerordentlich für die Höhlen- fauna interessiert und mit dem ich schon seit längerer Zeit in brieflichem Verkehr gestanden hatte. Die Unterstützung HauckE’s ist mir äußerst wertvoll gewesen, denn er besitzt eine große Technik in der Begehung der oft viele Gefahren in sich bergenden Höhlen; nur mit seiner Hilfe konnte ich aus sechs verschiedenen Höhlen Material erhalten. 3 Zur Erbeutung desselben bedient man sich mit Vorteil folgender _ Methoden. Man gräbt Gläser oder Konservenbüchsen bis zum Rande in den Boden und gibt als Köder Fleischstücke, zerstoßene Sehnecken oder auch süßes Obst hinein; die hierdurch angelockten Insekten fallen dann in die Gefäße und können nicht wieder herausgelangen. Will man an ganz unzugänglichen, etwa sehr tief gelegenen Stellen sammeln, so schnürt man am besten die Köder- stücke in einige Lappen und läßt das ganze Bündel an einer Schnur in die Tiefe hinab; die herbeigelockten Höhlentiere verkriechen sich in den Lappen und werden mit diesen dann nach einigen Tagen emporgezogen.

‚Unmittelbar bei Planina liegt die Planina- oder Kleinhäusler Höhle, eine Flußhöhle, und zwar die größte, die wir in Europa haben. Sie stellt das unterirdische Flußbett der Poik dar. Die Poik geht mit der sog. Poikschwinde in die Adelsberger Grotte, um dann nach etwa 6 km langem Lauf bei Planina als Unz wieder das Tageslicht zu erblicken. Die Identität der beiden Flußläufe Poik und Unz ist erst in neuerer Zeit durch Färbungen mit Eosin erkannt worden. Etwa 3 km ihres unterirdischen Laufes sind trotz mannigfacher Bemühungen noch unerforscht; auch ein Versuch Havcke’s, von der Planina-Höhle aus vorzudringen, scheiterte. Er hatte beabsichtigt, in Begleitung zweier Herren in einem Faltboot auf der Poik in das Innere der Höhle zu gelangen, doch kenterte das Boot nach kurzer Fahrt, und nur dem Umstand, daß HavckE sich gerade außerhalb des Bootes auf einem Felsvorsprung befand

99 WırLy RAnMmeE.

und eine Magnesiumfackel entzünden konnte, ist es zu danken, dab der Unfall noch glimpflich verlief. Hauvcke gedenkt den Versuch mit einem massiveren Boot zu wiederholen.

Der Teil der Unz nach ihrem Austritt aus der Planina-Höhle ist in zoologischer Beziehung von historischer Bedeutung, denn hier wurde im Jahre 1751 der Olm entdeckt. Der Fischer SıcHEru fing an dieser Stelle, wie SteınsacH 1761 erzählt, „fünf weiße Fische, die aber 4 Beine besaßen“; sie waren nach einem Gewitter-

Eingang zur Planina- oder Kleinhäusler Höhle. Aufn. d. Verf.

regen durch die Wassermassen aus der Höhle befördert worden. Erst Laurentı erkannte im Jahre 1768 die Natur dieser Tiere und gab ihnen ihren wissenschaftlichen Namen, Proteus an- guineus.

Leider war der Wasserstand in diesem abnorm feuchten Sommer so hoch, daß die Höhle nur auf etwa 60 m begangen werden konnte; ich erhielt daher nur wenig Material aus ihr, und zwar die Cara- biden Laemostenus schreibersi Küsr. und elongatus Des. Reichlichere Ausbeute lieferten dagegen drei andere Höhlen, die Graf Falken- hayn-Höhle, die Vol&a jama und die Crna jama; in letzterer gelang es Hauckz, eine bemerkenswerte neue Form des An- ophthalmus bilimeki Sturm aufzufinden, die auch nach ihm benannt

Er RE WER EUEB NED NS

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num 285», ni a A

Zoologisches aus Krain und Istrien. 93

worden ist. Von hier erhielt ich ferner den seltenen, bizarren Höhlenskorpion Dlothrus spelaeus SCHIÖDTE. Weiter südlich, am Fuß des gewaltigen Nanos, liegt die Höhle

von Luegg, in die das Schloß Luegg mit der Hinterfront ein-

gebaut ist; es heißt deswegen allgemein das „Höhlenschloß“. Die Höhle zieht sich in Etagen vertikal durch den Fels; hauptsächlich der oberste Abschnitt dient zahlreichen Fledermäusen zum Unter- schlupf; in ganzen Klumpen hängen sie an der Decke. Ich konnte unter ihnen vier Arten konstatieren: Ahinolophus ferrum-equinum SCHREB. und hipposideros BrcHst., Myotis myotis Becust. und Miniopterus schreibersi NATT.

Ausgezeichnet durch ihren Reichtum an Knochen speziell des Höhlenbären ist die Kreuzberghöhle. Von Wien aus sind umfang- reiche Grabungen in ihr vorgenommen worden, die eine außer- ordentlich reiche Ausbeute ergaben, darunter mehrere vollständige Skelette und Schädel.

Als letzte sei noch die Adelsberger Grotte genannt. Sie hat sich nie durch besonderen Reichtum an Höhlentieren ausgezeichnet, so fehlt z. B. in ihr der Olm, jetzt aber ist sie fast völlig aus- geraubt. Nur die winzig kleine Höhlenschnecke Zospeum spelaeum Rsm. sowie einen Gammarus kann man noch in Anzahl finden. Es ist nur zu begrüßen, daß jetzt eine Höhle nach der andern geschlossen und so den Plünderungen ein Ziel gesetzt wird.

Die Höhle also, der ich in erster Linie meine Aufmerksamkeit widmen wollte, schon wegen ihrer Lage unmittelbar am Ort, die Planina-Höhle, war, wie schon bemerkt, in diesem Jahre schwer zugänglich. Es blieb mir daher reichlich Zeit, mich auch mit der oberirdischen Fauna zu beschäftigen. Zur Erlangung von Säuge- tieren wurden jeden Abend zahlreiche Fallen aufgestellt, die auch mancherlei lieferten. Haucke selbst hatte sich schon einige Monate vor meiner Ankunft auf meine Veranlassung eifrig um die Erbeutung von Säugetieren bemüht und hat dies auch später fortgesetzt, so daß ich jetzt in der Lage bin, einen ungefähren Überblick über die dortige Säugetierfauna zu geben, gleichzeitig unter Benutzung der Erfahrungen Hauvcke’s über die größeren Säuger.

Vorerst sei aber an dieser Stelle Herrn Revierförster HAuckE herzlichst gedankt für die freundliche und tatkräftige Unterstützung bei allen meinen Unternehmungen. Erwähnt sei auch, daß er auf meine Bitte seine ganze reiche Ausbeute ständig unserem Museum zukommen läßt.

Auf dem südöstlich von Planina gelegenen dicht bewaldeten Javornik hausen noch verhältnismäßig zahlreiche Bären; man

94 Wırny Ranmme.

schätzt ihre Zahl wohl auf etwa 10-12 Stück und sucht diese jetzt durch Schonung der Tiere zu heben. Hier und da kommen Wölfe vor; nicht selten sind Wildkatzen, und zwar zuweilen in recht starken Stücken. Häufig sind Dachs und Fuchs, und auch das kleinere Raubzeug, wie Edel- und Steinmarder, Iltis, Hermelin und Wiesel fehlen nicht.

Jagdbares Wild ist spärlich vertreten, und zwar nur Reh und Hase; von ersterem sandte Haucke letzthin zwei Decken, die sich durch dunkle Färbung, ganz besonders des Kückens, auszeichnen.

Unter den Nagern möchte ich als biologisch interessantesten den Siebenschläfer (Myoxus glis L.) hervorheben. Er ist bei Planina wie an vielen Orten Krains ganz ungemein häufig und bewohnt vornehmlich die Buchenwälder (besonders auf der Gora; s. Bild), da Bucheckern seine Lieblingsnahrung bilden. Er frißt aber ebenso allerhand andere Sämereien, süßes Obst usw.; gelegentlich überfällt er auch junge Vögel. Tritt einmal Nahrungs-. mangel ein, so wird er durch Benagen der Rinde namentlich jüngeren Buchen schädlich; die Fraßspur ist sehr charakteristisch, sie ver- läuft in Spiralen um den Stamm.

Der Siebenschläfer ist ein durchaus nächtliches Tier; so träge und ungeschickt er bei Tage erscheint, so lebhaft und ge- wandt ist er bei Nacht. Sehr eigenartig sind seine Laut- äußerungen, wenn er gereizt wird: sie ähneln täuschend dem Geräusch, das die sog. Waldteufel, das bekannte Kinderspielzeug, hervorbringen. Auch das fortwährende An- und Abschwellen des Tones, das durch das Drehen des Waldteufels entsteht, ist dem (sebrumm des Siebenschläfers eigen.

Er hält durchschnittlich einen siebenmonatigen Winterschlaf und kommt meist Ende April in einem recht abgemagerten Zustande zum Vorschein, um spätestens Ende Oktober wieder zu verschwinden. In diesem abnorm kühlen Herbst hat er, wie mir Haucke schrieb, schon am 10. Oktober die Winterquartiere bezogen. Vorher mästen sich die Tiere förmlich und setzen eine erstaunlich dicke Fett- schicht an, so daß sie zuweilen fast kugelrund werden. Als Winter- lager bevorzugen sie hohle Buchen, in denen sie gemeinsam in größerer Anzahl ruhen.

Ihr Fleisch und Fett wird von der Krainer Bevölkerung als Leckerbissen sehr geschätzt, und ich kann nur sagen, daß ein Risotto von Siebenschläfern durchaus nicht zu verachten ist. Auch das ausgezeichnete Pelzwerk ist sehr gesucht; nach Mossısovıos!)

1) Das Tierleben der österr.-ungar. Tiefebenen. Wien 1897.

er

Zoologisches aus Krain und Istrien. 95

beträgt die Ausfuhr aus Krain in guten Jahren bis zu 800000 Stück. Schon Lınxn# (1766) sagt übrigens in seiner Original- beschreibung von gls „carnes eduntur, pelles venduntur“; man kann daraus wohl den Schluß ziehen, daß Linn& speziell der Krainer Siebenschläfer vorgelegen hat, denn nirgends trifit diese

‚Bemerkung in dem Maße zu wie hier, wo glis so massenhaft

vorkommt. Der Beschreibung möchte ich hinzufügen, worauf ich nirgends einen Hinweis fand, daß nämlich das Weibchen sich meist durch bräunliche Farbentöne von dem silbergrauen Männchen unterscheidet; besonders der Schwanz ist zuweilen völlig braun.

Planina; im Hintergrund die Gora, rechts das Forsthaus. Aufn. d. Verf.

Den Tieren wird aus den obengenannten Gründen eifrig nach- gestellt, und zwar bedient man sich zum Fang ganz primitiver hölzerner Fallen mit eisernem Schlagbügel, wie sie schon BecH#- STEIN (1801) erwähnt. Auch im Winterlager werden sie bei milder Witterung aufgesucht: die Leute schlagen mit Holzhämmern an hohle Buchen, und wenn sie mit Siebenschläfern besetzt sind, so ver- raten sich diese durch ihr oben geschildertes Gebrumm. Die Fänger greifen dann mit bloßen Händen hinein „ins volle Siebenschläfer- leben“ und holen die sonst außerordentlich bissigen, jetzt aber schlaftrunkenen Tiere heraus; nur bei den letzten, die sich allmählich

96 WırLyr RAnmME,

ermuntert haben, wird die Sache unangenehm, und es setzt empfind- liche Bisse.

Der Hauptfeind des Siebenschläfers ist der Uhu, wie mir HauckE mitteilte und auch BEcHsTEINn schon erwähnt; besonders in einer mächtigen, dichtbewaldeten Doline, die am Abhang des Javornik liegt, der „großen Kolesivka“') horsten noch zahlreiche Stücke. Auch die kleineren Eulen sowie Wildkatze und Marder stellen ihm nach. |

In der Gefangenschaft ist der Siebenschläfer recht un- interessant; er verschläft den ganzen Tag und beißt und knurrt, sobald man ihn etwas unsanft anpackt. Ich habe mehrere Wochen acht Stück mit größter Sorgfalt gepflegt, jedoch keinerlei Zähmungs- erfolge bemerken können.

Der Baumschläfer (Myoxus aff. intermedius NEHR.) kommt zwar vor, scheint aber recht selten zu sein; bisher gelang es nur, ein Premier der Art zu erbeuten.

Von den Nagern ist ferner das Eichhörnchen zu erwähnen, das —- wie an vielen Orten in einer roten, hier übrigens recht dunklen Form, sowie in einer schwarzen Form vorkommt. Außer- dem tritt mit ziemlicher Konstanz in Zeichnung und Färbung eine Form auf, die schwarzen Rücken und Schwanz, aber eine hellrote Unterseite zu beiden Seiten des weißen Bauches zeigt.

An Mäusen haben wir sehr häufig Waldmaus und Feld- maus gefangen; von Insektivoren kommen Maulwurf, Haus-, Feld- und Wasserspitzmaus vor. Ob und inwieweit diese von Stücken aus anderen Gegenden abweichen, ist noch zu untersuchen; es bedarf dazu jedoch erst eines größeren Materials.

Was nun die Reptilien betrifft, so ist sehr bemerkenswert, daß von unserer Kreuzotter eine völlig schwarze Form vor- kommt, die auch keine Spur einer Bindenzeichnung mehr erkennen läßt. Sogar die Unterseite der Schwanzspitze ist bis auf einige winzige helle Fleckchen schwarz; bei der dunklen f. prester pflegt wenigstens jene Partie die normalerweise orangerote Färbung zu bewahren. Diese schwarze Otter nennen die Leute ähnlich wie bei uns „Höllenviper“; sie kommt bei Planina an einer ganz bestimmten, allbekannten Stelle vor und ist namentlich im Frühjahr dort mit einiger Sicherheit anzutreffen. Vergebens habe ich mich bemüht, ein normales Stück der Kreuzotter zu erhalten.

Häufig ist die oft eine ansehnliche Größe (90 cm und darüber) erreichende Sand viper (V.ammodytes Dum. er Bıpr.), und vereinzelt

!) spr. Koleschoka!

Zoologisches aus Krain und Istrien. 97 kommt die Aesculapnatter (Coluber longissimus Laur.) vor. Letztere scheint von Krain noch nicht bekannt gewesen zu sein.

Lacerta virıdıs GERM. ist an sonnigen Hängen häufig; die jungen und besonders zuweilen die noch nicht völlig erwachsenen Tiere sind auffällig stark schwarz gefleckt; ähnliche Stücke sah ich bisher nirgends. Lacerta muralıs Laur. kommt in einer braunen Form vor; die vom Gipfel der Gora stammenden Tiere haben ganz ver- waschene Rückenzeichnung. In Istrien dagegen sah ich fast aus- schließlich grüne Stücke; nur auf der kleinen unbewohnten Insel San Giovanni bei Rovigno waren sie den auf der Gora erbeuteten ähnlich.

Einen bemerkenswerten Fund machte während meiner An- wesenheit einer der Heger; er brachte uns eine lebende griechische Landschildkröte (Testudo graeca L.). Sie ist, soweit ich feststellen konnte, an einem so nördlichen Punkte noch nicht beobachtet worden. SCHREIBER ist allerdings der Ansicht, daß alle die Stücke, die außerhalb ihres eigentlichen Verbreitungsgebietes, der Balkan- halbinsel, gefunden wurden, eingeschleppt seien. Damit würde im Einklang stehen, daß die wenigen bisher bei Planina gefangenen Stücke nach Angabe von HauckE in der weiteren Umgebung des fürstlichen Schlosses gefunden wurden. | Die Hauptausbeute lieferten naturgemäß die Insekten. Aller-

dings waren die meisten Ordnungen schon stark im Rückgang be- griffen; nur die Orthopteren standen auf dem Höhepunkt ihrer Ent- wicklung. Da sie mich zudem seit langem sehr interessiert hatten, widmete ich ihnen besondere Aufmerksamkeit. So konnte ich denn in Krain und Istrien, einem Dorado der Heuschrecken, insgesamt über 80 Arten erbeuten; eine Zusammenstellung derselben in biologisch- faunistischer und in systematischer Hinsicht wird anderen Ortes erscheinen.

98 RicHARD STERNFELD.

Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen. Von RICHARD STERNFELD. Mit Tafel X— XII und 7 Figuren im Text.

Ein halbes Jahrhundert ist seit der Entdeckung der Mimiery durch Bares vergangen, und heute sind die Ansichten über diese merkwürdige Erscheinung vielleicht geteilter als je zuvor. Von Herpetologen haben in neuerer Zeit vor allem GApow und WERNER die Nachahmungstheorie energisch bekämpft, jener als Vertreter der Idee einer zielstrebigen Entwicklung (Isotely), dieser aus prin- zipiellen theoretischen Gründen. Die Lösung der Frage kann jedenfalls nur von den Objekten selbst, in diesem Falle also von den Giftschlangen und ihren wirklichen oder angeblichen Nachahmern gegeben werden. Entweder handelt es sich in der Tat, wie GADow will, um eine Parallelerscheinung die ähnlich gefärbten Arten wurden und werden ohne direkte gegenseitige Beziehung unter der Wirkung gewisser innerer und äußerer Einflüsse dem gleichen Ziele zugeführt (Isotely and Coralsnakes; Zool. Jahrb. Sept. 1911). Oder aber es liegt in der Tat Nachahmung vor, und dann muß der Nachahmer abhängig sein von seinem Vorbilde. Abhängig im Vorkommen, in der Größe, in der allgemeinen Körperform, in seiner Lebensweise, in der ganzen Entwicklungsgeschichte seiner Zeichnung und Färbung, in allem, was neben der ähnlichen Färbung zur Wirkung der Nachahmung auf irgendwelche Schlangenfeinde unerläßlich ist. Wie weit das der Fall ist, darüber müssen uns eben die Objekte Auskunft geben. Ich habe nun, an Hand der Schlangensammlung des Berliner Museums für Naturkunde, so viele Mimicryfälle als möglich von jenen Gesichtspunkten aus geprüft, und ich glaube, zu einigen positiven Resultaten gekommen zu sein.

Die Mimierygruppe der Elapiden.

Die Zahl der Mimieryfälle ist ganz erheblich höher, als bisher angenommen wurde; es sind weit über 100. Im Zusammenhange damit zeigt sich, ganz wie bei den Schmetterlingen, die Bildung von „Mimieryringen“, ganzer Gruppen gleichartig gefärbter giftiger und ungiftiger Formen im gleichen Gebiete. Den großartigsten dieser Ringe, eine förmliche G. m. b. H. für Mimiery, bilden die wohl- bekannten, rot und schwarz geringelten Korallenottern Amerikas und ihre Nachahmer. Die Korallenottern selbst gehören sämtlich der einzigen Gattung Zlaps an und sind in etwa 35 Arten über einen sroßen Teil beider amerikanischen Kontinente verbreitet. In ihrem Hauptgebiete, in Südamerika, fehlen sie lediglich in Chile und in

u u 5

Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen. 99

der Südhälfte Argentiniens, den La Plata wohl nicht überschreitend. Über Zentralamerika und Mexiko sind alsdann einige Arten nord- wärts vorgedrungen, und eiue von ihnen hat die mittleren und öst- lichen Staaten der Union erreicht. Westindien ist fast frei von ihnen; sie sind über Trinidad und die nächstbenachbarten kleinen Antillen nicht hinausgekommen. In diesem Gebiete tragen nun noch etwa 60 Arten aus 26 verschiedenen Gattungen ein ähnliches Farbenkleid wie die #laps-Arten. Andere Angehörige der gleichen Gattungen finden sich weit darüber hinaus, in Kanada, Westindien, Chile und Patagonien, für jene 60 Arten aber, jedenfalls für mimetisch beeinflußte Individuen dieser Formen, ist das Gebiet der Gattung Elaps maßgebend. Diese Tatsache ist nicht unbestritten. Coronella doliata, die in den Mittelstaaten der Union als Nachahmer von Elaps fulvius auftritt, findet sich nach Gapow bis Kansas und selbst Nebraska, bis Indiana und Maryland, während die Giftschlange nur einmal am Ohio gefunden und selbst dorthin wahrscheinlich ver- schleppt sei. Auf alle Fälle aber finde sich die Coronella mindestens 400 Meilen von diesem Fundorte der Zlaps entfernt. Es handelt sich natürlich um englische Meilen, also etwa 640 km, aber diese Angabe ist überhaupt nicht richtige. Nach BouLenGer’s Catalogue of Snakes reicht das Gebiet von Zlaps fulvius bis zum Missouri, dem Ohio und Süd-Virginia. Das deckt sich aber, wie ein einziger Blick auf die Karte zeigt, fast wörtlich mit GApow’s Angaben für Coronella doliata, denn Kansas und Nebraska liegen südlich vom Unterlaufe des Missouri, Indiana am Mittellaufe des Ohio, und Maryland ist nichts anderes als eine Halbinsel von Virginien, kaum so groß wie eine mittlere preußische Provinz. Gapow bestreitet diese Fundorte auch nicht; er erwähnt sie nämlich gar nicht, ich habe sie jedoch in der amerikanischen Literatur bestätigt ge- funden. HorBRooX spricht sogar unter Nennung von Sammler und Besitzer von einem Exemplare vom oberen Missouri. Es bliebe also höchstens die Abweichung Maryland-Virginia zu erklären. Die ist aber so winzig, daß sie bei der Ungenauigkeit der amerikanischen Fundortsangaben vollkommen vernachlässigt werden darf. Sind doch selbst in einem verhältnismäßig so gut bekannten Gebiete wie Deutschland noch in neuester Zeit ver- schiedene Reptilien (Coluber longissimus, Tropidonotus tesselatus. Lacerta viridis, Emys orbicularis) an Orten entdeckt worden, wo sie bis dahin niemand vermutet hatte. Vor allem aber darf nicht vergessen werden, daß es in den Grenzgebieten gar nicht auf die Verbreitung der betreffenden Schlangen, sondern auf die der Schlangenfeinde, oder genauer gesagt der schlangenfressenden 7

100 RicHARD STERNFELD.

Individuen ankommt. ‚Jeder Raub- oder Rabenvogel, der die Zlaps kennen gelernt hat, überträgt ja ohne weiteres die Mimierywirkung auf die benachbarten Gebiete, denn, wenn auch der Herpetologe aus seinem Lehrbuche vielleicht erfahren hat, daß die Giftschlange dort nicht mehr vorkommen darf, woher soll der Raubvogel es wissen? Der einzige weitere mir bekannte Fall, in dem ein Nach- alhımer das Gebiet seines Vorbildes angeblich überschreitet, betrifft Lystrophis semieinctus, von der sich im Britischen Museum zwei Exemplare mit der Etikette Patagonien befinden. Beide stammen anscheinend aus der gleichen Sendung, weder der Sammler noch ein genauer Fundort ist angegeben, und da die Art sonst niemals südlich vom La Plata gefunden worden ist, so glaube ich berechtigt zu sein, die Herkunft aus Patagonien anzuzweifeln.

Ich bin auf diese Fälle deshalb so genau eingegangen, weil in der Tat nichts die ganze Mimierytheorie leichter erschüttern könnte, als ein Vorkommen mimetischer Formen weit außerhalb des Ge- bietes ihres Vorbildes. Ich stelle daher weiter fest, daß sich weder in Kanada noch in den nördlichen Teilen der Vereinigten Staaten, weder in Westindien noch in Chile und Patagonien, noch irgendwo auf der ganzen Erde auch nur eine einzige Schlange findet, die als guter Nachahmer einer der typischen Zlaps-Arten angesehen werden könnte, mit alleiniger Ausnahme einiger nicht amerikanischen Elapiden. Grade diese letzte Tatsache möchte ich hervorheben gegenüber Gapow’s Ansicht, daß ein gewisses spezifisch amerikanisches Etwas, der „Genius loci“, die Ursache der gleichartigen Färbung bei so zahlreichen giftigen wie ungiftigen Schlangen Amerikas sei. Dieser Genius loci ist überhaupt ein etwas geheimnisvolles Ding. Was ist denn eigentlich in jenem gewaltigen Gebiete, das vom Missouri bis zu den Pampas, von den Alleghanies bis zu den Hochtälern der Anden, vom Felsengebirge bis zur Mündung des Amazonas reicht, das mit seinen 25 Millionen Quadratkilometern Europa um mehr als das Doppelte an Größe übertrifft, gleichartig? Was ist ihm denn anderes gemeinsam als die sieben Buchstaben „A-m-e-r-i-k-a“, mit denen der Homo sapiens es auf seinen papierenen Landkarten zu bezeichnen pflegt? Im allgemeinen steht doch das nearktische Gebiet dem palaearktischen viel näher als dem neotropischen, und wenn in Eurasien keine harmlose Schlange die Färbung einer Zlaps trägt, so bleibt als einzige Erklärung eben doch nur das Fehlen dieser Gattung übrig. Nun fragt GApow nicht ganz mit Unrecht, warum es denn in Innerafrika keine elapsartig gefärbten Schlangen gebe, wenn eben jene Färbung nicht etwas spezifisch amerikanisches sei. Diese Fragestellung selbst ist jedoch falsch. Es gibt nämlich in

Die Erscheinungen der Mimicry bei den Schlangen. 101

Afrika eine Gattung mit ganz typischer Zlaps-Zeichnung, die Elapidengattung Boulengerina. Wir haben also ursprünglich in beiden Erdteilen nur je eine solche Gattung; hier Zlaps, dort Boulen- gerina. Da aber die afrikanische Gruppe nur wenige, seltene Arten enthält, so konnte sie logischerweise keine Nachahmer züchten, und da Elaps eine vielköpfige Gattung mit mehreren sehr häufigen Arten ist, so hat jetzt Amerika an hundert Schlangen mit schwarz- roter Ringelung, aber lediglich in dem Gebiete, das die eine Gattung Zlaps bewohnt.

Liegt hier wirklich Nachahmung vor, so darf sich diese Färbung natürlich auch nur bei solchen Schlangen finden, für die eine Ähn- lichkeit mit Zlaps einen Vorteil bedeutet. Es scheiden damit zunächst alle Giftschlangen der Gattungen Lachesis, Ancıstrodon, Crotalus u. s. w. vollkommen aus, da sie selbst furchtbarer sind als die Korallenottern.- Es scheiden ferner alle jene Formen aus, die in Größe und Körperform zu sehr von Zlaps abweichen, um bei ganz oberflächlicher Ähnlichkeit und davon muß die Mimiery ja ausgehen eine Täuschung verursachen zu können. Alles das trifft tatsächlich zu. Wir finden die Nachahmer weder unter den selbst giftigen Crotaliden noch unter den im Habitus erheblich abweichenden Baumschlangen, weder unter den zu großen Boiden noch unter den zu kleinen Typhlopiden und Glauconiden. Es ist klar, daß eine fünf bis sechs Meter lange Boa oder Anakonda nicht mit einer Korallenotter verwechselt werden kann, auch wenn ilıre Grundfärbung einmal etwas rötlicher ist als gewöhnlich, oder wenn ein paar Flecken auf ihrem Rücken zu Querbinden verschmolzen sind. Andererseits wird ein Schlängelchen von der Größe eines Regenwurmes schwerlich durch eine flüchtige Ähnlichkeit mit der Giftschlange sich Achtung verschaffen können. Es ist geradezu frappierend, mit welcher Klarheit sich die Abhängigkeit der Nach- ahmer von der Größe des Vorbildes in den einzelnen Gattungen selbst erkennen läßt. Die Mehrzahl der Korallenottern schwankt in der Länge zwischen 0,5 und 1 m, wenige Arten überschreiten dieses Maß gelegentlich, und nur Zlaps surinamensis erreicht eine Länge von 19 m. Genau so verhalten sich die Nachahmer. Sehr wenige von ihnen messen über 1 m, und nur Urotheca bieiwmeta erreicht 1,95 m. Diese Art aber lebt im Gebiete von Zlaps surinamensis. Ich gebe nun eine Übersicht sämtlicher Arten der beiden Gattungen Oxyrhopus und Homalocranıum, um zu zeigen, wie scharf sich die Abhängigkeit hier ausprägt. Die Maße sind teils dem Bovtenger’schen Catalogue of Snakes entnommen, teils von mir selbst an dem Berliner Material festgestellt.

7#

102 RICHARD STERNFELD.

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Die Erscheinungen der Mimicery bei den Schlangen. 103

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Wie man sieht, verliert das geheimnisvolle amerikanische Etwas, der „Genius loci“, der die schwarzrote Ringelung bei den Schlangen Amerikas erzeugen sollte, unterhalb von 40 und oberhalb von 100 cm seine Kraft. Ein merkwürdiger Genius!

Für die Beurteilung der Zeichnung und ihrer Entstehung ist in erster Linie hervorzuheben, dab die Querringelung ein gemein- samer Charakter der ganzen Unterfamilie der Proteroglyphen ist. Dunkle Binden auf hellem Grunde finden wir außer bei Zlaps noch in folgenden Gattungen: Hlapechis, Boulengerina, Homorelaps, Aspidelaps, Naja und Sepedon in Afrika, bei Bungarus, Naja, Callophis, Doli- ophis und Hemibungarus in Asien, bei Furina, Behynchelaps, Acanthophis und ausnahmsweise bei Diemenia (D. textilis juv.) in Australien, außerdem bei sämtlichen Gattungen und fast allen Arten der pelagisch gewordenen Hydrophinen. Auch bei Arten, wo die Ringelung nicht mehr deutlich auftritt, zeigt sie sich in der Jugend- zeichnung (Naja bungarus), an einzelnen Stellen (Halsring bei Naja nigricollis, Sepedon haemachates usw.), oder in gelegentlichen Rückenschlägen (Naja haje, Naja melanoleuca). Die dunklen Querringe bilden also offenbar einen uralten Bestandteil der Proteroglyphenzeichnung. Bei einer Reihe von Gattungen “haben nun die hellen, ursprünglich wohl weißen Zwischenräume sekundär eine dunkle Tönung erhalten, wobei regelmäßig die ur- sprüngliche Färbung als heller Saum an den schwarzen Querringen erhalten blieb. Der ganze Vorgang wird uns von Zlapechis quentheri, einer kleinen afrikanischen Elapide im Laufe ihres Wachstums ganz ausgezeichnet vorgeführt. Eine typische Zlaps corallinus etwa gleicht aber in der Zeichnung vollkommen einer erwachsenen Zlapechis; sie trägt auf rotem Grunde schwarze, schmal gelblich- oder grünlichweiß gesäumte Binden, und diese Zeichnung ist die Grundlage für alle weiteren, bei Zlaps vorkommenden Diiffe- renzierungen. Zunächst kann schwarzes Pigment in den roten Zwischen- räumen, zuerst gewöhnlich in den Schuppenspitzen, auftreten, und durch Ansammlung des dunklen Farbstoffes am Außenrande der lichten Säume entstehen die für viele Zlaps-Arten charakteristischen Dreier-

104 RICHARD STERNFELD.

gruppen von schwarzen Querbinden. Ich stimme hier vollkommen überein mit Werxer (Über die Zeichnung der Schlangen, Wien 1890), während Gapow eine gänzlich andere Ansicht vertritt, auf die ich noch zu sprechen kommen werde. Infolge dieser Entstehungsart treten bei allen Korallenottern nur einfache oder eben dreifache Binden, nie aber Doppelbinden auf. Die beiden äußeren Binden sind ursprünglich stets schmaler als die Mittelbinde, auch wenn diese so schmal ist wie etwa bei Elaps decoratus, sie können sich aber verbreitern und schließlich den roten Zwischenraum völlig verdrängen. Die Schlange ist dann schwarz mit schmalen, paar- weise stehenden gelben Querringen (z. B. Zlaps annellatus). Auch die gelben Säume können sich zu Binden verbreitern (z. B. bei Zlaps maregravi und manchen Formen von EZ. fulvius), und endlich gewinnt bei Zlaps fulvius manchmal auch das Rot die Oberhand, schmälert die schwarzen Binden und bringt sie schließlich zu teil- weiser Auflösung. Eins aber müssen wir im Auge behalten: Von einer Entwickelung der schwarzen Querringelung ist bei Zlaps nichts zu bemerken. Sie ist als uralte Proteroglyphenzeichnung stets von vornherein vorhanden und vollkommen ausgebildet.

Bei den Nachahmern ist das durchaus nicht der Fall. Auch sie sind natürlich auf rotem oder gelbrotem Grunde quergebändert, sonst wären sie ja keine Nachahmer, aber die vollkommene, regel- mäßige Querringelung der Elapiden findet sich nur bei wenigen Varietäten einzelner Arten (Zrythrolamprus aesculapıi, Urotheca elapoides, Atractus elaps, Simophis rhinostoma). In zahlreichen Fällen aber sind wir imstande, die heutige mimetische Färbung auf ihre Ursprungsform, irgendeine ganz oberflächliche Ähnlichkeit mit Zlaps zurückzuführen, sei es, dab neben der nachahmenden Form noch unbeeinflußte Varietäten vorkommen, sei es, daß die Zeichnung selbst uns ihre Geschichte erraten läßt. So trägt Zystro- phis dorbignyi in Chile und Argentinien auf gelblichbraunem Grunde drei Längsreihen großer, brauner Rückenflecken. In Süd-Brasilien findet sich neben dieser Form eine andere mit rötlicher Grundfarbe und schwarzbraunen Querbinden, deren Zusammensetzung aus drei Flecken noch ganz deutlich erkennbar ist. Bei Zystrophis semiernctus und mehreren Oxyrhopus-Arten verrät ein Knick in der Mitte der Querbinden die Entstehung aus zwei alternierenden Querflecken. Liophis poecilogyrus demonstriert in ihren verschiedenen Varietäten die Umbildung eines schwarzen Netzmusters in eine typische Zlaps- Zeichnung durch allmähliches Dunkeln der hellen Netzmaschen (Taf. XI, Fig. 19—21). Bei den nordamerikanischen Coronelliden schließlich hat sich das Braun schwarz gesäumter Rückenflecken in Rot ver-

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Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen. 105

wandelt, und ihre schwarzen Säume sind zu Querbinden geworden. Die Gunst der Umstände hat uns hier die ganze Entwicklungs- geschichte der Zeichnung und Färbung in verschiedenen lebenden Coronella-Arten aufbewahrt, und der Grund dafür ist leicht zu erkennen: Zlaps fulvius, die hier das Vorbild darstellt, konnte erst nach Überbrückung der Panamaenge, vermutlich gegen Ende der Tertiärzeit, den Boden Mittelamerikas und von da aus Mexiko und die Vereinigten Staaten erreichen, wo sie vordrang, soweit die

. diluviale Vereisung ihr das gestattete. Traf sie in Nordamerika

nun auf eine Coronella, etwa von dem Aussehen der Coronella trıangulum, so muß diese heute um so stärker mimetisch umgefärbt sein, je länger der Einfluß der Zlaps bereits gedauert hat. In der Tat bilden heute die vier sogenannten Arten Coronella trıangulum, doliata, gentilis und micropholis eine Gruppe, deren Mitglieder sich wesentlich nur durch ihre mehr oder weniger große Ähnlichkeit mit Elaps fulvius unterscheiden, und diese Ähnlichkeit nimmt von Mexiko aus nach dem Norden und Osten der Union zu allmählich ab.

Im Norden der Vereinigten Staaten und im Süden von Kanada, durchweg außerhalb des von Zlaps fulvius bewohnten Gebietes, lebt Coronella triangulum. Sie trägt auf heller, fast weißer Grund- farbe braune oder rotbraune, etwa sechseckige, schwarz gesäumte Rückenflecken und eine Reihe kleinerer, unregelmäßiger, braun- schwarzer Flecken unten an jeder Seite (Taf. X, Fig. 1 u.6). Südlich vom 35.—40. Breitengrade etwa tritt an ihre Stelle Coronella doliata. Das Braun der Rückenflecken ist hier zu einem stumpfen Rot ge- worden, die schwarzen Säume haben sich verbreitert, lösen sich an den Seiten auf, und die frei gewordenen Enden suchen Anschluß an die schwarzen Seitenflecken. Es ist auffallend, wie schnell durch diese verhältnismäßig geringen Veränderungen aus der fast indifferenten Coronella triangulum eine „Korallenschlange* entsteht (Taf. X,

‚Fig. 2,7 u.8). Aber die Zlaps hat einfache und die Coronella vorläufig

noch doppelte schwarze Binden. Bei Coronella gentilis in Louisiana, Texas und Nordmexiko beginnen jedoch die hellen Zwischen- räume bereits zu dunkeln, und die Querbinden werden immer mehr zu vollkommenen Ringen (Taf. X Fig. 3). Coronella micro- pholis in Mexiko endlich hat das Ideal nahezu erreicht (Taf. X Fig. 4). Aus den ursprünglich doppelten Säumen ist durch fast völliges Schwarzwerden der trennenden Lücke ein einheitlicher Querring geworden, der jetzt auch auf die Bauchseite übergreift, und die Schuppenspitzen im Rot des Leibes sind schwarz pig- mentiert, ganz wie bei dem Vorbilde.e Der Bekämpfer der

106 RICHARD STERNFELD,

Mimierytheorie, Gapow selbst muß von dieser Schlange sagen: Coloured and behaving exactly like Zlaps, itis often mis- taken for a true „Corallillo“! Ich möchte hervorheben, daß die auf Taf. X Fig. 5 dargestellte Varietät von #. fulvius vom | gleichen mexikanischen Fundorte vorliegt wie OCoronella miceropholis. | Häufiger kommt sie jedoch in einer Form vor, bei der die schwarzen Ringe breit gelb gesäumt sind. Die roten Felder sind alsdann un- regelmäßig schwarz gefleckt, und manchmal zeigt sich mehr oder weniger deutlich sekundäre Ringbildung (vgl. Taf. X Fig. 11). Die Art und Weise, in der die Ooronella auch dies zweite Vorbild nach- geahmt hat, ist außerordentlich charakteristisch für die Wirksamkeit

der Selektion überhaupt. Ein leicht gelblicher Ton in den ur- sprünglich weißen Räumen zwischen zwei schwarzen Ringen genügte,

um die gelben Querringe der Zlaps vorzutäuschen, und diese leicht vorkommende Variante mußte wohl oder übel durch Selektion erhalten werden, ohne Rücksicht auf eine etwaige spätere Er- schwerung des Züchtungsprozesses. So haben wir jetzt eine zweite ÜOoronella micropholis mit einem gelben Ringe zwischen zwei schwarzen (Taf. X Fig. 9 u. 10), und diese Zeichnung, die ursprünglich eine Annäherung an das Vorbild bedeutete, hindert jetzt die Erzielung völliger Gleichheit. Es könnte freilich durch Schwärzung des ganzen roten Raumes ein ähnliches Bild wie bei

der Elaps erzielt werden, aber die anstoßenden Ringe müßten dann

rot bleiben, oder die ganze Schlange würde schwarz mit gelben Ringen sein. Gapow hält tatsächlich diese Färbung der Coronella (Taf. X Fig. 10) für die Vorstufe zu der dreifachen Ringelung bei Elaps, eine vollkommen absurde Idee, da er damit die schwarzen Querringe, den ältesten Bestandteil der Proteroglyphenzeichnung für eine Neuerwerbung erklärt. Er wundert sich dann auch, dab eben jenes Muster, ein gelber Ring zwischen zwei schwarzen, bei keiner einzigen Elaps vorkommt. Es ist ihm auch aufgefallen, dab bei einzelnen Arten, z. B. Elaps decoratus, die schwarze Mittelbinde viel zu schmal ist, um als eine Verschmelzung zweier schwarzer Ringe und eines ganzen roten Raumes angesehen zu werden. Gapow hätte sich darüber durchaus nicht zu wundern brauchen, wenn er nicht eben von völlig falschen Voraussetzungen ausge- gangen wäre.

Die Komplikationen der Elapidenzeichnung, vor allem die Dreierringe sind für die Nachahmer überhaupt verschiedentlich Steine des Anstoßes gewesen. Wirklich gut gelungen ist die Kopie bei Simophis rhinostoma, die mit Elaps marcgravu z. B. ganz vorzüglich übereinstimmt (Taf. XII, Fig. 30 u. 31). Simophis hat

Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen. 107

v

zwischen zwei schwarzen Ringen einen dritten eingeschoben, und dieser neue Ring ist denn auch etwas schmaler als die beiden äußeren jeder Gruppe Bei der Elaps verhält es sich umgekehrt, doch fallen die geringen Abweichungen wenig auf. Erythrolamprus aesculapıi und Atractus latifrons haben durch Spaltung Doppelbinden und die erste Art sogar Vierergruppen gebildet; immer besser als gar nichts, wenn auch die korrekte Dreiergruppe nicht erzielt wurde. Besonders lehrreiches Material liefern uns Arten wie Oxyrhopus trıgeminus, bei denen die ur- sprüngliche Zeichnung aus alternierenden Querflecken bestand,

Fig. 1 u. 2. Oxyrhopus trigeminus; Stück der Rumpfzeichnung von der Seite (l) und von oben (2).

und die eine Zlaps mit Dreierbindung als Vorbild hatten. Hier . stand die Selektion vor zwei verschiedenen Aufgaben. Die Quer- flecken sollten zu Querbinden und gleichzeitig sollte die Dreiergruppe erzielt werden. War hier eine neue Binde ähnlich wie bei Simophis schon eingeschaltet, ehe die Alternation aufgehoben war und das hing ja nur vom Zufall der vorkommenden Varianten ab —, dann traf die Mittelbinde der einen Gruppe auf eine Randbinde der gegenüberliegenden, die Verschmelzung trat ein, und das Unglück war fertig. Die Schlange gleicht jetzt von der Seite zwar ihrem Vorbilde, von oben gesehen aber erscheint ihre Zeichnung geradezu unsinnig (Fig. 1 u. 2). Die Selektion hat einen Irrweg eingeschlagen, weil dieser auch nur einen Augenblick lang tatsächlich dem Ziele näher brachte, und sie hat sich jetzt hoffnungslos verlaufen, da eine Korrektur des falschen Musters theoretisch unmöglich erscheint. Selektion kann nicht den kleinsten Schritt rückwärts tun, auch wenn ihr dadurch die Möglichkeit zu zehn Schritten vorwärts eröffnet

108 RiCHARD STEKNFELD,

würde, und die notwendige Auflösung der beiden verschmolzenen 2

Binden wäre ein solcher Schritt rückwärts.

Den einfachsten Beweis dafür, daß die ganze Nachahmung nur für das Auge berechnet ist, liefert uns fast jede der mimetischen Arten, wenn wir sie von unten ansehen. Ein Oxyrhopus etwa kann auf der Oberseite bereits die dreifache Ringelung und die Schwarzfärbung der Schuppenspitzen erreicht haben, und doch ist seine Bauchseite noch völlig oder fast völlig ungezeichnet, frei von den bei Elaps den Körper regelmäßig rings umziehenden Ringen. Selbst ein so geetreuer Kopist wie Simophis rhinostoma ist unterseits noch sehr unregelmäßig gemustert, und höchstens Zrythrolamprus aes- culapır erreicht manchmal die normale durchgehende Ringelung des Vorbildes.. Wenn also GApow von einer Parallelerscheinung spricht, von Isotely, der „Erreichung des gleichen Zieles auf dem Wege über ähnliche, aufeinander folgende Stationen“, so muß ich dem ganz entschieden entgegentreten. Die Querringelung der Elapiden bildet den ruhenden Pol in der Erscheinungen Flucht. Der Marsch aller übrigen Formen strebt diesem einen gemeinsamen Ziele zu. Nicht parallel, sondern konvergierend sind ihre Wege; sie sind abhängig in Vorkommen, Größe und Habitus, in jedem Schritte, den die Entwicklung ihres Farbmusters vorwärts geht, von ihrem Vorbilde, der Korallenotter.

Weitere Fälle von Mimicry.

Amerika besitzt neben der großen Gruppe der Elapiden und ihrer Nachahmer noch einen kleineren „Mimiceryring“, gebildet durch die Gattung Lachesis. Sie hat nur wenig Anhang gefunden, bezeichnenderweise aber gerade unter den wenigen Formen, die schon in ihrem Habitus sich dem plumperen, gedrungenen Bau der Crotaliden nähern. So aus der Gattung Aenodon mehrere Arten. Ferner Drymobius rhombifer und Nothopsis rugosus, die schon von CorE für einen der ausgezeichnetsten Nachahmer erklärt wird. Alle diese Schlangen tragen an den Seiten die besonders für Lachesis atrox charakteristischen, etwa hufeisenförmigen dunklen Abzeichen (Taf. XI, Fig. 22 u. 23). Stenorhina degenhardti dagegen Kopiert in einer ihrer Varietäten die sanduhrförmigen, hellgesäumten Rücken- flecken von Lachesis neuwied® (Taf. XI, Fig. 24 u. 25). Ob die nordamerikanischen Heterodon-Arten durch Crotalus mimetisch be- einflußt sind, erscheint mir zweifelhaft.

Afrika hat keine größeren Mimierygruppen aufzuweisen, wohl

aber eine ganze Reihe von Einzelfällen, die zum größten Teile auch bereits bekannt sind. Schon Warracz erwähnt, daß Dasypeltis

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Die Erscheinungen der Mimicery bei den Schlangen. 109

scabra, die bekannte eierfressende Schlange, in Südafrika die Vipe- ride Bitis atropos nachahme. Die, Nachahmerin nimmt sogar, wenn angegriffen, völlig die Stellung einer wütenden Viper an, breitet den Hinterkopf und beißt heftig nach dem Gegner. Daß eine Schlange beißt, wäre ja nun sehr natürlich, aber Dasypeltis scabra hat total verkümmerte Bezahnung! Die gleiche Schlange stimmt in Deutsch- Südwestafrika mit Bitis caudalis überein, die dort ihre Verwandte vertritt, und diese Übereinstimmung erstreckt sich auch auf den Körperbau; die südwestafrikanische Dasypeltis ist viel kurz- schwänziger als ihre Artgenossen. Die gleiche Giftschlange hat noch

Fig. 3—7. Rückenzeichnung von Echis carinatus aus Ägypten (3), Dasypeltis scabra aus Agypten (4), Dasypeltris scabra aus Ostafrika (5). Dasypeltris scabra aus Deutsch-Südwestafrika (6) und Bitis caudalis aus Deutsch-Südwestafrika (7).

einen weiteren Schützling in Ahamphiophis multimaculatus, der den verschiedenen geographischen Varietäten seines Vorbildes getreulich folgt. Die Dasypeltis ihrerseits erinnert in Togo an Echis carınatus, und in Äpypten an eine andere Varietät der gleichen Viper. Die Übereinstimmung ist hier ebenso: groß, wie die mit Bitis caudalis, beide Zeichnungen aber sehr verschieden und stark abweichend von der normalen (vgl. Fig. 3--7). Tarbophis semiannulatus hat in Ostafrika breite braune Rückenflecken, in Südwestafrika sind schmale schwarze Binden daraus geworden, die stark an die Zeichnung von Aspidelaps lubricus, einer südafrikanischen Elapide erinnern. Eine andere Tarbophis-Art, Tarbophis varıegatus ähnelt in Togo der schon erwähnten Echis. Auch die Ähnlichkeit der Gat- tungen Calamelaps und Macrelaps mit Atractaspis könnte als Mimiery aufgefaßt werden und hat auch schon Herpetologen zu Verwechslungen verleitet. Bei einfach schwarzer Färbung und

110 RICHARD STERNFELD,

ähnlicher Lebensweise mag diese Übereinstimmung -aber auch auf

Zufall beruhen.

Einem ausgezeichneten Mimicryringe begegnen wir wiederum in Asien. Das indo-malayische Gebiet beherbergt eine Anzahl Elapiden mit schwarzweißer oder schwarzgelber Ringelung. Dazu gehören vor allem die häufigsten Arten der Gattung Dungarus, ferner die furchtbare Naja bungarus, wenigstens im Jugendkleide. Als Nachahmer kommen hier besonders mehrere Arten der Gat- tungen ZLycodon und Dryocalamus in Betracht, die mitunter von ihrem Vorbilde kaum zu unterscheiden sind. So sind bei Dryo- calamus nympha die weißen Binden in der Mitte dunkel gefärbt, ganz wie bei Dungarus candıdus (Taf. XIIL, Fig. 32 u. 33). Lycodon carınatus von CGeylon hat auf dem Rücken verschmälerte, oft in Flecken aufgelöste Binden, wie sie nur Bungarus ceylonicus zeigt (Taf. XII, Fig. 26 u. 27) und Zycodon subeinctus von Java unter- scheidet sich von Dungarus candıdus juv. lediglich durch eine etwas geringere Zahl weißer Querbinden. Auch die auf rotbraunem Grunde schwarz geringelte Callophis machellandi und die mittel- asiatischen Crotaliden (Ancıstrodon) haben ihre Nachahmer gefunden.

Aus Neuholland ist mir nur ein einziger Mimicryfall bekannt und dieser eine betrifit gar keine Schlange, sondern die Echse Delma fraseri, eine Vertreterin der Pygopodiden, die in höchst ge- !ungener Weise bei gleicher Grundfärbung auch die auffallende Kopfzeichnung gewisser junger Giftnattern kopiert (Taf. XI, Fig. 17 u. 18). Nach Harı ist das Vorbild Diemenia textilis, nach WERNER, der aber natürlich den entdeckten Mimicryfall im gleichen Atemzuge wieder verleugnet, Diemenia coronata. Sie scheint sich also in ver- schiedenen Gegenden der jeweilig häufigsten Giftschlange anzupassen.

Die Mimierygruppe der Hydrophinen.

Es bleibt nun nur noch die höchst eigenartige Gruppe der zu pelagischer Lebensweise übergegangenen Proteroglyphen, der Seeschlangen (Hydrophinae) zu besprechen übrig. Man kann sie, die fast alle die Querringelung tragen, wohl als einen einzigen, großen Mimieryring betrachten, dessen Gebiet fast den ganzen Indischen Ozean sowie die australischen, polynesischen und südostasiatischen Gewässer des Großen Ozeans umfaßt. Scharfe Grenzen lassen sich hier kaum ziehen. Kommen doch vielfach die gleichen Arten in indischen wie in australischen Gewässern Vor, und Hydrus platurus findet sich ebensowohl bei Madagaskar wie an der Westküste von Zentralamerika. Die Situation lag hier für die Entstehung von Nachahmern wohl ebenso günstig wie in

|

Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen. +11

Amerika, wenn nur Nachalımer aufzutreiben gewesen wären. Es gibt nur äußerst wenige harmlose Seeschlangen, und die haben sich denn auch sofort der Hydrophinengesellschaft angeschlossen. Hipistes hydrinus ahmt Enhydrına valakadien, Chersydrus granu- latus eine Enhydris!) vorzüglich nach (Taf. XIII, Fig. 34—37). Aber die Seeschlangen haben noch eine ganze Reihe weiterer Schützlinge, Angehörige einer anderen Klasse der Wirbeltiere. Verschiedene Aale haben es verstanden, aus ihrer schlangenähn- lichen Gestalt Kapital zu schlagen und treiben so eine Art un- lauteren Wettbewerbes. So Ophichthys colubrinus, bei dem sich die Entwicklung der Zeichnung bis zu einem ganz normalen | Muränidenmuster noch vollkommen zurückverfolgen läßt (Taf. XI, Fig. 12—16). Auch hier ist die Gleichheit des Wohngebietes von Vorbild (Platurus colubrınus oder laticaudatus) und Nachbild be- stritten worden. Der Fisch soll bei den Marshallinseln zu finden sein, wo die Schlange angeblich fehlt. Sie findet sich aber, wie Exemplare im Berliner Museum beweisen, zum mindesten bei den benachbarten östlichen Karolinen und ebenso mehrere tausend Kilo- meter davon entfernt, bei Sydney, bei den Tonga-Inseln und selbst im Indischen Ozean. Es ist wirklich nicht einzusehen, warum Platurus gerade bei den Marshailinseln fehlen sollte. So genau kennen wir die Verbreitung gerade dieser Schlangen nicht, um auf ein paar hundert Kilometer großes Gewicht legen zu müssen. Jeder Taifun kann sie ja so weit verschlagen! Außer bei Ophichthys findet sich die Querbänderung noch bei verschiedenen Muräniden der Gattungen Muraena, Echidna und Liuranus. Und diese Färbung zeigt keine einzige Art der gleichen Gruppen dort, wo die Hydrophinen fehlen, vor allem also nicht im Atlantischen Ozean. Wohl aber hat Ophichthys melanotaenia es fertig gebracht, sogar die unter den Seeschlangen vereinzelte typische Färbung von Aydrus platurus, halb schwarz, halb gelb zu kopieren (Taf. XIII, Fig. 35 u. 39). Offenbar hat sich ein dunkler Seitenstreifen des Fisches nach oben hin verbreitert, bisher aber die Rückenkante noch nicht ganz erreicht.

Einwände gegen die Annahme der Mimicry.

Es ist in neuerer Zeit ziemlich oft versucht worden, die Mimierytheorie totzusagen oder gar totzuschlagen, und ihre Lebens- zähigkeit wurde auf manche harte Probe gesetzt. Ich will mich

!) BouLenger (Fauna of the Malay Peninsula, 1912) nennt, wie ich so- eben bemerke, als Vorbild eine Hydrophis. Die Mitglieder eines Mimicry- ringes sind sich ebenso ähulich, daß man mehrere Arten als Vorbild an- sehen kann.

1123 RICHARD STERNFELD,

hier darauf beschränken, einige Einwände zu besprechen, die von herpetologischer Seite erhoben worden sind.

GApow hat seine Gegenbeweise, sieben an der Zahl, sorg- fältig nummeriert, wodurch sie zwar übersichtlicher aber durchaus nicht stärker geworden sind. Sie mögen in der gleichen Reihen- folge wie bei ihm lückenlos aufmarschieren:

1. „Es gibt in einzelnen Ländern mehr mimetische Formen als giftige, oder besser gesagt mehr ungiftige als sehr giftige Individuen.“

Das stimmt, ändert aber an der Wirksamkeit der Mimiery so gut wie nichts. Der Gegner hat im Zweifelsfalle die Schlange so lange als giftig anzusehen, bis er vom Gegenteil überzeugt ist. Ein Irrtum bedeutet hier nicht einen ungeniebbaren Bissen, wie etwa bei einer Heliconide, sondern unter Umständen die Todesstrafe. Vor allem kannten die Schlangenfeinde die ganze Gruppe der schwarzroten Schlangen bereits als giftig, ehe sich einziger Nach- ahmer angeschlossen hatte. Im Anfang war die Zlaps, und sie schuf ihre Nachahmer nach ihrem Bilde.

2. „Der Bereich harmloser Arten in typischer Zlaps-Färbung geht oft weit über das Gebiet der nächsten Zlaps hinaus.“

Das „oft“ besteht aus dem einen Fall von Coronella doliata, auf den ich nicht nochmals einzugehen brauche.

3. „Die Mehrzahl der harmlosen Arten sind „constrietors, wie Coronella, die andere Schlangen fressen. Ihnen gegenüber kommt die Warnfarbe nicht in Betracht.“

Ob es sich überhaupt um eine Warnfarbe handelt, scheint mir zweifelhaft. Im übrigen ist der Einwand ganz nebensächlich.

4. „Obwohl Elaps und die Nachahmer oft im gleichen Gebiete vorkommen, so hat man doch niemals die Individuen wirklich Seite an Seite gefunden. Vielleicht rottet Zlaps die anderen aus, vielleicht frißt auch Coronella die Elaps, wie manche ihrer nord- amerikanischen Verwandten.“

Wie stellt sich Ganow die Wirkung der Nachahmung eigentlich vor? Glaubt er, es müßten da irgendwo in Mexiko eine Zlaps und eine Coronella friedlich nebeneinander ruhen, und dann kommt ein Vogel geflogen, nimmt vor den beiden Platz, kratzt sich schließlich verlegen den Kopf und erklärt: Ja, ich kann sie wahrhaftig nicht unter- scheiden! Aber noch eine Frage möchte ich mir erlauben: Wenn die Elaps die Coronella frißt oder auch die Ooronella die Elaps, wie sollen sie das anfangen, wenn sie niemals „Seite an Seite“ zu finden sind? Sollte nicht wenigstens ein „töte & tete“ dabei zustandekommen?

5. „Die genauen Kopien finden sich oft nicht im gleichen Distrikt wie ihre Vorbilder.“

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Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen. 113

Um das zu beurteilen, hätte GAnpow genaue Angaben machen müssen, was er nicht tut. So wissen wir weder, wie groß ein „Distrikt“ ist, noch was er unter genauer Kopie versteht.

6. „Manche auffallenden Muster, die bei harmlosen Schlangen häufig vorkommen, finden sich bei Zlaps nicht.“

Auf diesen Umstand bin ich bei Coronella micropholis bereits eingegangen. Die Übergänge von indifferenter Färbung zu der von Elapys kommen bei dieser natürlich nicht vor. Vorhin paßte das Gapow nicht recht, jetzt benutzt er es gegren Mimicry.

7. „Die Variabilität ist sehr groß, sowohl bei den Individuen, selbst Geschwistern, und sogar an verschiedenen Körperstellen des gleichen Tieres. Die Gattung Zlaps sowohl wie andere umfaßt einfach braune Arten, ohne Schreckfärbung.“

Warum die Variabilität gegen Mimiery sprechen soll, ist mir nicht klar; sie ist ja grade ihre Grundlage. Über die „Schreck- färbung“ habe ich mich schon geäußert. Es gibt allerdings ein paar Zlaps-Arten, die nicht sehr lebhaft gefärbt sind, aber alle Arten sind quergeringelt, während in anderen Gattungen von zehn, zwanzig oder dreißig Arten manchmal nur eine oder zwei die Ela- pidenzeichnung tragen und völlig aus dem Rahmen ihrer Gruppe herausfallen.

Einen ganz prinzipiellen Einwand hat WERNER mehrfach er- hoben. Er bestreitet den Nutzen der Nachahmung überhaupt, da die .Schlangenfeinde die Giftschlangen und natürlich auch ihre Nachahmer keineswegs verschonten. Gelegentlich eines Referats über meine Arbeit „Mimicery bei afrikanischen Schlangen“ schreibt der Wiener Herpetologe wörtlich: „Solange nicht der strikte ex- perimentelle Beweis erbracht ist, daß die Schlangenfeinde einen Unterschied zwischen giftigen und giftlosen Schlangen machen, in der Weise, daß sie die ersteren verschonen, so lange müssen wir die Sache als reine Konvergenz auffassen.“ „Die Schlangen- feinde“ sind nun ein etwas weiter Begriff. Es gibt zahlreiche kleine Raubtiere und Raubvögel (im weitesten Sinne), die sehr wohl Schlangen nachstellen, und die es doch nicht wagen dürfen, eine Giftschlange anzugreifen. Ein Tier, das den Gegner nur mit einer Zahnspitze zu ritzen braucht, um ihm für immer das Handwerk zu legen, muß mit einem Aufwande von Kraft und Geschicklichkeit überwältigt werden, der nicht jedem Schlangenfresser zu Gebote steht. Alle derartigen Feinde fallen also für die Giftschlangen und ihre Nachahmer von vornherein fort. Aber auch den mächtigen Räubern gegenüber besteht ein sehr wesentlicher Unterschied. Die großen Raubvögel wagen sich allerdings an jede Giftschlange und

114 RICHARD’ STERNFELD.

überwältigen sie auch, aber sie dürfen eine solche Beute niemals unvorsichtig behandeln und pflegen es auch nicht zu tun. Wenn wir uns für diese Tatsache nicht einfach auf den gesunden Menschen- verstand verlassen wollen, so können uns die Versuche von Lenz mit Mäusebussarden und die Beobachtungen VERREAUx’S und Lr- VAILLANT’S über Schlangenkämpfe des Kranichgeiers belehren. Der Vogel nähert sich dem giftigen Reptil Schritt für Schritt mit größter Vorsicht und sucht, während seine vorgehaltenen Flügel die verwundbaren Teile decken, durch blitzschnelle Hiebe mit den Läufen den Feind zu lähmen. All diese Manöver sind bei einer ungiftigen Schlange überflüssig, und die Giftschlange wie ihre Nachahmerin hat so den Vorteil einer Gnadenfrist. Jeder Augenblick, der verstreicht, ehe der Angreifer den Trug durchschaut und sich ohne weiteres Besinnen auf die Beute stürzt, kann für die Schlange Rettung bedeuten, indem es ihr gelingt, ihren Schlupfwinkel zu er- reichen, im Gebüsch oder unter der schützenden Sanddecke zu ver- schwinden. Je schärfer aber das Falkenauge die noch vorhandenen Unterschiede erkennt, um so größer ist der Selektionswert jeder Steigerung dieser Ähnlichkeit.

WERNER hat nun das Unglück, andauernd selbst Mimiceryfälle zu entdecken, aber er ist außerstande, sich von seinem Gedanken- sange loszumachen. Er findet die Übereinstimmung von Delma fraserı und Diemenia coronata und erledigt die merkwürdige Ähnlichkeit von Eidechse und Giftschlange mit den Worten: Mimiery dürfte auch hier wohl nicht vorliegen. Er bekommt eine asiatische Schlange zur Bestimmung, die ihm völlig rätselhaft er- scheint. Der Kopf ist platt und dreieckig, der Körper ganz vipe- rinen- und speziell krotalinenartig, Färbung und Zeichnung erhöhen noch die Ähnlichkeit mit einer der ostasiatischen Aneistrodon-Arten. „Ich muß gestehen“, sagt WERNER, „dab der Anblick dieser Schlange mich vollkommen verwirrte, und erst BouULENnGER klärte mich auf, daß es sich um Macropisthodon rudıs handle. Man könnte ja nun versucht sein, an Mimiery zu denken, aber solange nicht der Beweis erbracht ist, daß die Schlangenfresser die Nachahmer oder auch nur die Giftschlangen verschonen, werden wir gut tun, die Sache als reine Konvergenz zu betrachten.“ Reine Konvergenz, zufällige Ähnlichkeit! Das also wäre der Weisheit letzter Schluß. Diese Resignation geht doch wohl zu weit. Das ist nicht mehr wohlberechtigter wissenschaftlicher Skeptizismus, das ist „der Geist, der stets verneint“. Wer angesichts der vorliegenden Tatsachen Mimiery leugnen will, der muß erst etwas Besseres an ihre Stelle setzen.

Die Erscheinungen der Mimiery bei den Schlangen.

115

Verzeichnis der bei Schlangen vorkommenden Mimieryfälle.

Vorbild Nachbild Vorbild Nachbild Elaps Ilysia seytale Elaps Geophis semidoliatus fr Polyodontophis annulatus pr Lycognatus cervinus = Helicops angulatus? a Trimorphodon biscutata = Streptophorus atratus r Oxyrhopus petolarius a Liophis poecilogyrus > r rhombifer Lystrophis dorbignyi Pr E trigeminus 5 ie semicinctus n - bitorquatus 2 M histricus | = 2 melanogenys? ® Rhadinaea sagittifera ? | 2 ; doliatus Urotheca elapoides g formosus = or euryzona u 2 labialis a nn bieincta a A clathratus u Hydrops martii? 4 Erythrolamprus aesculapii 5 5 triangularis? y Scolecophis atrocınctus = Coronella doliata P » michoacanensis gr 5 gentilis | & 1 aemulus pr A mieropholis | Homalocranium = ? zonata 2 marcapatae n Oreophis boulengeri e Homalocranium s Sympholis lippiens eg £ El jeeandih . Homalocraniumannulatum 2 Fa: antonii Bungarus | Lycodon carinatus 5 Cemophora coccinea. P e- laoensis : Simophis rhinostoma * R travancoricus a 5 rohdii | pr 5 effrenis . Contia isozona? A L aulicus - „. oceipitalis? stormi „. semiamulata ? e albofuscus > Chilomeniscus stramincus > A fascratus » = epihippicus 5 & subeinetus = Tropidodipsas annulifera » gammiei philippi F; w butleri = fischeri . L striatus » . sartorii Dinodon septentrionalis? = - x fasciata Ps Dryocalamus nympha » „... anthracops ® ie gracilis » Atractus elaps | y davisonii Pr pr latifrons it = Simotes Purpurascens? £ tecpanicus r Calamaria bungaroides . br ER | sn a Simotes arnensis?

8

116

RICHARD STERNFELD,

Verzeichnis der bei Schlangen vorkommenden Mimieryfälle.

Vorbild

Aspidelaps lubrieus Diemenia tex- tilis &coronata Enhydris hardwicki Enhydrina valıkadien Platurus eolubrinus & laticaudatus

Nachbild

Tarbophis semiannulatus Delma fraseri (EcHsE) Chersydrus granulatus Hipistes hydrinus

Ophichthys colubrinus (Fisch)

Ophichthys bonapartei (FıscH)

Liuranus semicinctus

(Fisch) Muraena peteli (Fisch) reticularis A nebulosa ,„ polyzona Mr > rüppeli K. F punctatofasiata (Fisch)

Echidna catenata (Fisch)

Vorbild

Bitis caudalis

7

Bitis utropos Echis carinatus 7

Atractaspis

Ancistrodon blomhoffi

2

Lachesis atrox

Lachesis neu-

Nachbild

Dasypeltis scabra

Ramphiophis multimacu- latus

Dasypeltis scabra

Zamenis ravergieri?

Lythorhunchus ridgewayi Dasypeltis scabra Tarbophis variegatus Calamelaps unicolor ?

Macrelaps microlepidotus

Macropisthodon rudis

Pseudagkistrodon _cari-

natus Nothopsis rugosus

Xenodon colubrinus merremi

j: rhabdocephalus Drymobius rhombifer?

2]

sei Stenorhina degenhardti Hydrus pla- | Ophichthys melanotaenia kkracie turus (Fisch) Crotalus Heterodon platyrhinus? Tafelerklärung.

(Fig. 1—16 nach Zeichnungen des Verfassers, alle übrigen nach Photographien des Herrn Kunstmalers P. FLANDERKY.) Tafel X.

Fig. 1—5. Entwicklungsreihe von Coronella triangulum zu Elaps fulvius (1. Form). l. Coronella triangulum (Seitenansicht).

2. 5 doliata J 3. a gentilis 4 Pi micropholis

R Elaps fulvius (Seitenansicht). Fig. 6—11. Entwicklungsreihe von Coronella triangulum zu Elaps fulvius (2. Form). 6. Coronella triangulum (Rückenansicht).

y. 2 dolata .

8.

9, «' micropholis & 10.

11. Elaps fulvius (Rückenansicht).

a

Die Erscheinungen der Mimicery bei den Schlangen. 117 Tafel X1. Fig. 12—16. Entwicklungsreihe von Ophichthys ophis zu Platurus colubrinus. 12. Ophichthys ophis (Seitenansicht). 13. » - . colubrinus F 14. » 2” 27 15. 2 P2]

16. Platurus = e Fig. 17. Diemenia textilis juv,, Vorbild. 18. Delma fraseri, Nachbild.

19, Liophis poecilogyrus (mimetisch nicht beeinflußte Form). E 20. 2 = (mimetisch verändert). 21. (mimetisch stark verändert).

22. Xenodon colubrinus, Nachbild. 23. Lachesis atrox, Vorbild.

24. Stenorhina degenhardti, Nachbild. 25. Lachesis neuwiedi, Vorbild.

> DER ME ut u Ein). DE ER

Tafel XIl.

Fig. 26. Bungarus ceylonicus, Vorbild. »„ 27. Lycodon carinatus, Nachbild. 28. Erythrolamprus aesculapii, Nachbild. 29. Elaps corallinus, Vorbild. 30. Simophis rhinostoma, Nachbild. 31. Elaps marcgravii, Vorbild.

Tafel XIIl.

Fig. 32. Dryocalamus nympha, Nachbild.

33. Bungarus candidus, Vorbild.

834. Hipistes hydrinus, Nachbild.

85. Enhydrina valakadien, Vorbild.

836. Chersydrus granulatus, Nachbild. 37. Enhydris hardwicki, Vorbild.

838. Ophichthys melanotaenia, Nachbild. 89. Hydrus platurus, Vorbild.

118 A. BRAUER.

Zur Kenntnis des Gebisses von Procawia. Von A. Brauzr, Berlin.

Während das Gebiß des erwachsenen Tieres ähnlich wie das der Nagetiere durch ein großes Diastem und das Fehlen des © ausgezeichnet ist und bei den meisten Arten die Formel J}3 C} P}M?, bei einigen, so stets bei der Pr. capensis-Gruppe, durch das Fehlen des P, J}C2 P}M; lautet, ist durch PAuuas, LATASTE, CUVIER, GIEBEL, Branor, besonders durch FLEISCHMANN, WO0DwARD und ADLOFF an Embryonen und jungen Tieren nachgewiesen, daß im Milchgebiß noch weitere Zähne angelegt werden und zum Teil auch noch her- vorbrechen, der obere dC sogar bei einigen Arten sehr lange er- halten bleiben kann. Am leichtesten nachweisbar ist der obere Eckzahn, weil er sich bei den meisten Schädeln mindestens bis zum Stadium des Durchbrechens des MI! erhält. Fueıschmann fand an Embryonen außerdem noch im Oberkiefer 2, im Unterkiefer 1 rudimentäre Anlage, die er als d.J? und dJJ® im Oberkiefer und dJ, im Unter- kiefer deutet, so daß seine Formel für das Milchgebiß von Procavıa 1—3 1—4

lautet i. ES ; vom Eckzahn hat er nichts gesehen, hält es 1—3 1—4

aber für möglich, daß sein dJ® ein dC ist.

WoopwaArp fand bei Embryonen von Pr. capensis hinter dJ! noch 3 rudimentäre Anlagen im Öberkiefer und 1 im Unterkiefer. Er deutet sie als dJ?-3® und dC im Oberkiefer und dC im Unter-

Re 4477.40 EB kiefer (Fig. 1). Seine Formel ist also ET

1—2 1—4

Aptvorr endlich fand bei Pr. syrıaca ar er IE er hat dJ3® von WoopwArn nicht auffinden Können.

Die Forscher weichen mithin zum Teil in ihren Befunden von- einander ab, indem WoopwaArp das vollständigste Milchgebiß ge- funden hat, FLeIscHmAnNn nicht den oberen und unteren Eckzahn, Aptorr nicht den oberen dJ®. Ich möchte aber glauben, daß in Wirklichkeit die Forscher sehr gut in den Befunden überein- stimmen, nur ihre Deutungen nicht sich decken. Aptorr hat die richtigste Deutung gegeben, dagegen ist meiner Ansicht nach der von FLEıschmAnn und WoopwaArp gedeutete dP! im Oberkiefer und Unterkiefer in Wirklichkeit der Eckzahn, und der von WooDwARD als dGinf. gedeutete in Wirklichkeit dJ;, und der im Oberkiefer als gedeutete entweder kein Zahnkeim oder ein prälaktealer Keim oder er verdient eine andere Deutung.

|

Zur Kenntnis des Gebisses von Procavia. 119

Zu dieser Ansicht führt auch die Untersuchung einer größeren Zahl von jungen und älteren Schädeln verschiedener Arten, die in der Sammlung des Zoologischen Museums vorhanden sind, und weiter ein Schädel von R. kamerunensis larae!), der sich in der Sammlung

Fig. 1. Pr. capensis (nach Woopwarp).

der zweiten Expedition des Herzogs AnDoLF FRIEDRICH zu Mecklen- burg (Senckenbergisches Museum in Frankfurt a. M.) fand. An diesem Schädel (Fig. 2) sehen wir im Oberkiefer gleich hinter dJ! noch 2 kleine Zähnchen im Zwischenkiefer, welche nur d.J?

Fig. 2.

und dJ® sein können. Dann folgt dicht vor dem dP! ein Zahn. der noch nicht ganz durchgebrochen ist, viel kleiner als der nächst- folgende ist, zwar auch wie ein Prämolar aussieht, aber sicher dC ist. Im Unterkiefer liegt gleich hinter dem wohlentwickelten dJz noch ein kleines Zähnchen, das ich für dJ, halte. Ein Eckzahn ist hier nicht vorhanden, der nächste gut entwickelte ist sicher

1) Die Beschreibung der Unterart folgt an anderer Stelle.

120 A. BRAUER.

dP,. Diese Deutung muß ich aus folgenden Gründen für richtig halten. Untersucher wir eine große Zahl von Schädeln verschiedener

Altersstadien, so finden wir, dab der von LATAsTE, ADLOFF und von mir als dC sup. gedeutete Zahn stets dem dP! dicht vor- und

Fig. 3.

angelagert, durch das Diastem von den J weit getrennt ist. Er gehört seiner Lage nach ganz in die Reihe der Prämolaren. Er fällt meist erst aus, wenn der erste Molar entwickelt ist, in einigen Fällen habe ich ihn noch auf dem Stadium, wo auch der zweite Molar vollständig heraus ist, und in zwei Fällen sogar noch bei

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einem alten S-Schädel eines Baumschliefers der Pr. (Dendrohyrax)- dorsalis-Gruppe aus dem französischen Kongo (Mus. in Genf (Fig.3) und bei einem Schädel eines Proc. (Heterohyrax) mümzneri (Fig. 4) gefunden. Im letzteren Fall möchte ich annehmen, daß sich der dC ungewöhnlich lange erhalten hat, im ersteren Falle aber, wo er auffallend stark entwickelt ist, keineswegs verkümmert erscheint,

Zur Kenntnis des Gebisses von Procavia. 121

der C des Ersatzgebissses ist. Es wäre das, soweit ich weiß, der erste Fall, daß ein Wechsel des oberen Eckzahns bei Procavia festgestellt wäre.

Während die Lage des dC stets die gleiche ist, wechselt die Gestalt und Zahl der Wurzeln sehr. In den meisten Fällen ist er

u 1 dB dB, Fig. 6. Pr. (Dendrohyrax) sp. aus Longji Fig. 5. Pr. capensis sbsp. (Kamerun).

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Fig. 7. Pr. syriaca. Fig. 8. Pr. (Heterohyrax) brucei.

dJ' dt AI de ! ZPeN A dpz daR dps Fig. 9. Pr. (Dendrohyrax) nigricans. Fig. 10. Pr. (Heterohyrax) brucei.

einwurzlig (Fig. 5—8, 11) und erscheint verkümmert; zum Teil ist die Krone mehr eckzahnartig, zum Teil (Fig. 9, 10) etwas breiter oder auch mit Cingulum und zwei Spitzen versehen wie die eines Prämolaren, und in einzelnen Fällen ist er auch zweiwurzlig. Diese

122 A. BRAUER.

Ähnlichkeit des dC mit einem Milchprämolaren und die Lage an der Spitze der Reihe der Milchprämolaren ist es auch gewesen, welche meiner Ansicht nach FLEISCHMANN und WoopDwArD veranlaßt haben, ihn für dP! zu halten und nicht für dÜ. Der von WooDwARD als ce bezeichnete (Fig. 1) hat eine ganz andere Lage und seine Anlage ist viel zu rudimentär für den oberen dC.

Im Unterkiefer hat WoopwArn zwischen den beiden dJ und dP, noch eine rudimentäre Anlage, AnLorr dagegen zwei gefunden. Der erstere deutet die Anlage als die eines dC, der letztere seine zwei als dJ,; und dÜ. Gegen diese Deutung läßt sich nichts sagen, aber ob jene richtig ist, möchte ich noch als nicht sicher hinstellen, sondern eher glauben, daß die Anlage als dJ, aufzufassen ist. Dieselbe Deutung gebe ich dem von mir beim jungen Schädel von Pr. kamerunensis larae (Fig. 2) gefundenen Zähnchen hinter dJ>. Beweisen kann ich es freilich nicht, weil in beiden Fällen eine zweite Anlage wie bei dem von Aptorr untersuchten Schädel fehlt. Für die Richtigkeit meiner Deutung spricht aber einmal, daß dCinf. offenbar viel seltener auftritt als dJ;z und dann, daß wenigstens in meinem Fall das Zähnchen dJ, viel näher liegt als dP,, also eine andere Lage als dC sup. hat. Bei dem Pr. capensis-Schädel von WoopwarDp liegt die Anlage in der Mitte zwischen dJ, und dP, und die Lücke zwischen ihnen ist so eng, daß die Lage hier nicht einen Anhalt für die Deutung geben kann, der Zahnkeim auch dC sein könnte.

Trotz des großen Materials, das ich untersucht habe es waren Schädel, bei denen nur dJ und dP entwickelt waren —, habe ich nur einen einzigen gefunden, in dem dCinf. entwickelt war. Dieser Fall ist aber wichtig (Fig. 11). Es ist ein Schädel von Pr. abyssinica; im Oberkiefer sind sogar außer dem sehr ver- kümmerten dC bereits dP! und dP2 im Wechsel, ferner sind dP® und dP* und M! ganz entwickelt, M? im Hervorbrechen. Im Unterkiefer, in dem das Gebiß von Procavia stets etwas weiter als im Oberkiefer entwickelt ist, sind Pı_, bereits vorhanden und M, und M,, und ferner sitzt rechts in der gleichen Reihe mit P und M und dem P, dicht vor- und angelagert ganz wie dO im Oberkiefer ein verhältnismäßig noch gut entwickelter dCinf. Er ist einwurzlig, seine Krone ist aber entschieden mehr prämolar als eckzahnartig. Links ist er auch vorhanden, aber sehr rudi- mentär. Dieser Fall ist deshalb wichtig, weil er auch den unteren Eckzahn des Milckgebisses durch Lage und Form in engster Be- ziehung zu den Prämolaren zeigt und ebenso wie die Verhältnisse des oberen zu der Auffassung drängt, die bereits SrteuLın und

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Zur Kenntnis des Gebisses von Procavia. 123

Lec#£e vertreten haben, daß nämlich der Eckzahn ursprünglich nichts anderes als ein Prämolar gewesen ist. Auch Parras und Cuvıer haben den oberen Eckzahn von Procavia wegen seiner Lage als Backzahn bewertet. STEHLIN ist nach der Untersuchung des Gebisses der Suiden, LecHe besonders nach der des Gebisses der Erinaceiden zu dieser Ansicht gekommen. Sie haben den Eck- zahn sowohl in bezug auf die Ausbildung der Krone wie in bezug auf die Zahl der Wurzeln ganz prämolarenartig gefunden und ge- zeigt, daß alle Übergänge bis zum einwurzligen Zahn mit typischer

Fig. 11.

Krone eines Eckzahns vorhanden sind. Eine Zweiwurzligkeit des Eckzahns ist nach Lec#e auch noch bei Talpa, Choeropus, Hylo- bates und einzelnen Lemur-Arten vorhanden. Ihnen schließt sich Procavia ganz an. Außer der Form der Krone und der Zahl der Wurzeln kommt hier als die Ansicht unterstützend noch die Lage in der Reihe der Prämolaren hinzu, die man kaum als sekundär, durch die starke Entwicklung der wurzellosen J hervorgerufen be- urteilen kann. Letztere hat wohl die Unterdrückung der J und des C veranlaßt, aber kaum eine Rückverschiebung des Eckzahns. Die. Formel für das Milchgebiß von Procavia lautet mithin ar 46:4P' u! . ET SER Zur Bekräftigung der Ansicht, daß der Eckzahn urspünglich ein Prämolar gewesen ist, möchte ich auch noch auf die Entwicklung und Umbildung hinweisen, die der erste Prämolar im Unterkiefer bei manchen Arten erleiden kann.

124 A. BrAUVER: Zur Kenntnis des Gebisses von Procavia.

Bei den Arten von Dendrohyrax ist der Zahn gut entwickelt, auch bei den Heterohyrax-Arten ist er gewöhnlich im fertigen (@ebiß noch vorhanden, aber vereinzelt erscheint er hier doch schon schwächer ausgebildet. Bei den eigentlichen Procavia-Arten zeigt er eine sehr verschiedene Ausbildung, zum Teil ist er ohne An-

zeichen einer Verkümmerung, wie z. B. bei kerstingi, kamerumnensis,

bamendae, oweni, sharıca u. a., zum Teil als Ersatzzahn verkümmert

und bei erwachsenen Tieren sehr oft fehlend. So z.B. fällt er bei

Pr. syriaca in der Regel aus, wenn durchbricht oder schon

ziemlich hoch ist. Bei Pr. capensıs und verwandten Arten, die dp, dR dr

dP, dB dB

Fig. 13.

Fig. 14. Fig. 15.

ich als Pr. capensis-Gruppe zusammenfasse, fehlt er nach den Schädeln zu urteilen, die aus dem Kapland und Deutsch-Südwest- afrika in der Sammlung des Museums vorhanden sind -— stets im Ersatzgebiß. Der Milchprämolar fällt in der Regel aus, wenn der erste Molar hoch ist, nur ganz vereinzelt habe ich ihn auch noch in älteren Schädeln angetroffen, aber niemals einen Ersatz gefunden. Dieser Unterschied läßt, nebenbei gesagt, Schädel von Pr. syriaca und capensis leicht unterscheiden. Die Form des Milchzabns dP; inf. ist bei Pr. alpini, syriaca und auch in der Pr. capensis-Gruppe stets mehrwurzlig und die Krone stets prämolarenartig.. Die Fig. 12 und 13 zeigen dP, von Pr. alpini, Fig. 5 von einer noch nicht beschriebenen Art der Pr. capensis-Gruppe aus Churutabis, Deutsch- Südwest-Afrika) kurz vor dem Ausfallen (im Oberkiefer ist noch dC

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A. Brauer: Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum. 125

vorhanden). Die Fig. 12 zeigt den Wechsel des Zahnes bei Pr. alpını.. Der Ersatzzahn ist vereinzelt bei Pr. alpını und syriaca

‚auch noch in der Krone prämolarenartig, z. B. Fig. 15 (Pr. alpın:),

meist aber erscheint sie verkümmert (wie in Fig. 14) und von ganz ähnlicher Form, wie sie der Eckzahn des Oberkiefers, z. B. Fig. 5, 7, und auch der untere Eckzahn bei Pr. abyssinica (Fig. 11) aufweist. Ich habe die Wurzel nicht freigelegt, doch ist in den meisten Fällen auch so sicher zu bestimmen, daß nur eine vorhanden ist. Wir sehen also, daß der obere Eckzahn des Milchgebisses in bezug auf Form und Wurzeln dieselbe Umbildung erleidet wie der typische Unterkieferprämolar des Ersatzgebisses dort, wo er mehr oder weniger weit der Rückbildung unterliegt. _ Dieses muß, wie gesagt, meiner Ansicht nach die Auffassung STERLIN’s und LecHr's, dab der Eckzahn der Säugetiere ein umgebildeter Prämolar ist, noch mehr bekräftigen.

Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoologischen Museum in Berlin.

Von A. BrAUER, Berlin.

1. Procavia bamendae n. spec.

Kopf schwarz, Ohren außen schwarz, Rückenfleck schmutzig ockerfarbig, Rücken rötlichbraun, vom Kopf bis zum Rückenfleck ein hellerer, mehr gelbrötlicher Streifen, Bauch dunkel ockerfarbig, Brust etwas heller, Füße von schwarzen Haaren mit ockerfarbigen Spitzen bedeckt.

Genauer ist die Färbung folgende: Auf dem Kopf sind die 2—-2,5') langen Haare schwarz mit sehr kurzen (0,1) rotgelben Binden, einige sind auch ganz schwarz. Unter den Augen ein schmaler Streifen von Haaren, die ganz schwarz sind oder kurze gelbbräunliche Binden haben. Auf den Wangen, seitlich an der Schnauze sind die Binden fast halb so lang wie die Haare und gelbbräunlich und die Basen braun. Die Ohren haben an der Innenseite gelbbräunliche, an der Außenseite ganz schwarze Haare.

Rücken: Vom Hinterkopf bis zum Rückenfleck ist ein etwa 3 cm breiter Streifen, der sich durch seine hellere gelbrötliche Färbung deutlich abhebt.

Die Länge der Haare ist 3,8—5 cm. Die kürzeren am zahl- reichsten vorhandenen haben nur eine sehr kurze, wenig deutliche

!) Maße stets in Zentimetern.

126 A. BRAUER.

braune Basis, sind sonst ganz hellgelbbräunlich oder haben noch eine schwarze Spitze. Die längeren sind entweder ganz schwarz oder sie sind schwarz bis auf eine rotgelbe, 0,5—1 cm lange Binde. Das Schwarz tritt aber wenig hervor. Die ganz schwarzen sind am wenigsten zahlreich. Weiter nach hinten wird bei der ersten Sorte von Haaren die gelbbraune Basis dunkler und hat nur schwarze Spitzen oder auch schwarze und darüber gelbrote Binden und schwarze Spitzen. Der Streifen hebt sich aber auch hier noch ziemlich scharf von den anliegenden Teilen des Rückens ab.

Der Rückenfleck ist 7 cm lang, die vordersten Haare haben noch eine kurze dunkelbraune Basis, die meisten sind ganz schmutzig ockerfarbig. Sie sind bis 3,8 cm lang. Die kahle Stelle ist nur 2 cm lang und 0,4 breit, aber ist nicht ganz haarlos.

Seitlich vom Streifen sind die meisten Haare bis 0,5 cm schwarz, dann gelbbraun mit schwarzer Spitze oder schwarz mit 0,5 em langer rotgelber Binde und 1 cm langer schwarzer Spitze.

Hinter dem Streifen und Rückenfleck sind die 3—4 cm langen Haare bis fast zur Hälfte dunkel- bis schwarzbraun, dann dunkel- gelbbraun und haben eine schwarze Spitze oder sie sind schwarz mit rotgelber Binde und schwarzer Spitze oder (sehr vereinzelt) ganz schwarz. Dieser hintere Teil des Rückens erscheint dunkler als der vordere.

Die Füße sind von schwarzen Haaren mit rotgelben Binden bedeckt, wobei das Schwarz auch stark sichtbar ist.

Der Bauch ist mit ockerfarbigen, gegen die Spitze dunkleren Haaren bedeckt; zum Teil haben sie eine kurze braune Basis. Die Brust ist ebenso, nur heller gefärbt.

Das Haar ist sehr dicht und straff.

Der schwarze Kopf, der gelbrote Streifen auf dem Rücken und die rötlichbraune Färbung des übrigen Rückens sind besonders für diese Art charakteristisch. Sie fehlen den Arten Pr. kerstingt und goslingı aus Nordnigeria und Pr. kamerumensis, die im Norden Kameruns lebt. Von letzteren ist die Art außer durch die Färbung durch die größere Länge verschieden.

Die Länge von der Schnauze bis zum After über den Rücken beträgt 65 em, die Länge von der Schnauze bis zur Ohrbasis 9,5, die Ohrlänge 1,8 cm.

Der Schädel des fast erwachsenen JS (Stad. VIII) unterscheidet sich von denen von Pr. kamerumensis, sharica durch die größere Basallänge (9,66 gegen 8,18—8,83). Er steht am nächsten dem von Pr. kerstingi, zeigt aber mit J dieser Art (Stad. VIII) ver- glichen besonders folgende Unterschiede: die Bulla ist höher (0,18

3 4 - 3 14

Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum in Berlin. 127

gegen 0,14—0,15), das Diastem im Oberkiefer und Unterkiefer länger (1,58 gegen 1,29—1,41 und 0,75 gegen 0,35), die größte und geringste Breite der Stirn ist geringer (4 und 2,17 gegen 4,45 und 2,59), das Iugale ist vom Lacrimale getrennt, während es bei kerstingı nicht der Fall ist, der Unterkiefer ist länger (9,02 gegen 8,73).

Mit Pr. kerstingı hat der Schädel gemeinsam die Lage des foramen lacrimale unten gleich hinter dem Fortsatz, die Knickung der Coronalis, der fast gerade Verlauf der Fronto-nasal-naht, die Erstreckung der Parietalleisten bis zum Hinterrand des Schädels und ihre Berührung auf dem Scheitel, die Breite des M!, Länge und Breite des Schädels, die Trennung der unteren I durch eine Lücke und ihr Divergieren, die gute Entwicklung des P,, weiter die Länge des Nasale, Intermaxillare u. a.

Schädelmaße: Basallänge 9,66, größte Länge 10,21, Länge des Basioceipitale (Cond. nicht mitgemessen) 1,69, Höhe der Bulla 0,18, ihre Länge 0,76, ihre Breite 0,55, Gaumenbreite (innen von M! gemessen) 1,9, Jugularbreite 5,88, Höhe des Schädels (auf der Grenze zwischen Basioce. und Basisph.) 3,28, dorsale Schädellänge 9,56, Länge des Nasale 2,94, des Frontale 3,43, größte Breite der Stirn 4, geringste Breite 2,17, geringste Breite der Nase 0,98, Länge des Intermaxillare 2,57, seine Höhe 1,23, Länge des Oce. sup. 0,47, seine Breite zwischen der Sut. lambdoides 1,26, Länge P!* 1,87, P--M 3,89, M! Breite 0,75, Höhe 0,36, Diastem im Oberkiefer 1,58, Diastem im Unterkiefer 0,75, Breite der I sup. 0,48, Länge von P, 0,31, Lücke zwischen I inf. 0,18, Länge des Unterkiefers 9,02, seine Höhe (hinter M;) 2,52.

Diese neue Art verdankt das Zoologische Museum Herrn Ober- leutnant Anpamrrz; ihr Fundort ist Bamenda, Südwestkamerun.

2. Procavia kamerunensis n. Sp.

In den Lagdobergen etwas südöstlich von Garua in Nord- kamerun wurde auf der Expedition des Reichskolonialamts 1908/09 durch RıssengBacH ein neuer Klippschliefer entdeckt.

Kopf hellbraun, gelbbräunlich punktiert. Vorn in der Mitte der Basis ein kleines Büschel von weißgelben („buff“) Haaren mit schwarzen Spitzen. Innenseite des Ohrs mit cremegelben Haaren mit schwarzen Spitzen, Außenseite zu zwei Drittel mit ganz schwarzen oder braunschwarzen, im hinteren Drittel mit hellgelb- braunen Haaren mit schwarzen Spitzen besetzt. Rücken vor dem Fleck gelbbraun, hinter ihm mausegrau. Rückenfleck hell ocker- farbig (meist mit brauner Basis), nur schwach entwickelt. Fübe

128 A. BRAUER.

cremefarbig, etwas braungelb gesprenkelt. Bauch schmutzig creme- gelb, Brust ebenso, aber gemischt mit braun.

Genauere Beschreibung: Kopf: Haare bis 1,6 laug, braun oder ganz schwach rötlichbraun mit 0,1 langer weißgelber Binde und 0,3 langer schwarzer Spitze oder schwarzbraun und etwas länger als die ersteren, sonst gleich oder vereinzelt, ganz schwarz.

Die Haare an der Außenseite des Ohres sind meist ganz schwarz, nur im hinteren Drittel haben sie eine 0,3 lange schwarze Basis, eine 0,4 lange gelbbraune Binde und eine 0,65 lange schwarze Spitze; diese überragt allein den Ohrenrand, so daß der ganze Rand mit schwarzen Haaren besetzt erscheint.

An den Wangen wird die dunkle Basis hellbraun und kürzer, die Binden weiß und länger.

Rücken: Länge der Haare 2,2—3 cm. Basis hellbraun, 1,2 lang, dann eine 0,8 lange hellgelbbräunliche Binde und 0,3 lange schwarze Spitze, andere weniger zahlreiche, längere dunkel braungelb mit 0,3 langer fast weißer Binde und schwarzer Spitze und noch andere vereinzelte ganz schwarz. Hinter dem Fleck haben die Haare braunschwarze Basen und weiße Binden.

Der Rückenfleck ist nur 3,8 lang, nicht stark auffallend. Seine Haare haben zum großen Teil eine hellbraune Basis und sind sonst hell ockerfarbig, 2,8 lang. Die kahle Stelle ist 1,6 lang und 0,7 breit.

Bauch: Alle Haare haben eine hellbraune Basis und sind sonst bis zur Spitze cremefarbig. Die Brust erscheint etwas dunkler, schwach hellgelbbräunlich, weil viele dunkle Spitzen und eine längere hellbraune Basis haben, die zum Teil zur Wirkung kommt.

Füße: Haare mit kurzer brauner Basis, langer cremefarbiger Binde und schwarzer oder gelbbrauner Spitze. Die Binde mit den dunklen Spitzen tritt am meisten hervor.

Das Exemplar Nr. 46, ein C, hat eine Länge von 55 cm; die Länge von der Spitze der Schnauze bis zum Ohr beträgt 9,5, die des Ohres 1,8. Nr. 43, J', 50 cm, ist ganz wie Nr. 46 gefärbt. Beim © Nr. 44 (51,5 em lang) sind die Binden der Haare hinten auf dem Rücken und besonders gerade über dem After vereinzelt ockerfarbig.

Ein junges, 29,5 cm langes d (Nr. 48), Stad. II, zeigt eine etwas abweichende Färbung. Sie ist dunkler, mehr dunkel gelb- braun, auch hinten auf dem Rücken sind die Binden nicht weiß, sondern gelbbraun. An der Außenseite der Ohren sind die Haare nur zum kleinsten Teil ganz schwarz, die meisten haben gelbbraune Binden. Der Bauch ist ockerfarbig. Der Rückenfleck ist ocker- farbig, unscheinbar, die kahle Stelle klein, aber schon vorhanden,

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Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum in Berlin. 129

wenn auch nicht haarfrei. An der Brust sind die Binden zum großen Teil ockerfarbig.

Außer den beschriebenen Exemplaren sind noch zwei, ein d (Stad. VII) und ein © (Stad. V) von 57 und 51 cm Länge, die zu gleicher Zeit wie die andern in den Lagdobergen gesammelt sind, in der Sammlung, welche wesentlich verschieden aussehen. Die Färbung ist dorsal fast gleichmäßig havannabraun, der Kopf wenig dunkler, das auffallende kleine Haarbüschel vorn an der Basis des Ohrs ist zwar vorhanden, tritt aber wegen seiner blassen Färbung sehr wenig aus der Umgebung hervor. Die braune Färbung kommt besonders dadurch, daß die Binde nur wenig heller als die Basis ist.

Bei dem jüngeren O0 bemerkt man an einzelnen Stellen des Rückens im hinteren Teil die mausgraue Färbung, wie sie die übrigen Exemplare zeigen, d. h. das Fell ist im Übergangskleid und die havannabraune Färbung ist offenbar die der Tiere in der Trockenzeit. Dieser Schluß wird auch dadurch bekräftigt, daß die Spitzen den meisten Haaren bei diesen beiden Fellen fehlen.

Rückenfleck, Bauch, Brust, Kehle und Wangen sind wie bei den andern gefärbt.

Die Art ist von Pr. sharica, die ihr am nächsten steht und mit der sie auch in der Größe übereinstimmt, verschieden durch den helleren Kopf (bei sh. schwärzlichbraun), die bis auf ein Drittel ganz schwarze Außenseite der Ohren (bei sh. nur der Vorderrand), durch die hinter dem Fleck mausegraue Färbung des Rückens (bei sh. dunkel bräunlichgelb wie in der vorderen Hälfte), durch die braune Basis der meisten Haare des Rückenflecks und des Bauches, die Pr. sharica fehlt, und durch das Fehlen des Büschels von weißgelben Haaren hinter den Ohren. Der Schädel von Pr. kameru- nensıs unterscheidet sich von dem von Pr. sharica durch die etwas größere Basallänge (8,34—8,82 gegen 8,15—8,18), die wesentlich höhere Bulla (0,17—0,22 gegen 0,08—0,12), die größere Schädel- höhe (2,93—3,1 gegen 2,73—2,82), durch die größere Länge des Nasale (dorsale Schädellänge: Länge des Nasale 1:3,3—3,5 gegen 1:4), durch die größere Länge und geringere Höhe des Intermax. (Länge: Höhe 1:1,7—1,9 gegen 1:4) und Länge des Unterkiefers (8,01—8,1 gegen 7,45—7,67). Die männlichen Schädel sind breiter als die weiblichen, das Verhältnis der Basallänge zur Jugularbreite ist bei den 9 1:5, bei den > 1:7. Nur ein männlicher Schädel (Nr. 43) bildet eine Ausnahme, indem er ebenso schmal wie die weiblichen ist oder sogar noch etwas schmäler. Der Schädel zeigt auch sonst besondere Unterschiede; das Fell ist aber nicht ver-

130 A. BRAUER.

schieden. Das Hinterhaupt ist stark eingeschnürt außer dem bei Schädel Nr. 43, wo es höher, schmäler und wenig eingeschnürt ist. Das Intermaxillare ist lang und ziemlich niedrig (Länge: Höhe wie 1:1,7—1,9, bei Nr. 43 1:2,1). Das Basioceipitale ist kurz (Basal- länge: Basioce. wie 1:5,2—5,5). Der Fortsatz des Lacrimale ist eine dem Vorderrande der Orbita aufsitzende Platte, die auf der dorsalen Seite einen Sockel hat, dann sich stark verschmälert und ventral steil abfällt, das foramen lacrimale liegt unten gleich hinter der Platte. Das Jugale erreicht fast das Laerimale, nur bei 43 ist der Abstand etwas größer. Das Oce. sup. ist kurz (0,78—0,86), das Interperietale frei, schmal, dreiseitig. Die Parietalleisten be- rühren sich und reichen bis zum Hinterrande des Schädels. Die Coronalis ist geknickt, die Nasofront.-Naht gerade oder fast gerade, nur bei 43 stärker eingebogen. Die Bulla ist hoch (0,17—0,22).

Maße von zwei männlichen (Nr. 46, 45) und einem weiblichen Schädel (Nr. 44) vom Stad. VIII. Basallänge 8,43; 8,34; 8,82; größte Länge 9,13; 8,74; 9,31; Hens.-Cond. 8,3; 8,27; 8,83; Hens.- Palat. 4,07; 4,04; 4,15; Länge des Occ. bas. 1,51; 1,52; 1,69; Höhe der Bulla 0,22; 0,17; 0,19; Gaumenbreite auf der Innenseite von M! 15; 1,2; 1,54; dorsale Schädellänge 8,82; 8,24;| 9,1; Länge des Oce. sup. 0,85; 0,86; 0,78; Länge des Nasale 2,63; 2,31; 2,61; Länge des Frontale 3,14; 3; 3,68; Breite der Stirn 4,16; 3,93; 3,83; Länge des Intermax. 2,13; 1,98; 1,95; seine Höhe 1,11; 1,13; 1,06; Höhe des Schädels (auf der Grenze zwischen Basiocc. und Basisph.) 3,1; 3,08; 2,93; Jugularbreite 5,42; 5,43; 5,18; Diastem im Oberkiefer 1,01; 1,12; 1,15; im Unterkiefer 0,3; —; 0,44; Breite des M! 0,67; 0,73; 0,7; Länge P!* 1,59; 1,73; 1,57; Länge P-+-M im Öber-

kief. 3,44; 3,56; 3,41; Breite von P, 0,28. Länge des Unterkiefers '

8,02—8 1.

Abweichende Maße von Nr. 43, © (Stad. VII); Basallänge 8,83; größte Länge 9,37; Jugularbreite 5,03; Stirnbreite 3,44; Länge des Intermax. 2,21, seine Höhe 1,03; Länge des Basioce. 1,02, Breite von M! 0,686.

3. Procavia (Dendrohyrasx) schefjleri n. Sp.

Diesen neuen Baumschliefer verdankt das Museum dem leider vor zwei Jahren dem Klima erlegenen G. SCHEFFLER, der ihn 1908 bei Kilwezi in Britisch-Östafrika erbeutet hat.

Er fällt auf und unterscheidet sich von Pr. valıda und erawshayı durch seine geringe Länge (43), durch seine helle Rückenfärbung, die man am besten als kittfarbig bezeichnen kann, die mit schwach rötlichbraun gemischt ist, durch die weißgrauen Ohren, den ganz

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Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum in Berlin. 131

weißen Bauch und durch den weißen bis weißgelblichen Rückenfleck, dessen Haare kurze hellbraune Basen haben.

Der Schädel zeigt ebenfalls größere Unterschiede von dem von Pr. valıda und erawshayı.

Kopf: Die 2,2—3 langen braunen, hinten auch etwas rötlich- braunen Haare haben eine 0,25 lange kittfarbige Binde und gelb- rötlichbraune Spitze; einige längere Haare sind ganz rötlichbraun bis schwarz. Lippenränder weißgrau, vor dem Ohr weiße und hinter ihm ebensolche oder die meisten mit hellbrauner Basis und schwarzer Spitze und 0,8 langer weißer Binde (bei 1,5 Haarlänge).

Die Ohren fallen durch diese weißgr aue Färbung sehr auf. Wangen

braun mit weißgrau meliert.

Rücken: Die Haare sind 3--4 lang, braun, nach der Spitze zu mit etwas rötlichem Ton, mit einer 0,7 langen kittfarbigen Binde und einer 0,2 langen rötlichbraunen Spitze. Die kahle Stelle 2,3:0,7, der Rückenfleck 6 cm lang, auffallend. Bereits 2,5 vor dem Beginn der ersteren wird die hier hellbraune Basis kürzer (1,3 bei 4 langem Haar), der übrige Teil weiß bis weißgelblich. Die dunkle Basis wird bald nur 0,5, erhält sich aber bei den meisten. Hinter dem Fleck ist die Färbung wie vor ihm, nur geht die der Binden in eine mehr gelbbräunliche bis hell ocker- farbige über.

Der Bauch ist ganz weiß, vereinzelt sind die Spitzen der Haare weißeelblich.

Die Brusthaare haben meist eine hellbraune Basis, die be- sonders vorn stärker hervortritt, und vorn auch schwarze Spitzen, zum Teil sind sie auch ganz braun bis schwach rötlichbraun.

Die Füße sind zum Teil mit ganz kittfarbigen Haaren, zum Teil mit solchen, deren Binde nur diese Färbung hat, bedeckt.

Der Schädel (Nr. 4 9, Stad. VIII) ist von dem von Pr. valida verschieden besonders in folgenden Punkten: die Basallänge ist kürzer (7,86 gegen 8,27— 8,96); die Parietalleisten konvergieren nach hınten stark, während sie bei valida fast parallel verlaufen; Coronalis und S. naso-frontalis sind fast gerade, das Hinterhaupt ist stark eingeschnürt, M! nur 0,49 breit (gegen 0,51—0,57), P-+M3 (gegen 3,3—3,48), die Bulla ist mäßig hoch (0,15 gegen 0,2—0,24), das Intermaxillare sehr kurz, das Foramen lacrimale gleich hinter dem Fortsatz (bei valıda in der Mitte des Lacrim.), der Fortsatz kurz, plattenförmig, ganz hinter dem vorderen Orbital-

-rand, die dorsale Schädellänge ist 7,9 gegen 8,35—9,51.

Die Naht zwischen dem Occ. sup. und dem Interpar. ist hier fast ganz verwischt, wie ich es sonst in der valida-Gruppe (zu der 9

132 A. BRAUER.

ich valida, terricola. neumannı, crawshayi rechne) nicht gefunden habe, aber ich möchte auf diesen Unterschied nicht eher Gewicht legen, als bis er durclı ein größeres Material als ein dieser Art eigentümlicher Charakter nachgewiesen ist.

Maße: Basallänge 7,86; größte Länge 8,48; Gnath.-Cond. 8,27; Hens.-Condyl. 7,82; Hens.-Palat. 4; Basiocc. 1,47; Höhe der Bulla 0,15; Höhe des Schädels 2,76; dorsale Schädellänge 7,9; Länge des Nasale 2,15, des Frontale 2,72; Breite der Stirn 4,04; Jugularbreite 4,84; Länge des Intermaxillare 1,8, seine Höhe 1,17; geringste Ent- fernung zwischen den Parietalleisten 0,95, ihre Entfernung vom Hinterrand des Schädels 0,84; Gaumenbreite bei M! 1,46; P-+ M im Öberkiefer 3; P!* 1,55, Breite von MI! 0,49; Diastem im Öber- kiefer 1,37, im Unterkiefer 0,78; Länge des P, 0,27; Länge des

Unterkiefers 7,28.

4. Procavia (Dendrohyrax) adolfi-friederici n. Sp.

Diese Art, welche von S. H. Herzog ApoLF FRIEDRICH ZU MECKLENBURG im Bugoie-Wald nördlich vom Kiwu-See erbeutet wurde, schließt sich im Schädel an Pr. stuhlmannı und in der Färbung besonders durch die fleckige Zeichnung des Nackens an, unterscheidet sich von ihr aber leicht dadurch, daß die Binden nicht weißgelb, sondern „ru-ocker“ sind, wodurch die Fleckung mit schwarz nicht so auffallend ist wie bei stuhlmanni, ferner daß die Kehle nicht schmutzig weißgelb-hellbraun gefleckt, sondern ocker- farbig, der Bauch nicht schmutzig weiß, sondern weißgelblich ist, die Haare im Rückenfleck nicht ganz cremefarbig sind. sondern gegen die Spitze ockerfarbig werden, und die Zahl der Zitzen 0—2, wahrscheinlich 1—2 ist, nicht wie bei stuhlmanni und anderen Dendrohyrax-Arten 0—1 beträgt. Man kann deshalb und. weil der Schädel einen nicht ganz geschlossenen knöchernen Postorbital- bogen hat, zweifelhaft sein, ob man die Art zu Dendrohyrax oder Heterohyrax rechnen soll. Eine scharfe Grenze ist zwischen diesen beiden Untergattungen, wie schon Tuomas gezeigt hat, nicht vor- handen. Ich behalte sie auch nur bei, weil sie die Übersicht über die große Zahl von Arten der Gattung Procavia erleichtern Kann. Da die Färbung und besonders auch der Schädel diese neue Art als nahe verwandt von Pr. (Dendrohyrax) stuhlmannı erweist, so rechne ich sie trotz der verschiedenen Zahl der Zitzen auch zu Dendrohyrax. Der Punkt, daß der Postorbitalbogen nicht geschlossen ist wie in der Regel bei Dendrohyraz, ist weniger wichtig, da in der Sammlung des Museums sowohl bei Procavia-Arten, z. B. Pr. kerstingı und capensis, als auch bei Heterohyrax-Arten, z. B. bei

Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum in Berlin. 133

der folgenden Pr. schubotzı, Exemplare sind, die einen ganz ge- schlossenen Postorbitalbogen besitzen.

Rücken ru-ocker mit schwarz gefleckt, Kopf braun, weißgelb punktiert, Ohren vorn und hinten von weißgrauen Haaren umgeben, Lippenränder weißgrau, Rückenfleck cremefarbig mit ockerfarbigen Spitzen ohne dunkle Basis, kurz. Bauchhaare schmutzig gelbweiß mit dunkler Basis, Kehle ockerfarbig, Füße gelbbraun.

Kopf: Die Schnauze ist mit kurzen braunen Haaren dünn bedeckt. Die Kopfhaare sind vorn 2—2,6 lang, braun mit creme- farbiger Binde (0,2—0,3) und brauner Spitze; viele sind auch ganz braun. Weiter nach hinten wird die Binde ru-ockerfarbig und die Spitzen schwarz. Über den Augen sind kurze weißgelbe Haare mit braunen Spitzen, fallen aber wenig auf. Dagegen tritt die weißgraue Färbung der Lippenränder und ebenso vor und hinter dem Ohr stark hervor. Entweder sind die Haare ganz weiß oder braun mit großer weißer Binde und brauner Spitze. Wangen wie Kopf.

Rücken: Vom Hinterkopf an werden die Haare länger, 3,4 bis 4 Die Basis ist hellbraun, wird nach der Spitze zu braun- schwarz, die 0,5 lange Binde ru-ockerfarbig, die 0,6 lange Spitze schwarz, andere kürzere hellbraun mit undeutlicher breiter weißgelber Binde und andere lange ganz schwarz. Der Rückenfleck ist nur 3,7 lang und tritt, da die Haare nicht viel länger als die umgebenden sind, nämlich 4,3, verhältnismäßig wenig hervor. Er beginnt erst - kurz vor der kahlen Stelle, die 2,9:1 ist. Einige haben eine kurze dunkle Basis, die meisten aber sind ohne solche, cremefarbig und gegen die Spitze ockerfarbig. Hinter dem Fleck ist der Rücken wie vor ihm gefärbt.

An den Seiten und Beinen ist die Basis und Binde der Haare heller.

Die Füße sind gelbbraun.

Die Bauchhaare haben eine kurze hellbraune Basis, sonst schmutzig weißgelb, an der Brust und Kehle haben sie meist ocker- farbige Spitzen.

Länge 49; Schnauze bis Ohr 9,5. Zitzen 0—2. Eine vordere konnte ich nicht finden, doch war hier das Fell nicht intakt; sie dürfte auch hier nicht fehlen. Das Fell hat die Nr. 15254, der Schädel 15255.

Der Schädel (©, Stad. VIII) stimmt ganz mit den Exemplaren von stuhlmanni, die bei Bukoba gesammelt sind, überein. Er ist schlank, das breite und lange Occ. sup. ist mit dem Interpar. ver- wachsen, dieses nicht mit dem Parietale, die Naht zwischen dem Parietalia ist erhalten, die Parietalleisten sind weit voneinander

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134 A. BRAUER.

entfernt, konvergieren nach hinten geradlinig und nähern sich am meisten am vorderen Interparietalrand. Die Coronalis ist stark geknickt, Sut. naso-frontalis gerade. Das Iugale stößt an das Lacri- male, dieses springt vorn etwas in die S. max.-frontalis vor. Der Fortsatz des Lacr. ist eine kleine Platte, die in der Mitte des Vorderrandes sitzt, also nicht bis zum Jugale reicht, das For. lacrim. liegt gleich hinter ihr. Die Bulla ist hoch; das Hinterhaupt ist wenig eingeschnürt. Das Basioccip. ist ziemlich lang (Basallänge: Basioce. = 1:5,3). Das Diastem im Oberkiefer ist lang. Das Intermaxillare kurz und hoch.

Maße: Basallänge 8,75; größte Länge 9,32; Gnath.-Cond. 9,16; Hens.-Cond. 8,7; Hens.-Palat. 4,4; Höhe der Bulla 0,2; Jugularbreite 4,95; geringste Entfernung zwischen den Parietalleisten 0,66; Höhe des Schädels 2,72; Nasale ist vorn verletzt, daher seine Länge und dorsale Schädellänge nicht genau anzugeben. Länge des Frontale 3,62, Breite der Stirn 3,94; Länge des Intermaxillare 1,75, seine Höhe 1,28, Breite des Gaumens auf der Innenseite von MI! 1,58; P--M im Oberkiefer 3,3; P!”* 1,7; Breite von M! 0,54; Diastem im ÖOberkiefer 1,51, im Unterkiefer 0,88; Länge des P, 0,28; Länge des Unterkiefers 8,11. |

5. Procavia (Heterohyrasx) schubotzi Sp. NOV.

In dem Bugoie-Wald nördlich vom Kiwu-See ist außer Pr. (Dendrohyrax) adolfi-friedericı noch ein zweiter Schliefer auf der Expedition S. H. des Herzogs ApoLF FRIEDRICH ZU MECKLENBURG erbeutet worden, welchen ich zu Ehren des Zoologen der Expedition, Herrn Dr. ScHhugorz, benenne. Der Schädel hat zwar einen ge- schlossenen Postorbitalbogen wie Dendrohyrax, aber die Parietal- leisten verflachen sich hinten und nähern sich sehr weit einander, wie selten bei Dendrohyrax, die Naht zwischen den Parietalia fehlt, und das Oce. sup. ist so schmal und kurz, wie man es bei Dendrohyrax nicht ‚findet. Gemeinsam ist beiden Untergattungen die Brachyodontie und die geringe Breite des M!. Die Zahl der Zitzen 1—2, wie bei Heterohyras.

Das Fell fällt auf durch die Goldockerfarbe und durch die zahlreichen langen schwarzen Haare, welche dem Fell einen schwarzen sammetartigen Überzug, besonders im hinteren Teil des Rückens geben.

Rücken goldockerfarbig, die schwarze Basis der Haare kommt gar nicht nach außen zur Geltung, dagegen geben zahlreiche lange schwarze Haare durch ihre Spitzen, besonders bei schief einfallen- dem Licht einen dünnen schwarzen sammetartigen Überzug. Kopf

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Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum in Berlin. 135

fast gleich gefärbt. Lippenränder und vor und hinter dem Ohr weißgrau. Rückenfleck ganz eremefarbig, nur die Spitzen vereinzelt hell ockerfarbig. Füße braunschwarz, zwischen den Zehen gelb- weiß. Seiten und Beine etwas heller als Rücken. Bauchhaare schmutzig weißgelb, vereinzelt mit ockerfarbigen Spitzen, alle mit hellbraunen Basen. Brust ähnlich, aber die ockerfarbigen Spitzen zahlreicher. Haar weich dicht. Länge 44.

Kopf: Die 2—2,4 langen Haare sind braun mit einer bis 0,4 langen, vorn mehr weißgelben, hinten goldockerfarbigen Binde und einer 0,3—0,4 langen schwarzen Spitze, andere sind ganz schwaız. An den Lippen werden die Binden länger, weißgrau, zum Teil sind sie ganz weiß, ebenso vor und hinter den Ohren und auf ihrer Innenseite. Die Außenseite hat ganz braune Haare oder solche mit kurzen weißlichen Binden. Wangen wie der Kopf hinten.

Rücken: Die Haare sind 2,8—4 lang. Ihre Basis (2,2) ist hellbraun, nach oben zu geht sie in braunschwarz über, dann folgt eine 0,4 lange goldockerfarbige Binde, und eine 0,2 lange schwarze Spitze. Die längeren Haare sind ganz schwarz. Die kahle Stelle ist 2,2:0,5, der Fleck ist 3,8 lang, wenig auffallend, da seine Haare nur 3,2 lang sind, und der Fleck erst mit der kahlen Stelle be- ginnt. Einzelne Haare haben eine dunkle Basis, die meisten sind ganz cremefarbig oder haben eine kurze ockerfarbige Spitze. Hinter dem Fleck ist die Färbung dieselbe wie vor ihm, nur sind die ganz schwarzen Haare zahlreicher.

Der Schädel zeigt folgende Merkmale: Das Occ. sup. ist kurz und schmal, nicht mit dem Interparietale verschmolzen, die Parietal- leisten nähern sich bis auf 0,3, die Coronalis und S. naso-frontalis sind etwas geknickt, das Basiocceip. ist kurz und breit, die Bulla flach, das Iugale vom Lacrimale weit entfernt, das Foramen lacri- male ganz hinten unten an der Naht, der Postorbitalbogen ge- schlossen, das Hinterhaupt ist sehr wenig eingeschnürt, das Gebiß ist brachyodont. Das Intermaxillare und Nasale sind kurz, das Frontale fast doppelt so lang als das Nasale. Die Stirn ist flach.

Maße (Nr. 15257, Stad. VIII, 9): Basallänge 7,97; größte Länge 8,56; Gnath.-Condyl. 8,48; Hens.-Condyl. 7,9; Hens.-Palat. 3,84; Basioce. 1,46; Höhe der Bulla 0,08; Jugularbreite 4,89, dorsale Schädellänge 7,94, Länge des Nasale 1,87; Länge des Frontale 3,34, Breite der Stirn 3,78, Länge des Oecc. sup. 0,35, seine Breite 1,26; Höhe des Schädels 2,74; Länge des Intermaxillare 1,84, seine Höhe 1,04; Gaumenbreite bei M! 1,53; Diastem im Oberkiefer 1,14, im Unterkiefer 0,53; P-+-M im Oberkiefer 3,11; P! 1,61,

136 A. BRAUER. Breite von M! 0,55; Länge des P, 0,23; Länge des Unter- kiefers 7,13.

6. Procavia (Heterohyrax) frommi n. sp. Diese neue durch ihre Färbung sehr unter den deutsch-ost-

afrikanischen Schliefern auffallende Art wurde von Herrn Haupt-

mann a. D. Fromm 1909 im Bezirk Mahenge (südöstlich von Iringa) entdeckt. Ich benenne sie ihm zu Ehren, dem das Museum eine außerordentlich umfangreiche und wertvolle Bereicherung seiner Sammlungen verdankt.

Kopf schwarzbraun mit schwachrötlichem Schimmer. Rücken anilinschwarz (purple-black). Rückenfleck unten weißgelb, Spitzen ockerfarbig. Bauch weiß, Unterseite des Kopfes vorn weiß gemischt mit etwas braunschwarz. Füße wie Rücken.

Kopf: Die bis 2,2 langen Haare sind ganz schwarzbraun bis auf eine sehr kurze, fast gar nicht zur Geltung kommende ocker- farbige Binde, viele ganz schwarz oder rötlich braunschwarz. Über dem Auge ein großer auffallender hellgelbbräunlicher Fleck, dessen Haare ganz diese Färbung haben oder mit einer kurzen schwarzen Basis und einer kurzen schwarzen Spitze versehen sind. Unter dem Auge ein schmaler, wenig auffallender Streifen von ganz schwarzen Haaren. Auf den Wangen wird die Binde kittfarbig und länger, besonders gegen den Mundwinkel, und fällt daher viel mehr auf. Vorn am Ohr ein auffallendes Büschel von weißgelben oder etwas ockerfarbigen Haaren mit schwarzer Spitze. Ebensolche Haare an der Innenwand und der Außenwand des Ohres, der Aubßen- rand der vorderen Hälfte des Ohrs ist aber mit schwarzen Haaren besetzt.

Rücken: Bereits etwas vor der Höhe der Ohren wird die Kopf- färbung etwas heller dadurch, daß die hellgelbbräunlichen Binden länger (0,2) werden. Die Haare werden bis 3,5 lang. Die Basis ist braunschwarz, wird gegen die Spitze schwarz, unterbrochen durch die hellgelbbräunliche Binde. Die schwarzen Spitzen sind 0,3 lang, bei den längeren Haaren noch länger. Andere sind auch ganz schwarz. Diese und die langen Spitzen bewirken die anilin- schwarze Färbung des Rückens, die besonders bei von vorn auf- fallendem Licht hervortritt. Im Rückenfleck sind die Haare bis 3 lang, ganz vorn mit sehr kurzer dunkler Basis, sonst unten weib- gelb mit ockerfarbiger Spitze. Die kahle Stelle ist 1,7 lang, 0,7 breit; der Fleck ist nur 3,5 lang.

An den Seiten des Rumpfes sind die Binden kittfarbig und länger. Der Bauch hat ganz weiße, vorn schwach weißgelbliche

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Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum in Berlin. 137

Haare. Ganz vorn an der Unterseite des Kopfes haben die Haare noch eine hellbraune oder schwarze Basis, die zwischen den weißen Spitzen etwas sichtbar ist.

Länge eines erwachsenen 9 (Stad. 8) (Nr. 14 A. 118. 09) 57. Von der Schnauzenspitze bis zum Ohr 9,6, Ohrlänge (außen ge- messen) 1,7. Zitzen 1—2.

Dem Schädel des einzigen alten Q dieser Art ist leider das Hinterhaupt und der hintere Teil der Basis zertrümmert; ein etwas jüngeres ist aber gut erhalten. Von P. münzneri, der ihr am nächsten stehenden Art, ist sie durch die geringere Länge (ca. 8 gegen 8,74), das kurze Intermaxillare (Länge zur Höhe 1:1,6 gegen 1:1,75), durch die etwas höhere Bulla (0,18 gegen 0,13— 0,15) und durch das Fehlen des langen niedrigen Sockels des Fortsatzes des Lacrimale verschieden. Gleich ist die gute Entwicklung von P,, die Lage des Foramen lacrimale etwas vor der Mitte des Lacri- male von seinem Fortsatz entfernt, die geringe Knickung der S. coronalis, die Kürze und geringe Breite des Occ. super., die Länge des Basiocc., die Trennung des Lacrimale und Iugale, die Breite von M!. Die S. fronto-nasalis ist bei dem alten 9 (Nr. 14) schwach gebogen, bei einem etwas jüngeren © (Nr. 15), bei dem M3 bis zu einem Drittel hoch ist, gerade. Bei Nr. 14 ist auf- fallenderweise noch die Sagittalnaht zwischen den Parietalia offen und das Interparietale noch frei. Ein dritter junger Schädel (Nr. 16), bei dem I im Wechsel, dC noch vorhanden und M! hoch ist, ist stark verletzt, scheint aber dieselben Verhältnisse zu bieten.

Maße von Nr. 14 und Nr. 15 (in Klammern): Basallänge (bei Nr. 14 berechnet aus der Länge Hens.-Palat. fast 1/,): ca. 8 (7,87), größte Länge (8,39), Hens.-Palat. 3,93 (3,64); Hens.- Condyl. (7,81), Länge des Basiocc. (1,46); Höhe der Bulla 0,18 (0,19); Jugularbreite 4,77 (ca. 4,6); Schädelhöhe (2,77); dorsale Schädellänge (7,82); Länge des Nasale 1,88 (2,07), des Frontale 3,46 (3,23); Breite der Stirn 3,6 (3,43); Länge des Intermax. 1,69 (1,74), Höhe 1,04 (1); Länge des Occ. sup. (0,46), Ent- fernung der Parietalleisten voneinander 0,87. Diastem im Ober- kiefer 1,25 (1,13), im Unterkiefer 0,6 (0,55); P—-Mim Oberkiefer 3,23, P!* 1,66 (1,75); Breite von M! 0,55 (0,56); Länge von 0,25 (0,26); Länge des Unterkiefers 7,24, seine Höhe hinter M, 1,95; Gaumenbreite auf der Innenseite von M! 1,64 (1,54).

7. Procavia (Heterohyrax) müäünzneri n. Sp.

Auf derselben Expedition des Herrn Hauptmann a. D. Fromm wurde bei Bismarckburg am Tanganjika-See eine zweite neue Art

138 A. BRAUER.

der Untergattung Heterohyrax erbeutet, die zwar auch einen weißen ® Bauch hat wie Pr. frommi, sonst aber ganz verschieden gefärbt

ist. Ich benenne sie zu Ehren des Herrn Feldwebel a. D. Münzxer, der sich um die erfolgreiche Durchführung der Expedition und besonders um die vorzügliche Präparation und Konservierung der zoologischen Sammlungen sehr große Verdienste erworben hat.

Kopf und Rücken schmutzig gelbbräunlich, mit rehfarbigem (dark-fawn) Ton, Rückenfleck cremefarben, Spitzen schwach ocker- farbig. Bauch weiß.

Kopf: Haare kurz (bis 1,7), braunschwarz mit 0,2 langer gelb- bräunlicher Binde, die gut zur Geltung kommt und die dunkle Basis deckt, und schwarzer Spitze oder vereinzelt ganz braun- schwarz. Uber den Augen ein schmaler Streifen kittfarbiger Haare. Vorn am Ohr ein Büschel von fast weißen bis kittfarbigen Haaren mit langen schwarzen Spitzen, ebensolche auf der Innen- und Außen- seite des Ohrs, nur haben sie an letzterer dunkle Basen. Wangen heller, die Binden länger und kittfarbig.

Rücken: Haare 25—3,2 lang. Die 0,5 lange Basis ist bei den meisten schwarz, dann folgt eine 0,7—0,5 lange rehfarbige Partie mit schwach rötlichem Ton, nach der Spitze zu etwas dunkler, dann folgt eine 0,5 lange braunschwarze Binde, dann eine 0,3— 0,4 lange gelbbräunliche Binde und eine schwarze Spitze. Die längsten, weniger zahlreichen Haare sind ähnlich gefärbt oder ganz schwarz. Die Haare im Rückenfleck sind 2,7 lang, ganz cremefarbig oder sie werden gegen die Spitze schwach ockerfarbig. Die kahle Stelle ist 1,7 lang und 0,7 breit. Der Fleck ist 6,5 mm lang. An den Seiten des Rumpfes werden die Binden kittfarbig, auf den Füßen ebenso.

Länge eines alten © (Nr. 428) 61, Ohrlänge 2, Schnauze bis Ohr 95. Zitzen 1—2.

Maße des Schädels eines © Stad. 8, Nr. 428: Basallänge 8,74; größte Länge 9,45, Gnath.-Condylion 9,2, Hens.-Condyl 8,74, Hens.- Palat. 4,38, Länge des Basioce. 1,54, Höhe der Bulla 0,13; Jugular- breite 5,22; Höhe des Schädels 2,97; dorsale Schädellänge 8,95, Länge des Nasale 2,04, des Frontale 3,75; Breite der Stirn 3,95; Länge des Intermaxillare 2,08, seine Höhe 1,19; Länge des Oce. sup. 0,4; Entfernung der Parietalleisten voneinander 0,59; Gaumen- breite bei M! 1,69; P-+-M im Oberkiefer 3,38; P!-+ 1,7; Breite M! 0,57; Diastem im Oberkiefer 1,32, im Unterkiefer 0,75; Länge von P, 0,2; Länge des Unterkiefers 8,14, seine Höhe hinter Ma 2,14. Der dC (oder 0?) ist noch im Oberkiefer verhältnismäßig stark erhalten. Die Sagittalnaht zwischen den Parietalia ver-

Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum in Berlin. 139

wachsen, Interpar. mit Pariet. verschmolzen. Der Fortsatz des Lacrimale hat dorsal einen langen niedrigen Sockel. Uber die anderen Unterschiede von Pr. frommi vgl. diese Art.

Ich schließe hier noch eine Neubeschreibung von EHRENBERG'S Hyrax habyssinıcus an, welche Art meiner Ansicht nach nicht mit der von TrHomas unter diesem Namen beschriebenen identisch ist.

Procavia abyssinica EHRENBG.

EHRENBERG hat in seinem Werk „Symb. phys. seu Icon. et desc. corpor. natur. novor. etc.“ (1828) als A. habyssinicus einen Klipp- schliefer aus Arkiko (Zrythraea) beschrieben, der besonders durch den schwarzen Rückenfleck („macula media dorsali nigra“) von dem am häufigsten in Abyssinien verbreiteten mit einem schwarz- gelb-schwarzen Rückenfleck abweichen sollte. Letztere Art, die EHRENBERG auch aus Arkiko mitgebracht hat, ist später von GRAY

- Pr. alpını genannt worden. Tmomas hat 1892 (Proc. Zool. Soc. Lond.) in der Überzeugung, daß der schwarze Fleck eine Aberration ohne Bedeutung sein möchte, EHRENBERG’s Exemplar für identisch mit der in Abyssinien gewöhnlichen Form (= Pr. alpını GRAY) gesetzt und deshalb letztere als Pr. abyssinica EHRENBERG be- zeichnet. Die Untersuchung der beiden von EHRENBERG aus Arkiko mitgebrachten, noch guterhaltenen ausgestopften Tiere und der zugehörigen Schädel und -eines dritten aus Arkiko sowie ihr Vergleich mit den gewöhnlichen Klippschliefern Abyssiniens hat mir gezeigt, daß EHRENBERG’S Pr. abyssinica mit dem schwarzen Fleck von der anderen Form getrennt werden muß, letztere also den von Gray ihr gegebenen Namen Pr. alpin wieder erhalten muß. Mit Pr. shoana hat Pr. abyssinica wenig zu tun, sondern steht am nächsten Pr. alpinı. Die farbige Abbildung, die EHREN- BERG gegeben hat, gibt die Färbung und besonders die Stärke des schwarzen Rückenflecks gut wieder.

Rücken helibraun mit ganz schwachem rötlichen Schimmer, die sehr kurzen hell ockerfarbigen Binden sind sehr kurz und treten nur wenig hervor. Kopf ähnlich. Vorn und seitlich an den Ohren schmutzig weißgelb, ebenso ein kleiner Fleck über den Augen und hinter dem Mundwinkel. Rückenfleck an’ der Basis braunschwarz, zum Teil mit etwas rötlichbraunem Ton, gegen die Spitze schwarz. Der Bauch ist schmutzig gelbbräunlich, die Füße gelbbraun.

Von Pr. alpini unterscheidet sich die Färbung durch den schwarzen Rückenfleck, durch die kurzen Binden, durch die dunklere, gleichförmig braune Färbung, während bei alpini die hellen, fast

Fa #-

140 A. Braver: Weitere neue Procavia-Arten aus dem Kgl. Zoolog. Museum. kittfarbigen Binden viel mehr sich geltend machen als die dunklen Basen oder Spitzen, durch die hellen Flecke am Ohr und über dem Auge, die Pr. alpını fehlen, und die gelbbräunliche Farbe des Bauches, während bei alpiniı sie zum Teil schmutzig gelbweiß ist.

Im einzelnen ist die Färbung der Haare folgende:

Kopf: Die Haare sind sehr kurz, bis 1,6. Die Schnauze ist dicht behaart. Die Haare sind braun mit einer nur 0,1 langen gelbbräunlichen Binde und schwarzer oder brauner Spitze, einige (die längsten) sind auch ganz dunkelbraun. Über den Augen ein kleiner, aber auffallender Fleck von ganz weißgelben Haaren, eben- solche am und hinter dem Mundwinkel, ferner vorn an der Basis der Ohren ein Büschel von Haaren mit längeren weißgelben Binden. Die Wangen sind etwas heller als der Kopf, weil die Binden länger sind.

Rücken: Die Länge der Haare beträgt 2—3,2, sie sind braun, haben eine nur 0,2 lange hell ockerfarbige Binde, die sehr wenig zur Geltung kommt, und eine kurze schwarze Spitze; einige lange sind ganz schwarz oder braun. Der Rückenfleck ist 3,4, hebt sich deutlich ab. Die Haare sind 2,5 lang, unten braun, zum Teil rötlich- braun, gegen die Spitze zu schwarz ohne jegliche Spur einer ocker- farbigen Binde. Die kahle Stelle ist 2 lang, 0,4 breit. Die Seiten des Rumpfes und die Beine sind hellbraun, die Füße gelbbräunlich, die Bauchhaare ganz schmutzig gelbbräunlich.

Die Länge (über den Rücken gemessen) des O (1990) beträgt 51.

Der Schädel ist im ganzen wie der von Pr. alpimı gebaut. Er zeigt nur folgende Unterschiede: M! ist schmäler, 0,65, während bei Pr. alpini M! 0,69—0,75 (nach Tmomas sogar bis 0,79) breit ist, vereinzelt aber auch, wie z. B. bei dem zweiten Exemplar EHRENBERG’s, nur 0,68 breit sein kann; die S. naso-frontalis ist stark gebogen, während sie bei den mir vorliegenden gerade oder fast gerade verläuft; das Iugale ist vom Lacrimale entfernt, bei Pr. alpinı nicht.

Die andern Maße des Schädels sind, soweit sich nach diesem einen des noch nicht ganz ausgewachsenen Tieres (Stad. VII) sagen läßt, dieselben wie bei Pr. alpini. Im Unterkiefer ist links der P, noch vorhanden und wenig verkümmert, rechts fehlt er. Bei einem dritten Schädel aus Arkiko, der leider stark verletzt und jung ist (Stad. IV), und den ich auch zu dieser Art rechne, da M! und das Jugale übereinstimmen (die S. naso-frontalis aller- dings nur schwach gebogen ist, was sich vielleicht durch das geringere Alter erklärt), ist P, beiderseits vorhanden und außer- dem sogar noch © inf., worüber ich an anderer Stelle berichte.

BERNHARD HantzscH 7: Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 141

Maße des Schädels (Stad. VII) M? wird sichtbar, im Unter- kiefer bereits fast ganz entwickelt. Basallänge 7,3; größte Länge 7,99; Gnath-Condyl. 7,66; Hens.-Condyl. 7,29; Hens.-Palat. 3,66; Basiocec 1,43; Höhe der Bulla 0,1; Jugularbreite 4,69; dorsale Schädellänge 7,48; Länge der Nasale 165, des Frontale 3,05; Breite der Stirn 3,08; Länge des Occ. sup. 0,18; Länge des Intermax. 1,75; seine Höhe 1,16; Höhe des Schädels 3; Diastem im Oberkiefer 0,83, im Unterkiefer (links, wo P, erhalten), 0,16; P1=# 1,62; Breite von M! 0,65; Länge von 0,18.

Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. Von BERNHARD HanTzscH 7. Mit einer Einleitung von P. MATscHIE.

Am 29. Juni 1909 hatte BERNHARD HanrtzscH Europa verlassen zu einer Forschungsreise nach dem nur wenig bekannten Baffinslande. Die Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin war mit einem größeren Beitrage an der Beschaffung der Mittel für dieses Unternehmen beteiligt.

Selten ist jemand besser vorbereitet an die Ausführung eines großen Planes gegangen. Nachdem HanrtzscHh in seiner engeren Heimat, dem Königreiche Sachsen, mit großem Fleiße wichtige Beobachtungen über die Vogelwelt angestellt hatte, vertiefte und erweiterte er die gewonnenen Erfahrungen auf mehreren Reisen in Slavonien und Bulgarien. Eine Reihe von Veröffentlichungen in mehreren wissenschaftlichen Zeitschriften legen von dem erfolg- reichen Streben des jungen Forschers aus dieser Zeit Zeugnis ab.

Bald wendete er sich größeren Aufgaben zu und bereiste im Jahre 1903 Island. Seine dort gemachten Beobachtungen und Sammlungen sind in einem besonderen Werke zusammengefaßt worden.

Im Sommer des Jahres 1906 fuhr er nach der Nordostküste von Labrador, um dort die Sprache und Gewohnheiten der Eskimo kennen zu lernen, mit deren Hilfe er später nördlichere Länder zu erforschen gedachte. Auch hier benutzte er jede Gelegenheit, um eifrig zu sammeln. Seine im Journal für Ornithologie veröffent- lichten umfangreichen Arbeiten über die Vogelwelt dieser Gegenden enthalten eine Fülle anregender Beobachtungen.

In den nächsten Jahren setzte er eifrig die Vorbereitungen zu einer planmäßigen Durchforschung des südlichen Baffinslandes fort und konnte im Sommer des Jahres 1909 seine Reise antreten.

142 BERNHARD HantzscH F. Bu

Leider war ihm das Glück nicht günstig; das Schiff scheiterte im Cumberland-Golfe, Hantzsc# verlor den größten Teil seiner Aus- rüstung und mußte mit sehr dürftigen Mitteln den Vorstoß ins Innere antreten, nachdem er den Winter in der auf der Blacklead- Insel gelegenen Missionsstation verbracht hatte. Die letzten Nach- richten, welche er in seine Heimat senden konnte, meldeten seine Ankunft am Netschilling-See. Von dort ging er weiter nach Westen und erreichte die Ufer des Fuchs-Kanals, wo er im Jahre 1911 ein Opfer des Skorbuts wurde, ehe die ihm nachgeschickte neue Ausrüstung ihn erreichen, konnte.

Ehre seinem Andenken! Ein bewährter Forscher, ein aus- gezeichneter Beobachter ist der Wissenschaft entrissen worden. Was von seinem Nachlasse zu retten war, beweist, daß er mit großer Sorgfalt seine Sammlungen angelegt und in peinlich genauer Weise jedes Stück mit allen für die wissenschaftliche Verwertung ersprießlichen Bemerkungen versehen hat. Glücklicherweise sind seine Tagebücher gerettet worden; sie enthalten u. a. sehr wertvolle Mitteilungen über die Säugetierwelt von Baffinsland, die hier ohne wesentliche Änderungen veröffentlicht wurden. Nur die von ihm gebrauchten Abkürzungen sind ergänzt worden; die Bestimmungen der Arten beruhen auf seinen Angaben. Kine Vergleichung der in seinem Nachlasse gefundenen Felle und Schädel wird einige wesent- liche Feststellungen über die Rassen des auf Baffinsland vorhandenen Wildes ergeben.

HanrzscH hat in den hier vorliegenden Tagebuchblättern schon selbst darauf aufmerksam gemacht, daß am Fuchs-Kanal Phoca hispida anders aussieht als am Uumberland-Golfe. Die von ihm gezeichneten Geweihe von Kangifer weisen deutlich auf das Vor- handensein zweier sehr verschiedener Ren-Rassen hin. Wenn man die Bilder Fig. 3 und 4 vergleicht, so erkennt man folgende Unter- schiede. Bei Fig. 3 sind diejenigen Sprossen, die etwa der Augen- und Eissprosse des Rothirsches entsprechen, nach vorn gerichtet und so weit einwärts gebogen, daß sie, von vorn gesehen, die Stange etwas decken; die Stange ist sanft gebogen, ohne Knick; die Spitzen- sprossen sind nach oben und nur sehr wenig einwärts gerichtet. Bei Fig. 4 sind die unteren Sprossen zunächst auswärts und dann erst einwärts gerichtet und decken die Stange, ganz von vorn ge- sehen, nicht; die Stange ist scharf geknickt; die Spitzensprossen sind deutlich einwärts gewendet. Bei Fig. 3 ist die Entfernung der Spitzen der Stange voneinander viel größer als diejenige der Spitzen der oberen Hintersprossen, bei Fig. 4 aber fast gleich groß. Beide sind an demselben Tage am Fuchs-Kanal erbeutet

Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 143

worden und weideten zusammen. Das in Fig. » dargestellte Geweih hat die linke Stange der einen Form, nämlich ähnlich wie Fig. 4, die rechte Stange der anderen Form ähnlich wie Fig. 3; auch dieses Geweih stammt aus der Nähe des Fuchs-Kanals, aber aus einer anderen Gegend, vom Lager M. Unsere Fig. 2 vom Kökdjnak, der den Netschilling-See mit dem Fuchs-Kanal verbindet, gehört offenbar zu der in Fig. 3 dargestellten Form.

Fig. 5 halte ich nach den an deutschen Rothirschgeweihen gesammelten Erfahrungen für einen Mischling beider Rassen, die in den von Hantzsca besuchten Gegenden in ihrem Verbreitungs- gebiete sich berühren müssen. Das Geweih des 9 (Fig. 6) gehört zu derselben Form wie Fig. 4, wie die nach außen gebogenen Untersprossen und die nach innen gebogenen Spitzen beweisen.

Sehr lehrreich sind die von HanrtzscH gemachten Beobachtungen über die Brunft und den Wechsel der Geweihe und des Haarkleides bei dem Ren. Am 10. Juni 1910 zwischen dem Cumberland-Golf und dem kleinen vor dem Netschilling liegenden Amitok-See haben die S Bastgeweihe von 25—60 cm Länge. Am 19. Juni, einige Tage vor dem Netschilling, sind die Felle stark in der Umfärbung zum Sommerkleide, bei einem ist Kopf und Hals schon sehr kurzhaarig. Am 30. Juni wird am Netschilling ein © mit ganz jungem Kalbe angetroffen. Die vorjährigen Kälber sind oft noch bei der Mutter. Im Anfang des August ist das Sommerkleid fertig. Am 28. August wird zuerst das Fegen des Geweihes bei einem JS beobachtet; am 5. September haben 2 S völlig vereckte Geweihe. Dagegen fegen um die Mitte des September viele J und die O sind im Baste. Um die Mitte des Oktober ist die Brunft am stärksten; sie hat im Anfang des Monats eingesetzt. Ende Oktober sind die Geweihe der Kälber noch nicht völlig vereckt.e. Am 28. März hat ein er- legtes d das Geweih abgeworfen, am 7. April zeigt ein © ein noch nicht völlig gefegtes Geweih, das dabei befindliche Kalb ist noch im Bast.

Diese Beobachtungen scheinen darauf hinzuweisen, daß man es hier mit 2 Rassen zu tun hat, die zu verschiedener Zeit fegen, Haxtzsch hat die schon bekannte Tatsache bestätigt, daß J und oO zu verschiedener Zeit das Geweih erneuern.

Sehr auffällig erscheint die Mitteilung, welche Hantzsch über das Walroß macht. Walrosse sollen Seehunde im Wasser fangen, und im Magen solcher Tiere seien große Stücke von Seehunden gefunden worden. Diese Beobachtung ist so auffällig, daß man an sie nicht glauben möchte, wenn nicht ein so gewissenhafter Beob- achter dafür die Verantwortung übernommen hätte.

144 BERNHARD HANTZSscH Y.

Aus dem Tagebuch läßt BE folgender Be ermitteln:

Winter 1909/10: Blacklead-Insel im Cumberland-Goltf.

4. Juni: Köngu.

Anfang Juni: Paanonloob.

13. Juni: Amitok-See.

18. Juni: Amitok-See.

19. Juni: Angmätuk-Fluß.

24. Juni: Ischoa am Ostufer des Netschilling-Sees.

Ende Juni: Netschilling.

Juli: Tikeräkdjuk am Netschilling.

5. September: Kökdjuak-Fluß.

23. September: Kökdjuak-Mündung.

Ende Oktober: Fuchs-Kanal.

7. November: Kudjitariak.

Januar 1911: Kökdjuak.

Die letzten Aufzeichnungen rühren vom 8. April 1911 her vom Lager S.

Es folgen nunmehr die aba et welche BERNHARD Hantzscr hinterlassen hat.

Rangifer tarandus arctieus (Rıca.) Esk.: Tuktu.

Dieses Jahr (Winter 1909/10) nach Aussage der Eskimos recht häufige. Große Herden werden beobachtet und auch eine Menge erlegt. Hier im Missionshause ist nach Aussage des Missionars noch niemals ein solcher Vorrat von Fleisch vorhanden gewesen. Die Tiere kommen wieder an dieselben Plätze, die sie jahrelang

nicht besuchten. Sie zeigen sich sehr scheu. 7. Juni 1910: 3 bei Kangianga

un von meinen Leuten erlegte JS ad. 5 eo -0 —E re sind dicht mit Zeckenlarven (etliche Mm ni Fr A N M Haut jn Spiritus gesammelt) besetzt, viel- Ai Hl HN) Haare Jeicht 4080 Stück an jedem. Die Mn) il) Hl Tiere sitzen in der Haut, haben richtige Beutel und nur eine Ofinung Fig. 1 nach der Innenseite zu. Sie bilden

also dicke Höcker (Fig. 1). 10. Juni: die d haben Bastgeweihe von 25—60 cm Länge. Sämtliche 7 erlegte Tiere sind dick mit diesen Maden besetzt. J halten sich in Trupps von 3 und 4 zusammen und sind nicht allzu scheu,

13. Juni: Auf unserer Reise bis zum See Amitok werden vielfach die Fährten der Tiere beobachtet.

IM

Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 145

19. Juni: Am Flusse Angmätuk zahlreiche Fährten. Losung ziemlich klein, abgestumpfter Kegel, an der Basis gewölbte Ver- tiefung. Die erlegten C hielten sich einzeln, zu zweien oder dreien und waren nicht besonders scheu. Felle stark in Umfärbung, eins am Kopf und ÖOberhals ganz kurzhaarig. Weniger Larven, nur einzelne.

»4. Juni: Bisher nur JS, einzeln oder bis zu 4, angetroffen. An diesem Tage von meinen Leuten ein einzelnes Exemplar bei Ischoa, Netschilling, bis an den Leib im Wasser stehend, angetrofien, während am Ufer ein Wolf auf das Tier lauert. Dies nur mit dem Glase abends gegen 9 Uhr beobachtet, zu spät und weit, auf Jagd zu gehen. Der Ausgang des Wartens ist kaum anzuzweifeln: sobald das frierende Tier an Land gegangen ist, wird es von dem Wolfe niedergerissen worden sein.

Ende Juni: Nur C erlegt.

29. Juni: 1 großes © ziemlich weit vom Lande mitten auf dem Eise; es liegt behaglich im Mittagssonnenscheine auf einer Stelle, wo sich noch Schnee findet (das meiste ist bloßes Eis). Leider benehmen sich meine Leute wenig vorsichtig. Hinter dem weißen Schirme, der nur einen Mann deckt, schleichen sich 3 an das Tier heran, das freilich rechtzeitig stutzig wird, aufsteht, stehen bleibt und sich dann langsam nähert. Endlich wird daneben geschossen, und nun beginnt es, schneller zu laufen. Nach kurzer Zeit bleibt es wieder stehen, wird viermal erfolglos beschossen, und beginnt sein weiteres Laufen dann jedesmal mit einem spaßhaft aussehenden Emporbäumen auf die Hinterbeine, ganz wie die Zirkuspferde dies machen. Ein weiteres S am Lande.

30. Juni: 1. Junges angetroffen, mit der erschossenen Mutter, ganz jung. Am 2. Juli noch an derselben Stelle und erlegt. Nun mehrmals O beobachtet; die vorjährigen Kälber sind oft noch bei den Müttern.

