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SITZUNGSBERICHT?,

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MATHEMATISCH-NATUHWISSENSCHAFTLICIIE CLASSE.

VIERZIGSTER BAND.

WIEN.

AUS |)K|{ K. K. HOF- UNI) STAA TSDHUCKKRKI.

IN CO.MMISSIOM BEI KAIII. GEROLD'S SOHN. BUCHHÄNDLER DKR KAIS. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.

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SITZINGSBERICHTE

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MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN

CLASSE

DER KAISERLICHEN

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AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.

vierzigster band.

Jahrgang 1860. Heft 7 bis 12. (Hit 44 CnMtt nnb 1 lottf.)

WIEN.

AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.

IN COMMISSION BEI KARL GEROLD'S SOHN. BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.

1860.

III

INHALT.

Seite

Sitzung' vom 8. März 1860: Übersicht 3

Haidinger, Über das Cocain, eine organische Base in der Coca. 7

Sammlung recenter Conchylien. Geschenk von Sir Wil- liam Th. Denison in Sydney 12

Der Hürnesit, eine neue von Herrn Professor Dr. G. A. Kenngott bestimmte Mineralspecies 18

v. Littrow , Über das Mikrometer mit lichten Linien bei den

Wiener Meridian-Instrumenten. (Mit 1 Tafel.) 27

Hochleder, Über das Vorkommen des Fraxin in der Rinde von

Aesculus Hippocastanum 37

Kner , Zur Charakteristik und Systematik der Labroiden. (Mit

2 Tafeln.) 41

v. Sonklar, Über die Änderungen der Temperatur mit der Höhe. (Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.) 58

Pohl, Über mikroskopische Probeobjectc, insbesonders Nobert's

Testobject-Platte 63

Fritsch, Nachricht von den in Österreich im Laufe des Jahres 1858 angestellten philologischen Beobachtungen. (Mit einer Übersichtstafel.) 98

Sitzung vom 15. März 1860: Übersicht 105

Tschermak, Über Calcitkrystalle mit Kernen. (Mit 1 Tafel.) . . 109 Über secundäre Mineralbildungen in dem Grünsteingebirge

bei Neutitschein. (Mit 2 Tafeln.) 113

Reuss, Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation.

(Mit 13 Tafeln.) 147

Schneider, Über das chemische und elektrolytische Verhalten

des Quecksilbers bezüglich dessen Nachweisbarkeit im

Allgemeinen und in thierischen Substanzen insbesondere 239 Schreiben des Herrn A.Aguilar, Directors der königl. Sternwarte

zu Madrid an das w. M. Herrn K. v. Littr ow 270

IV

Seite

Sitzung; vom 22. März 1860: Übersicht 271

Hyrtl, Über Wirbelsynostosen und Wirbelsuturen bei Fischen. (Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.) 273

Weiss und Wiesner, Vorläufige Notiz über die directe Nachwei- sung des Eisens in den Zellen der Pflanze 276

Schöbt, Typhloniscus. Eine neue blinde Gattung der Crustacea

Isopoda. (Mit 10 Tafeln.) 279

Molin, Trenta specie di Nematoidi 331

Sitzung; vom 12. April 1860: Übersicht 359

Einbrodt, Über den Einfluss der Athembewegungen auf Herz- schlag und Blutdruck. (Mit i Tafel und 1 Holzschnitt.) 361

Kner , Über Belonesox belizarms , nov. gen. et spec. aus der

Familie der Cyprinodonten. (Mit 1 Tafel.) 419

Übersicht der ichthyologischen Ausbeute wahrend der

Reise Sr. kais. Majestät Fregatte Novara 423

Suess , Über die Spuren eigentümlicher Eruptions-Erschei- nungen am Dachstein- Gebirge 428

Sitzung; vom 19. April 1860: Übersicht 443

Frauenfeld, R. v., Diagnosen einiger neuer Insecten und Unter- suchung mehrerer Sandproben verschiedener Küsten- punkte, gesammelt während der Reise Sr. Majestät Fre- gatte Novara 447

Stur, Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. (Mit

1 Karte.) 469

Haidinger, Eine Leitform der Meteoriten. (Mit 2 Tafeln.) . . . 525

Sitzung; vom 26. April 1860: Übersicht 537

Hauer, Karl Bitter v. , Krystallogenetische Beobachtungen.

II. Reihe. (Mit 2 Tafeln.) 539

Steindaehner , Beiträge zur Kenntniss der fossilen Fischfauna

Österreichs. Dritte Folge. (Mit 3 Tafeln.) 555

Kolenati, Beiträge zur Kenntniss der Arachniden. (Mit 3 Tafeln.) 573

Molin, Primitiac Musei Archigymnasii patavini 582

Hauer, Karl Ritter v. , Krystallogenetische Beobachtungen.

III. Reihe. (Mit 1 Tafel.) 589

Helmholtz und v. Piotrowski, Über Reibung tropfbarer Flüs- sigkeiten. (Mit 2 Tafeln.) 607

SITZUNGSBERICHTE

KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.

MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.

XL. BAND.

SITZUNG VOM 8. MÄEZ 1860.

7.

VII. SITZUNG VOM 8. MÄRZ 1860.

Das hohe Ministerium des Innern übermittelt mit Zuschrift vom 16. Februar den ersten Theil eines durch die königl. nieder- ländische Gesandtschaft für die kaiserl. Akademie eingelangten Werkes von J. Bosquet: „Monographie des Brachiopodes fossiles du terrain cretace superieur du duche de Limbourg".

Das w. M. Herr Prof. Dr. Roc bieder in Prag sendet eine Note: „Über das Vorkommen des Fraxin in der Rinde von Aesculus Ilippocastamim" .

Herr W. Z eng er, Lehrer der Physik am k. k. Gymnasium zu Neusohl, ersucht um Aufnahme einer Abhandlung: „Über die Bewegung der Lichtwellen in anisotropen Medien" in die Schriften der Akademie.

Das w. M. Herr Director v. Littrow liest: „Über das Mikro- meter mit lichten Linien bei den Wiener Meridian -Instrumenten".

Das c. M. Herr Bergrath Franz R. v. Hauer legt im Namen des Herrn Hofrathes Haidinger folgende Mittheilungen vor:

1. Über das Cocain, eine organische Base in der Coca, von dem c. M. Geheimen Medicinalrath Wühler in Göttingen;

2. Sammlung recenter Conchylien, Geschenk von Sir William Th. Denison, Gouverneur von Sydney;

3. Der Hörnesit, eine neue von Herrn Prof. Kenngott bestimmte Mineralspecies.

Herr Ritter v. Hauer überreicht ferner einen „Nachtrag zur Kenntniss der Cephalopoden- Fauna der Halstätter Schichten".

Das c. M. Herr Prof. Dr. Kner liest eine Abhandlung: „Zur Charakteristik und Systematik der Labroiden".

4

Herr Dr. G. Tschermak übergibt zwei Abhandlungen: i. Über secundäre Mineralbildungen im Griinsteingebirge bei

Neutitschein ; 2. Über Calcitkrystalle mit Kernen.

An Druckschriften wurden vorgelegt:

Akademie, königl. Preussische. Monatsbericht, Dec. 1859; 8°- Astronomical Journal, The, edited bv B. A. Gould. Nr. 130.

Vol. VI, Nr. 10. Cambridge, 1859; 4°- Astronomische Nachrichten, Peters. Nr. 1235 37. Altona,

1860; 4o- Bosquet, J., Monographie des Brachiopodes fossiles du terrain cretace superieur du duche de Limbourg. Premiere partie: Craniadae et Terebratulidae (subfamilia Thecidiidae). (Extrait du troisieme volume des Memoires pour servir ä la description geologique de la Neerlande.) Haarlem, 1859; 4°- Cosmos.IX. annee, XVI. vol. , livr. 7— 9. 1860; 8°- Geologische Reichsanstalt, k. k. Jahrbuch, X. Jahrgang, Nr. 3.

1859; 8°- —Sitzung am 31. Jänner 1860; So- Gesellschaft, königl. baier. botanische, zu Regensburg. Flora, oder allgemeine botanische Zeitung; red. von Dr. A. E. Fiirn- rohr. Regensburg, 1859; 8°- Denkschriften, Band IV, Abth. 1 ; 4o- k. k. mährisch -schlesische zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde in Brunn. Mittheilungen. Interim. Hauptredacteur H. Weber. Jahrgang 1859; 4°- Halle- Wi ttenberg, Universität. Akademische Gelegenheits- schriften. Istituto Veneto, I. R., di scienze, lettere od arti. Atti. Tomo V,

serie terza, disp. 3. Venezia 1859- 60;.8<>- Jahrbuch, Neues, für Pharmacie und verwandte Fächer. Heraus- gegeben von G. F. Walz und F. L. Winkler. Band XXIII, Heft 1. Januar. Heidelberg, 1860; So- Land -und forstwirtschaftliche Zeitung, Allgemeine; red. von Dr.

J. Arenstein. Jahrgang X, Nr. 6, 7. Wien, 1860; So- Mittheilungen aus Jtisttis Perthes' geographischer Anstalt, von Dr. A. Petermann. Jahrgang 1860, II. 4n-

Societe Imp. des seiences naturelles de Cherbourg. Memoires.

Vol. II, 1854, und Vol. V, 1857. Cherbourg; So- So ci et e Imp. des Naturalistes de Moscou. Nouveaux memoires.

Tome XII. Moscou, 1860; 4<>- Verein für Naturwissenschaften zu Hermannstadt. Verhandlungen

und Mittheilungen, Jahrgang X, Nr. 7—12. 1859; 8°. Österreichischer Ingenieur-, Zeitschrift; red. von J. Herr.

Jahrgang XI, December 1859. Wiener medizinische Wochenschrift; red. von Dr. Witt eis höf er.

Jahrgang X, Nr. 7—9; 1860; 4°-

ABHANDLUNGEN UM) MITTHEILUNGEN.

Über das Cocain, eine organische Base in der Coca.

Schreiben des correspondirendcn Mitgliedes

Fr. Wöhler an W. Haidinger,

wirkliches Mitglied der kaiserliche!! Akademie der Wissenschaften.

VORWORT. Von dem w. M. Vf. Haidinger.

Indem ich der hochverehrten mathematisch -naturwissenschaft- lichen Classe das werthvolle Schreiben meines hochverehrten Freun- des Wöhler überreiche, erlaube ich mir einige Worte über den Antheil zu sagen, welchen ich selbst dabei genommen, und der Ver- anlassung war, dass es mir gegönnt ist die erste Kunde über die Eigenschaften dieses merkwürdigen Körpers, des Cocain 's, vorzu- legen. Schon während der Vorbereitung für die Erdumsegelung hatte Wöhler in einem Schreiben den Wunsch ausgesprochen, von die- ser so vielfältig besprochenen Pflanze durch die „Novara" Material zur chemischen Untersuchung zu erhalten. Herr Dr. Scherz er hatte in einer Sitzung (am 7. April, Mittheilungen 1857, Bd. I, St. 130) der k. k. geographischen Gesellschaft die Erwerbung von Coca zu Ver- suchen aller Art als eine der Aufgaben hingestellt. Während der Zeit der Reise glaubte ich der unmittelbare Bezug könnte rascher noch zum Ziele führen, und wurde dabei auf das Freundlichste von unserem hochverehrten correspondirenden Mitgliede Herrn Dr. J. J. von Tschudi unterstützt, der selbst zu diesem Zwecke an seinen Freund Herrn Mariano de Rivero , damals Generalconsul der

(S{ II a i il i u g e r.

Republik Peru in Brüssel , schrieb. Der leider zu früh eingetretene Tod dieses hochverdienten Mannes unterbrach die eingeleiteten Schritte. Als aber Herr Dr. Scherz er im Mai 1859 die „Novara" in Valparaiso verliess, und über Lima und Panama nach Europa ging, anstatt die Fregatte um das Cap Hörn herum zu begleiten, so erwarb er nicht nur eine gute Partie Coca, sondern er sah auch die Ungelegenheit, einen Theil als Passagiergut mit sich zu führen, nicht für zu gross an, um sie nur ja gewiss frisch und im guten Zustande nach Europa zu bringen. Anfangs September kam Dr. Scherzer in Wien an. Am 13. holte ich ihn in seiner Wohnung ab, wir nahmen die Kiste Coca mit in die k. k. geologische Reichs- anstalt. Dort wurde sie eröffnet, die äussere Holzkiste und sodann das innere verlöthete Weissblech-Behältniss. Es wurde ein Theil des Inhaltes herausgenommen zur Übergabe an die Herren k. k. Regierungsrath Professor K. D. Schroff, k. k. Professor Redten- b ach er u. s. w., und ohne den Inhalt an Blättern auszuleeren, sandte ich den Rest, der Schätzung nach etwas mehr als die Hälfte des Ganzen (einer „Arroba" = 20*573 Wiener Pfund) an meinen hoch- verehrten Freund Wöhler nach Göttingen ab. Durch die Erd- umsegelung der k. k. Fregatte „Novara", unter unseres trefflichen, unternehmenden Dr. Scherzer's aufmerksamer Sorgfalt, ging auf diese Weise der Wunsch unseres Wöhler in Erfüllung. Nur wenige Wochen später, am 9. October, sandte mir auch Herr von Tschudi ein Packetchen Coca, etwa ein Pfund, das er selbst von seiner letzten südamerikanischen Reise mitgebracht , und das ich gleichfalls an Freund Wöhler spedirte. Auch die von einem bolivianischen Che- miker dargestellte „Cocaina" hatte Herr von Tschudi an Wöhler gesandt, die sich aber, wie Letzterer fand, als Gyps erwies, wie dieses Herr v. Tschudi selbst in einer früheren unserer Sitzungen mittheilte. So war es mir vergönnt, gewissermassen als verbinden- des Glied zwischen den mit Wien und dem Kaiserreiche zusammen- hängenden Unternehmungen einerseits und dem Orte der chemischen Untersuchung Göttingen andererseits zu wirken , ohne doch selbst einen Antheil von Arbeit als eben diese Vermittlung mein nennen zu dürfen. Aber gerade diese ist es, welche meinen hochverehrten Freund Wöhler bestimmte, an mich sein Schreiben zu richten, wofür ich ihm hier meinen innigsten Dank darbringe.

Über das Cocain , eine organische Substanz in der Coca. {)

Gottlngen, am 28. Februar 1860.

üie wunderbaren physiologischen Wirkungen, welche von der Coca, den Blättern von Erythroxylon Coca, berichtet werden, und welche diese Pflanze in Südamerika zu einem Gegenstande der Cul- tur und des Handels gemacht haben, Hessen schon im Voraus darin einen besonderen organischen Korper als das eigentlich wirksame Princip vermuthen, von dem mit grosser Wahrscheinlichkeit anzu- nehmen war, dass er zur Classe der organischen Basen gehören werde. Auch sind zur Auffindung dieses wirksamen Bestandteiles bereits verschiedene Versuche gemacht worden, von denen aber keiner zu einem positiven Resultate geführt hat, vielleicht weil zu kleine Mengen der Blätter oder zu alt gewordenes Material zur Untersuchung genommen wurden. Diese letzteren Schwierigkeiten sind nun durch die grosse Quantität Coca beseitiget worden, welche Sr. k. k. Apostolischen Majestät Fregatte „Novara" von ihrer Reise um die Erde mitgebracht, und wovon mir eine Partie durch die Direction der k. k. geologischen Reichsanstalt freundlichst zugesendet worden ist. Überhäuft mit zu vielen anderen Obliegenheiten, war ich nicht im Stande diese interessante Arbeit selbst vorzunehmen. Ich übertrug sie einem der Assistenten am hiesigen Laboratorium, Herrn Niemann, der, vollkommen geübt indergleichen Untersu- chungen, dieselbe mit grossem Geschick und rühmlichster Ausdauer ausgeführt hat, und dem es gelungen ist in der Coca in der That eine eigenthümliche, krystallisirbare organische Base zu entdecken, der nach dem üblichen Sprachgebrauch der Name Coca 'in beigelegt werden kann. Die Arbeit ist indessen noch weit entfernt beendigt zu sein, denn wenn auch das Dasein und die Eigenthümlichkeit des Cocain's feststeht, so ist doch seine Zusammensetzung noch nicht sicher ausgemittelt, und es sind über die zweite Hauptfrage, die Art seiner physiologischen Wirkungen, die vielleicht zu wichtigen medi- cinischen Anwendungen führen, die beabsichtigten Beobachtungen an Thieren und Menschen noch nicht gemacht, und es sind die übrigen Bestandteile der Pflanze, worunter sich eine eigenthümliche Gerb- säure zu befinden scheint, noch nicht näher untersucht. Die gegen- wärtige Mittheilung ist also nu/ eine vorläufige, mit dem Vorbehalte, der kaiserlichen Akademie später die vollständigen Resultate in einer ausführlichen Abhandlung vorlegen zu dürfen.

j (J II a i d i n g e r.

Zur Darstellung des Cocain's wandte Herr Niemann, nach mancherlei fruchtlosen Versuchen, das folgende Verfahren als das zweckmässigste an: Die fein zerschnittenen Coca- Blätter wurden mehrere Tage lang mit Alkohol von 85 Proc. , dem etwas Schwefel- säure beigemischt war, digerirt, die entstandene dunkelbraun-grüne Lösung ausgepresst, filtrirt, und darauf mit Kalkhydrat versetzt. Hierdurch wurden unter anderem ein Theil des Chlorophylls und ein Wachs ausgeschieden, welches aus dem Niederschlage farblos dar- gestellt werden konnte. Die davon abfiltrirte Flüssigkeit, die schwach alkalisch reagirte, wurde mit Schwefelsäure neutralisirt, der grösste Theil des Alkohols davon abdestillirt und der Rest desselben im Wasserbade abgedunstet. Der Rückstand wurde mit Wasser ver- mischt, wodurch eine schwarzgrüne, halbflüssige Masse abgeschieden wurde, welche viel Chlorophyll enthielt, während sich eine gelbbraune Lösung bildete, die von ersterer abfiltrirt werden konnte. Diese Lösung enthält nun das Cocain als schwefelsaures Salz. Sie wurde mit kohlensaurem Natron versetzt , wodurch die Base in noch unrei- nem Zustande als brauner Niederschlag gefällt wurde. Der Nieder- schlag wurde mit Äther behandelt, welcher das Cocain mit Zurück- lassung der Unreinigkeiten auflöste. Nach demAbdestilliren des Äthers blieb es in Gestalt einer eigenthiimlich riechenden, noch grünlich-gelb gefärbten firnissähnlicheu Masse zurück, in der sich aber bald con- centrisch-strahligeKrystallisationen zu zeigen anfingen. Durch wieder- holte Behandlung mit Alkohol wurde es geruch- und farblos erhalten. Am besten krystallisirte es aus der Alkohollösung. wenn diese mit so viel Wasser versetzt wurde, dass ein Niederschlag zu entstehen anfing.

Das Cocain krystallisirt in färb- und geruchlosen kleinen Pris- men. In Wasser ist es schwer, in Alkohol leichter und sehr leicht in Äther löslich. Seine Auflösung in Alkohol reagirt stark alkalisch und besitzt einen eigenen bitterlichen Geschmack. Dabei übt es auf die Zungennerven die merkwürdige Wirkung aus. dass die Berührungs- stelle nach wenigen Augenblicken wie betäubt, fast gefühllos wird. Es schmilzt schon bei 98° C, und erstarrt dann wieder strahlig- krystallinisch. Stärker erhitzt, färbt es sich erst röthlich und zersetzt sich dann unter Entwicklung eines ammoniakalischen Geruchs. Nur ein sehr kleiner Theil scheint sich dabei unzersetzt zu verflüchtigen. Auf Platinblech erhitzt, verbrennt es mit leuchtender Flamme ohne Rückstand.

Über das Cocain , eine organische Base in der Coca.

Das Cocain neutralisirt die Säuren vollständig, indessen schei- nen die meisten Salze nicht leicht zu krystallisiren, sondern lange im amorphen Zustande zu verharren. Am leichtesten, feinstrahlig krystallisirt das salzsaure Salz. Salzsaures Gas wird von trockenem Cocain unter so starker Wärmeentwickelung gebunden, dass letzteres dabei schmilzt.

Die Lösung des salzsauren Cocain's ist durch folgende Reactionen charakterisirt.

Kaustische und kohlensaure Alkalien fällen daraus weisses Cocain, löslich im Überschuss von Ammoniak, nicht in dem von fixem Alkali.

Goldchlorid bildet einen hellgelben, dickflockigen Nieder- schlag , löslich in heissem Wasser, noch leichter in heissem Alkohol, woraus das Doppelsalz in glänzenden gelben Blättchen auskrystalli- sirt. Sehr merkwürdig ist sein Verhalten beim Erhitzen, indem es dabei ein Sublimat von Benzoesäure gibt.

Platin c hl ori d bildet einen gelbbraunen, flockigen Nieder- schlag, der rasch krystallinisch wird.

Quecksilberchlorid fällt eine weisse, amorphe Verbindung.

Phosphormolybdänsäure fällt weissgelb, flockig.

Pikrinsäure schwefelgelb, flockig, bald harzähnlich werdend.

Gerbsäure bewirkt für sich keine Färbung, aber auf Zusatz von Salzsäure entsteht sogleich ein dichter graulicher Niederschlag, der ebenfalls sich bald harzähnlich zusammenballt.

Jod wasser bewirkt einen kermesbrauuen Niederschlag.

[ 2 ü a i d i u g e r.

Sammlung recenter Conchylien.

Geschenk von Sir William Th. Denison in Sydney.

Bericht von dem w. M. W. Ilaidinger.

Es ist mir eine unabweisliche, aber zugleich höchst erfreuliche Pflichterfüllung , der hochverehrten Classe Nachricht ülier eine werthvolle Sendung von Conchylien zu geben , und zugleich dem hochverehrten ausgezeichneten Geher meinen innigsten Dank dar- zubringen für das freundliche Wohlwollen , das er uns fortwährend widmet. Seine Excellenz, Sir William Thomas Denison, könig- lich grossbritannischer General-Gouverneur von Australien, ist selbst ein höchst eifriger und kenntnissreicher Sammler recenter Con- chylien. Er hatte bereits eine Sammlung von 161 Species an die wissenschaftliche Commission der k. k. Fregatte „Novara" über- geben, als dieselbe in der Nahe von Sydney vor Anker lag. Mir hatte Sir William freundlichst einen Katalog der Sammlung über- sandt, und ich hatte die Ehre vor einem Jahre in unserer Sitzung am 10. Februar 18Ö9 (Sitzungsberichte, Band XXXIV, Seite 362) dieses schönen Geschenkes dankend zu erwähnen. Eine Abschrift des Kataloges überreichte ich an unsern hochverehrten Collegeu Herrn Director und Bitter V. Kollar vom k. k. zoologischen Hof- Cabinet.

Die neue Sendung , gevvissermassen eine Fortsetzung des früheren Geschenkes, hatte Sir William während der Zeit des Auf- enthaltes unseres hochverehrten Freundes Dr. Hochstetter in Neuseeland vorbereitet, und als dieser nun Anfangs October auf der Heimreise sich ihm wieder vorstellte, so übergab er demselben die Sammlung, nebst einem Verzeichnisse des Inhaltes zur Übergabe an mich, und in Folge dessen brachte Dr. Hochstetter die Gegen- stände selbst mit und überreichte sie mir nach seiner Ankunft. Ich beabsichtige nun dieselbe wieder an das k.k. zoologische Hof-Cabinet

Sammlung reeenter Conchylien. I l,\

zu leiten, und namentlich in erster Linie für das aus den Ergebnissen der Erdumsegelung in der Bildung begriffene „Novara-Museum". Dort wird erst die eigentliche wissenschaftliche Bearbeitung der- selben vorgenommen werden. Allein ich müsste als gewiss voraus- setzen, dass die Bearbeitung nur nach einem grösseren Massstabe, und vereinigt mit den reichen Ergebnissen der Aufsammlung der Herren selbst , welche die wissenschaftliche Commission bildeten, geschehen könnte, und so nebst der weniger in die Augen fallenden Stellung auch eine längere, in der That nicht zu beurtheilende Zeit hinausgeschoben werden müsste. Mir aber muss Alles daran liegen, die dankbarste Anerkennung dem hochverehrten Geber sobald wie möglich, und noch dazu im Schosse der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften selbst darzubringen, wo wir alle so lebhaften Antheil an den Fortschritten unserer Novara- Expedition nahmen. So bitte ich denn um freundliche Nachsicht, wenn ich nur eine ganz rasche Übersicht, mehr mit dem geographischen als dem eigentlich zoolo- gisch-wissenschaftlichen Interesse des Ergebnisses, der Sendung vorlege und um freundliche Entgegennahme meines Dankes an Sir William Denison.

Der Inhalt der schönen Sammlung trefflich erhaltener Exem- plare von 191 Species ist in dem nachfolgenden Verzeichnisse enthalten.

Die Anordnung der Species ist die in dem „Handbuch der Con- chyliologie und Malakozoologie von Dr. R. A. Phil ippi", gegen- wärtig in Santiago de Chile, vom Jahre 1853. Sie stimmt sehr nahe mit dem Verzeichnisse Sir W. Denison's, wenn sie auch von den Anordnungen von Gray, Reeves und dem neuen Werke von Henry und Arthur Adams „The Genera of Recent Mollusca", welche die sämmtlichen Mollusken -Familien umfassen, mehr oder weniger abweicht, aber ich glaubte, dass es wünschenswerth sein würde, Nachweisungen inBezug auf ein uns allgemein leicht zugäng- liches Werk zu vermitteln. Ich hielt mich streng an das letztere, wenn ich auch die Namen beibehielt, welche Sir W. Denison in seinem Verzeichnisse vorzog. Ich reihe nun die 89 Geschlechter in systematischer Folge an einander, bezeichne die Anzahl der Species in jedem der beiden Verzeichnisse durch eine Ziffer und füge die Loca- litäten bei, von welchen in dem einen und in dem anderen die freund- lichst gesandten Exemplare herrühren, wobei die in der zweiten

14 H a i d i n g e r.

Sendung, welche mit denen in der ersten übereinstimmen, nicht wieder- holt werden. So glaube ich in den wenigen Zeilen ein anschauliches Bild grosser Mannigfaltigkeit darlegen zu können.

Cl. Gastropoda. Ptectinibranchia. Pterocera, 3, 1, Südsee; Batavia.

Strombtis , 13, 6, Neu-Caledonia, Sharks-Bay (West-Australien) , Ceylon; Batavia, China, Neu-Caled. Seraphys, 0, 1, Neu-Caled. Conus, 0, 9, Südsee, Neu-Caled., Seychellen, Diego Garcia. Plenrotoma, 1, 4, Port Jackson, Batavia, China. Fasciolaria, 0, 4, Neu-Caled. Turbindia, 0, 1, Ceylon. Cynodonta, 0, 3, Neu-Caled. Latirus, 0, 1, Ceylon. Pyrula, 4, 2, Ceylon, China. Rapana, 0, 2, Neu-Caled., China. Murex, 7, 1, Neu- Caled., Ceylon; Batavia. Triton, 7, 2, Neu-Caled., Tasmania, Port Jackson; Amboina. Ranella, 2,2, Ceylon, Neu-Caled.; China, Diego Garcia. Persona, 0, 2, Amboina. Purpura, 11, 0, Neu-Caled.. Moreton-Bay, Ceylon. Ost-Australien. Ricinula, 4, 1, Neu-Caled., Indien, Moreton-Bay- Colum- bella, 7, 4, Ceylon , Sharks-Bay, Neu-Caled. , Ost-Australien , Tasmania, Port Jackson; Moreton-Bay. Pisania, 0, 2, Neu-Caled. Nassa , 0, 13, Indien. Tasmania, Neu-Caled., Feejee-Inseln , Adelaide S. A. , Sharks-Bay W. A. Moreton-Bay, Port Jackson, Vorgebirg der guten Hoffnung. Phos, 0, 1, Neu- seeland. — Buccinum, 1, 1 , Ceylon, Neuseeland. Cominella , 4, 0, Cap, Port Jackson, Bass Straits, Kempfinger Sund. Terebra, 6, 5, Neu-Caled., Indien, Südsee; rothes Meer. Cassis , 1, 3, Ceylon; Indien, Batavia. Cassidea, 1, 0, Ceylon. Dolium, 4, 2, Australien, Neu-Caled., Indien; China.

Malea, 1, 0, Australien. Eburna, 0, 2, China. Voluta, 0, 1, China. Mitra, 0, 3, Neu-Caled., Moreton-Bay. Oliva , 13, 5, Südsee, Indien, Neu- Caled., Ceylon, Schiffer-Inseln, Madagascar, Sharks Bay, Feejee-Inseln, Batavia.

Ancillaria, 1, 0, Neuseeland. Harpa, 3,1, Südsee, Neuseeland; China.

Cypraea, 0, 11, Südsee, Neu-Caled., indischer Ocean. Ovula, 0, 1, Südsee.

Turritella, 2, 2, Ceylon, Tasmania; China. Ceritkium, 0, 10, Neu-Caled., Madagascar , Port Jackson , Ost - Australien , St. Georges Sund . China. Paludina , 0, 3, Calcutta, Neuseeland. Melania, 1,4, Neu-Caled.; Feejees, Sandwich-Inseln, Madagascar. Planaxis, 4,0, Sharks-Bay, Neu-Caled., Indien. Morelon Bay. Litorina, 0, 5, Woodlark-Insel, Cap, Port Jackson, Mauritius.

Solarium, 0, 2, Mauritius. Jantitina, 0, 1, Australien. Natica, 0, 5. Australien, Neu-Caled.; Mauritius, Moreton-Bay. Phorus, 0, 3, Mauritius. Scu tibranchi a. Nerita, 0, 6, Australien. Neritina , 0, 2. Feejees, Mau- ritius. — Elea, 0, 1, Neuseeland. Turbo, 0, 3, Neu-Caled., China. Mono- donta , 0, 1, China. Bankivia, 1 , 0, Port Jackson. Cycl obranchia. Chiton, 0, 1, Port Jackson. Tectibranchi a. Dolabella, 0,1, Neuseeland.

Bulla, 0, S, Indien , Neuseeland, Moreton-Bay , China. Pulmonaria. Helix, 3, 13, Australien, Neu-Seeland, Ceylon; China, Nord-Australien, Neu- Georgien, Percy-Inscl, Norfolk-Insel. Partula. 0, 2, Neu-Caled. Bulimus, 0. 2, Neu-Caled. , Salonions-Inseln, Neuseeland. Achatina, 0, 2. Madagascar. Mauritius. Scarabus, 1, 0, neue Hebriden. Anricula, 0 , 1 , N. S. Wales.

Conovolus, 0,2, Neu-Caled., England. Physa, 1. <*, Neu-Caled. Aniphi-

Sammlung recenter Conchylien. \ \\

bola, 0, 1, N. S. Wales. Cycloslonta, 0, 1, Mauritius. Pteropoda. Theco- somata. Hyaloca, 0, 1 , südlicher stiller Ocean. Conchiferae. Dimyaria, Venus und Cytherea, 7, 7, Neu-Caled., Sharks-Bay; Tasmania, China. Circe. 0, 3, China. Tapes, i, 5, Neu-Caled. , Ceylon, Indien, China. Donax, i, 0, Ost-Australien. Teilina, 2, 0, Neu-Caled., Ost- Australien. Psam- mobia, 0, 1, Port Jackson. Maetra, 1, 0, Port Jackson. Cyelas, 1, 0, Neu- Caled. Cardium, 2, 2, Sharks-Bay; Moreton-ßay. Ilemicardium, 0, 2. Neu-Caled. Lucina, 1, 0, Neu-Caled. Cardita, 1, 0, Neu-Caled. Area, 0, 3, China. Pcetunculus, 0, 1, N. S. Wales. Unio, 0, 2, China. Deteroiujaiia, Mytilus, 0, i, China. Lithodomus, 0,2, Neu-Caled. IHuiioiiiyaria. Avicula, 0, 1, N. S. Wales. Peeten. 2, S, Neu-Caled.: China, Amhoina. Spondylus, 0, 2, China.

Nur in einzelnen Fallen sind die speeitischen Namen beigesetzt. Sir William bemerkt, dass er selbst für die Namen der Genera nicht für jeden Fall ganz sieber ist. Dies muss wohl um so mehr der Fall sein, als auch in dieser Abtheilung naturhistorischer For- schungen die immerwährenden Entdeckungen und das fortschrei- tende Systematisiren grosse Mengen von neuen Namen geschaffen haben und viele der vorliegenden Gegenstände erst durch den Unter- nehmungsgeist des hochverehrten Gebers aufgesammelt wurden, durch Anwendung von Schleppnetzen, durch stets sich mehrende Verbindungen von Sydney aus mit Sammlern, ohne dass die Stücke erst durch die bestimmenden Kräfte der Forscher im Mutterlande die Namen der allerneuesten Periode erhalten hätten. Sir W. Deni- son hebt in einem freundlichen Begleitschreiben an mich hervor, wie viele der Species von ganz neuen Aufsammlungen, von Neu- Caledonien und den zunächst um den Mittelpunkt Sydney umher- liegenden Inseln des stillen Oceans herrühren, und Australien selbst ein reiches Feld dem Naturforscher darbietet, das in Bezug auf Con- chyliologie fortwährend neue Entdeckungen, neue Species und neue Genera bringt. Er wird gerne auf den Wunsch unserer Forscher für ausführlichere Mittheilungen in speciellen Richtungen sorgen. Er gab auch Herrn Dr. Hochstetter einige Exemplare der oben erwähnten Helix von Neu-Georgien, welches kürzlich von einem unternehmenden Sammler besucht wurde, der auch den naturhistori- schen Gegenständen seine Aufmerksamkeit schenkte, während er vorzüglich auf Sandelholz und Eiche de mar ausging.

Sir W. D e n i s o n bereitet manche wichtige Werke zur genaueren Kenntniss der Naturproducte der Colonien vor. Er selbst

1 ({ H a i d i n g e r.

ist mit mikroskopischen Untersuchungen, namentlich der Zahnsysteme der Mollusken beschäftigt, welche so oft bei neben einander lebenden, sonst sehr ähnlichen Species ganz verschieden sich darstellen. Es werden von denselben auch photographische Bilder angefertigt, die sehr hoffnungsvoll ausfallen, und gute Erfolge in Aussicht stellen. Vergrösserte Photographien der Holzarten der Colonien werden ebenfalls gefertigt, und namentlich ist Capitän Ward in dieser Rich- tung beschäftigt. Sie sind vor der Hand bestimmt, in Herrn Professor M ü 1 1 e r's in Melbourne grossem botanischen Werke über die Victoria- Pflanzen herausgegeben zu werden. Einsendung der Ergebnisse ist uns freundlichst zugesagt.

Sir William Denison ist es auch, der den Antrag zur Heraus- gabe auf Kosten der Regierung einer „Naturgeschichte der briti- schen Colonien" in Gang gebracht hat, welche von den Gesellschaften in England auf das Nachdrücklichste unterstützt worden ist. Ich kann es mir nicht versagen hervorzuheben, wie Sir William in seinem freundlichen Schreiben vom 2. December 1859 erwähnt, dass er meines hochverehrten Freundes Herrn Directors und Commandeurs Dr. M. Hörn es prachtvolles Werk über die fossilen Mollusken des Tertiär-Beckens von Wien (tlic magnificent work on the fossils of the tertiary strata) bei dieser Veranlassung als ein nacbahmens- werthes Muster der Vorgänge dargestellt hat. Ich werde hier nicht den Gegensatz hervorheben in derBeurtheilung eines Werkes, welches dort als ein Ehrenzeichen für unsere Staats -Verwaltung betrachtet wird, während es hier in seiner Ausführung so manches schwer zu überwindende Hinderniss gefunden hat. Aber ich freue mich, dass wenigstens von Aussen her die Anerkennung des Werthes seiner Arbeit meinem hochverehrten Freunde nicht gefehlt hat. So schön dies für ihn genannt werden muss, so lässt sich doch nicht leugnen, dass es anregender für den Fortschritt der Wissenschaften in unserer Mitte wäre, wenn inländische Anerkennung, die Anerkennung durch selbstständiges Urtheil in nächster Nähe als Massstab für das Urtheil in fremden Ländern hingestellt werden könnte.

In Bezug auf unsern hochverehrten Freund Herrn Dr. Hoch- stetter und seine so höchst anregenden Forschungen in Neusee- land bemerkt Sir William, er hoffe, Dr. Hochstetter würde hin- längliche Unterstützung zur Herausgabe seiner Werke an Berichten und Karten linden, wo nicht in Deutschland, doch gewiss in England

Sammlung' recenter Conchylien. \ 7

(if not in Germany at all cvents in England). Auch Sir Rode- rick Murchison schreibt unter dem 7. Februar, er hoffe, der Zustand der kaiserlichen Finanzen werde nicht die Herausgabe so wichtiger Forschungen verhindern (the State of the Imperial Finances will not prevent the pablieation of such important researches). Wohl dürfen wir uns um des Kernes der Sache wegen dieser Theünahme in den beiden Hemisphären freuen , wenn sie auch bei dem Seiten- blicke auf die Möglichkeit eines Mangels an der erforderlichen Kraft wieder etwas Beengendes hat. Wie immer aber die Verhältnisse sich gestalten mögen, so dürfen wir denn doch wohl hoffen , dass das Erkenntniss der Pflicht, zu arbeiten, auch fortan seine Stelle behaup- ten wird. Nur wer arbeitet, hat Anspruch auf Anerkennung, aber diese wird ihm auch gewiss, wenigstens von entfernten theilneh- menden Freunden nicht versagt, wie uns die eben erwähnte Thatsache in Bezug auf unsern hochverehrten Freund Hörnes beweist.

Die höchste Theünahme für die grossen Ergebnisse zu erwecken geeignet sind die vorläufigen Nachrichten über „Dr. Ferdinand Hochstetter's Reise durch die nördliche Insel Neuseelands, 5. März bis 24. Mai 1859, von J. F. Haast in Auckland" in der so eben von Herrn Dr. A. Petermann mir freundlichst übersandten Nr. III seiner rühmlichst bekannten „Mittheilungen u. s.w." Ich darf ihrer wohl dankbar hier gedenken, wenn auch nicht näher auf den Inhalt eingehen, da sie in einem vielverbreiteten Werke sogar in deutscher Sprache vorliegen.

Sitzb. d. inathem.-natiirw. Cl. XL. Bd. Nr. 7.

j $ II a i d i n g e r.

Der Hörnesit, eine neue von Herrn Professor Dr. G. A. Ke n ng ott bestimmte Miner alspecies.

Von dem vv. M. W. Haidinger.

Der Zweck der gegenwärtigen Mittheilung ist die Berichter- stattung über die Ergebnisse meiner eigenen mineralogischen Ver- gleichungen, angeknüpft an die Mittheilung des Begründers der Sjrecies, welche ich auf Veranlassung des Herrn Prof. Kenngott in der Sitzung der k. k. geologischen Reichsanstalt am 28. Februar vorgelegt hatte. Es wird mir daher heute gelingen, Einiges, nament- lich was die regelmässigen Formen betrifft, näher zu umschreiben, eine Angabe des specifischen Gewichtes beizufügen, so wie endlich die numerischen Ergebnisse der chemischen Analyse, welche wir Herrn Karl Bitter von Hauer verdanken.

Als Einleitung gebe ich in wenigen Worten die Geschichte der Aufstellung der Species. Unser hochverehrter Freund, Herr Professor Kenngott, damals noch am k. k. Hof-Mineraliencabinet , hatte längst das gewisse specifisch-charakteristische Ansehen aufgefasst, das einem Exemplare aus dem Banale zukam, welches in der grossen Sammlung daselbst als krystallisirter Talk aufgestellt war. Es stammte aus der van der NülFschen Sammlung und war dort früher auch als solcher von unserem verewigtem Mohs besehrieben worden. Kenngott hatte die Bestimmung nicht vollendet, als er Wien ver- liess und dem Rufe nach Zürich folgte, docli hatte er ganz kleine abgetrennte Fragmente, die ihm früher zur Untersuchung gedient hatten, mit sich genommen. Er selbst hatte schon früher die Gegen- wart von Wasser und Magnesia erkannt, und diese wurde auch von Herrn Karl Bitter v. Hauer bestätigt. Eine vollständige qua- litative Untersuchung war nicht gemacht worden. Versuche in Zürich, mitganz kleinen Splittern vorgenommen, waren ebenfalls nicht vollkommen zufriedenstellend. Herr Dr. Ken ng o tt sandte nun, mit dem WTunsche, dass doch eine vollständige quantitative Analyse ver-

Der Hörnesit.

19

anstaltet werden möge, seinen vorläufigen Berieht über die Bestimmung, so weit sie vorlag, an Herrn Director Hörnes ein und überliess ihm und mir die Bildung eines specifischen Namens. Ich wählte den Namen Hörnesit, um von meiner Seite an dieser Species die Erinnerung der freundlichsten Beziehungen festzuhalten, welche zwischen dem aus dem Verbände des k. k. Hof-Mineraiiencabinets geschiedenen gedie- genen Mineralogen und dem ausgezeichneten Director dieses reichen Museums, meinem hochverehrten Freunde, Herrn Dr. M. Hörnes noch gegenwärtig unverändert stattfinden. Gerne suche ich gesellschaft- liche und historische Beziehungen dieser Art in den Namen zu bewahren. Der Name des Gebers bleibt ohnedem für spätere Zeiten mit dem Namen der Species verbunden. Es hat mir immer eine Art von Hero- stratismus geschienen, wenn Personennamen bios um des Umsfandes Willen, dass sie eben Personennamen sind, von mineralogischen Nomenciatoren unterdrückt, und dafür andere oft wenig charakteri- stische Namen vorgeschlagen worden sind. Es schien, als wolle man dahin streben, dass nur der Name des Nomenciators in der Geschichte der Entwickelung der Wissenschaft übrig bliebe.

Aber ich wünschte nun auch selbst nach Linne's Princip „Verus Botanicus oculis propriis , qua singularia sunt, observat, nee stia solum ex auetoribus compilat (Grit. Bot. )•' auf den mine- ralogischen Fall angewandt, jenes von Kenngott deutlich bezeich- nete Stück in der Wirklichkeit zu vergleichen. Herr Director Hörnes vertraute mir es freundlichst an, und ich freue mich heute schon das Ergebniss meiner Untersuchung vor- legen zu können.

1. Form. Augitisches Krystallsystem. Krystall -Indi- viduum bis zur Länge von einem halben Zoll, bei einer Breite von einer halben Linie sind in sternförmig im Bruche erscheinenden Gruppirungen auf einer Unterlage von Kalk- spath in Hohlräumen aufgewachsen , doch berühren sie sich gegenseitig fast in der ganzen Länge, so dass nur etwa ll/z Linie lange, sehr spitzwinkelige Blättchen in die noch unerfüllten Drusenräume hineinreichen. Die allgemeine Form ist der gewöhnlicher Gypskrystalle ungemein genähert, nur dass der scharfe Winkel der rhomboidischen Blättchen viel spitziger ist, er beträgt am Gyps 52° 16', während ich durch gra- phische Messung für den Hörnesit freilich nur als Annäherung 36°

Y\i

:P:

20

II a i (1 i n g e r.

fand. Überhaupt war es sehr schwierig, nur einigermassen eine Schätzung zu gewinnen, doch glaube ich, ist es vortheilhafter, annä- hernde Winkelmaasse und möglichst naturgetreue Zeichnungen zu geben, als sich nur mit Beschreibung zu begnügen.

Ich habe in der Fig. i die Flächen mit den am Gyps gewohn- ten Buchstaben bezeichnet.

Folgende sind die Winkelmaasse:

Am Hö'rnesit

Am Gyps (nach Miller)

/"gegen f, anliegend . .

I gegen l, anliegend . .

f - l

Kante -^ gegen Kante

107° 152

144

111' 143

42' 42

127 44

Fior. 2.

Bei dem Umstände, dass die Winkelmaasse nur die Ergebnisse erster Annäherung sind, schien es mir noch nicht an der Zeit, Linear- Ab messungselemente der Krystallformen zu berechnen. In der That sind die Krystallblättchen so fein und zugleich auch in nahe paralleler Stellung fächerförmig anein- ander gewachsen, dass ich, was ich fand, nur als ein vorläufiges Bild darzustellen wünsche. Es gelang mir übrigens auch in den dünn- sten Krystallblättchen die Lage der optischen Elasticitätsebenen zu erkennen und graphisch zu schätzen. Sie stimmen nicht mit irgend einer der Seiten der rhomboidischen Blättchen AB oder BC überein, sondern haben, ähn- lich wie im Gyps abweichende Lagen. So fand ich den Winkel A BE ungefähr = 15°, wo BE der Durchschnitt einer der Elasticitäts- ebenen ist. BD senkrecht auf BE ist der Durchschnitt der zweiten Elasticitätsebene. In einer und der andern Richtung ist das Licht vollständig absorbirt, wenn die Polarisations- ebenen der zur Untersuchung angewendeten Apparate gekreuzt sind. Zu den mineralogisch-optischen Untersuchungen, wie die gegen- wärtige, bediene ich mich eines kleinen, wenig kostspieligen Appa- rates (Fig. 3), den mein hochverehrter Freund Herr Professor J. Schabus nach meiner Angabe durch Herrn Opticus Prokesch

Der Hörnesil.

21

ausführen liess. Das Stück AB ist eine Spiegelglasplatte, BC ein Stück Spiegel. Bei B und bei C sind Charniere, so dass man das hellste Licht in senkrechter Richtung vor sich hat. Zusammen- geklappt ist der Apparat nur zwei Zoll lang, einen Zoll breit und einen halben Zoll hoch. Bei D wird eine Turmalinplatte mit Wachs aufgeklebt. Bei E legt man auf den durchsichtigen Tisch AB die zwischen zwei Glastafeln mit Balsamkitt eingeklebten Krystall- blättchen. Man betrachtet nun dieselben von oben in der Richtung ED durch eine dichroskopische Loupe. Wenn im schwarzen Felde der Krystall ebenfalls schwarz erscheint, verschwindet, ist die Lage der Elasticitätsaxe gefunden. Im hell erleuchteten Felde ist aber das Blättchen in seinem Umrisse pio. 3

sichtbar. Man kann also, indem e

der ganze Vorgang so geleitet j_n wurde, dass der hier erwähnte kleine Spiegeltisch auf ein Blatt weisses Papier gelegt wird, auf dem letztern ein Lineal ein- mal parallel den Seiten der viereckigen Lichtöffnung der Loupe und dann parallel den Kanten der Krystallblättchen auflegen und die Lage durch einen Bleistiftstrich bezeichnen, und so den Winkel finden, welchen die Elasticitätsebene mit einer Ebene durch die Seite des Blättchens einschliesst. Dass so etwas nur eine unge- fähre Schätzung gibt, ist wohl augenscheinlich, aber es ist doch diese besser, als auf die Kenntniss zu verzichten, welche man solcher- gestalt erhalten kann.

Auf diese Art schätzte ich den Winkel ABE= 15°. Da nun ABC= 144» ist, in runder Zahl, so bleibt MBC= 144° 105° = 39o und FMB = 51°. Nun ist aber beim Gyps der Winkel FBÄ 127» 44', die Lage des Durchschnittes der einen der Elasticitäts- ebeneu mit der Fläche AB CD aber, FMB' = 37» 8'. Der W7inkel BMB', der Unterschied der Lage der Elasticitätsebenen in den beiden Species Gyps und Hörnesit ist also = 51° 37° 8' = 13° 52', was doch auch, so wenig es als letzte Grenze der Genauig- keit angesehen werden kann, ebenfalls eine grosse Übereinstimmung in dem allgemeinen augitischen Charakter der regelmässigen Formen des Hörnesits beweist.

22 Hai ding er.

Die Oberfläche der Krystalle ist schwach gestreift , parallel der Längenrichtung oder den Durchschnitten von F und P, (oo A und oqÜ), fast nur auf den letzteren zu sehen, da die Individuen doch gar zu klein und dünn sind. Parallel der P-Fläche vollkommenste Theil- barkeit. Das Gesammtansehen auf dem Bruche der kugelförmig zusammengehäuften Krystalle erinnert lebhaft an den Pyrophyllit in den dünnsten Blättchen.

Masse. Weiss. Die Krystalle durchsichtig und der Form ent- sprechend optisch zweiaxig. In dickeren Stellen durchscheinend. Auf den Theilungsflächen vollkommener Perlmutterglanz. Höchst milde und die dünnen Blättchen biegsam. Härte = OS bis 1*0. Es ist nicht möglich, mit einem Stückchen Hörnesit den Talk der Härtestufe 1-0 zu ritzen. Gewicht gefunden = 2 474 bei 13° R.

Materie. Über die chemische Natur des Hörnesits verdanke ich Herrn k. k. Hauptmann Karl Ritter v. Hauer, Vorstand des chemischen Laboratoriums der k. k. geologischen Reichsanstalt, die nachstehende Darstellung:

„Das Mineral ist in Wasser nicht, aber in Säuren leicht und ohne Rückstand auflöslich. Durch Glühen wird die Löslichkeit nicht geändert. Es zeigt nach dem Erhitzen eine blassbläuliche Färbung.

Die Lösung gab nach Erhitzen mit schwefliger Säuren und Ein- leiten von Hydrothion einen reichlichen Niederschlag von Arsen- sülfür. Die Säure dieser Verbindung ist sonach Arsensäure. Die nach Abscheidung der Arsensäure neutralisirte Flüssigkeit gab mit oxal- saurem Ammoniak keinen Niederschlag, wohl aber mit phosphor- saurem Natron und Ammoniak, wodurch die Gegenwart von Magnesia constatirt wurde.

Proben auf andere Bestandteile ergaben ein entschieden nega- tives Resultat.

Beim Erhitzen der Substanz in einer Probirröhre entwickelt sich viel Wasser, welches nicht reagirt.

Die constituirenden Bestandtheile sind sonach: Magnesia, Arsensäure und \\ asser, und es zeichnet sich das Mineral durch einen besonderen Grad von Reinheit aus.

Die quantitative Abscheidung der Beskuidtheile geschah in gleicher Art wie jene, welche zur Erkenntniss ihrer Gegenwart

Der Hörnesit. 23

führte. Das nach der Reduction durch Hydrothion gefällte Arsen- sülfür wurde in Königswasser gelöst und die hiedurch reproducirte Arsensäure mittelst einer Auflösung von schwefelsaurem Magnesia und Ammoniak gefällt. Die Magnesia wurde als phosphorsaure gewogen.

Im Wasserbad verliert das Mineral nur eine sehr geringe Menge Wasser (0*66 Procent), die ganze Menge aber noch unter der Glühhitze.

Resultate der Analyse.

0-906 Gramm gaben 0'600 Gramm zweibasisch phosphorsaure

Magnesia = 2386 Procent Magnesia. 1-828 Gramm gaben 1-280 Gramm zweibasisch phosphorsaure Magnesia = 25-23 Procent Magnesia. Im Mittel 24-54 Procent Magnesia. 1-035 Gramm verloren durch Erhitzen 0-303 Gramm = 29-27

Procent. 1098 Gramm verloren durch Erhitzen 0-317 Gramm = 28-87 Procent.

Im Mittel 2907 Proceut Wasser. 1-828 Gramm gaben 1400 Gramm (H4N0.2MgO) As05 + HO = 46*33 Procent Arsensäure.

In 100 Theilen sind sonach enthalten:

Magnesia . . . 2454 ( 1 227 305 = 3

Arsensäure . . 4633 Äquivalente l 0402 1 =1

Wasser . . . 2907 ' 3230 803 = 8 99-94

Die Substanz ist sonach dreibasiscb arsensaure Magnesia mit 8 Äquivalenten Wasser nach der Form-

SMgO.AsO; + 8HO.

Berechnet Gefunden

3 Äquivalente MgO 00 24-29 24-54

i As05 115 46-55 46-33

8 HO 72 2915 29-07

247 99-99 99-94

Von natürlichen Vorkommen arsensaurer Verbindungen, die einige Analogie in chemischer Beziehung mit dem Hörnesit zeigen, sind folgende bekannt:

24 Haidinger.

1. Pharmakolith 2CaO.As05 -f 6HO.

r. ii.

Arsensäure . . . 50'54 45-08

Kalkerde .... 2500 27-28

Wasser 24-46 2386

10000 9682

I. Von Wittichen im Fürstenbergischen analysirt von Klap- roth (Beiträge III. Bd., S. 277); II. von Andreasberg analysirt von John (Gehlens' Journal für Chemie und Physik III. Bd., S. 537).

Eine krystallisirte Varietät des Pharmakoliths von unbekanntem

Fundorte untersuchte Turner und fand :

7901 arsensaure Kalkerde, 20-99 Wasser,

10Ü-ÜO (Poggendor f f's Ann. Bd. V, p. 188.)

2. Haidingerit 2CaO.As05 + 4HO. Turner fand :

81)681 arsensaure Kalkerde, 14-319 Wasser, 100000

Pikropharmakolith von Biechelsdorf in Hessen

££ } **•<>• + 12H0

nach Stromeyer's Analyse (Gilberts Annalen 61. Bd., S. 18o) 46-971 Arsensaure, 24-646 Kalkerde,

3-223 Talkerde,

0-998 Kobaltoxyd, 23-977 Wasser, 99-815

Berzeliit, enthält nach Kühn (Ann. der Pharm. Bd. 34, S.211) 58-51 Arsensäure, 23-22 Kalkerde, 15-68 Talkerde,

2-13 Manganoxydul,

0'30 Kohlensäure und eine Spur Eisenoxyd,

99-84 Dies entspricht der Formel:

(3CaO.As05) + (3MgO.AsOs). Beine arsensaure Magnesia wurde also bis jetzt noch nicht aufgefunden , aber auch auf künstlichem Wege wurde dreibasisch arsensaure Magnesia noch nicht dargestellt."

Der Hörnesit. J25

Splitter von Hörnesit schmelzen schon in der Kerzenflamme. Als Erscheinungen vor dem Lötlirohre könnten noch erwähnt werden, dass mit Kohaltsolution die rosenrothe Färbung den Magnesia- gehalt anzeigt, sowie dass mit kohlensaurem Natron und Kohle gemengt, nicht nur im Beductionsfeuer der Arsenikgeruch wahr- genommen wird, sondern in der Glasröhre auch ein reiches Sublimat von Arsenik sich metallisch absetzt.

In einem späteren Schreiben an Herrn Üirector Hörnes sagt Kenngott über die Stellung im Systeme, dass das Mineral wohl in die von ihm „Monoklashaloide'^ genannte Abtheilung passen würde, was wohl auch ganz in der Natur der Species gegründet ist.

In demselben Schreiben äussert Herr Professor Kenngott, dass er der in dem Kalkspath eingewachsen erscheinenden Granat- krystalle wegen Oravitza für den im „Banat" näher zu bezeichnen- den Fundort halte. In dem grössern Stücke in dem k. k. Hof-Mine- raliencabinet zeigen sich sehr schön ausgebildete durchsichtige Granatoide von blass spargelgrünem Granat. Der Fundort der in dem blauen Kalkspath eingewachsenen braunen Granatkrystalle ist wohl eigentlich Cziklowa bei Oravitza, mit dein bekannten Wollastonit verwachsen und von Apophyllit seeundärer Erzeugung in den Drusen- räumen begleitet. Auch der Hörnesit erscheint in Drusenräumen zwischen Kalkspath, aber die Farbe des letztern zieht doch noch viel mehr in das Graue. Es verdient übrigens gewiss alle Beachtung, dass der Kalkspath selbst in grossen bis zwei Zoll Seite der Bhom- boeder der Theilbarkeit haltenden Individuentheilen in einem Drusen- raume gebildet zu sein scheint, indem noch Eindrücke von Kry- stallen, welche früher bestanden, von der dem aufgewachsenen Hörnesit entgegengesetzten Seite in dem Kalkspath übrig geblieben sind. Sie sind gegenwärtig noch zum Theil mit einer erdigen gelb- lich-grauen milden Masse erfüllt, welche nach Herrn Karl v. llauer's Untersuchung ein Thonerde-Silicat ist.

Die Form der ursprünglichen Krystalle ist die von wohlgebil- deteu, regelmässigen Oktaedern. Ob sie von Magneteisenstein her- rühren, der in jenen Gegenden so vielfällig einheimisch ist? Waren es vielleicht Magnoferrite, inagnesiahallige Magneteisensteine, wie sie uns mein hochverehrter Freund Bammelsberg kennen gelehrt (Pogg. Ann. 1859, Bd. 107, S. 454), die von einem Gemenge von Schwefelsäure und Arseniksäure aus verwitterndem Arsenikkies

26 H a i d i n g e r. Der Hörnesit.

zerlegt wurden, wobei ein Theil der neu gebildeten Körper zurück- blieb, ein anderer löslicherer Theil hinweggeführt wurde? Übrigens findet sich auf demselben Stücke auch noch deutlich frischer, unver- änderter Magneteisenstein, aber derb, nicht in Krystallen , in kleine- ren Partien zwischen den Kalkspaththeilen. Man sieht, das Exemplar der von unserem hochverehrten Freunde, Herrn Professor Kenngott neu bestimmten Species, welcher den Namen „Hörnesit" beizulegen mir durch eine besondere Gunst der Verhältnisse beschieden war, ist in gar vieler Beziehung anregend und wichtig, und es ist recht sehr wünschenswerth, dass man mehrere Stöeke in älteren Samm- lungen auffinden oder durch neuere Anbrüche erhalten könnte, um noch fernere Studien anzuknüpfen.

v. Littrow. Über das Mikrometer mit lichten Linien etc. Cl

Über das Mikrometer mit lichten Linien bei den Wiener Meridian-Instrumenten.

Von dem w. M. Karl v. Littrow.

(Mit i Tafel.)

Eine längere Erfahrung mit dem Mikrometer, das ich in seinen Einzelheiten und mit der Geschichte seiner Entstehung vor einiger Zeit zur Kenntniss der Akademie *■) gebracht, hat auf eine eigenthüm- liche Schwierigkeit geführt, die sammt deren Lösung hier mitzutheilen ich für meine Pflicht halte.

Um jenen Lesern, welche meinen früheren Aufsatz nicht zur Hand haben, sofort versländlich zu sein, erwähne ich vor Allem, dass es sich um Hervorbringung lichter Linien im dunklen Gesichtsfelde eines Fernrohres handelt. Im vorliegenden Falle wurde dies dadurch erreicht, dass man die Fassung des Rohres beiläufig in der Mitte seiner Länge durchbrach und vor die Öffnung eine mit einem Gemenge von Kopalfirniss und feinem Lampenrusse überzogene Glasplatte brachte, auf welcher gewisse Linien geritzt, also vom Überzüge befreit und wieder durchsichtig gemacht wurden. Ein im Inneren des Roh- res und hinter jener Platte angebrachter Spiegel leitete das durch eine Lampe erhellte Rild der Ritzen auf ein kleines seitlich vom Hauptlichtkegel desTeleskopes ebenfalls im Inneren desselben belind- liehes Objectiv , das in der Ebene des Brennpunktes jene Ritzen in Form von lichten Linien sichtbar machte.

Dem verfolgten astronomischen Zwecke gemäss waren bei der zunächst für Meridian-Instrumente bestimmten Vorrichtung die Ritzen in zwei auf einander senkrechteu Lagen gezogen , so dass sich im

Jj Sitzungsberichte der k. Akad. d. Wiss. mathem.-naturw. Cl. Bd. XX, S. 253.

ÄÖ V. L i 1 1 r o \v.

Gesichtsfelde horizontale und verticale lichte Linien zeigten. Die belegte Glasplatte und der Spiegel wurden in der auf das Fernrohr senkrechten Hauptdrehungsaxe des Instrumentes und so angebracht, dass die horizontalen Linien parallel zu derjenigen Ebene lagen, welche durch die optische Axe des Fernrohres und die Rotationsaxe geht.

Da die gewöhnlichen, von lichtem Hintergründe sich schwarz abhebenden Fäden nicht zu entbehren sind und immer als die eigent- lichen Ausgangspunkte der Messung gelten müssen, so kam es darauf an , die Distanz der lichten Linien von diesen Faden zu bestimmen. Da fand es sich nun bald, dass der Abstand der verticalen lichten Linien von den verticalen Fäden bedeutender Veränderlichkeit unter- liege, während die gegenseitige Lage der horizontalen Linien und Fäden immer nahezu dieselbe bleibt. Da vermöge der Construction des Instrumentes für die Bestimmung der letzteren Lage der Kreis an der Axe benützt werden konnte, während man jenen Abstand, der verticalen Linien und Fäden durch Sternvorübergänge mass, so schrieb ich anfangs jene wahrgenommene Veränderlichkeit der Unvollkom- menheit dieser Methode zu, und sorgte desshalb für Anbringung eines Schraubenmikrometers, das durch zwei auf einander senkrechte bewegliche Fäden sowohl die eine als die andere jener Distanzen auf das schärfste zu bestimmen erlaubte. Da diese Vorrichtung von der Werkstätte des hiesigen polytechnischen Institutes mit seltener Meisterschaft ausgeführt wurde , und auch in anderen Beziehungen von grossem Nutzen ist, so glaube ich hier eine kurze Beschreibung derselben einschalten zu müssen.

Fig. 1 gibt die vordere Ansicht des Apparates in natürlicher Grösse nach Abhebung der in Fig. 2 ersichtlichen Deckplatte AB, in welche bei V, W das Ocular geschraubt wird. Fig. 2 stellt den Durchschnitt durch die Rectaseensionsschraube GL dar. CD ist die fixe Platte der gewöhnlichen Fäden; die vier Schräubchen an den Ecken dieser Platte (Fig. 1) haben kleine Spielräume, um durch die dni Schrauben E die Fällen collimiren zu können. Hierzu dient eigentlich die mittlere Schraube bei gelösten Seitenschrauben, welche erst nach gehöriger Stellung der Platte zur Fixirung dersel- ben angezogen werden. FGJ1 ist die Gabel, welche den beweglichen Doppelfaden trägt, und in die bei G die Mikrometerschraube L ein- greift. Spiralfedern bei T,F,J1 vermitteln den richtigen Gang der

Über das Mikrometer mit lichten Linien etc. ä9

betreffenden Schieber. J, K sind die beiden an der inneren Seite abgeschrägten Leisten, zwischen denen die Gabel FGH läuft. In ganz analoger Weise ist der Theil der Vorrichtung, welcher für die Declinationsschraube 31 dient, unter der Platte CD der gewöhnlichen Fäden angebracht. Zwei Backen N, 0 nähern den betreffenden beweg- lichen Faden den anderen beiden Systemen. P, Q (Fig. 2) sind die den Leisten J,K (Fig. 1) analogen Stücke, so wie R, S die untere Gabel für den wieder doppelten Deelinationsfaden, und mit dieser die Backen N, 0 unveränderlich verbunden. U endlich ist die Platte, auf welcher die sämmtlichen Apparate befestigt sind.

Der Werth einer Revolution der Rectascensionsschraube des Mikrometers beträgt 46v2548, der der Declinationsschraube 46r3043 ; die Trommeln beider Schrauben sind in 100 Theile getheilt, das Zehntel eines Intervalles lässt sieh noch ganz wohl schätzen, so dass man an sich bei unserem Fernrohre (von 50'" Öffnung, 63" Brenn- weite und ISOmaliger Vergrösserung) etwa 0r05 messen könnte. Zur Beurtheilung der Sicherheit dieser Messungen, bei welchen immer die fixen Fäden so wie die lichten Linien zwischen den beweglichen Doppelfaden gestellt wurden , also, jedem einzelnen Resultate bei den vertiealen Linien zwei, bei den horizontalen vier Einstellungen zu Grunde lagen, theile ich hier und zwar absichtlich für die vertiealen Fäden ein paar Reihen von Bestimmungen mit:

Distanz zwischen dunklem Hau|i(fa<lcn und lichter Mittellinie.

1859, Sept. 13: 2S603 1859, Sept. 27: 2?791

2o75 2-769

2-57Ü 2-809

2-553 2-782

2-603 2-782

2-519 Mittel . . 2-787

Mittel . . 2-571

So vorzüglich dieses Mikrometer auch arbeitete, konnte man sich doch bald überzeugen, dass jene Variabilität damit nicht wegzu- bringen sei. Nachstehende Zusammenstellung gibt die innerhalb eines Jahres bei Gelegenheit der Beobachtungen am Meridianskreise von dem mit diesem Instrumente betrauten Assistenten, Herrn M. Alle, gemachten Messungen. V bedeutet die Distanz der vertiealen lichten Mittellinien von dem vertiealen Hauptfaden in Zeitsecunden, // eben

30

v. L i t t r o w.

so die gegenseitige Entfernung für die horizontalen lichten Linien und Fäden in Bogensecunden. In der letzten Columne erscheinen die notirten Temperaturen, da die Vermuthung eines Einflusses von dieser Seite nahe lag1.

1858

V

n

Mai

IS.

3M24

86r95

18.

3-139

87-65

Juni

4.

3-201

86-86

5.

3 145

87-45

8.

3 145

86-76

9.

3163

86-53

li.

3 123

86-26

14.

3- 176

86-21

15.

3161

8612

30.

3-173

86-90

Juli

6.

3-161

86-81

9.

3- 126

87-09

19.

3-154

86-40

Aug.

13.

3-049

86-40

14.

3-072

86-99

ii;.

3-028

86-40

Sepf

13.

3 028

86-40

14.

3-068

86-86

11).

3-034

88-II6

Oct.

7.

2-570

86-17

8.

2-599

86 49

j-1292 13-0 16-4 15-9 17-0 18-4 18-8 20-0 19-6 16-2 17-8 1S-2 18-6 ISO 18-0 17 0 160 15-0 15 0 13-0 13-0

Mau sieht hier auf den ersten Blick, welchen grossen Schwan- kungen die Grössen V ausgesetzt sind, während H kaum grössere Verschiedenheiten zeigt, als man eben wegen unrichtiger Einstellung, kleiner Unvollkommenheiten der MikrometerschiMube etc. für unver- meidlich wird gelten lassen müssen; jene Varianten betragen in maximo 0-631 = 9r465, während diese nur 2 '54 erreichen; dabei bewegen sich die Zahlen für H zwischen ihren Grenzwerthen bald in diesem, bald in jenem Sinne, während sie bei V durch geraume Zeit nahezu denselben Werth behalten, oder Monate lang einen gewissen Gang zeigen und dann sich plötzlich ändern. Die betref- fenden Temperaturen beweisen, dass die hier betrachteten Verände- rungen aus dieser Quelle durchaus nicht herzuleiten sind. Es ist übrigens wohl zu beachten, dass in den einzelnen mikrometrischen Messungen, aus welchen obige Zahlen abgeleitet wurden, die erwähnte

1858

V

// i

Oct.

