^']ZT
i^ibriirn of tfjc IJIuscum
OF
COMPARATIVE ZOÖLOGY,
AT HARVARD COLLEGE. CAUBRIBCE, MASS.
j?ountJctJ hv pifbntc subsctfptfon, m 1861.
From the Library of LOUIS AGASSIZ.
iVÖ. / 0 Z V
a^
/^z.«^^^^^'^
SITZUNGSBERICHTE
DKR KAISliRLICIlEN
kUmmi DER WISSENSCHAFT!.
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
FUNFÜNDDREISSIGSTER BAND.
WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
m COMMISSION BEI KARL GEROLD'S SOHN, BUCHHÄNDLER OF.R KAIS. AKADEMIE
»ER WISSENSCHAKTEN.
1859,
SITZUNGSBERICHTE
DER
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN
CLASSE
DER KAISERLICHEN ^^-^
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
FÜNFUNDDREISSIGSTEU BAND.
Jahrgang 1859. — N°- 7 bis 12.
(»t 19 Cafrln ti. i iartf.)
WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
IN COMMISSlüN Bi:i KARI- GI:R()I>D'S SOHN. BUnillÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE
PER WISSENSCHAFTEN.
^"^ 1859.
INHALT.
Seilt
Sitzung vum 3. März 18o9 3
Haidinger, Über die Bestandtheile des Meteorsteines vom Cap-
land 5
Brücke, Über Gallenfarbstoffe und ihre Auffindung 13
Tschermak, Über den Zusammenhang zwischen der ehemischen
Constitution und dem relativen Volumen bei flüssigen
Verbindungen 18
Sitzung; vom 17. März I8ö9 63
Czermnk, Über die Sprache bei luftdichter Verschliessung des
Kehlkopfes 6ö
Ueitlinyer, Über flüssige Isolatoren der Ellektricität 73
Luschka, Die Fascia pelvina in ihrem Verhalten zur hinteren
Beckenwand. (Mit 1 Tafel.) lOÖ
Molin, Sülle reliquie d'un Pachyodon dissolerrate a Libäno due
ore Nord-Est di Belluno in mezzo all' arenaria grigia.
(Con 2 tavole.) 117
^itziin^ vom 24. März 18S9 129
IhjrU, Über die Trochlearforfsätze der Knochen 133
Hlasiwetz , Über eine neue Zersetzungsweise der Trinitrophenyl-
siiure 13(i
Nachhaitr, Über das sogenannte Cyanoform 14H
Ao/e«rt<<, Beitrage zur Kenntniss der Arachniden. (Mit S 'la fein.) I.tj
Sitzung; vom 7. April 18ö9 19j
Rolle, Über einige neue Acephalen-Arten aus den unteren Tertiär-
schichten Österreichs und Steiermarks. (Mit 2 Tafeln.) 193
Rohrer, Über Begentropfen und Schneeflocken. (Mit 2 Tafeln.) 211
Mnrinann , Über die Bahn der Europa 230
VI
Seitt
Fruueiifdd, Notizen über die Fauna Hongkonjj's unilScIiiuigliai's:
gesammelt ilaselbsl wälireiid des Aufenthaltes Sr. Majestät
Fregatte Novara im Sommer 18S8 241
Fitzhujer, Versuch über die Abstammung des zahmen Pferdes
und seiner Raoen. Drifte Abtheilung 278
Haidinger, Die grosse Flatin-Stufe im k. k. Hof-Mineralien-Cabi-
nete. Geschenk des Fürsten Anatole von Demidoff.
(Mit einer cbromolithographirten Tafel.) 345
Hucf/nfefter, Notizen über einige fossile Thierreste und deren
Lagerstätten in Neu-Holland, gesammelt daselbst während
des Aufenthaltes Sr. Majestät Fregatte Novara int Monate
December 18S8 349
^itzuil^ vom 14. AjM-il 1859 359
Haidinger, Der Meteoreisenfall von Hraschina bei Agram am
26. Mai 1751. (Mit 1 Tafel.) 3(51
Lüwy, Bahnbestimmung des ersten Kometen 1857 389
Ciiger, Sylloge plaiitarum fossilium. (Auszug.) 413
Czermak, Kleine Mittheilungen aus dem k. k. physiologischen
Institute in Pest 415
Uiesiny, Nachträge und Verbesserungen zur Revision der Myz-
helminthen 421
Burg, Ritter v., Untersuchungen über die Festigkeit von Stahl-
blechen , welche in dem Eisenwerke des Herrn Franz
Mayr in Leoben für Dampfkessel erzeugt werden . . . 452
i§itzuiig; vom 28. Api-il I8S9 , . . . . 475
Reus-s , Über einige Anthozoen aus den Tertiärschifhten des
3Iainzer Beckens. (Mit 2 Tafeln.) 479
Perger, Ritter i\, Über die Lichtempfindlichkeit des Asphalts 489
Hlasiwetz, Über das Chinovin 503
Jeitteles, Bericht über das Erdbeben am 15. Jänner 1858 in den
Karpathen und Sudeten. (Mit I Karte.) 511
Fitzinger, Versuch über die Abstammung des zahmen Pferdes
und seiner Racen. (Anhang.) 593
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTI.ICHE CLASSE.
XXXV. BAND.
^^ SITZUNG VOM 3. ]\IÄRZ 1859.
m 7.
VII. SITZUNG VOM 3. MÄRZ 1839.
Der Secretär legt folgende Schriften vor:
Phytophänologische und zoophänologisehe Beobachtungen für
das Jahr 1857 von dem corresp. Mitgliede Herrn K. Fritsch,
Adjuncten an der k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erd-
magnetismus. Die Zusammenstellung dieser Beobachtungen bildet wie
bisher einen Theil der Jahrbücher der genannten Centralanstalt,
wird aber künftig in besonderen Heften erscheinen :
Ein Schreiben des Herrn Prof. Wo hier: Über die Bestand-
theile des Meteorsteines von Capland, nebst einer Nachschrift dazu
von dem Herrn Sectionsrath W. Haidinger.
Herr Professor Unger überreicht eine Abhandlung des Herrn
Dr. Julius Sachs: Physiologische Untersuchungen über die Kei-
mung der Schminkbohnen.
Diese Abhandlung wird in den Sitzungsberichten erscheinen.
Herr Professor Brücke spricht: „Über Gallenfarbstoffe und
ihre Auffindung. "
Der Akademie wurden folgende, die mathematisch-naturwissen-
schaftliche Classe betreffende Bücher zugesendet :
Academia Caesarea Lieopoldino-Carolina naturae curiosorum.Novo-
rum actorum, vol. vicesimi sexti pars posterior. Cum tabulis
XXXV. Vratislaviae et Bonnae, 18S8; 4«-
— B., di scienze, lettere ed arti di Modena. Memorie. Tome I et 11,
t833 — 1858; 4o' — Programma dal concorso dei premii delT
anno 1859; 4o-
1*
Akademie der Wissenschaften, k. Bayerische, Abhandlungen
der mathem.-phys. Classe, VIII. Bandes zweite Abtheilung. 1858;
4o- Sammt den 5 daraus veröffentlichten Separatabdrücken. —
Gelehrte Anzeigen. Band XXXXVII. 4o-
Bauzeitung, Allgenneine, von Prof. L. Förster. Jahrgang XXIV,
Heft 1. Wien, 1859; 4o- Sammt Atlas, Heft 1; Fol.
Cos mos, VIII annee, vol. XIV, livr. 8.
Effemeridi astronomiche di Milano per Tanno 1859. Milano,
1858; 8«-
Ermann, A., Beiträge zur Klimatologie. IV. Über Boden- und
Quellentemperaturen und über die Folgerungen zu denen
Beobachtungen derselben berechtigen. V. Das Klima von
Tobolsk (Separ.Abd. aus E's. Bus s. Archiv, BandIX,Hft. 1); 4o-
Frisiani, Paolo, Nuovi apparati fotometrici. Memoria. 4o*
Geological survey of India. Memoris. V^ol. I, p. 2. Calcutta,
1858; 80-
Istituto I. B., Lombarde. Memorie, vol. VII, fasc. 8. — Atti, vol.I,
fasc. 12. 1859; 4<'-
Land- und forstwirthschaftliche Zeitung, Jahrgang IX, Nr. 7, 8; 8o*
S t u d e r , Prof. Dr. B., Eröffnungsrede der 34. Versammlung
schweizerischer Naturforscher in Bern. Bern, 1858; S«-
Verein, naturwissenschaftlicher, in Pesth. Jahrbuch I, II, III, Pesth,
1841 — 1857; 8. Daraus deutsch: Originalabhandlungen aus
dem dritten Bande der Jahrbücher. Pesth, 1858; 80-
Wiener medicinische Wochenschrift von Dr. Witteishöfe r.
Nr. 8,9.
MITTHEILÜiNGEN UND ABHANDLUNGEN.
Über die Bestandtheile des Meteorsteines vom Capland.
Schreiben des correspondirenden Mitgliedes
Fr. Wöhler an W. Hai ding er,
wirkliches Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.
Die merkwürdigen Meteorsteine, welclie am i3. October 1838
Morgens 9 Uhr unter dem furchtbarsten, in weiter Ferne gehörten
Donnergetöse im Bokkeveld, ungefähr 70 engl. Meilen von der Cap-
stadt, niederfielen, haben in ihrer ungewöhnlichen äusseren Be-
schafTeiiheit die grösste Ähnlichkeit mit dem am 15. April 1857 bei
Kaba in Ungarn gefallenen Steine, dessen Analyse ich kürzlich mit-
getheilt habe *). Wie dieser haben sie eine fast schwarze Farbe und
bestehen aus einer weichen, matten Masse, in der man nur wenige
hellere Punkte bemerkt, indessen keine von den kleinen Kugeln, die
in so grosser Menge in dem Kabasteine enthalten sind. Vom Cap-
steine ist zwar schon 1839 von Faraday eine Analyse mitgetheilt
worden 2), allein diese gibt keine Rechenschaft von der auffallenden
schwarzen Farbe des Steines. Es schien mir daher eine erneuerte
Analyse desselben von um so grösserem Interesse zu sein, als sie
in Aussicht stellte , auch in diesem Steine Kohle als Ursache der
Farbe und damit im Zusammenhange vielleicht auch jene bitumi-
nöse Substanz zu finden, durch die der Kabastein so ausgezeichnet
ist. Diese Vermuthung hat sich vollkommen bestätigt durch die fol-
genden Untersuchungen, die Herr Harris auf meinen Wunsch vor-
1) Sitzungsberichte, Bd. XXXH, S. 20Ö. 1838.
■^) „The F.onHon and Rdinhnrgh Philosophical Magazine". Vol. XIV, p. 368.
6 Fr. Wöh I er an W, H a id i ng^e r.
genommen und zu denen Herr Director Hörnes auf das Bereitwil-
ligste eine kleine Menge des seltenen Materials geliefert hat.
Der Gehalt an bituminöser Substanz gab sieh sogleich da-
durch zu erkennen, dass ein Stückchen Stein in einer Röhre erhitzt,
einen sehr deutlichen bituminösen Geruch entwickelte. Es wurden
daher die ganzen zu Gebote stehenden Steinstückchen zerrieben,
mit sorgfältig gereinigtem Alkohol ausgekocht und dieser abfdtrirt.
Er hatte eine blassgelbe Farbe angenommen und hinterliess beim
vorsichtigen Verdunsten eine gelbliche, weiche harz- oder wachs-
ähnliche Substanz, ganz ähnlich der aus dem Kabasteine. Sie war
in Alkohol wieder vollständig löslich und wurde durch Wasser wie
ein Harz, milchig daraus gefällt. Beim Erhitzen in einer Röhre
schmolz sie leicht und zersetzte sich dann unter Abscheidung von
schwarzer Kohle und Entwicklung eines stark bituminösen Ge-
ruches. Sie näher zu untersuchen, war auch hier wegen der zu
kleinen Menge von Material nicht möglich. Aber unzweifelhaft ist es,
dass auch diese aus dem Welträume auf unsere Erde angekommene
Meteormasse eine kohlenstoffhaltige Substanz enthält, die nur orga-
nischen Ursprungs sein kann.
Dass die fast schwarze Farbe des Steines von innig beige-
mengter amorpher Kohle herrührt, war leicht zu beweisen. An der
Luft zum Glühen erhitzt, brannte er sich leicht hellbraun. Durch
Behandlung mit Säuren verschwand die schwarze Farbe nicht. In
Sauerstoffgas erhitzt, brannte er sich rasch hellbraun unter Bildung
von Kohlensäure, deren Menge auf diese Weise bestimmt und woraus
der Kohlengehalt berechnet wurde. Es wurde auch hier die Vor-
sicht gebraucht , die zugleich gebildete schweflige Säure aus dem
Kohlensäuregas wegzunehmen, dadurch, dass dieses durch ein
langes, mit Bleisuperoxyd gefülltes Rohr und von dadurch Baryt-
wasser und festes feuchtes Kalihydrat, beide gewogen, geleitet
wurde. So wie das Sauerstoffgas, das vollkommen rein war, zu dem
schwach glühenden Steinpulver trat, gab sich die Bildung der Koh-
lensäure durch einen starken Niederschlag im Barytwasser zu er-
kennen. Auf diese Weise ergab es sich, dass der Stein 1-67 Per-
cent Kohle enthält, ungerechnet die oben erwähnte Kohlenwasser-
stoff-Verbindung, die zuvor durch Alkohol ausgezogen war.
Bei dieser Verbrennung war es auffallend , dass so sehr viel
Wasser zum Vorscheine kam, obgleich das Steinpulver zuvor län-
über die Bestandtheile des Meteorsteines vom Capland. 7
gere Zeit bei 100 Grad getrocknet worden war. Zugleich bildete
sich ein schwaches krystalliiiisches Sublimat, das auf Schwefelsäure
und eben so deutlich auf Ammoniak reagirte. Es muss vorläufig
dahin gestellt bleiben, ob das Wasser und das Ammoniak ursprüng-
liche Bestandtheile des Steines waren, oder aus dessen Elementen
entstanden sind, oder ob der Stein in Folge seines Kohlengehaltes
und seiner losen erdigen Beschaffenheit gleich dem Thone, diese
Bestandtheile erst später aus der Atmosphäre aufgenommen hat.
Auch Faraday fand 6-5 Percente Wasser in diesem Steine,
ohne aber anzugeben, bei welcher Temperatur er ihn getrocknet
hatte.
Salzsäure löst aus dem Steine viel Eisenoxydul und Magnesia
auf. Man bemerkt dabei eine nur äusserst schwache Wasserstoffgas-
Entwickelung, zum Beweise, dass er nur wenig metallisches Eisen
enthalten kann, wie er denn auch nur sehr schwach auf die Magnet-
nadel wirkt. Er entwickelt mit der Säure nicht die geringste Menge
Schwefelwasserstoff, zum Beweise, dass er den durch die Analyse
gefundenen Schwefelgehalt nicht als Einfach- Schwefeleisen und
nicht als Magnetkies enthält. Andererseits kann er keinen Schwefel-
kies, FeS^, enthalten, weil er beim starken Glühen in einer Glas-
röhre keine Spur Schwefel gibt. Wird er dagegen an der Luft zum
Glühen erhitzt, so bemerkt man sogleich ganz stark den Geruch nach
schwefliger Säure. Dieses Verhalten scheint anzuzeigen, dass er den
Schwefel in Verbindung mit dem Nickel enthält, allein da die gefun-
dene Schwefelmenge = 3-38 Percent, viel zu gross ist, um mit der
gefundenen Nickelmenge = 1-30 Percent, Einfach- oder Zweifach
Schwefelnickel zu bilden, so könnte man vermuthen, dass der Stein
eine dem Niekeleisenkies oder dem Magnetkies ungefähr analoge
Verbindung enthalte , in welchem letzteren das Einfach -Schwefel-
eisen durch Schwefelnickel vertreten wäre. Nimmt man eine Ver-
bindung NiS -f Fe^Ss an, so kämen auf 1-3 Nickel 3-14 Schwe-
fel und 2-50 Eisen, und der Stein enthielte dann von dieser Ver-
bindung 6-94 Percente. Die kleine Differenz zwischen dem so be-
rechneten und dem gefundenen Schwefelgehalte wäre daraus er-
klärbar, dass der Stein eine kleine Menge schwefelsaures Salz ent-
hält. Heisses Wasser zieht in der That etwas schwefelsauren Mag-
nesia aus und auch die Auflösung in Salzsäure reagirt schwach auf
Schwefelsäure.
^ Fr. W ö h I e r an W. H a i d i n g^ e r.
Herr Harris machte von dem Steine drei Analysen, die eine
durch Aufschliessung mit kohlensaurem Kalinatron , die zweite mit
Flusssäure, die dritte mit Königswasser, aus welcher letzteren her-
vorging, dass der Stein nur 5-46 Percent seines Gewichtes von
durch diese Säure nicht zersetzbaren Silicaten enthält. Diese Ana-
lysen haben folgende Körper als Bestandtheile dieses Steines er-
geben. Um die grosse Ähnlichkeit auch in der Zusammensetzung
mit dem Kabasteine anschaulich zu machen, setze ich diese
daneben:
Capland Kaba
Kohle 1-67 0-S8
Bituminöse Substanz , . 0-2S nicht bestimmt
Eisen 2-SO 2-88
Nickel 1-30 1-37
Schwefel 3-38 142
Kieselsäure 30-80 34-24
Eisenoxydul 29-94 27-41
Magnesia 22-20 22-19
Kalk 1-70 0-66
Thonerde 2-05 S-38
Chromoxyd 0-76 0-61
Kali und Natron .... 1-23 0-30
Manganoxydul 0-97 0-OS
Kupfer 0-03 001
Kobalt ) e „
> Spuren Spuren
Phosphor ) ^
98-78 97-30
Der Gehalt an metallischem Eisen konnte nicht direct bestimmt
werden, sondern wurde nach der im Vorhergehenden angegebenen
Voraussetzung berechnet. Die bei der Analyse erhaltene ganze
Menge von Eisenoxyd entsprach 33*15 Percent Eisenoxydul, von
dem 3*21 abgezogen und als 2-50 metallisches Eisen in Rechnung
gebracht wurden.
Durch Königswasser wurden aus dem Steine hauptsächlich
Eisen und Magnesia aufgelöst, mit nur wenig Kalk, Thonerde und
Manganoxydul. Nach Abzug der Eisenmenge, die als zum Schwefel-
nickeleisen gehörend angenommen wurde, zeigte es sich , dass der
Sauerstoff, der mit dem Eisenoxydul und der Magnesia verbunden
gewesen, Kieselsäure, die 2822 Percente betrug, sehr nahe gleich
Ül)er die Bestaiidthuile des Meteorstoiiie s vom Caplaiid . 9
war dem Sauerstoff dieser Basen, dass also auch hier wieder das
durch Säure zersetzbare Mineral ein Magnesia - Eisenoxydul -Silicat
von der Formel des Olivins ist = 3(FeO, MgO), SiOs.
Von dem durch Königswasser nicht zersetzbaren Silicate, das
nur S'46 Percente betrug, wurde zwar eine Analyse gemacht, allein
die dazu angewendete Menge war zu klein , um ein zuverlässiges
Resultat geben zu können. Zudem ist es sehr wahrscheinlich, dass
es bei der Behandlung des Steines mit Königswasser schon partiell
zersetzt worden ist. Es sei daher nur angeführt, dass dieses Silicat
als Basen Thonerde, Magnesia, Kalk, Manganoxydul, Eisenoxydul,
Kali und Natron enthielt. Sein Kieselsäuregehalt betrug ungefähr
44 Percent.
Aus dem Vorhergegangenen lässt sich mit Wahrscheinlichkeit
annehmen, dass der Meteorit vom Caplande ungefähr aus folgenden
Gemengtheilen besteht:
Magnesia-Eisen-Olivln 84*32
Unzersetzbarem Silicat 5*46
Schwefelnickeleisen 6 "94
Chromeisenstein l'll
Kohle 1-67
Bituminöser Substanz 0*25
Phosphor, Kobalt, Kupfer Spuren
99-7S
Nachschrift von dem wirklichen IHitgliede W. Haidinger.
Mein hochverehrter Freund, Herr Prof. Wo hl er hatte in einer
Anmerkung zu der vorstehenden Mittheilung über die chemische
Beschaffenheit eines der merkwürdigsten Meteoriten, deren Ankunft
auf unserer Erde verzeichnet worden ist, auf TheLondoyi and Edin-
burgh Pliilosophical Magazine, Vol. XIV, 1839 als Quelle näherer
Angaben hingewiesen, sowie auf das Werk unseres hochverehrten
verewigten Collegen Part seh: „Die Meteoriten" 1843, pag. 15.
Aber schon in des Letzteren „Übersicht der im k.k. Hof-Mineralien-
Cabinete zu Wien zur Schau gestellten acht Sammlungen" 1855
u. s. w. pag. 137 sind für „Bokkeveld, Capland, ^/)'ica" drei Num-
mern benannt, anstatt des einzigen kleinen Stückchens von s/g Loth,
welches Parts ch schon im Jahre 1842 von dem kaiserlich russi-
schen Minister H. v. Struve in Tausch erhalten hatte, der das-
"10 Fr. W ö h 1 e r an W. H a i d i n g e r.
selbe selbst wieder durch Professor Mayer unmittelbar vom Cap
bezog, und noch ausserdem finden sich mehrere werthvoUe hand-
schriftliche Aufzeichnungen unseres hochverehrten verewigten Col-
legen, dass ich gemeinschaftlich mit meinem hochverehrten Freunde
Hrn. Director Hörnes wünschen musste, anstatt jener einfachen
Nachweisung lieber einen kurzen Auszug der vollständigen Ge-
schichte des Meteorsteinfalles selbst, namentlich in Bezug auf unsere
eigene Wiener Meteoritensammlung zu geben.
Das Capland selbst ist uns mit seinen ürtlichkeiten und Verhält-
nissen durch die so anregende Novara-Expedition gewissermaassen
näher gerückt. An die von unseren hochverehrten Freunden Scher-
zer, Hochstetter, Selleny besuchte Gegend von Worcester un-
mittelbar nördlich schliesst sich die Gegend Warm Bokkeveld, dann
Cold Bokkeveld an. In letzterem, IS englische Meilen von Tulbagh,
70 Meilen von der Capstadt entfernt, geschah der Fall am 13. Octo-
ber 1838 um 9 Uhr Morgens, über welchen zuerst ein Beobachter,
Herr Georg Thompson von der Capstadt, unter dem 28. November
an Herrn Charlesworth, den Herausgeber des „Magazine of
Natural History" vol. III, p. 145 umständlich berichtete (L. and E.
Phil. Mag. XIV, pag. 391). Früher schon, am 25. November schrieb
der hochverdiente Astronom der Capstadt Herr Thomas Maclear an
Admiral (damals Capitän) W. H. Smyth R. N. , unvergesslich in
der Novara-Expedition durch die Empfehlungsbriefe des letzteren an
den ersteren, der unsere Reisenden so wohlwollend aufnahm : „Ich
habe an Sir J. Herschel ein prachtvolles Stück eines Meteors
geschickt, das etwa 100 Meilen von der Capstadt zersprang. Die
ganze Masse kann nicht weniger als vier Kubikfuss betragen haben.
Eine schöne Gattung von Zusammenziehung, wenn diese in unserer
Atmosphäre stattfand! eine solche Entstehung ist kaum begreiflich!"
(L. anclE. Ph. M. XIV, p. 231). Nach Thompson war das Ge-
töse bei dem Falle entsetzlich, lauter und gewaltiger als das hef-
tigste Artilleriefeuer, die Luft wurde mehr als achtzig englische
Meilen in jeder Richtung erschüttert. Mehrere Personen in Wor-
cester fühlten sich an den Knien wie elektrisirt. Bei Worcester, in
40 Meilen Entfernung, verglich man den Lärm mit dem Herabrollen
von Felsmassen von einem Berge. Von dem Orte der Beobachtung
an der Grenze des grossen Karroo, wo sich Herr Thompson in
Gesellschaft des Hon. Mr. Justice Menzies befand, sah man etwas,
über die Bestandtheile des Meteorsteines vom Capland. \ \
wie eine Congreve'sehe Rakete von Westen her sieh Weg bahnen
und fast über den Köpfen der Beschauer in Tropfen von Feuer oder
durchsichtigem Glase scheinbar zerbersten. Die ganze Zeit und
besonders die Nacht vor dem Phänomene waren alle Berge rund um
Worcester und das Bokkeveld fortwährend von Blitzen erhellt und
im ganzen Bereiche der Erscheinung gab sich ein hoher Grad elek-
trischer Spannung zu erkennen. Ein Farmer sah den Fall vor sich
in den Boden schlagen. Viele Steine fielen in drei Haufen, alle in-
nerhalb des Umkreises einer Fläche von 40 bis 50 Ellen im Quadrate
(etwa 1/4 Joch), einige auf harten Grund und diese zerschellten in
kleine Theilchen, andere in den weichen Grund und diese wurden
ausgegraben. Nach den von Herrn Maclear in seinem Schreiben an
Sir John Herschel in der Sitzung der Royal Society am 21. März
1839 gegebenen Nachrichten geschah der Fall während die Atmo-
sphäre still und schwül war. Die Stücke waren anfangs sehr weich
und wurden erst später etwas fester. Nach der Angabe von Herrn
E. J. Jerram von der Capstadt erstreckte sich der Fall der Meteo-
riten über eine Strecke von nicht weniger als 150 englischen Meilen
alle in derselben Richtung, so dass man mit Unterbrechungen bei
10, 15, 20, 50 u, s. w. Meilen Steine fand. Die bei Tulbagh gefal-
lenen allein wurden auf mehrere Centner im Gewichte geschätzt.
Es wäre wohl unmittelbar nach jenem Meteorsteinfalle nicht
schwierig gewesen, wenn man den Eifer und die Beharrlichkeit
eines Freiherrn v. Reichenbach wie bei der Erforschung des
Falles von Blansko am 25. November 1833 angewendet hätte, ein
lehrreiches Bild eines grossen Weltphänomens zusammenzustellen,
in welchem auch Alles einen angemessenen Platz erhalten haben
würde, was gleichzeitig geschah, aber nicht der Geschichte des
eigentlichen Ereignisses angehört, sowie auch ansehnliche Mengen
des so höchst eigenthümlichen und räthselhaften Stoffes derselben
selbst nach Europa zu bringen. Aber dies geschah nur allmählich.
An das britische Museum in London kamen drei ganze Steine, dar-
unter der von G. Thompson an Charles wo rth eingesandte,
und mehrere Fragmente. Sir John Herschel erhielt einen Stein von
7 Pfd. von einem Herrn Truter in der Capstadt. Konnte unser ver-
ewigter College Partsch nach 1843 nur noch zu dem früheren
Stücke 13/16 Lioth in einem grösseren Bruchstücke und drei kleinen
Splittern von Herrn v. Struve erhalten und erst 1845 einen gros-
12 Fr. Wo hl er an W. Haidiiiger. Üher ilie ßestaudtlieile etc.
seren nahe vollständigen und rings umrindeten Stein von 247/8 liOÜx
von Hrn. Dr. Ferdinand Krauss in Stuttgart, der ihn selbst vom
Caplande mitgebracht, ankaufen, so war es im Jahre 1847 Sir John
H ersehe 1 selbst, der ein werthvolles Geschenk dem k. k. Hof-
Mineralien-Cabinete verehrte, ein Bruchstück mit frischen Flächen
und Rinde von i2^/l^ Loth, und zwei kleinen, die zusammen '/g Loth
wiegen. Eines der ersteren, von Herrn v. Struve erhaltenen Bruch-
stücke übergab Herr Director Hörn es an unseren hochverehrten
Collegen Wo hier zur Analyse. Kamen aber doch im Grunde so
wenige Stücke des Meteoritenfalles vom Cap in den Bereich einer
chemischen Untersuchung, wie die neueste unseres Wöh 1er, ange-
regt durch die Thatsaclie der Auffindung eines nach den Gesetzen
organischer Stoffe zusammengesetzten bituminösen Körpers in
Meteorsteinen, so dürfen wir nach den vorliegenden Thatsachen
noch nicht die Hoffnung aufgeben , dass es gelingen wird , doch
etwas grössere Mengen des Materiales zu erhalten, um den neuen
Körper selbst zum Gegenstande weiterer Forschungen zu machen.
In Bezug auf Literatur füge ich, nebst den bisher erwähnten
Quellen noch folgende Angaben bei: „Ulnstitut" 1839, Nr. 287.
„Äthenaeum'^ 28. März 1840. „Echo du Monde Savant" 11. April
1840. „Philosophical Transactions for tlie year" 1839 I., pag. 83.
v. Leonhard und Bronn's „Jahrbuch« 1840, S. 722.
Brücke. Über Gallenfarbstoffe und ihre Auffindung. i 3
Über Gallenfarbstoffe und ihre Auffindung.
Von dem w. M. Prof. E. Brücke.
Im December vorigen Jahres machte Dr. Valentin er in
Günzburg's Zeitschrift bekannt, dass sich aus Gallensteinen, aus
der Galle, ferner aus den Lebern der Icterischen, oft auch aus an-
deren Geweben derselben mittelst Chloroform eine krystallinische
Substanz erhalten lasse, welche verschieden von den bisher bekann-
ten Gallenfarbstoffen sei und in allen ihren Eigenschaften mit dem
Hämatoidin übereinstimme. Die chloroformige Lösung gab mit Sal-
petersäure in besonders schöner Weise die bekannte Farbenfolge
der Gmelin'schen Gallenprobe; dagegen „enthielt nach Entfernung
der in Chloroform löslichen Farbstoffe die immer noch stark dunkel-
grün pigmentirte Galle kein Substrat der Gallenpigmentreaction
mehr". Dr. Valentiner schlägt desshalb vor, da, wo es sich
darum handelt, kleine Mengen von Gallenfarbstoff in einer Flüssig-
keit nachzuweisen, diese mit Chloroform anhaltend zu schütteln
und letzteres nach wieder erfolgter Trennung direct mit Salpeter-
säure zu piüfen.
Da ich in meinen Vorlesungen gerade von der Galle handelte,
so machte ich mich sogleich , als jene interessanten Beobachtungen
zu meiner Kenntniss gelangten, daran, die Krystalle darzustellen,
theils um sie in der Vorlesung zeigen zu können, theils um zu meiner
eigenen Belehrung Dr. Valentiner's Versuche mit denselben zu
wiederholen. Ich schüttelte den Inhalt von einer Anzahl menschlicher
Gallenblasen mit Chloroform, goss nach erfolgter Trennung die Galle
von dem specifisch schwereren, nun gelb gefärbten Menstruum so
vollständig als möglich ab, und filtrirte letzteres dann durch ein dop-
peltes Papierfiltrum , welches den Rest der Galle zurückhielt. Das
Filtrat wurde in eine Retorte gegossen und das Chloroform langsam,
ohne es sieden zu lassen, im Wasserbade abdestillirt. Der Rückstand
14 H V ii c k e.
wurde nach dem Erkalten mit Weingeist von 94 Volumprocent Alkohol
Übergossen; die Krystalle hafteten theils an der Innenseite der Re-
torte, theils senkten sie sieh nach dem Umschütteln mit Weingeist
wie rothes Ziegelmehl herab. Der Weingeist wurde abgegossen,
die Krystalle so vollständig wie möglich herausbefördert und durch
decantiren mit Alkohol und Äther gereinigt.
Die mikroskopische Untersuchung zeigte darauf, dass ihnen
keine fremdartige Substanz mehr beigemengt sei.
Abgesehen von einigen von Dr. Valentiner angegebenen Ver-
suchen, welche ich mit den Krystallen anstellte, richtete ich meine
Aufmerksamkeit zunächst darauf, ob in der That die durch Chloro-
form erschöpfte Galle die Farbenveränderungen mit Salpetersäure
nicht mehr zeige. Ich dampfte einen Theil der von Chloroform abge-
gossenen Galle im Wasserbade zum Trocknen ab , pulverte sie,
extrahirte sie mit Chloroform, filtrirte dasselbe ab, leerte den Filter-
rückstand wieder in eine Flasche, übergoss ihn mit neuem Chloro-
form und fügte dann wieder so viel Wasser hinzu, dass sich die
trockene Galle darin löste. Nun extrahirte ich durch Schütteln weiter,
indem ich das Chloroform von Zeit zu Zeit erneuerte; es nahm immer
weniger Farbstoff auf, die Farbenveränderungen, welche es mit Sal-
petersäure zeigte, wurden immer schwächer und zuletzt unmerklich.
Von der nun abgegossenen Galle wurde eine kleine Quantität mit
vielem Wasser verdünnt, der Gmelin'schen Probe unterworfen und
zeigte den Farbenwechsel sehr schön. Ich habe den Ver-
such mehrmals wiederholt und ihn theils in der ursprünglichen von
Gmelin angegebenen Form angestellt, theils mit der Modification,
welche ich vor zehn Jahren an dieser Probe angebracht habe und
welche darin besteht, dass nur verdünnte Salpetersäure hinzugesetzt
wird und dann concentrirte Schwefelsäure, welche sich zu Boden
senkt und von unten her den Zersetzungsprocess einleitet, so dass
man sämmtliche Farben gleichzeitig in über einander liegenden
Schichten beobachten kann. Stets erhielt ich dasselbe positive
Resultat.
Diese Thatsache war in offenem Widerspruche mit Dr. Valen-
tiner's Angabe, und es fragte sich, wie ich sie erklären sollte. Die
durch Chloroform erschöpfte Galle bildete mit Wasser grüne Lösun-
gen, dieselben wurden auch durch Zusatz von Kali nicht gelb, son-
dern nur ein wenig mehr gelbgrün, durch Salzsäure mehr blaugrün.
über (JalleiitHrbstoffe und ihre Auffindung. 1 0
Ich vermuthete desshalb, dass vielleicht von den beiden als Biliphäin
und Biliveridin bekannten Farbstoffen, welche Object der Gme lin-
schen Probe sind, der eine, das Biliphäin, in Chloroform löslich sei,
der andere nicht, und es lag desshalb nahe, zu untersuchen, ob nicht
die aus dem Chloroform erhaltenen Krystalle krystallisirtes Biliphäin
oder doch eine krystallisirte Verbindung des Biliphäins seien. Es
würde dies ihre von Dr. Valentiner vertheidigte Identität mit dem
Hämatoidin keineswegs ausschliessen. Virchow hat schon vor eilf
Jahren auf die Analogien mit dem Biliphäin (Cholepyrrhin) aufmerk-
sam gemacht, welche ihm sein Hämatoidin bei Einwirkung gewisser
Reagentien darbot i)-
Ich stellte desshalb zunächst eine neue Quantität von Krystallen
dar, löste sie, nachdem sie gereinigt waren, in Ammoniak, und fügte
dann so viel verdünnte Chlorwasserstoffsäure hinzu, dass die Flüssig-
keit sauer reagirte. Sie trübte sich, und beim Umschütteln sammelte
sich die Trübung in gelb -bräunlichen Flocken, von denen beim
Filtriren die Flüssigkeit vollkommen farblos abtropfte. Diese
Flocken erschienen unter dem Mikroskope mit gelber Farbe durch-
scheinend und vollständig amorph. Rasch mit destillirtem Wasser
ausgewaschen , zeigten sie in ihrem Verhalten gegen Reagentien
die Eigenschaften des Biliphäins , wie dieselben seit langer Zeit
und am genauesten durch die Untersuchungen von Heintz bekannt
sind 3).
1) Virchow kommt zu dem Resultate, dass sein Hämatoidin vom Biliphäin ver-
schieden sei ; indessen sagt er, dass die Unterschiede zwar nach dem jetzigen Stande
der Chemie schon zu einer Unterscheidung- geniig-en; aber dass sie keine absoluten
sind, sondern mehr auf Verschiedenheit in der Cohäsion zurückführen, ja dass sogar
eine ausserordentlich grosse Ähnlichkeit zwischen beiden Farbstoft'en nicht wegge-
leugnet werden kann. Er findet es schliesslich am wahrscheinlichsten, dass der Blut-
farbstoff sich allmählich in Gallenfarbstoff umwandele, und das Hämatoidin ein Glied
in der Reihe dieser Umwandlungs - Produete sei. (Arch. f. path. "Anat. Bd. 1,
S. 421 ff.)
2) Ein Unterschied zeigte sich darin, dass sie beim Kochen mit Alkohol denselben viel
weniger tief färbten, als dies frühere Beobachter beschreiben; da sie sich aber gegen
kaustische und kohlensaure Alkalien, gegen Chlorbarium, gegen Salpetersäure, gegen
Chlorwasserstoffsäure, gegen den Sauerstoff der Atmosphäre etc. ganz wie Biliphäin
verhielten , so muss man wohl annehmen, dass das früher dargestellte Biliphäin
irgend eine Beimischung enthielt, welche entweder selbst färbende Kraft besass,
oder die an sich geringe Löslichkeit iles Biliphäins in kochendem .\lkoliol vermehrte.
16 Brücke.
Ingleichen absorbirten ihre alkalischen Lösungen Sauerstoff aus
der Luft und färbten sich grün von gebildetem Biliverdin.
Es handelte sich nun darum , zu untersuchen , ob die Krystalle
durch das Auflösen in Ammoniak und das Fällen mittelst Salzsäure
eine chemische Veränderung erlitten hatten, oder ob sie sich durch
blosses Auflösen des Biliphäins in Chloroform und Abdampfen des-
selben wieder gewinnen Hessen. Gleich der erste Versuch entschied
für das letztere. Da das amorphe Biliphäin verbraucht worden war,
um sein Verhalten gegen Reagentien zu prüfen, so löste ich eine neue,
grössere Quantität von Krystallen in Ammoniak, fällte mit Chlorwas-
serstoffsäure, filtrirte und wusch aus. Es hatte sich während der
Operation ein Theil des Biliphäins in Biliverdin umgewandelt, so dass
der Filterrückstand grünlich gefärbt war. Ich brachte ihn unmittel-
bar nach dem Auswaschen und noch feucht in Chloroform, worin ich
ihn unter Schütteln und gelindem Erwärmen auflöste. Die Flüssig-
keit war gelb-grün gefärbt, als ich sie aber filtrirte, wurde sie gelb.
Auf dem Grunde des Filtrums blieb ein grüner Beschlag zurück,
während der Rand desselben, in den sich die chloroformige Lösung
unter Verdunsten des Menstruums infiltrirt hatte, orangegelb gefärbt
war. Also nur das Biliphäin war im Chloroform gelöst, das Biliverdin
mechanisch darin vertheilt gewesen.
Von der gelben Lösung wurde das Chloroform abdestillirt, den
Rückstand fand ich fast seiner ganzen Masse nach wieder krystal-
linisch , nur ein sehr kleiner Theil des Biliphäins war amorph
geblieben.
Kehren wir zu dem Ausgangspunkte unserer Versuche, zur
Gmelin'schen Gallenfarbstoffprobe zurück, so sehen wir aus dem
obigen, dass das vom Dr. Valentiner empfohlene Chloroform zwar
ein vortreffliches Mittel ist, um das eine ihrer Objecte, das Biliphäin,
zu extrahiren, dass dagegen das andere, das Biliverdin, nicht durch
Chloroform erlangt wird, weil es sich in demselben nicht auflöst.
Aber eben dadurch besitzen wir nunmehr im Chloroform ein Mittel
Ich muss hiezu bemerken, dass der nach dem Abdestilliren des Chloroforms auf
den Retortenriickstaiid gegossene Weingeist sich immer tief braun färbte und beim
langsamen Verdampfen an der Luft ausser Cholesterin und wenig Biliphäin schwarz-
braune Massen ausschied. Hier war also durch den Weingeist ein mit dunkelbrauner
Farbe löslicher Stoff entfernt worden, der vielleicht bei früheren Versuchen ganz
oder theilweise mit dem Biliphäin gemengt blieb.
Ülier Gallenfiiilistone iiiwl iliie AiiffiiuliiMg-. 1 7
iii(;!it mir mit Leichtigkeit das Biliphäin rein darzustellen, sondern
auch aus einem Gemenge von Biliphäin und Biliverdin das erstere
auszuziehen und so das letztere zu reinigen. Umgekehrt kann man dem
Biliphäin einen Gehalt an Biliverdin durch Weingeist entziehen, in dem
letzteres sich leicht löst, während das Biliphäin darin schwer löslich
ist. Man kann auch reines Biliverdin so aus den rothen Krystallen
darstellen, dass man sie in wässerigem kohlensaurem Natron löst
und die Lösung an der Luft Sauerstoff absorbiren lässt, wie dies
Heintz hei seiner Darstellung des Biliverdins mit der Lösung des
aus Gallensteinen gewonnenen amorphen Biliphäins gethan hatte,
endlich mit Salzsäure fällt, das Filtrat auswäscht und einen etwaigen
Rest von Biliphäin mittelst Chloroform auszieht.
Sitzb. cl. niathem.-naturw. Cl. XXXV. Bd. Nr. 7.
\^ Tscher mak. Üher den Znsaiiimenhang zwischen der chemischen
Über den Zusammen hau f/ zwischen der chemischen Constitution
und dem relativen Volumen hei flüssigen Verbindungen.
Von OustuY Tschepinak.
(Vorgelegt in der Sil/.ung vom 7. .liiniier 1859.)
Nachdem man auf Grund vieler Beobaclitungeii zu der Ülier-
zougung gelaugt war, dass die physikalisclieu Eigenschaften der
Körper mit der chemischen BeschalTeuheit derselben im innigsten
Zusammenhange stehen, hat es nicht an Versuchen gefehlt, allgemeine
Gesichlsputikte aufzufinden, die uns eiue Einsicht in jenes Verhält-
niss gestatten. Hierbei musste mau ofl'enbar von den einfachsten Fällen
ausgehen , um durch Lösung der bezüglichen Fragen eine Basis zu
gewinnen, auf welcher wir uns an die Betrachtung complicirterer
Verhältnisse wagen können.
Ein derart einfacher Zusammenhang sclieint nun auch zwischen
dem relativen Volumen und der elementaren Zusammensetzung chemi-
scher Verbindungen zu bestehen. Während jedo(!h schon vor längerer
Zeit für den gasförmigen Zustand cliemisclhM' Individuen jenes Ver-
hältniss klar gemacht wurde, ist es bisher noch nicht gelungen, für
die übrigen Aggregatzustände eine Relation aufzufinden, die sich als
ein allgemein geltendes Gesetz betrachteii Hesse. Wenn ich mich
nun durch die vorliegende Abhandlung der Reihe Jener ansehliesse,
welche einen Versuch in der eben erwähnten Richtung unternommen
haben, so kann ich dies offenbar nur auf Grund der hisherigen
Leistungen thun; da ich jedoch in den folgenden Zeilen blos mit Hilfe
der vorhandenen Beobachtungsresultate eine einfache Beziehung
zwischen dem relativen Volum und der Zusammensetzung der chemi-
schen Individuen im flüssigen Zustande nachzuweisen suche, so kann
es nicht in meinem Plane liegen, die betreffenden theoretischen Be-
trachtungen Anderer zu erörtern; ich werde im Verlaufe der Unter-
suchung nur auf jene hindeuten, welche, der letzten Zeit angehörend,
bekannten Thatsachen widersprechen. Die bisherige Methode der
Conslitiitioii und dem reliiliven Volumen bei flüssigen Verhindungen. ^Q
Uiitersiicluiiig jenes Zusüinmenhanges betreffend , will ich blos
erwähnen, dass man sehr häufig den Fehler beging, das relative
Volum eines Körpers als von dessen chemischer Zusammensetzung
allein abhängig zu betrachten; daher die vergeblichen Versuche,
aus den die chemische Constitution betreffenden experimentellen
Zahlen mit Hilfe verscliiedener Annahmen die Dichte eines Körpers
im starren oder flüssigen Zustande für dieselbe absolute Temperatur
zu berechnen, was zur Zeit noch unmöglich ist.
Andererseits hingegen kann ich nicht umhin, mit dem Ausdrucke
der höchsten Anerkennung auf jene Bemühungen hinzudeuten, die
allein eine weitere Forschung auf diesem Gebiete ermöglichen, und
unter diesen sind es heutzutage bekanntlich H. Kopp's umfangs-
reiche Bestrebungen, denen vor allen Anderen die Wissenschaft zu
hohem Danke verpflichtet ist.
Bevor ich in die specielle Erörterung der zu behandelnden Frage
eingehe, mögen einige allgemeine Betrachtungen vorausgeschickt
werden, welche dazu diersen sollen den Weg zu bezeichnen, der bei
der weiteren Untersuchung eingeschlagen werden wird. In der Folge
soll der Ausdruck „relatives Volum" stets das Volum der Gewichts-
einheit bezeichnen, nachdem mit dem eigentlieji hierher passenden
Namen „specifisches Volum" etwas Verschiedenes, nämlich der Quo-
tient des specifischen Gewichtes in die Äquivalentzahl, belegt worden
ist. Die Bezeichnungen „Molecül, Molecularmasse, Atom etc." sollen
in dem Sinne gebraucht werden , wie sie zur Zeit von den Chemi-
kern angewendet werden.
Die Erfahrung hat gelehrt, dass das relative Volum der Körper
in jedem Zustande abhängig sei von deren chemischer Constitution,
deren Temperatur und von dem darauf wirkenden Drucke, und zwar
in allen Fällen, wo nicht etwa andere nur ausnahmsweise vorhandene
Umstände mitwirken; dies möge der Ausdruck
(1) V=^(p,i,b)
bezeichnen, der sich auch in die Form
(2) V^
(p,t,b)
bringen lässt.
Hier kann unter p offenbar nur eine Quantität verstanden werden,
bezüglich deren wir bei der Untersuchung der Körper zu mehreren
2»
I^Q Ti> eil e r III :i k. Ülier den ZiiMiiiiiiieiiliallg' ^wiscliuii der clieiiiisclien
Zahlen gelangen, wie das Moleculargewicht chemischer Individuen
füi- den gasförmigen Zustand, die rehttiven Gewichte der einzehien
Beslandtheile in allen Fällen, u. a.
Die erwähnte Beziehung ist allgemein und gilt für alle Aggregat-
zustände der Körper, und wenn es auch scheint, dass im starren
Zustande die Krystallform als ein neues Moment auftrete, so ist
dies doch nicht der Fall, indem die Krystallform ebenfalls von der
chemischen Beschaffenheit, der Temperatur und dem Drucke abhän-
gig ist.
Zu dem übergehcjud, was bezüglich des Volums gasförmiger
Körper bekannt ist, erwähne ich zuvor, dass von nun an, der Kürze
wegen, mit dem Ausdrucke Körper und ähnlichen nur chemische Indi-
viduen bezeichnet werden sollen.
Die zahlreichen Bestimmungen des specifischen Gewichtes von
Gasen haben längst zu der Überzeugung geführt, dass zwischen dem
relativen Volum und der chemischen Zusammensetzung eine sehr
einfache Beziehung herrsche, welche man kurz durch folgenden Satz
ausdrücken kann :
,,Die relativen Volumina gasförmiger Körper verhalten sich
umgekehrt, wie die Massen ihrer Molecüle".
Dieses Gesetz wurde bereits vor längerer Zeit erkannt , und
bis in die letzte Zeit vielfach, wenn auch nicht in so einfacher
Form behandelt, wie es z, B. unlängst durch Kopp *) und Böde-
ker 2) geschehen ist. In der neuesten Zeit hat es Cannizzaro 3)
in jener einfachen Weise wieder aufgeführt und entsprechend ge-
würdigt.
Dasselbe gilt offenbar nur dann in aller Strenge, wenn die zu
vergleichenden Gase sich in genau demselben Zustande beünden und
der Ausdruck
V : V" = M" : M' (3)
setzt voraus, dass der Einfluss der Wärme und des Druckes auf das
Volum eliminirt wird. Wenn auch für das relative Volum, das des
1) Liebig's Anleitung zur Analyse org-an. Körper. S. 127 und a. a. 0.
2j Die g:esetzmässii»-en Beziehungen zwischen der Dichtigkeit, der specifischen Wärme
und der Zusammensetzung der Gase. Göttingen 18ö7.
3) NuovoCimento VI. 427 ff. VII. Märzheft, Liguria Medica Giornale 1858, Nr. 5, 6. Ich
wiederhole hier der Hauptsache nach das dort Gesagte.
Constitution und dem reinlivpn Volumen liei flüssig-en Verbindung'en. 2 1
Wasserstoffs als Einheit gewählt wird, so ist unter der vorigen Vor-
aussetzung
(4) y = ^-
Diese und die Gleichung (2) ergeben für das jeweilige relative
Volum gasförmiger Körper
(5) v=j^^'{p,t,by
Hieraus ersehen wir, liass das oben angefülirte Gesetz nur dann
die Beobachtungsresultate in aller Schäi-fe wiedergeben könnte, wenn
die Versuche bei genau demselben Zustande der Körper, nicht aber
bei derselben absoluten Temperatur und demselben Drucke angestellt
würden, wo der Factor (p {p, t, b) offt-nbar für verschieden zusam-
mengesetzte Körper nicht gleich sein kann.
Wir bemerken daher, bei Betrachtung jener Beohachtungs-
resultate, dass die permanenten Gase unter einander in dieser Be-
ziehung besser vergleichbar seien, als die übrigen unter einander
und mit den ersteren.
Wir hätten, so lange uns das Wirkungsgesetz der Wärme und
des Druckes nicht genau bekannt ist, jenes Gesetz nicht klar zu
erkennen vermocht, wenn bei gasförmigen Körpern die Ausdehnung
nicht nahezu gleichförmig und bei verschiedenen Gasen so ziemlich
gleich erfolgte, so dass jene Beziehung deutlich hervortritt.
In die Sprache der Moleculartheorie übersetzt, lautet jenes
Gesetz bekanntlich: „Gleiche Volumina gasförmiger Körper enthalten
eine gleiche Anzahl Molecüle", und hieraus fliesst nebst Anderen die
Folgerung: „In allen gasförmigen Körpern ist die gegenseitige Distanz
der Molecüle dieselbe".
Andererseits ist der Begriff des Moleculargewichtes gasförmiger
Körper unabhängig von jeder Theorie, indem, wie der Ausdruck (4)
sagt, dasselbe gleich ist dem reciproken Werthe des relativen Volums
und, wie die Erfahrung beweist, gleich einem ganzzahligen Multiplum
des sogenannten Atomgewichtes, Avie es die empirische Formel
angibt.
Für den flüssigen Zustand der Körper wird eine Vergleichung
der relativen Volumina, zum Zwecke der Auffindung des Zusammen-
hanges mit der chemischen Constitution , mit viel mehr Schwierig-
22 Tscherinak. Über den Ziisaunnenhang- zwischen der cliemisclien
keiteii zu kämpfen liabeii, da die Ausdehnung durch die Wärme in
diesem Falle verschiedenartig und ungleichförmig ist. Bei Betrach-
tung der oben angedeuteten allgemeinen Beziehung (1), (2) ist zuerst
wieder dasselbe zu erwähnen, was bereits dort angeführt wurde,
dass unter der chemischen Constitution in solchem Falle nur eine
Quantität, eine Masse, zu verstehen sei. Was bereits dort zu bemerken
gewesen wäre, habe ich mir bis jetzt vorbehalten, und will vor
Allem nochmals daraufhinweisen, worauf schon von dem verewigten
C. Gerhardt ausdrücklich aufmerksam gemacht wurde: dass es auf
einem Missverständniss beruhe, wenn die Meinung ausgesprochen
wird, die von dem letzteren vorgeschlagenen Formeln drückten
irgendwie die atomistische Constitution der Verbindungen aus, und
es sei sonach jeder Verbindung nur Eine solche Formel beizulegen,
oder was dasselbe ist: wenn behauptet wird, der Sauerstoff, Schwe-
fel, Wasserstoff etc. seien verschieden, besässen verschiedenes
Volum etc., je nachdem sie im „Radical" oder im „Typus" enthalten
wären, oder: eine Verbindung würde ein anderes specifisches Ge-
wicht besitzen, wenn sie nicht so zusammengesetzt wäre, wie es die
Gliederung der Formel ausdrückt *).
Am allerwenigsten wird man sich hierbei auf Gerhardt selbst
berufen dürfen, da er sich von vorne berein gegen solche Zumuthungen
verwahrt, und die Unricbtigkeit jener Auffassung der chemischen
Formeln bewiesen hat.
Jene Behauptungen setzen offenbar die Überzeugung voraus:
wir wüssten bereits etwas über die Constitution oder die Anordnung
der Atome, was sich durch eine Formel ausdrücken Hesse; dieses ist
jedoch leider nicht der Fall, und was jene Formeln anlangt, wird doch
nicht bezweifelt werden, dass sie blos dazu dienen, gewisse Bezie-
hungen auszudrücken, die wir durch das Studium der chemischen
Beactionen kennen lernen; ferner, dass demnach derselbe Körper mit
gleichem Rechte durch mehrere rationelle Formeln bezeichnet
werden könne '^}.
*) Diesen Ansichten beg'egnet man, wie beiiannt, nieiit selten. Wohin in:in durch die-
selben trotz vieler anderer Hypothesen gelangen würde, zeigen zum Theile die in der
Abhandlung Nor d ensk iöld's (Pogg. Ann. ß. Cll, S. 387 iT.J entnaltenen Resultate
eines Versuches, die Dichte chemischer Verbindungen theoretisch zu berechnen.
2) Vergl. A. K eku 1 e. Über die Constitution und die .Metamorphosen der chemischen
Verbindungen — Annalen der Chem. und Pharm. CVI. S. 147.
Constitution und dem reliiliveii Volumen hei fliissig'eii Vi'il)Inilungen. 23
Durch die richtige AufTassung der chemischen Formeln sind
sonach jene Behauptungen vollständig widerlegt, und wir können,
wofern es möglich ist, schon jetzt etwas üher den Zusammenhang des
Volums und der Zusammensetzung zu erfahren, üherzeugt sein, dass
wir hierbei nicht die Gliederung der Formel, sondern nur die der
Zusammensetzung entsprechenden uns bekannten Zahlen zu berück-
sichtigen haben *).
Im Ganzen bin ich der Meinung, dass hier auch die einfache
Bemerkung genüge, in der Gleichung V =
en Verliintliiiigen. 31
Doch eben jetzt ist der Augenblick gekommen, wo ich an das
bezügbch der Anzahl der Atome Gesagte erinnern miiss:
Die bisher angenommenen Werthe für n stützen sich auf die
Annahme, dass die sogenannten elementaren Körper oder Grundstoffe
wirklich einfach, unzerlegbar, somit keine chemischen Verbindun-
gen seien; so dass mit a die Anzahl der erhaltenen Atome bezeich-
net, a für alle sogenannten Grundstoffe gleich, in der Rechnung
somit stets = 1 gesetzt werden müsse.
Abgesehen davon, dass dieselbe der bisher erlangten allge-
meinen Naturanschaung widerspricht, ist bereits an Thatsachen iiielir
dagegen, als dafür vorhanden, so dass es durchaus nicht gewagt
erscheinen kann, was schon vielfach geschehen: diese Hypothese
gänzlich aufzugeben. — Jenes Gesetz bestätigt sich dann vollkommen.
Doch wird es nun scheinen, als ob jetzt für die Bestimmung des
Werthes von n alle Basis verloren wäre.
Diese Schwierigkeit wird indess gehoben, sobald man, wie i(;h
versuchte, folgenden Weg einschlägt:
Bei der Reihe Ca Hb Oe hat es sich durchgehends gezeigt, dass,
sobald für H = 1 , « = 1 , für C = 12 und 0 ^^ 10, m = 2 gesetzt
wird, obiges Gesetz durchaus bestätigt wird; sobald sich dieses nur
an einer Reihe von Verbindungen bewährt hat, welche eine so man-
nigfache Zusammensetzung zeigen, so darf man mit Recht behaupten,
dass die Form jenes Ausdruckes die richtige sei, dass hingegen von
den hei anderen Verbindungen substituirten Zahlen eine oder mehrere
unrichtig seien. Da wir nun in diesen Fällen blos über den Werth
der Zahl n, oder eigentlich bezüglich der anderen Elemente über a
im Unklaren sind, so wird diese aus Beobachtungen zu bestimmen
seil). Wenn man sonach von der Reihe Ca Hi, Oe ausgehend, weiter
fortschreitet, indem man allmählich andere Verbindungen in Betracht
zieht, wo ein anderes sogenanntes Element zu jenen tritt, hierauf ein
drittes u. s. f., so ist man im Stande, sofern genug Beobachtungen
vorhanden sind, a für jedes Element, wenn auch nur ganz im Rohen,
zu bestimmen. Ich verfuhr auch durchgehends so, dass ich die Ver-
bindungen derart ordnete, dass jede folgende ein anderes Element
mehr enthielt, hierauf in jeder solchen Reihe aus den zuverlässigsten
Beobachtungen den Werth für n aus der Formel (7) berechnete, und
hieraus, nach Abzug der für die übrigen Elemente bereits bekannten
Zahlen, a ganz im Rohen für jedes neueintretende Element bestimmte.
d ti Tseherniak. Ülier den Zii!>:iiiiiii(*iiliaii<^ /.wisclieii der clieiniseiieii
welcher Werth dann durcligehends angewendet wurde. Jeder nun,
der dem Ausdrucke (6) kein Vertrauen schenkt, weil derselbe nach
der ursprünglichen Deutung der Zeichen Mos Einer Reihe von Ver-
bindungen genügt, wird vielleicht behaupten, meine Art des Verfah-
rens sei ein Herumgehen im Kreise, wo durch eine Formel, deren
Richtigkeit nicht erwiesen ist, unbekannte Grössen berechnet werden
sollen: dennoch wird man wenigstens dies allgemein zugeben müssen,
dass jener Ausdruck sich bewährt, wenn für dasselbe Element in
allen Verbindungen ein bestimmter Werth für a substituirt wird.
Ich will auch keineswegs mehr behauptet haben, und meine
durchaus nicht, dass an der Art und Weise etwas gelegen sei, wie
ein Gesetz in die zur Zeit herrschende Sprache übersetzt wird;
früher oder später gelangt man dennoch zu einer Einheit der An-
schauung und des Ausdruckes, wie es sich z. B. bei dem oben ange-
führten Gesetz, bezüglich der Gase, gezeigt hat. Ebenso ist es mög-
lich, dass das eben besprochene Zeichen n später nicht „Anzahl der
Atome", sondern anderswie benannt wird.
Man wird mir es hiernach gewiss verzeihen, wenn ich, von
obigem Gesetze ausgehend, mich ausdrücke: Dass die sogenannten
Grundstoffe eben auch chemische Verbindungen seien, dass die An-
zahl der im Wasserstoff (H ^^ 1) enthaltenen Atome = 1 gesetzt,
die Anzahl der im Sauerstoff (0 = 16) so wie der im Kohlenstoff
(C = 12) enthaltenen annähernd = 2, der im Chlor (Cl = 35-5)
enthaltenen ungefähr = 5, der in Brom (Br = 80) enthaltenen unge-
fähr =^ 6S sei 1) u. s. f.
Nunmehr gelange ich dazu, die Beweise für die Giltigkeit des Aus-
druckes Ve = — c nn't Berücksichtigung der bisher entwickelten Mo-
m
mente anzuführen, wobei ich mich derselben Zeichen wie früher bediene.
Es lag nicht in meiner Absicht, alle bisher bekannten Beobach-
tungen aufzuführen, sondern so zu verfahren, dass jede Reihe von
Verbindungen möglichstgut vertreten sei. Unverlässliche Beobachtun-
gen, solche, die blos die Einlieiten oder die erste Decimale angeben,
mussten natürlich ausgeschieden werden. Den grössten Theil des
Materials verdanke ich der in H. Kopp's Abhandlungen enthaltenen
1) Es wird gewiss Niemand behaupten wollen, es raüssten für H = 1, « = 1 gesetzt
die Werthe von « ganze Zahlen darstellen , sobald man berücksichtigt, was wir in
dieser Beziehung' über „chemische Verbindungen" wissen.
Constitution und lieiii relativen Volumen hei tliissigen VeibiiuluMgen.
33
Zusammenstellung. Die letztangeführte Beobachtung ist immer die
zur Rechnung benützte. Die chemischen Formeln sind so geschrieben,
wie es dem hier beabsichtigten Zwecke entspricht, so dass die iso-
meren Verbindungen, die Anzahl der Atome etc. leicht ersichtlich
werden. Wo die Beobachtung allzu nahe dem Siedpunkte angestellt
ist, wird d'es durch die neben angegebene Siedetemperatur bemerkt.
A. Rohleastoif, Wasserstoff, Sauerstoff enthaltende Verbindungen.
C = 12 H = 1 0 = 16
«=2 a = i a = %
Name
Formel
s'
e
Beobachter
m
n'
c'
Bemerkung
Amylliydriir. . .
C5H,2
0-6383
14
F r a n k 1 a n d
72
22
312
ts = 30°
BlmizoI
Ce^e
0-8ä
0-8Ö
13-3
19
F a r a d a y
M i t s c h e r 1.
0-8991
0
Kopp
78
18
4-82
ts = 80°
l'iopyl
CgHji
0-6745
18
Williams
86
26
4-90
ts = 68°
Biityl
CsHis
0-694
0-70S7
0-694o
18
0
18
Kolbe
Wurtz
Williams
0-713Ö
0
K 0 p p
114
34
4-69
Naphtluilin. . . .
CioHg
0-9774
79-2
Kopp
128
28
4-67
Schmp. =79-20
Cymol
CioH,4
0-80 76
0-861
16
14
Noad
Gerli. u. Cah.
0-8778
0
Kopp
134
34
4-49
Amyl
CioH.,
0-7704
11
F r a n k 1 a n d
0-7360
18
W i 11 i a m s
142
42
4-39
Caproyl
t-isHaß
0-7368
18
Williams
170
30
4-48
Methylalkohol .
CH4Ü
0-798
0-8032
0-807
0-8207
0-8031
0-7938
20
5
9
0
16-9
23
Dum. u. Pel.
Delffs
Dcvillc
Pierre
Kopp (1847)
Kopp (1843)
0-8142
0
Kopp (1833)
32
8
4-91
fo- =. 00°
Ameisensäure .
CH.O.
1-23Ö3
12
L i e li i j(
1-2227
0
K 0 p p
46
,s
4 70
AUlel.jd
C^IUO
0-790
0-8033
18
0
L i e b i j^
Pierre
0-8009
0
K 0 ]) p
44
10
3-47
^.^22°
bilii.. a. UKithein.-iiaturw. Cl. XXXV. Bil. >'r. 7.
34
Tscher in ak. Ober den Ziisammeiihaniif zwischen der chemischen
Name
Formel
Beobachter
Bemerkung-
Essigsäure
Ameisens. Äthyl
Äthylalkohol ..
Aceton
Propionylhydrür
Essigs. Metliyl
Ameisens. Äthyl
Propionsiiure . .
Essigsäure -An-
hydrid
Oxals. Methyl . .
ßutyral
Essigs. Äthyl . .
C3H4O0
C3H4O0
C.H«0
CsHgO
CgHßO
C3H6O3
CoH.O,
CoHfiO.
C4H6O3
C4H6O4
CiHyO
C4H803
•0622
•063
■063
06S
0635
0801
9984
7924
7925
809
8151
791
7996
8062
790
809
7921
8144
79
919
8668
9562
912
915
9255
9357
9394
9911
0161
1073
1-0969
11566
0-800
0-821
0-866
0-9055
0-89
0-8922
0-9069
0-9105
16
16
10
13
15
0
0
17-9
18
5
0
20
15
0
20
0
18
0
15
22
0
0
?
18
15-7
0
0
25-2
0
20-5
0
50
15
22
7
17-5
15
15
0
0
S e b i 1 1 e A u g.
M 0 1 1 e r a t
Delffs
Persoz
Mohr
K 0 p p
K 0 p p
(j a y L u s s a e
Dum. u. Boul,
Delffs
Pierre
Meissner
K 0 p p
M u n c k e
C 0 n n e 1 1
Kopp
L i e 1) i g
Kopp
Gu ekel b
Dum. u. Pel.
Pierre
Kopp
Liebig
Gehlen
Kopp
Pierre
Kopp
Kopp
Kopp
Gerhardt
K o p p
Kopp
Guc kel b.
Chancel
T h e n a r d
M a r s s 0 n
L i e b i g
Delffs
Pierre
Kopp
4-62
5-00
102
118
72
4-73
5-08
5-24
•83
4-92
4-55
Chane el
132
26
4-31
Butyiyl-Methy-
lür
C5H10O
0-827
0
Friedel
86
22
4-72
Valeral
C5H10O
0-818
0-8009
0-820
?
20
22
Traut w e i n
1* e r s 0 n n e
Chancel
0-8224
0
Kopp
86
22
4-73
Valeriansäure. .
CiHioO,
0-944
0-930
0-932
0-941
0-9403
0-937
0-933
10
12-5
28
14
13
16
13
T r 0 m m s d .
T r a u t \v e i n
C h e V r e u 1
Chevreul
Per sonne
Dum. u. Stas
Delffs
0-9333
0
Kopp
102
24
4-44
Propions. Äthyl
C5H10O2
0-9231
0
Kopp
102
24
4-59
Buttei-s. Methyl
CsHioOa
0-9043
10293
15-5
0
Kopp
Pierre
0-9091
0
Kopp
102
24
4-67
Kolilens. Äthyl.
C5H10O3
0-973
19
Ettling
0-9998
0
Kop p
118
26
4-54
Amylalkohol . .
C5H10O
0-8138
0-8184
0-818
0-8271
0-8139
0-8137
18
15
14
0
16-2
13
R i e c k h e r
C a h 0 u r s
Delffs
Pierre
Kopp
Kopp
0 8248
0
K 0 p p
88
24 4-36
3*
36
Tsciiermak. Über den Zusainmeühang' zwischen der chemischen
Name
Formel
s'
t°
Beobachter
111'
n'
c'
Bemeritiing
Oxalsaur. Äthyl
CeHioOi
1-086
1-0929
12
7-5
Delffs
Dum. u.BouI.
1-1016
0
Kopp
146
30
4-43
ßutyryl-Äthylür
CßHioO
0-833
0
F r i e d e 1
100
26
4-61
Ameisens. Amyl
CßHiaOa
0-884
15
Delffs
0-8945
0
Kopp
116
28
4-62
Essigsaur. Butyl
CßH.oOa
0-8845
16
Wurtz
116
28
4-68
Butters. Äthyl.
CßHj.O,
0-9019
0
Pierre
0-9041
0
Kopp
116
28
4-51
Capronsäure . .
CeHiaOa
0-922
26
C h e V r e u 1
116
28
4-49
Milchsäure . . .
CeHisOß
1-215
20-5
G.Lus.u.Pel.
180
36
4-11
Butyl - Äthyl-
oxyd
CßHiiO
0-7507
■}
Wurtz
92
28
4-37
Diäthylglycol .
C6H,40
0-7993
0°
Wurtz
92
28
411
Benzoylhydrür .
CtHsO
1-043
9
Wöh. u. Lieb.
1-0636
0
Kopp
106
22
4-53
Benzoesäure. . .
C7H6O3
1-0838
121-4
Kopp
122
24
4-68
Schp. = 121-4''
Saiicylhydrür .
i\H«0,
1-173
13-7
P i r i a
122
24
4-34
Benzaikohol . . .
C^HsO
1-059
•>
C a n n i z z a r 0
1-0628
0
Kopp
108
24
4-23
Phenyls. Methyl
C.HgO
0-991
15
C a h 0 u r s
108
24
4-54
Onanthal
C^HjiO
0-8271
7
B u s s y
114
30
4-59
Essigsaur. Ainyl
C7H,403
0-863
0-8572
10
21
Delffs
K 0 [» p
0-8837
0
Kopp
130
32
4-59
Valerians. Äthyl
C7H14O2
0-894
0-870
0-869
13
13-5
14
Otto
Delffs
Berthelot
0-8829
0
Kopp
130
32
4-60
Monobutyrin . .
C7Hi404
1088
•>
Berthelot
162
36
4-15
Benzoes. Methyl
CgHgOa
1-10
17
Dum. u. Pel.
1-1026
0
Kopp
136
28
4-45
Salicyls. Methyl
CsHgOs
1-18
1-1843
10
20-5
Cah ours
Delffs
1 • 1069
0
Kopp
152
30
4-23
Buttersäure-An-
hydrid
^sHuOg
0 978
12-5
Gerhardt
158
36
4-49
Bernsteinsaures
Äthyl
C8H,404
1-036
?
A r e e t
10718
0
Kopp
174
38
4-27
Methyl-Butyron
CgH.sO
0-827
16
L i m p r i c h t
128
34
4-55
Caprylsäure. . .
CsHieO,
099
20
F e h 1 i n g
144
36
4-04
Constitution und dem relativen Volumen bei flüssigen Verbindungen.
37
Name
Formel
Beobachter
Caprylalkohol .
Benzoes. Äthyl
Zimmts. Methyl . • . .
Cuniinol
Valeriansüure-Anhyd.
Valerians. Aniyl . . . .
Amyläther
Zimmts. Äthyl
CgHisO
CioHioOo
C10H12O
CioHisOs
CioHaoOo
C10H32O
C11H12O2
C11H23O
C11H23O6
C12H16O2
C14H36O7
Ci4H2802
Stearinsäure j CigHjgOa
Butyl-Butyron
Dihutyrin
Benzoes. Amyl
Butyridin
Laurins. Äthyl
Benzoe - Cuminsäure
Anhydrid
0-823
0-792
106
10539
1-049
1-U6b7
1-106
0-9832
0-934
0-S793
0-7994
1-13
1-126
1-0656
0-828
1-081
1-0039
1-084
0-86
1-115
0-8347
19
17
18
10-5
14
0
?
0
15
0
0
?
0
0
20°
?
0
20
23
70
R ail to n
Wills
Devil le
Dum. u. Boul.
Delffs
Kopp
E. Kopp
Kopp
Chiozza
Kopp
Wurtz
M a r c h a n d
E. Kopp
Kopp
L i m p r i c h t
B e r t h e 1 0 1
Kopp
B e r t h e 1 0 1
Görgey
Gerhard t
Kopp
130
150
162
148
186
172
158
176
170
250
192
306
228
268
284
36
4-5^
4-40
4-30
4-43
4-52
4-45
4-49
4-35
4-48
4-13
4-36
4-17
4-42
4-29
4-47
Bei air den aus der Reihe CaHbOc aufgeführten Beispielen er-
füllen die Werthe unter c derart die entsprechenden Bedingungen,
und folgen bei guten Beobachtungen wirklich, wie vorausgesagt w^ar,
den Siedepunkt-Differenzen, dass kein Zweifel an der Richtigkeit des
obigen Ausdruckes übrig bleibt.
Nur zwei Fälle sind mir vorgekommen, wo sich eine allzu
bedeutende Abweichung in c zeigt. Sie sind :
Wasserstoff hyperoxyd
Glycerin
H2O2
CsHgOs
1-452
?
1-28
15
1-27
10
T h e n a r d
Pel ouze
C h e V r e u 1
34
92
390
3-62
Erstere Beobachtung wäre wohl noch zu wiederholen , die letz-
tere anlangend ist hingegen zu bemerken, dass wegen des Charakters
dieser Substanz ein bedeutender Beobachtungsfehler möglich ist, und
über die Methode nichts erwähnt wird.
Zu den ferneren Verbindungen übergehend, will ich, um Miss-
verständnissen vorzubeugen, nochmals bemerken, dass von nun an
38
Tschermak. Ül)er den Zusammenhang zwischen der chemischen
die Werthe der a viel ungenauer werden müssen als in der vorigen
Reihe, indem sie stets aus Verbindungen eines neu eintretenden
Elements mit jener Reihe berechnet sind , wornach sich die früheren
Fehler in n sammt den Reobachtungs- und Reductions-DifTerenzen
auf den zu berechnenden Werth werfen müssen. Ferner ist zu be-
rücksichtigen, dass ich für die ferneren Elemente die Zahl a fast
immer etwas grösser annahm, als sie sich in derRechnung nachRerück-
sichtigung der Temperaturverhältnisse ungefähr ergeben hatte ; und
zwar, weil ich darauf Rücksicht nehmen musste, dass ich oben, um
die Reweisführung nicht allzu vage erscheinen zu lassen , die Aus-
dehnung vom Schmelz- bis nahe zum Siedepunkte im höchsten Fall
zu -^ angenommen. Da hingegen bei den folgenden Verbindungen, wie
es die Forschungen J. Pierre's und H. Kopp's i) ergeben, die Aus-
dehnung bedeutend stärker ist, so hätten hier in c bedeutendere
Schwankungen nach aufwärts vorkommen müssen, was zwar durch
grössere Zahlen in a vermieden wurde , hingegen nun der wahre
Werth von c, wie Kopp's Reobachtungen genügend bezeugen, auf
ungefähr 4*1 herabgerückt wurde, woraus nach (8) die untere
Grenze für d bei 3-63 liegt. Wer mir in der Discussion bis hieher
gefolgt ist, wird die folgenden Fälle, wo eine stärkere Differenz
ohnehin zu erwarten steht, nicht für Ausnahmen halten:
Name
Formel
ä'
t°
Beobachter
m'
n'
c'
Bemer-
kung
Schwefelsäure
H2SÜ4
i-842
10
RI a r i g n a c
98
14-5
3-67
Selensiiure 2)
HaSeOi
2-6...
?
Mi tsch erlicli
146
1.1
3-76
Blausäure . . .
CHN
0-7008
0-6960
0-710
7
IS
6
Gay Luss.
Gay Luss.
T r a u t w e i n
0-706
2-8
C 0 0 p e r
27
6
6-37
<«=27»
Chlorhydrin .
C3H7CIO3
1 31..
1
R e r t h i" 1 0 t
110-5
22
3-83
Ausser diesen sind mir keine zuverlässigen Beobachtungen be-
kannt, welche eine bedeutende Abweichung ergeben hätten. Im
Folgenden werde ich auch hier und da, wo die Beobachtungen ent-
fernter vom Siedepunkte angestellt sind, durch Reifügung der Siede-
temperatur (ts = . . ) auf den entsprechenden Gang des Werthes c'
aufmerksam machen.
1) Verg-l. die Zusammenstellung-, Ann. der Chemie und Pharm. XCVl, S. 304.
2) Für Se = 40, et = ^•^^ gesetzt.
Constilufion und
-*
o
CO
•*
00
o
CO
-*
l-t
•^
■^
>^
«i-
•^
•i-
•4<
■i-
-*
•*
«*
<*'
^„^
CO
CO
CO
iM
00
•=*
CO
J>
00
Ä
"
«5
(M
(N
iM
CO
CO
th
■r^
T^
T-
«
üi
ya
in
WS
SO
l-O
l-O
-j;
CO
^
CO
«ö
ö
ö
CO
M
ift
i>
CO
C5
J>
o
o
CO
o
«*<
CO
00
00
C5
c;
o
tJD
.£
^^_^
O
^
^
*i
^^
J
-^
"^
«
K
«
^J
"
Cfl
CO
'^
3
—
—
«
'S
es
o
es
c
3
O
;-
3
o
3
o
CS
o
o
o
CS
e
4)
K
C
SC
c:
c
tß
CS
c
tß
«
ca
:5
h«
O
:0
ü
ü
O
CS
DS
SS
Ö
0
c
«
o
«
O
^__
o
?-•
iü
o
>,
m
00
ift
J>
t-
©
"
"
^H
"
"
"<-i
^"
-ii
:ft
-^
00
C5
•^
o
l>-
aa
o
•*
C5
t-
irs
w
CO
O
(N
t-
O
«*
o
w
>*
o
^
iM
CO
t-
s^
fC
o
C5
CO
C5
l-O
m
o
t-
■f
w
c^
J>
>=*
^
•rH
■^
CO
c;
•^
o
CO
CO
c^
c^
w
o
CO
«
•*
T*
s<»
'-
"^
ö
o
"^
"^
o
ö
■^
'-
■^
^
-^
^*
^-i
^^
■^
■r"
o
o
o
c3
o
O
O
o
n
M
«
Cl
ü
ü
o
O
ü
ü
u
CO
a:
C_)
G
a?
a:
»
X
^
»O
X
t*
nf
x'
Ci.
c;5'
u
c;3'
ü
o
CJ
ü
d'
b.
•
u
c
:3
:3
a>
:3
"Fl
O
c
o
1-
_o
3
£
t.
:3
o
s
^
•—
^J
«
-.3
^
«
re
'S
_o
••3
_c
:■<
:<
^
_5
■p
o
■3
o
5^
s
!»
"3
m
— :
.c
_ö
_o
S
"ü
O
aj
c^
'S
u
—
.^
• —
■^
'^
"o
i-
bß
^
a>
o
o
]o
o
o
tß
>->
r^
o
«
;>^
~
«<-:
■^
!^
■^
_o
C'
c
C
3
'3
'S
c
<
■■<
■■<
5
<
ca
ü
o
o
N
o
Ca
40
Tscherniak. Über den Ziisaminenliann- zwischen der chemischen
c
CO
•=*-
bc
c
*■•
^
5
^
II
N
a*
00
Ci
C>J
o
(M
CO
c-
•*
co
CO
«*<
CO
CO
•^
CM
•*
«*
•^
•^
•^
•4"
•^
•^
•*
•^
•i"
CO
o
•*
C^}
-*
GO
CO
SQ
00
•^
I
w
(M
c^
CO
"
IM
M
LO
■Oi
1«
o
o
Jft
CO
CO
CO
o
l>
th
S
«rH
•*
-r*
•5*<
:ä
C<1
CO
35
CO
CO
•r-i
^—1
T-l
T-l
^-H
CO
CO
■^
T-l
"^
o
o
6ß
m
3
es
e
bß
0)
3
CS
C
bc
3
bo
es
CS
3
o
-C
es
bß
o
o
tu
05
3
o
a
c
cz:
3
B
bß
>->
U
o
bß
Ol
u
bß
Ol
m
5-' o-
Q
ca
CC
CC
s
ü
s
■^
ü
(Ä
o
w
o
CO
(TJ
©
o
(?■•
I?-
O
«v»
CO
o
CO
c>-
J>
00
O
cc
o
CO
r-t
(N
"
"
"
iT^
th
w
th
""
•*
CO
CO
«>J
CO
t-
«O
o
:o
^H
^-H
m^m^
w
JO
W
J>
«w
o
o
:o
C»
j=
a>
t-i
.^
3
o
CS
OJ
CJ
tn
s
CS
.SP
Ol
-SP
-_.
<«
CO
o
3
•■3
O
o
B
O
^ bß
'S
c
Ol Ol
tß •=:
O
c
CO
.SP
CO
CD
o
OJ
^•
>^
C3
ft: '''
Ü
p
c
^
r^*
'5
a
"S
'a;
t^<
O
c
_c
o
JZ
o
* —
^
s
^
3
^
-c
^
—
•■^
M
N
ö;
IS3
!S!
ca
CU
C„
C_
H
Constitution und dem relativen Volumen hei fliissitreii Verbindungen.
41
^^
(^
/— \
^
0
0
0
X.
«
^
o
C
^
l>
t-
et
o
^
II
CO
T^
^H
«
c;
II
II
II
■^
CO
=0
CO
cc
Ci/
Vv'
v_/
.^
— .
«>}
oc
J>
_
^
«
Ci
(N
C5
iN
et
-.
N
«
5^
CO
■5f
<5*"
•i-
•^
«*-
>4<
•*
•*
>*
•^
«*
CO
«^
W
«
O
CI
o
IM
«*
O
o
O
00
c
CS
s;
«^
(N
M
ec
M
N
!M
iM
IN
N
IN
CO
et
«
:n
xn
w
«
^j.
M
M
t-
.^
^
«*<
CO
M
CO
00
«*
N
o
■>•
C^
CO
•*
o
00
Ift
O
00
o
«o
OO
00
(N
'"
^^
■^
'^
■^
■^
■^
T-
""
"^
N
.c
,UJ
,^j
o
^^
.^
.„
^j
*J
^^
~-
^
_
CO
-
iN
5^-
©
o
o
oc
C-
o
i>
O
c>-
Jft
th
"
»
t-
t'
CS
C5
X
w
^
O
00
iit
^
«>I
C^
o
•*
■^
"O
1«
o
O
?J
^iN
5^
o
t^
^M
M
O
<*
CC
•*
■*
M
CO
cc
et
■in
1-t
w
o
O
o
o
M
-
«
o
T-<
«
«
o
.4«
.*
o
J*
©
:j
u
o
s
ö
.*
-S*
o
•4*
CJ
o
CJ
ü
_^
s
OS
G
CJ
c?
C^)
<^
CJ
£
s
3?
CO
S
■«
s
CJ
ü
o
ü
O
O
ü
cT
c3'
CJ
^
~
Z^
o
-__
tl
b
■•g
ä"'
•.3
"2
j:.
A
o
o
_o
o
o
^
Ä
bü
o
~
wC
_S
'S
s
^
o
cc
o
c2 O
c»^ -C
o
h:
a
_=;
_^
^
^
^ '^
.CS
c
Q
o
"o
o
'3
'3
3
42
Tschermak. Über den Ziisnmmenhane' zwischen der chemischen
fcß
0 0
0
o
o
o
•* o
w
O
O
5»
0
o
o
—
:ra O
«f
O !>•
CO
•*
CO
^^
C1
^
— H tx
c^
S^I
CM
J>J
— ^
■^
CO
CS
11 li
II
11 11
II
II
11
II
II
■2 ■£
CO ■■■<>
CO
=0
■2
•S
■2
CO TH
CO
!>> CO
C>-1
,
t-
CO
o
t-
o
"^
o «*
c
^ o
Ci
c;
C5
«~-
CO
in
«>
>* «i*
<*
•=*■ so
CO
CO
>^
>5f
•^
-^<
4
in
:ft
»
:i«
w
■»
o CO
CO
O "Jf
(M
iM
eo CO
CO
^ ^
«*
w
■^
1«
i^
CO
CQ
»
in
^
ifi
Oi
th
i>
^
^
^I CO
T^
^^ t-t
ift
•*
Ci
O
C<1
CO
J-O
o »
l-O
03 05
00
C<»
CO
CO
^^
^^
T-l
05
Ci
«
«
c/^
o 's
^ C3
3
3
c
C3
«
bß
3
SS
OS
O
CS
o —
O
CS
O
s
:0
0)
©
i
fi-
el
a
~ ^ w
- ^ •->
.= 00 «^
1 II II
s ■-- ^
0
«
0
0
o o
c^*
GO •
«»■•
»
O
IT-
o
1-^.
o
O
■"
(N
— ro
C>1
C^I
■^
t-
BS
•5t"
CO
oc
W •I*'
CO
:-0 CO
^•4
>^
CO
«M
V*
1«
-
o o
rl
O C5
CO
o
C^
CO
o
J>
t-
r-
CO
=0
o in
:o
J> CO
t>
o
CO
■*
•«f
•*
•^
i?J
^
B
5
_0 Q
- ü
Ö
O
ö
cÖ
ca
^
cn
K 5
eo
ü
<*
3?
6"
O
1 . ^
>»
">> _J
1
■>;
o
o"
>-,
0^
. '■<
£
« • :£
« ,.•
bp
C 0)
c«
c bc
CO
a
c;
aj
Ol
:3
S
o
o a^
o
;Z ^ «
' L.
a>
u
s
o
er
CJ =3 '^
^ :3
c ^
^Z ;—
iJ
o
L-
u
■ij i 'S
« U
=5 .c
o Z
S
p
:3
:3
z
lll
f O
O
£
p
J3
C
O
_S
s
p
.5
1-
5c ~
bß
^
"t;.
o
^
ÖJ <1J
03
o 13
a>
Ci
^
3
3
^ ^
^ CJ
:3
-Q
s
••-^
i£
ca
<
o o
>
O 03
tiw
o
Constiliition und «iem relativen Volumen hei fliissig'en Verhindung-en.
43
-^
^-^ ^-N ^-V
^-N
Zf
0
?^*
000
0
0
0
~
^
SvJ -0 :_-5
'.^
CO
z.
(M
Ci IM :•;
-*
•*
t-
—
^^
•
— SM SM
^
=
II
II
II II 11
II
II
II
'S
=0
■2
^
Co
■*
--0
c-
'jn -.n c~
M
t^
■* X
^^
■^
J
Ö 0 -ri
CO M •!*>
'^
•r-i SM
X
,^
M
^ 0 c:
C5
SM
CO •5*<
"■—
30
^
l-'S
3C 0 «
0
«*•
:-o 00
M
SM
S^l CC >!*
•*
0
tß
0 -T3
^
•M^
— *
w;
tn « «5
05
c*
rt c
1
3
0
3
5ß
s- t- 1-
**
Zi
^ « S ^
^
^
—
0
^
000
0
^
z
^ - -
^
<
5:
6
"2
«s S3 ns
::;! 0 ^
s
a
3
= 0
i
— t^ 00
o
X
s^
0
CO
0
rc
^iri
^■
^'
^. ^. ^.
^'
-^ II II
s^J 0
CO 0 c:
*^
^^
SM
*
SM
CO TH ^
SM
'
S^l
-0 "-J S
9
^
SM
CO -^ :-o
20
>*
M
0
so C5 ^
«f
•
i> c:
0 CO i-o «+
-
M
•^
CO
?^
c's 0 0
£:
a
M CJ
5>I -Jf i> 0
■^
■^
"^
'-'
c«
•^
M «*< :o
SM
■^-
c
0 CJ CO
«
ei
^
■^^
«
PJ CM SM
•^
?-]
SM
^H ^-( -^ -^
;j
n .•* _o
.«
■■^ ^-
^
13
^*
;«
a C2 ^
C—
^
"i a
^
■*
2
.-•5 ■* C5
I = =
ü
E
r ^
=
> ir
u
ü
;j !^ CJ
«
ü
"■w
ü ü
c
t. -_ L.
0
:3 :3 :3
e = =
>-i
—
^
000
—
Q
u= -£ .=
0
^
_Ö _^ _ö
^
c/;
c
0
'
c" Ö" c"
^
■5
p
a. ü. c
rr
c
_2
^
~
'^.
0
0
ä
= &■ ii
0
■a
c
0
H^
0
c -^ .
cß
">
-,
^
•i 'i~^
^'
0
E
— •" hr
_^
.£
>
■» >>
^
^
0
'S g £
0
s
:5
3
;***
n:
c5
0 n: a
c»
s
■•<
C3
44
Tschermak. Über den Zusammenliang' zwischen der chemischen
O
CO --H j> :ft
05 -^ CO *
«*
•=*-
•*
•«*<
•=* •*
O
«*<
CO
C^T
CO
iM «*<
th
th
T^
OJ
w
N "^4
W
05
fO
t^
fO JO
«*<
iO
CO
Oü
05
«?*< ffO
:2; «
C/2
>^ oj 3.T ■;»
""" O '—
— o
"^ 'S
c -^ c -Z o- !-
3
3 C
o :o o CO
t^ Ci • — CO CO -sf
«*h-oojn -cot^coco
eocoooos— ^ooc^os
cot>t^t»ooooooco
oÖoOOO-TH-rHO
CJ o
;s Z '^ ;^^
•* »O eo f^
O U c_) o
CJ
E S
CJ u
•- 3 S ^
O O CJ CJ
Coiistilulion und dem relativen Volumen bei n(issi<^en Verbindungen.
43
0
00
/— V
o
O
II
O
00
II
0-
CO
II
o
«o
CO
II
0
00
II
o
CO
00
II
CO
11
s
■2
=0
■2
=0
■2
^
^^^
<2
w
o
00
Oi
«#
si o
iO
ift
CO
■*
CO
CO
i>
^
•*
o
CO
(M
CO •^
CO
C5
«*"
«^
J>
«*<
«Q
O
•
•
•*
■^
«i<
•^
-* «5*1
^
•^
■^
■*
>^
•5t<
■^
o
(M
(M
O
00 00
■!t<
CO
00
CO
GO
o
■5*<
**
M
M
^
Ci o
t-
«
,
^
t-
CO
CO
■■^
CO
CJ
05
W
C^J •*
o
t>
CS
CO
^-H
CO
S^J
th
TM tM
th
T-l
tH
-►^
>r,
O
C5
bD
r*
S
a
s
a
^
O O
« 05
S
«
3
O
e
o
tJD
c
o
^
N
Ol
.3
ü
'S
•-
O
o
= c
-51 <
E
o
= «2
3
3
CS
S
o
3
5
CO
0) ^
3
3
Q
Q
o
«
o
cc
5>-
CO
O
o o
00
o
• CO
O
«>-
«*
in
{-
o
>•
c^*
o
50 O
■*^
T^
^— >
-rt
-i-i
Tl
(M
5«
T<
-r-
th
T-1
n
.^
M
«^
^^
CO
«
o
GO
o
CO
Irt
^-
--f
CO
CO
«Q
00
CO
o
t-
«>!
e
«*
^
o
^
ifl
(M
N
M
^
CO
«
00 CO
00
Oi
CO
o
■*
CO
C5
l^
Oi
c
o
■c
t>
O
O
o
c^
CS
C5
*>
C5
00
00
C5
OS
T-i
CO
CO
Ci
c^
CJ
ö
.^-*
Tl
c
ö
ö
o
ri
o
o
ö
o
th
T-t
Ö
o
O
■^
a:
•z.
^
s^
12
O
3=
9J
O
o
O
O
O
O
'-
3=
CO
in
Z
X
ü
3?
•
•
"
•
>»
>»
^
>-•
>->
■ü
=
S
:^
-£=
<
«5
-
j-
._=
CO
o
Ol
•■<
3
CS
CO
'r.
*_^
• —
5
^
3
(»
3
<
c:
SD
C5
o
OJ
"c
'^'
^
:^
=u
c
CL,
c
CS
«
CS
«t
<.
a
■■<
C
Q
CO
(»
Cß
o
c/)
cc
^
Tscher in ak. Über den Zusammeiiliang- zwischen der chemischen
^
s^-
bp
H
§1
0
CO
11
■2
0
o
11
■2
O 0
11 11
c^
M ^
o
{^
30
1« «>
-_
« -^
•*
o
o
o o
^
■* •*
•*
•^
■^
in lo
CO
M
i>
in »
^^
t- O
"
cc
5*1
<* ^
i:?
5
o
«vi W
_
o
ü
^
^
5
"7"
t£ —
C
O
o
"" tD
1
4)
c ■-
o =^
a
o >>
^
u
e
3 ._ «
.-5 ^ «)
U
""
— .:Z
V
^ ^
o
a
C;
«= « ■«
=
n CO
bC
ü ^
^
i.
sc
a
^:3^^
— ■
J^
^
ä
5
s
ce;
^
eS
s
1 -«
lä SV) ^
5 CO s^
^ 11 11
o
0
Ü 11 II
0
^•
«>- c-
t- «^
o
O
— -r- Ift
CM SO -^
9
?J
-5
r« *^
'mT
^^^
o
^
C/2
5« -in CO
^
r?
^^
l- :s
tl
■* CO «*
^
■*
^ Tri
a^
— «t
-^
<^
00 30 CO
■^
— ^
•-« -^
^^
M
ö ö ö
t*
—
M
o
CZ) CZ)
^
O
00
=^
CO c»
_
■■< .
OS
o
^
3
*
.;;;
es
•-*
C5
s
o
o _S
•—
'S J
Z
i.
'5
^ i"
^
c ^
if
—
"H. ^
r"
">-. —
1
«
£ 1
_S
% e'
— '
x
— ^
■~
Constitution und dem relativen Volumen bei fliiisigen Veibindung'en.
47
o
X
o
if
o
0
X
—
C5
«*•
^^
1
1
t
II
II
II
II
=0
=0
i
^.^
^
■2
W
i>
_
■*
.«,
^
^
•^
M
t-
«
•*
i>
-.,
i>
r-s
M
CS
'A
5- O
W
M
i-*;
«O
-*
>^
i-T
■i«
•i
■4> Ift
«*
•^
«*
■^
>=?
■jr.
-
•A
l--!
-
:-
i.^
's
T^
i
^
c;
l-
^
X
M
X
X
~;
A
M
M
^
■"
«<»
i--:
(M
SQ
M
ri
IS
"^
O
<*<
O
■^
iM
o ■=*
O
X
ä!
M
t^
^
C*
O
t-
C5
M
o
W
M
o
■^
■^
Ä
~"
■"
•^
■^
^ _.
ü
o
w^
CJ
Ca
tr
3
O
^
^
a
Cl,
CS
»3
3
«
05
1.
S
>>
u ®
3
o
CO
3
3
CS
tn
i.
*
^
Lfl
^c
"■^
w
cn
ü
M
o
■"
—
« i:
—
^
o
••"
^
—
-§
sc
4)
"=
o
1^
>»
3
3
O
SJ
£5
u
ä^
o
Ä £
3
CJ
CS
3
Q
o
""
===
M
'"'
d "^
S3
e>
ü
i
o
3
ja
~
la
Q
IJ:2
•^.
0
*
O
^
^
5^'
^■
^
^
^
^*
X ri
N
*^
o
^
^*
^'
^'
■Zi
^"^
M
rJ
"^
* *
S>1
^
v^
•*-«
1
i>
X
ro
•A
o
«»-.
^N
^^^
^^
^"5
^
1?^
■*
Ci
M
1?5
c^
■=*
•
00 — <
«*
Sft
^
M
^
*
l>
^
-".
«^
r'S
C^
!_*
^
t>
CO
^
53
ö
o
T^ OS
W
QO
o
C^
■^
X
X
*
■^
CO
oo
oo
X
!N
SQ
M
S •* CO -s** o
O -rH
«J( .5^ ^ ^ >;^
■^ -^
m
«
lO
«
O C<» M «* «*<
CO ifs
's
ö
CO
■^
ob
i> ■* O 00 '^
00 «#
lO
-~
ö
CO
00
C5
CS
W «*< M ^^I -^
05 «# — 1 O CO
^
t-
iN W? CO ■* iO
(M W
"^
W CO
_
4)
C4
er er
3
•!*<
3 3
o o
"3
— 3
O o
U
3
o
_
O
Ol
~
s
II II
a CQ c e a
O O o
3 3 3 = 3
t -^
ja
o
0)
oa
C3
s
es
s
3
o
a
3 3 3j 0) (U
i' « ja _a -c
_S _S y w W
Ol (K
j3 -a
4) O
Ph Oh
a
S
a
H W
0
fO «o
O
CO
w
O
o
_»
^' o o o o
O O
N TH
tH
■rH
«
K
iM (N (Tl
C5
(M
a
O •
t^ CO
oo »
J>
O
O
:«
CO
a
•Jf O CO Ci GO
CO iM
^
«^ — <
OO
(M
tH
■T^
(M
00 t- CO t- o
o\ —
Co
o
O
O
O
o
o
SQ
II II
O) 00 Oi O 00
lo 00
O C: Ö -^ O
^ w
O)
cn
oq ä
CO CD » =^ CO
o o o o C
3?
«.-5
1 % '% % %
•X = X ^' 3^
?• ^ c.( 1 -.
cß iö
o
o d o J d°
•
>-*
*
• . . —
.
...■■<.
^ ^.
tu
o
'^^
~
- - a i ?*
c
1 1
c
sc
je
^^ < £ S S
S 3
3 3
^
"5 'S
C/3 Cß
Cß
^ ^ 1_ g^ t-
? ? i "j: «
3 3 J2 . —
:3 CS aj ^w O)
f f- tri "Z, !
r 3 'U > o
aa aa üi tsj ti
•5 ;i
O 3
— O
Ö3 M
Coiistihitiüii und dem relativen Volumen bei (liissisen V'erl)indun"en.
49
CO
>-
CO
Cv)
.
o
TO
•^
w
c/D
CO N
t«
00 00
.^
<^
»
CO o so ö
00 o CO « t> CO
■^ W CO W C<( CO
S =1, ^
^ bD Ü
o
C5
i>
o
CO
CS
00
C5
o
« -^ TH
< -1'
i;^
ja (»
3=
M
O
M
CO
S
U
OJ
M
CT
^
-a
O
L'^
K
izi
CO
Cß
3=
»
O
::: u
« « fcD
t- t- ._
u u ^
aj c J
.— .« =o
<; u
-= -a ^
■^ '-S -c "^
Cß Cß O CZ)
r o .-5
Sitzb. d. mnUieiii.-ii^ihii'A-. Gl. XXXV. i;) für gasförii)ige, der zweite für flüssige Verbindungen
gilt, die einfache Beziehung zwischen dem Volum desselben Körpers
im gasfürmigeii und im flüssigen Zustande, welche schon öfter ange-
deutet worden ist; so hat Groshans 2) durch längere Zeit für die
Existenz einer solchen Regelmässigkeit Beweise aufgeführt; dass er
jedoch vor Erkenntniss des Werthes n zu keinem allgemein giltigen
Ausdrucke gelangen konnte, ist leicht begreiflich.
Was man bisher speeiiisches Volum genannt hat, zeigt der
Ausdruck
(14) V, = ^ = m Ve il> ip. t, b) = nd.
Das specifische Volum beim Siedepunkte ist sonach:
(1 Ö) V,s = m Ve (p (p, t,,b)^ HC, .
Hieraus ist ersichtlich, dass bei Änderungen in m, n auch in
Vas entsprechende Änderungen in demselben Sinne auftreten müssen.
Die schätzbaren Beobachtungen und Folgerungen H. Kopp's bezüg-
lich dessen werden mir ein werthvolles Material zur Untersuchung
des Ausdruckes (p Q), t, 6) , die mich bald beschäftigen wird , dar-
bieten. Da ich behauptet habe, das besprochene Gesetz stehe un-
zweifelhaft fest , so wird man von mir vielleicht noch specielle
Beweise in der Art fordern, dass ich nachweise, dass sich auf Grund
desselben das relative Volum eines Körpers genau berechnen lasse.
Dies muss nun freilich der Fall sein ; doch will ich hierauf er-
wiedern, dass es in aller Strenge noch immer nicht thunlich sei, so
lange die relative Anzahl der Atome jedes sogenannten Elementes
nicht genau berechnet ist, was nur sehr genaue Beobachtungen —
vorderhand am Schmelzpunkte angestellt — ermöglichen werden.
Es ist zu bedenken, dass ich, um den Beweis der Giltigkeit
jenes Gesetzes schon jetzt führen zu können, mich mit sehr rohen
Zahlen für a begnügen musste, die um so ungenauer werden, je com-
plicirter die Verbindungen sind , aus denen ich sie berechnete.
Übrigens behalte ich mir vor, die Werthe für a, welche in Zukunft
^) Da fiir beide Ausdrücke das Volum des Wasserstoffes als Einlieit angeiiommen ist
so bedeutet C offenbar den Condensations - Coefficienten desselben.
2) Poggendorffs Annalen LXXVIII 112, LXXIX 290, LXXX 298. Ergänxungsbd. III,
146, Ö92. Anu. LXXXVIH 291.
52
Tsc her mak. Über den ZiisammenliaiiG' zwischen der chemischen
für die Theorie immerhin einige Wichtigkeit haben können, mit mög-
lichster Schärfe zu ermitteln, da es mir nunmehr gegönnt sein wird,
blos genaue Beobachtungen zu berücksichtigen.
Dagegen behaupte ich, dass eine annähernd genaue Berechnung
des Volums beim Schmelzpunkte schon jetzt bei der Reihe CaHbOc
möglich sei, wo wir über a am besten unterrichtet sind. Als Beweis
dafür mögen folgende Beispiele dienen:
Name
Formel
i)eoIiachtet
Beob-
achter
s
berechnet
R — B ,
B ='^
Oxalsaures Methyl .
C4H6O4
1-15G0
Kopp
11919
+ 0-0305
Naphthalin ....
CioHg
0-9774
Kopp
1-0139
+ 0-0383
Benzoesäure . . .
C^HßO.
i-0838
Kopp
1-1296
+ 0-038G
Essigsäure ....
C2H4O2
i-080i
Kopp
1-1111
+ 0-0287
Propionsäure . . .
C.HeOo
0 -9993 1)
Kopp
10277
+ 0-0282
Stearinsäure . . .
CigHse^a
0 8347
Kopp
0-8304
— 0-0051
Wenn hier Rechnung und Beobachtung richtig sind, muss die
DifTcrenz stets in demselben Sinne auftreten; hiervon scheint nur die
Stearinsäure eine Ausnahme zu machen. Doch eben hier muss ich
bemerken, dass die Zahl für s sich darauf stützt, dass das specifische
Gewicht dieses Körpers im starren Zustande = 1-0000 angenommen
wurde. Da nun Kopp selbst s) diesen Werth wegen der Schwierig-
keit der Bestimmung für minder genau hält, so ist derselbe wahr-
scheinlich etwas zu gross genommen, wornach auch hier die beste
Übereinstimmung zu erwarten ist. Die Werthe unter d sind ein
neuer Beweis für die VortrelTlichkeit der Kopp"schen Beobachtungen.
Ich gelange nun dazu, dem Bisherigen einige Worte über das
Volum der Körper im starren Zustande hinzuzufügen. Ich darf wohl
nicht erst darauf hinweisen, dass es unrichtig sei, bei starren Körpern
in Wort und That die BegritTe: specifisches Gewicht und Dichte
zu verwechseln, wenn man es auch sonst bei flüssigen und gasförmi-
gen Körpern ohne Nachtheil gethan hat, denn man weiss, dass bei
starren Körpern das Individuum zwar selbstredend nur Ein Volum,
1) Bei IS« c.
-) Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. XCHI, S. 183.
Constitution und dem relativen Volumen bei tliissigen Verbindung-en.
53
dagegen aber meist in verschiedenen Richtungen eine verschiedene
Dichte besitzt. Auf jener Verwechslung scheint es zu beruhen, dass
man manchmal die Thatsache ignorirte, dass das relative Volum und
somit das specifische Gewicht in merkbarer Weise von dem Krystall-
typus abhängig sei, was uns die Erscheinungen an polymorphen
Körpern zur Genüge bewiesen haben, so dass bezüglich des speci-
fischen Gewichtes in Theorie und Rechnung starre und flüssige
Körper nicht gleich behandelt werden dürfen.
Es würde ofTenbar kaum zu einem Resultate führen, wenn man
zur Zeit die Volumina im flüssigen und starren Zustande strenge ver-
gleichen wollte, doch wird man mir einräumen, dass man, wofern für
den flüssigen Zustand keine Beobachtungen vorliegen, von dem be-
rechneten Volum beim Schmelzpunkte ausgehend, entscheiden könne,
ob ein Körper im starren Zustande ein kleineres oder grösseres
Volum besitze. Ich habe nun auf Grund des obigen Gesetzes für ver-
schiedene Körper der oben behandelten Reihen das Volum am Schmelz-
punkte grösser gefunden, als es die Beobachtungen für den starren
Zustand ergeben, so dass für jetzt nur das Wasser hierin eine Aus-
nahme zu machen scheint. Ich will blos einige Reispiele in der frühe-
ren Weise anführen.
Name
Formel
sp. Gew.
t°
Beobachter
7/1'
n'
c'
Rohrzucker . . .
CiäHogO,!
1-593
3-9
Play f. u.Joul.
342
68
3-16
Milchzucker . . .
C13H04O13
1-534
3-9
Playf.u.Joul.
360
72
3-26
Oxalsäure ....
CoHgOe
1-641
3-9
Playf.u.Joul.
126
22
3-49
Stearinsäure . . .
CisHseOo
1-000
9
K 0 p p
284
76
3-73
Chlorammonium . .
NH4CI
1-500
0
Kopp
53-5
12
3-00
Asparagin ....
C4H8N0O3
1-519
14
132
28
3-10
Active Asparagins.
C4H7NO4
1-6613
12-5
133
26
3-08
Inactive „
C4H7NO4
1-6632
12-5
133
26
3-07
Thialdin
CßH.sNSo
1-191
18
Liebig
163
37
3-70
Es scheint, dass bei Anwendung des Ausdruckes (7) auch bei
starren Körpern c' um einen gewissen Werth schwanke, und ich
überzeugte mich, dass man nach Annahme einer empirischen Coii-
stante für c die Volumina von vielen Verbindungen ungefähr berechnen
u
Tschermak. Üher den Ziisainmenhang- zwischen der chemischen
könne. Hierin weiter zu gehen ist wohl noch nicht an der Zeit,
so lange üher den Zusammenhang der Krystallform mit dem Volum
oder der erstem mit der chemischen Constitution nichts Näheres
bekannt ist.
In dem Folgenden will ich, von der Annahme ausgehend , dass
bei starren Körpern bei Anwendung des obigen Ausdruckes c um
die Zahl 4 schwanke, für mehrere Elemente, bezüglich deren keine
flüssigen Verbindungen beobachtet sind, die Werthe von a berech-
nen. Die Annahme ist ganz willkürlich, doch wird man mir in Folge
der eben angeführten Erfahrung zugeben, dass die erhaltenen Werthe
für a nicht derart von der Wahrheit abweichen werden, als dass ein
Vergleich derselben unter einander nicht erlaubt wäre.
Name
Formel
sp. G.
Beobachter
;= 1
a =
m'
n'
c'
Bemerkung
Kali ....
K3O
2-656
Karsten
K
4
94-4
10
3-53
Kalihydrat .
KHO
2-044
Filhol
»
4
06-2
7
3-92
Natron . .
NaaO
2- SOS
K a r s 1 0 n
Na
2
62
6
3-69
Natroiihydrat
NaHO
2-i30
Filhol
n
2
40
5
3-75
Baryumoxyd
BaoO
4-732
Karsten
Ba
3
153
8
404
Strontiumox.
SraO
3-932
Karsten
Sr
2
104
6
4-40
Calciumoxyd
CaoO
3-161
Karsten
Ca
1
56
4
4-40
Magnesia . .
MgaO
3-200
Karsten
Mg
0-6
40
3-2
3-94
Alaunerde .
AI2O
4.1b2
Roy. Dum.
AI
0-2
34-2
2-2
3-90
Al= 91
Eisenoxyd .
FeoO
S-2S1
M 0 h s
Fe
0-6
53-3
2-6
3-99
Fe =18-6
Qiiecksilber-
oxyd . .
HgaO
11-191
Karsten
Hg
1-4
216
4-8
4-02
Zur Erreichung meiner Absicht, vergleichbare Werthe für a zu
erhalten, konnte ich nur die Resultate Eines Beobachters, so weit es
anging, benützen, und zwar dies um so mehr als die Zahlen verschie-
dener Beobachter gerade bei jenen Körpern ziemlich stark differiren,
bei denen ich am ehesten zu mögh'chst fehlerfreien Werthen gelangen
konnte, was offenbar bei Verbindungen, wie die eben angeführten,
der Fall ist.
Somit wäre nun für eine Reihe von unorganischen Radi-
calen. wenn auch nur ganz provisorisch, die relative Anzahl der
Constitution und dem relntiven Volumen l)ei fiiissigen Verliindiing^en. J^^)
enthaltenen Atome berechnet, welche Werthe ich hier zAisammen-
stelien will :
für
H =
1
a = l
für
Bi = 208
a = S
»
0 =
16
a = 2
«
Sn = 58
o = 2-5
»
C =
12
« = 2
»
Ti = 25
a = 2
n
Fl =
19
a = 4-5
')
j>
Hg =: 100
a = l-4
n
Cl =
35 '5
a = 5
5)
K =39
a = 4
n
Br=:
80
a = 6-5
»
Na = 23
a = 2
»
J =
127
a = 8
»
Mg = 12
a = 0-6
»
N =
14
a=.3
»
Ca = 20
a = i
»
P =
31
a=:3-2
»
Si- = 44
a = 2
»
S =
32
a = 4-5
»
ßa =68
a = 3
n
Se =
80
a = 5-0
5J
AI =91
a = 0-2
»
Te =
128
a =: 5-5
')
„
Fe =18-6
a = 0-6
«
As =
75
a = 4
»
B =22
a = 4
»
Sb =
120
a = 3-2
»
Si =42
a = 6
Es scheint mir nunmehr der Versuch nicht unpassend, mehrere für
die rehitive Anzahl der in diesen Radicalen enthaltenen Atome gefun-
dene Werthe mit dem Gewichte dieser Radicale zu vergleichen.
Wenn daher die chemisch ähnlichen Radicale neben einander gestellt
werden, so ergibt sich aus den Zahlen mit der grössten Wahrschein-
lichkeit, ditss solche Gruppen stets eine homologe Reihe bilden, ähn-
lich wie wir deren in der organischen Chemie bereits eine Anzahl
kennen gelernt haben ^).
Ich will mehrere Gruppen , bei denen die ungenauen Werthe
fiir a dies bereits erkennen lassen, hier aufführen :
aj Gruppe: Fl, Cl, Er, J.
a
Reihe
Äqi
jivalentzahl
Fl
4-5 = 4 + ö
5 + 6 =20
19
Cl
5-0 = 4 + 2«
5 + 26 = 35
35-5
Br
6-5 = 4 -f Da
5 + 56 = 80
80-
J
8 =4 + 8«
« = 0-5
5 + 86 = 125
6= 15.
127
Wenn diese Gruppe, wie es die Zahlen andeuten, eine homologe
Reihe mit der Differenz 15 darstellte, so müssten freilich die Äqui-
*) Ich anticipire hier den ans dem specifischen Gewicht des metallischen Tellurs erhal-
tenen Werth, der erst; weiter unten besprochen wird.
2) Bekanntlich ist bereits J. Dumas durch Verg-Ieichung der Äquivalentzalilon zu einer
hiermit gleichlautenden Ansicht gelang;!. (Comptes rendus Xt.V, 709.)
3) Aus Dav-y's Angabe fiir HFl speeifisrhes fiewicht = 10G09 berechnet.
Reihe
Äqi
aivaleiitzahl
32 =32
32
32 + 6 =80
80
32 + 26 = 128
128
b =
48
36 Tschermak. Über den Zusammeuhang: zwischen der chemischen
valentzahlen um etwas verschieden sein, doch ist dieser Vergleich
ja elien nur ein beiläufiger.
b) Gruppe: S, Se, Te.
S 4-5 = 4-5
Se 5-0 = 4-5 + a
Te 5-5=:4-S + 2a
a = 0-8
Die Werthe a sind hier, wie schon erwähnt, gleichförmig zu
gross berechnet, daher es vorderhand nicht entschieden ist, ob der
Sauerstoff in diese Reihe gehöre.
c) Gruppe: Mg, Ca, Sr, Ba.
a Reihe Äquivalentzahl
Mg 0-6 = 0-3 -[-a 4 + 6 =12 12
Ca l=0-3 + 2ß 4 + 26 = 20 20
Sr 2 = 0-3 +-5« 4 + 56 = 44 44
Ba 3 = 0-3 + 8« 4+86 = 68 68
a = 0-34 ungefähr, 6 = 8.
Die eben aufgeführten Beispiele sollen blos beweisen, dass
zwischen dem Gewichte des Radicals und der Anzahl der enthaltenen
Atome, wie man es wohl erwarten muss, ein inniger Zusammenhang
bestehe, und dass der Sehluss bezüglich des Charakters jener Reihen
wahrscheinlich richtig sei. Dass der Zusammenhang jener sei, wie
ihn die obigen Zahlen darstellen, darf wegen der mangelhaften Ge-
nauigkeit der Werthe unter a nicht behauptet M'erden. Bei den übrigen
Radicalen unterlasse ich es, einen Vergleich anzustellen, da ich von
dem provisorischen Charakter der zu benützenden Zahlen genügend
überzeugt bin, und behalte mir eine genauere Darlegung für später
vor, da im Grunde der Hauptzweck dieser Arbeit blos die Bestätigung
des aufgestellten Volumsgesetzes ist.
Bisher habe ich über die sogenannten Elemente im freien Zu-
stande noch nichts erwähnt, und zwar desshalb, weil wir über deren
Constitution am allerwenigsten unterrichtet sind. Bezüglich dessen
will ich darauf hinweisen , was die Beobachtungen liinsichtlich orga-
nischer Verbindungen gelehrt haben: der Chemiker vermag nie eine
Verbindung in dem Sinne zu zerlegen, als dass er ein Radical zu
isoliren vermöchte; er erhält z. B. aus Jodmethyl (CH3)J nie das
Constitution iiiid tleiii rehitiveii Volumen bei flüssigen Verbindungen. qT
eine oder das andere R-adical; durch Behandlung mit Zink entsteht
Methyl ff|!M» andererseits kann er freies Jod S bekommen u. s. w.
Er vermag nichts weiter, als dass er durch wechselseitige Einwirkung
stets neue Verbindungen entstehen lässt, und wenn eine organische
Verbindung ,,ganz zerstört" wird, so spottet die Natur des Ausdrucks,
indem sie daraus blos andere Verbindungen bildet, und wenn endlich
jene Verbindung „in die Elemente" aufgelöst wird, so hat alle Anstren-
gung blos dahin geführt, neue Körper entstehen zu machen, von denen
M'ir mit gleichem Rechte wie von allen übrigen behaupten dürfen,
dass sie einfache seien.
Über die Unmöglichkeit, ein Radical zu isoliren, hat uns nur die
organische Chemie, welche die einfachsten Verbindungen behandelt,
gestützt auf das Gesetz der Gasvolumina zu belehren vermocht,
während die übrigen Verbindungen um so weniger Aufklärung ver-
schailen konnten, als man bezüglich derselben lange Zeit mit dem
Ausdrucke „GrundstotF" mehr zu bezeichnen glaubte als das Miss-
lingen einer doppelten Zersetzung oder Substitution.
Wenn wir auch noch heute gestehen müssen, dass uns eine
Theilung der unorganischen Radicale durch doppelte Zersetzung nicht
geglückt sei, so scheint mir die Zeit doch nicht allzu ferne zu liegen,
wo man durch vorurtheilsfreie Beobachtung und Rechnung Andeu-
tungen erhält, ob nicht vielleicht Substitutionen innerhalb jener
Radicale ebenso wie bei den organischen vorkommen, die wir mög-
licherweise bei der bisherigen Auffassung der Thatsachen übersehen
hatten.
Doch ich wende mich von diesen Vermuthungen zu der Frage,
ob denn nicht, wie bei den Gasen, auch bei tlüssigen und starren
Körpern das Volumgesetz uns Anhaltspunkte zur Beurtheilung
jener Körper bieten könne, die bisher als einfach und unwandelbar
gegolten?
Ich glaube hierauf bejahend antworten zu dürfen, und füge nur
hinzu, dass hier, wo wir aus dem Volum blos die mittlere Masse des
Atoms berechnen können, die Beziehungen der specifischen Wärme
als unschätzbares Mittel zu erachten seien. Ich will im Folgenden
blos einige Andeutungen über das Erstere anführen.
Weim man sich zu bekannten Thatsachen wendet, werden fol-
gende Beziehungen als Richtschnur dienen können:
o3 Tschermak. Über den Zusammenhang' zwischen der chemischen
Bei den Reactionen der organischen Verbindungen treten, sobald
— nach früheren Ansichten — ein Radical isolirt zu werden scheint,
zwei Fälle ein:
1. Das Moleculargewicht des erhaltenen Körpers ist ein ganz-
zahliges Multipluin des Gewichtes des Radicals (vgl. obiges Beispiel).
2. Das Moleculargewicht der neuentstandenen Verbindung ist
kein ganzzahliges Multiplum jener Grösse, und es kann grösser oder
kleiner sein als letztere.
So erhalten wir aus essigsaurem Kali'-^ ^j^iO mittelst PCI3 beim
Erwärmen Essigsäureanhydrid :
C2H3O)
Das Moleculargewicht des Radicals Acetyl ist =^43
„ „ „ „ Essigsäureanhydrids = 92.
Bei Behandlung von Chlorammonium (NH^) Cl mit Kalk Ca^O,
entsteht Ammoniak NHg,
Das Moleculargewicht des Ammoniums ist =18
„ „ „ Ammoniaks „ =17.
Ähnliche Verhältnisse scheinen bei den übrigen „Radiealen im
freien Zustande" vorzukommen , und sie können in zwei Reihen ge-
bracht werden, je nachdem sie dem ersten oder dem zweiten dieser
Sätze genügen, was durch den Werth des specifischen Gewichtes
entschieden werden kann.
Wenn für das Radical die Zeichen »/, , «j , Sj , für das freie
Element hingegen m^, 0.%, h im früheren Sinne gelten, so muss für
die erste Reihe die Gleichunc:
erfüllt sein.
Bezüglich der zweiten Reihe muss:
S3 = ^ oder .s, «i c ^ w,
^ a. c ->
sein. Der Ausdruck
,Si «, c ^= trio
Constitution und dem relativen Volumen bei flüssigen Verbindung-en. öy
bezeichnet ofleiibar die relative Moleculargrösse des freien Körpers,
bezos^eii auf die Atomzahl aj. Dieser Werth
(17)
So Ui C = [X
soll im Folgenden zum V^ergleich mit nii dienen, woraus sich interes-
sante Beziehungen zu ergeben scheinen.
Als Beispiele der ersten Reihe führe ich an :
Spec. Gewicht
Leobachfet
Beobachter
Spec. Gewicht
berechnet
Chlor
1-33
D a V y
1-578
Brom
2-966
ßalard
2-733
Jod (starr) . . .
4-948
Gay Lussac
4-001
Schwefel ....
1-800
Kopp (b. 120°)
1-380
Selen (starr) . .
4-276
Schaffgotsch
4-000
Tellur (starr) . .
6-1379
M a r i g n a c
0-821 1).
Von den eben angeführten Verbindungen gilt sonach, dass deren
Moleculargewicht ein ganzzahliges Multiplum des Gewichtes des
gleichnamigen Radicals sei.
Ans der zweiten Reihe mögen blos die folgenden Beispiele, die
heim Vergleiche am meisten Aufmerksamkeit erregen , aufgeführt
werden. Zuvor bemerke ich Folgendes: Da durch das specifische
m<>
Gewicht blos der Quotient — ^ gegeben ist, so schien mir, insolange
«3 c
kein Mittel vorhanden ist, denselben weiter aufzulösen, der Werth//
zum Zwecke der Vergleichung von rrii und m^ am tauglichsten zu
sein, denselben habe ich nun ganz beiläufig aus den ersten Ziffern des
Beobachtungsresultates, aus o.^ und c berechnet, welches letztere ich
wiederum bei starren Körpern = 4 setzte:
•) Da mir keine Beobachtung über eine einfache Tellnrverbindiing vorlag, so berech-
nete ich « aus dem specifischen Gewichte des freien Tellurs, da ich voraussetzen
musste, dass Tellur seine Begleiter auch hier nicht verlasse. Dass die berechneten
specifischen Gewichte nicht sehr gut mit der Beobachtung übereinstimmen , ist aus
der Ungenauigkeit in « leicht erklärlich.
60
Tschermak. Über de» Zus.immenlinng zwischen der chemischen
spec. Gew.
ßeohachter
ni
(J-'
m : jj.
III
II.
Kalium ....
ungefälir
un-efiihr
0-861)07
G. Luss. und Th e n.
39
13
3: 1
3-0
Natrium . . ,
0 97223
G. Luss. und Then.
23
7-8
3: 1
3-0
Magnium . . .
1-7430
B u n s e n
12
4-1
3: 1
30
Calcium . . .
1-S84..66
B u n s e n
20
6-3
3: 1
3-0
Strontium . .
2-S04..08
B u nsen
44
20
2: 1
2-0
Barium . . .
4-0 ?
Clarke
68
42
3 : 2
1-51)
Phosphor . . .
1-736
Kopp (bei 44°)
31
22
3 : 2
1-5
Kohle ....
1-Ö7
V
12
12
1 :1
1-02)
Arsen ....
5-628
Karsten
75
90
5:6
0-8
Wismuth . . .
9-677
De V ille
208
300
2:3
0-6
Silicium(graphit-
artiges) . .
2-49
Wühler
42
60
2 : 3
0-6
Graphit. . . .
2-273
Regnault
12
18
2 : 3
0-6
Rür(Kryst.) . .
2-68
Wöhler
22
42
1 :2
0-5
Diamant . . .
3-D
12
30
2 : 5
0-4
Diese Zahlen, obwohl sie nur sehr beiläußg gelten, beweisen
zur Genüge, dass die eben aufgezählten Verbindungen zu jenen
gehören, deren Moleculargewicht kein ganzzahliges MuKiplum des
Gewichtes des gleichnamigen Radieals sei , überdies lassen diese
Zahlwerthe vieles schliessen, was nicht ohne Wichtigkeit erscheint,
und erklären manche Erscheinung, die schon viele Fragen angeregt
hat. So z. B. ist ersichtlich, dass Diamant, Graphit, Kohle, und
wenn ich noch mehrere Allotropien aufgeführt hätte, dass diese
Körper wirklich verschiedene chemische Verbindungen seien.
Was hingegen noch interessanter erscheint, sind die Quotienten
m : fi, welche, wenn auch nur ungefähr, das Verhältniss zwischen der
Moleculargrösse des Körpers und des gleichnamigen Radicals an-
geben 3).
1) Das „angenommene" specifische Gewicht des Bariums scheint etwas zu hocii, daher
ich es ungefähr = 3-7 setzte.
2) Die Russkolile scheint somit, so wie viele schwere Metalle, in die erste Reihe zu
gehören.
■*) Die liedeuteiiden Differenzen zwischen m und /t, wie sie in den angeführten Kälten
vorkommen, widers|irechen offenbar g'eradezu den jetzigen atomistischen Vorstellun-
gen, doch kann ich hier nicht darauf eingehen, und behalte mir dessen Erörterung
für eine andere Gelegenheit vor.
Constitution und dem relativen Volumen hei (1iissi2:en Verbindungen. 61
Wenn ich den allgemeinen Satz, der sieh bei dieser Verglei-
chung ergibt, in — wenn auch ganz unpassenden — Worten aus-
drücke, so könnte derselbe vielleicht so lauten: Bei mehreren Körpern
ist das Molecül grösser als das bezügliche Radical, bei anderen hin-
gegen kleiner. Bei den letzteren müssen, sobald eine Verbindung
entsteht, mehrere solche Molecüle das Radical bilden, und es muss
bei dieser Bewegung eine bedeutende Kraftentwicklung entstehen;
bei den ersteren muss sich im Augenblicke der Verbindung das
Molecül spalten, wozu eine bedeutendere äussere Krafteinwirkung
nothwendig ist. Umgekehrt verhält es sich dann bei Entstehung die-
ser Körper aus dem entsprechenden Radical.
Ich bin der Ansicht, dass sich diese Folgerung ziemlich unge-
zwungen ergibt, und — wenn ich dabei auf die vorige Tabelle von
Kalium bis Diamant verweise — dass sie den bezüglichen Natur-
erscheinungen beiläufig zu entsprechen scheint.
Ich bin nunmehr von dem ursprünglichen Thema etwas weit
abgekommen, was man indess entschuldigen möge, da ich mich nicht
enthalten konnte, darauf hinzudeuten, dass das oben angeführte Vo-
himgesetz vielleicht manche Erscheinung in natürlicher Weise zu
deuten vermöge. Die letzteren Bemerkungen können jedenfalls nur
als rohe Andeutungen, keineswegs aber als Resultate in irgend
welcher Art angesehen werden.
Indess werde ich nicht unterlassen, sobald ich auf jenem Ge-
setze fussend weiter gehen kann , mit grösserer Genauigkeit an die
Sache zu gehen, wo gewiss noch vieles Interessante zu erringen
sein wird.
Nur Eines thut noth, dies sind genaue Beobachtungen bezüg-
lich des specifischen Gewichtes: Es ist dem Einzelnen offenbar
unmöglich, das nöthige Material zu erlangen, um so mehr, da die für
die Theorie wichtigsten Verbindungen nicht leicht zu haben sind.
Wenn daher flüssige und starre Verbindungen in jeder Richtung
untersucht werden, so sollte man die Beobachtungen des specifischen
Gewichtes ebenso pflegen, um so mehr, da dieselben weniger Zeit
und Mühe in Anspruch nehmen als manche andere Untersuchung.
Wenn ich hier, was sich im Verlaufe der Abhandlung an Fol-
gerungen aus Thatsachen ergab, resumire, so darf ich es vielleicht
folgender Art ausdrücken :
62 Tschermak. Üljer den Ziisanuiienhaiig bei flüssigen VerLinduiigen.
1. „Die Volumina flüssiger Körper verhalten sieh umgekehrt
wie die mittleren Massen der enthaltenen Atome".
2. „Die unorganischen Radicale sind ebenfalls zusammengesetzte
Körper, und die bezüglich der Reaction ähnlichen scheinen homologe
Reihen zu bilden."
3. „Die fi'üher sogenannten Elemente im freien Zustande sind
wahrscheinlich Verbindungen des bezüglichen Radicals nach verschie-
denen Verhältnissen."^
Es ist gewiss richtig, zu behaupten, dass es den Fortschritt der
Chemie als Wissenschaft in hohem Grade fördern werde, wenn von
einem vorurtheilsfreien Standpunkte nach Aufgebung all' der An-
nahmen, die sich in den Worten: Grundstoff, Einheit des Äquivalents
etc. aussprechen , die Erscheinungen geprüft werden. Doch es ist
in der jetzigen Übergangsperiode schwer , den Mittelweg einzu-
halten, schwer, sich gegenseitig verständlich zu werden, und dies
erwägend, will ich blos darauf Ausspruch machen, durch die vor-
liegenden Zeilen eine bekannte Idee wieder ausgesprochen zu haben,
die sich vielleicht durch folgende Worte andeuten lässt:
„Die Chemie muss wieder darauf zurückkommen,
wovon sie, die Wage ergreifend, unbewusst ausgegan-
«ren: dies ist die Einheit der Materie"*.
SITZUNGSBERICHTE
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
XXXV. um.
'^ SITZUNG VOM 17. MÄRZ 1859.
N? 8.
63
VIII. SITZUNG VOM 17. MÄRZ 1839.
Der Secretäi' legt die beiden folgenden Abhandlungen vor:
Von Herrn Dr. Victor v. Lang: „Versuche einer Monographie
des ßleivitriols", über welche der Herr Verfasser bereits in der
Sitzung vom 22. Juli v. J. eine vorläufige Mittheilung gemacht hat.
Von Herrn Dr. Theodor Margo, Privatdocent an der Univer-
sität zu Pest: „Neue Untersuchungen über die Entwickelung, das
Wachsthum, die Neubildung und den feineren Bau der Muskelfasern".
Beide Abhandlungen werden zur Berichterstattung bestimmt.
Herr Professor Brücke überreicht eine Mittheilung des Herrn
Professor Czermak: „Über die Sprache bei luftdichter Verschlies-
sung des Kehlkopfes".
Herr Director von Littrow übergibt die folgenden zwei Ab-
handlungen:
Von Herrn M. Löwy: „Bahnbestimmung des ersten Kome-
ten 1857«.
Von Herrn A. Murmann: „Über die Bahn der Europa".
Herr Dr. Fried. Rolle hält einen Vortrag: „Über die geo-
logische Stellung der Horner Schichten in Nieder-Österreich".
Diese Abhandlung wird einem Berichterstatter zugewiesen.
Der Akademie wurden folgende, die mathematisch-naturwissen-
schaftliche Classe betreffende Bücher eingesendet:
Akademie der Wissenschaften, königl. Preussische. Monatsberichte.
December 18o8, Jänner 1859; 8«-
Astronomische Nachrichten. Register zu Band XLIX. 4»-
Austria, XI. Jahrgang. Heft 3 —10. 1859; 8o-
5"
64
Cosmos, VIII annee, XIV. vol., livr. 7, 10. Paris, 1859; S»-
d'El vert, Christ., Geschichte der Heil- und Humanitäts-Anstalten in
Mähren und Österreich. Schlesien. Brunn, 1858; 8"-
Gazette medicale d'Orient. 11 annee, Nr. 9 — 11. 185%; 4o-
Geologische Reichsanstalt, k. k. Die Sitzungen vom 8. und 28.
Februar 1859; 8o-
Hauer, K. Ritter von, Über die Mineralquellen von Bartfeld. Be-
sonderer Abdruck aus dem Jahrbuche der k. k. geologischen
Reichsanstalt, 1859. Wien, 1859; 8o-
Istituto I. R. Veneto di scienze, lettere ed arti. Memorie, vol. VII,
1858; 4. Atti, serie III, tom. IV, disp. 1 — 3. 185%; 8o-
Jahrbuch, Neues, für Pharmacie und verwandte Fächer. Heraus-
gegeben von Walz und Winkler. Band XI, Heft 1. Heidel-
berg, 1859; 8«-
Jahresbericht, Sechster und Siebenter, des Comites zur Grün-
dung und Verwaltung der Bukowiner Landes -Bibliothek.
1857, 58; 8o-
— des physikalischen Vereines zu Frankfurt a. M. für das Rech-
nungsjahr I85y8; 8o-
Land- und forstwirthschaftUche Zeitung. Jahrgang VIII, Nr. 49 —
52. IX, 1, 2. 1859; 8"-
Lotes. Jahrgang VIII, October, November, December 1858. Prag; 8"-
Proeeedings of the R. Geographical society of London. Nr. I.
1859; 8«-
65
ABHANDLUNGEN UND MITTHEILÜNGEN.
Über die Sprache bei luftdichter Ver Schliessung des Kehlkopfes.
Von Professor J. Czermak in Pest.
Die Untersuchung der Leistungen abnormer Sprachorgane ist
in mehrfacher Hinsicht interessant, indem pathologische Verände-
ru ngen derselben zuweilen nicht nur Aufschluss geben über die Be-
deutung mancher Theile für die Hervorbringung gewisser Sprach-
laute, sondern auch über das eigentliche Wesen mancher Laute, so
wie über die Art und Weise, in welcher unmöglich gewordene Laute
unter Zuhilfenahme ungewöhnlicher Mittel mehr oder weniger er-
folgreich ersetzt werden können.
Ich erinnere in dieser Beziehung an Brücke's Beschreibung
der Sprache eines Mädchens, welches den weichen Gaumen durch
Syphilis vollständig verloren hatte, ohne sonstige Zerstörungen und
Veränderungen der Sprachorgane erlitten zu haben i), ferner an das
von mir beschriebene Gegenstück dieses Falles bei einem Mädchen,
dessen Gaumensegel mit der Rachenwand vollständig, d. h. luftdicht
verwachsen war 2).
Im Folgenden theile ich einen neuen hierher gehörigen Fall
mit 3), in welchem bei vollständiger Verschliessung des Larynx
*) Brücke, „Nachschrift zu Professor K u d e I k a "s Abhandlung.« Sitzung-sberichte
der k. Akademie der Wissenschaften in Wien, 1838.
2) Diese Sitzungsberichte, Märzheft 1838, und Bd. V der von Moleschott herausgege-
benen Untersuchungen zur Naturlehre des Menschen und der Thiere, 1838. „Be-
merkungen über die Bildung einiger Sprachlaute."
3) Dieser Fall betrifft ein 18jähriges intelligentes Mädchen , an welchem Herr Prof
V. Balassa im October 1838 in Folge der Aufforderung des ordinirenden Arzte
66 C z e r m a k.
unmittelbar unterhalb der Glottis, also bei gänzlichem Mangel an
Stimme und In- so wie Exspirationsluftstrom in den Sprachorganen
eine, wenn auch unvollkommene, doch hinreichend verständliche
Sprachlautbildung zu Stande gebracht wird. Es versteht sich von
selbst, dass die Respiration des betretfenden Individuums durch eine
künstlich angelegte Öffnung (Laryngotomie) unterhalb der Verschluss-
stelle des Larynx gesichert ist.
Dass die Sprache unter so bewandten Umständen in einem
völlig lautlosen Lispeln besteht, war natürlich sicherer zu erwarten,
als dass sie überhaupt möglich ist und sogar noch aus einiger Ent-
fernung recht gut wahrgenommen wird. Die Möglichkeit einer
Sprachlautbildung beruht hier, im Allgemeinen, selbstverständlich
nur auf der geschickten Benützung (Verdünnung und Verdichtung)
der geringen Menge der in Pharynx und Mundhöhle eingeschlos-
senen atmosphärischen Luft und jener Geräusche, welche bei den
blossen Articulationsbewegungen der Sprachorgane entstehen in
Folge der Verschiebung, Berührung und Trennung der in Contact
kommenden mit zäher Flüssigkeit befeuchteten Schleimhautober-
flächen.
Aus letzterem Grunde wird es auch begreiflich, warum gewisse
Laute, welche in diesem Falle für sich allein ganz oder fast ganz
unmöglich geworden sind, im Flusse der Articulationsbewegungen
mehr oder weniger deutlich zum Vorschein kommen oder doch durch
ähnliche Laute ersetzt werden.
Ich lasse nun die Beobachtungen und Bemerkungen über die
einzelnen Sprachlaute folgen , wobei ich Brück e's classische
Grundzüge der Physiologie und Systematik der Sprachlaute", Wien,
Gerold 1856, zu Grunde lege.
1. Rehlkopflante und Tocale.
Da, wie bereits erwähnt, der Larynx unsererPatientin unmittel-
bar unterhalb der Glottis luftdicht verschlossen ist, so kann die-
Dr. Porges die dringend indicirte Laryngotomie mit glänzendem Erfolge aus-
geführt hatte. Später habe ich die Patientin mit dem Kehlkopfspiegel, sowohl durch
den Rachen, als nach einem neuen Verfahren durch die laryngotomische Öffnung
hindurch untersucht und den Sit/, und die Art des Larynxverschlusses ermittelt.
Vergleiche Wiener Med. Wochenschrift : „Beiträge zur Laryngoskopie." 18.59.
Nr. 10 u. f.
über die Sprache hei luftdichter VerSchliessung des Kehlkopfes. 67
selbe weder einen lauten Ton, noch die eigentliche Flüsterstimme
hervorbringen , ja überhaupt keine Spur von Luft durch den Kehl-
kopf hindurchtreiben, wie ich mich vermittelst der Spiegelprobe i)
überzeugt habe.
Es sind für diePatientin daher auch die verschiedenen A-Laute
eben so unmöglich geworden wie die Vocale, wenn dieselben für
sich allein hervorgebracht werden sollen. Nur der t- Laut macht
hier insofern eine Ausnahme , als er passend durch das Reibungs-
geräusch des J ersetzt wird.
Im Flusse der Articulationsbewegungen jedoch kommen ver-
schiedene Geräusche, in Folge der Durchbrechung, Lösung und
Herstellung eines Verschlusses oder in Folge derReibung der durch
Verdichtung oder Verdünnung in Rewegung versetzten Luft an ver-
engten Stellen des Mundcanals, zustande, von denen die einen
(besonders schwache, unentschiedene Reibungsgeräusche im hinter-
sten Articulationsgebiete) die h - Laute ersetzen, die anderen aber
den eigenthümlichen Charakter der einzelnen Vocale ganz deutlich
an sich tragen.
Für die Theorie der Vocale scheint es mir nicht unwichtig, dass
bei unserer Patientin fast jedwedes im Mundcanal erzeugte Ge-
räusch — je nach der Stellung der Sprachorgane für einen be-
stimmten Vocal — den specifischen Charakter dieses Vocals sofort
unverkennbar annimmt.
Dass dies übrigens keine ausnahmsweise Erscheinung sei , da-
von überzeugt man sieh leicht an sich selbst, wenn man bei ange-
haltenem Athein und fest verschlossenem Larynx, also nur unter
Mitwirkung der im Mund enthaltenen Luft, z. B. pa, pe, pi, po, pu,
— ta, te, ti, to, tu, — sa, se, si, so, su . . . etc. zu sprechen
versucht. Man wird finden , dass das nachhallende Geräusch der
Verschlusslaute, Reibungslaute etc. das Timbre der intendirten
Vocale vollkommen deutlich annimmt.
Ja es gelingt sogar, dem Schalle , welchen man durch Klopfen
mit einem festen Körper auf die Zähne hervorbringt, bei geeigneter
Mundstellung einen mehr oder weniger deutlichen vocalischen
Charakter aufzudrücken.
1) C/. ermak. „Über reine und uasalirte Vocale". Diese Sitzungsberichte, Februar-
hefl 18Ö8.
68 C z e r m a k.
Es sei mir erlaubt eine beiläuBge Bemerkung über die Natur
der Vocale hier einzuschalten.
Bekanntlich hat B. Willis zuerst einen wichtigen Beitrag zur
theoretischen Lösung des Problems der Vocalbildung gegeben, wel-
cher im Wesentlichen darauf hinaus läuft, dass mit lauter Stimme
hervorgebrachte Vocale durch Combination primärer und secundärer
Pulsationen oder Schwingungen entstehen , von denen die ersteren
die musikalische Höhe des Tones, die letzteren — indem ihre Zahl
von i bis zum u immer geringer wird — die Qualität des Vocals
veranlassen. Im menschlichen Sprachorgan ist die Schwingungszahl
der ersteren wesentlich durch die Spannungsverhältnisse der Stimm-
bänder, die Periode der letzteren durch die Verlängerung, Verkür-
zung und durch die anderweitigen Gestaltveränderungen des Ansatz-
rohres (Bachen und Mundhöhle) gegeben und bedingt.
Aus dieser Theorie erklärt es sich , wesshalb beim Erhöhen
des Tones die Vocale, von u angefangen , nach einander unmöglich
werden (indem die Periode der primären Pulsationen für die Vocal-
reihe von u aufwärts zu kurz wird im Vergleiche zur Periode der
secundären Pulsationen). Es erklärt sich auch, wesshalb in der ge-
wöhnlichen Sprache der Ton , mit dem die Stimme beim i tönt,
etwas höher ist, als der, womit sie beim u tönt. (Vergleiche
Brücke „Grundzüge" pag. 14 u. f.)
Brücke, welcher die Fundamentalversuche von Willis mit
der Uhrfeder und dem Savart'schen Bad und mit dem Zungenwerk,
an welchem ein ausziehbares Ansatzrohr angebracht ist, mit theil-
weise günstigem Erfolge wiederholt hat, glaubt mit Becht, „dass
W^illis einen wesentlichen Punkt der Sache getroffen hat", und
vertheidigt dessen Theorie gegen den nahe liegenden Einwand, dass
zur Hervorbringung der Vocale gar kein Ton nothwendig sei, in
dem man sie ja eben so gut mit der Flüsterstimme hervorbringen
könne.
Brücke*) sagt: „Beim Geräusche sind so gut Impulse vor-
handen wie beim Ton , sie folgen nur nicht wie bei diesem in gleich-
massigen Intervallen, ja überhaupt nicht nach einer bestimmten
Periode auf einander. Von dieser Periode der primären Impulse ist
1) Grundilig'e p. 16.
Üher die Spraclie bei Iiifidichter Verscliliessung des Kolilkopfes. ß9
aber auch nach Willis nur die Tonhöhe abhängig, nicht die Natur
des Vocals. Für diese letztere ist es also auch ganz gleichgiltig, ob
überhaupt ein Rhythmus in den primären Pulsationen ist oder nicht;
sie hängt lediglich ab von dem Echo, welches die primären Pul-
sationen in der Mundhöhle finden, von der Periode der secun-
dären Pulsationen, die von jeder einzelnen primären Pulsation
nach unwandelbaren Gesetzen hervorgerufen werden und von dem
Vorhandensein einer Periodicität in den primären Pulsationen voll-
kommen unabhängig sind."
So richtig dies auch im Ganzen ist, so scheint mir aus der
Würdigung jenes Einwandes und der oben mitgetheilten Thatsachen
denn doch hervorzugehen, dass die Theorie von Willis nicht die
eigentliche Natur der Vocale aufklärt, sondern das Problem in
die sogenannten secundären Pulsationen nur zurück-
verlegt. Die secundären Pulsationen haben aber gewiss nicht blos
eine einfache Periode, sondern sie setzen offenbar höchst complicirte
Geräusche zusammen, welche für sich allein schon die einzelnen
Vocale vollkommen charakterisiren und das eigenthümliche Timbre
derselben ausmachen, zu welchem der Ton der Stimme nur äusser-
lich hinzukommt.
Schon Dondersi) hat hervorgehoben, dass das die Vocale
charakterisirende Geräusch beim lauten Sprechen nur vom Ton der
Stimme überdeckt wird, und sich bemüht, die Natur dieses Geräu-
sches für jeden Vocal näher zu bestimmen.
Nach meinen Beobachtungen an mir selbst und an dem stimm-
losen Mädchen muss ich mich den in der vorläutigen Mittheilung
am angeführten Orte ausgesprochenen Ansichten von Donders an-
schliessen.
Die Diphthonge, welche nach Brücke bekanntlich dann
entstehen, wenn man aus der Stellung für einen Vocal in die für einen
anderen übergeht und während derBewegung und nur während der-
selben die Stimme lauten lässt , kann unsere Patientin in so weit
deutlich aussprechen als die Geräusche derArticulationsbewegungen
hinreichend lange und stark nachrauschen, um im Wechsel der
Stellungen nicht völlig zu verklingen.
1) „über die Natur der Vocale." Archiv für die holl. Beiträge zur Natur- und Heil-
kunde. Bd. I, 18S7.
70 C z e 1' m a k.
II, Consonanten.
a) Verschlusslaute. Da sich, wie Brücke gegenüber den
immer wieder auftauchenden gegeiitheiligen Ansichten bis zur Evidenz
dai-gethan hat, die sogenannten Mediae von den Tenues wesentlich
nur durch das Mittönen der Stimme unterscheiden, so war voraus-
zusehen, dass unter den eigentliümlichen Verhältnissen des vorliegen-
den Falles keine deutliche Verschiedenheit zwischen b und p, d und
t, g und k bemerklich sein würde. Bei dem erfolglosen Bemühen,
diese Laute auf gewöhnlichem Wege deutlicher zu unterscheiden,
musste sich die Patientin in der That darauf beschränken, die Tren-
nung oder Herstellung des Verschlusses für die Tenues plötzlicher
und kräftiger vorzunehmen, für die Mediae hingegen langsam und
gewissermassen durch Abwicklung der Berührungsflächen einzu-
leiten, wobei jedoch meist ein kaum mehr hörbarer Laut entstand.
Etwas besser gelang es einen Unterschied hervorzubringen,
wenn der Verschluss für die intendirten Mediae durch die atmo-
sphärische Luft von aussen nach innen in Folge einer Verdünnung
der hinter der Verschlussstelle eingeschlossenen Luft bewerkstelligt
wurde, während die Tenues durch Compression dieser Luft — wie
gewöhnlich — explosiv erzeugt wurden.
b) Reibungslaute können in allen drei Articulationsgebieten
durch Compression der, wenn auch geringen Luftmenge in dem
Räume hinter der „Enge" , sehr deutlich hervorgebracht werden,
nur erschöpft sich der Luftvorrath natürlich sehr bald.
Hinsichtlich der kaum deutlichen Unterscheidung der tönenden
und nichttönenden Reibungslaute gilt Ähnliches wie von den Mediae
und Tenues, obschon, wie Donders a. a. 0. andeutete, die Höhe der
Geräusche an sich für tönende und tonlose Reibungslaute in der
That etwas verschieden zu sein scheint.
Auch die an die Reibungslaute sich anschliessenden L- Laute
sind für die Patientin aussprechbar.
c) Von den Zitter lauten bringt die Patientin das Zungen-
spitzen-i? mit überraschender Deutlichkeit hervor , indem sie die
Zungenspitze so gegen den harten Gaumen emporschnellt, dass die
Luft — bei geschlossener Gaumenklappe — in dem hinteren Ab-
über die Spraclir hei Inttdicliter Vcischlipssung des Kelilkoiifes. 71
schnitte der Mundhöhle und in dem Pharynx plötzh'ch compriniirt
wird und, indem sie stossweise hervorbricht, die Zungenspitze in
Vibrationen versetzt.
dj Die Bildung der Resonanten geht aus leicht begreiflichen
Gründen am unvollkommensten vor sich. Das rn wird daiier meist
durch ein b ersetzt, fiir das n vicariirt ein d, wobei zugleich das
Geräusch benützt wird, welches entsteht, wenn die Gaumenklappe
plötzlich schliesst, oder wenn dieser Verschluss (besonders von
aussen nach innen) durchbrochen wird — an den Resonanten bethei-
ligt sieh dann also ein Verschlusslaut ganz eigener Art.
Schliesslich erlaube ich mir zur Wahrung der Priorität hier die
Nachricht niederzulegen , dass ich damit beschäftigt bin , der be-
sprochenen Patientin, welche wohl nicht so bald — wenn überhaupt
jemals — eine wegsame und tönende glottis wieder zurückerhalten
wird, auf künstlichem Wege zu einer lauteren Sprache zu ver-
helfen.
Ich beabsichtige nämlich durch eine dünne passend gekrümmte
Röhre, welche die Articulationsbewegungen nicht erheblich geniren
darf, und in welcher ein Zungenwerk eingeschaltet ist , Luft und
Ton in den Raum hinter den Zungengrund zu blasen.
Bei den vorläufigen , aufmunternden Versuchen , welche ich in
dieser Richtung an der Patientin und an mir selbst — während ich den
Larynx fest verschlossen hielt — anstellte, bediente ich mich eines
Blasbalges zur Hervorbi-ingung des Luftstronies.
Ich halte es jedoch für möglich bei der Patientin die eigene aus
der Athmungscanüle hervorströmende Exspirationsluft hierzu zu be-
nützen, wodurch der grosse Vortheil erwüchse, dass die Patientin
die Handhabung des Gebläses nicht erst zu lernen brauchte.
Die Hoffnung, in diesem und in ähnlichen Fällen die absolute
Aphonie auf die angedeutete Weise künstlich zu heben oder zu bes-
sern, wird wohl niemand als eine zu sanguinische bezeichnen, der
einigermasseii mit den Gesetzen der Sprachlautbildung vertraut ist
und — • die Faber'sche Sprachmaschine sprechen gehört hat.
Die Organe der besprochenen Patientin stellen nämlich offen-
bar eine vollendete Sprachmaschine vor, wie sie nie ein Mechaniker
zu Stande bringen kann. Es fehlt nur noch Luft und Ton, zwei Be-
dingungen, die weit leichter herzustellen sind als die articulirenden
Vorrichtungen !
72 Czeritiak. ÜI)er die Sprache hei Verschliessung des Kehlkopfes.
Ich kann daher auch an dem endlichen Erfolg meiner Be-
mühungen nicht zweifeln , vorausgesetzt , dass die Ausführung
meiner an und für sich sehr einfachen Idee nicht an der viel-
leicht nicht ausreichenden Geschicklichkeit der hiesigen, mir bis
jetzt bekannten , mechanischen Arbeiter oder an der Gleich-
giltigkeit der Patientin , welche sich mit ihrer Umgebung trotz
der lautlosen Sprache hinreichend gut und leicht verständigen kann,
scheitert.
Für aphonische sonst gesunde Männer, welche den Verlust
der lauten Sprache im geselligen und geschäftlichen Verkehr
viel härter empfinden, dürfte mein angedeuteter Vorschlag aller-
dings werthvoller sein als für ein krankes Mädchen , dessen
ganze Welt sich auf den engen Familienkreis beschränkt , in dem
es aufgewachsen ist.
Reitlinger. Über flüssige Isolatoren der Elektricität. 73
Über flüssige Isolatoren der Elektricität.
Von Dr. Edmund Reitlinger.
Nach Versuchen ausgeführt im k. I(. physikalischen Institute.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 20. Jänner 18ö9.)