1. Juli: 3 S angetroffen, sowie ein © mit vorjährigem jungen C; Mutter angeschossen, geht ins Wasser und ertrinkt.

Juli: Häufig bei Tikeräkdjuk, immer nur ein einzelnes Exemplar oder wenige beisammen. Wandernd, auch Eis und Wasser ohne Zögern begehend. Hart von Moskiten verfolgt. Ziehen sich, als die Mückenplage am See zu groß wird, nach den Bergen zurück, wird bei Tikeräkdjuk nicht mehr angetroffen.

4. August: Ein erlegtes zweijähriges JS zeigt das fertige Sommerkleid, wenn auch noch etwas kurz. Ein am 31. Juli erlegtes JS ad. ist besonders an der Unterseite noch nicht ganz fertig. Bis 8. August erlegte Tiere, 3 ad., S und o juv. zeigen ein zwar

146 BERNHARD HAnTzscH f.

noch kurzes, aber doch fertiges Sommerkleid. Die Tiere werden immer nur einzeln oder zu zweien beobachtet, sind fast immer sehr scheu. 2. Hälfte des August: das Haarkleid bei allen fertig und, weil noch nicht allzu lang, für die Kleidung am geeignetsten.

28. August: 1 altes J beginnt das vereckte Geweih zu fegen. Die Fettbildung beginnt nun, besonders bei den JS ad., deren Fleisch nun bereits vielfach einen bockartigen, unangenehmen Bei- geschmack hat.

Mitte September: Nun fegen viele 9, doch trifft man noch keine Tiere mit ganz fertigem Geweih. © und juv. noch im Bast. Man sieht nun auch größere Gesellschaften (bis en unteren runden Teile bis

«0 mm. Doch gilt als Regel auch jetzt noch das Gegenteil.

5. September: 2 zusammen- gehende © im mittleren Alter zeigen völlig vereckte Geweihe, dienurnoch an einzelnen Spitzen harte, festsitzende Reste des Bastes haben. Färbung der Ge- weihe noch hell, knochenfarbig,

Skrause Mur an einzelnen Stellen, be- nach Nantzsch, ,

sonders im unteren Teile, bräun-

lich angeflogen. Die Tiere

sind jetzt mehr oder weniger fett, nicht nur zwischen den Eingeweiden, sondern besonders am Rücken, am meisten am hinteren Teile, am Schwanze. Die Geweihe der auch sonst beobachteten Tiere sind fast alle ziemlich steil und wenig ausgelegt (Fig. 2—5).

Mitte Oktober: ‚Jetzt ist die Brunft am stärksten, die jedoch seit Anfang des Monats währt. Die J' halten sich in kleinen (Gesellschaften mit 1 oder 2 O zusammen. Kälber bleiben bei der Mutter. Vielfach finden sich in diesen Gesellschaften auch jüngere d. Die Geweihe der Kälber sind bis Ende des Monats noch nicht völlig vereckt.

Ende Oktober: Auch die J' haben jetzt kein Fett mehr.

Anfang November: Wandern noch in kleinen Trupps nach dem offenen Wasser des Foxkanals. Scheinen jetzt sehr rasclı weiter zu wandern.

dad. Kökdjuak 9.1X.1910.

Fig. 2.

Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland.

147

Felle von Füchsen gefressen, samt den Haaren, wobei ein tot-

geschlagenes Exemplar sehr fett geworden ist.

Von meinen Leuten die Losung in der Zeit des Hungers ge- sammelt, aufgetaut, mit etwas flüssigem Seehundsöle angerührt und

in ganzem oder auch zerdrücktem Zustande gegessen.

c! = 3 8! 32 breit 2 Ei o ei a a ©; BG v5 = - ©} = +42 breit = l .eı S! ce = | & eg! Ki +- von hier an | abwärts rund. + Umfang 80. ©, . I

rechte Stange von aussen.

d Fox Kanal 28.1X.1910.

Fig. 3.

iM le _ Von da an _,i il abwärts \ h rundlich.

IN --- - -

DDP N

4 Umfan$ 83

aussen im Bogen: c:800 links rechts c: 770

Stange von aussen rechte Stange von aussen.

d fox Kanal 28.1X. 1910. Fig. 4.

dieselben von vorn,

dieselben von vorn

10

148 BERNHARD HANTZSCH }.

Das Fett, das sich vor der Brunftzeit besonders am Rücken der starken Hirsche findet, ist sehr wohlschmeckend, fest, talgartig Vorteilhaft zur Füllung der Eskimolampen benutzt. Zu diesem

320

BL

eradlini 630 im Bogen

&

Piz mr _

Be)

linke Stange von aussen rechte Stange von aussen dieselben von vorn I d Fox Kanal, Lager M. 27. X. 1910. Fig. 5.

. DL ——— _— m

im Bogen £3 Fig

i3

weni länger

Sefeöt, bräunlichweiss

- on.

Die Hlatten Stellen mit lederartiß

harter braunschwarzer Haut be= S% N deckt. der Bast braungrau. } SS GK EZ, ha "JE in d vorjähris 7.1. 1911. o ad. mit Embryo 7. 1V. 1911.

Fox-Kanal-Küste. Fig. 6, Fig. 7.

Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 149

Zwecke wird es ausgekaut und nur die weiche Masse ballonartig und fast weiß aussehend auf die Lampe gelegt. Besonders bei den zäheren Massen zwischen den Därmen und beim Magennetze ist dies nötig. Auch Lichte werden oft daraus hergestellt, gern vorher guter Talg einige Zeit gewässert, um das Blut zu entfernen, dann ausgekaut und um einen Docht mit dem Munde und den Fingern geformt; brennen vorzüglich, wenn der Docht gut ist. Die vielen Tieren im Frühjahre unter der Haut des Felles sitzenden Bremsenlarven, oft dem obersten Fleische beim Abziehen des Felles anhaftend, werden von den Eskimos in jedem Alterszustande weich und gefroren gern gegessen.

November, Dezember: Ausnahmsweise werden Fährten bei unserm Winterlager angetroffen, doch sind die Tiere daselbst so selten, daß kein einziges Exemplar erlegt wird. Auf der Reise meiner Leute vom Winterlager nach der Kökdjnakmündung und zurück werden nicht einmal Fährten beobachtet (erste Hälfte Dezember).

Januar 1911: Während des ganzen Monats nichts von den Tieren bemerkt, auch keine Fährten von Ittusäkdjnak auf dessen Wanderung vom Winterlager bis in die Nähe des Foxkanals und zurück angetroffen.

Februar: Durchaus nichts von den Tieren beobachtet.

5. März: Nicht weit von Lager R, S auf ziemlich frische Fährten eines aus jungen und alten Tieren zusammengesetzten Rudels, etwa 10 Köpfe zählend, getroffen.

6. März: Denselben und seit gestern neuen Fährten gefolgt, ein Zeichen, daß die Tiere bei dem stillen schönen Wetter wenig gewandert sind. Heute derartiges Schneetreiben und dicke Luft, daß Fernsicht verhüllt wird und die Verfolgung der Tiere ergebnislos verläuft. Sollen angeblich bei stürmischem Wetter mehr als bei stillem wandern.

8. März: 20—30 km nördlich von Lager R, S überaus zahl- reiche Fährten, die erkennen lassen, daß viele Rudel seit langer Zeit daselbst leben. Tiere ziemlich scheu; in kleinen Gesellschaften von 2—10 Exemplaren.

28. März: IT JS von mittlerem oder höherem (?) Alter hat Geweih abgeworfen; sehr scheu. Jetzt wieder in kleinen Gesell- schaften von 2—5 Stück beobachtet; jenes J einzeln.

April: Zahlreich werdend bei Lager S.

7. April: oO ad. noch nicht völlig gefegtes Bastgeweih (Spitze); SO 1ljährig (deren Kalb) noch völliges Bastgeweih, Haut hart, schwärzlich, nur an der Spitze behaart, sonst kahl. Viele Exemplare, auch Kälber, stark von Bremsenlarven besetzt (Fig. 6 u. 7).

10%

150 BERNHARD HAnTzscH 7.

Dicrostony& hudsonius richardsoni MerRIAMm. Esk.: Avingak.

Herbst 1909 zahlreich auf Blacklead Island. Merkwürdiger- weise wird unter mehr als 30 Exemplaren, die ich in die Hände bekomme, nur ein einziges 2 gefunden. Im Winter nur ganz aus- nahmsweise beobachtet. Dann und wann sieht man die Spuren im Schnee. Eine erlegte Schneeeule hat nur Lemminge gefressen.

12. Juni 1910: Obwohl bis jetzt noch kein Exemplar beob- achtet, muß es doch schon genügend geben. Ein erbeuteter Wander- falke sowohl als auch ein Fuchs haben nur Lemmingsreste im Magen.

14. Juni: Ein Exemplar wird auf dem Eise eines Sees laufend angetroffen. Es ist auf große Entfernung hin sichtbar; läuft sehr schnell. Es erweist sich wieder als Cd, nun in voller Sommertracht. Wo die © stecken, ist mir nicht ganz "erklärlich.

Ende Juni: Netschilling. Die Tierchen kommen nun mehr hervor, besonders in der Nacht. Ungestört laufen sie geschäftig wie die Mäuse umher.

Juli: Sehr zahlreich bei Tikeräkdjuk.

Anfang August: Erst jetzt Junge beobachtet.

Dezember: Einige wenige Male Lemmingsfährten von meinen Leuten bei ihren Jagdwanderungen in der Nähe des Winterlagers beobachtet. |

Januar 1911: Ausnahmsweise Fährten beobachtet.

Lepus arcticus LEaAcH. Esk.: Ukkalirk.

Einzelne während des ganzen Winters erlegt, aber nicht häufig.

Anfang Juni: Von jetzt an auf der Reise nach dem Netschilling häufig in Paanonloob. Die Tiere führen ein nächtliches Leben und werden immer nur am späten (völlig hellen) Abend gesehen. Kommen mehrmals in ziemliche Nähe des Lagers, wohl weil dieses an besonders günstiger Örtlichkeit errichtet ist, erweisen sich aber bei Verfolgung als äußerst scheu und nur auf Kugelschußnähe an- zukommen. Richten sich oft auf die Hinterbeine auf (machen Männchen) und schauen sich fortwährend um.

12. Juni: Die Haarung beginnt nun sichtbar zu werden. Ein erlegtes Exemplar zeigt die graue, kurze Sommertracht am Hinter- rücken; übriges noch weiß.

19. Juni: 2 erlegte Q ad. zeigen Embryonen (je 4), die bald gesetzt worden wären. Tiere in Umfärbung, aber in der Haupt- sache weiß.

r 2

Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 151

Ende Oktober: Mit Eintritt in das höhere, felsige Land am Foxkanal wieder ziemlich häufig auftretend.. Auch JS haben Zitzen?

Anfang Dezember: Die Tiere sind ziemlich selten in der Nähe des Winterlagers und überaus scheu. Laufen weit umher, weshalb wohl auch einzelne Exemplare zahlreiche Spuren hinter- lassen, die leicht die Ansicht erwecken, als wären die Tiere häufig. Die vielen Füchse mögen ihnen hart nachstellen.

Januar 1911: Einig: wenige Tiere in der Nähe unseres Winterlagers beobachtet, Spuren indes viel häufiger. Die Hasen scheinen besonders während der Nacht umherzulaufen und Nahrung zu suchen; nur am Abend beobachtet, am hellen Tage anscheinend schlafend.. Meine Eskimos essen bis auf Fell und Knochen des Tieres wenigstens in Zeiten des Mangels alle Körperteile, auch Darm und den mit überaus fein zerriebenen, nicht erkennbaren Pflanzenstoffen gefüllten Magen. Der Inhalt wird mit etwas flüssigem Seehundsöle angerührt ‘und dann recht gern gegessen, soll feiner und würziger als Renntiermageninhalt schmecken. Mir ist es widerlich und allzusehr an Dung erinnernd. Das Fleisch schmeckt, soweit sich bei der verschiedenen Zubereitungsweise daheim und hierzulande beurteilen läßt (dort gebraten, hier ganz frisch gekocht), unserm Hasenfleische ähnlich (auch vorigen Winter im Missionshause bemerkt). Rücken am zartesten. Zwischen den Schultern am Rücken zwei symmetrische kurze Streifen Fett, das nebst dem zwischen den Eingeweiden befindlichen als Lampenbrennstoff benutzt werden kann; angeblich besser als Renntierfett.

16. Februar: Zwei 5 9 verfolgt und erlegt, die über große Strecken gemeinsam gewandert sind. Mageninhalt mit Seehundsöl gar nicht übel schmeckend, ganz geringen Dungbeigeschmack; von den Eskimos sehr gern gegessen und dem des Renntiers wesent- lich vorgezogen. Magen nach Entleerung wohl 30 cm lang, äußerst dünnwandig, darmartig. Bei Lagern R und S häufiger an- getroffen. h

Canis occidentalis Rıca. E.: Amarok. | - Während des Winters 1909/10 kein Exemplar im Cumberland Golfe erlegt. | 4. Juni 1910: Frische Fährten bei Köngu beobachtet. 10. Juni: Gegen Abend kommt ein prächtiges Exemplar in die Nähe des Lagers und steht in angemessener Entfernung still,

152 BERNHARD HantzscH Y.

so daß ich es vortrefflich mit dem Glase beobachten kann. Es ist in der Gesamtfärbung gelblichweiß, hat aber am Rücken reichlich bräunlichschwarze Haare. Schwanz hängend; macht einen durch- aus hundeartigen Eindruck, erscheint klug, elegant und für mich als zum ersten Male einen Wolf in Freiheit sehend und noch dazu diesen seltenen Polarwolf, den wohl kein Museum in Deutschland

besitzt, außerordentlich reizvoll. Als man das Tier verfolgt, macht

es schleunigst Kehrt, bleibt freilich noch einige Male stehen und schaut sich um, klettert aber dann mit großen Sätzen den Berg hinan, um jenseits zu verschwinden. Mit Leichtigkeit durcheilt es den weichen, tiefen Schnee, vielleicht mit Absicht den schlechtesten Weg wählend, wo ein Mensch kaum folgen kann. Ich gehe und sehe mir die Fährte an: sie ist wesentlich größer als die eines gewöhnlichen Hundes und bei normalem Laufe viel mehr als bei diesem hintereinander stehend. Die Abstände von einem Sohlen- abdrucke zum nächsten betragen ca. 40 cm, werden aber bei raschem Laufe wesentlich länger. Der miserabeln Mauja halber kann ich leider der Fährte (Sturm und Nebelregen) nicht nach- gehen. Sie sieht etwa tolgendermaßen aus (Fig. 8).

w vr Kung b mr m re e GR Fi Or m | pe Fig. 8.

17. Juni: Am frühen Morgen raschelt es an unserm Zelt- eingange, wo unser Fleischvorrat liegt. Ich schaue auf und sehe einen großen weißen Hundekopf und Vorderkörper sich durch die Felle zwängen. Ich scheuche das Tier zurück, und es verläßt augenblicklich den Platz. Erst ein wenig später denke ich im Halbschlafe daran, daß wir gar keinen solchen Hund besitzen, und daß uns ein Wolf einen Besuch abgestattet haben muß. Ich sage es Ittusakdjnak, der auch aus dem Zelte herausschaut, aber nichts mehr sieht. Das Tier war größer als unsere Hunde und völlig rein am Kopfe, während unsere Hunde schmutzig sind. Eine Ver- wechslung ist kaum möglich.

18. Juni: Es zeigt sich wieder ein Wolf weit draußen auf dem Eise des Sees Amitok. Er läßt lange Zeit seine Stimme er- schallen, die durchaus hundeartig ist. Ich würde sie nicht von dieser unterscheiden können: gezogenes Heulen, ab und zu kurze, bellende Laute, das Heulen oft höher beginnend und tiefer endend,

Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 153

ziemlich hoch: höö, _>...; dabei streckt das Tier den Hals und Kopf vor und sperrt den Rachen weit auf. Die Länge und der Klang des Heulens ist verschieden. Das Tier steht breit nach uns zu gerichtet, den Kopf nach uns drehend, den Schwanz tief gesenkt, fast zwischen den Beinen. Trotz der großen Entfernung macht es sofort Kehrt, als einer meiner Leute im Schutze des weißen Schirmes sich zur Verfolgung anschickt:. Setzt sich nach Aufgabe dieser auf das Eis und heult, ebenfalls mit vorgestrecktem Hals und Kopf. Es ist nach Aussage der Eskimos das ©, kleiner, schneller und scheuer als das d. Es ist ziemlich dunkel gefärbt, auch an der Kehle. Auf dem weißen Schnee sieht die gelbliche Färbung allerdings düsterer aus.

24. Juni: 1 Exemplar, auf Renntier lauernd, von meinen Leuten in der Nähe von Isclıoa, Netschilling, beobachtet.

Juli: Eine Familie in steiniger Gegend. © wiederholt bei Tikeräkdjuk von unserem Lager aus gehört und gesehen. 5 Junge, davon 2 erlegt und gebalgt. Sehr scheu, verstecken sich hinter Steinen.

7. November: Die Fährten von 2 Exemplaren von einem meiner Leute am Kudjitariak beobachtet (Winterlager).

10. Dezember: Von zweien meiner Leute in dem Hügellande südlich unseres Winterlagers, Nähe des Foxkanals, die Fährten eines aus ca. 10 Tieren bestehenden Rudels beobachtet.

8. April 19il: Frische Fährten zweier Exemplare bei Lager S, Gegend jetzt renntierreich; d und Q, wohl ein Paar.

Canis familiaris borealis Desm. Esk.: Kingmirk.

Vulpes lagopus. Esk.: Terrienniak.

Während des Winters 1909/10 recht viele in den Eisfallen gefangen, ca. 150—200 Stück im Golfe. Die Tiere gehen leicht in die kunstlos beköderten Fallen. Nur 3 blaue Exemplare darunter (1 von Hunden in Blacklead zerstört, 2 gute in Kikkerten).

Mai und Juni 1910: Die Fährten der Tiere werden allerorten auf der Reise nach dem Netschilling sehr zahlreich beobachtet.

[11. Juni 1910: Am Morgen kommt ein Exemplar ziemlich ungeniert in die Nähe des Lagers und endlich ganz dicht an die Zelte heran, den jungen Hunden nachspürend, die sich in einem kleinen Zeltbaue befinden. Vertrieben erscheint es bald wieder, kommt in die Nähe eines hinter Felsen beschäftigten Eskimos und

154 BERNHARD HAnNTzscH T.

läßt sich auch durch unser Rufen .nicht stören. Es wittert auch den Mann nicht und wird von diesem zu Boden geworfen, dann erwürgt. Haarung an Kopf und Beinen beendet, am Unterrücken ebenfalls ziemlich fertig. Präpariert. Im Magen Lemmings- reste. Scheint sich nicht in Fortpflanzung zu befinden.|

28. September: Die Tiere fangen nun an, sich weißer zu färben. ST, 13. Oktober: Ein Exemplar beim Fressen überrascht und vertrieben. Nahrung ein anderer Fuchs, dieser ziemlich fett; Fell weiß.

Während des ganzen Oktober werden Füchsspacen überall wahrgenommen, gelegentlich auch Exemplare beobachtet. 27. Okt. ein weißes Exemplar, noch etwas graulicher Schimmer. Sobald irgendwo Fleisch im Freien gelassen wird, sind sie schnell dabei, besonders während der Nacht viel fressend, auch wenn dieses ge- froren ist. Sie höhlen wie die Mäuse nur größere Löcher in die Keulen und suchen sich gute Stücke heraus, falls sie die Auswahl haben. Sollen angeblich auch jetzt noch besonders von Lemmingen leben; ich glaube auch von Schneehühnern und Hasen. Sicher können sie mit sehr wenigem auskommen und lange hungern.

Anfang November: Sehr häufig in dem felsigen Gebiete am Foxkanal.

Dezember: Einziges Tier, dessen Spuren regelmäßig beob- achtet werden. In 2 Arten von Fallen Exemplare gefangen.

Januar 1911: Winterlager. Die Tiere scheinen weit zu wandern und sind nicht mehr häufig hier; auch von Ittusäkdjuak auf der Fußtour bis fast zum Kökdjuak und zurück nur ziemlich selten Spuren beobachtet. Die Gegend ist allzu tot, besonders bezüglich der Lemminge und Schneehühner. Bei nicht besonders gut verwahrten Seehunden haben sich aber sofort Füchse eingefunden und Eingeweide, Fleisch, Speck und Fell gehörig beraubt.

13. Februar: 1 JS ad. in der Nähe des Lagers erbeutet, sehr mager und, weil nicht besonders scheu, wohl sehr hungrig. Zwei Tage vorher bereits in der Nähe der Häuser angeschossen und erheblich verwundet, kommt das Tier doch wieder in dessen Nähe. Hat. nicht: weit von hier sein Lager in etwas felsigem Gebiete im Schnee, sich selbst gegraben, nur gerade so groß, um darin zu liegen, und durch die Benutzung etwas geglättet; Eingang gerade zum Durchschlüpfen genügend, rundlich; Decke schwach. Von AR Eskimos „Iglo“, Haus, genannt.

März: Sehr selten geworden, selbst in der Nähe aba a entdeckter, niedergelegter Fleischvorräte keine oder nur ausnahms-

Beob.chtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 155

weise Spuren beobachtet; das seltene Auftreten von Lemmingen und Schneehühnern mag die Tiere fernhalten.

Ursus maritimus ERXL. Esk.: Nennok.

Meine Leute erzählen mir, wie sie vor 2 Jahren im Herbste in der Nähe von Kikkerten beobachtet haben, wie ein großer Bär 3 Walrosse angegriffen und ein großes J getötet hat, indem er es am Kopfe zerrissen hat. Bär vertrieben, Walrosse geholt.

23. September 1910: Frische Fährten bei der Kökdjuak- mündung. 14. November: Fährten bei Lager P am Foxkanal.

Putorius eicognanii (Bp.). Hermelin. Esk.: Terriak.

Während des Winters 1909/10 kein Exemplar von den Eskimos im südlichen Cumberland Golfe gefangen und beobachtet.

November 1910: Die Spuren der Tiere werden in dem felsigen Hügellande in der Nähe des Foxbeckens häufig beobachtet. De- zember desgleichen, jedoch kein Tier beobachtet; anscheinend besonders des Nachts rege.

Dezember: Nur ausnahmsweise noch Spuren der Tiere an- getroffen.

Januar 1911: Während dieses Monats keine Spuren der Tiere von meinen Leuten beobachtet. Der Mangel an Schnee- hühnern und das äußerst seltene Auftreten von Hasen mag zur Auswanderung früher hier vorhandener Exemplare geführt haben. Allerdings ist der Schnee fast überall so fest geweht und gefroren, daß Spuren eines so leichten Tieres selten Eindrücke hinterlassen dürften.

Februar: Ausnahmsweise nur Spuren beobachtet.

März: Dasselbe.

Trichechus rosmarus L. Esk.: Aivek, Aivirk. | Meine Eskimos haben wiederholt gesehen, wie Walrosse See- hunde im Wasser fingen, umarmten, wobei sie sich hoch auf- richteten, und töteten. Vielfach im Magen große Stücke von Seehunden gefunden.

.. Oystophora cristata (Erxı.). Klappmütze. Esk.: Netsivak.

156 BERNHARD HAnTzscH f.

Phoca barbata FaBr.

Esk.: Ukjuk. Junge: Terriglo. Während des ganzen Winters 1909/10 einzelne Stücke erlegt. Sah ein Ende April nicht weit von Nuvujen erbeutetes Fell eines jungen Tieres, gleichmäßig grauschwarz, sonst weichhaarig,

wenn auch etwas kürzer als bei Ph. hispida. Kommt selten in

der Gegend vor.

19. November: 1 erlegtes © ist trächtig mit ca. 40 cm langem Jungen. Dieses schwärzlichgrau, auf dem Rücken 3 weißliche, am Hinterkopfe 1 größerer gleicher Fleck; noch kahl, nur am Kopfe beginnt feine Behaarung; Bartborsten schon stark entwickelt Im Magen große Mengen von Krebstieren, besonders eine ziemlich unserem Flußkrebse an Größe etwa gleichende Art (1 aufbewahrt). An einer Stelle der Magenwand zahlreiche Fadenwürmer. Magen- inhalt und Leber weggeworfen, weil angeblich den Hunden gefährlich.

Ziemlich häufig bei unserm Winterlager am Foxkanal beob- achtet.

Januar 1911: Einzelne in der Nähe des Winterlagers an- -

getroffene Atemlöcher dieser Seehunde sind natürlich erheblich sröber als die der gewöhnlichen Riugelrobben.

Die stellenweise zentimeterstarke Haut, von den Eskimos ge- legentlich sogar in rohem (gefrorenem) Zustande, wenigstens die weichere Innenseite, gegessen (auswendig schwärzlich), schmeckt nach Abschaben der Haare (diese von den Eskimos oft auch mit- gegessen) in weichgekochtem Zustande, wodurch sie etwas an- schwillt, durchaus angenehm. Ich lebe mehrere Tage hintereinander nur davon. Wenn auch mein Hunger damals groß war, glaube ich doch, dab sie mir auch in Zeiten genügender Ernährung durchaus angenehm, ja sogar wie ein Leckerbissen schmecken würde, ähnlich Schweinshaut, aber ich glaube würziger. Die Flossenfüße bestehen nur aus diesem Materiale, enthalten gar kein Fleisch; von Haaren befreit, was nicht leicht ist, und weich gekocht, sehr fein und zart schmeckend. Meine Leute verzehren in Zeiten des Mangels auch altes Leder, das eigentlich zu Schuhsohlen bestimmt ist; etwas über der Lampe trocken geröstet oder auch in Stücke ge- schnitten und gekocht; es ist dann dünner und zäher als frisch. Ich selbst habe nur die leimige, gelblichbraune Brühe getrunken, die nicht übel und ähnlich der aus frischen Stücken ausgekochten schmeckt.

Februar: Wiederholt einzelne im offenen Wasser des Fox- kanals beobachtet; zu Ende des Monats etliche Male mehrere, während andere Seehunde fehlen.

Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 157

März: Nicht selten bei offenem Wasser, nach wie vor ge- legentlich oft, häufiger als Ringelrobben. Die beiden Arten scheinen sich zu meiden, da entweder die eine oder andere Art, viel seltener beide gleichzeitig erscheinen. Blut dieser Seehunde sinkt bei Verwendung zum Kochen unter und bleibt fest, wenn auch wohl- schmeckend (wie bei Renntierblut).

Phoca vitulina concolor DEKAY. Esk.: Kassigiak.

Während des Winters 1909/10 von den Eskimos in Blacklead- Island nur 3 oder 4 Stück erlegt.

Phoca groenlandica FABr. Esk.: Kairelik. Es ist mir nichts zu Ohren gekommen, daß im Winter 1909/10 ein Exemplar von den Blacklead-Leuten erlegt worden wäre.

Phoca hispida SCHREB. Esk.: Netsek.

In Menge bei Blacklead-Island. Der eigentliche Seehund der Eskimos des Cumberland-Golfes, der täglich erlegt wird. Die ersten Jungen Anfang März, häufiger jedoch nicht vor Ende des Monats.

Mitte Mai 1910: Die Jungen haben nun das erste Haarkleid abgelegt, und besitzen ein solches ganz ähnlich den Alten, ziemlich langhaarig, Fleckung dunkel, fast schwarz. Es gab dieses Jahr sehr wenige Junge in der ganzen von mir besuchten Gegend. Die Eskimos behaupten, weil zu viel Schnee gefallen sei, was ich nicht glaube, da es gerade bis Anfang März wenig davon gab. Ob es an der Stärke des Eises bei dem vorangegangenen sehr kalten Winter liegt, wäre eher möglich. Das alte Weibchen stellt zwischen dem Eise und der Schneedecke darauf offene Plätze von mehreren Metern im Durchmesser her, die in langen Gängen nach dem Atemloche führen, das durch das starke Eis geht, oft senk- recht, oft ein wenig schräg. Häufig befinden sich solche Brutplätze im rauhen Eise; wir fanden sie aber auch inmitten weiter, völlig ebener Flächen weit ab vom Lande. Nichts verrät sie, als der hohle Klang, wenn man auf den Hohlräumen steht. Diese selbst sind also nicht viel breiter oder richtiger höher als das alte Tier. Hier wird das Junge geboren und gesäugt. Hat es das zweite Kleid bekommen, geht es ins Wasser und kommt heraus aufs Eis; mit- unter sieht man 2 beisammen, doch scheint immer nur ein Junges vorhanden zu sein. Die Tierchen sind recht selbständig und

158 BERNHARD HANTZzscH 7. -

ebenso scheu wie die Alten; meist sieht man sie allein ohne die Mutter. In den unbewohnten und nur im Sommer von einzelnen Eskimofamilien rasch durchzogenen Gegenden des Netschilling Fjords waren diese Seehunde sehr häufig. Zu ein oder zwei dicht bei ihren Löchern liegend, wenn das Wetter nicht allzu ungünstig ist, sieht man mitunter wohl 20 Stück über die weite Fläche verstreut (mit bloßem Auge). Manchmal .liegen auch 6, 8, 10 oder noch mehr Stück nahe beieinander, neben mehreren Löchern oder an Spalten. Auf einen Schuß verschwinden sie alle augenblicklich.

23. Mai: In dem langen schlauchartigen Magen eines O ad. nur wenige Krebsüberreste der häufigen Art. Nach Behauptung der Eskimos fressen die Tiere jetzt nur ganz wenig, fast aus- schließlich solche kleine Wassertiere.

Foxkanal. November 1910: Häufig, einzige zahlreich auf- tretende Seehundsart, etwas weniger scheu als im Cumberland Golfe.

15. November: Ein erlegtes O ad. hat den Magen mit Krabben vollgestopft (etliche in Spiritus verwahrt). Nach Mitteilung meiner Eskimos, die ja ihr ganzes Leben mit dieser Art zu tun hatten und viele Hunderte erlegten, unterscheiden sich die hiesigen Tiere ein wenig von denen des Cumberland-Golfes. Sie haben ungefleckte, sehr helle Unterseite, was bei den dortigen nur ausnahmsweise vorkommt. Flossen sind angeblich alle 4 größer. Die Exemplare sind häufig recht groß; 1 am 17. November erlegtes © ad. Gesamt- länge 138 cm. |

Januar 1911: Die Tiere sind selten in der Gegend. An- scheinend ist die Küste zu flach und das Eis- zur Anlegung von Atemlöchern zu uneben. 27. O0 ad. mit gut behaarten Jungen im Leibe, dessen Fleisch. recht gut schmeckt. Hunde nur mit Fell gefüttert, das von Haaren gereinigt und weich gekocht auch den Menschen recht angenehm schmeckt, nur viel dünner ist. Füße wie bei Bartrobbe, nur zarter. Die Leber der Tiere schmeckt angeblich anders als bei den Tieren im Cumberland Golfe, besitzt bei G ad. weniger üblen Beigeschmack und ist länger haltbar.

Nach der Vermutung meiner Leute rührt dies von der verschiedenen

Nahrung her, hier fast ausschließlich Krabben, dort auch viele kleine Dorsche. Die Tiere sind auch in dieser unbewohnten Gegend zumeist scheu. | a

Februar: In der von uns bewohnten Gegend im allgemeinen selten, unbeständig im offenen Wasser des Foxkanals erscheinend, wenn sich dieses bei Flut auftut. Atemlöcher nur wenige zu

Beobachtungen über die Säugetiere von Baffinsland. 159

finden; in ebenem Eise, das hier so selten ist, und in Eisspalten. Fleisch der hier vorhandenen Tiere angeblich zarter, Q weniger Beigeschmack, was besonders bei der Leber auffällig sein soll. Das Blut dieser Seehundsart mischt sich beim Kochen ziemlich vollkommen und macht die Brühe gleichmäßig dick, sämig, wohl- schmeckend und nahrhaft.

Phoca spec.? vom Netschilling.

21. Juni 1910: Von unserer Ankunft am See täglich bei einigermaßem günstigem Wetter einzelne Tiere auf dem Eise beob- achtet, etwas abseits vom Lande. Sie haben Atemlöcher ganz wie Phoca hispida, der sie nach Aussage der Eskimos auch völlig ähneln. Jetzt, später im Jahre ist Zen das Eis in der Umgebung der Löcher infolge Fig. 9 der Sonnenwärme weiter aufgetaut, so dab sich das ursprüngliche Atemloch in der Mitte einer kleinen offenen Wasserstelle findet. Der ganze See ist noch dick zugefroren, nur an den Küsten und dort, wo Flüsse münden, findet sich ein Streifen offenen Wassers. Die Tiere sind bei sonnigem Wetter ziemlich beweglich, legen sich auf die Seite und den Rücken und wackeln mit allen 4 Beinen, diese in regelloser Folge in die Luft streckend. In der Ruhe liegen sie auf der Unterseite, den Kopf in gleicher Richtung mit dem Körper vorwärts gerichtet, ziemlich tief an- gezogen, so daß der Hals nicht abgesetzt erscheint. Sie machen in dieser Lage einen weit ungeschickteren Eindruck, als wenn sie sich aufrichten und sichern (Fig. 9). Der Kopf wird aber immerhin noch etwas frei gehalten, selten ganz auf das Eis niedergelegt. Schlichen sich meine Leute auf allen Vieren an die Tiere heran oder gingen auch, den weißen Schirm vor sich hertragend, auf sie zu, So sichern die Tiere alle halben Minuten oder noch öfter. Dann richten sie den Kopf in die Höhe, wodurch der Hals deutlich ab- gesetzt erscheint. Solange dies geschieht, wartet der Jäger; legt sich das Tier wieder in die erstbeschriebene Stellung nieder, schleicht er weiter heran. Im allgemeinen erwiesen sich die bis zum 26. Juni beobachteten Seehunde nicht allzu scheu. Sie werden hier weniger verfolgt als anderswo, da es im Sommer, wo eigentlich nur Eskimos den See besuchen, viel leichter ist, Renntiere als See- hunde zu jagen, und das Fleisch ersterer ist weit mehr beliebt. Nur des Speckes wegen schätzt man die Seehunde, obgleich das Fleisch besser als das von Ph. hispida sein soll. Ich es roh und gekocht mit besonderem Prüfen, fand aber kaum einen großen Unterschied. Mir erschien es zarter und weicher und weniger

160 JoH. THIELE.

kräftig schmeckend, was wohl von dem Aufenthalte der Tiere im Süßwasser herrührt. Nach Aussage der Eskimos fressen sie viel Lachse und Forellen, doch ist der Magen der auf dem Eise erlegten Tiere immer leer. -— Die Leute kennen wohl die Unterschiede der Seehunde und machen besonders auf die Verschiedenheit des Kopfes

aufmerksam. Die Haut soll dicker als bei dem gewöhnlichen See- hunde sein. 1 © ad., nicht mehr fortpflanzungsfähig, deshalb

ohne Junges in diesem Jahre, erlegt am 25. Juni. Gesamtlänge 1,40 m. Iris: schön dunkelbraun mit einzelnen Flecken und Ader- zügen; Pupille länglichrund, von oben nach unten gehend. Auge auch innen größer als bei Phoca hispida. Fell präpariert. Neues Haarkleid.

3 weitere erlegte Stücke sind sämtlich sehr alte Tiere. Nach Aussage der Eskimos äußere Augenöfinung kleiner, inneres Auge größer als bei Ph. hispida (Fig. 10). Schnauze

Fig. 9. kürzer. J ad.: Gesamtlänge 144 cm. Koptf-

umfang 43,5 cm. Von Kopf bis Anfang der

Vorderfüße 50 cm. Breite von Achsel zu Achsel unten 39 cm.

Brustumfang hinter den Vorderfüßen 108 cm. Bauchumfang vor den Hinterbeinen 52 cm.

Bei dem präparierten © ist die dreifache Geschlechtsöffnung sowie ein kleiner Knochen, ähnlich dem C Penisknochen, auffällig. Die Eskimofrauen haben solches noch nie beobachtet.

5. Juli: Ein diesjähriges Exemplar vergeblich beschossen.

Delphinapterus leucas (Paur.). Esk.: Kellellugak.

22. April 1910: Heute auf dem offenen Wasser eine Menge gesehen und ohne Erfolg verfolgt.

Ein neuer Solenogaster von Spitzbergen. Von JoH. THIELE.

Nachdem ich früher in dem von RöMER & ScHAuDInN bei Spitzbergen gesammelten Material eine neue Proneomenia-Art ge- funden und beschrieben hatte (Fauna Arctica, v. 1 p. 111t.5), hat nachträglich VAnHörren darin noch ein kleines Exemplar dieser Tiergruppe gefunden und mir zur Bearbeitung übergeben. Seine Konservierung war nicht gut, doch konnte ich die Hauptmerkmale

SER 2 WORE EZ ae ee iın ann u Da nn

Ein neuer Solenogaster von Spitzbergen. 161

erkennen, und diese ergaben, dab das Tier zu einer neuen Art gehört, die ich Nematomenia arctica nenne.

Das Tier (Fig. 1) ist vermutlich noch nicht ausgewachsen, es hatte eine Länge von 45 mm und einen Durchmesser (Höhe) von 0,6 mm. Die Umgebung der Mund-

öffnung ist etwas konkav und

durch eine Kante nach oben ab- FR

gesetzt; im übrigen ist die Unter- RER

seite deutlich abgeflacht, der ;

Rücken kantig, der Querschnitt

deutlich höher als breit. Die Er u

Bauchrinne enthält keine Falte, er: vr :

sondern ist flach. i Die Oberfläche wird von BE £

dichten Schuppen bekleidet. Die Ei

Hauptform (Fig. 2a) ist ziemlich breit blattförmig, distal abge- rundet, proximal verschmälert und gerade abgeschnitten; sie ist etwa 80 » lang und 46 u breit. Zwischen ihnen finden sich schmal blattförmige Schüppchen, 65—75 u lang und 18 u breit, die proximal stielartig verschmälert, distal zugespitzt oder abgerundet sind (Fig. 2b). Neben der Bauchrinne liegen abgerundet stumpfwinklige

Schüppchen (Fig. 2c), denen SEN sich mehr flügelförmige an- e N schließen.

b Das Atrium, in welches

Be) die Mundöffnung führt, ist

klein und enthält nur wenige

Cirren. Der Schlund ist

anfangs eng und erweitert _

sich dann, worauf durch einen

Fig. 2. Ringmuskel eine bedeutende

Verengung bewirkt wird;

schließlich wird er wieder weiter, erhält ein ziemlich hohes Epithel

und mündet nach im ganzen geradlinigem Verlauf in die Unterseite

des Mitteldarms, der nur einen kurzen vorderen Fortsatz aufweist.

Eine Radula ist nicht wahrzunehmen; die Speicheldrüsen bilden mäßig große kompakte Massen unter dem Schlunde.

Das Perikard ist ziemlich klein, rundlich. An seinem Hinter: ende entspringen die anfangs engen Gonodukte und bilden jeder- seits eine über ihnen und unter dem Perikard gelegene Samenblase und eine zweite an ihrer Mündung in die Schalendrüse; dieses Paar

Pier; 1.

162 Zweite wissenschaftliche Sitzung am 18. Februar 1913.

ist nach vorn gewendet und liegt unter dem Darm nebeneinander

und vor der Schalendrüse. Diese ist groß, einheitlich, besonders dorsal mit hohem Drüsenepithel; ihre Mündung ist eng. Die

Kloakenhöhle nimmt den hintersten Teil des Körperinnern ein, sie ist ziemlich geräumig, mit ungefalteter Wandung.

Nach der Form der Kalkschüppchen und der Beschaftenken des Schlundes hat unsere Art am meisten Ähnlichkeit mit Nemato- menia flavens (Pruvor), so daß sie zweifellos in diese Gattung gehört. Indessen dürften zu dieser auch 2 Arten gehören, für welche Sımroru eigene Gattungen geschaffen hat; Myzomenia banyulensis (Pruvor) ist hauptsächlich durch den eigentümlich ge- knickten Schlund ausgezeichnet, aber fast genau dieselbe Form hat er

bei Proneomenia thulensis, und darin wird kaum ein Gattungsmerkmal

liegen. Echinomenia corallophiıla (KowALevsky) ist überhaupt noch ungenügend bekannt, und vorläufig haben wir kaum einen hin- reichenden Grund, diese Art von Nematomenia abzutrennen. Ebenso- wenig kann ich aus den Angaben über die unlängst beschriebene Herpomenia HEATH etwas entnehmen, was diese von Nematomenia unterscheidet. Somit vereinige ich Myzomenia, Herpomenia und Echinomenia mit Nematomenia; diese Gattung ist durch die bei allen Arten ähnlichen Kalkschuppen und den Schlund ohne Ba gekennzeichnet.

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 18. Februar 1913. E. SCHWARZ: Die Verarmung des Stromgebiets der Donau im Lichte der Tiergeographie. F. MÜLLER: Über einige neue Stachelschweine Asiens. A. BRAUER: Über das Gebiß von Procavia. (S. Seite 118.) P. MATSCHIE: |. Über einen in Westpreußen erlegten Wolf. 2. Ein in der Mark gefundenes Geweih des Riesen- hirsches. 0. HEINROTH: 1. Über die neu im Berliner Zoologischen Garten eingetroffenen Proechidna und Rhinochetus. 2. Über ein kugliges Gebilde im Gehörgang von Uria troile. A. SCHUBERG: Anfrage über das Vorkommen von Hirudo medi- cinalis in der Umgebung Berlins.

Druck von A. Hopfer in Burg b. M.

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Auszug aus den Gesetzen N Se Gesellschaft Naturforschender Freunde

zu Berlin.

Die im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforächen a Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche 1 FaLy zur Beförderung der Na WISENEC REN a der Biontologie. ® E

Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außerouden R lichen und Ehrenmitgliedern. 4

Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20. betragen darf, ergänzen sich durch einstimmige Wahl nach 4 den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789 und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem ‚Kreise x , die Vorsitzenden und Schatzmeister. u

Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschräne ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf ee u: eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung, - gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und

“inladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlichen % Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das 5 „Archiv für Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter- 43 stüitzten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise De ht

Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit Aus e 24 der Monate August und September am 2. und 3. Dienstage 2 jedes Mamas bis auf weiteres im Hörsaale VE all Am. ee

Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt.

Alle für die Gesellschaft bestimmten Sendinepn s ind

Are

an den Sekretär, Herrn Dr. K. Grünberg, Berlin N

.

Invalidenstr. 43, zu riehten. ; Re a

DEC 6 1916

3932

4 Sitzungsberichte

licchalt. N)

- Naturforschender SA.

zu Berlin. Nr. 8. März 1913. } er E:- INHALT: Be - Über die Drehungsbeträge der menschlichen Wirbelsäule. Von Epmuxo Mayer 163 ‘Über künstliche Auslösung der Eientwicklung bei Amphibien. Von Frınz Levy 167 Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen und Hypsoiulus n.subg. (Uber Diplopoden, 61. Aufsatz.) Von Kırı W. VERHOEFF 170 "Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. Von Te RR Ar SA OS WE 0 RE 192 Zur Reptilien- und Amphibienfauna Koreas und Japans. Von Turovor Vocr 219 ‘Über die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan. Von Turovor Vocr 222 229

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 18. März 1913 ..... N EORUERE

BERLIN.

In Kommission BEI R. FRIEDLÄNDER & SOHN, NW CARLSTRASSE 11; 71913.

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DEC 6 195

Nr. 3. 1913 Sitzungsbericht

der

Gesellschaft naturforschender Freunde

zu Berlin

vom 11. März 1913.

Vorsitzender: Herr P. MATSCHIE.

Herr H. Kunzzen sprach über einige bemerkenswerte Fälle tiergeographischer Verbreitung bei Blattkäfern. Herr E. Mayer sprach über die Drehungsbeträge der menschlichen Wirbelsäule.

Über die Drehungsbeträge in der menschlichen Wirbelsäule. Von EpmunD MAYER.

Wenn ich hier einige kurze Mitteilungen über die Drehungs- bewegungen in der menschlichen Wirbelsäule mache, so geschieht dies, um zweierlei zu zeigen:

1. Welch große grundsätzliche Verschiedenheit noch immer in der Betrachtung von Gelenkproblemen herrscht.

2. Welch unverhältnismäßiger Aufwand von technischen Be- mühungen nötig ist, um auch nur den kleinsten Schritt vorwärts zu kommen.

Die Gelenke der menschlichen Wirbelsäule unterscheiden sich folgendermaßen: Im Halsteil stehen die Gelenkflächen schräg zur Horizontalebene, im Brust- und Lendenteil senkrecht; und zwar stehen sie im Brustteil frontal, im Lendenteil sagittal. Oder genauer ausgedrückt: im Brustteil auf der Peripherie von Kreisen, deren Zentrum in oder vor den Wirbelkörpern liegt; im Lendenteil hingegen auf den Radien derselben Kreise.

Wenn wir uns nun die Frage nach der Mechanik der Wirbel- säule vorlegen, so ergeben sich folgende deduktiven Vorstellungen: Im Lendenteil wird Vor- und Rückwärtsneigung im Vordergrund stehen, Drehung um die Längsachse sowie Seitenneigung dagegen nicht möglich sein. In der Brustwirbelsäule dagegen werden Drehung und Seitenbeugung im Vordergrunde stehen; Bewegungen in der Sagittalebene sind vielleicht möglich, aber nur schwer ver- ständlich. In der Halswirbelsäule schließlich müssen wir aus dem Bau deduzieren, daß weder einfache Vor- oder Seitenneigung, noch

11

164 EpmunD MAYER.

einfache Drehungen möglich sind, sondern nur kombinierte Be- wegungen. Es empfiehlt sich also, die induktive Untersuchung in den Teilen der Wirbelsäule zu beginnen, die relativ weniger kom- pliziert erscheinen, d. h. den Halsteil zuletzt zu nehmen.

Überdies finden sich im Thorakalteil und nur in diesem die einzigen Muskeln, bei denen wir nach ihrer Anordnung eine eindeutige Funktion erwarten dürfen, nämlich die Rotatoren. Mit Rücksicht auf diese Muskeln habe ich auf den Rat von Herrn Prof. Vırcnow die Untersuchung der Drehungsbeträge in der Brustwirbelsäule als Ausgangspunkt genommen.

An bisherigen Angaben nenne ich die von Hucazs (Arch. f. Anat. u. Physiol. 1893); er gewann unter Leitung von FiscHER und Braune seine Zahlen, indem er die Wirbelsäulen im ganzen drehte: das Ergebnis besteht in völlig unregelmäßigen, durchaus sprunghaften Beträgen.

In seinem Handbuche der Gelenklehre zitiert Fıck diese Arbeit mit dem Bemerken, dab diese völlige Regellosigkeit ihm doch recht verdächtig wäre.

1911 erschien nun aus Strasser’s Laboratorium in Bern eine Dissertation von NovoGRoDSKI; dieser drehte nicht die ganze Wirbel- säule auf einmal, sondern er fixierte jedesmal einen Wirbel, drehte den Nachbarwirbel und las mit Hilfe verschiedener Zeiger die Beträge ab (siehe die Tabelle).

NOVOGRODSKI MAYER Gelenk 39 62 35 53 |ca.35 37 Jahre | Jahre | Jahre | Jahre | Jahre | Jahre

1. /2.. Brustwirbeli aymk mA 1300| 10 10 2 5,5 2.8. OR ER 12 4 7 10 6 4 3./4. ER ER AREREESR 12 4 7 7 4 5 4.]5. ET Re en 12 4 6 7 4 1,5 5./6. RE er Sr ut 12 4 6 6 5,5 5 6: /7. RA RE e 1:28 4 6 6 8,5 7./8. a FREUT FE 10 4 5 6 1,5 |4,5 0,5 8.19. 1. 6 re 11 4 5 6 3 125-405 9./10, ET DB 9 4 5 4 4 185 -0,5 10-773 a A N ra ER 7 u 5 a 1 25-05 11.138.238, 2 OA 6 ren 5 1 05205 12. Brustwirbel/1. Lendenwirbel 5 2 4 4 4 0 bis 0,5 1./2. Lendenwirbel . .... . 4 2 2 4 0 bis 0,5 2./8. a a 3 2 2 4 0 bis 0,5 3./4. RI DR 3 2 2 4 4.|5. ren SR BEE A le 2 2 4

Diese Zahlen erschienen nun wieder Herrn Prof. Vırcnow in

ihrer Regelmäßigkeit so unwahrscheinlich, daß er mich zu einer erneuten Untersuchung anleitete.

RS

. 4 r p y N

Über die Drehungsbeträge in der menschlichen Wirbelsäule. 165

Es ist ja kaum vorstellbar, wie eine Reihe von Gelenken mit den durchaus ungleichen Bandscheiben, mit Nucleus pulposus, Bändern, einen derartig exakten Kifekt erzielen sollte, besonders da NovoGropskı über die Kraft, mit der er die einzelnen Drehungen ausführte, nichts sagt und wohl auch nichts sagen kann.

Meine Untersuchung benutzte die VircHow’sche Gipsformmethode und hatte folgenden Gang: Die frischen Wirbelsäulen wurden von der Muskulatur befreit und die Knochen unter Schonung des Bandapparates an bestimmten Stellen so rein geschabt, wie es zur Gewinnung scharfer Gipsformen nötig ist. Zunächst wurde nun von der ruhenden Wirbelsäule eine Gipsform abgenommen; dann trieben wir einen Nagel durch einen der letzten Lendenwirbel in den Tisch und fixierten so die Wirbelsäule unten. Hierauf wurde die Halswirbelsäule mit den Händen gefaßt und die Wirbelsäule im ganzen kräftig, aber nicht gewaltsam gedreht, wobei auf die Vermeidung von Nebenbewegungen möglichst geachtet wurde. In dieser Lage wurde das Präparat fixiert und abgegipst. Nach der Maceration brauchte man, wie üblich, die Wirbel nur in die eine oder in die andere Form zu legen, um die Gelenkverhältnisse der ruhenden mit denen der gedrehten Wirbelsäule vergleichen zu können.

Die Messung der Einzelbeträge geschah nun in folgender Weise: Während die Wirbel in der Ruhestellungsform lagen, sollten Stifte es dienten geradegehämmerte Stricknadeln dazu so in ihnen befestigt werden, daß alle schnurgerade in einer Ebene standen. Da mit dem Drillbohrer in dem porösen Knochen nicht genau gearbeitet werden kann, so wurden große Gruben in die Wirbel gemacht, die Stifte ganz lose hineingestellt und mit dem oberen Ende zwischen zwei vollkommen geraden eisernen Schienen festgeklemmt. Dann kam eine Mischung von Gips und Leim in die Gruben. Diese erstarrte allmählich und fixierte so die Stifte in einer Linie, da diese unter keinem anderen Einfluß als dem der Schienen standen.

Wenn man nun die Wirbel in die Form von der Drehung legte, dann bildeten die Stifte Winkel miteinander, die der Be- wegung der Wirbel gegeneinander entsprachen. Je zwei benachbarte Wirbel wurden photographiert und auf den Kopien die Winkel der Stifte, d. h. die Einzelbeträge der Drehung, gemessen.

Davon, daß die Größe der Winkel von der Richtung der photographischen Aufnahme weitgehend unabhängig ist, habe ich mich durch den Versuch überzeugt.

Um aber allen etwaigen Fehlerquellen der photographischen Methode aus dem Wege zu gehen und auch eine Kontrolle über

z1r

166 Eomuno Mayer: Über die Drehungsbeträge in der menschlichen Wirbelsäule.

Nebenbewegungen um andere als die Längsachse zu haben, ging ich bei einer zweiten Wirbelsäule so vor.

Statt der Stahlstifte wurden schmale, längliche Glasplättchen genommen. Diese hatten den Vorzug, von idealer Geradheit zu sein, sehr wenig zu federn, und vor allem als flächenhafte Gebilde auch Bewegungen um sagittale Achsen zu verraten.

Ich will gleich bemerken, daß sich solche Nebenbewegungen, die sich mit Drehung kombinieren könnten, kaum zeigten.

Zwischen zwei benachbarte Wirbel hielt ich nun einen Rahmen mit gespanntem, durchsichtigem Papier, ungefähr senkrecht auf der Längsrichtung der Wirbelsäule, ließ ein Klötzchen mit einem Bleistift längs der Glasplättchen gleiten, so daß auf jeder Seite des Papiers ein Strich entstand, und maß den Winkel, den die beiden Striche miteinander bildeten. Diese Art der Aufzeichnung und Messung wurde mehrmals wiederholt und dann das Mittel genommen.

Die Ergebnisse der zweiten Wirbelsäule sind wohl zuverlässiger als die der ersten, da erstens die Gipsformen bei ihr sehr viel schärfer ausfielen, zweitens die Glasplättchen den Stricknadeln überlegen sind und drittens alle Messungen wiederholt vorgenommen wurden, so daß Mittelwerte und ungefähre Fehlergrenzen vorliegen. Die gefundenen Zahlen siehe auf der Tabelle.

Es haben sich also wieder völlig sprunghafte Beträge ergeben. Das einzige, was man sagen kann, ist, daß die Beweglichkeit im oberen Teil der Brustwirbelsäule im allgemeinen größer ist, als im unteren. Dies läßt sich auch von NovoGropskts Zahlen ab- lesen, aber wieder mit so großer Regelmäßigkeit, daß sie uns ver- dächtig ist.

Wenn man ferner meine zweite Wirbelsäule, bei der auch einige Lendenwirbel berücksichtigt werden, als die zuverlässigere ansieht, dann scheint es so, als ob in der Lendenwirbelsäule die Drehung so gut wie gänzlich fehlt, was ja zu der Stellung der (selenkflächen und dem Fehlen der Rotatoren gut passen würde.

Die Bruchteile von Graden, die etwa doch zustande kommen könnten, erklären sich ausreichend durch Zusammendrückung der (relenkknorpel.

Soviel für heute.

Für Ratschläge zur Vereinfachung der Methodik wäre ich sehr dankbar. |

Di Zu ME u

Frırz Levy: Über künstliche Auslösung der Bientwicklung bei Amphibien. 167

Über künstliche Auslösung der Eientwicklung bei Amphibien. Vorgetragen am 17. Dezember 1912 von Fritz Levy, Berlin.

Nach der Methode von Barasurox”) habe ich im Jahre 1912 im anatomisch-biologischen Institut der Universität Berlin etwa 8000 Eier von Rana temporaria (fusca), arvalis, esculenta, Bufo vulgaris, Triton taeniatus und eristatus mit Platindrähten von 0,02, 0,03 und 0,05 mm Durchmesser angestochen. Bei den T’riionarten war es wegen der Festigkeit der Gallerte nicht möglich, ohne zu starke Schädigung in das Ei einzudringen. Bei Bufo erzielte ich einige Barockfurchungen, sehr wenige normale Furchungen. Die Frosch- eier stellten sich fast alle °/,—1 Stunde nach dem Anstich polar ein. Etwa 800 Furchungen wurden beobachtet, von denen viele Barockfurchungen waren. Nur 24 Eier entwickelten sich über die Gastrulation hinaus, 11 Embryonen verließen die Gallerthülle und wurden frei schwimmende Kaulquappen, die mehr oder minder bald starben. Es zeigten sich verschiedene Mißbildungen, wie Spina . bifida, Skoliose u. a. Ein Tier starb, als es schon gut entwickelte Hinterbeine hatte und die Stummel der wachsenden Vorderbeine deutlich sichtbar waren. Eine Rana temporaria (fusca) lebte als metamorphosierter Frosch einen Monat lang auf dem Lande, eine Rana esculenta drei Tage.

Vergleichsphotographien von den gleichaltrigen Fröschen be- stätigen die schon bei den Kaulquappen gemachten Beobachtungen, daß die durch künstliche Entwicklungserregung erzeugten Tiere bedeutend kleiner sind als die Kontrolltiere. Zu den Versuchen wurden Eier benutzt, die ihre Reifung durch Reduktionsteilungen vollendet hatten. Demnach mußten sich die Versuchstiere mit der halben Kernmasse und der halben Chromosomenzahl zu entwickeln beginnen. Es erhob sich nun die Frage: Entwickeln sich die durch künstliche Entwicklungserregung erzeugten Tiere mit der halben Chromosomenzahl (haploid) oder nach einer etwaigen Regulation mit der normalen Chromosomenzahl (diploid)? Mitosen im Larven- epithel schienen haploid zu sein. Eine genaue Zahlenbestimmung erschien jedoch kaum möglich; deshalb nahm ich Kernmessungen vor, da nach Boverı (1905) die Kerngröße im direkten Verhältnis zur Chromosomenzahl steht. Die Kernmessungen aus den ver- schiedensten Geweben erlauben mit Bestimmtheit den Schluß, daß die Kerne haploid sind. Die Zellgrößen bei Kontroll- und Ver-

*) Eine genaue Beschreibung der Methode findet sich in meiner aus- führlicheren Mitteilung: Über künstliche Entwicklungserregung bei Amphibien. Archiv für mikroskopische Anatomie. Bd. 82. Teil 2. 1913.

168 Fritz Levy.

suchstieren verhalten sich infolge der von RıcHArD Herrwıs be- schriebenen Kernpiasmarelation wie die Kerngrößen; am deutlichsten trat dieser Befund bei den Erythrocyten zutage, da diese glatt- randigen, leicht auffindbaren Gebilde mit Leichtigkeit Messungen gestatten.

Bisher war es gelungen, im normalen Befruchtungsvorgange zwei Faktoren zu erkennen: die Entwicklungserregung und die Ver- erbung elterlicher Erbmassen. Die Versuche mit künstlicher Ent- wicklungserregung weisen uns, glaube ich, noch auf einen dritten Faktor hin: die Erhaltung der Fortpflanzungsfähigkeit. Irgendwie bindende Schlüsse über künstliche Entwicklungserregung, Parthenogenesis und normale Befruchtung können nur bei solchen Tierarten gemacht werden, bei denen der normale Verlauf der Reifung in den Geschlechtszellen bekannt ist. Aus Untersuchungen über die Reifeteilungen beim Frosch, die ich demnächst veröffentlichen werde, geht hervor, daß sich hier nach der Synapsis je zwei Chromosomen Ende an Ende als ringförmige Tetraden finden. Die Reduktion erfolgt nach dem pseudomitotischen Typus. |

Mit vortrefflicher Klarheit hat jüngst SchLeıpp die Resultate der Untersuchungen über die Reifungsvorgänge bei Tieren, die normaler- weise Parthenogenese haben, zusammengestellt: „Obligatorisch parthenogenetische Eier, d. h. solche, die nicht befruchtet werden können, verhalten sich bei ihren Reifeteilungen verschieden; stets aber unterbleibt die Reduktion der Chromosomenzahl. Fakultativ parthenogenetische Eier, d. h. solche, die sich befruchtet oder unbefruchtet entwickeln können, erfahren stets eine Zahlenreduktion; sie entwickeln sich mit der halben Chromosomenzahl zu Männchen, in deren Spermatogenese dann die Reduktion der Chromosomenzahl ausfällt. Bei jeder derselben ist nicht nur eine Verminderung der Chromosomenzahl schlechtweg, sondern auch der Zahl der ver- schiedenen Chromatineinheiten verhütet, falls eine Verschiedenheit zwischen denselben besteht.“

Aus den Arbeiten von GÜNTHER HerTwıG und ÜOPPERMANN geht hervor, daß schwach mit Radium geschädigte Spermatozoen noch eine Amphimixis eingehen. Da aber die Spermatozoen durch die Bestrahlung verändert sind, handelt es sich hier um eine der Bastardbildung ähnliche Entwicklungserregung. Sind die Sperma- tozoen stark geschädigt, so wird ihr Chromatin wie in KupkL- WIESER’S Versuchen der Mytilusspermakern ausgeschieden. Praktisch handelt es sich hier auch um asperme Entwicklungserregung. Dazu ist auch noch die Merogonie zu rechnen, In beiden Fällen verläuft

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Über künstliche Auslösung der Bientwicklung bei Amphibien. 169

die Entwicklung monokaryotisch, sei es arrhenokaryotisch (Mero- gonie), sei es thelykaryotisch (asperme Entwicklungserregung:).

Danach glaube ich, daß es nicht allzu gewagt erscheint, folgende Hypothese aufzustellen: Eikern wie Spermakern sind gleichwertige Gebilde, die jedes für sich bei Vorhanden- sein einer geeigneten Plasmamenge durch verschiedene zur Zeit ihrer Wirkung nach unbekannte Reize zur Ent- wicklung eines Embryo mit haploiden Kernen angeregt werden können. Tritt im normalen Verlauf der Reife- teilungen bei der betreffenden Tierart eine Reduktion ein, so muß das Tier, das schon in den somatischen Zellen ha- ploide Kerne hat (was wenig wahrscheinlich ist), unter Änderung des Reifungsmodus die Reduktion ausfallen lassen oder es wird nicht geschlechtsreif. Bei den echten Bastarden handelt es sich wahrscheinlich um Störungen in der Intimfusion (HÄckeEr). . Der Kernmasse nach könnten sie sonst geschlechtsreif werden. Bei der aspermen Entwicklungserregung und der Befruchtung mit stammfremdem Sperma muß also entweder die Tierart ihren Reifungs- modus „umlernen“ oder aber wir bekommen in der F,-Generation nur Abortivformen, die nie geschlechtsreif werden können; es handelt sich dann hier um eine degenerative Entwicklungserregung im Gegensatze zur Parthenogenese sowohl der somatischen mit ganzer Chromosomenzahl, wie der generativen mit halber Chromosomen- zahl und verändertem Reifetypus. Die echte Parthenogenese ist ein veränderter Modus der normalen Befruchtung und liefert daher auch zeugungsfähige Nachkommen.

Bis jetzt ist es mir noch nicht gelungen, einen Frosch bis zu dem Alter aufzuziehen, in dem er &eschlechtsreif werden müßte. Das hier Entwickelte ist daher vorläufig nur eine Hypothese. Ich hoffe bald nach weiteren und umfassenderen Versuchen mehr Material zur Klärung der Verhältnisse beizubringen. Es wird aber, dessen bin ich mir wohl bewußt, noch vieler Versuche und Unter- suchungen bedürfen, bis es gelingen wird, alle Lücken der Beweis- führung in dem Bauplan auszufüllen, dessen Entwurf ich im An- schluß an meine Versuchsergebnisse versucht habe.

170 KırıL W. VERHOEFF.

Die süddeutschen, zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus- Formen und Hypsoiulus n. subg. (Uber Diplopoden, 61. Aufsatz.)

Von Kırı W. VERHOEFF, Pasing. Dazu 9 Figuren.

In dem Aufsatze „Rheintalstrecken als zoogeographische Schranken“ (Zoolog. Anzeiger, Februar 1912) habe ich auszuführen gesucht, welchen einschneidenden Einfluß ein größeres Flußtal im Zeitenlauf gewonnen hat auf solche Tiere, welche, wie die meisten Diplopoden, Flüsse aktiv zu überschreiten nicht imstande sind und auch passiv nur in sehr seltenen Fällen vertragen werden können.

Die zoogeographische Bedeutung der Donau habe ich ebenfalls schon hervorgehoben und kommt sie als eine Grenzlinie ersten Ranges in meiner zoogeographischen süd-nördlichen Dreiteilung Deutschlands zur Geltung).

Süddeutschland (in meinem im 38. Aufsatz umschriebenen zoogeographischen Sinne) zerfällt in drei Gaue, welche voneinander schärfer geschieden sind als die meisten Gaue von Mittel- und | Norddeutschland, weil die Grenzen zwischen diesen drei süddeutschen | Gebieten durch zwei große Flüsse gebildet werden, die in früheren | Erdperioden noch gewaltiger. gewirkt haben und zeitweise als Eis- oder Eiswasserströme. Ich bezeichne diese süddeutschen Gaue als

1. schweizerischen (oder helvetischen) Gau, westlich des Rheines, südlich von Bodensee, Rhein und Burgunder Klause,

2. schwäbisch-bayrischen (oder vindelizischen) Gau, östlich vom Rhein, Bodensee und der Rhein-Donau-Versickerungs- linie, südlich von der Donau und westlich vom Inn,

3. österreichischen (oder norischen) Gau, östlich vom Inn, westlich von der ungarischen Tiefebene und südlich von der Donau.

Die Südgrenzen dieses Süddeutschlands lassen sich vorläufig, d.h. bei der jetzigen, noch unvollständigen Erforschung der reichen Diplopoden-Fauna der Alpenländer, nicht mit Bestimmtheit und nicht so scharf angeben wie die übrigen Grenzen, doch können vorläufig die Südränder der nördlichen Kalkalpen als Abschluß gelten, und zwar vom Genfer See und dem Rhonedurchbruch im Westen bis zum Neusiedler See im Osten.

!) Die nordböhmisch-sächsische Fauna und ihre Bedeutung für die Zoo- geographie Mitteleuropas, über Diplop. 88. Aufsatz, Abhandl. der Isis, Dresden 1910.

LaW u

Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen usw. 171

Durch die Diplopoden-Fauna sind diese drei süddeutschen Gaue äußerst scharf charakterisiert. Eine genauere Begründung dieser Faunengebiete wird später eine besondere Arbeit bringen, einige hervorstechendste Züge mögen jedoch schon jetzt genannt werden. Der vindelizische Gau istarm an Charakterformen, während die beiden äußeren Gaue durch eine ganze Reihe endemischer Formen charakterisiert sind.

Den Grund für diese so wichtige und merkwürdige Erscheinung kann ich nur in den Vorgängen früherer Erdperioden erblicken, und zwar besonders darin, daß unter den Ländern, welche den Alpen im Norden vorgelagert sind, die mittleren am meisten unter Eisströmen zu leiden gehabt haben und sich, nachdem der größte Teil der früheren Bewohner verdrängt worden war, am schwersten wieder besiedeln konnten, zumal sie den günstiger ge- stellten Gebieten im Westen und Osten am fernsten liegen. Außer- dem liegen die mittleren Gebiete am ausgiebigsten im „Schatten“ der Hochgebirge und sind dadurch klimatisch am ungünstigsten gestellt. Wir würden aber trotzdem nicht so große Unterschiede in der Fauna der drei Gaue antreffen, wenn sich nicht die großen Flüsse und Seen und Gletscher unmittelbar den wandernden Tieren hindernd in den Weg gestellt hätten.

So trägt der vindelizische Gau mehr als jeder andere in Mittel- und Süddeutschland den Charakter eines Eiszeitgaues. Er ist außerdem der süddeutsche Mischungsgau, und hierin liegt seine besondere Bedeutung. Auf seinem Boden haben sich weit mehr als im helvetischen und norischen Gau östliche und westliche Gattungen und Arten durchein- andergeschoben. Der norische Gau dagegen ist arm an westlichen und der helvetische Gau arm an östlichen Formen. |

Als Beispiele erwähne ich das westliche Oraspedosoma_ ale- mannicum, welches ostwärts in den norischen Gau vordrang, und die östliche Glomeris hexasticha, welche in den helvetischen Gau nach Westen gelangte.

Während dem vindelizischen Gau eine eigentliche Charakter- gattung überhaupt nicht zukommt, besitzt jeder der beiden andern Gaue mehrere derselben.

Orthochordeumella, Macheiriophoron und Helvetiosoma sind zwar nicht auf den helvetischen Gau beschränkt, aber sie haben doch in ihm ihre hauptsächlichste Ausbreitung erfahren und dieser Gau ist daher ihre hauptsächlichste Heimat. Alle drei fehlen dagegen dem norischen Gau, während sie dem vindelizischen entweder eben-

178 | KArL W. VERHOEFF.

falls fehlen (Helwetiosoma), oder ihn nur im Westen erreichen (Macheiriophoron) oder nur in einer Art über ihn ausgebreitet sind (Orthochordeumella).

Überraschend reich an charakteristischen Gestalten ist der norische Gau, daher der am schärfsten ausgeprägte

unter allen deutschen Gauen. Nach unsern bisherigen Kennt- nissen besitzt er nicht nur Gattungen, welche innerhalb Süddeutsch- lands in ihm allein vorkommen, wie Gervaisıa und Glomeridella, sondern er ist auch die Heimat endemischer Gattungen, wie Listrocheiritium, Dendromonomeron, Syngonopodium n. g. und Halleinosoma n. £.°).

Der norische Gau ist in früheren Zeitläufen, ganz entsprechend den jetzigen Gebirgszuständen, von Eisströmen weniger heimgesucht worden als der helvetische und hat daher noch mehr als dieser mit einer alteingesessenen Diplopoden-Fauna die Eiszeiten überdauern können.

Als ein besonders wichtiges Ergebnis meiner neuesten nord- ostalpinen Forschungen habe ich die Feststellung zu verzeichnen, daß die Fauna des Salzkammergutes (im weiteren Sinne) zwar eine weitgehende Verwandtschaft zeigt mit der Fauna Steier- marks, dab sie aber auch zu dieser zugleich in einem unverkenn- baren Gegensatze steht, der sich am besten ausdrücken läßt durch die Gegenüberstellung von

Heterohaasea und Dendromonomeron, Polyphematia und Syngonopodium, Trachysoma und Halleinosoma.

Auch für Listrocheiritium. scheint in Steiermark eine Ersatz- gruppe vorzukommen, doch ist darüber noch keine ausreichende Aufklärung gegeben worden.

Die Eigentümlichkeiten der süddeutschen Gaue werden noch weit mehr hervortreten, wenn. alle einzelnen Formen nach ihrer Verbreitung und Herkunft vergleichend behandelt werden, was erst in einem späteren Aufsatze geschehen soll; im folgenden will ich jedoch einige Leptoiulus bekannt machen, welche bei der Auffassung der süddeutschen Gaue eine wichtige Rolle spielen.

Für die Alpenwelt ist überhaupt keine Iuliden-Gattung charakteristischer und darum wichtiger als Leptoiulus. Zwar ist dieselbe keineswegs auf das Gebiet der Alpenländer beschränkt, sondern durch die meisten Länder Europas verbreitet, dennoch ist

2) Diese beiden neuen Gattungen werden an anderer Stelle bekannt gemacht.

Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen usw. 173

sie nirgends zahlreicher vertreten als in den Alpen, und zwar von den Tälern angefangen bis zu mehr als 2500 m Höhe.

Die -Fortschritte in der systematisch-geographischen Kenntnis der Gattung Leptowulus sind ein vortreffliches Beispiel für die, welche in diesen Richtungen bei den Diplopoden Europas überhaupt gemacht worden sind. Ohne auf diese Fortschritte, welche sich in eine Reihe von Stufen gliedern lassen, jetzt näher einzugehen, will ich nur auf meine beiden letzten Schriften verweisen, in denen u. a. auch Zeptoiulus behandelt worden ist, nämlich

den 30. Aufsatz, zur Kenntnis der Iuliden usw. im Archiv f. Nat. Berlin 1907, I. Bd. 3. H. und den

39. Aufsatz, Iuliden und Ascospermophora, in Jahreshefte des Vereins f. vaterländ. Naturk. in Württ. 1910.

(Ganz besondere Schwierigkeiten hatte die systematische Klar- stellung der alemannicus-Gruppe zu überwinden, für welche ich im 39. Aufsatz, Abschnitt AIV, S. 355—357 die letzte Übersicht gegeben habe. Diese alemannicus-Gruppe hat sich nun dadurch als sehr wichtig für die Beurteilung der südostdeutschen Gaue er- wiesen, daß ich eine durch den Inn und teilweise auch die Donau bezeichnete Formentrennung feststellen konnte, welche sich dahin kennzeichnen läßt, daß östlich vom Inn und östlich von der Harz-Regensburger-Linie, sowie nördlich von dem ostalpinen Ur- gebirgszuge alle bisher bekannten Arten und Unterarten der alemannicus-Gruppe fehlen und durch die weiterhin beschrie- benen neuen Formen ersetzt werden.

Im 39. Aufsatz habe ich bereits die weite Ausbreitung des Leptoiulus simplex glacialis nachgewiesen, welcher durch Rhein, Iller, Lech und Isar nicht aufgehalten worden ist, vor dem Inn dagegen plötzlich verschwindet®). Daß alemannicus und simplex scharf unterschiedene selbständige Arten sind, wird auch durch deren nur zum geringeren Teil zusammenfallende Verbreitung er- wiesen. Obwohl auch alemannicus in den oberbayrischen Bergen bis östlich der Isar nachgewiesen werden konnte, habe ich ihn im norischen Gau ebenfalls stets vermißt.

Die Formen der alemannicus-Gruppe stimmen in Habitus und Skulptur so weit überein, daß ich auf diese Verhältnisse nicht weiter eingehe. Ausschlaggebende Charaktere sind in erster Linie die männlichen Hinterblätter. Eine physiologische Erklärung derselben habe ich zum erstenmal im 30. Aufsatz gegeben. Bei

®) Unter den Fundorten auf S. 357 ist „Donaustauf“ zu streichen und auf marcomannius n. sp. zu beziehen.

174 Kırr W. VERHOEFF.

dem verwickelten Bau dieser Organe liegt es auf der Hand, daß ein physiologischer Einblick auch für eine richtige systematische

Auffassung von großem Wert ist. Ubrigens möchte ich nochmals

besonders betonen, daß man von den charakteristischen Eigentümlich- keiten der Hinterblätter der Leptorulus nur dann eine richtige Vor- stellung erhält, wenn die beiden Gonopodenpaare in der Mediane auseinanderpräpariert werden - und die Opisthomerite genau im Profil zur Erscheinung gelangen. Außerdem warne ich nochmals davor, Macerationspräparate anzulegen *), da die zum Teil zarten @ebilde durch Maceration sehr leicht verzerrt oder eventuell ganz unkenntlich gemacht werden. Nur gut in Alkohol konservierte, nicht macerierte Objekte können Präparate von erforderlicher Klar- heit liefern.

Nachgerade habe ich von der Gattung Leptorulus so zahlreiche Präparate anzufertigen und durchzustudieren Gelegenheit gehabt, daß ich für die geringere oder größere Beständigkeit der syste- matisch belangvollen Charaktere eine genügende Einsicht gewonnen habe. Außer den Merkmalen, welche schon wiederholt besprochen worden sind, möchte ich als neue noch bosonders hervorheben den hinteren Rinnenblattfortsatz, welcher nicht nur nach seiner Gestalt wichtig ist, sondern auch in bezug auf seine Länge im Verhältnis zur Grundbreite, ferner die beiden inneren Deck- blätter des Spermaabschnittes, insofern als das vordere derselben im Vergleich mit dem hinteren eine sehr verschiedene Breite auf- weist. Recht charakteristisch ist für die einzelnen Formen auch ihre Beinpaarzahl, da dieselbe im Zusammenhang mit der Körper- länge nur mäßige Schwankungen zeigt, wenigstens im Vergleich z. B. mit Leptophyllum, Tachypodoiulus und manchen Cylindroiulus- Arten. Das Vorhandensein oder Fehlen eines mittleren Rinnen- blattfortsatzes hat sich als ein so wichtiges Merkmal heraus- gestellt, daß die ehemalige Auffassung des simplex als „Varietät“ endgültig als unrichtig abgetan ist. Zwar gibt es verschiedene vermittelnde Erscheinungen hinsichtlich des mittleren Rinnen- blattfortsatzes, aber die betreffenden Formen können trotzdem nicht als Übergänge zwischen alemannicus und simplex aufgefaßt werden, weil jede derselben außerdem durch irgend ein oder auch mehrere andere Merkmale ausgezeichnet ist.

*) Namentlich von C. Graf Artems sind verschiedentlich übermäßig macerierte Objekte zu Neubeschreibungen benutzt worden, so daß mit den- selben nicht viel anzufangen ist. Es gilt das nicht nur für seine Myriapoden Steiermarks, sondern auch für einige spätere Publikationen, z. B. den Leptoiulus bovinus Art. im Archiv f. Nat. 1900, Bd. I, H. 3.

Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen usw. 175

Sehlüssel für die mit Leptoiulus alemannicus verwandten Formen:

A. An den Hinterblättern der hinteren Gonopoden ist der mittlere Rinnenblattfortsatz entweder kräftig entwickelt oder es findet sich an seiner Stelle wenigstens eine bucklige Vorwölbung nach hinten in die Bucht herein. Der hintere Rinnenblattfortsatz ist wenigstens 21/,mal, meistens aber 3mal länger als am Grunde breit’). Das hintere Deckblatt des Spermaabschnittes erreicht selten 2/; der Breite des vorderen, meistens ist es nur 1/o—1/, so breit. Der hintere Rinnenblattfortsatz besitzt an seinem Hinter- rande meistens ein vorragendes Eckchen oder Spitzchen, nicht selten auch eine größere Nebenspitze. Kräftige, stattliche Formen, deren 8 95—107 Beinpaare besitzt. Sinneszäpfchen der Innen- taster meistens 66, seltener 6+5, 545, 6-7 oder 747 (niemals 4-4).

1. Der mittlere Rinnenblattfortsatz ist kräftig entwickelt, meistens nach außen in einen Zipfel erweitert, der hintere 3 mal länger als am Grunde breit.

a) Er ist breit und punktiert. Der hintere Rinnenblattfortsatz besitzt hinten nur ein kleines Eckchen, seltener ein Spitzchen, welches jedoch höchstens !/, so lang wird wie bei carynthiacus. S und 9 stets mit tiefschwarzem Körper. Das hintere Deckblatt des Spermaabschnittes 1/;,—!/, so breit wie das vordere.

1. alemannicus (genwinus) VERH.

a) Kleinere Tiere, deren S 95—99 Beinpaare besitzt. var. alemanmıcus.

B) Größere Tiere, deren S 101—107 Beinpaare besitzt. var. carnvolensis.

x) Der hintere Rinnenblattfortsatz am Ende keulig erweitert infolge einer vorn vortretenden Ecke, auch hinten mit vortretendem Ecekchen. Mittlerer Rinnenblattfortsatz dreieckig, weder breit noch in einen Zipfel erweitert. JS mit 107 Beinpaaren. (Sonst ganz wie alemannıcus (gen.). var. medius m.

(Vielleicht kann diese Form, von welcher ich nur ein einzelnes JO besitze, welches ich im Pontebbanatal bei Pontafel auffand, auch als besondere Rasse betrachtet werden.)

5) Die Grundbreite stellt man fest, indem man eine auf der Längs- achse des Fortsatzes senkrecht stehende Grundlinie sich denkt (x Fig. 1), welche hinten am Grunde da beginnt, wo der hintere Rinnenblattfortsatz in das Schutzblatt übergeht.

176 KAırL W. VERHOEFF.,

b) Der mittlere Rinnenblattfortsatz ist nicht so breit und nicht punktiert, er ist entweder dreickig, oder, wenn er weiter in die Bucht hineinragt und etwas keulig wird, ist er doch viel schlanker als bei alemannicus (gen.). Der hintere Rinnenblattfortsatz ist hinten in eine kräftige Nebenspitze ausgezogen, welche durch- schnittlich ungefähr !/, so lang ist wie die Entfernung zwischen

Fig. 6. Leptoiulus marcomannius (genwinus) m. Schenkelglied aus dem 9. Beinpaar des J, >< 125.

ihrem Grund und dem Ende des Fortsatzes.. J schwarz, © mehr oder weniger braun, mit schwarzem Rückenmedianstreifen und Drüsenfleckchen. JS mit 95—99 Beinpaaren. Das hintere Deckblatt des Spermaabschnittes erreicht 2/;—®/; der Breite des vorderen.

2. alemannicus carynthiacus \VERH.

2. Ein mittlerer Rinnenblattfortsatz ist nicht vorhanden, aber eine bucklige Vorwölbung gegen die Bucht zwischen den beiden

Fig. 7. L. simplex glacialis Veru. Dasselbe nach einem Individuum von der Ebenalp (bei St. Gallen).

Solänomerit-Abschnitten findet sich an der Stelle dieses Fortsatzes. Hinterer Rinnenblattfortsatz wie bei alemannicus (gen.), aber etwas kürzer, 2'/;mal länger als am Grunde breit. Das hintere Deckblatt des Spermaabschnittes erreicht 2/;, der Breite des vorderen. Am 2. Beinpaar des J sind die Drüsenfortsätze®) besonders grob

°) Die Drüsenfortsätze variieren in ihrer Lage auch bei alemannicus (gen.), indem sie bald mehr nach vorn geschoben, bald mehr außen sichtbar sind, doch habe ich sie bei diesem weder so groß noch so dicht an dem Koxalfortsatz sitzend gefunden wie bei austriacus,

a SZ ia u u ad 2

Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus- Formen usw. 177

und so weit nach vorn geschoben, daß sie dicht unter dem Ende der Koxalfortsätze sitzen, zwischen diesen und dem Präfemur. Körper in beiden Geschlechtern tiefschwarz. © mit 99 Beinpaaren. (Innen- taster’?)

3. alemannicus austriacus VERH.

B. Der mittlere Rinnenblattfortsatz fehlt meistens voll- ständig, wenn er aber als kleiner dreieckiger Zipfel ausgebildet ist, dann besitzen die S der be- treffenden Tiere nur 75—89 Bein- paare, sind höchstens 20 mm lang

Fig. 1. Leptoiulus marcomannius n. sp. 1a Hinterblatt von innen gesehen, >< 125. a vorderer, ce hinterer Rinnenblattfortsatz, sch Schutzblatt, ve Velum, ! Führungslamelle, i Führungsstachel, z Zapfen am Grunde des Sperma-

abschnittes. 1b der Spermaabschnitt nebst Velum, >< 240. 1c Velum eines

anderen Individuums, >< 240.

und haben an den Innentastern nur 4-4 (seltener 4-5) Sinnes- N N en m :

C. Der hintere Rinnenblattfortsatz ist durch seine Breite aus- gezeichnet, nämlich 12/;—21/,, seltener 21/, mal länger als am Grunde breit. Der mittlere Rinnenblattfortsatz fehlt immer vollständig und auch grundwärts vom vorderen ist keine Spur einer buckligen Vorwölbung zu sehen. Innentaster des Gnathochilarium mit 4—+ 4 (seltener 4-5) Sinneszäpfchen. d 24-30 mm lang und mit 89—97 Beinpaaren. Am 8. und 9. Beinpaar des C sind Postfemur und Tibia mit kräftigem Polster versehen, auch am Femur ist das Polster noch sehr deutlich, wenn auch niedriger. Dieses Glied ist innen entweder ganz gerade begrenzt (Fig. 6), oder es ragt doch nicht so auffallend vor wie bei implex ...:. 2.2... F,

178 Kırı W. VERHOEFF,

D. Der hintere Rinnenblattfortsatz ist durch seine schlank e Gestalt ausgezeichnet, nämlich 3—3'/, mal länger als am Grunde breit. Innentaster mit 4 + 4 bis 5-+ 5 oder selten bis 6 + 6 Sinnes-

=

zäpfehen. & mit 75—95 Beinpaaren. Am 8. und 9. Beinpaar des 9 besitzen Postfemur und Tibia ein deutliches Polster, das Femur ein viel schwächeres nur in der Endhälfte, zugleich ist dieses Glied innen bucklig oder unter stumpfem Winkel vorgezogen (Fig. 7) ,

E. Das hintere Deckblatt des Spermaabschnittes ist ebenso breit oder mindestens °/, so breit wie das vordere (Fig. 2 und 3). Die Flagellum - Führungslamelle endigt dicht an der Solänomerit-

; y #

C

Fig. 2. Leptoiulus noricus n. sp. 2a Hinterblatt von innen gesehen, >< 125

(Salzburg). 2b hinterer Rinnenblattfortsatz eines Tieres von St. Gilgen, >< 125.

2c Velum desselben Stückes, >< 125. 2d der Spermaabschnitt von innen her dargestellt, >< 240.

bucht. Fortsätze an den Hüften des 2. Beinpaares des J wie bei marcomanmıus. Der hintere Rinnenblattfortsatz hinten wenigstens eckig vortretend.

1. Der hintere Rinnenblattfortsatz hinten in einen durch Buchtung abgesetzten Lappen oder Zipfel deutlich ausgezogen (Fig. 2a und 2b), der vordere Rinnenblattfortsatz lang und spitz, den Schutzblattrand entschieden überragend, gegen die Bucht nicht geneigt. 9 33—38 mm lang, mit 103—105, 9 24'1,—26'/, mm, mit 97 Beinpaaren. Körper in beiden Geschlechtern dunkel.

.

4. noricus n. sp. (genwinus).

2. Der hintere Rinnenblattfortsatz hinten nieht durch tiefere E Bucht abgesetzt, nur etwas eckig vorragend (Fig. 3a), der vordere >

Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus- Formen usw. 179

kurz (Fig. 3b), das Schutzblatt nicht überragend, zugleich etwas gegen die Bucht geneigt. © 30'/, mm lang, mit 101 Beinpaaren, 9 24'/, mm, mit 91 Beinpaaren. Körper des JS schwarz, des Q viel heller und graubräunlich.

5. noricus saalachiensis n. subsp.

F. Das hintere Deckblatt des Spermaabschnittes ist höchstens knapp '/, so breit wie das vordere (Fig. la und 1b). Die Flagellum- Führungslamelle bleibt mit ihrem Ende von der Solänomeritbucht ein gut Stück abgerückt.

1. Der hintere Rinnenblattfort- satz, welcher 1°,, —2'/, mal länger

a b

Fig. 3. L. noricus saalachiensis n. subsp. 3a der Spermaabschnitt nebst

Velum und Führungslamelle (2) von innen gesehen, y Ende der letzteren

an der großen Bucht. cdr Kanal der Coxaldrüse. ® vorderes, A hinteres

Deckblatt des Spermaabschnittes, >< 240. 3b der hintere Rinnenblatt- fortsatz, > 125.

ist als am Grunde breit, fällt hinten meistens gerade ab, bisweilen

besitzt er dort ein kleines, etwas vorragendes Eckchen, niemals aber einen deutlich vorragenden Fortsatz. Das hintere Deckblatt des Spermaabschnittes erreicht '/,—'/, der Breite des vorderen. Die Hüftfortsätze am 2. Beinpaar des JS (Fig. 4) zeigen den normalen Typus der alemannicus-Gruppe, d.h. sie sind nach außen dreieckig erweitert und reichen bis zu der großen Borste auf der Endwölbung des Präfemur, Kollum des © braun, © auffallend hell gefärbt, nämlich der ganze Rumpf mehr oder weniger braun, zuweilen sogar hellbraun. © 35 mm lang, mit 99 Beinpaaren, 0 25", bis 28 mm lang, mit 89 —93 Beinpaaren. 12

180 KırıL W. VERHOFFF.

6. marcomannius n. Sp. (genwinus). &

2. Der hintere Rinnenblattfortsatz, welcher 2'/, mal so lang

ist als am Grunde breit, besitzt hinten einen kleinen vorragenden

Zapfen (ungefähr der Fig. 2a entsprechend). Das hintere Deckblatt

des Spermaabschnittes ist fast'/, so breit wie das vordere. Die Hüft-

fortsätze am 2. Beinpaar des J (Fig. 5) weichen von denen aller

übrigen Formen dieser Gruppe dadurch ab, daß sie außen stark

abgerundet sind und ein gut Stück von der großen Präfemurborste

entfernt bleiben. Körper bei beiden Geschlechtern schwarz. 5 29°), mm lang, mit 95 Beinpaaren.

7. marcomannius traunianus n. subsp.

G. Ein kleiner mittlerer Rinnenblattfortsatz ist vorhanden, dreieckig oder spitzig, zuweilen findet sich auch nur eine buckel-

Fig. 4. L. marcomannius (genuinus) m. L.marcomannius traunianus n.subsp.

Hüfte, Hüftfortsatz und Vorschenkel des Endhälfte der Hüfte, Hüftfortsatz

2. Beinpaares des 5 von hinten her und Vorschenkel (prf) von hinten dargestellt, >< 125. gesehen, >< 125.

artige Vorwölbung. Fortsätze am 2. Beinpaar des 3 wie bei glacialıs. Vorderblätter mit recht kleinem Innenläppchen, welches jedoch ent- schieden nach hinten herausragt. Innentaster des Gnathochilarium mit 4—- 4 Sinneszäpfchen. (Vgl. Fig. 11 auf Taf. V im XVII. Auf- satz, Archiv f. Nat. 1901.)

8. simplex langkofelanus VERH.

1. © 16—19'/, mm lang, mit 81—89 Beinpaaren.

var. langkofelanus VERA.

2. 9 15'/, mm lang, mit 75 Beinpaaren. var. nanus m.’) (Vajoletthütte).

?) Ob dieses kleine Tier aus dem Hochgebiet des Rosengartens mit dem ty- pischen langkofelanus sonst vollständig übereinstimmt, muß erneutgeprüft werden.

4 a un

Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus- Formen usw. 181

H. Der mittlere Rinnenblattfortsatz fehlt vollständig. Vorder- blätter ohne Innenläppchen. Es kommt zwar ein sehr kleines Ecekchen vor, aber dieses ragt nicht nach hinten heraus.

1. C 151/,—17'/,, mm lang, mit 77, 79 oder 83 Beinpaaren. Am 2. Beinpaar sind die Hüftfortsätze mehr nach vorn gewendet und bleiben mit ihrem Ende (von vorn oder hinten betrachtet) ein gut Stück entfernt von der großen Borste auf der Präfemurend- wölbung. Innentaster mit +4, 4-3 oder 4—+-5 Sinneszäpfchen.

9, simplex dolomiticus VERH.

2. 0 21'/,—27'/, mm lang, mit 87—95 Beinpaaren, selten nur mit 83. Am 2. Beinpaar des C sind die Hüftfortsätze in typischer Weise ausgebildet, d. h. sie reichen mit ihren dreieckigen Endzipfeln so nach außen, dab sich das Ende ungefähr bei der großen Präfe- murborste befindet. Vorderblätter höchstens mit kleiner Innenecke. Wenigstens das 6. und 7. Beinpaar des © (meist auch noch das 4. und 5.) mit dicht gestreiften Polstern an Postfemur und Tibia.

10. simplex glacialis VERH.

a) Innentaster des Gnathochilarium mit 444 4-5 oder 5-5 Sinneszäpfchen. Der Spermaabschnitt ragt nicht höher empor als gewöhnlich, ist also nicht viel länger als am Grunde breit. S von 21°/,—27'!/,, mm Länge, mit 87—95 Beinpaaren. var. glacialis und rhenanus VERH.

b) Innentaster mit 5+6 oder 6-6 Sinneszäpfchen. Der Spermaabschnitt ist schlanker als bei jenen, viel länger als am Grunde breit, auch die große Bucht enger als sonst. JS von 22 mm Länge, mit 91 Beinpaaren. var. engadinus n. var.

c) Die Sinneszäpfchen der Innentaster sind so winzig klein, daß sie als undeutlich zu bezeichnen sind. Spermaabschnitt wie bei dem typischen glacialis. Der hintere Rinnenblattfortsatz ist gegen den Grund stärker verbreitert als bei den übrigen Varietäten, erscheint daher im Profil mehr dreieckig, das innere Ende des Schutzblattes ist nur schwach nach vorn umgebogen. SO von 19!/, mm Länge, mit 83 Beinpaaren. var. roettgeni n. var.

Bemerkungen zu den Formen der alemannicus-Gruppe.

Leptoiulus alemanmicus (genwinus), und zwar var. carniolensis habe ich im Albulagebiet gesammelt, und zwar sowohl in der Albula- schlucht bei Bergün (1300 m) als auch noch oberhalb Preda (bei

12*

182 Kar W. VERHOFFF.

1800 m) im Kalkgeröll des Nadelwaldes. Es sind stattliche Tiere, 3 33—35 mm lang, mit 101 Beinpaaren, Q 44—47!/), mm, mit 109 Beinpaaren.

Die var. alemannicus fand ich im September 1912 bei Neu- schwanstein und am Alpsee bei Hohenschwangau, 820 m. | 30 bis 30'/, mm lang, mit 99 Beinpaaren.

L. noricus n. sp. habe ich bei St. Gilgen am Wolfgangsee in den Felsklüften entdeckt, und zwar 22. Oktober unter Faguslaub, außerdem auf dem Kapuzinerberge Salzburgs in derselben Weise. Die JS CS beider Plätze stimmen vollkommen überein. Wahrscheinlich gehören hierhin auch einige bei Golling gesammelte © oO.

L. noricus saalachiensıs n. subsp. kenne ich bisher nur von Reichenhall, wo ich am 25. Mai 1912 ein Pärchen im Wappbach- tale unter Laub auffand.

L. marcomannvus n. sp. hat mir in zahlreichen Individuen beider Geschlechter vorgelegen, und zwar sowohl vom Nordufer des Donauthales bei Deggendorf und Donaustauf, als auch aus dem bayrisch-böhmischen Wald und in diesem bei Eisenstein und in Böhmen bei der Ruine Beiereck. Die JG aller drei Gebiete stimmen in den im Schlüssel genannten Merkmalen untereinander vollkommen überein. Die Art habe ich sowohl im Laub- als auch Nadelwalde erbeutet, an zwei Plätzen auch im Siebicht von Betula- laub. Das Kollum des JS ist meistens braun, wenn es aber schwärzlich ist, zeigt es doch noch einen braunen Schimmer. Das oO ist mehr oder weniger gebräunt, namentlich die Prozonite am Rücken und in den Öberflanken, Metazonite größtenteils braun- schwarz, Unterflanken ganz hell. Manche 9 9 sind mehr oder weniger rötlichbraun aufgehelit.

Ende April fand ich ein die letzte Entwicklungsstufe darstellendes junges J von 22°, mm, mit 87 Beinpaaren und 4 beinlosen Endringen. Die Penes sind schon mit kurzen Spitzen versehen. An den Anlagen der Gonopoden lassen sich hinter den Vorderblättern außer den Anlagen der Mesomerite schon recht große Solänomerite erkennen, welche fast doppelt so weit nach hinten reichen wie die Promerite. Man unterscheidet an den Hinterblättern außer einem kleinen Führungsstachel das teilweise gebräunte Solä- nomerit mit Grube und einem kurzen Fortsatz und einen weit darüber hinausragenden Fortsatz als Anlage des Phylacum.

L. marcomannivus traunianus n. subsp. habe ich bisher nur in einem Pärchen am 1. Mai 1910 bei Traunkirchen am Gmundener See gefunden, und zwar in der Nähe von Kalkfelsen unter Faguslaub.

[} a

Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus- Formen usw. 183

L. simplex langkofelanus verdanke ich von der Plauenerhütte, 2350 m Höhe und aus dem Rosengarten bei Bozen abermals Ge- richtsrat RoETTGEn, desgleichen den

L. simplex dolomiticus von der Zsigmondyhütte und Sandebühel- joch, 2500 m. Es unterliegt keinem Zweifel, daß diese beiden Rassen Charaktertiere der Zillertaler- und Dolomitenhochgebiete sind. Der langkofelanus kann trotz des Besitzes kleiner mittlerer Rinnen- blattfortsätze nur an sımplex angeschlossen werden, weil er diesem nicht nur nach Größe, Ring- und Beinpaarzahl näher steht, sondern auch hinsichtlich der Gestalt des hinteren Rinnenblattfortsatzes und der Zahl der Innentaster-Sinneszäpfchen.

Diese habe ich jetzt zum erstenmal systematisch verwendet und im allgemeinen kann man sagen, daß sie sich insofern den Beinpaarzahlen ähnlich verhalten, als die kleineren Formen weniger Sinneszäpfchen besitzen als die größeren. Desto bemerkenswerter ist die var. engadınus, welche sich von dieser Regel abweichend verhält und auch zeigt, daß die geringere Zahl der Sinneszäpfchen keine notwendige Folge eines hochalpinen Vorkommens ist. L. ale- münnicus (genwinus), welcher meistens 6-46 (nur selten 5-5) Sinneszäpfchen besitzt, ist durch dieses Merkmal nicht nur gegen- über langkofelanus und dolomiticus, sondern auch gegenüber marco- mannius und noricus ausgezeichnet, während sımplex glacıalıs eine Vermittlung bildet, obwohl ich auch bei diesem unter 20 5G, von var. engadinus abgesehen, niemals 6 +6 Zäpfchen beob- achtet habe. |

Der simplex glacialis var. roettgenw ist mir bisher nur in einem 9 bekannt, welches Gerichtsrat Rorrtsen bei der Plauener- hütte im Zillergrundgebiet auffand, also in einer Höhe von etwa 2350 m. Dieses dem Sammler in Dankbarkeit gewidmete Stück ist besonders interessant, weil es eine Verbindung herstellt zwischen dem typischen glacialis und dem dolomiticus. Die kleinsten und zum Teil in ähnlicher Höhe gefundenen SC des glacıalis sind 21?/,—22 mm lang bei 89—91 Beinpaaren. Von ihnen unter- scheidet sich var. roetigeni also durch noch geringere Beinpaarzahl und geringere Größe. Von dolomiticus unterscheidet sie sich durch die typischen, also nicht verkürzten Hüftfortsätze des 2. Bein- paares, von beiden Formen durch den dreieckigen, grundwärts breiten hinteren Rinnenblattfortsatz und die undeutlichen Sinnes- zäpfchen der Innentaster. Ob letztere Charaktere beständig auf- treten, muß sich weiter finden. Die var. roettgeni ist mir nebst andern IJuliden von Gerichtsrat Rorttern freundschaftlichst zur Verfügung gestellt worden.

184 KArL W. VERHOEFF.

Die geographische Verbreitung der alemannicus-Gruppe.

Unter den jetzt lebenden Iuliden-Gattungen ist Zeptoiulus diejenige, welche in den Alpenländern am ausgiebigsten vertreten ist und namentlich auch in den Hochgebieten mehr als jede andere durch Charakterformen ihre uralte Bürgerschaft beweist.

Man sollte annehmen, daß Tiere, welche wie alemannicus, glacialis, langkofelanus und dolomiticus in den kalten und sturm- durchbrausten Alpenhochländern entweder ganz ausschließlich hei- maten oder durch ihre Häufigkeit ihr besonders gutes Fortkommen beweisen, besonders geeignet wären, auch in den nordischen Ge- bieten fortzukommen. Dies ist jedoch entschieden nicht der Fall. Vielmehr kommt von jenen 4 Leptoiulus überhaupt nur einer außerhalb der Alpenländer vor, nämlich simplex glacialis, und dieser zeigt an den nördlichsten Punkten seines Vorkommens (Eifel) durchaus den Charakter eines Eiszeitrelikten; weiter nordwärts ist aber überhaupt niemals ein Angehöriger der alemannicus-Gruppe gefunden worden. L. simplex glacialıs und alemannicus (genurnus) sind diejenigen beiden Mitglieder dieser Gruppe, welche eine weitere Verbreitung zeigen, und zwar alemannicus (genwinus) ausschließlich im Bereich der Alpenländer. Die meisten Formen der ale- mannıcus-Gruppe sind Charaktertiere bestimmter Gaue, und zwar

norvcus, saalachiensis und traunianus für den norischen Gau,

marcomannıus für den markomannischen Gau oder das Gebiet des bayrisch-böhmischen Urgebirges nördlich der Donau,

austriacus und carynthiacus für das krainisch -kärntnerische Revier,

dolomiticus und langkofelanus für die Hochdolomiten und Ziller-

taler Hochgebiete.

Das Vorkommen des marcomannvus ist besonders interessant, weil diese Form die einzige der ganzen Gattung ist, welche in einem bestimmten Gau außerhalb der Alpen als endemische Charakterform auftritt. Östlich und nordöstlich vom Böhmerwald verschwindet die alemannicus-Gruppe überhaupt und es tritt an ihre Stelle die Zrilobatus- (— ciliatus-) Gruppe der Karpathen, welche durch die im Vergleich mit jener riesenhafte Entwicklung des Spermaabschnittes der Solänomerite aufs Schärfste von ihr unterschieden ist. Daß aber auch schon einige weiter westlich gänzlich unbekannte, östliche Diplopoden in das bayrisch-böhmische Waldgebiet vorgedrungen sind, möge hier erwähnt werden; so ist der bis dahin aus dem Deutschen Reich ganz unbekannte

Fe u es ne Zu ak 0 a

Sy 24 un De We Zn

Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen usw. 185

Cylindroiulus boleti C. Koch von mir sowohl bei Passau unter- halb der Burg nachgewiesen worden, als auch in einer Bächlein- schlucht mit Erlen bei Deggendorf, in beiden Fällen also nördlich der Donau.

Als Seltenheit tritt im oberen bayrisch-böhmischen Wald Haploporatia auf, doch ist ein JS bisher noch nicht beobachtet worden, es handelt sich wahrscheinlich um eremita VERH.

Hypsoiulus m. eine neue Untergattung von Leptoiulus.

Eine neue Untersuchung meiner in der östlichen Schweiz und dem südlichen Bayern aufgefundenen ZLeptoiulus alpivagus VERH. brachte die überraschende Entdeckung, daß dieser Iulide überhaupt keine Flagella besitzt. Daß eine so wichtige Tatsache anfangs unbeachtet geblieben ist, erscheint nicht wunderbar, wenn man die in vieler Hinsicht so weitgehende Übereinstimmung dieser Form mit den schwarzen Leptoiulus-Arten berücksichtigt, welche eine Übereinstimmung hinsichtlich so wichtiger Organe, wie es die Flagella sind, fast selbstverständlich erscheinen läßt. Es kommt ferner in Betracht, daß ich bei Beschreibung des alpıvagus nur wenige Stücke besaß und die an so vielen Zeptorulus schon hin- reichend beobachteten Flagella nicht weiter beachtete, vielleicht auch annahm, daß sie (was häufig vorkommt) zufällig abgebrochen seien. Nachdem ich jetzt aber eine ganze Serie von Präparaten durchstudiert habe, ist jeder Zweifel behoben worden, daß den Leptoiulus alpivagus wirklich die Flagella abgehen.

Meine Untersuchungen über die physiologische Bedeutung der Opisthomerite haben sich auch nach dieser Richtung insofern als recht fruchtbar erwiesen, als sie einen Schlüssel abgaben zum Verständnis der alpwagus-Opisthomerite. Wiederholt habe ich hervorgehoben, daß es zum richtigen Verständnis und zur an- gemessenen Bewertung der Flagella sowohl in physiologischer als auch systematischer Hinsicht nicht nur auf die Flagella an sich ankommt, sondern vor allem auf die Anpassungen der Flagella an ihre Nachbarschaft. Diese Anpassungen, welche gerade bei Leptoiulus besonders interessant sind, führen uns aber notwendig

zu der Frage, wo bei dem alpivagus die Anpassungen ge-

blieben sind, wenn die Flagella nicht mehr vorhanden sein sollen. In der Tat ist die ganze Beschaffenheit der alpiwvagus-Opisthomerite ein indirekter Beweis für das Abhandenkommen der Flagella.

Es fehlen nämlich die charakteristischen Anpassungen an die Flagella vollkommen, so der Führungsstachel (wie er z. B. anbei

186 Kaırı, W. VERHOEFF.

in Fig. 1 bei ? zu sehen ist), die Führungslamelle (7) und der hintere Rinnenblattfortsatz (c), welcher auch noch eine Rinne (f) enthält, bestimmt für das Hin- und Hergleiten des Flagellums. Ebenso fehlt der hintere Innenlappen (sch) des Schutzblattes, welcher das Flagellum von hinten her vordrängt, wenn es einmal aus seiner Bahn herausweichen sollte.

1897 in Nr. 527 und 528 .des Zoolog. Anzeigers erschienen meine „Beiträge z. vergl. Morphol. Gattungs- u. Artsystematik der Diplop. mit besonderer Berücks. derj. Siebenbürgens“, worin Fig. VIII und IX auf alpiwagus zu beziehen sind. Fig. VIII ist die erste Darstellung der Opisthomerite und läßt zwar die Artmerkmale ge- nügend hervortreten, nicht aber den für vorliegende Erörterung besonders wichtigen Spermaabschnitt. Indessen sei erwähnt, daß das gestreifte Feld und die punktierte Bogenlinie bei b der Aus- druck dieses Spermaabschnittes sind. Bei alpiwvagus besteht der- selbe nämlich, ganz entsprechend den Verhältnissen bei typischen Leptorulus-Arten, aus drei gegeneinander abgesetzten Wandstücken, einem Außenblatt und zwei inneren Deckblättchen von zarter, durchsichtiger Beschaffenheit und streifiger Struktur. Um die von ihm gebildete Spermatasche genügend abzuschließen, legen sich die feinen Ränder der beiden inneren Deckblättchen über- einander. Am Grunde der Spermatasche mündet ganz wie bei Leptowulus die Koxaldrüse und das Ende wird zum Schutze von einem kurzen Fortsatz überragt, welcher dem vorderen Rinnenblatt- fortsatz entspricht und Fig. VIII aaO. links neben 5b als ein kleines Spitzchen angegeben worden ist, übrigens in natura etwas kräftiger als ich ihn damals zeichnete.

In der Beschaffenheit des Spermaabschnittes und auch hin- sichtlich der Pro- und Mesomerite stehen also die alpivagus-Gono- poden mit denen von Leptoiulus in Einklang. Als namhafte auf- fallende Unterschiede sind dagegen zu verzeichnen nicht nur die Kleinheit des nach endwärts überhaupt nicht herausragenden Schutz- blattes, sondern auch vor allem das Fehlen eines Flagellum- abschnittes und die ungewöhnliche Vergrößerungdes gegen das Mesomerit herausragenden Velums.

Dieses in seiner Mitte sehr fein gestreifte Velum ist in zwei °

Lappen ausgezogen, von welchen einer nach außen, der andere nach vorn gerichtet ist. Man darf wohl voraussetzen, dab die weiblichen Vulven bei alpiwvagus statt von den großen Schutzblättern von den breiten Vela umfaßt werden. |

Es dürfte hier der Einwand erhoben werden, daß durch das Fehlen der Flagella und der Anpassungen an dieselben bei Zepto-

Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen usw. 187

wulus alpwagus das neue Deuteroiulinensystem, welches ich in den Nova Acta 1910 S. 180—183 ausgeführt habe, vollkommen erschüttert sei, indem dasselbe als oberstes Einteilungsprinzip den Gegensatz bringt:

a) vordere Gonopoden "mit Flagella, hintere mit Führungs- anpassung,

b) vordere Gonopoden ohne Flagella, hintere ohne Führungs- anpassung.

Der Einwand ist auch nicht nur berechtigt, sondern sogar notwendig, mein System dagegen wird durchaus nicht erschüttert, zumal die beiden Gegenüberstellungen sich nicht auf je eines, sondern auf je drei Tribus beziehen, deren jedes eine Anzahl weiterer wichtiger Charakteristika besitzt.

Es ist ferner zu berücksichtigen, daß der Leptorulus alpwagus nach seiner ganzen Gestalt, der Struktur der Rumpfringe und dem Bau des Kopfes sich als ein Iulide erweist, welcher nur der Gattung Leptowulus und somit der Tribus Julini angehören kann. Ins- besondere die Fortsätze an den Hüften des zweiten männlichen Beinpaares finden wir in solcher Ausbildung in keinem der anderen Iuliden- Tribus wieder. Ferner ist der Spermaabschnitt der Opisthomerite von so charakteristischer Bildung, daß die Auffassung erlaubt ist, daß der alpivagus ein flagellumloser, aber von flagellumführenden Vorfahren abstammender Leptoiulus ist, d. h. also, daß der Verlust der Flagella hier jedenfalls eine sekundäre Erscheinung ist, die sich mit der Beschaffenheit der hinteren Gonopoden bei den Tribus Pachyiulini, Schizophyllini und Apfelbeckiellinv nicht in Einklang bringen läßt, zumal diese Gruppen, und zwar jede für sich ganz originelle Gonopodenein- richtungen besitzen, von denen ich nur die Pseudoflagelloide bei den mesomeritlosen und die Foveae bei den mesomeritführenden Formen nennen will. Alle diese Umstände zusammen bezeugen also, daß Leptorulus alpivagus, trotz des Mangels der Flagella und der Anpassungen an dieselben, wirklich nur zu dieser Gattung gehören kann und daß ein und dieselbe Tatsache, im Zusammen- hang mit verschiedenen Umständen, etwas Verschiedenes bedeutet.

Die Einteilung der Deuteroiulinen in zwei Reihen, wie ich sie 1910 gab, bleibt also vollkommen berechtigt, es ist nur folgende Ergänzung zu geben:

a) Vordere Gonopoden mit Flagella, hintere mit Führungs- anpassungen. Sind jedoch ausnahmsweise (Hypsoriulus) beide nicht vorhanden, dann sind die Mesomerite deutlich abgespalten und die Opisthomerite besitzen weder eine Fovea noch einen Paracoxit-

188 KARL W. VERHOEFF.

fortsatz, sondern einen in der Endhälfte der Hinterblätter gelegenen Spermaabschnitt mit zwei inneren Deckblättchen. |

b) Wie bisher.

Die Gattung Leptorulus teile ich nunmehr in die beiden folgenden Untergattungen:

A. Leptoiulus s. str.: Flagella der vorderen Gonopoden sind vorhanden, die hinteren Gonopoden besitzen mehrere (eben be- sprochene) Flagellumanpassungen. Das Velum ist klein. In der Hinterhälfte der Stämme des männlichen Gnathochilarium ist eine Gruppe dicht zusammengedrängter Tastborsten zu finden. (Hierhin alle übrigen Arten.) Die Unterlappen des 7. Pleurotergit des JS innen weit ausgehöhlt, aber vorne ohne Buckel.

B. Hypsoiulus n. subg.: Flagella der vorderen Gonopoden fehlen vollständig, den hinteren Gonopoden fehlen ebenfalls die Flagellumanpassungen. Das Velum ist außerordentlich vergrößert. In der Hinterhälfte der Stämme des männlichen Gnathochilarium findet sich eine Gruppe von Tastborsten, welche zerstreut stehen. Die Unterlappen am 7. Pleurotergit des 9 innen mit tiefer, gruben- artiger Aushöhlung, hinter derselben im Bogen wulstig umrandet, vor derselben ein dicker aufgetriebener, hinten abgerundeter Buckel, welcher gegen die Aushöhlung vorragt. (Hierhin alpiwagus VERH. und alpıwvagus Swevicus VERA.)

Innerhalb der Alpenländer konnte ich alpivagus nachweisen von den hohen Tauern (Moserboden) im Osten bis nach Davos im Westen. 21. Juli 1910 sammelte ich ihn bei 1900 m an der Davoser Schatzalp unter Holz im obersten Gebiet des Nadelwaldes, 3 5 von 16 mm mit 75 Beinpaaren; in derselben Weise bei Preda an der Albulastraße, 1800 m. Hier fanden sich am 24. Juli auch einige frisch gehäutete O0 9 vor, d C von 16 mm mit 79 Beinpaaren.

Aus dem Allgäu wies ich den alpivagus ebenfalls nach, und zwar ein S mit 83 Beinpaaren von 18'/, mm in einem morschen Ahornstamm 21. September 1912 bei Neuschwanstein. Im Lechtal oberhalb Füßen, am Immenstadter Horn und am Alpsee bei Hohen- schwangau SC von 17'/),—18', mm mit 79 und 81 Beinpaaren. Am 21. September fand ich im Faulenbachtal bei Füßen ein frisch entwickeltes und noch gummiartig weiches d unter einem Haufen modernder Zweiglein. |

Der von Urach stammende alp. swevicus ist anderweitig noch nicht gefunden worden ®).

®) Nach einer brieflichen Mitteilung des Herrn W. Bısrzr (Basel) kommt suevicus auch im südlichen Schwarzwald vor.

Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen usw. 189

Leptoiulus frigidarius n. sp. und seine verwandtschaftliche Stellung.

Im Anschluß an die obige Auseinandersetzung über die ale- mannicus-Gruppe will ich eine neue Form bekannt machen, welche derselben zwar in dem obigen Sinne nicht angehört, ihr aber dennoch recht nahesteht. Im 30. Diplopoden-Aufsatz, Archiv f. Nat. 1908 findet man die alemannicus-Gruppe auf S. 444—446. Die Formen der vagabundus-Gruppe (Nr. 38 u. 39) sind unter anderm dadurch ausgezeichnet, daß der mittlere Rinnenblattfortsatz als ein „abstehender Zapfen“ ausgebildet ist. Derselbe nimmt eben nicht die Stelle ein, welche diesem Fortsatz innerhalb der alemannicus- Gruppe zukommt, sondern er ist weiter nach vorn innen an den Grund des vorderen und durch besondere Breite ausgezeichneten Rinnenblattfortsatzes gerückt. Es möge hier auch noch ZL. saltu- vagus erwähnt werden als eine Art, welche den vagabundus- Formen teilweise nahe stebt. Schon bei letzteren ist infolge der Biegung des breiten vorderen Rinnenblattfortsatzes nach hinten der Spermaabschnitt (im Vergleich mit der alemannicus-Gruppe) etwas schräg nach vorn gedreht worden. Bei ZL. saltuvagus (dessen Hinterblatt ich anbei in Fig. 9 genau im Profil von innen gesehen dargestellt habe) ist diese Drehung noch weiter Sy so daß die Öffnung des Spermaabschnittes nicht (wie z. B. Fig. 1 u. 2) nach außen, sondern fast vollständig nach vorn FE richtet ist und dementsprechend ebenfalls die zarten Endränder der Deckblätter (v und h Fig. 9). Auch bei saltuvagus steht diese Wendung der Spermaabschnitte nach vorn im Zusammenhang mit der besonderen Breite des vorderen Rinnenblattfortsatzes, welcher vor sich sogar noch einen durch Bucht abgesetzten Höcker (a,) ausgebildet hat.

L. frigidarius n. sp. besitzt Opisthomerite, welche eine ver- mittelnde Stellung einnehmen zwischen denen der alemannicus- Gruppe einerseits und saltuvagus sowie vagabundus andererseits. Der vordere Rinnenblattfortsatz ist dreieckig (Fig. 8) und sitzt mit seiner ganzen Grundbreite dem Spermaabschnitt auf, hierdurch von der alemannicus-Gruppe sehr abstechend und sich saltuvagus und vagabundus nähernd. Indem die Öffnung des Spermaabschnittes jedoch nach außen gerichtet ist, findet eine Übereinstimmung statt mit der «alemannicus- Gruppe. Der mittlere Rinnenblattfortsatz erinnert durch seine Lage im Grunde der Bucht wieder an den des saltuwvagus, ist jedoch kleiner und nicht so zugespitzt. Der hintere Rinnenblattfortsatz gleicht durch seine Breite dem des noricus, unterscheidet sich jedoch von

190 KArL W. VERHOEFF.

allen Formen der alemannicus-Gruppe durch den hinteren Neben- fortsatz (Fig. 8e,), welcher länger und breiter ist als er dort bei irgendeiner Form vorkommt. 3 Im übrigen nenne ich noch folgende Merkmale des frigidarius: S 161/;—163%/4 mm lang mit 83 und 85 Beinpaaren, junges Q von 15 mm mit 81 Beinpaaren. Äußerlich sind diese schwarzen Hoch- gebirgstiere dem langkofelanus und dolomiticus höchst ähnlich, lassen sich jedoch von ihnen schon dadurch mit der Lupe unter- scheiden, daß die Längsfurchen der Metazonite entschieden stärker vertieft sind. Die Koxalfortsätze am 2. Beinpaar des JS sind C mäßig kräftig, ähnlich denen der N alemannıcus-Gruppe, doch außen

\

PEN: Me vd

C Bu) abgerundet, so daß sie ein gut

Stück von der großen Präfemur-

Un:

\ Fig. 9. L. saltuvagus VERH. Ebenso, >< 125. b mittlerer Rinnen- Fig. 8. L. frigidarius n. sp. blattfortsatz, a, vorderer Vorsprung Opisthomerit von innen gesehen, ><240. vor dem vorderen Rinnenblattfort- (Bezeichnung wie in Fig. 1 und 3.) satz (a).

borste entfernt bleiben. Am 2.—7. Beinpaar des S fehlen die Polster vollständig und sind auch Spuren derselben nicht zu er- kennen. Am 8. und 9. Beinpaar besitzen Tibia und Postfemur recht schmale gekerbt-gestrichelte Polster, auch die Endhälfte des nach innen leicht stumpfwinkelig vorragenden Femur.

Vorder- und Mittelblätter der Gonopoden vom Typus der alemannicus-Gruppe, die Vorderblätter in der Mitte innen mit leichter Absetzung, aber ohne eigentliche Innenlappen. Die Schutz- blätter sind gut entwickelt (Fig. 8), innen deutlich umgeschlagen und außen mit einer kräftigen Zahnecke versehen. Der Zahn selbst ist nicht spitzig, aber höchst fein gezähnelt. Hinsichtlich des breiten hinteren Rinnenblattfortsatzes sei noch erwähnt, daß er in

\ 4 ,

Die süddeutschen zoogeographischen Gaue, neue Leptoiulus-Formen usw. 191

ee

der Vorderhälfte verdickt ist und daher von einem gelblichen Straug durchzogen, in der Hinterhälfte dünn und glashell. Ein bemerkenswerter Unterschied gegenüber saltuvagus liegt darin, daß bei diesem der mittlere Rinnenblatifortsatz (b Fig. 9) unmittel- bar in das Ende der Führungslamelle (l) übergeht, während bei frigidarius beide Gebilde durch den hinteren Teil der großen

Bucht voneinander getrennt werden.

Vorkommen: 2 J und 2 junge © des frigidarius verdanke ich meinem Freunde Gerichtsrat RoETTGEn, welcher dieselben bei etwa 2500 m Höhe am Sandebühljoch in den Sextener Dolomiten auffand.

Vorläufig nimmt diese Art (im Gegensatz zu langkofelanus und dolomiticus) eine etwas isolierte Stellung ein. Ich möchte daraus jedoch den Schluß ziehen, dab sich in den Südostalpen oder den Südalpen überhaupt noch unbekannte Verwandte dieses Tieres werden auffinden lassen.

Der Leptoiulus trilineatus ist bereits in vier Rassen bekannt geworden, welche ich im 30. Aufsatz zusammengestellt habe. Eine 5. Rasse, welche ich im Kanton Tessin auffand, möge hier zum Schlusse mitgeteilt werden:

L. trilineatus luganensis n. subsp.

Unterscheidet sich von den übrigen Rassen durch

1. geringere Segment- und Beinpaarzahl, nämlich 83—85 Bein- paare des C bei 171/,—21?/, mm Länge (trilineatus und plasensis 3 5 besitzen 89-—-99 Beinpaare),

2. die Gestalt des Phylacum, welches innen mit einem drei- eckigen spitzen Zipfel nach endwärts und vorn vorragt (während jene einen abgerundeten inneren Zipfel besitzen, der viel weniger vorragt),

3. die aus nur 3—4 Tastborsten bestehenden Büschel an den Stämmen des männlichen Gnathochilarium. (Bei trilineatus und plasensıs fand ich diese Büschel aus 14—17 Borsten bestehend, bei velodentatus aus 6—9 jederseits; letzterer besitzt aber sogar 103 oder 105 Beinpaare und braunschwarzen Körper.)

Der Körper des luganensis ist bräunlich, besitzt einen schwarzen Rücken-Medianstreifen und jederseits eine dunkle Längsbinde in der Höhe der Foramina.

Vorkommen: 6. April 1911 sammelte ich 2 9 und 1 junges © (letzteres frisch gehäutet) in Castagnola bei Lugano an warmen (damals allerdings stark verschneiten) Kalksteinhängen zwischen Corylus, Rubus und Ruscus.

192 HERMANN Kotße.

Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia.

Von HERMANN KoLße.

Durch den Pater A. Conkans von der Gesellschaft der Weißen Väter wird seit Jahren die Fauna der Insel Ukerewe erforscht, und das gesammelte Material dem Berliner Königl. Zoologischen Museum übersandt. Pater A. ConkAps hat seinen insularen Wohn- sitz auf der Missionsstation Neuwied. Das Erforschen einer Fauna von einem ständigen Wohnsitze aus ist naturgemäß ergiebiger als das Sammeln gelegentlich einer oder mehrerer Reisen. Um so mehr ist die faunistische Tätigkeit des Paters ConkAps vom wissen- schaftlichen Standpunkte aus mit Freuden zu begrüßen. Vor Conkaps war die Coleopterenfauna der Insel noch unbekannt.

Die Insel liegt ungefähr unter dem südl. Breite und 33° östl. Länge v. Gr. Die meisten Coleopterenarten kommen selbst- verständlich auch außerhalb der Insel in der Umgebung des Vietoria-Nyansa vor. Aber trotz der Nähe des Festlandes im Süden und besonders im Osten der Insel scheint es doch, daß die Insel einen, aber nur wenig merklichen insularen Charakter hat. Wir stützen uns bei dieser Beurteilung nicht auf die scheinbar endemischen neuen Spezies; denn die festländische Fauna in der näheren und weiteren Umgebung des Vietoria-Nyansa ist noch zu ungenau bekannt, um eine begründete Ansicht über die Arten des Faunenbezirks und die Verbreitung der insularen Arten zuzulassen. Alle die jetzt als endemisch zu bezeichnenden neuen Arten der Insel mögen auch außerhalb der Insel vorkommen; denn weder für die endemische Natur noch für die weitere Verbreitung haben wir positive Beweise. Die Zukunft kann erst darüber belehren. Aber wir kennen eine Anzalıl charakteristischer Formen der Insel, zumal unter den Cetoniiden, welche kontinentalen Arten nahe- stehen, aber von ihnen verschieden sind, aus diesem Grunde also als selbständige insulare Rassen oder Subspezies erscheinen. Diese habe ich bei einigen Arten der Insel festgestellt, meist bemerkens- werten größeren Formen, welche dem Sammler bald auffallen und die auch in den umgebenden Landschaften, welche den See be- grenzen, wohl gefunden wären, wenn sie dort lebten.

Unter den als endemisch aufgestellten Formen der Insel unter- scheiden wir demnach:

1. Selbständige Arten, welche bis jetzt nur von der Insel

Ukerewe bekannt sind,

Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 193

2. Unterarten oder Rassen, welche zu bekannten, außerhalb der Insel vorkommenden Arten gehören. Folgende Arten und Rassen sind bis jetzt nur von der Insel Ukerewe bekannt: I. Coprinen. Pedaria insularıs m. Catharsius Kolbei FELSCHE.

II. Melolonthinen.

Trochalus ukerewius m.

& fraterculus m. Melanocamenta variolosa m. Pentecamenta subcostata m. Schizonycha paterna m.

= ukerewia m.

5 insularıs m.

IH. Rutelinen. Anomala ukerewia m.

IV. Cetoniinen.

Smaragdesthes Conradsı m.

Plaesiorhina plana ukerewia m.

Gnathocera trivittata nyansana m.

Leucocelis adelpha m.

Wie die Landschaften am Vietoria-Nyansa eine Mischfauna, d. h. eine aus ost-, zentral- und westafrikanischen Elementen be- stehende Fauna besitzen, so auch die Fauna der Insel Ukerewe, deren Charakter demjenigen der umliegenden Landschaften gleicht. Indes scheint diese Insel nach dem bis jetzt bekannt gewordenen Material eine ärmere Fauna zu haben, als ihr nach ihrer klimatischen Lage zukommt. Das wäre die natürliche Folge ihrer Isolierung. Infolge der fluktuierenden Ausbreitung auf einem größeren Raume, wie es ein Kontinent ist, wird die Fauna eines kleinen Areals dieses Kontinents immer reichhaltiger sein als das gleich große Areal einer Insel. Dabei ist aber nicht ausgeschlossen, daß die Insel bei der großen Nähe des Festlandes immer noch Zuzug von Adventivarten bekommen kann. Mit den westafrikanischen Elementen in Zentral- und Ostafrika habe ich mich schon früher beschäftigt').. Das Auftreten west-

| !) In SrunLmann’s „Deusch-Ostafrika. Die Coleopteren von H. KoLse E- in Bd. IV. Berlin, Dietrich Reimer, 1898. S. 10—13.

194 HERMANN KoLße.

afrikanischer Genera und Spezies im Seengebiet (Vietoria-Nyansa, Albert-Edward-See und Albert-Nyansa) erschien anfangs recht auf- fallend; sie gehören zum allergrößten Teile der Urwaldfauna an:

von den Lamellicorniern z. B. die Arten Xenoderus janus F.,

Dieranorhina micans Drury, Meeynorhina polyphemus WeEsTw.,

Eudicella Grallı Mechowi Queor., Plaesiorhina subaenea HRrL». und cineta Ou., Leucocelis plebeja m., Pachnoda rubrocincta Hope und postica GorY; von Passaliden Erionomus planiceps EscHz., Eumelosomus duplicatus Hrın., Pentaulobus Palını PercH. und barbatus F., Didimus punctipectus Kaup; von sylvicolen Tene- brioniden Odontopezus obsoletus Toms. und regalis Hru»., Priosceis Fabrien Hopz und serrata F., Chiroscelis digitata F., Pristophilus passaloıdes WEstw., Eupezus brevicollis Hrıo., Ta- raxıdes crenatostriatus Ims. und sinuatus F. usw.; natürlich auch eine Anzahl Cerambyciden von echt westafrikanischer Art- zugehörigkeit, z. B. Arten von Plocederus, Callichroma, Monohammus, Acridocephala, Prosopocera, Phrystola, Phryneta, Petrognatha, Ster- notomis, Ceroplesis, Moecha u. a.; dann manche Chrysomeliden und Erotyliden.

Aber auch auf die Waldregionen Ostafrikas (z. B. Usambaras) greifen westafrikanische Arten über, aber sie sind hier in der Minderzahl, und manche echt ostafrikanische Arten treten an ihre Stelle. Erwähnenswert ist z. B. die große Cetoniide Megalorhina Harrisı Westw., welche in Usambara in einer den Kameruner und Kongo-Formen sehr ähnlichen Rasse (peregrina m.) wohnt.

Obgleich diese faunistischen Verhältnisse an sich schon inter- essant sind, da sie auf eine alte Zeitperiode hinweisen, in der die Waldfaunen und also die Urwälder Ostafrikas größer und aus- gedehnter gewesen sein und große zusammenhängende Komplexe gebildet haben müssen, so bieten dennoch anderweitige Zoogeo- graphische Betrachtungen noch andersartige Ausblicke.

Afrika südlich der Sahara ist bekanntlich in gewissen Land- schaften reich an endemischen, in keinem anderen Teile der Erde sonst noch vorkommenden Gattungen, nicht nur der Coleopteren, sondern auch anderer Tiergruppen. Der Zoogeograph hält des- wegen Afrika für ein besonderes Entstehungszentrum dieser Tier- gruppen. |

Es ist wohl sicher, daß zahlreiche Coleopterengattungen Afrikas aus weit zurückliegenden Zeitperioden dieses Kontinents stammen. Denn geologisch ist Afrika südlich der Sahara, wie wir von den Geologen älterer und neuester Zeit wissen, ein sehr alter Kontinent

und seit der Karbonperiode und sogar seit der archäischen Zeit

Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 195

größtenteils vom Meere nicht mehr bedeckt gewesen. Die Fauna hat sich in solchen Gebieten bereits im mesozoischen Zeitalter, als die Coleopteren sich in zahlreiche Familien und Gattungen entfalteten, meist ungestört entwickeln können. Zudem war der Kontinent im Süden lange Zeitperioden hindurch augenscheinlich meist isoliert. Auch der Austausch von Gattungen mit Südasien kann nicht sehr umfangreich gewesen sein. Dafür zeugt die Tat- sache, daß ganze afrikanische Gruppen von Gattungen in der Indischen Region fehlen, von Cetoniiden z. B. die echten Goliathinen, die Ischnostominen, Anoplochilinen, Compsocephalinen, Gnathocerinen usw. (Gemeinsam sind hingegen beiden Regionen die Ceratorhininen, Heterorhininen, echten Uetoniinen, Diplognathinen, Clinterien, Glyeyphaninen, ÜUremastochilinen usw. Die zuerst erwähnten endemischen Cetoniidengruppen dürfen also als typische Bestandteile der alten mesozoischen Urfauna Afrikas angesprochen werden. Die Gattungen der afro-indischen Gruppen sind später (wohl während älterer Perioden der Tertiärzeit) von Afrika nach Indien und teilweise wohl umgekehrt von Indien nach Afrika ge- wandert (über Südasien. Jene afrikanischen Elemente gehören also auch der afrikanischen Urfauna an; sie haben nur Ausläufer nach Südasien entsandt. Diese Annahme nehme ich z. B. für die Diplognathinen in Anspruch, die über Afrika in einer Anzahl von Gattungen verbreitet sind, während Asien nur sporadische Ver- treter aufweist.

Es fällt ferner dem zoogeographischen Beobachter auf, dab verschiedene Gruppen der afro-indischen Fauna sich in ihrer Ver- breitung verschieden verhalten. Bald sind die afro-indischen Gattungen Afrikas mehr westafrikanisch, bald auch ostafrikanisch. Es müßten eigentlich in Ostafrika mehr als in Westafrika afro- indische Formen vorherrschen, z. B. von Cetoniiden; sie sind hier aber teils nur sehr sporadisch, teils wohnen die meisten in West- afrika. Dieses verschiedenartige Verhalten ist sehr sonderbar.

Ich erkläre mir diese Differenz jedoch in folgender Weise: In Ostafrika beherrschte während eines Teiles der Tertiärzeit, jeden- falls am Schlusse derselben, und während der Quartärzeit eine viel größere Feuchtigkeit als jetzt das dortige Klima (Pluvialepoche), wovon noch jetzt die zahlreichen, meist trocknen Flußbetten, die in Nordafrika Wadis heißen, zeugen. Auch die Gletscherforschungen Hans Meyer’s am Kilimandjaro und die geologischen Untersuchungen Passarge's im Innern Südafrikas lassen darauf schließen, dab Aquatorialafrika in geologisch junger Zeit ein viel feuchteres, - niederschlagreicheres, die Gebirgsgletscher vergrößerndes Klima 13

196 HERMANN KoLße.

gehabt hat. Diese feuchte Atmosphäre läßt das Vorhandensein

von weit ausgedehnten Wäldern in Ostafrika erwarten. Die an

Wälder gebundenen Tiere hatten hier auch ihre Wohuplätze. Diese pluvialzeitliche sylvikole Fauna Ostafrikas, welche wahrscheinlich viele indische Gattungen umfaßte, mußte jedoch beim Eintritt der dürren Periode (Postpluvialepoche), welche noch jetzt herrscht, aussterben. Doch gibt es in den zurückgebliebenen Urwald- komplexen der ostafrikanischen Berglandschaften noch manche Gattungen, welche an indische und indonesische Genera erinnern, z. B. unter den Cetoniiden Discopeltis, Olinteria, Ptychodesthes, Niphetophora.

Durch meine vorstehend versuchte Erklärung der vorzeitlichen klimatischen Verhältnisse Afrikas während de: jungtertiären und . der Pluvialepoche wird das merkwürdige und bisher nicht gedeutete Verhalten mancher Gattungen und Arten der westafrikanischen Fauna erklärt. Es gibt in Afrika Arten indischer Gattungen oder diesen sehr nahe verwandte Formen, die wohl in Westafrika leben, in Ostafrika aber fehlen, z. B. eine Datocera-Art (sehr großer Bock- käfer), deren Verwandte Südasien und Indonesien bewohnen. Ferner l-bt in den Urwaldgegenden Westafrikas ein großer Dynastide, Augosoma centaurus, der seine nächsten Verwandten ebenfalls in Indien, Ostasien und Indonesien hat (Aylotrupes, mehrere Arten). Dagegen müßten gewisse Käfergattungen, die an freie weite Steppen und Buschsteppen, nicht aber an Wald gebunden sind, in Ostafrika ebensogut leben, wie in Westafrika und in der Indischen Region. Das ist auch tatsächlich der Fall, wie die großen Mistkäfer der Gattungen Aehocopris und Catharsius und viele andere Copriden beweisen, welche von Westafrika bis Indien und den Sundainseln in einer Anzahl nahe verwandter Arten leben.

Aus den vorstehenden Betrachtungen lassen sich die Be- ziehungen zu der Insel Ukerewe unschwer herausschälen. Die Fauna der Insel erscheint teilweise wie ein Rest der sylvikolen Fauna West- und Zentralafrikas; aber die meisten Gattungen und Arten zeigen ostafrikanische (teils sylvikole, teils steppikole) Ver- wandtschaft an. Gewisse Arten haben aber ein ganz westafrikanisches Gepräge, z. B. Stephanorhina adelpha aus der Verwandtschaft der St. tıbialis (Guinea).

Östafrikanische Elemente der Insel sind unter den Coprinen Copris lunurioides WTRH., Gymnopleurus sericeifrons Fıırm. und splendens Cast., sowie Trox squalidus Or.; unter den Melolonthinen Schizonycha sansibarica m. und Sphaerotro- ehalus Boehmi QuEDF.; unter den Rutelinen Anomala Kersteni

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Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Fe 197

GERST. und Popillia ovata m.; unter den Cetoniinen For- nasinius insignis BERTOL. und Uymophorus intrusus BLANcH.

Westafrikanische Elemente der Insel sind unter deu Coprinen Bolboceras togonicum m., unter den Cetoniinen Plae- siorhina subaenea Hrın. und Gametis sanguinolenta Burm.

Als zentralafrikanische Elemente der Insel, die aber echt westafrikanischen Arten nahe stehen, sind unter den Cetoniinen Eudicella tetraspilota nyansana m., Stephanorhina adelpha m. und Leucocelis plebeja m. anzusehen.

Südafrikanische (meist zugleich südost- und ostafrikanische —- Natal, Mosambik, Deutsch-Ostafrika) Elemente von Ukerewe sind unter den Coprinen ZHeliocopris hamadryas (bis Nieder- Guinea), Catharsıus opacus WTRH. (vom Ngamisee bis Deutsch- Ostafrika und Britisch-Östafrika); unter den Rutelinen Popillia bipunctata F. (von Natal und Kapland bis Gallaland und südlichem Kongogebiet); unter den Dynastinen ZRahizoplatys tri- tuberculatus Burm.. Heteronychus atratus Ku. (Mosambik, Deutsch- Ostafrika) und Heteronychus arator F. (Kapland, Tanganjikasee); unter den Cetoniinen Plaesiorhina plana ukerewia, Amaurodes Passerinii Westw. (Natal, Mosambik, Tanganjikasee, Deutsch-Ost- afrika), Mausoleopsis amabilıs (Natal bis Deutsch-Ostafrika), @ametis balteata (Kapland, Natal, Nieder-Guinea, Deutsch-Ostafrika, Seen- gebiet), Niphetophora Hildebrandti (Delagoabai, Mosambik, Deutsch- Ostafrika), Pachnoda flaviventris (Kapland, Natal, Mosambik bis zum Albert-Edward-See und Britisch-Ostafrika), Diplognatha silicea (Natal, Mosambik bis Deutsch-Ostafrika, (allaland, Seengebiet und Kongogebiet), Poectlophila hebraea (Kapland, Angola, Deutsch- Ostafrika bis Abyssinien), Spilophorus plagosus (Natal, Kaffrarien, Limpopo, Deutsch-Südwestafrika) und Zissogenius conspersus BURM. (Kaffrarien, Tanganjikasee, Niederung am Kilimandjaro und Meru).

Aus der Übersicht der Lamellieornier der Insel Ukerewe geht nun evident hervor, daß in der dortigen Fauna die Arten Ostafrikas und Südostafrikas überwiegen und daß der west- afrikanische Charakter demgegenüber zurücktritt. In Bukoba, am gegenüberliegenden Westufer des Victoria-Nyansa zeigt die Lamelli- cornierfauna merklich mehr westafrikanische Elemente. Dort finden sich z. B. die echt westafrikanischen, durch ihre Größe hervor- ragenden Arten Heliocopris colossus Bar., Dieranorhina micans Drury und Eudicella Gralli Mechowi QuErpr. Von den beiden zoogeographisch interessanten Diplognatha-Arten silicea M'Leay und gagates F. wohnt nur die südliche und südöstliche silicea auf der Insel, obgleich die westliche gagates noch bei Bukoba auftritt

13*

198 HERMANN KoLBE,

und auch die Nord- und Ostufer des Victoria-Nyansa und die Gegenden bis zum Albert-Nyansa bewohnt.

Im folgenden sind die von Pater Conkaps gesammelten Arten der Lamellicornier aus den Unterfamilien der Coprinen, Melo- lonthinen, Rutelinen, Dynastinen und Cetoniinen aufgezählt, und die neuen Formen beschrieben.

I. Unterfamilie Coprinae. Gattung Bolboceras Kırpy.

1. B. togonicum KoLge, OÖstukerewe, November. (Nr. 412.) Kongogebiet; Togo in Oberguinea.

Gattung Hybosorus Mac Lrary. 2. H. llligeri ReıcHz, Ostukerewe, April. (Nr. 335.)

Über Afrika weit verbreitet, auch in Nordafrika, Arabien, Südeuropa und Nordamerika.

Gattung Trox F. 3. T. squalidus Ouıv., November. (Nr. 310.)

Über Ost- und Südafrika verbreitet, auch in Abyssinien und Senegambien.

Gattung Pedaria Cast. 4. P. insularis n. sp. 9 © Ostukerewe, Januar. (Nr. 137.)

Diese Art ist der südafrikanischen Pedaria picea FÄHR. (elon- gata Kr. i. 1.) sehr ähnlich, weicht von ihr aber durch den etwas stärker gebauten Körper und ganz schwarze. Färbung ab. Auch der Prothorax ist anders beschaffen. Dieser ist vorn auf der Mitte mit einem Buckel und hinter demselben mit einem Quereindruck versehen. Der Quereindruck und der Buckel sind beim Männchen stärker ausgebildet als beim Weibchen. Bei P. picea fehlen der Buckel und der Quereindruck. Ferner sind auf den Interstitien der Elytren die Punkte der Längsreihen alle deutlich voneinander getrennt, bei P. picea zusammenhängend.

Charakteristik der neuen Art: Elongata, nigra, opaca; episto- mate confertim punctato, punctis anticis crassioribus; marginibus capitis lateralibus inter epistoma et genas incisura leviter inter- ruptis; prothorace transverso, supra sat crasse confertim punctato, in medio anteriore punctis subtilioribus, dorso anteriore medio paulo gibboso necnon pone gibber transversim impresso; elytris striatis, interstitiis striarum plus minusve biseriatim punctatis, punctis

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TE PETERS

Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 199

inter se perspicue separatis seriebusque duabus hie et illie punctis aliquot intermissis, interstitio suturali largius et fere triseriatim- punctato; metasterno late impresso, postice confertius punctato. Mas prothorace antice leviter distinete dilatato dorsoque an- teriore medio distinctius quam in femina gibboso insignitus. Long. corp. 8 mm.

Gattung Onthophagus LAT.

5. O. Gazella F. (Nr. 105.)

Über das ganze tropische Afrika, Südafrika, Arabien, Indien, Ceylon usw. verbreitet.

Gattung Phalops Er.

6. Ph. sp. (Nr. 313) ist mir unbekannt, kann aber mit einer der ostafrikanischen Arten, die sehr ähnlich gefärbt und ähnlich beschaffen sind, identisch sein.

Gattung Onitis F.

7. O. Sphins F. (ohne Nummer).

Eine über ganz Afrika und bis Südeuropa und Syrien ver- breitete Art.

Gattung Copris GEOFFR.

8. C. lunarioides WTRH., Ostukerewe, September und

Oktober. (Nr. 28, 154, 257.) Über das zentralafrikanische Seengebiet und bis Abyssinien verbreitet.

Gattung Catharsius Hopr. 9. C. opacus WTrH., Ostukerewe, April. (Nr. 171.) Über Deutsch-Ostafrika fd über das Gebiet des Nyassasees bis zum Nyamisee verbreitet. 10. C. Kolbei FruscHe, Ostukerewe, Mai. (Nr. 258.) FEuscHhE beschrieb diese Art in der Deutschen Entomologischen

‚Zeitschrift 1907, p. 283 nach Exemplaren aus Ibembe und Ukerewe.

Diese Art schien daher (nach dieser Angabe) nicht auf die Insel Ukerewe beschränkt zu sein. Ich aber beschrieb einen verwandten Catharsius (Stuhlmanniı m.) aus Ipembe, südlich vom Albert- Nyansa, welcher Ort am linken Ufer des Issango liegt (vgl. KoLsE im IV. Bande von SrtunLmann’s „Ost-Afrika“, Abt. Coleopteren, S. 143). Wenn Ibembe und Ipembe dasselbe bedeutet, dann würde

200 HERMANN KOLBE.

das mit „Ibembe* bezeichnete FerscHe’sche Exemplar wohl zu Stuhlmanni und nicht zu Kolbei gehören.

Der Catharsius Kolbei unterscheidet sich von ©. Stuhlmanni besonders im männlichen Geschlecht durch die drei auf einer Quer- linie stehenden kräftigen kurzen Hörner auf dem Prothorax. Auf dem Kopfe des Männchens befindet sich eine sehr hohe Querleiste mit zwei zahnförmig aufgerichteten Hörnchen. Bei ©. Stuhlmanni ist die Querleiste des Kopfes beim Männchen fast ebenso schwach wie beim Weibchen; und auf dem Prothorax stehen zwei einander mehr genäherte Hornhöcker. Auch FELscHE weist darauf hin. Im Interesse der Sache füge ich aber noch eine ausführliche Diagnose des ©. Kolber hier nach den mir vorliegenden Exemplaren bei.

Nigerrimus, nitidus; capite late semicirculari, antice medio fere integro, vix conspicue subbilobo, confertim granulato, granulis epistomatis transversis (1 JO), interdum confluentibus (1 O), granulis autem genarum rotundatis; prothorace confertim granulato, disco utrinque laevigato, angulis anticis obtuse rotundatis; elytris nitidis leviter striatis, striis fere obsolete leviter punctatis, necnon inter- stitiis parum convexis, subtilissime parce punctulatis, fere impunctatis.

Mas insignitus carina frontali transversa, acute biapicata (angulo utrinque dentiformi erecto), pronoto insuete modice tricor- nuto, cornubus in linea transversa positis, inter se fere aequalibus, laevibus, nitidis, subacuminatis, cornu intermedio compresso, antice carinato, carina cum margine antico juncta; dorso intercornuali leviter foveato, fere usque ad marginem anticum impunctato, niti- dissimo. |

Femina differt capite medio leviter tumido, in fronte ruguloso; fronte vix carinata, in linea transversali elevata, minute quadıi- tuberculata, tuberculis duobus intermedianis parum inter se approxi- matis; pronoti area anteriore media leviter obtuse tumida, hac area autem elevata cum margine antico carinula tenui conjuncta.

Long. corp. 23—26 mm.

Die Tendenz zu der Bildung einer mittleren hornförmigen Protuberanz und der medianen vorderen Kielung des Pronotums ist auch im weiblichen Geschlecht vorhanden; denn das mittlere Horn des Männchens ist beim Weibchen durch eine sehr schwache höckerartige Erhebung angedeutet, welche mit dem Vorderrande des Prothorax durch einen schwachen Längskiel verbunden ist.

Das Weibchen von ©. Kolbei ist dem Weibchen von (©. Stuhl- manny äußerst ähnlich. Aber bei dem ©. Kolbei besteht die Quer- | leiste der Stirn aus vier kleinen Tuberkeln; und die schwache mittlere Gibbosität auf der vorderen Hälfte des Prothorax ist deut-

Zur Kenntnis der Fuuna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 201

licher prononziert als bei Stuhlmannı ©. Die Stirnleiste dieser Art zeigt nur drei Tuberkelchen, von denen das mittlere anscheinend aus einer vollkommenen Verwachsung zweier kornförmiger Tuberkeln entstanden ist. Jedenfalls sind beide Arten einander nahe ver- wandt; die insulare Art scheint im Hinblick auf die Ausbildung eines dritten prothorakalen Hornhöckers und der mehr entwickelten Querleiste des Kopfes jünger zu sein.

Gattung Heliocopris Hop. ll. H. hamadryas F., Ostukerewe, März. (Nr. 250.) Über Ost-, Zentral- und Südafrika bis Niederguinea verbreitet.

Gattung Gymnopleurus ILL.

12. @. sericeifrons Faırm., Ostukerewe, April. (Nr. 106.) Deutsch-Ostafrika, Küstenregion; Gebiet der großen Seen: Vietoria-Nyansa bis Albert-Edward-See; Somali.

13. @. splendens Cast., Oktober. (Nr. 138.) Nubien bis Mosambik und Gebiet der großen Seen.