14.

2S926

86v07 + 10?0

16.

3-052

85-75 HO

18.

3-037

85-80 f 8-0

Nov.

9.

2-852

87-56— 2-0

10.

3-019

86-58 2-0

13.

2-938

86-81— 1-0

20.

2-954

86-81 0-0

23.

2-898

86-58— 1-0

Dec.

30.

2-940

87-32 (- 1-2

1859

Febr

7.

2-787

88-29 f 1'6

21.

2-883

87-69 0-0

März

10.

2-803

87-37f 4-4

21.

2-806

87-37 6-9

23.

2-784

87-69 4-0

28.

2-809

87-34 7-8

29.

2-804

87-09 9-6

April

1.

2 790

87-11 2-6

7.

2-804

87-30 8-6

26.

2-794

87-95 10-7

27.

2-803

87-93 LI -4

Über das Mikrometer mit lichten Linien etc. O 1

Variabilität ganz den lichten Linien zufällt, während die Einstellung auf die dunklen Fäden beinahe constant ist, wofür als Beleg nach- stehende Zahlen gelten mögen, welche die unmittelbaren Ablesungen am Schraubenmikrometer für die verticalen Fäden und Linien, so wie den Unterschied beider Lesungen in Einheiten der Revolution geben:

dunkler lichte „.-.

,, . ... Differenz

Faden Linie

1858, Mai 15. 19-852 18-839 1-013 Juni 4. 19-854 18-816 1-038

14. 19-853 18-823 1-030

Oct. 7. 19-878 19-044 0-834

8. 19-876 19-033 0-843

14. 19-878 18-929 0-949

Nov. 10. 19-866 18-887 0-979

1859, Febr. 7. 19-845 18-938 0-907 März 29. 19-834 18-922 0-912 April 27. 19-843 18-932 0-911

Um uns über die Natur dieser Variabilität noch weiter aufzu- klären, wurden von sämmtlichen eben disponiblen Beobachtern in kurzen Zeitintervallen Bestimmungen der Distanzen V vorgenommen, von denen ich die folgenden mittheile. Jede dieser Bestimmungen beruht auf mehreren, unter einander vortrefflich stimmenden Mes- sungen; das überhaupt durch ein Klemmschräubchen festgestellte Ocular blieb wie während der ganzen hier betrachteten Periode so auch während dieser Versuche unverrückt stehen, und die einzelnen Beobachter glichen, wo es nöthig, die Verschiedenheit der Sehweiten durch Brillen aus. Der zweite und vierte Beobachter sind sehr kurz- sichtig, die anderen nahezu normal.

Littrow

Hornstein

Alle

Weiss

Löwy

1858,

Dec.

30.

11 Uhr

Mittags

.

2? 940

30.

2

»

Abends

2-932

.

30.

9

w

»

2-936

.

31.

10

»

Mittags

2-928

.

31.

12

?5

2? 023

2-910

1859.

•Irin.

3.

10

»

Abends

1-949

2-783

3.

2

n

»

2!

'775

1-912

2-745

ls873

3.

9

n

2

369

1-954

2-401

1-884

2S244

4.

12

n

Mittags

2'

656

1-897

2-390

1-752

2 668

5.

12

»

2

■856

2-553

2-525

1 680

2-611

5.

8

»

Abends

2-754

8.

9

w

2-738

13.

8

n

«

,

2-788

di v. L i t t r o w.

Es stellt sich damit unzweifelhaft heraus, dass nicht nur unter den verschiedenen Beobachtern , sondern auch bei einem und dem- selben Beobachter innerhalb weniger Stunden sehr bedeutende Ab- weichungen stattfinden, ja dass diese Abweichungen hier, wo jeder Beobachter sich besondere Mühe gab möglichst genau zu messen, weit grösser ausfielen als oben, wo der Beobachter noch völlig unbe- fangen zu Werke gegangen war. Es ist ferner sehr bemerkenswerth, dass Herr Dr. Hornstein durch eine Muskelwirkung auf das Auge die Distanz V willkürlich ändern konnte, so wie dass Herr Alle, wenn er an irgend einem Abende besonders abweichende Werthe dieser Abstände erhielt, sich oft erinnerte, die lichten Linien nicht deutlich gesehen zu haben, während, wenn er sich dessen rechtzeitig bewusst wurde und sein Auge mit Gewalt accommodirte, jene Werthe nahe dieselben blieben. Diese Umstände kennzeichnen die Erschei- nung als subjectiv, und ich kann den Grund derselben nur in nach- stehender Betrachtung finden.

Da der Lichtbünde] des kleinen Objectives, welches das Bild der lichten Linien nahe bei dem Brennpunkte des Fernrohres hervorbringt, mit der optischen Axe des letzteren einen Winkel bildet, so wird das Andern der Sehweite eines unvollkommen accommodirenden Auges, wenn es gleich zu gering ist, um an dem Aussehen der Linien und Fäden sofort aufzufallen, eine bedeutende Änderung des Ortes der lichten Linien gegen die Fäden in derjenigen Ebene, in welcher die beiden optischen Axen (des grossen und kleinen Objectives) liegen, also bei der Construction unseres Apparates in der gegen- seitigen Distanz der verticalen Linien und Fäden bewirken, wäh- rend offenbar in der auf die eben genannte senkrechten Ebene der Abstand der horizontalen Linien von den horizontalen Fäden da- von nicht berührt wird vorausgesetzt, dass das Accommodiren in einem Nähern und Entfernen der Netzhaut gegen die Krystall- linse bestehe.

Mit dieser Erklärung war auch das Mittel zur Abhilfe an die Hand gegeben. Der Apparat musste gleichsam in zwei Theile zerlegt werden, von denen der eine ganz in der Stellung der bisherigen Vorrichtung nur die horizontalen lichten Linien hervorzubringen hat, während dem anderen Theile durch eine zweite mit Ritzen ver- sehene Tafel und durch ein zweites Objectivchen, die von den ana- logen Stücken des ersten Theiles an der Fassung des Bohres um

Über das Mikrometer mit lichten Linien etc. 33

90° abstanden, die Erzeugung der verticalen lichten Linien über- tragen wurde.

Da die Fehler, welche bei der bisherigen Einrichtung dieser Quelle entspringen, auch für Differenzbestimmungen schon fühlbar werden konnten, so musste die eben angedeutete Modifieation nicht nur beim Meridiankreise, sondern auch bei dem mit Zonenbeobach- tungen beschäftigten Mittagsrohre vorgenommen werden. Ich zog es vor, die Änderung zuerst am Mittagsrohre eintreten zu lassen, um vorläufig Erfahrungen über die Construction zu machen, und diese dann bei dem ungleich wichtigeren Meridiankreise benützen zu kön- nen. Im October 1858 wurde das Mittagsrohr zum Behufe jener Abänderung in die Werkstätte abgeliefert, welche die Arbeit wegen Überhäufung mit anderen Aufträgen leider erst in diesen Tagen beendigen konnte.

Zur näheren Erläuterung der Art, wie die Sache beim Mittags- rohre ausgeführt wurde , zeigt die beigegebene Tafel im Massstabe von */4 der wirklichen Grösse in Fig. 3 den Durchschnitt durch die Drehungs- und optische Axe des Instrumentes. A ist der Spiegel, welcher das von G kommende Licht der gewöhnlichen, für die Erleuchtung des Gesichtsfeldes bestimmten Lampe auf die belegte Glastafel B wirft *), in deren Überzug die horizontalen Linien geritzt sind; E das an der Ocularröhre befestigte Objectivchen , welches das Bild dieser Linien in der durch H gehenden Focalebene des Fernrohres erzeugt. Etwas höher als A steht der zweite Spiegel C, der sein Licht auf die zweite ebenfalls höher als B stehende belegte Glasplatte D wirft, welche die verticalen Ritzen hat. Ein wieder am Ende der Ocularröhre angebrachtes zweites Objectivchen, das an der Fassung des Rohres um 90° von E absteht, gibt bei H das Bild der verticalen Linien.

Fig. 4 zeigt den Durchschnitt des Instrumentes in einer senk- recht auf die Drehungsaxe durch die optische Axe gelegten Ebene. Die Buchstaben A,B,C,D haben die frühere Bedeutung. F ist das kleine zur Hervorbringung der verticalen Linien bestimmte Objectiv.

*) In unserem Falle war es nothwendig, das Licht der Lampe mittelst zweier Prismen in die rechte Richtung- zu bringen, da die Gestalt des Inneren der Drehungsaxe eine directe Bescheinung der Glastafeln nicht zuliess. Bei Gelegenheit dieser Abänderungen wurde zweckmässiger die Glastafel zwischen Spiegel und Ocular gestellt, statt wie früher der Spiegel zwischen Glastafel und Ocular. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 7. 3

34 v. L i t t r o w.

In Fig. 5 , Durchschnitt des Instrumentes durch die Drehungs- axe senkrecht auf die optische Axe, stellen sich die heiden belegten Glasplatten mit ihren Lichtspalten dar.

Fig. 6 endlich zeigt die beiden Objectivchen in einem auf die optische Axe senkrechten Durchschnitte der Ocularröhre. Von bei- den Linsen sind die inneren Segmente weggenommen, um dem Haupt- lichtkegel des Fernrohres freien Durchgang zu gestatten.

Mit dieser Abänderung ist nun auch der weitere nicht gering anzuschlagende Vortheil erreicht, dass alle, in meinem oben ange- führten ersten Aufsatze über diesen Gegenstand, besprochenen Vor- sichten wegen unveränderlicher Stellung des Oculares wegfallen, und dieselbe wieder völlig dem Ermessen des jedesmaligen Beobach- ters anheimgestellt bleibt; denn offenbar sind die bei der früheren Einrichtung durch eine Verschiebung des Oculares hervorgerufenen Änderungen in der Lage der verticalen Linien gegen die verticalen Fäden ganz analoger Natur mit den hier besprochenen Wirkungen von Verschiedenheiten der Sehweite, und werden daher zugleich mit diesen Wirkungen behoben.

Sobald auch der Meridiankreis in gleicher Weise eingerichtet ist wie das Mittagsrohr, werde ich mittelst des an jenem Instrumente befindlichen Schraubenmikrometers eine Reihe von Versuchen sowohl mit der bisherigen als mit der neuen Vorrichtung anstellen, die über das Wesen beider Apparate vielleicht noch manchen Aufschluss geben und von mir seiner Zeit mitgetheilt werden sollen.

Ich kann übrigens nicht umhin bei dieser Gelegenheit ausdrück- lich zu erwähnen, dass die Vorrichtungen im Allgemeinen den von mir gehegten Erwartungen vollkommen entsprochen haben, sowohl was die Bequemlichkeit als den Nutzen betrifft. Die erstere Rücksicht ist hauptsächlich durch die von mir eingeführte Drehbarkeit der gewöhnlichen Beleuchtungs-Ellipse gewahrt, wodurch augenblicklich und ohne alle sonstige Störung des Instrumentes die lichten Linien oder die dunklen Fäden, oder auch beide Systeme sichtbar gemacht werden können. In letzterer Beziehung erwähne ich hier beispiels- weise, dass am Mittagsrohre bei einer Breite der Zonen von nur 15' in Declination durchschnittlich drei Sterne in der Minute bestimmt werden konnten , während das Fernrohr dieses Instrumentes so wie das des Meridiankreises bei beleuchtetem Gesichtsfelde kaum Sterne 9 10. Grösse mit Sicherheit beobachten lässt, deren Zahl bekannt-

Über das Mikrometer mit lichten Linien etc. 3 t)

lieh zu jener Reichhaltigkeit hei weitem nicht hinreichen würde. Am Meridiankreise wurden im Jahre 1857 die Planeten: Parthenope (mit vorausberechneter Helligkeit 9*9), Psyche (10*1), Fides (10 7), Astraea (10- 1), Circe (11 -7, vielleicht zu klein ange- geben) wiederholt beobachtet. Im Jahre 1858 bestimmte man am Meridiankreise : Themis (1 1 4), Fortuna (10-0), Melpomene (10 5), Thalia (9*8), Nysa (11*0) und den Kometen Bruhns; ebenso im Jahre 1859: Calliope (9-8), Massalia (9-8), Mnemosyne (10-0), Proserpina (HO), Parthenope (9-6), denen noch Amphitrite, Lutetia, Pallas und Psyche, obschon die betreffenden Helligkeiten (der Reihe nach: 9'3, 9*5, 9-4, 9-3) an sich nicht unter der hier zu betrachtenden Grenze lagen, desshalb beizufügen wären, weil diese Himmelskörper so wie auch einige der früher genannten sehr tiefe Stellungen hatten, während bei obigen Zahlen auf atmosphäri- sche Absorption keine Rücksicht genommen ist. Meine am angeführ- ten Orte aus anderen Gründen aufgestellte Ansicht, dass man den Bereich des Instrumentes durch Anwendung der lichten Linien um etwa zwei Grössenclassen erweitere, hat sich also auch auf diesem Wege vollkommen bestätigt. Dazu ist aber die von mir angegebene Form der lichten Linien, wonach dieselben nur aus kurzen, einander nirgends durchkreuzenden Stumpfen bestehen, zwischen denen der Stern sich stets auf dunklen Hintergrund projicirt, unerlässige Bedingung, wenn man die Beobachtungsart, was gewiss wünschens- wert^ der an Fadennetzen üblichen möglichst nähern will. Um auch schon vor der hier besprochenen Verbesserung des Apparates die Genauigkeit der Resultate thunlichst sicher zu stellen, wurden die Distanzen beider Systeme in der Regel an jedem Abende zweimal, vor und nach den Beobachtungen, bestimmt. Als Beispiel für die verticalen Linien und Fäden mag das Folgende dienen :

Tor nach vor nach vor nach

1859 der Beubacht. 1859 der Beobaeht. 1859 .1er Beohacht.

Aug.9. -2!7H -2s66i Nov.3. +2*723 +2*7:55 Nov. 12. + 2S708 +2?631 2-689 2-723 2-772 2-729 2-692 2677

2-674 2-698 2-757 2-748 2-683 2-664

—2-691—2-694 +2-751 +2-737 +2-694+2-657

Mittel— 2-692 Mittel +2-744 Mittel +2-676

Die mechanische Herstellung der eben besprochenen Apparate gehört allerdings nicht zu den leichten Aufgaben, und war uns hier

3G v. Littrow. Über das Mikrometer mit lichten Linien etc.

nur durch die Hilfe des Herrn G. Starke möglich. Indessen würde sich auch in dieser Beziehung manche Schwierigkeit beliehen, die in unserem Falle zu überwinden war, wenn bei dem ursprünglichen Baue eines Meridian-Instrumentes darauf Bedacht genommen würde.

Schliesslich möchte ich mir eine kleine Abschweifung vom astronomischen auf physiologisches Gebiet erlauben. Die bis- herigen sogenannten Optometer oder Instrumente zur Bestimmung der Sehweite lassen noch so Vieles zu wünschen übrig, dass es mir der Mühe werth schiene zu untersuchen, ob die frühere Gestalt unseres Apparates in Bezug auf die verticalen Linien, bei welcher sich ja eben ein so merklicher Einfluss der Sehweite geltend machte, verbunden mit dem Schraubenmikrometer sich nicht zur Bestimmimg der Sehweite und ihrer Änderungen eignete. Was für den Astronomen eine Fehlerquelle war, und daher in seinem Einflüsse auf die Beob- achtungen möglichst herabgedrückt werden musste, würde nun zu dem eigentlichen Objecte der Untersuchung, und wäre daher gerade so kenntlich als möglich zu machen. Während mau also dort den Winkel zwischen den Axen der beiden Objective thunlichst verringerte, müsste derselbe im Gegentheile hier möglichst vergrössert werden. Zu sol- chem Zwecke würde der ganze Apparat vielleicht am besten aus zwei in derselben Horizontalen aber auf verschiedenen Seiten des Oculares belindlichen Vorrichtungen für verticale lichte Linien bestehen, deren gegenseitige Distanz sich also doppelt so stark ändern müsste als der Abstand solcher Linien von dunkeln Fäden, die eben nur bei einem Fernrohre in Betracht kommen. Das Schraubenmikrometer hätte blos in einer Richtung zu messen, wäre also viel einfacher als das oben beschriebene.

Ich muss es den Ophthalmologen überlassen , diesen Vorschlag zu prüfen , und wenn sie denselben statthaft finden , weiter zu ver- folgen.

Llllrnu-. Mikrometer mmi Kehlen Linien

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Rochleder. Über d. Vorkommen d. Fraxin in d. Rinde v. Aesculus Hippocast. 3 i

Über das Vorkommen des Fraxin in der Rinde von Aesculus Hippocastanum.

Von Dr. Fr. Röchle der.

Obwohl ich entschlossen war von den Resultaten meiner Untersuchung der Rosskastanie erst dann etwas zu publiciren, wenn diese Arbeit vollendet sein wird, so zwingt mich doch der Inhalt eines Schreibens vom Fürsten zu Sa 1 m-Hor stmar zur Publication der vorliegenden Notiz.

Aus diesem Schreiben ersehe ich, dass Professor Stokes zu Cambridge sich überzeugt hat, dass das Paviin , welches er in der jungen Rinde von Aesculus Pavia gefunden hatte, iden- tisch ist mit dem Fraxin, welches Fürst zu Salm- Hör stmar in der Rinde von Fraxinus excelsior entdeckt hat. Prof. Stokes hat nun mitgetheilt, dass er Fraxin oder Paviin auch in der Rinde von Aescidus Hippocastanum in geringer Menge aufgefunden habe, was mich zu der Veröffentlichung dieser Notiz bestimmt.

Ich habe vor einiger Zeit Analysen des Fraxetin's, welches neben Zucker aus dem Fraxin durch die Einwirkung von Säuren in der Wärme entsteht, so wie eine Analyse des Fraxin oder Paviin mit Material angestellt, welches mir der Entdecker dieses Körpers zugesendet hatte, und die Resultate meiner Analysen sind von dem- selben in Poggendorffs Aunalen veröffentlicht worden.

Ich will hier die Methode kurz beschreiben, welche zur Isolirung dieses Bestandteiles führte, die diesen Körper in ziemlich reinem Zustande liefert.

Vor zwei Jahren wurden etwa 50 Pfund von Kastanienrinde mit Weingeist von 35° B. ausgekocht, das iiltrirte, weingeistige Decoct mit weingeistiger Bleizuckerlösung gefällt und der Niederschlag auf Filtern gesammelt, mit Weingeist vollkommen ausgewaschen. Es war meine Absicht die Gerbsäure der Rinde rein darzustellen und Äsculin dabei als Nebenproduct zu erhalten. Als der Nieder-

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Rochleder. Über d. Vorkommen d. Fraxin in d. Rinde v. Aesculus HippocasL 3 i

Über das Vorkommen des Fraxin in der Rinde von Aesculus Hippocastauum.

Von Dr. Fr. Röchle der.

Obwohl ich entschlossen war von den Resultaten meiner Untersuchung der Rosskastanie erst dann etwas zu publiciren, nenn diese Arbeit vollendet sein wird, so zwingt mich doch der Inhalt eines Schreibens vom Fürsten zu Sa 1 m-Hor st mar zur Publication der vorliegenden Notiz.

Aus diesem Schreiben ersehe ich, dass Professor Stokes zu Cambridge sich überzeugt hat, dass das Paviin , welches er in der jungen Rinde von Aesculus Pavia gefunden hatte, iden- tisch ist mit dem Fraxin, welches Fürst zu S al m-Ho rstmar in der Rinde von Fraxinus excelsior entdeckt hat. Prof. Stokes hat nun mitgetheilt, dass er Fraxin oder Paviin auch in der Rinde von Aesculus Hippocastauum in geringer Menge aufgefunden habe, was mich zu der Veröffentlichung dieser Notiz bestimmt.

Ich habe vor einiger Zeit Analysen des Fraxetin's, welches neben Zucker aus dem Fraxin durch die Einwirkung von Säuren in der Wärme entsteht, so wie eine Analyse des Fraxin oder Paviin mit Material angestellt, welches mir der Entdecker dieses Körpers zugesendet hatte, und die Resultate meiner Analysen sind von dem- selben in Poggendorffs Annalen veröffentlicht worden.

Ich will hier die Methode kurz beschreiben, welche zur Isolirung dieses Bestandteiles führte, die diesen Körper in ziemlich reinem Zustande liefert.

Vor zwei Jahren wurden etwa 50 Pfund von Kastanienrinde mit Weingeist von 35° R. ausgekocht, das (iltrirte, weingeistige Decoct mit weingeistiger Bleizuckerlösung gefällt und der Niederschlag auf Filtern gesammelt, mit Weingeist vollkommen ausgewaschen. Es war meine Absicht die Gerbsäure der Rinde rein darzustellen und Äsculin dabei als Nebenproduct zu erhalten. Als der Nieder-

J}$ Kochleder. Über das Vorkommen des Fraxin

sehlag- in Wasser vertheilt, mit Schwefelwasserstoffgas zersetzt wurde, zeigte die Gerbsäurelösung, die vom Schwefelblei abfiltrirt worden war, eine deutliche Fluorescenz, von der die Ursache nicht ein Gehalt an Äsculin sein konnte, da dieses durch den Bleizucker nicht gefällt wird und beim Zersetzen des Niederschlages durch Schwefelwasserstoff von dem Schwefelblei zurückgehalten würde. Es war nicht wahrscheinlich, dass die Gerbsäure die Ursache der Fluorescenz sein würde. Die grosse Menge der wässerigen, fluo- rescirenden Flüssigkeit wurde über Schwefelsäure im Vacuo ver- dunstet, wobei sich Krystalle ausschieden, deren Menge zuletzt bedeutend zunahm. Es zeigte sich, dass sie fast der ganzen Menge nach erhalten werden konnten, wenn die Flüssigkeit im Vacuo voll- ständig zur Trockne gebracht, der Rückstand gepulvert und mit wenig Wasser von zerrieben und schnell die Lösung der Gerb- säure von den Krystallen abfiltrirt wurde. Die Lösung der Gerb- säure fluorescirte nun nicht mehr, wohl aber die Lösung der Krystalle. Diese mit wenig Wasser von gewaschen, waren weiss und wurden in Vacuo bei einer nicht ganz bis 100° C. reichenden Temperatur getrocknet und von Herrn Kawalier analysirt.

0-2902 Substanz gaben 0-544 Kohlensäure und 0-1389 Wasser, oder c 31.12

H 5-32

0 43-56

100-00

Die wässerige Lösung der Substanz mit Salzsäure versetzt und erwärmt, spaltete sich in Zucker und einen Körper, der einige Ähn- lichkeit mit Äsculetin zeigte. Ich bestimmte mit Herrn Kawalier die Menge des sich erzeugenden Zuckers.

0-9199 Substanz gaben 536 CC. Flüssigkeit, wovon 27 CC, nach der Methode von Fehling, einen Gehalt von 0025 Zucker aus- wiesen, d. h. 100 Theile liefern 54 % Zucker (= CiaH13Oia).

Als ich die Substanz in kochendem Wasser löste, zeigte sich, dass sie nicht vollkommen rein war, denn die Lösung der Krystalle war hell bräunlichgell) gefärbt. 15eim Erkalten der gesättigten Lö- sung schied sich der Körper in langen Nadeln aus, die theils vom Hantle der Flüssigkeit ausgingen und sich in das Innere derselben erstreckten, theils büschelförmig vereinigt in der Flüssigkeit lagen. Sie haben grosse Ähnlichkeit mit Caffei'n.

in der Rinde von Aesculus Uippocastanum. 30

Herr Ka wal ier analysirte diese Krystalle nach dem Pressen zwischen Löschpapier und Trocknen im luftleeren Räume bei nahe 100° C. mit folgendem Resultat:

0-3909 Substanz gaben 0 7358 Kohlensäure und 01768 Was- ser, oder in 100 Theilen :

C 51 33

H 503

O 43-64

100-00

Eine Verbrennung, die Herr Ka wal ier mit umkrystallisirter Substanz anstellte, gab folgende Zahlen :

0367 Substanz gaben 06853 Kohlensäure und 0-1692 Was- ser, oder in 100 Theilen :

C 50-92

H 512

O 43 96

10000

Ich halte diese Analysen bereits zwei Jahre liegen, als ich das Fraxin vom Fürsten zu S alm-Horstmar erhielt, um es zu analy- siren. Die in Poggendorffs Annalen mitgetheilte Analyse ergab

in 100 Theilen:

C 51-356 H 4-762 0 43-882

lölTooo-

Ich habe mit sorgfältig gereinigtem, aus wasserfreiem Alkohol wiederholt umkrystallisirtem Fraxin aus Fraxinus in Sauerstoffgas- strom eine Verbrennung gemacht.

0-4351 Substanz gaben 0-8272 Kohlensäure und 0-1875 Was- ser, d. i. in 100 Theilen

V 51-851 H 4-788 O 43-361

100-000

Die Substanz war bei einer Temperatur von 110° 113°C. im trockenen Luftstrom getrocknet. Wäre die Formel des Fraxin, die in Poggend orffs Annalen mitgetheilt wurde, die richtige gewe- sen , so hätte durch Spaltung des Fraxin eine Menge von 36-66°/o Zucker entstehen müssen. Das unreine Fraxin aber gab schon 54% Zucker. Die Formel des Fraxin oder Paviin ist demnach die folgende :

40 Rochleder. Überd. Vorkommen d. Fraxin in d. Rinde v. Aesculus Hippocast.

I. Fraxin oder Paviin bei einer Temperatur unter 110° C. im Vacuo getrocknet:

berechnet gefunden

C 54 = 324 ^5Toi"- ^92~^5T33 H31 = 31— 4-89— 512 502 0 33 = 280- 4409— 4396— 4365

635 100-00 100-00 100-00

II. Fraxin oder Paviin bei einer Temperatur von 110° 113°C.

getrocknet: berechnet gefunden

C 54 = 324— 51-76— 51-85

H30= 30— 4-79— 4 79

0 34 = 272— 43-45— 4336

626 10000 10000

III. Fraxetin:

berechnet gefunden

C 30 = 180 -^sl^T-T^lTir H12= 12— 3-75 - 3-625 0 16 = 128— 40-00— 40.200 320 10000 100-000 C54H30O34 + 6HO = CsotWWf 2 (CI3H13012) Fraxin Fraxetin

Das Fraxin ist also ganz analog dem Äsculin zusammengesetzt, das in C36Hi30i6 + 2 (C13H130i3) zerfallt. Äsculetin Professor H las i wetz hat das Quercitrin untersucht, welches ich neben einer andern an Zucker reicheren Verbindung (dem Quer- aescitrin) in den Blättern der Rosskastanie, so wie auch in den Früchten (Kotyledonen) gefunden habe. Das Quercetin spaltete er in Phloroglucin und Quercetinsäure, welche der Formel C34H13016 entsprechend zusammengesetzt ist. Das Quercitrin selbst zerfallt in C34H13016 + C13H606 + C13H13013. In den Kapseln der Früchte zur Zeit der Reife habe ich, wiewohl nicht jedes Jahr, eine krystal- lisirte Säure aufgefunden, die ich Capsulaescinsäure nenne. Ihre Zusammensetzung ist C36H13016, sie ist isomer mit der dreifach- acetylirten Gallussäure, die Professor Hlasiwetz darstellte, weil es möglich schien, die Capsulaescinsäure auf diese Weise künstlich zu bilden. In der That reagiren beide Säuren gleich gegen Eisen- oxydsalzlösungen, färben sich beide gleich roth durch Atzkalilösung u. s. w. Aber während die Capsulaescinsäure unzersetzt sublimirt, gibt die acctylirte Gallussäure eine Menge Essigsäure, die aus der Capsulaescinsäure nicht erhalten werden kann.

Kner. Zur Charakteristik und Systematik der Labroiden. 41

Alle diese Materien, auf die ich hier nicht näher eingehe, unterscheiden sich durch ihren Kohlenstoffgehalt, bei gleichem Was- serstoff- und Sauerstoffgehalt.

CsgHtaOje = Äsculetin, C34H13016 = Quercetinsäure, C3oHia016 ~ Fraxetin, C26rI130I6 = Capsulaescinsiiure.

Die weiteren Details der Untersuchung dieser Körper verschiebe ich bis zur Zeit, wo die Untersuchung der Rosskastanie beendet sein wird.

Zur Charakteristik und Systematik der Labroiden. Vom c. M. Prof. Dr. Rad. Rner.

(Mit 2 Tafeln.)

Kein Zoologe wird die Verdienste verkennen, welche sich Job- Müller um die Verbesserung des ichthyologischen Systems erwor- ben hat, und die Verehrung, die der grosse Forscher aller Orten fand, brachte es mit sich, dass namentlich in deutschen Landen das von ihm in seinem berühmten Werke über die Ganoiden vorgeschla- gene System der Fische fast allgemein adoptirt und jenes von C u v i e r mehr und mehr verdrängt wurde. Dennoch ist es nicht zu bestrei- ten, dass nicht alle Veränderungen , welche Joh. Müller an dem Systeme Cuvier's vornahm, auch als wirkliche Verbesserungen anzusehen sind.

Als eine dieser Veränderungen, welchen kein dauernder Werth zuerkannt werden kann, ist die Begründung der Ordnung: Pha- ryngognathi zu bezeichnen. Fasst man zunächst den für selbe aufge- stellten Charakter in's Auge, so bemerkt man, dass selber nur zwei positive Merkmale enthält, nämlich: „vereinigte untere Schlundkno- chen und eine Schwimmblase ohne Luftgang". Die übrigen noch an- geführten Merkmale sind hingegen durchaus nicht exclusiv; sie sagen nichts mehr aus, wodurch der Begriff der Ordnung als einer hohem Einheit im sogenannten natürlichen Systeme sich präciser gestalten würde. Sie reduciren sich nur auf „entweder, oder", indem theils Stachel-, theils Weichflosser, theils Knochenfische mit Rund-, theils

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mit Kammschuppen und solche mit entweder brüst -oder bauchständi- gen Ventralflossen in den Umfang der Ordnung einbezogen werden. Doch selbst abgesehen davon , dass ein derartiges Zusammendrängen von Merkmalen und Nichtmerkmaien in einen Begriff sicher nicht dazu beiträgt, ihn scharf begrenzt erscheinen zu lassen, so sind auch die angeführten positiven Merkmale nicht derart, dass sie die Ordnung streng abschliessen würden; im Gegentheile fände eine consequente Logik Anlass, in Berücksichtigung dieser positiven Merkmale allein die Grenzen der Ordnung viel weiter hinauszu- rücken und noch eine Menge von Gattungen in ihren Bereich zu ziehen, welche von J. Müller ausgeschlossen blieben. Ich will hier nicht von der Schwimmblase ohne Luftgang sprechen, da diese streng genommen gleichfalls weder ein positives noch exclusives Merkmal für die Pharyngognathen genannt werden kann, sondern nur die vereinigten unteren Schlundknochen sollen hier näher in Betrachtung gezogen werden.

J. Müller hat mit Recht und Vorbedacht den Ausdruck: „ver- einigte" untere Schlundknochen gewählt, da es nur dadurch mög- licb wurde, Gattungen mit wirklich in ein Stück verwachsenen Schlundknochen und solche mit blos in der Mittellinie an einander stossenden in eine Ordnung zu bringen. Überblickt man aber die verschiedenen Familien der Pharyngognathen, so findet man, dass nur die Labroidei cycloidei Müll, wirklich verwachsene untere Schlundknochen besitzen, welche blos ein Stück ohne Spur einer Nath oder Trennungslinie in der Mitte darstellen, und überdies daselbst am dicksten und stärksten sind. Bei den Pomacentrinen (Labroidei ctenoidei Müll.^ bilden zwar die unteren Schlundkno- chen auch noch ein völlig verwachsenes Stück, dessen Mitte jedoch allmählich an Dicke und Länge abnimmt, indem bei vielen, nament- lich Pomacentrus selbst, die beiden Seitenstücke nur noch vorne in der Mittellinie verwachsen sind, alsbald aber weit divergiren. Bei Chromiden (z. B. Acara, Heros) sind die unteren Schlundkno- chen zwar auch in der Mittellinie wie bei allen cycloiden und man- chen ctenoiden Labroiden (im Sinne J. Müller's) am breitesten und dicksten, aber nicht mehr verwachsen, sondern daselbst getrennt. Lezteres ündet aber auch häufig ganz deutlich bei den Scombereso- ces Statt, die sich in einer und derselben Ordnung mit den Labroi- den und Chromiden ohnehin nicht natürlich gestellt ausnehmen.

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In der Mittellinie an einander stossende, jedoch von einander getrennte untere Schlnndknochen linden sich übrigens noch in ande- ren Familien vor, so namentlich bei Scomberoiden, z. B. der Gattung Caranx, Trachinotiis , bei Labyrinthfischen, wie Anabas, Osphro- menas und auch bei Gobioiden, z. B. Callionymus u.m. a., welche Fische demzufolge ehen so consequenter Weise zu den Pharyngo- gnathen gerechnet werden müssten, als dies auch mit Pogonias unter den Sciaenoiden u. m. a. der Fall ist. Wohin würde aber eine solche Consequenz führen? Unleugbar auf jenen Weg, den man zu vermei- den sucht und als Irrweg längst erkannte, nämlich zur ConstructioR künstlicher Eint h eilungen, denen der Werth einer natür- lichen Einheit nicht zuerkannt werden kann. Und als eine solche künstliche Einheit scheue ich mich nicht, die Ordnung Pharyngo- gnathi J. Müller's zu bezeichnen, die sich auch schwerlich mehr einer langen Lebensdauer erfreuen dürfte.

Nach diesen vorläufigen Andeutungen wende ich mich aber, um die Grenzen meiner heutigen Mittheilung nicht zu überschreiten, der Familie der Labroiden im Sinne Cuvier-Valenciennes' zu. Was nun diese im Allgemeinen anbelangt, so erscheint sie als eine wahrhaft natürliche. Wenn sie auch als solche nicht jedem Laien derart in die Augen springt, wie etwa z. B. die Familie der Pleuro- nectiden oder Rajaceen, so stellt sie sich bei näherer Betrachtung doch nicht minder als natürliche Einheit heraus, wie z. B. die Fami- lie der Cyprinoiden. Der Charakter der Familie wurde auch bereits von Cuvier so glücklich aufgefasst, dass sich zu den von ihm hervorgehobenen Merkmalen kein wesentliches mehr hinzufügen lässt. Nur über die Stellung derselben unter den Stachelflossern könnten Bedenken erhoben werden, doch soll dieser Punkt erst in einer nächsten Mittheilung, die sich mit dem Flossenbaue insbeson- dere befasst, zur Sprache kommen. Ich glaube nur vorläufig bemer- ken zu dürfen, dass Cuvier selbst von der Stachelflossernatur aller Labroiden nicht zweifellos überzeugt gewesen scheint, da er sie an die Grenze seiner Acanthopteren, gleichsam als vermittelndes Übergangsglied zu den Weichflossern stellte. Und es konnte auch einem Beobachter von so durchdringendem Geiste wie Cuvier nicht entgehen, dass sich Gattungen, wie Lachnolaimus , Scarns u. dgl. etwas sonderbar ausnehmen neben Stachelflossern , wie Chaetodon- ten, viele Percoiden u. s. w. sind.

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Unter allen Merkmalen, welche den Charakter der Labroiden ausmachen, sind aber nur die völlige Verwachsung der unteren Schlundknochen und die Ruudschuppen die eigentlich bezeichnenden. Erstere ist für diese Familie so charakteristisch, wie es die Bezahnung der unteren, aber getrennten Schlundknochen für die Cyprinoiden ist; es findet sich in gleicher Weise, wie schon erwähnt, nur noch bei den Pomacentrinen vor, welche sich aber ausser den ctenoideu Schuppen noch in anderen Beziehungen (auf die einzugehen hier nicht beabsichtigt wird) so wesentlich unterscheiden, dass schon J.Müller sie mit Recht als eigene Familie von den Labroiden trennte. Jedenfalls erscheint dieses von den Schlundknochen entnommene Merkmal für die Charakteristik von derartiger Bedeutung, dass jede Gattung, bei welcher selbes fehlt, auch nicht als Labroid gelten kann , wenn anders die Begrenzung der Familie nicht willkürlich ver- rückt werden und sie Anspruch auf den Werth einer natürlichen haben soll. Von dieser Ansicht geleitet, trennte daher J. Müller ebenfalls ganz richtig die Familie der Chromiden, da bei ihnen keine solche Verschmelzung der Schlundknochen in ein Stück sich mehr vorfindet. Und aus gleichem Grunde ist aus der Familie der Labroi- den auch die Gattung Malacanthus auszuscheiden, bei welcher die schmalen, mit Hechelzahnen besetzten unteren Schlundknochen nicht einmal in der Weise vereinigt sind, wie bei Chromis und Pseudo- chronüs 1).

Nach Ausscheidung aller fremdartigen Bestandteile und bei strengem Festhalten an den beiden Merkmalen: ein untheil- barer unterer Schlundknochen und c y c 1 o i d e Schuppen, stellt sich dann die Familie der Labroiden als eine wahrhaft natür- liche dar. Im Folgenden werde ich nun nachzuweisen versuchen, dass die Brauchbarkeit der Schlundknochen bezüglich ihrer Forin und Bezahnung weiter reicht und sich mit gleichzeitiger Berücksich- tigung anderer Merkmale eben so tauglich zur Unterscheidung von Gattungen erweist, wie dies mit den Schlundzähnen der Cyprinoi- den der Fall ist. Nur muss ich vorerst noch bemerken , dass man unrichtiger Weise gewöhnlich angegeben findet, die Schlundzähne

) Van der Hoeven und v. Bleeker scheiden auch bereits diese Gattung aus und weisen selber ihren Platz neben den sogenannten labroidenähnlichen Percoiden (Pinguipes, Pereis) au.

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aller Labroiden seien kugelig abgerundet. Dies ist nun allerdings oft richtig, allein bei Einigen, wie z. B. Coricus, enden sie alle spitzig, bei Andern zeigen sie flache oder schneidende Kronen (Scarus u. dgl.) Es lassen sich darnach die verschiedenen Gattungen in vier, freilich nicht sämmtlich scharf von einander getrennte Gruppen brin- gen, in welche sich dann die einzelnen Gattungen folgendermassen vertheilen:

a) Alle Zähne, sowohl in dem unteren wie den oberen Schlund- knochen sind kugelig oder elliptisch ab gerund et, oder es trägt blos das vorspringende Mittelstück, der Stiel, des unteren Schlundknochens einige zugespitzte Zähne. Hierher die Gattungen: Crenilabrus , Cossyphus, Lachnolaimus, Cheilio und Chcilinus.

b) Theils kugelige, theils spitze Zähne, sowohl im unteren wie den oberen Schlundknochen finden sich vor bei : Labrus, Tautoga, Julis (und Halichoeres) , Epibulus, Gom- phosus, Xirichthys , Novacula und Anampses.

c) Bios spitze Zähne bei: Ctenolabrus, Acantholabrus, Coricus und Labroides Bleek.

d) In Schneiden auslaufende oder Kauflächen bildende Zähne besitzen: Scarus, Callyodon, Odax ; wahrscheinlich auch Sca- richthys Bleek. und vielleicht noch Scarodon Schleg.

Von den älteren, schon in der Histoire des poissons aufge- führten Gattungen konnte ich nur Clepticus nicht untersuchen. B. Owen gibt hierüber in seiner berühmten Odontography (pag. 108) an: „the pharyngeal teeth form small plates with a serrated mar- gin" und nennt sie dann später „saw-like plates". Obwohl man hieraus über die Form der Schlundknochen und Zähne nicht völlig klar wird , so scheint sie doch eine dieser, dem Epibulus nahe ste- henden Gattung eigentümliche zu sein. Über die von Schlegel in der Fauna japonica als Cirrhilabrus benannte und auf pl. 86, Fig. 3 abgebildete Gattung lässt sich, da über die Schlundknochen jede Angabe fehlt, nur bemerken, dass sie allerdings in die Familie der Labroiden hineinsieht, obwohl sie auch namentlich durch die mit einem fadig verlängerten Strahle versehenen Bauchflossen an Labyrinthfische mahnt. Von den neueren durch von Bleek er auf- gestellten Gattungen scheint Xiphocheilus der zweiten Gruppe anzu- gehören , wie sich aus den Worten : „dent es pharyngeales conico-

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graniformes" in der Diagnose derselben entnehmen lässt. Über desselben Gattung Labriclithys finde ich bezüglich der Schlundkno- chen keine Angabe vor; dessgleichen über die Gattung Duymaeria, die dem Crenilabrus nahe zu stehen scheint.

Indem ich nun zu den einzelnen Gattungen mich wende, glaube ich die Abbildungen ihrer Schlundknochen um so mehr beifügen zu dürfen, als es unter gleichzeitiger Berücksichtigung anderweitiger Merkmale dadurch möglich wird , sie noch schärfer als bisher zu charakterisiren und als überhaupt die Formenunterschiede derselben bisher nicht genügend gewürdigt wurden. Denn selbst in R. Owen's Odontography sind nur die Schlundknochen von 3 Labroiden abge- bildet, nämlich auf pl. 48 und auf pl. 45 in Fig. 3 und o (in Text und Figur fälschlich 4 angegeben, welche Nummer sich jedoch auf Chrysophrys bezieht).

a) Ich beginne mit jenen Gattungen, die blos oder doch grüsstentheils kugelig abgerundete Schlund zahne be- sitzen.

Crenilabrus. Der untere Schlundknochen in der Mitte stark ver- dickt, mit convexem Hinterrande und m eh reren Zahn reihen, von denen die mittleren und hinteren Kugelzähne grösser sind; das vor- springende Mittelstück oder der Stiel mit einer einfachen oder dop- pelten Reihe kleiner rundlicher Zähne besetzt. Fig. 1 von Crem. pavo ; Fig. 2 von Cren. Roissalü; beide etwas vergrössert.

Zwischen -und Unterkiefer tragen bei dieser Gattung blos eine einfache Reihe von Zähnen, deren wenig vorragende Spitzen sich leicht abstumpfen, wodurch sie dann fast Schneidezähnen ähnlich sehen; Vordeckel bezahnt, Wangen und Deckelstücke beschuppt, Mund nicht vorstreckbar.

Cheilinus. Das Mittelstück des unteren Sehlundknochens trägt nur zwei complete Querreihen von Kugelzähnen, unter denen der mittlere in hinterer Reihe der grösste ist; die oberen Schlundknochen gleichfalls mit kugeligen Zähnen besetzt. Fig. 3 von Cheilin. fascia- tus, in natürlicher Grösse *).

') Van der Hoeven gibt in seinem Ilandh. d. Zoolog-. Bd. II, S. 143 heim Cha- rakter dieser Galtung an : „dentes pharyngeales in aliis conici, in aliis cylindrici aut glohosi". Inwieweit diese Angabe richtig ist, lässt sieh kaum entscheiden, da viele Genera daselhst nicht angeführt sind und daher nicht klar wird, ob und «reiche andere Galtungen vielleicht zu dieser hinzugezählt werden.

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In der Mitte jeden Kiefers zwei längere (Hunds-) Zähne, hinter welchen einige kleine stumpfe und zwischen den beiden oberen noch zwei kürzere Spitzzähne stehen; an den Seiten der Kiefer blos eine einfache Reihe spitzer Zähne. Lippen sehr dick, mit tiefen papillösen Längsfalten, an der Wange zwei Reihen grosser Schuppen, Seiten- linie unterbrochen, die letzte Schuppe, an der sie auf der Basis der Caudale endet, grösser und langgestreckt.

Cossyphus. Die Schlundknochen mit mehreren Reihen meist sehr kleiner Zähne dicht besetzt, die an den Rändern der Knochen in mehreren Reihen über einander stehen; die zwei mittleren und elliptischen Zähne letzter Reihe im untern Schlundknochen sind die grössten von allen; blos die Randzähne am Stiele enden spitz. Fig. 4 von Coss. Bodianus in nat. Gr. (Völlig gleich verhält sich auch Cos. mesothorav.) Im Zwischen- und Unterkiefer vier längere nach vorwärts gerichtete Zähne, hinter welchen sich eine aus verschmol- zenen Höckerzähnen bestehende Platte anlegt, die in beiden Kiefern eine aufstehende gezähnelte Kante bildet *). Diese Zahnplatte endet am Zwischenkiefer im Mundwinkel in einen längeren Hundszahn mit breiter Basis. Vordeckel der ganzen Länge nach fein und gleich- massig gezähnelt, Rücken- und Afterflosse überschuppt.

Cheilio. Der Körper des untern Schlundknochens mit drei com- pleten Reihen von Zähnen besetzt, der Stiel in der Mitte verdickt und daselbst ebenfalls eine dreifache Reihe stumpf spitzer Zähne tragend. Beiderlei Schlundknochen sind nicht wie bei der vorigen Gattung mit einer Platte besetzt, die aus mehreren über einander lie- genden Reihen verschmolzener Zähne bestände. Fig. 5 von Cheilio hemichrysos in natürlicher Grösse.

Totalgestalt gestreckt, Sphyränen- ähnlich, Schnauze verlän- gert, zugespitzt, aber die Innenseite der fleischigen Lippen wie bei allen echten Labroiden längs gefaltet und mit Papillen besetzt; Zwi- schenkiefer protractil, die Bezahnung zunächst an Cossyphus mah- nend. Die einfache Reihe von konischen ungleich langen Zähnen in beiden Kiefern erhebt sich unmittelbar über Platten, welche gleich- falls aus verschmolzenen Pflasterzähnen bestehen und oben den gröss-

') Es hat den Anschein als trügen die Kiefer daselbst eine einfache Reibe ungleich langer Spitzzähne, sie machen aber mit den tiefer und nach einwärts liegenden verschmolzenen Reihen von Pflasterzähnen eine ähnliche continuirliche Platte aus, wie dies an den Schlundknochen der Fall ist.

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ten Theil des Vordergaumens (mit Ausnahme des Vomer) besetzt halten, im Unterkiefer aber nur einen schmalen Streif bilden. Kopf und Deckelstücke unbeschuppt, Seitenlinie bis zur Caudale gerade verlaufend mit weiten, gegen den Rand strahlig auslaufenden Neben- röhrchen; alle Flossenstrahlen biegsam.

Lachnolaitnus. Der Körper des untern Schlundknochens trägt zahlreiche 6) Zahnreihen, von denen die hintern mittleren, besonders in letzter Reihe die grössten sind; sie bestehen, wie bei Cossyphus aus mehreren verschmolzenen Reihen über einander. Fig. 6 von Lachnol. caninus, vergrössert.

Das am meisten in die Augen springende Merkmal dieser Gat- tung bilden die drei ersten, verlängerten und biegsam weichen Strah- len der Dorsale, hinter denen erst kürzere steife und stachelähnliche folgen.

b) Mit der folgenden Gattung beginnt die Reihe von Labroiden, bei welchen die Zahl der spitzen Schlundzähne zunimmt und allmählich vorherrschend wird.

Labrus. Der untere Schlundknochen mit concavem Hinterrande, Körper und Stiel mit drei compl et en Zahnreihen, von denen nur die zugleich grössten der letzten Reihe kugelig abgerundet, alle andern aber, so wie auch die der obern Schlundknochen mehr weniger spitz enden. Fig. 7 von Lahr, mixtus, vergrössert.

Schnauze zugespitzt, Lippen gross und dick, Zähne blos im Zwischen- und Unterkiefer und zwar etwas längere spitze in äusserer Reihe, von denen die mittleren Hundszähne sind; Wange, Deckel und Unterdeckel beschuppt, Vorderdeckel nicht (Nebenkieme wie bei allen Labroiden gross, fransig), Seitenlinie nicht unterbrochen, mit einfach aufgesetzten Röhrchen, meist nur an jeder zweiten Schuppe mündend.

Ob die Gattung Tautoga sich bezüglich der Schlundzähne zunächst an die vorige anreiht, kann ich vorerst nicht behaupten, da der untere Schlundknochen meinem Exemplare fehlt; die theils spitzen, theils abgerundeten Zähne der oberen Schlundknochen lassen aber auf ähnliche Formen auch im untern schliessen. Diese Gattung ist übrigens ohnehin charakterisirt, durch die enorme Lippenausbildung und starke Faltung, wie auch durch die zwei langen, geraden, schief nach vorne gerichteten mittleren Zähne im Zwischen- und Unter- kiefer, hinter welchen allein in zweiter Reihe kleine konische Zähne

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stehen, während die Seiten beider Kiefer nur eine einfache Reihe kleiner ziemlich stumpfer Zähne tragen.

Julis. In Betreff dieser so artenreichen Gattung muss ich vor allem bemerken, dass ich nach sorgfältiger Untersuchung vieler Arten die Überzeugung gewann, es sei eine Trennung derselben in minde- stens zwei Genera nicht blos durchführbar, sondern nöthig. Da schon Rüppel dies versuchte, so glaube ich auch den von ihm eingeführ- ten Gattungsnamen Halichoeres wieder benützen zu sollen , um nicht die Systematik mit einem neuen Worte zu beschweren. Den Cha- rakter der Gattung Halichoeres begründe ich jedoch auf andere Merk- male, als dies von Rüppel geschah, der hiebet blos das Vorhan- densein eines längeren Hundszahnes am Mundwinkel im Auge gehabt zu haben scheint. Cuvier und Valenciennes legten aber mit Recht auf dieses Merkmal allein kein grosses Gewicht und anerkann- ten RüppeTs Gattung nicht. Im Regne animal deutete Cuvier auf die Form der Schwanzflosse hin, um darnach die grosse Zahl der schon ihm bekannten Arten in Gruppen zu bringen. Ich habe bei den von mir untersuchten Arten hierauf vorerst keinen Be- dacht genommen , sondern nur auf die Bezahnung. Dieser zufolge scheiden sich aber alle mir näher bekannten Arten in folgende zwei Gruppen:

1. Bei der einen ist der nach hinten convexe untere Schlund- knochen in der Mitte mit kugelig abgerundeten Zähnen besetzt, von denen der mediane in letzter Reihe der grösste ist; er trägt überdies meist drei complete Reihen von Zähnen; in der Mitte der Kiefer stehen verlängerte Spitzzähne. Ich vereinige diese Arten in die Gattung Julis.

2. Bei der zweiten Gruppe ist der am Hinterrande coneave untere Schlundknochen nur mit zwei Quer reihen von Zähnen besetzt, von denen die hintere grössere und compresse Zähne besitzt, welche vorne schief abgedacht, nach rückwärts in eine Spitze sich erheben. Der mediane Zahn daselbst zeichnet sich meist eben- falls durch Grösse aus; die mittleren Zähne der Kiefer sind nicht verlängert und enden mit schneidendem Rande. Für diese Arten wähle ich den Gattungsnamen Halichoeres.

Übrigens finden sich bei beiden also charakterisirte i Gattungen Arten vor, die einen vorstehenden Zahn am Mundwinkel (Hundszahn) besitzen und andere, denen ein solcher fehlt. Unter den sicher

Sitzb. d. mathem.-naturw. Gl. XL. Bd. Nr. 7. 4

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bestimmten Arten meiner Sammlung erwiesen sich bei der Unter- suchung als echte Julis und zwar:

a) Mit Hundszahn am Mundwinkel: Jul. vulgaris, Geofredi, modestus, annularis, elegans (un<\ Leschenaulti?) , nebidosus, poecilopterus.

b) Ohne Hundszahn am Mundwinkel: Jul. purpureus (Fig. 8 Schlundknochen desselben), lunaris , variegutus und einige noch unbestimmte Arten aus Java.

Als Halle Ihm res ergaben sich und zwar:

a) Mit Hundszahn im Mundwinkel: Jul. Sebae (Fig. 9 Schlund- knochen desselben), balteatus und eine unbestimmte Art aus Am- boina, die sich durch besonders compresse und spitze Zähne in zweiterReihe am untern Schlundknochen auszeichnet (Fig. 10).

b) Ohne Hundszahn:/«/, strigiventeru.e. noch unbestimmte Arten. Wie sich die beiden hier unterschiedenen Gattungen bezüglich

der Schlundzähne verhalten, so ist dies auch mit den zwei Gattun- gen Xirichthys und Anampses der Fall; erstere schliesst sich in dieser Hinsicht zunächst an Julis, leztere an Halichoeres an.

Bei Xirichthys trägt der Körper des untern Schlundknochens m ehr als zwei Reihen von Zähnen, die der letzten Reihe sind zwar verlängert aber abgerundet und die vier mittleren am grössten ; der besonders lange Stiel ist mit zwei Reihen spitzer Zähne besetzt1). Die von der vorigen durch Valenciennes getrennte Gattung Novaeula stimmt bezüglich der Schlundzähne völlig mit ihr überein und die Untersuchung von drei Arten, Nov.puuctulcda (deren Schlundknochen Fig. 11 zeigt), pentadaetyla und tesselata Hess mich überhaupt keinen andern Unterschied von Xirichthys gewahren als die klein beschuppten Wangen. Allen kommt gemeinsam zu: Die compresse Gestalt, die hohe steil abfallende Stirn, die zu Hundszähnen verlän- gerten mittleren Zähne im Zwischen-und Unterkiefer und die unter -

') Die untersuchte Art steht dem.V. iorquatus C. V. zunächst durch gestreckte Gestalt, kleine Schuppen und die Zahl der Flossenstrahlen : I). 9/12, A. 2/12 ; doch ist die Totalgestalt noch niederer und .schlanker, als sie die Abbildung von torqnalus in Fig. 392 zeigt, die Schuppen sind noch kleiner und auch die Fiirhung weicht etwas ah. Mein Exemplar ist nämlich von halber Länge angefangen regelmässig mit schmalen schwarzbraunen Querbinden, lü" an der Zahl, geziert, von denen ein Paar sieh gegen die Basis der Analflosse gabelig theilt; Vorderrumpf und Kopf sind ohne Binden und nur der Hand des Deckels vor dessen rundlichem Ilaullappen ist dunkel? braun gefleckt. Es stammt aus Amhoina.

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brochene Seitonlinie. Ob die Beschuppung der Wangen für sich allein als Gattungsmerkmal genügend erscheint, lasse ich dahin gestellt sein, nur muss ich erwähnen, dass ich bei den von mir unter- suchten Arten beider Gattungen hinter der äussern Reihe von koni- schen Zähnen in den Kiefern noch eine Binde verschmolzener kurzer und stumpfer Zähne wahrnehme, während sowohl Cuvier und Va lenciennes, wie auch van d er Ho e ve n nur von einer ein- fachen Reihe von Zähnen in den Kiefern sprechen.

Anampses. Der untere Schlundknochen nur mit zwei Quer- reihen von Zähnen, wie bei Halichoeres besetzt; die der hintern Reihe, namentlich die mittleren, bedeutend grösser und weit die vor- dem überragend, stark compress und nach hinten in eine Spitze sich erhebend. Fig. 12 von An. meleagrides , a in der Seitenansicht.

Diese Gattung zeichnet sich übrigens auf den ersten Blick durch zwei schief nach auswärts gebogene Zähne im Zwischenkiefer und zwei nach abwärts gerichtete, Stosszähnen ähnliche, starke Spitzzähne im Unterkiefer aus. Die beiden grossen Zähne des Zwischenkiefers sind übrigens bald schaufeiförmig wie bei An. meleagrides , bald enden sie in eine Spitze wie bei An. Tivistii Bleek. Zwischen ihnen ragt von der Lippe ein mit Papillen bedeckter fleischiger Zapfen herab. Der Kopf ist nackthäutig, die Schuppen des Rumpfes sind gross, die des Vorderrückens klein und stark zugespitzt, die kleinsten liegen an der Brust; Seitenlinie nicht unterbrochen.

Gromphosns. Der untere Schlundkn ochen mit mehreren Quer- reihen stumpf spitzer Zähne besetzt, die der letzten Reihe grösser, sehwach compress, nach hinten in eine Spitze sich erhebend; am Stiele drei Reihen spitzer Zähne. Fig. 13, von Gomph. Cepedianus.

Die röhrenförmig verlängerte Schnauze, an deren Ende die kleine MundötTnung sich befindet, ist das hervorstechende Merkmal dieser Gattung. Die Kieferzähne, von denen zwei mittlere oben und unten etwas länger sind, stehen in einfacher Reihe; Kopf völlig unbe- schuppt, Auge klein, Seitenlinie nicht unterbrochen.

Epibulus. Unterer Schlundknochen mit mehreren Reihen von Zähnen, die vordem klein, theils kugelig, theils stumpfspitzig, die der letzten Reihe bedeutend grösser, sämmtlich spitz endend. Fig. 14, von Epib. insidiator, vergrössert.

Während bei Gomphosus die Schnauze in eine unbewegliche Röhre verlängert ist, kann hier der Mund willkürlich in ein langes

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Rohr vorgestreckt werden. Kieferzähne in einfacher Reihe, zwei mitt- lere oben und unten grösser und nach vorwärts gerichtet; Kopf und Rumpf gross beschuppt (in Schuppen- und Flossenbildung zunächst der Gattung Cheilinus stehend): Seitenlinie unterbrochen.

c) Die folgenden vier Gattungen gehören der Gruppe von La- broiden an , welche blos mehr oder minder spitze Schlund- zähne, sowohl oben als unten besitzen; bieher als Übergangsglied zunächst:

Acantholabrus. Alle Schlundzähne verlängert und mehr minder zugespitzt, blos die mittleren der hinteren oder zweiten completen Reihe des unteren Schlundknochens abgerundet, am verdickten Stiele drei Reiben von Zähnen. Fig. 15, von Actuith. Pallonii, c. os pharyng. inf., von der Seite, in natürlicher Grösse.

Die Kiefer tragen dicke konische Zähne in äusserer Reihe, hin- ter welchen kleinere eine schmale Binde bilden, Vordeckel gezähnelt, 4 6 Stacheln in der Afterflosse.

Ctenolabrus. Im unteren und den oberen Schlundknochen blos spitze Zähne, der Körper des ersteren mit drei completen Querrei- hen, von denen die hintere die grössten, seitlich schwach compresse Zähne enthält; am Stiele 2 3 Reihen spitzer Zähne.

In beiden Kiefern steht hinter den längeren konischen Zähnen äusserer Reihe, von denen die vier mittleren des Zwischenkiefers zu Hundszähnen verlängert sind, eine schmale Binde kurzer, ziemlich dicker Spitzzähne. Nur der senkrechte Rand des Vordeckels bis gegen den Winkel bezahnt; blos drei Stacheln in der Afterflosse.

Coricus. Schlundknochen fast wie bei der vorigen Gattung mit konischen, rasch in eine Spitze endenden Zähnen besetzt; die oberen mit 4 5 Reihen; der Körper des unteren mit drei, der Stiel mit einer einfachen.

Kopf verlängert, zugespitzt, die vorsl reckbaren Kiefer mit einer einfachen Reihe von Spitzzähnen, der verticale Rand des Vordeckels gezähnelt, Seitenlinie nicht unterbrochen.

Gattung Labroides B 1 e e k. (Flssllabrus M i h \). R ü p p e 1 hatte in seinen „neuen Wirbelthieren des rothen Meeres" eine Art als LabruS latovittatus beschrieben und Taf. 2 abgebildet, welcher in der H'istoire des poissons als Cossyphus dimidiatus C. V. angeführt wird. Ich erhielt (im Jahre 1857) diesen niedlichen Fisch mit einer Sendung von Bleeker aus Java und fand bei näherer Untersuchung,

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diiss er weder der Gattung Labrus, noch Cossyphus , noch irgend einer andern bisher aufgestellten zugezählt werden kann, sondern als Vertreter einer eigenen, streng sich abgrenzenden Gattung anzu- sehen ist. Rüpp eis Beschreibung und Abbildung sind so naturgetreu, dass ich es für überflüssig erachte, nochmals eine Copie dieses so ausgezeichnet gefärbten Fischchens zu geben; ich beschränke mich daher nur darauf, durch Hervorheben der charakteristischen Merk- male die Aufstellung als eigene Gattung zu rechtfertigen. Unter diesen erwähne ich zunächst die eigentümliche Bildung der L ippen, da sich hierauf die von mir gewählte Benennung der Gattung basirt. Beide Lippen sind wie gewöhnlich dick, ragen aber weit über die Kiefer vor und jede ist in der Mittellinie durch eine Einbuchtung in zwei spitz auslaufende Lappen getheilt, von denen die des Unterkiefers bedeutend länger als jene des Zwischenkiefers sind. Fig. 16 c zeigt den geöffneten Mund von vorne schwach vergrössert; diese Lippenbildung mahnt etwas an die Gattung Mastacemblus. Nicht minder eigens ist auch die Bezahnung der Kiefer. Zwischen- und Unterkiefer tragen (jeder) nur zwei lange Hunds- zähne, hinter denen aber Binden von Sammtzähnen stehen, die im Zwischenkiefer vorne ansehnlich lang sind, nach hinten aber kürzer werden. Im Unterkiefer reicht diese Zahnbinde weiter zurück und nimmt die ganze Breite desselben ein, die Zähne sind aber durchaus viel kürzer: die Seitenränder der Kiefer sind nicht bezahnt. Ganz ausgezeichnet ist ferner die Form und Bezahnung der Schi und kn och en. Der untere (Fig. 16 a von vorne und von der Seite in natürlicher Grösse) trägt blos am hintern Rande eine ein- fache Reihe von 10 ziemlich gleich starken, weiss email- lirten Spitz zahnen und an seinem langen dünnen Stiele gleichfalls nur eine Reiheungleich feinerer, spitzer, nicht emaillirter Zähne. Die oberen Schlundknochen (Fig. 16 b) stellen kleine Plättchen vor, an deren Rande fünf weiss emaillirte Zähne stehen und auf deren Fläche noch ein kleiner Zahn sitzt.

Der Mund ist nicht vorstreckbar, der Vordeckel nicht gezäh- nelt, aber überschuppt; die mit einfachen, weiten Röhrchen mündende Seitenlinie verläuft nahe dem Rücken und biegt am Schwänze rasch zur halben Höhe herab, ohne aber unterbrochen zu sein. Die Schwanzflosse ist gerade abgestutzt, der Schuppenbau im Wesent- lichen wie bei allen Labruiden.

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Erst vor wenigen Tagen, bereits nach Beendigung dieser Arbeit erhielt ich durch v. Bleeker's gütige Zusendung seine Enu- meratio specierum piscium hucusque in Archipelago indico obser- vat. (Batav. 1859 in 4.) und fand daselbst p. 93 den Labrus lato- vittatus Riipp. als Labroides Ia(ointtati(sB\eek. angeführt mit dem Citate: Acta Societ. scient. Ind.Neerl. II, 8. Bidr. Amb. p. 73. Da die beiden ersten Bände dieser Acta bisher iuWien nicht aufzutreiben sind, so kann ich nur vermuthen, dass sich v. Bleeker durch die- selben Merkmale zur Begründung dieser Gattung bewogen fand, welche mich dazu bestimmten *).

Dass die Artbenennung Rüppel's „latovittatus" jener von Valenciennes „dimidiatus" als der neueren und minder gut be- zeichnenden vorzuziehen ist, darin theile ich v. Blee ker's Ansicht, doch dürfte auch der von mir gewählte Gattungsname Fissilabrus passender als der Bleeker'sche erscheinen.

d) Die letzte Gruppe der Labroiden, die man geradezu als Sca- r o i d e n bezeichnen könnte, bilden jene Gattungen, deren Schlundzähne theils in quere Schneiden, theils in Kau flächen auslaufen, und bei denen auch die oberen lang gezogenen und mächtig ausge- bildeten Schlundknochen völlig an einander stossen und in der Mittel- linie scheinbar durch Nath vereinigt sind. Die mit einem derart aus- gezeichneten Kau- und Malmapparat versehenen Gattungen unter- scheiden sich jedoch gerade durch die Form und Bezahnung der Schlundknochen ebenfalls in charakteristischer Weise von einander.

Bei der Gattung Scarus ist die Mitte des untern Schlund- knochens und dessen Stiel in eine elliptische oder eiförmig concave, allein zahntragende Platte ausgebildet, von welcher beider- seits die kurzen und dicken Gelenkstücke wie nach aufwärts gekrümmte Arme oder Henkel abstehen. Die Zähne sind daselbst in Querreihen von je 4 5 gestellt und laufen theils in gewölbte Schneiden, theils in mit einer Querfurche versehene schmale Kau- flächen aus. Dieselbe Form zeigen die Zähne an den langen, aber schmalen obern Schlundknochen , deren jeder nur eine ein- fache Längsreihe von Zähnen trägt, die aber mit ihren vorste-

') Es werden zu ihr noch Labroiä. paradiseus und xanthurus gezählt; ersterer soll der Figur in Heuard I, Tat'. Ü, F. 131 entsprechen, letztere ist in den Acta 80i ict. ■sticni. I. Man. p. !J2 beschrieben.

Zur Charakteristik und Systematik der Labroiden. 5t)

henden Rändern derart alternirend in einander greifen, dass es den Anschein hat, als wären die beiden Schlundknochen in der Median- linie durch Zickzacknath vereinigt1)- Die Abbildung der Schlundkno- chen eines Scarus in R. Owen's üdontography ist so vorzüglich, dass es unnöthig erscheint, hier abermals eine zu geben.

Die Verschmelzung der Kieferzähne zu Platten zeichnet zwar diese Gattung auf den ersten Blick aus, doch findet sie gerade durch die Gattung Julis hierin einen vermittelten Übergang2). Die grossen leicht abfallenden Schuppen, deren Structur sich wie bei allen Labroiden verhält, die unterbrochene, mehr weniger verästelte Seitenlinie gehören ebenfalls noch zu den äusseren Merkmalen dieser Gattung.

fallyodon. Der dünne Stiel des unteren Schlundknochens ragt frei vor und wird nicht von der Zahnplatte überdeckt, welche doppelt so breit als lang und der Quere nach mit 5 6, der Länge nach mit 7 8 Reihen von Zähnen besetzt ist, die übrigens auch theils in eine Schneide, theils schmale Kaufläche enden; die seitlichen Gelenk- stücke sind kurz , dick, schwach nach aufwärts gekrümmt. Jeder der oberen Schlundknochen trägt drei Längsreihen ähnlicher Zähne; sie sind im abgebildeten Exemplare von Call, hypselosoma Figur 17 eben im Wechsel begriffen und theilweise ausgefallen.