§. 1. Herr Professor Grai li ch hatte in den unter seiner Lei-
tung stattfindenden Besprechungen am physikalischen Institute dar-
auf aufmerksam gemacht , welche reichen Erfolge ein Stadium der
Faraday'schen Theorie des specifischen Inductionsvermögens ver-
spricht. Diese Theorie ist auf das Innigste mit den gesammten For-
schungen Faraday's im Gebiete der Elektricität verknüpft und
seine Bestreitung der actio in distans lässt sich noch am besten
durch dieThatsache des specifischen Inductionsvermögens stützen. Es
stehen sich bei der Erklärung derselben vorzüglich zwei Meinungen
entgegen, die von F a r a d a y ^) und die von R i e s s 2) und anderen. Die
letztere stützt sich auf das Eindringen derElektricität in den Isolator,
was selbst wieder von Riess in Folge der gewöhnlichen Theorie des
Rückstandes der Leidner Flasche angenommen wird. Diese Theorie
wurde aber von Kohl rausch s) in einer eigenen Arbeit bestritten
und zwar sogar mit einem mathematischen Beweise der Unmöglich-
keit, gegründet auf Beobachtungen am Sinuselektrometer. Während
die ältere Theorie den Rückstand durch eingedrungene gleichnamige
Elektricität entstehen lässt, erklärt ihn Kohl rausch durch im Iso-
lator gebundene entgegengesetzte Elektricität. Bedenkt man den
wesentlichen Unterschied der Theorie von Kohlrausch und der
älteren, und die Disharmonie der letzteren mit der Faraday'schen
*) 11. — 14. Reihe der Experimentaluntersuchungen über Elektricität.
2) Die Lehre von der Reibungs-Elektricität, Bd. I, p. 355.
3) Pogg. Ann. 91. Bd.
74 Reitlinger.
Vorstellungsweise, so ist die ßesorgniss verzeihlich, auch die
Riess'sche Erklärung bewege sich in einem Zirkel, wie dies so
leicht möglich ist. — Es war daher vor allem nach einer festen
Theorie des Residuums zu streben, bevor man weitere Schlüsse
darauf baute.
Indem ich näher bedachte, dass sowohl Fara day als Siem ens
für tropfbare Flüssigkeiten ein von dem der Gase verschiedenes,
für verschiedene Flüssigkeiten variirendes specifischeslnductionsver-
mögen angeben, und dass Riess die Erklärung des specifischen
Inductionsvermögens auf den elektrischen Rückstand gegründet hat,
so kam ich auf den Gedanken , vor allem zu prüfen, ob bei isoliren-
den Flüssigkeiten ein elektrischer Rückstand vorhanden sei oder
nicht. Ich verfolgte den Gedanken, eine Leidner Flasche mit
flüssigen Isolatoren zum ersten Gegenstand meiner Beobachtungen
zu machen, mit um so mehr Eifer, als ich auch hoftte, die freie
Beweglichkeit der flüssigen Theilchen werde mir manche Beobach-
tung über die Vorgänge im Innern des Isolators ermöglichen, die
mir ein starrer Isolator nicht gestatten konnte. Eine Reihe von Ver-
suchen in dieser Richtung übertraf meine Erwartungen, gab mir
eine völlig neue Vorstellung über flüssige Isolatoren, bewies mir
die Unhaltbarkeit der bisherigen Vorstellungen in diesem Gebiete
und zeigte mir eine ganze Reihe neuer ebenso autfallender als
belehrender Erscheinungen, Obwohl ich diese experimentellen und
theoretischen Ergebnisse bezüglich flüssiger Isolatoren bis jetzt
mehr qualitativ als quantitativ studiren konnte, hielt ich doch das
bisher Festgestellte bereits für zu wichtig, um es länger zurück zu
halten.
§. 2. Ich habe mich anfänglich des folgenden, nach meiner
Angabe vom Mechaniker Herrn Sedlaczek ausgeführten Apparates
bedient, durch welchen ich bezweckte, eine Leidner Flasche mit
flüssigen Isolatoren herzustellen.
Es wurde ein Glasgefäss von ungefähr 10 Zoll Höhe und 4 Zoll
Weite an den inneren Seitenwänden mit Staniol so belegt, dass die
Belegung vom Boden des Gefasses noch ungefähr 1/3 Zoll, von der
oberen Öffnung desselben noch ungefähr 1 1/2 Zoll abstand, und dass
die Belegung durch einen über den oberen Rand und die äussere
Wandung des Gefasses in sehr geringer Breite fortgeführten Meta 11-
slreifeii mit dem Boden in leitender Verbindung stand. Dieses Gefäss
über flüssige Isolatoren der Klektricität. 75
war bestimmt, mit den Flüssigkeiten gefüllt zu werden. Als innere
Belegung musste eine Metallröhre dienen, die mittelst einer Hart-
gummischeibe, in welche die Röhre passte und die quer über
die Öffnung des Glasgefässes gelegt wurde , in der Mitte des
Glasgefässes festgestellt werden konnte. Die Röhre war oben
mit einem Metallplättchen verschlossen, auf welchem eine Metall-
kugel aufsass.
Dieser Apparat wurde bis über die Höhe der äusseren Bele-
gung, die sich, wie gesagt, bei meiner Zusammenstellung an der
inneren Wand des Glasgefässes befindet, mit Terpentinöl gefüllt.
Ich Hess später nach demselben Princip einen vollkommeneren
Apparat anfertigen, dessen Glasgefäss über 1 i/o Fuss hoch und
6 Zoll breit ist, und dessen Ableitung in die Erde, so weit sie sich
im inneren Räume des Gefässes befand, mit Schellack überzogen
wurde, ein Überspringen von der inneren zur äusseren Belegung
durch die Luft zu verhindern. In Bezug auf die innere Belegung
hielt ich mich nun genauer an das Modell der gewöhnlichen
Leidner Flasche.
Eine hohle Messingröhre, am Boden durch ein Kugelsegment
geschlossen, hatte drei mit Schellack befestigte Glasfüsschen, auf
welchen die Röhre isolirt am Boden des Gefässes steht. So hoch wie
die äussere Belegung, geht sie als cylindrische Röhre von ungefähr
1 Zoll Durchmesser. In dieser Höhe ist sie wieder abgerundet ver-
schlossen, und eine Röhre von ungefähr 1 1/2 Linien Durchmesser
und etwa 7 Zoll Länge, ist in ihrer Mitte aufgeschraubt, welche dünne
Röhre oben eine Metallkugel von 3/4 Zoll Durchmesser trägt. Man
sieht, es ist dies völlig der gewöhnlichen Leidner Flasche nach-
gebildet. Die dünne Röhre mit ihrer Kugel kann man abschrauben,
und mit einer für sie passenden mit Schellack überzogenen Glas-
röhre , die selbst wieder in einer eben so vor Feuchtigkeit geschütz-
ten Glasplatte festsitzt, versehen wieder festschrauben, was dazu
dient, dem Apparate bei manchen Versuchen mehr Stabilität zu
geben.
Bei beiden Apparaten wurde, nachdem sie mit Terpentiöl bis
über die Staniol-Belegung gefüllt waren, die innere Belegung durch
den Knopf der Metallröhre mit dem positiven Conductor einer mittel-
grossen Win ter'schen Elektrisirmaschine verbunden und versucht,
sie als Leidner Flaschen zu laden. Nach kurzer Zeit wurde ein leb-
7b Reitlioger.
hartes Wallen des Terpentinöls bemerkbar, und bei aufmerksamer
Betrachtung sah ich, dass eine sehr dünne aber scharf geränderte
Schichte an der inneren Glaswand über die Oberfläche der Flüssig-
keit empor steige. Diese Schichte hatte eine zackige Gestalt und
stieg an verschiedenen Punkten der Glaswand ungleich hoch. Bei
fortgesetztem lebhaften Wirken der Elektrisirmaschine konnte sie an
einzelnen Stellen bis zum Überfliessen gebracht werden. Entfernte
ich nach solcher lebhafter Elektrisirung den Zuleiter und unter-
suchte , ob eine Flaschenladung vorhanden war. so fand ich keine
Ladung.
Nachdem ich Terpentinöl in allen Schriften als sehr guten Iso-
lator bezeichnet gefunden hatte, war ich von einem solchen Resultate
im höchsten Grade überrascht, so wie mir auch das Wallen der
Flüssigkeit und das Schichtenaufsteigen als äusserst beachtens-
werthe Erscheinungen vorkamen. Um das Wallen der Flüssigkeit
näher zu studiren, brachte ich einige Korkstückchen auf ihre Ober-
fläche, die ein lebhaftes Hin- und Herschiessen zwischen der inneren
Röhre und der über der Belegung frei befindlichen Glaswand beob-
achten Hessen.
Obwohl diese Erscheinung nur als elektrischer Tanz der auf
der Oberfläche der Flüssigkeit sehr leicht beweglichen schwimmen-
den Korkstückchen zu betrachten ist. brachte sie mich doch auf die
Vermuthung, die alle von mir auch später beobachteten Erscheinun-
gen zu erklären ausreichte, ja mich bei Aufsuchung der Erscheinun-
gen vorzüglich leitete und endlich durch die Zusammenstellung
sämmtlicher von §. 2 bis §. 5 beschriebenen Versuche zur Evidenz
gebracht wurde.
Man konnte doch nicht ohne Grund Terpentinöl in allen Wer-
ken über Elektricität als guten Isolator angegeben haben, und da
Faraday sagt i): „Wohl gereinigtes Terpentinöl, welches, wie ich
gefunden, ein für die meisten Zwecke vortreff-|icher flüssiger Isolator
ist«, so musste ich überzeugt sein, dass sich die Angabe Öle seien
Isolatoren, auf Thatsachen stütze 2). Dies verbunden mit den eben
1) Experimental-Unlersuchiiiigen, II. Reihe, 1172,
*) Ich suchte in dieser Abliaiidlui.g , so weit es ohne Nachtheil der Klarheit und
Übersichtlichkeit geschehen konnte, den historischen Gang meiner Untersuchung
la berücksichtigen. y^^, ^^^^ "
über tliissig^e Isolatoren der RlektiicitSt. 77
initgetheilten von mir betrachteten ErseheiiiuiigeM brachte mich auf
die Idee, dass flüssige Isolatoren von einer eigenthümlichen, nun
näher zu bezeichnenden Beschaffenheit sind. Sie setzen der Mitthei-
lung der Elektricität und dem Übergang der elektrischen Spannung
von einem Theilchen der Flüssigkeit zu einem andern zwar einen
gewissen, nach Spannung und Zeitdauer verschiedenen Widerstand
entgegen, da aber die Theilchen selbst als Theilchen einer Materie
im flüssigen Aggregat-Zustande leicht beweglich sind, so bewirken
sie zwischen zwei elektrisirte gute Leiter gebracht, wie beim elektri-
schen Tanz hin- und herschiessend, eine successive Entladung, indem
sie zugleich sich selbst wechselseitig abstossen. Die Theilchen ver-
schiedener isolirender Flüssigkeiten sind, wie sich von selbst ver-
steht, in den beschriebenen Verhältnissen und Eigenschaften so ver-
schieden wie in anderen natürlichen Attributen.
Wird, wie bei meiner früher beschriebenen Zusammenstellung,
einer isolirt aufgestellten grossen Metallfläche, die durch Terpentinöl
von einer andern grossen Metallfläche getrennt ist, Elektricität zuge-
leitet, so genügt die successive Entladung durch hin- und herschies-
sende Theilchen, keine Ladung zu gestatten, wie es mich eben das
Experiment lehrte.
Benützte ich aber die schon angesammelte grosse Elektrici-
täts- Menge einer gewöhnlichen Leidner Flasche und tauchte mit
der iiinern und äussern Belegung verbundene Dräthe in möglichst
grosser Entfernung in eine Glasschale, gefüllt mit Terpentinöl,
so bekam ich noch nach 5 — 10 Minuten sehr merkliche Entladungs-
funken mit dem gewöhnlichen Auslader. Zugleich war in der Glas-
schale ein lebhaftes Hin- und Herschiessen der Terpentintheil-
cheu sichtbar. Das Nähere über diese letzteren Versuche findet man
im §. 5.
Ich glaube hierdurch berechtigt zu sein, die von mir angegebene
neue Vorstellungsweise flüssiger Isolatoren weniger eine Hypothese
als vielmehr den exacten Ausdruck der Thatsachen in wissenschaft-
licher Sprache nennen zu dürA'n.
Nachdem ich so den Leser auf den richtigen Gesichtspunkt
bezüglich meiner Untersuchungen gestellt habe, werde ich im gegen-
wärtigen Paragraphe mit der Beschreibung und Erklärung sämmt-
lieber mit dem ersten Apparat angestellten Versuche fortfahren und
dieselbe vorläufig vollenden.
Sitzl). il. inalheMi.-iiaturw. Ol. XXXV. I!il. Nr. 8. 6
78 Reitling-er.
Eine in der Mitte zwischen beiden Belegungen in den Terpentin
gesteckte glatte, so wie auch eine später hineingesteckte matte
Glasröhre zeigten beide wenig oder gar kein Schichtenaufsteigen. Ein
über die Hartgummi- und Glasscheibe gelegtes Metallröhrchen von
einer Länge, welche der des Gefässes ungefähr gleich war und das
mit zwei kleinen Metallkugeln an beiden Enden geschlossen war,
zeigte eine Anziehung der Schichte auch wenn es mit der inne-
ren Metallröhre in Verbindung war. Ein genäherter Leiter , der
unelektrisch war, wie zum Beispiel ein Finger der Hand, zog die
Schichte an.
Die Gesammt-Combination der eben geschilderten Erscheinun-
gen scheint mir zu zeigen , dass wir es bei dieser dünnen Schichte
mit einer Zusammenwirkung der Abstossung gleichnamig elektrisir-
ter Theilchen mit Adhäsion und noch einer Mitwirkung elektrischer
Vertheilung an der Glasfläche zu thun haben, daher die Erscheinung
in dieser Form iliren Werth mehr als die erstbeobachtete, denn als
die lehrreichste hat. Sie lässt sich wohl durch meine Ansichten
erklären, während sie ohne denselben ein unerklärtes und viel-
leicht auch unerklärliches Factum wäre, doch wohnt ihr selbst
nicht jene springende Beweiskraft für meine Theorie und über-
zeugende Durchsichtigkeit inne, die mit Recht bei neuen Theorien
verlangt wird. Überhaupt sind theoretisch immer die einfachsten
Phänomene, so zu sagen Fundamental -Phänomene die lehrreich-
sten. Solche findet man für die theoretischen Zwecke dieser
Abhandlung in hinlänglich genügender Menge am Anfange dieses
Paragraphes, ferner im §. 3 und •§. 5. Complicirte Erscheinungen
haben dagegen den Vortheil, oft in mehrfacher Beziehung anregend
zu sein, wie mich der eben geschilderte Versuch nicht nur zu
dieser Abhandlung, sondern auch noch zu einer ferneren Unter-
suchung über die Wechselwirkung von Capiliarität und Elektricität
anregte.
Ich bin durch die Gesammtbeobachtung der Erscheinungen zu
einer Unterscheidung von zweierlei Schichtenaufsteigungen genö-
thigt worden. Die eine ist die schon beschriebene dünne und so zu
sagen stille, wo allem Anscheine nach das anziehende Glas ein min-
destens ebenso wirksamer Factor ist als die Abstossung der gleich-
namig elektrisirten Theilchen der isolirenden Flüssigkeit, und eine
dicke und sehr lebhafte, die ein glänzendes Schillern und Schimmern,
über Hiissige Isolatoren der Elektrieiliit. 'JQ
ein heftiges Zucken und Wallen durch hin- und herschiessende
Theilchen dem Auge darbietet i).
Näheres über diese für die gegenwärtige Abhandlung besonders
wichtige Art der Schichtenaufsteigung, in welcher die abstossende
Kraft der gleichnamig elektrisirten Flüssigkeitspartikelchen überwie-
gend influenzirt, enthält der nächste Paragraph. Weil ich sie aber
bei einem zunächst zu beschreibenden Versuch mit den Apparaten,
die ich in diesem Paragraphe betrachte, auch erhalte, so musste ich
sie schon hier erwähnen.
Ich löste nämlich an dem früher beschriebenen zweiten und
vollkommeneren Apparat den in die Erde ableitenden Staniolstreifen
ander unteren Hälfte der äusseren Belegung ab, und leitete sodann
der innenstehenden Metallröhre Elektricität zu. Hier M'arein heftiges
Aufschiessen einer dicken Schichte, die ein lebhaftes Zucken undHin-
und Herströmen flüssiger Theilchen zeigte bis zu einer Höhe von
8 — 10 Linien nach kurzer Zeit bemerklich. Näherte man sich der
äusseren Glasfläche an den unteren Theilen des Gefässes, so erhielt
man Funken, die offenbar von der Flaschenladung der äusseren Glas-
fläche durch die elektrisch gewordene Belegung der inneren Glas-
wand herrührten, durch welche ja die gleichnamige positive an der
äusseren Glaswand frei wurde und daher Funken geben konnte. Bei
diesem Experiment war eine starke Ladung der Flüssigkeitstheil-
chen vorhanden, die theils von sich selbst, theils von der gleich-
namigen Staniolbeleg-ung abgestossen wurden, daher das heftige Auf-
steigen. Die Schichte selbst bot sowohl in Bezug auf das Glas, als in
Bezug auf genäherte Leiter alle im nächsten Paragraphe speciell zu
beschreibenden Erscheinungen, wie sie überhaupt im ganzen Ver-
halten völlige Identität mit der im §. 3 betrachteten Schichtener-
scheinung zeigt, nur von der an das Glas gegenüber der Metall-
beiegung angelegten Hand wurde sie so heftig abgestossen, dass
sich trockene Stellen zwischen der Oberfläche des Terpentins und
einzelnen Schichtenpartien bildeten. Dies hat dieselbe Ursache wie
dass Funken überspringen. Die Hand wird durch die freigewor-
dene Elektricität der äusseren Glaswand positiv und muss daher
1) Kür den Experimentator bemerkt- ieli , dass sieh die Erscheinung bei Lampen-
beleufbluiig schöner als bei Tiigeslichl ansiebt. Der Verfasser.
er flüssige Isolatoren Hi-r Elekfricität. 8i>
dem Mittelpunkte des im Gefäss befindlichen Terpentinöls den Fin-
ger näherte. War der Finger noch hoch, so stieg ihm die Schichte
entgegen. War er aber näher, so dass zwischen der mittleren Ober-
fläche des Terpentinöls und dem genäherten Finger eine stärkere
Bindung der Elektricitäten stattfinden konnte, so begann dieFlüssig-
keitsschichte zu sinken, dieses Sinken fand nun während der wei-
teren Annäherungen continuirlich Statt und erklärt sich genau wie
das Sinken der Flüssigkeitsschichte bei Entladungen.
Wurde der Finger mehr genähert, bemerkte man ihm gegen-
über in der Flüssigkeit eine lebhafte Bewegung, wie um ihm entgegen
zu steigen. War er bei stärkerer Ladung bis auf 4 — 5 Linien genähert,
so stieg ihm eine Flüssigkeitssäule entgegen , die in ähnlicher Form
wie eine Trombe zwischen dem Finger und der Oberfläche der
Flüssigkeit schwebte und in deren Innerem man eine lebhafte Bewe-
gung wahrnahm. Auch diese Erscheinung erklärt sich von selbst
nach der von mir angenommenen Vorstellung flüssiger Isolatoren.
Hier scheint mir am meisten beachtenswerth die Verschiedenheit,
dass man bei geladenem Wasser (wie längst bekannt und wie ich
auch selbst schon beobachtete) mit dem genäherten Finger Funken
zieht, beim Terpentinöl aber eine entgegensteigende Flüssigkeits-
säule erhält. Es scheint mir dies nämlich sowohl zu bestätigen, dass
die Elektricität bei Terpentinöl als Isolator nicht blos an der Ober-
fläche haftet, dies aber beim Wasser als gutem Leiter der Fall ist,
als auch wahrscheinlich zu machen, dass der isolirende Widerstand
ein gewisses Festhalten der Elektricität (eine gewisse Anziehung der
elektrischen Materien) durch die kleinsten Theilchen des Isolators ist.
Die schon im vorigen Paragraphe erwähnte kurze Metallröhre
mit den 2 Kugeln legte ich bei einigen andern Versuchen quer über
das im Anfang dieses Paragraphes erwähnte kleine Glasgefäss, das
mit dem elektrisirten Terpentinöl gefüllt war, und erhielt hierbei
den übrigen in diesem Paragraphe erwähnten Beobachtungen analoge
Erscheinungen, nur mit jenen Modificationen, die der Process der
Vertheilung im Unterschiede der Mittheilung bedingte. So können
wir für beiderlei Classen elektrischer Erscheinungen nähere Auf-
schlüsse von den flüssigen Isolatoren erwarten.
Als ich die schon im vorigen Paragraphe erwähnte matt
geschliff'ene Glasröhre in die Flüssigkeit zwischen der Röhre und
der Glaswand bei einem der im Anfang dieses Paragraphes beschrie-
86 K e i t I i II g e r.
benen Versuche eintauchte, so glaubte ich in diesem Falle eine
Schichtenaufsteigung bemerkt zu haben, die ich eben darum nicht
als unzweifelhaft hinstellen kann, weil die Capillarität durch den
matten Schliff auch in Betracht kömmt.
Im Inneren der Röhre bemerkte ich ein Aufsteigen der gesamm-
ten sie erfüllenden Flüssigkeit, als ich die Flüssigkeit zu laden begann.
Die nähere Besprechung dieser Erscheinung muss ich aber einer
späteren schon im vorigen Paragraphe angedeuteten Untersuchung
mit dem Titel „Capillarität und Elektricität isolirender Flüssigkeiten" *)
vorbehalten.
Bevor ich diesen Paragraph schliesse, muss ich noch erwähnen,
dass ich einige der in demselben beschriebenen Experimente mit
der Zuleitung vom negativen Conductor wiederholte, aber ohne
qualitative Unterschiede.
Ebenso wiederholte ich in neuester Zeit einige dieser Experi-
mente mit Steinöl , und fand dieselben Bewegungs-Erscheinungen
wie beim Terpentinöl, nur noch schöner und auffallender.
§. 4. Indem ich bereits meine Vorstellung von flüssigen Isola-
toren in meinen Gedanken benützte, sann ich darüber nach, wie ich
eine bedeutende Verstärkung der Schichtenaufsteigung bewirken
könne. Ich kam hiebei auf 2 Hilfsmittel, von denen das eine in
seiner Anwendung den Gegenstand dieses Paragraphes bildet , das
andere in seinen Resultaten bei Gelegenheit einer der furtsetzenden
Abhandlungen zur Veröffentlichung kommen wird. Ich bemerke daher
vorläufig nur in aller Kürze, dass das letztere in dem Kunstgriffe
besteht, die Vorgänge unter dem Recipienten einer Luftpumpe zu
beobachten.
Das Hilfsmittel , das bei den Versuchen die in diesem Para-
graphe beschrieben werden, angewandt wurde, war anderer Art.
Ich stellte nämlich die lange und enge Glasröhre, die bei den Ver-
suchen des §. 3 gedient hatte, in das grössere im §. 2 beschriebene
Gefäss und zwar so , dass beide Gefässe concentrisch waren. In das
innen befindliche engere Gefäss stellte ich die Röhre mit den
1) Den Gedanken, den Zusammenhang von CapillaritSI und Elektricität bei Flüssig-
keiten zu untersuchen, betrachte ich als neuen, da doch auch die vor meiir als
100 Jahren von Nollet veranstaltete Untersuchung- üher die Beschleunigung-
der Ausflussgeschwindigkeit des Wassers durch Elektricität oH'enbar einen liievoa
wesentlich veischiedenen Geg-eustand behandelt.
über flüssige Isol:iloi-en der Kleklricität. Q*7
drei Glasfiisschen. Ich füllte hierauf beide Gefässe mit Terpentinöl so
lange, bis dasselbe die äussere Belegung etwas überragte und in
beiden Gefässen gleich boch stand. Leitete ich nun dem Knopf der
innen befindliclien Metallröhre Elektricität zu, so entstand ein leb-
haftes Wallen im inneren und äusseren Glasgefässe, und ein Sfaches
Schichtenaufsteigen an allen drei der Flüssigkeit dargebotenen
Glasflächen. Die an der inneren Wand des äusseren Gefässes bemerk-
bare Scbichte schien mir von jener Art, die ich die dünne und stille
genannt habe. Anbeiden Wändendes inneren Glasgefässessahmanaber
zwei dicke, sehrflüssigkeitsreiche und äusserst lebhaft bewegte Schich-
ten emporsteigen, von welchen die an der inneren Wand stets ein
beträchtliches höher stand als die an der äusseren. Das in der Be-
schreibung dieses Versuches anfänglich erwähnte innere Glasgefäss
überragte die Oberfläche der Flüssigkeiten um ungefähr 3" und
doch stiegen dünne Ausläufer der inneren Schichte bis nahe zu an
den Rand. Ich wendete bei anderen Versuchen dieser Zusammen-
stellung auch ein niedrigeres Glasgefäss als innere Scheidewand an,
M^elches die Flüssigkeit nicht ganz um i*/z" überragte, und da
fand ein Überströmen der Flüssigkeit über die Glaswand Statt. Es
ist mir höchst wahrscheinlich, dass von der inneren Flüssigkeit mehr
zur äusseren, als verkehrt überströme, und dass daher bei dieser Art
der Communication der Flüssigkeiten die inneren im Niveau sinken,
die äussere im Niveau steigen werde. Doch habe ich es noch nicht
eonstatirt und werde dies in meinem nächsten Berichte an die hohe
Akademie über meine weiteren Forschungen in diesem Gebiete nach-
tragen. Das sehr vermehrte Schichten-Aufsteigen in dieser Zusam-
menstellung war leicht vorauszusehen , da wir es nun wirklich mit
Flaschenladung zu thun haben, und daher der Abstossung der Theil-
chen noch von der anderen Seite eine Anziehung zu Hilfe kam , um
die Flüssigkeitstheilchen aufs heftigste gegen die Glaswände und
eben desswegen an denselben emporzutreiben. Bei Funkenentladung
zeigte sich ein lebhaftes Zucken in den beiden Flüssigkeitsschichten
an den Wänden des inneren Gefässes, Ebenso fand beim Entladen der
im Centrum befindlichen Metallröhre ein Sinken beider erwähnter
Flüssigkeitsschichten Statt. Mit einem Worte, diese beiden Schichten
verhielten sich ganz genau so, wie man es nach meiner im §. 2
aufgestellten Verstellungsweise und nach den Erfahrungen des §. 3
erwarten musste.
88 R e i t I i n g- e r.
Eben desshalb ist ihr Verhalten aber ein vortrefFliches Hilfs-
mittel für mich und andere Physiker bei unsern ferneren Forschungen,
dessen Tragweite sich noch gar nicht bestimmen lässt. Da ich den
positiven Conductor verwendet hatte, so war es klar, dass die Flüssig-
keit im inneren Gefässe positiv, die im äusseren Gefässe negativ sein
musste. Ich constatirte es jedoch überdies mit Hilfe eines Stroh-
halm-Elektrometers.
Nach dieser Constatirung der entgegengesetzten Elektricitäten
im inneren und äusseren Gefässe war es unzweifelhaft, dass wir es
bei diesem Apparat mit einer eigenthümlicheii Verstärkungsflasche
zu thun haben , deren Isolator das Glas des inneren Glasgefässes ist.
Nun ist es eine längst durch Versuche bewiesene Wahrheit, dass
die elektrische Spannung der äusseren Belegung der Flasche stets
nach einem gewissen constanten Verhältniss, das von Dicke und
Beschaffenheit des Isolators abhängt, geringer ist als die elektrische
Spannung der inneren Belegung. Wie ich aber schon früher in
diesem Paragraphe bemerkt habe, war die Schichte im inneren
Gefäss auch stets um ein Beträchtliches höher als im äusseren. Die
absolute Höhe hing natürlich von der Stärke der elektrischen Zulei-
tung, vom Barometerstand und Feuchtigkeitszustand der Luft ab.
Doch damit ich ein Beispiel gebe, will ich innere und äussere Höhe
so anführen, wie ich sie am öftersten bei meinen Versuchen bekam:
Höhe der inneren lebhaften Schichte 7 — 8 Linien, Höhe der äusseren
lebhaften Schichte 4 — 5 Linien.
Es ist also hiedurch experimentell nachgewiesen, dass die Höhe
der Schichte von der elektrischen Spannung der sie bildenden
Flüssigkeit abhängig und eine mit ihr zugleich steigende und fallende
Function derselben ist. Bedenke ich gleichzeitig, dass bei sonst
gleichen Umständen die Schichten- Aufsteigung selbst jedenfalls eine
gleichzeitig steigende und fallende Function der Abstossung der
gleichnamig elektrisirten Theilchen der isolirenden Flüssigkeit ist,
so ist mir schon hier vergönnt, folgenden interessanten theoretischen
Satz als experimentell erwiesen hinzustellen. Die Abstossung der
gleichnamig elektrischen Theilchen eines flüssigen Isolators, ist eine
mit der elektrischen Spannung der Flüssigkeit zugleich steigende
und fallende Function derselben. Ein Instrument, durch exacte Mes-
sungen und zwar nicht der Schichte, sondern direct der Abstossung
gleichnamig elektrisirter Theilchen einer isolirenden Flüssigkeit,
über Hiissiffe Isolatoren der Elektrieitiit. 89
hier tiefer einzudringen, findet man im §. 7 angegeben. In schöner
Harmonie mit dem hier experimenteil bewiesenen, im §. 3 schon
benützten theoretischen Satz stand auch die Beobachtung, dass die
innerste Schichte eine viel lebhaftere Bewegung zeigte als beide
andern Schichten. Schon durch den eben erhaltenen Satz zeigt sich
die theoretische Fruchtbarkeit, der Zusammenstellung des Apparates,
der bei den diesem Paragraphe zu Grunde gelegten Versuchen ge-
braucht wurde. Die nähere Untersuchung des experimentellen und
theoretischen Gebrauches dieser Zusammenstellung für ein anderes
äusserst wichtiges Problem muss ich einer späteren Abhandlung vor-
behalten. An der in's innere Gefäss bei diesem Experiment getauchten
Glasröhre konnte ich kein Aufsteigen bemerken, wohl gerade weil
die Flüssigkeit zu heftig gegen die äussere Glaswand getrieben
wurde.
Ich glaube, die im §. 2 und §. 4 zerstreut betrachteten Bewe-
gungen isolirender Flüssigkeiten bilden ein genügend wichtiges
Erscheinungsgebiet, um es mit einem neuen Namen zu bezeichnen.
Ich schlage hierzu folgenden vor : „Elektrostatische Wanderung
flüssiger Isolatoren", weil er in klarer Weise andeutet, dass wir es
mit Bewegung flüssiger Isolatoren in Folge von Spannungs-Elektri-
cität zu thun haben.
§. 5. Wenn aber das Terpentinöl nicht als Isolator einer
Leidner Flasche dienen kann , und zwischen zwei Metallflächen ein-
geschaltet keine Ladung gestattet, warum nennt man es einen Iso-
lator und findet es in allen Büchern, auch in denen, die speciell von
Beibungselektricität handeln, wie in dem Meisterwerke von Ries s*)
als guten Isolator aufgezählt? Ich selbst hatte wohl manche That-
sache entdeckt, die ich nur erklären konnte, wenn ich mir Terpentin
als flüssigen Isolator in der eigenthümlichen Bedeutung des Wortes,
wie ich sie im §. 2 bezeichnet habe, vorstellte, doch waren ja bisher
sowohl diese Thatsachen als diese Vorstellungsweise eines flüssigen
Isolators unbekannt.
Um über den hier angezeigten Zweifel Aufschluss zu erhalten,
musste ich zu solchen Quellen meine Zuflucht nehmen, die mir
*J Riess führt in .seiner Lehre von der Reibungselektrieitüt 1. Bd., pag. 29 die Öle
als Nichtleiter auf.
90 Reitlinger.
zugleich die Methode angaben, nach welchen sie die Öle als Iso-
latoren bestimmt hatten und da fand ich nur 2, die Bestimmungen,
welche Priestley in seiner Geschichte der Elektricität*) mittheilte,
und die Messungen, welche Rousseau mit dem Diagometer 2) aus-
führte. Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes werde ich die Leser
dieser Abhandlung mit den Mittheilungen beider Physiker um so
mehr vertraut machen, als die Versuche Priestley's mich zu jenen
Versuchen anregten , durch die es mir gelang den vollständigen
experimentellen Beweis für die Richtigkeit meiner Vorstellungsweise
der flüssigen Isolatoren zu führen. Am besten geeignet, den Leser
auf die Höhe derThatsachen zu stellen, scheint mir das einfache Citat
dessen, was Gehler 1. c. enthält.
„8. Besonders vollkommene Isolatoren sind die fetten Öle. Dieses
zeigte Priestley durch viele Versuche. Wurde die äussere Bele-
gung der Batterie in gute leitende Verbindung mit Öl gebracht und
ein Metalldrath der mit der inneren Belegung verbunden war, der
Oberfläche des Öles genähert, so wurde dieses bis auf eine Höhe
von O'Tä Zoll erhoben und die Ölsäule war um so dicker, je näher
der Drath dem Öle kam, ohne dass die Ladung sich auffallend ver-
minderte. Auch als die äussere und innere Belegung der Batterie
an 10' lang mit einem Teller voll Baumöl in Verbindung gebracht
wurde, war die Ladung nicht mehr zerstreut als wenn gar keine
solche Communication stattgefunden hätte. Dieselbe isolirende Eigen-
schaft beobachtete Priestley auch an den ätherischen und empy-
rheumatischen Ölen, so wie den natürlichen Balsamen. Der Äther
verhält sich als ein Nichtleiter, dagegen nähert sich der Weingeist,
selbst der absolute Alkohol, schon sehr dem reinen Wasser hinsicht-
lich seines Leitungsvermögens."
Als ich dies gelesen hatte , musste mir sehr merkwürdig
erscheinen, dass nachdem schon Priestley die Ölsäule bemerkt
hatte , die auch ich zwischen dem genäherten Finger und der
Oberfläche des Terpentinöles bei einem der im §. 3 beschrie-
benen Versuche beobachtet habe s) , es mir doch noch 90 Jahre
1) In's Deutsche übersetzt von Kriinilz 1772, citirt in Gehler ßd. 36, ad pag. 190.
2) Ann. de Chim. et Phys. T. XXV, pag. 373.
*) Ich bemerke nur liistorisch und keineswegs mein Verüiensl, zu erhöhen, dass, als ich
die §§. 2 — 4 geschilderten Versuche anstellte, ich d;is iniTe-vt abgedruckte Citat nicht
kannte.
über tlüssi^e Isolatoren der Elektrioität. QJ
später vergönnt war , die wahre Beschaffenheit flüssiger Isola-
toren und die in Folge derselben stattfindenden elektrostatischen
Wanderungen als neue Entdeckungen auffinden zu können i).
Lässt sich aber die Mittlieilung Priestley's, dass hei seinen
Beobachtungen die Ladungen nicht auffallend vermindert wurden,
ja bei dem Versuche mit dem Teller noch nach 10 Minuten nicht
zerstreut waren, mit derThatsache vereinen, dass Terpentinöl zwischen
Metallflächen als Isolator nicht dienen kann. Die Leser zu orientiren,
deutete ich die nach meiner Vorstellungsweise giltige Erklärung
hiefür schon im §. 2 an. Hier scheint mir nun der geeignetste Ort
zu sein, die von mir selbst in dieser Beziehung angestellten Versuche
ausführlich zu beschreiben.
Ich nahm eine ganz gewöhnliche Leidner Flasche, und verband
einen dünnen Metalldrath leitend mit der äusseren Belegung so, dass
ich über ein Ende desselben frei verfügen konnte. In eine mittel-
grosse gläserne Schale mit dicken Wänden goss ich bis ungefähr
0-7S" vom RandeTerpentinöl und tauchte in dasselbe nahe an einem
der Ränder den eben erwähnten, mit der äusseren Belegung der
Leidener Flasche verbundenen Drath. Hierauf lud ich die Leidener
Flasche in einer Versuchsreihe regelmässig mit 10 ziemlich gleich-
förmigen Umdrehungen der Elektrisirmaschine, bei einer zweiten
Versuchsreihe mit 15 ähnlichen Umdrehungen, berührte ich sodann
mit der einen Kugel des Ausladers den Knopf der Flasche und
näherte die andere Kugel dem Terpentinöl, so zeigte dasselbe bei
grösserer Annäherung eine ungemein lebhafte Bewegung. Ich näherte
hierbei die Kugel dem Terpentin natürlich an einer Stelle, die von
derjenigen möglichst entfernt lag, wo der Drath in die Flüssigkeit
eintauchte, damit nicht eine directe Entladung zwischen dem Drath
und dem Auslader durch die Luft hindurch stattfinden könne. Wenn
ich die Kugel dem Terpentinöl bis auf 5 — 6'" genähert hatte, bildete
*) Dieim §. 6 vorkommenden Citate aus Fa ra d ay werden zeigen, dass der grosse und
glückliche Experimentatoi keine Ahnung der von mir gemachten Entdeckungen hatte.
In der neuesten Abhandlung über elektrische Vertheilung, die ich mir verschafl'en
konnte, in der von Siemens 1856 verfassten (Pogg. Ann. Bd. 102), findet man
keine Spur derselben, sondern es ist sogar daselbst noch von Vertheilungs-Coeffieienten
für flüssige Isolatoren die Rede.
Marbach sagt über fette Öle im Artikel über Leiter und Nichtleiter Band 4
seines Lexikons nichts, als dass sie für Nichtleiter gelten. Im Ko p p'scheu Jahres-
bericht für 18Ö7 kommt nichts Einsehlag-iffes vor.
92 Reitlinger.
sich jedesmal eine trombenförmige Ölsäule, in der eine lebhafte
Bewegung der flüssigen Theilehen bemerkbar war *)•
Zugleich fand eine allgemeine Bewegung in der Flüssigkeit der
vSchale Statt, in welcher man leicht zwei Mittelpunkte unterscheiden
konnte, nämlich den eingetauchten Drath und die Ölsäule. Die Ein-
zelheiten dieser Bewegungs-Erscheinungen beobachtete ich zuerst
mittelst der Schattenrisse, welche die Flüssigkeitswellen bei Lampen-
licht auf die Tischplatte warfen. Später machte ich sie mir durch
Korkstaub, den ich mir durch das Beiben eines Korkes gegen eine
Feile verschaffte, in weniger subtiler Art ersichtlich. Diese Bewe-
gungs-Erscheinungen dauerten fort, wenn die Kugel der Oberfläche
der Flüssigkeit immer mehr genähert und endlich in die Flüssigkeit
selbst eingetaucht wurde, wo dann Drath und Kugel die Mittelpunkte
der Bewegung waren. Diese waren am Anfange am heftigsten und
nahmen in sehr merklicher Weise mit der Zeit ab, ohne dass sie
aber auch noch nach Verlauf von 10 Minuten völlig aufgehört hatten.
Es stimmt dies auf das Schönste mit dem im §. 4 nachgewie-
senen Satze, dass die Abstossung der Theilehen der Spannung pro-
portional ist.
Sowohl die anfängliche Heftigkeit der Bewegungen, als die
nachherige Verminderung derselben war an der Kugel des Ausladers
am sichtbarsten. Am Bande der Glasschale beobachtete ich auch bei
diesem Versuche eine Schichten-Aufsteigung, welche in der Nähe
der Kugel des Ausladers am höchsten war.
In einem einzigen Falle näherte ich die Kugel des Ausladers
unter der Oberfläche des Terpentinöls der Spitze des Drathes so
lange, bis bei einer Annäherung auf ungefähr 0-S'" eine Funkenent-
ladung mit heftiger Detonation, aber ohne Entzündung der Flüssigkeit
stattfand.
In den meisten Fällen beobachtete ich mit Hilfe einer Ankeruhr
die durch ihren Secundenzeiger Minuten mit annähernder Genauig-
keit zu controliren erlaubte, die Zeit, welche die Kugel des Aus-
laders mit dem Terpentinöl in Contact war, und hierauf die Helligkeit
und Schlagweite der Funkenentladung, die an der Leidner Flasche
nach Unterbrechung des Contactes der Kugel mit dem ()l auf ge-
wöhnliche Art bewirkt wurde.
») Bei Lampenlicht bemerkte ich diese Bewegung der Theilehen in der Ölsäule besser
als bei Tageslicht.
Üher flüssige Isolatoren der Eiektricitat. 93
Bei den Versuchen mit 10 Umdrehungen beobachtete ich nach
5', nach 7' und 10' des Contactes die Entladungsfunken. Sie nahmen
natürlich ab, doch waren sie nacb 5' recht lebhaft und noch nach 10'
vollkommen bemerklich.
Wenn ich die Flasche ihrem natürlichen Ladungsverlust an die
Luft überliess, ohne die innere Belegung durch den Auslader mit
dem Terpentinöl in leitende Verbindung zu bringen, so war die
Funkenentladung nach 5', 7' oder 10' jedenfalls an Helligkeit und
Sclilagweite weit bedeutender als in den entsprechenden früheren
Fällen.
Bei den Versuchen mit 15 Umdrehungen beobachtete ich nach
5' und 6' des Contactes die Entladungsfunken. Nach 5' waren sie
sehr lebhaft, nach 8' immerhin noch sehr merklich. Doch waren sie
auch hier bei blossem Verlust an die Luft sowohl nach 5' als nach 8'
heller und länger. Um mich den Priest ley'schen Versuchen in der
äusseren Form mehr anzunähern, wand ich ein Stückchen Kupfer-
drath um die dünne Verbindungsröhre des Ausladers, verklebte eine
Spitze des Drathes mit Wachs und tauchte die andere statt der
Kugel des Ausladers in's Terpentinöl, bei einer sonst unveränderten
Wiederholung der eben beschriebenen Versuche. Ich beobachtete
nach 2', 3' und 6' des Contactes. Nach 2' und 3' bekam ich sehr
lebhafte Funkenentladungen, deren Schlagweite ungefähr 3'" be-
tragen haben mag, nach 6' waren die Funkenentladungen schon viel
schwächer.
Nach diesen sämmtlichen Versuchen waren mir die Angaben
Priestley's völlig begreiflich. Dass nach seinen Angaben die Iso-
lation noch besser gewesen wäre, als ich sie fand, kann man ohne
Bedenken durch verschiedene Güte des Terpentinöls, verschiedenen
Feuchtigkeitszustand der Luft, ferner bei den ersteren Versuchen
durch die grössere Oberfläche der Kugel, bei den letzteren durch
sehr wohl bemerkbares Ausblasen der Eiektricitat an den scharfen
Drathwindungen erklären. Jedenfalls genügten meine Versuche,
Terpentinöl nach den Definitionen aller Lehrbücher als Nichtleiter
zu charakterisiren und zugleich verglichen mit den Versuchen des
§. 2, wo sich die Unmöglichkeit der Flaschenladung bei grossen
Flächen und das gleichzeitige Wallen der Flüssigkeit zwischen diesen
Flächen kundgab, meine Vorstellungsweise über die Beschaffenheit
flüssiger Isolatoren zu begründen. Während dem Laden der Flasche
Sit/.b. il. matliem.-naturw. CL XXXV. Bd. Nr. 8. 7
94 Reitlinger.
bemerkte ich bei allen erzählten Versuchen ein leichtes Wallen
des Terpentinöles an der Stelle, wo der mit der äusseren Belegung
verbundene Drath in dasselbe eintauchte. Man hat sich dies folgender-
massen zu erklären :
EinTheil der in der äusseren Belegung ahgestossenen positiven
Elektricität strömt durch die Drathspitze auf das Terpentinöl über,
sie ladet nun die dem Drath benachbarten Theilchen, wie bei jedem
andern Isolator, während diese aber bei einem starren Isolator sich
nicht bewegen können, werden sie bei einem flüssigen Isolator ver-
möge ihrer leichten Verschiebbarkeit und der Abstossung gleich-
namiger Elektricität vom Drathe fortgetrieben, durch andere unelek-
trische daher ersetzt, an denen sich der Vorgang wiederholt. Ich
erläuterte dies so genau, weil ich glaube dadurch meine Vorstel-
lungsweise des flüssigen Isolators noch mehr in das rechte Licht
zu setzen.
Mit beigefügter Angabe der Bestimmungsmethode konnte ich
ausser den Versuchen Priestley's nur noch die Bestimmungen
über Isolationsfähigkeit der flüssigen Körper auffinden , welche
Rousseau i) mit seinem Diagometer ausführte. Der Apparat
Rousseau's bezweckte, die relative Isolationsfähigkeit oder das
relative Leitungsvermögen verschiedener Flüssigkeiten zu bestimmen.
Eine trockene Zambonische verticale Säule wird mit ihrem
unteren Pole mit dem Erdboden in leitende Verbindung gesetzt,
während ihr oberer Pol durch einen Metalldrath mit einem isolirt
verticalen Stifte communicirt, auf welchem eine horizontale, schwach
magnetische Stahlnadel im magnetischen Meridian schwebt. In der
nämlichen Höhe mit der Nadel und in einer Entfernung vom Stifte,
welche fast der halben Länge der Nadel gleich ist, findet sich eine,
ebenfalls mit dem oberen Pol der Säule in leitender Gemeinschaft
stehende, übrigens isolirte Metallkugel oder ein Scheibchen von
Metall, welches so angebracht ist, dass es gerade vor dem einen
Ende der Nadel steht. Da sich nun die Elektricität des oberen Poles
sowohl in das Scheibchen als in die Nadel verbreitet, so muss hier-
durch eine Abstossung entstehen, welche die Nadel von dem Scheib-
chen abzulenken strebt. Nach einigen Oscillationen wird die Nadel
zuletzt unter einem gewissen Ablenkungswinkel vor dem Scheibchen
1) Ann. de Chim. et Phys. T. XXV, p. 373.
Ober flüssiüi-e Isolatoren iler Elektricität. f)^
stehen bleiben; die Zeit nun, in welcher die Nadel zur Ruhe kommt
und das Maximum der Ablenkung erreicht, ist grösser oder kleiner,
je nachdem man auf dem Wege, den die Elektricität von der Säule
bis zum Scheibchen hat, Flüssigkeiten von sehlechterem oder besse-
rem Leitungsvermögen einschaltet, und durch Vergleichung dieser
Zeiten für verschiedene Flüssigkeiten lassen sich ungefähr grössere
oder kleinere DitTerenzen ihres Leitungsvermögens bestimmen. Auf
diese Weise fand Rousseau, dass das Olivenöl ein viel geringeres
Leitungsvermögen als die meisten anderen Öle besitzt. Bei Buch-
ecker- und Mohnöl waren nur 21" erforderlich, um die Ablenkung
hervorzubringen, welche beim Olivenöl erst nach 40" eintrat.
Dass Rousseau überhaupt bei Ölen eine solche messbare Ver-
zögerung erhielt, erklärt sich aus meiner Theorie, wenn in Verhält-
niss zur Grösse der metallischen Oberflächen, welche die Leitung
durch die Flüssigkeiten vermittelten, viel Elektricität durchzuleiten
war. Von Bewegung der Flüssigkeit konnte er nichts bemerken, da
er die eingeschaltete Röhre gänzlich mit Flüssigkeit gefüllt hatte.
Doch kann seine Idee zu manchen bei der weiteren Ausbildung
meiner Theorie wichtigen numerischen Bestimmungen mit Vortheil
benützt werden.
§. 6. Wie ist es aber erklärlich, dass Faraday und spätere
Schriftsteller Vertheilungs-Coefficienten für Terpentinöl und Steinöl
angaben, was doch die Möglichkeit einer Flaschenladung mit den-
selben als Isolatoren selbstverständlich voraussetzt, während die
gegenwärtige Abhandlung die Unmöglichkeit einer solchen behauptet?
Sieht man hier näher zu, so findet man, dass alle späteren Schrift-
steller sich an Faraday's Versuche hielten. Cornelius z. ß.
beginnt den betreffenden Paragraph^) „nach Versuchen Farad ay's".
Riess theilt in den §§. 370 bis 374 2) das Verfahren mit dem
F araday'schen Vertheilungs-Apparat, satnmt dem Verzeichniss der
von Faraday betrachteten Stoffe mit, schliesst aber mit den vor-
sichtigen Worten: „Ich übergehe die Zahlenwerthe, denen keine
allgemeine Giltigkeit beigelegt werden kann, da die Zwischenlagen
zwischen den Belegungen der Flasche niemals vollständig, zuweilen
1) Die Lehre von der Elektricität und dem Magnetismus. Leipzig, Otto Wiegand, p. 41,
§. 28.
2) Die Lehre von der Reibungs-Elektricitiit, 1. Bd., p. S.'iß— 339.
7*
96 Reitling^er.
sogar nur mit einer Belegung in Berührung waren." Ich brauche
mich daher bezüglich der angeblichen Vertheilungs-Coefficienten
des Terpentinöls und Steinöls nur mit den entsprechenden Bestim-
mungen Faradays zu beschäftigen, welche er in der 11. Reihe
seiner Experimental-Untersuchungen mittheilt. Durch die Gewissen-
haftigkeit, Klarheit und Genauigkeit, mit welcher der grosse Ex-
perimentator erzählt, wie er mit seinem Vertheilungs -Apparat
bei Terpentinöl und Steinöl verfuhr, den Vertheilungs-Coeffici-
enten zu bestimmen, versetzt er mich in die glückliche Lage, statt
jeder Polemik die betreffenden 2 Paragraphe selbst als schönste
Bestätigung dieser Abhandlung in Anspruch nehmen zu können.
Zum vollständigen Verständniss derselben, welche ich als äusserst
wichtig für diese Abhandlung hier abdrucken lassen muss, wird die
Kenntniss des Farad ay'schen Vertheilungs-Apparates vorausgesetzt.
Ich glaube die Erklärung eines so allgemein bekannten Apparates
in eine akademische Schrift nicht aufnehmen zu dürfen, bitte aber
den Leser, der ihn nicht gegenwärtig hätte, eine der in der Anmer-
kung angegebenen, mit einer Abbildung versehenen Auseinander-
setzungen desselben nachzusehen *), bevor er das folgende Citat
liest. Faraday sagt: „1281. Rectificirtes Terpentinöl. — Ich füllte
den Apparat I in seiner unteren Hälfte mit dieser Flüssigkeit und da
er eine Ladung nicht fest genug hielt, um sie erst messen und dann
theilen zu können, so lud ich den Apparat II, welcher blos Luft ent-
hielt , theilte seine Ladung mit Apparat I durch eine schnelle Be-
rührung und mass den Rückstand im Apparate II. Wenn theoretisch
genommen ein schneller Contact zwischen den beiden Apparaten
eine Theilung zu gleicher Spannung bewirken sollte, doch ohne
merklichen Verlust wegen Leitungsvermögen des Apparates I und
dennoch Apparat II eine Ladung von grösserer Spannung als die
Hälfte der ursprünglichen behielt, so musste dies anzeigen, dass das
Terpentinöl ein geringeres specifisches Vertheilungsvermögen als
die Luft besass. Bei einem Versuche dieser Art gab Apparat II für
seine Ladung vor der Theilung mit Apparat I 390o, nach derselben
ITö", was weniger ist als die Hälfte von 390». Die Ladung von 175"
») Müller, Bericht üher die neuesten Fortschritte der Physik, I. Bd., p. S6— 68. —
P.ie SS, Lehre von der Reibtings-Elektricität, I. Bd., p. 3ö6— 339.— P o ggend o r ff s
Annalen der Chemie und Physik, 46. Bd., II. Reihe der Experimental-Untersuchungen
Farad ay's.
über flüssige Isolatoren der Elektricität. 97
'abermals getlieilt, gab 79«>, was auch weniger als die Hälfte ist. Die
Ladung von 79» noch einmal getheilt, fiel auf 36», ebenfalls weniger
als die Hälfte von 79». Das sind die besten Resultate, welche ich
erhalten konnte. Sie sind nicht unvereinbar mit der Annahme, dass
das Terpentinöl ein grösseres specifisches Vertheilungsvermögen
als die Luft habe, allein sie beweisen es nicht, weil das Verschwinden
von mehr als die Hälfte der Ladung blos von dem Leitungsvermögen
der Flüssigkeit herrühren konnte.«— „1282. Steinöl. Diese Flüssig-
keit gab Resultate von ähnlicher Art und Richtung als das Terpentinöl."
Hier gesteht Farad ay selbst zuerst mit deutlichen Worten,
dass der mit Terpentin zur Hälfte gefüllte Apparat keine Ladung
hielt, wie es nach meinen Versuchen sein musste. Dass er nach einer,
wie er selbst sagt, schnellen Berührung Elektricität im Apparate l\
zurück behielt, erklärt sich völlig aus der Raschheit der Berührung.
Dass mehr wie die Hälfte der Ladung verloren ging , erklärt sich
aus der Mittheilung der Elektricität an die der Metallfläche zunächst
liegenden Flüssigkeitstheilchen, die dann, abgestossen, anderen Platz
machten u. s. f. In dieser Vorstellungsart liegt selbstverständlich,
dass grössere schon angesammelte Ladungen eine gewisse endliche,
wenn auch ausserordentlich kleine Zeit zu ihrer Entladung brauchen.
Es zeigt sich also die Fara day'sche Beobachtung als ganz über-
einstimmend mit meinen Versuchen und Vorstellungen. Es sei mir
aber vergönnt anzumerken, wie sich gerade hier, wo ihm die
richtige Vorstellungsweise noch fehlte , die geistige Grösse des be-
rühmten Physikers am besten zeigt, indem er am Schluss al. 1281
selbst das Ungenügende seiner Auslegungsweise bespricht. Auch
schon an einem frühern Versuche») bemerkte Faraday, dass Ter-
pentinöl in Contact mit einer grossen Metalltläche keine Ladung an-
nimmt, obwohl er es sonst als guten Isolator fand. Hätte er diese
seine Beobachtung mit der Priestley's verglichen, so hätte er
a priori auf die Anschauungsweise kommen müssen, die ich experi-
mentell fand.
Ich erwähnte schon früher, dass auch Siemens' Vertheilungs-
Coefßcienten für flüssige Dielectrica nach eigenen Messungen mit-
theilte, was also noch besprochen werden muss. Siemens*) be-
1) 11. Reihe 1172.
2) Über Ladung-sströme und elektrostatlscbe liiduütion. Po gg. Ann. CM, 66.
98 Re i 1 1 i n g er.
stimmte Vertheilungs-Coefficienten für geschmolzenen Stearin und
Schwefel und wandte die Methode an, eine continiiirliche Reihe von
Ladungs- oder Enthidungsströmen durch ein empfindliches Galvano-
meter zu leiten und zur Commutation , welche hierhei erforderlich
ist, bediente er sich des bei seinen Zeigertelegraphen angewen-
deten, nach Neefschem Princip construirten seibstthätigen Strom-
unterbrechers, welcher mit drei Dani ell'schen Elementen in Bewe-
gung gesetzt 60-2 Oscillationen in der Secunde machte. Bedenkt
man, dass der Übergang der Elektricität vom Metall zur Flüssigkeit
eine gewisse Zeit erfordert, dass die dem Übergange vorausgehende
momentane Induction bei den vielen umgebenden Flüssigkeits-
theilchen viel kräftiger sein muss als bei Luft , dass ferner noch
sehr wenig vom Metall entfernte, geladene Theilchen durch die Ent-
ladung an die Metalltläche zurück angezogen werden müssen , so
sieht man, dass auch die von Siemens angestellten Beobachtungen
sich aus meiner Vorstellungsweise erklären lassen. Ja noch mehr,
für die Zeit, welche die Elektricität zum Übergange vom Metall zur
Flüssigkeit bedarf, ferner für die Geschwindigkeit der Fortbewe-
gung der abgestossenen Flüssigkeitstheilchen bietet vielleicht die
von Siemens angewandte Methode den einzigen quantitativen Anhalts-
punkt. Bedenkt man noch die so sehr verschiedene flüssige Be-
schaffenheit geschmolzenen Schwefels und Stearins in Vergleich mit
Ölen, so sieht man, dass hier sogar eine Wiederholung meiner
Versuche nöthig wäre, bevor ich die bei Ölen erhaltenen Resultate
auch in diesem Falle als unbedingt massgebend hinstellen könnte;
daher kann man aber um so weniger aus den Versuchen von Sie-
mens gegen meine Ergebnisse bei Ölen Zweifel schöpfen.
§. 7. Indem ich nachdachte , wie ich die wechselseitige Ab-
stossung der mit Elektricität geladenen flüssigen Theilchen des Ter-
pentinöls quantitativ erforschen könne, fiel mir das elektrische Flug-
rad ein. Das Aufhören der Drehung desselben im luftleeren Räume
hatte dargethan , dass die Vergleichung desselben mit der Seg-
ner'sehen hydraulischen Maschine unrichtig war und hatte die Er-
klärung Cavallo's zur herrschenden gemacht, wie man sie z. B. in
Marbach's physikalischem Wörterbuch als unzweifelhaft adoptirt
findet. Cavallo's Ansicht >) war, dass die Bewegung von einer
') VoUsläudige Abhandlung über Elektricität, Bd. I, p. 247.
Ül)er rtiissige Isolatoren der Elelitrioität. 99
wechselseitigen Zupückstossuiii^ der Luft und der Spitze abhängt,
indem die an die Spitze angrenzende Liift durch Mittheilung eine
gleichartige Elektrieität mit derjenigen des Flugrades erhält, gleich-
artig elektrisirte Körper sich aber abstossen. Gehler erklärte sich
gegen diese Ansicht , da die ausströmende Elektrieität auf die nach-
folgende keine stärkere Zurückstossung ausüben könne als sie schon
vor dem Ausströmen ausübt, und also auch unabhängig vom Aus-
strömen die Drehung des Flugrades erfolgen sollte. Durch die in den
früheren Paragraphen geschilderten Versuche hatte ich die hohe Be-
deutung der wechselseitigen Abstossung isolirender Theilchen kennen
gelernt, und so dachte ich an eine dritte Erklärung, die übrigens der
von Cavallo jedenfalls viel verwandter ist als der von Gehler.
Die Abstossung der Theilchen ist natürlich dort stärker , wo die
Theilchen in grösserer Anzahl und mit grösserer Intensität geladen
werden. Dies findet an der Spitze Statt, und so stellte ich mir die
Bewegung des Flugrades zwar zum Theil auf die von Cavallo an-
gegebene Art, zum Theil durch Ungleichförmigkeit der wechsel-
seitigen Abstossung der umgebenden gasförmigen Theilchen bewirkt
vor. Mochte ich aber den Erklärungsgrund von Cavallo oder den
aus meinen Ansichten von flüssigen Isolatoren abgeleiteten für den
richtigen halten, in beiden Fällen konnte ich mir denken, das Flug-
rad werde in Terpentinöl sich bewegen, während dies nach Gehler's
Ansicht nur dann möglich wäre , wenn man sich Elektrieität als
dichtere Flüssigkeit als Terpentinöl dächte. Ich Hess daher ein
kleines Flugrad aus einem Messingblättchen ausschneiden, das
in der Mitte eine runde ÖfTnung hatte, mit welcher es über ein
dünnes cylindrisches Metallstäbchen geschoben wurde. Durch ein
Kügelchen, grösser als die Öffnung des Rades, wurde es am unteren
Ende des Stäbchens um seine Axe frei beweglich festgehalten. Das
Stäbchen wurde au einer Hartgummiplatte, so dass man ihm Elek-
trieität zuleiten konnte , angekittet. Ein gewöhnliches unbelegtes
Glasgefäss wurde mit Terpentinöl gefüllt, die Hartgummiplatte auf
den oberen Rand so gelegt, dass das Rad sich in der Flüssigkeit
befand, und Elektrieität zugeleitet. Das Rädchen drehte sich äusserst
rasch, dass man manchmal kaum mit dem Auge folgen konnte. Bei
einem Glasgefässe , das schon frühere Versuche mir als ziemlich
leitend gezeigt hatten, war die Bewegung dauernd. Bei andern Glas-
gefässen mit dicken nichtleitenden Wänden nahm die Bewegung
100 Reitliager.
nach einiger Zeit ab, und endlich stand das Rad still, was sich
dadurch erklärt, dass die starke Ladung des Terpentinöls die Un-
gleichförmigkeit zwischen Spitzen- und Bogen Wirkung vermindert.
Während der ganzen Zeit und auch nachher, war an den Glas-
wänden eine Schichtenaufsteigung bemerkbar. Ein ganz auf die-
selbe Art angestellter Versuch mit destillirtem Wasser zeigte auch
bei der lebhaftesten Elektricitäts- Zuleitung keine Spur einer Be-
wegung des Rades.
Durch diese Versuche war, wie auch schon durch die Versuche
im luftleeren Räume, die Analogie mit der Segner'schen hydraulischen
Maschine als für das Flugrad unanwendbar gezeigt. Ob aber die so
lebhafte Bewegung in Terpentinöl nach Cavallo's Erklärungweise
der Bewegung in der Luft von einer wechselseitigen Zurückstossung
der Spitze und des Terpentinöls herrühre, oder wie die elektro-
statische Wanderung flüssiger Isolatoren von wechselseitiger Repul-
sion der im flüssigen Aggregatzustand beweglichen, aber incom-
pressiblen Öltheilchen, oder ob beide Ursachen zusammenwirken und
in welchem Masse, war noch völlig unentschieden.
Folgender Versuch gibt hierüber nach meiner Meinung Auf-
schluss. Wenn ich, nachdem ich das Rädchen durch Zuleitung längere
Zeit gedreht hatte, den Zuleiter rasch entfernte und das Metall-
stäbchen, an welchem das Rädchen hing, ableitend berührte, so
zeigte sich eine neue drehende Bewegung des Rädchens durch
Entladung, und zwar in derselben Richtung wie früher. Diese Bewe-
gung war besonders lebhaft, wenn ich, nachdem das Rädchen schon
stille stand , Elektricität noch lange und in grosser Menge mittheilte,
wo dann die Erscheinung bei der Entladung kaum der Erscheinung
bei der Ladung und Zuleitung nachstand.
Betrachtet man einen mit der Erde ableitend verbundenen
Leiter und sich an demselben ausladende Flüssigkeitstheilchen , so
kann man nicht umhin, eine Anziehung zwischen beiden anzunehmen.
Diese Anziehung müsste aber bei der Ausladung durch die Natur
der Spitze die entgegengesetzte Wirkung der Ladung hervorbrin-
gen, d. h. es müsste sich das Rad in der Richtung der Spitze, also
in der entgegengesetzten von früher drehen. Obwohl ich mehrmals
beim ersten ableitenden Berühren ein Zucken des Rädchens in solcher
entgegengesetzter Richtung zu bemerken glaubte, so war doch un-
zweifelhaft mit der Ableitung eine sehr rasche Drehung des Flug-
über flüssige Isolatoren der Eiektricität. 101
rades in der ursprünglichen Richtung verbunden, die der Drehung
bei der Zuleitung nur unbedeutend nachstand. Hier konnte ich mir als
Ursache nur die ungleiche Wirkung auf Spitze und Bogen in Folge
einer vorausgehenden Wechselwirkung der Flüssigkeitstheilchen
denken, und so überzeugte mich dieser zweite Versuch durch
Analogie, dass auch im ersten Falle die eigentliche Hauptursache
der Drehung des Rädchens die wechselseitige Repulsion der Theil-
chen ist. Legte ich diese Ansicht zu Grunde, so konnte ich an
das Flugrad die Hoffnung knüpfen, quantitative Beobachtungen über
die Repulsion geladener Flüssigkeitstheilchen vermittelst der Anzahl
Umdrehungen machen zu können, die ein sorgfältig gearbeitetes
Flugrad innerhalb einer gewissen Zeit bei einer bestimmten ge-
messenen Elektricitäts - Zuleitung unter verschiedenen Umständen
und bei verschiedenen flüssigen Isolatoren constatiren Hesse. Solche
Beobachtungen können durch Controle der Schichtenaufsteigung
zugleich zu neuen Belegen für die' hier gegebene Theorie des Flug-
rades dienen. Doch wird vielleicht die genaue Anstellung grosse
Schwierigkeit haben, was in solchen Fällen erst die wirkliche Aus-
führung lehrt. Als Hauptbestätigung der hier gegebenen Theorie
nehme ich den Versuch mit ableitender Berührung in Anspruch, den
ich daher noch einer nähern Betrachtung unterziehen will. Mir
scheint jedenfalls die Drehung bei diesem Versuche darauf zu be-
ruhen, dass sich zahlreichere und stärker repellirende, geladene
Flüssigkeitstheilchen der Spitze als dem Bogen nähern. Dies kann
man sich auf zweierlei Art bewirkt denken, entweder durch eine
der Entladung von je einer Schichte vorausgehende stärkere Induc-
tion an der Spitze als am Bogen, oder durch den geringeren Wi-
derstand der an der Spitze zahlreicher und vollständiger ausgela-
denen Flüssigkeitstheilchen gegenüber den noch geladenen. Wahr-
scheinlich wirken beide Ursachen zusammen.
Zur Vermeidung jeden Irrthums füge ich noch bei, dass während
ich meine Grundvorstellung über die Beschaffenheit flüssiger Isola-
toren als bewiesene W^ahrnehmung betrachte, halte ich die in diesem
Paragraphe gegebene Theorie des Flugrades nur für die beste zur
Erklärung der bisherigen Versuche allein ausreichende Hypothese i)-
*) Einige Tage nachdem ich der kaiserl. Akademie meine Abhandlung bereits über-
geben hatte, bekam ich die erste Lieferung des Lehrbuches der Eiektricität
von G a V a r r e t, deutsch von A r e n d t , B r o c k h a u s 1859 zur Ansieht. Ich fand
102 Reitlinger.
§. 8. Die theoretische Bedeutung der Ergebnisse von §, 2—6
für die gosammte Theorie von der Fortpflanzung der Elektricität,
der Natur der Isolatoren und der elektrischen Influenz leuchtet zwar
von selbst ein, doch behalte ich mir vor, sie nach Erledigung eini-
ger mir zunächst obliegender experimenteller Forschungen näher
auseinander zu setzen. Schon im vorigen Paragraphe zeigte sich die
Fruchtbarkeit meiner Vorstellungsweise und gleichzeitig war ich
daselbst gezwungen, sie auf gasförmige Isolatoren auszudehnen.
Man hatte sich beim elektrischen Wind schon eine Abstossung der
luftförmigen Theilchen durch den Conductor gedacht. In den Bü-
chern, die ich las, fand ich aber nirgends ausdrücklich eine wechsel-
seitige Repulsion der Gastheilchen durch Elektricität oder durch
Elektricität vermehrte Expansionskraft derselben ausgesprochen,
überhaupt nicht die näheren Einzelnheiten meiner Vorstellungsweise
darin das elektrische Flugrad ausführlich und zwar wörtlich nach Cavallos Theorie
behandelt und am Schlüsse folgende Stelle (pag. 129 — 132); „Füllt man das
Gefäss mit einem schlechten Leiter, z. ß. mit Olivenöl, Terpentinöl, Schwefel-
kohlenstoff etc. , so bleibt das Rad so lange still stehen als man nicht mit der
erwähnten Metallspifze die Obeifliiche der Flüssigkeit berührt und dadurch die
gleichmassige Vertheilung der Elektricität aufhebt.
Füllt man das Gefäss mit Wasser oder einer andern leitenden Flüssigkeit,
so bleibt das Rad in Ruhe, selbst wenn man die Oberfläche der Flüssigkeit ab-
leitend berührt. In diesem Falle gibt jeder Theil des Apparates, Elektricität an
das umgebende Mittel ab und es ist kein Grund vorhanden, wesshalb das Rad,
das überall gleichmässig afl'icirt wird, sich nach einer bestimmten Richtung drehen
sollte."
Eine fernere Nachforschung lehrte mich, dass Gavarret aus einer Stelle
einer sehr schönen , preisgekrönten Abhandlung M a s s o n 's (Etudes de Photometrie
electrique. Ann. d. Chim. et de Phys. III. serie. 43. vol.) geschöpft und zugleich
deren wesentlichen Inhalt in Bezug auf das Flugrad im obigen Citat mitgetheilt hatte.
Ich sah aus beiden Stellen, dass die Widerlegung der Ansicht G e h 1 e r's
durch die Versuche mit Terpentinöl und Wasser schon vor meinen gleichbedeu-
tenden Versuchen existirt hatte. Auf der andern Seite haben aber M a s s o n und
Gavarret noch die ältere Theorie Cavallos ohne Modificafion. Es ist dies
ganz natürlich, da man auch von dem übrigen Inhalt dieser Abhandlung nichts
in den beiden Schriften findet, sondern p. 76 des Lehrbuches von Gavarret ist
sogar noch ausdrücklich mitgetheilt, dass Terpentinöl und Steinöl nach F a r a-
day's Versuchen ein grösseres specifisches Inductionsvermögen haben als Luft.
Masson und Gavarret kennen ferner den zweiten Versuch bei Terpentinöl
mit ableitender Berührung nicht. Auch verlangen sie zum Gelingen des ersten
Versuches die ableitende Berührung der Flüssigkeit selbst, was ich durchaus
unbegründet fand. Ich glaubte daher es sei unter so bewandten Umständen das
Richtige, §. 6 mit Beifügung dieser Anmerkung unverändert abdrucken zu
lassen. Der Verf.
über flüssfge Isolatoren der Elektiicität. 103
für flüssige Isolatoren, die ich auf die gasförmigen Isolatoren durch
Analogie geleitet, ausdehnen zu dürfen glaube. Bei der viel grös-
seren Beweglichkeit gasförmiger als tropfbar flüssiger Theilchen
war auch gewiss die Analogie in diesem Gebiete nur auf die hier
eingeschlagene Weise a majori ad minus, nicht aber umgekehrt zu-
lässig. Hierdurch erklären sieh daim aber viele ältere Beobachtungen
über gasförmige Isolatoren, wie z. B. viele in Gehler's physikali-
schem Wörterbuch unter dem Artikel Leiter i) mitgetheilte. Am
Schlüsse des §. 2 erzählte ich, dass ich bei dem daselbst betrach-
teten Apparate Ladungen erhielt, wenn ich Luft als Isolator benützte.
Dies vereinigt sich mit der jetzt ausgesprochenen Ähnlichkeit in der
Beschaflenheit flüssiger und gasförmiger Isolatoren durch Betrach-
tung des Umstandes, dass in gasförmigen Medien viel weniger
Theilchen vorhanden sind, als in tropfbar flüssigen, daher die suc-
cessiven Entladungen viel schwächere Wirkung äussern können.
Bei der allgemeinen Giltigkeit der von mir entdeckten Beschaff'en-
heit flüssiger Isolatoren, die ich mich anzunehmen für berechtigt
halte, musste ich vermuthen, dass in den vielen Beobachtungen
dieses und des vorigen Jahrhunderts sich schon manche Spur der-
selben gezeigt habe, und wirklich fand ich, nachdem ich den rich-
tigen Standpunkt hatte, manche Beobachtungen auf, für welche erst
meine Theorie eine völlig durchsichtige Erklärung zulässt. Die
nähere Auseinandersetzung dieser Andeutungen will ich aber um so
weniger hier ausführlich verfolgen, als die Untersuchung die den
Gegenstand dieser Abhandlung bildet, nur der Anfang mehrerer ver-
wandter Untersuchungen ist. Auf der anderen Seite schienen n»ir
jedoch die in den §•§•. 2—6 mitgetheilten experimentellen und theo-
retischen Ergebnisse wichtig und im gewissen Sinne auch schon abge-
rundet genug, ihnen einen ersten selbstständigen Bericht zu widmen.
Kurz zusammengefasst sind die Ergebnisse der Untersuchung:
1. Die Theilchen (Molecüle) flüssiger isolirender Medien setzen
zwar dem Übergang der Elektricität von Theilchen zu Theilchen
einen gewissen isolirenden Widerstand (eine gewisse Coercitivkraft
für Elektricität) entgegen, gleichzeitig sind sie aber als Theilchen
eines Mediums im flüssigen Aggregatzustand sehr leicht ver-
schiebbar.
') Band 6.
104 Reitling-er. Über flüssige Isolatoren der Eleklricität.
2. In Folge dieser Verschiebbarkeit bewirken die Theilchen
zwischen Metallflächen, die entgegengesetzt elektrisch sind , durch
mechanische Hin- und Herbewegung successive Entladungen. Sind
die Elektrieitätsmengen, die den Metallflächen zugeführt werden, sehr
gross und die Flächen sehr klein, z. ß. Dräthe, so kann diese
successive Entladung sehr lange Zeit in Anspruch nehmen, und da
man durch solche Versuche die Isolationsfähigkeit bestimmt hatte,
galt Terpentinöl als Isolator im gewöhnlichen Sinn. Sind aber die
Flächen gross und man sucht einer von ihnen Elektricität zuzuleiten,
während zwischen ihr und der andern, die- mit der Erde leitend ver-
bunden ist, Terpentinöl sich befindet, so ist man nicbt im Stande
Ladungen hervorzubringen. Hierdurch vereinen und erklären sich
die Beobachtungen Priestley's und Faraday's.
3. Man kann also weder von Flaschenladungen noch von Re-
siduis im gewöhnlichen Sinn bei flüssigen Isolatoren sprechen, und es
sind daher um so mehr specifische Vertheilungscoefflcienten flüssiger
Dielectrica unmöglich.
4. Die gleichnamig elektrisirten frei beweglichen Theilchen der
flüssigen Isolatoren stossen sich wechselseitig ab. Ferner werden sie
von andern genäherten ungleichnamig elektrischen Körpern angezo-
gen, gleichnamig «elektrischen abgestossen. Hierdurch entsteht ein
Erscheinungsgebiet von Flüssigkeitsbewegungen, welches durch
eine Reihe von Experimenten, von denen sich manche für die Schule
eignen, manche für die künftige Wissenschaftsforschung als Hilfs-
mittel empfehlen, in den §§.2 — 6 zur Anschauung gebracht und aus-
führlich auseinander gesetzt wurde, und für welches mir der Name
„elektrostatische Wanderung flüssiger Isolatoren" passend schien.
Schliesslich erlaube ich mir nur noch den Dank auszusprechen,
welchen ich dem Herrn Regierungsrath Ritter von Ettingshausen
als Director des physikalischen Institutes für die meiner Unter-
suchung mit gewohnter Liberalität gewährte Unterstützung schulde.
LuschkD. Die Fascia pelvinu in ihrem Verhallen zur iiiiitei-eii Bueiienwaiiil. lOo
Die Fascia pelvina in ihrem Verhalten zur hinteren
Beckenwand.
Von Dr. ü. Luschka,
Prufessor der ÄDatomie in Tübiogeo.
(Mit 1 Tafel.)
(Vorgetragen in der Sitzung vom 7. Jänner 1859.)
An die Erörterung der Frage über das Verhältniss der Becken-
binde zum Kreuz- und zum Steissbeine knüpfen vsieh mancherlei
Betrachtungen an , welche theils die Ursprünge dieser Membran
betreffen, theils ihre Beziehungen zu den an der vorderen Seite
jener Knochen unmittelbar anliegenden Weichtheilen. Es werden
aber in letzterer Hinsicht ganz besonders die Vasa sacralia media
und die Beckenstränge des Sympathicus in den Kreis unserer Unter-
suchungen nothwendig gezogen werden müssen, wobei wir zugleich
Anlass haben, über die problematischen von Valentin *) ange-
führten „Gnngliola sacralia media" die Ergebnisse eigener Nach-
forschungen mitzutheilen. Dadurch vermögen vielleicht die nach-
folgenden Notizen das Interesse auch derjenigen in Anspruch zu
nehmen , welche nach ihrer Art der Beurtheilung anatomischer
Arbeiten, auf die Binde allein beschränkte Nachweisungen für nutz-
los erklären möchten.
Über das Verhalten der sogenannten oberen Mittelfleisch-
Aponeurose oder der Fascia pehrina des J. Cloquet zur hinteren
Beckenwand , sind die Angaben derjenigen Zergliederer , welche
der fraglichen Sache überhaupt einige Aufmerksamkeit zugewendet
haben, gegenwärtig noch sehr getheilt. Am meisten seheint mir
die Meinung verbreitet zu sein, dass die Binde von beiden Seiten
her in der Mittellinie der hinteren Beckenwand zusammentliesse.
Dabei wird es unentschieden gelassen, ob die genannten Weich-
'j S. Th. S öm m e r ri n g's Hirn- und Nerveiilehre. Umgearbeitet von G. Valentin.
Leipzig 1841, S. 670 ff.
j Q0 Dr. H. Luschka.
tlieile von der Binde gedeckt, oder ob dieselben über ihr gelegen
sind. Einige Autoren vertreten eine entgegengesetzte , jedoch nur
ganz allgemein und unbestimmt ausgesprochene Ansicht, indem sie
berichten, die Fascia pelvina gehe zum Seitenrande des Kreuz- und
des Steissbeines,
Nach der von C. Th. Krause i) vorgetragenen Lehre heftet
sich die Fascia pelvina hinten an die Vorderfläche des Steiss-
beines und der beiden untersten Wirbel des Kreuzbeines an. Es
wird von diesem Autor ferner gelehrt: „Der hintere dünnere Theil
der Fascia pehis, welcher die vordere Fläche des Muse, yyriformis
bekleidet, steigt von der Fascia iliaca herab, und endigt vor den
drei ersten Foramina sacralia antica mit einem bogenförmigen nach
innen (!) concaven Rande, hinter welchem die Vasa gliitea und die
Nerven des Plexus ischiadicus in die hicisura ischiadica superior
treten." Diese Angaben, welche in einige Hand- und Lehrbücher
unverändert übergegangen sind, haben weiter, wie wir zeigen wer-
den, nichts gegen sich, als dass erstens die Beckenbinde keine
Fortsetzung der Fascia iliaca ist, sondern auch von den oberen
Sacralwirbeln selbstständig entspringt, und dass sie zweitens in
der Höhe von diesen, einen freien bogenförmigen, aber nicht nach
innen, sondern nach aussen hin concaven Rand besitzt.
In den von mir bis jetzt in Rücksicht auf den fraglichen Gegen-
stand untersuchten Leichen liabe ich den mittleren, d. h. den zwi-
schen den Foramina sacralia anteriora gelegenen, den Körpern
der Wirbel entsprechenden Bezirk des Kreuzbeines constant gänz-
lich frei von der Fascia pelvina und somit auch die Grenzstränge
des Sympathicus und die Vasa sacralia media von ihr daselbst
völlig unbedeckt gefunden. Mit dem Steissbeine aber zeigte diese
Binde gar keine directe Berührung, sondern hing sehr innig mit
dem dieses überlagernden Lig. sacrococcygeum anticum zusammen,
unter welches in ihrem Verlaufe jene Weichtheile stets hinweg-
getreten waren.
In mehrfacher Hinsicht ist es für das Verständniss förderlich,
die Beziehungen der Binde zu diesen Regionen gesondert zu be-
trachten. Es muss aber die Bemerkung vorausgeschickt werden, dass
die Fascia pelvina ausserdem von der Grenzlinie zwischen dem
1) Handbuch der menschlichen Anatomie. 2. Auflage. Hannover 1841, S. 711.
Die Fascia pelrina in ihrem Verlialteii /.iir hinteren Beckenwand. 107
kleinen und grossen Becken, jedoch erst von der der Spitze des Sitz-
beinstachels entsprechenden Stelle an, ihren Ursprung nimmt, und
dass sie mit der Fascia iliaca keinerlei Gemeinschaft hat. In das
Gewebe der Beckenhinde ist ein, von der inneren Fläche des Sitz-
beinstachels selbstständig entspringender Faserzug, der sogenannte
Arcus temUneus eingetragen, welcher neben der Mittellinie des
Schüossgelenkes als Lig. puho - prostaticum laterale beim Manne,
als Lig. pubo - vesicale laterale beim Weibe endiget. Wie schon
Hyrtl*} mit vollem Rechte bemerkt hat, gehört das sogenannte
Lig. pubo - prostaticum oder jmbo- vesicale medium nicht der
Beckenbinde an, sondern ist ein eigenes, von der eigentlichen
Mittelfleischbinde verstärktes Band, Im Wesentlichen erschien es
mir immer nur als eine von Venen mehrfach durchbrochene dichtere
ZellstofTlamelle, welche mit dem vorderen Ende der Mittelfleischbinde
zusammenhängt,
a) Das Verhalten der Beckenbinde zum Kreuzbeine.
Es besteht hier eine sehr beaehtenswerthe, ohne Zweifel auf
den Schutz der Kreuzbeinknoten des Sympathiciis berechnete An-
ordnung. Die Binde geht jederseits in der Regel mit fünf geson-
derten Zacken von dem seitlichen Bezirke der vorderen Kreuz-
beinfläche ab. Die einander zugekehrten Ränder der Zacken fliessen
in scharf abgegrenzte sehnige Bögen zusammen, deren Concavität
medianwärts gekehrt ist. Das Gewebe der so unter einander zusam-
menhängenden Zacken, welche in ihrer Gesammtheit jederseits eine
Art von Ligamentum denticulatimi darstellen, geht zunächst in den-
jenigen Abschnitt der Beckenbinde über, welcher gegen die Incisura
ischiadica major hin halbmondförmig ausgeschnitten ist. Der nach
aussen hin concave Ausschnitt begrenzt im Vereine mit dem gegen-
überliegenden Segmente der genannten Incisur eine rundliche Lücke,
durch welche die Vasa glutea ihren Weg nehmen. Der eine End-
punkt jenes grossen Ausschnittes der Binde wird durch die erste
Zacke, der andere durch die Anheftung der Fascia an den Sitzbein-
stachel bezeichnet.
Durch je zwei Zacken und die sie zunächst verbindenden Bogen-
fasern wird eine ovale Grube begrenzt, welche über dem inneren
Umfange eines vorderen Kreuzbeinloehes liegt, fettreichen, lockeren
*) Lehrbueti der Anatomie. Prag 1846, S. .ilO.
108 Hr. H. L usch k a.
Zellstoff enthält und je einen Knoten des Sympathiciis in sieh auf-
nimmt. Nach der wandelbaren Anzahl und Anordnung dieser Knoten»
richtet sich auch die Anzahl jener Zacken, die, bei aller Constanz
der wesentlichen Beziehung der Fascia pelvina zum Kreuzbeine,
keineswegs immer gleich gross ist, jedoch die als Regel angeführte
Menge niemals überschreitet.
Die oberste Zacke hat eine von den übrigen verschiedene Ver-
laufsrichtung. Sie beginnt mit mehreren sehnenartig glänzenden
Zipfeln an der Grenze des ersten Körpers und des Flügels des
Kreuzbeines und zieht nur wenig convergirend gegen den unteren
Umfang des obersten Kreuzbeinloches herab. Ein Zipfel dieser Zacke
verbreitet sich nach aussen hin über der Wand der Vena hypo-
gastrica, und verliert sich schliesslich in deren Zellscheide; ein bis
zwei Zipfel schreiten über die Rami communicantes hinweg, wel-
che aus dem obersten Kreuzbeinknoten sich zum vorderen Aste des
ersten Sacralnerven begeben.
Die übrigen Zacken, welche gewöhnlich etwas breiter, durch-
schnittlich 6 Millim. breit und platt sind, entspringen von den zwi-
schen den Foramina sacralia antica betindlichen Knochenbrücken,
also zum Theil da, wo der Muse, pyriformis seine Anheftung findet.
Dessen Ursprungshündel werden von denselben meist so vollständig
gedeckt, dass sie entweder gar nicht zu sehen sind, oder nur in
einem geringen Grade durchscheinen. Wenn man das Verhältniss
der Sehnenbündel dieser Zacken zur vorderen Längsbinde des Kreuz-
beines betrachtet, dann findet man. dass die einen in die Längsfaser-
züge der letzteren umbiegen, die anderen, und zwar die mittleren,
sich mit diesen kreuzen und allmählich zwischen denselben sich ver-
lieren. Die unterste, kleinste, häufig sehr unvollkommen ausgebil-
dete Zacke geht mit ihren unteren Randfasern in die Substanz des
Lig. sacro-coccygeiim anticiim über.
Während die dem ßeckenstrange des Sympathicus angehörigen
Knoten in jene zwischen den sehnigen Zacken befindlichen Gruben
eingebettet sind, und dadurch vor Druck bewahrt werden, den sie
ohne Zweifel unter Umständen, wie z. B. während der Geburt,
erfahren könnten, schreiten dagegen die zarten und überdies con-
sistenteren Verbindungsfäden über die vordere Fläche der Zacken
hinweg. Diejenigen Ausläufer des Grenzstranges aber, welche zur
Verbindung mit den Sacralnerven bestimmt sind, laufen gewöhnlich
Die Fascia pelvina in ihrem Verhalten znr hinteien Beckenwand. 109
von den grubenartigen Vertiefungen aus , von der Beckenhinde
gedeckt, nach aussen hin.
Eine Anzahl feiner, aus den Kreuzbeinknoten entspringender
Nervenfällen begibt sich an die vordere von der Fascia nicht be-
deckte Fläche des Kreuzbeines. Sie verbinden sich theils von beiden
Seiten herkommend in mannigfacher Weise, theils treten sie in die
Substanz der Wirbelkörper ein. Nur sehr wenige Fädchen bilden
ein zartes Geflecht, welches sich über der mittleren Kreuzbeinpuls-
ader ausbreitet.
Ausser den feinsten die Art sacralis media umziehenden sym-
pathischen Nervenfädchen beschreibt Valentin noch Bildungen,
die er „Gangliola sacralia media"- nennt, und vier derselben
unterscheidet. Es sollen platte, gangliöse, in zwei Seitenhälften
zerfallene Ringe sein, die sich vom dritten Sacralwirbel an, theils
vor, besonders aber hinten und nach aussen von der mittleren Heilig-
beinschlagader beiluden. Bisweilen sei der untere Halbbogen, wie-
wohl immer platt, doch stärker gangliüs (!) als der obere u. s. w.
Ich habe mich bisher vergeblich bemüht, etwas mit diesen An-
gaben auch nur äusserlich Übereinstimmendes aufzufinden, wenn
nicht etwa entleerte Venchen, welche als anastoraotische Zweige der
beiden die Arterie begleitenden Venae sacrales anteriores, die in
aller möglichen Art hinter, vor und neben dem arteriellen Gefässe
liegen, darauf bezogen werden sollen. Es ist übrigens bezeichnend
für diese Mittheilungen Valentin's, dass er selbst für nothwendig
gefunden hat „ausdrücklich zu bemerken," dass die geschilderten
gangliösen Ringe um die mittlere Kreuzbeinschlagader nicht mikro-
skopisch untersucht, sondern ihre gangliöse Natur nach den mit
freiem Auge zu erkennenden Verhältnissen bestimmt worden sei.
Weder bei früheren Zergliederern , welche den Beckentheil
des Sympathicus mit Umsicht durchforscht haben, wie namentlich
Job. Gottl. Walter!), noch bei Anatomen der Gegenwart begegnet
man Angaben, welche mit den Schilderungen Valentin's auch nur
irgendwie in Einklang zu bringen wären, und ist es insbesondere
Friedr. Amol d 3), welcher ganz speciell bemerkt, dass er die
Darstellung Valentin's nicht für richtig halten könne, indem er
*) Tuhulttc nervorum thoracis et abdominis. Bcroliiii 1783.
*) II:in.ll)U(h ie Fascia pelvina in ilu-ciii Vcili;iltpii mv liiiiU-ini ncckfiiwaiid
m
StaatsdrucJce:-:
Sil/.iiiii;'sl..iik..\Lul.(I.W:i.i,.(li.M.'itin-w('l.\.\\VB(l.X''«.l«.)'t
Mol in. Sülle reliquie d'un Pachyodon ecc. llT
SuUe reliquie dun Pachyodon dissoterrate a Lihuno due
ore Nord-Esl di Belluno in mezzo alt arenaria grigia.
Del Dottore Raffaele Mölln, Jadrense
Professore p. o. di storia natuiale presso laniversili di Padova.
(Con due tavole.)
(Vorgelegt in der Sitzung vom 21. Octoher 1838.)
L;( famiglia degli Zeuglodonti coniprende i geiieri Zenglodon
SquaJodon e Pachgodon. Le investigazioni eomparative di Gio-
vanni Müller sparsero molta Iiice sui primi due; mentre siil genere
Pachyodon possediamo soltanto qualehe notizia staccata. Le prime
nutizie iiitorno a questo si trovano in una lettera diErmanno Meyer
inserita nel giornale di B ronn 1847 i)> Parlando di petrefatti raccoiti
ad Altstadt presso Mösshirch nel granducato di Baden , s'esprime
colle seguenti parole: „Unter den Gegenständen der letzten Sendung
„zeichnet sich wieder vor allen der Backenzahn eines Fleischfressers
„durch Grösse und Form aus, erscheint aus dein Unterkiefer herzu-
„rühren. Die frühere Sendung lieferte zwei Backenzähne, deren
„Kronenbildung fleischfresserarlig, und die zunächst durch die
„Aufgetriebenheit ihrer Wurzeln an die Plioken mit einfachen Wur-
„zeln erinnern, von denen sie sich durch ihre vergleichsmässig un-
,. geheure Grösse unterscheiden. Die neue Sendung brachte wieder
„einen solchen Zahn. Mit diesem besitzt der zuvor erwähnte Zahn
„unverkennbare Ähnlichkeit; seine Wurzel ist jedoch deutlich ge-
„spalten, was auch schon bei einem von den anderen Zähnen ange-
„deutet ist. Dem Harpagodon werden diese Zähne schwerlich ange-
„ hören."
Lo stesso autore, un anno dopo, stabili il genere Pachyodon
colle seguenti parole "^: „Dem Thiere, von welchem die merkwür-
1) Neues Jahrbuch von L e o n h a r d und Bronn. 1 8oT, p. 67ö.
2) 0. s. c. 1838. p. 414.
118 MoHn.
„digeri und in niaucher Hinsicht Plioca ähnlichen Zähne aus der Ab-
„lagerung von Mösskircli herrühren, gab ich den Namen Pachyo-
„don mirabilis."
E due auni piü tardi , tratlando deUa PJioca amhigua *), nota
di passaggio; „Aus der Ablagerung von JVIösskirch untersuchte ich
„Zähne, welche sich nur den mehrwiirzeligen Zähnen in den Phoken
„vergleichen lassen, von denen sie aber durch ihre bedeutende
„Grösse und sonstige Beschaffenheit so sehr abweichen, dass ich ge-
„nöthiget war, sie in ein eigenes Genus, von mir Pachyodon mirabi-
„lis genannt, zu vereinigen. Es lässt sich nicht leugnen, dass auch
„mit diesen die Backenzähne von Bünde typische Ähnlichkeit besitzen.
„In Grösse verhält sich die Krone der letzteren Zähne zu denen von
„Möskirch theils wie 2 : 3, theils aber auch wie 1:2; völlige Über-
„einstimmung in Beschaftenheit der Krone und der Wurzel ist nicht
„vorhanden."
Er m anno Meyer racconta che in una raccolta speditagli dal
consigliere montanistico Walchner in Karlsruhe rinvenne due
denti niolari del Pachyodon mirahilis'^^. („Von Pachyodon mha-
,J)i/is tlnden sich zwei schöne Backenzähne vor, und ein einwurzeli-
jjger Zahn gleicht den Zähnen des Arion'uis serratiis aus der Mo-
„lasse von Baltringen und ist nur ein wenig stärker gekrümmt".)
Fino al 1847 jiero non avevamo per anco una caratteristica del
genere Pachyodon. Soltanto in quest' anno lo stesso paleontologo,
trattando specialmente della estinta famiglia dei Zeuglodonti 3) es-
pone i caratteri del genere suddetto colle seguenti parole:
„Die von mir von Mösskirch und Baltringen unter Pachyodon
„begritfenen Zähne hesitzen eine Kronenlänge, welche sich zu der
„der grossen Backenzähne des Zeuglodon wie 1 : 3 verhält; die
„Nebenhügel, welche im Zeuglodon auf beiden Kanten angetroffen
„werden, besitzt Pachyodon eigentlich nur auf einer Kante; die
„Zahl der Nebenhügel beträgt 3 oder 4 und bisweilen ist keiner
„deutlich ausgebildet; die Krone ist auffallend höher als in Zeuglo-
„don , und die Wurzel auf geringere Strecke gespalten oder die
„Spaltung nur an den Seiten angedeutet."
I
1) Beiträge zur Petrefacten-Kiinde von Georg Graf zu Münster Hl. 1840, p. 8.
2) N. V. Jalirl). 1841, |>. 460.
3) O. s. c. 1747, p. 673.
Sullf ri'liquio d'tin Piichyodon elc. 119
Nel 1849 si pubblicava la monografia di Giovanni Müller
sulle reliquie fossili dei Zeuglodonti dell' America settentrionale.
Questo veramente benemerito e troppo presto rapito alla scieiiza
confrontando i generi Zeuglodou , Squalodou e Pachyodon ritiene
strettamente i caratteri esposti da Erwf/wwo M e y e r i) , depo aver
detto: „Ob die von H. v. Meyer in Gr. Miinster's Beiträgen, Heft III,
„1840, p. 8. besproebenen grossen Pboiienzäbne seines Pachyodon
„mirabilis von Mösskireh niit unserem Gegenstande im Zusammenhange
„stehen, vermag ich bei dem Mangel genauerer Mittheilungen nicht
„zu beurtheilen."
Nel 18S0 G. .läger nelia sua rivista dei puppanti fossili del
Wiirtemberg, considera tra gli altri anche il genere Pachyodon di
Meyer, e da per primo una rozza imagine di un dente molare. Esso
sesprime come segne ^): „Das von H. v. Meyer aufgestellte Genus
„Pachyodon mirabilis aus der Molasse bei Baltringen führe ich hier
„nach einem Bruchstücke in der Sammlung des Herrn Stadtrathes
„Beiniger und den vollständigeren Exemplaren in der Sammlung
j.des Fürsten v. Fürstenberg aus der Bohnerzabhigerung von
„Mösskireh Tab. LXXI, Fig. 7 an, welche ich kürzlich zu sehen Ge-
diegenheit hatte, indem ich zugleich auf die weitere Untersuchung
„mich beziehe, welche H. v. Meyer in der Abhandlung über die
„erloschene Cetaceenfamilie der Zeuglodonten angekündiget hat. Es
„ist indessen hier zu erwähnen, dass die ersten in Deutschland auf-
„gefundenen Überreste von Zeuglodonten (nach dem Zeugnisse von
„Agassiz, das Johann Müllerin dem Werke über die fossilen
„Zeuglodonten von Nordamerika 1849, p. 6 anführt) durch Herrn
„V. Aberti bei der Versammlung der Naturforscher in Freiburg
„1838 bekannt wurden. Die hier Tab. LXXII, Fig. 7, 8 abgebildete
„Krone wäre zunächst mit den Tab. XXIV von Müller auf s/^ Grösse
„reducirten Zähnen von Squalodon Guadeloiipii zu vergleichen.
„Die Fig. 7 abgebildete Krone ist ohne Zweifel als Keim anzusehen
„und noch ganz mit Gebirgsmasse angefüllt. Der dritte Bandzahn
„bei a ist abgebrochen, daher der leere Baum bei a Fig. 7 und 8."
*) über die fossilen Reste der Zeiiglodonfen von >'ordanH'rika mit Piiicksiclit auf die
Europäischen Heste aus dieser Karailie. Berlin 1849.
2j Acta Leopol. 1830. XXU. 808.
120 Mol in.
Lo stesso Jäger nel I80I registra il Pnchyodon mirahilis fra
gli animall trovati nella cave di siderolite delle Alpi della Svevia.
Finalinente nel I806 compiva Bronn il terzo voluine della sua
Lethen Geognostica. Nel suddetto volume tratta del Pachyodon
cotne segne ij : „Eine Sippe beruhend auf sehr grossen Zähnen,
„die mit Phokenzähnen verwandt, deren angeschwollene Wurzeln
„besitzen, welche theils einfach und theils zweifheilig sind, und
„welche der Autor selbst später mit den Zeuglodonten- Zähnen
„verglichen hat, obwohl er sie bei den Phoken (insbesondere neben
„der fossilen Pli. ? ambigua und Ph. ? rugidens) festhält. Wir ziehen
,,vor, ihrer hier zu erwähnen, weil wir später keine Gelegenheit
„mehr zur Vergleichung finden".
„Die Kronen-Länge verhält sich zu der der grossen Zeu-
„glodon-Zähne =1:3; — „die Zacken, welche in Zeuglodon auf
„beiden-Kanten angetroffen werden, besitzt Pachyodon eigentlich
„nur auf einer Kante; die Zahl der Nebenhügol beträgt 3 oder 4,
„und bisweilen ist keiner deutlich ausgebildet ; die Krone ist auft'al-
„lend höher als in Zeuglodon, und die Wurzel auf geringere Länge
„gespalten oder die Spaltung nur an den Seiten angedeutet."
(Meyer, 1847.)
„Man sieht dass diese Charakteristik, die Alles enthält was
„wir bis jetzt über die Zähne wissen, nichts ausspricht, was nicht
,,auch an manchen später aufgefundenen Zeuglodon-Zähnen beobach-
„tet worden ist, zumal gerade die nur auf einem der zwei Schneide-
,,ränder gezackten Zeuglodou-Zähne mitunter spitzere und höhere
„Formen darbieten. Ist aber diese einseitige Form der Pachyoden-
„Zähiie eine beharrliche, oder treten noch andere Charaktere hinzu,
„so haben sie allerdings Anspruch auf Selbstständigkeit."
„Die einzige Art ist: PacJiyndon nürahUis."
„In den Bohnerz-Ablagerungen von Altstadt bei Mösskirch
„und von Baltringen in Baden, wie auch anscheinend im
„Waadtlande."
Ecco esattamente esposto quanto credo che fosse conosciuto
intorno al genere Pachi/odon.
II mio amico e predecessore Prof. Tommaso Catullo regalö in
Apriie di quest' anno al nostro museo aleuni denti fossili, i quali
«) H. S. Bronns Lethea Geognostica. Stuttgart 1833 — 1836. III. p. 7S4, 733.
Snlle reliqiiie d'iin Pachyndon etp. 121
dopo d' averli bene esaminati , riconobbi per denti di Pachyudon.
Essi furono dissoterrati dall" arenaria grigia di Libano circa dne ore
al Nord Est di Belluno. Dei denti in questione erano alcuni conte-
nuti unitamente ad un pezzo di mascella in una roccia, ed uno era
aderente ad im pezzo di roccia staccato.
Consideriamo dapprima quei denti che erano uniti alla mascella
dentro nella roccia. L'osso nei cui alveoli sono infissi i denti sembra
appartenere ad un pezzo della mascella superiore destra e cio
credo poter conchiudere con molta probabilita in quanto che il pezzo
di mascella si injjrossa considerabilmente dall" innanzi all' indietro.
Nella regione superiore, esso e libero della roccia che sparsa fra i
denti, aderisce alla faccia inferiore. In lui si osserva andando dall'
innanzi all' indietro : 1. la radice del dente staccato di una parte
del quäle restö Timpressione nella roccia ; 2. un dente molare
perfetto del quäle ho potuto mettere a nudo anche le due radici;
3. tre radici di un altro molare che andu perduto le quali ho
potuto mettere a nudo; 4. un altro molare del quäle sporgeva fuori
dalla roccia soltanto la Corona, e del quäle un pezzo di radice pene-
trava attraverso la mascella fino alla sua faccia superiore, e del
quäle ho potuto mettere a nudo tre radici; S. un altro molare del
quäle sporgeva fuori la Corona un pö meglio che nel precedente, e
del quäle trovavasi a nudo la base d'una radice (io ho scoperto questa
radice intera e la base dun'altra); 6. Fimpressione di un altro dente
molare e di parti delle sue radici; e 7. finalmente l'impressione di
una radice di un altro dente.
La Corona di ciascuno di questi denti ha la forma d'un cuore,
e molto marcatamente separata dalle radici mediante il margine
pronunciato della sostanza dello smalto, il quäle disegna un angolo
ottuso col vertice rivolto verso la punta del dente. Essa e laferal-
mente compressa , e presenta due superficie convesse delle quali
perö r interna e molto piü convessa dell' esterna. In quella
la convessitä e semplice dall' innanzi all' indietro, ed aumenta dal
vertice alla base; in questa e doppia, vale a dire tanto dall' innanzi
all' indietro che dal vertice alla base, ma la convessitä diminuisce da
quello verso questa. II vertice della Corona forma una punta dalla
quäle discendono verso la base due margini, 1' uno anteriore e 1' altro
posteriore. II primo forma un arco colla curvatura rivolta all' innanzi
e tagliente nella meta superiore, esegna una linea legiermente ondu-
122 Molin.
lata a spesse onde nella mela inferiore. II margine posteriore forma
una linea obliqna ma varia per forma nei tre deiiti dei qiiali e conser-
vata ancora intatta la Corona, II primo dente , andando dal vertice
alla hase ha i primi diie terzi della sua lunghezza taglienti, e nelP
ultimo terzo si trovano distribiiite a gradinata tre eminenze ottiise
simili a dentellature, colla pnnta rivolta alT ingiu e parallela all' apice
del dente. Presso a questo trovasi appena indicato un vestigio d' una
denfellatura. II secondo dente ha il margine posteriore dentellato in
tutta la lungliezza da eminenze ottuse distribuite a scagüoni in nuniero
di einquo, fra le quali quella che trovasi piu vicina alla pnnta del dente
e appena indicata. II terzo dente ha parimenti dentellato tntto il
margine posteriore mediante sei eminenze a scaglioni-, e delle quali,
come nel precedente, la piü prossima alla punta e appena indicata.
Tutte e due le faccie esterne di ciascun dente sono solcate da innu-
merevoli seanellature oiideggiate, che paralelle alP asse, scorrendo verso
la base simoltiplicano e si approfondano maggiormente. II primo dente
ha 2 radici le quali cominciano con una base comune, ma la cui sepa-
razione e indicata a ciascuna faccia mediante una forte impressione
longitudinale lunga presso a poco quanto la Corona e piii eminente-
mente pronunciata verso Testremita della radice, in modo che la
dove termina il loro primo terzo sembrano due radici congiunte
insieme mediante una laminetta intermedia. Ogni radice alla sua ori-
gine ha un ingrossamento che rammenta quello dei denti delle foche,
come gia aveva notato Ermanno Mayer. Ciascuno degli altri denti
molari ha tre radici.
Le radici sono lunghe circa il doppio della corona , sono
rotonde e s' attenuano per terminare in punta ottusa verso la loro
estremita lihera. Esse non sono diritte ma subito dopo il loro in-
grossamento cominciano a curvarsi verso la parte posteriore della
mascella e la loro ultima terza parte, ricurvandosi improvisamente
a semicerchio, prende una posizione presso a poco orizzontale, in
modo che Testremita attenuata della radice anteriore viene a poggiare
quasi sulla piu forte curvatura della radice posteriore. lo rilevo piii
specialmente questa particolarita delle radici dei denti molari del
Pachyodon in quanto che, come tenterö di dimostrare piü tardi,
credo che questa particolarita ci fornisca un carattereditlerenziale per
la distinzione del genere Pachyodon dai genev'i Zeuglodone Sqnalodon
assai meno iiicertu che non lo sia il carattere dessunto dalledentella-
Sülle reliquie d'iiii Pachyoilon etc. i 23
ture dei margini della corona. Mi resta ancora d'aggiugnere che ne
primo molare la faccia anteriore della radiee posteriore, quella vale
a dire che giiarda in faccia alla radice anteriore e provveduta di diic
solchi ampi e profondi separati da una cresta laminare, la quäle sembra
essere la continuazione di quella laniinetta che conginnge le due radici
alla base. Misia permesso, prima di procedere innanzi, di esporre in
misura di Parigi le esatte diniensiuni di ciascun dente conservato.
Altezza della corona del primo molare conservato . . 0,024.
Sua larghezza alla base 0,022.
Lunghezza della radice 0,040.
Altezza della corona del secondo molare conservato . . 0.029.
Sua larghezza alla base 0,025.
Altezza della Corona del terzo molare conservato . . .0,022.
Sua larghezza alhi base 0,027.
Niuno dubitera che le impressioni dei due denti perduti, che si
trovavano verso Testremitä posteriore delframmento mascellare, sieno
impressioni di denti molari. Per indicare perö approssimativamente il
numero di questi denti che si trovano in ciascuiia branca mascellare
deir animale dobbiamo considerare piü da vicino Tiinpressione ante-
riore. La noi troviamo le reliquie della radice posteriore la quäle per
forma e particolarmeiite per la presenza della cresta longitudinale
corrisponde con tutta esattezza alla radice posteriore del dente susse-
guente. E quantunque innanzi ad essa si trovi un pezzo di roccia della
larghezza di circa quattro overo cinque millimetri cio non pertanto,
adonta che iudicata all' origine, non si rinviene nemmeno vestigio della
radice anteriore: perche la base di tutte e due le radici si trovano
nel dente staccato. Sopra il frammento della radice troviamo l'im-
pressione delK angolo posteriore della base della corona. L'osser-
vazione scrupolosa di quest' angolo ci dimosira che l'impronto dei
solchi dello smalto corrisponde perfettamente allo smalto della corona
d'un molare; e ci dimostra oltre a cio una linta terminale che segna i
conlini del margine posteriore della corona troppo obliqua per essere
linea di contine di un dente canino. Se poi paragoniamo questa estre-
mita della mascelia colla roccia che contiene il dente isolato vedremo
ehe esse combacciano perfettamente in modo che quello e il sito
dove trovavasi questo dente.
124 Molin.
Da queste considerazioni risulta adunque che nel frammento
della mascella superiore siiiistra del Pachyodon esamiiiato v'ci-ano
sette denti molari.
Passiamo ora a considerare quel dente il quäle eolla sua faccia
interna era aderente ad un pezzo di roccia staccata. Qnesto dente
era smozzato all' apice, aveva 1" altezza dei precedenti, ma alia sua
base era largo appena poco piu della metä dei molari considorati
per r innanzi. Esso pure aveva la forma d' un cuore, ma piü angusto^
e la sua faccia esterna (la sola visibile) era fortemente convessa dalT
innanzi alTindietro, leggierniente coiieava daH'ingiu all" insu. II mar-
gine dello smalto alla base del dente era segnato da una linea
arcuata colla convessita rivolta verso l'apice. I solchi dello smalto
erano identici a quelli degli altri molaii. II margine anteriore era piü
fortemente arcuato del posteriore in ispecie verso la punta, taglieiite
e intaccatto da leggiere e spesse impressioni, delle quali ne ho nume-
rate dodici^ in tutta la sua lunghezza. II margine posteriore rappre-
sentava un arco a corda piii lunga delf anteriore ed aveva le stesse
particolarita. Le due radici delle quali si conserva soltanto la prima
terza parte erano congiunte alla base ed erano parimente rieurve coine
quelle degli altri molari. La dove queste sono spezzate si rinviene
ancora un pezzo delT osso mascellare. Che specie di denle e questo?
A quäl mascella appartiene? Facile e la risposta alla prima domanda:
esso e un dente molare che ditTerisce esenzialmente da un dente
canino; ne porta alcun carattere d'un dente incisivo.
Altrettanto facile riesce la risposta alla seconda domanda.
Seguendo la curvatura delle radici e combinandolo col pezzo mag-
giore della mascella risulta chiaramente che esso e il primo molare
della mascella superiore sinistra.
Sembrerebbe a prima vista che dovesse essere uno dei molari
posteriori, anzi probabilmente l'nltimo, poiche, come lo dimostra la
dentatura degli Zeuglodoii e degli Squalodon , Tultimo dente niolare
e di gi-an lunga piü piccolo del precedenti: ma Punione dei due pezzi
di roccia dimostra in vece che nel Pachyodon il molare anteriore
in vece delf ultimo e il piü piccolo.
Darl!) ora le dimensioni di questo dente nella stessa misura dei
precedenti.
Altezza della Corona 0,020.
Sua larghezza alla base 0,015.
SiiIIp ri>lii|iii(> il'un l'achyodoii ot<'. 12ö
CoDsidcrazioni zoologiche.
Fiiiü ad ora i zooloiji, basatl siilla caratteristica di Meyer, dif-
fereiiziavano il genere ipotetico Pdcliyodon dal geiiere Squalodon
dalla presenza delle dentellatiire ai iiiargini dei iriolari, in qiianto che
SqiKiIodon dicevano aver deiiti deiüellati a tiitti e due i niargini e
Pacliyodon a un marj^iiie solo. Bronn per ahro dimostrava, eonie ho
citato piü sopi-a, che questo caratlere tolto dalle dentellatiire non e
specilico; in qiianto che le dentellature mancano alcnne volte tanto
ai molari dello Squalodon che a qiielli de! Pachyodon. Non vi sara
adunque altro carattere il quäle deterrnini esattamente la dilferenza
senza timore d'abbaglio, e legittimi ad un tempo i'esistenza del
gewere Pac/ii/odon'i . . . lo credo che questo carattere v'esista;
e consista precisainente nella forma deile radici dei denti molari.
Giovanni M ü II er ha dimostrato che i molari degli Zeiujhdon hanno
radici diritte e paralelle ovvero diritte e divergenti ad angolo; e dalT
imagineche da Mü Her stesso dei denti dello 6V/«/^/o^/rv?« disegnatie de-
scritti da S c i 1 1 a, imagine riprodotta anche da ß r o ii n e da altri, risulta
che le radici dei molari dello Squalodon sono ricnrve ad arco e for-
mano duesemicerchi con convessita op[>oste e convergenti verso Tasse,
lo Credo d'aver dimostrato esattamente che le due ovvero tre
radici dei molari del Piichijodon formano due ovvero tre curve pa-
rallele ripiegate a coda di cane. Da ciö risulta che deve sparire ogni
dulibio sulla legittimitä del genere Pachyodon, e che la caralteristica
differenziale dei tre generi Zeuylodon, Sqiudodon, e Pachyodon e
la seguente:
ZeiKjIodon. Denti molari con corona a margini seghettati,
radici diritte parallele ovvero divergenti.
Squalodon. Denti molari con corona dentellata a tutti e due i
margiui, ovvero con margini taglienti e radiciricurve a semicerchio
convergenti verso Tasse.
Pachyodon. Denti molari con corona a margine anteriore ta-
gliente e posteriore seghettato, ovvero tutti e due taglienti, radici
parallele e ricurve a coda di cane.
Ora mi resta a sciogliere i seguenti prohlemi : II Pachyodon
le cui reliquie furono ritrovate a Libano era un anim;ili' perfettamente
sviluppato, e forma esso una specie dill'erente dal Pacliyodon mira-
bilis di M ey e r?
a\Uh. (I. iii:ilheiii.-ii;itiiiw. Ol. XXXV. lid. Nr. H. ö
12t> M o I i II.
Esso era perfettiinieiite sviliippato: peiche iw\ centro dollii
Corona e iicH" asse delle radici doi doiiti non v'era cavita.
Se considero la forma del deute di Pdchyodon diseg:nato da
Jäfjer e qudlo diseijiiato da Rroiin, vorrei animettere che i due
Pachyodou soiio due specie differfiiti in qiianto che il marg-ine ante-
riore del Pachyodou wirnbiUa, se e piist») il disegno. non e ricurvo
ma dirTtto ed oltre a cio i denti uiolaii dello stesso aiiiinale non are-
vano che diie sole radici. lo denominero percio il Pnchyodon le cui
reliqnie fiirono scoperle nel Bellunese: Pnchyodon CatvIIi u\ onore
deir illustre veterano della geologia veneta , die arricchi il mnseo di
storia naturale dell" rniversitä di Padova aftidato alle niie cnre di
quelle reliqnie tanto preziose per la scienza.
II terreno nel quäle fu Irovato il PnchyodnnCatuIii e torreno di
formazione eocenica, il qnale corrisponde per la formazione anche h
qnello del Baden dove fu trovat.» il Pnchyodon mlrahiUs, quantunque
tutti e due questi terreni prescnt.no pioprietä pailicolari che resero
indecisi eminenti «jeoloffi sulla vcra loro eocenica formazione.
Spieg^zione delle tavole.
Ta«. 1.
Fijj. 1 lapprescntH im ppr.zo doli« mnsoelln snppriorp sinisfrn d'nn ParhTttdtiii
f&tuili osservata dalla faccia estcrna dell« hocra, quäle fu scavaio diilln
rocci«. E omnipssa per brovitn uns» porzione dell« parte posteriore dell«
maspella.
-4) Estremita anteriore della mascella.
li) Estremita posteriore della stcssa.
n) Roeeia d'arenaria g^ripa.
h) Osso niasoellare petriiioato del quäle si j)oteva ancora distinpuere
la struttura.
C) Oollo del terzo deute molare del quäle mane» la coroiui.
d) Sua radiee ]>osteriore eoll' apertnra del eaiinle eentrale per la
p»]>illa del deute.
c) Sua radiee anteriore.
f) Secondo deute molare del quäle e seo])erta la Corona e le bnsi
delle due radici.
g) Linea di demarcazione della sostauza dello snialto.
h) Radice posteriore in parle sepolta nella rocciu.
i) Radiee anteriore dello stesso dente iiuelie essa in parle sepoUa
nella rocci».
j/ Siu» canalo conirale per la pn^ilU aperto in parle
t) Apice della Corona.
l) Suo luargine posteriore sej^hettalo con rinque eiuineiue.
m) Suo mars:ine anloriore appena dentellalo.
m) Raiiioe posteriore rieurva del primo ilente molare.
o) Base di quella radice tialla quäle e speiiata la Corona.
p) Apiee di queila radice penelrato nella $o$tanza della iua$eolla ool
suo canale centrale per la papill« aperto in parte.
KiiT. 2 rappresenta lo sie&so oa^cetlo rovesciato par poterlo $tudiare della
faccia esterna della bocoa . ma tale quäle venne dissoterrato dalla roocia.
Per brevitä veiuie ommessa una poriione della parte anteriore non ehe della
posteriore della maseella.
A) Estremita anteriore della maseella.
R) Kstreniilä posteriore della stessa.
a) Roocia d'arenaria srrisria nella quäle erano sepolti i denti.
b) Ponione della niaseelia.
c) hupressioue delsesto dente molare del quäle andö perduta la Corona.
dt) Quarto dente molare del quäle sporne soltanto la corona.
t) Quinto dente molare del quäle sono sepolle !e radici e l'aiijrolo
posteriore della corona.
ff) Marsiini posteriori sesrhettati dei denti.
(f ^) Loro mar^ini auterioi i appcna appena dentollati.
Fi^. 3 rappresenta il primo dente molare con un peuo di roccia alla quäle
era aitaccato. tsso e dise^nato lale quäle venne estratto dalla terra. In
orisrine era consriunto alla estremitä anteriore della maseella dalLi quäle
venne speztato durante l'operaiione del di>soterramento.
-4/ II dente ristaurato neli" apice della Corona ly quäle era in origine
sniouata. Esso prescnta la faccia estenia.
bj Roocia d'arenaria trricia.
c) .\pice restaurato del dente.
c y Margine dote termina lo snialto della corona.
tij Ina parte dei a radioe anteriore.
f) Quella ponione della radice posteriore >taeeata dalla r.idioe ti< 1
primo molare che notammo nella maseella.
f) Margine anteriore leiriermente seghettato.
g) .Martine posteriore del dente.
Tav. II.
Fit;. 1 rappresenta la faccia esterna della maseella dopo che furono poste a
nudo le radici dei denti. Essa e disegnata intera nelle dimensioni che aveva
appena dissepolta ma veduta dalla faccia esterna della boeea.
A) Estremila anteriore della maseella.
B) Estremitä posteriore.
c) Roccia d'arenaria gripa.
JJ Ponione dell" osso mascellare nella quäle penetrano le radici dei
denti.
128 Mol in. Siillo rolrqiii«' iT iin l'üdiyodon ('(c.
t') Tro radici dol ter/o dcMifo molare enngiimtc all;i hase.
fj Radiee posterioro deüa quäle nella preparaziono vcnne rotta Tcslrp-
mita ricurva.
(]l) Radice intermedia i'estiemita della quäle e aneora sepolhi nelln
roccia.
/ij Radice anteriore della quäle si vede esattamenle la curvatum.
ij Cavitä centrali delle radici per le papille.
J) Secondo deute molare.
k) r^imite inferiore delio sinalto.
/) Margine posteriore segliettafo con tre eminenze.
nij Margine anteriore appena appena denlellato.
n) Radice posteriore della quäle nella preparazinne ando rotia l'estre-
niita incurvafa.
oj Striscia longiludinale della stessa radiee.
pj Radice anteriore del terzo molare della quäle si rnp|»e j)arimenli
la porzione rieurva durante la i)reparazione.
q-q') Inqjressione della porzione posteriore del ])rimo molare.
r) Radice posteriore del prinio molare.
sj Punto dove la porzione rieurva di quella radiee si ripiega nella
niascella.
Kig. 2 rap|)resenta lo stesso oggelto della figura j)recedenle, n;a rovesciato
per polersi osservare alla faccia interna della bocca.
n) Roccia d'arenaria grigia.
/>) Porzione della maseelhi nella quäle si dislingue la sirullura dell'
osso.
fJ Estremitä anteriore della maseella.
dj Estremitä posteriore.
EJ Quarto dente molare inier .
FJ Quinto dente molare del quäle andarono rotte le estremitä delle
radici.
ff' ffj Margini posteriori dei denti suddetti.
//) Radiee anteriore n
i) Radice intermedia ( del terzo dente molare ricurve a coda di cane.
jj Radice posteriore ;
kj Radice anteriore j , ,
' de! (luinto dente molare.
IJ La base della radiee posteriore )
in) Impressione del sesto denle molare.
tij luqjressione della radiee anteriore del seltimo dente molaic.
Moiiii. Sullc ifli(|iii(' iWw PachvodoM
TavI.
MolilljSiilliM-p|fi|iiii' d'iiii P.-hIivo(1oii dissotcnaloa fiiliäi
Tarll.
/ V /
%%
F,f/2
^' ' ■?
Sit7.iin,L'.slul.kAkail..l\V.jTi:,ll, i,.,l„r«l1, V.V.W [idN"'--- H 18,^:»
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTLICHE GL ASSE.
XXXV. BAND.
^"^ SITZUNG YOM 24. MÄRZ 1859.
N2 9.
10
129
IX. SITZUNG VOM 24. MÄRZ 18S9.
Herr Dr. Prof. Rud. Wolf, Director der Sternwarte in Zürich,
dankt für die ihm übersandten Jahrbücher der k. k, Centralanstalt
für Meteorologie und Erdmagnetismus und theilt eine von ihm auf-
gefundene Relation zwischen der mittleren jährlichen Declinations-
variation und den Relativzahlen mit, durch welche er den Flecken -
stand der Sonne bezeichnet.
Herr Prof. Hlasiwetz in Innsbruck übersendet eine Abhand-
lung : „Über eine neue Zersetzungsweise der Trinitrophenylsäure'S
ferner „Untersuchungen über das sogenannte Cyanoform" , welche
Dr. Nachbaur in seinem Laboratorium ausgeführt hat.
Reide Mittheilungen werden in den Sitzungsberichten erscheinen.
Das w. M. Herr Dr. Diesing übergibt: „Nachträge und Ver-
besserungen zur Revision der Myzhelminthen" (s. Rand 32 u. 33 der
Sitzungsberichte).
Herr Regierungsrath Prof. Hyrtl hält einen Vortrag: „Über
Trochlearfortsätze der menschlichen Knochen".
Die betreffende Abhandlung wird in den Denkschriften erscheinen.
Derselbe legt ferner vor :
a) Eine Abhandlung des Herrn Prof. Luschka: „Die Rlut-
gefässe der Klappen des menschlichen Herzens"^;
h) von dem Privatdocenten an der Universität zu Pavia Herrn
Dr. Oehl: „SuH' apparato cartilagineo delle valvole sigmoidee
negli uccelli".
Herr Dr. Türck spricht: „Über die Reziehung gewisser
Krankheitsherde des grossen Gehirnes zur Anästhesie".
Diese Abhandlung wird xur Rerichterstattung bestimmt.
10'
130
Der Akademie wurden folgende, die mathematisch-naturwissen-
schaftliche Classe betreffende Druckschriften vorgelegt:
American Journal of science and arts, The. Vol. XX VII, second
series, No. 79. January 18S9. New-Hawen 1859; So-
Ann alen der Chemie und Pharmacie von F. Wohl er, J. Liehig
und H. Kopp. Band CVIII, Heft 3, December. Leipzig und
Heidelberg, 1858; 8o-
Archiv der Mathematik und Physik von Grunert. Theil XXXII,
Heft 2. Greifswalde, 1859; So-
Astronomische Nachrichten Nr. 1185. Altona; 4o-
Bern, Universitätsschriften für das Jahr 1858.
Compte-rendu annuel adresse a S. E. M. de Brock, ministre
des finances, par le directeur de TObservatoire physique central,
A. T. Kupffer. Annee 1856. Supplement anx Annales de l'Ob-
servatoire physique central pour l'annee 1855. St. Petersbourg,
1857; 40-
Fortschritte der Physik im Jahre 1856, die. Dargestellt von
der physikalischen Gesellschaft in Berlin. XII. Jahrgang, red.
von Dr. Krönig. Erste Abtheilung. Berlin, 1858; So-
Institution of Great Britain, The royal, 1858. A list of tlie
membres , officers etc. with tlie report of the visitors for the
year 1857. London, 1858; 8o- — Notices of the proceedings
at the meetings of the B. I. of G. B. Part VIII. London,
1859; So-
Jahrbuch, neues, für Pharmacie und verwandte Fächer. Heraus-
gegeben von G. F. Walz und F. L. Winckler. Band III,
Heft 5; Band V, Heft 1. Speyer, 1855-56; So-
Jahreshefte, württembergische naturwissenschaftliche. XV. Jahr-
gang, Heft 2. Stuttgart, 1859; S«-
MortiUet, Gabriel de, Geologie et Mineralogie de la Savoie. (Ex-
trait du tome IV des Annales de la chambre B. d'agriculture et
de commerce de Savoie.) Chambery, 1858; So- — Catalogue
critique etmalacostatiquedes moUusquesterrestresetd'eau douce
de le Savoie et du bassin du Leman par — et Fr. Dumont.
(Extrait des Bulletins de l'Institut national Genevois.) Geneve,
1857; So- — Diguement des rivieres torrentielles des Alpes et
plus specialement de TArve. Annecy, 1856; 8o-
131
Planta mour, E., Observations astronomiques failes ä Tobservatoire
de Geneve, dans les annees I80I et 18S2. XI. etseries. (Supple-
ment au t. XIV de Memoires de hi soe. de physique et d'bistoire
naturelle de Geneve.) Geneve, 1856; 4. — Resume meteoi-o-
lügique de Tannee 1857 pom- Geneve et le Grand Saint- Ber-
iiiird. Geneve, 1858; 8o- — Note sur la comete Donati. (Tiree
des Archives des sciences de la Bibliotheque universelle.)
Santini, Giov., Posizioni medie di 2706 stelle pel 1"'° gennajo 1860
distribuite nella zona compresa fra 10° e 12° 30' di declina-
zione australe dedotte dalle osservazioni falte negli anni 1856,
1857, 1858 neir LR. osservatorio di Padova. (Estr. dal Volume
VII delle Memorie dell'Istituto stesso.) Venezia, 1858; 40-
Societe de Pbysique et d'Histoire naturelle de Geneve. Tome XIV.
p. 2, 1858; 40-
— pbilomatique de Paris, Extrait des proces-verbaux des seanees
pendant l'annee 1858; Paris, 1859; S"-
— des sciences naturelles de Strassbourg. Memoires. Tome V.
livr. 1. Paris, 1858; 4o-
Tübingen, Universitätsschriflen für das Jahr 1858.
Zamara, Rob., Corso pratico di navigazione. Vol. I, II. Trieste,
1859; 8«-
Zeitschrift, kritische, für Chemie, Physik und Mathematik.
Herausgegeben von A. Kekule, G. Lewinst ein, F. Eisen-
lohr, M. Cantor. Heft VI. Erlangen, 1858; 8»-
133
MITiHEILüNGEN UND ABHANDLUNGEN.
Über die Trochlearforisätze der Knochen.
Von dem w. M. Regiernngsrath Prof. Byrtl.
(Als Auszug einer für die Deuksciiril'ten verfassteu Abiiandlung.)
Professor HyrtI überreichte eine für die akademischen Denk-
schriften verfasste Abhandlung, betitelt: Über die Trochlearfori-
sätze der Knochen, mit 4 Tafeln. Der wesentliche Inhalt derselben
ist in Kürze folgender: Es iinden sich an verschiedenen, und zwar
an sehr bestimmten Stellen gewisser Knochen des menschlichen
Skeletes ungewöhnliche Fortsätze von normalem Knochenbau, welche
Sehnen, deren Verlaufsrichtung sich plötzlich ändert, als Rollen
dienen, und desshalb als Trochlearfortsätze zu benennen sind.
Sehnenrollen zu bilden, ist nur die nächste, sich dem Auge zuerst
aufdrängende Verwendung dieser Fortsätze. Ihre innere Entstehungs-
bedingung lässt sich nicht angeben. Zufall spielt dabei keine Rolle,
da er mit der gleichartigen Wiederkehr dieser Fortsätze nicht in
Einklang zu bringen Aväre.
Ihr Vorkommen ist allerdings ein sehr seltenes; ihre
anatomischen Attribute jedoch bleiben sich gleich, sie mögen
an was immer für Orten auftreten. Ihre Gestalt ist mehr weniger
hackenförmig , mit der concaven Fläche an eine vorbeilau-
fende Sehne angeschmiegt. Diese Fläche ist überknorpelt, und
zugleich mit einer Synovialmembran geglättet, oder es tindet sich nur
letztere ohne Knorpelbeleg. Die Fläche stellt somit eine wahre
Gelenktläche dar, an welcher die Sehne gleitet.
Die Trochlearfortsätze sind entweder höher gediehene Entwick-
lungsformen normaler Rauhigkeiten, Höcker, Kämme, oder Vor-
134 Hyrtl.
Sprünge gewisser Knochen, oder sie treten aus ebenen Flächen
hervor, über welche Miiskelsehnen weglaufen, um zu Insertions-
stellen zu gelangen, welche nicht in ihrer primitiven Richtung liegen.
Dadurch werden die Trochlearfortsätze zu AngritTspunkten bewe-
gender Kräfte, und mögen als solche wohl auch dazu Veranlassung
geben, dass gewisse Mensehen gewisse Bewegungen mit einer Leich-
tigkeit und Stärke ausführen können, welche anderen selbst durch
Übung unerreichbar bleibt.
Sie wurden bis nun an folgenden Orten gesehen:
1. An der Aussenfläche des Fersenbeins als Hypomochlion für
die Sehne Aq^ Musculus peroneus longus. Ein sehr schöner Fall dieser
Art wurde an einem Präparate beobachtet, welches mein ehemaliger
Demonstrator und ausgezeichneter Schüler, Herr Dr. G i 1 e w s k i , über
anomale Ursprungs- und Insertionsverhältnisse des Flexor digitorum
pedis longus anfertigte, und mir zum Geschenke machte. Das Prä-
parat gab die erste Veranlassung, dem Vorkommen ähnlicher Fort-
sätze nachzuforschen.
2. Am oberen und unteren Schienbeinende. An der oberen
Epiphyse des Schienbeines stehen sie in Rollenbeziehung zu den
Sehnen Aes Musculus gracilis und semimembranosus; an der unteren
Epiphyse zu den Tendines mnsculi flexoris hallucis lougi, und
tibiaUs postici. Mehrmals aufgefunden.
3. Am Halse des Sprungbeins für das Ligamentum talo-navi-
culare, nur einmal gefunden.
4. Am Körper dieses Knochens, und zwar an der kleinen hin-
teren Fläche desselben für die lange Beugesehne der grossen Zehe.
Ebenfalls nur einmal gesehen.
5. Am hinteren Rande der dorsalen Fläche des Kahnbeins der
Fusswurzel für die Sehne des Extensor hallucis longus. Auch nach
einem Unicum der anatomischen Sammlung beschrieben.
6. An der dorsalen Fläche des unteren Endes des Radius für
die Sehne des Extensor pollicis longus. Dieser Fortsatz ist
eigentlich eine ungewöhnliche Entwicklung einer an dieser Stelle
normgemäss vorkommenden Rauhigkeit. Seine Kenntniss ist in
praktischer Beziehung nicht unwichtig, da er mit einem Überbein
verwechselt werden könnte.
Als normale, nie fehlende Trochlearfortsätze sind der Hamulus
des Flügelfortsatzes des Keilbeins, das Rostrum cochleare am Semi-
über die Trochlearfortsätze der Knochen. 135
canaVis tcnsoris tympani, das Sustentaculum ccrvicis iali, luid
der Hakeil des Hakonbeiiis zu nehmen.
Eine Verwechslung mit den an den Gelenkenden langröhriger
Knuelien vorkommenden Excrescencen, welche von dem einfachen
Dorn bis zur gelappten oder baumförmig verzweigten Knochenwu-
cheriing alle möglichen Zwischenformen darbieten, ist nicht möglich,
da letztere regellos im ganzen Umfange eines Gelenkes vorkommen,
keine bestimmten mechanischen Beziehungen zu nachbarlichen
Sehnen haben, der stellenweisen Überknorpeliing und des Synovial-
überzuges entbehren, und keine Analogien in der Thierwelt finden,
während die Trochlearfortsätze bei bestimmten Gattungen der
Säugethiere normgemäss, ja selbst in sehr auffallender Grösse ent-
wickelt gefunden werden.
136 II I a s i w e t z.
Über eine neue Zersetzungsiveise der Trinitrophenylsäare.
Von Heinrich Hlasiwetz.
Das Studium der Reductionsweisen organischer Nitroverbin-
dungen hat sich bis jetzt vornehmlich auf die Einwirkung des
Ammoniumsulfhydrats(Zin i n), des essigsauren Eisens (Bechamp),
des schwefligsauren Ammoniaks (Piria) und des Wasserstoffes
(Geuther) beschränkt. Ammoniumsulfhydrat, essigsaures Eisen und
Wasserstoff haben den gleichen Erfolg: Allgemein wird NO4 zuNHo;
die Reductionsderivate, die man dadurch kennen gelernt hat, sind
hauptsächlich Amidsäuren und Amide. Etwas complicirter sind die
Umwandlungen durch schwefligsaures Ammoniak, wobei Reduction
und Substitution neben einander gehen. Nitrirte Kohlenwasserstoffe,
die bis jetzt untersucht sind, werden zu (Ammoniaksalzen von)
Säuren, und statt NO4 der früheren Verbindung findet man NHaSgOg
in der neuen. Noch ganz unbekannt aber sind in diesem Betracht
die Wirkungen des Cyans und seiner Verbindungen , die doch sonst
auch kräftig reducirend sich gestalten.
Wie eine solche Wirkung bei organischen nitrirten Körpern
verlaufen müsste, wäre gleichwohl bei der grossen Beweglichkeit
der Moleculeder beiden Arten von Verbindungen, bei der Leichtigkeit,
mit welcher namentlich der Stickstoff seine Rolle wechselt, a irriori
nicht leicht zu bestimmen.
Um SU versprechender erschien der Versuch , der hier allein
entscheiden konnte, und in der That bin ich, indem ich einen solchen
unternahm, zu einigen neuen Verbindungen gelangt, die eigen-
thümlich genug in Constitution und Verhalten sind, um die Hoffnung
zu hegen, dass diese Reaction, weiter ausgedehnt, noch mehr inter -
essante Ergebnisse liefern werde.
über eine neue Zersetzungsweise der Trinitiophenylsäure. 137
Bei der Ausführung dieser Untersuchung hat sich Herr Ludwig
Barth aufs thätigste betheiligt, und ich drücke ihm hiemit meinen
besten Dank aus.
Es wurde fürs erste eine hochnitrirte, leicht in grösserer Menge
zubeschaffendeVerbindung gewählt, dieTrinitrophenylsäure. Dadurch,
dass diese mit Cyankalium in Wechselwirkung gebracht wurde, wurde
das Kalisalz einer neuen Säure erhalten , welches als der Ausgangs-
punkt der anderen Salze zunächst beschrieben sein möge.
Mischt man eine Lösung von Pikrinsäure mit einer von Cyan-
kalium, beide concentrirt und heiss, so nimmt die Flüssigkeit sogleich
eine intensiv blutrothe Farbe an und erfüllt sich mit feinen dunklen
Krystallen, die sie nach dem Auskühlen breiig erstarren machen.
Nach mehrfachen Erfahrungen ist das beste Yerhältniss der anzu-
wendenden Substanzen :
2 Theile Cyankalium (nach v. Liebig's Methode bereitet) in
4 Theilen Wasser gelöst, und in die, auf etwa 60» erwärmte Flüssig-
keit die heisse Lösung von 1 Theil Pikrinsäure in 9 Theilen Wasser
unter stetem Umrühren einzutragen. Die Masse riecht stark nach
Ammoniak und Blausäure und wird beim Erkalten zu einem weichen
Krystallbrei. Nach einigen Stunden wurde sie durch Leinen abge-
seiht, und dann zwischen Papier unter starkem Druck abgepresst.
Die rothbraune, bronzeartige rohe Krystallmasse wurde hierauf
mit wenig Wasser zerrieben, in einer Schale erhitzt, auf ein Filter
gebracht und mit kaltem Wasser nachgewaschen. Hierauf neuerdings
abgepresst, mit viel Wasser in einem Kolben siedend gelöst, durch
ein warm gehaltenes Filter filtrirt und krystallisiren gelassen.
Das dunkelpurpurne Filtrat überzieht sich bald mit einer metali-
grünen Haut und setzt kleine, braunrothe, schuppige Krystalle an,
die das auffallende Licht grün refleetiren. Dieses
KaHsalz
besitzt folgende Eigenschaften: Es ist in kaltem Wasser wenig, in
siedendem völlig löslich. Die Lösung zeigt eine reine Purpurfarbe, und
ist so intensiv, dass einige Stäubchen heiss gelöst, genügen, eine grosse
Wassermenge noch schön roth zu färben. Verdiinntfi- Alkoliol löst
es gleichfalls. Auf Platin erhitzt verpulTt es mit ziemlich starkem
Knall, einer schwachen Feuererscheinung und einer grauen Wolke.
Diese Zersetzung tritt bei etwa 2 IS" C. ein. In einer Röhre erhitzt.
1 38 H I a s i w e t z.
wird der Knall sehr heftig. Auch concentrirto Schwefelsäure bringt
es zum Verpuffen.
Die Lösung des Salzes wird gefällt von Silber, Blei, Quecksilber
und Barytsalzen. Keine Fällungen bringen hervor: Kalk, Strontian,
Zink, Kupfersalze. Cyan lässt sich in der Lösung nicht auf gewöhn-
liche Art nachweisen. Fügt man zu einer, nur massig concentrirten
Lösung des Salzes eine concentrirte Lösung von kohlensaurem Kali,
so fällt schnell ein braunrother krystallinisch pulveriger Niederschlag
heraus, der aber nach analytischen Versuchen nichts anderes ist, als
dasselbe Kalisalz, welches durch diesen Zusatz einfach an Löslichkeit
einzubiissen scheint.
Wenn man das, nach der oben gegebenen Vorschrift dargestellte
rohe Kalisalz durch Auswaschen nicht schon gut gereinigt hat, so
kann es kommen, dass es beim nachherigen Umkrystallisiren nur als
braune krümliche , undeutlich krystallinische Masse mit grünem
Glanz herausfällt. In diesem Falle löst man diese neuerdings und
versetzt die überkühlte Lösung mit kohlensaurem Kali, sammelt den
Niederschlag und wäscht ihn mit kaltem Wasser. Siedend gelöst
verwandelt er sich dann leicht in Krystalle.
Die Analysen sind mit, bei lOQo getrockneter Substanz von
verschiedener Bereitung ausgeführt:
Grm. Substanz
I. (^3045 gaben 0-3ä5 Kohlensäure und 0-0432 Wasser.
It. 0-3090
j>
0-358
n yt
0-040
III. 0-3373
n
69
C. C. Sticlistoft" bei 12o C.
u. 715 Millim.B.
IV. 0-3S2I)
»
70-7
110
55 717-3
V. 0-3797
j;
77
120
5) 55 55 55 * '^ 55
55 716-2
VI. 0-2368
„
0-0693 Grm. schwefelsaures Kali
VII. 0-3134
»
0-090
55 55 5!
VIII. 0-300
n
0-087
55 » 55
IX. 0-320
„
0-090
55 55 55
X. 0-270
"
0-077
55 n 5J
In 100 Theilen:
1.
II.
III.
IV. V. VI. VII.
VIII. IX. X.
C 31-79
31-
59
»
55 55 55 »
55 55 55
H 1-57
1-
42
)5
55 55 55 55
55 55 55
N
„
22-81
22-52 22-63 „
55 55 55
KO „
5J
»
„ 15-84 15-54
15-80 15-22 15-44
1) Die Stickstoffbestiramurigen sind mit Beriicksiclitig^iing der Eifalirungeii Liinprichrs
(Annal. Bd. 108, S. 46) ausgeführt.
über eine neue Zersetziingsweise der Trinitropheiiylsäure. 139
Hieraus berechnet sieh :
Theorie
Mittel der Versuche
Cl6
—
96 —
31-46
—
31-69
H*
—
4 —
1-31
—
1-49
N5
—
70 —
22-93
—
22-65
On
—
88 —
28-83
—
n
KO
—
47-2 —
lä-47
—
15-56
305-2 — 10000
Um wenigstens annähernd zu erfahren, wie viel Stickstoff in
anderer als in der Form von NO4 in der Verbindinig enthalten sei,
wurde eine Bestimmung desselben durch Glühen mit Natronkalk
gemacht. Man erhielt 14-8 Proc. StickslofF. Für 3 Äq. N ergibt die
Rechnung 13-7.
Natronsah.
Es bildet sich bei der Einwirkung von Cyannatrium auf Pikrin-
säure. Die Verbindung ist viel löslicher als das Kalisalz, die Ausbeute
desshalb und weil es wegen seiner geringen Krysfallisationsfähigkeit
schwer zu reinigen ist, gering. Es ist dunkelgrün mit Metallglanz,
die Lösung roth.
Ainmoniaksalz.
Eine concentrirte Lösung des Kalisalzes lässt auf Zusatz von
Salmiaklösung bald metallglänzende dunkle Krystalle fallen, während
sich die Flüssigkeit mit einer grünen Haut überzieht.
Das Salz lässt sich leicht umkrystallisiren und bildet, namentlich
aus nicht zu concentrirter Lösung sehr schöne kleine keilförmige
Krystalle von braunrother Körper- und grüner Flächenfarbe. Es
löst sich in kaltem Wasser sehr wenig, in siedendem völlig mit
intensiver, prächtiger Purpurfarbe. Auf Platin erhitzt blitzt es mit
einer Fouererscheinung ab wie Schiesspulver. Die Analyse ergab
(bei 100» getrocknet):
ürm. Substanz
I. 0^Ä~ gaben 0 - 3725 Kohlensäure und 0 - 0845 Wasser.
II. 0-300 „ 0-367 „ „ 0 0635 „
III. 0-253 ,. 0-3154 „ „ 00650 „
IV. 0-276 „ 71 C. C. Stickstoff bei ll« C. und 721-86 Millim. B.
V. 0-326 „ 82 „ „ „ „ 12 „ 717-3 „ „
140 H I a s i w e t z.
Nach der Formel CioH^NsOu . NH4O verhalten sieh Rechnung
und Versuch wie folgt :
berechnet I. IL IH. IV. V.
C,6 — oF^^sTsb — 33-86 — 33-36 — 33-99 — „ — „
Hg — 8 — 2-82 — 3-12 — 2-3S — 2-8ä — „ — „
Nß — 84 ~ 29-58 —„ — „-„— 2927 — 29-13
0,3-96- 33-80- „-„-„-„ — „
284 — 100-00
Die Stickstoffbestimmung mit Natronkalk gab 19-03% Stickstoff,
N3 als 2 (NO4) angenommen bleiben für N^ berechnet 19-70Yo-
Barytsalz.
Die Lösung des reinen Kalisalzes gibt mit Chlorbaryum einen
fast zinnoberrothen Niederschlag , der in kaltem Wasser wenig
löslich ist, in iieissem aber vollständig mit Purpurfarbe.
Getrocknet nimmt er einen prächtig lichtgrünen Metallglanz an
und erscheint beim Zerreiben , wobei er etwas elektrisch wird,
wieder roth. Er verpufft mit blendend grünem Licht.
Vermischt man concentrirte heisse Lösungen von Cyanbaryum
und Pikrinsäure, so wird die Flüssigkeit ebenso blutroth wie bei
Anwendung von Cyankalium. Alsbald scheidet sich ein dunkler
Niederschlag ab, der in kaltem Wasser wenig löslich ist. Er hat
getrocknet eine schöne rothbraune Farbe, ist aber weder krystal-
linisch, noch in siedendem Wasser ganz löslich. Der, aus der heissen
Lösung herausgefallene Antheil ist ein purpurhraunes Pulver mit
grünem Glanz, der ungelöste Theil braust mit Säuren auf und enthält
ohne Zweifel viel kohlensauren Baryt.
Die analysirte Substanz war bei 100" getrocknet.
Grm. Substanz
I. 0^2983 gaben 0-3140 Grm. Kohlensäure und 0-042 Grm. Wasser.
39 C. C.Stickstoffbei8-S0C.u.726-38 Millim.
0-110 Grm. schwefelsauren Baryt.
0-10S2 „
berechnet I. H. Hl. IV.
"28^ — 28-69 —„ — „ — „
1-20 — 1-56 —„ — „ — „
20-92 — „ — 20-41 — „ —
26-30 —„ — „ — „ — „
22-89 — „ — „ — 2278 — 2311
334-6 — 100-00 ~~
IF.
0-2193
„
III.
0-3172
„
IV.
0-299
"
Ci6 —
96*
H4 -
4
N5 -
70
o„ -
88
BaO —
76
über eine neue Zersetzungsweise der Trinitroplieiiylsüure. 141
DieStickstoffbestimmung mit Natronkalk gab 12-87% Stickstoff,
für N3 berechnet sich 12-5I)% Stickstoff.
Kalksalz.
Eine heisse, gesättigte Lösung des Ammoniaksalzes mit einer
Chlorcalciumlösung versetzt^, gibt keinen Niederschlag, sondern lässt
nach etwa 24stündigem Stehen ausserordentlich schöne grüne metall-
glünzende Nadeln des Kalksalzes anschiessen, die oft eine Länge
von einem halben Zoll erreichen.
Sie halten bei 100» noch 3 Äquiv. Wasser zurück.
Grm. Substanz
1.0-274 gaben 0-306 Grm. Kohlensäure und 0-063 Grm. Wasser.
II. 0-2467 „ 48 C. C. Stickstoff bei 12« C. und 71S Millim. B.
III. 0-300 „ 0-06ää Grm. schwefelsauren Kalk,
IV. 0-308 „ 0 0673 „ „ „
Diese Zahlen entsprechen der Formel C16H4N5O11 .CaO-f- 3Aq.
berechnet I. II. UI. IV.
C16 — 96"^^^"lo^ - 30-45 — „ — „ — „
H7 — 7 — 2-23 — 2-63 —„—„ — „
N, — 70 - 22-36 — „ — 21-73 — „ — „
Oi4 — 112 — 33-80 —„ — „—„ — „
CaO — 28 — 8-94 _ „ — „ — 8-99 — 9-02
313 — 100-00
Bei 140« verloren 0449 Grm. Substanz 00395 Grm. Wasser
= 8*79 Proc, für 3 Äquiv. berechnet sich 8-62 Proc.
Das Strontiansalz
wurde durch Zersetzung einer Kalisalzlösung mit salpetersaurem
Strontian in der Form einer, getrocknet pulverigen, grün glänzenden,
undeutlich krystallinischen Ausscheidung erhalten. Es verpufft mit
rother Flamme.
Silbersalz.
Der braune Niederschlag, welcher in einer Lösung des Kali-
salzes durch salpetersaures Silberoxyd entsteht, trocknet nach dem
Auswaschen zu einer dunkelgrünen, metallglänzenden Masse ein.
Er verpufft beim Erhitzen und löst sich in viel siedendem Wasser
mit Purpurfarbe. Bei lOO" getrocknet gaben:
0-2147 Grm. Substanz 0-2035 Grm. Kohlensäure,
0-247 „ „ 0-094 „ Chlorsilber,
0-400 „ „ 0-153 „
I 42 H I a s i w e t z.
berechnet
gefundi
en
Cj6
—
96
— 25-67
—
25-85 —
j>
H,
—
4
— 1-07
—
„ —
n
N5
—
70
— 18-72
—
„ —
»
Oll
—
88
- 23-53
—
n
„
AgO
—
116
— 31-01
—
30-77 —
30-93
374
— 100-00
Bleisalz.
Eine Lösung des Kalisalzes wird von einer Bleizuckerlösung
ziemlich vollständig gefällt. Der Niederschlag, zunächst braunroth
und sehr voluminös, wird nach kurzer Zeit dunkelvioiettbraun und
pulverig (a). Er löst sich in kochendem Wasser mit Purpurfarbe,
die Lösung überzieht sich bald mit einer bronzefarhigen glänzenden
Krystallhaut und setzt Krystalle an, die unter dem Mikroskop be-
trachtet aus äusserst feinen Nadeln bestehen. Nach dem Trocknen
sind sie von lichtbraunrothem Ausseren mit grünlichem Schimmer.
Auf Platin erhitzt verpuffen sie sehr lebhaft.
Als der rohe Bleizuckerniederschlag (a) mit Wasser angerührt
und Schwefelwasserstoff hineingeleitet wurde, war er, obschon die
Flüssigkeit mit dem Gase gesättigt war, nur theilweise zersetzt.
Beim Auskochen der Masse mit Wasser lief eine gelbrothe Flüssig-
keit ab, die nach dem Erkalten braune blättrige Krystallbüschel (6),
ansetzte, deren Analyse zeigte, dass sie dieselbe Zusammensetzung
haben, wie die von a. Sie glänzen stark aber ohne grünen Schimmer,
verhalten sich in der Hitze wie die vorigen, ihre Lösung ist dunkel-
goldbraun.
a) bei 100" getrocknet gaben:
0-311 Grm. Substanz 0-2904 Grm. Kohlensäure und 0-043 Wasser.
0-3554 „ „ 0-1424 „ sehwefels. Bleioxyd.
bj bei 1000 getrocknet gaben:
0-300 Grm. Substanz 48-5 K. C. Stickstoff bei 10» und 721-8 Müiiin. B.
0-301 „ „ 0 122 Grm. schwefeis. Bleioxyd.
berechnet (^aj (h)
C16
— 96 — 25-98 — 25-46 —
»«
H4
_ 4 _ 108 — 1-53 —
„
N5
— 70 — 18-94 — „ _
18-36
Oll
- 88 - 23-83 - „ —
»
PbO
- 111-5 - 3017 - 29-80 -
29-83
269-5 — 100-00
Ül>er eine neue Zersefziingsweise der Trinitrophenylsänre. | 43
Es ergibt sieh also aus den vo rstehend beschriebenen Salzen
für die darin enthaltene Säure die Formel CjeHäNäOio- Vor allem
muss es auffallen, dass das die Formel der, aus der Harnsäure ab-
stammenden Purpursäure ist, und dass die Salze, dieser Zusammen-
setzung nach — denn die freie Purpursäure ist ja nicht bekannt —
mit den purpursauren Salzen isomer sind.