Gattung Scarabaeus L. (Ateuchus WER.). 14. 8. isidis Casr., Ostukerewe, April. (Nr. 140.) Nubien, Sennaar, Zentralafrika, Guinea, Senegambien.

II. Unterfamilie Melolonthinae. Gattung Trochalus Cast.

15. I. ukerewius n. sp. CS © von Ukerewe-Ost. (Nr. 440.) Die große Ähnlichkeit mit dem Trochalus spectabilis Queor., der im Königl. Museum in typischen Stücken vorliegt, läßt in der neuen Art wieder eine Verwandtschaft der Seenfauna mit West- afrika erkennen. Die Unterschiede der beiden Arten sind folgende. Bei T. ukerewius ist der Prothorax an den Seiten schwächer ge- rundet; die Höhe der Rundung liegt hinter der Mitte (bei spectabilis in der Mitte). Das Notum des Prothorax ist reichlich punktiert, aber weniger dicht als bei spectabilis. Die Femora und die Tibien des dritten Beinpaares sind weniger breit. Die Tibien des ersten Beinpaares zeigen keine Spur von einem dritten Zahne an der Außenseite. Schließlich ist das Flabellum (der Fühlerfächer) des Männchens länger als bei der Angolaart. Charakteristik: Brunneus, ovatus, sat nitidus, laevis, in elytris singulatim pruinosus, plerumque simplex; palpis antennisque ferru-

202 HERMANN KoLße,

gineis, flabello testaceo; clypeo coarctato, antice distincte bisinuato, subtridentato, supra sat confertim modice punctulato, longitudinaliter medio carinulato, antice laeviore, fronte laxius punctulata; protho- race pone medium lateraliter modice arcuato; in dorso large nec confertissime punctulato, medio autem longitudinaliter modice cari- nulato, carinula antice evanescente; elytris subtiliter lineato- punctatis, lineis leviter impressis, interstitiis irregulariter punctu- latis; metasterno nitido parce punctulato, medio longitudinaliter sulcato; pedum primi paris tibiis extus bidentatis, vestigio dentis tertii nullo; pygidio disperse mediocriter punctato, disco posteriore depresso. Long. corp. 9—10 mm.

16. T. fraterculus n. sp. 8 9 von Ukerewe. (Nr. 442.)

Von der vorigen Art ist die vorliegende durch geringere Größe und matte Färbung unterschieden. Auch ist der Clypeus stärker eingeschnürt, aber am Vorderrande weniger tief zweibuchtig, so daß die drei kurzen Loben nur schwach hervortreten. Bei den meisten Exemplaren zeigt das Pygidium in beiden Geschlechtern einen medianen Eindruck. |

Charakteristik: Brunneus vel fuscus, opacus, palpis antennisque ferrugineis, flabello testaceo; clypeo valde coarctato, antice parum bisinuato, supra rugoso-punctato, in fronte sat confertim punctulato; prothorace large punctato, punctis autem antice fere densioribus et subtilioribus, illo lateraliter mox pone medium leviter arcuato, dorso medio longitudinaliter impresso; elytris leviter striatis, striis

haud impressis, interstitiis punctulatis; metasterno nitido sat large‘

nec dense punctulato; tibiis pedum primi paris extus bidentatis,

vestigio autem dentis tertii nullo; pygidio convexo, medio modice,

impresso, itaque subbigibboso. Long. corp. 7—8 mm.

Einige Exemplare von braunschwarzer Färbung von Ukerewe, die sich unter derselben Nummer befinden, weichen von der Haupt- form etwas ab: var. integer, differt clypeo antice integro, margine anteriore arcuato, simplice; pygidio toto convexo, medio haud im- presso.

Gattung Sphaerotrochalus Barsk.

17. 85. Boehmi Quveor., Ostukerewe, September. (Nr. 81.)

Früher östlich vom Tanganjikasee gefunden. Diese Spezies schien mir anfangs von den zuerst von Herrn P. Conraps eingesandten Exemplaren verschieden zu sein. Die Färbung dieser Stücke ist etwas anders; auch waren sie kleiner; dazu schienen die Vorderecken des Clypeus deutlicher zahnartig vorgezogen zu Sein. Der etwas kürzere Prothorax ist stärker

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Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia.. 203

punktiert und daher weniger glänzend. Das neunte submarginale Interstitium der Elytren ist mehr prononziert als bei dem Boehmi- Exemplar. Nachdem ich aber noch mehrere Exemplare von Uke- rewe empfangen, erkannte ich ihre Identität mit der genannten Spezies. Einige Stücke sind ganz ebenso beschaffen wie das Boehmi-Exemplar vom Tanganjikasee. Andere weichen etwas ab. Das Pygidium ist bald schwarz, bald rotbraun; auch die Beine sind bald braun, bald schwarz mit Metallschimmer. Ebenso sind die Körpergröße und die Skulptur etwas variabel.

Gattung Lepiserica Bask.

18. L. fucatella Bzsx., Ostukerewe, November. (Nr. 441.)

Zuerst von den Ukamibergen in Deutsch-Ostafrika bekannt geworden.

Aus Uganda liegt eine verwandte Sericine vor, welche die Nr. 580 der Conkaps’schen Ausbeute trägt, und die mir eine neue Art zu sein scheint: Euphoresia ugandana n. Sp.

Das Königliche Museum besitzt eine größere Anzahl dieser eigentümlichen, auf der Oberseite gitterförmig gezeichneten und über das tropische Afrika verbreiteten Arten, die hauptsächlich von BRENSKE in seiner umfangreichen Monographie der Sericinen der Erde beschrieben worden sind und hier in dem typischen Material vorliegen. Die neue Spezies von Unganda erinnert an gewisse westafrikanische Arten. Diese kleine braune, schwärz- lich und weißlich gewürfelte Spezies gehört zu derjenigen Gruppe, deren Arten auf dem Pygidium einen großen medianen Fleck oder Streifen zeigen. Die neue Art ist der E. multipunctata Brsk. von Niederguinea am ähnlichsten, die ich nicht kenne, die aber nach BRENSKE nur einen schmalen medianen schwarzen glatten Streifen auf dem Pygidium besitzt. Doch sind beide Arten ander- weitig unterschieden; denn der hintere Rand der Femora des dritten Beinpaares tritt bei multipunctata nicht, wie bei jener Art, spitz zahnförmig vor. Ferner scheinen die Interstitien der Elytren bei multipunctata nicht als schwarze Rippen aufzutreten.

Charakteristik: Fusca, brunnea, opaca, nigromaculata pilisque quasi maculis exigue congregatis albidis passim subsignata; antennis rufis, flabello testaceo, pedibus fuseis nitidis; fronte glabra im- punctata anterius et medio parum punctata, epistomate- scabroso antice leviter sinuato; prothorace lateraliter recto, anteriore cur- vato, dorso glabro subpunctato, parce squamato, squamis lateraliter densatis vittam exhibentibus, angulis postieis subrectis; elytris

2)4 HERMANN KOLBE.

brunneis striatis, interstitiis convexis, alternis (1. 3. 5, 7, 9.) interrupte nigris, partim maculatis; pygidio fusco, inaequaliter nec dense punctato. albido squamoso, vitta glabra media longitudinali nigra, postice attenuata; pectore abdomineque subnitidis, large et fere confertim mediocriter punctatis, subtiliter albido-squamatis. -— Long. corp. 7—7,5 mm.

Gattung Melanocamenta BRsk.

19. M.variolosan.sp. 8 Q Ostukerewe, Mai. (Nr.504, 539)

Diese Spezies hat alle Hauptmerkmale der Gattung, wie sie der Autor BrEnskE angegeben hat. Besonders bemeıkenswert ist das sechsgliedrige Flabellum der Antennen des Männchens, dem das viergliedrige Flabellum des Weibchens gegenübersteht. Auch bei anderen Arten der Gattung ist das Flabellum des Weibchens viergliedrig, aber bei der Spezies bomuana Brsk. vom Kongo fünf- gliedrig.

Diagnose der neuen Spezies: Ovata, minus brevis nec crassa, brunnea vel nigra, nitida, antennis flavo-testaceis, pectore pedibusque nigris, tibiis primi paris, tarsis omnium pedum abdomineque rufo- brunneis; elypeo antice sinuato, parce punctulato, epistomate fronteque largius et densius nec confertim perspicue punctatis; prothorace similiter ac fronte perspicue nec confertim punctato, lateraliter in margine anteriore subsinuato, pone medium rotundate ampliato, margine .posticco ad scutellum versus lobato; elytris subrugose punetatis, geminate striatopunctatis, interstitiis sub- seriatim punctatis, punctis subtilioribus intermissis; scutello tri- gono parce subtiliter punctato, nitido; pedibus simplicibus, unguiculis basi lobate dilatatis; pygidio nitido glabro, leviter convexo, sat large nec confertim punctato, postice attenuato; serementis abdominis ventralibus plus minusve large punctatis, antice pilosis.

Mas insignitus flabello antennarum 6-articulato, elongato, femina flabello 4-articulato, brevi.

Long. corp. 5,5—6,5 mm.

Die vorliegenden Exemplare variieren in der Färbung; sie sind bald braun, bald schwarz, stets glänzend. Das hat mit dem Geschlechte nichts zu tun, da vom Männchen beide Färbungen vorliegen. Vielleicht sind die braunen Exemplare nur unreif. Bei allen braunen und schwarzen Exemplaren sind die Tibien des ersten Beinpaares braun, was die übrige Färbung ‚nicht berührt. Auch sind die Tarsen aller Beine braun.

ern

Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 205

Gattung Pentecamenta Barsk.

20. P. subcostata n. sp. 8 9 Ostukerewe, November. (Nr. 428).

Wegen der Zahl der Flabellenglieder (JS fünf-, Q viergliedriges Flabellum) muß diese Art zu Pentecamenta gehören (s. BrENsKE, Berlin. Ent. Zeitschr. 1896 p. 341). Sie ist aber von der P. salaama Brsk. deutlich verschieden. Nicht nur ist der Körper länger, auch die Skulptur des Kopfes, des Pronotums und der Elytren ist eine andere.

Diagnose der neuen Spezies: Oblonga, brunnea, leviter nitida, rufo-pilosa, in capite et pronoto longius, in elytris autem postice brevius pilosa; capite fusco, antennis 10-articulatis rufo-brunneis, articulo primo clavato, secundo brevi, globulari, tertio quartoque minoribus brevibus; clypeo nitido glabro, parce subpunctato; epistomate et fronte fere aequaliter confertim densissime et pro- funde et rude rugosopunctatis; prothorace lateraliter rotundate ampliato, angulis posticis nullis, supra large nec densissime modice punctato, punctis discoidalibus ‚et anterioribus singulis postice apertis, ante marginem posticum densius et subtilius punctato: scutello angusto, parce subtiliter punctato; elytris postice leviter ampliatis, large nec dense subcrasse aequaliter punctatis, in disco leviter subcostatis; pygidio parum convexo, elytris paulo densius et subtilius punctato; pectore fere villoso, abdomine infra breviter piloso.

Mas insignitus flabello antennarum elongate 5-artieulato, articulis 6.—10. longe lamellatis, articulo quinto breviter lobato.

Femina differt flabello antennarum brevi, 4-articulato, artieulis 7.—10. brevius quam in femina lamellatis, articulo quinto paulo aliter ac in mare formato, leviter ampliato, articulo sexto brevissime lamellato.

Long. eorp. 11—13 mm.

Gattung Schizonycha BuancH.

21. Sch. paterna n. sp. OÖstukerewe, November. (Nr. 429a.)

Obgleich diese neue Art der Sch. erıbrata m. von Sansibar nahe verwandt zu sein scheint, so ist sie von dieser doch bald zu unterscheiden. Sie ist etwas kleiner und dunkler als diese östliche Art. Das Epistom ist kürzer und breiter abgestutzt, vorn schwach gebuchtet. Der Prothorax ist gröber und dichter skulptiert, be- sonders nach den Seiten zu. Das Scutellum ist weniger breit. Die sehr ähnlich aussehenden Elytren sind etwas dichter punktiert.

HERMANN KOLBE.

Das Metasternum ist auf der Mitte mit einer tieferen und breiteren Längsfurche versehen. Ferner ist das erste Tarsenglied des dritten Beinpaares länger. Die Zähnchen der Fußkrallen sind von gleicher Länge (bei Sch. eribrata von ungleicher Länge). z

Charakteristik: Fusco-brunnea, nitida, in pronoto et elytrislarge necnon fere crasse punctata, punictis seta brevissima albida insertis; antennarum articulo tertio vix elongato, breviore quam quarto quintoque junctis; metasterno flavo-griseo villoso, large punctato medioque longitudinaliter sat profunde et glabre fossulato; tibiis antieis tridentatis; tarsorum secundi paris articulo primo sequenti longitudine aequali, illo tertii paris breviore quam articulo secundo; unguiculorum apiceibus aequilongis; abdomine nitido, linea segmen- torum transversa parce subtiliter setosa; pygidio large rude punc- tato. Long. corp. 13,5—15 mm.

22. Schizonycha sp., Ostukerewe. (Nr. 429 b.)

Von den fünf Exemplaren der Nr. 429 gehören vier zu Sch. paterna n. sp. Das fünfte Exemplar gehört einer besonderen Art an, die der vzcarıa m. aus Ukami (Deutsch-Ostafrika) sehr ähnlich ist. Sie ist etwas größer als diese Art. Das Pronotum und das Pygidium sind feiner punktiert. Mehr Exemplare sind zur Fest- stellung der Art nötig.

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23. Sch. ukerewia n. sp., Ostukerewe, April. (Nr. 482.)

Diese mittelgroße Art ist der Sch. usambarae Brsk. am ähn- lichsten, aber etwas größer und glänzender. Die Oberseite ist nur mit zerstreuten sehr kurzen weißen Härchen besetzt. Der Pro- thorax ist ähnlich wie bei der genannten Art, grob, aber weniger dicht punktiert. Das Skutellum ist deutlich punktiert. Die Hinterbrust ist dichter behaart, auf der Mitte punktiert und weniger behaart, vor dem mittleren Längseindrucke des Mesosternums mit einem Höckerchen versehen. Die Elytren sind etwas weniger grob und weniger dicht punktiert, zwischen den Punkten höchstens nur schwach gerunzelt. Die Vordertarsen sind einfach. An den Tibien des dritten Paares sind beide Sporen end- ständig. Das Pygidium ist sehr ähnlich beschaffen, aber etwas dichter punktiert.

Charakteristik: Ferrugineo-brunnea, nitida, punctis seta bre- vissima expletis, postpectore longe et dense flavo-piloso, villoso; capite fere dense rude punctato, carina anteriore curvata; pro- thorace elytrisque aperte nec dense punetatis; pedum primi paris tibiis distinetius tridentatis; articulo primo tarsorum tertü paris breviore quam secundo; unguiculis fissis, apicibus duobus

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53

Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 207

aequilongis; abdomine parce breviter setoso pilisque longis raris vestito. Long. corp. 18—19 mm. 24. Sch. insularis n. sp., Ostukerewe, April. (Nr. 430.)

Diese kleine rostfarbige Art ist der Sch. lindiana Brs«. augen- scheinlich.nahe verwandt, aber durch die fast fehlende Spur des dritten Zähnchens an den Tibien des ersten Beinpaares, durch etwas andere Punktierung der Oberseite, weniger kurzen Prothorax und anders punktiertes Pygidium unterschieden. Sie ist auch der Sch. usaramae Brsk. ähnlich, aber feiner beschuppt als diese und die erstgenannte Art, besonders auf der Unterseite.

Charakteristik: Ex minoribus, Sch. lindianae et usaramae Bkrsk. similis, ferruginea, subnitida, glabrata; pectore abdomineque nitidis, haud pilosis, parce punctatis, punctis seta singula, brevissima, subtili, insertis; prothorace nitido laxe punctato; scutello lateraliter punctato; elytris subdense punctatis, punctis seta singula minu- tissima insertis; pygidio laxe punctato; pedum primis paris tibiis bidentatis, vestigio dentis tertii fere obsoleto; articulo primo tar- sorum tertii paris quam secundo dimidio breviore; unguiculis fere aequaliter fissis. Long. corp. 10—11 mm.

25. Sch. sansibarica m. von der Insel Ukerewe? Zu- sammen mit Anomala Kersteni Gerst. (Nr. 97) an Mangoblüten.

III. Unterfamilie Rutelinae. Gattung Anomala Sam.

26. A. Kersteni Gexrst. von der Insel Ukerewe? Zu- sammen mit Schizonycha sansıbarica m. an Mangoblüten. (Nr. 97.) Über Deutsch-Ostafrika und bis Somali verbreitet.

27. A. plebeja OL., Ukerewe, Oktober. (Nr. 132.) Die beiden vorliegenden Exemplare sind fast ganz dunkelbraun. Die Art ist über Ost- und Westafrika bis Abyssinien und Senegambien verbreitet.

28. A. ukerewia n. sp., Ukerewe, Oktober. (Nr. 113.) Obgleich diese Art der A. tendinosa Gerst. Deutsch-Ostafrikas sehr ähnlich ist, so kann sie von ihr doch leicht unterschieden werden. Sie ist kleiner. Der Kopf ist weniger fein runzlig-punktiert. Der Prothorax ist an den Seiten etwas stärker gerundet. Das Interstitium zwischen den Doppelstreifen erscheint breiter und ist nach der Basis zu reichlicher punktiert. Der sekundäre unregel- mäßige Punktstreifen dieses Interstitiums ist fast bis zur Spitze der Flügeldecke doppelt, bei tendinosa größtenteils einfach. Der erste

208 HERMANN KOLBE.

mittlere Streifen ist weniger gleichmäßig ausgebildet als bei tendi- nosa, bei der die Doppelstreifen nicht so gut zu unterscheiden sind wie bei der neuen Art. Die insulare A. ukerewia macht also einen primitiveren Eindruck als die ostafrikanische tendinosa.

Charakteristik der neuen Art: Lutea, nitida, capite rufo- brunneo opaco; prothorace infuscato, lateribus autem, puncto fusco mediano excepto, late luteo; elytris fusco- vel nigro-striatis, macula humerali et basi vittisque (sc. vitta suturali communi, postice angustiore, necnon vitta posteriore mediana, cum macula illa humerali juncta, plagaque laterali postmediana) nigro-fuscis; pectore, ventre pedibusque testaceis, his laetioribus; apice tibiarum infus- catis, tarsis brunneis; capite rugoso-punctato; prothorace supra laxius simplieiter punctato, dorso medio longitudinaliter subsulcato; scutello subtiliter punctato, medio laevi; elytris nigro-striatis, striis punctatis, striis octo quadrigeminatis; interstitio primo lato, quam interstitiis striarum geminatarum (secundae ordinis) triplo latiore, seriebus subregulariter ordinatis, basin versus latis punctis- que irregulariter dispersis; interstitio secundo (primae ordinis) duplo tantum latiore quam illis interstitiis secundae ordinis, serieque punctorum obsito sat regulari, hac serie antice et postice plus minusve duplicata, postice in puncta aliquot soluta; interstitii humeralis serie punctorum plus minusve duplicata, subrugulosa; pygidio punctis sat rude sculptato, transversim rugato; unguiculo exteriore paulo inciso.

Long. corp. 12—13 mm.

Gattung Popillia SERVv.

29. P. ovata m., April. (Nr. 221.) Über das Seengebiet und Ostafrika verbreitet.

30. P. bipunectata F., April. (222). Über Zentral-, Ost- und Südafrika verbreitet, auch im Kongobecken.

IV. Unterfamilie Dynastinae. Gattung Oryctes ILL.

31. O. boas F., Ostukerewe, April. (Nr. 329). Über West-, Süd-, Ost- und Zentralafrika verbreitet.

(Gattung Heteronychus Burn.

32. H. atratus Kı., Ostukerewe, April. (Nr. 473.) Deutsch-Östafrika und Mosambik.

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Zur Kenntnis der Fuuna der Insel Ükerewe: Coleoptera Lamellicornia. 209

33. H. arator F., Ostukerewe, Oktober. (Nr. 344.) Tanganjikasee, Kapland.

Gattung Rhizoplatys Westw. (Trionychus Burnm.).

34. Rh. trituberculatus Burm., OÖstukerewe, Mai, August, Oktober. (Nr. 342.)

V., Unterfamilie Cetontinae. Gattung Fornasinius BERTOL.

35. F. insignis BERToL., Ukerewe. (Nr. 164 u. 319.)

Außer den von P. Conkaps von der Insel Ukerewe gesandten Stücken dieser Art befinden sich im Königl. Museum noch Exemplare aus anderen Gegenden Ost- und Zentralafrikas. Diese Exemplare variieren teilweise stark, sowohl in der Größe des Körpers als auch in der Ausbildung der Höcker und Hörner am Kopfe der Männchen. Die Variation in der Ausbildung der Höcker und Hörner schwankt aber nicht nur in der Größe der letzteren, sondeın es - finden sich bei den verschiedenen Individuen ganz verschiedene Bildungen vor. Bald ist das mediane frontale Kopfhorn kurz und eerade und unterhalb mit einem unpaaren Zahne versehen oder dieser Zahn fehlt vollkommen, oder das Horn ist größer, länger und gebogen und unterseits ebenfalls gezahnt oder (bei den größten Exemplaren) unterseits nicht bewehrt. Ferner befindet sich bei manchen kleinen Stücken jederseits neben der Basis des Frontal- hornes ein laterales Frontalzähnchen oder nicht. Bei anderen größeren) Exemplaren ist das große mediane Frontalhorn in der Basalhälfte jederseits mit einem lateralen Zahne versehen oder diese lateralen Zähne sind verschwunden (bei den größten Exemplaren).

Exemplare dieser verschiedenartigen Bildungen sind teilweise schon beschrieben und als besondere Arten aufgefaßt, besonders von KraaAtz, HEATH, Preiıss. An der Reihe von Exemplaren, die mir aus den Beständen des Museums vorliegen, weise ich nach, daß diese Varietäten und auch die von den genannten Beschreibern aufgestellten „Arten“ alle zu einer einzigen Spezies gehören. Einige abweichende Formen habe ich außerdem noch benannt und der in der Sammlung des Königlichen Museums aufgestellten schönen Reihe einfügen können. Die Formationsreihe hat hinsichtlich der Vergleichung mit anderen Arten noch morphologischen Wert.

Im folgenden sind diese Varietäten unterschieden:

Var. pauzılla n. (forma minor), zwei Exemplare von Ukerewe. (Nr. 319). Kleine Form des Männchens mit kurzem geraden

210 HERMANN KoLße.

Frontalhorn, ohne unpaares Zähnchen an der Unterseite des- selben, ohne oder mit undeutlichem lateralen Zähnchen jederseits neben der Basis des medianen Frontalhorns. Stirn beiderseits bis zu dem lateralen Zähnchen ungekielt oder undeutlich gekielt. Länge 33—35 mm (gemessen von den Vorderecken des Clypeus bis zur Spitze des Pygidiums, auch bei den übrigen Varietäten).

Var. infradentata n. (forma minor), zwei Exemplare von Ukerewe. (Nr. 319.) Kleine Form des Männchens mit kurzem geraden Frontalhorn, mit je einem deutlichen lateralen Zähnchen jederseits neben der Basis des medianen Frontalhornes, auch mit einem unpaaren inferioren Zahne an der Unterseite des Frontalhornes. Stirn beiderseits gekielt, den Kiel des lateralen Zähnchens mit der supraokularen Tuberkel verbindend. Länge des Körpers 34—36 mm. Var. transıtiva n. Ein Exemplar von Ukerewe. (Nr. 319). Übergangsform. Frontalhorn etwas verlängert und sehr schwach gebogen, mit lateralem Zähnchen jederseits an der Basis des Hornes und mit einem unpaaren inferioren Zähnchen an der Unterseite desselben. Kiel beiderseits der Stirn fehlend. Körperlänge 38 mm.

Var. mixta n. Mittelgroße Form von Bukoba mit verlängertem, aber nicht sehr kräftigen, jedoch ziemlich stark knieförmig gebogenen Frontalhorn und je einem lateralen Zähnchen in der Basalhälfte dieses Hornes, sowie einem unpaaren inferioren Zähnchen an der Unterseite desselben. Länge des Körpers 42 mm. Ein Exemplar von Gudowius.

Var. Hauseri Krrz. Britisch-Ostafrika (Kibwezi), Kilimandjaro. Frontalhorn ziemlich lang, schwach gebogen; laterales Zähnchen beiderseits der Basis dieses Hornes ziemlich Klein oder größer; ohne unpaaren Zahn an der Unterseite desselben. Körper- länge 42—-45 mm.

Var. paradoxa n. Große Form aus Usambara. Frontallorn stark knieförmig gebogen, mit je einem kräftigen lateralen Zahne im Basalteille desselben und ohne unpaaren inferioren Zahn. Körperlänge 49 mm.

Var. Hirthi Preıss aus Ukerewe (Nr. 164), Bukoba, Nord- tanganjJika und Usambara. Frontalhorn lang, stark ge- bogen, ohne lateralen Zahn jederseits an der Basis dieses Hornes und ohne unpaaren inferioren Zahn an der Unterseite desselben. Länge des Körpers 46—50 mm.

@. Wiserı Hrarn ist mit @. Hirthi Preıss vielleicht identisch.

Ob @. Dareisi Krrz. zu insignis BerroL. gehört, läßt sich

aus der Beschreibung nicht sicher erkennen.

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Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornie. 211

Gattung Eudicella WHITE.

Die hierhergehörigen hübschen, mittelgroßen Üetoniiden sind wirkliche Gabelnasen; denn die Männchen tragen auf dem Vorder- kopfe ein langes schlankes, in zwei lange zugespitzte Zinken aus- laufendes Horn. Alle hierhergehörigen Käfer aus den verschiedenen Teilen des tropischen und südlichen Afrika sind einander sehr ‚ähnlich und größerenteils wohl nur als Unterarten aufzufassen.

36. E. tetraspilota Hrıo. Subsp. nyansana n., Ost- ukerewe, Januar und Februar. (Nr. 373.)

Alle von Ukerewe, vom gegenüberliegenden Festlande und von Bukoba vorliegenden Exemplare unterscheiden sich von der wahren tetraspilota Hruo., welche im Innern von Angola und im südlichen Kongogebiet wohnt, durch den Mangel des hinteren schwarzen Fleckes der Elytren.

Der in Uganda lebenden Rasse immaculata HEATH fehlt außer- dem auch der schwarze Humeralfieck der Elytren.

Zwischen den mir vorliegenden Exemplaren der Nyansana- Rasse von der Ukerewe-Insel und dem gegenüberliegenden Festlande (Nr. 165 u. 165a) ist ein eigentlicher Unterschied nicht zu bemerken.

In Bukoba (Juli) am Westufer des Vietoria-Nyansa wird Eudicella Gralli subsp. Mechowi QuEDF. gefunden (Nr. 513), die bisher nur aus dem mittleren Kongogebiet bekannt war.

Gattung Neptunides J. THons.

Während die länger bekannte typische Art dieser Gattung (polychorus J. Toms.) weit und breit in Deutsch-Ostafrika zu finden ist, soweit die Gegenden bewaldet sind, kommt in Zentral- airıka in der Umgebung des Vietoria-Nyansa die zweite Art Stanleyi vor.

37. N. Stanleyi Jaxs., Westukerewe, April; Bukoba, Juli. (Nr. 332.) Die typischen Stücke sollen am oberen Kongo gefunden sein.

Gattung Dieranorhina Burn.

Diese in wenigen Arten über West-, Zentral- und Ostafrika verbreitete Gattung ist auch auf der Insel Ukerewe vertreten, aber nur in einer eigenartig gefärbten Subspezies, die im folgenden beschrieben ist.

38. D. Conradsi m., Ostukerewe. (Nr. 282 u. 282a.)

Man kann diese Form als eigene Spezies oder als Subspezies

der D. derbyana Westw. auffassen, welche in einigen anderen Sub- 14

912 HERMANN KOLBE.

spezies (derbyana typica, divertialis m., lateralis m., Oberthüri Deyr., carnifec Hru».) von Natal, Nordtransvaal, Südrhodesien, Deutsch- Südwestafrika, Mosambik, Nyassaland durch Deutsch-Ostafrika bis Britisch-Ostafrika verbreitet ist. Diese Unterarten sind meistens schön grün gefärbt und weiß gebändert. Nur carnifex ist ober- seits blaugrün mit weißen Längsbinden, während die Beine rot oder kastanienfarbig sind.

Die Oberseite von D. Conradsi ist in beiden Geschlechtern gesättigt dunkelviolett, zum Teil fast schwarzviolett, seltener dunkel- braunviolett und mit schwarz untermischt. Nur das Pronotum besitzt eine weiße laterale Längsbinde. Neben Exemplaren mit dieser einfachen Grundfärbung der Elytren, die ich als Stammform aufstelle, gibt es Exemplare mit je zwei weißen (weißgelben bis rotgelben) Längsbinden auf den Elytren (var. vittata m.), die ich als derivate Varietät betrachte. Ferner unterscheidet sich diese hübsche Unterart von der zunächst verwandten Subspezies Oberthäri Deutsch-Ostafrikas durch abweichende Bildung des Epistoms, des Mesosternalfortsatzes und der männlichen Vorderbeine. Das Epistom ist in beiden Geschlechtern schmaler als bei Oberthürı.. Auch springen die vorderen Zähne desselben noch mehr vor, während die seitlichen kleinen Zähne mehr nach hinten gerückt sind. Der Mesosternalfortsatz ist breiter und vorn kürzer zugespitzt als bei Oberthärt. Im männlichen Geschlechte sind schließlich die Tibien des ersten Beinpaares bei gleicher Körpergröße weniger lang und weniger schmal als bei der genannten Subspezies, auch an der Spitze schräg nach innen abgestutzt (nicht gerade, wie bei Oberthürt). Die Körperlänge beträgt 41—-47 mm im männlichen, 33—38 mm im weiblichen Geschlecht.

Usıkı führt diese Art von Schirati am Ostufer des Victoria- Nyansa auf.

Bei Bukoba lebt bereits die westafrikanische Por micans DruryY. (Nr. 60.)

Stephanorhina Burn.

Die nächsten Verwandten der hier aufgeführten Art wohnen in. Westafrika.

39. St. adelpha Koupe, Ostukerewe, April. er 368.)

Zuerst vom Victoria-Nyansa bekannt geworden. Diese Art ist der #f. guttata Ou. Guineas am Shniicheent aber die Ober- und Unterseite ist fast ganz rot. Die weiße Flecken- zeichnung der Flügeldecken ist ebenso. Die Tibien aller Beine

Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 213

sind etwas kräftiger als bei guttata. Das Pygidium ist kürzer zugespitzt. Das Epistom ist breiter.

Die St. Neumannı m., welche der St. tıbialis WTRH. (Guinea) sehr ähnlich ist, liegt von Bukoba vor.

Amaurodes WEsTw.

40. A. Passerinii Westw., Ukerewe? Januar. (Nr. 177.) Von Natal über Mosambik bis Deutsch-Ostafrika verbreitet. Es variiert die Zeichnung des Pronotums, indem zwei meist fehlende, aber oft vorhandene Flecke auf dem grauen Grunde entweder isoliert stehen oder unter sich oder mit der schwarzen mittleren Längsbinde verbunden sind oder derart überhand nehmen, daß die ganze Fläche schwarz ist. Auch die Färbung der Hinter- beine variiert zwischen gelb und schwarz. Die von Pater ConRaps eingesandten Exeınplare haben die gewöhnliche Färbung des Hals- schildes, nämlich weiße Tomenttärbung mit mittlerer schwarzer

Längsbinde. Der Fundort ist nicht genau angegeben.

Gattung Smaragdesthes Krrz. 4l. 8. Conradsi n. sp., Ukerewe. (Nr. 157.)

Diese neue Form wurde von verschiedenen Nichtkennern, deren Ansicht mir mitgeteilt wurde, bald als Smaragdesthes Oertzeni, bald als sutwralis determiniert. Sie ist aber von beiden verschieden. Am ähnlichsten ist sie allerdings der S. Oertzeni m. aus Deutsch- Ostafrika (Usambara, Bagamoyo, Mhonda usw.). Sie ist etwas kleiner als diese Form, zwar teilweise ähnlich blau gefärbt; aber die Elytren sind heller, sehen unreif oder unausgefärbt aus; sie sind nämlich hellbraungelb mit sehr leichtem blauem Schimmer, aber die Sutur, ein Schulterfleck und die Apikalgegend sind ge- sättigt blau; der äußere Rand ist schwarz. Außer den Färbungs- unterschieden gibt es aber noch andere Verschiedenheiten. Das Epistom ist weitläufig punktiert (nicht quer gerunzelt). Die quer- stehende Schwiele des Epistoms ist breiter und weniger hoch als bei $. Oertzeni, an den Seiten allmählich abfallend (bei S. Oertzeni an den Seiten abschüssig). Die Skulptur der Elytren besteht aus Längsreihen von Punkten, welche alle in ziemlich regelmäßigen Reihen stehen. Statt der zahlreichen unregelmäßigen Punkte der suturalen Region (bei Oertzeni), sind bei der neuen Form hier nur wenige unregelmäßig stehende Punkte vorhanden; im apikalen Teile nach innen zu fehlen die Punkte. Die Runzelung vor dem apikalen Rande ist hier viel weniger ausgebildet als bei der Oertzeni. Auch das Pygidium zeigt nur wenige Runzeln.

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214 HERMANN KOLBE.

Übrigens kann man diese beiden Formen und noch dazu- gehörige andere, z. B. subsuturalis Krrz. von der Delagoa-Bai, miteinander als Subspezies zu einem Formenkreise (mutica Har.) vereinigen.

Charakteristik: Cyanea, elytris luteis cyaneo plus minusve suffusis, exceptis autem sutura, macula humerali apiceque elytrorum cyaneis, margine exteriore nigro; epistomate parce distincte punctato, ejus medio longitudinaliter plane subcarinato, carina laevi antice tuberculo transverso exstructo; elytris subtiliter punctato- striatis, striis ad apicem interiorem versus obsoletis, stria secunda in puneta nonnulla dissoluta.

Long. corp. 17—18 mm.

Gattung Plaesiorhina BurnM.

42. P. plana Wırvem. Subsp. ukerewia n., Ukerewe, Oktober. (Nr. 3.)

Diese Form ist kleiner und verhältnismäßig kürzer als die südafrikanische plana. Sie erscheint als eine völlig selbständige Form. Die Grundfarbe ist oberseits braun mit grünem Schimmer. Der Seitenrand des Pronotums ist gelb. Die gelbe Querbinde hinter der Mitte des Elytren erscheint zackig und ist seitlich, aber nicht nach vorn verbreitert. Die Skulptur des Prothorax ist reichlicher, dichter gestellt als bei plana und in größerem Umfange querrunzlig. Die Punktierung der Elytren ist etwas gröber und teilweise viel dichter, besonders längs der Mitte auf der vorderen Hälfte. Die Tibien des dritten Beinpaares sind etwas gekrümmt. Die Färbung derselben sowie die des zweiten Beinpaares an der Innenseite braun und gelb. Länge des Körpers 20,5—21,5 mm.

Diese insulare Form ist von der festländischen Form, welche in einer Unterart ugandensis Hrarm in Bukoba und in Uganda lebt, und ebenso von der bei Bukoba vorkommenden Pl. cincta OL. (Nr. 59) gut zu unterscheiden.

43. P. subaenea Hrı»., Ostukerewe, Juni. (Nr. 299.) Angola, Südkongo, Bukoba am Westufer des Vietoria-Nyansa.

Gattung Gnathocera Kırpy.

Bei ihrer weiten Verbreitung über Afrika südlich von der Sahara und der großen Variationsbreite der meisten ihrer Arten ist es nicht unerwartet, daß diese Gattung auch auf der Insel Ukerewe in einer besonderen Form auftritt:

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Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornia. 215

44, @. trivittata SweED. subsp. nyansana n. Ost- ukerewe, Mai. (Nr. 230.)

Diese Unterart ist der zwischen dem RR und dem Tanganjikasee wohnenden Unterart ruandana Krrz. am ähnlichsten. Sie unterscheidet sich von dieser durch einige Merk- male der Skulptur, Behaarung und Färbung. Besonders sind die beiden dorsalen Rippen der Elytren höher, glatt und gut markiert. Die Punktstreifen und Punkte in den Interstitien zwischen den Rippen sind viel undeutlicher, die Punkte meist quer gezogen und hinten wirr durcheinander stehend (bei ruandana deutlich unter- schieden). Die Behaarung des Prothorax ist etwas kürzer.

Charakteristik: Nigro-brunnea, in capite pronotoque largius et longius, in elytris parcius pilosa; pronoto in utroque sexu flavo- vel albotrivittato, scutello ejusdem coloris univittato; elytris luridis, utroque lateraliter brunneo maculisque majoribus flavo-albidis ornato, sutura brunnea; pectore abdomineque in utroque sexu ad magnam partem flavo-cretaceis; pedibus brunneis, femoribus ad magnam partem flavido-cretaceis; pygidio ejusdem coloris biplagiato; prothorace postice parum dilatato; elytrorum interstitiis triplice serie indistinete punctatis, punctis transversim impressis, inter se plus minusve confluentibus, costis glaberrimis pareissime punctulatis. Long. corp. 15—17 mm.

Diese insulare Form ist durchschnittlich etwas größer als ruandana.

Die Subspezies «heha m. im südlichen Deutsch-Östafrika ist noch etwas kräftiger gebaut als nyansana,; auch sind die gelben Flecken und Binden dunkler gelb. Sonst ist diese Unterart der neuen Form sehr ähnlich, aber die Flügeldecken sind viel reich- licher behaart. Die Naht und die Seiten der Flügeldecken sind schwarz, die gelben Flecken auf den Seiten der letzteren ähnlich groß. Der Prothorax ist hinten breiter. Die Beine sind schwarz, die Schenkel wie der größte Teil der Unterseite in beiden Ge- schlechtern dicht gelb tomentiert.

Viele der teilweise geographischen Gnathocera-Formen, die als besondere Arten aufgestellt sind (auch Atzeli Swarrz), unter denen sich namentlich die verschiedenen weiblichen Formen, nämlich weißtomentiertbäuchige und glänzendschwarzbäuchige, hervortun, gehören zusammen und zwar zu der Hauptart trivittata Swen. Auch durch die Färbung der Beine, die fehlende oder vorhandene weiße Zeichnung auf der Oberseite, die fehlende oder vorhandene Behaarung derselben und durch die Skulptur unterscheiden sich

die vielen Formen. I

216 HERMANN KOLBE.

Gattung Gametis BurM. 45. @. balteata DE GEER, Ostukerewe, April und Oktober. (Nr. 198.) Niederguinea (Loangoküste), Albert-Nyansa, Sansibar, Delagoabaı, Natal und Kapland. 46. @. sangwinolenta Burm., Westukerewe, Dezember. (Nr. 456.) Senegal, Guinea. |

Gattung Niphetophora Krrz.

47. N. Hildebrandti Har. (Oxyrhaphia Hildebrandti Har.), Ostukerewe, Mai und September. (Nr. 231). Ost- und Südostafrika, Niederguinea.

Gattung Rhabdotis Burn.

48. Ich. sobrina (GoRrY PERcH, Ukerewe? (Nr. 58). Ist über Zentral- und Deutsch-Ostafrika, Mosambik, Kordofan, Togo und Neuguinea verbreitet.

Gattung Pachnoda Burn.

49. P. flaviventris GorY PERcH, Ostukerewe, März. (Nr. 187.) Über das Seengebiet (Vietoria-Nyansa, Albert-Nyansa, Albert-Edward-See) und Deutsch-Ostafrika bis Mosambik, Natal und Kapland verbreitet.

Gattung Mausoleopsis Lanse.

50. M. amabilis SCHAUM, Ukerewe? (Nr. 278.) Ugogo in Deutsch-Ostafrika, Mosambik (Senna), Delagoabai, Natal, Südwest- afrika (Herero).

(Gattung Leucocelis BurnM.

Hierher gehören zahlreiche Kleine Cetoniiden von meistens ähnlicher Größe und Färbung, die über das ganze Afrika südlich von der Sahara verbreitet sind. Sehr viele dieser Arten sind grün mit rotem Pronotum. Die grünen Flügeldecken sind vielfach gefärbt oder weißfleckig. Manche Arten sind durch schwächeren oder stärkeren metallischen Anflug ihrer Grundfärbung aus- gezeichnet. Während Artunterschiede in der Form und Färbung der Prothorax erkennbar sind, zeigen sich auch in der Streifung der Flügeldecken Unterschiede. Abgesehen von noch sonstigen Speziescharakteren, unterscheiden sich viele der hierhergehörigen Arten nur wenig. Es ist wahrscheinlich, daß manche Arten zu Artengruppen zusammengehören, so daß dann die Subspeziesfrage hier in ihre Rechte treten würde. |

Von Ukerewe liegen die beiden folgenden Arten vor.

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Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe: Coleoptera Lamellicornie. 217

5l. L. adelpha n. sp., SQ Ukerewe, Mai. (Nr. 206.)

Diese kleine, wenig ausgezeichnete und recht gewöhnlich aus- sehende Spezies ist hinsichtlich der Bildung des Pyeidiums und der letzten Ventralsegmente des Abdomens der Z. bucobensis Preıss zunächst verwandt. Sie ist von dieser Form verschieden durch die schwarze Mittelbinde des Pronotums und die schmale Ein- sattelung vor der Spitze des Pygidiums (2). Zu der anteapikalen Einsattelung des Pygidiums stehen die beiden Schwielen, je eine an den Seiten dieser Einsattelung, in Beziehung. Diese beiden Schwielen des Pygidiums sind ebenso wie die beiden Schwielen der letzten Ventralplatte schwächer ausgebildet als bei Z. bucobensis. Dagegen ist das Pygidium mit Ringpunkten reichlicher besetzt.

Charakteristik: Nigra, prothorace rubro medio nigro-univittato, vitta integra postice ampliata, margine posticali toto anguste nigrescente; elytris gramineo-viridibus, cyaneo-suffusis, gutta nigra nivea apicali parva; pygidio laminisque duabus abdominis ultimis rubris, illo interdum utrinque albo-guttato; prothorace postice ampliato, ante angulos posticos conspicue sinuato, his distinctis, obtusis; margine postico ante scutellum interdum leviter sinuato, dorso sparsim distincte punctulato, punctis anterioribus magis congregatis; elytris trifariam per paria serlato-punctatis, seriebus sex totis apicem usque integris, stris prima et secunda (interdum quoque partim tertia) postice lineiformibus; parte limbali exteriore subtiliter quadriseriatim et irregulariter punctulata; pygidio basin versus largius, prope apicem parcius minute annulato-punctato, medio fere planato.

Mas: abdominis laminis ventralibus septem liberis et manifeste conspicuis, lamina sexta postice breviter angulata; tibiis pedum

. tertii paris apice interiore sat longe uneinatis; tarsis ejusdem paris

gracilioribus.

Femina: abdominis laminis ventralibus sex liberis; lamina sexta utrinque postice distinete callosa: tibiis pedum tertii paris quam in mare brevioribus apiceque integris; pygidio utrinque vix calloso. ch

Long. corp. 11 mm.

Var. albopunctata n. elytris guttis compluribus albidis signatis, ventre utrinque albo quadriguttato.

52. L. plebeja m., Ukerewe, Oktober. (Nr. 235.) Vietoria-Nyansa (Westufer: Bukoba, auch am Nord- und Ostufer), Westseite des Albert-Nyansa, Kongogebiet (Balubaland).

Mit dieser Art ist ZL. Ertli Preıss identisch.

918 Hermann Kouse: Zur Kenntnis der Fauna der Insel Ukerewe usw.

Gattung Poecilophila KoLpe.

53. P. hebraea O1., Ostukerewe, November und Dezember. (Nr. 267.) Abyssinien, Ostafrika, Südafrika, Angola.

Gattung Diplognatha GorY et PERcH.

54. D. silicea M’Leay, Ukerewe. Kongogebiet, Land- schaften am Tanganjikasee und Victoria-Nyansa, Galla, Massai, Deutsch-Ostafrika, Mosambik, Natal.

Gattung Polystalactica Krrz.

55. P. affinis m., Ukerewe, März. (Nr. 210.) Bisher in Balubaland im südlichen Kongogebiet gefunden.

Gattung Spilophorus Lacor». 56. Sp. plagosus Bon., Ostukerewe, Juli. (Nr. 263.) Die beiden Makeln des Pygidiums sind bei den Exemplaren der Insel Ukerewe zu einer einzigen großen Makel verschmolzen. Bei allen vorliegenden Stücken aus Südafrika sind diese Makeln stets getrennt. Diese Spezies bewohnt sonst Südafrika (Limpopo, Kaifrarien, Natal, Deutsch-Südwestafrika).

(Gattung Lissogenius SCHAUM.

57. L. conspersus Burm., Östukerewe, Oktober. (Nr. 389). Tanganjikasee, Kaffrarien.

Gattung Oymophorus Kırzy.

58. C. intrusus BLanchH., Ostukerewe, November. (Nr. 265 und 458). Kaffrarien, Natal.

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ses

THEoDoR Voct: Zur Reptilien- und Amphibienfauna Koreas und Japans. 219

Zur Reptilien- und Amphibienfauna Koreas und Japans. Von TaEopoRr Vogt.

A. Amphibien aus Korea.

Die von Herrn GLauz gesammelte Kollektion erwies sich als recht interessant durch eine neue Art der Gattung Callula. Das ist meines Wissens die erste von Korea nachgewiesene Eingystomatiden- Art. Die Sammlung enthielt:

kanidae. 1. Rana esculenta var. japonica MaAAckK.

7 Volltiere.

4 schon recht weit entwickelte Larven. Der schon gut aus- gebildete große schaufelförmige Metatarsalhöcker erleichterte die Bestimmung. In der Mundbildung unterscheiden sie sich nur durch die längere äußere gezähnte Hornleiste auf der Unterlippe von den Larven von Rana esculenta.

Engystomatidae. 2. Callula tornieri n. Sp. 1 Exemplar.

Der Kopf ist breiter als lang, die Schnauze stumpf und der Canthus rostralis abgerundet. Die Lorealgegend fällt schräg ab. Die Nasenlöcher liegen in der Mitte zwischen Augen und Sehnauzen- spitze. Die schmalen Palatinleisten sind bezahnt. Die Zunge ist langoval und hinten nicht eingeschnitten. An den Seiten und hinten ist sie frei. Die Pupillen sind queroval, fast kreisrund. Der Interorbitalraum ist breiter als ein oberes Augenlid.. Ein Trommel- fell ist nicht sichtbar.

Die Finger sind stumpf und am Ende nicht verbreitert. Die zweiten und vierten Finger sind gleichlang. Von den ebenfalls stumpfen Zehen ist die fünfte sehr klein, die Schwimmhäute sind kurz. Zwei Metatarsalhöcker sind vorhanden, von denen der äußere rund und sehr klein, der innere dagegen schaufelförmig und stumpf ist. Das Tibiotarsalgelenk erreicht den Mundwinkel nicht ganz.

Der Schultergürtel zeichnet sich durch starke Coracoidea aus, die Praecoracoidea fehlen. Das Sternum wird durch eine länglich- runde Knorpelplatte dargestellt. Ein Episternum ist angedeutet.

Von den zum Urostyl verschmolzenen Wirbeln ist der erste hinter dem Sacrum deutlich ausgebildet. Die Querfortsätze sind ziemlich lang und schräg nach hinten gerichtet.

220 THEODOR Vor.

Die Haut ist oben glatt ohne jede Faltenbildung, an der Bauch-

seite zeigt sie feine Runzeln. Die Farbe (im Alkohol) ist oben braun, auf dem Rücken und

an den Seiten dunkler. Weiter dem Bauche zu sind kleine weiße Flecke vorhanden. Die Unterseite ist bräunlichweiß, die Kehle

dunkelbraun. Totallänge 38 mm. Kopfbreite 13 mm. Kopflänge - 10 mm. Vorderglieder 23 mm. Hinterglieder 45 mm. Länge des inneren Metatarsalhöckers 5 mm. Ich habe mir erlaubt, die Art Herrn Prof. Torxıer zu Ehren

zu benennen. Bufonidae.

3. Bufo raddei STRAUCH. 3 Exemplare. 4. Bufo vulgarıs var. astatıcus STEIND.

7 Exemplare. 5. Bufo vulgaris var. Japonicus SCHLEG.

2 Exemplare. Discoglossidae.

6. Bombinator orientalis BLNGR. 3 Exemplare.

B. Reptilien und Amphibien aus Japan. Von Herrn Gorpox SmitH ist dem Museum eine Kollektion Reptilien und Amphibien zugegangen. Als Fundort ist Kobe in

der Provinz Hyoto auf der Insel Hondo angegeben. Die Sammlung enthielt drei Arten Schildkröten, drei Schlangen-

arten, sechs Arten Frösche und eine Molchspezies.

Chelonia. 7. Emys reevesi (GRAY. Mehrere Exemplare, darunter zwei mit abnormen Buckeln. 8. Clemmys japonica Tem. et SCHLEG. 2 Exemplare. 9. Trionyx japonica Tem. et SCHLEG. 1 Exemplar.

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Zur Beptilien- und Amphibienfauna Koreas und Japans. 221

Ophidia. 10. Tropidonotus tigrinus Bo1E. 1 Exemplar. 11. Coluber quadrivirgatus BoIE. 1 Exemplar. 12. Ancistrodon blomhoffi Boı1E. 1 Exemplar. Amphibia. A. Salientia. 13. Rana esculenta var. japonica MaaAck. Zahlreiche Exemplare und sechs Larven.

14. Rana gracilis WIEGM. 8 Exemplare.

15. Rana temporarıa L. 1 Exemplar.

16. Rana japonica GTHR. 4 Exemplare.

17. Rana rugosa SCHLEG. 3 Exemplare.

18. Ayla arborea var. japonica. 5 Exemplare. B. @radientia.

19. Molge pyrrhogaster Bor. Mehrere Exemplare und einige Larven.

Erwähnen möchte ich hier noch 20. Vipera ruessellii Daun.

Ventralia 151.

Sucaudalia 45 Paar.

Schuppenreihen 27.

Zwischen Augen- und Oberlippenschuppen sind nur zwei Schuppen- reihen. In der Färbung weicht die Schlange ebenfalls ab. Vor den beiden braunen Flecken des Kopfes ist noch ein dritter, drei- eckiger Fleck vorhanden. Die mediane Fleckenzeichnung wird jederseits von einer Reihe kleinerer Flecke begleitet, die ziekzack- förmig angeordnet sind.

Sammler: HABERER.

Fundort: Einige Tagereisen weit aus dem Gebirge bei Pinam.

222 TukopDor VogGT.

Über die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan. Von THEODOR Vogt. |

Den Anlaß zu dieser Arbeit gab eine Kollektion Reptilien

und Amphibien, die von Herrn Schorps auf Hainan gesammelt und

in dankenswerter Weise dem hiesigen Museum überwiesen wurde. Herrn Prof. Tornıer bin ich für die Überlassung des Materials zu Dank verpflichtet.

Die Sammlung enthielt außer einer neuen Spezies noch zwei Arten, die meines Wissens von Hainan noch nicht bekannt waren, es sind:

Miecrohyla ornata D. B.

Microhyla pulchra Hauı.

Als neue Art ist anzusehen:

1. Microhyla boulengerı n. Sp.

Die Spezies steht M. rubra Jern. sehr nahe, unterscheidet sich aber leicht durch die bedeutendere Länge der hinteren Glied- maßen und der Zehen. Während das Tibiotarsalgelenk bei M. rubra nur die Schulter, höchstens das Auge erreicht, reicht die Ferse bei der neuen Art über das Auge hinaus, fast bis zur Schnauzenspitze. Die Zehen sind ebenfalls länger. Bei gleicher Länge der Schwimm- haut ist bei der zweiten Zehe das letzte und bei der dritten das letzte und vorletzte Glied frei, während bei M. rubra die Schwimm- haut bei der zweiten bis zur Spitze und bei der dritten bis zum letzten Gliede reicht. Ein weiterer Unterschied besteht in der Färbung, die scharf abgesetzten lateralen Streifen sind nicht vor- handen, sondern nur drei längliche braune Flecke.

Beschreibung: Der Körper ist schlank, der Kopf klein, die Schnauze vorn abgestumpft. Die Nasenlöcher sind der Schnauzen- spitze bedeutend genähert. Die kleinen Choanen liegen weit aus- einander. Der Interorbitalraum hat die doppelte Breite eines oberen Augenlides.

Finger und Zehen sind am Ende ein wenig verbreitert. Die Schwimmhaut zwischen den Zehen ist kurz, sie läßt bei der zweiten Zehe das letzte und bei der dritten die beiden letzten Glieder frei. Ein länglicher innerer und ein äußerer runder Metatarsalhöcker sind vorhanden, beide sind klein. Die Ferse reicht über das Auge hinaus fast zur Schnauzenspitze.

Die Haut ist an der Ober- und Unter söfte re Eine mediane feine Längsfalte, die in ihrem hinteren Teil mehrfach unterbrochen ist, führt von der Schnauzenspitze bis zum After. Schultergegend und Seiten sind mit kleinen Warzen besetzt. |

Über die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan. 223

Die Farbe der Oberseite ist hellgraubraun, die Zeichnung ist dunkelbraun. Beide Augenlider sind durch die Basis eines Dreiecks verbunden, dessen Spitze nach dem Rücken weist; dann folgt eine zweimalige ><förmige Zeichnung. Diese Figuren sind von weißen Konturen umgeben. Dorsolateral sind zahlreiche kleine, (1/, bis 3/, mm Durchmesser) karminrote Fleckchen vorhanden. Die seit- liche Zeichnung besteht in drei länglichen braunen Flecken. Die Unterseite ist hell mit Ausnahme der grauschwarzen Kehle. Ober- und Unterlippe sind braun mit feinen senkrechten weißen Strichen.

Maße:

Kopfrumpflänge 22 mm.

Kopflänge 5 mm.

Kopfbreite 6 mm.

Vorderglieder 18 mm.

Hinterglieder 338 mm.

Oberschenkel 9 mm.

Unterschenkel 12 mm.

Fuß 18 mm.

Die Art ist dem bekannten Londoner Herpetologen G. A. BOULENGER zu Ehren benannt.

Mit Einschluß der eben beschriebenen Art sind zehn Spezies der Gattung Microhyla, und zwar vorwiegend in den letzten Jahren aufgestellt worden, die nicht in dem Katalog von BoULENGER ent- halten sind. Zur Orientierung führe ich diese Arten mit Literatur und einer Bestimmungstabelle an.

BoULENGER hat in seinem Katalog folgende Arten aufgenommen:

Microhyla rubra JERD.

ie ornata D. B.

r pulchra HaLLow. n achatına Bo1E.

5 berdmori BLYTH.

In den folgenden Jahren sind dann beschrieben worden: Microhyla fissipes BLnGr. Ann. Mag. Nat. Hist. 1884, p. 397. Microhyla inornata Bun. Proc. Zool. Soc. 1890, p. 34. Microhyla leuwcostigma BunGk. Ann. Mag. Nat. Hist. 1899 (7), p. 275. Microhyla butleri Buncr. Ann. Mag. Nat. Hist. 1900 (7), p. 188.

2924 THEODOR VoG1T.

Mierohyla annecteus BuNGR. Ann. Mag. Nat. Hist. 1900 (7), p.. 188.

Microhyla okınavensis STEIN.—=M. undulata Brown. Proc. Biol. Soc. Wash. 1901, p. 189.

Microhyla haınanensis BARB. Bull. Mus. Compar. Zool. Harv. Coll. Cambridge 1908, p. 323.

Microhyla stejnegeri BunGk. Ann. Mag. Nat. Hist. 1909, Bd. 4.

Microhyla heymonsi VocT. Sitzungsber. d. Ges. naturf. Freunde Berlin 1911, p. 181.

Microhyla boulengeri n. Sp.

Bestimmungstabelle. A. Interorbitalraum so breit wie ein oberes Augenlid.

Haut BAM EN; M. pulchra HıLLow. Hinterseite des a und Außenseite der Schenkel 3 Tuberkel . . 2 ..2.2.2.2... M. hainanensis Bars.

B. Interorbitalraum doppelt so breit wie ein oberes Augenlid. | I. Zehen frei .. ... .......... MM. fissipes Bung». |

II. Zehen mit SERIE Schwimmbhäuten. a) Mit heller Vertebrallinie. 1. Zehen nicht verbreitert. M. okinavensis STEIN. 2. Zehen verbreitert, Mitte des Rückens ein schwarzer Punkt ..-...2.... MM heymeonst Voos b) Ohne Vertebrallinie. l. Zehen ohne Haftscheibe, Ferse bis Tympanum. M. stejnegeri BunGR. 2. a) Zehen mit kleinen Haftscheiben, Ferse zwischen Schulter und Auge, zwei Metatarsaltuberkel. M. ornata D. B. b) Schräger weißer Strich vom Auge bis zu den Vordergliedern . . . . M. butleri Bunckr. c) Ein Metatarsaltuberkel M. inornata Bunck. 3. a) Zehen mit gut entwickelten Haftscheiben, Ferse bis Schnauzenspitze, zwei Metatarsaltuberkel. M. achatina Bo1E.

|

b) Ein Metatarsaltuberkel. M. leucostigma BunGk.

Über die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan. 325

III. Zehen höchstens bis zur Hälfte von Schwimmhäuten eingeschlossen. a) Ferse bis zur Schulter, nie bis zum Auge. M. rubra JERD. b) Ferse fast bis zur Schnauzenspitze. | M. boulengeri n. sp. a Ferse reicht über die Schnauzenspitze hinaus. M. annecteus Buxsr. IV. Zehen vollständig von Schwimmhäuten eingeschlossen. Haftscheiben groß . . . . . M. berdmori Bıytn. Außerdem waren in der Sammlung enthalten: Trionys steindachneri SIEBENR. Hemidactylus frenatus D. B. Calotes versicolor Daun. Tropidonotus stolatus L. R subminiatus SCHLEG. Fr aequifasciıatus BarB. Rana gracilis WIEGM. „. guentheriı Buer. macrodactyla GTHR. 10. Staurois haınanensis BLNGR.

Eine Anzahl Larven in verschiedenen Entwicklungsstadien. Ein Exemplar ist fast bis zum Volltier ausgebildet, es besitzt nur noch den Larvenschwanz. Die Larven sind durch einen Saugnapf dicht unter Mundöfinung ausgezeichnet, wie schon BoULENGER (Proc. Zool. 1889) mitteilte. Herr ScHorpE hat diese Larven in einem Gebirgsbach, der zum Stromgebiet des Luig-tui gehört, am Süd- abhang der Fünffinger-Berge mit Fischen zusammen gesammelt.

Die Larven von kana jerboa, R. latopalmata, R. cavitympanum, R. natatrıx und R. witheheadi haben ge einen solchen Saug- napf unter der Mundöfinung.

ll. Rhacophorus oxycephalus Buxncr. 12. Bufo melanostictus ScHn.

Die Reptilien- und Amphibienfauna setzt sich nach der mir

bekannten Literatur aus folgenden Arten zusammen:

von

Chelonia.

13. Ocadıa sinensis Gray.

14. Clemmys schmuckeri Brrer.

15. Trionyx steindachneri SIEBENR. lv. Trionyx sinensis WIEGM.

226

17, La.

1D. 20. 21. 22.

23. 24. 25.

26.

27.

28. 29. 30. 31. 32. 3; 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41.

THEODOR VoctTt.

Sauria: Geckonidae

Hemidactylus frenatus D. B. Goniurosaurus harnanensis BARB.

Agamidae.

Draco witheheadi BLnGRr. Acanthosaura hainanensis BLNGR. Calotes verstcolor Daun. Liolepis belliv Gray. :

Seinerdae.

Mabura siamensis GTHR. Br multifasciata KunL. Eumeces ehinensis GRAY.

Ophidia. Typhlopidae. Typhlops braminus Daun.

Boidae. Python molurus L.

Colubridae.

I. Aglyphae. Tropidonotus pıscator SCHN. ® tıgrınus BorLk.

stolatus L.

balteatuws ÜoPr. submintiatus SCHLEG. (Natrix) aequifasıatus BARe. Dinodon rufozonatws ÜANTOR. Zamenis korros SCHLEG. P mucosus L. x spinalıs Pas. Coluber rufodorsatus ÜCANT. . dione Pau. Stimotes formosanus GTHR. e vrolaceus CrnTorR (Holarchus dolleyanus).

Über die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan.

42. 43.

41. 45. 46.

47. 48. 49.

50.

51. . Lachesis gramıneus SHAW.

Stmotes chimensis GTHR. (Holarchus) nestiotis Bare.

2

2. Opistoglyphae.

Hypsyrhina plumbea Bo1E. bennetti GRAY. chinensis GRAY.

2

2

5. Proteroglyphae.

Distira brugmansı Bo1E.

227

Bungarus candidus var. multicinctus BLYTH.

Naja tripudians MERR.

Amblycephalidae. Amblycephalus moellendorffi Brrer.

Viperidae. Ancistrodon blomhoffi Boıe.

Amphibia Salientia.

Ranidae.

. Oxyglossus lima TscH. . kana tigrina Daun.

gracılıs WIEGM. guentheri BLNGR. macrodactyla GTHR. andersonit BLNGR. gramınea BLNGR.

s Blau koss harinamensis BLNGR. . Rhacophorus leucomystax (GRAVH.

x oxycephalus BLNGR.

Engystomatidue.

. Microhyla boulengeri n. Sp.

fiıssipes D. B. ornata BLNGR. hainamensis BARB. pulchra Haruow.

2

15

998 Tnurovor Vor: Über die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan.

Bufonidae. 68. Bufo melanostietus ScHn.

Hylıdae.

69. Hyla arborea L. 70. chinensis GTHR.

Die Reptilien- und Amphibienfauna der Insel Hainan weist eine große Übereinstimmung mit der Fauna Südchinas und Tonkins auf, wie schon BoETTGErR erwähnt. Immerhin ist die Zahl der endemischen Arten eine recht große. Es ist auch zu erwarten, dab sich in späterer Zeit die Zahl noch vergrößern wird, da wohl nicht anzunehmen ist, daß wir schon vollständig von der Kriechtierfauna der Insel unterrichtet sind.

Als endemische Arten für Hainan gelten:

Chelonva. 71. Trionyz steindachneri SIEBENR.

Sauria. Geckonidae, 72. Goniwurosaurus harnamensis BARB.

Agamidae.

73. Draco witheheadi BLNGR. 74. Acanthosaura haınanensis BLNGR.

Scincidae. Ä | 75. Mabuwia multifasciata KuHL.

Ophidia. Colubridae.

16. Tropidonotus balteatus Üope. 17: aequifasciatus BAR». 78. Side (Holarchus) nesiotis Bar.

Amphibia. Ranidae.

79. Rana gramımea BLNGR. | | 80. Staurois hainanensis BLNGR. { 81. Rhacophorus oxycephaluws BunGr.

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 18. März 1913. 229

Engystomatidae. 82. Microhyla boulengeri n. Sp. 83. R hainanensis BAR. Literatur,

SWINHOE, ROBERT, List of Reptiles and Batrachians collected in the Island of Hainan (China), with Notes. Proc. Zool. Soc. London 1870, p. 239—241.

BoETTGER, Materialien zur herpetologischen Fauna von China. Ber. Senckenbg. nat. Ges. 1894, p. 129—152.

Cope, E., On a Collection of Batrachia and Reptilia from the Island of Hainan. Proc. Ac. Philad. 1894, p. 423.

BoULENGER, G. A., On the Reptiles, Batrachians and Fishes collected by the late Mr. John Withehead in the Interior of Hainan. Proc. Zool. Soc. London 1899, p. 956—961.

WERNER, Franz, Über Reptilien und Batrachier aus Guatemala und China. Abhandl. d. K. Bayer. Akad. d. Wissensch. I. Kl, XXI. Bd., I. Abt. 1903, p. 343— 384.

Waıt, A., Prodromus of the Snakes hitherto recorded from China, Japan, and the Loo Choo Islands; with some Notes. Proc. Zool. Soc. London 1903, Bd. I, p. 84—102.

SIEBENROCK, Zur Kenntnis der Schildkrötenfauna der Insel Hainan. Zool.

Anz. 1906, p. 578—586.

BARBOUR, THuomas, Some New Reptiles and Amphibians. Bull. Mus. Comp.

Zool. Harv. Coll. Cambridge 1908, p. 315—325.

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 18. März 1913.

P. CLAUSSEN: 1. Über die MarcHar’schen Moosversuche. 2. Uber die Geschlechtsverhältnisse der Pflanzen.

P. MATSCHIE: Eine durch äußere Einflüsse veränderte Rehkrone

Druck von A. Hopfer in Bug b. M.

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Auszug aus den Gesetzen

der

Gesellschaft Naturforschender Freunde

zu Berlin.

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Die im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforschender Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindung zur Beförderung der Naturwissenschaft, insbesondere der Biontologie. A

Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außer ordan lichen und Ehrenmitgliedern.

Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20 betragen darf, ergänzen sich durch einstimmige Wahl nach den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789 und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise die Vorsitzenden und Schatzmeister.

Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschränkt ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf Vorschlag eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung, gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und Einladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlichen Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das „Archiv für Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter- stützten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise beziehen.

Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit Ausnahme der Monate August und September am 2. und 3. Dienstage | jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im u Konferenzzimmer der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, jr: Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt. |

Alle für die Gesellschaft bestimmten Sendungen sind 3 an den Sekretär, Herrn Dr. K. ch. Berlin N 4: Invalidenstr. 43, zu richten.

DEC 6 1916

2922 Sitzungsberichte

der

Gesellschaft

Mlaturforschender Freunde

zu Berlin. c, Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. Von FR. NIEDEN . ........ 231 Eine neue Form der Elenantiiope.‘ Von PauL MATScHIE . - 2. 2 2 2 2 200 249

- Drei unbeachtet gebliebene Bosmina-Arten J. Ed. Schödlers. Von F. E. Rünz 259 Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz.) Von Kırı W. VERHOEFF 269

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 15. April 19313 . ... 2.22.2220. 281 BERLIN.

In Kommission BEI R. FRIEDLANDER & SOHN, NW CARLSTRASSE 11. A 1913.

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DECE 6 1

Nr. 4. 1913

Sitzungsbericht

der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin

vom 8. April 1913.

Vorsitzender: Herr P. MATSCcHIE.

Herr J. D. Anısırıs sprach über eine sonderbare Gattung südamerikanischer Fische.

Herr A. Brauer berichtete über die Nomenklatur-Verhandlungen auf dem internationalen Zoologen-Kongreß in Monaco.

Chamaeleon fischeri Rcaw. und seine Unterarten. Von Dr. phil. Fr. Nepen (Berlin). Mit 29 Textfiguren und Tafel XIV—XVI.

Unter dem Namen Chamaeleon fischeriı wurde von REICHENow (im Zool. Anz. v. 10, 1887, p. 371) ein aus den Ngurubergen in Deutsch-Ostafrika stammendes Chamaeleon beschrieben, dessen CS durch zwei flache, beschuppte, knöcherne Hörner auf der Schnauze gekennzeichnet ist. Weitere Exemplare dieser Art wurden im folgenden Jahrzehnt von MarscHıe (in Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin, 1892, p. 102) und Werner (in Verh. zool.-bot. Ges. Wien, 1895, p. 192) aus Usambara in Deutsch-Ostafrika aufgeführt, darunter auch weibliche Tiere, die keine Hörner auf der Schnauze besaßen.

Unter den von Marschte ]. c. erwähnten Stücken von Derema in Usambara befand sich nun auch ein großes JS, welches sich von dem Typexemplar der Art dadurch unterschied, daß sein Rücken viel höher und außerdem in seinem oberen Teile stark von der Seite zu einer Art Hautflosse zusammengedrückt war. WERNER glaubte in diesem Tier eine besondere Art vor sich zu haben und nannte diese (l. c.) Ohamaeleon matschiei. TOoRNIER, der 1897 bei der Aufstellung seines ersten Verzeichnisses der Kriechtiere von Deutsch-Ostafrika Cham. fischeri ebenfalls eingehend untersucht hat, glaubte dieses von WERNER zu einer besonderen Art erhobene Exemplar wegen der von ihm an Cham. fischeri beobachteten starken

15

9392 Fr. NIEDEN.

Variabilität nur für eine individuelle Variation ansehen zu können, ebenso wie die von ihm (ToRNIER) unter dem Material des Berliner Museums gefundenen O, die sich außer durch bedeutendere Körper-

größe durch große Hörner auf der Schnauze von den typischen,

ungehörnten Weibchen dieser Art unterschieden.

Vor einigen Jalıren erhielt aber das Berliner zool. Museum durch Herrn Prof. VossELEr, den damaligen Leiter des Biologisch- Landwirtschaftlichen Instituts zu Amani in Usambara, eine größere Anzahl Exemplare von Cham. fischeri, unter denen sich Vertreter beider Formen des gewöhnlichen kleineren Cham. fischeri im engeren Sinne und der Riesenform des Cham. matschiei mit ihren sehörnten © befanden, die darauf schließen ließen, daß es sich doch um zwei sicher voneinander unterscheidbare, aber neben- einander vorkommende Formen handele. Bestätigt wurde diese Ansicht neuerdings durch die von Herrn Dr. med. P. Krerrr während seines Aufenthaltes in Amani gemachten Beobachtungen, nach denen beide Formen im Leben auch verschiedene Färbung und Zeichnung besitzen. Bei der Besprechung der von Herrn Dr. KREFFT ge- sammelten Kriechtiere (ds. Z. 1910, p. 443) hatte ich schon kurz auf diese Beobachtung hingewiesen, und zugleich ausführlichere Mitteilungen über das im Berliner zool. Museum befindliche Material von Cham. fischeri für später in Aussicht gestellt. Erst in aller- letzter Zeit kam ich aber dazu, dasselbe eingehender zu unter- suchen.

Veranlaßt wurde ich dazu durch ein vor kurzem im Berliner Museum eingetroffenes Pärchen von Cham. fischeri, das von Herrn Stabsarzt a. D. Dr. Prıuıpes bei Philippshof in West-Usambara in Kopulation gefangen und durch Herrn Dr. A. BERGER dem Berliner z00l. Museum übermittelt wurde. Abgesehen davon, daß die beiden Tiere in Copula gefangen wurden, worauf ich weiter unten noch zurückkomme, sind sie noch wegen ihres Aussehens von Interesse. Wie aus der Fig. 29 auf p. 246 sowie aus Fig. 7 Taf. XV und Fig. 11 Taf. XVI hervorgeht, sind beide Tiere deutlich gehörnt, man würde also nach der oben erwähnten, bisher üblichen Ein- teilung von Cham. fischeri diese beiden Exemplare mit der subsp. matschieı Wer. in Beziehung bringen müssen. Tatsächlich sieht das Weibchen von Philippshof einem jungen O dieser Unterart sehr ähnlich, dagegen ist dies bei dem JS von Philippshof durchaus nicht der Fall. Erstens besitzt es nicht die nach Krerrr für Cham. fischeri subsp. matschiei charakteristische schlichtgrüne Färbung, ist vielmehr bunt gefeldert, wie das (sog.) typische Cham. fischert subsp. /ischeri. Zweitens fehlt ihm der der ersteren Unterart eigen-

Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. 233

tümliche hohe, flossenartige Rückenkamm vollständig, an dessen Stelle vielmehr ein sehr stark entwickelter Kamm von Tuberkel- schuppen ausgebildet ist, wie ich ihn in gleich starker Entwicklung bei keinem anderen Tier unter den mir vorliegenden Exemplaren von Cham. fischerı gefunden habe. Daß der Tuberkelkamm auf dem Rücken dieser Art bei verschiedenen Tieren nicht immer in gleicher Weise ausgebildet ist, wird schon von TorxtEr (Kriecht. Deutsch- Ostafrika 1897, p. 59) und von WERNER (in Zool. Jahrb. Syst. v. XV, 1902, p. 416) hervorgehoben; an letzterer Stelle heißt es: „Die Rückenfirste ist bald, wie bei manchen © ©, ohne Kamm, oder es sind nur im vordersten Teil des Rückens einige stärkere, dicht hintereinander stehende, nach hinten allmählich kleiner werdende kegelförmige Dornen vorhanden, oder die Dornen stehen in isolierten Gruppen zu dreien hintereinander auf dem Rücken, wobei der mittlere Dorn wesentlich größer ist als der vor und hinter ihm stehende; solche größere Dornen zählt man 5—15, wenn man auch die kleinsten eben noch vorragenden mitrechnet, dasselbe kann auch auf der Schwanzfirste auftreten.“ In Werner’s erst in den letzten Jahren erschienener Bearbeitung der Chamaeleon-Arten im „Tier- reich“ (27. Lieferung) wird obige Beschreibung dahin ergänzt, daß bei der subsp. fischerı Rcuw. stets, wenigstens auf der basalen Schwanzhälfte ein Tuberkelkamm ausgebildet ist, während bei Cham. fischeri subsp. matschiei ein Tuberkelkamm nur im Nacken vor- handen ist, und die dieser Unterart eigentümliche Rückenflosse sich, häufig etwas gewellt, auf den Schwanz fortsetzt.

Bei der Untersuchung des mir vorliegenden Materials von Cham. fischeri habe ich nun die Ausbildung des Rückenkammes besonders beachtet und dabei gefunden, daß jede der verschiedenen Formen des Rückenkammes sich nur bei Tieren aus -einem be- stimmten Gebiete vorfindet;- diese Befunde scheinen mir dafür zu sprechen, daß Cham. fischeri, ähnlich wie dies bei Cham. bitaemiatus J. G. Fıscher der Fall ist, in mehrere Unterarten zerfällt, die sich vermutlich ebenfalls unter verschiedenen Lebensbedingungen aus einer gemeinsamen Stammform entwickelt haben. Eine dieser von mir unterschiedenen Unterarten entspricht der von WERNER als subsp. matschiei abgetrennten Form, ferner lassen sich unter dem mir vorliegenden Material noch drei andere Gruppen unterscheiden, die mindestens ebenso viele Unterarten darstellen, falls nicht einige aus dem mittleren Teile des Küstengebietes von Deutsch-Ostafrika stammende Tiere noch einer besonderen Subspezies angehören.

Ein sicheres Urteil über die verschiedenen Formen von Cham. fischeri wird sich erst abgeben lassen, wenn ein größeres Material,

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234 FR. NIEDEN.

namentlich Stücke von noch anderen Fundorten, vorliegt. Ins- besondere kann die Frage, ob Verschiedenheiten in der Kopfform Anhaltspunkte für die Unterscheidung von Unterarten bieten können, oder ob solche stets nur individuelle Variationen darstellen, nach dem mir zurzeit zur Verfügung stehenden Material noch nicht sicher entschieden werden. In dieser Arbeit ist nur der erste Versuch ge- macht worden, die im Berliner Museum vorhandenen Exemplare von Cham. fischeri nach den an ihnen beobachteten Verschiedenheiten in Gruppen mit besonderen Merkmalen einzuordnen; weiteren Unter- suchungen auf diesem Gebiete muß die Entscheidung darüber vor- behalten bleiben, ob die hier ausgesprochenen Ansichten zutreffend sind oder einer Berichtigung bedürfen.

1. Ich wende mich nun der Besprechung der einzelnen Unter- arten zu und beginne mit der Gruppe, zu der Cham. fischeri subsp. matschiei gehört. (Siehe auch die Übersicht am Schlusse der Arbeit p. 247.)

Wie schon oben erwähnt, ist diese Form von WERNER im Gegensatz zu dem, in erster Linie durch das Typexemplar der Art vertretenen, Cham. fischerı im engeren Sinne aufgestellt worden; und zwar sollte die subsp. matschiei durch den hohen flossenartigen Rückenfirst und die Beschränkung des Tuberkelkammes auf den Nacken gekennzeichnet sein, während der typischen Unterart ein mehr oder weniger vollständig über den ganzen Rücken ausgedehnter Tuberkelkamm eigen sein sollte. Wie aus der Abbildung des Typ- exemplares (Fig. 1 Taf. XIV) hervorgeht, ist der Tuberkelkamm auf dem Rücken dieses Tieres nur relativ schwach entwickelt und besteht aus etwa sieben größeren, auf den Vorderrücken beschränkten Tuberkeln, die die Gestalt niedriger, gedrungener Kegel besitzen und durch mehrere Reihen sehr kleiner Schüppchen getrennt werden, die zwischen den hinteren Tuberkeln teilweise ebenfalls schon als sehr kleine spitze Kegel hervortreten. Die gleiche Ausbildung zeigt der Tuberkelkamm bei der subsp. matschiei, von der ein typisches 9 aus Amani in Fig. 4 Taf. XIV dargestellt ist, nur wird er ent- sprechend der bedeutenderen Größe dieser Form von entsprechend mehr, 15—20, und von größeren Tuberkelschuppen gebildet. In beiden Fällen ist der Tuberkelkamm aber auf den Vorderrücken beschränkt; die größere hintere Rückenpartie ist völlig glatt und mit den gewöhnlichen flachen Körnerschuppen bedeckt. ' Zweifellos besitzt das Typexemplar von Cham. fischeri sehr viel Ähnlichkeit mit dem in Fig. 4 Taf. XIV dargestellten Stück der subsp. matschiei Wern.; abgesehen von der geringeren Größe des ersteren liegt der einzige Unterschied darin, daß bei dem T'ypexemplar der Art der

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Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. 235

Rücken nicht so stark seitlich zusammengedrückt ist, wie bei dem in letztgenannter Figur dargestellten Tier. Das hängt meiner Ansicht nach damit zusammen, daß das Typexemplar von Cham. fischeri noch ein jüngeres Tier ist, bei dem der flossenartige Rückenkamm noch nicht entwickelt ist. Nach meinen Beobachtungen an dem mir vorliegenden Material ist nämlich solch ein zusammengedrückter Rückenfirst keine Eigentümlichkeit der von WERNER als subsp. matschiei abgetrennten Form, sondern er stellt augenscheinlich eine Bildung dar, die sich bei allen älteren Exemplaren von Cham. fischer vorfindet, eine Ansicht, die schon TorNnIER 1. c. 1897 p. 58 ausgesprochen hat. Ein flossenartiger Rückenkamm, ähnlich dem eines typischen Cham. matschiei, nur nicht so hoch, ist nämlich auch bei allen größeren Exemplaren der weiter unten noch zu be- sprechenden Unterarten ausgebildet, die sich deutlich durch stärkere Entwicklung des Tuberkelkammes auf ihrem Rücken und auch durch andere Merkmale von Cham. fischeri subsp. matschier unterscheiden ; andererseits fehlt eine solche Rückenflosse noch vollständig bei jüngeren Tieren, die wegen ihrer sonstigen Übereinstimmung mit Cham. fischeri subsp. matschiei zweifellos zu dieser Unterart ge- hören. / Ferner sprechen die zwei in Fig. 2 und 3 auf Taf. XIV dargestellten Stücke meines Erachtens ebenfalls für meine Ansicht, daß ein hoher Rückenfirst bei Cham. fischerı nur eine Alters- erscheinung darstelle. Diese beiden Tiere, die aus den nördlich von den Ngurubergen liegenden Unguubergen stammen, stehen in der Größe, wie Fig. 1—4 Taf. XIV zeigen, zwischen dem Typ- exemplar aus den Ngurubergen (Fig. 1) und dem typischen Cham. matschier (Fig. 4) aus Amani. Während nun das in Fig. 2 ab- gebildete Tier mit dem nur wenig kleineren Typexemplar darin übereinstimmt, daß ihr Rücken noch keine Spur von einem flossen- artigen Rückenkamm zeigt, ist ein solcher bei dem größeren Exemplar aus den Unguubergen schon deutlich zu erkennen, wenn auch noch nicht so stark entwickelt wie bei Fig. 4.

Wie schon erwähnt, stammen die in Fig. 1—3 Taf. XIV ab- gebildeten Tiere aus den einander unmittelbar benachbarten Nguru- und Unguubergen; das in Fig. 4 dargestellte Exemplar wurde da- gegen in Amani in Usambara gefangen. Mit dem letzteren Tier stimmen noch etwa ein Dutzend andere Stücke überein, die ebenfalls bei Amani oder an nicht weit von dort entfernten Fundorten, bei Derema, Nguelo, Magrotto und Tanga gesammelt wurden. Letztere Fundortsangabe erscheint mir allerdings für einige zweifellos zur Gruppe des Cham. matschiei gehörende Exemplare etwas fraglich, da diese Unterart nach ihrem ganzen sonstigen Vorkommen augen-

236 Fr. N1EDENn.

scheinlich eine Gebirgsform darstellt, deren Vorkommen bei Tanga sehr ungewöhnlich wäre; ich vermute daher, daß die angeblich von Tanga stammenden Stücke weiter im Innern von Usambara ge- sammelt wurden. Da nun der seitlich stark zusammengedrückte Rückenfirst augenscheinlich nur eine Alterserscheinung ist, der ejgentliche Tuberkelschuppenkamm dagegen auf dem Rücken bei den Tieren aus den Nguru- und Unguubergen einerseits und bei denen aus Usambara andererseits gleich stark entwickelt ist, läge es nahe, die Tiere aus diesen beiden Gebieten als eine einzige Unterart

l 2 3 Fig. 1—3. Kopfumrisse von Cham. fischeri subsp. fischeri Rcuw. Fig.1l: 5 aus den Ngurubergen (110 mm); Fig. 2: $ aus den Unguubergen

(117 mm); Fig. 3: 3 aus den Unguubergen (128 mm). (Die eingeklammerten Zahlen geben die Kopfrumpflänge des betr. Tieres an.)

aufzufassen. Es würde dann also Cham. fischeri subsp. matschiei Wern. unter Einschluß der Stücke aus den Nguru- und Unguu- bergen hier und in Ostusambara verbreitet sein. Eine solche Ver- breitung einer Unterart in zwei völlig voneinander getrennten Bezirken wäre allerdings um so auffallender, als in dem unmittelbar an den letztgenannten Bezirk angrenzenden Teilen von Usambara allein noch drei andere, untereinander verschiedene Unterarten von Cham. fischeri vorkommen. Ich halte es daher nicht für ausgeschlossen, dab die in den Nguru- und Unguubergen lebenden Exemplare dieser Art noch eine besondere Unterart’darstellen. Für eine sichere Entscheidung dieser Frage reicht das mir vorliegende Material noch nicht aus, da mir aus dem letztgenannten Gebiet nur die drei schon oben erwähnten Exemplare zur Verfügung stehen, doch habe ich schon ein Merkmal feststellen können, das für eine Unterscheidung der Tiere aus den Nguru- und Unguubergen von denen aus Usambara Anhaltspunkte bieten könnte. Die Tiere aus letzterem Gebiet haben

Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. 237 nämlich augenscheinlich eine etwas andere Form des Hinter-

kopfes, als die Exemplare aus der südlicheren Gegend. Zu be- achten ist dabei aber, daß sich die Kopfform, wenigstens bei den

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Fig. 4-10. Kopfumrisse von Cham. fischeri subsp. matschiei WERN. Fig. 4: $ von Tanga (?) (87 mm); Fig. 5: $ von Tanga (?) (90 mm); Fig. 6: ö von Amani (110 mm); Fig. 7: 5 von Tanga (?) (120 mm); Fig. 8: 3 von Magrotto (135 mm); Fig. 9: $ von Amani (155 mm); Fig. 10: 9 von Amani (113 mm). (Die eingeklammerten Zahlen geben die Kopfrumpflänge des betr.

Tieres an.)

meisten Unterarten von Cham. fischeri, mit zunehmender Größe der Tiere ändert, wie das aus den dieser Arbeit beigegebenen Text- zeichnungen deutlich zu ersehen ist, die besser als lange Be- schreibungen die Kopfformen verschiedener Altersstufen innerhalb der einzelnen Unterarten veranschaulichen. Textfig. I—3 zeigt die

238 Fr. NIEDen.

Kopfumrisse der in Taf. XIV Fig. 1—3 abgebildeten Tiere in der gleichen Reihenfolge, in der die Tiere auf der Tafel aufeinander folgen; in Textfig. 4—10 sind die Köpfe verschiedener Altersstufen des echten Cham. fischeri subsp. matschier dargestellt; bei jeder Figur ist die Kopfrumpflänge des betreifenden Tieres in Millimetern angegeben. Bei einem Vergleich der beiden Reihen sieht man sofort, daß bei den jüngeren Tieren aus Usambara die Oceipital- kanten des Helmes hinten einen viel spitzeren Winkel miteinander bilden als bei gleich großen Stücken des südlicheren Gebietes, bei denen der Helm hinten einen breitgerundeten Bogen bildet. Bei den größeren Exemplaren aus Usambara ist der Helm hinten aller- dings ebenfalls breit gerundet, hier verlaufen aber die Occipital- kanten des Helmes vom Augenbinterrande aus in deutlich nach außen vorspringendem Bogen zur Helmspitze, wodurch der ganze Hinterkopf ein breitgerundetes Aussehen erhält, wie es sehr deutlich der in Fig. 9 dargestellte Kopf eines großen d von Amani zeigt. Wie Fig. 10 erkennen läßt, ist die breitgerundete Kopfform auch dem O dieser Unterart eigen. Dagegen besitzen die Tiere aus den Nguru- und Unguubergen einen Hinterkopf von der Form eines halben Ovals, denn die größte Kopfbreite liegt bei ihnen unmittelbar am hinteren Orbitalrand, wo die Occipitalkanten beginnen; diese ziehen zuerst in sehr schwach, dann in stärker gekrümmtem Bogen zur Helmspitze, wo sie in breitgerundetem Bogen aufeinander treffen (Textfig. 1—3). Besonders stark tritt der Unterschied der Kopfformen bei Fig. 1 u. 6 hervor, die die Köpfe von zwei genau gleichgroßen Tieren aus den beiden getrennten (Gebieten darstellen; gerade durch diese beiden Exemplare wurde ich zuerst darauf gebracht, die Kopf- form besonders zu beachten. Sollte es sich nun bestätigen, daß die in den Nguru- und Unguubergen lebenden Exemplare von Cham. fischeri in der Kopfform stets von Cham. fischeri subsp. matschiei abweichen, so würden die ersteren als eine besondere Unterart anzusehen sein. Für diese würde sich die Bezeichnung Cham. fischeri subsp. fischeri empfehlen, da sie den Typus der ganzen Art enthält; der Name Cham. fischeri subsp. matschiei wäre dagegen für die in Usambara lebenden Exemplare von Cham. fischeri beizu- behalten, die ebenso wie die typische Unterart nur einen schwachen Tuberkelkamm auf dem Vorderrücken besitzen, aber in der Kopf- form von ihr abweichen.

2. An Chamaeleon fischeri subsp. matschiei schließt sich am nächsten eine im Küstengebiete des nördlichen Deutsch-Ostafrika lebende Form an, für die ich die Bezeichnung Cham. fischeri subsp. vosselerı vorschlagen möchte, zu Ehren des schon oben genannten

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Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. 239

Herrn Prof. VossELer, der zuerst den sicheren Nachweis für das Bestehen mehrerer Unterarten von Cham. fischeri erbracht hat. Diese Unterart besitzt außer einem nicht wesentlich stärker als wie bei Oham. fischeri subsp. matschier ausgebildeten und ebenfalls auf den Vorderrücken beschränkten Tuberkelkamm noch kleine Tuberkel auf der basalen Hälfte des Schwanzfirstes; dieselben sind in der Regel in Gruppen von 2—6 Dornen angeordnet, wobei der oder die mittleren Dornen gewöhnlich die vor und hinter ihnen stehenden Tuberkel an Größe übertreffen; oder es nehmen die Dornen einer Gruppe von vorne nach hinten allmählich an Größe zu. Bei dem in Fig. 5 Taf. XV abgebildeten Tier, einem JS aus Usaramo, sind die Tuberkel auf dem Schwanzfirst schon deutlich zu erkennen, wenn sie auch bei diesem Exemplar noch nicht so stark entwickelt sind, wie bei anderen mir vorliegenden Stücken. Bei den Weibchen dieser Unterart fehlen sowohl Tuberkelkamm auf Rücken und Schwanz als auch Schnauzenfortsätze fast vollkommen, wie Taf. XVI Fig. 9 zeigt. Eine Anlage zu Höfnern ist nur in Gestalt von sehr kleinen buckelartigen Erhebungen auf der Schnauzenkante vorhanden, die höchstens 2 mm hoch werden. Ebenso sind auf dem Rücken und der Schwanzwurzel höchstens einige ganz kleine Tuberkel vor- handen, die aber niemals einen, wenn auch nur schwachen Kamm bilden.

Insgesamt liegen mir von dieser Unterart 20 Exemplare vor, die sich auf folgende Fundorte verteilen:

3 © von Tanga, Reımer coll.; Kopfrumpflänge 98—103 mm, Hörner 18—20 mm lang;

2 © von Tanga, Dr. Kürrner coll.; Kopfrumpflänge 72, bzw. 105 mm, das kleine Tier mit 10, das große mit 21 mm langen Hörnern;

1 o von Tanga, Kürtner coll, 52 mm Kopfrumpflänge;

3 ganz junge d von 25—27 mm Kopfrumpflänge von Buloa b. Tanga, Eısmann coll.;

2 8 von Magrotto, MArTIENSsENn coll.; Kopfrumpflänge 100, bzw. 105 mm, Hörner 20 mm lang;

2 oQ von Magrotto, MARTIENSSEN coll.; 80 bzw. 90 mm Kopf- rumpflänge;

1 junges Q' mit 48 mm Kopfrumpflänge, Hörner 5 mm lang,

1 altes C mit 105 mm Kopfrumpflänge, Hörner 20 mm lang und

1 altes © mit 80 mm Kopfrumpflänge wurden bei Amani von Herrn Prof. VossELER gefangen;

1 5 von Nguelo, Dr. Kummer coll.; Kopfrumpflänge 85 mm, Hörner 15 mm lang;

240 FR. NIEDEN.

1 ganz junges d von 40 mm Kopfrumpflänge, das erst 1 mm hohe Schnauzenbuckel als erste Anlage der Hörner besitzt, in diesem Altersstadium also den erwachsenen Q dieser Unterart ähnelt, sowie

1 größeres C mit 85 mm Kopfrumpflänge und 15 mm langen Hörnern sind von Herrn WERTH in Usambara gesammelt worden, sind aber ohne nähere Fundortsangabe, nach der Größe ihres Rücken-

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15 16 17 Fig. 11—18. Kopfumrisse von Cham. fischeri subsp. vosseleri NIEDEN. Fig. 11: $ von Amani (48 mm); Fig. 12: $ von Tanga (72 mm); Fig. 13: ö von Nguelo (85 mm); Fig. 14: $ von Usaramo (93 mm); Fig. 15: $ von Tanga (98 mm); Fig. 16: 5 von Tanga (105 mm); Fig. 17: 5 von Tanga (105 mm); Fig. 18: @ von Magrotto (90 mm). (Die eingeklammerten Zahlen geben die Kopfrumpflänge des betr. Tieres an.)

kammes zu urteilen, gehören sie aber zu der in Rede stehende Unterart. |

Schließlich liegt mir auch noch 1 S von 93 mm Kopfrumpflänge mit 17 mm langen Hörnern vor, das von STUHLMANN in Usaramo, dem Hinterland von Daressalam, gesammelt wurde. Dieses Gebiet schließt sich östlich an die Nguruberge an, in denen, wie wir oben gesehen haben, eine Form von COhamaeleon fischeri lebt, die der in ÖOstusambara heimischen Unterart Cham. fischeri subsp. matschiei

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Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. 241

sehr nahesteht, aber wegen ihrer etwas abweichenden Kopfform wahrscheinlich als besondere Unterart anzusehen ist.

Wie verhält sich nun das von STUHLMANN in Usaramo ge- sammelte Exemplar? Gehört es ebenfalls zu einer von den ihm zweifel- los sehr nahestehenden Tieren der subsp. vosseleri, die in Usambara gefangen wurden, in der Kopfform oder in anderen Merkmalen ab- weichenden Unterart oder stimmt es völlig mit ihnen überein? Eine sichere Antwort darauf läßt sich in diesem Falle, wo nur ein einziges Exemplar aus dem einen Gebiete vorliegt, noch weniger leicht geben als bei der vorigen Unterart, zumal das Chamaeleon von Usaramo fast gar nicht von den Stücken aus Usambara abweicht. In der Kopf- form ähnelt es in hohem Maße der in den Nguru- und Unguu- bergen lebenden subsp. fischeri, es hat denselben ovalen Hinterkopf wie diese Unterart (vgl. Textfig. 1—3 mit Textfig. 14), die den Kopf des Chamaeleons von Usaramo darstellt. Dieser paßt aber zugleich ohne Schwierigkeiten in die Kopfreihe der Usambara- exemplare hinein (Textfig. 1I—13 u. 15— 18), die in der Jugend, wie alle Unterarten von Cham. fischeri, einen hinten deutlich spitz- winkligen Helm besitzen, der später eine rundere Form annimmt. Fast bei allen Exemplaren der subsp. vosseleri liegt aber die größte Kopfbreite unmittelbar hinter den Augen, nur bei dem größten, in Fig. 17 abgebildeten Tier macht sich eine schwache Vorwölbung der Oceipitalkanten nach außen bemerkbar. Jedenfalls war es mir nicht möglich, das Chamaeleon fischeri aus Usaramo nach der Kopf- form von den Exemplaren der subsp. vosselerı zu unterscheiden, auch sonst konnte ich keine Unterschiede zwischen den Tieren aus beiden Gebieten feststellen. Ich fasse daher alle zur Gruppe des Cham. fischeri subsp. vosselerı gehörenden Exemplare zu einer Unter- art dieses Namens zusammen, als deren Verbreitungsbezirk also das Küstengebiet Deutsch-Ostafrikas von Usaramo bis Usambara anzunehmen sein würde.

Wahrscheinlich gehört auch das von WERNER |. c. 1902, p. +15 und 451 erwähnte, in seiner Sammlung befindliche 2 aus Ukami hierher, das also aus dem zwischen Usaramo und Usambara ge- legenen Gebiete, stammt. Dieses Exemplar besitzt keinen Schnauzen- anhang, stimmt also hierin und auch in der Größe mit den mir vorliegenden O der subsp. vosseleri überein, so daß ich keine Be- denken trage, es zu dieser Unterart zu stellen, zumal es in deren Verbreitungsgebiet seiner Herkunft nach ausgezeichnet hineinpaßt.

3. Als subsp. wernerı möchte ich, zu Ehren des bekannten Wiener Herpetologen, eine an Cham. fischeri subsp. vosseleri sich anschließende Unterart bezeichnen, der in der Hauptsache bisher

242 Fr. NIEDEN.

in wissenschaftlichen Arbeiten noch nicht besprochene Exemplare zugrunde liegen. Ein typisches Pärchen dieser Unterart ist in Fig. 6 Taf. XV (J') und in Fig. 10 Taf. XVI (92) dargestellt. Wie die Figur deutlich erkennen läßt, ist das S durch einen noch stärker als bei der vorigen Unterart entwickelten Tuberkelkamm gekenn- zeichnet, der sich, allerdings nicht überall gleich gut ausgebildet, über den ganzen Rücken und einen Teil des Schwanzes hinzieht. Am deutlichsten ist er wieder auf dem Vorderrücken, wo auch schon bei den vorher besprochenen Unterarten ein Tuberkelkamm vorhanden war. Beim J der subsp. werneri besteht er in seinem vorderen Teile aus zahlreichen großen, schlanken Tuberkelschuppen, die stellenweise mit kleineren Dornen abwechseln. Nach hinten hin nehmen die Tuberkelschuppen an Größe ab, bis sie nur noch kleine, aber immer noch deutlich erkennbare Kegel bilden. Diese lassen sich über den ganzen hinteren Teil des Rückens und auch eine große Strecke des Schwanzfirstes entlang verfolgen; es bleibt also nicht, wie bei den beiden vorigen Unterarten, der hintere Teil des Rückenfirstes frei von Tuberkelschuppen. Am deutlichsten treten diese kleinen Kegelschuppen der hinteren Rückenpartie natür- lich bei der Betrachtung der Tiere von der Seite hervor, aber auch bei der Aufsicht von oben auf den Rücken erkennt man die Tuberkel- schuppen sofort als kleine knopfartige Gebilde, die dicht aufein- ander folgend in einer Reihe auf dem Rückenfirste angeordnet sind. Ein bald mit einer, bald mit zwei Reihen von Körnerschuppen bedeckter Rückenfirst, wie ihn die zuerst erwähnten Unterarten in ihrer hinteren Rückenhälfte besitzen, sieht dagegen ganz anders aus. Bemerkenswert erscheint mir ferner noch, daß bei Cham. fischeri subsp. werneri die Beschuppung im allgemeinen gröber und un- gleichmäßiger ist, als bei den vorigen Unterarten. Namentlich tritt dies auf den Gliedmaßen hervor, wo etwas größere Schuppen sich deutlich von den sie umgebenden kleineren Schuppen abheben. Dasselbe gilt übrigens für die Q dieser Unterart, die ebenfalls durch gröbere Beschuppung ausgezeichnet sind. Ferner besitzen die mir vorliegenden 3 O0, deren Kopfrumpflänge von 75—88 mm schwankt, kurze bis 3 mm über das Nasenloch sich erhebende Schnauzenfortsätze. Alle 3 © sind bei Mlalo in Nordusambara von Herrn Pfarrer Röntu gesammelt worden, durch den das Museum vom gleichen Fundorte noch 8 JS erhielt. Eines von diesen ist noch ein ganz junges Tier von 42 mm Kopfrumpflänge, dessen Hörner erst 2 mm lang sind und denen der oben erwähnten © ähneln. Von den sieben anderen C hat je eins 78, 100, 108, 120 mm Kopf- rumpflänge, bei dreien beträgt dieses Maß 125 mm; die Länge der

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Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. 243

Hörner steigt bei derselben Reihenfolge der Tiere von 14 bis auf 20 mm.

Was die Kopfform dieser Unterart anbetriiit, so besitzen auch hier, wie Fig. 19—24 zeigen, die jüngeren Exemplare einen hinten deutlich spitzwinkligen Helm, der dagegen bei den meisten älteren Stücken, auch bei den 3 ©, hinten abgerundet ist. Einzelnen Tieren kommt aber auch im höheren Alter noch ein hinten deutlich zugespitzter Helm zu, wie Fig. 22 u. 26 zeigen, was auf innerhalb dieser Unterart vorkommende Variabilität schließen läßt, zugleich aber auch zur Vorsicht mahnt, wenn man Abweichungen in der Kopfform zur Unterscheidung verschiedener Unterarten verwenden

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Fig. 19—24. Kopfumrisse von Cham. fischeri subsp. werneri NıEDEn. Fig. 19: $ von Mlalo (42 mm); Fig. 20: 3 von Mlalo (78 mm); Fig. 21: 5 von Mlalo (100 mm); Fig. 22: $ von Mlalo (125 mm); Fig. 23: $ von Mlalo (125 mm); Fig. 24: von Mlalo (75 mm). (Die eingeklammerten Zahlen

geben die Kopfrumpflänge des betr. Tieres an.)

will. Fig. 25 u. 26 zeigen übrigens die Köpfe zweier, oben noch nicht erwähnter (JS) Exemplare dieser Unterart, die bei Ambangulu im südlichen Teile Westusambaras von Herrn MARTIENsSsEN ge- sammelt wurden. Das eine Tier ist von der Schnauzenspitze bis zum After 115, das andere 125 mm lang, das letztere ist deshalb noch interessant, weil sein Rücken schon deutlich, wenn auch noch nicht stark, seitlich zusammengepreßt ist, also wieder eine Art Rüc kenflosse bildet, wie sie nach bisheriger Annahme nur bei Cham. fischeri subsp. matschiei vorkommen sollte, die ich aber nur für eine allen größeren Exemplaren von Cham. fischeri zukommende Alterserscheinung halte.

4. Von den bei Mlalo und Ambangulu in Westusambara ge- fangenen Tieren unterscheiden sich wieder etwas zwei in der Mitte dieses Gebietes gefundene Exemplare, nämlich das oben schon er-

244 Fr. NIEDEN.

wähnte Pärchen, das in Philippshof bei Wilhelmstal von Herrn Stabsarzt a. D. Dr. Prutıpps gesammelt wurde. Bei diesen beiden Tieren, von denen das C in Fig.7 Taf. XV u. Textfig.2:,das o in Fig. 11 Taf. XVIu. Textfig. 28 dargestellt ist, ist der Tuberkelkamm auf dem Rücken noch stärker entwickelt als bei der vorigen Unterart, besonders bei dem 9. Hier wird er auf dem Vorderrücken von großen, bis 4 mm langen, unmittelbar aufeinander folgenden oder durch einzelne kleine Tuberkelschuppen getrennten Dornen gebildet; von der Rücken- mitte an treten Gruppen von 3—5 Tuberkelschuppen auf, die inner-

Fig. 27 und 28. Kopfumrisse von Fig. 25 und 26. Kopfumrisse von Cham. Cham. fischeri subsp. multituber-

fischeri subsp. werneri NIEDEN. culatus NIEDEN. Fig. 25: S von Ambangulu (115 mm); Fig.27: & von Philippshof (120 mm); | Fig. 25: 3 von Ambangulu (125 mm). Fig. 28: 2 von Philippshof (80 mm). 3

(Die eingeklammerten Zahlen geben (Die eingeklammerten Zahlen geben die Kopfrumpflänge des betreffenden die Kopfrumpflänge des betreffenden Tieres an.) Tieres an.) |

halb einer jeden Gruppe von vorne nach hinten an Größe zunehmen. Auch bei dieser Unterart ist der Tuberkelkamm in der. Sacral- gegend am schwächsten entwickelt, insofern, als hier die einzelnen Tuberkelschuppen kleiner und feiner sind und sich nicht so dicht aneinander anschließen. Auf dem Schwanze treten zuerst wieder größere Dornen auf, die nach hinten hin allmählich an Größe ab- nehmen und schließlich vollständig verschwinden. Bei dem © ist der Tuberkelkamm viel schwächer entwickelt; größere Tuberkel- schuppen stehen nur auf dem Nacken in geringer Anzahl, doch schließt sich an sie ein deutlicher, wenn auch nur von niedrigen Kegelschuppen gebildeter Kamm an, der sich bis zur Schwanz- wurzel verfolgen läßt. Die Beschuppung im allgemeinen ist auch bei diesen beiden Tieren gröber -als wie bei der subsp. matschiei und vosselert.

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Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. »45

Ferner besitzt das © deutliche 5 mm lange Hörner auf der Schnauze bei einer Kopfrumpflänge von 80 mm. Es ist also kleiner als die beiden größeren © der subsp. wernerı von Mlalo, die dabei nur ganz kurze Schnauzenfortsätze von 3mm Länge besaßen. Anderer- seits sind die © der subsp. vosselerı von Amani, die gar keine Schnauzenfortsätze besitzen, teils ebenso groß, teils noch größer als das © von Philippshof.

Diese Befunde sprechen meiner Ansicht nach ganz entschieden dagegen, daß es sich bei diesen © mit verschieden langen Schnauzen- fortsätzen etwa um verschiedene Altersstufen einer einzigen Form handeln könnte. Diese Annahme würde durchaus begründet er- scheinen, wenn mit der größeren Länge der Schnauzenfortsätze auch immer eine bedeutendere Körpergröße parallel ginge, was aber ganz und gar nicht der Fall ist. Im Gegenteil! Einerseits haben wir Tiere mit relativ großen Hörnern bei individuell wechselnder Körper- länge, nämlich die © der subsp. werneri von Mlalo, bei denen mir die gleich starke Entwicklung der Schnauzenfortsätze bei Tieren von 75—88 mm Kopfrumpflänge dafür zu sprechen scheint, daß schon bei dem kleinsten dieser Exemplare die Hörner die dieser Unterart zukommende Maximallänge erreicht haben. Anderer- seits beobachten wir einmal, daß ein verhältnismäßig kleines Tier wie das © von Philippshof mehr als 1!/, mal so große Hörner be- sitzt, als wie größere, seine Körperlänge bis um 10% übertrefifende Exemplare (nämlich die © von Mlalo), ein andermal finden wir ebenso große oder noch größere I ohne Schnauzenfortsätze, wie die © der subsp. vosseleri von Amani. Solche Unterschiede in der relativen Größe der Schnauzenfortsätze lassen sich, glaube ich, am leichtesten verstehen, wenn man die Stücke mit verschieden großen Hörnern als Vertreter verschiedener Formen auffaßt. Andernfalls müßten wir annehmen, daß die oO von Cham. fischeri sehr stark, aber zugleich auch sehr unregelmäßig in der Größe ihrer Schnauzen- fortsätze variierten, eine Annahme, die mir nicht sehr glaubhaft erscheint. Ich halte es daher für das richtigste, die beiden Exemplare von Philippshof zu einer besonderen Unterart zu stellen, für die ich die Bezeichnung subsp. multituberceulatus vorschlagen möchte.

Wie schon oben erwähnt, wurde dieses Chamaeleon-Pärchen von Herrn Stabsarzt a. D. Dr. Prıuıpps in Kopulation beobachtet, worüber ich noch einiges mitteilen möchte, zumal über die Kopu- lation von Chamaeleon-Arten meines Wissens erst sehr wenig be- kannt ist. |

Von der Stellung, die die beiden Tiere bei der, auf der Erde stattfindenden Begattung einnahmen, hatte Herr Dr. PhkıLıpps

246 Fr. NIEDEN.

eine kleine Bleistiftskizze angefertigt, nach der sowie nach deu Tieren selber untenstehende Zeichnung von Herrn Kunstmaler P. FLAnDErKy ausgeführt worden ist. Die Kopulation erfolgte nach Angabe von Herrn Dr. Prıvıprs in folgender Weise: Das männliche Chamaeleon schob sein rechtes Hinterbein, indem es sich links hinter und neben das Weibchen stellte, von vorn unter das rechte Hinterbein des Weibchens und hob den Hinterkörper des Weibchens nach links, so daß dessen Bauch nach rechts stand. Nun schob es seinen etwa 1!/, cm langen und 3 mm dicken, dunkel-

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Fig. 29. Chamaeleon fischeri subsp. multituberculatus in Kopulation.

Unter Benutzung einer Originalskizze des Herrn Stabsarztes a. D. Dr. PrıLıprs, von Herrn Kunstmaler P. FLAnDErkyY gezeichnet. |

roten Penis aus einer Querspalte in eine mit wulstigen Rändern hervortretende Querspalte des Weibchens“.

Wie aus der Fig. 29 hervorgeht, sind die beiden Tiere an Größe auffallend verschieden, beim S beträgt die Länge von der Schnauzen- spitze bis zum After (ohne die Hörner) 120 mm, beim Q das gleiche Maß 80 mm, also gerade 2/; der Länge des d. Dieses Größen , verhältnis scheint bei Cham. fischeri die Regel zu sein, denn es kehrte fast bei allen 4 Unterarten wieder, was mir dafür zu sprechen scheint, daß die größten mir vorliegenden Weibchen schon ziemlich ausgewachsen waren; jedenfalls waren sie alle fortpflanzungsfähig, da sie sämtlich schon große Eier enthielten. Bei Cham. fischer würden demnach die Q im Vergleich zu den JS auffallend klein sein; wenn auch bei vielen Chamaeleon-Arten die Weibchen in der

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Chamaeleon fischeri und seine Unterarten. 947

Regel kleiner sind als die S, so ist doch der Unterschied meist viel geringer als wie im vorliegenden Falle. Bei manchen Arten sind allerdings die © nur wenig kleiner als die S oder übertreffen sie sogar an Größe, z. B. bei dem auch in Südspanien vorkommenden Cham. chamaeleon L. oder bei der häufigsten ostafrikanischen Art, Cham. dilepis LeacH. und bei einigen anderen Formen.

Der besseren Übersicht halber lasse ich nun noch einmal eine kurze Charakteristik der von mir unterschiedenen Unterarten von Cham. fischerı Rcuw. folgen.

1. Cham. fischeri subsp. fischeri Rchw.

Taf. XIV Fig. 1—3; Textfig. 1—3; p. 238.

Tuberkelkamm nur auf dem Vorderrücken vorhanden, von relativ wenigen, niedrigen Kegelschuppen gebildet. Kopf hinten breit gerundet, an den Seiten flach. Beschuppung feinkörnig. Maße des größten d': Kopfrumpflänge 128 mm, Schwanz 175 mm, Hörner 23 mm; © noch unbekannt.

Fundorte: Nguru- und Unguuberge (Hinterland von Bajamoyo).

2. Cham. fischeri subsp. matschiei WERN. Taf. XIV Fig. 4 (CS), Taf. XVI Fig. 8 (0); Textfig. 4—10; p. 234.

Tuberkelkamm wie bei der vorigen Unterart entwickelt; ältere Exemplare mit stark seitlich zusammengedrücktem, flossenartigem Rückenfirst (der in schwächerer Ausbildung auch bei alten Exemplaren der anderen Unterarten vorkommt). Helm bei jungen Tieren hinten spitzwinklig, bei alten Stücken breit abgerundet mit seitlich vor- gewölbten Oceipitalkanten. Beschuppung feinkörnig. Färbung schlicht grün, stets mit drei hellen Querbinden jederseits auf der hinteren Körperhälfte. Maße des größten 9: Kopfrumpflänge 155 mm, Schwanz 225 mm, Hörner 25 mm; des größten O0: Kopfrumpflänge 113 mm, Schwanz 190 mm, Hörner 12 mm.

Fundorte: Derema, Amani, Nguelo, Magrotto, alle in Ost- usambara.

Das von Werner als Cham. tornieri 1. ec. 1902, p. 417 be- schriebene, später von WERNER selbst mit Cham. fischeri subsp. matschiei vereinigte Q gehört auch nach meiner Ansicht zu dieser Unterart.

3. Cham. fischeri subsp. vosseleri NIEDEN. Taf. XV Fig. 5 (Q'), Taf. XVI Fig. 9 (O ); Textfig. 11— 18; p. 238. S außer einem niedrigen Tuberkelkamm auf dem Vorderrücken

noch mit in Gruppen von 2—6 Dornen angeordneten Kegelschuppen 16

248 Fr. Nıepen: Chamaeleon fischeri und seine Unterarten.

auf der basaien Schwanzhälfte; 0 ohne deutlichen Tuberkelkamm und ohne Hörner, nur mit 2 mm hohen buckelartigen Erhebungen über dem Nasenloch. Helm bei jungen Tieren hinten spitzwinklig, bei alten Stücken abgerundet, seitlich nicht merklich vorgewölbt. Beschuppung feinkörnig. Färbung des S auffallend bunt, scheckig. Maße des größten S: Kopfrumpflänge 105 mm, Schwanz 172 mm, Hörner 21 mm; des größten ©: Kopfrumpflänge 90 mm, Schwanz 132 mm.

Fundorte: Tanga, Buloa b. Tanga, Magrotto, Amani, Nguelo, Ukami und Usaramo.

4. Cham. fischeri subsp. werneri NIEDEN. Taf. XV Fig. 6 (J°), Taf. XVI Fig. 10( 9 ); Textfig. 19—26; p. 241.

3 mit über den ganzen Rücken und die basale Schwanzhälfte ausgedehntem, in der Sacralgegend sehr niedrigen Tuberkelkamm, dessen Kegelschuppen auf dem Vorderrücken am größten sind. o mit einzelnen Tuberkeln auf Vorderrücken und Schwanzwurzel; ferner mit kurzen 3 mm langen Schnauzenfortsätzen. Helm bei jungen Tieren hinten stets spitzwinklig, bei älteren Stücken spitz- winklig oder abgerundet. Beschuppung grobkörmig. Färbung ähn- lich wie bei der vorigen Unterart. Maße des größten J: Kopf- rumpflänge 125 mm, Schwanz 170 mm, Hörner 20 mm; des größten ©: Kopfrumpflänge 88 mm; Schwanz 112 mm, Schnauzenfortsätze 3 mm.

Fundorte: Mlalo und Ambangulu in Westusambara.

5. Cham. fischeri subsp. multituberculatus NIEDEN. Taf. XV Fig. 7, Taf. XVI Fig. 11; Textfig. 27—29; p. 244. d mit sehr stark entwickeltem, vom Nacken bis zur Schwanz- mitte reichendem Tuberkelkamm, dessen größte Kegelschuppen im Nacken 4 mm Länge erreichen; O mit niedrigem, vom Nacken bis zur Savralgegend reichendem Tuberkelkamm. Helm erst spitzwinklig, dann abgerundet. Beschuppung grobkörnig. Färbung des © bunt gefeldert, des © einfarbig grün. Maße des JS: Kopfrumpflänge 120 mm, Schwanz 128 mm, Hörner 17 mm; des ©: Kopfrumpflänge 80 mm, Schwanz 108 mm, Hörner 5 mm. Fundort: Philippshof bei Wilhelmstal in Westusambara.

Tafelerklärung. Tafel XIV. Fig. 1. Chamaeleon fischeri subsp. fischeri Rcaw.: & aus den Ngurubergen (Typus der Art), °ı n. Gr.

Fıg. 2. Chamaeleon fischeri subsp. fischeri Rcaw.: ä aus den Unguubergen, %, n. Gr. |

PAuL MartscHiEe: Eine neue Form der Elenantilope. 249

Fig. 3. Chamaeleon fischeri subsp. fischeri Rcuw.: $ aus den Unguubergen, "a n. Gr. Fig. 4. Chamaeleon fischeri subsp. matschiei Wern.: 5 aus Amani, !s n. Gr.

Tafel XV. Fig. 5. Chamaeleon fischeri subsp. vosseleri NIeDEn: & aus Usaramo, %s n. Gr. Fig. 6. a" n 2 wernert NIEDEN: 5 aus Mlalo, ?/; n. Gr. Fig. 7. . $ multituberculatus NIEDENn: 5 von Philippshof, 4.0. -Gf, Tafel XVl. Fig. 8. Chamaeleon fischeri subsp. matschiei WeErRN.: 9 aus Amani, !/s n. Gr. Fig. 9. R 2 vosseleri NIEDEN: 9 aus Amani, *%s n. Gr. Fig. 10. v . werneri Nıepen: 9 aus Mlalo, *s n. Gr. Fig. 11. & ® » . multituberculatus NIEDEn: Q von Philippshof, 2. Gr:

Sämtliche Tafel- bzw. Textfiguren nach Aufnahmen bzw. Zeichnungen von Herrn Kunstmaler P. FLAnDERKY.

Eine neue Form der Elenantilope. Oreas oryx niediecki nov. subsp. Von PaıuL MATSCHIE.

Herr PıuL NIEDIEcK hat dem Berliner Zoologischen Museum auch von seiner letzten Reise nach dem oberen Zambese eine Reihe sehr erwünschter Säugetiere zum Geschenke gemacht. Darunter befindet sich ein Bulle und eine Kuh der Elenantilope, welche von den bisher beschriebenen Formen dieser Gattung wesentlich ab- weichen und einer genaueren Beschreibung bedürfen.

Um entscheiden zu können. ob hier tatsächlich eine neue Form vorliegt, müssen wir zunächst die früher beschriebenen ver- gleichen:

Antilope oryx Pauuas, Miscellanea Zoologica, 1766, 9. Oryx ut videtur Antiquorum, saltem Oppiani de venat. lib. II, 445, 551. „Alce capensis Kolb. afr. ed. belg. I. p. 173, icon. p. 174. Le Condous Burrox hist. nat. XII, p. 357, t. 46 b. (cornua). Belgis ad Promontorium B. Spei sub nomine Alcis capensis (Kaapsche Elandt) nota, equo fere major; Hujus servatur integrum sceleton in Museo Serenissimi Principis Auriaci, e quo constat equum mediocrem magnitudine superasse specimen. Cornua optime delineavit Buffonius. Ex autoptis didiei colorem animalis esse dilutissime gryseum, linea per dorsum nigra et extremis pedum nigricantibus.“

16*

250 PAauL MATSCHIE.

Die von Burron abgebildeten Hörner gehören offenbar zwei ganz verschiedenen Formen der Elenantilopen an; die in Fig. 3 und + dargestellten haben krumme Spitzen, das in Fig. 1 und 2 wieder- gegebene Horn hat aber eine gerade Spitze. Durch Vergleichung einer größeren Menge von Elenantilopen-Hörnern aus derselben Gegend kann man leicht feststellen, daß die Spitzenbiegung ein wichtiges und Abänderungen nur wenig unterworfenes Merkmal der verschiedenen Formen dieser Antilopen ist.

Kouze’s Beschreibung ist sehr ungenügend und gibt keinerlei weitere Anhaltspunkte für eine sichere Festlegung dieser Form, als daß oryx Pauuas aus den Bergen in der Nähe von Capstadt stammt.

Antilope oreas Pıauuas, Spicilegia Zoologiea, 1777, XII, 17 ist synonym zu A. oryx; Parvas wollte den von ihm irrtümlich ver- wendeten Namen oryx auf den Spießbock anwenden, welchen die alten Schriftsteller Oryx genannt hatten und schuf den neuen Namen oreas für die Elenantilope Dieser muß nach den jetzt gültigen Nomenclaturregeln aber gegenüber dem früher ver- öffentlichten fallen.

Antilope (Oreas) canna DrsmArzEst, Mammalogie 1822, 471 und Lesson, Manuel de Mammalogie, 1827, 384, von Pr. L. SCLATER und Oror. Tmomas in The Book of Antelopes IV, 196 erwähnt, sollte nicht unter den wissenschaftlichen Speziesnamen genannt werden. DrsmArzst schreibt unter VI ®, Sous-gence, Oreas:

„123 ° Esp. Antilope Canna, antilope oreas.“ Das heißt aber: Die Canna-Antilope, A. oreas. Er hat also das Wort canna nicht. als wissenschaftliche Speziesbezeichnung gebraucht und ebenso- wenig hat Lesson es getan.

Der erste, welcher den Speziesnamen Canna gebraucht, war SmitH in Griffith, The Animal Kingdom, IV, 1827, der auf einer Tafel zwischen den Seiten 198 uud 199 ein Gehörn unter dem Namen Damalıs Canna abbildete und auf den Seiten 357— 359 auch Mitteilungen über die Färbung und das Aussehen dieser Art gibt.

Es handelt sich ohne Zweifel nicht um eine Elenantilope, sondern um einen BDoocercus.

J. E. Gray hat in Knowsley Menagerie, 1850, 27, die von Pırvas beschriebene Antilope oreas zuerst mit dem Namen Oreas canna bezeichnet; diese O0. canna ist also synonym zu O. oreas.

Boselaphus derbianus Gray, Ann. Mag. Nat. Hist., XX, 1847, 286, ist vom Gambia beschrieben worden nach einem Gehörn und einem Fell ohne Kopf und Füße: Pale reddish brown; neck, front part of the underside, the dorsal line, a spot on the front and

Eine neue Form der Elenantilope. | 251

hinder part of the upper part of the foreleg („and fetlock“) black;

broad half-collar on lower part of the neck, and fourteen or fifteen

narrow perpendicular lines on each side of the body white; belly and front and hinder side of thighs whitish; crown reddish brown; withers variegated with black hairs.

Im Jahre 1863 brachte W. Wımwoop ReADE von Bambunda, nordöstlich von Sedhu am Casamance das Fell und den Schädel einer solchen Elenantilope nach London. Die Stirn und die obere Hälfte des Nasendaches ist gelbbraun, seine untere Hälfte bis herunter zu den weißen Lippen schwarz. Die Gesichtsseiten sind gelblichgrau. Vom vorderen Augenwinkel bis fast auf die Mitte des Nasenrückens verläuft eine schmale weiße Binde jederseits bis in die schwarze Färbung hinein, so weit, daß nur ein schmales schwarzes Feld beide Binden trennt.

Oreas liwingstonis Selat., Proc. Zool. Soc. 1864, 105 ist von P. L. ScLATER „nach seinem Eintdecker“ benannt worden; die von ihm gegebene Beschreibung beruht aber auf Mitteilungen, welche Capt. J. H. Speke von Elenantilopen aus Inenge in Usagara, Deutsch-Ostafrika, gegeben hat. ScLATER weist aber auch auf das Reisewerk Livinestoxnes hin, in welchem (Missionary Travels, 1857, 210) eine neue gestreifte Form der Elenantilopen beschrieben

| und abgebildet worden ist.

y Es scheint also zweckmäßig zu sein, den Namen ©. livingstomiw

x auf diese Form der Elenantilope zu beschränken. Livınsstoxe hat

sie bei Sescheke am Zambese westlich von den Viktoria-Fällen

zuerst angetroffen.

Er beschreibt sie mit folgenden Worten: „It was a new undescribed variety of this eplendid antelope It was marked with narrow white bands across the body, exactly like those of the koodoo, and had a black patch of more than a hand-breadth on the outer side of the fore-arm.“ Aus der beigefügten Tafel ist zu ersehen, daß neun weiße Binden auf den Rücken und die Oberschenkel verteilt sind, eine breite schwarze Binde fast den ganzen Unterarm umschließt und nur auf seiner Hinterseite unterbrochen zu sein scheint, daß die Haarbürste von der Stirn aus sich bis fast zur Höhe des Mundwinkels nach vorn fortsetzt, die Wangen gleichmäßig dunkel gefärbt und an keiner Stelle dunkler als der Hals sind, der etwas dunkler als die Grundfärbung des Rumpfes erscheint. Die Spitzen des Gehörns sind deutlich nach außen gebogen.

Boselaphus gigas Hrucuın, Nov. Acta Leopold. XXX, 1863, 19, Taf. I, Fig. 2 ist nach einem Gehörn beschrieben worden, das

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Du Br

252 PAUL MATSCHIE.

er ungefähr unter n. Br. westlich vom oberen weißen Nil erhalten hat. Hrusuın schreibt:

Cornubus validissimus vix tripedalibus rectis, apice paulo procurvis, ab basi vixrectangulariter divergentibus, carinato-contortis, ex parte transverse sulcatis, nigris; rufo brunneus, capite colloque obscurioribus.

Länge der Hörner 35”. Abstand der Spitzen 32“. Das Gehörn dreifach gewunden, zwei Windungen sind wenig erhaben, die dritte tritt als fingerdicker Kiel weit über die anderen Windungen hervor.

Einen Balg hat HrucLın nie zu untersuchen Gelegenheit gehabt.

Die Hörner sind, wie die Abbildung zeigt, mit den Spitzen sehr wenig einwärts und vorwärts gebogen, immerhin so, daß die Seelenachse des Hornes wesentlich andere Richtung hat als die Hornspitze, die übrigens nur etwa ein Drittel der Gesamtlänge des Hornes einnimmt.

Oreas colini ROCHEBRUNE, Bull. Soc. Phil, Paris (7) VII, 1883, 8; Faune de la Sönegambie. Mammiferes 1883, 121-—-122, Tafel VII, Fig. 1 (Kopf) ist nach einem Bilde beschrieben worden, welches Dr. Couıw nach einem von ihm in den Wäldern von Kitu am oberen Senegal gesammelten Kopfe gemalt hat.

Die Beschreibung lautet: „Animal magnitudine tauri; colore pallide cinereo; caput crassum, abbreviatum; scanalatura frontale elevato-gibbosum, 2 fascieulis pilorum crispatorum, antico nigrescente, postico fulvescente; auriculis latis extus nigris, intus et margine albidis; cornubus crassis, elongatis, piceis, antrorsum curvatis a basi ad medium carina spirali elevata contortis.

Animal de forte taille, egalant celle de nos plus forts Boeufs de France. Teinte generale gris päle; tete ovoide gris de souris, & chanfrein tres largement busqu6& et portant une touffe de poils frises brun noirätre; une seconde touffe de poils roux, &galement frises sur le sommet du front en avant des cornes; celles-ci tres fortes, longues, un peu courb6es en avant, ä carene 6paisse, saillante, regnant seulement dans la premiere moitie de leur longueur; oreilles larges noirätres sur les bords, blanchätres interieurement: yeux bruns.“

Antilope triangularıs GÜNTHER, Proc. Zool. Soc. 1889, 13, beruht auf dem Gehörn einer weiblichen Elenantilope, welches aus dem Zambese-Gebiete ohne nähere Fundortsangaben nach Natal gebracht und von Morton Grern dem British Museum in London übergeben worden war.

Aus der Beschreibung möge hier folgendes erwähnt werden:

The horns are gently curved backwards showing the slightest indication of a twist near to the top; they measure thirty-one

Eine neue Form der Elenantilope. 253

inches along the curve, and thirty in a straight line from the base to the tip. The distance of their ends is twenty-two inches. A transverse section taken three inches from their base would represent a triangle, the posterior side of which is slightly longer than the outer one; at this portion the horn is broader from side to side than from the front backwards. In about the middle of the length of the horn the transverse section becomes an isosceles triangle, passing into a circular shape in the last fourth of the length.

The trihedral shape of the basal half of the horn is produced by a prominent, but obtuse ridge in front of the horn; this ridge is in the median line at the base of the horn, runs then a little inside of the median line for a short distance, and is finally directed towards the outside of the horn, disappearing altogether in the distal conical portion. The posterior side of the horn is remarkably flat and broad.

The annulations are distinet only in the basal portion and very obscure further on, the distal half being smooth...

Aus der Abbildung ist zu ersehen, daß die Hörner leicht nach hinten gekrümmt und mit den äußersten Spitzen etwas nach innen gebogen sind.

LyDErkEr hat in The Field LXXVIII, 1891, 130 für dieses Gehörn den Gattungsnamen Doratoceras vorgeschlagen, ist aber neuerdings der Ansicht ScLarer’s beigetreten, daß es sich nur um Hörner einer weiblichen Elenantilope handele.

- Taurotragus oryx pattersonianus LYDEKKER, The Field CVIL, 1906, 579 ist begründet auf einen Kopf, den Colonel J. H. PATTERSoN, wie l. c. 609 gesagt wird, in Laikipia, nordwestlich vom Kenia erbeutet hat. |

„Ihere is an incomplete white chevron similar to, althouglı rather smaller than, the one found in the giant eland, while only a narrow stripe in the middle line of the face, above and between the eyes, is dark brown, the sides of the forehead being rufous. On the lower part of the face there is a larger dark brown area than in the ordinary eland, although there is a rufous fawn-colourt d patch on each side above the nostril.“

In both the latter respects Colonel PATTERson’s specimen recalls the giant eland, although it apparently lacks the dark white bordered band on the side of the neck charakteristic of the latter.

Auf Seite 609 wird dann noch hinzugefügt:

The striping of the body in very slight, the chief markings

being three unsymmetrical pairs of stripes on the withers.

254 PAUL MATSCHIE.

Taurotragus oryx seloust LYDEKKER, Records of Big Game von Rowland Ward. Sixth Edition, 1910, 328 wird vorgeschlagen als Bezeichnung der von F. C. SeLous in A. Hunrter’s Wanderings, 1381, Taf. I, Fig. 1 und 3 abgebildeten Elenantilope aus dem Maschona-Lande, vom oberen Umfuli.

„In Mashonaland eland show an incomplete white chevron on tlıe face, with a large brown tuft on the forehead.“

Hierher scheint der in P. L. ScLATER und OLpr. THomas, The Book of Antilopes, IV, 1900, Tafel XCIX abgebildete Elenbulle zu gehören, den Serous bei Sadza’s Kraal erlegt hat, westlich von Marandalla’s an der Bahn zwischen Salisbury und Umtali in der Nähe der Wasser- scheide zwischen den Zuflüssen des Sabi und den zum Zambese fließenden des Umfuli und Hanyani, aber im Gebiete des Umfuli. Die dunkle Färbung des Nasenrückens reicht in einer schmalen Binde bis an das Auge heran, der Hals ist ebenso gefärbt wie der Rumpf, eine schwarze Unterarmbinde fehlt, 9 weiße Binden sind vorhanden, von denen die drei letzten sehr kurz sind. Die Hörner sind fast gerade, ihre Spitzen in der ganzen Länge wenig gekrümmt.

Oreas oreas kaufmanni Marscaıe, Deutsche Jäger-Zeitung, 58. Bd., 1912, 119 auch im Sonderdruck: Die achtzehnte deutsche Geweihausstellung zu Berlin, 1912, 77, Fig. 83 ist auf einen Kopf begründet, den Herr Oberleutnant Kaıurmann im Caprivizipfel von Deutsch-Südwestafrika zwischen dem Tschobe und Zambese erbeutet hat.

„Sie zeichnet sich durch ein sehr auffälliges Merkmal, eine weiße winkelförmige Binde vor jedem Auge, aus. Ahnliche Kenn- zeichen kommen nur bei Elenantilopen im Mashonalande (Oreas selousı) und im Britischen Ostafrika (0. pattersomianus) vor. Von der letzteren unterscheidet sich die Elenantilope des Caprivizipfels durch die dunkel-schokoladenfarbige, breite Stirnbürste, welche bei jener Rasse sehr klein und kastanienbraun ist; die Mashonarasse besitzt nur eine einfache weiße Binde auf jeder Gesichtsseite.

Der Hals der hier zum ersten Male vorgeführten Form ist schön silbergrau, nach oben hellbraungrau, die Gegend zwischen dem Nasenloche und der weißen Winkelbinde ist tief schwarzbraun, eine schwärzliche Binde schließt das Kinn dicht an dem Lippen- winkel ab; die Wangen sind hellbräunlichgrau, das Kinn und die Unterlippe grauweiß. Die schwarze Zeichnung wird gegen die Stirn hin schmäler und verbreitert sich hinter der weißen Binde zu einer dunkel-schokoladenbraunen Bürste, die dunkelgraubraun gerandet und von einer drei Finger breiten, braungrauen Binde über den Augen eingefabt ist.“

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Fine neue Form der Elenantilope. 255

Diese bis jetzt bekannten Formen der Elenantilope verteilen sich über Afrika in folgender Weise:

OÖ. ory&c: Cap der guten Hoffnung.

O0. kaufmannı: Caprivizipfel zwischen dem Tschobe und Zambese.

O. liwingstonii: Sekhosi bei Sescheke westlich von den Viktoria- Fällen am Zambese.

O. selousi: Mashonaland, Sadza’s Kraal westlich von Marandalla’s. Quellgebiet des Umfuli und Hanyani, Zuflüsse des mittleren Zambese.

O. triangularıs: Zambese, ohne genauere Bezeichnung.

O. pattersonianus: Laikipia am oberen Guasso Nyiro nord- westlich des Kenia.

O. gigas: Weißer Nil, Westseite, ungefähr n. Br.

O. colini: Oberer Senegal bei Kitu.

O. derbianus: Casamance südlich des Gambia.

Es sind also aus dem Zambese-Becken oder aus seiner nächsten Nähe bis jetzt nicht weniger als vier Formen beschrieben worden.

Die von Herrn Pavsn NIEDIEcK gesammelten Elenantilopen lassen sich mit keiner von ihnen, auch mit keiner der übrigen Formen vereinigen.

Sie haben weiße Rumpfbinden und eine schwarze breite Binde auf dem Unterarme; dadurch unterscheiden sie sich von 0. oryx; ihr Gehörn ist gerade und nicht nach hinten gekrümmt, auch nicht nur an der äußersten Spitze, sondern in seinem ganzen glatten oberen Teil flach einwärts gebogen; also kann triangularıs nicht in Frage kommen.

Auch gigas unterscheidet sich im Gehörn wesentlich. Die Hörner stehen ungefähr im rechten Winkel zu einander und der untere Teil des Spiralkieles verläuft auf der Vorderseite des Gehörns ungefähr in derselben Richtung, wie der obere, auch ist die glatte Spitze verhältnismäßig kurz. Bei den von Herrn NIEDIECK ge- sammelten Elenantilopen stehen die Hörner zueinander in sehr spitzem Winkel, der untere Teil des Spiralkieles verläuft auf der Vorderseite des Horns fast rechtwinklig zur Hornachse und nicht in der Richtung des oberen Teiles, und die glatte Spitze des Horns, bis zum oberen Ende des Kieles, ist verhältnismäßig lang.

O. derbianus unterscheidet sich durch den schwarzen, vor der Schulter durch eine weiße Binde eingefaßten Hals, ©. colinı durch zwei gesonderte Haarbürsten auf dem Kopfe und nach vorn ge- krümmte Hörner, O. pattersonianus durch die schmale schwarzbraune Längsbinde auf der Stirn, den gelbbraunen Fleck über dem Nasen- loch und nur drei Paare von weißen Binden; ©. kaufmannı durch

256 PAuL MATSCHIE.

die winkelförmige weiße Binde vor jedem Auge und die dunkel- schokoladenfarbige Stirnbinde; ©. Kvingstonii durch die handbreite schwarze Binde, welche fast den ganzen Unterarm umschließt und durch die bis fast zur Höhe des Mundwinkels nach vorn fort- gesetzte Haarbürste; O. selousi durch die in schmaler Binde bis an das Auge reichende dunkle Färbung, durch das Fehlen der Unterarmbinde, das Vorhandensein von weißen Binden in der Kreuz- beingegend und das Fehlen der dunklen Hufbinde.

Es sind 2 Elenantilopen von Herrn P. Nıepvıeck dem Berliner Zoologischen Museum zum Geschenk gemacht worden:

SO ad. A. 372, 11, 49: Bei Banga am Kafue zwischen 26° und

7°ö. L. im Maschukulumbwe-Lande am 6. September 1911 erlegt.

o ad. A. 372, 11, 41: Ebendort am 30. August 1911 erlegt.

Die Felle sind in der Schausammlung aufgestellt, die Schädel werden besonders aufbewahrt. Der Bulle ist ausgewachsen aber noch ziemlich jung. Die Sutura basilaris ist an den Seiten zwar verwachsen, aber in ihrem Verlaufe noch zu erkennen, die Nähte zwischen dem Oceipitale und Temporalie sind z. T. noch offen; die letzten Molaren haben noch einen scharfen, hochragenden Außenrand und der dritte Praemolar hat noch zwei scharfrandige Kimmen auf der Kaufläche. Die Kuh ist etwas, aber nicht viel älter, ihre Sutura basilaris ist nicht mehr zu erkennen und die letzten Molaren sind erheblich mehr abgekaut.

Länge von der Schwanzwurzel bis zum Hinterrande der Hörner: So 261, © 243 cm; bis zum Lippenrande: 9 318, © 298 cm; Höhe am Widerrist: GC 171, © 157 cm; Höhe in der Kreuzgegend: CO 163, © 157 em; Länge der Schwanzrübe: JS ? (verletzt), @ 56 cm; Ohr von der Ineisura an gemessen: 9 20,5, © 20 cm.

Bei dem Bullen ist die Stirn tief fahlbraun (Taf. 308, 3 des Repertoire de Couleurs von R. OBERTHÜR und H. DavrHenay), alle Haare haben schwarzbraune Spitzen; über den Augen hebt sich eine etwa 10 cm breite, lebhaft bräunlich weißgelbe Binde ab, die bis auf 10 cm Entfernung vom vorderen Augenwinkel deutlich ab- gesetzt erscheint, dann aber plötzlich sehr stark verschmälert wird und als ganz schmale Binde gegen den Nasenrücken hin sich so weit fortsetzt, daß sie von der entsprechenden der anderen Gesichts- hälfte nur 6 cm entfernt ist. Der Nasenrücken ist tiefschwarz, gegen die Muffel hin braunschwarz; auch die Wangen sind bis 7 cm Ent- fernung von den Augen stark schwarz überflogen bis fast zur Höhe der Mundspalte herab. Dieser dunkle Ton setzt sich als 3,5 cm breite Querbinde, die nach hinten sehr undeutlich begrenzt ist, auf das Kinn fort.

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Eine neue Form der Elenantilope. 257

Die schwarze Färbung des Nasenrückens reicht spitzwinklig nach hinten und trennt die nur über den Augen bürstenförmig aufwärts gerichteten braunen Haarfelder.

Das Kinn, die Unterlippe, die vordere Hälfte der Oberlippe sind grauweiß, der über dem Hinterrande des aufsteigenden Astes des Unterkiefers befindliche Teil der Ohrgegend ist sehr hell.

Die Vorderseite des Halses, die Schläfen, der größte Teil der Ohren und der Rücken sind sehr hell maisgelb mit blaugrauem Schein (Taf. 36, 1 des Repertoire), das Fußgelenk und die Hüften sind tiefer maisgelb (Taf. 36, 3). Die Oberseite und die Seiten des Halses sind hell schokoladenbraun (Taf. 343, 1), der Wammenbart dunkel maisgelb mit eingemischten schwarzen Haaren.

Auf dem Unterarm dicht über dem Gelenke befindet sich eine 10 em hohe und 16,5 cm breite schwarze Binde, welche von der Hinterseite etwa 4 cm weit auf die Außenseite und 6 cm auf die Innenseite des Unterarmes übergreift. Die Mitte der Brust und des Bauches sowie eine schmale Rückenbinde vom Hinterkopfe bis auf die Schwanzwurzel sind schwarz. Dicht über den Hufen zeigt sich eine 15 cm braunschwarze Ringbinde; die Hinterseite des Fußes zwischen den Hufen und den Afterklauen ist hell beinschwarz (Taf. 344, 1). Von der Schulter bis in die Kreuzgegend sind weiße schmale Querbinden auf dem Rumpfe vorhanden. Man kann mit einiger Mühe zwölf feststellen, von denen aber nur die drei dem Hinterrande des Schulterblattes benachbarten deutlich sind und sich bis auf die halbe Höhe des Rumpfes verfolgen lassen, fünf andere treten weniger deutlich hervor, die übrigen sind nur bei hellem auffallendem Lichte zu erkennen.

Das Gehörn ist mit den 40 cm langen Spitzen wenig einwärts und noch weniger aufwärts gebogen. Die Spiralwülste stehen auf der Vorderseite des Hornes 27 cm auseinander; das Horn ist 71 cm lang, 10 em vor der Spitze 2,8 cm und am unteren Waulst 6,9 cm dick. Der Spiralwulst umzieht den unteren Teil des Hornes in einer viel weniger steilen Windung als den oberen Teil.

Die Kuh ist lebhafter gefärbt als der Bulle und an den Hals- seiten fahl maisgelb, sonst lebhaft maisgelb (Taf. 36, 2—3), auf den Hüften sogar dunkler als Taf. 36,4. Die Stirn ist hell fahl- braun, die Halsseiten sind hell schokoladenbraun.

Die Ohren haben dicht unter der weißen Spitze an der Außen- seite eine 7 cm lange und an der breitesten Stelle 2 cm breite, nach innen abgerundete Längsbinde. Das Haarbüschel an der Wamme ist schwarzbraun; die Rückenbinde, die Unterarm- und Hufbinden und die weißen Rumpfstreifen verhalten sich wie bei dem Bullen. Die

958 Pau MarscHie: Eine neue Form der Elenantilope.

Gesichtsseiten sind nicht so dunkel wie bei jenem; immerhin ist ein dunkler Ton, der sich um den Unterkiefer herumzieht, deutlich zu erkennen. Hinter der Muffel ist ein schwarzer Fleck in der Form eines gleichseitigen, mit der Spitze nach hinten gerichteten Dreiecks. |

Das Gehörn ist 59 cm lang.

Maße der Schädel: Größte Länge: 9 565 mm, 9 ?, weil die Intermaxillaren fehlen; Basallänge 9 482, 0 ?; Länge vom Basion bis zum Vorderrande der Maxillaren: © 440, © 392; Basion bis Spina nasalis posterior: J 230, © 193; größte Breite am Hinter- haupt: JS 223, Q 161; am Auge: d 202, O0 189; an der Wange: J 153, 2 139; an der Sutura naso-maxillaris anterior: S 87, o 70; größte Breite des Palatum an m®: 9 142, © 132; Breite des Palatum zwischen pm! und pm?: 9 91, © 82; Alveolarlänge der oberen Molarenreihe: S 157, Q 143; Breite der Choanon an dem freien Ende der Sutura palato-pterygoidea: 9 41, © 35; größte Breite von m?: S 29, 0 29; Entfernung des Augenrandes an der Sutura lacrymo-zygomatica vom Hinterrande des Oondylus oceipitalis: O 248, 0 223; desselben Punktes von der Stelle, wo die Sutura naso-maxillaris anterior und posterior mit der Sutura naso-inter- maxillaris zusammenstoßen: 9 196, © 185; bis zum Gmnathion: O- 33, © ?; Länge der Sutura nasalis: d 223, © ?; Länge eines Nasale diagonal: d 231, 9 ?; größte Breite der Nasalen: Q 51, © ?; ge- geringste Frontalbreite: d 17, © 16 cm.

Nach dem Abschluß dieser Arbeit finde ich eine Mitteilung von J. W. GıpuLey. An extinet American Eland in Smithsonian Miscellaneous Collections (60) No. 27 vom 22. III. 1913. Er hat nach einer oberen Molarenreihe aus pleistocaenen Ablagerungen in einer Höhle bei Cumberland, Maryland, Nordamerika einen Tauro- tragus americanus beschrieben. An keinem der 80 Schädel von Elenantilopen des Berliner Zoologischen Museums habe ich eine Zahnreihe gefunden, welche der Fig. 2 in Gıpuey’s Arbeit entspricht oder ihr wenigstens ähnlich ist; alle stimmen mit seiner Fig. 1 überein. Ich glaube nicht, daß man diese Zahnreihe als diejenige einer Elenantilope auffassen darf.

F. E. Rüne: Drei unbeachtet gebliebene Bosmina-Arten J. Ed. Schödlers. 959

Drei unbeachtet gebliebene Bosmina-Arten J. Ed. Schödlers. Von F.E. Rünr, Berlin. (Mit 4 Textfiguren.)

Die wertvolle und für die Cladocerensystematik vielfach grund-

_ legende Sammlung des verdienstvollen ältesten märkischen Clado-

cerenforschers Professor J. Ep. SCHÖDLER, der in den Jahren 1858 bis 1877 außer der Cladocerenfauna der Umgebung Berlins auch die des Frischen Hafis studierte und beschrieb, kam nach dem Tode des Forschers (Berlin, 19. XI. 1886) dank den Bemühungen und der Vermittlung von Herrn Professor W. WELTNER in den Besitz des König]. Zoologischen Museums zu Berlin. Dadurch wurde eine große Anzahl von Cladocerenformen, die SCHÖDLER zum ersten Male beschrieben hatte, in den typischen Exemplaren der Wissenschaft gerettet. Den Wert dieser Sammlung lernte ich in den Jahren 1908—1911. wo ich mich mit Untersuchungen über das Genus Dosmina befaßte, kennen und schätzen, -denn bei der Unzulänglichkeit der meisten älteren Bosminendiagnosen für heutige Bedürfnisse ist zur Entwirrung der zerfahrenen Nomenklatur ein Zurückgehen auf die typischen Formen fast stets nötig. Ich sah damals die ScHönrLer’sche Samm- lung des Museums auf Bosminen ‚hin durch und traf dabei die wert- vollen Typen von Bosmina rotunda ScHönpLer 1865 und DB. gibbera ScHöpLer 18631) an. Ich fand hier außerdem ein reiches Plankton-

1) Zur Datierung der Publikation dieser Formen sei bemerkt, daß SCHÖDLER seine Arbeit „Die Cladoceren des frischen Haffs“, Archiv f. Natur- gesch., Bd. XXXIL, schon in der Sitzung der Gesellsch. Naturf. Freunde Berlin vom 21. Nov. 1865 im Sonderabdruck vorlegte. BD. rotunda ist also in das Jahr 1865 (nicht, wie bisher 1866) zu datieren. B. gibbera wurde aber, was bisher auch unbekannt war, schon im Jahre 1863 aufgestellt und beschrieben, nämlich in den Sitzber. der Ges, Naturf. Freunde Berlin vom 17. November 1863. Hier findet sich folgende Stelle: „Herr ScHöpLer machte Mitteilungen über die im Juli d. J. in dem frischen Haff, und zwar an dem Strande von Kahlberg von ihm beobachteten Cladoceren, welche er, in verdünntem Spiritus aufbewahrt, vorzeigte. Derselbe erläuterte die bemerkenswerten Arten der- selben an vorgelegten Figuren und knüpfte daran eingehendere Bemerkungen über verwandte Arten aus der Berliner Lokalfauna. Die in dem frischen Haff vorgefundenen Cladoceren sind: Sida cerystallina, Simocephalus vetulus und serrulatus, Hyalodaphnia Kahlbergiensis n. gen. et sp., Bosmina gibbera n. sp. Sie gehören sämtlich den Süßwasserformen an. Die neue Daphnide Bosmina gibbera (2 = 0,55 mm lang und 0,6 mm hoch), welche sich in ihrem Habitus der B. Lilljeborgii am meisten nähert, von dieser aber schon durch die deutlich polygonale Schalenskulptur unterscheidet, gab ScHönpLEer Ver- anlassung zu näheren Mitteilungen über die bisher noch unbekannten und von ihm in der Spree aufgefundenen und beobachteten Männchen von Bosmina longirostris Mürr. und B. cornuta Jur.