Von Scarus unterscheidet sich diese Gattung noch durch die Bezahnung der Kiefer, indem die einzelnen Zähne viel mehr geson- dert sind und mit ihren Spitzen meist frei vorragen und zum Theile wie am Zwischenkiefer auch nach auswärts gebogen sind; hinter ihnen steht oben eine zweite Reihe kleinerer Zähne.

') Dass die Schlundzähne der Labroiden überhaupt ebenso einem Wechsel wie die der Cyprinoiden unterliegen, davon geben die Schlundknochen von allen häulig Zeugniss. Am auffallendsten ist dies aber bei den Scaroiden , man bildet regel- mässig' unter den fungirenden Zähnen in der Höhlung- des Knochens vorräthige Zahnkeime, die hier um so nöthiger erscheinen, als offenbar die Schlundknochen bei Scaroiden nicht hlos gegen einander drücken, sondern sich auch über einander verschieben. Sie gelten demzufolge als Wiederkäuer und gehören zu jenen Fischen, die Töne von sich geben.

2) Beide Gattungen verhalten sich überhaupt in mehrfacher Beziehung parallel zu einander; beide zeichnen sich durch Reichthura an Arten aus, bei beiden linden sieh deren ohne und mit vorstehenden Hundszähnen im Mundwinkel und ebenso auch Arten mit abgestufzier neben solchen mit abgerundeter und gabelig getheilter Caudale; bei beiden Gattungen endlich fühlt die Systematik das ße- dürfniss der Revision, d. h. einer genaueren Vergleichung und Untersuchung der zahlreichen Arten.

56 K ii e r.

Odax. Vor allen andern durch die mächtigste Entwicklung der Schlundknochen ausgezeichnet: der untere ist gestreckt oval, nach vorne, über dem Ende des Stieles zugespitzt, stark concav und mit viel zahlreicheren Reihen kleiner Kauzähne besetzt, als dies bei Scarus der Fall ist. Die seitlichen Gelenkstücke biegen fast unter einem rechten Winkel nach aufwärts und erheben sich bedeutend über die Ränder der Kaufläche. Die Bezahnung der obern Schlund- knochen ist ganz eigenthümlich. Sie mahnt an die der Kiefer selbst und ist am besten durch naturgetreue Abbildung anschaulich zu machen. Figur 18 zeigt die Schlundknochen von Odax molucca- nus massig vergrössert *) ; am rechten obern os pharyng. ist das gesonderte seitliche Knochenstück weggehoben, um die concave Gelenkfläche zu zeigen, mittelst deren es sich an den Schlundknochen anlegt. Sämmtliche Knochenstücke sind grün gefärbt, am lebhaftesten die Zahnplatten selbst.

Von den vorigen Scaroiden unterscheidet sich Odax noch durch gestreckte Totalgestalt, wenig gewölbte und schmale Kieferzahn- platten, seitlich mit freien Spitzzähnen, nicht unterbrochener Seiten- linie und bedeutend kleinere Schuppen.

Die Gattungen Scarichthys Bleek. und Hoplegnathus Rieh. (Scarodon T. Schleg.^ kenne ich aus eigener Anschauung nicht. Erstere scheint nach von Bleeker's Angaben allerdings zu den Scaroiden zu gehören. Was aber die von Richard so n in seiner Descript. of Austral Fishes (Transact. of the zool. soc. of London 1849, vol. III, p. 144) aufgestellte Gatt. Hoplegnathus mit der Art H. Conwayi (Taf. 7, Fig. 1) anbelangt, so Hesse sich vermuthen, dass sie eine vermittelnde Gattung zwischen Scarus und Odax sei, mit welch letzterem sie die nicht unterbrochene Seitenlinie theilt, wäh- rend sie yoii beiden durch noch kleinere Schuppen abweicht. In der Fauna jap onica wurden unter dem Namen Scarodon zwei andere Arten: Sc. punetatus und fasciatus beschrieben und letztere auch abgebildet: die Stellung der Galtung wurde aber als zweifelhaft erklärt und ihre Verwandtschaft mit Dipterodon und Pimelepterus hervorgehoben. Und in der That mahnt auch die daselbst abgebildete

') Welche Art V alencien ne s untersucht haben mag, indem er die Form des unteren Schlundknochens als dreieckig bezeichnet, kann ich vorerst nicht er- mitteln.

Kurr. Zur Characterrstik der Labroideit

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Sil/.iniij-.sb.d.k.Akad d.W m.ith iialiinv.Cl.A'L Bd.X°L 1860.

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Zur Charakteristik und Systematik der Labroideo. 57

Art fasciatus an selbe ungleich mehr als Richardson's Figur. Bleeker betrachtet in seinem neuesten Werke: Enumeratio spec. pisc. etc., in welchem auch ein Systematis piscium naturalis tenta- men mitgetheilt wird, die Gattung Hoplegnathus Rieh. = Scarodon Seh leg. nicht blos als Vertreter einer eigenen Familie , sondern trennt sie auch weit von den Scaroiden, indem er sie zwischen die Chaetodonten und Teuthyes einschiebt. Da aber sowohl bei Ri- chardson wie bei Schlegel und v. Bleeker jede Angabe über die Schlundzähne fehlt, so ist über die Stellung dieser Gattung noch immer nicht mit Sicherheit zu entscheiden.

58 v. S o n k I a r.

Über die Änderungen der Temperatur mit der Höhe. Von R. v. Son kl ar,

k. k. Major.

(Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.)

(Vorgelegt in der Sitzung vom 16. Februar 1860.)

Im Eingange dieser Abhandlung erwähnt der Herr Verfasser der vergeblichen Bemühungen, welche bisher gemacht wurden, das Quantum der Wärmeabnahme mit wachsender Höhe, auf dem Wege der Theorie so zu bestimmen, dass dasselbe mit der Erfahrung zusammenfällt. Er übergeht sodann zu den Ergebnissen der Erfah- rung selbst, und zeigt durch beigebrachte Daten, dass auch diese Resultate unter einander sehr beträchtlich verschieden sind , welche Bemerkung nicht blos für das Jahr im Allgemeinen, sondern weit mehr noch für einzelne Abschnitte der jährlichen Periode Geltung hat. Der Verfasser hat nicht minder fast alle bisher ausgeführten wissen- schaftlichen Luftreisen in Betracht gezogen und gefunden, dass die Übereinstimmung in den Resultaten derselben nicht im geringsten grösser sei als dort, wo das Quantitative der Wärmeänderung mit wechselnder Höhe durch gewöhnliche Thermometer-Beobachtungen in der Nähe des Bodens aufgesucht wurde.

Der Grund dieses Auseinandergehens dieser selbst auf dem Wege der unmittelbaren Beobachtung gewonnenen Resultate schien dem Verfasser in dem Umstände zu liegen, dass dieselben aus meist ver- einzelten, im Räume und in der Zeit zerstreuten Wahrnehmungen abgeleitet wurden. Er stellt mit Recht die Behauptung auf, dass nur durch eine grosse Zahl, nach mehrjährigen Temperaturmitteln aus- geführten Untersuchungen ein verlässliches und von dem Einflüsse klimatischer und localer Störungen freies Resultat zu gewinnen sein wird.

Zu einem solchen Unternehmen liefern die reichhaltigen Publi- cationen der k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagne- tismus das nöthige Muteriale. Mit Hilfe derselben hat es der Herr

Über die Änderungen der Temperatur mit der Höhe. 59

Verfasser versucht, den Gesetzen der Wärmeabnahme mit zuneh- mender Höhe einlässlich nachzuforschen, wobei es ihm gelungen ist, eine Zahl nicht unwichtiger Ergebnisse zu Tage zu fördern.

Als Grundlage für seine diesfülligen Untersuchungen diente ihm eine mühevolle Zusammenstellung aller Monats- und Jahresmittel der Temperatur für 61 theils in den Alpen, theils am Süd- und am Nordfusse derselben liegenden meteorologischen Beobachtungsstatio- nen, die nach ihrer Lage in klimatische Regionen getheilt wurden.

Er übergeht nun zuvörderst zu einer schärferen Behandlung der Frage, ob die Wärme bei arithmetisch zunehmenden Höhen- abständen nach einer arithmetischen oder geometrischen Progression abnehme eine Frage, die bekanntlich selbst nach den Unter- suchungen von Kämtz, noch nicht völlig entschieden war. Der Ver- fasser hat sich dabei der Formeln

1 . th = t ah

2. log. th log. t ah

bedient, wo th die Temperatur der oberen Station, h die Höhe der- selben, t die Temperatur der unteren Station und a eine constante Grösse bedeutet, und wo t und a durch die Beobachtung zu bestim- men sind. Mit Hilfe der Theorie der kleinsten Quadrate hat der Ver- fasser sofort die numerischen Werthe beider Gleichungen für sechs verschiedene Alpenregionen, wie auch für die Ergebnisse von zwei im Jahre 1852 in England unternommenen aerostatischen Reisen ausgeinittelt, und hieraus mit Klarheit dargethan, dass für alle Höhen, welche noch von Menschen bewohnt oder erreicht werden, die Abnahme der Wärme mit wachsender Höhe nach dem Gesetze einer arithmetischen Progression vor sich gehe.

Nun geht Major von Sonklar zur Bestimmung jener Höhe über, um welche man sich erheben müsse, damit die Temperatur um R. abnehme.

Diese höchst mühevolle, nach allen Monats -und Jahresmitteln der Temperatur ausgeführte Rechnung wurde von dem Verfasser nach einzelnen Alpensectionen, und innerhalb der letzteren auch nach so vielen Höhenzonen geführt, als bei der Zahl der vorhandenen Beobach- tungsstationen zulässig schien, damit noch verlässliche Mittel erhalten werden konnten. Er hat hiebei in jeder Alpensection beinahe jede Station mit jeder anderen verglichen, und aus mehr als 2400 solcher

60 v. S o n k :i

Vergleichungen hat er Mittel werthe für jede Alpensection und für einzelne Hölienzonen in denselben, für grössere Alpentheile und end- lich auch die Hauptmittel für das ganze Gebiet der Ostalpen erhalten, welche ihm zu nachfolgenden Schlüssen berechtigen.

1. Die grosse Verschiedenheit der für so nahe bei einander liegende Gegenden aufgefundenen, der Temperaturabnahine um entsprechenden mittleren Höhenwerthe beweisen, dass es eine ver- gebliche Mühe wäre, einen für alle Breiten und Localitäten giltigen Mittehverth dieser Art auflinden zu wollen.

2. Für das ganze System der Ostalpen beträgt die Höhe um die man sich erheben muss, damit die Temperatur um R. sinke, im Allgemeinen 843 P. F. Für die einzelnen Monate aber stellen sich diese Höhen wie folgt heraus:

Jänner 481 P. F. Juli + 796 P. F.

Februar +168 August + 745 ,

März + 642 September + 820

April + 670 October + 949

Mai + 632 November +1008

Juni + 714 December 141

Eben so für die einzelnen Jahreszeiten :

Frühjabr + 647 P. F. Herbst + 932 P. F.

Sommer + 749 Winter + 148

3. Die Wärmeabnahme mit zunehmender Höhe ist im Innern des Gebirgsgürtels, und dort wo die Tafelzone der Alpen an Breite zunimmt, langsamer als an den Rändern derselben.

4. Es kann nicht behauptet werden, dass die Wärmeabnahme in irgend einer Höhenschichte der Atmosphäre rascher vor sich gehe als in einer anderen.

5. Bezüglich der Jahreszeiten hat sich consequent die lang- samste Wärmeabnahme im Herbste und die rascheste im Frühjahre gezeigt, was mit allen bisherigen Annahmen im Widerspruche steht.

6. In mehreren Alpentheilen, besonders aber in den süd- norischen und karnischen Alpen, treten in den Wintermonaten sehr merkwürdige und abnorme Temperaturverhältnisse ein; es ist nämlich daselbst zur Winterszeit ein successives jedoch ziemlich rasches Steigen der Temperatur mit zunehmender Höhe wahrzu-

Über die Änderungen der Temperatur mit der Höhe. 61

nehmen, so dass die Höhe, welche der Wärmeverminderung um entspricht, einen negativen Werth erhält. Ja es ist diese Erhöhung der Temperatur von unten nach oben in der erwähnten Jahreszeit so bedeutend und umfassend , dass in den Monaten December und Jänner ßeobachtungs-Stationen, welche um 3000 4000 F. höher lie- gen als andere, uml 2 Grade wärmer haben als diese, und dass selbst die allgemeinen Monatmiltel, wie aus dem Obigen zu ersehen, von diesen anomalen Verhältnissen beherrscht erscheinen.

7. Major v. Sonklar sucht nun diese höchst beachtenswerthe Erscheinung aus den herrschenden Luftströmungen zu erklären. Er beginnt mit dem Grundsatze, dass alle grösseren Bewegungen der Atmosphäre ihre Hauptursache in dem zwischen den Tropen auf- steigenden warmen Luftstrome finden. Die unveränderliche Stetig- keit desselben bedingt das eben so stetige Auftreten sowohl des Nordost- und Südostpassates, als auch des sogenannten rücklaufenden, d. h. des Südwest -und Nordwestpassates. Es müssen sonach in den höheren Breiten stets beide Passate gleichzeitig vorhanden sein, doch hängt es von Umständen ab, welcher von beiden an einem beliebigen Orte die höheren und welcher die tieferen Regionen der Atmosphäre einnimmt. Waltet nun in unseren Gegenden irgend- wo zu einer gewissen Jahreszeit, z. B. im Winter, der kalte oder Nordostpassat in der Tiefe vor, so muss in der Höhe der warme oder Südwestpassat in demselben Grade vorwalten, und es werden sonach die höheren Gegenden um so mehr erwärmt und die tieferen um so mehr abgekühlt werden, je länger die angedeutete Lage beider Luft- ströme andauert.

Dieser Fall tritt nun in den südnorischen und karnischen Alpen zur Winterzeit thatsächlich und in sehr consequenter Weise auf, und dass dem also, das beweisen die von dem Herrn Verfasser aus viel- jährigen Mitteln der Windvertheilung für jeden Monat berechneten mittleren resultirenden Windlichtungen an den Stationen Mailand, Udine, Triest, Wien, Kremsmünster und Salzburg. Die hindurch gewonnenen Zahlen zeigen unwiderleglich, dass nirgends so nachhaltig wie in Udine und Triest (welche Stationen für die erwähnten Alpen- theile massgebend sind) der kalte Passat im Winter die unteren, und daher der warme die oberen Regionen des Luftkreises beherrscht, was eben die grössere Wärme der höheren Gebirgslagen in dieser Jahreszeit genügend erklärt.

62 v- S on klar. Über die Änderungen der Temperatur mit der Höhe.

Eben so deutlich spricht sich der Zusammenhang der Luftströ- mungen mit dem Gange der Wärmeänderung bei wachsender Meeres- höhe in den Jahreszeiten aus, zu welchem Ende der Verfasser die den Jahreszeiten entsprechenden mittleren Windrichtungen für mehrere der vorgenannten Stationen berechnet hat.

Auch hat er es versucht, die beiläufige Höhe jener Fläche aus- zumitteln, längs welcher beide Passate in den verschiedenen Mona- ten des Jahres an einander grenzen. Als Mittelwerth hat sich ihm die Höhe von 4700 P. F. ergeben.

8. Zum Schlüsse erklärt Major v. So n klar einige andere (in den oben mitgetheilten Hauptmitteln jedoch nur theilweise ersicht- lichen) Eigenthümlichkeiten in dem Gange der Wärmeänderung mit wachsender Höhe, wie z. B. die Beschleunigung dieser Abnahme im April oder Mai, die Verlangsamung derselben in den Sommermona- ten und ihre hie und da auftretende abermalige Beschleunigung im October oder November, aus den herrschenden meteorologischen Zuständen in der Höhe und in der Tiefe während dieser Monate, aus der beförderten oder gehemmten Verbreitung der Wärme durch Mit- theilung, aus den Einflüssen der Strahlung, der Hydrometeore u. s. f.

Pohl. Über mikroskopische Probeobjeete etc. (>3

Über mikroskopische Probeobjecle, insbesonders Nobert's Testobject-Platte.

Von Dr. J. J. Pohl.

(Vorgetragen in der Sitzung vom 9. Februar 1860.)

Die Prüfung eines Mikroskopes mittelst sogenannter Probe- oder Testobjecte entscheidet nur über den optischen Werth, während dabei andere für den praktischen Gebrauch dieses Instrumentes wichtige Eigenschaften unberücksichtigt bleiben. Nichtsdestoweniger stellt man diese Prüfung der Mikroskope fast immer in den Vorder- grund und bringt selbe häufig ausschliesslich in Anwendung. Seit Jahren wurde daher eine Reihe solcher Probeobjecte zur Benützung vorgeschlagen, von denen sich aber neuester Zeit nur verhältniss- mässig wenige im Ansehen erhalten haben. Der Grund hievon liegt wohl zum Theil im Fortschreiten der praktischen Dioptrik, indem kleinere Instrumente, von ausgezeichneten Künstlern verfertiget, jetzt die schwierigsten Proben bestehen, welche sonst nur für In- strumente ersten Ranges galten, zum Theil aber leider im Überhand- nehmen einer einseitigen Prüfung der Mikroskope, die sich blos auf das Sichtbarwerden feiner Linien und Streifen beschränkt. Klarheit und Schärfe derContouren nebst Helligkeit, Grösse des Gesichtsfeldes, sowie Gleichförmigkeit des Bildes im selben etc. bleiben im letzteren Falle unberücksichtiget. Soll aber ein Mikroskop im optischen Theile allen Anforderungen entsprechen, so muss es nicht nur die letztge- nannten Eigenschaften besitzen, sondern auch, wie bereits Goring unterschied, eine hohe penetrirende und definirende Kraft besitzen, in so ferne unter ersterer die Eigenschaft eines Mikroskopes verslan- den wird, feine Streifen, Linien und andere Details an den Objecten sichtbar zu machen, unter letzterer hingegen blos die Fähigkeit, die Umrisse der Gegenstände scharf, klar und tief schattirt zu zeigen. Nur die ausgezeichnetsten Mikroskope entsprechen in beiderlei Richtun-

ß4 Pohl.

gen, meist ist die hohe penetrirende Kraft auf Kosten der definirenden oder umgekehrt erzwungen, in welchen Fällen das Instrument bei gewissen Untersuchungen nur mittelmässige Dienste leistet. Zwar besitzt man in der Distanzänderung der Objectivlinsen und jener des Oculars vom Objectivsysteme ein einfaches Mittel , bis zu einem gewissen Grade penetrirende Kraft in definirende und vice versa umzusetzen, allein nicht an allen Mikroskopen ist auf solche Ver- schiebungen von Seite des Verfertigers Rücksicht genommen, auch gehört einige Übung zur Richtigstellung der Linsen , so dass es am besten bleibt, wenn der Optiker selbst an seinem Instrumente den günstigsten Effect zu erreichen strebt. Jene Optiker, welche als Prüfungsmittel ihrer Mikroskope das Erscheinen von Querstreifen auf gewissen Schmetterlingsschuppen, der Liniensysteme auf Infu- sorienpanzern etc. empfehlen, nehmen hauptsächlich auf die pene- trirende Kraft Rücksicht. Die Linien und Streifen erscheinen dann vollständig, aber die Contouren des Objectes sind häufig verwaschen und das Object selbst zeigt sich wie in einen dünnen Nebel ein- gehüllt, — das Rild ist milchig. Unter den mir genau bekannten Mikroskopen gehören hieher die neueren von Amici, Rene che und Wasserlein, Nach et und Oberhäuser (Hartnak) bei Anwen- dung der stärksten Objectivsysteme. Jene Optiker hingegen , welche Haare, Insectentheile, Knochenschliffe etc. zur Probe wählen und verlangen, dass die Contouren dieser Gegenstände nicht nur scharf erscheinen, sondern auch eine möglichst tiefe Färbung zeigen (schwarz sind), berücksichtigen vorzugsweise die definirende Kraft. Vortrefflich definiren so z. R. die schwächeren Linsensysteme an den Mikroskopen Oberhäuser's, Prokesch's in Wien, und ebenso die freilich älteren Mikroskope von Fraunhofer, während eine gewisse Ausgleichung beider Eigenschaften zur vortrefflichsten Wir- kung bei den neuesten Mikroskopen von PIössl und jenen neuesten Objectivsystemen Amici's und Oberhäuser's erzielt ist, welche beim Gebrauche in Wasser oder Mohnöl eingetaucht werden müssen.

Es müssen hiernach die mikroskopischen Probeobjecte minde- stens in zwei Classen getheilt werden, deren eine Objecte zur Prü- fung der penetrirenden Kraft, die andere Objecte zur Ermittlung der definirenden Kraft umfasst.

Obschon die penetrirende und definirende Kraft, besonders aber letztere, Functionen der sphärischen und chromatischen Aberration

Üher mikroskopische Probeobjecfp. ß K

sind, so kann doch von beiden Aberrationen, namentlich von der chromatischen, ein guter Theil übrig bleiben, ohne in obgenannten Beziehungen störend zu wirken, ja die definirende Kraft wird oft scheinbar durch die chromatische Aberration unterstützt. Das Maxi- mum des Erfolges haben, was Farblosigkeit betrifft, in neuester Zeit wohl Amici und Oberhäuser (Hartnak) bei den stärksten Objectivsystemen erzielt, welche beim Gebrauche in Mohnöl oder Wasser getaucht werden müssen. Leider ist aber diese Beobach- tungsart so unbequem, dass sie nur ausnahmsweise Anwendung finden kann : auch zeigen sich beim genauen Vergleiche verschie- dener neuerer Mikroskope Amici's beträchtliche Unterschiede hin- sichtlich der Farblosigkeit der Bilder. Betreffs des Freiseins von sphärischer Aberration muss ich unter den am Continent erzeugten Instrumenten für die stärksten Vergrösserungen Amici's Mikro- skopen bei richtiger Stellung seiner Correctionsoculare, für schwä- chere unbedingt jenen von Plössl mit Benützung des aplanatischen Oculars oder Kellner's orthoskopischen Oculars den ersten Rang einräumen. Ich glaube bezüglich der gegebenen Beurtheilungen der Leistungsfähigkeit in so ferne auf einige Verlässlichkeit Anspruch machen zu dürfen , als selbe auf vieljährigen häufigen Gebrauch der Mikroskope und der genauesten Durchmusterung von über einem halben hundert Mikroskopen beruht.

Nebst diesen zwei Arten von Probeobjecten dünkt mir aber noch eine dritte Classe wesentlich. Es ist jene, mittelst welcher die Grösse der übrig gebliebenen , die Beschauung mehr minder störenden , sphärischen und chromatischen Aberration erkannt wird. Endlich abgesehen von diesen Eintheilungen der Probeobjecte müssen selbe noch in zwei andere höhere Gruppen geschieden wer- den, nämlich natürliche und in künstlich erzeugte Probeobjecte, welch' Letztere aber bei weitem die Minderzahl bilden.

Vor Anwendung der doppelten und dreifachen Objective waren es vorzüglich Definitionsobjecte, welche man zur Beurtheilung der optischen Kraft eines Mikroskopes benutzte. Diese Objecte sind aber gegenwärtig grossentheils durch Objecte für Penetration verdrängt, obschon mit Unrecht, während auf die Aberrationen am wenigsten Rücksicht genommen wird. Im Allgemeinen scheinen sich jetzt die Mikroskopiker vorzugsweise Ein bestimmtes Object auszuwählen und dieses als Hauptmassstab für die Güte der Instrumente gelten zu

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XL- Bd. Nr. 7. 5

66 p ° '• '■

lassen, wie z. B. Schacht») und ihm nachfolgend Reinike") die Navicula angulata (Pleurosigma , Gyrosigma angulatum), obschon eine solche Prüfung sehr einseitig genannt weiden muss, da ein sonst schlechtes Ohjectiv diese Linien zeigen kann, wenn es nur einen grossen Öffnungswinkel besitzt3).

Da man sich leider bis jetzt nicht einigte, eine bestimmte Reihe entsprechender Probeobjecte nach obgenannten drei Richtungen zur Prüfung der Mikroskope festzustellen, so dürfte es nicht ohne Inter- esse sein, wenigstens einige der Prüfungsobjecte für Mikroskope namhaft zu machen, welche in neuerer Zeit von ausgezeichneten Beobachtern anempfohlen wurden.

Erste Classe von Probe ob jecten : Natürliche Objecte.

Jacqnin's Probeobjecte *) 1829.

Objecte für Beleuchtung von UntPn.

1. Flügel der gemeinen Hausfliege, Musca domestica, welches Object sowohl für schwache, 15 20 als stärkere, etwa 240malige lineare Vergrösserung gelten soll,

2. Gelsen-Flügel von Culex pipiens von 40- bis zu 300maliger Vergrösserung angerathen.

3. Menschen -Haare für schwache und stärkere Vergrösse- rungen.

4. Haare vom Rücken der Hausmaus, Mus mitsculus , erst von 200maliger Vergrösserung an zu gebrauchen.

6. Bauchhaare der gemeinen Fledermaus, Vespert ilio murinus, wie das vorige Object.

6. Flügelschuppen von Papilio Crataegi oder Brassicae L., deren Längsstreifen bei G0 80maliger Vergrösserung er- scheinen sollen.

7. Flügelschuppen von Papilio Menelaus, welche bei 200 bis 300maliger Vergrösserung Querstreifen zeigen.

') Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Gewächse, 1834. S. 267 275.

3) Beiträge zur neueren Mikroskopie. Dresden 1838.

:i) Diese Behauptung war so wie der grösste Theil vorliegender Arheit bereits im Jänner 1836 niedergeschrieben; übrigens hat neuester Zeit auch Hugo von Mo hl denselben Ausspruch, jedoch hesser begründet, gethan. (Botanische Zeitung. 16. Bd., 1838, S. 271.)

Zeitschrifl für Physik und Mathematik. V Bd., S. 189.

Über mikroskopische Proheobjeefe. (j7

5. Flügelschuppe der Pelz- oder Kleidermotte. Tinea pellionella oder sarcitella, woran die Streifen erst bei 3 400maliger Vergrösserung Sichtbarwerden und welche Jacquin als fein- sten Prüfstein für Mikroskope der ersten Kategorie hinstellt.

9. Einzelne Schuppen vom Brillantkäfer. Curculio imperialis, deren Streifungen fast noch schwieriger als die des vorher- gehenden Objectes zu erkennen sind.

Objecte für Beleuchtung- von Ohen.

10. Ein Stück des Flügels von Papilio Crataegi oder Brassicae, woran die Längsstreifen der Schuppen kenntlich werden sollen.

1 1. Derlei von Papilio Menelaus.

12. Querschnitt des Stengels vom Mais, Zea Mais oder Hollun- dermark, Sambucus nigra.

1,3. Querschnitt vom gemeinen Regenschirmrohr. 14. Flügeldeckenstück von Curculio imperialis.

Goring's1) Probeobjecte 1829.

I. Objecte für Penetration.

Leichte Objecte.

1. Schuppen von Petrobius marinus.

2. Schuppen von Lepisma saccharina, auf beiden Objecten sollen Längenstreifen und schiefe Streifen erscheinen.

Schwierigere Ohjecte.

3. Schuppen von Morpho Menelaus , Längs- und Quer- streifen.

4. Körperschuppen von Alucita pentadactyla , zeigen Längs- streifen.

o. Körperschuppen von Alucita lie.vodactyla , lassen ebenfalls Längsstreifen erkennen.

6. Die gelben Flügelschuppen von Lycaena Argus, Längs- streifen.

7. Tinea vestianella, Schuppen, Längs- und Querstreifen sichtbar.

*) The Microseopic Cahinet by R. Pritchard, pag. 135.

68 po'' '•

Schwierige Probeobjecte.

8. Die schmalen, an einem Ende herzförmigen Schuppen von Pieris brassicae. Erkennbar sind Längs- und Querstreifen nebst zwei Systemen diagonaler Streifen.

9. Schuppen der Podura plumbea, Längs- und Querstreifen zu ersehen.

II. Objecte für Definition.

1. Haare der Hausmaus.

2. vom Flügel der Fledermaus, vespertilio murinus.

3. Das Blatt einer Hypnum-Y nrietiit, welche jedoch nicht näher bezeichnet ist.

4. Die getüpfelten Schuppen von Lycaena Argus.

Chevaliers Probeobjecte *) 1839.

Leichte Probeobjecte.

Lepisma saccharina, Schuppen, die Längstreifen und schiefen

Streifen. Pieris brassicae, Schuppen, die Längsstreifen.

Schwieriges Probeobject.

Pieris rapae, Schuppen, die Granulationen der Streifen.

Schwierigeres Probeobject.

Pieris brassicae, Schuppen, die Querstreifen.

Sehr schwierige Probeobjecte.

Podura plumbea, die Querstreifen der kleinen und mittleren

Schuppen. Pieris brassicae, die Granulationen der Längsstreifen an den

Schuppen.

NohTs Probeobjecte2) 1846.

Mohl führt besonders Goring's Probeobjecte, jedoch bezüg- lich ihrer Schwierigkeit in einer andern Reihenfolge an, stellt aber unter die schwierigsten Objecte noch:

*) Chevalier: Des Microscopes et de leur usage. pag. 17.'i. 2) Mohl, Mikrographie pag. 184.

Über mikroskopische Probeobjecte. ß Q

Die Schuppen von Lycaena Argus und zwar die lichten, an wel- chen Querstreifen erscheinen müssen.

Die Flügelschuppen des Weibchens von Hipparchia Janira, welche Längs- und Querstreifen zeigen.

Die langen, oben gefransten Schuppen an der oberen Seite der Flügel des Männchens von Hipparchia Janira mit Längs- streifen. Die Hipparchia-Sc\ni\)[)en wurden übrigens zuerst von Amici als Probeobject empfohlen.

Quecksilberkügelchen als Prüfungsmittel bezüglich der Aber- rationen.

Schachfs Probeobjecte 9 1854 and 1855.

1. Lepisma saccharina , Schuppen, Längsstreifen und schiefe Streifen.

2. Hipparchia Janira, Flügelschuppen des Weibchens, Längs- und Querstreifen.

3. Navicula hippocampos angulata! sämmtliche drei Linien- systeme, aber gilt nur für durchgelassenes Licht, da es im auffallenden Lichte zu den leichteren Probeobjecten gehört.

4. Holzquerschnitt der Wurzel von Pinus sylvestris, dient zur Erkennung des Freiseins von chromatischer Aberration.

Griffitirs Probeobjecte 2) 1856.

1. Das Pygidium einer Fliege, sowohl transparent als opak betrachtet, an dem die Haare sich zeigen.

2. Maushaare. Beide Objecte dienen für sogenannte 1*5 2zöl- lige (englisch) Objective mit 20maliger Vergrößerung und 12 20o Öffnungswinkel.

3. Haare von Dermestes lardarius.

4. der Hausmaus.

5. Das Pygidium der Fliege, an dem die Areolaeen unterscheid- bar sein müssen.

Nr. 3—5 für 1— 0-67zöIüge Objective bei 60maliger Vergrösserung und 22 27° Öffnungswinkel.

*) Sehncht, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Gewächse, S. 267 273. Das Mikroskop und seine Anwendung insbesondere in der Pflanzen-Anatomie, 2. Auflage, 1855, S. 17.

a) Griffith and Henfrey, The Micrographic Dictionary. pag. fi35.

70 Pohl.

6. Haare von Dermestes lardarius, von Vespertilio pipistrellus und Mus domesticus in Balsam eingelegt.

7. Längsschnitt von Abies excelsa, trocken eingelegt.

8. Die gröberen Schuppen von Lepisma saccharina.

9. Das Pygidium der Fliege, woran die feine Structur sichtbar werden muss.

10. Eine dunkle Schuppe von Podura plumbea.

Nr. 6—10 gelten für 0-5— 0'4tel Objective mit 100 bis 120maliger Vergrösserung und 55° Üffnungswinkel. 1 l. Haare von Dermestes lardarius.

12. Längsschnitt von Abies excelsa.

13. Schleimkügelchen.

14. Die feineren Schuppen von Lepisma saccharina.

15. Die blassen und dunklen Schuppen von Podura plumbea.

16. Die Faserchen von Didymohelix ferruginea.

17. Das Pygidium der Fliege.

18. Die Schuppen von Pontia brassicae.

Nr. 11 18 sind für 0-25zöllige Objective mit 220 bis 450maliger Vergrößerung und 75 150° üffnungs- winkel.

19. Die lichteren Schuppen von Podura plumbea

20. Das Pygidium der Fliege.

21. Die Schuppen von Pontia brassicae.

22. Die Faserchen von Didymohelix ferruginea. die Primitiv- Fäserchen zeigend.

23. Die Schleimkügelchen.

Nr. 19—23 sind Objecte für 0125 (>/8) zöllige Objec- tive mit 420 450maliger Vergrösserung und 110- 150° Öffnungswinke].

24. Die lichten Schuppen von Podura plumbea.

25. Die Faserchen von Didymohelix ferruginea, in Balsam ein- gelegt.

26. Die Primitiv-Fibrillen der Muskelfaser.

Nr. 24— 26 gehören für 0-083 (</„) bis 0*067 (V16)zöll.

Objective mit 600 650 maliger Vergrösserung und

80—120° Öffnungswinkel.

Die gegebenen Vergrösserungen sollen sich blos auf das Objec-

tivsystem beziehen. Griffith legt übrigens wenig Werth auf die

Ober mikroskopische Probeobjecte.

Streifungen der Infusorien Panzer; schlägt jedoch für solche, welche selbe als Probeobject benutzen wollen, Panzer von Gyrosigma (Pleurosigma, Navicula) , Grammatophora , Fragillaria, Rhipi- dopkora, Amphipleura, Nitschia taenia, gewisse Species von Berkeleyia vor.

Robin's Probeobjecte l) 1856.

1. Die Spinnenklaue.

2. Schuppen von Lepisma saccharina.

3. Pieris Rapae, F a b r i c i u s,

4. Zygaena Alexis, L i n n e.

5. Satyrus Janira. 6- Po dura plumbea.

7. Pleurosigma attenuatum, YY. Smith.

8. angulatum

9. Navicula Spenceri, Kützing.

10. veneta Oiatomaeen.

I i . Verschiedene Species von Gramma- tophora.

1 2 . Stria tella unipunctata, A g a r t h .

f arpenter's Probeobjecte 2) 1856.

Carpenter unterscheidet nebst der penetrirenden und defi- nirenden Kraft der Mikroskope noch eine lösende und theilt hier- nach auch die Probeobjecte ein; er gibt wörtlich folgende Defini- tionen:

„Defining power, or power of giving a clear and distinct image of all well marked fratures of an object, especially of its boundaries" „Penetrating power , or power of enabling the observer to look

into the structure of objects." „Resoloing power, by which it enables closely-approximated markings to be distinguished." Für schwache Objective mit grösserer Foeal - Distanz als 0-5 engl. Zoll, wählt Carpenter aber:

') Memoire sur les objects qui peuvent etre conserves en preparations mieroscopiques.

Paris. 1856. i) Carpenter, The Microscope and its Revelatious. Loudon 1856, pag. 192.

72 Pohl.

Objecte für Penetration.

1. Injection der Froschlunge.

2. Darmzotten des Affen.

Objeete für Definition.

3. Pollenkönier der Rosenpappel oder einer anderen Mal- vacaee.

Objecte für lösende Kraft.

4. Injection der Kieme des Aals.

5. irgend einer Vogellunge.

6. Schuppen von Morpho Menelaus.

7. Rüssel der gemeinen Fliege ; wird besonders anempfohlen.

8. Tracheen von Insecten.

Für stärkere Objective von 0*5 bis zu 0-2 Zoll Focaldistanz.

Objecte für lösende und penetrirende Kraft.

9. Die Längsstreifen an den schaufeiförmigen Schuppen von Polyommatus Argus.

10. Grössere und kleinere Schuppen von Po dura plumbea.

11. Pleurosigma hippocampos , die Längs- und Querstreifen.

Objecte für Definition.

12. Die Haare der indischen Fledermaus (indian bat).

13. von Dermestes lardarius.

14. Die Muskelfasern.

Für die stärksten Objective von 0-2 Zoll an abwärts.

Prob e objecte für Penetration, Definition und Lösung.

15. Nob ert' s Linienscale.

Iti. Verschiedene Diatomaeen aus dem Genus Pleurosigma. Carpenter nimmt an, die Schwierigkeit des Objectes wachse mit der Zahl der Linien, weichein einem bestimmten Raum der Länge nach zusammengedrängt sind. Er gibt daher zur ßeurtheilung des Werthes verschiedener Diatomaeen als Probeobjecte Seite 205 folgende kleine Übersicht nach W. Smith, welche ich jedoch von engl. Zoll auf Millimetei reducirte und der ich gleichfalls die Messungen von So! litt and H a r r i s o n ') sowie Hall2) beifügte.

') The Quarteiiy Journal of the Microscopical Society. 1S.S3. V, nag. 62. i) Idein. 1836. XV. Die Beschreibung der 13. Tafel.

Über mikroskopische Probeobjecte.

73

Anzahl der Linien auf 001 Millimeter.

Name

Nach der Länge

Beobachter

Nach der Quere

Beobachter

Pleurosigma littorale . . .

9-4

Sm.

hippocampos

11-8 12-2

Sm. H.

16-5 15-8

S.u. H. H.

strigile ....

» n ....

130 141

S. u. H. Sm.

formosum . .

14-2?

H.

strigosum . . . » » ... angulatum . . » »

15-7

20-4 20-4

Sm.

Sm. H.

gross 27 '6 klein 31*5 gross 23*6 klein 27-6

S. u. H. S. u. H.

Spenceri . . .

21-6

Sm.

19-7

Sm.

» »

19-7

S. u. H.

23-6

»

Ceratoneis fasciola .... Pleurosigma obscurum . . .

2b-2 29-2

Sm.

35-4

»

macrum ....

33-4

Navieula rhomboides , . .

33-4

sigmoidea ....

33-4

»

41-3

S. u. H.

51-2

n

Ich glaube hier besonders auf den Unterschied zwischen Pleu- rosigma hippocampos und angulatum aufmerksam machen zu müs- sen, welche manche deutsche Mikroskopiker noch immer verwech- seln , während gerade als Probeobject nach obiger Tabelle ein namhafter Unterschied resultirt.

Bailey's Probeobjecte *).

Diese sind vorzugsweise:

Hyalodiscus subtilis, eine zuerst zu Halifax in Neu-Schottland gefundene Diatomaee.

Grammatopliora subtilissima, ebenfalls von Halifax, welche übrigens Bailey als eine Varietät von Ehrenbergs Gram- matopliora strieta bezeichnet.

l) Smithsonian, Coutributions to Knowledge. Vol. VII, article III. pag. 14.

74 p «• •' i

liniri\ Probeobjecte 1856.

Die folgende Zusammenstellung sammt den hierauf bezüglichen Angaben ist eine Zugabe Amici' s zu einem grossen Mikroskope, welches in meinem Besitze und nach Amici's eigenem Ausspruche von keinem zweiten seiner Instrumente übertreffen wird. In der That zeigte die Vergleichung mehrerer Mikroskope aus der neuesten Zeit mit dem in Rede stehenden selbes als das Beste, und nur auf dieses Instrument beziehen sich daher die folgenden Original-Angaben Amici' s vom 18. Februar 1856.

Trocken eingelegte Objecte.

1. Sporulae di Lycoperdon Papille e Nucleo.

2. Squame di Hipparchia Janira linee longitudinali e trasversali pik difficili.

3. Squame delV argo linee trasversali.

4. Pleurosigma angulatum. Si osservino le meno sudice.

5. Striatellaunipunctata. Cherbourg. Si osservino i framenti che aderiscono piani softo il retro. Buon fest.

In Balsam eingelegte Objecte.

6. Tripoli d'Eger.

7. Tripoli d'Eger e Grammätophora marina.

8. Tripoli di S" Flora.

9. Tivoli di Lollhagysion, Lapponia, contiene la navicula Amici et altri test difficillimi.

Ferner führt Amici an: Colla Serie IV" (Objectivsystem- Bezeichnung) e questa maniera d illuminare col prisma i Test- objeets :

10. Pleurosigma angulatum W. Schmith, nel balsamo.

1 1. Ceru toneis fasciola Kg. a Secco.

12. Grammätophora subtilissima, New- York.

13. Navicula Amici Spr. nel balsamo et si risolvono completa- mente e si distinguorno le parti loro pih minute.

La quasi totalitä della massa di quel tripoli d'Eger si compone del Campilodiscus Clypeus e di una navicula in cui pre- parata nel balsamo si vedono distintamente t utte le pun-

Über mikroskopische Probeobjecte. 7b

teggiature o granulazioni delle due linee mediane longitu- dinali e delle strie trasversali (per la serie Ha). 1 micros- copi fabbricati a Parigi e da Vienna che sono in Italia non hanna tarda forze penetrante per f'are distinguere quelle granulazioni specialmente si V oggetto sia coperto da uu vetro grosso un millimetro. Questa Navicula sarebbe un Test grossolano per la Serie ///", la quäle e capace di mostrare tanto per luce centrale e meglio per luce obblique le granulazioni della Gramma- tophora marina Kg. e de Pleurosigma angulatum W. Sm.

Die obenerwähnte Navicula im Tripel von Eger ist übrigens bei weitem nicht so schwierig als Probeobject, wie Amici zu glauben scheint, da ich mit meinem im Jahre 1845 von PIössl ver- fertigten Mikroskope selbst bei Anwendung eines dicken Deckgläs- chens mit dem Linsensystem-Aplanat) 5, 6, 7 und 215maliger Ver- größerung, bezogen auf 250 Millim. Sehweite, so wie bei centraler Beleuchtung die Granulationen vollkommen deutlich, ja sogar schärfer als mittelst Amici' s Mikroskop zu sehen im Stande bin. Wie ferner aus der von Amici beigegebenen Zeichnung zu ersehen, ist dieses Probeobject Ehren berg' s Navicula sculpta , welche letzterer Forscher bereits im Jahre 1854 vollkommen richtig bei 300maliger Vergrösserung und centraler Beleuchtung seines Mikroskopes von Schickh abbildete »).

In der That zeigt ferner Amici's Mikroskop mit dem Oculare X und dem Objectivsysteme III", bei etwa 1 Millimeter Distanz der untersten Objectivlinse vom Objecte und 235maliger Vergrösserung auf 250 Millimeter Sehweite bezogen, die Liniensysteme von Pleuro- sigma angulatum. Dies fiel mir um so mehr auf, als ich bisher (1856) bei centraler Beleuchtung mit keinem anderen Mikroskope die gleiche Wirkung erzielen konnte. Zwar zeigten PIössTs neuere grosse Mikroskope die Linien im grellen Sonnenlichte auch bei centraler Beleuchtung, allein äusserst milchig, so dass das Gesehene keines- wegs befriedigte. Ich habe diese Thatsache PIössl mitgetheilt, der alsbald den Grund davon fand. Amici hat nämlich in der Trommel unter dem Objecttische eine Sammellinse centrisch eingesetzt, welche,

') Ehrenberg, Mikrogeologie , Atlas, Tal. X, Fig. ö a und b.

76 Pohl.

wie man sich leicht überzeugen kann, allein die genannte günstige Wirkung bedingt. Eine ähnliche Linse von Plössl an seinen Mikro- skopen neuester Zeit angebracht, liefert gleiche Resultate und es ist ein Leichtes, durch diese kleine Zuthat Plössl's neuere Mikroskope zu vervollständigen.

Diesen verschiedenen Testobjecten glaube ich endlich noch folgende beifügen zu können, deren ich mich seit längerer Zeit mit dem besten Erfolge bediene.

Objeete für Definition. Die Vorderrüsselhaut der gemeinen Fleischfliege, Musca erythro -

cephala *)• Die Tracheen des Seidenwurmes 2).

Die getüpfelten Schuppen von Lycaena Alexis. Ich verdanke dies

ausgezeichnete Probeobject Herrn Plössl. Meines Wissens

haben zwar Lycaena Argus und Argiolus auch ähnliche

Schuppen, welche aber dem gewählten als Probeobject weit

nachstehen.

Ich ziehe besonders das erste und dritte Object allen übrigen

zu gleichem Zwecke anempfohlenen, besonders für starke Vergrös-

serungen, bei weitem vor.

Objeete für Penetration.

Die lichten Flügelschuppen von Lycaena Alexis, an welchen die Querstreifen deutlich erscheinen müssen. Ich verdanke dieses Object ebenfalls Herrn Plössl, welcher selbes seit Jahren im Gebrauche hat. Es hält nach meiner Meinung die Mitte zwischen den Hipparchia- Schuppen und den Kieselpanzern von Pleurosigma angulatum und bildet besonders für Objective mit grösserer Focaldistanz ein ausge- zeichnetes Probeobject.

Probeobject zur Erkennung' des Freiseins von ehromatiseber

Aberration.

Kartoffelstärke mit Wasser benetzt. Nur die wenigsten Mikro- skope geben das Bild der mit Wasser benetzten Kartoffelstärke voll-

1) Sehr schön präparirt zu erhalten durch Herrn Einest Heeger zu Laxenhurg hei Wien.

2) Ausgezeichnet präparirt von Bourgogne zu Paris, Rue Massilon Nr. 4.

Über mikroskopische Proheobjecte. 77

kommen farblos und man kann sich leicht überzeugen, dass dieses Object, wenn man so sagen darf, bezüglich des Erscheinens von Farben viel empfindlicher ist als der von Schacht zu gleichem Zwecke vorgeschlagene Pmtts-Querschnitt.

Zweite Classe von Probeobjecten : Künstliche Objecte.

Für Penetration und Definition.

Auf Glas befindliche Liniensysteme, deren Linien nach einer gewissen Reihenfolge immer feiner werden und sich in kleineren Entfernungen befinden, vorgeschlagen von Nobert1).

Probeobjecte für die gehobenen Aberrationen.

Quecksilberkügelchen, in welchen das Bild des Fensterkreuzes reflectirt wird, von List er vorgeschlagen2). Die Kügelchen müssen nicht nur ohne farbigen Säumen (Freisein von chromatischer Aber- ration), sondern auch scharf begrenzt erscheinen. Verwaschenes und gleichsam nebliges Aussehen beweist das Vorherrschen der sphärischen Aberration.

Ein Quecksilberfaden in einem Haarröhrchen eingeschmolzen, ersetzt nach Moser3) besonders für stärkere Objective mit Vortheil die Quecksilberkügelchen.

Die verschiedenen Formen der in Gummischleim gebildeten Luftbläschen empfiehlt Hasting als eines der besten Probeobjecte in dieser Richtung4).

Weisse Figuren auf schwarzem Grunde sind zur Erkennung der sphärischen Aberration von Goring benützt5).

Durchsichtige kleine Ringelchen etc. erhalten durch dickes Überstreichen eines Glastäfelchens mit Tusche und Radiren der geeigneten Figuren aus dem Deckgrund mit einer Nadel, schlug hin- gegen für durchfallendes Licht zur Erkennung der sphärischen Aber- ration Mo hl 6) vor.

1) Poggendorffs Annalen, LXVII. Bd., S. 175 und LXXXV. Bd., S. 83. 8) Philosophical Transactions for the year 1S30, vol. I, pag. 190. 3J Repertorium der Physik. V. Bd., S. 397.

4) Quarterly Journal of Microscopical Science, vol. I, pag. 292.

5) Pritchard, Microscopic Cabinet pag. 197. •) Mikrographie, S. 171.

78

Pohl.

Zählt man die Objecte Carpenter's für lösende Kraft jenen für Penetration bei , fasst man ferner sämmtliche genannte Piobe- Objecte zusammen und theilt selbe je nachdem sie zur Prüfung der definirenden oder penetrirenden Kraft oder endlich zur Beurtheilung der gehobenen Aberrationen am Mikroskope dienen in Gruppen, so resultirt folgendes Schema.

Probeobjecte.

Für Definition:

Querschnitt der Wurzel von Zea Mais von Sambucus nigra

vom Regenschirmrohr

Längsschnitt \on Abies excelsa. Blatt einer Varietät des Laubmooses

Hypnum, Pollenkörner von der Rosenpappel. Sporen von Lycoperdon. Fäserchen von Didymohelix ferru-

ginea. Spinnenklaue. Lunge des Frosches oder eines Vogels.

injicirt. Kieme vom Aal. Rüssel der Musca domestica. Pygidium der Musca domestica. Vorderrüsselhaut der Musca erythro-

cephala. Tracheen der Seidenraupe. Flügel der Musca domestica.

von Culex pipiens. Flügelstück von Papiiio Crataegi. Pieris Brassicae.

Morpho Menelaus.

Flügeldecke Curculio imperialis. Haare vom Menschen. Bauchhaare von Vespertilio muri-

nus. Haare von Dermestes lardarius. Vespertilio pipistrelli/s. der indischen Fledermaus. Getüpfelte Schuppen von Lycaena

Argus. Getüpfelte Schuppen von Lycaena Alexis.

Für Penetration:

Flügelschuppen von Papiiio Crataegi. ,, Morpho Menelaus.

Tinea pelionella.

,, surcitella.

Alucita pentadac-

tyla. Alucita hexadac-

tyla. Lycaenae Argus.

Podnra plumbea.

Hipparchia Jani-

ra, Männchen. Hipparchia Jani- ra, Weibchen, Pieris rapae. ., Lycaena Alexis.

Paliomatus Argus.

Flügeldeckensclmppen von Curculio

imperialis. Schuppen von Lepisma saccharina.

Petrobius marinus.

Tripel von Eger. St. Fiora. Lollhagysion. Grammatophora rnarina.

subtilissima.

tiyalodiscus subtilis. Striatella unipunctata. Nitschia taenia.

sigmoidea. Navicu/a rhoiuboides. veneta. viridis. Atniei. seulpta.

Über mikroskopische Probeobjecte.

79

Schleimkügelchen.

Primitiv-Fibrillen der Muskelfasern. Nobert's Priifunp-sseala.

Pleurosigma angulatum.

attenuatum.

elongatum. fasciola fCeratoneis fas-

ciola) , ,. hyppoeampos.

littorale.

macrum.

obscurum. Spenceri.

strigile.

strigosum.

Nobert's Prüfungsseale.

Objecte zur Prüfung der Mikroskope bezüglich der Aberrationeu.

Weisse Figuren auf schwarzem Grunde als opakes Object. Durchsichtige weisse Figuren auf schwarzem Grunde als trans- parentes Object.

Feine Quecksilberkügelchen.

Ein feiner Quecksilberfaden.

Kartoffelstärke.

Der Querschnitt von Pinus sylvestris.

In dieser Zusammenstellung blieb, abgesehen von dem Ordnen der Objecte in Gruppen, ihr Werth als Probeobject unberücksichtigt. Letzterer ist in der That äusserst schwierig genau zu bestimmen. Der Werth, welchen man einem Probeobjecte beilegt, hängt näm- lich nicht nur vom optischen und mechanischen Theil des benutzten Mikroskopes ab, er steht auch mit der erlangten Übung des Beob- achters im Einstellen, Beleuchten, Sehen etc. im innigsten Zusam- menhange, ja wird selbst oft vom Individuum des Probeobjectes, der Art der Präparirung etc. bedingt. Dies die Gründe, warum den meisten Probeobjecten verschiedener Werth beigelegt wird, wie man sich leicht durch Nachlesen der obcitirten Literatur der Testobjecte überzeugen kann.

Meiner Überzeugung nach gibt es nur einen Weg diesem Schwanken in der Werthbestimmung der Probeobjecte für Defini- tion und Penetration einigermassen abzuhelfen. Dies ist die Ver- gleichung derselben mit einem bestimmten Objecte, welches aber

80 Pohl.

genau bekannte unveränderlich gegebene Unterabtheilungen haben, selbst zu den schwierigsten und zugleich leichtesten Probeobjecten gehören und endlich sowohl für Definition als Penetration gelten muss. Es lassen sich dann alle andern Testobjecte bezüglich des an die Spitze gestellten in eine Reihe bringen und sind die Verhältnisse einmal richtig bestimmt, so kommt es kaum mehr darauf an, ob das Normalobject constanten Werth in allen vorkommenden Exemplaren besitze oder kleinen Schwankungen unterworfen sei.

Bis jetzt kennen wir erwiesenermassen kein Object natürlichen oder künstlichen Ursprunges, das in allen vorkommenden Exemplaren gänzlich gleich wäre, es bleibt aber immerhin wünschenswerth als Massstab derVergleichung ein sich möglichst gleich bleibendes Object zu wählen, um innerhalb gewisser Grenzen auch Anderen die Mög- lichkeit der Vergleichung zu bieten.

Diesen Bedingungen kann ein künstliches Probeobject ent- sprechen und zwar eignet sich hinzu Nobert's Prüfungsseale vor- trefflich. Durch die Liniengruppen , welche selbe enthält und die bezüglich der Feinheit und Entfernung von einander eine bestimmte Reihe bilden, sind genügende Anhaltspunkte zur Vergleichung gege- ben , ja sogar der Werth eines Objectes in Zahlen mittelbar aus- drückbar. Die Nobert'sche Scale dient ferner sowohl für defini- rende als penetrirende Kraft der Mikroskope als Massstab . da für erstere die Schärfe und Klarheit der Linien , für letztere haupt- sächlich die Zahl der gelösten Liniengruppen berücksichtiget wird. Endlich sind die verschiedenen Exemplare der neuesten Probeplatten Nobert's ziemlich gleich ausgeführt , was jedoch für die älteren Probeplatten nicht gilt. Ich habe daher bei der bedingten Wichtig- keit, welche Definitions- und Penetrations-Objecte für die Beurthei- lung des Werthes von Mikroskopen besitzen, eine Reihe der zweck- mässigsten ausgesucht, um selbe unmittelbar mit Nobert's Prüfungs- scale bei gleichbleibenden Umständen derart zu vergleichen , dass ich bestimme, welche Liniengruppe Nobert's und wie selbe sichtbar sein muss, um das eigentlich wesentliche Detail des Probeobjectes zu sehen. Die Probeobjecte sind übrigens so gewählt, dass bei stufenweisem Fortschreiten sowohl die schwachen als die stärksten Linsensysteme berücksichtiget sind und daher auch selbe zur Prüfung der Definitions- und Penetrations - Fähigkeit aller Gattungen von Mikroskopen ausreichen. Sie sind;

Über mikroskopische Proheohjecte.

81

Proheohjecte.

Für Definition:

Längsschnitt von Abies excelsa. Spinnenklaue. Muskelfaser vom Ochsen. Vorderrüsselhaut der Musca erythro-

cephala. Tracheen der Seidenraupe. Haare der Fledermaus, Vespertilio

murinus. Kückenhaare der Hausmaus, Mus du-

mestica. Flügeldecke von Curculio imperialis. Getüpfelte Schuppen von Lycaena

Alexis. Flügel von Culex pipiens.

Für Penetration: Schuppen von Lepisma saccharina. Curculio imperialis.

Flügelschuppcn von Morph) Neue/aus. Podura plumbea.

,, Hipparehia J ant-

ra, Weibchen. Lycaena Alexis,

n » Pontia Brassicae.

Picris Crataegi.

Striatella unipunctata. Grammatophora marina.

subtilissima.

Plewosigma angulatum. attenuatum.

Navicula Spencerii. Veneta.

viridis. Amici. sculpta. arcus. sigmoidea.

Vor Angabe der Resultate dieser Vergleichung, welche gegen Mangel an Zeit nur sehr langsam fortschreitet, muss ich jedoch not- wendig Nobert's Probeplatte selbst besprechen , welche neuerer Zeit mit einem gewissen Misstrauen von Seite vieler Mikroskopiker betrachtet wird. Den Anlass hiezu scheint Mo hl gegeben zu haben, indem er bedingungsweise mit Recht auf die Ungleichheit von N o b e r t's Scalen aufmerksam machte1). 'n Folge deren die mit verschiedenen Probeplatten erhaltenen Resultate nicht vergleichbar seien. Beim Ver- gleiche zweier Platten betrug nämlich nach Mo hl diese Ungleich- heit die Lösungsfähigkeit einer ganzen Liniengruppe. Mohl schreibt selbe der Form der Diamantspitze, womit die Linien geritzt, der Beschwerung selber, und der Härte des Glases zu, auf dem die Scale aufgetragen. Dass die Umstände unter denen mehrere Platten verfer- tiget werden, nie vollkommen gleich seien, lässtgewiss keinen Zweifel zu, allein ein genauer Anblick der N ober t'schen Probescalen zeigt

1) Mohl, Mikrographie, S. 191.

Sitzb. d. mathenj.-iiiUurw. Ct. XL, Bd. Nr. 7.

82 Fohl

durch die Gleichförmigkeit, sowie Glätte der Linien, ferner das nie- malige Vorkommen aufgesprungener Striche fast zur Evidenz , dass die Linien nicht mit dem Diamant gerissen, sondern mit Flusssäure geätzt seien.

Ich selbst hatte vor einiger Zeit zwei Nob ert'sche Probescalen, deren eine mit 10 Gruppen im Besitze des physikalischen Cabinetes am k. k. polytechnischen Institute, die andere mit 15 Liniengruppen Eigenthum des Herrn PI össl ist, mit einander verglichen 1). An erst- genannter Probeplatte sind die Linien weit feiner als an Plössl's Scale, so dass an letzterer im Durchschnitte immer eine Gruppe mehr gelöst wurde. Mittlerweile fand ich Gelegenheit mit diesen beiden Probeplatten noch mehrere andere vergleichen zu können, welche theils als Testobjecte , theils als Platten zur Bestimmung der Wellenlänge des Lichtes in der Luft und im Glase dienen sollen 2) und welch' letztere zugleich Probescalen für Mikroskope bilden. Zur Vergleichung bei möglichst constanter Beleuchtung mittelst Lampenlicht, benützte ich mein grosses Mikroskop von Plössl, das ich bezüglich seiner Leistungsfähigkeit schon früher beschrieb3). Die verglichenen N obert'schen Scalen waren aber:

Fünf Testobject-Platten von Nobert zu Ende des Jahres 1855 verfertiget, damals Eigenthum der Fabrik chemischer und physika- lischer Apparate des Herrn Lenoir in Wien. Diese Platten tragen die Aufschrift von Nobert mit dem Diamant eingeritzt:

1000 6000

also sind die Entfernungen der einzelnen Linien in der ersten Gruppe 0001 Pariser Linien, in der letzten hingegen 0-0001 67 Linien. Sämmtliche Platten nachstehend mit I bis V bezeichnet, enthalten 20 Liniengruppen *).

Eine Testobject-Platte wie die Obigen und zu gleicher Zeit ver- fertiget , Eigenthum des k. k. physikalischen Institutes zu Wien,

*) Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften, mathem.-naturw. ("lasse, Bd. XI, S. 504.

2) Poggendoiffs Annalen, l.XXXV. Bd., S. 80 und 8:5.

3) Sitzungsberichte XI. Bd., S. 517.

4j Von diesen Probescalen wurde später eine an das Joauneum in Gratz, eine an Professor Kuczinsky in Krakau, eine an die k. k. Universität zu Prag-, eine an Herrn S. E. von Madarasz in I'estli und eine nach London verkauft.

Über mikroskopische Probeobjecte. $J$

welche mir Herr Regierungsrath R. v. Etti ngshausen gütigst zur Vergleichung anvertraute, unten mit E bezeichnet.

Eine Platte zur Bestimmung der Wellenlänge des Lichtes in der Luft und im Glase ebenfalls Ende 1855 von Nobert an Lenoir abgeliefert, und im Folgenden mit W unterschieden.

Eine gleiche Platte zur selben Zeit verfertiget. Eigenthum des k. k. physikalischen Institutes, später mit W angeführt.

Eine grosse Testobject-Platte mit 30 Liniengruppen; die feinste Theilung Nobert's enthaltend , ebenfalls Ende 1855 vollendet und mein Eigenthum. Diese Platte trägt mit dem Diamant geschrieben die Aufschrift:

Testobject.

1

1

TobT

8000

1 Dw. == 0"'001000

15 Dw. = 0*000200

5 = 550

20 = 1G7

10 = 275

25 =. 143

30 Dw. =

0

'000125.

Diese Platte soll später durch P kenntlich gemacht werden.

Alle Platten wurden übrigens durch Herrn Lenoir direct von Nohert bezogen, betreffs welcher dieser unter dem 17. Deeember 1855 folgende schriftliche Mittheilung machte: . . . . „Alle diese Theilungen sind ganz vorzüglich ausge- fallen, wie man am besten an der Lebhaftigkeit der Farben der feineren Gruppen, sowohl der dickeren Interferenz -Platten (Wellenplatten) als auch der Testobject-PIatten erkennt, wobei ich nicht unterlassen will zu bemerken , dass die drei feinsten Gruppen der Testobject- PIatten keine Farben mehr erzeugen können , weil der Abstand der Linien dieser Gruppen kleiner als die Länge der kleinsten Licht- welle in der Luft ist. Könnte an diesen Platten das Licht in ähnlicher Weise geleitet werden, wie bei den dicken Interferenz-Platten, so würden auch an ihnen diejenigen Farben entstehen, welche wir an Gruppen von gleicher Feinheit der dicken Interferenz -Platten mit so grosser Bestimmtheit sich entwickeln sehen. Die Deckgläschen der Testobject-PIatten sind von der Dicke gemacht, welche die ersten engli- schen Künstler für ihre l/ia Zoll Objective vorschreiben und welche die grösste noch zulässige für diese Objective ist. Meine stärksten yJ4 Zoll Objective , lassen Deckplättchen , die um i/z stärker sind,

0*

84 H ü >> '

zu und es tritt dann die grösste Apertur und die günstigste optische Wirkung ein. Ich habe sogar einige Deckgläschen noch dünner als nach englischer Vorschrift gemacht, weil ich erfahren habe, dass Plössl in den letzten Jahren Objective gemacht hat, welche nur sehr dünne Deckplatten zulassen, so dünn, dass die Deckplättchen früherer Prüfungsplatten von mir sich zu dick erwiesen.

„Mit dem */2 Zoll Objective meiner Mikroskope (Abstand von der Objecttafel 2'!'8) werden sechs Gruppen, mit dem i/k Zoll Objective (zulässige Deckplatte 0"'8 dick) werden neun Gruppen, mit dem 1/8 Zoll Objective (zulässige Deckplatte 0"'36 dick) 15 Gruppen und mit dem yi4 Zoll Objective (dickste Deckplatte 0"'17) alle 20 Gruppen unter den günstigsten Beleuchtungsumständen zerlegt. Ich habe noch gestern am Vormittag bei herrlich heiterem Himmel an den Prüfungsscalen, welche sie jetzt erhalten , schon bei 340 Vergrösserung (!/14 Zoll Objective mit Ocular 1) die 19. Gruppe ausserordentlich fein zerlegt gesehen und bei 520 Ver- grösserung trat die 20. Gruppe völlig sicher hervor. Am Nachmittage bei bedecktem Himmel konnte ich ohne irgend einer Schwierigkeit mit 340 Vergrösserung die 17., selbst 18. Gruppe sehen."

Diese Zeilen bieten mehrfaches Interesse dar. Sie erklären die von mir geprüften Scalen als vorzüglich gelungene ; sie geben Auf- schluss über die penetrirende Kraft von Nobert's Mikroskopen zu genannter Zeit und sie berühren noch einen anderen wichtigen Punkt, die Dicke der Deckgläschen an den Prüfungsscalen. Dass Nobert neuerer Zeit dünnere Deckgläser braucht, muss unbedingt als Fortschritt bezeichnet werden. Der Plössl berührende Aus- spruch kann sich jedoch nur auf dessen früher gelieferte stärk- sten Linsensysteme beziehen , welche in der That nur mit den dünnsten Deckgläschen vollkommen scharfe Bilder zeigten. Seit dem Jahre 1852 verfertiget aber bekanntlich Plössl sogenannte Cor- rections-Einsätze, an welchen durch Verschiebung der Objectiv- linsen gegen einander, der nachtheilige Eintluss selbst ziemlich dicker Deckgläschen aufgehoben wird *). Ich habe übrigens diese Linseneinsätze PlössPs bei Gelegenheit der Naturforscher- Ver- sammlung zu Wien im Jahre 1856 im Beisein des Herrn k. Staats-

r) Pohl, Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften mathem.-naturw, Classe, XI. Bd., S. 523.

Über mikroskopische Probeobjecte, 8o

ratlies Fritsche aus St. Petersburg, Herrn Beneche gezeigt, dem selbe damals noch völlig neu waren, und welcher gegenwärtig ebenfalls dieses System adoptirt hat. Dies mag zugleich als Berich- tigung beistehender Angabe ßeinike's dienen1).

„Unter den mancherlei Nebenapparaten, welche die englischen Optiker ausser den zur Beleuchtung gehörigen noch fertigen und unter welchen sich noch so manches Zweckmässige finden mag, will ich nur eine einzige Vorrichtung erwähnen, welche bis jetzt in Deutschland unbekannt war, und welche, so viel ich weiss, nur Beneche und Wasser lein in Berlin seit kurzem ebenfalls liefern."

Nach Obigem waren es entschieden Plössfs Corrections- Einsätze, welche sich Beneche und Was seriein als Muster nahmen. Obscbon nun Plössl gewiss um die erwähnte Zeit diese Einsätze ersann, und in Deutschland zuerst anwandte, so sind doch selbe (wie zur Vermeidung jedes Missverständnisses bemerkt sein muss) eine längst beschriebene Erfindung von Andrew Boss in England. Nachdem nämlich zuerst Amici im Jahre 1829 auf den Einfluss der Deckgläschen bei mikroskopischen Beobachtungen auf- merksam gemacht hatte und besondere Linsensysteme für den Ge- brauch von Deckgläschen verschiedener Dicke zusammenstellte 3), erfand Boss im Jahre 1836/1837 die Correctionslinsen, welche je nach der Stellung der untersten Linse gegen die beiden oberen Objectivlinsen zum Beobachten mit oder ohne Deckgläschen dienen. Ross gab diesem Objectivsysteme den Namen „Adjusting Object Glass" und es ist selbes von ihm genau beschrieben im Kl. Bande der Transactions of the Society for the Encouragement of art, manu- factures and Commerce. Vol. 2, pag. 99 108, welcher Band im Jahre 1838 veröffentlicht wurde. Ross erhielt damals von genann- ter Gesellschaft für seine Erfindung die goldene Isis -Medaille. In England fand übrigens Boss bald Nachahmer und meines Wissens construiren vorzugsweise Powell and Lealand, ferner Schmith and Beck seit Jahren Correctionslinsen, welche sich von jenen des A.Boss nur durch kleine Abänderungen in der Form der Linsenfassung unterscheiden. So viel ich weiss, construirt aber auch Nobert seit 1852 und Nachet et Fils zu Paris seit dem Jahre 1856 zu Paris

1) Reinike, Beitrüge zur neueren Mikroskopie, 18Ü7, S. 28.