Es ist nun höchst interessant, zu vergleichen, wie weit bei
dieser Gleichheit der Mengen der constituirenden Bestandtheile auch
die chemische und physikalische Ähnlichkeit geht.
1. Die Säure der untersuchten Salze, die ich Isopurpursäure
nennen möchte, scheint eben so wenig zu isoliren zu sein, wie die
Harnpurpursäure.
Versetzt man eine eoncentrirte Lösung des Kalisalzes z. B. mit
Schwefelsäure, so tritt bald eine Zersetzung ein, die Flüssigkeit ver-
wandelt ihre Farbe in braungelb, es entwickelt sich ein stechender
Geruch, der dem der Essigsäure (Cyansäure?) gleicht, zugleich
aber nimmt man auch eine Spur üntersalpetersäure wahr, und es
scheiden sich braune amorphe Flecken aus, wie sie als Zersetzungs-
product von Cyanverbindungen häufig auftreten.
Filtrirt man ab, und dampft ein, befreit dann den Rück-
stand durch Alkohol von schwefelsaurem Kali, und verdunstet die
alkoholische Lösung, so scheidet sich aus dieser eine gewisse
Menge eines bräunlichen oder orangefarbigen Absatzes ab, wel-
cher nichts Krystallinisches zeigt. Die davon abfiltrirte Flüssigkeit
kann sehr concentrirt werden, ohne zu krystallisiren. Endlich erhält
man eine dickliche gelbbraune unkrystallinische Masse.
Der Versuch , aus einem der Salze durch andere
Säuren , unorganische wie organische (Weinsäure , Oxalsäure),
die Säure abzuscheiden , wurde vielfach wiederholt und modi-
ficirt , hatte aber immer eine weiter gehende Zersetzung zur
Folge.
(Aus diesem Grunde lässt sich auch, so prächtig die Farbe
der Lösungen dieser Salze ist, mit denselben nicht färben; ohne
Beizen sind sie nicht schön und haltbar, und auf gebeizten Zeugen
werden sie rasch zerstört.) /
Die Reaction ferner zwischen Metallsalzen und Scliwefel-
wasserstofl' führt eben so wenig zum Ziele, denn sie trennt die
Metalle nicht vollständig ab, wie bei dem Bleisalz gezeigt ist.
Silzb. d. inathem.-iiatiir»-. Cl. XXXV. Bd. Nr. 9. 11
1 44 H 1 a s i w e t z.
2. Die Säure seheint, wie die Harnpurpursäure es ist, zwei-
basiseh zu sein. Die letzte , dieses Verhältniss der Purpursäure
liehandelnde Arbeit von Beilstein macht es ersichtlich, wie schwierig
es dort ist, zweibasische Salze darzustellen.
Ähnlich verhält es sich auch hier.
Neutrale isopurpursaure Salze scheinen sich zu bilden:
a) Beim Zusammenbringen der Lösung des Kalisalzes mit Atzkali-
lösung. Die Flüssigkeit nimmt sogleich eine prächtig dunkel-
violette Farbe an und es fällt ein eben solcher Niederschlag
heraus, eine Reaction also, die wieder durchaus mit der des
purpursauren Kalis oder des Murexids correspondirt. Es
gelang aber nicht, die Verbindung schnell genug abzuscheiden.
Nach kurzer Zeit, sehr schnell beim Erwärmen, wird sie
missfarbig, endlich braun.
Dampft man ab, so erhält man eine zerfliessiiche Salz-
masse , die sich in Alkohol nicht löst. Auf Zusatz einer
stärkeren Säure treten die in 1. beschriebenen Erschei-
nungen ein.
b) Ganz wie das Kalisalz verhält sich dasAmmoniaksalz gegenüber
den ätzenden Alkalien.
c) Beim Zusammenreiben des Barytsalzes mit Barytwasser wobei
PS augenblicklich eben so schön dunkelviolett wird wie das
Kalisalz. Darauf folgt aber auch eben so rasch eine Missfarbe
und weitere Zersetzung.
d) Beim Vermischen einer Lösung des Kalisalzes mit ammoniaka-
lischer Silberlösung entsteht ein braunvioletter , gelatinöser
Niederschlag eines basischen Salzes, der leider der Reinigung
grosse Schwierigkeiten bot. Ein sehr basisches Salz entsteht
auf diese Weise auch aus Murexid (Beilstein).
3. Das Aussehen ziemlich aller der untersuchten Salze ist dem
der purpursauren in hohem Grade ähnlich.
In den Lösliciikeitsverliältnissen derselben ist, so weit das ohne
quantitative Versuche zu beurtheilen möglich ist, kaum ein Unterschied
merklich.
Die Farbe der Lösungen ist von derselben Schönheit wie die
der purpursauren Salze.
Die Zersetzung in höherer Temperatur ist nur beim purpursau-
ren Silberoxyd angegeben, welches verpufft. Wahrscheinlich thun das
über eine neue Zersetziingsweise der Trinitrophenylsäiire.
145
andere Salze auch. Die isopurpursauren Salze verpuffen alle. (Dieser
Umstand macht bei den Analysen oft grosse Vorsieht nöthig.)
4. Über Krystallform und optisches Verhalten einiger iso-
purpursauren Salze hatte mein verehrter Freund Professor Grailich
die Gefälligkeit mir folgendes mitzutheilen.
;„Isopu rpursaures Ammoniak und Murexid verhalten
sich krystallographisch und optisch ganz gleich. Bei dem purpur-
sauren Ammoniak sind die Krystalle grösser und an den Enden mehr
entwickelt. Es ist aber bei dem einen wie bei dem anderen gewagt,
von einem bestimmten Krystallsysteme zu sprechen. Die Umrisse
machen das rhombische System am wahrscheinlichsten; dann müssen
aber noch die dünnsten Lamellen für gewöhnliches zerstreutes
Tageslicht, wie man es bei Mikroskopen anwendet, absolut undurch-
sichtig sein, denn ich konnte weder bei dem purpursauren noch bei
dem isopurpursauren Salz beim Decken zwischen den gekreuzten
Nicols eine Farbenerscheinung wahrnehmen.
Es ist dies nicht unwahrscheinlich, weil der ausgezeichnete
grüne Plächenschiller ein sicheres Merkmal optischer Metallicität ist.
Die braune Körperfarbe im diffusen Licht macht eine merkbare
Durchsichtigkeit nicht nothwendig.
Die K a 1 i V e r b i n d u n g scheint der Ammoniakverbindung iso-
morph zu sein; die Blättchen sind aber minder gut krystallisirt, ihre
Umrisse selten zu haben, und was sie alle auszeichnet, ist eine tiefe
Streifung, welche wirklich frappant anSchmetteilings-Flügelschuppen
erinnert. Einige sehr feine Blättchen, die im auffallenden Licht
hellbraun erscheinen, danken bei näherer Untersuchung ihre helle
Farbe dem Zusammenwirken der braunen Körperfarbe mit dem
metallischen grünen Schiller.
Die eigentliche Entscheidung über das Krystallsystem des
Murexids sowohl wie der beiden isopurpursauren Salze kann erst
geführt werden, wenn entweder noch viel feinere Blättchen, oder
viel grössere Krystalle hergestellt werden.
Der isopurpur säur e Kalk gehört zum rhombischen
System; ein rhombisches Prisma, dessen (wahrscheinlich makro-
11'
146 H I a s i w e t z.
diagonale) Kanten durch breite Pinakoidtlächen abgestumpft er-
seheinen.
Die Enden der Krystalle sind niemals deutlich ausgebildet.
Gewöhnlich bricht das Prisma mit einer matten und spiittrigen recht-
winklig aufgesetzten Endfläche ab, bei der man im Zweifel bleibt,
ob sie wirklich Krystallfläche ist.
Doch zeigen sich Spuren von (wahrscheinlich Brachy-)Domen,
ihnen entspricht auch die, an sehr kleinen Aggregaten häufig zu
beobachtende Zwillingsbildung, in welcher zwei Prismen sich unter
Winkeln von eirca 60" kreuzen.
Die Krystalle sind bis in die kleinsten Splitter fast absolut opak.
Die Körperfarbe ist dunkeibraunroth mit einem Stich ins Violette ;
im reflectirten Licht zeigt sich merklich grüner Schiller von fahlem
Tone, ohne dass eine bestimmte Orientirung der Polarisation der-
selben anzugeben wäre. Wird ein etwas breites und glänzendes
Prisma aus einander gebrochen und werden die Bruchstücke recht-
winklig gekreuzt neben einander gelegt, so zeigt die dichroskopische
Loupe kaum eine Spur von Unterschied in den beiden Stücken : in
beiden Fällen scheint das Licht, entsprechend den gewöhnlichen
Keflexionsgesetzen , am intensivsten und gleich grün gefärbt für
Schwingungen rechtwinklig zur Reflexionsebene, sehr schwach und
bräunlich gefärbt für Schwingungen in der Reflexionsebene.
Doch mag die schuppige Oberfläche der Krystailflächen wesent-
lich dazu beitragen , eine Abhängigkeit der Färbung des reflectirten
Lichtes von der Orientirung der reflectirten Ebene zu verhüllen."
Die Bildung der Isopurpursäure lässt sich einfach ausdrücken
durch:
C^aNA, + 3 CoNH -H 2 HO = C^N£^, -\- C,0, + NH,
Pikrinsäure Isopurpursäure
Freie Pikrinsäure wird übrigens weder in der Kälte noch in der
Wärme von Blausäure verändert, wohl aber tritt die Reaction sogleich
bei Gegenwart einer Basis ein.
Nicht so leicht wie über die Bildung, scheint es, sich über die
innere Zusammensetzung dieser Verbindungen Rechenschaft zu geben.
Nach der Zersetzung zu schliessen, die dieselben mit Säuren
erfahren, wobei jener stechende Geriich auftritt, der so sehr an
über eine neue Zersetzungsweise der Trinitioiilieiiylsäure. 147
Cyansäure erinnert, könnte man geneigt sein, Cyansäure in ihnen
wirklich vorauszusetzen.
Unter dieser Annahme würde man eine Beziehung zur Iso-
cyanursäure Gnden. Schischkoff betrachtet bekanntlich diese als
eine, mit einem nitrosubstituirten Nitril verbundene Cyansäure *).
Man liätte dann :
C,(H,X)N) C,,(H3X,)N
C^HNO-s \ 2(C3HN03)
Isocyanursäure, Isopurpiirsiiure
und es ist denkbar, dass, wäre eine nitrirte Ameisensäure bekannt,
aus diesen unten ähnlichen Bedingungen Isocyanursäure entstehen
könnte, wie aus der nitrirten Phenylsäure Isopurpursäure.
C2HiN()8 + SaNH + 2H0 = CeHsN^Oß + ^0^ + NH3
Nitroameisensäure Isocyanursäure
r^-HaNsOu + 3C\NH 4- 2H0 = C.Jl^N^O,., + i\0, -f NU,
Trinitro phenylsäure Isopurpursäure
Anderestheils liegt es nahe , einen Zusammenhang mit der
Pikraminsäure zu suchen, die durch reducirende Agentien aus der
Pikrinsäure entsteht.
In der That unterscheidet sich die Formel der Isopurpursäure
von der der Pikraminsäure durch die Elemente der Cyansäure.
CieHsNäOia Isopurpursäure.
CiaHäNgO,« Pikraminsäure.
C4 NaOa Cyansäure.
Pikraminsäure konnte jedoch trotz mehrerer Versuche unter den
Zersetzungsproducten der Isopurpursäure nicht gefunden werden.
1) Aunal. d. Ch. 101,•^13.
148 Nachbau r.
Übel' das sogenannte Cyanoform.
Von Dr. C. IN ach b aar.
Eine, dem Chloro-, Bromo- und Jodoform analoge Cyanver-
bindung CsHCys ist mit Sicherheit nicht bekannt. Doch verniuthete
Bonnet*) eine solche in der Flüssigkeit, welche er durch Destillation
von essigsaurem Kalk mit gleich viel Berlinerblau oder Cyanqueck-
silber erhielt, von der er angibt, dass sie weder Aceton noch Essig-
säure, noch Blausäure enthalte, sondern blos aus Cyanoform und
Wasser bestehe, welches letztere durch Chlorcalcium abgetrennt
werden könne. Das Cyanoform beschreibt er als eine farblose,
ziemlich flüchtige , nach Blausäure und Tabaksrauch riechende,
neutrale, nicht entflammbare, in Äther, Weingeist und W\isser
lösliche Flüssigkeit. Analysen liegen nicht vor.
Ein Körper dieser Art schien manches Interesse zu bieten und
eines genaueren Studiums werth zu sein.
Ich habe durch Herrn Professor H las i w e tz dazu veranlasst, die
Reaetion wiederholt, und, nachdem sich bald gezeigt hatte, dass
Bonnefs Angaben mehrfach irrig sind, die nachstehenden Ver-
suche unter seiner freundlichen Leitung ausgeführt.
Das Gemenge von Cyanquecksilber und entwässertem essig-
saurem Kalk wurde in kleinen Partien (etwa zu 2 Loth — grössere
Mengen auf einmal angewendet liefern eine kleinere Ausbeute und
sind besonders ärmer an dem wichtigsten Product dieser Reaetion)
— über der Weingeistlampe bei massiger Hitze destillirt. Man erhält
eine gelbliche, bald braun werdende, empyreumatisch und stark nach
Blausäure riechende Flüssigkeit, es wird viel Quecksilber reducirt,
gegen das Ende hin erscheinen Krystalle im Retortenhals, die sich
1) lüstitut 1837, 196, 47. Journ. f. prakL Chemie 10, 207. (J m e I i ii , Handbuch 4, ö09.
über das sog^eiiaiintti Cyaiioform. \ 49
wie Acetamid verhalten und in der Retorte bleibt ein kobliger Rück-
stand. Die Ausbeute ist gering.
Dieses Robproduct ist ein ziemlieh complicirtes Gemisch; es
enthält Acetonitril, Aceton und Rlausäure; das aber, was Bonnet
für Cyanoform hielt, ist eine eigenlhümiiche neue Basis, deren Be-
sclireibung vornehmlich diese Zeilen gelten sollen und die man in
folgender Weise gewinnt:
Es wird zunächst im Wasserbade rectificirt.
Lange Zeit erhält sich hierbei der Siedpunkt der Flüssigkeit
zwischen 77 — SO« C. und es geht etwa die Hälfte derselben voll-
konnnen farblos über. Sie wird für sich aufgefangen. Weiterhin
wird die Destillation langsam und man entfernt das Bad.
Von nun an prüft man von Zeit zu Zeit die fallenden Tropfen
;tuf einem Uhrglase, indem man sie vorsichtig mit einem Tropfen
gesättigter Oxalsäurelösung oder Schwefelsäurehydrat zusammen-
fliesseii lässt; wenn sie hierbei krystalliniseh erstarren, so wechselt
man die Vorlage neuerdings.
Das nun Übergehende enthält die flüchtige Basis, die für sich
leider sehr unbeständig ist, aber doch einige Verbindungen gibt, die
über ihre Natur ein Urtheil erlauben. Diese Partie hat folgende
Eigenschaften:
Sie ist farblos, von einem eigenthümlichen unangenehmen an
Propylamin erinnernden Geruch und von alkalischer Reactiou. Mit der
Zeit wird sie gelblich.
Beim längeren Erhitzen für sich oder beim Kochen mit Wasser
zersetzt sie sich unter Abgabe von Blausäure. Sie mischt sich mit
W^asser, Alkohol und Äther.
Mit Platinchlorid entsteht ein spärlicher krystallinischer Nieder-
schlag. Salpetersaures Silberoxyd gibt eine Fällung von Cyansilber,
Eisenchlorid einen braunen Niederschlag, der, waren die Verhältnisse
passend getrofTen, sich bläut, wenn man die Flüssigkeit erhitzt.
Eisenvitriol erzeugt einen gelbbraunen Niederschlag, der beim Kochen
pulverig und licht grün wird. Wird derselbe mit Cyankalium be-
handelt, so bringt Eisenchlorid im Filtrat die Reaction des Blut-
laugensalzes hervor.
Mit Quecksilberoxyd erwärmt bildet sich Cyanquecksilber, es
entwickelt sich vom Quecksilberoxyd aus ein Gas, und neben einem
ammoiiiakalischen ninnnt man einen ätherartigen Geruch wahr.
1 5 0 X a c li b a u r.
Die Reindarstellung dieser Basis für den Zweck der Analyse
wurde vergeblich versucht. Ihre Salze allein können als Anhalts-
punkte für ihre Zusammensetzung angeführt werden.
Oxalsaares Salz.
Bringt man mit der Vorsicht, einen Überschuss zu vermeiden,
concentrirte Oxalsäure-Lösung mit der Basis zusammen , so erstarrt
sofort das Ganze zu einem Haufwerk blendend weisser nadeiförmiger
Krystälichen. Man drückt zwischen feiner Leinwand die Lauge ab,
spült mit eiskaltem Wasser etwas nach, bringt sie sodann zwischen
Papier und setzt sie in einer Presse einem solchen Druck aus, dass
sie trocken und zerreiblich werden.
Man muss sich mit dieser Reinigungsart begnügen , denn sie
können aus warmem Wasser nicht ohne Zersetzung umkrystallisirt
werden. Kocht man gar ihre Lösung, so entweicht viel Blausäure
und es hinterbleibt eine Lösung von oxalsaurem Ammoniak.
Das Salz von mehreren Bereitungen unter der Luftpumpe
getrocknet, gab bei der Analyse:
Grin. Substanz
I. 6^291^gaben 0-491 Gnu. Kohlensäure und 0-202SGrm. Wasser.
II. 0-288!J „ 0-4923 „ „ „ 0 194 „
III. 0-301 ., 60 C.C.Stickstoffbeil7-i)OC. u. 717-3 Millim. B.
Hieraus berechnet sich :
berechnel I. II. IH.
Cjo — T2Ö^^~46n^ — 46-01 — 46-S3 — „
H20 - 20 — 7-69 — 7-73 — 7-47 — „
N4 — 56 -^ 21-54 — „ _ „ _ 21-69
Og - 64 - 24-62 - „ - „ - „
260 — 100-00
Es wurde auch der Cyangehalt des Salzes so wie der der Oxal-
säure direct bestimmt. Zur Fällung des ersteren wurde die Lösung
des Salzes, schwach mit Salpetersäure angesäuert längere Zeit mit
Silbersolution digerirt. Die Oxalsäure-Bestimmung geschah mit einer
ammoniakalischen Chlorcalcium-Lösung.
I. 0-286 Grm. Substanz gaben 0-297 Grm. Cyansilber.
II. 0 -5873 „ „ „ 0-2244 „ kohlens. Kalk.
III. 0-305H „ „ „ 0-118 „
über das sogenannte Cyanoforin. Ißl
Diesen Bestimmungen nach wird die Formel des Salzes zu:
heiechnet 1. II. 111.
C.zH.gNa _ lls^'^iTsg^ - „ _ „ — „
CiNa — 52 — 20 00 — 20-14 — „ — „
CiHoOg — 90 — 34-61 — „ — 34-38 — 3464
""CaoHsoNiOs — 260 — 100-00
Schwefelsaures Salz.
Die Verbindung der Basis mit Schwefelsäure erfolgt unter den-
selben Bedingungen wie die mit Oxalsäure. Es entsteht sofort eine
steife Krystallmasse , die man so behandelt wie die vorige. Zu be-
merken ist nur, dass ein geringer Überschuss der Säure genügt,
das Ganze wieder aufzulösen, wesshalb man mit dem Zubringen der-
selben sehr vorsichtig sein muss, denn aus solcher Lösung ist das
Salz nicht mehr zu erhalten.
Es ist auch in Wasser löslicher als das Oxalsäure Salz. Beim
Kochen zersetzt es sich wie dieses.
Die Analysen ergaben :
Grin. Substanz
1. ü'^^SoTgaben 0-384 Grm. Kohlensäure und 0- 1955 Grm. Wasser.
II. 0-3175 „ 0-422 „ „ „ 0 2174 „
111.0-2598 „ nach der Methode von Peligot 0-0535 „Sticksloff.
IV. 0-2672 „ 51 C. C. Stickstoff bei 250C. u. 715 Miijlim. B.
V. 0-2885 „ 57 „ „ „ „ 23 „ „ 717
(nach der Methode von Dumas)
VI. 0-2498 ,, 0-228 Grm. schwefelsauren Baryt.
VII. 0-3034 „ 0-2798 „
In 100 Theilen:
I. II. III. IV. V. VI. VII.
berechnet
C,6
'^96"" 35T2
Hao
20 7-46
N4
56 20-89
Oa
16 5-98
S^Oe
80 29-85
20-61 20-79 20-9
31-57 31-62
268 100-00
(Der Überschuss der Schwefelsäure riihrl wohl davon her, dass
das Salz nicht umkrystallisirt werden konnte.)
Es ergab fernei* die Bestimmung des Cyans :
0-4005 Grm. Substanz gaben 0-3913 Cyansilber.
152
N a c h b a u r.
berechnet
gefunden
Ci^HisN.
- 118 - „
• ^^
CiNa
— Ö2 — 19-40
— 18-97
S3H3O8
- 98 - „
—
C^ßHaoNiOgSa - 268
Mit Salzsäure und Salpetersäure wurden keine Salze erhalten,
die für die Analyse brauchbar gewesen wären.
Die mit diesen Säuren neutralisirte Basis liefert beim langsamen
Verdunsten eine dickliche zertliessiiche Masse. Auch Bernsteinsäure
verhielt sich nicht wie die homologe Oxalsäure.
Yerbindang mit Jodqnecksilber.
Die Basis löst Quecksilberjodid bei gelindem Erwärmen in
beträchtlicher Menge. Hierbei bildet sich, namentlich wenn man sie
unverdünnt verwendet, mehr als eine Verbindung. Das hauptsächliche
Product dieser Reaction erhält man rein, wenn man eine massig
concentrirte wässerige Lösung der Basis mit Jodquecksilber in der
Wärme sättigt, die klare Flüssigkeit abgiesst und erkalten lässt. Es
bilden sich sehr bald Krystalle der Verbindung, die endlich die ganze
Flüssigkeit erstarren machen. Es sind silberglänzende Blätter von
grösster Schönheit, nur leider auch nicht sehr beständig. An der
Luft liegend werden sie bald roth , Wärme vertragen sie gar nicht
und selbst unter der Luftpumpe nehmen sie wenigstens eine gelbe
Farbe an. In kaltem Wasser lösen sie sich sehr wenig. Die Analyse
führte zu dem empyrischen Ausdruck CigHisN^HgsJ^.
1. 0-9911 Grm. Substanz gaben 0-2347 Grni.Kohlens. u. 0-09SGrra. Wasser.
11.0-6661 „ „ „ 0-4127 „ Quecksilbersulpliid.
m. 0-697 „ „ „ 0-404 „
IV. 0-6331 „ „ „ mit Soda geglüht 0-3982 Grm. Jodsilber i).
In 100 Theilen:
berechnet I. II. III. IV.
C,6 - oT^^^rTo — 6.40 - „ _ „ - „
H,8 - 18- 1-22-107- „ — „ - „
N4 — 06 — 3-78 — „ — „ — „ — „
Hgs — 800 — Ö413 — „ — 53-41 — Ö3-6S — „
j^ — S08 — 34-37 —„—„ — „— 33-98
1478
1^ Mit BenütMUfr der Methode von Neubauer und Kern er. Annal. 101, 344.
über das sogenannte Cyanoforra. 153
Höchst wahrscheinlich ist in dieser Verbindung ein Theil des
Quecksilbers an Cyan gebunden anzunehmen.
Die beschriebenen Eigenschaften und Verbindungen der Base
werden hinreichen, sie vorkommenden Falls wieder zu erkennen,
oder sich ihrer zu erinnern , wenn die Synthese zu einem Körper
von der Formel CieHjsNi geführt haben wird.
Bis dahin lässt sich über ihre Constitution nur vernmthungsweise
etwas aussprechen. Dass sie C4 und Na als Cyan enthält , scheint
ausser Zweifel. Nach Abzug dessen bleibt CiaHigNo, das ist der Aus-
druck für 2 Äquiv. Trimethylammin.
Vielleicht gehört der Körper in die Classe der mit Cyan ge-
paarten Ammoniakderivate, davon ein Repräsentant Hofmaiin's
Cyananilin ist. Z. B.
{C.Ws%) (C„H,), )
(CM,), N, -l- Cy, und H^ / N^ + Cy^
(C,H3)J H, )
Ganz vollständig würde die Übereinstimmung in der Constitution
sein, wenn manCigHisNi als (C6H7)2]
H2 / No -\- Cya schreiben und den
Ho )
Körper der Propylreihe zuzählen dürfte.
Man weiss, dass die Salze des Cyananilins die Zersetzbarkeit
der beschriebenen theilen und grösstentheils nicht umzukrystallisiren
sind.
Leitet man in Trimethylammin Cyangas, so wird es schnell
absorbirt, erwärmt sich und färbt sich dunkelbraun.
Nach kurzer Zeit scheidet sich eine grosse Menge eines
braunen, paracyanähnlichen Niederschlags ab. Die Reactlon konnte
nur mit kleinen Mengen angestellt werden, und es wurde versucht,
das ziemlich charakteristische Quecksilbersalz zu erhalten. Mit
Wasser verdünnt, von dem braunen Körper abfiltrirt, löste die
Flüssigkeit in der Wärme Jodquecksilber auf und gab eine Verbin-
dung, welche dem freien Auge der beschriebenen sehr ähnlich schien,
unter dem Mikroskop betrachtet jedoch zerschlitzte Formen zeigte,
die sich von denen der anderen wesentlich unterschieden.
Es ist oben gesagt, dass die flüchtigere Partie des Destillations-
productes von essigsaurem Kalk und Cyanquecksilber Aceton und
JJ)4 Nac hb:i iir. Über das sogenamUe Cjaiioforni.
Acetonitril enthält. Für die Gegenwart des Letzteren lassen sich nur
Reactionen anführen; es rein ab/Aitrennen ist nicht gelungen.
Das flüchtige Gemisch , ursprünglich farblos , bräunt sich nach
kurzem Stehen und lässt einen braunen Absatz fallen. Es reagirt
alkalisch. Mischt man es mit einer concentrirten Lösung von Oxal-
säure und rectificirt, so erhält man ein nach Aceton und Blausäure
riechendes säuerliches Destillat. Das Acetonitril scheint dabei ganz
zersetzt zu werden.
Stellt man das Destillat über kohlensaures Kali und rectificirt
wieder, so geht eine Flüssigkeit über von allen Eigenschaften des
Acetons, die auch mit zweifach schwefligsaurem Alkali die bekannte
Doppelverbindung gibt.
Eine andere Partie des ursprünglichen Gemisches wurde mit
verdünnter Kalilösung gewaschen, um die Blausäure zu binden, und
zeigte dann abgezogen und getrocknet sehr entschieden den eigen-
thümlichen Geruch des Acetonitrils, neben welchem der des Acetons
sehr zurücktritt. Sie brannte mit der, von Hof mann zuerst beob-
achteten charakteristischen Cyanflamme.
Die Siedpunkte des Acetons und Acetonitrils liegen einander
zu nahe, als dass eine Trennung durch fractionirte Destillation
möglich gewesen wäre. Als man in der Weise mit Schwefelsäure
behandelte, wie Hofmann und Bukton verfuhren, um das Acetoni-
tril in Disulfometholsäure zu verwandeln, traten zwar die, dieser
Reaction entsprechenden Erscheinungen ein, allein das erhaltene
Barytsalz schien seinem Gehalt an Basis zufolge nur methylschwefel-
saurer Baryt zu sein.
Kolenati. Beiträge zur Keiintniss der Arachniden. 155
Beitrüge zur Kenntniss der Arachnid en.
Von Prof. Dr. F. A. Rolenati.
(Mit 8 Tafeln.)
(Vorgelegt in der Sitzung vom 3. Februar 1859.)
D 0 P P E L S C H I L D B 0 RSTEN- M I r. B E N.
Genus : Diplostaspis Kolenati.
Der Körper abgerundet rhoinbisch-eiforaiig, bei beiden Ge-
schlechtern gleich, ohneKlebr and, der Rand wulstig, alle
Füsse gleich, fast von der Länge des Körpers, in ihren Einker-
bungen und Gliederungen sehr langborstig, die vorderen i) zwei
Fusspaare von den hinteren zwei Paaren in der Einlenkung durch
eine Lücke entfernt, die hinteren Fusspaare von einander
weniger entfernt, alle Füsse concentrisch um das kleine Bauch-
schildchen gelagert, an der Basis ihrer Einlenkung ohne Haft-
scheerchen, die obere Fläche des Körpers mit einem grossen
ung eth eil teil, einfach sculpirten Hornschild, mit ziemlich
gleich grossen Erosionsgruben, die untere mit einem
kleinen fein sculpirten Schild eben, die Augen an der
Unterseite des Kopfes einander näher gerückt. Bewohnen die
Flughaut der Gymnorhi n e n.
Anmerkung. Diese Gattung reiht sich an das in den vorigen Bei-
trägen aufgestellte Genus Tristnspis und bildet das ver-
mittelnde Glied zwischen Tri.staspis ymA Mo7iosfaspis. Auch sie
gehört zur Zunft der P \ütim Wh e n, Ganiasida, und Rotte der
Bor stenmil be n Pteroptida. Sie zerfällt in zwei Abtheilun-
gen, in die mit riffiger und jene mit schuppiger Randhaut,
•) Das vordere Fusspaar aller Spiiiiienthiere könnte auch als fnsst'orraiger Fühler
betrachtet werden. Kolenati.
156 K o I e n a t ;.
1. Abiheilung.
Die weiche Randhaut riffig.
1. Art. DIplostaspis Nattereril Kole nati, die Flughautmilbe der
Natterer'schen Fledermaus.
T-if. I, Fig. 1.
« das Weibchen von der Riiekenseite,
b „ „ „ „ Bauchseite,
c „ Männchen von der Rückenseite.
d die Borste,
e das Rückenschildclien mit den Erosionen.
Die Füsse mit sehr langen Borsten besetzt, von denen zwei an
der Basis jedes Fusses über den Rücken des Körpers zurückgekehrt
sind, das breite, elhptisch ovale Rückenschildchen sehr fein nadeh'is-
sig, mit 29 in vier Längsreihen stehenden runden Gruben, um das-
selbe nach den Seiten und hinten kurze Borsten, das Bauchschildchen
elhptisch und gekörnt, beim Weibchen 6, beim Männchen 2
Analborsten, an der Basis der Fusseinlenkung 2 Stachelborsten,
die Blinddärme des Weibchens in der Mitte mit zwei einander ge-
näherten und nach vorne wieder von einander entfernten Hörnern,
nach hinten gerade abstehend, des Männchens in der Mitte vereint
lind nach vorne in der Vereinigung gerade auslaufend , die Borsten
etwas über ein Drittel an der Spitze spiralig querrissig.
Länge des Körpers : 0-0009 Pariser Meter,
Aufenthalt. Am Patagium des Isotus Nattererii Kubl. in ganz
Europa, häufig. (Kolenati!)
Typen. In der Originalsammlung des Verfassers, im k. k, Hof-
naturaliencabinet zu Wien. (K o 1 e n a t i.)
2. Art. Diplostaspis iVyoti Kolenati, die Flughautmilbe der
grossen europäischen Fledermaus i).
Taf. I, Fig. 2.
a das Weibchen von der Riiekenseite,
h „ „ „ „ Bauchseite,
*) Ol) Pediculus Vespertilionis L i n n e, Faun. Suec. 1941. — S c o p o I i, Fauna Carniol.
1058 als Synonym zu einer dieser Arten oder zu einer der Nycteribien gehört, kann
Beitrh'g-e zur Kenntniss der Arachniden. 15T
c das Männchen von der Oberseite.
d die Borste,
e der Saugapparat mit den Fühlern (Maxillarpalpen) und Augen von der
Unterseite,
f das Rückenschildchen mit den Erosionsgrubeii.
Die Fiisse mit langen Borsten l)esetzt, nur an den zwei vorderen
Fusspaaren eine nach rückwärts über den Körper gekehrte Borste,
das verkehrt ovale Rückenschildchen fein qiierrissig, mit 28 in vier
Längsreihen stehenden runden Gruben, das Baiichschildchen verkehrt
herzförmig, dicht gekörnt, die Analgegend beim Weibchen mit vielen
dichtstehenden Borsten, beim Männchen zweiborstig, der Hintertheil
des weichen Körpers am Rücken bei beiden Geschlechtern kurzbor-
stig , die Blinddärme des Weibchens vorne und hinten geschlossen,
in der Mitte einander geigenförmig genähert, des Männchens nach
hinten ringförmig geschlossen, in der Mitte vereint und gerade nach
vorne auslaufend, an den Seiten rund bogig und nach vorne, vor dem
geraden Auslaufen in die Vorderbeine einander genähert; die Borsten
von der Spitze bis über die Mitte querrissig.
Länge des Körpers: 000011 — 0 0021 Pariser Meter.
Aufenthalt. Am Patagium Aqs Myotus mnrinus Schreber, in ganz
Europa, immer sehr häutig. (Kolenati.)
Typen. In der Originalsammlung des Verfassers, im k. k. Hofnatu-
raliencabinet zu Wien, in den öffentlichen Naturaliencabineten
zu London, Berlin, St. Petersburg, Moskau, Kopenhagen,
Stockholm, München, Stuttgart, Dresden , Christiania, Halle,
Jena, Würzburg, Dorpat, Zürich. (Kolenati.)
nicht entschieden werden; dürfte auch hinsichtlich der Namengelumg' ziemlich
gleichgiltig' sein, da der Collectivname .,Vespertilionis'' I)ei unzureichender Bp-
sehreibung- nichts ändert. — Acarus Vespertilionis Linne, Syst. Nat. 1. 102, 3, 9.
— Fahricius, Spec. Ins. 189, 13 würde ich als Synonym zu dieser Art ziehen,
da es hei Fabrie i US heisst ; .,Thorace angulato, cruciato, pedihiis corpore lonyio-
ribus. Hahitat in Vespertilionc muriiio. In piano huud incedere vulet^- und voraus-
zusetzen ist, dass Fahricius keine Nycteribie zu den Acarinen gezogen hätte.
Fabricius citirt jedoch nebst den oben angegebeneu auch Pediculus Vespertilionis
Frisch, Insect. 7. tab. 7.
158 Kolenati.
3. Art. Diplostaspis Nilssoiiii Kü le n.. die Flugliautinilbe der
Nilsson^scheo Fledermaus.
Taf. I, Fig. 3.
a das Weibchen von der Rückenseite,
6 „ „ „ „ Bauchseite,
c „ Männehen von der Rückenseite,
d die Borste,
e das Rückenschildchen mit den Erosionsgruben.
Die Füsse mit massig langen Borsten besetzt, von denen zwei
an den vorderen zwei Fusspaaren nach rückwärts über den Körper
gekehrt sind, das breit ovale Rückenschildchen zellig gekörnt, mit
12 in zwei Längsreihen und vor denselben in einem Bogen stehenden
länglich runden Gruben, das Bauchschildchen herzförmig, mit der
scharfen Spitze nach vorne, zellig gekörnt, mit einer runden Grube,
um das Bauchschildchen zerstreut stehende kurze, rückwärts gerich-
tete Borsten, die Blinddärme bei beiden Geschlechtern, vorne in
einem grösseren, hinten kleineren Bogen offen, in der Mitte vereint,
breit nach vorne vorragend, die Analgegend des Weibchens jederseits
mit 2 langen und in der Mitte 2 kurzen Borsten, des Männchens
unheborstet, die Borsten durchaus spiralig querrissig.
Länge des Körpers: 00011 Pariser Meter.
Aufenthalt. Am Patagium des Meteorits NUssonii. Keys. et. Bla-
sius, in Europa, nicht häufig. (Kolenati!)
Typen in der Originalsammlung des Verfassers, im k. k. Hofnatu-
raliencabinet zu Wien, in dem Museum der kais. Akademie der
Wissenschaften zu St. Petersburg. (Kolenati.)
4. Art. Diplostaspis carnifex Kocb., die Flughautmilbe des späteu
Abeodflatterers.
Taf. 1, Fig. 4.
« das Weibchen von der Oberseite,
b „ „ „ ,. Unterseite,
c „ Männchen von der Oberseite,
d die Borste,
e das Rückenschildchen mit den Erosionsgruben.
Fteroptus carnifex Koch. Deutschi. CriLst. Myr. und Araehn. h. 24. n. 1.
Die Füsse mit langen Borsten, von welchen zwei nur am vor-
deren Fusspaare über den Rücken des Körpers gekehrt sind , die
Beiträge zur Keiintniss der Araehniden. 159
vorderen zwei Fiisspaare in ihrer Einleiikiing fast in einer Querlinie
stehenil und weit entfernt von der Einlenkiing der hinteren Fusspanre,
das fast rhombisch ovale Riickenschildchen zellig-gekörnt, mit 15 in
zwei langen Längsreihen (je zu 5) und der Mittellinie (zu 3) so wie
zwei seitlichen länglich nierenförmigen Gruben, das Bauchschildcheu
elliptisch oder abgerundet rhombisch, dicht querzellig gekörnt, ohne
Grube, um das Bauchschildcheu bis gegen den After zerstreut stehende
kurz^, rückwärts gerichtete Borsten, die Blinddärme bei beiden Ge-
schlechtern vorne in einem grösseren, hinten kleineren Bogen offen, in
der Mitte breit, nach vorne vereint vorragend, die Analgegend des
Weibchens jederseits mit zwei langen einander genäherten , des
Männchens mit 2 kurzen von- einander entfernten Borsten besetzt,
die Borsten durchaus spiralig schuppenrissig.
Länge des Körpers: 0001 Pariser Meter.
Aufenthalt. Am Patagium des Cateorus serotimis Daub., in ganz
Europa häufig. (Kolenati!)
Typen in der Originalsammlung des Verfassers, im k. k. Hofnatura-
liencabinet zu Wien, in den Museen zu Berlin, Fjondon, Kopen-
hagen, Stockholm, St. Petersburg, Halle. (Kolenati.)
S.Art. Diplostaspis Dasycncmi Kolenat i, die Flughautinilbe des
grossen freischienigeü Teichschwirrers.
Taf. II, Fig. 5.
a (las Weibchen von der Oberseite,
ö „ „ „ „ Unterseite,
c „ Männchen von der Oberseite,
d die Borste,
e das Riickenschildchen mit den Erosionsgruben.
Die Füsse mit ziemlich langen Borsten besetzt, von denen je
zwei nur am vorderen Fusspaare über den Rücken des Körpers
gekehrt sind, die Fusspaare in ihrer Einlenkung fast gleich weit von
einander abstehend und an dem Basalgliede mit Spitzen versehen,
das breit elliptische Puickenschildehen quer nadelrissig, mit 48 in sechs
nicht gleich laugen Längsreihen stehenden länglich runden Gruben,
das Bauchschildcheu elliptisch oval, dicht gekörnt, die Blinddärme
bei beiden Geschlechtern in der Mitte des Körpers broit vereint und
Sitzli. d. mathem.-iiatui w. Cl. XXXV. Bd. Nr. 9. 12
160 K o 1 e n a t i.
seitwärts nach vorne bogig auslaufend, die Analgegend des Weibchens
mit 35 langen und weiter oben kürzeren Borsten, des Männchens mit
2 kurzen Borsten, die Borsten durcliaus spiralig schuppenrissig.
Länge des Körpers: 00012 Pariser Meter.
Aufenthalt. Am Patagium des Brachyotus dasymernns Boie, in
Europa, selten. (Kolenati!)
Typ en in der Originalsammlung des Verfassers, im k. k. Hofnatura-
liencabinet zu Wien, im Museum der kais. Akademie der Wis-
senschaften zu St. Petersburg. (Kolenati.)
6. Art. Diplostaspis atratnla Kolenati. Die Flughautmilbe der
Moorfledermaus.
Die Füsse mit langen, sehr starken Borsten, von denen zwei
an den vorderen zwei Fusspaaren etwas über den Rücken des
Körpers gekehrt sind, die Einlenkung der Füsse um das Bauch-
schildchen concentrisch , das länglich -eiförmige, vorne breitere
Rückenschildchen erhüben und länglicli schlangenschuppig-gekörnt,
mit sechs grossen, tiefen Erosionsgruben, welche am Discus in zwei
Längsreihen stehen, hinter denselben zwei einander genäherte
seichtere und kleinere Grübchen, das Bauchschildchen klein, herz-
förmig, mit der Spitze nach vorne, im hinteren breiteren Theile
jedoch ohne Einschnitt, quergekörnt, die tief schwarz durch-
scheinenden Blinddärme bei beiden Geschlechtern in Gestalt eines
grossen griechischen '^, beim Weibchen nach hinten ebenfalls diver-
girend, beim Männchen vereint, die Analgegend des Weibchens
abgerundet, jederseits mit 2 langen Borsten, des Männchens spitz
kegelförmig, mit nur zwei sehr kurzen Borsten; die Borsten durch-
aus dicht spiralig querrissig, mit stumpfer Spitze.
Länge des Körpers: 0*0009 Pariser Meter.
A u fe n th a 1 1. Am Patagium des Amblyotus citratus Kolenati, im
hohen Gesenke der Sudeten, am Altvater, Orlich, hohen
Berge bei Ludwigsthal. (Kolenati!)
Typen in der Originalsammlung des Verfassers.
Beiträge zur Kenntniss der Aracliniden. 161
II. Abllieilung.
Die weiche Randhaut schuppig-.
7. Arf. Diplostaspis psi Kolen., die FInghautniilbe des Schreiber-
schen Taschenflüglers.
Taf. II, Fig. C.
a von der Oberseite,
b „ „ Unterseite,
c die Borste,
(l das Rüokenschildchen mit den Erosionsgruben.
Die Füsse mit kurzen Borsten, von denen je zwei längere an
den zwei vorderen Fusspaaren nach hinten über den Rücken des
Körpers gerichtet sind, das fast rhombisch elliptische Rückenschild-
chen rauhkörnig, mit 41 in zwei Längsreihen (je zu 7) und Seiten-
gruppen stehenden runden Gruben, das Bauchschildcben dreieckig
herzförmig, mit der Spitze nach vorne, rundkörnig, hinter demselben
kurze, zerstreute Borsten, die Blinddärme bei beiden Geschlechtern
in Gestalt eines zierlichen, schwarzen griechischen Psi, die Anal-
gegend mit vorstehender Warze, unbeborstet, zwischen den vorderen
und hinteren zwei Fusspaaren zu jeder Seife des Körpers eine sehr
lange abstehende Borste; die Borsten durchaus spiralig fiederrissig.
Variirt zuweilen in ganz weisser oder rosenrother Farbe, ohne alle
Blinddarmzeichnung.
Länge des Körpers: 0-0007 — 0-001 Pariser Meter.
Aufenthalt. Am Palagium des Mlniopterus Schreibersii N a 1 1 e r e r,
in Südeuropa, sehr häufig. (Kolenati!)
Typen in der Originalsammlung des Verfassers, im k. k. Hofnatura-
liencabinet zu Wien, in den Museen zu London, Berlin, St.
Petersburg, Moskau, Kopenhagen, Stockholm, München, Stutt-
gart, Dresden, Christiania, Halle, Jena, Würzburg, Dorpat,
Zürich. (Kolenati.)
8. Art. Diplostaspis discolor Kolenati, die Flugbautmilbe des
weissscheckigen Landflatterers.
Taf. II, Fig. 7.
a von der Oberseite,
h „ „ Unterseite,
c die Borste,
d das Rückensciiildchen mit den Erosionsgruben.
12»
162 K 0 1 e n a t i.
Die Füsse mit ziemlich langen Borsten, von denen je zwei an
dem vorderenFusspaare länger und nach hinten über den Rücken des
Körpers gerichtet sind, das länglich eiförmige Rückenschildchen in
der Mitte glatt, am Rande radialstreifig gekörnt, mit 40 in zwei
Querreihen (hinten) , vier Längsreihen (in der Mitte) und einer
Bogenreihe (vorne) gestellten, meist runden Gruben, von denen
zwei seitliche und die in den vorderen Längsreihen länglich sind, das
Bauchschildchen rundlich herzförmig, mit der Spitze nach vorne,
gekörnt, die Blinddärme fast in der Form eines lateinischen H, dessen
Parallelschenkel wellig gebogen, die Einlenkung der zwei vor-
deren Fusspaare von den hinteren Aveit abstehend und durch Ein-
kerbung und Umschnürung des Unterleibes getrennt, die Analgegend
des Weibchens mit 6 und oberhalb mit 4 Borsten , am Hinterrande
des Riickenschildchens ebenfalls 4 Borsten, die Borsten durchaus
spiralig schuppenrissig.
Länge des Körpers: 0*001 Pariser Meter.
A u f e n t h a 1 1. Am Palagium des Meteorits discolor N a 1 1 e r e r, selten.
(Kolenati!)
Typen in der Originalsammlung des Verfassers und im k. k. Hof-
naturaliencabinefe zu Wien. (Kolenati.)
9. Art. Diplostaspis burbastelli Kolenati, die Flughaatuiilbe des
Bindeohrs.
Taf. II, Fig. 8.
a das Weibchen von der Rückenseite,
b „ „ „ „ Bauchseite,
c „ Männchen von der Rückenseite ohne Schildchen gezeichnet,
d die Borste,
e das Rückenschildchen mit den Erosionsgruben.
Die Füsse mit sehr langen Borsten, keine von ihnen zurückge-
worfen, das spitz eiförmig geschweifte Rückenschildchen stark
glänzend, ohne Grundsculptur, mit 36 vorne in zwei Querreihen,
hinten in zwei Bogenreihen oder nach vorne bogig verbundenen vier
Längsreihen, meist runden, einigen quer ovalen Gruben, um das
Schildchen herum schütter stehende Borsten, das Bauchschildchen
rundlich herzförmig, mit der Spitze nach vorne, gekörnt und dazwi-
schen punktirt, die Einlenkung der zwei vorderen Fusspaare von den
hinteren ziemlich weit abstehend und durch eine Ausschweifung
Beiträge zur Keiiiitniss der Arachniden. 163
getrennt, die Blinddärme fast in der Form eines lateinischen H, dessen
Parallelschenkel, besonders beim Männchen stark wellig gebogen sind,
die Analgegend des Weibchens mit 7 und ober denselben mit
5, des Männchens mit 4 Borsten; die Borsten durchaus spiralig
schuppenrissig.
Länge des Körpers: 0-0011 Pariser Meter.
Aufenthalt. Am Patagium des Synotus harbastellus Da üben ton,
in ganz Europa, nicht selten. (Kolenati!)
Typen in der Originalsammlung des Verfassers, im k. k. Hofnatura-
liencabinet zu Wien, in den Museen zu Berlin, Kopenhagen,
Stockholm, St. Petersburg, München. (Kolenati.)
10. Art. Diplostaspis mystacina Kolenati, die Flughaatmilbe des
Schwarzkurzohrs.
Taf. 111, Fig. 9.
a das Weibchen von der Oberseite,
b „ „ ,, „ Unterseite,
c „ Männchen von der Oberseite,
d die Borste,
e das Kückenschildchen mit den Erosionsgruben.
Die Füsse mit bedeutend langen Borsten, von denen an den
zwei vorderen Fusspaaren je zwei, an den zwei hinteren Fusspaaren
je eine über den Rücken geschlagen sind, das breit rhombisch ovale
Rückenschildcheii glatt, mit 53 meist rundlichen in acht bogig grup-
pirten Reihen gestellten Gruben, das Bauchscliildchen rundlich liei'z-
förmig, mit der Spitze nach vorne, länglich gekörnt, die Körnchen
nach vorne gerichtet, die Blinddärme in der Mitte verbunden, nach
hinten genähert auslaufend, nach vorne bogig gegen aussen gewendet,
nur beim Männchen setzt sich die Mitte als breiter Fortsatz nach
vorne fort, der Leib zwischen den vorderen und hinteren Fusspaaren,
welche einander nahe stehen, eingekerbt und eingeschnürt und in
dieser Einkerbung eine sehr lange Borste tragend , die Analgegend
des Weibchens mit 15 langen Borsten, der Hinterrand des Körpers
mit einem dichten Kranze von kürzeren Borsten oben eingefasst, die
untere Fläche vor der Analgegend mit zerstreuten kurzen Borsten
besetzt , die Analgegend des Männchens mit 2 Borsten ; die Bor-
sten durchaus spiralig treppenrissig.
Länge des Körpers: 00013 Pariser Meter.
164 K o I e n a t i.
Aufenthalt. Am Patagium des Brachyotus mystaciniis Leisler,
in ganz Europa, selten. (Kolenati!)
Typen in der Originalsammliing des Verfassers, im k. k. Hofnatura-
lieneabinet zu Wien. (Kolenati.)
11. Art. Diplostaspis ciliata Kolenati, die Flughautmilbe des Rcrb-
glelchohrs.
Taf. in, Fig. 10.
n dits Weibchen von der Oberseite,
0 „ „ „ „ Unterseite,
c das Mannclien von der Oberseite,
d die Borste,
e das Rückenschildchen.
Die Form sehr breit oval, die Füsse mit sehr langen Borsten,
von denen an den zwei vorderen Fusspaaren eine über den Rücken
zurückgeschlagen ist, das Rückenschildchen breit oval, glatt, mit 42
in zwei Längs-, zwei Bogen- und einer Querreihe gruppirteii , un-
gleichgrossen länglichrunden Gruben, der Hinterraiid des Rücken-
schildchens gewimpert, das Bauchschildchen eiförmig, mit dem
schmäleren Theile nach vorne gerichtet, gekörnt, die Blinddärme
unter dem Rückenschilde zur Seite der Mittellinie geschweift, die
Analgegend bei beiden Geschlechtern mit 16 Borsten, ober densel-
ben eine Reihe kürzerer Borsten, welche beim Weibchen viel zahl-
reicher sind; die Borsten durchaus tiefbogig-querrissig.
Länge des Körpers: 00012 Pariser Meter.
Aufenthalt. Am Patagium des Isotus ciliatus Blasius, in Mittel-
Europa, nicht häufig. (Kolenati!)
Typen in der Originalsammlung des Verfassers, im k. k. Hofnatura-
liencabinet zu Wien, in den Museen zu St. Petersburg, Moskau,
Dorpat. (Kolenati.)
12. Art. Diplostaspis transversa Kolenati, die Floghantmilbe des
Langohrs.
Taf. 111, Fig. 11.
a das Weibchen von der Rückenseite,
6 ,, „ „ „ Bauchseite,
c „ Männchen von der Oberseite,
d die Borste,
e das Rückenschildchen.
Beitrage zur Kfiintuiss der Arachiiideii. 165
Die Füsse mit langen Borsten, keine über den Rücken geschla-
gen, das länglich ovale Rückenschildchen glänzend, sehr fein quer-
wellig nadelrissig, mit 76 in neun Reihen gruppirten, ungleich grossen,
meist rundlichen Gruben, das Bauchschildchen rundlich elliptisch,
fein quervvellig runzelig, die vorderen Fusspaare weit von den hinte-
ren in ihren Einlenkungen abstehend, der Leibesrand zwischen den-
selben flach buchtig, die Blinddärme seitlich, wenig gekrümmt, in
der Mitte durch einen Querstreifen, welcher sich bei dem Männchen
nach vorne ausbreitet, verbunden, die Analgegend mit 4 Borsten,
beim Weibchen vordem hinteren Leibesrande oben 12 von einander
entfernt stehende Borsten; die Borsten durchaus dicht flachbogig
querrissig.
Länge des Körpers: 0 0012 Pariser Meter.
A u f e n t h a 1 1. Am Patagium des Plecotus auritiis L i n n e , in ganz
Europa, nicht sehr häufig. (Kolenati!)
Typen in der Originalsanmilung des Verfassers, im k. k. Hofnatura-
liencabinete zu Wien, in den Museen zu Berlin, St. Petersburg,
Moskau, Kopenhagen, Dorpat. (Kolenati.)
13. Art. DIplostaspis stellata Kolenati, die Flughantmilbe des
Bothknrzohrs.
Taf. III, Fig. 12.
a das Weibchen von der Rüclienseite,
b „ „ „ „ Bauchseite,
c „ Männchen von der Rückenseite,
d die Borste,
e das Rückenschildchen.
Die Füsse mit mittellangen Borsten, keine über den Rücken ge-
schlagen, das kleine länglich ovale Rückenschildchen nadelstichig, mit
32 in fünf Längsreiben gruppirten, meist gleich grossen, rundlichen
Gruben, die vier vorderen in der zweiten Querreihe stehenden Gru-
ben sind länglich, das Bauchschildchen seitwärts abgerundet rhom-
bisch, mit schuppiger Sculptur , die vorderen Fusspaare in ihrer
Einlenkung weit von den hinteren abstehend, der Leibesrand
zwischen denselben bogig hervortretend, die Blinddärme sternför-
mig, beim Weibchen unregelmässiger, die Analgegend des W^eib-
chens mit 20 dicht stehenden langen, des Männchens mit zwei
] 66 K o I e n a t i.
kurzen Borsten; die Borsten durchaus dicht gezähnt querrissig und
an der Spitze stumpf.
Länge des Körpers: 0-0012 Pariser Meter.
A 11 f e n t h a 1 1. Am Palagium des Brachyotus Daubentonii Leisler,
in ganz Europa, nicht sehr häufig. (Kolenati!)
Typen in der Originalsammlung des Verfassers.
14. Art. Diplostaspis arcuata Koch, die Floghautuillbe des grosfien
Waldseglers.
Taf. IV, Fig. 13.
a das Weibchen von der Oherseiie,
b „ „ „ „ Unterseite,
(• „ Männelien von der Oberseite,
d die Borste,
e das Rückenschildchen.
Dermanissus arcualus Koch. Deutsch. Crust., Myr. u. Arach. h. 24, n. 2 — 3 u. 168, 2 — 3.
Sarcoptes Vespertitionis Koch in Herrich-Schäff. ins. Deutschi. Heft. 167. Tab. 23 'J.
Länglich oval, die Füsse langborstig, von denen zwei am vor-
deren, und eine am zweiten Fusspaare nach hinten über den Bücken
stehen , das längliche, geschweift elliptische Bückenschildchen mit
34 fast in vier Längsreihen gruppirten, grösseren und kleineren, runden
und länglichrunden Gruben, die Blinddärme beim Weibchen hinten
einander genähert, in der Mitte durch eine nach vorne bogige Quer-
anastomose verbunden, nach vorne bogig aus einander tretend, beiiu
Männchen bogig, nach hinten verbunden und in der Mitte vereint säu-
lenförmig nach vorne tretend, das Bauchschildchen klein, abgerundet
herzförmig, mit dem schmäleren Ende nach vorne, gekörnt, zwischen
den vorderen zwei und hinteren Fusspaaren ein Abstand, welcher fein
eingekerbt ist und in der Einkerbung eine lange abstehende Borste
trägt, das hintere Fusspaar einander wenig genähert, die Analgegend
des Weibchens mit vier Borsten und der Hinterrand mit einer Reihe
dichtstehender kurzer Borsten, die Analgegend des Männchens mit
2 und oberhalb derselben mit 16 Borsten; die Borsten durchaus
sehr flachbogig spiralig querrissig.
Länge des Körpers: 0-0015 Pariser Meter.
i) Dermanissus alhulus Koch. Deutsch. Cnist.. Myr. u. Arachn. h. 24. ii. 3 ii. 168, ä,
ist mir ein Jugendziistand derseMjen Art.
Aach Koch soH auch Acarus Vesperliliuuis Hermann. Meni. apte'r. paff. 84, 9.
pl. I, (ig-. 14, dahin gehören.
Beitrao-e zur Kpnnfniss der Arachniilen. 16T
Aufenthalt. Am Vütügiiim des Panugo iioctula Dauben ton, in
ganz Europa, sehr häufig. (Ko lenati! Koch!)
Typen in der Originalsatninlung des Verfassers, im k. k. Hofnatura-
liencabinet zu Wien, in den Museen zu Kopenhagen, Stockholm,
St. Petersburg, Moskau, München, Dorpat, Jena. (Ko lenati.)
Genus: Heterostaspis Ko lenati.
Der Körper breit elliptisch, bei beiden Geschlechtern
gleich, ohne Kleb rand, der Rand wulstig, alle Füs se gleich,
fast von der Länge des Körpers, in ihren Einkerbungen und Gliede-
rungen kurzborstig, concentriseh gelagert und wenig oder
gar nicht von einander entfernt, ohneHaftscheerehen
an der Basis ihrer Einlenkung, die obere Fläche des Körpers mit
einem grossen ungetheilten , doppelt sculpirten Hornschilde, mit
ungleich grossen Erosionsgruben, die untere Fläche
m i t e i n e m k 1 e i n e n f e i n sculpirten S c h i I d c h e n , die Augen
an der Unterseite des Kopfes einander entrückt, unterhalb der Ein-
lenkung der Fühler. Bewohnen die Flughaut der Gymno rhinen.
Anmerkung. Diese Gattung dürfte bei den südlichen Gymnorhinen
noch viele Repräsentanten haben und bildet das vermittelnde
Glied zwischen TinogUschrus und Diplostaspis.
1. Art, Heterostaspis octastigina Ko lenati, die Flnghautniilbe der
Cappacinischea Fledermaus.
Taf. IV, Fig. 14.
a von der Oberseite,
b „ „ Unterseite,
c das Rückenschildctien,
d die Borste.
Am vorderen Fusspaare je 2 über den Rücken zurückge-
schlagene Borsten, das eiförmige Rückenschild glatt, in der Mitte
mit einem länglich ovalen Felde, welches 11 kleine runde Gruben
trägt, hinter diesem Felde 2 kleine querrundliche, und um das-
selbe herum 8 sehr grosse ovale und rundliche Gruben, das
Bauchschildchen klein, rundlich herzförmig, mit dem schmäleren
Ende nach vorne, gekörnt, der Körper zwischen den vorderen und
168 K o I e 11 a t i.
hinteren, etwas von einander abstehenden Fusspaaren eingekerbt,
an der Unterseite um das Schildchen 4 und zwischen den Hinter-
beinen ebenfalls vier kurze Borsten, an der Oberseite am hinteren
Seitenrande jederseits 5 von einander entfernt stehende Borsten, die
Analgegend mit 10 kurzen Borsten, die Blinddärme nach hinten
mit einander quer verbunden; die Borsten mit sieben weit von ein-
ander abstehenden Querrissen.
Länge des Körpers: 0-0006 Pariser Meier.
A u f e n l h a 1 1. Am Patagium des Brachyotus Cappacinii Bona p a r t e,
in Südeuropa, sehr selten. (Kolenati!)
Typen in der Originalsammlung des Verfassers.
2. Art. Heterostaspis hexastignia Kolenati, die Flughautmilbe der
ägyptischen Zwergfledermaus.
Taf. IV, Fig. 15.
a die Oberseite,
ö die Unterseite,
c das Rückensehildchen,
fl die Borste.
Keine zurückgeschlagenen Borsten an den Füssen , das ge-
schweift eiförmige Rüekenschild glatt , in der Mitte mit einem
länglichen, zellig gekörnten Felde, an den Seiten mit 6 grossen
quer ovalen Gruben, das Bauchschildchen gross, breit elliptisch,
querwellig, der Körper zwischen den vorderen und hinteren an ein-
ander gedrängten Fusspaaren ausgerandet, das Rückensehildchen
trägt an seinem Vorderrande 8 nach rückwärts gerichtete entfernt
stehende Borsten, die Analgegend 2 Borsten, die Blinddärme
etwas hinter der Mitte durch eine Queranastomose mit einander ver-
bunden; die Borsten mit vier weit von einander abstehenden Quer-
rissen.
Länge des Körpers : 0-0004 Pariser Meter.
Aufenthalt. Am Patagium des Nanniigo Kolenatii Müller, in
Ägypten, sehr selten. (Kolenati!)
Typen in der Originalsammlung des Verfassers.
Beiträg-e zur Keiintiiiss der Arachniden.
DIE EINSCHILDBORSTEN-MILBEN.
Genus: Monosiaspis Kule nati.
Der Körper länglich eiförmig oder länglich elliptisch, mit wul-
stigem Rande, alleFüsse gleich, fast von der Körperlänge,
lang- und kurzborstig, die vorderen zwei Fusspaare von den
hinteren in ihrer Einlenkung durch eine Lücke getrennt, die
hinteren Fusspaare ebenfalls von einander entfernt und
nicht concentrisch gelagert, ohne Haftscheerchen, die
obere Fläche des Körpers mit einem länglich geschweift elliptischen
ungetheilten, einfach sculpirten Hornschilde, die untere
Fläche ohne Schild eben, die Augen an der Unterseite des
Kopfes ganz nahe an der Basis des Saugapparates.
Bewohnen die Flughaut der ßuscbsegler (Nannugo).
1. Art. MoDostaspis Nathusii Kolenati, die Flaghaotniilbc des
Nalhasischen Buschseglers,
Taf. IV, Fig. 16.
a das Weibchen von der Rüclccnseite,
b „ „ ,, „ Bauchseite,
c „ Miinnchen von der Oberseite,
d die Borste,
e das Rüekenschildchen.
An den Vorderbeinen je 2 nach hinten gerichtete Borsten,
das lange Rüekenschildchen mit 36 in fünf Reihen gruppirten
ungleich grossen, meist länglich runden Gruben, die Blinddärme beim
Weibchen in zwei in der Mitte verbundenen Bögen, des Männchens
fast wie ein griechisches grosses Psi , die Analgegend beider Ge-
schlechter mit 4 Borsten, der hintere Seitenrand des Weibchens
jederseits mit 14 Borsten; die Borsten durchaus hochspiralig trep-
penrissig.
Länge des Körpers: 0-0014 Pariser Meter.
Aufenthalt. Am Patagium des Nannugo Nathusii K ey s. et Blas.,
in Europa, ziemlich häufig. (Kolenati!)
Typen in der Originalsamm lung des Verfassers, im k. k. Hofnatura-
liencabinet zu Wien, in dem Museum der kais. Akademie der
■170 K o I e n a t i.
Wissenschaften zu St. Petersburg, in der Universitätssamm-
lung 7A1 Moskau. (Kolenati.)
2. Art. lUonostaspis pipistrelli Kolenati, die Flughaiitmllbe des
gemeinen Zwergseglers.
Taf. V, Fig. 17.
a das Weibchen von der Rückenseite,
b „ „ „ „ Bauchseite,
c „ Männchen von der Oberseite,
d die Borste,
e aas Rückenschildchen.
An den Vorderbeinen je 2 nach hinten gerichtete Borsten, das
längliche Rückenschildchen mit 42 vorne in zwei Reihen (je zu 4),
dahinter in einer gedrängten Mittelreihe (3), mitten in zwei Bogen-
ringen (je zu 10), hinten in einem Bogen (11) gruppirten ungleich
grossen runden und länglich runden Gruben, die Blinddärme des
Weibchens in der Mitte durch eine breite Queranastomose verbunden,
des Männchens wie ein griechisches grosses Psi, die Analgegend
des Weibchens mit 6, des Männchens mit 2 Borsten, der Hinter-
rand des Körpers bei beiden Geschlechtern mit einer Reihe kurzer
Borsten; die Borsten durchaus niedrig spiralig-querrissig.
Länge des Kijrpers: 00012 Pariser Meter.
Aufenthalt. Am Patagium des Nannugo pipisirellus D a u b e n t o n,
in ganz Europa, sehr häufig. (Kolenati!)
Typen in der Sammlung des Verfassers, im k. k Hofnaturalien-
cabinet zu Wien, in dem Museum der kais. Akademie der Wis-
senschaften zu St. Petersburg, in den Universitätssammlungen
zu Moskau und Dorpat. (Kolenati.)
Erklärung der Abbildungen.
Taf. I.
Fig.
1.
a ■ — e
" »
„
2.
a~f
n »
„
3.
n — e
» »
„
4.
a — e
„ 11.
„
ä.
a — e
„ „
f>
6.
a — d
« n
»
7.
n — d
» »
»
8.
a — e
e Diplostaspis Nattererii K 1 1 i.
„ MyotlKM].
„ Nilssonii K\{\.
„ carnifex Koch.
„ dasycnenii K\l\.
„ ]}si Kl t i.
„ discolor Klti.
„ barhastelli Klti.
Beiträge zur Kenntniss der Arachniden. 171
Taf. III. Fig. 9. a — e Diplostaspis mi/slacina K\t'\.
„ „ „ 10. ö — e „ cäiataKll'i.
„ „ „ 11. rt — c „ transversa K. Hl.
„ „ „ 12. n — 6" „ siellafa K\t\.
„ IV. „ 13. ß — e „ arcnata Ko eh.
„ „ „ 14. a — d Helcrostaspis octastigma KIti.
„ „ „ lo. a — d „ hexastigtua K]t\.
„ „ „ 16. ft — e Monostaspis NathusiiVi.\i\.
„ V. „ 17. a — e „ pipif'sl) d.k .\lSitÄUiii>'.sb d.k.Akari.dU' iiiatlMialiinrCI.XXAT IM X" 9, IH."i9.
Aus älcfcHof-u Sraats.dTirc'keift
Kolcrmti Bwh-äö,. zin- KiMiiifnir.s iI.t .\r,i ilinidi
Taf.VU.
.'S
w
\m
.Sil/.iuitj'.sl) (l.k Aka(i.d\\: iiialli n«lunvl'l.\.\,\"\' IM X? 9. 18.i9.
KoIeiiati-ÜMtiHii*' zia- Keimt uils der AradiiittlMi. ral".Vlll.
Ji s.
w
^
3J b.
3; et.
Aus clfcfc.Hof. ußtaatsciiucferer
Sitaixntfsb.dk.Akad.d.W. iiuUli. naturwCIXX.XT BflN" 9. 1859.
SITZLINGSBKKICHTK
KAISEKLICHEN AKADEMIK DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
XXXV. B41^l).
''' SITZUNG VOM 7. APRIL 1859.
N?10.
14
191
X. SITZUNG VOM 7. APRIL 1859.
Der Seeretär liest ein Schreiben von Herrn Dr. Hochstetter:
in See, 14. December 1858.
Herr Director Kr eil le<}:t das Manuscript der zweiten Abthei-
lung des siebenten und der ersten Abtheilung des achten Bandes
der von der k. Akademie herausgegebenen meteorologischen Jalir-
bücher vor.
Herr Prof. Dr. Reuss übersendet eine Abhandlung: 5,Über
einige Anthozoen aus den Tertiärschichten des Mainzer Beckens".
Von Herrn Dr. Prestel aus Emden ist eine Abhandlung ein-
gelangt, betitelt: ,,Beobachtungen über die mit der Höhe zunehmende
Temperatur in der unmittelbar auf der Erdobertläche ruhenden
Region der Atmosphäre"; diese Abhandlung wird zur Bericht-
erstattung bestimmt.
Herr Professor U n ger legt die erste Abtheilung einer grösseren
Abhandlung: j,Sylloge plantarum fossilium" vor, welche in den
Denkschriften erscheinen wird.
Herr Professor Brücke überreicht: Kleine Mittheilungen aus
dem k. k. physiologischen Institute an der Universität in Pest; von
Herrn Professor J. Czermak.
Herr Bergrath Ritter von Hauer liest im Namen des Herrn
Sectionsrathes Haidinger eine Abhandlung: Die grosse Platin-
Stufe im k. k. Hof-Mineralien -Cabinet, Geschenk des Fürsten Anatole
Demidoff.
Herr Professor Ritter von Perger spricht: „Über die Licht-
empfindlichkeit des Asphalts".
14 -
192
l)ei' Akademie wurden folgende, die mathematisch-naturwissen-
schaftliche Classe betreffende Bücher zugesendet:
Annalen der Chemie und Pharmacie von J. Wo hier, J. Liebig
und H. Kopp. Band CIX, Heft 2, Februar. Leipzig und Heidel-
berg, 1859; 80-
Au Stria, Jahrgang XI, Heft 12, 13. 1859.
Bauzeitung, Allgemeine, herausgegeben von Prof. L. Fürster.
XXV. Jahrgang, 2. Heft sammt Atlas. Wien, 1859.
Cosmos, aiinee VIII, vol. XIV. livr. 12, 13. Paris, 1859; 8o-
Gesellschaft, Deutsehe geologische. Zeitschrift, Band I — X.
Heft 1, 2, 3. Berlin, 1849 — 59.
Ge we rbe verein. Nieder- österreichischer. Verhandlungen und
Mittheilungen. Heft 1, 2, Jahrgang 1859. Wien; 80
Land- und forstwissenschaftliche Zeitung. IX Jahrgang. Nr. 9, 10.
Wien, 1859; 8o-
Lotos, IX. Jahrgang, Februar 1859; 8o-
Mayer, Hermann von. Zur Fauna der Vorzeit. Abtlw^ilung IV.
Reptilien aus dem lithographischen Schiefer des Jura in Deutsch-
land und Frankreich. 1. Lief. Frankfurt a. M., 1859; Folio.
Meyr, Dr. Gust. L. Beitrag zur geographischen Verbreitung der
Tingideen. (Sep.-Ahd. aus den Verhandlungen der k. k. zoolo-
gisch-ltotanischen Gesellschaft in Wien.) 1859; 8"" — Beiti-ag
zur Ameisenfauna Russlands. 8o-
M itt h e ilung e n aus Justus Perthes' geographischer Anstalt von
Dr. Petermann. 1858, XIII. Gotha; 4o-
Society, The literary and phiIosoi)hical of Manchester. Proceedings,
Nr. 1, 1857. 8*>- — Memoirs. Fifteenth volume, p. 1. London,
1858; 8«-
Verein, Nassauischer Arzte für das Jahr 1856. Red. v. Dr.
P. Menges. Weilburg; 4»-
Vierteljahrschrift für wissenschaftliche Veterinär- Kunde, von
Prof. Dr. Müller und Prof. Dr. Roll. XII, Band, Heft 1.
Wien, 1859; 8»
Wiener medicinische Wochenschrift von Dr. Wi tt el shöfer.
Nr. 13, 14. 1859; 4«-
193
ABHANDLUNGEN UND MITTHEILÜNGEN.
Über einif/e neue Acephalen- Arten aus den unteren Tertiär-
schichten Österreichs und Steiermarks.
Von Dr. Friedrich Rolle,
Aisistent am k. k. Huf-Miiiuralieu-Cabinet lu Wien.
(Mit 2 lithogr. Tafelu.)
(Vorg-elegt in der Sitzung- der k. Akademie vom 3. Februar 1839.)
Unter den im Verlaufe der voranschreitenden geologischen Auf-
n;ihmeii des Landes uf^n aufüefundeiien Fossilien, welche zur Bestim-
mung im k. k. Hof-Mineralif^n-Cabiiiet vorgelegt wurden, zeichnen
sich einige neue Acnphalen-Arten aus den unteren Tertiärschichten
aus, von denen eine von dem Hilfsgeologen der k. k. geologischen
Reichsanstiilt Henn H. Wolf, zwei andere von dem derzeitigen
Commissär des steiei-märkischen geognostisch -montanistischen Ver-
eins, Herrn Theobald von Zollikofer, gefunden und mir zur Be-
schreibung freundlich überlassen wurden. Es ist namentlich die
stratigraphische Bedeutung für unsere Gegenden, was mich ver-
anlasst, diese neuen Vorkonunnisse naher zu erörtern.
I. Teredina austriaca Rolle.
Taf. 1, Fig. 1, 2.
Schale frei, kuglig, vorn geschlossen? hinten klaffend; sehr
dünn. Wirbel stark, deutlich nach vorn und innen eingeknimmt.
Oberfläche sehr fein und regelmässig und zwar über den grössten
Theil der Schale hin concentrisch gestreift.
Es liegen mir nur einige Steinkerne vor, die an einzelnen
Stellen Stücke der sehr dünnen feinstreifigen Schale zeigen.
•| ()l^ Rolle. Über einige neue Acepliülen-Artcii
Eine tiefp, vom Wirbel aus zur Unterseite und etwas nach vorn
verlaufende, eine vorsprins^ende Leiste der inneren Schale ein-
schliessende Furche trennt den Steinkern in zwei ungleiche Hälften»
von denen die etwas mehr abgestutzte Vorderhälfte kleiner als die
in der Mitte abgeschnürte mehr flügeiförmige Hinterhälfte ist.
Der vordere Theil der Schale zeigt feine Längslinien, die sich
unter der Loupe als sehr regelmässig und als vollkommen gleich weit
von einander abstehend herausstellen. Die Zwischenräume zeigen
eine noch viel feinere, dichte regelmässige Quer- (Radial-) Streifung.
Von der Spitze des Wirbels gebt eine deutliche Einbucht des vor-
deren Schalentheils bogenförmig zum oberen vorderen Ende der
Schale und stellt eine Art von Lunula dar. Die Anwachslinien der
Schale wenden sich hier rasch mit schwacher Abrundung unter einem
fast rechten Winkel zu ihrem übrigen Verlaufe nach oben. Eine vom
Wirbel zum vorderen unteren Eck verlaufende Linie begrenzt den
vorderen, concentrisch gestreiften Theil der Schale. Die Anwachs-
liiiieii wenden sich hinter dieser Linie alsbald unter rechtem Winkel
nach unten. Die Schale zeigt hier gegen unten und vorn einen
rechtwinkligen Ausschnitt, der einem (an den vorliegenden Exem-
plaren nicht erhaltenen oder überhaupt nicht entwickelten) acces-
sorischen Schalentheil von Teredlna, dem Vorderschild (bouclier)
entspricht.
Der durch die breite mittlere Einfurchung abgegrenzte hintere
Theil der Schale zeigt eine von der Hinterseite des Wirbels herab-
kommende zweite tiefe Einfurchung. Am Steinkern erblickt man auf
dieser Furche concentriscbe, dem unteren Schalenrand parallele
Linien. Von der Aussenfläche dieser hinteren Hälfte der Schale ist
auf den mir vorliegenden Exemplaren nichts zu erkennen. Doch dürfte
dieselbe, der Analogie nach zu schliessen, durchaus concentrisch
iiniirt sein.
Die Höhe, Breite und Dicke der ganzen Schale sind fast gleich
und betragen je 20—22 Millimeter (9— 10 Wiener Linien); die
Länge von hinten nach vorne wiegt nur um ein Geringes gegen die
Höhe und Dicke vor.
Was die generische Stellung dieser Art betrifft, so kann man
bei der unvollkommenen Erhaltung der vorliegenden Exemplare
zwischen Teredo, Teredina und Xylophagn schwanken. Die Schalen
von Teredo und Xylophaga sind einander sehr ähnlich, nur soll die
;iiis den unteren Terti;irscl)ielileii Osterreiehs und Steieriii;irks. | Qq
von Ti'-redo an beiden Enden, die von Xylophfifju nur am einen
Ende utFen sein. Hierüber lassen die vorliegenden fossilen Exemplare
niclit bestimmt genug entscheiden. Form der Schale und Anwachs-
streifung deuten aber noch weit mehr auf Tercdina und zwar eine
der untereocänen Pariser Tered'nia personuta Lam. sehr nahe
stehende Art. Was TerediiKi betrifft, so kann allerdings auf den
ersten Anblick hin eine solche freie kuglige dünne Schale, wie die
hier erörterte, an die mit einer langen kalkigen Röhre verwachsene
dickschalige von Teredhui nicht wohl erinnern, aber das junge Thier
der eocänen Tercdina personata Lam. ist nach Deshayes (Traite
elementaire de Paleoiitologie I. Paris 1843 — I80O, p. 65) frei und
die Schale dann derjenigen der an Europa lebenden Xi/lophac/a dor-
sulla Turton in hohem Grade ähnlich.
Vergleicht man die vorliegende Form der einer noch freien
Schale von Tercdina personata Lam., so zeigt sich die Anwachs-
streifiing des V'ordertheils der Schale fast vollkommen bei beiden
übereinstimmend, nur der Vorcb'rschild der Pariser Art fehlt hier,
und seineStelie deutet nur der rechtwinklige AusschnittderSchale an.
Eine Abweichung besteht aber haupfsächlicli darin, dass Tere-
dina personata vorn stärker abgestutzt ist, dass bei ihr die Wirbel
nur einzu, nicht nach innen und seitlich eingekrümmt sind, und dass
keine Andeutung einer Liunda vorhan(ien, sondern gegen das obere
vordere Ende der Schale die Anwachsstreifen merklich gerundeter
sind als bei der österreichischen Form. Ich betrachte darnach
letztere als eine eigene, aber der Pariser sehr nahe stehende Art.
Vielleicht ist auch die Lebensweise eine andere gewesen; die Pariser
Art lebte in Sand eingebohrt, die österreichische kam in Lignit vor-
Endlich ist auch noch zu bemerken , dass der Steinkern der
österreichischen Art keine Spur des grossen Z;ihns erkennen lässt, der
in der ausgewaclisenen, dickschalig gewordenen Schale der 2'eredina
personata unter jedem Wirbel gekrümmt hervorsteht. Entweder fehlt
er jener ganz, oder entwickelt sich auch bei der Pariser Art erst
mit dem Alter so stark. Das Hinterende der Schale weicht sehr
von dem der T. personata ab, doch lässt sich darüber nicnls Be-
stimmtes äussern, da von der letzteren keine Kerne der jungen
Schale, von der Österreichischen keine Schalenobertläche des Hinter-
theils bekannt sind. Bei der Neuheit des Fundes und der geringen
.\ussicht, je wieder andere und besser erhaltene Exemplare des Fossils
I 9ß Rolle. Über einige neue Acephaleii-Arten
ZU erhalten, glaubte ich jedenfalls dessen Beschreibung veröffentlichen
zu müssen.
Teredinct ansfrinca Rolle stammt aus der wahrscheinlich
eocänen Glanzkohle, welche tlieils in geringen, aber ndch bau-
würdigen Flötzeil, theils in ganz unbedeutenden Zwischenschichten
in dem am Nordrande des Wiener Waldes von ONO. in WSW.
in widersinniger Lagerung hinstreichenden Sandstein- und Conglo-
merat - Gebilde auftritt. Bergrath von Hauer zählt die Schichten
dem „eocänen Wiener Sandsteine" zu. (Vergl. J. Czizek, die
Braunkohle von Hagenau und Starzing. Jahrbuch der k. k. geolo-
gischen Reichsanstalt III, 1852, Heft 2, S. 40, und F. von Hauer,
über die Eocängebilde im Erzherzogthum Österreich und in Salzburg.
Ebenda 18Ö8, IX, S. 103.)
Die Steinkeriie fanden sich in einer unansehnlichen Kohlen-
schichte, die an der 5 Meilen westlich von Wien gelegenen Station
derW^estbahn Nenlengbach mit einer Brunnen-Abteufung zufällig
erreicht wurde. Ich verdanke Herrn H. Wolf, der im Herbste 1858
die bei Anlage der neuen Eisenbahn von Wien bis Linz gemachten
Entblössungen behufs geologischer Untersuchung bereiste, die Kennt-
niss dieses Vorkonmiens.
Jene Kolilenschichte, in der zu Neulengbach das beschrie-
bene meerische Fossil vorkam, liegt ungefähr 1 »/a Stunde in West-
Süd- West von Starzing, wo auf demselben kohlenführeiiden
Schichtenzuge ein Flötz einer schönen, aber geringmächtigen und
sehr steil gelagerten Glanzkohle noch jetzt in Betrieb erhalten wird.
Bergrath von Hauer gedenkt des Vorkommens einer nicht näher
bestimmten in dem das Liegende (das scheinbare Hangende) des
Starzinger Kohlentlötzes bildenden dunklen Mergelschiefer vorge-
kommenen Solecurtits- Art, woraus wenigstens so viel hervorgeht,
dass auch zu Starzing gleich wie zu Neulengbach die Kohle
eine meerische Ablagerung ist.
Das Altersverhältniss dieser Gebilde ist wegen der Seltenheit
organischer Reste zwar noch nicht vollkommen festgestellt, doch
sprechen die Verhältnisse im Allgemeinen, namentlich das Vorkommen
von Nummuliten in dem wahrscheinlich das Liegende (scheinbare
Hangende) der kohlenführenden Schichten bildenden Sandsteinzuge
von Greifen st ein und St. Andrä für eocäne Gebilde. Das be-
schriebene Vorkommen einer der iiiitereoeänen TercdiiKi persoiidtu
aus ileii unteren Tertiiirscliiehten Österreichs und Steiermark». 19^
Lnm. von Cuise-Ia-M otte ii. a. 0. in Fruukreich nalie stehenden
Teredina - k\'i tritt nunmehr Ber|?rath V(jn Hauer's Ansicht
bekräftigend hinzu. Es liegt anderseits keine Thatsaehe vor. welche
dagegen spräclie: zu den Neogen - Seliichten des nahen Wiener
Beckens ist der Abstand sowohl in der petrogiaphischen Natur und
Lagerung der Gesteine als auch ihrer Fossilführung ein allzu be-
trächtlicher, als dass man an eine Altersgleichheit denken könnte. Ein
fossiles Holz mit deutlich erhaltenem Gefiige, das ich bei einem Be-
suche der Starzinger Kohlen-Grube in dem das Flötz begleitenden
dunklen Mergel auffand, und dessen Untersuchung vielleicht Herr
Professor Unger noch ausführen wird, könnte am ersten noch ein
entscheidendes Licht auf diesen der näheren Feststellung noch sehr
bedürftigen Gegenstand werfen <).
2. Venus incrassata Sow. yar. stiriaoa Rolle.
Taf. I, Fig-. 3.
Schale gerundet dreiseitig , fast gleichseitig , hocligewölbt.
Wirbel etwas vor der Mitte der Schale, dicht über dem Schloss-
rande gelegen, unversehrt, nicht angenagt, spitz, schief nach vorn
und abwärts gewendet, sehr wenig eingekrümmt.
Vorder- und Hinterseite gegen den Schlossrand zu rasch ab-
fallend , namentlich die Hinterseite fast abgestutzt. — Hinterseite
sanft ausgebogen, fast geradlinig, Vorderseite sanft eingebogen. —
Unterseite (Stirnrand) in der hinteren Hälfte gerade, mit dem auch
fast geraden Hinferrand unter einem nahe rechten Winkel ein abge-
rundetes Eck bildend, gegen vorn aber sanft abgerundet und in weitem
Bogen in den Vorderrand übergehend. — Rücken gewölbt, über den
Wirbel hinab steil gerundet, gegen die Unterseite hin flach abfallend,
— Zwischen dem Rücken und der steil abgerundeten Hinterseite
verläuft ein schwacher , breit abgerundeter Kiel , dem hinteren
unteren Eck des Umfangs entsprechend.
1) Gerade noch vor Abschluss des Druckes erhalte ich durch die Güte von Herrn
Professor Unger die Nachricht, dass das fossile Holz vonStarzing' nach dessen
mikroskopischer Untersuchung mit der obermiocänen Peuce Hoedliana Ung. aus
dem Voitsberg-Köflacher ßraunkolilenhecken übereinstimmt, einer Art, die man
im Gebiete des „Wiener Sandsteins" keineswegs hätte im Voraus erwarten kön-
nen. Das eigentliche Altersverhältniss des fragliehen Scliichtenzuges wird durch
dieses unvermuthete Auftreten einer Pflanzenart, die sonst nur oberniiocän auf-
tritt, noch um sn rSthselliaffer.
I 08 RdIIi'. lJI)or ("iiiii^c neue Acephaieii-Artt'u
Die Schale ist gegen den Wirbel zu am dicksten. Das
Schloss ist stark , mit drei dicken Hauptzälinen und vor den-
selben in der linken Schale noch mit einem starken kegelförmigen
Seiten- oder Lunnlar-Zahn verseben. Vor dem letzteren verläuft
noch neben dem vorderen Schlossrand eine lange, schmale, durch
eine feine Furche von dem letzteren getrennte Lamelle. Am hinteren
Schlossrande eine lange breite Furche zur Aufnahme des Ligaments
Vor detji Wirbel eine breite halbmondförmige (an der ge-
schlossenen Schale herzförmig erscheinende) Ltiinda, welche durch
eine schwache Linie umgrenzt ist.
Oberfläche der Schale am Wirbel fast glatt, nur mit einigen
flachen coricentrischen Runzeln versehen, bei grösserem Alter jedoch
über den Rücken bis zum Stirnrande hin mit ziemlich starken, diclit
stehenden, concentrischen Anwachslinien bedeckt, die auf der Z,(7//«/a
besonders deutlich sind.
Länge (von vorn nach hinten) = 26'5 Milliin. (12 Wiener Linien).
Höhe (vom Wirbel zur Stirn) = 23-4 Millim. (10-7 Wiener Linien).
Dicke (von einer Schale zur andern) = 18 Millim. ( H Wiener Linien).
Ich verdanke die von dieser neuen Art mir vorliegenden beiden
Klappen der gefälligen Mittheilung des Herrn Theobald von Zolli-
kofer, der auf seiner im Dienste des steiermärkisch geognostisch-
montanistischen Vereins im Sommer 1858 ausgeführten Aufnahme
in Untersteier dieselben in den Tertiärschichten der Cillier Gegend
aufgefunden hat.
Sie kommt nach dessen Angabe in einer Ablagerung von blauem,
zum Tbeil sandigem Mergel zu Buchberg unweit Greis im Westen
von Cilli vor. Dieser Mergel umschliesst vier Flötze einer nicht
vercoakbaren Glanzkohle. Mit der Voms zusammen , kommen
in dem zwischen den Kohlenflötzen gelagerten Mergel Cerithmm
)varg((rltaceum Brocch. sp. so wie auch einige andere , bis jetzt
nur in Bruchstücken beobachtete und noch nicht näher bestimmte
Schalthier-Arten vor. Das Alter dieser Ablagerung dürfte wohl den
mittleren oder unteren Oligocän-Schichten — etwa den meerischen
Schichten des Mainzer Beckens und den brackischen der Insel Wight
— entsprechen, wenigstens scheinen weder hier, noch in den übrigen
Schichten der Glanzkoblenbildung von Cilli entscheidende Leit-
iossilien des Wiener Beckens aufzutreten, was vermuthen lässi. dass
aiis den miliTcii Tei-ti:irsol!iolileii Ostcin-idis iiiiil Sti'ii>irii:ii!vs. 199
alle diese Schichten unterhalb des Horizonts des Wiener Beckens
fallen.
Venus mcrnssdta var. stiriaca is^ehört nach ihrem ganzen
Habitus, nach ihrem st.a-ken Vorderzalin und der nach vorn zu gele-
genen randliclien Zahnlamelle in jene mitten zwischen Cylherea
und Venns inne stehende Gruppe von Arten, als deren Hauptvertreter
man gewöhnlich die Vout!^ incrassuta Sow. nennt und die man von
den verschiedenen Schriftstellern bald bei der einen, bald bei der
andern Gattung untergebracht findet.
Es begreift diese Gruppe folgende theils in meerischen, theils
in haihbrackischen Ablagerungen vorkommende Arten und Varietäten:
1. Veyius incrassräa Sow., Min. Conch. H, S. 126, Taf. 1S5,
Fig. 1, 2 (non Lam., Desh. et auct.). Venus Meroe ßrander,
Fossil. Hant. 1776. Taf. VHI , Fig. 104, 105; id. d'Orbigny.
Prodrome II, p. 380. Et. Paris, infer. 2ö, A. Nr. 83o (non Linne.
Chemnitz). Diese Art gehört dem fluviomarinen Oligocän-Gebilde
von Hampshire und anderen Gegenden Englands an und kommt wohl
auch in gleich alten Schichten des Festlandes wieder vor. B ran der hat
sieneben Arten des Barton-clay's schon 1776aus Hampshire (Hordwell
n a. 0.) beschrieben und abgebildet, doch kaim der Name Venus
i>/f?ro^' nicht bleiben, da die von Linne und Chemnitz unter diesem
Namen schon beschriebene lebende Art des Australmeeres eine ganz
andere ist. Sowerby hat sie später als Venus hicrassnta nochmals
aus den gleichen Schichten beschrieben , und dieser TVame ist bei-
zubehalten, doch dürfen die jüngeren vonLamarck undDeshayes
ihr beigezählten Vorkommnisse nicht mitbegritfen werden.
Diese Form, wie sie Bran'^s'r und SoAverby abbilden, ist der
stiriaca wohl im Allgemeinen verwandt, das Schloss ist das gleiche,
der Vorderzahn ist vorhanden und vor diesem noch die randliche
Leiste zu erkennen. Aber der Umriss ist ein ganz anderer, die Schale
ist viel rundlicher und gleichmässiger gewölbt, namentlich die Unter-
seite stark abgerundet und nicht gerade wie bei der stiriaca; dabei
werden die englischen Exemplare doppelt so gross.
2. Ve?ins incrassaia (Sow.) auct. part., Vejius suhlaevigata
Nyst. , Coqu. foss. belg. S. 182, Taf. 13, Fig. 7. (K Maelejin
Nyst. p. 647, V. Incrassatoides Nyst. nicht V. sublaevlguta Nyst.
p. 166.) Cythcrea Incrassata Lam. id Desh. id. Forbes, geol.
survey 1856. Taf. 4. Fig. 10 u. s. w.
200 Fi o I 1 e. Über einige neue Acephalen-Arteii
Ich begreife unter 2 eine Reihe von oligocänen Vorkommnissen,
welche seit Lamarck gewöhnlich unter dem Namen Cytherea
incrassuta aufgeführt werden , und sich durch den geraderen Ver-
lauf des Stirnrandes vor andern auszeichnen.
Diese oligocänen Vorkommnisse ändern je nach den Fundorten
und offenbar auch je nach ihrem Aufenthalte in meerischem oder
mehr brackischem Gewässer sehr unter einander ab; manche haben
mehr die gerundete Form der echten V. incrassata Sow., andere
nähern sich mehr oder minder der dreiseitigen stirinca. Am
meisten schliessen sich die Mainzer Vorkommnisse (Cytherea Brnuni
Ag.) der echten V. incrassata Sow. an, ihr Umriss ist nahe der
gleiche , nur die fast gar nicht umschriebene Lunula trennt sie von
der englischen, deren Lunula umgrenzt ist. Mit der stiriaca haben
die Mainzer keine Ähnlichkeit.
Die Vorkommnisse aus den oberen Pariser Schichten (sables
marins super ieursj Cytherea incrassata Lam. Desh. von Jeurre,
Versailles u. a. 0. (Desliayes Coqu. foss., Paris I. p. 136, Taf. 22.
Fig. 1 — 3) weichen von der stiriaca weit ab, sie sind entschieden
abgerundeter und flacher, die Interseite immer sanft gebogen,
nie gerade. Dasselbe gilt von den Vorkommnissen von Wolmirsleben
bei Magdeburg, ferner von denen von Kleinspauwen, ßergh und
anderen Fundstätten des Tongrien von Belgien.
Nahe verwandt bleiben sie indessen doch allgesamnit der
steirischen in der Schlossbildiing, namentlich findet man unter den
belgischen und den Pariser Exemplaren einzelne, welche vor dem
vorderen Seitenzahn die randliche Zahnleiste deutlich zeigen, wo-
gegen sie anderen, sonst ganz gleichen Exemplaren aus derselben
Ablagerung völlig abgeht. .la diese Veränderlichkeit in der Schloss-
bildiing geht bei dieser Gruppe so weit, dass einzelne von mir selbst
in den brackischen Cerithien-Schichten von Hoch heim bei Mainz
gesammelte Exemplare nicht nur die schmale Zahnleiste , sondern
auch sogar den vorderen Seitenzahn entbehren und daher, wenn man
nur diese einzigen Exemplare vor .Augen hätte, jedenfalls zu Venus
und nicht zu Cytherea zu stellen wären.
Bei weitem am nächsten kommen der steirischen manche von
den Engländern als C. i?icrassata aufgeführten Exemplare aus den
oligocänen Brackwasserschichten der Insel Wight (Colwell-Bay)-
Sie sind dreiseitiger als alle übrigen oligocänen Vorkommtn'sse,
ans den unteren Tertiärschichten Österreichs und Steiermark«. 20 1
der hintere untere Rand bildet ein abgerundetes Eck, welchem eine
schwache breit abgerundete Kante am hinteren Rande des Rückens
entspricht. Indessen sind sie stets flacher als die stiriacn , der
Hinter- und Vorderrand nie so steil abfallend, die hintere Rücken-
kante minder ausgesprochen, der hintere Theil des Unterrandes nie
grad, sondern stets sanft abgerundet. Von einem Dutzend Exem-
plaren der Sammlung des k. k. Hof-Mineralieii-C;ibiuetes aus den
Ablagerungen der Insel Wiglit weicht selbst das der steirischen
Form am nächsten kommende noch in jenen Charakteren so sehr ab,
dass die Selbstständigkeit der stiriaca augenfällig bleibt.
3. Vc'tius suborbicularis Goldf. , Petref. Germ. II, S. 247,
Taf. 148, Fig. 7, aus den obersten Oligocän-Schichten von Runde
in Westphalen, weicht sowohl von der stiriaca als auch den unter 2
zusaaimenbegrifFenen oligocänen Formen bestimmt ab und scheint mir
eine wohl abgegrenzte Art zu bilden. Sie ist von viel mehr kreisrunder
Form, ferner viel mehr kuglig gewölbt als alle bereits erörterten Vor-
kommnisse, dabei dickschaliger, der Stirnrand auffallend stumpf.
4. Venus iucrassafa vor. stiriaca Rolle v. R u c h b e r g bei Cilli.
5. Cijtherea citrina Lam., Anim. sans vert. V. Pai-is 1818,
S. 587. Üeuxieme editiou VI, Paris 1835, S. 305. Deshayes,
Coqu. foss. de Paris I, S. 137. Traite eiement. I, p. 551. und 606
Taf. 18, Fi^. 11, 12, 13. — Diese jetzt noch in Neuholland lebende
.Art, von der mir keine Exemplai-e zu Gebote stehen, hat Deshayes
;ils der C. incrassata auct. in hohem Grade nahe kommend und nur
von etwas mehr gerundet dreiseitisxem umrisse beschrieben. Der
vordere keglige S(^iteiizahn isi nach ihm bei derselben durchweg
grösser, und nur hiernach erklärt Deshayes sie als von den fossilen
V^oi koininnissen verschieden abtrennen zu können.
Dies wäre also der lebende Vertreter unserer Gruppe, und da,
abgesehen von der dem Umrisse nach wohl noch am nächsten
stehenden, aber viel grössei- werdenden Venns nmbonaria Lam. sp.
Weder aus oberuiiocänen, noch aus pliocänen Schichten etwas Ähn-
lithes bekannt ist, s» scheint die Formenpruppe der F. iiicrassata zu
jenen tropischeil Organismen zu gehören, die früher aus den europäischen
Gewässern schon verschwanden. Nach Ablagerung der Schichten
von J e u r r e, K I e i n s p a u w e n , VV i g h t H o c h h e i m , und Bünde
sclieint sie in Folge des Sinkens der Temperatur in den europäischen
Moeren ausgestorben zu sein oder in südlichere Meere sieh zurück-
2Q2 Holle. ÜIkm einige neue Aieplinlcn-Arten
gezogen zu liaben, ohne noch iit den Horizont des Wiener Beckens
hereinzureichen. Ob die noch lebende Cytherea citrina Lani. am
Schlüsse der Oligocänepoche aus den europäischen Gewässern ver-
drängt in die Australischen gelangte, oder ob vielmehr die Gruppe
der C. incrassata in der Eocän- und Oligocän-Epoche schon in der
östlichen Haliikugel vertreten war und gleich so manchen anderen
alten Typen hier ununterbrochen bis zur Jetztwelt sich fort erhielt,
indess sie in unseren Meeren erlosch, darüber wird man bei besserer
Kenntniss der Tertiärfossilien von Australien und dem bena^ hbarten
Asien künftig einmal genauer entscheiden können. Doch dürfte der
letztere Fall vorläufig wohl als der wahrscheinlichste gelten. Der
neogene Nachfolger der incrassata in den europäischen Meeren ist
dann die Venus umbonuria Lam. sp., die bis in die oberen Pliocän-
Schichten (Asti, Nizza) geht und hier erlischt.
Was von den verschiedenen Arten und Varietäten dieser Gruppe
nun die stiriaca im Besondern betrilVt, so möchte ich nach den oben
erörterten Ergebnissen meiner Vergleichungen sie wohl als blosse ört-
liche Varietät der C. incrassata auct. deuten, man könnte überhaupt
alle hier aufgeführten Formen von der C. incrassata Sow. der
untersten Oligocän-Schichte an bis zur heute noch lebenden C. citrina
Lain. der Küsten von Neuholiaiid zu einer einzigen, eine Menge
von örtlichen und geologisciien Varietäten bietenden Art zusammen-
fassen. Es ist das mehr eine Frage der Form und der individuellen
Meinung als der Sache.
Was die generische Stellung betrifft, so schwankt sie bekannt-
lich zwischen Cytherea und Venus, für erstei-e Gattung spricht der
keglige Vorderzahn, der aber freilich bei manchen Localabänderungen
(ranz verschwinden kann. Es käme hier also einzig und allein auf
die Charaktere des Thieres der noch lebenden Cytherea citrina an;
diese Art scheint indess bis jetzt wohl nur der Schale nach gekannt
zu sein. Wie 1) es ha y es, Traite element. I, p. 583 versichert, sind
nach dem jetzigen Stande uiiseier Kenntnisse die Gattungen Vemis
und Cytherea nicht mehr blos der Schalenform nach, sondern auch
nach den zoologischen Charakteren des Thieres unterscheidbar.
Unter diesen Umständen habe ich nach mannigfacher Erwägung für
das beste erachtet, die incrassata zu Venus zu bringen, da Venus
umbonuria Lam. von allen Paläontologen dermalen zu Venus ge-
rechnet wird, diese Art aber, die im ausgewachsenen Zustande'
aii> ilcii unteren Tertiärscliichteii Österreichs iukI Steiermarks. 203
entschiedet! das Schloss von Voius hat, in der Jugend oft den Vorder-
/aliii und selbst die vordere Zahnleiste der Incrftf^safa hat und die-
selben erst mit dem Heranwachsen verliert.
3. Nacala Zollikoferi Holle.
Taf. I. Fig. 4.
Schale klein, schief-eifijrmig, fast herzförmig, schwach gewölbt,
vor und hinter dem Wirbel rasch abfallend, gegen die Stirne zu
tlach. Stirnrand scharfkantig. Wirbel im vorderen Drittel der Schale,
massig stark, sehr wenig eingekrümmt, Lunula doppelt so lang als
breit. Die grösste Höhe liegt im vorderen Drittel der Schale, nach
hinten zu nimmt die Höhe rasch und gleichmässig ab. Der hintere
Schlossrand grade, der Stirnrand sanft vorgebogen, der Vorderrand
eingezogen.
Oberfläche der Schale mit zahlreichen, dicht stehenden Radial-
streifen und mit wenigen starken Anwachsstreifen versehen. — Die
Radialrippen zeigen sich unter der Loupe breit, sehr flach gewölbt,
sehr regehuässig, gleich breit und gleich entfernt stehend, nur gegen
vorn und hinten zu werden sie etwas schmäler. Sie erscheinen ge-
trennt durch schmale tiefe , sehr regelmässige Furchen. — Die
Anwachsstreifen treten nur als sparsame stärkere Linien und in sehr
verschiedener Entfernung von einander auf.
Diese Art scheint klein zu bleiben. Es liegen mir nur zwei
Exemplare vor, das grössere abgebildete zeigt folgende Dimensionen:
Länge = 9'2 Millimeter: 4-2 Wiener Linien.
Höhe = 8-.1 Millimeter; 38 Wiener Linien.
Dicke =5 Millimeter; 2*3 Wiener Linien.
Ich kenne nur wenige tertiäre Nncu/a-Avlen , die sich der
Xncnla ZoUncofcri nähern.
Nurula ArchiarhümN y st Coqu.foss.äe la Belg.S. 234,Taf.24.
F. 1 fXucuhi pectinaiaMo r. non S <» w.) aus den) oberoligocänen Thon
von Boom und Baesele in Belgien ist ähnlich, aber von viel mehr
rectangniärer, voin und hinten fast gleich breiter Gestalt. Die Radial-
streifen scheinen der Abbildung nach ähnlich zu sein, werden aber in
regelmässigen Abständen von zahlreichen Anwachsstreifen gekreuzt.
Niicnla italica Defr. (!) eshayes, Expedition scient. de Moree.
Taf. ni [XXHI]. Fig. 4. 5), ans den Neogenschichten von Morea ist
2(j^ Rolle. Über einläse neue Acephalen-Arten
noch weit mehr von der N. ZoUikoferi verschieden und überhaupt
wohl nur eine deutlich gestreifte Form der in Neogenschichten so
verbreiteten N. placentina Lam.
Nnculn ZoUikoferi stammt aus den Mergeln des Nulliporenkalkes
von S. Nikolai, eine Stunde östlich von Römer-Bad bei Tuff er in
Cntersteier , und gehört der mir gemacliten Mittheilung nach den
oberen Schichten der überhaupt dort entwickelten Tertiärablage-
ruiig an. Da die von Herrn Tb. von Zollikofer in der dortigen
Gegend gesammelten Fossilien überhaupt auf ältere Schichten als
die des Wiener Tertiärbeckens deuten, so möchte ich ihnen vorläufig
ihre Stelle unter den Arten der Oligocän-Fauna anweisen, umso
mehr, da ich selbst zwei Jahre vordem für die weiter nördlich gele-
geneu Tertiärgebilde schon zu ähnlichen Ergebnissen gelangte.
4. Ostrea finibrioides Rolle.
Taf. II, Fig. 1, 2. 3.
0. digilalina {^\(i\\\\.) Hoern. part. in Czizek's Erläuteningen zur geogno-
stischei» Karte der Umgebungen Wiens. Wien 1848—49. Anhang. Seite 29.
Confer: Ostrea fmhr lata Gr^i. {\n coli.) V. Raulin etJ. Delbos. Extrait
d'une nionograplile des Ostrea des terrains tertiaires de l'Aquitaine. Bul-
letin de !a societe geologique de France. Tome XII. Deuxieme serie. 1854
ä 1833. Paris 1833, p. 1138.
Diese Auster gehört in jene Abtheilung mit strahlig gefalteter
Unterschale und coneentrisch blättriger Oberschale, zu der auch die
lebende 0. eduUs Lin. gehört. Raul in und Delbos machen in die-
ser Gruppe noch zwei Unterabtheilungen, und zu jener mit kleinem
schmalen Wirbel (FlahelMne Raul. Delb.J kommen neben Ostrea
flabellula Lam.. 0. cyathula Lam., 0. rirgota Gold f., 0. digita-
lina Eich w. u. s. w. auch 0. fimbriata G r a t. und unsere 0. fimbrioides
zu stehen.
Diese beiden gefalteten Arten, die 0. fimbriata Grat., von der
bis jetzt noch keine Abbildung besteht, von der mir aber Raul in
und Delbos Diagnose und eine grössere Menge von französischen
Exeiiiplaien vorliegen, und die 0 finbrioides , die der vorigen sich
eng anschliesst, zeichnen sich vor allem durch ihre ungewöhnliche
Dickschaligkeit aus, die sie von allrn ihren Verwandten unterscheidet.
Beide Schalen der fimbrioides sind nur sehr flach gewölbt, ihr Umriss
»UM den unteren Tertiiirsehichten üsteneiclis und Stciermiirks. 205
ist eiförmig bis abgerundet spateiförmig und nierenförmig. Die grösste
Breite befindet sich im unteren Drittel der Sehale, welche in diesem
Theile mehr oder minder nach links vorgezogen ist, was dann man-
chen Exemplaren einen ins Nierenförmige gehenden Umriss ertheilt.
Die Unterschale ist nur wenig angewachsen; die Anheftungs-
stelle beträgt etwa % — '/s, höchstens 1/4 der Schalenlänge. Die
freie Oberfläche zeigt eine grosse Anzahl (40—50 und mehr) dicht
stehende, gerundet dachförmige,durch ungefähr gleich breiteZwischen-
räume getrennte Radialfalten , die hie und da durch Dichotomirung
sich vermehren. Diese Radialfalten erscheinen durch eine kleine
Anzahl (etwa 6—8) starke concentrische Absätze der Schale mehr
oder minder unregelmässig unterbrochen. Der Wirbel ist klein und
grade. Er erreicht höchstens y^ bis 1/4 der Schalenlänge und zeigt
einen tiefen gleichmässig ausgehöhlten, fast gleich breiten Ligament-
Canal, den gewölbte, stark vortretende schmale Seitenwülste einAissen.
Ausserhalb der zwei Wülste verlaufen noch zwei schmale Furchen,
welche nach unten zu nur wenig weiter als der Wirbel reichen. Von
den grubigen Vertiefungen, die bei manchen verwandten Arien (wie
0. (ligitalina Eichw., 0. 3Ieriani M&y. u. a.) so ausgezeichnet
auftreten, ist kaum etwas zu erblicken.
Die Oberschale ist ebenfalls sehr flach gcAvölbt, gegen den
Unterrand zu am breitesten und hier ebenfalls deutlich nach links
vorgezogen. Ihre Oberfläche zeigt zahlreiche anliegende concen-
trische Lamellen und bisweilen auch unregelmässige stärkere Ab-
sätze. Ihr Wirbel ist eingekrümmt und zeigt einen flachen, breiten,
von der Wirbelspitze aus schief nach unten und links gezogenen,
gegen das Schaleninnere zu bogig vorspringenden Ligament -Canal,
den zwei breite , flache Wülste einfassen. Am oberen Seitenrande
der Schale dem Wirbel zunächst — und der an dieser Stelle der
unterenSchalegelegenen äusseren Furche entsprechend — erscheinen
ganz ähnlich wie bei 0. digitalina Eichw. (0. crispnta Goldf,
O.foveolata Raul in et Delbos u. a.^ etwa 6—8 erhabene kurze
Leistchen, welche auch am Rande der älteren, schon überdeckten
Schalenlamellen noch sichtbar bleiben und an ausgewachsenen Exem-
plaren eine Art unregelmässiger senkrechter Streifung des steilen
oberen Schalenrandes erzeugen.
Der Muskeleindruck beider Klappen gross, fast genau in
der Mitte der Höhe, etwas gegen die linke Seife zu gelegen. Die
Silzl). (1. rniUhein.-iiatiiiw. Cl. XXXV. M. Nr. 10. \\\
206
Rolle. Über einige neue Acephalen-Arten
grösste Höhe der Schale beträgt 12 bis 1*4 der Länge, im Übrigen
ändert die Form, wie bei Austern-Arten überhaupt, mehr oder minder
nach den einzehien Exemplaren ab. Die nachfolgende Zusammen-
stellung gibt die Länge und Höhe einiger niederösterreichischen
Exemplare an.
1.
Tf. II, Fg. 1.
3.
Tf. II, Fg. 3.
«A.
Länge (von vorn nach hin- |
ten) (
49 Mill.
22-3 Lin.
48-3 Mill.
22-3 Lin.
44 Mill.
20 Lin.
49 Mill.
22-3 Lin.
Höhe (von dem Wirhel zur i
Stirn) 1
64S Mill.
29-3 Lin.
39 Mill.
27 Lin.
45-3 Mill.
20-3 Lin.
70 Mill.
32 Lin.
Länge des Wirbels (von dem
Wirbel gegen die Stirn)
18 Mill.
8-2 Lin.
11 Mill.
3 Lin.
8 Mill.
36 Lin.
17 Mill.
8 Lin.
Grösste Breite des Wirbels
(von vorn nach hinten) >
9 Mill.
4 Lin.
9 Mill.
4 Lin.
8 Mill.
3-6 Lin.
11 Mill.
5 Lin.
Zur Vergleichung liegen mir eine ganze Reihe von französischen
Exemplaren vor. Sie sind etwas kürzer und gewölbter, mehr nieren-
förmig gekrümmt, die österreichischen dagegen mehr flach, länglich-
oval oder spateiförmig. Auch das Schloss weicht etwas ab, der Wir-
bel der Ostrea fimbriata ist im Verhältniss zur übrigen Schale län-
ger und breiter, die Schlosswülste sind flacher. Sonst sind sie voll-
ständig übereinstimmend, und man kann ihre geringen Abweichungen
unbedenklich der Örtlichkeit und einer geringen Verschiedenheit des
modus vivendi zuschreiben. Einzelne Exemplare beider Fundstätten
sind zudem, abgesehen vom Schloss, in allen übrigen Charakteren
ganz übereinstimmend. Ostrea cyatJmla Lam. Desh. ist wohl im
Allgemeinen verwandt, aber bestimmt verschieden, namentlich mit
viel weniger Falten versehen und durchweg dünnschaliger.
Die französischen Vorkommnisse der 0. fimbriata gehören der
Oligocän-Formation (Etage falunien inferieur. Tongrien) an und
zwar nach Raulin und Delbos, welche als Fundorte l'Herte bei
Gousse (Depart. des Landes) und la Rouquette (Depart. de
la Dordogne) angegeben, dem calcaire a asteries inferieur. In J. Del-
bos, Essai d'une description geologique du bassin de TAdour, Bor-
deaux 1854, Seite 56, wird die Austernscbichte von THert^ den
durch Natica crassatina L a m. bezeichneten Kalken und Mergeln von
aus den unteren Tertiärschichten Österreichs und Steiermarks. 207
Gaas u. a. 0. bei Dax untergeordnet. Zu l'Hert e kommt die Ostrea
fimbriataGvstt. (von Delbos 1854 noch Si\s Ostrea cyathula Lam.
aufgeführt) in gelblich -weissem sandigem Kalk mit NummuUna
intermedia d'Areh. und Nummidina Garansiana Leym. zusam-
men vor.
Das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet besitzt schon seit 1846 einige
gut erhaltene Exemplare von dieser der neogenen 0. digitalina
Eicbw. sehr nahe stehenden oligocänen Art. Sie werden in dem
1848 von Herrn Dr. Hörnes als Anhang zum Czizek'schen Werk
über das Wiener Becken veröffentlichten Verzeichniss der Fossilien
des Wiener Tertiärbeckens als „0. digitalina Eichw." von dem
Fundorte „Fuss des Hiesberges" bei Melk (oder Molk) west-
lich von Wien im Tullner Becken aufgeführt. Seit jener Zeit haben
die Aufsammlungen von Fossilien des Wiener Beckens und mit ihnen
auch die der Austern-Arten der verschiedensten Fundorte unserer
Gegend so zugenommen, dass der Gegensatz der verwandten, aber
durch ihre auffallende Dickschaligkeit abweichenden Melker Auster
gegen die zahlreichen Exemplare, welche das k. k. Hof-Mineralien-
cabinet jetzt von vielen Punkten des Wiener Beckens und zwar
vorzugsweise den Steinabrunner Schichten, so wie auch aus den
gleich alten Ablagerungen von Frankreich, Baiern, Ungarn, Steiermark,
Galizien und Polen besitzt, immer offenbarer wurde.
Neuerdings hat nun Herr H. Wolf dieselbe dickschalige Auster
auch aus einem im Jahre 1858 angelegten Einschnitt der neuen
österreichischen Westbahn am sogenannten Höpferbüch el, so wie
auch von Bielach (Pielach), beide Orte unweit vom Markte
Melk gelegen, mitgebracht. Eine Vergleichung dieser niederöster-
reichischen Exemplare mit solchen, welche vor einigen Jahren das
k. k. Hof-Mineraliencabinet von THerte im südwestlichen Frankreich
durch Herrn Delbos unter dem damals bei den französischen Geo-
logen noch gangbaren Bezeichnung „0. cyatluda"' erhielt, hat mich
dann vor Kurzem auf die richtige Bestimmung unserer Melker Vor-
kommnisse geführt und damit auch zum Nachweise des Vorkommens
einer oligocänen Schicht in unserer Gegend, wo man bisher wohl das
etwaige Vorkommen von Schichten dieses Alters öfter vermuthet hatte,
aber ein solches noch nicht hinreichend hatte constatiren können.
Man darf wohl hoffen , dass das Tullner und das oberösterreichische
Bocken mit der Zeit bei genauerer Erforschung als die bisherige war,
15*
208 Rolie. Über einige neue Acephalen-Arten
noch eine reiche Meeresfauna der oligocänen Epoche uns liefern
wird. Bis jetzt kennen wir aus derselben Schicht nur Cerithium mar-
garitaceum Brocch. sp. , welche Art das k. k. Hof-Mineralien-
Cabinet von Bielach bei Melk besitzt.
Nach Wolfs Angabe i) erfüllt die 0. fimbrioides in dem
Eisenbahneinschnitt am Höpfe r buche I , einer kleinen Anhöhe,
1/3 Stunde in SO. von Melk eine etwa 2 — 3 Fuss mächtige Bank,
welche ganz nahe an dem das Grundgebirge bildenden Gneiss auf-
tritt und vielleicht nur durch eine wenige Fuss mächtige Zwischen-
schichte von diesem getrennt ist. Darüber liegt eine mit Zwischen-
schichten von fossilführendem Tegel abwechselnde, an jener Stelle
etwa 20 Fuss mächtige, in anderen Theilen der Gegend aber weit
stärker anwachsende Sandablagerung, aus der mir zwar keine be-
stimmbaren Fossilien zu Gesichte gekommen sind, die aber nach den
von Czi'zek (geognostische Zusammensetzung der Berge von Molk,
Mautern und St. Polten in Niederösterreich. Jahrbuch der k. k.
geologischen Reichsanstalt IV, 1853, S, 264) von einer benachbarten
Stelle (dem Dorfe Ursprung bei Melk) daraus aufgezählten Arten,
wie Mytilus Haidingeri H 0 e r n. Pmiopaea Menardi D e s h. u. s. w.,
wohl den tieferen Schichten des Wiener Beckens, wie Cz i'zek selbst
ganz richtig angibt, entsprechen dürften.
Am Dorfe ßielachberg in ONO. von Melk an der östlichen
Seite des Bielach - Baches , wo auch Cerithium margaritnceum
Brocch. vorkam, erscheint die Ostrea fimbrioides ebenfalls dicht am
Rande der Tertiärgebilde gegen den Gneiss. Die Ablagerung ist hier
noch weniger aufgeschlossen und überhaupt nur durch einen Wasser-
riss, der von dem höheren Gneissgehänge gegen das in der ebenen
Thalsohle gelegene Dorf Bielachberg sich herabzieht, etwas ent-
blösst. Wolf hat an keinem der beiden Fundorte andere Fossilien
in der fraglichen Schichte als die Ostrea fimbrioides gefunden und
es dürfte hiernach und in Betracht der hier nur sehr geringen, viel-
leicht erst gegen das Innere des Beckens zu wachsenden Mächtigkeit
der Oligocän- Bildung daher wohl aus der Nähe von Melk selbst
keine fernere Bereicherung der Fauna zu erwarten sein.
Es stand schon lange zu vermuthen, dass das oberösterreichische
und das Tullner Becken, die so viele meist fossilarme, von den Abia-
1) Bericht der k. k. geolog'ischen Reiclisanstalt vom 31. Juli 1838.
aus den unteren Terliärscliieltten Osteireichs tin/■//// i/r.y /i/i//r \ ///// (•rd/sr.\
Nil/.uit-sli (lk.\k.itl il.W ni..tli ii.itunvl'l.W.W Rd\"l(i IÖ..;i.
R o h r e r. Über Regentropfen und Schneeflocken. 211
Über Regentropfen und Schneeflocken.
Von Dr. R o h r e r,
Ereisphysicus in Lemberg.
(Mit 2 Tafeln.)
(Von Herrn Dr. Kreil vorgelegt in der Sitzung vom 20. Jänner 1859.)
Die einzelnen Regentropfen wurden bisher von den Meteorologen
beinahe gar nicht beachtet, und doch bieten sie in Betreff ihres Dureh-
messers und ihrer Entfernung von einander manches Interesse.
In der Beilage zu der meteorologischen Übersicht vom 9. Juni
1857, welche im Octoberhefte des XXVI. Bandes der Sitzungsberichte
der kais, Akademie der Wissenschaften erschienen ist, habe ich die
Weise mitgetheilt, Autographien von Regentropfen und Schneeflocken
darzustellen, welche eine genaue Übersicht der Eigenthümlichkeiten
jedes einzelnen Regen- oder Schneefalles gewähren, die auf eine
andere Weise kaum erhalten werden kann. Da aber auf dem auto-
graphen Papiere nur der Durchmesser, nicht die Höhe der Kugel-
segmente ermittelt werden kann, welche die aufgefangenen Tropfen
bilden, so wurde zugleich mit dem Papiere eine auf demselben bedeck-
ten Brettchen angebrachte, mattgeschlifl'ene Glasplatte dem Regen
ausgesetzt. Letztere hat so wie das Papier eine Fläche von 56 Quadrat-
zoll. Auf dieser wurde die Höhe der aufgefangenen Tropfen durch
das senkrechte Aufsetzen eines Plättchens gemessen, an welchem der
untere Rand einen dreieckigen Ausschnitt hat, dessen senkrechte
Seite genau 1 Paris. Linie hoch, seine lange aber in 10 gleiche Theile
getheilt ist. Der Rerührungspunkt dieser getheilten Seite mit dem
Regentropfen gibt daher dessen Höhe, während der Durchmesser der
Tropfen leicht mit dem Zirkel gemessen werden konnte. Da über-
dies die Exposition des Papiers und der Glastafel jedesmal genau
3 Secunden beim Regen und 6 beim Schneefalle dauerte , so wurde
die Entfernung der gleichzeitig gefallenen Regentropfen oder Schnee-
figuren von einander durch das Messen jedes einzelnen von den den-
selben umgebenden, und Dividiren der erhaltenen Zahlen durch die
212 R o h r e r.
Zeit der Exposition in Secunden ausgedrückt erhalten, daher hieraur
der im nachfolgenden Aufsatze gebrauchte Ausdruck „gleichzeitig
gefallen" zu beziehen ist.
Eine Eintheilung der Regentropfen nach ihrer Grösse ergibt
sich schon aus den allgemein gebräuchlichen Benennungen der ver-
schiedenen Regenarten, nämlich in
Nebelregen,
Strich- und Landregen,
Gewitter- und Platzregen.
Die kleinsten und zugleich dichtesten Tropfen geben die Nebel-
regen, der mittlere Durchmesser der aufgefangenen beträgt 0"06,
ihre Höhe 0'"05 Paris. Maass, und wechselt von einer verschwinden-
den Kleinheit bis zu einem Durchmesser von 0'"15 und einer Höhe
von 0"06, während die Entfernung der gleichzeitig fallenden Tropfen
von einander, oder die Dichte des Regens im Mittel 3'" beträgt und
von 0"'S bis 6'" wechselt; wobei bemerkt wird, dass die Tropfen bei
keinem Regen in gleicher Entfernung von einander fallen. Ein Unter-
schied in der Grösse der Tropfen bei Anfang, Mitte und Ende des
Regens wurde nur einmal beobachtet, dagegen werden bei dem Über-
gange des Nebelregens in den sogenannten Landregen die Tropfen
nach und nach grösser, wobei aber auch ihre Entfernung von einan-
der verhältnissmässig zunimmt. Letztere ist aber bei den Nebelregen,
ungeachtet der gleichbleibenden Grösse der Tropfen, im Anfange und
zu Ende dieses Regens grösser als während dessen Mitte.
Nebelregen kommen hier ziemlich selten vor, und wurden im
Laufe der letzten drei Jahre nur 7 zwischen den Temperaturen von
-|-l-0 und -f 10-6 R. beobachtet; sie fielen mit Ausnahme eines ein-
zigen nur in den Vormittagsstunden und zwar vom October bis
December bei leichtem W., NW. und N. Wind, dauerten im Mittel
3 Stunden und gaben in 1 Stunde eine Regenhöhe von 0"'094.
Die Strich- und Landregen zeigen in Betreff des Durchmessers
und der Entfernung der einzelnen Tropfen von einander keinen
Unterschied. Bei beiden Regenarten, die zwischen den Lufttem-
peraturen von — 20 bis -|-220 beobachtet wurden, wechselt der
Durchmesser der aufgefangenen Tropfen von 0"'l bis 6"0, ihre Höhe
von O^OS bis O'^lä und die Entfernung der gleichzeitig gefallenen
von 1'" bis 108'''. Diese Regen haben, so wie die Platz- und Gewitter-
regen, das Eigenthümliche, dass der Durchmesser der gleichzeitig
Ülier Itegentiopfen unil Sflineetlockea.
213
gefallenen Tropfen sehr verschieden ist, indem zwischen Tropfen
von nahe gleichem Durchmesser einzelne grössere und zahlreiche
viel kleinere vorkommen, deren Entfernung von einander geringer
ist als jene der grösseren. Ebenso wechselt Grösse und Entfernung
der Tropfen im Verlaufe des Regens, indem die anfangs kleineren
und weiter von einander entfernten Tropfen hald an Grösse und
Dichtigkeit zunehmen, worauf entweder eine wiederholte Ab- und
Zunahme heider folgt, oder die meist langsamere Ab- als Zunahme
bis zum Ende des Regens anhält.
Der Einfluss, welchen die Temperatur auf den Durchmesser der
Tropfen ausübt, ist bei diesen hier häufigsten, zu jeder Tages-
und Jahreszeit und beinahe bei jedem Winde , vorzüglich aber bei
S., SW., W., NW. und N. vorkommenden Regen sehr deutlich, wie
die nachfolgende Tabelle zeigt:
Luft-
Temperatur
Zahl der
beobachteten
Mittlere Dauer
der
Mittlere
Entfernung
der
gleichzeitig
gefallenen
Tropfen
Regenmenge
in 1 Stunde bei
Strich-
Land-
Strich-
Land-
Strich-
Land- 1
d. aufgefange-
nen Tropfen
Reg
en
Regen
Regen 1
— 2-0 bis
0-0
2
—
3"
—
0-8
0'-06
22-50
0"10
—
0-0 bis
+ 5-0
IS
20
VW
7'' 42'
i-2
0-08
21-27
0-281
0-277
+ S-0 bis
4-10-0
16
24
2''S3'
12" 23'
1-3
0-08
20-82
0-372
0-S52
+ 10-0 bis
+ 15-0
37
13
l^Sl'
17''12'
1-6
0-09
23-28
0-637
0-377
4-lS-Obis
4-20-0
9
3
0''S5'
S'' —
2-0
0-08
28-28
1-703
2-360
Die Platz- und Gewitterregen beginnen gleich mit grossen
Tropfen, welche bald dichter fallen, schnell abnehmen und nie mit
Tropfen von so kleinem Durehmesser enden, als bei den Strich- und
Landregen der Fall ist. Platz- und Gewitterregen unterscheiden sich
aber in Betreff ihrer einzelnen Regentropfen insoferne von einander,
dass die Platzregen meist plötzlich mit grossen vereinzelten Tropfen
enden, ohne dass letztere von neuem dichter fallen, welches bei den
Gewitterregen häufig der Fall ist, während überdies bei letzteren
viel häufiger kleine Tropfen zwischen den grossen sich zeigen, als
bei den Platzregen.
214
R o h r e r.
Der kleinste Durchmesser der bei diesen Regen beobachteten
gefallenen Tropfen ist 0"'6, bei einer Höhe von 0"'05, der grösste
16'"0 bei einer Höhe von 0"'2, ihre mittlere Entfernung 35"8. Dass
aber so grosse Tropfen wenigstens hierlands nicht häufig sind , zeigt
die nachfolgende Zusammenstellung der bisher beobachteten grössten
Regentropfen.
Am 3. Juli 18SS war bei einem Platzregen der Durehmesser der grössten auf-
gefangenen Tropfen 15"0, ihre Höhe 0"09
„ Platzregen 18-0
„ Gewitterregen .
9.
. i
8S6 ,
17.
j)
» j
5.
Sept
n 5
27.
Mai 1837 ,
10.
Juli
» j
27.
»
« j
7.
Juni
18S8 ,
18-0
» >5
0-0
18-0 ,
«
Ol
130 ,
»
Ol
16-0 ,
„
0-2
140 ,
„
0-2
13-0 ,
»
015
140 „
J>
Ol
Platzregen .
Gewitterregen
daher der Durchmesser der grössten fallenden Tropfen hier 3'" nicht
erreicht.
Auch bei diesen Regenarten zeigt sich der Einfluss der Tem-
peratur auf den Durchmesser der einzelnen Tropfen, wie aus der
nachfolgenden Tabelle ersichtlich ist.
Zahl der
Mittlere
.VlIttl.Durehin.
Mittl. Höhe
Mittl. Ent-
Regenmenge
beob-
Dauer der
deraufg-efang:.
d.aiifg-efang-.
fernung der
in 1 Stunde
3
achteten
Tropfen bei
Tropfen bei
Tropfen bei
bei
_i
1
u
L
1
i
a>
ö^
(O
di
Ol
aj
a.
1
1
1
^
1
1
1
E
Sl
N
ta
s
a;
«^
^
*^
s
s
^
?
js
H
a
a
Cü
-2
Ol
.2
a>
CS
a>
CQ
OJ
3
O.
O
K,
a
a.
o
o.
O
ö!
a
CU
C
Regien
Regen
Regen
Reg-en
Reg-en
Regen i
+ 10 0
bis
4
17
0"35'
1"17'
5"5
4-0
0"'08
0-09
38"'4
37"5
6-773
1-600
+ 15-0
+ 150
bis
1
16
0"27'
0''54'
6-5
4-2
0-08
0-09
34-8
32-7
7-000
2-190
+20-0
Am häufigsten kommen diese Regenarten zwischen den , durch
jedesmal vorausgegangenen stärkeren Wind herabgedriickten Luft-
Temperaturen von 4-12-0 bis 17-0 vor, hier aus SW., W und NW.,
manchmal auch aus 0. Das Sinken der Temperatur findet immer
binnen wenigen Minuten vor dem Regen Statt, geht während des-
über Regentropfen und Schneeflocken. Ho
selben langsam weiter, und noch vor seinem Ende steigt die Tem-
peratur wieder um 0°S bis !<».
Die Regentropfen eines sogenannten Wolkenbruches zu
beobachten, fand ich bisher noch keine Gelegenheit.
Welchen Einfluss auf die Grösse und Entfernung der einzelnen
Regentropfen bei jeder Regenart die Verschiedenheit des Luft-
druckes, des Dunstdruckes, der Luftfeuchtigkeit und der Windrich-
tung, so wie des Abstandes des Reobachtungsortes von der regnen-
den Wolke haben, ist aus den bisherigen Reobachtungen noch nicht
deutlich ersichtbar, daher ich dieselben auch ferner noch fortzusetzen
beabsichtige.
Schneeflocken.
Die seit dem Jahre 1855 von mir genauer beobachteten Schnee-
flocken haben nur bei Temperaturgraden, die sich dem Nullpunkte
nähern oder ihn übersteigen, einen grösseren Umfang, indem der
beinahe immer flache und unregelmässige Körper derselben einen
Durchmesser von 6'" bis 9'" erreicht. Doch bestehen die Flocken nie
aus einem einzelnen Schneekörper, sondern sind nur eine Zusammen-
häufung mehr oder weniger zahlreicher, meist im Zustande einer ober-
flächlichen Schmelzung begriftener Schneefiguren, welche sich erst
nach ihrer Rildung im Herabfallen an einander hängen. Der tiefste
Temperaturgrad, bei welchem noch zusammenhängende Flocken,
jedoch nur von 3"5 Durchmesser beobachtet wurden, war — 5'6
am 3. Jänner 1858; dieselben bestanden aus Eissternen.
Am häufigsten aber hängen die einzelnen Schneefiguren
gar nicht an einander, sondern fallen in unregelmässigen Ent-
fernungen von einander, wie dies auch bei den Regentropfen der
Fall ist.
Sie bestehen, wie sie hier bisher beobachtet wurden :
1. aus Kügelchen,
2. „ unregelmässigen Klümpchen,
3. „ igelförmigen Klümpchen,
4. „ wolligen Klümpchen,
5. „ Nadeln oder sechsseitigen Prismen,
6. „ Pyramiden,
7. „ Plättchen,
8. „ Sternen.
216 R 0 li r e r.
Diese Eintheiliing, welche auf längere und genaue Beobachtung
der hier vorgekommenen Schneefälle gegründet ist, unterscheidet
sich von jener Scoresby's, dem alle Meteorologen, auch die weni-
gen selbstständigen Beobachter gefolgt sind, dass die in jener feh-
lenden Kiigelchen, und die sandartigen, sowie wolligen Klümpchen
aufgenommen, die Plättclien von den so vielfach zusammengesetzten
Sternen getrennt, dagegen die Prismen, deren eines oder beide Enden
in der Mitte eines dünnen Blättchens stecken, ausgelassen wurden, da
letztere hier nicht gefunden worden sind, auch die beiden aufmerk-
samen Beobachter Kämtz und Fritseh selbe nicht sahen.
Werden aber diese Figuren einzeln unter dem Mikroskope
betrachtet, so zeigt sich, dass sie aus vorwaltend sechsseiligen Eis-
krystallen, und zwar aus Plättchen, Prismen und Pyramiden, minder
häufig aus vierseitigen Tafeln und Pyramiden, aus Eiskügelchen und
Eisbläschen zusammengesetzt sind.
Die Zusammensetzungsweise dieser Grundgestalten bedingt
zwei auffallend verschiedene Ersclieinungen der Schneefiguren,
indem sie dem freien Auge theils durchsichtig, glänzend und farblos,
tlieils undurchsichtig, matt und schneeweiss erscheinen.
Die Untersuchung der Schneefälle, nach den oben angeführten
Schneefjguren eingetheilt, ergab mir nachfolgende Resultate :
1. Schneekügelchen.
Sie erscheinen dem freien Auge als runde, weisse, glanzlose,
undurchsichtige Körper, von welchen einzelne einen kleinen Stiel
haben, was jedoch nur als Seltenheit vorkömmt. Unter dem Mikro-
skope untersucht, bestehen sie aus einer wirren Übereinanderschich-
tung von kurzen sechsseitigen Prismen und unregelmässigen, sehr
dünnen Eisplättchen.
Sie haben einen Durchmesser von 0*^1 bis 0'''4, und wurden
hier nur bei einer Temperatur zwischen — 1-0 und -\- 2-0 beob-
achtet; es hängen nie mehrere an einander, und gewöhnlich kom-
men sie für sich allein vor; nur manchmal werden einzelne unter
anderen Schneefiguren, und zwar unter Klümpchen und Nadeln
gefunden.
Die Entfernung der gleichzeitig gefallenen wechselt zwischen
3'" und 18"'. Die Dauer des Falles ist auf einige Minuten beschränkt.
Über Reg'entropfeii iiiid Sohneeflocken. ä1 7
daher auch die durch sie erlangte Schneehöhe bisher nicht über 2'"
beobachtet wurde. Bei ihrem Falle war immer ein schwacher oder
massiger W., NW., oder N. Wind.
Übrigens gehören sie hier zu den selteneren Schneesorten und
wurden während der letzten vier Jahre nur viermal beobachtet.
Zu ihnen gehören die sogenannten Graupen, welche sich nur
durch ihre V" erreichende Grösse und die weniger vollkommene
Kugelgestalt von den Schneekügelchen unterscheiden, so wie wahr-
scheinlich die Eiskügelchen, wenn solche nicht vielmehr aus Regen-
tropfen , die erst nach ihrer Bildung gefroren sind , bestehen. Die
Grösse der letzteren, selten vorkommenden, schwankt zwischen 0"5
und 0'''8 bei — 1-0 Temperatur, und zeigten selbe bisher unter dem
Mikroskope keine unterscheidbaren Krystallgestalten.
2. Klümpchen oder sandartiger Schnee.
Ganz unregelmässige, meist scharfe Körperchen, theils farblos,
glänzend und durchsichtig, theils matt, w^eiss und kaum durchschei-
nend, w^elche beide Formen aber weder bei dieser, noch bei den
anderen Schneefiguren bisher gleichzeitig gefunden wurden.
Unter dem Mikroskope zeigen sie die mannigfaltigsten und
wunderlichsten Figuren, welche aus einer wirren Zusammenhäu-
fung von sechsseitigen, auch vierseitigen Säulen, Pyramiden und
Plättchen, Eiskügelchen und Eisbläschen bestehen, welche letz-
tere nicht nur zwischen und auf den einzelnen Krystallen, son-
dern auch in deren Innerem gefunden werden, wo sie theils nach
deren Längenachse gereiht, theils auch unregelmässig vertheilt
sind. Bei dem Gestöber vom 4. Februar 18S8 von 2 bis 3 Uhr
Abends aber bestanden die 0"05 bis 0"1 im Durchmesser haben-
den sandartigen Klümpchen, welche dem freien Auge matt, weiss
und undurchsichtig erscheinen , durchaus nur aus über einander
gehäuften Eisbläschen. Sie konnten bei einer Lufttemperatur von
— 32 R. unter dem Mikroskope genau untersucht und wenigstens
an den Rändern und Ecken gezählt werden, wonach sich schätzungs-
weise ergab, dass jedes Klümpchen aus 200 bis 300 solcher Eis-
bläschen bestand.
Dieser interessante Schneefall endete 3 Uhr Abends; eine Stunde
später zeigten sich einzelne Eissterne, sodann diese mit Klümpchen
218 Rohrer.
gemischt , in keinem aber konnten an diesem Tage wieder Eisbläs-
chen aufgefunden werden.
Ich habe keine sandartigen Klümpchen beobachtet, welche aus
mehr als drei der oben angeführten Krystallgestalten zusammen-
gesetzt waren, obgleich diese durch unvollkommene Krystallisation,
theilweise Schmelzung, und ein durch unbekannte Ursachen, wahr-
scheinlich theilweise Ausdehnung des Krystalles, veranlasstes Zer-
springen der Eiskrystalle oft nur undeutlich erseheinen. Klümp-
chen , welche nur aus Plättchen oder Säulen bestehen , wovon
letztere oft hohle Röhren sind, kommen häufig vor, seltener solche,
die nur aus Eissternen und deren mehr oder weniger zerbroche-
nen Strahlen bestehen, so wie jene, die nur ein Conglomerat
von Eiskügelchen sind, deren jedes mehrere dünne, blattförmige,
über einander schliessende Eishüllen hat, welche dasselbe nicht
vollkommen decken.
Die sandartigen Klümpchen wurden bei allen Temperaturen
zwischen -f- '^'^ und — 14*0 beobachtet, am häufigsten jedoch
zwischen 0 und — 50. Ihr Durchmesser wechselt von 1"'2 bis 0"'05,
die Dichtigkeit der gleichzeitig fallenden aber von i'" bis 36'".
Bei höheren Temperaturen hängen sie häufig an einander, und
bilden Flocken von 2'" bis 6'" Durchmesser.
Die dichtesten und tagelang anhaltenden Gestöber, welche
zugleich die grössten Schneewehen bilden, bestehen meist aus
diesen Klümpchen, die selten einzelne Sterne zwischen sich finden
lassen, während bei kürzer dauernden Schneegestöbern letztere oder
Nadeln oft zahlreich zwischen den Klümpchen auftreten.
So bestand der, 27 Pariser Zoll hohe Schneefall vom 10. bis
14. März 1857 nur aus sandartigen Klümpchen, zwischen welchen erst
gegen Ende desselben einzelne Schneeslerne zum Vorschein kamen.
Die Schneewehen, welche er beim Nordwind bildete, erreichten an
manchen Stellen li/g bis 2 Klafter.
Diese Klümpchen kommen bei jedem Winde vor, besonders
aber bei W. , NW., N. Eine Schneehöhe derselben von 9"4
gibt eine Wasserhöhe von 1"0 bei einer mittleren Lufttemperatur
von —2-0.
Hierbei bemerke ich, dass zu diesen Messungen immer nur jene
Schneefälle in Rechnung gezogen wurden, bei welchen keine Spur
von Schmelzung während oder nach dem Falle stattfand.
über Regentropfen und Schneenocken. ä 1 U
3. Igelartige Klümpchen
wurden bisher viel seltener als die vorhergehenden beobachtet; sie
erseheinen als rauhe, undurchsichtige, mattweisse, rundliche und
unförmliche Klümpchen, welche nach jeder Richtung mit mehr oder
weniger hervorragenden Spitzen und Zacken besetzt sind, und be-
stehen ebenfalls aus einer verworrenen Zusammenhäufung, aber nach
den bisherigen Beobachtungen, nur von sechsseitigen Plättchen und
Prismen, nebst scharfkantigen, unregelmässigen Eistrümmern. Sie
wurden bisher bei einer Temperatur von -|- 20 bis — 4*0 von mir
beobachtet; der Durchmesser der kleinsten betrug 0*^1, der gröss-
ten 1"'8; die Entfernung der gleichzeitig gefallenen aber 1'" bis 7'".
Eigentliche Flocken bilden sie nicht, da nie mehr als 2 bis 3 zusam-
menhängende gefunden wurden. Sie kommen theils unvermischt,
theils mit Nadeln, Schneesternen und sandartigen Klümpchen ver-
mengt vor, und bilden immer kürzer dauernde Schneefälle bei oder
nach N. und W. Wind.
Eine Schneehöhe von 10'" derselben gibt V" Wasser bei • — 04
mittlerer Temperatur.
4. Wollige Klümpchen.
Auch diese kommen hier nicht häufig vor; sie erscheinen dem
Auge als mattweisse, wollige Flocken mit oder ohne dichteren Kern,
aus welchem manchmal beim Schmelzen gefiederte Strahlen von Eis-
sternen zum Vorschein kommen, und bestehen aus äusserst zarten,
haarähnlichen , häufig gebogenen undeutlich sechsseitigen Gebilden
und sehr dünnen, ovalen Eisplättchen.
Sie haben einen Durchmesser von 1"2 bis 1"9 bei einer
Entfernung der gleichzeitig gefallenen von 14'" bis 21'", geben
zusammenhängende Flocken von S'" bis 9'" und kamen bisher
zwischen den Temperaturen -|-l-0 und — 2*0 bei schwachem West-
wind vor.
Die Dauer ihres Falles war im Mittel eine halbe Stunde,
und es wurden während desselben keine anderen Schneefiguren
beobachtet.
Zu 1"0 Wasserhöhe sind hieven 16"0 Schneehöhe bei einer
mittleren Temperatur von — 10 erforderlich.
220 Rohrer.
5. Nadeln.
Selbe bestellen theils ans einzelnen, theils aus mehreren paral-
lelen sechsseitigen Prismen, deren Ränder und Kanten theils glatt,
theils mit verschiedenen Zacken besetzt sind; im ersteren Falle
sind sie glänzend und durchsichtig wie Glas, Eisnadeln, im letz-
teren matt, undurchsichtig und von etwas grösseren Dimensionen,
Schneenadeln.
Bestehen die Nadeln aus mehreren parallelen Prismen, so liegen
häufig Luftbläschen dazwischen, und erscheinen ihre Enden wie
abgebrochen , die sonst entweder zugespitzt oder abgerundet sind.
Häufig findet sich bei den einfachen Nadeln an ihrem untern Drittheile
oder an ihrem einen Ende eine Verdickung, welche durch die beim
Schmelzen sich zusammenziehenden Wassertröpfchen gebildet wird.
An beiden Enden fand ich sie nie. Bei Schneefällen, welche blos aus
Nadeln bestehen, sind diese meistens Eisnadeln, kommen sie aber mit
Sternen, sandartigen Klümpchen und besonders mit igelförmigen
Klump eben vor, so haben sie ihrer Länge nach immer zahlreiche
Zacken und Rauhigkeiten, erscheinen daher in diesen Fällen nur als
Schneenadeln.
Eis- und Schneenadeln fallen manchmal mit ihren Enden zu
zwei zusammenhängend herab; dabei zeigt sich die Eigenthümlich-
keit, dass diese dann einen spitzen Winkel von SG» oder von 70",
seltener einen stumpfen zwischen 110» und 120** variirend bilden,
während rechtwinklig zusammenhängende mir noch nicht vorkamen.
Die Länge der Nadeln wechselt zwischen 0"'2 und 2'"0, der
Querdurchmesser der grössten erreicht selten 0"! , die Dichtigkeit
der gleichzeitig fallenden beträgt im Mittel 30'", und wechselt
zwischen 0 und 84'". Ihre Längenachse scheint im Fallen keiner
bestimmten Richtung zu folgen, doch lässt sich der Eintluss der
Windrichtung an der Mehrzahl der Nadeln erkennen.
Sie wurden bisher von -|- 4'0 bis — 11-0 Lufttemperatur beob-
achtet und bilden bei den Temperaturgraden an oder über dem Null-
punkte manchmal zuammenhängende Flocken, welche aber von keinem
grösseren Durchmesser als 3"5 beobachtet wurden.
Die Nadeln kommen bei jedem Winde, am häufigsten aber hier
bei S., W. und N. vor, und geben bei einer mittleren Lufttemperatur
von — 0°03 13'''6 Schneehöhe eine Wasserhöhe von 1"'0.
über Reg^enlropfen und Schneeflocken. 221
6. Pyramiden.
Kommen nur als grosse Seltenheit unter den Nadeln vor, und
zwar als sechsseitige; solche und vierseitige finden sich häufiger als
mikroskopischer Bestandtheil der sandartigen Kliimpchen.
Hier wurden sie während vierjähriger Beobachtungen nur
zweimal aufgefunden, und zwar am 17. Jänner 1857 bei einem
dichten Schneefall, der bei einer Lufttemperatur von — 0-8 aus Eis-
nadeln und einzelnen Eissternen bestand; bei dieser betrug die
mittlere Entfernung der gleichzeitig gefallenen Nadeln 18'", jene der
Pyramiden aber 138'", ferner am 14. December 1857, wo ebenfalls
zwischen Eisnadeln und einzelnen Eissternen auf einer Quadratfläche
von 25 Zoll zwei Pyramiden gefunden wurden, während die Nadeln
bei massigem N. Winde und -f- 0*8 Lufttemperatur im Mittel 16'"
von einander entfernt waren.
Die Länge der beobachteten Pyramiden wechselt zwischen O'K
und r"0 bei einer mittleren Lufttemperatur von 0".
7. Plättchen.
Als Eisplättchen sind sie längliche Sechsecke, bei welchen der
Längendurchmesser die doppelte Länge des queren hat, oder ovale
von ungemeiner Dünne; als Schneeplättchen aber sind sie theils
runde Scheiben, theils Sechsecke von gleichem Durchmesser.
Letztere gehen durch eine grössere oder geringere Concavi-
tät der Ränder, so wie durch Hervortreten der Ecken in die Form
der Schneesterne über, zu welchen sie auch als unvollkommene
Ausbildungen zu gehören scheinen, da sie nie für sich allein,
sondern gewöhnlich unter diesen, seltener unter Klümpchen vor-
kommen.
Die Eisplättchen haben einen mittleren Längendurchmesser
von 0"35, der aber 0"5 nicht überschreitet, welches dagegen
der mittlere Durchmesser der Schneeplättchen ist. Die mittlere
Entfernung der Eisplättchen beträgt 30"', jene der Schnee-
plättchen 47'".
Die Eisplättchen veranlassen , häufig mit kleinen Eissternen
gemischt, bei strengerer Kälte das Glitzern der Luft, indem sie in
selber mehr schweben als fallen. Als messbarer Schneefall und im
Sit/.b. d. matliein.-natiiiw. Cl. XXXV. IJd. Nr. 10. 16
222 H o li 1- fi r.
Beginne desselben mit einzelnen aus Plättehen gebildeten Eissternen
gemischt, wurden sie nur zweimal beobachtet; sie gaben bei einer
mittleren Lufttemperatur von — 3*2 erst bei einer Schneehöhe von
20'" eine Wasserhöhe von 1"0.
8. Sterne.
Die am meisten vorkommende, durch ihre ungemeine Zierlich-
keit und Regelmässigkeit auffallendste Schneefigur, die bald in der
glänzenden, durchsichtigen Eis-, bald in der mattweissen Schnee-
form erscheint, welche an Zartheit von der ersteren scheinbar weit
übertroffen wird.
Die Eissterne bestehen entweder :
a) aus sechs einfachen Prismen, welche an einem Ende ver-
einiget als Radien eines Kreises in gleichen Winkeln aus ein-
ander gehen; oder aus den Ecken eines sechsseitigen in der
Mitte häufig durchlöcherten Plättchens hervorragen; oder
nach Art der gefiederten Blätter an beiden Seiten 2 — 7
gegen das freie Ende zu sich verjüngende Prismen unter
einem Winkel von 60" angesetzt haben;
h) aus sechs Eisplättchen, welche von den Kanten, nicht von
den Ecken eines Centralplättchens ausgehen und deren
Seitenränder dicht an einander schliessen, so dass der ganze
Stern ein einziges Plättchen zu sein scheint; oder es gehen
von einem eingekerbten Centralplättchen sechs schmale,
lange, gerade Plättchen aus, welche entweder in einer recht-
winkligen Spitze enden, oder in einem länglichen, doppelt
so grossen sechsseitigen Plättchen, oder in drei runden,
den Kleeblättern an den gothischen Bauwerken vollkommen
gleichen Plättchen; während bei anderen Schneefällen der
lange, bandartige, dünne Strahl an beiden oder nur an einer
Kante längliche, sechsseitige, gleich dünne, in derselben
Ebene liegende Plättchen unter einem Winkel von 60** trägt,
die theils gestielt, theils ungestielt sind; wieder bei anderen
Schneefällen gehen aus einem sehr kleinen, tief eingeschnit-
tenen Centralplättchen ovale Plättchen hervor, die, in eine
lange scharfe Spitze auslaufend, in den oberen zwei Drit- .
theilen am Rande gezähnt sind;
über Regentropfen und Schneeflocken. 223
c) aus einer Zusammensetzung von Pi-ismen und Plättchen,
wobei erstere immer die Rippen der Strahlen bilden. Bei
dieser Varietät wiederholen sich sämmtliche unter den vor-
hergehenden beschriebene Bildungen, zu welchen noch die
hinzukommen, dass das den Strahl bildende Prisma entweder
auf beiden oder nur auf einer Seite mit einem sehr dünnen
Eisplättchen der Länge nach in derselben Fläche besetzt ist,
welches, wenn breiter, wellenförmig ausgeschnitten, wenn
schmäler, sägeförmig gerandet ist.
Diese wie Glas durchsichtigen und glänzenden Sterne haben
bei den unter b und c beschriebenen Arten häufig weisse, zarte
Linien, wie matt geschliffenes Glas, welche theils der Contour der
Ränder in geringem Abstände folgen, theils quer durchlaufen, theils
einzeln, theils dicht beisammen, bandartige Zeichnungen hervor-
bringen, manchmal auch die ganze Oberfläche der Plättchen bedecken;
hin und wieder unregelmässig wie die Sprünge in einem plötzlich
erhitzten Glasrohr durch einander laufen. Was diese zarten Zeich-
nungen verursacht, von welchen die unregelmässigen, den Sprüngen
ähnlichen meist nur an den Prismen, die übrigen nur an den Plätt-
ehen beobachtet wurden, konnte bisher durch das Mikroskop nicht
ermittelt werden.
Dagegen zeigte letzteres, dass die strahlenbildenden Prismen
manchmal theils ganz, theils stellenweise hohle Röhrchen sind, und
dass die Plättchen nicht selten unregelmässig durchlöchert sind.