960 F. E. Rüne.

material aus schwedischen Seen vor, das in den Jahren 1858 bis 1866 vom Freiherrn G. C. ÜEDERSTRÖM gesammelt und im Juni 1865 und Juli 1866 in zwei Kollektionen ScHönLer zur Untersuchung gesandt war. Mir war damals nicht bekannt, daß ScHöpLer über seine Untersuchungen dieses ÜEDERSTRÖM’Schen Materials irgend etwas publiziert hatte. Ich untersuchte auch die Bosminen dieses CEDERSTRÖM’Schen Materials und fand darin mehrere interessante Formen, u. a. auch eine, die von Schöpzer’s Hand mit dem Namen B. Cederströmni bezeichnet war. Da zur näheren Charakterisierung dieser wie auch mancher anderen Formen der CEDERSTRÖM’ schen Sammlung eine eingehende vergleichende Untersuchung der schwe- dischen Bosminen nötig gewesen wäre, sah ich davon ab, dieselbe zu beschreiben und hütete mich vor allem auch, den Namen D. Öeder- strömiv wiederzugeben, um die verwirrte Nomenklatur und Synonymie des Genus Dosmina nicht noch durch einen neuen Namen zu be- reichern. Denn der Name DB. Üederströmii war mir aus der Bos- minenliteratur völlig unbekannt, und ich fand auch in den Schriften SCHÖDLER’S keine Andeutung darüber.

Vor kurzem machte mich nun mein Freund Dr. L. KEILHACK auf drei von Schöner in den Sitzber. der Gesellsch. Naturf. Freunde zu Berlin in den Jahren 1865 und 1866 beschriebene Bosmina- Arten aus Schweden aufmerksam, die dem Material CEDERSTRÖM entstammten. Die Arten heißen: Bosmina trigonalis, B. affımıs und B. Cederströmii. Diese Arten sind in der großen Bosminen- literatur völlig unbekannt geblieben, nirgends findet sich auch nur eine Erwähnung der Namen. Ich selbst habe in meiner kürzlich erschienenen Arbeit „Bosmina coregoni im baltischen Seengebiete“ (I. Teil einer Monographie des Genus Bosmina „Zoologica“ Heft 63, 1912), die ScHönLer’schen Arten übersehen. Da die alten Nummern der Sitzber. der Ges. Naturf. Freunde in Berlin für die meisten Gladocerenforscher schwer zugänglich sind, gebe ich hier zuerst einmal die betreffenden Stellen der Sitzungsberichte wieder.

Aus Sitzber. Ges. Naturf. Freunde Berlin. 21. Dezember 1865:

„Herr Schöner machte unter Bezugnahme auf seine in voriger Sitzung vorgelegten „Cladoceren des frischen Hafis“ Mitteilungen über einige teils neue, teils genauer beobachtete Daphniden der schwedischen Fauna, von denen er mehrere in habitueller Be- ziehung besonders interessante Formen in Präparaten vorzeigte.

l. Hyalodaphnia ÜCederströmii ... (folgt Beschreibung).

2. Bosmina trigonalis nov. Sp., aus dem Skarby-See in Nerike, welche im Habitus der D. gibbera des frischen Hafis am meisten gleicht, von dieser aber schon durch die skulpturlosen

Drei unbeachtet gebliebene Bosmina-Arten J. Ed. Schödlers. 361

Schalenklappen leicht zu unterscheiden ist. Sie hat eine Länge von 0,36 mm und eine Schalenhöhe von 0,52 mm; ihre Tastantennen aber, die fast gerade sind, erreichen eine durchschnittliche Länge von 0,62 mm, wovon kaum '/, auf den Pedunculus derselben zu zählen ist.

3. Bosmina affinis nov. sp., eine der B. obtusirostris nahe- stehende Art mit deutlich gestreifter Schalenskulptur, aus einem See in Jönköpingsland, die bei einer Länge von 0,66 mm und einer Schalenhöhe von 0,52 mm eine Tastantennenlänge von 0,70 mm aufzuweisen hat, wovon nur 0,10 mm auf den Pedunculus kommen. Der untere Schalenrand derselben verläuft nach hinten in einen schräg abwärts gerichteten Mucro von 0,20 mm Länge, welcher aber keine Spur einer sekundären Zähnelung, wie bei DB. obtusirostris, aufzuweisen hat.

4. Die bisher nur aus der Spree bekannte Dosmina rotunda,

welche ziemlich zahlreich in dem Elja-See in Wennland wieder- gefunden worden ist. Dieselbe erreicht eine Länge von 0,68 mm,

' eine Schalenhöhe von 0,72 mm und eine Tastantennenlänge von

0,80 mm.“ Aus Sitzber. Ges. Naturf. Freunde Berlin. 17. Juli 1866:

„Herr Scuönzer teilte mit, daß ihm vor einigen Tagen eine zweite Collection kleiner Süßwasser-Crustaceen von dem Freiherrn Ö. G. CEDERSTRÖM aus Stockholm zugegangen sei, welche derselbe im Sommer v. J. in den südlichen Landschaften Schwedens ein- gesammelt habe. Nähere Auskunft über dieselbe einer späteren Mitteilung vorbehaltend, zeigte er aus derselben vor: 1. die erst in neuerer Zeit, aber nur selten wiederaufgefundene Cladocere Latona setifera OÖ. F. Mürr. aus dem Bunn-See in Jönköpingslän und 2. Bosmina Cederströmiinov.Sp., aus einem Binnensee Ost-Göta- lands, welche ihrer deutlich „gestreiften“ Schalenskulptur wegen, sowie dem ganzen Habitus nach sich an die BD. longispina, BD. ob- tusirostris und B. lacustris zunächst anreiht, von ihnen aber durch abweichende Bildung der Tastantennen und der Schalendornen (Mucrones) leicht zu unterscheiden ist. Die mikrometrische Messung

des Tierchens ergab: eine Körperlänge von 0,66 mm; als Maximum

der Schalenhöhe 0,55 mm und für den stumpfen, schräg abwärts gerichteten Mucro des unteren Schalenrandes eine Länge von nur 0,04 mm. Die Tastantennen sind unverhältnismäßig lang, 25—27 mal ringelartig gegliedert, aber nur schwach gekrümmt und betragen in gestreckter Lage 0,70 mm, wovon etwa '/, auf den Stamm (Pe- dunculus) derselben zu zählen ist.“

262 F. E. Röne.

‘Von diesen ScHönter’'schen Arten war DB. Üederströmii auf Grund der ScHöpter’schen Etikettierung der Museumsexemplare leicht zu identifizieren. Aber auch die beiden anderen ScHönLer’schen Arten gelang es mir zum Teil schon nach Zeichnungen, die ich mir 1909 von den Museumsexemplaren angefertigt hatte, wiederzuerkennen. Eine wesentliche Bestätigung meiner Identifikationen gaben mir dann noch die Manuskripte ScHönter’s über seine Untersuchungen der CEDERSTRÖM'Schen Sammlungen, die mehrfache eingehende Be- schreibungen und viele Maßangaben für die betreffenden Formen enthielten. Auch Konzeptzeichnungen ÜEDERSTRÖM’S, die dieser im Juni 1864 also vor Absendung der ersten Cladocerenkollektion an ScHÖDLER geschickt hatte, und auf denen einige der Bosminen von ScHönLer’Ss Hand benannt waren, bestätigten mir meine Identi- fikation. Diese Manuskripte und Zeichnungen befinden sich im Be- sitze von Herrn Professor W. WELTNER, dem ich für die liebens- würdige Bereitwilligkeit, mit der er mir den Einblick in dieselben gestattete, meinen herzlichsten Dank aussprechen möchte.

Um nun zuerst einmal die drei SchöpLer’schen Formen, von | denen man sich nach den knapp gehaltenen obigen Bemerkungen | ScHÖDLER’S in den Sitzungsberichten nicht ohne weiteres ein klares Bild machen kann, festzulegen, gebe ich im folgenden nach den im Zool. Museum Berlin befindlichen Typen Scnöpter’s und nach ScHÖpLer’s handschriftlichen Notizen an der Hand von Abbildungen kurze Beschreibungen -und außerdem Maßangaben (nach G. BurRcK- HARDT’S Maßmethode) dieser Formen.

Bosmina trigonalis SCHÖDLER 1865

Bosmina coregoni gibbera f. trigonalis (Fig. 1) steht, wie SCHÖDLER Selbst richtig angibt, der D, c. gibbera SCHÖDLER Sehr nahe und unterscheidet sich von ihr nur durch höhere Werte | für die relative Schalenhöhe und die relative Tastantennenlänge und durch das Fehlen einer Schalenretikulation. Die Buckelspitze (H = 1350—1530) liegt bei f. trıgonalis etwas hinter der Mitte der Längsachse, daher fällt der hintere Dorsalkontur steil bis zur ventrokaudalen Schalenecke ab, wobei die dorsokaudale Schalen- ecke oft kaum hervortritt. Der vordere Dorsalkontur steigt da- gegen schräg nach oben von der flachen Stirnfläche zur Buckel- spitze empor und verläuft dabei geradlinig oder häufiger in konkavem Bogen. Die Buckelspitze ist verhältnismäßig scharf ausgebildet und zeigt mitunter etwas nach vorn. Die ventro- kaudale Schalenecke ist abgerundet. Die langen Tastantennen D = 1200—1800, C ca. 240), die nur sehr schwach ge- bogen sind, hängen fast senkrecht nach unten und tragen 17 bis

a 2 N 4 SpZBEn

RENTE NERT vs ri

Drei unbeachtet gebliebene Bosmina-Arten J. Ed. Schödlers. 263

19 Ineisuren. Das Auge ist klein (O = 80—90). Das Rostrum (A B = 190— 210) lang und spitz. Schalenskulptur ist nicht zu bemerken. Abs. L. = 300-400 ».

Fundort: Skarby-See in Nerike (Blatt Nr. 64, Askersund, der Generalstabens karta öfver Sverige, Södra Delen. 1885). Dieser See erstrekt sich 3,4 km in nordsüdlicher und etwa l km in west- östlicher Richtung.

Fangdatum: Juli 1859, Nr. 47 der ersten CEDERSTRÖM’Schen Sammlung.

L

Fig. 1. B. c. gibbera f. trigonalis. Fig. 2. B. ce. gibbera vom Kyrksjön. | Maßangaben für B. c. gibbera f. trigonalis.

|r|#|e]| > [c+»

Pr | ) |a+ 3

a 347 2 | 1480 | 242 _ 1588 84 196 an 400 u. | 1530 | 260 1815 88 210 a; 300 u | 1350 | 220 = 1215 80 189 ScHÖDLER'S Werte . | 360, | 1446 | 246 [1724|

Im Anschluß an diese Beschreibung sei erwähnt, daß ich eine zur Subspezies D. c. gibbera gehörige Form im CEDERSTRÖöM’schen Material auch für den Kyrksjön in Smäland (Fang I, 20. Oktober 1858) feststellen konnte. Diese Form (Fig. 2) zeichnet sich da- durch aus, daß ihr Buckel nicht so spitz wie bei typischen @ibbera- Formen ist, sondern im Gegenteil als abgestutzt bezeichnet werden kann. An der Bildung des Buckels dieser Form beteiligt sich nicht nur, wie gewöhnlich, die Rumpfschale, sondern auch die Kopfschale. In diesen beiden Eigentümlichkeiten der Buckelbildung gleicht diese

17

264 F. E. Rüne.

schwedische Form der 2. c. thersites f. acrocephala mihi vom Tuchomer See, von der sie sich dadurch unterscheidet, daß der Scheitel ihres Buckels nicht hinter, sondern vor der Mitte der Längsachse liegt. Schwache Schalenretikulation ist vorhanden. Der Jahreszeit ent- sprechend tragen die Weibchen zum Teil Ephippien.

Bosmina affinis SCHÖDLER 1865

Bosmina coregomi longicornis £. affınıs (Fig. 3) steht der von mir zum ersten Mal (1912) beschriebenen Hochsommerform von D. c. longicornis SCHÖDLER Sehr nahe. Sie hat wie diese einen schräg ventralwärts, mitunter sogar senkrecht ventralwärts ge- richteten Mucro?) von beträchtlicher Länge (Mu ca. 300), der entsprechend seiner Länge der Schale mit breiter Basis aufsitzt und von dieser aus gleichmäßig zur Spitze ausläuft. Der Mucro trägt in der Regel keine Incisuren.

Die ersten Antennen (mit 20—24 Ineisuren) sind wie bei B. c. longicornis stets sehr lang —+ D = 900—1000, C ca. 180) und variieren wie dort weitgehend ihrer Form®) nach; sie können gleichmäßig gebogen, schwach hakenförmig oder schwach S-förmig sekrümmt sein. Der Antennenstiel ist schräg nach hinten gerichtet und die Antennenprojektion recht beträchtlich (Pr = 760—880). Der Wert für die relative Schalenhöhe (H = 700-830) stimmt auch gut mit dem von D. c. longicornis überein und der Dorsal- kontur ist ähnlich wie bei dieser Form im allgemeinen recht gleich- mäßig gewölbt, zeigt aber im Gegensatz zu DB. c. longicormis ge- legentlich eine schwach buckelartige Auftreibung über der Mitte der Längsachse. Die Stirn ist wie bei BD. c. longtcornis gleichmäßig schwach gewölbt, der vordere Kontur des Rostrums aber weicht insofern von dem der DB. c. longicornis ab, als er in fast gerad- liniger Fortsetzung des vorderen Antennenstielkonturs verläuft, mithin wenig gewölbt ist. Das Rostrum (A--B ca. 130) ist kürzer wie bei D. c. longicornis und seine ventrale Begrenzung liegt infolge- dessen im Gegensatz zu dieser Form stets höher als der ventrale Schalenrand®). Das Auge ist im Gegensatz zu D. c. longicornis

2) In Schöpter’s Manuskripten findet sich folgende treffende Charakte- risierung des Mucros: „Mucro lang, an der Basis stark, in der Regel etwa mit dem hinteren Teile des Dorsalrandes gleichgerichtet, zuweilen aber in fast gleicher Richtung mit dem Hinterrande“. An einigen Exemplaren beob- achtete ich entgegen der Scuöpter’schen Diagnose 1—2 Dörncherincisuren am Mucro.

3) ScHöpLer schreibt im Manuskript: Tastantennen sehr lang, in der Regel gleichmäßig gebogen, mit dem Ende fast gegen den Mucro gerichtet“.

4) ScHöpLEr s Manuskript: „Rüssel kurz, stumpf, Spitze nicht bis zum Niveau des Unterrandes reichend“.

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u y IE rn

Drei unbeachtet gebliebene Bosmina- Arten J. Ed. Schödlers. 265

klein (O ca. 55). Am schärfsten unterscheiden sich beide Formen dadurch, daß bei f. affınıs Schalenretikulation stets vorhanden und stets deutlich bemerkbar ist (an Kopf und Rücken als Striatur ausgebildet), während sie bei märkischen Longt- cornis-Formen bisher nie beobachtet wurde’). Junge Tiere und Embryonen zeigen bedeutend stärkere Retikulation als ausgewachsene Die absolute Länge beträgt 650—810 u, ist also größer wie bei B. c. longicornis.

Fundort: Väseldasjön im Kirch- spiel Flisby nö. von Jönköping. Dieser See liest 214,6 m ü. M. und erstreckt sich 2,3 km in nordsüdlicher und 0,4 bis 0,8 km in westöstlicher Richtung. (Generalstabens karta öfver Sverige, Blatt 35, Jönköping;) ®).

Fangdatum: 3. August 1861 (Mat. CEDErsTRöm 1, 45 und I, 131).

Fig. 3. B. c. longicornis f. affinis.

Maßangaben für B. c. longicornis f. affinis.

| T | H | C | D |o+0]| ) | au la+B| Pr

ne, & 700u| 785 180 790 ITL 55 291 150 832 mar...’ 72.7810 | 832 187 840 | 1008 70 306 146 878 na 708 168 714 900 246 768 SCHÖDLER . . | 660 u | 780 150 900 | 1050 300

Der B. c. longicornis f. affinıs steht die Bosmina vom Kaja-See in Oster-Götland (Mat. Ceperström Nr. 50) 15. August 1861, die ich in meiner oben erwähnten Arbeit (1912, p. 38, Fig. 41a) beschrieben und abgebildet habe, sehr nahe. Sie hat nur etwas kürzere Mucrones.

5) Das in meiner Arbeit (1912) p. 33 Anm. 2 erwähnte „alte, vermutlich von SCHÖDLER gesammelte Longicornis-Material unbekannten Fundortes im Zoolog. Museum Berlin, das sehr deutliche Schalenskulptur zeigte“ waren die von ScHÖDLER aus dem ÜCEDERSTRÖM’schen Material ausgesuchten Typen von B. affinis.

6) SCHÖDLER gibt den Namen dieses Sees nicht an; vermutlich weil er ihn auf der Ceverström’schen Etikettierung nicht entziffern konnte was mir zuerst auch nicht gelang. Dr. Sven Ekman (Jönköping) brachte mich auf den Gedanken, daß es sich um den obengenannten kleinen See, der bei einem Hof namens Johannesberg liegt, handelt. Nach diesem Hof hat CEDERSTRÖM jedenfalls den kleinen See: Johannesbergsjön genannt. Die Buchstabenzusammenstellung der CEDErstrRöm’schen Etikettierung läßt sich nur als Johannesbergsjön sinngemäß lesen.

II:

966 F. E. RÜHe.

Die beiden beschriebenen Schöpuer’schen Formen stehen, wie aus den gegebenen Beschreibungen hervorgeht, älteren Formen, die nach heutiger Auffassung nur den Rang von Subspezies beanspruchen können, so nahe, daß ich vorschlage, sie als formae diesen Sub- spezies unterzuordnen?). Diese Auffassung, die ich oben schon zum Ausdruck gebracht habe, soll kurz begründet werden, denn man könnte eventuell auch vorschlagen, die betreffenden Formen als selbständige Subspezies neben die älteren Subspezies zu stellen. Dazu ist eine kurze Betrachtung über die Bedeutung des Sub- speziesbegriffs in der Bosminensystematik nötig.

In fast allen selbständigen, biologisch isolierten Seen tritt Bosmina coregoni in selbständigen Lokalformen auf, die sich im baltischen Seengebiet allerdings meist nur an vollausgewachsenen Hochsommertieren unterscheiden lassen. Man könnte also fast in jedem dieser Seen nötigenfalls mit Hilfe von experimentellen Untersuchungen über die erblichen Eigenschaften der betreffenden Seenformen eine selbständige Subspezies als Bezeichnung der Lokalform aufstellen. Es ist klar, daß mit einem solchen Unter- nehmen, mit einer solchen ins Unabsehbare gehenden Schaffung neuer Namen weder der Systematik noch der Tiergeographie noch der Erblichkeitsforschung gedient ist. Die Forderung nach Über- sichtlichkeit und nach Bewältigung des ganzen Formenstoffes er- heischt vielmehr, daß ganze Gruppen derartiger Lokalrassen unter gemeinsamer Bezeichnung zusammengefaßt werden, damit eine Ver- ständigung über diese Formen möglich ist. Derartige Gruppen, die natürlich erst nach Kenntnis einer größeren Anzahl von Lokal- rassen und deren vollständiger Cycelomorphose aufgestellt werden können, sollten nach meiner Auffassung die Subspezies innerhalb der Art Dosmina coregonı sein, denn erst sie ermöglichen eine systematische Übersicht über die Formenmannigfaltigkeit und tier- geographische Vergleiche. Dabei ist es selbstverständlich, daß die jeweils älteste der Formen, die zu einer derartigen Subspezies zu- sammengezogen werden, der Subspezies den Namen zu geben hat. Das ist von Bedeutung für die Betrachtung der im Jahre 1866

°) Es muß auffallen, daß ich zu ganz anderen Angaben über die Ver- wandtschaft und die systematische Stellung der Scaöpter’schen Formen (B. affinis und B. cederströmii) komme als SchöptLer. Das erklärt sich daraus, daß Schöner die Stellung seiner schwedischen Formen nach skandinavischen Formen (B. obtusirostris, B. longispina, B. lacustris) festzulegen bemüht war. Da er letztere nur nach Beschreibungen kannte, mußte er zu falschen An- gaben kommen. Sonst sind seine Diagnosen musterhaft klar und seine Maß- angaben vollkommen exakt.

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- De Sr

Drei unbeachtet gebliebene Bosmina-Arten J. Ed. Schödlers. 267

von SCHÖDLER aufgestellten D. cederströmii. Diese Form gehört zu der Formengruppe, die von mir (1912) als Subspezies B. c. kessleri bezeichnet ist und vorher meist im Anschluß an LiuLseBore B. ce. var. humilis (1887) oder B. mixta var. humilis (1901) genannt wurde. Als älteste Form der Subspezies hat B. c. cederströmii derselben den Namen zu geben. 5. c. kessleri ist also synonym zu setzen mit BD. c. cederströmni. Also:

B. c. cederströmii ScHönLer (1866). . longicornis KEssLER (1868). kessleri ULsAnın (1874). . brevispina ULJANIN (1874). c. var. humilis LiLLIJEBORG (1887). . kesslerı Norpquist (1887). . longispina var. ladogenis (?) Nornavıst (1887). c. var. kesslerı Lınko (1899). . mixta var. humilıs LILLJEBORG (1901).

Durch diese nomenklatorische Änderung wird an der Diagnose der Subspezies nichts geändert; nur einige der von mir (1912) angegebenen Zahlen- werte der Subspeziesdiagnose sind zu er- weitern. Für den Wert der relativen Augengröße ist zu setzen: —= 35—90, als Wert der relativen Antennenlänge: CD —550—1125. Ich gebe im folgenden die Beschreibung der ScHönLer’schen B. c. cederströmn, die jetzt also als typische Form der Subspezies B. c. cederströmii anzu- sehen ist.

Die Hochsommerform von B. c. ceder- strömm f. typica (Fig. 4) hat den für Formen der Mixta-Gruppe charakteristischen kurzen, rudimentären Mucro (Mu ca. 60), der keine Ineisuren trägt, und vor dem sich eine nur kleine Seta Kurzi befinde. Der kurze Mucro ist nach hinten oder schräg nach hinten unten gerichtet. Die relative Schalenhöhe der f. typica be- trägt H —= 800—936, im Mittel 880.

Die höchste Stelle des Dorsalkonturs, vor der sich eine deutliche Dorsalkonkavität befindet, liegt hinter der Mitte der Längsachse. Der hintere Dorsalkontur fällt gewölbt zur dorso- kaudalen Schalenecke, die nur wenig hervortritt, herab. Das Auge

bb ui

Fig. 4. DB. c. cederströmii.

968 F. E. Rüne:! Drei unbeachtet gebliebene Bosmina-Arten J. Ed. Schödlers.

der £. typica ist sehr klein (O0 = 35—52, im Mittel 45). Die Stirn 8) ist gleichmäßig und ziemlich stark gewölbt (jedoch nie vorgebuchtet). - Das Rostrum lang und spitz (A+B = 130—185), reicht aber nicht bis zum unteren Schalenrand herab. Die 1. Antenne ist sehr lang (CD = 960—1125, C ca. 170) mit 21—27 Incisuren und gleichmäßig schwach gebogen; der Antennenstiel ist gerade nach unten gerichtet. Infolgedessen ist die relative Antennenprojektion gering (Pr = 320—570)°). Schalenskulptur deutlich.

L. 660 bis 780 ». 2

Fundort: Ostra Lägern-See in Oster-Götland, von der Land- zunge Forsnäs aus gefangen. 665 m ü. M. Generalstabens karta öfver Sverige 1885. Södra Delen. Blatt 36. Wimmerby. Der Östra Lägern-See erstreckt sich 6—7 km in west-östlicher, 4-5 km in nord-südlicher Richtung.

Fangdatum: 8. August 1865 (Mat. Cederström II, 2).

Maßangaben für B. c. cederströmiit.

| See

c+D]| o | Mu la+B]| Pr

Mes ene 7151 872 169 883 1052 45 68 154 487 Max. . . . .|780#| 936 J 182°] Tıl2s | 53 4 2 Ds Min... . „. 21 WORT 788 154 _- 962 35 129 324 SCHÖDLER . . [660 | 825 150 = 1050 | 60 = _

Die Subspezies D. c. cederströmii ist, wie bekannt, durch Kon- tinuierlichen Übergang verbunden mit B. ce. lilljeborgii. Eine solche Übergangsform fand ich im SchöpLEr-ÖEDErsTRöm’Schen Material im Flisjön aus Norbotten. VII. 1864 (Mat. Cederström I, 2).

Im Anschluß an die Beschreibung der drei bisher unbeachtet gebliebenen SchöpLer’schen Bosminenformen sei darauf hingewiesen, daß ScHönLer im Jahre 1864 ebenfalls in den Sitzungsberichten der Ges. Naturf. Freunde Berlin zwei weitere bisher übersehene Bos- mina-Arten aufgestellt hat: Bosmina Sarsır und Bosmina rotundata.

In den Sitzber. vom 16. Februar 1864 findet sich folgender Passus: „Herr ScHönLEr ... zeigte zwei neue Bosminiden vor, welche er als Bosmina Sarsii und B. rotundata näher charakterisierte und an vorgelegten Zeichnungen mit den zunächst verwandten Arten eingehender verglich.“

°) SchöpLer Manuskript: „Kopf in der Stirnkante gleichmäßig konvex gebogen, am stärksten vor dem Auge.“ „Tastantenne sehr lang, gleichmäßig flach gebogen.“

°), Ich fand im ScHöDLer-CrDerström’schen Material ein aberrantes Indi- viduum, das stark hakenförmig gekrümmte Tastantennen besaß, deren Spitze bis unter den Mucro reichte.

Kart W. VERHOEFF: Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz). 269

Da diese neuen Arten in den Sitzungsberichten ohne Diagnose oder nähere Beschreibung auftreten, können sie als nomina nuda keinen Anspruch darauf erheben, bei der Namengebung berück- sichtigt zu werden. Da es aber interessieren dürfte, was für Formen SCHÖDLER mit diesen Namen bezeichnen sollte, so sei bemerkt, daß SCHÖDLER, wie aus seinen Manuskripten hervorgeht, mit 3. rotundata die später unter dem Namen D. rotunda ScHönLer 1865 beschriebene Form und mit dem Namen 2. Sarsıi die BD. longicornis ScHhönLer 1865 gemeint hat. Der Name 5. Sarsii findet sich noch einmal in den Sitzber. Ges. Naturf. Freunde Berlin vom 21. Juni 1864. SCHÖDLER teilt hier mit, daß ihm die Ürperströmssche Sammlung zur Be- arbeitung angeboten ist und, daß er gleichzeitig schon die oben erwähnten Conzeptzeichnungen von CEDERSTRöM erhalten habe. Nach diesen Zeichnungen von der Hand ÜEDERsTRöNn’S Sind, wie SCHÖDLER bemerkt, „mehrere der D. gibbera und B. Sarsiıw verwandte Bos- miniden“ im ÜEDERSTRÖM schen Material enthalten.

Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz). Karı W. VERHOEFF, Pasing bei München. Dazu 9 Figuren.

Im Zoologischen Anzeiger Dezember 1912 gab ich, veranlaßt durch Dendromonomeron m., auf S. 73 eine neue Übersicht für die drei Tribus der Craspedosomiden-Unterfamilie Attemsirnae VERH. Im folgenden mache ich eine neue Gattung der Tribus. Polyphe- matiinv bekannt !), durch welche meine Behauptung a.a.O., daß diese „eine der wichtigsten Charaktergruppen der Ostalpen“ darstellen, eine bedeutsame neue Stütze erhält.

Es werden bald 20 Jahre, seit ich in Steiermark bei Semriach (nördlich von Graz) leider nur in einem einzigen weiblichen Stück, einen mir rätselhaften Diplopoden gefunden habe, der mir noch nirgends wieder vorgekommen ist. Meine Hoffnung, daß einer der Zoologen Osterreich-Ungarns über dieses Tier Aufklärung bringen würde, hat sich in allen den Jahren nicht erfüllt. Erst im Herbst 1912 gelang es mir selbst, in dem salzburgischen Gebirge einen Craspedosomiden ausfindig zu machen, welcher mit jenem Steier- märker unzweifelhaft nahe verwandt ist, worüber das Folgende den Ausweis bringen soll.

!) Die Definition der Polyphematiini ist mit Rücksicht auf die neue Gattung etwas zu erweitern.

270 KArL W. VERHOFFF.

Syngonopodium n. 2.

Körper vom Habitus der Craspedosomen, also ohne Sigel? liche Seitenflügel, in den Seiten der Metazonite mit abgerundeten, buckelartigen Auftreibungen. Rumpf mit 30 Ringen, vorn und hinten nur mäßig verschmälert. Im Vergleich mit Craspedosoma ist der Körper jedoch entschieden schlanker und erinnert sowohl hierin als auch in der vorwiegend bräunlichen Farbe etwas an Orthochordeuma. Die buckelartigen Auftreibungen ragen stärker heraus als bei den Craspedosomen, erinnern also mehr an die

Fig. 1. Syngonopodium n. g. aceris n. Sp. Ö. Fig. 1a: Hygrometerborste und 4 einfache Tastborsten aus dem 7. Antennen- glied, >< 220. Fig. 1b: Sternit und Hüfte des 7. männlichen Beinpaares von vorn gesehen. 2 Vorderrandleiste, lo Seitenlappen des Sternit, «a Außen-, pr Endfortsatz der Hüfte, der mit dem ersteren verbundene Hinterfortsatz ist punktiert angedeutet, >< 125. Fig. 1c: Hinterfortsatz (i) durch tiefe Bucht vom Außenfortsatz (a) getrennt, beide von hinten her dargestellt, >< 125.

der Pyrgocyphosomen. Die Pleurotergite der Männchen sind bekanntlich bei Uraspedosoma und Pyrgocyphosoma in der Rücken- mitte paramedian durch zwei große Bogen ausgezeichnet, in welche die Duplikatur des Hinterrandes nach vorn vorragt. Diese bogigen Vorragungen fehlen bei Syngonopodium vollständig, d. h. beide Geschlechter zeigen in dieser Hinsicht keine Verschiedenheit. Hin- sichtlich der vorwiegend kurzen Macrochäten und ihrer sehr kleinen Knötchen herrscht Übereinstimmung mit Craspedosoma. Hinsichtlich der Länge ihrer Glieder nehmen die Antennen eine Mittelstellung ein zwischen Attemsia und Dendromonomeron,

r . . s = j Dr % vi 1; he

Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz). 971

d. h. sie sind länger als bei der letzteren und kürzer als bei der ersteren Gattung. Die Längen der Glieder 1—5 verhalten sich = 1:3:6:3:6. Das 6. Glied etwa 1?°/, mal länger als breit, 7. Glied 1?/; bis doppelt so lang wie breit, 5. Glied gegen das Ende all- mählich verdickt, aber doch etwas keulig, wenn auch nicht so auf- fallend wie bei Dendromonomeron.

3.—6. Beinpaar des S an Coxa und Präfemur ohne Spitz- höckerchen. 3.—7. Beinpaar am Tarsus reichlich und bis an die

Fig. 2. Syngonopodium n. g. aceris n. sp. d. Fig. 2a: Vordere Gonopoden nebst Sternit von vorn gesehen. c#£ seitliche Lappen des Syncoxit, te Telopodite, welche durch die Querbrücke (sy) ver- wachsen sind, k Endknoten, z Zahn vor demselben, bl mantelartiges Blatt, welches die Syncoxitlappen umfaßt, » Wülste in der inneren Aushöhlung der Telopodite, me mittleres Verbindungsstück, lo Seitenlappen des Sternit, >x< 125. Fig.2b: Eingekrümmter Endarm eines Telopodit der vorderen Gono- poden, k Endknoten, z Zahn vor demselben, >< 220. Fig. 2c: Hervorgepreßter Coxalsack aus dem 8. Beinpaar des $ mit Sperma, >< 220.

Kralle mit Haftbläschen besetzt. 8.—10. Beinpaar viel schlanker, was sich namentlich im letzten Drittel zeigt, welches keine Bläschen besitzt und auffallend dünner ist als der übrige Tarsus, welcher fast bis an den Grund Bläschen trägt. |

Die Hüften am 7. Beinpaar des JS sind sehr originell gestaltet, wie sie sonst von keiner Diplopoden-Gattung bekannt sind. Während sie außen nur in einen Fortsatz ausgezogen sind, finden sich innen deren zwei (Fig. 1b), welche durch eine sehr tiefe, quere Einsenkung vollkommen voneinander geschieden sind. Das Sternit ist in einen langen Fortsatz ausgezogen, welcher annähernd so weit wie die inneren vorderen Hüftfortsätze herausragt. Prä-

272 KARL W, VERHOEFF,

femura des 7. Beinpaares nur wenig verdickt und nach innen nicht erweitert, gegen die Coxa scharf abgesetzt; der Trochanter ist ver- ° kümmert.

Das 7. Pleurotergit des J ist unten (ähnlich Dendromonomeron) in einen großen hornartigen Fortsatz ausgezogen.

Auch die hinteren Gonopoden erinnern sehr an diejenigen von Dendromonomeron. Sie bilden einfache längliche, in zwei Abschnitte abgesetzte Glieder, welche von ihrem Sternit deutlich getrennt sind, in der Grundfläche sich in der Mediane berühren, in der End- hälfte ein Borstenbüschel tragen (Fig. 3 und 4).

Zu den wichtigsten Eigentümlichkeiten von Syngonopodium gehören die vorderen Gonopoden, deren Beschaffenheit den Gattungsnamen verursachte. Ihr Sternit ist niedrig, aber ganz un- sewöhnlich breit, während die Gonopoden selbst eine außerordent- liche Verwachsung aufweisen (Fig. 2a). Die abgerundeten und hakig nach innen gebogenen Telopodite (Ze) erinnern noch etwas an diejenigen von Attemsia, aber es sind keine frei beweglichen Cheirite, vielmehr sind diese Organe in der Mitte durch eine ziemlich breite Brücke (sy) miteinander verwachsen. Im Zusammen- hang damit ist das Syncoxit verhältlich schwach entwickelt und besitzt nur jederseits ein zartes aufragendes Blatt, es fehlt also, im Gegensatz zu Dendromonomeron, vollständig der unpaare in einen Fortsatz ausgezogene Syncoxitaufsatz, welcher für letztere (Gruppe charakteristisch ist.

Syngonopodium aceris n. Sp.

SO 122), mm. 9 14 mm lang. Körper größtenteils hell schoko- ladenbraun, die Seitenbuckel und die Gegend der Innenmacrochäten durch graue Fleckchen aufgehellt. Kopf bei 8 und © gewölbt, dicht und ziemlich lang beborstet. Ocellen in großem Dreieck an- geordnet, tief schwarz, etwa 29. Rücken glatt und glänzend. Die drei Macrochäten bilden ein sehr stumpfwinkliges Dreieck, so dab sie fast in einer Querlinie liegen, die mittleren annähernd in der Mitte zwischen den zwei andern, die Mittelmacrochäten befinden sich innen oben und vorn, die Hintermacrochäten außen, unten und hinten an den Buckeln. Die Macrochäten sind fein und meist recht kurz, nur an den vordersten und hintersten Ringen länger.

Bei mikroskopischer Betrachtung zeigen die Prozonite Zell- struktur und zerstreute deutliche Drüsenporen, die Metazonite sind in der Rückenmitte glatt, gegen die Unterlappen zu vermehrt sich die Zellstruktur allmählich und ist an diesen selbst, also unter dem Ende der gekerbten Naht überall recht deutlich. Hinten erheben

Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz). 273

sich viele Zellfeldchen in ein kleines Knötchen und durch diese wird am Hinter- und Unterrand eine feine Säge oder Kerbe ge- bildet. Also verhalten sich wenigstens die vordersten Pleuro- tergite hinter dem Collum.

Am 1. und 2. Beinpaar des © sind Coxa und Femur innen mit Wärzchen reichlich besetzt, innen an der Uoxa des 2. Beinpaares sind sie ziemlich spitz. Auch am 3. Beinpaar finden sich deutliche Wärzchen innen an Coxa, Präfemur und Femur, am 4.—6. Bein-

tea?

TE nun Z ca? var

Fig. 5. Syngonopodium aceris n. Sp. 2.

Fig. 5a: Cyphopoden von unten und hinten her dargestellt (die Beborstung

wurde fortgelassen), mp Mittelplatte, A Höcker derselben, teaı vorderer,

tea hinterer Teil des Telopoditaufsatzes, vb? vorderer, vba hinterer Verschluß-

bügel, vae Eingang in die Vagina, cli, vorderer, clis hinterer Coxitwulst, beide

getrennt durch die Coxitgrube c/o, «& mediane Verwachsungsrinne, rlı vorderer,

rl» hinterer Bandlappen, z/v vorderer Zahnlappen, ><125. Fig. 5b: Die beiden neben der Coxitgrube sitzenden Zahnlappen, > 220.

Pr . ae 2

paar dagegen nur noch Spuren derselben, außen am Präfemur des 4. fehlen sie.

Die Cyphopoden des Oo (Fig.5a) sind durch eine mediane Verwachsung der Cyphocoxite ausgezeichnet. Dieselbe kommt vor allem dadurch zum Ausdruck, daß sich vorn eine Mittelplatte _ vorfindet (mp), welche in der Mitte vorn abgestutzt und jederseits

abgeschrägt ist, eine feine Medianlinie und jederseits einen nach hinten herausgewölbten Höcker (h) trägt. Gegen die übrigen Cyphocoxite ist diese Mittelplatte deutlich abgesetzt, die Telopodite aber hat sie auffallend nach außen herausgedrängt, so daß diese statt der gewohnten vorderen eine mehr äußere Lage einnehmen. Schließhöckerchen und Grübchen zwischen Coxit und Telopodit habe ich nicht beobachtet. Die annähernd sichelartig gekrümmten Telo-

274 KArL W. VERHOEFF.

podite besitzen einen in der Mitte (vb Fig. 6) fast rechtwinklig geknickten Verschlußbügel und einen sehr niedrigen Aufsatz. Durch die Knickungsstelle werden beide in einen vorderen und hinteren Abschnitt abgesetzt. Beide Teile des Aufsatzes tragen Tastborsten verschiedener Länge (tea, und 5). Die Cyphocoxite enthalten eine quergestellte Coxitgrube (c/o Fig. 5a), durch welche sie in einen vorderen und hinteren Wulst abgesetzt werden. Der Vorder- wulst schließt sich nach hinten an die Mittelplatte an. Er besteht aus einem inneren beborsteten Feld, welches nach hinten in einen die Coxitgrube überragenden, zweispitzigen Zahnlappen (ziv) aus-

77 Fig. 7. Fig. 6. Syngonopodium aceris n. Sp. 9. Syngonopodium aceris D. SP. 9. Mittelplatte (mp) mit Höckern (h) und Rechtes Cyphopodentelopodit von Gruben(g) nebst anstoßenden vorderen hinten gesehen, >< 125. va Vagina, Coxitwülsten von unten her gesehen, Bezeichnung sonst wie bei 5a. v Vorder-, A Hinterende, >< 125.

gezogen ist und einer äußeren Verdickung (vx), welche nach hinten und außen von einem zarten, unregelmäßig gerunzelten Bandlappen überragt wird (rl, Fig. 5a und 7).

Der Hinterwulst (cli,), welcher sich hinter der Coxitgrube befindet und in einen nach vorn gerichteten kleineren Zahnlappen (zih Fig. 5b) ausgezogen ist, besitzt nur in dessen Nachbarschaft einige lange Borsten. Außen wo er im Bogen quer hinter der Coxitgrube sich gegen die Hinterhälfte des Telopodit erstreckt, be- sitzt er am Rande ebenfalls einen zarten Bandlappen (rl,). Es scheint, daß nach außen in der Coxitgrube auch eine Drüse mündet,

doch habe ich dieselbe nicht deutlich beobachten können. Unter

dem Vorderrand des Vorderwulst bemerkt man hinter den Höckern der Mittelplatte eine dick umwallte, nach vorn geöffnete Grube jederseits (g Fig. 7).

TER

Bewegung derselben gegen das Sternit offen-

Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz). 275

Das Sternit am 7. Beinpaarsegment des 9 (Fig. 1b) besitzt vorn eine zarte Querleiste (l), welche jederseits in einen kleinen Seitenlappen (lo) übergeht. Der große ziemlich spitz auslaufende Fortsatz des Sternit ist erheblich länger als die Seitenlinie des- selben. Er reicht nach außen ungefähr so weit wie die starken vorderen Innenfortsätze (pr) der Hüften, welche durch eine Bucht außen vom Gelenk des Telopodit abgesetzt sind. Der Außenfortsatz (a) ist viel kürzer, umfaßt aber von außen das Telopoditgelenk. Durch eine tiefe und weite Bucht (Fig. 1ec) wird er vom hinteren Hüftinnenfortsatz getrennt, welcher ein wenig sich nach außen neigt und an Länge hinter dem vorderen zurückbleibt.

Der beborstete, fast kugelige End- abschnitt der hinteren Gonopoden (Fig. 3) ist durch eine leichte Einschnürung (=) gegen den Grundabschnitt abgesetzt, davor findet sich an der Hinterfläche ein feiner Querstrich. Vorn ist der Grundabschnitt grubenartig ausgehöhlt (fo). Im Innern der |

| 3 | ee | ) R I | hinteren Gonopoden bemerkt man, soweit 1 ® Js sie in der Mediane aneinanderstoßen, einen rm Te

röhrigen Längsstrang. Einige Muskelfasern 7 ziehen an den Grund der hinteren Gono- | To) Si: poden (m), doch sind sie so blaß, daß die. )

7 bar ganz unbedeutend ist. Fig. 3. Die Seitenlappen (lo Fig. 2a), in welche Kagel n. g. aceris n. Sp. d.

das Sternit der vorderen Gonopoden seitlich ausgezogen ist, ragen ungewöhnlich weit vor und sind in der Mitte durch eine nur schmale, niedrige Querstrecke verbunden (me). Die dicken Telopodite sind außen und am Ende abgerundet und verschmälern sich schließlich, indem sie ganz nach innen ab- biegen, in einen dünnen Endarm, welcher mit

Hintere Gonopoden nebst Sternit (v) von vorn her gezeichnet, m schwache Hüftmuskeln, {rt Tracheen- taschen, no Anschwellung mit Borstenbüschel, x Ab- setzungsstellen, fo Aus- höhlung, >< 180.

einer kleinen Knopfartigen Anschwellung endigt (k). Am Grunde des Armes bemerkt man einen kurzen nach außen zurückgewendeten Zahn (z). An der Vorderfläche der Telopodite zieht sich eine vor- ragende Kante hin, welche am Zahn beginnt und der Biegung des Telopodit entsprechend sich ebenfalls umkrümmt und bis zur Basis gelangt. Innen sind die Telopodite tief ausgehöhlt. In diese Höhlung ragt ein längliches, abgerundetes Kissen hinein (w) und

276 KARL W. VERHOEFF.

hinten wird sie umrahmt und abgeschlossen durch ein mantel- artiges Blatt (bl), welches in Fig. 2a größtenteils verdeckt ist. Die Grundabschnitte der Telopodite und mit ihnen die inneren Kissen werden zu einem Ganzen miteinander verbunden durch eine ziemlich breite Querbrücke, durch welche zugleich eine Be- wegung der Telopodite gegeneinander unmöglich gemacht wird. Das Syncoxit ist scheinbar nur von schwacher Ausbildung, indem es nur aus zwei gablig auseinandergebogenen, blattartigen und länglichen Lappen zu bestehen scheint (ci), welche einen etwas unregelmäßigen und mit einigen winzigen Spitzchen be- setzten Endrand von zarter Beschaffenheit aufweisen. Auf Grund eines Vergleichs mit den vorderen @onopoden von Dendromonomeron (über welche ich Näheres im 56. Aufsatz, S. 78 des Zoolog. An- zeigers gegeben habe), komme ich jedoch zu dem Schluß, daß wir es in den vorderen «onopoden von Syngonopodium mit sehr abgeleiteten Verhältnissen zu tun haben. Bei Dendromonomeron (vgl. a.a.0. Fig. 6) besteht das Syncoxit aus vorderen Kissen, hinteren Kissen und Aufsatz mit Endgabel. Die Kissen sind bei Syngonopodium in die Querbrücke umgebildet worden, so daß also auch ursprünglich diese als ein Stück des Syncoxit zu be- trachten ist. Während aber der Aufsatz bei Dendromonomeron im wesentlichen unpaar geworden ist, blieb er bei Syngonopodium

bis zur Querbrücke herunter in zwei Hälften getrennt. Diese Syn-

coxithälften nehmen übrigens eine sehr geschützte Stellung ein, da sie ringsum von den Teilen der Telopodite umgeben werden, nach endwärts von den Armen, vorn von den Kissen und hinten von’den mantelartigen Blättern. Trotz der anscheinend sehr großen Ver- schiedenheit der vorderen (onopoden von Dendromonomeron und Syngonopodium läßt sich also doch eine nähere Verwandtschaft nachweisen. Coxaldrüsen sind auch bei Syngonopodium als ge- drungene und gewundene Massen oberhalb des Syncoxit vorhanden und scheinen im Bereich der Querbrücke zu münden.

Die Unterzipfel vom 7. Pleurotergit des J sind in starke, all- mählich verschmälerte Fortsätze ausgezogen, welche dem Hinter- rand genähert sind, nach innen gerichtet und mit Zellstruktur ver- ziert. Die Hüften am 8. und 9. Beinpaar des J entbehren der Fortsätze, aber die großen Öoxalsäcke enthalten zahlreiche runde, auffallend große Spermazellen (Fig. 2c).

Vorkommen: Auch diese Gattung entdeckte ich am 22. X. 1912 westlich von St. Gilgen am Wolfgangsee in den Steinklüften, ge- meinsam mit der im 58. Aufsatz beschriebenen Gattung Listro- cherritium (Zool. Anzeiger, Febr. 1913). Diese Craspedosomiden

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Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz). 277

scheinen jedoch nicht häufig zu sein, da ich trotz stundenlanger Tätigkeit nur drei Stück auffinden konnte, und zwar 1 JO und 2 0 zwischen Kalksteinblöcken unter tiefem und feuchtem Laub von Acer und Fagus. April 1913 habe ich abermals (etwa 5 Stunden) die Steinklüfte durchsucht, und zwar teilweise dieselben Stellen wie im Herbst zuvor. Während ich jedoch von Zistrocheiritium eine Anzahl Individuen wiederfand, war von Öngonopodium nichts mehr zu sehen, und zwar weder aceris noch pallidum. Es ist wahrscheinlich, daß diese Gattung zu den Herbsttieren gehört. Anmerkung: Daß Syngonopodium auch von Polyphematia ATTEMmS generisch verschieden ist, kann trotz der etwas spärlichen Angaben, welche bisher über letztere Gattung _ vorliegen, nicht zweifelhaft sein. Ich erwähne \

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nur, daß der Bau der Hüften des 7. männlichen

Beinpaares ein recht abweichender ist, insbe- NR sondere fehlt bei Polyphematia der Hüftaußen- | = Wer N fortsatz, während der vordere innere gegen den |, \\ 14 777 Grund verschmälert, der hintere verbreitert ist, IE; \\/f Ma so daß das Verhältnis der Ausdehnung der beiden | | inneren Fortsätze dem von Syngonopodium gerade ss ei“

entgegengesetzt ist. Während über die vorderen Gonopoden von Polyphematia keine genügende Idee | Klarheit herrscht, bestehen die hinteren „aus LAN drei Gliedern“. Larzer spricht übrigens in der - Beschreibung seines „aus einem Hochgebirgs- tale Steiermarks“ stammenden moniliforme von Euronen aceris, pallidum „schlittenförmig gestalteten“ vorderen Gonopoden n. subsp. &. und schildert „die inneren Paare“ als „an der Hintere Gonopoden Basis verwachsene Schenkel“. Letztere könnte von vorn her ge- man auf die Telopodite der vorbeschriebenen Sehen, < 180. (Be- £ ; £ zeichnung wie vor- Gattung beziehen. Wenn er jedoch „auswärts“ her.) von denselben noch „ein mehrspitziges gewundenes Blatt“ beschreibt, so haben wir für dasselbe bei Syngonopodium nichts Entsprechendes, ausgenommen wenn wir annehmen, dab sich LaATzen geirrt hat und das gewundene Blatt nicht auswärts, sondern einwärts gelegen ist.

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Fig. 4.

Syngonopodium aceris pallidum n. subp.

d 121/, mm lang mit 28—29 Ocellen. Stimmt mit acerıs sonst in jeder Hinsicht überein, unterscheidet sich aber äußerlich durch den hellgraubräunlichen, übrigens in derselben Weise hell gefleckten Rücken. Während auch hinsichtlich der vorderen Gono-

278 KARL W. VERHOEFF.

poden und des 7. Beinpaares des S vollkommene Übereinstimmung herrscht, weichen die hinteren Gonopoden durch folgendes ab: Die Endabschnitte (Fig. 4) sind länglicher, nicht kugelig und gehen schon ungefähr in der Mitte auseinander. Auch die Absetzung von Grund- und Endabschnitt (x) befindet sich gleich hinter der Mitte. Innen am Endabschnitt liegt ein deutliches Grübchen (y), in welchem der röhrige, die Gonopoden innen durchziehende Strang mündet. Ob es sich hier um den Kanal einer Hüftdrüse handelt, was wahrscheinlich ist, kann ich vorläufig nicht entscheiden. (Bei aceris habe ich diese deutlichen Grübchen nicht beobachtet.)

Vorkommen: Ein J dieser offenbar mehr subterranen Form fand ich ebenfalls in den Felsklüften bei St. Gilgen, und ‚zwar unter einem Haufen modernder Zweige am Fuß einer Felswand, übrigens an einer Stelle, welche keinem oder nur sehr kurzem Sonnenschein ausgesetzt ist, während aceris an einer genügend belichteten, etwa halbschattigen Stelle vorkam.

Syngonopodium styricum n. sp. 9 [n. subgen.?]

o von 13', mm Länge und 30 Rumpfringen. Im allgemeinen dem S. aceris höchst ähnlich, aber etwas heller braun und die hellen Fleckchen kleiner und weniger auffallend. Der Körper er- scheint dadurch, daß die seitlichen Buckel der Rumpfringe entschieden schwächer sind, noch etwas schlanker. Am 3. Bein- paar des 9 die Coxa innen ohne, Präfemur und Femur mit Wärzchen, am 4. Beinpaar Präfemur innen und außen mit spitzigen Wärzchen, wenige auch am 5. und 6. Beinpaar.

Die Innentaster mit 1—- 3 Sinneszäpfchen, wie bei aceris. Die Verrucae fissae sind ebenfalls dreispitzig, aber die Spitzen gehen nicht gleichmäßig auseinander (wie bei aceris), sondern die beiden inneren Spitzen sind einander genähert.

Es ist bemerkenswert, daß styricum, trotz der im übrigen weit- gehenden Übereinstimmung mit aceris, einen recht abweichenden Bau der Oyphopoden aufweist. Es zeigt sich das vor allem darin, daß die Telopodite nicht nach den Seiten gedrängt sind, sondern die typische Vorderlage beibehalten haben (Fig. 8 te), daher in der Mediane (md) aneinanderstoßen. Ferner vermissen wir die für acerıs beschriebene Mittelplatte, eine Tatsache, welche der eben genannten vollkommen entspricht. Die Telopodite von styricum sind noch schmaler als bei der vorigen Art, annähernd sichelartig gestaltet und besitzen eine einzige, quere, wimperartige Reihe von Tastborsten. Eine wichtige Übereinstimmung mit den aceris-Cypho- poden zeigt sich immerhin in der starken Verwachsung der

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Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz). 279

Cyphocoxite. Dieselbe wird jedoch statt der vorderen Mittel- platte durch einen mittleren Sattel hervorgerufen, durch welchen außerdem Vorder- und Hinterwulst getrennt werden (sa Fig. 8 und 9). Von diesem Sattel ist bei aceris nichts vorhanden, man kann höchstens eine kleine Schrägkante (4 Fig. 5a) als Andeutung desselben betrachten. Der Sattel unterscheidet sich von der Mittel- platte bei aceris, abgesehen von der Lage, ferner dadurch bedeutend, daß er in der Mitte nicht abgestutzt, sondern eingebuchtet ist, daß md) nn ihm Höcker und Gruben voll- N kommen fehlen, dagegen jederseits 4 lange Tastborsten auf einer Er- hebung stehen. Die Vorderwülste (eli Fig. 8) werden in der Mediane ae Pop durch eine Längsrinne gegen-

Fig. 8.

Syngonopodium styricum n. Sp. 2. Cyphopoden von unten und vorn her dargestellt, md mediane Verbindung der Telopodite (te). Zwischen Telopodit und Coxit, also in den Vaginaeingang (vae) ist ein Spermatophor (sph) ein- Fig. 9. geklemmt. cliı Vorderwülste, sa Sattel Syngonopodium styricum n. Sp. 9. zwischen und hinter denselben, rlı Cyphocoxite von hinten gesehen, vorderer, rls hinterer Bandlappen, ><125. Bezeichnung ebenso, >< 125.

einander abgesetzt, welche nach hinten in die Sattelbuchtung aus-

läuft. Zahnlappen fehlen an beiden Wülsten vollständig. Der

Vorderwulst, welcher außen wieder eine Verdickung und daneben eine Rinne besitzt, ragt dagegen nach hinten außen abgerundet- eckig vor und diese ganze Vorragung wird von einem zarten, fein gerunzelten Bandlappen begleitet, übrigens ist der Vorderwulst un- beborstet. Im Vergleich mit aceris sind die Hinterwülste bei styrıcum weit mehr nach hinten herübergeschoben, so daß man die Cyphopoden ganz von hinten betrachten muß (Fig. 9), um jene übersichtlich zu erkennen. Sie verschmälern sich hinter dem Sattel gegen die Mediane und sind vorn tief ausgebuchtet. Nur innen neben der Bucht sitzen einige lange Borsten. Außen ragt der

280 Karı W. VERHOEFF: Syngonopodium n. g. (Über Diplopoden, 63. Aufsatz).

Hinterwulst mit einem Vorsprung über diese Bucht hinaus und ist wieder mit einem Bandlappen gesäumt (r2?). Starke Muskeln strahlen in beiden Wülsten gegen die Coxitgrube aus, welche etwas versteckt liegt zwischen den übereinander nach hinten gedrängten Wülsten. Sie wird jederseits schützend umgeben (c/o) von den Bandlappen beider Wülstee An dem einzigen Q, welches mir zur Verfügung steht, war jederseits in die Vaginalspalte ein gelbbräunliches Spermatophor eingeklemmt (Fig. 8 sph).

Vorkommen: Wie schon oben erwähnt, fand ich das einzige styrıeum 9 1894 nördlich von Graz im Kalkgebirge von Semriach an einem Waldrand nicht weit von der damals vielbesprochenen Luelochhöhle oder Lurgrotte.

Anmerkung: Es kann natürlich erst durch Auffindung des C der endgültige Beweis geliefert werden, ob styricum wirklich zu Syngonopodium gehört oder etwa zu Polyphematia, über dessen © nichts bekannt ist. Es liegt ferner die Möglichkeit vor, dab styrıceum Vertreter einer neuen Untergattung ist, welche zu einer dieser beiden Gattungen gehört.

Höchst wahrscheinlich ist auch Allorhiscosoma VERH. (vgl. den 26. Diplopodenaufsatz 1907 in den Mitteil. a. d. zool. Mus. in Berlin, S. 329 und 330) ein naher Verwandter von Syngonopodium und Polyphematia. Auch von dieser Gruppe ist bisher leider das S nicht bekannt geworden. Allorhiscosoma sphinxz erinnert äußerlich sehr an Syngonopodium aceris, ist aber eine kräftiger gebaute Form, deren Seitenbuckel noch stärker herausragen, daher mit styricum unmöglich zu verwechseln. Es fehlen ferner bei sphinz die Fleckenzeichnungen, die Hintermacrochäten ragen stärker nach hinten heraus, während sich an den Mittelmacrochäten ein kleines Grübchen und Fältchen vorfindet, welches bei aceris fehlt. Außer- dem sind die Cyphopoden von sphinz durch in der Mediane sich berührende Telopodite ausgezeichnet (Fig. 64 a.a.0.), so daß sie also ebenfalls keine Mittelplatte besitzen. Syngonopodium aceris und’ styrıcum sowie Allorhiscosoma sphinz sind also Arten, welche sich schon im weiblichen Geschlecht unschwer unterscheiden lassen.

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 15. April 1913. 281

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 15. April 1913. F. NIEDEN: Ohamaeleon fischeri und seine Unterarten (s. S. 231). A. BRAUER: Demonstration einiger anatomischer Präparate von Wirbeltieren. L. HONIGMANN: Über Orientierungssinn bei Amphibien (Referat). P. CLAUSSEN: Über einen neuen interessanten Versuch mit der Mucorinee Phycomyces nitens. W. WETEKAMP: 1. Vorlegung eines brasilianischen Bockkäfers mit büschligen Fühlern. 2. Bemerkungen über südamerikanische Spinnen und Heuschrecken. A. BRAUER: Referat über KonLsruccr’s Schrift: Goethe als Natur- forscher. |

Druck von A. Hopfer in Burg b. N.

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Auszug aus den Gesetzen

der

Gesellschaft Naturforschender Freunde. 3

zu Berlin.

Die im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforschender Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindung zur Beförderung der Naturwissenschaft, insbesondere der Biontologie.

Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außerordent- 2 lichen und Ehrenmitgliedern. }

Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20 betragen darf, ergänzen sich durch einstimmige Wahl nach ° den durch Königliche Bestätigung vom 17. September 1789 und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise die Vorsitzenden und Schatzmeister.

Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschränkt ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf Vorschlag eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung, gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und Einladungen zu den Sitzungen zahlen die auberordentlichen ° Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das „Archiv für Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter- ° stützten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise beziehen. °

u a ee te. En

Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit’ Ausnahme der Monate August und September am 2. und 3. De ; jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im Konferenzzimmer der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, E Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt.

Alle für die Gesellschaft bestimmten Sendungen sind“ an den Sekretär, Herrn Dr. K. VASEE Berlin N fa Invalidenstr. 43, zu richten. Ss

DEC 6 196

3932

a ‚Sitzungsberichte 3 > Gesellschaft.

= Pb 70 6 (ri Natu Horschender Bande 2 2 0 zu Berlin.

2 u Mai Jun! 1913,

: i INHALT: | BZ

| No. 5. \ Über neue Gepparden nebst Bemerkungen über die Nomenklatur dieser Tiere. © Von Dr. De ge en De ee, 283

Bemerkungen zur Synonyimie und Systematik der Leporiden und Beschreibung eines neuen chinesischen Kaninchens. Von Hans Leo HonigGmanN » . » . 293

Ein neuer Fall des Vorkommens der Larve der Rinderdasselfliege im mensch- Plelien? Aus6;° Von. GERÜNBEBe 2... 8 re an ee nn» 298

\ Zweite wissenschaftliche Sitzung am 17, Juni 1913... . . . are gr IRQ

BERLIN. In Kommission BEI R. FRIEDLÄNDER & SOHN, NW CaArustrasse 11.

4 1913, 67

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1,2 a Fe 1913 Sitzungsbericht

der

Gesellschaft naturforschender Freunde

zu Berlin

vom 20. Mai 1913.

Vorsitzender: Herr P. MATscHiE.

Herr M. HırzHEımer sprach über Gepparden und ihre Nomenklatur. Fräulein M. Zu£Lzer sprach über Encystierung.

Über neue Gepparden nebst Bemerkungen über die Nomenklatur dieser Tiere.

Von Dr. Max HiLzHEImEr.

Gelegentlich eines Aufenthalts in Berlin fielen mir im zoolo- gischen Garten zwei Gepparden auf, die mir noch nicht beschrieben zu sein schienen. Bei dem Versuch, sie zu bestimmen, merkte ich, wie wenig die Nomenklatur dieser Tiere gesichert war. HoLLisrerR hat zwar 1911 eine Feststellung der Namen der Gepparde versucht. Er scheint aber darin keine ganz glückliche Hand gehabt zu haben. Nach der Feststellung, dab Acinonyx Brookzs der älteste Genus- name für die Gepparden ist, die übrigens schon PALMER gemacht hat, wendete sich HoLLıster den Speziesnamen zu. Der älteste sei Felis jubata SCHREBER, dessen Vaterland das Kap der Guten Hofinung sei. Felis guttata HERMANN Sei gegründet auf Alpini Aegypt. tab. XV, fig. 1, p. 238. Die dort gegebene Beschreibung und Zeichnung sei aber nicht identifizierbar, dasselbe gelte von A. chalybeata Hermann. Somit sei Acinonyx jubatus SCHREBER der älteste Name für den afrikanischen Geppard. Ihm seien synonym Felis guttata ScHrEB., F. jubata var. africana Hartmann (= guttata soemmeringi), fearonis Fırz., lanea Scuater. Möglicherweise sei F. soemmeringi Fırz. eine selbständige Art. Dem indischen Geppard dagegen käme der Name Acınonyx venaticus SMITH zu, zu dem A. venator BROOKES synonym sei.

Diese Zusammenstellung ist zunächst einmal lückenhaft, indem Aeinonyx& guepard Brooxss fehlt. Das ist um so merkwürdiger, als ihn Brooxes als Typus seines Genus Acinonyx anführt. Ich

18

284 Max HıiLZHEIMER.

zitiere hier nach PALMER, denn die ÖOriginalarbeit von BRooKES war mir nicht zugänglich. Sie scheint überhaupt in Deutschland nicht vorhanden zu sein. So konnte ich auch nicht feststellen, was Acinonyx gwepard BROooKES ist. Doch wäre diese Feststellung für Nomenklatur der Gepparde von auberordentlicher Wichtigkeit.

Was nun die beiden ältesten Speziesnamen von Acinonyx an- belangt, so wurde HouLister bei Felis jubata SCHREBER offenbar dadurch irregeführt, daß bei SCHREBER (Die Säugetiere etc. 3. Theil, 1778, S. 392/93%)) im Absatz nach der Beschreibung steht: „Das Vaterland dieses Thieres ist das südliche Afrika; man bekommt die Felle vom Vorgebirge der guten Hoffnung. Nach Herrn PEnnAnT ist es auch in Indien heimisch.“

Das ist aber eine irrige Vaterlandsangabe, wenn es überhaupt eine sein soll, wahrscheinlich soll es aber gar keine sein, sondern es war SCHREBER nur darum zu tun, das Vorkommen der Gepparde festzustellen. Die graubraune Grundfarbe des Tieres, deren Farb- ton in Beschreibung und Abbildung (l. ec. Tafel 105) gut überein- stimmt, der stark gefleckte Bauch, die Form des schwarzen Streifens zwischen Auge und Mundwinkel, die schwarze Schwanz- spitze finden sich bei keinem afrikanischen Geppard. Die SCHREBER’Sche Beschreibung wird später von WAGNER in demselben Werke (Supplementband 2 S. 501) verbessert und ergänzt. Das sind Eigentümlichkeiten des indischen Gepparden, wie ich auch durch den Vergleich mit einem ausgestopften indischen Geppard des kgl. Museums für Naturkunde feststellen konnte. Felis jubata SCHREBER ist also ein indischer Geppard und kein afrikanischer. Diesen Nachweis hatte übrigens schon Duverxoy in seiner Arbeit geführt. Es liegt somit einer der vielen Fälle vor, wo ein Tier nicht nur kenntlich, sondern sehr gut beschrieben und abgebildet ist. In solchem Fall pflegt es nicht üblich zu sein, wegen irrtümlicher Vaterlandsangabe den Namen einzuziehen, sondern der Name muß beibehalten werden und die irrtümliche Vaterlandsangabe ist richtig- zustellen. Somit ist Acinonyx jubatus SCHREBER der Name des indischen Gepparden. Wie sich A. venaticus A. SmirH und venator Brooxkzs dazu verhalten, die ebenfalls aus Indien stammen sollen, lasse ich für diesmal außer acht, da mir außer dem einen erwähnten Exemplar aus dem kgl. Museum kein weiteres indisches Material vorliegt.

Nun kommen wir zu dem zweitältesten Namen Felis guttata Hermann. Die Behandlung, die dieser durch Horuıster erfahren

!) Der betreffende Abschnitt ist schon 1776 erschienen.

Über neue Gepparden nebst Bemerkungen über die Nomenklatur dieser Tiere. 285

hat, zeigt, daß sich der amerikanische Autor um die betreffende ältere Literatur, wie das Werk von Dvverxoy, nicht gekümmert hat. Daß Hrrmann’s Angabe in der Observationes Zoologicae p. 38 voll- ständig ungenügend ist, ist ohne weiteres zuzugeben. Und die Be- schreibung, die der Herausgeber Hammer hinzugefügt hat, bezieht sich, wie schon ReIssEısen bei F. Cuvier, dieser selbst und dann vor allen Dingen Dvverxnoy nachgewiesen haben, auf einen Serval. Dagegen hat HERMANN eine ausgezeichnete Zeichnung anfertigen lassen, welche bei ScHREBER, Tafel 105b, veröffentlicht ist. Diese Figur mit der bräunlichen Grundfarbe, dem weißen ungefleckten Bauch, den relativ kleinen Flecken und der weißen Schwanzspitze stellt unzweifelhaft einen afrikanischen Gepparden dar. Es liegt also somit zu Felis yuttata Hermann zwar keine Beschreibung, aber eine Zeichnung vor, die das Tier jederzeit zu erkennen er- laubt. Damit ist aber allen Anforderungen entsprochen, die an die Namengebung eines Tieres zu knüpfen sind. Es ist also Acinonyx guttatus Hermann der älteste Name des afrikanischen Gepparden. Über den typischen Fundort von A. guttatus Hermann ist zunächst nichts zu sagen. Duverxor stellte fest, daß die Zeichnung nach einem lebenden Tier in einer Menagerie gemacht ist, und zwar im März 1792. Jedenfalls wird sich aber die Heimat durch Vergleich mit genügend Material feststellen lassen. Ich glaube heute schon sagen zu können, daß sie nicht Westafrika, Deutsch-Südwestafrika und Ostafrika ist, wahrscheinlich ist es die Cap-Form.

Der COynarlurus guttatus WAGNER (SCHREBERS Säugetiere, Supplementband II, 1841, S. 503) ist übrigens mit Acinonyz guttatus HERMANN nicht identisch. Er unterscheidet sich von der Abbildung in SCHREBER’S Säugetiere, Bd. III, Tafel 105b, außer anderem da- durch, daß die schwarzen Flecken von einem fahlen Hofe umgeben sind und daß die Grundfarbe heller ist.. Außerdem stehen einige Flecke auf dem Vorderhals, während dieser auf Hrrmann’s Figur ungefleckt ist. Das von WaAGneErR beschriebene Exemplar wurde von Rürppen gesammelt und stammt nach Fırzınser aus Kordofan. Diese von WAGNER gut beschriebene Art könnte als Acinonyx wagneri bezeichnet werden, falls sie wirklich von A. soemmeringi Fırz. verschieden ist.

Felis chalybeata HERMANN (bei SCHREBER) Scheidet aus der Diskussion überhaupt aus, nicht weil er undefinierbar ist, wie Horuister schreibt, sondern weil er, wie schon F. Cuvier und wieder besonders Duvernoy nachwiesen, ein junger Leopard ist. Ausscheiden aus der Diskussion muß auch Felis jubata var. africana HARTMANN, weil dieser damit keinen besonderen Geppard, sondern

18”

86 Max HıLZHEIMER.

alle afrikanischen Gepparde bezeichnet wissen wollte, ebenso F‘. megabalia HARTMANN, wovon ich mir ebensowenig ein Bild machen konnte wie HOLLISTER. |

Felis fearonis ist von A. Smıta beschrieben und soll nach

Fırzınser (LIX. Bd., Sitzber. Akad. Wissensch. Wien, I. Abth., 1869,

S. 36 u. 39) vom Kap stammen. Leider konnte ich keine Be- schreibung der Art finden. Auch ist weder bei Fırzınser noch bei TROUESSART angegeben, wo A. SmıtH eine F\. fearonıs beschrieben hat. SCLATER führt in der Fauna of Soutlı Africa 1900, I S. 46 bei der Beschreibung des Gepparden zwei Arbeiten von A. SMITH an, die ich mir aber nicht verschaffen konnte.

Über Felis soemmeringi Fırzıger, die Horuıster von allen bisher beschriebenen als die einzige möglicherweise selbständige Art bezeichnet, findet sich bei Fırzınser (Sitzber. Math. nat. cl. k. k. Akad. d. Wissensch. Wien, 14. Bd. (nicht 16., wie HoLLISTER schreibt) 1855, S. 245) folgende Angabe: Sie soll in den Steppen Kababisch im Süden der Bajuda-Wüste leben. Die einzige Be- schreibung lautet: „Höhere Beine, dunklere Färbung, ein an der Spitze etwas buschiger Schwanz und die schwächere Rückenmähne sind die Unterschiede, welche diese Art deutlich von der vorigen abtrennt.*“ Diese vorige Art ist Cynarlurus guttatus WAGNER aus dem nördlichen Kordofan. Da aber diese von FiTzingEr nicht be- schrieben wird, lasse ich es zunächst dahingestellt, ob diese Ver- gleichung mit dem CÖynailurus guttatus WAGNER hinreichend ist, um den Namen gelten zu lassen.

Als letzter Name ist Felös lanea SCLATER zu erwähnen. Das Tier ist abgebildet und beschrieben in Proc. of Zoolog. Soc. of London 1877 S. 532. Nach Beschreibung und Abbildung muß es die am schärfsten charakterisierte Art sein. Die Flecken sind nicht schwarz sondern braunrot, die sonst für Gepparden so charakteristische schwarze Linie zwischen Auge und Mundwinkel fehlt völlig. Das typische Exemplar stammt von Beaufort-West in Südafrika. Trotz- dem nun SCLATER noch. später eine Anzahl gleicher Felle aus der- selben Gegend erhielt, hat man im Felis lanea nur ein abnorm gefärbtes Exemplar sehen und es als synonym zu Acinonyz guttatus einziehen wollen. Diese Ansicht scheint mir um so unver- ständlicher, als schon drei gleichgefärbte Felle aus derselben Gegend vorliegen und beweisen dürften, daß es sich nicht um ein einzelnes abnormales Exemplar handelt, sondern um eine scharf geschiedene Art. Somit haben wir bis heute folgende Gepparden zu unterscheiden:

Acınonyz jubatus SCHREBER, Indien.

Acınony&? venaticus A. Smit#, Indien.

1 | |

Über neue Gepparden nebst Bemerkungen über die Nomenklatur dieser Tiere. 287

Acınony&? venator Brooks, Indien.

Acınonyx guttatus HERMANN, Afrika.

Acinonyx? fearonis A. Smit#, Kap der Guten Hoffnung (viel- leicht synonym zu 4A. guttatus HERMANN).

Acinonyx soemmeringi Fırz., Süden der Bajuda-Wüste (Steppe der Kababisch) und vielleicht Acınonyx wagneri.

Acinonyx& laneus SCLATER, Beaufort-West.

Dazu kommt Acınonyx guepard BRooKEs, über den ich außer dem Namen nichts finden konnte, da mir die Originalarbeit un- zugänglich war.

Fig. 1. Acinony& hecki Hırza.

Wenn ich also auch nicht über alle Geppardnamen Klarheit bringen konnte das dürfte überhaupt wohl nur in England möglich sein —, so glaube ich doch immerhin in die verwickelte Nomenklatur etwas Licht gebracht zu haben. Den bisher be- kannten Formen glaube ich einige neue hinzufügen zu können. Zwei davon leben zurzeit im Berliner zoologischen Garten.

Am auffallendsten verschieden ist das kleine, zierliche Exemplar vun Senegal (Fig. 1). Die Grundfarbe des Rückens und der Seiten ist leuchtend blaßrötlichockergelb, nach dem Bauche zu heller werdend. Die Unterseite ist weiß, ungefleckt, nur einige schatten- haft bräunliche Flecken finden sich auf dem Unterhals. Die Flecken

288 Max HiLzHEIMER.

der Oberseite des Körpers sind meist schwarz, nur die Flecken an den Wangen unter den Augen, die klein und undeutlich sind, sind bräunlich, bräunlich sind auch die Flecken der Hinterfüße, die ebenfalls sehr undeutlich sind, und einzelne Flecken auf der Vorderseite der Vorderextremität. Der Schwanz hat eine weiße Spitze und vier ge- treunte Vollringe, von denen der vorletzte der breiteste ist. Der Senegalgeppard ist ziemlich gut von FREDERIK UvviEer beschrieben und auch abgebildet in Geoffroy-St. Hilaire et Frederie Cuvier. Histoire Naturelle des Mammiferes, II. Bd., 1824. Leider hat aber die Abbildung den Fehler, daß die Schwanzspitze schwarz gefärbt ist, trotzdem sie in der Beschreibung richtig als weiß angegeben wird. Ich widme diesen bisher noch nicht benannten Geppard dem verdienstvollen Direktor des Berliner Zoologischen Gartens, Herrn Professor Heck zu seinem 25 jährigen Direktorjubiläum, und nenne ihn Acinonyx hecki n. sp. (Fig. 1).

Von ihm unterscheidet sich der deutsch-südwestafrikanische (seppard des Berliner Zoologischen Gartens aus Ketmannshoop durch bedeutendere Größe und kräftigere Formen, sowie andere Farbe. Die Grundfarbe kann als dunkelisabellbraun bezeichnet werden, sie wird nach den Seiten zu heller und geht allmählich in die des Bauches über. Die Lippen unter der Nase, Unterlippe, Kinn und Kehle, Halsunterseite und Brust sind gelblich, ebenso der Bauch, aber vorn mit etwas graulicher Tönung. Hierdurch unter- scheidet er sich von A. gutiatus Hermann, bei dem die Farbe der Unterseite rein weiß ist und scharf gegen die der Seiten abgesetzt. Sonst ähnelt er ihm sehr in der Grundfarbe des Rückens, die bei A. guttatus freilich mehr braun ist. Die Flecke sind am ganzen Körper tief schwarz, auch unter dem Auge auf den Backen schwarz und sehr deutlich. Auch ist die ganze Unterseite gefleckt vom Unterhals an, nur ein schmaler Streifen längs der Bauchmitte ist frei von Flecken, auch das ist ein Unterschied von A. guttatus, der auf der Unterseite nicht gefleckt ist. Bei A. wagneri sind alle schwarzen Flecken von einem hellen Hof umgeben, wovon unser Exemplar nichts zeigt. Die Fleckung reicht bis auf die Zehen an den Hinterfüßen, allerdings nur auf der Vorderseite. Die Zehen selbst sind ungefleckt. Die Haare der Fußsohle sind schwarzgrau. Der Schwanz hat eine weiße Spitze und davor 3—4 schwarze Ringe. Die Ringe sind dorsal und ventral miteinander verbunden. Man könnte auch sagen, daß das Stück vor dem weißen Ende schwarz ist mit zwei hellen Flecken auf jeder Seite. Der Berliner Zoolo- gische Garten verdankt dieses schöne Exemplar der Güte des Herrn Oberleutnant OBers und so soll die darauf gegründete Art nach

Über neue Gepparden nebst Bemerkungen über die Nomenklatur dieser Tiere. 289

ihm Acinonyx guttatus obergi sbsp. (Fig. 2) heißen, da ich in ihr eine Unterart von Acinonyx guttatus sehe, wie ich gleich zeigen werde.

Ihr sehr ähnlich in Körperform und Farbe ist ein Geppard, den ich im zoologischen Garten in Leipzig sah. Er ist von Herrn Larısz geschenkt und stammt, wie ich durch gütige Vermittlung von Herrn Direktor GEBBInG erfahre, aus Ngorongoro. Die Unter- schiede zu A. g. obergı werden aus.der folgenden Beschreibung leicht ersichtlich werden. Die Grundfarbe ist isabellgelbbraun, die Unter-

Fig. 2. Acinonyx guttatus obergi Hırza.

seite sehr hell isabell, ganz ohne Weiß. Die Fleckung des Unter- halses ist sehr kräftig, weit deutlicher als bei dem vorigen. Die Wangen haben grauliche Töne, sind stark und gleichmäßig gefleckt. Die Rückseite des Ohres ist gelb, mit einem schmalen schwarzen Streifen an der Basis. Die Haare der Fußsohle sind tiefschwarz, ebenso die an der Zehenspitze um die Krallenwurzel. Die Beine sind außen stark gefleckt, die Fleckung erstreckt sich an den hinteren bis auf die Zehenglieder. Am Schwanz finden wir nur 3 schwarze Vollringe, von denen der vorletzte der stärkste, der letzte sehr schwach ist. Die Spitze ist gelblichweiß, Bauch und Brust sind ungefleckt. Kinn und Lippen sowie unter der Nase sind

290 MAx HiLzHEIMER.

weiß. Auch dies ist eine Subspezies von Acinonyz guttatus, die ich A. g. ngorongorensis n. sbsp. (Fig. 3 und 4) nenne.

Zu der Ansicht, daß es sich bei den letzten Formen um Subspezies handelt, bin ich wegen der großen Ähnlichkeit ge- kommen, die sie alle sowohl untereinander als auch mit Acinonyx guttatus haben. Es scheint nämlich, als ob sich aus den bis jetzt bekannten Formen von afrikanischen Geppards drei Arten klar herausschälen lassen. Diese sind: |

1. Acinonyx guttatus HERMANN, selır große, starke Tiere mit lichter isabellbrauner Grundfarbe, großer Fleckenzahl und dunkler

Fig 3. Acinonya guttatus ngorongorensis HırzH.

Behaarung der Fußsohlen und Zehenspitzen. Sie sind verbreitet über Ost-, Süd- und Südwestafrika von Abessinien bis Deutsch- Südwestafrika. Auf diesem Areal zerfällt die Art natürlich in eine Anzahl Unterarten, die wohl zum größten Teil noch zu beschreiben sind. Möglich ist es allerdings, daß auf diesem Gebiet auch noch andere Arten leben. Wenigstens teilte mir Herr Prof. Hrck mit, dab er aus Deutsch-Ostafrika einmal einen Gepparden von ganz anderem Aussehen, wie der beschriebene, im Zoolog. Garten ge- pflegt habe.

2. Acinonyx& laneus SCLATER. |

3. Acinonys& hecki Hırza., kleine hell gefärbte Tiere mit geringer Fleckenzalıl und hellbehaarter Fußsohle. Die Art ist ver-

Über neue Gepparden nebst Bemerkungen über die Nomenklatur dieser Tiere. 29]

breitet am Senegal und geht, wie ich mich an Hand der mir von Herrn Prof. MartscHıE kürzlich gezeigten Felle des Berliner Museums überzeugen konnte, bis in das Hinterland von Algier. Auch diese Art besitzt eine Anzahl noch nicht beschriebener Unter- arten.

Weniger klar übersehen wir zurzeit die asiatischen Formen. Und wenn ich im folgenden auf eine bisher noch nicht beschriebene kurz hinweise und sie dabei binär benenne, so tue ich das nur deshalb, weil wir noch nicht wissen, ob und welche Arten bzw. Unterarten in Asien zu unterscheiden sind. Die neue Form ist abgebildet in „Die Sammlungen des Kaukasischen Museums“. Tiflis, Bd. VI, Teil ?, Taf. 16. Sie zeichnet sich aus durch außerordentlich dichtes langes Haar. Mit ihrer licht- braungrauen Grundfarbe und den sehr großen Flecken, die bis zu den Zehen hinabreichen, gleicht sie auffallend einem Iıbis. Der langbehaarte außerordent- lich buschige Schwanz trägt am Ende 5 Halbringe. Allerdings ist möglicherweise einer davon ein Vollring, auf der Abbildung ist das nicht mit Sicherheit zu erkennen. Sonst ist aber die

. re i Fig. 4. Figur so vorzüglich, daß die Acinonyx guttatus ngorongorensis Hızza: Art danach leicht zu identi-

fizieren ist. Das dort abgebildete schöne Exemplar wurde von RappE gesammelt und mag somit als Acinonyx raddei in die Wissenschaft eingeführt werden. Wir ersehen darüber aus „Die Sammlungen des Kaukasischen Museums. Bd. 1. Tiflis 1893“ bei der Liste S. 4, daß es ein Männchen ist, das in Merw im Januar 1834 gekauft wurde. also wohl sein Winterkleid trägt. Merkwürdigerweise wird das Tier im deutschen Teil nicht wieder erwähnt. Im russischen steht S. 57: „Nr. 42, 43, 45 Felis caudata Gray, F. caracal Günn. und Cynaelurus jubatus SCHREB. sind nur in Transkaspien, und zwar in den Niederungen gefunden. Im Kaukasus sind sie niemals gefunden.“ Ich glaubte die deutsche

9399 Max Hırzusımer: Über neue Gepparden nebst Bemerkungen usw.

Übersetzung hierher setzen zu sollen, weil die Stelle für die Nord- grenze der genannten Arten wichtig ist.

Literatur.

Duvernoy, Notice critique sur les especes des grands chats nomm&es par Hermanns Felis chalybeata et guttata. Me&moires de la Societ@ du Museum d’Histoire Naturelle de Strassbourg. Paris 1835, S. 1—12.

ERXLEBEN, Systema regni Animalis. Lipsiae 1777, p. 510/511.

FITzZinger, Revision der zur natürlichen Familie der Katzen (Feles) gehörigen Formen. Sitzber. Akad. wissensch. Wien, mathem.-naturw. Cl. 58., 59. und 60. Bd.

Firzınger, Sitzber. Akad. wissensch. Wien, 17. Bd., S. 245.

Hermann, Observationes Zoologicae quibus novae complures aliaque Animalium species describuntur et illustrantur 1804, S. 38.

Hevsrin, Zeitschrift für Erdkunde 1868. III. S. 56.

Hrucuıs, Reise in Nordostafrika 1877. 1. $

HorLister, The Nomenclatur of the Cheetahs. In: Proc. Biol. Soc. Washington 1911, Vol. 24, S. 225—230.

PALMER, T. S., Index generum mammalium. In: North american Fauna Nr. 23. Washington 1904.

—, Sammlungen, Die, des Kaukasischen Museums. Tiflis 1899, Bd. 1, S. 4 und 57.: Bd. Vi; Teil.2, Tat: 16.

St.-HILAIRE, GEOFFROY, et FEEDERIK Cuvier, Histoire naturelle des Mammiferes. Il. Bd. 1824. Vgl. auch Text zu Panthere femelle S. 3/4.

SCLATER, The Mammals of South Africa. Vol.I, S. 46. 1900.

ScLATER, Proceedings Zoolog. Soc. London. 1877, S. 532; 1878, S. 655; 1884, S. 476.

SCHREBER, Säugetiere. Ill. 1778, S. 392.

WAGNER in SCHREBERS Säugetiere, Supplementband II, 1841, S. 503.

Anhang: Die Gepparde waren sehr schwer zu photographieren, da die Tiere meistens die Neigung hatten, sich flach auf die Erde zu legen. Ich denke aber, daß die beigefügten Bilder doch die wichtigsten Charaktere er- kennen lassen. Fig. 1 zeigt den leichten, zierlichen Körper von A. hecki, die schwache Fleckung im Gesicht und an den Hinterfüßen sehr gut. Fig. 3 und 4 lassen die für A. guitatus charakteristische dunkle Färbung der Sohle und Zehenspitzen gut erkennen und die für A. g. ngorongorensis charak- teristisch stark gefleckte Brust, wodurch diese Unterart sofort von A. g. obergi, Fig. 2, unterschieden ist. Ich verdanke die Photographien der beiden Berliner Exemplare der Freundlichkeit des Herrn Korn, die des Leipziger Exemplars der Liebenswürdigkeit des Herrn Präparator Buck. Beiden Herren danke ich bestens für Überlassung der Bilder.

Nr. 6. 1913 Sitzungsbericht

der Gesellschaft naturforschender Freunde

zu Berlin

vom 10. Juni 1913.

Vorsitzender: Herr P. MATscHıE.

Herr OPpEermann sprach über den Einfiuß von radiumbestrahltem Sperma auf die Embryonalentwicklung bei Forellen.

Herr L. Honısmans sprach über die Unterschiede zwischen Hasen und Kaninchen.

Bemerkungen zur Synonymie und Systematik der Leporiden und Beschreibung eines neuen chinesischen Kaninchens.

Von Hans Leo Honıcmann, Halle a. S.

Ehe ich an die Beschreibung des neuen Kaninchens gehe, möchte ich zuerst einmal den Gattungsnamen für die Leporidengruppe der Kaninchen feststellen. Liws& (], p. 58)1) rechnete die Kaninchen zum Genus Lepus. Darauf tauchte bei Brısson (2, p. 95) die Be- zeichnung Ouniculus nostras für das wilde Kaninchen auf. Da sich aber Brısson absolut nicht an die binäre Nomenklatur gehalten hat, so ist sein Name Cuniculus als Gattungsname nicht zu gebrauchen und als im Sinne der Nomenclaturregeln nicht vorhanden anzusehen. Der erste, der dann das Kaninchen wirklich als Gattung abtrennt, ist MEyER (3, p. 52—5*, zitiert nach 8, p. 326). Unter seiner Gattung Cuniculus vereinigt er: Cuniculus L. = campestris MEYER nom. nov., domesticus, angorensis, argenteus, dauricus und brasiliensis. Dieser Gattungsname wurde weiter angewendet von ÜGLOGER (4, p. 104, zitiert nach 8, p. 326) [hier cuniculus L. = dasypus GLOGER noM. nov.] und Gray (5, p. 224) [hier cunteulus L. = fodiens GRAY, nom. nov.] für die Kaninchen, von WAGLER (6, p. 21) für den Lemming [Genus 23, Cuniculus, Lemming]. Diese letztere Be- zeichnung hat natürlich nach den Prioritätsgesetzen keine Geltung,

!) Die eingeklammerten Zahlen beziehen sich auf das am Schlusse be- findliche Literaturverzeichnis.

Pe: 294 Haus LEo HonIGMAnNnN.

ebensowenig wie der von LILLJEBORG (7, p. 417) für das Kaninchen neu aufgestellte Gattungsname ÖOryctolagus, der aber von da an ausschließlich von den Systematikern angewandt worden ist (z. B. 8, p. 331; 9, p. 214 usw.). Der Einwand Lyons (8, p. 326), Ouniculus MEYER Sei synonym mit Lepus Lınn&, weil er unter dieser Gattungs- bezeichnung auch einen echten Hasen (Lepus tolai ERXLEBEN = dauricus) und einen Sylvilagus (brasiliensis) mit einbegriffen habe, ist nicht stichhaltig, daher hat das Kaninchen die Gattungsbezeichnung Cuniculus MEYER zu tragen.

Ferner möchte ich hier hinweisen auf ein meiner Erfahrung nach untrügliches Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden Gattungen Lepus und Cuniculus, nämlich auf das Vorhandensein des Interparietale bei der Gattung Ounzeulus. Unter sämtlichen von mir gesehenen Schädeln von erwachsenen Hasen befand sich keiner im Besitz dieses Knochens, während er keinem Kaninchen fehlte. DasInterparietale ist (neben einem noch gleich zu erwähnenden zweiten Schädelmerkmal) das sicherste Unterscheidungs- zeichen zwischen denbeidenhierinFragekommenden Leporidengattungen, was auch für das unserm Kaninchen nahestehende amerikanische Genus Sylvilagus, dessen Angehörige ebenfalls echte Kaninchen sind, gilt. Leider ist darauf nicht immer in der genügenden Weise geachtet worden, obgleich mehrfach in den Diagnosen auf das Interparietale als Alleinbesitz des Kaninchens hingewiesen worden ist. So bildet z. B. de Wınron (10, p. 961) zwei Leporidenschädel ab, von denen bei dem einen, seinem Lepus atlanticus (Fig. 4, nicht Fig. 5, was durch eine Verwechselung der Unterschriften hervorgerufen worden ist) ein ganz deutliches Inter- parietale gezeichnet worden ist, während bei dem anderen, Lepus schlumbergeri St. Loup (11, p. 169) [Fig. 5] sich dieses, vielleicht nur durch eine Ungenauigkeit des Zeichners, nur, wenn auch ziemlich leicht, erraten läßt; für die Kaninchennatur dieses letzteren spricht aber noch der ausdrückliche Zusatz des Sammlers E. Dopsorx: „Lives in burrows“ (10, p. 692), da ja Hasen niemals Höhlen graben. Beide sog. „Hasen“ sind also jedenfalls Kaninchen, und es werden sich wohl bei näherer Nachprüfung noch ähnliche derartige Fälle auffinden lassen. Ganz besonders eigentümlich berührt aber die Fig. 10, p. 65 bei GerHarpr (12), die ein Bild des Kaninchen- schädels von hinten und oben gesehen darstellt, um, wie in der Unterschrift besonders hervorgehoben wird, das Interparietale zu zeigen. Ob nun GERHARDT das Supraoccipitale für das Interparietale gehalten hat, was wohl kaum anzunehmen ist, oder ob der Zeichner in grober Nachlässigkeit das Interparietale ganz fortgelassen hat,

Bemerkungen zur Synonymie und Systematik der Leporiden usw. 295

ohne vom Autor korrigiert worden zu sein, jedenfalls ist vom Inter- parietale keine Spur zu entdecken. Wenn so etwas in einer für weitere Kreise, besonders auch Studierende und Lehrer berechneten, rein anatomischen Monographie vorkommt, die gerade in bezug auf solche wesentlichen Einzelheiten ganz genau durchgearbeitet sein sollte, so ist es nicht zu verwundern, wenn bei rein systematischen Arbeiten dieses Merkmal einmal übersehen oder nicht beachtet werden kann. Das zweite, wichtige systematische Merkmal des Schädels, der bei systematischen Arbeiten außer dem Fell meistens nur vor- liegt, ist die Stellung der Schneidezähne des Unterkiefers, auf die Krumsach (13) besonders aufmerksam gemacht hat; diese laufen nämlich beim Kaninchen fast parallel in bezug auf ihre Innenränder (Fig. 2), während sie bei den Hasen unter einem Winkel von

Fig. 1. Interparietale von Cuniculus Fig. 2. Schneidezähne des Unter- kreyenbergi Hem. Nat. Größe. kiefers von Cuniculus kreyenbergi S = Supraoceipitale, J = Inter- Hem. Nat. Größe.

parietale, P= Parietale.

17° konvergieren. Beide Merkmale sind am Schädel des mir vorliegenden Leporiden sehr deutlich ausgeprägt, so daß es allein hieraus unbedenklich als Kaninchen bezeichnet werden kann.

Die Heimat des neuen und zwar neben Cuniculus cuniculus (L.) ersten aus Asien bekannt gewordenen Kaninchens ist China, und zwar sehr wahrscheinlich Jen-tschu-fu. Es ist gesammelt von Dr. M. KrEvenBerG und gehört dem Museum für Natur- und Heimat- kunde zu Magdeburg. DasInterparietale des vorliegenden Exemplares ist aus zwei Stücken zusammengesetzt (Fig. 1), ein sonst nur von ganz jugendlichen Tieren bekanntes Verhalten. Daß hier aber keine Jugendform vorliegt, dagegen spricht erstens die Größe des Tieres und zweitens der Umstand, daß es bei Erlegung, laut Notiz des Samnlers, Junge im Leib hatte. Es handelt sich also um ein vollständig erwachsenes, weibliches Tier. Genaue Abbildungen und Beschreibung des Schädels werde ich in einer ausführlicheren Arbeit bringen, hier möchte ich nur die Maßzahlen unseres Stückes, ver- glichen mit denen eines deutschen Kaninchens, anführen?). In Klammern stehen hinter den absoluten Zahlen die relativen, bezogen auf die größte Schädelbreite 1000.

2) Jüterbogk, Förster Könn, 27. Februar 1902. Königl. Zool. Museum, Berlin.

296 Hans Leo HonIıGMmann.

China | Jüterbogk Occipitonasallänge . 84,6 (3000) | 81,0 (2862) Condylobasallänge . 64,3 (2280) | 67,2 (2374)

Praeorbitaleinschnürung 19,7 (699) |13,8 (487) Interorbitaleinschnürung 24,8 (879) |19,7 (696) Postorbitaleinschnürung . 11,9 (422) [11,4 (403) Breite der Schädelkapsel . . +1 28,2 (1000) [28,3 (1000) vorn | 39,3 (1394) | 35,2 (1243 breiie METER binten 39,3 er 37,6 a Länge der Pars squamosa ossis | hinten | 7,6 (269) | 8,9 (311) occipitis : \uban 14,3 (507) | 9,0 (318) Länge des Tnterpärtekale eg 1,4 (49) 2,9 (103) Länge der Naht zwischen den Parietalia 16,9 (539) |18,8 (664) Länge der Naht zwischen den Frontalia | 35,4 (1255) |33,8 (1194) Länge der Naht zwischen den Nasalia . | 27,6 (979) |28,5 (1007)

Diagonallänge der Nasalia

Größte Breite der Nasalia Diastema .

Länge der Marilisizehansie: Länge des Unterkiefers . DE Länge der Mandibularzahnreihe .

36,5 (1294) 19,2 (681) 21,1 (748) 15,5 (549) 58,4 (2071) 17,7 (628)

36,6 (1293) 16,4 (579) 24,2 (855) 14,8 (523) 57,8 (2042) 15,5 (547)

Aus diesen Zahlen geht hervor, daß der Schädel des chinesischen Kaninchens, das ich nach dem Sammler Cuniculus kreyenbergi nenne, eine relativ wie absolut größere Gesamtlänge hat als ein deutsches Kaninchen mit fast gleicher Schädelbreite, daß der Gesichtsschädel des C©, kreyenbergi breiter ist als der des deutschen, bedingt durch die größere Breite der Nasalia, der Prae- und Interorbitaleinschnürung - und der Zygomatica, die vorn ebenso breit sind als hinten. Auf- fallend ist die geringe Länge des Diastema bei ©. kreyenbergt, Wo- durch auch verursacht wird, daß beim Aufstellen des Schädels die Ineisiven des Unterkiefers die Incisivi minores des Oberkiefers direkt berühren, was aber auch sonst bei deutschen Kaninchen- formen vorkommt, wo das Diastema sogar noch relativ viel kürzer sein kann. Der Unterkiefer ist schlanker gebaut als der des zum Vergleich herangezogenen deutschen Tieres.

Die Farbe des Felles ist auf der Oberseite ein helles Gelbbraun, das mit Schwarzbraun gemischt ist. Die Augen zeigen einen fast weißen Ring, am oberen Augenrand stehen viele, am unteren weniger dunkelbraune Tasthaare. Die Kopfoberseite ist dunkler braun, mit schwärzlich gemischt, die Seiten des Kopfes sind hellgelbbraun, die

Bemerkungen zur Synonymie und Systematik der Leporiden usw. 9297

Kehle weiß. Die Tasthaare der Oberlippe sind zum Teil weiß, zum Teil braun, zum Teil braun und weiß gebändert. Die Ohren sind auf der Außenseite hellsandgelb mit ziemlich breiter brauner Spitze, auf der Innenseite ebenso mit dunklerem Braun gemischt und schmalem braunem Saum an der Spitze. Der deutlich ausgeprägte, schmale, langausgezogene Nackenfleck ist hellbraun. Auf die einzelnen Haarformen werde ich später eingehen. Das dunklere Rückenfell ist gegen die weiße Unterseite durch einen hellzimtbraunen Zwischen- streifen abgesetzt. Nach dem Bauche zu setzt sich dieser Zwischen- streifen in je einen Inguinalfleck fort. Die Blume ist, soweit sich das bei dem schlechten Erhaltungszustand der hinteren Partien erkennen läßt, auf der Oberseite bräunlich aschgrau. Die Außen- seite der Unterarme und Schenkel und der Pfoten ist hellzimtbraun, die Innenseite weiß. Die Unterseite der Pfoten ist braungrau. Die Länge der Hinterpfoten beträgt ungefähr I!, die der Ohren 9 cm.

Verzeichnis der zitierten Literatur.

1. CaroLı Linnaeı, Systema Naturae... Tomus I, Editio Decima, Reformata. Holmiae 1758. 2. Brissos, A. D., Regnum animale in classes IX distributun, sive synopsis methodica...Editio altera auctior, Lugduni Batavorum, MDCCLX1. . MEyer, Magazin für Thiergeschichte, I, Band 1, 1790. GLoGer, Hand- und Hilfsbuch der Naturgeschiclite, Band ], 1841. . Graz, J. E., Notes on the Skulls of Hares (Leporidae) and Picas (Lagomyidae) in the British Museum. Ann. Mag. Nat. Hist., III. Ser., Vol. XX., 1867, p. 219—225. 6. WAGLeER, JoH., Natürliches System der Amphibien, mit vorangehender Classification der Säugetiere und Vögel. Ein Beitrag zur vergleichenden Zoologie. Stuttgart und Tübingen 1830. 7. LıLLJegore, W., Sveriges och Norges Ryggradsdjur, I, Däggdjuren, jemte inledning till Ryggradsdjuren. Upsala (1874). 8. Lyon jr, M. W., Classification of the Hares and their Allies. Smithsonian Miscell. Collect, Vol. XLV, 1903, p. 321— 447.

9. 'TROUESSART, E.-L., Faune des Mammiferes d’Europe, Berlin 1910.

10. de Wınton, W.E., On a Collection of Mammals from Morocco. Proc. Zool. Soc., London, 1897, p. 953—962.

ll. Saıst-Lour, R., Sur une espece marocaine du Genre Lepus (Lepus - Schlumbergeri, nova species). Bull. Soc. Zool.France. 19,1894, p. 117—120.

12. GERHARDT, U., Das Kaninchen, zugleich eine Einführung in die Organisation der Säugetiere, Leipzig 1909.

13. KrumsacH, T#., Die unteren Schneidezähne der Nagetiere, nach Gestalt und Funktion betrachtet. Zool. Anzeig. XXVII, 1904, p. 273—29%0.

Kol EZB 45

298 K. GRÜNBERG.

Ein neuer Fall des Vorkommens der Larve der Rinderdassel- fliege im menschlichen Auge.

Von K. GRÜNBERG.

In der medizinischen Literatur ist bisher über drei Fälle berichtet worden, daß Fliegenlarven, die sich stets mit großer Wahrscheinlichkeit als erstes Stadium der Rinderdasselfliege an- sprechen ließen, im Innern des menschlichen Auges zur Beobach- tung gelangten. Diese bisher beschriebenen Fälle zeigten einen im wesentlichen analogen Befund, immer lag die Larve in der vorderen Augenkammer, konnte auf operativem Wege entfernt und so das Auge erhalten werden. Die Patienten waren in sämtlichen Fällen Kinder im Alter von 5—9 Jahren.

Der kürzlich beobachtete Fall, über den bereits in einer medi- zinischen Fachzeitschrift berichtet wurde'), erinnert an die schon bekannten nur insofern, als es sich auch hier um einen jugend- lichen Patienten, einen Knaben von 4 Jahren handelte. Der pathologische Befund war jedoch ein durchaus anderer. Die Larve befand sich im linken Auge, aber nicht im vorderen Teil, sondern hinter der Netzhaut und verursachte eine schwer eitrige Chorio- retinitis. Die Netzhaut war vollkommen losgelöst, gefaltet und stark verdickt, der Glaskörper hochgradig getrübt und entartet. Hinter der abgelösten Netzhaut lag in größtenteils geronnener Flüssig- keit die Larve. Der vordere Augenabschnitt zeigte nur verhältnis- mäßig geringe Veränderungen. Die mikroskopische Untersuchung ergab stark eitrige Entzündung der Netz- und Aderhaut. Hier führte also die Anwesenheit der Larve zum Verlust des Auges.

Die Larve wurde mir durch Vermittlung des Herrn Prof. Dr. LeHmann in Würzburg von Herrn Geh. Hofrat Prof. Dr. von Hess, dem Direktor der Münchener Universitäts-Augenklinik, zur Unter- suchung übergeben. Ich möchte die Gelegenheit nicht versäumen, beiden Herren meinen herzlichsten Dank auszusprechen.

Die beste und ausführlichste Beschreibung einer aus der vorderen Augenkammer entfernten Larve hat Kenner geliefert, gelegentlich eines im Frühjahr 1904 in der Universitäts-Augenklinik zu Dorpat behandelten Falles”). Die Larve konnte damals noch lebend unter- sucht, ihre äußere und innere Organisation also unter günstigen

1) ©. Hess, Über eine bisher nicht bekannte Ursache schwerer eitriger Chorio-Retinitis mit Netzhautablösung. Archiv f. Augenheilkunde, Bd. 74, Heft 3/4, 1913, p. 227—229, ]. Fig.

2) Tau. Everzey und J. von Kenseu, Eine Fliegenlarve in der vorderen Augen- kammer. Zeitschr. f. Augenheilkunde, vol. 12, H. 2, 1904, p. 8337—351, Taf. 3.

Ein neuer Fall des Vorkommens der Larve der Rinderdasselfliege usw. 299

Bedingungen studiert und abgebildet werden. Schon eine erste Untersuchung der hier in Frage stehenden Larve unter der Präparier- lupe zeigte, daß sie mit der von Kennen beschriebenen genau über- einstimmt. Noch klarer wurde die Übereinstimmung, als nach Über- führung des durch die Formalinkonservierung trübe und undurch- sichtig gewordenen Objektes in Glyzerin neben den feineren Einzel- heiten des Integuments die unter der Körperhaut verlaufenden Muskelzüge und das Tracheensystem wieder deutlich hervortreten. Der Darmkanal blieb indessen auch jetzt undeutlich und von MALPıcHT- schen Gefäßen oder Nervensträngen war nichts mehr zu sehen. Bei der Ausführlichkeit der Krxxer’schen Beschreibung genügt in- dessen hier eine kurze Charakterisierung der äußeren Merkmale, um die völlige Übereinstimmung der beiden Larven erkennen zu lassen.

Die Larve ist 11,5 mm lang und 2 mm dick, leicht gekrümmt, von fester elastischer Konsistenz, 10 gliedrig, walzig, drehrund. Die Segmentierung ist ziemlich undeutlich, auch nicht an den recht flachen Einschnitten durch eine besondere Beschaffenheit der Körper- oberfläche stärker hervorgehoben. Das kuppelförmig gerundete Endsegment trägt an dem leicht eingesenkten Ende die auffällig kleinen Stigmenöftnungen, welche nicht wie Stigmenplatten, sondern wie kleine schwarze Chitinspitzen erscheinen und sich nur dadurch sicher als die Stigmen zu erkennen geben, daß von ihnen die beiden Haupttracheenstämme ausgehen. Die Stigmen sind’ umgeben von einer größeren Anzahl unregelmäßig verteilter kleiner schwarzer Chitinspitzen, die einzigen wirklichen Dornen, welche die Larve besitzt. Die ganze übrige Körperoberfläche ist mit kleinen höckerigen oder schuppenartigen Unebenheiten, kleinen Chitinverdickungen bedeckt, welche keinerlei regelmäßige Anordnung etwa in Quer- reihen erkennen lassen und offenbar den’ von Kennen beschriebenen sehr kleinen Verstärkungsfleckchen entsprechen, nur daß sie bei der vorliegenden Larve unregelmäßig verteilt und nicht ringartig an den Segmentgrenzen angeordnet sind. Mundhaken und ein deutliches Schlundgerüst sind ebensowenig wie bei der von KEnxEL untersuchten Larve vorhanden, auch von Vorderstigmen fehlt jede Spur.

Es fragt sich nun, zu welcher Art oder wenigstens zu welcher Gattung die nun schon wiederholt im menschlichen Auge beob- achteten Larven gehören, und es erscheint nicht überflüssig, diese Frage etwas eingehender zu erörtern, da Kennen es absichtlich ver- mied, sich über die systematische Stellung seiner Larve bestimmt zu äußern und sich, in ganz berechtigter Vorsicht, gegen die An-

19

300 | K. GRÜNBERG.

nahme KrAurner’s?) und STALBERG’S*), welche in den beiden von ihnen behandeten Fällen die Larve als Hypoderma bovis ansprachen, ziemlich skeptisch verhielt.

Aus allem, was die bisher zur Beobachtung gelangten Fälle gezeigt haben, aus dem auber im letzten etwas anders gearteten Fall gleichen pathologischen Befund, wie aus der Übereinstimmung der Larven darf man zunächst schließen, daß es sich wahrschein- lich immer um Larven derselben Art, mindestens aber um ganz nahe verwandte, in der Lebensweise übereinstimmende Arten einer und derselben Gattung handelt. Es kann auch nur eine Larve in Betracht kommen, deren Lebensweise es ihr ermöglicht, in den Augapfel einzudringen, ohne eine äußere Verletzung zu verursachen. Parasitische Larven also, die nur durch ein gewaltsames Durch- brechen der Sclera in das Auge gelangen könnten, müssen aus diesem Grunde ausscheiden. Bei der in Rußland nicht seltenen Augenmyiasis z. B., die von Sarcophaginenlarven verursacht wird, zerstören die Larven die Gewebe der Konjunktiva und der Augen- höhle, und wenn sie gelegentlich auch in den Augapfel eindringen, so kann dies nicht ohne erhebliche Verletzungen geschehen. Außer- dem treten diese Schmarotzer nicht einzeln auf, und wenn die von ihnen verursachten Gewebszerstörungen mitunter eine solche Aus- dehnung erreichen, daß sie sogar zum Tode führen können, so ist dies immer das Werk einer größeren Menge von Larven. Aus demselben Grunde kann es sich auch nicht um eine parasitische Calliphorinenlarve handeln oder etwa um die normalerweise in der Stirnhöhle der Pferde lebende Larve von khinoestrus purpureus BR., der seine Eier auch in die Augen von Menschen spritzt’). Bei vollständigem Fehlen einer äußeren Verletzung, die besonders im letzten Fall, wo das Auge herausgenommen werden mußte, einwand- frei festgestellt ist, bleibt also nur die Annahme, daß die Larve aus dem Körperinnern durch Vermittlung der Blutbahnen in das Auge gelangt sein muß.

Neben diesen rein biologischen Erwägungen sind aber vor allem die morphologischen Merkmale der im Auge gefundenen Larven ausschlaggebend, und diese lassen allerdings keinen Zweifel darüber, daß es sich tatsächlich um das erste Larvenstadium einer Hypoderma-

3) KrAuTner, Eine Dipterenlarve in der vorderen Augenkammer. Zeitschr. f. Augenheilkunde, vol. 4, 1900.

#) STALBERG, Fluglarv in ögats främve Kammare. Hygiea 1901, Nr. 9.

5) J. A. Porrscumsky, L’Oestre du cheval, Rhinoestrus purpureus Br. St. Petersburg 1906 u. 1908, 1. u. 2. Aufl.

Ein neuer Fall des Vorkommens der Larve der Rinderdasselfliege usw. 301

Art handelt. Bei Sarcophaginen- und Calliphorinenlarven sind, ab- gesehen von der Unmöglichkeit, daß eine solche parasitische Larve, ohne eine äußere Verletzung zu verursachen, in das Auge eindringen könnte, die äußeren morphologischen Verhältnisse wesentlich andere. Außer einer abweichenden Körperform haben diese Larven vor allem gut ausgebildete Vorderstigmen und kräftige Mundhaken. Wenn auch auf die zufällig in das Auge geratene Larve die dort vor- gefundenen abnormen und ungünstigen Lebensbedingungen, wie bereits Kenxen vermutete, nicht ohne Einfluß geblieben sind, so ist doch kein Grund zur Annahme, dab wichtige und charakteristische Organe gänzlich verschwunden sein sollten. Es kann sich also nur um die Larve einer Oestride handeln, wenn man die als syste- matischen Begriff aufgegebene Gruppe der Oestriden einmal im biologischen Sinn gelten lassen will. Von allen Oestridenlarven aber, die in Betracht kommen können, zeigt nur die junge Aypo- derma-Larve die äußeren morphologischen Merkmale, welche wir von den im Auge gefundenen Larven kennen: die walzige dreh- runde Form, die schwach entwickelten Mundteile und vor allem die kleinen schwarzen Dörnchen an dem abgerundeten Endsegment. Besonders ein Vergleich mit der ausführlichen Beschreibung, welche Jost®) von dem ersten Larvenstadium der Rinderdasselfliege geliefert hat, schließt jeden Zweifel an der Identität wenigstens der Gattung aus. Die Larven von Zhinoestrus, Oestrus und Gastrophilus, an die man allenfalls noch denken könnte, zeichnen sich schon im ersten Stadium, ihrer Lebensweise entsprechend, durch den Besitz von außerordentlich starken Dornenkränzen und sehr kräftigen Mundhaken aus. Die junge Aypoderma-Larve, welche alsbald nach ihrer Aufnahme durch den Mund in die Schlundwand eindringt und nach einiger Zeit von hier aus ihren weiteren Weg durch das Körperinnere nach dem Unterhautgewebe antritt, hat nur schwach entwickelte Mundteile und eine zwar recht ausgedehnte, aber sehr schwache Körperbedornung.

Weniger einfach ist die Frage zu beantworten, um welche Art es sich handelt. Wir haben in Europa zwei Rinderdassel- fliegen, Hypoderma bovis GEER und lineatum Vırn., die beide in den in Frage kommenden Ländern vertreten sind und in vielen Gegenden nebeneinander vorkommen. In Nordamerika dagegen ist die einzige dort vorkommende Art Hypoderma lineatum. Von beiden

6) Jost, Hermann, Beiträge zur Kenntnis des Entwicklungsganges der Larve von Hwypoderma bovis DE GEER. Zeitschr. f. wissensch. Zool., vol. 86, 1907, p. 644—715, 3 Fig., Taf. 32. 19*

302 K. GRÜNBERG.

Arten ist das jugendliche Larvenstadium zwar beschrieben, aber die Unterschiede, die vielleicht recht minimal sein mögen, sind noch nicht ganz einwandfrei festgelegt. Die junge, noch im Ei eingeschlossene Larve von Hypoderma lineatum ist nach Rızey”) und nach GrÄser®), der Rıuey’s Beschreibung anführt, am ganzen Körper mit feinen Dornen bedeckt. Dagegen sind die jungen Larven aus der Schleimhaut des Schlundes und aus dem Wirbelkanal, sowie die jüngsten Haut- larven ganz glatt, mit Ausnahme der feinen Bedornung des Hinter- endes. Diese Veränderung soll die Folge einer Häutung sein, was wenig wahrscheinlich ist. Außerdem soll die junge Larve von Hypoderma lineatum Vorderstigmen haben. Auch die bei Rehen und Hirschen vorkommende Aypoderma diana Br. soll während des ersten Larvenstadiums Vorderstigmen haben und ebenso soll während dieses Stadiums die Bedornung schwinden.

Die von Jost (l. e.) beschriebene junge Larve, die nach den Beobachtungen des Autors mit Sicherheit als die von Aypoderma bovıs anzusprechen ist, ist auf der ganzen Körperoberfläche mit kleinen Dornen besetzt, und zwar mit 8—9 Reihen auf jedem Segment. Die Dornen verschwinden nicht im Verlauf des ersten Stadiums, sind jedoch bei den jüngsten Larven deutlicher zu erkennen als bei älteren, weil sie nicht mitwachsen, daher bei älteren Larven scheinbar kleiner sind als bei ganz jungen. Nicht nur um die Stigmenplatten, sondern auch in der nächsten Umgebung des Mund- apparates stehen zahlreiche schwarzbraune Dörnchen. Vorderstigmen waren auch auf Serienschnitten nicht nachzuweisen.

Die offenbar sehr genauen und zuverlässigen Angaben Josr’s über Hypoderma bovis lassen eine erneute Untersuchung des Jugend- stadiums von Aypoderma lineatum, besonders hinsichtlich des Per- sistierens oder Schwindens der Bedornung und des Vorhandenseins oder Fehlens der Vorderstigmen sehr wünschenswert erscheinen. Aber selbst wenn die nach den bisher vorliegenden Beschreibungen vorhandenen Unterschiede tatsächlich bestehen sollten, so wäre es doch nicht möglich zu entscheiden, zu welcher von beiden Arten die im Auge gefundenen Larven gehören, vorausgesetzt, daß in allen vier Fällen dieselbe Art vorlag. Denn es unterliegt kaum einem Zweifel, daß Kennen richtig vermutete, wenn er annahm, daß die zufällig ins Auge geratene Larve durch die ungünstigen Lebensbedingungen in der wäßrigen Augenflüssigkeit in ihrer Ent-

?) Rızey, The ox bot in the United States. Insect Life, vol. 4, 1892. 8) H. Gräser, Über Dasselfliegen. Mitteilungen des Ausschusses zur Be- kämpfung der Dasselplage, Nr. 2, Berlin 1912,

Ein neuer Fall des Vorkommens der Larve der Rinderdasselfliege usw. 303

wicklung gehemmt und deformiert sei. In der auffallend geringen Ausbildung der Hinterstigmen und Mundteile kommt dies deutlich zum Ausdruck und ebensogut kann aus demselben Grunde die normale Körperbedornung vor der Zeit zurückgebildet sein. Das einzige, was sich mit ziemlicher Sicherheit sagen läßt, ist, daß es sich um Larven einer Rinderdasselfliege handelt, um so mehr, als auch schon einige Fälle subkutanen Vorkommens solcher Larven beim Menschen beobachtet wurden. Denn daß eine Larve der beim Wild vorkommenden Aypoderma-Arten sich zum Menschen verirren sollte, ist sehr unwahrscheinlich.

Die Erkrankung des Auges nahm in den sämtlichen bisher beobachteten Fällen einen chronischen Verlauf, was mit der langen Dauer des ersten Larvenstadiums zusammenhängt. Bei dem in Dorpat behandelten Fall dauerte sie vom Spätsommer (September) bis Februar, in dem von Kraurser beschriebenen Fall vom Sommer bis Januar. In dem Srtaugere’schen Fall hatte die Krankheit vor der Behandlung schon fünf Monate gedauert und in dem zuletzt beobachteten Fall ebenfalls fünf Monate vor der Operation. Man darf also annehmen, daß der Parasit sich schon eine verhältnis- mäßig lange Zeit im Auge befindet, ehe die Erkrankung ein solches Stadium erreicht, daß ein ärztliches Eingreifen notwendig wird, die Larve wird daher wahrscheinlich auf einem Stadium noch geringer Größe, etwa als junge Schlundlarve, aus dem Körper her in das Auge gelangen. Die auf den ersten Blick vielleicht auffällige zeit- liche Übereinstimmung der Erkrankungen, die regelmäßig vom Spät- sommer oder Herbst bis zum Ausgang des Winters dauern, ist eine ganz natürliche Folge des normalen Entwicklungsganges der Larven. Beim Rind findet man vom Sommer bis Ende des Winters nur junge Larven des ersten Stadiums unter der Schleimhaut des Schlundes. und während dieser Zeit werden nie junge Larven unter der Haut beobachtet. Dann findet man etwas größere Larven im Wirbel- kanal, und schließlich bei Beginn des Frühjahrs zeigen sich die ersten Larven unter der Haut.

Ein recht auffallender und merkwürdiger Umstand ist es, daß in allen vier Fällen die Patienten in jugendlichem Alter, zwischen fünf und neun Jahren standen und es ist schwer, hierbei an ein rein zufälliges Zusammentreffen zu denken. Wenn aber auch diese auffällige Tatsache einen besonderen Grund haben sollte, so dürfte seine Aufklärung doch nicht ganz leicht werden, da es vorläufig ganz an Anhalts- und Vergleichspunkten fehlt. Denn beim Rind, dem eigentlichen Wirt der Larven, scheinen analoge Beobachtungen bisher noch nicht gemacht worden zu sein, obwohl man annehmen

304 Zweite wissenschaftliche Sitzung am 17, Juni 1913.

sollte, daß bei Rindern, welche die Larven oft in Menge beherbergen, ein Eindringen einzelner Parasiten in die Augen gar nicht so selten sein kann, wenn es schon bei Menschen mehrfach beobachtet wurde. So erscheint die Vermutung nicht unbegründet, daß darauf gerichtete Nachforschungen, die sich in Schlachthöfen leicht vor- nehmen ließen, wohl nicht resultatlos verlaufen würden.

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 17. Juni 1913.

K. GRÜNBERG: Über das Vorkommen von Hypoderma-Larven im menschlichen Auge.

A. BRAUER: Über die Arbeit von Goupschmivr: Die Merogonie der Oenotherabastarde und die doppeltreziproken Bastarde von DE VRIES.

P. SCHULTZE: Neuere Arbeiten über tierische Körper der Chloro- phyll-Xanthophyll-Carotingruppe. E

G. TORNIER: Über den Bau des Schultergürtels.

Druck von A. Hopfer in Burg b. M.

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Auszug aus den Gesetzen

der E

Gesellschaft Naturforschender Freunde 4

zu Berlin.

Die im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforschender

Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindung .

zur Beförderung der Naturwissenschaft, insbesondere der

Biontologie.

Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außerordent- .

lichen und Ehrenmitgliedern. Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20 betragen darf, ergänzen’ sich durch einstimmige Wahl nach

den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789

und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten das Vermögen der (Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise die Vorsitzenden und Schatzmeister.

Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschränkt ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf Vorschlag

eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung,

gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und Be

Finladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlicken

Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das’

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stützten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise beziehen.

Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit Ausnahme

der Monate August und September am 2. und 3. Dienstage

jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im

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Alle für die Gesellschaft bestimmten Sendungen sind Be an den Sekretär, Herrn Dr. K. Grünberg, Berlin N 4,

Invalidenstr. 43, zu richten. | |

en ed sur un < vr.

Per.

DEE 6 1986

‚Sitzungsberichte

der

Gesellschaf

E N 4 Naturforschender Hank

W;

0

a . zu Berlin.

ENT. 2. Juli 1913,

INHALT: Seite

'S Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Südafrika und ihre | palaeogeographische Bedeutung. Von Dr. Epw. Henne...» 2.2.2... 805

1 Zur Frage der Unteren Kreide in Portugiesisch-Mozambique. Von J. Zwirrzyckı 319 Zweite wissenschaftliche Sitzung am 15. Juli 1913 . . .. 2... 222.200. 326

BERLIN,

In Kommission BEI R. FRIEDLÄNDER & SOHN, NW Carustrasse 11.

Hs, 7

DEE 6 1986

NP 7. 1913 Sitzungsbericht

der

Gesellschaft naturforschender Freunde

zu Berlin

vom 8. Juli 1913.

Vorsitzender: Herr P. MATSCHIE.

Herr R. Merz: Der Chinese und der Schmetterling. Herr P. MarscHıe: Einige Ergebnisse eines Ausflugs in die taurische Steppe.

Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Süd- afrika und ihre palaeogeographische Bedeutung.

Von Dr. Epw. Henniıc.

Die meisten umfassenderen Theorien über Fragen der Palaeo- geographie oder tiergeographische Probleme der Vergangenheit, soweit sie Afrika in den Kreis der Betrachtungen ziehen, sind immer noch Gleichungen mit einer großen Unbekannten. Wenn Afrika in der Vergangenheit der Erde eine sehr eigene und ab- weichende Entwicklung gehabt zu haben scheint, so liegt das wohl zum großen Teile daran, daß unsere Erkenntnis von seinem geo- logischen Aufbau von der alle anderen Kontinente betrefienden noch sehr weit absteht. Die Europanähe des für den Geologen noch immer verhältnismäßig dunklen Erdteils bringt es aber mit sich, daß, nachdem nun die Erschließung sehr rasch vollendet wurde, das Tempo der Fortschritte auch für unsere Wissenschaft ein un- gewöhnlich schnelles zu werden sich anschickt.

Die erste Erforschung erdgeschichtlicher Art gilt naturgemäß schon aus praktischen Rücksichten der Geologie, und wenn schon jetzt ein reiches Material auch für paläontologische Zwecke zu fließen beginnt, so ist das in Ländern, die größtenteils so überarm sind an künstlichen Aufschlüssen, ein äußerst vielversprechendes Zeichen.

Wir sind im allgemeinen gewöhnt, in Afrika den „uralten Kontinent“ zu sehen, der nur randlich ganz wenig von Meeren überflutet wurde und durch lange Zeiten sogar östlich und westlich sich weithin ausgedehnt hat als „Gondwana-Festland“ und als

20

306 Epw. Hennıc.

afrikano-brasilischer Kontinent. Für diese Zusammenhänge sind ja auch genügend gute Gründe ins Feld geführt worden und sie sollen unangetastet bleiben. Aber allzu weitgehende Verall- gemeinerungen räumlich wie zeitlich sind doch wohl kaum am Platze, wenigsteus nicht, solange uns noch so manche dafür voraus- zusetzende Kenntnis fehlt. Sodann ist auch nicht zu vergessen, daß unser heutiges „Afrika“ wie alle Kontinente keine geologische Einheit ist, sondern gewissermaßen zufällig aus sehr heterogenen Elementen zusammengesetzt erscheint. Die Atlasländer, Sudan, Südafrika sind Teile, die durchaus verschiedene Geschichte durch- semacht haben. Jene Annahme kann also höchstens für einen Teil Afrikas und offenbar auch nur für begrenzte Zeiten gelten. Eben diesen Teil und diese Zeiträume gilt es nun in ihrer Beschränktheit zu erkennen, und es ist zu sagen, dab bisher die Grenzen schon weit enger gesteckt werden mußten, als vor Beginn der eigentlichen geologischen Erforschung vielfach angenommen wurde. Das Vor- dringen mesozoischer Meere längs der heutigen Ostküste im Kanal von Mozambique, der in Einzelheiten freilich noch ungekannt bleibt, ging schon frühzeitig aus den äußerst fossilreichen Schichten hervor, die sie dort hinterlassen haben. Schwarz will die Meeresinvasion bis in die Trias zurückverfolgen. Die Abtrennung nach Westen aber gegen Brasilien scheint noch immer Schritt für Schritt in der Zeit zurückgedrängt zu werden. (Lenz gab freilich schon 1877 in kurzen Mitteilungen kretazische Ammoniten bekannt.) Der Entdeckung eines tertiären Küstenstreifens an zahlreichen Punkten des Westrandes folgten neuere Funde von Kreideablagerungen, anfangs jüngerer (Mungo), dann anscheinend auch älterer (Mamfe). In allen Fällen machte Kamerun den Anfang, das gerade wegen seiner nahezu zentralen Lage auch berufen ist, in jenen palaeo- geographischen Fragen entscheidend mitzusprechen. Es sind jetzt neue Funde, wiederum in Kamerun, gemacht worden, die mög- licherweise noch einen Schritt weiter, vielleicht bis in den Jura hinab bedeuten und mit anderen gleichfalls neuen und etwa gleich- altrigen Funden von den Kapverdischen Inseln zusammen den Beginn der marinen mesozoischen Ablagerungen auch im Westen schon in eine unerwartet frühe Zeit zurückzuverlegen scheinen. Gleichzeitig wächst im Süden Afrikas der Eindruck, daß die sog. Karroo-Formation recht beträchtliche Zeiträume umfaßt; seit einigen Jahren will man ihre jüngsten Glieder aus der oberen Trias in den unteren Jura hinauf versetzen und im Kongo bahnt sich die gleiche Erkenntnis an. Endlich aber mehren sich aus dem innersten Afrika die Befunde, die dafür sprechen, daß die

Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Südafrika usw. 307

dortigen Ablagerungen keineswegs restlos kontinentaler Natur sind. Vor kurzem wurde ein vielleicht paläozoischer Oolith vom Itimbiri, einem rechten Nebenfluß des Kongo'), beschrieben, der an sich ohne genauere Kenntnis der Lage und wenn möglich seiner Fauna keine weitgehenden Schlüsse zuläßt, aber zunächst mit größerer Wahr- scheinlichkeit als marin anzusehen ist. Wenn auch Lacom’s Gründe für die Zurechnung kalkiger Gesteine des Ubangi zum Devon keineswegs überzeugend sind, so sind doch für weite Gebiete Nord- afrikas ebenso wie für ganz Südafrika ausgedehnte und auch vertikal sehr umfassende paläozoische Meeresablagerungen festgestellt, über deren Grenze gegen Zentralafrika noch wenig bekannt ist. Sichern auch glaziale Ablagerungen und Landfloren für die Karbon- bis Permzeit die Festlandsnatur der betreffenden Gegenden, so scheint also doch vorher das Meer stellenweise noch Zugang gefunden zu haben und augenscheinlich hat es selbst noch nachträglich weite Strecken, auch Teile Zentralafrikas bedeckt.

In Deutsch-Südwestafrika werden nämlich jene Glazialschichten nach Range von marinen Sedimenten überlagert. Im Gebiete des oberen Kongo (Lualaba) aber wurden bei Eisenbahnbauten Fischreste gefunden, die für das Vorhandensein eines Meeres mindestens in un- mittelbarer Nachbarschaft gegen Ausgang der Triasperiode sprechen.

Es ist recht auffällig, daß noch in anderen Fällen die hier angedeuteten Funde ganz oder nahezu ausschließlich -aus Fischresten bestehen. Unter den obigen Gesichtspunkten ist das zu beklagen, denn über die marine oder fluviatile Natur so manches Vertreters dieser Klasse sind wir keineswegs endgültig unterrichtet, An- passungen an diese oder jene Lebensweise können ja auch nur aus den sonstigen faunistischen und faziellen Verhältnissen eines Gesteins, nicht aber aus dem Bau eines Fisches oder gar aus der Analogie heute etwa noch lebender Verwandter erschlossen werden. Als erste Wegweiser aber sind diese Funde von großem Interesse und es seien daher hier einmal die wichtigsten Fischfunde Aequatorial- und Südafrikas überhaupt im Zusammenhang genannt (s. Tabelle und Literaturverzeichnis).

Was zunächst die Fischfunde des oberen Kongo betrifit, denen hervorragende prinzipielle Bedeutung zukommt, so sind nach LERICHE zu verzeichnen:

bei Kilindi: Peltopleuwrus Maeseni und ein Semionotide oder Eugnathide;

1) H. Fıscaer: Ein mariner (?) Oolith aus Zentralafrika (Zentralbl. f. Min. usw. 1913, S. 112—114). Vgl. Preumoxt, Quart. journ. 1905, S. 641—664. 20*

308 Eow. HennIG.

bei Kindu: Pholidophorus Corneti und eine Schuppe von Lepidotus.

LericHz stellt Corner’s „Lualaba-Schichten“, aus denen diese wenigen, aber recht bezeichnenden Vertreter stammen, daraufhin den südafrikanischen Beaufort-Schichten und dem europäischen Keuper gleich. Das erstere geschieht aber mehr in Anlehnung an Corxer als in Übereinstimmung mit der üblichen Altersstellung der Beaufort-beds. Denn erst die sie überlagernden Stormberg-beds werden sonst nach ihrem faunistischen Gehalt der oberen Trias (von Schwarz?) und anderen Autoren zum Teil sogar dem Lias), die im Liegenden befindlichen Ecca-Schiefer aber gar dem Öber- karbon oder höchstens Unterperm gleichgestellt. Auch könnte man versucht sein, die beiden Fundstellen als verschiedenaltrig anzusehen; denn wenn auch Semionotus und Peltopleurus unzwei- deutig auf Keuper hinweisen, so ist andererseits Leptidotus (wenn die Schuppe als solcher sicher bestimmbar ist, was sich ohne Kenntnis der Abbildung und Beschreibung leider der Nachprüfung entzieht) in der Trias noch kaum bekannt (Prolepidotus, Hetero- lepidotus) und auch Pholidophorus ist im Jura jedenfalls häufiger. Indessen allein genügen die Funde nicht für Behauptungen von solcher Tragweite, in der Tabelle seien sie daher wenigstens in das Rhät (Molteno series bei Schwarz) als die Grenzschicht gegen den ‚Jura (Red beds und Üave Sandstone bei Schwarz) versetzt 3). Das Bemerkenswerte ist aber auf alle Fälle der durch die Mehrzahl der Fossilien in diesem Fall wohl als gesichert anzunehmende Nachweis der Meeresnähe um jene genauer noch nicht feststell- bare, aber sicher postpermische Zeit im innersten Afrika.

Eine ganze Reihe von z. T. trefflich erhaltenen Formen fossiler Fische kennen wir durch Woopwarp’s Beschreibungen schon seit

längerer Zeit aus den Beaufort- und Stormberg-Schichten der Kap-

kolonie und des Oranje-Staates,. Am häufigsten und wichtigsten ist darunter Semionotus, der nach SCHELLWIEN mit Sicherheit nur aus dem Keuper bekannt ist und somit seinerseits einigermaßen zur Lösung der Altersfrage beitragen kann. Seine Lebensweise

?) Schwarz: South African Geology 1912.

») Vgl. die einigermaßen ähnliche Fischfauna, die GorsAnovIic- KRAMBERGER aus der Obertrias von Hallein in Salzburg beschrieb (Paläont.-Geol. Osterr.- Ung. Bd. XVII, 1905). Zu einem faziell, wie stratigraphisch sehr ähnlichen Ergebnisse, wie ich, gelangt übrigens, wie ich während der Drucklegung er- sehe, Lerıcne auf Grund der gleichfalls in den Lualaba-Schichten gefundenen Phyllopoden und ÖOstracoden (Revue zoologique africaine 1913). Gleichfalls vorhandene Pflanzenreste sind unbestimmbar. er

RETTEN EEE ER EEEN

Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Südafrika usw. 309

kann, wie auch diejenige des Lungenfisches Ceratodus zu jener Zeit solange nicht als endgültig geklärt gelten, bis wir über den germanischen Keuper einigermaßen gesicherte Vorstellungen be- sitzen. Für die südafrikanischen Karroo-Schichten ist aber all- gemein eine Ablagerung kontinentaler Art mehr als wahrscheinlich. Bezüglich der Beaufort-beds hat das soeben Warson (Geol. Mag. 1913, S. 388—392) wieder in einleuchtender Weise dargetan. Es handelt sich da wohl um ähnliche Fragen, wie beim devorischen Oldred, dessen Fischfauna in FrecH’s Lethaea eine vorzügliche Be- handlung erfahren hat. Interessant ist Semionotus auch in diesem Zusammenhange wegen seiner nahen verwandtschaftlichen Be- ziehungen zur Gattung Lepidotus.

Jene Schuppe von Kindu war bisher der einzige auf diese sonst weltweit verbreitete Gattung zu beziehende fossile Rest aus ganz Afrika. Jetzt hat je eine deutsche Kolonie in Ost und West weiteres besseres und bemerkenswertes Material geliefert. In Deutsch- Ostafrika fand sich als Zeitgenosse der jüngsten Dinosaurierfauna in den Wealdenmergeln des Tendaguru Lepidotus minor Ac. oder doch eine Form, die auf Grund der paläontologisch erhaltungs- fähigen Reste von dieser in Europa bekannt gewordenen Spezies des Portland und Wealden nicht abzutrennen ist. Denn gleiche Arten bei Fischen so weit getrennter Fundpunkte anzunehmen, verbietet sich fast im Hinblick auf die heute herrschenden Verhältnisse. Ganz gleich aber, wie man sich bezüglich der Namengebung zu diesem Problem stellen will, ist doch die vollständige Überein- stimmung der Hartbestandteile des Schädels und Schuppenkleides einer der Beweise für ungehinderte Verbindung des den Dinosauriern zum Grab gewordenen Gewässers mit der Außenwelt: jede längere Zeit währende Abschnürung gegen die offene See hätte sich, sollte man erwarten, in einer deutlich sichtbaren Spezialisierung des Innen- oder Außenskelettes bemerkbar machen müssen. Nach einzelnen Schuppen in den Saurierschichten zu urteilen, kam Lepidotus dort auch in größeren Formen vor.

Eine neue Spezies der gleichen Gattung liegt in einer hoch- wichtigen Suite vor, die Herr Dr. Mann, Regierungsgeologe in Kamerun, aus Adamaua heimgebracht hat. Dies Vorkommen ist interessant einmal, weil es dem Beginn der westafrikanischen mesozoischen Sedimentation mindestens ebenfalls bis an die Grenze von Jura und Kreide zurückzuverlegen scheint, sodann aber, weil es der nur randlichen Überflutung entrückt ist und im Zusammen- hang mit seiner tektonischen Lagerung eine ehemals weiter verbreitete Decke mesozoischer sedimentärer Bildungen

310 Epw. Hennıc.

gegen dasInnere zuankündigt. Damit reiht es sich in ebenso bedeutsamer Weise den postpermischen Schichten des Kongo, wie der jüngeren Kreide des benachbarten Nigeria und überhaupt Nord- westafrikas an. ZLepidotus Manni, wie ich die Art nach dem glücklichen Entdecker genannt habe, hat unter den etwa 100 be- kannten fossilen Arten nur eine in der Skulptur der Schädel- knochen einigermaßen nahestehende, den Lepidotus (Plesiodus) pustulosus Wacn. aus den lithographischen Schiefern Bayerns (Portland). Sind nun auch Fischreste, zumal in so geringer Zahl, nicht als Leitfossilien verwendbar, und ist es besonders un- angebracht, auch aus nur verwandten Formen auf Gleichaltrigkeit der Schichten schließen zu wollen, so könnte an sich die größere europäische Form eher als die jüngere gelten, und auf jeden Fall wird man aus einem ZLepidotus-Funde zunächst auf Jura oder Unterkreide schließen müssen, da die Gattung, wie gesagt, in der Trias noch kaum vertreten ist und auch in die obere Kreide nur mit höchst spärlichen Vertretern hinaufreicht. Ein Anschluß an die im Gestein ähnlichen Mamfeschiefer Kameruns, die nach JAEREL dem Neokom angehören sollen und wohl brackischen Ursprungs sind, ist nicht statthaft, da die dortigen Fischtypen ganz anders geartet sind (Teleostier) und auch aus der tektonisch-stratigraphischen Lagerung ein jüngeres Alter für die. letzteren hervorgehen soll. Endlich kommen in den Adamauaschiefern nach Herrn Dr. Mann auch Brachiopoden vor, die für dieses Vorkommen auch den letzten Zweifel an dem marinen Ursprung schwinden lassen müssen. Bei den Leprdotus-Resten findet sich in Adamaua ferner ein Saurier- zahn, der einem Sauropterygier angehören könnte. Auch einige wenige kaum erkennbare Knochenreste können nicht als Fischreste angesehen werden. Das Gestein zeigt schließlich undeutliche Ab- drücke pflanzlicher Reste. Die Altersfrage ist jedenfalls noch nicht mit der Schärfe zu lösen, wie das in der provisorischen tabellarischen Übersicht nötig ist. Schon Dusen brachte aus Kamerun Fischreste mit, die nach Dames dem Neokom angehören sollten. Leider ist Genaueres über sie nicht auszumachen. (Günstiger liegen die Verhältnisse bei einem vereinzelten Fisch- funde aus Südwestafrika (Ganikobis), den wir Dr. Lorz verdanken. Herr Dr. Koerr stellte mir das interessante Stück aus der Kolonial- sammlung der Kg]. preußischen geologischen Landesanstalt freund- lichst zur Verfügung. Es ist eine Gesteinsknolle von schwärzlicher Farbe, in deren Innerem beim Aufschlagen der Kopf und ein Teil des Rumpfes von einem Fisch sichtbar wurde. Schrorper be- stimmte ihn bereits als Palaeonisciden. In der Tat ist durch sehr

uEe In

RETTEN

Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Südafrika usw. 311

charakteristische Züge der engere um Palaeoniscus sich gruppierende Formenkreis, den wir aus Traquaır’s*) schönen Untersuchungen kennen, deutlichst gekennzeichnet. Die breit vorspringende Nasen- oder Ethmoidalpartie, die sogar einen kleinen Vorsprung an der Konkretion verursacht hat, nimmt dem Munde seine endständige Natur; der Rachen ist tief- geschlitzt; kleinere und größere Zähnchen alternieren darin, der Unterkiefer ist sehr schmal; das Auge groß und

.weit vorn gelegen; die Kiemendeckelreihe („Suspensorium“)

schräg nach hinten gestellt, so daß sie mit dem Unter- kiefer einenspitzen Winkel bildet. Das alles sind Merkmale, die eng an die karbonisch-permische Gattung Palaeoniscus anschließen. Zur genaueren generischen Definition reicht aber der Erhaltungs- zustand des einen Exemplars nicht aus. Indessen läßt die Art des Vorkommens, die Geodenbildung, erhoffen, daß noch reiches Material von der gleichen Lokalität uns zufließe. Denn wo wir derartige Bildungen kennen (Lebach, Ilmenau, Grönländische Küste), handelt es sich fast stets um reiche Fundstellen. (Über ihre Erklärung hat sich soeben Wımann im ersten Hefte der neuen Zeitschrift der Palaeontologischen Gesellschaft ausgelassen. In Lebach handelt es sich aber nach Reıs nicht um eine marine Ablagerung.) Das Alter ist in diesem Falle bereits nahezu gesichert dadurch, daß in den gleichen Schichten Zurydesma- und Conularıa-Funde gemacht wurden und daß sie nach Range?) vom glazialen Dwykakonglomerate unterlagert werden. Die Verhältnisse erinnern also ganz auffällig an ent- sprechende Ablagerungen in Indien, wo der Zurydesma-Horizont als Rotliegendes erkannt worden ist. Zugleich ist damit auch der marine Charakter der betreffenden Ablagerung gesichert ®). Weniger klar liegen die Verhältnisse im englischen Nyassa- land, obwohl die dortigen, sehr wichtigen Funde schon seit dem Jahre 1888 datieren. Es sind dort an verschiedenen Stellen Kohlen, Fischreste und Mollusken gefunden worden, über deren gegenseitige Lage wenig Bestimmtes zu erfahren ist. Man hat sich anfangs mit der Horizontbezeichnung „Karroo“ begnügt. Seit aber klar ist, daß mindestens das ganze Perm und die ganze Trias, wahr- scheinlich aber auch das Oberkarbon und möglicherweise gar noch

4) H. Traquaır: „Ganoid Fishes of Carboniferous formation“ Pl. 1. Paleont. Soc. 1877. 1911. 5) Range: Geologie des deutschen Namalandes. Beitr. z. geol. Erforschung d. deutschen Schutzgeb. Kgl. preuß. geol. Landesanstalt. 6) Vgl. E. Koxen: „Über Eurydesma und den Eurydesmenhorizont.“ Zentralbl. f. Min. usw. 1902.

312 Epw. HEnnıc.

-

Teile des Jura darin enthalten sind, hat dieser Name als strati- graphische Bezeichnung eigentlich nur noch geringen Wert. Daß die Kohlen, wenn auch stellenweise anscheinend allochthon, so doch terrestrischen Ablagerungen angehören, darf vorausgesetzt werden. Auch die Mollusken weisen unzweideutig auf Süßwasser hin. Sie wurden von ihrem Entdecker Drummoxp als Telliniden angesehen. STROMER zweifelte diese Bestimmung an, da die Telliniden erst vom oberen Jura an bekannt sind; Jones sah dann in ihnen das Genus Iridina (?), das von AmALITzey zu einer neuen Gattung Palaeomutela aus der Gruppe der Anthracosidae oder Palaeoumionidae gezogen und mit europäischen Süßwassermuscheln des Perm vereinigt werden konnte. Es wäre sehr bemerkenswert, wenn die mancherlei Fisch- reste, die verschiedenen Arten zugeschrieben wurden und auch den Genus-Namen schon in recht bedeutsamer Weise wechseln mußten, wirklich der gleichen Schicht entstammten. Denn sie sind uns bisher keineswegs als Süßwasserbewohner bekannt. Sie scheinen außerdem jüngeren Alters zu sein als jene Mollusken. Jones sprach bereits die Funde mit großer Sicherheit als mesozoisch an. Doch ist eine Fest- stellung auch jetzt noch nicht möglich. Traquaız beschrieb die Formen anfangs als Acrolepis, konnte aber auf Grund reicheren Materials nachweisen, daß mindestens ein Teil (Acer. africana) vielmehr zu Colobodus gehört. Damit würde die Altersbestimmung eine kleine Verschiebung erleiden. Denn Aecrolepis ist uns aus Karbon und Perm bekannt, @yrolepıs”), mit dem gleich von Anfang an gerade die Spezies Acer. africana verglichen wurde, und Colobodus, als welcher sie nunmehr gelten muß, ganz besonders die europäischen Formen, die den ersten Anstoß zur Identifizierung gaben, sind triassisch. Wir werden also die Funde etwa an die Grenze von Palaeozoikum und Mesozoikum stellen dürfen. Vor der Hand ist mit einem Leben im Süßwasser in diesen Fällen noch zu rechnen. Sehr überein- stimmende Verhältnisse würden sich, wenn Fische, Mollusken und Kohlen der gleichen Schicht entstammen sollten, in dem permischen Kohlenbecken von Wankies am Zambezi in Rhodesia finden, denn dorther ist ebenfalls eine Palaeomutela Keyserlingi und ein als Acrolepis bestimmter Fisch bekannt geworden. Colobodus dagegen wird mit der marinen Gattung Modiola zusammen aus dem Keuper („Lettenkohle“) von Lugh im Somali-Lande gemeldet. Höchstwahrscheinlich palaeozoisch, aber weder bestimmbar, noch völlig sicherer Herkunft sind Reste eines kleinen Schwarms

7) Traquaır hat an andrer Stelle die Gattung @yrolepis ganz eingezogen (Ganoid fish. Brit. carboniferous form, S. 12). i

Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Südafrika usw. 313

von Fischen, die in einer Reihe von Gesteinsstücken vor Jahren dem geologisch-paläontologischen Institut der Universität von Herrn Wızsze aus Mozambique geschickt wurden. Der eifrige Sammler ist seither verstorben, doch konnte sich Herr Professor MATscHIE des Fundorts noch mit Sicherheit entsinnen. Er ist auf portugiesischem Gebiete gelegen, und zwar bei Lussimboa am Ufer des Loang' wa (rechter Nebenfluß des Zambezi), also dem englischen Nyassalande nicht all- zu fern und Rhodesia unmittelbar benachbart. Man sieht nur in zahlreichen Bruchstücken, oft in mehreren Lagen übereinander kleinere Teile des Schuppenpanzers, auch wohl der Flossen. Und zwar ist das organische Material nicht erhalten geblieben, vielmehr liegen nur die Abdrücke vor. Sie lassen kleine glatte, unyerzierte und ungezahnte Schuppen erkennen, die keinerlei generischen Hin- weis gestatten, aber doch den Ganoiden kennzeichnen. Was man

an dem Stück von Ganikobis in Deutsch-Südwestafrika an Schuppen

sieht, ist genau das gleiche Bilde Das nicht allzu ferne Tete- Becken ist als kohlenführend bekannt, und daß seine Flora sich der sie allseitig umgebenden Glossopteris-Flora durchaus anschließt, hat GorHan kürzlich im Gegensatze zur Annahme europäischer Fazies erst vermutet, dann schnell bestätigt gefunden°). Wir haben also im Bereiche des Zambezi offenbar karbonische bis permische Ablagerungen, aus denen auch die Fischreste sehr wohl stammen können. Da kämen denn andre Familien als die Palaeonisciden und Platysomiden kaum in Betracht. Denn diese vermitteln als altertümliche Typen den Übergang zur triassischen und damit mesozoischen Fischfauna. Die Stylodonten, die auch schon im Perm auftauchen, zeigen einen bereits moderneren Charakter. Doch prägen sich diese Unterschiede mehr im Schädelbau aus, so daß hier keine Stellungnahme dazu erfolgen kann. Ebenso kann es auch in diesem Falle noch fraglich sein, ob auf so spär- liche Fischreste hin marines Sediment vorausgesetzt werden darf, ob wir es nicht wie oben vielmehr mit Süßwasserformen zu tun haben.