2) Mo hl, Mikrographie, S. 70.

86 '• o h i.

solche Correctionslinsen, wie aus dem gedruckten Kataloge letzterer

Firma zu ersehen1). Ross adjusting object glass so wie die selben nachgebildeten Systeme wurden aber mehrfach von englischen und amerikanischen Schriftstellern in ihren Handbüchern über Mikro- skopie beschrieben, wie z. B. von Quekett2) Charpenter3) und Wythes4). Unter solchen Umständen scheint es erstaunlich, dass die in Rede stehenden Correctionslinsen den meisten Optikern am Continent so lange unbekannt oder von ihnen unberücksichtigt blei- ben konnten. Es gebührt daher jedenfalls Plössl und nach selben Nobert das Verdienst, die Aufmerksamkeit der praktischen Optiker und Mikroskopiker Deutschlands thatsächlich auf die Cor- rectionslinsen gelenkt zu haben, welche Combination ersterer erfand, ohne von den adjusting object glasses der Engländer Kenntniss zu haben. Seit Kurzem hat übrigens auch Oberhäuser (Hartnak) bei seinen stärksten Objectiven das Correetions-System angenommen. Während also jetzt Noberts Probeplatteu-Deckgläschen selbst für das neueste stärkste Objectivsystein Plössl's (1858) voll- kommen ausreichen, ist wenigstens bei meiner Probeseale das unge- fähr 0*25 Millim. dicke Deckglas für die stärksten Linsensysteme anderer Optiker desswegen unbrauchbar, weil sieb das Objectiv- system dem Objecte nicht mehr genügend nähern lässt. So z. B. kann ich das stärkste Objectivsystein Nr. 1 1 meines grossen Mikro- skopes von Beneche und Wasserlein Nr. 1159, abgeliefert im Herbste 1 856 , eben wegen zu grosser Dicke des Deckglases selbst mit dem Oculare I, nicht an meiner Probeplatte prüfen. Es wäre daher sehr zu wünschen dass Nobert in Zukunft au seinen Test- object-Platten noch dünnere Deckgläser verwende. Die folgende Zusammenstellung gibt nun die Resultate i\er Vergleichung der ver- schiedenen Probeplatten mit der Linsencoinbinaüon II) 5, 6, 7 meines grossen Plössl's unter ganz gleichen Umständen ausgeführt, bei einer linearen Vergrößerung von 541 , bezogen auf 250 Millim.

') Naeliet, Catalogue descriptif des Instruments de Micrographie. Imp. 8°. Paris 1856,

pag. 5 et I !». -) Quekett, On the Microscope ith edition. London 1S4S. 2th.edU. lS.'i'i. Deutsch

von Hartmann, I. Auflage, Weimar 1849,2. Auflage 1854, J. 30, 735 und 736 und

Tal'. 2, Fig. ->'l. '■) Charpent er, The Microscope and its Revelations J lh edition. London 1856,

pag. 166. 4J Wythes, The Microscopist. Uli edition. Philadelphia 1851, pag. 14

Über mikroskopische Probeobjecte

«7

Sehweite. PI. bedeutet PIössl's Scale, ./ hingegen jene des k. k polytechnischen Institutes.

J

1

II

III

IV

V

E

w

10

20

20

20

20

20

20

w

G

r u p

P e

n

30

Gruppen

Gelöste Gruppen bei centraler Beleuchtung

höchst fein

XV

sehr schön

8

9

9

9

9

IX

IX

sehr

sehr

fein

scharf.

scharf,

milchig',

scharf,

fein

fein

fein

fein

fein

fein

9

Beginn

IX

scharf, fein

Gelöste Gruppen hei .schiefer Beleuchtung

X

XX

XX

XX

XX

XX

XX

letzte Gruppe

letzte Gruppe

XXX

ausge-

fein,

etwas

fein,

etwas

etwas

fein,

fein,

zeichnet

gut

feiner

gut

feiner als bei

milchig

sehr gut

deut- licher

deutlich

Mit der Linsen-Combination 1) J>, 6, 7 bei 463 maliger Ver- grösserung wird an PIössl's Scale die VII. Gruppe bei centraler Beleuchtung und die XV. bei schiefer Beleuchtung gelöst, während bei letzterer Beleuchtung auch an allen übrigen Probeplatten die letzten Gruppen äusserst fein und matt gelöst werden.

Mit der Combination Aplanat) 5, 6, 7 und nur 215maliger Ver- grösserung bekam ich an der Wellenplatte W die letzte Gruppe deutlich gelöst; ich halte jedoch diese Lösung für das Feinste, was ich je unter dem Mikroskope sah. Am feinsten gezogen erscheint die zehngruppige älteste Scale J, dann folgt PlössTs Scale, während die übrigen Platten die Striche alle etwas schärfer (tiefer) gezogen enthalten, unter einander aber zur Genüge stimmen.

Diese Prüfungen zeigten aber ferner, das Nobert bei den feinsten Liniengruppen die Gleichförmigkeit der Striche nicht mehr ganz in seiner Macht habe.

So zeigt sich an der Wellenplatte W bei 541 maliger Vergrösserung deutlich, dass in der letzten Gruppe, wie Figur 1 o andeutet, der Strich aa gegen den End- strich ee hin stärker als die übrigen gezogen sei. In der vorletzten Gruppe f, _ ist dies der Fall bei einer Linie bb,

Fie. l.

Fig.

88 I* o h I.

Figur 2; in der drittletzten Gruppe end- lieh ist es der Endstrich cc, Figur 3, lg" '

welcher stärker gezogen erscheint.

An der Wellenplatte W sind in der '' c

letzten Gruppe die Striche dd und ee, Fi 4

wie Figur 4 andeutet, stärker gezogen

und in der vorletzten Gruppe sind sogar, e e

wie Figur 5 versinnlichet, vier Theil-

striche gegen die übrigen zu stark. Fig. 5.

Es finden somit, wie schon ander- ^^

seits bemerkt, thatsächlich kleine Unter- schiede an den verschiedenen Probe- platten Nobert'sStatt, und diese bei den neueren Platten unbedeutend, treten gegen die älteren Scalen deutlich hervor. Diese merklichen Unterschiede sind nach meiner Überzeugung am wenigsten durch die ungleiche Tiefe der Striche in Folge unvollkommener mechani- scher Ausführung bedingt, welche den Grund der weit geringeren Ungleichheiten der neuesten Platten abgibt; sie liegen vielmehr im Theilungsprincip No bert's.

Nobert gibt nämlich in seinem ursprünglichen Aufsatze über dieTestobject-Platten vom Jahre 1846') für die zehngruppige Scale die Linien-Distanzen:

Gruppe I, Distanz 0-001000 P. Linien,

II,

0-000875

III,

0- 000735

IV,

0- 000630

V,

0- 000540

vi,

0- 000463

VII,

0- 000397

VIII.

0-000340

IX,

0-000292

X,

0-000250

wo im Originale für die Gruppe X durch einen Druckfehler die Zahl 0-000225 steht, die offenbar unrichtig, da die Entfernungen der Parallellinien der einzelnen Gruppen die Glieder einer geometrischen Heihe bilden sollen und Nobert selbst im Texte die Distanz der

r 1'"

Linien in der 10. Gruppe zu -; ansetzt.

n 4000

') Poggendorff's Annalen, LXVII. Bd., S. 175.

Über mikroskopische Probeohjecte. iS!)

Nach Nobert's Aufsätze über die Wellenplatten vom Jahre 1852 l) haben selbe 15 Gruppen mit A bis P bezeichnet, deren Linien-Entfernungen folgende sind:

Gruppe A = 0-000400 P. Linien, Gruppe I = 0- 000200 P. Linien,

B =

350

C =

300

n D =

275

E =

250

F =

237

G =

225

H =

212

K =

188

L =

175

M =

163

N =

150

O =

138

P =

125

Ausdrücklich bemerkt aber Nobert dass, um die Platte auch als Prüfungsmittel für Mikroskope brauchen zu können, die Inter- valle der Theilung der Wellenplatte A, B, C . . . J, genau jenen der VII., VIII., IX . . . XV. Gruppe der Prüfungsplatte für Mikro- skope entsprechen. Hienach wären aber die Werthe und Theilungs- Unterschiede den lOgruppigen und 15gruppigen Platten Nobert's bis zum Jahre 1852 in Pariser Linien ausgedrückt:

lOirruppiRe Scale, läfrruppijre Scale, ... ...

Gruppe b " ",. ' b ,\? *. ' Unterschiede

" Wertlie Werthe

I.

0~001000

O^OOJOOO

0-000000

IL

857

857

»

III.

735

735

n

IV.

630

630

n

V.

540

540

n

VI.

463

463

»

VII.

397

400

+

0-000003

VIII.

340

350

+

10

IX.

292

300

+

8

X.

250

275

+

25

also Beispielsweise die Linien der letzten Gruppen an Plössl's Scale principiell in bedeutend grösseren Entfernungen als an der lOgruppigen Scale des k. k. polytechnischen Institutes gezogen (nämlich um 0-1 weiter) und somit die Unterschiede in der Lös- barkeit der feineren Gruppen beider Scalen bei gleichen Umständen zu Genüge erklärt.

t) P o g g e n d o r f f 's Annaleii, LXXXV. Bd., S. 84.

<H>

Pohl.

i)c l.t Uue J) hat nach dein Jahre 1850 eine Testobject-PIatte mit 15 Gruppen von Nobert erhalten, in welcher die Distanzen der Linien, die in nachstehender Tabelle gegeben sind, welche zugleich die Unterschiede dieser Testobject-PIatte gegenüber der ursprünglichen Wellenplatte so wie der lOgruppigen Testobject- PIatte vom Jahre 1846 veranschaulicht:

Gruppe

De la Rue's Scale

Wellenplalte 1852

Differenz

Differenz zur

10 grupp. Scale

von IS46

1.

(»'"OOIOOO

o-

II.

850

+ 0- 000007

III.

730

+ 5

IV.

620

+ 10

V.

550

10

VI.

480

17

VII.

400

0-000400

0

3

VIII.

350

350

0

10

IX.

300

300

0

8

X.

275

275

II

25

XI.

280

250

0

XII.

238

237

o-oooooi

XIII.

225

225

0

XIV.

213

212

0- 000001

XV.

200

200

0

Hienach herrscht zwischen der Wellenplatte vom Jahre 1852 und De la Rue's Probeplatte fast vollkommene Übereinstimmung, während sich gegen die erst verfertigten Testobjekt - Platten namhafte Unterschiede zeigen , welche in den ersten Gruppen positiv, in den letzteren hingegen negativ sind. Somit folgt abermals dass Nobert seine Testobject-PIatten etc. zu verschiedenen Zeiten absichtlich ungleich tlieilte.

Gehen wir nun zu den neueren Probeplatten Nr. I bis incl. \ ,

V"

dann E über, welche in 20 Gruppen getheilt die Aufschrift

1000

l.i

1'" 6000

tragen, so gibt dies in Decimalen ausgedrückt 0-001000 bis

0000 167 Pariser Linien, also die letzte Gruppe zwischen L und M

') Quekett, Praktisches Handbuch «1er Mikroskopie deutsch von Hartmann. ■> Auflage, S. 732.

Über mikroskopische Probeobjecte

91

der Wellenplatte vom Jahre 1852 fallend, deren Distanzen 0*000 175 und 0-000163 Pariser Linien sind. Da aber Gruppe «/der 15. Gruppe von De la Rue's Scale entspricht, so sollte eigentlich nach dein System der Wellenplatten vom Jahre 1852 fortschreitend, die 20. Gruppe der neuen Testobject-Plalten vom Jahre 1855, die 18. Gruppe heissen. Da dies nicht der Fall, so zeigt sich abermals eine Änderung im Theilungssysteme.

Die neuen Wellenplatten vom Jahre 1855, oben mit W und W bezeichnet, umfassen 12 Gruppen. Die nachstehende Tabelle gibt die Werthe der Linien- Intervalle in den einzelnen Gruppen der- selben und veranschaulicht zugleich die Unterschiede gegen die nächststehenden Gruppen der Wellenplatte vom Jahre 1852 und die 15gruppige Scale De la Rue's.

Wellenplatten

Wellenplatte

Intervall-

De la Rue's

Intervall-

W und W

Intervall

v. J. 1832

Differenz

Testohject-Platte

Differenz

Gruppe I.

0"'000350

Gruppe B

0'"

Gruppe VIII.

0

II.

306

,, c

0"'000006

IX.

0- 000006

111.

275

t>

0

x.

0

» iv.

244

K

+ 0-000006

XI.

+

0-000006

v.

225

,, G

0

XIII.

0

VI.

206

I

0- 000006

XV.

+

0-000006

YII.

188

» K

0

VIII.

175

» L

0

IX.

163

M

0

X.

150

N

0

XI.

138

, 0

0

XII.

125

P

0

Die neuen Wellenplatten zeigen somit gegen jene vom Jahre 1852 beträchtliche Unterschiede bezüglich der Zahl der Gruppen sowie des Werthes der einzelnen Linien -Intervalle, was auch im Vergleich zur Scale De la Rue's gilt. Aus dem Vorhergehenden folgt aber auch, dass die 20. Gruppe der neuen Testobject -Platten I bis V, dann E, zwischen die VIII. und IX. Gruppe der neuen Wellenplatten falle und zwar letzterer Gruppe sich nähere.

Es erübriget nunmehr die in meinem Besitze befindliche Test- Object- Platte mit 30 Gruppen. Für diese folgen nach Nobert's Angaben der Linien-Intervalle in den einzelnen Gruppen und deren

92 p o h i.

Unterschiede gegen die vorher genannten Scalen in beistehender Tabelle, für welche zugleich angenommen, dass PlüssTs lSgruppige Scale als nahe zu gleicher Zeit mit jener De la Rue's bezogen, mit selber identisch sei. Bei dieser Probeplatte enthalt übrigens die dritte Liniengruppe einen Strich weniger als sie enthalten soll, ob- schon die Intervalle richtig sind. Die Gruppe erscheint nämlich schmäler als die Vorhergehenden und enthält nur 8 Linien, während sie 9 enthalten soll, denn

die erste Gruppe umfasst 7 Linien, zweite 8

vierte 10

wo also das dritte Glied mit ebenfalls 8 Linien nicht passt.

Über mikroskopische Probeohjeote

93

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<U P 0 h I.

Diese Tabelle zeigt am besten in wiefern die gleichnamigen Gruppen der untersuchten Scalen verglichen werden dürfen.

Die vorstehende Untersuchung erweiset daher aufs deutlichste, dass die von verschiedenen Beobachtern gerügten Ungleichheiten der Testobject- Platten hauptsächlich im willkürlichen Wechsel des Werthes der Linien - Intervalle für bestimmte Gruppen von Seite Nobert's ihren Grund haben. Obschon auch kleine Ungleich- heiten durch das befolgte mechanische Verfahren der Herstellung bedingt sind, wie Plössl's Scale im Vergleiche zu den neueren Platten beweiset, welche die gleichnamigen Gruppen immer feiner gezogen erhält, so ist doch dieser Unterschied kaum von Belang. Die Ungleichheit erstreckt sich niemals auf die Sichtbarkeit oder Nicht- sichtbarkeit einer ganzen Gruppe. Dieser Übelstand ist aber auch hier eher kleiner denn grösser als bei den gleichförmigsten sogenannten natürlichen Probeobjecten, denn welchem aufmerksamen Beobachter entging es wohl, dass die Querstreifen nicht auf allen Hipparchia- Schuppen gleich deutlich erscheinen? und eben so wenig die Streifen an den Kieselpanzern von Pleurosigma angulatumundi anderen Probe- objecten? Schon List er hob ja diesen Übelstand der natürlichen Probeobjecte hervor 1) und so mancher Verfertiger von Mikroskopen weiss von dieser üblen Eigenschaft der natürlichen Probeobjecte bei Vorführung seiner Instrumente, Anfängern in der Mikroskopie gegenüber, den nützlichsten Gebrauch zu machen.

Ich glaube daher keinen Fehltritt zu tlmn. wenn ich, um in der Folge den relativen VVerth der von mir oben ausgewählten Test- objeete numerisch auszudrücken, die in meinem Besitze befindliche Nobcrt'sche Testobject-Platte mit 30 Gruppen vom Jahre 1855 zu Grunde lege. Bei künftigen Vergleichungen der Leistungsfähigkeit verschiedener Mikroskope bleibt es daher auch unerlässlich bei Be- nutzung von Nobert's Testobject-Platte nicht nur die Zahl der Liniengruppen namhaft zu machen, welche die gebrauchte Platte ent- hält, sondern auch die Jahreszahl der Verfertigung derselben anzu- führen. Von Seite Nobert's wäre es aber sehr wünschenswerth, wenn er sich dazu entschlösse in der Folge seine Testobject-Platten nur mehr nach einem bestimmten unveränderlich beibehaltenen Prin- cipe zu theilen. Für den Zweck dieser mühsamen Vergleichung dürfte

') Philosophien! Transactions for the year 1830. vol. I , pag. 190.

Über mikroskopische Probeobjecte.

95

endlich die nachstehende Tabelle nicht am unrechten Platze sein, welche als Erweiterung der für Nobert's Scale von mir bereits früher gegebenen Tabelle über die Grenzen der Trennbarkeit der einzelnen Liniengruppen betrachtet werden muss. Ich gebe jetzt diese Tabelle für 30 Gruppen, die Vergrößerungen auf 250 Milliin. Sehweite bezogen. Columne v enthalt die Vergrößerungen bei denen es unter der Voraussetzung möglich sein soll, die Gruppen zu lösen, dass mit freiem Auge bei 250 Millim. Sehweile noch Linien von nur 0-0278 Pariser Linien Distanz unter gleichem Sehen wie beim Gebrauche des Mikroskopes getrennt erscheinen. Columne V hingegen gibt die an meinem grossen Mikroskope von Plössl nöthigen Ver- grösserungen, um diese Trennung wirklich zu bewirken. Diese Ver- grösserungen beziehen sich aber nicht nur auf mein Mikroskop, son- dern auch auf eine Reihe neuerer Mikroskope Plössfs, die ich zu prüfen Gelegenheit hatte. Hiemit liefert diese Tabelle einen aberma- ligen Beweis der Vortrefflichkeit von Plössl's neueren Mikroskopen, die bei gleicher Vergrösserung von keinem mir bekannten Mikroskope in der optischen Gesammt-Leistungsfähigkeit erreicht werden.

Gruppe

Linien-Intervall

V

V

Art der Sichtbarkeit

i.

(TOOIOOO

28

39

sehr gut

ii.

8S0

33

39

sehr fein

in.

730

38

63

fein

IV.

620

45

73

gut

V.

550

50

73

fein

VI.

480

58

73

höchst fein

VII.

400

70

83

gut

VIII.

350

79

111

gut

IX.

300

93

153

sehr gut

X.

275

101

153

sehr gut

XI.

250

111

153

fein

XII.

238

117

153

äusserst fein

XIII.

225

123

158

gut

XIV.

213

131

181

scharf

XV.

200

139

215

sehr schön

XVI.

192

144

215

sehr schön

XVII.

185

150

215

gut

XVIII.

178

156

215

gut

XIX.

172

163

215

fein

XX.

107

167

215

sehr fein

DO

Pohl.

Gruppe

Linien-Intervall

V

V

Art iler Sichtbarkeit

XXI.

0"'000162

172

215

sehr fein

XXII.

1S7

178

215

äusserst fein

XXIII.

152

182

215

äusserst fein

XXIV.

147

189

463

sehr gut

XXV.

143

194

463

sehr gut

XXVI.

139

200

463

sehr gut

XXVII.

135

206

463

sehr gut

XXVIII.

131

212

463

sehr gut

XXIX.

128

217

463

gut

XXX.

125

222

463

gut. scharf

Leider musste in den Vergrösserungen plötzlich der Sprung von 215 zu 463 gemacht werden. Es unterliegt keinem Zweifel, dass bei viel schwächeren Vergrösserungen die letzten 7 Gruppen lösbar sind. Die mir thatsächlich gelungene, obschon wunderbar feine Lösung der 30. Gruppe mit der Linsencombinatiou Aplanat) 5, 6, 7 und 215maliger Vergrösserung, während die Tabelle 222 fordert, beweiset sogar, dass die Zahl 00278, welche der Columne v als Argument zu Grunde liegt, noch zu gross angenommen sei. Ich habe aber absichtlich diese Lösung der 30. Gruppe mit so schwacher Vergrösserung nicht in die Tabelle aufgenommen, weil selbe nur bei dem günstigsten Zusammentreffen von Umständen gelingt.

Ich kann übrigens die Bemerkung nicht unterlassen, dass die betreffenden Vergrösserungen sämmtlich mit grösster Sorgfalt nach der von mir modificirten Jacquin 'sehen Methode bestimmt wur- den !). Der Berichterstatter in Liebig und Kopp's Jahresbericht hat zwar die Ausstellung gemacht2), dass man bei Anbringung der von mir vorgeschlagenen Vereinfachung einer zweckmässigen und mit geringer Mühe beizuschaffenden Controle entbehre, welche Bemerkung ohne weitere Prüfung auch von Anderen abgeschrieben wurde. Ich muss jedoch dieser Ansicht auf das Entschiedenste ent- gegentreten. Wer wie ich, mehr als ein halbes Hundert von Mikro- skopen bezüglich der Vergrösserungen auf's Sorgfältigste zu unter-

') Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften mathem.-uaturw. Classe,

XI. ISd.. S. 504. ~) Jahresbericht über die Fortsuliritte der Chemie und Physik für 1853, S. 214.

Über mikroskopische Probeobjecte. 97

suclien Gelegenheit hatte, wird wohl wissen, welche Schwierig- keiten Ja cqu in 's Methode selbst mit Benutzung von Ettings- hausen's Abänderungen bei hohen Vergrösserungen darbietet. Die scharfe Projection der Mikrometerlinien auf jene des Massstabes, ist da mit grossen Schwierigkeiten verknüpft, die zu schätzenden Linien- Intervalle werden ebenfalls beträchtlich und der in Folge dessen be- gangene Schätzungsfehler von bedeutendem Einfluss auf die Vergrös- serungszahl, ja meist ist blos durch den eintretenden Lichtmangel die Abschätzung äusserst erschwert. Wer es versucht, mehrmals nach klei- nen Zwischenräumen die Vergrösserungen derselben stärkeren Linsen- Combination direct zu bestimmen-, wird gewiss über die erhaltenen Unter- schiede stauneu ! Sie fallen so gross aus, dass selbst eine Vereinigung von 8 10 Messungen zu einem brauchbaren arithmetischen Mittel dem gewissenhaften Experimentator unthunlich erscheint. Wo bleibt dann die Controle und in was soll selbe bestehen? Bei gewissen Linsen- Combinationen wird sogar eine directe Messung nach Jacquin's Methode gänzlich unausführbar, weil der Sommering'sche Spiegel zur AulTangung des Mikrometerbildes so nahe an die Ocularlinse gerückt werden muss, dass keine Projection auf den zum Vergleich benützten Massstab gelingt. Dies ist z. B. bei Verwendung der stär- keren Ohjectivsysteme an Nach et 's, in seiner Art als Meister- werk zu betrachtenden Microscope de poche der Fall. Meine Me- thode gibt hingegen scharfe Resultate, ja auch eine sehr gute Con- trole, wenn die Optiker sich herbeiliessen, jedem ihrer Mikroskope eine Blende mit nicht zu grosser Öffnung, aus einem geschwärzten Metallplättcben bestehend beizufügen, welche blos auf die Blenden der verschiedenen Oculare gelegt, das Gesichtsfeld beschränkt, oder auf was es hier ankömmt, die Undeutlichkeit der Bilder an den Bändern eliminirt. In der kürzesten Frist und mit aller Bequem- lichkeit kann dann Jedermann durch Messung den Gesichtsfelder- Durchmesser eines bestimmten schwachen Oeulares mit allen vorhan- denen Objectivsystemen die Vergrösserungen seines Mikroskopes controliren , sobald nur nach Jacquin-Ettingshausen's Me- thode die Vergrösserungen einer schwachen Linsencombination genau gegeben sind, was keinen Schwierigkeiten unterliegt.

Sitzb. d malliein -.naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 7.

98 F r i l s c h.

Nachricht von den in Österreich im Laufe des Jahres 18 08 angestellten phänologischen Beobachtungen.

Von dem c. M. Karl F ritsch,

Ailjuncten der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. (Vorgelegt in der Sitzung vom 15. Deeember 18d9.)

Im Vorworte zum VII. Hefte oder Jahrgange I806 der „Phäno- logischen Beobachtungen aus dem Pflanzen- und Thierreiche ist die Notwendigkeit dargestellt, an die Stelle der Monats- Übersichten, welche von den im Jahre 1856 und 1857 angestellten Beobachtungen ausgegeben worden sind, ähnliche Jahres -Übersichten treten zu lassen, wie solche von den Beobachtungen in den Jahren 1853 1855 den Stationen zugekommen sind.

Eine solche Übersicht enthält im Folgenden für das Jahr 1858:

1. Ein Verzeichniss der während desselben thätigen Stationen mit ihrer geographischen Lage.

2. Einen Blüthenkalender dieser Stationen, als den wich- tigsten und interessantesten Theil der Beobachtungen.

Der Druck des VIII. Heftes der Beobachtungen, Jahrgang 1857, nahet seiner Vollendung. Das Manuscript des IX. Heftes, Jahrgang 1858, der Beobachtungen, welchem die hier zusammengestellten Daten entlehnt sind, ist in der Vorbereitung für den Druck begriffen.

Da nach Vollendung dieses Jahrganges im Manuscripte, die Bearbeitung des Jahrganges 1859 beginnen wird, so werden jene Herren Theilnehmer, welche mit der Erstattung dieses Jahresberich- tes noch aushaften, freundlichst ersucht, denselben mit thunlicher Beschleunigung einzusenden.

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102 F r i t s c Ii.

Die folgende Tafel wirft ein penetrantes Streiflicht auf die eben so interessanten als lehrreichen Ergebnisse, welche von den vereinten Bemühungen der Theilnehmer an den phänologischen Beobachtungen in Österreich zu hoffen sind.

Sie enthält beispielsweise das Datum der ersten Bliithe für mehrere der wichtigsten Pflanzen von allen Stationen in Österreich, welche im Jahre I808 in Thätigkeit waren. Dieses Datum ist nur bei Wien selbst durch den Monatstag ausgedrückt, an welchem hier die erste Bliithe beobachtet worden ist; an den übrigen Stationen hingegen durch die Anzahl der Tage, um welche dieselbe Erschei- nung bei derselben Pflanzenart früher oder später erfolgte. Im ersten Falle ist der Zahl das Zeichen Minus ( ), im letzteren Plus (-f-) vorgesetzt.

Es ist jedenfalls von Interesse, den Gang dieser Unterschiede im Laufe des Jahres an den einzelnen Stationen zu verfolgen. Die sämmtlichen Aufzeichnungen über die Bliithe wurden demnach in so viele Gruppen abgetheilt, als sich für Wien ergaben, wenn man hier alle in denselben Monat fallenden Aufzeichnungen zusammenfasst und von den übrigen sondert. So entstand eine Gruppe für jene Pflanzen, welche in Wien im März, eine zweite für jene, welche hier im April u. s. w. in den verschiedenen Monaten des Jahres zur Bliithe gelangten.

Auf diese Weise erhielt man für jeden Ort in jedem Monate eine Reihe von Unterschieden, welche für jeden einzelnen Monat in ein Mittel vereint worden sind, um die Störungen auszugleichen, welche in Beobachtungsfehlern, individuellen Bedürfnissen der einzelnen Pflanzen u. s. w. den Grund haben und zum Theil eine beträchtliche Verschiedenheit dieser Unterschiede bewirken.

Auf diese W'eise fand man z. B. dass in Admont die Pflanzen, welche in Wien im März blühten, um G; jene, welche hier im April blühten, dort um 9 Tage u. s. w. später zur Bliithe gelangten; dagegen waren dieselben Pflanzen in Agram beziehungsweise um 1 und 7 Tage gegen Wien in Vorsprung.

Aus den Monatmitteln dieser Unterschiede wurden sodann für alle Stationen Jahresmittel abgeleitet, dabei aber nur die Munal e April, Mai und Juni berücksichtiget, weil in diesen Monaten die Zahl der Beobachtungen hinreichend gross ist, um annehmen zu können,

Über die phänologischen Beobachtungen im Jahre 18i>8. 10»»

dass das Mittel nur mit einem geringen wahrscheinlichen Fehler behaftet ist.

Wollte man die Stationen, von welchen Beobachtungen vor- liegen, nach dem mittleren jährlichen Unterschiede der Blüthezeit reihen, so ginge Villa-Carl otta am Como-See allen übrigen voran; hier gelangen dieselben Pflanzenarten um 14 Tage früher als in Wien zur Blüthe. Den Schluss dieser Reihe würde Gurgl im Ützthale in Tirol bilden, wo sich eine Verspätung gegen Wien um 31 Tage herausstellt, also ein Unterschied gegen Villa-Carl otta von 45 Tagen. Und das sind lange noch nicht die äussersten Extreme, die in Öster- reich vorkommen können.

Schliesst man nach der gewöhnlichen Annahme, dass einem Unterschiede in der Blüthezeit von 8 Tagen ein Unterschied in der mittleren Jahrestemperatur von einem Grad entspreche, so würde folgen, dass z. B. in Prag die mittlere Jahrestemperatur um einen Grad gegen jene von Wien zurückstehe, da sich ein Unterschied in der Blüthezeit von 9 Tagen herausstellt. Durch mehrjährige Tem- peratur-Beobachtungen gelangte man in der That zu einem nahe übereinstimmenden Resultate.

Man sieht, dass phänologische Beobachtungen von solchen Orten, wo keine meteorologischen angestellt werden, die letzteren zu ver- treten geeignet erscheinen.

Auf approximative Werthe dieser Art von einiger Sicherheit ist indess nur dann zu rechnen, wenn die Verhältnisse, unter welchen sich an beiden Orten die Pflanzen entwickeln, dieselben sind. Man kann aus diesem Grunde Beobachtungen von Gebirgs-Stationen nicht gut mit jenen der Ebene vergleichen. Dort spielt die Neigung des Bodens eine grosse Bolle und kann, wenn sie gegen Süden gerichtet ist, besonders im ersten Frühjahre eine sehr frühzeitige Entwicklung der Vegetation bewirken. Ein auffallendes Beispiel finden wir an Innsbruck. Niemand wird erwarten, dass eine Station, deren mitt- lere Jahrestemperatur gegen Wien um einen bis zwei Grad geringer ist, so zeitlich im Frühjahre Blüthen aufzuweisen hat, und dennoch finden Mir hier im März 1858 einen Vorsprung gegen Wien von 20 Tagen.

An mehreren Orten stellt sich eine Zu- oder Abnahme der Unterschiede im Laufe des Jahres heraus, die keineswegs als eine zufällige angesehen werden kann. So beträgt dieser Unterschied bei

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1 04 Fritsch. Über die phänologischen Beobachtungen im Jahre 18Ö8.

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Man sieht, mit welcher Vorsicht und Beschränkung man Angaben, wie z. B. „an diesem Orte kommt die Vegetation um so und so viel Tage später oder früher zur Entwickelung" aufzunehmen hat. Es scheint überdies, als ob viele Pflanzen ihre eigenen Con- stanten in dieser Hinsicht hätten.

Über diese und andere Verhältnisse können nur die aus mehr- jährigen Beobachtungen abgeleiteten Normalmittel entscheiden. In solchen ausgedrückt, werden sich wohl nicht wenige der in der bei- geschlossenen Tabelle ersichtlichen Besultate anders gestalten, da nicht anzunehmen ist, dass die klimatischen Agentien in einem Lande von der Ausdehnung wie Österreich, schon im Laufe eines einzelnen Jahres einer „normalen" Vertheilung unterliegen.

sitzungsbki{r;iitk

KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENS! HAFTEN.

MATHEM VTISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.

XL. RA\I>.

SITZUNG VOM 15. MÄRZ 1860.

8.

105

VIII. SITZUNG VOM 15. MÄRZ 1860.

Das k. k. Ministerium des Innern übersendet die nun vollstän- dig eingelangten Berichte und Erhebungen über die Verhältnisse des Cretinismus in Österreich, welche von der Classe gewünscht wurden, um über diesen Gegenstand ein erschöpfendes Elaborat vorlegen zu können.

Herr Prof. Helmholtz in Heidelberg dankt der Akademie für die Wahl zu ihrem correspondirenden Mitgliede.

Der Lehrkörper des k. k. Gymnasiums zu Unghvär dankt für die demselben bewilligte Betheilung mit den Schriften der Akademie.

Der Central- Ausschuss der k. k. steiermärkischen Landwirth- schafts- Gesellschaft übersendet das von derselben durch ihren Secretär, Herrn Prof. Hlubek, zur Feier des Gedächtnisses Sr. k. Hoheit des Erzherzogs Johann herausgegebene Werk: „Ein treues Bild des Herzogthums Steiermark".

Herr Director v. Littro w liest ein an ihn gerichtetes Schreiben des Herrn Aguilar, Director der Sternwarte in Madrid, vom 25. Februar 1860, das die Anordnungen enthält, welche die Regierung getroffen, um den Astronomen, die zur Beobachtung der totalen Sonnenfinsterniss im kommenden Juli die Halbinsel besuchen wollen, die Lösung ihrer schwierigen Aufgabe zu erleichtern.

Das correspondirende Mitglied Herr Prof. Wedl legt den ersten Theil einer „vergleichenden Anatomie und Physiologie der Östriden-Larven" von Herrn Dr. S. H. Scheiber vor.

Herr Prof. Schneider überreicht eine Abhandlung: „Über das chemische und elektrolytische Verhalten des Quecksilbers bezüg-

10(5

lieh dessen Nachweisbarkeit im Allgemeinen und in thierischen Sub- stanzen insbesondere" .

An Druckschriften wurden vorgelegt:

Academie Imp. de Medecine. Tom. XXII. et XXIII. Paris, 1858

und 1859; 4»- Akademie der Wissenschaften, kön., zu Stockholm. Öfversigt af kongl. Vetenskaps-Akademiens Förhandlingar. Femtonde Argän- gen. 1858; 8°* Berättelse om framstegen i Fysik under ar 1853. Afgifven tili k. V. A. af E. Edlund. 1859; 8»- Berättelse om framstegen i Insekternas, Myriapodernas och Arachnidernas Naturalhistoria för 1855 och 1856 tili k. V. A. afgifven af C. H. Boheman. 1859; 8°* Kongl iga Svenska fregatten Eugenies resa omkring jorden under befäl af C. A. Virgin aren 1851 1853. Zoologi, III. 1859; 4»- Annalen der Chemie und Pharmacie, red. von F. Wohl er, «I. Liehig und H.Kopp. N. F. Band XXXVII, Heft 2. Leipzig und Heidelberg, 1860; So- Archiv der Mathematik und Physik, herausgegeben von J. A. Grü- ner f. Band XXXIV, Heft 1. Greifswalde, 1859; So- Astronomische Nachrichten, von Dr. CA. F. Peters. Nr. 1238

1239. Altona, 1860; 4°- Bauzeitung, Allgemeine, red. von Prof. Chr. F. L. Förster.

Jahrgang XXV, Heft 2, sammt Atlas; fol. und 40# Cosmos, IXe annee, XVP vol., livr. 10. Paris, 1860; 8°- Erlangen, Universität. Akademische Gelegenheitsschriften für das

Jahr 1859.

Fortschritte der Physik im Jahre 1857. Jahrgang XIII, red. von

Dr. A. Krön ig und Dr. 0. Hagen. Zweite Abtheilung. Berlin,

1859; So-

Gemmellaro, Carlo, La Vulcanologia dell' Etna che comprende la

topografia, la geologia, la storia delle sue eruzioni , non che la

descrizione e lo esame de' fenomenivulcanici. Catania, 1858; 4°-

Geological Survcy of India, The. Memoirs. Vol. II, part I. Cal-

cutta, 1859; 4W- Hlubek, D. F. X. , Ein treues Bild des Herzogtbums Steiermark als Denkmal dankbarer Erinnerung an weiland Se. k. Hoheit

107

den durchlauchtigsten Erzherzog Johann; herausgegeben von der k. k. steienn. Landwirthschafts - Gesellschaft durch ihren Secretär. Gratz, 1860; 4°- Joch mann, Dr. E., Beiträge zur Theorie der Gase. (Separat- abdruck aus dem Unterprogramm des colnischen Realgym- nasiums für 1859; 4°-) Kirschbaum, C. L. , Die Athysanus-Arten der Gegend von Wies- baden. 1858; 4°- Kokscharof, N. v., Über die Krystallform der Nitrophensäure und der Isonitrophensäure, so wie auch einiger Salze dieser Säuren. 1858; 8°- Land- und forstwirtschaftliche Zeitung, Allgemeine, red. von

Dr. J. Aren stein. Jahrgang X, Nr. 8, 1860; So- Planta mour, E., Resume meteorologique de l'annee 1858 pour Geneve et le Grand Saint -Bernard. Geneve, 1859: 8°- Observations astronomiques faites a l'observatoire de Geneve dans les annees 1853 et 1854. Geneve, 1859; 4°- Verein für Naturkunde im Herzogthum Nassau. Jahrbücher, 13. Hft.

Wiesbaden, 1858; So- Wiener medizinische Wochenschrift, red. von Dr. Witte lshöfer.

Jahrgang X, Nr. 10, 1860; 4»- Zeitschrift, kritische, für Chemie und die verwandten Wissen- schaften und Disciplinen, red. von Dr. E. Erlenm eyer und Dr. G. Lew in stein. Jahrgang 1859, Heft 5 und 6. Vom Jahrgänge 1860 (unter dein Titel: Zeitschrift für Chemie und Pharmacie etc.). Heft 1,2,3. Erlangen, 1859 und 1860; 8°-

109

ABHANDLUNGEN UND MITTHEILUNGEN.

Über Calcitkrystalle mit K e r n e n.

Von Dr. Gnstav Tschermak.

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(Mit i Tafel.) (Vorgelegt in der Sitzung vom 8. März 1860.)

Das Vorkommen von Krystallen mit Kernen ist an Mineralien schon öfter beobachtet worden. Die Erscheinung, dass Krystalle einen verschieden gefärbten Kern von derselben Form im Innern zeigen, ist namentlich beim Flussspath häufig. Seltener hingegen sind die Fälle, wo die Hülle eine andere Form der Krystallreihe darstellt, als der Kern. Kopp hat in einer Abhandlung über diesen Gegenstand *) ein solches Vorkommen an Calcitkrystallen beschrieben. Der Kern hatte die Form i?3, die Hülle hingegen zeigte das Rhombneder nebst den rauhen Flächen eines Skalenoeders. Der Kern war mit einem röthlichen Sediment überzogen. Mehrere Beobachtungen die- ser Art sind ferner von Bournon2) und von Richter3) gemacht worden.

Eine hierher gehörige Erscheinung beobachtete ich an einem Handstück von Celadna in Mähren aus meiner Sammlung. Auf einem kalkreichen Sandstein sitzen dicht an einander gedrängt Calcit- krystalle. Sie sind beim Öffnen der Spalte, deren einer Wand das Stück früher angehörte , sämmtlich stark beschädigt worden. Man erblickt weisse und dunkelbraune Flächen, die mit einander wechseln

») Annaleo der Chemie Bd. XCIV, S. 118.

2) Traite coinplet de la chaux carbonate'e. T. I, pag. 340.

3) Zeitschrift für Physik und verwandte Wissenschaften. Bd. 2 und 3.

JlO Tscher mak.

und sämmtlich dem Calcit angehören, nebst einigen grauen Quarz- krystallen und Körnern von Eisenkies. Das Ganze sieht sehr eigen- tümlich aus, so dass man im ersten Augenblicke versucht ist, die braunen Partien für ein vom Calcit ganz verschiedenes Mineral zu halten, um so mehr da man häufig braune rechtwinklige Flächen, und manchmal braune antrifft, die ein Krystalle monoklinisches Prisma darzustellen scheinen (Fig. 1). Eine genauere Untersuchung zeigt indessen, dass man es mit braunen Calcitkrystallen zu thun habe, die sämmtlich von einer Hülle wasserhellen oder weissen Calcites über- zogen sind. Die Krystalle sind oben beschädigt , und nach unten natürlicher Weise nicht ausgebildet. Die Restauration eines solchen Doppelkrystalls stellt Fig. 2 dar. Der innere braune Krystall hat die Form 2 R, die Hülle zeigt die Form des Grundrhomboeders, häufig findet man an der letztern auch Flächen von %R (Fig. 3, 4). Kern und Hülle sind mit einander fest verbunden und trennen sich beim Spalten nach den Theilungsrichtuugen des Calcites nicht. Wird der ganze Doppelkrystall nach einer Theilungsrichtung gespalten, so erblickt man auf der entstehenden Fläche eine dem Rhombus ein- geschriebene dunkle Rechtecktläche, die von dein braunen Rhom- boeder herrührt (Fig. 5, 6). Desshalb erscheinen an den beschä- digten Stellen der Druse die braunen rechteckigen Flächen in weis- sem Felde (Fig. 1). Manchmal ist die Hülle entfernt und man findet dann Individuen des braunen Calcites, an denen eine Kante abge- sprengt ist, so dass dieselben wie monoklinische Krystalle aussehen, da sie mit der Polkante a b (Fig. 7) festsitzen.

Der weisse einhüllende Calcit zeigte sich in chemischer Be- ziehung fast ganz rein, es Hessen sich blos Spuren von Magnesia nachweisen. Der dunkle Calcit hingegen zeigte nebstdem die Reac- tion auf Eisen und eine geringe Spur von Mangan. Beim Auflösen in Säuren blieb eine geringe Menge eines feinen schwarzbraunen Pulvers zurück, das vor dem Löthrohre als ein Eisensilicat erkannt wurde. Um die Bestandteile der Quantität nach zu bestimmen, wurde zuerst eine gewogene Menge in einen nur 13 Gramm wie- genden Kohlensäureapparat gebracht, und die Kohlensäure durch Salzsäure ausgetrieben, aus der Gewichtsdifferenz die Menge der Kohlensäure bestimmt. Der oben erwähnte Rückstand wurde nun abfiltrirt, darauf das Eisen als Oxyd durch Ammoniak, die Kalkerde durch Oxalsäure aus der Lösung abgeschieden. Es fiel dann nach

Ülier Calcytkrystalle mit Kernen,

Hinzufügen von phosphorsaurem Natron und Ammoniak eine höchst geringe Menge Magnesiasalz nieder, welche nicht gewogen wurde. So wurden die nachstehenden Zahlen erhalten :

Menge der angewendeten Substanz . . . 553 Mg.

Der unlösliche Rückstand wog 5 Mg.

An Eisenoxyd wurden erhallen 8 Mg.; dies

entspricht 12 Mg. kohlens. Eisenoxydul 12 Mg. entspr. 5 Mg. Kohlensaure.

An kohlens. Kalkerde wurden erhalten . . 534 235 ,,

Die Menge des Magnesiasalzes wurde an- genommen zu 5 Mg., dieses entspricht

2 Mg. kohlensaurer Magnesia .... 2 Mg. entspr. 1 Mir. Kohlensäure.

Zusammen . . 553 Mg. 241 Mg. Kohlensäure.

Dagegen bestimmte sich nach dem obigen Versuch die Mcage der Kohlensäure zu 236 Mg.

Auf Procente berechnet liefert dies die folgenden Zahlen:

Kohlensaure Kalkerde . . .

. 96-57

•ocent.

Kohlensaures Eisenoxydul .

. 217

«

Manganoxydul

Spur

Kohlensaure Magnesia . .

0-36

,.

Unlöslich (Eisensilicat) . . .

0-90

100-00 Procent.

Das spec. Gewicht des braunen Calcites wurde mittelst des Pyknometers bestimmt zu 2'80 bei C. ; es wog nämlich die ange- wendet Substanz 628 Mg., das hiedurch verdrängte Wasser 224 Mg- Die Temperatur des Wassers war 17° C.

Die Farbe des dunkelbraunen Minerals rührte also grössten- theils von der J Procent betragenden Beimengung her, die von einem schwarzbraunen Eisensilicat gebildet wurde.

Man sieht aus dem Ganzen, dass in jener Spalte zuerst ein verunreinigter Calcit abgesetzt wurde, später aber eine reinere Substanz sich ausschied und die früher gebildeten Krystalle über- zog, nach aussen eine von der des Kernes verschiedene Form an- nehmend.

Die bekannte Erscheinung an Krystallen , die in der Lösung isomorpher Salze fortwachsen, ist der eben besprochenen ähnlich; doch werden an der Form des Kernes und der Hülle so bedeutende Verschiedenheiten wie 7? 3 und 4/2, 2R und R nicht häufig

11^ Tscher malt. Über Calcitkrystalle mit Kernen.

beobaclitet. Wenn es gelänge, einen kubischen Alaunkrystall mit einer Hülle, deren Form dem Octaeder entspricht, zu erhalten, so wäre dies dem eben angeführten analog. Doch scheint es nach den Versuchen des Herrn K. v. Hauer, dass kubische Alaunkrystalle, die keine Spur der Flächen das Octaeders zeigen, nicht erhalten werden können.

Übrigens ist nicht zu bezweifeln, dass es gelingen werde , die zuvor erwähnte Erscheinung nachzuahmen, und es wird von Inter- esse sein, wenn durch viele Beobachtungen festgestellt wird, unter welchen Umständen ein Krystall von einer Hülle derselben Species umgeben wird, die eine andere Form der Krystallreihe zeigt, gegen- über jenen Fällen, wo der Krystall beim ferneren Wachsen dieselbe Form beibehält oder wo er von kleinen Krystallen derselben Species überdeckt wird, die sich in paralleler Stellung anreihen, oder wo die letzteren sich regellos darauf absetzen.

Tschermak: ÜTber Calcitkrystalle mit Kernen . Fig. /.

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SiiRuusSst.d .k.Akad.d W.mntli .na.turw.Cl. X1L . Bd N*fll860.

Tächermak. Über secundSre Minevalbildungen etc. 113

Über secundäre Mineralbildungen in dem Grünsteingebirge bei Neutitschein.

Von Dr. Gustav Tscher mak.

(Mit 2 Tafeln.)

(Vorgelegt in der Sitzung vom 8. März 1860.)

In dem Folgenden werden einige Beobachtungen mitgetheiit, die ich bei meinen Exemtionen im Jahre 1857 in der Umgegend von Neutitsehein in Mähren zu machen Gelegenheit hatte, nebst einigen Untersuchungen, die ich an dem hierbei gesammelten Material e angestellt habe.

Es war anfangs mein Plan, eine vollständige Bearbeitung der dortigen Grünsteinformation zu liefern, da mir indess nicht die Gele- genheit gegeben wurde, die Gegend in diesem Sinne genauer zu durchforschen, so konnte diese Arbeit nicht weiter fortgeführt werden. Ich fasse daher die von mir gemachten Erfahrungen in der Form einer Studie zusammen, die namentlich die seeundären Bildungen betrifft, weil ich der Meinung bin, dass Forschungen in dieser Richtung so viel Wichtigkeit haben, dass der Versuch durch Sammeln einiger Beobachtungen die Aufmerksamkeit, wenn auch nur auf ein einzelnes Gebirge zu lenken, der Sache würdig erscheint.

Ich kann hier nicht unterlassen, mit Dank der Bemühungen des Herrn Dechants J. Prorok und des Herrn Oberlehrers Olb rieh in Neutitschein zu gedenken, welche mir bei meinem Dortsein freundlichst zu Dienste waren.

Das Grünsteingebirge zwischen Neutitschein und Teschen, an Ausdehnung das bedeutendste der Monarchie , umfasst eine Reihe Gesteine von verschiedenem Aussehen und mannigfaltiger Zusammen- setzung, die sämmtlich der Grünsteingruppe angehören und die unter den verschiedensten, mitunter sehr interessanten Verhältnissen auftreten. Ich kenne den nördlichen Theil der Formation nicht aus eigener Anschauung. Aus dem Vergleiche des darüber Bekannten

| ^ T s c I) e r in :t k. Öbev secundäre Miiieriilliiltliingen

mit meinen Erfahrungen über den südlichen Theil ergibt sich, dass der letztere viel mehr des Interessanten bietet als der erstere. Neben dem, dass die ganze Grünsteinformation von verhältnissmässig gerin- gem Alter ist (das durchbrochene Gestein entspricht nach Hohen- egger dem Neocomien), zeigt sich im Süden eine grössere Mannig- faltigkeit der Felsarten. Von einem syenitartigen Diorit bis zu einem doleritähnlichen Diabas und einer zeolithreichen Wacke, andererseits bis zu einem ausgezeichneten Kalkdiabas herab trifft man eine ganze Reihe von Gliedern an. Das Auftreten des Gesteins ist ebenfalls recht verschieden: Bald bricht ein mächtiger Gang durch den dunklen Schiefer und bildet eine flach -kegelförmige Erhebung, bald dringt ein isolirter Zapfen von dunkel- blasigem Gestein mitten in der Ebene hervor, bald breitet sich der Grünstein in der Form einer Decke aus, über welche später emporgequollene Fjava sich wieder ergoss, oder es zieht sich eine Schichte sandigen Tuffes dahin, der nach der Eruption mit Hilfe des Wassers sich gebildet. Überall erblickt man Spuren ehemaliger vuleanischer Thätigkeit in vielfältigem Wechsel. Die Gegend hat in verschiedenen Zwischenräumen eine Reihe von Eruptionen gesehen, wenngleich die eruptive Thätigkeit nirgends so bedeutendeDimensionen erreichte, wie sie uns das Wort Vulcan gewöhnlich in die Vorstellung ruft.

Die folgenden Zeilen sind dazu bestimmt, Beobachtungen an einander zu reihen , welche die Verhältnisse einiger secundären Mineralien betreffen, die sich in diesem Gebirge finden. Zuerst muss ich mich über die letztere Bezeichnung aussprechen: Jene Mineral- bildungen, die erst nach der Eruption und dem vollständigem Erkalten des Gesteins in demselben und aus dessen Substanz (natürlich meist durch wässerige Eintlüsse) gebildet wurden, mögen als secundär bezeichnet werden, während die beim Erkalten des Gesteins ausgeschiedenen Verbindungen primäre Minerale genannt werden können. Nim ist es in einzelnen Fällen allerdings nicht scharf nach- weisbar, welche Entstehungsweise einem Mineral zuzuschreiben sei, und die Ansichten gehen hierin manchmal weit auseinander. Dieses kann indess bei dem Folgenden von keinem Belange sein, da es mir mehr um treue Darstellungen der Beobachtung zu thun ist, und wenn auch nach andern Ansichten das eine oder das andere der aufgeführ- ten Mineralien nicht in die Reihe der secundären gehört, so wird doch die Sache dadurch nicht geändert.

in dem Griinsteing-eliirge bei Neutitschein. \ £)

Es ist wünschenswerth, bei dergleichen Untersuchungen die Felsarten, welche das Material zur Bildung neuer Mineralien gegeben haben, zuerst möglichst genau zu kennen; namentlich ist hier das chemische Moment zu berücksichtigen. Dass ich nun in dieser Beziehung nicht alles gethan. was nothwendig erschien, darf ich damit entschuldigen, dass es mir nicht gegönnt war eine vollständige Untersuchung der Vorkommnisse auszuführen, so dass nach sorgfäl- tiger Auswahl des Materials eine chemische Untersuchung in der angestrebten Richtung hätte ausgeführt werden können. Ich musste mich auf Einzelnes beschränken, wodurch indess schon viel gewonnen war. Die chemische Beschaffenheit der Gesteine nahezu gleichen Alters in einem kleinen Verbreitungsbezirke ist nicht so verschieden, dass man von der Zusammensetzung eines derselben nicht weiter schliessen dürfte.

Ich bringe die Felsarten der gesammten Gegend zuerst in drei Abtheilungen, die sich ungefähr abgrenzen lassen. Jene Grünsteine, die vorwaltend Hornblende enthalten, sollen wie gewöhnlich Di o rite genannt werden. Die mehr basischen Gesteine von mehr dunkler Farbe und bedeutenderem Gehalt an Augit sollen als Diabase auf- geführt werden. Eine Grenze zwischen den beiden genannten Reihen ist ziemlich willkürlich, da Übergänge an demselben Gange vorkommen, dagegen lässt sich der Kalkdiabas gut von den vori- gen trennen. Er ist von klein-krystallinischem Gefüge, von lichten grün-grauen Farben und durch den bedeutenden Gehalt an kohlen- saurem Kalk ausgezeichnet. Nach diesen drei Abtheilungen soll nun das Folgende geordnet werden, um die Übersicht zu erleichtern.

Was die Beschreibung der Gesteine anbelangt, werde ich immer nur den Haupttypus einer Gruppe angeben; eine eingehende Schilderung mehrerer Felsarten findet man in Hochs tetter's Abhandlung: „Über einige Grünsteine aus der Umgegend von. Te- scben" *)• Ich kann darauf verweisen, da viele Gesteine des süd- lichen Verbreitungsbezirkes mit denen im nördlichen Theile gleich- artig sind.

Ich gehe nunmehr zur Beschreibung der ersten Hauptgruppe über:

') Jahrb. der k. k, geologischen Reichsanstalt, Bd. IV, S. 411.

Tsehermak. Über secundäre Mineralbildungen

I. Diorit.

Die Grünsteine, welche sich in diese Gruppe bringen lassen, finden sich meist im SO. von Neutitschein. Sie gehören zu den ältesten Grünsteinen der Gegend, wovon man sich an einigen Punkten überzeugen kann, wo die vom Diorite gebildeten Lager und Decken vom Diabas gehoben oder durchbrochen werden. Dagegen habe ich nirgends beobachten können, wie sie sich in dieser Beziehung dem Kalkdiabas gegenüber verhalten. Im Ganzen jedoch machte es mir den Eindruck, dass auch der Kalkdiabas ein jüngeres Gebilde sei als die Diorite.

Um ein Bild von der mineralogischen Beschaffenheit dieser Gruppe zu entwerfen, will ich ein typisches Gestein näher beschrei- ben, welches zwischen Sohle und Seitendorf auftritt.

Das Gestein ist mittelkörnig, dunkelgrün, mit vielen hervor- stechenden weissen Flecken. Von den Gemengtheilen erkennt man sogleich die Hornblende an den fast schwarzen, säulenförmigen Krystallen und glänzenden Spaltflächen. Sie ist gleichförmig durch das Gestein verbreitet, von dem sie ungefähr 40 Procent ausmacht, die einzelnen Krystalle sind im Mittel 6 Millim. lang und 2 Millim. breit. Die Feldspathmasse ist von weisser oder grünlicher Farbe, sehr feinkörnig, fettglänzend, von unebenem, oft splitterigem Bruche, nur hie und da erscheint eine Theilungsfläche, die ein grösseres Indivi- duum anzeigt, welches indess niemals länger als 3 Millim. erscheint. Splitter des Feldspathes schmelzen in der Löthrohrflamme erst nach einiger Zeit. Von Säuren wird das feine Pulver aufgeschlossen und es bleibt pulvrige Kieselsäure zurück.

Das Gestein ist von sehr frischem Aussehen. Es enthält nur sehr wenig kohlensauren Kalk. Nur hie und da entsteht beim dar- aufbringen von Säuren ein Bläschen, nur selten bemerkt man eine höchst feine Spalte, die mit Calcit ausgefüllt ist.

Die Beschreibung, welche Hochstetter vom Diorite von Boguschowitz gibt, passt nahezu auf dieses Gestein, nur tritt hier der Augit zurück. Den Feldspath der Diorite halt Hochstetter für Anorthit, wegen des Verhaltens in der Hitze und gegen Säuren. Ich bin derselben Ansicht, um so mehr als eine später anzuführende Analyse eines Gesteines die Gegenwart dieses Feldspathes sehr wahrscheinlich macht.

in tlem Grünsteingebirge bei Neutilschein.

Alle übrigen Diorit-Gesteine der Gegend stehen in mineralogi- scher Beziehung dem eben beschriebenen sehr nahe und unter- scheiden sich meist nur durch die Grösse derHornblendekrystalle. Hie und da tritt auch derAugit etwas hervor. Er erscheint dann in kurzen Säulen von der gewöhnlichen Form. Das äussere Ansehen der Fels- art ist nach der Grösse des Korns, der Farbe des Feldspathes etc. verschieden. Schiefer und Aphanite wurden nicht beobachtet. Das specifische Gewicht bewegt sich meist in den Grenzen 2*8 . . . 29. Das Auftreten des Diorites ist ein sehr mannigfaltiges. Ich will hier blos einige auffallende Vorkommnisse beschreiben.

Im S. von Neutitschein am rechten Ufer der Titsch setzt ein etwa 10 Klafter breiter Gang im Thonschiefer auf. Das Gestein ist stark zerklüftet, am Ausgehenden bedeutend verwittert und braun gefärbt, tiefer unten besitzt es noch das frische Ansehen und die grüne Farbe. Die Spalten sind meist mit Calcit erfüllt. Der Thon- schiefer ist durch die hervorbrechende Masse gehoben und bis auf die Entfernung von einer Klafter in eine dickschiefrige, hornstein- ähnliche Masse verwandelt worden, die eine lichtere Farbe zeigt als das unveränderte schiefergraue Gestein. Der Schiefer hat eine Neigung von 46° in ONO. und einen Fall von 56° in SSO. erhalten. Fig. 1 auf Taf. I stellt eine Contactstelle dar.

Bei Sohle im 0. des Gümbelberges ist ein bedeutender Bruch im Diorit eröffnet. Das Gestein bietet namentlich an den Stellen, wo es bereits mehr angegritfen ist, eine sehr interessante Erschei- nung. Es zeigt nämlich sehr häutig ausgezeichnet kugelförmige Absonderung. Das Gestein theilt sich zuerst in würflige Blöcke, welche nach einiger Zeit mehr abgerundet werden, bis endlich eine Menge von grossen, concentrisch-schaligen Kugeln hervorstehen, die sich oft ablösen und aus der Gesteinswand herausfallen. Die ganze Erscheinung ist um so interessanter, als sie beim Diorite nicht häufig angetroffen wird. AufTaf. I, Fig. 2 ist eine solche Felspartie abgebildet. Eine wichtige Beobachtung ergab sich ferner an einem bloss- gelegten Punkte bei Sohle, südlich von dem ebengenannten Bruche. Ein kleiner Hügel war daselbst angebrochen und so eine Stelle eröffnet worden, welche bei sehr geringen Dimensionen sechs ver- schiedene Gesteine, welche ebenso vielen verschiedenen Perioden angehören, zugleich aufweist. AufTaf. II ist eine Zeichnung aus- geführt, welche das Ganze deutlich machen wird.

1 $ Tsehermak. Über secundäre Mineralbildiingen

Die Wand war etwa 8 Fuss hoch. Zu oberst erscheint eine Schicht dunklen Thonschie fers, der identisch mit den ringsum vorkommenden Schiefern ist. Hierauf folgt eine fast 2 Fuss mächtige Schichte von Diorit. Er ist bereits stark verwittert und nicht mehr mit einem Gestein der Gegend zu identificiren. Unter diesem eine fast eben so mächtige Schichte von Diorittuff. Derselbe sieht ziemlich compact aus, zerfällt jedoch bei der Berührung sogleich in eine Menge eckiger Dioritstückchen von 1 Centim. Durehmesser bis zur Grösse eines Sandkorns. Nunmehr folgt eine 2 Zoll dicke Schicht von stängligem, weissem Ar ra go nit, welche sicli gleichförmig über die nächste Schicht ausbreitet. Die letztere ist etwa 8 Zoll dick und bestellt aus einem frisch aussehenden, lichten Diorit, welcher dem oben genauer beschriebenen gleich kömmt. Unter diesem folgt ein verwitterter schwarzgrüner Diabas, der in der Tiefe fortsetzt.

Dieser Durchschnitt gibt bereits viele Mittel an die Hand, die Geschichte der Grünsteineruptionen dieser Gegend theilweise zu ent- wickeln.

Man sieht hier zu unterst eine dünne Dioritschichte, den Rest eines Lavastromes, welcher sich hier ergossen. Nach der Eruption, welche dieser Schichte Entstehung gegeben hatte, mögen heisse Quellen, die in der Nähe empordrangen, den Arragonit abgesetzt haben. Bei einem ferneren Ausbruche ward durch gleichzeitige oder spätere Einwirkung aus dem Sande und Rapillo eine Tuffmasse zu- sammengesetzt, welche nur eine geringe Mächtigkeit erreichte und nur unter den vorliegenden Umständen erhalten werden konnte. Es hat sich nämlich bei einem späteren Ausbruche ein neuer Lavastrom darüber ergossen und die Tuffschichte an dieser Stelle vor der zer- störenden Einwirkung des Wassers geschützt. Nach all diesen Erup- tionen muss eine Bedeckung durch Wasser und der Absatz des Thon- schiefers erfolgt sein. In einer ferneren Periode ward der ganze Schichtencomplex durch eine emporgedrängte Lavamasse gehoben, welch letztere zu einem Diabas erstarrte.

In der Umgebung spricht nichts dafür, dass die Schichtenfolge etwa umgekehrt wäre und man ein Überkippen annehmen dürfte. Dass der unten anstehende Diabas das Ganze gehoben habe, erscheint hier nicht so augenfällig, da man für diesen Fall eine gewaltsame Einwirkung auf die untersten Schichten erwarten könnte. Doch spricht dafür das Auftreten desselben Diabas in der Nähe dieser

in dem Grünsteingebirge bei Neutitschein. 119

Stelle, südlich davon, wo er in einem Gange emporgedrungen ist und eine Dioritschichte gehoben hat, deren Gestein dem im vorgenannten Anbruche zu oberst befindlichen so wie dem nördlich davon vorkom- menden Kugeldiorite ähnlich ist.

Man ersieht aus all dem, dass einige Diorite älter seien als die Schiefer des Neocomien, während andere Diorite, so wie sämmtliche Diabase ein geringeres Alter besitzen.

Nunmehr gelange ich zur Aufzählung der secundären Minera- lien, welche im Gebiete des Diorites beobachtet wurden.

1. Quarz .

Wenn auch im Ganzen der Quarz in den Dioriten sich häufiger ausgeschieden findet als in den mehr basischen Gesteinen, so ist doch die Menge desselben an einem Orte niemals sehr bedeutend. Er fin- det sich krystallisirt in Spalten zu Drusen versammelt, wie in dem Bruche an der Titsch, im Kugeldiorite von Sohle, in dem obersten Dioritlager des Anbruches, oder er kommt als Ausfüllung runder Hohlräume vor. Solche runde Quarzmassen zeigen sich häufig im Diorite an der Titsch. Jede derselben stellt ein Quarzindividuum vor. Die ganze Kugel ist gleichförmig durchsichtig, schwach gelblich ge- färbt, von 3 1 Centim. Durchmesser, manchmal scharf gegen das Gestein hin abgegrenzt, manchmal, namentlich die kleineren Kugeln, fast mit dem Gestein verfliessend, ohne scharfe Grenze. Zu bemerken ist noch, dass sich in dem Bruche im Kugeldiorite ein Block krystall inisehen Quarzes von 2 Fuss Länge vorfand , welcher Eindrücke von zollgrossen Calcitrhomboedern und Stalaktiten enthielt.

2. Calcit.

Der Calcit kömmt im Diorite nicht häufig in kleinen Partikelchen mitten im Gesteine vor, wesshalb diese mit Säuren wenig oder gar nicht brausen, vielmehr tritt er meist in Spalten und Hohlräumen auf. Sehr häufig findet man ihn in deutlichen Krystallen. In dem Bruche an der Titsch beobachtete ich die Form 113 an mehr oder weniger verkrüppelten , mit einer Kruste von Brauneisenstein überzogenen Krystallen. In anderen Spalten fand sich Calcit in der Form 2B neben Bitterspath und Eisenkies auf Drusen von Quarz. Im Kugel- diorit von Sohle kömmt häufig krystallinischer Calcit vor. Bemerkens- wert!) ist das Auftreten einer kreideartigen Ausfüllung vieler Gesteins- spalten daselbst. Die staubartige weisse Substanz (sogenannte Berg- Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XU Bd. Nr. S. 9

|20 Tscher mak. Üher secundäre Mineralbildung-en

milch) ist fast reines Kalkcarbonat. Durch eindringende Gewässer wird dieselbe weiter geführt und ganze Gesteinspartien werden damit bedeckt, so dass dieselben durch diesen Überzug ein fremd- artiges Aussehen erhalten. Der Calcit findet sich ferner in Rhom- boedern von der Form 2R in fast zollgrossen Krystallen neben Baryt und Analcim in den bei der Teufelsmühle umherliegenden Ge- steinstrümmern. Die Krystalle sind durch Einwirkung des Wassers an der Oberfläche rauh geworden und man bemerkt die dem Grund- rhomboeder angehörige Schraffirung in vertieften Linien ausgeprägt. Interessant erscheint ferner das Vorkommen krystallinischen Calcites als Spalten ausfüllig in folgendem Falle: In dein Diorite an der Titsch finden sich, wie bereits erwähnt, kugelförmige Ausscheidungen von durchsichtigem Quarze. Hie und da setzt sich nun mitten durch eine solche Quarzkugel ein feiner Spalt fort, welcher von weissem krystallinischen Calcit erfüllt ist, so dass diese weissen Adern von dem gelblichen, durchsichtigen Quarz eben so deutlich abstechen als von dem dunklen Gestein. Dies zeigt, dass die Ausscheidung des Quarzes viel früher stattfand als die Spaltenbildung und Ausfüllung durch Calcit. Es kann hier durchaus nicht angenommen werden, dass der Quarz beim Erstarren der Masse gebildet worden, da dieser mit der basischen Natur des Gesteines unverträglich ist, eben so wenig lässt sich behaupten, dass dies eingeschmolzene Quarzstücke seien, da man das Verfliessen des Quarzes mit der Gesteinsmasse hier oft beobachten kann, wogegen eingeschmolzene Stücke dies nicht zei- gen, vielmehr, wie man es in Basalten öfter sieht, immer scharf ab- gegrenzt, ganz undurchsichtig und mürbe erscheinen.