Dass diese runden Löcher durch Eisbläschen verursacht sind,
dürften die beiden Beobachtungen vom IT. und 21. Februar 1858
darthun, wo bei der Lufttemperatur von — 3-0 und — 3*8 diese
Löcher aufgeworfene, nach einwärts gebogene Ränder hatten, als ob
der obere Theil eines dünnen Eisbläschens weggebrochen wäre. Bei
manchen Eissternen finden sich in den aus Prismen bestehenden
Strahlen Luftbläschen eingeschlossen, welche auch beim Schmelzen
derselben als solche sich bewähren. Das so häufig vorgefundene
Centrajplättchen der Eissterne ist, wie bereits angeführt wurde
nicht selten in der Mitte durchlöchert; in einigen Fällen aber,
bemerkte ich, dass dieses Centralloch erst während der Beobach-
tniig, mitliin durch die ausstrahlende Wärme meines Körpers
eiiti>tuiid.
16*
224 Roh .er.
Die Schneesterne bestehen entweder:
a) aus einer der drei vorbesehriebenen Arten der Eissterne,
welche theils auf beiden, theils, und zwar häufiger, nur auf
einer Fläche zahlreiche, ungemein kleine blätterartige Eis-
krystallisationen senkrecht aufsitzen haben, zwischen welchen
sich auch hin und wieder Eiskügelchen und Bläschen finden,
oder
h) die Schneesterne sind nur ein Conglomerat von Eiskügelchen;
in diesem Falle ist deren Mitte immer eine runde oder sechs-
seitige Scheibe, deren Ecken entweder nur abgerundet sind,
oder als angesetzte vollständige kleine Scheiben erscheinen,
welche oft an der dem Mittelpunkte des Sternes entgegen-
gesetzten Stelle zugespitzt sind, während wieder bei anderen
aus der Centralscheibe sechs kürzere oder längere, breite,
flache Strahlen hervorragen, die vom einfachen, geraden
Stabe mit theils quer abgeschnittenen, theils zugerundeten,
theils spitzen Enden , zum keulenförmigen sich erweitern,
oder in einer runden Scheibe enden. Auch sind, obwohl nicht
häufig, die Seiten der Strahlen mit gleich dicken, verschie-
den geformten Auswüchsen versehen, die in gleicher Ebene
theils unter einem rechten, theils unter einem spitzen Winkel
ansitzen.
Häufig zeigen die Sterne aller Arten nicht eine vollkommen
regelmässige Form, sondern zwei kürzere oder längere, oder ver-
schieden geformte Strahlen, in welchem Falle diese entweder paar-
weise oder häufiger sich gerade gegenüber stehen.
Zerbrochene Eissterne so wie einzelne Strahlen derselben wer-
den oft gefunden , weniger von den derberen Schneesternen , welche
dagegen oft verkrüppelt sind.
Der mittlere Durchmesser der Sterne ist 0"92, der grösste hier
gefundene 3"'2, der kleinste 0"1 bei einer mittleren Entfernung der
gleichzeitig gefallenen von 17'". Doch ist der mittlere Durchmesser
der Schneesterne, welcher 0"83 beträgt, geringer als jener der Eis-
sterne mit 0'"96, und auch unter diesen wieder der Durchmesser der
aus einfachen Prismen oder Plättchen bestehenden geringer als jener
der mehr zusammengesetzten, nämlich 0'''54 der ersteren und V'il
der letzteren.
Üliei- Reg^eiiliopriM' iiiiil Sfliiiecnocken. 4i4iö
Die Flockon , welche von zusammenhängenden Sternen bei
geringerer Kälte gebildet werden, sind nur bis zu 6'" Durehmesser
bisher beobachtet worden. Übrigens ist es vorzüglich diese Schnee-
figur, welche eine Abnalime ihres Durchmessers mit der Abnahme
der Temperatur zeigt. Bei grössei-er Kälte, wie beispielsweise am
30. Jänner 1838 bei — 12°0, wurde der Fall von Eissternen bei voll-
kommen heiterem Himmel beobacbtet, eine Stunde später bildete sich
ein leichter, kaum unterscheidbarer Tiefnebel, in welchem sie sich
zu bilden schienen; derselbe hob sich nach und nach, es entstanden
Fedei'wolken und der, obwohl sehr geringe, Schneefall dauerte wäh-
rend deren Bestehen, wie auch früher wiederholt beobacbtet wurde,
fort. Bei geringerer Kälte fallen die Schnee- und Eissterne aus
Haufenwolken , noch häufiger aber so wie die übrigen Schneefiguren
aus der im Winter vorherrschenden, gleichmässig grauen Decke.
Sie kommen bei allen Temperaturen und jedem Winde vor, am
häufigsten und dichtesten aber von 0 bis — 4«; bei einer Kälte
unter — 6°0 sind sie die vorherrschende Form. Schneesterne
geben bei einer mittleren Temperatur von — 2 4 schon von einer
Schneehöhe von 7"5 nach 28 Beobachtungen eine Linie Wasser,
während von den Eissternen allein, nach 20 Beobachtungen, bei
einer mittleren Temperatur von — 61 hierzu eine Schneehöhe
von 16'" erforderlich ist. Im Mittel gibt bei einer Temperatur von
— 3°8 eine Schneehöhe von 11"8 der Sternfiguren eine Linie
Wasser.
Den Einfluss der Temperatur auf den Durchmesser der einzelnen
Schneefiguren ergibt die nachfolgende Tabelle.
226
R o li r e r.
er) 03
3 — ^-
!*=■
10
• -
*"
-
o
rc
1^
1-i-
o
o
—
o
^
tit
w
05
^^
^
o"
CO
o
o
oc
O
ot
o
_
_
_!.
*»
w
tc
- --0
"~
^^
w
Zahl der Beob-
achtiiiijren
Durchmesser
Z;ihl der Beob-
achtungen
Durchmesser
CO Oi M
Ziihl der Beoh
achtun gen
o
05
o
CO
o
uz
o
o
40
CO
CO
O
o
o
•3
CO
o
w:
-
o
t;c
to
Durchmesser
Zaiil der Beob-
achtuug-en
Durchmesser
Zahl der Beob-
achliinffen
Durchmesser
Zahl der Beob-
achtungen
Durchmesser
Zahl der Beob-
achtunffen
Durchmesser
Znhl der ßeob
achtunsren
Durchmesser
Zahl der Beob-
achtungen
Durehmesser
Zahl der Beob-
achtun£:en
Durchmesser
über Regentropfen iiml Siliiieefloiken. ^ä I
Das Verhältniss der Häufigkeit des Vorkommens bestimmter
Schneefiguren bei verschiedenen Temperaturen ist in Percenten
ausgedrückt, folgendes:
von -f 4 bis 0: Klümpchen 35-7,
Nadeln 22-8,
Sterne 22-0,
wollige Klümpchen 8-2,
aus diesen gemischte Formen 1 1 -S,
Graupen 3-8,
von 0 bis — S-9: Klümpchen 31-7,
Nadeln 7'4,
Sterne 27-8,
igelartige Klümpchen 2-8,
aus diesen gemischte 177,
Plättchen 2-2,
Schneekugeln 1-4,
von — 60 bis — 14: Klümpchen 87,
Nadeln 10,
Sterne 81 3,
Plättchen 3-6
aus diesen gemischte 5-4.
Das gleichzeitige Vorkommen von mehr als dreierlei Schnee-
figuren wurde bisher nicht beobachtet, man wollte denn die verschie-
denen Varietäten der Sterne als gesonderte Schneefiguren betrachten,
in welchem Falle sich die Zahl sehr vermehren würde. Bei diesen
gemischten Schneefällen lässt sich das Verhältniss der Menge der
verschiedenen Schneefiguren zu einander aus der mittleren Entfer-
nung der gleichen Schneefiguren von einander bequem an dem auto-
graphen Auffangepapier bestimmen, welches bei jeder einzelnen
Beobachtung 6 Secunden lang exponirt wurde.
Diese beträgt bei Schneefällen aus Klümpchen und Sternen
nach 17stündlichen Beobachtungen und der Lufttemperatur von +4
bis 0 bei den Klümpchen 3"0, bei den Sternen 18"'6;
nach 27stündlichen Beobachtungen und der Lufttemperatur von 0 bis
— 6 bei den Klümpchen 2"0, bei den Sternen 14"'5;
nach 9stündlichen Beobachtungen und der Lufttemperatur von —6
bis —14 bei den Klümpchen l"'ö, bei den Sternen 13"0.
228 R o h r e r.
Bei den Schneefällen aus Klümpchen und Nadeln
nach IGstündlichen Beobachtungen und der Lufttemperatur von -{-i
bis 0 bei den Klümpchen 2"'ö, bei den Nadeln 6'"9;
nach ISstündlicben Beobachtungen und der Lufttem[ieratur von 0
bis — 6 bei den Klümpchen l"^, bei den Nadeln J)"2.
Bei Schneefällen aus Klümpchen, Nadeln und Sternen
nach 4stündlichen Beobachtungen und der Lufttemperatur von -\- 1
bis 0 bei den Klümpchen 2"9, bei den Nadeln 3'"0 und bei
den Sternen 16"'5,
nach lOstündlichen Beobachtungen und der Lufttemperatur von 0 bis
— 3 bei den Klümpchen 1"'9, bei den Nadeln S"'2 und bei
den Sternen 21"0.
Sämmtiiche übrigen Schneefiguren wurden bisher zu selten in
gleichzeitigem Vorkommen mit anderen beobachtet, um ein sicheres
Mittel daraus ziehen zu können.
Der Übergang einer Schneeform in die andere während der
Dauer eines Schneefalls lässt sich bei manchen der länger dauernden,
wenn die Untersuchungen mindestens von Stunde zu Stunde wieder-
holt werden, ganz gut beobachten. Es findet kein plötzlicher Über-
gang Statt, sondern erst mengt sich eine Schneefigur einzeln unter
die bereits vorhandene, wird häufiger, endlich vorherrschend, kömmt
manchmal dann allein vor, mengt sich später allenfalls mit einer
dritten Schneefigur, welche entweder wieder verschwindet oder auch
allein den Schneefall endet.
Hierbei muss bemerkt werden, dass auch die Häufigkeit des
Vorkommens einer bestimmten Schneefigur in den einzelnen Wintern
und mithin auch wahrscheinlich in den verschiedenen Gegenden
wechselt, so waren in dem Winter 18Ö5/S6 igelförmige Klümpchen,
sowie in dem von 1856/57 Schneesterne und wollige Klümpchen
viel häufiger als im Winter von 1857/58, während welchem die Eis-
sterne vorherrschten.
Dass einzelne Schneefiguren bei bestimmten Windrichtungen
vorzugsweise vorkommen, wurde schon bei diesen erwähnt, erfordert
aber noch weitere Beobachtungen.
Den etwaigen Einfluss der Wolkenformen auf die Bildung
bestimmter Schneefiguren nachzuweisen , ist nach den bisherigen
Beobachtungen nicht möglich; es zeigte sich nur, dass unter 66
Holii-er H<-t,.Vtilfoi.rrii uml Srhr,rcrU)ckrn
T.ii: I .
0
if^ ?,;■.
0 00
ze.
%
?s.
.?6' Stf Sr/>rtrfpff/t/r//e// . . -^.
Ni(/.iiUL'\l...l k .\k,-nl .|.l\ ,„,-,!li a.-.fiiru- CI AXVVDJ.X'iO.lfi;,!
Kolircr. KeycnIriiplVii iiml .SrhiiPi-flftckcn
Taf II
\
^''l|
-f?irt
Im
'/ .} mr/ /,icil/i;i '/i/r/,ii,iiii/eii .'/ - /O /,// /'rrs////// //_/:! /'hi,//l/i//f in Ai.vs/rr/irri
/.;' /6 Si/i//rrstfrrit /^ // ii/irci/e///iüxsl//e .
.Silv,iiii^'sl> il.k.AUn.l cl U iM.iili iialiMw i I.VAWliil .\''IOI».i:)
Ühei Regentropfen und Sclineeflofken. <^/6i'
beobaclileteii Sclineetagen bei einer Temperadir von -f-4 bis 0 sieb
50 Percent ganz trübe Tage fanden, und die mittlere Bewölkung
= 8-8 war.
Ferner, dass unter 88 Schneetagen bei der Temperatur von
0 bis — 59 ebenfalls 50 Percent ganz trübe Tage sich fanden,
und die mittlere Bewölkung auch = 8*8 war.
Endlich, dass unter 17 Schneetagen bei — 6 bis — 14" Luft-
temperatur 6*8 Percent ganz trübe Tage waren, und die mittlere
Bewölkung = 5-8 war.
Der Versuch, zu ermitteln, ob sich ein Einfluss des Luftdruckes,
Dunstdruckes und der Luftfeuchtigkeit auf die Bildung der einzelnen
Schneefiguren, wenigstens bei den häufiger vorkommenden, nach-
weisen lässt, hat die nachfolgenden Resultate ergeben:
während dem Falle
der Klump eben ist der Luftdruck 1"792 geringer, der Dunst-
druck 0'''159 grösser, die Luftfeuchtigkeit 3"87 Pereent
grösser;
der Nadeln ist der Luftdruck 1"615 geringer, der Dunstdruck
0"88 grösser, die Luftfeuchtigkeit 2'52 Percent grösser;
der Sterne ist der Luftdruck 0'"694 geringer, der Dunstdruck
1"07 geringer, die Luftfeuchtigkeit 1-72 Percente grösser,
als das Mittel der betreffenden Monate, während welcher
die Beobachtungen gemacht wurden.
Doch dürften zur Erlangung einiger Sicherheit in diesen Ver-
hältnissen noch lange fortgesetzte, genaue Beobachtungen nöthig
sein, und wäre daher sehr zu wünschen, wenn sich mehrere
Meteorologen, besonders in nördlichen oder höher gelegenen Statio-
nen, hieran betheiligen wollten.
Ob aber, vielleicht mehr als diese Verhältnisse, die dem keines-
wegs chemisch vollkommen reinen atmosphärischen Wasser bei-
gemengten Stoffe und deren wechselndes Verhältniss unter einander
einen Einfluss auf die verschiedenen Formen der Schneefiguren
haben], kann nur als Vermuthung ausgesprochen werden, da chemi-
sche Untersuchungen in dieser Richtung bisher noch mangeln, ob-
gleich sie wenigstens dargethan haben, dass die an sich sehr geringe
Quantität der beigemengten fremden Stoffe in den Wintermonaten
sich vermehrt.
4i ö\) M u r 111 9 n II.
Über die Bahn der Eur op a.
Von Aogust HIorDianii.
(Von Herrn Director von Littrow vorgelegt in der Sitzung vom 17. März 1859.)
Der Planet Europa, der S2. der Asteroiden, wurde am 4. Februar
18S8 von Goldschmidt zu Paris entdeckt. Die Beobachtungen
desselben in der Opposition ziemlich zahlreich, konnten bis Anfangs
Juni fortgesetzt werden. Erste genäherte ßahnbestinimungen , um
den Planeten während der ersten Sichtbarkeit mit Leichtigkeit ver-
folgen zu können, sind in den astronomischen Nachrichten Nr. 1132
und 1142 erschienen, Herr Dr. Hörn stein leitete aus Beobach-
tungen, die nahe den ganzen Zeitraum der ersten Sichtbarkeit
umfassen, eine neue genauere Bahn ab, und theilte die Elemente der-
selben sammt der Jahresephemeride für 1859 im Berliner astrono-
mischen Jahrbuch für 1861 mit. Da diese Bahn durch vier Längen
und zwei Breiten gelegt die Breiten der beiden äusseren Orte nicht
genügend darstellte, so war es wünschenswerth, eine durchgehende
Vergleichung mit allen Beobachtungen des Planeten vorzunehmen,
um die Auffindung des Planeten in der nächsten Erscheinung mög-
lichst zu erleichtern — um so mehr, als die Helligkeit des Planeten
während der zweiten Opposition sich um die Hälfte geringer erwarten
Hess, als sie in der ersten war, in dieser aber der Planet als ein
Stern zehnter Grösse sieh darstellte. Ich habe daher in Nachfolgen-
dem die bis zu jener Zeit verölTentlichten Beobachtungen in Normal-
orte gebracht, diese auf elliptische für 1858-0 reducirt, nach der
Methode der variirten Distanzen eine Verbesserung der Elemente
der Bahn versucht, und an diese die Störungen durch Jupiter und
Saturn seit der benannten Epoche für die bevorstehende Opposition
angeschlossen. Herrn Dr. Hörn stein danke ich während des Ver-
laufes der Rechnung die freundlichste Belehrung.
über' die (ixlm lipr Eiiroji
231
Die oben erwähnten Elemente sind folgende (I)
Epoche 1858,
Jänner 0.
, 0^ Berlin.
M= 34° i3'
0-07
TT = 102 12
13-88 )
niittl. Äquin.
ß = 129 S7
7-80 \
1858-ü
i= 7 24
39-64
ip= 5 47
57-08
e = 0-1010422
log. a = 0-4913454
11 = 650-11260
Hiemit wurde eine Ephemeride über die ganze Dauer der Beob-
achtungen entworfen; die Vergleiehung beider führte zu folgendem
Tableau, wo die Abweichungen in Rectascension (da) und Decli-
nation (rf(?) im Sinne „Beobachtung weniger Rechnung" verstan-
den s
nd:
Nr.
Datum
Beobachtungsort
Beobachtung
— Reehnuiij,'
(mittlere Zeit Berlin)
da
f/o
1
1858, Februai
7 • 50
Paris (Goldschmidt) .
— 10'
6
- 1-4
2
5) r>
8-48
» n
+ 6
5
— 4-9
3
5) n
9-56
Altona
+ 5
3
— 8-1
4
» »
12-55
Königsberg . .
— 9
4
+ 8-6
5
»7 w
13-39
Wien ....
— 3
8
+ 1-7
6
•? n
16-36
?? ' • ' •
- 5
0
- 3-3
7
n ?>
16-58
Oxford ....
-r 1
4
^ 0-6
8
n »
16-61
» ....
+ 2
2
- 4-4
9
» 9?
17-55
Berlin ....
T 0
6
— 1-7
iO
17-56
,
— 7
1
— 2-1
11
"
18 34
Wien ....
— 5
6
+ 71
12
>! >5
18-56
Oxford ....
+ 4
6
— 0-4
13
» »
18-56
Cambridge (Engla
nd)
+ i
3
- 4-4
14
>5 »
18-57
Oxford ....
+ 4
1
- 3-0
15
>' »
18-58
Berlin ....
+ 1
3
- 0-4
16
« »
19-57
Oxford ....
1- 0
2
+ 11
17
" »
19-58
53 ....
— 0
8
+ 2-0
18
» »
20-59
„ ....
+ 0
4
+ 4-5
19
" ?^
20-59
» " • • •
2
5
- 1-4
20
21-45
Königsberg . .
+ 3
3
— 15-4
21
i> n
21-58
Oxford ....
+ 6
6
- 0-8
22
" »
21 59
„ ....
+ 5
3
+ 3-4
23
»
22-37
Königsborg . .
— 3
8
\- 0-5
24
« »
22-47
Berlin ....
— 3
6
- 1-9
25
» »
22-59
Oxford ....
- 3
8
- 7-6
26
» »
22-65
97 . , • .
- 3
3
- 6-2
27
J» »5
23-32
Wien ....
+ 0
0
— 1-5
28
„ „
23-34
Königsberg . .
-18
0
+ 9-9
29
«
23-49
Berlin ....
— 0
1
— 4-1
232
M II rill a II II.
.\r.
I) :i t 11 in
(mittlere Zeit Berlin)
Beohachtunw-sort
lieohachtung — Recliiiunc
da.
dfJ
30
:m
32
33
34
3ä
36
37
38
39
40
41
42
43
44
4S
46
47
48
49
30
Sl
52
33
34
33
36
57
38
39
60
1858, Februar 24
24
24
„ 25
25
März
April
Mai
Juni
Greenwich
Oxford . .
Berlin . .
Greenwich
Oxford . .
Berlin . .
VV^ien . .
Berlin . .
Wien . .
Berlin . .
Greenwich
»
Berlin . .
Greenwich
Berlin . .
»
Washington
»
Berlin . .
Washington
Berlin . .
» • •
Washinffton
+
i
9
+ i
'9
7
2
+ «
3
7
1
+ 8
3
0
6
— 1
8
1
8
13
8
- 9
4
3
7
- 4
8
4
0
— 1
7
i
9
— 8
0
1
3
-f *
4
3
7
— 3
1
0
5
+ 0
8
2
4
— 2
6
0
8
+ 3
0
2
2
— i
8
1
3
— 3
1
1
1
— 3
7
0
4
— 3
6
0
9
— 0
6
1
6
— 1
3
0
2
— 2
6
0
8
— 0
9
1
8
— 3
3
3
6
—10
3
4
2
- 3
2
2
9
— 0
0
3
3
— 0
3
0
0
— 3
5
0
8
— 3
0
5
2
— 6
4
6
1
_ 6
6
Hiebe! sind blos zwei Beobachtungen von Goldschmidt vom
6. und 9. F ebruar ihrer bedeutenden Abweichungen halber aus-
geschlossen.
Anmerkongen.
Zu Nr. Beobaclilungsort
1 Paris (Goldschmidt). Die eigentliche Angabe der Beobachtung differirt
von der hier angenommenen um drei Zeitminuten
(in Rectascension), welche einem Versehen in der
Notirung der Zeit zugesehrieben wurden.
4 R(iiiig!>bcrg. In den „Astronomischen Beobachtungen auf der
königlichen Universitüts- Sternwarte zu Königs-
berg« (^33. Abtheilung, S. 103) ist statt des 12. der
15. Februar angegeben.
über die Bahn der Europa. äOO
Beobaehtung-soi-t
3S Oxford. Die Beobachtung wird, so wie die nächst folgende,
als durch die Nähe des Mondes erschwert ange-
geben, konnte aber füglich mit Nr. 28 in einen
Normalort vereinigt werden.
S4 Berlin. In den astronomischen Nachrichten Nr. 1162 soll
es heissen in Rectascension ISö statt 156
„ Declination 41' „ 40',
60 Washingfon. Astronomische Nachrichten Nr. 1156 ist in Decli-
nation 16° statt 14° angegeben.
Diese Abweichungen wurden in folgende sieben Gruppen
abgetheilt, bei welchen wegen des geringen Ganges der Fehler für
das Datum einer jeden Gruppe der dem arithmetischen Mittel der
Zeiten nächstliegende Tagesanfang gesetzt wurde.
Gruppe Nr. Datum da dd
1.
1-15
Februar
15 . .
. . — 0'95
— 1'15
11.
16-26
jj
21 . .
. . -0-18
-1-98
in.
27—38
»
26 . .
. . +1-03
—0-26
IV.
39—46
März
22 . .
. . +0-41
—0-76
V.
47—50
April
21 . .
. . +0-48
-2-03
VI. 51-56 Mai 18 . . . +0-43 -3-03
VII. 57—60 Juni 4 . . . . +0-43 -4-88
Diese zur Rechnung hinzuzuaddirenden Grössen sind noch um
den Betrag der Störungen seit der ßerührungs-Epoche zu vermin-
dern. Wählen wir für letztere den 0. Jänner des Jahres 1858, so
ergeben sich für die einzelnen Gruppen folgende specielle Störungen
in Rectascension und Declination durch Jupiter und Saturn:
Störungen in AR. in Decl.
'für^^. +0-52 —0-20
„ II +0-67 —0-25
„ III -I-0-81 — 0-30
„ IV +1-49 —0-51
V +2-41 —0-81
„ VI +3-26 —117
„ VII +3-81 —1-44
Die Unterschiede zwischen Beobachtung und Rechnung werden
somit:
234
M urmann.
Für €lcn Noi-miilort
in AR.
in Decl.
^ — . — -^, — —. -■
,-~^.'^— -
^-«— -^— -,
I . . . .
— 1'47
-0-95
11 ... .
—0-85
-1-73
III ... .
+0-22
+0-04
IV ... .
—1-08
— 0-2S
V . . . .
—1-93
—1-22
VI ... .
..... —2-83
-1-86
VII ... .
-3-38
-3-44
An die Daten der Ephemeride angebracht, ergeben sich folgende
Normalorte :
AR. Decl.
I.
1858,
Februar
IS .
. 160°
0'
34 '59
13°
13'
18'75
II.
j^
n
21 .
. 158
54
41-23
13
54
52-83
III.
,,
•n
26 .
. 157
58
17-37
14
28
32-45
IV.
»
März
22 .
. . 154
1
53-75
16
34
27-02
V.
n
April
21 .
. 152
47
48-10
17
9
29-12
VI.
»
Mai
18 .
. 155
43
8-76
15
55
55-06
VII.
Juni
4 .
. 159
3
5-83
14
32
24 17
in Länge und Breite verwandelt und auf das mittlere Äquinoctium
1858-0 zurückgeführt, werden sie folgende:
Geoc. L
änge
Geoe.
Breite
I.
1858
Februar 15 .
. 156° 34'
21-74
4° 26'
4'94
II.
»
11
21 . .
. 155 19
9-84
4 40
40-79
III.
jj
n
26 . .
. 154 15
39-96
4 51
36-93
IV.
»
März
22 .
. 149 56
34-74
5 25
40-61
V.
n
April
21 .
. 148 37
24-71
5 33
2-26
VI.
»
Mai
18 . .
. 151 41
28-99
5 24
57-55
VII.
Juni
4 . .
. 155 12
28-55
5 18
32-55
Es wurde nun mittelst der aus dem Elementensystem I folgen-
den geoeentrischen Distanzen durch den ersten und letzten Normal-
ort eine Bahn gelegt. Als Elemente (II) ergaben sich dadurch :
Epoche 1858, Jänner 0.
, 0'' Berlin.
if/= 34° 14' 7-31
7r= 102 11 2-95 )
mittl. Aquin.
ß = 129 56 44-70 )
1858-0
;= 7 24 30-90
^= 5 47 51-04
e = 0-1010130
loff. a = 0-4913240
pi = 650' 1605
über die Bahn der Europa. liou
Eine Vermehrung der Logarithmen der beiden geocentrischen
Distanzen um 3000 Einheiten der siebenten Decimale ergab als
wahrscheinlichste Änderungen dieser Grossen respective
3000 X = + 221
3000 y = — 47
in Einheiten derselben Decimale.
Die entsprechenden Correctionen an die obigen Elemente
angebracht, stellen diese die Breiten nicht besonders gut dar, was
seinen Grund in der Empfindlichkeit der geocentrischen Längen hat.
Ich zog es daher vor, die Bahn durch den ersten und vorletzten
Normalort zu legen, und benützte dabei die aus den obigen Werthen
von .^' und y resultirenden geocentrischen Distanzen. Hiemit ergaben
sich die Elemente (HI):
1858, Jänner 0., O*- Berlin.
31= 34° ir 34'83
TT = 102 14 26-Od j mittl. Äquin.
ß = 129 S6 57-18 I 1858-0
1= 7 24 34-93
,p= 5 47 35-58
e = 0-1009385
log. 0 = 0-4913453
;i = 650-1127
und mit den Normalorten verglichen die übrig bleibenden Fehler:
in Länge in Breite
I. -0-06 +0-01
II +0-98 +0-20
III +119 +215
IV —0-13 +2-03
V +1-13 +1-24
VI —0-17 +001
VII +0-01 —1-82
!•
Diese Unterschiede sind so gering, dass es mir nicht nöthig
schien, eine nochmalige Verbesserung durch Variation der Distanzen
(I) und (VI) vorzunehmen. Zugleich sieht man, dass das letzterhal-
tene Elementensystem von dem der Rechnung zu Grunde gelegten
äusserst wenig abweicht, namentlich änderte sich die grosse Axe
der Bahn merkwürdiger Weise gar nicht.
236
Mu r m un n.
Das Elementensystem III wurde nun zur Berechnung der Stö-
rungen so wie zur Ephemeride für die Opposition 1859 verwendet.
Es wurde nach Encke's Methode der Einfluss von Jupiter und
Saturn auf die Aquatorcoordinaten des Planeten ermittelt bezüglich
der schon oben angegebenen Berührungsepoche 18580. Die Masse
1 1
Jupiters = -— , diejenige Saturns == gesetzt, ergaben
^ 1053-924 -^ * 3500-2^ ^
sich die Änderungen dieser Coordinaten (^ in der Linie der Nacht-
gleichen gelegen) in Einheiten der siebenten Decimale wie folgt:
1858, Jänner
15
Februar
14
Miirz
16
April
15
Mai
15
Juni
14
Juli
14
August
13
September 12
October
12
November
11
December 11
1859, J-inner
10
Februar
9
März
11
April
10
Mai
10
Juni
9
Juli
9
August
8
September 7
October
7
November
6
December
6
1
5
— 2
- 6
— 45
— 20
16
— 126
- 57
30
- 248
— 113
48
- 410
— 188
70
— 613
— 282
97
- 855
— 395
- 131
- 1135
- 526
175
— 1455
— 675
- 233
- 1813
— 840
- 311
— 2214
—1022
■ 415
— 2659
—1222
- 552
— 3157
—1439
- 728
— 3714
- 1675
948
- 4342
—1934
■1219
- 5054
-2217
1542
— 5865
—2530
1919
— 6793
-2878
-2348
- 7857
—3266
2824
- 9079
—3702
3339
-10482
—4194
3879
-12089
-4751
4426
— 13925
—5381
4959
-16012
-6094
Ober die Bahn der Europa.
237
Ephenieride der Europa.
Für O"- m. Z. Berlin.
Scheinbarer ffeocentrisehpr 0
•t
Log.
183
9
der Entfernung;
von
Rectascensioii
Decliiia
tion
der Erde
April
i
16'' 9'"
:)3:74
-11° 28'
59-6
0-406799
„
2
9
25-34
26
20-5
„
3
9
15-64
23
39-2
"
4
9
4-63
20
55-6
n
5
8
52-32
18
10-0
0-399835
»
6
8
38-73
15
22-4
„
7
8
23-86
12
33-0
»
8
8
7-72
9
41-8
»
9
7
50-32
6
49-0
0-393253
„
iO
7
31-67
3
54-7
j>
11
7
11-79
—11 0
59-0
»
12
6
50-70
-10 58
2-0
»
13
6
28-40
55
3-8
0-387117
n
14
6
4-91
52
4-6
n
1d
5
40-25
49
4-4
»
16
S
14-44
46
3-5
„
17
4
47-49
43
1-8
0-381492
»
18
4
19-42
39
59-7
»
19
3
50-26
36
57-0
»
20
3
20-02
33
54-0
»
21
2
48-72
30
50-9
0-376439
»j
22
2
16-39
27
47-7
»
23
1
43-06
24
44-7
»
24
1
8-74
21
41-9
»
2S
16" 0
33-46
18
39-3
0-372023
„
26
13 S9
57-26
15
37-7
n
27
59
2016
12
36-7
»
28
58
42-20
9
36-5
»
29
58
3-41
6
37-4
0-368302
»
30
57
23-82
3
39-5
Mai
1
56
43-47
—10 0
43-0
»
2
56
2-40
— 9 57
48-0
jj
3
55
20-65
54
54-8
0-365334
„
4
54
38-25
52
3-5
>j
S
53
55-25
49
14-2
»>
6
53
11-70
46
27-2
,j
7
52
27-63
43
42-7
0-363163
8
15'' 51
43 09
~ 9 41
0-6
Sit/.b. d. inalliLMn.-natiirw. CI. XXXV. Bd. Nr. 10.
17
238
■ M u \- m a n a.
1 859
Scheinbarer geocentrischer Ort
rjectnscensiiin
Declination
Log.
der Entfernung
von
der Erde
Mai
9
10
30
38! 12
12-76
J)° 38' 21-3
33 44-9
11
12
13
14
49
48
47
47
27-06
41 07
34 02
8-33
33 11-4
30 41 1
28 14-2
23 30-6
0-361821
13
16
17
18
46
43
44
44
21-71
34-94
48-09
1-20
23
21
19
16
30-7
14 3
2-2
33-9
(t- 36 1327
19
20
21
22
23
24
23
26
27
28
29
30
31
1
2
3
4
3
6
7
8
9
10
11
12
13
14
13
16
17
43
42
41
40
40
39
38
37
14-32
27-48
40-72
34 09
7-62
21-36
33-36
49-67
IS''
37
4-32
36
19-33
33
34-81
34
30-73
34
716
33
24- 14
32
41-70
31
39-89
31
18-74
30
38-28
29
38-36
29
19-60
28
41-43
28
4-08
27
27-38
26
31-96
26
17-23
23
43-42
23
10-36
24
38-66
24
7-73
23
37-84
14
12
10
9
36
33
34
33
30
30
30
30
30
30
31
31
32
49-6
49-7
34 1
3 0
16-3
34-8
38-0
26-2
9 0 39-3
8 39 38-1
38 22-0
37 11-3
6-1
6-3
12-6
24-3
32 42-2
52 3-7
31 33-2
31 10-6
52-0
39-3
32-8
32-2
37-7
49-2
6-8
30-4
Ol
33-8
0-361687
0-362899
0-364949
0-367814
0-371436
0-373827
0-380867
0-38631;
Ühor die Bahn der Europa.
239
1 s.-)
9
Sehe
inharer geocentriseher Oi
t
der Entfernung
von
■
HectaM-eiisiiiii
Deelinat
ion
der Er.le
.Iiiiii
18
15'' 23"'
8!94
- 8° 53'
17 "4
«
19
22
14
08
54
5^
1
9J
20
22
14
27
54
58-
8
0^392706
21
21
48
52
55
58
4
22
21
23
86
57
4
0
n
23
21
0
29
58
15
4
24
20
37
84
— 8 59
32
8
0^399380
,,
2o
20
16
51
- 9 0
56
0
20
19
56
31
2
25
0
»
27
19
37
25
3
59
8
28
19
19
35
5
40
4
0-406474
JJ
29
19
2
61
7
26
7
30
18
47
04
9
18
5
Juli
1
18
32
65
11
15
9
2
18
19
44
13
18
9
0- 41 3924
^
3
18
7
42
15
27
2
4
17
56
59
17
40
9
.,
5
17
46
96
19
59
9
9)
6
17
38
52
22
24
1
0-421664
7
17
31
27
24
53
4
?5
8
17
25
21
27
27
8
??
9
17
20
34
30
7
1
10
17
16
65
32
51
2
0^ 429632
11
17
14
15
35
40
1
12
17
12
82
38
33
6
»
13
17
12
67
41
3t
8
J9
14
17
13
68
44
34
4
0-437772
J3
15
17
15
86
47
41
5
9)
16
17
19
19
50
52
9
17
17
23
67
54
8
5
yr
18
17
29
30
— 9 57
28
•3
0-446035
9?
19
17
36
06
— 10 0
52
•2
20
17
43
96
4
20
• 1
5J
21
17
52
98
7
51
•9
22
18
3
•13
11
27
5
0-454376
»
23
18
14
•39
15
6
•9
24
18
26
•75
18
50
•0
«
25
18
40
•22
22
36
•7
26
18
54
•79
26
26
•8
0-462755
"
27
15'' 19
10
•44
-10 30
1
20
•4
17
240
über die Bahn der Europa.
1859
Sehe
inbarer geoceiitrischer Or
t
Log.
der Entfernung
von
[{eetascension
Decliiial
Ion
der Erde
Juli
28
15'' 19-"
27:18
-10° 34'
17-3
»5
29
19
44-99
38
17-5
30
20
3-87
42
20-8
0-471133
„
31
20
23-81
46
27-2
August
1
20
44-79
50
36-5
"
2
21
6-81
54
48-7
9)
3
21
29-87
-10 59
3-7
0-479474
4
21
53-94
-11 3
21-2
??
S
22
1901
7
41-4
6
22
45 09
12
4-1
yy
7
23
1215
16
29 1
0-487744
jj
8
23
40-18
20
56-5
5J
9
24
9-18
25
260
97
10
24
39-12
29
57-7
11
25
1001
34
31-4
0-495916
Ji
12
25
41-82
39
7-1
Jj
13
26
14-56
43
44-6
yy
14
26
48-20
48
23-9
5)
15
27
22-75
53
4-9
0-503966
>9
16
27
58-18
—11 57
47-6
17
28
34-50
-12 2
31-8
»
18
29
11-69
7
17-5
»
19
29
49-74
12
4-6
0-511878
20
30
28-65
16
53-1
ff
21
31
8-40
21
42-8
J?
22
31
48-99
26
33-7
23
32
30-40
31
25-8
0-519634
J?
24
33
12-64
36
18-8
J?
25
33
55-69
41
12-9
26
34
39-55
46
7-8
?3
27
35
24-21
51
3-6
0-527217
JJ
28
36
9-65
—12 56
0-0
?J
29
36
55-87
-13 0
57-2
?>
30
37
42-85
5
54-9
?•
31
15" 38
30-60
—13 10
53-2
0-534613
^1839, Mai 17. 2" 14".
Lichtstärke Opp. 1858 : 1-40
„ 1859 : 0-74
Fl aiie II fehl. Notixeii liLüi- die Faun.. H,)nf'küii{;'s und Sclninghai's. 241
Notizen über die Fauna Hongkong's und Schanghais;
gesammelt während des Aufenthaltes Sr. Jlajestät Fregatte Novara im Sommer 1858
von Franenfeld.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 13. Jänner 1859.)
Hongkong-Schanghai.
China, von jeher der Inbegriff alles Wunderlichen, Sonderbaren,
ein phantastisches Märchen der V^orzeit mitten in unseren Tagen, ist
durch die folgenreichen Ereignisse, die in neuester Zeit daselbst
stattgefunden, gegenwärtig von doppelt hoher Bedeutung. Ungeachtet
des Friedensschlusses dürften deren wichtige Resultate wohl schwer-
lich gesichert , das Ende der Wirren daher noch keineswegs ge-
kommen sein. Die beiden Ungeheuern Naturkräfte, die sich der
Mensch dienstbar gemacht, mit denen er jede Entfernung auf Erden
zu nichte machen konnte, sie müssen aber endlich die Schranken
brechen, die jenes Land seit Jahrtausenden mit engherziger Abge-
schlossenheit um sich gezogen, um dahinter zu verknöchern. Die
Hartnäckigkeit, mit der dieses Volk, auf einer nicht geringen Stufe
der Cultur stehend, jede Berührung bisher vermied, bleibt eine
merkwürdige Erscheinung. Tritt China ein in den Weltverkehr,
dann dürfte zu seinem eigenen Besten so Manches aus seiner Erstar-
rung aufgerüttelt werden, dann dürfte aber auch zuerst seine Sprache
fallen, dieses Riesengebäude von schwindelndem Umfange, das, aller
eigenthümlichen phonetischen Zeichen ermangelnd, keine Übertra-
gung des Fremden gestattet, in deren ausserordentlich schwieriger
Bewältigung das grösste Hinderniss für allgemeine Verbreitung gei-
stiger Bildung liegt. Ob aber durch erleichterte Vermittlung der-
selben sich auch geistige Kräfte, höhere Selbstständigkeit beim Chi-
nesen zu entwickeln vermögen, das kann nur die Zukunft lehren.
Seinen Hauptcharakter möchte ich mit „Mechanisches Nachahmen
ohne eigene Schöpfungskraft" bezeichnen. Daher das unerschüt-
terliche Festhalten am Hergebrachten, am Gewohnten. Alle damit
24-2 Frau eil fehl.
Hand in Hand gehenden untergeordneten Eigenschaften besitzt er in
hohem Maasse. Geduld, Ausdauer, Emsigkeit, Genauigkeit erzeugen
einen Grad von Fertigkeit, der staunenswerth ist, so wie eben seine
zähe Genügsamkeit bei seiner ausserordentlichen Betriebsamkeit ihn
zum gefährlichen Concurrenten macht, wo das Klima auf den Europäer
erschlaffend und erschöpfend einwirkt, und zu einen um so gefähr-
licheren als Schlauheit, List und wohl auch Unredlichkeit sich in aus-
gedehntem Maasse hinzuzugesellen scheinen. Zwar haben wir blos
den europäisch verbrämten Saum des weiten Mantels dieses Reiches,
und auch diesen nur wenig berührt; es lässt sich also wohl nicht ent-
scheiden, ob jene schlechten Eigenschaften wirklicli im Volkscharakter
liegen, oder ob sie nur aus der unbegrenzten Verachtung alles dessen,
was nicht dem himmlischen Reiche der Mitte angeiiört, entspringen.
Wir konnten selbst in Hongkong und dessen Umgebung, dem jetzigen
Schauplatze des Krieges, uns nur mit grosser Vorsiclit und mit den
Waffen in der Hand, ausserhalb der Stadt bewegen, eine Weise, die
gewiss nicht geeignet ist, unparteiisch zu urtheilen, oder Gelegenheit
gibt, bessere Eigenschaften aufzufinden. Was man über ihre Feig-
heit, Hinterlist, Grausamkeit erzählt, sind Mittheilungen, die im Zu-
stande des Krieges und selbst in den übrigen Verhältnissen, in denen
die Europäer bisher zu den Chinesen standen, vielfache Nahrung finden
mussten, und daher nicht die lautersten sein konnten. Ich war oftmals
Zeuge der dankbaren Liebe und Achtung, welche Herrn Dr. Lob-
scheid, einem Deutschen i), vielleicht dem beliebtesten Missionär,
von fast allen Chinesen in weiter Umgebung von Hongkong gezollt
ward, und dennoch war derselbe beim Ausbruche des Krieges, wo
er sich mehr im Innern der Provinz befand, hart am Leben bedroht,
das er bei Erstürmung des Missionshauses nur dadurch rettete, dass
er geflüchtet, die ganze Nacht hindurch bis an den Hals im Wasser
im Rohrdickicht sich versteckt hielt, bis ihn die von Hongkong schon
erwartete Hilfe glücklich befreite. Erst die unbefangene Beobachtung
im friedlichen Verkehre künftiger Tage, inmitten ihres eigenen in-
neren Familienlebens kann Einseitigkeit im Urtheile vermeiden, und
.f; >':i;:-.n :JI(tii«: -.
1) Ich »chulde diesem würdigen, kenntnissvollen Manne, in dessen Gesellscliaft ich meh-
rere Ausflüge machte, den innigsten Dank für die aufopfernde Bereitwilligkeit, mit
der er uns allen so viele und bedeutende Dienste während unserer Anwesenheit in
Hongkongs erwies.
Noti/en liber die Fauna Hoiigkong-'s iiiid Sclianghai's. 243
wird hierüber eben so wohl richtigeren Aut'schluss geben, als end-
lich die Naturprodiicte kennen lehren, die jenes grosse, fast 25 Grad
im Gevierte, oder wenn wir alle tribiitären Theile einschliessen, über
fünf Millionen englische Quadratnieilen umfassende Gebiet enthält.
Die Annäherung an Hongkong brachte uns eines der schöneren
landschaftlichen Bilder unter denen, die wir bisher gesehen hatten,
vor's Auge. Die vielfach zerrissene und tief eingeschnittene Küste mit
zahllosen Inseln, deren Hügel und Berge sich immer höher erhebend,
tiefer im Festlande bis 3 — 40U0 Fuss ansteigen, gewährt eine recht
reizende Perspective mit immer wechselnder Scenerie, keineswegs
jedoch von grossartiger oder erhabener Erscheinung. Obwohl man-
nigtiich zerklüftet, zeigen sich doch überall jene wenig ausgezeich-
neten wellenförmigen Umrisse, die das Urgebirge charakterisiren,
und die selbst in ihren kühnsten Formen nicht jenen romantischen
Ausdruck haben, der dem Kalkgebirge eigen ist. Überhaupt, die
reiche, üppige Fülle von Naturschönheiten, wie unsere Alpen sie
bieten, ich fand sie nirgends bisher. Die mächtigen Rippen, welche
Asiens und Amerika's kolossale Leiber stützen, mögen wohl reich an
erhabenen, an schauerlichen Scenerien sein, diese jedoch gepaart mit
so wunderlieblicher Anmuth, als die Schweiz und Salzburg mit ihren
Alpenseen sie in entzückender Mannigfaltigkeit vor dem Wanderer
bis in die fernsten Winkel fort und fort entrollen, finden sich vielleicht
in der ganzen Welt nicht wieder. — Von einem chinesischen Piloten
geführt, wanden wir uns zwischen den Lema- und Lamma-lnseln
hindurch in die schöne Bai von Hongkong. Keine der Inseln, obwohl
bis auf die obersten Kuppen in grünen Sammt gekleidet, ist bewal-
det, und nur niederes Gestrüppe zieht sich hie und da in Gruppen
an den Berglehnen empor. Erst bei näherer Untersuchung finden
sich in einzelnen Schluchten und Thälern zerstreutes Gehölz und
kleine Wälder. Die ganzen Küsten, RilTe, Felsen, sonst überall von
Seegevögel umschwärmt, waren hier wie ausgestorben. Keine Möve,
keine Seeschwalbe, nichts belebt den reizenden Hafen, selbst nicht
einmal der indische Falke, der uns seit Ceylon nicht mehr verlassen,
streicht über diesen Wassern umher. Hunderte von Fischerdschon-
ken, deren Bewohner fast ganz auf dem Meere leben, mögen wohl
jeden Brutplatz an diesen Inseln vernichtet, und so diese Thiere ver-
anlasst haben, die ungastliche Stelle zu Hieben. — Victoria, rasch
und mächtig erblühend, liegt amphitheatralisch an dem Nordabhange
244- Fia uenfe Irl.
der Insel, die beinahe ohne Vorland sich ziemlich steil aus dem Meere
erhebt. Die Stadt dehnt sich fort und fort längs der Insel aus; über-
all wird gebaut, ganze Hügel werden abgegraben und in's Meer
getragen, um so doppelt Platz zu gewinnen für Häuser, Läden,
Magazine. Eine lange Strasse führt parallel dem Ufer in fast einer
Stunde Ausdehnung von Westpoint nach Eastpoint, die in der Mitte
die eleganteren chinesischen Kaufläden, an ihren beiden Enden die
Handwerksbuden und gewöhnlichen Kramläden enthält. Am östlichen
Ende führt die breite schöne Strasse sodann noch weiter fort bis in's
Happy Valey, einer schönen lieblichen Fläche, die früher gerade ent-
gegengesetzt das Todesthal hiess, da es zur Reiscultur benützt,
sumpfig gehalten, sehr ungesund war, gegenwärtig aber trocken ge-
legt eine Pferderennbahn enthält und nunmehr den reizendsten Theil
der ganzen Insel bildet. Diese Strasse ist der Corso von Hongkong,
und man begegnet daselbst Abends den wenigen Equipagen, die die
Stadt besitzt, so wie mehreren Reitern. Das gewöhnliche Transport-
mittel sind Tragsessel von Bambusgeflecht, von zwei, oder, bei län-
geren Partien und Ausflügen in die Berge, von vier chinesischen
Kuli's getragen. — Der Rücken der Insel ist vielfach zerrissen und
von tiefen, engen Einschnitten, die sich mehrfach verzweigt zu beiden
Seiten in's Meer hinabsenken, durchfurcht. In den meisten derselben
fliessen Bäche sehr klaren Quellwassers, in denen ein bis 3 Zoll
langes Fischchen, wie unsere Phoa^imis, und eine Grundel lebten, von
denen es mir leider nicht gelang, welche zu fangen. Die Wässerchen
an welchen ich gelegentlich vorüber kam, enthielten keine Schnecken,
obwohl sie in einigen Bächen vorkommen müssen, denn ich erhielt
Melanopsis und eine Pahidina, die von der Insel stammten. — Bei
dem Ausfluge, den wir über das Gebirge nach der Südseite unter-
nahmen, gelangten wir nachAberdee n, dem alten Hongkong, und in
dem Hintergrunde einer tiefen lieblichen Bucht nach Little Hong-
kong in einem freundlichen Wäldchen gelegen, wovon die ganze Insel
den Namen erhielt: Heong-kiang, d. i. Strom des Wohlgeruches,
da die Bäume zur Blütezeit meist mit wohlriechenden Blumen bedeckt,
einen köstlichen Duft weit in die Ferne senden. Wenn man von dort
über den Bergrücken an die Nordseite zurückkehrt, gelangt man in ein
ausgedehntes Wäldchen von Pinus sinensis, an das sich tiefer hinab
ein dichterer Laubwald von 5 — 6 Arten prachtvoller ganzblättriger
Eichen anschliesst, der bis hinab in's Happy Valley reicht. Die Flora
Notizen über die F:itiiin Hongkonn^'s und Schanghiii's. c4o
ist interessant und mannigfaltig, und vorzüglich reich an Farnen,
unter denen sich zwei bis jetzt nur hier allein bemerkte Formen
finden. Weniger reich dürfte im Vergleiche hiemit die Fauna ge-
nannt werden, hauptsächlich was die höheren Thierclassen betrifft.
Vom Kantschil, dem grössten der wenigen Säugetliiere der Insel,
das eingeführt worden, sahen wir zahlreiche Fährten; der Ruf von
Hühnern ertönte von den Anhöhen herab. In den Ortschaften findet
sich die unserer Rauchschwalbe täuschend ähnliche chinesische
Schwalbe, und der eben so unserem Feldsperling ähnliche indische
Spatz. Im Wäldchen waren ein paar Taubenarten, ein Lanius, eine
Drossel, eine Meise, ein Kukuk (Ceiifropns) so wie einige kleinere
Sylvien, am Rache der indische Königsfischer zu bemerken. An
Amphybien erhielt ich einen ansehnlichen Colnber, einen Frosch,
jedenfalls von Raim escule7itaL., mit dem man ihn früher zusammen-
warf, verschieden, eine Kröte, eine Emys, so wie am Fischmarkte
sehr häufig eine Weichschildkröte. Diese waren daselbst übrigens
weniger zahlreich und mannigfaltig , als ich erwartet hatte. Am
ärmsten und unergiebigsten fand ich jedoch den Strand. Ich machte
ein paar Mal einen Ausflug auf einem Roote, um einige abgelegene
Ruchten zu besuchen. Die See war überall pflanzenleer und nichts
von Algen zu entdecken. Weder Phykeen noch Conferven fanden
sich, und auch die Tiefe dürfte nichts an Florideen bergen, da sich
keine Spur von ausgeworfenen Fragmenten am Strande zeigte. Dass
daher auch das Thierleben ärmlich, war zu erwarten. Die nackten
Felsen waren mit Balaneu überzogen , zwischen denen selten eine
Patella und wenige Littorinen sassen. Auch Insecten waren nicht in
besonderer Fülle vorhanden. Einige schöne, grosse Papilioniden,
auf den prachtvollen Rlüthen 'der Z,a^rs/roew^a, eine Rutela und
einCerop/es/s auf denRIüthen \on Melastotna, sonst waren dieRlumen
wenig besucht. Rei Herrn John Ro wring, dem Sohne des Gouver-
neurs von Hongkong, einem allen Entomologen Europa's wohlbe-
kannten Namen, hatte ich Gelegenheit, die Coleopterenfauna der
Insel kennen zu lernen. Dieser eifrige Entomologe, der noch ausser-
dem reiche Sammlungen von den Inseln der ganzen Südsee und
Australien besitzt, hat die Käfer von Hongkong abgesondert syste-
matisch geordnet aufbewahrt. Er gestattete mir nicht nur mit der
freundlichsten Zuvorkommenheit die folgenden Notizen bei Gelegeni.
heit der Durchsicht seiner Sammlung machen zu dürfen, sondern ich
246 F !• a u e n f e N .
erhielt auch von ihm aus seinen Doubletten eine namhafte Anzahl von
Käfern zum Geschenke. Jene Localsammlung zählt über 1200 Arten
und zeigt einen vollkonuTien tropischen Charakter im Vorherrschen
der sonderbar verzierten Luciuüden und der überhaupt ausgezeich-
neten Camellicornler sowohl, als der glänzenden /^ow^/Zcorw/er imd
Rhynchoplioren. Von den 200 Sand- und Laufkäfern fällt die grosse
Zahl Cicindela mit 20 Arien auf, so wie dass kein echter Carabus
so tief nach Süden geht, sondern die 6 — 7 grossen schönen Arten
China's blos dem Norden angehören. Cyclosomiis, der in seiner ab-
weichenden Lebensweise ganz mit unserem Omo2)hron übereinstimmt,
dürfte wohl mit Recht mit diesem vereint als besondere Grup|ie unter
den Carabiden abgetrennt werden. Die Wasserkäfer, einige fünfzig,
boten nichtsBesonderes. Ebenso die, diese an Zahl fast erreichenden
Palpicornier. Die Aaskäfer dürften mit den europäischen überein-
stimmen. Heteroccrus ist mit einer Art vertreten. Die hundert Sta-
pkylinen zeigen in ihrer ganzen Erscheinung so wenig Unterschei-
dendes von den europäischen Formen, selbst bis zu den Arten man-
cher Gattungen, wie z. B. Stenus, Paederus, dass nur erst die ge-
nauere Untersuchung diese hervorheben kann. Ich habe die Über-
einstimmung dieser Coleopterengruppe der verschiedensten Gegenden
so vorherrschend gefunden, dass unter den Käfern Am Brachelyleen
als die in allen Zonen am gleicliförmigsten gebildete Eamilie be-
zeichnet werden können. \)vo\ Pselaphiis, zwei Scydmaemis und noch
viele kleine Clavicornier geben, so wie die grosse Zahl Minutien
in den bisher aufgeführten Gruppen den Beweis, welchen Eifer Herr
John B 0 w ring auf die vollkommenste Ermittlung dieser Fauna ver-
wendet. Die 2o Hlsteriden sind, bis auf Einen mit Flecken, alle ein-
farbig schwarz. Unter den 27 Lucaniden- Arten sind höchst wunder-
liche Formen; unter den übrigen LamelUcornen , 250 an der Zahl,
sind ähidich wie in Europa Anthopliagus mit 46, Apkodius mit 21,
die artenreichsten Gattungen. iJ/6'/o/o//M« zählt 18, die Gruppe der
Hopliden 28, der Cetonideu mit einigen ausgezeichneten gehörnten
Arten (Dictuoiocephalus) 32 Arten. Auch unter den \'3 DynastideH
sind iiiehi'ere mit eigenthümlich verziertem Kopfe und Halsschilde
(Dicotomus). 4U Buprestiden und über 60 Elaterideu enthielten
nichts Besonderes ; unter ersteren fand sich Lampra rittilnns, sowie
Chrysobot/ira seivnotata , ferner die unseier Bnprestia mnriana so
ähnlicJK; CluUcopliora japonica. Die Malacodermata waren nur
Nofr/.pn i'iher die Fauna lloiigkoii^'s und Sclianghai's.
247
zum Theile geordnet. Das Genus Anthicm ziihlt 13 Arten. Tnter den
i2 Lagriden ist die aemeine europäische Lagria liirta /". Obwohl
von Ptliisterkäfeni 8 Lytta, ^ Mylabrh vorhanden, so findet sich
d-.igegen nur eine einzige sehr unansehnliche Meloe. Die Rüsselkäfer
enthalten 172 Arten; darunter kein Otiorhijnckus. Sie vertheilen
sich lolgenderinassen : 7 lirnclddac, ö Anthribidae, 3 Brentliidae,
32 Rhynchitidae, darunter ausgezeichnet schöne Thiere; 3t> Kurz-
und 78 Langrüssler und II Calandridae. ßenierkenswerth ist der
Reichthum an Borkenkäfern (17) hei der unbedeutenden Menge von
Bäumen. Sehr Schönes findet sich unter den 134 Arten von Bock-
käfern. Dagegen bemerkte ich unter den ChrysomeUnen , Cassiden
und Coccinellen bei weitem keine so schönen Jnsecten, als diese
Gruppen sonst so vielfach zeigen, so dass sie wohl die einzigen sind,
an welchen der tropische Charakter weniger ausgesprochen ist. — Unter
den übrigen Abtheilungen der Insecten dürften wohl die Orthopteren
verhältnissmässig das Meiste bieten. Von Fliegen sind bemerkens-
wertb 2 schöne Anthrax, eine Tripeta, einige grosse Asiliden und
eine Laphride. Höchst ausgezeichnet ist eine Cecidomyia, die ich
köscherte. An dem brennend rothen Hin-
terleibe tragen die fünf letzten Leibesringel
jederseits eine fadenförmige Verlängerung,
die an jedem nächsten Ringe länger wer-
dend, an dem letzten tief eingeschnittenen
Afterringe den Hinterleib an Länge fast
übertrefTen. Die schwarzbraunen, undurch-
sichtigen Flügel zeigen ein von allen mir
bekannten Gattungen abweichendes Geäder.
Die erste Ader theilt sich am ersten Fünftel
der Flügellänge in drei Äste, die der Länge
nach fast gleich weit von einander entfernt,
gerade verlaufen. Der vorderste Ast endet
am letzten Fünftel des Flügelvorderrandes,
der zweite und dritte enden, sich etwas zusammenneigend, nächst
der bekannten Einbiegung des Aussen- oder Hintersaumes des Flügels.
Eine zweite aus der Flügelwurzel entspringende Ader bildet die längs
dem dritten Aste in gleicher Entfernung wie dieser vom zweiten,
eine vierte ebenfalls nach dem Hinterrande verlaufende Längsader.
Die 23gliedrigen Fühler sind rosenkranzartig, und mit Wirtelhaaren
248 Kr Dil e nfeld.
besetzt. Ebenso sind die Füsse und die oben erwähnten Hinterleibs-
fäden von Borstenhaaren umgeben. Die Membran der Flügel ist ganz
so gerunzelt, wie es unter den Hymenopteren die Gattung Xylocopa
zeigt. Zu allen diesen von den wahren Gallmücken so weit abwei-
chenden Charakteren kommt die auffallende Kürze der Tarsen, die
eine lange einfache Klaue tragen. Die erste und dritte Ader ist braun-
getrübt, die zweite und vierte glashell durchsichtig. Ob sie eine
Missbildung an Pflanzen erzeugt, kann ich nicht sagen; von den
wenigen Auswüchsen, die ich hier fand (wii Ficus, Bischoffin) gehört
keiner der Erzeuger der Classe der Dipteren an. Die Kugelgalle auf
den Feigenblättern ist insoferne interessant, als sie zur Zeit der
Reife, wenn das Insect, ein ausgezeichneter Psyllode, dessen Flügel-
geäder mir ebenfalls ganz eigenthümlich erscheint, aus-
gebildet ist, von selbst sich höchst regelmässig, meist
viertheilig spaltet, um dasselbe frei zu lassen.
Ein Ausflug nach Ma cao bot naturwissenschaftlich nicht viel Be-
merkenswerthes. Weniger vortheilhaft und nicht so romantisch gele-
gen als Victoria, macht es durch die geringe Belebtheit des europäi-
schen Theiles und durch die wenigen Schiffe, die man daselbst sieht,
fast den Eindruck einer untergehenden Grösse. Wir machten hier in
grösserer Gesellschaft, worunter sich ein Chinese, ein eifriger Bota-
niker, Namens Wu ng fu n befand, der in Schottland studirt, und dort
das Doctordiplom der Medicin erhalten hat, eine Excursion nach dem
Festlande, von wo ich nur eines sehr schönen Frosches erwähne, der
in die Nähe von Dactylethra gehörig, mir unbekannt war. Er ist
fast 2 Zoll lang, oben blass, schmutzig grünlich, unten heller, auf
dem Rücken mit fünf dunkeln, weiligen Längsbinden und in den
Weichen hoch dottergelb. Macao selbst enthält als sehenswürdig
nichts als die Felsengrotte , in welcher der Sänger der Lusiade
einige Zeit lebte. Leider ist sie durch angeflicktes Mauerwerk und
ein Portal verunziert. Im Innern ist die Büste des berühmten Dichters
aufgestellt. Die die Grotte überwölbenden Felsen sind von einer
Rotunde überbaut, von der man eine hübsche Aussicht über die Studt
und den Hafen hinüber nach dem Festlande geniesst. Das Haus imd
der Garten, worin dieselbe liegt, gehört noch derselben Familie
Pereira, in deren Besitz es zur Zeit der Anwesenheit Camoens
sich befand. Ferner der chinesische Tempel nahe am Strande in der
Chinesenstadt, der zwischen grotesken Felsen gelegen, sehr malerisch
Notizen über die Fauna Hoiigkoiig's und Schanghai's. 249
griippiit ist. — Unsere Reise nach dem zweiten nördlicher gele-
genen Punkte China's, den wir zu besuchen beabsichtigten, ging
durch den Canal von Formosa, und war eine ziemlich günstige und
rasche. Wir durchschifften einige Male sehr starke Sägspünsen in
unregelmässigeren Gruppen und lichter gelb als jene im Sunda-
meere, so wie später zwischen Formosa und den Saddle Islands in
ausgedehnten Flecken jene schleimige Masse, die ich glaube zu Ma-
maria bringen zu können, obwohl sie viel blässer, mehr einen Anflug
von Rosa, als die Mamaria scintilkifis der atlantischen See zeigte.
In der Bildung fand ich bei 120maliger Vergrösserung keinen Unter-
schied. Diese schleimigen Massen sind von mehreren älterenReisenden
beobachtet und erwähnt. Man hielt sie für Fischeier und meinte,
dass die Salangane sie zum Baue ihrer Nester verwende, da die
Südsee-Insulaner allgemein glauben, diese Schwalbe baue jene be-
rühmten Nester aus Fischrogen , was um so leichter angenommen
ward, als diese Masse getrocknet eine etwas entfernte Ähnlichkeit
mit dem Stoffe hat, aus dem die essbaren Nester bestehen. — Aus-
serdem war das Schiff von zahllosen Insecten umschwärmt. Hunderte
Individuen von zwei Arten eines niedlichen Agrion, so wie mehrere
kräftige Libelluloiden und ganze Schaaren einer kleinen Feronia
kamen an Bord. Viele Mikrolepidopteren, eine Phryganide, mehrere
Dytisciden, die sonderbare Evania mit fast ganz reducirtem Hinter-
leibe, selbst eine Cicindela, alle in mehrfachen Exemplaren, wurden
gefangen. Abends, den 26. Juli, schon im Bereiche der Wässer des
Yang-ts-Flusses, wurde in dessen Mündung geankert. Am näch-
sten Tage beim Lichten des Ankers erhielt ich drei Exemplare einer
schönen Virgidaria und einen sehr interessanten Seestern in fast
vollkommen süssem Wasser. Noch auffallender war eine Cassiopaea,
welche imWoosungflusse fast bis 10 Meilen aufwärts anzutreffen
war. Der gewaltige Yang-ts, der gewöhnlich als Grenze für die
südliche und nördliche Hälfte China's genommen wird, machte seinen
Einfluss schon viele Meilen entfernt bei den Saddle Islands geltend, in-
dem das Meer immer trüber erschien. Bei W o o s u n g, wo der gleich-
namige Fluss noch die Mündung seines Riesennachbars zu vergrössern
strebt, ist die gelbe Trübung des Wassers so stark, dass ich in einem
Cylinder von 20Centimeter einen fast löMillim. dicken Niederschlag
erhielt, eine erstaunliche Menge. Allein man würde sehr irren, wenn
man dies als Mass annähme, was der Strom an festen Theilen dem
250 FiauenfeU.
Meere zuführt. Schon in Schanghai, trotz der gewaltigen Ebbe und
Fhith, beträgt der feste Antheil vielleicht kaum mehr den zehnten
Theil, und in Tsingpu, fast SO Meilen von der Mündung des blauen
Flusses, wo aber die Wasserzeiten von den Booten noch immer zur
SchilTfahrt benützt werden, ist das Wasser des Su- ts chau -Armes
nur sehr gering getrübt. Nur die mächtig aufwärts dringende Fluth, so
wie die reissend in"s Meer abströmende Ebbe wühlen unablässig die
in der Nähe der Mündung abgelagerten Untiefen von Schlamm auf,
um sie in unmittelbare!' Nähe daselbst wieder abzusetzen. Die Fre-
gatte ging in Woosung vor Anker, und wir benutzten ein Boot, um
sogleich nach Schanghai zu gehen. In langer Linie lagen rechter
Hand die schon im ersten Opiumkriege zerstörten Uferbefestigungen,
sowie im Flusse selbst englische, französische und amerikanische
Kriegsschiffe so zahlreich , wie sie dieser Platz wohl nie noch so
zahlreich gesehen. Eine unzählige Menge von Booten und jener
schwerfälligen chinesischen Dschonken, die hin und wieder schifften,
zeigten, dass man einem wichtigen Hafenplatze nahe, und die nam-
hafte Handelsflotte, die wir vor Schanghai fanden, bestätigte auch,
welch hohe Wichtigkeit dieser nördlichste der Freihäfen an China's
Küste in der kurzen Zeit seines Bestehens erlangt hatte.
Schanghai ist der vollkommenste Gegensatz von Hongkong
und dessen benachbartem Festlande. So weit das Auge reicht, eine
unabsehbare, reich bebaute Fläche, von Flüssen und Canälen tausend-
fach durchschnitten, besäet mit Ortschaften und Gehöften, um welche
herum sich die wenigen Baumgruppen finden, die daselbst vorkommen.
Selbst seine Bevölkerung scheint gänzlich von der des gebirgigen Süden
verschieden. Während der wilde unbändige Hass gegen die Fremden
sich trotz dem abgeschlossenen Frieden in unaufhörlicher Feindselig-
keit 1) in der Provinz Kwangtung kundgibt, blieben die Bewohner
dieser weiten Umgebung während des ganzen Krieges ruhig und im
friedlichen Verkehre mit den Europäern, und man konnte es unge-
fährdet wagen, einzeln in entfernt gelegene chinesische Orte und
1) Wenige Tage nach unserer Ankunft erhielten sämmtliche in Woosung liegenden
Kanonenboote Befehl, ungesäumt nach Canton zu eilen, da die Feindseligkeiten
dort mit erneuerter Wuth begonnen hatten. Selbst in Hongkong sah es bedenk-
lich aus. 20.000 ChiDeseii hatten fieiwillig die Insel verlassen und eine Piraten-
tlolte von mehreren hundert Kschonken hatte sich an der Miindnng des Canton-
tlusses zusammengerottet.
Noiizen über ilie Fauna ll()iigkong'"s und Schanghais. 2ol
Höfe sich zu begehen. Zwar erregt es immer eine gewaltige Gäh-
rinig, wenn Europäer in tiefer im Innern gelegenen Städten er-
scheinen, und wir hatten auf einem Ausfluge nach Tsing-pu die
Bewohner der halben Stadt hinter uns her, die uns voll Staunen und
Bewunderung begaft'ten, jedoch ohne der geringsten feindseligen
Äusserung. In Schanghai sahen wir auch zuerst eine echt chinesi-
sche Stadt, chinesisches Leben und Treiben, was in Hongkong, wo
der europäische Einfluss viel zu sehr vorherrscht, durchaus sich nicht
findet. — Das Erste was ich acquirirte, als ich an's Land trat, waren
einige aus Bambusstreifen geflochtene kleine Käfige, in deren jedem
eine Heuschrecke sich befand, welche um die Wette zirpten, die
ich auch jetzt noch, nach einem Zeiträume von mehr als zwei Monaten,
lebend besitze, und die trotz Sturm und Wetter, versperrt im finstern
Schranke, lustig und anhaltend singen. Später fand ich noch zierli-
chere , aus Drath oder feinen Rohrstäben verfertigte Behältnisse,
und fast in jedem dritten, vierten Laden einen solchen Sänger auf-
gehangen. Diese Liebhaberei der Chinesen, die ganz mit dem bei
uns üblichen Gebrauch, die Feldgrille in kleinen Häuschen, gleich-
falls ihres Gesanges wegen zu bewahren, zusammenfällt, hatte ich
schon vor dem Beginne der Reise als einen Gegenstand besonderer
Ermittlung notirf, da nach allen Angaben das betreff"ende Insect eine
Cicade sein sollte. Was mir von der Lebensweise der Cicaden, die
ich genugsam beobachtet, bekannt, ist gänzlich unvereinbar mit einer
solchen Annahme. Es musste daher entweder eine Singzirpe von
gänzlich abweichender Lebensweise hier vorkommen, oder ein Irr-
thum zu Grunde liegen, obgleich es dann immerhin merkwürdig bleibt,
dass auch bei den abendländischen Schriftstellern seit der ältesten
Zeit eine solche Verwechslung zu bestehen scheint, indem als Sing-
insect von allen nur allein die Cicade hervorgehoben erscheint,
während die Laub- und Grasheusch recken überall mit Still-
schweigen übergangen werden, wie z. B. schon Plinius, in dessen
Darstellung der Lebensweise dieser Thiere weit mehr Fabelhaftes,
als bei den chinesischen Beobachtern sich findet, erwähnt, „dass
man schon im Alterthume diese Thierchen (Cicadae) wie noch jetzt
in Spanien in Binsenkäfigen halte, und mit Porre füttere". Es
war also für mich von grossem Interesse, über diesen Gegenstand,
wenn es möglich war, nach eigener Ansicht urtheilen zu können.
Ich hatte nun wirklich hinlänglich Gelegenheit zu prüfen und zu
252 Fra iienfeld.
untersuchen, und ich glaube auch hiernach eine mehr als tausend-
jährige irrige Annahme berichtigen zu können. Schon die ältesten
Bücher China's erzählen von einem Insecte, das einen enormen
Lärmen macht, indem es mit seinen Fhinken schreit, und geben eine
so genaue und richtige Beschreibung seiner Naturgeschichte bis
selbst in die geringsten Details» dass es unverkennbar ist, dass damit
die Lebensweise der Cicaden (lacigale) geschildert wird. „DieChi-
nesen'% heisst es ferner, „gingen in der Sommerszeit zu ihrem Ver-
gnügen auf die Jagd der Cicaden, die des Nachts bei Fackellicht
stattfindet. Man glaubte, dass das Licht die Insecten anzöge und sie
veranlasse, von den Bäumen herabzusteigen. Übrigens hatte die Jagd
nicht blos Vergnügen zum Zweck, da die Cicaden , als ein delicates
Gericht, sehr geschätzt waren". Alles dies bezieht sich auch ganz
auf die wahren Cicaden. Allein Abbe Grosier erzählt nun in seiner
Descript. gen. de la Chine nach jenen Chronikern weiter: „Die Ci-
caden genossen während einer Zeit alle Ehren der Mode, und wurden
plötzlich der Gegenstand eines allgemeinen Entzückens. Sie ver-
dankten dieses unerwartete Glück einem armen Gelehrten unter der
Dynastie der Thang (im 7. Jahrhunderte unserer Zeitrechnung),
welcher, um seinem Elende zu steuern , auf den Einfall kam, mit
diesen Insecten Handel zu treiben. Er ging in's Feld, wählte die schön-
sten Cicaden, machte ihnen kleine Käfige, kehrte zurück und bot sie
in den Strassen von Tschang-ngan, der damaligen Hauptstadt
des Reiches, feil. Das war etwas Neues, und die reiche, üppige Stadt
fand schnell Wohlgefallen an dem aus dem Felde hinein verpflanzten
Gesänge. Die Kaiserin, die Königinen, die Palastdamen, alles wollte
diese ländlichen Sänger besitzen. Es wurde ein eigenes Hofamt
errichtet, um den kaiserlichen Palast stets mit der erforderlichen
Anzahl dieser Insecten zu versehen; die Liebhaberei wurde zur
tollsten Manie; man begegnete den Cicaden in allen Winkeln, an
allen Ecken, man trug sie mit sich in die Visite, die ganze Stadt
wiederhallte von ihrem Geschrei. Die Kunst, die Industrie bemäch-
tigte sieh derselben; kein Stoff, keine Stickerei, keine Zeichnung,
kein Gefäss war mehr zu sehen, worauf sie nicht dargestellt sich
fanden. Man bildete sie in Gold und Edelsteinen nach, und keine
elegante Dame dünkte sich vollkommen geschmückt, wenn nicht
eine Cicade sich in den Zieraten ihres Haares befand. Die Mode
dieser lärmenden Insecten", schliesst Grosier, „ist vorüber in
Notizen über die Fauna Hongkong's und Sciianghai's. 1S3 DT"'
China, sie bilden nur mehr einen Vergnügungsgegenstand für das
Volk und die Kinder, indem man noch jetzt die C ieaden fängt
und in der St;idt verkauft". Wenn wir nicht annehmen, dass
der Geschmack der Chinesen sich geändert hat, so ist hier nun
unzweifelhaft jene Heuschrecke, die allerdings noch einen bedeu-
tenden Lieblingsgegenstand der Städter bildet, mit den Cicaden, die
ich nicht ein einziges Mal in einem Käfige sah, obwohl ich sie oft
in den Händen von Knaben fand, die sie vielfach quälten, um sie
schreien zu machen, verwechselt. Man würde durch Gegenstände
aus der Zeit der Thang-Dynastie unwiderleglich darthun können,
welches Thier damals Mode war, da die Darstellungen der Chinesen
hinreichend genau sind, um zwei so verschiedene Thiere unter-
scheiden zu können. Was ich an zeichnender und plastischer Dar-
stellung dieser Art aus älterer und neuester Zeit sah, ist bei den-
selben die Heuschrecke weit vorherrschender angewendet als die
Cicade. — Ich übergehe alle Anwendung, die von den Cicaden in
der Medicin gemacht worden, indem ich nur bemerke, dass ich von
den echten Heuschrecken nichts darunter fand, sondern alles hier
bezügliche wieder ausschliesslich die wahren Cicaden betrifft, und
dass ich selbst in einer chinesischen Apotheke in Schanghai unter
den unmittelbar aus dem Thierreiche stammenden Arzneiartikeln
die Hüllen der Cicaden fand, die in der chinesischen Pharmakologie
noch eine wichtige Rolle spielen. — Was nun die weitere Ermitte-
lung dieses Gegenstandes betrifft, so suchte ich mir auch die Cicaden
zu verschaffen. Von diesen fand ich in Schanghai drei, schon im
Gesangesich unterscheidende Arten, die ich, da ich Dr. Hugo's
ausgezeichnete Arbeit über diese Gruppe nicht zur Hand habe, ge-
genwärtig nicht zu bestimmen vermag. Ich fing sie in grosser Zahl,
und stellte Versuche mit ihnen an. Das Resultat dieser Versuche,
ganz mit meinen älteren Erfahrungen über Cicaden übereinstimmend,
ist folgendes : Keine lebte in uer Gefangenschaft länger als zwei bis
drei Tage. Keine sang freiwillig, sondern nur, wenn sie sich unge-
stüm herumkollerten, und auch das nur in der ersten Zeit der Ge-
fangenschaft, oder wenn sie gequält wurden, oder wenn zwei und
mehrere in einem Gefässe einander beunruhigten. Keine nahm Nah-
rung zu sich. Sie besitzen daher gar nicht die Eigenschaft, in Ge-
fangenschaft oder als Stubenthiere gehalten zu werden, die den
Heuschrecken und Grillen so ausgezeichnet zukömmt. Es gibt nur
Sitzl). d. mathem.-naturw. Cl. XXXV. Bd. Nr. 10. 18
-j K A F r a u e n f e I J .
eine wahrscheinliche Ursache zu dieser Verwechslung, nämlich, da
der Laut dieser beiden verschiedenen Insecten allerdings ein gewis-
sermassen ähnliches Schwirren ist, dass man ohne weitere Prüfung
voraussetzte, das im Käfig gehaltene Singinsect gehöre gleichfalls
zu jener Gattung, deren Naturgeschichte und Virtuosität im Gesänge
weit früher schon bekannt war. — Obwohl ich nach den vorliegen-
den beschreibenden Daten von den chinesischen Zeichen für diese
beiden Insecten keine besondere weitere Aufklärung hoffte, so suchte
ich doch diese nach Möglichkeit zu ermitteln, da vielleicht dann aus
den Originalwerken selbst sieh Näheres ergibt. Ich konnte nur zwei
Ausdrücke „Seh in" ^) ^^ (das Radical ^ Tschung bedeutet In-
sect überhaupt) und 4]@ Tili eruiren, welche für Cicada, or broad
Locwsf, gebraucht werden, während ^^ Wai nur unbestimmt „«
sortof cicada or ftee^^e" bezeichnet. Seh in tüi und t'iü Kap {^
^ und ffl ffl) beissen die leeren Puppenhülsen; ts'au schün
häm das Zirpen der Cicaden. Unter den Orthopteren, für welche
sich eine Menge Zeichen finden, können mehrere derselben abge-
sondert werden, welche sich auf bestimmt zu bezeichnende Insecten
beziehen. So ist -j- ^h T'okau (zusammengesetzt aus „Erde«
und „verächtlich") und ^M Lau ku der Name für die Maulwurfs-
grille (mole criket); ^. J^^ 'l'sik tsut der für die Feldgrille;
si' ^ Tau mä für die Hausgrille? (Hearth criket). Die bei den
Chinesen sehr beliebten und fast eben so leidenschaftlich wie bei den
Malaien die Hahnenkämpfe betriebenen Grillenkämpfe heissen Tau
tsik tsat ("^0 fight crikets). Die Zugheuschrecke hat zwei zusam-
mengesetzte Namen ^ f jt^^ Ts'ing k wai mang und ^^^
w 0 n g t s c h a k. ^ 4? S ü n t s c h u n g soll für eine grosstlügelige
(large winged) Heuschrecke gebraucht werden. Die langköpfigen
(long headed grnsshopper) Acridier, wohin Truxa/is und deren
nächststehende Arten gehören, heissen: ^^ j^Jj Haiki, ^ ^
Tschung sz'und^^fau tschung. Es erübrigen sonach noch
1) Die hier nnsrefiihrte Aiissitrache ist im C:iiitoii-I»ialektc.
Notizen über die Fauna Hongkoiig's und Schanghai's. I3i) Q, ^
vier Namen, welche vielleicht blos den Locusten angehören, nämlich
^Kung, ^yf :^ä Sz' ts'o mang, Jg ^| Tschung
tschü und it ^i Tschä mang, von denen ich Ts'o mang am
öftesten zur Benennung gebraucht fand. Das Zirpen der Locusten soll
Ku ng yam heissen. Yam ^ ist das Radical für Ton, Laut aller Art.
Merkwürdiger Weise ginge aus diesen Bezeichnungen doch hervor,
dass bei den Chinesen für den Gesang jener beiden Insecten eine
verschiedene Benennung besteht; ob von denselben wirklich genau
unterscheidend gebraucht, oder von den Lexikographen erst ange-
wendet, vermochte ich nicht zu ermitteln, und es findet sich vielleicht
nur in der Literatur selbst sicherer Aufschluss. — Was das Thier
selbst, nämlich den wahren Sänger, die Heuschrecke betrifft, so
halte ich es, wenn nicht die neueste Literatur es gebracht, für unbe-
schrieben. Der freien Haftlappen wegen am Grunde des ersten
Tarsengliedes der Hinterbeine gehört es zu Decticus. Ich lasse hier
die Beschreibung des Männchens folgen: Halsschild glatt, Yorder-
brust mit zwei langen Dornen, Flügel halb so lang als der Hinter-
leib. Oberleib dunkelgrün, öfter mit einem Anfluge von Lila, Bauch
hellgelbgrün. Der Rand des Halsschildes an den Seiten, so wie ein
Theil des Flügelrandes von der Wurzel an gelb gesäumt. Halsschild
über diesem Saume mit schwärzlichem Lila verdunkelt. Die Längs-
adern der Flügel und eine beiderseits gezähnte Längslinie am ver-
dickten Schenkel der Hinterbeine schwarz, 5 Centimeter lang.
Weibchen ? — In Schanghai traf ich einen eifrigen Ornithologen,
Herrn S w i n h o e, Assistent beim englischen Consulate in Amoy, der
zufällig in Geschäften in Schanghai anwesend war. Das Verzeichniss
der von ihm in Amoy während seines kurzen Aufenthaltes gesam-
melten Vögel zählt 170 Arten, darunter mehrere Europäer und nor-
dische Vögel, die sich im Winter bis in diese Breiten ziehen ; na-
mentlich ist der grösste Theil unserer Enten und Taucher zu dieser
Zeit an den Küsten und Flüssen China's anzutreffen. Er machte den
nächsten Tag eine Partie mit dem Gewehre mit, die wir in die Felder
westlich von Schanghai unternahmen. Alles Land war dicht bepflanzt
mit GossT/pinm herbaceum, Sagittaria, Reis, Bohnen, Solanum me-
longeiia elc, so dass nur schmale Fusspfade zwischen den von
Gräben durchschnittenen und mit Wasser getränkten Feldern übrig
^rfe JL^6 FraueiifeN.
bleiben. Mitten in diesen Feldern liegen unregelmässig zahllose
kleine Hügel, wild mit Gras und Buschwerk bewachsen; sie be-
zeichnen die Todtenstätten von Chinesen. Ebenso liegen gleichfalls
frische Särge, theils roh, theils mit Stroh umflochten vielfach herum,
da sie erst nach ein, zwei Jahren mit Erde bedeckt werden. Über
den Gräbern der Reichen erheben sich die Hügel gewöhnlich bis
drei Klafter hoch, und sind im Umfang von beiläufig einem Joch mit
einem festen Zaungeflechte oder Mauer umgeben. Dieser Platz ist
dicht mit Bäumen, als Hängeesche, Ligitstrum lucidum, Plumeria,
Magnolia, Pittosporum, vorzüglich aber mit Juniperus bepflanzt,
und in diesen Wäldchen finden sich Tauben, Drosseln, Meisen,
Krähen, Kernbeisser, Reiher und andere Vögel zahlreich vor, so dass
sie die meiste Ausbeute gewähren. Besonders häufig ist ein Cyanu-
rus und ein Chloropsis, wovon vorzüglich ersterer auch die Büsche
der Gärten in Schanghai belebt, und daselbst die wenigen nicht
unmelodischen Noten seines geschwätzigen Gesanges fleissig ertönen
lässt. Vor allem auffallend war eine Pica, für identisch mit Pica
vulgaris gehalten, deren Sitten, hauptsächlich aber deren Stimme
mir so abweichend erschien, dass ich sie nicht für ein und dieselbe
Art mit unserer europäischen Elster halte. Ich glaube bestimmt,
dass uns auch hier erst die Vergleichung der anatomischen Verhält-
nisse, wie schon in so vielen Fällen in allen Abtheilungen der Zoologie,
jene sichere Grundlage bieten wird, minder bemerkenswerthe äus-
sere Erscheinungen zu vollgiltigen Anhaltspunkten für generische
Unterscheidung zu erheben. Zwei andere Vögel aus unserer Beute
hatten noch ein besonderes Interesse. Ein kleiner Rohrsänger, den
Hr. Swinhoe an der Nordküste von Formosa entdeckte, den er für
«leu hält, und Praticola tinnabulmn nannte, war auch hier nicht be-
sonders selten ; wir erhielten einige Exemplare, die einer späteren
Untersuchung vorbehalten bleiben. Der zweite ist der vollständige
Repräsentant unserer Schwanzmeise, von dieser jedoch verschieden.
In Amoy hatte Hr. Swinhoe diesen Vogel bisher noch nicht be-
merkt. Wir erreichten gegen Mittag die Seven Stories Pagode, von
deren Spitze, 125 Stufen hoch, man die endlose Ebene, die sich in
blauer Ferne verliert, übersieht. Nur ein paar kleine Hügel im Süd-
westen, die sogenannten Schanghai Hills unterbrachen die voll-
kommen horizontale Linie dieses Panorama's. In der Pagode fand
ich Nester und Eier von Pyrgita indica und 6es Pastor cristatellns.
Notizen über die Fituna Hongkoiig's und Sciiaiig-hai's. 157 Z "i
Die um Schanghai in den nächsten Tagen wiederholten Ausflüge
nach verschiedenen Richtungen lieferten stets dieselben Resultate,
wie sie diese an Thieren so arme, einförmige Gegend bisher ge-
boten hatte. Im Theegarten, einem öffentlichen Belustigungsorte, der
sich in jeder chinesischen Stadt finden soll, und der gewöhnlich
Hügel, Grotten, Felsenlabyrinthe, aus grotesk geformten und ausge-
waschenen Steinen erbaut, und mehrere Wasserbecken mit Brücke,
und verschiedene Pavillons enthält, fand ich in den ganz mit Lemna,
wie ein grüner Wiesenplan, überdeckten Teichen, und zwar aus-
schliesslich nur daselbst eine ÄmpuUaria (1) leider todt, ohne Deckel.
Was ich in allen den Flüssen in Schanghai's Umgebung zahlreich
fand, gehörte zu einer vonBenson beschriebenen Schlammschnecke,
deren Name mir eben nicht gegenwärtig. Ausser diesen führen die
Flüsse noch eine Cyrejia, eine oder zwei Unionen und Dipsas dis-
coideus, die namentlich in Ningpo dazu verwendet wird, zwischen
Mantel und Schale kleine geschnitzte Josse oder ßuddhabilder zu
stecken , die von dem fortlebenden Thiere mit Perlmuttersubstanz
überzogen werden, und dann an der Schale festgCAvachsen er-
scheinen. — Wir benützten eine Nacht dazu, um auf dem Sutschau-
Creek, einem Seitenarme des Schanghaiflusses mit einem Boote nach
der fast 50 Meilen entfernten Stadt T s i n g p u zu gehen. Diese Stadt,
kleiner als Schanghai, gleicht dieser übrigens in ihrem ganzen Aus-
sehen, wie das überhaupt fast mit allen Städten China's der Fall sein
soll. Der Theegarten, nicht wie jener in Schanghai mit Kaufläden
sondern nur mit einigen Theeschanklocalen versehen, ist zwar
kleiner, aber hübscher gruppirt, vorzüglich waren die Lotosblumen,
für welche die Chinesen eine grosse Vorliebe haben, und die hier die
ganzen Wasserbecken füllten , unendlich reizend. In der Nähe der
Stadt begegneten w^ir einem Fischer, auf dessen Boote zehn Kormo-
rane sassen, die bekanntlich von den Chinesen zum Fischfange be-
nützt werden, und von denen einer nur einen Flügel hatte. Im Boote
lagen eine ziemliche Anzahl Fische: Cyprinus, Anguilla, ein Silii-
roide und einige kleinere Malacopterygier , welche dieselben ge-
fangen hatten, und mit denen er eben imBegrifte war, heimzukehren.
Obwohl seine Vögel schon sehr ermüdet waren, so Hess er sie doch,
da wir ihm eine Belohnung versprachen, nochmal in's Wasser, ohne
ihnen jedoch den Ring anzulegen, der sie hindert, den Fang selbst
zu verzehren. Wir konnten so doch wenigstens einen Tlieil der Art
J^iTV ißS Frauen fei d.
und Weise dieses Fischfanges sehen. Der Fischer bleibt aufrecht
am Hintertheiie des Bootes stehen, hebt mit seiner Bambusstange die
Vögel auf und setzt sie in's Wasser. Durch einen kurzen Ausruf,
den er stets mit einem tactmässigen Niederstossen mit dem Fusse
begleitet, und durch Schlagen mit der Stange auf die Wasserfläche,
dirigirt er seine Vögel, eifert sie an unterzutauchen, und treibt dabei
sein Boot vorwärts. Die Kormorane schwimmen eifrig mit dem Boote
weiter, tauchen von Zeit zu Zeit unter, und bleiben manchmal iiübsch
lange unter dem Wasser. Es ist merkwürdig zu sehen, wie sie sich
beeilen, dem Boote wieder nachzukommen, wenn sie sich etwas ver-
späten. Ich frug, welchen Preis er für einen der Vögel verlange. Er
forderte 12.000 Kesch, d. i. fast 11 Thaler. — Beinahe in jeder der
Ortschaften, die wir passirten, sah ich die Schwalben in grossen
Flügen versammelt, gleichwie bei uns im Herbste, wenn sie sich zum
Fortzuge zusammengesellen, was mir nur etwas zeitlich (8. August)
erschien, zumal da ich, wie
oben bemerkt, von anderen
Vögeln noch Eier erhielt. Ein
paarmal trafen wir den Fluss
durch feststehendes Flecht-
werk, das schief auf den
Querdurchmesser desselben
errichtet, und ähnliche Ca-
näle wie in Manila und Rio
zum Fischfange bildete, abgesperrt, so dass nur mitten eine
schmale Durchfahrt für die Schiffe übrig blieb, die aber gleichfalls,
jedoch mit einer biegsamen, bis zur Oberfläche des Wassers rei-
chenden Wand geschlossen war. Die hohen, selbst noch bei der
Fluth über das Wasser hinausragenden Geflechte zu beiden Seiten
bildeten mehrfache Irrgänge, die endlich die Fische in kleine Kam-
mern zusammenleiteten. Ich Hess eine solche Kammer ausfischen,
ohne andere als die schon oben erwähnten Fische zu erhalten; nur
mehrere junge Tryonix waren noch daselbst vorhanden. Die ganze
Gegend, durch die wir kamen, war so fruchtbar und eben so emsig
bebaut wie um Schanghai. Bei allen Ortschaften sind im Boden ge-
mauerte Reservoirs von 6 — 8 Fuss Weite, oder ungeheure irdene
Tiegel von 4 — S Fuss Durchmesser eben der Erde eingegraben, in
welchem der flüssige und feste menschliche Dünger sorgfältig gesam-
a Fischkammerii.
Notizen über die Fauna Hoii-^kongs und SchangliaCs. Iö9 «S-i'
melt wird, um für die Feldwirthschaft benützt zu werden. Die
Atmosphäre ist auf weite Umgebung eine wahrlich entsetzliche, was
aber den Chinesen nicht im Geringsten zu belästigen scheint. Es ist
eines der unangenehmsten Dinge, einem Boote mit solcher Ladung
zu begegnen, da ringsum die Luft in grosser Ausdehnung verpestet
ist. — Auf diesem Ausfluge ftind ich auch einen vielkammerigen
knolligen Auswuchs an dem Stengel einer Arfemisia, leider noch zu
jung, um ihn zur Entwickelung zu bringen. Es war der einzige den
ich in Schanghai bekam, da ich eine sehr interessante blasige Auf-
treibung des Stengels und Blattverkrümmung an Sagittaria für das
Lager eines Rubigo halte, für welchen ich durchaus kein Insect als
Urheber auffinden konnte. Bemerkenswerth fand ich noch für
Schanghai, dass hier keine tropische Frucht mehr gedeiht; selbst die
Banane kommt nicht mehr vor, die doch in gleicher Breite in Ale-
xandria in Afrika noch sehr häufig ist. Auch die Laitschi, in Hong-
kong sehr gemein, sind hier nicht mehr zu sehen. Allein auch die
Süd- und mitteleuropäischen Früchte sind hier nicht sehr ausge-
zeichnet. Am besten noch die Pfirsiche, die nur durch die üble
Gewohnheit der Chinesen, die Früchte noch ganz hart und unreif
abzupflücken, verlieren. Es finden sich zwei ganz eigenthümliche
Varietäten darunter, eine beiderseits spitzig gleich den Mandeln
IpE ^ jß^ Ying tsui t'ö genannt, und eine zweite wie ein Bund,
flach, mitten beiderseits eingedrückt, welche die Chinesen mit
^m /jiJk Pin t'u bezeichnen. Beide gehören zu den schmackhaf-
teren Sorten. Äpfel und Birnen, nur in Avenigen Sorten, sind blos
Früchte dritten Banges, nur gekocht geniessbar. Von Pflaumen,
deren viele vorkommen, sah ich in Schanghai nur wenig, zu Prunus
insititia gehörig, gleichfalls unreif vom Baume genommen. Ferner
finden sich Nüsse, Mandeln und ein Zizyp/ms, dessen getrocknete
Früchte sehr schmackhaft sind. Dagegen sind die Trauben wieder
höchst mittelmässig. — Unter den Gegenständen einer besonderen
Nachforschung in China hatte ich auch die Sphaeria eutomorhizn.
jenen interessanten Pflanzenparasiten, der sich an noch lebenden
Baupen vollständig ausbilden soll, bezeichnet, der gleichfalls der
chinesischen Arzneikunde angehört. Schon bei Hrn. John Bowring
sah ich sie in zwei Formen. Die kleinere unverästelte, 12 Slück in
einem Bündel zusammengebundene, stammte aus einer chinesischen
ic (^ 160
Frauenfeld.
Arzneibude, die andere, grössere, mit mehrfach verästeltem Pilze,
stammte aus einer Sendung aus der Südsee. Obwohl ich nun schon
in Hongkong bei allen chinesischen Quacksalbern eifrig darnach
suchte, konnte ich doch keine erlangen. Ich wiederholte meine Be-
mühung in Schanghai, allein hier trat ein anderer misslicher Umstand
ein, man verstand mich nicht, als ich nach Ha tso tung tschung
frug, da ich übersehen hatte, mir die chinesischen Zeichen nieder-
schreiben zu lassen. Erst durch die freundliche Bemühung des Mis-
sionärs Hrn. Robert Macy gelangte ich in Besitz derselben, mit der
Angabe, dass sie i^ I^ ^ e3 Tung tsch'ung hia ts'au,
d.i. Winterinsect , Sommerpflanze genannt sei, dass sie in Schanghai
nicht vorkomme, sondern die Apotheker sie aus dem Innern beziehen.
Der Name zeigt, dass die Chinesen vollkommen mit der Natur des
Gegenstandes vertraut sind, und deutet sogar an, dass die Krankheit
wahrscheinlich erst nach der Überwinterung bei einer vorgeschrit-
teneren Grösse der Raupe auftrete. Dass ich diese nicht lebend er-
hielt, benahm mir leider die Gelegenheit, diese interessante Erschei-
nung im Leben zu beobachten und ich konnte blos die trockenen
Fragmente untersuchen. Die 3 — 4 Centimeter lange Raupe ist eine
gewöhnliche 16füssige, glatte, wie sie vorzüglich bei Noctuen zu
finden, die an den getrockneten Individuen keinerlei Zeichnung
wahrnehmen lässt, und wahrscheinlich im Leben grün war. Der Pilz,
zu dessen Wachsthum wenigstens Anfangs bis zu einer bestimmten
Entwickelung, wie ich aus mehreren Daten sicher glaube schliessen
zu können, das Leben der Raupe erforderlich ist, war in allen von
mir untersuchten Fällen unverästelt, und nur in einem einzigen Falle
war er scheinbar gegabelt, indem er in seiner halben Länge einen
Spalt zeigte, und nach einer zwar gefurchten, doch vollkommen
wieder verwachsenen Stelle am Ende abermal sich in zwei Spitzen
theilte, was aber bei näherer Untersuchung sich nur als Riss des
einfachen stielrunden Gebildes ergab. Er ist dunkelbraun, gleicht
der Sphaeria hypoxylon (Hypoxylon polymorphum) und erreicht
eine Länge von 3 — 8 Centimeter. Er sitzt stets am Scheitel der
Raupe auf, wo er fest verwachsen, die hornige Decke des Kopfes
zerstört und der holzartig verhärtete Körper des Pilzes in den Kopf
selbst eindringt, und von da aus, wahrscheinlich nachdem das Thier
der Krankheit erlegen, den ganzen Körper erfüllt. Die Oberfläche
No(i/.en über tue Fniiiia Hoiifjkoiig's uiiii Si'haiifjhai's. 161 Q^ C
des Pilzes breitet sich bei mehreren, doch nicht bei allen Raupen
in unmittelbarer Fortsetzung als Stroma über den Körper derselben
mehr oder weniger aus, ohne aber irgendwo einzudringen. In ein-
zelnen Fällen, wo es sich rasch über das Gesicht der Raupe aus-
dehnte, schien dadurch das Verderben derselben früher herbei-
geführt. Bei manchen war der ganze Rücken bis gegen das Ende der
Raupe damit überzogen, an deren Haut es nur gummiartig angeklebt
erscheint, und leicht sich ablösen lässt. Ich habe das herrliche im
letzten Decennium erschienene französische Werk über Epiphyten an
Thieren, worin eine ähnliche Sphaeria im vollständigsten Detail be-
sehrieben ist, nicht zur Vergleichung hier, um zu sehen, in wie fern
dieser parasitische Pilz mit jenem übereinstimmt. So viel ich mich
zu erinnern weiss, scheint er davon verschieden, und es dürften später
wohl noch mehrere Arten solcher Parasiten aufgefunden werden.
Was die von dem kaiserl. Akademiker Herrn Dr. Pfizmaier
zur Erörterung empfohlenen zoologischen Gegenstände betrifft, so
war ich, so weit es thunlich, bemüht, mir darüber Notizen zu
verschaffen. Es hält dies allerdings schwer in einem Lande,
dessen Naturproducte noch so wenig bekannt sind, während es
nur bei der gründlichsten Kenntniss derselben möglich wird,
solche fabelhafte Darstellungen, wie die chinesische Naturge-
schichte sie vielfach bietet, durch die genaueste Kritik auf ihren
Ursprung zurückzuführen. Doch dürfte es mir wenigstens theilweise
gelungen sein, wo besonders bezeichnende Anhaltspunkte sich
finden, die Grenzen für eine möglich richtige Bestimmung etwas
enger gezogen zu haben. — -^^ ^F *) Yuen - Khiü (im Canton-
Dialekt ün kü gelesen) ein grosser Seevogel, der von der
Grösse eines Füllens sein soll. Er heisst auch ^tt y-^
Tsä-kien (im Canton-Dialekt Tsäp? ün?) . . . . Wir dürften in der
Ornithologie namentlich für grosse Seevögel schwerlich Entdeckun-
gen zu hoffen haben, die nicht bei den schon bekannten leicht unter-
gebracht werden könnten. Überhaupt sind die Erfahrungen, die wir
*) Ich versetze die Zeichen nach der Lesordnung, da alle Sinologen in China, in den
Büchern, in welchen chinesische Zeichen mit fremden Sprachen vermischt vorkom-
men, und wo jene in der Linie quer, nicht senkrecht stehen, auch die chinesischen
Worte von der Linken zur Rechten schreiben.
J
162 Fraiieitfel.r
aus der Naturgeschichte dieser Länder bereits besitzen, der Art, dass
nicht leicht gar wunderbare Abweichungen von den uns bekannten
Erscheinungen dieser Welt auftreten dürften, und dass noch manche
Überh'eferung ungeheuerlicher Art in massige Schranken zurück-
gebracht werden muss, gleich wie bei einer Menge derselben die
fabelhaften Übertreibungen längst schon nachgewiesen sind. Die oben
angewiesene Grösse zu Grunde gelegt, die, wenn wir die kleinen
chinesischen Pferde in's Auge fassen, eine nicht so sehr übertriebene,
als nur mehr ein schlecht gewählter V^ergleich genannt werden
könnte, so haben wir nur unter zwei Gattungen zu wählen, nämlich
Pelikan und Albatros. Der Pelikan ist wie der Pinguin und der
Schwan mit dem allgemeinen Zeichen H^ oder t^e, beide gleich-
namig ngo für Gans und zwar 4|g TvBT'ong ngo Weihergans
benannt, eine Benennung die von obiger ganz verschieden. Er dürfte
hiernach ausgeschieden werden können, und wir sind mit der Nach-
forschung blos auf das Albatros angewiesen. Leider gibt die wört-
liche Übersetzung des ersten der obigen Namen wenig Aufschluss.
Das erste Zeichen Yuen wird alsPräflx „an, bei, auf, zu" gebraucht,
oder heisst auch ,,schwerfällig". Das zweite Khiü hat dieBedeutung
von „verweilen". Den andern Namen konnte ich nicht vollständig
eruiren. Tsa heisst: ^, verschiedenfarbig, gestreift, ungeordnet,
vermischt, umwälzen, durchdringen." Das zweite Zeichen dieser
Benennung hien konnte ich nicht auffinden, wenn nicht -ü^^ hiuen
„ängstlich, niedergedrückt, ungewiss" dafür substituirt werden darf.
Aber auch dann haben wir keine Bedeutung, die irgend einen Anhalts-
punct gewährte. Verfolgen wir somit die Voraussetzung, dass es 2)^o-
»w^rfea sei, so finden wir, dass zweiArtendieser Gattung bis jetzt an den
chinesischen Küsten bekannt geworden u.z. fuUg'mosannAbrachyura,
beide jedoch nicht von so riesiger Grösse, dass sie den anfangs ge-
brauchten Vergleich rechtfertigten. Allein es dürfte wohl wenig im
Wege stehen, anzunehmen, dass Dmn. exiüans darunter gemeint sei,
der Kapschaf genannt wird, dessen Stimme man mit der eines Esels
oder Pferdes vergleicht, an den sich eine ganze Reihe von Sagen und
Aberglauben knüpft, der in irgend einer Weise den Chinesen bekannt
geworden sein mag, und dessen ungewöhnliche Erscheinung und
Seltenheit die fabelhafte Ausschmückung gerade unterstützte.
Notizen ülier die FainiH Ilüiii^koi)g"s und Schanghai's. 163
A&Tscliliin, im Canton-Dialekt Scham, ein Vogel, einem
F a I k e n ä h n I i c h, a b e r g r ö s s e r a 1 s dieser. Er hat schwarze
Federn, einen langen Schnabel, und nährt sich von
Schlangen. D e r W e i n , in den d i e F e d e r n s e i n e r F 1 ü g e 1
getaucht worden, soll ein tödtliches Gift sein, was
durch die Geschichte bestätiget wird.... Sowohl die
Herren Wells William s und Herr Swinhoe, als auch andere, die
ich frug, waren alle der Meinung, dass hierunter G?//}o^er««Ms serpen-
tarlus gemeint sei, indem sowohl Abbildung wie Beschreibung diese
Ansicht unterstützten. Allein ich kann dieser Ansicht nicht beitreten.
Wenn es auch ein sehr nahestehender Vogel sein mag, so ist es doch
wenigstens eine andere Art, als der afrikanische Schlangenfresser.
Mögen immerhin fabelhafte Ausschmückungen derlei chinesische Bil-
der verwirren, so dürfen manche gewiss in solchen Darstellungen
vorkommende Verhältnisse durchaus nicht vernachlässigt werden. Ein
solches finden wir hier, wenn nach dem Vergleich mit einem Falken
noch besonders der lange Schnabel erwähnt wird. Der kann keineswegs
unbeachtet übergangen werden, da nur eine geringe Modification des-
selben den gebrauchten Vergleich schon weit mehr beeinträchtigt, als
die Stelzbeine. Auchisi Gypogo^anus serpentarins bisher ausschliess-
lich nur aus Afrika bekannt; es wäre eine eigenthümliche Verbreitung,
wenn dieselbe Art hier an Asiens Ostküste wieder aufträte. Viel-
leicht findet sich in der Fauna japonica von Temmingk oder Sie-
bold schon irgend eine Aufklärung. Dass die giftige Eigenschaft sei-
ner Federn ein blosses Mährchen sei, war ebenfalls die einstimmige
Meinung Aller. Hier vermag ich natürlich nichts einzuwenden, da mir
in der Naturgeschichte nichts bekannt ist, wonach eine solche Mög-
lichkeil zugegeben werden könnte.
4^E. Yi, im Canton-Dialekt Yat ausgesprochen, ein Wasser-
vogel, dem Reiher ähnlich, aber grösser. Er ist in
der classischen Geschichte berührt geworden; sein
Bild malte man auf den Vordertheil der Schiffe. Hier
gehen die Meinungen auseinander, ohne sich vereinbaren zu lassen,
oder eine Entscheidung zu erlauben. Wells Wil liams sagt, es
sei nacb dem Pen tsö, wohl der wichtigsten Quelle für chinesi-
sche Naturgeschichte, der Seeadler (Sea eagle, Sea hawk),
der am Stern der chinesischen Dschonken abgebildet werde, um
164 Finii pii fei .1.
sie als schnellsegelnde zu bezeichnen. S w i n h o e und andere
meinten, es sei der Storch, der wenn auch seltener, doch ebenfalls
als Emblem auf Schiffen zu sehen sei. In Betreff der ersteren Mei-
nung ist es bei den stämmigen Fängen und dem gedrungenen Halse
eines Seeadlers, überhaupt der ganzen Figur desselben, ein unzuläs-
siger Vergleich zu sagen „einem Reiher ähnlich", und es würde die
andere Meinung dem besser entsprechen, wenn es nicht ganz ent-
gegen wäre, dass der in China vorkommende, sehr wohl bekannte
Storch ein durchaus verschiedenes Zeichen uml seiner Haeen. \ YO
Zur Zeit der alten Griechen und Römer war es noch in den Pyrenäen,
im Jura, den Vogesen und Ardennen, so wie überhaupt im ganzen
Gebiete zwischen der Maas, der Scheide und dem Rhein im wilden
Zustande anzutreffen, doch ist es seit vielen Jahrhunderten schon
vollständig gezähmt. Aus Spanien ist diese Race seit sehr langer
Zeitbereits gänzlich verschwunden, da mit der Eroberung dieses Lan-
des durch die Sarazenen zu Anfang des achten Jahrhundertsund wäh-
rend einer mehr als 800jährigen Herrschaft dieses Volkes in jenem
Reiche, theils mauriseh-berberische, theils edle arabische Pferde in
so grosser Anzahl eingeführt und mit dem ursprünglich daselbst hei-
misch gewesenen schweren Pferde gekreuzt wurden, dass sich aus
der Nachzucht allmählich eine besondere Landesrace bildete, welche
die frühere im Laufe der Zeiten gänzlich verdrängte. Auch in Frank-
reich ist sie heut zu Tage vielfach mit anderen Pferderacen vermisclit
und kommt dermalen fast nur noch in den Ardennen und in den Ge-
bieten von Lüttich und Luxemburg in ihrem ursprünglichen reinen
Zustande vor. Sie ist von mittlerer Grösse, stark und kräftig gebaut.
Der Kopf ist gross, dick, schwer und eckig, die Stirne tlach, der
Nasenrücken ausgehöhlt. Die Ohren sind verhältnissmässig etwas
gross, die Augen klein. Der Hals ist ziemlich kurz, sehr stark, dick
und fleischig, die Nackenfirste gebogen und die lange volle Mähne
fällt zu beiden Seiten des Halses herab. Der Leib ist gedrungen,
breit, stark und bauchig, die Seiten sind tlach. Der Widerrist ist
ziemlich nieder, der Rücken breit und nicht selten etwas gesenkt,
die Croupe flach, breit und abgeschliffen. Die Brust ist breit und
schwer, die Schultern sind stark, die Hinterschenkel dick, doch im
Verhältnisse zum plumpen Baue des Körpers etwas zu schwach. Die
Beine sind ziemlich lang, stark und dick, die vorderen Beuggelenke
nicht sehr breit, die Köthen stark behaart, die Hufe gross. Die Horn-
warzen sind gross, langgezogen und breit, und treten wulstartig her-
vor. Der Schwanz ist tief angesetzt und reichlich behaart. Die Höhe
schwankt zwischen 4 Fuss 6 Zoll und 4 Fuss 7 Zoll. Diese Pferde-
race zeichnet sich durch Stärke, Dauerhaftigkeit und Genügsamkeit
aus und ist zur schweren Arbeit sehr verwendbar. Sie wird zum
Zuge von Lasten sowohl, als auch zum Pflügen der Felder benützt
und könnte durch Vermischung mit edleren Pferderacen zu einei-
Zucht umgestaltet werden,, die sich selbst für den Dienst der leich-
ten Reiterei vollkommen eignen würde.
/^ 1'
176 F i l z i 11 g- e r.
Das Picardie-Pf erd oder der Picarde.
(Equus robustus gaUicus picardicus.)
Equus caballus frisius. Cheval du nord de la Picardie. Desmar. Mammal.
p. 418. Nr. 652. Var. K.
Equus Caballus Domesticus Frisius Galliens. Fisch. Syn, Mammal. p. 430.
Nr. 1. ß. 2. c.
Eqtms Caballus. Var. 24. Französisches Pferd. Wagner. Schreber Säugth.
B. VI. p. 88. Nr. 1. b. II!. 24.
Pferd von Frankreich. Pferd der Picardie. Jöscb. Beitr. z. Kenntn. u. Beurth.
(1. Pferde-Rapen. p. 134.
Hör se of France. Picai-dy horse. Harn. Smith. Nat. Hist. of Horses. p. 272.
Race der Picardie. Froriep. Pferde-Racen. fig.
Das Picardie-Pferd oder der Picarde kann nach den Merkmalen,
die es in seinen äusseren Formen darbietet, für einen Blendling be-
trachtet werden, der aus der Kreuzung des schweren französischen
Pferdes oder des Ardcnnais (Equus robustus gallicus) mit dem flan-
drischen Pferde (Equus robustus frisius ßamlricus) hervorgegan-
gen ist und daher in Bezug auf seine Abstammung beinahe mit dem »
Clydesdaler Pferde übereinkommt. Dasselbe kann sonach für einen
einfachen Bastard gemischter Kreuzung gelten. Es ist nahe mit dem
flandrischen Pferde verwandt und steht dem Boulogne-Pferde oder
dem Boulonnais am nächsten, von dem es sich hauptsächlich durch
die etwas geringere Grösse unterscheidet. Das Picardie-Pferd ist
nur von mittlerer Grösse, doch stark und schwer gebaut. Sein Kopf
ist dicker als beim Boulogne-Pferde und ohne allen Ausdruck. Der
Hals ist ziemlich kurz und stark, die Mähne reichlich und nach bei-
den Seiten des Halses gelegt. Der Leib ist gedrungen, voll und rund,
die Croupe breit und abgedacht. Die Brust ist breit, die Beine sind
stark, die Unterfüsse etwas dünn, die Köthen lang behaart. Die Haut
ist dick, das Haar rauh. Diese Bace , welche fast nur der Picardie
und insbesondere dem nördlichen Theile derselben angehört, zeich-
net sich durch Kraft und Ausdauer aus, und wird blos zum schweren
Zuge verwendet, wobei sie jedoch vortreffliche Dienste leistet. In
der Picardie, wo sie in grosser Menge gezogen wird, pflegt man sie
nur mit Heu zu füttern und viele von den dort geworfenen Fohlen
werden nach der Normandie gebracht und auf den dortigen Weiden
Veisuih iil)er die Abstaininun^' des zahmen Pferdes und seiner Racen. 177 <2^/
aufgezogen , wo sie dann später nicht selten als echte normannische
Pferde verkauft werden.
Das schwere normannische Pferd.
(EiqmiR robustus gallicus normannus.}
Fratiziisüsches Pferd. Pferd der Normandie von Auge Schwab. Taschenb.
d. Pferdck. 1818. p. 69. A. c.
Equus caballus normantis vulgaris. Desmar. Mainmal. p. 420. Nr. 652. Var. R.
Equus Caballus Domesticus Frisiiis Gallicus. Fisch. Syn. Mamnial. p. 430.
Nr. 1. ß. 2. e.
Equus Caballus domesticus normanus vulgaris. Fitz. Fauna. Beitr. z. Landesk.
Österr. B. I. p. 316.
Equus Caballus. Var. 24. Französisches Pferd. Wagner. Schreber Säuglh.
B. VI. p. 88. Nr. 1. b. III. 24.
Horse of France. Ilorse of Normandy. H a m. Smith. Nat. Hist. of Horses. p. 272.
Das schwere normannische Pferd scheint aus der Vermischung des
schweren französischen Pferdes oder desArdennais (Equus robustus
gallicus} mit dem Picardie-Pferde oder dem Picarden (Equus robustus
gallicus picarilicus) hervorgegangen und ein einfacher Bastard ge-
mischter Kreuzung zusein. Es hat im Allgemeinen sehr viele Ähnlichkeit
mit dem Boulogne-Pferde oder dem Boulonnais, ist aber merklich kleiner,
indem es nie die Mittelgrösse überschreitet. Sein Kopf ist ziemlich
stark, der Hals etwas kurz, dick und mit einer starken, nach beiden
Seiten überhängenden Mähne versehen, der Leib gedrungen voll und
rund, die Croupe breit und abgeschliffen. Die Beine sind stark, kräf-
tig und dick, und die Köthen lang behaart. Diese Bace, welche durch
Stärke, Ausdauer, gute Gestalt und Haltung ausgezeichnet ist , wird
nur in der Vallee d' Auge in der Normandie gezogen und ist blos zum
Zuge von Lasten und zur schweren Ackerarbeit verwendbar.
Das Boiilogne-Pferd oder der Boulonnais,
(Equus robustus gallicus boloniensis.)
Cheval de France. Cheval du Boulonois. B u f fo n. Hist. nat. T. IV. p. 236.
Französisches Pferd. Pferd der Boulonis. Buffon, Marti ni. Naturg. d. vierf.
Thiere. B. I. p. 93.
Cheval de France. Cheval de Boulonois. Encycl. meth. p. 77.
Equus caballus bononiensis vulgaris. Des m a r. Mammal. p. 421 . Nr. 652. Var. A A.
^7'
WO F i t z i II s' e r.
Equus Cahallus Domesllcus Frisius Galliens. Fisch. Syn. Mamma), p. 430,
Nr. 1. j3. 2. c.
Equus Cahallus. Var. 24. Fr aiuösisches Pferd. Wagner. Schreber Säugth.
B. VI. p. 88. Nr. 1. b. III. 24.
Race der Boulogne. Froriep. Pferde-Racen. fig.
Das Boulogne-Pfei'd oder der ßoulonnais, das seine Benennung
der Landschaft Boulonnais in der Picardie verdankt, wo es fast aus-
schliesslich gezogen wird, ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein
Blendling, der aus der Kreuzung von Stuten des schweren franzö-
sischen Pferdes oder des Ardennais (Equus robustus gallicm) mit
Hengsten des gemeinen normannischen Pferdes oder des Cotentin
(Equus CabalUis normannus iiulyaris) hervorgegangen ist, und
scheint daher ein einfacher Bastard gemischter Kreuzung zusein. Diese
Race hat sonach ungefähr dieselbe Abstammung wie das flandrische
Pferd, mit dem sie auch in ihrem Äusseren beinahe vollständig über-
einkommt. Das Boulogne-Pferd gehört zu den grossen, starken und
schweren Racen, und zeichnet sich durch seine kräftigen Formen
aus. Sein Kopf ist gross, der Nasenrücken gerade, der Hals gut
geformt und stark, und die Mähne ziemlich lang, voll und über dem
Nacken getheilt, so dass sie zu beiden Seiten desselben herabfällt.
Der Leib ist etwas gedrungener als beim flandrischen Pferde, der
Bauch voll, der Widerrist ziemlich nieder, und die Croupe flach und
etwas abgeschliffen. Die Beine sind stark, die Unterfüsse jedoch
verhältnissmässig nicht sehr dick, die Köthen lang behaart. Die
Höhe schwankt zwischen 4 Fuss 7 Zoll und S Fuss. In Ansehung
der Stärke und Ausdauer kommt das Boulogne-Pferd dem flandri-
schen Pferde völlig gleich, doch ist es minder feurig als dasselbe.
In früherer Zeit, wo man diese Race abermals mit dem gemeinen
normannischen Pferde gekreuzt und dadurch einen leichteren Schlag
erzielt hatte, der dem holländischen Pferde ganz ähnlich war, wurde
sie, so wie dieses, zum Zuge leichterer Frachten, und zur Beförde-
rung der Diligencen und Posten verwendet. Heutzutage, wo diese
Kreuzung aufgegeben ist, besteht dieHauptverwendung desBoulogne-
Pferdes in dem Transporte der Bausteine nach Paris und im
SchilTzuge auf der Rhone. Viele Thiere dieser Race werden
auch nach England gebracht und daselbst von den Bräuern und
Köhlern zum schweren Zuge benützt. Die Hauptzuchten bestehen
in den Landschaften Boulonnais und Calais in der Picardie, und
Veisiiili iil>ei' die Alislamininifj des zatiineii Pferdes und seiner Raceii. _179 -2^
insbesondere in Piiys de Caux in der Normandie, wo sich vor-
treffliche Weiden belinden,
Das schwere Bretagne-Pferd oder der schwere
Breton.
(Equus robnstus gallicus armoriciis.)
Französisches Pferd. Pferd der Bretagne. Schwab. Taschenb. d. Pferdek.
1818. p. 70. A. c.
Equus cabaUiis armoriciis vulgaris validus. Desmar. Mammal. p. 420. Nr. 61)2.
Var. X.
Equus Cahallus Domesticus Frisius Galliens. Fisch. Syn. Mamma!, p. 430.
Nr. 1. p. 2. c.
Equus Cahallus. Var. 24. Französisches Pferd. Wagner. Schreber Säugth.
B. VI. p. 88. Nr. 1. b. III. 24.
Pferd von Frankreich. Pferd der Bretagne. Jos eh. Beitr. z. Kenntn. u. ßeurth.
d. Pferde-Rafen. p. 134.
Horse of France. Horse of Brittany. Ham. Smith. Nat. Bist, of Horses, p. 272.
Französische Race. Pferd der Bretagne. Fr o r i e p. Pferde-Raeen. fig.
Das schwere Bretagne-Pferd oder der schwere Breton scheint
auf der Vermischung des Boulogne-Pferdes oder des Boulonnais
(Equus robnstus gtillicus boloiiietisis) mit dem Picardie-Pferde oder
dem ViC'AV^^n (Equus robust us (jallicus pictirdicnsj zu beruhen, wie
dies aus seinen äusseren Merkmalen deutlich hervorgeht. Es kann
sonach für einen einfachen Bastard gemischter Kreuzung angesehen
werden. Auch diese Baee ist in ihren Formen mit dem flandrischen
Pferde sehr nahe verwandt und zeichnet sich durch ihren plumpen,
starken und sehr festen Körperbau aus. Der Kopf ist dick, doch gut
gebildet, der Nasenrücken meist gerade, bisweilen aber auch ausge-
höhlt. Die Augen sind gross, der Hals ist dick und stark, und in der
Begel etwas kurz, die Mähne reichlich, voll und lang, und an beiden
Seiten des Nackens überhängend. Der Leib ist rund, die Brust breit,
nach unten fleischig, nach oben trocken, und die Croupe kurz, stark
und breit, sehr musculös, gerundet und gespalten. Die Lenden sind
kurz und breit, die Schultern fleischig und voll. Der Schwanz ist tief
angesetzt und dick behaart. Die Beine sind regelmässig gebildet,
stark und sehnig, die Sprunggelenke gut geformt, doch meist gerade
gestellt, die Köthen stark behaart, die Fesseln kurz, die Hufe etwas
breit. Die Höhe ist ziemlich verschieden, denn obgleich sie in der
180 F i t /; i II g er.
Regel 4 Fuss 8 Zoll bis 4 Fuss 11 Zoll betrügt, so kommen doch
nicht selten auch Pferde dieser Race vor, die nur 4 Fuss G Zoll bis
4 Fuss 7 Zoll Schulterhöhe haben.
Das schwere Bretagne-Pferd besitzt ein lebhaftes Temperament
und zeichnet sich durch seine bedeutende Kraft und Stärke, so wie
auch durch grosse Ausdauer aus. Es kommt sonach auch in seinen
Eigenschaften mit dem flandrischen Pferde überein. Seine Bewe-
gungen sind zwar nicht besonders rasch, doch ist es unermüdlich in
seinen Leistungen , daher es zum Zuge leichterer Frachtwägen und
insbesondere von schweren Diligencen ganz vorzüglich geeignet ist.
Obgleich es in Ansehung der Schönheit bedeutend hinter dem ge-
meinen normannischen Pferde zurücksteht, so verdient es bei seiner
Benützung als Wagenpferd doch bei Weitem den Vorzug, indem es
viel stärker und auch ungleich dauerbafter, selbst bei angestrengter
Arbeit ist. Auch von dieser Pferderace werden viele Fohlen in die
Normandie gebracht und auf den vortrefflichen Weiden dieser Pro-
vinz zu Zugpferden herangezogen.
Das leichte Bretagne -Pferd oder der leichte
Breton.
(EquHS rohustiis gallicus agilis.)
Französisches Pferd. Pferd der Bretagne. Scliwab. Taschenh. d. Pferdek.
1818. p. 70. A. c.
EquHS caballus ariiioricvs vulf/aris agilis. Desmar. Manimal. p. 420. Nr. 652.
Var. V.
Equus Caballus Domesticus Frisius Galliens. Fisch. Syn. Mammal. p. 430.
Nr. 1. ß. 2. c.
Equus Caballus. Var. 24. Französisches Pferd. Wagner. Schreber Süugth.
B. VI. p. 88. Nr. 1. b. III. 24.
Horse of France. Double bid ct. Harn. Smith. Nat. Hist. of Horses. p. 272.
Bretagne-Pferd. Baumeister. Anleit. z. Kenntn. d. Äiiss. d. Pferd, p. 45.
Das leichte Bretagne-Pferd oder der leichte Breton, das bei den
Franzosen auch unter dem Namen Double hidet bekannt ist, scheint aus
der Vermischung des schweren Bretagne-Pferdes oder des schweren
Breton (Equus robustus gallicus armoricus) mit dem gemeinen nor-
mannischen Pferde oder dem Cotentin (Equus Caballus norma?inus
vulgaris) hervorgegangen, daher ein einfacher Bastard gemischter
Kreuzung zu sein und wird nur im Gebiete Morbilian in der Provinz
Vei-siieli iiliPi- IUI' Alishimmung- des znliniLMi Pferdes und seiner Racen. | 8 1 J^P
Bretagne gezogen. Es wird höchstens von Mittelgrösse angetroffen
und gehört daher zu den kleineren Pferderacen in Frankreich. In
seinem Baue bietet es Merkmale von beiden Racen dar und bildet
sonach den Übergang von den schweren zu den leichteren Pferden.
Sein Kopf ist ziemlich gross , nach unten etwas dick, mit platter
Stirne und vertieftem Nasenrücken. Der Hals ist gerade, der Leib
voll, der Widerrist vorspringend, und die Croupe breit und abge-
schliffen. Die Schultern sind trocken, die Beine stark und kräftig,
doch gut geformt, und der Schwanz ist etwas tief angesetzt. Die Höhe
beträgt 4 Fuss 5 Zoll bis 4 Fuss 7 Zoll. Das leichte Bretagne-Pferd
ist stämmiger im Baue als der Cotentin und überhaupt auch minder
schön, obgleich es denselben an Dauerhaftigkeit übertrifft. Es wird
sowohl als Kutschenpferd, als auch für die leichte Reiterei benützt,
sonst aber als Reitpferd in der Regel nur als Klepper verwendet.
Das Poitoii -Pferd.
(Equus robustus gallicus pictaviensis.)
Cheval de France. Cheral du Poitou. Biiffon. Hist. naf. T. IV. p. 235. t. 1.
Französisches Pferd. Pferd von Poüou. Buffon, Martini. Naturg. tl. vierf.
Thiere. B. I. p. 93. t. 6.
Cheval de France. Cheval du Poltou. Encycl. meth. p. 77.
Französisches Pferd. Pferd von Poifou. Schwab. Taschenb. d. Pferdek. 1818.
p. 70. A. c.
Französische Race. Pferd aus Poitoii . Froriep. Pferde-Racen. fig.
Das Poitou-Pferd kann mit grosser Wahrscheinlichkeit für einen
Blendling des schweren französischen Pferdes oder des Ardennais
(Equus robustus gallicus) mit dem gemeinen französischen Pferde
oder dem Auvergnaten (Equus Caballus gallicus alverniensis) be-
trachtet werden, da sein Äusseres Merkmale von beiden Racen an
sich trägt. Es scheint dasselbe sonach ein einfacher Bastard gemisch-
ter Kreuzung zu sein. Im Allgemeinen kommt es in seinen Formen
sehr viel mit dem schweren Bretagne-Pferde oder dem schweren
Breton überein, von dem es sich fast lediglich nur dadurch unter-
scheidet, dass es kürzer gerippt, etwas länger in den Flanken und
noch lebhafteren Temperamentes ist. In diesen Beziehungen erinnert
es offenbar an den Auvergnaten, von dem es diese Eigenthümlichkeiten
ererbt zu haben scheint. Übrigens ist es sehr massiv gebaut und in
den Formen überladen, wie dies bei Pferden, die auf nassen Weiden
J«^ 182 Fitzinger.
erzogen werden, gewöhnlich der Fall ist. Die Haupt/.ueht dieser
Race wird in der Provinz Poitou betrieben, doch trifft man sie auch
in Anjou an und nicht selten werden die Fohlen aus beiden Provinzen
auch in die Normandie gebracht und auf den dortigen Weiden gross
gezogen.
Das bur^undische Pferd.
(Equns robustus gnllicns bnrgundicusj
Cheval de France. Cheval du Morvent en Bourgoyiu'. Biiffon. Hist. nat.
T. IV. p. 23S.
Cheval de France. Cheval de la Franche-Comte. Buffon. Hist. nat. T. IV.
p. 236.
Französisches Pferd. Pferd von Morrant und Bnrgvnd. Buffon, Martini.
Naturg. d. vierf. Thiere. B. 1. p. 93.
Französisches Pferd. Pferd von Franclie-Contle, Buffon, Martini. Naturg.
d. vierf. Thiere. B. I. p. 93.
Cheval de France. Cheval du Morran en Bonrgogne. Encyel. metli. p. 77.
Cheval de France. Cheval de la Franche-Cvmlc. E nc y cl. ni e t li. p. 77.
Equns cubalius seqnanicns vulgaris. Des mar. Mainnial. p. 421. Nr. 052.
Var. Z.
Equns Cahallns Domesticus Frisins Galliens. Fisch. Syn. Mamma!, p. 430.
Nr. 1. p. 2. c.
Eqnns Cahalhis. Var. 24r. Französisches Pferd. Wagner. Schreher Säugth.
B. VI. p. 88. Nr. 1. b. lU. 24.
Pferd von Frankreich. Pferd der Saone, des Cote d'or, von Bourgogne,
Lothringen. Josch. Beitr. z. Kenntn. u.ßeurth. d. Pferde-Ba^en. p. 134.
Horse of France. Ilorse of Francomptois. Harn. Smith. Nat. Hist. of Horses.
p. 272.
Französische Race. Pferd der Franche-Comte. Froriep. Pferde-Racen. fig.
Burgunder- Race. Müller. Exter. d. Pferd, p. 12. 2.
Das burgundische Pferd ist ohne Zweifel durch Kreuzung von
Stuten des schweren französischen Pferdes oder des Ardennais
(Equns robuslus galliciis) mit Hengsten des Poitou-Pferdes (^^g-WMS
robustus gallicus pictaviensis) entstanden und daher ein einfacher
Bastard gemischter Kreuzung. Diese Race, weichein Burgund,in der
Cote d'or, in Morvan, der Franche-Comte und in Lothringen die
gewöhnliche Zucht bildet, ist mit dem Poitou-Pferde nahe verwandt,
erinnert aber in ihren Formen auch sehr an das flandrische Pferd.
Sie ist gross, schwer und stark gebaut. Der Kopf ist mittelgross,
dick und lang, der Nasenrücken gerade, das Auge klein. Der Hals
Versuch iiiier die Alisfnmmimg' des /.alinien Pferdes und seiner Racen. 183 o2. g
ist zieinlicli kurz, stark und nicht sehr gut geformt, die Nackenfirste
gekrümmt, die Brust breit, der Leib voll, ziemlich lang , doch im
V^ergleiche mit dem Poitou-Pferde etwas mehr gedrungen. Der
Rücken ist schwach eingesenkt, die Croupe breit und musculös, ge-
rundet und etwas abgedacht. Die Beine sind stark, die Sprunggelenke
etwas gerade gestellt, die Köthen lang behaart, die Fesseln kurz und
die Hufe nicht besonders gross. Die Höhe beträgt gewöhnlich 4 Fuss
7 Zoll bis 4 Fuss 10 Zoll, bisweilen auch bis 5 Fuss 4 Zoll. Das
burgundische Pferd ist langsam in seinen Bewegungen und steht dem
Poitou-Pferde an Lebhaftigkeit nach. Es Avird blos zum schweren
Zuge und zur Verrichtung der Feldarbeit verwendet. Diese Race ist
es, welche zum Transporte der Erzeugnisse der Franche-Comte und
der Schweiz ausschliesslich benützt wird, und durch sie werden die
Fabricate der zahlreichen Wagner, die sich in der Franche-Comte
belinden, caravanenweise nach Paris gebracht. Eine nicht unbe-
trächtliche Zahl von Fohlen wird auch aus dem Lande ausgeführt.
Viele kommen nach der Schweiz und einige werden auch nach Kärn-
ten gebracht, wo man ihre unvermischte Nachzucht im kaiserlichen
Gestüte zu Ossiach im Villacher Kreise zu erhalten sucht.
Das Alpenpferd.
(Eqmis robustus alpium.J
a. im wilden Zustande.
Cheval sauvage des Alpes. Buffon. Hist. nat. T. IV. p. 177.
Wildes Pferd von den Alpen. Buffon, Martini. Naturg. d. vierf. Thiere.
B. I. p. 18.
Equus Caballus. Verwildertes Pferd von den Alpen. Wagner. Schreber
Säugth. B. VI. p. 26. Nr. 1 a.
Wild Horse of the Alps. Hain. Smith. Nat. Hist. of Horses. p. 1S5.
b. lui zahmen Zustande.
Cheval des Suisses. Buffon. Hist. nat. T. IV. p. 248.
Schweitzer Pf erd. Buffon, Martini. Naturg. d. vierf. Thiere. B. I. p. 113.
Equns Caballus Dornesticus germanicus vulgaris. Fitz. Fauna. Beitr. z. Landesk.
Üsterr. B. I. p. 316.
Equus Caballus. Var. 21. Deutsches Pferd. Pimganer Pferd. Wagner.
Sehreber Siiugth. B. VI. p. 87. Nr. 2. b. III. 21.
Pferd vom lim- Viertel und von Salibtirg. Jos eh. Beitr. z. Kenntn. u. Beurf h.
d. Pferde-Rayon, p. 182.
Horse of the JJanube. Ham. Smitli. Na(. Hist. of Horses. p. 273.
j_84 Fitzinger.
Sahhurgcr Race. F r o r i e p. Pferde-Racen. fig.
Salzbnrgisches oder Pinzgauer Pferd. Baumeister. Anleit. z. Kenntn. d.
Äiiss. d. Pferd, p. 52. t. 12, 13.
Salzbnrger oder Pimganer-Race. Müller. Exter. d. Pferd, p. 12. 3.
Das Alpenpferd, das selbst noch zur Zeit der alten Griechen
und Römer in dem weiten Gebirgszuge der Alpen allenthalben im
wilden Zustande anzutreffen war, seit vielen Jahrhunderten aber
schon vollständig in den Hausstand übergegangen ist, bildet, so wie
das schwere französische Pferd oder der Ardennais, eine besondere,
auf den Einwirkungen des Klima's und des Bodens beruhende Abän-
derung des über einen grossen Theil von Europa verbreitet gewese-
nen schweren Pferdes. Heut zu Tage wird diese Pferderace nur
noch in Salzburg, insbesondere aber im Pinzgaue, oder auch im
Innkreise in Baiern in vollkommener Reinheit angetroffen, wesshalb
sie auch allgemein unter dem Namen Salzburgcr oder Pinz-
gauer Pferd bekannt ist. Sie ist nebst dem friesischen Pferde
und dem englischen Karrenpferde diegrösste unter allen unvermisch-
ten Pferderacen und zeichnet sich durch ihre kolossale Grösse, durch
Plumpheit und Schwerfälligkeit im Baue und ihre ungeheure Stärke
aus. Der Kopf ist gross, schwer, stark und eckig, aber ausdrucks-
voll, in der Regel tief, bisweilen aber auch besser angesetzt, die
Stirne breit, der Nasenrücken gerade. Die Kinnbacken sind dick,
der Kehlgang enge , die Ohren verhältnissmässig gross und sehr
beweglich, die Augen klein. Der Hals ist kurz, dick, sehr stark und
fleischig, die Nackenfirste hoch, gebogen, die Mähne lang, reichlich,
voll und über der Firste des Nackens getheilt, so dass sie an beiden
Seiten des Halses herabfällt. Der Leib ist gedrungen, rund und voll,
der Widerrist kurz und erhaben, der Rücken musculös, gut gewölbt
und oft der ganzen Länge nach von einer Furche durchzogen, die
Croupe ziemlich kurz, sehr breit, gerundet und gespalten. Die Brust
ist von ansehnlicher Breite, überaus fleischig und stark, der Bauch
ziemlich gross. Die Lenden sind geschlossen und bisweilen auch
gespalten, die Hüften breit, die Schultern kräftig, musculös und
nach oben trocken. Die Beine sind ziemlich lang, sehr dick, kräftig
und stark, und nicht selten etwas plump, die Köthen dicht mit lan-
gen Haaren besetzt, die Fesseln etwas lang und sehr schief gestellt,
die Hufe gross und zuweilen auch zum Flachhufe geneigt. Die Horn-
warzen sind gross, breit und langgezogen und treten sehr stark her-
Versuch über die Abstammung des zahmen Pferdes und seiner Racen. 285
vor. Der Schwanz ist tief angesetzt, wird aber vom Thiere gut
getragen. Die gewöhnliehe Färbung ist schwarz oder dunkelbraun,
sehr oft aber auch rothbraun und nicht selten mit weissen Abzeichen.
Unter dieser Race kommen häufig Fliegen- und Tigerschimmel, und
überhaupt oft verschiedene Tiger und Schecken vor. Die Höhe be-
trägt in der Regel 5 Fuss bis 5 Fuss 7 Zoll, doch trifft man sehr oft
auch Pferde dieser Race an, die sogar 6 Fuss 4 Zoll Schulterhöhe
haben.
Das Alpenpferd ist genügsam und besitzt auch einen gutmüthi-
gen Charakter. Obgleich es seines schweren Baues wegen nur zum
langsameren Gange geeignet ist, so ist es doch ziemlich rasch in
seinen Bewegungen und zeigt auch weit mehr Feuer als die schwe-
ren Pferderacen der feuchten Niederungen oder der Marschländer.
Aus diesem Grunde sind auch manche Naturforscher der Ansicht,
dass es keine ursprüngliche reine Race bilde, sondern aus der Ver-
mischung des friesischen Pferdes mit dem gallicisch -spanischen
Pferde hervorgegangen sei; eine Annahme, die sich jedoch bei
näherer Prüfung als vollkommen unbegründet erweist. Seiner unge-
heueren Stärke und sehr grossen Ausdauer wegen, eignet sich das
Alpenpferd vortrefflich zum Zuge schwerer Lasten und wird desshalb
auch von den Fuhr- und Bauersleuten sehr geschätzt. Am häufigsten
wird es aber zum Zuge der Schiffe gegen den Strom und insbeson-
dere auf der Donau verwendet, wobei sich seine Kraft, Genügsamkeit
und Dauerhaftigkeit in glänzender Weise bewährt. Da man die zum
Schiffzuge benützten Pferde ganz kurz in Gabelreifen einzuspannen
pflegt, so besteht auch in den meisten Gegenden die Übung, dem-
selben den Schwanz sehr kurz abzuschneiden. Bei den Fuhrleuten
steht diese Pferderace in sehr hohem Werthe und ein gutes Alpen-
pferd wird oft mit einer verhältnissmässig sehr beträchtlichen Summe
bezahlt.
Das Alpenpferd war schon den alten Griechen und Römern be-
kannt und ohne Zweifel war es auch diese Pferderace, welche durch
Kreuzung mit dem ägyptischen Pferde den classischen Völkern des
Alterthums ihr thessalisches Pferd geliefert. Auch lässt sich mit
grosser Wahrscheinlichkeit annehmen, dass es durch die Griechen
schon in ältester Zeit nach Persien gelangt und von jenem Volke
zur Erzielung einer kräftigeren Race mit dem in Persien ursprüng-
lich einheimischen Pferde gekreuzt worden sei.
Sitzb. d. inathein.-naturw. Cl. XXXV. ßd. Nr. 10. 20
286 Fitzinge
Das baierisc he Pferd.
(Equus robustus alpium bavaricus.)
Teutsches Pferd. Pferd von Baiern. Schwab. Tasciionb. d. Pfenlek. 1818.
p. 89. A. m.
Eqims Caballus domesticns germnnicns vulgaris. Fitz. Fauna. Beitr. z. Landesk.
Österr. B. I. p. 316.
Pferd von Baiern. Jöscli. Beitr. z. Kenntii. u. Beurth. d. Pferde-Rapen. p. 154.
Horse of the Danube. Harn. Smith. Nat. Hist. of Horses. p. 273.
Bairisches Landpferd. Baumeister. Anleit. z. Kenntn. d. Äuss. d. Pferd.
p. 52.
Das baiei'isehe Pferd ist zunächst mit dem Alpenpforde ver-
wandt und erinnert in seinen Formen auch etwas an die ursprüng-
liche bijhmische Landesrace. Dasselbe kann sonach nur als eine
auf Cultur und Zucht beruhende Abänderung des Alpenpferdes
(Efpms robustus alpium) betrachtet werden , die vielleicht auch
dnrch die Einwirkungen des Klima's und des Bodens einige Verän-
derungen erlitten hat. Es ist von mittlerer Grösse und darüber, und
von starkem, schwerem und gedrungenem Körperbaue. Der Kopf ist
schwer, grob nnd fleischig, der Nasenrücken gerade, der Hals kurz
und dick, die Nasenfirste gebogen, die Mähne ziemlich lang und voll.
Der Leib ist stark und bauchig, der Widerrist kurz, der Rücken
gewöhnlich gesenkt, die Croupe rund, abgeschliffen und häufig auch
gespalten. Die Brust ist breit und musculös, und die Schultern sind
fleischig und voll. Die Beine sind dick, sehr stark und kräftig, die
Unterfüsse sehr fest gebaut, die Sprunggelenke bisweilen eng ge-
stellt, die Köthen lang behaart, die Fesseln nicht besonders lang und
die Hufe ziemlich gross, doch beinahe immer gut gebildet. Der
Schwanz ist tief angesetzt, wird aber gut getragen. Die Färbung ist
überaus verschieden und nicht selten werden auch Schecken und
Tiger unter dieser Race angetroffen.
Das baierisehe Pferd ist meistens von gutem , sanftmüthigem
Charakter, ungemein genügsam, willig und geduldig, und besitzt auch
grosse Stärke und Ausdauer, obgleich nicht in demselben Grade wie
das Alpenpferd und Avie man nach seinem kräftigen Körperbaue ver-
muthen sollte. Wird es nicht durch zu frühzeitige Anstrengung ver-
dorben, so erreicht es auch in der Regel ein hohes Alter. Im Allge-
meinen zeigt es Anlage zum schwammigen Knochenbaue. Es ist blos
Versuch über die Alistammung des zahmen Pferdes und seiner Racen. 287
zum schweren Zuge geeignet und geht einen festen, sicheren, schwe-
ren und meist regelmässigen Schritt, daher es hauptsächlich von
Fuhrleuten henützt und von denselben sehr geschätzt wird.
Die Hauptzuchten bestehen in den Donaugegenden, insbesondere
um Deggendorf und Straubing, und in den südlichen Gebirgen zu
Miesbach und Tölz. In neuerer Zeit ist diese dem Lande ursprüng-
lich eigene Race durch Paarung mit Gestüthengsten edlerer Kacen
wesentlich verändert worden und insbesondere waren es englische
Racen, welche zur Veredlung derselben beitrugen. Da aber auch
dänische, spanische, normannische, türkische und selbst arabische
Hengste zur Veredlung der Landesrace in verschiedenen Perioden
verwendet wurden und hieraus sehr verschiedene Schläge hervor-
gingen, so trägt ein grosser Tlieil der neueren Zucht durchaus kein
gemeinsames Merkmal an sich, und derjenige Schlag, welcher sich
von den veredelten noch am meisten der ursprünglichen Landesrace
nähert, ist von derselben durch einen leichteren Kopf, einen länge-
ren und minder starken Hals , einen weniger eingesenkten Rücken,
leichtere Schultern, schwächere Beine, weit kürzer behaarte Köthen
und kürzere Fesseln unterschieden.
Das steierische Pferd.
(^Equus robustus alpium styriacus.}
Eqmis Cahalliis domesticus germanicus vulgaris. Fitz. Fauna. Beitr. z. Landesk.
Österr. B. I. p. 316.
Pferd von Steiermark. Jos eh. Beitr. z. Kenntn. «. Beurth. d. Pferde - Rafcn.
p. 183.
Horse of the Danube. Ham. Smith. Nat. Hist. of Horses. p. 273.
Steyrische Race. Froriep. Pferde-Racen.
Steierisches Pferd. Müller. Exter. d. Pferd, p. 12. 4.
Das steierische Pferd ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein
Blendling, der aus der Vermischung des Alpenpferdes (Eqiius robu-
stus alpium) mit dem gallicisch-spanischen Pferde (Equus Cabnllus
hispanimis gallaecius) hervorgegangen ist und sonach als ein ein-
facher Bastard gemischter Kreuzung betrachtet werden kann. Die
Entstehung dieser Race, welche hauptsächlich im oberen Ennsthale
im Judenburger Kreise, aber auch in einigen Gegenden des südli-
chen Theiles von Steiermark, so wie auch von Kärnthen, Krain und
Tirol gezogen wird , scheint auf das Ende des sechzehnten Jahr-
20*
288 F i t E i n g e r.
Hunderts zu fallen, wo Erzherzog Karl von Österreich, dritter Sohn
Kaisers Ferdinand I., als er im Jahre 1580 das Gestüte zu Lippiza
in Illirien errichtete, die ersten Pferde dahin und zwar durchaus
ans Spanien bringen Hess. In seinem Äusseren kommt das steieri-
sche Pferd beinahe vollkommen mit dem Alpenpferde überein und
unterscheidet sich von demselben fast nur dadurch, dass es etwas
schwächer gebaut, minder kräftig und noch lebhafter als dasselbe
ist. Die gewöhnliche Färbung ist schwarz oder dunkelbraun, doch
kommen auch andere und zwar sehr verschiedene Farbenabänderun-
gen bei demselben vor. Es wird theils zum leichteren, theils aber
auch zum schweren Zuge verwendet und auch als Ackerpferd be-
nützt, in der Regel aber nur von Land- und Fuhrleuten verwendet.
Da es mit Lebhaftigkeit und Raschheit in den Bewegungen auch
Kraft und Ausdauer vereinigt, so ist es zu diesen Diensten sehr ver-
wendbar und desshalb auch geschätzt.
Das schwere Schweizer Pferd.
(Equus robnstus ulpitim helveticus.J
Schweherisches Pferd. Pferd von Freibnrg. Schwab. Taschenb d. Pferdek.
1818. p. 82. A. k.
Pferd von Helvelien. Pferd vom Berner Mittellande , von Freiburg , Waadüand
und Luzern. Jöscti. Beitr. z. Kenntn. und Beurth. d. Pferde - Ra9en.
p. 137.
Horse of Stoitzerlttnd. Hain. Smith. Nat. Hist. of Horses. p. 271.
Das schwere Schweizer Pferd scheint auf der Kreuzung des
Alpenpferdes (Equus robnstus alpmm) mit dem burgundischen
V^QYÖiQ (Equus robnstus gallicus burgundicus) zu beruhen und daher
ein einfacher Bastard gemischter Kreuzung zu sein. Es steht dem
letzteren sehr nahe und erinnert in seinen Formen auch an das
schwere Bretagne -Pferd oder den schweren Breton. Diese Race,
welche im Mittellande des Cantons Bern, in den Cantonen Freiburg,
Waadt und Luzern, insbesondere aber in dem zu diesem Cantone
gehörigen Bezirke Entlibuch gezogen wird, zeichnet sich durch
Grösse, Schwere und Stärke im Körperbaue aus. Der ganze Vorder-
theil ist schwerfällig, der Kopf gross, dick und schwer, mit sehr
starken Kinnbacken. Die Augen sind klein, die Ohren weit, die
Nüstern nur wenig geöffnet. Der Hals ist kurz, dick, fleischig und
breit, die Mähne grob und voll, der Leib gedrungen und voll, der
Versuch über die AI)st;iniiming des ialunea Pferdes und seiner Raceii. 289
Widerrist kaum vom Nacken geschieden, und die Cruiipe breit,
musculös, gespalten, gerundet und abgedacht. Der Schwanz ist tief
angesetzt und buschig. Die Beine sind grob und stark, die Gelenke
wulstig und die Sprunggelenke häufig eng gestellt. Die Köthen sind
mit langen Haaren besetzt, und die Hufe sind gross und zum Yoll-
hufe geneigt.
Das schwere Schweizer Pferd ist zwar nicht besonders feurig
und in seinen Bewegungen auch keineswegs besonders rasch, doch
überaus stark und dauerhaft, daher es sich auch blos zum schweren
Zuge eignet. Viele Pferde dieser Bace werden aus dem Cantone
Freiburg auch nach Frankreich ausgeführt und in der Gegend von
Lyon zum SchifTzuge verwendet. Überhaupt werden in der Schweiz
aber nur wenig und meist nur Zug- und Lastpferde gezogen.
Das leichte Schweizer Pferd.
{Eqiius robiistus alpium agilis.)
Equus caballus helveticus milgaris. Desmar. Mamnial. p. 4i8. Nr. 6S2,'Var. L.
Eqiiiis Caballus Domesticus Frishts Helveticus. Fisch. Syn. Mamma!, p. 430.
Nr. 1. /?. 2. d.
Equus Caballus domesticus galUcus helveticus. Fitz. Fauna. Beiträge z. Landesk.
Österr. B. I. p. 316.
Pferd von Helvetien. Pferd von Schtvyz. Jösch. Beitr. z. Kenntn. u. Beurth.
d. Pferde-Rafen. p. 138.
Das leichte Schweizer Pferd , das fast ausschliesslich nur im
Canton Schwyz gezogen wird , ist, wie es scheint, aus der Kreuzung
des schweren Schweizer ?(ev(\es( Equus rohustus alpium helveticus)
mit dem gemeinen französischen Pferde oder dem Auvergnaten
(Equus CabaUns gallicus alverniensis) hervorgegangen , da in
seinen Merkmalen diese Abstammung ziemlich deutlich ausgespro-
chen ist. Dasselbe kann sonach für einen einfachen Bastard gemischter
Kreuzung angesehen werden. Es ist von ziemlicher Grösse und von
musculösem Körperbaue, aber beträchtlich leichter als das schwere
Schweizer Pferd gebaut. Der Kopf ist stark, der Nasenrücken aus-
gehöhlt. Die Augen sind gross, der Hals ist nicht besonders dick,
der Leib kräftig und voll, mit gerundeten Seiten, ziemlich starkem
und hängendem Bauche und niederer breiter Croupe. Die Beine
sind stark, doch nicht besonders dick, die Sprunggelenke eng
gestellt, die Köthen ziemlich lang behaart, die Fesseln lang. Die
290 Fitzin f. er.
am häuligsten vorkommende Färbung ist schwarz. Die Höhe beträgt
4 Fuss 9 Zoll bis 4 Fuss 11 Zoll.
Das leichte Schweizer Pferd ist nicht selten boshaft, da es in
seiner Heimath einen grossen Theil des Jahres im Freien zubringt
und vom Frühjahre bis zum Spätherbste in voller Freiheit auf den
Alpen weidet. Diese Pferderace, welche nur zum gemeinen Fuhr-
werke geeignet ist, wird hauptsächlich zum Zuge der Diligencen
und Postwägen im südlichen und .
Clteml des Germains. liuffon. Hist. nat. T. IV. p. 248.
Jlt)lländi.sc/ies Pferd. Pferd von JiiUrli und fler(/eii. Biiffon, Martini.
Naturg. A. vierf. Thiere. B. I. p. »2.
Deutsches Pferd. Buffon, Martini. Naturg. rsuoh iilier die AI)stnin?nuiig' des zahmen Pferdes und seiner Racen. 323
schwer und fast ganz wie beim englischen Karrenpferde gebildet.