Bezüglich zweier Schuppen von Natal, die ceycloide Form be- sitzen und möglicherweise gewissen mit solchen Schuppen aus- gerüsteten Palaeonisciden angehören könnten, gibt Woopwarn als Fundort die „coal measures of Somkele“ an. Das dortige Kohlen- feld wird auf Grund seiner Glossopterisflora den Beaufort-Schichten eingereiht und dürfte dem von Wankies entsprechen.

®) Zeitschr. deutsch. geol. Ges. 1912 und Palaeobotanische Zeitschrift 1912, Heft 1, S. 36,

314

Epw. Hennıe.

Südafrika

Kapkolonie

Oranje-Kolonie

Semionotus capensis Cleithrolepis Extoni Dietyopyge(?)Draperi, Ceratodus capensis Cer. kannemeyeri u.a. m

Karbon

Devon .

Palaeoniscus (?) Bainii, sculptus u.a. m

Carcharodon mega- lodon, rondeletti, auriculatus. sertar),. .;. Oxyrhina sillimani, hustalis, Carcharias collata, Hemipristis serra Ober Kreide... 3% N EB Mitt. _ Unt. = Malm Jura er Dogger Lias = Rhät _ rad Ra Keuper r : 2 FREIE scutula ; Untere 2 a mie Tun Seeleyi >’, Ober ee (Zechstein) PAD 7, Unter (Rotlieg.)

Natal Mozambique

Odontaspis cuspic Oxyrhina sp., 8 na a i serra, Carcharod d megulodon, Gale cerdo, © along charias, Cimoli Cybium

Cestracion SP., Scapan. aff. rhaphi- odon, Scapan. subu- latus, Scapan. SP.

(Odontaspis ?), Oxyrhina Mantelli,

Corax falcatus,

Lamna basalis,

Enchodus

Oxyrhina Mantel Scupan. (2) subulc Pseudocorax affı

Synechodus Sp.

Zwei Schuppen (Somkele

Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Südafrika usw. 315 afrika Zentralafrika Westafrika Sädafsikanische Horizontierung Deutsch-Ost Nyassaland Kongo Deutsch-Südwest Kamerun 7 g Carcharodon mega- 5 ee Torpedo Hilgen- x lodon = dorfi, Myliobatide | AleXandra-beds Corax heterodon, Scapanorhynchus rhaphiodon, Fr =. = == Lamna sp. Umtamvuna- series Pyenodont; Selachierflossenst. Be rege a- ee Ri Er ew runv epis| 17: x rin Bier (Bra won er. Uitenhage form. (Wealden) Mamfe-Sch.) 2er BF E: Sr Lepidotus Manni (Adamaua) “wg f | Pholidophorus, > Lepidotus un PER i Storm- (Kindu) arsse: J Peltopleurus Mae- | seni, Semionotide == (Eugnathide?) | Colobodus africa- f gKarroo | te nus u. a. Palae- = a onisciden (Süß- mar) oo 00. Beaufort u eh Palaeoniscide Er er (Eurydesma-Hor.) KT ne Eeea

Witteberg-ser.

316 Eopw. Hennic.

Nur eine winzige isolierte Zahnkrone im höheren Neokom des

Tendaguru-Gebietes verrät andeutungsweise einen Pycenodonten.

Diese Gruppe ist auch im Tertiär Nord- und Westafrikas vertreten, es wäre sogar möglich, daß Üleithrolepis aus dem höheren Karroo (Obertrias?) des Oranjestaats trotz der gegenteiligen Bemerkungen A. SmitH-Woopwarp’s ebenfalls dazu zu stellen wäre. In den jüngeren randlichen Ablagerungen Afrikas sind es-im übrigen fast durchweg Selachier, die uns als Vertreter der Fische entgegentreten.

Schon im Oxford Madagaskars wird von Prırm ein Strophodus-

Zahn zitiert.

Deutsch-Ostafrika, das vorher noch keinerlei Fischreste geliefert hatte, weist nach den Ergebnissen der Tendaguru-Expedition sogar stratigraphisch recht vielseitige Funde dieser Art auf. Zur obersten Saurierschicht (Wealden) gehören außer Lepidotus einige wenige Zähne von Orthacodus, einem Hai, der sich dort augenscheinlich den seltenen Luxus einer Dinosauriermahlzeit leisten konnte. Auch ein unbestimmbares Bruchstück aus der mittleren Saurierschicht (Kimmeridge) dürfte als Teil eines Flossenstachels bei den Selachiern seinen Platz finden, desgleichen ein Exemplar aus dem höheren Neokom über den Dinosaurierhorizonten.

Reichere Beute finden wir in Zähnen nahe der Küste. Es findet sich dort Corax heterodon, Scapanorhynchus rhaphiodon und Lamna sp. in je mehreren Exemplaren in einem an Schnecken reichen Gestein, das zur obersten Kreide gerechnet werden muß, und somit der südafrikanischen Umtamvuna-Formation entspricht. Dieser Horizont scheint in einem schmalen Streifen an sehr zahl- reichen Stellen der afrikanischen Ostküste aufzutreten und meistens auch die gleichen Selachier-Zähne zu führen, wie aus der Tabelle hervorgeht. (Insbesondere hat schon Rruss die verschiedenen „Arten“ von Corax wegen der zahlreichen Übergänge zwischen all den unterschiedenen Typen als C©. heterodon zusammengefaßt, so daß die aufgeführten wechselnden Namen keine spezifischen Unter- schiede beurkunden.)

Ebenso scheint sich das Tertiär°®) zu verhalten, das vor allem in Mozambique und auf dem gegenüberliegenden Madagaskar in mehreren Horizonten übereinander bekannte Typen aufweist. Bei Lindi fand sich ein Zahn des bekannten Carcharodon mega-

lodon. Interessant ist noch die Selachier-Fauna der südafrika-

nischen „Alexandra-Formation“, E.H.L. Schwarz stellte diese

°») Für die afrikanische Westküste liegen gute Zusammenstellungen vor bei Srromer (1912) und Lerıche (1913, Karte!)

Über neuere Funde fossiler Fische aus Aequatorial- und Südafrika usw. 317

anfangs ebenfalls in die Oberkreide, doch äußerte schon STROMER nach dem Vorkommen von Carcharodon sehr begründete Zweifel an dieser Altersbestimmung. Die Bearbeitung der Invertebraten durch Newron hat ihm völlig recht gegeben. Auch ScHwArz!P) zweifelt jetzt nicht mehr an dem „mio-pliozänen“ Alter der be- treffenden nur lokal auftretenden Schichten.

So kommt denn den Fischen außer in palaeogeographischen doch auch in allen stratigraphischen Fragen eine wenn auclı beschränkte Bedeutung zu. Von besonderer Wichtigkeit sind sie natürlich da, wo sie einstweilen noch die einzigen organischen Reste geblieben sind, die uns über Natur und Alter der Schichten Aufschluß geben können. Bei zu erwartender Vermehrung des bereits vorliegenden Materials muß aber auch der rein palaeontologische Wert noch erheblich zu steigern sein und unserer Kenntnis vom Formen- schatze der fossilen Fische dürfte noch mancher willkommene Zu- wachs aus Afrika erstehen.

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1913. Easıman: „Tertiary fish remains from Spanish Guinea in West Africa“

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J. ZwiErzyYck1: Zur Frage der Unteren Kreide in Portugiesisch- Mozambique. 319

Zur Frage der Unteren Kreide in Portugiesisch-Mozambique. Von Dr. J. ZwIERZYCKI.

Über das Vorkommen der Unteren Kreide in Portugiesisch- Mozambique ist in der geologischen Literatur viel gestritten worden, ohne daß man zu einem befriedigenden Resultat gelangt wäre. Dies war in der Tat um so schwieriger, als die ganze Frage bis vor kurzem sozusagen mit den Schicksalen eines einzigen Ammoniten eng verknüpft war. Im vorigen Jahre hat eine englische Expedition, über die noch auszuführen sein wird, weitere Anhalts- punkte zur Lösung der Frage gefunden. Da die Bearbeitung und Veröffentlichung ihres Materials noch geraume Zeit in Anspruch nehmen dürfte, erscheint es nicht unangebracht, die Angelegenheit noch einmal vom Standpunkte des genannten Ammoniten zu be- leuchten, nachdem dessen Kritische Neubearbeitung von mir aus- geführt worden ist.

Dieser Ammonit gehört zur Gattung der Phylloceraten, und zwar zu der engeren Gruppe der sogenannten Fimbriati.

Er ist im Jahre 1843 von einem deutschen Kaufmann PFTERS in Mozambique an der Mündung des Conduciaflusses zusammen mit einigen recht schlecht erhaltenen Muscheln gefunden und dem Berliner Geol.-Paläontol. Institut überwiesen worden. Er galt als Neokomfossil und wurde von dem damaligen Direktor des Instituts Prof. Bryrich wegen der schönen perlmutterartigen Schale hin und wieder zu Vorlesungszwecken benutzt.

Als NeumAyr sein Werk über „Klimatische Zonen während der - Jura- und Kreidezeit“ schrieb, erschien ihm dieses Fossil als eine erwünschte Stütze seiner Behauptungen. Er hat es aus dem Berliner Institut entliehen und es zum ersten Male im Jahre 1883 palä- ontologisch bestimmt, beschrieben und abgebildet. Unser Ammonit erhielt damals den Namen Phylloceras semistriatum D'ORB.

Nun ist der Prototyp des Phyll. semistriatum D’ORB. nur eine etwas flachere Varietät des Phyll. Thetys D’OrB. wie schon D’ÜRBIGNY selber erkannt hatte. Die Bezeichnung Phyll. semistriatum D’ORB. ist daher von p’ÖrBIcnyY zugunsten der des Phyll. Tetys D’ORB. aufgegeben worden. NeumAayr glaubte sie wohl aus dem Grunde beibehalten zu müssen, weil die p’Orgıscny'sche Abbildung des so- genannten Phyll. semistriatum v’OrRB. (später —= T'hetys) besser seiner Abbildung entsprach als diejenige des Phyll. Thetys- Typus.

Der Phyll. Thetys stellt eine im unteren Neokom Frankreichs und der Mediterranländer weit verbreitete Form dar, und NEUMAYR

320 ‘J. ZWIERZYCKI.

schloß infolgedessen daraus in Mozambique gleichfalls auf Unter: kreide oder gar Oberjura.

Die Abbildung, die NEUMAYR von unserem Fossil gibt, ist Mn. nicht gerade exakt zu bezeichnen. Wie ein Vergleich mit unserer photographischen Wiedergabe zeigt, handelt es sich bei ihm um ein rein konstruktives Spiegelbild der Flanke (Fig. b). Die Abbildung ist an und für sich um so bewunderns- werter, als das Exemplar seinerzeit, als es Neumayr in der Hand hatte, noch zu ?/, vom Nebengestein ver- hüllt war.

Die weiteren Angaben, die sich von nun an in der Literatur vor- finden, beziehen sich ausnahmslos auf die erwähnte Beschreibung und Ab- bildung NrumaAyr’s, da das Exemplar, wie ich mich aus den Akten des Berliner Instituts vergewissert habe, seit der Zeit überhaupt nicht ver- liehen worden ist.

Im Jahre 1903 hat Sayn in seiner Abhandlung: „Les Ammonites pyriteuses des Marnes valengiennes ee du Sud-Est de la France“ eine FRE ER Fe PR revidierte Beschreibung von Valen- kai einammoniten herausgegeben und hat dort für einige wohlcharakterisierte Varietäten neue DBenennungen ge- schaffen. Eine dieser neuaufgestellten Formen, die ein Zwischen- glied zwischen dem Phylloceras serum Opr. aus dem Tithon und dem Phylloceras Thetys »’Ors. aus dem Unterneokom bilden soll, erhielt die langatmige Bezeichnung Phylloceras serum OPr. var. perlobata Says. Sie ist für das südfranzösische Valengin charakteristisch. Indem Say von rein paläontologischen Gesichts- punkten ausging, glaubte er zwischen dem von NkumAayr be- schriebenen Phyll. semistriatum p’Or». und seinem neu aufgestellten Typus beinahe die Identität nachweisen zu können. Nur die starke Aufblähung und das im Verhältnis zu seinen Exemplaren etwas zu geringe Höhenwachstum der afrikanischen Form traten einer voll- kommenen Vereinigung beider Formen hinderlich in den Weg. Wie unsere Figur zeigt, fällt der erste Grund vollständig und der

Fig. a.

Zur Frage der Unteren Kreide in Portugiesisch-Mozambique. 391

322 J. ZWIERZYCKI.

zweite zum großen Teil fort. Unser Phylloceras würde somit nach

Sayn dem Unterneokom angehören.

Die Auffassung ist in der Literatur nicht weiter beachtet worden, ich glaube mieh aber aus noch auszuführenden Gründen ihr trotzdem anschließen zu müssen.

Unser Phylloceras semistriatum d’OrB. war indessen bis dahin das einzige Fossil, das man aus Portugiesisch-Mozambique kannte. - Es läßt sich nun mit Genugtuung hervorheben, daß der portu-

giesische Geologe CHorraT gerade von diesem Ammoniten die erste

Anregung empfing, weitere Sammlungen von Fossilien im Conducia- gebiet zu veranlassen. Das Ergebnis dieser Sammlungen, die vom (Gouverneur ausgeführt wurden, war eine stattliche Anzahl von Cephalopoden, welche die Grundlage zu ChHorrAr’s Arbeit „Le Oretacique de Conducia“ bilden. Merkwürdigerweise stellte es sich nunmehr heraus, daß sämtliche Exemplare einer Turon-Senonfauna angehörten, die derjenigen der Airyaloor- und Utaturgroup sehr ähnlich war. Es befand sich aber keine einzige Form darunter, die auf Neokom schließen ließe. Da der Phyll. serum D’OrB.-NEUM. aber aus der Umgebung der Conduciabay stammte, wo vom Gou- verneur nur Senonfossilien gefunden worden sind, und da das Neben- gestein das gleiche sein sollte, so schloß CHorrArt daraus, daß der Phylloceras „sans doute“ mit ins Senon gehöre.

Später ist durch Kızıan auch eine Aptienfauna aus Mozam- bique bekannt geworden, aber auch in diese Fauna paßte unser Phyll. nicht hinein.

PErvınquızreE erkennt in seiner „Paleontologie tunisienne“ den Phyll. serum v»’Or».-Neum. unter der richtigen Bezeichnung Phyll. Thetys p’Ore. an und identifiziert mit ihm seine Exemplare aus dem Valengin von Tunis. 2

Von späteren Autoren, die sich mit der Unteren Kreide von Afrika und deren Verbreitung befaßt haben, ist der Phyll. aus Mozambique von Krresm stillschweigend übergangen worden, während Krenkeu sich dem Urteil Cmorrar’s anschließt und die ganze Frage überhaupt als erledigt betrachtet.

Nun ist mir bei der Bearbeitung der Cephalopoden der Tenda- guruschichten, zu deren Bestimmung ich nach Möglichkeit Originale heranzog, eine große Ähnlichkeit zwischen diesem berühmten Phylloceras semistriatum »’OrB. und einigen von meinen Phyllo- ceraten aus dem Unterneokom aufgefallen. Ich beschloß, das portu- giesische Exemplar noch einmal einer genauen Analyse zu unter- werfen, um einerseits die etwas veraltete paläontologische Be- stimmung kritisch zu beleuchten und andrerseits eventuell eine

EEE WEEEEEDBL CHE EBERLE ZU

Zur Frage der Unteren Kreide in Portugiesisch- Mozambique. 3923

Beziehung zu den ostafrikanischen Formen aufzusuchen. Nachdem mir liebenswürdigerweise die Erlaubnis zur Präparation des Exemplars von der Institutsverwaltung erteilt worden ist, habe . ich das Exemplar mit aller Vorsicht vom umhüllenden Nebengestein befreit. Es stellte sich nun heraus, daß der portugiesische Phyllo- ceras nach aller Wahrscheinlichkeit, die bei paläontologischen Ver- gleichen überhaupt möglich ist, den ostafrikanischen Phylloceraten gleichzustellen ist. Den ostafrikanischen Phylloceraten kommt aber aus andern Gründen unbedingt ein neokomes Alter zu.

Daher gewann ich die Überzeugung, daß der vielgenannte Phyll. semistriatum »’OrB.-NEeum. nunmehr Phyll. serum Opr. var. perlobata Sayn gleichfalls dem Neokom angehört.

Trotzdem wollte ich anfangs von einer besonderen Veröffent- lichung absehen, da das. Fossil immerhin als Einzelfund vorlag und die Frage der Unteren Kreide in Mozambique zu klären nicht geeignet war.

Da wurde ich auf den Vorbericht der Herren A. HoLmes und D. A. Wray im Septemberheft des „Geological Magazine 1912“ auf- merksam. Die Herren hatten das Küstengebiet von Mozambique im Auftrage der „Memba Minerals Comp. limit.“ einer erneuten Unter- suchung unterzogen und diesmal nicht nur obere und mittlere, sondern auch untere Kreide festgestellt. Das von ihnen an Ort und Stelle aufgestellte Profil lautet folgendermaßen:

III. Conducia beds = Vraconien-Senon Airyaloor-U' sturgroup.

ll. Mount Meza beds = Aptien-Albien.

I. Fernäo Vellozo beds = Neokom-Uitenhage.

Die untersten von den drei Schichtengruppen, die Fernäo Vellozo beds, enthalten nach Angabe der Engländer eine Fauna, „which show distinet Uitenhagian characters and conclusively determine the beds in question to be of neocomian age“.

Es ist nunmehr anzunehmen, daß der vorliegende Phylloceras in die letztgenannte Schicht hineingehört, was paläontologisch am besten gerechtfertigt ist. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß sich in dem von Hormzes und Wray gesammelten Material eine ähnliche Form vorfindet.

Um nun auf die Beschreibung des Exemplars genauer einzu- gehen, so ist es durchaus nicht so „vorzüglich“ erhalten, wie NEUMAYR hervorhob.

Die perlmutterartige Schalensubstanz ist allerdings so vor- trefllich erhalten, daß man auf den ersten Blick erstaunt ist, ein Kreidefossil vor sich zu haben.

21*

324 | J. ZWIERZYCKI,

Die Schale selber ist indessen erheblich deformiert. Auf der einen Seite ist sie ganz eingedrückt, außerdem an zwei Stellen gebrochen und die Stücke etwas gegeneinander verschoben. Wie aus der Beschaffenheit des Nebengesteins hervorgeht, sind alle diese Gestaltsveränderungen nicht auf Gebirgsdruck zurückzuführen, sondern bereits erfolgt, ehe das Exemplar zur Ablagerung gelangte. Auch wird das Exemplar ursprünglich größer gewesen sein, da die Wohnkammer fehlt, und da sich im Nebengestein noch Bruchstücke von Kammerscheidewänden vorfinden.

Der Querschnitt der Umgänge, der sich nur an einer einzigen Stelle genau beobachten läßt, ist längsoval und entspricht genau demjenigen der französischen Exemplare des Phyll. serum Op. var. perlobata Sayn. Genaue Zahlenangaben sind indessen nicht möglich, da sich kein Durchmesser finden ließ, in dem sämtliche Querschnitte unverletzt wären.

Der Nabel ist auf beiden Flanken in der Mitte zerstört, und zwar bereits zu einer Zeit, ehe er: zur Ablagerung gelangte, was sich bei der äußerst sorgfältigen Präparation zeigte. Ob er also ganz geschlossen war wie bei den französischen Exemplaren oder etwas geöffnet wie bei den Formen aus Deutsch-Ostafrika, läßt sich vor der Hand nicht entscheiden.

Die Streifung der Schale ist nicht so gleichförmig, wie sie auf der Abbildung bei NrumaAyr hervortritt. Die Abstände der einzelnen Streifen sowie ihre Stärke nehmen bei älteren Umgängen zu. NEuMmAYR konnte das noch nicht sehen, denn damals waren die jüngeren Umgänge noch ganz vom Gestein umhüllt.

Die Lobenlinie gleicht in allen Einzelheiten der von Phyll. serum Opp. var. perlobata Sayn bei Sayn. Die Abbildung von NEUMAYR ist insofern nicht ganz exakt, als der Externhöcker viel zu tief gezeichnet ist und seitlich einen Haken hat, der am Original nirgends festzustellen is. Auch der erste Laterallobus ist in Wirklichkeit viel gerader und zeigt vor allem nicht die Verdünnung unterhalb des dritten Astes, wie das auf der Neumayr'schen Ab- bildung dargestellt ist. Der zweite Laterallobus ist oben nicht so breit wie auf der Neumayr’schen Abbildung.

Von dem südfranzösischen Typus unterscheidet sich unsere Form nur durch etwas geringeres Höhenwachstum der Umgänge.

Mit den Tendaguru-Exemplaren stimmt sie auch in dieser Beziehung überein. Nur scheint die ostafrikanische Form etwas flacher zu sein.

Phyll. Thetys v’Ore. unterscheidet sich von unserer Spezies durch seinen weiteren Nabel und dadurch, daß bei ihm der Extern-

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Se

Zur Frage der Unteren Kreide in Portugiesisch- Mozambique. 3925

sattel und der erste Lateralsattel deutlich mit zwei gerundeten Blättern endigen. Außerdem kommt bei ihm die Dreiästigkeit des ersten Laterallobus wenig zur Geltung, da die Endäste den Seiten- ästen an Größe fast gleichkommen.

Nach alledem halte ich den Ammoniten durchaus für eine Neokomform. Als er seinerzeit als Einzelfund vorlag, brauchte er nicht unbedingt für Neokom zu sprechen. Im Zusammenhange mit den Fundender Tendaguru-Expedition sowie mit den englischen Funden wird das mehr als wahrscheinlich. Wenn die von den Engländern gesammelte neokome Fauna tatsächlich einen ausgeprägten Uiten- hagecharakter zeigen sollte, so wäre vielleicht durch unseren Phylloceras serum Opp. var. perlobata Sayn ein besserer Zusammen- hang zwischen den Neokomablagerungen in Deutsch-Ostafrika und der Uitenhageformation geschaffen, als er aus den bisherigen Arbeiten sowie aus der Bearbeitung der Fauna der Tendaguru- schichten gefolgert werden kann.

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8. E. Krenger, Die Untere Kreide von Deutsch-Ostafrika. (Beiträge zur Pal. u. Geol. Österreich-Ungarns und des Orients, Bd. XXIII.) Wien 1910.

9. A. Hormes and D. A. Wray, Outlines of the Geology of Mozambique. (Geol. Magazine Dec. V, Vol. IX, Nr. 9, Sept.) London 1912.

10. J. Zwıerzyck1, Die Cephalopodenfauna der Tendaguru-Schichten in Deutsch- Ostafrika. (Wissenschaftliche Ergebnisse der Tendaguru-Expedition.) Im Erscheinen begriffen.

N

396 Zweite wissenschaftliche Sitzung am 15. Juli 1913.

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 15. Juli 1913.

Herr E. HENNIG: Über neuere Funde fossiler Fische in Aequatorial- und Südafrika.

Herr J. ZWIERZYCKI: Über das Vorkommen der Unteren Kreide in Portugiesisch-Mozambique.

Herr R. WEISSENBERG: Über Bau und Entwicklung der Microsporidie Glugea anomala.

Herr @. GERMERSHAUSEN: Über den Bau des Kehlkopfs bei Chamaeleoniden.

Druck von A. Hopfer in Burg b. M.

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Auszug aus den Gesetzen

der

Gesellschaft Naturforschender Freunde

zu Berlin.

Die im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforschender Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindung zur Beförderung der Naturwissenschaft, insbesondere der Biontologie.

Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außerordent- lichen und Ehrenmitgliedern.

Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20 betragen darf, ergänzen sich durch einstimmige Wahl nach den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789 und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise die Vorsitzenden und Schatzmeister.

Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschränkt ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf Vorschlag eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung, gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und Einladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlichen Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das „Archiv für Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter- stützten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise beziehen.

Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit Ausnahme der Monate August und September am 2. und 3. Dienstage jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im Konferenzzimmer der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt.

Alle für die Gesellschaft bestimmten Sendungen sind an den Sekretär, Herrn Dr. K. Grünberg, Berlin N4, Invalidenstr. 43, zu richten.

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zu Berlin. E Br. 8. Oktober 1913. SEE INHALT: N a

er Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. Von BerruoL» KLarr 327 RN _ Einige Bemerkungen über nordafrikanische Tiere und über das Verhältnis der

® Eingeborenen zu ihnen. -Von P. Spatz . „2... en... 5 27881 ö en 3. Beitrag: Die Trichodectiden des Berliner Museums für Natur- kunde. ; Von Rubore SIToBER : u nn. en ul ae 365 Beiträge zur Schlangenfauna Neuguineas und der benachbarten Inselgruppen.

E- Von RiCHARD STERNFELD . .. . a Eu ET TE 884 Zweite wissenschaftlich Sitzung am 21. Oktober 1913 . .. . . ET FRE 390

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Nr.;9, 1913 Sitzungsbericht

der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin

vom 14. Oktober 1913.

Vorsitzender: Herr P. MATScHIE.

Herr A. ScHhugErG Sprach über ein neues Verfahren zur Herstellung durch- sichtiger zoologischer Modelle. Herr B. Krart sprach über eine Sammelreise nach Eritrea.

Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. Von BERTHOLD KLATT.

(Aus dem Zoologischen Institut der Königlichen Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin.)

Die Reise, über welche ich im folgenden berichten will, war lediglich eine Sammelreise, und zwar eine solche recht einseitiger Art. Denn das Material, welches ich mir in Eritrea beschaffen wollte, waren Gehirne von Schakalen und primitiven Haushunden, die ich benötigte, um meine Studien über die Veränderung des Gehirns in der Domestikation') mit Aussicht auf Erfolg weiter- führen zu können. Daneben kam es für mich darauf an, die erbeuteten Schakale und primitiven Haushunde auch anatomisch genau zu untersuchen und gewichtsmäßige Feststellungen über die einzelnen Teile und Organe ihres Körpers zu erheben. Auch dies geschah, um im einzelnen den Einfluß der Domestikation auf den Typus „Hund“ genauer verfolgen zu können. Es blieb mir also für Studien allgemein zoologischer Art nur recht wenig Zeit, und da ich über die Ergebnisse meiner Hauptstudien jetzt noch nichts zu veröffentlichen gedenke, wird auch der folgende Bericht nicht viel des Neuen bieten. Mein Hauptinteresse galt eben überall auf der Reise den Schakalen, und sie werden auch im folgenden den wesentlichsten Raum beanspruchen.

1) KLArt, Über die Veränderung der Schädelkapazitätin der Domestikation. Sitz.-Ber. d. Ges. naturf. Freunde zu Berlin. 1912, 22

328 BERTHOLD KLarr.

Die Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin hatte mir

%

die namhafte Summe von 1500 M. zur Verfügung gestellt, wodurch

es mir überhaupt erst ermöglicht wurde, die Reise anzutreten. Ich möchte dafür der Gesellschaft auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aussprechen. Nicht minder dankbar gedenke ich meiner Gefährten. Es waren dies Herr Dr. med. vet. A. BERGER, Herr cand. phil. Hans v. BoETTICHER und unser Institutsdiener ÜRRISTOPH PAckscaizss. Besonders meinem Freunde BERGER bin ich zu großem Danke verpflichtet. Ohne seine reiche jagdliche Erfahrung hätten meine Studien nicht so rasche und zufrieden- stellende Erledigung finden können. Auch hat er während seines weiteren Aufenthaltes in Eritrea (er blieb noch einige Wochen nach mir im Lande zurück) eine ganze Anzahl von Gehirnen für mich gesammelt.

Am 27. Februar 1913 landeten wir in Massaua, der Porta del Inferno, wie es die Italiener nennen?). Jener Teil Afrikas, in dem Massaua liegt, gehört ja mit zu den heißesten Gebieten der Erde, in denen auch das Maß der jährlichen Wärmeschwankung ein außerordentlich geringes ist. Zur Zeit unserer Ankunft war die Temperatur allerdings ganz erträglich, nicht heißer als an einem recht sonnigen Augusttage bei uns. Wenn uns in dieser Beziehung Massaua also nicht gerade höllisch anmutete, so ließ es uns doch in anderer Hinsicht über diese seine wahre Natur nicht im Zweifel, indem ein kleines Erdbeben, das gerade während unseres Abend- brotes einsetzte und sich auch in der folgenden Nacht sowie während unserer späteren Anwesenheit im Lande noch mehrfach wiederholte, uns an die Arbeiten unterirdischer Gluten erinnerte. Am nächsten Morgen begaben wir uns noch vor Tagesanbruch zur Eisenbahnstation, um in das Hochland hinaufzufahren. Der schlüpfrige Lehmboden und leichte Regenschauer erinnerten uns daran, daß wir uns hier im Tieflande noch in der Zeit der Winterregen befanden (November bis Februar), während die Regenperiode des Hochlandes in die Monate Juli bis September fällt. So prangte denn auch die Landschaft, durch welche wir nach Durchquerung der schmalen Wüstenzone, die die Küste umgibt, hindurchfuhren, in frischem saftirem Grün. Nach einer halbstündigen Fahrt etwa beginnen die Vorberge, die mit niedrigen licht stehenden Bäumen und Sträuchern bedeckt sind. Nur an den Flußufern, z. B. dem des Desset, den die Bahn mehrfach kreuzt, hat sich ein schmaler Streifen

dichten kaum durchdringlichen Urwaldes angesiedelt, in welchem.

?) Vgl. EscHerıca, Fine Ferienreise nach Erythrea. In: Aus der Natur 1908.

- = =,

Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 329

Tausende von Vögeln ihre nächtliche Unterkunft finden. Kleine Gazellenrudel flüchten von der Balınlinie fort, einige Trappen stehen in der Nähe des Schienenstranges, und ein kleiner Hase mit außer- ordentlich langen Löffeln sucht schleunigst das Weite. Der Zug beginnt rasch berganzusteigen, der Pflanzenwuchs wird immer üppiger, und in der Höhe von Ghinda (955 m) bedeckt stellenweise dichter Urwald die Bergwand. Die Nester verschiedener Webervögelarten geben einen charakteristischen Baumschmuck. Hie und da sitzt dicht neben der Bahnlinie eine Meerkatze in einer Baumkrone, entfernter auf einzelnen Felsen, die aus dem Grün aufragen, steht eine Klippspringerantilope. Die besonders reichliche Vegetation um Ghinda wird dadurch bedingt, daß dieses Gebiet die Grenze der beiden verschiedenen Regengebiete darstellt und sowohl von dem Winterregen des Tieflandes wie dem Sommerregen des Hoch- landes Nutzen zieht. Bald hinter Ghinda wird die Steigung der Bahnlinie sehr beträchtlich und rasch klimmt der Zug in den kühnsten Serpentinen durch mehr als 20 Tunnel in der Bergwand in die Höhe. Die Regenschauer haben aufgehört, die Sonne bricht durch, wir sind aus dem Gebiet der Winterregen heraus und in die Trockenperiode des Hochlandes gekommen. Die Vegetation ist denn auch viel dürftiger. Lichte Wälder der eigentümlichen Kandelabereuphorbien beherrschen das Bild. Schließlich hören auch sie auf; das Hochplateau ist erreicht. In kaum sechsstündiger Fahrt sind wir von 9 auf 2300 m gestiegen und zugleich in Luftlinie wenig mehr als 50 km von Massaua entfernt. Ich glaube, es gibt keine Bahn sonst auf der Erde, die sich, was rasche Überwältigung starker Steigung anlangt, mit der Eritreabahn messen kann.

In Asmara, der Hauptstadt der Kolonie, die in ihrem Europäer- viertel an ein gemütliches deutsches Landstädtchen wohl erinnern könnte, fanden die notwendigen Vorbereitungen für unsere Weiter- reise rasche Erledigung. Da ich mich durch unser Auswärtiges Amt den italienischen Kolonialbehörden vor der Reise hatte empfehlen lassen (ein deutsches Konsulat existiert nirgends in Eritrea), so war unsere Ankunft bereits erwartet, und der Vertreter des Gouverneurs, Cav. Auturı, verschaffte mir sofort die nötigen Papiere, Jagderlaubnis usw. und gab mir Empfehlungsbriefe an die Kommissare der einzelnen Provinzen, an den Erzbischof von Eritrea u. dgl. mehr. Überhaupt haben wir während der ganzen Reise überall das weitgehendste Entgegenkommen der italienischen Be- hörden genossen. Es ist mir ein Bedürfnis, der italienischen Regierung, wie deren einzelnen Beamten, mit denen wir in Be- rührung kamen, besonders dem ebengenannten Vertreter des

22%

330 BERTHOLD KLATT.

Gouverneurs, Cav. ALLuRI, und den Kommissaren der Provinzen

Achele Kusai und Samhar, Cav. Tornarı und Cav. TALAMOoNTI, unsern herzlichsten Dank für ihre stetige rasche Hilfe auszusprechen. Nach nur zweitägigem Aufenthalt in Asmara konnten wir am 3. März die Weiterreise nach dem Süden der Kolonie antreten. Die 125 km lange Strecke Asmara—Adi Caieh wurde dank der ausgezeichnet eingerichteten italienischen Militärpost in einem Tage zurückgelegt, eine vorzügliche Leistung, wenn man bedenkt, daß es sich um eine Reise im Hochgebirge handelt bei einer Temperatur, die zwar merklich kühler als im Tieflande, unserer Julitemperatur doch keineswegs nachsteht. Allerdings sind die Chausseen fast überall vorzüglich instand gehalten. Die Gegend, durch die man kommt, ist zunächst einfarbiger rotbrauner Ackerboden, um diese Jahreszeit natürlich ohne Pflanzenwuchs. Allmählich ändert sich das Bild. Das Plateau wird hügelig, große und kleine Fels- blöcke, zwischen und auf denen spärlich niedere Pflanzen und Büsche sich angesiedelt haben, liegen umher. Ein richtiger, wenn auch sehr lichter Wald von Kandelabereuphorbien wird durchquert (Fig. 1). Links am Rande des Hochplateaus münden die zum Roten Meer hin abwässernden Seitentäler. Wie der glitzernde Spiegel eines großen Sees leuchtet die sonnenbeschienene Oberfläche der dichten Nebelmassen, die in ihnen lagern, zu uns herauf. Vor Saganaiti steigt der Weg sehr stark bergan. Auf das weithin schallende Trompetensignal unseres schwarzen Kutschers werden in der nächsten Etappenstation noch einige Maultiere als Vorspann von der Weide herbeigeholt; und als unser Wagen im Trabe heranfährt, stehen sie angeschirrt schon am Wege. Nach kaum zwei Minuten Aufenthalt geht es weiter. Saganaiti liegt auf der Wasserscheide zwischen Rotem Meer und Nil. Nach Überschreiten derselben erreichen wir denn auch einen riesigen flachen Talkessel, dessen Wasser in der Regenzeit zum Mareb hinabfließen. Es bietet sich uns hier ein prächtiger Fernblick, dem erst weit hinten durch die blauschimmernden Bergketten Abbessiniens eine Grenze gesetzt wird.

So zieht ein reizvolles Bild nach dem andern an uns vorbei, der Tag geht zur Rüste, rasch bricht das Dunkel herein. Noch zwei Etappen, an denen unsere ermüdeten Tiere durch neue ab- gelöst werden, dann nahen wir dem Endziele der Fahrt, dem Haupthandelszentrum im Süden Eritreas, Adi Caieh. Schon blinkt eine Petroleum-Glühlichtlampe auf, dahinter erscheint das erste Haus der Stadt. Die Tür öffnet sich, und der Kommissar der Provinz Achele Kusai, Cav. Tornarı, lädt uns ein, bei ihm zu verweilen,

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Doz 24

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Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 331

bis seine Beamten ein Haus für uns zurechtgemacht hätten. Um Mitternacht ist alles in Ordnung gebracht und in vorzüglichen Betten verbringen wir die erste Nacht der eigentlichen Expedition. Wohl keiner von uns hatte zu Hause gedacht, dab er solche Be- quemlichkeit hier in Afrika vorfinden würde, ein Haus mit drei Zimmern, richtigen Bettstellen und sogar einem Nachttischchen. Auch sonst wurde in jeder nur möglichen Weise von dem Kommissar

Fig. 1. „Wald“ von Kandelabereuphorbien im Hochland von ca. 2000 m. (Nach Photographie von H. v. Boetticher.)

für unser Wohlergehen gesorgt, so daß wir unsere Zeit völlig den geplanten Studien hingeben konnten.

Die Fauna des Hochlandes ist um diese Zeit nicht gerade eine sehr reichliche. Am meisten vorhanden sind Vögel, diese allerdings in einer überraschenden Zahl von Arten und Individuen, besonders in den auch jetzt in der Trockenperiode mit üppiger Vegetation bedeckten engen Schluchten der beiden Haddasbäche. Von dem düstern Schattenvogel bis zu den prächtig schillernden Honigsaugern, von dem riesigen Hornraben zum winzigen Pracht- finken, von dem fremdartigen Helmvogel zu unserm deutschen

332 BERTHOLD KLATT.

Wiedehopf, gab es alle möglichen Übergänge hinsichtlich Gefieder, Größe, Bekanntheit. Für manche schien gerade jetzt die Zeit der Brut zu sein, z. B. für die Prachtfinken. Ebenso fand ich unter den Reptilien, die besonders durch Agamen und Eidechsen ver- treten wurden, einige von den letzteren mit legereifen Eiern im Leibe. Von Amphibien tummelten sich in einem kleinen Wasserloch Tausende von Kaulquappen einer Krötenart zu einem riesigen dichten Knäuel vereint, so daß ein Netzschlag Hunderte brachte, während in dem dichten Pflanzenlabyrinthe eines kleinen Wiesentümpels einige wenige XKenopuslarven angetroffen wurden, die außerordentlich vorsichtig sind und bei dem geringsten Schatten, der auf das Wasser fällt, blitzschnell verschwinden. Das Insektenleben war sehr spärlich. So erinnere ich mich nicht, Schmetterlinge gesehen zu haben. Dagegen fanden wir häufiger unter Steinen versponnene Raupen.

Von Säugetieren war mit das häufigste jener langohrige Hase, der neben Francolinen und Tauben, die in großen Scharen vor- handen sind, unser gewöhnliches Mittagsmahl bildete. Der jüngste, den wir schossen, war vielleicht ein halbes Jahr alt. Bei den Klippschliefern, die in Mengen die Talschluchten bewohnten, fanden wir so ziemlich alle Altersstadien vor, von den kleinsten Embryonen bis zu wurfreifen, von Tieren mit nur etwa 800 & Körpergewicht bis zu solchen über 3 kg. Gleich im Anfang unseres Aufenthaltes wurde uns ein junger Serval gebracht, der erst wenige Wochen alt sein mochte. Etwas später scheint die Wurfzeit der Hyänen zu liegen, von denen wir in der Osterwoche ein soeben geworfenes Junges in einer Höhle auffanden. Sonst erbeuteten wir von Raub- tieren zunächst nur einen Herpestes, während das Ziel meiner Sehnsucht, der Schakal, obwohl wir sein Geheul allnächtlich zusammen mit dem der Hyäne unter unserm Fenster hörten, nicht zu bekommen war. Ich hatte mir den Fang dieses gewöhnlichsten afrikanischen Raubzeuges so einfach vorgestellt und wurde nun, als Morgen für Morgen unsere Eisen leer blieben, als Streifen in der Dämmerung, Ansitze vor Tagesanbruch durch den gerade ein- getretenen Neumond illusorisch gemacht wurden, nachgerade nervös. Endlich bekam ich wenigstens einen zu Gesicht. Wir kamen des Abends von einem kleinen Jagdausfluge zurück, meine Begleiter waren weit voraus, und ich sehlenderte allein ein wenig umher. Da fiel hinter einem Hügel, wo mein Freund Brreer anscheinend noch jagte, ein Schuß. Im nächsten Moment hörte ich etwa 30 m neben mir einen eigentümlichen Laut wie ein etwas langgezogenes „gluck“ in so fragendem Ton, daß es nicht anders als ein Laut der Über-

Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 333

raschung gedeutet werden mußte. Ich ging langsam näher, noch- mals erklang derselbe Laut, und in dem Gebüsch, aus dem er kam, verschwand ein graugelbes Fleckchen. Bevor ich noch schießen konnte, war es verschwunden, und als ich eilig hinzusprang, sah ich den Schakal wohl schon 100 m weiter in langen Sätzen fort- eilen.

Ein mehrtägiger Ausflug nach Senafe (Fig. 2), dem südlichsten Ort dicht an der abessinischen Grenze, der früheren Hauptstadt der

Fig. 2. Der Amba Matara dicht bei Senaf& (2700 m H.).

Provinz Achele Kusai, brachte ebensowenig den gewünschten Erfolg. Auch hier wurde uns von Cav. Tornarı ein ganzes Haus, das frühere Regierungsgebäude, zur Verfügung gestellt, und wir genossen sogar den Luxus leinener Tischtücher und Servietten. Hier in Senaf& gibt es keinen Weißen mehr, der Ort hat überhaupt nur wenig Einwohner, die meisten sind Askaris, von denen hier eine ganze Abteilung unter einem eingeborenen Führer als Grenzwache stationiert ist. Unsere Ausbeute war recht schwach. Außer Klipp- schliefern, Hasen und einem Herpestes gelang es uns nur noch, drei Hyänen zu erlegen. Von Schakalen nur die Spuren, die oft

334 BERTHOLD KLATT.

bis dicht an die Fallen herangingen. Die Schakale scheinen wohl eine feinere Nase zu haben als die Hyänen. So sagte mir auch der eine Kommissariatsbeamte, der seit 17 Jahren Eritrea nicht bloß als Jäger, sondern auch als sorgsamer Naturbeobachter durch- streift, daß die Hyäne seiner Ansicht nach vorsichtiger, aber mit stumpferen Sinnen begabt sei, während der Schakal statt dessen die feinere Nase, aber die geringere Intelligenz besäße.

Erst nach unserer Rückkehr nach Adi Caieh wurden meine Wünsche erfüllt. Der zunehmende Mond gestattete erfolgreichen Ansitz und auch die Fallen taten endlich ihre Schuldigkeit. Von den erlegten Schakalen hatten die Weibchen gleichfalls junge Embryonen im Uterus. Die Wurfzeit fällt hier im Hochlande in den April, leider zu spät, als daß mein innigster Wunsch, Junge lebend mit nach Deutschland zu bringen, in Erfüllung gehen konnte.

Die letzten Tage unserer Anwesenheit in Adi Caieh benutzte ich zu anatomischen Studien über die abessinischen Haushunde. Hunde gibt es dort überall in so großer Zahl, dab von Zeit zu Zeit von seiten der Regierungsbehörden eine Massenvergiftung inszeniert wird. Aber die meisten sind eingewanderte europäische Tiere oder Kreuzungen dieser mit dem eingeborenen Hund, in manchen Fällen auch, wie "behauptet wird, mit dem Schakal. Noch nirgendwo hatte ich eine derartige Massenvorführung von ganz unmöglichen Hundetypen gesehen wie in Eritrea. Reinrassige europäische Tiere gibt es nur sehr wenige, und zwar nur im Hoch- lande über 1500 m. In den tieferen Gegenden gehen unsere europäischen Rassen in kürzester Zeit zugrunde Nur die ein- geborenen Hunde reiner Rasse vertragen das Klima. Sie weisen alle ein und denselben Typus auf. An Größe etwa unserm deutschen Schäferhunde gleich, sind sie grobknochiger und weit muskulöser wie dieser, haben kurzes Haar, meist braunroter Färbung, Stehohren, stets coupiert, etwas buschige Rute. Die Augen zeigen die für primitive Hunde charakteristische Stärke der Schiefstellung, die dem Blick das eigentümlich Wildhundartige gibt. Die Hunde erschienen mir kurzschnäuziger und kurzbeiniger als der bekanntere große ägyptische Pariahund.. Im Benehmen sind beträchtliche Unterschiede. Die Dorfhunde europäischen Blutes bleiben ruhig liegen, wenn man vorbeigeht, die echten abessinischen schleichen schon beiseite, wenn man noch weit von ihnen entfernt ist. Es kam mir so vor, als ob sie speziell vor den Weißen eine besondere Scheu hätten; während sie den Schwarzen in die Waden gingen, wurden wir bei unseren nächtlichen Wanderungen nicht von ihnen belästigt. Ihre Sinne scheinen schärfer zu sein. Als wir einmal

er

Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 335

unsere Fallen sehr nahe bei der Stadt gestellt hatten, kamen die Dorfhunde bald heran und mußten wieder und wieder verscheucht werden. Ein echter abessinischer, dem ich gar nicht böse ge- wesen wäre, wenn er sich gefangen hätte, kam heran, erzeigte aber der gut versteckten Falle nur dieselbe Ehrfurcht wie unsere Hunde den Laternenpfählen; und der sich einige Minuten später fing, war natürlich so ein europäischer Bastard. Gegen Gift scheinen die abessinischen Hunde ziemlich resistent zu sein. Einer,

Fig. 3. Fettschwanzschaf; Lokalrasse des nördlichsten Abessiniens.

dem ich nach und nach etwa 2 g Strichnin beibrachte, lief noch etwa eine Stunde herum, bevor er einging. Von den übrigen Haustieren interessierten mich besonders die Ziegen, die hier in Adi Caieh das weitaus häufigste Haustier waren. Die Variabilität der Hornformen in dieser primitiven, noch nie mit fremdem Blut verkreuzten Rasse war eine außerordentlich große. Schafe werden weniger gehalten. Es sind kleine, grobwollige Tiere mit mittel- stark entwickeltem Fettschwanz. Fig. 3 zeigt eine im angrenzenden nördlichsten Teile des eigentlichen Abessiniens gehaltene nahe ver- wandte Rasse.

336 BERTHOLD KLATT.

Recht interessant waren die Esel (Fig. 4), die noch die echte Wildzeichnung des Somali-Esels in allerdings verschieden deutlichem Maße aufweisen. Auch die Maultiere haben meist Reste davon, wenigstens den Schulterstrich.

Reinrassige abessinische Rinder gibt es wohl kaum mehr viel in Eritrea, da hier schon sehr viele Einkreuzungen mit europäischen

Fig. 4. Zahmer Esel in Asmara.

Rassen vorgenommen sind. Fig. 5 zeigt ein wohl sicher reinrassiges Tier alten Blutes.

Zum Rückweg nach Asmara wählten wir diesmal die alte abessinische Landstraße, die jetzt kaum noch benutzt wird, über Dera und Halai, auf der man nur per Maultier reisen kann. Kurz vor Dera begegneten wir einer vielhundertköpfigen Paviansherde, die aber lange, bevor wir in Schußweite kamen, flüchteten. Hinter Halai, wo wir von der erwähnten Straße abbogen, um das abseits liegende Akrur zu erreichen, wurde der Weg recht schlecht, so dab unsere Schwarzen sich weigerten, weiterzugehen, was ihnen aber natürlich wenig nutzte. Mehr als einmal blieben die Packtiere zwischen den Felsen eingeklemmt hängen, und es mußte ihnen die

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Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 337

Last abgenommen werden. So überraschte uns denn die Dunkelheit etwa eine Wegstunde vor unserm Ziel Akrur, und wir waren ge- nötigt, in dem kleinen Dorfe Hebo zu nächtigen. Hier erlebte ich ein amüsantes Abenteuer; ein Mann aus Hebo, der ausgezeichnet italienisch sprach, auch etwas Französisch konnte und sogar unsern berühmten Landsmann SCHWEINFURTH von seinen Reisen in dieser Gegend her kannte, fragte mich plötzlich, ob ich nicht einige „giovani sciacalli“ brauchen könnte. Ich war ganz erstaunt, daß

Fig. 5. Reinrassiges amharisches Rind. (Nach einer Photographie von Dr. A. Berger.)

er meinen Herzenswunsch mir anscheinend vom Gesicht abgelesen hatte, und fragte, ob er mir denn wirklich welche besorgen könnte. Ich sollte nur sagen wieviele, ob sechs oder zehn oder mehr. Ich sagte, mit zweien wäre ich schon ganz zufrieden. Als wir dann am nächsten Tag in der italienischen Missionsstation von Akrur saßen, trat er denn auch wirklich an und sagte, er hätte mir zwei besorgt, sie wären draußen im Dorfe. Ich eilte, sie in Empfang zu nehmen, er führte mir zwei junge Schwarze vor von etwa 17 Jahren. Von . Jungen Schakalen war weit und breit nichts zu entdecken. Nach längerer Unterredung entließ ich ihn schließlich ziemlich unwillig;

338 BERTHOLD KLATT.

er hatte anscheinend nur einige junge Freunde bei uns als Diener unterbringen wollen. Die volle Aufklärung dieser etwas unverständ- lichen Angelegenheit wurde mir erst einige Tage später, als ich sie dem Vorsteher der Missionsstation, Padre VITTorINo, gelegentlich erzählte. Er fing herzlich an zu lachen und sagte mir dann, daß in dieser Gegend die jungen Eingeborenen, die sich als Diener oder Arbeiter vermieten, den Spitznamen „sciacalli“ trügen. In Akrur (Fig. 6), wo wir nur zwei Tage blieben, stand die Missionsstation voll

Fig. 6. Ein Teil des Dorfes Akrur (1800 m H.). (Nach einer Photographie von H. v. Boetticher.)

zu unserer Verfügung. Die italienischen Brüder waren zwar nicht anwesend, aber der eingeborene Frater und die eingeborene Nonne, die die Station verwalteten, bewirteten uns ganz ausgezeichnet. Zudem bescherte uns das Jagdglück zwei Schakale, die ich im Studierzimmer des Padre präparierte. Von Akrur stiegen wir nach Saganaiti auf und fuhren von dort per Wagen nach Asmara zurück. Ich hatte ja nur noch acht Tage zur Verfügung und wollte un- bedingt noch im Tieflande meine Studien fortsetzen.

Der Kommissar der Provinz Samhar, Cav. TaLamonrtı, in Massaua war ebenso liebenswürdig wie sein Kollege TornArı und

| | .

Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 339

verschaffte mir Erlaubnis, in der Eisenbahnstation Mai Atal (Fig. 7), dicht bei dem berühmten Saati, mein Lager aufzuschlagen. Am 1. April trafen wir, d. h. mein Diener und ich, dort ein, mein Freund BERGER mit unserem schwarzen Diener kam tags darauf nach. Welch ein Gegensatz zu dem schönen Klima, an das wir vom Hochlande her gewöhnt waren! Das Thermometer fiel nachts kaum unter 28° C. Bei Tage stiee die Hitze über 40°. Dazu kam der hohe Feuchtigkeitsgehalt der Luft. Die Regenzeit war hier noch nicht lange zu Ende, der Desset führte wenigstens stellen-

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Fig. 7. Die Bahnstation Mai Atal im Tieflande von ca. 200 m H.

weise noch etwas Wasser. Nachts schliefen wir in Kleidern unter den Netzen, um uns gegen die Moskitostiche zu schützen. Im gleichen Sinne sorgten für uns die Mitbewohner unseres Zimmers, nämlich Scharen von Fledermäusen, die bei Tage eine neben der andern an der Zimmerdecke hingen und nachts emsig durch das Zimmer hin und herflogen. Bei einigen derselben, die sich tags- über dicht unter dem Dache jenes niedrigen Häuschens aufzuhalten pflegten, welches für diese einsame, meist nur von Schwarzen be- nutzte Bahnstation einen wohl sicherlich recht überflüssigen Luxus- gegenstand europäischer Kultur darstellte, konnte ich mehrfach eine interessante Beobachtung machen. Die Tierchen hatten alle die Mäuler so weit aufgerissen wie nur möglich. Es sah richtig aus, als ob sie mir einen Schrecken einjagen wollten. Offenbar war es wohl ein Mittel, um die eigene Körpertemperatur durch Verdunstung herabzusetzen, wie es unsere Hunde zu tun pflegen, wenn sie erhitzt sind. Die Temperatur um die Mittagszeit betrug

340 BERTHOLD KLATT,

in der Sonne nicht unter 45°; der Aufenthalt dicht unter dem der Sonnenbestrahlung den ganzen Tag schutzlos ausgesetzten Dache mußte also für diese Nachttiere ein nicht gerade angenehmer sein. Besonders reich war hier im Tieflande die Insektenwelt vertreten. Zumal brutpflege- treibende Hymenopteren waren in verschiedenen Arten schon. in dem Stationsgebäude selbst vorhanden. In dem bewußten Häuschen hatten sich einige Kolonien einer großen Belono- gasterart angesiedelt, deren kleine, nur aus einer Wabe be- stehenden Nester, nach Art unserer Polistesnester von keiner Schutzbülle umgeben, frei an langen Stielen hingen. In dem an vielen Stellen vom Rost durch- löcherten Boden der Stations- laterne bauten Blattschneider- bienen. Die interessantesten Be- wohner aber wies unser Zimmer selbst auf: eine ganze Anzahl von Lehmnestern (Fig. 8) einer Eumenesart ?).. Jedes Nest besteht aus einer Anzahl von dicht übereinander angeord- neten, etwa pflaumengroßen, längsovalen Einzelzellen, die Fig. 8. Halbfertig gebautes Eumenes- ohne eine besondere Zwischen- nest, von der der Wand aufliegenden ; + Seite gesehen. Rechts unten sind zwei Schicht an senkrechte Wände weitere Zellen abgebrochen. (Ein wenig angebaut werden. Fertig ge- VREBRTERLEFEN baute Nester enthalten etwa zwölf Zellen, die in zwei Reihen nebeneinander angeordnet sind. Von außen betrachtet, sieht das ganze wie ein flach gewölbter Erdfladen von ovalem Umriß aus, der an die Wand angeklatscht ist, und man kann an dieser äußeren Gestalt keine Andeutung von dem inneren zelligen Bau erkennen. Das kommt daher, weil nach Vollendung

») Herr Prof. Heymons bestimmte sie mir liebenswürdigerweise als Eumenes dimidiatipennis Sauss.

Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 541

sämtlicher Brutzellen die Vertiefungen zwischen deren gewölbten Flächen noch mit Lehmdecken überwölbt werden, bis eine einheit- lich gewölbte Oberfläche entsteht. Diese äußere Schutzhülle von Zellen als solche kann man sie ja vielleicht auffassen wird natürlich nicht mit Eiern beschickt. Der Bau selbst geht recht rasch vonstatten. Ich beobachtete ein und dasselbe Weibchen sechs Tage lang beim Bau seines Nestes. In dieser Zeit hatte es zwölf Zellen vollendet. Der Bau einer Zelle dauerte etwa 1—2 Stunden. Rund alle zwei Minuten kam das Tier mit einem erbsengroßen Lehmklümpchen zwischen Mandibeln und Vorderbeinen und kittete an der Zellwandung weiter. Manchmal blieb es sekundenlang sitzen, gleich als ob es das Werk betrachtete, um dann an einer anderen Stelle der Wandung, die ihm wohl zunächst der Weiterführung zu bedürfen schien, weiterzuarbeiten. Die Fühler waren stets in emsiger Tastarbeit begriffen. War die Zelle bis auf eine kleine Öffnung vollendet, dann wurde durch diese der Hinterleib eingeführt und bedächtig das Ei gelegt. Nun erfolgte das Eintragen der Raupen, von denen anscheinend in der Nähe nur wenige zu finden waren, denn ehe die nötige Anzahl (4—6) eingetragen war, verging zuweilen der Rest des Tages. Blieb nach endgültigem Verschluß der Zelle noeh Zeit übrig, so wurde unverzüglich die nächste zu bauen angefangen, bis der Eintritt der Nacht der Tätigkeit ein Ende machte. Aber jeden Morgen pünktlich um 1,7 Uhr flog das Tier zum Fenster herein und baute an der angefangenen Stelle weiter. Stets kam es auf dem von Anfang an gewählten Wege, der eigentlich einen Umweg zum Nest darstellte, nämlich durch das gegenüberliegende Fenster herein. Stets verließ es das Zimmer durch das andere Fenster, in dessen Nischenwand sich das Nest befand. Einmal stellte ich eines unserer Gewehre so vor das Nest, daß nur ein schmaler Zuflugsraum zwischen Wand und Gewehr blieb. Das Tier, das gerade mit einem Lehmklößchen geflogen kam, flog an dieser neuartigen Spalte auf und nieder, schien zu taxieren, an welcher Stelle der Zugang wohl breit genug war zum Durchfliegen, und flog dann an dieser, unterhalb des Nestes, hindurch. Bei seiner nächsten Ankunft suchte es sofort diese Stelle auf und behielt diese Flugrichtung auch noch eine Zeitlang bei, nachdem das Hindernis entfernt war. Beim Wiedererkennen des eigenen Nestes es waren ja noch eine ganze Anzahl anderer angefangener Nester im Zimmer scheint der Gesichtssinn wenigstens mit in Betracht zu kommen. Als ich den einen sonst verschlossen ge- haltenen Fensterladen öffnete, wodurch eine andersartige Verteilung von Licht und Schatten entstand, zeigte sich das Tier zunächst

342 BERTHOLD KLATT.

desorientiert, paßte sich allerdings rasch wieder an. Die Ent- wicklung der Larven geht in diesem tropischen Klima außerordentlich rasch vor sich. CARRIERE?) gibt für die Entwicklung der Mauerbiene an, für die Entwicklung im Ei „kaum mehr als 14 Tage“, für den

Larvenzustand bis zum Einspinnen „ungefähr 4 Wochen“, in Summa

also 6 Wochen. Ebenso ergibt sich aus v. SreBoLp’s®) Angaben über die Entwicklung von Polistes eine etwa vierwöchige Dauer

des Larvenzustandes. Bei dem Zumenes-Bau, den ich in Eritrea.

vom Beginn seiner Entstehung an kontrolliert hatte, waren nach sechs Tagen, wo ich ihn entfernte, in den ältesten Zellen die schon spinnreifen Larven und kein Nahrungstier mehr vorhanden. Die Larven aus den einzelnen nacheinander gebauten Zellen nebeneinander gelegt (Fig. 9), ergeben eine völlige Stufenleiter, deren Anfangs-

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Fig. 9. Eumeneslarven aus dem von mir genauer kontrollierten Nest in natürlicher Größe. Die größte ca. 5 Tage alt; links ein höchstens 2 Tage altes Ei, die Larve daneben wenig älter.

stadien leider fehlen, denn in den beiden jüngsten Zellen fand ich nur Raupen, konnte das Ei der Wespe aber nicht entdecken; erst in der drittjüngsten Zelle fand ich ein ziemlich großes, kümmelkorn- artiges Gebilde, das Ei mit der schon ziemlich fertig darin ent- wickelten Larve.

Soviel ist also sicher, daß die Entwicklung im abgelegten Ei hier wenig mehr als zwei Tage dauern kann, die Entwicklung bis zur Spinnreife höchstens weitere vier bis fünf Tage, so daß also die Entwicklung dieses großen Insektes etwa fünf- bis sechsmal so schnell verläuft wie bei unseren ähnlich lebenden viel kleineren Formen. Ein schönes Zeugnis dafür, wie die Wärme beschleunigend auf die Entwicklung einzuwirken vermag ®).

*) CARRIERE, Die Entwicklungsgeschichte der Mauerbiene. Nova Acta ac. Caes. Leop. Carol. B. 69.

°) v. SIEBOLD, Beiträge zur Parthenogenesis der Arthropoden. Leipzig 1871.

°) Es ist eine interessante Parallele, wenn die Larvenentwicklung unserer Honigbiene etwa 8—10 Tage in Anspruch nimmt (nach Zanper 3 Tage Ent- wicklung im Ei, 6 Tage bis zum Einspinnen). Darf doch die Temperatur im Bau dieser sozialen Form zur Brutzeit nie unter 30° C sinken, um nicht Störungen im Betriebe hervorzurufen. (ZAnper, Der Bau der Biene, Stuttgart 1911.)

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Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 343

Bei diesen Eumenes-Arten schmarotzt eine große grüne Chry- sidide, Stilbum cyanurum FoRSTER. Von diesen trieb sich immer eine Anzahl im Zimmer herum und suchte die Nester der Zumenes auf, um ihre Eier hineinzulegen. Das Nest, welches ich beobachtete, wurde leider nicht angegangen, und so Konnte ich nicht feststellen, wie sich die beiden Wespen bei einem etwaigen Zusammentreffen benehmen. Wenn der Bau der Kumenes fix und fertig ist, scheint die Chrysidide gleichfalls ihn zu verschmähen; vielleicht ist die sekundäre Zellschicht ein Schutzmittel gegen diesen Feind, dessen

. Legestachel nur auf die leeren Außenzellen und selten auf die

eigentlichen Brutzellen stoßen würde. Dagegen konnte ich die Tätigkeit von Stilbum gut beobachten an einem unfertig gebliebenen Bau, dessen Baumeisterin anscheinend vorzeitig vom Tode ereilt war. Nachdem die Goldwespe eine geeignete Stelle zur Eiablage gefunden hat, fängt sie mit hörbarem Beißen an, mit den Mandibeln ein Loch zu nagen. Dann wird der Stachel in dasselbe eingesetzt und hin und her bewegt. Nun erfolgt wieder ein neues Arbeiten mit den Mandibeln und so fort im Wechsel, bis der Stachel zur Höhlung hindurchdringt und das Ei abgelegt werden kann.

Von Säugetieren trafen wir hier zum ersten Male auf Gazellen. Gazella isabella Gray und Madogua saltıana BLAmVILLE wurden in mehreren Exemplaren erlegt. Bei beiden Arten fanden wir Weibchen mit sehr weit ausgebildeten Jungen. Die Wurfzeit der Caniden war anscheinend schon einige Zeit vorbei. Gleich am zweiten Tage gruben wir einen der kleinen Wüstenfüchse aus (Cynalopex pallidus CrerzscHhm.), ein Weibchen mit nur noch ge- ringen Anzeichen der eben verstrichenen Säugezeit. Die Jungen, die sich im Bau aufhielten, mochten schon einige Wochen alt sein; sie bissen dem grabenden Schwarzen herzhaft in den Finger. Es ist wohl anzunehmen, daß die Schakale hier im Tieflande zur gleichen Zeit wie diese verwandte Gattung werfen, wenn auch bei den Schakal- weibchen, die wir hier erlangten, keine Spuren von eben abgelaufener Trächtigkeit mehr zu entdecken waren. Obwohl die Regenzeiten im Hoch- und Tieflande um vier Monate auseinanderliegen, scheinen die Wurfzeiten in beiden Gebieten also nur um einige Wochen, aber wohl kaum mehr, zu differieren, denn bald nach meiner Ab- reise aus Eritrea gab es junge Schakale in der Gegend von Asmara (2300 m hoch), während um dieselbe Zeit die kleinen Wüstenfüchse hier unten im Tiefland erst einige Wochen alt sein konnten. Alle Schakale, die wir erlegt hatten, waren Grauschakale Den Scha- brackenschakal, der ja hier den nördlichsten Punkt seiner Ver- breitung erreicht, konnte ich leider nicht erlangen.

23

344 BERTHOLD KLATT,

Die Woche, die mir noch im Tieflande zur Verfügung stand, ging zu Ende. Die Kisten standen gepackt, vormittags noch mußte der Zug von Asmara eintreffen, der uns nach Massaua an Bord des Dampfers bringen sollte. Zum letzten Male ging ich gleich nach Sonnenaufgang zu dem Luderplatz, den ich angelegt hatte, nur aus Gewohnheit, ohne Hoffnung, etwas zu finden. Das Gewehr nahm ich gar nicht erst mit. Als ich zu dem Platze ge- langte, war mein vergifteter Köder, ein großer Haushundkadaver, fort. Eine Strecke weit Konnte ich die Schleifspur verfolgen, dann war nichts weiter zu entdecken. Als ich so suchend bis zum Ufer des hier völlig ausgetrockneten Dessetflusses gelangte, ertönte aus dem Dickicht am jenseitigen Ufer das heisere Kläffen eines kleinen Dorfköters. Gespannt blickte ich hinüber. Im selben Moment tauchten zwei Hunde auf, die sich verfolgend unter Kläffen durch das trockene Bett des Desset gerade auf mich zueilten. Im nächsten Moment erkannte ich, es waren Schabrackenschakale. Einen kopfgroßen Stein, der am Wege lag, nahm ich und warf ihn nach dem ersten der Tiere. Vergebens.. Eine Handbreit zu hoch sauste er ihm über den Rücken fort. Aus dem Gebüsch am jen- seitigen Ufer scholl immer noch weiteres Gezanke. Da lief ich schnell nach Hause, um das Gewehr zu holen. Als ich aber mit BERGER im Laufschritt zurückkehrte, war alles totenstill und weit und breit nichts mehr zu entdecken. Das war das Ende meiner Schakaljagd in Eritrea.

Zwei Tage später saßen wir wieder auf dem Dampfer, der uns zur Heimat zurückbringen sollte. Aber leider entsprach das Ende der Reise nicht ihrem bisherigen glücklichen Verlauf. Bald hinter Port Said wurden wir krank. Wie einst BREHMm bei seiner Rück- kehr aus demselben Lande Habesch, betrat auch ich als Fieber- kranker den europäischen Boden. Mein braver Gefährte und eifriger Helfer PackscHiess aber erlag noch auf dem Dampfer der Malaria, vor der uns alle Vorsichtsmaßregeln nicht hatten behüten können. Bei meinem Freunde BERGER, der noch einige Wochen in Eritrea verblieb, brach das Fieber noch während seines Aufenthalts daselbst aus, ohne ihn jedoch glücklicherweise ernsthaft zu schädigen.

Im folgenden soll nun kurz berichtet werden über gewisse Untersuchungen, die ich neben meinen Hauptstudien, die ja, wie oben gesagt, nicht hier veröffentlicht werden sollen, während meines Aufenthaltes in Eritrea vornahm. Es handelt sich um Wägungen und Messungen an Säugetieren und Vögeln. Nur die Zeit, die nach

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Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 345

Erledigung meiner Hauptstudien blieb, habe ich hierfür verwendet, und es ist daher nur ein Teil unserer Jagdbeute, wenn auch der größere, von mir so bearbeitet worden.

Gewichte von ganzen Tieren und von Organen derselben sind bisher nur wenige veröffentlicht. Selbst unsere einheimische Fauna ist in dieser Hinsicht bisher in geradezu sträflicher Weise vernachlässigt worden; und doch muß diese Untersuchungsweise für eine ökolo- gisch-physiologische Betrachtungsweise der Tiergeographie ‘) von größtem Werte sein. Die Anregung zu diesen Untersuchungen verdanke ich Herrn Professor Hesse, der vor der Reise dieses Thema mehrfach mit mir erörtert und mir wertvolle Winke ge- geben hat. Er hat auch, was unsere heimische Fauna anlangt, bereits eine große Zahl von Gewichtswerten gesammelt, die er demnächst zu veröffentlichen gedenkt. Diese Daten hat er mir für meine im folgenden vorgenommenen Vergleiche in weitgehendster Weise zur Verfügung gestellt®). Ich habe die seiner Sammlung entnommenen Angaben durch Zusatz seines Namens gekennzeichnet. Eine Sammlung von Vogelgewichten hat ferner PARRoT?) gegeben. Einige wenige Gewichte sind aus der Beramann’schen 10) Arbeit zu ersehen. Ferner hat mir einer unserer Praktikanten, Herr Tımmann, liebenswürdigerweise einige Gewichtsangaben über Enten überlassen.

Es ist klar, daß die wenigen Angaben dieser Art, die ich über nordabessinische Tiere hier beizubringen vermag, vorläufig nichts weiter bedeuten können als Rohmaterial, das später, wenn mehr Vergleichsdaten aus dieser wie aus anderen Gegenden vorliegen, dazu helfen mag, dauerhafte Bausteine für theoretische Anschauungen zu liefern. Ich will daher die meisten der von mir gesammelten Daten über Darmlänge, Hirn-, Rückenmarks-, Skelett- und Muskel- gewichte nur tabellarisch zusammenstellen, ohne spekulative Er- örterungen an sie zu knüpfen. Nur was die Herzgewichte anlangt, so will ich kurz auf sie eingehen, weil mir eines schon jetzt mit ziem- licher Sicherheit hervorzugehen scheint, nämlich, daß sie bei meinen abessinischen Formen fast stets kleiner sind als bei gleichgroßen

?) Vgl. Hesse, Die ökologischen Grundlagen der Tierverbreitung. Geogr. Zeitschr. 1913.

8) Ich möchte nicht verfehlen, auch an dieser Stelle Herrn Professor Hesse meinen herzlichsten Dank für seine in jeder Weise gegebene gütige Unterstützung auszusprechen.

9) Parrot, Größe des Herzens der Vögel. Zool. Jahrb. Syst. Bd. VII.

10) Jos. BEramann, Die Größe des Herzens bei Menschen und Tieren. München 1884. Diss.

23*

346 | BERTHOLD KLATT,

Tabelle A.

4

0. Art Gen. Fundort k.c. In. c. IH“

1 Buteo augur Rüre. 6) Asmara, 2300 m H. | 997 6,7

72 Ente sp.

73 Saati, 200 m H. 855 8,4

orten

6 Aquwila rapax Tem. ö 1|Adi Caieh, 2300 m H.| 1810 | 14 7,7 3 P 2 » » » » [2085 | 12,1 | 5,8

5 Corvus affinis Rüpe. 5 | Adi Caieh, 2300 m H.| 875 6,2 7

Francolinus erkeli Rüpp. 9 TAdi Caieh, 2300 m H.| 785 | 2,2 96 d 5 (6) Senafe, 2500 m 1100 | 7,5 x E o & 1 Adi Caieh, 2300 m H.| 1165 | 6,9 | » » „[ 1212| 83 Columba albitorgues Rüpe. 9 Adi Caieh, 2300 m H.| 277 | 4,5(?)| 16 55 } \ R k) ; „2 5 } BRor 4 Columba guwinea L. 16) > » nn „| 320 |.4,35 7 18,6 A. 6) = N 13 5 Karel Q = a et 11,9 ° ra o B - 7.21 a6 A | 7 Turacus leucotis Rürp &? [Adi Caieh, 2300 m H.| 230 | 2,0 Ä 27 » Ss? » » 259 1,8 i 46 Scopus umbretta Gm. 5 1 Adi Caieh, 2300 m H.| 385 | 3,8 } 47 R R ) ; Be 2 |

Bucorvus abyssinicus Bon». 17 (Auge 15 g, Mageninhalt: Heuschrecken, Helieiden, 1 Cetonia, 1 Agame, Knochen) Bucorvus abyssinicus BoDD. 4500

40 | (Mageninhalt: Körner, Heu- 6) Senafe, 2500 m (Hand-] 45,8 schrecken, 1 Buprestide) wage!)

2 I Adi Caieh, 2300 m H.| 3450 | 33

-

s

u u .

Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 347 Tabelle A. Unter- H. G, Eher Art Gen. Fundort K. G.|H. G.| 0/00 HesseE Buteo vulg. 6) Deutschland 915 [6,875 » » 2 E 925 17,33 5 x 2 o f 1033 |7,95 4 lagopus 6) Norddeutschland | 979 | 8,555 » » » ? 2 988,5 | 9,18 Tımmann Anas crecca Q Sylt 2832 193 10,4 A r 5 Q 5 245 | 2,86 | 11,7 » » » ) E 255 | 2,93 | 11,5 » » 6) 5 220 | 3,7 11,6 HessrE x N ® Deutschland 329 | 3,62 | 11.0 5 A = \ 5 451 | 4,921| 10,8 Hesse Aquila chrysaetos ? Deutschland 3315 | 28,02] 8,4 f a ; Q 2 3440 | 28,25 | 8,2 Hesse Corvus corone 6) Deutschland 514 | 5,35 | 9.8 E R 2 S 557 | 5,078| 9.1 R cornix 2 586 | 5,78 | 9,8 Hesse Perdix cinerea ie) Deutschland 366 | 2,776 # Tetrao tetrix 16) = 1160 | 12,48 £ E E S : 1168 | 15,26 PARRoT Columba oenas 6) 247 | 3,42 | 13,8 Hesse > a 6) Deutschland 269,5] 3,438 | 12,8 PARRoT R palumbus (6) 516 | 5,37 | 10,4 Hesse s u ? Deutschland 443 | 6,14 | 13,9

348 BERTHOLD KLATT.

verwandten europäischen Arten. Es ist wohl in erster Linie die dauernd höhere Temperatur der Tropen, die hierfür verantwortlich zu machen ist; sie bewirkt, daß im Stoffwechseletat des warm- blütigen Organismus geringere Ausgaben für die Aufrechterhaltung der Eigentemperatur, also besonders für den Ersatz der durch Aus- strahlung ständig verloren gehenden Wärmemengen erforderlich sind als im kalten Klima. Die Intensität des Stoffwechsels ist also eine geringere, weil die höhere Außentemperatur dem Organis- mus einen Teil seiner Arbeit abnimmt. Damit werden auch die Anforderungen, die an das Herz gestellt werden, geringere, was sich nun in dem niedrigeren Gewicht desselben zu erkennen gibt.

Das Gesetzmäßige in diesem Verhalten des Herzens ist be- sonders deutlich zu erkennen beim Bussard '') (Tabelle A), wo ich die tropische Form (allerdings aus dem kühleren Hochland) mit unserm deutschen und einem nordischen Bussard zusammengestellt habe, und wo letzterer das größte, der abessinische das kleinste Herzgewicht hat, während der deutsche die Mitte hält. Deutlich ist es auch beim Adler, wo unser Steinadler, obwohl doppelt so groß, doch ein relativ höheres Herzgewicht hat als der Aguila rapaz, denn sonst hat ja ganz allgemein das kleinere Tier infolge seines intensiveren Stoffwechsels das relativ schwerere Herz. Aus dem gleichen Grunde ist andererseits der Vergleich zwischen Corvus affınıs und unseren kleineren Krähen weniger beweiskräftig und es wäre besser gewesen, ersteren mit Corvus corax zu Ver- gleichen, der mindestens ebenso schwer, wahrscheinlich sogar noch schwerer ist. Leider aber konnte ich nirgends eine gewichtsmäßige Angabe über unseren Kolkraben finden. Der Beweiswert des Ver- gleichs meiner abessinischen Enten (der einzigen aus dem heißen Tieflande untersuchten Vögel) mit unserer Anas crecca wird da- durch etwas herabgedrückt, daß die Art der ersteren nicht genau bekannt ist; die Bälge gingen leider verloren, bevor sie bestimmt werden konnten. Ein recht hinkender Vergleich ist ferner der zwischen Frankolin einerseits, Rebhuhn und Birkhuhn andererseits. Die Verwandtschaft ist doch schon eine ziemlich entfernte und die Unterschiede in der Lebensführung sind vielleicht so große, daß die Unterschiede im Herzgewicht auf andere Ursachen zurückgeführt werden können und nicht notwendig im Klimaunterschiede direkt begründet sein müssen; denn das ist ja klar, daß auch unabhängig

1!) Die Vögel meiner abessinischen Ausbeute wurden mir von Herrn Prof. Reıchexow, die Säuger von Herrn Prof. MArscHıe gütigst bestimmt, wo- für ich beiden meinen herzlichsten Dank ausspreche.

Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 349

vom Klima durch besondere Eigentümlichkeiten, die eine Veränderung der Stoffwechselintensität bedingen, Änderungen des Herzgewichtes hervorgerufen werden können, z. B. durch Unterschiede in der Art und Stärke der Bewegungen. "Ähnliche Besonderheiten in einzelnen Lebensgewohnheiten mögen es vielleicht sein, die bewirken, daß meine abessinischen Tauben ein fast ebenso hohes Herzgewicht haben als unsere heimischen Arten. Diese Tatsache braucht also nicht notwendig gegen meine oben vertretene Auffassung zu sprechen, sondern sagt weiter nichts aus, als daß das Klima eben nur einer der Faktoren ist, welche das Herzgewicht bestimmen, und zeigt damit zugleich den heuristischen Wert, der in solchen vergleichen- den metrischen Untersuchungen besteht: Durch die physiologische Betrachtung ist uns eine gewisse Richtschnur gegeben; finden sich Abweichungen von derselben, so fordern diese einen zureichenden Grund zur Erklärung, der gesucht werden muß und neue Frage- stellungen in sich schließt.

Auch bei den Säugetieren (Tabelle B) finden wir ein analoges Verhalten des Herzens. Das zeigt z. B. der Vergleich zwischen den beiden Mäusen @erbillus murinus und Mus agrarıus, und selbst die viel weniger bewegliche und etwas kleinere Agricola agrestis aus Deutsch- land hat noch ein größeres Herz als die abessinische Rennmaus. Einen gleichsinnigen Unterschied im Herzgewicht treffen wir auch bei den beiden Wühlratten Arvicanthis abyssinica und Arvicola terrestris aus der Schweiz. Weniger einwandfrei ist es, wenn die Gazelle mit dem Reh verglichen wird; indessen haben wir ja außer der noch dazu anders lebenden und gewichtsmäßig nicht untersuchten Gemse keine wildlebende Antilope in Mitteleuropa. Wertvolle Belege aber geben wieder die Hasen und die Schakale, welche letztere man gut mit unserem nahe verwandten und auch biologisch nicht allzusehr abweichenden Fuchse vergleichen darf. Alles in allem glaube ich, damit den Beweis geliefert zu haben, daß die von mir untersuchten abessinischen Warmblüter durch- gängig ein niedrigeres Herzgewicht aufweisen als nahe verwandte und ähnlich lebende Arten unserer Region. Die oben gegebene Begründung für diese Tatsache ist zwar damit nicht bewiesen, aber doch eine sehr naheliegende und vielleicht die wahrschein- lichste.

Noch eine weitere Frage von allgemeinerer Bedeutung könnte durch solche gewichtsmäßigen Untersuchungen entschieden werden, nämlich die, ob zwischen Klima und Tiergröße gewisse Beziehungen bestehen. Ich kann zahlenmäßige Belege in nennenswerter Zahl nur angeben für mein Hauptuntersuchungsobjekt, den Schakal. Die

350 BERTHOLD KLATT.

Tabelle B. . h | HG rt Gen. Fundort K. GIER GE | in °/oo Gerbillus murinus SunDEvALL]| & Saati, 200 m H. 34 | 0,13 Arvicanthis abyssinica Rüpp. 18 (mit sehr kleinen Em- 9 I Adi Caieh, 2300 m H.| 108,7 | 0,25 bryonen) DE N ® Saati, 200 mH. [11,7 [ 0,12] 10 ÜRETZSCHM. : } ; ; 64 Lepus Q Saati, 200 m H. 1900 | 12,5 | 6,6 24 2 & Adi Caieh, 2300 m H.| 1900 | 14,7 | 7,7 64 3 RE x 5, 2900. 1a 13 % RE s >.» [215 1 ea 5 53 & E 5 5 SE TREE TE 54 > & 3 »» » | 2265| 14,2 | 6,3 Gazella isabella GRAY 6) Saati, 200 m H. 9750| 67,5 | 6,9 u * Mi je] ;R INT 13000 | 91 7,0 5 o N 66 Grauschakal ®) Saati, 200 m H 5000 | 39,5 | 7,9 | 68 h ° ade eat 52350 | 375 | 71 © 69 E O BT RN 5500 | 35 | 64 50 £ & | Adi Caieh, 2300 m H.| 6600 | 505 | 7,7 52 j E 5 „04 2.1.6750 1 a a 49 R O Y 22» 1.8800 | as 7 48 j ° R „ty „18000 Mad 6l A (6) Akrur, 1800 m H. 8250 | 53,5 | 6,5 62 R) x »_ 18300 | 58,0 | 6,3 23 . 6) Adi Caieh, 2300 m H.| 8750 | 59,0 | 6,7 51 K & Ri 10750| 64,0 | 6,0

Tabelle © zeigt, daß bei neun nach Beschaffenheit der Zähne er- wachsenen, zum Teil sogar recht alten Schakalen aus dem Tief- lande von etwa 200 m Seehöhe das Körpergewicht um etwa 5 kg als Mittelwert variiert, während für acht Tiere aus dem durch- schnittlich zehnmal so hohen Hochlande (1800—2300 m) 8 kg den Mittelwert darstellt und nur die zwei leichtesten bis an die obere Variationsgrenze der Tieflandtiere herabreichen. Was die anderen

Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 351

Tabelle B. Unter- H. G. Eier Art Gen. Fundort K. G.|H. G. |; O/oo KLArrt Mus agrarius ) Berlin 33,3 | 0,20 Agricola agrestis (Darm E sehr gefüllt; z. B. ) Eutin 34 0,16 Coecum 8 g) KLartr Arvicola terrestris Q Olten, Schweiz 89,5 | 0,34 » » » ? » 91 0,37 Hesse Vesp. murinus ? Deutschland 16,6 | 0,176| 10,6 2 PARRoT „. myotus ? ? ? 14,91 E Hesse Lepus europaeus 6) | Deutschland 3847 | 34,64 | 9 z 3 6) = 4512 | 39,65 | 8,8 % 5 z Ss 2 3982 | 36,9 | 9,27 : z Q £ 4204 | 38,46 | 9,15 ® $ Cervus capreolus 6) 15000| 170 | 11,3 BERGMANN | » - ? 17000| 200 | 11,7

—————————————————————————eeeE en u un mn 7 TITT—

Deutschland 5048 | 52,65 | 10,4 5110 | 58,25| 11,4 5739 | 58,8 | 10,2 6550 | 70,0 | 10,7 6550 | 69,95 | 10,7

Hesse Canis vulpes

”» »

3 38 a $ O4 Qu 40 40 > a |

»

Säuger und Vögel anlangt, so war die Zeit, die mir für die Reise zu Gebote stand, zu kurz bemessen, um die nötigen Vergleichsdaten zu beschaffen. Immerhin ist es vielleicht mehr als ein Zufall, wenn der einzige erwachsene Tieflandhase, der gewogen wurde, nur ge- rade soviel wiegt wie die leichtesten der ausgewachsenen Hochland- individuen, oder wenn das schwerere von den beiden einzigen er- beuteten recht alten Herpestes-Männchen aus dem höher gelegenen

352 BERTHOLD KLATT.

Tabelle C. Grauschakale Eritreas nach Krarr (K.) und BERGER (B.). Heimat Be ie | a Geschl.| Alter n. d. Zähnen

Mai Atal B. 4500 12,9 Q2 stark abgekaut Ailet B. 4750 13,4 6) wenig 5 Mai Atal K. 5000 12,9 ) S N

r re FR 5250 13,2 6) sehr wenig abgekaut

Z 3,6: 200 m 5500 13,5 ®) wenig abgekaut

B; Pe =? 5500 13,1 6) E h: Ailet B. 6100 13,4 6) 3 8

= TER 6150 13,5 ) sehr stark abgekaut Mai Atal B. 6000-6500] 13,9 | 6) wenig abgekaut Adi Uoghera K. 6600 13,5 6) ziemlich abgekaut

RR a K. 6750 14,2 6) sehr stark

2 AN K. 6800 14,2 e) kaum abgekaut

= 5 K. ca. 8000 13,9 e) stark

Caieh K. 2000 m 8750 14,8 6) sehr wenig abgekaut Akrur K. 8250 14,9 6) ziemlich abgekaut

: 8300 13,6 O wenig abgekaut Adi Uoghera K. 10 750 15,0 6) ö R

Senafe stammt. SCHOELLER !?), der dieselben Gegenden vor 20 Jahren als Jäger und Nichtzoologe bereist hat, führt gleichfalls einige solcher Beobachtungen an. So sagt er p. 103, daß von den vier von Ihm angetroffenen Francolinarten „das größte nur in der Gegend von Kohaito angetroffen ward“. Kohaito ist ein Hochplateau in 2600 m Höhe dicht bei Adi Caieh und der höchste Punkt, den SCHOELLER auf seiner Reise erreichte. P. 157 berichtet er aus Akrur: „Den größten Leoparden, den wir auf der ganzen Expedition er- beuteten, fingen wir hier. Infolge des kühleren Klımas und des Aufenhalts im Gebirge war er besonders dunkel und langhaarig, auch von einer exzeptionellen Größe.“ Auch bezüglich des Schakals ist ihm diese Besonderheit aufgefallen. P. 164 sagt er vom Schakal bei Adi Caieh: „Unter den Vierfüßlern variiert bei dieser Höhe der Schakal etwas von den vorher angetroffenen Exemplaren; er ist größer und fahler gefärbt.“ Freilich sind es nur wenige Beob- achtungen, die ich hier speziell für Eritrea anführen kann, und es wäre von Nutzen, auch die Tiere anderer Gegenden daraufhin ver- gleichend zu untersuchen. Gewichtsangaben können, da sie bisher nicht vorliegen !?), nicht benutzt werden. Aber man kann wenigstens

12) M. SCHOELLER, Mitteilungen über meine Reise in der Colonia Eritrea. Im Selbstverlag. Berlin 1895.

13) Wie mir Herr Prof. MArscHız mitteilte, finden sich Angaben über das Ganzgewicht einiger abessinischer Tiere in Powell-Cotton, A sporting trip through Abyssinia. London 1902. Was den Schakal anlangt, ‚so hat er

5

N

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BR

Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913, 353

auf Grund der Angaben über die Schädellänge einige Schlüsse be- züglich der Größe ziehen. Aus meiner Tabelle C geht hervor, daß Körpergewicht und Basilarlänge in einer gewissen Korrelation stehen. Zwar variiert die Basilarlänge bei gleichschweren, ausgewach- senen Tieren wenigstens um einige Millimeter, aber im großen und ganzen kann man sagen, daß beim Grauschakal einer Basilarlänge zwischen 12,9 und 13,9 cm ein Körpergewicht von 4500—6500 g, einer Basilarlänge zwischen 13,5 und 15,0 cm ein solches von 6500—10000 g entspricht. Vergleichen wir nun hiermit die An- gaben über Basilarlängen der verschiedenen Grauschakale in Hırz- HEIMER’S'#) großer Arbeit, so sehen wir, daß eigentlich nur drei sicher bekannte Fundgebiete in Betracht kommen für Schakale, deren Schädel im ausgewachsenen Zustande eine Basilarlänge unter 13,5 cm haben, das ist der Canis variegatus ÜRETZSCHM. aus Ailet, d. h. derselben Tieflandsgegend, in der auch ich gesammelt habe, ferner der Canis mengesi aus Somaliland und Canis (Allopedon) thooides Hırza. aus Sennar. Die übrigen Schädel mit so geringer Basilarlänge scheiden entweder wegen zu großer Jugend oder nicht genau bekannter Herkunft für uns aus. Die Schädel aller übrigen der Herkunft nach bekannten Arten haben, soweit sie HILZHEIMER als ausgewachsen bezeichnet, eine Basilarlänge über 140 mm. Sie stammen aus Algier, Tunis, Marokko, Ägypten sowie Südabessinien; aber diese letzteren bezeichnenderweise aus dem Hochlandsgebiet desselben. |

Das äquatoriale Tieflandsgebiet Afrikas, speziell des östlichen Afrika, aber ist, wie ein Blick auf den Atlas lehrt, dasjenige Gebiet der Erde, welches bei höchster durchschnittlicher Jahrestemperatur die geringste Wärmeschwankung aufweist, d. h. also das heibeste Gebiet der Erde. Um einige Zahlen anzugeben, seien hier aus Hann’s Handbuch der Klimatologie'?) die einschlägigen Tempera- turen mitgeteilt. Massaua, als einer der heißesten Plätze der Erde, hat danach eine mittlere Jahrestemperatur von 30,2°, eine mittlere Schwankung von 9,30. Die mittleren absoluten Jahresextreme be- tragen im Minimum 19,5°, im Maximum 43,2°. Bezüglich des Somalilandes sind nur wenige zahlenmäßige Angaben bekannt, Hann

2 Individuen von Lupulus variegatus gewogen. Eines wiegt (in deutsches Gewichtssystem umgerechnet) 5°/, kg, der andere 6°, kg. Der erste ist in 1100 m H., der andere in 1400 m H. erlegt. Sie entstammen einer anderen

» Gegend Abessiniens.

14) M. Hırzueımer, Beitrag zur Kenntnis der nordafrikanischen Schakale. Zoologica Bd. XX Heft 53. 1906. 15) Hann, Handbuch der Klimatologie. III. Aufl. 1910.

354 BERTHOLD KLATT.

gibt sie bezüglich des Küstengebiets von Berbera, das eine Winter- temperatur von 25,1,° hat, also nur Bruchteile eines Grades weniger als Massaua (Januar 25,9°). In der Gegend von Sennar liegen für das schon beträchtlich weiter westlich nach der Sahara zu gelegene Dueim (383 m H.) zahlenmäßige Angaben vor: Jahresmittel 27,7, mittlere Schwankung 9,3, Minimum 7,3, Maximum 45,8. Dagegen verzeichnet Hann für einige Hauptorte Algeriens, Tunis, Marokkos, Ägyptens wie des abessinischen Hochlandes folgende Daten:

Tabelle D. % Mittlere Ort er en Eunsnir Minimum !Maximum

p. u ng“ 60 17.5 13,8 "29 341 Baia HE RL ET 1050 14,1 22,2 6,5 38,9 Varkla 2a, 20.240 156 22,3 23,7 1,8 49,3 Gabes... au een 8 19,5 16,9 0,4 49,0 Tanper 3 "re mer: 75 17,9 11,8 2,9 37,0 Marrakesch... 2 wW% ar 470 19,6 18,7 2,7 41,4 Cairo... 2.0 Pas 30 21.2 15,8 1,9 49,7 AsS6uan u Ce 128 »5.0 19.2 38 46,5 Adi Ua. Naar 2022 19,3 4,2 7,2 32,3

Auf diesen Zusammenhang zwischen Temperatur und Artgröße ist vor nunmehr schon über 60 Jahren bereits von BERGMANN '®) hingewiesen worden, der eine ganze Reihe einschlägiger Beob- achtungen anführt. Vor kurzem hat dann einer meiner Reise- begleiter (v. BorTTIcHER!?) auf Anregung Professor Hxssr’s für eine ganze Anzahl Vogelarten die Richtigkeit dieses BERGMANnN’Schen Gesetzes gezeigt. Der einzige Vorzug, den mein kleiner Beitrag zu dieser Frage aufweist, ist der, daß er wenigstens für eine Art eine Anzahl gewichtsmäßiger Daten beibringt, während die bis- herigen sich mit Schätzungen nach dem Augenmaß zufriedengeben mußten.

Was ist nun der physiologische Grund für diese eigenartige Tatsache? Auf diese Frage hat schon BERGMANN Selbst eine be- friedigende Antwort gegeben. Er geht davon aus, daß kleinere Körper eine relativ größere Oberfläche besitzen als größere gleicher Art. Im lebenden warmblütigen Organismus wird diesem zunächst rein mathematischen Zusammenhang auch eine physiologische Be-

16) 0, Ber6mann, Über die Verhältnisse der Wärmeökonomie der Tiere ° zu ihrer Größe. In: Göttinger Studien 1847.

17) H. v. Boerrıcner, Über den Zusammenhang zwischen Klima und Körpergröße der warmblütigen Tiere. In: Zool. Anzg. Bd. 41. 1918,

U ie 2 0 x

Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 355

deutung zukommen müssen. Die Abgabe überschüssiger Wärme wird ceteris paribus dem kleineren Organismus infolge seiner größeren Oberfläche leichter fallen als dem gleichartigen größeren, der andererseits seine Wärme besser zusammenhalten kann. Daher wird letzterer von vornhein besser an ein kälteres Klima angepaßt sein, während im wärmeren seine relativ geringe Oberfläche vielleicht nicht ausreichen würde, um eine genügend große und rasche Ab- gabe der bei Ausübung der verschiedensten Lebenstätigkeiten ent- stehenden Stoffwechselwärme zu ermöglichen. Da wird das kleine Tier mit seiner großen Oberfläche besser daran sein, während es umgekehrt im kalten Klima womöglich nicht genug Wärme pro- duzieren könnte, um den starken Verbrauch durch die ständige relativ gewaltige Ausstrahlung zu ersetzen 18).

Natürlich ist diese Regulierung durch Vergrößerung oder Ver- kleinerung des ganzen Körpers nur ein Weg, den die Natur be- schreiten kann. Ähnliches wird z. B. erreicht werden können durch Vergrößerung oder Verkleinerung einzelner flächenhaft ausgebreiteter Organe des Körpers. Besonders die Ohren der Säuger sind trefflich geeignet, solche Regulationsvorrichtungen abzugeben, wie die alten physiologischen Untersuchungen von Donpers am Kaninchen zeigen, und da ist es interessant, daß gerade in meinem speziellen Unter- suchungsgebiet, Abessinien, der dort lebende Hase neben seiner be- deutend geringeren Körpergröße noch besonders stark vergrößerte Ohren besitzt. Bei den größten Exemplaren maßen sie im Durch- schnitt 13,5 und 6 cm, an der längsten resp. breitesten Stelle ge- messen. Bei einigen ausgewachsenen deutschen Hasen dagegen, die ja viel größer sind, betrugen die entsprechenden Maße 11 und 5 cm. Auch bezüglich meines speziellen Untersuchungsobjektes, des Schakals, weist schon Noack !?) darauf hin, daß gerade jene kleinen Formen (Canis variegatus und Canis mengesi) besonders große Ohren besitzen.

18) Anders ist es z.B. bei den wechselwarmen Reptilien, die ja ihre Wärme von außen her beziehen. Bei ihnen werden die kleinsten Formen in kalten Gegenden günstiger gestellt sein als große, weil sie bei ihrer verhältnismäßig größeren Oberfläche noch genügend Wärme aufzunehmen ver- mögen, die großen dagegen nicht. Daher sind die nördlichen Reptilien viel-

fach kleiner als die südlichen Formen. Einige zahlenmäßige Angaben gibt

Dörıgen, Deutschlands Amphibien und Reptilien, Magdeburg 1897. Nach ihm wird Lacerta viridis in Südosteuropa noch einmal so lang als in Deutsch- land, Lacerta muralis eineinhalbmal so groß in Südeuropa als bei uns. Bei den Amphibien mit ihrer drüsenreichen Haut wird durch die so statt- habende Verdunstung die Frage wieder komplizierter gestaltet.

19) Noack, Ostafrikanische Schakale. In: Zool. Anzg. Bd. XX. 1897

356 BERTHOLD KLArTr.

Ein anderer Weg, auf dem im warmen Klima die Wärme- regulierung ermöglicht werden kann, besteht in der Fähigkeit,

durch Verdunstung eine Abkühlung der Körperoberfläche zu be-

wirken. Vergleichende Untersuchungen über die Mengenverhält- nisse der Schweißdrüsen bei den verschiedenen Tierarten könnten da recht interessante Ergebnisse zeitigen. Dasselbe Ziel, Abkühlung- durch Verdunstung, kann erreicht werden durch zweckentsprechende Maßnahmen der Tiere, die uns als besondere Sitten und Gewohn- heiten derselben auffallen. Ich erinnere z. B. an meine oben mit- geteilten Beobachtungen über das Maulaufreißen der Fledermäuse in Mai Atal. BERGMANN weist darauf hin, daß der Elefant, der ja. leicht als nächstliegender Einwand gegen die Theorie benutzt werden kann, sich täglich mit Wasser bespritzt, um seine Tempe- ratur herabzusetzen. Trotzdem bleibt es ja immer noch auffallend genug, dab dieses größte unserer Landsäugetiere gerade in den Tropen lebt. Weniger sonderbar wird dies aber erscheinen, wenn man die ausgestorbenen Verwandten des Elefanten mit zum Ver- gleich heranzieht. Zlephas antiquus und Mammut waren viel größer und Bewohner kalter Gegenden. Überhaupt würden vergleichende Untersuchungen über die eiszeitlichen Bewohner Europas mit den heute noch lebenden Verwandten interessante Be- lege geben können. Man denke nur an die Riesenformen des. Höhlenlöwen, Höhlenbären, der Höhlenhyäne usw.

Ebensowenig wie die Anpassung durch Änderung der Gesamt-

größe die einzige Anpassungsmöglichkeit der Warmblüter an

verschiedene Klimate ist, ebensowenig darf man natürlich auch glauben, daß die Größe der Art einzig durch diese Beziehungen zur umgebenden Temperatur bedingt werde. Andere Faktoren, wie Raumbeschränkung auf kleinen Inseln, dichte, nur für kleine Tiere durchdringbare Dickichte mögen gleichfalls häufig Veranlassung zur Änderung der Gesamtgröße sein können. Es ist eben nur eine der vielen Beziehungen des Organismus zur Umwelt, die hier im Anschluß an meinen Reisebericht ganz kurz gestreift wurde; keines- wegs in der Überzeugung, auch nur die Mehrzahl der auf dieses eine Problem Bezug habenden Einzelfragen, sei es selbst bloß erwähnt zu haben, sondern nur, um zu zeigen, wie durch gewichts- mäßige Untersuchungen wertvolles Material beschafft werden kann zu einer unser Kausalbedürfnis einigermaßen befriedigenden Er- kenntnis der Tierwelt, ihres Baues, ihrer Biologie, ihrer geo- graphischen Verbreitung. |

2

Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 357

Anhang.

In der Hoffnung, durch vorstehende Arbeit wenigstens den einen oder andern zoologischen Forscher oder Sammler zu veranlassen, neben der biologischen Beobachtung auch metrische Untersuchungen der Tiere nicht außer acht zu lassen, will ich im folgenden kurz auf die Technik der gewichtsmäßigen Untersuchungen, wie ich sie als die beste erprobt habe, eingehen. Für den, der zu Hause im bequemen Laboratorium solche Untersuchungen vornehmen will und Untersuchungen an unseren heimischen bisher nur wenig metrisch untersuchten Tieren sind nicht minder erwünscht —, werden genauere Angaben über die Wägetechnik nicht nötig sein. Auf Reisen dagegen, wo das Mitnehmen größerer Gepäckstücke möglichst beschränkt werden muß, macht schon die Frage der zu benutzenden Wagen eine gewisse Schwierigkeit. Zum Nehmen kleinster Gewichtswerte wählt man am besten eine sog. Apotheker- wage mit geschnürten Hornschalen, auf der man jedoch nicht schwerere Objekte als höchstens 1 Pfund wird abwiegen können. Sie kann bis zu einem gewissen Grade ersetzt werden durch eine Briefwage, besonders wenn man nur Ganzgewichte kleiner Tiere zu nehmen beabsichtigt, bei denen es ja wegen der doch wechselnden Menge der Darmfüllung auf sehr genaue Wägung auf Bruchteile eines Grammes nicht notwendig anzukommen braucht. Vor jedes- maligem Wägen muß die Briefwage jedoch auf ebener Unterlage tariert werden. Als Gewichtssatz für die Apothekerwage benutzte ich einen von 10 mg bis 200 g; auch Schrotpatronen von ein und derselben Schrotnummer ergeben, wenn man vorher das Gewicht von einer derselben festgestellt hat, brauchbare Gewichte Das Ganzgewicht größerer Tiere zu nehmen, benutzt man zweckmäßig eine kleine Federzugwage mit einem Haken, an den das Objekt angehängt wird. Sie sollte sich stets durch eine Stellschraube regulieren lassen. Man muß jedoch bei derartigen Wagen unbedingt vor jedesmaligem Wiegen mit irgendeinem schweren, dem Gewicht nach genau bekannten Gegenstande tarieren. Das ungeladene Gewehr, dessen Gewicht man vor der Reise genau feststellen kann, bildet einen guten Prüfstein. Diese Vorsichtsmaßregel des jedesmaligen Tarierens ist nötig, da sich die Stellschraube sehr leicht lockert und das Gewicht ungenau wird. Am besten ist es auch, wenn man nach der Wägung nochmals eine Kontrolle vornimmt. Mit solcher Federzugwage wird man jedoch Gewichte unter 3 Kilo nicht nehmen können, da sie natürlich stets etwas ungenau wiegt (ca. um 100—200 g), was bei höheren Gewichten ja weniger in Betracht kommt, bei niedrigen doch aber schon bedeutungsvoll werden kann.

No.

22

33 Herpestes leucurus

25

14 30

24

64

13 53 54

56

358 BERTHOLD KLATT.

Tabelle E. -/% l22 = Art =[=38E[=385| 23 EEE Fi Procavia 5155 | 870 u 9 61 | 1130 ER 6) 1800 x O| 66 | 2000 ® o| 79 | 2200 # o| 81 | 2250 | 222 fi 9 2300 | 229 " o| 77 | 2302 |ca. 200

2320 | 220 83 | 2425 | 215 80 | 2500 | 196

225

Herpestes leucurus

HEMmPR. EHRBG. 94 | 2500 | 343

a Qa 0 900 40 O0 [eV | \®) 1 a oO

HEeMmPR. EHRBßG. 36 1.3250 | 372

Lepus 9] 57 | 1190 | 106 4 O2 1495 | 129,2 E S] 64 | 190 P 51 67 | 1900 | 184 2 91 64 | 1900 | 130 z 31 69 | 2145 | 188 R 31 74 | 2245 | 230 2 S| 72 | 2265 | 220 Madoqua saltiana & BLAINVILLE s) Br Madoqua saltiana 2 BLAINVILLE ? ER Hystris (6) 15000 6)

34 Crocotta Leontiewi

SATUMIN

(Gewicht aller Eingeweide nebst Blut

440

- R = > 2 Is0© = = >, [32 = 125 = == ja

Gewicht eines Auges

Hirn,

Frischgew. abzügl.Einge- Rückenmark

und Augen

weide,

ca. 1200 ?) ca. 1075

ca. 1250

985

2,45 (2) ca. 1300

24 1,35

25,5 1,5 9,6 1,75 (2)

10,8 2,7

13

11,5 3,0

12,9 3,8

13,5

37,5l21 %)l0,8

145,5

8,0

ca. 1500 ca. 1550 ca. 1575

frisch

Humerus Humerus n.

5

5,4

6,3 6,9

d. Macerat.

4,1 4,9

!) Da die Handwage (s. p. 357) ungenau wiegt, mit einer Schwankungs- breite von ca. 150 g, was bei kleinen Tieren bis zu 3000 g Gewicht doch bedeutungsvoll sein kann, ist es stets besonders in den Fällen vermerkt,

wo sie zur Feststellung des Gesamtgewichts verwendet wurde.

gewichte sind natürlich stets mit feiner Wage genommen.

Die Einzel-

' I

Skelettgew. |

Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. 359

Tabelle E. araeeel| :|.5:8125 E% Bere je lssjseissj-selel „. (Sl. ee = nol= ‚ste |ISsS|ISs2|S S|; = n S atum emerkungen EHFEFSEI IB SSEERIER = ; Ben Ssıe = 3Elo D si 8 ws ge N 2 A5BEHlE SS Adi Caieh|2300| 7. II. jung a ae # 3,6 Senafe |2506l15. I. Handwage !) 3,5 2 a; ne L, r Hautkrank 7,0 14. 38: % 73 200-+903)| 110 [Adi Caieh|2300] 8. 111.12 kleine Embryonen 140 2)| 435 ?)| 6,0 x Sch SCHERE (208g) = »„ (808) 6,2 pi „-nT II Fell schlecht abge- _ zogen 66 220455] 110 > 1 2 ziemlich alte : jr 3 Embryonen 6,5 % 2 #67, DI 5.5 220 + 80 110 53 > 6. 11. 5,2 Senafe 2500115. Ill Handwage 163 1360 | 7,5 200+80] 90 JAdi Caieh[2300]| 6. II. . 8,3 : | 8. IIL|l sehr kleiner Embryo 6, Senafe 12500115. IIL.|Handwage 2 erwachsene 17,2 & 418. 11. Embryonen 200 1550: 16,5 6,3114,3| 143 | 25 Adi Caieh|2300| 5. Ill.|sehr alt 224 1775 {18,1| 2,5| 6,7 j13,8| 180 | 34 | Senafe ]2500|13. 1Il.]| Handwage Coecum =30 cm 8,5 180 | 110 [Adi Caieh[2300]| 8. 11L.| Auge n. 24 Std. ge- wogen 10,5 240 | 130 e da. 13,8 Senal& 12500111. 111. Handwage Coecum =50 cm 14,7 235 1160 lAdi Caieb]2300| 8. IIl.| Auge n. 24 Std. ge- wogen 12,5 »60 |ı20| Saati |200| 2. ıv. ee 16,2 300 | 110 [Adi Caieh[2300| 7. IU. 13,5 y BE AR, 14,2 r „eele; PH: E 0 , Hanrdwage 22,0 IE Saati [200] 2. IV. Fa 2 in et 2 l erwachs. Embryo » 6. IV. Handwage 62,5 820 1250 Adi Caiehb]2300]22. III] Coecum = 30 cm Ganzgewicht un- 130 Senaf& 12500|13. Ill.|genau, da stück weise

gewogen

2) Dies Gewicht läßt sich auf das Gramm natürlich nie angeben.

3) Die erste Zahl gibt die Länge vom Pylorus bis zum Coecum, die zweite die Strecke vom Coecum bis zu den blindsackförmigen Anhängen an.

*%) Rückenmark ohne Dura mater gewogen. Beim Auge der Augapfel, sorgältig von Muskeln und Konjunktivaresten befreit.

24

360 BerrHaoLo Krart: Bericht über eine Reise nach Eritrea im Frühjahr 1913. Für die Gewichte zwischen 500 und 3000 g muß man schon noch ein drittes, genauer wiegendes Instrument mitnehmen. Ich benutzte eine frei aufhängbare Präzisionswage mit starken Messingschalen und Messingketten, d. h. also eine größere festere Ausgabe der Apothekerwage.

Will man mehr als nur das bloße Gesamtgewicht des Tieres nehmen, so empfehle ich für eine rasche Untersuchung folgendes Schema.

1. Ganzgewicht.

2. Abziehen des Felles.

3. Gewicht des Kadavers nach Abziehen des Felles.

4. Öffnung des Leibes und Herausnahme aller Brust- und Bauch- eingeweide Blut auslaufen lassen.

5..Gewicht des Kadavers danach.

Zur Kontrolle empfiehlt es sich,

6. das abgezogene Fell und

7. die herausgenommenen Eingeweide in einem dem Gewicht nach bekannten Gefäße (ev. wasserdichten Beutel, Schweinsblase oder En nochmals zu wägen.

8. Messung der Darmlänge mit Angabe der Einzelstrecken.

9. Herzgewicht. Als Methode ist die beste die von MÜLLER ?®) zuerst angewandte und auch von Professor Hzsse bei seinen Wägungen stets durchgeführte. Nach Fortnahme des Herzbeutels sind die großen (sefäße dicht an ihrem Ursprunge aus dem Herzen abzu- schneiden, so dab nur das, was wirklich Herzmuskel ist, verbleibt, also die Kammern und die beiden Vorkammern. Ausdrücken des Herzblutes in Wasser, ev. Aufschneiden der Kammern, um sie ganz zu entleeren, Abtrocknen mit Fließpapier.

10. Hirngewicht. Ohne dura mater genommen.

11. Gewicht eines sauber abgeschabten Knochens (z. B. Oberarm).

12. Gewichtsangaben über ev. Ballast (Mageninhalt, Embryonen).

Das Hirngewicht kann man fortlassen, da es durch Ausmessung der Schädelhöhle am macerierten Schädel noch mit einiger Sicher- heit festzustellen ist. Es ist mit aufgenommen unter der Voraus- setzung, dab das Gehirn konserviert (am besten in Formol 1:9 Wasser) und aufgehoben wird, denn gute Sammlungen von Wild- tiergehirnen existieren bisher ja kaum.

Die Wägung des einzelnen abgeschabten Knochens sollte vor- genommen werden, um später das Gewicht des ganzen Skelettes,

20) MÜLLER, Die Massenverhältnisse des menschlichen Herzens. Hamburg und Berlin 1882,

P. Spatz: Einige Bemerkungen über nordafrikanische Tiere usw. 361

wenigstens annähernd, berechnen zu können. Auf folgende Weise: Das gesamte Skelett wird nach der zu Hause vorgenommenen Macerativn, nachdem es getrocknet ist, gewogen, ebenso der mit ihm zusammen macerierte einzelne Knochen noch einmal besonders. Aus dem Vergleich des letztgenannten Gewichtes mit dem Frisch- gewicht des Knochens kann man beurteilen, um wieviel das Knochen- sewebe des betreffenden Tieres bei der Maceration abnimmt. Mit Hilfe des so gewonnenen Koeffizienten kann man das Frischgewicht des Ganzskeletts berechnen. Zieht man die so gewonnene Zahl von Gewicht Nr. 5 ab, nachdem von diesem auch das Hirngewicht (ev. noch Rückenmarks- und Augengewicht) abgezogen ist, so hat man eine wenigstens ungefähre Angabe über das Gewicht der ge- samten Muskelmasse des Tieres.

Einige Bemerkungen über nordafrikanische Tiere und über das Verhältnis der Eingeborenen zu ihnen.

Von P. Spıtz.

Seit fast einem Menschenalter sammle und jage ich alljährlich in Algerien und Tunesien; ich habe dabei Menschen und Tiere dieser Länder eingehend kennen gelernt. In der Annahme, daß diese oder jene von meinen Beobachtungen von allgemeinerem Interesse ist, gebe ich sie im folgenden wieder.

Das vornehmste Haustier des Beduinen im Norden und in der Steppe ist das Pferd, und zwar das kleine aber höchst ausdauernde und widerstandsfähige Berberpferd. Ehe die Franzosen die genannten Länder besetzten, herrschten bedeutend rauhere Sitten als heute; fast immer lebten die einander benachbarten Stämme in grimmer Fehde, überfielen den Gegner, wo sie ihn unvorbereitet wähnten und suchten, ihm möglichst viele seiner Dromedare, Ziegen oder Schafe wegzuführen. Dazu gehörten natürlich gute ausdauernde Pferde, sei es, um schnell über den Feind herfallen zu können, oder ihm die Herden möglichst schnell entführen zu Können, sei es, um den Räubern der eigenen Herden eiligst folgen und ihm seine Beute wieder abjagen zu können. Als die leistungsfähigsten und ausdauerndsten galten die Stuten und unter ihnen wieder die Grauschimmel; fast in allen alten Heldenliedern ist die graue Stute als die schnellste besungen. Ein alter Kaid erzählte mir einst, daß er dazumals seine guten Stuten fast nur mit Dromedarmilch getränkt habe. Doch diese „ritterlichen“ Zeiten sind vorbei; jetzt herrscht Ruhe überall im Lande, Raubzüge und Überfälle

24

362 P. Sparz.

ins Gebiet der benachbarten Stämme kennt die heutige Generation nicht mehr. Dadurch hat die Zucht des edlen Pferdes aber sehr verloren. Hin und wieder sieht man vielleicht bei einer „Fantasia“ den bei allen freudigen Ereignissen unvermeidlichen Reiter- spielen noch mal ein gutes Pferd, aber eben als Ausnahme. Das Maultier Bastard aus starkem Eselhengst und leichter

Pferdestute ist als Luxus-, Zug- und Keittier sehr beliebt;

aber auch als Lastzugtier wird es lieber verwandt, als das Pferd. Sowohl der Bey von Tunis, als auch alle hohen arabischen Würden- träger fahren nur mit Mauitiergespannen, deren Wert selbst den der besten Pferde bedeutend übersteigt. Dem zum Reittier be- stimmten Mulo wird von Jugend auf der Paßschritt angewöhnt, indem ihm die beiden Beine derselben Seite durch eine kurze Fessel verbunden werden; so muß das Tier stets im Paßschritt sich be- wegen, da ihm selbst nachts diese Fessel nicht abgenommen wird. In kurzer Zeit hat es sich diesen Schritt angewöhnt, in dem es dann bei schnellerer Gangart bis 8 km in der Stunde leisten kann

und zwar ohne sichtbare Ermüdung viele Stunden hintereinander.

Ich selbst habe öfters 80 und mehr Kilometer in einem Tage auf einem guten Maultiere zurückgelegt. Dabei stellt es an Pflege und Nahrung die denkbar bescheidensten Ansprüche. Auch vor dem Lastwagen leistet es infolge seines schnelleren Schrittes und seiner Anspruchslosigkeit mehr, als das Berberferd. Dagegen ist es eine üble Erbschaft vom störrischen Eselvater mindestens ebenso störrisch wie der Esel; da nun der Araber im allgemeinen eine verständige Behandlung irgendeines Tieres nicht kennt, so

kann es nicht Wunder nehmen, daß sich diese schlechte Eigenschaft

mit den Jahren immer mehr zeigt. Durch vernünftige Behandlung habe ich aber schon manchem Maultier seine ursprüngliche Störrig- keit größtenteils abgewöhnt.

Vom Esel findet man zwei verschiedene Rassen in Nordafrika; die eine, verhältnismäßig groß und stark, trifft man fast nur in den Städten, hauptsächlich als Reittiere. Bei einigermaßen Pflege und Nahrung stehen ihre Leistungen hinter denen der Maultiere kaum zurück. Ein starker, gut Paß gehender Esel wird gern mit vier- bis fünfhundert Franks bezahlt. Als „Wertgegenstand“ erfreut er sich dann auch leidlich guter Behandlung. Dagegen geht es seinem kleineren Vetter, dem Beduinenesel im allgemeinen recht schlecht. Er muß zwar so viel, wie nur irgend möglich arbeiten, aber Pflege und Kraftfutter kennt er überhaupt nicht. Sommer und Winter ist er draußen im Freien, ganz gleich, ob die glühende Sonne alles verdorrt, oder eisiger Nordwind mit Regen die Temperatur

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Einige Bemerkungen über nordafrikanische Tiere usw. - 363

an den Gefrierpunkt bringt. Wenn es im Winter ausreichend regnet, so daß der Frühling einen üppigen Pflanzenwuchs hervorbringen kann, hat der Beduinenesel gute Zeit; dann mästet er sich an dem reichlichen Futter schnell und sein Schmerbäuchlein, daß dem struppigen kurzbeinigen Gesellen gar komisch steht, dient ihm dann im Sommer und Herbst, wenn alles verdorrt ist, wohl als willkommenes Reservoir. Ist aber infolge von Dürre wenig oder fast nichts gewachsen, so muß er sich mit unglaublich geringer Nahrung begnügen; und wenn er sich dann auf der Nahrungssuche zu weit vom „Douar“ (Zeltiager) entfernt hat, so daß er bei ein- tretender Dunkelheit noch nicht zurückkehren kann, so ist sein Schicksal besiegelt. Irgendeine herumstreifende Hyäne betrachtet ihn als willkommene Abwechselung im mageren Speisezettel.

Unglaubliche Lasten werden solch kleinem Eselchen manchmal aufgebürdet, so daß es mit dem tief durchgebogenen Kreuz und ebensolchen Fesseln einen traurigen Anblick gewährt; kann es dann nicht schnell genug vorwärtskommen, so wird es vom Treiber in der unbarmherzigsten Weise mit dem dicken Knüppel bearbeitet, oder mit einem Dorn oder spitzen Stocke tüchtig „gepickt“. Versucht man, dem Treiber das Rohe und Unnütze dieser Behandlung klar zu machen, so bekommt man stets die Antwort, daß ein Esel ja doch nichts fühle. Wenn ich den Leuten darauf aber auseinandersetzte, daß in diesem Falle die ganze Prügelei doch erst recht unnütz und überflüssig sei, also einen ganz verfehlten Kraftaufwand bedeute, so lachten sie und prügelten erst recht weiter.

Ein weiteres Haustier, das Dromedar, ist für den Beduinen des Nordens, also in den fruchtbaren Gegenden, ein geschätztes Lasttier, das auf leidliichem Wege durchschnittlich 200 kg tragen kann, dem auf kürzere Strecken aber auch bis 300 aufgeladen werden. Dagegen ist es für den Wüstenbeduinen einfach „das“ Haustier, ohne das er überhaupt nicht existieren könnte. Die Ge- nügsamkeit und Leistungsfähigkeit dieses Tieres kann nur der richtig einschätzen, der es in der Wüste selbst kennen gelernt hat. Allerdings darf man ihm auf langen Märschen durch die hohen Sand- dünen oder auf den steinigen Hochplateaus nicht allzu hohe Lasten aufbürden ich habe auf meinen Wüstenwanderungen nie mehr als 120 bis 130 kg im Durchschnitt aufladen lassen —, aber bei vernünftiger Belastung klettert es tagelang von früh bis abend Düne auf, Düne ab, manchmal bis an den Leib im losen Sande einsinkend; und wenn es oben am Kamme der Düne gar nicht hinaufkommen kann, weil ihm der Sand unter den Hinterfüben immer wieder wegrinnt, so legt es sich vorn auf die Knie und

364 P. Srarz: Einige Bemerkungen über nordafrikanische Tiere usw.

rutscht und schiebt sich weiter, bis es endlich doch oben anlangt. Noch gefährlicher aber sieht es aus, wenn das beladene Dromedar dann den steil abfallenden Hang solch hoher Düne hinunter muß. Wie manches Mal habe ich wirklich bei solchem Abstieg für die Tiere und die Lasten das Schlimmste gefürchtet, denn jeden Augenblick erwartete ich, daß die gesamte Gesellschaft kopfüber hinuntersausen würde. Allerdings kommt es auch mal vor, daß ein jüngeres noch unerfahrenes Tier allzusehr von seiner Last geschoben wird und dann im sausenden Galopp unten anlangt, wobei dann die Lasten kopfüber oder auf einer Seite herabfallen, aber zum Glück ist der Sand ja weich und mit etwas „Bruch“ muß man sowieso immer rechnen, wenn man sich monatelang Dromedaren anvertrauen muß. Eine unangenehme Eigenschaft des Dromedars ist seine Schreckhaftigkeit. Ein ganz geringfügiger Anlaß genügt, um es in größte Furcht zu versetzen und dann stürmt es kopflos dahin, wobei das eventuelle Klappern und Schleudern der ver- rutschenden Last es immer toller antreibt. Schon das Scheuen eines einzigen Tieres der Karawane genügt, um sämtliche Dromedare im Galopp mitzureißen; bei einer meiner Karawanen hatte ein Treiber einem Tiere, unglücklicherweise einer Stute, die noch viel „nervöser“ sind als die Hengste, seinen Burnus oben auf die Last geworfen. Während die Karawane eine kleine Düne hinabmarschierte, fiel der Burnus teilweise hinunter und rutschte dem Tiere über den Hinterteil. Sofort ging es im sausenden Galopp los, heftig ausschlagend nach dem es kitzelnden Burnus, wobei sich dieser natürlich immer mehr um die Hinterbeine des geängsteten Tieres schlang. Sofort gingen sämtliche anderen Dromedare ebenfalls im (salopp mit. Zum Unglück waren die Treiber etwas hinten geblieben und suchten nun, heftig schreiend und laufend, die Tiere zu halten. (Beim Beduinen muß ja alles immer mit viel Gebrüll und Gestikulation vor sich gehen, selbst da, wo es ganz verkehrt ist!) Dadurch wurde das (segenteil erreicht; ich warf mein ausgezeichnetes und sonst sehr ruhiges Reitdromedar der durchgehenden Schar entgegen, aber ich wurde einfach mitgerissen und ebenso mein zetermordio schreiender Präparator, dem die Situation da oben auf seinem entsetzlich schlingernden Wüstenschiffe recht ungemütlich wurde. Erst als so ziemlich sämtliche Lasten malerisch in den Dünen ver- teilt lagen, gelang es, die Tiere nach und nach wieder einzufangen. Daß bei solchem Vorkommen allerdings manche Kiste aus den Fugen geht und auch sonst noch manch bedauerlicher „Bruch“ zu konstatieren ist, muß man mit dem Gleichmute des Beduinen hinzunehmen wissen. Dafür hat man es eben mit Dromedaren zu tun.

RupoLr StogBE: Mallophagen. 365

Mallophagen.

3. Beitrag: Die Trichodectiden des Berliner Museums für Naturkunde.

Von RupoLr STogBk, Berlin.

Ehe ich an die Aufzählung der mir vorliegenden alten und neuen Arten gehe, schicke ich einige Bemerkungen voraus.

Der älteste Teil unserer Sammlung besonders wohl von GuRLr stammend enthält manches Interessante, z. B. den dia- canthus EHRENBERG. Leider ist der Erhaltungszustand nicht immer der beste. Weiteres Material hat sich im Laufe der Zeit an- gesammelt, besonders aus dem Zoologischen Garten und aus unseren afrikanischen Kolonien. Sehr erfolgreich war ein Streifzug durch die Säugetierabteilung des Museums. An den dort in Alkohol auf- bewahrten Säugern habe ich eine große Anzahl interessanter, viel- fach neuer Arten gefunden, und ich möchte hier auf dieses ver- hältnismäßig einfache und sehr ergebnisreiche Sammelfeld nach- drücklich hinweisen.

Ich bin Herrn Direktor Professor A. Brauer und Herım Professor Hrymons für die Überlassung des gesamten Museums- materials zur Bearbeitung zu großem Dank verpflichtet, desgleichen den Herren Professoren KrÄrELın und v. Brunn, die mir das Ham- burger Material besonders die Typen MsöBErRE’s zur Ver- fügung stellten. Ganz besonders aber möchte ich Herrn Professor MartscHhıE und Herrn Dr. Rımme danken, die mir durch ihr Ent- gegenkommen das Arbeiten in der Säugetierabteilung außerordentlich erleichtert haben und mir in systematischen und geographischen, die Wirtstiere betreffenden Fragen stets die bereitwilligste Aus- kunft erteilten.

In meiner Arbeit über Zutrichophilus habe ich leider durch andere Autoren verleitet das kleine erste Abdominalsegment nicht mitgezählt, so daß immer nur von 8 Segmenten die Rede ist. In dieser neuen Arbeit rechne ich dagegen stets mit 9 Segmenten.

' Ich habe alle alten Artnamen wieder eingeführt, die NrrzscH 1818 willkürlich veränderte (cf. canis, melis, mustelae).

Die bisher beschriebenen Trichodectiden verteilen sich auf 4 Gat- tungen: Damalinia MsögeEre (1); Eutrichophilus MIöBEre (8); Zury- trichodectes SToBBE (1); der Rest von 56 Arten wird noch zu der alten Gattung Trichodectes gestellt. Obwohl mir von diesen 56 Arten 28 vorliegen, mußte ich doch noch auf eine Teilung der Gattung verzichten. Eine Teilung oder Gruppierung wird unbedingt not- wendig werden, aber es wird noch sehr viel Material gesammelt

366 RUDOLF STOBBE. Br.

werden müssen, ehe sie mit dauerndem Erfolg vorgenommen werden kann. Wie lückenhaft unsere Kenntnis noch ist, geht schon daraus hervor, daß ich in dieser Arbeit erst diezweite Art der Indischen Region beschreibe. Daß die Europäer ziemlich vollständig sind, kann man vielleicht hoffen, wo aber sind die außereuropäischen Paläarkten? . Aus Afrika kennen wir kaum 20, aus Amerika nicht 30 Arten; mit diesen Zahlen vergleiche man den Artenreichtum der ent- sprechenden Säugetierfaunen. Daß die Trichodecten nicht auf Raub- und Huftiere beschränkt sind, zeigen die Funde an Affen, Halb- affen, Nagern, Hyraciden.

Aufzählung der beschriebenen Arten (die Zahlen sind die Nummern der im Text behandelten Arten; die übrigen Arten lagen mir nicht vor.)

Trichodectes NırzscHh 1818. (Typus: canıs GEER.)

acuticeps NEUMANN 1902, Viverra genetta, Afrika. acutirostris!® n. sp. 1913, Herpestes galera, Afrika. appendiculatus PıAGET 1880, Antilope subgutturosa, Mediterran. armatus NEUMANN 1913, Eriodes arachnoides, Amerika. barbarae NEUMANN 1913, Galictis barbara, Amerika. bovis?' Linwk 1758, bos taurus, Palaearkt., ; Amerika. breviceps Rupow 1866, Auchenia llama, Amerika. californicus CHAPMANN 1897, Perognathus sp., Amerika. canis! GEER 1783, Canis familiarıs, Canis Palaearkt., lupus, Amerika. caprae GURLT chmax NIrTzscH. castoris OSBORN 1896, Castor castoris, Amerika. ? cervi Linx# 1758 ?=tıbualis PıaGer. climaz?° Nırzsch 1818, Capra hireus, Palaearkt., Afrika, Amerika. colobi Kernoce 1910, Colobus Sp., Afrika.

cornutus?5 Gervaıs 1844, Antilope dorcas, Anti- Afrika. lope arabıca,

crassipes Rupow 1866, Hircus angorensis, Ma- ? eropus penicillatus,

crassus Nırzsch 1818 = melis Far.

dubius Nırzsch 1818 = mustelae SCHRANK.

equi?2 Link 1758, Equus caballus, Equus Palaearkt., asınus, . Amerdkin . vs

VETERAN"

ee

mephitidis?® OsBorn 1896,

mjöbergi1” n. sp. 1913,

Mallophagen.

equi OsBorRn 1896 = equi Linz et pilosus Pıacer. exılis® NırzscH 1818, Lutra vulgarıs, forfieula Pıacer 1880, Cervus porcinus, geomydis* OsBorn 1891, Geomys bursarıus, Thomomys bottae, inaequalemaculatus PıaGET Auchenia guanaco, 1885,

inaequalis PıaGET 1880, Herpestes ichneumon,

latus Nırzsch 1818 = canis GEER.

leporis Poxton 1871, Lepus cannabinus,

?limbatus GERvAIs 1844, Capra hircus,

(? = climax NITzscH.)

longiceps Rupow 1866 = cornutus GERVAIS.

longicornis?* Nırzsch 1818, Cervus elaphus, Cervus

dama,

longicornus Denny 1842 = hıbialis PIAGErT.

madagascariensis MJÖBERG Eupleres goudotr, 1910,

? mambricus Rupow 1866, KHircus mambricus ? —= climaz N.

Lutra matschiei,

Meles taxus, ? Procyon lotor,

Galietis quiqui, Spilo- gale interrupta, Mephitis mephitica, Bassaris astuta, He- lictis emeretti,

meyeri TASCHENBERG 1882, ?

micropus GIEBEL 1874 —= vulpis Denny.

minutus Parse 1912, Putorius noveboracen- sis,

Nycticebus borneamus,

Herpestes badius, Her- pestes ? gracilıs,

Mustela vulgarıs, Mu- stela foına, Mustela martes, Mustela er- minea,

nasuatıs??” OsBorn 1902, Nasua narıca,

octomaculatus?” Paıme 1912, Procyon psora, Procyon

lotor,

matschiei!" n. sp. 1913, melis® Fagrıcıus 1805,

mungos!® n. sp. 1913,

mustelae® Schrank 1803, .

367

Palaearkt. Indisch. Amerika.

Amerika.

Afrika.

p)

Palaearkt., Amerika.

Palaearkt.

Afrika.

Afrika.

Palaearkt., Amerika.

Amerika.

Amerika.

Dissen Afrika.

Palaearkt.,

Amerika.

Amerika. Amerika.

RuDoLF STOBBE.

368 Ovis18 Lınn& 1758, Ovis aries, OÖ. ornalta, O. melanocephala,

pallidus2? PıaGET 1880, Nasua fusca, parallelus OsBorn 1896, Coriacus virginianus, parumpilosus PIAGET 1880 equi Linne. penicillatus PıagET 1880 crassipes RuDow. peregrinus1? TASCHENBERG (Mycteria crument-

1882, fera), Ovis aries, pilosus GIEBEL 1874 = equi Linnt.

pilosus PıAGET 1880, Eguus caballus, Equus asınus,

pinguis BURMEISTER 1839, Ursus arctos, Ursus thıbetanus,

procyonis NEUMANN 1913 = octomaculatus PAINE. punctum PıiGErT 1885 (Lamprotornia Sp.), quadraticeps CHAPMANnN 1897, Urocyon virginianus, rammei!* n. sp. 1913, Herpestes galera, retusus NıTzscH 1818 = mustelae SCHRANK. rweti NEUMANN 1913, Canis magellanıcus, scalarıs Nırzsch 1818 = bovis Linnt£. semiarmatus NEUMANN 1913, Miycetes fuscus, setosus. ÖLFERS 1817 = canis GEER. similis Denny 1842 = longicornis NITZScH. solidus Rupow 1866 = climax NırzschH. sphaerocephalus Nırzsch 1818 = ovis Linne. subrostratus'? Nırzsch 1818, Felis domestica, ? Her- pestes pluto,

tarandı MsößerG 1910, thoracıcus?® OsBoRrNn 1902, tibialis?® Pıager 1880,

Cervus tarandaus, Bassarıs astuta, Oervus dama, ©. capre- olus, ©. pygargus, Odocoileus hemionus, tıgrıs Poxton 1870, Felis tigris, univirgatus ') NEUMANN 1913, Hyraz sp., Dendrohy- rax neumanni, . Vwerrieula rasse, Potamochoerus ? demu- mis,

vwerrieulae‘” n. sp. 1913, vosseleri? n. sp. 1913,

!) Vgl. Entomolog. Rundschau 1913, S. 112.

Palaearkt., Afrika, Amerika.

Amerika.

Amerika.

Palaearkt., Afrika.

Palaearkt.

Palaearkt.

? Amerika. Afrika.

Amerika.

Amerika.

Palaearkt., Amerika, ? Afrika. Palaearkt. Amerika. Palaearkt., Amerika.

2 Afrika. |

Afrika. Afrika.

Mallophagen. 369

vulpis® Dexnsy 1842, Canıs vulpes, Palaearkt.

vulpis TASCHENBERG 1882 octomaculatus PAınE. zorillae!!' n. sp. 1913, Zorilla Iybica, Zorilla Mediterran. vanllantı,

Eurytrichodectes SToBBE 1913. (Typus paradoxus STOBBE.) paradoxus”) StogßgE 1913, Dendrohyrax Sp., Afrika.

Eutrichophilus MsögBers 1910. (Typus cercolabes MJÖBERG.)

cercolabes?) MsöBers 1910, Cercolabes prehensilis, Amerika. Sphingurus villosus,

coendu?) StosBE 1913, Coendu mexicanus, ©. Amerika. novaehispaniae.

cordiceps”) Msögerc 1910, Cercolabes prehensilis, Amerika. Sphingurus villosus,

diacanthus?”® EHRENBERG Hyrax syrıacus, Mediterran. 1828, Iipeuroides?2? M£cnın 1884 Üervus mezxicanus, Amerika.

mazama?) STOBBE 1913 lipeuroides M&onm.

mexıcanus MsöBERG 1910 = lipeuroides M&enin.

mezxicanus?) Rupow 1866, Cercolabes mezicanus, Amerika.

minor?) MsöBersG 1910, Cercolabes prehensilis, Amerika.

setosus”) GIEBEL 1861, Erethizon dorsatum, E. Amerika. ermineus, Urson Sp.

Damalinia MsöBers 1910. (Typus crenelata PIAGET.) crenelata?) PıaGET 1880, Damalis albifrons, Afrika.

Trichodectes.

1. canıs GererR 1783 /[Rieinus]; Jousston & Harrıson 1912. Syn.: latus Nırzsch 1818, Dexsy 1842, GIEBEL 1874, PIAGET 1880, TascHEnBERG 1882, KrrLoce 1908, MsöBErG 1910, SCHOEMMER 1913, setosus Ourers 1817 /Pediculus].

2) Über Eurytrichodectes vgl. Entomologische Rundschau 1913, p. 111; über Eutrichophilus: Deutsche Entomol. Zeitschr. 1913, p. 562; Damalinia crenelata liegt mir aus Hamburg vor.

370 RuboLr SToRBk.

EEE ee

Im Zool. Mus. Berlin vorhanden von Canis familiaris, Deutsch- land, Canis lupus, "Rußland, Nyetereutes procyonoides, Zool. Garten.

2. melis Fıgr. 1805 /Pediculus].

Syn.: crassus NırzscH 1818, Denny 1842, PıaGer 1880, TAscHEN- BERG 1882, Kertose 1908, MsöBere 1910. Zool. Mus. Berlin: Von Meles taxus, Europa, Altai.

Kerroce führt als weiteren Wirt Procyon lotor, U. S. Amerika, an. Sollte hier nicht ein Irrtum vorliegen? Falls dieser Angabe nur die Notiz Ossorn’s (Bull. U. S. Dept. Agric., Ent. No. 5 New Ser. 1896, p. 237) zugrunde liegt, dürfte es sich bestimmt um eine Verwechselung mit octomaculatus Paıne handeln.

3. mephitidis OsBorn 1896. /Mephitis mephitica, Spilogale interrupta, ? Bassaris astuta]; Kernoce 1908; Paıne 1912 /Meph. mephitica & machura]; Neumann 1913, [Helictis emeretti, Galictis quiqui].

Im Zool. Mus. Berlin aus Paraguay (Fiebrig) ohne Angabe des Wirtstieres und von Galichis sp. Piracicaba, Brasilien, C. NEHRING.

4. geomydis Osporn 1891 und 1896 (Fig. 1.) [@Geomys bursarvus, Thomomys bottae, Californien, Jowa (U. S.)] Paıme 1912. [Tho- momys bottae, bulvwarus Californien.] Im Berliner Museum von Macrogeomys heterodus Prrs. (? und Echinosceiurus rigidus Fig. 1. Trichodectes Pos), Costarica, Irazu 2800 m, ©. GARLEPP. geomydis OSBORN?). : ra ? er 3, dorsal. Osgorn’s Abbildung (von 1896) scheint mir ebenso ungenau, wie die von Tr. mephitidis in der gleichen Arbeit. Einzelne Merkmale sind aber für diese Art so bezeichnend, daß ich an der Zugehörigkeit meines Materials zu ihr nicht zweiflee Am auffallendsten sind die langen Fühler, der tiefe Kopfeinschnitt und die Borsten am Abdomen. Die beigegebene Umrißzeichnung diene zur Berichtigung von Ossorn’s Figur. Das Hinterhaupt weicht viel stärker zurück, der Prothorax ist ver- hältnismäßig länger, der Metathorax breiter, als bei OsBoRn; ferner zeichnet er das Abdomen zu lang im Verhältnis zu seiner Breite wie im Verhältnis zu den vorderen Abschnitten. Die langen Borsten am Abdomen finden sich beim d am 6.—8. beim 9 am 7. und 8. Segment.

®) Alle Figuren sind in gleicher Vergrößerung gezeichnet (ca. 300: 1).

Mallophagen. 371

5. Vosseleri n. sp. Der größte bisher bekannte Trichodectes (Fig. 2a— c.)

s Q Länge 2,65 Breite Länge 2,80 Breite Kopf 080. E13 080 1,20 Thorax 0,40 0,92 0,43 0,97 Abdomen 1,45 1,50 1,57 1,70

d. Vorderkopf gleichmäßig gerundet mit breitem Ausschnitt. Fühlerbucht tief und breit. Schläfen senkrecht, Hinterecken kaudal- wärts etwas vorspringend. Hinter- hauptsbasis konvex, etwas zurück- tretend; Hinterrand des Kopfes im ganzen dreimal geschwungen.

Fig. 2b. Tr. vosseleri n. Sp. Q, Kopf. ventral.

Fig. 2a. Tr. vosseleri n. sp. Fig. 2c. Tr. vosseleri n. Sp. ö, Kopf, dorsal. 9, Abd.-Ende, ventral.

Schiene breit, nur an den Schläfen verschmälert und hier auch am wenigsten chitinisiert. Dorsal jederseits ein Dorn an der Schiene des Vorderkopfes, ventral jederseits einer vor den Mandibeln, ein weiterer medianwärts neben der Fühlerbucht. Vorderecken der Fühlerbucht stumpf. Fühler: 1. Glied stark verdickt, etwas länger als jedes der folgenden; diese unter sich etwa gleichlang, etwas ge- krümmt, das 3. mit zwei kurzen starken Dörnchen am Ende.

Prothorax kurz und breit, etwas hinter der Mitte am breitesten, Seiten gerundet. Metathorax breiter, nahe dem Vorderrande am breitesten, nach hinten ziemlich stark verengt. Beine kräftig mit langer Klaue.

Abdomen fast kreisförmig, am 4. Segment am breitesten, nach hinten nur wenig verschmälert, breit abgestutzt. Ungefleckt. Auf jedem Segment eine Reihe Borsten, die in drei Partien geordnet

312 RUDOLF STOBBE.

sind, eine mittlere und zwei seitliche von etwa gleicher Ausdehnung. Am letzten Segment einige längere Borsten. |

Kopf ähnlich dem des JS, jedoch die Vorderecken der Fühlerbucht kegelförmig vorspringend und die Schläfenecken nicht nach hinten verlängert. Das 1. Fühlerglied nur wenig stärker als die anderen.

Thorax wie beim CS. Abdomen vorn verhältnismäßig breit, nach hinten mehr verschmälert, daher weniger kreisähnlich als beim d. Letztes Segment zweilappig, die Lappen beborstet. Die starken Raife gekrümmt, an der konkaven Seite, mit Stacheln und Borsten. Flecken fehlen. Borsten auf den Segmenten wie beim Cd.

Im Berliner Museum aus Amani, Deutsch-Ostafrika; Prof. VossELER 1908. |

Das Originaletikett ist leider verloren gegangen, doch teilte mir Herr Professor VossELer mit, daß die Tiere mit ziemlicher Sicherheit an einem jungen Buschschwein gesammelt seien. Die Haare, die sich noch in dem Gläschen befinden, stimmen mit denen von Potamochoerus demunis überein, und da auch ein Potamochoerus (nach Herrn Professor MArscHiE demunis oder nächst verwandt) von Herrn Professor VosSSELER aus Amani hier im Museum vorliegt, ist der Wirt dieser Art sicher ein Potamochoerus, und zwar wahr- scheinlich demunıs.

6. vulpis Denny 1842; Pıager 1885; Keunoce 1908; NEU- MANN 1913; Stobbe 1913,1. Syn.: mieropus GIEBEL 1874. Im Berl. Mus. 1 9 von Canis vulpes. 7. octomaculatus Paıme 1912 /Procyon psora). Syn.: vulpıs TASCHENBERG 1882. procyonis NEUMANN 1913 /[Procyon lotor]; STOoBBE 1913,1. Im Berl. Mus. von Procyon lotor. 8. mustelae ScHRAncK 1803 /Mustela vulgaris]. Syn.: dubius Nırzsch 1818; Denny 1842. retusus NırzscH 1818; Omen; 1874; Pıager 1880; TAscHEN- BERG 1882; Kerıobe 1908; MsöBtnG 1910,

Im Berl. Mus. von Mustela vulgaris und erminea.

9. exilis Niırzsch 1818; Green 1874; Pıacer 1880; TAscHEN- BERG 1882. Fehlt im Berliner Museum.

10. matschiei n. Sp. o 1 mm; mit exilis Nırzscn nahe verwandt aber durch ge- flecktes Abdomen sofort zu unterscheiden.

Mallophagen. 373

Kopf etwas breiter als lang (300:250 uw); Vorderkopf flach halbkreisförmig; Hinterkopf rechteckig: die Seiten sind einander parallel und stehen auf der hinteren Kante senkrecht, doch sind die eingeschlossenen Winkel stark abgerundet. Die konvexe Hinter- hauptsbasis springt etwas nach hinten vor. Fühler kurz (ca. 140 u): 1. und 3. Glied gleich lang, 2. kürzer. Borsten nur am hinteren Teil der Schläfen.

Chitinschiene bildet kurz vor den Fühlern jederseits eine starke Verdickung, je eine kleinere hinter den Fühlern und an den Seiten der Hinterhauptsbasis; ferner ist sie in der Mitte des Vorderkopfes stark verbreitert.

Prothorax schmaler, Metathorax so breit wie der Kopf; zu- sammen kürzer als derselbe. Prothorax hinten fast doppelt so breit als vorn mit stark gerundeten Seiten, vorn konkav, hinten konvex, ohne Borsten. Metathorax vorn am breitesten, Vorder- kante konkav, Vorderecken rund, Seiten nach hinten sehr stark konvergierend, die Vorderkante viel länger, die Hinterkante ebenso lang wie die Hinterkante des Prothorax; an den Seitenkanten je zwei Borsten. Beine plump mit kleiner Klaue.

Abdomen eiförmig; drittes Segment das breiteste, die folgenden allmählich verschmälert; die Seiten viel weniger gerundet als nach Pıagrrs Abbildung bei exilis; doch sagt PıAGer bei der Beschreibung des letzteren: l’abd... atteint sa plus grande largeur des le 2% segment, was mit seiner Figur durchaus nicht übereinstimmt. Letztes Segment rundlich, zweilappig, mit kleinen Raifen. Beborstung sehr spärlich; ventral: auf dem 1. Segment 8 regelmäßig verteilte Borsten auf der mittleren Hälfte des Segments, am 2. und 3. Segment jederseits 2 bis 3 Borsten ungefähr mitten zwischen Außenkante und Mittellinie des Körpers; dorsal: auf dem 1. bis 3. Segment je 2 Borsten nahe der Mitte, auf dem 2. und 3. außerdem jederseits 1 weitere Borste außerhalb der beiden ersten; einzelne weniger auffallende Borsten am äußersten ventralen Rand des 2. und auf dem 8. Segment.

Die Farbe des Abdomen ist gelb, an den Seiten weißlich; vom 4. bis 9. Segment mit dunkelgelben Querflecken, der am 4. am kürzesten und schmalsten, strichförmig, die folgenden an Länge und Breite gleichmäßig zunehmend, der letzte wieder etwas kürzer und in der Mitte unterbrochen. Das Abdomen ist seitlich von einer breiten, sehr hellen, an den Segmentgrenzen nur undeutlich unterbrochenen Schiene eingefaßt.

Einem jungen Exemplar (?5) fehlen die Rückenflecke am Abdomen, das Abdomen ist verhältnismäßig kürzer, hinten mehr zugespitzt.

374 RUDoLF STOBBE.

2 © (und 1 juv.) von Zutra matschiei, Bipindi, Kamerun, ZenkEer 1910, im Zool. Mus. Berlin. |

11. zorillae n. sp (Fig. 5).

° Q Länge 1,14 Breite Länge 1,42 Breite Kopf 032 0; 0,34 0,45 Thor. 0,18 0,38 0,18 0,44 Abd. 0,66 0,59 0,90 0,70

Kopf bedeutend breiter als lang, vorn schmal, aber ziemlich tief ausgerandet, die Ausrandnng jederseits von einem kräftigen, nach vorn spitzigen Chitinbalken begrenzt. Vorderecken der

|

Fig. 3. Tr. zorillae n. sp. Fig. 4. Tr. vwerriculae n. Sp. 9, dorsal. &, dorsal.

Fühlerbucht weit und spitz vorspringend. Schläfen rechtwinklig gerundet. Hinterhauptsbasis mit den Hinterkanten der Schläfen in einer Linie. Auge etwas vorspringend. Fühler: 1. Glied beim S deutlich, beim © kaum verdickt; 2. Glied das Kürzeste, weniger dick als das 1. und dicker als das 3.; 3. Glied beim © länger, beim JS so lang als das 1.

Prothorax vorn schmal, Seiten gerundet, nahe dem Hinter- rande am breitesten. Metathorax näher dem Vorderrande am breitesten, Seiten von dieser Stelle an nach hinten konkav, nach vorn konvex geschwungen.

Abdomen eiförmig, beim 9 fast elliptisch. Rückenflecke fehlen. 9. Segment beim d stumpf kegelförmig, vom 8. deutlich abgesetzt; beim © zweilappig. Raife zart, stark gekrümmt. Jedes Segment dorsal wie ventral mit einer Reihe ziemlich langer Borsten; einige besonders lange Borsten an den Ecken der 3 letzten Segmente.

7 vn Od I 4 EV us a 3 ar ORT

Mallophagen. 375

Im Berliner Museum von Zorilla Iybica Hrr. & Enur., Tunis, und von Zorilla vaillantı, Tunis.

12. viverriculae n. sp. (Fig. 4).