3. Arragonit.

Ein ausgezeichnetes Vorkommen des Arragonites ist das bereits früher angedeutete im Anbruche bei Sohle. Daselbst setzt dieses Mineral eine ganze Schichte zusammen, welche im Mittel 2 Zoll dick ist und zwischen einem dunklen Diabas und einer dünnen Schichte hellen Diorites eingeschoben ist. Er bildet ein gleichförmig dünn- stengeliges Aggregat von rein weisser Farbe. Als Arragonit ist der- selbe sogleich an den Theilungsflächen der ungefähr 1 Millimeter breiten Individuen erkennbar. Die Axen der Individuen stehen auf der Schichtfläche senkrecht. Die ganze Schichte zeigt sich hie und da in zwei bis drei Etagen abgetheilt. Eine Partie einer solchen kleinen

in dem Griinsteingehirge bei Neutitschein. 14 [

Schichte zeigte sieb in Steatit umgewandelt. Da das umgehende Ge- stein leicht hei der Verwitterung in Trümmer zerfällt, die Arragonit- schichte aber grössere Festigkeit besitzt, so kömmt es, dass dieselbe auf der einen Seite dos Hügels überall aus dem Boden hervorragt und streckenweise einen weissen Streif bildet.

Da diesei- Arragonit wahrscheinlich ein Absatz heisser Quellen ist, so wäre er in sofern nicht zu den seeundären Bildungen gegen- über dem Grünstein zu rechnen, als er vielleicht nicht aus dessen Substanz gebildet wurde, doch habe ich dieses Vorkommen der Voll- ständigkeit wegen angeführt.

4. Bitterspath.

Dieses Mineral tritt überall, wo es vorkömmt, in Gesellschaft des Calcites auf. Dies ist der Fall in dem Bruche an der Titsch, wo es in kleinen Partien auf den Quarzdrusen neben Calcit und Eisen- kies in gekrümmten Khomboedern sich findet, ferner in den Spalten des Kngeldiorites bei Sohle, endlich bei Seitendorf.

5. Baryt.

Der Baryt kommt in undurchsichtigen rein weissen Stücken, welche lue und da die Fläche ooPoo erkennen lassen, neben Calcit und Analcim in den Gesteinstrümmern bei der Teufelsmühle vor. Da er mit dem Calcit und Analcim innig verwachsen erscheint, so hat man alle drei Mineralien als gleichzeitige Bildungen anzusehen und der Baryt ist hier als seeundäre Bildung aufzufassen, sobald man den in Hohlräumen des Diorites auftretenden Analcim und Calcit für seeundär ansieht. Der Baryt findet sich sonst an keinem anderen Orte dieser Gegend.

6. Serpentin.

Der Serpentin findet sich hie und da als Zersetzungsproduct der Hornblende und des Augites in geringer Menge in den Binden der Gesteine wie bei Sohle, bei Hotzendorf. Die Serpentinbildung ist in den Dioriten bei weitem nicht so bedeutend als im Diabas.

7. Steatit.

Dieses Mineral tritt in der bereits erwähnten Arragonitschichte

pseudomorph nach Arragonit auf. Der Steatit ist von grünlicher

Farbe und zeigt grösstenteils noch das stengelige Gefüge des Arra-

gonits. Stellenweise ist noch etwas Arragonit zurückgeblieben, wel-

|22 Tschermak. Über secundiire Mineralbildungen

eher dann sehr morsch und mürbe erscheint. Die Steatitmasse zer- fällt beim Daraufschlagen gerade so wie der Arragonit, nach der Länge der Säulchen hin, in prismatische Stücke; dagegen lässt sie sich nach jeder Richtung hin mit dem Messer schaben ohne zu bre- chen und ohne im Querschnitte die stengelige Structur zu zeigen. Der Steatit Gndet sich ferner hie und da in den Spalten des Kugel- diorites in geringer Menge.

8. (Jliminer. Im Diorite kommt nur wenig Glimmer vor und dann nur immer die eine Art: ein tombakbrauner metallisch glänzender Glimmer, von dessen seeundärer Natur man sich leicht durch Betrachtung ein- zelner Gesteinspartien überzeugen kann, wo die Glimmerblättchen genau parallel den Theilungsflächen auf den Hornblendekrystallen liegen oder durch dieselben hindurch gewachsen erscheinen, wie dies im Gesteine von Hotzendorf der Fall ist. Sehr häufig kann man auch die Beobachtung machen, dass der Glimmer nur auf der Verwitte- rungsrinde erscheint, oder dass er gegen die Oberfläche des Ge- steines zu immer häufiger wird.

9. Chlorit.

Noch weniger häufig als der Glimmer, findet sich der Chlorit nur in Gesteinen, die schon merkbar angegriffen sind, in kleinen grünen Schüppchen als Zersetzungsproduct der Hornblende, wie bei Seitendorf; doch niemals trifft man ihn in grösserer Menge an. Hochstetter hat einen chlorithaltigenDiorit von Kalembitz genauer beschrieben.

Zeolithe.

Im Gebiete des Diorites treten die Mineralien dieser Familie nicht häufig auf und kommen nur in geringen Mengen vor. Im Dio- rite bei Sohle , so wie in vielem Gerolle finden sich einzelne feine Nadeln, so wie spärliche Aggregate derselben, welche sich durch ihr Verhalten in der Hitze und gegen Säuren leicht als Zeolithe er- kennen lassen, doch war eine genauere Bestimmung nicht ausführbar. Nur eine Zeolithspecies kömmt in grösseren Krystallen vor.

10. Analciin.

Das Vorkommen dieses Minerals wurde schon früher erwähnt. Der Analcim findet sich bei der Teufelsmühle in Gesellschaft von

in dem Griinsteiiigebirge bei Neutitschein. 123

Calcit und Baryt in meistens hellen Krystallen von im Mittel 5 Millim. Durchmesser. Sie zeigen die Form ooOao.202, liegen meist dicht an einander und sind den hegleitenden Mineralien gleichsam zwischen gestreut1)- Beim Ahlösen derKrystalle hemerkt man oft inderünter- lage hinterlassene Eindrücke, wornach also die gleichzeitige Bildung der drei Mineralien keinem Zweifel unterliegt.

II. Magneteisen.

Der Magnetit tritt der Menge nach in demselben Verhältnisse auf, wie der Augit und es gehört der erstere als Zerlegungsproduct vorzüglich dem Augite zu. Im Diorite, wo der Augit nur in geringer Menge vorkömmt, findet sich auch das Magneteisen nur in ganz unbe- deutenden Quantitäten, so dass es niemals mit blossem Auge bemerkt werden kann. Der Magnet zieht aus dem feinen Gesteinspulver nur geringe Mengen.

12. Pyrit.

Den Eisenkies trifft man im Diorite viel häufiger an als im Dia- bas. Er findet sich fast überall in Spalten und Hohlräumen, oft neben Calcit und Quarz, wie bei Sohle, bei Seitendorf. Die Krystalle sind meist von ungefähr 2 Millim. Durchmesser, manchmal sind auch blos sehr kleine Individuen staubförmig auf Calcit vertheilt. Auch mitten im Gesteine kommt er in kleinen Körnern eingesprengt vor.

13. Branneisen.

Ausserdem, dass das Eisenhydrat in den stark angegriffenen Ge- steinen als Best der Zersetzung nach den Augitspathen in mehr oder weniger reinem Zustande oft anzutreffen ist, kömmt es auch als Absatz der Gewässer in Spalten vor. Im Bruche an der Titsch fand ich unter anderen eine ganz junge Bildung als lederartigen Überzug der Calcitkrystalle.

II. Diabas.

Die Grünsteine dieser Gegend, welche hier als Diabase aufge- führt werden, sind im Allgemeinen mehr basische, dunklere, an Augit reichere Gesteine von höherem specifischen Gewichte als die Dio- rite. Sie sind von geringerem Alter als die letztere Gesteinsgruppe und jünger als die Schiefer und Kalke desNeocomien. Mehrere der-

*) S. G lock er, Verhandl. der kais. Leop. Carol. Akademie. Bd. 15.

•J24 Tschermak. Über secundäre Mineralbildung'en

selben sind früher für Basalte gehalten worden, wie z. B. der vom Gümbelberge, doch ist nirgends eine Spur von Olivin zu bemerken.

Ich will zuerst wieder die Beobachtungen an einem typischen Gesteine vom Gümbelberge anführen, welches zwischen den übri- gen Felsarten dieser Gruppe so ziemlich die Mitte hält.

Der Diabas ist von mittlerem Korne und von schwärzlichgrüner Farbe. Er ist ungemein zähe, so dass sich nur mit grosser Mühe ein Handstück aus einem Blocke schlagen lässt. Von den zusammen- setzenden Mineralien ist der Feldspath der vorherrschende Gemeng- theil. Er ist dunkelgrün, zeigt auf dem Bruche glasglänzende Thei- lungsflächen, welche im Mittel 6 Millimeter lang und 4 Millimeter breit und überall von feinen Hornblendetheilchen durchwachsen sind. Splitter desselben schmelzen in der Löthrohrflamme nach einiger Zeit, jedoch schwieriger als Labrador. Von Salzsäure wird das Pul- ver ganz zersetzt und es bleibt pulverige Kieselsäure zurück. Er ver- liert durch Behandeln mit verdünnten Säuren bald die dunkelgrüne Farbe und wird schneeweiss. Beim Verwittern hinterlässt er eine gelblich gefärbte pulverige Masse. Die Augitspathe lassen sich erst genauer beobachten, nachdem der Feldspath-Bestandtheil durch Atzen mit Säuren weiss geworden: dann bemerkt man sogleich, dass die Augitspathe blos ungefähr 30 Percent des Gesteins ausmachen, und dass sie in ganz kleinen Krystallen zwischen den Feldspathkrystallen gelagert oder durch dieselben hindurchgewachsen sind. Mit Hilfe der Loupe erkennt man sogleich die Hornblende an ihren charakteristi- schen Kennzeichen: der fast schwarzen Farbe und den glänzenden Spaltflächen. Daneben zeigt sich Augit in kleinen Krystallen, von der Hornblende leicht an dem matten Aussehen und dem muschligen Bru- che zu unterscheiden. Ferner beobachtete ich hie und da feine Kry- stalle von hellgrüner Farbe; dieselben mögen Epidot gewesen sein. Aus dem Pulver des Gesteins zieht der Magnet eine nicht ganz un- bedeutende Menge Magneteisen heraus, doch lässt sich bekanntlich die Menge desselben wegen anhängendem Gesteinspulver nicht ein- mal richtig schätzen. Das Gestein siebt ganz frisch aus; mit Säuren behandelt gibt es eine geringe Menge Kohlensäure. Dagegen ist der Gehalt an Wasser, wie später angeführt weiden wird, nicht unbe- deutend.

Das speeifische Gewicht wurde von Hrn. L. Knaffl und von mir an zwei verschiedenen Proben mit Hilfe des Pyknometers bestimmt.

in dem Grünsteingebirge bei Neutitschein. I<iO

In dem Folgenden bezeichnet P die Capacität des Pyknometers in Grammen, p das Gewicht der angewendeten Gesteinsprobe, p' das Gewicht des dadurch verdrängten Wassers in Grammen, t die Temperatur des Wassers (die Correctionen überall inbegriffen). Die Proben waren gepulvert und vor dem Wägen getrocknet, die Luft aus dem Wasser durch Kochen entfernt. Es wurden bestimmt:

A. P=30 052 , ^ = 5 081 , p' = 1-721 , * = 17-S»C.. . K

daraus— = 2-952. V

B. P= 15-010 , ^ = 7-275 , ^' = 2-453 , t = 16» C T

daraus- = 2-966. P' Hiernach berechnet sich das specifische Gewicht bei 0°C. für A

zu 2-95, für B zu 2-96.

Das Gestein ist noch weiter untersucht worden. Herr L. Knaffl hat auf meine Bitte eine chemische Analyse desselben vorgenommen. Ich theile im Folgenden die Methode und die erhaltenen Resul- tate mit.

Die qualitative Analyse erwies die Gegenwart von Kieselsäure, Kohlensäure, Eisen , Kupfer , Kalk , Magnesia, Kali, Wasser. Zur Bestimmung von Kieselsäure, Kupfer, Eisen, Kalk, Magnesia wurde eine Partie der fein gepulverten, bei 100u getrockneten Probe genom- men und mit kohlensaurem Natron aufgeschlossen. Die Kieselsäure wurde nach sorgfältigem Eindampfen abfiltrirt, im Filtrate das Kupfer durch Schwefelwasserstoff gefällt, hierauf nach dessen Entfernung Thonerde und Eisen durch Ammoniak gefällt, der Niederschlag respective deren Lösung in zwei Theile getheilt. In dem einen ward das Eisen durch Titriren mit übermangansaurem Kali bestimmt, der andere Theil ward zur Ermittelung der Summe der Thonerde und des Eisenoxydes verwendet. Die Kalkerde wurde als oxalsaures Salz abgesondert, letzteres in Salzsäure gelöst und dessen Quantität durch Titriren mit Chamäleon bestimmt, die Magnesia wurde wie gewöhn- lich als pyrophosphorsaures Salz gewogen. Zur Bestimmung der Alkalien wurde eine weitere Probe durch Flusssäure aufgeschlossen. Nachdem alles übrige mit Hilfe von Ätzbaryt entfernt war, wurde die erhaltene Chlorverbindung gewogen, endlich durch Silberlösung die zweite nöthige Bestimmung gemacht. Zur Ermittelung der Quantität des im Gestein enthaltenen Eisenoxyduls wurde eine sehr

1 £0 Tscher mak, Über secundäre Miiieralbildung-en

fein gepulverte Probe längere Zeit mit conceutrirter kochender Salz- säure in einer Atmosphäre von Kohlensäure behandelt, bis das Pulver vollständig weiss geworden. Hierauf konnte sogleich das Titrirver- fahren angewendet werden. Die Kohlensäure wurde mittelst eines kleinen Fresenius'schen Apparates bestimmt. Der Gewichtsverlust beim Glühen wurde als Wassergehalt in Rechnung gebracht. Es folgen die Zahlenresultate:

1. Augewendete Menge Substanz 1*018 Gramm

An Kieselsäure erhalten: 398 Mg 3910 Procent.

Eisenoxyd und Thonerde aus der Hälfte der Sub- stanz 148 Mg., im Ganzen 29-08 Procent. Bestim- mung des Eisens in der Hälfte der Substanz: Titre des Chamäleon a = 0*085, Anzahl der gebrauchten C. C. der Lösung: n = 9*6. Daraus berechnet sich Eisenoxyd 65*3 Mg., im Ganzen 12*82 Procent, hiernach berechnet sich Thonerde 29*08— 12*82= 16*26 Das gefällte Schwefelkupfer in Oxyd verwandelt

und 16 Mg. erhalten oder 1*57

Bestimmung der Kalkerde: a = 0*042, n = 492, hieraus berechnen sich 57*8 Mg. Kalkerde . . . 5*68 Das erhaltene Magnesiasalz wog 537 Mg., dem ent- sprechen 193*5 Mg. Magnesia 1901

, 2. Aus 879 Mg. Substanz wurden 11 Mg. Chloralkalien erhalten. Es wurden von der Silber- lösung gebraucht 1*5 C. C. , dein entsprechen 0 Chlornatrium 11 Mg. Chlorkalium oder 7 Mg. Kali 0-79

3. In 1*054 Gramm der Gesteinprobe wurde das Eisenoxydul bestimmt und erhalten a = 0*085, n = 12*8, daraus ergibt sich 78*3 Mg. Eisenoxy- dul oder 7*43

dem entsprechen Eisenoxyd 8*26 Procent. Darnach berechnet sich die Menge des im Gestein enthaltenen Eisenoxydes zu 12*82 8*26= 4*56

4. Aus 1*704 Gramm Substanz wurde die Koh- lensäure entfernt und eine Gewichtsdifferenz gefun- den von 2 Mff. oder 0*12

in dein Grünsteingebirge bei Neutitschein. 1 £, i

5. Der Glühverlust betrug bei 3*32 Gramm Substanz 145 Mg. , dem entspricht ein Wasser- gehalt von 4-37 Procent.

Das Verhältniss der zusammensetzenden Bestandteile ist demnach :

Kieselsäure 39" 10

Thonerde 16*26

Eisenoxyd 4*56

Eisenoxydul 7 "43

Kupferoxyd 1-57

Kalkerde 5-68

Magnesia 19-01

Kali 0-79

Wasser 4-37

Kohlensäure 0-12

98-89

Um eine Andeutung über die Art und Menge der in dem Gestein enthaltenen Salze zu erhalten , soll das Aquivalenten-Ver- hältniss der genannten Bestandteile näher betrachtet werden. Die Menge der Kieselsäure in Äquivalenten ist hier = 800 gesetzt. Hier- nach ist das Verhältniss folgendes:

Kieselsäure 800 ... 800 (Si03)

Thonerde 197 ... 197 (A1303)

Eisenoxyd 35 \

dem entspricht um Magneteisen zu bilden > . . . 70 (Fe304)

Eisenoxydul 35 )

Übrige Menge Eisenoxydul 92

Kupferoxyd 24

Kalkerde 125 }. . . 834 (ROJ

Magnesia 585

Kali 8

irr: mJ... » (ho

Kohlensaure ö )

Die Zusammensetzung kann daher durch die folgenden Zahlen repräsentirt werden:

(Si02)8 (A1203)3 (RO)8.3 (HO), (Fe304)

()• 7

Man bemerkt sogleich , dass die Zersetzung schon bedeutend Platz gegriffen hat , da der Wassergehalt ein namhafter ist. Der

128 Ts.he

:i k. Über seeundiire Miiier;ill)ildunt,reii

Kupfergehalt ist auch bemerkenswerth; das Gestein ist ferner so stark basischer Natur, dass dies bei einem Grünstein ziemlich auffällig erscheint. Es ist leicht einzusehen, dass der enthaltene Feldspath ein sehr basischer sein müsse, so dass auch nicht Labra- dor, für welchen das Verhältniss (Si02) 3 (Al203) (RO) gilt, ange- nommen werden kann. Dagegen ist der Annahme von Anorthit, sowohl der Zusammensetzung, als der früher über das Verhalten des Feldspathes angeführten Beobachtungen ganz entsprechend. Dem Wassergehalt muss irgend ein Hydrat entsprechen, welches eben so wie das Magneteisen als Zersetzungproduct abzusondern ist. Das Eisenoxyd gehört wahrscheinlich ganz dem Magneteisen an. Dem- nach könnte das Verhältniss der Bestandteile vielleicht auf folgende Art gedeutet werden *) :

f[(Si02)6(RO)5] Augitspathe

2[(Si02)2(Al203)(RO)] Anorthit

|[(Fe2Os)(FeO)j Magneteisen

3[(RO)(HO)] Hydrat

Der hiernach berechnete Gehalt an Magneteisen von 8 Procent und an Augitspathen von ungefähr 33 Procent entspricht sehr gut der direeten Beobachtung an der Felsart. Das angeführte Hydrat kann einer eingetretenen Serpentin- oder Zeolith-Bildung angehören und es würde in Folge dieserlnterpretation eine Änderung der ange- nommenen Verhältnisse vorzunehmen sein. Dagegen ist es fast ganz sicher, dass der Feldspathbestandtheil von Anorthit gebildet werde. Was die Bildung von Serpentin in diesem Gesteine betrifft, werde ich später noch Einiges anführen.

Es lohnt übrigens hier, so wie überhaupt bei Gebirgsarlen, kaum der Mühe, aus den Daten der Analyse die Mengen der zusam- mensetzenden Mineralien berechnen zu wollen; doch verleiht die Discussion Anhaltspunkte , um auf die ursprüngliche Zusammen- setzung, die bei Gesteinen aus früheren Perioden wohl nur sehr selten ungeändert geblieben ist, zurückzuschliessen und so einige Einsicht in die seeundären Bildungsproeesse zu erlangen. Ich komme auf das Einzelne noch weiter unten zu sprechen.

Um die Felsarten , welche dem eben beschriebenen Gesteine ähnlich sind , lassen sich die übrigen Diabase folgender Art grup-

') Ich gebrauche liier blos Äquivalentzeichen; daher 0 = 8, Si =; 14*2 etc.

in dem Grünsteingebirge l>ei Neutitschein. 149

piren. Eine Reihe bilden die mehr grobkörnigen Diabase, bei denen auch die Hornblende- und Augit-Krystalle eine Länge von 3 Centim. erreichen, wie z. B. das Gestein von Lichnau, einer zweiten Gruppe kann man die Aphanite zuth eilen, die von sehr feinem Korn und schwarzgrüner Farbe sind, wie das Gestein von Schönau. Von beiden verschieden ist das letzte Glied: eine zeolithische VVacke, welche mitten im Dorfe Liebiscb unterhalb der Kirche ansteht.

Die dem Gestein vom Gümbelberge ähnlichen Diabase haben dieselbe mineralogische Zusammensetzung wie dieses, die genannte Wacke aber scheint ehedem Labrador enthalten zu haben, wofür die Ausscheidungen von Kalk und Apophyllit sprechen. In den Aphaniten ist das Vorkommen von Labrador nicht wahrscheinlich, da sie dieselben Zersetzungserscheinungen zeigen, wie der anorthit- hältige Diabas. Von einer Prüfung des Feldspathes der Aphanite kann natürlich nicht die Rede sein. Der Gehalt an Magneteisen und Kalk- Carbonat ist beim Diabas allgemein. Auch tritt fast überall etwas Glimmer auf. Das specifische Gewicht hält sich meist innerhalb der Grenze 2-9 . . . 3-0.

Das Auftreten des Diabas ist zweierlei. Meistens setzen die Gänge im Kalk oder Schiefer auf, das Gestein tritt am Gipfel eines Hügels zu Tage, wie am Gümbelberge, bei Lichnau, oder es steht auf einer flachen Stelle an, wie die Wacke von Liebisch. Manchmal hin- gegen trifft man den Diabas unterhalb des Diorites oder neben dem- selben, wie bereits früher erwähnt wurde.

Als Zersetzungsproducte des Diabas können die folgenden auf- geführt werden:

1. Quarz.

Das Vorkommen des Quarzes im Gebiete des Diabas ist ein sel- tenes , was sich aus der Zusammensetzung des Gesteines leicht erklären lässt. Man findet nur hie und da beim Verschwinden des Feldspathes nach totaler Zersetzung in den hinterlassenen Hohl- räumen mehr minder reine Qtiarzskelete. Mit Hilfe des Mikroskopes entdeckt man manchmal deutliche Quarzkryslalle in solchen Hohl- räumen. Dagegen ist das Auftreten bedeutender Quantitäten von Mineralien, welche Quarzvarietäten darstellen, auf dein Gümbelberge merkwürdig. Man sieht auf dem Gipfel des Hügels häutig knollige Stücke, bis 1 Fuss Durchmesser zeigend , umherliegen. Sie bestehen

1 30 Tschermak. Über secundiire Mineralbildungen

aus Chalcedon oder Achat , hie und da finden sich auch schöne Quarzdrusen; mehrere davon fand ich auf Kalkspath-Unterlage auf- sitzen, die einzelnen Kiystalle waren bis i/2 Zoll lang, milchweiss. Deutliche Achatmandeln wurden nicht beobachtet. Die Menge des hier auftretenden Quarzes ist wohl zu bedeutend, als dass man den- selben blos als eine Ausscheidung aus dem daselbst vorkommenden Diabas erklären könnte. Auch ist keine Verbindung zwischen beiden zu bemerken. Da nun beide am Gipfel des Hügels zu Tage liegen, so könnte es auch sein , dass die Quarzpartie von dem Gesteine aus der Tiefe empor gebracht worden.

2. Calcit.

Der Calcit tritt als Zersetzungsproduct überall im Diabas auf, wo er mindestens durch das Aufbrausen beim Zusammenbringen des Gesteines mit Säuren seine Gegenwart verräth. Im Folgenden mögen nur jene Vorkommnisse erwähnt werden, wo das Mineral in grösseren Quantitäten , oder unter besonderen Verhältnissen sich findet. In den Klüften des Schönauer Aphanites kommen grössere Partien von Calcit vor , welche öfters abwechselnd Schichten mit Serpentin bilden. Er besitzt daselbst immer die Form 2 R. Kristallinische Partien finden sich im Diabas von Lichnau, von Sohle. Im Gesteine von Lichnau trifft man an den mehr angegriffenen Stellen häufig klare durchsichtige Blättchen eingewachsen. Die Wacke von Lie- bisch enthält nur geringe Mengen Calcites. Neben Apophyllit und Arragon vorkommend, bildet er daselbst kristallinische Ausfüllungen von Hohlräumen und erscheint als ein Zersetzungsproduct aus der jüngsten Zeit.

Ich kann hier nicht unterlassen eine Metamorphose zu erwähnen, welche der Kalk durch die empordringende heissflüssige Gesteins- masse erlitten hat. Ein solches eigenthümliches Verhältniss beob- achtete ich am Gümbelberge, wo der Diabas einzelne Kalktrümmer entweder aus der Tiefe empor gebracht, oder oben angetroffen und verändert bat. Es finden sich nämlich hie und da grobkörnige Kalk- blöcke von blaulich-grüner Farbe und mattem Ansehen auf den Spalt- flächen, umschlossen von einer blasigen Diabas-Masse. Bei genauerer Befrachtung des zerstückten Minerales bemerkt man, dass dem Calcit kleine dunkelgrüne Theilchen mehr oder weniger gleich- förmig eingestreut sind. Ich habe ein solches Stück etwas näher

in dem Griinsteingebirge bei Neutitschein. 1 O 1

untersucht1), indem ich es durch stark verdünnnte Salzsäure zerlegte und die Bestandteile des löslichen Theiles hestimmte. So wurden die Zahlen erhalten:

Kohlensäure 33-10 Procent.

Kieselsäure 0-12

Eisenoxydul 4-57

Kalkerde 40-41

Magnesia 1-09

Wasser 1'80

Unlöslich (Diabas) 19-07

100-16 Procent. Der grüne Calcit enthält demnach 19 Procente Diabas, der in dem ersteren in höchst fein vertheiltem Zustande verbreitet war, und dessen Spaltflächen rauh machte. Diese Erscheinung lässt sich wohl nur dadurch erklären, dass der Diabas den Kalkblock aus der Tiefe empor brachte und umhüllte, während dessen der letztere geschmol- zen wurde und eine ziemlich grosse Quantität von der Substanz des Gesteines in sich aufnahm, so dass beim Erstarren diese Verun- reinigungen gleichsam mitkrystallisirten. Dass die Silicate, welche die Beimengung ausmachen, durch den Kalk nicht aufgeschlossen wurden, ist wohl eigentümlich: man müsste es damit erklären, dass der Kohlensäure wegen des allseitigen Verschlusses keine Gelegen- heit zu entweichen gegeben war und so die Zersetzung nicht eintreten konnte. Dass diese Bildung nicht auf nassem Wege entstanden sei, beweist sogleich das Vorkommen in dem schlackigen Diabas , das stellenweise Eindringen des letzteren in die Calcit-Masse, derart, dass man häutig bemerkt wie eine dunklere , an Diabas reichere Partie des Calcites mit solch einer eindringenden Diabas-Ader in Verbin- dung steht.

Eine andere Metamorphose, wie solche schon öfter beobachtet wurden, konnte ich auf dem Gümbelberge wahrnehmen. Ein Calcit- block von etwa zwei Fuss Höhe war daselbst durch sein Äusseres sogleich auffallend. Er bildete ein Stück einer Kugel, die als sie vollständig war, einen Durchmesser von vier Fuss gehabt hatte. Er war von weisser Farbe, feinkörnigem Gefüge und besass eine eigen- thümliche Structur: er bestand nämlich aus einer Anzahl meist sechsseitiger Pyramiden, deren Spitzen im Centruin der Kugel

1) Das Resultat wurde bereits mitgetheilt im Jahrb. der geologischen Reichsanstalt Bd. VIII, S. 615.

IOä Tscher mak. Über secundäre Mineralhildungen

vereint waren. Die Oberfläche der Kugel war durch die Grundflächen der Pyramiden gebildet und demnach in meist sechsseitige Felder gefheilt. Zwischen den einzelnen Pyramiden, welche fest zusammen- hingen, fand sich häufig etwas feinkörniger Diabas, der von aussen in die Zwischenräume eingedrungen war. Auf Taf. II, Fig. 1 ist eine Zeichnung hierüber gegeben. Diese Erscheinung sagt, dass der ompordringende heissflüssige Diabas einen Kalkblock, den er ent- weder von unten heraufgebracht oder oben angetroffen, in eine Kugel von radialer Structur umgewandelt hat.

3. Arragonit.

In der Wacke, die unterhalb der Kirche des Dorfes Liebisch ansteht, findet sich Arragonit in parallel fasrigen Aggregaten in den senkrechten Klüften. Die Nadeln stehen auf den Wänden der 1/4 Zoll weiten Spalte nahezu senkrecht und treffen in der Mitte derselben in einem sehr stumpfen Winkel zusammen. An der Oberfläche ist der Arritgonit oft in Calcit verwandelt, wo er dann leicht zu einein feinen Krystallmehl zerrieben werden kann. Kleine Partien von Arragon finden sich auch im Diabas von Sohle.

4. Serpentin.

Unter allen seeundären Mineralbildungen im Diabas ist der Ser- pentin die interessanteste, weil sich die Bildungsweise desselben durch alle Stadien verfolgen lässt. So haben sich an dem Gesteine vom Günibelberge, von Sohle, an dem Aphanite von Schönau instruc- tiveBeobachtungen ergeben *). Ich will zuerst die Beschreibung einer Partie des letzteren Aphanites anführen. Fig. 2 auf Taf. II stellt den Durchschnitt einer Spalte in dem Gesteine vor. Das letztere ist im frischen Zustande von schwarzgrüner Farbe, unebenem Bruche, sehr feinem Korne. Unter dem Mikroskope bemerkt man als Bestand- teile einen grünlichen Feldspath, viele kleine deutliche Krystalle von Augit, sehr wenig Hornblendenadeln, hie und da ein Körnchen Eisenkies. Öfters erscheinen kleine schwarze Glimmerblättchen und weisse Calcittheilchen darin. Verfolgt man nun das Gestein von dem noch wenig veränderten Innern her gegen gewisse Spalten hin, so bemerkt man als erstes Stadium der tiefer eingreifenden Zersetzung das Auftreten von schwarzen glänzenden Glimmerblättchen , deren

*> Vgl. Glocker, Jahrb. rl. geol Reichsanstalt, Bd. VI.

in dem Grünsteingebirge bei Neutitschein. Id»)

Durchmesser 4 Millimeter erreicht. Dieselben werden häufiger, man merkt auch die Zunahme des Calcites an dem lebhafteren Auf- brausen mit Säuren. Bei genauer Betrachtung findet man hie und da neben den Glimmerblättern kleine grüne Partien von flachmusch- ligem , spittrigem Bruche: es ist Serpentin. Diese Partien werden in der Richtung gegen die Spalte hin immer häufiger. Die in diesem Stadium der Zersetzung sich befindliche Gesteinspartie bildet bezüglich der Spalte eine Schichte von 1 2 Zoll Mächtigkeit (in der Fig. mit b bezeichnet). Nunmehr nimmt der Serpentin über- hand, so dass die Glimmerblätter darin eingewachsen erscheinen, hie und da erscheint eine Nadel von Zeolith. Der Glimmer tritt nun ganz zurück und unmittelbar an der Spalte zeigt sich reiner Ser- pentin von flachmuschligem Bruche. Die Spaltwände sind meist von Calcit überkleidet, oder es ist der Spalt damit ausgefüllt. Manchmal wechsellagern Schichten von Calcit und Serpentin von 1 2 Milli- meter Dicke mit einander (wie in der Fig. angedeutet). Zu oberst erscheinen häufig Calcitkrystalle der Form 2R, überdies manch- mal Krystalle von Eisenkies, so wie halbkugelförmige Aggregate von Natrolith. Ähnliche Verhältnisse zeigen sich an dem Diabas vom Gümbelberge. In dem Gesteine vom genannten Anbruche bei Sohle kommt ebenfalls eine nicht unbedeutende Serpentinbildung vor. Der Diabas ist bereits stark angegriffen und zerfällt bald in Kugeln von ungefähr 4 Zoll Durchmesser. Im Innern dieser Kugeln sieht man einen unreinen Serpentin , von Glimmerblättchen und öfter von rundlichen Kürnern, welche die Spaltflächen der Hornblenden zeigen, durch- wachsen; auch Theilchen von Calcit, so wie einzelne Nadeln von Zeolith fehlen nicht.

Aus diesen Beobachtungen ergibt sich, dass die durch Spalten dringenden Gewässer das Gestein auf 2 3 Zoll weit ganz oder theilweise in Serpentin umgewandelt haben. Nach der oben ange- führten Untersuchung kann man auf die ursprüngliche Zusammen- setzung des Gesteines aus Anorthit und Augit (und Amphibol) schliessen, so dass man sich einen Überblick des Processes zu bilden vermag.

Den Beobachtungen an den meisten dieser Gesteine entspricht ungefähr die Zusammensetzung aus gleichen Mengen:

Anorthit (Si0j,(Al203)(R0) U (SiOa)5 (AI, Os) (RO),

und Augit 3[(SiO.)(RO)] ( ^ 2j'K ' ""

134- Tscher mak. Über secundäre Mineralbildung-en

Es kann nun eine Zerlegung in der Art eintreten, dass ein Zeolith und Serpentin gebildet wird:

i(SiO8)3(Al2O3)(RO)(H0)2 Mesotyp.

(Si0,).(Al,O.)(R0). + (H0),==1(s.o)(ao)(HO)i Serpenl.n

Die gelöste kalkhaltige Zeolithsubstanz kann nun durch Ein- wirkung von Gewässern, die kohlensaure Alkalien führen, wie diese namentlich in den ersten Stadien der Zersetzung auftreten, in koh- lensauren Kalk und einen alkalihaltigen Zeolith umgesetzt werden. Das letztere Salz wird dann meistens weggeführt.

In einem andern Falle, oder auch zugleich, kann eine Bildung von Glimmer eintreten. Es ist:

CSiO 1 TAI 0 ^n\0^ - i (Si°^ (A1s°.)(R0)s Glimmer.

(S.OJ5(Al203)(HO)4_ j2[(Si0a)(R0)] -. Augit.

Der hier unverändert gebliebene Augit kann hierauf durch Verlust von Kieselsäure ebenfalls in Serpentin umgewandelt werden 1) etc.

Es entspricht diese Auffassung in der Hauptsache den Erschei- nungen auf befriedigende Weise, so dass man dadurch einige Anhalts- punkte zur Beurtheilung der Serpentinbildung, wo sie in grossarti- gem Massstabe stattgefunden hat, erreicht. Beachtenswerth erscheint mir unter den angeführten Beobachtungen auch die, dass der Ser- pentin in dünnen Schichten mit Calcit wechsellagernd vorkömmt, wo er demnach durch Absatz aus Gewässern entstanden ist. Daher mag der Serpentin nicht immer als Zerlegungsrest an Ort und Stelle bleiben, sondern auch, wie dies überdies bei der Chrysotilbildung der Fall sein muss, aus wässeriger Lösung ausgeschieden werden.

5. Glimmer.

Glimmerblättchen kommen im Diabas sehr allgemein vor. In manchen Partien des Gesteins von Schönau, von Sohle, ist der Glimmer gleichförmig verbreitet, sonst aber erscheint er immer gegen die Oberfläche hin in wachsender Menge. Er ist natürlicher- weise immer als ein seeundäres Mineral zu betrachten. Dem Ansehen nach kann man zwei verschiedene Arten unterscheiden, einen glas- glänzenden schwarzen und einen tombakbraunen metallisch glän- zenden Glimmer. Doch ist der letztere nur ein Umwandlungsproduct des ersteren. Der schwarze Glimmer lindet sich nämlich meist im

ij S. Bischoff, Chem. Geologie, IM. II, S. 530.

in dem Griinsteingebirge bei Neutitsehein. 1 OO

Innern, im frisch aussehenden Gestein, wogegen der metallglänzende nur in den bereits stärker angegriffenen Partien und auf der Ober- fläche des Gesteins, in der Verwitterungsrinde auftritt. Man über- zeugt sich überall leicht, dass die Glimmerbildung mit der Zer- setzimg des Gesteins gleichen Schritt hält, bis endlich bei der Ver- witterung der Glimmer den mächtigeren Einflüssen ebenfalls weichen muss.

In dem Gestein von Lichnau fand sich der Glimmer pseudo- morph nach Augit, indem Stücke von Augitkrystallen von Glimmer ersetzt waren, während der übrige Theil derselben in Grünerde um- gewandelt erschien.

6. Iralit.

Der Diabas von Sohle ist im frischen Zustande nahezu fein- körnig und besteht ungefähr zur Hälfte aus kleinen Augitkrystallen. An jenen Stellen hingegen, wo die Umwandlung schon bedeutender vorgeschritten ist, bemerkt man nichts mehr von Augit. Das Ganze erscheint vielmehr als ein Gemenge aus Serpentin und Glimmer. In diesem Gemenge nun sieht man oft rundliche Körner eingewachsen, welche die Spaltbarkeit der Hornblende sehr deutlich zeigen. Von einer regelmässigen äusseren Begrenzung lässt sich nichts beobach- ten. Diese Körner zeigen sich manchmal in parallelfaserige Aggre- gate von Seidenglanz umgewandelt, manchmal erscheinen sie von Glimmer ersetzt. Diese Thatsachen sprechen dafür, dass die schwarz- grünen Körner Uralit- Individuen darstellen. Obwohl der directe Beweis dafür fehlt, so ist es doch nach dem Angeführten sehr wahr- scheinlich.

7. Grimerde.

In der Wacke von Liebisch und im Gestein von Lichnau finden sieb ausgezeichnete Pseudomorphosen von Grünerde nach Augit. Solche umgewandelte Augitkrystalle zeigen sich in der genannten Wacke namentlich an den Stellen, wo die letztere grossblasig er- scheint. Sie erreichen eine Länge von 3 Centim., eine Breite von 1 Centim., sind meist sehr weich, mit dem Fingernagel leicht ritzbar, werden im Striche glänzend. Hie und da zeigen sich auch rundliche Hohlräume von unregelmässiger Gestalt durch Grünerde erfüllt. Kein einziger Krystall dieses Gesteins ist der Umwandlung entgangen. Der Diabas von Lichnau bestellt im frischen Zustande ungefähr zu einem

Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XL. Bd. Nr. 8. 1()

lob Tschermak. Über secundäre Mineralbildung-en

Drittheil aus Äugitkrystallen von 1 3Centim.Länge, einer geringen Quantität Hornblende und einem weisslichen Feldspath, wahrschein- lich Anorthit. An jenen Stellen , wo das Gestein mehr angegriffen erseheint, ist der Augit sämmtlich in Grünerde verwandelt, doch sind die Pseudomorphosen etwas weniges härter als die von Liebisch. Die Hornblende ist ganz mürbe geworden, so dass sie sich leicht zu Stückchen zerreiben lässt, doch hat sie noch einen bedeutenden Grad des Glanzes auf den Theilungsflächen behalten. Die Zerlegungspro- ducte : Glimmer, Magneteisen, Zeolith, fehlen nicht. Der Glimmer hat hie und da Tlieile von Augitkrystalle verdrängt. Die liier be- schriebenen Pseudokrystalle nach Augit haben alle die gewöhn- lich auftretende Form.

Zeolithe.

In allen als Diabas aufgeführten Gesteinen, namentlich in den mehr angegriffenen Partien, finden sich geringe Mengen von Mine- ralien dieser Familie vor. Bei aufmerksamer Betrachtung des Ge- steins bemerkt man bald einzelne wasserhelle Nadeln oder auch kleine Krystallbüschel , welche sich ohne Brausen in Säuren lösen und durch die Reactionen auf Kieselsäure, Thonerde und Wasser sich leicht als Zeolithe zu erkennen geben. Dagegen gelingt es selten, eine genügende Menge dieser Krystallnadeln zu erhalten, um eine weitere Bestimmung durchzuführen. Sie mögen wohl meist der mitMesotyp bezeichneten Gruppe angehören. Mit Sicherheit Hessen sich die folgenden erkennen:

8. Apophyllit. Dieser Zeolith kömmt in ziemlich bedeutender Menge in der mandelsteinartigen Wacke von Liebisch vor. Das Gestein bestand wahrscheinlich aus Augit und Labrador. Der sämmtliche Augit ist in Grünerde verwandelt; auf die frühere Gegenwart von Labrador lässt sich blos aus den Zersetzungsproducten : Apophyllit, Natrolith, kohlensaurer Kalk, schliessen. Das Gestein ist durchaus blasig; die Blasenräume haben alle Dimensionen von verschwindender Kleinheit bis zu 1 Zoll Durchmesser. Sämmtliche Hohlräume sind ausgefüllt. Die ausfüllende Masse wird fast blos von Apophyllit gebildet. Der- selbe ist trübe, milchweiss, nirgends linden sich ausgebildete Kry- stalle, da er die Blasen total erfüllt. Die Menge der Blasenräume

in dem Griinsteingebirge hei Neulitschein. 1 o i

und somit des Apophyllites macht im Mittel ungefähr 40 Procent des Gesteines aus. Wo das Gestein zu Tage steht, dort ist der Apo- phyllit stark verändert. Er ist mürbe geworden und zeigt mit Säuren starkes Aufbrausen. Neben dem Apophyllit findet sich hie und da etwas Natrolith. Von dem Vorkommen des Arragonits ist bereits früher die Rede gewesen.

9. Natrolith.

In den Spaltenräumen des Aphauites von Schönau, ferner in einigen Blasenräumen der Wacke von Liebisch finden sich öfters halbkugelige, radial faserige Aggregate von weisser Farbe, die sich durch das Verhalten vor dem Lüthrohr und gegen Säuren durch die Abwesenheit von Kalkerde und den Gehalt an Natron bald als Natrolith zu erkennen geben. Im Gesteine von Schönau findet sich derselbe auf den Schichten von Serpentin oder Calcit aufge- wachsen. In der genannten Wacke trifft man ihn öfters mit Apo- phyllit in derselben Höhlung. Die kleinen Krystallbüschel ., die in den mehr angegriffenen Partien des Gesteins von Sohle auftreten, mögen auch zu Natrolith zu rechnen sein, doch gelang es mir nicht eine genügende Menge zur Untersuchung zu isoliren.

10. Skolezit.

Dieses Mineral scheint einen ziemlieh grossen Tbeil jener feinen, wasserhellen Nadeln zu bilden, welche man öfters im Diabas einge- wachsen findet. Nur in einem Falle indess liess sich eine nähere Bestimmung vornehmen. An einem flachen Hügel im 0. von Lichnau beobachtete ich eine eigentluimliche aussehende Gesteinpartie, auf welche ich durch Herrn M. Mauer, der mich auf jener Expedition begleitete, aufmerksam gemacht worden. Das Gestein ist ziemlich grobkörnig, bereits stark verändert. Die Gemengtheile sind ein weiss- lieber Feldspath (Anorthit) und Augitkrystalle von 2 Centim. mittlerer Länge, die meistens in Grünerde umgewandelt sind. Nebenher tritt etwas Hornblende, so wie Magneteisen auf. Überall finden sich feine Zeolith-Nadeln im Gestein, welche öfters auch mitten durch die Grün- erde hindurchgewachsen erscheinen. Sie sind ungefähr */a Millim. dick und im Mittel 5 Millim. lang. An einzelnen Stellen treten sie so dicht neben einander auf, dass das Gesteinsstück wie mit kurzen feinen Haaren bestreut aussieht. Die Nadeln erscheinen dem bewaft-

to*

1 Tscher mak. Über secundäre Mineralbildung-en

neten Auge als rechtwinkelige glasglänzende Prismen. Da sie erst nach dem Zerschlagen des Gesteins aus den Stückchen herausgelesen werden konnten, so ist es erklärlich, dass keine deutlichen Endflächen gefunden wurden. Beim Auflösen in Säuren hinterliessen dieselben schleimige Kieselsäure. Neben Thonerde liess sich eine bedeutende Menge Kalkerde nachweisen. Aus diesen Beobachtungen lässt sich mit Sicherheit auf Skolezit schliessen. Die im Diabas allgemein vor- kommenden Zeolith- Nadeln gehören wahrscheinlich sämmtlich der mit Mesotyp bezeichneten Gruppe an, ein bedeutender Theil mag dem Skolezit entsprechen.

Es ist zwar in den meisten Fällen sicher, dass die Zeolithe als secundäre Bildungen zu betrachten seien, bei dem Vorkommen in Mandelsteinen und Wacken hingegen erscheint der Vorgang wahr- scheinlicher, dass sich die Zeolithe schon beim Erstarren der Gesteins- masse gebildet haben. So wäre auch bei dem oben angeführten Vor- kommen von Apophyllit die Entstehung durch Infiltration weniger wahrscheinlich und derselbe in diesem Falle nicht als eine secundäre Bildung aufzufassen; vielmehr könnte die Sache so erklärt werden, dass die heissflüssige Gesteinsmasse beim Empordringen mit Kalk und Wasser in Berührung gekommen sei und so diesen kalkreichen Zeolith in ziemlich bedeutender Menge gebildet habe. Freilich fehlen in dieser Richtung noch viele experimentelle Beweise, und es ist die letztere Erklärungsweise der Zeolithbildung in Mandelsteinen als keine sichere hinzunehmen.

11. Magneteisen.

Der Magnetit ist nach der Menge des Augits und dem Grade der Zersetzung in demselben Sinne im Gesteine verlheilt. Er ist meistens mit blossem Auge darin nicht zu erkennen, in den mehr angegriffe- nen Partien hingegen tritt er etwas deutlicher hervor. So findet er sich in dem stark veränderten Gesteine von Lichnau in kleinen, deut- lich wahrnehmbaren Körnern , öfters auch in Oktaedern von etwa 3 Millim. Höhe.

12. Brauneisen.

Das Brauneisen kommt als Zersetzungsproduct nur selten und in kleinen Quantitäten vor, als Product der Verwitterung erscheint es nach den Augitspathen und dem Magneteisen.

I

in dem Griinsteingebirge bei Neutitschein. J ',){)

13. Eisenkies.

Der Pyrit erscheint in kleinen Körnern im Gesteine eingesprengt, in deutlichen Krystallen in Spaltenräumen und Höhlungen der Gesteine, der Quantität nach so wie in den Dioritgesteinen.

III. Kalkdiabas.

Die Gesteine dieser Gruppe treten namentlich im Süden von Neutitschein auf, wo sie bei Blauendorf, Seitendorf, Hotzendorf häufig Erhebungen bilden. Die Felsart ist fast überall von gleichem Anse- hen, von graugrüner Farbe, die bei der Verwitterung in's Braune übergeht, von unebenem öfter auch von flachmuscheligem Bruche, meist von sehr feinem Korne, so dass sie zum grössten Theile Aphanit genannt werden kann. Unter dem Mikroskope zeigt sie stets drei ver- schiedene Bestandteile: einen weissen trüben Feldspath, kurze dunkelgrüne Säulchen von Augit und viele weisse Kalkspathköin- chen, welche hie und da eine gelbe Oberfläche bieten. Wird das Gestein mit Salzsäure angeätzt, so verliert es die grünliche Färbung und wird heller, die Betrachtung mit dem Mikroskope zeigt nun die Feldspath- und Augitkrystalle deutlicher, zwischen denselben ist der Calcit verschwunden und hat entweder leere oder mit einem Kiesel- skelet theilweise erfüllte rundliche Hohlräume hinterlassen. So wie die kleinen Calcitkügelchen verhalten sich auch die grösseren hie und da vorkommenden Partien dieses Minerales, wenn das Gestein mit Säuren behandelt wird. Sie lassen entweder rauhwandige Höhlungen oder auch mit einem Kieselskelet, öfter aber mit kleinen Quarzkrystal- len besetzte Bäume zurück. Splitter der von Calcit befreiten Gesteine schmelzen in der Luftröhrflamme leicht zu einem in Säuren lösli- chen Glase, das speeifische Gewicht der Grundmasse ist im Mittel 2-8 .... 2*9. Die angeführten Beobachtungen lassen schliessen, dass der Feldspath- Bestandteil von Labrador gebildet werde und die Grundmasse stellt somit einen aphanitischen Labrador-Grünstein dar. Das äussere Ansehen des Gesteins variirt nur in zweierlei Beziehung. Manchmal werden die enthaltenen Calcitkugeln bedeutend gross und es entsteht so ein Aphanit -Mandelstein von schönem Aussehen, die weissen Calcitmandeln heben sich angenehm von der grünen Grund- masse ab. Manchmal hingegen tritt eine variolitische Structur auf.

\ 40 Tschermak. Über secundäre Mineralbildungen

Am Ende von Blauendorf am Bache »)> so wie bei Seitendorf finden sich Partien ausgezeichneten Variolites, der namentlich, wenn bereits eine oberflächliche Verwitterung eingetreten ist, durch die regel- mässig gefleckte Oberfläche von weitem bemerkbar wird. Die ein- zelnen hervorragenden Kugeln von etwa 8 Millim. Durchmesser lösen sich dann allmählich von einander und bilden zuletzt ein lockeres Aggregat, welches beim Stosse in Tausende von Kügelchen zerfällt. Die Variolite haben eine feinere körnige Grundmasse als die anderen Aphanite. Im frischen Zustande lässt sich ihre künftige Structur nicht leicht, öfters aber daran voraus erkennen, dass der Bruch nicht gleichförmig flachmuschlig erscheint, sondern die Bruchfläche von einer Menge kleiner Flächen zusammengesetzt wird, deren jede einer künftigen Kugel entspricht.

Der Kalkdiabas zeigt in seinem Auftreten nirgends etwas Beson- deres. Das Verhältuiss desselben zu den übrigen Grünsteinen liess sich nicht bestimmen. Fernere Beobachtungen werden wahrschein- lich hierüber Aufklärung verschaffen.

Als Producte secundärer Bildung können angeführt werden:

1. Quarz.

Die Kieselsäure kommt selten in grösserer Menge vor. Ausser- dem dass sie öfter in den vom Calcit befreiten Hohlräumen auftritt, findet man sie auch als Hornstein in Schnüren das Gestein durch- ziehend, neben weissem grobkristallinischen Calcit. Besonders schöne Partien solchen Vorkommens beobachtete ich im Kalkdiabas, der zwischen Seitendorf und Hotzendorf zu Tage steht. Es finden sich dort Hornsteinadern von 2 G Cenlim. Dicke neben meist dickeren Adern von Calcit in einer mandelsteinartigen Masse.

Ausgebildete Quarzkrystalle finden sich auch im Gesteine bei Blauendorf.

2. Opal.

Opal wurde nur an einem Orte beobachtet. Dies ist der Bruch am Ende von Blauendorf am rechten Bachufer. Er fand sich daselbst als Ausfüllung rundlicher Bäume im Gestein. Er war ganz undurch- sichtig, von gelblich weisser Farbe, ziemlich spröde.

l) Dieser Variolit wurde von Prof. G lock er aufgefunden (siehe Jahrb. d. geologischen Reichsanstalt iö52, 3. lieft, S. 130J.

in dem Grünsteingebirge bei Neutitschein. 14-1

3. Calcit.

DerCalcit ist, wie bereits erwähnt, in kleinen, kaum wahrnehm- baren Kugeln gleichmässig im Gesteine veitheilt. Diese Kugeln sind auch manchmal grösser und das Gestein gewinnt das Ansehen eines Mandelsteines. Jede Kugel zeigt meist ununterbrochene Theilbarkeit und stellt somit ein Individuum dar. Manchmal zeigt sich indess auch die Kugel feinkörnig, und es ist dies immer der Fall bei der Aus- füllung der Spaltenräume.

Die Calcitkugeln in diesem Gesteine sind wohl kaum für secun- däre Bildungen zu erklären, vielmehr sprechen die Thatsachen, dass der Calcit in Kugeln auftritt, deren jede ein Individuum bildet und die gleichförmig in dem Gesteine verbreitet sind, für die Ansicht, dass die empordringende Gesteinsmasse eine bedeutende Menge Calcit aufgenommen und eingeschmolzen habe, der Art, dass das Carbonat nicht zerlegt wurde. Die Entstehung durch Infiltration ist viel weniger wahrscheinlich, da das frische Aussehen des Gesteines die Umgebung desselben und die oben angeführten Umstände sehr dagegen sprechen. Es wäre auch nicht begreiflich, wie gerade dieses Gestein eine so ungeheuere Metamorphose durchgemacht hätte, während die ringsum auftretenden Felsarten desselben Alters verhält- nissmässig gar nicht angegriffen worden wären.

Es möge nun noch ein eigenthümliches Vorkommen besprochen werden, das den secundären Bildungen angehört.

An manchen Stellen finden sich Partien eines dunklen grau- grünen körnigen Kalkes von eigentümlichem Aussehen. Die Spalt- flächen der einzelnen Körner sind fettglänzend oder matt, oft gekrümmt, das Korn ist gleichförmig, jedes Individuum von ungefähr 5 Millim. Durchmesser. Der von den Spaltflächen eingeschlossene Winkel konnte annähernd bestimmt werden, indem die eine Fläche weiss bestrichen', hiernach beide bis zu deren Verschwinden zur Linie am Goniometer gedreht wurden. Es wurden Zahlen zwischen 105° und 106° erhalten. Das Gestein hinterlässt beim Behandeln mit Säuren einen bedeutenden Rückstand, wird ein Stück davon in ver- dünnte Säure gelegt, so verschwindet bald das gleichförmig körnige Aussehen; man erblickt ein schön regelmässig geschichtetes, fein- sandiges Gestein und gewinnt so die Überzeugung, dass man es mit einem eigenthümlichen Producte wässerigen Absatzes zu thun habe.

1 42 Tschermak. Über secundäre Mineralbildung'en

Der beim Behandeln mit Säuren bleibende Rest, ein dunkelgrünes sandiges Pulver, ist gleichförmig im Gesteine vertheilt und bildet die Ursache des matten Aussehens der Spaltflächen. Ich habe die Be- standteile dieses Gesteines zu ermitteln versucht und dabei folgen- den Weg eingeschlagen : Von dem Gesteine, welches sich aus Kalk- und Magnesia- Carbonat, Eisenoxyd und einem alkalifreien Silicat bestehend erwiesen hatte , wurde eine gewogene Menge durch Essigsäure bei einer Temperatur von ungefähr 50° C. zerlegt. Aus dem gelösten Theile wurde das Eisen durch Schwefelammonium entfernt und in Oxyd verwandelt, Kalkerde und Magnesia nach den gewöhnlichen Methoden bestimmt. Der ungelöste Theil ward durch kohlensaures Natron aufgeschlossen, die Bestandteile wurden auf gewöhnliche Art bestimmt. Der Ammoniak -Niederschlag wurde in zwei Theile gesondert, in dem einen das Eisen, in dem andern die Summe von Eisenoxyd und Thonerde bestimmt. Zur Ermittlung der Menge der Kohlensäure diente der Apparat von Schaffner. Es wurden folgende Zahlen erhalten :

Angewendete Menge Substanz: 1149 Gramm.

Davon blieben in Essigsäure ungelöst 412*5 Mg.

oder 34-29 Procent.

1. Aus der Lösung wurden erhalten 876 Mg. schwefelsauren Kalkes, dem entspricht 360-7

mg. Kalkerde oder 31-39 Procent.

An pyrophosphors. Magnesia erhalten 84 Mg.,

entsprechend 29-4 Mg. Magnesia 2-63

Eisenoxyd 46 Mg., oder 4-00

2. In dem aufgeschlossenen Theile blieb ein Kiesel- säurerückstand von 333 Mg., d. i 28-98

An Eisenoxyd wurden erhalten 11-2 Mg., ent- sprechend 10-1 Mg. Oxydul oder 1-76

Eisenoxyd und Thonerde wogen 31-5 Mg., daher

die Thonerde 20-3 Mg., d. i 3-52

An Magnesiasalz erhalten 20 Mg., entsprechend Magnesia 7-3 Mg., oder 0-63

3. 1-131 Gramm Substanz verloren beim Behandeln

mit Salzsäure 315 Mg. Kohlensäure .... 27-85

T00-76 Procent.

in dem Grünsteingebirge bei Neutitschein. 143

Im löslichen Theile wurden gefunden :

Kalkerde 31-39 Procent, dem entsprechen an kohlensaurem Kalk 56*06 Procent. Magnesia 2-63 kolilens. Magnesia 5*53

Eisenoxyd 4" 00 Eisenoxyd . . . . 4 '00

Summe der lösliehen Bestandtheile . 65-59 Procent. Dieselhe wurde direct gefunden zu . 65-71 Kohlensäure aus der Menge der Basen berechnet . 27-157 direct gefunden 27-85

In dem unlöslichen Theile wurden gefunden:

Kieselsäure 28-98 Procent.

Thonerde 3 -52

Eisenoxydul 1-76

Magnesia 0*63

Summe der unlöslichen Bestandtheile . 34*89 Procent. Direct wurde dieselbe bestimmt zu . . 34*29

Die Zusammensetzung des löslichen Theiles ist demnach:

85*47 Procent kohlensaure Kalkerde, 8*43 Magnesia,

6 10 Eisenoxyd.

Der in Essigsaure unlösliche Theil besteht aus:

83*07 Procent Kieselsäure, 10*09 Thonerde,

5*04 Eisenoxydul,

1*80 Magnesia.

Das untersuchte Gestein scheint demnach ein Product secun- därer Bildung aus Labrador und Augit zu sein. Man hat einerseits die Carbonate von Kalk und Magnesia (62 Procent), andererseits Eisenoxyd (4 Procent) und einen kieselsäurereichen Zersetzungsrest (34 Procent), der keiner bestimmten Verbindung entspricht. Dieser ist gleichförmig in dem Gesteine vertheilt, wovon ich mich durch die Zerlegung einer andern Partie mit Essigsäure überzeugte; der ungelöste Theil betrug 3356 Proeent, also nahezu die ohen ange- führte Menge.

Man ersieht aus dem Ganzen , dass diese Zerlegungsproducte des Griinsteins , nachdem sie vom Wasser an einemPunkte abgesetzt waren, zu einer homogenen krystallinischen Masse erhärteten, der Art, dass die 34 Procente fremder Substanz mit dem Calcit gleichsam

I 44 T s c h e r m a k. Über secundäre Mineralbildungen

mitkrystallisirten. Dies erinnert an die sogenannten Sandstein - Krystalle vom Mont-rnartre, doch ist hier die Erscheinung etwas ver- schieden, immerhin aber recht interessant.

Solche Gesteinspartien fand ich im Kalkdiabas von Blauen- dorf, vom Herrn Pfarrer Prorok erhielt ich ein Handstück von Senftlehen.

4. Chlorit.

Der Chlorit findet sieh oft im Kalkdiabas, doch ist die Gegen- wart desselben meist schwer zuerkennen, da er gleichsam staub- förmig im Gestein vertheilt ist. Dagegen erscheint ein Vorkommen desselben wegen seiner Eigentümlichkeit bemerkenswert!!. Bei Hotzendorf fand sieh in einem Bruche eine Aphanitpartie, welche sogleich durch eine Menge grüner Blättchen, die dem Gestein ein- gewachsen waren, auffiel. Die Blattchen hatten im Mittel 1 Centim. Länge und Breite, bei sehr geringer Dicke und unregelmässigem Umrisse. Sie lagen in keiner bestimmten Richtung zu einander, sondern waren ohne Regel in verschiedenen Ebenen geneigt. Mit der Nähe der Erdoberfläche wuchs die Menge der Blättchen. Sie besassen keine glänzende Oberfläche, sondern einen derartigen Schimmer, als ob sie aus kleinen Schüppcheu bestünden. Das letz- tere bestätigt sich sogleich bei der Betrachtung mit dem Mikroskope. Jede solche Partie , welche dem blossen Auge als ein Blättchen erschien, besteht aus einer Schaar von kleinen Chlorit-Krvstallen von der Form OP . coP , an denen man die sechseckigen Umrisse meistens deutlich wahrnimmt. Die Pinakoide liegen sänimtlich in einer Ebene , daher es kommt , dass die ganze Gruppe als ein Blättchen erscheint. Die Zwischenräume zwischen den Krystallen sind fast so breit als die letzteren. Die Krystalle stehen nicht parallel.

Das Eigenlhümliche dieses Vorkommens liegt namentlich darin. dass hier ein Nebeneinanderlagern kleiner Krystalle eintrat, wobei das Gestein gleichsam durchdrungen werden musste. Wenn man indess bedenkt, dass bei der mikroskopischen Kleinheit der Krystalle in dem etwas porösen Gestein sich der eulsprechende Baum genü- gend vorfand, und dass der Thatsachen, die einen gegenseitigen Ein- lluss der Krystalle während der Krystallisation beweisen, bereits mehrere bekannt sind , so erscheint diese secundäre Bildung nicht befremdend.

in dem Grünsteingebirge bei Neutitschein.

145

Zeolithe.

Im Bereiche des Kalkdiabas wurden keine Mineralien dieser Familie beobachtet , doch ist dadurch nur bewiesen, dass keine grosseren Mengen derselben auftreten. Fernere Beobachtungen werden ein mehr entscheidendes Resultat liefern können.

5. Pyrit, Magnetit, Brauneisen.

Geringe Mengen dieser Substanzen finden sieh überall im ivalk- diabas. Das Auftreten ist dasselbe, wie in den übrigen Gesteinen.

Die folgende Tafel gibt eine Übersicht der in dem Grünstein beobachteten secundären Mineralien, letztere nach den genannten Gesteingruppen geordnet. In den Zwischencolumnen ist durch die Zeichen > , < , = angedeutet, ob in dem einen Gestein die auf- tretende Menge des bezeichneten Minerals grösser oder geringer sei als in dem anderen , oder ob das Mineral in ungefähr gleicher Menge vorkomme.

D i o r i t

> <

Diabas

<

Kalkdiabas

Bestand: Anorthit, Amphibol, Augil

Bestand: Anorthit. Augil, Amphibol

Secund. Bildungen:

Quarz

Caleit (Arragonit)

Bestand: Labrador, Augit

Secund. Bildungen:

Quarz, (Opal) Caleit

Chlorit

Magneteisen

Pyrit Brauneisen

Secund. Bildungen:

Caleit

Baryt

Steatit

Serpentin ....

< >

<

Analcim

Natrolitli .... Magneteisen . . .

Pyrit

Brauneisen ....

<

> <

Skolezit

Natrolitli ....

Magneteisen . . .

Pyrit

Brauneisen ....

■^

Die Übersicht der secundären Mineralien zeigt, dass die beiden ersten Abtheilungen der Grünsteine fast genau gleiche Zerlegungs- produete liefern, was der gleichen Zusammensetzung genau entspricht. Der Diabas unterscheidet sich indess doch durch die bedeutende

14b T s c h e r m a k. Über secundäre Mineralbildungen etc.

Serpentinbildimg und durch die grössere Menge des Magneteisens, was wieder dem Umstände entspricht, dass das ursprüngliche Gestein reicher an Augit ist als die Diorite. Der Kalkdiabas zeichnet sich durch die geringe Verschiedenheit der secundären Mineralien aus. Es fehlen namentlich die Silicate.

Sämmtliche Zersetzungsproducte lassen sich naturgemäss in folgende Abtheilungen bringen: 1. Kieselsäure und Carbonate, 2. im Wasserlösliche Silicate oderZeolithe, 3. unlösliche Silicate, 4. Eisen- erze. Dieser Eintheilung entsprechen auch die einzelnen Perioden der Zersetzung: im Anfange erscheinen namentlich Kieselsäure und Calcit, einer spätem Periode gehören die Zeolithe an, die unlös- lichen Silicate treten zugleich mit diesen auf und nehmen dann mit dem Fortschreiten der Zersetzung rasch an Menge zu. Sie bilden die an Ort und Stelle bleibenden Zerlegnngsreste, während die Zeo- lithe meist weiter geführt werden. Die Eisenerze treten sogleich im Anfange in bedeutender Menge auf, später erfolgt deren Ausschei- dung in geringerer Menge allmählich und gleichförmig.

Die zwei Hauptstadien der Zersetzung lassen sich schon bei oberflächlicher Betrachtung der Gesteine studiren. In dein ersten Stadium zeigen dieselben nur Quarz und Calcit ausgeschieden, in der zweiten Periode erscheinen darin Glimmer, Serpentin, Zeolithe. Der Kalkdiabas zeigt blos die erstere Erscheinung. .Ie nach den speciellen Einflüssen, denen das Gestein ausgesetzt ist, erfolgen dann verschiedene Erscheinungen der Zersetzung. Doch kann nur eine genaue und eingehende Untersuchung der Auffindung der einzelnen Ursachen, der Erklärung des ganzen Vorganges entgegenführen.

Die im Vorigen angeführten Beobachtungen sind noch nicht vollständig genug , um den Grund für ein genaueres Studium der Umwandlung des Grünsteins jener Gegend abzugeben. Erst eine eingehende Untersuchung der weniger veränderten Felsarten, ver- bunden mit genauen Beobachtungen an vielem veränderten Material aus den verschiedenen Stadien der Umwandlung, werden einen tie- feren Einblick in den ganzen Vorgang verschallen. Mir fehlte es an Mitteln, dies schon jetzt auszuführen. Das Interesse für diese Stu- dien ist nicht so allgemein, als dass viele Unternehmungen in dieser Richtung zu erwarten Mären. So bleibt denn immer vieles der Zukunft überlassen. Die Gegend, über welche der vorliegende Auf- satz handelt, ist bezüglich der sedimentären Bildungen von Hohen-

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Reuss. Die Foramiuiferen der westphälischen Kreideformation. 14<

egg er durchforscht worden, so dass für das Studium der dortigen Grünsteine schon eine sichere Basis gewonnen ist. Es wäre nur zu wünschen , dass diese Gegend , welche für die Petrographie der genannten Gesteinsgruppe vieles Interessante zu liefern verspricht, noch ferner der Gegenstand eifriger Forschung würde.