Die gewöhnlich vorkommende Farbe ist grau oder braun. Die Höhe
beträgt 5 Fuss bis 5 Fuss 6 Zoll.
Das Clydesdaler Pferd besitzt grössere Stärke und Ausdauer
als das SufFolk-Pferd, und ist auch äusserst gutwillig und bedächtig,
so dass es zu den Seltenheiten gehört, ein widerspenstiges Thier
unter dieser Race zu finden. Seiner Stärke und Ausdauer wegen ist
es vortreft'lich zum Zuge geeignet und wird mit Recht desshalb auch
sehr geschätzt. Es wird ausschliesslich nur zum Zuge und insbeson-
dere zum Pflügen der Felder benützt. In neuerer Zeit hat man ver-
sucht, dasselbe mit dem englischen Kutschenpferde zu kreuzen , um
es dadurch etwas zu veredeln, und es hat sich gezeigt, dass diese
Vermischung für seine Benützung als Ackerpferd sehr vortheilhaft
sei, indem es dadurch weit länger zur angestrengten Arbeit auf dem
Felde verwendet werden kann.
Das Zwergpferd oder der Koomrah.
(Eqinis nanus.)
Cheval sauvage de la Syrie. Buffon. Hisf. nat. T. IV. p. 177.
Cheval sauvage de l'isle de Maij. Buffon. Hist. nat. T. IV. p. 178.
Cheval sauvage des deserts de l'Afrique et de l'Arabie. B u f f o n. Hist. nat. T. IV.
p. 178.
Cheval sauvage des deserts d'Arabie. Buffon. Hist. nat. T. IV. p. 237.
Cheval sauvage des peuples de Lyhie. Buffon. Hist. nat. T. IV. p. 237.
Wildes Pferd von Syrien. Buffon, Martini. Naturg. d. vierf. Tliiere. Bd. I.
p. 18.
Wildes Pferd von der Insel ßlay. Buffon, Martini. Naturg. d. vierf. Tliiere.
B. I. p. 18.
Wildes Pferd von den Afrikanischen und Arabischen Wüsten. Buffon, Mar-
tini. Naturg. d. vierf. Thiere. B. I. p. 18.
Wildes Pferd vom toasten Arabien. B u f f o n, Martini. Naturg. d. vierf. Thiere.
B. I. p. 96.
Wildes Pferd der lybischen Völker. Buffon, Martini. Naturg. d. vierf. Thiere.
B. I. p. 96.
Equus Ferns ex Arabia. Boddaert. Elench. Anim. V. I. p. 1S9. Nr. 36. ; des zahmen I'forde.s.
C. Einfacher Bastard gemischter Kreuzung.
1. Das irländische Zwergpferd oder der irländische Pony (Eqmis
nanus hibernicus).
D. Doppelter Bastard gemischter Kreuzung.
1. Das cambrisehe Zwergpferd oder der Waleser Pony (Equus
nanus cambriacns) .
Zur Vervollständigung der vorliegenden Arbeit behalte ich mir
vor, dieser Abhandlung noch einen kurzen Anhang beizufügen, der
einige der wissenswürdigsten Notizen über die nach Amerika und in
die Australländer eingeführten Pferde enthalten soll, und den ich in
einer der nächsten Sitzungen der kais. Akademie vorzulegen beab-
sichtige.
\V . II .1 i V. Haidinger.
(Mit einer chromolitliographisclien Tafel.)
Mitfjetlieilt in der Sitzung- der inathematisch-naturwissensehaftlichen Olassp der kaiser-
lichen Akademie der Wissensehaflen in Wien am 7. April 1809.
Dein unermüdlichen Eifer und der angelegentlichsten Sorgfalt
meines hochverehrten Freundes, des Directors des k. k. Hof-Minera-
lien-Cabinetes, HerrnDr. M.H örn es, verdanke ich die Veranlassung
zu dem heutigen Berichte und der Vorlage zur freundlichen Ansicht
an die hochverehrte Classe eines ausserordentlichen Platinkiumpens,
welcher in der Grösse einen hohen Rang unter den bis jetzt gefun-
denen einnimmt. Er wiegt nämlich nicht weniger als 1 1 1/4 Wiener
Pfund (16 russische Pfund).
War die Veranlassung meiner Mittheilung durch die Sorgsam-
keit meines hochverehrten Freundes, am 3. Februar, ein wirklicher
Meteorit, so darf man wohl die gegenwärtige als sich auf ein wahres
Meteor beziehend, nacli Seltenheit und Werth, für unser classisches
k. k. Hof-Mineralien-Cabinet betrachten. Ais Folge freundlichster
Beziehungen zu dem Herrn Director Hö rnes hatte nämlich Herr
Fürst Anatole V. Demidoff, als er glauben durfte, dass eine Acquisi-
tion dieses schönen Exemplars dort als seinem Platze entsprechend
anerkannt sein würde, mit den wahren Gefühlen eines Förderers
des Schönen und Nützlichen für den Fortschritt der Wissenschaft,
sich beeilt, dasselbe als höchst werthvolles Geschenk in die Hand
unseres hochverehrten Freundes zu übermitteln. Es ist dies das
grösste derjenigen, welche er noch bis dahin besass, und das er nun
nach Wien kommen Hess. Herr Fürst v. Gortschako ff hatte es ihm
bei seiner letzten Ankunft von St. Petersburg überbracht.
Während ich hier meinem hochverehrten Freunde meinen
Dank dafür darbringe, dass er mir den Genuss verschaift, heute
dieses merkwürdige Geschenk vorzulegen, bitte ich die hochver-
ehrte Classe zu gestatten, dass ich dem grossmütbigen Geber selbst
346 llai.linop r.
meinen Dank inul meine Theilnalime angelegentlichst ausspreche
für diese wohlwollende Bereicherung unseres so ausgezeichneten
k. k. Hof-Mineralien-Cahinets. Es muss dieses Gefühl gewiss jeden
österreichischen Mineralogen beleben, mich selbst vor vielen, der ich
ihm seit längerer Zeit in wissenschaftlichen Beziehungen und für unsere
öffentlichen Sammlungen zu dem grössten Danke verpflichtet hin. Man
weiss, -wie Herr Fürstv. Demidoff auf Veranlassung des verewigten
Präsidenten Nees v. Esenbeck durch Preise günstig für die Kaiserliche
Leopoldinisch-Carolinische Akademie der Naturforscher als besonderer
Gönner sich erprobte, was auch gegenwärtig noch unter dem neuen
hochverdienten Präsidenten geheimen Hofrath Dr. Ki e s er, fortdauert.
Bei einer der Preisfragen war ich selbst nebst meinem hoch-
verehrten Freunde Herrn geheimen Bergrath Nöggerath zur
Beiirtheilungs-Commission aufgerufen worden. Sie betraf die Classi-
fication der Gebirgsarten, denselben Gegenstand, für welchen im
.lahre 178o mein verewigter Vater von der St. Petersburger Akademie
den Preis gewonnen hatte. Wir hatten zwei der Abhandlungen gleich
gestellt, Fürst D e m i doff entschied sich für eine derselben, welche
Herrn Professor Ferdinand Senft in Eisenach zum Verfasser hatte.
Ich habe darüber in der Eröfl'nnngssitziing der k. k. geologischen
Heichsanstalt am 6. November 1855 liericht erstattet, ebenso wie
über die schönen Geschenke, welche ihm unsere Bibliothek und die
k. k. Hof- Bibliothek verdankt, das Prachtwerk Voyage dans la
Rusüie meridiondle et la Crimee mit den drei Atlanten für Natur-
geschichte, Ethnographie und Arcliitectur, von welchem sich bis
dahin nur Bruchstücke in den Wiener Bibliotheken befanden, und
welche uns für unsere Studien in vieler Hinsicht werthvoll sind:
Ergebnisse einer Heise welche der Fürst v. Demidoff in Gesell-
schaft der Herren de Sainson, le Play, Hu ot, Leveill e, Bous-
seau, V. Nordmann, du Ponceau und des Malers Baff et, und
anderer unternahm, zusammen zweiundzwanzig Personen, die im
Jahre 1837 von Paris abreisten, um sich an den Ort ihrer Bestim-
mung zu begeben. Welche Veränderungen in den Zuständen von
der Zeit der Heise, der Zeit, in welcher wir die Berichte über die-
selbe zum Geschenke erhielten, und heute, wo wir das neue Ge-
schenk, die merkwürdige Platinstufe verzeichnen! Vieles in der
Geschichte dieser Zeiten ist durch Gegensätze hindurch gef^angen.
Eines blieb, der Geist wohlwollender Förderuiiij wissenschaftlicher
Ilio ^iTossc l'liitinsturt' im k. 1;. ll()l-Miiici;ilii»ii-<"aliiii(>t ii. s. \v. «J4-7
Interessen durch den durchlaiiehtigen Fürsten. Ich liabe hier nicht
die MilHonen Rubehi angeführt, welche derselbe in seinem Vater-
lande, durch die St. Petershurger Akademie, in Moskau, auf seinen
Besitzungen und anderwärts wissenschaftlichen, wohUhätigen, patrio-
tischen Zwecken gewidmet; was ich selbst erfuhr, genügte zu dem Aus-
spruche (Jahrbuch 1855, S. 865). „Das ist wahrhaft hohe Stellung im
Leben, durch Besitz, Kraft, Einsicht und Beharrlichkeit." Als ich zu
zwei Malen in unserem Schoosse den Antrag zur Vermehrung unserer
ausländischen Mitglieder stellte, befand sich auch sein glänzender
Name auf dem Verzeichnisse der ausgezeichneten Männer, deren Wahl
ich wünschen durfte, so wie er längst Correspondent der Pariser
Akademie ist, welche erst kürzlich von ihm das höchst werthvolle Ge-
schenk einer Büste unseres Humboldt in carrarischem Marmor erhielt.
Doch muss ich nebst der wärmsten Anerkennung dem wohl-
wollenden Geber, und innigsten Dank meinem hochverehrten Freunde
Hörn es, einige Worte über das vorliegende Platin-Exemplar selbst
noch beifügen.
Diese grossen Massen haben sich nur in den D emidoffschen
Gütern von Nischnei-Tasrilsk am höchsten Kamme des Uraljjebirffes
gefunden. Die gegenwärtigeist etwas über 5 Zoll lang, 4 Zoll breit und
o Zoll dick. Von der ersten gab schon, als sie im Juni 1827 gefun-
den worden war, Alexander v. Humboldt im September desselben
Jahres Nachricht (Poggendorif's Annalen, Bd. X, S. 487), welche
lO^Vu« russische Pfunde (7 Pfund 22"/32 Loth Wiener Gewicht)
wiegt, und in der Sammlung des k. r. Bergcorps zu St. Petersburg
aufl)ewahrt wird (Gustav Kose, Reise in den Ural u. s. w. Th. I,
S. 41 ). Früher waren die grössten Massen ein zollgrosses Geschiebe
von A. v. Humboldt aus Amerika mitgebracht, von 1088 Gran
Gewicht, und erst zwanzig Jahre später eines von Condoto von 2 Zoll
4 Linien gewesen, welches 11641 Gran wiegt und sich im Museum
zu Madrid befindet, nach dem von Humboldt bezeichneten Grössen-
verhältnisse von 1 : 1 1 : 75 mit der nun aufgefundenen uralischen
Platinmasse. Später fanden sich nach P. S o b o 1 e w s k o y (P o g g e n-
dorffs AnnalenB.XXXin(1834),S. 99)imWärz 1831 ein Stück von
19 Pf. 52 I/o Solotnik, und in der Folge Stücke von 20 Pf. 37 Solotnik
eines von 19 Pf. 24 Solotnik und zwei Stücke von mehr als 13 Pf. Eiti
noch grösseres von 23 Pf. 48 Solotnik (17 Pf. loi-Ve* Loth Wiener
Gewicht) das grösste welches überhaupt gefunden worden ist, liber-
348 " » ' '' ' " p '" ''• l>it* grosse Plalinstiire im k. k. Uof-Miiierala'ii- (^iibinet. ii. s. w.
reichte Fürst Demidoff, nebst dem zuerst aufgefundenen, an Seine
Majestät deu Kaiser Nile o 1 a u s I. von Russland, und es befindet sich noch
ebenfalls in der Sammlung des k. r. Bergcorps. Das k. k. Hof-Mineralien-
Cabinet in Wien hatte im J. 1836 in einem vverthvollen Geschenke von
Mineralien von jener Seite auch ein Exemplar von li^/j Loth erhalten.
Später, 1844 erhielt dasselbe durch Herrn General v. Tscheffkin, auf
Veranlassung des damaligen Finanzministers Grafen v. Cancrin versil-
berte Gypsmodelle jener zwei grossen Platin-Exemplare. Umso erfreu-
licher ist uns nun der Besitz einer jener ungewöhnlichen Massen selbst.
Ein anderes jener grösseren Stücke war von dem Fürsten von D e-
midoff schon vor längerer Zeit an Alexander v. H um boldt und Seine
Majestät den König F riedrich Wilhelm IV. von Preussen gelangt.
Das hier vorliegende Stück, von welchem Herr Director
Hörnes die trelTliche Abbildung Tafel I fertigen Hess, besitzt
nicht eigentlich so sehr eine Geschiebeform, als die einer in einem
Gebirgsgestein eingewachsen gebildeten Masse, in kleineren Dimen-
sionen Korn genannt, in grösseren Klumpen, auch wohl sehr häufig
mit dem, wenn gleich fremden, Namen „Pepite" bezeichnet. Charak-
teristischsind besonders die zahlreichen Eindrücke; nur die am meisten
hervorstehenden Grate sind etwas geschiebartig abgerundet, in welcher
Beziehung sie gar sehr auch mit den Goldmassen übereinstimmen ;
endlich, wie unser verweigter College Parts ch oft hervorzuheben
pflegte, mit den Eindrücken in den meteorischen Eisenmassen. Das
Eisen von Agram, jener berühmte am 7. November 1842 gefundene
grosse Goldklumpen von ZarewoAIexandrowskoi bei Miask von 64 Pf.
und 7 Loth Wiener Gewicht in dem Museum des k. r. Bergcorps zu
St. Petersburg (P o g g e n d o r f fs Annalen, Bd. LIX, 1 843, S. 1 74), von
welchem gleichfalls ein vergoldetes GypsmodeH an das k. k. Hof-
Mineralien-Cabinet gelangte und die Platinklumpen geben durch ihre
Eindrücke und Gestalt ganz die gleiche Idee der Bildung in festen Ge-
birffsmassen. namentlich die beiden ersteren durch ihre mehr flache Ge-
stalt, als Ausfüllungen unvollkommener rauh begrenzter Klufträume.
Nicht als Geschiebe, oder im freien Räume am wenigsten im luftleeren
Welträume, ist eines oder das andere ursprünglich gebildet, aber all-
mählich nur erwerben wir uns die Kenntniss der wahren Verhältnisse.
In den Vertiefungen sind auch noch Reste von Chromeisenstein
übrig geblieben, mit welchem bekanntlich das Platin vorkommt, wie
dies Gustav Rose nachgewiesen hat.
W. H,aaljn«>r Oeiiud off sehe riatounassc
TafJ
Ai-r? i. fc.]^ Hof.u. otaatsinfckerer.
Sitzuagst.^JeAkai.iAV.jiiatli.n.-.turwCl.XXXV. Bi.5[^ 10.1859.
Gegeiutber Seite 348.
H och s te tter. Notizen iil)er einige fossile Thierreste etc. 349
Notizen über einige fossile Thierreste und deren Lager-
stätten in Neil-Holland ,
gesammelt daselbst während des Aufenthaltes Sr. Majestät Fregatte Novara
im Monate December 1858
von Dr. Ferdinand Hochstetter.
Ich habe die Ehre, den flüchtigen Zeilen aus Sydney vom
6. December, worin ich die Übergabe von 5 Kisten mit minera-
logischen und geologischen Sammlungen aus Australien an den
k. k. österr. Consul Herrn Kirchner zur Absend ung an die kaiserl.
Akademie der Wissenschaften anzeigte, einige weitere Nachrichten
folgen zu lassen.
Die ausserordentliche Zuvorkommenheit, mit welcher die Mit-
glieder der Expedition von den Bewohnern von Sydney aufgenom-
men wurden, die grosse Liberalität, mit welcher die englische
Regierung in New-South-Wales die Zwecke der Expedition unter-
stützte, Beiträge zu den Novarasammlungen von öfTentlichen Ämtern
und Instituten, wie von Privaten, von Gelehrten und Nicht-Gelehrten,
alle diese vielen Beweise eines vereinten Bestrebens , die wissen-
schaftlichen Zwecke der kaiserlichen Expedition nach Möglichkeit
zu fördern, lassen uns mit grosser Zufriedenheit auf unseren Auf-
enthalt in Sydney zurückblicken.
Ich habe schon in meinem früheren Schreiben die Acquisition
von Gypsmodellen der Schädel von Diprotodon und Zygomaturus
erwähnt. Ich erlaube mir :;un einige weitere Notizen über diese
merkwürdigen fossilen Überreste zu geben.
Man kennt fossile Säugethierreste aus Australien schon seit
geraumer Zeit. Sir T. L. Mitchell, der um die Erforschung von
Australien so hochverdiente verstorbene Surveyor-General, hatte in
den merkwürdigen Knochenhöhlen von Wellington Valley und am
Mount Macedon sehr zahlreiche fossile Knochenreste gesammelt, von
welchen Owen im Jahre 1 838 nachwies, dass sie sämmtlich Säugethie-
ren aus der Ordnung dev Marsupialia, d.h. Beutelthieren angeliören.
Sitz!), d. matheni.-naturw. Cl. XXXV. Bd. Nr. 10. 24
330 Hochstetter. Notizen über einige fossile Thierreste
Überraschend war das Resultat, dass sich neben grossen Pflan-
zenfressern auch die Reste von grossen Fleischfressern fanden,
neben gigantischen Känguruh's auch grosse Dasyiirits- Arten , viel
grösser als der noch jetzt in Australien lebende kleine Räuber des-
selben Geschlechtes , Thiere wie Dasyurus laniuris und andere,
welche die einstigen Herren der Höhlen in Australien waren, wie in
Europa Ursns speheus und Hyaena spelcea, so dass diese ausge-
storbenen grossen Raubbeutelthiere in geologischem Sinne in der
That als die australischen Äquivalente der europäischen Höhlenbären
und Höhlenhyänen betrachtet werden können.
Allein noch merkwürdigere, noch überraschendere Analogien
ergeben sich.
Im Jahre 1847 brachte Herr Turner, ein Ansiedler in den
Darling Downs am Condamine River westlich von Moretoubus, eine
grosse Sammlung von fossilen Knochen nach Sydney, welche er aus
Alluviaibänken in Kings Creek zusammen mit Species von Süss-
wassermuscheln, welche noch heute in der Gegend leben, ausge-
graben hatte.
Es gelang den gemeinschaftlichen Bemühungen von Rev. W.
A. Clarke, Herrn Wall am australischen Museum und unseres
unglücklichen Landsmannes Dr. Leichhardt, aus diesen Resten
einen bis auf einige hintere Theile vollständigen kolossalen Schädel
von 4 Fuss Länge zusammenzusetzen, den berühmten Schädel von
Diprotodon aiistralis Owen. Damit war ein ausgestorbener Thier-
koloss nachgewiesen, dessen Backenzähne an Dinotherium erinnern,
dessen Nasenbein Ähnlichkeit mit Rhinoceros iichorhinus zeigt und
das, 10 — 16 Fuss hoch, die Grösse von Elephas primigenius er-
reicht haben muss, aber auch dieses paläontologische Äquivalent
unserer diluvialen Dickhäuter in Europa ist ein Beutelthier, ein mar-
supialer Pflanzenfresser, am nächsten verwandt mit den noch jetzt in
Australien lebenden Geschlechtern Macropus (Känguruh), Phas-
colomys (der sogenannte Wombat) und Phascolarctus (der soge-
nannte „Native Bear" oder „Koala"). So bestätigen auch die vor-
weltlichen Thiere Australiens den im Vergleich mit der alten Welt
durchgreifend verschiedenen Organisationscharakter, den seine
lebende Fauna zeigt.
In der Turnerischen Sammlung befand sich auch der Schädel
eines zweiten ausgestorbenen gigantischen Beutelthieres von Rhino-
uud deren Lagerstiitten in Neii-Holland. 351
cerosgrösse , das von dem berühmten australischen Naturforseher
W. Macleay den Namen Zygomatuinis trilobiis erhielt. Neuer-
dings hat indess Owen nachgewiesen, dass dieser Zygomaturus zu
dem von ihm schon früher aufgestellten Genus Nototherium gehöre
und dass die beiden fossilen australischen Species Nototh. Mitchelliiy
die grössere Form, und das kleinere Nototh. iner7ne nicht unwahr-
scheinlich nur Männchen und Weibchen einer Art sind.
Die kolossalen Schädel dieser vorweltlichen Thiere erregten in
Sydney ausgestellt , die grösste Verwunderung des Publicums. Herr
Turner bot seine Sammlung zum Verkaufe aus und die ganze Ori-
ginalcollection wurde von einem Herrn Boyd angekauft, der sie,
nachdem für das australische Museum unter der Leitung des Cura-
tors Wall Gypsabgüsse genommen waren, nach England verschiffte.
Aber die Sendung kam nicht an. Das Schiff, mit welchem sie ging,
soll an der englischen Küste gescheitert sein. Man gab die Samm-
lung für verloren und für das britische Museum in London wurden
nun nach den Modellen im australischen Museum Gypsabgüsse an-
gefertigt, dieselben, die ich so glücklich war, auch für die Novara-
sammlungen zu acquiriren. Da kam während unserer Anwesenheit
in Sydney das Schreiben von Owen an Dr. Bennett in Sydney,
dass sich die Sendung des Herrn Boyd ganz unerwarteter Weise
nach 12 Jahren wiedergefunden habe. Ich kann mit Erlaubniss Herrn
Dr. Bennett's nun auch den Wortlaut dieses Schreibens, das ich
schon in meinem letzten Briefe erwähnte, mittheilen:
18. Aug. i838 in the British Museum.
My dear Bennett ,
I can teil you a more curious fact than Mr. WalTs discovery of
the cast of the lower jaw of Zygomaturus in the Sydney Museum;
viz: that the original of that lower jaw together with all the other
fossils, belonging to Mr. Boyd, is now within two yards of this pre-
sent weiter, your old friend ; the same being piked up promiscuously
at an Auctionroom in Convent Garden for an old song, the big
head of Diprotodon etc. etc.
Haw they arose from out the azure main, at the bottom
of which Vame with her usual mendacity had consigned them,
1 know not.
Rd. Owen.
24*
352 Hochstetter. Notizen über einige fossile Thierreste
Das ist in Kurzem die Geschichte der merkwürdigen Überreste,
deren Modelle hoffentlich nicht das Schicksal der Originale theilen,
sondern in Kurzem eine der interessantesten Zierden des grösslen
geologischen Museums unseres Vaterlandes sein werden.
Ich verdanke dem Sydney-Museum noch einige andere werth-
volle Modelle, deren Originale Unica sind, wie das Modell des Unter-
kiefers von dem neuen australischen Genus Phascoleus, Modelle von
fossilen Fischen etc. etc.
Ich kann aber diese Notizen über die grössten vorweltlichen
Thiere Australiens nicht schicken, ohne einigen allgemeineren Be-
trachtungen Raum zu geben.
Bekanntlich kennt man fossile Beutelthierreste als die Reste
der ersten Säugethiere überhaupt , welche die Erde bevölkerten,
auch in Europa aus dem Oolith von Stonesfield. Auch die berühmten
fossilen Fussstapfen im bunten Sandstein des Fessberg deutet man
als die Spuren beutelthierartiger Säugethiere und es ist die allge-
mein angenommene Ansicht, dass nach dem Ende der primären
oder paläoz oi sehen Epoche mit dem Beginn der secundären
Periode die ersten Säugethiere auftraten und zwar der unvollkom-
menste Typus der Säugethiere . der Typus der Marsupialien. Es
ist ebenso oftmals darauf aufmerksam gemacht worden, dass die
australische Fauna und ebenso die Flora in ihrem von den Faunen
und Floren der übrigen Welt so merkwürdig verschiedenen Charakter
Typen und Formen zeige, welche in Europa die jurassische Periode
oder im Allgemeinen die Secundärzeit cliarakterisiren. Man hat
desswegen Australien einen Continent genannt, der die Entwicke-
lungsperioden der übrigen Continente nicht durchgemacht. Diese
Ansicht zu widerlegen oder zu bestätigen ist die Aufgabe des Geo-
logen. Die Resultate der geologischen Untersuchungen in Australien
scheinen jene Ansicht zu bestätigen, aber nicht in dem so allgemein
verbreiteten irrigen Sinne, dassAustralien ein junger Continent ist,
der alle jene geologischen Entwicklungsperioden eigentlich erst
noch nachzuholen hätte, sondern im Gegentheil in dem Sinne, dass
Australien ohne Zweifel der älteste von allen Continenten der
Erde ist, das in seiner jetzigen Gestalt am frühesten gebildete Fest-
land, so dass seine jetzige Fauna und Flora in directer Abstammung
den ältesten Stammbaum aufzuweisen hat. Man kennt nämlich in
Australien bis jetzt ausser sehr unbedeutenden und beschränkten
und deren Lag^erstälfen in Neii-Holland. 353
Tertiärablageruiigen (nur 2 Localitäten sind siclier), nur krystalli-
nisches Gebirge und primäre Formationen, Melclie die Hauptmasse
des Continentes zusammensetzen. Die ganze Reihenfolge der secun-
dären Formationen scheint gänzlich zu fehlen. Aus dieser Thatsaehe
folgt mit Nothwendigkeit der Schluss, dass Australien seit dem Ende
der Primärzeit Continent ist, nie wieder vom Meere bedeckt, somit
seit dem Anfang der secundären Epoche durch alle jene undenkbaren
Zeiträume hindurch, während deren Europa den gewaltigsten geolo-
gischen Revolutionen unterworfen, ein ruhiger Boden war, auf dem
Pflanzen und Thiere gedeihen und sich fortpflanzen konnten in un-
unterbrochener Reihenfolge bis heute. In Europa gingen Schöpfungen
nach Schöpfungen bei gewaltsamen Erdrevolutionen zu Grunde, neue
höher entwickelte Formen traten an die Stelle der alten; in dem von
allen diesen Erdrevolutionen gar nicht oder nur wenig berührten
Australien fehlte die Veranlassung zu neuen Schöpfungen, hier fand
eine ruhige Fortentwickelung und Fortpflanzung der mit Anfang der
Secundärperiode geschaffenen Formen und Typen bis in die Jetzt-
zeit Statt. Von diesem Gesichtspunkte ist die Fauna und Flora von
Australien die primitivste und älteste der ganzen Welt, und es
erscheint weniger wunderbar, dass hier Typen noch jetzt leben,
die in Europa längst ausgestorben , längst durch neue ersetzt
Murden.
Nur um so wunderbarer und undurchschaubarer bleibt aber der
Schöpfungsplan, nachdem die Natur in einer geologischen Periode,
in der sie in Europa, man möchte sagen auf ganz historischer Basis,
Höhlen bewohnende Raubthiere und die riesigen Formen von Bino-
therium, Rhinoceros, Elephas bildete, auch in Australien aus dem
uralten Marsupialtypus äquivalente Erscheinungen hervorrief: Dasy-
urus, Nototherium, Diprotodoii!
Ich habe absichtlich bei diesen allgemeinen Betrachtungen etwas
länger verweilt, weil es eine so sehr verbreitete und populär gewor-
dene Ansieht ist, dass Australien der jüngste der gebildeten Conti-
nente sei, während die Resultate wissenschaftlicher Untersuchung
gerade das Gegentheil beweisen. Das mag weiter auch noch aus
einer Übersicht der in der Colonie New-South-Wales auftretenden
Formationen hervorgehen, welche in Kürze den heutigen Stand der
geologischen Kenntniss in Deutung der australischen Formationen
geben soll.
35>^ II och s te tt e r. Notizen über einige fossile Thierreste
Die Kette der australischen Cordilleren, bei Sydney „die blauen
Berge" genannt, bildet geologisch eine centrale Axe, auf der kry-
stallinlsche Gesteine, Granit, Gneissund metamorphische Schiefer,
unterbrochen durch eruptive Massen von Porphyren und Grünsteinen
aller Art, zu Tage treten. An diese Centralaxe lagern sich beiderseits
petrefactenführende Schichtensysteme, vorherrschend Sandstein,
untergeordnet Thonschiefer, Schieferthone und Kalke. Die geolo-
gischen Untersuchungen in diesen Schichtensystemen sind jedoch
bis jetzt fast ausschliesslich auf die Küste selbst und auf das
Terrassen- und Hügelland von der Ostküste bis zu der Gebirgskette
beschränkt.
Professor M' Coy (Annais of Nat. History Vol. XX) hat im
Jahre 1847 aus einer Sammlung von Fossilien aus New-South-
Wales , welche Rev. W. C. Clarke an Professor Sedgwick in
Cambridge sandte, nachweisen zu können geglaubt, dass die kohlen-
führenden Formationen von New- South- Wales zur Juragruppe
gehören. Die neueren Untersuchungen jedoch von Stuchbury,
Dana, Jukes, Keene, und vor Allem die Arbeiten und Samm-
lungen von Rev. W. C. Clarke, des um die geologische Kenntniss
von New-South-Wales verdientesten Mannes, lassen keinen Zweifel
mehr übrig, dass die petrefactenführenden Schichten in New-South-
Wales sämmtlich der paläozoischen Epoche angehören, und
dass alle jüngeren Meeresformationen fehlen. Es ist die überein-
stimmende Ansicht der australischen Geologen, dass die ganze euro-
päische Serie vom Silurischen aufwärts sich in Australien wieder-
finde. Die grosse Schwierigkeit liegt aber in der genauen paläonto-
logischen Parallelisirung der australischen Schichten mit den euro-
päischen. Wie in den devonischen Schichten Südafrika's, so wieder
hier. Die Genera stimmen mit europäischen überein, aber die Species
sind fast alle neu. Man muss die mit den australischen identischen
Arten ebenfalls auf der südlichen Erdhälfte in Südafrika, in Tas-
manien, auf den Falklandsinseln suchen, und wählt, bis das genaue
geologische Alter sicher festgestellt ist, am besten Localnamen
zur Bezeichnung sicherer, leicht wieder erkennbarer Horizonte.
Leider blieben meine eigenen Beobachtungen auf die nächste
Umgebung von Sydney und auf die kohlenführenden Schichten von
New-Castle am Hunterfluss beschränkt, aus Mangel an Zeit zu
weiteren Ausflügen bis in die blauen Berge; aber meine neugewon-
und deren Lagerstätten !n Neu-Holland. 35o
nenen geologischen Freunde Rev. W. C. Clarke in Sydney, Rev.
C. VVilton, W. Keene in New-Castle , so wie das australische
Museum haben mich in so freigebiger und uneigennütziger Weise
aus ihren Sammlungen mit einem reichen geologischen und paläon-
tologischen Material, worunter viel ganz Neues, versehen und selbst
mit geognostischen Profilen, als den Resultaten ihrer neuesten Reob-
achtungen, dass ich hoffen kann, die Durcharbeitung dieses Materials
mit Hilfe der reicheren Hilfsmittel, welche unsere Ribliotheken und
Sammlungen in Wien gewähren, und namentlich mit gefälliger
Unterstützung meiner sehr ehrenwerthen Freunde in Wien , welche
Meister sind in einzelnen Gebieten paläontologischer Wissenschaft,
wird manche Zweifel lösen, manche dunkle Punkte in der Geologie
Australiens aufhellen.
Es dürfte aber jetzt schon interessant sein, die Eintheilung der
Schichten, wie sie jetzt angenommen wird, wenigstens in kurzer
Übersicht mitzutheilen. Ich folge dabei hauptsächlich der Aufstellung
im Sydney-Museum unter der Aufschrift: „Fossils illustrating
the succession oftheGeological formationsinAustra-
lia according to the arrangement of the Rev. W. C.
Clarke, M. A., F. G. S.
1. Silur i sehe Sandsteine und Kalke 1).
Orthoceratiten vom oberen Murrumbidgee-District;
Trilobiten (Calymene, HarpesJ von Yarralumla und vom
Petersonfluss ;
Krinoiden, ReceptacuUtes ClarJcü, Korallen von den Yaas-
Ebenen und Rurragood nördlich von Port Stephens.
2. Devonisch,
Petrefactenführende gelbe Sandsteine vom Turonfluss und petre-
factenführende Schichten am Horfonfluss mit Fenestella, Petraia,
Cyatocrimis, Orthis, Spirifer, Productns, Leptaena, Terebratula,
Belerophon, Euomphalus, Phillipaia etc. etc.
3. Steinkohlen formation:
a) Rergkal k.
Hierher werden die berühmten Petrefacten - Localiläten von
New-South- Wales gerechnet:
') Graptolithen sind bis jetzt in Australien nicht entdeckt.
336 H o eil s tett e r. Notizen üher einige fossile Thierreste
1. lUawarra und Wollongong südlich von Sydney,
blaugraue, thonige Sandsteine , voll von Petrefaeten, häufig in
Geoden.
2. Harper's Hill am Hunterfluss, kalkige Gesteine von
olivengrüner Farbe.
3. Gl endo n am Hunterfluss, eisenrostige schiefrige, bald
mehr thonige, bald mehr sandige Gesteine.
Ausser diesen drei Hauptiocalitäten, von welchen Dana
(Unit. St. Expl. Exp. X. Geol.) ausführliche Petrefactenver-
zeichnisse gibt, gehören hieher noch zahlreiche andere Locali-
täten am oberen Williamfluss, am Patersonfluss u. s. w.
b) Kohlenführendes Schichten System.
Untere Abtheilung:
a. Porphyre, sandige Porphyrtufl'e und Schieferthon mit lepi-
dodendronäbnlichen Pflaiizenresten (verschiedene Arten von
Pachyphlociis) bilden das Liegende. Hauptiocalitäten: Gunu-
gunu am Peelfluss, Manillafluss und dem Liverpool Glam-
District am Namoi und Groydenfluss.
ß. Kohlenfiötze mit zwischenlagernden Sandsteinen, Schie-
ferthonen, Thonmergeln und mächtigen Schichten bornstein-
ähnlicher Quarzite („Chert-rock" der Engländer), cbarak-
terisirt durch einen Reicbthum an fossilen Pflanzen von
höclist merkwürdigem jurassischen Typus: Glossoptcris,
Sagenopteris , Pecopteris , Sphenopteris , Odontoptcris,
Cyclopteris, Phyllotlieca, Vertebraria, Sphenophyllum
u. s. w. Grosser Reichlhum an verkieselten Coniferenhölzern.
Sebr selten heterocerce Fische.
Hauptkohlenfelder: Tbalbecken des Hunterflusses bei
New -Castle und Maitlaind, hier grosse Kohlenwerke der New-Castle
Goal und Copper Company und der Australian Agricultural Company;
Flötze mit 3 — 7 Fuss Mächtigkeit, gute Gas- und Coakskohlen; Pro-
duction im Jahre 1858 = 250.000 Tonnen Kohle. Ich will bier
durch eine flüchtige Skizze nicht einer detaillirten Beschreibung des
Hunter - River - Kohlenfeldes, zu der ich alles Material besitze,
vorgreifen.
Port Stephens am Telligbaryfluss.
und deren Lageistiitlen in Neu-Hollaml. 357
Illawarra-District bei Wollongong und Kiama und viele andere
Punkte, wo die Kohlen noch nicht ausgebeutet werden. Man rechnet
die Ausdehnung der kohlenführenden Schichten längs der Küste
auf 150 engl. Meilen, landeinwärts auf 100 engl. Meilen.
Mittle i-e Abt h eilung:
„Sydney -Sandstein" von Dana, Hawkesbury-Sand-
stein von W. C. Clarke. Guter Baustein. Wenig organische Reste.
In einem schmalen Schieferthonbande zwischen dem Sandstein auf
Cockatu-Insel im Port Jackson werden Farne gefunden, die mit
denen der unteren Abtheilung übereinstimmen und heterocerce
Fische, Platysomus und Acrolepis, welche schon sehr an die per-
mische Formation erinnern.
Obere Abtheilung:
Wianamattaschichten von W. C. Clarke.
Graue und braune Thonmergel, welche am Paramattafluss west-
lich von Sydney den Sydneysandstein entschieden überlagern. Sehr
arm an organischen Resten, aber Spuren von Ptlanzen und Fisch-
reste, die wie die Fische der mittleren Abtheilung mehr für per-
misches Alter sprechen.
Secundäre Formationen fehlen ganz.
Tertiäre Formationen.
Dahin werden beschränkte Ablagerungen am Mitchellfluss und
am Murrayfluss in Südaustralien gerechnet.
Quarte märe und moderne Bildungen:
Knochenhöhlen, knochenführendes Alluvium, goldführendes Alluvium.
In physikalischer Beziehung erwähne ich, dass während unseres
Aufenthaltes in Sydney auf dem im Port Jackson gelegenen Garten-
eiland, auf demselben Platze, wo früher bei den Expeditionen unter
Capt. Ross, Fitzroy, Wilkes, Blac kwo od beobachtet worden
war, eine vollständige Reihe magnetischer Beobachtungen ausgeführt
wurde von Herrn Schiffsfähnrich Müller mit dem Lamont'schen
Theodolith und Barrow's Inclinatorium von mir selbst, anschliessend
an eine Reihe von 50 Beobachtungen zur See auf der Reise von
Shanghai nach Sydney mit dem Tox-Apparat.
Ferner habe ich die Ehre mitzutheilen, dass ich in Folge eines
Schreibens, das ich von Sydney aus an das philosophische Institut in
24 * •
358 Hoch stetter. Notiz.eii über einig-e fossile Thierreste etc.
Melbourne richtete, worin ich den Wunsch unserer gelehrten Gesell-
schaft aussprach, mit dem philosophischen Institut in Schriftenaus-
tausch zu treten , durch Herrn Dr. Ferd. Müller, Vicepräsidenten
des philosophischen Institutes folgende Publicationen für die kaiserl.
Akademie der Wissenschaften zugeschickt erhielt:
Transaetions of the philosophical Society of Victoria, Vol. I.
und II. 1858.
Transaetions and Proceedings of the Victorian Institute for the
advaneement of Science , 1854 — 55.
Ich werde diese Schriften meinen nächsten Sendungen beilegen.
Nachschrift, den 23. üecember 1858.
Die k. k. Fregatte Novara, welche am 7. December Port Jack-
son verlassen, ist am 22. December glücklich im Hafen von Auckland
auf Neu-Seeland eingelaufen. Der Aufenthalt der k. k. Fregatte hier
wird ein sehr kurzer sein, wahrscheinlich nur so lange, als zur
näheren geologischen Untersuchung eines in der Nachbarschaft von
Auckland neu entdeckten Kohlenlagers nothwendig ist, welche mir
vom Chef der kaiserl. Expedition, Herrn Commodore B. v. Wüllers-
torf, in Folge eines gegei\ denselben von Seite Sr. Excellenz des
Generalgouverneurs in Australien ausgesprochenen Wunsches, auf-
getragen wurde. Commodore B. v. Wüllerstorf glaubte diesem
Wunsche um so mehr entsprechen zu müssen, als diese Untersuchung
eine Gelegenheit bietet „der Regierung einer k. englischen Colonie
einen wenn auch nur kleinen Dienst zu erweisen und dadurch unsern
Dank darzuthun für die vielen Gefälligkeiten und für das freundliche
Entgegenkommen, welches wir auf englischem Grund und Boden
überall erfahren haben".
Ich werde die Ehre haben, mit der nächsten Post eine Abschrift
des Berichtes, welchen ich nach ausgeführter Untersuchung an
Se. Excellenz den Gouverneur von Neu-Seeland gelangen lassen
werde, an die kaiserl. Akademie der Wissenschaften einzusenden.
SITZUNGSBERICHTE
KAISEKLICIIEN AKADEMIE DEK WISSENSfllAFTEN.
MATUPM4Ti(} 59
Berlin „ „ 26
Königsberg „ März 1
Wien „ „ 3
Gruppe II.
Altona 18S7, März 15
9, „ „16
Genf „ 5, 17
Altona „ „ -
Gruppe III.
Genf 1837, April 1
,9 9, ,9 2
55 59 59 «*
Gruppe IV.
Wien 1837, April 18
9, ,9 9, 20
woraus sieh die folgenden 4 Nonnalörter ergeben haben:
Datum Länge Breite
1837, März 1 . . . — 20« 18' 34'03 . . . 38o 0' 3-32
„ 17 . . .+12 33' 3313. . . 40 32 13-31
„ April 2. . . 52 49 3-69. . . 27 31 23-80
„ 19 . . . 78 39 20-41 ... 5 51 13 63
Zur Gewinnung der verbesserten Elemente habe ich die Olbers-
sche Methode angewendet, indem ich die Bahn durch den ersten und
letzten Ort legte und sie nach der Theorie der kleinsten Quadrate
möglichst genau den beiden anderen anschloss. Ich fand auf diesem
Wege die nachstehenden parabolischen Elemente:
27*
392 M. Löwy.
Perihelszeit 1857, März 2i -400505 mittlere Berliner Zeit.
- 740 43' 34-1 ) mittleres Äquinoctium
ß 313 9 20-4 j 1857, 0 Jiinner.
i 87 56 13-1
Log. q 9-8879071
Bewegung direct, wobei die folgenden Fehler noch bei directer
Vergleichung Statt haben:
Normalort dX dß
1 . . . 0-04, . . 0-00
2 . . . -0-42 ... - 8-14
3 . . . +1-82 . . . +0-97
4 . . . 0 00 . . . 0-00
Mit den gewonnenen Elementen habe ich eine neue genau
siebenstellige Ephemeride entworfen; sie ist aus denselben direct
für jeden Tag abgeleitet worden, und ich theile sie hier mit, damit
eine genauere Ephemeride des Kometen bekannt werde.
Für 0'' mittlere Berliner Zeit:
D
atum
S c h e i
n b a
r e
Log. der Entfernung
Rectascension
Deelin
itioQ
von der Sonne
von der Erde
1857,
Febr. 23
3200
51'
22-4
220
16'
40-8
9-9659907
0
1842354
24
321
38
351
23
2
36-7
9-9611995
0
1779690
25
322
27
48-4
23
49
33-3
9-9564723
0
1716127
26
323
19
11-1
24
37
30-6
9-9518173
0
1651708
27
324
12
53-1
25
26
28-4
9-9472433
0
1586483
28
325
9
5-1
26
16
26-2
9-9427599
0
1520511
März 1
326
7
58-2
27
7
23-0
9-9383771
0
1453851
2
327
9
45-2
27
59
17 0
9-9341043
0
1386586
3
328
14
391
28
52
61
9 • 9299525
0
1318798
4
329
22
54-5
29
45
47-4
9-9259325
0
1250594
5
330
34
46-7
30
40
17-0
9-9220545
0
1182078
6
331
50
32-2
31
35
30-5
9-9183305
0
1113383
7
333
10
28-9
32
31
21-7
9 9147711
0
1044650
8
334
34
55-3
33
27
43-6
9 91 13875
0
0976036
9
336
4
10-9
34
24
28-1
9-9081913
0
0907717
10
337
38
36-4
35
21
24-4
9-9051931
0
0839886
11
339
18
32-6
36
18
21-1
9-9024037
0
0772753
12
341
4
21-2
37
15
40
9-8998332
0
0706546
13
342
56
23-2
38
11
17 2
9-8974915
0
0641509
f!alirii)ßsliiiiiiiun"' des ersten Kometen 18'J7.
393
D a t II m
s
L' h e i n b
1 r e
Log. der Entfernung'
Rectasconsion
Jeelination
von der Sonne
von der Krde
18
37, März 14
3440
54'
59
"2
39"
6'
42
■7
9
•8953881
0
•0577914
1d
347
0
28
•3
40
1
0
•6
9
•8935311
0
•0515993
16
349
13
9
•6
40
33
44
•9
9
•8919283
0
•0456141
17
331
33
15
•0
41
44
33
•7
9
•8905867
0
•0398571
18
354
0
54
•9
42
32
58
• 2
9
•8895119
0
•0343628
19
356
36
12
7
43
18
29
1
9
•8887083
0
•0291531
20
359
19
5
•2
44
0
35
7
9
•8881803
0
•0242902
21
2
9
20
4
44
38
46
•5
9
8879295
0
•0197736
22
5
6
36
5
43
12
29
7
9
8879371
0
•0136501
23
8
10
20
6
43
41
13
l
9
8882633
0
0119335
24
11
19
48
4
46
4
34
2
9
8888467
0
0086830
25
14
34
5
2
46
22
1
6
9
8897043
0
0058930
26
17
32
5
8
46
33
16
8
9
8908327
0
0035931
27
21
12
36
4
46
38
4
4
9
8022267
0
0018073
28
24
34
17
8
46
36
15
5
9
8938807
0
0005433
29
27
55
47
7
46
27
48
0
9
8957872
9
9998116
30
31
13
45
2
46
12
46
8
9
8979389
9
9996169
31
34
32
54
5
45
51
23
5
9
9003267
9
9999586
April 1
37
45
59
5
45
23
56
0
9
9029417
0
0008316
2
40
54
4
4
44
50
47
3
9
9057735
0
0022259
3
43
36
16
3
44
12
24
8
9
9088119
0
0041282
4
46
57
56
2
43
29
19
2
9
9120463
0
0063199
5
49
40
33
2
42
42
2
9
9
9154655
0
0093794
6
52
21
54
9
41
51
8
9
9
9190587
0
0126834
7
54
35
46
8
40
57
10
3
9
9228143
0^
0164043
8
57
22
10
5
40
0
39
7
9-
9267213
0
0203143
9
39
41
11-
7
39
2
6
9
9-
9307685
0-
0249840
10
61
53
1
4
38
2
0
4
9
9349433
0
0297830
11
63
57
54
6
37
0
46-
2
9-
9392407
0-
0348807
12
65
56
9
0
35
58
47-
8
9-
9436445
0^
0402474
13
67
48
4
2
34
56
26-
0
9-
9481467
0^
0458533
14
69
34
0
4
33
53
39-
1
9-
9527373
0^
0516709
15
71
14
18
8
32
51
43-
1
9-
9574077
0^
0576726
16
72
49
20
0
31
49
51-
0
9-
9621481
0^
0638308
17
74
19
24
5
30
48
34-
9
9-
9669509
0-
0701226
18
73
44
51
7
29
48
4-
1
9-
9718075
0-
0765243
19
77
6
0
6
28
48
26-
4
9-
9767107
0^
0830156
20
78
23
9
4
27
49
47-
8
9-
9816531
0-
0895760
21
79
36
33
8
26
52
13-
3
9-
9866283
0-
0961881
22
80
46
30
4
25
33
46
6
9-
9916297
0^
1028351
394
M. Lilwy
D
1 1 11 in
s
c li e i
n b a
r e
Log. der Entfernung
Re
ctascension
D
eclina
tion
von 5 . . . .
Florenz . . .
Olniütz . . .
?? . . .
Genf . . . .
» • • • •
Königsberg . .
Genf . . . .
Florenz . . .
Genf . . . .
Florenz . . .
Rom . . . .
Florenz . . .
» ...
„ ...
Genf . , . .
+20
+ 12
+27
+ 14
+ 4
+ 13
+ 19
+ 16
— 7
+ 15
+ 17
+ 3
+ 19
+ 22
+ 16
+45
+ 50
+ 52
+53
+ 19
+ 9
+ 10
+18
+ 13
+41
+ s
+24
+ 11
+ 9
- 1'56
— 3
+ 1
-15 20
9
+ 12-56
89
+ 7
+ 2
— 2
+ 3
+ 1
+ 13
+ i
+ 3
—18
+ 10
+ 3
+23
+ 13
+ 11
60
77
14
63
Ol
20
76
06
00
58
57
17
14
—51
—48
+ 5
+ 11
+ 6
+ 14
+ 3
+ 12
+ 12
+ 2
— 0
+ 7
+33' 56
+ -1
+ 15
— 4 35
+27
•82
•66
•43
•98
•69
•09
•71
•58
•62
•24
•42
•50
•14
•31
•48
•63
•25
BuhnbestiiniiiUiii! des ersten Kometen 1837. 4U1
Bemerkangen.
Die Beobachtung aus Leipzig vom 26. Februar wurde in
Declination ausgeschlossen. Sie war vom Herrn Beobachter selbst in
dieser Coordinate als unsicher angegeben.
Beobachtung aus Redhill vom 28. März in Rectascension aus-
geschlossen.
Bei der Beobachtung aus Genf vom 6. März scheint ein Druck-
fehler stattgefunden zu haben, es soll die Declination statt 33ol6'0-5
32^1 6'0- 5 angegeben sein. Ich habe sie nach dieser Verbesserung
mit benutzt.
Alle hier verglichenen römischen Beobachtungen, an der
Pontificia specula angestellt, habe ich, da die seltene Über-
einstimmung einzelner nur zufällig zu sein scheint, weggelassen.
Eben desshalb wurden die noch übrigen vorhandenen nicht berück-
sichtigt.
Die Beobachtung aus Leipzig vom 15. März, wegen des
etwas zu grossen Ausschlages, in Declination ausgeschlossen.
Obwohl die Beobachtungen aus der ersteren Zeit als minder ver-
lässlich angegeben waren , so zeigten sie doch eine so gute Über-
einstimmung, dass ich sie bis auf einige wenige ohne weiters
benützen koimte.
Leipzig. März 18. In Rectascension weggelassen.
Berlin. März 18. Der Ort des Vergleichsternes scheint unrich-
tig, die Beobachtung ist weggelassen worden.
Breslau. März 19. In Declination ausgeschlossen.
Kremsmünster. März 21. Nicht benützt.
Leiden. Der Ort des Vergleichsternes vom Beobachter als
unsicher angegeben. Die Beobachtung wurde ausgeschlossen.
Ol mutz. Die beiden Declinations-Beobachtiingen des 28. März
weggelassen.
Kremsmünster. März 29. Es scheint bei der Declinations-
Beobachtung ein Schreibfehler vorhanden zu sein. Nach der Weg-
lassung desselben ist die Beobachtung mitgenommen worden.
Breslau. Scheint noch eine kleine Unrichtigkeit im Vergleich-
sterne Statt zu haben. Die Beobachtung wurde nicht mitgenommen.
402
M. Ij ö w V.
Altona. März 31. Die Beobachtung, vom Hpitii Beobachter
als minder sicher mitgetheilt, habe ich blos in Declination nicht mit
benützt.
Genf. April 1-366. Die Bemerkung des Herrn Beobachters
hatte ich zuerst übersehen, ich konnte dadurch die Dech'nations-
Beobachtung nicht mehr benützen. Fügt man den dort mitgetheilten
Werth einer Mikrometer -Umdrehung dazu, so stimmt die Beobach-
tung vortreftlich.
Leiden. April 12. In Rectascension ausgeschlossen.
Padua. April 12. Die Declination um 30' zu gross angegeben.
Nach der Correction ist die Beobachtung benützt worden.
Leiden. Aprii 15. In Rectascension nicht mitgenommen
worden.
Leiden. April 17. Die Beobachtung ist in Rectascension um
10 Zeitminuten zu klein mitgetheilt. Sie ist nach der Vergrösserung
weiter verwendet worden.
Königsberg. April 17. Die Beobachtung wurde nicht benützt.
Königsberg. April 25. In Rectascension ausgeschlossen.
Florenz. Mai 2. Die Beobachtung wurde weggelassen.
Es bleiben also noch für die Bahnbestinunung 222 Beobach-
tungen zu benützen. Von den Beobachtungen desselben Tages jedoch,
die nicht von verschiedenen Beobachlern angestellt wurden, ist,
damit nicht der Eintluss der einzelnen Beobachter zu prävalirend
werde, das Mittel genommen worden. Ich vertheilte das jetzt etwas
veränderte Fehlertableau in 12 Gruppen, bestehend aus den folgen-
den Beobachtunsjen:
Gruppe
in Rectascension
iu Declination
I.
enth.
die Beob
II.
n
« )!
III.
»
n n
IV.
55
,, „
V.
n
» »
VI.
»5
n »
VIT.
n
n n
VIII.
„
n n
IX.
n
n »
X.
n
n 51
XI.
»
55 55
XII.
»
» »
acht, vom Febr. 23 bis März 1 vom Febr. 23 bis Febr
März 2
Miiiz 10
März 15
März 19
März 26
März 31
April 3
April 11
April 17
April 20
März 6 ,,
März 14 „
März 18 „
März 24 „
März 30 „
April 2 „
April 10 „
April 16 „
April 19 „
April 2S-4 „
März 1
März 10
März 15
März 18-7
März 26
März 31 .,
April 4
April 9 .,
April 17
April 20 ,
März
März
März
März
März
April
April
April
April
April
April 25-4 „ Mai 2 „ April 25-4,, Mai
28
6
14
18-4
24
30
3
8
16
19
25-4
2
Bahnbestimmiins' des ersten Kometen 1837.
403
Wird das sich ergebende Mittel dieser Gruppen auf den Anfang
des angegebenen Tages interpolirt, so erhält man die folgenden
Mittehverthe der Abweichungen :
Rechnung
Beobachtung
Gruppe Datum
rfa cos S
do
I. . . . 1857, Febr. 25 . .
- 2-74 .
. + 2-97
II.
„ März 5 . .
— 4-61 .
. + 0-87
III.
„ März i3 . .
— 3-22 .
. + 3-71
IV.
„ März 17 . .
+1-42 .
. + 911
V.
„ März 21 . .
+ 5-29 .
. +11-07
VI.
„ März 29 . .
+ 7-73 .
. + 8-63
VII.
„ April 2 . .
+ 11-01 .
. + 6-73
VIII.
„ April 6 . .
+ 11-67 .
. + 5-38
IX.
„ April 14 . .
+ 6-7ä .
. + 6-09
X.
„ April 18 . .
+ 12-41 .
. + 7-13
XI.
„ April 22 . .
+ 12-20 .
. + 7-90
XII.
„ April 30 . .
+ 5-29 .
. + 9-00
Die Berechnung der Dirt'erentialtjuotienten habe ich nach den
vom Herrn Dr. Weyer zusammengestellten Formeln ausgeführt.
Ich wich hierbei ein wenig von dem gewöhnlichen Verfahren
ab, indem ich, die kleine Mehrarbeit nicht scheuend, sogleich
untersuchte, welcher Kegelschnitt im Allgemeinen den Beobach-
tungen am Besten entspreche. Es wurde auch, damit die Bechnung
sich gleichförmiger gestalte, für clT, dq, de respective 10000^/7!,
1000000 r/^. 10000 3J08 clQ +9;825o9
= ±0-0003831 „
q »
n
= ±0-0000036 „
e „
„
= ±0-0000380 „
» z: "
Bringt man die Incremente mit dem gehörigen Zeichen an die
zu Grunde gelegten Elemente an, so bekommt man als den wahr-
scheinlichsten Kegelschnitt die folgende Ellipse:
28*
408 M. Löwy.
Perihelszeit .... 1837, März 21-406192 mittlere Berliner Zeit.
'^ » «740 44' 1"88) .^^, V j^^^g;.^ Qj,.i„^g^_
Q „ „313 9 19-86) '
; „ „ 87 d6 1-49
q „ „ 0-7724921
e „ » 0-9999812
Log. a „ ,, 4-61383
Umlaufszeit . . . . „ „ 8,332.000 Jahre,
Bewegung
direct.
)ch diese
Fehler der Normalörter statthab
en:
Normaloi't
Datum
rfa cos 6
<«
I. . .
. Febr. 2S . .
. +2-02 . .
+ 3-10
11. .
. März S .
. -0-65 . .
-2-02
III. .
. März 13 .
. — t-78 . .
—2-74
IV. .
. Miirz 17 .
. +0-54 . .
+ 1-07
V. .
. März 21 .
. +1-75 . .
+ 1-93
VI. .
. Miirz 29 .
. — 1-SO . .
0-00
VII. .
. April 2 .
. —0-08 . .
—0-69
VIII. .
. April 6 .
. . -0-19 . .
—1-11
IX. .
. April 14 .
. -4-59 . .
—0-12
X. .
, . April 18 .
. +1-72 . .
+0-34
XI. .
. . April 22 .
. . +2-22 . .
. +0-27
XII. .
. . April 30 .
. —3-36 . .
-0-42
Die vorliegende Umlaufszeit lässt sogleich durch ihre Grösse
erkennen, dass sie blos als ein reines Rechnungsresultat aufzufassen
sei, dem der Natur nach nicht die mindeste Sicherheit zukömmt , es
wird also zunächst die Parabel vermöge des Charakters der vor-
handenen Beobachtungen als der wahrscheinlichste Kegelschnitt an-
zunehmen sein. In der That differirt die Summe der Fehlerquadrate
der beiden Elementensysteme blos um einige Secunden und die ein-
zelnen Fehler selbst erscheinen um kaum bemerkbare Grössen
unterschieden. Es zeigt sich also die Umlaufszeit durch kleine
weit ausser den Grenzen der zu verbürgenden Beobachtungs-
genauigkeit liegende Zahlen bestimmt, also blos als Resultat der
noch vorhandenen kleinen Unsicherheiten der Normalörter. Schrei-
tet man nun sofort nach der Ausschliessung der DilTerential-
quotienten von de zur Bestimmung der wahrscheinlichsten Parabel,
so gelangt man nach allmählicher Elimination zu den folgenden
Endgleichungen:
Bahnhestimniiing^ des ersten Kometen 1857.
409
82-491 dn — 91-li5 r/ß-iS-8926 rf«'— 49152 rfF— 8-S7832 dq' -\- 9M27=0
+ 17-842 (/ß-f 7-5079 rf/— 3-998 <;r+4-8144 rf^' +44941 =0
+ 17-2083 rft+ 2-8024 rfr— 0-2319 dq' ^ 39-476=0
+ 1-4648 <;r- 0-8249 fY— 103034=0
+ 4-1746 dq' + 92-429=0
Es werden daraus die Verbesserungswerthe der Elemente sich
fülgendermassen ergeben:
dn = 27"44 mit dem Gewichte von 1-552 Beobachtungen
rffl=— 1-19 „ „ „ „ 7-833
di =-12-02 „ „ „ „ 12-880
dT= 0-0057869 „ „ „ „ 1-318
9 = — 0-0000221 „ „ „ „ 4-175
Die Summe der Fehlerquadrate wird hier =846-0, somit der
mittlere Fehler einer Beobachtung = \/ — - — = + 2-251 und der
^ V 172—5 —
wahrscheinliche = + 1"S18, woraus nach der Division mit der
Quadratwurzel der entsprechenden Gewichte:
der mittlere Fehler von tt = + 1 "807 und der wahrsch. = + 1 • 128
„ „ ß= ±0-804 „ „ „ = +0-543
„ „ i = ±0-627 „ „ „ = ±0-423
„ r= ±0-0001960 „ „ „ = ±0-0001322
„ ?= ±0-0000010 „ „ „ =±0-0000007
Bringt man wieder die Correction zu den zu Grunde gelegten
Elementen, so wird das neue parabolische Elementensystem :
Perihelszeit
ß . . . .
TT ... .
i ....
q . . . .
1857, März 21-40629 mittlere Berliner Zeit.
„ „ 74" 44' 1-51 ) mittleres Äquinoetium
„ 313 9 19-19) 1857, 0 Jiinner.
„ 87 56 1-17
0-7724933
Bewegung direct,
wo noch folgende übrig bleibende Fehler, aus den Bedingungsglei-
chungen erhalten, vorkommen :
Normalort Datum rfa cos o dh
I. .
. . Febr. 25 . .
. +1-95 .
. +3-22
II. .
. . März 5 . .
. —0-70 .
. —1-98
III. .
. . März 13 . .
. -1-78 .
. —2-75
IV. .
. . März 17 . .
. +0-64 .
. +1-03
V. .
. . März 21 . .
. +1-77 . .
. +1-90
410
M. L ö w y.
Normalort
Datum
VI. .
. März 29
VII. .
. April 2
VIII. .
. April 6
IX. .
. April 14
X. .
. April 18
XI. .
. April 22
XII. .
. . April 30
ilix eos 0
-ISl
-0-09
—0-21
—4-60
+ 1-73
+ 2-26
—3-29
—0-06
—0-76
—118
—0-12
+ 0-35
+ 0-31
— 0-3S
Aus directer Rechnung resultiren sie folgendermassen;
Normalort
Datum
I. . .
1857
, Febr. 25
IL . .
»
März 5
III. . .
n
März 13
IV. . .
»
März 17
V. . .
n
März 21
VI. . .
n
März 29
VII. . .
»
April 2
VIII. . .
n
April 6
IX. . .
15
April 14
X. . .
n
April 18
XI. . .
n
April 22
XII. . .
n
April 30
da cos 8
do
+ 1-91 . . .
+ 3-21
—0-73 . . .
-1-91
—1-79 . .
—2-70
+ 0-64 . .
+ 113
+ 1-75 . .
+ 1-91
-1-53 . .
+0-0S
-0-08 . .
-0-67
—0-21 . .
— 105
—4-57 . .
0-00
+ 1 71 . .
. +0-45
+2-26 . .
+0-37
—3-36 . .
-iplrlpi» PTplilpi
. -0-30
•i'pilipn
Durch die gute Übereinstimmung heider Fehlerreihen, verbun-
den mit allen früher angewendeten Vorsichten, erscheint alles voll-
ständig controlirt. Die Summe der Fehlerquadrate vor der Ver-
besserung war := 21651-3 und das jetzt vorhandene Minimum,
nach der Multiplication in die entsprechenden Gewichte aus der
letzten Fehlerreihe ist =872-13. Es wäre somit der Hauptzweck
der gestellten Aufgabe „die Bestimmung der wahrscheinlichsten
Bahn des Kometen" erreicht. Um jedoch die vorliegende Arbeit
nach allen Richtungen hin erschöpfend zu beenden , so folgt hier
noch die kurze Untersuchung, bis zu welchen Grenzen durch
die jedenfalls noch vorhandene Unsicherheit der Normalörter
eine Abweichung von der Parabel im hyperbolischen oder ellipti-
schen Sinne allenfalls noch zulässig wäre. Lässt man zu diesem
Zwecke das Glied mit de unbestimmt und werden die übrigen
wahrscheinlichsten Verbesserungswerthe der Elemente als Func-
tionen dieses Incrementes dargestellt, so führe dies zu den folgen-
den Gleichungen:
ßahnljestimmung des ersten Kometen 1857.
411
di: =1^43848 +0;23130 de'
rfß =0 -07539 +0-54238 6?e'
di =1-07978 +2-03324 Je'
<;r=l- 76246 +0-75361 de'
f/^' =1-34519 +0-77202 rfe'
imd geschieht dies ebenso mit den ührig bleibenden Fehlern der
Normalörter, so bekömmt man sie in der folgenden Weise als Func-
tionen von de dargestellt:
Normalort
Datum
I. .
. Febr. 25 . . .
II. . .
. März 5 .
III. .
. März 13 .
IV. .
. Miirz 17 .
V. .
. März 21 .
VI. .
. . März 29 .
VII. .
. April 2 .
VIII. .
. April 6 .
IX. .
. April 14 .
X. .
. April 18 .
XI. .
. April 22 .
XII. .
. April 30 .
rfa cos 8
+ 1-95— 0-486 rfe'
— 0-70— 0-244 rfe'
—1-78— 0-055 f/e'
+0-64— 0-033 '
+ 1.77_0-011 Je'
—1-51 -0-049 f/e'
—0-09— 0-083 Je'
—0-21— 0-086 Je'
—4-60 +0-027 Je'
+ 1-75 +0-124 Je'
+ 2-26 +0-237 Je'
-3-29 +0-474 Je'
+ 3-22+0-067 Je'
-1-98— 0-492 Je'
—2-75— 0-023 Je'
+1-03— 0-149 Je'
+1-90— 0-249 Je'
—0-06— 0-327 Je'
-0-76— 0-290 Je'
—1-18— 0-222 Je'
— 0-12-0-020 Je'
+ 0-35 +0-082 Je'
+0-31 +0-179 Je'
—0-33 +0-267 Je'
Für verschiedene Annahmen von de' = 10000 de gibt nun das
unten aufgestellte Schema die dann noch vorhanden bleibenden Fehler
mit den entsprechenden Umlaufszeiten.
loono de
—15
—10
— ä
9-192
0
5
10
15
Umlaufszeit in Jahren
llGSä
2146S
60724
8,332000
oo
oo
oo
oo
ilX cos ß
Normalort I
+ 9-2
+6-8
+4-4
+ 2-0
+ 2-0
-0-5
—2-9
—5-3
II
+ 3
0
+ 1-7
+0-5
-0-6
—0-7
—1-9
—3-1
—4-4
III
— 1
0
—1-2
—1-5
-1-8
-1-8
-2-1
—2-3
—2-6
IV
+ 0
7
+0-7
+0-7
+0-5
+0-6
+0-6
+0-6
+0-6
V
+ 1
6
+ 1-7
+ 1-7
+ 1-7
+ 1-8
+ 1-8
+ 1-9
+ 1-9
VI
- 0
8|— 1-0
—1-3
—1-5
-1-5
-1-8
-2-0
—2-2
„ VII
T- 1
2+0-7
+0-3
—Ol
-Ol
-0-3
—0-9
—1-3
„ VIII
+ -1
2+0-6
+0-2
—0-2
—0-2
—0-6
— 1-1
—1-5
IX
- 5
0—4-9
4-7
—4-6
—4-6
-4-3
—4-3
-4-2
X
— 0
ll+0-5
+ 1-1
+ 1-7
+ 1-7
+2-4
+ 3-0
+ 3-6
XI
— 1
3—0-1
+ 11
+2-2
+2-3
+3-4
+4-6
-p5-8
„ XII
-10-4—8-0
-5-5
—3 4
-3-3
-0-9
+ 1-4
+ 3-8
Summe der Fehler-
quadrate
235
8
144-1
83-8
53-5
53-8
54-1
84-0
145-7
412
M. Löwy. Bnhnbestimmung' des ersten Kometen 1837.
10000 (fe
Umlaufszcit in Jahren
—15
11685
—10 —5
21468 60724
9-192
8,332000
0
oo
10
oo
15
oo
ao
Normalort I
n
,, ni
„ IV
„ V
„ VI
,, VII
„ VIII
„ IX
„ X
„ XI
„ XII
-6-8
—9-4
—2-4
+ 3-2
+ 5-6
+ 4-8
+ 3-6
+2 1
+ 0-2
—0-9
—2-4
-4-3
—3-4
—6-9
—2-S
+2-:i
+4-4
+ 3-2
+2 1
+10
+ 0-1
-0-S
— 1-S
—30
-0-1
4-4
-2-6
+ 1-8
+3-0
+ 1-6
+0-7
—0-1
00
-o-i
-0-6
— 1-7
+3-1
—20
—2-7
+ 11
+ 1-9
0-0
—0-7
-1-2
—Ol
+0-3
+0-3
-0-4
+ 3-2
-2-0
—2-7
+ 1-0
+ 1-9
—0-1
—0-8
-1-2
-0-1
+0-3
+ 0-3
-0-4
+6-6
+0-S
—2-8
+ 0-3
+0-6
—1-7
—2-2
-2-3
-0-2
+ 0-8
+ 1-2
+ 1-0
+9-9
+2-9
-3-0
—0-S
—0-6
—3-3
-3-7
—3-4
—0-3
+ 1-2
+2-1
+2-3
+ 13-2
+ S-4
+ 31
— 1-2
— 1-8
— SO
— Sl
— 4-S
— 0-4
+ 1-6
+ 3-0
+ 3-7
Summe der Fehler-
quadrate
247-5
118-2
44-7
28-0
28-6
68-2
193-4
314-4
Unger. Sjiloge plantarum fossilium. 413
S y II 0 g e p l ant a r n m f o s s il i u m.
Von dem w. M. Prof. Dr. F. Inger.
(Auszug- aus einer für die Denkschriften bestimmten Althandlung.)
Professor Dr. Unger legt der kais. Akademie den ersten Tlieil
einer grösseren Abhandlung vor, welche eine Beschreibung neuer
bisher noch unbekannter fossiler Pflanzen aus der Tertiärzeit eiitbält.
Schon vor 7 Jahren hatte derselbe unter dem Titel Iconographia
'pUmtarum fossilium ein ähnliches Werk in den Denkschriften der
kais. Akademie d. Wissenschaften begonnen, welches aber nicht fort-
gesetzt wurde, da die Denkschriften bald darauf ihr Format änderten.
Die vorliegende Schrift ist eigentlich nur eine Fortsetzung jener
Iconographie, führt aber den Titel Sylloge plantanim fossiVmm und
ist demnach als eine selbstständige Schrift zu betrachten. Der Ver-
fasser behandelt die neuen fossilen Pflanzen gruppenweise, bindet
sich dabei aber nicht an eine bestimmte Reihenfolge der Familien,
um sich nicht selbst Hemmnisse zu schaffen.
Vorzüglich hat er im Auge behalten die von ihm in seinen Gen.
et spec. plant, foss. bereits benannten und mit kurzen Diagnosen
bezeiclineten Pflanzenarten näher zu beschreiben und mit Abbildungen
zu versehen.
Ausser dem reichhaltigen Materiale , welches dem V^erfasser aus
früherer Zeit her zu Gebote stand, wurde ihm auch verstattet, die
immensen Sammlungen der k. k, geologischen Reichsanstalt zu be-
nutzen, was sowohl auf den Umfang der Arbeit als auf Sicherstellung der
beschriebenen Arten nicht ohne erspriesslichenEinfluss bleiben konnte.
In der ersten Abtheilung dieser der kais. Akademie übergebenen
Schrift sind folgende Pflanzenfamilien erörtert: Characeen, Salvi-
niaceen, Equisetaceen , Musaceen, Coniferen, Scmtalaceen, Nys-
saceen, Proteaceen, Oleaceen, Fraxineen, Sapotaceen, Ebenaceen,
AmpelUdeen, Anonaceen, Magnoliaceen, Malpighiaceen, Sapinda-
ceen, Juglandeen, Anacardiaceen und Burseraceen.
414 Unger. Sylloge plantarum fossilium.
Die meisten Gattungen, selbst manche Arten der obgenannten
Familien, konnten, auf Torhandene Früchte gestützt, mit mehr Sicher-
heit festgestellt werden, als dies bisher der Fall war; auch hat es
der Verfasser nicht unterlassen, bei den Blattresten die sorgfältigsten
Detailuntersuchungen der Nervatur anzugeben, wodurch aliein eine
Vergleichung mit ähnlichen recenteu Arten möglich ist.
Alle die fossilen Pflanzen aus den angeführten Familien sind
auf 20 Tafeln in einfachem Farbendrucke dargestellt und dienen als
Erläuterung des Textes. Die allgemeinen aus diesen Detailunter-
suchungen sich ergebenden Resultate gedenkt der Verfasser dem
letzten Theile dieser Schrift beizugeben.
Czermak. Kleine Mittheilungen aus dem k. k. phys. Institute in Pest. 415
Kleine Mittheilungen aus dem k. k. physiologischen Institute
in Pest.
Von Prof. J. Czermak.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 7. April 1839.)
l.UmeinemsehrzahlreichenAuditoriumden Rhyth-
mus und die Frequenz der .Athemzüge, und den Einfluss
d e r iV. Vagi 'dxxi dieselben bequem zu demonstriren, be-
diene ich mich eines mit gefärbtem Wasser gefüllten Manometers,
dessen kürzerer Schenkel mit einem als Luftreservoir dienenden
Glaskolben in Verbindung steht, durch den die In- und Exspirations-
luft des dem Versuche unterworfenen Thieres streicht. Zunächst
wird dem Thiere die Trachea eröffnet und eine Canüle eingebunden,
sodann wird an die Canüle ein dickwandiges Kautschukrohr gesteckt,
welches die Verbindung mit dem Glaskolben herstellt.
Mit jeder In- und Exspiration steigt und sinkt nun — Allen
sichtbar — die gefärbte Flüssig-
keit in den Schenkeln des Mano-
meters.
Der beigedruckte Holzschnitt
versinnlicht den kleinen Apparat.
K ein mittelgrosser Glaskolben,
mit einem Kork verschlossen,
durch welchen drei Glasröhren
gesteckt sind. Die mittlere derselben, welche nahe bis an den Boden
des Kolbens reicht, communicirt mit der Atmosphäre, an die beiden
kleineren, links und rechts, sind dickwandige Kautschukröhren ge-
steckt, von denen die eine mit dem Manometer (3/), die andere mit
der in die Trachea einzubindenden Canüle {C) in Verbindung steht.
Wenn in Folge der Vagus-Durchschneidung die Regelmässigkeit,
die Frequenz und die Celerität der Athemzüge abnehmen, so kann
es trotz der grösseren Tiefe derselben dazu kommen , dass die
Schwankungen des Manometers zu gering ausfallen, um aus grösserer
41ß Czei-mak.
Entfernung deutlich gesehen zu werden, weil die Luft des Glas-
kolbens zu langsam aus- und eingepumpt wird, um eine hinreichende
Druckdifferenz zu setzen.
Dann braucht man aber nur die Öffnung der mittleren Röhre,
durch welche die Atmospiiäre ein- und austritt, zu verengern oder
zu verschliessen , um sofort wieder ausgiebige Schwankungen am
Manometer entstehen zu sehen. Würde das Luftreservoir hinreichend
gross genommen, so könnte die Communication mit der Atmosphäre
durch die mittlere Röhre ganz wegbleiben , und das mit einem
Schwimmer versehene Manometer sehr genaue Aufzeichnungen der
Athmungsbewegungen auf einem Kymograpliium entwerfen.
Stalt des abgebildeten Apparates habe ich übrigens zu dem-
selben demonstrativen Zwecke an die in der Trachea eingebundene
Canüle ein Pfeifchen befestigt, welches bei jeder Exspiration des
Thieres einen Ton von sich gab, und auf diese Weise die Frequenz
der Athemzüge dem ganzen Auditorium zu Gehör gebracht. Es ver-
steht sich von selbst, dass das Pfeifchen leicht ansprechen muss und
weder ein zu enges noch ein zu weites Lumen haben darf.
Reilaufig sei hier erwähnt, dass ich in einem am 17. I. M. auf
die beschriebene Weise angestellten Versuche ausnahmsweise sehr
abweichende Resultate über den Einfluss der Vagi auf die Frequenz
der Athemzüge erlialten habe. Das grosse trächtige Kaninchen
machte einige Zeit, nachdem es auf dem Vivisectionsbrette befestigt
worden war, 64 Athemzüge in der Minute. Nach Vollendung der
Tracheotomie und Einbindung der Canüle wurde statt der gewöhn-
lichen Vermehrung, eine Verminderung der Athemzüge (56, später
nur 32 in der Minute) beobachtet. Nach Durchschneidung beider
Vagi am Halse, wurde der Rhythmus der Athmungsbewegungen
zwar wie gewöhnlich etwas unregelmässig, dagegen fand nicht nur
keine Verminderung der Frequenz, sondern, anfänglich wenigstens,
eine Vermehrung (44 in der Minute) Statt.
2. Zur Versi nnlicbun g der Druck verhält nisse im
Thorax hat Donders bekanntlich einen eigenen Apparat angegeben
(vgl. Lehrb. pag. 403). Ich habe diesen Apparat etwas vereinfacht
und glaube durch die Mittheilung dieser Modification vielleicht
manchem Lehrer der Physiologie einen trotz seiner Einfachheit nicht
unwillkommenen Reitrag zur leichten Herstellung eines anschaulichen
Collegium-Experimentes zu liefern.
Kleine Mittiieilungeu aus (ieni k. k. physiolog-ischen Institute in Fest. 417
Ich benütze zu diesem Zwecke denselben Kolben mit den drei
luftdicht durch den Kork hindurchgesteckten Glasröhren, welcher,
^vie oben erwähnt, als Luftreservoir bei den Athmungsversuchen
dient. Das untere Ende der mittleren Röhre (1) wird in die Trachea
einer sammt dem Herzen und den grossen Gefässen ausgeschnittenen
Kaninchenlunge eingebunden. Diese wird dann sammt dem Herzen
durch den Hals des Kolbens in dessen bauchige Erweiterung, wo
sie Raum hat sich auszudehnen, hinabgeschoben und die Öffnung des
Kolbens mit dem Korke luftdicht verschlossen.
Das Glasgefäss, in welchem nun die Lungen hängen, enthält
Luft, nicht aber die Pleurahöhle. „Dies bedingt jedoch", wie Don-
ders in der Beschreibung seines Apparates a. a. 0. mit Recht her-
vorhebt, „keinen wesentlichen Unterschied; denn der Druck in einer
geschlossenen Höhle muss nach der Spannung gemessen werden,
welcher die Luft in einer solchen Höhle ausgesetzt ist".
Mit diesem einfachen Apparate, zu welchem noch zwei mit
gefärbtem Wasser gefüllte Manometer gehören, lassen sich folgende
Sätze demonstriren:
a) dass die Lungen ihrer Ausdehnung und Lufterfüllung einen
bedeutenden Widerstand entgegensetzen;
b) dass die ausgedehnten Lungen einen beträchtlichen Druck auf
die in denselben eingeschlossene Luft ausüben;
c) dass die Innenfläche der Brust und die extrapulmonalen Organe
in Folge der Retractilität der elastischen Lungen einem niedri-
geren Drucke unterliegen (Donders).
Ad a) Man befestige sowohl an die mittlere (1) als an die
kleine Röhre rechts (2) durch dickwandige Kautschukröhren je ein
Manometer und sauge durch die Röhre links (3) die Luft zwischen
Kolben und Lun^enoberfläche heraus. In beiden Manometern wird
die Flüssigkeit im kurzen Schenkel steigen, weil der Druck im Kolben
nun nicht mehr eine ganze Atmosphäre beträgt.
Der Manometer, welcher mit dem Räume zwischen Lunge und
Glaswand communicirt, wird jedoch eine weit beträchtlichere Druck-
differenz anzeigen, als jener, welcher mit der Lunge in Verbindung
steht. Würden die Lungen ihrer Ausdehnung keinen \Yiderstand
entgegensetzen (der übrigens, wie sich zeigen lässt, mit der Aus-
dehnung derselben mehr und mehr wächst), so müssten beide Mano-
meter offenbar dieselbe Druckdifferenz anzeigen.
418 Czermak.
Der Unterschied der beiden DruekdifTerenzen kommt eben auf
Rechnung des elastischen Widerstandes der Lungen.
Ad b) Saugt man durch die Röhre (3), während die Röhre (2)
zAigehalten wird, die Luft aus dem Kolben, so dringt die atmosphä-
rische Luft durch die mittlere Röhre (1) in die Lungen ein und dehnt
dieselben aus.
Wird nun ein Manometer mit der Röhre (1) in Verbindung ge-
setzt und hierauf, wenn das Gleichgewicht hergestellt ist, der ver-
schliessende Finger von der Röhre (2) entfernt, so steigt die Flüssig-
keit im längeren Schenkel des Manometers, indem die Lunge ihrer
Gleichgewichtslage zustrebt und durch ihre elastische Zusammen-
ziehung die in ihr enthaltene Luft zusammendrückt.
Ad c) Befestigt man das Manometer an die Röhre (2) und
bläst die Lunge durch die mittlere Röhre (J) langsam auf, so wird
ein Theil der im Kolben enthaltenen Luft durch die offene Röhre (3)
austreten, ohne dass das Gleichgewicht im Manometer gestört wird,
jedenfalls stellt sich dasselbe alsbald her, wenn die Lunge in einem
bestimmten Grade der Ausdehnung erhalten wird. Schliesst man nun
die Röhre (3) durch den aufgelegten Finger lufdicht ab und entfernt
die Lippen von der Röhre, durch welche man die Lunge aufgeblasen,
so steigt die Flüssigkeit in dem kurzen Schenkel des Manometers
augenblicklich sehr bedeutend. Die Spannung der Luft im Kolben
beträgt nämlich nun nicht mehr eine ganze Atmosphäre, indem die
elastische Retractilität der ausgedehnten Lungen einen Theil des
atmosphärischen Druckes trägt.
In dem Räume zwischen Glaswand und Lunge, welcher dem
extrapulmonalen Raum des Thorax entspricht, befindet sich bei dieser
Anordnung des Versuches, gerade wie in der Natur, das Herz mit
den grossen Gefässen. Jenes und diese stehen somit unter demselben
geringeren Drucke wie die Innenlläche der Brust (Glaswand).
Bindet man das untere Ende der Röhre (2) in eine der grossen
Venen ein, so kann man die aspirirende Wirkung der Lungenretrac-
tilität auf den venösen Kreislauf ad oculos demonstriren.
3. Zur Befestigung der Kaninchen fürVivisectionen
bediene ich mich eines länglich-viereckigen Brettes, in welchem
nahe am Rande 7 Bohrungen in dieser J", Anordnung angebracht
sind, in denen Geigenwirbel ähnliche Holzstücke stecken, die durch
Kleine Mittlieilung-en aus dem k. k. physiologisclieii Institute in Pest. >il9
seitliche Stellschrauben fixirt werden können. An jedem dieser Wirbel
ist ein starker, mit einer zuziehbaren Schlinge endender Bindfaden
befestigt, der durch die Drehung des Wirbels aufzuwickeln und be-
liebig zu verkürzen ist. DieSchlingen der sechs paarigen Fäden werden
um dieGelenke der vier Extremitäten und um die Basis der Ohren fest
zugezogen. Die einfache Schlinge des siebenten Fadens, welcher an
dem unpaaren Wirbel in der Mitte der schmalen oberen Seite des
Brettes befestigt ist, kommt hinter die Sehneidezähne des Oberkiefers
(bei Katzen hinter die Eckzähne) zu liegen, so dass man den Hals
des Thieres nach Bedürfniss strecken und über ein untergelegtes
Kissen spannen kann. Dieses Vivisectionsbrett empfiehlt sich so sehr
durch Billigkeit und Bequemlichkeit, dass ich es mir nicht versagen
konnte dasselbe hiermit jedem Experimentator zu empfehlen.»
4. Herr Balogh, stud. med., hat sich, auf meine Veranlassung,
mit einer Nachuntersuchung der interessanten, in Brüc ke's Labo-
ratorium gemachten Entdeckungen von Brettauer und Steinach
über die Structur der hyalinen Säume der Epitelialzellen der Darm-
schleimhaut bei Kaninchen , Hunden und Ascariden zu beschäftigen
begonnen und dürfte seiner Zeit selbst hierüber berichten.
Vorläufig mag nur erwähnt werden, dass wir die Angaben von
Br. und St. bereits in einigen wesentlichen Punkten vollkommen
bestätigen konnten; namentlich: 1. die wechselnde Dicke der Säume
(obschon ohne eine ausnahmslose Beziehung zu gewissen physio-
logischen Zuständen des Darmes), und 2. ihre deutliche Zusammen-
setzung aus stäbchenförmigen, isolirbaren Körperchen, welciie
durch ihre regelmässige Aneinanderreihung Porencanäle vortäuschen.
Bei Ascaris vom Schwein wurden diese Verhältnisse ausserordentlich
leicht und schon bei geringerer Vergrösserung sehr deutlich gesehen.
Von der Leichtigkeit aus dem Ascaridendarm gute Präparate zu be-
kommen, hatten mich Br. und St. schon im vorigen Winter über-
zeugt.
5. Mein Assistent Herr Basslinger bemerkte vor einigen
Wochen ande rCar diaeinesausgeschnitte neu Kaninchen-
magen s sehr eigenthümliche rhythmische Zusammen-
ziehungen, welche mich in gewisser Beziehung an die von Leu-
kart, L e r e b 0 u 1 1 e t u. A. bei Insecten, Krebsen und Räderthierchen
beobachteten rhythmischen Bewegungen am Verdauungsapparat
erinnerten.
420 Czermak. Kleine Mittheilungen aus dem k. k. phys. Institute in Pest.
Diese Bewegungen oder Pulsationen der Cardia fehlen häufig
ganz, zuweilen treten sie jedoch sehr energisch auf und dauern, mehr
oder weniger regelmässig rhythmisch, längere Zeit an. Mechanische
Reizung der Cardia löst dieselben zuweilen noch sehr leicht aus,
wenn dieselben nicht mehr von selbst eintreten , auch das Zusam-
mendrücken des Magens , wodurch der Speisebrei gegen die Cardia
gedrängt wird, thut dies.
Am unausgeschnitteneu Magen treten ähnliche Einziehungen der
Cardia, wie sie am ausgeschnittenen Magen zuweilen automatisch
und rhythmisch zu Stande kommen, mit jeder Scblingbewegung auf.
Am schönsten und längsten wurden bisher diese eigenthüm-
liehen und mannigfachen Bewegungen der Cardia an ausgeschnittenen
gefüllten Mägen von Kaninchen beobachtet, die in voller Verdauung
und Resorption begriften waren.
Weitere Beohachtungen sollen die Bedingungen für das Zu-
standekommen der spontanen Pulsationen der Cardia des Kaninchen-
magens feststellen.
Üiesing-. Nachträge und Verbesserungen zur Revision der Myzhelminlhen. >421
Nachträge und Verbesserungen zur Revision der Myzhel-
minthen.
Von dem w. M. Dr. Rarl Moriz Die sing.
(Vorgelegt in der Sitzung am 24. März 1839.)
Der Druck der Abhandlung über die Myzhelminthen war bereits
seiner Vollendung nahe, als mir theils durch die besondere Gefällig-
keit meines hochverehrten Freundes Herrn Regierungsrathes Kol-
lar, welcher mich immer von den neuesten Erscheinungen im Gebiete
der Helminthologie, welche für die Bibliothek des k. k. zoologischen
Cabinets erworben werden, in Kenntniss setzt i), theils durch unmit-
telbare Zusendungen meiner Wissensehaftsfreunde s) , welchen ich
bei dieser Gelegenheit dafür meinen verbindlichsten Dank abstatte,
einige eben erschienene Abhandlungen zukamen, welche sich auf
denselben Gegenstand beziehen.
Endlich hat noch Professor Molin aus einer für die Denk-
schriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften bestimmten
Abhandlung einen Auszug in den Sitzungsberichten des genannten
Institutes gegeben s) , in welchem mehrere Arten von Trematoden
aufgestellt wurden, und G. Walter hat Beiträge zur Anatomie und
Histologie einzelner Trematoden geliefert *).
^) Van Beneden: .Memoire sur ies vers intestinaux, Avec XXVIl planches. Paris 18j8. 4.
Gervais et Van Beneden: Zoologie medicale. Vol. II. Paris 1839. 8.
2) Guido Wagen er: Enthelminthiea Nr. V et VI. InTroschel's Arch. 1838. 1.244—256.
Tafel VIll und IX.
Van Beneden: Histoii'e natureile d'un animal nouveau , designe sous le nom
d'Histriohdelia: in Bullet, de l'Acad. Belglque. 2. se'r. V. (1838.) Nr. 9 et 10. avec fig.
Leidy: Contributions to Helminthology : in I'roceed. Acad. Philadelphia 1838.
110—111.
^) Prospectus helminthiini , qiiae in parte secunda prodromi faunae helmintbologicae
Venetae continentur : in Sitzungsberichten der kais. Akad. der Wissenschaften, 1838,
XXXlll. 287—291.
*) In T r o s c h e l's Archiv, 1 838, I. 268—297, mit 3 Tafeln.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XXXV. Bd. Nr. 11. 29
422
1) i i' s 1 11
Aus den noobaclitiiiigon dor IIoitom Vau Boium1(m\ uiul Guido
Wa «jener stellt sich immer mehr und mehr heraus, dass hei mauehen
Gattuniren der Trematoden einiüfe der inneren Oruane nach statt-
sehahter Befruchtung einer riieksehreitendeii Metamorphose unter-
worten sind, und zwar in der Art. dass oft der Darmeaual und die
n\;innlieheM Gesehleehtsoruane giinzlieh verschwinden, während die
weihliehen Geschlechtsorgane, von Eiern strotzend, den ganzen Leihes-
raum ausfüllen. Nicht minder interessant ist die Beobachtung, dass
bei einigen Gattungen dieserUnterordnung, welche zweigesehleehtlich
oder Zwitter sind, jedoch nur bei wenigen Arten, bald das eine, bald
(bis andere Geschlecht derart vorwiegend erseheint, dass man es mit
einem Thiere getrennten Geschlechtes zu thun zu haben glaubt.
Herr Professor Van Beneden hat die Ordnung der Myzhel-
minthen mit zwei neuen Gattungen bereichert: davon bildet die eine,
nämlich Calct'osfomum. ein Glied cintM- Gruppe der Trematoden.
welche sich besonders durch eigenthiimliche Klammerorgane aus-
zeichnet; die andere Gattung dagegen, nämlich Histr'whdeUa, gehört
jener Gruppe der Bdellideen an. welche sich durch eine Mehrzahl
vitu Saugnäpfen charakterisirt.
Uistriobdellu ist sowohl durch ihren äusseren, als inneren Bau,
und durch ihre Beziehung zu Mi/zostoniiini so merkwürdig, dass ein
gedrängter Auszug aus der Beschreibung ihres Kntdeekers \ an Be-
ueden hier am rechten Orte sein dürfte, um so mehr, als die Original-
abhandlung nicht Allen leicht zur Hand sein wird.
Beneden fand dieses Thier in grosser Menge unter den noch
an die Schwaiizsegmente angehefteten Eiern des gemeinen Hum-
mers; er verglich die äusserst merkwürdigen Bewegungen des Para-
siten mit denen eines Clown, der zwischen aufgehäuften riesigen
Kugeln equilibristische Kunstslücke macht, und seinen Leib in allen
möglichen Richtungen biegt und dreht. Der Leib des Thieres ist
i/a bis Vi'" 'i»"? ""'^ schmal, nach hinten endet er in zwei wirkliche
Bewegungsorgane. Der deutlich abgegrenzte Kopf zeigt am Vorder-
rande einen, und an den äusseren Winkeln jederseits zwei häutige
gerade Anhänge; weiter rückwärts und unterhalb beiludet sich an
jeder Seite ein zurückziehbares und äusserst veränderliches Be-
wegungsorgan. Sowohl diese als die am Hinterende des Leibes
gele^renen können sich mit ihrem freien Ende wie mit Saugnäpfen
anhet^ten, und der Wurm ist im Stande mit ihrer Hilfe wie eine Uaupe
Nachtrüge und Verbesserungen zur lievision der .Myziielniinthen. 4-^fi
ZU krieclieri. Was den inneren Bau betrifft, so besitzt IJigtriobdella
einen einfachen Speisecanal mit einenri kugeligen lierv(»rstreckbaren
Schlundkopf, mit drei hornigen inneren Kinnladen, einer kurzen
Speiseröhre und einem geraden iJarrn ohne Anhänge, der sich am
Hinferende des Leibes mit einem After nach aussen öffnet. Das Thier
ist getrennten Geschlechtes , der männliche Geschlechtsapparat ist
doppelt, symmetrisch und wiederholt sich zur rechten und linken
Seite bis in die kleinsten Einzelheiten; er besteht jederseits aus
dem, aus grossen Blindsäcken, in weichen sich die Spermatozoiden
bilden, zusammengesetzten Hoden, aus einem Samenleiter und einem
einziehharen Penis; die männliclie Geschlechtsöffiiung befindet sich
jederseits am Seitenrande hinter der Mitte des Leibes. Die ebenfalls
doppelten weiblichen Geschlechtsorgane best«!hen jederseits aus einem
Eierstocke mit einer kurzen Scheide, und einer seitlichen ()frniing,
welche der Lage nach der männlichen entspricht. Das Circulations-
system ist nur unvollständig und zeigt einen mittleren Hauptgefäss-
stamm, der nach vorne zweiästig ist, dessen Aste den Darmcanal
umschliessen und mit ihren Enden anastomosiren. Respiratiorisorgane
so wie Nerven scheinen zu fehlen.
Zur vergleichenden Übersicht habe ich mir erlaubt, in der
systematischen Zusammenstellung den Gattungscharakter von Myzo-
sfomum wiederzugeben.
MYZHELMINTHA.
!$ubordo I. [flyzheliniiitha aprocfa.
THIBLS L TREMATODA lilDOLPHI ^).
In characteribus hujus tribus addenda et delenda sunt:
Pagina 310, linea 7 loco: aut 4, lege: aut 2 v. 4; lin. lo de-
leatur : Distomum Qkenii; lin. 16 deleutur: rarissime uyama
(Gyrodactylus) ; lin. 17 et 18 loco: Ovipara rarissime
gemmipara (Gyroductylus) lege: Ovipara, ovulis operculatis
ve^l exoperculatis, appendiculatis v. exappendiculatis, rarissime
rivipara (Gyrodactylus). Embryo ciiiatus aut nudus.
*) Von den den Arten vorgesetzten Zahlen entspricht die erste jener der Abhandlung in
den Sitzungsberichten, die zweite jener im Systeme der Helminthen.
29*
424 Ü i e s i 11 ^.
Pagina 3ii. adde: Nota. In nonnullis Trematodis (Monostomi et Distomi
speciebiis paucissimis) Organa interna metamorphosi retrogradae sub-
jecta sunt, ita ut fecundatione peracta utplurima illorum scnsim sensim-
que, tandem penitus evanescant.
iSubtribus 1. Trematoda acotylea.
IL DIPLOSTOMUM NORDMANN.
3. (4.) Diplostomain graiide DIESING. — Sitzungsber. XXXII. 318.
adde:
Leidy: in Proeeed. Acad. Philad. 18S8. 110.
Habitaculo adde: Strix nivea: in intestinis, specimina 20,
Philadelphiae (Leidy).
4. (4*.) Dipiostomom auriflaTUiii MOLIN.
Corpus antroi'sum valde dilatatum, planum, obcordatum, mar-
gine versus partem posteriorem inflexo, retrorsum angustatum fusi-
forme, longitudiiie partis anterioris. Caput corpore continuuni, tri-
lobum, lobo medio majore utrinque auriculis flavis, semilunaribus. Os
variabile, nunc circulare, nunc ovale. Apertura mascula parva circu-
iaris, haud prominula, feminea major in papilla pedicellata, fungi-
formi. Longit. l'/s'"; latit. antrors. vix 1/3'".
Diplostomum auriflavuni Molin : in Sitzungsber. d. kais. Akad. d.Wissensch.
XXXIII. (18S8.) Nr. 26. 287.
Habitaculum. Ardea Nycücorax : in intestino tenui , Aprili,
Patavii (Molin).
IV. HOLOSTOMUM NITZSCH.
2*. (1**.) Holostomum Cornucopiae MOLIN.
Corpus antrorsum ovatum, apice truncatum , margine exciso,
retrorsum angustatum gibbosum, semicirculariter recurvatum, postice
atleniiatum. Apertura genitalis feminea oviductu (bursa) cornuco-
piaeformi, protractili. Longit. 32/5'"; crassit. Vio'"-
Holostomum Cornucopia Molin: in Sitzungsber. 1. s. c. 287.
Habitaculum. Striv flammea (^.): in intestino tenui, Junio,
Patavii (Molin).
VII. MONOSTOMUM ZEDER.
Post characterem genericum adde:
Nota. In nonnullis speciebus hujus generis organa interna metamorphosi retro-
gradae subjecta sunt, ita ut peracta fecundatione plurima illorum sensim
decreseant et tandem penitus evanescant.
Nachträge und Verl)esseriingen zur Revision der Myzhelminthen. 425
1. Monostomam foliaceam RUDOLPHI. — Sitzungsber. XXXil. 324.
adde:
Amphilina foliacea Wagetier : in W\egmnnn"s Areh. 1838. I. 244—247.
Tab. VIII. 1—6.
G. Wagen er hatte Gelegenheit das Thier in Triest frisch zu
untersuchen ; er fand dass dasselbe einen undurchbohrten Kopfnapf
und keinen Darmcanal besitze, und meint daher, dass es nicht zu
den Trematoden, sondern zu den Cestoden zu stellen sei; von den
Geschlechtsorganen wird eine ausführliche Beschreibung gegeben.
Mir ist es wahrscheinlicher, in den Thieren dieser Art den Zu-
stand einer rückschreitenden Metamorphose, als den Typus einer
neuen Gattung aus der Ordnung der Cephalocotyleen anzunehmen.
Vergleiche die weiter unten folgende Anmerkung zu Monostomum
flarinum.
3*. (8.) Monostomnm Crucibnlum RUDOLPHI. — Syst. Helm. I. 321.
adde:
Confer Gasterostomum Crucibulum Gervais et Beneden hujus loci.
6. (13.) Monostomum matabile ZEDER. — Sitzungsber. XXXII.
325. adde:
Van Beneden: Mem. sur les vers intest. 1838. 69—77. (cum anatom, et
de evolut. embryonis) Tab. XII. 1—6. (animalc. perfect. et anatom.),
7 — 20 (evolutio embryonis).
Habitaculoadde: Totanus Calidris : usque ad 32 speeimina
in uno individuo, Aprili, Ostendae, — Rallus aquaticus, — Galli-
nula chlorojms, — Attas nigra: in fossis nasalibus, in Belgia
(Beneden).
9*. (16*.) Monostomum affine LEIDY.
Cor/)2/s depressum spathulatum, antrorsum attenuatum, postice
obtusum. Os circulare, parvum. Vagina penis longa, tortuosa, echi-
nata. Apertura genitalis feminea parva, acetabuliformis. Ovula
ovalia, una extremitate producta s. subpyriformia. Longit. corp.
ß'/o'"; latit. 1'".
Monostomum affine Leidy : in Proceed. Acad. Pliilad. 1838. HO.
Habita culum. Fiber zibethicus : in ductibus biliariis et in
vesica fellea , speeimina 4 (Corsa).
Diese Art steht M. Hippocrepis aus dem Capybara am näch-
sten, unterscheidet sich aber vorzüglich durch den Mangel der huf-
eisenförmioren Wulst um den Mundrand.
426 D i e s i n ^.
13*. (18**.) Monostomuin spathalatam LEIDY.
Corpus depressum, obloiigo-ovatum , antrorsum angustatum,
postice obtusum. Os circulare. acetabuliforme. Apertura genitalis
parva, pone os. Longit. 3 — 4'"; lalit. ^Jz".
Monostomum spathulatum Leidy: in Proceed. Acad. Philad. 1858. 111.
Habitaculum. Piscis Americae septeiitrionalis spec. : in ve-
sicafellea, specimina 23 (Wyman).
15. (21*.) Mouostonium bipartitani WEDL. — Sitzungsber. XXXII.
327. adde:
G. Wagener: in Wiegmann's Archiv. 1858. I. 252—256. Tab. IX. 1—10.
H a b i t a c u 1 0 adde : Thynnus vulgaris : ad areus branebiarum,
in cystidibus individua bina, nunc segregata, nunc inter se juncta,
includentibus, Niceae (Wagen er).
Über die Art und Weise der Umfangung eines kleineren Indivi-
duums durch ein grösseres, innerhalb derselben Cyste hat G, Wage-
ner a. a. 0. eine ausführliche Darstellung gegeben.
Speciebus inquirendis adde:
41. Monostomuin filarinam DIESING.
Corpus longissimnm, filiforme, utrinque antrorsum magis atte-
nuatum, antice valde versatile, totum in glomum fere inextricabilein
coutortum. Porus excretoriiis . . . Longit. fere tripedalis.
Nematobothrium fdarinum Fa« Beneden: Mem. sur le vers intest. 108 — 111.
Tab. XIII. 1—12.
Habitaculum. Scinena Aquila: in cnte, cavitatem branchia-
lem vestiente, in cystidibus magnitudinem nucis avellanae attingen-
tibus, imo multo superantibus, corpus tota longitudine vagina meni-
branacea propria inclusum, Ostendae (Van Beneden).
Van Beneden fand an diesem Helminthen weder einen
Darmcanal noch männliche Geschlechtsorgane, noch Nervenfäden,
sondern nur ein walzenförmiges, contractiles, fast die ganze Körper-
länge erreichendes Excretionsorgan und einen einfachen, sehr langen,
vielfach gewundenen Eierschlauch mit zahllosen kleinen ovalen
Eiern ohne Anhängsel. Nach den ferneren Angaben Van Beneden's
scheinen meist zwei Würmer von ungleichem Durchmesser in ein-
ander verschlungen zu sein; der dickere umwindet den schmächti-
geren, und der letztere zeigt eine geringere Zahl von Eiern, welche
nicht die gelbe Farbe der im anderen Wurm befindlichen haben.
Nachtriijje und Verbesserungen zur Revision der Myzhelminthen. 4ä7
Ich pflichte der von Van Beneden aufgestellten Ansieht voll-
kommen bei, dass diese Art einen Zustand rückschreitender Meta-
morphose erfährt, in welcher Darmcanal und männliche Geschlechts-
organe verkümmern und endlich ganz verschwinden, während bei-
nahe der ganze Leib mit den weiblichen Geschlechtsorganen und den
darin enthaltenen Eiern angefüllt ist; dagegen seheint mir kein Grund
vorzuliegen, aus diesem Thiere eine besondere Gattung zu bilden, son-
dern es möchte dasselbe vielmehr ebenso, wie Wagen er' s schon oben
angeführte Jm|j/«7/wa , der Gattung iJ/owos^omMm beizuzählen sein.
Ob die ähnlichen von Van Beneden im Fleische und in der
auskleidenden Haut der Kiemenhöhle von Orthagoriscus Mola gefun-
denen Würmer zu dieser Art gehören, muss unentschieden bleiben.
Vielleicht wird eine nahe verwandte Art durch die von G. Wag euer
(Müller's Arch. 1854, 10, Anmerkung, Taf. II. 29—32) in Cysten
der Loher und der Augenhöhle von Exocoetus exsiliens im Juli und
in den Rückenmuskeln von Brama Baß im September zu Nizza
gefundenen, wegen unzulänglichem Materiale aber nur unvollständig
beschriebenen, von dem Finder fraglich jm Monostomum Filum Duj.
gestellten Helminthen gebildet.
Siibtribus II. Trematoda cotylophora.
VIII. DISTOMUM RETZIUS.
In charactere generico pag. 329. lin. 5. deleatur: rarissime
dioica,
Post characterem genericum adde:
Species hiijus generis omnes androgynae, in nonniillis vero nunc organa
genitalia mascula, nunc feminea evolutione sua praevalent et tunc soxum
discretum sinuilant.
1. Distomum hepaticnm ABILDGAARD et MEHLIS. — Sitzungsber.
XXXII. 331. adde:
Gervais et Beneden: Zool. niedic. 1839. 11.200, fig. 137. - G. Walter:
in Tiosehers Arch. 1838. I. 268—297 (anat.) cum fig.
3. (2.) Distomum lanceolatum MEHLIS. - Sitzungsb. XXXII. 332.
adde:
G. Walter: in Troschel's Arch. 1838. I. 268—297 (anat.) cum fig.
10*. (23.) Distomum Atomon RUDOLPHI. — Syst. Helm. I. 340.
adde:
Molin: in Sitzungsber. 1. s. c. 288.
428 ü i e s i n g.
Habit aculu adde: Platessa Passer: in intestinis , Junio,
Patavii (Mol in).
22*. (50****.) Distomum singulare MOLIN.
Corpus inerme, planum, ovatum. Os subterminale, circulare.
Acetahulum ore majus, subterminale, posticum, sessile, annulo elevato
cinctum. Apertura genitalis in anteriore corporis parte, lateralis.
Penis inermis obclavatus, prominuliis. Longit. ad 2'"; latit. Vio'"-
Distomum singulare Molin: in Sitzungsber. I. s. c. 288.
Habitaculum. Ibis Falcinellus: in intestino tenui, Majo,
Patavii (Molin).
Diese Art, falls sie wirklich zur Gattung Distomum gehört, ist
durch die Stellung des Saugnapfes, welcher fast am Hinterende des
Leibes liegt, so ausgezeichnet, dass sie mit keiner anderen mir bekann-
ten verwechselt werden kann; denn dieses Merkmal steht mit dem
Gattungscharakter von Distomum, wie er bis jetzt aufgestellt worden
ist, in einigem Widerspruch und würde vielmehr auf die Gattung
Amphistomum hindeuten.
22**. (50*****.) Distomum foliaceum MOLIN.
Corpus inerme, planum, ovatuui. Os subterminale. Acetabulum
ore parum majus, sessile. Longit. Yio'" ; latit. ad 1/3'".
Distomum foliaceum Molin: in Sitzungsber. 1. s. c. 288.
Habitaculum. Gobiiis paganellus: in intestinis, .lunio,
Patavii (Molin).
22***. (50******.) Distomum obovatum MOLIN.
Corpus inerme, planum, obovatum , appendice caudali brevi,
retractili, campanulato. Os terminale, circulare. Acetabulum ore
majus, superum, sessile, ellipticum, prominulum, apertura rimaeformi.
Apertura genitalis media inter os et acetabulum. Penis inermis
cylindricus, semicirculariter intlexus, ad basim haud incrassalus.
Porus excretorius in apice appendicis caudalis. Longit. Vu'" —
11/3'"; latit. usque ad 1/3'".
Distomum obovatum Molin: in Sitzungsber. I. s. c. 288.
Habitaculum. Chrysophrys aurata : in intestinis , Julio,
Patavii (Mol in).
22****. (50*******.) Distomum Fabemi MOLIN.
Corpus inerme, planum, obovatum. Os terminale circulare.
Acetabulum ore majus, superum, sessile, ellipticum, apertura trans-
versa rimaeformi. Apertura genitalis media inter os et acetabulum.
Nachträge und Verhesserung-en zur Hevisioii der Myzhelmintheu. 429
Penis inermis, cjiindricus, sigmoideus , crassus. Longit. Yi«'" —
IVs'"; crassit. 1/3—2/3'".
Distoimim Fabenii Molin: in Sitzungsber. 1. s. e. 289.
Habitacul um. Cantharus vulgaris: in intestinis, Julio,
Pafavii (Mol in).
27. (62.) Distomam clavigerum RUDOLPHI. — Sitzungsberichte
XXXII. 338. adde:
Van Beneden: Mcm. sur les vers intest. 93, 96 — 97.
Cercaria armata major (Distomi clavigeri). Van Beneden: 1. c. 93 et 96.
Habitaculo adde: Statu yrovectiore : Pelophylax escu-
lentus: in intestinis individuorum, cum cystidibus s. zoothecis,
Cercariam armatam majorem includentibus, pastorum, in Belgia
(Beneden).
Statu larvae: Planorbis corneus. — Lymnaeus stagnalis. —
Lymnaeus ovatus: ad hepar : in sporocystidibus , in Belgia (Be-
neden).
Beneden beobachtete bei dieser Art die Bildung von kleinen
Sporocysten innerhalb der grösseren.
35. (80.) Distomnm tereticolle RUDOLPHI. — Sitzungsberichte
XXXII. 340. adde:
Van Beneden: Mein. I. s. c. 98—104. (cum anatom.) Tab. VIII. 1 — 17.
Habitaculo adde: Esox Lucius : in cavo branchiarum, indi-
vidua plura, in Belgia (Beneden).
Lebte, vom Fische abgenommen, 8 Tage im Wasser. —
Van Beneden hebt bei den von ihm lebend beobachteten Exem-
plaren noch besonders die regelmässig gefaltete Krause hervor,
welche beiderseits den Leib vom Saugnapfe bis nicht weit vom
Hinterende begrenzt.
36*. (81.) Distomam Okenü KüLLIKER. — Syst. Helm. L 359. adde:
Distomum filieolle Wagener: in Müller's Archiv 1852. S66. (contra opi-
nionem cl. Kölliker de sexu discreto). — Van Beneden: Mem. 1. s. c.
104—107. (cum anatom.) Tab. X. 1 — 10.
Habitaculo adde: Brama Raji, Niceae (Wagen er) in cute
cavitatis branchialis, paria 4, individua duo in uno sacculo, in Belgia
(B e n e d e n).
Wagener findet in dem bei mehreren jungen Distomen auf-
tretenden Umstände, dass sich Samenthiere bei noch nicht vorhan-
denem Eierstocke bilden, einen sehr erheblichen Einwand gegen
430 D i e s i n g.
Kolli ker's Meinung von dem getrennten Geschleehtc dieser Art.
Wagener fand weiters 1. am sogenannten Männchen öfters gar
keinen Hoden, sondern nur den Darmcanal; 2. in einem Säckclien
2 Individuen mit wenig geschwollenem und vollständig eilosem
Hinterleib; 3. Samenthieren ähnliche Massen in einem eitragenden
Individuum, und endlich 4. ein einzelnes, eitragendes Individuum.
Auch Van Beneden ist der Ansieht, dass jedes Thier dieser
Art eigentlich hermaphroditisch sei, dass sich aber entweder die
männlichen oder die weiblicben Geschlechtsorgane in einem Indivi-
duum vorwiegend entwickeln, und dass aus diesem Grunde keine
Selbstbefruclitung, sondern eine wechselseitige Befruchtung statt-
finden müsse; diese wechselseitige Befruchtung wird durch den
Umstand begünstigt, dass beinahe immer zwei Individuen in einem
und demselben Säckchen vorkommen.
Wahischeiidich ist Rudolphi's Monostomum temncolle aus
Lampris guttatus , welches von mir im Systeme der Helminthen,
ungeachtet ich den Saugnapf nicht sah , doch seiner grossen Äbn-
lichkeit mit Distomum Okenii wegen als Distonmm affine diesem
zunächst gestellt wurde, ebenfalls nicht getrennten Geschlechtes,
sondern ein Zwitter mit vorwiegend ausgebildeten weiblichen
Geschlechtsorganen. Es bliebe somit unter den Trematoden nur
Gynaecophorus haematobius das einzige Beispiel getrennten Ge-
schlechtes.
41*. (88*.) Distomum heteroclitnm MOLIN.
Corpus inerme, depressiusculum , intlexum, antice truncatum,
postice dilatatum soleaeforme. Os terminale amplum. Acetahidum
magnitudine oris, sessile, apertura circulari. Apertura genitalis in
centro papillae cylindricae, magnae, medio inter acetabulum et
porum excretorium sitae. Longit. ad 4"'; latit. Vio'"-
Distomum lieteroclitum Molin: in Sitzungsber. 1. s. c. 289.
Habitaculum. Perdix Coturnix : in intestinis coecis, Junio,
Patavii (Molin).
44*. (102*.) Distomum biliosum LEIDY.
Corpus ovoideum postice obtusum. Collum eonicum, compres-
siusculum, incurvatum. Os subterminale, transversum, semicircu-
lare. Aceiahulum oyq m\\\\.Q majus , sessile, subcirculare, apertura
magna, transverse elliptica. Apertura genitalis ante acetabulum, in
Nachträge und Verhesseruiigen zur Revision der Myzhelminthen. 4o 1
latere sinistro, limbo circulari prominente. Longit. 1 — 2 i/o'"; latit.
Vs— 1'"; cnissit. 1/4—3/4"'-
Distomum biliosum Leidy : in Proceed. Acad. Pliilad. 18S8. lli.
Habitaculum. Piscis Americae septentrionalis spec. : in
vesica fellea, ultra centiim specimina (Wyman).
44**. (106.) Distonmm clavatum RUDOLPHI. — Syst. Helm. I.
366. adde:
Herr Director Dr. Japetus Steenstrup, welcher die Gefäl-
ligkeit hatte, mir mit Exemplaren dieser Art ein Geschenk zu ma-
chen, bemerkte in einer i)rieflichen Mittheilung vom 18. März d. J.,
deren wesentlichen Inhalt hier zu verülTentlichen ich mir erlaube,
dass nach seiner Meinung Fasciola caudata Bosc. (^Dist. toniatum
Rud.) nur die mit Schwanz versehene Cercarie oder Larvenform
der Fasciola fusca Bosc. und Fasciola Coryphaeuae Bosc. ist,
denn diese beiden sind wohl eine Art. Aus den grossen Scomberoi-
den und Coryphaenen des atlantischen Meeres wurde ihm von sei-
nem Freunde SchifFscapitän Hygom eine ziemlich bedeutende Suite
aller Grössen gebracht, welche nach Steen strup's Ansicht diesen
Zusammenhang völlig darthut. Da Fasciola caudata nicht nur in den
Verdauungsorganen, sondern auch auf den Kiemen und zwar da in
grosser Menge gefunden wird, ist anzunelimen, dass diese Larven-
form freiwillig und activ ihren Wirth aufgesucht hat und nicht passiv
mit der Nahrung des Fisches eingebracht wird; wahrscheinlich
findet bei dieser Art wie bei mehreren anderen keine Encystirung
Statt. Ob Fasciola fusca oder Coryphaeuae Bosc. identisch sei mit
Fasciola clavata Menzies (^Dist. clavatum Rud. partim) aus der
Siidsee, hält Steenstrup für ziemlich zweifelhaft, dass aber
Fasciola ventricosa Fall. (Spicil. Zool, X.) dieselbe Specics ist,
bezweifelt er nicht.
Von den durch Steenstrup freundlichst mitgetheilten Exem-
plaren gehören zwei der kleinen Form {Fasciola caudata Bosc,
Bist, tornatum Rud.) an, während zwei andere die grosse Form
{Fasciola fusca Bosc, Bist. Coryphaeuae Rud.) repräsentiren
und die bedeutende Länge von 3—4 Zoll zeigen.
46. (119.) Distomum appendicolatum RUDOLPHI. — Sitzungsber.
XXXII. 342. adde :
Molin: in Sitzungsber. I. s. c. 289 (cum charactere aucto).
432 Uiesing.
H a b i t a c u 1 ü adde : Alausa vulgaris : in ventrieiilo , Junio,
Patavii (Molin).
Mol in vervollständigt die Kenntniss dieser Art durch die Be-
schreibung der äusseren Geschlechtswerkzenge. Nach ihm liegt die
Geschlechtsöffnung nahe am Munde, der Penis ist sehr lang, hin und
her gebogen, am Grunde sehr verdickt und ragt nur wenig hervor.
48*. (123.) Distonmm ocreatum RUDOLPHT. — Syst. Helm. 1.372.
adde:
Mulin: in Sitzungsber. 1. s. c. 289 (cum charact. reform.).
Habitaculo adde: Alausa vulgaris: in intestinis, Junio, Pa-
tavii (Molin).
Der ursprünglichen Diagnose wird noch beigefügt, dass der
Saugnapf am Grunde des Halses und die Geschlechtsüffnung vor dem
Saugnapfe liege. Der Penis ist nach Molin retortenförmig und die
Öffnung des Excretionsorganes mündet an der Spitze des kurzen,
glockenförmigen, zurückziehbaren Schwanzanhanges.
51. (134.) Distomuni excisom RUüOLPHI. — Sitzungsber. XXXII.
342. adde:
Longit. IVs— ^Vs"'; c''"ssit. Vio— %'"•
Distomum exeisum Riid. — Molin: in Sitzungsber. I. s. c. 290 (de cha-
ract. emend.)
Habitaculo adde: Scomber Scombrus: in ventriculo et in-
testinis, Julio, Patavii (Mol in).
Zur Charakteristik dieser Art ist nach Molin Folgendes hinzu-
zufügen : Der Leib ist gekerbt, nach vorne verdickt, nach rückwärts
versciunächtigt (bei erwachsenen Thieren), der Schwanzanhang
zurückziehbar und lang; der Mund besitzt eine Unterlippe; die Ge-
schlechtsöffnung befindet sich sehr nahe am Munde, am Grunde der
Unterlippe; der Penis ist sehr lang, walzenförmig, nach hinten ge-
bogen, am Grunde sehr verdickt.
53*. (141*.) Distomam retrofleinm 3I0LIN.
Corpus teretiusculum, medio retrotlexum. Collum longiusculum.
Os terminale. Acetabulum ore majus, ad colli basim, pedicellatum,
aperlura rimaeformi, transversali. Longit. Vio'".
Distomum retroflexum Molin: in Sitzungsber. 1. s. c. 290.
Habitaculum. Belone Acus: in intestinis, Junio, Patavii
(Moli n).
Nachträge und Verbesseriing^en zur HevisioD der Myzlielinintheu. 4dd
54. (142.) Distomam glbbosnm RUDOLPHI. — Sitzungsber. XXXII.
343. adde:
Molin: in Sitzungsber. 1. s. e. 290.
Habitaculo adde: Betone Acus: in intestinis, Julio, Patavii
(Molin).
56*. (150**.) Distomum papilliferom MOLIN.
Corpus inerme, plinuitTi, longe ellipticuni. Os terminale pa-
pillis quatuor cinetum. Acetabuhim magnitudine oris, sessile, pro-
niinulum, apertura rimaeformi, transversali. Aperturn genitalis
lateralis, media inter os et acetabulum. Penis ovatus, transverse
obiiquus. Longit. ad 1 i/j'".
Distomum papiiliferum Molin: in Sitzungsber. 1. s. c. 290.
Habitaculuni. Betone Acus: in intestinis, Junio, Patavii
(Mölln).
58. (156.) Distomum echinatum ZEÜEIUt LA VALETTE chur. emend.
— Sitzungsber. XXXII. 344. adde :
Van Beneden : Mem. I. s. c. 89—92. — 3Iolin: in Sitzungsber. 1. s. c. 290.
Cercaria ecbinata Van Beneden ibid. 90. Tab. XI. 1—4 (sporotherium),
S. 7 (Cercaria), 8 (animalculum in zootheca), 6 (vascula excre-
toria).
Habitaciilo adde: Statu perfecto : Ardea Nycticorax : in
intestino tendi, Aprili, Patavii (Mol in).
Statu juniore: Anas Boschas dorn.: in intestinis individuoruin
cum cystidibus Cercariam eehinatam includentibus pastorum (Be-
neden).
6"^«^?/ larvae : Lymnaeiis auricidaris — L. ovatus — L. stag-
nalis — Physae spee. — Cyclas Cornea: in zootbecis, in Belgia
(Be neden).
Nacb Beneden's Beobachtung hat die Cercarie nocb keine
Kopfstacheln , und erst nach der Encystirung zeigt sich ein Kranz
von Stacheln um den Mund herum. Ferner bildet er (Fig. 4) eine
Cercarie ab, die sieb schon innerhalb des Sporenthieres einge-
puppt hatte.
59. (1S6*.) Distomum echiniferum LA VALETTE. — Sitzungsber.
XXXIl. 345. adde:
Distoma militare? Beneden: Mem. I. s. c. 84 — 89 (cum anatom.), Tab.
IX. 6—9.
Cercaire de Disloma militare? Van Beneden 1. s. c. 87 et 180. Tab. IX.
1 (ovum), 1=», 1 '' (embryo), 1 c. 2 — 4 (sporotherium), ^ (Cercariaj,
10 (vascula).
434 Diesin;..
Habitaculo adele: Statu perfecta: Scolopax GalUnugo —
Mergus Merganser — Podiceps minor: in intestinis. — Anas Bos-
chas dorn. : ibidem sed solum in individuis, cum Cercariis eystidibus
inclnsis vel liberis pastis (Beneden).
Statu larvae: Paludinavivipara: in sporotheriis larvas plures
includentibiis, in Belgia (ßeneden).
Van Beneden ist selbst niclit obne Zweifel, ob das von ihm
beobachtete Distom wirklich Distomum militare sei. Die Verglei-
chung der verwandten Arten stellt in der That heraus, dass dasselbe
die grösste Ähnlichkeit mit D. echiniferum La Valette habe. Als
wichtigere Unterschiede könnten nur betrachtet werden, dass das
entwickelte Thier auf der Unterseile des Kopfes ausser den vier Sei-
tenstacheln jederseits, unter einander abwechselnde grössere und
kleinere Stacheln trägt, ferner dass bei der Cercarie die Bewaff-
nung des Kopfes erst nach erfolgter Einpuppung entsteht. Bei der
sonstigen Übereinstimmung schien es mir am räthlichsten, Bene-
den's Helminthen fraglich zu D. echiniferum zu stellen.
63. (162.) Distoiimui bilobuni RUDOLPIII. — Sitzungsber. XXXII.
347. adde:
Molin: in Sitzungsber. I. s. c. 291.
Habitaculo adde: Ibis Falcinellus: in intestino- tenui, Apriii
et Majo, Patavii (Mol in).
66. (171.) Distomain retnsum ÜUJ ARDIN. — Sitzungsber. XXXII.
348. adde:
Van Beneden: Meni. i. s. c. 92 — 96.
Cercaria arniata minor (Disf omi retusi) Van Beneden 1. s. c. 98. Tab. XI.
9— 14 (sporocystis), 15 — 20 (Cercaria), 27 (caput Cercariae).
Habitaculo adde: Statu perfecta: Rana temporaria: in
intestinis individuorum cum eystidibus, Cercariam armatam minorem
includentibus, pastorum (Beneden).
Statu lariiae: Lymnaeus stagnalis: praesertum in hepate, in
sporocystidibus et libere, nee non in insectorum aquatilium larvis et
in Phryganeis evolutis, in zoothecis, in Belgia (Ben e den).
Nach Beneden konmit bei dieser Art die Bildung von kleinen
Sporocysten innerhalb der grösseren vor. — Die von demselben
Autor abgebildete Form des Stachels unterscheidet sich von jener
bei Cercaria armata Sieb, und C. ornata La Valette, welche
die Larvenzustände von Distomum endolobum Dujardin und D.
clavigerum Rud. bilden.
Nachti-äg'e und Verbesserungen zur Revision der Myzhelniinllien. 43 O
70*. (170**.) Distomum Polonii MOLIN.
Co7'pus spimilis niinimis armatiim, depressuin, oblongo-ovatum.
Os terminale. Acetabulum magnitudiiie oris, supertim , sessile.
Apertura genitalis ante acetabulum. Longit. Vio — IVs "i '"^it.
Distomum Polonii Molin: in Sifziingsber. 1. s. e. 291.
Habitaciilii m. Caranx trachurus: in intestinis, Jiilio, Pa-
tavii (Mol in).
84. (195*.) Distomum Campannla DUJARDIN. — Sitzungsber.
XXXII. 354. adile:
Confer notam ad Gasterostomum fimbriatum Sieb cid Inijus loci.
XII. DIPLODISCUS DIESIKG. i)
Characteri generico adde:
Porus excretorius in centro acetabuli situs.
Descriptioni stalus larvae adde :
Caput aculeo armatum (Beneden).
I. DlpIodlscQS sabclavatas DIESING. — Sitzungsber. XXXII. 359.
adde:
Amphistoma subclavatum Van Beneden: Mem. 1. s. c. 81 — 84. — Ger-
vais et Beneden: Zoolojjie medic. II. 212. — G. Walter: in Tro-
schel's Archiv 18o8. I. 268 — 297 (anatom.) cum fig.
Cercaria Amphistomi subclavati Van Beneden: Mem. 1. s. c. 82. — Ger-
vais et Beneden: Zool. medic. II. 212.
Habit aculo adde: Statu perfecta: Batracbiorum ecaudato-
i'um speeies plures: in intestino crasso (Beneden).
Statu larvae: Cyclas Cornea et Molluscorum et larvarum in-
sectorum fliwiatilium s\)ecies plures, in sporotberiis et libere, nee
iion in zoutbecis, in ßelgia (Benedenj.
Van Beneden ist der erste der bei Besclireibung der Cer-
carie des Diplodiscus die Anwesenbeit eines Slacliels am Kopfe
angibt. Ferner erwäbnt derselbe, dass sieb bei dieser Larve scbon
1) Durch das Aufgeben der Gattung- Amphiptyches wird die Numnierirung der Gattungen
folgendermassen abgeändert: XU. Diplodiscus, Xlll. Gaste rosfuiiiuiii, XIW It/iipulo-
colyle, XV. Culluotyte, XVI. Idonella, XVll. Mtzschiu, XVIll. Pliylliiie , XIX. Bc-
nedenia, XX. Encotyllahe , XXI. Tristonmin , XXII. Trochopus , XXIII. Tctracotyle,
XXW. Tetrastomiim, XXV. Ue.rathyridium , XXW. Ancyrocephalns , XXVII. Plagio-
peltis, XXVIII. Nutocotyle, XXiX. Ueptastonmin, XXX. Onchucotyle , XXXI. Polysto-
)imm, XXX\l. Cyvlocotyle, XXXIH. Aspidocotyle, XXXW. Aspiduyaster. Von da an ist
die Lücke durch die neu hinzugeiioinuiene Gattung Cotyluspis ausgefüllt und keine
Veränderung nölhig.
436 Diesing.
ziemlich früh der piilsatile Schiüuch (sinus pulsatile) am Grunde des
Schwanzaiihanges zeige, dass aher die Exeretionseanäle in diesem
Alter schwer zu entdecken sind. Am nahezu entwickelten Thiere
hat Beneden das Vorhandensein des Porus excretorius auf der
Rückenseite, nahe am Rande des Saugnapfes, angegeben, und die
Lage der beiden Geschlechtsöffnuugen im vorderen Theil des Leibes
bestätigt. Die werthvoUen Reobachtungen G. Walte r's über das
Gefässsystem dieses Helminthen haben hingegen gezeigt, dass die
Mündung des Expulsionsschlauches fast in der Mitte des Saugnapfes
liege, wie dies schon von Pagenstecher behauptet worden ist.
XIIL GASTEROSTOMUM SIEBOLD.
L Gasterostomum finibriatum SIEBOLD. — Sitzungsber. XXXII.
361. adde:
G. Wagener: in Troscliers Arch. 1838. I. 250.
W a g e n e r hält Distomum Campanula D u j a r d i n für identisch
mit Gasterostomum fimbriatum, und dieses für einen schwanzlosen,
geschlechtlich entwickelten Bucephalus. Die häufig an den Kiemen
verschiedener Cyprinen- Arten in Cysten vorkommenden Gastero-
stomen ohne Eier gehören nach ihm zu G. fimbriatum.
An hujus loci?
2. Gasterostomum armatum MOLIN.
Corpus teretiusculum, fusiforme, postice truncatum, spinulis
exi^uis armatum. Os centrale, apertura rimaeformi. Acetabuhm
cornucopiaeforme. Penis irregulariter inflexus in vagina obovata.
Longit. IVs— ^Vio'"; crassit max. Va — Vio'"-
Gasterostomum armatum Molin: in Sitzungsber. I. s. c. 29i.
Habitaculum. Conger Conger: in intestino tenui, omni anni
tempore, Patavii (Molin).
Da über die Reschaffenheit der inneren Fläche des Saugnapfes
nichts erwähnt wird, so bleibt es zweifelhaft, ob diese Art hieher
oder zu der nächststehenden Gattung Mipidocotyle gehöre,, deren
Aufstellung Mol in bei Verfassung seiner Abhandlung noch nicht
bekannt sein konnte.
Da ich, gegen die sonst gangbare Ansicht, das den Saugnapf
tragende Ende für das Hinterende halte, so habe ich mir erlaubt,
Molin's Diagnose in diesem Punkte abzuändern.
Nachträge und Verbesseruiigeu zur Revision der Myzhelminllien. 437
3. Crasterostomum frucibalom GERVAIS et BENEDEN.
Monostomum Crucibulum Rudolphi. — Syst. Helm. I. 321.
Gasterostomum crucibulum Gervais et Beneden: Zool. med. II. 207.
XVI. UDONELLA JOHNSTON
Characteri generico adde:
Ovula una extremitate pedicellata.
1. 1'donella iüi^axxmJOHNSTON. — Sitzungsber. XXXII. 363. adde :
Van Beneden: Mem. 1. s. c. 12—18. (cum anatom. et bist, evolut.) et
207—210. (evolutio fusius exposita) Tab, [. 1—15.
Habita eulo adde: Ad Caligos Hippoglossi vulgaris et Gadi
Morrhuae, in Belgia (B e n e d e n).
XVIII. PHYLLINE OKEN
Characteri geuerico adde:
Apertura genitalis niascula submarginalis infra bothrium
sinistrum; feniinea .... — Ovula una extremitate pedicellata.
I. Phylline Hippoglossi OKEN. — Sitzungsber. XXXII. 363. adde:
Epibdella Hippoglossi Van Beneden: Mem. l.s. c. 21—23. (cum anatom.)
Tab. II. 1—10 et III. 1—8.
H a b i t a c u I 0 adde : Hippoglossus vulgaris : in Belgia (B e-
neden).
XIX. BENEDENIA DIESING.
Characteri generico adde :
Porus excretorius versus corporis marginem sinistrum situs.
Ovula una extremitate pedicellata.
1. Benedenla elegans DIESING. — Sitzungsber. XXXII. 364. adde:
Epibdella Sciaenae Van Beneden: Mem. I. s. c. 23—37. (cum anatom.)
XXVIII. NOTOCOTYLE DIESING.
Characteri generico adde:
Animalcula metagenesi subjecta.
Status larvae : Corpus ocellis tribus, interdum solummodo duobus.
Acetabulum nullum. Cauda filiformis, retrorsum attenuata, decidua. Ponis
excretorius . ... — Tractus intestinalis bicruris, coecus. Organa genitalia
nulla. Larvarum ortus in sporotheriis. — Mollnscorum pulmonatorum fluvia-
tilium parasita.
1. Notocotyle triserialis DIESING. — Sitzungsbr. XXXII. 369. adde :
Monostoma verrucosum Van Beneden: Mem. 1. s. c. 77—80.
Status larvae: Corpus granulosum. Cauda longa, versatilis.
Longit. . . .
Sitzb. d. mathem.-naturw. PI. XXXV. Bd. Nr. 11. 30
438 D i e s i II g.
Sporotheinnm üiricnWforme , tractii intestinaü medium corporis
attingente, larvas caudatas paucas inehidens.
Cercaire et Seolex de Monostoma verrucosum? Va7i Beneden: ibid. 80.
H a b i t a c u 1 0 adde : Siatu perfecta . Anas Tadoma et Anatum
ferarum et domesticariim species pluivs: in intestiiio coeco, in Belgia
(Benede n).
Statu larvae: Planorbis et Lymnaei species: in hepate et
aliis orgaiiis. in sporotheriis et libere, frequenter, in Belgia (ße-
neden).
XXX. ONCHOCOTYLE DIESING.
1. Onchocotyle appendiculata DIESING. — Sitzungsber. XXXII. 370.
adde:
Longit. 41/3—6'": latit. 1/3'"-
Onchocotyle appendiculata. Van Beneden: Mem. I. s. c. 54— S8 et 168.
(cum anatom.) Tab. VI. 1—12.
H a b i t a c u 1 0 adde : Mustelus vulgaris : ad branchias, frequen-
tissime. — Galeus Canis: ibidem, in Belgia (Van Beneden).
2. Onchocotyle borealis BENEDEN. — Sitzungsber. XXXII. 371.
adde:
Idem: Mem. I. s. c. 58—59.
XXXIV. ASPIDOGASTER BAER.
I. Aspidogaster conchicola BAER. — Sitzungsber. XXXII. 373.
adde:
Leidy: in Proceed. Aead. Philad. 1858. 110 (in nota ad Cotylaspidem).
Habitaculo adde: Anodonta flmiatilis et A. hicustris: in
pericardio, Philadelphiae (Leidy).
XXXV. COTYLASPIS LEIDY.
Corpus eonicum, antrorsum in collum subcylindricum attenua-
tum, retrorsum in lamellam nunc subcircularem, nunc ovalem, ven-
tralem, acetabulis numerosis serie triplici dispositis instructam,
expansum. Cap^ä collo continuum. Os subterminale inferum, aceta-
buliforme, labio superiore prominente. Ocelli Ano, distincti, nigri,
in utroque colli latere. Aiidrogyna; aperturae genitales ventrales,
retrorsum sitae. Porus excretorius .... Tractus intestinalis uni-
cruris, coecus. Ovipara. — Molluscorum fluviatilium ectoparasita.
Nachträg-e und Verbesserungen zur Revision derMyzhelininthen. 439
I. Cotylaspis insigais LEIDY.
Corpus curvatum, transparens, album vel rubescens. Os labio
proboscidiformi, conico. Lameila ventralis limbo crenulata. Aceta-
bida 29 oblonga, subquadrangulana, seriebus exteniis retrorsum
conniventibus. Longit. corp. Va — V" ; diameter lamellae vcMitralis
Cotylaspis insignis Leidy: in Proceed. Acad. Philad. 1857. 18 et ibid.
18S8. 110.
Habitaciil um. Anodojita ßuviatilis ei A. lacustris: ad su-
perficiem externain reiiiim et marginis siiperioris pedis, in fissura
cavitatis brancbialis superioris, Pbiladelphiae (Leidy).
Aus Leidy's Bescbreibung geht nicht klar hervor, ob die
Platte, welche die Saugnäpfe trägt, als Schwanz- oder als Bauch-
scheibe zu betrachten sei.
Subfribus III. Treiiiatocla plecfaiiophora.
XXXVII. GYRODACTYLUS NORDMANN charact. reform.
Corpus subcylindi'icum depressiuseulum. Caput corpore con-
tinuum, tentaculis duobus anticis, crassis, retractilibus. Os ad basin
tentaculorum, ventrale, pharynge protractili. OcelU nulli. Hamulus
ventralis nullus. Plectanum unum, sessile, subbasilare, ventrale, meni-
branaceum, hemisphaericum, simplex, limbo uncinulis retractilibus
armatum, fulcris bacillaribus, plectani peripheriam radiatim percur-
rentibus, apice articulatim insertis, et uncinis duobus centralibus tra-
beculo uno inter se junctis, praeditum. Uncini ansis s. manubriis
depressiusculis, plectani plicaturis immersis, instructi, uncis falcifor-
mibus exsertis. Androgyna; aperturae genitales Porus cxcreto-
rius — Tractiis intestinalis bicruris, coecus. Vivipara. — Piscium
fluviatilium ectoparasita.
Plectanum a. cl. Van Beneden simplex delineatum.
I. Gyrodactylas elegans NOKDMANN. — Sitzungsber. XXXII. 374.
adde :
Van Beneden: Mem. 1. s. c. 63 - 66 et 67 (cum anatom.) et 210 (de
vivipartu) Tab. VII. 12.
Habitaculo adde: Abramis Brama: Ad branchias, in Belgia
(Beneden).
Nach Van Beneden findet die Fortpflanzung nicht, wie von
Siebold meinte, im Wege des Generationswechsels Statt; eben so
30»
440 D i e s i n 'r.
wenig ist die Auflassung, dass drei Generationen gleichsam in ein-
ander eingeschachtelt sind, nämlich, dass die Mutter die Tochter und
diese schon innerhalb des Mutterleibes die Enkelin enthalte, begrün-
det, sondern es ist die Enkelin nicht im Innern sondern zur Seite
ihrer vermeintlichen Mutter gelegen ; statt einer Mutter ist diese eine
Schwester; die Verschiedenheit der Grösse besteht, weil eine Ver-
schiedenheit des Alters vorhanden ist. Die Gyrodactylen sind lebendig
gebärend und, wie bei mehreren Trematoden, bilden sich die Eier
eines für eines; ein Embryo ist kaum gebildet, so beginnt schon ein
anderes seine Entwickelung, und die Geburt geschieht nach Massgabe
ihrer Bildung; bevor der erste Embryo geboren wird, ist ein anderer
bereits theilweise entwickelt. Statt einer Knospe haben wir also einen
aus einem Ei hervorgegangenen Embryo vor uns und es handelt sich
hier nicht um ein Phänomen des Generationswechsels, sondern um
eine blosse Fortpflanzung mit Lebendiggebären. Beneden erklärt
schon von Siebold gesehene, aber anders gedeutete innere Organe
für Eierstock (eigentlich Keimstock, germigene) und Hoden.
XXXVIII. DACTYLOGYRUS DIESING.
3. Dactylogyras Dojardiüianas DIESING. — Sitzungsber. XXXII.
376. adde:
Gyrodactylus auriculatus Van Beneden (?): Mem. 1. s. c. 66 (cum ana-
tom.). Tab. VII. 9-11.
Habitaculo adde: Abramis Brama: Ad branchias, in Belgia
(Beneden).
Van Beneden behauptet, dass am Klammergerüste 12 (nicht 8)
kleine Handhaken vorhanden seien, welche, so viel er sehen konnte,
je zu zwei und in eine einzige Reihe gestellt waren. Von der Ge-
stalt des Penis, als welchen Beneden den Bauchhakenapparat
betrachtet, ist es nach ihm sehr schwer sich eine Anschauung zu
verschafl'en, weil sich derselbe bei jedem Individuum in verschiedener
Weise darstellt.
Da Beneden's Wurm aber von Dactylogyrus auriculatus
in noch weit wichtigeren Charakteren abweicht, so glaubte ich den-
selben eher, wenn auch nur fraglich, zu Dactylogyrus Dujardi-
nianus ziehen zu sollen, bis dieser Zweifel durch neue Beobach-
tungen erledigt sein wird.
rSachträge und Verbesseiuiigeii zur Revision der AI) zhelmintlien. 441
XL. CALCEOSTOMUM BENEDEN i).
Corpus subcylindricum depressiusciilum. Caput corpore cou-
tinuum, lamella semicirculari, terniinali, versatili cinctiim. Os ad
hasin lainollae capitis. OceUi\\w\\\. Plectcmum unum, simplex, sessile,
subterminale posticum, membranaceiim , obconicuni; extns, infra
jimbum, apparatus afTixionis solidus, forcipatus, cruribus antrorsum
juxtapositis, basi subglobosis, globulo singiilo bamulum majorem
retrorsum et alterum minorem antrorsum directum emittente. An-
drogyna; apertura genitalis communis antrorsum s\h\; ijenis (hamuhis
ventralis Auetor. ?) subulatus in vagina membranacea. Porus excre-
torhis .... Tractus intestinalis bicruris, coecus. Ovipara. —
Pismini marinorum ectoparasita.
1. Calceostomam elegans BENEDEN.
Corpus medio parum constrictum. Os versatile, apertura utplu-
rimum transversali. Penis biarticulatus, articulo anteriore curvato,
posteriore recto. Longit 5'".
Caiceostoma Vati Beneden: in Bullet. Acad. Belgique XIX. III. 99.
Dactylogyrus caiceostoma Wagener: in Natuurk. Verh. Haarlem XIII.
99. — Diesing: in Sitzungsber. der kaiserl. Akad. der AVissensch.
XXXII. 379.
Caiceostoma elegans Van Beneden: Mem. 1. s. c. 60 — 63 (cum anafoni.)
Tab. VII. 1-8.
Habit acul um. Sciaena Aquila: ad branchias, in Belgia
(Beneden).
Die Gattung Calceostomum schliesst sich durch die lappen-
förmige Ausbreitung am Kopfende, welche, obschon durch die Form
verschieden, doch offenbar die Verrichtungen der Tentakeln ausübt,
so wie durch den hornigen Penis zunächst an die Gattungen Dacty-
logyrus und Tetraonchus an, unterscheidet sich aber von ihnen
durch das Aiiheftungsorgan, welches nicht durch innere Haken
gestützt wird, sondern nur an seinem äusseren Rande einen Haken-
apparat trägt.
1) Durch das Hinzukommen des neuen Geschlechtes Calceostomwn wird die Lücke
welche durch das Aufgeben der Gattung- Diclidophora in der Reihenfolg-e der Ge-
nera entstanden ist, wieder ausgeglichen und dieselben würden so auf einander folgen :
XL. Calceostomum , XL\. Diplectanum, XLH. Plectanophonis , XL\\\. Diclibotliriiim,
XLIV- Octoplectanum.
442 Diesing.
XLIII. OCTOPLy:CTANUM DIESING. Charact. reform.
Mazocraes Hermann. — Octobothriuni Lenckart. — Octostoma Kuhn. —
Octocotyle et Diclidophora Diesing.
Corpus elongatum depressum. Caput collo coiitinuum, subtus
acetabulis keit von Stahlblechen etc. 45 T
werde, erzeugte der intelligente Eisenwerksbesitzer in Leoben,
Herr Franz Mayr, schon seit einiger Zeit probeweise ganz vorzüg-
liche Gussstahlbleche in verschiedenen Dimensionen, und da seitdem
in der That auch von einigen Maschinenfabrikanten Anfragen an das
hohe k. k. Handels -Ministerium ergangen sind, ob es gestattet sei,
D*ampfkessel aus Stahlblechen zu verfertigen, und im Bejahungsfalle,
wie stark die Bleche im Vergleiche mit den Eisenblechen , welche
durch ein eigenes Gesetz normirt sind, sein müssten, so gab die
Verhandlung und Beantwortung dieser Frage, welche dem hiesigen
k. k, polytechnischen Institute zugewiesen wurde, die nächste Ver-
anlassung zu einer Reihe von Versuchen über die Festigkeit von
Stahlblechen, deren sehr interessanten Resultate ich somit der kais.
Akademie der Wissenschaften vorzulegen die Ehre habe.
Auf mein Verlangen sandte Herr Mayr zu diesen Versuchen,
welche unter meiner Leitung mit der am k. k. polytechnischen Insti-
tute betindlichen Zerreissmasehine vorgenommen wurden, Stahl-
bleche, wie sie eben für Dampfkessel am geeignetsten erscheinen,
nämlich von 2, 3 und 4 Linien Dicke, und zwar von der weichsten
und zäliesten Gattung, deren Härtegrad Herr Mayer mit Nr. 6
bezeichnet, wobei überall noch die Richtung, nach welcher die Plat-
ten durch die Walzen gegangen, bezeichnet war.
Aus diesen Platten oder Blechen wurden nun, und zwar im kal-
ten Zustande, Streifen von 8^3 Zoll Länge geschnitten, welche an
beiden Enden 1 1/4 Zoll, gegen die Mitte zu, wo sie am schwächsten,
ungefähr 1/3 Zoll breit waren. Diese gegen beide Enden zu sich
schwalbenschwanzförmig verbreiternden Streifen wurden in die
Kluppen oder Backen der genannten Zerreissmasehine so eingepasst
dass diese Blechstücke nach vei'ticaler Richtung in diese eingespannt
und durch allmähliches Auflegen von Gewichten auf die Wagschale,
dieser auf einem lOfach übersetzten Hebel beruhenden Maschine
abgerissen wurden.
Da die abzureissenden Prismen, um die Maschine nicht über
ihre Grenze hinaus in Anspruch zu nehmen, keine zu grossen Quer-
schnitte erhalten durften und jeder Fehler, welcher bei einem klei-
nen Querschnitt begangen wird durch die Übertragung auf einen
grösseren, nämlich auf den Querschnitt von 1 Quadratzoll bedeu-
tend zunimmt; so wurde auf das Abmessen und die Bestimmung der
kleinsten Querschnitte dieser Prismen die grösste Sorgfalt verwendet.
458 V. B u r g.
Ich Hess nämlich jede Abmessung sowohl von Herrn Starke jun.
(Mitdirigent der astronomischen Werkstätte des k. k. polytechni-
schen Institutes) als auch von meinem Assistenten Herrn Fink,
mit zwei verschiedenen Instrumenten vornehmen und ich fand bei
der nachherigen Controlirung, dass sich weder an den, im Princip
verschiedenen Instrumenten, noch in der Art zu messen und abzu-
lesen, ein constanter Fehler voraussetzen Hess.
Da sich aber hierbei wirkliche Differenzen ergeben haben, ohne
für die Richtigkeit der einen oder anderen Messung eine grössere
Wahrscheinlichkeit annehmen zu können; so schien es mir am gera-
thensten beide Messungen beizubehalten und die absolute Festigkeit
(auf dem Querschnitt von 1 W. Quadratzoll) für jede besonders zu
berechnen, weil man dadurch zugleich in der Lage ist aus beiden
Resultaten überall das Mittel nehmen zu können. Diese beiden Mes-
sungen (von Fink und Starke) wurden in der nachstehenden
Tabelle beziehungsweise einfach durch I und II bezeichnet.
Da bekanntlich das gewalzte Eisenblech in der Regel eine
verschiedene Stärke zeigt, je nachdem es in der Richtung des Wal-
zens oder darauf senkrecht probirt wird (und zwar liegt die grössere
Festigkeit bald in der einen, bald in der andern Richtung), so wurde
auch jede der eingesendeten Stahlplatten nach diesen beiden Rich-
tungen der Probe unterzogen, d. h. es wurde ein Theil der genann-
ten Riechstreifen oder Prismen so geschnitten , dass ihre Länge in
die Richtung des Walzens, bei einem anderen Theil hingegen in
die darauf senkrechte oder Querrichtung fiel. Diese beiden Richtun-
gen sind in den nachstehenden Tabellen kurz mit j,Längen-" und
„Querrichtung" bezeichnet.
Obschon, wie die folgenden Zahlen ausweisen, die Festigkeit
der Stahlbleche nach der Längenrichtung etwas grösser als nach der
Querrichtung erscheint, so ist der Unterschied dennoch nicht so
gross , als er bei den Eisenblechen vorkommt. Remerkenswerth
jedoch ist der Umstand , dass sich die Prismen , welche nach der
ersteren Richtung abgerissen wurden, bedeutend stärker als jene
streckten, welche nach der Querrichtung probirt wurden. Auch
konnte man das letzte Gewicht, bei welchem der Rruch endlich
erfolgte, im ersteren Falle viel länger als im letzteren auf der Wag-
schale der Maschine liegen lassen, weil sich bei der Längenrichtung
die Anzeichen, dass der Rruch oder das Abreissen bald erfolgen
Untersuchungen über die Festigkeit von Stalillilechen etc. 4K0
werde, viel deutlicher als bei der Querrichtung, bei welcher der
Bruch meistens plötzlich erfolgte, erkennen Hessen. Ich brauche
übrigens nicht besonders hervorzuheben, dass auch ein kleineres
Gewicht im Stande ist, das Abreissen zu bewirken, wenn man das-
selbe durch eine längere Zeit auf den Zug wirken lasst ; M^enn näm-
lich z. B. ein Gewicht von 620 Pfd. nach Verlauf von 1 oder 2 Minu-
ten das Abreissen des Prismas hervorbringt, so ist nicht zu zweifeln,
dass das kleinere Gewicht von 600 Pfd., wenn man dasselbe durch
mehrere Stunden oder Tage wirken lässt, ebenfalls den Bruch oder
das Zerreissen endlich herbeiführt. Überhaupt muss jedes Gewicht
oder jede Kraft, welche das Prisma über dessen Elasticitätsgrenze
ausgedehnt hat, in kürzerer oder längerer Zeit den Bruch oder die
Überwindung der Cohäsionskraft zuletzt herbeiführen. Bei der rela-
tiven Vergleicliung der Festigkeit verschiedener Körper hat es natür-
lich nichts auf sich, wenn man mit dem Auflagegewicht gleich so
weit gehl, dass das Abreissen innerhalb von 1 oder 2 Minuten statt-
findet, wenn dies nur überall gleichmässig beobachtet wird.
Da es bei allen Materialien, deren Festigkeit in Anspruch
genommen wird, von grosser Wichtigkeit ist, jene Belastung kennen
zu lernen, welche der Elasticitätsgrenze dieses Materiales entspricht,
so kann ich nur bedauern, dass ich diese Grenze mittelst der mir zu
Gebote stehenden Maschine nicht zu bestimmen in der Lage war, und
ich kann sonach nur indirect und aus anderweitigen Versuchen dazu
geführt, aus der absoluten Festigkeit des Stahlbleches selbst, auf
diese innerhalb der Elasticitätsgrenze liegende äusserste Belastung
einen Schluss ziehen.