Dürfte dem Tr. inaequalis Pıacer, den ich nicht kenne, nahe stehen; er unterscheidet sich durch schlankere Gestalt, besonders des Kopfes und der Fühler. ©: Länge 1,5 mm (Kopf 0,4; Thorax 0,2; Abdomen 0,9): Breite: Kopf an den Vorderecken der Fühlerbucht 0,44, an den Schläfenecken 0,41; Prothorax 0,3, Meta- thorax 0,4; Abdomen am 4 Segment 0,69. J Länge: 1,4 (0,39 0,19--0,82). Breite: Kopf 0,43 resp. 0,38; Prothorax 0,27, Meta- thorax 0,36; Abdomen am 3. und 4. Segment 0,53.

S Kopf so breit wie lang. Fühler schlank (0,27:mm); 1. Glied etwa doppelt so dick wie die folgenden; 2. und 3. zusammen etwas länger als das 1. (im Verhältnis wie 5:4). Kopfschiene vorn breit unterbrochen, die mittlere blasse Partie nur sehr schwach ein- gekerbt. Vorderecken der Fühlerbucht stark seitlich vorspringend. Hinterhauptbasis ein wenig gegen die Schläfen vortretend. Schläfen fast rechtwinklig, gerundet.

Prothorax rechteckig mit gerundeten Ecken. Metathorax in der Mitte am breitesten, die Hinterkante kaum länger als die Vorderkante.

Abdomen schlank kegelförmig. 3. Segment am breitesten, von dort bis zum Ende stark und fast gleichmäßig verschmälert. Stigmen am 2. bis 5. Segment deutlich. Rückenflecke vom 3. Segment an vorhanden. Abdomen fast ganz kahl; nur an den Seiten einzelne Borsten, die Mitte der Segmente mit Ausnahme der beiden letzten durchaus unbeborstet. Letztes Segment stumpf kegelig, am Rande mit etwas längeren Borsten.

© Kopf und Thorax wie beim 9; 1. Fühlerglied nur wenig dicker als die beiden anderen. Abdomen schlank eiförmig; 4. Seg- ment am breitesten. Rückenflecke vom 3. Segment an vorhanden, auf den mittleren Segmenten am größten. Die Raife lang und dünn. Stigmen und Beborstung wie beim 9.

Im Berliner Museum von Viverricula rasse, Tamatave Ost- Madagaskar.

13. mungos n. spec. (Fig. 5).

Auch diese Art steht dem inaequalis Prager nahe, doch sind die @ durch die Gestalt des Abdomens und die stärkere Entwicklung der Fühler von den inaegqualis = GC leicht zu trennen. Von viverrieulae n. spec. durch die Form des Kopfes, bei dem G außerdem durch die Gestalt des Abdomens und die Fühler zu unterscheiden.

25

376 RUDOLF STOBBE.

®) %) Breite Q m Länge 1,15 0,92 Kopf 0,42 0,38 Kopf 0,3 0,29 Metathorax 0,38 0,33 Thorax 0,2 0,16 3. Abd.-Segm. 0,55 6,47 Abdomen 0,65 0,47 7. Abd.-Segm. 0,45 0,4

S Kopf so lang als an den Schläfen breit, an den Vorderecken der Fühlerbuch bedeutend breiter. Die Kopfschiene vorn breit unterbrochen; die mittlere helle Partie ziemlich tief eingebuchtet, die die Bucht begrenzenden Chitinecken spitzig. Die Vorderecken der Fühlerbucht stark vortretend.. Schläfenecken rechtwinklig gerundet. Hinterhauptsbasis mit den Hinterrändern der Schläfen eine gerade Linie bildend. Fühler: erstes “lied stark verdickt, so

Fig. 5. Tr. mungos n. Sp. Fig. 6. Tr. rammei n. Sp. 9, dorsal. d, dorsal.

lang wie die beiden anderen zusammen; zweites etwas dicker und kürzer als das dritte. Fühler im ganzen etwas gekrümmt, zangenartig.

Prothorax etwa dreimal so breit als lang, rechteckig, die Ecken verhältnismäßig wenig abgerundet. Metathorax kurz hinter den Vorderecken am breitesten, Seiten stark gerundet, nach hinten konvergierend.

Abdomen, plump eiförmig, am 3. Segment am breitesten, von dort an nur sehr allmählich verschmälert. Das letzte Segment vollkommen abgerundet von den vorhergehenden nicht abgesetzt. Rückenflecke vom 3. Segment an vorhanden. Beborstung sehr spärlich, nur über das letzte Segment zieht eine Reihe kurzer Borsten.

9 gleicht dem J, ist aber etwas größer. Erstes Fühlerglied kaum verdickt, etwa so lang wie das dritte, zweites kürzer. Abdomen vom 3. Segment an verhältnismäßig stark und gleich- mäßig verschmälert. |

Mallophagen. 377

Die Raife so lang wie die Hinterleibsspitze, im letzten Drittel stark gekrümmt. Alles übrige wie beim J, auch die Flecke und die Beborstung am Abdomen. -

Im Berliner Museum von Herpestes affın. gracilis, Deutsch- Ostafrika und von Herpestes badius SmirH, Zanzibar,

14. rammei n. sp. (Fig. 6).

6) Länge 1,52 Breite 0,52 (Vorderecken der Fühlerbucht),

Bopt rn 0,42 (Schläfenecken), Thorax 0,20 033 Abdomen 0,90 0,62 (am 3. Segment),

E 0,51 (an der Grenze des 5. und 6. Segments),

> 0,40 (an der Grenze des 7. und 8. Segments).

S Kopf so lang als an den Schläfenecken breit; an den Vorder- ecken der Fühlerbucht bedeutend breiter. Vorderkopf verlängert, die Seiten konkav; Schiene in der Mitte unterbrochen, die helle Mittelpartie eingekerbt. Fühlerbucht tief, besonders die Vorder- ecken stark vorragend. Schläfenecken rechtwinklig, nur sehr wenig gerundet.

Fühler: 1. Glied stark verdickt, so lang wie die beiden anderen zusammen. 2. Glied etwas kürzer und dicker als das 3. Der Fühler insgesamt vom Grunde bis zur Spitze ziemlich gleichmäßig dünner werdend. Hinterhauptsbasis gerade, nur wenig gegen die Schläfen zurücktretend. _

Prothorax kurz und breit, vorn am schmalsten. hinten am breitesten, Seiten gerundet. Metathorax breiter als der Pro- thorax, kurz vor der Mitte am breitesten, vorn und hinten etwa gleich breit.

Abdomen lang, kegelförmig. 3. und 4. Segment am breitesten, von da an fast gleichmäßig bis zum Ende verschmälert, die Seiten fast gerade. Letztes Segment stumpf kegelförmig, abgerundet. Rückenflecke vom 3. Segment an vorhanden, am 5. und 6. Segment doppelt.

Stigmen am 3. bis 5. Segment deutlich. Beborstung sehr spärlich; einige kurze Börstchen am Seitenrande der Segmente, die sich nur auf den beiden letzten Segmenten bis nahe zur Mittel- linie ausdehnen.

o Ein reifes 9 liegt mir leider nicht vor. Es dürfte dem C sehr ähnlich sein bis auf die nicht verdiekten Fühler und die Gestalt des Abdomens. Letzteres ist länglich eiförmig, mit etwas

25*

378 RUDOLF STOBBE.

serundeten Seiten; auch beim Q ist das Abdomen im Vergleich zu anderen Arten kaudalwärts stark verschmälert.

Im Berliner Museum befinden sich von dieser ausgezeichneten Art nur 4 Exemplare, die ich an einem Herpestes galera, Amani, Deutsch-Ostafrika sammelte.

15. subrostratus Nırzsch 1818; BurnmEister 1839; Denny 1842; Giesen 1874; Pıaser 1880; TAscHENBERG 1882; KEnLtoce 1908; SCHOEMMER 1913. Syn.: ? canis Oth. Fasrıcıus /Pediculus] Faun. Grönl., p. 215. Prager gibt ausdrücklich an, daß das 3. Fühlerglied länger sie als das 2. Ich finde, daß beim o das 2. und 3. Glied gleich lang sind, während beim 9 das 3. kürzer ist. Im Berliner Museum vorhanden von Felis catus domesticus. Ferner 5 © von Herpestes pluto I Bipindihof, Kamerun, G.ZEnker,

Fig. 7: Tr. acutirostris n. sp. Fig. 8. Tr. mjöbergi n. Sp. a 8, b 9, Kopf; dorsal. a 5, dorsal, b 2, Abd.-Ende, ventral.

9. 1. 06. Ich habe Unterschiede von subrostratus-Weibern nicht finden können. Da ich an dem Vorkommen unseres Katzentricho- dectes an Kameruner Herpestes zweifle, nehme ich an, daß eine Übertragung von eingeführten Hauskatzen vorliegt, falls es sich nicht doch um eine neue Art handelt. Letzteres wird erst mit Hilfe weiteren Materials, besonders nach Auffindung des J' zu ent- scheiden sein.

16. acustirostris n. sp. (Fig. 7 a—b).

Steht dem subrostratus N. nahe, ist aber verhältnismäßig breiter. © Kopf kaum so lang als an den Schläfen breit, vorn stark zugespitzt, Schiene in der Mitte unterbrochen, die helle Partie eingekerbt. Seitenkanten des Vorderkopfes konkav (bei subrostratus gerade!). Schläfen rechtwinklig, verhältnismäßig wenig

Mallophagen. 379

gerundet. 1. Fühlerglied kürzer und dicker als die beiden unter sich gleichen folgenden.

Prothorax kurz, vorn am schmalsten, hinten am breitesten, Seiten gerundet. Metathorax so lang wie der Prothorax und breiter als derselbe, vor der Mitte am breitesten.

Abdomen eiförmig; Rückenflecke vorhanden, lanz und schmal. Stigmen am 3. bis 5. Segment deutlich. Nur an den Seiten- rändern spärliche sehr kurze Börstchen, einige längere am 9. Seg- ment. Raife zart, wenig gekrümmt.

S Kleiner und etwas schlanker. Kopf vorn stärker zugespitzt. Das letzte Abdominalsegment schlank kegelförmig, scharf vom 8. abgesetzt. Rückenflecke etwas weniger deutlich. Alles übrige wie beim ©.

O 6) Länge 1,15 Breite Länge 0,97 Breite Kopf 0,33 0,38 0,29 0,31 Thorax 0,14 0,39 0,15 0,29 Abdomen 0,68 0,61 0,53 0,47

Im Berliner Museum von Herpestes galera, Pemba.

17. mjöbergi n. sp. (Fig. 8a—b).

s) Q Länge 1,20 Breite Länge 1,28 Breite Kopf 033 0,53 034 055 Thorax 0,22 0,46 0,23 0,50 Abdomen 0,65 0,70 0,71 0,70

S Kopf viel breiter als lang; vorn ein wenig abgestutzt und eingebuchtet, die Schiene hier unterbrochen; Vorderecken der Fühlerbucht ziemlich weit vorragend, aber stumpf. Fühlerbucht tief, Augen stark vortretend, Schläfen rund. Hinterhauptbasis breit, konvex, fast in einer Ebene mit den Schläfen. Fühler: 1. Glied stark verdiekt, ungefähr so lang wie das 2. und 3. zu- sammen. 3. Glied am Ende mit sehr auffallenden Sinnesborsten und 2 Dörnchen, etwas näher der Basis eine Kleine schräg ab- gesetzte Fläche.

Prothorax fast so lang als breit mit ziemlich geraden Seiten, die Ecken abgerundet. Metathorax viel breiter als lang mit weit vorstehenden gerundeten Vorderecken. |

Abdomen breit eiförmig, Seitenschiene des 4. Segments dorsal wie ventral mit je einem nach hinten gerichteten KFortsatze. Rückenflecke vom 2. Segment an vorhanden. Nur einige Borsten

380 RUDoLF STOBBE.

an den letzten Segmenten, sonst fast nackt. Letztes Segment stumpf kegelförmig.

oO Vorderecken der Fühlerbucht in einen nach rückwärts sich krümmenden Dorn auslaufend. 1. Fühlerglied wenig verdickt, etwa doppelt so dick als das 2.; zwischen dem 2. und 3. ein sehr zarter stumpf kegelförmiger Auswuchs; die Dörnchen am Ende des 3. Gliedes fehlen, alles übrige wie beim J', desgleichen der Thorax.

Abdomen verhältnismäßig etwas länger, Rückenflecke, Be- borstung und Schienenanhänge des 4. Segments wie beim d. Die Raife stark, lang und krumm; angelegt umgreifen sie fast ganz das 9. Segment.

Im Berliner Museum von Nyeticebus borneanus, Nord-Borneo. Meines Wissens die erste Art von einem Halbaffen; nächst forficula Pıager die einzige Art des Indischen Faunengebietes.

Die Art zeigt mancherlei Anklänge an meine Gattung Zury- trichodectes (Ent. Rundschau 1913, p. 111): Ausbildung des Dornes der Fühlerbucht beim ©, Gestalt der Fühler und des Thorax und Vorhandensein der Fortsätze am 4. Abdominalsegment. Wenn ich sie gleichwohl zu Trichodectes stelle, so geschieht das besonders der Genitalapparate wegen; derselbe ist beim J weniger kompli- ziert, vor allem fehlen ihm die vier Spitzen des Eurytrichodectes paradoxus; die Gestalt der Raife bei den Q beider Arten ist sehr verschieden.

18. ovis Linn [Pediceulus] 1758; Schranck 1781; FaBrıcıus

1805. Syn.: sphaerocephalus NırzscHh 1818; BurMEISTER 1839, Denny 1842; GıEBEL 1874; KrLLoGe 1908; SCHOEMMER 1913; [Ovis aries, ornata, melanocephala; Europa, U. S. Amerika.]

Im Berliner Museum 1 S von Ovis aries. In Hamburg: „Kamerun, afrikan. Schaf, Dr. A. H. Krausse“.

19. peregrinus TASCHENBERG 1882; Krunocc 1908. | Myeteria erumenifera].

Im Berl. Mus. 1 Glas (zahlreiche Q) mit Etikett: „7. sphaero- cephalus* und 1 Glas (39) mit Etikett: „D.-S.-W.-Afr. Klein Nanas, am Kopf eines Fettschwanzschafes, Dr. SCHEBEN“. TASCHENBERG’S Beschreibung paßt vollständig. Tr. peregrinus lebt also in der Tat auf einem Huftier und dürfte nur zufällig zuerst auf dem Kropfstorch gefunden sein. Leider ist bei dem einen Glas das Wirtstier nicht genannt, doch vermute ich, daß es ein europäisches Schaf ist, und daß diese Art mit sphaerocephalus N. zusammen sowohl an europäischen wie an afrikanischen Schafen lebt. Leider fehlen wieder die C.

Mallophagen. 381

20. climax Nırzsch 1818; Giessen 1874; PıäGer 1580; TASCHENBERG 1882; KELLoGG 1908; MsöBers 1910: KeELLoce & Paıne 1911; SCHoEMMER 1913; |Capra hircus, Europa, Amerika, Afrika.

Syn.: caprae GURLT; KELLoGG 1908.

?limbatus Gervaıs 1844; Kennoce 1908. ? mambricus Rupow 1866; Kennoce 1908. solidus Rupow 1866; KrunLoce 1908.

Im Berliner Museum ein Präparat von einer Ziege.

21. bovis Linn# 1758 [ Pediceulus]; Fagrıcıus 1775, 1781, 1805.

Syn.: scalarıs Nırzsch 1818; Burueıster 1839; Denny 1842;

GIEBEL 1874; Pıager 1880; TascHENBERG 1882; KE1LoGG 1908; Msögere 1910; SCHOEMMER 1913; [Bos taurus, Europa, U. S. Amerika].

Im Berliner Museum vorhanden von Dos taurus.

22. egui Lisn& 1758; Fasrıcıus 1775, 1781, 1805; Denny 1842; OsBorn 1896 p.p.

Syn: parumpilosus Pıager 1880; TASCHENBERG 1882; OSBORN

1896; Kernoce 1908; MsöBErRG 1910.

pilosus GiEBEL 1874; SCHOEMMER 1913; nec Pıager 1880, nec TASCHENBERG 1882, nec OSBoRN 1896, nec KELLOGG 1908, nee Msögere 1910.

Im Berliner Museum vorhanden von Zguus caballus, Europa und Paraguay, und von Zquus asınus, Europa.

Den zweiten, augenscheinlich seltenen Egwiden Trichodectes: Tr. pilosus Pıascrr 1880, TuAscHENBERG 1882, OsBorn 1896, Kernose 1908, Msösere 1910, nec Giesen 1874, nec SCHOEMMER 1913.

Syn.: egwi OsBoRn p. p. kenne ich nicht. Beide Arten sind

also auf Z. caballus und auch auf E. asınus zu finden.

23. tibialis Pıacer 1880; TascHENBERG 1882; KELLOGG 1908; Msögere 1910.

Syn.: longicornis Denny 1842; [nec Nrrzsch].

Ob Linnts Pediculus cervi hierher gehört, wage ich nicht zu entscheiden.

Im Berliner Museum vielfach von Cervus capreolus, Europa; ferner von Odocoileus hemionus Ross. (westl. Nordamerika) aus dem Zoologischen Garten.

24. longicornis Nırzsch 1818; Giesen 1874; Pıacer 1880; TASCHENBERG 1882; Krrnoce 1908; Msögers 1910 [nec Denny].

Syn.: similis Denny 1842.

Im Berliner Museum nur ein Präparat ohne Wirtsangabe; ich konnte aber das Hamburger Material vergleichen (cf. MsöBEre).

382 | RuDoLrF STOBBE.

25. cornutus Gervaıs 1844; TAscHENBERG 1882; KELLOGG 1908; NEUMANN 1913.

Syn.: longiceps Rupow 1866; Krrnoce 1908.

Im Berliner Museum von Antilope dorcas. Vielleicht wird man diese Art besser zu Eutrichophilus stellen, meine Exemplare sind zu schlecht erhalten, um näher studiert zu werden.

26. thoracicus OsBoRNn 1902; KrnLrLoce 1908. Im Berliner Museum von Dassariscus astuta (Zool. Garten). 27. pallidus Pıaser 1880; Kruvoce 1908. /Nasua fusca.]

Im Berliner Museum vorhanden aus Paraguay ohne Wirt und aus Costarica von Nasua narıca bullata. Ich glaube nicht, daß nasuatis OSBORN eine andere Art ist.

Eutrichophilus.

28. diacanthus EHRENBERG (Symb. Phys. Mammalia, Hyraz) 1828; TASCENBERG 1882; Keutose 1908. [Trichodectes.] (Fig. Ja —b.) 1 0,2 0 im Berliner Museum, vermutlich TASCHENBERG’Ss, also auch EHRENBERG’S Kxemplare, leider sehr schlecht erhalten, von Hyrax syriacus. Diese interessante Art dürfte zu Eutrichophilus MJIÖBERG zu

a b Fig. 9. Eutr. diacanthus Eurengere. a &, b 9, Kopf; dorsal.

stellen sein, wofür die Form des Kopfes, die Form des letzten Abdominalsegments beim JS und die Ausbildung der Fühler des letzteren sprechen.

Die Figuren mögen zur Ergänzung von TAscHENBERG’s Be- schreibung dienen.

EHrENBERG’s Originaldiagnose lautet: Trichodectes diacanthus. Antennarum articulis basalibus spinosis. Huius marem et feminam

offendi. Ille cognoseitur ano integro, appendicibus abdominalibus F

Mallophagen 383

nullis et antennarum articulo secundo valde incrassato; haec ano bifido appendicibus abdominis duabus curvis et antennis basi gracilioribus.

29. lipeuroides Mkenın 1884; Ducks 1287 [Cervus mexicanus].

Syn. mazama StosBE 1913,..

mexicanus MIÖBERG 1910.

Leider hatte ich die Arbeiten von M&cnxın und Ducks zunächst übersehen. Die Identität von lipewroides M&cnın und mezxicanus MsÖöBErRG ist nach den Abbildungen und Beschreibungen unzweifel- haft und dadurch wird auch mein Name mazama überflüssig.

Literatur.

Burmeister 1839: Handbuch der Entomologie II. Densy 1842: Anoplur. Brit. London.

Dusczs 1887: La Naturaleza, Mexiko VII, p. 331. Fazrıcıus 1775: Systema ent.

K 2782. spec. Ins. II,

E 1805: Syst. Antl.

GeER 1783: Abh. zur Gesch. d. Ins.; übers. von Goxze. Nüremberg. Gervaıs 1844: Hist. nat. Ins. Apt. III. Paris.

Giesen 1874: Ins. Epizoa. Leipzig.

Guzır ?: Mag. ges. Tierheilk. IX, 1.

JOHNSTON & Harrıson 1912: Proc. Linn. Soc. N.S.-Wales. XXXVI. Kerross 1908: Genera Insect. Mallophaga.

2 1910: Sjöstedts Kilimandjaro-Meru-Exped. 15,4. KerLose & Pame 1911: Bull. Ent. Research II. London. Lmst£ 1758: Syst. Nat. ed. X. Neudruck 1894.

M£enım 1884: Le Naturaliste VI, p. 494. MsöBErRG 1910: Ark. Zool. VI, 13. NEUMANN 1913: Arch. Parasitol. XV. Nırzsch 1818: Germar Mag. II. Orrers 1817: De vegetativis et animatis corporibus in corporibus ade reperiundis. Berolini. Ossorn 1891: U. S. Dept. Agr. Ent. Bull. 7. s 1896: ibid. New Ser. Bull. 5. ic 1902: The Ohio Naturalist vol. 2. Pıame 1912: Entomol. News. XXII. - PıAGEr 1880, 1885: Les Pediculines. Rupow 1866: Zs. Naturw. XXVII. SCHOEMMER 1913: Über d. Malloph....; Diss. Med. Fak. Gießen. SCHRANCK 1781: Enum. Insect. Austr. indig.

Fr 1803: Fauna Boica III, 1.

StogBE 1913: 1. Entomolog. Rundschau. 2. Deutsche Ent. Zs. "TAscHEnBERG 1882: Nov. Acta Acad. Leop. Carol. XLIV, 1.

354 RICHARD STERNFELD,

Beiträge zur Schlangenfauna Neuguineas und der benachbarten Inselgruppen.

Von RICHARD STERNFELD.

Bei der Bearbeitung einer Reihe von Sammlungen aus Neu- euinea und den benachbarten Inseln fanden sich mehrere neue oder noch wenig bekannte Arten, die ich im einzelnen genauer besprechen werde Für die übrigen will ich mich im allgemeinen auf eine Aufführung der Fundorte und der Sammler beschränken.

Typhlops multilineatus SCHLEG. 1 Exemplar, Kei-Inseln; RouLur.

Typhlops depressiceps noV. Spec. : Kopf niedergedrückt; Schnauze stark vorspringend, über- hängend, mit schmaler, scharfer Horizontalkante Nasenlöcher abwärts gerichtet. Rostrale groß, etwa °/,mal so breit wie der Kopf, nach hinten nicht bis zur Augenhöhe reichend; Nasale völlig geteilt, der Spalt vom 2. Labiale ausgehend; Praeoculare vorhanden, so breit wie das Nasale, viel breiter als das Oculare, in Kontakt mit dem 2. und 3. Labiale.. Augen sehr deutlich sichtbar; 4 Supra- labialen; Praefrontale wenig vergrößert; Schuppen in 24 Reihen. Durchmesser des Körpers etwa 70 mal in der Länge enthalten; Schwanz etwa 2'/, mal so lang wie breit. Gleichmäßig bräunlich- gelb; Kopf und Unterseite ein wenig heller. Gesamtlänge 328 mm. 1 Exemplar, Neuguinea. ? Sammler. Am nächsten verwandt mit 7. cumingii, aber schlanker, Schwanz kürzer, Schnauze stärker überhängend.

Typhlops flaviventer Pras. 1 Exemplar, Deutsch-Neuguinea, Sattelberg; Dr. NEUHAUSS.

Typhlops subocularis \ AISE. 1 Exemplar, Toma (Gazelle-Halbinsel); Dr. DemPwourr.

Nardoa boa SCHLEG.

5 Exemplare, Simpsonhafen; SCHOEDE.

Das größte Stück mißt 1540 mm und ist damit das stärkste überhaupt bekannte Exemplar.

1 Exemplar (Kopf), Toma (Gazelle-Halbinsel); Dr. DEmpwoLrr.

1 Exemplar, Neu-Mecklenburg; HorrMmann.

Fast ganz schwarz; nur am Nacken ein heller Fleck.

l Exemplar, Bismarckarchipel; THURNwALD.

Il Exemplar, Deutsch-Neuguinea; SCHOEDE.

| Exemplar, Deutsch-Neuguinea; FRIDERICI.

Beiträge zur Schlangenfauna Neuguineas und der benachbarten Inselgruppen. 385

Python amethystinus SCHN.

1 Exemplar, Simpsonhafen; SCHoEDE. 1 Exemplar, Holländisch-Neuguinea, Moszkowsk1. 1 Exemplar, Matschui (Bougainville); SCHoEDE.

Chondropython viridis SCHLEG.

5 Exemplare, Sattelberg; NEuHAuss.

Das kleinste Exemplar (ca. 25 cm lang) hat auf dem Rücken alternierende, leuchtend gelb gefärbte, schwarz umrandete und durch - eine schwarze Längslinie verbundene Abzeichen. An den Seiten stehen zahlreiche, gelbe,.schwarzgesäumte Punktflecke. Die Grund- färbung ist dunkel violettbraun.

Die beiden nächstkleinsten Exemplare sind rötlichbraun, die Abzeichen wenig heller gefärbt, braunviolett umrandet.

Die beiden größten (annähernd 0,5 m lang) sind hellgelb, die Abzeichen sehr klein, undeutlich, rötlichbraun umrandet.

Im Magen des größten eine Lygosoma.

Enygrus carinatus SCHN. 2 Exemplare, Simpsonhafen; SCHOEDE. Exemplare (Köpfe), Tami, Deutsch-Neuguinea; Dr. DEMPWOLFE. Exemplar, Insel Valise; SCHOEDE. Exemplar, Insel Pack (Admiralitätsgruppe); SCHOEDE. Exemplar (Haut), Bismarckarchipel; THURNwALD. Exemplar, Neu-Lauenburg; SCHOEDE. Exemplare, Matschui (Bougainville); SCHOEDE. Exemplar, Tiop (Bougainville); SCHOEDE.

—]

u So u u u

Enygrus asper GTHR.

Exemplar, Simpsonhafen; SCHoEDE.

Exemplare, Berlinhafen; ScHoEDE.

Exemplare, Friedrich Wilhelmshafen; Horrmann. Exemplare, Holländisch-Neuguinea; Moszkowsk1. Exemplar, Parau (Holländisch-Neuguinea); MoszkowsKk1ı. Exemplar, Insel Valise.

Exemplare, Jesus Maria (Admiralitätsgruppe); SCHOEDE. Exemplar, Neu-Mecklenburg; HorrMaAnn.

"oOmmukb w

Tropidonotus picturatus SCHLEG. 5 Exemplare, Insel Valise; ScHoEDE. Se —=91-—97, also eine ungewöhnlich hohe Zahl; vielleicht als Subspezies aufzufassen. 2 Exemplare, Holländisch-Neuguinea; MoszkowskT.

386 RICHARD STERNFELD.

Sc—=92 bei dem einen Exemplar; bei dem anderen ist der Schwanz beschädigt. |

1 Exemplar, Tana, Holländisch-Neuguinea; MoszKkowskı.

De —bB:

3 Exemplare, Kaiserin-Augusta-Fluß; Dr. Bürgers.

Tropidonotus hypomelas GTHR.

1 Exemplar (Kopf), Toma (Gazelle-Halbinsel); Dr. DempwoLrr.

1 Exemplar, Toma; Dr. DEMPWOLFF.

Sq.= 1:5; Ve 2 Bett

1 Exemplar, Kaiserin-Augusta-Fluß; Dr. BÜRGERS.

2 Exemplare, Bismarckarchipel; TRURNwAnD.

Tropidonotus (?) hypomelas GTHR

1 Exemplar, Holländisch-Neuguinea; Moszkowsk1.

9 Supralabialia; 2-3 Temporalia; Kopfschuppen überhaupt ganz wie bei hypomelas. Aber Schuppen in nur 15 Reihen; V —= 166; Sc—=91. Das 4, 5. und 6. Labiale stoßen ans Auge (das 4. nur in einem Punkte). Oberseite rötlichgrau, auf dem Rücken etwas dunkler; Labialen gelb, breit schwarzgerandet; Unterseite gelb, am Halse dunkel gefleckt, weiter hinten nur spärliche dunkle Flecken an den Enden der Ventralen. Gesamtlänge 1100 mm; davon Schwanz 300 mm. Bei der Unsicherheit in der Systematik der verwandten Tropidonotus-Arten sehe ich von der Aufstellung einer neuen Form vorläufig ab.

Stegonotus modestus SCHLEG.

3 Exemplare, Insel Valise; ScHoOEDE.

13 Exemplare, Insel Pack (Admiralitätsgruppe); SCHoEDE.

1 Exemplar, Holländisch-Neuguinea; Moszkowsk1.

2 Exemplare (Köpfe), Tami, Deutsch-Neuguinea; Dr. DEMPwoOLFF.

10)

Exemplare, Neu-Mecklenburg; HorrMmann.

Dendrophis calligaster GTHR. Exemplare, Insel Valise; SCHOEDE. Exemplar, Herbertshöhe; Dr. DEMmPwoLrE. Exemplare, Berlinhafen; SCHoEDE. Exemplare, Deutsch-Neuguinea; SCHOEDE. Exemplar, Kei-Inseln; Rolle.

DW

Dendrophis lineolatus HomBR. & Ja. Exemplare, Holländisch-Neuguinea; MoszkowskT. Exemplare, Tana, Holländisch-Neuguinea; MoszKkowskı. Exemplare, Kaiserin-Augusta-Fluß; Dr. Bürsers. Exemplare, Neu-Mecklenburg; HoFrmAnn.

DD wo -Sı

Beiträge zur Schlangenfauna Neuguineas und der benachbarten Inselgruppen. 387

Dipsadomorphus irregularis MERR. 2 Exemplare, Simpsonhafen; SCHOEDE. Das größere 1920 mm lang. 1 Exemplar, Holländisch-Neuguinea; Moszkowskt. 2 Exemplare, Tami, Deutsch-Neuguinea; Dr. DEMPWOLFF. 3 Exemplare, Neu-Mecklenburg; HorrMmann. 1 Exemplar, Lamasang (Neu-Mecklenburg); Dr. KrÄMER. 1 Exemplar, Matupi; Dr. DEMPWOLFE. 17 Exemplare, Insel Pack (Admiralitätsgruppe); SCHOEDE. 2 Exemplare, Matschui (Bougainville); SCHoEDE. 1 Exemplar, Neuguinea; RoHDE. 1 Exemplar, Kei-Inseln; RouLr.

Hydrus platurus L. 1 Exemplar, Tami, Deutsch-Neuguinea; Dr. DEMPWOLFF. 1 Exemplar, ? Simpsonhafen; SCHOEDE.

Enhydris hardwicki Gray.

1 Exemplar, Holländisch-Neuguinea; MoszKkowskt. Sq=31; V= 153. Platurus colubrinus ScHN. 2 Exemplare, Neu-Hannover; S. M. S. Planet. 1 Exemplar, Bismarckarchipel; THuRNwALD. 1 Exemplar, Deutsch-Neuguinea; SCHOEDE.

Apistocalamus loennbergi BLER.

1 Exemplar, Deutsch-Neuguinea; SCHOEDE.

Sq=15; V=199 (!); 1 Praeoculare; Sc = 32.

Gleichmäßig braun; ein gelbes Halsband, auf dem Nacken undeutlich; Bauchschilder hinten dunkel gewölkt.

Mir scheint, die Art ist von 4A. pratti nicht zu trennen.

Pseudapistocalamus nymani LönNBs6. Exemplare, u, ER NEUHAUDSS. Exemplar, V=190; Ss=43 + 1. Exemplare, V = 197: iR Er 1343-44-41. Exemplare, V —= 188; Sc=4 Exemplare, V= 193; Ss—=4 + 1. 27

BB oN on

6 Exemplare, V = 202; Ssc=32-1. Bei einem Exemplar fanden sich im Magen mehrere maden- artige Tiere von ca. 4 cm Länge (? Fliegenmaden).

388 RICHARD STERNFELD.

Ultrocalamus nov. gen.

Maxillare nach vorn so weit wie das Palatinum reichend. Etwa

5 kleine, ungefurchte Zähne hinter den Giftzähnen. Auge sehr klein, mit runder Pupille; Kopf nicht vom Halse abgesetzt; Nasenloch in einem ungeteilten Nasale; keine Internasalia; Praefrontale ans Auge und an Labialen stoßend; kein Praeoculare; kein Tempo- rale; Parietale in Kontakt mit Labialen. Körper sehr schlank, * zylindrisch; Schuppen glatt, ohne Poren, in 13 oder 15 Reihen; Ventralia abgerundet; Schwanz kurz; Subcaudalia zweireihig. Verwandt mit Apistocalamus, Pseudapistocalamus und ins- besondere Toxicocalamus, aber schon durch die Verschmelzung von Praefrontalen und Internasalen genügend gekennzeichnet.

Ultrocalamus preussi nov. spec. (Fig. 1 und 2).

Schnauze breit abgerundet; Rostrale ziemlich groß, breiter als tief, von oben gut sichtbar; Praefrontalia groß, fast die ganze Schnauze bedeckend; Frontale

klein, 1'/,mal so lang wie breit,

Be

Fig. 1 (etwas vergr.). Fig. 2 (etwas vergr.).

nicht so lang- wie die Praefrontalia, viel kürzer als die Parietalia; 1 Postoculare; 5 Supralabialia, das 2. und 3. in Berührung mit dem Auge, das 2. ans Praefrontale, das 4. und 5. ans Parietale stoßend; 3 Sublabialia in Berührung mit den vorderen Rinnenschildern, die größer sind als die hinteren. SqQ=13; V=314; A=1; Ss=34-+1]; Schwanzende stumpf. Oberseite dunkelbraun, die Schuppen dunkler serandet; Kopf oben schwarzbraun, Oberlippe gelb; Unterseite gelblich, die Ventralen dunkel gerandet. (Gesamtlänge 600 mm; Schwanz 35 mm.

1 Exemplar, Insel Seleo (bei Berlinhafen); Prruss.

Die zweite Art der Gattung ist nicht gut erhalten; U. preussi mag daher als „Typ“ des Genus angesehen werden.

Ultrocalamus biürgersi nov. spec.

Der Kopf des einzigen vorhandenen Exemplars ist leider stark eingetrocknet, so daß die Kopfschilder zum großen Teil nicht mit Sicherheit erkannt werden können, doch ist die Verschmelzung von Internasalen und Praefrontalen vollkommen einwandfrei festzustellen.

Beiträge zur Schlangenfauna Neuguineas und der benachbarten Inselgruppen. 389

Frontale über doppelt so lang wie breit, länger als sein Abstand vom Schnauzenende, so lang wie die Naht der Parietalia. Sq= 15; V=29; A=]1; Sc=4#%-+-1. Oberseite schwarzbraun, die Schuppen der äußeren Reihen hell gesäumt, wodurch eine schwache, am Schwanze etwas deutlicher ausgeprägte Längsstreifung entsteht; Oberlippe und Schwanzende gelb. Gesamtlänge 365 mm; Schwanz 35 mm.

1 Exemplar, Deutsch-Neuguinea; Dr. BÜRGERS.

Ob die Art wirklich zur gleichen Gattung wie U. preussi gehört, ist unter den vorliegenden Umständen natürlich nicht ganz sicher festzustellen, ich halte es jedoch für höchst wahrscheinlich.

Pseudelaps muelleri SCHLEG.

2 Exemplare, Simpsonhafen; SCHOEDE.

5 Exemplare, Insel Valise; SCHoEDE.

2 Exemplare, Holländisch-Neuguinea; Moszkowsk1.

1 Exemplar, Tana, Holländisch-Neuguinea; Moszkowsk1.

1 Exemplar, Insel Selio; Preuss.

1 Exemplar, Sattelberg; Dr. NeuHAuss.

1 Exemplar, Lamasang (Neu-Mecklenburg); Dr. KrÄMmERr. 1 Exemplar, Toma (Gazelle-Halbinsel); Dr. DEmPwoLrr.

Micropechis ikaheka Less. 1 Exemplar, Insel Valise; SCHoEDE. Deutliche Spuren von Querringelung. 1 Exemplar, Holländisch-Neuguinea; Moszkowsk1. Sehr starkes Stück (1580 mm); ein großer Teil des Vorder- körpers ganz gelb. 1 Exemplar, Neuguinea; RoHDE.

Acantophis antarcticus SHAW. 1 Exemplar, Holländisch-Neuguinea; Moszkowskı. 2 Exemplare, Tana, Holländisch-Neuguinea; Moszkowsk1. 3 Exemplare, Neuguinea; RoHDE.

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390 Zweite wissenschaftliche a

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Herr P. CLAUSSEN: Demonstration eines 5 der \ versuche. 5 Herr 0. HEINROTH: Vorzeigen lebender Typhlop Amphisbaena. Herr P. SPATZ: Bemerkungen über nordafrikanis He Herr P. MATSCHIE: Über ein neues Baumkänguruh a

Bg : 3 Auszug aus den Giexetzen 5 der Sa

Gesellschaft Naturforschender Freunde 2 |

zu Berlin.

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Die im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforsehenat u Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindung zur Beförderung der Naturwissenschaft, insbesondere der Biontologie. | Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außerordent- lichen und Ehrenmitgliedern. | | | Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20 betragen darf, ergänzen sich durch einstimmige Wahl nach den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789 und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise die Vorsitzenden und Schatzmeister. | Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschränkt { ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf Vorschlag eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung, gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und \ “inladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlichen Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das „Archiv für Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter- stützten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise beziehen.

Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit Ausnahme. a der Monate August und September am 2. und 3. Dienstage jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im Konferenzzimmer der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, 4-7 Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt. re

Alle für die Gesellschaft bestimmten Sonduniana na an den Sekretär, Herrn Dr. K. Grünberg, Berlin N 4x Invalidenstr. 43, zu richten. ur BZ

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| Fe slischakt Naturforschender Freunde

zu Berlin.

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NY. 9. 1913

Sitzungsbericht der

(Gesellschaft naturforschender Frernde

zu Berlin

vom 11. November 1913.

Vorsitzender: Herr P. MATscHIE,

Herr O. HEINRoTa: Über das neue Berliner Aquarium.

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Berlin.) Von Hanns v. LENGERKENnN, Berlin.

Mit Tafel XVII—XX.

Die folgende, auf Veranlassung von Herrn Geheimrat F. E. SCHULZE unternommene Arbeit, wurde mit der Absicht begonnen, die Frage zu klären, ob die Kolbenzellen in der Haut des Aales und der Petromyzonten sekretorische oder nervöse Funktion haben.

Ich benutze an dieser Stelle die Gelegenheit, Herrn Geh. Regierungsrat Prof. Dr. F. E. Schuze für die Anregung zur Be- arbeitung des Themas, sowie für das meiner Arbeit stets entgegen- gebrachte Interesse meinen ergebensten Dank auszusprechen.

Ebenso bin ich Herrn Prof. Dr. P. DEEGENER für stets bereit- willigst erteilten Rat und Herrn Dr. P. Schuzze besonders für die Einführung in die mikrophotographische Technik sehr zu Dank ver- pflichtet.

Inhalt.

I. Material und Technik. II. Die Kolbenzellen des Aales (Anguilla vulgaris L.. a) Die Larve (Leptocephalus). b) Der Steigaal. c) Becher- und Epidermiszellen des Steigaales. d) Der „Satz“- und Flußaal. «) Der Längsstrang der Kolbenzellen. 3) Die Epidermis- und Becherzellen. 26

392 Hanns v. LENGERKEN.

III. Die Kolbenzellen von Petromyzon fluviatilis L. a) Der Längsstrang in den Kolben.

IV. Die Kolbenzellen von Petromyzon planeri Bı.

V. Vergleicitı der Kolben bei bisher untersuchten Fischarten.

I. Material und Technik,

Erwachsene Aale verschiedener Größe waren jederzeit leicht in den Fischhandlungen erhältlich. Schwieriger war die Beschaffung jüngerer Stadien. Durch das Zoologische Institut erhielt ich für meine Zwecke Aale von 15—35 cm Länge und ebenso eine große Zahl Steigaale aus Hamburg. In liebenswürdigster Weise stellte mir Herr Prof. Dr. Scuiemenz Aale -verschiedener Größe zur Ver- fügung, die in den Becken des Instituts für Binnenfischerei in Friedrichshagen gehalten wurden. Herr Dr. Wunsch setzte mich in die Lage, lebendes Material an Steigaalen von der englischen Küste zu untersuchen. Beiden Herren danke ich auch an dieser Stelle für ihr Entgegenkommen.

Zu Vergleichszwecken benutzte ich das reiche Material an Schnitten durch die Epidermis verschiedener Teleostier des Herrn (eh. Rat F. E. Schuzze, das mir große Dienste leistete.

In Flemming fixierte Teile von Petromyzon Planeri B. fanden sich in der Materialsammlung des Zoologischen Instituts. Aus der- selben Quelle stammt auch ZLeptocephalus, der in Alkohol konserviert, und dessen Epidermis ziemlich gut erhalten war.

In Alkohol konserviertes Material erwies sich sonst in den meisten Fällen für die histologische Untersuchung als wenig ge- eignet. Die Kolbenzellen waren stets geschrumpft und zeigten sich einer intensiven Färbung abgeneigt. Außerdem hatten sie sich meist aus dem Zellverbande gelöst. Aus diesem Grunde konnte ich leider Petromyzon marinus L., das sich in Spirituspräparaten in der Materialsammlung des Instituts befand, nicht mit zur Unter- suchungheranziehen. Zur Fixierung wurde hauptsächlich Freuning’sche Flüssigkeit benutzt, und zwar das sogenannte „schwache Gemisch“, bestehend aus 50 Teilen 1% iger Chromsäure, 20 Teilen 1%iger Essigsäure, 20 Teilen 1%iger Osmiumsäure und 110 Teilen Aqua dest. Es erwies sich im Laufe der Untersuchung zur Fixierung am geeignetsten. Jedoch mußte darauf geachtet werden, daß die Haut- stücke nicht zu lange in der Flüssigkeit blieben, da durch eine zu lange Einwirkung durch die Osmiumsäure eine totale Schwärzung der Kolben eintrat. Eine zwölfstündige Einwirkung genügte vollkommen.

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 393

Ebenfalls gute Resultate erzielte die Zimmer ’sche Lösung nach DEEGENER, zusammengesetzt aus 10 Teilen wässeriger Lösung von Pikrinsäure, 9 Teilen abs. Alkohols und einem Teil Essigsäure. Es mußten jedoch die Hautstücke gründlich in Alkohol ausgewaschen werden, um die fast stets im Überschuß auftretende Pikrinsäure zu entfernen. Sämtliche Zellen der Epidermis bewahrten in dieser Lösung ihre normale Gestalt. Die Becherzellen wurden durch sie . vorzüglich fixiert.

Die Carnoy’sche Flüssigkeit (6 Teile abs. Alkohols, 3 Teile Chloroform und 1 Teil Eisessig) lieferte oft Schrumpfungserschei- nungen.

Brauchbare Bilder bekam ich nach Einwirkung vom Rarr’scher Flüssigkeit (Pikrinsäure, Sublimat, Osmiumsäure, Eisessig). Ferner kam das von Oxxer besonders empfohlene Gemisch des Arktuy aus konzentrierter Sublimatlösung, !/; % iger NaCl-Lösung und 1% iger Osmiumsäure zu gleichen Teilen zur Verwendung. Ich hatte jedoch, vielleicht zufällig, hiermit keinen guten Erfolg. Eine Mischung von Pikrinsäure, Sublimat, Eisessig und destillierttem Wasser erwies sich als recht brauchbar. Auch versuchte ich, nach Oxxer’s An- gabe, ein Gemisch von 4 Teilen 2%iger Kalilösung und 1 Teil 1%iger Osmiumsäure, dieselbe Flüssigkeit, die zur Gorerschen Reaktion Verwendung findet. Auf Schnitten stellte sich aber her- aus, dab die Kolben sowohl, wie auch die übrigen Zellen des Epiderms zu intensiv geschwärzt waren.

Um das eventuelle Herantreten von Nerven an die Kolben und die fragliche Bedeutung des zentralen Achsenstranges in ihnen festzustellen, kam die Gozersche Methode in Anwendung, und zwar benutzte ich das rasche Verfahren mit der Mischung 2%iger wässeriger Lösung von Kaliumbichromat zu 4 Teilen und 1% iger Ösmiumsäure zu 1 Teil. Dann wurde der in den Handbüchern für mikroskopische Technik angegebene übliche Weg eingeschlagen. Die Einbettung erfolgte in Zelloidin.

Die Schnitte wurden meist mit GrENAacHErR'S Hämatoxylin ge- färbt. Die Becherzellen wiesen die typische blaue Muzinreaktion auf, während der Inhalt der Kolben sich äußerst schwach oder überhaupt nicht färbte.

In zweiter Linie kam das HrmenHnam’sche Verfahren in be- tracht, welches klare Kernbilder lieferte und die Körnchen im Sekret deutlich zutage treten ließ. ParrpexHeınsches Triacit erzeugte un- klare Bilder. Totalpräparate von Hautstückchen wurden im Borax- karmin gefärbt. Safranin tingierte die Becherzellen blaß rötlich.

Cajal in umgekehrter Reihenfolge (Prikroindigkarmin und Magenta- 26*

394 Hanns v. LENGERKEN.

rot) ergab eine gute Doppelfärbung bei Petromyzon fluviatilis L. Versuchsweise wurde die Methode von Gizson angewandt. Zur Nachfärbung nach Derarıenv’schen Hämatoxylin benutzte ich Pikrin- säure Säurefuchsin, alkoholisches Safranin und Eosin. Alko- holisches Kresofuchsin (Kresofuchsin 95 %igen Alkohol + Salz- säure) verlieh den Kolbenzellen eine lila Farbe. Im allgemeinen nehmen die in Osmiumgemischen fixierten Präparate nicht leicht die oben genannten Farben an.

II. Die Kolbenzellen des Aales (Anguilla vulgaris L.). a) Die Larve (Leptocephalus).

Soweit mir bekannt, ist die Epidermis der Larve (Leptocephalus) von Anguilla vulgarıs bisher nicht untersucht worden. Nach Oxxer, der einen Leptocephalus, dessen Artzugehörigkeit unbekannt war, zum Gegenstande seines Studiums machte, kommen die Kolben - in der ganzen Oberhaut vor. Da die Epidermis nur aus wenigen Schichten besteht, so sind dementsprechend die Kolben auch nur in wenigen Lagen vorhanden. An der Ansatzstelle der Rücken- flossen kommen die Kolben in ein bis drei Schichten vor. Die Höhe dieser Kolben beträgt nach Oxner 0,011—0,025 mm und 0,011 bis 0,018 mm Dicke. In der Körperseitenhaut sind die Kolben spindel- förmig, plattgedrückt. Da die Kolben immer aus den Zellen der tieferen Epidermisschichten entstehen, so ist es klar, daß sie in diesem Falle äußerlich in der Form mit den Epidermiszellen, welche in diesem Falle ebenfalls spindelförmig sind, übereinstimmen müssen, In ihrem Bau, Farbenreaktion und Entstehung des Sekretes sollen sie vollkommen den Kolben beim erwachsenen Conger gleichen. Nach Oxner entsteht nämlich das Sekret bei dem erwachsenen Conger vulgarıs Cuv. und bei Leptocephalus „intranukleär“. OxNER äußert sich über die Art der intranukleären Entstehung des Sekrets in den Kolbenzellen bei Oonger folgendermaßen: „Die Kolben rücken ein wenig empor, und in der unmittelbaren Nähe des Chromatin- knotens erscheinen 1—3 winzig Kleine Kügelchen, welche durch ihre Gestalt und die hellglänzende Färbung mit sauren Anilin- farbstoffen von den dunkelgefärbten Chromatinfäden scharf abstechen. Der Kern und der Plasmaleib nimmt an Umfang zu, und die Kügelchen, die inzwischen auch allmählich größer geworden sind, rücken gegen die Kernmembran vor; sie stülpen dabei ein wenig die Kernmembran nach außen aus und werden inzwischen von ihr rings umwachsen. ‚Jetzt platzt die dünne Kernmembran an einer Stelle, und die Kügelchen treten nach außen in das Plasma der

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 395

Zelle heraus. Wenn im Kern zu gleicher Zeit mehrere Kügelchen entstehen, so scheint es, daß sie noch vor ihrem Austritt zu einer größeren Kugel zusammenfließen können, oder es geschieht dies erst im Moment des Austretens Das Kügelchen ist im Plasma der Zelle von einem hellen sich nicht färbenden Hof umgeben.“ OxxeEr führt das Auftreten des hellen Hofes darauf zurück, „daß mit den Kügelchen aus dem Kern zugleich ein wenig Kernsaft ausgestoßen wird“. Ferner sagt der Autor: „Hinter dem aus dem Kern aus- gestoßenen Kügelchen schließt sich die Membran wieder, und das Kügelchen bleibt ganz dicht an der äußeren Peripherie der Kern- membran sitzen.“ Es soll nun das Kügelchen stark an Umfang zunehmen, wobei der ovale Kern kleiner und kugelig wird. „Je mehr das Kügelchen an Umfang zunimmt, desto kleiner wird der Kern und desto größer wird die Kontaktfläche zwischen Kügelchen und Kern.“ Unterdessen nimmt der Plasmaleib der Zelle an Um- fang ab. „Offenbar also vergrößert sich das Sekretkügelchen auf Kosten des Zelleibes, und der Kern spielt dabei eine wesentliche Rolle, schließlich geht der Kern ganz zugrunde.“ Die Figuren Öxner’s illustrieren sehr deutlich diese Angaben. Da der Ver- fasser, wie schon gesagt, angibt, daß der Vorgang der Entstehung des Sekrets bei Leptocephalus in derselben Weise vor sich gehe wie bei Conger vulgaris, war es erforderlich, den obigen Hergang der Sekretion vorauszuschicken.

Ich komme zu meinen eigenen Untersuchungen an der Aallarve. Das Tier stammt aus Messina und ist der Materialsammlung des Zoologischen Instituts als Aallarve übersandt worden. Es war in Alkohol konserviert. Außerdem stand mir ein 5 mm langer Lepto- cephalus, ebenfalls aus Messina, zur Verfügung, dessen aus zwei bis drei Schichten bestehendes Epiderm aber so schlecht erhalten war, daß sich nichts über die modifizierten Bestandteile der Haut entscheiden lieb.

Die Entwicklung der Kolbenzellen konnte ich am Material sehr gut studieren. Auch bei Zeptocephalus entstehen die Kolben aus umgewandelten Epidermzellen, wie das schon für verschiedene andere Fische von Oxxer nachgewiesen wurde. Ob jede einzelne Epidermiszelle in der Lage ist, sich in einen Kolben zu verwandeln, oder ob bestimmte Zellen präformiert sind, läßt sich nicht ent- scheiden. Der Anstoß zur Entwicklung des Kolbens scheint vom Kern auszugehen.

Das jüngste Stadium besteht aus einer flachen, nahezu halb- kugeligen Zelle mit gestreckt ovalem Kern (Taf. XVII, Fig. 1, Kb,). Das Plasma dieser Zelle färbt sich mit Grenacher’s Hämatoxylin sehr

396 Hanns v. LENGERKEN.

schwach bläulich, wie die gewöhnlichen Epidermiszellen, der Kern ist jedoch größer als bei den Epidermiszellen. Nach und nach streckt sich die Zelle und nimmt während ihres Wachstums die Gestalt einer er- wachsenen Epidermiszelle an. Schon auf diesem Stadium der Ent- wicklung bemerkt man um den Kern herum, der meist ein bis zwei verschieden große Nukleolen, eine Anzahl Chromatinbröckchen und eine deutliche Kernmembran aufweist (Taf. XVII, Fig. 1, Kb, u. Fig. 3), auf Schnitten einen nicht ganz gleichmäßig konzentrischen Ring einer hellen, stark lichtbrechenden Flüssigkeit. Dieser Ring, der also das Schnittbild einer konzentrischen Hohlkugel, deren Zentrum vom Kern gebildet wird, darstellt, ist nicht basophil und färbt sich daher mit Hämatoxylin überhaupt nicht. Allmählich erreicht die Zelle die Ge- stalt eines Kolbens mit meist wenig abgesetztem verdicktem Teil (Taf. XVII, Fig. 5, Kb; Fig. 8, Kb,). Der stärker lichtbrechende Hof ist ständig größer geworden. Oft wird nun eine sich mit Hämatoxylin blau färbende „Fibrille* in der Lächsachse des Kolbens sichtbar, die aber durchaus nicht auf allen Schnitten zu sehen ist (Taf. XVII, Fig. 1, Fig. 5, Pl.Str.) Diesen feinen Strang deute ich als modi- fiziertes Plasma, das basisch reagiert. Er hängt bei Leptocephalus ebenso wie bei den später zu besprechenden, ganz ähnlichen Ge- bilden beim erwachsenen Aal und bei Petromyzon fluviatilis sehr eng mit der Sekretion zusammen. Man ist nämlich in der Lage zu beobachten, wie in den kolbenförmigen Zellen das ur- sprünglich konzentrisch um den Kern gelagerte Sekret allmählich diese durch den Plasmastrang gewissermaßen vorgezeichnete Bahn nach der Basis der Kolbenzelle wandert, und mit diesem Vorgang ist zugleich ein Ver- schwinden des ursprünglichen, plasmatischen Stranges verbunden (Taf. XVII, Fig. 2).

Eine zweite mögliche Deutung bestände darin, den homogenen Strang selbst schon als unreifes Sekret, das auf dieser Stufe noch basophil ist, anzusprechen. Ich nehme an, daß sich das Sekret auch bei Leptocephalus zunächst granuliert, wie es bei Anguilla und Petromyzon der Fall ist. Wahrscheinlich sind die Granulae hier aber zu fein, um sichtbar zu werden. Ein Linomfaden kann wohl kaum vorliegen. Dieser würde sich mit Hämatoxylin lebhafter tingieren müssen und könnte wohl auch kaum verloren gehen.

(Deutlicher lassen sich diese Vorgänge bei Petromyzon fluvia- tılıs L. und Anguilla vulgarıs L. demonstrieren.)

Der Kern hat sich während der besprochenen Vorgänge merklich verkleinert. Die Nukleolen sind verloren gegangen, die Membran wird undeutlich, man sieht nur noch unregelmäßige Chromatinbröckchen.

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 397

Nun beginnt die Zelle sich von der Basalmembran abzulösen und in die Höhe zu rücken (Taf. XVII, Fig. 8, Kb;). Der Fuß rundet sich ab, und schon in der zweitjüngsten Schicht der Epidermis trifft man ellipsoide oder fast kugelige Zellen an, in denen das Sekret sich eben- falls vollkommen abgerundet hat (Taf. XVII, Fig. 1, Kb,, Fig.7, Kb).

Während des Emporwanderns des Kolbens zur Epidermis- oberfiäche unterliegt der Kern weitgehenden Veränderungen. Auf Schnitten sieht man, wie er langsam verlagert wird und zugleich ständig an Umfang abnimmt, während der helle lichtbrechende Hof immer mehr anwächst (Taf. XVII, Fig. 1, Kb,—Kb;).

Wir hatten gesehen, wie in den jüngsten Kolbenzellen der Nukleus zunächst an Größe zunimmt. Es treten zwei Nukleoli auf, die sich lebhaft mit Hämatoxylin, und zwar sehr intensiv, färben. Hat der Kern ungefähr die dreifache Größe der Kerne in den Epidermiszellen erlangt, so beginnt sich um ihn herum der helle Hof zu bilden, wobei die Kernmembran deutlich sichtbar bleibt. Mit dem Wachstum des Hofes wird der Kern langsam kleiner. Die Nukleolen verschwinden, und es finden sich nur noch unregelmäßige Chromatinbröckchen vor. Die Kernreste tingieren sich sehr stark mit Hämatoxylin, nachdem wahrscheinlich der schwer färbbare Kern- saft aus dem Kern verschwunden ist. Schließlich verliert der Kern die regelmäßige Form und wird lappig. Mit der Reduktion des Kernes ist, wie oben bemerkt, zugleich eine Verlagerung desselben nach der Peripherie des hellen Hofes verbunden. Meistens beginnt das Herausrücken des Nukleus aus der Mitte der hellen Kugel zu gleicher Zeit mit dem Loslösen des Kolbenfußes von der Basal- - membran (Taf. XVII, Fig.8, Kb,). Im Verlaufe seiner Zerstörung weist der Kern eine halbmondförmige Gestalt auf (Taf. XVIL, Fig. 1, Kb,), löst sich in einige Chromatinstückchen auf, um schließlich in den ganz reifen, abgerundeten Zellen, die dicht unter der Epidermisoberfläche liegen, gänzlich zu verschwinden (Taf. XVIl, Fig. 1, Kb,, Kb,).

Das Zellplasma in den Kolben unterliegt schon auf sehr früh- zeitiger Entwicklungsstufe einer totalen gleichmäßigen Modifikation, was sich färberisch dadurch dokumentiert, daß es sich, mit Häma- toxylin behandelt, sehr schwach rötlich blau tingiert und dadurch die Zelle von den übrigen Epidermiszellen deutlich abhebt. In den reifen, abgelösten, dicht unter der Oberfläche der Epidermis liegenden Kolben umgibt das Plasma die Sekretkugel mit einem mehr oder weniger unregelmäßig breiten Ring (Taf. XVII, Fig. 1,Kb,—Kb,). Ich habe hier bei Leptocephalus nicht beobachten können, wie OxxEr bei Conger und Anguilla angibt, daß das Plasma an der der Ober- fläche zugewandten Stelle dicker wäre als an den anderen Stellen,

398 Hanns v. LENGERKEN.

obgleich ich diese Beobachtung für Anguilla im allgemeinen durch- aus bestätigen kann.

Nach meinen Befunden kann ich mich der Oxxer’schen Ansicht von der intranukleären Entstehung des Sekrets bei ZLeptocephalus nicht anschließen. Sekrettröpfchen, die sich im Kerne bilden und färberisch vom Kernsaft zu unterscheiden sind, habe ich nicht auf- finden können. Ebenso habe ich das Heraustreten der Sekret- tröpfchen durch die Kernmembran nach außen nie beobachtet.

Wie oben gesagt, fand ich das Sekret auf dem jüngsten Stadium stets nahezu konzentrisch um den Kern gelagert. Ich muß also der Ansicht sein, daß das Sekret selbst zuerst im Plasma und nicht im Zellkern auftritt. Allerdings spielt der Kern dabei eine aktive Rolle, indem er irgendeine Modifikation seiner Sub- stanz oder vielleicht die Substanz selbst (man kann an den Kern- saft denken) verausgabt, da die Reduktion und die schließliche Zerstörung des Kernes für eine Materialabgabe unbedingt sprechen. Es geht durch die vom Kern abgegebene Substanz aber offenbar nur ein Anreiz aus, der die Entstehung des Sekrets im Plasma veranlaßt. Auf welche Art und Weise der weitere Verlauf der Sekretion vor sich geht, ist aus der vorausgehenden Schilderung ersichtlich geworden.

Die reifen Kolbenzellen bleiben unter den äußersten Epidermis- zellen liegen. Ein Heraustreten derselben aus dem Zellverbande oder eine Materialabgabe habe ich nicht beobachtet. Eine Öffnung ist nie vorhanden. Ich glaube annehmen zu dürfen, daß die reifen Kolben an Inhalt den Kolbenzellen, die sich auf dem Stadium der Loslösung von der Basalmembran befinden, nicht sehr viel nachstehen. Ich möchte daher die Frage, ob eine Abgabe von Sekret während des Emporwanderns stattgefunden hat, zweifelhaft lassen.

Es bliebe noch übrig, über die Verteilung der Kolben, in der Haut der Aallarve etwas zu sagen. Da ich Querschnittserien durch das ganze Tier anlegte, konnte ich ihr Vorkommen genau verfolgen.

In den Lippen sind keine Kolben zu finden. Auf der dorsalen Seite des Kopfes stehen sie ziemlich dicht ‘und sind über den ganzen Rücken bis zum Schwanzende in beinahe derselben Dichte verteilt. Die Seitenflächen sind ebenfalls mit Kolben dicht besetzt. Nach dem Bauche zu nehmen sie etwas an Häufigkeit ab, um in einer genau ventral gelegenen Linie nur sehr spärlich aufzutreten. Die Zungenepidermis ist mit Kolben durchsetzt, die von mehr rund- licher Gestalt sind. Sie treten aber bei Leptocephalus hier nicht

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 399

annähernd in solcher Dichte auf, wie z. B. bei Aalen von 30 bis 45 cm Länge. Im Flossenraum sind keine Kolben anzutreffen. Nur in den Winkeln, welche der Flossensaum in der Körperober- fläche bildet, steigen vereinzelte Kolben auch noch ein Stück in die Epidermis des Flossensaumes hinauf.

Die äußere Form der Kolben ist nicht in allen Körperregionen dieselbe. Oxxer gibt an: „Sehr interessant ist die Form der Kolben in der Seitenhaut, welche nur aus vier Zellschichten besteht. Wie die Epidermiszellen sind auch hier die Kolben auf Querschnitten der Haut spindelförmig, plattgedrückt, nur sind sie bedeutend größer als die ersteren.“ Diese Beobachtung kann ich nur be- stätigen. Derartige spindelförmige Zellen fand ich auch in der Epidermis der Flossensaumansatzstellen.

Noch erwähnen möchte ich, daß von einer Verhornung der Epidermis nicht die Rede sein kann. Eine Basalmembran ist deutlich ausgebildet.

Wir haben gesehen, wie die Kolben, die in der untersten Schicht der Epidermis entstehen, allmählich nach der Oberfläche der Haut wandern. Wahrscheinlich werden sie hier als ganze Zelle ausgestoßen und zerrieben. Die Fibrille steht in keinem Zusammenhang mit nervösen Gebilden, ebenso- wenig wie bei Anguilla und Petromyzon, was sich aus den später zu schildernden Untersuchungen ergeben wird. Sie steht vielmehr im engsten Zusammenhange mit der Se- kretion.

Offenbar haben die Kolben bei Leptocephalus nur sekretorische Funktion und dienen zur Glättung der Haut.

b) Der Steigaal.

Öxxer untersuchte zuerst die glashellen, kleinen Aale, welche in Scharen die Flüsse hinaufsteigen und bei der Gelegenheit in Menge erbeutet werden.

Der Autor äußert sich folgendermaßen: „Bei der jungen, wenige Zentimeter langen Anguilla vulgaris sind die Kolben in der ganzen Oberhaut sehr zahlreich vorhanden in ein bis vier übereinander gelagerten Schichten; in den Flossen sind sie ziemlich spärlich; sie fehlen nicht in der ganzen Mundschleimhaut, und im Pharynxepithel treten sie neben den Becherzellen sehr zahlreich auf. Die Gröbe der Kolben beträgt.0,0011—0,018 mm Höhe, 0,007 —0,011 mm Dicke im Pharynxepithel und 0,018—0,029 Höhe, 0,011—0,014 mm Dicke in der Oberhaut.“

400 Hanns v. LENGERKEN.

Mir stand ein großes Material von lebenden Steigaalen zur Verfügung. Ein Teil der Tiere wurde in Freumnmine’scher Flüssigkeit fixiert, die sich auch hier neben der Zmmer’schen Lösung am brauchbarsten erwies. Versuchsweise wandte ich auch Carnoy und eine Mischung von Pikrinsäure, Sublimat und Eisessig an.

Auf zahlreichen Quer- und Längsschnitten, die durch alle Körperregionen des Tieres gemacht wurden, konnte ich mir von der Verteilung der Kolben ein deutliches Bild machen.

Oxxer’s Angaben, daß die Kolben in der ganzen Haut vor- kommen, kann ich nur bestätigen. Im Pharynxepithel sind die Kolben viel kleiner (siehe Oxner’s Messungen) als in der übrigen Epidermis. Im Zungenepithel finden sich Kolben, die in ihrer Größe und Form denjenigen im Pharynxepithel gleichen. In den Seitenflächen der Flossen treten nur ganz vereinzelte Kolben von mehr rundlicher (Gestalt auf, um am äußersten Flossensaum sowohl in der Brust- flosse als auch im großen Flossensaum gänzlich zu fehlen. An der Bauchkante sind die Kolben etwas weniger dicht verteilt, als in der dorsalen Kopfhaut und in der Rückenepidermis. An dem feinen Hautsaum des Operculums fehlen sıe, wie auch bei der erwachsenen Angualla vollständig. In den Lippen kommen nur Schleimzellen vor, Kolben fehlen gänzlich.

Im Vergleich zum ausgewachsenen Aal sind die Kolben beim Steigaal gedrungener, besitzen einen weniger abgesetzten Hals und einen relativ breiteren Fuß. Kolben, die fast die ganze Epidermis durchsetzen und trotzdem noch auf der Basalmembran festsitzen, habe ich beim Steigaal nicht beobachten Können.

In bezug auf die Entstehung der Kolben gibt Oxner an, daß der Vorgang beim Steigaal ganz demjenigen beim jungen Conger gleiche.

Ich habe als jüngstes Stadium kleine Kolben in der untersten

Epidermisschicht gefunden (Photogramm 1, Kb,). Die Kerne in

diesen Zellen sind ein wenig größer als die der gewöhnlichen Epi- dermiszellen. Das Plasma ist auf diesem Stadium bereits modi- fiziert, was sich färberisch dokumentiert, da diese Zellen sich mehr rötlichblau färben als die Epidermiszellen.

Über das Verhalten des Kernes macht Oxxer folgende An- gaben: „Es färben sich die Kerne der jüngsten Kolbenzellen ziemlich schwach mit Kernfarbstoffen.“ Diese Tatsache kann ich durchaus bestätigen.

Der Kolben beginnt nun zu wachsen, und es tritt die keulen- förmige obere Erweiterung der Zelle auf. Während die Kolben noch auf der Basalmembran festsitzen, macht sich in einigen von

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 401

ihnen um den Kern herum ein stark lichtbrechender Hof, ganz ähnlich, wie ich ihn oben bei Zeptocephalus beschrieben habe, be- merkbar (Textfigur 1, ı).

Der Kern tingiert sich, wie auch schon Oxxer festgestellt hat, jetzt stärker. Der Hof wird in einigen Fällen im Laufe des

Kb,

Photogramm 1. Steigaal, Transversalschnitt durch die Körpermitte. Zimmer. Gren. Haem. Vergr. 1:580.

Wachstums immer größer. Ich möchte diesen hellen Hof auch hier wie ich es in gleicher Weise bei Leptocephalus getan habe, als das erste Auftreten des Sekrets ansprechen. Um eine Schrumpfungs- erscheinung des Kernes, welche eventuell das Hervortreten eines S. hellen Hofes um den Kern herum verursachen könnte, handelt es sich jedenfalls nicht. Gegen diese An- nahme spricht vor allem die ständige Vergrößerung des hellen Hofes im Verlaufe des Wachstums. Der In- u 3 halt der hellen Hohlkugel färbt sich _ nicht mit Hämatoxylin, überhaupt Se Er gern HE nicht mit Kern- und Plasmafarb- larve. (Schematisch.) stoffen. Er ist offenbar seröser Natur.

Häufig treten auf Schnittbildern folgende Bildungen auf: nach- dem der helle Hof um den Kern herum angelegt ist, tritt basal-

402 Hanns v. LENGERKEN.

wärts eine bauchige Aussackung des ursprünglich in Ringform um den Kern liegenden Sekrets zutage (Textfigur 1,2). In diesem Falle erscheint der Kern dann auf der einen Seite von dem hellen Hof umgeben, während an den anderen Teilen seiner Peripherie sich die große Sekretionsvakuole ansetzt. Ring und Vakuole unter- scheiden sich färberisch durchaus nicht voneinander und weisen auch dieselbe Konsistenz auf.

Oxxer glaubt annehmen zu können, die Sekretionsvakuole be- stehe aus dem wenig färbbaren Kernsaft. Als Begründung führt er die Tatsache an, daß der Kern auf demjenigen Stadium der Kolbenzelle, wo sich Hof und Sekretionsvakuole gebildet haben, sich stärker färbe. Er nimmt nun an, dem Kern sei der wenig färbbare Kernsaft entzogen, so daß das zurückbleibende Chromatin sich stark tingieren könne und der ganze Kern nachher stärker gefärbt erscheine. _

Es kann das Sekret in den Kolben An auf eine dritte Art angelegt werden, nämlich ein Stück vom Kern entfernt (Textfigur 1, 5), ein Vorgang, der bei erwachsenen Aalen öfters beobachtet wird. Es taucht in diesem Falle beim Steigaal um den Kern herum kein heller Hof auf. Aus diesem Umstande ist zu ersehen, wie sich das Sekret auch in einiger Entfernung vom Kern an- legen kann, was für eine gewisse Fernwirkung des Kernes Zeugnis ablegt.

Der Inhalt der Sekretionsvakuole ist fein granuliert. Nach Oxxer findet man die feinsten Körnchen immer in den kleinen Vakuolen der jüngsten Kolben, die gröberen Körner in den großen Vakuolen der älteren Zellen. Nach Oxxer’s Angabe erscheinen die Körnchen nach manchen Fixierungsgemischen in allen Kolben sehr feinkörnig. „Dabei sind sie oft in den älteren Kolben so dicht zusammengefügt, daß sie ein homogenes Aussehen annehmen.“ Es läßt sich also nicht ganz sicher entscheiden, ob die Granulierung eine durch die Konservierungsflüssigkeit hervorgerufene Struktur ist, oder ob es sich um eine natürliche Anlage handelt. Letzteres ist jedoch wahr- scheinlicher. Nach Fixierung in Freunise’scher Flüssigkeit jeden- falis erscheint in den meisten Fällen das Sekret sehr feinkörnig, sehr oft fast homogen.

Die Lage des Kernes zur Sekretvakuole ist, wie auch bei der erwachsenen Anguilla sehr verschieden. Aus Taf. XVII, Fig. 6 ist er- sichtlich, wie der Kern, vom Chorion aus gerechnet, an der Basis, an den Seiten und an dem von der Basis abgewandten Teil des Sekretes liegen kann, kurz, man sieht ihn an verschiedenen Punkten der Vakuolenoberfläche. In einzelnen Fällen befindet er sich ein

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 403

Stück von der Sekretvakuole entfernt, wie oben schon erwähnt wurde.

Auch beim Steigaal lösen sich die Kolben von der Basal- membran los und wandern zur Epidermisoberfläche, wo sie nur von ein bis zwei Schichten der Haut bedeckt liegen blieben.

Der Kern erfährt eine Reduktion, wie bei Leptocephalus. Er nimmt nach und nach immer mehr an Volumen ab, während die Vakuole stets anwächst. Seine Gestalt wird unregelmäßig, die scharfen Umgrenzungen gehen verloren. Schließlich ist der ganze Kern atrophiert. Wie bei Leptocephalus, so habe ich auch beim Steigaal nie das Heraustreten des Kolbens aus der Epidermis oder eine direkte Sekretentleerung nach außen beobachten können. Eine Öffnung, durch die das Sekret hindurchpassieren könnte, war nie festzustellen. Die mehr oder weniger abgerundeten Zellen bleiben unter der Oberfläche liegen, es sind nur noch große Sekretbehälter, welche einen Ring von modifiziertem Plasma um die Vakuole herum aufweisen (Taf. XVII, Fig. 6).

Es ist anzunehmen, daß die Kolben auch hier abgerieben werden, wenn die über ihnen liegenden Epidermiszellen fortfallen.

Die Form der reifen Kolben ist oft unregelmäßig und von den angrenzenden Epidermiszellen beeinflußt (Taf. XVII, Fig. vb). Manch- mal alternieren auf ganze Strecken hin immer je eine Kolbenzelle und eine Becherzelle (Taf. XVII, Fig. 6).

Einen in der Längsachse des Kolbens gelegenen Plasmastrang, der zu den Sekretionsvorgängen in irgendwelcher nahen Beziehung steht, habe ich beim Steigaal nicht auffinden können. Es ist aber möglich, daß ein derartiger Strang sich nur infolge seiner Feinheit der Sichtbarkeit entzieht und immerhin vorhanden ist.

Der Nachschub an jungen Kolben von der Basis her geht im allgemeinen so vor sich, daß sich der junge Kolben ganz in der Nähe der Ursprungsstelle des alten anlegt und während seines Wachstums unter den inzwischen von der Basalmembran emporgerückten und seines Fußes verlustig gegangenen alten Kolben rückt.

Im großen und ganzen verhalten sich, wie aus dem oben Ge- sagten hervorgeht, die Kolben beim Steigaal ebenso wie bei Leptocephalus, sie sind jedoch in Form und Gröbe voneinander verschieden. Bei Leptocephalus entsteht das Sekret immer zuerst als heller Hof um den Kern herum, beim Steigaal tritt schon das Sekret als Vakuole, die sich dem Kern anlegt, oder bereits eine Strecke von Kern entfernt liegt, auf. Beim erwachsenen Aal legt sich das Sekret stets dem Kerne an, ohne Bildung eines hellen Hofes.

404 Hanns v. LENGERKEN,

c) Becher- und Epidermzellen des Steigaales.

Die Becherzellen sind beim Steigaal über den ganzen Körper 7

verbreitet. Sie weisen verschiedene Gestalt auf. In der Lippen- haut, im Zungenepithel und in den Flossenteilen kommen kleine, stets rundliche Becher vor. Zwischen den Kolben stehen oft Becherzellen, welche die dreifache Größe einer Kolbenzelle be- sitzen. Sie sind meist zylindrisch, schlauchförmig gestreckt, ohne eine Anschwellung an dem der Basalmembran zugekehrten Pol und zeigen einen fast konisch abgesetzten Hals (Tafel XVII, Fig. 6, B). Ihr Inhalt besitzt eine mehr oder weniger feinmaschige Struktur; wahrscheinlich sind die stärker mit Hämatoxylin färbbaren Grenz- linien Stauungserscheinungen des schleimigen Inhalts.

Der Kern ist oft noch am Grunde der Zellen, von einem kleinen Plasmarest umgeben, zu erkennen.

Auch hier Öffnen sich die Becherzellen, wie beim erwachsenen Aal, durch einen Porus nach außen, was für Becherzellen bei Fischen überhaupt verschiedentlich einwandfrei festgestellt wurde In den untersten Schichten der Epidermis kommen Becherzellen nicht vor; in den mittleren Lagen treten sie hin und wieder als rundliche Gebilde auf. Erst in den obersten Zellschichten sind die Becher zahlreich und treten uns dann meist in oben beschriebener Form entgegen. Bereits F. E. ScHULzE stellte eine derartige Verteilung der Becherzellen in den verschiedenen Schichthöhen der Epidermis als Regel für die Fische im allgemeinen auf.

Die gewöhnlichen Epidermiszellen sind in der jüngsten Schicht ziemlich gleichmäßig zylindrisch gebaut, in den älteren, mittleren Lagen nehmen sie mehr unregelmäßige Form an, um sich schließlich abzurunden, und in den ältesten äußersten Schichten erscheinen sie ganz flach. Der Kern ist in diesen Flachzellen sehr oft fast unkenntlich geworden, diese schon etwas deformierten Zellen färben sich auch mit Hämatoxylin intensiver.

Eine Basalmembran ist deutlich ausgebildet. Die Cutis ist relativ dünn, weist sonst aber nichts Bemerkenswertes auf.

d) Der „Satz-“ und Flußaal.

Die Haut des Aales ist schon mehrmals Gegenstand wissen- schaftlicher Untersuchungen gewesen.

Leyvıs beschreibt die Haut des Aales im Zusammenhang mit einer Anzahl anderer Teleostier, ohne sich auf eine Spezialisierung in bezug auf Anguilla einzulassen.

F. E. Schuzze schilderte die Epidermis des Aales und die in ihr vorkommenden modifizierten Zellen zum ersten Male eingehender.

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 405

Über die Kolben macht F. E. Schurze wichtige Angaben, die ich im folgenden kurz darlegen will. Der Autor bemerkte bereits die hellen Hohlräume im breiteren oberen Teil der Kolben. Er schreibt wörtlich: „Beim Aale haben diese Lücken der stark lichtbrechenden Masse stets eine annähernd kugelige oder Maulbeerform, insofern die Innenwand bald glatt und gleichmäßig gewölbt, bald mit kleineren und regelmäßig rundlichen Ausbuchtungen versehen ist. Von un- bedeutender (sröße können sie bis zu einem solchen Umfange wachsen, daß fast der ganze obere kopfförmige Teil des Kolbens davon aus- gefüllt wird. Stets liegen sie dem Kerne dicht an oder doch in der Nähe desselben.“

Weiter heißt es: „Einmal fand ich bei einem im übrigen nichts Außergewöhnliches zeigenden jungen Aale fast in jedem Kolben- hohlraum einen oder mehrere kugelige Tropfen einer sehr stark lichtbrechenden Substanz, wahrscheinlich Fett. Zuweilen füllten diese Fettropfen fast den ganzen Hohlraum aus, gewöhnlich waren sie nur etwa !/s so groß als dieser. Zahlreiche Tröpfchen fanden sich in einzelnen durch gleichmäßig rundliche Form, Mangel des Halses und besonders starkes Lichtbrechungsvermögen auffallenden Kolben vor.“

Fettropfen sind mir im Laufe meiner Untersuchung nicht zu Gesicht gekommen, so daß ich der Ansicht F. E. ScHuLze’s, es handele sich beim Auftreten des Öls um eine pathologische Erscheinung, beistimmen möchte.

Das Loslösen der Kolben von der Basalmembran und der Ver- lust des Halses hängt nicht mit dem pathologischen Auftreten der Olkugeln zusammen, sondern repräsentiert den allgemein üblichen Vorgang, wie die spätere Darlegung zeigen wird.

MAURER läßt sich über die Kolben des Aales folgendermaßen aus: „Die Kolbenzellen sah ich bei keinem anderen Fisch in dieser Ausbildung bestehen. Erstens sind sie sehr zahlreich, bilden wohl die Hauptmasse der Epidermis. Ferner sind sie nur zum Teil Kolbenzellen, derart, daß sie mit schlankem Stiel der Basis der Epidermis aufsitzen und ein nur leicht verdicktes kolbiges Ende besitzen. Ebenso viele solcher Zellen sind kugelig und liegen in dieser Form oft schon in den tieferen Epidermislagen, zahlreicher allerdings sind sie oberflächlicher angeordnet.“

Wie aus dem oben Gesagten hervorgeht, hat MAURER das Loslösen der Kolben bereits richtig beobachtet. Derselbe Verfasser hat gesehen, daß vielfach die abgerundeten Kolben an der freien Oberfläche abgestoßen werden.

406 Hanns v. LENGERKEN.

Die allerjüngsten Stadien hat der Verfasser nicht gefunden. Die kleinsten von ihm gesehenen Kolben erstrecken sich schon durch zwei Zellenhöhen der indifferenten Epidermiszellen hindurch.

MAURER sagt: „In solchen Zellen liegt der kugelige Kern zentral und der Zellkörper zeigt eine glänzende homogene Be- schaffenheit und blaßgelbe Farbe. Dicht dem Kern angelagert, und zwar in der einen Zelle über, in einer anderen Zelle unter dem Kern, in einer dritten neben demselben, liegt ein glasheller Tropfen, der mehrere, kleine stark glänzende Körnchen enthält. Mit dem weiteren Wachstum der Zelle nimmt der glänzende homogene Zellenkörper am meisten zu und bildet die Hauptmasse einer lang- gestreckten Kolbenzelle, während er bei den kugeligen Formen dieser Zellen nur eine äußere, nicht allzu dicke Zone bildet.“

Dieser glänzende homogene Zellenkörper ist das modifizierte Plasma, und die dicke Zone in den abgerundeten Zellen repräsentiert den Rest dieses Plasmas.

Weiter heißt es: „Der dem Kern dicht angeschlossene helle Tropfen mit den feinen, stark glänzenden Körnchen nimmt ebenfalls bedeutend an Größe zu, und unter seiner Ausbildung erleidet wieder der kugelige Kern eine Volumenabnahme und Abplattung.“

Auch MaAvrer sah den Kern in verschiedenen Lagen im Ver- hältnis zu dem hellen Tropfen, der mit Sekret von fein granulierter Struktur angefüllt ist.

Seine Resultate faßt der Autor dahin zusammen: „Es werden demnach zweierlei Arten von Exkret in einer solchen Zelle ge- bildet: 1. eine homogene, stark lichtbrechende Substanz als direktes Differenzierungsprodukt des Plasmakörpers der Zelle und 2. ein heller mit glänzenden Körnchen erfüllter Tropfen, bei dessen Bildung der Kern eine wesentliche Rolle spielt, ähnlich wie dies beim Schleim in den Schleimzellen der Fall ist.“

Ein Entleerungsbild, wie es Maurer aus Tafel III, Fig. 1 ab- bildet, halte ich auch für eine zufällige Erscheinung. Ich habe der- artiges nie beobachten können.

Die feinen Stränge in der Längsachse des Kolbens hat MAURER nicht gesehen, er erwähnt sie jedenfalls nicht.

Daß der Verfasser dem Kolben spezifisch exkretorische Funktion zuschreibt, werde ich noch an anderer Stelle und in anderem Zusammenhange zu erwähnen haben.

Oxser äußert sich in bezug auf die Kolbenzellen folgender- maßen: „Bei der erwachsenen Anguilla vulgaris var. latwrostris sind die Kolben 0,018—0,029 mm hoch und 0,018—0,025 mm dick. Sie sind in der ganzen Oberhaut und im Epithel der Zunge zahlreich

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 407

in 1—3 übereinander gelagerten Schichten vorhanden. Was die Form anbetrifft, so sind sie etwas länger und dicker als die Kolben von dem jungen Conger.“

Oxner hielt einen Aal zuerst in Süßwasser und dann 14 Tage in Meerwasser, aber der Wechsel des Mediums übte auf die sekretorische Funktion der Kolbenzellen absolut keinen Einfluß aus.

OxNer weist im Laufe seiner Untersuchungen auf die interessante Tatsache hin, daß seine Beobachtungen am jungen Conger vulgaris cuv. auch für die Kolben des Aales zutreffend seien. Es ist daher erforderlich, auf die Darstellung des Verhaltens der Kolben beim jungen Conger zurückzugreifen. Oxxer faßt seine Resultate in folgende Worte: „Die typische Form der Kolbenzellen bei jungen Individuen von Conger ist die eines Kolbens. Diese typische Form erhält sich aber nur kurze Zeit während der Entwicklung der Zelle und wird bald durch das stark im Innern der Zelle angehäufte Sekret beträchtlich verändert. In jeder Kolbenzelle ist ein großer Kern von feinkörniger Struktur und ein einziger Nucleolus vor- handen. Das Plasma der Zelle erscheint homogen, glänzend und färbt sich mit Plasmafarbstoff im allgemeinen intensiv, obwohl viel heller und reiner als das der Epidermiszellen. Der Kern färbt sich etwas schwächer mit Kernfarbstoffen als der Kern der ge- wöhnlichen Epidermiszellen; nur der Nucleolus tingiert sich sehr stark. Das Sekret im Innern der Kolben zeigt keine Schleim- reaktion und färbt sich nie mit Kernfarbstoffen, wie z. B. die mucin- absondernden Becherzellen; es zeigt dagegen eine starke Affinität zu den Erythrosinen; mit Pikrinsäure, lichtgrün S. F. und anderen Plasmafarbstoffen färbt es sich sehr schwach.“

In der zusammenfassenden Darstellung über die Kolben der Congeriden insgesamt teilt Oxwer die sehr wichtige Feststellung mit, daß sich die Kolbenzelle meist von der Basalmembran ablöst und ein wenig emporrückt. „Sie nimmt dabei an Umfang zu und ist leicht durch ihre spezifische Farbenreaktion von den sie um- zebenden Epidermiszellen zu unterscheiden.“

Mit der Verallgemeinerung Oxxer’s, bei den Oongeriden bilde sich um den Kern herum ein schmaler, heller Hof, kann ich nicht übereinstimmen. Wie aus meinen vorhergehenden Darlegungen hervorgeht, ist solch ein heller Hof zwar bei Leptocephalus und beim Steigaal vorhanden, bei der ausgewachsenen Anguilla von 15—50 cm Länge aber habe ich einen derartigen Hof nie auf- gefunden.

Oxxer beschreibt dann das erste Auftreten der Vakuole, die sich außerordentlich schwach färbt. Die Vakuole wird größer „und

27

408 Hanns v. LENGERKEN.

es sammeln sich in ihrem Innern sehr feine, stark glänzende, mit Erythrosin und anderen Plasmafarbstoffen tingierbare Körnchen an“. Die Zelle erreicht ihre endgültige Größe und von nun an vergrößert sich nur die Sekretvakuole weiter, welche immer mehr und mehr von den Körnchen ausgefüllt wird. Die Körnchen werden allmählich gröber und die Sekretvakuole schwillt so riesig an, dab sie mehr und mehr Raum im Innern der Zelle einnimmt.

Sehr richtig und mit Nuspgaum und Kurczycekı, deren Arbeit fast gleichzeitig mit Oxxer’s Publikation, aber voneinander durch- aus unabhängig, erschienen ist, sowie mit meinen später darzulegenden Resultaten übereinstimmend sind die Bemerkungen über das Ver- halten des Kernes. Es heißt bei Oxnrr: „... der Kern wird platt- gedrückt, die Zelle rundet sich ab, rückt aus den mittleren Epidermis- schichten dicht unter die Oberfläche empor, der Kern nimmt eine halb- mondförmige Gestalt an und geht schließlich ganz zugrunde.“

Ebenfalls die weiteren Klarlegungen Oxxer’s stimmen mit meinen Beobachtungen überein. Im Anschluß an den vorher zitierten Satz fährt der Autor fort: „Auf diesem Stadium besteht die Kolben- zelle, die nach außen hin meist nur durch eine einzige Epidermis- schicht getrennt ist, aus einer riesigen Vakuole, die mit grobkörnigem Sekret ausgefüllt und von einer dünnen Plasmahülle umgeben wird. Der untere Teil dieser Hülle ist immer sehr dünn, der obere ist viel dicker, nimmt manchmal die Form eines spitzen Käppchens an und färbt sich dabei mit Plasmafarbstoffen, z. B. mit lichtgrün S. F., viel dunkler als der untere.“ Im allgemeinen ist diese einseitige Verdickung des Plasmaringes zu beobachten (Photogramm 6), jedoch ist auch bei einigen dieser dicht unter der Epidermisoberfläche liegenden Zellen der Plasmaring rings um die Sekretvakuole herum ganz gleichartig breit. Mit GrenacHer’s Hämatoxylin färbt sich der Ring ganz gleichmäßig, und es ist keine Differenzierung in der Tingierung des oberen, der Oberfläche zugewandten Teiles des Plasmarings und dem der Basalmembran zugekehrten Teil zu beob- achten.

Auch Oxxer konnte in keinem Falle weder das Heraustreten einer ganzen Kolbenzelle nach außen, noch die Entleerung des Sekretes durch Platzen des Plasmaringes beobachten.

Der Verfasser legte sich die Frage vor, wie denn eigentlich die reifen Kolben zugrunde gehen. Er wies dabei auf die von ihm beobachtete Tatsache hin, „daß auch hier die Kolbenzellen bei ihrem Aufrücken gegen die freie Hautoberfläche allmählich an Umfang verlieren“. Auf welche Weise dieses vor sich gehe, ist nach Oxner’s Ansicht schwer positiv zu sagen. Zur weiteren.

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Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 409

Erläuterung fährt der Autor fort: „Allein, wenn wir annehmen, daß das stark lichtbrechende Sekret Zerfall- oder Umbildungs- produkte des Zellplasmas darstellt, dann würde auch die Abnahme des Plasmaleibes in den Kolben von Üonger ziemlich einfach zu erklären sein.“

ÖConger habe ich nicht untersucht, und wir sind daher auf die Resultate Oxxer’s angewiesen.

Was Anguilla vulgarıs L. anbetrifft, bin ich anderer Ansicht als Oxner. Nach meinem Dafürhalten haben die Kolben in diesem Falie nicht an Volumen verloren. Im Gegenteil scheint es mir, als seien die dicht unter der Epidermisoberfläche liegenden, nur noch aus einer großen Sekretvakuole und einem modifizierten Plasmaring

ng e

Kb.,

Br.

Photogramm 2. Transversalschnitt durch die laterale Schwanzepidermis von

Anguilla vulgaris L. Flemming, Gren. Haemat. Die in den oberen Lagen

befindlichen Kolben sind voluminöser als die in mittleren Lagen sichtbaren. Vergr. 1: 580.

bestehenden Kolbenzellen öfter an Volumen eher noch größer als die in den mittleren Schichten auffindbaren Kolben (Photogramm 2, Kb, und Kb,). Ich verweise auch noch auf das Photogramm 6, welches dieser Behauptung ebenfalls als Stütze dienen mag. In den meisten Fällen sind aber diese ältesten Kolben an Volumen mindestens ebenso groß wie die Kolben in den Mittellagen der Epidermis. Dieser Umstand spricht nicht für die Abgabe von Material während der Wanderung der Zelle zur Oberfläche. Aller- dings waren bei einigen Aalen auch die Verhältnisse so, daß die unter der Oberfläche liegenden Kolben kleiner waren als die in jüngeren Lagen befindlichen Kolben. Jedoch ist damit nicht gesagt, daß das Volumen der reifen Zelle im Vergleich zu ihrem Inhalt

auf dem Stadium des Festsitzens auf der Basalmembran reduziert 27%

410 Hanns v. LENGERKEN.

ist, da es ja Kolben von sehr verschiedenem Volumen in derselben Epidermisschicht gibt und aus diesem Grunde die reife Kolbenzelle ursprünglich kleiner gewesen sein kann, als die unter ihr befind- liche jüngere.

J. Nuspaum und W. Kvuezıckı machen über die Kolbenzellen des Aales sehr wertvolle, mitunter von der der früheren und auch von meiner Ansicht sehr abweichende Mitteilungen.

Nach den beiden oben genannten Verfassern sind einige der Zellen typisch kolbenförmig und sitzen mit schlankem Stiel der Basis der Epidermis auf und weisen ein kolbig verdicktes oberes Ende auf, „— andere sind von einer mehr ovalen Gestalt“.

Photogramm 3. Transversalschnitt durch die dorsale Epidermis des Aales. Flemming, Gren. Haemat. Kb ein Kolben mit dem durch Schrumpfung hervor- gerufenen Hohlraum HZ. Vergr. 1: 580.

Etwas Neues ist in folgenden Sätzen enthalten: „Sie (die Kolben, d. V.) sind vermittels feiner Zellenbrückchen mit den um- gebenden Epithelzellen verbunden, welche hier gleichfalls infolge des auf sie seitens der Drüsenzellen ausgeübten Druckes stark ab- geplattet sind und auf Querschnitten spindelförmig zu sein scheinen, ihre Selbständigkeit aber (im Gegensatze zum Syncytium in der mittleren Lage der Tincaepidermis) bewahren und von angrenzenden Zellen durch Lücken getrennt sind, in welchen die feinen, plasma- tischen Verbindungsbrückchen verlaufen.“

Ich habe auf allen meinen Schnitten derartige Lücken, welche den Kolben von den angrenzenden Zellen trennt, normalerweise nicht beobachten können. Nur in sehr wenigen Fällen waren solche Lücken um den Kolben herum vorhanden (Photogramm 3). Diese

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 411

Räume führe ich auf Schrumpfung der Kolben infolge der Konser- vierungsflüssigkeit zurück, da sie nur ganz vereinzelt bei meinen Präparaten auftreten. Sehr oft kann man dagegen bei Petromyzon flwviatilis ähnliche Schrumpfungserscheinungen beobachten. Aller- dings haben derartige Verzerrungen den Vorteil, daß die feinen plasmatischen Brücken zwischen dem Kolben und den umgebenden Epidermiszellen zutage treten. Ich konnte diese feinen Fäserchen in solchen Fällen ebenfalls beobachten.

Eine Entleerung des Kolbeninhalts nach außen konnten die Verfasser nicht feststellen.

Sehr treffend sind folgende Außerungen der Verfasser: „Der Deutung MaAuvrer’s, daß der homogene Inhalt der Zelle ein schleimig- gallertiges Sekret darstellt, müssen wir entgegentreten. Die homogene Substanz der Zelle ist hier, ebensowenig wie bei Tinca, kein eigentliches Sekret der Zelle, sondern lediglich eine besondere Umbildung des indifferenten Plasmas der Zelle; das Sekret ist nur der helle, zähe Tropfen mit lichtbrechenden Körnchen, der neben dem Kerne im Plasma liegt, wobei, was MAURER richtig beobachtete, der Kern bald oberhalb, bald unterhalb, bald seitwärts von diesem Sekret liegt. Der körnige Inhalt des Tropfens tingiert sich stark mit Eisenhämatoxylin und mit Eosin, niemals aber mit den für Schleim charakteristischen Färbungsmitteln; er ist also von einer serösen Natur. In dem Maße, als in dem hellen Tropfen das stark lichtbrechende Sekret sich ansammelt, wird der Kern immer dünner und länglicher und nimmt endlich eine halbmondförmige Gestalt an, indem er dem Tropfeninhalt direkt anliegt. Bei weiterer Ent- wicklung des Sekrets geht gewöhnlich der Kern gänzlich zugrunde.“

Öxxer hat den feinen Strang in der Längsachse des Kolbens nicht beobachtet, erwähnt jedenfalls in seiner Arbeit nirgends ein derartiges Gebilde. Nussaum und Kurczıckı haben dieser Bildung jedoch ihre Aufmerksamkeit geschenkt. Die Befunde der beiden Autoren in dieser Beziehung werde ich an anderer Stelle be- sprechen.

Der Äußerung: „Das Sekret erscheint in dem flüssigen Tropfen in Form von stark lichtbrechenden Kügelchen, die teils frei, teils in Ballen zusammengedrängt liegen, teilweise zusammenhängende, sehr zähe, homogene, kugelförmig-lappige Masse bilden, welche, wie erwähnt, sich stark mit Eisenhämatoxylin und mit Eosin, niemals aber mit den für Schleim charakteristischen Färbemitteln tingiert; das Sekret ist also seröser Natur“, habe ich entgegenzuhalten, daß ich den ganzen flüssigen Tropfen für Sekret halten muß und die von den Verfassern beschriebenen, in Ballen zusammengedrängten

412 Hanns v. LENGERKEN.

Kügelchen für eine infolge der Konservierung hervorgerufene Modifikation des sonst feingranulierten Sekrets anspreche.

Von einer Emporwanderung oder einer Loslösung der Kolben von der Basalmembran wird nicht gesprochen. Es ist also an- zunehmen, daß nach Ansicht der Verfasser die Kolben auf dem Chorion sitzen blieben.

Über die Entleerung des Zellinhalts machen sich die Verfasser | folgendes Bild: „Auf welche Weise das zähe Sekret nach außen | entleert wird, das konnten wir durch direkte Beobachtung ermitteln; und zwar unterliegen die immer dünner werdende Kappe der kolben- förmigen Erweiterung der Zelle, wie auch die dünne oberflächliche Epithelschicht einer Durchreißung, und somit wird der Tropfen nach außen ausgeschieden.“

Ich habe, wie aus meinen späteren Darlegungen hervorgehen wird, nie irgendwelche Durchreißung beim Aalkolben sowohl, als auch bei den entsprechenden Gebilden der Petromyzonten beob- achten können. Ich befinde mich in dieser Hinsicht ganz im Ein- verständnis mit M. OxxeEr.

Ich komme zu meinen eigenen Untersuchungen an den Kolben von Anguilla.

Mir standen Aale jeder Größe von 15—50 cm zur Verfügung. Es wurden den Tieren von verschiedenen Körperstellen Hautstücke entfernt und unter dem Mikroskop auf Schnitten untersucht.

Das verschiedene Altersstadium der Untersuchungsobjekte lieferte keine Unterschiede in bezug auf die Form der Kolben und ihre Entstehung. Daß bei kleinen Exemplaren die Kolben, der Dicke der Epidermis entsprechend, relativ kleiner waren, bedarf wohl kaum einer Erwähnung.

Die Kolben sind am zahlreichsten auf der dorsalen Kopfhaut und über den ganzen Rücken verbreitet. Auf dem Kopfe stehen sie in solcher Dichte, daß kaum eine Epidermiszelle zu sehen ist. An den Körperseiten finden sie sich ebenfalls in großer Zahl, sie stehen immerhin aber hier nicht ganz so dicht wie auf dem Kopfe. Nach dem Bauche zu nehmen sie an Häufigkeit etwas ab, um auf einem genau ventral liegenden vom After nach der Mitte der Brustflossen ziehenden schmalen Streifen nur sehr verstreut vor- zukommen. In der ventralen Kopfhaut sind Kolben vorhanden, die sehr weit auseinanderstehen und oft einen sehr dünnen Hals aufweisen. Im Verhältnis zu den kugeligen Becherzellen sind sie klein (Taf. XVIII, Fig. 4). Die Epidermis ist an dieser Stelle ziemlich dick, und man kann im allgemeinen beobachten, daß in den viel- schichtigen Epidermisteilen die Kolben stets langgezogen sind. In

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 413

der ventralen Körpermitte nehmen die Kolben wieder die normale Gestalt an (Taf. XX, Fig. 1). Man kann auf Schnitten, die durch die Epidermis dieser Körperstelle gelegt sind, sehr gut das Aufwärts- wandern der Kolben beobachten. Taf. XX, Fig. 1 zeigt Kolben ver- schiedener Entwicklungsstadien in übereinander gelegenen Schichten des Epiderms.

In der Afterpapille sind nur ganz vereinzelte sehr kleine, rundliche Kolbenzellen festzustellen. Die Becherzellen sind dagegen in großer Zahl und Dichte vorhanden.

In den Lippen fehlen die Kolben vollständig (Photogramm 4). Es finden sich in diesen Teilen nur kleine Becherzellen in ziemlicher Dichte. Im Pharynxepithel sind die Kolben nur bei jungen Aalen

Photogramm 4. Transversalschnitt durch die Unterlippe eines 30 cm langen Aales. Flemming, Gren. Haemat. Vergr. 1: 580.

bis zu 20 cm Länge anzutreffen; späteren Stadien fehlen sie an dieser Stelle. Sehr interessant ist die Häufigkeit und außer- ordentliche Dichte der Kolbenzellen im Zungenepithel (Taf. XVII, Fig. 4). Hier sind sie in 5—6 Lagen übereinander zu finden. Besonders in der Zunge konnte ich die Entwicklung der Zellen und das allmähliche Emporwandern zur Epidermisober- fläche gut studieren. Taf. XVII, Fig. 4 stellt einen senkrechten Quer- schnitt durch die Epidermis der Zunge dar und gibt sehr gut die verschiedene Lage der Kerne in den Kolben sowie die reifen, dicht unter der letzten Epidermisschicht liegenden Kolbenzellen wieder.

Um die Augen herum stehen die Kolben ziemlich dicht und weisen die normale Gestalt auf. |

Ein Schnitt durch das Velum, den feinen Hautsaum am Oper- culum, der zum Verschluß der Kiemenöffnung dient, ist in Taf. XVIII, Fig. 1 dargestellt. Die die Außenseite bekleidende Epidermis

414 Hanns v. LENGERKEN.

(Taf. XVIIL, Fig. 1a) weist Kleine Kolben in geringer Zahlauf. Becher- zellen von rundlicher Gestalt sind hier im Verhältnis zu den Kolben viel häufiger. An der Stelle, wo das Außenepiderm nach der Innenseite des Velums umbiegt, also in dem in der Taf. XVIII, Fig. 1 mit c bezeichneten Teile, treten keine Kolbenzellen und nur sehr vereinzelte Becher von kugelrunder Gestalt auf. Das die Innenwand des Velums bekleidende Epithel (Taf. XVII, Fig. 1b) ist gänzlich frei von Kolben. Es treten hier nur runde Becherzellen auf.

Der kaudale Rand der Kiemenöfinungsspalte weist ganz andere Verhältnisse auf. Auf Transversalschnitten (Taf. XVIII, Fig. 3) sieht man ziemlich langgestreckte Kolben mit dünnem Hals und deutlich abgesetztem kolbigen Teil, die dicht nebeneinander stehen und in größerer Zahl vorhanden sind als die Schleimzellen.

Taf. XX, Fig. 2 und Taf. XIX, Fig. 3 zeigen die Verteilung der Kolbenzellen auf den Seitenflächen. Taf. XX, Fig. 2 ist ein Trans- versalschnitt durch das laterale Epiderm der Körpermitte. Es sind besonders gut die verschiedenen aufeinander folgenden Entwicklungs- stadien der Kolben zu sehen (Kb,). Taf. XIX, Fig. 3, ebenfalls transversal geschnitten, und zwar durch die laterale Epidermis des Schwanzteiles, bringt die Verhältnisse der Verteilung in dieser Körperregion zur Darstellung. In der untersten Schicht sind die mit Kb, bezeichneten jüngsten Kolben abgebildet. In Taf. XIX, Fig. 4 ist ein senkrechter Querschnitt durch den vor den Augen gelegenen Teil der Epidermis gezeichnet. In einer Zelle sieht man den mit Pl.Str. kenntlich gemachten Plasmastrang. Zwischen den Augen stehen die Kolbenzellen sehr dicht, was Taf. XIX, Fig. 2 ver- anschaulicht. Auf dem in Taf. XIX, Fig. 1 dargestellten Transversal- schnitt durch die Rückenhaut der Körpermitte ist nichts Besonderes festzustellen. In dem Winkel, welchen die Rückenflosse mit dem dorsalen Epiderm bildet, kommen Kolben vor, die oft einen sehr verbogenen Hals besitzen. Auf den Seitenflächen der Rücken- fiosse nehmen die Kolben an Häufigkeit ab, sie werden immer kleiner, rundlicher und seltener. In den scharfen Kanten der .Rückenflosse fehlen die Kolben gänzlich, und es finden sich nur vereinzelte, kleine, rundliche Becher vor. In den Brustflossen liegen die Verhältnisse ähnlich. Nur sind hier in dem Hautwinkel, den die Brustflosse mit dem lateralen Epiderm bildet, die Kolben noch vereinzelter zu finden, als in entsprechenden Stellen der Rücken- flosse. Die Zellen des Epiderms zeigen an diesem Ort sehr un- regelmäßige Form, und die Kolben haben sich diesen Veränderungen angepaßt. Auf den Seitenflächen sind fast nur noch Becherzellen an- zutreffen. Der Rand besitzt, wie auch derjenige des großen Flossen-

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 415

saums, keine Kolben. Der ventrale Teil des Flossensaums ist, was die Kolben anbetrifit, von dem dorsalen nicht verschieden.

Die Form der Kolben ist im allgemeinen in der ganzen Körper- haut, bis auf die mehr abgerundeten Kolben in der Epidermis des Afters und den Seiten der Flossen, dieselbe Im Verhältnis zu Petromyzon flwviatilis L. und Petromyzon Planeriı Bu. sowie über- haupt zu gleichwertigen Gebilden der meisten Physostomen, sind die Kolben bei Anguilla sehr klein.

Die Kolben entstehen in der untersten, also jüngsten Schicht der Epidermis. Das jüngste Stadium, welches ich habe finden können, zeigt Photogramm 5. Es sind dies Zellen, die noch die- selbe Größe besitzen, wie die angrenzenden gewöhnlichen Epiderm- zellen. Sie unterscheiden sich aber von diesen schon äußerlich durch

Photogramm 5. Transversalschnitt durch die laterale Körperhaut des Schwanz- endes von Anguilla vulgaris L. Flemming, Gren. Haemat. Vergr. 1:650.

die kolbige Gestalt, während die Epidermiszellen auf Querschnitten fast dreieckig sind und nach oben zu spitz auslaufen.

Aber der färberische Unterschied ist noch auffallender. Es tingieren sich nämlich die jungen Kolben nie mit Plasmafarbstoffen. Hämatoxylin verleiht ihnen keinerlei Färbung, während sich die angrenzenden Epidermiszellen in der bekannten Weise tingieren. Dieser Umstand weist darauf hin, daß das Plasma auf diesem Stadium schon in irgendwelcher Art modifiziert sein muß. Pikrin- säure und Säurefuchsin ruft keinerlei Gelbfärbung des Kolbeninhalts hervor, wie ja auch das Plasma der reifen Zellen nur verschwindend wenig sauer reagiert, was Nuspaum und Kurczıckı bereits hervor- heben.

Eine Sekretanlage ist noch nicht vorhanden.

416 Hanns v. LENGERKEN,

Es färben sich einige Kerne in den Zellen dieses Stadiums manchmal schwächer als die Kerne der gewöhnlichen Epidermis- zellen. Im allgemeinen färbt sich der Kern, der an Größe die übrigen Kerne um etwa den dritten Teil übertrifft, etwas stärker. Wodurch der erste Anstoß zur Umwandlung einer Epidermiszelle in einen Kolben gegeben wird, oder ob bestimmte Zellen von vorn- herein präformiert sind, läßt sich nicht entscheiden. Wahrschein-

Photogramm 6. Transversalschnitt durch die dorsale Kopfhaut eines Aales. Flemming, Gren. Haemat. Vergr. 1:580.

lich geht die Anregung vom Kern aus, der an Volumen, wie wir gesehen haben, zunimmt. Gleichzeitig wird das Plasma total modi- fiziert. Und zwar muß das Plasma auf dieser Entwicklungsstufe anderer Natur sein, wie in den älteren Stadien, da es in den größeren Kolben sich stets mit Hämatoxylin, wenn auch nur sehr schwach, färbt, was auf oben beschriebenem Stadium nie der Fall ist.

Nun wird der Kolben größer, der angeschwollene Teil wächst

ı über die untersten Epidermiszellen hinaus (Photogramm 6, Kb,).

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 417

Auch jetzt verhält sich das Plasma noch genau so wie vorher (Textfigur 2a). Der Kern hat sein größtes Volumen erreicht, fast überall ist ein Nucleus deutlich zu erkennen; der Hals hat sich bereits verschmälert (Photogramm 6, Kb,). Auf einem etwas älteren Stadium tritt die Vakuole, die sich an irgendeiner Stelle des Kernes anlegt, auf. Das Plasma beginnt sich mit angesäuertem GRENACHER- schem Hämatoxylin sehr schwach zu färben. In den meisten Fällen liegt die Sekretanlage über dem Kern. Die Bildung eines hellen Hofes um den Kern herum habe ich nicht feststellen können (Text- figur 2, b). Allmählich wächst die Sekretkugel und erreicht die Größe des Kernes, um ihn auf dem nächsten Stadium bereits zu übertreffen (Textfigur 2,.). Das Plasma tingiert sich stärker mit Hämatoxylin, der Kern beginnt sich zu reduzieren (Textfigur 2, 4,

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Pa a TR u BE Te ar Fu 007 78. Fig. 2. Schematische Darstellung der Entwicklung der Kolben beim Aal. en obere Grenze des Epiderms. —- Basalmembran. (Erklärung im Text.)

Photogramm 6, Kb,). Der Hals ist immer schmäler geworden. Von nun an nimmt die Sekretkugel permanent langsam an Umfang zu, der Kern wird immer kleiner und unregelmäßiger und färbt sich mit Hämatoxylin tiefblau. Es tritt nun in einzelnen Zellen ein schwach bläulicher, vom Kern auslaufender, sich in der Längsachse des Kolbens hinziehender Strang auf (Textfigur 2, unter :,e,). Auf diese Gebilde komme ich später zurück. Sie lassen sich durchaus nicht in allen Kolben beobachten und liegen manchmal gerade auf der Grenze der Sichtbarkeit. Der Kern erscheint auf einer weiteren Stufe halbmondförmig, der Fuß ist ganz schmal geworden (Text- figur 2,7). Schließlich löst sich der Kolben von der Basalmembran los und begibt sich auf die Wanderung nach der Epidermisober- fläche (Textfigur 2,:s). Der Kern ist sehr zusammengeschrumpft und besteht fast nur noch aus einigen Brocken. Derartige Zellen

418 Hanns v. LENGERKEN.

sind in den Mittelschichten der Epidermis sehr zahlreich anzu- treffen (Photogramm 7). Im Laufe der weiteren Entwicklung nimmt die Zelle eine ovoide bis kugelige Gestalt an, der Kern ist zuletzt ganz verschwunden. Der Kolben bleibt, noch von einer Epidermis- zellenlage bedeckt, liegen und besteht nur noch aus einer großen Sekretvakuole, die von einem Plasmaring umgeben ist, der in den meisten Fällen in seinem, der Oberfläche zugekehrten Teil dicker ist (Photogramm 6, Kb,).

Sehr oft sind die reifen Kolben durch den Einfluß der an- grenzenden Becherzellen und der nachfolgenden Kolben von unregel- mäßiger Gestalt (Photogramm 6, Kb,).

Photogramm 7. Transversaler Schnitt durch die dorsale Epidermis der Körpermitte des Aales. Flemming, Gren. Haem. Vergr. 1:580.

Der Nachschub an jungen Kolben geschieht folgenderweise. Der in der jüngsten Zellschicht stehende Kolben entwickelt sich dicht neben der Ursprungsstelle des in die Höhe gerückten und kommt in den meisten Fällen unter den älteren zu stehen. Photo- gramm 6, Kb, und Kb, zeigt mehrere Kolben verschiedenen Alters untereinander. In manchen Fällen berührt der nachrückende Kolben den älteren sogar (Photogramm 6, Kb, und Kb,).

Das Sekret in der Vakuole ist von körniger Beschaffenheit. Jedoch scheint die Stärke der Granulierung mit der Konservierungs- flüssigkeit im Zusammenhang zu stehen. Nach Behandlung mit Zimmer ’scher Lösung und Fremmig’scher Flüssigkeit ist das Sekret sehr fein granuliert. Es ist nicht ausgesprochen acidophil, da es sich mit Säurefuchsin und Pikrinsäure nicht tingiert.

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 419

Über die Stellung des Kernes gibt schon MAvrER die rich- tigen Beobachtungen wieder. Die folgende Textfigur 3 illustriert die Lage des Kernes zur Sekretvakuole. Textfigur 3,2 zeigt den Kern eine Strecke weit vom Sekret abgelegen. Dieser Fall ist hin und wieder festzustellen. Im allgemeinen liegt der Kern an dem der Basalmembran zugekehrten Teile des Sekretes. Es wurde

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Fig. 3. Schematische Darstellung der Stellung des Kernes zum Sekret in den Kolben des Aales. —- Basalmembran. ----- obere Grenze des Epiderms.

schon im Laufe der Darstellung von der allmählichen Reduktion des Kernes verschiedentlich gesprochen. Die Textfigur 4 zeigt den Kern in verschiedenen Größenstadien.

- a) Der Längsstrang der Kolbenzellen.

In einigen Kolbenzellen, durchaus nicht bei allen, findet sich in der Längsachse des Zellkörpers ein sehr feiner Strang, der von Nussbaum und Kurczıckı in Form sehr feiner Fäserchen bei Anguilla festgestellt wurde. Bei Petromyzon waren derartige

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Fig. 4. Schematische Darstellung der Reduktion des Kernes in den Aalkolben.

Bildungen schon bekannt und des öfteren als Nervenfasern gedeutet worden.

Die Verfasser äußern sich über den Längsstrang wie folgt: „Im homogenen Plasma der Drüsenzelle erscheinen sehr feine Fäserchen, die sich z.B. mit Eisenhämatoxylin gut färben lassen; dieselben bestehen gewöhnlich auf einem zentral verlaufenden geschlängelten Faden, der kleine Varikositäten zeigt und feine, laterale Astchen entsendet, und aus basalen Endverästelungen dieses Fadens, die

420 Hanns v. LENGERKEN.

fast niemals die Basis der Zelle erreichen, oft aber bis zur feinen

Zellmembran seitwärts gelangen. In der Nähe des Kernes erscheinen |

in dem hier dicker werdenden Faden sehr feine Körnchen und ein enges, mit heller Flüssigkeit gefülltes Lumen, welches in der direkten Nachbarschaft des Kernes in eine vakuolenartige Erweiterung tber-

geht, wo sich die erwähnte Sekretflüssigkeit ansammelt. Manchmal

verlängern sich ähnliche fadenförmige Bildungen auch distalwärts, oberhalb der Sekrethöhle und enden auch hier mit feinen Ver- ästelungen.“

An anderer Stelle heißt es: „Das oben beschriebene System von Fäden und Kanälchen im Plasma der Drüsenzelle halten wir für Bildungen, die mit der Sekretion der Drüse innig zusammen-

Photogramm 8. Die auf einem Transversalschnitt durch die laterale Epidermis des Schwanzteiles von Anguilla vulgaris L. in den Kolbenzellen sichtbaren Plasmastränge. Vergr. 1:580.

hängen, was aus dem Verhalten derselben gegenüber der Sekret- höhle der Zelle klar hervorgeht.“

Nach meinen Befunden tritt zunächst in der Längsachse des Kolbens vom Kern ausgehend ein feiner, oft kaum sichtbarer Strang auf, der sich mit GrenacHzr’schem Hämatoxylin bläulich färbt (Photo- gramm 8). Er reicht oft bis zur Basalfläche des Kolbens und zeigt an der dem Kern anliegenden Strecke eine kleine, sich all- mählich nach der Basalmembran zu verjüngende Anschwellung (Text- firur 5,1). Ich habe diesen Faden nur in solchen Kolben feststellen können, in denen der Kern unterhalb des

Sekretes lag. Ich möchte den feinen Strang für in irgend--

welcher Weise von dem übrigen modifizierten Plasma differenziertes Plasma halten, das mit der weiteren Sekre- tion in der Zelle in engem Zusammenhange steht (Text- figur 5, ı Pl. Str... Man könnte andererseits diesen homogenen Faden

|

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 4921

schon für präformiertes, basophiles Sekret halten. Oft reichen die Fäden nur bis ungefähr zur Mitte der Zelle, manchmal sind sie als kleine Ansätze am Kern zu beobachten (Photogramm 8).

An Stelle dieses feinen Plasmastranges treten später feine Körn- chen, die nur bei sehr starker Vergrößerung zu sehen sind, auf (Textfigur 5,2). Auch diese Granulae tingieren sich mit Häma- toxylin blaßblau und mit Eisenhämatoxylin schwärzlich. Ich halte diese Körnchen für Sekret, das auf diesem Stadium noch basophil ist. Ein weiteres Bild (Textfigur 5, ;) zeigt, daß diese Granulae allmählich verflüssigt werden, und zwar beginnt dieser Vorgang vom Kern aus und schreitet dann 7. 2. 3. weiter fort. Das verflüssigte Sekret E er 5 reagiert acidophil.

Löst sich der Kolben nun von der Basalmembran los, so rundet sich der Fuß ab und mit ihm der Sekretraum, bis dann, nachdem der Kern vollständig atrophiert ist, nur noch in der abgerundeten Zelle eine große Vakuole übrigbleibt.

Bemerkt sei noch, daß in den meisten Zellen sich das Sekret einfach an irgendeiner Stelle des Fig. 5. ERTEIR Br Kernes als kugeliges Gebilde des Plasmastranges und des später anlegt, und daß die mit dem anseiner Stelle befindlichen Sekretes Auftreten eines Plasmafadens ver- |? den Kolben des Aales. —— Basal-

membran. ---- obere Grenze des bundenen Erscheinungen seltener Epiderms. sind. Ob diesem Vorgange noch eine besondere Deutung unterzulegen ist, kann ich nicht ermessen. Wie die Darstellung zeigt, kann es sich in den feinen Fäden in keiner Weise um irgendwelche Nervenfibrillen handeln. Um jedoch ganz sicher zu gehen, wandte ich die Gorer’sche Methode ver- schiedentlich an. Es ließ sich nie irgendwelche Schwärzung inner- halb der Kolben feststellen. Ebenso gelang es mir nicht, das Heran- treten von Nerven zu den Kolben in irgendwelcher Weise festzu- stellen. Nur die Schleimzellen färbten sich dunkelbraun, die Kolben selbst tingierten sich überhaupt nicht. Ich befinde mich hier durch- aus in Übereinstimmung mit F. E. Schürze, welcher sagt: „Bemerkens- wert erscheint der Umstand, daß außer diesen Nervenfasern (freie Nervenenden in der Epidermis, d. V.) in den betreffenden Epidermis- partien nur die an der Oberfläche sich öffnenden Becherzellen geschwärzt erscheinen. Auch zu den Kolben, welche durchaus keine

422 Hanns v. LENGERKEN.

Schwärzung erfahren, lassen sich keine derartigen Nervenfasern verfolgen.“ .

Ähnlich äußern sich Nuspaum und Korczickı, indem sie schreiben: „Diese Verhältnisse beweisen deutlich, daß die betreffenden Fäserchen nichts mit den Nervenfibrillen zu tun haben, wie es bei Petromyzon manche Forscher vermutet haben.“

Die ähnlichen Gebilde in den Kolben der Epidermis von Lepto- cephalus habe ich schon im vorhergehenden besprochen. Nur war es mir nicht möglich, das Zwischenstadium, nämlich das granulierte Sekret, aufzufinden. Ich bin aber überzeugt, daß es auch dort auftritt. Wie es sich bei Leptocephalus nur um einen Plasmastrang handelt, an dessen Stelle sich später das verflüssigte acidophile Sekret befindet (Taf. XVII, Fig. 2), so kann auch hier von einer Fibrille nervöser Natur in keiner Weise die Rede sein. Die vor- liegenden Verhältnisse beweisen sehr deutlich die sekre-

torische Funktion der Aalkolben. Ihr Sekret dient höchst- wahrscheinlich ebenfalls wie das der Schleimzellen zur Glättung

der Haut. Hinsichtlich des Geschlechtes scheint in bezug auf die Kolben kein Unterschied vorzuliegen. Die Kolbenzellen zeigten bei einem Weibchen, das ich untersuchte, keinerlei Differenz von dem Verhalten derselben Gebilde bei den anderen Tieren.

ß) Die Epidermis- und Becherzellen.

Die gewöhnlichen Epidermiszellen stehen in der untersten Schicht sehr regelmäßig nebeneinander. Sie sind mehr oder weniger rechteckig und stehen mit einer schmalen Seite auf der Basalmembran. In den älteren Lagen sind sie mehr unregelmäßig gestreckt, oft spindelförmig, um sich nahe der Oberfläche abzurunden. Die Zellen der oberflächlichen Lage bestehen aus ziemlich großen, in keiner Weise verhornten Zellen, deren Kern stets, wenn auch manchmal bereits in etwas degenerierter Form, vorhanden ist. Bekanntlich kommen nur ganz reduzierte Schuppen in der Aalepidermis vor, so daß ihre Oberfläche ganz regelmäßig erscheint.

Auf der ventralen Körperpartie, besonders in der ventralen Kopfhaut (Tafel XVIII, Fig. 4, E,) sind mehrere der oberen Zellagen auffallend vergrößert, und in ihnen liegt der Kern im basalen Teile.

Die Entwicklung der Becherzellen ist zur Genüge bekannt. Sie entstehen offenbar nicht nur in den tiefsten Lagen, sondern auch in mittleren Epidermisteilen. F. E. SchurLzz vermutet sogar, es könnten sich noch die ältesten Epidermzellen in Becherzellen gelegentlich umbilden. Jedenfalls hat der Autor Zellbildungen gefunden, die für diese Annahme sprechen. Die Größe und Form

Y .

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 493

der Becher variiert ganz beträchtlich in verschiedenen Hautpartien ein und desselben Tieres. In den Lippen kommen meist nur rund- liche, auffallend kleine Becher vor, die fast nie eine gestreckte Gestalt annehmen. In der Zunge und auf den Kieferrändern sind die Becher ebenfalls klein und rundlich. In allen anderen Haut- partien kommen rundliche und normal becherförmige Zellen neben- und übereinander vor. Oft sind sie schon in den Mittellagen der Haut typisch becherförmig mit erweiterter Theka und verschmälertem Hals zu finden. Auch in den sich bereits nach außen öffnenden Bechern ist der Kern, der einen hellen Hof um sich gebildet hat, und in einem halbmondförmigen Plasmarest an der Basis der Zelle liegt, noch vollkommen intakt.

Der mit GrenacHer’s Hämatoxylin sich lebhaft färbende Inhalt der Theka zeigt eine maschige Struktur, Stauungserscheinungen des tropfenweise entstehenden Sekretes.

Die Pigmentzellen sind in der ganzen Epidermis in reich ver- ästelter Form verstreut. Manchmal sind sie über der jüngsten Epidermiszellenschicht stellenweise in ziemlich regelmäßigen Reihen angeordnet aufzufinden.

Eine Basalmembran ist überall deutlich ausgebildet.

III. Die Kolben von Petromyzon fluviatilis L.

Die Kolben bei Petromyzon flwviatilis L. sind schon sehr oft untersucht. Die Epidermiszellen selbst sind zur Genüge bekannt, so daß eine detaillierte Schilderung überflüssig erscheint.

KörLiker beschreibt „Schleimzellen“ in der Haut des Ammo- coetes, die sicherlich mit den Kolben der späteren Autoren identisch sind. Daß er die Kolben falsch orientierte, und zwar mit dem Halsteil zur Oberfläche führend, ist schon oft in den einschlägigen Arbeiten erwähnt worden. Im Innern der Zellen sah er einen Kanal, der sich im angeschwollenen Teil zu einem Hohlraum er- weiterte, der die beiden Kerne enthielt. Er stellte auch die feine Streifung des Zellinhalts fest.

Mıx ScHuLTtzeE untersuchte die Kolben und ihr Verhalten im polarisierten Licht, in welchem sie doppelt brechend erscheinen. Sie bestehen nach ihm aus einem stark lichtbrechenden Stoff, in dem man die beiden Kerne von feinkörnigem Plasma umgeben, und einen in der Längsachse des Kolbens sich hinziehenden, manchmal unterbrochenen Kanal finde. Dieser Kanal soll ebenfalls mit Plasma ausgefüllt sein. Auch M. Schuntze stellt die Streifung des Plasmas fest. Da die Erscheinungen bei Anwendung des polarisierten Lichtes an die der quergestreiften Muskelfasern erinnern, so hielt

28

424 Hanns v. LENGERKEN.

M. Schuutze die Kolben für den Muskelfasern ähnliche Gebilde. a

Der Autor verfolgte Büschel von senkrecht die Cutis durchsetzenden Bindegewebssträngen, die an den Fuß der Kolben herantreten und in ihrem Innern manchmal einen dünnen Faden zeigen, der dem Achsenzylinder einer Nervenfaser sehr ähnlich sieht. In einigen Fällen sollen sogar an einen Kolben zwei Fasern herantreten, die sich dann mit zwei kegelförmigen Fortsätzen des Kolbens vereinen. Infolge seiner Befunde rechnete M. Schutze die Kolben zu den peripheren Nervenendigungen.

F. E. Schutze unterwarf die bisherigen Forschungsergebnisse einer Revision und stellte fest, daß die mit feinkörniger Masse er- füllten Hohlräume im Innern der Kolben von beträchtlicher Größe seien. Aus den Abbildungen, die der Verfasser seiner umfassenden Arbeit beigibt, sind diese Verhältnisse ersichtlich. Ein Los- lösen der Kolben von der Basalmembran konnte F. E. Schuzze nicht beobachten. Er kam daher zu der Annahme, die Kolben entleerten ihren Inhalt von Zeit zu Zeit innerhalb der Epidermis. Über die Deutung der physiologischen Funktion äußert F. E. ScHuLze, die Kolben verhielten sich ähnlich wie die Zellen unserer Hauttalg- drüsen.

FoETTINGER stimmt im allgemeinen mit den Ansichten F. E. Schuuze’s überein. Über die Konsistenz des Kolbeninhalts gibt er an: „Ce contenu parait &tre form& d’une serie de lamelles enboitees. les unes dans les autres...“ Im den Zellen treten zwei Kerne von feinkörnigem Plasma umgeben auf. ForrTıngErR stellte fest, dab: sich die Kolben von der Basalmembran loslösen. Als jüngste Stadien traf er eiförmige Zellen an, die mit dem breiten Teil auf der Cutis aufsitzen. Die erwachsenen Zellen sind kolbenförmig, und ihr Inneres ist konzentrisch gestreift. Im Halse verläuft die Streifung mit der Seitenfläche parallel.

Nach Ansicht des Verfassers findet ein Ausfluß des Kolben- inhalts nicht statt, wie etwa bei den Becherzellen, die nach außen ihr Sekret durch eine Öffnung ausgeben. Es findet vielmehr eine Zerquetschung der Kolben zwischen den Epidermiszellen statt. Das Sekret steigt in die Höhe und breitet sich auf der Oberfläche der Haut aus. Die Kerne verschwinden dabei. An Stelle der aus- getretenen Kolben bleiben Vakuolen zurück, von denen es heißt: „On voit qu'il existe un certain nombre de vacuoles remplies d’un liquide clair, mais dont les contours sont legerement granouleux. Il n’y a pas de noyau a l’interieur.“

Zu sehr merkwürdigen Ergebnissen über die Natur der Kolben- zellen gelangt PoGoJErF.

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Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 4525

Der Verfasser legt mit Max Scauutze den Kolbenzellen nervösen Charakter bei. Eine Trennung der Kolben von der Basal- membran hat der Verfasser nicht beobachtet. Er sagt: „Mit ihren unteren Enden lagern sämtliche Kolben dem Corium an. .

Ebenso wie Max ScHuLtzE stellte er an in salpetersaurem Silber behandelten Kolben eine Querstreifung des Halses und eine konzentrische Streifung im erweiterten Teil des Kolbens fest. Im Innern des Kolbens sah er einen Zylinder. Nach Behandlung mit Gold treten im oberen Teil des Kolbens scharf markierte kon- zentrische Streifen, „an denen man stellenweise kleine Punkte wahrnehmen kann, welche sich wie kleine Zellen ausmachen“. „Dieses Bild erinnert sehr an das Aussehen der äußeren Hülle von Pıcmr’schen, HErBET’schen, Graxper'schen Körpern, mit anderen Worten, wir können mit Recht sagen: die Kolben sind ausgerüstet mit einer äußeren, endothelialen Hülle, welche mit kleinen Zellen besetzt ist.“

Das Plasmaklümpchen um den Kern herum ist nach PoGoJErFF „ein wohl organisierter Körper in Form eines Kolbens, welcher an den Seiten mit kaum wahrnehmbaren Schüppchen oder richtiger Pünktchen besetzt ist und in seinem oberen Teil in der Tat zwei Kerne, oder wie es uns scheint, zwei Zellen, eine jede von ihnen mit einem Kern aus- gerüstet,trägt“. Unddannheißtesweiter: „Vondieseminneren Zylinder aus zieht gegen den unteren Teil des Kolbens, dem Halse desselben ent- lang ein Faden, welcher, stellenweise unterbrochen, die äußerste Grenze des Kolbens erreicht, ja sogar, wenn auch in selten beobachteten Fällen, dieselbe verläßt.“ Nach der Behandlung mit Gold nimmt nach PoGoJErrF dieses Gebilde eine intensiv violette Farbe an. Der übrige Teil des Kolbens bleibt dagegen gänzlich ungefärbt. „Der Faden im Inneren des Kolbens hat bisweilen Ähnlichkeit mit einem Achsenzylinder, welchem in seinem Verlaufe außerordentlich kleine Zellen in Form von Varikositäten anhaften.“ Diese Eigentümlichkeiten hat der Verfasser fast nie in einem Kolben vereinigt gefunden. Der innere Zylinder besteht der nach An-

‚sicht des Autors aus einer körnigen Substanz „und dient gleichsam

als Kissen für den in ihn eintretenden Nerv, welcher nach mehr- fachen Windungen „in den kleinen Zellen endet“. „Es sind diese kleinen Zellen die eigentlichen Endapparate der sensiblen Nerven.“

Direkt an die Kolben ansetzende Nerven hat Pocoserr nicht beobachten können, obgleich er im Corion -oft zum Epithel ver- laufende Nervenfäden, die sich in feine Ästehen auflösten, gesehen hat. Trotzdem ist der Autor von der nervösen Natur der Kolben

durchaus überzeugt. 28*

496 Hanns v. LENGERKEN.

Offenbar hat PoGoJEFF auch von der Basalmembran losgelöste Kolben gesehen, er glaubt aber dann Schrägschnitte vor sich gehabt zu haben.

Daß PocoJEerr die im Kolben auftretenden Erscheinungen durchaus falsch gedeutet hat, wird aus der späteren Darlegung hervorgehen.

Rrrzıus untersuchte besonders die Nervenendigungen in der Haut der Petromyzonten und kommt zu folgendem Resultate: „Die Kolbenzellen, welche seit ihrer Entwicklung hin und wieder als etwaige Nervendapparate betrachtet worden sind, haben offenbar keine derartige Bedeutung. Man sieht sie zwar die Nervenfasern erreichen, diese Fasern biegen sich aber um ihre Wölbung herum und setzen ihren Weg weiter nach außen hin fort, um in der gewöhnlichen Weise interzellulär und mit freien Endästen zu endigen.“

Kareukın schließt sich im großen und ganzen der Auffassung PosoJErF's an. Er sagt wörtlich: „Mit viel größerer Sicherheit kann man von der Existenz im Innern des Kolbens eines dünnen nervösen Achsenzylinders reden, da sogar bei jeder Bearbeitung man ein dünnes Fäserchen sehen kann, welches nach unten vom Klümpchen des feinkörnigen Plasmas geht und in seinem Verlauf schwache Belgungen bildet.“ Auf Schnitten, parallel zur Körper- oberfläche, sah der Autor den homogenen Stoff Konzentrisch um das Fäserchen herumgelagert. Nach Behandlung mit Golgi nahm das Fäserchen eine sehr dunkle Farbe an und zeigte deutlich variköse Verdickungen. Er sieht sich daher veranlaßt, die feine Faser für einen nervösen Achsenzylinder zu halten.

Nach Fusarı treten die Kolbenzellen nicht in Verbindung mit Nerven, und MaArencHı, der ebenfalls nach der Gorer’schen Methode arbeitete, konnte dieselben Resultate zeitigen. Auf den Bildern, die MarencHı seiner Arbeit beigefügt hat. sieht man die Nerven entweder frei endigen oder nur in Verbindung mit spezifischen Sinneszellen.

In seinem Lehrbuch der Vergleichenden Histologie geht K. C. SCHNEIDER, nachdem er das Epiderm von Ammocoetes besprochen hat, auch auf die Kolbenzellen ein. Es wird zunächst ihre äußere Form beschrieben. Dann heißt es: „In der Achsenlinie der Zelle findet sich ein durchlaufender zarter Streifen, der meist in locker geordnete Körnerbrocken aufgelöst erscheint. An günstigen Prä- paraten läßt sich nachweisen, daß er aus einer oder aus einem Paar, bei Eisenhämatoxylinfärbung, Fibrillen in engspiraliger Aufwindung besteht, die im distalen Zelldrittel undeutlich werden.

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Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. ...497

Der Form nach sind die Fibrillen zweifellos Neurofibrillen, so daß also die Kolbenzellen als Sinneszellen aufzufassen wären. Ob eine Verbindung der Zellen mit Nervenfasern vorliegt, bleibt unbekannt.“

Die konzentrischen Schichtlinien im Plasma sollen nach K. C. SCHNEIDER von Fibrillen vorgetäuscht werden. „Die Fibrillen be- ginnen an der basalen Fläche und steigen, in starker Windung den axialen Bereich umziehend, in der Zelle empor, wobei verschiedene Gruppen von Fibrillen in verschiedener Richtung gewunden verlaufen.“

In seiner Figur bildet K. C. Scaseiper einen Kolben mit zwei Kernen und einer Neuro- sowie einer Stützfibrille ab.

Wie man sieht, stehen sich zwei Ansichten gegenüber. Der eine Teil der Forscher schreibt den Kolben sekretorische resp. ex- kretorische Funktion zu, der andere sieht in ihnen mehr oder weniger hochkomplizierte Nervenendigungen. Auf der einen Seite befinden sich KöLLıker, F. E. SCHULZE, FOETTINGER, Retzıus, MAURER, FUsarı, MARENGHtT, OXNER, NuUSBAUM und Kurczıckı”), auf der anderen Max SCHULTZE, POGOJEFF, KarErkın und K. C. SCHNEIDER.

a) Der Längsstrang in den Kolben.

Mein Hauptaugenmerk richtete ich auf die Untersuchung des Achsenfadens und sein Verhalten während der Entwicklung der Kolbenzelle.

Zunächst suchte ich festzustellen, ob die Kolben sich von der Basalmembran loslösen, oder ob sie, wie es von einigen Unter- suchern behauptet - wurde, zeitlebens auf der Membran festsitzen bleiben. Es stellte sich heraus, daß die Kolbenzellen tatsächlich sich ablösen und zur Oberfläche wandern (Taf. XX, Fig. 3). Als jüngstes Stadium in der Entwicklungsreihe der Kolben sah ich stets kleine Elemente mit beinahe parallelen Seiten, die die untersten Epidermiszellen nur wenig überragten, aber immer schon zwei Kerne aufwiesen (Taf. XX, Fig. 3, Kb,). Eine Kernteilung habe ich nicht beobachten können. Auch gelang es mir nicht, noch Jüngere Stadien der Kolben, die doch offenbar vorhanden sein müssen, festzustellen.

Die von in Pikrinsäure, Sublimat, Eisessig konservierten Tieren stammenden Schnitte wurden nach Casan im umgekehrter Reihen- folge behandelt. Die Kolben zeigten eine grünlich-gelbliche Tinktion,

*) E. Pawrowsky untersuchte die Haut von Schizothorax intermedius und Capoeta heratensis und spricht den bei diesen Spezies vorkommenden Kolben- zellen ebenfalls sekretorische Funktion zu. Norpguisr vertritt für Tinca vulgaris dieselbe Ansicht.

498 Hanns v. LENGERKEN.

die „Fibrillen“ und Kerne waren rötlich gefärbt. Nach Nachfärbung

in Hämatoxylin erschien der Kolbeninhalt gelb und die Kerne so- wie der Plasmastrang blau.

Die Kolben sind im Verhältnis zu den Epidermiszellen und im Vergleich zu den Kolben des Aales sehr groß. Die Kerne nehmen, wie schon oft beobachtet wurde, eine sehr verschiedene Lage im Plasma der Zelle ein. Meist liegen sie jedoch dicht nebeneinander. Das Plasma ist schon auf der jüngsten beobachteten Entwicklungsstufe total modifiziert, was aus seinem färberischen Verhalten hervorgeht.

Die Zelle wächst in ähnlicher Weise wie bei Anguilla, erreicht schließlich eine ganz bedeutende Größe und durchsetzt zehn bis zwölf Epidermisschichten, ohne daß der Fuß sich von der Basal- membran, die auch bei Petromyzon deutlich ausgebildet ist, loslöst. Es verschmälert sich der ursprünglich sehr breite Fuß im Laufe der Entwicklung, bis er sich loslöst und etwas abrundet (Taf. XX, Fig. 3). Dicht unter der Epidermisoberfläche trifft man Kolben, die offenbar eine starke Reduktion erfahren haben (Taf. XX, Fig. 3, Kb,; Textfigur 6, 5), denn sie sind auffallend klein im Verhältnis zu den in mittleren Lagen liegenden Kolben. Ein Heraustreten des Kolbens aus der Epidermis habe ich nicht feststellen können. Die Kolben lagen immer noch von mindestens einer Zellschicht überlagert in dem Epiderm. Die Mehrkernigkeit (F. E. Schuzze stellte oft drei Kerne fest) ist schon oben erwähnt worden. Das Plasma zeigt ein wesentlich anderes Verhalten als bei Anguilla. Zunächst ist es ausgesprochen acidophil und färbt sich mit Säuren durchaus gelb, während sich das modifizierte Plasma bei Anguilla nur schwach mit sauren Farbstoffen tingierte. Es liegt also auf der Hand, daß bei Petromyzon fluviatilis das Plasma noch in etwas anderer Art umgewandelt sein muß als bei Anguilla. Auch unterscheidet es sich in bezug auf seine auffallende, in der Tat bestehende, Schichtung vom Plasma der Anguilla, das stets homogen bleibt. Auch ich konnte eine im oberen Teil des Kolbens konzentrische Schichtung feststellen (Taf. XX, Fig. 3, SL)*). Diese nur äußerst schwach sicht- baren Schichtlinien sind vielleicht der sukzessiven, aller Voraussicht nach vom Kern ausgehenden Umbildung des Plasmas zuzuschreiben. Allem Anschein nach tritt, bevor sich das Sekret bildet, diese Modifizierung ein. Nervenfibrillen, die sogar kleine Knötchen auf- wiesen, wie PoGoJEFF will, sind in dieser Erscheinung sicherlich nicht zu suchen. Daß die Schichtung nur unter dem Einfluß der Konservierungsflüssigkeit hervortritt, also demnach ein Kunstprodukt

*) Auf der Tafel nicht deutlich gekommen.

een wur:

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 429

wäre, ist auch nicht sehr wahrscheinlich. Ähnliche Erscheinungen sind in einer neuerdings erschienenen Arbeit über die Histologie der Hypophysis cerebri von W. STEnpDEL beobachtet worden. Der Ver- fasser hat im Zwischenlappen der Hypophysis eines indischen Elefanten Drüsenzellen gefunden, die nach Ansicht des Autors bereits der Histolyse verfallen waren. Die Kolloidballen, also das Sekret, zeigten im Innern Zentren mit konzentrischer Schichtung, die STENDEL für Anzeichen der Degeneration hält.

Wir wenden uns nun zu den Vorgängen in der Fibrille In einigen Kolbenzellen sieht man, wie schon gesagt, einen in der größten Achse des Kolbens von den Kernen ausgehenden, in Häma- toxylin sich blau färbenden, deutlich hervortretenden Strang. Auch bei stärkster Vergrößerung bleibt dieser Strang homogen. Oft liegen die Kerne in solchen mit einem feinen homogenen Achsen- faden versehenen Zellen sehr weit in den der Basalmembran ent- gegengesetzten Teil vorgerückt. Sie sind von einem sehr fein- körnigen Plasma umgeben, und dieses Plasma entsendet einen all- mählich sich nach der Basis der Zelle zu verjüngenden Faden. Wir hätten also in der sogenannten „Fibrille“* einen Plasmastrang vor uns, ganz ähnlich wie wir ihn bei Lepto- cephalus und Anguilla bereits festgestellt haben. Der Faden ist manchmal noch in älteren Zellen zu finden (Taf. XX, Fig. 3, Pl. Str.), während er in manchen Fällen schon auf sehr früh- zeitiger Entwicklungsstufe den später zu besprechenden Verände- rungen unterliegt (Taf. XX, Fig. 4, 5). Die Textfigur 7 zeigt unter ı einen solchen Faden, der sich an das Plasma um die Kerne herum ansetzt.

Eine spiralige Aufrollung des Fadens habe ich ebenfalls ge- sehen. Es ist dies aber stets eine Schrumpfungserscheinung, denn ein solcher Faden tritt stets ausschließlich in solchen Kolben auf, die ebenfalls infolge der Konservierungsflüssigkeit deformiert sind und sich ganz von den angrenzenden Epidermiszellen gelöst haben, so daß zwischen Kolben und Epidermiszellen ein Hohlraum ent- steht. Der Fuß solcher Zellen zeigt deutliche Verwerfungen und Verziehungen. Die Feststellung K. C. Scuxeiper’s, es handle sich um zwei Fibrillen, führe ich auf den Umstand zurück, daß der Faden manchmal Varikositäten aufweist, die leicht eine derartige Deutung, wie sie K. C. Scaweıper bringt, hervorrufen können.

An Stelle des feinen Fadens, den ich, wie schon gesagt, für Plasma halte, tritt in einer späteren Entwicklungsstufe das oft sehr grobgranulierte Sekret auf, welches basophil reagiert. Es ist das körnige Plasma der früheren Autoren (Textfig. 7,2). Dieser

430 Hanns v. LENGERKEN.

granulierte Strang ist nicht gleichmäßig. Er zeigt vielmehr an verschiedenen Stellen Verdickungen in Form von Knoten, manchmal ist er nach der Basis der Zelle zu verdickt (Taf. xx, Fig. 4). Öfters treten seitliche Äste auf, die vom Hauptstrang der körnigen Masse ausgehen und sich in das Plasma hinein fortsetzen (Taf. XX, Fig. 4, 5).

Dieses körnige Sekret wird nun verflüssigt, und zwar beginnt der Vorgang um den Kern herum, so daß wir die Sekretvakuole zu- nächst um den Kern herum vor- finden. Die Verflüssigung schreitet dann weiter fort in der Richtung

3 des früheren Plasmastranges. Man |

BE sieht öfter auf Schnitten Kolben, Entstehung des granulierten Sekretes Dei denen schon die Hälfte des und der mit acidophilen Sekret an- granulierten Sekrets verflüssigt gefüllten Vakuole in den Kolben von ist, während der Rest noch als Er er N ihrer en gr granulierter Strang vorhanden Epiderms. (Schematisch.) ist. Im Laufe der Reifevorgänge wird aber alles Sekret bis zur

Basis des Kolbens verflüssigt. Das nun vorliegende reife Sekret reagiert acidophil. Es entstehen Bilder, wie eines in Textfigur 7 unter s abgebildet ist. Mit der Loslösung und partiellen Abrundung

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® K. A pi = :, A eR 7 EEE S . .

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Fig. 6. Schematische Darstellung des Loslösens des Kolbens von der Basal- membran, der Reduktion der Kerne und der Lage der Sekretvakuole in den Kolben von Petromyzon flwviatilis L.

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 431

des Kolbens ist auch ein entsprechender Vorgang bei der Sekret- vakuole festzustellen (Textfigur 6 unter >, sund.«). Die Form der Vakuole ist sehr unregelmäßig und zeigt verschiedentlich Aus- buchtungen.

Der Kern unterliegt einer Reduktion (Textfigur 6 unter 3 und ,). In einigen Zellen sind in der Sekretvakuole nur noch einige Bröckchen, Reste der Kerne, bemerkbar. Die Kerne liegen meist in der Mitte des Sekretes, öfter aber auch an den Wänden der Sekretvakuole. Eine völlige Reduktion scheint erst relativ spät einzutreten, jedenfalls viel später als beim Aal. Man sieht oft noch in sichtlich degenerierten Kolben, die dicht unter der Oberfläche liegen, mindestens einen Kern erhalten, jedoch atrophiert auch dieser schließlich vollständig (Textfigur 6 unter >).

In einem Punkte unterscheiden sich die Kolbenzellen von Petromyzon fluwviatilis in ihrem Verhalten wesentlich von den ähn- lichen Gebilden bei Anguilla. Es erweckt nämlich den Anschein, als ob das Sekret in den Kolben von Petromyzon in irgendwelcher Weise während des Emporrückens nach dex Oberfläche verausgabt würde, was bei Anguilla nie der Fall ist, und zwar kann dieses nur in den obersten Schichten der Epidermis geschehen, da in den mittleren die Kolben noch alle Sekret führen und die natürliche Größe und Gestalt aufweisen. In einem Kolben, der dicht unter der Oberfläche liegt, fehlen nicht nur die Kerne gänzlich, man kann auch keine Spur des Sekretes mehr auffinden. Ich nehme daher an, daß die sehr geschrumpfte Zelle nur noch aus dem modifizierten Plasma besteht.

Es wäre immerhin möglich, daß noch Reste des Sekrets vor- handen sind, die sich nun infolge ihrer übereinstimmenden Färbung mit dem Plasma der Zelle nicht feststellen lassen. Aber eine Materialabgabe hat entschieden stattgefunden. Dafür spricht die sehr stark vorgeschrittene Verkleinerung der Zelle, welche oft nur noch ein Drittel so groß ist, wie die in mittleren Lagen befind- lichen Kolben. Es kann nun eigentlich nur das Sekret verausgabt worden sein, und die Beobachtung, daß in den dicht unter der Oberfläche liegenden Kolben kein Sekret mehr zu erkennen ist, würde durch die vorangehende Überlegung auch theoretisch ge- stützt. Auf welche Weise die Entleerung des Sekrets vor sich geht, kann ich nicht sagen. Eine Öffnung habe ich nicht beob- achtet. Wahrscheinlich wird die Ausscheidung durch Diffusion erfolgen.