Ich habe den Versuch gemacht, auf die vielen interessanten Erscheinungen, welche die dort auftretenden Eruptivgesteine bieten, aufmerksam zu machen, nicht als ob die anderen Vorkommnisse dieser Art in der Monarchie besser studirt wären, sondern weil ich Gele- genheit hatte, eben dort einige Beobachtungen zu sammeln, die ich der Mittheilunff für werth hielt.

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. Von dein w. M. Prof. Dr. Aug. Em. Reuss.

(Mit 13 Tafeln.)

(Vorgelegt in der Sitzung am 20. Oetober 18Ö9.)

1. Allgemeine Bemerkungen.

Seit zwei Decennien, als man überhaupt der Kreideformation eine grössere und ausgedehntere Aufmerksamkeit zu widmen begonnen hat, haben auch die Kreidegebilde Westphalens, die eine so reiche Fülle wolilerhaltener Versteinerungen beherbergen, das Interesse der Geognosten und Paläontologen in hohem Grade erregt. F. A. Bö- mer *) war jedoch der erste, der es versuchte, nach den vorliegen- den Petrefacten das relative Alter einiger dieser Schichten sorgfäl- tiger festzustellen und dieselben mit den in der Kreideformation anderer Länder , besonders Englands , das in dieser Beziehung damals allein etwas genauer bekannt war, nachgewiesenen Etagen zu parallelisiren. Dieser Versuch konnte in einer Zeit, wo die »eo- gnostische und paläontologische Kenntniss der Kreideformation im Allgemeinen und der westphälischen insbesondere noch sehr unvoll-

') Die Versteinerungen des norddeutschen Kreidegehirges. Hannover 1841.

1 4(S R e u s s.

kommen und lückenhaft war, natürlich nicht in allen Beziehungen vollkommen gelingen.

Später hat der 7.11 früh der Wissenschaft entrissene Professor Becks in Münster durch eifriges locales Forschen und Sammeln von Versteinerungen wesentlich zur Förderung der Kenntniss des in Rede stehenden Schichtensystemes beigetragen. Leider sind die Resultate seiner Forschungen nicht veröffentlicht, sondern nur theilweise von Anderen benutzt worden. Die vollständigste und dem jetzigen Stande der Wissenschaft entsprechendste Untersuchung der Kreidegebilde Westphalens verdanken wir Herrn Prof. Dr. F. Römer. der die Ergebnisse derselben in einer umfassenden Monographie *) zur Kenntniss der gelehrten Welt brachte. Nicht wenig haben ferner zur Aufhellung mancher dunkler Punkte und zur Berichtigung einzelner Irrthümer die trefflichen sehr detaillirten Untersuchungen beigetragen, die Herr v. Strombeck über die Reihenfolge, beson- ders der norddeutschen Kreideschichten anstellte. Endlich darf ich die Bereicherungen nicht unerwähnt lassen, welche besonders der chemischen Kenntniss der westphälischen Kreidegebilde durch die eifrigen und erfolgreichen Bemühungen des Herrn von der Marck in Hamm zu Theil wurden 2).

Gleichen Schritt mit den geognostischen Studien dieser Gebilde gingen die paläontologischen Forschungen; ja diese bildeten vielmehr die Basis der ersteren. Schon Goldfuss lieferte in seinem bekannten Prachtwerke: „Petraefacta Germaniae" die Beschreibung und Abbil- dung einer nicht unbedeutenden Anzahl von Versteinerungen aus den in Rede stehenden Schichten, welche Graf von Münster gesammelt hatte. Eine noch grössere Anzahl derselben finden wir in dem schon oben angeführten Werke F. A. Römer's verzeichnet und bildlich dargestellt. Ihre Zahl wurde durch den Sammeleifer des Prof. Becks nicht unbedeutend vermehrt. F.Römer benützte dieselben vorzugsweise zur Charakterisirung einzelner Etagen der westphäli- schen Kreideformation und zur Bestimmung ihres Alters, und lieferte

1) Die Kreidebildungen Westphalens. Eine geognostische Monographie. Bonn 1854.

~) Chemische Untersuchung von Gesteinen der oberen westphälischen Kreideformation. In den Verhandl. d. naturf. Ver. f. Rhein), u. Westph. Bd. XII, p. 2Cü> u. f., und in d. Zeitschrift d. deutschen geol. Ges. Bd. VIII, p. 1T>2 n. f. Chemische Untersuchung westphälischer Kreidegesteine. Zweite Reihe. In d. Verhandl. der nalurf. Ver. f. Rheinl. u. Westph. Jahrg. XVI.

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 14:9

zuerst vollständigere Listen der in einzelnen derselben vorkommen- den Versteinerungen. Werthvolle Beitrage hat in der jüngsten Zeit auch Herr von derMarck, besonders durch Beschreibung interes- santer Reste von Fischen, Crustaceen und Cephalopoden geliefert *). Eine vollständige Zusammenstellung der westindischen Kreidever- steinerungen ist aber bisher noch nirgends gegeben worden.

Alle genannten Untersuchungen beschränken sich ferner auf die grösseren Versteinerungen. Jene von sehr kleinen Dimensionen, wie z. ß. die Foraminiferen wurden bisher gänzlich vernachlässigt, trotz- dem dass sie dieselbe Bedeutung für die Charakterisirung der einzel- nen Schichten für sich in Anspruch nehmen können , wie die Reste höher organisirter Thiere. Herrn von der Marck gebührt das Verdienst, zuerst seine Aufmerksamkeit dieser umfassenden aber sehr stiefmütterlich behandelten Thierclasse innerhalb der westphäli- schen Kreidegebilde zugewendet zu haben. Er scheute die mühevolle Arbeit nicht, eine grosse Anzahl derselben zu sammeln und theilweise auch zu bestimmen.

Einen Theil der gewonnenen Resultate legte er in einer interes- santen Abhandlung über die Diluvial- und Alluvialablagerungen im In- nern des Kreidebeckens von Münster nieder, welche eine reiche Fülle von Kreideversteinerungen auf secundärer Lagerstätte beherbergen. Überdies stellte er umfassende Listen der in den Kreideschichten zahlreicher einzelner Localitäten gefundenen Arten zusammen, die er im Manuscripte mir mitzutheilen die Gefälligkeit hatte. Ebenso verdanke ich seiner zuvorkommenden Güte Schlämmrückstände der Kreidegesteine von zahlreichen Fundstellen, welche grösstenteils mehr weniger reich an Foraminiferenschalen waren, so wie einzelne Partien schon ausgelesener solcher kleiner Fossilreste. Mit diesen weithvollen Gaben verband Herr von der Marck zugleich das Ersuchen, das erhaltene Material einer genauen Untersuchung zu unterziehen und das Resultat als einen Beitrag zur umfassenden paläontologischen Kenntniss Westphalens der Öffentlichkeit zu über- geben.

Sehr gerne habe ich die gewünschte und auf die freundlichste und uneigennützigste Weise unterstützte Arbeit unternommen und

*) Über einige Wirbelthiere , Crustaceen und Cephalopoden der westphälischen Kreide.

In der Zeitschrift der deutschen geol. Ges. 18Ö8, p. 231 u. f.

150 Reuss.

theile nun die Ergebnisse derselben auf den nachfolgenden Blättern mit, mit dem Wunsche, dadurch wenigstens theilweise eine Lücke in der Kenntniss der reichen Kreidefauna Westphalens ausgefüllt zu haben.

Die Zahl der wohlerhaltenen, zum grössten Theile mit voll- kommener Sicherheit bestimmbaren Foraminiferenarten, die in den Gesteinen der westphälischen Kreideformation aufzufinden mir gelang, erhebt sich bis zu 152. Es ist übrigens wahrscheinlich, dass diese Zahl sich in der Folge noch bedeutend erhöhen wird. Von den genannten Arten ist unter den Monothalamien nur die Gattung Cornu- spira, welche nebst Lagena unter denselben am frühesten aufzutreten scheint, durch eine Species vertreten. Die übrigen 151 Arten sind ohne Ausnahme mehrkammerige Arten (Polythalamia, Polystegia) . Von den Hauptabtheilungen derselben erscheinen hier die Sticho- stegier (68 Arten), Helicostegier (70 Arten) und Enallostegier (13 Arten). Die Agathistegier, die in der Kreideformation überhaupt nur selten und ausnahmsweise zum Vorschein kommen , scheinen der westphälischen Kreide ganz zu fehlen. Ebenso suchte ich unter den Helicostegiem die Abtheilung der zweireihigen Cassiduliniden vergebens.

Die 68 Species von Stichostegiern sind auf 7 Gattungen ver- theilt Nodosaria und Dentalina aus den Nodosariden; Glandulina aus den Glanduliniden ; Frondicularia und Iihabdogonium aus den Frondiculariden ; Vaginnlina aus äenVaginnliniden und Pleurosto- mella aus den Pleurostomelliden. Neben den Stichostegiern (Iihab- doideen) sind unter den Helicostegiem die gleichseitigen Nauti- loiden mit 37 Arten besonders reich vertreten, während die doch eine weit grössere Anzahl von Gattungen umfassenden ungleich- seitigen Turbinoidcn nur 29 Arten , die in den Kreidegebilden überhaupt seltenen Polymorphinideen nur 4 Arten geliefert haben. Unter den Nautiloidcn ist es wieder die Familie der Cristellariden, die die Mehrzahl der erwähnten Arten (33) dargeboten hat. Neben ihnen sind aber auch die Pencropliden mit 3 Arten, die überhaupt vorzugsweise der Tertiärzeit und der Jetztwelt angehörigen Nonio- niden nur mit einer Species vertreten.

Unter den Turbinoiden fallen nur die Gattungen Rotalia (6 Arten) und Bulimina (9 Arten) durch eine grössere Artenzahl auf. Dagegen erscheinen sämmtliche bisher in der Kreide überhaupt

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation.

151

bekannten drei Gaudryina - Arten in den westphälischen Kreide- gebilden. — Die 13 Arten der Textilarideen gehören nur zwei Gattungen Proroporus (1 Sp.) und Textilaria (12 Sp.) an.

Das eben Angegebene lässt sich deutlicher und mit einem Blicke aus der nachstehenden tabellarischen Übersicht, deren Anwen- dung sich yoii selbst ergibt, ersehen.

Cristellaridae

Peneroplidae

Cornuspira S c h u 1 1 z e

Nodosaria d'Orb 10) ,T , . ,

} Jyodosaridae .

Dentalina d'Orb 28)

Glandulina d'O r b 3J Glandulinidae .

FrondiculariaVeir.. . . ^)Fron(Ucularidae

Rhabdogonium Rss. . . . 3[

Vaginulina d'Orb 4} Vaginulinidae .

Pleurostomella Rss. . . . 2} Pleurostomellidae

Margimdina d'Orb. . . . 11 Cristellaria d'Orb. . . .16

Robulina d'Orb 1

Flabellina d'Orb 5

Haplopliragmium Rss. . . 2

Lituola Lamk 1

Nonionina d'Orb ll Nonioninidae

Rotalia Lamk 6

Valmdina d'Orb 2

Rosalina d'Orb 2

Anomalina d'Orb 2

Truneatulina d'Orb. ... 1

Globigerina d'Orb. ... 1

Bulimina d'Orb 9

Verneuilina d'O r b. . . . 2

Tritaxia Rss 1

Gaudryina d'Orb 3

Pyrulina d'Orb 1

Guttulina d'Orb 1

Globulina d'Orb 2

Proroporus Ebrbg. . Textilaria Defr. . .

Tabellarische Ibersicht.

. 1} Monothalamia 1

. 38\ \

s.

I 68

33

3

1

^•27

o

1 ) an

5-29N3

70

•« !?

1 4

n

12)

§13

Die Gesteine, in deren Schlämmrückständen ich Foraminiferen in grösserer oder geringerer Zahl aufgefunden habe, gehören theils den oberen Seiionschichten mit Belemnitella mucronata, theils dem unteren Senonien (Schichten mit Belemnitella quadrata), theils dem Pläner, theils der Tourtia, theils dem Gault an.

SiUfo. (1. matuein.-uaturw. Cl. XL. Bd. Kr. N.

II

152 I! e u s s.

Die untersuchten Gesteine der oberen Senongrnppe stammen vom Hilgenberge, Westberge, Herrnsteinberge, Kurkenberge bei Hamm , von Dolberg und Süstwarte bei Beckum, und von Drenstein- furth. Der unteren Senongrnppe zuzurechnen sind die Gesteine von Hamm, Flierich, Haustenbeck, Bergeamen, Uedinghoff, Ostheide bei Hamm und vom Rhynerberg bei Haustenbeck an der Senne. In das Gebiet des Pläners müssen die Schichten von Horde, Ahaus, Unna, Graes, Wullen bei Ahaus, und Opherdieke, so wie die oberen Schich- ten von Essen und von Rheine eingereiht werden, während die tiefer liegenden von letzterer Fundstätte dem Gault beizuzählen sind. Am wenigsten ergiebig in Beziehung auf Foraminiferen waren die Gesteine der Tourtia von Essen und von Spelldorf zwischen Essen und Mühlheim; der grösste Reichthum dagegen entfaltete sich in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm.

Ich halte es für überflüssig, die in den Gesteinen jeder der eben genannten Localitäten aufgefundenen Foraminiferen speciell anzu- führen, um so mehr da im speciellen Theile dieser Abhandlung ohne- dies bei jeder Species sämmtliche mir bekannte Fundorte namhaf gemacht werden. Eine wiederholte Aufzählung würde einerseits unnbthigen Raum in Anspruch nehmen und überdies den Leser ermüden. Von der andern Seite könnten die gegebenen Listen doch keinen Anspruch auf irgend eine Vollständigkeit machen, da meine Untersuchungen sich nur auf die geringe Menge des mir zur Dispo- sition gestellten Schläuimrückstaudes stützen. Eine vollständigere Übersicht der Foraminiferenfauna einer Localität Iässt sich aber nur durch fortgesetzte und möglichst umfassende Forschungen erlangen, weil nach meinen bisherigen vielfachen Erfahrungen jede einzelne Schichte neben einer Anzahl durch alle identische Schichten hin- diirchgeliender gemeinschaftlicher Arten immer mehr weniger zahl- reiche eigenthümliche Formen umschliesst.

Herr von der Marck führt desshalb in seinen Verzeichnissen von manchen Fundorten eine grössere Anzahl von Arten an, als ich zu entdecken im Stande war , und manche Gesteine, in denen ich durch meine beschränkten Untersuchungen nichts aufzufinden ver- mochte, haben ihm bei reicherem Materiale eine Ausbeute geliefert. Ich beschränke mich daher darauf, die Foraminiferen, welche ich in den allgemein angenommenen Schichtengruppen der westphälischen Kreideformation durch Autopsie kennen gelernt habe, collectiv zu-

Die Foraminiferen der westphälischen Ki-eideformation. 153

sammenzustellcn, da sich daraus wenigstens annähernd jene Formen ergeben werden, die als charakteristisch für die einzelnen Etagen anzusehen sind.

Die grösste Anzahl von Arten lieferte die obere Abtheilung der Senongruppe die Schichten mit Belemnitella mucronata , ins- besondere jene vom Hilgenberge bei Hamm, die einen ungemeinen Formenreichthum zu beherbergen scheint. Die gefundenen Arten sind: Cornuspira cretacea Rss. (1), Nodosaria lepida m., N. concinna m., N. intercostata m., N. obscura Rss., N. Zippei Rss., N. inflata Rss. (6), Dentalina acuminata m., D. subrecta m., D. megalopolitana Rss., D. annulata Rss., D. pugiunculus m., D. cognata rn. , D. Lilli Rss., D. marginuloides Rss., D. cylin- droides m. , D. catenulu m., D. oligostegia Rss., D. Lomeiana d'Orb., D. gracilis d'Orb., D. legumen Rss., D. expansa m., D. filiformis Rss.?, D. lineolata Rss., D. Marcki m., D. acu- leata d'Orb. (19), Glandidina manifesta Rss., Gl. elongata in., Gl. cylindracea Rss. (3), Frondicularia turgida Rss., Fr. angulata d'Orb., Fr. Decken i m., Fr. BecJcsi m., Fr. Gold- f'ussi in., Fr. marginata Rss., Fr. striatula Rss., Fr. inversa Rss., Fr. angusta Nilss. , Fr. angustissima m., Fr. Archiacina d'Orb. (H), Khabdogonium Römeri m., Rh. globuliferum m., (2), Pleurostomella subnodosa m. (1), Marginulina bid- lata Rss., M. elongata d'Orb., 31. ensis Rss., M. bacülum m., M. seminotata m. , 31. omatissima m. (6), Cristellaria recta d'Orb., Cr. Hagenowi m., Cr. inepta m., Cr. harpa m., Cr. trian- gularis d'Orb., Cr. Marcki m. , Cr. inflata m. , Cr. ovalis Rss., Cr. rotulata Lam. sp., Cr. microptera m. (10), Robulina lepida Rss. (1), Flabellina rugosa d'Orb., Fl. interpunctata v. d. Marck,i<7. macrospira m. (3), Haplophragmium aequale Rom. sp., H. irreguläre Rom. sp. (2), Lituola nautiloidea Lam. (1), Nonionina quaternaria Rss. (1), - Rotalia polgrraphes Rss., R. eoesculpta m., /?. nitida Rss., i?. 31icheliniana d'Orb. (4), Valrulina allomorphinoides in. (1), Rosalina ammonoides Rss., .#. marginata Rss. (2), Anomal ina moniliformis Rss. (1), Bulimina varbiailis d'Orb., Z>. ofos« Rss., 2?. Murchisoniana d'Orb. 2?. intermedia Rss., 2?. Ovulum Rss., 2?. Presli Rss., 2?. Orbignyi Rss., (7), Yerneuilina Bronni Rss., F. Münsteri Rss. (2), Tritaxia tricarinata m. (1),— Gaudryina oxy-

11*

[ 5 4 R e U 8 s.

cona m., G. rugosa d'Orb. (2), Pyrulina acuminata d'Orb. (1), Guttulina elliptica Rss. (1), Globulina globusa v. M. sp., G. porrecta m. (2), Textilaria tarris d'Orb., T. conulus Rss., T. pupa m., T globifera m. , T. concinna Rss., T. foeda Rss., T, Partschi Rss., T. flexuosa m. (8).

Vorstellende Liste weiset in den westphälischen Mukronateu- scliicbten die bedeutende Zahl von 99 Arten auf, eine Anzahl, die durch fernere Untersuchungen ohne Zweifel vermehrt werden wird. Überblickt man die Liste nur flüchtig, so bemerkt man sogleich, dass die monothalamen Foraminiferen, die überall erst in der Tertiärperiode in etwas reicherer Artenzahl erscheinen, hier nur durch Comuspira cre- tacea vertreten werden, sämmtliche anderen 98 Arten aberpolythalame Formen sind. Von diesen fallen 42 Arten auf die Stichostegier, 48 auf die Helicostegier und 8 Arten auf die Textilariden. Von den Helico- stegiern gehören 24 Arten den gleichseitigen Nautiloiden und zwar 20 den Cristellariden , 3 den Peneropliden und 1 den Nonioniden

an, 20 Species den ungleichseitigen Turbinoiden und nur 4 den Polymorphiniden, die sich auch erst in derTertiärperiode zu reicherer Fülle entfalten. Wir sehen, dass also auch hier, wie in der gesammten Kreideformation, die Stichostegier und die Cristellariden die grösste Artenzahl und Mannigfaltigkeit entwickeln. Die reichste Artenzahl bieten übrigens die Gattungen Nodosaria (5), Dentalina (19), Frondicularia (11), Cristellaria (10), Bulimina(7), und Textilaria (8) dar, und hierin kömmt die westphälische Kreide mit jener anderer Länder überein.

Die untere Abtheilung der Senonschichten die Schichten mit Belemnitella quadrata lieferten mir: Comuspira cretacea Rss. (1), Dentalina tenuicaudata m., D. distincta m.?, D. discre- pans in., D. cylindroides m., D. Lorneiana d'Orb., D. communis d'Orb., D. gracilis d'Orb., D. legumen Rss., D. aculeata d'Orb. (9), GlanduUna cylindracea Rss. (I), Frondi- cularia marginata Rss., Fr. striatula Rss., Fr. lanceola m. (3),

Margiuulina lata m., M. modesta in., M. ensis Rss. (3), Cristellaria navicula d'Orb., Cr. ovalis Rss., Cr. rotulata Lam. s p. (3), Flabellina rugosa d'Orb., Fl. cordata Rss., Fl. interpunc- tata v. d. Mk. (3), Haplophragmium irreguläre Rom. sp. (1),

Nonionina quaternaria Rss. (1), Iiotalia polyrraphes Rss., II. e.vsculpta m., It. nitida Rss., R. Micheliniana d'Orb.

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 1 o5

(4), Valvulina allomorphinoides m. , V. spicula Rss. (2), Rosalina marginata Rss. (1), Truncatulina convexa Rss. (1), Globigerina cretacea Rss. (1), Bulimina variabilis d'Orb., B. Murchisoniana d'Orb., B. Ovulum Rss., B. Presli Rss., B. Orbignyi Rss. (5), VerneuiUna Bronni Rss., V. Münsteri Rss. (2), Tritaxia tricarinata m. (1), Gaudryina oxycona m., G. rugosa d'Orb. (2), Globulina porrecta m. (1), Textilaria conulus Rss., T. pupa in., T. globifera m., 7". /o^rf« Rss., T. anceps Rss., 71. praelonga Rss., T. flexuosa m. (7).

Die Zahl der im unteren Senonien gefundenen Foraminiferen ist demnach beinahe nur halb so gross, als in dem oberen. Sie beträgt nur öl Arten. Sie gehören, mit Ausnahme der schon vorerwähnten Cornuspira, insgesammt den Polythalamien an. Wiewohl diese der Art nach grösstentheils mit jenen der oberen Senonschichten über- einstimmen, so stellen sich doch in der Quadratenkreide die relativen Zahlenverhältnisse ganz anders dar. Die Stichostegier treten sehr zurück, belaufen sich nur auf 13 Species, während die einreihigen Helicostegier 31 Species , mithin mehr als das Doppelte liefern. Unter den letzteren sind wieder die Nautiloiden im Verhältnisse zu den Turbinoiden in den Hintergrund getreten ; beide verhalten sich wie 11 : 19. Die Polymorphiniden sind bis auf vier Species herabgesunken. Dagegen haben die Textilariden relativ nicht ab-, eher zugenommen ; sie haben noch 7 Arten aufzuweisen. Die artenreichsten Gattungen des unteren Senon sind: Dentalina (9), Bulimina (5) und Textilaria (7); die anderen bei dem oberen Senonien hervorgehobenen sind an Artenfiille schon zurück- gegangen.

Noch geringer scheint die Zahl der Arten zu sein, welche der westphälische Pläner umschliesst. Ich kann nach eigener Untersuchung nennen: Cornuspira cretacea Rss. (1), Dentalina subrecta in., D. legumen Rss. (2), Cristellaria acuta m.?, Cr. rotulata Lam. sp. (2), Haplophragmium irreguläre Rom. sp. (1), Rotalia lenticula Rss. ,i?. polyrraphes Rss. , R. nitida Rss., R. Miche- liniana d'Orb. (4), Valvulina spicula Rss. (1), Rosalina ammonoides Rss., R. marginata Rss. (2), Anomalina compla- nata Rss. (1), Globigerina cretacea d'Orb. (1), Bulimina variabilis d'Orb., B. Murchisoniana d'Orb., B. Ovulum Rss., B.

1 50 R e u ss.

Presll Rss., B.Orbignyi Rss., B.polystropha Rss. (6), Verneui- lina Münsteri Rss. (1), Tritaxia tricarinata m. (1), Gau- dryina pupoides d'Orb., G. oxycona Rss. (2), Textilaria tur- ris d'Orb., T. globifera Rss., T. concinna Rss., T. foeda Rss., T. anceps Rss., T. praelonga Rss. (6).

Die Zahl der Arten, welche ich aus dem Pläner Westphalens sammelte (31), beträgt beinahe nur ein Dritttheil jener der oberen Senonabtheilung. Auch hier gehören beinahe wieder alle (o0) den Polythalamien an. Die vorwiegendste Gruppe bilden aber im Gegensatze zu den früher dargelegten Ergebnissen die llelico- stegier mit 22 Species, von denen der bei weitem grösste Theil (19) den Turbinoiden, nur drei den Nautiloiden angehören. Die Zahl der Stichostegier ist sogar bis auf zwei Dentalina- Arten herab- gesunken. Die Gattung Textilaria ist in ihrer Artenzahl beinahe gleich geblieben (6). Neben diesen sind Bulimina und Rotalia (4) die artenreichsten Gattungen. In der Individuenzahl dürften aber Rosalina marginata und Globigerina cretacea alle anderen übertreffen.

Reicher an Arten ist wieder der Gault, von dem aber nur die oberste Abtheilung der Minimusthon bei Rheine entwickelt zu sein scheint. Wenigstens gehören alle Schichten, von denen mir Proben zur Untersuchung vorlagen, diesem an. Die Entscheidung, ob auch tiefere Schichten dieser Gruppe innerhalb der Grenzen Westphalens entwickelt sind, muss künftigen Forschungen anheim- gestellt bleiben. Die von mir nachgewiesenen Foraminiferenarten sind: Cornuspira cretacea Rss. (1), Nodosaria nana m., N. duplicicostata m. , N. obscura m., N. prismatica m. , X. tetragona m. (5), Dentalina subrecta m. , D. commutata m. , D. distincta m.,D. cyUndroides m.,D. catenula m. , D. strangulata in., D. intermedia m., D. legumen Rss. (8), Frondicularia gaultina m., Fr. g uest phalica m. (2), Vaginulina transversalis m., V. arguta m., V. bicostulata m., V. notata m. (4), Pleurostonw/fa fusiformism. (1), Marginulina soluta m., M. inaequdlis m. (2), Cristellaria tripleurtt m., Cr. acuta in., Cr. rotiilata Lam. sp., Cr. secans in. (4), Rotalia polyrraphes Rss., R. umbonella in. (2), Rosalina marginata in. (1), Globigerina cretacea d'Orb. (1), Bulimina Presli Rss., B. Orbignyi Rss. (2), Verneuilina Münsteri Rss. (1), Tritaxia tricarinata in. (1),

Die Forarainiferen der wesiphälischen Kreideformation. 157

Gaudryina pupoides d'Qrb., G. oxycona m. (2), Proroporus complanatus m. (1), Textilaria bolivinoides m., T. parallela m. (2). -

Wie aus dem vorstehenden Verzeichnisse hervorgeht, steigt die Zahl der im Minimusthone Westphalens angetroffenen Foramini- feren wieder bis auf 40, von denen 39 den Polythalamien beizuzäh- len sind. Zugleich gewinnen die Stichostegier mit 20 Arten wieder die Oberhand, wie in den beiden Abtheilungen der Senongruppe. Davon gehört die Mehrzahl (13) den Nodosariden an, nur zwei den Frondiculariden, eine den Pleurostomelliden, dagegen 4 den Vagi- nuliden, die in den früher besprochenen Kreideetagen keine Vertreter gefunden hatten. Die Helicostegier haben nur 15 Arten aufzuweisen, von denen die Mehrzahl (9) wieder den Turbinoiden, und nur (6) den Nautiloiden angehören und zwar durchgehends den Cr ist eil 'ari- den. Die Polymorphiniden sind unter den bisher bekannten Arten gar nicht vertreten. Auch die Enallostegier sinken von ihrer For- menfülle herab; sie beschränken sich auf 3 Species, den Gattungen Proroporus und Textilaria angehörend. Mit Ausnahme der Sticho- stegier-Gattungen Dentalina (8), Nodosaria (5) und Yaginulina (4) ist nur noch die spiralreihige Sippe Cristellaria etwas reich- licher— mit 4 Arten vertreten.

In der zweiten Reihe seiner chemischen Untersuchungen westphä- lischer Kreidegesteine (Verhandl. des naturhist. Vereines der Rhein- lande und Westphal. Jahrg. XVI) beschreibt Herr von der Marck auch Gaultgesteine von Ahaus und gibt von dem Gault an der Fran- kenmühle ein in den dortigen Steinbrüchen sichtbares Profil und führt auch eine Anzahl von Foraminiferen an, welche er darin ent- deckte. Es sind dies aber, mit Ausnahme einiger auch in den höheren Kreideschichten heimischer Arten, Species, die nicht dem Gault, son- dern dem Hils angehören. Diese Ansicht wurde durch Autopsie der Fossilreste, welcheHerr von derMarck, meiner Bitte entsprechend, mir mit freundlicher Bereitwilligkeit zusandte, bestätigt. Leider konnte ich, da die Foraminiferen zwischen Glasplatten in Canadabalsam ein- geschlossen waren, keine ganz genaue Untersuchung derselben vor- nehmen. Doch waren Botalia caracolla Rom. sp. , R. ornata Rom. sp. und R. Orbignyi Rom. sp. mit ziemlicher Sicherheit zu erken- nen. Diese drei Species sind von Römer und mir im Hilsthon, nie aber im Gault gefunden worden. Die anderen mir zugesandten Arten

158 R e u s s.

sind Vaginulina hamulosa n. sp., ähnlich der V. arguta in., aber deutlich verschieden, Cristellaria nodigera n. sp., zwei Vaginulina, l Rosalina, 1 Frondicularia (Bruchstück), die alle nicht näher bestimmt werden konnten. Mit Sicherheit lässt sich aber der Ausspruch thun , dass sich darunter keine einzige charakteristische Gaultspecies befindet. Es werden daher M-enigstens jene Schichten, denen die besprochenen Fossilreste angehören, nicht dem Gault zugezählt werden können. Vielmehr dürfte es wahrscheinlich sein, dass sie in die Abtheilung des Hils gehören.

Die Tourtia von Essen, ein festes Gestein, von dem mir keine geschlämmlen Proben zukamen, hat wohl desshalb nur drei Forami- niferenarten geliefert, die durch ihre Grösse ausgezeichnete Denta- lina polypkragma m. und die weit verbreiteten Rotalia polyrraphes Rss. und Rosalina marginata Rss. Vielleicht gelingt es später ihre Zahl zu vermehren und dadurch ein zur Vergleichung taugliches Material zu erlangen.

Um eine genauere Vergleichung der in den einzelnen Etagen der westphälischen Kreideformation vorkommenden Foraminiferen- species zu erleichtern und überhaupt die Vertheilung derselben mit einem Rlicke überschauen zu lassen, gebe ich hier eine tabellarische Zusammenstellung sämmtlicher mir bisher daraus bekannt gewordener Species nach den einzelnen Etagen, in welche die Formation nach der allgemeinen Annahme zerfällt. Zugleich sind die Abtheilungen der Kreidegebilde, in welchen die betreffenden Species auch ausser- halb Westphalens angetroffen wurden , beigefügt, ohne aber die ein- zelnen Fundorte namhaft zu machen. Es würde dies der Tabelle einen zu grossen Umfang verliehen haben, dürfte überdies über- flüssig sein, da in dem speciellen Theile der Abhandlung ohnehin bei jeder Species sämmtliche mir bekannte Fundorte namentlich ange- führt werden.

Die Foraminiferen der westphäliselien Kreideformation.

159

Tabellarische Zusammenstellung der Kreideforamiiiiferen Westphalens nach den einzelnen Etagen.

9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42.

Cornuspira cretacea Rss. Nodosaria lepida m. . .

concinna m.

nana in. . . .

intercostata m.

duplicicostata m.

obscura Rss. .

prismatica m. .

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tetragona m. Dentalina acuminata in. .

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intermedia m. .

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lineolata Rss. .

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44. angulata d'Orb.

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49. marginata Rss. .

50. canaliculata Rss.

52. inversa Rss. . .

53. strigiUata m. . .

55. microdisca m.

56. striatula Rss.

57. angusta Nilss. .

59. Archiacina d'O r b.

62. globidiferum in.

63. anomalum m. .

68. Plcurostomclla subnodosa m. .

73. elongata d'Orb. .

76. ensis Rss. ...

77. bacillum in. . . .

81. Cristellaria recla d'Orb. . .

82. angusta Rss. . .

87. triangularis d'Orb.

88. navicula d'Orb. .

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Die Foraminiferen der west|>halischen Kreideformation.

161

Kreidegebih WestpEalens

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89. Cristellaria Marcki m. . .

91. oligostcgia Rss.

92. ovalis Rss. . .

93. acuta m. . . .

94. rotulata Lam. sp

97. Rohulina lepida Rss. . . .

98. Flabellina rugosa d'Orb. .

99. Bau dou in ia na d'Orb

100. cor data Rss. . .

101. inter punctata v. d. M

103. Haplophragmium aequale R. sp

104. irreguläre R. sp

105. Lituola nautiloidea Lam. .

106. Nonionina quaternaria Rss.

108. polyrraphes Rss. .

112. Micheliniana d'Orb.

113. Valvulina allomorphinoidesM

114. spicula Rss. . . 113. Rosalina ammonoides Rss.

116. marginata Rss. .

117. Anomalina complanata Rss.

118. ,, moniliformis Rss

119. Truncatulina conrexa Rss.

120. Gluhigerina cretacea d'O r b.

121. Bulimina variabilis d'Orb.

123. Murchisoniana d'Orb

124. intermedia Rss. .

126. Bulimina ovulum Rss. . .

127. Presli Rss. ...

128. Orhignyi Rss.

129. polystropha Rss. .

130. Verneuilina Bronni Rss. .

131. Münsteri Rss.

132. Tritaxia tricarinata m. . .

133. Gaudry ina pupoides d'O r b.

134. oxycona m. . .

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162

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135. Gaudryina rugosa d'O r b. . .

139. porrecta m. . . .

141. Textilflria iurris d'Orb. . .

142. conidus Rss. . .

144. glubifcra m. . . .

145. concinna Rss. . .

147. foeda Rss. . . .

148. Partschi Rss. . .

149. aneeps Rss. . . .

150. praclonga Rss. .

152. flcxuosa m. . . .

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Aus der voranstellenden tabellarischen Übersicht lassen sich bei genauerer Prüfung einige Schlüsse ziehen. Vor allem ergibt sich, dass 59 Species den Schichten der westphälischen Kreideformation eigenthümlich oder doch bisher nirgend anders gefunden worden sind. Es sind: Nodosaria lepida, concinna, nana, intercostata, duplicicostata, prismatica, tetragona; Dentalina acuminata , sub- reeta, tenuicaudata , commutata, pugiunculus, cognata, distineta, discrepans, catenula, sträng ulata, intermedia, expansa, Marcki, polyphragma , foedissima; Glandulina elongata ; Frondicularia Decheni, Becksi, Goldfussi, gaultina, strigiüata, guestphalica, microdisca, angustissima, lanceola; Rhabdogonium Römeri, globu- liferum, anomalum; Vaginulina transversalis, bicostulata, notata, ornatissima; Cristellaria Ilagenowi, inepta, liarpa, tripleara, Marcki, inflata, microptera; Flabellina interpunetata, macrospira; Rotalia utnbonclla, exsculpta; Globulina porrecta; Proroporus complanatus ; Textilaria parallela.

Freilich wird ohne Zweifel ein Theil der genannten Fossilreste sich in der Folge auch anderwärts, besonders in der Kreide des

Die Foiaminiferen der westphälischen Kreideformation. 1 63

nordwestlichen Deutschlands und des nachbarlichen Aachener Ge- bietes, wiederfinden, wenn diese in dieser Beziehung genauer durchforscht sein wird. Von den oben angeführten 59 Arten gehören 38, also beinahe zwei Drittheile den Stichostegiern, 19 den Helicostegiern und nur 3 den Textilariden an; und selbst von den 19 spiralreihigen Arten sind 16 zu den Cristellariden, welche mit den Rhabdoiden unmittelbar zusammenhängen, nur 2 zu den Turbinoiden, 1 zu den Polymorphinideen zu rechnen. Man muss also den hervorstechenden Charakter der westphälischen Kreide- gebilde , besonders der oberen , in der grossen Anzahl der ihnen eigentümlichen Stichostegier und Cristellariden suchen.

Ferner gelangt man zu der Überzeugung, dass die Foramini- feren-Fauna des Gault in ihrer Physiognomie wesentlich verschieden ist von jener der oberen Kreideschichten, wenn auch fernere ausgedehntere Untersuchungen des in dieser Beziehung bei weitem nicht genügend erforschten Gault noch eine etwas grössere Zahl beider gemeinschaftlicher Species herausstellen werden. In dem in Westphalen nur spärlich vertretenen Gault (von Rheine und Ahaus) sind bisher 39 Species 1 Monothalamier, 20Stichostegier, 15 Helicostegier (6 Cristellariden und 9 Turbinoiden) und 3 Texti- lariden — von mir nachgewiesen worden, also beinahe das Vier- theil sänimtlicher westphälischer Kreideforaminiferen. Von ihnen gehören 19 dem westphälischen Gault eigentümlich an; zwei sind auch im Gault Norddeutschlands, 7 zugleich in den oberen Kreide- schichten Westphalens und anderer Länder, 10 endlich sowohl in diesen , als auch im Gault anderer Gegenden aufgefunden worden.

Untersucht man die 12 im Gault anderer Länder wieder- gefundenen Arten, so findet man, dass 6 auf das Niveau des oberen Gault (Minimusthon), 3 auf den mittleren Gault (Milletianus- und Tardefurcatusthon), 2 auf beide zugleich, 1 endlich (die fast durch die gesammte Kreideformation hindurchgehende Cristellaria rotulatd) auf alle drei Abtheilungen des Gault fallen. Wir dürfen daher wohl mit überwiegender Wahrscheinlichkeit schliessen, dass dieGaultschichten von Rheine dem oberen Gault und zwar dem Minimusthone angehören, was durch die anderen, die Foraininiferen begleitenden grösseren Versteinerungen bestätigt wird.

Nur eine Species Haplophragmium aequale Rom. sp. , die in Westphalen in den Mucronatenschichten liegt, taucht in Nord-

1 64 Heus s.

deutscliland im Hilsthone des Hilses wieder auf, ohne dass sie mir bis jetzt aus den zwischenliegenden Schichten der Kreideformation bekannt geworden wäre i'). So auffallend dies ist, vermag ich doch die Exemplare von beiden Fundstätten durch kein wesentliches Merk- mal zu unterscheiden.

Weit grösser ist die Anzahl der Foraminiferen in den oberhalb des Gault liegenden Schichten der westphälischen Kreideformation. Wenn man die 17 zugleich im Minimusthone vorkommenden Arten hinzu zählt, steigt ihre Zahl auf 119. Dagegen sind bisher 102 nur in den Schichten der oberen Kreide aufgetreten. Aus diesem Verhält- nisse leuchtet die grosse Verschiedenheit der oberen Kreide und des Gault in Beziehung auf die zugehörigen Foraminiferen am klarsten hervor. Aus dem Cenomanien derTourtia von Essen und Spell- dorf habe ich leider nur 3 Species (Dentalina polyphragma, Cristeüaria rotulata und Rotalia polyrraphes) kennen gelernt, von denen aber die beiden letzten, in fast allen Kreideetagen wieder- kehrend, keine Bedeutung haben können. Nur die erstgenannte dürfte der Tourtia eigenthümlich angehören. Bei der so geringen Anzahl der Arten ist übrigens jeder Versuch, das Cenomanien durch seine Foraminiferen zu charakterisiren, von vorne herein unmöglich. Ich muss aber gleich hier erwähnen, dass es mir auch nach den zahlreichen Arten, welche ich im norddeutschen Cenomanien auf- fand, nicht thunlich scheint, einen unterscheidenden Charakter des- selben in seinen Foraminiferen zu suchen. Es sind mit wenigen Ausnahmen Arten, die auch dem Senon und dem Planer gemein- schaftlich zukommen 3). Vielleicht führen ausgedehntere Unter- suchungen in der Folge zu den gewünschten Besultaten.

') Das Neocomien zeigt in Beziehung- auf seine Foraminiferen eine noch bei wei- tern grössere Selbstständigkeit und eine schärfere Abgrenzung, als der Gault, indem es nach meinen bisherigen Erfahrungen kaum eine Species mit dem Gault und den höheren Kreideschichten theilt. Eine Annäherung an den Gault ver- räth es nur darin, dass es gleich diesem besonders reich an Arten von Vaginulina, Rhäbdagonium , Frondicularia und Cristeüaria erscheint; jedoch sind dieselben ohne Ausnahme specifisch verschieden von den Arten des Gaultes.

a) Solche gemeinschaftliche Species sin d: Oristellaria rotulata La m.sp., Haplophragmium irreguläre Rom. sp., Rotalia polyrraphes llss., Rosalina ammonoides Rss., Bulimina variabilis d'Orb. , />'. Prcsli Rss. , />'. Orbignyi Rss., Tritaxia tricarinata m. Als eigenthümlich kann ich nur anführen : Textilaria platycona m., Tritaxia pyrami- dalis und sulcata in. und Quinqueloculina acutimargo m.

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. \ ߣJ

Der nicht sehr artenreiche Planer Westphalens hat mir bisher 31 Species geliefert. Von diesen ist eine einzige Species sowohl in Westphalen als auch in Böhmen auf den Pläner beschränkt ge- blieben (Bulimina polystropha Rss.). Alle übrigen kommen auch in anderen Kreideschichten Westphalens und anderer Länder vor. Nur eine Species hat der Pläner ausschliesslich mit dem Gault gemeinschaftlich (Cristcllaria acuta m.); 17 mit dem Senonien, 12 zugleich mit diesem und dem Gault, fast sämmtlich Arten, die eine sehr ausgedehnte verticale Verbreitung zeigen. Acht seiner Arten kehren auch im Cenomanien wieder; aber dies sind auch fast durcbgehends Arten von sehr weiter Verbreitung in den Kreide- gebilden, die insbesondere auch in der obersten Abtheilung der- selben zum Vorschein kommen. Daraus ergibt sich zur Geniige, dassdie Foraminiferenfiiuna des Planers die grösste Verwandtschaft mit jener der Senonschichten, besonders der Quadratenkreide, verräth und beinahe gar keine besonderen Eigenthümlichkeiten darbietet. Dieselbe Erscheinung wiederholt sich an dem Pläner anderer Länder. Eine ausgedehntere Kenntniss der Pläiierforaminiferen dürfte in Zukunft viel- leicht doch noch eine grössere Zahl charakteristischerFormen liefern.

Viel des Eigenthümlichen bieten dagegen die Senonschichten dar, so dass dieselben auch durch die Foraminiferen recht wohl charakterisirt erscheinen. Vor allem umschliessen sie unter allen Kreideschichten in Westphalen sowohl als in anderen Ländern die grösste Fülle von Foraminiferen. In Westphalen liegen von der Gesammtzahl derselben 113 Species, also fast drei Viertheile, in den Senonschichten. Unter denselben befinden sich: 1 Monothalamier, 47 Stichostegier, 55 Helicostegier und 10 Textilariden. Vier Arten "aben die Senonschichten mit dem Gault, 15 Arten mit dem Pläner, 9 mit beiden zugleich und 2 endlich mit dem Pläner, Cenomanien und Gault gemeinschaftlich; daraus ergibt sich die schon erwähnte grosse Verwandtschaft der senonischen Foraminiferen mit jenen des Planers, dagegen eine viel entferntere mit jenen des Gault. Es bleiben daher, wenn man zugleich das Vorkommen in anderen Ländern in Rechnung bringt, 68 Arten auf die Senongruppe beschränkt, mithin eine hinreichend grosse Anzahl um diesen Schichtencomplex zu cha- rakterisiren. Wenn dieselbe sich in der Folge auch von einer Seite verringern sollte, wird sie dagegen von der andern gewiss einen noch stärkeren Zuwachs erhalten.

166 R « " s.

Von den genannten Arten gehören 36 den Stichostegiern, 28 den Helicostegiern (19 den Nautiloideen, 9 den Tnrhinoideen) und 4 den Textilarideen an. Darin spricht sich die Erscheinung aus, dass das Senonsystem vorzugsweise durch das Übergewicht und die besonderen Formen der Rhahdoideen, vorzüglich Nodosariden , und der gleichseitigen Helicostegier, charakterisirt werde.

Weit schwieriger dürfte eine schärfere Trennung der Forami- niferen der oberen und unteren Senonabtheilung der Mucrona- ten- und der Quadratenkreide werden, besonders wenn noch um- fassendere Untersuchungsresultate gewonnen sein werden, indem sich dann gewiss manche Species, die nach den bisherigen Erfah- rungen auf eine der beiden Abtheilungen beschränkt ist, auch in der andern wiederfinden wird. Am meisten des Eigenthümlichen trägt die Mucronatenkreide an sich, was sich auch an jener Westphalens erkennen lässt. Dieselbe zählt 30 Species, die bisher in keiner andern Abtheilung der Kreideformation angetroffen worden sind. Freilich befindet sich darunter ein grosser Theil der 59 Arten, die bis jetzt überhaupt auf die westphälische Kreideformation beschränkt geblieben sind. 25 Arten hat in Westphalen zwar ebenfalls nur das obere Senon geliefert; in anderen Ländern treten sie aber auch in tieferen Kreide- schichten, vorzüglich in der Quadratenkreide und zum Theile auch im Pläner, auf. 71 Arten haben sich in Westphalen nur in den beiden Abtheilungen der Senongruppe vorgefunden, 10 derselben sind aber in anderen Gegenden auch noch in tieferen Schichten vorgekommen. 23 Arten endlich gehen wenigstens durch drei, mitunter auch durch beinahe alle Etagen der Kreideformation, mit Ausnahme des Neoco- mien, hindurch. Ich kann nur 3 Species anführen, welche in West- phalen und zugleich anderwärts aus den Grenzen der oberen Senon- gebilde nicht herauszutreten scheinen. Es sind Lituola nautiloidea Lam., Glandulina manifesta R ss. und Pyrulina acuminata d'Orb.

Ein noch weit weniger charakteristisches Gepräge trägt die untere Senongruppe die Quadratenkreide an sich, da beinahe alleinihr vorkonimendenForaminiferenarten auch in dem oberen Seno- nien und zum Theil auch im Pläner wieder zum Vorschein kommen. Die westphälischen Quadratenschichten besitzen nur 1 1 eigentüm- liche Arten; aber selbst von diesen reicht die Mehrzahl nämlich 8 Arten in anderen Gegendon auch in die Mucronatenkreide hinauf oder in den Planer hinab , so dass bisher nur die seltene Dentalina

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 16/

tenuicaudata m. und discrepans m. und Frondicularia lanceola m. ihr eigenthümlich anzugehören scheinen.

Alle diese auf den vorhergehenden Seiten ausgesprochenen An- sichten werden in der Folge ohne Zweifel noch manche vielleicht nicht unwesentliche Modification erleiden, wenn die Foraminiferen der verschiedenen Etagen der Kreideformation überhaupt und West- phalens insbesondere einer sorgfältigeren und umfassenderen Un- tersuchung unterzogen sein werden. Dadurch wird nicht nur eine weit grössere Formenfülle bekannt werden, sondern auch ihre Ver- keilung wird sich in mancher Beziehung anders als bisher her- ausstellen.

II. Einige Bemerkungen über den tirünsand.

Ich sehe mich genöthigt, am Schlüsse der vorstehenden Erör- terungen einige Bemerkungen hinzuzufügen über die glaukonitischen Körner, die in wechselnder Menge manchen westphälischen Kreide- gesteinen, besonders aus dem Gebiete des Pläners und Gault, bei- gemengt sind, zuweilen in solcher Fülle, dass die Gesteine dadurch im Ganzen eine mehr weniger deutliche grüne Färbung annehmen und dass die Schlämmrückstände derselben der Masse nach vorwie- gend aus solchen grünen Körnern bestehen. Es ist dies bekanntlich eine Erscheinung, die nicht etwa den westphälischen Kreidegebilden eigenthümlich zukömmt, sondern die sich in allen Ländern , in allen Formationen, von der silurischen an aufwärts bis zu den jüngsten Abtheilungen der Tertiärformation, wiederholt.

Ich beobachtete diese Körner unter den westphälischen Kreide- gesteinen in beträchtlicher Zahl in dem Schlämmrückstande desGrüu-

sandes des Pläners von Werl, Unnau.a.O.; im cenomanen Grünsande von Horde und Essen; in geringerer Menge in vielen Plänern und

selbst in senonischen Gesteinen, z. B. den oberen Senonmergeln von

Sendenhorst u. a. 0.

Ehrenberg *) war der erste, der darauf aufmerksam machte,

dass die erwähnten Glaukonitkörner organische Formen an sich tragen

und sich als Steinkerne von Foraminiferen zu erkennen geben.

Mitunter sind dieselben in ihrem ganzen Umfange erhalten, so dass es

J) Über den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. 1836. Aus den Abhandl. d. k. Akad. d. Wiss. zu Berlin.

Sitzh. d. mathem.-naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 8. 12

1 68 Rens s.

geringen Schwierigkeiten unterliegt, die Gattung, welcher sie ange- hören, mit Sicherheit oder docli annähernd zu bestimmen. Weit Öfter sind die Steinkerne aber in ihre einzelnen Glieder zerfallen, und dann ist selbst die Erkenntniss des organischen Ursprunges schon mit grösseren Schwierigkeiten verbunden. Während Ehrenberg sich in seinen früheren Mittheilungen darauf beschränkte, auf das Erhaltensein einzelner Foraminiferen in dem Grünsande hinzuweisen, ging dieser Gelehrte später weiter und stellte, auf zahlreiche müh- same Untersuchungen sich stützend , die Ansicht auf, dass aller Glaukonit des Grünsandes organischen Ursprunges sei. Er sagt 1. c. p. 101 ausdrücklich: die wahren körnigen Grünsande der Tertiär- „zeit zeigen überall eingestreute wohl erhaltene Polythalamienkerne „und das Vereinzelte und scheinbar Formlose macht sich massenhaft „als Zusammenballung von Theilen und Splittern der ähnlichen „Formen geltend. Sehr genau übereinstimmend mit solchen mehr „vereinzelten und mehr zusammengeballten Steinkernen fand ich „den Sand der Gebirgsmassen in derSecundär- und der Primärzeit." Einer solchen gewagten Generalisirung einzelner unbestritte- ner Thatsaehen vermag ich nicht beizupflichten. Wenn man frei von vorgefasster Meinung nur die Thatsaehen in das Auge fasst, gelangt man zu sehr abweichenden Resultaten. Der Glaukonit spielt in den Sandsteinen and Mergeln ohne Zweifel eine ganz ähnliche Rolle, wie der Feuerstein, Schwefelkies und viele andere Substanzen. Die Glaukonitkörner, wenn sie auch nie eine beträchtliche Grösse errei- chen, sind in der Regel nichts als concretionäre Bildungen, durch Conceutration um gewisse Centra entstanden. Wenn man eine grosse Anzahl derselben untersucht und ich habe ebenfalls Grünsande der verschiedensten Beschaffenheit und vom verschiedensten geolo- gischen Alter genauer Prüfung unterzogen , so findet man, dass der bei weitem grösste Theil keine Spur von organischer Gestaltung darbietet, sondern die gewöhnlichen Concretionsformen, kleine kugelige, traubige und knollige Gestalten mit meistens sehr unregel- mässiger gekörnter, warziger oder runzeliger Oberfläche. Es würde offenbar einer sehr lebhaften Phantasie bedürfen . um darin regel- mässige organische Gestalten oder doch Bruchstücke derselben zu erkennen. Die Unsicherheit der gezogenen Schlüsse leuchtet aus Ehrenberg's Äusserungen selbst hervor. Er sagt 1. c. p. 89 aus- drücklich: „Zwar scheinen die grossen Massen des grünen Sandes

Die Foraminiferen der westphälischen Kreiileformatinn. \ ßj)

„in den Körnchen beim ersten Anblicke ohne organische Gestaltung; „allein bei intensivem Vergleichen Hess sich allmählich soviel „davon auf organische Versteinerung und besondere Steinkernbil- „dung zurückführen, dass das Übrigbleibende als die nothwendig „existirenden Bruchstücke durch Zerklüftung und unvollkommene „Verkieselung angesehen werden könne".

An einem andern Orte (1. c. p. 96) beschränkt sich Ehren- berg darauf, von einer „überraschenden Menge an Organisches erinnernd er Einzelheiten" zu sprechen. Darin spricht sich nicht sowohl sichere objective Beobachtung , als nur individuelle An- sicht aus. Ich habe bei dem grössten Theile der Glaukonitkörner nicht nur keine Andeutung organischer Form, sondern absolut unre- gelmässige, unorganische Gestalten gesehen.

Weit seltener vermochte ich an denselben deutliche Formen von Foraminiferen oder von einzelnen Theilen derselben wahrzuneh- men. Entweder sind diese ganz in Glaukonitsubstanz umgewandelt und dann ist der Umriss am regelmässigsten erhalten. Dies beob- achtete ich nur selten an Globigerina cretacea und Textilaria globifera aus dem turonischen Grünsand von Unna. Häufiger bietet der Grünsand nur Steinkerne, während die kalkige Schale durch Auflösung verloren gegangen ist. Solche undeutlichere Steinkerne kommen am häufigsten im Grünsande von Unna, Worl, Horde u. s.w. vor. So finden sich Cristellaria rotulata, Globigerina cretacea, Textilaria globifera, Gaudryina rugosa, Rosalina marginal a. Arten von Rotalia, Textilaria, Nodosaria, Dentalina u. s. w. , die eben der Species nach nicht bestimmt werden können. Endlich trifft man an vielen Localitäten Schalen von Foraminiferen, die entweder ganz in Kieselerde umgewandelt sind oder ihre kalkige Natur noch vollkommen beibehalten haben, im Innern aber durch glaukonitische Substanz mehr weniger erfüllt erscheinen. Dieselbe tritt mitunter nur in isolirten kleinen kugeligen Partikeln auf; bald bildet sie grös- sere Concretionen, die einen bedeutenden Theil des Hohlraumes der Kammern einnehmen. Zuweilen werden die Glaukonittheilchen von Partien amorpher farbloser oder auch durch Eisenoxydhydrat gelb oder gelbbraun gefärbter Kieselerde begleitet. Dadurch erhalten ein- zelne Foraminiferen eine bunte Färbung, wie Ehren berg derglei- chen sehr schön aus den Tertiärschichten von Alabama abbildet (I.e. T. 7) und wie ihrer Herr von der Marck (z. B. von Cristellaria

12*

170 Reuss.

rotulatd) auch aus den westphälischen Kreidegesteinen anführt und mir zur Ansicht gefalligst mitgetheilt hat. Wenn man Proben des geschlämmten glaukonitischen Sandes mit sehr verdünnter Salz- säure behandelt, kann man in dem ungelösten Rückstande die geschil- derten Zustände sehr schön beobachten. Man überzeugt sich zuweilen, dass die Kammerhöhlnngen ganz oder theilweise mit zahllosen sehr feinen Körnchen farbloser oder durch Eisen gefärbter Kieselerde, die aber im polarisirten Lichte unter dem Mikroskope sehr oft deut- liche Farbenerscheinungen zeigte, mit oder ohne Glaukonit erfüllt waren.

In Gesellschaft dieser fossilen Foraminiferenschalen befinden sich Gehäuse, die normal nur aus kohlensaurem Kalk bestehen; andere, die ganz oder theilweise in Kieselerde umgewandelt wurden *);

x) Von diesen durch den Versteinerungsprocess erst später umgewandelten Fora- miniferenschalen niuss man jene unterscheiden , welche schon ursprünglich, im normalen Zustande , ganz oder theilweise aus Kieselerde bestehen. Viele Te.vti- larien (T. carinata d'Orb., Poppelaki Rss., eoncinna Rss. u. a. m.), Gaudryina ruyosa d'Orh., Clavulina communis d'Orb., Haplophragmium irreguläre Rom. sp. und andere Arten mit rauher Schale brausen zwar lebhaft mit Sauren auf, lösen sich aber, in verdünnter Salzsäure erwärmt, nicht vollständig- auf, sondern lassen einen feinen durchsichtigen Kieselsand ungelöst zurück, der unter dem Mikroskope zum Theile aus sehr feinen Körnchen , zum Theile aus grösseren flachen unregelmäs- sig eckigen Plättchen besteht. Im polarisirten Lichte unter dem Mikroskope betrachtet zeigt er bei Drehung des Nicols deutliche Farbenveränderungen, die besonders klar hervortreten, wenn man die zu untersuchende Probe mit einem dünnen Glimmerblättehen bedeckt. Man hat es also offenbar mit der krystallini- schen Modilication der Kieselerde zu thun. Oh dieselbe schon ursprünglich vor- handen war oder sich erst durch den Versteinerungsprocess aus der amorphen gebildet hat, will ich nicht entscheiden. Bei Lituola nautiloidca Lam. ist die Menge des Kalkcarbonates noch geringer. Die Gehäuse behalten , auch wenn sie durch längere Zeit in der Wärme mit Salzsäure digerirt werden, wie auch schon von derMarck bemerkte, ihre Form und ihren Zusammenhang bei, lassen sich aber sehr leicht mit dem Finger zu dem erwähnten Kieselpulver zerdrücken. Bei Bulimina variabilis, Puschi , Presli , d'Orbi/jnyi und anderen nur mit feinen Rauhigkeiten bedeckten Arten dauert das Aufbrausen in der Säure nur kurze Zeit; das Gehäuse bleibt nicht nur in der Form ungeändert , sondern auch der Zusammen- hang der sehr feinen Kieselkörperchen, aus denen die Schale zum grössten Theile besteht, wird nur sehr wenig aufgelockert, so dass es einer bedeutenden Ein- wirkung bedarf, um denselben aufzuheben. Es scheint, wie Schul tze richtig vermuthet , die Kieselerde überhaupt in der Zusammensetzung der Foraminiferen- schalen eine grössere Rolle zu spielen, als man vermuthete. Es steht nun auch die S c h u I tze'sche Beobachtung der Polymorphina silicea (Schul tze Poly- thalem. p. 61, T. 6, F. 10, 11) nicht mehr vereinzelt , sondern dieselbe Structur findet sich bei sämmtlichen Foraminiferen mit rauher Schale wieder. Auch die Polymur-

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 1 T 1

seltener solche, die durch Pyrit vererzt sind, aus welchem mit- unter durch einen pseudomorphen Oxydationsprocess später wieder Limonit entstanden ist. Der letzteren (besonders Textilaria globi- fera in.) erwähnt von der Marck aus dem thonigen unteren Senon- mergel und ich sah dergleichen (Nummulites, Amphistegina Haueri d'Orb., Textilaria Poppelacki Rss. u.a.m.) in den verschiedensten Tertiärschichten. Nonionina placeuta Rss. (Jahrb. d. deutschen geol. Ges. 1851, p. 72, T. 5, F. 33) aus den Oligocänmergeln von Freienwalde und Herinsdorf stellt beinahe stets aus Limonit beste- hende Steinkerne dar. Alle diese Erscheinungen sind nur durch eine Verdrängungspseudomorphose, der sich in der Folge manchmal noch ein pseudomorpher Umwandlungsprocess hinzugesellte, entstan- den und derselben Gruppe von Erscheinungen müssen offenbar auch die totalen oder partiellen Glaukonitpseudomorphosen der Fora- miniferen zugesellt werden, welche man so häufig in den Grünsanden antrifft. Man kann dort alle Stufen des pseudomorphen Processes beobachten, bald nur theil weise oder totale Steinkernbildung, bald wieder auch Verdrängung der Kalkschale durch Glaukonitsubstanz. Durch diese Anschauungsweise wird aber auch der Mangel jeder

phina silicea enthält Kalkcarbonat, wenu auch in sehr untergeordnetem Verhält- nisse; denn nach der Einwirkung' von Salzsäure wird die Schale porös und lässt sich zerdrücken. Der ungelöste Rückstand besteht aus feinen Kieselkörnchen von verschiedener Grösse, deren grössere flach, unregel massig erscheinen, wie Schu 1 tze 1. c. F. 11 deutlich abbildet. Diese Kieselpartikeln sind aber, schon wegen dieser constanten Form, nicht etwa Sandkörnchen, die, schon fertig gebildet, von dem Thiere zur Bildung der Schale verwendet werden, wie d'Orb ign y von einigen Foraminiferen- arten mit sehr rauher Sehale, z. B. Bigenerina agglutinans, Textularia agglutinans, un- richtigbehauptet ; sie werden offenbar, wie der kohlensaure Kalk, von dem Thiere selbst abgesondert und bilden einen ursprünglichen und wesentlichen Bestandteil der Schale. Ganz anders verhalten sieh die Foraminiferen mit glasiger oder porzellanarti- ger Schale. Diese besteht, so lange sie nicht etwa durch den Versteinerungs- process verändert ist, nur aus Kalkcarbonat und löst sich in Säuren vollkommen auf. Bei lebenden Foraminiferen bleiben nach der Lösung- organische tnembranöse Theilchen zurück, zuweilen zusammenhängend und noch die Gesammtform der Kammerhöhlungen darbietend, oft aber schon durch die bei der Lösung statt- findende Gasentwickelimg zerfallend. Fossile Foraminiferen dagegen hinterlassen nach dem Autlösen wechselnde Mengen von Kieselerde, braunem oder rothem Eisen- oxyd u. s. w., welche die Kaminerhöhlungen theilweise oder ganz erfüllen. In letz- terem Falle erhält man vollkommene innere Schalenmodelle, an denen mandieForm der einzelnen Kammern und ihren Zusammenhang durch einzelne oder mehrfache Röhrencanäle sehr deutlich beobachten kann. Fast nie sind die Kammerhöhlungen leer oder nur mit Kalkspath erfüllt.

172 R e ii s s.

innigem notwendigen Beziehung zwischen Glaukonit und den orga- nischen Formen der Foraminiferen dargethan. Der Glaukonit tritt, gleich der Kieselerde, dem Schwefelkiese, dem Brauneisensteine u. s. w. in die Beihe der zufälligen Versteinerungsmittel zurück und die demselhen zugetheilte Prärogative, auf unerklärbare Weise stets die Form der Foraminiferen annehmen zu müssen, verschwindet von selbst.

Einer der wichtigsten Gegengründe liegt endlich auch darin, dass der Glaukonit auch als versteinernde Substanz anderer grösserei* Fossilien auftritt. Herr von der Marck theilte mir gefälligst lange, dünne, beinahe cylindrische Körper aus dem Griinsande der Tourtia von Spelldorf mit, die im Innern ganz aus amorpher Glaukonitsubstanz bestehen, äusserlich aber mit einer dünnen unebenen Schichte ocheri- gen Limonites überzogen sind. Da wo dieselbe sich absprengen Hess, erkannte man deutlich die in Längsreihen rund um die Stämmchen stehenden Zellmündungen, welche die Gattungen Cellaria und Vin- cularia charakterisiren, ohne dass man im Stande wäre, die Species näher zu bestimmen. Es geht daraus wohl unzweifelhaft hervor, dass der Glaukonit, gerade so wie Kieselerde, Pyrit, Markasit und viele andere Mineralsubstanzen, unter günstigen Umständen Foraminiferen zu versteinern vermöge, ohne dass man behaupten könnte, dass aller Glaukonit, Pyrit, Markasit u. s. w. organische Form an sich trage. Man ist daher auch nicht berechtigt zu der Ansicht, dass aller Glaukonit des Grünsandes ganze oder dochfragmentäre Steinkerne von Foraminiferen darstelle. Bailey (Silliman Journ. 1856, XXII, p. 280 bis 284) bestätigt zwar die Beobachtungen Ehrenberg1s über die Polythamienkerne im Kalksteine von Alabama, setzt aber ausdrücklich hinzu, dass viele Glaukonitkörner nicht von erkennbarem organischem Ursprung sind, daher wegen ihrer sehr unregelmässigen Gestalt nicht von Foraminiferen abgeleitet werden können. Dagegen ist er wohl geneigt, dieselben sämmtlich für kieselige oder eisenkieselige Ausfüllungen leerer Bäume in organischen Körpern, welche nachher selbst zerstört worden sind, zu betrachten. (Leonh. u. Br. Jahrb. 1851, 1, p. 91, 92.)

III. Über die Versteinerungen des Dilavialsandes von Hamm. Der gefälligen Mittheilung sowohl des Herrn Dr. von der Marck in Hamm, als auch des Hrn. Dr. Krantz in Bonn verdanke ich

Die Forstrainiferen «ler westphälischen Kreideformation. 1 T3

unter andern auch eine ansehnliche Menge des schon von den grobem Theilen befreiten Diluvialsandes von Hamm. Obwohl der erstere der genannten Herren in seiner Abhandlung über die Diluvial- und Allu- vialablagerungen im Innern des Kreidebeckens von Münster (in den Verhandlungen des naturh. Ver. der Rheinl. u. Westph. XV. Jahrg.) die Versteinerungen derselben schon ausführlich verzeichnet und besprochen bat, will ich doch jene organischen Reste, die ich selbst in denselben fand, hier zusammenstellen, da ich doch manche schärfere Bestimmung in Beziehung auf die Foraminiferenschalen zu geben ver- mag, wenn auch die Liste von der Vollständigkeit sehr entfernt ist und den Umständen gemäss sein muss.

Die beobachteten Petrefacten sind folgende:

1. Cornuspira cretacea Rss.

2. Nodosaria lepida m.

3. Zippei Rss.

4. Dentalina annulata Rss.

5. cylindroides m.

6. catennla m.

7. oligostegia Rss.

8. aculeata d' 0 r b.

9. foedissiuia m. (v. d. Marck 1. c. p. 56, T. 1, F. 13,

mala ic.)

10. Frondicularia apicnlata Rss.

11. Goldfussi m.

12. marginata Rss.

13. canaliculata Rss.

14. strigillata m. (Fr. Cordai var. lineolata v. d.

Marck 1. c. p. 55, T. 1, F. 11.)

15. microdisca m. (Fr. bicornis (Rss.) v. d. Marck

1. c. p. 56, T. 1, F. 12.)

16. striatula Rss.

17. angnsta Nilss.

18. Rhabdogoninm anomal um m.

19. Marginulina ensis Rss.

20. bacillnm m.

21. armata m.

22. Cristellaria angnsta Rss.

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174

23. Cristellaria Marcki Rss.

24. oligostegia m.

25. rotalata L a m. sp.

26. Flabellina rngosa d'Orb.

27. Baudouiniana d'Orb.

28. cordata Rss.