Ich komme nun auf die Versuchsresultate selbst, welche in der
folgenden Tabelle verzeichnet sind; dabei ist noch zu bemerken, dass
sieh die Querschnitte auf den Quadratzoll und die abreissenden
Gewichte, welche gleich auf den Angriffspunkt der Prismen reducirt
(also die Anhänggewichte mit 10 multiplicirt) wurden, auf Wr. Pfde.
so wie die absolute Festigkeit auf den Wr. Quadratzoll beziehen.
460
V. B u r
Tersuche mit den Stahlblechen Tom Härtegrad Nr. 6,
Fort-
laufende
Nr.
Querschnitt
Abreissendes
Gewicht
in
Pfunden
absolute Fest
g-k e i t
Messung I
Messung- n
nach I
nach II
Mittelwerthe
Q u a d r
a t z 0 1 1
Pfunde 1
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
Blechdicke: 2 Linien.
Längenriclitung.
•056
•053
•057
•0551
•0520
•0572
4600
4400
4650
82140
83018
81578
83484
84615
81294
82812
83816
81436
Durchschnittszahl :
82688
Querrichtung.
•0536
•0550
•0578
•0520
•0526
•0598
•0579
4480
4550
4790
4740
83350
82727
82000
86150
86501
80100
81865
inittszahl :
84751
84614
80100
81932
Durchsc
82849
Blechdicke: 3 Linien.
Lüngenrichtung.
•0811
•0813
•0828
•0808
•0800
•0812
7050
7340
7330
86925
90282
88768
87252
91750
90561
87088
91016
89664
Durchschnittszahl :
89256
Querriehtung.
•0853
■0773
•0840
•0750
7450
6490
87338
83958
88690
86533
88014
85245
Durchschnittszahl :
86629
Bleehdicke: 4 Linien.
Längenrichtung.
•1038
• 1033
•104
•104
■104
9100
9390
9300
87662
90900
87500
90288
89423
87581
90594
89423
Durchschnittszahl :
89199
Untersuchungen über die Festigkeit von Stahlblechen etc,
461
Fort-
laufende
Nr.
Querschnitt
Abreissendes
Gewicht
in
Pfunden
absolute Festigkeit
Messung I Messung II
nach I
nach II 1 Mittehverthil
Quadratzoll
Pfunde 1
16
17
18
Die
Querriehtung.
•1108
•1086
•112
•HO
•1091
9900
9850
9550
89350
90699
88392
89545
87534
88871
90122
87534
Durchschnittszahl : 88842
Vlittelzahl aus allen Liingenrichtungen ist also . . 87048
„ „ „ Querrichtungen „ „ • • 86106
„ „ sämmtlichen 6 Gruppen „ „ . • 86577
Anmerkungen.
Nr. 1. Der Bruch mattgrau, sehr feinkörnig und schief gegen
die Länge des Prisma. Vor dem Abreissen ein starkes Strecken und
Zusammenziehen in der Nähe der Bruchfläche. Zusammengezogener
Querschnitt, d. i. Querschnitt der Risstläche /*= 0'032 Quadratzoll;
ist also F der ursprüngliche Querschnitt, so ist
F:f=l'.^= 1-75: 1 = 1 : -57.
2. Gilt nahe dasselbe, wie im vorigen Falle. Von den beiden
Bruchflächen ist die eine nach der Dicke oder kleineren Dimension
etwas convex, folglich die zweite daran passende concav und zackig.
/•=-030, F.f= 1^8:1 = 1 :-56.
3. Bruch muschelförmig, hohl und convex, feinkörnig, sehr
wenig eingezogen.
f= •048, F:f= 1-2:1 = 1 : -83.
4. Bruch grau und etwas zackig, ein wenig eingezogen.
/•=^035, F:/'= 1-5:1 = 1 : ^67.
5. Bruch sehr feinkörnig grau und muschelförmig.
/•=^035, F:/'= 16:1 = 1 : -63.
462 V. Burg.
6. Bruch sehr feinkörnig, grau, muschelförmig und der Dicke
nach etwas schief gegen den Zug.
/•=042. F:f= 1-4:1 = 1 : -71.
7. Bruchfläche der Dicke und Breite nach etwas schief gegen
den Zug, concav und convex, mattgrau und feinkörnig.
f= 0385, F.f= 1-5:1 = 1: -67.
8. Bruchfläche sehr feinkörnig und uneben.
f='0^,F:f= 1-4:1 = 1 : 71.
9. Bruch strahlenförmig gegen die eine Ecke, welche mehr
grau ist und senkrecht gegen den Zug, beinahe keine Zusammen-
ziehung.
/•= -0726, F:f= M2 : 1 = 1 : -89.
10. Bruchfläche sehr feinkörnig, 1/4 mattgrau, Y^ weiss, etwas
muschel- und in der weissen Partie statTelförmig; ziemlich senk-
recht gegen den Zug.
f= 0^98, F:f= 1-4:1 = 1 : -71.
11. Bruchfläche sehr eben und fein, strahlenförmig gegen eine
dunkelgraue Ecke; senkrecht gegen den Zug.
/-= 06, F:/*= 1-4: 1 = 1 : -71.
12. Bruchfläche schief, concav und convex, dabei etwas statTel-
förmig, grau und sehr feinkörnig; das Prisma hat sich an dieser
Stelle etwas eingezogen.
/'=-0513, F:f'= 1-5:1=1 : 67.
13. Bruchfläche lichtgrau, strahlenförmig gegen eine dunklere
Ecke hin, das Korn weniger fein; keine bemerkbare Zusammen-
ziehung.
/•=0957, F:f= 108:1 =1 : 93.
14. Das Korn der Bruchfläche weniger fein, jedoch gleichför-
mig. Die Bruchfläche senkrocht gegen den Zug , lichtgrau bis auf
eine dunkle Ecke. Das Prisma hat sich etwas unter der Bruchfläche
Untersuchuiig-en über die Festigkeit von Stahlblechen etc. 4ß3
am stärksten eingezogen, so dass der am meisten zusammengezogene
Querschnitt
f = -0725, während /•= -0806 und F:/'= 1-28 : 1 = 1 : -78 ist.
15. Bruchfläehe lichtgrau bis auf eine dunkle Ecke, ziem lieh
feinkörnig und senkrecht gegen den Zug; keine Streckung des Prisma.
/'=081, F:f= 1-28: 1 = 1 : 78.
16. Bruchfläche etwas grobkörnig, lichtgrau bis auf eine dunkle
Ecke, ein wenig uneben, jedoch senkrecht gegen den Zug.
/"= 095, F:/'=M6: 1 = 1 : 87.
17. Bruchfläche eben, lichtgrau und strahlenförmig, gegen eine
dunklere Ecke. Das Prisma hat sich in der Nähe der Bruchfläche
etwas stärker eingezogen.
/'=086, /•=089, F.f= 1-22:1 = 1 : 82.
18. Das Korn der Bruchfläche mittelfein, gleichförmig und
lichtgrau; mit .\usnahme eines dunklen Fleckens an der einen Ecke.
Die Bruchfläche eben und senkrecht gegen den Zug; keine Streckung
des Prisma.
/•= -0868, i'^ /•= 1-26 : 1 = 1 : 79.
Um ferner für den Fall, als durch die Nachlässigkeit des Kessel-
heizers ein Theil des Kessels glühend werden sollte, sicher zu sein
dass dadurch (nämlich nach langsamer Abkühlung) in dem Aggre-
gatzustande des Stahlbleches keine nachtheilige Veränderung in
Beziehung auf die Festigkeit entsteht, liess ich von den vorgerich-
teten Prismen 6 Stück durch ungefähr 2 Stunden bis zur hellrothen
Glühhitze im Holzkohlenfeuer ausglühen, und erst dann nach erfolg-
ter langsamer Abkühlung in die Zerreissmaschine bringen.
Dieser Resultate der Festigkeitsproben sind in der folgenden
Tabelle, in welcher die vorigen Bezeichnungen wieder beibehalten
sind, zusammengestellt.
464
V. B u r g.
Tersnche mit den ausgeglühten Stahlblechen vom Härtegrad'
Nr. 6.
Fort-
laufende
Nr.
Que rs chnitt
Abreissendes
Gewicht
in
Pfunden
absolute Festigkeit
Messung I Messung H
nach I
nach II
Mittelwerthc
Quadratzoll
Pfunde 1
19
20
21
22
23
24
Blechdicke: 2 Linien.
Längenrichtung.
•0567
•0571
4600
81143
80560
80851
Querrichtung.
•0587
•058
4700
80040
81034
80537
Blechdicke: 3 Linien.
Liingenrichtung.
•0831
•081
7350
88426
90740
89583
Querriclitung.
•0787
•077
6600
83820
85714
84767
Blechdicke: 4 Linien.
Längenrichtung.
•1181
•117
10400
88060
88888
88474
Querrichtung.
•1057
Dl)
Mi
•105
rchschnitt
8990
szahl für die
n »
85003
Längenric
Querrichtu
85619
itung . . 8
ng. . .8
.... 8
85311
6300
3538
4919
Untersuchuiigeu über die Festigkeit von Stahlblechen etc. 4b O
Anmerkangen.
19. Die Bruchfläclien mattgrau, zeigen ein selir feines Korn,
mehr zackig als eben. Das Prisma hat sich sehr stark gestreckt nnd
eingezogen.
f= 0312, F:/'= 21:1=1: 48.
20. Bruch muschelförmig, sehr feines mattgraues Korn mit
weissen Rändern. Das Prisma hat sich ebenfalls eingezogen.
/•= 037, F:f= 1-59 : 1 = 1 : 63.
21. Bruchflächen uneben, schief gegen den Zug, mattgrau mit
weissen Rändern. Das Prisma hat sich gestreckt und an der Bruch-
fläche eingezogen.
/•= -0521, F.f= 1-6:1=1 : 62.
22. Graue Bruchflächen, senkrecht gegen den Zug. Das Prisma
hat sich nicht unbedeutend eingezogen.
/•= 0449, F:f=7:^ = 175:1 = 1 : 37.
23. Die Bruchflächen dunkelgrau, gegen die Ränder zu etwas
lichter, rauh und uneben, senkrecht gegen den Zug. Das Prisma
hat sich eingezogen.
f= 080, F:f= 1-48 : 1 = 1 : 68.
24. Die Briichflächen rauh und senkrecht gegen den Zug, in
der Mitte ein dunkler Kern, gegen die Ränder zu lichter; etwas ein-
gezogen.
f= -070, F:f= 3:2=1-5:1=1: 67.
Aus diesen letzteren Versuchen folgt sonach, dass das Stahl-
blech durch das angedeutete Ausglühen in Beziehung auf die Festig-
keit noch keine nachtheilige Veränderung erlitten, indem, wenn man
die Durchschnittszahlen vergleicht, blos eine Abnahme im Verhält-
niss von 100 : 98, also von ungefähr 2 Procent bemerkbar ist. Es ist
übrigens wahrscheinlich, dass wenn das Ausglühen im Holzkohlen-
feuer durch längere Zeit fortgesetzt würde, diese Bleche, n;imenth"ch
die dünneren, noch etwas Kohlenstoff aufnehmen und dadurch mehr
466 V. B u 1- s-
den Charakter des Roheisens annehmen würden. Da die Dampfkessel
heim Gebrauche mit keinen decarbonisirenden Substanzen in Berüh-
rung kommen, wodurch ausnahmsweise eine theilweise Reducirung
der Stahl- in Eisenbleche zu besorgen wäre; so wurden auch keine
Versuche in dieser Richtung vorgenommen. Abgesehen nun von der
sehr grossen absoluten Festigkeit dieser hier in Rede stehenden
Stahlbleche, welche, wie weiter unten noch näher nachgewiesen
wird, im Durchschnitt doppelt so gross als jene der Eisenbleche ist,
besitzt dieses Materiale auch noch alle übrigen Eigenschaften, welche
es zur Anwendung von Dampfkesseln vollkommen geeignet machen.
So lässt es sich im kalten Zustande beinahe um einen rechten Winkel
umbiegen, bevor es auf der convexen Seite Risse bekömmt. Im dun-
kel rothglühenden Zustande dagegen erträgt es ohne die geringste
Spur von Brüchigkeit jede Biegung, Torsion u. s. w. Auf die Loch-
maschine gebracht, lässt sich dieses Blech im kalten Zustande
vollkommen rein, und zwar sehr nahe gegen den Rand zu lochen,
welches durchaus Beweise für die nöthige Dehnbar- und Biegsamkeit
dieser Gattung Bleche sind.
Nicht so ist es mit jenen Stahlblechen, welche um einen Grad
härter, nämlich mit Nr. 5 bezeichnet sind, und von denen Herr
Mayr zu seiner eigenen Belehrung oder Überzeugung einige Platten
mit einsendete. Ich Hess auch von diesen Stahlblechen, nämlich von
den 3 und 4 Linien starken, ähnliche Prismen, jedoch da das Her-
aushauen auf kaltem Wege sehr beschwerlich war (sie mussten zu-
erst nach ihrem ganzen Umfange gleichsam herausgebohrt werden),
von jedem nur zwei Stück zurichten, und sie der Probe unterziehen;
die Resultate dieser 4 Versuche sind nachstehend ebenfalls ange-
geben.
Untersuchungen über die Festigkeit von Stahlblechen etc.
467
Yersnche mit den Stahlblechen vom Härtecrad Nr. 5.
Fort-
laufende
Nr.
Querschnitt
Abreisseiides
Gewicht
in
l'fiinden
absolute Festigkeit
Messung I Messung II
nach I
nach II
Mittelwerlhe
Quadratzoll
Pfunde 1
23
26
27
28
Bleclidicke: 2 Linien.
Längenriciitung.
•0795
•081
9100
H4465
112345
113405
Querrichtung.
•0806
•081
90Ö0
112282
111728 112005
Blechdicke: 3 Linien.
Längenrichtung.
•1048
•104
9900
94465
95192
94828
Querrichtung.
•1028
Durc
Mitte
•103
isehnittsza
zahl aus i
10200
il für die Li
. „ Qi
en beiden le
99221
ngenrichtu
lerrichtung
tzteren .
99029
ng . . 104
... 105
... 104
99125
116
565
840
Anmerkangen.
25. Bruch sehr eben, senkrecht gegen die Zugrichtung, licht-
grau und sehr feinkörnig, etwas strahlenförmig, einen kleinen dun-
keln Eckpunkt. Das Prisma hat sich nicht an der Bruchfläche selbst,
sondern etwas tiefer am stärksten eingezogen.
/*= -0638, f= -056, F:f= 1-25:1 = 1 : -8.
F:f = 1-42:1 = 1 : •?.
26. Die Bruchflächen wie im vorhergehenden Prisma.
f= •0638, F:f= 126 : 1 = 1 : -79.
468 V. Burg.
27. Die Bnichflächen, wie in den beiden vorigen Prismen, sehr
wenig zusammengezogen.
/'=0899, F'.f= 1-17:1 = 1 : -86.
28. Die Bruchflächen genau wie die vorigen. Das Prisma hat
sich unterhalb der Bruchfläche stärker als an dieser eingezogen.
/'=087, f =0812, F:/'= 1-18:1 =1 : -85, F.f = l:-79.
Obschon aber die Bleche von diesem Härtegrad eine im Ver-
hältniss von 100 : 121 grössere Festigkeit als die ersteren besitzen,
so eignen sie sich wegen ihrer grösseren Sprödigkeit (indem sie
sich z. B. nicht kalt biegen lassen, sondern dabei abbrechen) und
schwierigeren Bearbeitung im kalten Zustande doch weniger als die
zuerst angeführten Bleche vom Härtegrad Nr. 6 für den angedeuteten
Zweck.
Um aber endlich für diese letzteren Stahlbleche (Nr. 6) die-
jenige Dicke oder Stärke, welche der im bestehenden Gesetze für
die Eisenbleche vorgeschriebenen Dicke äquivalent ist, auf Grund-
lage der hier angeführten Festigkeitsversuche zu bestimmen , ist vor
Allem eine Vergleichung dieser gefundenen Zahlen mit der mittleren
absoluten Festigkeit jener Eisenbleche, wie sie für Dampfkessel
gewöhnlich verwendet werden , vorzunehmen , und obschon es an
solchen Besultaten für die absolute Festigkeit, namentlich der eng-
lischen Eisenbleche nicht fehlt, so schien es mir dennoch nothwen-
dig, in der ganz gleichen Bichtung und mit den nämlichen Hilfsmitteln
auch einige Versuche mit den Neuberger und M. S ess ler'schen
Kesselblechen, welche am meisten, namentlich für Locomotiv-Kessel
benützt werden, vorzunehmen.
Von diesen 12 neuerdings vorgenommenen Proben sind die
Besultate in der nachstehenden Tabelle zusammengestellt, wobei noch
zu bemerken ist, dass die S ess 1er 'sehen Bleche durchaus zu den
6, von den Neu berger 'sehen dagegen die Nummern S, 6, 9, 13
zu den 6, jene in Nr. 7, 8, 11 und 12 zu den 4 Linien dicken
Blechon gerechnet werden.
Unter.sucliiinjen ühcv die Festin^keit von Eisenliloclien etc.
409
Versuche mit Eisenblechen.
Fort-
l;iufeiide
Nr.
Querschnitt
Abreissendes
Gewicht
in
Pfunden
al)solute Festigkeit
Messung- I
Messung II
nach I
nach II
Mittehverthe
0 u a d r
a t z 0 1 1
Pfunde 1
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Bleche von Sessler.
Längenrichtung.
•1842
•1832
•184
•184
7750
8150
42073
44486
42119
44293
42096
44389
Durchschnittszahl :
43242
Querrichtung.
•1986
•1704
•198
•172
8300
6900
41792
40492
41919
40116
41835
40304
Durchschnittszahl :
Mittel aus beiden :
41079
42160
Bleclie von Neuberg.
Längenrichtung.
•2153
•2192
•1250
•1159
•215
•220
•123
•118
9800
9550
6100
5500
45475
43567
48800
47454
45381
43409
49593
46610
43528
43488
49196
47032
Durchschnittszahl :
46311
Querriclitung.
•2156
•2115
• 1249
•1237
Mit
Mit
•216
•212
•124
•124
telzahl aus
tierer Wer
8750
8000
5230
4900
40384
37825
42067
39611
40509
37735
42338
39316
40546
37780
42202
39363
Durchschnittszahl :
beiden 43
th aus allen 12 Proben . . . . 42(
40023
167
363
Silzli. d. mnihcm. -natura. Cl. XXXV. Bd. Nr. 11.
32
470 V. B u r s.
AnmerkoDgeii.
1. Die Bruchllächen sehr zackig und blätterig, lichtgrau;
das Prisma an der Bruchfläche etwas eingezogen und rissig.
/'= -1491, F:f= 1 :-89.
2. Die Bruchflachen ebenso wie die vorigen; eine stärkere
Zusanimenziehung des Prisma , es hat die Belastung durch längere
Zeit getragen.
f= 1122, F:f= 1 :-613.
3. Die Bruchflächen nahe wie bei 1. Das Prisma an der Bruch-
fläche etwas rissig und eingezogen.
f^ 159, F:f'=\ :-80.
4. Der Bruch sehr schief, uneben und zackig; das Prisma an
der Bruchfläche ein wenig eingezogen und rissig.
/'=153, F:f=\ :-84.
5. Die Bruchflächen gleichförmig dunkelgrau und zackig; das
Prisma eingezogen und in der Nähe des Bruches gekräuselt.
f= 1313, F:f= 1: -61.
6. Bruch feiiiblätterig mit feinem grauen Korn; stark einge-
zogen; Oberfläche des Prisma an der Bruchfläche gekräuselt.
f= -123, F:f^ 1 : -559.
7. Bruch dunkelgrau, sehr gleichförmig und uneben, stark ein-
gezogen,
f= -0697, F:f= 1 : -558.
8. Bruchflächen sehr schief gegen den Zug, feinblätterig, gegen
die Ränder zu etwas lichter als in der Mitte, eingezogen.
/•= -0837, F:f=\ : -723.
9. Bruch schieferig und gleichförmig, nur wenig eingezogen,
/'=185, F:f= 1 :-8ö8.
Uiitersuclitnigeii iiher die Fesligkeil von Eiseiiiileciien etc. 471
10. ßriiclilläclion sehr uneben, schiefen'g. Das Piisma an der
Bruchfläche etwas eingezogen , nach der Dicke gebogen und die
Oberllache mit feinen Querrissen versehen,
f= -185, F.f^ 1 :-874.
i 1. Bruch blätterig, sehr uneben, die eine Bruchtlache gruben-
artig, nur wenig eingezogen, die Oberfläche des Prisma gekräuselt.
f= -108, F:f= 1 : 866.
12. Bruch blätterig mit getrennten Durchgangssehichten, sehr
wenig eingezogen.
f= 111, F.f= 1 :-89.
Aus den Zahlen der voranstehenden Tabelle lassen sich leicht
mehrere interessante Folgerungen ableiten. So zeigt z. B. das Neu-
berger 4 Linien dicke Blech gegen das 6 Linien starke Blech eine
grössere Festigkeit und zwar nach der Längenrichtung im Verhält-
niss von 1000 : 925, nach der Quere wie 1000 : 9ö8, beim 4 Linien
dicken Blech ist die Stärke nach der Länge, zu jener nach der
Quere oder L : Q = 100:85.
Beim 6 Linien dicken (Neu berger) Blech ist L : Q = 100 :
88. Alle Zahlen zusammengenommen ist beim S es sler'schen Blech
L:Q = 100:95; beim Neuberger 'sehen L:Q = 100: 86-4. Die
Festigkeit von S:N = 100 : 102-4, wobei allerdings den Neu ber-
ger Blechen die 4 dünneren, 4 Linien dicken Bleche mit zu Statten
kommen.
Vergleicht man nun die Durchschnittszahl aus allen mit den
Stahlblechen vom Härtegrad Nr. 6 vorgenommenen Proben
(=85748) mit jener der vorigen Tabelle für die Sessle r'schen
und Neuberger 'sehen Eisenbleche ( = 42663), so erhält man für
das Verhältniss ihrer absoluten Festigkeit:
Stahlblech : Eisenblech = 201 : 100,
oder nahe genug wie 2:1.
Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes dürfte es angezeigt sein,
in das Bereich der Vergleichung auch noch jene zahlreichen Ver-
suche mit einziibeziehen, welche mit englischen, französischen und
rheinischen Eisenblechen vorgenommen wurden.
32*
472 V. B u .• g.
Nach den neuesten von William Fairbairn in England mit
Eisenblechen angestellten Versuchen, welche wegen ihrer sehr gros-
sen Anzahl zu den bedeutendsten und berücksichtigungswürdigsten
gehören, zeigten die Derbyshire- und Shropshire-Bleche eine grös-
sere Festigkeit nach der Richtung des Walzens, dagegen die York-
shire- und Staffordshire- Bleche eine (im Durchschnitte 2 Procent)
grössere Festigkeit in der Qnerrichtung.
Aus seiner ersten Versuchsreihe ergibt sich, auf den Wiener
Quadratzoll reducirt, für die absolute Festigkeit der von ihm pro-
birten englischen Kesselbleehe die Durchschnittszahl 44385 W. Pfd.
Aus seiner zweiten Versuchsreihe (von 47 Proben) resultirt die
Mittelzahl 45750 Wr. Pfd.
Bei den von Clark mit 6 Linien dicken englischen Blechen
angestellten Versuchen ergab sich als Durchschnittszahl 37137 Wr.
Pfd. und es war dabei die Festigkeit nach der Längenrichtung im
Verhältniss von 39 : 43 oder um 10 Procent grösser als nach der
Querrichtung.
Die im Maschinen -Etablissement von Goin et Comp, in Paris
mit französischen Eisenblechen vorgenommenen Versuche gaben für
Bleche aus Holzkohlen -Roheisen, mit Steinkohlen gepuddelt, eine
mittlere Festigkeit nach der Längenrichtung (Richtung des Walzens)
von 41000, und nach der Querrichtung von 40100; für Bleche aus
Coks-Roheisen und ebenfalls mit Steinkohlen gepuddelt, nach der
Länge von 45300 und nach der Quere 35950 Wr. Pfd.
Endlich liegen mir noch Versuche mit rheinischen Blechen vor,
deren absolute Festigkeit sich nach der Länge mit 44300 und nach
der Quere mit 37300 Wr. Pfd. berechnen.
Nimmt man aus allen diesen hier angeführten mit den fremden
Eisenblechen vorgenommenen Festigkeitsproben die Durchschnitts-
zahl, so erhält man dafür als absolute Festigkeit 41250 Pfd., folglich
das Verhältniss zwischen dieser und der Festigkeit des hier in Rede
stehenden Stahlbleches :
41250 : 85748 = 100 : 208,
so dass sich auch bei dieser Vergleichung im grossen Durchschnitte
die Festigkeit des Stahlbleches vom Härtegrad Nr. 6 als doppelt so
gross, als jene des Eisenbleches herausstellt.
ünteisuchiing^eii über die Festigkeit von Eisenblechen etc. 473
Wie ich bereits erwäiint, ist weniger die absolute Festigkeit
als die Elasticitätsgrenze für die sichere und dauernde Behistung
massgebend, und die erstere ist nur desshalb wichtig, weil die letz-
tere bei ein und demselben Materiale in der Regel ein bestimmter
Bruchtheil von dieser Festigkeit ist.
Aus den vorliegenden zahlreichen Versuchen und Erfahrungen
beträgt .für gewalztes Eisenblech die an der Elasticitätsgrenze lie-
gende Belastung im Durchschnitte und in runder Zahl 20000 Pfd.
pr. Quadratzoll, also die absolute Festigkeit dieses Materiales eben-
falls im Durchschnitte zu 40000 und 45000 Pfd. genommen, die
Hälfte bis Yg von dieser Festigkeit.
Nach der in Österreich für die Wanddicke der Dampfkessel
gesetzlich bestehenden Vorschrift wird das Eisenblech im ungünstig-
sten Falle (bei Kesseln, in welchen die effective Dampfspannung
8 Atmosphären und darüber beträgt) mit etwas über 4000 Pfd. pr.
Quadratzoll, also nahe mit ^ der der Elasticitätsgrenze entspre-
chenden Belastung in Anspruch genommen, so dass gegen diese
Grenze die 5, gegen die absolute Festigkeit hingegen die 10 fache
Sicherheit vorbanden ist.
Schafhäutl erwähnt in seiner trefflichen Abhandlung über
„Stahl" (in PrechtTs technologischer Encyklopädie, 15. Bd.), dass
er aus seinen sehr zahlreichen Versuchen die Überzeugung gewon-
nen habe, dass gehärtete und hierauf angelassene Stahlstäbe, ohne
noch eine permanente Verlängerung zu erleiden , eine Last tragen
können, welche ^s von jener beträgt, bei welcher die Stäbe abreis-
sen, d. h. dass die Belastung der Elasticitätsgrenze Vg von der abso-
luten Festigkeit ausmachen, während diese beim Stabeisen nur die
Hälfte betragen.
Nimmt man zur grösseren Sicherheit auch bei den hier in Rede
stehenden Stahlblechen die der Elasticitätsgrenze (welche ich nicht
direct bestimmen konnte) entsprechende Belastung nur wie beim
Stabeisen, mit der Hälfte der absoluten Festigkeit an, so hat man bei
der halben Dicke dieser Stahlbleche genau wieder, wie bisher bei
den Eisenblechen (welche die doppelte Dicke haben) gegen die
absolute Festigkeit die 10, und gegen die Elasticitätsgrenze die
5fache Sicherheit. Diese letztere würde sich sogar auf die 6- bis
Tfache steigern, wenn nach SchafhäutTs Angabe auch hier die
Elasticitätsgrenze bis zu -/g der absoluten Festigkeit hinausrückte.
474 V. Burg. Uiitersuchiiiigen iilier die Festigkeit von Eiseiihleeheii etc.
Ich glaube schliesslich nicht erst auf die Gefahr aufmerksam
uiacheu zu dürfen, welche auch bei aus diesem Stahlblech erzeugten
Dampfkesseln eintreten muss, wenn derselbe wegen Wassermangel
oder Anhäufung von Schlamm, theilweise glühend würde, indem
z. B. schon beim nur dunkeln Rothglühen (nach Fairbairn's Ver-
suchen) die Festigkeit des Eisenbleches auf die Hälfte herabsinkt,
eine Schwächung, die noch weiter zunimmt, wenn das Glühen hefti-
ger wird. Nach den Versuchen von Seguin Aine ging die absolute
Festigkeit eines Eisenstabes bis auf Vio und Vis herab, als derselbe
bis über die kirschrothe, schon nahe an die Weissglühhitze gebracht
wurde. Bei einem Eisendrath fiel diese Festigkeit sogar bis auf 1/35.
Mit Rücksicht auf diese Thatsachen bedarf es daher gewiss
keiner künstlichen Theorien und Erklärungs-Hypothesen, wenn öfter
bei ganz geringen Dampfspannungen Kesselexplosionen vorkommen.
Ist man daher, um endlich zum Schluss z« kommen, sicher, dass
die aus Gussstahl erzeugten Kesselbleche von keiner geringeren
Qualität und Festigkeit als die hier probirten und besprochenen sind;
so kami man auch mit Beruhigung den Vorschlag unterstützen: diese
Stahlbleche für Dampfkessel nur halb so d ick zu verwenden, als
solche im bestehenden Gesetze für Eisenbleche vorgeschrieben sind.
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISEIILICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
XXXV. BAND.
^"^ SITZUNG VOM 28. APKIL 1859.
m 12.
33
475
XII. SITZUNG VOM 28. APRIL 1859.
Das hohe k. k. Marine-Obercommando sendet mit Zuschrift vom
18. April folgende von der Erdumseglungs-Expedition eingelangte
Ausarbeitungen, als:
1 . Berieht zur Ethnographie Chinas von Herrn Dr. K. Scherzer;
2. geologischer Bericht des Herrn Dr. F. Hochstetter, ge-
richtet an A. V. Humboldt;
3. zoologischer Bericht über Hongkong und Shanghai von Herrn
Georg Frauenfeld;
4. Bericht über Körpermessungen als Behelf zur Diagnostik
der Menschenracen von Herrn Dr. K. Scherzer;
5. drei Berichte des Kunstgärtners Herrn Jelinek an das k. k,
botanische Hofcabinet;
6. einen Aufsatz zur Vertheilung der Winde auf der Oberfläche
der Erde von dem Commandanten der Expedition Commo-
dore V. Wüllerstorff - U rbair, in Abschrift für die
geographische Gesellschaft.
Herr Sectionsrath Haidinger übersendet ein an Se. Excellenz
den Herrn Minister des Innern gerichtetes Schreiben des Herrn
Dr. Hochstetter aus Neu-Seeland vom 14. Jänner, welches die
näheren Umstände und Bedingungen seines zeitweiligen Verbleibens
in dieser Colonie enthält. Das zwischen demCommodore v.Wüller-
storff und der Regierung von Neuseeland getroff'ene Überein-
kommen enthält folgende drei Punkte:
n) Der Aufenthalt des Hrn. Dr. Hochstetter auf Neuseeland
ist derart zu berechnen, dass er zugleich mit der „Novara"
in Europa im November oder December dieses Jahres ein-
treffen könne;
33*
476
b) Sämmf liebe von Herrn Dr. Hoch st ett er während seines Auf-
enthaltes auf Neuseeland sowohl wie auf der Rückreise gemach-
ten Beobachtungen, Sammlungen und literarischen Arbeiten
kommen der Expedition zu Gute, deren Mitglied er fort-
während verbleibt.
c) Alle durch den Aufenthalt in Auckland und die Reise im
Innern der Insel, wie durch die Rückkehr über Panama ver-
ursachten Kosten werden von Seite der Regierung von Neu-
seeland getragen.
Herr Sectionsrath Haidinger übersendet ferner eine Notiz
über die Seidenraupe Neuseelands , nach einem an ihn gerichteten
Schreiben des Herrn Dr. Karl Scherz er.
Herr Dr. K. W. Knochenhauer in Meiningen sendet eine
Fortsetzung seiner Arbeit: „Über die Theilung des elektrischen
Stromes".
Der k. k. Bergmeister in Haistadt, Herr Ramsauer, erstattet
seinen dritten Bericht über die mit Unterstützung der kais. Akademie
der Wissenschaften neu aufgenommenen Nachgrabungen im Echern-
thale.
Herr Custos-Adjunct Dr. Kitzinger übergibt einen Anhang
zu seinem „Versuche über die Abstammung des zahmen Pferdes"
und macht einige Mittheilungen aus der neuesten Fortsetzung seiner
„Untersuchungen über die zahmen Hausthiere", welche die Haus-
ziege behandelt.
Herr Prof. Ed. Suess legt eine Abhandlung des Herrn Franz
Stein dachner: „Beiträge zur fossilen Fisch-Fauna> des Wiener
Beckens" vor.
Die Akademie hat folgende, die mathematisch-naturwissen-
schaftliche Classe betreffende Bücher erhalten:
Accademia I. R. di scienze, lettere ed arti in Padova. Nuovi saggi.
Vol. VII, part. 1. Padova, 1857: 4o- — Rivista periodica dei
lavori della I. R. Accademia etc. Vol. VI, trimestre 1, 2, 3, 4.
Padova, 1858; S»-
Annaien der Chemie und Pharmacie, herausgegeben von F. Wüh-
ler, J. Lieb ig und H. Kopp. Band CIX, Heft 3, März. Leip-
zig und Heidelberg, 1859; 8»-
477
All Stria, Jahrgang XI, Heft 15, 16. 1859; 8»
Farad ay. Mich., Experimental Relations of Gold (aiid olher Metals)
to Light.
Jahrbuch, neues, für Pharmacie und verwandle Fächer, red. von
G. F. Walz und F. L. Wink 1er. Band XI, Heft 3, 4, März,
April. Heidelberg, 1859; So-
Land- und forstwirthsehaftliche Zeitung, allgemeine. IX. Jahrgang,
Nr. 13. Wien, 1859; 8«-
Mittheilungen aus Justus Perthes geographischer Anstalt von
Dr. A. Petermann. 1859, III; 4o-
Nardo, Dr., Nota sulle ombre ottenute col solo concorso di luci
hiauehe. Venezia, 1858: S»- (Estr. dal vol. IV, serie 3 degli
Atti deir Istituto.)
Reichsanstalt, k. k. geologische, Berichte; Sitzung vom 12. April
1859; 8«-
Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou. Annee 1858. Nr. 4.
Moscou, 1858; 8o-
— geologique de France. 11'^'"^ serie, tome XVI, feuil. 1 — 14.
1859; 80-
Visiani, Rob. de, Pianti fossili della Dalmazia. Venezia, 1858; 4"-
Wiener medicinische Wochenschrift. Jahrgang IX , Nr. 16, 17.
Wien, 1859; 4o-
479
ABHANDLUNGEN UND MITTHEILUNGEN.
über einige Anthoxoen aus den Tertiärschichten des Mainzer
Beckens.
Von dem w. M. Prof. Dr. A. E. Reuss.
(Mit 2 Tafeln.)
(Vorgelegt in der Sitzung' vom 7. April 1839.)
Schon vor längerer Zeit theilte mir Herr Prof. Fr. S a ii d b e r-
ger in Karlsruhe gefälh'gst einige Anthozoen aus den Tertiär-
schichten des Mainzer Beciiens zur Untersuchung mit, die sich bei-
nahe durchgehend« durch ihren vortreffhchen Erhaltungszustand
auszeichneten. Sie erregten meine Aufmerksamkeit aber auch noch
dadurch, dass es insgesammt sehr interessante, bisher noch nicht be-
schriebene Formen waren. Letzteres findet seine leichte Erklärung
in dem Umstände, dass aus denselben oder doch aus parallelen
Schichten überhaupt noch gar keine Anthozoen genauer untersucht
und bekannt gemacht worden sind. Dies mag auch zur Entschuldi-
gung dienen , dass ich mir es erlaube, hier sorgfältige Beschrei-
bungen und getreue Abbildungen der von mir untersuchten Arten
mit Zustimmung des Herrn Prof. Dr. Sandberg er zu veröffent-
lichen, was mir um so zeitgemässer scheint, da derselbe eben jetzt
seine treffliche Monographie der reichen Molluskenfauna des Mainzer
Beckens der gelehrten Welt vorzulegen begonnen hat. Es mögen
daher diese wenigen Blätter auch einen kleinen Beitrag zur vollständi-
geren paläontologischen Kenntniss dieses Schichtencomplexes liefern.
Meine Untersuchung beschränkte sich auf 6 Species, von denen
zwei der Gruppe der Cyathiniden aus der Abtheilung dev Zoantharia
480 Reu SS.
aporosa, die Mehrzahl aher — 4 Arten — der Familie der Eupsam-
miden beizuzählen sind. Von den ersteren gehört eine — C brevis
— der G-AÜung Cyathma Ehrb., die zweite der seltenen, bisher
im Fossilzustande noch nicht nachgewiesenen Gattung Coenocyathus
M. Edw, et H. an; von den letzteren sind drei dem artenreichen
Genus 5«Zawop/i?////« zuzurechnen, während die vierte den Typus
einer eigenen Gattung — Placopsammia — zu bilden scheint. Es
kann dies aber nicht mit vollkommener Sicherheit ausgesprochen
werden, da diese Art gerade die einzige ist, deren Erhaltungszu-
stand viel zu wünschen übrig lässt und desshalb keine erschöpfende
Untersuchung des inneren Baues gestattet. Zwei der genannten
Arten stammen nur aus den Tertiärschichten von Waldböekelheim
bei Kreuznach (Coenocyathus costulatus und Placopsammia dicho-
tomaj; drei aus jenen von Weinheim (Balanophyllia inaequidens,
B. fascicidaris und Cyathina brevis); nur eine Species endlich ist
beiden Fundorten gemeinschaftlich (Balanophyllia simiata).
Ich lasse nun die ausführliche Beschreibung der genannten
Arten folgen.
1. Cyathina brevis ni. (Taf. I, Fig. 1, 2). Kurz und dick (Höhe
zur Breite = T" : 5 •6'"), im unteren Theile sehr schwach ge-
krümmt und sich zu einem sehr kurzen, dicken Stiele zusammen-
ziehend. Die Aussenwand ist mit schmalen, gekörnten Rippchen be-
deckt, die nur dem Sterne zunächst etwas mehr hervorragen, nach
abwärts sich aber bald verflachen. Nur die abwechselnden setzen
tiefer herab fort, die den ersten zwei Lamellencyklen entsprechen-
den etwa bis zur halben Höhe des Polypenstockes, und zerfallen in
getrennte längliche Knötchen, ehe sie sich verflachen.
Der Zellenstern ist beinahe kreisrund, in der Mitte ziemlich
stark vertieft. Beide Durchmesser verhalten sich wie S'" : 5-6"'. Die
Axe besteht aus wenigen (an dem abgebildeten Exemplare nur aus 4)
in einer Reihe stehenden gewundenen Säulchen, die oben in unregel-
mässige, etwas lappige Knötchen endigen.
Vier vollständige Cyklen von Septallamellen. Die Lamellen der
ersten beiden Cyklen sind vollkommen gleich entwickelt, wodurch
scheinbar 12 Systeme von Lamellen entstehen. Ebenso sind die viel
kürzeren und dünneren Lamellen der dritten, vierten und fünften
Ordnung beinahe gleich gross und dick. Jene der ersten zwei Cyklen
über einig'e Aiithn/jien aus ileii Tertiarscliirlilen Hes Main/.er Beckens. 48 t
überragen mit ihrem bogenförmigen freien Hände den Rand der
Sternzelle bedeutend, die übrigen dagegen nur sehr wenig.
Vor den tertiären Lamellen stehen zwölf Kronenblättchen von
gleicher Grösse, lang, aber sehr dünn, mit scharfem, hin und wieder
etwas verbogenem oberem Rande.
Sehr selten im unteren Meeressande von Weinheim.
2. Coenocyathos costnlatus m. (Taf. I, Fig. 3 — o). An der Basis
einer Mutterzelle sprossen mehr weniger zahlreiche Tochterzellen
hervor, die sich bei fortschreitendem Wachsthum in verschiedenen
Richtungen frei erheben und einen kleinen, mit breiter Basis
aufsitzenden büschelförmigen Polypenstock bilden. Die einzelnen
Polypenzellen sind kurz und mehr oder weniger becherförmig. Fast
eben so hoch als breit verschmälern sie sich nach abwärts, um sich
am unteien Ende wieder auszubreiten. Sie sind im Querschnitte
kreisförm'g oder sehr breit elliptisch. Die Aussenwand ist mit durch
schmale Furchen gesonderten Längsrippen versehen, die gewöhnlich
nur in der Nähe des Sternrandes kantig hervortreten und dort mit zu
Querreihen zusammenfliessenden Körnern bedeckt sind. Nach abwärts
werden die Rippen sehr flach oder verschwinden auch ganz. Im
ersteren Fade sind sie unregelmässig fein gekörnt; im letzteren
werden sie nur durch die sich zum Theile reihenweise ordnenden
Körnchen angedeutet. An manchen Exemplaren reichen nur die den
ersten zwei Lamellencyklen entsprechenden Rippen tiefer herab, als
die übrigen und ragen auch stärker hervor.
Der Zellenstern ist kreisrund oder sehr breit elliptisch und nur
in der Mitte etwas mehr vertieft. Die Columella, die bald rund, bald
etwas in die Länge gezogen erscheint, besteht nur aus wenigen
(7 bis 10) gebogenen Säulchen und zeigt auf der oberen Fläche ein
lappig-körniges Ansehen. Die Radiallamellen (48) bilden vier voll-
ständige Cyklen, überragen mit ihrem bogenförmigen freien Rande
den Sternrand bedeutend und sind an den Seitenflächen mit unregel-
mässigen aufsteigenden Reihen kleiner entfernter Körner bedeckt.
Die Lamellen der ersten beiden Ordnungen sind beinahe gleich dick
und reichen bis zur Axe; die übrigen sind kürzer und dünner, unter
einander aber ebenfalls beinahe gleich entwickelt.
Zwölf Kronenblättchen vor den Septallamellen des dritten Cyklus.
Sie stehen in einem Kreise, sind von gleicher Grösse und bei bedeu-
tender Länge doch ziemlich dünn.
482 fi e u s s.
Das eben beschriebene Fossil ist die erste l'ussile 8|»ecies der
Gattung Coenocyathus , von der bisher nur drei lebende Arten be-
kannt waren (M. Edwa rds Hist. nat. des Coralliaires 1857, II.,
|)ag. 19 tr.). Von diesen unterscheidet es sich wohl durch die ge-
rijtpte Aussenwand nnd die sclimäleren Septallamellen , während die
Kronenblättchen dagegen eine ungewöhnliche Breite entfalten. Es
zeigt daher in seiner Physiognomie die vollkommenste Übereinstim-
mung mit Cyathhia, von welcher Gattung es aber durch den zusam-
mengesetzten Polypenstock aullallend abweicht. So lange man die
Cyathinen streng als Einzelnthiere charakterisirt, ist man trotz der
berührten Abweichungen genöthigt, die fossile Species der Gattung
Coenocyathiis unterzuordnen.
Sehr selten im unteren Meeressand von Waldböckelheim bei
Kreuznach.
3. Balanophyllia sinaata m. (Taf. 1, Fig. 6 — 8). Diese eigen-
Ihümliche Species ähnelt im Allgemeinen der lebenden 5. verrucaria
(Ann. d. scienc. nat. 1848. Aoiit. pag. 85, Taf. I, Fig. 6) nnd zum
Theile auch der B. desmophyllum aus den Eocänschichten von
Brackleshambay (M. Edwards a Monograph of brit. corals. I,
pag. 35, Taf. 6, Fig. 1). Sie gehört in die Gruppe der Balano-
phylUae pediccllatae und erreicht eine Höhe von 0-65 — 1-1". Sie
zieht sich nach unten bedeutend zusammen zu einer stielähnlichen
Verlängerung, die im Querschnitte beinahe rund erscheint, während
der ohere Theil des Polypenstockes stark zusammengedrückt ist. Am
stärksten ist die Zusammendrückung im mittleren Theile des Sternes,
so dass der langelliptische Stern in der Mitte schmäler ist, als an den
beiden abgerundeten Enden und dadurch die Gestalt eines liegenden
00 annimmt. Seine Längsaxe ist beinahe doppelt so lang als der
mittlere — kürzeste — Querdurchmesser (z. B. 0-775: 0*4 oder 0*85 :
0-43, oder 0-6 : 0*3 u. s. w.). Es gibt jedoch auch Exemplare, bei
denen die Sternzelle keine so regelmässige Form besitzt, sondern an
einem oder dem anderen Ende mehr weniger verdrückt und dadurch
gelappt erscheint.
Nach unten verschmälert sich der becherförmige Polypenstock
mehr weniger rasch zu dem vorerwähnten Stiele von verschiedenem
Durchmesser. Bald beträgt derselbe nur ein Drittheil, baldauchzwei
Drittheile der grössten Breite des Sternes, breitet sich aber an der
Ansatzstelle zuweilen stärker aus.
Über einige Anthozoen aus den Tertiaischiclifeii des Mainzer Beckens. 40 O
Die äussere Oberfläche ist, bis zu verschiedener Höhe ansteigend,
mit einer sehr dünnen, concentrisch gestreiften Epithek bedeckt,
die manchmal mehr als die Hälfte des Polypenstockes, bald aber auch
nur einen schmalen Saum zunächst dem oberen Rande desselben frei
lässt. Mitunter ist sie aber auch nur in schwachen Rudimenten vor-
handen. Der freie Theil der Aussenwand erscheint mit sehr zahl-
reichen (oft über 165) sehr feinen, dicht un einander gedrängten,
etwas ungleichen Rippchen bedeckt, deren Zahl mit jener der Stern-
lamellen übereinstimmt. Sie bestehen aus dicht aneinander liegenden
scharfen, gleichen Körnchen, die auf den den dickeren Lamellen ent-
sprechenden Rippchen zwei Längsreihen, auf den schmäleren aber
nur eine Reihe bilden.
Die Sternzelle ist tief und enge und zeigt in der Tiefe die
parallel der längeren Axe des Sternes stark in die Länge gezogene,
sehr schmale, spongiöse Axe, deren obere Fläche eben und unregel-
mässig feinkörnig ist.
Die Radiallamellen sehr zahlreich, an grösseren Exemplaren
bis 200, dicht an einander gedrängt und sehr dünn, am freien Rande
regelmässig spitzig gekörnt. Die Seitenflächen sind ebenfalls mit
schrägen Reihen spitziger Körner besetzt. Die Lamellen der letzten
Cyklen sehr dünn und siebartig durchlöchert.
Fünf vollständige Cyklen von Radiallamellen; jene eines sechsten
Cyklus sind nur theilweise entwickelt. Die Lamellen der ersten drei
Cyklen sind beinahe gleich entwickelt und reichen bis zur Axe. Das-
selbe ist der Fall mit jenen Lamellen, die beiderseits den primären
und secundären zunächst liegen, wodurch bei den ersten zwei
Cyklen das täuschende Ansehen dreizähliger Ründel hervorgebracht
wird, deren Mittellamelle sich gegen das Centrum des Sternes hin
verdünnt, während die seitlichen sich umgekehrt verhalten, nämlich
an der Peripherie dünn sind , gegen die Axe hin aber etwas dicker
werden. Im äusseren Theile sind sie mittelst der grösser werdenden
Körner der einander zugekehrten Seitenflächen mit einander ver-
wachsen, sonst aber frei. Die die tertiären Lamellen zunächst begren-
zenden stossen mit den vorerwähnten unter sehr spitzigem Winkel
zusammen, ohne mit ihnen zusammenzufliessen. Die übrigen Septal-
lamellensind von sehr ungleicher Grösse, zum Theile sehr kurz und dünn
und divergiren nur wenig; nur jene der vierten und fünften Ordnung
erscheinen schwach gegen jene der vorhergehenden Cyklen gekrümmt.
484 Reuss.
Die beschi'iebene Species kommt, wie es scheint, nicht selten
im unteren Meeressande von Waldböckelheim bei Kreuznach und von
Weinheim vor.
4. Balanophjllia inaequidens m. (Taf. II, Fig. 9 — 1 1). Sie ist der
vorigen Species wohl in manchen Beziehungen ähnlich, weicht aber
doch sehr wesentlich davon ab.
Der becherförmige Polypenstock (von 6 — 8'" Breite und 7-5
— 11'" Höhe) verschmälert sich nach abwärts allmählich zu einem
drehrundeii Stiele, der sich an der Anheftungsstelle wieder etwas
ausbreitet. Der obere Theil ist schwach zusammengedrückt, so dass
der Zellenstern breit elliptisch erscheint, ohne aber, wie bei der
vorigen Species, in der Mitte eingebogen zu sein. Der kürzere
Durchmesser des Sternes verhält sich zu dem längeren beiläufig
wie 3 : 4.
Die Aiissen\\ and ist in der unteren Hälfte mit einer unterbro-
chenen dünnen querstreifigen Epithek, in der oberen Hälfte aber mit
dicht gedrängten feinen, etwas gebogenen Längsrippen bedeckt, die
aus einer Längsreihe scharfer Körner bestehen und sich nach oben
in 2 — 4 Äste spalten.
Der Zellenstern ist nur seicht vertieft und zeigt in der Mitte
die quer-verlängerte, stark entwickelte spongiöse Axe mit convexer
unregelmässig gekörnter Oberfläche. Besonders an manchen Exem-
plaren erreicht die Axe eine so starke Entwicklung, dass ihre Breite
mehr als einen Viertheil der Gesammtbreite des Zellensternes aus-
macht.
Die Badiallamellen sehr zahlreich, weniger dünn als bei der
vorigen Species. Fünf vollkommene Cyklen; ein sechster ist nur
theilweise entwickelt. Die Lamellen der ersten zwei Cyklen sind
vollkommen gleich entwickelt; sie reichen bis zur Axe und ver-
dünnen sich in ihrem Verlaufe nur wenig. Es entsteht dadurch der
täuschende Anschein von zwölf Systemen, der dadurch noch ver-
mehrt M'ird, dass die den genannten Lamellen zunächst angrenzenden
ebenfalls bis zum Centrum reichen und auf diese Weise schon beim
ersten Anblick auffallende dreizählige Bündel bilden, deren Blätter
gegen die Peripherie des Sternes hin durch zahlreiche Querblätt-
chen mit einander verwachsen sind. Die Seitenlamellen dieser
Büschel verdicken sich gegen die Axe hin schwach und entferneq
sich zugleich etwas von der Centrallamelle.
über einige Anlliozoen ans den Terfiärsehidilen des Mainzer Beckens. 485
Die Lamellen des driften Cyklus sind nui- wenig kürzer und
dünner und reichen beinahe bis zur Centralaxe, ohne sie jedoch ganz
zu erreichen. Auch sie bilden mit den gleichmässig entwickelten
beiden Nachbarlamellen dreizählige Büschel, die sich aber mit ihren
freien Rändern nicht so hoch erheben, daher auch weniger auffallend
hervortreten. Die Seitenlamellen sind viel kürzer als die mittlere,
divergiren etwas und verbinden sich am inneren Ende mittelst Quer-
fäden mit den zunächst gelegenen Lamellen der benachbarten pri-
mären und secundären Büschel. In dem dadurch begrenzten triangu-
lären Räume liegen die sehr kurzen und dünnen Lamellen der jün-
geren Ordnungen. Alle sind am äusseren Ende vielfach durch Quer-
fäden mit einander verbunden.
Die Lamellen der ersten drei Cyklen sind am oberen freien
Rande nur fein gezähnelt, während die sie begleitenden Seiten-
lamellen viel grössere und ungleiche Zähne tragen.
Die Seitenflächen sämmtlicher Lamellen sind mit schrägen
Reihen spitziger ziemlich gedrängter Körner besetzt.
Selten im unteren Meeressande von Weinheim.
5. Balanophyllia fascicalaris m. (Taf. II, Fig. 12 — 14). Neben
den beschriebenen zwei Arten von Balfmophyllia kommt bei Weinheim
noch eine dritte vor, welche der B. inaequidens sehr nahe steht. Sie
ist ebenfalls becherförmig und verschmälert sich abwärts in einen
kurzen Stiel, dessen Dicke beiläufig den halben Durchmesser des
Sternes beträgt. Die Aussenwand ist in ihrer unteren Hälfte durch
eine feine, querstreifige Epithek verhüllt. Die obere Hälfte zeigt
sehr zahlreiche, gedrängte und feine Längsrippchen , die aus einer
Reihe feiner Körner bestehen und sich zum Theile in verschiedener
Höhe gabelförmig spalten.
Der Umriss des nur seicht vertieften Sternes nähert sich schon
mehr dem Kreisförmigen, indem sich die beiden Durchmesser wie
6 : 7 verhalten. Die spongiöse Axe nur wenig entwickelt, quer ver-
längert (bis zu einem Drittheile der Sternlänge), schmal, mit wenig
gewölbter Oberfläche.
Sechs vollständige Cyklen von Septallamellen , die eine auffal-
lende büschelförmige Anordnung zeigen, indem die Lamellen der
ersten vier Cyklen mit den gleichmässig entwickelten beiderseitigen
Nachbarlamellen dreizählige Bündel bilden. Die primären und secun-
dären Lamellen sind auch hier wieder gleich ausgebildet, fast in
486 Reuss.
ihrer gesammten Lät.ge gleich dünn; die ersteren mit den Lamellen
der zehnten, die anderen mit jenen der eilften Ordnung — im äus-
seren Theile durch zahlreiche Querfäden — büschelförmig ver-
bunden. Die ffenannten Seitenlamellen haben mit den Centrallamelien
der Bündel gleiche Dicke, verdicken sich gegen das Centrum hin
nicht, divergiren aber etwas, wenn auch nur sehr wenig, und
schmelzen mit den zunächst nach aussen gelegenen zuweilen , ehe
sie sich mit der Axe verbinden, zu einem Blatte zusammen.
Die tertiären Lamellen erreichen die Mitte des Sternes nicht
ganz und bilden mit jenen der 13. und 14. Ordnung, welche aber
viel kürzer sind und mit den angrenzenden der 10. und 11. Ordnung
winklig zusammenstossen, wieder dreizählige Bündel. Ähnliche, aber
viel kürzere Bündel stellen die Lamellen der 4. und 5. Ordnung in
Verbindung mit jenen der 12., 15., 16. und 17. Ordnung dar. Die
Lamellen endlich der 6. bis 9. Ordnung stehen einzeln und sind sehr
kurz und dünn.
Sämmtliche Lamellen zeichnen sich übrigens dadurch aus, dass
sie sehr dünn sind, in ihrer ganzen Länge fast gleich dick bleiben
und einen sehr fein gezähnelten oberen Rand besitzen. Zunächst dem
Sternrande sind die meisten mittelst zarter Querlamellen mit ein-
ander verbunden.
Der fast kreisrunde Umriss des Zellensternes, die weit gerin-
gere Entwicklung der Axe, die sehr regelmässig büschelförmige
Anordnung der Lamellen, die dünne und feine Zähnelung am oberen
Rande derselben bilden die Hauptunterscheidungsmerkmale der in
Rede stehenden Species von der B. inaequidens m.
Sehr selten im unteren Meeressande von Weinheim.
ß. Placopsammia nov. gen. Soviel sich aus den wenigen unvoll-
kommen erhaltenen vorliegenden Exemplaren erkennen lässt, kommen
sie in den meisten Charakteren, die von der Form des Polypen-
stockes und der Anordnung der Septallamellen hergenommen sind,
mit Lobopsamnua M. Edw. el H. überein. Nur in Beziehung auf
die Axe findet ein L uterschied Statt. Dieselbe ist nämlich nicht
spongiös, wie beider letztgenannten Gattung, sondern stellt eine
eintitche Lamelle dar. Am tieferen Querschnitte der Äste des Polypen-
stockes ninmit man jedoch wahr, dass dieselbe dort nicht compact
bleibe wie in ihrem oberen Theile, sondern sich vielmehr in eine
Reihe neben einander liegender gebogener Säulchen auflöse. Es
über einige Anlliozoen aus den Tertiärschichten des Mainzer Beckens. 487
wäre also sehr leicht möglich, dass das innigere Verschmelzen
derselben nur durch das Zusammengedrücktsein der Polypenzellen
hervorgebracht werde und mithin kein eigentlicher Unterschied
zwischen der Axe der Lobopsammien und jener unseres Fossiles
stattfinde. Ich stelle daher die Gattung Placopsammia nur provi-
sorisch auf, bis vollständigere Exemplare die derzeit noch obwalten-
den Zweifel lösen werden.
Placopsammia dichotoma. m. (Taf. 2, Fig. 15— 17).De^Species-
name ist von der Gabeltheilung des niedrigen, nurO'75 — 1" hohen,
wenig ästigen Polypenstockes abgeleitet. Die Äste sind zusammen-
gedrückt, im Querschnitte elliptisch, mit sehr schmalen, unregel-
mässigen, wurmförmig gebogenen, gekörnten Längsrippchen dicht
bedeckt.
Die wenig vertieften Sternzellen besitzen dieselbe elliptische
Form. Die Axe wird durch eine einfache Lamelle gebildet, deren
Länge beiläufig ein Drittheil des längeren Durchmessers des Zellen-
sternes beträgt. Im unteren Theile besteht dieselbe aus wenigen in
einer Reihe stehenden dünnen gebogenen Säulchen.
Vier vollkommene Cyklen von Septallamellen, zu denen in einigen
Systemen noch Lamellen der 6. und 7. Ordnung hinzukommen. Sämmt-
liche Lamellen sind beinahe gleich dick; die jüngeren verschmelzen
am inneren Ende mit den älteren.
Sehr selten im unteren Meeressande von Waldböckelheim bei
Kreuznach.
Erklärung der Abbildungen.
Taf. I.
Fig. i. Cyathina brevis m. Vergrösserte Seitenansicht.
« l. Dieselbe; stärker vergrösserte Ansicht des Zellensternes.
„ 3. Coenocyathus coslellatus m. Seitenansicht des Polypenstoekes in n;.
türlicher Grösse.
„ 4. Derselbe. Vergrösserte Ansicht des Zellensternes.
„ ö. Ein Stückchen der gerippten Aussenwand, vergrösseit dargestellt.
„ b. Balamphylha sinuata m. Seitenansicht in natürlicher T.rösse.
7. Vergrösserte Sternansicht derselben.
y, 8. Ein Stückchen der Aussenwand vergrössort.
Reu SS. Über einige neue AnUio/.oen aus den Tertiärschichten etc.
Taf. II.
Fig. 9. Bnlanophyllia inaeqnidens ni. Seitenansicht in natürlicher Grösse.
„ 10. Vergrösserte Ansieht des Zellensternes.
„ li. Ein Stückchen der Aussenwand vergrössert.
„ i2. Balanuphyllia fascicularis m. Seitenansicht in natürlicher Grösse.
,, 13. Vergrösserte Sternansicht derselben.
„ 14. Ein Stückchen der Aussenwand stark vergrössert.
„ 1.5. Placopsammia dichotoma n\. Seitliche Ansicht des Polypenstockes in
natürlicher Grösse.
„ IG. Vergrösserter Querschnitt eines Astes.
„ 17. Ein Stückchen der Aussenwand vergrössert.
HiMils l'clter f iiiiijf AiilliOÄden aus de/i Tcilii'ir.sclnclih'n (U'S M.iiir/.cr IJcrkeiis 'r«i('.l
Aui d.ic.k.Hof u. Stj.atädruckcrei^
:Jitaung'sb.(tk.Aka(l.(i.W. math. iiaturw.Cl. XXXVid.N" 12 1«J9.
Reufj». Heber einige Anthoaoen ems den Tertiarsehirhten des Mainxer Beckens. Taffl.
.Siiauii^sb.d kAkad.ri W inath. iialiinv Cl.XAXVBd.N? 12. 1859.
V. Perg-er. Über die LichtempfiiKlIichkeit des Asplialts. 489
Über die Lichtempfindlichkeit des Asphalts.
Von A. R. V. Perger.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 7. April 18S9.)
Der immer grössere , ja beinahe reissende Fortschritt, den die
Photographie in Europa und Amerika macht, der gigantische Flug,
mit dem sie schon die ganze Erde umkreist, indem es kaum eine
bedeutende Hafenstadt gibt, in welcher sich nicht Photographen be-
finden, die ungewöhnliche Theilnahme des Publicums — denn wel-
cher Salon könnte nunmehr ohne Lichtbilder bestehen — so wie die
unbedingte Nothwendigkeit, künftig alle wissenschaftlichen Abbil-
dungen auf dem Wege der Photographie zu machen, da nur diese
allein die absolute Wahrheit wiedergibt, verleihen dieser Schwester
des Telegraphen und der Eisenbahn eine Wichtigkeit, die wohl nicht
erst weitläufig aus einander gesetzt und bewiesen werden darf,
mdem sie ohnehin zu tief in dem Interesse jedes einzelnen Gebil-
deten liegt.
Ein besonderer Fall, und vielleicht ein psychologischer, darf
hier nicht übergangen werden. Alle Methoden, welche Vervielfäl-
tigung von Abbildungen bezweckten, hatten mehr oder minder Mühe
sich durchzuringen und Anerkennung zu verschaffen. Wie dürftig
stehen z. B. die Incunabeln der Kupferstecherei da, wie kümmerlich
die ersten Metallschnitte und Xylographien ; welche mühseligen Kämpfe
hatte Sennefei der mit seiner Lithographie durchzumachen, bis sie
nureinigermassenden Widerwillen überwand, den man ihr fast überall
entgegensetzte, nur die noch jugendliche Photographie zieht wie
eine Fürstin, durch aller Herren Länder; allenthalben bildeten sich
grosse photographische Gesellschaften, in Frankreich gibt es kaiser-
liche Photographen, in London steht der Gemahl der Königin an der
Spitze des dortigen Vereines und selbst das grosse Publicum, das,
von den früheren, schmeichelnden Miniaturportraiten verwöhnt, an-
fangs etwas scheu vor den grauen, ungeschminkten Daguerreotypien
Sitib. (I. inaUieiii.-iiatiiiw. n. XXXV. Bd. Nr. 12. 34
490 ^- Perger,
und photographisc'hen Bildnissen zurück zu treten schien, gewöhnte
sich im Verlauf von wenigen Jahren so sehr an die Lichtbilder, dass
die einst so beliebte und oft so verschwenderisch bezahlte Miniatur-
malerei allmählich verschwindet. Und was ist die Ursache dieser
schnellen Verbreitung der Photographie? Gewiss nichts anderes,
als eben ihre, anfangs freilich etwas erschütternde Natürlichkeit,
ihre Wahrheit, ihie Unbedingtheit, die zuletzt jedermann mit fort-
reisst, dessen Auge nicht für immer und ewig verblendet ist.
Bei einem so bedeutenden, so sehr in die Kunst und so ernst in
die Wissenschaft eindringenden Gegenstand wie die Photographie,
tauchten nun auch nothwendiger Weise zwei höchst wichtige Fragen
auf. Die erste derselben betrifft die Dauer der erhaltenen Bilder
und die zweite die möglichstleichte Vervielfältigung derselben.
Beide Fragen wurden von den tüchtigsten Fachmännern ergriffen,
ihre Lösung angebahnt und es würde gewiss nicht ohne Interesse sein,
hier eine ausführliche Geschichte aller dieser Versuche hinzustellen,
wenn es von dem eigentlichen Zweck dieser Zeilen nicht zu weit
abführte. Indessen kann ich doch nicht umhin, einiges über die
Dauer gewisser Arten von Lichtbildern zu erwähnen, da man bei
dem rastlosen Streben nach vorwärts , noch nicht Zeit gefunden zu
haben scheint einen Blick nach rückwärts zu machen, um das auf-
zuzeichnen, was sich hinterher an jenen Lichtbildern ergab. Fast alle
positiven Bilder der ersten Periode der Photographie, sowohl jene
mit gelblichem als braungelbem (v. d. Farbe der gebrannten Terra
di Siena), als jene mit violettem, oder besser bezeichnet: mit tinte-
farbigem Ton, zeigen eine fortwährende Thätigkeit der auf oder
i n dem Papiere befindlichen Chemiealien, woraus hervorgeht, dass
der durch das Licht eingeleitete und durch Hervorrufen und Fixiren
fortgesetzte Process nicht gehörig abgeschlossen wurde. Jeder von
uns hat in seinem photographischen Portefeuille derlei Bilder, an
denen sich hauptsächlich zweierlei Vorgänge zeigen, nämlich ein
allmähliches Verbleichen des Bildes, ein Verschwinden der Halb-
töne und Übergänge, so dass endlich nur mehr die Hauptschatten,
und diese oft scharf herandet dastehen, und andererseits ein eben so
allmähliches Dunklerwerden, Nach gelben des Hintergrundes, der
Luft oder des ganzen Papiers. Beide Erscheinungen rühren von der
hastigen Fixirung und vom mangelhaften Auswaschen des Natron her,
welches mit der Zeit, an und lür sich vergilbend, alle jene Halbtöne
ÜliPi- die Lichfempfindlichkeit des As|ihaUs. 491
und Übergänge verzehrt und znletzt die Schatten selbst angreift, so
dass am Ende nnr noch ein „bleiches Angedenken" an das einstige
Bild auf dem Papier zurückbleibt.
Eine höchst schätzenswerthe Ausnahme und einen Beleg dafür,
dass nur durch die eigensinnigste Beinlichkeit dauerhafte Bilder
erzeugt werden können, liefern Adolf Braun's dreihundert, in
ihrer Art bisher noch unübertroffene Photographien von Blumen-
sträussen und Kränzen, die er schon ^) im Jahre I800 vollendet
hatte und an denen sich bis jetzt, auch mit bewaffnetem Auge nicht
die mindeste Veränderung zeigt. In der neuesten Zeit sind es nebst
der grösseren Vertrautheit mit der Sache und der grösseren Sorgfiilt
im Auswaschen hauptsächlich die Goldchloridlösungen, durch welche
man zu einer grösseren Dauerhaftigkeit der positiven Bilder gelangt,
und den Proben zufolge, welche unsere beiden ausgezeichnetsten Pho-
tographen die Herren C. Lemann und A. Widter lieferten, können
positive Bilder, namentlich nach den jüngsten Versuchen des letzt-
genannten Herrn, eine halbe Stunde lang in einem Bade von Cyan-
kalium liegen, bevor sich eine nachtheilige Wirkung auf dieselben
zeigt •).
Aber nicht nur die früheren Verfahrungsarten mit salpetersaurem
Silberoxyd, sondern auch andere Methoden unterliegen einem all-
mählichen Ausbleichen, und namentlich sind hier die, mittelst doppelt
chromsauren Kali erzeugten Lichtbilder anzuführen. Ich habe der-
selben eine ziemlich bedeutende Anzahl mit strenger Genauigkeit,
und ich kann sagen mit Sicherheit gemacht, so dass ich öfter in Ge-
sellschaft experimentirte um diese einst vielbesprochene Methode
zu zeigen, aber alle Bilder, die sämmtlich einen schönen, tiefen Ton
hatten, sind seit einem Jahre, gleich viel ob mit Gallussäure oder mit
Pyrogallussäure hervorgerufen, gleichviel ob sie auf Eiw eiss, Gummi,
Stärke oder Leim gemacht wurden, bedeutend ausgebleicht, und
wie die vorliegenden Proben darthun, an den unbelichteten Stellen
dunkler geworden. Das durch Gallussäure und schwefelsaures Eisen-
oxydul erzeugte Schwarz (Tinte) hat sich also, obgleich die Bilder
stets in der Mappe lagen und also keiner weiteren Einwirkung des
1) Vergl. Bull, de la societe industr. de Mulhonse. T. 26. p. 31. ^.
2) Ich hoffe nächstens einen Bericht iijjer den Stand der Photographie in Wien /.ii
erstatten nnd werde dabei die Ehre haben die betreffenden Lichtbilder jener Herren
vorziueigen.
34»
492 V. Perger.
Lichtes ausgesetzt waren, entweder von selbst decomponirt, oder es
wurde durch den Einfluss des Bichromats zum Theile zerstört.
Eine Erfindung der neuesten Zeit, welche in den Blättern viel-
fach besprochen wurde, indem man ihr eine bedeutende Zukunft
verhiess, ist jene des Mr. Pounce mit Bichromat, Gummi und Kohle.
Sie hätte freilich, da die Kohle unzerstörbar ist, etwas sehr Bedeu-
tendes für sich; allein den Versuchen zufolge, die ich mit Linden-
kohle, mit Kohle vom Holz des Evonymus europaeus, mit geglühtem
Kienruss und mit Graphit machte , so wie das, dass bis heute noch
keine derlei Bilder in Handel kamen, noch überhaupt sichtbar wurden,
scheint diese Methode noch sehr in ihrem Entwickelungsstadium be-
griffen zu sein. Die Kohle ist nämlich auch in ihren kleinsten Theilen
immer schwarz, immer dunkel, wodurch es schwierig wird, sanfte
Übergänge vom Schatten in das Licht zu erreichen i) und anderseits
hat diese Methode den, besonders in Beziehung auf die Erzeugung
vieler Bilder bedeutenden Nachtheil, dass jedes einzelne Blatt beim
Lösen und Auswaschen eine besondere Tasse für sich verlangt, so
dass man also eben so viele Cüvetten haben muss, als man Bilder
erzeugen will, abgesehen davon, dass die Lösung sehr viele Zeit
fordert, indem sie oft fünf bis acht Stunden dauert.
Ich selbst habe in früheren Jahren viel geätzt und besonders
auf Stahl und Zink. Ich fertigte mir dazu einen Ätzgrund, dessen
Hauptbestandtheil Asphalt war, welchem Mastix und Wachs zuge-
setzt wurde und lernte es nach und nach, mir einen Gussgrund zu
machen, durchweichen das, besonders bei grossen Platten umständ-
liche und oft missrathende Auftragen des heissen Grundes umgangen
wurde, während die Ätzung selbst, mindestens das gleiche, wenn
nicht ein besseres Resultat lieferte, und dies war besonders dann
der Fall, wenn ich, was ich seitdem mehreren Kupferstechern ver-
geblich mittheille, die Platte, nachdem sie radirt war, einige Tage
hindurch dem Sonnenlichte aussetzte.
Auf die Idee, die Platte vor dem Ätzen dem Sonnenlichte aus-
zusetzen, war ich auf folgende Weise gerathen. Ich hatte nämlich
bemerkt, dass bei dem Wegschaffen des Deckgrundes nach voU-
1) Bei den zehn bis zwölf Versuchen, die ich anstellte, konnte icli trotz aller Vorsicht
und Geduld beim Lösen stets nur die höchsten Lichter erhalten, das Übrige fiel
immer aus wie eine Silhouette mit scharfen IJändern uiiil uuaufgelösten Schatten.
über ilie Liilitemplindlii-likeit des A,s|ihalls. 493
bi'jichtem Ätzen, gewisse Stellen jenes Grundes weit schwerer fort-
gingen als andere, ja dass er sich an diesen Stellen gewissermassen
in die Poren des Metalles eingebissen hatte und nur durch Hinzu-
nalinie von Alkohol und durch starkes Reiben entfernt werden konnte.
Als ich nun jene Stellen genauer besah, waren es jene, die während
des Radirens, das mitunter oft Wochen und Monate lang dauern
kann, ann meisten dem Lichte ausgesetzt blieben, während sich die
anderen, die fast immer von dem Auflagetuch bedeckt waren , mit
grösster Leichtigkeit im Terpentinöle lösten. Dieser Reobachtung
zufolge exponirte ich also meine Platten vor dem Ätzen stets dem
Sonnenlichte und die Versuche des älteren Niepce, der sich, wenn
mich recht däucht, ebenfalls mit Ätzungen befasste, und gewiss nur
auf diesem Wege eine nähere Rekanntschaft des Asphalts machen
konnte, waren Relege für meine eigenen Erfahrungen, die eben nur
ich benützte, weil Niemand glauben mochte, dass dieses Harz mit
dem Lichte in irgend einer Verbindung stehen könne.
Der Asphalt i) ist, wie die Harze überhaupt, obwohl sie im
Technischen eine so grosse Anwendung finden, von Seite der Chemie
noch nicht ausführlich genug berücksichtigt worden. Die Ursache
davon mag aber auch in den Harzen seihst liegen, die als eine ganz
eigenthümliche Reihe von Gebilden dastehen und den bisherigen
Agentien und Reagentien ihr Inneres nicht erschliessen wollen. Man
unterscheidet nur, wie bekannt, Hartharze, Weichharze (Ralsame)
und Schleimharze (Gummi), man weiss, dass sie bald gefärbt, bald
ungefärbt sind, dass sie in Äther, in Alkohol, in Schwefelkohlenstoff,
in ätherischen und fetten Ölen löslich, in Wasser aber unlöslich seien,
dass sie bei erhöhter Temperatur in Fluss kommen , dass sie sich
gegen mehrere Alkalien wie Säuren verhalten, dass sie sich verseifen
lassen, dass jedesHarz durch verschiedenartige Rehandlung mitÄther
und Alkohol in mehrere Harze zerlegt werden kann u. s. w., aber
über ihr eigentliches Wesen ist noch immer der Schleier von Sais
gehüllt. Auch Unverdorben hat durch seine Untersuchungen
*) Es führt den Namen von dem tacus asphalticus , dem todten Meer, wo man es
zuerst fand und in Handel brachte ; und dieses hat seine Benennung' von äjcfiXsia
Sicherheit, Gefahrlosigkeit, ajcfaXv); feststehend, sv äj^aXeT in Sicherheit, weil sich
in demselben leicht schwimmen lässt und viele Körper hier nicht untergehen, die
in anderen Gewässern sinken. Des öjtpaX-oc erwähnt Herodot VI, 193, VF, 119.
Strabo XVI, 1 und Plat. Leer. 99.
494 V. Perger.
mehrerer Harze zwar das Wissen und die Kenntnisse erweitert, die
Sache selbstaberdurchaus keinem bestimmten Ziele entgegen gefüiirt,
sondern vielleicht nur auf einen künstlicheren Standpunkt ge-
stellt.
Dass der Asphalt von den Ägyj)tern zur Balsamirung der Leich-
name, namentlich zur Ausfüllung der Gehirnhöhle u. s. w. benützt
wurde, bedürfte eigentlich nicht erwähnt zu werden, eben so, dass
man es zu dem Bestreichen der Schiffe verwendete i)- Nicht minder
bekannt ist, dass es die Maler anfangs als „Mumie" und später, mit
Mastix und Leinölfirniss versetzt, als Ölfarbe, und zwar bis auf den
heutigen Tag benützten, da sich diese Farbe, wegen ihres warmen,
durchsichtigen Tones , durch kein anderes Braun ersetzen lässt.
Was aber hier berührt werden muss, das ist sein Nachdunkeln,
wodurch es auch die mit ihm gemischten Farben trübt und zuletzt
zerstört, und somit abermals seine Beziehung zum Lichte kund gibt 2).
Noch zur Zeit des Bu bens, Bembrandt und Teniers scheint
msin übrigens der Asphalt einer eigenen Behandlung unterworfen zu
haben, durch welche es von seinen schädlich nachwirkenden Theilen
befreit und somit unwandelbar wurde , Avovon die Gemälde jener
Meister die besten Belege liefern. Leider ist diese Methode, so wie
die frühere Behandlung des Zinnobers u, a. m. verloren gegangen,
seitdem die Maler zu vornehm wurden, um ihre Farben selbst zu
bereiten und ihre Besorgung den Handwerks - und Handelsleuten
überliessen.
Bei älteren Schriftstellern ist nichts oder nur sehr wenig über
den Asphalt zu finden. Von Theophilus Presbyter, von Cennino Cen-
nini u. A. wird er nicht genannt, und ebensowenig die Mumie. Auch
die Autoren des XVI. Jahrhunderts bringen nur wenig. Solms
•) Die Chinesen verfertigen, wie alles was sie produeiren, schon seit sehr langer
Zeit aus dem Asphalt einen aiisgeieichnet schönen schwarzen Firniss. Vergleiche
Pomet, Hist. generale des drnyues. Paris 169S. Fol. p. 80.
■■*) Nichts kann dem Maler ein deutlicheres und rascheres Bild vom Naclidiinkeln
geben als 'Jas, die Verbindung mit einer organischen Substanz dem Lichte aus-
gesetzte doppelt clnonisaure Kali ; denn das Bild mit seinen Übergängen entsteht
nur durch das Dnnklerwerden des Bichroniates. Die hier in wenigen Minuten auf-
tretende Wirliung erscheint bei dem Asphalt, so wie bei dem dunklen Oker, der
gebrannten Terra di Siena u. s. w. erst nach Monaten und Jahren, ebenso wie bei
vielen siceativen Ölen und namentlich dann, wenn die Verliarzung langsam vor sich
ging.
über die l-ichteiiipfiiidliclikeit .l.-.s Asi.lialts. 495
erwähnt in seinem Kriegsbuch (Bd. III, fol.40) des Asphalts bei einem
Reeepte zur Anfertigung- dos (griechischen?) Feuers und (fol. 44)
bei Vorfertigung der Feuerpfeile. Als Heilmittel wurde er zum Rei-
nigen und Schliessen der Wunden , zur Förderung der weiblichen
Menstrua, dann gegen Keuchen, Seitenweh, Zahnschmerzen, rothe
Ruhr, gegen Schlangenbisse und sogar gegen die Lustseuche ange-
wendet. Auch der Sage und dem Aberglauben konnte dieses Harz
nicht entgehen, es war ja durch den Untergang von Sodom und
Gomorha entstanden. Die Steine des Thurmes von Babel sollen da-
mit gekittet gewesen sein, der Asphalt bildet den eigentlichen und
rechten ..Zunder" der feuerspeienden Berge, und Dinge die damit
an einander geklebt sind, können durch nichts getrennt werden, als
durch einen Faden , der in weiblichen Menstruum getaucht ist i).
Der sonst so wohl unterrichtete Beckmann -) rechnete den Asphalt
noch zu den Mineralien, Thenard^) gibt nur die allgemeinsten Kenn-
zeichen und die Schmelzgrade an und Sutton in seinem Dictionary
of Photography (London 1855, S«-, p. 28) fertigt den, schon durch
den älteren Niepce für die Geschichte der Photographie so wichtig
gewordenen Asphalt mit folgenden lakonischen Zeilen ab :
„This is an indurated bitumen, found in Juden, the West-
Jndies , South- America and other places . . It mny be purified
by bowling it in ivater, when the asphalt melts and floats upen
the surface, ivhile the impurities subside."
und vergisst bei seiner flüchtigen Arbeit, dass der Asphalt einen
höheren Hitzegrad zum Schmelzen, als das Wasser zum Sieden be-
darf, und so ist derjenige, der sich daran wagte die ersten näheren
Versuche über die Lichtempfindlichkeit dieses Harzes, von welchem
auch Land grebe in seinem Werke „Über das Licht" (Marburg,
1 834, 8o-) völlig schweigt, sowohl in theoretischer als in praktischer
Beziehung ganz auf sich selbst, auf sein Glück und auf seine Geduld
angewiesen.
1) Vergl. Zedier, Univ.-Lex. s. Bitumen. Das Wort Bitumen (Plinius) soM von '^i'ov
stammen. Bitumen Judaicum, Bitumen baijylonit'um (Suliatkamer der drogbereidende
geneeskonst. Leyden 1741, V. III, p. 169), zu deutsch Judenliarz, Judenpech, Juden-
leim „weil es von dem Juden Meer und am Ufer desselben aufg-esaramelt wird." (Marx,
Verbesserte teutsche Material-Kammer. Nürnberg 1609. 8", p. 173.)
2) Waarenkunde. Göttingen 1793. S"-, B. 1, p. 373.
3) Chimie. Paris 1824. 8"-, 3 Vol ; in Vol. IV, p. 342.
496 ^- Perger.
W 0 1 1 a s 1 0 n hatte im Jahre 1803 *) die Eigenschaft des Quajak-
harzes entdeckt, sich unter dem Einflüsse des Lichtes dunkler zu
färben, eine Erscheinung, welche von J. F. W. Herrschel, der von
den damaligen Lehrsätzen der Optik beherrscht, auf keine chemische
Wirkung des Lichtes eingehen wollte, einzig und allein den Ein-
flüssen der Warme zugeschrieben wurde •). Im Jahre 1814 machte
der, schon mehrmal genannte Jos. Nicephore Nie pce von Chälons
die ersten Versuche mit einer Asphalt-Lösung, welche bis zum Jahre
1829 manche Verbesserungen erhielten. Er löste gepulverten Asphalt^)
in Lavendelöl und trug die Lösung mittelst eines Tambons in einer
dünnen Schiebte auf eine versilberte Platte, welche er, nachdem sie
getrocknet war, in der Camera durch acht Stunden exponirte. Der
vom Lichte nicht veränderte Asphalt wurde durch eine Mischung von
Lavendelöl und Naphta entfernt, die Platte mit Wasser abgespült
und dann — höchst vorsichtig — geätzt. Der ganze Vorgang war
sehr umständlich und die Platte musste selbst vor dem Athem des
Operirenden geschützt werden.
Am 23. Mai 1853 legte Niepce de St. Victor der Pariser Aka-
demie eine Abhandlung über die Fortschritte vor, welche er in diesem
Zweige der Photographie in Verein mit dem Kupferstecher Lemaitre
gemacht hatte. Dieser letztere übergoss die zu belichtende Stahl-
platte zuerst mit Chlorwasserstoifsäure, umdenFirniss besser darauf
haften zu machen, den er auf die oben angeführte Weise auftrug.
Zur Ablösung gebrauchte Niepce drei Theile Naphta und einen Theil
Benzine und dann folgte das Übergiessen mit Wasser. Als Atzmittel
gebrauchteLemaitr e einen Theil Salpetersäure, acht Theile Wasser
und zwei Theile Alkohol; zum Schutz des Lichtbildes aber ein
Staubkorn, wie bei der Aquatintamanier. Die Proben, weiche die
beiden Herren vorlegten, waren aber, wie es in den Schriften der
franz. Akademie heisst „eticore imparfaites" .
Niep'Ce erschien dann neuerdings am 30. October 1853 und
am 2. October 1854 in der Pariser Akademie mit abermaligen Än-
derungen und Verbesserungen, unter denen besonders die sogenannte
Fumigation (Andampfung) hervorzuheben ist, durch welche man
den Lichtbildern mehr Widerstandsfähigkeit gegen das Ätzmittel
ij Vergl. Gilbert'» Annal. T. 39, p. 291.
2) Vergl. Landgrebe a. a. 0. p. 283.
3) Vergl. Acad. des sciences. Paris 3. Dec. 1829.
über die Lichtempfiiidliclikeit des Asphalts. 4^7
verleihen wollte. Der Unerniüdlielie trat am 12. März 1855 noch
einmal vor die Versammlung, indem er .lodwasser als Ätzmittel an-
empfahl 1).
Niepce nennt den Asphalt von Judäa den besten, unterscheidet
aber von dem im Handel vorkommenden zwei Arten, nämlich einen
für das Licht sehr empfindlichen und einen minder empfindlichen,
welche beide er auf folgende Art kennzeichnet:
a) s e h r e m p f i n d I i c h e r, b) \\ e ii i g e m p f i n d 1 i c h e r Asphalt.
Farbe: röthlich schwarz; . . . . gelblich roth-schwarz.
Bruch: muschelig, sehr glänzend; . . matter, mit Pechglanz.
Pulver: rothbraun; gelbbraun.
Schmelzgrad: 170 — 175» C. . . 90» C.
Bei der Destillation geht sehr . . die Destillation gibt mehr als
wenig ölige Flüssigkeit über; die Hälfte ein klares, das
Papier befleckende Öl.
löst sich in Terpentin sehr langsam, . .löst sich alsogleich in Ter-
dieser bleibt noch nach einer pentin und färbt ihn schnell
Stunde ungefärbt; braun,
kommt im Handel nur in kleinen . . ist in grossen Stücken zu fin-
Stückenvor; den uhd sehr häutig.
Im Jahre 1856 -^ machte Robert Macpherson seine für den
Steindruck bestimmte Asphaltmethode bekannt. Er pulverisirt ein
Stück Judenpech von beiläufig li/o Kubikzoll, gibt das Pulver in eine
grosse Flasche und giesst sechs Unzen Schwefeläther darauf, schüttelt
die Flasche durch zehn Minuten, lässt sodann die Flüssigkeit ruhen,
bis sich der ungelöste Asphalt wieder setzte, und schüttet den braun
gewordenen Schwefeläther wieder ab, da diese Lösung für das Licht
unempfindlich ist. Dann giesst er abermals sechs Unzen Schwefel-
äther auf den Rest in der Flasche, die er hierauf durch eine Viertel-
stunde schüttelt, wonach die Lösung filtrirt, auf den lithographi-
schen Stein gleichförmig ausgebreitet, exponirt und das Bild zuletzt
in einem Bade von Schwefeläther gelöst wird.
*) Monkhoven hat seinem Traite generul de Photographie (Paris 1836, 8*) ein kleines
von Ch. N'egre in dieser Manier geätztes Blatt, das Hotel Cluny beigegeben. Es
erinnert sehr stark an die Daguerreotyp-Atzungen des Professors ßerres.
■^} Photoyraphical Society of Scotland, 9. December .
498 V. Peiger.
Auch Professor Ramsay in Glasgow ') löste den Asphalt in
Schwefeläthei" und ühergoss Mef allplatten damit, die er aber nach
der Belichtung nicht sogleich ätzte, sondern vorerst in ein goldhal-
tiges galvanisches Bad legte. Allein alle diese, in einzelnen Fällen
vielleicht ganz glücklichen Versuche mit der Lichtempfindlichkeit
des Asphalts konnten sich keine weitere Bahn brechen, und blieben
nur sehr schätzbare Experimente, die in diesen Zeilen, wo es sich
ausschliesslich um die Einwirkung des Lichtes auf den Asphalt han-
delt, nothwendig angeführt werden mussten.
Die ersten Versuche die ich im April 1857 mit einer Asphalt-
lösung auf einer Zinktafel machte, fielen betrübend und anregend
zugleich aus, denn an einer Stelle der Tafel zeigten sich die Striche
— ich hatte nämlich einen Kupferstich aufgelegt — vollkommen klar
und deutlich, und das Metall lag nach der Lösung vollkommen blank,
während dicht daneben andere Stellen stumpf und verschwommen,
und wieder andere ganz unempfindlich geblieben waren. Ich schrieb
diese Verschiedenheit des Erfolges auf einer und derselben Tafel
dem ungleichen Auftragen des Asphalts mit dem Tambon zu, konnte
aber doch zu keinen besseren Resultaten gelangen, als ich denFirniss
mittelst eines äusserst weichen Kameelhaarpinsels auftrug und aus-
Hiessen Hess. Dasselbe war der Fall, als ich vom Metall auf den litho-
graphischen Stein überging, und oft hatte ich das Missgeschick, sehen
zu müssen, dass die ganze Asphaltfiäche vollkommen unempfind-
lich für das Licht geblieben war. Diese unangenehmen Erfahrungen
machten mir nun allmählich klar, warum die mit Asphaltlösungen
gemachten Experimente Niepce's, Macpherson's und Anderer, keine
weitere Verbreitung fanden ; denn ein gutes Bild hing absolut von
der Güte des Asphalts und von dem Zufall ab, ein lichtempfindliches
Stück dieses Harzes in die Hände zu bekommen. Nichts desto minder
Hess ich mich von all den erwähnten Unfällen nicht beirren, sondern
beschloss imGegentheile die einmal eingeschlagene Bahn in zweierlei
Richtungen zu verfolgen und zwar:
Erstens der Asphalt, gegen dessen Dauerhaftigkeit wohl nur
wenig einzuwenden ist, da wir Gemälde besitzen, die mehr denn
zweihundert Jahre alt sind , auf denen es so klar und unverändert
») Rep. of british, Assoe. Sect. p. 69. Diugler's Pol. Jourii. Bd. 138, p. 393. Martin.
Phologr. p. 183.
über die Lichteriipfindlichkeit des Asphalls. 409
dasteht, als sei es erst gestern aufgetragen, und es übrigens, bei
dem Ätzen von Kuplerplaften, der Schwefelsäure oder Salpetersäure
vollkommen widersteht, auf eine Weise zu benutzen, an welche
bisher noch niemand dachte, nämlich zur Erzeugung von positiven
Bildern; und
zweitens dieses Harz, Melches so ungleich vorkommt,
dass schon dadurch jede ausgebreitete Benutzung desselben in der
Photographie verhindert wird, in der Art behandeln zu lernen, dass
aus jedem vorkommenden Asphaltstücke die für das Licht un-
empfindlichen Bestandtheile ausgeschieden und die licht-
empfind liehen bewahrt würden.
Wohl manches Hundert von Geduld und gute Laune raubenden
Versuchen war nöthig, um diesem Doppeltziele nur einigermassen
entgegen zu kommen, welches mir um so schwerer zu erreichen
schien, als mir nur sehr dürftige Mussestunden zu Gebote stehen,
und der Feind des Photographen, der langwierige und langweilige
Winter, alljährlich eine Epoche eintreten lässt, in welcher man an
allen photographischen Experimenten verzweifeln könnte. Indessen
glaube ich nunmehr in der Lage zu sein , mehrere Asphaltogramme
vorlegen zu können , theils um die bisher nicht beachtete Anwend-
barkeit des Asphalts zu positiven Lichtbildern thatsächlich zu be-
legen , und andererseits um mir in dieser Richtung die Priorität zu
wahren , auf die man in unseren eilenden Tagen so viel zu halten
scheint.
Über das Asphalt machte ich folgende Erfahrungen, die ich bis-
her nirgends aufgezeichnet fand und von denen einige vielleicht mit
manchen, Schwarz auf Weiss zu lesenden Stellen nicht ganz über-
einstimmen mögen.
Das Asphalt ist in Alkohol unlöslich. Der .4]kohol färbt sich
in Berührung mit dem Asphalt, selbst nach mehreren Tagen nicht.
Eben so wenig hilft die Erwärmung. Bei grösserer Erhitzung ver-
flüchtigt sich der Alkohol und der Asphalt beginnt zu einem spröden
Klumpen zu schmelzen.
Der Asphalt ist in Benzine vollkommen löslich, d. h. das
Benzine löst alle Bestandtheile des Asphalts mit Raschheit auf.
Eine Benzinelösung ist daher nur für solche Lichtbilder zu verwen-
den, die aus ziemlich starken Strichen bestehen, wie grössere Ku-
pferstiche und feste Federzeichnungen. Beim Übertragen auf Stei n
500 V. Perger.
ist eine starke Atzung, ütlor richtiger ein VN'egheitzen der nnbelich-
teten Stellen mit Phosphorsäure nöthig. Herr Conservator Alb. Came-
sina liess in dieser Weise in der k. k, Hof- und Staatsdruckerei
seine Abbildungen nn'ttehilterlicher Ghisfenster fertigen. Zu Bildern
mit Übergängen taugt die Benzinelösung durchaus nicht, eben weil
das Benzin sowohl die lichtempfindlichen als die für dasselbe un-
empfindlichen Theile des Asphalts auflöst.
Der Asphalt löst sich in Terpenti n allmählich ganz auf und
bekommt, wie bei der Auflösung mit Benzine, einen hellen, gelben
Glanz. Bei der Lösung des Bildes bleibt ein Harz zurück, welches
unempfindlich für das Licht war, und sich weder durch fortgesetztes
Überschütten mit Terpentin noch durch Benzine wegschaffen iässt.
Durch einen Aufguss von Schwefeläther wird die Asphaltschichte zer-
rissen, ohne dass jenes gelbe Harz gelöst würde.
Durch Schwefeläther wird der Asphalt ganz gelöst. Der
Aufguss bekommt eine mehr graue Farbe, mit einem schwachen
oder ganz ohne Glanz. Die Lichteinwirkung ist dieselbe, wo nicht
schwächer als bei den vorigen. Macpherson (vgl. S. 9) schüttet
daher, um das unempfindliche Harz auszuscheiden, die erste,
unbrauchbare Auflösung fort.
Bei der trockenen Destillation des Asphalts zeigten sich mir
vier Hauptbestandtheile desselben.
Zuerst entweicht ein weissliches, trüb durchscheinendes Harz,
welches sich an der Wölbung und dem Halse der Betorte bald nach
der Durchwärmung des Asphalts ansetzt. Es ist, manchen Versuchen
zufolge die ich damit machte, vollkommen unempfindlich für die Ein-
wirkung des Lichtes und erinnert einigermassen an den venetiani-
schen Terpentin oder an das Föhrenharz, wenn dieses aus den ange-
plätzten Bäumen quillt.
Im zweiten Stadium der Destillation beschlägt sich Wölbung
und Bohr der Betorte mit einem braunen (braunrothen oder braun-
gelben) Harz, in welchem sich der lichtempfindliche Theil des
Asphalts befindet.
Ein dritter Bestandtheil ist die gegen Ende der Destillation
in der Vorlage erscheinende ölige Flüssigkeit, von äusserst starkem,
widrigem Gerüche (Theeröl ?), und der vierte, ein schwarzer
etwas klebriger Bückstand, der dengrössten Theil des Volumens aus-
macht und erst nach mehreren Tagen vollständig erhärtet.
über die Lichtempfindlichkeit des Asphalts. 501
Die Verhältnisse dieser vierHauptbestandtheile, die wahrschein-
lich noch manches Mittelglied zwischen sich haben, sind aber in den
verschiedenen Stücken Asphalt durchaus nicht gleich, wie sich denn
bei der einen Destillation eine solche Quantität, des zuerst genannten
bleichen, halbdurchscheinenden Harzes entwickelte, dass ich dessen
zu Geniige gewann um damit die oben erwähnten Versuche zu machen,
während sich ein andermal, bei gleicher Quantität des eingetragenen
Asphalts, nur äusserst wenig an der Retortenwölbung absetzte.
Eine so grosse Quantität öliger Flüssigkeit wie sie Niepce (v. S. 9)
anführt, erhielt ich jedoch nie, sie betrug bei einem Asphaltstücke
von beiläufig 8 Kubikzoll, kaum mehr als i/g KubikzoU. Dass es
höchst interessant gewesen wäre, diese vier Hauptbestandtheile bis
in ihre weiteren Einzelnheiten zu verfolgen, versteht sich von selbst,
allein das lag weit ausser dem Kreise meines Suchens und musste
mit weit ausgedehnteren Mitteln ausgeführt werden, als jene sind
die mir zu Gebote stehen.
Ich habe dann auch Versuche gemacht, den durch Reini-
gung gewonnenen , lichtempfindlichen Theil des Asphalts auf
Stein und Metall zu tragen um auf diesen Stoffen Bilder zu
erhalten, die endlich zu einer weiteren Vervielfältigung führen
dürften. Der Stein war willig und bald bekam ich Bilder mit den
feinsten, sanftesten Übergängen. Ich habe die Ehre, der kaiserl.
Akademie der Wissenschaften zwei dieser Asphaltogramme auf Stein
vorzulegen, die nur noch eines geschickten Lithographen harren, um
geätzt und zum Druck vorgerichtet zu werden, die übrigen musste
ich, des schweren Transportes wegen, in meiner Wohnung zurück-
lassen. Diese Asphaltogramme zeigen eine Milde im Ton und eine
Weichheit die wohl kaum übertroffen werden dürften und die Asphalt-
lage, obwohl sehr dünn, reicht vollkommen hin, dem Anheften des
Gummi an den Stein und selbst einer ziemlich starken Ätzung zu
widerstehen.
Nicht so gut wollte es mir mit Asphaltbildern auf Metall (Stahl
und Zink) gelingen. Der Asphalt schien hier, vielleicht durch irgend
einen galvanischen Vorgang, der sich bei dem Contact des Harzes
mit der Metalltläche entwickelte, bedeutend unempfindlicher gemacht
zu werden, und als ich endlich durch ungewöhnlich langes Exponiren
Bilder erhielt, schob sich bei der Lösung derselben die Harzschichte
schuppenweise ab, bis es mir endlich doch gehmg die hindernden
502 V. P e r g e r. Über die Lichtempfindliohkeit des Asphalts.
Einwirkungen des Metalles gänzlich zu heben. Noch sind diese Pro-
ben auf Metall Eingangs- und Anfangsversuche, die noch mancherlei
Arbeit fordern bis sie so weit gediehen sind, dass sie — kein künst-
liches Ätzen wie mit der Fumigation und dem Aquatintakorn — son-
dern ein ganz einfaches rein chemisches annehmen und vertragen.
Dann aber, und wenn die Abdrücke auch nur halb so fein wären,
wie photographische Positivs wäre das grosse Problem der Verviel-
fältigung vor der Hand zu Genüge gelöst, denn die Metallplatten
haben vor dem lithographischen Stein den grossen Vorzug der leich-
teren Transportabilität , sie bedürfen bei der Aufbewahrung eines
weit geringeren Raumes, geben endlich eine bedeutend grössere Zahl
guter Abdrücke und sind nach dem Gebrauche wohl eben so gut wie-
der abzuschleifen als die Steine.
Die Asphaltogramme auf Papier sind ungemein leicht zu fer-
tigen. V^erlangt man keine rein weissen Lichter, und ist man im
Gegentheile ein Freund von dem was die Maler Ton nennen, so
genügt ganz einfach irgend ein nicht gar zu rauhes Papier, es mag
nun mehr oder minder stark geleimt sein. Will man aber weisse
Lichter, so darf man das Papier nur wie bei den gewöhnlichen
Eiweissbildern behandeln. Man streicht in beiden Fällen die Asphalt-
lösung mit einem breiten, langhaarigen, weichen Pinsel auf das Papier,
lässt sie ausfliessen und trocknen. Bei unpräparirtem Papier fliesst
sie tief in das Gewebe desselben und bei schwachgeleimtem dringt
sie sogar durch ; das Bild ist dann nicht nur auf der Oberfläche,
sondern auch im Gewebe des Papiers. Nach der Lösung wirft man
das erhaltene Bild in reines Wasser, oder spült es so lange mit
Wasser ab, bis alle jene harzigen Theile die nicht zum Bilde ge-
hören, entfernt sind, worauf es zum Trocknen aufgehangen wird.
Alle diese Vorgänge können bei gewöhnlichem Tageslichte vorge-
nommen werden, was wieder eine grosse Bequemlichkeit bietet,
indem der Asphalt, so lange er nass ist, keine besondere Empfind-
lichkeitfür das Licht zeigt. Und so wäre hier in Kürze dieser äusserst
fein fühlende Körper besprochen, der sich andererseits so viele
Fusstritte gefallen lassen muss, nämlich auf dem Glacis draussen, wo
Tausende über ihn hinschreiten ohne nur zu ahnen, dass diese zähe,
pechige, stinkende Masse, deren übler Geruch, wie Plinius sagt,
sogar Schlangen vertreibt, so bis in das kleinste Detail für
die Einwirkungen des Lichtes empfindlich sei! —
HIasiwetz. Üliei- das Chinovin. o03
Über d a a C h i n o v i n.
Von H. Blas i wetz.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 14. April 1839.)
Indem ich vor einiger Zeit eine, vor neun Jahren begonnene
Untersuchung über das Chinovabitter wieder aufnahm i) , fand ich,
dass dasselbe, in Weingeist gelöst, durch die Einwirkung des salz-
sauren Gases einer Spaltung in eine Zuckerart und eine krystalli-
sirte Säure fähig ist, dass also dieser ,^ bis dahin seiner Constitution
nach ziemlich unverständliche Körper in die Classe der Glukoside
zu reihen ist.
Ich übergab von da an, anderweitig viel beschäftigt, die nähere
Untersuchung dieser Spaltungsproducte Herrn Dr. H. v. Gilm, und
von ihm sind die nachstehenden Versuche in meinem Laboratorium
ausgeführt.
Dieselben sind zudem im nächsten Interesse des Herrn Prof.
Roch jeder in Prag unternommen, welcher, in einem umfassenden
Studium der chemisch -physiologischen Verhältnisse der Entwicke-
lungsphasen des Kastanienbaumes begriffen, während desselben
mehrere Körper entdeckte, die, wenn nicht identisch mit dem
Chinovin, so doch ihm in hohem Grade verwandt sein müssen, und
von deren näherer Zusammensetzung Vieles in der Auffassung eini-
ger anderer zusammengehöriger Substanzen abhing.
Er hatte die besondere Güte, die nöthige Quantität des Mate-
rials zur Verfügung zu stellen, wofür ihm hier der verbindlichste
Dank abgestattet sei.
Das Chinovin 2) wird behufs seiner Zersetzung in starkem
Weingeiste gelöst, und in die Lösung getrocknetes salzsaures Gas
*) Vergl. Sitzungsiierichte der kais. Akademie der Wissenseh. in Wien, Bd. XIX.
2) Dieser Name, irre ich nicht, zuerst von Low ig gehraucht, erscheint passender
als „Chinovabitter" oder gar „Cliinovasäure," welcher letztere eine Unrichtig-
keit eiuschliesst.
504 H 1 a s i w e t z.
eingeleitet. Die Flüssigkeit erhitzt sieh bald, und schnell scheidet
sich dann ein weisses Krystallmehl aus, welches man nur abzufiltri-
ren und mit schwachem Weingeist nachzuwaschen braucht, um es
schon von ziemlicher Reinheit zu besitzen. Kühlt man die Chinovin-
lösung während des Dnrchstreichens der Salzsäure künstlich ab, so
bleibt die längste Zeit alles scheinbar unverändert; so wie aber die
mit Salzsäure gesättigte Flüssigkeit erwärmt wird , beginnt die Zer-
setzung, und schreitet so schnell vor, dass in wenigen Minuten sie
auch beendigt ist.
Die Krystalle werden durch Umkrystallisiren aus starkem Wein-
geiste gereinigt. Sie bedürfen zu ihrer Lösung grosse Mengen
Alkohol und anhaltendes Kochen. Die alkoholische Lösung muss
dann durch Destillation coiicentrirt werden, und wenn die Haupt-
masse des Alkohols entfernt ist, fällt der Körper wieder als sandiges
Krystallpulver heraus, ein starkes Stossen der Flüssigkeit verursa-
chend. Auf einem Filter gesammelt und getrocknet, bildet er ein
blendend weisses, glänzend krystallinisches lockeres Pulver. — Die-
sem Körper, der eine, wenngleich schwache Säure ist, gebührt,
wenn man nicht wieder einen besonderen Namen einführen will, der
Name „Chi novasäure", mit dem man bisher das Glukosid zu
bezeichnen pflegte, wohl am meisten, und es sei erlaubt, ihn unter
demselben fortzuführen. Das Verhältniss ist dann: Chinovin (Chi-
novabitter) = Chinovasäure -f- Zucker (minus Wasser).
Die kleinen glänzenden Krystalle der Chinovasäure gehören
nach der gefälligen Bestimmung des Herrn Prof. Grailich dem
rhombischen Systeme, und erscheinen in nahezu regulär sechsecki-
gen Umrissen. Die Blättchen sind sämmtlich parallel einer Pinakoid-
fläche. Der Unterschied vom hexagonalen Systeme lässt sich mit
aller Sicherheit bewerkstelligen.
Die Krystalle sind oft granulirt, und wachsen häufig zu kleinen
körnigen Gruppen zusammen. Die kleinsten Blättchen scheinen noch
Zwillingslamellen zu enthalten. Bei SSOfacber Veigrössei ung wur-
den an einem Blättchen von etwa '/ijo Linie Durchmesser die leb-
hafteste Zeichnung, wie z. B. an Strontiumplatincyanür wahr-
genommen.
Die Chinovasäure ist in Wasser unlöslich und geschmacklos.
Sie löst sich auch in kaltem Weingeist sehr wenig. Zu vollstän-
diger Lösung gehört viel siedender Alkohol. Sie fällt aus solcher
über das Chinovin. SOS
Lösung erst heraus, wenn die Hauptmenge des Lösungsmittels abge-
dampft ist. Wenig löslich in Äther. In Ammoniak löst sie sich leicht,
und ebenso in verdünnten Alkalien. Diese Lösungen haben einen
ausserordentlich hittern Geschmack. Die Ammoniaklösung wird von
Salzen der schweren Metalle gefällt. Zersetzt man die Ammoniak-
lösung mit einer Säure, so fällt die Chinovasäure als gallertige volu-
minöse Masse heraus. Beim längeren Verweilen in der Flüssigkeit
wird sie pulverig. Eisenchlorid färbt die alkoholische Lösung nicht.
Auf Platin erhitzt schmilzt die Säure und erstarrt rissig. Höher
erhitzt stösst sie einen, wie Weihrauch riechenden Dampf aus, brennt
mit Flamme, und hinterlässt keinen Rückstand.
Bezüglich der Elementaranalyse gehört sie zu den schwierig
vollkommen verbrennlichen Substanzen. Die nachstehenden Analysen
sind mit Substanzen von verschiedener Bereitung, bei 100° getrock-
net (sie kann bis 140° ohne Gewichtverlust erhitzt werden) mit
Kupferoxyd im Sauerstoffstrom, oder mit chromsaurem Bleioxyd aus-
geführt :
Grm. Substanz.
I. 0-2987 gaben 0-8061 Grm. Kohlensäure und 0-2655 Grm. Wasser.
II. 0-2690 „
0-7265 „
0-2402
99
99
III. 0-3527 „
0-9471 „
0-3068
99
n
IV. 0-2684 „
0-7215 „
0-2367
99
ff
V. 0-2674 „
0-7233 „
0-2408
W
j?
VI. 0-2667 „
0-7227 „
0-2369
99
5J
VII. 0-2287 „
0-6220 „
In 100 Theilen:
0-2015
>?
99
Berechnet
C48 288'"'7r84
I. n. III. IV.
73-59 73-67 73-23 73-31
V.
73-77
VI.
73-90
vn.
73-73
H38 38 9-74
9-80 9-92 9-66 9-80
10-00
9-98
9-78
Og 64 16-42
— — — —
—
—
—
390 100 00
Kaliverbindung. Versetzt man eine concentrirte Ammoniak-
lösung der Chinovasäure mit starker Kalilauge, so entsteht eine
voluminöse, kleisterartige Ausscheidung des Kalisalzes.
Dasselbe bildet sich auch, wenn man eine verdünnte, klare
Lösung der Säure in Kalilauge in einer Silberschale concentrirt.
Nach einiger Zeit beginnt eine gallertartige Masse des Salzes
herauszufallen. Sie wird sofort durch Leinen abgeseiht und dann
Sitzb. d. malhem.-naturw. Cl. XXXV. Bd. Nr. 12. 35
506 H 1 a s i w e t z.
in einer Sclii'.Tul)eii[H'('sse so stark gepresst, dass sie trocken und
zerreiblieh erscheint. Eine weitere Reinigung ist bei dem Salze
wegen seiner Löslichkeilsverhältnisse nicht möglich.
Es hält sehr hartnäckig Wasser zurück und scheint die letzten
Mengen erst zu verlieren , wenn es dem Punkt seiner Zersetzung
nahe ist. Die Analysen beziehen sich auf ein Salz, welches bei 1H0°
getrocknet war. Höher erhitzt begann es sich zu färben.
0-277i Grm. Substanz gaben 0-S904 Grm. Kohlensäure u. 0-1960Grm. Wasser,
0-2681 „ „ „ 0-0966 „ schwefelsaures Kali,
Die Formel CigHseKaOg -f 3 Äq. verlangt:
Rechnung Versuch
C ^8^ ^38^
H 7-91 7-80
KO 19-06 1910
Das Natronsalz entsteht unter denselben Bedingungen wie
das Kalisalz und gleicht ihm in allen seinen Eigenschaften.
Baryt, Kalk und St rontian verbin dünge n entstehen,
wenn man eine amnioniakalische Lösung der Säure mit Lösungen
der Chloride dieser Metalle versetzt. Sind die Lösungen nicht sehr
concentrirt, so erfolgt die Ausscheidung nicht sogleich.
Aus concentrirten oder erwärmten Flüssigkeiten scheiden sie
sich als durchscheinende, gallertartige Niederschläge aus.
Silber salz. Die Ammoniaklösung der Cliinovasäure gibt mit
Silbernitrat einen sehr voluminösen Niederschlag, der gegen den
Einfluss des Lichtes äusserst empfindlich ist.
Im Dunkeln sorgfältig gewaschen, zuerst unter der Luftpumpe
und dann bei 120" getrocknet, zeigte er folgende Zusammensetzung:
0-3400 Grm. Substanz gaben 0 -3930 Grm. Kohlensäure u. 0- 1945 Grm. Wasser,
0-3620 „ „ „ 0-1279 „ Silber.
Nach der Formel CigHggAgaOg hat man:
berechnet gefunden
C ^47^ 47^
H S-96 6-35
Ag 3a-76 3S-33
Kupferverbindung. Die hellblaue copiöse Fällung, welche
auf Zusatz von Kupfervitriol in einer ammoniakalisclien Chinovasäure-
lösung entsteht, ist ein Kupfersalz der Säure mit einem grossen
Gehalt an Kupferoxydhydrat. Sie schliesst auch viel Wasser ein,
welches nicht ohne Zersetzung des Salzes entfernt werden kann.
über das Chinoviu. f)07
Bei 120« getrocknete Substanz gab die naehstebenden Zablen;
höbop erhitzt wird die Verbindung bald braun.
0-2676 Grill. Substanz gab 0-3406 Grra. Kohlensäure,
0-37S0 „ „ „ 0-1402 „ Kupferoxyd.
Diese Zahlen lassen sich ungefähr auf die Formel
r^.HssCuoOg + 6 Cu 0. HO + 10 Äq. beziehen.
Berechnet fiefunden
C 'al^ 34-7?
CuO 38-09 37-38
Die Chinovasäure ist eine schwache, aber sehr beständige
Säure. Sie zersetzt, indem sie sich darin löst, die kohlensauren
Alkalien. Die ammoniakalische Lösung verliert beim Verdunsten da.;
Ammoniak und trocknet zu einem Firniss ein.
Salzsäure, selbst kochende Salpetersäure von gewöhnlicher
Stärke sind fast ohne Wirkung auf Chinovasäure. Von Schwefelsäure
wird sie gelöst, Wasser fällt sie aus der Auflösung- wieder.
Bei der trockenen Destillation in einer Retorte bildet sich zuerst
ein nach Terpentinöl riechendes, dünnflüssiges Öl, bald darauf
treten Dämpfe auf, die den Geruch des Weihrauchs verbreiten, und
im Retortenhalse condensirt sich ein bernsteingelbes, dickliches
harziges Liquidum.
Mit Phosphorsuperchlorid zusammengerieben oder in einem
Kölbchen gelinde erwärmt, verflüssigt sich die Chinovasäure unter
Entwickehing von Salzsäure. Führt man in der Wärme die Reaction
zu Ende und destillirt dann, indem die Temperatur des Bades auf
110" (Siedpunkt des Phosphoroxychlorids) erhalten wird, so geht eine
gewisse Menge Phosphoroxychlorid über, der Rückstand in der Retorte
wird dicklich und färbt sich nach und nach schön und tief violet.
Höher erhitzt, geräth er in's Schäumen, es entwickeln sich
saure Dämpfe, ohne dass etwas nennenswerthes destillirt, und endlich
hat man eine zähe, halb kohlige Masse als Rest.
Behandelt man die violete Masse, ohne sie erhitzt zu haben,
mit Weingeist, so zersetzt sie sich gleichfalls. Wasser fällt aus
solcher Lösung eine etwas gefärbte Chinovasäure.
35*
508 HIasiwetz,
Der Charakter der Chinovasäure ist der der sogenannten Harz-
säuren, mit welchen man sie unhedeniilich zusammenstellen könnte,
wären ihre Löslichkeitsverhältnisse nicht so sehr abweichend.
Indem man nach einem näheren Vergleich der Eigenschaften
der Chinovasäure mit denen anderer bekannter Verbindungen sucht,
findet man sie nirgends in dem Maasse wieder, als bei der, von
A. W. Hof mann untersuchten Insolinsäure.
Mit dieser aber stimmt sie in den meisten Stücken überein, und
was noch mehr ist, sie gehört, die Formel C^gHsgOs als bewiesen
angenommen, mit der Insolinsäure CigHgOg in eine homologe Reihe.
Der Zucker. Die mit Salzsäure stark imprägnirte alkoholische
Flüssigkeit, aus welcher die Chinovasäure abgeschieden wurde,
nimmt bald eine bräunliche Farbe an; die Wirkung der Salzsäure
auf die darin befindliche Zuckerart. Sie muss desshalb rasch von der
Salzsäure befreit werden.
Dies geschah einmal nach der Methode von Rochleder i)
und zum andern in folgender Weise: Der sehr saure Alkohol wird
mit wasserfreiem kohlensauen Natron bis zur Neutralisation versetzt,
filtrirt, ein wenig mit stärkstem Alkohol nachgewaschen, der Alkohol
abdestillirt und der Rückstand im Wasserbade vollkommen einge-
dampft. Die dickliche Masse mit Wasser behandelt, das ungelöste
Flockige abfiltrirt, neuerdings eingedampft und nun der Rückstand mit
absolutem Alkohol ausgezogen.
Das Eindampfen und Behandeln mit Alkohol wiederholte man,
im Falle die Flüssigkeit gefärbt war; es wurde dann zuvor die
wässerige Lösung mit Kohle entfärbt.
Statt der Soda bediente man sich mit demselben Erfolge des
kohlensauren Bleioxyds.
Der nach dem Verdunsten der alkoholischen Lösung hinter-
bleibende Zucker ist nicht Traubenzucker, sondern kommt (ohne
damit eine Identität behaupten zu wollen) dem Manitan Berthelot's
sehr nahe. — Er ist unkrystallinisch , hat aber eine Neigung zum
Festwerden, sehr hygroskopisch, in Alkohol ganz löslich.
Sein Geschmack ist fade, schwach bitter; beim Erwärmen
nimmt man einen caramelartigen Geruch wahr.
•) Sitzimgsberichte der kaiseil. Ak.i) 4276 Wien. Fuss hohen Klak
endigt, sich befunden haben; und zwar weisen alle Angaben auf
das nördliche Drittel dieses Gebirgszuges hin. Herr Astronom
Schmidt nimmt den Berg Mincov (eine gegen 700 Toisen hohe
Granitmasse) als den Mittelpunkt der ganzen Erschütterung an.
Ich möchte lieber die diesen Granitberg umgebenden neptuni-
schen Gebilde des bezeichneten Gebirges, auf der Seite gegen Sillein,
dafür halten.
Das erwähnte Gebirge hat eigentlich noch keinen geographi-
schen Namen. Von Sydow und mit ihm Schmidt nennen es das
Neutraer Gebirge, Komb über nach der Bezeichnung der Slovaken
„Veterna hola" (Wind-Alpe).
Letztere Bezeichnung scheint die richtigere zu sein. Das
Veterna- Hola -Gebirge ist eigentlich nichts anderes als die südliche
Fortsetzung der von Korn hu her sogenannten Thuroczer Alpen
(Variner Berge), sonst auch „Kleine Fatra" genannt, deren höchste
1) Das Krdbebeii vorn 1 .'i. .liiiinpr (S.SS, in den Verliandlung-en des Vereins für Natur-
kunde zu Pressburg^ 18 jS, 1. Heft, Seite 'i3— 54,
516 Jeitteles.
Spitze der, nach der Coinitatskarte des Generalstabes ö274 Wien.
Fuss hohe, „kleine Krivvan" (Krivan Fatra) ist. Der Pass der Waag
bei Strecno oder Ovar — ■ es sind das zwei gegenüber gelegene
Burgruinen an der Grenze derThuroez — trennt die „kleine Fatra"
(oder die Thuroczer Alpen) von der V^eterna hola (Neutraer Ge-
birge). Was die geognostische Beschaffenheit dieses Gebirges be-
trifft, so ist sie nach meinen (allerdings durch die Jahreszeit sehr
beschränkten) Reisebeobachtungen und nach den Untersuchungen
von Korn huber beiläufig folgende:
Das Veterna-Hola-Gebirge ist eine auf einer Spalte ausgebro-
chene Granitmasse, welche von massenhaften und weit ausgedehn-
ten neptunischen Gebilden mantelförmig umgeben wird. Die Axe des
ganzen Gebirges ist durch den Pass von Strecno blossgelegt, wel-
cher letztere einen natürlichen Durchschnitt bildet. Die steil aufge-
richteten Kalk-, Dolomit- und Sandsteinmassen sind besonders in-
structiv sowohl hier zu sehen (die Burg Strecno steht noch auf Kalk,
während wenige Schritte ostwärts der Granit beginnt), als bei Vis-
nyove. Die höchsten Punkte bestehen nach Kornhub er aus Granit,
der Klak aber schon aus Kalk und Dolomit. Letztere sind dann auch
bei Znyö Värallya und längs der Strasse von letzterem Orte nach
Gajdel und Faczkow die herrschenden Gebilde. Doch traf ich hinter
Gajdel an der Strasse , die eben über Faczkow nach Rajecz führt,
auch noch Granit an. Nach Komb über kommen zwischen Rajecz
und Visnyove auch verschiedene krystallinische Schiefer vor (Glim-
mer-, Hornblende und Talkschiefer), sowie selbst Serpentin (im
Kunyeraderthale). Die malerischen Kalkfelsen, welche den Zugang
zu dem Rajeczer Bade umsäumen, gehören ebenso der älteren Ter-
tiärformation an, wie die Conglomeratfelsen bei der Burg Ljethava,
welche mit den Gebilden bei Sulov, in denen Hohenegger Num-
muliten fand, identisch scheinen. Die senkrechten Wände des über-
aus harten Gesteines in der Schlucht bei Ljethava und die seltsamen
Formen der Kalkfelsen bei Rajecz-Teplitz liefern daher den Beweis,
dass das Gebirge noch nach der eocänen Periode bedeutende Spal-
tungen und Hebungen erlitten hat.
Noch muss ich erwähnen, dass in den Abhängen des Veterna-
Hola-Gebirges grosse Höhlen vorkommen. Auch erwähnt M. Bei in
seiner „Notitia Huiigariae novae" etc. Tom. 11, pag. 299, dass in
dem Gebirge bei Rutka in der Thurocz eine Höhle, Dupna genannt.
Bericht über das Erdheben am 13. Jänner 18S8 etc.
517
sich befindet, welche bis nach Rajecz in dem Trentschiner Comitat
sich erstrecken soll.
Die Gegend ist nicht arm an Mineralquellen.
Die nächsten sind die 2S —
27<* R. warmen Bäder zu Rajecz,
1 1/2 Meile südlich von Sillein,
welche nach Koch „Eisenther-
men" sind. Im Trentschiner Co-
mitat kommen ferner noch Mi-
neralquellen zu Konska , Bellus
(laue Schwefelquellen) etc. vor.
In der Nähe von St. Marton be-
finden sich nachmündlicherMit-
theilung des Hrn. Comitatsphy-
sicus Dr. Nadherny mehrere
Sauerbrunnen.
Unendlich wasserreich sind
die Quellen von Stuben (eine
Stunde südlich vom Markte Mo-
socz) in der Thurocz. Ihre
Temperatur beträgt 30— 35oR.
Sie sind nach der Analyse von
Kitaibel besonders reich an
schwefelsaurem Natron und an
Magnesia- und Kalksulphat, so-
wie an Kalkcarbonat.
Kitaibel fand in 16 Unzen
Wasser :
0-968 — 7-26S Gran Na 0,S03
3-149 — S-160 „ MgO, SOs
2-227- 2-834 „ CaO, SO3
3-128 — 3-733 „ CaO. COg.
Säuerlinge kommen ferner
zu Budis und Dubova im Bezirk
Mosocz vor. Eine laue Quelle
ist zu Parnica in der Arva,
und zu Polhora am Fusse der
Babia Gora gibt es Salzquellen.
6^
518 .TpiHele».
Von viilcanischen Gebilden (Trachyt, Basalt ete.) hat das ^anze
Veterna-Hola-Gebirge keine Spur aufzuweisen.
Erscheinungen in den Centriilgegenden.
Dem Hauptstoss am 15. Jänner Abends scheinen bereits
geringere Schwankungen durch einige Tage vorausgegangen zu sein.
Gewiss ist es vvenigslens, dass in dem Hause des Herrn Apothekers
Tombor in Sillein schon am 14. Abends zwischen 10 und 11 Uhr
eine Bewegung der Erde wahrgenommen wurde, welche sich durch
ein Angst erregendes Zittern der Wände, Klirren der Fenster und
Schwanken von Tischen kundgab. Die Geschichte des Hauptstosses
am 15. Abends erzählt Herr Tombor in folgender Weise:
Nach einem ziemlich heiteren und ruhigen Tage, an dem sich
einige Male auch die Sonne gezeigt hatte, trat um 6 Uhr Abends
lebhafter Schneefall ein , der binnen einer Stunde 3 Zoll Höhe er-
reichte. Zwischen 7 und 8 Uhr warder Himmel vollkommen dunkel;
kein Stern Hess sich sehen. Nachdem Herr Tom bor um 8 Uhr noch
einmal den Himmel betrachtet hatte, setzte er sich zum Schreibtisch
in dem auf den Platz hinausgehenden, nach SSO gerichteten Zimmer.
Da wurde er durch ein überaus heftiges Prasseln über seinem Haupte
aufgeschreckt, als wenn ein starker Hagel auf das Dach niederfiele.
Er eilte zum Fenster und in dem Augenblick, als er es wieder ver-
liess, löste sich die auf den Platz gehende Hauptmauer mit dem
Fenster von der Seitenwand los und in der letzteren entstand ein
Riss, der von der Decke bis zum Fussboden reichte. Hierauf erst
Hess sich ein donnerartiges furchtbares Getöse hören. Links und
rechts bedeckten sich die Mauern mit neuen Rissen; Staub und
Mauerschutt erfüllten die Zimmer. Nun ergriff Herr Tom b or mit
seiner Familie die Flucht, da alle alsogleich zum Bewusstsein eines
Erdbebens gekommen waren, und sie den Einsturz des Hauses
befürchten mussten.
In dem gewölbten Vorhaus war die Verwüstung, die sich jetzt
zeigte, „haarsträubend". Und ebenso war es in den untt-ren
Räumen, durch die die Familie eilen musste, um durch das Thor das
Freie zu gewinnen. Als sie nun auf dem Platz angekommen waren,
sahen sie bereits Hunderte von Menschen, schreckenerfüllt, mit Klei-
dern grösstentheils nur spärlich versehen, beisammen stehen. Die
Thurmuhr schlug jetzt 8 Uhr 15 Minuten.
Beiichf über ilas Erdlieficn :.ni lö. Jiiiiner 18.'i8 etc. 519
Noch war der Himmel vollkommen finster; die Luft war lau.
Zwischen 8 und 9 Uhr folgten dann noch zwei mit bedeutendem
Getöse verbundene Stösse.
In der Wohnung des Herrn Benesch, Lehrers und Leiters
der Unlerrealschule in Sil lein, welche sich dem Herrn Tombor
gerade gegenüber befindet, stürzte in Folge des ersten Stosses von
der gegen den Platz zu gehenden Haupt- (Fenster-) Wand das
Gesimse herab und in der Küche wurden sogar eiserne Kochtöpfe
vom Herde geschleudert.
Den grössten Theil der Nacht vom IS. auf den 16. Jänner
brachte beinahe die ganze Bevölkerung im Freien bivouakirend und
zum Theil auf den Knieen vor der Marienstatue liegend zu.
Von dem k. k. Steueramtsgebäude, ebenfalls am Platz und mit
der Hauptfront gegen SSO. gewendet, stürzte im Momente des
ersten Stosses der Giebel herab, und der Maueraufsalz über dem
ersten Stockwerk fehlte noch bei meiner Anwesenheit in Sillein
gänzlich. Ausserdem, dass fast kein gemauertes Haus in Sillein von
Rissen und Sprüngen verschont blieb, stürzten auch mehrere Kamine
ein, Schlusssteine aus Gewölbe-Bögen fielen an vielen Orten herab
und zahlreiche Gesimse lösten sich los. Unter den bedeckten
Gängen auf dem Platze (sogenannten Lauben) mussten an meh-
reren Orten hölzerne Stützbalken angebracht werden, ja die auf
den Platz mündende „goldene Gasse'*^ nuisste durch Querbalken
gesperrt werden. Mehrere Häuser wurden ganz , viele theilweise
unbewohnbar. So die Häuser Nr. 25, 49, 72, 83, 88 und andere.
Sehr bedeutend litt auch das bischöfliche Waisenhaus i).
Herr Realschullehrer Kieme ns erzählte mir, dass er in seinem
Zimmer beim Hauptstoss deutlich das Heben des einen Zimmer-
eckes und das Senken des andern wahrnahm, und meinte, dass
die Höhe der Schwankungen l^/a Schuh betragen haben mochte.
Ein anderer glaubwürdiger Beobachter erzählte mir, dass er um
diese Zeit in Hritschov bei Sillein gewesen sei und deutlich 3 Stösse
von der Dauer von etwa 2 Secunden verspürt habe, denen ein
Vibriren von 6 — 8 Secunden Dauer gefolgt.
1) Der durch Entwerthuiig der Loralitiilen entstandene Sibaden der Sladt wurde auf
80000 — 100000 fl. C. M. sreschätzt
520 Jeitteles.
Sehr interessant sind die Beobachtungen zweier im Freien
gewesenen Personen, des Baron Sina'schen Hegers Kuchta und des
Kutschers des Herrn Seid 1er im Salzamt.
Die auf meine Bitte von dem Stuhlrichter in Sillein Herrn von
Thayenthal protokollarisch aufgenommenen Aussagen dieser beiden
gebe ich als Beilagen.
Ich will hier nur noch bemerken, dass ich bereits hei meiner
Anwesenheit in Sillein im März genau dieselben Mittheilungen über
die Beobachtungen dieser Männer aus zweiter Hand erhalten hatte.
Aus Beilage A sowohl als B ergibt sich, das erst einem von
unten herauf wirkenden Stosse ein seitliches Schwanken nachfolgte.
Sehr bedeutend wurde die massiv gebaute schöne Wallfahrts-
kirche in Visnyove beschädigt. Sie ward, besonders auf der dem
Gebirge zugewendeten Seite, so zerrissen und die Kuppel und Chor-
wölbungen so zersprengt, dass ihre Sperrung als nothwendig er-
kannt wurde.
Gross sind auch die Verwüstungen, welche das Schloss des
Herrn Wagner in Bitschitsch erlitten hat. Und beinahe nicht weniger
übel zugerichtet ward das Baron Sina'sche Schlossgebäude in Teplicska.
Auch das Salzamtsgebäude an der Waag bei Sillein hatte be-
deutende Mauerzerklüftungen als Folgen des Erdbebens aufzu-
weisen. Herr von Seidler erzählte mir, dass sich diese Mauer-
risse sogar auch abwärts in die Kellerwände fortsetzten.
Ein grosser Theil der Einwohner von Sillein brachte die fol-
genden Tage oder Wochen in den hölzernen Hütten der Vorstädte,
ein Theil selbst in dem blos mit Parterrezimmern versehenen Real-
schulgebäude zu.
Wiederholungen der Stösse fanden in Sillein (nach den
Aufzeichnungen der Herren Kieme ns, Schütz und Tombor) zu
folgenden Zeiten Statt:
Am 15. Jänner: um 12 Uhr Nachts.
„16. „ „3 „ 20 M. (3 Uhr 10 M.) Morgens.
n " » 'i" » r>
„ IV „ VI
Am 17. Jänner: um 6 „ 30 „ (6 Uhr 25 M.) Abends.
. 6 „ 40 „
Letztere sehr heftig.
Am 19. Jänner: um 9 „ 30 „ Morgens.
Bericht über das Erdbeben am IS. Jänner 1858 ete. S 2 1
Die letzte Erschütterung war so bedeutend, dass die Gebäude
aufs Neue beschädigt M'urden. Um diese Zeit waren die Herren
Kl eine US und Benesch in der Realschule mit Unterricht beschäfti-
get. In dem einen Eckzimmer lehrte Herr Klemens, während sich in
dem andern die Frau Benesch befand »)• Klemens sammt seinen
Schülern empfand den Stoss um 91/3 Uhr so deutlich wie Frau
Benesch im anderen Eckzimmer des Realschulgebäudes, Herr
Benesch aber, mit seinen eben zeichnenden Schülern in einem
Zimmer in der Mitte des Hauses, empfand nicht das Mindeste.
Ähnliche Beobachtungen wurden in Troppau und in Neu-Lublitz in
Schlesien gemacht.
Die Längsmauer des Realschulgebäudes in Sillein erstreckt
sich hora 5, also von WSW. nach ONO., gerade senkrecht auf die
Richtung der Fortpflanzung der Erdbebenwellen.
(Der Stoss am i9. Jänner um ^a^O Uhr wurde im Salzamt bei
Sillein nicht gefühlt.)
Weitere Wiederholungen in Sillein fanden Statt nach Herrn
Realschullehrer Schütz:
Am 19. Februar 9 Uhr Morgens.
„ 22. „ 11% „ Nachts.
„ 24. „ 4 „ Morgens.
Letztere Bewegung wurde besonders stark im Stuhlrichter-
amtsgebäude von dem Amtsdiener und von den Arrestanten wahrge-
nommen. Mörtel fiel dabei von den Wänden.
Am 19. März um 4 Uhr Nachmitttags empfand ich selbst in
Sillein eine schwache, aber deutliche Erzitterung meines Wohnzim-
mers und Tisches im sogenannten Herrenhause. Dieselbe Bewegung
ward auch von mehreren Bewohnern Silleins und von dem Herrn
Dechanten in Visnyove ganz um dieselbe Zeit verspürt.
Wiederholungen in Visnyove nach Herrn Gary:
Bis 16. Jänner 9 Uhr Morgens 10 — 12 Bewegungen. Dann bis
17. Pause.
Am 17. Jänner 6 Uhr 15 Minuten Abends ziemlich starke
Erschütterung mit Explosion.
Am 19. Jänner 10 Uhr Morgens heftige Bewegung mit Deto-
nation.
1) Herr Benesch hatte in einem mittleren Zimmer Zeichen-Stunde.
Sitib. d. mallieni.-naliir«. Cl. XXXV. Bd. Nr. 12. 30
522 Jeitteles.
Vom 19. Jänner bis Ende Februar: gegen 100 Stösse mit
Detonationen.
Am 19. März 4 Uhr Nachmittags schwaches Beben (v. Blasz-
k 0 V i c s).
In Banova notirte Herr von Pongracz (nach Mittheilung
des Herrn Pfarrers Cselko in Ljethava) ausser dem Hauptstoss:
Am IS. Jänner: Oy^ Uhr Abends, schwächer. Dann noch
4 Stösse während der Nacht.
Am
16.
Jänner :
4
10
Uhr
Morgens, stark.
Vormittags.
n
17.
r>
1V4
>«
Morgens.
5
n
„
12
n
Mitternacht.
}>
18.
n
3
«
Morgens.
n
19.
«
9%
w
Morgens, heftig.
n
20.
n
4
n
Morgens.
5
s»
Abends.
n
22.
«
11 V^
55
Mittags.
n
23.
n
4
55
Abends.
n
24.
w
5
55
55
»
28.
n
4
55
„
n
29.
„
8
55
Morgens.
«
30.
»
2
55
55
«
31.
n
i»A
55
55
>»
3.
Februar
:10
55
Abends.
n
7.
n
2
„
Nachmittags.
n
10.
«
10
55
Vormittags.
In Bitschitsch wird die Gesammtzahl der Stösse zu 30 an-
gegeben.
In Bittse wurde (nach Mittheilung des Herrn Apothekers
Tom bor, Bruder des Herrn Tom bor in Sillein) der Stnss am 17.
Jänner 6 Uhr Abends deutlich gefühlt, und noch einige Tage später
wurden um Mitternacht Erschütterungen wahrgenommen.
Im Markte Bajecz wollen mehrere Personen am 15.(16.)
Nachts um 12 und 3 Uhr neuerdings Erschütterungen verspürt haben.
S t r e c n 0. Herr Pfarrer Joseph Zaborszki schreibt : „Bepetiit
motus terrae fere per integrum septimanam"
Bericht über das Erdbeben am 15. Jänner 1858 etc. ö23
InKiszucza-Neustadtl empfand man am 19. Jänner um
91/3 Uhr Vormittags 2 Stösse (officieller Bericht der Trentschiner
Comitatsbehörde).
In St. Märton in der Thuroez fand nach Schmidt (S. 35)
am 18. Jänner Früh um 4 Uhr ein schwacher Stoss Statt.
In Rosenberg in der Liptau soll um 12 Uhr Mitternachts am
15. Jänner gleichfalls eine mit Getöse verbundene Wiederholung
der Erschütterung stattgehabt haben (Med. Dr. Sefranka).
Beobachtungen ausserhalb der Centralgegenden.
A, Ung;arii.
a) Trentschiner Comitat.
Ausser dem schon Mitgetheilten führe ich noch Folgendes an :
Csacza. Ziemlich heftige Erschütterung.
Ljeskovec an der Strasse nach Sillein. Das mit Erschütterung
verbundene Getöse schreckte Schlafende aus der Ruhe auf. Anfangs
März waren noch im Wirthshause an der Strasse Risse in den Wöl-
bungen der Vorhalle und an den Wänden der Zimmer zu sehen.
Kiszucza-Neustadtl. Heftige Erschütterungen am 15.,
Wiederholung am 19. Jänner.
Varin. Ziemlich stark.
Mois-Lucska. Erdbeben sehr stark (Schmidt).
Rosina. Dessgleichen (Schmi dt).
Kö-Poruba und Gyurcsina. Heftige Erschütterung (offi-
cieller Bericht und Schmidt).
Ljethava. Die Kirche erhielt Risse im Innern (Reise-
anschauung).
Markt Rajecz. Mehrere Häuser wurden beschädigt. Ein Sei-
teneingang der Kirche musste unter der Wölbung durch einen Spreiz-
balken gestützt werden (Reiseanschauung).
Bad Rajecz. Ziemlich stark.
In Frivald und Fackov an dem Westabhang des Klak war
die Bewegung schwach (officieller Bericht).
Strecno. Heftige Erschütterungen. Ende Mai löste sich in dem
Thale von Strecno ungefähr eine Stunde von der Burgruine ein
grosser Granitblock , der über 3000 Centner schwer gewesen sein
36«
S24 Jeitteles.
mochte, von der Felswand los und stürzte auf die Strasse herab,
wo er die Passage gänzlich hemmte, so dass er mit Pulver gesprengt
werden musste.
Schmidt erzählt, dass auch bei dem Erdbebenstoss am
15. Jänner vom Schlosse Gestein herabfiel.
Kotessov bei Bittse. Die steinernen Häuser erhielten bedeu-
tende Risse. Rauchfänge stürzten herab. Ein ungeheures Getöse
begleitete die Erschütterung. Dauer 6 Secunden. Richtung von
SO.— NW. (Director Bernhard in Trentschin nach Augenzeugen).
Predmir. Das Stuhlrichteramtsgebäude erlitt Risse, Am
Pfarrhause stürzte ein Rauchfang ein (officieller Bericht).
In Sulov und Hradna trat die Erschütterung ebenfalls heftig auf.
Puchov. Ziemlich heftig. Sehr schwach in Klucsow, Ujesdaw
und Skalka-Ujfalu (officieller Bericht).
Bezirk Illava. Schwach, etwas stärker nur im Pruszinaer
Thale (officieller Bericht). In Pozkal erhtt das Schiff der Kirche
starke Beschädigung.
Waag-B istritz. Ich sah daselbst mehrere Risse in den Häu-
sermauern, die mir als Wirkung des Erdbebens bezeichnet wurden.
Bellus. Der Herr Pfarrer empfand 3 Schwankungen nach
vorangegangenem Sausen.
Teplitz bei Trentschin. Schwache Erschütterung (eigene
Erhebung).
Trentschin. Ein schwacher Stoss. Richtung N. — S.
Sonst wurde die Bewegung im Trentschiner Bezirk nur noch in
Opatova, Turna, Barat-Lehota verspürt (offic. Bericht).
b) Arva-Tharoczer Comitat.
Die Erschütterung ward am heftigsten in der Thurocz an der
Ostseite der Veterna hola verspürt. Weniger intensiv trat die Be-
wegung in den östlichen Theilen der Thurocz auf, und noch geringer
waren ihre Wirkungen nördHch von der Waag in der „Arva".
InNameszto, Veszele, Vavrecska, Nizsna, Bieli-
potok und allen nördlicher gelegenen Orten des Comitats ward
gar nichts mehr verspürt (officieller Bericht an die k. k. Statthal-
terei-Abtheilung in Pressburg).
Am stärksten waren die Stösse in St. Märton, Prjekopa und
Znyö-Värallya (slavisch Klastor).
Bericht über das Erdheben am LS. Jänner 1838 etc. 525
Auf der Waag', Arva und Thurocz wurde die Eisdecke ge-
sprengt und das Wasser überströmte dieselbe (Dr. Nadherny).
Wiederholungen des Erdbebens scheinen nur in Szt. Mär ton
stattgefunden zu haben.
In St. Märton wurde die Erschütterung allgemein beobachtet.
Die Bewohner strömten schaarenweise auf die Gasse. Mehrere, be-
sonders gewölbte Gebäude erhielten bedenkliche Risse und Sprünge,
zwei Schornsteine stürzten ein, Ofen wurden mitunter bedeutend
beschädigt; eine unbewohnte, von Lehmziegeln leicht aufgebaute
Bauernhütte brach zusammen. Wanduhren blieben stehen, Glocken-
züge und Lampen geriethen in Schwingungen (mitunter von der
Dauer von mehr als 25 Minuten), Thür- und Zimmerschellen schlu-
gen von selbst an etc. etc. Besonders fürchterlich war das Krachen
des Gebälkes in den hölzernen Häusern (officieller Bericht , sowie
mündliche und schriftliche Mittheilungen der Herren: Comitatsarzt
Dr. Nadherny, Steuerinspector Neisser, Med. Dr. Haas und
Anderer).
Die Anzahl der Stösse bezeichnet Herr Dr. Nadherny als drei :
„Zwei kaum merkbare Stösse gingen voraus; hierauf folgte ein
unterirdisches Getöse und auf dieses eine mehrere Secunden
dauernde wellenförmige Bewegung".
Dr. Haas und Andere sprechen von 6 Schwingungen, wovon
die letzten die heftigsten gewesen wären.
Die Richtung der Vibrationen wird einstimmig als NW. — SO.
angegeben.
Rutka an der Waag. Bewegung sehr stark und allgemein
verspürt (Schmidt, Seite 63).
Prjekopa. Sehr heftig (Dr. Nä dher n y, Schmi dt, S. 63).
Znyö-Värallya. Sehr heftig und beinahe allgemein bemerkt,
obwohl doch in einigen wenigen Häusern nichts verspürt wurde. So
hat der Herr Stuhlrichters-Stellvertreter z.B. nichts wahrgenommen.
Im Wirthshause rollten die Kugeln auf dem Billard von selbst herum,
die Lampen schwangen durch einige Minuten hin und her.
Die Stösse kamen von NNW. oder N.
Nagy-Rakova (Bezirk Mosöcz). Sehr heftig (Dr. Nad-
herny).
Mosöcz. Zum Theil sehr heftig. Risse in mehreren Häusern
(eigene Anschauung).
526 Jeitteles.
Tot-Prona. Heftige Stösse von NO. Unterirdisches Getöse,
dem Kanonendonner ähnlich.
Stuben. Der Herr Pfarrer theilte mir mit, dass das Erdbeben
zwar in den meisten , aber nicht in allen Häusern verspürt wurde.
In einigen war es so stark, dass Schlafende erwachten und auf die
Strasse liefen.
Bad Stuben. Drei bis vier Stösse von NNW. nach voran-
gegangenem Sausen.
Im zweiten Stockwerk des Badehauses sah ich einen sehr
bedeutenden Riss.
Aus der Arva liegen folgende Nachrichten vor:
Szuszäny. Ziemlich heftig. Kleine Mauerrisse.
Turäny. Ebenso.
Ratkö. Dessgleichen.
Krälovan. Wie es scheint, etwas heftiger.
Parnica. Heftig. Rissein den Mauern. Die Stösse kamen von
SW (von allen diesen Orten habe ich selbst die Nachrichten ge-
sammelt).
Alsd-Kubin. Nicht sehr heftig. Doch soll die Uhrglocke
am Thurm mehrmals angeschlagen haben. Am stärksten dürfte der
Herr Spediteur Fried 1 in dem Hause an der Brücke (am rechten
Arva-Ufer) die Stösse empfunden haben. Er unterschied deren zwei.
Voraus ging ein 3 Secunden anhaltendes Sausen. Die Stösse waren
von lang nachhallendem Donner begleitet. Richtung deutlich von SW.
Es entstand ein Riss in der Mauerverkleidung,
Schloss Arva. Zeit 8 Uhr 35 Minuten „nach einer mittelst
Sextanten und Sonnenuhr gerichteten Uhr". Dem Erdbeben ging
ein dumpfes unterirdisches Getöse, einem starken fernen Donner zu
vergleichen, voraus. Die Erschütterung selbst kam deutlich von SW.
und dauerte 3 Secunden. Zur Zeit der Erschütterung vollkommene
Windstille. Der Himmel trübe. In der folgenden Nacht Schnee
(Bericht des Dr. Med. Wesselovszky, Heirschaftsarztes auf
Schloss Arva).
Jaszenova am Fusse des Rerges Chotseh. Zwei Stösse.
Dauer: eine halbe Minute. SW. — NO. Risse und Sprünge in den
Mauern (briefliche Nachricht des evangelischen Pfarrers und Seniors
Timotheus Zo ch).
Bericht über das Erdbeben am 15. Jänner 18öS etc. 0^7
c) UnterNeutraer Comitat.
Die Erschütterung war am heftigsten in Deutsch -Proben
(Nemet-Pröna). Hier wurde die Thurmglocke in Bewegung gesetzt,
Thüren öffneten sich, Bilder fielen von den Wänden herab, Pendel-
uhren blieben stehen , Möbel etc. bewegten sich , Gläser stiessen
an einander etc. Die Menschen liefen erschrocken auf die Gasse und
suchten Rettung im Freien (officieller Bericht).
Einer Privatmittheilung eines Geistlichen zufolge erhielten
viele Häuser Sprünge , in einer Wohnung stürzte ein Gläserkasten
um. Die Schwingungen sollen 8 Secunden gedauert haben.
Gajdel. Heftiger Stoss. Die Leute liefen aus den Häusern.
Zahlreiche Mauerrisse (Reiseerhebungen).
Privicz (Prividgye). Nicht sehr heftig. Zeit: 9 Uhr 15 Mi-
nuten. Drei rasch auf einander folgende Stösse. „Am Boden hörte
man ein dem Wagengerassel ähnliches Getöse". Einige wenige Häu-
ser erhielten Mauersprünge. An einer Scheuer senkte sich das Dach
(Brief des k. k. Bezirksarztes Herrn Joseph Uj säghy).
Bajmocz. Schwach (Ujsäghy).
Den officiellen Berichten entnehme ich noch Folgendes:
Baan. Krachen des Gebälkes, Klirren der Gläser, Verschütten von
Flüssigkeiten. Keine neuen Mauerrisse, einige alte vergrösserten sich.
In Zsambokret, Oszlan, Böigyen bemerkte man drei
Stösse in der Richtung von NO. Selbst in Gross-Appony nahm
man noch deutlich drei Schwingungen wahr (die letzten zwei
schwächer); „die Thüren im Castell des Grafen Appony gingen
von selbst auf". In Tapoicsan, wo die Bewegung überhaupt
schwach war, wurde nur 1 Stoss verspürt. Zeit des Eintreffens
8 Uhr 15 Minuten.
Neutra. Bios in der auf einem Berge gelegenen oberen Stadt
(dem Schloss und den daneben befindlichen Gebäuden) wurde die
Erdbewegung gefühlt. Die untere, in der Ebene gelegene Stadt
hatte nichts oder nur sehr wenig empfunden (Mittheilung des Herrn
Domherrn T w r d y an Herrn T o m b o r und officieller Bericht). Ein
einziger Stoss ward verspürt von der Dauer einer Secunde. Der
officieile Bericht erwähnt einer Unruhe der Vögel in den Käfigen.
Südlich von Neutra wurde die Erschütterung nirgends mehr
beobachtet.
g28 J eitteles.
d) Liptauer Gomitat.
Die Erschütterung wurde nur in dem westlichen Theile des
Comitats wahrgenommen. Am heftigsten war sie in Rosen b erg.
Zeit nach Dr. Med. Sefranka 8 Uhr 19 Minuten. Der ofGcielle
Bericht gibt 8 Uhr 35 Minuten an.
Die Stösse, welche mit unterirdischem Getöse verbunden waren,
kamen aus SW. oder SSW. Die Thurmuhrglocke schlug ömal an
(Reiseergebnisse). Das k. k. Stiihlrichteramtsgebäude erhielt in
einem 3 Fuss mächtigen Gewölbe einen starken Sprung (offic. Der.).
Lubochnia. Heftige Bewegung. Unmittelbar nachher wollen
mehrere Personen einen schwachen Schwefelwasserstoffgeruch be-
merkt haben. Es befinden sich übrigens nicht sehr weit von L. (bei
Stankovan) Schwefelquellen (Mitlheilung des Herrn Directors
Hohenegger in Teschen, der die Nachricht aus dem Munde eines
der Beobachter selbst erhielt).
Nagy- Selmecz, südöstlich von Rosenberg. Schwache Er-
zitterung. Gleichwohl entstand im Hause des Hofrichters des Herrn
von Rakovsky ein Sprung in einer Zimmerwand. Richtung SW. —
NO. (Reisenotizen).
Madocsän, ostnordöstlich von Rosenberg. Deutliche Be-
wegung von SW. — NO. (Mittheilung des Herrn von Madocsäny).
Lucsky, nordöstlich von Rosenberg. Ziemlich heftige Vibra-
tionen (etwa 8 in 6Secunden nach der Aussage des Herrn Pfarrers).
In den meisten, aber nicht in allen Häusern des Dorfes verspürt.
Das Volk erzählte sich, ein Drache unter dem Tuffsteinfelsen, auf
dem die Kirche steht, habe sich geschüttelt.
Kelemenfalva, Turik, Liszkova. Deutliche Wahrneh-
mungen.
V 1 k 0 1 i n e c z , südlich von Rosenberg. Starke Erschütterung
(Med. Dr. Sefranka).
Szt. Mi kl OS. Sehr schwache Vibrationen (Director Hohen-
egger nach Aussagen von Augenzeugen).
Hradek. Nichts verspürt (Director Hohenegger).
In der Zips war keine Spur eines Erdbebens zu verspüren
(Miftbeilung des Herrn Gymnasialdirectors inKesmark und Anderer).
(Die Zeitungsnachricht von dem Bersten des Eises auf einem
der Tatra-Seen — stellte sich als Fabel heraus.)
Bericht über das Erdbeben am lo. Jänner 18.S8 etc. 529
e) Sobler Comitat.
Am meisten erschüttert (aber immerhin nicht sehr heftig)
wurden die Orte Libethen und Sajba (Schaiba). In den südlichen
und südöstlichen Gegenden des Comitats wurde nichts mehr ver-
spürt.
Neu sohl. Vn\ 8 Uhr 25 Minuten eine wellenförmige Erd-
erschütterung mit zwei auf einander folgenden Stössen in der Rich-
tung von SO. — NW. Wurde nicht in allen Häusern beobachtet, sehr
deutlich aber am Stadtthurm (Gymnasialprofessor W. Zenger).
Herrengrund und Kordik. Etwas stärkere Erschütterung
(Professor Zenger).