Über die definitive, am Schluß der Entwicklung erlangte Gestalt ist zu sagen, daß eine vollständig kugelige Form, wie bei Anguilla,

432 Hanns v. LENGERKEN.

an dem Kolben des Petromyzon nie festzustellen ist. Er weist immer noch einen zur Basalmembran gerichteten Fuß auf (Taf. XX, Fig. 3, Kb,). (Textfigur 6 unter ;.)

Ich komme zu folgendem Resultat: Die Kolbenzellen sind bei Petromyzon flwviatilis L. ebensowenig nervöse Ele- mente wie bei Anguilla und Leptocephalus. Sie sind ein- zellige Drüsen, denen sekretorische Funktion zukommt. Von einem Exkret kann nicht die Rede sein, da die Kolben offensichtlich ihr Sekret in den oberen Zellschichten der Epidermis entleeren. Wahr- scheinlich wird der plasmatische Restbestand allmählich mit den oberen Epidermzellen abgerieben. Ob in den dicht unter der Ober- fläche liegenden, stark reduzierten Zellen nicht doch noch Sekret- reste vorhanden sind, will ich nicht entscheiden, da es, wie ich bereits bemerkte, nicht unmöglich ist, daß das Sekret fast dieselbe Färbung besitzt, wie das modifizierte Kolbenplasma. Höchstwahr- scheinlich jedoch hat man in den ältesten Kolben sekretlose Zellen zu sehen.

IV. Die Kolben von Petromyzon planeri BL.

MıAx ScHuLtze äußert sich über die Kolben von Petromyzon planeri Bu. folgendermaßen: „Eigentümlich fand ich die Gestalt der Kolben bei einem Exemplare von Petromyzon planeri Bu., insofern dieselben hier nicht mehr oval oder in Form einer ab- gestumpften Glasglocke erschienen. Das Protoplasma setzte sich bei diesen von der Mitte in einen bis an das untere Ende reichenden Kanal fort, welcher so weit war, daß oft einer von den beiden runden Kernen, die stets im Protoplasma gefunden werden, in diesem Kanal ganz nahe am unteren Ende lag.“

Sehr eingehend sind die Kolben von Petromyzon planeri Bu. von H. Mürter behandelt. Er beobachtete, wie sich die Zellen von der Basalmembran loslösten, sich abrundeten und keinerlei Fortsatz mehr zur Cutis aufwiesen. Er schreibt: „Wieder andere, wohl ausgebildete Exemplare des kleinen Petromyzon zeigten die in mittlerer Menge vorhandenen Kolben durch junge, indifferente Zellen von der Cutis verdrängt, und zu eigentümlichen Formen umgebildet.... Unter manchen Kolben stand eine junge Zelle, deren oben abgerundetes Ende in einer tiefen Höhle des Kolbens steckte... Diese Formen lassen kaum eine andere Deutung zu, als daß die Kolben von jungen Zellen verdrängt werden.“

Der Verfasser stellt in seinen der Arbeit beigegebenen Figuren eine ganze Entwicklungsreihe von Kolbenzellen auf, die mit kleinen halbkugeligen Elementen beginnt, über die mit breitem Fuß ver-

zu + eIETWETBEN, \

Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 433

sehenen Kolben geht, schließlich nur noch einen sehr schmalen Fortsatz aufweist, und zuletzt sich ablöst.

Von einem Auftreten des Fadens im Innern der Kolbenzelle spricht er nicht. Da er aber beim ebenfalls von ihm untersuchten Petromyzon fluviatilis L. die feine, in der Längsachse verlaufende Fibrille sah, hält er die von M. SchuLtze geäußerte Ansicht über die physiologische Funktion der Kolben für wahrscheinlich, aber nicht für bewiesen.

F. E. Schutze bestätigt die Beobachtungen H. MüLter’s und gibt an: „In der obersten Epidermisschicht endlich trifft man nur noch unregelmäßig rundliche oder selbst platt kuchenförmige Kolben an, welche sich, .... durch Kleinheit, Fehlen des körnigen Protoplasmas und eines deutlichen Kernes, sowie durch besonders starkes Licht- brechungsvermögen auszeichnen. Solche veränderte Kolben habe ich vielfach dicht unter der äußersten Zellenlage gefunden, so daß wohl kein Zweifel darüber bestehen kann, daß sie beim Ausfallen einer dar- über liegenden Zelle selbst auf die Oberfläche dieses Fisches gelangen.“

Die auf Tafel VII, Fig. 1 von 'F. E. ScHuLzE reproduzierte Zeichnung erläutert diese Verhältnisse.

LAnGErRHANs hat merkwürdigerweise keine Schleimzellen der Epidermis des Petromyzon planeri gefunden. In betrefi des Baues der Kolbenzellen erklärt er sich mit F. E. ScHULZE für einverstanden, doch glaubt er nicht an eine sekretorische Funktion der Kolben, da er nie in den oberen Schichten des Epiderms Kolben gesehen hat.

ForTTinser hat ebenfalls die Kolben von Petr. planerı Bu. untersucht und kommt zu dem Resultat: Or, par des coupes transversales, jai pu m’assurer que parmi ces massues il yen a qui s’ecartent du derme et que d’autres sortent m&me de l’epiderme pour s’etaler a sa surface.“

Ich untersuchte die Kolbenzellen an einem in Fremmme’scher Lösung konservierten Exemplar und fand nur solche, die auf der Basalmembran festsaßen, und zwar in verschiedener Größe in sehr regelmäßiger Verteilung über sämtliche Teile der Epidermis. Da nun verschiedene Autoren dieselbe Erscheinung beobachtet haben, z. B. F. E. Schuzze für Petromyzon flwviatilis L., so nehme ich an, daß die Reife und Loslösung der Kolben von der Basalmembran, durch die Jahreszeit bedingt wird, obgleich Oxner angegeben hat, daß die Jahreszeiten keinen direkten Einfluß auf das Vorkommen und die Verteilung der Kolben ausübt. Einen ähnlichen Fall konnte Maurer bei einem Barbus flwviatilis feststellen, bei dem alle Kolben- zellen gleichmäßig ausgebildet waren und keine sich von der Basalmembran losgelöst hatte.

Hanns v. LENGERKEN.

434

Ich kann leider nicht angeben, wann das von mir untersuchte = Tier erbeutet wurde. B Das Plasma in den Zellen ebenfalls wie bei ei |

S.

K:

Photogramm 9. Flächenschnitt durch die Epidermis von Petromyzon planeri Br., welcher die Schichtlinien im Plasma deutlich zeigt. Flemming, Pikrius, Säurefuchsin, Gren. Haemat. Vergr. 1:800.

einem Flächenschnitt hergestellt wurde, deutlich sichtbar ist. Die bei-

. gefügte Textfigur 8 illustriert diese Angabe ebenfalls. Ursprünglich, in sehr jungen Zellen, ist die Schichtung kon-

zentrisch um die Kerne herum gelagert (Textfigur 8, ı). Später

4 Br 3. #

Fig. 8. Anlage des Sekretes in den Kolben von Petromyzon planeri Bu. und Schichtung des Plasmas. (Schematisch.)

wird sie an den Stellen, wo sich das Sekret bildet, durchbrochen, und mit dem Wachstum der Zelle nehmen die Schichtlinien eine immer gestrecktere Form an, bis sie zuletzt fast senkrecht zur

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Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 435

Basalmembran stehen. Ich habe in den Kolben keinen in der Längsachse liegenden Strang sehen können.

Die Kolben sind ebenfalls, wie bei Petromyzon fluviatilis L. sekretführend. Es befindet sich oft schon in sehr jungen Kolben, die noch kleine Hügelchen darstellen, um die Kerne herum ein vom modifizierten Plasma, welches typisch acidophil ist, sich gut abhebender Tropfen (Textfigur 8 unter ı), welcher ebenfalls sauer reagiert, sich aber bedeutend heller tingiert. In etwas größeren Kolben hat sich dieses Sekret nach dem oberen Teil der Zelle hinaufgezogen und kommt in mehr gestreckter Form vor. Oft kann man auch eine unregelmäßige Gestalt des Sekrettropfens bemerken, wie sie in Textfigur 8 unter « dargestellt ist. Es hat den Anschein, als wenn dieses Sekret auf einem bestimmten Stadium körnig wäre, entsprechend den ähnlichen Erscheinungen bei Petromyzon fluviatilisL. Ich fand im oberen Teile einiger Kolben sich in Hämatoxylin schwach färbende, sehr feine Granulae, welche mir Reste dieses basophilen Sekretes zu sein schienen. Vorgänge, wie bei Petromyzon flwviatilis L., konnte ich bei planerı nicht feststellen.

Eine Öffnung in der Oberfläche des Kolbens, aus welcher das Sekret heraustreten könnte, habe ich nicht gefunden. Eine solche ist auch nicht anzunehmen, da wir ja nach den Untersuchungen von H. Mürter und F. E. Schutze wissen, daß auch bei Petr. planeri Br. die Kolben sich von der Basalmembran loslösen. Ob eine Sekretausgabe, wie ich sie bei Petromyzon fluviatilis L. beobachtet habe, in den obersten Schichten der Epidermis stattfindet, kann ich nicht sagen, weil bei dem von mir untersuchten Exemplare die Kolben alle auf der Basalmembran festsaben.

Wie besonders aus den Ausführungen von H. MÜLLER und F. E. Schuzze hervorgeht, kaun es sich bei den Kolben von Petromyzon planeri Br. auch nur um einzellige drüsige Gebilde sekretorischer Funktion handeln. Nervöse Elemente liegen hier ebensowenig vor, wie bei Leptocephalus, Anguilla und Petromyzon fluviatilis L.

V. Vergleich der Kolben bei bisher untersuchten Fischarten.

Oxner stellt in seiner Arbeit 39 Arten von Fischen zusammen, bei denen er die Kolbenzellen untersucht hat. In dieser Aufzählung sind auch die von früheren Autoren behandelter Spezies aufgeführt. Aus der Liste ist ersichtlich, daß Kolben bei Knochenfischen nur bei Physostomen vorkommen, mit Ausnahme der Familien der

436 Hanns v. LENGERKEN.

Salmoniden*). Nach der Ansicht Oxxer’s ist es noch nicht sicher, ob die kolbenförmigen Gebilde der Gadiden und eine Anzahl von marinen Acanthopteren als wirkliche Kolbenzellen zu betrachten sind. Bei sehr nahe verwandten Familien können die Kolben fehlen oder vorhanden sein. | |

Gestalt und Lage der Kolben ist bei allen Gattungen sehr variabel und hängt von dem jeweiligen Entwicklungsstadium ab. Die jüngsten Kolben sitzen auf der Basalmembran und haben, wie Oxner schreibt, Form und Größe der zylindrischen Zellen des Stratum germimatwum. Die Kolben rücken unter Wachstums- erscheinungen in die mittleren Lagen der Epidermis hinauf und lösen sich von der Basalmembran gänzlich los. Hier wird die typische Kolbengestalt erreicht. Die Kolben nehmen von nun an während des Emporrückens immer mehr an Volumen ab, werden rundlich, manchmal abgeplattet und rücken ganz dicht unter die freie Oberfläche. Schließlich werden sie wahrscheinlich nach der Ansicht Oxxer’s nach außen abgestoßen. Während ihres Hinauf- wanderns erleiden sie durch die Druckwirkung der angrenzenden Zellen oft Deformationen. Die Gestalt der Kolben hängt außerdem von der Dicke der Epidermis ab.

Die Vorgänge im Kern sind bei allen Kolben ziemlich über- einstimmend, insofern nämlich, als mit einer anfänglichen Vergrößerung des Kernes unter Nucleolenbildung während des Wachstums der Zelle, eine spätere Reduktion verbunden ist, die zur völligen Auf- lösung des Kernes in den reifen Kolbenzellen führt.

Nach meinen Befunden entsteht das Sekret bei ZLeptocephalus nicht intranukleär, wie Oxnxer angibt, sondern tritt ebenso wie bei Anguilla und den Petromyzonten zuerst im mehr oder weniger modifizierten Plasma auf. In den Kolben der meisten Fische wird kein vom Plasma differenziertes Sekret gebildet, vielmehr unterliegt das Plasma selbst einer totalen Umwandlung. Bereits F. E. SCHULZE stellte diesen Hauptunterschied der Kolben untereinander fest. F. E. Schuzze schreibt: „Ein sehr in die Augen fallender Unter- schied ergibt sich zunächst zwischen den Kolben von Leueiscus, Tinca, Cobitis und Silurus einerseits und denjenigen von Petromyzon und Anguilla andererseits dadurch, daß bei jenen vier Physostomen im Innern der gleichmäßig und ziemlich stark lichtbrechenden Substanz, welche die Hauptmasse des ganzen Kolbens bildet, sich stets nur ein bläschenförmiger Kern mit oft verschwindend wenig

*) Von Pawrowsky wurde Schizothorax und Capreta, von NoRpquIsT Tinca vulgaris untersucht.

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Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon. 437

feinkörnigem Protoplasma befindet, während bei den meisten Kolben der Aalhaut und fast allen größeren der Neunaugenepidermis sich neben diesem Protoplasma mit einem oder zwei Kernen noch ein eigentümlicher mehr oder minder scharf begrenzter rundlicher Hohl- raum angetroffen wird, welcher mit einer dünnflüssigen, hellen, weniger stark lichtbrechenden Substanz gefüllt erscheint.“

Hier ist also schon die Einteilung der Kolben in solche ohne vom übrigen Plasma diiferenziertes Sekret und solche, in denen es zur Ausbildung einer abgesetzten Sekretvakuole kommt, gegeben.

Wir haben im Laufe der Untersuchungen gesehen, wie in den Kolben von Petromyzon flwiatılis L. und Petr. planerı Bu. sowie auch bei Leptocephalus und Anguilla in den Zellen Sekret gebildet wird.

MAURER studierte unter anderem auch die Haut von Barbus fluviatilis Ac., und aus seinen Ausführungen sowohl als nach seiner Abbildung möchte ich schließen, daß bei der Barbe ebenfalls Kolben vorliegen, die in ähnlicher Weise ein Sekret ausbilden, wie Petromyzon fluviatilis L. und Anguilla vulgaris L.

Nach Oxxer’s Meinung stellen die Kolben von Oyprinus carpio L. eine Übergangsform zwischen gewöhnlichen Kolbenzellen und denjenigen, bei welchen es zur Ausbildung eines besonderen Sekretes kommt, dar. Maurzx schreibt den Kolbenzellen exkretorische Funktion zu. Auch dieser Autor hat durchweg beobachtet, wie die Kolben als ganze Gebilde, nach Erreichung der Oberfläche, abgestoßen werden. Er, wie auch später Oxxer, wollen außerdem die Kolben als Stützelemente der Epidermis auffassen. Oxxer schließt sich der Ansicht Maurer’s in betreft des exkretorischen Charakters der Kolbenzellen an, indem er anführt, es käme zur Ausbildung spezifischer Produkte in ihnen, die nach außen befördert würden.

Ich muß die Deutung, die naheliegendste und zugleich wahr- scheinlichste vorziehen, nämlich in den Kolben durchweg sekretorische einzellige Gebilde zu sehen, die den Zweck haben, die Oberfläche zu glätten. Nebenbei mögen sie noch andere Funktionen haben, die sich bisher nicht haben ermitteln lassen. Ihr Sekret könnte z. B. irgendwelche Substanzen zum Schutz der Epidermis gegen Parasiten enthalten. Für die Annahme der rein sekretorischen Tätigkeit spricht vor allem das Austreten des Sekretes bei Petromyzon flwviatilis in den oberen Epidermisschichten.

Als nervöse Gebilde sind die Kolben in keiner Weise anzusprechen.

Ich möchte die von Stupnicka beschriebenen „sackförmigen serösen Drüsenzellen“ in der Haut von Lepadogaster nicht unerwähnt

438 Hanns v. LENGERKEN.

lassen. Es sind dieses Zellen, mit einem Ausführungsgang, durch welchen der Inhalt der Drüse auf die Oberfläche gelangt. Hase hat bei Oyelopterus lumpus ähnliche Gebilde gefunden und ist ge- neigt, diese Elemente den Kolbenzellen anzureihen. Er schlägt vor, sie „offene Kolben“ zu nennen. Sie verhalten sich nach Hasr’s Angabe färberisch ebenso wie die Kolben anderer Fische. Solange sie noch geschlossen bleiben, sollen sie ebenfalls wie die geschlossenen Kolben an Größe abnehmen und ihr Sekret durch Diffusion abgeben, nach Ausbildung des Kanals erfolgte der Austritt eben durch diesen Weg. „Bei aiten Tieren werden sie über die Schuppenanlage aus- gequetscht.“

Ähnliche seröse Drüsenzellen mit halsförmiger Verengung und körnigen Sekreten fanden Nussaum und Kurezyckı bei einer jugendlichen Form von Fierasfer dentatus Em.

Literatur.

Ein sehr ausführliches Literaturverzeichnis über die für die Fisch- epidermis in betracht kommenden Arbeiten befindet sich in Hase’s Arbeit „Studien über das Integument von Oyclopterus lumpus L.“, so daß ich nur die für die vorliegenden Untersuchungen wichtigen Arbeiten anführe.

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Erklärung der Abkürzungen an den Figuren.

B, bis B,.. . - = Becherzellen. CT Körnerzelle. Be rs = Basalmembran. TEE. —= Kernmembran.

a = (orion. ne Muskulatur. EEE Epidermiszelle. N SEE ar Nucleolus. EN FE E Rt, = Hohlraum. Pl.Str.. . . . . = Plasmastrang. N ee —= Kern. a SE = Sekret.

Kb, bis Kbs . . = Kolbenzelle. SI. .... 0. .= Schichtungslinie.

Erklärung der Figuren. Tafel XVII.

Fig. 1. Kolbenzellen von Leptocephalus in verschiedenen Entwicklungsstadien.

Kb, junger Kolben; Kb». bis Kbs verschiedene Entwicklungsstadien; Bm Basalmembran. Nach Transversalschnitten gezeichnet. In Alkohol konserviert. Grenachers Hämatoxylin. Vergr. 1: 750.

Fig. 2. Ein Kolben von Leptocephalus, in welchem das an Stelle des ur-

sprünglichen Plasmastranges getretene Sekret sichtbar ist. Vergr. 1: 1000. 29

440 Hanns v. LENGERKEN! Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon.

Fig. 3.

Fig.

Fig.

Fig. Fig.

Fig.

Fig.

Fig.

Fig.

Fig.

Fig.

Fig.

Fig.

Fig.

Fig.

Fig.

Fig.

Oo

Kern mit Kernmembran und Nucleolus von Sekret umgeben. Trans- versalschnitt. In Alkohol konserviert. Gren. Häm. Vergr. 1:3300. _ (Leptocephalus.) | Transversalschnitt durch die Epidermis der Zunge eines 30 cm langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1:700.

Kolbenzellen von Leptocephalus auf der Basalmembran festsitzend. In der einen ist der Plasmastrang (Pl. Str.) aufgetreten, um den Kern (Ka) hat sich der helle Hof gebildet. In Alkohol konserviert. Grenachers Hämatoxylin. Vergr. 1: 1000,

Transversalschnitt durch die Epidermis der Körpermitte des Steig- aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1: 1860.

Ein Kolben von Leptocephalus, von der Basalmembran losgelöst. Gren. Häm. Vergr. 1: 550.

Kolben von Leptocephalus verschiedenen Alters. Kb festsitzender Kolben; KXbz ein Kolben in Aufwärtswanderung begriffen; Kb, los- gelöster Kolben. Transversalschnitt. In Alkohol konserviert. Gren. Haem. Vergr. 1:550.

Tafel XVIIL

Frontalschnitt durch den Opercularsaum (Velum) des Operculums eines 40 cm langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1:330. Transversalschnitt durch die Epidermis in dem Winkel, den die Rückenflosse mit der dorsalen Haut bildet. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1: 700.

Transversalschnitt durch den von der Körperepidermis gebildeten Saum der Kiemenöffnung eines 40 cm langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1:700.

Transversalschnitt durch die ventrale Kopfhaut eines 40 cm langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1:700.

Transversalschnitt durch die dorsale Epidermis des Körperendes eines 35 cm langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1: 700.

Tafel XIX.

Transversalschnitt durch die dorsale Epidermis der Körpermitte eines 30 cm langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1:700. Transversalschnitt durch die dorsale Kopfhaut zwischen den Augen eines 45 cm langen Aales. NaCl, Subl. Osmium Heidenhain. Vergr. 1: 700.

Transversalschnitt durch die laterale Epidermis des Schwanzteiles eines 45 cm langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1: 650. Transversalschnitt durch die dorsale Kopfhaut vor den Augen eines 40 cm langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1:700.

Tafel XX. Transversalschnitt durch die ventrale Epidermis der Körpermitte eines 30 cm langen Aales. Flemming, Gren. Haem. Vergr. 1: 700. Transversalschnitt durch die Epidermis der lateralen Körpermitte eines 45 cm langen Aales. Flemming, Gren. Häm. Vergr. 1: 650.

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 18. November 1913. 441

£ 2 $

Fig. 3. Transversalschnitt durch die Epidermis der Körpermitte von Petro- myzon flwviatilis L. Kbı junger Kolben; Kb Kolben auf der Basal- membran festsitzend mit Plasmastrang (P!. Str.); Kbs ein dicht unter der Epidermis liegender Kolben. Pikrin, Sublimat, Eisessig. Cajal umgekehrt. Vergr. 1:3300.

Fig. 4. Kolben auf einem Transversalschnitt durch die laterale Haut der Körpermitte von Petromyzon flwiatilis L. $ Sekret, K die beiden Kerne. Pikrinsäure, Sublimat, Eisessig. Cajal umgekehrt. Vergr. 1: 3000.

Fig. 5. Transversalschnitt durch die dorsale Kopfhaut von Petromyzon flu- viatilis L. Kbı junger Kolben mit Sekretstrang; Kb größerer Kolben ebenfalls mit Sekret (S). Pikrinsäure, Sublimat-Eisessig. Cajal umgekehrt. Vergr. 1: 3000.

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 18. November 1913.

H. v. LENGERKEN: Über die Kolbenzellen bei Anguilla und Petromyzon.

R. STOBBE: Über Mallophagen.

ED. JAHN: Über Enteridium maeandrinum EHREne.

P. MATSCHIE: Über die Gnus.

Druck von A. Hopfer in Burg b. M.

4

Auszug aus den Gesetzen

der

Gesellschaft NaturforschenderFreu 0

zu Berlin.

Die; im Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Natur

Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindung iR zur Beförderung der Natur wissenschaft, insbesondere der Biontologie.

Die Gesellschaft besteht aus or Fendlchel, auberorgepBa lichen und Ehrenmitgliedern. En Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl höchstens 20

betragen darf, ergänzen sich durch einstimmige Wahl nach den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789 und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise die Vorsitzenden und Schatzmeister. ur Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl unbeschränken ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf Vorschlag eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung, gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte und Einladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlichen > Mitglieder einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Sie können das „Archiv für Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter- Ba stützten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise beziehen.

2% 2

Die wissenschaftlichen Sitzungen finden mit Ausnahme der Monate August und September am 2. und 3. Dienstage jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im Konferenzzimmer der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, % Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt.

m

Alle für die Gesellschaft bestimmten Sendungen sind an den Sekretär, Herrn Dr. K . Grünberg, RER N u Y Invalidenstr. 43, zu richten. 4

DEC 6 196

3938

Bi Sitzungsberichte #& Gesellschaft:

Naturforschender Freunde

zu Berlin. - Nr. 10. Dezember 1913. INHALT: Sy ‚Bericht des Vorsitzenden über das Geschäftsjahr 1913 . .. 2... .... 443 - Herpetologisch Neues aus Deutsch-Südwestafrika. Von Dr. Frrmz Nıeven . . 449

Über Blatt-Epidermen einiger fossilen Pteridospermen. Von R. H. Poronıt. . 453 Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. Von GuIDo GERMERSHAUSEN 462 . Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher . . . 536 . Zweite wissenschaftliche Sitzung am 16. Dezember 1913 . .. 2... .... 545

BERLIN.

In Kommission BEI R. FRIEDLÄNDER & SOHN, NW Carustrasse 11. 1914. G

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Nr. 10. 1913 Sitzungsbericht

der (Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin

vom 9. Dezember 1913.

Vorsitzender: Herr P. MATSCHIE.

Der Vorsitzende erstattete den Bericht über das ablaufende Geschäftsjahr.

Herr O. Heınrkora sprach über Archaeopteryx im Vergleich mit Sporenkuckuck (Centropus phasianus) und Elster (Pica pica).

Herr G. Torsıer sprach über Entwicklung und Gebrauchswert des Wirbel- tierschädels.

Bericht des Vorsitzenden über das Geschäftsjahr 1913.

Unseren Satzungen gemäß soll der Vorsitzende in einer vor dem Beginne des neuen (Geschäftsjahres stattfindenden Jahres- versammlung einen Bericht über das vergangene Geschäftsjahr vor- lesen und das Ergebnis der Neuwahl des Vorstandes für das nächste Geschäftsjahr veröffentlichen. Auch können aus der Reihe der außerordentlichen Mitglieder in dieser Versammlung Anträge ge- stellt und zur Erörterung gebracht werden.

Der Bericht über die Ereignisse, welche im Jahre 1913 unsere Gesellschaft berührt haben, wird im wesentlichen freundliche Ein- drückehinterlassen. Allerdingssind unsauch trübe Tage nicht erspart geblieben. Mit Wehmut gedenken wir des Ablebens zweier unserer tätigsten ordentlichen Mitglieder. Professor Dr. PAUL ASCHERSON und der Geheime Bergrat, Professor Dr. Lexky PorTonık sind aus unserer Mitte abberufen worden, und auch mehrere außerordentliche Mitglieder haben wir durch den Tod verloren, den Begründer des Museo civico in Genua, Marchese Gracomo Dora, den Geh. Re- gierungsrat Dr. Husert Lupwıc, Professor der Zoologie an der Universität Bonn, und den a. o. Professor der Physik an der Uni- versität Greifswald, Dr. WırseLm Hortz. Aus dem vorigen Jahre sind noch zwei Todesfälle nachträglich zu erwähnen, des Geh. Re- gierungsrates Dr. EDUARD STRASBURGER, Professor der Botanik an der Universität Bonn, und Dr. Erssr Koken’s, Professor der Mine- ralogie, Geologie und Palaeontologie an der Universität Tübingen.

30

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444 PAUL MATSCHIE.

Sie ehren das Andenken der Dahingeschiedenen durch Erheben von den Sitzen. Nehmen Sie Dank dafür!

Zu ordentlichen Mitgliedern wurden aus der Zahl der außer- ordentlichen Mitglieder gewählt die Herren Regierungsrat Professor Dr. Prier ÜLavssen, Mitglied der Biologischen Anstalt für Land- und Forsiwissevschaft, und Dr. O. Hrınrorn, Kustos des Aquariums in Berlin, die in unseren Sitzungen oft über ihre wissenschaftlichen Untersuchungen berichtet haben.

Zu außerordentlichen Mitgliedern sind gewählt worden die Herren: Dr. Frırz E. Rünr, Kandidat des höheren Lehramtes in Berlin; Dr. LupwısG KeıtHack, Oberlehrer am Landerziehungsheim in Haubinda; GÜNTHER Tessmann, Forschungsreisender z. Z. in Kamerun; Dr. PAuL ScHUuLze, Assistent am Zoologischen Institut zu Berlin; Dr. Hans BiscHorr, Hilfsarbeiter am Zoologischen Museum; Dr. Kar Hınmers, Oberlehrer an der Realschule in Steg- litz; Dr. PauuL KRÜGER, Assistent am Zoologischen Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin; R. Merz, Lehrer an der Deutsch-Chinesischen Schule in Canton; Hans HEDIcKE, cand. phil. in Steglitz. Somit beträgt die Zahl der Ehrenmitglieder un- verändert 6, diejenige der ordentlichen Mitglieder 18 und die der außerordentlichen Mitglieder 249, von denen 154 in Groß-Berlin wohnen.

Drei Namen stehen noch auf der Liste der als außerordentliche Mitglieder zu wählenden; über sie soll in der nächsten Geschäfts- sitzung am 16. Dezember abgestimmt werden’).

Für das Jahr 1913 sind 19 wissenschaftliche und 8 Geschäfts- sitzungen zu verzeichnen; die erste Mai-Sitzung mußte wegen des Pfingstfestes ausfallen. Es sind 18 Vorträge mit Lichtbildern und 39 kleinere Vorträge gehalten worden, zu denen noch die in der zweiten Dezember-Sitzung erfolgenden ?) gerechnet werden müssen. Dieses Ergebnis ist sehr erfreulich und beweist auch den wissen- schaftlichen Nutzen der im kleineren Kreise abgehaltenen zweiten Monatssitzungen.

Der Besuch unserer Versammlungen war sehr rege, die Teil- nahme an den zweiten Sitzungen ist gegen das Vorjahr sogar

!) Am 16. Dezember sind zu außerordentlichen Mitgliedern gewählt worden: Dr. WırLer, Assistent am Institut für Binnenfischerei in Friedrichs- hagen: Dr. WoLrGAnG SoERGEL, Privatdozent der Palaeontologie an der Uni- versität Freiburg; Fräulein Dr. EmıtLıe SnETHLAGE, Assistent am Museum in Para.

®) Es sind am 16. Dezember 4 Vorträge gehalten worden. Die ip erhöht sich also auf 43.

Bericht des Vorsitzenden über das Geschäftsjahr 1913. 445

merkbar lebhafter geworden, und wir haben uns oft lehrreicher

- Erörterungen über die gehörten Vorträge erfreuen dürfen.

Um eine Übersicht über den Besuch unserer Versammlungen zu erhalten, wird eine Liste bei jeder Sitzung in Umlauf gebracht. Bei den Lichtbildervorträgen ist es unmöglich, sie in erwünschter Weise zu vervollständigen. Es ergeht hierdurch an die Besucher der ersten Sitzungen die dringende Bitte, ihre Namen, ehe sie den Saal ver-

. lassen, in die auf dem Vortragstische ausliegende Liste einzutragen.

Und noch eine andere Bitte muß hier ausgesprochen werden. Unser Mitglieder-Verzeichnis bedarf fortgesetzter Berichtigungen und Verbesserungen. Es ist sehr schwer, namentlich über die aus- wärts wohnenden Mitglieder zuverlässige Angaben zu erhalten, und auch die in Groß-Berlin wohnenden versäumen häufig, Veränderungen in ihren Verhältnissen anzuzeigen. Am Anfange des nächsten Jahres soll ein neues Verzeichnis veröftentlicht werden; deswegen ist es dringend nötig, dafür zu sorgen, dab es möglichst fehlerfrei wird. Unser Sekretär, Herr Dr. GrÜNBERG, Berlin N 4, Invalidenstr. 43, wird für jede Angabe dankbar sein.

Der Schriftenaustausch ist in diesem Jahre erheblich gefördert worden. Es ist gelungen, neue Verbindungen mit folgenden 12 Ge- sellschaften und Museen anzuknüpfen:

Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Naturwissenschaften in Marburg,

Naturwissenschaftlicher Verein in Karlsruhe,

Societe Imperiale des Amis d’Histoire Naturelle, d’Anthropologie et d’Ethnographie in Moskau,

Real Academia de Ciencias y Artes in Barcelona,

Societ& Linneenne de Lyon,

Soeiet& di Naturalisti in Neapel,

Kiv. Magy. Termeszettudomanyi Tarsulat (Kgl. ee ische Naturwissenschaftliche Gesellschaft) in Budapest,

Academie d’Amiens,

Musee du Congo Belge in Tervueren,

S’Landsplantentuin in Buitenzorg,

Zoologisches Laboratorium der Rijks Universitet in Groningen,

Deutsche Gesellschaft für Natur- und Volkskunde Ostasiens in Tokyo.

Die Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin steht jetzt im Tauschverkehr mit 170 Gesellschaften, Museen und Instituten, das Archiv erhalten 64 Gesellschaften, Museen und Institute.

Von den Sitzungsberichten sind die ersten 8 Hefte des Jahres

1913 erschienen und das 2. Heft des III. Bandes des Archivs für 30%

446 PauL MATSCHIE.

Biontologie, welches eine Arbeit von Dr. M. Gruner: „Die Boden- kultur Islands“ enthält, der Druck von 3 weiteren Heften des Archivs ist so weit gefördert, daß ihr Erscheinen im nächsten Jahre zu erwarten steht. Die bedeutenden dazu nötigen Mittel sind be- reitgestellt worden. Für andere wissenschaftliche Unternehmungen konnten 4700 M. aufgewendet werden. Von den im Jahre 1911 für die Herausgabe des Nomenclator animalium generum et sub- generum bewilligten 10000 M. wurde der letzte Teilbetrag von 2500 M. ausgezahlt.

Herr Dr. B. Krarr erhielt eine Beihilfe von 1500 M. für eine Forschungsreise in die Erythraea zum genaueren Studium der dortigen Haushunde und Wildhundarten, insbesondere zur Anschaffung eines möglichst reichlichen Materiales von Gehirnen derselben.

Ein vorläufiger Bericht über die Ergebnisse dieser Reise, der in der ersten Oktober-Sitzung gegeben war, ist im Heft 8 unserer Sitzungsberichte erschienen.

Herrn Dr. H. Kuntzen wurde eine Unterstützung von 500 M. zu einer namentlich entomologischen Zwecken gewidmeten Reise in die östlichen Karpathen gegeben. Der Bericht über die wissen- schaftlichen Erfolge dieser Reise ist bereits angemeldet.

Von den für die Tendaguru-Forschung bewilligten Mitteln sind 300 M. im vorigen Jahre nicht abgehoben worden, es wurde nun- mehr genehmigt, 200 M. nachträglich für die Anfertigung der Analysen von Torfmoor-Proben auszuzahlen.

Von Herrn Dr. Hans Reck liegt eine Reihe von Berichten vor über den Verlauf und die Ergebnisse seiner mit Unterstützung der Gesellschaft Naturforschender Freunde und der Kgl. Preußischen Akademie der Wissenschaften unternommenen geologischen und paläontologischen Forschungen in Deutsch-Ostafrika:

„Am 19. Januar 1913 waren die mit Mitteln des Kgl. Preuß. Kultusministeriums für das Berliner Naturkunde-Museum fortge- führten Ausgrabungen an den Dinosaurier-Fundstellen des Tendaguru, also das vierte Grabungsjahr der Tendaguru-Expedition zum Ab- schluß gekommen. Die Absicht, in der Regenzeit Madagaskar auf- zusuchen, erwies sich wegen dort ausgebrochener Pest als undurch- führbar. Nach einem Aufenthalte in Zanzibar, der infolge eines Fieberanfalls abgebrochen werden mußte, und nach der Erholung im Hospital zu Daressalam bereiste Reck die ganze Strecke der Zentralbahn bis zum Tanganyika-See, um nach Möglichkeit ein geologisches Querprofil durch die ganze Kolonie zu erhalten. Bis Tabora und von dort bis zum Malagarassi konnte die Bahnstrecke dank ungewöhnlichen Entgegenkommens seitens der Eisenbahn-

| | | | |

-

Bericht des Vorsitzenden über das Geschäftsjahr 1913. 447

direktion, bzw. der Firma Horzmann benutzt werden, die letzten 200 km bis Kigoma wurden zu Fuß zurückgelegt. Herrn Dr. Reck wurde ein Wohnwagen zu beliebiger Benutzung überlassen, die Er- laubnis zur Kostenlosen Beförderung von 25 Leuten und aller Frachten, sowie zur freien Benutzung von Telephon und Telegraph erteilt, endlich die Hebeldraisinen der einzelnen Stationen zur Verfügung gestellt! Eine gleiche außerordentlich dankenswerte Unterstützung erfuhr Dr. Reck später auch seitens der Nordbahn-Direktion, wo- durch sich natürlich die Kosten des Unternehmens ganz wesentlich geringer gestalten ließen. Gegenstand der Untersuchungen und Beobachtungen waren die mesozoischen Sedimente der Pugu-Berge und der Strecke Ruyu-Ngerengere, das westlich sich anschließende (rneisgebiet und seine Granitintrusionen hinsichtlich der tektonischen und Altersfragen, die Mkattasteppe, die Graben-Erscheinungen und vulkanischen Spuren im Gebiete der Bahnstrecke, die Inselberg- landschaft von Ugogo, das Granitmassiv von Unyamwezi, auf dem eine dünne Sedimentdecke (mit einem vereinzelten Knochenfunde) beobachtet wurde, endlich die aus Sedimenten bisher unbekannten Alters bestehende Plateaulandschaft östlich des Tanganyika-Sees, in der es Reck gelang, einen interessanten Fossilfundort zu ent- decken. Die reichen Aufsammlungen dieser Reise sind in zwei eroßen Kisten bereits im Berliner Museum für Naturkunde ein- getroffen.

Ehe Reck sich den weiteren Aufgaben zuwenden konnte (die Entscheidung über die Geldbewilligung seitens der Akademie der Wissenschaften war noch nicht in seine Hände gelangt), begab er sich Anfang Mai unerwarteterweise nochmals zum Tendaguru zurück. Die Veranlassung dazu ging vom Kaiserl. Gouvernement aus, das für die Ausstellung in Daressalam im Jalıre 1914 einige größere Ausgrabungsobjekte zu gewinnen wünschte Es trug auch die Kosten dieser neuen, etwa 6 Wochen dauernden Grabungskampagne, die zu guter Letzt auch wiederum von gutem Erfolge belohnt wurde. Es sei bemerkt, daß im Jahre 1913 noch nahezu 400 Kisten mit Knochenmaterial von den Ausgrabungen am Tendaguru in Berlin eingetroffen sind, die zum Teil noch Ausbeute der Jahre 1909—1912 enthalten.

Von Tanga aus nahm Reck etwa Anfang Juli das zweite Querprofil in Angriff, das bis zum Victoria-See führen soll und an das sich als drittes die Untersuchungen längs der Uganda-Bahn in umgekehrter Richtung im Januar 1914 schließen soll, so daß die Rückkehr im Februar zu erwarten wäre. Soweit bisher Nach- richten vorliegen, hat er im Tanga-Gebiet reiche Fossilaufsamn-

448 Pauu MarscHiE: Bericht des Vorsitzenden über das Geschäftsjahr 1913.

lungen auch auf seitlichen Parallelbegehungen zu der dort nur kurzen, durch Jurasedimente führenden Bahnstrecke, z. B. auch im Pangani-Hinterland, machen können. Im anschließenden, petro- graphisch wenig wechselvollen Gneislande richtete Reck sein Augen- merk besonders wieder auf das Inselbergproblem. Von Moschi aus begann der Marsch durch vulkanisches Gebiet, der infolge Zeitbedrängnis und heißer Jahreszeit unter mancherlei Übelständen stark zu leiden hatte. Von Ngorongoro aus wurde der Marsch in die Sserengeti-Steppe angetreten. Wassermangel verhinderte an- fangs die Untersuchung in hohen Maße, bis es gelungen war, etwas schlechtes Wasser zu ergraben und mit dem Lager dorthin vorzu- rücken.

Reck befand sich hier am Lagerplatze Oldoway bei Absendung des letzten Berichts (vom 10. Oktober 1913) an der durch Karr- WINKEL entdeckten Fundstelle fossiler Säugetiere. Die Knochen befinden sich anscheinend in zwei Lagen übereinander in vulkanischem Tuff. Genauere Nachrichten stehen noch aus, doch sind schon eine Reihe verschiedenartigster Knochen der Skelette, auch bereits mehrere Schädel oder Schädelstücke (die ja bei Säugern im Gegensatze zu den Sauriern besonders erhaltungsfähig zu sein pflegen) gefunden worden. Reck hoffte sich unter den schwierigen Verhältnissen vier bis sechs Wochen halten und währenddessen gegen 70 Lasten aus dem wenig günstigen und sehr mächtigen Ge- steine gewinnen zu können. Die Kosten der dortigen Grabungen sind nach Reck relativ bedeutend größer als am Tendaguru.“

Endlich ist auf den Antrag des Vorsitzenden beschlossen worden, für die wissenschaftliche Verwertung von Sammlungen einer durch den Reisenden P. Sparz in das Land der Ahaggar zu unternehmenden Forschungsreise 2000 M. unter der Bedingung bereitzustellen, daß die Ausbeute Berliner Museen überwiesen wird. Möge ein guter Stern walten über diesem Unternehmen, das fast ganz unbekannte Gegenden erschließen soll!

Aus Anlaß des 50 jährigen Doktor-Jubiläums sind den Herren ordentlichen Mitgliedern Geh. Regierungsräten Professor Dr. LeoroLp Kny und Professor Dr. F. E. Schuzze die Glückwünsche unserer Gesellschaft dargebracht worden. |

Die Facult& des Sciences in Genf hat uns darauf aufmerksam gemacht, daß eine Büste des berühmten Physikers Pırkk£ PREVoST feierlich enthüllt werden sollte. Ein Glückwunsch anläßlich dieser Ehrung des auch unserer Gesellschaft als Mitglied verbundenen (selehrten ist abgesandt worden.

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8 En) _ > BERN En 7 5... RupiuB lo) RTERNIEE

Fritz Nıspen: Herpetologisch Neues aus Deutsch-Südwestafrika.. 449

Am Schlusse dieses Berichts sei allen denen herzlicher Dank gesagt, die ihre Kraft unseren Bestrebungen gewidmet haben.

Die Wahl des Vorstandes für das Geschäftsjahr 1914 hat ein- stimmig folgendes Ergebnis gehabt: Zum Vorsitzenden wurde ge- wählt Herr Geheimer Medizinalrat Professor Dr. Davıp von HansE- MANN, zu seinen Stellvertretern die Herren Prof. P. MarscHıie und Prof. Dr. G. TornIER, zum Schatzmeister wieder Herr Geh. Re- gierungsrat Prof. Dr. ReıcheEnow und zu seinem Stellvertreter wieder Herr Prof. Dr. VANHÖFFEN. PıuL MATScHIE.

Herpetologisch Neues aus Deutsch-Südwestafrika. Von Dr. Fritz Nıepen (Berlin).

Im Laufe dieses Jahres erhielt das Königl. Zool. Museum in Berlin verschiedene kleine Sammlungen von Kriechtieren aus Deutsch- Südwestafrika, durch die unsere Kenntnisse von der herpetologischen Fauna dieses Gebiets eine erfreuliche Erweiterung und Ergänzung erfahren. Stammen doch von insgesamt 26 vorliegenden Arten allein 14 von Fundorten, von denen sie bisher nicht bekannt waren, während 5 weitere Arten zum erstenmal in Deutsch-Südwestafrika gefunden wurden, darunter ein bisher noch völlig unbekannter Frosch. Das in Rede stehende Material verdankt das Berliner Museum den Herren Regierungstierarzt Dr. Schmp in Grootfontein, Geologe Dr. P. Rınee in Kuibis und Dr. ScHEBEn in Rehoboth. Mit Ausnahme der von letzterem Herrn gesammelten Tiere sind alle Stücke von Herrn Dr. STERNFELD bestimmt worden, der auch die Kriechtiere von Deutsch-Südwestafrika für die „Fauna der Deutschen Kolonien“ bearbeitet hat.

Es liegen folgende Arten vor, von denen die für die Kolonie neuen Formen durch einen * gekennzeichnet sind:

T. Reptilia. 1. Ophidia.

* Typhlops bibronii Smit#; 1 Ex. von Grootfontein, SCHMID coll. Bisher aus Deutsch-Südwestafrika noch nicht verzeichnet, nur an verschiedenen Orten in der Capkolonie gefunden.

: @lauconia seutifrons Prırs.; 2 Ex. von Kuibis, Range coll. Wird von STERNFELD ].c. nur von Omaruru und Otjimbingue, von WERNER (in Schuntze, Zool. anthrop. Ergebn. Forschungsr. Süd- afrika, Rept. Amph. 1910 p. 354) aus der Kalahari aufgeführt.

450 Fritz NIEDEN.

Boodon lineatus D. u. B. 1 Kopf von Kuibis, Range coll. Schon von verschiedenen Fundorten aus Deutsch-Südwestafrika be kannt.

Rhamphiophis multimaculatus (Smit#); 1 Ex. von Kuibis, Range coll. Anzahlreichen Stellenin Deutsch-Südwestafrika schon gefunden.

* Xenocalamus mechovii Prrs.; 1 Ex. von Grootfontein, SCHMID coll. Diese sehr seltene Schlange wird weder von STERNFELD noch von WERNER aus Deutsch-Südwestafrika verzeichnet, war bisher nur in wenigen Stücken aus Angola und vom unteren Kongo bekannt.

Bitis peringueyı (Buer.); 1 Ex. von Kuibis, Range coll. Bisher nur an weiter nördlich gelegenen Orten gefunden.

Bitis caudalıs (Smita); 1 Ex. von Windhuk, SCHEBEN coll. Schon von dort verzeichnet.

Atractaspis bibroniv Smita; 1 Ex. von Grootfontein, ScHMID coll. Schon bekannt von dort.

2. Sauria.

Ptenopus garrulus (SmitHh); je 1 Ex. von Rehoboth, SCHEBEN coll... und von Kuibis, Rance coll. Von letzterem Fundort bisher nicht bekannt.

Pachydactylus bibroni (SmitH); 1 Ex. von Kuibis, RanGe coll. Eine der häufigsten Echsen in Deutsch-Südwestafrika, aber von diesem Fundort bisher noch nicht verzeichnet.

Pachydactylus rugosus Smit#; je 1 Ex. von Rehoboth, SCHEBEN coll. und von Kuibis, Range coll. Diese Art wurde erst neuer- dings von WERNER (l. c. p. 312) zum ersten Male aus Deutsch- Südwestafrika, und zwar von Kubub und Kamaggas, nachgewiesen.

Agama hıspida L. 3 große Exemplare und 1 junges Tier von Rehoboth, SCHEBEN coll. Von diesem Fundort noch nicht genannt, obwohl sonst schon an zahlreichen Stellen gefunden.

Amphisbaena quadrıfrons Prrrs.; 2 Ex. von Grootfontein, SCHMID coll. Ebenfalls für diesen Fundort neu, obwohl sonst in der Kolonie durchaus nicht selten.

Monopeltis capensis Smit#u; 1 Ex. zwischen Aub und Klein Nauas, SCHEBEN coll. Auch neu für diesen Fundort.

*Monopeltis colobura Buer.; 2 Ex. ohne genauen Fundort, von Herrn Dr. Schmp aus Grootfontein eingesandt, dem sie von einem Farmer zugeschickt wurden. Diese Art wurde von BoULENGER (in Ann. South. Afr. Mus. v. 5, IX p. 495) von SesuekeE im Barotse-

land, also aus dem nordöstlich an Deutsch-Südwestafrika sich an- schließenden britischen Gebiet, beschrieben. Da anzunehmen ist,

BER TUWe I 000

Herpetologisch Neues aus Deutsch-Südwestafrika. 451

daß die an Herrn Dr. Schrmip gesandten und durch ihn dem Berliner Museum überwiesenen Tiere innerhalb der Grenzen von Deutsch- Südwestafrika gefangen wurden, würde diese Art in das Verzeichnis der Kriechtiere dieser Kolonie mit aufzunehmen sein. Bis auf ge- ringe Abweichungen in der Zahl der Ringel und der Hautfelder in denselben stimmen die beiden mir vorliegenden Exemplare mit BouLEenGer’s Beschreibung überein.

Eremias namaquensis D. u. B. 2 Ex. von Rehoboth, ScHEBEN coll. Bisher nur von WERNER (l. c. p. 330) von Otjimbingne, Ketmanshop und aus dem nördlichen Hereroland aufgeführt.

Mabwia varıa Prrs. 1 stark defektes Exemplar von Rehoboth,

SCHEBEN coll. Von dort bisher noch nicht verzeichnet. Mabwia striata Prrs. 1 Ex. ohne Schwanz von Rehoboth. SCHEBEN coll. Schon bekannt von dort. r | Mabwia suleata Prrs. 1 Ex. von Kuibis, Raner coll. Neu

für diesen Fundort.

Chamaeleon dilepis Leacn, subsp. roperi Brer. 1 Ex. zwischen Aub und Klein Nauas, ScHEBEN coll. Von dieser Gegend noch nicht bekannt.

II. Amphibia.

Pyzicephalus adspersus Bıer. Etwa 100 Exemplare wurden von Herrn Dr. ScHEBEN eingesandt, mit Ausnahme eines, zwischen Aub und Klein Nauas erbeuteten, Stückes alle bei Rehoboth ge- fangen. Fast alle Tiere sind noch junge Frösche von höchstens 45 mm Länge, nur ein Exemplar besitzt die beträchtliche Länge von 155 mm, bleibt damit aber immer noch um fast die Hälfte seiner Länge hinter dem größten, im Berliner Museum befindlichen Stücke dieser Art zurück, das mit 22 cm Kopfrumpflänge fast dem riesigsten aller bekannten Frösche, der in Kamerun lebenden Rana goliath Buer. gleichkommt, deren größtes mir bekannt gewordenes Exemplar 27 cm Kopfrumpflänge besitzt. Unter den afrikanischen Fröschen dürfte Pyxicephalus adspersus demnach wohl an zweiter Stelle kommen.

Pysicephalus delalandıii Bıer.; je 1 erwachsenes Exemplar von Windhuk und Rehoboth, ScHEBen coll, ferner ein ganz junges Stück von Kuibis, Range coll. Die beiden letztgenannten Fund- orte sind für diese Art neu.

*Arthroleptis schebeni n. sp.

Der erste Vertreter dieser Gattung aus Deutsch-Südwestafrika; 4 Stücke sammelte Herr Dr. ScHEBgEn bei Klein Nauas (in der

452 Ferırz Nıeven: Herpetologisch Neues aus Deutsch-Südwestafrika.

Kalahari), „auf feuchter Erde“, 11 weitere Exemplare erhielt das Berliner Museum durch denselben Sammler von Rehoboth. |

Zunge ohne kegelförmige Papille. Kopf etwas breiter als lang. Schnauze stumpf, abgerundet, so lang wie der Augendurchmesser. Canthus rostralis undeutlich. Interorbitalraum breiter als das obere Augenlid. Trommelfell völlig unsichtbar. Spitzen der Finger und Zehen nicht verdickt. 1. Finger erheblich kürzer als der 2.; Zehen völlig frei von Schwimmhaut. Subarticularhöcker klein, aber deutlich vorspringend. Außer einem stumpf kegelförmigen inneren Metatarsal- höcker noch ein kleiner, aber sehr deutlicher, spitzer Höcker an. der Wurzel der 4. Zehe vorhanden, kein Tarsalhöcker an der Innen- seite des Tarsus. Bei nach vorne an den Körper angelegtem Hinterbein reicht das Tarsometatarsalgelenk bis zum Augenhinterrand. Haut bei einigen Tieren glatt, meist aber mit kleinen, unregelmäßig angeordneten Warzen besetzt. Färbung auf der Oberseite einfarbig bräunlich, oder graugrün mit kleinen, länglichen, schwarzen Flecken, die auf dem Kopfe zuweilen zu einer schmalen, einen nach vorne offenen Winkel bildenden Querbinde zusammenfließen. Oberlippe weißlich. Unterseite weiß, mit rundlichen schwarzen Flecken. Gliedmaßen mit dunklen Querbinden. Länge der größten Exemplare von der Schnauzenspitze bis zum After 23 mm.

*Oassina senegalensis (D. u. B.) Neu für Deutsch-Südwest- afrika. 2 große S CS mit schwarzer Kehle und deutlichen Schall- blasen sammelte Herr Dr. Schegen bei Windhuk, 2 jüngere Stücke derselben Art bei Klein Nauas.

Bufo regularis Revuss; 3 stattliche Exemplare dieses häufigsten aller afrikanischen Froschlurche sammelte Herr Dr. SCHEBEN bei Windhuk.

Xenopus laevis Daup; 3 grobe Stücke von Rehoboth, SCHEBEN coll. „Im Juni 1911. Kalte Zeit, Rehoboth ausgenommen, da dort heiße Quellen, an denen Entwicklung möglich, sonst sind dort nirgends zu dieser Zeit Amphibien zu finden, da nirgendwo nennens- wert offenes Wasser.“

EEE

Rosert Poronıt: Über Blatt-Epidermen einiger fossilen „Pteridospermen“. 453

Über Blatt-Epidermen einiger fossilen „Pteridospermen“. Von RoBERT PoTonI1ek.

(Aus der paläobotanischen Abteilung der Kgl. Preuß. Geol. Landesanstalt zu Berlin.)

Vor einiger Zeit ist eine Mitteilung über die Epidermis von Mariopteris muricata veröftentlicht worden ').

Wie schon wiederholt hervorgehoben wurde, ist das Wertvolle an dieser Arbeit, daß es zum ersten Male gelungen ist, die Blätter einer verkohlt erhaltenen Karbonpflanze durch Mazeration so zu präparieren, daß die mikroskopische Untersuchung der Epidermis in relativ ausgezeichneter Weise mög- lich geworden ist. Die Epidermen von Pflanzen jüngerer Perioden konnten bekanntlich schon seit längerer Zeit ”— auf ähnliche Weise untersucht werden.

Es ist, wie gesagt, die Epidermis von Mariopteris muricata, die man mit Hilfe der Macerations-Methode genauer studiert hat. Der Autor nennt die Resultate seiner Unter- suchung, so namentlich seine Aus- führungen über die „Atemporen“ en der Mariopteris- Epidermis, „rein ee. theoretische, vorläufige Betrachtungen oder gar... Hypothesen“, und zwar Fig. 1. W. Hunfs schematische

BT , 2 . Darstell des hypothetischen deshalb, weil sich die Arbeit auf ein Ben rakeh u Spaltöft-

nur sehr geringes Tatsachenmaterial stützt.

Trotz dieser ausdrücklichen Be- merkung verlockt es, Kritik zu üben, denn die Rekonstruktion der „Atem-

nungen“ von Mariopteris muricata in etwa 300facher Vergrößerung. a Flächenansicht, b Querschnitt. Die langgestrichelte schräge Linie in der Flächenansicht a gibt etwa die Richtung des in b dargestellten bypothetischen Schnittes an.

poren“ muß jeden Botaniker sehr

überraschen. Derartiges kommt bei den rezenten Farnpflanzen und Gymnospermen, mit denen doch die Mariopteris verglichen werden muß, auch nicht im entferntesten vor. H. Poroxız veranlaßte deshalb die folgende Nachprüfung. Fig. 1 gibt eine schematische Zeichnung der Rekonstruktion.

ı) Hurs, W., Zur Kenntnis der Epidermis von Mariopteris muricata. Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges., 1913, p. 143. Vgl. auch die erste Mit- teilung über diesen Gegenstand: Hurs, Über die Epidermis von Mariopteris muricata. Paläobotanische Zeitschrift, 1912, p. 7.

454

Ehe man näheres über die hypothetischen Atemporen ist es von Vorteil, sich das Tatsachenmaterial klarzulegen.

RoBERT PoTonik.

äußert, Fig. 2

Fig.2. Eine der fraglichen Zellgruppen der Epidermis von Mariopteris muricata. (Phot. W. Hura.)

zeigt ein Mikrophotogramm der besterhaltenen jener Zellgruppen, die in der durch Fig. 1 veranschaulichten Weise gedeutet worden

- _ u

- _ ea,

nm au

l | b A u

Fig. 3. a genaue Pause des Mikro-

photogramms. b schematische Dar-

stellung des vermutlichen (Quer- schnitts.

:

sind. Fig. 3a ist eine möglichst genaue Pause der Mikrophoto- gsraphie Fig. 2. Der äußere Zellkreis ist auch hier zu er- kennen, wenn er auch längst nicht so formvollendet ist, wie derjenige der allerdings schema- tischen Zeichnung (Fig. 1). Der innere Zellkreis wurde als schraffierte Zone wiedergegeben, da er sich in einem recht schlechten Erhaltungszustande be- findet. Es ist übersehen worden, dab dieser innere Zellkreis sich deutlich bemerkbar über das Niveau der übrigen Epidermiszeilen erhebt.

(Dies ist durch Bewegung der Mikrometerschraube leicht zu eruieren.) Kehrt man das Präparat um, so zeigt der Innenkreis etwa dieselbe

zT Pan

a. en

Über Blatt-Epidermen einiger fossilen „Pteridospermen“. 455

Zellanordnung wie auf der Oberseite der Epidermis. Er ragt aber nach innen nicht über das Niveau der einschichtigen Epidermis hinaus. In der zitierten Arbeit findet sich angegeben, die Zellen des Innen- kreises hätten dickere Wände als die übrigen. Dies braucht aber nicht unbedingt der Fall zu sein. Sie erscheinen vielleicht nur deshalb kräftiger, weil ihre Vertikalwände höher sind und daher im mikroskopischen Bild dunkler erscheinen. Das Mikrophotogramm Fig. 2 könnte bei Einstellung auf die Zellwände des inneren Zell- kreises aufgenommen worden sein, weshalb auf dem Bild die übrigen Zellwände dünner aussehen. Dieser Befund ergibt gegenüber dem vermuteten Querschnitt Fig. Ib ein ganz anderes Bild, Fig. 3b. Sollte auch diese, absichtlich völlig schematische, neue Rekonstruktion nicht ganz richtig sein, so ist sie es doch im Prinzip.

Will man sich nun die fraglichen Zellkomplexe irgendwie aus- legen, so muß man sich immer wieder das folgende vergegenwärtigen: Es ist bei Rekonstruktionen selbstverständlich, in zweifelhaften Fällen die Ergänzungen so zu wählen, wie sie von den nächsten fossilen oder rezenten Verwandten der zu rekonstruierenden Art nahe- gelegt werden. Man entspricht diesem Brauch keineswegs, wenn man die konzentrischen Zellkreise der Mariopteris-Epidermis mit der Umgebung der Marchantiaceen-Atemporen vergleicht. Mariopteris muricata ist doch eine Pflanze, die den höheren Pflanzen viel näher steht, als gerade den Marchantiaceen. Neuerdings neigt man sogar dazu, sie in systematischer Hinsicht noch über die Farnpflanzen zu stellen, trotzdem sie rein äußerlich betrachtet ganz und gar zu diesen zu gehören scheint. Was jedoch ihre Fortpflanzungsorgane betrifft, die ja für das System immer den letzten Ausschlag geben, so muß sich erst noch definitiv ergeben, ob sie in diesem Punkte nicht den Gymnospermen gleicht. ‚Jedenfalls hat man bei ihr noch niemals Sporangien gefunden.

Genau wie sämtliche rezenten Farne und höheren Gewächse, so werden nun auch die Atemöfinungen aller bisher in dieser Hinsicht untersuchten fossilen Pflanzen, die mit Mariopteris mehr oder minder verwandt sind, von den bekannten zwei Schließzellen umgeben. Die Rekonstruktion Fig. 1 steht also ganz vereinzelt da. A priori würde man vermuten, daß ein Gewächs, das in fast allen Stücken einem „Farn“ so ähnlich sieht, auch den bei sämtlichen Farnen und Gymnospermen vorkommenden Typus der Epidermis- Stomata besitzt. Wäre dies nicht der Fall, so stände man vor einem Kuriosum. Auch in der zitierten Arbeit wird dies an einer Stelle zugegeben; es heißt dort, daß es wohl kaum zu vermuten sei, Mariopteris habe dieselben „Atemporen“ wie die heutigen

456 RoBERT PoTon1#.

Marchantiaceen gehabt (vgl.p.154). Es erscheint aber auch schon sehr gewagt, nur die Annahme zu machen, dab die Atemöffnungen von

Mariopteris wenigstens im Prinzip dieselben gewesen seien, wie die

der Marchantiacen. Ganz und gar muß es aber befremden, wenn vermutet wird, der die Pore zunächst umgebende Zell- kreis (vgl. Fig. 1—3) habe ähnlich gewirkt, wie die Iris eines

Auges, so daß also die Pore ihr Lumen verengern und erweitern konnte. Derartiges ist aus der rezenten Botanik überhaupt nicht bekannt. Deshalb hat solche Vermutung keine Berechtigung. Schon darum nicht, weil man sich leicht irgendeine andere Hypo- these ausdenken könnte, die ebensowenig widerlegbar zu sein brauchte und sich ebensowenig auf Tatsachen stützen würde. Dasselbe muß bemerkt werden, wenn der Querschnitt der Mario- pteris-Atemporen mit demjenigen höherer rezenter Schwimmpflanzen verglichen wird. Die Schwimmpflanzen stehen nun wieder den Lebermoosen zu fern (vgl. Fig. 1b). Möglich ist natürlich alles. Hier aber handelt es sich darum, dem Tatsächlichen nahe zu kommen.

Ein Vergleich der fraglichen Zellgruppen mit den Atem- öffnungen präsumptiver näherer Verwandten der Mariopteris ist also das einzig Angebrachte. Wenn nun im folgenden das Ver- gleichsmaterial nicht ausschließlich den Farn oder Gymnospermen entlehnt wurde, so ist hierzu zu bemerken, daß alle höheren Pflanzen der Mariopteris ganz bedeutend näher stehen als die Marchantiaceen.

Zunächst seien fossile Pflanzen berücksichtigt.

Die Atemöffnungen der fossilen Gymnosperme F’renelopsis ramo- sissima hat BERRY ?), diejenigen von Frenelopsis bohemica VELENOWSKY?) und endlich die von Frenelopsis Hoheneggeri ZEILLER*) beschrieben.

Alle drei Autoren stellen die Vermutung auf, die Atemöfinungen

der drei genannten fossilen Gymnospermen seien vom Marchantiaceen- Typus. Da nun Frenelopsis bis vor kurzem die einzige Gattung war, bei der man derartig vereinzelt dastehende Bildungen vermutete, hielt es Tmompson’) für geboten, den Sachverhalt noch einmal genau nachzuprüfen. Trompson stellte denn auch für Frenelopsis ocei- dentalis aus Portugal fest, daß die sternförmige Öffnung, die für

?) Berry, E. W., The epidermal characters of Frenelopsis ramosissima. Bot. Gaz. L., 1907, p. 805.

3) VELENOWwsKy, Über einige neue Pflanzenformen der böhmischen Kreide- formation. Sitz. k. böhm. Ges. Wiss. Prag. 1888.

*) ZEILLER, R., Observations sur quelques cuticules fossiles. Ann. d. Sc. nat., 6. ser. Bot., t. XIII, 1882, p. 234.

5) Tuompson, W. P., The structure of the stomata of certain cretaceous conifers. Bot. Gaz. LIV, 1912, Nr. 1.

Über Blatt-Epidermen einiger fossilen „Pteridospermen“. 457

die Atemöffnung gehalten worden war, lediglich der Eingang zu einer äußeren Atemhöhle ist, so daß also die bekannten zwei Schließzellen erst unterhalb dieser zu finden sind. Tmomrson hat in seiner Arbeit Mikrophotogramme von Querschnitten publiziert, aus denen hervorgeht, daß der anatomische Bau der Stomata von Frenelopsis im Prinzip derselbe gewesen sein muß, wie z. B. der der Liliacee Dasylirion filifohum. Es sei hier gerade dieses durch Fig. 4 wiedergegebene Beispiel herangezogen, um zu zeigen, wie tief die oft recht kleinen zwei Schließzellen unter Umständen sitzen können.

In der zitierten Arbeit ZEILLER’S findet sich u. a. auch eine Querschnittsabbildung der Epidermis einesBlattes von Callitris quadrı- valvis. ZEILLER hat Callitris dort ebenfalls zum Vergleich mit einem

Querschnitte durch die Spaltöffnungen der Blätter von Dasylirion filifolium (Fig. 4 nach HaBerLanpr), Callitris quadrivalvis (Fig. 5 nach ZEILLER), Juniperus macrocarpa (Fig. 6 nach Haperranpr) und Amherstia nobilis (Fig. 7 nach HABERLANDT).

Fossil herangezogen. Der Querschnitt durch die Spaltöfinung dieser Pflanze wird durch Fig. 5 wiedergegeben. Auch er zeigt dasselbe Prinzip wie derjenige von Frenelopsis. Vergleicht man ihn mit unserer Rekonstruktion der fraglichen Bildungen der Epidermis von Mariopteris (Fig. 3b), so ist man versucht, in der durch Callitris oder Dasylirion vorgezeichneten Weise Ergänzungen vorzunehmen. Wir würden dann eine Spaltöffnung von ausgesprochenem Koniferen- typus erhalten. Man vergleiche die Spaltöffnung von Juniperus macrocarpa (Fig. 6), die diesen Typus besonders ausgeprägt zeigt. Endlich sei auch noch die Spaltöffnung der Leguminose Amherstia nobilis wiedergegeben (Fig. 7).

Findet man auf einer fossilen Epidermis zwei mehr oder minder konzentrische Zellkreise, so berechtigt dies allein noch ganz und

458 RoBERT PoToni£,

gar nicht zu der Annahme von Atemporen und ähnlichem. Be- sonders schön zeigt dies z. B. die Spaltöffnung eines Blattes von Piper jaborandı (Fig. 8). Fände män einmal ein fossiles Jaborandi- blatt, so wäre es sehr wohl möglich, daß dann die innerhalb des deutlichen Zellkreises gelegenen Zellen verschwunden sind. Solcher

Fig. 8. Flächenansicht der Spalt- Fig.9. Flächenansicht einer unvoll- öffnung eines Jaborandi-Blattes (nach kommen erhaltenen Spaltöffnung von TscHrech). Frenelopsis Hoheneggeri (nach ZEILLER).

Erhaltungszustand kommt doch fossil tatsächlich vor. Fig. 9 zeigt ihn bei Frenelopsis. Bei dieser Gattung sind überhaupt alle mög- lichen Stadien von Erhaltungszuständen bekannt. Fig. 9 beweist also deutlich, dab nicht nur die oft zarten Schließzellen, sondern auch die kräftigeren Zellwände ihrer Um- sebung verloren gehen können.

Dr. W. GoTHan, der sich für die vor- liegende Arbeit in der liebenswürdigsten Weise interessiert hat, war so freundlich, zum weiteren Vergleich auf einige Prä- parate hinzuweisen, die er aus verkohlten Pflanzenblättchen hergestellt hat. Die Blättchen sind ihm von H. Tomas (Cambridge), auf eine Postkarte geklebt, SR 10. Flächenansicht einer „uoesandt worden. Die Zeichnung Fig. 10

paltöffnung von „Thinn- Ä . 5 feldia“ von RoseberryTopping. Wurde nach einem dieser Präparate, so

gut dies bei dem Erhaltungszustande ging, mit dem Zeichenprisma hergestellt. Die folgende Beschreibung ist die erste Publikation über diesen Gegenstand. Es handelt sich um die Spaltöffnung eines farnähnlichen Gewächses aus dem Mesozoikum „Thinnfeldia“ von Roseberry Topping*) aus England. Diese Pflanze möchten manche Autoren wie die Mariopteris zu den Gymno-

6) Tuomas, H. H., The jurassic plant beds of Roseberry Topping. The Naturalist, 1913, p. 198.

1 ann ai

-

De ERTTEIE

Über Blatt- Epidermen einiger fossilen „Pteridospermen“. 459

spermen stellen. Die die schlitzförmige Öffnung des eingesenkten Spaltöfinungsapparates begrenzenden vermutlichen Ränder erscheinen im Präparat als äußerst feine Linien. Die umgebenden, darüber- liegenden Zellen bilden auch hier eine Art äußerer Atemhöhle. Man könnte die freien Enden dieser Zellen mit Papillen vergleichen. Sie sind etwas zugespitzt und ragen ein wenig empor, ähnlich wie dies bei denjenigen Zellen der Fall ist, die die sternförmige Öffnung bei Frrenelopsis umgeben. Äußere Atemhöhlen, das heißt über den Schließzellen gelegene, mit Wasserdampf erfüllte, windstille Räume, scheinen als Vorkehrungsmittel gegen eine zu starke Verdunstung bei den vorweltlichen Pflanzen eine sehr häufige Erscheinung ge- wesen zu sein‘). Auch dies würde für die angedeutete Rekon- struktion der Mariopteris-Spaltöffnung sprechen. Noch wichtiger ist es aber für uns, festzustellen, daß auch die „Thinnfeldia“, wie alle ihre.in dieser Hinsicht untersuchten fossilen und rezenten Ver- wandten, die zwei gewöhnlichen Schließzellen besessen haben dürfte.

SCHENK°) beschreibt die Epidermis von Pedozamites distans. Sie besitzt Spaltöffnungen, die von kleinen Wallzellen umgeben sind. Dies würde im Prinzip dasselbe sein, wie wir auch für die Mariopteris annehmen könnten. Dieser Autor gibt noch eine beträcht- liche Anzahl weiterer Hinweise, die die Auffassung zu unterstützen vermögen, es gebe bei Mariopteris gleichfalls solche Wallzellen.

Wie bei den rezenten Farnen, so pflegt natürlich auch bei den fossilen die untere Epidermis die zartere zu sein. Hieran liegt es, weshalb die unteren Epidermen fossiler Blätter für die anatomische Untersuchung so schlecht geeignet sind. Vermutlich haben sich aber auf den unteren Epidermen fossiler Farnblätter ganz wie bei den rezenten die meisten Spaltöffnungen befunden.

Leider ist es nach alledem auch bei genauester Untersuchung der vorhandenen Präparate der Mariopteris-Epidermis unmöglich, sich definitiv dafür zu entscheiden, die fraglichen Zellkreise seien die Umgebungen von Schließzellen. Es ist daher angebracht, auch

die Haaransätze der Epidermen verschiedener Pflanzen zum Ver-

gleich heranzuziehen®?.. Dr. W. Hirsch, der eine ausführliche Arbeit über die Entwicklungsgeschichte und das Wachstum der

?) Poronıs, ROBERT, Über die xerophilen Merkmale der Pflanzen feuchter Standorte. Naturw. Wochenschr. 1913, Nr. 47.

8) SCHENK, A., Die fossile Flora d. Grenzschicht. des Keupers u. Lias Frankens. 1867, p. 161.

9) Herrn Geheimrat Ursan möchte ich auch an dieser Stelle für die große Liebenswürdigkeit danken, mit der er mir für diese Arbeit das Material des Botanischen Gartens in Dahlem zur Verfügung gestellt hat.

31

460 RoBErRT PoToxi£.

Pflanzenhaare verfaßt hat, war so liebenswürdig, sich über die

fraglichen Bildungen der Mariopteris-Epidermis zu äußern. In

seinem Schreiben heißt es: „Ich erinnere mich, ähnliche Ansatz-

stellen gesehen zu haben; ohne jeden Zweifel kann das Loch nur 7 der Grund des Haares sein.“

(Y Die Blattoberseiten von Lonchitis giesbregthii 5 Oi L. (Trop.”Amerika) sind mit ziemlich kräftigen NG Inch Haaren besetzt. Um bei dieser Pflanze den Zul bei der Mariopteris vermuteten Erhaltungs- zustand nachzuahmen, wurde das Blättermaterial

Fig.11. Ansatzstelle vor der mikroskopischen Untersuchung gehärtet. a erg: Dies geschah, indem es längere Zeit in starkem Spiritus liegen blieb. Sodann wurde vorsichtig:

mit dem Finger ein Teil der zerbrechlich gewordenen Haare ent- fernt. Die Ansatzstellen dieser Haare zeigen sich dann meist, wie dies in Fig. 11 wiedergegeben ist. Nach längerem Suchen finden sich aber auch Haaransätze, die im Prinzip dieselbe Zellanordnung haben, wie sie uns in Fig. 3a entgegentritt. Bei Fig. 3a braucht man doch den sogenannten äußeren Zellkreis nicht unbedingt als be- sondere Bildung zu betrachten. Er

Fig. 12. Ansatzstelle eines Blatt- Fig. 13. Ein Blatthaar von Alsophila« haares von Lonchitis. glabra.

besteht aus Epidermiszellen, wie die übrigen Zellen der Epidermis auch sind. Diese Zellen können deshalb mit den gewelltwandigen Zellen der Fig. 12 in Parallele gebracht werden. Dem inneren Zellkreis der Fig. 3a würden dann die vier etwas abgerundeten Zellen der Fig. 12 entsprechen. Diese ragen ganz wie die Zellen des inneren Zellkreises der Fig. 3a etwas über das Niveau der übrigen Epidermiszellen hinaus und umgeben kreisförmig die Haaransatzstelle.

Über Blatt- Epidermen einiger fossilen „Pteridospermen“. 461

Beiläufig sei bemerkt, daß sich bei den sämtlichen für diese Arbeit untersuchten farnähnlichen Fossilien Epidermiszellen gefunden haben, die mehr oder minder denen der Fig. 2 u. 3a glichen. Bei sämtlichen hier berücksichtigten rezenten Farnpflanzen dagegen fanden sich Epidermiszellen mit stark gewellten Vertikalwänden.

Es hat eine ziemliche Zeit in Anspruch genommen, ehe sich der beschriebene Lonchitis-Haaransatz als passsendes Vergleichs- objekt fand. Die Haare der meisten untersuchten Blätter rezenter Farne entsprangen als Abzweigungen dem aus langgestreckten Zellen bestehenden Gewebe, das die Blattadern begleitet. Andere Haare wieder saßen an, wie z. B. die der Alsophila glabra (Fig. 13). Bei diesen zeigte die Umgebung der Haare also keine besondere Struktur.

Sollte man nun die Zonchitis nicht zum Ver- gleich heranziehen wollen, da ihre Epidermiszellen eine von denen der Mariopteris abweichende Form haben, so kann darauf aufmerksam gemacht werden, daß sich fast überall im Pflanzenreich Epidermen finden, die oft die formvollendetsten Fig. 14. Zellkreise aufweisen. Fig. 14 zeigt eine Zell- Ansatzstelle einer anordnung, wie sie sehr häufig nicht nur als Drüse des Blattes Umgebung von Haaren, sondern auch als Ansatz- ys Behr A stelle von Drüsen in allen möglichen Pflanzen- familien vorkommt. So sei nur erinnert an die Ansatzstellen der Haare auf der Außenwand des Blütenbodens von Ficus carica, an die Ansatzstellen der Baumwollhaare, an diejenigen der Drüsen von Thymus und schließlich vielleicht auch noch an die Umgebungen der verschiedensten Hydathoden. Alles dies läßt die Vermutung zu, dab man bei eingehendem Suchen vielleicht auch bei den rezenten Farnen Zellgruppen finden könnte, die den beschriebenen Bildungen der Mariopteris-Epidermis ganz und gar gleichen. Es ist doch z. B. sehr leicht möglich, daß jene fossilen Pflanzen Drüsen gehabt haben.

Zusammenfassung.

Die Stomata der fossilen Farne und höher organisierten Pflanzen haben wahrscheinlich alle die zwei bekannten Schließzellen gehabt. Rekonstruktionen, wie z. B. die der „Atemporen“ der Mariopteris muricata und Frenelopsis Hoheneggeri usw. stützen sich auf unvoll- kommen erhaltene Fossilien. Die als „Atemporen“ ausgelegten Zell- bildungen der Mariopteris repräsentieren entweder die Umgebung normaler Spaltöffnungen, oder aber es sind die Ansatzstellen von

Drüsen, Haaren oder dergleichen. 31*

462 (GUIDO GERMERSHAUSEN.

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen.

_ Von GVIDO GERMERSHADSEN. Einleitung.

Im Frühjahr !911 mit der anatomischen Untersuchung der Luftwege und Atmungsorgane bei Amphibien und Reptilien be- schäftigt, wurde ich bei meiner Anwesenheit in Berlin von Herrn Prof. Dr. G. Torxıer auf die eigentümlichen Verhältnisse auf- merksam gemacht, die sich am Kehlkopfe gewisser Chamaeleonen vorfinden. Herr Prof. TornIER, der schon im Jahre 1904 seine Untersuchungen bei einer Spezies, dem Chamaeleon gracilis HALLow in einer eingehenden Arbeit veröffentlicht hatte, trug sich mit der Absicht, seine Untersuchungen über den Kehlkopf und insbesondere über den an ihm vorgefundenen Kehlsack auf alle anderen im Berliner Museum vorhandenen Chamaeleonen-Arten auszudehnen. Von anderen Arbeiten jedoch derzeit stark in Anspruch genommen, übertrug er mir gütigst die Fortführung dieser Untersuchungen.

Bei der außerordentlichen Seltenheit mancher Arten dieser Reptilien gestattet es natürlicherweise nur eine sehr umfangreiche Sammlung, wie sie das Zoologische Museum in Berlin besitzt, eine solche Arbeit zu beginnen und durchzuführen, was mir dadurch

ermöglicht wurde, daß mir diese Sammlung in liberalster Weise

zur Entnehmung von Tiermaterial zur Verfügung gestellt wurde.

Da mir das Material von 49 Arten vorlag, war ich in der Lage, nicht nur eine morphologische und anatomische Untersuchung vorzunehmen, sondern auch vergleichend anatomische Betrachtungen anzustellen. Zahlreiche Spezies konnte ich in mehreren J’und O9, alten und jungen Tieren erhalten, was von großem Vorteil war insofern, als einerseits von individuellen Bildungen, wie sie an den Knorpelringen der Luftröhre oft genug vorkommen, abstrahiert werden konnte, andererseits der allmählich fortschreitenden Ent- wicklung des Larynx in seiner Gesamtheit, sowie einzelner Teile Beobachtung geschenkt werden konnte. Die Gestaltung des Kehl- kopfes weist bei den einzelnen Arten oft erhebliche Verschiedenheiten auf, die sich äußern in seiner Form im allgemeinen und in dem Vorhandensein oder Fehlen sekundärer Bildungen. Nach der ver- schieden hohen Ausbildung des vorderen Luftweges läßt sich hinsichtlich dieser Untersuchung eine Gruppierung der Arten in Abteilungen vornehmen und alle untersuchten Arten je nach dem Grade ihrer laryngologischen Entwicklung in bestimmter Reihen- folge vorführen.

3 =

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 463

Historischer Rückblick.

Das merkwürdige Anhangsgebilde eines Kehlsackes bei den Chamaeleonen hat schon zu Beginn des vorigen Jahrhunderts das Interesse einiger Anatomen erregt und zu beachtenswerten Be- schreibungen und Abbildungen veranlaßt. So erwähnt Cuvıer 1810

‚in den „Vorlesungen über vergleichende Anatomie“ bei den Atmungs-

organen diese Bildung. Er spricht dort über den Kehlsack, der sich zwischen der unteren Platte des Kehlkopfes und dem ersten Luftröhrenringe öffnet. Weder die Leguane. noch die Drachen seien mit einem ähnlichen Sacke versehen. Sodann finden sich in verschiedenen Schriften von J. F. Mrcxken kurze Beschreibungen über die respiratorischen Organe bei Chamaeleonen. Er scheint Chamaeleon ehamaeleon (L.) und Oh. pumilus Dav». untersucht zu haben. Im deutschen Archiv für Physiologie bemerkt er über Ch. pumilus, von dem er im Jahre zuvor die Lungen als primitive Organe gekennzeichnet hat. daß es einen Kehlsack besitze. In seinem „System der vergleichenden Anatomie“ kommt er auf die Trachea von Ch. chamaeleon und Ch. pumilus zu sprechen, indem er anführt, daß bei beiden Arten die Knorpelringe auf der ganzen Länge gespalten seien. Bei der letzten Art soll die Spaltung in der mittleren Partie der Luftröhre am weitesten sein. Er spricht also hier von der bei den meisten Chamaeleonen wie den meisten Reptilien überhaupt vorkommenden Erscheinung der dorsal offenen Trachealringe. Im Jahre 1832 gibt Houston eine Abhandlung über Zunge, Zungenbein und Kehlkopf des Chamaeleons. Er führt auch den Kehlsack an, beschreibt aber seine Lage falsch, indem er ihn an den „Gipfel“ des Kehlkopfes verlegt und auch eine entsprechend unrichtige Abbildung dazu gibt. Ihn berichtigt dann 1835 A. F. J. C. Mayer in seinem Werk „Analekten für ver- gleichende Anatomie“, wo er den Larynx von Ch. carinatus schildert und betont, daß der Kehlsack von der Unterseite des Kehlkopfes ausgehe. Dann beschreibt er die Stimmbänder, die vorn an „einem knorpligen Vorsprung der inneren Wand des Schild- knorpels sich ansetzen“. Es ist hier natürlich der Ringknorpel gemeint. Auf die biologische Seite eingehend, glaubt er, daß der Kehlsack imstande sei, durch „Exspiration aus der Lunge“ den Zungenbeinapparat nach vorn zu schieben. Die Möglichkeit dieser Vorwärtsbewegung des Hyoids mit seiner massigen und schweren Zunge durch den aufgeblasenen Kehlsack ist entschieden zu be- streiten. Sie ist auch durchaus nicht erforderlich, denn ein Chamaeleon ist imstande, dank der starken und differenzierten Zungenbeinmuskulatur das Hyoid schnell und leicht ohne Hilfe

464 GUIDO GERMERSHAUSEN.

anderer Einrichtungen in Bewegung zu setzen. Bei G. R. TREVIRANUS finden sich in zwei seiner Hauptschriften „Erscheinungen und Ge- setze des organischen Lebens“ aus dem Jahre 1831 und „Beob- achtungen aus der Zootomie“ 1839 Aufsätze über den Chamaeleonen- Kehlkopf. Er führt nicht nur den Kehlsack an, sondern beschreibt auch jene zipfelföürmigen Knorpelanhänge, die an der Öffnung zwischen Ringknorpel und Trachea in den Kehlsack hineinragen. Diese Knorpelansätze seien an ihren zugekehrten Flächen rinnen- förmig ausgehöhlt, der obere trägt auf der oberen Fläche eine Firste. Weiter spricht er von zwei Septen, einem größeren, das von dem vorderen Knorpelzipfel und einem kleineren, das von dem hinteren Zipfel herabhängt, durch welche der Kehlsack in zwei Hälften, eine rechte und linke, zerlegt wird. Dazu gibt er eine Abbildung und außerdem stark schematisierte Abbildungen des gesamten Larynx. Ich habe diese Trennung des Kehlsackes in zwei seitliche Abteilungen bei keiner der von mir untersuchten Arten vorgefunden. Es wird sich also bei TREVIRAnus um eine Form handeln, die entweder eine individuelle Bildung aufweist, ‘oder es lag ihm eine von mir nicht bearbeitete Art vor. Wohl habe ich bei Ch. semieristatus BoetTe. eine Trennung des Kehlsackes in einen dorsalen und ventralen Abschnitt durch ein horizontales Septum feststellen Können.

Einen Wendepunkt in der Geschichte der tierischen Laryngologie bildet die Abhandlung von J. Hrnur „Vergleichend-anatomische Be- schreibung des Kehlkopfes mit besonderer Berücksichtigung des Kehl- kopfes der Reptilien“ aus dem Jahre 1839, über die Ö. K. HorrmAnN in „Bronn’s Klassen und Ordnungen des Tierreiches“ eingehend referiert. Es seien folgende Punkte seiner Beschreibung hervor- gehoben. Der Kehlkopf der Chamaeleonen hat sich in vollkommenerer Weise entwickelt als bei den meisten Reptilien, indem jede Spur von häutigen Zwischenräumen in der vorderen Wand verschwunden ist. Es deutet also nichts mehr auf eine Entstehung des Kehl- kopfes aus einzelnen Querfortsätzen. Die Trachea öffnet sich in einen Kehlsack, der von ihr aus (also von der Lunge aus) mit Luft gefüllt werden kann. Er meint, daß diese Einrichtung allen Arten von Chamaeleonen zuzukommen scheine. Sodann bezieht er sich auf die Angabe Meckkv's, auch bei Ch. pumilus Daun. einen Kehlsack gefunden zu haben. Wahrscheinlich hat HENnLE seine Beobachtungen nur an Ch. chamaeleon (L.) anstellen können, denn sonst hätte er bei anderen laryngologisch weniger ausgebildeten Formen häutige Zwischenräume in den Knorpelwandungen in Gestalt von Bindegewebsfontanellen vorfinden müssen und wäre auf Formen

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Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 465

gestoßen, bei denen keine Spur von Kehlsack und anderen Anhangs- gebilden vorhanden ist. Auch Horrmann!) schließt sich der irrtümlichen Annahme HExLE's an, daß bei jeder Spezies ein Kehlsack vorhanden sei.

STAnxIus erwähnt in seinem „Handbuch der Zootomie“ ?) den Kehlsack als einen dünnhäutigen Sack, der am Ende des Ring- knorpels durch eine quere Ofinung mit der Luftröhre in Verbindung steht. Diese Art der Ofinung in Form eines Schlitzes, an dem Anhangsgebilde in Gestalt von Knorpelzipfeln nicht auftreten, habe ich ebenfalls an Ch. verrucosus Cuv. vorgefunden.

Im Anschluß an die Arbeiten von HrntEe und Srtanxıus muß die umfangreiche Arbeit von E. GoEPprErRT „Der Kehlkopf der Amphibien und Reptilien“ II) Erwähnung finden, insofern als er in die Arbeiten seiner beiden Vorgänger berichtigend eingreift. Er wendet sich gegen den von ihnen begangenen Irrtum, einen von der ventralen Wand des Ringknorpels median auslaufenden zungen- förmigen Fortsatz als Vorläufer der Epiglottis aufzufassen. GOEPPERT hat diesen Fortsatz bei verschiedenen Reptilien mit Ausnahme der Chamaeleonen, die er in seiner Arbeit überhaupt nicht berührt, gefunden und ihn processus anterior inferior benannt im Gegensatz zu einem ähnlichen, von der dorsalen Ringknorpelwand abgehenden Fortsatz, den er processus anterior superior nennt. Bei den meisten Cha- maeleonen ist der untere Fortsatz vorhanden und gewöhnlich sehr lang, während der obere Fortsatz nur bei sehr wenigen Formen von mir gefunden wurde.

In neuerer Zeit haben R. WIEDERSHEIM, G. TORNIER und F. WERNER in längeren Abhandlungen die laryngologischen Verhältnisse der Chamaeleonen gewürdigt. Auch GEGENBAUR*) gibt eine kurze Be- schreibung dieses Gegenstandes.

WIEDERSHEIM verbreitet sich eingehend über den Kehlkopf von Oh. monachus und Ch. chamaeleon (L.) (vulgaris). Seine Arbeit, die den Titel führt „Das Respirations-System der Chamaeleoniden“ °), handelt über Lage und Gestalt des Kehlkopfes und seine einzelnen Knorpelarten. Er erwähnt den Kehlsack und sagt, daß sein Epithel aus Zylinderzellen besteht, deren freies Ende da und dort den Ein- druck von Flimmerhaaren erwecke. In den Kehlkopf ragen ein vorderer und ein hinterer Knorpelzipfel, die sich beim Senken des

' ») Bronn’s Kl. u. Ordn. 1890 v. VI 3. II p. 1028. 2) Stannıus, Handb. Zoot. v. 2, 1856, Amph. p. 206. 3) Morph. Jahrb. v. 28 fasc. 1 p. 1—27, 1899. *) Vgl. Anat. d. Wirbelt. v. 2, 1901, p. 276. 5) Ber. Ges. Freiburg v. 1 (1886), p. 1—15.

466 GUIDO GERMERSHAUSEN,

Kehlkopfes schließen und dadurch die Verbindung des Sackes mit der Luftröhre aufheben. Auf die Gestaltung des Ringknorpels eingehend, bemerkt er, daß die eingeschlagenen Seitenteile des Ringknorpels in der Mittellinie zusammenstoßen und in eine Knorpelleiste auslaufen. „Diese Knorpelleiste teilt das Kehlkopf- innere in zwei Buchten, die an die ventriculi morgagni des Säuge- tierkehlkopfes erinnern.“ Bezüglich dieser letzten Bemerkung WIEDERSHEIM’S Sei hervorgehoben, daß diese Abschnitte im Ring- knorpelinnern des Ohameleonen-Kehlkopfes den ventriculi morgagni nicht homolog sind, was WIEDERSHEIM allerdings auch nicht be- hauptet hat, wenn er von „erinnern“ spricht; aber auch eine morpho- logische Ähnlichkeit dieser Gebilde habe ich nicht finden können. Ich werde gelegentlich der Beschreibung des Ringknorpelinneren im allgemeinen Teile dieser Arbeit auf diese Verhältnisse zurück- kommen.

Eine ausführliche Beschreibung des Kehlkopfes von Ch. gracilis Hartow unter Berücksichtigung der anatomischen, physiologischen und biologischen Verhältnisse ist von ToRNIER gegeben®). Im ana- tomischen Teile spricht er zuerst über die Lage des Kehlkopfes. Dieser öffnet sich in die Mundhöhle durch einen Schlitz, der seitlich eingefaßbt wird von zwei kegelförmigen Erhebungen, den Lippen- kegeln. Der wichtigste Bestandteil ist der Ringknorpel, der dorsal- wärts aufgetrieben ist. Die seitlichen Abschnitte des Ringknorpels schlagen sich vorn nach innen ein und bilden so die Vorderwand dieses Knorpels. Von dieser Vorderwand gehen in das Innere des Ringknorpels die Stimmbänder, die infolge ihrer freien Lage beim Vorbeistreichen der Luft schwingen können. Eine Beziehung zu irgendwelchen Muskeln fehlt ihnen. Zwei Paar Muskeln an der Außenseite des Kehlkopfes, der Öffnermuskel und der Schließer- muskel, dienen dazu, den Eingang zum Kehlkopf zu öffnen nnd zu schließen. Nach Beschreibung der dorsalen Ringknorpelwandung wird eine Knorpelzunge erwähnt, die an beiden Seiten des Ring- knorpelhinterrandes entspringt, in einem nach außen konvexen Bogen nach oben führt und dabei die Luftröhre umfaßt. TornıEer be- zeichnet sie als ersten Luftröhrenknorpel, der früher selbständig gewesen ist, d. h. ohne Verbindung mit dem Kehlkopf bestanden hat. Auch WIEDERSHEIM Spricht von ihr als einer „elegant ge- schwungenen Knorpelzunge“. Der Ringknorpel läuft ventral in einen zweiten Knorpelstreifen aus, der zweizipfelig endet und die Vorderhälfte eines Apparates bildet, der einen Eingang des Kehl-

°) Zool. Jahrb. Anat. 1904/05, p. 7—25.

“Ara

Be) 6; wer,

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 467

kopfes in den Kehlsack darstellt. Die Hinterhälfte des Einganges bildet ebenfalls eine schmälere Knorpelspange, die sich zwischen die beiden vorderen Zipfel einschieben kann. ToRrNnIErR bezeichnet diese Einrichtung als Luftröhrenkrahn. Die hintere Knorpelspange bildet die untere Fortsetzung des ersten selbständigen Tarcheal- ringes.

Was die Physiologie des Luftröhrenkrahnes anbelangt, so voll- zieht sich das Öffnen und Schließen desselben ohne Muskelarbeit auf rein mechanischem Wege. Soll der Krahn geöffnet werden, so muß der Kehlkopf um seine Verbindungsstelle mit der Luftröhre nach oben rotieren, sodaß die vordere zweizipfelige Hälfte des Krahnes nach vorn rotiert, also von dem hinteren Zipfel wegrückt. Diese Rotation des Kellkopfes wird nur dadurch möglich gemacht, daß das Tier seinen Kopf nach oben biegt. Geschlossen wird der Kehlkopf durch den umgekehrten Prozeß. Die beiden Zipfel der vorderen Krahnplatte rücken dann wieder nach hinten, sodaß der

‚hintere Zipfel sich zwischen sie hineinschieben kann geradeso, wie

sich die Finger beim Händefalten ineinanderschieben. An einer Figur und einem Modell werden diese Vorgänge zur Veranschau- lichung gebracht. In demselben Kapitel sind ferner Ausführungen über Schließen und Zusammenfalten des Kehlsackes gegeben. Nach der Ansicht Torxıer’s entleert sich der Luftsack automatisch und faltet sich auf dieselbe Weise zusammen, im Gegensatz zur Meinung WIEDERSHEIM’s, der dies auf Grund der Tätigkeit der Zungenbein- muskulatur für möglich hält. Wohl sei, so führt TorxtEr aus, ein Entleeren durch die Kontraktion des musculus omo-hyoideus und des musculus sterno-hyoideus wöglich, die das Hyoid aufwärts und rückwärts ziehen, jedoch wird der Sack durch die betreffenden Körperteile so stark eingeklemmt, daß sein Zusammenfalten un- möglich wird.

Die Fig. 1C in meiner Arbeit zeigt bei Ch. johnstoni Bu6r. Lage und Richtung des Kontraktionszuges dieser Muskeln sowie der gesamten äußeren Muskelpartien des Zungenbeines, dessen Skelett von Ch. chamaeleon in Fig. 1B zur Darstellung gebracht ist. Als biologische Aufgabe des Luftröhrensackes führt TorxıEr die Erzeugung von Lautäußerungen an, wie sie bei gedeckten Lippenpfeifen hervorgebracht werden. Er vergleicht eine gedeckte Lippenpfeife, wie er sie zur Abbildung bringt, in ihren Hauptteilen

mit dem gesamten Kehlkopfapparat und führt in seinem Vergleiche

folgendes aus: Den Stimmapparat des Ch. gracilis HaLLow und des Oh. chamaeleon (L.) kann man sich vorstellen als eine gedeckte Lippenpfeife mit weichen Wänden. Den Windkasten der Pfeife

468 GUIDO GERMERSHAUSEN.

bilden die Lungen, der Fuß der Pfeife entspricht der Luftröhre, der Steg der Pfeife der Hinterwand des Luftröhrenkrahnes, die septenartig in den Luftröhrensack eindringt; das Mundstück ist durch Kehlkopf und Kehlkopfspalte vertreten. Es folgen dann längere Ausführungen über die Art der Tonerzeugung; ferner werden

durch Versuche die Entstehung eines Knurr- und Zischtones erklärt.

Als letzte und jüngste für die Literatur des COhamueleonen- kehlkopfes in Betracht kommende Arbeit ist die von F. WERNER anzuführen, die betitelt ist „Beiträge zur Anatomie einiger seltener Reptilien mit besonderer Berücksichtigung der Atmungsorgane“ °). Diese Arbeit unterscheidet sich von den bisher besprochenen da- durch, daß hier eine größere Anzahl Spezies von Chamaeleonen abgehandelt wird, und Unterschiede in den laryngologischen Ver- hältnissen Berücksichtigung finden. Insbesondere beschreibt er die (Gestaltung der Lungen einiger Arten, wie Brookesia stumpffii, Chamaeleon fallax, Ch. lateralis, brevicornis, pardalıs, guentheri, oshaughnessyi, montium, oweni, cristatus, laevigatus, gracilis, parvi- lobus und dilepis. Er geht bei Untersuchung dieser Formen auf das Vorhandensein oder Fehlen des trachealen Kehlsackes und der Lungendivertikel ein, wobei er eine Übereinstimmung innerhalb gewisser Artgruppen festgestellt hat, was in einer Tabelle zum Ausdruck gebracht wird. Er kommt hierbei zu folgenden Ergeb- nissen: 1. Die primitiveren Chamaeleonen, wozu KBchampholeon, Brokesia und die Chamaeleonen der nasatus-Gruppe gehören, besitzen weder einen Kehlsack noch Lungendivertikel. 2. Die pumilus-Gruppe hat einen Kehlsack, jedoch keine Lungendivertikel. 3. Die chamaeleon- (vulgaris) Gruppe besitzt durchweg große Kehl- säcke und stets zahlreiche Lungenzipfel. 4. Die Madagaskararten, mit Ausnahme der unter 1 angeführten, haben sehr kleine oder gar keine Kehlsäcke und mehr oder weniger zahlreiche Lungen- zipfel. Bei den Angaben über Ch. pumilus, taeniobronchus, verru- cosus, monachus und calcarıfer, die Werner selbst nicht untersucht hat, wird auf die Ergebnisse der Untersuchungen anderer Ana- tomen Bezug genommen.

Material und Untersuchungsmethode.

Das in Alkohol konservierte Material erhielt ich aus der her- petologischen Sammlung des Königlich Zoologischen Museums zu Berlin. Es setzt sich aus folgenden Arten zusammen: Chamaeleon FRE ER subsp. roperi, calcarıfer, gracılıs, basiliscus, chamae-

”) Arb. Inst. Wien v. 19, 1911, p. 373—424.

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 469

leon, senegalensis, laevigatus, semicristatus, melleri, namaquensis, verrucosus, oustaleti, goetzei, damaranus, pumilus, lateralis, oweni, quadricornis, bitaeniatus subsp. elliotti, minor, bitaeniatus subsp. graueri, cephalolepis, pardalis, guentheri, gastrotaenia, oshaughnessyi, taventensis, deremensis, fuelleborni, affınis, bitaeniatus subsp. hoeneli, werneri, bitaeniatus subsp. bitaeniatus, wenorhinus, eristatus, wieders- heimi, fischeri, fischeri subsp. matschiei, bifidus, brevicornis, fallaz,

Fig. 1. V=!$. Mundschleimhaut- falten und Eingang zum Kehlkopf von Ch. dilepis.

parsoni, jacksoni subsp. vaueres-

cecae, montium, tenuis, willsi,gallus u 3 und johnstoni. Fig. 1A. V=32. Ch. dilepis. Die die £ en . Zunge ventral umfassende Muskulatur

Da es nicht möglich war, die sowie die des Hyoids (ventrale An-

Tiere als Alkoholpräparate für sicht). Benachbarte Muskulatur. eine histologische Bearbeitung zu ee ee en fixieren, so konnten die Unter-

suchungen nur einen makroskopischen Charakter tragen. Erfreu- licherweise jedoch war ich in der Lage, mir im Sommer vorigen Jahres einige lebende Stücke von Ch. chamaeleon aus Tunis zu erwerben, was mir eine histologische Untersuchung der Kehlsack- wandung ermöglichte. Die makroskopische Untersuchung vollzog sich in folgender Weise. Es wurde ein seitlicher Längsschnitt in die Haut geführt, der dicht vor der Ansatzstelle der vorderen Ex- tremität begann und unter der einen Mandibel weg zum Kinn ver- lie. Ein zweiter Hautschnitt, der an der Anfangsstelle des ersten begann, verlief rechtwinklig zu ihm quer über die Kehlgegend weg bis zur Ansatzstelle der gegenüberliegenden vorderen Extre- mität. Der so entstandene rechtwinklige Hautausschnitt wurde von dem darunterliegenden Bindegewebe losgelöst und zurückgeklappt. Nach Entfernung der Bindegewebsschicht waren die Muskeln des

470 GUIDO GERMERSHAUSEN.

Hyoids sowie der die Zunge ventral umhüllende musculus inter- maxillaris bloßgelegt, wie dies die Fig. 1A und 1C anzeigen. Um nun den Larynx von der ventralen Seite her in Augenschein zu nehmen, mußte die Zunge gelockert werden und das Hyoid, das mit der Zunge in engster Verbindung steht, indem der sehr lange und derbe processus entoglossus sich bis in die vorderste Partie der Zunge erstreckt (Fig. 1B), abgelöst werden. Zu diesem Zwecke wurden die musculi inter- maxillaris (Fig. 1A und 1C; a)

a

Fig. 1B. V=3. (C%. Chamaeleon. Skelett des Hyoids. a copula, b processus entoglossus, ce Hörner des Zungenbeins, d Hyoid von vorn.

Fig. 10. V=3. Oh. johnstoni. Muskulatur des Hyoids sowie benachbarte Muskulatur. Richtung des Kontraktionszuges dieser Muskulatur. a m. intermaxillaris, 5b m. mylo-hyoideus-posterior, c m. pterygo-maxillaris, d m. oceipito-quadrato-mandibularis (digastricus), e m. sterno-mastoideus, f m. sterno-hyoideus, g m. genio-hyoideus, A m. genio-ceratoideus, ? m. sterno- ceratoideus, k m. omo-hyoideus.

und mylo-hyoideus-posterior (b) in der Medianebene durchschnitten und beide Partien zurückgeklappt, sodaß der Vorderteil der Zunge freilag und herausgezogen werden konnte. Das hatte jedoch erst dann Zweck, wenn das Zungenbein losgelöst war, was dadurch er- möglicht wurde, daß die Muskeln, die sowohl am Hyoid als am Sternum inserieren, und diejenigen, welche gewissen Zungenbein- muskeln unterlaufen oder sich zwischen mehreren Muskeln durch- schlängeln, durchschnitten wurden. Als solche kommen in Betracht der m. occipito-quadrato-mandibularis (digastricus) (d), der an seiner oberen Ansatzstelle, am Squamosum, abgeschnitten wird, m. sterno-

.

u

1 geh

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 47]

hyoideus (f), durchschnitten an seiner sternalen Insertion, m. genio- hyoideus (9), am hinteren Ende der sternalen Insertion durch- schnitten, m. sterno-ceratoideus (i) und m. omo-hoyideus (k), beide ebendaselbst durchschnitten. Sodann wird die Zunge mitsamt dem Hyoid herausgezogen und zur Seite geklappt, wodurch der Einblick in den vorderen Teil des Pharynx und den ventralen Teil des Larynx mit dem Kehlsack (falls ein solcher überhaupt vorhanden) frei wird. Diese topographischen Verhältnisse sind in Fig. 1D wiedergegeben. Durch einen von unten her geführten, um den Kehl- kopf laufenden Kreisschnitt in die Mundschleimhaut wird der Larynx abgetrennt. Dann wird die Luftröhre ungefähr 5 mm hinter ihrem

Fig. 1D. V=3. Ch. dilepis. Lage des Kehlkopfes nach entferntem Zungen- bein und entfernter Zunge (ventrale Ansicht). (Lage der Zunge und der Zungenbeinhörner durch die unterbrochene Linie gekennzeichnet.) a Mundschleimhaut, b Larynx, ce Kehlsack, d Gaumen.

Anfange abgeschnitten und der gesamte Kehlkopfapparat nach Ab- lösung der glandula thyreoidea herausgenommen. Er verbleibt dann wenigstens drei Tage in lauwarmem Wasser und zehn Tage in 20°,,igem Alkohol, damit das dem Kehlkopfgerüste und der Musku- latur dicht aufliegende Bindegewebe überhaupt zu entfernen ist. Falls nach dieser Zeit der Kehlkopf präparationsfähig war, wurde, nachdem Gestalt, Größenverhältnis und Winkelstellung des Larynx zur Trachea, Größe, Stärke, Ansatzstellen und Verlauf der Muskulatur in Augenschein genommen waren, letztere abpräpariert und dann

3 erst die Maße des Kehlkopfes festgestellt. Es geschah dies erst

nach der Entfernung der Muskulatur, weil diese im Alkohol stark zusammengeschrumpft war und somit kein objektives Bild von der

472 GUIDO GERMERSHAUSEN.

Gestalt und Ausdehnung, wie sie beim lebenden oder lebendfrischen

Stücke vorhanden ist, abgeben konnte. Alle Größenmaße der ein-

zelnen Keliılköpfe beziehen sich daher auf die von ihrer Muskulatur

befreiten Knorpelelemente. Nach Besichtigung der Aryknorpel, die mehr oder weniger von der Muskulatur umkleidet sind, wurden diese losgelöst, so dab jetzt die von ihnen bedeckten Partien des Ringknorpels sowie seine Ofinung frei zutage treten. Falls ein Kehlsack vorhanden war, wurde dieser der Länge nach aufgeschnitten, sein Innenraum, insbesondere seine Kommunikation mit dem Larynx und der Trachea festgestellt und die Lage der Anheftungsstellen seiner Wandung am Kehlkopf berücksichtigt. Zuletzt wurde der Zugang zum Ringknorpelinnern durch einen Schnitt in die dorsale Wandung ermöglicht. Oft war dieser ganze Innenraum mit Schleim- hautresten, die durch den Alkohol zusammengeschrumpft waren, an- gefüllt. Sie wurden mit einem feinen Haarpinsel vorsichtig ab- gebürstet, so daß eine Verletzung der äußerst zarten Stimmbänder vermieden wurde.

Allgemeine Anatomie des Larynx.

Lage des Kehlkopfes.

Bei Betrachtung der geöffneten Mundhöhle eines Chamaeleons bildet der dicke fleischige Vorderteil der Zunge die auffallendste Erscheinung. Er läßt sich scharf in zwei Abschnitte sondern, einen oberen und einen unteren. Der obere Abschnitt liegt wie eine Kappe auf dem unteren, ist sehr faltenreich und hat die Aufgabe, beim Fangen der Beute vermöge seines auf seiner Oberfläche ab- geschiedenen Sekrets die Insekten an sich zu heften (Fig. 2). Er läuft nach hinten in einen Zipfel aus, hinter dem sich die Mund- schleimhaut breit wie eine Decke über die hintere Zungenpartie herüberlegt. Gleich hinter diesem Zipfel ist die Eingangsstelle des Kehlkopfes zu suchen, an der die Mundschleimhautfalten sich zu zwei Wülsten erheben, die dadurch entstanden sind, daß die auf den Stellknorpeln aufsitzenden Lippenkegel hier die Schleimhaut emporgehoben haben, und diese sich enge um die Knorpel gelegt hat (Fig. 1).

Der Kehlkopf ist von der Mundschleimhaut überdeckt und liegt ungefähr zwischen den beiden Zungenbeinhörnern (h) und hoch über der Zunge, die sich in ihrem hinteren Teile stark ver- jüngt, so daß hier ein Hohlraum gebildet wird, der oben durch den Kehlkopf (2), seitlich durch die Zungenbeinhörner und unten durch die Zunge begrenzt wird, und der von einer derben, bindegewebig-

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RETTEN

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 473

membranösen Hülle, die sich auch ganz um die Zunge herunlegt, umgeben ist (Fig. 1D, 2).

Äußere Gestalt des Kehlkopfes.

Der Kehlkopf stellt sich als eine bei den verschiedenen Arten mehr oder weniger ausgeprägte blasenförmige Kapsel dar. Dorsal besitzt er eine Aufwölbung, während er ventral abgeplattet er- scheint. Durch diese Aufwölbung und durch seine Lage zur Trachea erscheint er schon allein äußerlich von dieser scharf abgegrenzt. Während nämlich bei den meisten übrigen Eidechsenarten die Achse des Kehlkopfes, bei dem auch die blasenförmige Auftreibung viel

Fig. 2.2 V=%f$. Lagebild des Kehlkopfes von Ch. dilepis. ! Larynx, m Boden des Pharynx mit den Falten der Mundschleimhaut (am + abgeschnitten), k Kehlsack (zusammengeschrumpft), A Zungenbeinhörner mit ansitzender Muskulatur, ms die am Sternum ansetzende Muskulatur (am + abgeschnitten), z Zunge.

weniger scharf hervortritt, in ihrer Verlängerung die Achse der Luftröhre bildet, erscheint die Achse des Chamaeleonenkehlkopfes oft zur Luftröhrenachse unter einem nach oben mehr oder weniger weit geöffneten Winkel geneigt, der bei einigen Arten ein rechter ist. Denkt man sich also die Achse der Luftröhre als Horizontale, so verläuft die Kehlkopfachse schräg nach oben.

Bestandteile des Kehlkopfes.

Der Kehlkopf des Chamaeleons setzt sich wie bei allen Rep- tilien aus zwei Arten von Knorpeln zusammen, dem Ringknorpel oder der cartilago cricoidea und einem Paar Aryknorpeln oder cartilagines arytaenoidae. Der hauptsächlichste Bestandteil und formgebende Faktor des Kehlkopfes ist die cartilago cricoidea. Dieselbe ist eine hyalin-knorplige Kapsel, die vorn blasenförmig aufgetrieben ist, nach hinten zu schmäler wird und ventral nach vorn in eine spitze Knorpelzunge ausläuft, den processus anterior inferior (GoEppErRT) (Fig. 3). Ihre Seitenränder schlagen sich nach vorn in das Innere, um sich dabei meist konvex vorwölbend, und

.——

474 GUIDO GERMERSHAUSEN,

bilden so zugleich die vordere Wand des Ringknorpels. Diese nach innen eingeschlagenen Ränder stoßen nicht in der Medianlinie zu- sammen, wie WIEDERSHEIM angibt, sondern lassen eine Öffnung, die sich ventralwärts verbreitert und den Eingang zum Inneren des Rineknorpels bildet (Fig. 4). Ich möchte diese Öffnung introitus cricoideus benennen. Die Vorwölbung der Ringknorpelvorderwand trägt wesentlich dazu bei, dab der ganze Knorpel eine herzförmige Gestalt erhält, was besonders zum Ausdruck kommt, wenn man ihn von der ventralen Seite betrachtet. Die cartilagines arytaenoideae haben die Form eines aus einem Kegelmantel ausgeschnittenen Dreiecks (Fig. 5). Sie sitzen ge- wöhnlich mit ihrer inneren Kon- kaven Fläche der vorgewölbten Vorderwand des Ringknorpels dos! auf, mit diesem auf diese Weise eine Art von Gelenk ausmachend, das beim Offnen und Schließen

x &“ eerzal dors. \ Ma To A ventzal vent. venltat

Fie.3 V=-%. Fig4 V-14 Fig5 V=-4. Fig6 V-

Fig. 3. Ch. dilepis. Ringknorpel (Ansicht von unten). e processus anterior inferior, s Kehlsack (die Pfeile deuten auf die nach innen eingeschlagenen Seitenränder).

Fig. 4. Ringknorpel (ovale Ansicht). iintroitus ericoideus, ce crista cricoidea. Fig. 5. Stellknorpel (seitliche Ansicht der Außenfläche). a Stellknorpel, li Lippenkegel, f fossa musculi constrictoris.

Fig. 6. Stellknorpel (seitliche Ansicht der Innenfläche). w Knorpelwulst, m feine durchsichtige Membran (nach GesEnsaur Stimmband).

der Kehlkopfspalte in Aktion tritt. An der Innenseite des Stell-

knorpels tritt ein starker Knorpelwulst in die Erscheinung, der ventral

beginnt und bis zum dorsalen Ende der Basis hinabzieht (Fig. 6). Beim Schließen des Kehlkopfes,_ wenn die Stellknorpel einander näherrücken, werden diese Knorpelwülste mit ihren Breitseiten stark gegeneinander gepreßt und bilden so einen guten Verschluß für den Eingang in das Innere des Ringknorpels und somit auch des Kehlkopfes selbst gegen die von der Stimmritze eindringende Luft. Im übrigen läuft der Stellknorpel basalwärts in eine dünne, durchscheinende Knorpelscheibe (m) aus. Auf der äußeren Seite des Stellknorpels tritt in der Mitte eine senkrecht laufende schwache

L 3 8

iz

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 475

Einbuchtung auf (f). Auf der Spitze des Knorpels befinden sich die Lippenkegel (li), zwei Bindegewebsmassen ohne Knorpelsubstanz; sie sind somit strenge vom eigentlichen Stellknorpel (a) zu sondern. Diese Lippenkegel sind es, die die Mundschleimhaut an der Ein- gangsstelle des Kehlkopfes zu zwei Wülsten erheben.

Die Muskulatur des Kehlkopfes (Fig. 7—9).

Am Kehlkopf befindet sich nur eine äußere Muskulatur, während eine Muskulatur im Kehlkopfinneren nicht vorhanden ist. Sie be- E.

Fig. 7. V=4. Fig. 8. V=4. Fig. 9. V=4.,

Fig. 7. Ch. dilepis. Kehlkopf (laterale Ansicht). a Kehlkopfspalte, b Stell- knorpel mit aufsitzenden Lippenkegeln, c Ringknorpel, d m. dilatator, e m. constrietor, s Kehlsack.

Fig. 8. Kehlkopf (dorsale Ansicht). /fontanella dorsalis, g Trachea, i dorsale Ansatzstelle des m. constrictor.

Fig. 9. Kehlkopf (ventrale Ansicht). f ventrale Ansatzstelle des m. constrictor.

steht aus zwei Paar Muskelzügen, die ein Öffnen oder Schließen der Kehlkopfspalte bewirken. Das eine Paar setzt sich aus je einem m. dilatator (Fig. 7, d) zusammen, der die Aufgabe hat, durch seine Kontraktion die Stimmritze zu öffnen. Er umfaßt voll- kommen die Seitenfläche des Kehlkopfes und hat folgenden Ver- lauf: Er inseriert vorn seitlich am Anfang des Aryknorpels, und zwar an der Stelle, wo demselben der Lippenkegel aufsitzt, mit dem er durch Bindegewebe, das auch über seiner ganzen Ausbreitung

als dünne Schicht lagert, verbunden ist. Er zieht dann seitlich 32

476 GUIDO GERMERSHAUSEN.

abwärts am Ringknorpel entlang, indem er sofort hinter seiner Ansatzstelle über den ihn rechtwinklig kreuzenden m. constrietor e hinwegzieht, und findet unten am Ringknorpel seine zweite Ansatz- stelle. Sein Gegenüber an der anderen Seite nimmt den spiegel- bildlichen Verlauf. Bei ihrer Kontraktion üben die beiden Muskeln einen Zug nach außen auf die Stellknorpel aus, wodurch diese samt den ihnen aufsitzenden Lippenkegeln voneinander weg seitlich

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Fig. 10. V=%. Fig. 104. V= 18.

Fig. 10. Ch. dilepis. Luftröhrenkrahn (laterale Ansicht bei aufgetrenntem

Kehlsack). a Stellknorpel, b Ringknorpel, c erster unselbständiger Tracheal-

ring („elegant geschwungene Knorpelzunge“), erster selbständiger Tracheal-

ring, nach unten in die lacinia trachealis auslaufend (lt), d Bindegewebszug,

e Ausführungsgang des Luftröhrenkrahnes, la lamina cricoidea, !c laciniae cricoideae, / fontanella ventralis, k Kehlsack, Innenwand.

Fig. 10A. Luftröhrenkrahn (Ansicht von vorn bei aufgetrenntem Kehlsack)

nach außen rücken. Dadurch wird der Kehlkopf geöffnet. Zum Schließen desselben dient ein zweites Muskelpaar, die m. constric- tores. Die erste Ansatzstelle jedes dieser Muskeln liegt dorso- median dort, wo die beiden Aryknorpel aneinander stoßen. Dann ziehen sie um diese herum, wobei sie abwärts unter den m. dilata- tores durchlaufen und treffen sich in der ventralen Mittellinie. So- wohl dorsal als auch ventral sind beide Muskelstränge durch feines Bindegewebe innig verbunden. Bei ihrer Kontraktion werden die Stellknorpel, die sich bei geöffnetem Kehlkopf voneinander getrennt hatten, zusammengedrückt und so wieder fest aneinander gepreßt,

B £ s

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 477

denn beide Muskeln umschließen ja die beiden Knorpel in Form eines Ringes, der sich bei ihrer Kontraktion verkleinert. An dieser Stelle ist nun auch die Frage zu erörtern: welchen Zweck hat die in der Mitte des Stellknorpels längs laufende schwache Einbuchtung? Eine Ansatzstelle eines Muskels kann sie nicht sein. Sie steht offenbar mit dem m. constrietor im Zusammenhange, denn sie nimmt denselben Verlauf wie dieser. Nun wäre es naheliegend, von vorn- herein anzunehmen, daß sie als Einbettungsort für ihn dient. Dies ist jedoch unter gewöhnlichen Verhältnissen, d.h. in einem Zustande, bei dem weder der m. dilatator noch der m. constrietor in Tätigkeit tritt, d. i. bei der normalen Atmung, bei der die Stimmritze wenig ge- öffnet ist, nicht zu ersehen, denn der m. constrietor ist zu voluminös, und vor allem liegt er dem Stellknorpel zu breit auf, als daß er von der Ausbuchtung ganz aufgenommen werden könnte. Bei seiner Kontraktion, wo er sich auf Kosten seiner Länge verdickt, ist das schon erst recht nicht möglich. Es bliebe nur der Fall übrig, wo er beim weiten Öffnen des Kehlkopfes durch die auseinander- rückenden Stellknorpel mechanisch ausgedehnt wird und sich so im Querschnitt verkleinert. Man darf in diesem Falle wohl an- nehmen, daß er von der Einbuchtung aufgenommen wird, wodurch ja auch das Auseinandertreten der Stellknorpel eine Erleichterung erfährt. Ich möchte daher diese Einbuchtung als fossa musculi constrietoris bezeichnen.

Der Luftröhrenkrahn und Kehlsack.

Vom ventralen Teile des Ringknorpels geht ein Gebilde aus, das bei einem etwa vorhandenen Kehlsack in diesen hineinragt und

_ einem Trichter nicht unähnlich ist, indem es nach unten zu immer

schmäler wird und sich in den Kehlsack hinein öffnet (Fig. 10, 10A). Es führt den Namen Luftröhrenkrahn (TorxIEr), weil es einen Verbindungsweg zwischen Kehlkopf und Luftröhre darstellt und in seiner Verschlußvorrichtung wie ein Krahn funktioniert. Seine Vorderwand bildet die Fortsetzung der basalen Partie des Ring- knorpels nach unten. Ich nenne diese Vorderwand, die die Form einer Platte trägt, lamina cricoidea.. Von der Seite treten dann zwei „elegant geschwungene“ Knorpelzungen (WIEDERSHEIM) hinzu, die in ihrem oberen Teile morphologisch noch als Knorpelringe der Trachea anzusprechen sind und hier von der Vorderwand des Krahnes jederseits durch ein Fontanellenpaar, das durch eine durch- scheinende Membran geschlossen ist, getrennt sind. Unter diesen Fontanellen, die ich fontanellae veikrakde nenne, biegen sie sanft nach vorn um und verschinelzen mit der Vorderwand des Krahnes. 32*

478 GUIDO (GERMERSHAUSEN.

Dieses so gebildete Verschmelzungselement läuft nach unten in zwei Zipfel aus (lc), die bei den einzelnen Arten mehr oder weniger ausgebildet sind, auch fehlen können. Diese beiden Zipfel möchte ich laciniae cericoideae benennen. Sämtliche Trachealringe haben meistens in der dorsalen Medianlinie eine Durchbrechung erfahren, die bei dem ersten Trachealringe besonders breit ist und ihn oft nicht mehr als ein einheitliches Ganze erscheinen lassen. Die hintere Hälfte des Luftröhrenkrahnes besteht aus einer Platte von der Gestalt eines schlanken Knorpelstreifens (lt), die sich beim Schließen des Krahnes zwischen die beiden Vorderplatten einlegt, „wie sich etwa die Finger der menschlichen Hand beim Hände- falten ineinanderlegen“ (TornIEerR). Auf diese Weise wird ein

luftdichter Verschluß hergestellt. Wie die beiden Vorderplatten des Luftröhrenkrahnes als Modifika-

Fig. 11. V= 14, Fig. 11A.

Fig. 11. Ch. dilepis. Erster selbständiger Trachealring mit abgehender lacinia trachealis. a Trachealring, ce Knorpelfaden, e Bindegewebsmembran. Fig. 11A gezeichnet bei V=?3° ohne Zeichenapparat (schematisch). Ch. chamaeleon. Innere Kehlsackwandung (quer) (lebendfrisches Gewebe). a Zylinder- zellen mit Cilienbesatz, b elastisches Bindegewebe.

tion des I. unselbständigen Trachealringes (c) zu betrachten sind, so stellt sich die Hinterplatte als der untere modifizierte Teil des ersten selbständigen Trachealringes dar (c,). Dieser schließt sich in seiner ventralen Partie nicht direkt, d. h. die derben seitlichen Spangen des Ringes stoßen nicht unmittelbar in der ventralen Mittellinie zusammen oder vereinigen sich hier, sondern verändern nun ihre Richtung, indem sie sich unter Abschwenkung nach unten in jederseits einen sehr zarten Knorpelfaden (c) fort- setzen. Diese beiden Knorpelfäden sind durch eine durchscheinende Bindegewebsmembran (Fig. 1l1e) in Verbindung gebracht, kon- vergieren in ihrem unteren Verlauf, bis sie sich zum Schluß ver- einigen und zusammen den Knorpelstreifen bilden, der sich als Hinterplatte des Luftröhrenkrahnes darstellt, und den ich als lacinia

De "5 7

x

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 479

trachealis bezeichne (Fig. 11). Endlich ist zu bemerken, daß jede Platte sowohl des vorderen wie des hinteren Teiles des Luft- röhrenkrahnes durch einen Bindegewebszug (d), der die hintere Fortsetzung der Platten bildet und fest an der Wand des Kehl- sackes angewachsen ist, mit diesem in Verbindung steht. Dies ist, wie ToRNIER bemerkt, beim Füllen des Kehlsackes mit Luft von Bedeutung, indem die Wände.desselben sich nach außen aus- dehnen, und die Krahnplatten dabei ebenfalls in der Richtung nach außen mitgezogen werden, wodurch die Krahnöffnung er- weitert wird. |

Einige Chamaeleonen besitzen einen Kehlsack, ein Gebilde aus einem faltenreichen, bindegewebigen Sack bestehend, der unter dem Kehlkopf liegt (Fig. 7, 8, 9; s), mit diesem durch den Luftröhren- krahn und mit der Trachea durch eine Einmündung dieser in Ver- bindung stehend, die als ein breiter Schlitz erkennbar ist. Er setzt sich rings um die ventrale Seite des Kehlkopfes an, und zwar an der Stelle, wo der Luftröhrenkrahn beginnt, und umgreift dann noch weiter den vorderen ventralen Teil der Trachea bis etwa zum Beginn des III. Trachealringes (Fig. 7). Seine Tiefe beträgt bei Arten, wo er in bedeutender Größe auftritt, 1—1,75 cm. Nach unten zu wird er allmählich schmäler, sich sanft zuspitzend. Die Wand seiner unteren Partie ist gewöhnlich etwas derber und un- durchscheinend, während die Sackwandung im oberen Teile oft so dünn und fein ist, daß sie als durchscheinend bezeichnet werden kann.

Anschließend hieran sei noch kurz auf die Histologie der Kehl- sackwandung eingegangen. Zum Zwecke der mikroskopischen Untersuchung wurde die Wandung bei einem lebenden durch Kopf- schlag betäubten Ch. chamaeleon herausoperiert und ein Querschnitt in einem Medium von 0,5% Kochsalzlösung unter das Mikroskop gebracht. Die Innenfläche der Wandung zeigte eine Lage von hohem flimmerndem Cylinderepithel (Fig. 11A). Jede der Zellen trug ungefähr 4—6 Cilien. Somit konnte die Vermutung WIEDERSHEIMS durch die Tatsachen bestätigt werden. Unter dieser Zellschicht folgt dann eine dicke Schicht Bindegewebsfasern, wie sie TORNIER ebenfalls beobachtet hat.

Das Innere des Ringknorpels.

- Der Innenraum des Ringknorpels wird durch eine am Boden verlaufende derbe Knorpelleiste (Fig. 12), die nach vorn in der schon erwähnten schmalen Knorpelzunge (p) ihre Verlängerung

480 GUIDO GERMERSHAUSEN.

findet, in zwei Kammern (d) abgeteilt (Fig. 12). Diese Kammern, die ich als diverticula cricoidea kennzeichnen möchte, sind im vorderen Teile 'blasig aufgetrieben, da sie ja aus den nach vorn umgeschlagenen konvexen Seitenwandungen des Ringknorpels gebildet sind. Aus der Vorderwand treten rechts und links von der Median- linie die Stimmbänder (Fig. 13 lv) heraus in das Innere des Ring- knorpels vor. Es sind dreieckige, sehr spitz zulaufende Knorpel- wülste, die beim Durchzug der Luft durch die Stimmritze ungehindert

N | | 1) || \ir

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Fig. 12. V=1%,

Fig. 12. Ringknorpel von Ch. dilepis. Inneres, ventrale Partie. a Stelle, wo

sich die seitlichen Abschnitte des Ringknorpels am Vorderrand eingeschlagen

haben, c crista cricoidea, d diverticula cricoidea, !v Stimmbänder, p processus anterior inferior, t Trachea.

Fig.13. Ringknorpel. Inneres, ventrale Partie (schräg von der Seite betrachtet).

schwingen können, aber ohne Beziehung zu irgendwelchen Muskeln stehen, wie überhaupt das Ringknorpelinnere jeglicher Muskulatur ermangelt.e. Nach hinten zu, wo der Ringknorpel schmäler wird, verengen sich auch demgemäß die beiden Kammern, während zu- gleich die Wandungen eine bedeutende Verdickung erfahren, die an der Ansatzstelle der Trachealwandung wieder aufhört.

Es sei mir erlaubt, an dieser Stelle auf die Ausführungen WIEDERSHEIM’s, in denen er die ventriculi morgagni des Säugetier- kehlkopfes mit den diverticula cricoidea vergleicht, zurückzukommen, zugleich kurz einzugehen auf die Kehlsackbildungen, wie sie bei anthropoiden Affen und auch sogar pathologisch beim Menschen auftreten, und ferner eine Beziehung zwischen den „wahren Stimm- bändern“ der Säugetiere und denen der Chamaeleonen zu kenn- zeichnen. |

Die ventriculi morgagni des Säugetierkehlkopfes, auch ventrieuli laryngis genannt, sind durch die beiden großen Buchten gegeben

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 481

(Fig 13B; vm) die zwischen dem Ringknorpel (cc) und dem Schild- knorpel (ct) gelegen sind und ihre Ausdehnung der großen inneren Hohlbucht des letzteren verdanken. Ihre Begrenzung nach außen finden sie demnach durch die Innenwandungen des Schildknorpels (ct), während sie innen durch die Außenwand des Ringknorpels (ce) und nach oben durch die an der Innenwand dieses Knorpels sitzenden und über ihn hinausragenden Stimmbänder (Fig. 13 A iv) ihren Ab- schluß finden. Die Lage dieser außerhalb des Ringknorpels sich befindlichen Ventrikel ist also grundverschieden von den innerhalb gelegenen Buchten des Chamaeleon-Kehlkopfes.. Ebenso ist ihre

Aoısal ventzal

Fig. 13A. V=4. Fig. 13B. V=4.

Fig. 13A. Macacus. Kehlkopfinneres. Rechte Hälfte. c? Schildknorpel, vm Öffnung, die zur oberen Partie des rechten ventriculus morgagni führt, !v wahres Stimmband, cc Ringknorpel, + Stelle, an die sich von außen her der Stellknorpel ansetzt, t Trachea. Fig. 13B. Kehlkopfinneres, linke Hälfte (nach Entfernung der Stimmbänder und der Bindegewebsmasse). ca Stellknorpel, vm linker ventriculus morgagni (ventriculus laryngis).

Gestalt eine völlig andere. Sie laufen caudalwärts spitz zu und erweitern sich rostral, wo beide Buchten durch die sich hier fest aufeinanderlegenden Wandungen des Schild- und Ringknorpels ge- trennt sind.

Wie so eine Homologie oder auch nur eine Ähnlichkeit dieser beiden Arten von Ausbuchtungen am Säugetier- und Chamaeleon- Larynx nicht besteht, wird man auch eine Homologie der Kehlsäcke, wie sie als ventrale Ausläufer der ventrieuli morgagni beim Schimpansen und Gorilla beobachtet wurden, mit den hier ab- eehandelten Kehlsäcken in Abrede stellen müssen. E. Euwers, der ingehende Untersuchungen über diese bei Affen auftretenden Kehl-

482 GUIDO GERMERSHAUSEN.

säcke gemacht hat®) sagt, dab sie als Fortsetzung der ventriculi morgageni über den oberen Seitenrand der carthilago thyreoidea heraustreten. Auch Rünıger?) beschreibt die Luftsäcke bei anthropoiden Affen und bespricht im Anschluß daran solche Säcke, die beim Menschen pathologisch als Ausbuchtungen und sackartige Ausläufer der ventriculi morgagni vorkommen und gibt eine gute Abbildung davon. Bei Affen sind 2 gleich große Ausbuchtungen die Norm, während eine einseitige Ausbuchtung zu den Seltenheiten gehört. Beim Menschen kommt nur eine einseitige Ausbuchtung vor. Auch G. ScLavunos!0) kommt bei seinen Untersuchungen zu dem- selben Resultat. Wie selten solche Bildungen pathologisch beim Menschen auftreten, beweist die Tatsache, daß er unter 500 Leichen nur 3 mit Aussackungen versehene ventriculi vorgefunden hat. Endlich schildert G. LEDDERHosE!!) einen solchen Fall von Kehl- sackbildung nebst den physiologischen Wirkungen bei einem Patienten. | Bei Betrachtung der Stimmbänder im Kehlkopf vom Chamaeleon haben wir festgestellt, daß sie der Ringknorpelwand ansitzen, sich also im Ringknorpelinnern vorfinden. Betrachten wir das Innere eines Säugetierkehlkopfes, wie es uns z. B. bei Macaccus entgegen- tritt (Fig. 13A), so sehen wir die Stimmbänder (iv) ebenfalls in der rostralen Partie des Ringknorpels (cc) seiner oberen Wandung ansitzend. Es besteht hier nur der unwesentliche Unterschied, dab sie nicht wie beim Chamaeleon in die Nähe der Medianlinie gerückt sind, sondern mehr lateral liegen, da hier die rostralen Seitenränder nicht nach innen eingeschlagen sind. Wir haben es also hier mit homologen Bildungen zu tun. Nun definiert P. Hrymann!?) als „wahres Stimmband“ dasjenige Ligament, das beim Menschen und somit auch bei den Säugern vom Innenrande des Ringknorpels aus- geht. Es ist folglich, wenn wir den so präzisierten Begriff des wahren Stimmbandes von Hrymann annehmen, das Stimmband der Chamaeleonen ein Homologon des wahren Stimmbandes der

8) E. Euters, Beiträge zur Kenntnis des Gorilla und Schimpansen. Abh. Ges. Göttingen v. 28 1881 p. 3—77.

9) Über ungewöhnlich weite Morgagnische Ventrikel Monatssch. Ohren- heilk. X 1876 nr. 9 p. 126.

10) Über die Ventrikularsäcke des Kehlkopfes bei erwachsenen und neu- geborenen Menschen sowie bei einigen Affen. Anat. Anz. 1904 XXIV p. 511—523 und 625 12 fig.

11) Uber einen Fall von rechtsseitiger Kehlsackbildung. D. Z. Chirurgie v. 22 1885 p. 206. |

12) Was nennen wir wahres Stimmband? D. med. Wochenschr. 1890 nr. 4 p. 68.

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Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 483

Säuger. Es sind demnach die ligamenta, wie sie GEGENBAUR als Stimmbänder bei den Ascalaboten beschreibt, wo sie an der Basis der Aryknorpel sitzen, nicht solche im Sinne der „wahren Stimmbänder“. Ähnlich sagt GEGENBAUR, wären die Verhältnisse beiden Chamaeleonen. Jedenfalls meint er hier die dünne durchscheinende basale Knorpel- scheibe (Fig. 6, m), wie sie uns bei Betrachtung des Aryknorpels ent- gegentritt. Daß dieselbe in physiologischem Sinne mit Recht als Stimm- band gelten darf, soll nicht bestritten werden, jedenfalls ist sie topo- graphisch als Stimmband im Sinne Hrymann’s nicht zu verstehen.

Spezielle Anatomie des Larynx.

Bei Abhandlung über die allgemeine Anatomie des Larynx waren die Verhältnisse bei Ch. dilepis Lracan als Ausgangspunkt und Grundlage gewählt. Wir wenden uns nunmehr zur Einzel- betrachtung des Kehlkopfes bei den übrigen Arten.

Chamaeleon dilepis subsp. roperi Buer.

Diese Art ist bedeutend kleiner als die gewöhnliche Form. Das O bleibt sogar fast um die Hälfte der Körpergröße gegen das SO zurück. Das Verbreitungsgebiet ist auf Britisch- und Deutsch- Ostafrika und Togo beschränkt.

Bei ihm nimmt der Kehlkopf dieselbe Stellung zur Trachea ein wie bei Ch. dilepis. Die Wandung des Ringknorpels ist weniger stark und dick ausgebildet. Ferner haben die laciniae cricoideae nicht die Länge wie bei der vorigen Art, während die lacinia tra- chealis außerordentlich lang und gut ausgebildet ist. Der Kehl- sack ist bei beiden Geschlechtern groß, beim S sehr dünnhäutig und durchscheinend, beim © ist die Wandung fester und nicht durch- scheinend, auch sind bei ihm die elastischen Bindegewebsfasern derber als beim Kehlsack des JS; der 1. unselbständige Tracheal- ring nebst der davorliegenden Fontanelle sind hier nieht so aus- geprägt wie bei Ch. dilepis, indem der Trachealring sich nicht oder nur sehr wenig von der Wand des Ringknorpels abhebt, sodaß er auch für das bewaffnete Auge schwer zu erkennen ist und ferner, indem die Fontanelle kleiner und weniger dünnhäutig ist, sodaß auch hier eine weniger scharfe Differenzierung besteht, die durch den festeren Zusammenhang dieses Trachealringes mit der lamina cricoidea hervorgerufen ist. Im übrigen liegen dieselben Verhält- nisse vor wie bei Ch. dilepis.

Chamaeleon calcarifer PETERS.

Diese Art hat in ihrem äußeren Bau große Ähnlichkeit mit Ch. dilepis. Sie wird bedeutend größer, denn das JS kann bis 450 mm

484 GUIDO GERMERSHAUSEN,

lang werden. Der Helm ist höher und die Oceipitallappen sind noch stärker als bei Ch. dilepis entwickelt.

Der Kehlkopf bildet mit der Trachea einen Winkel, der die Größe eines rechten Winkels etwas übertrifft. Die Muskulatur am Kehlkopfe ist nur sehr gering entwickelt. Insbesondere ist der m. constrietor außerordentlich schwach und dünn, daher ist auch von einer fossa musculi constrietoris fast nichts wahrzunehmen. Auch die Aryknorpel (Fig. 14; a) sind ? klein, während der Ringknorpel

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. V \k—d Fig. 4. V=. Fig. 15. V=!%°, Fig. 14. Ch. calcarifer. Kehlkopf (laterale Ansicht nach abgelöstem Kehl- sack). a Stellknorpel, b Ringknorpel, !lamina cricoidea, lc laciniae cricoideae, !t lacinia trachealis, ffontanella ventralis, g, erster unselbständiger Tracheal- ring, ga erster selbständiger Trachealring. Fig. 15. Kehlkopfinneres (ventrale Partie; die dorsale Wandung ist nach beiden Seiten etwas auseinandergezogen).. 7 processus anterior inferior, cr crista cricoidea, di diverticula cricoidea, g seitliche Wülste, die die diverti- cula nach hinten begrenzen, iv Stimmbänder, d laciniae cricoideae.

(b) groß und blasig aufgetrieben ist. In den Kehlsack, der das Dreifache des Kehlkopfes ausmacht, mündet ein großer wohl- entwickelter Luftröhrenkrahn, der sich zusammensetzt aus einer breiten, etwas gewölbten lamina cricoidea (l), die an Größe der ventralen Fläche des Ringknorpels gleichkommt und in zwei laciniae cricoideae (lc) ihr Ende findet, ferner einer vom 1. selb- ständigen Trachealringe (g,) ausgehenden sehr langen und kräftigen lacinia trachealis (lt). Die fontanellae ventrales (f), die die lamina () vom 1. unselbständigen Trachealring (g,) trennen, sind groß und senden einen bis zur dorsalen Medianlinie reichenden Ausläufer nach oben.

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 485

Im Ringknorpelinnern tritt die breite und ziemlich hohe crista ericoidea (Fig. 15; er) in die Erscheinung. Sie durchzieht, indem sie sich nach hinten stark verjüngt, den Ringknorpel in seiner ganzen Länge. Nach vorn entsendet sie medianwärts den processus anterior inferior (p), der über die Spitze der Aryknorpel (a) hin- überragt, und nach links und rechts von dieser je einen kurzen Ausläufer in die Vorderwand des Ringknorpels, wodurch sie das Aussehen eines kurzen, breiten Schwertes erhält. Die Stimmbänder (iv) sind wohlentwickelt. Die großen und tiefen diverticula crico- idea (di) erfahren eine charakteristische Ausbildung durch einen jederseits am hinteren Ende vorhandenen, transversal verlaufenden halbmondförmigen Wulst (g), der mit seinem Gegenüber die diver- ticula nach hinten abschließt.

Chamaeleon gracilis HALLow.

Ch. gracilis weicht in seiner äußeren Körperform nur wenig von Ch. dilepis. ab. Das einzige erwähnenswerte Unterscheidungs- merkmal besteht darin, daß bei ersterer Art die Oceipitallappen nur angedeutet sind, während sie bei Ch. dilepis eine gute Aus- bildung erfahren haben.

Auch in der Anatomie des Kehlkopfes lassen sich nur wenige unwesentliche Unterschiede feststellen. Lage und Winkelstellung zur Luftröhre sind dieselben wie bei Ch. dilepis. Der Ringknorpel ist in seiner blasigen Auftreibung an denjenigen Stellen, die die höchste dorsale Höhe erreichen, sehr dünnwandig und durchscheinend, nach hinten zu wieder äußerst diekwandig, wodurch die Isolierung der beiden Kammern im Ringknorpelinneren, die schon im wesent- lichen durch die ventri-median verlaufende scharf ausgeprägte crista herbeigeführt wird, in noch stärkerem Maße zutage tritt. Das Tier besitzt ebenfalls einen Kehlsack, in den ein gut ausgebildeter Luft- röhrenkrahn mündet. Die Wandung des Sackes ist sehr derb und die Schicht seiner elastischen Bindegewebsfaserbündel sowie die Faserbündel selbst recht dick. Sie treten schärfer in die Er- scheinung als bei Ch. dilepis.

Endlich sei erwähnt, daß die fossa musculi constrietoris am Aryknorpel stärker ausgeprägt ist als bei Ch. dilepıs.

Chamaeleon basilisceus ÜOPE.

Diese Form ähnelt in ihrem Äußeren am meisten Ch. cha- maeleon, unterscheidet sich nur von ihm durch das Fehlen des Oceipitallappens und das Vorhandensein eines Bauchkammes.

486 GUIDO GERMERSHAUSEN.

Der Trachealwinkel an der Übergangsstelle des blasig auf- getriebenen Kehlkopfes und der Luftröhre hat eine Öffnung von 135°, der m. dilatator ist mäßig entwickelt, während der m. con- strietor klein ist, wenngleich die derben, kleinen Aryknorpel eine breite fossa musculi constrietoris besitzen. Sie sitzen auf dem Ringknorpel nur loeker auf. Ihre Spitzen erreichen rostral mit der Spitze des zarten processus anterior inferior die gleiche Höhe.

Der Ringknorpel ist breiter als lang. Er entsendet nach hinten eine sehr breite lamina cricoidea, die in zwei breiten, im Gegen- satz zu Ch. chamaeleon wohlausgebildeten laciniae enden. Die lamina cricoidea wird jederseits flankiert von dem I. unselbständigen Trachealring, der sich in seiner Mitte und ventral fest mit ihr ver- bindet, außerordentlich derb und vorstehend ist und ebenfalls fest mit dem 1. selbständigen Trachealring durch eine bindegewebige Naht verbunden ist; daher ist der Luftröhrenkrahn seitlich ver- schlossen und nur ventral geöffnet. Der 1. selbständige Tracheal- ring zieht sich ventral in die sehr breite und derbe lacinia trache- alis aus, die den Vorderteil des Luftröhrenkrahnes bei weitem an Länge übertrifft. Der Krahn mündet in den weichhäutigen Kehl- sack, der 31/, mal so lang wie der Kehlkopf ist.

Im Ringknorpelinnern macht sich eine breite, mäßig hohe, den Knorpel in ?/, seiner Länge durchziehende crista crieoidea be- merklich, die derbe Seitenzüge an die Vorderränder abgibt, auf denen die in normaler Größe entwickelten Stimmbänder sitzen.

Chamaeleon chamaeleon (L.).

Diese Art, welche in ihrer männlichen Form die Größe von ’h. dilepis erreicht, in ihrer weiblichen Form jedoch stark hinter derselben zurückbleibt, unterscheidet sich hauptsächlich von ihr durch das Fehlen des Rücken- und Bauchkammes. Ferner ist der Helm hinten dachförmig erhöht und mit starkem Parietalkamm ver- sehen. Die Oceipitallappen sind im allgemeinen gut ausgebildet, wenngleich sie nicht die Größe derjenigen von Ch. dilepis erreichen.

Lage und äußere Gestalt des Kehlkopfes weisen keine Unter- schiede gegen Ch. dilepis auf. Auch sind die Kehlkopfknorpel die- selben und lassen in ihrer Lagerung und ihrem Größenverhältnis nichts Unterschiedliches zu. Die beiden Muskelpaare bieten eben- falls in ihrer Form und ihrem Verlauf nichts Eigenartiges. Der Luftröhrenkrahn, dessen Vorderpartie nicht ausgeprägt zweizipfelig ist, mündet in einen sehr dünnwandigen und durchsichtigen Kehl- sack, der zwar groß zu nennen ist, aber nicht dem von Ch. dilepis gleichkommt.. Ch. gracilis hat ungefähr einen gleich großen Kehl-

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 487

sack, dessen Wandung allerdings ungleich dicker ist. Der I. un- selbständige Trachealring (oder die geschwungene Knorpelzunge) ist derber als bei Ch. dilepıis.

Für den inneren Teil des Ringknorpels ist hervorzuheben, daß die cerista sich nicht zu derselben Höhe erhebt wie bei Ch. dilepıs. Auch die Stimmbandknorpel sind kleiner geblieben.

Chamaeleon senegalensis Daun.

Ch. senegalensis ist eine mittelgroße Art, deren Länge 283 mm beträgt. Es besitzt keine Occipitallappen.

Der Winkel, den der mittelgroße, blasig aufgetriebene Kehl- kopf mit der Trachea bildet, ist größer als ein rechter. Die Größe und der Verlauf der Muskulatur sind normal. Der Zwischenraum zwischen den ventralen Ansatzstellen des m. constrictor verbreitert sich von vorn nach hinten.

Die Aryknorpel sind klein, ihr basales Ende ist kurz. Die lamina cricoidea ist breit und läuft nach unten in eine unpaare lacinia cricoidea aus. Diese bildet mit der lacinia trachealis den Luftröhrenkrahn. Die lacinia cricoidea besitzt eine sanfte mediane Einkerbung ihres Randes, in die sich die lacinia trachealis beim Verschluß des Krahnes hineinlegt. Letztere ist aus dem ersten Trachealring, der schon vollkommen selbständig ist, in derselben Weise wie bei Ch. dilepis hervorgegangen. Der Kehlsack ist groß und besitzt eine mäßig starke Wandung. Der processus anterior inferior ist lang und reicht nach vorn bis zu den Spitzen der Aryknorpel. Die breite und hohe crista cricoidea im Inneren des Ringknorpels entsendet nach beiden Seiten starke Knorpelzüge in die Vorderwand der diverticula cricoidea. Diese Knorpel- züge sind Träger der hohen Stimmbänder. Die Isolierung der diverticula tritt durch die Höhe und Breite der crista cricoidea scharf hervor.

Chamaeleon laevigatus (GRAY.

Ch. laevigatus zeigt in seinem Äußeren große Ähnlichkeit mit Ch. senegalensis, es ist nur kleiner als dieses. Der kleine blasig aufgetriebene Kehlkopf bildet mit der Trachea einen rechten Winkel. Die Muskulatur ist stark entwickelt. Be- sonders tritt der m. constrietor in seiner Massigkeit und Breite in die Erscheinung.

Die Aryknorpel sind im Vergleich zum Ringknorpel groß. Die eingeschlagenen Vorderränder des letzteren wölben sich sehr stark vor, infolgedessen sind die diverticula cricoidea etwas weiter nach

488 GUIDO GERMERSHAUSEN.

vorn verlagert (Fig. 16). Der processus anterior inferior (p) ist lang und breit. Eigentümlich ist der Luftröhrenkrahn gebildet, der in einen mäßig großen Kehlsack mündet. Eine vordere lacinia cri-

coidea ist überhaupt nicht ausgebildet. Die vom Ringknorpel

kommende lamina cricoidea (2) ist nämlich sehr kurz und verbindet sich fest mit dem I. unselbständigen Trachealring (b). Er bildet dorsalwärts ziehend mit dem Ringknorpel zwei sehr große mem- branöse Fontanellen (f). Von einem ein- oder zweizipfeligen Aus- läufer am Trachealringe fehlt jede Spur,. so daß der vordere Teil des Krahnes sehr wenig ausgebildet ist. Sein hinterer Teil, die lacinia trachealis (Fig. 17, !t), ist die ventrale Umbildung des 1. selbständigen Trachealringes. Sie besteht jederseits aus einer sehr langen nach innen sanft gebogenen Zunge, - die von dem

Fig. 16. V=1, Fig. 17. V=%.