29. interpunctata v. d. Marck (I. c. p. 53, T. 1, F. 5).

30. Haplophraginiuni aequalc Rom. sp.

31. irreguläre Rom. sp.

32. Litnola nautiloidea Lunik.

33. Rotalia polyrraphes Rss.

34. eiscolpta m.

35. Rosalina uiarginata Rss.

36. (Jlobigerina crctacea d'Orb.

37. Buliuiiua yariabilis d'Orb.

38. Murchisoniaiia d'Orb.

39. Puschi Rss.

40. o Mihi in Rss.

41. PresliRss.

42. Ternenilina Münsteri Rss.

43. Tritaxia tricarmata m.

44. tiaudryiiia pupoides d'Orb.

45. rugosa d' 0 r b.

46. Globolina porrecta m.

47. Textilaria couulus m.

48. conciona Rss.

49. anceps Rss.

50. Tragos globularis Rss. (Kreideverst. Böhm. II, p. 78, 79, T. 20, F. 5). Selten.

Cylindrische Stielstücke von Scyphia pedunculata Rss. (1. c. II, p. 75, T. 17, F. 7—9).

ßourgueticrinus ellipticus d'Orb. Häufige Säulen- und Arm- glieder. Fragmentäre Kronen sehr selten.

Bruchstücke von Cidaritenstacheln, die aber ihres fragmentären Zustandes wegen nicht mit Sicherheit bestimmbar sind. Sie dürften wohl von C. fdamentosa Ag. , C. sceptrifera Munt., C. subvesiculosa Ag. (am häufigsten), C. armata Rss. abstam- men. C. vesiculosa fand ich nicht.

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Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation.

175

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55. 56. 57. 58. 59. 60. 61.

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67. 68. 69.

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74. 75.

76.

77. 78. 79. 80.

81.

Fragmente von anderen unbestimmbaren Cidaritenstacheln. Meh- rere Arten. Esehnra dichotoma Gold f. Sehr selten.

Lamarcki Hag. ? Selten.

ähnlich der E. macrostoma v. Hag. Sehr selten.

ähnlich der E. papyracca v. Hag. Sehr selten.

Atalanta d' 0 r b. ?

ähnlich der E. striata Gold f.

Marcki n. sp., ähnlich der E. Eryx d'Orb. (Pal. frano,. terr. cret.T. 628, F. 11). Alle sehr selten und meistens abgerie- ben, so dass sie keine vollkommen sichere Bestimmung gestatten. Abgeriebene Bruchstücke von Lunulites, wohl von L. Goldfussi v. Hag. Sehr selten. Vincularia uiicrostoma n. sp.

ähnlich der V. procera v. Hag. sp. Alle sehr selten.

Echarltes (Melicerites) impressa n. sp. Sehr selten. IHyriozouui cyclostoiimm n. sp. Ebenfalls sehr selten. Pnstulipora tenuissiina n. sp.

Cricopora antiqna De fr. sp. (= Cr. annulata Rss.). Sehr selten.

Idmonea sp. Sehr selten. frania striata Defr. Sehr vereinzelt. Terebratulina chrysalis Schloth. sp.

Fanjasi Rom. sp. (Ist gewiss kein Jugendzustand

von T. striata.)

Schlossfragmente eines unbestimmbaren Inoceramus. Häufig. Zahlreiche Bruchstücke kleiner Schalen von Östren proteus Rss. (I. c. I, p. 41, T. 27, F. 12—27).

Bruchstücke und Steinkerne kleiner gethürmter Schnecken. Sehr selten.

Deckel einer Bithynia. Eine kleine Paludina. Eine kleine Succinea.

Ein Pisidium. Die letztgenannten vier Conchylien sind nicht fossil.

Beleuiuitella quadrata d'Orb. ziemlich häufig, meist in Bruch- stücken.

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öröSSHSH

174 R e u s s.

23. fristellaria Marcki Rss.

24. oligostegia m.

25. rotulata L a m. sp.

26. Flabellina rogosa d'Orb.

27. Baudouiniann d' Orb.

28. cordata Rss.

29. interpunctata v. d. Marck (I. c. p. 53, T. i, F. 5).

30. Ilaplopliragmiiim aequale Rom. sp.

31. irreguläre Rom. sp.

32. Lituola nautiloidea Lamk.

33. Rotalia polyrraphes Rss.

34. exsculpta m. 33. Rosalina niarginata Rss.

36. Olobigerina cretacea d'Orb.

37. Buliuiina variabilis d'Orb.

38. Murchisoniana d'Orb.

39. Puschi Rss.

40. oYuluin Rss.

41. Presli Rss.

42. Verneailiua Münster! Rss.

43. Tritaxia tricarinata m.

44. ftaudryina pnpoides d'Orb.

45. rugosa d'Orb.

46. Globalina porrecta m.

47. Textilaria conulus m.

48. concinna Rss.

49. aneeps Rss.

50. Tragos globolaris Rss. (Kreideverst. Böhm. II, p. 78, 79, T. 20, F. 5). Selten.

51. Cylindrische Stielstücke von Scyphia pedunculata Rss. (I. c. II, p. 75, T. 17, F. 7—9).

52. Bourgucticrinus ellipticus d'Orb. Häufige Säulen- und Ann- glieder. Fragmentäre Kronen sehr selten.

53. Bruchstücke von Cidaritenstacheln, die aber ihres fragmentären Zustande» wegen nicht mit Sicherheit bestimmbar sind. Sie dürften wohl von C. filamentosa Ag. , C. sceptvifera Mant., C. subvesiculosa Ag. (am häufigsten), C. armata Rss. abstam- men. C. veslculosa fand ich nicht.

Die Foraminiferen der westfälischen Kreideformat/on. 175

54. Fragmente von anderen unbestimmbaren Cidaritenstacheln. Meh- rere Arten.

55. Eschara dichotoma Goldf. Sehr selten.

56. Lamarcki Hag. ? Selten.

57. ähnlich der E. macrostoma v. Hag. Sehr selten.

58. ähnlich der E. papyracea v. Hag. Sehr selten.

59. Atalanta d'Orb. ?

60. ähnlich der E. striata Goldf.

61. larcki n. sp., ähnlich der E. Eryx d'Orb. (Pal. frang. terr. cret. T. 628, F. 11). Alle sehr selten und meistens abgerie- ben, so dass sie keine vollkommen sichere Bestimmung gestatten.

62. Abgeriebene Bruchstücke von LunuUtes, wohl von L. Goldfussi v. Hag. Sehr selten.

63. Vincularia inicrostoma n. sp.

64. ähnlich der V. procera v. Hag.

65. sp. Alle sehr selten.

66. Echarites (Melicerites) inipressa n. sp. Sehr selten.

67. Myriozouin cyclostomum n. sp. Ebenfalls sehr selten.

68. Pnstnlipora teiiuissinia n. sp.

69. Cricopora antiqaa De fr. sp. (= Cr. annulata Rss.). Sehr selten.

70. Idmonea sp. Sehr selten.

71. Crania striata Defr. Sehr vereinzelt.

72. Terebratulina chrysalis Schloth. sp.

73. Fanjasi Rom. sp. (Ist gewiss kein Jugendzustand von T. striata.)

74. Schlossfragmente eines unbestimmbaren Inoceramus. Häufig.

75. Zahlreiche Bruchstücke kleiner Schalen von Ostrea proteus Rss. (1. c. I, p. 41, T. 27, F. 12—27).

76. Bruchstücke und Steinkerne kleiner gethürmter Schnecken. Sehr selten.

77. Deckel einer Bithynia.

78. Eine kleine Paludina.

79. Eine kleine Succinea.

80. Ein Pisidium. Die letztgenannten vier Conchylien sind nicht fossil.

81. Beleuinitella qnadrata d'Orb. ziemlich häufig, meist in Bruch- stücken.

176 e ii s s.

82. Serpula flnctnata Sow. Seltene Bruchstücke.

83. subtorquata v. Mst. , aber schwachkantig, ganz über- einstimmend mit der Beschreibung von Römer und den Exem- plaren aus der böhmischen Quadratenkreide (Plänermergel).

84. Serpula omatissima n. sp. Sehr selten.

85. Bairdia snbdeltoidca v. Mst. sp.

86. Kleine unbestimmbare Fischwirbel,

87. Kleine Haifischzähne ohne Wurzel, ähnlich Scoliodon.

88. Fragmente kleiner Haifischzähne, vielleicht von Oxyrrhina Mantelli A g.

89. Odontaspis raphiodon Ag. Kleine Zähne.

90. Fragmente kleiner Flossenstachel eines Spinaxt Sämmtliche hier autgezählte Petrefacten stammen aus der Kreide- formation. Dieselben sind also, wenn sie auch, wie die von Dr. von derMarck gegebenen Listen ausser Zweifel setzen, mit organi- schen Resten anderer Formationen, besonders der devonischen, des Jura und des Wälderthones gemengt vorkommen, offenbar in vor- wiegender Zahl vorhanden, was in der unmittelbaren Nähe mächtig anstehender Kreidegesteine seine ungezwungene Erklärung findet. Die nähere Betrachtung der namhaft gemachten Versteinerungen lehrt uns aber auch, dass es vorzugsweise jüngere Kreideschichten sind, die dem Diluvialsande das organische Material geliefert haben. Nehmen wir die 49 Foraminiferen-Species, für welche die unter- suchten Foraminiferen der anstehenden Kreidegesteine Westphalens ein sehr willkommenes Material zur Vergleicbung darbieten, zum Ausgangspunkte. 6 Arten, die bisher nur aus dem Diluvialsande von Hamm bekannt sind, müssen dabei ausgeschieden werden, so dass nur 43 Arten zur Vergleicbung erübrigen. Von denselben sind 10 nur in den Mucronatenschichlen theils Westphalens, theils auch anderer Länder gefunden worden; 11 Arten zugleich im oberen und unteren Senonien, 9 nebst diesen beiden Etagen auch noch im Cenomanien; 7 Species gehen vom oberen Senon selbst bis in den Gault hinab. Fünf Arten sind zwar in Westphalen bisher nur im Diluvialsande angetroffen worden, kommen aber ausserhalb des unter- suchten Terrains auch in der Kreideformation vor, und zwar zwei Arten in den Mucronatenschichten, 3 in der Quadratenkreide und im Pläner. Zwei Species hat der Diluvialsand von Hamm nur mit den Quadratenschichten gemein. Die eine derselben kehrt aber ausserhalb

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 177

Westphalens in allen Kreidegliedern vom oberen Senon bis zum Cenomanien herab wieder.

Es ergibt sich aus dem eben Vorgetragenen, dass von 43 Fora- miniferenarten 40 zugleich in den Mucronatenschichten liegen, 32 in der Quadratenkreide. Es dürfte dadurch wohl der Schluss gerecht- fertigt erscheinen, dass die im Diluvium von Hamm begrabenen Fora- miniferen fast sämmtlich den in der Nachbarschaft anstehenden und weit verbreiteten oberen und unteren Senonschichten entnommen sind. Dass sie nicht aus der Ferne herbeigeführt worden sein können, geht aus dem guten Erhaltungszustände der so kleinen und zerbrech- lichen Schalen mit der grössten Wahrscheinlichkeit hervor.

Zu ganz analogen Resultaten gelangt man, wenn man die übri- gen Petrefacten des Diluviums von Hamm, die freilich viel weniger vollkommen erhalten sind, in das Auge fasst. Ich sehe jedoch von der weiteren Vergleichung ab, da vorzugsweise nur die Foraminiferen den Gegenstand der vorliegenden Abhandlung bilden.

IV. Specielle Beschreibung der neuen oder unvollständig bekannten

Foraminiferen.

A. Monothalamia. Cormispiriclae S c h u 1 1 z e.

Cornuspira Jfi» Schultze*

1. C. cretaceaRss. (OpercuUna er. Reuss. Verstein. d. böhm. Kreideform. p. 35 , T. 13, F. 64, 65). T. I, F. 1. 0-6—1-6 Millim. gross, dünn scheibenförmig, im Umfange kreisrund, seltener durch Verlängerung nach einer Richtung breit elliptisch. 10 15 in einer Ebene spiral aufgerollte, wenig gewölbte, durch deutlicheNäthe gesonderte Umgänge, die nur wenig involut sind, so dass jede auf der Innenseite nur eine schwache Längsfurche zeigt, welche die nächstvorhergehende Windung aufnimmt. Die innersten Umgänge sind sehr dünn und schmal; nach aussen nehmen sie sehr langsam au Rreite zu. Nur die äusserste wird schnell beinahe doppelt so breit als die vorletzte und stärker involut. Zugleich aber werden die Windungen nach aussen dicker, wodurch das Gehäuse in der Mitte beiderseits viel dünner erscheint, als an den Rändern, und eine seichte, schüsseiförmige Vertiefung darbietet. Die letzte Windung zieht sich

178 n e u s s.

dem Endo zunächst beträchtlich zusammen und die Mündung erscheint dadurch bedeutend verengert.

Die Schalenoberfläche zeigt gewöhnlich ziemlich regelmässige, stärkere und schwächere Anwachsringe.

Fundorte: Im westphälischen Kreidegebirge sehr verbreitet. In den oberen Senonmergeln vom Kurkenberg und Herrensteinberg bei Hamm, von Dolberg bei Beckum, Hilgenberg bei Hamm; in den unteren Senonmergeln von UedinghofF bei Hamm, vom Rhynerberg, Bergeamen, Hamm und von Ostheide bei Hamm; im Pläner von Opherdieke bei Unna; im Gault von Rheine; im Diluvialsande von Hamm. Überdies nicht häufig im Bakulitenthon von Luschitz und Priesen in Böhmen; im Minimusthon von Eilum, im Milletianusthon von Klein-Lopke bei Hildesheim und im Tardefurcatusmergel von Quitzen bei Quarum.

B. Polythalamia. I. Stichostegia d'Orb.

a) Nodosaridae. Nodosaria d'Orb.

1. N. lepida m. T. I, F. 2. Länge = 1-316 Millim., Dicke = 0*365 Millim. Das kurze, verhältnissmässig dicke Gehäuse besteht aus 6 7 rosenkranzartig aneinander gereihten, nach oben langsam an Dicke zunehmenden gewölbten Kammern, welche etwas breiter als hoch und durch tiefe Näthe getrennt sind. Die erste Kaminer ist klein, stumpf und ohne Stachel. Die letzte fast kugelig, etwas höher und dick, mit kurzem centralen Schnabel und gestrahl- ter Mündung. Die Sehale glasig glänzend.

Sehr selten im oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm und im Diluvialsand von Hamm.

2. N. concinna m. T. 1 , F. 3. Länge = 1-536 Millim., Dicke = 0-523 Millim. Steht der vorigen Species wohl nahe, unter- scheidet sich aber durch nur vier gewölbte grössere Kammern, die höher als breit sind. Die erste trägt einen sehr kurzen Central- stachel; die letzte ist besonders gross und gewölbt, und zieht sich rasch zu einer sehr kurzen dicken Spitze zusammen. Die Mündung ist ebenfalls gestrahlt, die Schaleuobertläche glatt und glänzend.

Die Foraminiferen der westphiilischeii Kreideformatron. 170

Von der sehr ähnlichen N. limbata d'Orb. ans der weissen Kreide von Meudon (Mein, de la soc. geol. de Fr. IV. I, 1840, p. 12, T. 1 , F. 1) unterscheidet sie sich durch den Mangel des Nathsaumes.

Sehr selten in den Obersenonmergeln des Hilgenberges bei Hamm.

3. N. nana m. T. I, F. 6. Eine sehr kleine, kurze, ver- hältnissmässig dicke Species. Das grösste Exemplar misst nur 0-585 Millim. in der Länge, 0*219 in der Breite. Drei Kammern, deren unterste am dicksten, fast kugelig ist und in eine kurze Cen- tralspitze ausläuft. Die zweite längste ist etwas länger als breit und wird von den beiden Endkammern durch massig tiefe Näthe geson- dert. Die letzte kleinste läuft in eine kurze Spitze aus. Über das Gehäuse verlaufen 8 9 schmale niedrige Längsrippen , die durch doppelt breitere flache Zwischenräume geschieden werden.

Sehr selten im obersten Gault von Rheine.

4. N. intercostata m. T. I, F. 4. Länge : 1 -373 Millim., Breite : 0-329 Millim. Ähnelt einigermassen der mitteltertiären N. bacillum Defr. (d'Orbigny, Foram. foss. du bass. tert. de Vienne, p. 40, T. 1, F. 40—47).

Das nicht sehr lange, schlanke Gehäuse nimmt nach aufwärts nur wenig an Dicke zu, ist beinahe cylindrisch. Die ungleichen, meist niedrigen Kammern sind nur durch seichte Näthe gesondert. Die erste, unten mit einer kurzen Stachelspitze bewaffnete übertrifft die nächstfolgende an Grösse nur wenig; die letzte endet in einen kurzen centralen Schnabel. Über sämmtliche Kammern verlaufen 5 6 schmale niedrige Längsrippen, deren je zwei stets eine noch feinere zwischen sich haben.

Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm.

5. N. duplicicostata m. T. I, F. 5. Länge : 0-921 Millim., Breite : 0*148 Millim. Eine kleine schlanke Species von spindelför- miger Gestalt, an beiden Enden beinahe gleichförmig zugespitzt. Es lassen sich nur drei Kammern unterscheiden. Die erste ist die längste, wenigstens vermochte ich selbst bei durchfallendem Lichte keine weitere Theilung daran wahrzunehmen. Sie ist gleich der letzten zugespitzt. Die mittlere kürzeste ist doch noch bedeutend höher als breit. Die Näthe sind sehr seicht. Über die

J80 R e u s s.

Schale verlaufen 4 5 stärkere und dazwischen eben so viele weit schwächere Längsrippchen, die bis zur unteren Spitze des Gehäuses herabreichen, die obere Hälfte der letzten Kammer aber frei lassen. Sehr selten in den unterhalb des Grünsandes liegenden Schich- ten des Gault von Rheine.

6. N. obscora Rss. (Verstein. der böhm. Kreideform. p. 26, T. 13, F. 7—9.)

Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm und im Grünsande des Gault von Rheine. Gemein im Baculitenmergel vonLuschitz, selten in jenem vonKystra in Böhmen, in der weissen Kreide von Kent und im lower chalk von Dover. Nach Morris soll sie auch im Gault von Folkstone und im Grünsand von Warminster vorkommen.

7. N. prisinatica m. T. II, F. 2. Ähnlich der N. Zippei Rss. aus dem böhmischen Pläner (Reuss, Verstein. d. böhm. Kreideform. p. 2ö, T. 8, F. 1 3) und der N. polygona Rss. aus den Kreide- schichten von Wichmannsdorf und Basdorf in Mecklenburg (Zeitschr. d. deutschen geol. Gesellschaft 1855, p. 265, T. 8, F. 7, 8) u. a. m.

Das Gehäuse ist in seiner ganzen Ausdehnung beinahe gleich dick. Die erste Kammer nur wenig länger und schmäler als die letzte, von derselben Gestalt und beide in eine kurze Spitze aus- laufend. Die übrigen Kammern sind kaum gewölbt, wenig breiter als hoch und nur durch schwache vertiefte Linien gesondert. Über alle Kammern laufen 6 sehr regelmässige schmale, am Rücken gerun- dete Längsrippen herab, die durch viel breitere, ebene Zwischen- räume getrennt sind. Die die Mündung tragende Spitze der letzten Kammer ist glatt.

Sehr selten in den obersten Gaultschichten von Rheine.

8. N. Zippei Rss. (Verstein. d. böhm. Kreideform. I, p. 25, T. 8, F. 1 3). Selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges und Westberges bei Hamm u. a. 0., im Diluvialsande von Hamm. Sehr häufig im Pläner von Kosstitz u. a. 0. in Böhmen; seltener, aber ebenfalls weit verbreitet in den böhmischen Bakulitenthonen; in der weissen Kreide und im lower chalk Englands.

9. N. inflatti Rss. (Verstein. d. böhm. Kreideform. I, p. 25, T. 13, F. 3, 4 Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1855, p. 263, T. 8, F. 2 4). Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgen- berges bei Hamm. Sehr selten im Bakulitenthone von Luschitz

Die Foraminiferen der westfälischen Kreideformation. 1 <S 1

in Böhmen; nicht selten in den Kreideschichten von Basdorf und Wichmannsdorf in Mecklenburg.

10. N. tetragona m. T. II, F. 1. Diese Species ist durch ihr vierkantiges Gehäuse von allen bekannten lebenden und fossilen Arten verschieden. Das verlängerte Gehäuse nimmt nach oben nur wenig und langsam an Dicke zu und ist an beiden Enden kurz zugespitzt. Die Begrenzung der beinahe eben so hohen als breiten Kammern ver- räth sich äusserlich nur durch sehr feine, undeutliche Linien; im untersten Tbeile des Gehäuses ist sie gar nicht wahrnehmbar. Die Kammern sind scharf vierkantig mit eingebogenen Seitenflächen, so dass vier scharfe Längsrippen über die Seitenkanten des quadra- tischen Gehäuses herabzulaufen scheinen. Die Schalenoberfläche ist eben, aber nicht glänzend. Jedoch könnte dies auch durch spätere Einwirkung lösender Substanzen bedingt sein.

Sehr selten im Grünsande des Gault von Rheine.

Itentalhia ü" 0 r b.

Die Arten dieser Gattung sind von Nodosaria keineswegs scharf abgegrenzt. So sehr sich die exquisiten Formen beider auch von einander zu unterscheiden scheinen, so werden dieselben doch durch eine grosse Menge vermittelnder Zwischenformen zu einer ununterbrochenen Reihe verbunden. Die sehr wechselnde Krüm- mung des Gehäuses, die grössere oder geringere Excentricität der die Mündung tragenden Verlängerung der letzten Kammer bringen die mannigfachsten Modificationen in der Gestalt der Dentalinen hervor und führen ganz allmählich und unmerklich zu den echten Nodosarien mit gerade gestreckter Schale und centraler Mündung.

Die westphälischen Kreidegebilde sind sehr reich an Arten der Gattung Dentalina. Ich kenne ihrer bisher 28, von denen bei wei- tem die Mehrzahl den glatten meist sehr indifferenten und schwer unterscheidbaren Formen angehören. Nur drei sind längsgerippt; zwei Arten tragen Stacheln oder unregelmässige Höcker.

1. D. acuminata m. T. I, F. 7 Länge : 3-29 Millim., Breite : 0-577 Millim. Lang dolchförmig, gerade, sich nach abwärts allmählich bis zur Spitze verschmälernd. Die Kammern zahlreich (bis 16). Die untersten sehr klein und nur undeutlich gesondert. Nach oben nehmen sie allmählich an Breite zu, bleiben aber immer breiter als hoch , sehr wenig gewölbt und durch nur schwach

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eingedrückte Näthe begrenzt. Die letzte Kammer gross und gewölbt, in eine kurze und dünne excentrische, weit rückwärts stehende Spitze auslaufend. Eine schmale aber tiefe Nath trennt dieselbe von der nächstälteren Kammer. Die Schale glasig glänzend. Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm.

2. D. snbrecta m. T. I, F. 10. Länge : 1 -39 Millim., grösste Breite : 0'335 Millim. Der vorigen Species ähnlich, nur durch gerin- gere Länge des Gehäuses, weniger zahlreiche Kammern, das stum- pfere untere Ende und tiefere Näthe verschieden.

Die gerade Schale verschmälert sich abwärts allmälig und endigt mit sehr stumpfer Spitze. Die ältesten Kammern sind äusserlich nicht von einander geschieden. Die übrigen jedoch werden durch schmale aber ziemlich tiefe Näthe abgegrenzt. Die letzte Kammer kugelig mit kurzer, beinahe an der Rückenseite stehender Spitze und gestrahlter Mündung. Schale glasig glänzend.

Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm, im Pläner und im obersten Gault von Rheine.

3. Dcntalina megalopolitana Rss. (Zeitschr. d. deutschen geol. Ges. 1855, p. 267, T. 8, F. 10). Sehr selten im oberen Senon- mergel des Hilgenberges bei Hamm. Sehr selten im Kreidekalke von Basdorf in Mecklenburg.

4. D. annolata Rss. (Die Kreideverst. Böhm. I, p. 27, T. 8, F. 4, 67; T. 13, F. 21. Reuss in Haidinger's naturwiss. Ab- handl. IV. 1, p. 26, T. 1, F. 13). In den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm und im Diluvialsande von Hamm. Sehr verbreitet im Bakulitenthone und Pläner Böhmens, in dem Mucronaten- mergel von Lemberg ; im Ananchytenmergel zwischen Astfeld und Jenstedt; im obern Pläner aus dem Bohrloche in Liebenburg bei Salzgitter; im Kreidemergel des tiefen Grabens im Gosauthale.

5. D. tenuicaadata m. T. II , F. 3. Länge : 139 Millim., Dicke : 0-201 Millim. Ist im Habitus der tertiären D. elegans d'Orb. (Foram. du bass. tert. de Vienne p. 43, T. 1 , F. 52 56) ähnlich, weicht aber durch den Mangel des unteren Stachels und die Grösse der letzten Kammer davon ab.

Das gebogene Gehäuse nimmt nach unten sehr regelmässig an Dicke ab und endigt mit dünner Spitze. Die zahlreichen (11 12) Kammern wenig gewölbt, nicht viel höher als breit, durch seichte Näthe geschieden. Die erste Kammer sehr klein, die letzte gross,

Die Foraminiferen der westphiilischen Kreideformation. 183

eiförmig, mit stumpfer, beinahe centraler Spitze. Die Mündung gestrahlt, die Schalenoberfläche glänzend glatt.

Sehr selten in den unteren Senonmergeln von Ostheide bei Hamm.

6. D. commotata m. T. II, F. 4. Länge: 1243 Millim., grösste Dicke : 0226 Millim. Der D. plebeja Rss. und D. megalo- politana R ss. aus der obern Kreide von Rasdorf in Mecklenburg (Zeitschr. d. deutschen geol. Ges. 1855, p. 267, T. 8, F. 9 und 10) ähnlich, aber von beiden verschieden.

Das Gehäuse oben ziemlich dick, nach abwärts sich zur scharfen Spitze verschmälernd, massig gebogen. Dadurch, dass die Kammern auf der Rauchfläche mehr gewölbt sind als auf der Rückenseite, wird dasselbe sehr ungleichseitig. Während die Rückenseite eine beinahe gerade Linie darstellt, ist die Rauchseite viel stärker ge- bogen.

Die Kammern sind etwas breiter als hoch, nur die letzte ver- längert, schief eiförmig. Die unteren Näthe erscheinen als kaum vertiefte Linien, nur die obersten bilden seichte Furchen. Die Mün- dung sitzt auf einer weit gegen die Rückenseite der Schale gerückten Spitze der letzten Kammer und ist mit einem Strahlenkranze umge- ben. Die Oberfläche der Schale glasig glänzend.

Sehr selten in den obersten Schichten des Gault von Rheine.

7. D. pugiuucalas m. T. III, F. 9. Ist der D. fiiiformis Rss. verwandt, jedoch kürzer, und verschmälert sich nach abwärts rascher zur Spitze. Die erste Kammer sehr klein, die folgenden allmählich an Grösse zunehmend, kurz elliptisch, nicht viel höher als breit, kaum gewölbt. Die Näthe sehr seicht. Die Schalenoberfläche glatt.

Von dieser Species liegen nur grössere und kleinere Rruck- stücke vor, denen allen die letzte Kammer fehlt. Sie stammen aus den oberen Senonmergeln des Hilgenberges.

8. D. cognata m. T. I, F. 9. Verwandt der D. oligostegia Rss. (Verstein. d. böhm. Kreideform. I,p.27, T. 13, F. 19,20), aber durch die grössere Anzahl und die Form der Kammern verschieden. Länge: 2-78 Millim., grösste Dicke: 0-548 Millim. Gehäuse sehr schwach gebogen und im Vergleiche zur Länge ziemlich dick. 4 6 massig gewölbte, durch ziemlich tiefe Einschnürungen gesonderte Kammern. Die erste ist beinahe kugelig und läuft am untern Ende in

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 8. 13

184 R e u s s.

eine kurze Spitze aus. Die übrigen sind etwas höher als breit. Ihre grösste Wölbung fällt in die untere Hälfte; nach oben hin verdünnen sie sich allmählich etwas. Die letzte Kammer spitzt sich oben schräge zu und endigt in einer kurzen dicken, etwas excentrischen Spitze. Die Schalenoberfläche glatt und glasig glänzend. Selten in Gesellschaft der vorigen Species.

9. D. distincta m. T. II, F. 5. Länge : 0-877 Millim. , grösste Dicke: 0-182 Millim. Ist der vorigen Species wohl verwandt, aber durch weniger gewölbte Kammern, seichtere Näthe, die schiefere letzte und die viel längere erste Kammer davon hinreichend ver- schieden.

Erwachsene Exemplare bestehen aus vier sehr verschieden gestalteten Kammern, die durch breite, aber wenig tiefe Näthe geschieden werden. Die erste Kammer ist grösser als die zwei nächst folgenden, elliptisch, gewölbt, unten sehr schwach zugespitzt. Die zweite und dritte Kammer sind wenig gewölbt, etwas höher als breit. Die letzte sehr gross, schief-elliptisch, besonders an der Bauchseite convex, oben in eine schiefe excentrische Spitze auslaufend, welche die gestrahlte Mündung trägt. Die Schalenoberfläche glatt, glänzend.

Sehr selten in den obern Gaultschichten von Rheine und (?) in den unteren Senonmergeln von Ostheide bei Hamm.

10. D. discrepims m. T. III, F. 7. Länge: 1-975 Millim., grösste Dicke : 0-438 Millim. Diese Species ist durch die auffallende Ungleichheit der Kammern , die noch bedeutender ist als bei D. distincta m. und bei D. dispar Rss. aus dem Septarienthoue von Hermsdorf (Zeitschr. d. deutschen geol. Ges. 1851, 1, p. 61, T. 3, F. 7) von allen verwandten Arten verschieden.

Das kurze, dicke und sehr wenig gebogene Gehäuse besteht nur aus drei Kammern. Die erste endigt unten in einen kurzen Centralstachel, ist aber, gleich der zweiten, die beiläufig eben so lang als breit ist, cyliudrisch. Die letzte Kammer ist länger als die beiden andern zusammengenommen, lang eiförmig und zieht sich zu einer dicken, etwas schief nach rückwärts gerichteten Spitze zusam- men; die Näthe tief; die Schalenoberfläche glasig glänzend.

Sehr selten in den untern Senonmergeln von Ostheide bei Hamm.

11. D. Ulli Rss. (Reu ss in Hai ding er's naturwiss. Ahhdl. IV. I. p. 25, T. 1, F. 11.) Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm. In den Mucronatenmergeln von

Die Fora mini Coro n der westphälischen Kreidefonnation. Iö5

Lemberg in Galizien; im Kreidemergel vor dem Clever Thore von Hannover.

12. D. marglnuloides Rss. (1. c. IV. p. 25, T. 1, F. 12). Sehr selten in Gesellschaft der vorigen Species an den vorbezeichneten Fundorten.

13. D. cvlindroides m. T. I, F. 8. Länge: 241 Millim., grösste Dicke : 0-497 Millim. Kurz und verhältnissmässig dick, walzenförmig, wenig gebogen, an beiden Enden zugespitzt. Wenige (4) beinahe cylindrische, nur durch sehr seichte Einschnürungen gesonderte Kammern, von denen die mittleren zwei nur wenig höher als breit sind. Die Mündung auf einer kurzen excentrischen Spitze. Die Schale glasig glänzend.

Im oberen Senonmergel des Hilgenbergs bei Hamm, im unteren Senonien vom Rhynerberg, im Minimusthone von Rheine. Auch im Minimusthone aus dem Bohrloch Nr. 2 in der Heininger Ziegelei bei Salzgitter. Im Diluvialsande von Hamm.

14. D. catenula m. T. III, F. 6. Länge: 19 Millim., grösste Dicke: 0*38 Millim. Unterscheidet sich von der sehr ähn- lichen D. cylindroides durch die tiefer eingeschnürten Näthe, so wie durch die deutlicher zugespitzte erste Kammer. Das nur wenig gebogene Gehäuse besteht nur aus vier massig und gleichförmig gewölbten, beinahe elliptischen Kammern, deren erste eine kurze Centralspitze trägt. Die letzte verschmälert sich zur kurzen , stark excentrischen Spitze mit gestrahlter Mündung. Die Näthe tief. Die Schale glasig glänzend.

Sehr selten in den Obersenonmergeln des Hilgenberges bei Hamm, in dem unteren Senonien von Hamm und von Ostheide, in den obersten Gaultschichten von Rheine und im Diluvialsande von Hamm.

15. J). strangulata m. T. II, F. 6. Der vorigen Species wohl sehr ähnlich , aber durch die nicht zugespitzte erste Kammer und die bedeutendere Grösse der schlankeren und längeren Kammer wesentlich unterschieden. Länge: 1-097 Millim., grösste Breite: 0-182 Millim. Das wenig gebogene Gehäuse besteht aus vier ellip- tischen , massig gewölbten Kammern , deren erste unten stumpf gerundet ist, die letzte in eine ziemlich lange, wenig excentrische Spitze ausläuft. Alle sind höher als breit, durch tiefe Näthe geschie- den. Ein feiner Strahlenkranz umgibt die Mündung. Die Schalen- oberfläche glatt, glänzend. Sehr selten im obersten Gault von Rheine

13*

186 R e u s s.

16. D. oligostegia Rss. (Verst. d. böhm. Kreideform. I, p. 27, T. 13, F. 19, 20. Haidinger's naturwiss. Abhdl. IV. 1, p. 25, T. 1, F. 10). Selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm und im Diluvialsande bei Hamm. Nicht selten in den böhmischen Bakulitenthonen von Luschitz, Brozan u.a.; sehr selten in den Mucronatenmergeln von Lemberg in Galizien; im Kreide- detritus von Charing (England).

17. D. Lorneiana d'Orb. (Mem. de la soc. geol. de Fr. IV. 1, p. 14, T. 1, F. 8, 9). Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges und in den unteren Senonmergeln von Ostheide bei Hamm. Ebenso im Pläner von Kosstitz und in den Bakulitenthonen von Luschitz, Kautz , Kystra, Brozan u. s. w. in Böhmen; in der weissen Kreide von Sens in Frankreich und der Grafschaft Kent in England, im lower chalk von Dover.

18. D. intermedia m. T. II, F. 8. Länge: 1-829 Millim.; grösste Dicke: 0-256 Millim. Durch die Schiefheit der Kammern der D. Rcemeri Neugel). (Denkschr. d. k. Akad. zu Wien. XII. 2, p. 82, T.2,F. 13— 17) und der D. Orbignyana Neugeb. (I.e. p.82,T.3, F. 1 3) aus dem Tegel von Lapugy ähnlich.

Das Gehäuse ist ziemlich schlank und gebogen, und verdünnt sich nach unten allmählich zur wenig scharfen Spitze. Die Kammern sind kaum gewölbt, massig schief, höher als breit. Im unteren Theile des Gehäuses vermag man nicht ihre Grenzen äusserlich zu unter- scheiden. Die übrigen Näthe sind nur durch feine Linien angedeutet; nur die letzte ist schwach vertieft. Die Kammern sind walzenförmig, die jüngste schief eiförmig, in eine ziemlich lange, stark excen- trische Spitze ausgezogen. Die Schalenoberfläche glalt und glänzend.

Sehr selten im Minimusthone von Rheine.

19. D. communis d'Orb. (1. c. IV, 1, p. 13, T. 1, F. 4). Selten im untern Senonmergel von Flierich, vom Rhynerberg und von Uedinghoff. Selten in der weissen Kreide von Meudon und von England, im Mucronatenmergel von Lemberg (Galizien), im Bacu- litenthone von Luschitz, Brozan und Rannai, im Pläner vom Laurenz- berge bei Prag (Böhmen), im Kreidemergel vor dem Clever Thore von Hannover.

D'Orbigny hat später im Prodrome de paleontol. II, p. 280, den Namen dieser Species in D. subcommunis umgeändert, um sie von der lebenden und tertiären D. communis d'Orb. (Ann. d.

nie Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 1 ö f

sc. nat. 1826. p. 254. -- Montagu, Test. brit. Suppl. T. 19, F. 4, 7) zu unterscheiden. Morris hat beide in seinem Cata- logue of british fossils (2. edit. p. 34) vereinigt. Ich kenne die tertiäre Species nicht aus eigener Anschauung, kann daher über ihre Identität mit der Kreidespecies kein entscheidendes Urtheil fällen.

20. D. gracilis d'Orb. (1. c. IV, 1, p. 14, T. 1, F. 5). Im obern Senonien des Hilgenbergs bei Hamm, im untern von Ostheide, selten. In der weissen Kreide von Sens (Frankreich) und von England, im Mueronatenmergel von Lemberg (Galizien), imBaculitenthone von Luschitz, Wollepschitz, Rannai und Brozan (Böhmen); nach Morris auch im Gault von Folkestone.

21. D. legQinen Rss. (Die Verstein. d. böhm. Kreideform. I, p.28, T. 13, F. 23, 24. Haidinger's naturw. Abhdl. IV. 1, p. 26, T. 1, F. 14.) T. 3, F. 5. In der Form und der Schiefheit der Kammern sehr verwandt der D. inornata d'Orb. aus dem Tegel des Wiener Beckens (Foram. foss. du bass. tert. de Vienne. p. 44, T. 1, F. 50, 51). Die Kammern sind nicht so schief wie bei D. communis d'Orb. aus der französischen Kreide und bei D. badenensis d'Orb. von Baden bei Wien (1. c. p. 44, T. 1, F. 49). Länge: 1-46 Millim., grösste Breite: Ol 82 Millim. Das lineare Gehäuse sehr schlank, wenig gebogen, gewöhnlich von den Seiten her wenig zusammen- gedrückt. Die 6 9 Kammern nehmen bis zur letzten nur langsam an Grösse zu und sind etwas schief, so dass ihre Wölbung an der convexen Seite des Gehäuses stärker hervortritt als an der con- caven. Die Näthe schmal, aber ziemlich tief. Die erste Kammer klein und in eine sehr kurze Spitze auslaufend, die letzte gross, schief- oval, verdünnt sich zu einer ziemlich langen, beinahe ganz an die concave Seite des Gehäuses gerückten Spitze, die die schwach gestrahlte Mündung trägt. Die Sclialenoberfläche matt, ohne deut- liche Rauhigkeiten zu zeigen.

Fundorte: Die Species scheint in den westphälischen Kreide- schichten weit verbreitet zu sein. Ich fand sie im obern Senonien des Westberges, Hilgenberges und Herrnsteinberges bei Hamm, von Drensteinfurth, von Dolberg und von der Siestwarte bei Beckum; im unteren Senonien von Hamm und vom Rhynerberge, so wie im Pläner und oberen Gault von Rheine. Auch im Baculiten- thon von Rannai (Röhmen); in den Mucronatenschichten von Lern-

188 R e u s s.

berg (Galizien); im Gault von Folkestone (England); im Kreide- inergel vor dem Clever Thore von Hannover.

22. D. expausa in. T. III, F. 4. Eine lange und schlanke Species, gleich devB.fi/iformls. Es liegen aber nur Bruchstücke des wenig gebogenen Gehäuses vor. Die lang-elliptischen Kammern verschmälern sich gegen beide Enden hin gleichmässig und sind 2 bis 2,/3 Mal so lang als breit. Sie werden durch breite, aber nicht sehr tiefe Einschnürungen gesondert. Die letzte Kammer verschmälert sich oben zur kurzen, wenig excentrischen Spitze. Die Gestalt der ersten Kammer ist mir nicht bekannt. Die Schale glatt , glasig glänzend.

Sehr selten im obern Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm.

23. D. filiformis Rss.? T. III, F. 8. Es liegen nur Bruch- stücke dieser sehr schlanken und dünnen Species vor. Es muss dess- halb auch noch zweifelhaft bleiben, ob die in Rede stehende Art wirklich mit der B. filiformis aus dem Bakulitenthone von Luschitz und Rannai in Böhmen (Reuss, die Verst. d. böhm. Kreidef. I, p. 28, T. 12, F. 28) identisch sei, um so mehr, da bei dieser die Breite der Kammern von der Länge 4 5 Mal übertroffen wird , während dieselben an den vorliegenden Fragmenten nur 2 3 Mal so hoch als dick sind. Übrigens verschmälert sich das schwach gebogene Gehäuse nach abwärts nur langsam. Die Kammern sind lang-ellip- tisch, sehr wenig gewölbt , an den Näthen kaum eingeschnürt. Die erste Kammer sehr klein , sehr schwach zugespitzt. Die letzte Kam- mer fehlt an allen gefundenen Exemplaren.

Selten im obern Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm.

24. D.lineolata Rss.(Die Verstein. d. böhm. Kreideform. I,p. 27, T. 8, F. 8.) Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm. Im Pläner von Kosstitz, im Baculitenthone von Luschitz und Brozan; im Kreidedetritus von Charing (England).

25. D. Marcki m. T. II, F. 7. Das kleinste Exemplar ist 2-56 Millim. lang und am obern Ende 0-36 Millim. dick. Die Species gehört in die umfassende Gruppe der Dentalinae costatae. Das Gehäuse ist beinahe gerade und gibt sich fast nur durch die starke Excentricität der Mündung als Bentalina zu erkennen. 8 10 Kam- mern, von denen die ältesten äusserlich beinahe nicht gesondert sind. Die jüngeren werden durch seichte Näthe geschieden. Nur die letzte Nafh ist tief.

Die Foraraiiiiferen der westphälischen Kreideformation. 189

Die erste Kammer elliptisch . wenig grösser als die nächst fol- genden und unten mit einem kurzen Centralstachel versehen. Die etzte ist kugelig und in einen schiefen excentrischen kurzen Schna- bel verlängert, der die gestrahlte Mündung trägt. Über sämmtliche Kammern, mit Ausnahme der letzten, verlaufen 8 11 sehmale, niedrige Längsrippchen, wodurch das Gehäuse kantig wird.

Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm.

26. D. polypkragiua m. T. III, F. 1. Diese Species, die nur in einem theilweise in ein mergeliges Gestein eingewachsenen Exemplare ohne letzte Kammer vorliegt, ist eine der grössten der artenreichen Gattung Bentalina. Unser fragmentäres Exemplar misst 19-8 Millim. Das Gehäuse ist im Verhältnisse zur Länge sehr schlank und ziemlich stark gebogen. Nach abwärts verschmälert es sich sehr allmählich und gleiclimässig und endigt in einer wenig scharfen Spitze. Die Zahl der Kammern beläuft sich auf 23. Die untersten sind nur durch sehr schwach vertiefte Linien, die oberen durch deutliche Ein- schnürungen geschieden. Die letzte Kammer scheint tief abgeschnürt gewesen zu sein und war daher dem Abbrechen sehr unterworfen. Über das ganze Gehäuse verlaufen dicht an einander gedrängte, durch schmälere Furchen geschiedene , gerundete Längsrippchen, deren Zahl sich nach oben durch Einsetzen neuer vermehrt.

Sehr selten im Grünsande von Essen.

27. D. aculeata d*Orb. (1. c. IV. 1 , p. 13, T. 1 , F. 2, 3). Im obern Senonmergel von Dolberg bei Beckum und vom Hilgenberg bei Hamm, im untern Senonien von Flierich, im Diluvialsande von Hamm, wegen der grossen Zerbrechlichkeit des Gehäuses stets nur in Bruchstücken. tu der weissen Kreide von Sens und Meudon (Frankreich) und von England , in den Bakulitenschichten von Luschitz, Bannai, Brozan und Kystra (Böhmen).

Wenn William son (Manch. Mein. 8, p. 78, F. 73, 74) diese Species aus dem obern Lias von Ilminster anführt, so ist dies ohne Zweifel einer Verwechslung mit einer verwandten Species zuzu- schreiben.

28. D. foedissiina m. T. III, F. 2, 3. Gehört ebenfalls unter die grössten Arten der Gattung; einzelne der zahlreichen vorliegen- den Exemplare, die aber meistens fragmentär sind, erreichen die Länge von 7-63 Millim. Die Schale ist massig gebogen und verschmä-

190 R e u s s

lert sich abwärts langsam bis zur Spitze. 10 12 Kammern, breiter als hoch, sonst von sehr unregelmässiger Form durch zahlreiche grössere und kleinere, mitunter sehr starke, gerundete oder stumpf zugespitzte Höcker. Sie werden durch tiefe aber schmale Nätlie geschieden. Die erste Kammer ist sehr klein, die letzte am gross- ten und in eine kurze, stumpfe, von der runden nackten Mündung durchbohrte Spitze auslaufend.

Die Oberfläche der Schale ist sehr uneben und mit kleineren Rauhigkeiten dicht bedeckt, die Schale selbst theilweise kieselig das einzige derartige Beispiel innerhalb der Gattung Dentalina.

Ich fand sie nicht in anstehenden Kreidegesteinen , wohl aber in zahlreichen Exemplaren im Diluvialsande von Hamm. Doch gehört sie ohne Zweifel gleich den übrigen Furainiuiferen dieses Sandes der Kreideformation an.

b) Glandulinidae. Glandulina d'Orbigny.

1. Gl. inanifesta Rss. (Haidinger's naturwiss. Abhandl. IV, 1. p. 22, 23. T. 1, F. 4). Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm. Ebenso in den Mukronatenschichten von Lemberg in Galizien.

2. Gl. elongata m. T. IV, F. 2. - - Länge: 1-915; Breite: 0*877 Millim. Die in Rede stehende Species gehört unter die grössten ihrer Gattung. Sie ist beinahe cylindrisch, verschmälert sich nach unten kaum und zieht sich dann rasch zur stumpfen Spitze zusammen. Sechs Kammern. Die ersten 3 4 sind nur in geringer Ausdehnung sichtbar, sehr niedrig und äusserlich nur durch dunkle Linien ange- deutet. Die folgenden drei erscheinen höher, etwas gewölbt und durch deutliche, wenn auch nicht tiefe Näthe geschieden. Die letzte Kammer läuft in eine sehr kurze centrale Spitze aus, welche die gestrahlte Mündung trägt. Die Schalenoberfläche glasig, glänzend.

Demnach bildet die beschriebene Art, die in ihrer Jugend eine echte Glandulina ist, in ihrer weiteren Entwicklung den Übergang zu einer Nodosaria.

Sehr selten in Gesellschaft der vorigen Species.

3. Gl. cylindracea Rss. (Verstein. d. böhm. Kreideform. I, p. 2S, T. 13, F. 1, 2.) T. IV, F. 1. Ris 0*84 Millim. lang bei 0*226 Millim. Dicke. Daher im Verhältnisse zur Dicke lang. Cylindrisch, beiderseits zugespitzt, in der Mitte zuweilen etwas eingeschnürt. Ein-

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. [ t) |

zelne Exemplare sind etwas gekrümmt; jedoch findet dies bei den Exem- plaren ans Westphalen seltener Statt, als bei den böhmischen. 3 6 cylindrische Kammern, deren Begrenzimg äusserlich kaum sichtbar ist. Besonders findet dies bei den ältesten Kammern Statt; man unter- scheidet daher äusserlich gewöhnlich nur drei Kammern. Nur die oberste Kammer ist bisweilen durch eine etwas deutlichere, aber stets sehr seichte Nath gesondert. Sie verlängert sich in eine kurze, nicht selten etwas excentrische Spitze, welche die gestrahlte Mün- dung trägt. Schalenoberfläche glatt. In den oberen Senonmergeln von Drensteinfurth und vom Hilgenberg bei Hamm und im untern Senonien von Hamm. Im Bakulitenthone von Luschitz und Kystra. Ob die Glandulina in den Mukronatenschichten von Lemberg in Galizien, die ich unter demselben Namen beschrieb (Haidinger's naturw. Abhandl. IV. 1, p. 23, T. 1, F. 5), wirklich hieher gehöre, ist zweifel- haft. Durch ihre stumpfere erste Kammer nähert sie sich mehr der Gl. cylindrica Alth. (Haidinger's naturw. Abhandl. III. 2. p. 271. T. 13, F. 30).

c) F r o n d i e u 1 a r i d a e. Frondicularia Defr.

1. Fr. turgida Bss. (1. c. II, p. 107, T. 24, F. 44). Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm. Eben so selten in dem Bakulitenthone von Luschitz (Böhmen).

2. Fr. angulata d'Orb. (Mem. de la soc. geol. de France 1840. IV. 1, p. 22, T. 1, F. 39. Beuss, Kreideverst. Böhm. I. p. 31, T. 13, F. 40; II. p. 107, T. 24, F. 42. Sehr selten mit der vorigen. Selten in der weissen Kreide von Meudon; in den Baku- litenschichten von Luschitz, Brozan und Bannai (Böhmen).

3. Fr. Decheni m. T. IV, F. 3. 12 Millim. lang und 0*365 Millim. breit. Das Gehäuse ist von eigentümlicher Form, kurz und verhältnissmässig breit, und zwar in seiner ganzen Länge fast gleich breit, so dass die Seitenwände beinahe parallel verlaufen. Ebenso fällt die nicht unbedeutende Dicke des Gehäuses auf. Die Bänder sind abgestutzt, breit, jederseits mit einer zarten Leiste ein- gefasst und daher in der Mitte der Länge nach seicht vertieft. Die erste Kammer gross , so breit als das übrige Gehäuse, stark gewölbt, auf jeder Fläche mit zwei ziemlich hohen gekrümmten Längsripp- chen, zwischen denen sich noch eine kürzere sehr zarte befindet;

192 R e u s s.

am unteren Ende mit einem kurzen starken Centralstachel. An beiden Seiten wird sie durch den darüber fortsetzenden Rand des Gehäuses gesäumt. Über der ersten Kammer folgen höchstens noch vier jün- gere, deren unterste von der ersten äusserlich undeutlich gesondert ist. Die übrigen sind durch sehr feine gehogene Grenzleistchen erkennbar, spitzwinklig und ziemlich hoch. Sie tragen jederseits 4 10 sehr zarte Längsrippchen, die wenigsten (4) die zweite, die zahlreichsten (10) die letzte Kammer, welche oben in eine kurze Spitze ausläuft.

Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm.

4. Fr. Becksi m. T. 4, F. 4. Länge 2 Millim., Breite 0-68 Millim. Eiförmig, oben zugespitzt, unten mit einem ziemlich langen, dünnen Centralstachel versehen. Der Seitenrand abgestutzt, in der Mitte im grössten Theile seines Umfanges der Länge nach gefurcht. Stark zusammengedrückt, besonders im unteren Theile. Die erste Kammer klein, eiförmig, gewölbt, mit drei schmalen Längsrippchen auf jeder Seite. Die vier übrigen Kammern sind ziemlich niedrig und spitzwinklig, von schmalen erhabenen Leistchen eingefasst. Die letzte Kammer glatt, die dritte und vierte mit entfernten kurzen, sehr zarten Längsrippchen, während die zweite nur ein solches Längsrippchen in der Mitte trägt.

Sehr selten in Begleitung der vorigen Art.

5. Fr. apiculata Rss. T. V, F. 2. (Reuss, die Verst. d. böhm. Kreideform. Lp. 30, T. 8, F. 24, ic. mala). Lanzettförmig, unten stumpf, oben lang und scharf zugespitzt, in der Mitte dicker als an den Seiten. Wenige (4 7) ziemlich breite spitzwinklige Kammern mit hohen dachförmig abschüssigen Leisten, die in der Mitte durch eine Längsfurche unterbrochen sind. Die letzte Kammer lang zuge- spitzt, die erste gross, kugelig, mit centraler Stachelspitze und 5 Längsrippchen auf jeder Seite, von denen zwei längere mit drei kürzeren abwechseln. Die Seitenränder abgestutzt, längsgefurcht, oben breiter als unten, sich auch über die erste Kammer fortsetzend.

Selten im Diluvialsande von Hamm. Sehr selten im Pläner von Kosstitz und im Bakulitenthone von Luschitz (Böhmen).

6. Fr. (ioldfussi m. T. IV, F. 7. 23 Millim. lang, 084 Millim. breit, eiförmig oder ei -lanzettförmig, oben sich allmählich zur ziemlich langen Spitze verschmälernd, unten gerundet und in

Die Foraminiferen der westpliälischen Kreidefoi-mation. 193

der Mitte eine kurze Stachelspitze tragend , sehr stark zusammen- gedrückt , mit dünnem ahgestutzten Rande. Die erste Kammer schmal- eiförmig, wenig- gewölbt, mit drei schwachen Längsrippchen, deren mittleres gerades am längsten, die beiden seitlichen kürzer und gebo- gen sind. Sie wird von den jüngeren Kammern seitlich umfasst. Diese sind sehr schmal und spitzwinklig, in der Mitte schwach längs- gefurcht, und werden aussen durch schmale Leistchen von einander geschieden.

Die beschriebene Species unterscheidet sich von der ähnlichen Fr. Cordai Rss. (Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss. zu Wien. VII. p. 66, T. 25, F. 3) durch das Vorhandensein der unleren Stachel- spitze, durch die nicht vorragende erste Kammer, die geringere Breite an der Basis und den Mangel der Radialstreifen auf beiden Seitenflächen.

Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm und im Diluvialsande von Hamm.

7. Fr. marginata Rss. (I. c. I. p. 30, T. 12, F. 9 ic. mala; II. p.107, T.24, F. 39, 40) T. V,F. 3. Das grösste der vorliegenden Exemplare misst 3-5 Millim. in der Länge, 0*8 Millim. in der Breite. Der Umriss der Schale ist sehr veränderlich, verkehrt lanzettförmig, gewöhnlich jedoch etwas schmäler, als in der hier gegebenen Abbildung. Am häufigsten sind Formen, die der 1. c. T. 24, F. 39 gegebenen Abbildung gleichen. Die grösste Breite erreicht das Gehäuse nicht sehr weit vom oberen Ende, und verschmälert sich nach abwärts sehr allmählich. Sehr oft sind die Seitenränder im unteren Theile etwas eingebogen. Die Schale ist in der Mitte dicker als gegen die Ränder hin. 9—15 schmale Kammern, gesondert durch hohe, dachförmige Leisten, die in der Mitte durch eine Furche unterbrochen sind und meistens nicht ganz bis an den Seitenrand reichen. Dieser erscheint daher in ununterbrochenem Zusammen- hange, ist gerade abgestutzt und hohlkehlenartig vertieft, wird nach unten allmählich schmäler, setzt auch über die erste Kammer fort und ragt dort in Gestalt eines schmalen Fl ügelsaumes vor. Die erste Kammer stellt eine kleine schwach verlängerte Kugel dar mit kurzer Central- spitze und einer oder drei Längsrippchen auf jeder Seite. Die mittlere dieserRippen verlängert sich bis auf die Fläche derzweiten Kammer.

Fundorte: In den oberen Senonschichten des Hilgenberges bei Hamm, in den unteren von Flierich und im Diluvialsande von

194 l! e u s s

Hamm, überall selten. Nicht selten in den Bakulitenschichten von Lnschitz , Rannai und Brozan und im Planer des Laurenzberges bei Prag (Böhmen).

8. Fr. canaliculata Rss. (1. c. I, p. 30, T. 8, F. 20, 21). T. VI, F. 1. Da die 1. c. gegebene Abbildung zu undeutlich, und theilweise auch unrichtig ist, so biete ich hier nochmals eine grös- sere und treuere dar. Die Species wird bis 3-6 Millim. lang bei 0-92 Millim. grösster Breite.

Auch hier ist der Schalenumriss verkehrt-lanzettförmig, bald breiter, bald schmäler, und erreicht seine grösste Breite weit über der Mitte der Länge. Die Schale verschmälert sich an beiden Enden, oben rascher, unten langsamer zur stumpfen Spitze, und ist in der Mitte nur wenig dicker, als gegen die Seitenränder hin. Diese sind abgestutzt, durch eine tiefe Längsrinne ausgehöhlt, und setzen auch über die erste Kammer fort. Dieselbe bildet eine sehr kleine Kugel, trägt am unteren Ende eine kurze Stachelspitze, auf den Seitenflä- chen aber je zwei sehr kurze und feine Längsrippchen. Die übrigen Kammern sind nicht sehr spitzwinklig, ziemlich breit, und werden durch hohe beinahe senkrecht abfallende Leisten, die in der Mitte unterbrochen sind, gesondert.

Fundorte: Selten im Diluvialsande von Hamm. Im Pläner von Kosstitz und vom Laurenzberge bei Prag, und im Bakulitenthone von Luschitz (Böhmen).

9. Fr. gaultina m. T. V, F. 5. Von dieser eigenthümlichen Species liegt leider nur ein Exemplar vor, dem das untere Ende fehlt. Es ist 0-877 Millim. lang und 0-248 Millim. breit. Das Gehäuse ist langgezogen, rhomboidal, an beiden Enden zugespitzt, stark zusammengedrückt. Die erste Kammer, von der nur das obere Ende erhalten ist, scheint spitzig, zusammengedrückt, und mit einer seichten centralen Längsfurche versehen gewesen zu sein. Die übrigen (7) Kammern sind niedrig, sehr spitzwinkelig, flach, äusserlich nicht durch Leisten, sondern durch schmale, jedoch ziemlich tiefe Furchen geschieden. Die Seitenränder einfach winklig. Die Schalenober- fläche glänzend, glatt.

Sehr selten im Minimusthone von Rheine.

10. Fr. inversa Rss. (1. c. I. p. 31, T. 8, F. 15—19; T. 13, F. 42). Selten in denObersenonmergeln vom Westberge bei Hamm. Häufig in den böhmischen Bakulitenthonen (Luschitz, Brozan, Hoch-

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 191)

petsch, Rannai, Kystra u. a.), seltener im Pläner (Kosstitz, Laurenz- berg bei Prag u. a.); nach Morris im Gault von Folkestone in England (?).

11. Fr. strigillata m. T. VI, F. 3. Eine äusserst zierliche Form, der Fr. concinna Koch (Palaeontographica I. p. 172, T. 24, F. 5) aus dem Hils von Grünenplan verwandt. Das dünne Gehäuse ist beinahe regelmässig eiförmig, nur die ersten Kammern sprin- gen über das zugerundete untere Ende in Gestalt eines kurzen Zapfens hervor. Das obere Ende ist zugespitzt, die bogenförmigen Ränder einfach winklig. 8 9 spitzwinklige, sehr schmale Kammern, die äusserlich nur durch sehr schwache rundliche leistenartige Erhöhungen, zwischen denen sehr seichte breite Depressionen ver- laufen, angedeutet sind. Dieselben sind von kurzen unterbrochenen, etwas schräg von unten ausstrahlenden feinen Rippchen bedeckt, die auf den leistenartigen Erhöhungen am deutlichsten hervortreten. Die erste Kammer, die von den nächstfolgenden ganz umfasst wird, ist schmal lanzettförmig und wenig gewölbt.

Seltene Exemplare dieser Species wurden bisher nur im Diluvial- sande von Hamm gefunden.

12. Fr. gaestphalica m. T. 6, F. 2. - 1755 Millim. lang, 0-877 Millim. breit, breit-rhomboidal, unten kurz, oben länger zuge- spitzt, sehr stark zusammengedrückt. Die erste Kammer lanzettlich, am untern Ende des Gehäuses in Gestalt einer Spitze vorragend, nur wenig dicker als die Umgebung, auf beiden Flächen fein längs- gefurcht; die anderen Kammern flach, durch schmale, aber ziemlich tiefe Furchen geschieden und mit zerstreuten feinen kurzen Längs- furchen bedeckt, die auf den jüngeren Kammern allmählich an Zahl abnehmen. Die Schalenoberfläche glatt, glänzend.

Sehr selten im obersten Gault von Rheine.

13. Fr.microdisca m. T.V, F. 4. Das sehr stark zusammen gedrückte, dünne Gehäuse ist breit-eiförmig, beinahe trapezoidal, mit beinahe rechtwinkligem oberen und stumpfwinkligem unteren Ende. Die oberen längeren schwach bogenförmigen Seitenränder stossen mit den kürzeren beinahe geraden unteren in einem deutlichen stumpfen Winkel zusammen. Die erste der zahlreichen Kammern, welche die benachbarten etwas überragt, ist sehr klein, oval, gewölbt, mit einer feinen medianen Längsrippe versehen. Die übrigen Kam- mern sind sehr schmal, wenig spitzwinklig, und durch dünne scharfe,

106 Rens s.

in der Mitte durch eine Querfurche unterbrochene Leisten gesondert. Die Seitenränder dünn, abgestutzt.

Sehr selten im Diluvialsande von Hamm.

14. Fr. striatula Rss. (1. c. I. p. 30, T. 8, F. 23— ic. pessima; II. p. 107, T. 43, F. 11). Im oberen Senonmergel des Hilgen- berges bei Hamm , im unteren vom Rhynerberg und von Bergeamen, im Diluvialsande von Hamm. Im Pläner von Kosstitz und Weiss- kirchlitz, im Bakulitenlhone von Luschitz (Böhmen), in der weissen Kreide von Norwich und im Kreidedetritus von Charing (England).

15. Fr. angnsta Nils. (Planularia angusta Nilsso n , Petref. Suec. p. 11, T. 9, F. 22. Reuss, 1. c. I. p. 29, T. 8, F. 13, 14. Fr. aiigustata Ro ein. , Kreideverst. Deutschlands, p. 96) T. IV, F. 5. Die grössten Exemplare hatten eine Länge von 5-85 Millim. bei 1-31 grösster Breite.

Eine der ansehnlichsten Formen dieser Gattung. Die grösste Breite besitzt das verkehrt-lanzettförmige Gehäuse weit über der Mifte, noch über dem Anfange des letzten Drittheiles der Schalen- länge. Nach abwärts verschmälert es sich zwar sehr langsam, aber bedeutend. Es ist in der Mitte am dicksten und schärft sich gegen die winkligen Seitenränder hin allmählich zu.

Die Zahl der Kammern ist sehr bedeutend, und steigt bei gros- sen Exemplaren bis auf 25 30. Dieselben sind sehr niedrig, spitz- winkelig und durch ziemlich tiefe Furchen geschieden, so dass sie äusserlich in Gestalt von wenig breiten, dachförmig abschüssigen Leisten hervortreten. In der Mitte werden sie von einer nach unten allmählich schmäler werdenden Längsfurche durchzogen, tragen aber überdies jederseits noch eine wechselnde Anzahl kurzer seichter Furchen, die sich jedoch in die Grenzfurchen der Kammern nicht fortsetzen. Manchmal bedecken sie, wie an dem abgebildeten Exem- plare, die ganze Oberfläche der Kammern; gewöhnlich sind sie alter nur an einzelnen Stellen vorbanden oder treten auch nur ganz ver- einzelt auf. Die erste Kammer stellt eine sehr kleine Kugel dar, welche am unteren Ende eine kurze Stachelspitze, auf jeder Seite aber drei sehr feine Längsrippchen trägt. Der Seitenrand des Gehäuses setzt sich über die erste Kammer nicht fort.

Die beschriebene Species ist eine der am längsten bekannten und verbreitetsten Foraminiferen der oberen Kreide. Nur von Cristelluria rotulata Lam. sp. wird sie darin noch übertroffen. Ich

Die Fornminiferen der wesfphiilisclieii Kreideformation. 10/

fand sie in den oberen Senonschichten des Kurkenberges bei Hamm, und häufig im Diluvialsande von Hamm. Wahrscheinlich kommt sie noch an vielen anderen Punkten Westphalens vor. Ausserdem liegt sie fast überall im Pläner Böhmens und Sachsens, so wie in den Bakulitenthonen Böhmens, so dass eine nähere Bezeichnung der einzelnen Fundorte überflüssig wird. Selten findet sie sich im Kreide- mergel des Edelbachgrabens im Gosauthale, im Grünsande von Köpinge (Schweden), und der unteren Kreide von Peine.

So sehr Fr. angusta innerhalb der Quadratenkreide und des Pläners verbreitet ist, so scheint sie doch dagegen der Mukronalen- kreide beinahe ganz zu fehlen. Wenigstens ist sie bisher mir aus der Schreibkreide Frankreichs, Englands, Dänemarks, Bügens, aus den Mukronatenmergeln von Lemberg und anderen analogen Schichten nicht bekannt geworden. Ehen so scheint sie in den Gault nicht hinab zu gehen; ja sie ist selbst im Cenomanien noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen.

16. Fr. angastissiina m. T. IV, F. 6. 2-78 Millim. lang, bei 045 Millim. Breite. Der Fr. angusta Nils. sp. im Umrisse sehr ähn- lich, aber im oberen Theile des Gehäuses schmäler und mit grösserer, nur mit zwei Längsrippchen gezierter Embyonalkammer. Durch letzteres Merkmal , so wie durch das schlankere Gehäuse weicht sie auch von Fr. capillaris Bss. aus dem Mukronatenmergel von Nagor- zani bei Lemberg ab (Haidinger's naturwiss. Äbhandl. IV. I. p. 29, T. 1, F. 20). Die Schale ist linear, im Verhältnisse zur Länge sehr schmal, oben zugespitzt, nach unten sich sehr langsam verschmä- lernd, am Bande stumpfwinklig. Die erste Kammer stellt eine kleine, jederseits mit zwei sehr schmalen Längsrippchen versehene Kugel dar, welche unten in einen kurzen Centralstachel ausläuft, und seit- lich von einer schmalen Fortsetzung des Seitenrandes des Gehäuses umsäumt wird. Über der ersten Kammer schnürt sich die Schale nur wenig ein, nimmt aber bald wieder allmählich an Breite zu, und erreicht erst im Anfange des letzten Fünftheiles der Länge ihre grösste Breite.

Die Kammern, welche der ersten folgen, sind spitzwinklig, schmal, in der Mitte durch eine seichte Längsfurche halbirt, durch deutliche Nathfurchen von einander geschieden, und mit Ausnahme der letzten, an der Oberfläche mit sehr zarten parallelen Längs- linien geziert.

Sehr selten im oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm.

198 H , u s s.

17. Fr. Archiacina cTOrb. (Mem. de la soe. geol. de France 1840. IV. 1. p. 20, 21; T. 1, F. 34—36. Reuss, die Verstein. d. böhm. Kreideform. I. p. 31, T. 13, F. 39). Sehr selten im oberen Senonmergel des Hilgenberges und Westberges bei Hamm. Selten in der weissen Kreide von Meudon und Sens (Frankreich), in der Schreibkreide Englands, und im Kreidedetritus von Charing. Sehr selten im Bakulitenthone von Luschitz und im Pläner des Laurenzberges bei Prag (Böhmen).