Szliacs. Massige, aber sehr deutliche Bewegung (Zenger,
K ornh über).
Altsohl. Zwei leichte Stösse wurden nur im nördlichen Theile
der Stadt wahrgenommen. Sie kamen von SW. Ein leises unter-
irdisches Getöse begleitete die Stösse (k. k. Bezirksar/t Dr. Job.
S z r ti k a).
Bries. Nicht sehr starke Bewegung und nur von Einzelnen
empfunden. Zeit: 8 Uhr 27 Minuten. Es war ein Rütteln ohne Ge-
töse von der Dauer von 6 Secunden (Med. Dr. Zech enter).
Bucs an der Strasse nach Kremnitz. Hier wurde keine Er-
schütterung beobachtet , wohl aber in Tennye und Ostroluka
(Reiseerhebungen im März).
f) Barser Comitat.
Die Erschütterung wurde im ganzen Comitat, wenn auch nicht
überall gleich stark, gefühlt.
Kremnitz. Ziemlich allgemein und besonders in den höher
gelegenen Stadttheilen verspürt. Einen ausführlichen und interes-
santen Bericht gab mir Med. Dr. Steiner, einen zweiten eben so
werthvollen Herr Realschuldirector Petrowitz.
Herr Doctor Steiner schreibt: „Ich sass eben mit zweien
meiner Bekannten am Spieltisch . . . als ich plötzlich wahrnahm,
dass der Pendel der gerade vor mir befindlichen Uhr an die hintere
Wand des Uhrkastens anschlug und ... in eine ungeregelte
und unruhige Bewegung gerieth. In demselben Augenblicke hörte ich
ein eigenthümliches Brausen wie das eines Windes, und doch wehte
530 J e i 1 1 e I e s.
kein Wind. Sowohl vor als nach dem Naturereignisse herrschte
vollkommene Windstille. Es war offenbar ein unterirdisches
Rauschen, obgleich es schien, als käme es von der Gasse. Fenster
und Thüren knarrten und klapperten auf eine eigenthümliche Art,
und unter meinen Füssen fühlte ich den Fusshoden zittern ....
Das ganze Nafurereigniss dauerte 3 bis 4 Secunden. Meine Pendel-
uhr zeigte 20 Minuten nach 8, dieThurmuhr schlug ein Viertel . .
Die Magnetnadel der im angrenzenden Zimmer stehen-
den Boussole, welche ich sogleich betrachtete, war in
zitternder Bewegung. . ."
„Mir schien es, als wären zwei Stösse hinter einander erfolgt.
. . . Die Stösse schienen von SO. — NW. zu gehen . . . Noch
muss icii bemerken, dass ich das zweite Stockwerk eines neugebau-
ten Hauses bewohne. Viele Personen, welche zu ebenerErde wohnen,
behaupten von der Erschütterung nichts gespürt zu haben. — In der
Küche meiner Wohnung schwankte das aufgehängte Gerätbe so
heftig hin und her, dass die erschreckte Köchin todtenbleich in's
Zimmer stürzte . . . Ein Münzamtsbeamter erzählte mir, dass er
an den an der Wand hängenden Bildern deutlich eine Schwankung
zugleich mit der Mauer im Betrag von einem Fuss wahrgenommen
habe. . . . Eine in der Reconvalescenz begriffene Patientin ver-
sicherte mich, sie habe die Empfindung gehabt, als wenn das Bett
sich mit ihr aufrichte, und gleich darauf als sinke die Kopfseite nie-
der und die Füsse kämen nach oben zu stehen. Die Thürmer oder
Feuerwächter auf dem bei 60 Fuss hohen Stadtthurm fühlten die
Erschütterung so heftig, dass einer derselben, der im Bette lag,
buchstäblich aus demselben geschleudert wurde. . . . Trotzdem
hat kein Gebäude Schaden gelitten. Selbst an der neben dem er-
wähnten Thurme befindlichen alten gothischen Kirche auf dem Berge,
die schon früher in Folge eines bedeutenden Risses in einer Mauer
gesperrt werden musste, vergrösserte sich dieser Sprung nicht."
Herr Director Petrowitz berichtete mir: „Am 15. Jänner
sass ich mit meiner Familie gemeinschaftlich an einem Tische. . .
Es war beiläufig ein Viertel nach 8 Uhr, als meine Tochter plötz-
lich aufsprang; sie war erblasst und konnte mir auf meine Frage
um die Ursache des Schreckens nichts antworten. Doch eben in
demselben Augenblicke erfasste auch mich ein Gefühl höchster
Angst, ich empfand ein Schwanken unter mir, sprang von meinem
Bericht über das Erdbeben am 15. Jänner 1858 etc. 53 1
Sitze auf, musste mich jedoch, um nicht zu taumeln, am Tische
festhalten. Ich bemerkte, dass sich der westliche Theil der 'Wand
vor mir (sie erstreckt sich in der Richtung von 0. nach W.) im Ver-
gleich mit dem östlichen um etwa einen halben Fuss ziem-
lich langsam erhob und ebenso zurücksank . . . Dabei Hess
sich ein Geklirr der Fenster hören, welches demjenigen ähnlich
war, das durch ein starkes Fahren auf dem Steinpflaster grosser
Städte oft hervorgebracht wird. Einer meiner Bekannten behauptet
auch wirklich während des Erdbebens ein Geräusch vernommen zu
haben, welches einem starken Wagengerassel ganz gleich war. Der-
selbe wohnt zu ebener Erde, während sich meine Wohnung, in der
Mitte einer Häuserfront auf einer bedeutenden Anhöhe, im zweiten
Stockwerk befindet."
Ein dritter sorgfältiger Beobachter, Herr Münzwardein Wal-
tschisko, gibt den Zeitpunkt derErschütterung als 8Uhr 17 Minu-
ten an. Er unterschied zwei, durch eine Pause von 2 — 3 Secunden
getrennte Stösse in der Richtung von NW. nach SO. „Die Länge
einer Schwingung mochte 6 bis 8 Zoll betragen haben." Als Maass
der mechanischen Kraftäusserungbezeichnet er: Oscilliren von Wand-
bildern, Aufgehen von Zimmerthüren , das Einfallen eines Stückes
ziemlich baufälliger Stadtmauer; an zwei Orten wurden Trinkgläser
vom Kasten herabgeworfen. Der Barometerstand blieb unverändert.
Der officielle Bericht erwähnt, dass das Erdbeben im Zsilvaer
Thale im Bezirk Verebely, in den am linken Granufer gelegenen
Gemeinden um Leventz, in Szt. Benedek und in Heiligenkreuz am
deutlichsten verspürt wurde. In dem auf einer Trachytfels-Insel mit-
ten im Alluvialland gelegenen Alt-Barsch (Persenbeug) wurde
die Erschütterung verspürt (Kornhub er in den Mittheilungen des
Pressburger Vereins für Naturkunde, S. 41).
Ar anyos-M aruth. Drei Stösse von SO. nach NW. Kein un-
terirdisches Getöse. Am 15., wie an den vorhergegangenen Tagen,
war allgemein Windstille, an den folgenden NW. -Wind (k. k.
Bezirksarzt J. Ebner).
Szklenö (Glashütten). Dr. Med. Rombauer schreibt mir:
„Das Erdbeben wurde hier, obgleich ich bei sehr vielen Ortsbewoh-
nern desshalb Erkundigungen eingezogen, von niemand empfunden".
in dem Badeort^.' Vieh ny e (Eisenbach) wurde die Erschüt-
terung bemerkt, nach Mittheilung des Herrn Bergrathes Professor
532 .Teitteles.
V. Pettko (Kornhuber, S. 41). Auch in dem bei Szkleno ge-
legenen Repistye nahm man ein Beben wahr (Kornhuber,
ebenda).
g) Honter Comitat.
Das Phänomen wurde nach dem officiellen Bericht (der sich
von diesem Comitat ebenso wie jene von dem Trentschiner und Un-
ter-Neutraer Comitat durch eine besonders sorgfältige Bearbeitung
und übersichtliche Zusammenstellung auszeichnet) am deutlichsten
in Pukancz (Bezirk Bäth), B äth, Ipolysägh, Vämos-Mikola,
Dregely und Pal änk bemerkt. Am heftigsten jedoch war es in
Pukancz. Auch in Schemnitz scheint es recht lebhaft verspürt
worden zu sein, entging aberdoch auch vielen Personen (k. k. Berg-
districts-Physicus Dr. Fr. Schilling).
Windschacht bei Schemnitz. Ziemlich heftige Bewegung.
Vögel fielen in einem Zimmer im ersten Stockwerk von ihren Ruhe-
plätzen in den Käfigen herab (Montanwerksarzt Fr. Pfeifferer).
Der Herr k. k. Schmiedeschaffer Julius de Adda glaubt die
Richtung der wellenartigen Erdschwankungen als 0. — W. angeben
zu können. Es waren 4 — 5 schwache Oscillationen. Die Dauer jeder
Schwankung mag 2 Secunden betragen haben. Kurz vorher war ein
Getöse, ähnlich dem Rasseln eines rasch bergab fahrenden Lastwa-
gens, zu hören. Ins Freie tretend, fand Herr de Adda die Luft ruhig,
den Himmel umwölkt.
Herr k. k. Bergverwalters- Adjunct Eduard Glanzer theilte
mir mit, dass ein dumpfes donnerähnliches Getöse während der
Stösse selbst hörbar war und dass diese so heftig waren, dass Vögel
von den Bäumen herabfielen.
InHodritsch (nördlich) und in Szt. Antal (südlich) wurde
das Erdbeben ebenfalls verspürt (k. k. Werksarzt Pfeifferer).
In Börzsöny (Pilsen) und Kemencze war die Bewegung
schwach.
In Maria Nostra und Umgebung ward nichts verspürt
(k. k. Ingenieur- Assistent Joh. Kraus).
Das letzte Erdbeben hatte hier, wie in anderen Gegenden des
Honter Comitats, am 2. April 1857 um 12 Uhr Mittags stattgefunden.
Der officielle Bericht sagt: „Das henrige Erdbeben war bedeu -
tend schwächer als jenes vom vorigen Jahr (2. April)".
Bericht über das Erdbeben am IS. Jänner 1858 etc. o33
Die Erschütterung (1858) seliien von SSO. nach NNW. vom
Waitzener Gebirge hergekommen zu sein. Es war „ein einmaliges
Beben in der Form eines Stosses". Dauer „kaum mehr als 2 Secun-
den" (offic. Berieht).
h) Neograder Comitat etc.
Aus diesem liegen mir nur die officiellen Berichte vor. Die Be-
wegung war gering und nur an vier Orten, Kekkö, Gross-
Sztraczin, Gäcs und Ober-Tiszovnik fühlbar. Auch hier
wurde sie nur von wenigen Menschen und „nur an einzelnen Stellen"
bemerkt. Bei einigen Bildern an der Wand wurde eine etwas verän-
derte Lage beobachtet. Getöse ward keines gehört.
Der südlichste Ort, welchen die Erschütterungswellen noch
fühlbar berührten, war Gran.
Der Herr Comitatsarzt Dr. Jos. Schwarzel schreibt mir dar-
über : „Einige hierortige Einwohner von Distinction und einige
Arbeitsleute haben unabhängig von einander ausgesagt, dass sie am
15. Jänner Abends zwischen 8 und 9 Uhr eine einfache sehr geringe
Erderschütterung wahrgenommen haben; . . . eine Wiederholung
fand nicht Statt. Nach den eingelaufenen Berichten aus den Bezirken
wurde an keinem andern Orte des Comitats das Erdbeben verspürt".
In den übrigen Comitaten Ungarns ward keine Spur der Er-
schütterung wahrgenommen. Mir liegen negative Originalmitthei-
lungen vor: von Pressburg (Telegraphenamtsleiter Sey ff er t).
K omo rn (Comitatsarzt Dr. Med. Michael Klein i)» Tyrnau (Med.
Dr. Kr zisch, mir durch Dr. Jur. Mündel in Wien zugekommen),
Rosenau (Directorat des kathol. Ober-Gymnasiums), Kesmark
(Gymnasialdirector Hugo v. Stenczel).
In dem Kaschauer Gebiete ist die Erschütterung (wie Herr
Astronom Schmidt mittheilt, S. 60) aber doch auch verspürt wor-
den und zwar in Murany, Ratko (Richtung W. — 0.), Chisnyo
und Nagy-Röcze (Gömörer Comitat).
*) Die letzten Erdstösse in dieser erdbebenreichen Gegend fanden am 2. und
9. Juni 1857 Statt.
534 Jeitteles.
B. Oalizien.
Die Erschütterung wurde nach den officiellen Berichten beob-
achtet :
1. In der Stadt Krakau und zwar hauptsächlich in dem gegen
SW. gelegenen Theile derselben. Ferner in den Orten Siersza,
Myslachowice und Trzebinia (Bezirk Jaworsna) im Krakauer
Kreise.
2. In den Ortschaften Makow, Sucha, Krzeszöw ad Sucha, Wa-
dowice, Rudze bei Zabor, Andrichau, Kenty (und zwar im ganzen
dortigen Bezirke), in der Stadt Biala so wie in Lipnik, Komorowice
und Bestwin; ferner in Seybusch, Oswiecim, Brzcinka und Poremba
im Wado wie er Kreise. Dagegen ward in den Bezirken Jorda-
now, Ska wina und Kalwarya desselben Kreises nichts bemerkt.
3. Im Kreise Bochnia ward nichts bemerkt, ebenso nichts
in den Gruben von Bochnia und Wieliczka (Schmidt erwähnt
jedoch Seite 60 einer in der Stadt Wieliczka gemachten Beobach-
tung).
4. Im Sa ndecer Kreise wurde die Erderschütterung (nach
den officiellen Berichten) nur in Skrzydlna wahrgenommen.
In Neu-Sandec ward nicht das Geringste verspürt, wie ich
aus den Mittheilungen des Herrn Gymnasialdirectors und des Herrn
Realschullehrers Peter Zdziarski entnehme. Letzterer hat sich
im ganzen Sandecer Kreise auf das Angelegentlichste und Sorgfäl-
tigste erkundigt und ebenfalls nur aus Skrzydlna, 6 Meilen nord-
westlich von Sandec, eine positive Nachricht erhalten')- E"*
schreibt mir hierüber: ,,Das Erdbeben nahm hier die Richtung
von NW. nach SO. und offenbarte sich durch ein wellenförmiges
Schwanken. Dabei vernahm man das Klirren von Gläsern und Por-
zellanfiguren. Es war von einem heftigen Sturmwinde begleitet und
am südlichen Himmel zeigte sich eine auffallende Röfhe. Der erste
Hauptstoss fand um S'/a Uhr Abends Statt (nach einer Uhr, welche
mit einer Sonnenuhr verglichen wurde); er dauerte einige Secun-
den. Beinahe S — 8 Minuten wiederholten sich die Stösse, welche
jedoch im Vergleiche mit dem ersten immer schwächer wurden. In
*) über die BeobachtuDgen in Szczawnica und Neiimarkt siehe weiter unten.
Bericht über dns Erdbeben am 13. Jänner 1838 etc. 5ö5
Folge dieser Erschütterung erhielt das Sehlossgebäude, in welchem
die Bezirksamtskanzlei und das Steueramt untergebracht sind, Sprünge
im Mauerwerk , so dass Ausbesserungen vorgenommen werden
mussten'^^ i).
In der Stadt Krakau wurde (nach dem officiellen Bericht) die
Bemerkung gemacht, dass eines von den grossen Gaszuleitungs-
rohren einen Riss erhalten habe, was nach den vor der Aufstellung
gemachten namhaften Stärkemessungen und der Stellung des Rohres
sonst ganz unerklärlich wäre, der Erschütterung aber um so mehr
zugeschrieben werden könne , als eine aufTallende schwankende
Bewegung des Gasometers während des Erdbebens wahrgenommen
wurde. Auf der am äussersten NO. -Ende von Krakau gelegenen
Sternwarte wurde das Erdbeben nicht beobachtet.
In Makow, 1 1/3 Meile nordwestlich von Jordanow, war das
Phänomen heftig und von donnerähnlichem Getöse begleitet. Tags
darauf bemerkte man in der gemauerten Wohnung des Oberamt-
manns in der Mauer oberhalb der Fenster horizontale Risse.
Auch in Sucha zeigten sich im Pfarrhause Risse an der Decke.
In der Suchaer Eisenhammerwerkstätte wankte der Hochofen auf
eine so bedrohliche Weise, dass die Arbeiter a\is der Werkstätte
eilten.
In Oswiecim sollen die Erdschwankungen 15 Secunden ge-
dauert haben.
Die Richtung der Bewegung war in Krakau W. — 0., im Ja-
worsnoer Bezirk N. — S., im Wadowicer Kreise S. — N.
In Wadowice wurde theilweise ein ungewöhnlicher Luftdruck
verspürt, so dass mehrere Personen sich übel fühlten.
Herr Astronom Schmidt theilt mit, dass die Erschütterung
auch in Tarnow sicher gefühlt ward.
Noch gebe ich einige Original -Mittheilungen:
Biala. 3 Stösse, die in einem Zeitraum von 10 — 15 Secun-
den auf einander folgten. Richtung: SW. — NO. Der erste Stoss
war der heftigste. Unterirdisches Getöse wurde nicht gehört. In
*) Nach dem officielien Bericht erweiterten sich blos die schon vorhnndenen Sprünge,
aber so, dass ein Einstiiiz liefiirchtet werden konnte. Der Wächter beim Steiier-
amt in Skrzydlua behauptet (wie der officieiie Bericht erzählt), während des Erd-
bebens plötzlich in einen solchen Zustand von Betäubung versetzt worden zu sein
dass er sich , um nicht umzufallen , an der Thüre festhalten musste.
DdO Jeitteles.
einem Hause fielen zwei Bilder von der Wand ; Vögel und Pferde
zeigten eine besondere Unruhe (Mittheilung des Herrn Realschul-
directors Karl Kafka).
Badeort Szczawnica im Sandecer Kreise. Herr Jos. von
Szalay, Eigenthümer der Heilanstalt, schrieb mir Folgendes: „Die
Erderschütterung ward auch in diesem Gebirgsthale verspürt; es
waren 2 Stösse, welche rasch auf einander folgten. Denselben ging
ein auffallendes Rauschen in der Luft, welches mehrere Secunden
dauerte, voraus. Die Erschütterung war nur gering".
Neu markt. Nach brieflichen Nachrichten, welche Herr Di-
rector Hohenegger in Teschen erhalten, wurden die Erdwellen
auch hier schwach gefühlt.
Krynica. Der Herr k. k. Bade-Inspector Felix Murdzienski
theilte mir mit, dass hier kein Erdstoss verspürt wurde. Bis Mit-
tags den 15. Jänner wüthete ein grosser Sturm mit Schneege-
stöber.
Zakopane und Koscielisko im Sandecer Kreise. Nach Er-
kundigungen, die Herr Dr. Adolph Weiss auf einer Reise in's Tatra-
Gebirge im August 1858 persönlich einzog, will man hier nichts
gespürt haben.
€• ^I ä h r e n.
a) Kreis Neatitschein.
Neutitschein. Hier wurden die Stösse besonders heftig im
Lesezimmer des Casino's (im ersten Stockwerke eines Eckhauses)
empfunden. Nach den Taschenuhren sämmtiicher eben anwesenden
Herren war es gerade 8 Uhr 20 M., als die zwei Stösse von NW.
nach SO. erfolgten *). In einem Hause waren ausgestopfte Vögel in
Folge der Erschütterung von einem Schranke herabgefallen. Auch
lebende Singvögel wurden von den Sprossen ihres Käfigs herabge-
schleudert. Am anderen Morgen fand man die Wölbung eines Ca-
nales eingestürzt und ein l'/a Schuh grosses Loch darin. In Nes-
selsdorf bei Stramberg wurden die Stösse gleichfalls gefühlt. Zwei
Personen, die sich eben im Freien befanden, vernahmen ein Schrecken
1) Eben so stark, wenn nicht noch stärker, fühlte man die Erschütterung im zweiten
Stockwerke des Postgebäudes.
Bericht über das Erdbeben am 13. Jünner 18ö8 etc. o3T
erregendes Getöse in der Luft (briefliche Mittheilung des Herrn
Pfarrers Joseph Prorok in Neutitschein).
Alt titsche in. Ein Beobachter schrieb mir, dass er erst ein
heftiges Krachen im Fiissboden gehört und dann zwei Stösse aus
Südwest empfunden habe. Die Erscheinung wurde noch in zwei
anderen Häusern deutlich beobachtet.
Frank Stadt. Im Pfarrhause wurde nichts wahrgenommen.
Der Herr Stadtarzt aber beobachtete ganz bestimmt drei Schwin-
gungen binnen 5 Minuten, in der Richtung von SO. — NW., des-
gleichen auch ein kranker Steueramtsbeamter. Geräusch war damit
keines verbunden. Vor der Bewegung bemerkte man Unruhe bei
Vö^ehi und anderen Hausthieren (Cooperator Dostal).
Friedland. Nicht allgemein, aber in vielen Häusern bemerkt.
Herr Pfarrer Halfar schrieb mir hierüber: „Ich selbst habe nichts
verspürt und erst am folgenden Tage gehört, dass in Friedland ein
Erdbeben war. Die Richtung der Schwingungen wusste mir Nie-
mand genau anzugeben. Am interessantesten sind die Angaben eines
Mannes, dessen Wohnhaus am Ufer des hierortigen Baches steht.
Derselbe sass zu dieser Zeit auf einer Bank, den Kopf an"s Bett
gelehnt. Da hörte er in der Erde ein furchtbares Rollen und Tosen,
dass er hierüber sich entsetzte und in eine grosse Furcht gerieth.
Dann hat es ihn mit senkrechten, rasch auf einander folgenden
Schwingungen gerüttelt, so dass die Gläser und das Tischgeschirr
auf dem Wandrechen und auf dem Tische klirrten, worüber seine
Töchter erschrocken auffuhren. Diese Erschütterung wiederholte
sich nach kurzer Unterbrechung und dauerte im Ganzen , nach der
Angabe dieses Mannes, gegen 2 Minuten. An Gebäuden hat man
keine Beschädigung wahrgenommen".
Fulnek. Zwei bald auf einander folgende Stösse in der Rich-
tung von S. nach N. Nicht allgemein, aber in vielen Wohnungen
verspürt (Mittheilung des Herrn Dechanten Zohner).
Stauding. Deutliche Wahrnehmung (Schmidt).
Pohl (Eisenbahnstation). Die Erschütterung ward um 8 Uhr
10 M. (Prager Zeit, Telegraphenamts-Uhr) empfunden.
Roz nau. Das Erdbeben wurde hier fast in allen Häusern und
recht intensiv wahrgenommen (Olmützer Zeitung „Neue Zeit" Nr. 17
nach der Brünuer Zeitung). Dauer 10 — 15 Secunden. Man sah sich
veranlasst, den Bauzustand der gemauerten Häuser zu untersuchen.
SiUb. d. mathein.-iiiiturw. (\. XXXV. Bd. Nr. 12. 37
538 Jeitteles.
Waiachisch-Meseritsch. Nach mündlicher Mittheilung
des Herrn Bürgermeisters war die Erschütterung sehr stark.
W setin. Schwache Erschütterung ohne Getöse (Mittheilung
des Herrn Dechanten Alex. Macha).
Neu-Hrosenkau. Das Erdbeben war (nach brieflicher Mit-
theilung des Herrn Pfarrers Cihal in Neu-Hrosenkau) sowohl hier
als in Hawcsy, Hallentau, Karlowitz und überhaupt im ganzen
Beczwathale fühlbar, aber nicht allgemein. Der Herr Pfarrer schreibt:
„Ich selbst habe es im Pfarrhause, das am rechten Ufer der Beczwa
auf einer Anhöhe liegt, eben so wenig bemerkt, als Jemand von mei-
nen Hausleuten." Der Stoss kam in der Richtung von Nordwest nach
Südost; in dieser will nämlich der Pfarrer von Hallentau, der schon
im Bette lag, eine wellenartige Bewegung des Bettes empfunden
haben. Ein unterirdisches Getöse war nicht zu vernehmen.
Weisskirchen. Die Erschütterung fand um 8 Uhr UM.
Prager Zeit (Telegraphenamts-Uhr) Statt und war recht heftig.
Gliiser fielen von Schränken herab. In dem Dorfe Czernotin bei
Weisskirchen war das Beben noch stärker (mündliche Mittheilun-
gen von Augenzeugen).
Leipnik. Die Erschütterung war hier weniger heftig (dess-
gleichen).
Gross-Augezd. Ich fragte hier Ende April beim Herrn
Sehullehrer und anderen Gemeindemitgliedern selber nach; man
will nichts verspürt haben.
Bist ritz unterm Hostein. Schwaches Erbeben (Mittheilung
des Herrn Apothekers Langer in Holleschau).
b) Hradischer Kreis.
Holle seh au. Herr Apotheker Langer schrieb mir: „Ich
selbst befand mich an diesem Abend in Gesellschaft mehrerer Freunde.
Wir verspürten nichts; ich kann aber einige bezügliche Beobach-
tungen anderer Personen anführen. So wurden die Frau und Toch-
ter des hiesigen Waldbereiters (im ersten Stockwerke des gräfli-
chen Brauhauses wohnhaft), welche ganz ruhig bei einem Arbeitstische
Sassen, durch eine kleine Erschütterung der Zimmer-Einrichtungs-
stücke erschreckt, wobei auch der Vogel im Käfig unruhig wurde.
Ein k. k. Finanzwuch-Commissär in meiner Nachbarschaft, der allein
im Zimmer an die Wand gelehnt sass und las, fühlte um dieselbe
Bericht iiher das Krdbeben am \'.>. .läniier 1838 etc. 9 30
Zeit einen kleinen Stoss an der Mauer. Dieselbe Bewegung beob-
achtete ein Förster in dem eine Stunde von der Stadt Prerau liegen-
den Walde Kosteletz, der zu dieser Zeit schon im Bette lag, wäh-
rend seine noch in der Küche beschäftigte Frau gar nichts bemerkte."
Kremsier. Deutlich wahrgenommen (Schmidt).
Mallenowitz. Deutlich wahrgenommen und zwar an den
entgegengesetzten Seiten des Ortes (Pfarrer Nawratil).
Sluschowitz. Hier wurde nichts verspürt und ebenso „in
keiner Ortschaft des Wisowitzer Decanatsbezirkes" (briefliche Mit-
theilung des Herrn Dechanten Fiala).
Ungarisch-Brod. Der Herr Stadtwundarzt und Bürgermei-
ster Schönweitz, dann der Herr Förster Lench empfanden eine
ganz schwache Erschütterung (Mittheilung des Herrn Burggrafen
P etera in Banow).
Boikowitz. Schwache Erschütterung (Burggraf Petera).
Banow. Nichts verspürt (Petera und Gutsverwalter
Maschke in Swiellau).
Swietlau. Deutliche aber sehr sehwache Erschütterung, „in
einem einfachen Ruck ohne Geräusch bestehend." In dem auf einem
Trachytfelsen stehenden Schlosse traten in Folge der Erschütterung
„die auf einer Tafel einzeln aufgehängten Thürschlüssel in gegen-
seitige, wenn auch höchst unbedeutende Berührung, und gaben da-
durch einige Töne von sich." — „An den Zahorowitzer Mineralquel-
len wurde nicht die mindeste Veränderung, weder gleich noch
später, wahrgenommen, eben so wenig in dem benachbarten Luhat-
schowitz, wo ich gestern (13. Februar) in Geschäften war und mich
desshalb angelegentlich unterrichten liess" (Verwalter Maschke).
Lidecko. „Die Bewegung erfolgte hier um 8 1/4 Uhr Abends;
sie schien ostwestlich zu sein. Die Dauer betrug drei Pendel-
uhrschlägo" (Pfarrer Blazek).
Strany und Glasfabrik Blumenbach. Hier wurde nichts ge-
fühlt (Mitfheilung des Besitzers der Glasfabrik, Herrn Em. Zahn).
Herr Zahn schreibt: „Gewiss würden meine Leute und ich, die wir
in der Kanzlei, Fabrik, den Schleifmühlen rings mit Glas umgeben
sind, vor allen Andern bei der geringsten Bewegung ein Geräusch
wahrgenommen haben. Auch Herr Pfarrer Schulze, dann der Leh-
rer und der fürstl. Lichtenstein'sche Gehegebereiter haben gar nichts
empfunden".
37*
540 Jeitteles.
Nawoina bei Bnimow. Herr Edler v. Schickh schrieb mir,
dass um 8 Uhr 6 M. mittlerer Zeit 2 Stösse in der Richtung von
SO. gegen NW. bemerkt wurden.
Alt-Hrosenkau. Auf meiner Durchreise sprach ich mit dem
Herrn Postmeister. Es ward nichts verspürt.
Ungarisch-Hra disch. Nach der Mittheilung des Directors
der hiesigen Realschule und nach meinen eigenen Erkundigungen
auf der Reise hat man auch hier nichts bemerkt. In Altstadt bei
Ungariseh-Hradisch soll man jedoch die Erschütterung schwach
gefühlt haben.
Gaya. Nach brietlicher Mittheilung des Herrn Dechanten
Dr. Eichler ward nichts wahrgenommen.
Göding. Hier und in der Umgebung verspürte man durchaus
nichts (Mittheilung von Bewohnern der Gegend).
c) Brünner, Znaimer, Iglaaer Kreis.
Brunn. Nach Mittheilung des Herrn Gymnasialprofessors
Dr. Seh wippe I wurde das Erdbeben in den südöstlichen und süd-
westlichen Theilen der Stadt in einigen Häusern, namentlich in den
dritten Stockwerken, empfunden. Dr. Schwippel selbst nahm
nichts wahr.
Austerlitz. Die Erschütterung ward bemerkt (Schmidt).
Butschowitz. Auch hier ward sie gefühlt, wenn auch nicht
allgemein (briefliche Mittheilung aus B.).
Blansko. Nichts verspürt (Schmidt).
Kunstadt. Nicht das Geringste empfunden (briefliche Mit-
theilung des Herrn Bezirkshauptmanns Peter).
Wischau. Deutliche Richtung SW. — NO. (Schmidt).
Iglau und Umgebung. Hier war auch nicht eine Spur eines
Erdbebens zu bemerken (Gymnasialprofessor Dr. Wein er und
Andere).
Prämonstratenserstift Neureu seh. Nicht die geringste Wahr-
nehmung (briefliche Mittheilung des hochwürdigen Herrn Abtes
Dr. Franz).
d) Olmützer Kreis.
Olmütz. Nicht allgemein, aber in den meisten Häusern ver-
spürt. Getöse ward nicht gehört. Unruhe der Vögel (Sehnudt
und Augenzeugen).
Bericht über das Erdliebeii am l.j. .ISiiner 18S8 etc. Ot-1
Prossiiitz. Stark, aber ohne Getöse (Sehmi d t).
Prerau und Brodek. Stark und mit Getöse (Sc hm i dt).
Tobitschau. Deutlich und lebhaft (Schmidt).
Domstadtl, NNO. von Olmütz. Zwei Stösse mit Brausen.
Richtung: SW. — NO. (Schmidt).
Sternberg. Allgemein bemerkt.
Deutsch - Lodenitz. Schwache Erschütterung (Pfarrer
Jos. Beyer).
Deutsch-Liebau. Deutlich gefühlt. Allgemeine Unruhe der
Vögel (P. Alois R eiche 1).
Langendorf, 3 — 4 wellenförmige SchAvingungen, von denen
die erste am stärksten war. Richtung: NW. — SO. Dauer: „nicht
über 3 Secunden" (P. Jos. Reichel).
Bärn. Sehr stark. Donnerähnliches Getöse ging der Erschüt-
terung voran. Richtung: N. — S. (Olmützer Zeitung „Neue Zeit"
und Schmidt).
Litt au. Schwingungen von 0. — W., dreimal zu- und abneh-
mend („Neue Zeit" Nr. 15).
Hohen Stadt. Sehr deutlich („Neue Zeit", Schmidt).
Schönberg. Merkliche Erderschütterung („Neue Zeit").
Ullersdorf, Badeort bei Schönberg. Im ganzen eine Stunde
langen Dorfe ist von niemanden etwas beobachtet worden. Die
Vögel in den Käfigen waren aber in vielen Häusern auffallend unru-
hig (Caplan Karl Hauser).
Zöptau. In der Pfarrei sehr deutlich verspürt und gleich als
Erdbeben erkannt. Ein Glockenzug läutete zweimal von selbst
(Caplan Hauser in Ullersdorf).
Wiesenberg. An zwei entgegengesetzten Mauerfronten des
Schlosses zeigten sich den andern Tag Risse (Caplan Haus er).
Schmidt berichtet, dass das Erdbeben selbst im Schlosse be-
merkt ward.
Spieglitz. Nach genauen, von Herrn Localcurat Franz
Haschka hier und bei Personen aus Altstadt, Hannsdorf, Golden-
stein und dem preussischen Naclibarstädtchen Wilhelmsthal einge-
zogenen Erkundigungen wurde nirgends etwas von einem Erdbeben
verspürt.
542 Jeittcles.
D. Böhmen.
Das Erdbeben wurde nach Mittheilung des Herrn Pfarrers
Anton Buchtel im gräflich Nimptsch'scheii Schlosse in Geiersberg
und noch in zwei anderen Häusern daselbst (Nr. 55 und 57) deut-
lich verspürt. In den obersten Zimmern des Schlosses war die Er-
schütterung so heftig, dass eine Person, biedurch aufgeschreckt,
augenblicklich das Bett verlioss. Die Singvögel in den Käfigen wur-
den unruhig. Sonst scheint die Erschütterung nirgendwo in Böhmen
bemerkt worden zu sein.
E. Osterreichisch-Schlesien.
a) Tescbner Kreis.
Aus den mir von der schlesiscben Landesregierung zur Einsiebt
mifgetheilten Berichten der Herren Bezirksvorsteher ergibt sich,
d;tss die Bewegung im ganzen Kreise wahrgenommen wurde. Am
heftigsten war sie jedoch in den Bezirken Jabiunkau , Bielitz und
Teschen.
Die Anzahl der Schwingungen oder Stösse wird überall, wo
eine nähere Angabe vorliegt, als 2 bezeichnet.
Die Richtung ward in Schwarzwasser, Freistadt, Jabiunkau
und Oderberg als 0.— W. angegeben, in Bielitz, Königsberg, Teschen
mit SO.— NW., in Skotschau und Friedek als SW.— NO. bezeichnet.
Aus fast allen Orten erhielt ich auch Originalmittheilungen, die
ich hier folgen lasse.
Albersdorf. Zweimaliges Schütteln. Die Hühner stürzten
von den Steigen mit Geschrei herab (Lehrer J. Kasperlik).
Istebna. Nur wenig verspürt. Richtung S.—N. Dauer 1 Se-
cunde (Lehrer Wyborny).
Bukowetz. Um 7 Uhr Blitze von der Südseite. UmSUhrWind.
Hierauf Erschütterung mit Getöse (Lehrer Jos. Schwanda).
Mosty. Um 8 Uhr 23 Min. 3 rüttelnde Stösse. Dauer beinahe 3 Mi-
nuten. Richtung von S — N. Wind von S.—N. (Lehrer J. Kucharzik).
Jabiunkau. Hier zog ich persönlich Erkundigungen ein. Herr
Schullehrer Prochaska hatte die Bewegung besonders deutlich
Bericht über das Erdbehen am lö. Jänner 18S8 etc. 543
gefühlt. Er beschrieb sie mir als ein erst schwaches , dann immer
stärker und stärker werdendes Vibriren, das sich alimählich wieder
in immer schwächeren Schwingungen verlor. In der Umgebung
hörte man an mehreren Orten ein Donnern.
Die Stösse in und um Jahlunkau wurden als von Süden kom-
mend angegeben.
In mehreren Häusern wurde übrigens auch hier gar nichtsbemerkt.
Über die Einwirkung auf die Dorfbewohner der Umgegend
sagt der officielle Bericht : Angst und Entsetzen bemächtigte sich
der Bewohner, von denen einige aufsprangen und die Flucht er-
greifen wollten, andere — der Sitte gemäss — geweihte Kerzen
anzündeten.
Wen drin auf der Strasse nach Teschen. Nach meinen per-
sönlichen Erkundigungen will man daselbst nichts verspürt haben.
Teschen. Besonders heftig, wie mir Herr Pastor Zlik er-
zählte, war die Erschütterung in der Nähe der hoch gelegenen
evangelischen Kirche. Hier tlüchteten sich sogar einige Personen
(z. B. die Caiitors- Witwe mit ihren Kindern) aus ihren Häusern und
suchten bei dem Herrn Pastor Rath und Trost. Auch auf dem (gleich-
falls höher als die übrige Stadt gelegenen) Schloss fühlte man die
Bewegung sehr lebhaft und auch hier suchten die Bewohner des
zweiten Stockwerkes das Freie (Mitth. des Herrn Directors Hohen-
egger).
Es wurden zwei Stösse, nach anderen Angaben drei em-
pfunden.
Nach einigen Mittheilungen sollen sogar sechs Stösse und
eine Wiederholung um 10 Uhr verspürt worden sein. Pendeluhren
blieben stehen. Viele Personen wurden von plötzlichem Schwindel
ergriffen (Pastor Zlik, Professor Schwarz und Andere).
Die Bewohner der unteren Stadttheile hatten wenig, zum Theil
auch gar nichts empfunden.
Ausser Teschen empfanden die Stösse (nach dem offic. Her.)
auch noch die Orte Konskau, Zamarsk, Roppitz, Schibitz etc.
Schwarz w asser. Im ganzen Bezirke deutlich gefühlt. Dauer
etwa 2 Secundeii, Richtung W.— 0.
Bielitz. Zwei wellenförmige Bewegungen, von brausendem
Winde begleitet. Die höher gelegenen Häuser wurden stärker er-
schüttert als die in den Niederimgen liegenden (Senior Schimk o).
544 J e i 1 1 e I e s
Nach dem off. Ber. trat die Erschütterung um 8 Uhr 28 Minuten
ein. Richtung NW. — SO. Zimniorthüron und Hausthore knarrten
und sprangen mitunter auf. Eine Wanduhr schlug an. Biider tielen
von der Wand. Hunde wurden unruhig und bellten etc. (off. Der.).
Das Erdbeben wurde (nach den offic. Angaben) auch in Dzie-
ditz, Czechowicz, Ellgoth bemerkt, dagegen wenig oder gar nicht
am Gebirge in Bistray, Nickelsdorf, Kamitz, Lobnitz , Ernsdorf,
ebenso nicht in Heinzendorf, Batzdorf und Braunau wahrgenommen.
Skotschau. Deutlich gefühlt. Heftig in Kostkowitz (off, Ber.).
Östron. Erste Erschütterung um 8 Uhr 20 M., 5 Minuten spä-
ter eine zweite, nur vereinzelt gefühlte (Lehrer Hallady).
Frei Stadt. Richtung von 0. — W. Wurde nicht in allen, aber
in sehr vielen Gebäuden deutlich verspürt (off. Ber.).
Karwin. Um 8 Uhr 30 Minuten wellenförmige Bewegung von
NO. — SW. Dauer: etwa 8 Secunden. Thüren gingen auf, Uhren
schlugen an. Hühner tielen von ihren Ruheplätzen. In vielen Häu-
sern wurde die Erschütterung jedoch nicht wahrgenommen, unge-
achtet sie in mehreren stark auftrat (Mittheil, des Herrn General-
seeretariats-Adjuncten J. Schreck).
Ostrau und Umgegend. Aus den von dem Herrn Bezirks-
hauptmann J, Novak in Mährisch-Ostrau sorgfältigst gepflogenen
Erhebungen ergibt sich , dass die Erschütterung am Abend des
15. Jänners sowohl in Mährisch- als Polnisch -Ostrau und in allen
benachbarten Orten (Witkowitz ausgenommen) beobachtet wurde.
Besonders deutlich wurde sie in allen höheren mit der Hauptfront
gegen Süden oder Südost stehenden Gebäuden empfunden. Die
Richtung in Ostrau wird als von SO. — NW. angegeben. Die genaue
Zeit amRahnhofe war 8 Uhr 8 M. Bahnuhr (ungefähr = 8 Uhr 16 M.
Wiener Zeit).
In den fürstlich Salm'schen (über Tage befindlichen) Berg-
werks-Gebäuden bei Polnisch-Ostrau wurde das Erdbeben deutlich
wahrgenommen , insbesondere in den oberen Stockwerken. Das
Maschinengebäude auf Schacht Nr. VII bekam neue Risse und die
alten vergrösserten sich. Alle zu diesem Bergbau gehörenden Ge-
bäude befinden sich auf der von Nordwesten nach Südosten strei-
chenden Hauptverwerfung des Kohlengebirges.
In der Sodafabrik in Hruschau nahm der Herr Fabriks-
Director Hochstetter die Bewegung mit seiner Familie sehr leb-
Bericht über das Erdliehen am lö. Jänner ISöS eto. S4J)
hilft wahr. Zeit 8 Uhr 10 M. Eisenbahnuhr (Prager Zeit). „Den
Schwinüfiingcn, welche mindestens zwei Secunden währten, ging ein
schwaches dumpfes Rollen, wie das eines schwer beladenen Wagens,
voran. In dem Zechenhause der zu Witkowitz gehörigen Hruschauer
Grube, waren die beiden wahrgenommenen Erdstösse so bedeu-
tend, dass sich dadurch die bereits in den Mauerwerken dieses Ge-
bäudes vorfiüdlichen Sprünge ansehnlich erweiterten." Richtung der
Stösse von Norden nach Süden. Rollendes Getöse. In der Nähe
dieses Zechenhauses durchsetzt ein Gang plutonischen Gesteines
(Basalt oder Grünstein) das Kohlengebirge (Mittheilung des Herrn
Naprawnik in Witkowitz).
In dem Schlosse zu Schönhof bei Ostrau trat die Erschütte-
rung besonders stark auf. Das Schloss steht mit der Hauptfront
gegen Süden. Einem brausenden Getöse , welches über den
Zimmern hörbar wurde und von Ost gegen West ging , folgte eine
horizontale wellenförmige Bewegung. Die Oscillation dauerte „kaum
eine halbe Secunde". Es entstanden einige Mauersprünge, aber keine
Sicherheit gefährdenden. Ebenerdig wurde nichts empfunden (Brief
des Herrn Schlossverwalters Bas 1 er in Schönhof an Herrn Bezirks-
hauptmann Novak).
In Pfiwos wurde die Erschütterung wohl in den Wohn-
gebäuden (1. Stock), nicht aber in den Gruben verspürt.
Oderberg. Nach Herrn Ingenieur Kutilek fand die >inge-
fähr sechs Secunden dauernde Erschütterung um 8 Uhr 10 M. Statt.
Die Richtung der Oscillationen beurtheilte der Beobachter nach dem
Schaukeln des Wassers in einem vor Augen befindlichen Glase als
von Osten nach Westen gehend. Es waren zwei Stösse.
Friedeck. Nach dem officiellen Bericht ging die Bewegung von
Südwesten nach Nordosten und fand um 8 Uhr 20 M. Statt. Ein Käfig
fiel von der Wand herab. „DieSchwankung glich jener eines Schitfes'^
Ich reihe hier gleich Mistek an, obgleich es schon in Mähren
liegt. Herr Apotheker Schwab berichtete mir, dass er vier Schwin-
gungen, die ersten drei ziemlich stark, die letzte schwach, beob-
achtet hatte. Dauer im Ganzen 4 — 6 Secunden. Richtung: ost-
westlich. Zeit: 8 Uhr 20 M. Die Bilder an den Wänden bewegten sich,
Schlüssel, die an einem Nagel hingen, geriethen in Schwingungen.
Dabei Hess sich ein eigenthümliches Geräusch hören, „als wenn man
mit Tannenreisig über die Fenster gestrichen hätte,"
o46 Jeilteles.
b) Troppaaer Kreis.
Das Erdbeben wurde in fast allen Bezirken wahrgenommen. In
Weidenau und Jauernig (Wildschütz ausgenommen) ward es jedoch
nicht bemerkt.
Königsberg. Um 8 Uhr 20 M. ward ein Stoss aus Südosten
deutlich wahrgenommen. Im Zimmer des Herrn Pfarrers zu Alt-
Plesna fiel Mörtel herab (officieller Bericht).
Schönbrunn. Deutlich gefühlte Erschütterung um 8 Uhr
10 — 11 M. nach der Bahnuhr, Prager Zeit (eigene Erkundigung).
Strebrowitz. Das Erdbeben wurde nur in dem nordöst-
lichen Theile des dem Grafen Demblin gehörigen Schlosses ver-
spürt. Es fiel Mörtel herab (Med. Dr. Bor in Strebrowitz).
Dielhau. Die Bewegung wurde lebhaft empfunden.
Wagstadt. Zwei 'rüttelnde Erdstösse von West nach Ost
(officieller Bericht).
In Schlatten wurde nach einer Mittheilung des Herrn Ritters
von Mannert, Gutsbesitzers daselbst, nichts empfunden.
Wig:stadtl. Auch hier hat man nach dem officielien Bericht
nichts verspürt. W'ohl aber machte sich die Erschütterung fühlbar
in Oberdorf Wigstadtl, einer hochgelegenen Ortschaft, wo der Herr
Baron Za wisch sie zu ebener Erde deutlich wahrnahm.
Neu-Luhlitz. Das Erdbeben wurde in der Wohnung des
Herrn Oberförsters Beutel im ersten Stock des hiesigen Schlosses
und zwar in den entgegengesetzt liegenden, 16 Klafter von ein-
ander entfernten Zimmern, besonders deutlich am Nordende, be-
merkt. Der Herr Oberförster . in der Mitte des Gebäudes mit
Schreiben beschäftigt, nahm nicht das Geringste wahr. Auch zu
ebener Erde ward nichts empfunden. Einige alte Mauersprünge im
Schlosse zeigten sich hernach erweitert. Auch in der Localie wurde
das Erdbeben deutlich gefühlt (Mittheilung des Oberförsters
Beutel).
Johannisbrunn hei Meltsch. Der Bademeister hörte ein
.«starkes Sausen in der f.uft, als wenn ein Kaminbrand entstanden
wäre. Die Erschüttertmg fühlte er nicht. An der Sauerquelle war
nichts zu bemerken. (Eigene Erkundigungen und Mittheilungon des
Herrn Beutel und des Schullehrers in Meltscli.) In Mdtsch ward
dieses eigenthümliche Sausen ebenfalls sehr stark, und zwar in zwei
aa ISu JtaMT im» «tie. 547
Ardk eiiftea ZviadKiffani von drei Seeonden ^etre«atea Absätzen
^r«körl Da^ zweite Sausen war ab«r bedeatead schwäeher.
Ilt-Lablitz. Es ward eio Srliwanken and nach einig««
Semoden ein ziemiieh h<(>fti'zer $(x»«s ▼erspart, be^ieitiet van dem
Getiue eines heftigen Sinnnwindes. Riiebtung von SO. — NW.
(Lehrer Johann Niesnicr).
Odra«. In d*»« h«ebgeiege nien G«hirg«diörf«m Gro*«* - Herms-
dnrf, iLamiz , Lonzendorf and WoJ(»d«rf wurde wenig oder gar
■iehts Terspürt Deatiy>he Wahrnehmangen maehte man in den tiefer
liegenden Orlen , namendieh an der Oder , a js : Odran , Banibseh,
Nendörfej , Klein - Hermsdorf and vorzugsweise in Nemnark bei
Odran. Am letzteren Orte flüehteten die Leute ans den EäaaeriL
Riehinng SW— NO.
Zahi der Stösse drei.
Grosse Unruhe bei StnbenTögdn nnd Hühnern (oiüfie. Bericht).
Krowitz. Geringe Ersehätteruig (llitdbHlnig des Herrn
Grafen F a i k e n h a i n |.
Bezirk Troppau. In Troppau seibst ward das Erdbeben
flieht in allen, aber doeh in den meiste« Häns<»n gefuhüt.
Eusdnstebemie and Eekhänser empfinden es onbedingt am
«lärksten.
Die Uhr im k. k. TeJegrapbeumteawMir zeigte 8 Uhr 20 M.
Prager Zeit. Eine PendeJnbr an einer von NNO. — SSW. laufenden
Wand blieb auf 8 llir 30 IL stehen.
In mehreren Hä
Böhmischdoif bei Fi-eiwaldüii. Es wurde nichts bemerkt.
(Lehrer Franz Schroth).
Adelsdorf bei Freiwaldau. Hier wurde die Erschütterung
deutlich wahrgenommen. In einem Hause wurden hölzerne Gefässe
(Kannen , Schaffe) von einer Bank heruntergeworfen (Lehrer
Schroth).
Buchelsdorf. Wie es scheint, hat man nichts gefühlt (Lehrer
Klemens Pilz).
Dittershof. Nichts verspürt (Fjehrer Stephan Jäckel).
Fitzen hau bei Freiwaldau. Nach einem „schauerlichen Rasseln
mit hohltönendem unterirdischen Donner" folgten „in einigen Mi-
nuten hinter einander" zwei Stösse. Am Morgen war die VVasser-
masse des Zeiskengrund-Baches auffallend geringer, als sonst je
beobachtet wurde (Förster Rotter in Fitzenhau).
Ober -Thomasdorf. Vereinzelt wahrgenommen. Dei" Kirchen-
wächter hörte wä hrend einer ganzen Stunde in südöstliclier
Richtung ein donnerähnliches Geräusch. Er glaubte es der Los-
lösung des Grundeises zuschreiben zu müssen ; aber das Eis des
Biela-Fluss zeigte sich unversehrt. Dabei sah er Blitze (Lehrer
Metzner).
Ober -Linde wiese. Um halb 9Uhr Abends „fand eine heftige
Explosion durch 3 — 4 schnell auf einander folgende Windstösse
Statt. Es war das um so auffallender, als der ganze Tag heiter und
still war und ein kaum fühlbares Wehen von Süd stattfand. Auch
nachher trat dieselbe Ruhe wieder ein" (Lehrer Joseph Scholz).
Setz dort". Es wurde nichts wahrgenommen (Lehrer Meisel).
Saubsdorf. Nichts verspürt (Lehrer Fr. Adlof).
Ramsau. Auch hier empfand man durchaus nichts (Lehrer
A. Faulhammer).
Weidenau. In keinem Orte des Bezirkes ist etwas von einem
Erdbeben wahrgenommen worden (officieller Bericht).
Jauernig. Nichts wahrgenommen worden (officieller Be-
richt und Coop. Kluss).
Wildschütz. Hier beobachtete Herr Pfarrer Kunert das
vielbesprochene Phänomen sehr deutlich. „Der Stoss sellist war mit
einem sehr heftigen Windstösse, der unmittelbar darauf folgte, fast
wie vereint." Aber schon früher war das Wetter sehr stürmisch ge-
wesen. Richtung des Erdstosses : SO. — NW. Dauer: 2 Secunden.
38»
536 Jei 1 1 e I es.
Auch in mehreren anderen Gebäuden (Schule, Schloss etc.)
wurde die Bewegung verspürt. Es waren alle Hausthiere, „besonders
aber das Borstenvieh sehr unruhig" (Pfarrer Kunert. Offic. Bericht).
E. Preussiscli- Schlesien.
Die Erschütterung wurde besonders heftig in nachstehenden
Orten gefühlt:
Pless. Zwei schwache und kaum bemerkbare Stösse, denen
ein heftiger Doppelstoss folgte. Die Stösse werden als „vertical"
bezeichnet. In einigen Gebäuden „will man auch eine horizontale
Bewegung bemerkt haben".
Schachfiguren wurden auf einem Schachbrette während eines
Spieles umgeworfen. Zeit: 8 Uhr 17 Min. („Schles. Zeitung",
Nr. 29). Professor Dr. Sadebeck (bei Schmidt) gibt als Bichtung
S. — N. an.
Bybnik. Zimmerthüren ötTneten sich, Gläser schlugen an ein-
ander. Die 40 bis 50 Waisenkinder im „Invaliden-Schloss" fuhren
entsetzt von ihren Lagerstätten auf. Die Stösse schienen von NW.
her gekommen zu sein. Zeit des Eintreffens 8 Uhr 33 Min. („Scliies.
Zeitung" Nr. 31).
Leo- Hütte bei Bybnik. Deutliche Erschütterung („Schles.
Zeitung" Nr. 29).
Budzinitz, 2 Meilen von Gleiwitz. Zwei Stösse, von denen
der erste der stärkere war (ebenda).
Bauden. Zwei Stösse von S. — N. Hühner stürzten von ihren
nächtlichen Sitzplätzen herab („Schles. Zeitung" Nr. 29).
Tost und Umgebung. Deutlich gefühlt. Bichtung S. — N.
Kottulin (im Toster Kreise). Eben so.
Slupsko bei Tost. Bichtung SW.— NO. („Schles. Zeit." 31).
Laura -Hütte. Thüren sprangen auf, Fenster und Gläser
klirrten etc. („Schles. Zeitung").
Myslowitz. SW.— NO. („Schles. Zeitung").
T a r n 0 w i t z. Zwei Stösse von S. — N. („Schles. Zeitung" Nr. 3S).
Beuthen. Bichtung: SW. — NO. Dauer: 4 bis 5 Seciinden.
Witterung ruhig und windstill („Schles. Zeitung").
Über Gleiwitz, Batibor, Leobschütz etc. (wo die Erschütterung
auch noch recht lebhaft war) folgen weiter unten Original -Mit-
theilungen.
Bericht über das Erdbeben am 15. .läiiner 18öS ele. öo7
Das Erdbeben ward ferner sicher noch beobachtet und mehr
oder weniger stark gefühlt in nachstehenden Orten:
Kosel. Richtung: 0.— W. und SO.— NW. (Sadebeck).
Oppeln. 2 Stusse. W.— O.-Richtung, nach Andern SW.— NO.
In den Gruben schwächer als oben (Sadebeck).
Sehh)ss Schönwitz zwischen Oppeln und Schürgast („Schles.
Zeitung" Nr. 35).
Ober-Glogau („Schles. Zeitung'O-
Koppitz bei Grottkau. Zwei Erdstösse und darauf ein 10 — 12
Secundcn andauerndes Vibriren („Schles. Zeitung" Nr. 31).
W 0 i s c h n i k , S 1 a w e n t r i t z , L u b li n i t z , G u 1 1 e n t a g.
Alle diese Orte haben die Bewegung deutlich verspürt („Schles.
Zeitung", Sadebeck). In Lublinitz fanden nach Sadebeck
5 Stösse Statt.
Proskau. Richtung: VV. — 0. Dauer: 4 — 5Secunden („Schles.
Zeitung" Nr. 35).
Dorf Strehlitz und andere Orte im Kreise Namslau. Deut-
lich zu erkennende Erschütterung („Schles. Zeitung'" Nr. 35).
Brieg. Um Mitternacht fand eine Wiederholung Statt (Sade-
beck),
Kreutzburg. Wahrgenommen (Sadebeck).
D e u ts c h - Harn m er im Kreise Trebnitz. Schwache, aber
deutliche Erschütterung.
Breslau. Die Bewegung ward hier besonders deutlich in
Gebäuden der Ohlauer und Oder- Vorstadt und überhaupt an der
Oder und Ohlau empfunden („Schles. Zeitung").
Nimptsch, Reichenbach. In diesen Kreisen erlitten ver-
schiedene Orte mehr oder weniger heftige Erschütterungen.
Reichenstein. Verschiedene rasche Stösse. Richtung:
NW. — SO. (Sadebeck).
Linde wiese bei Steinau zwischen Neisse und Neustadt
(„Schles. Zeitung").
Originalberichte liegen mir über folgende Orte vor:
Gleiwitz (Mittheil, des Herrn Gymnasial-Oberlebrers Rott).
Es war 5 Minuten vor 81/2 Uhr (nach der Bahnhofs -Uhr gegen
8 Vi Uhr), als die Erschütterung hier verspürt wurde. Zu ebener
Erde nahm man fast gar nichts wahr, aber ziemlich stark war die
Bewegung in den höheren Stockwerken und in Häusern, die hoch
558 J e i tt e 1 e ».
liegen, wie z. B. das Gymnasial-Wohngebäude, dann in den Häusern
am Flüsschen Ostroppa, sowie in den Hüttenwerken. Herr Rott
erzählt : „Ich sass in der einen Ecke des Sopha's , welches an einer
Wand die Richtung von SW. nach NO. hat. Zur besagten Zeit, die
mir um so genauer bekannt ist, als ein Sohu von mir eben seine Uhr
stellte, schien sich der südwestliche Theil des Sopha's zu heben
und dann sanft zu senken, in dem Zeiträume von etwa 3 Secunden;
dann folgte etwa nach 2 Secunden ein ziemlich heftiger Stoss, gerade
so , als wäre das Sopha plötzlich aus seiner früheren Lage gerückt
worden. Die Dauer des Verlaufs der Erscheinung war nach meiner
Wahrnehmung etwa 5 Secunden. Manche wollen einige Secunden
später noch einen zweiten Stoss wahrgenommen haben Die
Richtung des Erdstosses war nach meinem Urtheil von SW. — NO.
oder noch eher WSW. — ONO. Die Erschütterung selbst war ziem-
lich stark; denn Schränke und Tische geriethen in Bewegung, darauf
stehende Gläser klirrten, nicht fest angelegte Thüren öffneten sich,
hängende Gegenstände, z. B. Gewichte von Wanduhren, zeigten noch
nach mehreren Minuten pendelartige Schwingungen. Doch hat man
hier nichts von Rissen und Sprüngen im Eidboden oder in Mauern
wahrgenommen; auch aus den Gruben hiesiger Gegend ist, so weit
mir bekannt, keine Nachricht über eine Wahrnehmung des Erd-
stosses eingegangen."
Ratibor (Mittheilung des Hrn. Gymn.-Professors A. Kelch).
Herr Kelch schreibt: „Ich selbst, wie so mancher Andere, habe
vom Erdbeben nichts verspürt; demnach kann ich nur vom Hören-
sagen und weiteren Nachfragen berichten. Das ist nun etwa Folgen-
des: Die Hauptschwingungen scheinen entschieden von SW. gekom-
men und nach NO. sich fortbewegt zu haben Die Schwingun-
gen Maren in den oberen und obersten Stockwerken am bedeutend-
sten Hier drohten die Lampen auf den Tischen umzustürzen,
die Fenster und Gläser in Schränken etc. klirrten, Bettstellen wank-
ten, Stühle neigten sich und drohten leichte Personen herunter zu
werfen; Hämmer der Wanduhren schlugen an, andere blieben stehen
und in einzelnen hochgelegenen Stuben rissen die Bewohner aus . .
Die Erschütterung war eine doppelte, die zweite bei weitem stärker,
und von Mehreren beobachtet als die erste."
Deutsch -Neukirch bei Katscher. Herr Pfarrer Werner
theilte mir Folgendes mit: „Ich, der Caplan und der Schullehrer
Bericht über das Erdbeben am 15. Jänner 1838 etc. 559
spielten am gedachten Tage Abends Karten. Um S% Uhr wurden
wir alle drei auf unseren Stühlen drei bis viermal hin und her ge-
schaukelt wir sahen einander an, und zu gleicher Zeit rief Jeder
aus: das war ein Erdbeben. Nach unserem Dafürhalten war es eine
wellenförmige Bewegung, die von NO. nach S. (?) ihre Richtung nahm.
Zu gleicher Zeit öffnete sich die Flurthüre, die sonst gut schliesst,
und ein Palmzweig, den der Caplan hinter ein Kreuz gesteckt, fiel
herab Dabei wurden wir von einem eigenthümlichen , unbe-
haglichen Gefühle ergriffen."
Katscher. Im Pfarrgebäude erhielten mehrere Zimmer Risse,
namentlich das gewölbte Zimmer zu ebener Erde, wo sich auch
die aufgetragene Farbe an mehreren Stellen losblätterte (Pfarrer
Werner).
Dirschel. Hier verliess Graf L. mit seiner Familie aus Angst
das Schloss und flüchtete sich in die Wohnung des Schaffners
(Pfarrer Werner).
Klein-Hoschitz, östlich von Troppau. Herr Gemeindevor-
stand und Ijchrer Fuss schrieb mir: Die Erschütterung wurde hier
sowohl als in den umliegenden Ortschaften, wie ich mich dar-
über ganz genau erkundigte, nur sehr vereinzelt wahrgenommen.
Dauer: 3 bis 4 Secunden, Anzahl der Stösse: 2 bis 3. In Gross-
Hoschitz wurde die Erschütterung mehrfach wahrgenommen, und hier
muss sie von W. — 0. (oder umgekehrt) erfolgt sein. Der dortige
Hilfslehrer VVelz theilte mir darüber Folgendes mit. Er sass mit
einem Gaste in seinem Zimmer beim Tische, als sie auf einmal die
Thüre klappern hörten. Auf ihr Umwenden sahen beide deutlich, dass
sich die ausgestopften Vögel auf dem Schranke bewegten und ihre
Köpfe deutlich nachOsten neigten. Im Schlosse des Grafen
von Springenstein wurde das Erdbeben gleichfalls wahrge-
nommen.
Leo b schütz. Herr Oberlehrer Dr. Fiedler, Lehrer der
Mathematik und Naturwissenschaften am Gymnasium , beobachtete
Folgendes : Er sass bei Tische mit Schreiben beschäftigt, als er eine
wellenartige Bewegung, von W.— 0. gehend, empfand, die er sogleich
als Erderschülterung erkannte. Sie dauerte etwa 2 Secunden. Die
in der Stube Anwesenden haben dieselbe Wahrnehmung gemacht.
Die Erschütterung ist in Leobschütz von vielen Personen wahr-
genommen worden. Die beiden Thürmer kamen von den Thürmcn
560 .1 <■ i I I e I e s.
herunter, weil die Schwankungen zu gross waren und sie den Ein-
sturz des Thurmes befürchteten; die Glocken geriethen in Scliwiii-
gungen. In vielen Häusern, vorzugsweise in den oberen Stockwerken,
wankten die Lampen und andere auf den Tisclien befindliche Gegen-
stände und einige Häuser erhielten sogar kleine Sprünge"
(Mittheilung des Herrn Candidaten Th. Schönhuth).
Troplowitz bei Olbersdorf. Hier und in der nächsten Um-
gebung ist nicht eine Spur einer Erderschütterung bemerkt worden
(briefl. Mittheilung des Herrn Pfarrers Clement).
Neisse. Herr Gymnasial -Director Dr. Zastra, der übrigens
von der Erschütterung nichts wahrgenommen hatte, theilte mir den
in der „philomathisclien Gesellschaft" zu Neisse am 28. Januar 1858
gehaltenen Vortrag des Apothekers Dr. Pol eck über die Beobach-
tungen bezüglich des Erdbebens mit. Herr Dr. Pol eck hatte durch
die Aussagen des Wächters auf dein Rathhausthurme ermittelt, dass
die Osciilation die Richtung von SO. nach NW. gehabt habe. Diese
Ermittlung wurde bestätigt durch eigene Beobachtungen des Gym-
nasial-Lehrers Herrn Mutke und des Kreisrichters Herrn Busse.
Die Oscillationen waren im Allgemeinen nur sehr schwach und un-
bpdeiitend. In einigen Häusern waren sie allerdings so stark empfun-
den worden, dass die Anwesenden erschreckt von ihren Sitzen auf-
spiiingen; grösstentheils beschränkte sich die Erschütterung aber auf
geringere Schwankungen, Klirren der Gläser und Fenster, Schwan-
kungen leicht beweglicher und nicht geschlossener Thüren etc.
Landeck. Die Erschütterung wurde hier nicht, wohl aber in
Reiclienstein gefühlt (Brief des Badearztes Dr. Langner).
Gl atz. Dr. Wittiber, Lehrer der Mathematik und Natur-
wissenschaften, berichtete mir: „Ich selbst habe nichts verspürt;
die Erschütterung ist nur von unserem Religionslehrer Hrn. Strecke
unil dem Collegen Dr. Schuck wahrgenommen worden. Ersterer
wohnt im zweiten Stocke des alten, massiv gebauten Convicts; ihm
kam es vor, erzählte er uns, als ob ihm ein plötzlicher Schwindel
käme und die Stube sich drehe Herr Dr. Schuck wohnt in
einem nach Westen gelegenen Gebäude, das wohl mit am höchsten
liegt und leicht gebaut ist. Er hat den dritten Stock inne. Das Vor-
überfahren der Wagen erschüttert das Haus leicht. Unser College
erzählte, dass das von ihm wahrgenommene Schwanken ganz abnorm
gewesen sei, so dass er vom Sopha aufgesprungen sei und sieh
Bericht üNer das fili-dliplieii um 1.'». .liiniier 18ö8 ofc. 3() \
unter die Thüre gestellt habe Sonst ist, so weit ich auch ge-
forscht, das Erdbeben von Niemanden hier und in der Umgegend
wahrgenommen worden'^
Bad Lan genau. „Ungeachtet meiner vielfach gehaltenen
Nachfragen ist es mir nicht gelungen, eine festgestellte Thatsache
zu erlangen. Nur eine Person will, zur Zeit in der Nähe von Glatz
(Nieder-Schwedelndorf) befindlich, ein plötzliches Aufstossen einer
Thüre ohne bemerkbar werdende Ursache wahrgenommen haben'^
(Badearzt Dr. Lesser).
Cudowa. Niemand, weder im Orte, noch in der nächsten Um-
gebung konnte auf meine Fragen nach einer wahrgenommenen Er-
schütterung Auskunft geben (Badearzt Dr. Nentwig).
Centnerbrunn im Eulengebirge (Grafschaft Glatz). In der
hier befindlichen Wasserheilanstalt, „wurden in einem Zimmer mit
4 Fenstern, von denen 2 ihre Bichtung nach Süden und 2 nach
Osten haben, die nach Süden liegenden Fenster bedeutend erschüt-
tert, so dass der Beobachter des Morgens diese Erscheinung der
Umgebung mittheilte mit der Bemerkung, dass durchaus eine unter-
irdische Erschütterung vorhanden gewesen sein müsse. Die Art der
Erschütterung war plötzlich und als wenn ein Stoss von unten herauf
käme". Die Erschütterung ist wahrscheinlich von Nord nach Süd
gegangen. In Braunau wurde von einer Erschütterung nichts beob-
achtet (Med. Dr. Böser, praktischer Arzt in Braunau und Leiter der
Wasserheilanstalt Centnerbrunn).
Altwasser. Es wurde hier und in der ganzen Umgebung
nichts bemerkt (Badearzt Dr. Scholz).
Charlottenbrunn. Ebenso (Dr. Beinert).
Salzbrunn. Dessgleichen (königl. Sanitätsrath Dr. Rose-
ma nn).
Waiden bürg. Dessgleichen (Dr. Rosemann).
Schweidnitz. Am Abende des 15. Januars wüthete hier ein
ungemein heftiger Sturm mit solcher Gewalt, dass die Dielen zitter-
ten. Ob ein Erdstoss damit verbunden war, kann nicht angegeben
werden. Der Sturm kam aus SW. was jedoch nicht mit Bestimmt-
heit angenommen werden kann (briefl. Mittheilung des Sanitäts-
rathes Dr. Rosemann aus Salzbrunn, der sich damals in Schweid-
nitz befand).
562 Jeitteles.
- Warmbrunn. „In der Zeit vom 14. bis 16. Januar hatten wir
heftigen Sturm mit Schneegestöber aus W. und NW. , auch in der
Nacht vom 15. auf den 16., wo der Sturm eine orkan-ähnliche Hef-
tigkeit annahm, aber Erschütterung scheint keine gefühlt worden
zu sein" (Badearzt Dr. Luchs).
Agnetendorf. „Einige Bauersleute von Agnetendorf, welches
sich 1400 bis 1700 Fuss am Gebirge westlich von uns hinzieht, wol-
len ungewöhnliche Stösse wie von unten herauf wahrgenommen
haben. Doch können dies auch gewaltige Windstösse gewesen
sein" (Dr. L u chs).
Hirsch b erg. Herr Dr. Med. Führböter schrieb mir: „Am
15. Januar Abends, gerade um 8% Uhr nach der hiesigen Postamts-
ühr, die jedenfalls nach den Telegraphen-Stations-Uhren regulirt
wird, als ich am Tische mitten in der Stube schreibend sass, em-
pfand ich plötzlich mehrere wellenförmige Bewegungen des Fuss-
bodens, resp. des Tisches und meines Stuhles. Meine Frau sass an
einer anderen Seite des Tisches und nähte. Wir sahen uns an, und
jedes fragte ängstlich: Wer stösst denn an den Tisch? Nun trat
eine Pause ein und dann wiederholten sich die wellenförmigen
Schwingungen Die Richtung kann ich nicht angeben; aber
meine Frau behauptet: von 0. nach W Beim zweiten Anfalle
rief ich aus: das ist ja ein Erdbeben! Am andern Morgen
theilte ich dem Herrn Bürgermeister Vogt, dem Herrn Maler
E l s n e r und dem Particulier Herrn von Heinrich mit , dass wir
gestern ein Erdbeben gehabt hätten; aber keiner der Herren ging
auf die Sache ein, und ich unterliess desshalb die Veröffentlichung.
Ausser uns hat in hiesiger Stadt und Gegend Niemand etwas wahr-
genommen, als eine blinde, kranke und bettlägerige Frau, welche
mir schräg gegenüber, in einem Eckhause, zwei Treppen hoch
wohnt".
„Wenn wir vor allen Anderen in der Stadt das Ereigniss bemerkt
haben, so finde ich die Ursache darin, weil wir in einem sehr hohen
Hause, drei Treppen hoch, in einer Dachstube wohnen. Die Bürger-
meister Vogt'sche Familie wohnt unter mir, zwei Treppen hoch,
und die Kaufmann Brack'sche Familie eine Treppe hoch; aber
Niemand von ihnen hat etwas bemerkt."
„In Warmbrunn will man ebenso wenig bemerkt haben als
in dem Bergwerke zu Kupferberg, 2 Meilen von hier."
Bericht über das Erdbeben am lö. Jänner 18ä8 etc. b63
Wiederholangen des Erdbebens ausserhalb der Centralgegenden.
Es ist bereits oben (S. 520) der Wiederboluiip^eii innerbalb der
Centralgegenden Erwähnung geseheben. Wiederholungen an andern
Tagen als dem 15. haben ausserhalb der genannten Gegenden nicht
stattgefunden. An vielen entfernter liegenden Orten ist aber am
15. Jänner nach Mitternacht eine zweite Erschütterung wahrgenom-
men worden, ja an einigen wenigen Orten nahm man blos die zweite
Bewegung wahr, ohne die erste um S'/g Uhr verspürt zu haben.
Ausser Rosenberg (siebe S.523) fand meines Wissens nirgends
in den vom Centrum entfernteren Gegenden Ungarns eine solche
Wiederholung Statt. Dagegen liegen Angaben über spätere Stösse
a\is folgenden Orten vor:
Pless. Gegen 11 Uhr Nachts (Schlesische Zeitung).
Brieg. Gegen Mitternacht fand eine Wiederholung Statt (Sa-
d e b eck).
Gross-Stein in Preussiscb -Schlesien. Wiederholung um
IIV2 Uhr (Sadebeck),
L e 0 b s c h ü t z. „Die Frau des Gymnasial-Oberlehrers Dr. Fried-
ler hat in der Nacht nach 12 Uhr eine zweite Erschütterung wahr-
genommen" (briefliche Mittheilung des Herrn Candidaten Schön-
hut h in Leobschütz).
Auch die Schlesische Zeitung erwähnt einer Wiederholung um
Mitternacht in Leobschütz.
Dorf Turkau in Preiissisch-Schlesien , nordlich von Troppau.
In dem einzeln stehenden Wirthshause zwischen Turkau und Putsch
an der Strasse ward nach Mittbeilung des Wirthes um 10 1/2 Uhr ein
Erdbeben sehr deutlich wahrgenommen, während man um die neunte
Abendstunde nichts gefühlt hatte.
Troppau. Auch hier verspürten mehrere Personen gegen
Mitternacht eine neue Erschütterung.
Braunsdorf. Um 1 y, Uhr Nachts wurde eine Wiederholung
beobachtet.
Freud enthal. Ein Patient des Herrn Med. Dr. Kubin fühlte
vor Mitternacht eine Erdschwankung, ohne die erste Erschütterung
um 8Ya Uhr Abends empfunden zu haben.
Homboc bei Olmütz. Nach 11 Uhr Nachts ward eine zweite
schwache Bewegung verspürt (Schmidt, Seite 57).
564 Je i tt e 1 e s.
Beobachtungen in Bergwerken.
Die Mittheilungeii über Beobachtungen unter der Erdoberfläche
lauten beinahe alle negativ. Nur in der Gegend von Ostrau wurden
directe und indirecte Wahrnehmungen über unterirdische Kraftäusse-
rungen des Erdbebens vom 15. Janner gemacht. Ich verdanke die
Mittheilung derselben fast nur der Güte des Herrn k. k. Bezirks-
hauptmannes Joseph Novak in Ostrau. Ich stelle in Folgendem
alle mir bekannt gewordenen Nachrichten über Gruben-Erfahrungen
am 15. Jänner zusammen.
Kremnitz. In den ausgedehnten Gruben der hiesigen, dem
Centrum des Erdbebens nächsten, Bergwerke wurde auch nicht die
leiseste Erschütterung wahrgenommen (eigene Erkundigungen).
Herr k. k. Münzwardein Waltsc hisko hatte mir schon
früher hierüber geschrieben und erwähnt, dass „weder an den ober-
irdischen noch an den unterirdischen Bauten hier, wo an manchen
Orten sehr ausgedehnte offene Verhaue sind, Einstürze oder Risse
stattgefunden haben".
Schemnitz. Schmidt citirt eine Stelle aus einem Briefe des
Herrn k. k. Ministerialrathes Joseph Ritter von Russegge r, worin
es heisst: „In den Gruben ward das Erdbeben gar nicht oder nur
sehr schwach verspürt."
Magurka, südlich von Deutsch-Liptsch (Liptau). In den Gru-
ben ward nichts verspürt (Schmidt).
Balogh im Cerni-Rhonec-Thale, südlich von Bries. Das
Erdbeben wurde in Balogh verspürt. „In der dortigen Eisensteingrube
will man nichts beobachtet haben" (Dr. Zechenter).
In den erzherzoglich Albrecht'schen Eisenbergwerken in Ungarn
(Liptau) und Schlesien (Teschner Kreis) ward nichts verspürt (Direc-
tor Hohen egger).
Fried land an der Ostrawitza (Mähren, Neutitscheiner Kreis).
„Auffallend ist es, dass die Bergleute in ihren Schächten von einer
Erderschütterung gar nichts verspürten" (Pfarrer Franz Haifa r in
Friedland).
Alttitschein. „In den Bergwerken unserer Gegend ist, so viel
ich erfragt habe, nichts wahrgenommen worden" (Mittheilung des
Herrn Cooperators in Alttitschein).
Bericht über das Erdbeben am 15. Jänner 18S8 etc. 565
Karwin (Tescliner Kreis). „Bemerkenswerth ist. dass die
Erschütterung in keinem hiesigen Kohlenschachte wahrgenommen
wnrde, ohwohl es deren so viele und zu verschiedenen Tiefen ahge-
teufte gibt" (Generalsecretariats-Adjunct Herr Jos. Schreck).
Ostrau und Umgegend.
„In Polnisch- Ostrau hat auch nicht ein einziger Mann, der
zu jener Zeit in der Grube war, vom Erdbeben etwas wahrgenom-
men« (Mittheilung des Herrn E. A. Mayer an Herrn ßezirks-
hauptmann Nova k).
In den fürstlich Salm'schen Gruben bei Polnisch-Ostrau wurde
ebenfalls nichts wahrgenommen. „Der Zufluss der Wässer aber
hat sich auf 48 Stunden um 7 bis 8 Kubik-Fuss per Minute ver-
mehrt" (Mittheilung an Herrn Bezirkshauptmann Novak).
Herr Berg-Director Andree in Witkowitz schreibt an Herrn
Bezirkshauptmann Novak: „In den unter meiner Leitung stehenden
Gruben auf österreichisch-schlesischem Gebiete Mar es der einzige
Jaklowetz (eine Grube Mährisch-Ostrau gegenüber an der Ostrawitza
gelegen), in welchem blos von einem einzigen, auf einem
Karren ruhig dasitzenden B ergmann in ein er Ti efe v on
40 Klaftern unter der Ostrawitza ein Rütteln des Karrens
wahrgenommen wurde".
„Auffallender waren die wahrgenommenen Erscheinungen in der
ebenfalls zu Witkowitz gehörigen Steinkoblengrube zu Peterzkowitz
in Preussisch-Schlesien. In dieser etwa s/g Stunden nordwestlich
von dem Ostrauer Bahnhof gelegenen Grube wurden, wie ämtlich
constatirt ist, von mehreren Bergleuten während der Zeit des Erd-
bebens folgende Erscheinungen wahrgenommen : Herabfallen
von Kohle und Steinen von der Firste der Strecke,
Knistern des anstehenden Kohles, Rütteln der Zimmerung etc. Ein
Getöse war dabei nicht wahrnehmbar. Die Baue , in denen
dieses beobachtet wurde, liegen beiläufig 32 Klafter unter dem
Spiegel der Oder."
Herr Director Andree spricht sich über die wahrscheinliche
Ursache der stärkeren Erschütterung der Gruben in Peterzkowitz
wie folgt aus: „Nimmt man an, dass sich der Centralpunkt des Erd-
bebens in der Nähe von Sillein befand, und dass sich die Schwin-
gimgen der Erschütterung von dort strahlenförmig verbreiteten, so
mussten diese Schwingungen unsere Gegend ziemlich in der Richtung
oßB .T e i t t e I e s.
der Mitta^slinie troffen. Nun streichen aber die Gebirgssehichten und
Steinkohlenflötze in den zu Witkowitz gehörigen Österreichischen
Gruben quer über die Mittagslinie, während sie zu Peterzkowitz bei-
nahe genau in derselben liegen."
Nach einer MittheiJung des Herrn Hütten-Rechnungsführers
Naprawnik in Witkowitz (mir durch die Güte des Herrn Bau-
Inspectors Prazak in Troppau zugekommen) „wurde in Pfiwos an
der sehr fest zusammengefügten wasserdichten Zimmerung in dem
Franz-Schachte in wenigen Klaftern Tiefe unter Tage ein Riss
sichtbar, der wahrscheinlich durch das Erdbeben entstanden ist."
Fitzenhau bei Freiwaldau. „Die in meiner Nähe zur
Nachtzeit arbeitenden Bergleute hatten in den Schachten und Stollen
nichts wahrgenommen, wie ich auf meine vielfältigen Anfragen in
Erfahrung gebracht" (Förster Rotter).
Klein-Mohrau. „Auch unsere Bergleute haben von diesem
Erdbeben nicht die mindeste Spur wahrgenommen" (Lehrer Johann
Mayer).
Gleiwitz. „Keine Beobachtung wurde in den Gruben der
Gegend gemacht" (Gymnasial-Oberlehrer Rott).
Altwasser. „Ich habe mich bei den Directoren und Beamten
der hiesigen Bergwerke genau erkundigt und erfahren, dass nicht
die Spur eines Erdstosses wahrgenommen worden" (Badearzt Dr.
Scholz).
Waidenburg. „Obwohl daselbst viele tüchtige Bergbeamte
sind, welche auf Naturereignisse bedeutender Art stets aufmerksam
sind, konnte ich über eine Erderschütterung daselbst nichts erfah-
ren" (Sanitätsrath Dr. Rosemann).
Mechanische Einwirkung des Erdbebens auf die Oberfläche der
starren Erdrinde.
Von Rissen in" dem Erdboden war unmittelbar nach der Erschüt-
terung vom 15. Jänner weder in Sillein, noch in der Umgegend
etwas zu sehen, so sehr ich und Andere auch darnach suchten.
In den ersten Tagen nach den Erdbeben sah man jedoch (nach
Angabe der Herren Benesch, Schütz , Tombor u. a.) unter den
sogenannten „Lauben" einige, mit den Häuserfronten beinahe paral-
lele Risse im daselbst ungepflasterten Boden, welche ich bei meiner
Anwesenheit aber nicht mehr vorfand.
Bericht über das Erdhehen nm IB. .länner 18S8 e«c. 567
EndeMäiz fanden die Herren Benesch und Klemens von der
Silleiner Reiilsehule am Frambor (Frauenberg) und an einigen
wenigen anderen Orten in der damals bereits wieder aufgedeckten
altern Scbneedecke und zum Theil auch in der darunter befindlichen
gefrorenen Erde mehrere Klafter lange und bis gegen 1 Zoll breite
Risse, welche eine Tiefe von einigen Zollen hatten und gegen
Visnyove und den Mincov zu convergiren schienen. Da am 15. Jän-
ner die Felder noch vom Schnee unbedeckt gewesen w^aren , so
mussten die Schneerisse erst an den folgenden Tagen erfolgt sein,
konnten also nicht Folgen des Hauptstosses sein.
Nach dem Schmelzen des Schnees suchten die genannten
Herren, ebenso wie Herr Apotheker Tom bor und später auch Herr
Stuhlrichter von Thayenthal (mit Professors a d eb eck aus Breslau
und Herrn Reallehrer Schütz aus Sillein) vergebens nach Erdrissen
und sonstigen im Erdboden sichtbaren Spuren der Erschütterung.
Sie fanden weder bei Sillein, noch bei Visnyove, noch in der näch-
sten Umgebung des Mincov etwas dergleichen.
Ende Mai rutschte, wie bereits oben erwähnt wurde, eine sehr
bedeutende Granitmasse in dem Pass von Strecno von den im Süden
anstehenden Höhen herab und sperrte den Verkehr auf der Strasse,
welche in die Thurocz führt. Diese Abrutschung ist wahrscheinlich
durch das Erdbeben vorbereitet worden.
ImBarserComitat wurden nach dem oflFiciellen Bericht „hie
und da Sprünge in der Erdrinde, die parallel verliefen, bemerkt".
Der officielle Bericht aus dem Honter Comitat erwähnt
„zahlreicher, halbzölliger und darüber betragender Erdrisse und
Spalten, welche gerade um diese Zeit allerwärts auf Gassen sowohl
als Wiesen, Feldern und Waldgrund bemerkt worden sind, . . . die
man dem stattgehabten Erdstoss zuzuschreiben geneigt ist, obgleich
auch die anhaltenden Fröste, wie die Sommerhitze, einen Antheil
daran haben mochten." Der Bericht setzt hinzu: „Vor dem Beben
wurden diese Risse nicht bemerkt".
In Schlesien hat man hie und da gleich nach der Erschütte-
rung vom 15. Jänner Sprünge in der Erde, namentlich auf Strassen,
beobachtet. Mehrere übereinstimmend lautende Angaben lassen das
Factum nicht bezweifeln. Solche Risse bemerkte man in grösserer
Menge auf der von Troppau nach Olmütz führenden Strasse, besonders
auf Anhöhen, namentlich bei Schlackau, Leitersdorf und Mladetzko,
568 J e i t t e 1 e 8.
nach Mittheilung verschiedener glaubwürdiger Bewohner dieser Orte,
unter andern auch des Schuilehrers Joh. Scholaster in Miadctzko
und des damals in Troppau befindlichen Gymnasiallehrers Herrn
Walz, welcher letztere die Risse bei Gelegenheit einer Jagd sah.
Herr Scholaster schrieb mir, dass man in diese quer über die Strasse
verlaufenden Spalten, die er selbst beobachtet habe, „die flache
Hand hinein stecken konnte".
Auch Herr Apotheker Spatzier in Jägerndorf theilte mir mit,
dass er gleich nach dem 15. Jänner erfahren habe, auf der Chaussee
bei Komeise sei eine quer über die Strasse verlaufende Spalte sicht-
bar geworden.
SchaH - Phänomene.
Nach Mittheilung des Herrn von Gary of Cockington and
TorAbbey in Visnyove wurde in der dortigen Gegend bereits durch
mehrere Wochen vor dem Erdbeben ein dumpfes unterirdisches
Getöse gehört.
Aus den Beilagen A und B, welche die Aussagen zweier zur
Zeit des Hauptstosses im Freien befindlich gewesenen Personen ent-
halten, ergibt sich, dass der Erschütterung am tä. Jänner ein Ge-
töse (huceni) vorausging und nachfolgte, welches dem Rollen
des Donners „bei starkem Winde" verglichen wird. Die Luft war
jedoch zur Zeit des Hauptstosses in und bei Sillein vollkommen ruhig
(Beilage A und B).
In Ljethava und an mehreren von Sillein etwas entfernteren
Orten in den Central-Gegenden beobachtete man vor oder während
der Erschütterung ein eigenthümliches Sausen (Rauschen), welches
jedoch nicht Folge eines Windes oder Sturmes war. Das war z. B.
ausser Ljethava (wo es der Herr Pfarrer Csel ko sehr heftig und
schon fünf Minuten vor Eintritt des ersten Sfosses vernahm) in
Klastor (Znyö Värallya) der Fall, wo der Herr Stuhlrichter Jäger
das Sausen dem Rauschen eines angeschwollenen Gebirgshaclies
verglich. Andere glaubten, ein Windstoss falle plötzlich ein. Die
Luft aber war nach der Beobachtung des Herrn Steuereinnehmers
(mit dem ich selbst sprach), als er gleich nach der gefühlten BeMB-
gung in's Freie trat, vollkommen windstill. Mit den Erdschwan-
kungen selbst war in Klastor ein im Innern der Häuser wahrnehm-
Bericht über das Erdbeben am IS. Jänner 1838 etc. 569
bares Rollen verbunden, „als ob ein Eisenbahnzug über die Decke
des Zimmers führe".
Dasselbe wird von Szt. Marton berichtet. Wahrscheinlich war
dieses Getöse jedoch nur die Folge der Bewegung der Steine und
Holzmassen in den Häusern selbst. Der ofTicielle Bericht sagt
indess über die Beobachtungen im Thuroczer Comitat: „Das dem
dritten Stosse vorausgegangene unterirdische Getöse glich dem
Rollen eines schwer beladenen Lastwagens, der im Galop auf
einer holperigen Strasse fährt, oder dem Rollen eines Eisenbahn-
Trains".
Das bezeichnete Sausen vernahm man auch sehr deutlich in
Gajdel vor dem Stosse und verglich es auch hier mit dem Rauschen
eines Wassers.
Auch der Herr Pfarrer in Bellus erzählte mir, dass er vor
den drei Schwankungen ein eigenthümliches Sausen vernommen
habe. Dessgleichen erfuhr ich von dem Herrn Spediteur Fried 1 in
Alsö-Kubin, dass er vor Eintritt der Stosse ein drei Secunden
dauerndes Sausen gehört habe.
Im Innern der Häuser vernahm man an mehreren Orten , ehe
man die Bewegung fühlte und das Krachen und Donnern der Mauern,
Balken und Möbel hörte, „ein Prasseln auf dem Dache, als ob ein
schwerer Hagelschlag niederfiele". Das beobachtete z. B. Herr Tom-
bor inSillein, Herr Dechant von Blaszkovics in Visnyove und der
Herr Pfarrer in Bicica; das nahm man auch in Predmir wahr, wo
man das Prasseln dem plötzlichen Brennendwerden des Daches
zuschrieb. Die Erschütterung selbst war jedoch im Inneren der
Gebäude mit einem sehr intensiven Krachen und Donnern verbun-
den , welches wahrscheinlich nur der Bewegung der Stein- und
Holzmassen an und in den Häusern und dem Zerreissen der Mauern
seine Entstehung verdankte. Ich stimme in dieser Beziehung voll-
kommen dem Herrn Schmidt bei, welcher das mit Hunderten von
Kanonenschüssen verglichene Getöse in Teplicska und Bicica gleich-
falls nur der plötzlichen Sprengung der 3 — 5 Fuss dicken Mauern
zuschreibt. Merkwürdig ist nur das, dass sowohl das Sausen als das
früher beschriebene Rollen an allen Orten vor der Erschütterung
vernommen ward.
Allen späteren Stössen, namentlich jenen während der Nacht
vom 15. auf den 16. und der am 17. Jänner um 6 Uhr Abends ein-
Sitzb. d. iiiathein.-iiaturw. Cl. XXXV. Bd. Nr. 12. 39
570 J e i t t e I e ».
tretenden heftigen Wiederholung, ging ein sehr deutliches donner-
artiges Getöse voran i).
Auch in mehreren von dem Centrum weit entfernten Orten
wurde das unterirdische Getöse vor Eintritt der Erschütterung ge-
fühlt. So z. B. in Bärn und Dorf-Teschen, südwestlich von Troppau.
In Dorf-Teschen hörte man im Hause des Herrn Wundarztes
Eibert „um halb 9 Uhr ein Rollen, als ob ein schwerbeladener
Wagen sehr schnell vorbeifahren möchte. Dies dauerte einen Augen-
blick , worauf das Rollen im Keller unten zu sein schien. Als dieses
nachliess erfolgte der erste Stoss, welcher nur schwach war und
dann kamen zwei sehr starke Stösse nach".
In Bärn hörte man nach einem Correspondenten der Olmützer
Zeitung „Neue Zeit" ein von der nördlichen Seite des Hauses her-
kommendes donnerähnliches Getöse, erst dann verspürte man die
eigentliche Erschütterung, die ihren Lauf nach Süden zu nehmen
schien (Neue Zeit, 1858, Nr. 17, 22. Jänner).
Auch in Hruschau bei Ostrau hörte man nach der übereinstim-
menden Aussage zweier Berichterstatter (siehe weiter oben) vor
dem Stosse das unterirdische Getöse, welches dem Rollen eines
schweren Wagens verglichen wird.
Ich lasse nun die wichtigsten Beobachtungen über die das Erd-
beben begleitenden Schall-Phänomene folgen.
Ungarn. Trentsc hiner Com i tat. Das unterirdische Ge-
töse war namentlich in Kiszucza-Neustadtl sehr intensiv; es wurde
hier dem schwersten Donner verglichen. Auch in den Orten Sulov
und Hradna war es sehr bedeutend und man fürchtete daselbst den
Einsturz der vielen einzeln stehenden Felsmassen in der Nähe
(offic. Ber.).
Strecno. Herr Pfarrer Zäborszki schrieb in die Pfarr-
Chronik : „Terrae motus magno cum fragore factus est ... .
Fere per integrum sepfimanum succussioties sentiebantur
et quasi touitrua edeOantur".
'j Der oH'icielle Bericht sagt über diese Schall-Phänomene: „In Sillein selbst ver-
nahm man bei dem ersten Stosse kein unterirdisches fietöse; diis den Rrdstoss
selbst begleitende fieräusch schien von der Erscliiitlerun"; der fiehiinde herzu-
rühren. Die am 17. Jänner \ers|iürten Stösse waren liino'eg'en von einem :)llR.),
das weisse Rad ebenfalls +37-8«C. ( = 30-24oR.) und das grüne
+ 40-50 C. (=32-40 R.); die erste Trinkquelle zeigte +44-2o C.
(=35-360 R.), die zweite -|-44-6o C. (=35-68o R.).
Lucsky bei Rosenberg. Med. Dr. Sefranka hatte im Ver-
laufe des Sommers zu wiederholten Malen die zum Gebrauche be-
nutzten zwei Bäder in Lucsky gemessen und immer 26 R. gefun-
den. Noch wenige Tage vor Weihnachten 1857 hatte er Gelegenheit
zu einer Temperaturbestimmung gehabt und ebenfalls 26 R. gefun-
den. Am 19. Januar 1858 zeigten sie jedo ch (bei — -2 R.
Luftwärme) nur 22° R. Am 24. Februar bei sehr grosser
Kälte (—200 R.) fand Dr. Sefranka ihre Temperatur
wieder = + 26o R.
Am 28. März war ich in Regleitung des genannten Herrn Doctors
in Lucsky und fand als Ergebniss wiederholter sorgfältiger Messun-
gen die Wärme des Rades =24-50 C. (=19-6o R.), und nur an einer
Stelle in der tiefsten Tiefe =26-6o C. Die Quelle scheint
daher seit dem Erdbeben fortwährenden Temperatur-
schwankungen unterworfen zu sein.
H78 J e i f f p I e s.
Bemerkt mnss werden, dass die gemessene Quelle der Insolation
gar nicht unterliegt i).
Bei wiederholten Messungen (immer mit demselhen Thermome-
ter) im Mai und Juni 1858 fand Herr Dr. Sef rank a wieder 25—25-5»
welchem auch ich gemessen hatte (briet). Mittheil, des Herrn Doctor
R. in demselben Spiegel, in Sefranka vom 3. Juli 1858).
Neu sohl. Die Temperatur der hiesigen Sauerbrunnen finde
ich bei Koch und Lengyel d e PrzemysI = -f-'^" B- angegeben.
Im Sommer 1858 hatte Herr Professor W. Zenger bei einer dieser
Quellen -|-7-6o B. gefunden. Am 30. März mass ich mit dem
genannten Herrn Gymnasial-Professor (mittelst meines vortrefTlichen
Greiner'schen Instrumentes) die Temperatur der meisten Sauer-
quellen bei Neusohl. Ich fand bei -|-13*6»C. Luftwärme: 1. Quelle,
frei auf der Wiese (Medokis genannt, d. i. Süsssauer) =16-5o C. ;
2. Quelle, ebenfalls ungefasst, auf der Wiese =18"4»C. Auf beide
hatte die Sonne während des Vormittags und Mittags (die Messung
geschah um 3 Uhr) ein wenig einwirken können.
Jenseits der Stavnicka-Höhe liegen noch zwei starke Quellen, von
denen die eine sprudelnd ausbricht, während die andere in einem
hohlen Baumstamme sich befindet. Beide sind reich an Kohlensäure
und liegen gleich neben einander. Es zeigten beide Quellen -j-18-4oC.
Ich war nun geneigt, diese überraschend hohe Temperatur der
Einwirkung des Erdbebens zuzuschreiben. Um aber den etwaigen
Einfluss der Insolation kennen zu lernen und zu erfahren , ob diese
Temperatur überhaupt constant bleibe oder nicht , bat ich Herrn
Zenger, zu verschiedenen Tageszeiten die Messungen wiederholen
und mir deren Resultat mittheilen zu wollen. Herr Prof, Zenger
unterzog sich bereitwilligst diesem Geschäfte und berichtete mir
unterm 22. Mai über das Besultat seiner weiteren Messungen. Er
glaubt diesen zu Folge, die von uns gemeinschaftlich gefundenen
hohen Wärmegrade nur dem Einflüsse der Besonnung zuschreiben
i) Dass diese Tem|ieratiir-Än(leriing-en mit der Aufführung- des neuen Badegebäiides
durchaus in keinem Zusammenhange stehen und nicht etwa Folge eines heim
Grundgraben geschehenen zufäUigen Eingriffes in das Quellen-Wurzelsystem sind,
ergibt sich aus folgenden mir von dem k. k. Bezirks- und Badearzt mitgetheilten
Umständen. Die Grundgrabunr; fand im September 18o7 Statt und darnach hatte
Dr. S. zu wiederholten Male» die Temperatur gemessen (zuletzt vor Weihnach-
ten) und immer 26° gefunden. Erst im März aber wurde der Fussbodeu der Bäder
gelegt.
Beiichf über das Erdlielipii iiiii lö. .Tiiiiner 1838 etc. 579
ZU müssen. Er fand hei fortgesetzter Beobachtung, für welche icli
mich ihm zu besonderem Danke verpflichtet fühle, die Temperatur
von Medokis am frühen Morgen bei -t-12— liS» R. Luftwärme
schwankend zwischen 8 und 9-2" R., die des zweiten Wiesen-
Säuerlings ebenfalls am frühen Morgen bei derselben Lufttempe-
ratur = 7-4 — 9-1" R. Bei Tage fand er zu wiederholten Malen
die Wiesen-Säuerlinge =14-8— 17» R., dann 15-3— 17-6o R. und
9-5— 140 R
Die Wärme derselben ist also von dem Grade der Besonnung
und der Bedeckung des Himmels eben so wie von der Lufttemperatur
sehr abhängig. Die Jahreszeit und Regenmenge werden dann eben-
falls das ihrige beitragen, die Qiiellentemperatur zu modificiren.
Über die zwei Quellen jenseits der Stavnicka-Höhe, die eo ipso der
Besonnung weniger unterliegen, hat mir Herr Professor Z enger
leider jedoch nichts Weiteres mitgetheilt.
Szliacs, südlich vonNeusohl. „Die Quellen erlitten keine auf-
fallende Veränderung" (W. Z enger). Dr. Komb üb er erzählt
nach Mittheilung des Badearztes Dr. B. Hab er mann, dass ^die
Trinkquellen Adam und Dorothea am Morgen des 16. Januar ver-
stopft gefunden worden waren, was auf eine in Folge der Erschütte-
rung heraufgetriebene Sandmasse hindeutet" (Kornhuher, S. 34).
Szkleno (Glashütten) im Barser Comitat. Die warmen Quel-
len daselbst haben eine Temperatur von 16 — 44-6" R. (Koch's
Mineralquellen, 2. Aufl., S. 359). Dr. Med. Rombauer schrieb mir:
„Was etwaige Änderungen in der Temperatur und dem Wasser-
reichthum der warmen Quellen von Szkleno betrifft, so habe ich zwar
keine instrumentalen Messungen vorgenommen. Doch da ich sowohl
am 15. als auch mehrere darauf folgende Tage gebadet und dabei
keine Veränderung bemerkt habe, so hätte eine solche, wenn
sie wirklich stattgefunden, gewiss nur sehr unbedeutend sein
können''.
Teplitz bei Trentschin. Die Erschütterung war hier bemerkt
worden, an den Quellen aber ist nichts Auffallendes wahrgenommen
worden. Ich mass die Temperatur der meisten am Abend des 5. und
am Morgen des 6. Aprils. Die letzte Wärmebestimmung war im
Monate August 1856 von Dr. Lang in Neutra vorgenommen worden.
Ihre Ergebnisse sind in der Schrift des Dr. Sebastian Ventura
über die Trentschin-Teplitzer Schwefelthermen (Wien 1857) mit-
J)80 ,1 e i t t e I e s.
getlieilt (S. 10). Ich setze sie zur Vergleichung neben meine
Allgabe :
Trinkquelle 38-6» C. .1. — 40» C. Lang,
Bad Nr. 2 33-6<> C. J. — 36-9« C. L. ,
„ „ 3 37» (Früh und Abends) J. — 39-4» C. L.,
„ „ 4 35-2 C. J. - 36-9» C. L.
Ob die Temperatur- Differenzen zwischen Dr. Lang und mir
dein Einflüsse des Erdbebens zuzuschreiben sei, getraue ich mir
nicht zu behaupten. (Die Temperaturgrade, welche Koch und
Lengyel de Przemysl nach älteren Messungen üereinstimmend
angeben, sind
für die Trinkquelle 40-6o C,
„ das Bad Nr. 2 37-S» C,
y> » n »3 00'7o L.,
„ „ „ „ 4 37-19''C.)
Die starke Eisdecke des Waag-Flusses wurde durch die Er-
schütterung an mehreren Orten zersprengt, so bei Sillein, Bittse,
Predmir und Waag-Bistritz (offic. ßer. der Trentschiner Comitats-
behörde). Die Eisdecke des Kiszucza -Flusses blieb vor und nach
dem Stosse gleich (ebenda). Auch auf der Thurocz und Arva , eben
so auf der Waag im Thuroczer Comitat, wurde die übrigens noch
schwache Eisdecke gesprengt, und das Wasser überströmte dieselbe
(offic. Bericht aus dem Arva-Thuroczer Comitat). Nach mündlicher
Mittheilung des Herrn Comitats-Commissärs Hampel in Trentschin
hatte der Diener des Stuhlrichteramtes, Tb. Baby, zu Predmir nach
6 Uhr Abends sich auf die Waag begeben, um zu fischen. Plötzlich (be-
reits zwei Stunden vor Eintritt des Hauptstosses um S'/a Uhr) zer-
sprang das Eis mit fürchterlichem Krachen, und das Wasser über-
fluthete die Eisdecke so mächtig und rasch, dass er und seine
Genossen sich nur durch die schleunigste Flucht retten konnten.
Ganz dasselbe erzählt Herr Astronom Schmidt von Biese, setzt
aber mit Becht hinzu (S. 19): „Doch sind Erscheinungen dieser Art
mit grosser Vorsicht aufzunehmen".
Badeort Szczwanica in Galizien (Sandecer Kreis, Dunajec-
Tlial). „Die am tiefsten gelegene Magdalonen- Quelle gewann einen
vermehrten Wasserzufluss, ohne jedoch den Geschmack zu verän-
dern" (Mittheilung des Eigenthümers Herrn Jos. von Szalay).
Bericht über das Erdbeben am 13. Jiinner 1838 etc. ÖO I
(Die Wassermenge betrug früher nach K och, 2. Aufl., S. 330, in
1 Minute 1-S Kub.-P\iss, Temperatur -j-ToR.)
In Mähren und Schlesien wurden über den Einfluss der
Erschütterung auf Quellen folgende Beobachtungen gemacht:
Bukowetz (Teschener Kreis). „Die Quellen in der Gegend
müssen in der Nacht übergeflossen sein, da man am Morgen des
16. den sie umgebenden dicken Schnee aufgethaut, die Brunnen
selbst aber leer fand. Erst nach 24 Stunden erhielten sie wieder
Wasser"^ (Lehrer Joseph Schwanda in Bukowetz).
Frankstadt. „In unserem Brunnen soll das Wasser nach
dem Erdbeben bedeutend gestiegen sein" (Cooperator Dostal).
Hof. Ein 7 Klafter tiefer Brunnen, dem Herrn Haue! gehörig,
gab am Tage nach dem Erdbeben trotz vielfacher Anstrengung beim
Pumpen keinen Tropfen Wasser. Erst am 1 7. gegen Mittag stellte
sich wieder etwas Wasser ein, welches jedoch lange Zeit noch
sehr spärlich floss, während der Brunnen früher eine bedeutende
Wassermasse lieferte (Mitlheilung des Herrn Apothekers Lau ff er
in Hof).
Heid enpiltsch. „Das Wasser im Brunnen meines Gartens
verschwand seit dem 15. Januar nach und nach, und bis heute
(8. Februar) kann kein Tropfen geschöpft werden" (Localcurat
Thomas Fuchsie).
Spachendorf. Eine Quelle an einem Bergabhange auf dem
Grunde des Herrn Erbgerichtsbesitzers Krommer floss während der
Nacht stärker als gewöhnlich, so dass das Rinnsaal für den Abfluss
nicht wie sonst hinreichte das Wasser aufzunehmen, und ein Theil
der Wiese, durch die es herabläuft, überschwemmt wurde (Brief
des Herrn Krommer).
Karlsberg. „Manche Brunnen und viele sonst beständig
Wasser gebende Quellen sind gänzlich vertrocknet, was die Leute
zwar der jetzt herrschenden Kälte zuschreiben, indem sie sie für
gefroren halten , was aber wohl nur eine Folge des Erdbebens ist"
(Local Johann Berntin Karlsberg, 26. Februar).
Ullersdorf bei Mährisch-Schönberg. „Das Erdbeben wurde
hier nicht gefühlt. Die Brunnen aber, die der anhaltenden Trocken-
heit wegen meist spärlich mit Wasser versehen waren, zeigten
sich vom Tage des Erdbebens an etwas mein* gefüllt."
Herr Caplan Karl Hiinser setzt hinzu: „Mimi schrieb das auch den
582 J e i f t e I es.
unterirdischen Bewegungen zu, von denen man anderwärts her etwas
erfahren hatte."
Freudenthal. „Das Wasser mehrerer Brunnen war am Tage
nacii der Erdersehütterung trühe und flociug" (Mittheikmg des
Herrn F'orstmeisters Pfeifer in Freudenthal).
Sehlackau, südlich von Troppau. D;is sonst sehr reine und
vorzügliche Wasser eines Brunnens der Besitzung des Herrn Hein
war zwei Tage nach dem Erdbeben hindurch getrübt und milchartig
(Brief des Herrn Hein).
Seifersdorf, südlich von Jägerndorf. „Das Wasser unseres
im Hause befindlichen Brunnens wurde getrübt und blieb gegen
vierzehn Tage trübe, nachher wurde es aber wie gewöhnlich hell"
(Beobachtung des Herrn Wundarztes Tham).
Reihwiesen, südlich von Zuckmantel. Die Eisdecke des
sogenannten „Moosebruches", eines sehr ausgedehnten Torfmoores
mit zwei kleinen Seen in einer Höhe von 2360 Pariser Fuss (nach
Wimmer), welche früher ziemlich stark gewesen war, ist nach der
Aussage einiger Bewohner von Reihwiesen an vielen Stellen gebor-
sten (Lehrer Metz n er in Ober-Thomasdorf).
Troppau. Der bis vor dem Erdbeben immer sehr wasser-
reiche Brunnen im Hause des Herrn von Schindler auf dem Nie-
derring (Nr. 17) verlor nach dem Erdbeben das Wasser, lieferte den
ganzen Sommer dessen nur sehr wenig und hatte ;iuch Ende Novem-
ber 1858 noch nicht die frühere Wassermenge wieder erhalten. Das
Wasser war früher immer sehr rein und schmackhaft, nach dem
Ereignisse vom 15. Januar wurde es trübe und schmeckt seit dieser
Zeit unangenehm.
In Preussisch- Schlesien wurden Beobachtungen über die Ein-
wirkung des Erdbebens auf Quellen etc. in folgenden Orten gemacht:
Deutsch -Neukireh bei Katscher (Kreis Le(tbschütz). „Das
Wasser in meinem Hofbrunnen, aus welchem dasselbe gepumpt wird,
war am Morgen des 16. nicht so klar und wohlschmeckend wie sonst,
denn es hatte einen Beigeschmack nach Erde oder Schlamm, der
sich aber Nachmittags verlor" (Pfarrer Werner in D. -Neukireh).
Landeck. Das Erdbeben ward hier nicht verspürt. „An den
hiesigen alkalisch - salinischen SchwefeKhermen von 23*' R., deren
sorgfältige Beobachtung ich mir namentlich im Winter angelegen
sein lasse, habe ich am 15. Januar keine Veränderung wahrnehmen
Bericht über das Erilbehen am l.'J. Jänner 18!)8 etc. 'iSS
können; dagegen fiel mir am 16. Januar und den folgenden Tagen
die sehr reiche Gasentwickeiung in den hiesigen Quellen auf. Die
perlschnurartig aneinander gereihten, sich fort und fort entwickeln-
den Gasblasen enthielten nach den von mir angestellten Unter-
suchungen nur Stickgas. Am 19. war die so reiche Gasentwicke-
lung nicht mehr wahrzunehmen« (Dr. Langner, Badearzt).
Salzbrunn. „Auch habe ich die Brunnenmeisterund Brunnen-
schöpfer, die täglich etwas in dem ßrunnenhause zu thun haben,
genau examinirt, ob sie eine Veränderung in der Temperatur des
Brunnens oder in der Farbe, der Mischung desselben, durch den
Geschmack, das Gesicht oder das Gefühl wahrgenommen hätten?
Aber auch nicht Einer wusste sich dessen zu entsinnen, dass
irgend eine Veränderung wahrnehmbar gewesen wäre" (Dr. Rose-
mann, königl. Sanitätsrath).
Einwlrkuug aof Menschen und Thlere.
Unmittelbar vor dem Eintritte der Erschütterung wurde nicht
blos in der Nähe des Stoss-Mittelpunktes, sondern auch in grösseren
Entfernungen von demselben eine besondere Unruhe bei Thieren,
besonders bei Hunden, Katzen und Stubenvögeln, so wie auch eine un-
erklärliche Bangigkeit und Aufregung bei Menschen vielfach beob-
achtet. Die Einwirkung der Erdbewegung selbst, die noch in einer
Entfernung von 15 bis 20 Meilen, z. B. in Troppau sich gross gezeigt
hat, ist wohl grösstentheils auf Rechnung des Schreckens zu schrei-
ben. Doch liegen auch einige Beobachtungen von plötzlich eingetre-
tenem Unwohlsein u. dgl. vor, ohne dass die Erschütterung von den
betreffenden Personen gespürt worden wäre.
Was das Vorgefühl bei Thieren betrifft, so gebe ich hier
einige Daten. So sprang der sonst ruhig unter dem Bette liegende
Vorstehhund des Herrn von Noszdro vitzky in Sillein einige
Minuten vor dem Eintritte der Stösse plötzlich auf. bellte und zeigte
überhaupt ein so auffallendes Gebaren, dass man es sich nicht zu
erklären im Stande war, bis das plötzlich sich kundgebende Beben
den Commentar dazu lieferte. Die Einwirkung der Erderschütterung
selbst auf die Thiere in Sillein beschreibt der Realschullehrer
Herr Johann Schütz folgendermassen : „Hunde und Katzen zeig-
ten grosse Unruhe und suchten zum Theil das Freie zu gewin-
nen, zum Theil versteckten sie sich (namentlich Himde) heulend
584 J e i t t e I e s.
unter die Betten. Das Hausgeflügel flatterte ängstlich umher. Pferde
und Rinder wollten längere Zeit nichts fressen. Das Pferd des Bür-
gers Augustiny hat während der ganzen Zeit des Erdbebens
gestampft, den Boden fortwährend berochen und sich häufig nach
der Ecke umgesehen, von woher der grösste Lärm ausging".
Der officielle Bericht über das Trentschiner Comitat sagt: „Vor
dem Erdstoss wurde besonders an Hunden und Pferden Unruhe
bemerkt. Während der Bewegung bellten und heulten die Hunde
und suchten sich zu verstecken, das Rindvieh brüllte und erhob sich
von der Ruhestätte , das Geflügel flatterte auf und man bemerkte,
dass die Hühner nach dem Erdstoss den Schnabel auf die Erde
drückten. Auch die Tauben flogen auf; die Pferde schnaubten und
stampften. Ein Paar gesunde Pferde, welche am 15. Januar eine
Tour von fünf Meilen gemacht und unmittelbar vor dem ersten Stoss
in den Stall gekommen waren, Hessen das aufgeschüttete Futter
durch zwei Stunden unberührt liegen".
Ein Canarienvogel des Hrn. Apothekers Tom bor inSillein wurde
durch den Hauptstoss von der Sprosse seines Käfichs, worauf er schla-
fend gesessen, herab und zum Käficli hinaus geschleudert. Seit diesem
Augenblicke wollte er nicht mehr im Käfich schlafen. Sperrte man ihn
mit Gewalt ein, so setzte er sich auf den Boden, aber nie mehr auf
die Sprossen des Käfichs. Er musste in ein neues Häuschen und in ein
anderes Zimmer gebracht werden. Die Hühner des Genannten waren
theilweise in einem kleinen Stalle, theilweise unter einem Vorsprunge
des Hauses im Freien gewesen, als sie die Erderschütterung auf-
weckte. Nachher wollten die einen nicht mehr in dem Stalle, die
andern nicht mehr unter dem Vorsprunge schlafen. Es musste ein
Tausch der Schlafstellen eingeleitet werden, und nun ging es wieder.
Dass der Eindruck des schrecklichen Naturereignisses auf die
Menschen überaus gewaltig gewesen ist, lässt sich denken. Einstim-
mig sagte man mir: man könne sich keine Vorstellung machen von
der furchtbaren Angst, die die Bewohner von Sillein ausgestanden
haben. Der Schrecken im Hause des Herrn VV. in Bicic bei Sillein
war so gross, dass die Frau des Hauses 48 Stunden darnach
vollkommen graue Haare hatte. Es ist das ein völlig constatirtes
Factum.
Die „SlovenskeNoviny" 1858, 9. März, Nr. 29 erzählen ferner,
dass ein Fräulein P. in H, zu Boden fiel und die Sprache verlor, die
Berieht über ilas Erilheben am 13. Jänner 18S8. 585
sie erst nach einiger Zeit wieder erhielt, um die erste Frage zu
thun: „was ist denn geschehen?"
Eine reiche Israelitin in H. verfiel in eine schwere Krankheit
und starb (Slovenske noviny 1858, 9. März).
In Neu sohl zeigten zwei Stubenvögel des Herrn W. Z enger
schon eine Viertelstunde vor dem Zeitpunkte der Erd-
erschütterung eine überaus grosse und unerklärliche Unruhe,
ohne d a s s die E r d e r s c h ü 1 1 e r u n g in diesem Z i m m e i-
später verspürt worden wäre.
Kremnitz. Herr Director Petrovitz schreibt: „Es war mir
sehr auftallend, dass ich kurz vor dem Ereignisse einen unge-
wöhnlichen Blutandrang nach dem Kopfe verspürte. Im Augen-
blicke der Erschütterung erfasste mich ein Gefühl der grössten
Angst". Dr. Steiner berichtet: „Thiere äusserten eine ungewöhn-
liche Unruhe, Hunde z. B. sprangen auf, flüchteten zu ihren Eigen-
thümern oder verkrochen sich. Vögel flatterten lange vorher
ängstlich in den Käfich'en umher. „Die Katze des Amtsschrei-
bers H. knurrte höchst auffallend vor und nach der Erschütterung,
obwohl das Erdbeben in diesem Hause nicht wahrgenommen wurde.
Windschacht bei Schemnitz. Vögel fielen im Freien von den
Bäumen herab (Beobachtung der Herren de Adda und Eduard
Glan zer).
Trentschin. Selbst hier, wo die Bewegung äusserst schwach
war, machte dieselbe einen sehr unangenehmen, Schwindel ähnlichen
Eindruck (offic. Ber.).
Mistek. „Mehrere Personen, besonders Schwache und Kranke,
die sich ruhig verhielten, fühlten eine gegen den Kopf andringende
Wärme mit Schwindel verbunden, auch Ohrensausen, welcher Zu-
stand aber sich gleich nach der Erschütterung wieder verlor. Selbst
auf Thiere äusserte die Schwingung einen sehr beunruhigenden Eiii-
fluss; Kanarienvögel, die im ofTenen Käfich sassen, fielen herab und
flogen heraus. Hunde verliessen ihre früher eingenommenen Plätze.
Auch Pferde und Kühe wurden unruhig, so dass die Knechte die Stal-
lungen verliessen und sich in die Stuben begaben um zu fragen, was
vorgefallen ist" (Apotheker Adolf Seh wab).
Bielitz. Die Vögel am Bahnhofe sollen ihre Sitze unter dem
Perron verlassen haben und den erleuchteten Fenstern zugeflogen
sein (offic. Ber.).
Si>.?.l). il. nialhtMii.-iiaturw. Cl. XXXV. Bd. Nr. l'> 40
fj8ß J e i t t c 1 es.
Frankstadt. Vor dem Erdbeben soll man an den Vöt^eln und
anderen Haustbieren eine Unrube beobacbtet baben (Coop. Dostal).
Hol! esc bau. „Der Vogel im Käficb des biesigen Waldbereiters
ward unrubig" (Apotbeker Langer).
Deutsch-Liebau in Mäbren (Olmützer Kreis). „Sämmtlicbe
Vögel wurden in Alarm versetzt und flatterten wild in ibren Käficben
umber" (Deutscb.-Ord. -Priester P. Alois Reicbel).
Ullersdorf. Das Erdbeben wurde nicbt verspürt. „In vielen
Häusern aber waren die Vögel in den Bauern zwiscben 8 — 9 Ubr
Abends auffallend unrubig" (Caplan Karl Haus er).
Würbenthai in Schlesien. „Ich höre von Würbenthalern,
dass die Vögel in ibren Käficben in der Stunde des Erdbebens sehr
unruhig gewesen seien, ihren gewöhnlichen Sitz auf den Sprossen
verlassen und die Nacht auf dem Boden des Vogelhauses zugebracht
haben" (Verwalter Riedel in Karlsbrunn).
Wildschütz (Bezirk Johannesberg). Alle Hausthiere, beson-
ders Schweine, waren sehr unrubig (offic. Ber.).
Hotzenplotz. Unruhe der Singvögel und Hühner (offic. Ber.).
Troppau. Die Vögel in der Wohnung des Thürmers auf dem
Stadtthurme zeigten (nach der Aussage der Frau des Thürmers)
eine ganz ungewöhnliche, heftige und lange anhaltende Angst und
Aufregung, ohne dass das Erdbeben oben bemerkt wurde, während
sie sonst selbst beim ärgsten Sturme und Unwetter, an diese Ersehei-
nungen längst gewöhnt, sich vollkommen ruhig verhalten.
Sonst wurde in Troppau eine allgemeine, sehr bedeutende,
stundenlang dauernde Unrube der Stubenvögel, hie und da auch ein
Heulen und angstvolles Gebaren der Hunde bemerkt. Von den in
den Fugen der Troppauer Pfarrkirche hausenden Sperlingen fielen
mehrere betäubt zu Boden. Der eben vorübergebende Johann Ko-
linger, Diener beim Herrn Tichy, hob deren zwei von der Erde
für todt auf. In seiner Tasche erholten sie sich wieder. Viele Damen
in Troppau wurden ohnmächtig, andere und Kinder von sehr
bedeutendem Unwohlsein ergriffen, welches sich durch Schwindel,
Beklemmung der Brust und Brechreiz zu erkennen gab. Auch Män-
ner wurden vom Schwindel ergriffen und hatten die Empfindung, als
wenn sie sich auf einem von Wogen geschaukelten Schiffe befänden.
Die 9jähr. Tochter des Gymn.-Dir. Dr. Kawka wurde schon
nach 8 Ubr von einem so bedeutenden Unwohlsein plötzlich befallen,
lierifhl über ila.'. I'^nllicl-oii •irii 1,';. .liiiMt'i- löoS eti'. 587
(liiss sie zu Bt'tte gel)rneht worden musstc, ungeachtet das Kiiul den
ganzen Tag wohl war. Dieses mit Schwindel und Kopfschmerz verbun-
dene Unwohlsein verlor sich vor 9Uhr. Die Erschütterung ward
im Hause des Herrn Direct ors jedoch nicht bemerkt.
Jägorndorf. Aligemeine Unruhe der Vögel. Die Frau des
Herrn Apothekers Johann Spatzier wurde in der Stunde des Erd-
bebens plötzlich ohne Grund von Schwindel, Krämpfen und Brech-
reiz befallen; die Erschütterung wurde in den im Erdgeschosse
befindlichen Zimmern des Herrn Spatzier nicht empfunden. Um
dieselbe Zeit (81/3 Uhr) ging Herr Spat zier in den Keller, um Öl
zu holen, als ihm eine überaus grosse Unruhe der vielen in Gläsern
daselbst aufbewahrten Blutegel auffiel, während sie sonst um
diese Zeit in einer Art von Winterschlaf daliegen. Am andern
M 0 r g e n f a n d e r e i n e s e h r grosse A n z a b 1 derselben 1 0 d t.
Schlackau. „Ein kleiner Vogel zwischen den Doppelfenstern
wurde von seinem Sitze aufgescheucht, fing an heftig zu schreien
und flog lange hin und her" (Mittheil, des Hrn. Klein).
Raase. „In Häusern, wo Vögel im Käfich und zwischen den
Fenstern waren, sah man die armen Tliiercben ängstlich umher-
flattern , wenn man auch sonst von einer Erschütterung wenig oder
gar nichts fühlte" (Pfarrer La nger).
Die Pferde des Herrn Mestenh au ser, Arztes in Raase, welche
sieh gerade in dem Walde zwischen Benesch und Raase befanden,
wurden in Folge des unterirdischen Donners und Rollens erst un-
ruhig, dann scheu und gingen zuletzt durch.
Leob schütz in Preussisch-Schlesien. „Die Vögel beim hie-
sigen Bürgermeister Stephan geriethen in Unruhe und flatterten
in dem grossen Käfiche, wo er gegen 20 Stücke hält, lange Zeit mit
Geschrei umher. An einem zweiten Orte bemerkte man dasselbe"
(Gymnasiallehramts-Canditat S c h ö n h u t h).
Gross -Hoschitz. Eine auffallende Unruhe zeigten die Hüh-
ner nach Mittheilung des Herrn Pfarrers Hörn (Berichterstatter
Fuss, Lehrer in Klein-Hoschitz).
Breslau. „Merk^vürdig ist, dass sich auch bei dieser Erschüt-
terung ein unverkennbarer Einfluss auf die Thiere zeigte; besonders
geriethen die Vögel in grosse Furcht und flatterten ängstlich in ihren
Gefängnissen hin und her. Diese Wahrnehmung wurde namentlich
in Breslau gemacht" (Schles, Zeitung, Nr. 31).
40*
588 Jeitteles.
Hirschberg. Dr. Fiihrhöter und Frau fühlten sich recht
unwolil, sie empfanden eine Anwandlung von Seekrankheit (Original-
Mittheilung des Genannten).
Einflass der geotektonischen Verhältnisse auf die Verbreitung der
Erdbebenwellen.
Der Einfluss der geotektonischen Verhältnisse scheint sich in
folgender Weise geltend gemacht zu haben :
1. Die Erschütterung war meist nur in den Thälern und Niede-
rungen deutlich fühlbar. Höher gelegene Orte haben fast durchge-
hends wenig oder gar nichts verspürt. Beispiele finden sich in dem
Verzeichnisse der getroffenen Orte in Menge. Ich will nur an die Ge-
gend von Odrau, an Schlatten bei \V;(gstadt, Karlsberg, den Köhler-
berg bei Freudenthal und Gräfciiberg bei Freiwaldau erinnern.
2. Die Verbreitung der Erdwellen im Grossen hat fast nur längs der
geschichteten Gesteine stattgefunden. Die krystallinischen Schiefer
waren schon weniger leitend. Die krystallinischen Massengesteine
aber scheinen überall der weiteren Ausbreitung entschiedene Hin-
dernisse entgegengestellt zu haben. So brach der Syenitstock bei
Brunn, der Granitstock nördlich von Neutra die Kraft der Erdbeben-
wellen und hinderte ihr Weitergreifen. So blieben die granitischen
Gegenden Österreichisch - Schlesiens (die Bezirke Weidenau und
Jauernig) von der Bewegung gänzlich unberührt. Der einzige im
Jauerniger Bezirk getrofieneOrt (Wildschütz) liegt (nach Heinrich)
auf Gneiss. Um Jauernig und Weidenau herrschen nach Kenngott,
Heinrich und meinen eigenen geringen Erfahrungen entschieden die
krystallinischen Massengesteine vor. Die Granitmasse bei Hirschberg
war (wie es scheint) ebenfalls Ursache, dass die Bewegung hier ihr
(nordwestliches) Ende fand. Hirschberg selbst wurde, wie oben
mitgetheilt wurde, eben so unbedeutend erschüttert wie Brunn.
Nur in den höchsten Stockwerken wurden hier wie dort vereinzelte
schwache Wahrnehmungen gemacht.
Die Granit-Partie, welche in der Nähe des Oentrums bei Strecno
beginnt, war ebenfalls Ursache, dass die an den Bändern derselben
gelegenen Orte (in der Mitte liegen gar keine) verhältnissmässig
sehr sehwach erzittert haben und dass die Bewegung nach NO.
nicht weiter fortschreiten konnte, so dass sie die krystallinischen
Bei-icill iiluM- das Krdhelicii iini 15. Jänner 185S elc. 1)89
Gesteine der Tatra i^ar nicht erreichte. Da die Ehisticitätsuiiter-
sehiede zwischen geschichteten und Massengesteinen (namentlich
Granit und Syenit einerseits, Thonschiefer, Kalk und Sandsteinen
andererseits) sehr bedeutend sind, so fand bei dem Übergang aus
dem Massengestein in das geschichtete eine unverhältnissniässig
starke Reflexion und Schwächung der Wellen Statt, so dass sie das
neue Mittel nur sehr wenig berühren konnten.
3. In den geschichteten Gesteinen Schlesiens war die Strei-
chungsrichtung, die hier nach eigenen und fremden Erfahrungen
beinahe durchaus von SSW. — NNO. geht, der weiteren Verbrei-
tung der Wellen besonders günstig. Sie war es auch, welche (wie
Andree bemerkte) wahrscheinlich zu den Erscheinungen in den
Kohlengruben von Peterzkowitz Veranlassung gab.
4. Die vulcanischen Gebilde (namentlich die Trachyte Ungarns)
haben nur eine sehr oberflächliche Fortpflanzung der Wellen ver-
mittelt, da schon in den Kremnitzer Bergwerken nicht das Mindeste
wahrgenonnnen wurde.
5. Die Verbreitung der Wellen nach Tarnow, Szczawnica etc.
kann wohl nicht auf directem Wege geschehen sein, sondern muss
als Folge einer Reflexion von den Gebirgen um Krakau her
betrachtet werden.
Am Schlüsse meiner Arbeit angelangt, bleibt mir nur noch die
Ei'füllung einer angenehmen Pflicht übrig. Ich entledige mich der-
selben hiemit, indem ich allen Behörden und Privatpersonen, die mir
bei meinen Nachforschungen so vielfach freundliche Hilfe leisteten,
meinen verbindlichsten Dank ausdrücke, Insbesondere fühle ich micli
gedrungen, folgende Personen für ihre nachdrückliche Unterstützung
dankbar hier zu erwähnen: Gymnasialdirector Ür. KawkainTroppau ;
Stuhlrichter Wrabczik von Thayenthal in Sillein; B e n e s c h,
Schütz und Klemens, Lehrer an der Realschtile, und Apotheker
Tombor in Sillein; Gutsbesitzer Jo hn Gary of Cockin gton a nd
Tor Abbe y in Visnyove; Comitats-CommissärHampel in Trentschin;
Bezirksarzt Dr. Sefranka in Rosenberg; Gymnasiallehrer W. Z en-
ger in Neusohl; Bezirkshauptmann Novak in Ostrau und Dr. Moritz
Hörn es, Director des kaiserl. Hof- Mineralien -Cabinets in Wien,
letzteren besonders M'egen der Liberalität, mit der er mir die
Bibliothekschätze des k. k. Hof-Mineralien -Cablnetes zur Verfü-
gung stellte.
500 Jen (Ol PS.
Beilage A.
Protokoll,
aufgenommen vom k. k. Stuhlriehter zu Sillein am 14. Juni 18S8.
Gegenwärtig: die Gefertigten.
Gegenstand ist die Verneiimung des Baron S i n a'sclien Hegers Joseph
K u c h t a aus Teplicska über die von iiim während des Erdbebens vom
IS. Jänner 1858 gemachten Sinneswahrnehmungen.
Der Vernommene gibt an: „Ich war am 15. Jänner d. J. Abends im
Teplicskaer Walde, genannt Haj Lejsowe, und sass auf einem Baumstock,
um das daneben aufgeschichtete Scheiterhoiz zu bewachen. Ich sass mit dem
Gesichte gegen Süden gekehrt. Es war beiläufig \'i auf 9 Uhr, als ich von
östlicher Richtung her ein Getöse vernahm und gleich darauf von meinem
Sitze gehoben wurde, so dass mir der Hut vom Kopfe fiel".
„Das aufgeschichtete Klafterholz war in Bewegung, und ich vernahm
deutlich, vor wie nach bereits beendigtem Stosse, dass das Getöse in der
Richtung gegen Sillein weiter ging."
„Das Getöse (hucseni) kann ich nur einem rollenden Donner bei starkem
Winde vergleichen. Nach meiner Wahrnehmung war dieses Getöse schon ent-
fernter, als ich an meinem Körper den Erdstoss fühlte. Die Richtung des
Getöses schien mir von Osten nach Westen zu gehen."
„Der verspürte Stoss schien mir von unten herauf zu kommen, hob mich
von unten hinauf und hinab und ging dann in ein langsameres Schwanken über."
„Ein Wind wehte zu jener Zeit nicht, da sich weder vor noch nach dem
Stosse das Laub der Eschen, aus welchen der genannte Wald besteht, bewegte."
„Die Bewegung des mich umgebenden Holzes war mit der von mir selbst
empfundenen Erschütterung gleichzeitig."
„Blitze oder andere besondere Himmelserscheinungen habe ich keine
bemerkt. Ob der Himmel heiter oder dunkel war, kann ich mich nicht mehr
erinnern; wie mir scheint, war er wolkig."
„Die Luft war für die Jahreszeit ziemlich warm, sodass ich ohne Hunja,
blos in der Jacke ausging."
„Über die Dauer desStosses und Getöses befragt, niuss ich bemerken, dass
mir Alles zusammen so lange zu dauern schien, als man braucht um ein Vater-
unser zu beten."
Joseph Kuchta ra./p.
Bericht ülx-r das Er(il)el)Cii am [li. Jänner 181)8 etc. b91
Niteli der Vorlesung, Verdolmetscliung- und Genehmigung geschlossen und
gefertigt.
TayenlJial m./p.,
k. k. Stuhllichter. Streit (?) m./\\,
Protokollführer.
Anmerkung. Hiermit stimmt die Mittheilung, welche mir Herr v. Buday,
Baron Sina'scher Hofrichter, üher die ihm von Kuchta selbst erzählten Beob-
achtungen Aviihrend meines Aufenthaltes in Sillein, Mitte März 1858 , machte,
vollkommen überein.
Beilage B.
Protokoll,
aufgenommen vom k. k. Stuhlrichter in Sillein am 14. Juni 1858.
Gegenwärtig: die Gefertigten.
Gegenstand ist die Vernehmung des Daniel Veliki, Kutschers des
im k. k. Salzamtsgebäude zu Sillein wohnenden Herrn Silleiner Steuer-Rayons-
Inspectors Seidl er, über die von ihm während des Erdhebens am 15. Jänner
1858 gemachten Sinneswahrnehmungen.
Der Vernommene gibt an :
„Ich war am 15. Jänner d. J. um etwa % auf 8 Uhr von dem l^z Meile
entfernten Markte Rajetz mit der Equipage nach Hause gekommen, hatte die
Pferde eingestellt und war um etwa V* auf 9 Uhr beschäftigt, aus dem im Hofe
stehenden Wagen den Sack mit Hafer herauszuziehen. In diesem Momente
vernahm ich ein Getöse, welches vom Gebirge herkam und sich über die Waag
hinüber entfernte."
„Einige Augenblicke später, als ich das erste Getöse vernahm,
verspürte ich auch eine Erschütterung meines Körpers wie auch des Wagens,
und sah deutlich, wie vorerst das Kirchlein im Salzamts - Gebäude , dann das
Wohngebäude wankte , und vernahm wie sohin die Wogen des Waagflusses
ungewöhnlich rauschten."
„Das Getöse glich dem Rollen eines Gewitters bei starkem Winde und
war schon entfernter, als ich die Wirkung des Erdstosses an mir selbst
verspürte."
„Das Getöse schien die Richtung von der Kirche über die Waag nach
Teplicska zu nehmen" (von Südost nach Nordwest).
„Ich verspürte zuerst ein Schwanken des Bodens und dann ein heftiges
Rütteln.«
„Es herrsehte während dieser ganzen Zeit Windstille, und fiel mir die
warme Luft auf, welche mir aus dem Erdboden zu kommen schien."
„Von Blitzen habe ich nichts gesehen. Der Himmel war bewölkt."
J)92 J e i 1 1 e I e s. Bericht über ilas Ridl)el)eii am LS, Jänner 1838 etc.
„Die Dauer des ganzen Stosses und Getöses war beiläufig so, dass man
langsam 10 hätte zählen können ; doch kann ich os nicht mit Gewissheit be-
haupten, denn mir war so, alssollteichin dieLuft gehoben werden."
„Als ich dann in den Stall zurückkehrte, waren d'e Pferde noch ganz
erschrocken, und wollten trotz der an demselben Tage von ihnen eilig ge-
machten Tour von 5 Meilen den ihnen vorgelegten Hafer nicht fressen."
■j- Daniel Weliki
durch Streit (?).
Nach der Vorlesung, Verdolnietschung und Genehmigung geschlossen und
gefertigt.
Tayenüial in./p.,
k. k. Stuhh-ichter. Slfcil (?) m./p.,
Protokollführer.
Anmerkung. Bereits in der Mitte des März hatte mir Herr Steuer-
Inspector Seidler selbst den Vorgang im Salzamt ganz in derselben Weise
erzählt. ^- J-
Joillflfs Bcrirhl iil..r ,l,iv i;.-,n.,-l..ii in il.-n K.iij.alheii u Sudeten.
SitBuntf.-b ik Aknil d WmatlLuaturw Cl XXXlV.Bil PS 1859,
kuUk lr.H..£j(L;taa«drucke
Fitz in y er. Über die Abstaiiiiniiiig des ziihiiien Pferdes und seiner Racen. 593
Versuch über die Abstammung des zahmen Pferdes und
seiner Racen.
Von dein w . M. Dr. L. J. Fitzingcr.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 16. Deeember 1838.)
ANHANG.
Dieser Anhang, welchen ich zur VervüUständigung meiner Ab-
handlung über die Abstammung des zahmen Pferdes und seiner Racen
beifügen zu sollen für nöthig erachte, enthält eine Zusammenstellung
der wichtigsten bisher bekannt gewordenen Beobachtungen über die
nach Amerika eingeführten Pferderacen, von denen ein sehr grosser
Theil heut zu Tage im verwilderten oder halbwilden Zustande in
jenem Welttheile angetrofl'en wird, so wie auch eine kurze Notiz
über das zahme Pferd der Australiänder.
Bei den amerikanischen Pferden habe ich mich strenge an die
Mittheilungen gehalten, welche wir den eifrigen Naturforschern und
Reisenden in jenem Welttheile, Azara, Rengger, Falkner,
C 0 r d 0 v a, G a r n o t, M o I i n a, T s c h u d i, R o u 1 i n und Richardson
zu verdanken haben, und welche nicht nur viele höchst wichtige
Beobachtungen über das Leben und die Sitten der verwilderten,
sondern auch über die Haltung, Pflege und Behandlung der zahmen
Pferde in jenem Welttheile enthalten, so wie nicht minder auch
mancherlei Notizen , welche in geschichtlicher Beziehung von Inter-
esse sind.
Wiewohl Amerika in der jüngsten Periode der Vorwelt eine
Thierart aus der Familie der Pferde aufzuweisen hatte, wie dies aus
den in neuerer Zeit aufgefundenen fossilen Resten unleugbar hervor-
geht, so ist es doch thatsächlich erwiesen, dass jene Form des
Pferdes, welche der lebenden Schöpfung angehört, nicht ursprüng-
lich daselbst vorkam, sondern erst nach der Entdeckung dieses Welt-
594 Kit
7. 1 n g e V.
theiles durch die Europäer dahin eingeführt wurde. Die ersten
Pferde wurden im Jahre 1492 durch die Spanier nach Amerika ge-
bracht und von Staunen und Schrecken waren die indianischen Völ-
ker erfüllt, als sie diese zum ersten Male auf ihren Rossen erblick-
ten. Seit jener Zeit hat sich dieses Thier aber in solcher Menge über
den ganzen Confinent der neuen Welt verbreitet, dass es nicht nur
allenthalben im gezähmten, sondern in den meisten Gegenden die-
ses Welttheiles auch im verwilderten Zustande angetroffen wird. Die
verwilderten Heerden reichen nordwärts bis zum 53. Grade und süd-
wärts beinahe eben so weit hinab. In grösster Menge findet sich
das Pferd jedoch in Süd-Amerika, und zwar vom 20. Grade südlicher
Breite bis zur Südspitze herab, nämlich in Paraguay, in den Pampas
von Buenos-Ayres, in Chili und Patagonien. In Nord-Amerika reicht
es dagegen bei Weitem nicht so hoch gegen Norden hinauf, als
selbst in Sibirien , da in jenem Welttheile die Kälte unter denselben
Breitengraden viel grösser und der Winter daher auch bedeutend
strenger ist.
Die amerikanisclien Pferde bieten im Allgemeinen jedoch nur
wenige Verschiedenheilen von den europäischen Racen dar, denen
sie ihre Abstammung verdanken, und zeigen daher auch nur wenige
und keineswegs besondere Eigenthümlichkeiten, die theils durch das
Klima und die Bodenverhältnisse, theils aber auch durch Zucht und
Cultur hervorgerufen wurden.
Das Paraguays che Pferd ist spanischer Abkunft und
kommt mit dieser Race im Wesentlichen überein, obgleich es in An-
sehung der Schönheit weit hinter derselben zurücksteht und von
den zierlichen Formen seiner Stammältern nur noch sehr wenige
Spuren zeigt. Die ersten Pferde wurden in Paraguay im Jahre 1537
theils aus Spanien, theils von den canarischen Inseln eingeführt und
standen 14 Jahre später daselbst noch in ungeheueremWerthe, indem
man zu jener Zeit ein Pferd mit ungefähr 15,000 Gulden bezahlte.
Sie gewohnten sich sehr bald an das neue Klima und pflanzten sich
dort eben so leicht wie im eigenen Vaterlande fort. Heut zu Tage
besitzt Paraguay eine grosse Anzahl von Pferden, die jedoch im All-
gemeinen nichts weniger als eine besondere Pflege gemessen. Sie
sind von mittlerer Grösse, haben einen grossen Kopf, etwas lange Ohren
und dicke Gelenke, während der Hals und Rumpf meist regelmässig,
wiewohl keineswegs von ausgezeichnet schönem Baue ist. Das Haar
Versuch iiliei- die Alistamniuiiy: des zahmen Pferdes und seiner Raceii. 595
ist zur warineii Jalu'eszeit kurz, zur kalten hing, und Mähne und
Schwanz sind kurz und dünn. Obgleich die meisten Pferde in Para-
guay nicht schön genannt werden können, so trifft man doch in eini-
gen Meiereien einzehie Thiere, welche sich entweder durch einen
kleinen schafähnlichen Kopf oder schön gebogenen Hals auszeichnen,
bald aber auch durch die feinen Beine, die kurzen und wenigen
Haare an den Füssen, die lange Mähne und den dicken Schwanz
Kennzeichen darbieten, die von ihrer edlen Abkunft zeugen. In An-
sehung der Farbe kommen eben so grosse Verschiedenheiten wie bei
den europäischen Racen vor, doch ist die lichtkastanien- und gelb-
lichbraune, so wie auch die bräunlichschwarze am häuGgsten anzu-
tretfen.
Eben so wie an Grösse und Schönheit, steht das paraguaysche
Pferd dem spanischen auch an Kraft nach, keineswegs aber an
Schnelligkeit, Gewandtheit und Ausdauer, wie man dies beim Zu-
sammentreiben der Viehheerden und auf der Jagd am besten ersehen
kann. In Ansehung der Ausdauer übertrifft es aber seine Stammrace
noch bedeutend, was man bei dem heissen Klima jedoch kaum erwar-
ten sollte. Selbst bei grosser Hitze kann man mit einem Pferde eine
Strecke von acht bis sechzehn Stunden beinahe im ununterbro-
chenen Galoppe zurücklegen, ohne dass dies demThiere irgend einen
Nachtheil bringt. Die Ursachen, welche die Ausartung des Pferdes in
Paraguay herbeigeführt haben, sind vorzüglich in der schlechten
Nahrung und in dem Mangel an Pflege zu suchen. Allerdings mag auch
die grosse Hitze auf seine Entwicklung hemmend eingewirkt haben,
doch war dieser Einfluss keineswegs stark genug, um die edelste
Pferderace von Europa so sehr verändert zu haben; denn die schön-
sten und kräftigsten Pferde wurden in früheren Zeiten von jenen
schönen Meiereien geliefert, welche in dem wärmsten Theile des
Landes unter dem 23. Breitegrade lagen und die erst kurz vor der
Revolution von dem wilden Indianerstamme der Mbayas zerstört worden
sind. In diesen Gegenden finden sich aber die besten und fettesten
Weiden, und die Besitzer derselben richteten ihre Aufmerksamkeit
auch einigermassen auf die Pferdezucht, während in den übrigen
Theilen von Paraguay die Weiden im Allgemeinen schlecht sind, und
auf die Pflege und Erziehung des Pferdes nur sehr wenig geachtet
wird. Die Weiden bieten allgemein nur eine einzige Grasart dar,
von welcher ausschliesslich die Felder bedeckt sind. Im Frühjahre
3l)() Kitzinger.
treibt dieselbe stark bervor, verursaebt aber, so lange sie nocb jung
ist, den Pferden Durcbfall, so dass sie zu jener Jabreszeit fast durcb-
gehends sehr sebwaeb sind. Im Sommer und Herbste ist sie, mit Aus-
nabme der grossen Troekenbeit, die zuweilen eintritt, in binreiclien-
der Menge vorbanden und gibt den Tbieren gute Nabrung, so dass
sie in kurzer Zeit wieder fett werden; doeb scbwindet dieses Fett
sehr bald, wenn das Thier zur Arbeit benützt wird und dabei kein
anderes, kräftigeres Futter erbält. Sobald im Winter mit den Süd-
westwinden die Kälte eintritt, welkt beinahe alles Gras und die
Pferde müssen sich mit den dürren, durch die Einwirkung der Son-
nenstrahlen und des Regens aller nahrhaften Tbeile beraubten Hal-
men begnügen , wobei sie immer bedeutend wieder abmagern. Nur
in einigen Gegenden von Paraguay und namentlich in den Missionen,
ist der Boden fruchtbar, und bietet einen üppigen und zu allen Zeiten
des Jahres frischen Graswuchs dar, daher auch das Pferd dort weit
besser als in den übrigen Theilen des Landes gedeiht. Wo dasselbe
aber nur immer an die nämliche Nahrung gebunden ist, wird ihm der
Geniiss des Salzes zum Bedürfnisse, und wenn es denselben durch
mehrere Monate entbehren muss, geht es sicher auch zu Grunde.
Desshalb suchen die Pferde auch instinctmässig von Zeit zu Zeit jene
Stellen auf ihren Weiden auf, wo die Thonerde ganz von Salz durch-
drungen ist und verweilen oft stundenlang an diesen Orten, um das
Salz vom Boden abzulecken. In den höheren Gegenden von Paraguay
und namentlich in den grasreichen Lomadas oder dem Hügellande
zwischen dem Coa guazu oder dem grossen Walde und dem Flecken
Ybu, so wie fast im ganzen nordöstlichen Tbeile des Landes, können
die Weiden wegen des gänzlichen Mangels an salziger Erde nicht
einmal für die Pferde benützt werden. Nur in Gegenden , wo die
Stallfütterung eingeführt ist, ist dem Pferde das Salz in jenem Lande
entbehrlich.
Die Ptlege, welche das Pferd in Paraguay geniesst , ist sehr
gering und in vielen Gegenden wird fast gar keine Sorgfalt auf das-
selbe verwendet. Die Pferde bringen das ganze Jahr unter freiem
Himmel zu, und nur einmal werden sie wöchentlich zusammengetrie-
ben , damit sie sich nicht allzuweit von der Wohnung ihres Eigen-
thümers entfernen. Man untersucht dann die Wunden, die sie zufällig
erhalten haben, so wie den Nabel der Fohlen, in welchen gewisse
Flieo-en häufig ihre Eier legen, reiniget diese Stellen und bestreicht die
Versuch liher die Abstammung des ^.silimeii l'fenles und seiner Racen. Ot) T
Wmideii dann mit Knhmist. fjässt dor Besitzer einer Meierei den
Stuten lind Hengsten alle zwei l»is drei .Tiihre einmal die Mäiuie
und das Haar des Schwanzes schneiden , so glauht er Alles gethan
zu hahen , was zur Ptlege seiner Pferde gehört; denn an eine Ver-
edhing der Race denkt Niemand in jenem Lande, wo sich die Zueilt
immer mehr und mehr verschlechtern muss, da man die schönsten
Hengste daselbst zu verschneiden pflegt. Durch kräftigere Nahrung
und bessere Pflege könnte die Pferdezucht in Paraguay ohne Zwei-
fel bedeutend gehoben werden. Europäer, die es versucht haben,
Thiere vom gewöhnlichen Schlage einige Zeit mit Manioc, Mais-
körnern, Zuckerrohr und jungem Mais statt des dort wachsenden
Grases zu füttern, haben sich die Überzeugung verschafft, dass die-
selben schon nach wenigen Monaten sich durch ihr kurzes und glän-
zendes Haar, durch festes Fleisch, stolze Haltung und Stärke, vor
allen anderen auszeichneten. Nebst der besseren Nahrung erhielten
sie aber auch die nöthige Pflege, indem sie täglich und bei warmer
Witterung sogar zwei- bis dreimal des Tages gebadet, gekämmt und
gestriegelt, bei grosser Sonnenhitze, Regenwetter und kaltem Süd-
winde aber unter Dach gehalten wurden.
Im verwilderten Zustande kommt das Pferd in Paraguay nicht
vor, doch ist die Haltung desselben nicht sehr von dem Zustande der
in völliger Freiheit lebenden Pferde verschieden. Sie leben truppen-
weise und gewöhnlich in einem bestimmten Rezirke , an den man sie
von Jugend an gewohnt. Jedem Hengste theilt man zwölf bis acht-
zehn Stuten zu, die er zusammenhält und gegen fremde Hengste
vertheidiget. Gesellt man ihm eine zu grosse Anzahl von Stuten zu,
so unterlässt er es dieselben zu hüten. Die Fohlen bleiben bis in's
dritte oder vierte Jahr bei ihren Müttern, die, so lange sie dieselben
noch säugen, so grosse Anhänglichkeit für sie zeigen, dass sie die-
selben sogar bisweilen gegen die Angriff'e des Jaguars vertheidigen.
Nicht selten haben die Stuten einen eigenthümlichen Kampf mit den
Maulthieren zu bestehen, bei denen sich zu gewissen Zeiten eine Art
von Mutterliebe regt, indem sie durch List oder Gewalt bisweilen
ein Fohlen entführen und ihm ihre milchleeren Euter zum Saugen
darbieten, wobei das Fohlen zu Grunde gehen muss. Sind die Fohlen
einmal über zwei bis drei Jahre alt, so wählt man unter den jüng-
sten Hengsten einen aus, theilt ihm junge Stuten zu und gewohnt ihn
mit denselben in einem besonderen Bezirke zu weiden. Die übrigen
598 Fi t zi ng^e 1-.
Hengste werden hingegen diirchgehends verschnitten und von den
;iiten Thieren ahgesondert. Jede Truppe, sie mag aus Hengsten,
Stuten oder WaUachen bestehen, hält sich stets beisammen, und
keines der einzehien Thiere, welche zu einer solchen Truppe gehö-
ren, gesellt sich zu einem andern Haufen. Wegen dieses Zusam-
meiilialtens ist es auch schwer, ein Pferd auf offener Weide von sei-
nen Gefährten zu trennen. Werden sie gewaltsam mit einander ver-
mengt, wie dies wöchentlich beim Zusammentreiben sämmtlicher
Heerden, welche zu einer Meierei geboren, geschieht, so finden sie
sich doch, so wie sie wieder in's Freie kommen, alsogleich wieder
auf und gesellen sich neuerdings zusammen. Der Hengst lockt durch
Wiehern seine Stuten an sich, die Wallachen suchen sich gegensei-
tig wieder auf und jede Truppe kehrt wieder zu ihrem Weideplatz
zurück. Tausend Pferde und darüber bedürfen kaum längere Zeit als
eine Viertelstunde, um sich in kleine Haufen von 10 bis 30 Stücken
zu vertheilen. Hierbei hat man bemerkt, dass Pferde von gleicher
Statur oder derselben Farbe sich leichter an einander gewohnen, als
wenn eine grosse Verschiedenheit in dieser Beziehung zwischen den-
selben besteht, und dass die fremden, aus der Banda-Oriental oder
aus Entre-Rios eingeführten Pferde sich vorzugsweise zu einander
und nicht zu der einheimischen Race gesellen. Die Pferde in Paraguay
zeigen übrigens nicht allein für ihre Gefährten, sondern auch für
ihre Weiden grosse Anhänglichkeit und nicht selten kehren sie zu
denselben aus grossen Entfernungen und bisweilen sogar bis auf
eine Strecke von achtzig Stunden zurück. Um so überraschender
ist die Erscheinung, dass zuweilen die Pferde ganzer Gegenden
plötzlich ihren Weideplatz verlassen und bald zerstreut, bald aber
auch haufenweise davon rennen. Dies geschieht regelmässig, wenn
nach anhaltend trockener Witterung plötzlich starker Regen fällt und
wahrscheinlich nur aus Furcht vor dem Hagel, der häufig das erste
Gewitter zu begleiten pflegt.