Fig. 16. Ch. laevigatus. Ringknorpel (ventrale Ansicht), ! lamina cricoidea, b erster unselbständiger Trachealring, f fontanella ventralis, p processus anterior inferior.

Fig. 17. Zweiter selbständiger Trachealring mit lacinia trachealis. lacinia trachealis, ks Knorpelschwiele.

Trachealringe selbst durch eine quere Knorpelschwiele (As) be- grenzt wird, was deutlich in die Erscheinung tritt, da ihr proxi- maler Teil auf der Innenfläche eine Aushöhlung besitzt. Ein Ver- schluß des Luftröhrenkrahnes kann nur dadurch zustandekommen, daß sich der vordere Rand des zweiten Trachealringes fest an den hinteren Rand des ersten Ringes legt, wobei die lacinia trachealis, die an der Hinterwand des Kehlsackes befestigt ist, diese mit nach vorn zieht, wodurch die Festigkeit des Verschlusses erhöht wird.

Was das Innere des Kehlkopfes anlangt, so ist hervorzuheben, daß die crista cricoidea kurz und flach ist. Die Stimmbänder sind von mittlerer Größe.

Chamaeleon semicristatus BOETTG.

Ch. semicristatus, von dem bis jetzt nur sehr wenige Exemplare bekannt sind, erreicht eine Länge von 280 mm. Das zur Bear- beitung vorliegende © ist 110 mm lang.

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Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 489

Der schlanke, besonders dorsal aufgetriebene Kehlkopf (!.) bildet mit der Trachea einen rechten Winkel (Fig. 18). Der m. dilatator ist kurz und relativ klein; er reicht nur bis zum letzten Drittel des Ringknorpels. Der m. constrietor bildet in seiner Ge- samtheit dorsal einen geschlossenen Sphinkter.

Die in normaler Größe entwickelten Aryknorpel sind kurz und breit (Fig. 20 u. 22; a). Der besonders dorsal stark aufgetriebene Ringknorpel (db) ist fast ebenso derbwandig wie die Aryknorpel. Ventral läuft er in eine lange, breite und derbwandige lamina (!) aus.

Fig. 18. V= 1%, Fig. 19. V=%%.

Fig. 18. Ch. semicristatus. Kehlkopf (laterale Ansicht). Zx Larynx, s Kehl-

sack, sein vorderer Teil, ss sein hinterer Teil, I erster unselbständiger

Trachealring, 1 erster selbständiger Trachealring, 2 zweiter selbständiger Trachealring.

Fig. 19. Kehlkopf mit aufgeschnittenem Kehlsack. ce horizontale Scheidewand beider Teile.

Besonders hervorzuheben ist die merkwürdige äußere Form und innere Gestaltung des Kehlsackes (Fig. 18, 19). Er ist vorn sehr tief unten an der lamina befestigt, während seine äußere Wand sich lateral mit dem zweiten, dritten und vierten selb- ständigen Bindegewebsring eine Befestigung verschafft und hinten mit dem 2. selbständigen Trachealring (2) eine Verbindung eingeht. Der dorsale Teil des Kehlsackes (s,) bauscht sich nach oben sehr hoch auf bis zur Höhe der dorsalen Trachealwand. Er ist von dem ventralen Teile durch eine derbe Wand, die dieselbe Struktur- beschaffenheit wie die Kehlkopfwandung aufweist, abgetrennt, so

490 GUIDO GERMERSHAUSEN.,

daß also der Kehlsack in seiner Gesamtheit in zwei Teile zerfällt. Die trennende Zwischenwand (c) geht vom 1. selbständigen Tra- chealring (Fig. 19) (1) ab, läuft anfangs schräg nach unten und dann, in der halben Tiefe des Sackes angekommen, horizontal nach vorn, sich an seine Vorderwand ansetzend. Dort hat sie einen Durchbruch von Gestalt eines Dreiecks erlitten, dessen Basis von der Vorderwand des Sackes begrenzt wird. Dieser Durchbruch stellt also eine Verbindung des oberen und unteren Teiles des Sackes dar (Fig. 19). Die beiden Trachealringe, von denen die Sack-

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Fig. 20. V=12, Fig. 21. V=1%, Fig. 22. :V = 75% Fig. 20. Ch. semicristatus. Kehlkopf nach abgelöstem Kehlsack (laterale An- sicht). a Stellknorpel, Zlamina cricoidea, b Ringknorpel, p processus anterior inferior, f fontanella ventralis, » Rudiment eines, Trachealringes, / erster unselbständiger Trachealring, o erste kreisrunde Öffnung zum vorderen Teil des Kehlsackes.

Fig. 21. Verwachsungselement von lamina und erstem unselbständigem Trachealring. br Bindegewebsrinne, ! unterer Rand der lamina cricoidea. Fig. 22. Kehlkopf (dorsale Ansicht) und lamina cricoidea (innere Wandung) mit dem ersten unselbständigen Trachealring. ! lamina cricoidea, e Binde- gewebsrinne (von hinten gesehen) und Einkerbung der lamina.

wandungen ausgehen, gleichen in ihrer Gestalt vollkommen den übrigen, denn sie weisen keine ventralen Ausläufer auf. Ein eigent- licher Luftröhrenkrahn fehlt. Eine Verbindung des Kehlkopfes und der Trachea unmittelbar mit dem oberen Sacke ist nun in folgender Weise hergestellt. Die stark nach unten abfallende lamina (Fig. 20; !) besitzt an ihrem Anfangsteil ein Fontanellenpaar (f), das sie von einem lateralen Trachealringrudimente (r) trennt. An dieses setzt sich ein 1. unselbständiger Trachealring (I) an, der mit der unteren Hälfte der lamina verwachsen ist. Diese untere Partie der lamina ist an ihrer Spitze sanft eingekerbt (Fig. 22; e) und besitzt gleich

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Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 49]

hinter ihr eine kreisrunde ‚Öffnung, die in das Kehlkopfinnere führt (Fig. 20, 21; o). Diese Öffnung wird nach hinten nicht durch die übrige Knorpelmasse abgeschlossen, sondern sie findet ihre Fort- setzung in einer kinne (Fig. 21; br), deren Boden einen Bindegewebs- zug bildet, und die bis zum I. unselbständigen Trachealring (I) läuft. Zwischen diesem und dem 1. selbständigen Trachealring (Fig. 19; 1), von dem, wie oben erwähnt, die mittlere Scheidewand des Kehl- sackes abgeht, findet sich die eigentliche große Öffnung zwischen Trachea und vorderem Teil des Kehlkopfes (Fig. 20), die einfach dadurch gebildet ist, daß der Bindegewebsring zwischen den beiden Trachealringen ventral einen großen Schlitz besitzt. Im dorsalen Teil des Kehlsackes bestehen also mit dem Luftwege zwei Ver- bindungen, vorn ein kreisrundes Loch, das in den Ringknorpel hineinführt, und dahinter die von der Trachea gebildete Schlitz- öffnung. Der hintere Teil des Kehlsackes besitzt keine un- mittelbare Verbindung mit der Trachea, die nur dadurch zu- standekommen könnte, daß sich ähnlich wie zwischen dem I. un- selbständigen (I) und dem 1. selbständigen Trachealring (1) auch zwischen dem 1. und 2. selbständigen Trachealring (Fig. 18; 1, 2) ein ventraler Öffnungsschlitz vorfinden müßte, was nicht der Fall ist.

Der processus anterior inferior (Fig. 20; p) ist sehr lang und ragt weit über die Aryknorpel hinaus. Die crista ist schwach und niedrig, sie entsendet schwache Ausläufer nach den Vorderrändern der Ringknorpelvorderwand. Diese Vorderwandung kommt mit den beiden Seitenteilen medial sehr dicht zusammen, bildet somit einen recht kleinen introitus. Die Stimmbänder zeigen eine gute

- Ausbildung, sind relativ sehr groß, denn sie erreichen eine Höhe

2

von “,, mm.

Chameaeleon melleri GRAY.

Ch. melleri ist eine große Art mit wohlentwickelten Oceipital- lappen. Das © erreicht eine Länge von 580 mm. Das vorliegende Stück ist 204 mm lang.

Der große, lateral und dorsal stark aufgetriebene Kehlkopf bildet mit der Trachea einen Winkel von 135° (Fig. 23). Seine Muskulatur ist relativ klein, der m. dilatator auffallend kurz, da er nur wenig über die Mitte der Seitenwandung des Ringknorpels hinüberreicht.

Die Aryknorpel («) sind klein und niedrig, aber sehr derb- wandig und von hörnerartiger Gestalt (Fig. 24). Der ebenfalls derbwandige Ringknorpel (b) ist in lateraler und dorsaler Richtung

33

492 GUIDO GERMERSHAUSEN.

stark aufgetrieben (Fig. 23, 24; b). Eine kleine, weit hinten liegende fontanella dorsalis steht mit der Trachea in Verbindung. Eine breite,

derbwandige lamina (Fig. 25; !) geht von der ventralen Wandung

des Ringknorpels aus und Setzt sich mit dem I. unselbständigen Trachealringe (I) in Verbindung. Hinter diesem beginnt der 1. selb- ständige Trachealring (1). Der zwischen beiden Trachealringen liegende Bindegewebsring erweitert sich ventri-median zu einer rundlichen Fontanelle, die durch eine dünne Membran verschlossen ist. Der erste selbständige Trachealring (Fig. 26; 1) ist ventri-median verbreitert, läuft in zwei Zipfel aus und gewinnt so eine gewisse Ähnlichkeit mit der lacinia cricoidea des Luftröhrenkrahnes.. An der Stelle seiner Verbreiterung, die durch den nächstfolgenden also zweiten selbständigen Trachealring (2) außen und von dem dritten Trachealring innen überdeckt wird, ist die Bindegewebsmembran durchbrochen, wodurch eine quer zur Längsachse verlaufende schlitz- förmige Öffnung geschaffen wird, die die Ver-

Fig. 23. V=®%, Fig. 24. V=4,

Fig. 23. Ch. melleri. Kehlkopf (laterale Ansicht). «a Stellknorpel, b Ring- knorpel, s Kehlsack. Fig. 24. Kehlkopf (ventrale Ansicht).

bindung der Luftröhre mit dem Kehlsack herstellt. Dieser beginnt auf der halben Höhe der lamina, findet seine Befestigung an ihr und an dem I. unselbständigen Trachealring. Hinter der Öffnung ist seine Wandung am 2. selbständigen Trachealring befestigt. Nach seiner äußeren Form zerfällt er in zwei Teile (Fig. 23, 24), einen vorderen, der sich weit nach unten erstreckt, und einen hinteren, der nicht die Tiefe des vorderen erreicht. Beide Teile gehen vollkommen ineinander über ohne trennende Zwischenwand, wie etwa bei Ch. semicristatus.

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 493

Im Ringknorpelinnern findet sich eine starke crista (Fig. 26; c) vor, die Seitenausläufer entsendet (Fig. 26), auf denen die hohen Stimmbänder (iv) sitzen.

Chamaeleon namaquensis A. Sm.

Ch. namaquensis besitzt einen hohen Helm ohne Oceipital- lappen und ist äußerlich besonders durch die starken knospenförmigen Tuberkel auf der Rückenseite gekennzeichnet. Er erreicht eine Länge von 217 mm. Das vor- liegende Tier ist 133 mm lang.

Pu EN Pr

Fig. 25. V=4. Fig. 6. V- 14,

Fig. 25. Ch. melleri. Kehlkopf nach entferntem Kehlsack (ventrale Ansicht). ! lamina, I erster unselbständiger Trachealring, / erster selbständiger, 2 zweiter selbständiger Trachealring.

Fig. 26. Kehlkopf und Luftröhre (ventrale innere Wandung). (Die dorsale Wandung ist median aufgeschnitten und zurückgeklappt.) c crista cricoidea, iv Stimmband, 7 erster selbständiger Trachealring mit zwei Zipfeln, 2 zweiter selbständiger Trachealring, den ersten außen überdeckend, 3 dritter selbständiger Trachealring, die beiden Zipfel des ersten innen überdeckend.

} Der Trachealwinkel beträgt 135°. Die Kehlkopfmuskulatur ist in Größe und Verlauf normal. Der ziemlich große Kehlkopf besitzt relativ kleine jedoch recht derbe Aryknorpel (Fig. 27; a), die der kleinen Öffnung des Ringknorpels einen festen Verschluß geben. Der Ringknorpel (b) ist fast ebenso breit wie lang, derbwandig und stark blasig aufgetrieben. Die Kammern sind demnach groß und besonders dorsalwärts ausgehöhlt. Der kleine und zarte - _ processus anterior inferior reicht nach vorn nur bis zur ersten Hälfte der Aryknorpel. Auf der dorsalen Seite des Ringknorpels

n 33*

naar 7 VLLT) Zee

494 GUIDO GERMERSHAUSEN.

liegt median eine langgestreckte, nach vorn und hinten spitz zulaufende Fontanelle, die jedoch mit dem dorsalen offenen Binde- gewebszug der Trachea nicht kommuniziert, sondern durch ein schmales Stück der hinteren dorsalen Wandung des Knorpels nach hinten abgeschlossen ist. Auf der ventralen Seite finden sich zwei große ovale Fontanellen (/). Der Kehlkopf mündet durch einen Luftröhrenkrahn in einen verhältnismäßig kleinen, schmalen, 7,6 mm langen, mit derber Wandung ausgestatteten Kehlsack (s). Derselbe beginnt im Gegensatz zu den meisten anderen Arten tiefer, weiter

Fig. 27. V='#. Ch. namaquensis. Kehlkopf (laterale Ansicht). a Stellknorpel, b Ringknorpel, s Kehlsack, ! lamina, / erster unselbständiger Trachealring, / erster selbständiger Trachealring, + Stelle, wo die Wandung des Kehlsackes sich hochbauscht, f fontanella ventralis.

unten an der lamina cricoidea (l), sodaß er nur den Luftröhren- krahn umgreift, nicht aber noch andere Teile der Trachea. Er bauscht sich besonders vorn etwas hoch (+) und zieht dann straff abwärts. Der Luftröhrenkrahn setzt sich aus derben Knorpel- elementen zusammen. Seine Vorderplatte wird gebildet aus der lamina cricoidea und dem I. unselbständigen Trachealringe (1). Beide laufen nach ihrer Vereinigung in zwei ausgeprägte rundliche laciniae cricoideae aus. Die Hinterplatte besteht aus einer etwas zarten, langen lacinia trachealis, die von dem 1. selbständigen Trachealring (1) gebildet wird.

Die crista ericoidea im Ringknorpelinnern ist breit und stark. Sie entsendet keine Ausläufer nach der Innenseite der Vorder-

De Löe Er

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 495

wandung. An den Rändern dieser Vorderwandung erheben sich die Stimmbänder zu stattlicher Größe.

Chamaeleon verrucosus Cuv.

Diese über ', m Länge erreichende Art liegt in einem Stück von 130 mm Länge vor.

Der in normaler Größe entwickelte Kehlkopf (Fig. 28 u. 29; 5) bildet mit der Trachea einen Winkel von 135°. Er ist dorsi-ventral abgeplattet und

NAAL NINÄÄ \

DEN

u. SNIN

Fig. 8. V=2. Fig. 99. V=2%2. Fig. 380. V=-2%.

Fig. 28. Ch. verrucosus. Kehlkopf (dorsale Ansicht). a Stellknorpel, b Ring- knorpel, p processus anterior inferior.

Fig. 29. Kehlkopf (laterale Ansicht), / erster unselbständiger Trachealring,

. 41 zweiter unselbständiger Trachealring, /, 2 erster und zweiter selbständiger

Trachealring, «, 8 erster und zweiter Bindegewebshalbring, s Kehlsack, o Stelle der Trachealöffnung, / lamina cricoidea.

Fig. 30. Anfangsteil der Trachea (ventrale Ansicht). ® Verwachsungselement

von lamina und den beiden ersten unselbständigen Trachealringen, o Öffnung

in den Kehlsack, f Bindegewebsfontanelle als Rest des früher durchgängigen

2. Bindegewebshalbringes (der in Fig. 29ß seitlich dargestellt ist).

lateral etwas ausgebuchtet. Die Muskulatur ist in Verlauf und Größe normal.

Die Aryknorpel (a) sind hoch und stehen auf dem Ringknorpel senkrecht, seine Vorderwand mit ihrem basalen Teile nicht ganz deckend. Außerdem sind sie so weit nach oben verlagert, daß sie mit ihren Innenrändern auf dem processus anterior inferior (p) liegen und an der Bildung der ventralen Kehlkopfwandung keinen Anteil nehmen.

Der processus anterior inferior ist breit und überragt die Spitze der Stellknorpel um ein kleines Stück. Der Ringknorpel

496 (GUIDO GERMERSHAUSEN.

läuft in eine lamina (/) aus, die sich mit den ersten beiden Tracheal- ringen (I, II) verbindet. Zwischen dem II. unselbständigen Tracheal- ringe und dem 1. selbständigen Trachealringe (Fig. 30; 1) liegt ein Querschlitz (o) für den ziemlich kleinen weichhäutigen Kehlsack (Fig. 29; s), der sich mehr in der Richtung nach vorn als nach unten ausdehnt. Die lamina (/) und der I. und II. unselbständige Trachealring (I, II) bilden ventral vor dem Queıschlitz ein Ver- wachsungselement (v), auf dem sich eine kreisrunde Bindegewebs- fontanelle (/) befindet, die nach ihrer Lage als Rest eines früher durchgängigen Bindegewebsringes zwischen dem I. und II. Tracheal- ringe (Fig. 29; I, II) zu deuten

ist, der sich als Rest eines Binde- e

Fig. 31. V=2%.

Fig. 31. Ch. oustaleti. Ringknorpel, inneres (ventrale Partie), p processus

anterior inferior, e erista cricoidea, vo Stimmband, d diverticula cricoidea.

Fig. 32. Rechte Hälfte des Ringknorpelinnern (medianer Längsschnitt). d diverticulum cricoideum.

gewebshalbringes vorfindet (Fig. 29, ß). Kurz vor dieser kreis- runden Fontanelle befestigt sich die Vorderwand des Kehlsackes an der lamina, während seine Hinterwand sich dicht hinter der schlitzförmigen Öffnung (0) ansetzt. Ein Luftröhrenkrahn ist nicht ausgebildet. Ein kleiner introitus cricoideus führt in das Ring- knorpelinnere mit seinen in lateraler Richtung vordringenden diverticula cricoidea. Die crista cricoidea ist lang und niedrig. Die Stimmbänder sind in normaler Größe entwickelt.

Chamaeleon oustaleti Moca.

Diese Form, die den Ch. verrucosus sehr ähnlich ist und auch an (sröße nahekommt sie erreicht eine Länge von 427 mm

u Se T ze

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 497

zeigt auch in ihrer Kehlkopfanatomie dieselben Verhältnisse besonders in bezug auf Bildung, Lage, Größe, Ausdehnung des Kehlsackes und den damit in Beziehung stehenden trachealen Veränderungen. Es sollen daher nur die Abänderungen in der allgemeinen Kehlkopf- anatomie von der vorhergehenden Form Erwähnung finden. Das zur Bearbeitung vorliegende Tier ist 89 mm lang.

Der Trachealwinkel ist etwas größer als ein rechter. Der große, schlanke Kehlkopf ist nur in geringem Grade dorsal wie lateral gleichmäßig aufgetrieben. Eine fontanella dorsalis greift nicht auf das tracheale Gebiet über, auf dem die Knorpelringe auch dorsal vollkommen geschlossen sind. Die Kehlsackwandung ist zart und durchsichtig, ihre Ausdehnung findet in ventri-caudaler Richtung statt.

Der processus anterior inferior ist (Fig. 31, 32; p) groß und breit. Die crista cricoidea (c) erreicht ihre höchste Höhe nicht vorn, sondern in der Mitte des Ringknorpelinnern, wie ein Durch- schnitt derselben zeigt (Fig. 32; c). Die Stimmbänder (lv) sind wohlentwickelt (Fig. 31).

Chamaeleon goetzei Torn.

Ch. goetzei ist eine kleine Form von nur 154 mm Länge und angedeuteten Oceipitallappen. Das vorliegende Stück ist 63 mm lang.

Der Trachealwinkel des stark dorsi-ventral kompromierten Kehl- kopfes ist etwas über 90° groß. Seine Muskulatur ist ungewöhnlich groß (Fig. 33). Der m. dilatator (d) umfaßt nicht nur die lateralen Partieen der Kehlkopfwandung, sondern greift auch auf die dorsale und ventrale Wandung über. Der m. constrietor (c) ist ebenfalls außerordentlich breit. Er belegt außer den Aryknorpeln noch den größten Teil des Ringknorpels, erstreckt sich also sehr weit nach hinten im Gegensatz zu den anderen Arten, wo er nur auf die Regionen des Aryknorpels beschränkt bleibt.

Diese sind außergewöhnlich groß, hoch und de (Fig. 34; a). Ihr Größenverhältnis erinnert an das von Ch. johnstont, wenn auch ihre Gestalt eine andere ist. Sie sind in ihrer Ge- samtheit größer als der Ringknorpel (b) und von fest aufsitzenden Lippenkegeln bedeckt (Fig. 36; li). Ein kleiner, breiter, dick- wandiger aber weichhäutiger Kehlsack (8) ist vorhanden, dessen Verbindung mit der Trachea nur durch eine einfache Öffnung ge- geben ist. Ein Luftröhrenkrahn ist nicht vorhanden (Fig. 35, 36). Selbst eine lamina fehlt. Der 1. selbständige Trachealring (Fig. 37, 38; 1) ist mit der ventralen Wandung des Ringknorpels (5) durch halb verknorpelte Bindegewebselemente, die sich zugleich an der Innenwand des Kehlsackes festsetzen, verbunden, und zwar nur mit

498 GUIDO GERMERSHAUSEN,

seiner dorsalen Partie, während sein ventraler Teil nach unten in zwei nach vorn gebogene Zipfel (lc) ausläuft und nach hinten eine Knorpelplatte (An) abgibt, mit der der 2. und 3. selbständige Tra-

Fig. 34. V=%.

Fig. 35. V=%,

Fig. 36. VW. Fig. 3°. V=%. Fig. 38. V-%.

Fig. 33. Ch. goetzei. Kehlkopf mit Muskulatur (dorsale Ansicht). % Lippen- kegel, c m. constrietor, d m. dilatator, b Ringknorpel. Fig. 34. Kehlkopf (Muskulatur abgelöst, dorsale Ansicht). «a Stellknorpel, b Ringknorpel. Fig. 35. Kehlkopf (ventrale Ansicht). s Kehlsack, t Trachea. Fig. 36. Kehlkopf (laterale Ansicht). % Lippenkegel.

Fig. 37. Kehlkopf (nach abgelöstem Kehlsack, ventrale Ansicht). Z erster selbständiger umgeformter Trachealring, lc Zipfel des ersten Trachealringes, o Öffnung in den Kehlsack.

Fig. 38. Kehlkopf (nach abgelöstem Kehlsack, laterale Ansicht). kn Knorpel- platte, 2, 3, 4 zweiter, dritter und vierter selbständiger Trachealring.

chealring (2, 3) verbunden ist. Die beiden Zipfel sind durch Binde- gewebe fest mit der Hinterwand des Kehlsackes verbunden. Die Eingangsöffnung (Fig. 37; o) zum Kehlsack liegt im 1. Tracheal- ring (Fig. 39; 1) und wird von ihm umschlossen.

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 499

Im Innern des sehr weichhäutigen Ringknorpels, der nur einen stummelförmigen Ansatz zu einem processus anterior inferior hat, fehlt eine crista cricoidea, während Stimmbänder in gut ausgebildetem Zustande vorhanden sind. Diese liegen, da eine Ringknorpelvorder- wand fehlt, dort, wo die Seitenwandung von den Aryknorpeln über- deckt und ein wenig nach vorn umgeschlagen ist.

Chamaeleon damaranus BLGR.

Ch. damaranus hat in Größe und Gestalt am meisten Ähn- lichkeit mit Oh. pumilus; es unterscheidet sich von ihm durch den

BEE V=%. Fig. 40. V=®%.

Fig. 39. Ch. damaranus. Ringknorpel und Vorderteil der Trachea (ventrale Ansicht). a Ringknorpel, b lamina, I erster unselbständiger Tracheal- ring, 1, 2, 3 erster, zweiter und dritter selbständiger Trachealring, Fig. 42. V='. Fig. 42A. V=°2, a erster Bindegewebsring (unvoll-

ständig), 8 zweiter Bindegewebsring (vollständig), y dritter Bindegewebsring (unvollständig), ö vierter vollständiger Bindegewebsring (von der Aussackung überdeckt), ce Aussackung, p processus anterior inferior, f fontanella ventralis. Fig. 40. Ringknorpel und Vorderteil der Trachea von einem älteren Tiere (ventrale Ansicht). ZI zweiter unselbständiger Trachealring, « erster Binde- gewebsring (unvollständig), ß zweiter Bindegewebsring (unvollständig), y, 5, ©

folgende vollständige Bindegewebsringe. Fig. 41. Trachea (laterale Ansicht). ? Trachea. “.

Fig. 42. Vorderteil der Trachea nach Ablösung der Aussackung. o Öffnung. Fig. 42 A. Vorderteil der Trachea nach Ablösung der Aussackung bei dem älteren Tiere. lc Zipfel, der vom ersten selbständigen Trachealring ausläuft.

nach hinten verlängerten höheren Helm. Das zur Bearbeitung vor- liegende Stück hat eine Länge von 61 mm.

Der dorsi-ventral stark zusammengedrückte Kehlkopf bildet mit der Trachea einen gestreckten Winkel. Wie bei Ch. pumilus ist auch hier der m. dilatator länger als gewöhnlich, indem er sich bis zum 1. Bindegewebsring erstreckt.

500 GUIDO GERMERSHAUSEN,

Die Aryknorpel sind groß und zeichnen sich besonders durch ihren breiten basalen Teil aus. Der wenig aufgetriebene Ring- knorpel (Fig. 39, 40; a) ist am Übergang zur Trachea stark ein- geschnürt (Fig. 39, 40: b). Der processus anterior inferior (p) ist dünn und erreicht die Spitzen der Aryknorpel. Die ventrale Wandung des Ringknorpels weist zwei kreisrunde Fontanellen (f) auf. Seine Seitenwandung ist nur wenig nach vorn umgeschlagen, sodaß der introitus cricoideus sehr groß ist. Ch. damaranus be- sitzt einen in Entwicklung begriffenen Kehlsack und Luftröhren- krahn ähnlich wie bei Oh. pumilus, nur hat hier die Entwicklung einen Schritt weiter getan. Der Kehlsack ist schon in Gestalt einer kleinen Aussackung angelegt (Fig. 41, 39, 40; ec); während er bei Ch. pumilus nur als eine straff über der Öffnung liegende Membran (Fig. 43; ce) angedeutet ist. Auf die lamina (db) folgt der I. un- selbständige Trachealring (I) und darauf folgt die eben erwähnte Aussackung (c), die noch vor dem ersten vollständigen Bindegewebs- ringe (ß) beginnt, sich über die beiden folgenden Trachealringe (1,2) hinüberlegt und am dritten Bindegewebsringe endet. Nach Entfernung der bindegewebigen Aussackung treten folgende Ver- hältnisse in die Erscheinung (Fig. 42, 42A). Der 1. und 2. selb- ständige Trachealring (1, 2) sind ventral miteinander verwachsen bis auf einen Rest in Gestalt einer kreisrunden medianen Öffnung (0), wie sie sich auch bei Ch. pumilus vorfindet (Fig. 42). Bei einem größeren Exemplare konnte ein weiterer Fortschritt festgestellt werden insofern, als erstens die Aussackung (Fig. 40; c) eine relativ größere geworden ist und sich zugleich auch auf die ventrale Partie der Bindegewebsringe (ß, y, d, e) ausgedehnt hat, die nach außen hervorgequollen sind (Fig. 42 A); zweitens hat sich der 1. selbstän- dige Trachealring nach hinten median in einen kleinen Zipfel (le) ausgezogen. Ferner hat drittens endlich die lamina cricoidea (l) eine Verlängerung erfahren, indem sie den ersten ehemals voll- kommenen Bindegewebsring (Fig. 42; ß) durchbrochen hat (Fig. t2A; ß) und mit dem bisher 1. selbständigen Trachealring (1) ver- wachsen ist. Zum Vergleich der Entwicklungsstadien bei dem jungen kleinen Stück und dem größeren älteren ist also hervor- zuheben, daß die lamina cricoidea (l) bei letzterem nach hinten eine Verlängerung erfahren hat, daß ferner eine Umbildung des 1. selb- ständigen T'rachealringes (Fig. 42A; 1) erfolgt ist, wodurch die Kintrittsöffnung in das Innere der Luftröhre eine in die Länge ge- zogene Form aufweist (0). Es hat somit das ältere Tier zwei vor der Öffnung liegende unselbständige Trachealringe (I, II), während bei dem kleineren Stück nur einer vor der Öffnung gelegen ist.

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 501

Die in mäßiger Größe entwickelte crista cricoidea entsendet schwache Seitenausläufer auf den Rand der Vorderwandung, die die zarten Stimmbänder trägt.

»

Chamaeleon pumilus DauD.

Ch. pumilus, das zu den kleineren Formen der Gattung gehört, besitzt keine Occipitallappen. Das JS wird 144 mm lang. Zur Be- arbeitung liegt ein junges C von nur 64 mm Länge vor.

Die dorsi-ventral stark zusammengedrückte, wenig aufgetriebene Larynx bildet mit der Trachea einen gestreckten Winkel. Die

Fig. 43. V=*6. Ch. pumilus. Ringknorpel und Vorderteil der Trachea (ventrale Ansicht). a Ringknorpel, d aufgewölbte Vorderwand desselben, » processus anterior inferior. f fontanella ventralis, ! lamina cricoidea, I erster unselbständiger Trachealring, 7, 2 Verschmelzungselement des ersten und zweiten selbständigen Trachealringes, «a erster Bindegewebsring, ß erster Bindegewebshalbring, den Beginn des ersten unselbständigen Trachealringes kennzeichnend, d auf- gewölbte Vorderwandung.

Muskulatur ist in normaler Stärke entwickelt. Der m. dilatator ist langgestreckt, seine hintere Ansatzstelle liegt am ersten Binde- gewebsringe vor dem I. unselbständigen Trachealring (Fig. 43; I).

Die mäßig großen und derbwandigen Aryknorpel besitzen eine flache fossa musculi constrietoris. Der in normaler Größe ent- wickelte Ringknorpel (a), der nicht so derbwandig ist wie die Ary- Knorpel. besitzt nur eine geringe blasenförmige Auftreibung. Sein zarter und schmaler processus anterior inferior (p) erreicht nach vorn die Spitzen der Aryknorpel. Die lamina cricoidea ist mäßig lang. Ihr Anfang wird durch ein Paar fontanellae ventrales (f) von ovaler Gestalt gekennzeichnet (Fig. 43). Auf die lamina folgt der I. unselbständige Trachealring (I), dessen vorgelegener Binde-

502 GUIDO GERMERSHAUSEN,

gewebsring (a) sich nur bis zur lateralen Wand herabsenkt. Die darauf folgenden ersten beiden selbständigen Trachealringe (1, 2), welche ventral fest miteinander verwachsen sind, zeigen die Eigen- tümlichkeit, daß auf ihrer Mitte sich eine kreisrunde Öffnung be- findet, über die eine sehr dünne Wandung (c) straff herüber- gezogen Ist.

Die diverticula cricoidea sind gut ausgebildet und drängen nach vorn, wodurch die herzförmige Gestalt des Ringknorpels, dessen Vorderwandung aufgewölbt ist, hervorgerufen wird. Es fehlen eine crista cricoidea und die Stimmbänder.

Chamaeleon lateralis GRAY.

Diese kleine, höchstens die Länge von 200 mm erreichende Form besitzt keine Spur von Oceipital- lappen. Sie erinnert in Gestalt und Größe P an Ch. laevigatus Gray. Der kleine, dünn- wandige Kehlkopf bildet mit der Trachea

Fig. 4. V=2, | Fig. 5. V=%.

Fig. 44. Ch. lateralis. Kehlkopf und Anfangsteil der Trachea (laterale An-

sicht). «a Ringknorpel, ! Ausbuchtung der lamina cricoidea, c Stellknorpel,

a erster Bindegewebsring, / erster unselbständiger Trachealring, 1, 2 erster und zweiter selbständiger Trachealring.

Fig. 45. Kehlkopf und Anfangsteil der Trachea (ventrale Ansicht). a Ring-

knorpel, Z Ausbuchtung der lamina cricoidea, p processus anterior inferior.

einen Winkel von 135°. Er besitzt eine blasige Auftreibung, die aber mehr nach dorsaler statt nach lateraler Richtung hin Platz gegriffen hat, sodaß die diverticula cricoidea ziemlich hoch zu liegen kommen (Fig. 44). Die in mittlerer Größe auftretenden Muskelzüge nehmen einen normalen Verlauf.

Die Aryknorpel (c) sind wie der Ringknorpel (a) klein zu nennen, vermögen jedoch bei der Größe ihrer Lippenkegel einen festen Ver-

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Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 503

schluß zum Pharynx abzugeben. Der processus anterior inferior (9) ist mittelgroß, sehr zart und überragt die Spitzen der Lippenkegel um ein Geringes. Ein eigentlicher Kehlsack und ein Luftröhren- krahn sind nicht vorhanden. Die lamina cricoidea (l) zieht als verhältnismäßig schmaler Streifen abwärts, sich allmählich ver- breiternd und vorwölbend, sobald sie die Region des Ringknorpels verlassen hat (Fig. 44, 45). Sie zieht nun abwärts bis zum Ende des I. unselbständigen Trachealringes (Fig. 45; D, wo sie nach hinten durch den ersten Bindegewebsring (a) abgegrenzt wird. Die Vorwölbung hat sich an dieser Stelle zu einer Blase vervollkommnet, deren hintere Wand derart steil abfällt, daß sie fast parallel zur senkrechten Transversalschnittfläche der Trachea verläuft. Diese hintere Wand, wie die hintere Partie der Blase selbst in fester

Fig. 46. V=®%. Ch. lateralis. Ventrale Ausbuchtung der lamina cricoidea (von unten gesehen). a Ringknorpel, f Fontanelle.

Verbindung mit dem I. Trachealringe (I) steht, besitzt eine mem- branöse Fontanelle (Fig. 46; f) von der Form eines gleichseitigen Dreiecks. Über diese Fontanelle legt sich wie bei Ch. pumilus eine straffe Bindegewebswand (Fig. 46).

Die crista cricoidea im Ringknorpelinnern ist niedrig und schmal. Ebenso sind die Stimmbänder sehr zart und klein.

Chamaeleon oweni GRAY.

Diese Art kennzeichnet sich äußerlich durch den Besitz von zwei Präorbitalhörnern und einem Rostralhorn. Sie hat keine Oceipitallappen.

Der Kehlkopf bildet mit der Trachea einen Winkel von un- gefähr 135°. An seinem trachealen Ende befindet sich eine scharfe dorsale Einknickung, der eine ventrale Ausstülpung entspricht. Er ist groß und schlank, seine Muskulatur im Verhältnis zu seiner Größe gering. Die Aryknorpel (a) sind mäßig groß und lang- gestreckt. Sie legen sich sehr fest an den Ringknorpel (b) an und bedingen dadurch die Schlankheit des gesamten Larynx, während

504 GUIDO GERMERSHAUSEN,

der Ringknorpel an sich nicht schlank zu nennen ist, denn er besitzt die charakteristische blasige Auftreibung (Fig. 47). Die Oberseite der hinteren Partie besitzt eine ovale Fontanelle, die ziemlich scharf in die Erscheinung tritt. Unterseits bemerkt man

Fig. 8A. V=%, Fig. 8B. V= 3%.

Fig. 47. Ch. oweni. Kehlkopf (ventrale Ansicht). a Aryknorpel, b Ring- knorpel, f‘ erstes Fontanellenpaar, f” zweites Fontanellenpaar, ! lamina cricoidea, s Kehlsack, I erster unselbständiger Trachealring, /I zweiter un- selbständiger Trachealring, / erster selbständiger Trachealring, « erster voll- ständiger Bindegewebsring. Fig. 48. Kehlkopf (laterale Ansicht, Kehlsack abgetrennt). Z!k Knorpelzunge, e Gelenkhöhle, f“ linke Fontanelle des zweiten Paares. Fig. 48 A. Knorpelzunge mit Gelenk. Ik laterale Knorpelzunge, e Gelenk, f" linke Fontanelle des zweiten Paares, I erster unselbständiger Trachealring. Fig. 48B. Erster unselbständiger Trachealring (linke Außenseite mit Vorder- kante). v Vorderkante, e Gelenkhöhle.

zwei weniger auffallende Fontanellen (Fig. 47; f‘), die rechts und links der Medianlinie gelegen sind. Auf diese folgen am UÜber- gang des Ringknorpels zur Trachea zwei weitere größere Fon- tanellen (Fig. 47, 48, 48A; f“), die die eigentliche Abgrenzung zwischen Ringknorpel und Trachea bilden (Fig. 47; f”, 48; f").

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 505

Dieses zweite Fontanellenpaar wird auf seinen oberen Rändern be- grenzt durch eine links und rechts vom Ringknorpel herabkommende Knorpelzunge (Fig. 48, 48 A; !k), die mit dem I. Trachealringe (I), der daher als unselbständig bezeichnet werden muß, eine Gelenk- verbindung eingeht (Fig. 43A). Diese laterale Knorpelzunge ist nämlich in eine Gelenkhöhle (Fig. 48B; e) eingelenkt, die sich am dorsalen Ende der rostralen Kante des I. unselbständigen Tracheal- ringes (I) vorfindet (Fig. 48B). Die Gelenkhöhle (e) ist ein ovaler Knorpelwust, der in der Mitte eine ovale Aushöhlung besitzt. Das ganze Gelenk wird dann durch starkes Bindegewebe fest zusammen- gehalten, so dab es zuerst den Anschein erweckt, als gehe die Knorpel- zunge (lk) direkt als Brücke in den I. Trachealring über. Erst nach Ab- zupfung der Bindegewebsmassen erkennt man, daß ein Gelenk besteht.

Der Lage dieses Gelenkes nach zu urteilen, muß sich die Knorpelzunge nach innen und außen bewegen und umgekehrt. Eine solche Bewegung nach außen zu, die also gleichbedeutend mit einer Erweiterung der unteren Kehlkopfpartie und des Anfanges der Trachea ist, findet dann statt, wenn die Luft heftig aus der Lunge gestoßen wird und sich an der Einknickung beim Übergang von Trachea und Larynx staut.

Der erste Trachealring (I) ebenso wie der zweite (II) erhalten den Charakter der Unselbständigkeit dadurch, daß sie in direkter Verbindung mit dem Ringknorpel (5) stehen, indem sie mit der lamina cricoidea (!) verschmolzen sind. Erst der dritte Tracheal- ring (1) hat eine vollkommene Trennung von dieser Platte erfahren, indem der davorliegende Bindegewebsring auch ventral vollkommen durchgängig ist (a). Er ist deshalb als 1. selbständiger Tracheal- ring zu kennzeichnen.

Ch. oweni besitzt einen sehr kleinen Kehlsack (s), dessen Wandung sehr zart, dünnhäutig und durchscheinend ist. Die faserigen Bindegewebselemente finden sich bei ihm wie bei den wohlentwickelten Kehlsäcken anderer Ohamaeleonen. Seine An- - heftung findet sich nicht direkt am hinteren Teile des Ringknorpels, sondern an der Trachea, und zwar liegt sie im Bezirk zwischen dem I. unselbständigen (I) und 1. selbständigen Trachealringe (1). Weiter ist die eigentümliche Erscheinung zu vermerken, dab der Sack weder mit dem Innenraum der Trachea noch dem des Kehl- kopfes eine Kommunikation eingeht, denn die Trachealwandung ist. an dieser Stelle fest verschlossen. Ebenso fehlt ein Luftröhren- krahn sowie die geringste Anlage eines solchen.

Durch die blasige Auftreibung des Ringknorpels zerfällt sein Inneres in ein rechtes und linkes diverticulum cericoideum, die beide

506 GUIDO GERMERSHAUSEN.

ihre ventri-mediane Grenze in der ziemlich hohen crista finden, die

sich nach hinten zu allmählich verjüngt. Die Stimmbänder sitzen als zarte Lamellen an den umgeschlagenen Vorderrändern des Ring- knorpels.

Chamaeleon quadricornis Torn.

Es gehört zu den größten und seltensten Formen und kann eine Länge von 315 mm erlangen. Das vorliegende S Exemplar ist 141 mm lang.

Der blasig aufgetriebene Kehlkopf, dessen Größe im Vergleich zu der des Tieres als normal bezeichnet werden muß, bildet mit

Fig. 49. V=}. Ch. quadricornis. Ringkorpel mit Ringwulst. a Ringwulst, < introitus cricoideus, p processus anterior inferior.

der Trachea einen Winkel, der etwas größer als ein rechter ist. Seine Muskulatur erreicht mittlere Größe, der m. dilatator nimmt einen kurzen Verlauf, indem er die Übergangsstelle zur Trachea nicht erreicht.

Die derbwandigen Aryknorpel erreichen mittlere Größe. Der Ringknorpel, ebenfalls von normaler Größe, besitzt in seinem Vorder- teile einen starken ringförmigen Wulst (Fig. 49; a), der den nicht sehr großen introitus cricoideus (?) umgibt. Am höchsten und stärksten ist der Wulst auf seiner dorsalen Seite, während er ventral sich nach hinten verbreitert und stark zu einer Platte abflacht, die nicht dicker ist als der dünne Hinterteil des Ringknorpels. Der processus

anterior inferior (p) ist sehr lang und zart, er erreicht nicht die

Höhe der Aryknorpel. Eine sehr lange dünne lamina cricoidea verbindet sich mit den ersten beiden Knorpelringen der Trachea. Fontanellae ventrales sind nicht wahrzunehmen. Auf der dorsalen Seite besteht eine Fontanelle, die einen Längsschlitz bildet, der zur Trachea in keiner Verbindung steht.

Infolge der starken lateralen wie dorsalen Aufquellung des Ringknorpels ist ein großer Raum für die diverticula cricoidea ge- schaffen. Eine gut ausgebildete crista ohne Seitenausläufer findet

z. > 7. 2 & 2 # « E "

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 507

sich im Ringknorpelinnern vor, wo außerdem zwei normal aus- gebildete Stimmbänder vorhanden sind.

Chamaeleon bitaeniatus subsp. ellioti GÜNTHER.

Diese Form bleibt hinter Ch. bitaeniatus graueri STERNFELD an Größe zurück. Das J wird 152 mm, das © 102 mm lang.

Die anatomischen Verhältnisse des Kehlkopfes stimmen im wesentlichen mit denen des Artgenossen überein. Der Kehlkopf bildet in seiner Lage zur Luftröhre mit dieser fast einen rechten Winkel. Der Verlauf beider Muskelzüge am Kehikopf ist normal, der Muskelkomplex sehr groß. Zu Anfang der Trachea findet sich

=-

Fig. 50. V= 3%. Fig. 531. V= 2%,

Fig. 50. Ch. bitaeniatus subsp. ellioti. Kehlkopf (ventrale Ansicht). a Stell- knorpel, 5 Ringknorpel, d Knorpelzunge, /fontanella ventralis, Zlamina cricoidea. Fig. 5l. Kehlkopf mit Trachea (dorsale Ansicht). ? Trachea.

an der ventralen Seite eine starke Ausbuchtung vor, wie sie schon bei Ch. lateralis Gray wahrgenommen wurde. Die Aryknorpel (Fig. 50; a) sind klein; der Ringknorpel (db) ist groß und blasig aufgetrieben, jedoch nicht in dem Maße wie bei Ch. dilepis LeacH. Die lamina cricoidea (2) ist in ihrer ersten Hälfte hoch, plattet sich plötzlich ab, um nach hinten spitz auszulaufen. Flankiert wird sie

- von zwei Knorpeln (d), die ihrer Lage nach der „elegant geschwun-

genen Knorpelzunge“ bei Ch. dilepis entsprechen, Sie sind jedoch völlig frei und ventral nicht untereinander verbunden.

Die Stimmbänder sind in gewöhnlicher Form und in mäßiger Größe vorhanden.

Erwähnenswert ist noch eine Eigentümlichkeit auf der dorsalen Seite der Trachea (Fig. 5l). Bei den meisten Formen fanden wir, daß die Trachealringe meistens in der dorsalen Medianlinie nicht zusammengewachsen sondern offen sind, daß jedoch die beiden Enden der Ringe nahe aneinander lagen. Bei Ch. b. ellioti sind

84

E

508 GUIDO GHRMERSHAUSEN.

die Enden der offenen Trachealringe so weit auseinanderstehend, daß sie beinahe bis in die Seitenwandung der Trachea (?) abgerückt sind. Die so freistehende Partie ist von einem derben Bindegewebe überdeckt.

Chamaeleon minor GÜNTHER.

Diese Form besitzt einen knöchernen Rostralfortsatz. Sie wird 202 mm lang. Das zur Bearbeitung vorliegende Stück ist 78 mm lang.

Der Trachealwinkel des ziemlich großen, breiten Kehlkopfes ist ein rechter. Die Muskulatur ist in Verlauf und Größe normal.

Die Aryknorpel sind mittelgroß und dorsal durch starkes Binde- sewebe fest miteinander verbunden. Der Ringknorpel ist dorsal und lateral stark aufgetrieben. Wie bei Ch. tenuis und Ch. pardaliıs besteht auf der dorsalen Seite des Knorpels vor der schlitzförmigen, von der Trachea abgeschlossenen fontanella dorsalis ein spitz zulaufender Vorsprung über dem mäßig großen introitus, den schon (0EPPERT vorgefunden hat und als processus anterior superior bezeichnet. Ein Paar länglich ovaler fontanellae ventrales liegt an der Basis der mittellangen lamina. Diese ist stark aufgewölbt und verbindet sich ventral mit dem I. Trachealringe, der seitlich eine hakenförmige Biegung macht!3). Die folgenden Trachealringe sind selbständig.

Der processus anterior inferior erreicht die Spitzen der Ary- knorpel. Die im Ringknorpelinneren vorhandene crista ist breit und flach, ohne Seitenausläufer. Stimmbänder sind nicht vorhanden.

Chamaeleon bitaeniatus subsp. graueri STERNFELD.

Diese Form, welche nur !/;mal so groß wird wie Ch. dilepis, zeigt im Bau des Kehlkopfes ähnliche Verhältnisse wie Ch. johnstoni. Dieser bildet mit der Luftröhre einen fast gestreckten Winkel. Die Aryknorpel sind im Vergleich zum Ringknorpel klein. Hervor- zuheben ist im besonderen der sehr große Muskelkomplex, den die m. dilatatores und constrietores bilden, sodaß von diesen der vordere und mittlere Teil des Ringknorpels bedeckt werden. Dieser ist mäßig aufgetrieben; eine erista cericoidea ist vorhanden, sodaß eine Abkammerung des Ringknorpelinneren gegeben ist. Die Stimm- bänder sind gut entwickelt. Im übrigen stimmen die Verhältnisse mit denen von Ch. johnstoni überein.

3) Leider ließ sich bei der Seltenheit des Materials ein großes Tier zur Kontrolle dieser Verhältnisse nicht beschaffen.

» _ _ Du, ae

| | |

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Uhamaeleonen. 509

Chamaeleon cephalolepis GÜNTHER.

Es ist eine kleine Form von 167 mm Länge ohne Besitz von Oceipitallappen. Das zur Bearbeitung vorliegende Tier ist 68mm lang.

Die Längsachse des stark aufgetriebenen Larynx bildet mit der Trachealachse eine gerade Linie. Die in mäßiger Stärke an ihm entwickelte Muskulatur nimmt einen normalen Verlauf.

Trotz seiner starken Auftreibung erscheint der Larynx in seiner Gesamtheit ziemlich langgestreckt. Dies bewirken die kleinen,

CR 5

Fig. 52. V=3ß. Fig. 53. V=|$. Fig. 54. V-

Fig. 52. Ch. cephalolepis. Linker Stellknorpel. !p Lippenkegel, f fossa museuli constrictoris.

Fig. 53. Ringknorpel (b) und Anfang der Trachea (ventrale Ansicht). fontanella ventralis, /f2 ventraler Ausläufer der fontanella dorsalis, tı, te, ts, t, erster, zweiter, dritter, vierter Trachealring, ! lamina cricoidea, p pro- cessus anterior inferior. Fig. 54. Ringknorpel und Anfang der Trachea (dorsale Ansicht). /d fonta- nella dorsalis, 2 linker und rechter dorsaler Teil der lamina cricoidea. tı, te, ts, erster, zweiter, dritter, vierter Trachealring.

sehr hohen Aryknorpel (Fig. 52), die, dem Ringknorpel fest auf- liegend und nicht von ihm abstehend, auf die Gesamterstreckung des Larynx einen formgebenden Einfluß gewinnen. Der Ring- knorpel (b) ist von mittlerer Größe, dünnwandig und besonders auf der Höhe der stark entwickelten diverticula durchscheinend. Der sehr zarte processus anterior inferior (Fig. 53; p) erreicht trotz seiner Länge nicht. die Spitzen der Aryknorpel. Auf der Unter- seite treten ein Paar fontanellae ventrales (fj) von ovaler Gestalt in die Erscheinung. Hinter diesen macht sich eine Erhebung be- merkbar, die an der Übergangsstelle von Larynx und Trachea in die lamina cricoidea (l) übergeht, die eine sehr merkwürdige Gestalt besitzt. An ihrem Anfange ist sie durch zwei ventrale Ausläufer (f,) der fontanella dorsalis (Fig. 53, 54; fd) eingeschnürt, verbreitert 34*

510 GUIDO GERMERSHAUSEN.

sich dann und endet in zwei breiten, sich lateralwärts hinauf- ziehenden und dorsal umbiegenden Lappen, die durch eine mediane rundliche Einkerbung eine Trennung erfahren haben. Ebenso be- merkenswert ist die Gestaltung der ersten vier Trachealringe (Fig. 54 t1, fo, ta, ta). Diese sind von der lamina (!) vollkommen getrennt, also selbständig, unter sich jedoch derart verbunden, daß der 1. und 2. Ring einerseits und der 3. und 4. Ring andererseits ver- wachsen sind. Die Verwachsungsstelle ist beide Male an der rechten Seite gelegen. Dorsal sind alle diese Ringe durchbrochen.

Der blasig aufgetriebene Ringknorpel besitzt gut ausgebildete und große diverticula, die durch eine ziemlich hohe, aus der dünnen und durchscheinenden Wandung des Knorpels stark hervortretende erista cricoidea getrennt sind. Diese entsendet nur zwei schwache Seitenausläufer zu den Rändern der Vorderwandung, an denen Stimmbänder nicht vorhanden sind.

Chamaeleon pardalis Cuvv.

Ch. pardalıs, eine große Art, die fast !/; m Länge erreicht, steht Ch. guentheri sehr nahe. Das vorliegende Stück erreicht eine Länge von 145 mm.

Es weist auch in den anatomischen Verhältnissen des Kehl- kopfes große Übereinstimmung mit Ch. guentheri Buer. auf. Der Trachealwinkel des ziemlich großen Kehlkopfes beträgt fast einen rechten. Die Muskulatur ist in Verlauf und Größe normal.

Die kleinen Aryknorpel stehen senkrecht auf dem derbwandigen Rineknorpel (Fig. 55). Dieser besitzt in seiner vorderen dorsalen Partie eine besonders dicke Wandung und läuft median in einen kurzen, spitz zulaufenden processus anterior superior (ps) aus. Hinter diesem liegt eine lange, spindelförmige fontanella dorsalis (f), die mit der Trachea in keine Verbindung tritt. Die lange und derbwandige lamina (Fig. 56; 2) verbindet sich mit den ersten beiden Trachealringen und ist in ihrer hinteren Partie aufgewölbt. Sie endet mit einer Fontanelle (f), die derjenigen von Ch. guentheri gleichwertig ist und durch eine starke Bindegewebswand einen Verschluß findet.

Ein kleiner introitus führt in das Ringknorpelinnere, in dem eine hohe crista zwei starke und spitze Seitenäste entsendet, denen dieStimm- bänder aufsitzen. Die diverticula nehmen eine dorsale Ausdehnung an.

Chamaeleon qwentheri BUL6Rr.

Ch. quentheri erreicht eine Länge von 260 mm. Das vor- liegende Stück ist 102 mm lang.

| y |

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 511

Der in normaler Größe entwickelte Kehlkopf bildet mit der Trachea einen Winkel von 135°. Seine Muskulatur ist in Größe und Verlauf normal.

Dem besonders in lateraler Richtung aufgetriebenen Ringknorpel sitzen die relativ kleinen und kurzen Aryknorpel auf, deren Spitzen von dem ziemlich breiten processus anterior inferior um weniges überragt werden. Die lamina ist lang und verbindet sich hinter der UÜbergangsstelle von Kehlkopf und Trachea mit den ersten beiden Trachealringen (Fig. 56; I, II), sich zugleich blasig vor- wölbend, ähnlich wie es bei Ch. lateralis in noch höherem Maße

Fig. 56.

Ve Fr ER: Ringknorpel (von unten gesehen).

b Ringknorpel, ! lamina cricoidea,

guentheri. mit lamina cricoidea

br zweiter Bindegewebshalbring,

Fig. 55. Ch. pardalis.. V=%. knorpel (dorsale Ansicht).

pi processus anterior inferior, ps pro-

cessus anterior superior, f fontanella

Ring-

fhalbmondförmige Fontanelle, / erster selbständiger Trachealring, /, II die ersten beiden unselbständigen Trachealringe, a erster Bindegewebs-

dorsalis. ring.

der Fall ist. Diese blasenförmige Vorwölbung fällt nach hinten steil ab, jedoch nicht so steil wie bei der eben erwähnten Form. Vor der Vereinigung der lamina (l) mit dem II. unselbständigen Trachealringe (IT) trägt sie ventri-median eine halbmondförmige Fontanella (Fig. 56; f), die mit ihrer konkaven Seite nach vorn ge- richtet ist und als Rest des zweiten Bindegewebshalbringes, der ehemals ein vollkommener ventral durchlaufender Bindegewebsring war, aufzufassen ist. Auf diese Fontanelle folgt nun der II. un- selbständige Trachealring, der durch den nun folgenden ventral voll- kommen durchgängigen dritten Bindegewerbsring (a) vom 1. selb- ständigen Trachealring (1) getrennt ist. Dieser dritte Bindegewerbs- ring ist somit zugleich die hintere Abgrenzung der lamina. Die fontanella dorsalis hat die Form eines länglichen Rechteckes und steht nicht mit der Trachea in Verbindung.

Im Ringknorpelinneren findet sich eine ziemlich hohe erista vor mit wohlentwickelten Seitenausläufern, auf denen die kurzen

512 GUIDO GERMERSHAUSEN.

aber hohen, in eine Spitze auslaufenden Stimmbänder sitzen. Die diverticula haben eine weite laterale Ausdehnung gemäß der Auf- blasung des Ringknorpels in lateraler Richtung.

Chamaeleon gastrotaenia Bucr.

Oh. gastrotaenia ist eine kleine Form, deren 9 140 mm Länge erreicht. Das vorliegende Stück ist 64 mm lang.

Der Kehlkopf bildet mit der Trachea einen gestreckten Winkel. Er ist nicht sehr stark aufgeblasen und dorsi-ventral stark zusammen- gepreßt. Seine Muskulatur ist ungewöhnlich groß. So erreicht der m. constrictor eine derartige Breite, daß er nicht nur nach vorn zu die Stellknorpel seitlich vollkommen umschließt, sondern auch nach hinten die ersten beiden Drittel des Ringknorpels umgibt.

Die Aryknorpel sind groß und hoch. Der in normaler Größe entwickelte Ringknorpel besitzt einen sehr starken und langen processus anterior inferior, der weit über die Spitzen der Ary- knorpel hinausragt. Die lamina cricoidea ist sehr lang und schmal, an ihrer Basis finden sich zwei birnenförmige fontanellae ventrales. Sie verbindet sich mit den beiden ersten Trachealringen. Im Ring- knorpelinneren sind crista, Seitenausläufer und Stimmbänder in normaler Größe entwickelt.

Chamaeleon oshaughnessyi GÜNTHER.

Diese Art wird 380 mm lang, hat einen hohen Helm und deutlich ausgeprägte Occipitallappen. Das vorliegende Stück hat eine Länge von 131 mm.

Fig. 57. V=%. Fig. 58. V= 14.

Fig. 57. Ch. oshaughnessyi. Kehlkopf mit Muskulatur (dorsale Ansicht). a Stellknorpel, b Ringknorpel, i introitus laryngis, p processus anterior inferior, ce m. constrictor, d m. dilatator.

Fig. 58. Kehlkopf mit Muskulatur (ventrale Ansicht). ! lamina cricoidea, I, II erster und zweiter unselbständiger Trachealring, / fontanella ventralis.

DER a er ET

Ei er

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 513

Der mäßig große Kehlkopf bildet mit der Luftröhre eine Gerade. Die Muskulatur ist so weit nach vorn verlagert, daß sie in gleicher Höhe mit den allerdings sehr flach aufsitzenden Aryknopeln (a) zu liegen kommt (Fig. 57, 58). Schließmuskel (ce) sowie Öffnermuskel (d) sind in normaler Größe entwickelt.

Die Aryknorpel sind zwar derb, aber klein und niedrig. Sie liegen der sehr großen Öffnung des Ringknorpels flach auf, diese vollkommen überdeckend. Der flache Ringknorpel (b) besitzt eine minimale seitliche Auftreibung und einen langen processus anterior inferior (p), der die Aryknorpel weit überragt. Die ventrale Wandung weist zwei fontanellae auf (Fig. 58; f), die, nur noch schwach sichtbar, von einer starken Knorpelmembran überzogen sind. Die an der Übergangsstelle zur Luftröhre stark eingeengte lamina (?) kommuniziert mit den ersten beiden Trachealringen (I, II).

Die crista im Inneren des Ringknorpels, die sich als direkte Verlängerung des processus anterior inferior nach hinten darstellt,

ist schwach, kurz und ohne Seitenausläufer. Stimmbänder sind nicht vorhanden.

Chamaeleon tavetensis STND.

Ch. tavetensis gehört zu den Arten, deren JS eine Schnauzen- kante besitzen. Es sind kleine Formen, denn das J erreicht nur eine Länge von 200 mm, das © 170 mm. Ihm fehlt die Schnauzen- kante.

Der Kehlkopf ist im Verhältnis zur Größe des Tieres mittel- groß zu nennen. Er erinnert in seiner äußeren Form an den von

Fig. 59. V-2%. Fig. 59 A. v- 34, Fig. 60. V= 3%,

Fig. 59. Ch. tavetensis. Kehlkopf (Größenverhältnisse der Knorpel). a Stell- knorpel, 5 Ringknorpel, £ Trachea. Fig. 59A. Ringknorpel (dorsale Ansicht). o Öffnung seiner Vorderwand, Eingang zum Ringknorpelinnern, c crista cricoidea, p processus anterior inferior. Fig. 60. Ringknorpel (ventrale Ansicht) in seiner Verbindung mit dem ersten Trachealring. !lamina cricoidea, f fontanella ventralis, I erster unselbständiger Trachealring.

514 GUIDO GERMERSHAUSEN.

Ch. dilepis. Die Aryknorpel (Fig. 59; a) sind jedoch groß und sitzen hoch dem Ringknorpel (b). Sie besitzen eine starke Ein- buchtung für die Einlagerung des m. constrictor, der ebenso wie der m. dilatator den gewöhnlichen Verlauf nimmt.

Der Ringknorpel (d) ist breit und blasig aufgetrieben. Auf- fallend ist die große Ofinung (Fig. 59 A; o) seiner Vorderwand, der introitus cricoideus, der nur eben noch von den schaufelförmigen Rändern der Aryknorpel überdeckt wird (Fig. 59 A). Im Innern des Ringknorpels verläuft in der ventralen Medianlinie eine breite, aber nicht hohe crista cricoidea (c). Die lamina cricoidea (Fig. 60; !) geht, nach hinten weiterlaufend, mit dem I. Trachealring (I) in der Mitte eine feste Verbindung ein. |

Im Innern besteht eine Abkammerung infolge der blasigen Auftreibung des Knorpels, die jedoch nicht so deutlich in die Er- scheinung tritt, da die crista cricoidea nur recht flach ist. Die Stimmbänder sind in normaler Größe ausgebildet.

Chamaeleon deremensis MTscH.

Es ist eine mittelgroße Form mit erhöhtem Helm und mäßig entwickelten Occipitallappen. Das O erreicht eine Länge von 282 mm.

Der Übergang vom Larynx zur Trachea kennzeichnet sieh durch eine sehr scharfe Einknickung, die einen Winkel bildet, der etwas kleiner als ein rechter ist. Die ventrale Ausstülpung schließt ebenfalls wie bei Ch. lateralis einen Hohlraum in sich, der sich aber hier nicht zu einer größeren Blase entwickelte. Der Larynx ist sowohl in dorsaler wie in lateraler Richtung außer- ordentlich aufgetrieben. Die Muskelschichten der m. dilatatores und constrietores sind breit und kräftig. Sie umhüllen die großen und derben Stellknorpel (Fig. 61; a) fast bis zur Spitze. Der dorsale und ventrale Zwischenraum der Ansatzstellen für die Mus- kulatur erfährt nach hinten eine Verbreiterung.

Die Aryknorpel (a) sind im Verhältnis zum Ringknorpel als beträchtlich zu bezeichnen (Fig. 61, 62). Ihre basalen schaufel- förmigen Enden verbreitern sich nach hinten stark und legen sich den eingeschlagenen Vorderrändern des Ringknorpels (b) fest an. In ventri-medialer Richtung ziehen sie dann in einer scharfen lateralen Biegung ihrer Außenränder nach vorn und lassen hier der Größenentwicklung des nach vorn verlaufenden breiten und kurzen, die Spitze der Aryknorpel nicht erreichenden processus anterior inferior (p) freien Spielraum (Fig. 62). Der Ringknorpel (b) ist breiter als lang und kann allein nicht als formgebender Faktor des

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 515

Larynx gelten wegen der beträchtlichen Größe der Aryknorpel. Es besteht hier in bezug auf die beiden Knorpelarten dasselbe Verhältnis wie bei Ch. johnstoni, wenn auch nicht in demselben ausgeprägten Maßstabe, da bei letzterer Form der Ringknorpel noch kleiner und primitiver ist und jeder Auftreibung ermangelt. Dort, wo die lamina cricoidea (Fig. 62; 2) beginnt, finden sich zwei wegen ihrer fortgeschrittenen Verknorpelung undeutlich erscheinende Fon-

?

Fig. 61. V=3%. Fig. 2. V= 2%. Fig. 68. V=%.

Fig. 61. Ch. deremensis. Kehlkopf (dorsale Ansicht). a Stellknorpel, 5 Ring- knorpel, f fossa musculi constrictoris.

Fig. 62. Kehlkopf (ventrale Ansicht). p processus anterior inferior, !lamina

ericoidea, «a fontanellae ventrales, I erster unselbständiger Trachealring, s ventrale Aussackung der Trachea.

Fig. 63. Ringknorpel (medianer Längsschnitt). c erista cricoidea, d diverti-

culum cericoideum, g rinnenartiger Gang, zur trachealen Aussackung führend,

k Knorpelerhebung.

tanellen. Hinter diesen beginnt der erste Bindegewebsring (a), der sich auf der Unterseite nicht schließt, sodaß der I. Trachealring (I) als eine Fortsetzung der lamina erscheint, recht breit und kräftig ist und an der, ventralen Aussackung teil hat. Ein Kehlsack ist nicht vorhanden.

Die diverticula cricoidea errreichen eine beträchtliche Größe (Fig. 63; d). Sie nehmen den vorderen ventralen und den gesamten

516 GUIDO GERMERSHAUSEN.

dorsalen Innenraum des Kehlkopfes in Anspruch. Nach vorn sind sie begrenzt durch die innere Wandung der Stellknorpel, da eine eigentliche Ringknorpelvorderwand nicht vorhanden ist, denn seine laterale Wandung findet gleich nach der Umlegung nach innen ihren Abschluß, sodaß der Ringknorpel nach vorn eine weite, runde Öffnung aufweist, deren Durchmesser beinahe den des Knorpels in seiner größten Breite erreicht. Jedes diverticulum steht nach hinten mit dem von der ventralen Aussackung gebildeten Raum und somit auch zugleich mit der Trachea durch einen links und rechts von der Medianlinie verlaufenden schmalen, tiefen und rinnenartigen Gang (g) in Verbindung (Fig. 63). Beide Gänge sind median ge- trennt durch die niedrige Erhebung der schwach ausgebildeten crista cricoidea (c), während sie lateralwärts eine scharfe Ab- grenzung erfahren durch eine Knorpelerhebung (X), die von den (sängen ab sehr steil ansteigt, nach hinten spitz zuläuft, nach vorn sich verbreiternd sanft abfällt und zugleich somit in die ventrale Wandung des diverticulums übergeht.

Stimmbänder sind nicht vorhanden, wie denn auch die an sich schon äußerst winzige crista keine Seitenzüge zur Vorderkante der umgeschlagenen Seitenwand des Ringknorpels aussendet.

Chamaeleon fuelleborni Torn.

Diese Art, die die Länge von 210. mm besitzt, zeichnet sich durch den Besitz von großen Oceipitallappen aus. Das vorliegende Stück ist 92 mm lang.

Der ziemlich große dorso-ventral abgeplattete Kehlkopf bildet in seiner Längsachse mit der Trachea einen Winkel von 135°. Der m. dilatator ist mittelgroß und nimmt einen normalen Verlauf, während der große m. constrietor sich in seiner lateralen Partie ungewöhnlich stark verbreitert und sich an seinen dorsalen und ventralen Ansatzstellen verjüngt.

Die derbwandigen Aryknorpel sind sehr groß und nehmen die vanze vordere Hälfte des Kehlkopfes ein. Der in normaler Größe vorhandene Ringknorpel hat einen sehr großen introitus. Der processus anterior superior ist durch eine geringe spitze Erhebung des Vorderrandes der dorsalen Wandung angedeutet. Die rundliche fontanella dorsalis geht ohne Unterbrechung in den Bindegewebs- zug der Trachea über. Die lamina ist sehr lang. Sie verbindet sich mit den ersten drei Trachealringen.

Im Ringknorpelinnern liegt eine flache, in ihrem Anfange breite, sich nach hinten stark verjüngende crista. Die Stimmbänder sind sehr klein und stark.

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 517

Chamaeleon affinis Rüpr.

Diese Art erreicht eine Länge von 156 mm. Das vorliegende Stück ist 58 mm lang.

Der Trachealwinkel des mittelgroßen, dorsi-ventral komprimierten Kehlkopfes ist fast ein gestreckter. Der m. dilatator ist mittel- groß, während der m. constrietor bedeutend größer und breiter wird und die großen und hohen Aryknorpel lateral und ventral voll- kommen umschließt. Die ventrale Partie des Ringknorpels ist be- sonders derbwandig. Eine breite fontanella dorsalis geht vom introitus aus und verjüngt sich sehr schnell, indem sie nur bis zur Mitte der dorsalen Wandung reicht. Die derbwandige, etwas auf- gewölbte lamina cricoidea ist eine Verbindung mit den ersten beiden Ringen der Luftröhre eingegangen.

Die im Ringknorpelinnern vorhandene crista ist hoch, aber kurz, nach hinten steil abfallend, ohne Seitenausläufer. An den Innen- rändern der breiten Vorderwandung sitzen die starken und ziemlich hohen Stimmbänder.

Chamaeleon bitaeniatus subsp. hoeneli STXD.

Ch. b. subsp. hoeneli ist das größte unter den Unterarten der bitaeniatus- Spezies. Sein charakteristisches Merkmal ist der stark aufsteigende Helm. Das JS erreicht eine Länge von 160 mm. |

In seinem äußeren Habitus gleicht der Kehlkopf dem von Ch. b. subsp. bitaeniatus. Ebenfalls ist das Größenverhältnis beider Knorpelarten das gleiche. Im ganzen bestehen jedoch einige wesentliche Unterschiede von der vorigen Spezies. Die tracheale Ein- knickung, die sich bei den bis jetzt betrachteten Chamaeleonen immer am Übergang vom Larynx zur Trachea, also immer in der Region der lamina cricoidea befindet, liegt hier etwas weiter hinten am 3. selbständigen Trachealringe. Sie ist rechtwinklig. Die Muskel- züge, die einen normalen Verlauf nehmen, sind stark entwickelt.

Die Aryknorpel sind groß und recht derbwandig. Sie erreichen zusammen fast die Größe des Ringknorpels, stehen also mit diesem in ungefähr demselben Größenverhältnis wie bei der typischen bitaeniatus-Art. Der Ringknorpel, dessen Wandung derber ist als bei Ch. b. subsp. bitaeniatus J. G. Fischer, ist etwas aufgetrieben, sodaß es zur Bildung kleiner diverticula kommt. Die Seitenränder des Knorpels sind nach vorn umgeschlagen. In die lange und schmale lamina cricoidea münden die beiden ersten unselbständigen Trachealringe von der Seite ein.

Die erista ist in mittlerer Größe vorkinden. Sie entsendet schwache Seitenausläufer, an denen keine Stimmbänder sitzen.

518 GUIDO GERMERSHAUSEN.

Chamaeleon werneri Torn.

Diese Art erreicht eine Länge von 225 mm. Das vorliegende

Stück ist 84 mm lang.

Der Trachealwinkel des mittelgroßen dorsi-ventral komprimierten Kehlkopfes ist fast ein gestreckter. Die Gesamtmuskulatur ist relativ groß und nimmt einen normalen Verlauf.

Die Aryknorpel sind groß und derbwandig. Sie stehen hoch auf dem Ringknorpel (Fig. 64; db) und besitzen eine ausgeprägt tiefe fossa. Auf der dorsalen Wandung des Ringknorpels tritt eine

Fig. 64. V=?6. Ch. werneri. Ringknorpel (ventrale Ansicht). b Ringknorpel, p processus anterior inferior, ! lamina cricoidea, II zweiter unselbständiger Trachealring (der erste ist unsichtbar), Z, 2, 3 erster, zweiter, dritter selbständiger Trachealring.

schlitzförmige Fontanelle mit dem Bindegewebszug der Trachea in Verbindung. Die lamina (/) tritt, trotzdem sie recht kurz erscheint, mit den beiden ersten Trachealringen (II) in Verbindung (Fig. 64). Die beiden nächstfolgenden selbständigen Trachealringe (1,2) zeichnen sich dadurch aus, daß sie in der ventralen Mitte eine Verbreiterung erfahren haben, sodaß sie, an diesen Stellen die Bindegewebsringe überdeckend, mit ihren Rändern aneinanderstoßen.

Im Ringknorpelinnern findet sich eine mittelgroße durchgehende crista vor, die nach hinten in die Innenwandung der lamina über- geht. Zu beiden Seiten entsendet sie in die Vorderwandung niedrige Seitenausläufer. Stimmbänder sind nicht nachweisbar.

Chamaeleon bitaeniatus subsp. bitaeniatus J. G. Fisch.

Es ist die kleinste Subspezies der bitaeniatus-Gruppe. Das 9 wird nur 123 mm lang.

Der dorsi-ventral abgeplattete Kehlkopf, der einer blasigen Auftreibung ermangelt und demzufolge keine diverticula cricoidea aufweisen kann, ist relativ klein. Die Muskulatur ist stark ent- wickelt und ihr Verlauf ein normaler. |

k

er‘

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 519

Die Aryknorpel sind sehr groß und dickwandig. Sie erreichen in ihrer Gesamtheit die Größe des zartwandigen Ringknorpels, der keine Blase darstellt, sondern die typische Form eines Ringes zeigt und etwas breiter als hoch ist. Es besteht hier zwischen beiden Knorpeln sowohl in bezug auf Größe als auf Form dasselbe Ver- hältnis wie bei Ch. johnstoni. Luftröhrenkrahn, Kehlsack und so- gar eine lamina fehlen.

Im Ringknorpelinnern tritt eine wohlausgebildete crista auf, die seitliche Ausläufer an die Vorderränder des Knorpels abgibt. Diese sind wie bei Ch. johnstoni nicht nach vorn umgeschlagen. Stimmbänder sind ebenfalls nicht vorhanden.

Chamaeleon xenorhinus BLGR.

Ch. xenorhinus ist eine kleine Form, die in die Gruppe der Chamaeleonen mit beschuppten Schnauzenfortsätzen gehört. Es

Fig. 65. V=*P. Ch. xenorhinus. Kehlkopf (laterale Ansicht). a Stellknorpel, b Ringknorpel, p processus anterior inferior.

wird nur 240 mm lang. Das zur Bearbeitung vorliegende Tier

hat eine Länge von 54 mm.

Der mäßig große, ebenso breite wie lange, dorsal etwas auf- gewölbte Kehlkopf bildet mit der Luftröhre einen Winkel von 135°. Die Muskulatur ist relativ sehr groß, besonders der ziemlich weit nach vorn verlagerte m. constrietor ist breit und stark.

Das Größenverhältnis beider Knorpeln des Kehlkopfes erinnert an das von Ch. johnstoni Buer. und jacksoni subsp. vauerescecae Torn. Die Aryknorpel sind ungewöhnlich groß. Sie machen zu- sammen die Hälfte des Kehlkopfes aus und sind dorsalwärts ver- lagert, hoch über dem processus anterior inferior (p) liegend (Fig. 65). Die lamina ist mittellang und tritt mit keinem Trachealringe in Verbindung, sodaß schon der erste Trachealring den Charakter der Selbständigkeit trägt.

Ein ziemlich großer introitus führt in das Ringknorpelinnere, in dem eine kurze und flache crista auftritt, die keine Seitenausläufer besitzt. Die Stimmbänder haben mittlere Größe. |

520 GUIDO GERMERSHAUSEN.

Chamaeleon cristatus STUTCHB.

Diese Art, die mittelgroß wird, zeichnet sich äußerlich durch die hohe Helmspitze und den hohen Rückenkamm aus.

Der Kehlkopf bildet mit der Trachea nahezu einen gestreckten

Winkel. Sein Muskelverlauf ist normal und die Muskulatur stark entwickelt.

Ein Kehlsack fehlt, ebenso ist weder ein Luftröhrenkrahn noch eine Anlage dazu vorhanden. Die kleinen Aryknorpel sitzen der ziemlich großen Öffnung des Ringknorpels auf (Fig. 66). An

&) diesem ist besonders die seitliche blasenförmige Auftreibung bemerkens-

Fig. 6A. V=1,

Fig. 66. Ch. cristatus. Ringknorpel mit Trachea (dorsale Ansicht). Blick iu das Ringknorpelinnere. p processus anterior inferior, c crista cricoidea, d diverticula cricoidea.

Fig. 66A. Ringknorpelinneres (dorsale Partie). d diverticula cricoidea, kw Knorpelwülste, kl Knorpelleiste.

wert. Der breite processus anterior inferior (p) läuft nach vorn in ein stumpfspitziges Ende aus. In das Ringknorpelinnere ent- sendet er eine schmale, nicht sehr hohe crista (ec). Zu beiden Seiten von dieser liegt ein muldenförmiges diverticulum cricoideum (d). Weiter nach hinten und etwas lateral davon besitzt die Kehlkopf- innenwand zwei starke, wulstige Knorpelzüge (Fig. 66 A; kw). Die- selben laufen nach hinten in zwei schmäler werdende Leisten aus, die sich in der dorsalen Medianlinie vereinigen. Von diesem Punkte aus treten zwei sehr schmale winzige Knorpelleisten auf (kl), welche divergieren und dann wieder zusammenlaufen, indem sie die Form eines breiten Blattes vorführen. Die Trachealknorpel bleiben zwar oben geöffnet, rücken jedoch mit ihren Enden nahe zusammen.

Chamaeleon wiedersheimi NIEDEN. Der für diese kleine Art ziemlich große Kehlkopf bildet in seiner Längsachse mit der Trachea eine Gerade. Die Muskulatur ist in Verlauf und Größe normal. |

ee

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 59]

Die sehr hohen, großen und derbwandigen Aryknorpel machen die schlanke und längliche Gestalt des Kehlkopfes aus. Sie sind etwas nach oben verlagert und nehmen die erste Hälfte der dorsalen Partie des Kehlkopfes ein. Der Ringknorpel (Fig. 67) ist sehr dünnwandig, dorsal aufgetrieben und besitzt einen sehr großen introitus. Die lange und derbe lamina (!) ist vor ihrer Verbindung mit dem ersten unselbständigen Trachealring (I) durch den ersten sehr breiten Bindegewebshalbring (a) stark eingeengt. Auf der Unterseite des Ringknorpels finden sich zwei große, eiförmige, teil-

Fig. 697. V=3#. Ch. wiedersheimi. Ringknorpel (ventrale Ansicht). p processus anterior inferior, f fontanella ventralis, ! lamina cricoidea, / erster unselbständiger Trachealring, / erster selbständiger Trachealring, « Binde- gewebshalbring.

weise auf die Seitenwandungen übergehende Fontanellen (f) vor, die schon etwas verknorpelt sind und sich daher undeutlich von der übrigen Wandung abheben. Der processus anterior inferior (9) ist lang, sich nach vorn verjüngend; er überragt jedoch nicht die Spitzen der Stellknorpel.

Im Ringknorpelinnern besteht eine schwache, niedrige bis zur Mitte laufende crista ohne Seitenausläufer. Stimmbänder fehlen.

Chamaeleon fischeri RcHw.

Die männliche Form des Ch. fischeri wird 260 mm lang und kennzeichnet sich äußerlich hauptsächlich durch die eigentümlichen Schnauzenfortsätze.

Die blasige Auftreibung und Abkammerung des relativ kleinen Kehlkopfes ist nicht sehr ausgeprägt. Sein Trachealwinkel ist größer als ein rechter. Eine Einknickungsstelle am Anfange der Trachea ist vorhanden. Das Größenverhältnis zwischen den Ary- knorpeln und dem Ringknorpel ist ein normales. Die Aryknorpel (Fig. 68; a), die dem Ringknorpel (b) sehr fest anliegen, sind dorsal

522 GUIDO GERMERSHAUSEN.

besonders lang und greifen hier mit ihrem schaufelförmigen basalen

Teil weit über den Ringknorpel über, während sie ventral so kurz

sind, daß sie nur mit ihren Rändern die Vorderwand des letzteren berühren, nicht aber übergreifen. Auffallend winzig und zart ist

der m. constrietor (c) gebaut. Seine dorsalen Ansatzstellen sind

sehr flach und treten kaum in die Erscheinung. Über sie läuft noch ein besonderer Muskelzug (cs) hinweg, der beiderseits in die rechte und linke Hälfte des m. constrictor einmündet. Er wirkt in demselben Sinne wie der unter ihm liegende m. constrietor, in- dem er bei seiner Kontraktion die Wirkung des letzteren erhöht.

Fig. 68. V=®23. Ch. fischeri. Kehlkopf mit Muskulatur (dorsale Ansicht). a Stellknorpel, 5 Ringknorpel, i introitus laryngis, c m. constrictor, cs über- gelagerter Muskelzug, d m. dilatator, f fontanella dorsalis.

Die m. dilatatores (d) sind stark entwickelt und zeigen den ge- wöhnlichen Verlauf. Am dorsalen Ende des Ringknorpels findet sich eine große membranöse Fontanelle (f), während sich auf der ventralen Seite zwei Fontanellenpaare vorfinden. Das erste P.ar ist klein, von einer starken Membran überzogen und liegt vorn. Ein zweites Fontanellenpaar, das größer ist und eine dünnere Membran besitzt, liegt am Übergang zur Trachea. Jede dieser Fontanellen läuft seitlich nach oben in eine Spitze aus.

Eine crista im Ringknorpelinnern ist nicht vorhanden. Die lamina ist klein, denn schon der erste Trachealring ist selbständig. Die Stimmbänder sind nur schwach entwickelt.

Anmerkung. Ch. fischeri subsp. matschieı WERNER weist in jeder Beziehung dieselben Verhältnisse auf wie Ch. fischeri.

Chamaeleon bifidus BRONGN.

Diese kurze Sehnauzenfortsätze besitzende Art wird 390 mm lang, Das zur Bearbeitung vorliegende Exemplar hat eine Länge von 115 mm,

4 R; &S

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 593

Der ziemlich Kleine Kehlkopf bildet mit der Trachea einen Winkel von 135°. Die Muskulatur ist in Verlauf und Größe normal.

Die großen, breiten und derbwandigen Aryknorpel sind mehr nach der dorsalen Seite verschoben, sodaß der breite und kurze processus anterior inferior ventral hervorquillt. Der Ringknorpei ist besonders in dorsaler und oraler Richtung aufgetrieben. Auf seiner dorsalen Seite zeigt sich eine große, breite Fontanelle, die ohne Verschmälerung an der Übergangsstelle von Ringknorpel und Trachea in den breiten Bindegewebszug der letzteren übergeht. Nach vorn zu ist sie durch einen Knorpelwulst, ähnlich dem von Ch. quadricornis (Fig. 49), von dem introitus des Ringknorpels getrennt. Die lange und breite lamina cricoidea verbindet sich mit dem ersten Trachealring zu einer ventralen breiten Platte, die ein wenig auf den nächsten, den ersten selbständigen Trachealring, übergreift. Der erste unselbständige Trachealring liegt außerdem vom Kehlkopf ziemlich weit ab, da er von diesem durch eine halb- mondförmige, sehr breite Bindegewebsmasse, die als seitlicher Aus- läufer des dorsalen trachealen Bindegewebszuges sich darstellt, getrennt ist.

Im Innern des Ringknorpels treten die hochliegenden diverticula cricoidea in auffallender Weise hervor. Eine crista cricoidea und Stimmbänder sind nicht vorhanden.

Chamaeleon brevicornis GÜNTHER.

Es besitzt einen flachen Helm und sehr große Oceipitallappen, die denen von Ch. dilepis an Größe nichts nachgeben.

Fig. 69. V=22. Ch. brevicornis. Kehlkopf (ventrale Ansicht). a Stellknorpel, d Ringknorpel, p processus anterior inferior, f fontanella ventralis, 2 erster selbständiger Trachealring. 35

524 GUIDO GERMERSHAUSEN.

Der verhältnismäßig große Kehlkopf bildet mit der Trachea eine Gerade. Er ist flach, dorsi-ventral zusammengedrückt und lateral sehr wenig aufgetrieben, zeigt also im wesentlichen dieselben Verhältnisse wie bei Ch. oshaughnessyı GÜNTHER. Ebenfalls ist die Muskulatur weit nach vorn verlagert, die seitlichen Partien des Aryknorpels überdeckend. Der m. constrietor tritt besonders durch seine Breite und Dicke hervor. Er findet ventral eine kräftige Ansatzstelle dadurch, daß der processus anterior inferior (Fig. 69; p) als ein kräftiger hervorquellender Stamm schon auf der Mitte des Ringknorpels entsteht, lang nach vorn ausläuft und die Ary- knorpel (a) weit überragt. Diese sind mäßig groß und besitzen eine breite, flache fossa (Fig. 69). Der große Ringknorpel (b) weist dorsal eine im letzten Drittel auftretende fontanella dorsalis auf, die mit der offenen Dorsalfläche der Trachea kommuniziert. Ventral findet sich ein auffallend großes Fontanellenpaar. Eine lamina fehlt. Ebenso fehlen crista cricoidea und Stimmbänder.

Chamaeleon fallasxc Moca.

Ch. fallax ist eine recht kleine Form von nur 91 mm Länge. Das vorliegende Stück ist 54 mm lang.

Der relativ große und schlanke Kehlkopf bildet mit der Trachea eine serade. Die Muskulatur ist in Verlauf und Größe normal.

pi

II

Fig. 0. V-%, Fig. 71. Vo 3%, Fig. 70. Ch. fallax. Kehlkopf und Anfang der Trachea (dorsale Ansicht). a Stellknorpel, b Ringknorpel, pi processus anterior inferior, ps processus anterior superior, fd fontanella dorsalis, I erster unselbständiger Tracheal- ring, Ta Knorpelhorn, II zweiter unselbständiger Trachealring, 1 erster selb- ständiger Trachealring. Fig. 71. Ringknorpel und Anfang der Trachea (ventrale Ansicht). p pro- cessus anterior inferior, fv fontanella ventralis, ! lamina cricoidea.

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 525

Die großen und derbwandigen Aryknorpel besitzen eine ziem- lich tiefe fossa musculi constrietoris (Fig. 70). Ihre Spitzen werden von dem breiten processus anterior inferior (pi) etwas überragt. Der schmale und ziemlich derbwandige Ringknorpel (b) läuft ventral in eine lange schmale lamina (Fig. 71; 2) aus, die ihren Anfang hinter den beiden sehr großen fontanellae ventrales nimmt. In sie münden die beiden ersten Trachealringe (I, II). Zwischen diesen beiden Trachealringen geht von der linken Seite der lamina (7) ein Knorpelhorn (I, a) aus, das lateral und dorsal denselben Ver- lauf wie ein Trachealring nimmt, also morphologisch einem solchen gleichwertig ist. Es fehlt ihm jedoch sein Gegenüber, weshalb ihm die Bezeichnung Trachealring nicht beigelegt werden soll. Auf der dorsalen Wandung des Ringknorpels kennzeichnet sich eine breite fontanella (/d), die sich, nach hinten schmal zulaufend, mit dem trachealen Bindegewebszug verbindet. Die Übergangsstelle von Kehlkopf und Trachea besitzt nur eine schwache Einschnürung.

Im Ringknorpelinnern ist keine crista vorhanden, während die Stimmbänder in mittlerer Größe entwickelt sind.

Chamaeleon parsoni Cvv.

Diese Form, dessen d zwei knöcherne Schnauzenhörner be- sitzt, hat einen hohen Helm und erreicht eine bedeutende Größe.

Fig. 72. V=!$. Ch. parsoni. Kehlkopf mit Muskulatur (dorsale Ansicht). a Stellknorpel, 5b Ringknorpel, ce m. constrietor, d m. dilatator, / fontanella dorsalis, kw Knorpelwulst.

Das 9 kann eine Länge von 570 mm erreichen. Das zur Be- arbeitung vorliegende oO mißt von der Schnauzenspitze bis zum After 203 mm.

Der ziemlich flache, lateral aufgetriebene Kehlkopf dieser großen Art ist relativ außerordentlich klein. Sein Trachealwinkel beträgt

135°. Die Größe der Muskulatur ist normal. Hervorzuheben ist, 35*

526 GUIDO GERMERSHAUSEN.

daß der m. dilatator (Fig. 72; d) weit über den Zug des m. con- strictor (c) hinübergreift und mit seiner dorsalen Partie sich nahezu an die Basis der Stimmritze ansetzt. z

Die großen und derbwandigen Aryknorpel (a) besitzen eine breite, ziemlich flache fossa musculi constrietoris. Sie nehmen dorsal eine breite Fläche ein und biegen mit ihrem schaufelförmigen Basal- rande ventral rechtwinklig nach vorn ab, zwischen sich dem langen, schmalen processus anterior inferior Raum gebend, der die Spitzen der Stellknorpel weit überragt. Der zu den Aryknorpeln im normalen Größenverhältnis stehende Ringknorpel ist blasig aufgetrieben und besitzt nach vorn umgeschlagene Seitenränder. Die so gebildete Vorderwand besitzt einen großen introitus cricoideus, der von den Aryknorpeln vollkommen überdeckt wird. Ein dem Knorpel typisches Merkmal besteht in einer dorsal liegenden, großen herzförmigen fontanella (f), die von einem starken, breiten Knorpelwulst (kw) eingerahmt ist und nach hinten in eine schmäler werdende Ver- längerung ausläuft, die sich noch auf die Trachea bis zum vierten Bindegewebsringe erstreckt. Ein Luftkröhrenkrahn und ein Kehl- sack sind weder ausgebildet noch angelegt. Es fehlt sogar die lamina cricoidea und mithin auch ein unselbständiger Trachealring.

Die im Ringknorpelinnern vorhandenen ausgedehnten diverticula sind durch keine crista getrennt. Auch fehlen die Stimmbänder.

Chamaeleon jacksoni subsp. vauerescecae Torn.

Ch. jacksoni subsp. vauerescecae erinnert in seiner Gestalt an Ch. johnstoni, da es wie dieses auch ein Rostralhorn und zwei Praeorbitalhörner besitzt; auch fehlen ihm die Oceipitallappen gänzlich.

Der Kehlkopf ist im Verhältnis zur Größe des Tieres klein, dorsi-ventral stark abgeplattet, seitlich blasig aufgetrieben und bildet einen Trachealwinkel von 135°". Die Aryknorpel sind im Vergleich zum Ringknorpel groß uud mit starker Einbuchtung für den m. constrictor versehen. Sie sind an ihrem dorsi-medialen Zusammentritt durch eine längslaufende Bindegewebsnaht fest unter- einander und durch eine quere Bindegewebsnaht fest mit dem Ring- knorpel verwachsen, während sie lateral und ventral diesem Knorpel locker aufliegen. Der Ringknorpel ist relativ klein, abgeplattet und kurz. Die diverticula cricoidea sind gut ausgebildet und treten auch im Ringknorpelinnern sehr deutlich in die Erscheinung, trotz- dem eine crista cricoidea vollkommen fehlt. Ebenfalls fehlt auch der bei den meisten Chamaeleonen vorkommende processus anterior inferior. Die nach hinten verlaufene lamina verbindet sich mit

SEELE EWIGEN ZEN m

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 597

den drei ersten Trachealringen, die daher als unselbständig zu be- zeichnen sind. Die Stimmbänder sind in normaler Größe vorhanden.

Chamaeleon montium BüvcHH.

Diese Art, von der die männlichen Tiere eine Länge von 240 mm erreichen, zeichnet sich äußerlich aus durch zwei Praeorbitalhörner im J Geschlecht und einen hohen Rücken- und Schwanzflossensaum, der beiden Geschlechtern eigen ist.

Der blasenförmige Kehlkopf bildet mit der Trachea einen fast gestreckten Winkel. Die Muskeln sind groß und derb. Die Ary- knorpel sind ziemlich groß und dick. Demgegenüber ist die Wandung des Ringknorpels dünn, besonders die durchsichtige ventrale Partie. Dies erklärt sich aus dem Fehlen der crista cricoidea im Ring- knorpelinnern. Kehlsack und Luftröhrenkrahn sind nicht vorhanden. Die ersten beiden Trachealringe sind unselbständig, da sie mit der ebenfalls äußerst dünnwandigen lamina des Ringknorpels ver- wachsen sind.

Die diverticula cricoidea sind klein, ihre Wandung etwas derber als an den übrigen Stellen des Ringknorpels. Die Stimmbänder sind mäßig stark entwickelt.

Chamaeleon tenuis MTscH.

Ch. tenuis ist eine sehr kleine Art, die die Länge von 200 mm nicht erreicht. Das vorliegende sehr jugendliche Stück hat die Länge von 50 mm. Der Bau des Kehlkopfes scheint noch nicht seine höchste abgeschlossene Entwicklungsstufe erreicht zu haben, die durch Verknorpelung jetzt noch lockerer Bindegewebsmasse stattfindet.

Der Trachealwinkel des ohne tiefere Einschnürung in die Luft- röhre übergehenden Kehlkopfes ist fast ein gestreckter. Die Muskulatur ist in mittlerer Größe entwickelt. Die ventralen Ansatz- stellen des m. constrietor liegen weiter auseinander als es die Norm ist. Der Muskel selbst ist etwas dorsal verlagert und umschliebt die Seitenwandung der Stellknorpel vollkommen.

Die Aryknorpel sind derbwandig und relativ groß. Der kleine dünnwandige Ringknorpel trägt auf seiner dorsalen Wandung eine große Fontanelle, von der wie bei Ch. pardalis ein kurzer medianer

_ processus anterior superior über dem introitus liegt. Auf der

ventralen Wandung liegt ein sehr großes ovales Fontanellenpaar. Die schmale lamina verbindet sich mit dem I. Trachealring. Dieser ist durch eine schräg verlaufende Knorpelbrücke mit dem zweiten Trachealring verbunden. Allem Anschein nach handelt es sich hier

528 GUIDO GERMERSHAUSEN.

um eine individuelle Bildung, der absolut keine morphologische Be- deutung beizumessen ist, zumal sich bei jugendlichen Tieren derartige Verknorpelungen im Laufe des Wachstums abändern, wie uns dies bei Ch. damaranus entgegentritt. Der zarte processus anterior inferior überragt nur wenig die Spitzen der Aryknorpel. |

Der introitus cricoideus ist groß. In seinem Innern sind crista und Stimmbänder nicht vorhanden.

Chamaeleon willst GÜNTHER.

Es gehört zu den kleineren Formen der Gruppe, das es nur eine Länge von 165 mm erreicht. Das zur Bearbeitung vorliegende Stück ist 65 mm lang.

Ch. willst gehört zu den Formen, deren Kehlkopf die primitivsten Verhältnisse aufweist. Er bildet mit der Trachea einen gestreckten Winkel. Die in normaler Größe vorhandene Muskulatur ist nach vorn verlagert, die Aryknorpel seitlich bedeckend. Diese sind sehr groß und nehmen die ganze vordere Hälfte des Kehlkopfes ein Der Ringknorpel ist dünnwandig, kurz, breit, besitzt einen sehr sroßen introitus und ist im Verhältnis zu den Aryknorpeln klein zu nennen. Er ermangelt nicht nur eines Luftröhrenkrahnes und Kehlsackes, sondern auch einer lamina. Ein in beträchtlicher Länge und Stärke vorhandener processus anterior inferior überragt die Aryknorpel. Im Ringknorpelinnern ist weder das Vorhandensein einer crista noch der Stimmbänder nachweisbar.

Chamaeleon gallus GÜNTHER.

Diese sehr seltene und kleine Form erreicht nur die Länge von 102 mm. Das vorliegende weibliche Stück ist 44 mm lang.

Bei der Kleinheit und Beschaffenheit des Materials beschränkt sich die Beschreibung auf den wichtigsten Bestandteil des Kehl- kopfes, den Ringknorpel (Fig. 73), der, eine primitive Bildung auf- weisend, genaue Anhaltepunkte über die Bildung des Kehlkopfes durch die Trachealringe abgibt. Die primitiven Charaktere des Kehlkopfes bei Ch. gallus sind die folgenden. Der Kehlkopf ist nach keiner Richtung hin blasig aufgetrieben und hat an seiner UÜbergangsstelle zur Trachea keine Einschnürung. Der Ringknorpel ist sehr dünnwandig und durch zwei Paare fontanellae ventrales (Fig. 73; fj, fs) in drei Regionen (T,, Ts, T;) eingeteilt, von der jede auf einen Trachealring zurückzuführen ist. Aus den vor- liegenden Verhältnissen ist nun folgendes zu ersehen. Die drei ersten Ringe der Luftröhre haben sich ventral sowohl als auch lateral verbunden, indem die zwischen ihnen gelegenen Bindegewebs-

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 5929

ringe verknorpelt sind. Reste dieser Bindegewebsringe bilden die fontanellae ventrales uud die gewöhnlich langgestreckte, schlitz- förmige fontanellae dorsalis. Bei fortgeschrittener Entwicklung werden die fontanella kleiner und verknorpeln mehr und mehr, bis

Fig. 73. V=5$. Ch. gallus. Ringknorpel und Anfang der Trachea (ventrale Ansicht). b,Ringknorpel, erste Partie, hervorgegangen aus dem ersten ursprüng- lichen Trachealringe, 7, zweite Partie, hervorgegangen aus dem zweiten ursprünglichen Trachealringe, 7, dritte Partie, hervorgegangen aus dem dritten ursprünglichen Trachealringe, tı, te, is die ersten drei selbständigen Trachealringe, fı, f2 erstes und zweites Fontanellenpaar.

sie ganz schwinden. Sie sind es also, die in erster Linie die Mittel an die Hand geben, den Grad der fortgeschrittenen Entwicklung des Kehlkopfes zu bestimmen. Im Ringknorpelinnern sind weder crista noch Stimmbänder vorhanden. Auch ist eine Vorderwand des Ringknorpels nicht ausgebildet.

Chamaeleon johnstoni BL6R.

Der Kehlkopf dieser Art zeigt schon in seiner äußeren Gestalt ‚große Verschiedenheit von dem anderer Chamaeleonen (Fig. 74).

Fig. 74. V=%. Fig. 75. V= 2%. Fig. 76. V=2%.\

Fig. 74. Ch. johnstoni. Kehlkopf, Größenvergleich der Knorpel (dorsale An- sicht). a Stellknorpel, b Ringknorpel, f fossa. .

Fig. 75. Ringknorpel (dorsale Ansicht). p processus anterior inferior. Fig. 76. Ringknorpel und Anfangsteil der Trachea (ventrale Ansicht). !lamina cricoidea, f fontanella ventralis, tı, fs, ts die ersten drei unselbständigen

Trachealringe.

530 GUIDO GERMERSHAUSEN.

Er hebt sich ‚weniger stark von der Luftröhre ab, denn er bildet mit seiner Längsachse zu der Trachea einen Winkel von ungefähr 150°, hat sich also schon wesentlich einem gestreckten Winkel ge- nähert; ferner ist seine Auftreibung eine sehr geringe.

Die Stellknorpel (a) erreichen eine bedeutende Größe. Das Knorpelpaar in seiner Gesamtheit, das fest miteinander und dorsal fest mit dem’ Ringknorpel (db) verbunden ist, erreicht fast die Größe des letzteren. Mit eigentlichen Lippenkegeln sind sie nicht ver- sehen, wohl aber sind sie mit wulstig gekräuselten Schleimhautfalten überzogen, die, von innen herauskommend, sich über die Knorpel legen. Die Außenwandung der Aryknorpel besitzt eine tiefe und weitausgebuchtete fossa musculi constrictoris (f). Die Muskulatur ist in Verlauf und Größe normal.

Die Aryknorpel, die dorsal eine feste Verbindung miteinander eingehen, sind ventral vollständig durch den breit auslaufenden processus anterior inferior (p) des Ringknorpels voneinander ge- trennt, sodaß die m. constrietores, die in ihrem sonstigen Verlauf aufs engste den Aryknorpeln angelegt sind, ventral direkt auf dem processus zusammentrefien. Der Ringknorpel selbst erreicht bei weitem nicht die Größe desjenigen von Ch. dilepis. Er besitzt in seiner äußeren Gestalt auch ein anderes Aussehen, indem er mehr die Form eines Ringes angenommen hat und einem sehr breiten Trachealringe gleichkommt (Fig. 75, 76). Ventral nach vorn ent- sendet er den breiten, flachen processus anterior inferior (p). Aus der Gestalt und Kleinheit des Knorpels ist es zu erklären, daß er nicht allein den Innenraum des Kehlkopfes bilden kann, sondern nur in Gemeinschaft mit den großen Ary- knorpeln. Diesem Innenraum fehlt die scharfe Abkammerung in eine linke und rechte Hälfte, wie bei Ch. dilepis, da erstens die crista cricoidea fehlt, und zweitens der Kehlkopf einer blasigen Auftreibung ermangelt, die immer ein wesentlich formgebender Faktor für eine Abkammerung in diverticula bildet. Die schmale und sehr lange lamina (Fig. 76; 7) verbindet sich mit den drei ersten Trachealringen (tj. to, tz). Stimmbänder fehlen.

Zusammenfassung.

Wie schon in der Einleitung angedeutet wurde, sind wir in der Lage, die vorliegenden untersuchten Chamaeleonen-Arten nach dem Grade der Entwicklung ihres Larynx in eine bestimmte Reihen- folge zu bringen. Wir haben diese Reihenfolge bisher schon in- sofern berücksichtigt, indem wir sie bei Beschreibung des Kehl- kopfes der einzelnen Arten innegehalten haben und so von den

ED Pen 4 vn U 1 =

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 53]

höchstentwickelten Zuständen zu den primitiveren herabgeschritten sind. Innerhalb dieser Reihenfolge lassen sich nun durch Zusammen- fassung gemeinsamer Merkmale bestimmte Gruppen aussondern. Dies soll die nachstehende Tabelle veranschaulichen, in der gezeigt ist, daß die besprochenen Arten gemäß dieser speziellen Anatomie des Larynx in fünf Gruppen, die jede durch den Besitz gemein- samer Kennzeichen ins Auge fallen, gesondert werden können.

Wir wenden uns daher zuerst der Frage zu: worin bestehen die Kennzeichen eines hochentwickelten Larynx und eines solchen auf primitiverer Entwicklungsstufe stehenden? Wenn wir die Ent- wicklung des Kehlkopfes betrachten, wie sie uns in der gesamten Wirbeltierreihe entgegentritt, und sie zugleich auf die Chamaeleonen in Anwendung bringen, so können wir diese Entwicklung nach. dreifacher Richtung hin kennzeichnen. Sie macht sich bemerkbar erstens in einer Absonderung des Kehlkopfes in seiner Gesamtheit von der Trachea, zweitens in der gesteigerten Entwicklung des Ringknorpels, die sich kenntlich macht in seiner Größe und Ab- geschlossenheit gegenüber den Aryknorpeln, und drittens durch das Vorhandensein sekundärer Bildungen.

Die Absonderung von der Luftröhre vollzieht sich bei den Chamaeleonen durch die blasige Auftreibung des Kehlkopfes und seine Winkelstellung zur Trachea. Diese Winkelstellung tritt am stärksten bei den in der Tabelle gekennzeichneten ersten beiden (Gruppen hervor, wo der Winkel sehr häufig 90° beträgt oder etwas darüber. Nur zwei Arten von den 18 in beiden Gruppen vorhan- denen, Oh. damaranus Buer. und Ch. pumilus Daun. haben einen gestreckten Winkel. Die blasige Auftreibung tritt, wie im Laufe der Untersuchung gefunden wurde, in lateraler und dorsaler Richtung auf, nie in ventraler; die ventrale Wand des Kehlkopfes ist stets eine breite, flache Platte; eine Aufwölbung der lamina cricoidea tritt in einer Ausnahme (Ch. cephalolepis GÜNTHER) nur auf tra- chealem Gebiete auf. Die blasige Auftreibung, die meist noch durch Einschnürung an der Übergangsstelle zur Trachea hervor- gehoben wird, vollzieht sich stets am Ringknorpel und veranlaßt die Bildung der im Ringknorpelinnern gekennzeichneten diverticula ericoidea. Es ist daher der Ringknorpel bei den höher ent- wickelten Ohamaeleonen, wo er im Vergleich zum kleiner bleibenden Aryknorpel in mächtiger Größe auftritt, das formgebende Element des Kehlkopfes. Die Tabelle gibt ein Größenverhältnis der beiden Knorpelarten an und zeigt, dab in den ersten beiden Gruppen die Aryknorpel in ihrer Gesamtheit fast immer relativ kleiner als der Ringknorpel sind. In Gruppe V

532 GUIDO GERMERSHAUSEN.

zeigt sich meist das Gegenteil. Einen weiteren Maßstab für die Entwicklung bietet die Dicke der Wandung des Ringknorpels im Vergleich mit der des Aryknorpels und dem damit in Verbindung stehenden Fehlen oder Vorhandensein von Fontanellen. Das Be- stehen großer fontanellae ventrales, die den Rest früher vollkommen geschlossener Bindegewebsringe repräsen- tieren, stellt einen primitiven Charakter dar. So finden sich dieselben besonders groß und oft in zwei Paaren vor bei den Arten, die in Gruppe IV und V untergebracht sind, z. B. bei Ch. gallus, Ch. johnstoni, Oh. wiedersheimi. Bei sehr primitiven Stadien liegen sie weit nach vorn und entsenden laterale Ausläufer, die sich um so höher erstrecken, je weiter nach hinten die Fontanellen zu liegen kommen. Bei den Formen insbesondere der Gruppe I hat die Ver- knorpelung des Ringknorpels weitere Fortschritte gemacht, indem die Wandung dicker geworden ist und an Derbheit der des Aıry- knorpels teilsweise gleichkommt. Die fontanellae ventrales sind hier sehr klein und bei einigen Formen kaum noch wahrzunehmen. Die Differenzierung im Ringknorpelinnern wird außer durch die diverticula cricoidea noch durch die crista cricoidea und durch die Stimmbänder hervorgehoben. Erstere ist bei den meisten Formen vorhanden, fehlt jedoch den Formen der Gruppe V. Die Stimmbänder sind besonders gut in der Gruppe I und II ausgebildet. Sie können jedoch auch in letzterer schon fehlen (Ch. goetzei). In (sruppe IV und V finden sich häufiger Tiere ohne Stimmbänder. Als hauptsächlichste Bildung sekundären Charakters besteht am Kehlkopf ein Luftröhrenkrahn und ein Kehlsack. Beide Bil- dungen zusammen finden sich unter den 49 untersuchten Arten nur bei 7 Arten vor. Einen Kehlsack ohne Luftröhrenkrahn besitzen außerdem 8 Arten. Ein Kehlsack ohne tracheale Eintrittsöffnung, also ein blinder Sack, ist bei einer Art vorgefunden (Ch. owent). Das häufige Vorkommen der Chamaeleonen aus der dilepis- und der vulgaris-Gruppe erklärt den Irrtum einiger Anatomen, bei sämtlichen Arten das Bestehen eines Kehlsackes anzunehmen. In Gruppe I finden sich durchweg große Kehlsäcke, und von den 10 Arten be- sitzen 6 einen wohlausgebildeten Luftröhrenkrahn. In der Gruppell, die sich aus 8 Arten zusammensetzt, besitzt nur eine von 6 mit Kehlsack ausgestatteten Arten einen ausgebildeten Luftröhrenkrahn. Bei allen anderen einen Kehlsack führenden Tieren ohne Luft- röhrenkrahn besteht die tracheale Kommunikation in einer oder zwei Öffnungen. Bestehen zwei Öffnungen, so ist die erste eine rundliche, gewöhnlich in einem Verschmelzungselement von lamina und I. Trachealring liegende, die zweite ist von Gestalt eines Quer-

I a A a rn »

Anatomische Untersuchungen über den Kehlkopf der Chamaeleonen. 533

schlitzes, der zwischen zwei Trachealringen liegt und eine Durch- brechung des zwischen diesen Ringen liegenden Bindegewebsringes darstellt. Die Formen der III, IV. und V. Gruppe besitzen weder einen Kehlsack noch irgendeine tracheale Bildung, die auf die Anlage eines Luftröhrenkrahnes weisen könnte.

Indem ich diese Arbeit, die im Zoologischen Institut der Uni- versität ausgeführt wurde, abschließe, sei es mir gestattet, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geheimen Regierungrat Professor Dr. F. E. ScHuzze, meinen ehrerbietigsten Dank auszusprechen für die wohlwollende Förderung dieser Arbeit durch Gewährung eines Arbeitsplatzes, der Benutzung der Materialsammlung zu anatomischen Studien, der bibliographischen und technischen Einrichtungen des Institutes. Ferner schulde ich Herrn Professor Dr. BRAvER und Herın Professor Dr. Tornıer großen Dank für die Überlassung des Tiermaterials aus der herpetologischon Sammlung des zoologischen Museums; letzterem Herrn sowie Herrn Professor Dr. DEEGENER bin ich für manchen guten Rat im Interesse der Arbeit zu aufrichtigem Danke verpflichtet.

Inhaltsübersicht.

Seite Ei ne ne 462 ee ee ae ein 463 Material und Untersuchungsmethode . . . - - - 2 Er #y SAG8 Allgemeine Anatomie des Larynx ....: 2:22. Be 5 Beer BenIkapien 2 ea ae rn. 1 Bee Bes Kehlkoplese Nr nennen. ne. 473 Bandes Behlkopfes fan ne. ee Duemeenkzahn und Behblsack 2:03 ....2 wann... 477 see ea Baneknorpels nr. en. EEE I

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634 GUIDO GERMERSHAUSEN.

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536 Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher.

Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher.

Im Austausch:

Sitzungsberichte d. kgl. preußischen Akad. d. Wiss. zu Berlin. 1912, No. 39—53; 1913, No. 1—40. Berlin 1912 u. 1913. Abhandlungen d. kgl. preußischen Akad. d. Wiss. zu Berlin 1912; 1913, No. 1. Berlin 1912 u. 1913. Mitteilungen aus dem Zoologischen Museum in Berlin. Vol. 6, H.3. Berlin 1913. Bericht über das Zoologische Museum zu Berlin im Rechnungsjahr 1912. Halle a. S. 1913. Mitteilungen d. Deutschen Seefischerei-Vereins. Vol. 29, No. 1—12, Berlin 1913. Verhandlungen des botanischen Vereins der Provinz Brandenburg. Vol. 54, 1912. Berlin 1913. Naturwiss. Wochenschr. N. F. Vol. 12, No. 1—52. 1913. Berliner Entomolog. Zeitschr. Vol. 57, H.3 u. 4; Vol. 58, H. 1u. 2. Berlin 1913. Entomologische Mitteilungen. Vol. 2, No. 1—12. Berlin 1913. Mitteilungen aus d. Zool. Station zu Neapel. Vol. 20, H. 9; Vol. 21, H. 1, 4, 5. Berlin 1913. Veröffentlichungen des Königl. Preußischen Geodätischen Institutes. N. F. No. 58. Berlin und Potsdam 1913. Bericht über die Tätigkeit des Zentralbureaus der internationalen Erdmessung im Jahre 1912. Berlin 1913. Naturae Novitates. Herausgeg. von R. Friedländer u. Sohn. 1913. No. 1—24. Berlin 1913. Helios. Organ des Naturwissenschaftl. Vereins des Regierungsbezirks Frankfurt (Oder). Vol. 27. Berlin 1913. Sitzungsberichte, herausgeg. vom Naturhist. Ver. d. preuß. Rheinlande u. Westfalens.. 1912. 1. u. 2. Hälfte. Bonn 1913. Verhandlungen d. naturhist. Ver. d. preuß. Rheinlande u. Westfalens. Jg. 69. 1. u. 2. Hälfte. Bonn 1913. j 17. Jahresbericht des Vereins für Naturwissenschaft zu Braunschweig für die Vereinsjahre 1909/10, 1910/11, 1911/12. Festschrift zum 50 jährigen Bestehen des Vereins. Braunschweig 1913. | Abhandlungen, herausgeg. vom Naturwissenschaftl. Verein zu Bremen. Vol. 21, H. 2; Vol. 22, H.1. Bremen 1913. ER Abhandlungen und Bericht LIII des Vereins für Naturkunde zu Cassel. 74.—76. Vereinsjahr 1909—191z2. Cassel 1913. 34. Bericht des westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins. Danzig 1912.

Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher. 537

Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Neue Folge. Bd. 13, H. 2 u. 4. Danzig 1912.

15.— 18. Bericht der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Chemnitz.

Chemnitz 1904— 1912.

Schriften des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte in Donau- eschingen. 13. H. Tübingen 1913.

Sitzungsberichte der Physikalisch-medizinischen Soecietät in Erlangen. Vol. 39—41, 1907—1909; Vol. 44, 1912. Erlangen 1908—1910 u. 1913.

Nachrichtsblatt d. Deutschen Malakozool. Gesellschaft. Vol. 45, H. 1—4. Frankfurt a. M. 1913.

43. Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. H. 1—4. Frankfurt a. M. 1913.

Abhandlungen, herausgeg. v. d. Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. Vol. 31,H. 2 u. 3; Vol. 34, H. 3. Frankfurt a. M. 1913.

Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Gießen. Neue Folge. Naturwissenschaftl. Abt. Vol.5 (1913), Medizin. Abt. Vel. 7 u. 8. Gießen 1911 u. 1913.

Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg. 66. Jahrg., 1. u. 2. Abt. Güstrow 1913.

Leopoldina. H. 49, No. 1—12, Titel u. Inhalt. Halle a. S. 1913. Nova Acta. Abh.d. Kaiserl. Leop.-Carol. Deutsch. Akad. der Natur- forscher. Vol. 96, No. 2. u. 3; Vol. 98, No.1. Halle 1913. Mitteilungen aus dem Naturhist. Mus. in Hamburg. Vol. 29, 2. Bei-

heft. Hamburg 1912. |

Verhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg 1911. Hamburg 1912.

Abhandlungen aus dem Gebiet der Naturwissenschaften, herausgeg. vom Naturwissenschaftl. Verein in Hamburg. Bd. 20, 1. H. Hamburg 1912.

60.u.61. Jahresbericht der Naturhistorischen Gesellschaft zuHannover über die Geschäftsjahre 1909/10 u. 1910/ll. Hannover 1912.

Verhandlungen des naturhist. mediz. Ver. zu Ber N. F. Vol.12, H.2 u. 3. Heidelberg 1913.

Wissenschaftl. Meeresuntersuchungen. N. F. Vol. 10, Abt. Hegoland, H. 2; Vol. 15, Abt. Kiel. Kiel und Leipzig 1912 u. 1913.

Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig-Holstein. Bd. 15, H. 2. Kiel 1913.

Schriften d. physikal.-ökonom. Gesellsch. zu Königsberg i. Pr. Vol. 53. Königsberg i. Pr. 1913.

538 Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher. Mitteilungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Leipzig für das Jahr 1912. Leipzig 1913. Sitzungsberichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Leipzig. Vol. 39, 1912. Leipzig 1913. | Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft und des Naturhisto- rischen Museums in Lübeck. 2. Reihe, H. 26. Lübeck 1913.

Bericht des Naturhistorischen Museums in Lübeck über das Jahr 1912. Lübeck 1913.

Sitzungsberichte der Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Naturwissenschaften zu Marburg. Jahrg. 1912. Marburg 1913.

Jahreshefte des naturwissenschaftlichen Vereins für das Fürstentum Lüneburg. XIX, 1910—1913. Lüneburg 1913.

Verhandlungen der Ornitholog. Gesellschaft in Bayern. Vol. 11, H. 2—4. München 1912 u. 1913.

40. Jahresbericht des Westfälischen Provinzial-Vereins für Wissen- schaft und Kunst für 1911/12. Münster 1912.

Abhandlungen der Naturhistorischen Gesellschaft zu Nürnberg. Vol. 18, H. 2; Vol. 20. Nürnberg 1913.

Jahreshefte d. Vereins f. vaterländ. Naturk. in Württemberg. Vol. 69. Stuttgart 1913.

Sitzungsberichte und Abhandlungen der naturforschenden Gesell- schaft zu Rostock. Neue Folge. Vol. 1—4. Rostock 1909--1912.

Verhandl. des naturforsch. Vereines in Brünn. Vol. 50, 1911. Brünn 1912.

XXVII. Bericht der meteorologischen Commission des naturforschen- den Vereines in Brünn. Brünn 1912.

Annales hist-natur. Musei Nat. Hungarici. Vol. 11, P.1. Budapest 1913.

Mitteilungen aus dem Jahrbuche der kgl. Ungar. Geolog. Reichsan- stalt. Vol. 20, H. 2—7; Vol. 21, H. 1. Budapest 1912 u. 1913.

Jahresbericht der kgl. Ungar. Geolog. Reichsanstalt für 1910 u. 1911. Budapest 1912 u. 1913.

Term6szetudomänyi Közlöny. Bd. 45, H. 569—592. Budapest 1913.

Ällantani Közlemenyek 1913, Vol. 12, H. 1-4. Budapest 1913.

Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für Steiermark. Vol. 49. Graz 1913.

Verhandlungen u. Mitteilungen d. Siebenbürg. Ver. f. Naturwiss. zu Hermannstadt. Vol. 62. Hermannstadt 1912.

Jahrbuch des ungarischen Karpathen-Vereines. Vol. 40. Iglö 1913.

Carinthia. Vol. 102, No. 4--6; Vol. 103, No. 1—3. Klagenfurt 1913.

Mitteilungen aus der mineralogisch-geologischen Sammlung des sieben- bürgischen Nationalmuseums. Vol. 1, No. 2. Kolozsvar 1913.

ß Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher. 539

En d. Akad. d. Wiss. in Krakau. Math.-naturwiss. Kl. 1912, # No. 8b—10b; 1913, No. 1a— 8a. Krakau 1912 u. 1913. Mus. Franeisco- Carolinum. TI. Jahresbericht. Linz 1913.

I. Bericht der Naturwissenschaftlichen Sektion des Vereines „Bota- nischer Garten“ in Olmütz. Vereinsjahr 1910—1912. Olmütz 1913.

Sitzungsberichte der kgl. Böhm. Gesellschaft der Wissenschaften. x Math.-Naturw. Cl. 1908 u. 1909. Prag 1910 u. 1911. "Jahresbericht der kgl. Böhm. Gesellschaft der Wissenschaften f. d. - Jahr 1908 u. 1909. Prag 1910 u. 1911.

Lese- und Redehalle d. deutschen Studenten in Prag. 64. Bericht. 1912. Prag 1913.

Lotos. Naturwissenschaftliche Zeitschrift, herausgeg. vom deutschen naturwissenschaftlich-medizinischen Verein für Böhmen „Lotos“ | in Prag. Vol. 6, No. 1—10. Prag 1912.

"Annalen d. k. k. naturhist. Hofmuseums. Vol. 26, No.3 u. 4; Vol. 27, No. 1-3. Wien 1912 u. 1913.

Verhandlungen d. k. K. zool.-bot. Gesellschaft in Wien. Vol. 62, E No. 8-10; Vol. 63, No. 1—10. Wien 1912 u. 1913. "Abhandlungen der k. k. zool.-bot. Gesellschaft in Wien. Bd. T, H. 1—3. Wien 1912 u. 1913.

‚Beiträge zur Paläontologie und Geologie Osterreich-Ungarns und des Orients. Mitteilungen d. Geolog. u. Paläontolog. Inst. d. Univ. Wien. Bd. 26, H. 1 u. 2. Wien 1913.

‚Glasnik hryatskosa, Prirodoslovnoga DruStva. Societas scientiarum croatica. God. 24, 4; 25, 1—3. Zagreb 1912 u. 1913. Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel. Vol. 23. Basel 1912.

Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens. N. F. Vol. 54. 1912/13. Chur 1913.

Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. Jg. 57, H. 1—4; Jg. 58, H. 1 u. 2. Zürich 1912 u. 1913.

Vergaderingen d. Wis.- en Natuurk. Afd. Vol. 21, 1. u. 2. Hälfte.

Amsterdam 1912 u. 1913.

on. Akad. v. Wetensch. te Amsterdam. Verhandelingen, Sect. 1, D. 11, No. 5 u. 6;. Sect. 2,.D..17, No. 3—6. Amsterdam 1911 u. 1912. |

Mededeelingen van’s Rijks Herbarium. No. 8—14 (1912). Leiden

1913.

Onderzoekingen verricht in het Zoölogisch Laboratorium der Rijks-

unviversiteit Groningen. No. 1 u. 2. Leiden 1909 u. 1911.

36

540 Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher

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Botanisk Tidskrift. Vol. 31, H. 3; Vol. 32, H.1; Vol. 33, H. 1-3, Kopenhagen 1912 u. 1913.

Dansk Botanisk Arkiv. Vol. 1, No. 1-4. Kopenhagen 1913.

Geolog. Fören i Stockholm, Förhandlingar. Vol. 34, H.7; Vol. 35, H. 1—6. Stockholm 1913.

Nova Acta Regiae Societatis Scientiarum Upsaliensis. Ser. 4, Vol. 3, Fasc. 1. Upsala 1911—1913.

Aarsberetning vedkommende Norges Fiskerier for 1912, H. 3—6, 1913, HALL Bere IR Ei

Bergens Mus. Aarbok. 1912, H.1 u. 3, 1913, H.1u.2. Bergen 1912 n. 1933:

Bergens Mus. Aarsberetning for 1912. Bergen 1913.

An account of the Crustacea Ki: Norway. Vol. 6. Part Iu 2. Bergen 1913.

Skrifter udgit av Videnskabs- Selskabet i Kristiania. Math. Nat. Kl. 1912. 1. u. 2. Bd. Kristiania 1913.

Forhandlingar i Videnskabs-Selskabet i Christiania. Aar 1912. Christiania 1913.

Stavanger Museum. Aarshefte for 1912. 23. Jg. Stavanger 1913.

Acta Societatis pro Fauna et Flora Fennica. 36. Helsingfors 1912.

Meddelanden af Societas pro Fauna et Flora Fennica. H. 39. Helsingfors 1912.

(Gesellschaft Luxemburger Naturfreunde. Monatsberichte. N.F. Vol. 6. Luxemburg 1912.

Acad. R. de Belgique. Bulletin de la classe des sciences. 1912, No. 12; 1913, No. 1—8. Bruxelles 1912 u. 1913.

Annuaire de l’Acad. R. des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique. Annee 79. Bruxelles 1913.

Memoires de la societe entomologique de Belgique. Vol. 21. Bruxelles 1912.

Annales de la Soc. entomol. de Belgique. Vol. 56, No. 12 u. 13; Vol. 57, No. 1—11. Bruxelles 1913. j

Annales de la soci6te royale zoologique et malacologique de Belgique. Vol. 47. Bruxelles 1913. |

Archives du Mus&um d’Hist. Nat. de Lyon. Vol. 11. Lyon 1912.

Annales de la Societe de Lyon. N. S. Vol. 59. Lyon 1912. ;

Annales de la Facult& des Sciences de Marseille. Vol. 21, Fasc. 1-3. Marseille 1912 u. 1913. g

Annales scient. de l’universit& de Jassy. Vol.7, H.4. Jassy (Rumänien) 1913.

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F ?

Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher. 541

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Proceedings of tlie Royal Physical. Soc. Vol. 19, No. 1-4. Edin- burgh 1913.

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The Glasgow Naturalist. Journ. of the Nat. Hist. Soc. of Glasgow. Vol. 5, No. 2—4. Glasgow 1913.

Journal of the Royal Microscopical Soc. 1913, P. 1—5. London 1913.

Proceedings of the gen. meetings for scient. business of the Zool. Soc. of London. 1913, P. 1—4. London 1913.

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Memoirs and Proc. of the Manchester Lit. and Philos. Soc. Vol. 57, P. 1 u. 2. Manchester 1913.

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Annali del Museo civico di Storia Naturale di Genova. Ser. 3a Vol. 5 (45). Genua 1911.

Atti d. Soc. Ital. di Sci. Nat. e d. Mus. Civ. di Storia Nat., Milano. Vol. 51, Fasc. 3 u. 4; Vol. 52, Fasc. 1. Pavia 1913.

Atti della Soc. dei Naturalisti di Modena. Ser. 4, Vol. 14, 1912, Modena 1912.

Bolletino della Societa di Naturalisti in Napoli. Vol. 24. Napoli 1911.

Atti d. Soc. Toscana di Sci. Nat. Mem., Vol. 28, Proc. verb., Vol. 22. Pisa 1912 u. 1913.

Atti della Reale Accademia dei Lincei. Jg. 310, 1913. Ser. B Rendic. Cl. sei. fis., matem. e nat. Vol. 21, 2. Sem., Fasc. 11u. 12; Vol.22, 1. Sem., No. 1—12; 2. Sem., No. 1—11. Rendiconto dell’ adu- nanza solenne del 1. giugno 1913 etc. Vol. 2. Roma 1912 u. 1913.

Bolletino dei Musei di Zoologie ed Anatomia comparata della R. Univ. di Torino. Vol. 26, 1911, No. 645—664. Torino 1912.

Bulletin de l’institut Oceanographique. No. 253—275. Monaco 1913. 36*

549 Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher her.

Resultats des campagnes scientifiques accomplies sur son yacht par Albert I" prince souverain de Monaco. Fasc. XXX VII, XXXIX, XL, XLIH, XLIV. Monaco 1913. Trabajos del Museo de Ciencias Naturales de Madrid. No. 1 Madrid 1912. | Naturforscher-Gesellsch. bei d. Univ. Dorpat. Sitzungsberichte. Vol.21, H. 1—4; Vol. 22, H. 1 u. 2. Dorpat 1912 u. 1913. | Schriften, herausgeg. v. d. Naturforscher-Gesellschaft bei der Univer- sität Dorpat. XXI. Dorpat 1913. Memoires de la Soc. des Naturalistes de Kieff. Vol. 23, Liefg. 13. Kiew 1913. | Bulletin de la Soc. Imp. d. Naturalistes de Moscou. Ann6e 1911, ji 4, 1912. Moskau 1912 u. 1913. Acta Horti Petropolitani. Vol. 31, Fasc. 2; Vol. 32, Fasc. 1. St. Peters- burg 1912 u. 1913. Travaux du Musee Botanique de l’Acad&ämie Imperiale des Serena de St. Pötersbourg. Vol. 10. St. Petersburg 1913. Bulletin de !’Acad. imper. des sciences de St. Pötersbourg. Ser. 6, 1913, No. 1—18. St. Petersburg 1913. Memoires de l’Acad&mie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg. Vol. 30, No. 10, 12. St. Petersburg 1913. Bulletins du Comite Geologique, St. P&tersbourg. Vol. 31, No. 3—8. St. Petersburg 1912. Memoires du Comit& G£olog., St. Pötersbourg. Nouv. Ser., Livr. 62, 65, 12, 74, 76, 78, 79, 86. St. Petersburg 1912 u. 1913. Annuaire du Mus6e zoologique de l’Acad&mie imperiale des sciences de St. Petersbourg. Vol. 16, No. 4; Vol. 17, No. 1—4; Vol. 18, No. 1 u. 2. St. Petersburg 1911, 1912 u. 1913. Faune de la Russie et des pays limitrophes fondee principalement sur les collections du mus6&e zoologique de l’Acade&mie des sciences imperiale de St. Petersbourg. Hydraires, Vol. 2, Liefg. 1. Poissons, Vol. 3, Liefg. 1. Insectes Hemipteres, Vol. 3, Liefg. 1; Vol. 6, Liefg. 1. St. Petersburg 1912 u. 1913. Arbeiten der biologischen Wolgastation. Vol. 6, No.5. Saratow 1913, Arbeiten des Botanischen Gartens in Tiflis. vol. 8, No. 1—3; Vol. 9 No. 1—8; Vol. 10, No. 1 u. 2; Vol. 11, No. 12.2 Vol. 12, No. 1 u. 2. Tiflis 1906— 1913. R| Univ. of California Publications. Amer. Archeaol., Hithnology u 1 Ethnogr. Vol. 10, No. 4; Vol. 11, No. 1. Botany, Vol. 4, No. ! bis 18; Vol. 5, No. 1—5. Geology, Vol. 7, No. 3—12. Berkele 1912 u. 1913.

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544 Verzeichnis der im Jahre 1913 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher.

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Estados Unidos de Venezuela. Gazeta de les Museos Nacionales. Vol.1, No. 1—3, 5,7, 9,12; Vol.2, No.1—3. Caracas 1912u. 1913.

Boletim do Museu Goeldi (Museu Paraense) de Historia Natural e Ethnographia. Vol. 7. Para 1913.

Boletin del Cuerpo de Ingenieros de Minas del Peru. No. 78 u. 79. Lima 1913.

Verhandlungen des Deutschen Wissenschaftl. Vereins zu Santiago de Chile. Vol. 6, H. 2 u. 3. Santiago 1912 u. 1913.

Festschrift des Deutschen wissenschaftlichen Vereins zu Santiago zur Gentenarfeier der Republik Chile. Santiago de Chile 1913.

Annals of the South African Mus. Vol. 7, Titel u. Index; Vol. 10, P.4—6; Vol. 11, P. 3—6; Vol. 12, P.1; Vol. 13, P. 1. London 1912 u. 1913.

Report of the South African Museum for the years ended 31°! De- zember 1910, 1911, 1912. Cape Town 1913.

Journal and Proceedings of the Asiatie Society of Bengal. Vol. 6, No. 12 u. Extra-No., Index; Vol. 7, No. 4—11 u. Extra-No.; Vol. 8, No. 1—10. Memoirs, Vol. 3, No.5 u.7; Vol. 75, Part 1 u. 2. Caleutta 1912 u. 1913.

The Sarawak Museum Journal. Vol. 1, No. 1. Sarawak 1911.

Bulletin du Jardin botanique de Buitenzorg. 2. Ser, No. 1—12. Buitenzorg 1911—1913.

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens. Vol. 14, T. 1—3 nebst Suppl. Tokyo 1912 u. 1913.

Journal of the College of Agriculture Imperial University of Tokyo. Vol. 1, No. 4; Vol. 2, No. 3; Vol. 4, No. 2—5; Vol.5, No.1u. 2. Tokyo 1912 u. 1913.

New South Wales. Annual Report of the Dept. of Mines for the Year 1912. Sidney 1913.

Australian Museum. Report of the Trustees for the year ended 30th, June 1912. Sidney 1912.

Als Geschenk: Acassız, G. R., Letters and recollections of Alexander Agassiz with a sketch of his life and work. London 1913. Bishop», F. C. u. Woop, H. P., The biology of some North American ticks of the genus Dermacentor. Parasitology, Vol. 6, 1913, p. 153—187, Taf. 10—12. |

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 16. Dezember 1913. 545

JANET, ÜHARLES, Organes sensitifs de la mandibule de l’Abeille (Apis mellifera L. 5). Extrait des Comptes rendus hebdome- daires des S6ances de l’Academie des Sciences. Vol. 151, p. 618. 1319.

—, Le sporophyte et le gametophyte du vegetal. Le soma et le germen de l’insecte. Limoges 1912.

—, Le Volvox. Limoges 1912.

LeBEDInsKy, N. G., Beiträge zur Morphologie und Entwicklungs- geschichte des Vogelbeckens. Sonderabdruck aus: Jenaische Zeitschr. f. Naturwissensch., No. 50, 1913.

Universite de Geneve. Remise du buste de PıErrRE Prrvost par la faculte des Sciences. Geneve 19192.

Verwaltungsbericht des Märkischen Museums für das Etatsjahr 1912. Berlin 1913.

Zweite wissenschaftliche Sitzung am 16. Dezember 1913. 0. HEINROTH: Demonstration einiger lebender afrikanischer Reptilien mit unterirdischer Lebensweise. F. NIEDEN: Herpetologisch Neues aus unsern afrikanischen Kolonien. R. POTONIE: Über die Epidermis von Mariopteris muricata.

A. SCHUBERG: Eine neue Microsporidienart aus der Larve von Corethra.

Druck von A. Hopfer in Burg b. M.

nu un nn nn) Länge des gg SZ ZZ Tieres = Gemeinsame Merkmale inner- N von der |Maße für den Kehl- Winkel- Kommunikation des Größenverhältnis \alb der einzelnen Gruppen ame der Art Schnauzen- kopf in mm stellung des Kehlsack Kehlkopfes oder der der Knorpel " : spitze bis Kehlkopfes Trachea mit dem untereinander erista Stimm- zum After zur Trachea Kehlsack e.a.— Stellknorpel | CTicoidea | bänder in mm [Länge |Breite| Höhe ©. ©. = Ringknorpel Ch. dilepis Leacn 5 5 twas über 6 4 etwas über ‚5 4 900 groß Luftröhrenkrahn |°°%: en breit u. hoch| gUt aus- Ch. dilepis roperi Bror. 35 3 9 | etwas über } gebildet > 900 groß Luftröhrenkrahn Si 5 kb hoch | gut aus- . gro CH. R gebildet Ih. calcarifer Prrens 6 5 45 eurasüber groß erste Öffnung rund, |e.a. klein ut zweite Öffnung Schlitze. c. groß, stark breit u. hoch] ® en Großer Kehlsack immer Ch. gracilis Haunow 4,2 37) 3 etwas über| _ e.a. kl N in Kommunikation mit £ } i 90 groß Luftröhrenkrahn e.c. hoch gut aus- Kehlkopf und Trachea; ng basikscte Corn 2 ererD gebildet meist Luftröhrenkrahn; 4,2 4,5 3,5 1350 groß Luftröhrenkrahn |C: 2 Klein breit, mäßig| mittel- Aryknorpel fast immer e. e. mittelgroß hoch roß kleiner als Ringknorpel; On. chamaeleon (L.) 45 35 3 etwas über c.a. kl 5 crista cricoidea u. Stimm- ; & 900 groß Luftröhrenkrahn a Ha wenig hoch | k bänder vorhanden SED = ; En Ch. senegalensis Daun, 137 4 3,3 3 | etwas über e. a. kl » 900 groß Luftröhrenkrahn a. klein b gut aus- e. e. mittelgroß reit u. hoch gebildet Ch. laevigatus Grax 3 2 1,5 900 groß Öffnung und laeinia [e.a. groß ittel- trachealis e.c. mittelgroß kurz u. flach TEroR Ch. semieristatus Boerıe. 6 4 : 3 900 erste Öffnung rund, |e.a. groß |, Weite Öffnung Schlitzle. e | mittelgroß klein ae Ch. melleri Gray 8 62 5 ‚2 4 1350 groß Öffnung (Sehlitz) | %- Klein gut aus- » |5. c. groß breit u. hoch Bee er, N) (ee ee je IT rer nama 5 £ e quensis A. Sa. 45 | 4,3 3,3 klein Luftröhrenkrahn | 4- klein roß u. breit] ZUt aus- e.c. groß 8 & il gebildet Ch. verrucosus Cuv. 5 4 94 Öffnung (Schlitz), davorle : Sen geschloss. Fontanelle Bi mittelgroB nieuvie ss Ch. oustaleti Moca. 4 25 | 275 | etwas über Öftnung (Schlitz), davorle. a. Kieinersäkenlsackäkoder : Zu 90° ein geschloss. Fontanelle |c. c. N mittelgroß groß u. hoch si Anlage eines solchen vor- [9] DoORN = tw 6 Banden Bewehnlich in h. goetzei Torn 1,75 | 15 1 e wa uber klein ae Seal) . [e.a. sehr groß nicht gut aus- Kommunikation mit der II san iplelleeklein Worhandengfgebilit! Trachea, Stimmbänder Ch. damaranus Buer. 9 Öffnung; der dahinter- b 3 2,75 | 1,5 1 1800 br kleinjli T e. a. groß ıneist vorhanden sebr kleinjliegende Trachealring|, mittel- mit Zipfel &le. c. mittelgroß mäßig hoch groß Ch. pumilus Daun». 2 1,3 1 1800 a 5 angelegt | kreisrunde Öffnung | &-\ nieht |nicht vor- & le.c. [ mittelgroß vorhanden | handen Ch. lateralis GrAY 92 3 2,5 ° [Ch N 1,7 135 angelegt 0, | klein en klein Ch. oweni Gray 5 3,7 27 1350 ttelgroß , 2, sehr klein] nicht bestehend 6. a. mittelgrol stark, [e. c. klein mäßig hoch I Se | er lex klein a In wulstig? Ch. quadricornis Tor: E etwas über [nicht vor- - 7 N. 6,2 5,3 4,5 900 Handan BE 5 1 mittelgroß hoch ro Ch.bitaeniatus subsp. ellioti tw. l i 8 1,9 1,6 1 etwas über |nicht vor- Er c.a. klein mittel- GÜNTHER 909 handen e.c. groß hoch u. kurz groß Ch. | etwas über [nicht vor- h. minor GÜNTHER 78 1,4 2,3 1,5 900 ER —_ Bi N mittelgroß breit u. flach niehk vor: Ch. bitaeniatus subsp. r 60 1,8 1 o nicht vor- > c.a. klein & Kein Kehlsack; crista GLEN SNTERELEN ö | er een e. €. groß mERIB hoch Be) ericoidea vorhanden: III|Ch. cephalolepis Y 68 3,5 4 o [nicht vor- e.a. klein, hoch 1 > Stimmbänder meist v 7% ’pıs GÜNTHER 2,4 1,4 180 nicht vor: nderkn vor- handen ec. c. mittelgroß mäßig hoch | N ynden Ch. pardalis Cuv. 145 6 4,5 3,95 | etwas über |nicht vor- _ e. a. klein mäßi > _- 900 handen e. e. groß Kea eo Ch. guentheri Buor. 102 4,25 5 5 ) nicht vor- e. a. klein 9 20) 08,5 215 185 handen 2 [e. ce. mittelgroß hoch kurz Gi eastrotzemmaBre 64 175 5 | } ) nicht vor- e.a. groß mittel- gastrotaenia BLER. ‚25. 1,252 0,6) 180 Handen - ec Tittelgroß mäßig hoch groß Oh. oshaughnessyi GÜNTHER 131 475 | 35 7 nicht vor- e. a. klein nicht vor- BE 2 3 Ds handen e. ec. mittelgroß klein, kurz handen I Ch. tavelensis SınD. 80 19 P) 1,5 | etwas über [nicht vor- = ce. a. groß mittel- o 2 900 handen [e. ce. mittelgroß brelläusilzch groß CHaderemensis Mrrsom: 153 44 43 etwas kleiner[nicht vor- = e. a. groß nicht vor- e 2 2 Ö als 90° handen €.c. mittelgroß klein u. flach handen N 7 n A nicht - c.a. Ch. fuelleborni Torx. 92 3 |25 | 16 el vor = Bi En oleron flach klein eh Rür 58 5 : g o [nicht vor- = ec. a. groß gut aus- Kein Kehlsack; Tracheal- wefimel tür: - 1.851282 1.02 fast 180° | handen e. e. mittelgroß hoch u. kurz] Sebildet winkel nähert sich einem Ch. bitaeniatus subsp. nicht 94 15 Pr > 0 icht vor- = e.a. groß nicht vor- ee Stellknorpel hoeneli Sxo. ö 1,5 & handen &.c. klein mäßig hoch | nanden coidea vorhanden; Stimm- en. iD y o oir o jnicht vor- = e. a. groß lang, mäßig [nicht vor- bänder teils vorhanden, EIRBENNENLLZORN: e = 2 nn fast 180 handen 6. c. mittelgroß hoch handen teils nicht vorhanden Ch. bitaeniatus subsp. nicht vor- c.a 8 = an = .a. groß nicht vor- bitaen. J..G. Fıscn. 1,5 z handen e.c. klein mäßig’ hoch handen 1 r | etwas über [nicht vor- c. a. sehr groß mittel- Ch. wenorhinus BLER. 54 2 2 1,25 1350 Yanden Bo akain kurz u. flach groß Y nicht vor- c.a. klein mittel- Ch. -cristatus STUTCHE. 115 2,5 1,8 2 fast 180° handen _ c.c. groß klein groß N A 9 n nicht vor- [c. a. groß nicht vor- Ch. wiedersheimi NIEDEN 76 3 2 1,6 1800 handen Bo, ER 2 N | ee jinenden|2 _ _ leo. miltelgroß! |“ | handen. klein ander Ch. fischeri Rouw. und ar Te) Br Pe De Eee VE EEE DIehtyOr. c.a.\ nicht 5 g 0 1] 3 Se matsch. 103 2,6 2,2 2,1 135° Harder _ cf mittelgroß vorhanden | lein r j= n A: nicht vor- c.a. groß nicht nicht vor- h. bifidus Bronen. 115 475 | 35 | 2,25 135° handen = [c. ce. mittelgroß vorhanden | handen a om nicht vor- e. a. normal nicht nicht vor- On. brevicornis GÜNTHER 113 4,1 8 ehr 180° handen le. c. groß vorhanden | handen 3 5 95 0 nicht vor- Be c.a. sehr groß nicht mittel- Kein Kehlsack; Tracheal- Rörallax’Mooe: = a 0 607 2202 handen ec. c. groß vorhanden | groß winkel meist "gestreckt, a G R nicht vor- le. a. groß nicht nicht vor- nicht kleiner als 135°; ORapansoniiCuy. 208 5,202 115,235 1350 handen = le. c. mittelgroß vorhanden | handen Stellknorpel fast immer x 6 ungewöhnlich groß; crista h. jacksoni subsp. vaueres- 112 4 33 P) 1350 nicht vor- R e. a. groß nicht mittel- ericoidea fehlt; Stimm- cecae Ton. ı handen e.e. klein vorhanden groß bänder oft nicht vor- : nicht vor- ».a. groß, stark nicht mittelgroß, handen Ch. montium Bucun, 131 4 3,4 2,5 fast 180° handen Br Each vorhanden stark nicht vor- ec. a. groß nicht nicht vor- Oh. tenwis MrscH. 50 1,5 1 0,7 fast 180° | Wanden = 1: , en vorhanden | handen 6 nicht vor- °.a. groß nieht nicht vor- Ch. willsi GÜNTHER 65 2,5 2 1,7 180° handen Eee klein vorhanden | handen nicht vor- e.a. nicht nicht vor- Ch. gallus GÜNTHER 44 1 1 0,8 1800 Handen Fo, vorhanden | handen nicht vor- c.a. sehr groß nicht nicht vor- Ch. johnstoni Bror. 128 8,5 3,5 2,1 fast 180° Harden e.c. klein vorhanden | handen

y Er i ee 1 - a 2 ve FF . N . < a - .- 4 a ur x ; r " . 5 -r » Ä & It ! h u > N Feen > in Fr ° { \ # # } ® \ B we y \ vr # % & r w f \ n } in} [3 2 nr pr { v > \ \ pP * } = x e” . A ı, u‘ . au . [ 3 r $e [“ s j # u . 2 L : c w. > - . . x = > .. . Li in & zu; « F e > et n . IP E y ee ee ns F a‘ ' f nr de x } v in £ IS 2 - - u Un an Rt % y r ar 99 EHRT r nun e ar 4,7 x i .\ Rz / PT ee. u; 7 we Inn er [dr a9 de . . i * PER f RE TEL / Be me DS RE EN = nr ee ! EEE ERE i n x r- ; t: SE VEER en a n\ iu ur R Pr 1 ie tar Whad 7 un > u N . DEN; Mr, ee ET DR PERLE ee FE » ; u » R TR Y { Br? EEE . KrX m u j 2 a BR „ir ' ur te . - A ee are - Ba UN AIR Alen zZ u ar zZ x FE a he 2% BA Br ; un “. ar ey y

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Gesellschaft Naturforschender | or T

Dieim Jahre 1773 gestiftete Gesellschaft Naturforaäkien Freunde in Berlin ist eine freundschaftliche Privatverbindu zur Beförderung der Naturwissenschaft, insbesondere Biontologie. x

Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen, außerordent- | liehen und Ehrenmitgliedern.

Die ordentlichen Mitglieder, deren Zahl BR na Pa betragen darf, ergänzen sich durch einstimmige Wahl nach Bi. den durch königliche Bestätigung vom 17. September 1789 3 und 7. Februar 1907 festgestellten Gesetzen. Sie verwalten das Vermögen der Gesellschaft und wählen aus ihrem Kreise die Vorsitzenden und Schatzmeister. re

Die außerordentlichen Mitglieder, deren Zahl ünbaschräuieh " ist, werden von den ordentlichen Mitgliedern, auf Vorschlag | eines ordentlichen Mitgliedes unter eingehender Begründung, gewählt. Für freie Zustellung der Sitzungsberichte una Einladungen zu den Sitzungen zahlen die außerordentlichen Mitglieder einen Jahresbeitrag von . Mark. Sie können das S 3, „Archiv für-Biontologie“ und alle von der Gesellschaft unter- stützten Veröffentlichungen zum ermäßigten Preise beziehen.

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Er 8 Die wissenschaftlichen ae finden mit Ausnahme der Monate August und September am 2. und 3. De jedes Monats bis auf weiteres im Hörsaale VI, bzw. im Konferenzzimmer der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, - Invalidenstr. 42, abends 7 Uhr, statt. BR, Dr

Alle für die Gesellschaft bestimmten Bondage sind an den Sekretär, Herrn Dr. K. Grünberg, Berlin N 4, Invalidenstr. 48, zu richten. _ N a

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