Die Sinne dieser beinahe im halbwilden Zustande lebenden Pferde
scheinen zumTheile schärfer als bei den zahmen europäischen Racen
zu sein. Besonders fein ist ihr Gehör, wie man dies vorzüglich zur
Nachtzeit beobachten kann, indem sie oft durch das Bewegen ihrer
Ohren die Wahrnehmung eines Geräusches verrathen, welches der
Reiter durchaus nicht zu entdecken vermag. Das Gesicht ist im All-
gemeinen schwach; da die Thiere aber fortwährend unter freiem
Versuch über die Abstamaiiiiig des zahmen Pferdes und seiner Uaceu. 599
Iliinmel leben, so gelangen sie durch Übung dazu, die Gegenstände
mehr wie unsere Pferde, schon aus einiger Entfernung zu unterschei-
den. Schärfer dagegen ist ihr Geruch und mittelst desselben machen
sie sich am leichtesten mit den Gegenständen ihrer Umgebung be-
kannt, indem sie alles, was ihnen fremd erscheint, beriechen. Durch
den Geruch lernen sie ihren gewöhnlichen Heiter, das Reitzeug, den
Schoppen, den Ort, wo sie gesattelt werden u. s. w. kennen, und
wissen durch denselben in sumpfigen Gegenden die bodenlosen
Stellen auszumitteln und denselben auszuweichen, so wie sie durch
den Geruch auch, und zwar weit mehr noch als durch das Gesicht,
im Stande sind, selbst bei dunkler Nacht oder dichtem Nebel mit
Sicherheit den Weg nach ihrem Wohnorte oder ihrer Weide aufzu-
tinden. Gute Pferde beriechen meistens ihren Reiter in dem Augen-
blicke, w^o er aufsteigt, und nicht seilen sieht man Pferde, welche
dem Reiter das Aufsteigen verweigern oder sich seiner Leitung
widersetzen, wenn er nicht einen Poncho oder Mantel von Cordova
mit sich führt; ein Kleidungsstück, das einen eigenthümlichen harn-
ähnlichen Geruch hat und womit die Landleute in Paraguay, welche
die Pferde zu bändigen und zuzureiten haben , fortwährend beklei-
det sind. Werden die Thiere durch den Anblick irgend eines Gegen-
standes erschreckt, so kann man sie mit nichts leichter besänftigen,
als wenn man sie einen solchen Mantel beriechen lässt. So gut sie
übrigens durch den Geruch die Gegenstände in ihrer näheren Um-
gebung kennen, und auch zu unterscheiden wissen, so wenig nützt
er ihnen auf grössere Entfernungen. Man trifft selten ein Pferd,
das einen Jaguar auf fünfzig Schritte und selbst noch weniger zu
wittern im Stande ist, daher es auch in den bewohnten Gegenden
von Paraguay am häufigsten diesem gefährlichen Raubthiere zur
Beute wird. Wenn in trockenen Jahren die Quellen, an welche sie
zur Tränke zu gehen gewohnt sind, versiegen, so kommen sie eher
vor Durst um, bevor sie sich bequemen andere aufzusuchen, wäh-
rend das Hornvieh fünf bis zehn Stunden weit das Wasser wittert
und demselben nachzieht. Der Geschmack ist beim paraguayschen
Pferde sehr verschieden. Einige gewohnen sich leicht au Stallfutter,
das aus Mais, Manioc und Zuckerrohr besteht und lernen allerlei
Früchte, ja selbst an der Sonne getrocknetes Fleisch geniessen,
während andere eher verhungern , bevor sie eine andere Nahrung
berühren als das trockene Gras, an das sie von Jugend an gewohnt
600 Kitzinger.
sind. Ihre Haut ist bei Weitem iiieht so empfindlich wie bei unseren
europäischen Pferden, indem das Gefühl theils durch das fortwäh-
rende Lel)en unter freiem Himmel, theils durch die Stiche der Mos-
quitos und Bremsen , deren Verfolgung sie beinahe das ganze Jahr
hindurch ausgesetzt sind, schon von Jugend an bedeutend abge-
stumpft wird.
Der Charakter des Pferdes von Paraguay ist im Allgemeinen
gutartig, doch wird er häufig durch die gewaltsame Behandlung
bei der Bändigung verdorben. Hat nämlich das Pferd ein Alter von
vier bis fünf Jahren erreicht, so wird es eingefangen, an einen
Pfahl gebunden und trotz seines Widerstrebens gesattelt und ge-
zäumt. Hierauf wird es vom Pfahle losgemacht und in demselben
Augenblicke schwingt sich auch schon ein Pferdebändiger, der mit
grossen Sporen und einer starken Peitsche versehen ist, demselben
auf den Bücken und tummelt das geängstigte Thier unter heftigen
Sporenstreichen und Peitschenhieben so lange auf dem Felde herum,
bis es sich vor Müdigkeit nicht mehr zu widersetzen im Stande ist
und der Lenkung seines Beiters folgt. Dieser Vorgang wird mm von
Zeit zu Zeit wiederholt und so wie das Pferd keinen Corcovo oder
sogenannten ßockssprung mehr macht, gilt es auch für zahm. Es ist
natürlich, dass durch einesolche Behandlung viele Pferde störrig und
bösartig werden, ausschlagen, Seitensprünge machen , den Beiter
dadurch abzuwerfen suchen, sich bis zum Überschlagen bäumen
u. s. w. Bei sanfter Behandlung wird auch das paraguaysche Pferd,
und selbst wenn es früher misshandelt worden ist, äusserst lenksam
und zutraulich, lässt sich leicht auf der W^eide fangen und unter-
zieht sich willig selbst den stärksten Anstrengungen, die man ihm
auferlegt. Zuweilen liegt der Grund seiner Widerspenstigkeit aber
auch in einem krankhaften Zustande. So werfen sich in der Begel
die Pferde mit sehwacher Brust nicht selten auf den Boden, wenn
ihnen der Bauchriemen zu fest angezogen wird; andere, deren
Bücken schwach ist, kann der Beiter nie zum Stehen bringen, und
solche, welche ein kurzes Gesicht oder ein sehr feines Gehör haben,
gerathen selbst beim Anblicke der bekanntesten Gegenstände in
Schrecken, machen einen Seitensprung oder fahren bei jedem
Schalle zusammen, wie dies häufig auch bei unseren Pferden der
Fall ist. Selbst übermässige Anstrengung in der Jugend oder auch
heftige Eindrücke, können ein Pferd für immer widerspenstig
Versuch über die Abstainmung des zahmen Fferdes und seiner Racen. 001
machen. So trifft mitn in Paraguay sehr oft Pferde, die man in zu
jugendlichem Alter für das sogenannte Pechar oder das Ansprengen
gegen Pferde oder Ochsen und das Niederrennen derselben durch
den Anlauf mit der Brust abrichten wollte, die dann später jedem
Thiere ausweichen, das in ihre Nähe kommt. Eben so ist auch ein
Pferd, das schon als Fohlen von einem Jaguar verwundet wurde, bei-
nahe für immer unbrauchbar, indem es auf dem Felde vor den durch
das weidende Vieh zur Erde gedrückten Grashalmen und bei einer
raschen Wendung selbst vor seinem eigenen Schatten erschrickt,
Unter den intellectuellen Fähigkeiten dieser Thiere steht das
Gedächtniss obenan. Pferde, die auch nur einmal den Weg von
Villa Real nach den Missionen gemacht haben, kehren von da selbst
nach mehreren Monaten auf demselben Wege, ganz allein wieder
nach Villa Real zurück , was doch mehr als hundert Stunden von
den Missionen entfernt ist. Wenn zur Regenzeit im Herbste auch
alle Wege voll Wasser, Pfützen und bodenlosen Stellen sind, und die
angeschwollenen Bäche allenthalben über ihre Ufer treten, so trägt
ein gutes Pferd seinen Reiter dennoch mit vollster Sicherheit bei
Tag und Nacht selbst über die gefährlichsten Stellen hinweg und
geht dabei, wenn es nicht angetrieben wird , stets mit grosser Vor-
sichtigkeit und Bedächtigkeit zu Werke, und zwar um so mehr, je
weniger die Gegend ihm bekannt ist. Reisende pflegen daher die
Pferde, die sie zum Wechseln mit sich führen, gewöhnlich zuerst in
die Sümpfe zu treiben, durch welche sie hindurch setzen müssen,
um den sichersten Weg durch dieselben zu erforschen. Lässt man
ihnen hierzu die nöthige Zeit, so geschieht dies auch mit der grössten
Vorsicht, indem sie bei jedem Schritte, den sie noch vorwärts wagen,
biild den Boden heriechen , bald die Festigkeit «lesselben nu't einem
ihrer Vorderfüsse prüfen. Diese Bedächtigkeit beruht aber keines-
wegs auf einem Mangel an Muth, denn das paraguaysche Pferd ist sehr
beherzt und stürzt sich, wenn es sich von einem kräftigen Reiter
gelenkt fühlt, ohne Zaudern selbst in die grösste Gefahr. Dem wü-
thenden Stiere und selbst dem gefürehteten Jaguar geht es muthig
entgegen, springt vom schroffen Ufer in die Flüsse und durchschnei-
det im vollen Laufe die Feuergluth eines brennenden Feldes. In
Paraguay erreicht das Pferd ein eben so hohes Alter wie in Europa,
wenn es gut genährt und nicht übermässig angestrengt wird ; da dies
jedoch nur selten der Fall ist, so kann man ein zwölfjähriges Pferd
Sitzb. d. mathem.-ualurw. Cl. XXXV. Kd. Nr. 12. 41
602 F i t z i n g e r.
daselbst schon für alt betrachten. Im Altgemeiuen sind sie nur weni-
gen Krankheiten unterworfen und am häufigsten kommt bei ihnen eine
Art von Räude vor, die bei anhaltendem Regenwetter zum Vor-
scheine kommt , beim Eintritte der schönen Witterung aber wieder
verschwindet. Unter den Wallachen triflft man nicht selten lungen-
kranke Thiere und fast auf jeder Weide auch rhachitische Individuen
von beiden Geschlechtern, bei denen der Kopf und der Rumpf bei-
nahe die gewöhnliche Grösse erreichen, während die Beine kurz und
dick, und meistentheils auch krumm und mit grossen Gelenken ver-
sehen sind. Ungeachtet dieser Verunstaltung sind die Thiere aber
stark und zeigen dabei gewöhnlich mehr Intelligenz , zugleich aber
auch mehr Bösartigkeit als andere Pferde. Die Druse oder soge-
nannte Kehlsucht, die Rotzkrankheit und andere Seuchen, die bei
unseren europäischen Pferden häufig sind, scheinen in Paraguay
gänzlich zu fehlen. Man schenkt indess in jenem Lande den Krank-
heiten des Pferdes nur sehr wenig Beachtimg, denn sobald ein Thier
erkrankt, wird es auf die Weide gelrieben und ohne weitere Aufsicht
sich selbst überlassen, wo es dann entweder geheilt zurückkehrt,
oder daselbst umkommt.
Der Nutzen, welchen die Einwohner von ihren Pferden ziehen,
ist bei Weitem nicht so gross als man erwarten sollte. Hengste und
Stuten werden nur der Fortpflanzung wegen gehalten und blos die
Wallachen zum Dienste benutzt. Meist jedoch werden sie blos zum
Reiten verwendet und nur selten sieht man sie vor einem Wagen ge-
spannt, oder zuweilen auch zum Lastlragen benützt. Der einzige
wesentliche Vortheil, den die Einwohner von Paraguay von ihrer
Pferdezucht geniessen, besteht darin, dass sie mittelst dieser Thiere
grosse Strecken in verhältnissmässig kurzer Zeit zurückzulegen im
Stande sind , was für sie jedoch theils wegen des Verkehrs bei
weiten Entfernungen, theils wegen der Besorgung ihrer Heerden, von
sehr grosser Wichtigkeit ist. Ausserdem dient das Pferd in jenem
Lande blos dazu, der angeborenen Trägheit seines Herrn zu fröhnen.
indem dieser selbst die unbedeutendsten Verrichtungen schon von
Jugend an stets nur zu Pferde zu besorgen gewohnt ist. Die Anzahl
der Pferde ist in Paraguay so beträchtlich, dass der ärmste Taglöh-
ner auf dem l nde acht bis zehn Stücke besitzt, so dass mittelst
derselben jeder Verkehr auf die leichteste Weise besorgt werdvw
kann. Der Preis, in welchem diese Thiere heut zu Tage in jenem
Versuch ülier die Alistamniung des zaiimen Pferdes und seiner Raeen. 603
Lande stehen, ist sehr gering, da ein gewöhnliches Hauspferd nicht
mehr als vier Piaster kostet.
Die Pferde in Buenos-Ayres haben dieselbe Abstammung
wie jene von Paraguay und sind als zur spanischen Race gehörig zu
betrachten. Als die Spanier von den Indianern und dem Hunger ge-
drängt, im Jahre 1537 Buenos-Ayres, das sie erst zwei Jahre früher
gegründet halten, zu verlassen genöthiget waren, konnten sie nur
einen Theil ihrer Pferde, die sie aus Andalusien und von der Insel
Teneriffa mitgebracht hatten, einschiffen und waren sonach gezwun-
gen, die übrigen zurückzulassen. Im Jahre 1580 wurde die Stadt
durch die Spanier von Neuem aufgebaut und schon bei ihrer Ankunft
fanden sie daselbst bereits grosse Heerden halbwilder Pferde, die
jenen freigelassenen ihre Abstammung verdankten, Ihre Vermehrung
in den Pampas von Buenos-Ayres wurde besonders dadurch begün-
stiget, weil es daselbst nur wenige jener verderblichen Fliegenarten
gibt , welche ihre Eier in den blutigen Nabel der neugeborenen
Fohlen hineinzulegen pflegen , wodurch Geschwüre entstehen , in
Folge welcher die Thiere ohne menschliche Hilfe zu Grunde gehen
müssen. Auch sind die Pampas im Winter nicht ohne Futter, indem
daselbst das abgestorbene Gras reichlich durch Klee ersetzt wird.
Diese bessere Nahrung ist auch wohl die Ursache, dass die Pferde von
Buenos-Ayres und von der Banda- Oriental sich durch Grösse und
Stärke vor den paraguayschen auszeichnen, obgleich sie durchaus
keine Pflege daselbst erhalten. Übrigens unterscheiden sich diese
verwilderten Pferde in jenen Provinzen, wo sie Vaguales genannt
werden, äusserlich in keiner anderen Weise von den zahmen, als
dass sie blos von brauner oder schwarzer und nie von einer anderen
Farbe sind. Vor der Revolution traf man diese verwilderten Pferde
zu Heerden von 100 bis 1000 Stücken vereinigt und verfolgte sie
gewöhnlich blos des Schadens wegen, den sie in den Meiereien an-
richteten. Seitdem aber haben die ärmeren Landleute sich die Felle
derselben zu einem Erwerbszweige gemacht, so dass sich die Anzahl
dieser verwilderten Pferde bis jetzt schon sehr bedeutend vermindert
hat. Der Schaden, den sie in den Meiereien verursachen, besteht
nicht blos darin , dass sie einen grossen Theil des Futters aufzeh-
ren, sondern auch in dem Entführen zahmer Pferde, und war biswei-
len , insbesondere in früheren Zeiten , sehr beträchtlich. Sobald sie
zahme Pferde sehen, sprengen sie im Galoppe an dieselben heran,
41-
ß Q 4 F i t z i 11 g e r.
locken sie durch lautes und freudiges Wiehern an sich und bringen sie
dadurch dahin , ihnen ohne Widerstand zu folgen , worauf dieselben
dann niertials wiederkehren. Es ereignet sich daher bisweilen, dass
Reisende ihren Weg nicht weiter fortzusetzen vermögen, weil ihnen
ihre Pferde von solchen halbwilden Heerden entführt worden sind.
Um dies zu verhüten, ist es sonach unumgänglich nöthig , beim Zu-
sammentreffen mit verwilderten Pferden stets alsogleich anzuhalten
und dieselben zu verscheuchen. Auf dem Marsche bilden diese Wild-
linge keine besondere Schlachtlinie, sondern einige gehen gesondert
voran , während die übrigen, eine lange ununterbrochene Reihe bil-
dend, die nie getrennt werden kann, denselben nachfolgen. Alles,
wozu man einen solchen Zug bringen kann, besteht darin, dass er
etwas seine Richtung ändert, und dass er sich entfernt, wenn man
ihn anzugreifen versucht. Bisweilen kreisen diese Wildlinge oft um
diejenigen herum, welche sie zu vertreiben suchen oder gehen auch
nur einmal um dieselben herum, worauf sie sich dann für immer ent-
fernen. Zum Glücke für die Reisenden unternehmen diese verwilder-
ten Pferde ihre Verführungsversuche nur bei Tage und nie zur Zeit
der Nacht. Die freien Pampas-Indianer gemessen das Heisch dieser
halbwilden Thiere und verschneiden bisweilen die Fohlen, um sie dann
später leichter bändigen zu können.
Um einen Wildling einzufangen , suchen die Spanier eine
Heerde auf, versuchen es sich ihr zu nähern, und werfen ihre Fang-
stricke, an welche faustgrosse Steine gebunden sind, mitten zwi-
schen dieselbe hinein, damit sich eines oder das andere der Thiere
mit den Füssen in denselben verwickle und nicht mehr laufen kann,
so dass man hinreichend Zeit hat, dasselbe gehörig zu binden.
Wird ein solcher Wildling gezähmt, so dient er eben so gut als
jedes zahm geborene Pferd ; doch steht es eben so wie das Pferd von
Paraguay, in Ansehung der Schönheit und Kraft, keineswegs aber
an Schnelligkeit und Gewandtheit der spanischen Stammrace nach.
Jeder halbwilde Hengst bemächtiget sich so vieler Stuten , als ihm
möglich ist, hält dieselben zusammen und vertheidiget sie gegen
seine Nebenbuhler. Es besteht daher jede Heerde von Wildlingen
aus einer Menge von kleinen Truppen, die wenig von einander ent-
fernt sind und sich vereinigen, um bei sich ergebenden Gelegenheiten
die zahmen Pferde, die sie öfter auf der Weide trelfen, an sich zu
ziehen. Trifft man unter diesen halbwilden Pferden einzelne Thiere,
Versuch iiher die Alisfai)iiiitiii>>' iles zalimeii Pferdps und seiner Raceii. ÖOo
die anders als braun oder schwarz gefärbt sind und vollends Sehecken,
so kann man mit vollster Sicherheit annehmen, dass diese geraubte
zahme Pferde sind. Die gewöhnlichste Farbe dieser Wildlinge ist
übrigens braun und schwarze Thiere sind unter ihnen so selten, dass
man bisweilen unter 2000 Stücken nicht ein einziges schwarzes trifft.
Diese halbwilden Pferde von Buenos- Ayres, welche einst in
unzähliger Menge vorkamen, haben sich auch südlich vom La Plata-
Strome bis zum Rio negro und selbst über ganz Patagonien verbreitet.
Aus der vollkommenen Ähnlichkeit der Pferde in Patagonien
mit denen von den Pampas in Buenos- Ayres, geht unwiderlegbar
hervor, dass sie denselben Ursprung mit einander theilen. Die mei-
sten Pferde, welche man in Patagonien frilft, sind verwilderte Thiere,
die keinen Eigenthümer haben und in grossen Heerden auf den weit
ausgedehnten Ebenen umherlaufen, welche gegen Osten von der
Provinz Buenos-Ayres und dem Ocean bis an die Mündung des rothen
Flusses, gegen Westen von den Gebirgen von Chili und dem ersten
Desaguadero, gegen Norden von den Bergen von Cordova, Yacanto
und Rioja, und gegen Süden von den Wäldern, welche die Tehuei-
hets und Divihets von einander scheiden, eingeschlossen werden.
Sie wandern von einem Orte zum anderen, ziehen den Winden ent-
gegen und sind daselbst in solcher Menge anzutreffen, dass Reisende
oft durch vierzehn Tage und darüber, fortwährend von denselben
umgeben werden. Bisweilen rennen sie in dichten Haufen zwei bis drei
Stunden lang in vollem Galoppe an ihnen vorbei, so dass dieselben
häufig Gefahr laufen, von ihnen zu Boden geworfen oder auch zer-
treten zu werden. Aber auch die zahmen Pferde sind daselbst heut
zu Tage in so grosser Anzahl vorhanden, dass die Patagonier bereits
zu einem berittenen Volke geworden sind. Dieser Übertluss an Pfer-
den sowohl als Rindvieh, wird auch für die Ursache betrachtet, wess-
halb sowohl die Spanier als die Indianer, ihre Ländereien nicht sorg-
fältiger bebauen und die Trägheit in jenen Gegenden zu einem all-
gemeinen Übel geworden ist. Jeder Einwohner kann mit geringer
Mühe eine ganze Heerde von Pferden besitzen oder aufziehen, und
da dieselben stets ihre Messer und Lassos oder aus Riemen verfer-
tigten Fangstricke mit sich führen , so ist es ihnen auch leicht, sich
ihren Unterhalt zu verschaffen. Auf ihren Pferden machen sie oft
weite Züge und reiten selbst bis an die Magellansstrasse herab, wo
sie dieselben mit dem Seewasser zu tränken pflegen,
606 Fit 7, in ff er.
Auch auf den Mal vinen oder Falklands-Inselii, welche
zwischen dem 52. und 53. Grade südlicher Breite liegen, wird das
Pferd im verwilderten Zustande angetroffen, namentlich auf der Insel
Soledad , wo es mit Rindern und Schweinen von den Spaniern und
Franzosen eingeführt wurde. Es ist daselbst zahlreicher als die übri-
gen Haustbiere und wird gewöhnlich in Heerden von lo — 20 Stücken
angetroffen. Doch ist es schwer sich denselben zu nähern, ausser
wenn man sie zufällig überrascht , da sie beständig auf der Hut sind
und der Anführer einer solchen Truppe bei der geringsten Gefahr
seinen Gefährten schon das Zeichen zur Flucht gibt. Das Fleisch
dieser Thiere wird daselbst gegessen und für eben so gut als das
Fleisch des Rindviehes geschildert.
Die chilesischen Pferde theilen dieselbe Abstammung
wie die übrigen südamerikanischen Pferde und gehören daher gleich-
falls der spanischen Race an. Sie linden sich daselbst in eben so
grosser Menge als in Paraguay, stehen den dortigen Pferden aber an
Schönheit, Feuer und Ausdauer weit voran, indem sich durch gute
Besorgung die ursprüngliche Race daselbst fast kaum verändert hat,
so dass sie den andalusischen in jeder Beziehung völlig gleich kom-
men und dieselben zum Theile auch noch in mancher Hinsicht über-
treffen. Der Kopf ist nicht sehr klein, doch gut gebildet, der Hals
schön geformt, das Kreuz abgerundet, und der Schwanz etwas hoch
angesetzt und stark behaart. Die Füsse sind dünn, doch stark und mit
sehr harten Hufen versehen. Manche unter ihnen sind Passgänger und
diese werden noch für vollkommener als die spanischen betrachtet.
Überhaupt sind alle chilesischen Pferde ausserordentlich lebhaft und
schnell, und so wie auf der Ostseite, so werden auch auf der West-
seite von Süd-Amerika alle Geschäfte zu Pferde besorgt. Wegen
ihrer VortrefTlichkeit werden die chilesischen Pferde weithin verführt
und manche von ihnen sind auch schon nach Europa gelangt.
Die peruanischen Pferde sind fast durchaus von derselben
Abstammung wie die chilesischen und paraguayschen, zeigen aber eben
so viele Unterschiede in Bezug auf Schönheit und Brauchbarkeit,
wie ihre Stammältern in Spanien. Ursprünglich war die Zahl der
eingeführten Pferde nur gering, doch wurde sie von Jahr zu Jahr,
theils durch neue Zufuhr, theils aber auch durch rasche Vermehrung,
welche von einem sehr günstigen Klima befördert wurde, bald be-
deutend vermehrt. Pferde von guter Race kommen in Peru nur an
Versuch iihei' die Alislaiiiiiiuiig des zuhiiieu Pferdes und seiner Kacen. 007
den Küstenstrichen vor, wo auch ziemlich viele Sorgfalt auf sie ver-
wendet wird. Sie sind bei Weitem nicht so schlank als die engli-
schen Racenpferde, sondern fragen durchaus das Gepräge der anda-
lusischen Abkunft an sich. Ihr Leib ist mehr kurz als gestreckt, voll
und rund, die Brust breit, der Hals kurz und dick, und der Kopf
ziemlich gross, mit kleinen, fein zugespitzten Obren. Die Beine sind
kräftig, aber ziemlich schlank und dünn gefesselt. Die Behaarung
ist weich und glatt, die Mähne und der Schwanz sind verhältniss-
mässig von bedeutender Stärke. Sie sind feurig, tapfer, kräftig und
überaus ausdauernd, obgleich sie keine besonders guten Renner
sind. Auffallend ist es, dass alle peruanischen Pferde fast ohne Aus-
nahme, von Natur aus Passgänger sind und sich durch einen kurzen
Unterricht in dieser Gangart ungemein vervollkommnen. Der
Werth eines Pferdes wird in Peru weit weniger nach seiner Schön-
heit, als nach seinem Passgange bestimmt. Die beiden gewöhnlich-
sten Passarten sind der Paso llano in vier Tempo's oder der beschleu-
nigte Schritt, und der Paso portante in zwei Tempo's oder der lang-
samere getragene Schritt, bei welchem immer der Vorder- und Hin-
terfuss derselben Seite gleichzeitig aufgehoben und vorwärts gesetzt
wird. Hierdurch entsteht eine rasche wiegende Bewegung, die un-
gleich weniger anstrengend für den Reiter ist als der Trab. Modifi-
cationen dieser beiden Gangarten sind der Sobrepaso, der Paso
gctfcado und der Paso golpeado, von denen aber die letztere Gangart
die schlechteste ist. Die von den Peruanern mit dem Namen Caval-
loH finos bezeichneten Pferde gehören fast durchgehends zu dieser
Ahtheilung. Ihnen zunächst steht eine Abtheilung von Pferden, die
den Racenpferden zwar an Schönheit sehr weit nachstehen, diesel-
ben aber an Brauchbarkeit häufig übertreffen, indem sie sich für
anstrengende Reisen viel mehr als diese eignen. Sie haben keinen
Paso llano , sondern einen sanften Trab , gehen aber doch dabei auch
einen natürlichen Paso portante und werden gewöhnlich Cavallos
ftquillilos gen?ii\n[. An diese schliessen sich die Traber an, die einen
angeborenen Passgang haben , denen aben der Paso portante ange-
SL'hult werden kann. Diese Pferde werden Cavallos trabados ge-
nannt und sind tüchtige, aber nur wenig geschätzte Reitpferde. Die
letzte Gruppe der peruanischen Pferde ist unansehnlich, klein, gross-
köpfig, struppig und ungelehrig. Sie leben nur als halbwilde oder
verwilderte Thiere in den Departements von Ayacucho und Cusco,
008 Fitzinger.
WO sie von deo Indianern eingefangen und grösstentheils nach den
Minen von Pasco verkauft werden, um daselbst im Circus das Queck-
silber mit den silberhaltigen Gesteinen zusammen zu stampfen. Zum
Reiten taugen sie sehr wenig, denn sie bleiben immer scheu und
sind auch meistens tückisch. Da sie sehr kleine und schwache Hufe
haben, so können sie auch zum Reiten, ohne mit Eisen beschlagen
zu werden, nicht benützt werden. In der Puna-Region sind sie aber
beinahe unentbehrlich, da sie hier ungeachtet des verminderten Luft-
druckes, der den übrigen Pferden so nachtheilig und so oft Ursache
ihres Todes ist, selbst anstrengende und schnelle Ritte, so wie auch
Müheseligkeiten und Beschwerden jeder Art mit grosser Leichtigkeit
aushalten und ertragen. Diese Pferde, welche CavaUos chuscos
genannt werden, scheinen von dem nordafrikanischen Zwergpferde
oder dem Koomrah abzustammen und sind so wie alle übrigen Pferde
in Peru, von den Spaniern dahin verpflanzt worden.
In der nördlichen Hälfte von Süd-Amerika werden zwar auch
Pferde gezogen, doch sind sie nicht in solcher Menge vorhanden wie
in der südlichen.
In Columbien kommen hie und da, und namentlich in den
Ebenen von San Martin, zwischen den Quellen des Meta, Rio negro
und Umadea, kleine Heerden verwilderter Pferde vor, die jedoch nur
aus einem Hengste und fünf bis sechs Stuten mit einigen Fohlen be-
stehen, und sogleich die Flucht ergreifen, sobald sie nur eines Men-
schen ansichtig werden. Ihre Gestalt ist im Allgemeinen ohne beson-
dere Zierlichkeit, obgleich sie keineswegs schwerfällig sind und die
spanische Abkuntt deutlich erkeimen lassen. In den Hatos der LIanos
sind sich auch die zahmen Pferde, welche durchaus von brauner
Farbe sind , so wie in Paraguay fast ganz allein überlassen , indem
man sie blos zuweilen zusammen zu treiben ptlegt. Wird ein Pferd
aus den LIanos von San Martin oder Casanare auf das Plateau von
Bogota gebracht, so muss es so lange im Stalle gehalten werden, bis
es sich an das Klima gewohnt hat. Die Gangart, welche man in
Columbien am Pferde am meisten schätzt, sind der Pass und der
Halbpass. Auch in manchen anderen Ländern von Süd-Amerika gibt
es Heerden von verwilderten Pferden und eben so auf der Insel Sanct
Domingo.
Die nordamerikanischen Pferde stammen im südlichen
Theile von spanischen, im nördlichen Theile von englischen und
Versuch über die Abstammung des zahmen Pferdes und seiner Raeen. 609
französischen Pferden ab. Doch reicht in Amerika das Pferd nicht
so weit nach Norden hinauf als in der alten Welt, weil dort das
Klima bei Weitem kälter ist, wie denn auch in Canada, das doch mit
dem mittleren Theile von Deutschland unter gleichen Breitengraden
liegt, der Schnee durch volle fünf Monate den Boden bedeckt und
die mittlere Temperatur im Winter 20 — 25 Grade unter dem Eis-
punkte beträgt.
In Canada ist das Pferd daher auch kleiner, doch schnell diibei
und ausdauernd, so dass es die Kälte daselbst besser erträgt als jedes
andere unserer Hausthiere. In Unter-Canada zählte man im Jahre
1808 an 79,000 Pferde.
Bei den Eskimos fehlt das Pferd aber gänzlich und der Hund
tritt dort an seine Stelle.
Im nördlicheren Theile von Amerika sind Heerden von
verwilderten Pferden in den ausgedehnten Wiesensteppen, welche
auf der Westseite des Mississippi liegen, keineswegs eine ungewöhn-
liche Erscheinung. Sicher sind dieselben Nachkömmlinge derjenigen
Pferde, welche aus den spanischen Besitzungen in Mexico ent-
liefen.
Früher waren sie in zahlreicher Menge im Lande der Kut an-
nies an den nördlichen Quellen des Columbia, östlich vom Kamm
des Rocky-Gebirges anzutreffen; in den letzteren Jahren indess sind
sie fast durchaus aus diesem Bezirke ausgerottet worden. Es ist bis
jetzt noch ungewiss, ob verwilderte Pferde auch noch weiter nord-
wärts über dem 52. oder 53. Breitengrade vorkommen. Die jungen
Hengste dieser im halbwilden Zustande lebenden Thiere bilden be-
sondere Heerden für sich , indem sie von den alten verjagt werden
und sind auch leicht einzufangen, wenn man sie durch zahme Stuten
anlockt. Die Kutannies sind mit der spanisch-amerikanischen Weise,
sich ihrer mittelst des Lasso zu bemächtigen, bekannt.
Auch bei den 0 sagen bilden die halbwilden Pferde einen noch
besonderen Gegenstand der Jagd. Um sich dieser äusserst flüchtigen
Thiere zu bemächtigen, begibt sich ein grosser Haufen berittener
Indianer in die Gegend des rothen Canada-Flusses, wo sich die verwil-
derten Pferde in beträchtlicher Anzahl beisammen finden. So wie
sie eine Heerde derselben entdecken, vertheilen sie sich in drei klei-
nere Haufen, von denen zwei in verschiedener Entfernung sich auf
jenem Wege aufzustellen pflegen, von welchem sie aus der Erfah-
41"
610 F i t z i n g e r.
i-ung wissen, dass ihn die Pferde mit grosser Wahrscheinlichkeit auf
ihrer Flucht verfolgen werden, während der dritte Haufen die Heerde
nach jener Richtung zutreibt, wo der erste Theil der Gefährten auf-
gestellt ist und dieselbe bis dahin verfolgt. Sind die fliehenden Thiere
daselbst angelangt, so setzt diese andere Abtheiiung der Jäger die
Jagd mit frischen Pferden fort und treibt die flüchtigen Wildlinge
dem letzten Haufen zu, dem es meistens auch gelingt, eine grosse
Menge derselben zu fangen.
Das zahme Pferd ist bei den nomadisirenden Indianer-Stäm-
men, welche die ausgedehnten Ebenen des Saskatchewan und Mis-
suri zu durchziehen pflegen, von grossem Werthe; denn sie gebrau-
chen dasselbe nicht blos zum Fortschafi'en ihrer Zelte und Familien,
sondern es gehört überhaupt zu den höchsten Wünschen eines
jungen Indianers, ein gutes Pferd zur Büfl'eljagd, die sie mit Leiden-
schaftlichkeit betreiben, zu besitzen. Einem feindlichen Stamme
Pferde zu stehlen, gilt bei ihnen fast für eine eben sogrosse Hel-
denthat, als einen Feind auf dem Schlachtfelde zu tödten, und die
weiten Streifzüge , welche sie bei einer solchen Gelegenheit unter-
nehmen, so wie die vielen Entbehrungen, die sie dabei erdulden
müssen , grenzen bisweilen an's Unglaubliche. Ein Indianer, der im
Besitze eines Pferdes ist, wagt es selten nach eingebrochener Nacht
zu schlafen, und bringt die ganze Nacht fast wachend, sitzend unter
seiner Zeltthür zu, in der einen Hand den Zaum seines Pferdes, in
der andern die Flinte haltend, während dem Pferde die Vorderfüsse
mit einem Riemen zusammengebunden sind. Doch ungeachtet aller
dieser Vorsicht ereignet es sich doch ziemlich häuGg, dass wenn
er auch nur auf einige Minuten vom Schlafe überfallen wird , der
listige Dieb diesen Augenblick benützt, herangeschlichen kommt,
dem Pferde den Riemen von den Füssen löst, den Zaum durchschneidet
und mit dem flüchtigen Thiere im gestreckten Galoppe davoneilt, so
dass der Bestohlene, wenn er durch das Geräusch erweckt wird, kein
Mittel mehr besitzt, den Thäter zu verfolgen.
Die Spokan's, welche die Gegend zwischen den Armen des
Columbia bewohnen, geniessen das Pferdefleisch mit grossem Wohl-
gefallen und die Pelzsammler der Hudsonsbay-Compagnie sind an
manchen Orten, die ihnen in diesem Bezirke zum Aufenthalte dienen,
in die Nothwendigkeit versetzt, das Pferdefleisch zu ihrer Haupt-
nahrung zu machen. Heerdeu von verwilderten Pferden finden sich
Versuch über die Abstammung- des zalimen Pferdes und seiner Racen. 611
auch iri Virgiiiieii, Cai-oliiia uiul Mexico, und noch manchen anderen
Ländern der nijrdlichen Hälfte von Amerika, und häufig wird es
allenthalben auch gefangen und gezähmt. Unter den zahmen Pferden
von Nord-Amerika stehen die virginischen in besonders gutem Hufe
und sie gelten nicht nur allein für gute Reitpferde, sondern auch für
ausgezeichnete Renner.
Nach Australien ist das Pferd, eben so wie nach Amerika,
blos durch die Europäer gelangt und war weder auf Neu-Holland,
noch auf irgend einer der Südsee-Inseln in früheren Zeiten anzutref-
fen. Doch hat es sich in jenem Welttheile, wo seine Einfuhr weit
jünger ist , bei Weitem nicht so weit wie in Amerika verbreitet und
kommt daselbst auch in bedeutend geringerer Anzahl vor; ja auf
vielen Inselgruppen der Südsee fehlt es bis jetzt noch gänzlich.
Die neuholländischen Pferde und jene von den Süd-
see-Inseln, deren Einführung erst in neuerer Zeit stattgefunden
hat, sind grösstentheils von Engländern und Franzosen dahin gebracht
worden, und gehören daher meistens den englischen und französi-
schen, zum Theile aber auch den spanischen, indischen und den
Racen der Sunda-Inseln an. Sie scheinen sich in den meisten Ge-
genden der Australländer gut zu halten und durch die Einwirkungen
des Klimans nur wenige Veränderungen von ihrer ursprünglichen
Race zu erleiden.
VKRZEICHI^ISS
VORGELEGTEN IJ H U C K S C H K 1 F T E N.
(Zum XXXV. Bande.)
A c a d e m i a Caesarea Leopoldino-Carolina iiaturae euriosoruin. Nuvu-
rum actorum, vol. vicesimi sexti pars posterior. Cum tabulis
XXXV. Vratislaviae et Boiinae 18ö8; 4"-
— R., di scienze, lettere ed arti di Moden a. Meinurie. Turne 1 et II,
1833 — 1858; 4"* — Programma dal concorso dei premii delP
anno 1859; 4«-
Aceadeiiiia I. R. di scienze, lettere ed arti in Padova. Niinvi saggi.
Vol. VII, part. 1. Padova. 1857; 4"- — Rivista periodica dei
lavori della I. R. Aecadeniia etc. Vol. VI, triniestre 1, 2, 3, 4.
Padova, 1858; 8"-
Akademie der Wissenschaften, königl. Bayerisclie, Abliandlungen
der mathem.-phys. Classe, VIll. Bandes zweite Abtheilung. 1858;
4"- Sammt den 5 daraus verötFentlichten Separatabdrücken. —
Gelehrte Anzeigen. Band XXXXVII, 4"
Akademie der Wissenschaften, königl. Preussische. Munatsberichte.
December 1858, Jänner 1859; 8"-
American Juurnal uf sciences and arts, The. Vol. XXVII, second
series, No. 79. January 1859. New-Hawen, 1859; 8»
.Annalen der Chemie und Pharmacie von F. Wohl er, J. Liebig
und H. Kopp. Band CVIII, Heft 3. December 1858. Band CIX.
Heft 2, 3. Februar und März. Leipzig und Heidelberg, 1859; So-
Archiv der Mathematik und Physik von Grunert. Theil XXXII,
Heft 2. Greifswalde, 1859; 8"-
11
Astronomische Nachrichten, Register zu Bfid XLIX. Nr. 118ö
Altona; 4o-
Au Stria, Jahrgang XI, Heft 3— 14. 1859; 8«-
Bauzeitung, Allgemeine, herausgegeben von Prof. L. Förster.
Jahrg. XXIV, Heft 1. — XXV. Jahrgang, 2. Heft sammt Atlas.
Wien, 1859.
Bern, Universitätsschriften für das Jahr 1858.
Bonn, akademische Gelegenheitsschriften für 1858.
Co njpte-rendu anniie! adresse ä S. E. M. de Brock, ministre
des finances, par le directeur de rObservatoire physique central,
A. T. K upffer. Annee 1856. Supplement aux Annales de l'Ob-
servatoire physique central pour l'annee 1855. St. Petersbourg,
1857; 4o-
Cosmos. annee VIII, vol. XIV. livr. 7, 8, 10, 12,13. Paris, 1859; 8o-
dElvert, Christ., Geschichte der Heil- und Humanitäts-Anstalten in
Mahren und Österreich. Schlesien. Brunn, 1858; S"'
Effemeridi astronomiche di Milano per 1' anno 1859. Milano,
1858; 80-
Er mann, A., Beiträge zur Klimatologie. IV. Über Boden- und
Quellentemperaturen und über die Folgerungen zu denen
Beobachtungen derselben berechtigen. V. Das Klima von
Tobolsk (Separat-Abdrücke aus E's. Russ, Archiv, Band IX,
Hft. 1); 40-
Es eher, Dr. Paul, Die Berechnung vom Flächeninhalt der Kugel-
zone. Ein Beitrag zu jedem Lehrbuch der Stereometrie. Zürich,
1859; So-
Farad ay, Mich., Experimental Relations of Gold (and otlicr Metals)
to Light. (X. The BakerianLecture. — ReadFebruary 5, 1857.)
Fortschritte der Physik im Jahre 1856, Die. Dargestellt von
der physikalischen Gesellschaft in Berlin. XII. Jahrgang, red.
von Dr. Krönig. Erste Abtheilung. Berlin, 1858; 8o-
Frisiani, Paolo, Nuovi apparati fotometrici. Memoria. 4o"
Gazette medicale d'Orient. II. annee, Nro. 9— 12. Constantinople,
1858; 40-
Geologis che Reichsanstalt, k. k. Die Sitzungen vom 8. und 28.
Februar 1859; 8«-
Geological survey of India. Memoirs. Vol. I, p. 2. Calcuttii,
1858; 8«-
III
Gesellschaft, Deutsche sreologische. Zeitschrift, Band I — X,
Heft 1, 2, 3. Berhn, 1849 — 59.
Gewerbeverein, Nieder- österreichischer. Verhandlungen und
Mittheilungen, Heft 1, 2. Jahrgang 1859. Wien; S»-
Gi essen, akademische Gelegenheitssehriften für 18ö7— 58.
Göttin gi sc he gelehrte Anzeigen, 1858, Band 1, 2, 3.
Hauer, K. Ritter von, Über die Mineralquellen von Bartfeld. Be-
sonderer Abdruck aus dem Jahrbuche der k. k. geologischen
Reichsanstalt, 1859. Wien, 1859; 8o-
Hausmann, J. F. L., Über die Krystallformen des Cordierits von
Bodenmais in Bayern. Göttingen, 1859; 4ö'
Institution of Great Britain , The royal, 1858. A list of the
membres , officers etc. with the report of the visitors for the
year 1857. London. 1858; S"- — Notices of the proceedings
at the meetings of the R. I. of G. B. Part VIII. London,
1859; 80-
Istituto I. R., Lombardo. Memorie, Vol. VII, fasc. 8. — Atti, vol. I,
fasc. 12. 1859; 4o-
Istituto I. R. Veneto di scienze, lettere ed arti. Memorie, vol. VH,
1858; 4. Atti, serie III, tom. IV, disp. 1 — 3. 185%; 8o-
Jahresbericht, Sechster und Siebenter, des Comites zur Grün-
dung und Verwaltung der Bukowiner Landes -Bibliothek.
1857, 58; 80-
— des physikalischen Vereines zu Frankfurt a. M. für das Rech-
nungsjahr 185%; 8o-
Jahreshefte, württembergische naturwissenschaftliche. XV. Jahr-
gang, Heft 2. Stuttgart, 1859; So-
Jahrbuch, Neues, für Pharmacie und verwandte Fächer, red. von
G. F. Walz und F. L. Wink I er. Band XI, Heft 1, 3, 4. März,
April. Heidelberg, 1859; So-
Jahrbuch, Neues, für Pharmacie und verwandte Fächer. Heraus-
gegeben von G. F. Walz und F. L. Winkler. Band III,
Heft 5; Band V, Heft 1. Speyer, 1855-56; So-
Koks charow, Nikolai V., Materialien zur Mineralogie Russlands.
Dritter Band, Lieferung 38. St. Petersburg, 1859. (Sammt
Atlas in Folio.)
Lamont, Dr. J. , Untersuchungen über die Richtung und Stärke
des Erdmaffuetismus an verschiedenen Punkten des südlichen
IV
Europa, im Allerhöchsten Auftrage Seiner Majestät des Königs
Maximilian II. von Bayern ausgeführt. München, 1858; 4o"
Land- und torstwirthschaftliche allgemeine Zeitung. VIII. Jahrg..
Nr. 49—52. IX. Jahrgang, Nr. 1, 2, 7— 13. Wien, 1859; So-
Lot o s, VIII. Jahrg., Oct., Nov., Dee. 1 858 ; IX. Jahrg., Febr. 1859 ; 8«-
Mayer, Hermann von. Zur Fauna der Vorzeit. Abtheilung IV.
Reptilien aus dem lithographischen Schiefer des Jura in Deutsch-
land und Frankreich. 1. Lief. Frankfurt a. M., 1859; Folio.
Meyr, Dr. Gust. L., Beitrag zur geographischen Verbreitung der
Tingideen. (Sep.-Abd. aus den Verhandlungen der k. k. zoolo-
gisch-botanischen Gesellschaft in Wien.) 1859; S"* — Beitrag
zur Ameisenfauna Russlands. 8"-
Mittheilungen aus Justus Perthes' geographischer Anstalt von
Dr. Peter mann. 1858, XIIL 1859; IIL Gotha; 4"-
Mortillet, Gabriel de, Geologie et Mineralogie de la Savoie. (Ex-
trait du tome IV des Annales de la chambre R. d'agriculture et
de commerce de Savoie.) Chambery, 1858; 8»- — Catalogue
critique et malacostatique des mollusques terrestres et d'eau douce
de le Savoie et du bassin du Leman par — et Fr. Dumont.
(Extrait des Bulletins de T Institut national Genevois.) Geneve,
1857; 8"" — Diguement des rivieres torrentielles des Alpes et
plus specialement de PArve. Annecy, 1856; S«-
Nardo , Dr., Nota sulle ombre ottenute col solo concorso di luci
blanche. Venezia, 1858; 8"- (Estr. dal vol. IV, serie 3 degli
Atti deir Istituto.)
Planta mour, E., Observations astronomiques faites a l'observatoire
de Geneve, dans les annees 1851 et 1852. XI. et XII. series.
(Supplement au t. XIV de Memoires de la soc. de physique et
d'histoire naturelle de Geneve.) Geneve, 1856; 4. — Resume
meteorologique de Tannee 1857 pour Geneve et leGrand Saint-
Bernard. Geneve, 1858; 8»- — Note sur la comete Donafi,
(Tiree desArchives des sciences de la Bibliotheque universelle.)
Proceedings of the R. Geographica! society of London. Nr. 1,
1859; 8ö-
Reichsanstalt, k. k. geologische, Sitzung vom 12. April 1859; 8"-
Santini, Giov., Posizioni medie di 2706 stelle pel 1'"" gennajo 1860
distribuite nella zona compresa fra 10° e 12" 30' di declina-
zione australe dedotte dalle osservazioni fatte negli anni 1856.
18S7, 1858 neir I.R. osservatorio di Padova. (Estr. dal Volume
VII delle Memorie deiristituto stesso.) Vonezia, 1858; 4o-
Societe de Physitfue et d'Histoire naturelle de Geneve. Tome XIV.
p. 2, 1858; 4o-
— philomatique de Paris, Extrait des proces -verbaux des seanoes
pendant Tannee 1858; Paris, 1859; 8o-
— des Sciences naturelles de Strassbourg. Memoires. Tome V.
livr. 1. Paris, 1858; ¥■
Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou. Annee 1858. Nr. 4.
Moscou, 1858; 8o-
— geologique de France II''""' serie, tome XVI. feuil. 1 — 14.
1859; 80-
Society, Tbe literary and philosophical of Manchester. Proceedings,
Nr. 1, 1857. 80- — Memoirs. Pifteenth volume, p. 1. London,
1858; 8«-
Studer, Prof. Dr. ß., ErötTnungsrede der 34. Versammlung
schweizerischer Naturforscher in Bern. Bern, 1858; 8<»-
Tübingen, üniversitätsschriften für das Jahr 1858.
Verein, naturwissenschaftlicher, in Pesth. Jahrbuch I, II, III. Pesth,
1841 — 1857; 8o- Daraus deutsch: Originalabhandlungen aus
dem dritten Bande der Jahrbücher. Pesth, 1858; 8"*
Verein, Nassauischer Ärzte für das Jahr 1856. Red. v. Dr.
P. Menges. Weilburg; 4"-
Vierteljahrschrift für wissenschaftliche Veterinär- Kunde, von
Prof. Dr. Müller und Prof. Dr. Roll. XII, Band, Heft 1.
Wien, 1859; 8o-
Visiani, Roh. de, Pianti fossili della Dalmazia. Venezia, 1858; 4o'
Wiener medicinische Wochenschrift von Dr. Wittel shöfer.
IX. Jahrg., Nr. 8, 9, 13, 14, 16, 17. Wien, 1859; 4«-
Wolf, Dr. Rudolf, Mittheilungen über die Sonnentlecken. Nr. VII,
VIII. 1858, 1859.
Zamära, Roh., Corso pralico di navigazione. Vol. I, II. Trieste,
1859; 80-
Zeitschrift, kritische, für Chemie, Physik und Mathematik.
Herausgegeben von A. Kekule, G. Lewinst ein, F. Eisen-
lohr, M. Cantor. Heft VI. Erlangen, 1858; 8o-
ibersicilt der Witternng im Slärz 1858.
Von A. U. Biirkharilt. Assislenlen der k. k. Cenlnil-Ansfalt.
»lilllcre
Mai
inuin
Min
muui
»Illllerer
MUXMUUUI
Min
nium
UUIL-it-
Nieder-
Secu
ndäre Exl
renio il
er TcM.p.
llriibacblun^sorl.
Mi,„erc|
Dcobachtiiiigsorl.
Tem-
I.ult-
schlug
-sclit-ndci'
(Nach der initiie-
ren Temp. gerrdn.)
peratur
Tag
Temp.
-
Tomp.
ihurU
T.g
Lufdlr.
Taf
Lui'ldr.
drurk
l'ar. LI».
Par. l..n.
Wh,,l
Tag
Mai.
Tag
Miliinniin
peralur 1
Adinont ....
+ 0-19
24-6
+ 9^3
11-3
-10-9
310-37
21-3
316"'36
7'3
301-34
1"87
8"64
KW. NO.
31.
+ 8'?S
14.
— 9-7
Cairo
13-33 II
Agrain
+ 2-l>2
31-6
+ 13-9
11-3
_ 7
9
330-84
21-6
336-86
7-3
319-73
1-84
22-76
NO.
24.
+ 12-0
14.
— 5-7
Srnyrna . . .
10
10
AllUofen ....
+ 1-09
24-6
+ 13-2
14-3
-10
3
307-84
21-6
313-39
7-3
298-08
—
10-80
N.
31.
+ 120
11.
- 9-0
Valona ....
9
68
Aussco (All-)- •
+ 0-73
'* ■ s
+ 9-2
13-8
- 7
1
299-76
20-8
303-43
6-8
290-80
1-03
33 -40
0. W.
1.
+ 3-4
7.
— 6-6
Lesina ....
Curzola . . .
8
80
Aussce (Markt) .
- 0-43
ai-e
+ 10-2
11-4
— 11
2
310-72
20-7
313-99
6-8
301-43
—
—
0. M'.
24.
f 9-8
9.
- 8-0
ßludcnz ....
+ 2-11
31-6
+ 14-4
11-4
— 4
8
313-76
22-9
319-92
6-9
304-30
1-63
26-08
NW.
24.
-rll-O
7.
— 3-6
8
67
lioilcnkack . . .
+ 0-83
24-6
+ 12-8
4-3
-13
3
330 -SS
20-9
337-33
6-9
319-62
_
4-84
NW.
31.
+ 121
13.
— 7-2
Bagusa ....
8
66
Bolzen
+ ."i-OO
23-6
+ 17-4
*; 3
- i
4
323 13
21-3
331-63
7-3
313-33
—
3-00
NO.
31.
+ 13-8
10.
— 1-0
Nizza ....
7
70
Briiiin
+ 1-2.^
24-6
+ 13-6
'3-3
- 8
9
327-90
21-3
333-91
7-3
318-43
1-02
4-84
NNW.
31.
+ 12-8
14.
— 7-8
Trient ....
6
2S
Buchenstein . .
+ Ü-(I2
a.-i-e
+ 113
10-9
— 7
3
—
—
—
—
—
_
—
SW.
18.
+ 11-0
13,
- 7-1
Triest
g
99
Bukarest ....
+ 2-44
23-6
+ 13-0
3-3
— 7
6
—
—
—
—
—
—
—
—
31.
+ 14-1
11.
— 4-3
Bolzen ....
5
90
Cairo
t13-53
8-6
+ 24-6
23-3
+ 3
9
337-30
" n • a
339-48
13-3
334-20
—
NW.
31.
+24-0
2.
— 6-4
5
83
Czaslau ....
+ 0-64
31-6
+ 13-7
4-3
— 13
4
326 12
20-9
332-21
6-9
313-74
1-70
6-92
W.SW.
24.
+ 12-0
13.
+ 4-8
Villa Carlotta
3
66
Cilli (Stadt) . .
+ 0-3S
31-6
+ 11-2
14-3
-14
6
327-41
21-3
333-86
7-3
316-31
1-73
22-20
NNO.
24.
+10-9
11.
-11-6
Mailand ....
s
02
Crajova ....
+ 3 '08
30-6
+ 18-3
3-3
— 4
9
—
—
—
—
—
—
—
19.
+ 11-6
16.
- 3-7
88
Curzola ....
+ 8-07
29 -li
+ 13-3
8-3
- 4
2
336-29
22-3
341-30
7-3
323-46
18-48
SO.
*.
+ ',l'l
14.
+ 4-7
Vieenza . . .
4
Czernowitz . . .
- 0-14
31-6
+ 11-4
4-3
-13
7
323-13
21-6
329-64
7-9
314-49
_
13 08
NW.
23.
+ 10-0
12.
- 4-8
Venedig. . . .
4
4
30
31
Debreczin . . .
-H 1-38
24-6
+ 12-2
4-3
— 7
8
331-34
21-3
336-81
7-6
320-73
_
26-92
NW.
31.
+ 10-4
11.
— 2-6
Luino ....
Deutsehbrod . .
— 0-S8
31-6
+ 11-2
4-3
—16
6
319-32
20-9
323-57
7-3
310-28
—
8 -23
w.
24.
+ 10-7
14.
— 9-6
Szegedin . . .
3
37
Ferdinandshölle .
— ß-ÖO
,TO-7
^ 4-2
17-3
—11
3
—
—
—
,8.
+ 3-0
14.
-10-2
Paierbaeh . .
3
38
Frauenberg . . .
+ i-27
31-6
+ 13-2
4-3
— 16
4
322-88
21-3
326-96
6-9
311-49
1-77
10-92
SW.
24!
+ 12-0
13.
— 6-3
Semlin. . . .
3
18
Füi.fkirchen . .
+ 3-Od
»t -S
+ 12-2
14-3
— 4
3
331 10
21-3
336-41
7-3
319-93
2- GS
NW.
8.
+ 3-0
H.
— 2-0
Cr.ijo«-a . . .
3
08
Gastein (Bad) .
- 019
31-6
-f 9-1
11-4
— 7
4
297-90
23-3
303-69
6-8
288-20
11-84
N. S.
24.
+ 7-3
8.
- 71
Fünfkirchen . .
3
03
Gastein (Hol-) .
+ 0-72
24-6
4-11-3
11-4
- 9
0
302- 19
22-3
308-03
6-8
294-17
1-33
_
NO.
30.
+ 11-2
7.
— 7-2
Krivabara . . .
3
00
Gran
+ 1-80
31-6
+ 12-4
4-9
— 7
8
3-T2-31
21-3
337-90
7-0
322-17
1-81
9-29
NW.
24.
+ 9-7
14.
- Ö-8
Agram ....
2
32
Gralz
+ 1-31
24-6
+ 14-3
8-3
— 8
2
321-30
21-3
328-02
7-3
311-08
1-66
19-36
N. SW.
31.
+ 11-9
14.
— 9-6
Bukarest . . .
2
44
Greslen ....
+ 0-68
31-6
+ 12-2
4-3
- 9
1
320-70
20-9
327-01
7-3
311-30
1-39
32-33
NW.W.
24.
+ 11-8
11.
— 6-3
Wiener-Neustadt
2
40
Gurgl
— 3-90
24-6
+ 6'1
8-
—12
3
_
—
_
—
—
13-83
_
31.
+ 4-2
13.
—11-0
Ofen
2
20
Hermunnsladt
+ 0-71
230
+ 12-3
11-3
-10
6
319-82
28-9
324-89
7-6
308-73
1-3«
18-71
NW.
31.
+ 10-1
1.
— 3-6
Wien ....
2
14
St.J.ikob I. . . .
+ 0-40
24-6
+ 10-8
10-3
— 7
4
299-66
21-3
303-73
7-3
290 -SO
1-33
23-30
0. W.
30.
+ 7-6
13.
- 7 2
Obervellach . .
2
12
Sl. Jakob 11. (Oiirl.)
+ 0-17
24-6
+ 10-3
10-3
— 8
0
293-92
21-3
299-30
7-3
283-44
_
1138
NW.
31.
+ 9-3
14.
- 7-9
Bludenz . . .
2
11
Jaslo
— 0-1(1
31-6
+ 10-1
3-3
— 17
1
326-66
21-3
332-13
7-6
317-43
1-64
11-00
W.
24.
+ 10-0
5.
— I 3 ;s
Ödcnburg . . .
2
02
Innichen ....
- 1-07
23-6
+ 10-9
13-3
-17
0
290-60
21-9
296-08
7-3
280-66
1-29
S-30
W.
29.
+ 9-1
" "■
— i i ;a
g 1 .
93
Inner-Villgratton
— 1-9S
24-6
+ 9-2
13-3
-13
7
—
—
—
—
—
—
NW.
31.
+ 8-G
's.
-10-8
Gran ....
80
St. Johann . . .
+ 0-27
31-6
+ 8-0
11-3
-10
4
309-32
22p3
316-33
6-9
300-44
1-73
40-30
NW.
24.
+ 7-0
13.
— 8-7
Pracr
78
Kalkstein. . ^ .
- 1-52
23-6
+ 110
13-3
-11
1
—
—
—
—
—
—
—
Vf.
31.
+ 6-8
l-
—10-6
Presshurg . . .
Martinsberg . .
Obir I
71
Kais
— 1-36
23-6
+ 9-3
8-3
-10
4
—
—
—
—
W.
30.
+ 8-3
7.
— 10-4
70
Kascbau ....
+ 0-60
24-6
+ 8-6
3-3
- 9
9
326-76
21-3
333-14
7-6
317-34
1-93
6-98
N.
31.
+ 8-3
11.
- 3-5
36
Kesmark . . .
— 1-92
31-6
+ 0-9
3-3
-14
0
—
—
—
—
—
10-02
N.
24.
+ 6-3
, ;
33
Kirchdorf . . .
+ 1-29
! 1 -6
+ 121
5 -0
— G
s
319-32
20-9
323-62
6-9
31002
1-6S
23-39
WNW.
_
—
Neutra ....
30
Klagciifurt . . .
- 0-97
31-6
+ 11-3
14-3
-14
7
318-91
21-3
324-77
7-3
308-32
1-33
17-79
W. N.
24.
+ 10-2
8.
— 13-0
Willen ....
42
Komorn ....
r l'-SS
31-3
+ 13-4
4-3
— 9
0
—
_
—
_
_
1-68
_
NW.
24.
+ 11-2
14.
— 30
41
KraUiu ....
— 0-60
31-3
+ 10-1
3-3
-17
6
327-16
21-3
333-16
7-3
318-30
1-73
0-68
NW.
24.
+ 8-3
14.
—10-3
Debreczin . .
38
Das für äie »icbcnbUrifiscIieu Stationen scuundi
Silib. d. mi.tliem.-rinturw. CI. XXXV. Rd. Nr. 7.
tbcrsicht der ffittcrnng Im Min 1858.
Miniere
Maximum .Mii
hnum
Lutl-
»asimuin
Minimum
Dutist-
Niedcr-
Secundäro Extreme der Temp.
Bcobacbliiiigsorl.
Mittlere
Bcobachluiigsorl
ici"i'l'ür
druck
(Iruek
scl.lag
.clK-iuler
(Nach der mittl.
peratur
'IwlZ
Tag Tejiip. 1 Tag
Tciuii.
Tag
Luttdr.
Tag
Luttdr.
'■■"■• ■■'''•
Tag
Max.
Tag
Minimum
Temj». geordnet.)
Kvemsicr . .
. + 0-77
31G
+ 12-11
S-3
— 13-3
_
_
_
_
_
24.
+ 10^3
14
- 3^3
Molk
1-37
Ki-eiusiiiüiister
. + ü-43
Jl • 6
-flO-3
4-3
— 7-1
32r'Ü4
21-3
327"93
7-3
312-31
1"'S6
18"'23
SW.
19.
+ 5-4
14.
— 6-2
Zavaljc ....
1-3S
Krivaburu . .
. + 300
24 '6
+ 13-0
6^3
— 30
—
—
—
—
—
—
—
SW.
13.
+ 13-2
29.
- 2-2
l.ieliz
1-32
Krortsladt . .
. - 0-54
SIS
+ s-u
3-3
— 12-U
3IG-G0
29-3
318-46
7-9
304-21
—
13-11
—
27.
+ 4-8
'
S ; 6
Uratz ....
1-31
Laibach . . .
+ Ü-40
31-6
+ 10-4
14-3
-12-0
323-13
21-3
321 -33
7-3
314-32
1-83
32-76
NNW.
23.
+ 8-9
if:
— 8-4
Kirehdorl'. . .
1-29
Lcmberg . . .
— 103
31-6
+ 8-6
3-3
^l«-4
323-88
21-6 328-99
7-9
314-19
1-39
61-31
W.
19.
+ 4-3
12.
— 6-6
Krauenberg . .
1-27
Lesina . . .
+ 8-80
- 8 ■' *
-^13-1
8-3
+ 3-0
333-93
21-3 1321-46
7-3
323-04
2-68
10 (12
SO.
19.
-rl2-3
13.
+ 3-3
Neustadtl . . .
l-->1
LeutscUau . .
- 0-73
äi-u
+ 10-0
3-3
-13-0
—
— 1 —
3
—
—
—
NW.
24.
+ 9-0
11.
— SO
Brd
1-23
Lieiiz ....
+ 1-32
,-- >
+ 12-2
13-3
- 9-0
309 -G2
21-3 316-14
7-
299-90
1-50
12 39
i\W.
30.
+ 11-3
8.
— 7-4
Miirzüusclilag .
1-20
Linz ....
+ 0-91
31 •«
+ 11-1
4-3
^ 7-8
321 -GO
21-3 327-79
6-9
312-42
1-66
11-01
w.
24.
+ 9-3
10.
— 3-9
Platt
1-18
Lölling . . .
+ 0-80
2ÖG
+ 10-8
8-3
— 7-Ü
—
—
—
—
_
—
—
—
31.
+ 9-0
10.
— 7-6
Uosenau . . .
1-11
Luino ....
<- 4-31
23-6
+ 13-U
8-3
- 2-0
—
—
—
—
—
—
—
30.
+ 12-0
13.
- 1-0
Althofen . . .
1-09
Sl.JLigdalena .
+ 0-22
24-6
+ 8-7
3-3
— 7-2
303-33
21-3
309-19
7-3
293-33
1-63
26-40
NW.
30.
+ 7-7
14.
— 3-6
Mkulsburg . .
1-03
Mailand . . .
+ D-02
24-6
+ 13-4
8-3
— 21
330-43
21-3
336-90
7-3
320-34
2-24
34-40
SW.
31.
+ 11-8
14.
- 1-3
St. Maria . .
- S-07
jo; 6
+ 0-3
17-3
— 9-7
247-23
30-6
231-44
14-3
243-71
—
69-36
W. N.
27.
+ 0-2
4.
- 8-4
Pilsen . . . .
0-98
Marienberg .
+ 0-40
24 -B
+ 10-7
13-3
— 8-8
—
—
—
—
—
—
813
NW.
31.
+ 6-9
8.
— 6-8
Linz
0-91
Mauer ....
+ 1-41
31-6
+ 12-7
14-3
-10-1
327-24
21-3
334-08
7-3
319-04
1-69
13-37
NW.W.
24.
+ 12-4
4.
— 91
Üudenbaeh . .
0-83
Melk ....
+ i-37
310
+ 11-2
14-3
— 8-0
327-26
21-3
333-17
7-3
317-311
1-70
12-78
SW.
24.
t- 9-8
4.
— 7-0
Weissbriaeh . .
0-81
Meran ....
+ S'SS
24-6
+ 13-3
8-3
— 2-8
324-33
21-3
330-33
7-3
314-30
—
1-24
31.
+ 14-3
11.
- 1-1
Löllint; . . . .
OSO
Mediasfh. . .
+ 0-4ä
31-6
+ 11-9
5-3
-13-7
323-01
29-3
3.30- 13
7-6
313-83
—
18-43
0. SW.
23.
+ 8-0
•1,
-13-1
0-77
Marlinsli.Ti; .
+ i-70
31 e
-1 11-8
S-3
- 9-0
323-33
21-6
330-98
7-3
313-49
1-64
3-21
WSW.
24.
+ 10-3
13.
- 4-0
Alt-Aussee . .
0-73
Mürzzusci,!:,^;
+ 1-20
24 -G
+ 11-8
14-3
- 9-0
309-80
21-3
313-88
7-3
300-34
1-67
8-33
NW.W.
sn-
+ 10-6
1.
— 8-6
Saelisenburg
0-73
Navoinu . . .
+ 0-18
31-6
+ 8-0
'4-3
90
—
—
—
—
—
—
N.
23-
+ 6-0
4.
— 8-0
(",aslein(Hof-).
0-72
Neutra . . .
+ 1-SO
31-6
+ 12-7
I *-' '
- 7-8
329-88
21-6
333-49
7-6
320-41
1-89
5-32
O.N.
24.
+ 9-1
11.
— 3-7
Hermannstadt .
0-71
Neustadtl . .
+ 1-27
31-6
+ 12-0
14-3
— 8-9
329 23
21-3
334-32
7-3
318-20
1-93
—
24.
+ 10-9
11.
- 8-4
tirestcn . . .
0-68
Nikolsburg .
+ 1-03
24-G
+ 13-8
4-3
- 9-G
327-69
20-9
333-79
7-3
318-19
1-32
9-93
SW. m.
31.
i-12-6
14.
— 6-2
Troppau . . .
0-67
Nizza ....
+ 7-70
29-
+ 13-0
13-
+ 0-3
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
Sciu.ssl . . -
0-60
Obervt'llach .
+ 2- 12
23-6
+ 14-9
11-3
- 9-0
—
—
—
—
—
—
—
N.
30
+ 12-0
2.
— 3-2
Cza.lau . . .
0-64
ObirL . . .
+ 1-Ö6
23-6
-1-12-3
10-3
— 11-3
—
—
—
—
—
—
N.
30.
+ 12-0
S.
- 80
Kasebau . . .
0-60
Obirlll. . . .
— 3-63
11'. "
+ 12-0
10-3
— 12 ü
—
—
—
—
—
—
N.
31.
+ 6-0
13.
— 10-
Steinliucbel . .
0-47
Oderberg . .
_ 017
31-G
+ 11-4
3-3
-19-3
328-99
21-3
333-26
7-3
319-72
—
7-99
SW.
24.
+ S-6
14.
- 9-0
fliediascb . . .
0-43
Ödenburg . . .
+ 2'02
30-6
+ 1S-0
4-G
— 8-0
329-40
20-9
333-11
7-3
319-43
—
—
24.
+ 14-0
8.
-- 3-0
Kremsmünster .
0-43
Ofen
+ 2-20
—
—
—
_
332-64
—
—
—
1-82
—
Sebässburg . .
0-40
Olraütz . . . .
+ 0-26
31-6
+ 13-0
S-3
-13-3
327-30
21-4
334-03
7 3
318-24
—
—
24.
+ 11-2
8.
- 7-6
St. Jakob I. . .
0-40
Paierbach . . .
+ 3-38
24-G
+ 12-2
;;;
- G-2
319-11
21-3
324-33
7-6
313-29
—
—
SW.
31.
+ 11-0
20.
— 0-6
Laibaeb . . .
0-40
Sl. Paul . . . .
— 0-20
31-6
+ 11-8
14-3
-14-1
318-83
20-9
323-32
7-3
308-23
1-46
6-44
SW.
24.
+ 11-1
8.
-11-2
Miirienberg . .
0-40
St. Peter . . . .
— 0-09 ;!:«
1- 8-e
13- S
- 9-4
286-87
21-3
294-48
7-3
279-60
1-43
3- 10
NW.
31.
+ 8-6
10.
— 9-4
Cilli
0-3S
Pilsen
+ 0-98 31-6
+ 12-8
4-3
- 9-1
324-03
20-9
330-79
6-9
313-77
—
—
w.
24.
rll-9
13.
- 7-0
St. Johann . .
0-27
Platt
+ 1-18
24-G
+ 13-4
8-3
- 9-1
291-11
20-9
298-67
7-3
283-63
■~
10-22
N.
29.
+ 10-1
13.
- 8-0
Ohnülz . . . .
0-26
Ad bciJcn StalioDcn fehlen «üe Taj
Übersicht der ffltteron« im März 1858.
»liniere
Mai
imum
Min
niuin
Minierer
Ma
iuium
Min
muin
Dunst-
Nierter-
llerr-
Secundäre Exlreine t
er Teinp.
Droharhtungsorl
Mittlere
Beubadjluugsorl.
Tem-
Lull-
schlag
(i\ach der mittle
. Tem-
fj™"'' T-S
Temp.
Tag
Temii.
lirucii
Tag
Lufldr.
Tag
LufWr.
clruck
l'ar. Lin.
Wiiid
Tag
Mai.
Tag
Mininrnm
renTenip.gi'ord.
\ eratur
Prag
+ 1°-;«
24-
+ 14-2
4-3
— i)°4
32S"43
21 -S
335'18
7 1
318-24
l"'72
3"02
N.
31.
+ 14-1
5.
— .S°ä
Pregralten . . .
0°2S
PregratttMi
)- 1*
23
24 -C
+ ll-!l
13-
-11
2
—
—
—
—
—
—
—
NW.
30.
+ 9-8
ll.
— lU-4
Sl. Magdalena .
0-22
Pressburg
+ 1
71
24-6
+ 12-7
4-3
- 9
9
330-77
21-3
337-11
7-3
321-04
1-72
7-87
WNW.
31.
•f 11-4
14.
— 8-4
Adniunt . . .
0-19
Raggabcrg
- 2
ä7
24-e
+ 7-0
s ; a
-11
0
—
—
—
—
—
—
—
—
3.
+ 6-0
14.
— 9-0
Navoina . . .
018
Rciclicnau
— U
(16
i3'3
—12
9
312-99
20-9
319-22
6-9
303 -83
—
13-79
W.
—
_
4.
-ll-ü
St. Jakob II. . .
0 17
Itagusa .
+ 8
0(i
29-6
+ 12-3
14-3
-r 4
3
334-48
22-3
339-30
0-9
323-04
—
07-60
SO.
18.
+ 11-4
21.
+ 4-8
Uucliensleln . .
0-02
RoscEiau .
+ 1
11
31-6
+ 9-6
3-3
— 11
«
324-13
21-3
329-03
7-6
313-47
läS
10-98
sw.
25.
+ 7-6
11.
— 4-4
Scheinnitz. . .
—(1-08
Uzcszow .
— 0
3U
31 ß
+ 10-6
5-3
-16
••i
327-44
21-3
322-99
7-6
318-27
-
17-64
sw. w-
31.
+ 10-6
5.
-.6-2
Jaslo
Tirnau . . . .
C'zernowitz . .
-0-10
-0-13
-U-14
Sacliseiiburg
+ 0
7H
23 6
+ 12-9
.;:;
—11
2
314-09
21-3
330-91
7-3
303-34
—
13-37
W.
30.
+ 11-3
8.
-10-0
Saifjiilz . .
— ü
71
23 -e
+ 9-4
iu'-3
-10
8
—
—
—
—
23-20
NO.
31.
+ 7-4
13.
- 9-4
Unter-Tilliaeh .
-0-15
Sulzburg .
+ 1
9S
31-6
-rl2-4
1-4
— 6
s
319-42
20-9
323-49
6-9
309-91
1-80
22-32
NNW.
24.
+ 9-8
11.
— 3-6
Oderberg . . .
-0-17
Scbüssburg
+ 0
42
23-6
+ 11-2
3-3
—12
0
321 42
29-3
320-08
7-6
310-91
1-63
lS-03
NNW.
31.
+ 9-7
11.
-10-9
Gastein (Bad) .
-0-19
Sclienuiilz .
— 0
U8
31ü
+ 8-1
5-3
— 7
3
312-73
21-3
317-70
7-6
303-59
—
19-46
NW.
24.
+ S-6
10.
— S-6
St. Paul . . .
-0-20
Scbössl . .
1- l»
(iU
24-6
+ 12-8
43
— 9
4
323-61
20-9
330-27
6-9
313-40
1-20
1-2U
SW.
31.
+ 12-3
13.
-34
Rzeszon- . . .
-0-30
Semiin . .
+ 3
18
23-6
+ 12-3
9-3
— 3
0
—
—
—
—
—
—
18-01
NO. so.
30.
+ 10-9
14.
- 2-4
Wallendorf . .
-0-41
Seiiftenberg
22
31-6
+ 9-0
4-
—11
3
31901
20-9
323-41
6-9
309-60
1-04
7-80
WNW.
24.
-i- 8-2
4.
—11-3
.Markt Aussee .
—0-43
Scxlcn. . .
— 1
2!)
30-6
+ ''t'.~
13-3
-14
ü
—
—
—
—
—
—
—
N.
23.
+ 9-0
11.
— 10-3
Kronstadt . .
—0-54
Smyrna . .
+ 10
111
14 6
+20-6
20-3
+ 2
0
333-91
22-3
339-98
7-6
33016
—
28-60
WSW.
8.
+ 17-0
24.
+ 3-3
Traulenau . .
—0-53
Stfinbücbul
+ 0
47
23-0
+ 10'8
14-3
— 7
0
—
—
—
—
—
—
—
31.
-t- 7-4
8.
- 6-8
Dentsebbrod . .
-0-58
Stelzirig . .
— 1
11
24-6
+ 7-3
10-3
— 9
0
—
—
—
—
—
—
—
N.
31.
4- 6-0
14.
— ,S-2
Krakau ....
—0-66
SuUlen . .
— 2
7U
24 -Ü
+ 7-6
13-3
—13
6
—
—
—
—
—
—
—
w. s.
29.
+ S-3
17.
-10-4
Saifnitz ....
-0-71
Szegedin .
+ 3
37
24-6
+ 13-8
11-3
- 2
2
—
21-C
338-34
-
-
-
3-22
NW.
30.
+ 14-0
14.
— U-8
Leutsebau . .
'l'i-iHin|.|(.Ii
-0-73
— 0-83
Tiriiau
- 0
13
31-6
+ 11-0
14-4
— 9
11
330-06
21-6
333-33
7;.
320-89
1-78
6-74
NW.
24.
+ 6-0
14.
— 8-0
liol>olacli. . .
Ileielienau . .
-0-96
Traulenau .
- u
Sä
31-6
+ H-0
1-3
—11
s
_
—
—
—
—
—
—
—
_
—
—
Klagenfurl. . .
—0-97
Tritiit . . .
+ ß
23
31-6
+ 14-0
8-3
— 1
0
329-19
21-3
33S-32
7-3
318-94
—
37-00
23.
+ 13-3
14.
+ 0-ß
Sl. Peler . . .
-0-99
Tricst . . .
+ s
»11
31-6
+ 13-5
14-3
t- 0
4
333-40
21-6
341-74
7-3
323-93
—
•20-30
SO.
2S.
+13-4
8.
i- 1-4
Leniberg . . .
Innicben
1.(13
Tröi)olach .
— 0
83
24-6
-)ll-4
13-3
— IG
1
313-00
21-3
319-10
7-3
302-86
—
2ä-ä4
0.
30.
+ 9-2
8.
-13-2
Troppau , .
+ 0
67
310
+ 12-4
S-3
-17
0
320 07
20-9
332-27
C-9
316-33
—
7-23
24.
+ 12-1
13.
- 4-7
SIelzing . . .
—1-11
Unler-Tiliiacli .
— u
15
23-6
-I-12-3
8-3
—10
9
—
-
—
—
—
—
w,
31.
+ 9-4
12.
-10-7
Senflenbei'g . .
— 1-22
Valona . . . .
+ a
08
29-6
-i-lS-8
21-3
+ 2
8
_
_
_
_
_
_
70-88
sw.
26.
+ 15-3
14.
+ 3 3
.Sexten ....
KjiIs
-1-29
-1-36
Venedig . . . .
+ 4
SO
30 6
+ 13-2
14-3
— 0
4
339-29
21-3
342 -8S
7-3
324-71
2-41
23-87
NO.
24,
+ 10-3
9.
f 0-2
Kalkstein '. . .
Kesinark . . .
Inner-Villgratlen
-1-52
Vieeaza . . • .
+ *
8.S
24-6
+ 13-7
8-3
— 2
•i
334- 3G
21-3
340-33
7-3
3-23-84
I-9I)
—
NW.
31.
+ 13-0
15.
9-0
— 1 - 92
Viilu Carlolla . .
-r- '■>
(i«
+ 14-4
123
— 0
6
327-81
21-3
334-04
7-3
317-30
2-03
19-40
30.
+ 12-3
8.
0-0
-1-95
Wallendorr. . .
— 0
41
316
+ 8.2
S-3
— H
8
321-40
29-3
320-82
7-6
311-04
1-09
24-76
W.
23.
+ 6-6
12.
— 5-3
Haggaberg . .
-2-57
-2-76
-3-63
-3-90
-5-07
Wcissbriaeb . .
+ (t
81
23-6
+ 12-5
8-1
— 7
0
_
14-00
—
31.
H 9-3
1.
— 4-0
Sulden ....
Wien
+ 2
14
31-6
+ 13-2
4-3
— 7
3
328-91
21-4
333-43
7-6
319-10
1-61
12-22
«üw
24.
+ 12-6
14.
— 0-8
Obir 111 ...
■VV'iener-Neusludt
r 2
411
24-6
+ 13-4
4-3
— 6
7
323-03
21-6
331-00
7-3
313-77
1-62
12-22
W.NW.
31.
+ 12-0
14.
— 3-2
Gurgl ....
Willen
+ 1
42
31-6
+ 13-2
13-3
— 7
0
313-39
22 3
319-47
6-9
304-61
_
13-13
SW.
24.
+ 12-1
8.
- 31
St. Maria . . .
Zavaljo .
+ 1
33
24-6
+ 12-2
14-3
- 6
c
320-20
21-6
327-38
7-3
308-97
—
1-82
SO.
31.
+ 10-8
3.
- 5-0
Ferdinandsbübe
-6-56
Vorlauf der ffittcrnng Im liir?, 185S.
Fast an allen Stationen waren die Temperatur-Maxima am 24. (26. im Osten), dann
am .31. (29. nnd 30. in südlichen Breiten und grosser Seehöhe). Die Maxiina um den 8. und
19. blieben nur hier und da im Süden primär.
Die Minima ragen meist um den 4. hervor, zunächst um den 11. und 14.
aecundär.
Die Maxima des Luftdruckes gruppirten sich um den 3. 11. 13. 21. 28., die Minima
am 1. 7. 15. 25. und 28.
Erst um den 17. verlor die Witterung ihren winterlichen Charakter. Der Eisgang der
Flüsse, so wie das Frostfreiwerden des Bodens erfolgte durchschnittlich erst in der zweiten
lUonatshälfte in den meisten Alpengegenden. Die westlichen Gegenden (Bludenz, Salxhurg,
Wüten) hatten nach dem 15. keine hedeutenden Fröste mehr. Aber überall blieb die Tem-
peratur im Mittel unter dem Durchschnitte.
Atluiunl. Regen am 17. 20. 25. Schnee am 3. 5. 7. 8. 9. 13. 14. 16. 17.20., am 12. 2"'30,
Nebelniederschliige am 2. 6. bis 9. 11. 15. 18. 19. 21. 23. 25. 29. 30. 31. — Am 3.
6. 11. 20. 25. 28. stürmisch aus SO., am 7. 9. 12. 25. 28. auch aus NW., am 29.
und 30. starker Ostwind.
Agraui. Regen am 1. 6. 25., Schnee am 1. 2. 3. 5. 6. 8. 9. 11. 12. 20. 25., am 9. 9"oO,
am 25. 3^70 und Schnee. — Am 22. Abends grosser Mondhof, am 26. und 27.
Mondkranz.
Altboreil. Schnee am 4. 5. 6. 7. 9. 12., am 12. 3*20. — Zwischen 22. und 24. schwindet
die Schneedecke am Krampfelde, am 29. Höhenrauch, am 29. begann die Bearbeitung
der ISrde.
Ausscc (Markt). Schnee am 4. 5. 7. 8. 9. 10. 12. 14. 15. 16. 17., Regen am 17. 18. 19.
25., am 25. mit Nebel.
Aussce (All-). Schnee am 4. 6. bis 10. 12. 13. 16. 16. 17. 18. 19. 20. 26., am 18. ll"28.
Regen am 19. 25. 26., am 26. 8"66, Nebel am 5. 6. 7. 12. 14. 15. 16. 19. 26.
Dludeiiz. Regen am 25. 26., am 26. 2''«2. Schnee vom 4. bis 10., 12. bis 16., am 16.
7"27. — Am 2. Föhn, am 8. und 9. starker Ost- nnd SO.-Wiod, am 12. Nordwind,
am 15. und 16. Nordwestwind, erst am 17. allgemeines Thauwetter, am 15. den gan-
zen Tag Schneefall, am 20. Mondhof, am 31. war der Schnee in der Ebene ver-
schwunden.
Doilenbach. Schnee am 1. 5. «. 11., am 1. o''e6 , Regen am 15. 16. 18. 22. 25. 27., am
25. r'58. — Am 20. Ab. Eisbruch und Eisgang der Elbe.
Bolzen. Regen am 1. 3., Schnee am 1. II., am 11. 2"'62, am 1. l"66. Regen und Schnee.
— Am 10. Abends Sturm aus NW., am 26. Mondring, am 27. dreifach und farbig,
am 12. l"l7.
Brunn, Schnee am 1. 2. 5. 0. S, II. 12. 15. 16. 17., Regen am 17. 19. 25. 27., am 30.
31. messbarcr Reif. — Am 11. schwindet der Schnee auf der Ebene.
Btichcnslcln. Schnee am 1. 3. 5. 0. 7., am 6. und 7. Höhonnebel, am 23. bis 26., dann
vom 28. bis 29. frostfrei, am 7. um 3' Ab. Schneesturm aus SW4. .
Bukarest, Schnee am 3. 4. 5. Gewitter am 17., am 29. sehr dichter Nebel.
Cairo. Kein Regen. Am 4. 11. 16. starker Nordwind, am 8. NO.-Wind.
Czaslan. Schnee am 2. 5. 8. 9. 12. 15. 25. 27., am 17. 19. 25. und 27. Regen; am 8.
l"l3, am 27. l"05.
Clin. Schnee am 1. 3. 4. 6. 7. 9. 12. 20. 26., am 9. s'ss, am 26. 2"98 mit Regen. —
Am G. gegen 8'' Ab. öfteres Wetterleuchten, am 2. Drehung des Windes von W. nach
NW., Windslille, dann Ost- endlich S.-Wind, von 2' bis 8' Ab., ähnlich am 25., nur
ging da Windstille voraus. — Erst am 29. vom l.agerschnec freie Stellen, am 31. nur
mehr Schneewehen, bis 3000' hinauf liegt kein Schnee mehr, um den 15. ging das
Ufereis am Sanndussc fast unbemerkbar, bei mn 1' bis 3' erhöhtem Wasserstande ab,
Cra,i»va, Am 16. und 17. starker NW.-Wind.
Cul'zula. Regen am 1. 5. 6. 7. 12., am 7. g''36, am 6. und 7. mit Hagel, am 13. WiUaga
mit einigen Schneellocken, am 5. Geivitlcr.
Czcrilowilz, Rogen am 14. 15. 18. 22. 23. 25., am 15. r"46 mit Schnee, Schnee am 14.
15. 18. 19.20. 25. 27., Nebel am 7. 13. 14. 15., am 2. und 10. Nachts Sturm aus
Nordwest.
Delircczltl, Regen c-im 8. 11. 12., am 7. mit .Schnee, s"64, Schnee am 7. 12. 14. 20., am 20.
7" 4 4, Nebel am 17. 19. 24.
DculschbroJ. Regen am 17. 25., Schnee am 8. 9. 12. 14. 25. 27. 28., am 12. 2"90, am 9.
um 11' 30' Moi-g. Sturm aus W., stosswoise, am 20. Reif.
Frauonbrig. Regen am 16. 19. 22. 25., Schnee am 5. 8. 12. 14. 25. 28., am 12. 6"52,
am 2G. 29. 30. Reif, am 23. starker aber unschädlicher Eisgang der Moldau.
Fütlfkircllrn. Regen am 12. 23. 24., am 24. o'''83 , Schnee am 7. 8. 12., am 2. 3. 9. 13.
Nebel, am 5. und G. Blitze.
Gastcin (Bad). Regen am 26., Schnee am 4. 6. 7. 9. 10. 12. 15, 16., am 12. 4''96.
Oaslclll (Hof-). Hegen am 17. 25., Schnee am 4. 5. 7. 11. 15. 16., am 9. um 2' 30' N',
vom 11. auf 12. 3 Zoll liefer Schnee, vom 19. auf 20. stürmisch aus N. Am 27.
Mittags Windstösse aus N^.
Gran. Regen am 12. 19. 23., am 12. 2"l9 mit Schnee, Schnee am 1. 2. 3. 5. 6. 7. 12.
13., am 7. 3"l4, am 12. sLirker Ostwind, am 22. Eisgang der Donau. — Am 28.
.\b. im Osten strahlenförmige Federwolkenbildung, sodann Eindringen des Südstromes.
Gralz. Schnee am 1. 2. 3. 4. 6. 7. 10. 12. 20., am 12. 5'"07. — Am 9. um 4* Schnee-
gestöber, dann Schneesturm von 6' 30' bis g' Ab. — Herr Rospini bemerkt: Die
ausserordentliche Trockenheit dieses vcrilosscnen Jahres erreichte ihren Huhepunkl.
Der Wassermangel wurde hier so aulTallcnd fühlbar, dass mehr als die Hälfte der
Brunnen in der Stadt und den Vocstädten liefer gegraben werden, und was hier uner-
hört ist, Wasser in den an der Mur liegenden Vorstädten den Häusern zugeführt wer-
den musstc. AulTallcnd ist, dass der sonst so bäuhge Frühnebel mangelte. — Höch-
ster Wasserstand der Mur am 26. -f-l'O", tiefster am 12. +o''l.
Grcsicn. Regen am 16. 17. 22. 25., am 25. 2"'86, Schnee am 3. 5. G. 7. 8. 9. 10. 16.
17., am 5. 13. 18., Nebel am 1. 2. 3. — Vom 1. bis 3. Höhennebel, am 9. um 4'
plötzlicher Schneesturm aus Westen (vide Gratz), Schneetiefe am Ooganz 24 Zoll, im
Thale 10 Zoll, Sclinecverwehung beim Bauernhause Angelsberg (2600') 2*2 Klafter.
— Schneedecke am 29. März: Im Thale 0-0, auf der Ostseile bis 1800' 0-0, bei
2300' O'l bis 0-7, bis 2600' 0-7 bis 1-0; auf der Nordseite bis 1500' O'O, bis 2400'
O'l bis 0'8, bis 3400' 0-8 bis l'O; auf der Westseite 2500' 0-0, bei 3500' O'l bis
0-3, bis 1-0 je nach der Neigung, oh bew.nldet oder Feld; auf der Südseite 2300' 0-0,
höhere Berge, bemerkt Herr ürlinger, wendet die Südseite dem Beobachlungsortc
nicht zu.
Gurgl. Schnee am 1. 4. 5. 0. 8. 9. 11. 12. 14. 15. 25. 26., vom 1 1. auf 12. 4"21, am 28-
sehr reine Luft, am 29. viele Federwolken (Südstrom), am 0. starker Wind, am 14.
und 15. stürmisch, ain 18. Windbäume, dann täglich Mittags Thauwetter, am 25. und
26. Schneestürme.
Terlaof der Witternns Im Mn 185$.
ncrmaillistadf. ncgon am I. 7. 10. 18. 25., Schnee ,nm 2. 4. 9. U. 15. 20. 21. 22. 2:i.
20. 38., am 26. 4"l5, am 9. und 15. 3'ili, am 23. Mondliof. am 7. um 4' .\bciiils
tiefster Lufldruck, 308^30 seil 7'/, Jahren. ScImechShe am 9. 4". am 13. 6", am 19.
Reif, am 7. S«— ', am 12. S=, am' 27. WNW«.
Sl. Jakob II, (Ourk). Schnee am 1. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 13. IG. 17., am 12. 2"90. Am 7.
9. 12. Sturm ans N. mit Schneeverwehungen, am 7. den ganzen Tag, am 8. Sturm
aus S\V., am 10. 17. 19. 27. schönes Morgenrolb. — Am 14. doppelter Sonnenhof,
am 29. und 30. Reif, seit 25. die Erde frostfrei.
St. JaVol) I. (im Lcssachthale). Schnee am 1. 3. 5. 8. U. 12., am 12. 19''20.
Jaslo, Regen am 17. 19. 21. 25., Schnee am 1. 2. 4. 7. 13. 15. 20. 32. 37., am 7. und
27. r''7, am 19. und 27. Schneestürme.
Innichetl. Schnee am I. 4. 6. 7. 9. 11. 12., ain 13. 4"l9. —Höhenreif am 2. 10. 11. 13.
bis 22. und 26. bis 30., an 22 Tagen l\Iorgen- und Abendroth, am 4. 9. 11. starlr Mondhof und Abendroth.
lülliog (Berghaas). Regen am 17., Schnee am 1. 3. 4^6. '■ «• ^O- 1«. .7., am 4. 3^66,
Nebel am 3. 4. 5. 6. 7. 12.. am 1. den ganzen Tag, am fl. um 0 Ab. Blilie, am 7.
stärkstes Schneegestöber und Schneewehen, am 17. erstes Thauwetler, am 30. und
Reif.
SW.,
S(. MaeJalena. Schnee am 1. 3. 4. 7. 12. 25. 26., am 12. 760, die i
im Winter, am 4. 7. 9. starke Schneeverwehungen, am 8. Ab. stürmisch am
die ganie Nacht hindurch besonders bettig, um 3' und 8' Früh plötilich NO. , am 11.
und 20. stürmisch aus NO. (Bora), so auch am 25., am 27. Früh Nebensonne von
sehr intensiver Helle.
Mailand. Regen am 2. 3. fi. 31., Schnee am 1. 2. 11., am 3. 13 00 Regen.
aiarjcriilcrs. Schnee am 2. 4. 5. 7. 15., am 5. 3"30.
Regen am 1. 9. 17. 19. 23. 25., Schnee am 3. 6. 7. 9. 12. 15., am 3. 2"45,
1. bis 12. Sturm aus Süden, am 13. von 7' bis 9' 0'. am 19. von 3' bis 9>
\VS am 26. Mondhof, am 22. war der Schnee vollkommen verschwunden, am 29.
Frost, die Winleikälte richtete einen unglaublichen Schaden an Weinstöcken an, ganze
Partien sind abgestorben, ebenso ältere Zwetschen und Maulbeerbäume.
lllailfr. Hegen am 9. 15. 1«. 17. 20. 23. 25. 26., Schnee am
Mclliascil. Regen am 2. 7. 13. 20., Schnee am 4. 8. 9.
lUarllnsbcrg.
9. 12. 15. 16. 23.
20. 22. 26., am
26.
23., Sehr
0. 7.
I. 9. 10. 13. 14., an
auweller, Tempcratu
in den Morgenstunde
; am 4. 7. 9. 12. 16
Nebel.
20. NW«.
27. mit
Ost,
Nebel,
und 29. Slaab-
Mrlk. Regen
Mcrari. Schnee am 2. 1'3*, am 1. lli
vom 16. an nicht mehr unter 0
W', auf den Bergen Schnoegestöb
Mfirzüuschla?. Regen am 18. 36., Sehne.
Neusladll. Am 0. Abends Blitze.
Nculra. Regen am 2. 3. 25. 27., Schnee am 1. 6. 7. 12. 27., a
Hagel (Graupen) 2*38, am 6. 2"76.
Nlkolsburg. Regen am 23. 28., Schnee am 6. 7. 8. 12., am 1
selnde Höbennebcl, am 2. Glatteis durch Nebelregen, am
Graupenregen, gewitterartig, starker NW.-Wind, am 12.
wohnliche Schneemenge (!) liefernd, am 20. und 21. Hohem
regen (Eindringen des Nordwindes), am 26. 29. 30. Reif. — Herr Peregrin Fritsch
bemerkt: Wie viel von den grossartigen Schwankungen am Differential-Thermometer
und den geringen am Barometer der Finsterniss am 15. und wie viel den Wolken zu-
zuschreiben ist, konnte nicht einmal annäherungsweise ermittelt werden.
Navollia. Regen am 1. 7. 9. 12. 19., Schnee am 6., stürmisch aus S., am 0. aus NO.,
am 20. und 22. aus N. und NW., am 6. und 7. kalter Südwind.
Obcrvellarb. Schnee am 0., o"'92, am 10. stürmisch aus N.
Oblr III. Schnee ist verzeichnet am 1. 6. 9., Sturm aus SW.
Oderbeig. Regen am 16. 17. 22. 23.. am 17. l"oO. Schnee am 1. 5. 9. 12. 13. 15. 16.
17. 27., am 12. 2"34, am 1, heftiger Schneesturm, am 8. Mittags Schneesturm, am 9.
und II. Schneegestöber, am 17. stürmisch, am 19. von 9' Morg. bis 6' Ah., um 2'
30' aber hcfliger Sturm mit Regen und Hagel wie Erbsen, in der Entfernung hörba-
rer Donner, am 21. Morgens Nebelthau (?), am 32. stürmisch aus N., vom 35. Ab.
bis 26. Morgens heftiger Sturm aus W., am 30. und 31. Höhenrauch.
Ödcllblirg. Seh
8. Sturi
Palcrbach. Sei
5. 28
. Rege
n am 17.
25., a
m
7.
und
n 35.
Regen
am 5. 6
9. 19.,
dann
vom
m 12
4"2e
Nebel a
n 1. 2.
8
9.
10.
Höhe
irauch.
am
. um
<• Nachts
Sturm
s N
ord.
m 9.
um S""
Abends NW. -Sturm
zu
etzt
me er
twurzelt und umreisst.
is
tu'
Ab.
12'
bis 3»
Sturm au
s N., a
n
16.
Ab.
15. Thauwetter.
m 1. 6. 7. 8. 9. 15. 19. 26.,
irkcre SW.-Windc.
St. Paul. Schnee am 1. 3. 4. 5. 6. 7. 0. 10. 12.,
22. 24. 29. 30., am 17. Morgenroth, am 31
St. Pdcr. Schnee am 6. 12. 15. 20.. am 12. 4'''30
am 8. von 2'' bis 10' heftigster NO. -Sturm,
Orkan, der Diicher abdeckt und zerreisst, Bi
dauernd, am stärksten um 7' Ab., am 12. v(
Sturm aus NW.
Pilsen. Schnee am 5. 7. 8. 0. 10. 12. 14. 15. 35. und 27., Regen
am 15. 17. 21. 28. bis 31.
Plalt. Schnee am 1. 3. 4. 5. 6. II., am 1. 2"72, Regen am 3., Nebel am 5. 21. 28..
am 7. 14. 26. stärkere Nordwinde.
Prag. Regen am 15. 17. 19. 25., Schnee am 5. 9. 11. 12. 27., am 2. Graupeln, am 1. 20.
29. 31. Nebel. — Am 8. und 9. Sturm aus Vf., am 10. aus SW., am 17. aus WNW.,
am 19. aus W., um S' 45' Ab., Eisgang der Moldau, am 21. (und 30.) Reif; am 24.
Sturm aus SW., am 25. aus N., am 26. und 27. aus W.
Pregrallcn. Schnee am 4. 6. 12. — Höhennebel am 1. 3. 4. 5. 6., am '
am 7. NW8, am 8. S», am 12. NW», der 23. und 24. war frosttn
schon gepflügt werden. „,
Prcssburg. Schnee am 6. 7. 9. 12. 15. — Regen am 17. 19. 23. 25., am 17. 0 72, am 2.
Eisregen, am 3. Graupen, am 5. Reif, am 16. Reif, am 21. zieht die Eisdecke der
Donau ah, am 22. and 26. farbiger Mondring, am 26. Nebensonnen, am 30. schwa-
cher Nehoninond, farbiger Mondring.
Raggabcrf. Schnee am 3. 11. 12. 16.
llcicbciiau. Schnee am 6. 7. 8. 12. 14., am 8. 5 5. .im 17. Regen, vom 8. bis 10. Sturm
aas W. und NW. mit Schnee, am 26. Mondhof, am 37. Morgenroth.
Uagusa. Regen am 1. 4. 5. 6. 7. 9. 13. 13. 16. 30. 31., am 16. ll"60, am 7. 13. 16.
mit Hagel, vom 5. auf 6. starke Blitze und Donner, am 6. und 9. war die Abend-
temperatur höber als die Mittags- und Morgentemperatur. Am 14. um 6' 20' Ab. (?)
fiel eine sehr helle Sternschnuppe (Meteor) bei 45° hoch, einer inondgrossen feucri-
gen Kugel ähnlich, selbe blieb durch 25 bis 30 Secunden mit blendend hellem Lichte
siebtbar, Hess einen kleinen Lichtschweif zurück und verschwand plötzlich ohne
19. 35. — Nebel
29. koii
Geräusch.
Roscnau. Regen an
SW', am 19
Rzeszow. Regen ar
22. 1 '04 , Schnee am
und 20. NW" und NW'
20. 23. 25.
7. 12.
verschwand plötzlic
5'^52, am 7. NW»
15.
■18.
19.
am 25. SWS, am 26. und 27. NW'.
huee am 1. 2. 7. 11. 13. 14. 15. 16. 17. 24. 25. 27.,
3' bis 4'' Sturm, während welchem sehr viel Elektri-
ebenso am 27. zwischen lO** und
ciiät an den Telegraphen-Apparaten bemerkbi
1 1' Vormittags.
Sacbscubuig. Schnee am 1. 3. 4. 5. 6. (7. und 9. unmessbar). 11. 12. — Regen am 25.
31„ am 25. die Schneedecke nur mehr lleckenweise, am 27. farbiger Mondhot, am 28.
Vor- und Nachmittags Höhenrauch. — Am 31. Schneegränze im Gebirge bis 4500',
auf der Schattenseite nur bis 3000'.
Saifhitz. Schnee am I, 3. 4. 6. 7. 8. 12., am 12. 12-20.
Salzburg. Schnee am 4. 5. 6. 7. 8. 9. 12. 13. 14. 15. 16. 25. 26.. .-im 8. 14. 15. 17. 20
22. 35. Regell, am I. Höhennehel, am 8. Windstössc mit Scbneegestöher, am 17. und
22. Nebelregen, am 31. um 8' 30' Ab. Sternschnuppe.
.Scbässburg. Regen am 23. 24. 36., am 30. 2'82, Schnee am 4. 8. 10. 15. 20. 32 am 15.
4''48, vom 19. auf 30. Sturm aus NW., vom 22. bis 26. f.ast fortwährend nebclartige
Regen, am 35. Eisgang in der Kockel, Eisdecke durchschnittlich 2 Fuss dick.
Regen, am t . 2. Nebelregen,
ehel.
Verlauf der IVitterang Im Muri 1858.
vri
3. 7. 12. 26. 31., am 7.
10. 17. 13. 25. 26. 27.,
26. NW. -
:n Höllen. —
sickerte das
Scbüssl. Hegen am 16. (o'^^ö). ir,., Schnee am 2. 5. 11. 1». 15. 25. 27., an, 11. „nmess.
bar, am 8. Millags heftiger Slurm, am 17. verschwand der wenige Schnee, im l.e-
birge frischer Schnee, am 24. schmolz der
steiis im Hochgebirge, vom 22. auf 23. um
3' NW», W, am 29. und 30. starker Reif.
Seinlln. Schnee am 5. 7. 9. 10. 13., am 13. .5"23, Regen
3"4. Eisgang der Save ara 16-, der Donau am 10.
SeilflCIlllcrg. Schnee ara 1, 2. 5. 6. 7. 8. 0. 10. 11. 12.
nur die vom 8. mit o"84 und 11. mit 083 etwas starker, am 16. 25. 27. C.i
bagel. Regen am 17. 19.. Reif am 3. 4. 14. 21. 26. 29. 30. 31., ara 5. OSO'
S\V8, am 9. und 10. W. ara 15. NW, am 19. WNW, am 25. und
Am 2. sehr dunstig in den Niederungen , starker Reit auf den waldigi
Am 11. schien der Hoden bei 3 Fuss Tiefe noch gefroren, noch am 24,
Thauwasser nicht in den gefroriien Boden, am 29. war nur die Gartenerde eine
Spanne tief oHen , üherliaupt war der Boden, des durchgängig lockeren durch kein
Thauwetter mit einer Biskruste belegten Winterschnces wegen, sehr tief gefroren. —
Am •'4 Eisgang des Adlerllusses, am 2. Sichtbarkeit des von Jones entdeckten Mond-
Zodiakallichles. — Herr ßrorsen bemerkt: „Es scheint aber dieses Mond-Ziodiakal-
licbt nur höchstens eine geringe Verstärkung des gewöhnlichen Zodiakallichles oder
Gegenscheines lu sein." Am 2. leuchtet und knistert das Quecksilber im Barometer,
Der wilde Adlerüuss wurde dieses Jahr lur Schneebahn benütit, da die gefrorene
Eis- und Schneemasso vom Ufer nicht /.u unterscheiden war, im Plateaui starker
Wassermangel. An den südwestlichen Abhängen des Rolhliegenden und des Granits
hinter Ceiersberg und Wamherg ist den ganzen Winter kein fahrbarer Schnee gewesen.
Seiten. Schnee am 1. 4. 6. 9. 11. 12., ara 1. Nacbmiltags
von 9' bis n' Ab., vom 9. auf 10. Sturm aus N., am i
11. 12. 19. Nebel.
Sllljriia. Regen am 2. 4. bis 7.. vom 14. auf 1.',. 17. 18. 21. 20. 31., am 1. Schnee i
den Bergsiiilzen, am 4. Hagel und Gewitter von S' bis 4', am 7. Sturm aus Sudi
ain 10. Nebel gegen Süden, am 20. im SO. Nebel,
Bergen, am 24. Nebel, ara 20. Nebel im SO.
Stclzlng, Schnee am 1. 3. 4. 11. 16. 17.
ijulllcll. Am 6. starker Wind aus W., am 7. aus 0. Slurm,
16. 25. starker Westwind.
Szcgcdlll. Vom 1. bis 7. wurde nicht beobachtet. Regen am 12. 25., Schnee am 9. 10. 13.,
am 25. Sturm aus W.
Tlriiaii. liegen am 19. 28., Schnee am 1. 6. 7., am 6. und 7. 3 06. — Die Schlittenbahn
dauerte bis 15. Mäi-i, so dass es auf diese Weise möglich war, im Coraitate Reisen
lu unternehraen, was hier lu den Seltenheiten gehört. Die Lösung der »llgeraeinen
Schneedecke geschah erst um den 20„ die Wintersaaten befanden sich in erfreulichem
Zustande. Wasserstand hoch, keine Überschwemmungen.
Triesl. negen am 1. 3. 11. 12. 26., am 5. 7. 9, und II. mit Schnee, am 0. oll Regen-
Iropfen, am 11. um 10' 15' Ab. Schnee allein, vom 22. bis 25. jeden Morgen .Nebel
auf dein Meere.
Trlcilt. Regen ara 3. 6. 7„ Schnee am 11. 1 Zoll h,.ch, an, 9. starker NW.-Wind, ;un 12.
starker NW.
Trü|10lacll. Schnee am 1. 3. 4. 6. 7. 9. 11., am II. 1 7"on (2 KlM tieO , ara 10. Morgen-
roth, am 26. Mondhof, .am 27. Jloigcnroth.
23. Schnee ;
isch. an
Trollfau, Regen am 17. 19.
27., ara 12 2":14, mii
rMlcr-Tilliach. Sehn
23. 25. (gering), Schnee am 1. 2. 4. 7. 8. )3. 14. 17. 35.
Hagel ara 10. 19.
1. 3. 4. 6. 7. — Höhennehel am 1. 3. 4. 5. 6. 7., am 7. N',
am 10. 11. 14. 30. Morgenroth, am 11. und 12. Nebel, am 17. Thauwetter, am 23.
der erste frosttreie Tag (im ganzen Monate blos 4 Tage). — Vom 3. Jänner bis 16.
Morgens hatten wir ununterbrochen strengen Winter mit selten so anhaltender Kälte \
dabei trocken und wenig Schnee. — Ara 28. waren die sonnseitigen behauten Berge
frosttrei, seit 17. sonnige aber windige TageJBericht des Hrn. Steiner).
Valoiia. Regen ara 1. 5. 6. 12. 13.
6.,
cht de
12. 50"00. — Am 1. Sturm aus SO., ebenso
artig aus SO., am 13. Sturm auf dem Meere, am 14. Schnee auf
bis zum Cap Lenguetta, am 24. um 4' 30' Ab. wellenförmiger
ir der Meeresrand an nahen Häfen gefroren.
3. 6. 7. 9. 11., am 3. 9"74 , am 5, Schnee von 5' 30' Morgens
7. Morgens Regen um ll' 30' Schnee, so dass in einer Stunde
dem Berge Ch
Erdsloss, am S
Vcllcllig, Regen am I
;'■ 30' Ab.,
damit bedeckt war; es schneite in einem fort bi
ie ganze Nacht Schnee bis -f2-8. — Nebel am 1
Vlcenza. Regen ara 1. 2. 3. 4. 6. 7. 12., Nebel am 1. 4. 8,
4' Ab.,
11.
Ab.
2. 19. 20. 25. Mo]
am 25. sehr dicht.
■gons.
1 7. und
11. Sehn
Villa Carlulla. Regen ai
3"'65. Nebel am
(in Colli erst ai
orkanartiger Sturin). — An diesem Tagi
31„ am 3. bi
30., am 7. slC
Luftdruck 32
4. 9 38, Schnee am 1. und 11., am 2.
raisch aus N. und NO., um 7' 317''30
"10, seil 33 Jahren nicht so lief und
j war am Comersee um Mailand schon wieder
starker Nordwind, ara 10. nach Sonnenuntergang merkwürdig schöne
blaue Farbe des Himmels, am 12. Morgens starker Nordwind. Am 18. und 26. Mond-
hof am 31. war die Schneegrenze auf dem San Prinio etwa bei 4300' auf dein Monte
Cröccone aber wieder verschwunden. Temperatur des Seewassers am 1. 5°0, am 15.
5°5, am 31. 7°0, immer Abends, am 31. Morgens nur 5^5.
Walleildorr. Schnee am 2. 6. 7. 8. 10. 11. 15. 16. 18. 19. 20. 21. 22. 28. 29., am 2. 7.
8 9 13 14. 15. 19. Regen, am 15. 7 00, Regen und Schnee. — Am 4. Nachts
Sturm, am 25. Eisgang und Üborscbwemmung, am 7. um 5'' Morg. 310-21, tiefstes
bisheriges Minimum,
ffcissbriarh. Schnee am 1. 3. 8. 7. 9. 12
Willen. Regen am 9. 25. 26., Schnee am
am 1. Morgenrolh, stürmischer Süd
um 4' Ah. stürmischer NO., ai
im 12. 8 0, am 24. 26. 31. Föhn,
i. 5. 6. 7. 8. 9. 12. 15. 16., ain
d. am 5. Dunstncbel über den Ber
S. und SW., am 9. ui
3 96,
Sturm
12. Ab. Stu
irliche Tage
I 14. kalte Wechsel-
15. Morgenroth und
I. waren die Wiesen
und NW., wint
winde, um 3' Abends Sturm von N. und NNW., um 6' NO
dichter Nebel, am 27. Höhenrauch an allen Mittelgebirgen,
noch ganz braun wegen Trockenheit und Frost.
Wien. Schnee am 3. 5. 6. 9. 12. 15. 16. 23., Regen am 9. 15. 16. 17 20. 23. 25. 26.,
ara 12 4"'e4 Schnee, am 27. WNW (der Niederschlag wird um 2' gemessen).
Wicnc-Ncuslaill. Schnee am 3. 6. 8. 9. 11. 12. 15. 27.. Regen am 1 (umnessbar) am 10.
17 25 am 11. 3 90 (der Niederschlag wird um 10' gemessen)., Morgenrnth am 4.
li. 2i.'. Abendioth am 12. 13. 28. 21. 22. 23. 31., am 9. um 4' 3ü' Nebel im Thale,
um 5' 15' grosser Schneesturm durch NW.-Wind, um 5' 30' plötzlich W« und Ende
des Schneefalles, um 8' Ab. W-', am 20. und 21. reine Luft und Fernsicht, am 25.
und '0 Mondhof, ara 27. um lO' Morg. Sturm aus W. bis 3', ara 29. und 30. Reif
Zavalje. Regenam«.7.9. 12.15. Schnee ara 4. 5. 6.9. 12. 15. 26.. am 7. N'». araS.SO».
Anmerkangen.
über dip GUtschcr hat Herr Adolph Trientl von Gurgl folgenden Bi
Am 23. Februar passirte Benedict Klwlz, üauer in Vofcn, gan
jochferner, was noch fusl nie um diese Zeil bemerkt wurde. Er kam roi
und fand dort das Gebirge hinauf bis zum Ferner ganx frei vom Sehn
cht eingesendet :
allein den Nieder-
rleran nach Schnals
; auf dem Ferner
war ziemlich viel Schnee, derselbe aber vom Winde gan» fest angeweht, daher sehr gut dar-
über 7,u gehen. Vom Ferner bis nach Fend war der Weg ziemlich beschwerlich, weil daselbst
der Sclmce nivht mehr so fest war, daher auch unter dem Fusse meistens tief einbrach.
Klotr, bemerkte, dass der Ferner Schnee und gcfrornen Boden vor sich her zur Moräne
uufgeachoben liatle, daHS derselbe folglich eben jetzt im Wachsen begriffen ist.
mit di-in Fernrohr bemerkte ich seit Decembe
ferner ebenfalls Veränderungen, welche auf ei
veränderten sieb und Stücke brachen dnvoi
bemerkt werden. Der Stsmdpunkt ist übrigens
auf uiner senkrechten Felswand vorschiebt,
bricht.
dem Fall-
I Wachsen desselben hindeuten; nämlich Klüfte
los, ja sogar ein geringes Vorscbicben kann
nicht ganz günstig, weil der Ferner seitswärts
wo dann jeder Zuwachs nothweudig herunter
Ich kann nicht umhin, noch meine Ansicht über Gletscherhcohachtungen hier beizu-
fügen. In dem Falle, wenn ein Ferner auf eine so ;4USserordentliche Weise wächst, wie vor
12 Jahren der Vernagtferner und letitcs Jahr der Sulner Ferner, sollte man zu ermit-
teln suchen, von wo aus der Wacbsthum beginnt und wo derselbe am stärksten ist. Zu die-
sem Zwecke müssten allenthalben auf dem Ferner Pflocke gesetzt, ihre Lage mit einem Me^s-
tischc oder durch den Theodoliten, oder auch vielleicht pbotographiscb festgestellt, und die
Veränderungen von Zeit zu Zeit beobachtet werden.
Es will mir nämlich scheinen, als ob bei einem so ausserordentlichen Anwachsen
etwa irgendwo eine Quelle sich verlaufe, deren Wasser sich aufgestaut und in die Capillar-
spalten des Fernereises inältrirt das Anwachsen bedinge. Es wäre sicherlich für die Wissen-
schaft von Belang, über das Anwachsen der Ferner im Klaren zu sein. Vielleicht daes hin-
sichtlich der früheren enormen Ausdehnung der Ferner sich so manches erklären liesse. Hier
kann ich jedem Schritt für Schritt nachweisen, dass das ganze hintere Ötzthal jadeufalls nur
ein einziger grosser Ferner war.
nionalsmitlel di'r Tt
10'' 2'' 10'' -\-b°Zl ,
+ I°00, aus 2»'' Z^
(-0°8l) +2°.ti.
nperatur aus 24 Stunder
aus 30'' 2'' 10'" 4-2°37,
8'' 19'' I'' 0'' -|-3°2a. 1
+ 2-34,
um {5°ii
■ -I-3-35. aus I
1U8 19'' 0'' lO*"
und Minimum
Störungen des Magnetismus : am li.
gefunden: Magnetische Ueclination 13
tion 64°II'62-.
CfcsDodheitszastüade im lUärz 1858.
Inncr-Ylllgratfcn. Im ganzen Monate gut.
niarliiislierf;. nie Katarrhe fortwährend im Abnehtn
I Itiiufigsten vorgckomi
nd BruHlorgane, Luti^n
herrschend Wcchsclfieber und acute
n Krankheilen waren: Kal;irrlialische Affectionen der
nd Brustrcllcnt'/.ündungen. acute Gelenkentzündungen.
Musciiiatur-Rheumatismen, unter den Kindern Croup aller Grade, GehirnhypiTär
dcsshalb der Krankbeitscharakter katarrhalisch-rheumatisch. — Die Sterblichkeit i
aussergewöhnlifli.
Der Gesuiidheits/.ustatid der Nutzthierc allenthalben ein vortrefflicher.
und Epizootit
fiaag der Wärme nod des Laftdrockes im März 1858.
Die punetirten Linien stellen die Wärme, die ausgezogenen den Luftdruck dar.
r>ie beigesehriebenen Zahlen sind Monatinittel, denen die stärkeren Horizontallinien entsprechen.
Ein Netztheil entspricht bei der Wärme einem Orad Reaumur, beim Luftdrücke einer Pariser Linie.
3Z3rSS
Wallendorf
(liei Bis tritz in Si8lenlrtir|ni!
Frauenberg
3ZP -&S
Wien
32Sr9f
Lesina
33i"9S
Alt Cairo
33rr3o
/ ./ .; 7 .9 II /J iJ
// 1.9 .', V ,, :',- ::■' ../
i 1
^
. -/-a; ., '••
zit^'j^ni^ Sl
i--_i3Sv^ ^- 1 l^
i/k 1 \ ■■■.
/TV/ :'^\ ■■ 1 \
V \ ■•■ ■■■ ^ ■ \
/' '\/ ^ W ' ^
^ \ ■ ■■•••/ \ /
T..- Vi-:/
\\ V \
>75^^
• ' i' i \
• V / \
jC 5 t it
L f^ t
^ l-t-t
I i.?^IZ
\ : ^^ IL
: ;
!
^
-«y^^L_
2^ -Sfiir , V
J^ ■••
7"^^^ ---u^^i^ar
/ •. 7^t •,
'^ ^^7 • IT/: "?
i; ^ - ^-t X i^
••• i .^^ -'
-v i- 7 ■ •
^^ ^ ^^u2 t "
\ 1 : ■
^^•i±l ^r \
5 tt
'••'
^-1
J'^i, .^i
iti :: ^
7 S ; + '-3
ic n
»t _■ S ^ ..V-
^'^
j'^^'~ 2 \i t^i.
t ■■^■■. T \/Z^-%
--1- /^ f
A-' ■ - \
^
y'^'- • ■ 1 ■■ / •'■■ \
■' \ \ ■ 1 ^ i" '■■ \ j
/ -. \ .- / ■ ' '
n
^ -. r- f-
"X^^^-'rZ-^^'
1-ik-
4 ^^ '■ ^
■'^\ t
^A j X 7^^.
^^J-
J^^- ■■' \ t %
(■ z \A\i._ ^^.
± ^'^^z^H-i
^ L 7- 5-/1
t -\ .■■ J- ■-■■■■'^-Jz
4 "^ ;^ ■ H
■■• \.'Xt A
-j^ =-
- t -T H
±^ -■V+**'
^ Jx i ^
^^^ > -=
'^\t
7 ^ j.-'' "^
L ■■' '^'^.'
V i-.n^?^^ H
Z. ^ ^r ^ZS. t
'. .■
'^ \ - '^;^^
\ : ^
\ I
^= t
\J' :■
■»-'JJ?^'*'
\~ ^ ''
j V j; "^S? S i?^
j\ :■■ ." •• ;■ 1
J '" "• S
Ä Vj r -• "^
wN / ^ /-^ /
•-
. ^-^ ^2
' ' '■ . ^ .- L
■-. ^ • '
EitKvAUEurkhird;.
1 ' ' ' 1 ' ' 1 ' ' ' ' 1 ' 1 ^ 1
/ .. .' ; ff // a /.i /; /" .-/ .'/ ;;; /; :;-/ ,,/
■ 1 1 1 1
1 1
1 1
1
i 1 :: . t;. b,'-.
1 •; /\ .■ 1 / \
j. ' ' -Kl " y>^! ' 7X' '■■ m i
>■•■ ■• r ■ .f-. y/V !■•' \M^ Ä
K ■' L-^ ■ 1 y ■ ■ i '-i--'' ' *' ■■ ' ' ' ■ •''1
^j ■■' i '■'•/'' '^' \ '
-^ ^■^T^''^ ! \j
••\ 1 ! ' \'
1 ' \!| ' MI
\/
V
1
1
1 1 ^ .
,^\ fl.S.1
' 1 / "^ ••■' '•
IL ^\t it ^ -VS^lt
7 3 13 ;^£^s^it
JIltiL lu Ll^ ' ^ti J
-J *' I-- ••■ ■•* \ \
/\^ '-■ ! •-/ \y \ "V
r ..• r\ ./ /■■ ^ ■• viy
■■\: / \
•■!; L-N ■' . : .-«?;-
V \ ■'•"'■■ ■■• r --^
^ / jiv j ■ • r>s
u y^A j\ ■.:/-<
>L Ti^\yt^t ^^^ 3it
^^->. J5 ^ip' ^2 L
L. 2-. IZ ^^t- t^ ■••■ 3
'■■-..■ ""^ •■■'/ ■ .■ ■■ 1^
\ f '.' '■ :
i /
\ /
i /: ^ -^'fl?: ?^^
^ •: ^^ •• '•■ '
|- •• y'i ..••yi''"
i^+j-'t'-''^^^-'^ A-^ z '
^* •'. r .■' 1^4"/ S '• y ■'. "^ '
■•.[,•• y \ y ■ ■'
«.i-.i«.-— -,-^1 z,-
özz^r o^y j^asT"»i?-, ''^■* U
"■ ~J ,- : Y _^ ii^
Ji^/^T ''!2^^
, /■ ' A L . *'^ •'
_l_ • *'" i '•■ ' • •■
J\ '' ': f
j V ^ * ••■ ■• .V ^ ^
5 . l_ "^ •' -i^
~r r ^ V 7
;T"7\i^J ^
* ir '^L .■• ^■
5 L •" -4.% - Z
tjL-- ■ .. 4; / '•^■■;^^ ■
•■' L "^ *^ ^ i!^
^ •■ s \ j
i^" -Je- ~V^ t T
^ Jt--^Ay
^^^ 447
t_ \^^^ V^
IJ^Z25iE
if ^U^E
f •■•■ '
Media seh.
3Zjro/
A^ram
33fi~St
Ela^entuit
3isrt/
Sl Maria
zt7:;gs
Troppaif
+«?e7
Marienberg
Sulden .
—zf/s
Gurgl
-LiLl.r-rt SUlaa^otIi^^
Nil/.u.i?sl, iL k. ,\kii(LJ.W ,nalli. iiaturw l'IXXXVBd N? 1. 1859.
Übersicht der Witternu«; im Jahre 1857.
Von A. U. Burkhardt, Assistenton an (k-r k. k. Ccntral-Anstalt.
Miniere
Teiii-
Maximum °)
Min
mum
Luft-
M,iiimum
Min
mum
UuiJ!,t-
Nieder-
llcrr-
Scctinilärc Exlroiue
der Teiii|)eral(tr
Dcoltaehtun^sart.
Mittlerel
Tem-
Oeobai'htangsort
schlag
P.r. I.i».
(Nach der mini.
Temii. georaaet.)
(teratur
iz:; ^-p-
lag u.
Monat
Tenip.
drucli
Pap. Lio.
■l'as u.
Monat
Luftdr.
Tag u.
Monat
Luftdr.
druck
Wind
E,:;
Slinim.
l;!:.i
Maxim.
lieratar
Adraont ....
+ S'OS
27-7
+ 21'7
14-3
—13-4
312"43
9-12
319"'22
13-1
303"0n
2"85
303"6a
NO.
4-8
+21'3
3-2
— 13'0
Alt-Cairo . . .
16-^22
Agram ....
+ 8-93
29-7
+ 26
8
12-2
- 8
1
331-81
9-12
340-09
12 1
323-45
231-43
NO.
^7; »
+ :S
j
10-1
— 6-0
Curzola . .
Bagusa . .
13-21
13-21
Altliofen. . . .
+ 6-18
28-7
+ 24
0
8-2
-11
3
308-63
9-12
310-31
21-1
300-04
2-76
857-50
NO.
's-»
+ 23
8
30.12
—10-3
Alt-Aussee . .
+ 5 -IIS
31-7
+ 22
4
31-1
— 11
6
301-09
9-12
309-32
13-1
292-77
2-70
602 44
W.
5-8
+ 22
0
6-2
- 8-6
Markt Aussei' .
+ 4-73
20-7
+ 23
0
»1 ■ '
-10
0
311-90
9-12
319-23
13-1
302-40
_
W.
2»; i;
+ 22
6
;{:!'
— 1 -'o
Rom . . .
12-67
Bludenz ....
+ 6-3i
10-7
+ 26
0
2-2
— 12
6
313-23
9-12
322-20
13-1
303-23
2-89
387-55
NW.
4-8
+ 23
2
— lö-o
Valona . .
11-38
Bodenbach. . .
+ C-!)0
as; 6
+ 20
0
1-2
-14
6
333-30
8-12
340-83
12-1
313-40
231-40
NW.SO.
14-7
+ 24
2
io--2
—11-8
Bologna ....
-t-io-so
29-7
+27
9
8-2
- S
0
333-30
9-12
340-84
131
323-79
NO.
28-0
+ 23
3
30-12
- 3-5
Venedig. .
10-90
Botjcn ....
+ 9-88
'5 ■ e
+ 27
n
2-2
- 6
0
327 02
9-12
334-33
131
316-72
•i29-33
NO.
29-0
+ 23
2
21-12
— 4-7
Tricnt. . .
10-60
Urünn
+ 7-511
29-0
+ 27
6
10- 1
— 12
2
3-29 -73
9-12
337-33
12-1
321-30
2-91
130-28
SO.NW.
10-7
+ 27
2
6-2
—11-2
Bologna . .
10-51
Bukarest . . ,
+ 8-33
17-7
+ 23
0
1 0 ■ -
— 7
3
—
—
—
—
29-6
+ 24
5
—
—
Botzen . .
9-88
Cairo. . . .
+ 16-22
3U S
+ 32
7
1-3
+ 3
0
330-40
19-2
341-99
30-4
332 -.W
—
_
NNW.
3-6
+ 30
8
17-2
+ 3-6
Hailand . .
9-61
Czaslau ....
+ 0-83
S-8
+20
3
10-1
-13
3
—
8-12
33!) -SO
12-1
318-37
—
107-21
NW.SO.
6-7
+ •23
0
10-2
-13-0
Mernn. . ,
9-44
Cilli
+ 7-97
27-7
+ 27
8
9-2
-13
g
—
9-12
336-89
12-1
319-42
0-8
+20
1
10-1
-12-5
Ofen . . .
9-32
Curzola ....
+ 13-21
18-7
+ 24
8
!«: ;;
+ 2
4
337 00
20-2
344-20
12-1
328-00
—
480-89
Nw!
24-8
+ •23
6
1 ' ■ a
+ 3-0
Fünfkirehen
9-08
Czernowitz . .
+ 6-01
27-7
+ 27
6
'8-2"
— 17
3
328-10
23-2
336-30
12-3
319-38
—
183-70
N.
19 10
+24
4
11 -1
—13-7
Scmlin . .
9-03
üebreczin . .
+ 8-li4
17-7
+ 27
0
9-2
— 7
6
333 03
25-2
342-08
2S1
323-80
198-96
N.
°7-8
+ 23
4
10-1
— 6-4
Agram . .
Dehreczin .
Gran . . .
Luino . . .
Bukai-est .
Pressburg .
8-93
Dcutscbbrod . .
+ S-S3
16-7
+ 24
6
S-2
-13
8
321-50
8-12
329-47
12-1
311-96
2-92
193-18
NW.
5-8
+ 24
3
i 1 ■ ^
—12-8
8-34
Ferdioandshölie.
- 4-03
29-7
+ 7
2
12-3
-18
0
—
2-8
+ 6
5
21-11
—17-2
8-34
Frauenberg . .
+ 6-93
6-8
+28
n
11-2
— 14
6
322-73
8-12
330-13
12-1
314-05
_
173-39
NW.
27-7
+ 27
0
30-1
—13-1
8-44
Fünfkirehen . .
+ 9-08
't-l
+ 28
0
112
-11
ü
332-01
9-12
340-11
12-1
322- 18
182-82
SO.
30-7
+23
3
10-1
— 4-3
8-33
Gastein (Bad) .
+ 4-34
29-0
+ 21
0
•29 1
— 12
0
301-17
23-2
306-79
111
293-91
_
303 -■>7
SO.
6-8
+ •20
7
0-2
—11-0
8-24
Gran
+ 8-S4
28-7
+ 28
4
7-2
-10
3
333-80
9-12
342-40
25-1
323-13
3-31
333-80
NW.
S-8
+ 27
0
10-1
— 9-7
7-97
7-80
7-86
7-74
7-70
7-69
7 68
7-38
7-30
7-43
7-20
7-13
Gralz
+ 7-09
M ■ 7
+ 20
6
10-2
—IS
1
321-43
9-12
328-93
12-1
312 79
3-16
200-98
NW.
3 8
+ 23
3
10-1
-10-3
Cilli . . .
Gresten ....
+ 0-26
"s-8
+ 2!!
5
19-1
— H
1
322-39
8-12
330-48
13-1
313-60
3-09
377-13
NW.
•27-7
+ 23
2
7-2
-13-6
Tirnau . .
Hcnnann.sladl .
+ 0-37
28-7
+23
3
9-1
—14
3
321-80
25-2
329-93
11-3
313-41
287-74
NW.SO-
\v. so.
30-0
+ 22
9
9-2
—14-1
Wien . . .
St. Jakob 1. . .
+ ü-87
29-7
+ 21
S
12-3
— 9
4
301-89
9-12
308-97
24-1
293- -23
2-63
280-84
3-8
+ 21
3
0-2
— 8-8
Martinsberg
St.JakoblL.Gurk
+ 0-11
27-7
+ 21
3
8-2
— 9
3
—
—
230-93
NW. SO.
4-8
+ 20
9
S 0 •' 1 1
— 9-0
Prag . . .
Jaslo
+ 0-60
27-7
+ 26
;i
7 2
—14
3
.328-97
23-2
336-84
12-1
320-93
3-09
292-03
so.
7-8
+■23
0
lS-3
— lO'O
Graiz . . .
Inncr-Villgratlen
+ ,3-07
S-8
+ 20
8
12-3
—16
2
_
NW.
0-7
+ 20
4
•29 1
-13-8
Zavalje . .
Innieben. . . .
+ 3-8U
10-7
+ 23
ü
6-1
— 16
9
293-04
9-12
298-80
24-1
284-38
2-26
278-88
W.
2-8
+ 22
1
■27-1
-13-8
Mauer . .
Kalkstein . . .
+ 2-93
G ■ 8
+ 19
2
*a'l
—13
0
—
w.
1 n ■ 7
+ 19
0
12-3
-12-0
Brunn . . .
Kaltenlcul'^ehrn
+ G-S9
29-6
+ 26
B
\»i
—14
0
_
°5-8
+ 23
5
7-2
-13-0
Melk . . .
Kosmark ". . .
+ 4-88
16-7
+ 22
8
11-2
-18
8
312-30
9-12
320-46
12-1
305-60
235-38
N.
29-6
+ 22
6
—
—
Laihach . .
Kirchdorf . . .
+ 0-1)3
4-8
+ 24
4
9-2
-14
8
320-84
8-12
328-73
13-1
311-10
3-04
353-06
wow.w.
•27-7
+ 23
6
111
—10-6
Wilteti . .
Klagenfurl. . .
+ S-88
19-7
+ 27
0
9-2
— 19
8
320 02
8-12
328-30
24-1
313 30
3-07
•234-64
W.
■29-6
+ 25
5
1-1
— 15-9
Fiauenberg
0-93
Krakau ....
+ 0-14
29-6
+ 23
S
10-2
—16
4
329-08
24-2
337-43
12-1
321-07
3-03
•272-92
NO.NW.
16-7
+ •23
3
22 1
-13-1
Bodenhaeh.
0-90
Kremsmünster .
+- 0-08
27-7
+ 24
1
8-2
-11
8
323-30
8-12
331-72
13-1
313-79
3-01
349-30
W.
4-8
+ •24
0
11-1
—10-3
Linz . . .
0-85
Kronstadt • . .
+ Ü-IS
29-7
+ 20
4
8-2
— 12
6
313-33
25-2
323-49
11-3
306-32
401-62
w.
1 t ; 0
+ 19
0
21-12
—10-1
Czaslau . .
0-83
Uibuch ....
+ 7-2n
28-7
+26
8
10-2
—13
0
326-73
9-12
334-08
24-1
318-40
3-31
297-60
AV.
'6-8
+ 24
3
1-1
—13-0
Hzeszow, .
6.68
Lemberg . . .
+ 657
10-6
+24
6
8-2
— 10
s
326-40
25-2
333-37
9-3
319-41
3-23
•297 -60
W.
27-7
+ 23
6
8-1
-10-3
Kaltenlcutgeben
6-59
Leutseban . . .
+ 5-06
27-7
+24
2
9-2
-14
8
_
_
_
231-93
NW.
1-8
+ 23
1
11-1
—12-3
.laslo . . .
6-59
Lienz
+ 0 12
' » • 8
+24
3
8-2
—12
311-82
9-12
318-83
24-1
303-44
2-73
237-21
NW.
•29-6
+ •23
2
■27-1
— 12-2
Ohei-schülzen
0-38
Linz
+ 0-8S
.'i-8
+ 24
9
11-1
—11
2
323-32
8-12
33119
131
313 89
313
•279-93
W.
28-7
+ 24
5
9 2
-11-0
Sehössl . .
6.38
Luino ....
+ 8-44
29-7
+ 26
0
s ■ •
— 3
5
_
3-8
+ 23
0
1 ■ 1
- SO
Lemberg .
6.57
St. Magdalena .
+ 0-21
27-7
+23-4
7-2
— 9-4
303-39
9-12
311-99
121
297-16
2-87
333-40
NO.
3-8
+ •22-4
30 12
— 8-4
Saebsenhurg
6-36
6-53
'
llermannstadl .
6-37
•) In Yittcrung im Jnlirc 1857.
Beubarhluiigsarl.
Mittlere
Tem-
Itlaxiinum
Minimum
Lurt-
Maiimum
Minimum
MlllU-rcr
Uunst-
Nieder-
schlag
BChi'nacr
Scrundäre Extreme
der Temperatur
Deobachtungsort.
(Nach der mittl.
Mittlere
Tem-
peratur
Tag u.
Monat
Temp.
Tag u.
Monat
Temp.
ilruck
Tag u.
Monat
Lultdr.
Tag u.
»lunat
l-uft(lr.
druck
Psr. Lin.
Winil
Miniin. J';__s;;
Maxim.
Temp. geordnet.)
peratur
MuilanJ ....
+ 9-01
29-7
+27-8
9-2
— 3 -11
331-91
9-12
339"47
13-1
322'''84
3"68
337-00
NO.
6-8
+ 2S-6 1-1
- 4-8
Oderberg . . .
6-34
St. Muria .
- 1-47
14-8
+ 13
4
17-1
-13
6
248-33
"8 '■ n
253-44
11-2
■i40-13
—
766-46
\V.
6
9
+ 11-3
20-12
-15-4
Bludenz . . . .
6-32
Martinsberg
+ 7-74
27-7
+26
4
6-3
— 9
8
326-43
■9-12
334-79
35-1
319-21
3-11
220-74
s\v.
4
8
+ ■^6-1
10-1
— 8-8
Gresten . . . .
6-26
Mauer . .
+ 7-ä8
5-8
+28
5
10-1
-12
0
-•)
9-12
337-41
—
—
—
—
WNW.
16
7
+ •28-3
7-2
—11-0
St. Magdalena .
6-21
Mediasch .
+ 7-14
11-7
+ 26
0
10- 1
—16
4
326 32
23-2
334-82
11-3
317 19
—
279-11
6. '
11
6
+ 23-3
9-2
— 13-7
Älthofen. . . .
6-18
Melk . . .
+ 7-43
27-7
+ 23
6
6-3
—14
0
328-58
8-12
336-37
13-1
319-33
3-23
231-42
w.
5
8
+ 25-4
10-1
— lä-2
Krakau . . . .
6-14
Meran . . .
+ 9-44
29 ;J
+28
0
2;3
— 3
9
323-94
9-12
333-36
13-1
317-00
—
■i27-9l
—
9
6
+ 24-7
■29-1
_ 5-4
Lienz
6)2
Oberschützen
-t- 6 SS
29-7
+ 27
0
—13
0
324-12
23-2
331-47
34-1
313-93
—
—
—
4
8
+ 23-6
0 ■ 1 s
- 9-4
St. Jakob II. . .
6-11
Obervellacii
+ ä-28
3-8
+ 33
9
27-1
—14
3
—
—
—
_
—
—
273-34
SW.
28
7
+ 23-S
'8-2
-13-5
Schemnitz . . .
6-10
Obirl. «) .
+ 3-80
3-8
+ 24
3
27-12
— 11
S
—
—
—
—
—
—
—
—
28
7
+ 23-8
1 ' ' 3
-11-0
Kreinsmünster .
604
Obir III. . .
- 0-09
3-7
+ 20
2
12-3
-16
0
—
—
—
—
—
—
—
—
6
8
+ 17-2
29 ■ 1 2
-12-0
Kirchdorf . . .
6-03
Oderberg
+ 6-34
4-8
+ 25
4
6 2
-16
3
330-93
25-2
338-31
12-1
321-60
—
292-20
NW.
26
7
+ 24-5
iö-1
—11-5
Czernowitz . .
6-01
Ofen . . .
f 9-32
16-7
+ 27
9
8-2
— 9
0
334-30
9- 12
342-08
12-3
323-60
—
—
—
6
8
+ 26-3
9-1
- 6-3
Weissbriach . .
6-01
St. Paul . .
+ 5-7ä
26-7
+ 2S
2
9-3
-18
2
321-24
23-2
328-93
24-1
313-36
2-89
180-39
SW.
5
8
+ 23-8
l-I
-16-8
Klagenfurt . . .
St. Jakob I. .
St. Paul . . .
Leutschau . . .
Steinbüchel . .
Deutschbrod . .
Obervellach . .
Saifnilz . . . .
Kronstadt . . .
Reichcnau . . .
Adinont . . . .
Alt-Aussee. . .
5-88
3-87
3-75
5-66
3-59
5-53
3-28
3-21
3-15
3-13
5-05
S-02
St. Peter .
+ 4-40
3-8
+ 31
3
82
-12
'*
291-42
8-12
•297-75
24-1
283-01
3-44
366-57
NW.
30
7
+ •20-0
27-1
- 9 0
Pilsen. . .
+ 6-93
3-8
+ 33
4
9-3
-14
0
323-94
8-12
333-12
12-1
316-22
—
—
W.
16
7
+ 24-4
31-1
—13-6
Frag . . .
Pregratten .
+ 7-70
+ 4'2(i
3-8
39-6
+ ■27
2
111-2
30-1
-13
0
3
330-35
8-12
338-39
12- 1
320-90
3-14
220-07
—
29
16
6
7
+ ■26-6
+ ■22-2
19-2
6-2
—13-2
-11-8
Pressburg .
Rüggaberg.
Ragusa . .
+ 8-24
+ 2-S7
+ 13-13
16-7
31-7
+ 37
+ 17
+ 23
7
S
9
10-1
14-3
13-3
—13
—12
+ 3
8
0
1
332-37
335-79
9-12
26-2
340-29
342-84
23-1
11-3
324-32
3-27-74
3-10
196-28
313-60
WNW.
w.
5
29
1
8
6
8
+ 26-6
+ 16-0
+ 23-6
7-1
30-1
9-2
— 13-4
-11-3
+ 3-4
Heichenau .
+ SIS
—
n ■ '
— 19
0
315-27
9-12
325-00
13 1
305-83
—
w.
_
—
14-2
—12-0
Rom . . .
+ 13-67
28-7
+ 28
4
13-3
— 0
4
334-79
24-2
341-20
4-1
324-39
_
_
SW.
5
8
+'28-0
•0 ' -
0-0
Rosenau. .
+ 6-S3
■27-7
+ 23
4
11-2
-13
7
326-11
23-2
333-62
13-1
318-43
—
218-07
N.
4
8
+24-1
io-i
— 11 0
RZBSZOW .
Sachsenburg
+ 6-(i8
+ 6-36
9-6
S-8
+ 2S
+23
3
2
11-2
9-2
-13
-16
2
329-90
316-60
23-2
9-12
338- 12
324-15
12-1
24- 1
321-90
307-88
—
191-50
290- 11
SW. N.
w.
8
13
8
+ 24-8
+ 24-4
8-1
■i7 1
-10-0
-15-4
Saifnitz . .
+ S-31
27-7
f23
8
0-3
-14
0
—
—
—
—
—
—
404-74
0.
6
8
+ 23-4
12-3
— 11-2
Kesmark. . . .
4-81
Schemnitz
+ 6-10
28-7
+ 24
3
10-2
—13
2
314-83
25-2
321-84
12-1
307-33
166-05
SW.
29
e
+ 21 8
10 1
— 8-4
Senftenberg . .
4-78
SchSssl . .
+ 6-38
16-7
+26
2
9-3
—14
3
323 -7U
8-12
333-59
12-1
316-14
—
182-20
SW.
3
8
+ 25-4
10-1
-13-1
Aussee (Markt) .
4-72
Semlin . .
+ 9-03
17-7
+29
8
29-12
— 9
0
—
—
—
—
—
—
■264-16
—
7
8
+ ^6-4
9-2
— 7-8
Trautenau. . .
4-50
Stcinhuchel
+ 3-S9
26-7
+ 22
0
8-2
— 8
-i
—
—
—
—
—
—
3
8
+ 20-0
3Ü-1-.'
— 80
Untei--Tilliach .
4-62
Senftenberg
+ 4-78
S-8
+ 23
4
6-2
-14
1
321-37
9 12
329-26
12 1
312-28
2-93
■226-31
so.
29
6
+ 23-0
9 1
— 12-8
St. Peter . . .
4-40
Tirnau . .
+ 7-86
28-7
+ 28
3
9-1
-13
4
332-40
7-2
342-92
12-1
324-36
3-47
I4P24
NO.
6
8
+ 28-0
7-2
-12-0
Gastein . . . .
4-34
Trautenau .
+ 4-30
—
11-2
—13
4
321-30
9-12
329-83
25-1
313-40
—
229-70
SO.
—
—
10-1
—12-5
Pregratten . .
4 •26
Trient . .
+ 10 60
29-7
+ 29
4
s " *
— 4
3
331-12
9-12
338-26
13 1
323-50
SW.
3
8
+ 29-3
30-1;
- 3-6
Innichen. . . .
Obir 1
3-80
3-80
Unter-Tilliac
+ 4-62
6-7
+ 20
1
6-2
—10
9
_
—
—
_
— .
—
w.
5
8
+ 19-4
29-12
-10-0
Valona . .
+ 11-38
8-7
+ 26
0
16-2
- 0
3
—
—
—
—
—
—
363-48
w.
21
6
+25-3
30-13
+ 0-5
Venedig. .
+ 10-90
27-7
+ 23
4
9-3
— 3
3
337-63
9-12
344-82
13 1
328 -';6
4-21
209-33
O.NO.
7
8
+ 24-4
30-12
— 2-0
Kalkstein . . .
2-93
Weissbriach
+ 6-01
27-7
+ 23
3
27-1
— 9
y
_
N.
6
8
-1-23 -8
8-2
- 9;0
Raggabei-g. . .
2-57
Wilten . .
+ 7-lS
"S- 9
+ 24
S
3-2
—16
0
314-91
9-12
321-63
13-1
303-79
—
218-72
WSW.
37
6
+ 24-0
2 ■ 1
1 ; ; 1
Obir III. . . .
-0-09
Wien . . .
+ 7-86
27-7
+28
0
10-1
-11
4
330-64
9-12
338-77
12-1
321-72
3-01
210-19
WNIV
5
8
+27-7
7-2'
—10-1
St. Maria . . .
-1-47
Zavalje . .
+ 7-68
6-7
+ 36
0
10-2
— 8
4
322-00
10-12
329-63
24-1
314-31
—
401-66
N.'
21
6
-1-24-9
30- f2
— 7-2
Kerdinandshöhe
—4-03
Von Laibacb, Lcmberg, Obersrbtiizeii und Senftenberg wurden
Stationen uurde das Jahiesmiltel aus den monatlichen Mitteln be
Anmerkung.
endelen Jahrcjniilkl für di(
chlcn bi-niitzt. b(
i^berslcht der Witterang Im Jahre IB57.
Zusätze QDd Verbesserange n.
Januar.
Oralz, mittlerer Danstilruck l'52. — ^Klrcüdorf,
Temperatur — 15°9. mittlerer Luftdruck 318"29, Minimi
Schössl. mittlerer Dunstdruck l"41.
Felirunr.
Kirchdorf, herrsclionder Wind OSO. und ONO. — Sl. Maria. Luftdruck:
Maximum am 16-3 äl9"e6, am 11-0 ä*o"l5. — Jlardnsilcrg, Maiimum 31468.
peratur-Maiima am 27. +12°6. .im 3. 13. und 21. 0°0. — Schössl, mittlerer Du
— Tröpolacb, mittlerer DuDSIdruck l"01, Niederschlag l"87.
März.
Curzola, Minimum der Temperatur +3°0. — Cran , mittlerer Luttdru
Ofen, 333"51. — Relchcnau, 3n''87. — Rom, Tcmpcratur-Ma ■
'52. — RIagcnflirl, Minimum I
31S"30. — Sf. Paul, 313"56.
Mittel 2t
- Rom,
istdruck
13. — 0-
Rosciiau, — 8°6. — Salfllllz, Niederschlag 47 03.
April.
Sl. Jakob II., Niederschlag 25"02. — Trautciiau, mittlerer Luftdruck 318"81. — Wlhcll,
Minimum der Temperatur am 263 — 0°6. mittlerer Luttdruck 31 2'''45, höchster am 20-3 317 14,
Minimum am 13-6 308"05, Niederschlag 17"54, herrschender Wind SW.
mai.
Dcu(scbhroll,miltlererDunstdruck3"ll. — DieOrtsnamenSI. Jakob I. undSI. Jakob II. (Gurk)
sind m verwechseln. — Elrcbdorf, herrschender Wind W. und NNO. — Smjriia, mittlerer Lutt-
druck Ssg'lS, höchster am 4-6 34l"71, tiefster am 6-6 337"ai, welche irrtliümlich eine Zeile
tiefer bei Stllden stehen.
Juli.
Kirchdorf, mittlerer Luftdruck 32l"41. — Raggabcrg, Blasimum der Temperatur +17°5.—
Scheuinilz, herrschender Wind W, N\v. — Schössl, SW. — Sciniuerlng, mittlerer Luftdruck 304-7»,
Maximum 307"90, Miniraum 30l"48.
Aug^ust.
Cairo, mittlerer Luftdruck 335"oo, Minimum 334"lO. — Inncr-VillgradMi, Minimum der
Temperatur am 26-3 +a'4. — Kirchdorf, herrschender Wind ONO. — Klagcilfurl, mittlerer
Dunsidruck s'od. Niederschlag IS-lS. — ÜLlrllllsbcrg, mittlerer Luftdruck 327''ä0. — Schäss-
burg, +14-20 statt Schössl, dann Schössl + 15°70 statt SchSsshurg. — SllJjriia, Niederschlag
O'OO statt — . — ZaTllljc, die Z.ihl 16"'99 ist beim Dunstdruck wegzulassen.
In den Nachträgen bei der August-Übersicht: Scnflcubcrg, März : mittlere Tempera-
tur + o'20. — Ileriiiarinstadt, Jänner: In den Anmerkungen „secundäre Extreme" am 10. Mor-
gens — 12°7 statt am 10. März — 10°7. — Ragusa, März: Minimum des Luftdruckes am 11.
327"74.
September.
Die Ortsnamen Sl. Jakoh I. und Sf. Jakob II. sind zu verwechseln. — Obervellach, Nieder-
schlag 17"30. — Sl. Pefer, Dunsidruck 3"37. — Sllljriia, mittlerer Luftdruck 34 1"09, Maximum
34r-'89, Niederschlag 0"00. — Tlrnau, Niederschlag 3^35.
October.
Gralz, Niederschlag 19"23. — Kirchdorf, herrschender Wind WNW, — Rom, mittlerer
Luftdruck 33l"8a. — Scnrienbcrg, mittlerer Dunstdruck 3"e8.
Ä'ovember.
Schässburg, Dunsidruck ä"l6.— Schcmilllz, Niederschlag 9'73. — Wicher-Jleusladt, mitt-
lerer Luftdruck 3a8'-''91.
December.
ncriDannstadl, herrschender Wind WNW.. ONO. — Rcsiuark, mittlerer Luftdruck 31 2"36,
höchster am 9-6 320'''46, tiefster am 26-3 309"'90. — Sachsenburg, Niederschlag 0"00. —
Saifullz, i''60, - Trienl — . - Tricsl lu-so.
Jahres-i'lbersicht 1§56.
Rorlilio, Minimum des Luftdruckes ist wegzulassen.
Fcrdiliandshöhc, mittlere Temperatur — 3°42.
Pressburg, mittlerer Luftdruck 33l"77.
i
I
I
DATE DUE
l-tB28 1995
c
DEMCO. INC. 38-2931
#
ST'.y;' \i
%
W}.'<
^.^^
E"C