18. Fr. lanceola m. T. V, F. 1. Steht in der Form eben- falls der Fr. angusta Nils. sp. und der Fr. angustissima m. nahe. Das Gehäuse ist sehr lang und schmal lanzettförmig, beinahe linear, auf 2-377 Millim. Länge nur 0-234 Millim. breit, oben kurz zuge- spitzt, abwärts sich sehr allmählich verschmälernd und in eine ziem- lich scharfe Spitze endigend. Die erste Kammer lang-elliptisch, wenig dicker als die nächstliegenden, an den Seitenflächen eingedrückt und mit einer schwachen Längsrippe versehen. Ebenso sind ihre Seiten- ränder breit und bilden eine in der Mitte seicht vertiefte Fläche, so dass der Querschnitt der Kammer vierseitig wird. Ihr unteres Ende ist mit einer kurzen Centralspitze bewaffnet.

Die übrigen Kammern sind oben zugespitzt, an den Seitenrän- dern ziemlich scharfwinklig, und äusserlich durch tiefe Furchen geschieden. Auf der vorderen und hinteren Fläche werden sie von einer medianen Längsfurche durchzogen, neben welcher jederseits noch einige sehr kurze Furchen in derselben Richtung verlaufen. Nur auf der letzten Kammer, die oben mit einer schmalen Leiste ein- gesäumt erscheint, fehlen dieselben.

Sehr selten in denunterenSenonmergeln von Ostheide bei Hamm.

Rhnbdogonitim m. nov. gen.

Triplasia Reuss, Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss. z. Wien. 1854. VII. p. 65.

Eine Sippe aus der Ordnung der Stichostegier, die, wenn sie auch gleich den meisten übrigen Gattungen dieser Gruppe mit manchen anderen durch Übergänge verknüpft ist, doch zum Theile so eigenthümliche Merkmale darbietet, dass man, sie als selbstständig von den übrigen zu trennen, nicht nur berechtigt, sondern selbst genöthigt ist, wenn man nicht etwa die meisten ein- und geradreihigen Polythalamien in eine einzige Gattung zusammenzuziehen beabsichtiget.

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 199

Der zuerst in die Augen fallende Charakter von Rhabdogonium ist das Vorhandensein von mehreren scharfen Längskanten an dem geraden Gehäuse. Die vier zuerst bekannt gewordenen Formen besassen sämmtlich nur drei solche Kanten, waren also im Quer- schnitte dreiseitig, wesshalb ich die Gattung auch mit dem Namen Triplasia belegte. Hieher gehören : Rh. Murchisoni m. aus den Gosauschichten des österreichischen Salzkammergutes, Rh. globulife- rum, Roemeri und anomalumm., welche ich sogleich näher beschrei- ben werde, aus der Kreideformation Westphalens , und endlich Rh. acutangulum m., eine noch nicht publicirte Species, die ich in dem Hils von Berklingen entdeckte.

Später entdeckte ich aber vierkantige Arten, die, abgesehen von dem tetragonalen Querschnitte, in den übrigen Kennzeichen voll- kommen mit den vorerwähnten übereinstimmen, wie Rh. Strombecki und Mertensi m., beide ebenfalls aus dem Hils von Berklingen stam- mend und noch nicht veröffentlicht. Auf diese konnte nun offenbar der frühere Name Triplasia nicht angewendet werden, und ich sah mich desshalb gezwungen, denselben mit einem neuen Rhabdogo- nium — zu vertauschen. Durch denselben wird die gekantete stab- förmige Gestalt des Gehäuses klar bezeichnet.

Die mehr weniger zahlreichen Kaminern liegen wie bei den übrigen Stichostegiern in gerader Reihe über einander, doch so dass sie ohne Einschnürungen sich in ihrer ganzen Breite decken und äusserlich nur durch lineare Näthe gesondert erscheinen. Aber sie decken sich nicht nur, sondern jede Kammer umfasst mit den tiefer herabreichenden Kanten noch die nächstältere Kammer in ver- schiedenem Grade. Bei einigen Arten, wie Rh. acutangulum, Strom- becki und globuliferum findet dieses Umfassen in hohem Grade Statt, während die Kammern anderer Arten, wie Rh. Murchisoni und beson- ders Rh. Roemeri und anomalum, nur wenig oder selbst sehr wenig gebogen sind.

Die Kammern sind daher reitend, wie bei Frondicularia, nur dass bei dieser die ältere Kammer von der nächst jüngeren nur an zwei Stellen, nur mit zwei Armen, bei Rhabdogonium aber von drei bis vier Armen , also gerade an so vielen Stellen als das Gehäuse Kanten hat, umfasst wird. In dieser Beziehung könnte man die Rhabdogonium- Arten als mehrkantige Frondicularien be- trachten. Sitzb. d. mathem.-nalurw. LI. XI.. Bd. Nr. 8. 14

200 R e u 8 s.

Bei geringer Krümmung der Kammern nähern sich manche Species auch der Galtung Nodosarla, besonders im oberen Theile ihres Gehäuses, wo die Krümmung der Näthe immer geringer zu sein pflegt, als im unteren. Wenn man von der kurzen centralen Zuspitzung der letzten Kammer, wie man dieselbe bei Rbabdogonium stets beobachtet, absieht, ist diese Gattung durch den Mangel jeder Ein- schnürung zwischen den mit ihrer ganzen Breite aufeinander sitzen- den Kammern auch der Sippe Orthocerina verwandt. Man wird daher das Genus Rhabdogonium wohl in die Gruppe der Frondiculariden unmittelbar neben Frondicularla stellen müssen, ohne jedoch die innigen Beziehungen zu Nodosaria und Orthocerina übersehen zu können.

Die erste Kammer ist, wie bei vielen Frondicularien, gewölbt, selbst kugelig, wie z. B. Rh. globuliferum. Die letzte Kammer ver- längert sich in einen kurzen mittelstäudigen Schnabel, der die runde angestrahlte Mündung trägt. Mit Ausnahme des mit unregelmässigen Läugsrippen versehenen Rh. anomalum zeigen sämmtliche übrige Arten keine Sculpturverzierungen. Die Schale ist kalkig, theils glasig- glänzend, theils uneben und rauh.

Es ist übrigens sehr wahrscheinlich, dass auch die seltene und wie es scheint nur unvollständig bekannte Frondicularla tricarinata d'Orb. von Sens (Mem. de la soc. geol. de France. IV, 1, p. 21, 22, T. 2, F. 1 3), so wie die ohnedies ei was fremdartige Fr, amoena Rss. (Haidinger's naturw. Abhandl. IV. 1, p. 13, T. 1, F. 21) aus den Mukronatenschichten von Nagorzani bei Leniberg zur Gattung Rhabdogonium gehören. Sie setzen die nahe Ver- wandtschaft dieser Sippe mit Frondicularla in ein besonders helles Licht.

Anders dürfte es sich aber mit einigen dreikantigen Frondicu- larien verhalten, die ich äusserst selten in den böhmischen Kreide- gebilden angetroffen habe, und die ich in meiner Monographie der Kreideversteinerungen Böhmens als vor. trlbachlata von Fr. Cordal Rss. und von Fr. turgida Rss. (I. c. II. p. 107, 108, T. 24, F. 38, 41) beschrieben habe. Sie dürften wohl nur als monströse Bildungen anzusehen sein, wofür schon die völlige Übereinstimmung in allen wesentlichen Merkmalen mit normal gebildeten Frondlcularla-rAvten und vor allem der auffallende Mangel an vollkommener Symmetrie in der Ausbildung des Gehäuses spricht.

Die Foraminiferen der «restphnlischen Kreideformation. 20 l

Die mir bisher bekannt gewordenen Species der Gattung Rhab- dogonium gehören , mit Ausnahme einer einzigen in den Tertiär- schichten von Baden bei Wien sehr selten vorkommenden, dreikan- tigen schmal geflügelten Species, den Kreidegebilden vom Hüs bis zur Schreibkreide hinauf an; dieselbedürfte daher Air die Kreidefor- mation besonders bezeichnend sein. Die vierkantigen Arten habe ich bisher nur in den tiefsten Kreideschichten, im Hils, angetroffen.

1. Rh. Römeri m. T. VI, F. 7. Gehäuse verlängert, 1-97 Miliim. lang bei 0*643 Millim. Breite, mitunter etwas verbogen, in der gesammten Länge fast gleich breit, am oberen Ende kurz und stumpf zugespitzt, unten sich rasch abrundend oder zum stumpfen Ende zusammenziehend; scharf dreikantig, mit beinahe ebenen Seitenflä- chen. 3 6 dreiseitige Kammern, eben, mit seichten sehr schwach gebogenen Näthen und scharfen Kanten; nur die letzte Kammer zeigt etwas gewölbtere Flächen und stumpfere Kanten. Sie besitzt die Gestalt einer dreiseiligen Pyramide, deren stumpfe Spitze die runde nackte Mündung trägt. Die Schalenoberfläche rauh.

Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm.

2. Rh. globuliferom m. T. VII, F. 6. Wahrscheinlich stellt das abgebildete einzige Exemplar (0*54 Millim. hoch) nur den Jugendzustand der Species dar. Es besteht blos aus zwei Kammern. Die erste stellt eine fast vollkommen glatte Kugel dar. Auf ihr liegt, sie theilweise umfassend, die zweite Kammer. Diese ist stumpf drei- kantig; die Kanten verlängern sich nach abwärts in drei gekrümmte Arme, welche die erste Kammer bis zur Hälfte zangenartig von oben umfassen. Nach oben verschmälert sich die zweite Kammer allmählich zur kurzen stumpfen Spitze, welche die runde Mündung trägt und in der die drei Kanten zusammenstossen.

Sehr selten in Gesellschaft der vorigen Species.

3. Rh. anomalum. m. T. VII, F. 1. 1463 Miliim. lang, 0*51 breit, verlängert, unten stumpf, oben kurz zugespitzt, im Quer- schnitte etwas unregelmässig sechskantig, mit stärker hervortretenden abwechselnden Kanten. Auf jeder der drei flachen Seiten des Gehäu- ses verläuft nämlich eine starke, unregelmässige, zuweilen etwas gebogene Längsrippe, die nicht ganz bis zumunteren Ende der Schale hinabreicht. Die Näthe der zahlreichen (10 12), niedrigen, nur wenig reitenden Kammern, besonders der älteren sehr kleinen,

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202 R e » s s.

sind nur sehr undeutlich. Die Schalenobertläche sehr uneben und rauh.

Sehr selten im Diluvialsande von Hamm.

d) Vaginul i nidae. Vaginulina d' 0 r b.

1. V. transversalis m. T. VIII, F. 5. Länge: 1906 Millim., Breite: 0*621 Millim. Das Gehäuse stellt ein langgezogenes, ungleich- seitiges Dreieck dar, ist unten stumpf, oben schräg abgeschnitten, sehr stark an den Seiten zusammengedrückt, an den Rändern senk- recht abgestutzt. Die Seitenflächen sind rings von einer schmalen erhabenen Leiste umsäumt. Die Kammern zahlreich, sehr niedrig, fast quer, aussen durch schmale leistenartige Hervorragungen geson- dert , so dass ihre Flächen , selbst jene der ersten Kammer nicht ausgenommen, ziemlich stark kastenartig vertieft erscheinen. Die Oberfläche durch sehr feine Rauhigkeiten matt.

Sehr selten im Minimusthone von Rheine.

2. V. arguta m. T. VIII, F. 4.— Länge: 1-39 Millim., Breite: 0-409 Millim. Ist in Gestalt des Gehäuses der vorigen Species sehr ähnlich, ebenfalls verlängert, ungleichseitig dreieckig, stark zusam- mengedrückt, an den Rändern senkrecht abgestutzt, unten stumpf, oben zugespitzt und sehr schräg abgeschnitten. 8 9 sehr niedrige und schiefe, concave, von scharfen ziemlich hohen Leisten eingefasste, vierseitige Kammern; selbst die erste Kammer ist vertieft und etwas dünner, als der obere Theil des Gehäuses. Der beinahe gerade Rückenrand der Länge nach rinnenartig ausgehöhlt.

Sehr selten im Minimusthone von Rheine, sowie in den dem- selben eingelagerten Grünsandschichten. Auch im Cenomanien (?) von Wallmoden.

3. V. bicostnlata m. T. VIII, F. 5. Länge: 1-213 Millim., Breite: 0-365 Millim. Bei dieser Species ist das Gehäuse dicker, weniger zusammengedrückt, als bei den vorher beschriebenen zwei Arten, undeutlich dreieckig, unten sehr stumpf, zugerundet, oben zugespitzt und schräg abgeschnitten. Die Ränder senkrecht abgestutzt, der Rücken seicht rinnenartig ausgehöhlt. Die erste Kammer stellt eine verhältnismässig grosse Kugel dar, jederseits mit zwei kurzen, schmalen, etwas gebogenen Rippchen. Die übrigen wenig zahlreichen (4) Kammern schief, niedriger als breit, aber doch weit höher, als bei I. transversalis und arguta, von einer sehr schmalen Leiste umgeben.

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 203

Sehr selten im Minimusthone von Rheine.

4. V. notata. T. IX, F. 3. Seitlich zusammengedrückt, aber doch ziemlich dick, dreieckig-oval, am Rücken beinahe gerade, am Bauchrande gebogen, unten stumpf zugespitzt, nach oben sich all- mählichverbreiternd und schräge gerundet endigend. Die Seitenrän- der senkrecht abgestutzt. 6 Kammern, die erste kleinste kugelig ge- wölbt, die anderen viel breiter als hoch, mit sehr seicht vertieften Näthen. Über ihre Seitenflächen verlaufen zusammenhängende, aber in den Natheindrücken etwas flachere schmale Längsrippchen, die sich nach obenhin an Zahl vermehren. Die 3 4 auf der zweiten Kam- mer befindlichen setzen auch auf den oberen Theil der ersten Kam- mer fort. Die vorderste Rippe der letzten Kammer biegt sich nach hinten um und verläuft dem oberen Rande parallel flach bogenförmig rückwärts. Das ganze Gehäuse ist ringsum mit einer schmalen Leiste eingesäumt.

An dem vorliegenden Exemplare ist das obere Ende abge- brochen.

Sehr selten im Grünsande des oberen Gault von Rheine.

e) Pleurost omcllidae.

Eine ganz eigenthümliehe Gruppe, bisher nur durch die ein- zige Gattung Pleurostomella vertreten. Es wird daher genügen, den Gattungscharakter anzuführen, der bis jetzt auch für die ganze Familie Geltung hat.

Pleurostomella nov. gen. Die erste Species dieser Gattung PI. snbnodosa— hatte ich früher, die Unregelmässigkeit der Kammern für etwas Zufälliges und Unwesentliches haltend, mit ähnlichen Bentalina- Arten zusammen- geworfen und als D. nodosa d'O r b. und D. subnodosa Rs s. unrichtig abgebildet und beschrieben (Foraminiferen und Entomostraceen von Lemberg in Haidinger's naturw. Abhandl. IV. I, p. 24. T. 1, F. 9). Als ich in den westphälischen Kreidegebilden zahlreichere Exemplare dieser Species und später noch eine zweite Art PI. fusiformis auffand und mich von der constanten Unregelmässigkeit der Kammern überzeugte , wurde ich zur genauem Untersuchung derselben geführt, wobei ich sodann sogleich die grosse Abweichung in der Gestalt und Lage der Mündung wahrnahm, aus welcher das

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üben erwähnte Verhalten der Kammern ungezwungen und nothwendig hervorgellt. Es war nun unmöglich, diese Formen fernerhin bei Denta- lina zu belassen.

Bei der grössten Übereinstimmung mit Dentalina in der äusse- ren Form liegt der hauptsächlichste Unterschied in der Mündung. Statt dass dieselbe, wie bei Bentalina, rund wäre und an der Spitze der letzten Kammer läge, stellt sie einen halbmondförmigen oder selbst halbelliptischen Spalt dar, der sich unterhalb des Gipfels der Kammer, auf einer Seite derselben, am oberen Ende einer grösseren oder kleineren , seitlich von einem erhabenen Rande eingefassten Depression befindet. In Folge dieser von dem höchsten Punkte der Kammer herabgerückten Lage der Mündung stehen nun auch die Kammern nicht mehr gerade auf einander; sondern jede ist gegen die Mündungsseite der vorhergehenden Kammer mehr weniger geneigt, so dass die Näthe dadurch eine schiefe Richtung und das Gehäuse eine schwach wellenförmige Biegung annimmt.

Übrigens ist die Axe der Pleurostomellen entweder beinahe gerade, wie bei Nodosaria, oder schwach gekrümmt nach Art der Dentalinen. Die Schalensubstanz ist compact, glasig glänzend.

Die zwei bisher bekannten Species der Gattung gehören der Kreideformation an, die eine der weissen Kreide den Mukronaten- und Quadratenschichten -, die andere dem Gault.

1. PI. subnodosa m. (Nodosaria nodosa [d'Orb.] Reuss, Verst. d. böhm. Kreideform. I. p. 28 z. Tbl. Dentalina subnodosa Rss. in Haidinger's naturw. Abhandl. IV. I. p. 24. z. Thl.) T. VIII, F. 2. Länge: 0892 Millim., Breite: 0*219 Millim. Gehäuse gerade, ziemlich dick, nach unten sich nur wenig zur stumpfen Spitze ver- dünnend, durch das alternirende Schiefstehen sämmtlicher Kammern etwas knotig. Alle Näthe etwas schief, besonders jene der ältesten Kammern, ziemlich tief. Die Kammern gewölbt, besonders auf der der Biegung entgegengesetzten Seite. Die Mündung liegt am oberen Ende einer kleinen breit-ovalen tellerförmigen Depression, die nur den dritten Theil der Seitenfläche der letzten Kammer einnimmt. Sie ist halbmondförmig, oben und seitlich von einem scharfen Rande begrenzt.

Selten in den oberen Senoninergelu des Hilgenberges und des Herrnsteinberges bei Hamm und von der Soestwarte bei Beckum, im Plänermergel von Luschitz , in den iMukronatenschichten von

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideforination. <*0o

Lemberg iti Galizien, im Cenomanien (?) aus der Thongrube im N. von Wallmoden.

2. PI. fusiforuris m. T. VIII, F. 1. Länge: 1*463 Millim., Breite: 0*365 Millim. Während die vorige Species in den Umrissen eine Nodosaria darstellt, ist die hier in Rede stehende ganz einer Den- talina ähnlich. Denn das lange Gehäuse ist schwach gebogen und verschmälert sich nach unten langsam zur ziemlich scharfen Spitze. Die ersten Kammern stehen beinahe gerade über einander und wer- den durch horizontale Näthe geschieden, welche nur durch feine Linien angedeutet werden. Die jüngeren Kammern sind wie bei PL subnodosa, abwechselnd etwas bald gegen die eine, bald gegen die andere Seite geneigt, wodurch das Gehäuse in seinem oberen Theile schwach knotig und die Richtung der tiefen Näthe schräge wird.

Die letzte Kammer eiförmig, oben stumpf zugespitzt. Eine Seite derselben erscheint in ihrer ganzen Ausdehnung stark eingedrückt und von einem scharfen glatten Rande leistenartig umgeben. Am obern Ende dieser Depression, hart unter der Spitze der Kammer, liegt die halbelliptische Mündung grösser als bei PL subnodosa. Die aridere Seite der letzten Kammer besitzt ihre regelmässige gleich- förmige Wölbung.

Sehr selten im Minimusthone von Rheine.

II. Helicostegia.

a) Cristellaridae. Marginulina d' 0 r b.

M. bullata Rss. (I. c. I, p. 29, T. 13, F. 34—38). T. VI, F. 6. Länge: 0-584 Millim., Breite: 0*365 Millim. Ist der M. comma Rom. (Die Versteinerungen der norddeutschen Kreideformationen p. 96, Taf. 15, Fig. 15) aus dem Hilsthone des Hilses sehr ähnlich, unterscheidet sich aber durch die höheren, ge- wölbteren, mehr kugeligen Kammern. Durch diese zeichnet sie sich überhaupt vor allen anderen Marginulina-Arten aus. Die Zahl der Kammern wechselt sehr. Bei jugendlichen Exemplaren, bei denen ihre Kugelform besonders hervortritt, zählt man ihrer nur 2 3. Doch auch bei den grössten übersteigt sie 6 nicht. Das Gehäuse ist im Querschnitte kreisrund, bald nur sehr wenig gebogen, bald mit den ersten 2 3 Kammern schwach vorwärts gekrümmt , den ersten

206 R e ii s s.

Anfang spiraler Einrollung darstellend. Dabei sind dieselben klein, und nur durch seichte, kaum erkennbare Näthe gesondert. Die jün- geren Kammern dagegen sind stark gewölbt, breiter als hoch und durch tiefe Einschnürungen getrennt. Die letzte Kammer ist am grössten , fast vollkommen kugelig. Sie trägt auf der oberen, stark gewölbten Fläche gegen die Rückenseite hin einen kurzen, dünnen röhrenförmigen Fortsatz mit etwas verdicktem Randsaume, der mehr weniger nach rückwärts geneigt und von der kleinen runden Mün- dung durchbohrt ist. Die Schalenoberfläche glasig glänzend.

In den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm. In den Bakulitenthonen von Luschitz und Brozan (Böhmen), sehr selten im Kreidemergel vor dem Clever Thore von Hannover.

2. M. soluta m. T. VII, F. 4. Länge: 1-097 Millim., Breite : 0-248 Millim. Ausgezeichnet durch die schmale lineare Form des beinahe geraden Gehäuses. Nur die erste fast kugelige Kammer tritt aus der Reihe der übrigen Kammern etwas nach vorne heraus. Sechs durch tief eingeschnittene Näthe getrennte, besonders auf der Bauchseite stark gewölbte Kammern. Die zweite wird von der kugelig aufgetriebenen ersten Kammer auch seitlich etwas über- ragt. Die letzte Kammer verlängert sich auf der Rückenseite in eine röhrenförmige Spitze, welche die nackte Mündung trägt. Schale glatt, glasig glänzend.

Sehr selten im Minimusthone von Rheine.

3. M. lata m. T. V, F. 7. Länge: 0892 Millim., Breite: 0-512 Millim. Diese Species ist ausgezeichnet durch den eiför- migen Umriss, das kurze und verhältnissmässig breite Gehäuse, denn die Höhe verhält sich zur Breite wie 3 : 2. Das untere Ende ist breit gerundet, das obere nur wenig schräge abgeschnitten und am Rückenwinkel in eine sehr kurze Spitze ausgezogen. 6 7 breite, sehr niedrige Kammern, seitlich zusammengedrückt, wenig gebogen mit sehr schwach vertieften linearen, beinahe queren Näthen. Der Querschnitt stellt eine lange, fast regelmässige Ellipse dar. Die Mundfläche der letzten Kammer ist nur wenig gewölbt, in der Mitte mit einer schwachen Längsfurche. Es ist jedoch nicht unwahr- scheinlich, dass diese nur eine zufällige Erscheinung sei. Um mit Bestimmtheit darüber abzuurtheilen, liegen noch zu wenig Exem- plare vor.

Sehr selten im unteren Senonmergel von Ostheide bei Hamm.

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 207

4. M.elongata d'Orb. (Mem. de la soc. geol. de Fr. IV, 1, p. 17, T. 1 , F. 20 22. Reu ss, Kreideversteinerungen Böhmens I. p. 29, T. 13, F. 29, 31).

Selten im oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm. In der weissen Kreide Frankreichs und Englands; in den Bakuliten- thonen \on Luschitz, Rannai, Kyslra und Brozan (Böhmen), in den Mukronatenmergeln von Lemberg in Galizien.

5. M. inaeqoalis m. T. VII, F. 3. Länge: 0-95 Millim., Breite: 0-256 Millim. Ähnlich der 31. similis d'Orb. (Foram. du bass. tert. deVienne p. 69, T. 3, F. 15, 16) aus dem Badener Tegel. Das Gehäuse verlängert, im unteren Theile etwas vorwärts gekrümmt, an beiden Enden stumpf zugespitzt, im Querschnitte beinahe kreis- rund. Die Kammern an Grösse und Form sehr ungleich. Die letzte sehr gross, schief-eiförmig, durch eine tiefe Nath begrenzt. Die Mündung von einem feinen Strahlenkranze umgeben; die Schale glatt, glasig glänzend.

Sehr selten im obersten Gault von Rheine.

6. I. modesta m. T. VII, F. 5. Länge: 0891 Millim., Breite: 0*294 Millim. Schale verlängert, beinahe gerade, im untersten Theile sehr schwach gebogen, oben beinahe walzig, in der unteren Hälfte zusammengedrückt und am Rücken fast schneidig. Das obere Ende schräge abschüssig, mit gewölbter Mundfläche der letzten Kammer; das untere Ende stumpf. 7 8 fast quere, sehr wenig gebogene Kammern mit linearen Näthen. Die Mündung mit einem Strahlenkranze auf einer kurzen Spitze hart am Rückenwinkel des Gehäuses. Die Schalenoberfläche glatt, glasig glänzend.

Sehr selten im unteren Senonmergel von Ostheide bei Hamm.

7. M. ensis Rss. (Die Versteinerungen der böhmischen Kreide- formation I. p. 29, T. 13, F. 26, 27. Haidinger's natur- wissenschaftliche Abhandlungen IV. 1, p. 27, 28, T. 2, F. 16). Im oberen Senonmergel vom Westberg bei Hamm, von Dolberg bei Beckum und yon Drensteinfurth ; im unteren Senonien des Rhynerberges, von Flierich und Bergeamen; im Diluvialsande von Hamm. Im Pläner von Kosstiz, im Bakulitenthon von Lu- schitz, Kystra, Rannai und Brozan (Böhmen); im Mukronatenmergel von Nagorzani bei Lemberg; in der weissen Kreide von Kent und Essex; in der Quadratenkreide vom Lindner Berg bei Han- nover.

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8. M. bacilluni m. T. VI, F. 8. In meiner Monographie der böhmischen Kreideversteinerungen I, p. 29, habe ich unter dem eben angeführten Namen eine besondere Species auf ein einziges undeutliches Bruchstück gegründet, welche ich, da sie durch keinen späteren Fund bestätigt wurde, wieder fallen zu lassen gezwungen bin. Den dadurch frei gewordenen Namen lege ich nun der in Rede stehenden Species bei. Dieselbe ist der 31. ensis Rss. ähnlich, aber kürzer und verhältnissmässig breiter und stärker zusammen- gedrückt.

Das Gehäuse ist 2-633 Millim. lang, bei 0-621 Millim. Breite, säbelförmig, beinahe in der ganzen Längenausdehnung' gleich breit, am unteren Ende schwach vorwärts gebogen und abgerundet, am Rücken wenig zusammengedrückt und gerundet, am Vorderrande dagegen mehr winklig, zuweilen sogar beinahe gekantet, daher im Querschnitte eiförmig. Die niedrigen Kammern sind sehr wenig schief, ihre Näthe nur durch Linien angedeutet; nur die letzte ist bisweilen durch eine schwache Einschnürung gesondert. Die in gerader Linie über einander stehenden jüngeren Kammern erheben sich in der Mitte ihrer Seitenflächen je zu einer schwachen Quer- rippe, welche sich jedoch nicht ganz bis zum Rücken- und Bauch- rande erstreckt. Noch ehe sie ersteren erreicht, endet sie plötzlich; gegen die Bauchgegend hin verflacht sie sich allmählich. Die letzte abschüssige Kammer endet am Rückenwinkel in eine kurze, dicke Spitze, welche die gestrahlte Mündung trägt.

Im oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm und im Diluvialsande bei Hamm.

9. M. seminotata m. T. V, F. 6. Länge: 1-17 Millim., Breite: 0-347 Millim. Gehäuse linear, im Querschnitt beinahe kreisrund. Die ersten Kammern sind aussen nicht deutlich geschieden und sehr niedrig. Bei den jüngeren werden die Näthe allmählich deutlicher und zwischen den letzten drei Kammern selbst sehr tief. Diese Kammern sind auch sehr gewölbt, die letzte beinahe kugelig, mit einer der Rückenseite genäherten, etwas schräge rückwärts gerichteten röhrenförmigen Verlängerung, welche die kleine runde Mündung trägt.

Der unterste Theil des Gehäuses ist sehr wenig vorwärts ge- bogen, der Rücken rund. Die Oberfläche der unteren Kammern zeigt sehr feine, schräg vorwärts verlaufende, erhabene Streifen. Spuren

Die Foraraiuiferen der westphälischen Kreideformation. 209

derselben setzen bis auf das untere Drittheil der vorletzten Kammer fort. Der übrige Theil dieser Kammer ist, wie die letzte, voll- kommen glatt.

Sehr selten in den oberen Senotimergeln des Hilgenberges bei Hamm.

10. M. armata m' T. VII, F. 7. Von dieser, der tertiären M. hirsuta d'Orb. (Foram. du bass. tert. de Vienne, p. 69, T. 3, F. 17, 18) ähnlichen Species habe ich bisher nur seltene Bruch- stücke gesehen.

Die oberen Kammern sind fast vollkommen kugelig und durch tiefe Einschnürungen geschieden. Die letzte verläuft in einen kurzen dünnen excentrisehen Fortsatz, der die Mündung trägt. Die Ober- fläche der Schale ist mit feinen stacheligen Hervorragungen bedeckt, die auf der letzten Kammer eine Spur von vertical reihenförmiger Anordnung verrathen, auf den übrigen Kammern aber ganz regellos stehen. Die ersten Kammern sind an keinem der wenigen vorliegen- den Exemplare erhalten. Dieselben stammen aus dem Diluvialsande von Hamm.

11. H. ornatissima m. T. VII, F. 2. Länge: 139 Millim., Breite: 0*42 Millim. Das verlängerte Gehäuse ist heinahe in seiner ganzen Länge gleich dick, im Querschnitte triangulär. Die erste Kammer bildet eine fast vollkommene Kugel, deren Querdurchmesser jenem des oberen Theiles der Schale gleichkommt. Unten läuft sie in eine kurze centrale Stachelspitze aus und trägt auf jeder der zwei Seitenflächen drei kurze Rippchen, deren seitliche halbmondförmig gebogen sind, die mittlere aber beinahe gerade ist. Auch die Bauch- und Rückenseite sind mit solchen Rippchen geziert, aber nur mit zwei gebogenen, deren Concavität einander zugekehrt ist.

Die übrigen Kammern sind im Querschnitte dreiseitig, die beiden Seitenflächen des Gehäuses sind mit vier schiefen, gebogenen, gegen die Rückenkante hin aufsteigenden scharfen Rippen versehen, die am hinteren Ende einen kurzen , gerade aufwärts gerichteten Fort- satz bilden, ohne mit jenen der entgegengesetzten Seite zusammen- zustossen. Der Rücken des Gehäuses erscheint dadurch zwischen den genannten Leisten von einer starken und breiten Längsfurche durchzogen.

Die Bauchfläche des Gehäuses ist lanzettförmig und so breit wie die Seitenflächen. Sie wird von zwei scharfen Leisten einge-

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fasst, die sich bis auf die erste kugelige Kammer herab erstrecken und eine tiefe Furche zwischen sich haben. Überdies ist sie mit vier in der Mitte winklig gebrochenen und durch eine Furche unter- brochenen, mit dem spitzigen Winkel aufwärts gekehrten Rippen versehen. Die Mündung steht auf der Spitze der letzten Kammer am Rückenwinkel des Gehäuses.

Sehr selten in dem oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm.

Cristellaria Lam.

1. C. recta d'Orb. (Mein, de Ia soc. geol. de Fr. IV. J , p. 28, T. 2, F. 23 25). Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm. Selten in der weissen Kreide von Meudon und St. Germain, im Kreidedetritus von Charing (England)'; im Ananchytenmergel von Jenstedt; im Bakulitenthon von Luschitz (Böhmen).

2. C. angusta Rss. (Haidinger' s naturw. Abhandl. IV. \, p. 32, T. 3, F. 7). Selten im Diluvialsande von Hamm. In den Mukronatenschichten von Nagorzani bei Lemberg; noch zweifelhaft in dem Kreidemergel des Edelbachgrabens im Gosau-Thale.

3. C. Hagenowi m. T. IX, F. 6. Das nur 0766 Millim. hohe und 0-44 Millim. breite Gehäuse schief-oval, ohrförmig, unten stumpf und vorwärts gekrümmt, oben kurz zugespitzt, seitlich zu- sammengedrückt. 6 9 niedrige, schmal- und schief-dreiseitige Kammern, deren 3 4 unterste einen Theil eines spiralen Umganges bilden, während die übrigen in gerader Reihe über einander stehen. Sie sind nur sehr wenig gewölbt und durch sehr seichte schmale Näthe geschieden. Der Rücken des Gehäuses, so wie die Bauchseite winklig, ersterer sogar gekielt. Die letzte, am oberen Ende schräg abschüssige Kammer verlängert sich am Riickenwinkel in einen Höcker, welcher die gestrahlte Mündung trägt. Die Mundfläche lanzettförmig, sehr wenig gewölbt. Die Schalenoberfläche glatt, glasig glänzend.

Sehr selten im oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm.

4. C. inepta m. T. X, F. 4. Länge: 1-17 Millim., grösste Breite: 0-67 Millim. Schief-eiförmig, breit gerundet, oben kurz zugespitzt, seitlich massig zusammengedrückt, am Rücken scharf-

Die Foraminifereu der westphälischen Kreideformalion. 2 t

winklig, auf der Bauchseite breiter und tief ausgeschnitten. 8 9 niedrige, wenig schiefe Kammern. Die ersten sind hakenförmig nach vorne umgebogen und wachsen rasch zu bedeutender Grösse an; die jüngeren stehen in gerader Reihe über einander und nehmen nach oben wieder etwas an Grösse ab, wodurch sich das Gehäuse dort allmählich zur stumpfen Spitze verschmälert. Sämmtliche Kammern sind sehr wenig gewölbt und die seichten Näthe zunächst dein Schalenrücken am deutlichsten sichtbar. Die letzte Kammer ist am höchsten, dreiseitig und trägt auf ihrer oberen stumpfen Spitze die gestrahlte Mündung. Die Bauchfläche derselben kurz-dreieckig, bei- nahe eben; der darunter liegende Theil der Bauchtläche des übrigen Gehäuses seicht ausgehöhlt. Schale glatt, glänzend. Sehr selten in Gesellschaft der vorigen Species.

5. C. lins pa m. T. X, F. 1, 2. Eine ziemlich grosse Species 1*9 2 Millim. hoch aus der Gruppe der Planularia. Die Schale stark seitlich zusammengedrückt, lang- und schief- eiförmig, oben zugespitzt, am unteren Theile ziemlich stark vorwärts gekrümmt, so dass die ersten Kammern beiläufig die Hälfte eines spiralen Umganges bilden. Der Rücken winklig, ohne scharf zu sein, nur an dem spiralen Theile des Gehäuses wird er kielartig. 10 12 sehr schmal-dreieckige Kammern, die durch sehr schwach vertiefte lineare Näthe geschieden werden. Die Scheidewände scheinen mit dunkler Farbe durch. Die ersten Kammern haben eine nur wenig schiefe Richtung. Die jüngeren werden immer schiefer und zuweilen reicht die letzte Kammer über den Vorderrand der übrigen bis zur ersten herab (T. 10, F. 2). Sie ist stark nach vorne abschüssig und trägt auf der am Rückenwinkel liegenden Spitze die gestrahlte Mün- dung. Ihre Bauchfläche ist von einer Seite zur anderen wenig ge- wölbt, in der Mitte selbst schwach eingedrückt.

Sehr selten in Begleitung der vorigen Arten.

6. C. tripleura m. T. IX, F. 5. Die zu der Unterabtheilung Saracenuria gehörige Species ist 0-658 Millim. lang, 0-292 Millim. breit, verlängert, massig zusammengedrückt, an der Bauchseite be- deutend breiter als am Rücken, daher im Querschnitte dreiseitig, oben zugespitzt, unten stumpf und stark vorwärts eingebogen. Die ersten Kammern lassen sich äusserlich nicht unterscheiden. Sie sind im Allgemeinen niedrig, wenig gebogen und nehmen nach oben hin allmählich eine sehr schräge Richtung an. Die Näthe linear, die

212 Rein,

Mundfläche der letzten Kammer sehr abschüssig, schmal- und lang- dreiseitig, gewölbt; die Bauchfläche des Gehäuses von oben nach unten ausgehöhlt. Die Mündung gestrahlt.

Sehr selten im obersten Gault von Rheine.

7. C. triaogularis d'Orb. (Mem. de la soc. geol. de Fr. IV, I, p. 27, T. 2, Fig. 21, 22). Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm. In der weissen Kreide von Sens und vonKent; imKreidedetritus von Charing, nach Morris auch im Gault von Folkestone (?); in den Bakulitenthonen von Luschitz, Rannai und Brozan (Böhmen).

8. C. navicnla d'Orb. (1. c. IV, 1 , p. 27, T. 2, F. 19, 20). Sehr selten in den unteren Senonmergeln von Ostheide bei Hamm. In der weissen Kreide Frankreichs und von Kent; im Kreidetuff von Maestricht; im Bakulitenthon von Luschitz und Brozan und im Pläner des Laurenzberges bei Prag (Böhmen).

9. C. Marcki m. T. IX, F. 4. Gehört unter die grösseren Formen dieser Gattung, denn einzelne Exemplare erreichen eine Höhe von 296 Millim. bei einer Breite von 1-609 Millim. Mit Aus- nahme des untersten Theiles ist das schief- eiförmige Gehäuse sehr stark seitlich zusammengedrückt, öfters verbogen, oben zugespitzt, unten breit gerundet.

Die älteren Kammern bilden eine verhältnissmässig grosse, linsenförmige, in der Mitte buckelartig vorragende Spirale, an der aber äusserlich gar keine Kammerabtheilung wahrzunehmen ist. Die jüngeren Kammern sind sehr niedrig, schief und durch seichte Furchen von einander geschieden. Der Rücken ziemlich scharfwinklig. Die Mundfläche der letzten Kammer sehr schmal, schwach zugerundet. Die Schalenoberfläche glatt.

Sehr selten in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges bei Hamm und im Diluvialsande bei Hamm.

10. Cr. inflata m. T. VIII, F. 6. Eiförmig, oben sehr kurz zugespitzt, unten breit gerundet, seitlich stark gewölbt, am Rücken gekielt. Die unteren 6 7 sehr kleinen dreieckigen Kammern bilden eine vollkommene stark convexe linsenförmige Spirale und werden nur dem von einem schmalen gekielten Saume umgebenen Rande zunächst durch kurze seichte Näthe geschieden. Oberhalb dieser Spirale legen sich noch 2 3 niedrige, am Rücken winklige, aber nicht gesäumte, auf der Bauchseite breitere Kammern an, die tiefere,

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 213

wenn auch schmale Nätlie zwischen sich haben und deren letzte in eine kurze durchbohrte Spitze ausläuft.

Sehr selten in dem oberen Senonmergel des Hilgenbcrges bei Hamm.

11. Cr. oligostegiam. T. VIILF.8. —Durchmesser: 0-8 Millim. Kreisrund, wenig zusammengedrückt, an den Seiten stark gewölbt, am Rücken winklig. Fünf gewölbte, durch schmale, aber deutliche Näthe gesonderte, breit-dreieckige, fast gerade Kammern. Die letzte läuft in eine sehr kurze, stumpfe, beinahe mittelständige Spitze mit gestrahlter Mündung aus. Die Bauchfläche derselben quer-halbmond- förmig, durch den vorhergehenden stumpfwinkligen Umgang tief ausgeschnitten, gewölbt. Schalenoberfläche glatt.

Sehr selten im Diluvialsande von Hamm.

12. Cr. ovalisRss. (Die Verst. d. böhm. Kreideform. 1, p. 34, 35, T. 8, F. 49; T. 12, F. 19; T. 13, F. 60 63.) Im oberen Senon- mergel des Hilgenberges bei Hamm; im unteren von Hamm und von Oslheide. Im böhmischen Kreidegebirge ziemlich verbreitet; im Planer von Kutschlin, Kröndorf, Kosstitz, des Laurenzberges bei Prag u. s. w. ; im Bakulitenthone von Luschitz , Priesen, Wollenitz, Rannai, Brozan u. a. 0. Im Kreidemergel vor dem Clever Thore von Hannover; im Cuvieri- Planer von Haverlah; im Kreidemergel von Köpinge auf Schoonen.

13. C. acuta m. T. X, F. 3. Höhe: 117 Millim., Breite: 0899 Millim. Im Umrisse breit-oval, scharf gekantet, gewölbt, oben zugespitzt, unten breit gerundet, vollkommen spiral eingerollt. Die Mitte der Spirale ragt als eine kleine gewölbte Scheibe stark her- vor. Zwei Umgänge, von denen nur der zweite durch lineare Näthe in 10 11 niedrige, keilförmige, sehr wenig gebogene, flache Kam- mern gesondert ist. An dem innern Umgange ist äusserlich keine Kammerabtheilung wahrnehmbar. Die Mundfläche der letzten, oben scharf zugespitzten Kammer ist hoch dreieckig, in der Mitte abge- plattet. Die runde Mündung gestrahlt, die Schalenoberfläche glatt, glänzend.

Selten im Pläner und im Minimusthone von Rheine. Auch im Albien von Wallmoden.

14. C. rotulata Lam. sp. (d'Orbigny, Mein, de la soc. geol. de Fr. IV. 1, p. 26, T. 2, F. 15—18.) Ohne Zweifel die verbrei- tetste aller Foraminiferenspecies. Sie findet sich nicht nur beinahe

214 R e i b s.

überall, wo Kreidegebilde auftreten, sondern geht auch in verticaler Richtung beinahe durch alle Kreideetagen bis unter den Gault hinab. Im westphälischen Kreidegebirge ist sie beinahe überall vorhanden. Ich fand dieselbe in den Mukronatenschichten des Hilgenberges, des Kurkenberges, des Westberges u. a.; in der Quadratenkreide voo Hamm, Flierich, Uedinghoff, Ostheide, vom Rhynerberg u. s. w. ; im Pläner von Ahaus, Unna, Opherdieke u. s. f.; in der Tourtia von Essen; im Minimusthone von Rheine; im Diluvialsande von Hamm.

Verbreitet ist sie überdies in der weissen Kreide Frankreichs (Meudon, St. Germain, Sens), Englands, Rügens, Dänemarks; im Kreidedetritus von Charing (England) ; in den Mukronatenschichten von Lemförde, von Nagorzani bei Lcmberg ; überall in den Baknliten- thonen und im Pläner Sachsens und Böhmens; in den Kreidemergeln des Gosauthales; in den Kreidekalken von Basdorf und Wichmanns- dorf in Mecklenburg ; in den Quadratenschichten von Ilseburg, Bochum und vom Lindner Berge bei Hannover; in der untern Kreide von Peine; in der glaukonitischen Kreide von Köpinge (Schoonen); im Pläner aus dem Bohrloch von Liebenbach bei Salzgitter; im Cuvieri-Pläner von Haverlah; im Grünsand von Mans, von Warminster und Farringdon; im Grünsand des unteren Quaders von Laun und Neuschloss (Böhmen); im Cenomanien von Ringelberg-Kothwelle und vom Fleischerberg bei Salzgitter; im Flammenmergel von Salzgitter; im Gault von Kent; im Speeton-Clay von Yorkshire: im Minimusthon von der Heininger Ziegelei, von Eilum und Wallmoden; in den Gargas- mergeln von Mastbruch bei Braunschweig u. v. a. Jedoch ist das Vorkommen der C. rotulata in den tieferen Kreideetagen immer ein weit selteneres; das Hauptlager bilden die Senon- und Turon- schichten.

Wenn von manchen Seiten C. rotulata in Tertiärgebilden vor- kommend, ja selbst noch lebend angeführt wird, so dürfte dies wohl nur auf einer Verwechslung beruhen, die bei den mitunter sehr indifferenten Cristellarla-Avten leicht möglich ist. Ich habe wenig- stens bisher die echte C. rotulata in keiner der zahlreichen von mir untersuchten Tertiärablagerungen aufzufinden vermocht.

1U. C. secans m. T. IX, F. 7. Durchmesser: 1-326 Millim. Gehäuse kreisrund , seitlich zusammengedrückt , im Umfange scharf gekielt, stark gewölbt, vollkommen spiral eingerollt. Im letzten Umgange, dem einzigen deutlich sichtbaren, zählt man 12 schmale,

Die Foraminiferen der westphälisehen KreiHeformation. 213

dreieckige, etwas gebogene flache Kammern, die durch radiale Ripp- chen, welche von einer grossen, convexen, centralen Nabelscheibe ausgehen, und, sich verdünnend, nur bis an den Randkiel verlaufen, von einander geschieden werden. Die Mundfläche der letzten Kam- mer ist an den wenigen vorliegenden Exemplaren beschädigt.

Selten im Minimusthone von Rheine. Eben so selten im Albien von Wallmoden, Eilum und von der Heininger Ziegelei.

16. C. microptera m. T. VIII, F. 7. Kreisrund, von den Seiten stark zusammengedrückt, in der Mitte selbst etwas ein- gedrückt, am Rande mit einem schmalen Flügelsaume umgeben. Zehn schmale, dreieckige, etwas gebogene, sehr wenig gewölbte Kammern. Die Näthe linear, schwach vertieft, nicht bis zum Centrum des Gehäuses reichend. Die letzte Kammer am oberen Ende zuge- spitzt. Die Mündung gestrahlt. Die Schalenoberfläche glatt, glänzend.

Sehr selten in den oberen Senonmergeln vom Herrensteinberg bei Hamm.

Robulina d' Orb.

1. R. lepida Rss. (Verstein. d. böhm. Kreideform. II. p. 109, T. 24, F. 46). Sehr selten im Obersenonmergel des Hilgenberges bei Hamm. Nicht selten im Bakulitenthone von Luschitz (Böh- men); vereinzelt in den Kreidemergeln des Edelbachgrabens im Gosauthale.

Flabellina d' 0 r b.

1. Fl.rngosa d'Orb. (Mem. de la soc.geol. de Fr. IV. l,p.23,24, T. 2, F. 4—7. Foram. du bass. tert. de Vienne. p. 93, T. 21, F. 13, 14. Reuss, Verstein. d. böhm. Kreideform. I. p. 33, T. 8, F. 31 34, 68, T. 13, F. 49—53). Im oberen Senonmergel vom Hilgenberg bei Hamm, von Dolberg bei Beckum und von Drenstein- furth; im unteren Senon von Flierich, Ostheide und vom Rhynerberg ; im Diluvialsande von Hamm. In der weissen Kreide von Meudon, Sens (Frankreich) und von Kent; im Kreidedetritus von Charing; im Kreidemergel des Edelbachgrabens im Gosauthale; im Bakuliten- thone von Luschitz, Priesen und Rannai, und gemein im Pläner von Kosstitz (Böhmen).

2. Fl. Baocloniniaiia d'Orb. (1. c. IV. 1, p. 25, T. 2, F. 12). Sehr selten im Diluvialsande von Hamm. In der weissen Kreide

Sitzh. (1. mathera.-naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 8.

216 R e u s s.

von Sens in Frankreich; in der untern Kreide von Dover; im Kreide- detritus von Charing; sehr selten im Pläner von Kosstitz (Böhmen).

3. Fl. cordata Rss. (Die Verst. d. böhm. Kreideform. I, p. 32, T. 8, F. 37—46, 78. Denkschr. d. Wiener Akad. d. Wiss. 1854, VII. p. 67, T. 25, F. 6 8.) Im untern Senonmergel des Rhyner- berges und im Diluvialsande von Hamm. Ist in der böhmischen und sächsischen Kreide eben so verbreitet wie Cristellaria rotulata. Beinahe überall und häufig findet sie sich im Bakulitenthone und Pläner; seltener erscheint sie in den tieferen Kreideschichten, im Plänersandstein von Triblitz und Hradek, im Grünsand von Neu- schloss und Laun, im kalkigen Quader von Cencic, im untern Quader- sandstein von Tyssa; auf secundärer Lagerstätte mit anderen Kreide- versteinerungen im pyropenführenden Sande von Triblitz (Böhmen). Überdies in der weichen Kreide von Charlottenlund in Schweden (Planidaria elliptica Nils.); in der weissen Kreide von Gravesend ; im lower chalk von Dover; im Kreidedetritus von Charing (England). Die Angabe des Vorkommens im Gault von Folkestone (Morris, Catal. of brit. foss. 2d. edit. p. 35) bedarf wohl noch weiterer Bestätigung.

4. Fl. interponctata v. d. Mck. (Von der M a r c k in den Verhandl. des naturhist. Ver. d. Rheinlande u. Westph. XV. Separat- abdruck p. 53, T. 1, F. 5). T. IX, F. 1. Länge: 2-08 Millim.; grösste Breite: 118 Millim. Gehäuse eiförmig oder länglich-herz- förmig, oben ziemlich lang zugespitzt, während am unteren Ende die ersten unregelmässig spiral gestellten Kammern in Gestalt eines kurzen, stumpfen Zapfens aus der breit gerundeten oder selbst etwas eingebogenen Basis hervorspringen. Die Seitenränder des sehr dünnen Gehäuses sind gerundet, die oberen viel länger als die unteren, mit denen sie in einem stark abgerundeten stumpfen Winkel zusam- menstossen. Die Kammern zahlreich (15 16), sehr schmal; die oberen spitzwinklig, durch schmale, aber scharfe Leistchen, die öfters unterbrochen oder unregelmässig sind, äusserlich geschieden. Zwi- schen denselben stehen auf den ebenen Flächen der Kammern, mit Ausnahme der letzten, sehr kleine rundliche Körnchen, gewöhnlich nur in einer den Kammerleisten parallel verlaufenden Reihe, doch stellenweise auch regellos stehend.

Selten in den oberen Senonmergeln (\{>^ llilgenberges, West- berges und Kurkenbeiges bei Kamm und vom Dolberg bei Beckum;

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 217

im unteren Senonien yon Flierich und vom Rhynerberg; im Diluvial- sande von Hamm.

5. FI. niacrospira m. T. IX, F. 2. Ich erhielt diese Species, zwischen Glasplatten in Canadabalsam eingeschlossen, von Herrn von der Marck. Da es ohne Gefahr, die zerbrechliche Schale zu zerstören, nicht möglich war, dieselbe blosszulegen, so konnte ich mich nur auf die unzureichende Untersuchung bei durchfallendem Lichte beschränken. Eine genaue Angabe der Sculpturverhältnisse der Schale wird dadurch unmöglich. Aber auch die auf diesem Wege nachweisbaren Kennzeichen geniigen vollkommen, um in dem Fossile eine besondere von allen übrigen verschiedene Art der Gattung Fla- bellina erkennen zu lassen.

FL macrospira ist nächst der Fl. simple.v Rss. aus den oberen Senonmergeln von Nagorzani bei Lemberg die einzige Species, welche durch eine grosse regelmässige Spirale der ältesten Kam- mern, die von den jüngeren reitenden Kammern nicht umfasst wird, sich auszeichnet. Das stark zusammengedrückte Gehäuse ist verlän- gert-eiförmig, über der Mitte am breitesten, oben kurz zugespitzt, nach unten langsam verschmälert und abgerundet endigend. Beinahe den dritten Theil der Länge des Gehäuses nimmt die verhältniss- mässig grosse spirale Scheibe ein, welche von den ersten 5 6 klei- nen Kammern gebildet wird. Im Mittelpunkte dieser Scheibe liegt die grosse kreisförmige Embryonalkammer; die übrigen sind klein und dreieckig. Über der Spirale erheben sich 4 5 spitzwinklige reitende Kammern in gerader Reihe über einander. Sie werden durch ziemlich breite, auf der Aussenseite des Gehäuses wahrscheinlich leistenartig hervorragende Scheidewände geschieden. Die Seiten- ränder der Schale erscheinen gerade abgestutzt.

Sehr selten im oberen Senonmergel von Dolberg bei Beckum.

b) Pener oplideae.

Haplophragmium Rss.

Die hierher gehörigen Arten wurden früher bald zu Spirolina Lam., bald zu Lituola Lam. gerechnet, unterscheiden sich aber von beiden wesentlich. Mit beiden stimmen sie in der Form des Gehäuses übereilt. Dasselbe ist in seinem Anfangstheile spiral eingerollt, wird

IS*

2 I ö 1! e u s s.

über im Verlaufe des Wachsthumes gerade gestreckt, stabförmig, indem sich die Kammern in gerader Reihe über einander legen. Wie bei Spirolina, zeigen die Kammern eine einfache Höhlung und stehen durch mehrere kleine Öffnungen mit einander in Verbindung. Aber abgesehen von der viel geringeren Regelmässigkeit in Gestalt und Anordnung der Kammern, ist die Schale nicht glatt und durchaus kalkig, sondern sehr rauh und uneben, grösstenteils aus Kiesel- köruern zusammengesetzt. Von Lituola dagegen, welche ebenfalls mit einer vorwiegend kieseligen Schale versehen ist, unterscheidet sich Haplophragmium durch die einfachen Kammerhöhlungen. Bei Lituola werden dieselben durch zahlreiche sehr regellose und ana- stomosirende Scheidewände vielfach unterabgetheilt und erhalten ein zelliges Ansehen. Es wird dadurch die Errichtung einer selbst- ständigen Gattung wohl gerechtfertigt. Dieselbe ist bisher nur im fossilen Zustande in den Kreide- und Tertiärgebilden ange- troffen worden.

1. H. aeqnale Rom. sp. (Spirolina aequalis Rom. Die Verst. d. nordd. Kreidegeb. p. 98, T. 15, F. 27. Lituola aeq. d"Or- bigny, Prodr. de paleont. stratigr. II. p. 95). T. XI, F. 2, 3.— Die grössten mir vorliegenden westphälischen Exemplare sind 5-044 Millim. lang1 und im unteren Theile 1*756 Miliim. dick. Das Gehäuse ist verlängert -keulenförmig, im Verhältniss zur Länge dick ; die Spirale gewöhnlich sehr unregelmässig, nicht oder nur wenig zusam- mengedrückt und überragt in der Breite den gerade ausgestreckten Theil des Gehäuses nur wenig. Die Kammern sind sehr ungleich, besonders jene des spiralen Schalentheiles, welche gewölbt und sehr regellos gestaltet sind.

Die Kammern des geraden Theiles des Gehäuses sind zwar fast durchgehends etwas breiter als hoch, aber sie wechseln in dem Ver- hältnisse der Höhe zur Breite sehr und nehmen oft eine keilförmige G estalt an. Die letzte Kammer ist oben gewölbt und der oberste Theil dieser Wölbung nur in beschränktem Umfange siebartig durch- löchert von den wenig zahlreichen sehr kleinen rundlichen Mün- dungen (F. 2 a, 6). An Bruchstücken erscheinen die Scheidewände der älteren Kammern eben oder sehr schwach eingedrückt, mit zahl- reichen Mündungen, die nicht selten durch Zerstörung der Zwischen- wände in eine einzige unregelmässig ästige zusammenfliessen , wie bei Dendritina (F. 3 b).

nie Foraminiferen der westphälischen Kreideforination. 210

Selten im oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm und im Diluvialsande von Hamm. Im norddeutschen Hils, z. ß. vom Spielberg bei Gri'menplan, von Eschershauseu u. s. w.

2. H. irreguläre Rom. sp. (Spirolina irr. Römer 1. c. p. 98, T. 15, F. 29. Sp.inaequalis [errore typij Reuss, Verstein. d. böhm. Kreideform. I. p. 35, T. 8, F. 62 6ß, 75. Sp. lagenalis Römer I. c. p. 98, T. 15, F. 28). T. X, F. 9, T. XI, F. 1. Die grössten Exemplare der ungemein veränderlichen Species messen 4'6 Millim. in der Länge , 2-41 Millim. in der grössten ßreite. Das Gehäuse ist von der Form eines ßischofsstabes oder flaschen- förmig, wechselt aber in Grösse, Gestalt und im Verhältnisse der ein- zelnen Theile ausnehmend. Die Kammern zahlreich. Die untersten 8 10 eine bald sehr convexe, fast kugelige, bald eine mehr zusam- mengedrückte, in der Mitte schwach vertiefte Spirale bildend, sehr ungleich in Grösse und Form, meist dreiseitig. Die übrigen 5 6 Kammern stehen in gerader Reihe über einander und bilden einen auf dem spiralen Theile des Gehäuses aufsitzenden, gewöhnlich walzenförmigen, selten etwas zusammengedrückten Fortsatz, der bald aus der Mitte (Sp. lagenalis Rom.), bald aus der Spite der Spirale entspringt. Dabei sind sie zwar von sehr ungleicher Grösse, aber fast stets breiter als hoch, oft von sehr unsymmetrischer Form, auf einer Seite höher als auf der andern oder selbst keilförmig. Alle sind durch schmale, aber tiefe Näthe gesondert. Die letzte Kam- mer ist oben etwas verengert, mit wenig gewölbter Mundfläche. Auf dieser stehen 2 G sehr kleine rundliche Mündungen, entweder regellos zerstreut oder bisweilen in ziemlich regelmässigem Kreise (F. 9 b). Die Schalenoherfläche sehr rauh und uneben.

Im oberen Senon des Hilgenberges bei Hamm, im unteren Senon des Rhynerherges, im Pläner von Unna, im Diluvialsande von Hamm. Im Pläner und Bakulitenthone Böhmens, in den Mukronatenschichten von Lemberg in Galizien und von Lemförde; im Cenomanien von Peine, des Mahnerberges bei Salzgitter; im Kreidemergel des Edel- bach- und Wegscheidgrabens im Gosauthale. Auch in der oberen und unteren Kreide Englands, denn Spirolinites Stokesi, Murchisoni, Mantelli, Bucklandi N o r th a m p t. und Sp. Comptoni Ma n t., welche von Mantell in den Wonders of geology p. 297 angeführt und mit Ausnahme des erstgenannten T. 34, F. 1, 2 und T. 35, F. 1, 2 abge- bildet werden, gehören insgesammt zu Haplophragmium irreguläre.

220 R e u s s.

MAtuola Lam.

1. L. nautiloidca Lam. (Lamarck, Ann. du mus. V. p, 243. VIII. T. 62, F. 12, 13; Anim. s. vertebres, 2,le edit. XI, p. 282. Encyelop. rneth. T. 465, F. 6; T. 466, F. 1. (L. deformis Jugerid- zustand) d'Orbigny, Mein, de la soc. geol. de Fr. IV, 1. p. 29, T. 2, F. 28—31; Foram. du bass. tert. de Vienne p. 138, T. 21, F. 20, 21. SpiroUna nautiloidea d'Orb. Ann. des sc. nat. 1826, p. 287. Coscinospira naut. Ehrbg. Die Bild, der Kreideform, aus mikrosk. Organ, p. 75.) T. X, F. 5 8. Die grössten Exem- plare haben eine Länge von 9,87Millim. bei der grössten Breite von 3-29 Millim. Das Gehäuse oft stark verlängert, beinahe cylindrisch, oder nach unten sich zuerst langsam und wenig verschmälernd und dann am unteren Ende sich rasch ausbreitend, mitunter schwach zusammengedrückt, oft unregelmässig verbogen; oben abgestutzt, unten spiral eingerollt. Kammern sehr zahlreich. Die jüngeren stehen in gerader Reihe über einander und sind ungleich, sehr niedrig, mehrfach breiter als hoch, mitunter schief und nicht die gesammte Breite des Gehäuses einnehmend, sondern keilförmig zwischen zwei breitere eingeschoben.

Die älteren, gewöbnlich etwas höheren, dreieckigen Kammern bilden eine Spirale, meist nur von einem Umgänge, die bald regel- mässig in der Ebene des ganzen Gehäuses eingerollt, bald schief gegen eine Seite geneigt ist. Sie ist mehr weniger zusammen- gedrückt und zeigt in der Mitte entweder beiderseits oder nur auf einer Seite eine enge seichte nabelartige Vertiefung.

Alle Kammern sind durch schmale liefe Näthe gesondert. Die letzte Kammer erscheint oben flach abgestulzt und trägt auf der dadurch entstandenen beinahe ebenen Fläche zahlreiche kleine ungleiche, meist rundliche Mündungen, die gewöhnlich ganz regellos stehen, doch bisweilen auch, wenigstens die äusseren, eine kreis- förmige Anordnung wahrnehmen lassen. Nicht selten sind die Zwi- schenwände derselben theilweise zerstört und dann fliessen sie in eine sehr unregelmässige mehr weniger verästelte Öffnung zu- sammen.

Häufig im oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm und im Diluvialsande von Hamm. In der weissen Kreide von Sens, Meudon, St. Germain (Frankreich) und von England {Spiroluütes

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 22 1

Lyelli Northampt. in Mantell's Wonders of geology p. 297); im Kreidedetritus von Charing.

c) Nonioninideae. Xonionina d'O r b.

1. N. quatcrnaria Rss. (Reuss in Haidinger's naturwiss. Abhandl. IV. I, p. 35, T. 3, F. 13). Im oberen Senonmergel des Hil- genberges bei Hamm und in den unteren Senonscbichten von Ueding- hoff. In den Mukronatensehichten von Lemberg in Galizien und in der Schreibkreide von Rügen.

d) R o t a 1 i d e a e. Rotaliu d'O rb.

1. R. lenticula Rss. (Die Versteiu. d. böhm. Kreideform. I. p. 35, T. 12, F. 17). Selten im Planer von Oplierdieke. Im Bakulitenthone von Luschitz, Brozan, Rannai.

2. R. polyrrapkes Rss. (Reuss in Haidinger's naturwiss. Ab- handl. IV. 1, p. 35, T. 3, F. 1). Sehr verbreitet in den Kreide- schichten Westphalens; in den oberen Senonmergeln des Hilgen- berges bei Hamm; im unteren Senonien von Hamm, Flierich, Rhyner- berg, Haustenbeck, Bergeamen, Ostheide; im Pläner von Horde, Unna, Rheine, Wullen, Opherdieke; selten in der Tourtia von Essen und im Gault von Rheine; im Diluvialsande von Hamm. Nicht selten im Bakulitenthon von Luschitz und Brozan; selten in den Mukronaten- mergeln von Nagorzani bei Lemberg in Galizien, in der Quadraten- kreide vom Lindner Berge bei Hannover, im Flammenmergel vom Mahner Berge bei Salzgitter, im Cenomanien von Ringelberg-Koth- wellen, u. s. w.

3. R. nuibonella m. T. XI, F. 5. Durchmesser : 0365 Milliin. Gehäuse kreisrund , sehr stark niedergedrückt, im Umfange scharf gekielt. Die Spiralseite zeigt zwei Umgänge und erhebt sich in der Mitte zu einem flachen Knöpfchen. Der letzte Umgang besteht aus sechs schiefen, etwas gebogenen schmal-keilförmigen, flachen, durch lineare Näthe gesonderten Kammern. Auf der Nabelseite, die in der Mitte einen deutlichen vertieften Nabel darbietet, sind die Kam- mern weniger schief, mehr gewölbt und triangulär, mit tieferen

TiZ R e u s s.

Näthen. Die Mündung eine Spulte am Innenrande der letzten Kaitimer. Die Schalenoberfläche sehr fein punktirt. Sehr selten im Gault von Rheine.

4. R. rxsculpta m. T. XI, F. 4. Ei:ie sehr kleine 04 Millim. grosse kreisrunde, an der Peripherie scharf gekielte Form, auf der Nahelseite stark convex, auf der spiralen Seite dagegen nur sehr flach gewölbt, indem die inneren Umgänge nur wenig über den ebenen letzten Umgang vorragen. Drei Umgänge, die nicht sehr schnell an Breite zunehmen. Im letzten Umgange 10 11 schmale, wenig gebogene Kammern, die auf der Spiralseite des Gehäuses fast eben sind und durch vorstehende schmale leistenartige Scheide- wände gesondert werden, die oftmals unterbrochen sind und in unregelmässige Körner zerfallen , sich zuweilen selbst gabelförmig spalten. Auf den inneren Windungen sind nur einzelne Körner als Andeutungen dieser Leisten sichtbar. Ebenso werden die Kammern am äusseren Rande von einer niedrigen Leiste eingefasst, die auf den inneren Umgängen ebenfalls mehrfach unterbrochen ist. Die Fläche der Kammern erscheint dadurch vertieft. Die Nabelseite der Kammern gewölbt und die trennenden Näthe schmal, aber ziemlich tief. Der Nabel tief und enge. Die Mündung eine kurze Spalte in der Mitte des Innenrandes der letzten Kammer. Die Schale fein punktirt.

Im oberen Senonntergel desHilgenberges und Herrensteinberges bei Hamm; im unteren Senou von Hamm, Flierich, Haustenbeck, Ost- heide und vom Rhynerberg, in der Quadratenkreide vom Lindner Berge bei Hannover; im Diluvialsande von Hamm.

5. R. nitida Rss. (Kreideverstein. Böhmens I. p. 35, T. 8, F. 52; T. 12, F. 20). Ist nur eine kleine Form von R. umbilicata d'Orb. (Mein, de la Soc. geol. de Fr. IV. 1, p. 32, T. 3, F. 4— 6), deren typische Form in Böhmen und Westphalen nicht vorkömmt.

Im oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm und von Dolberg bei Beckum; in den unteren Seuonschichten von Hamm, Flierich, Bergeamen, Ostheide und vom Rhynerberge; im Pläner von Wullen. Gemein im Bakulitenthone Böhmens; selten im Pläner von Kosstitz, häufig in den Mukronatenmergeln von Nagor- zani bei Leinberg, in der Quadratenkreide vom Lindner Berg bei Hannover, im Cuvieri-Pläner von Haverlah; im Ananchyteninergel von Jenstedt und Ahlfeld.

!>ie Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 223

6. R. Micheliniana d'Orb. (Mein, de le soc. geol. de Fr. IV. 1, p. 31, T. 3, F. 1 3). Im oberen Senon vom Herrensteinberg und von Drensteinfurth; in den unteren Senonscbiehten von Hamm, Berg- eamen und vom Rhynerberg; im Planer von Unna. In der weissen Kreide Frankreichs und Englands, im Bakulitenthone Böhmens; in der Quadratenkreide vom Lindner Berge bei Hannover.

Valvulina d'Orb.

1. V. allomorphinoidcs m. T. XI, F. 6. Durchmesser 0-44 Millim. Die Species ist bei flüchtiger Betrachtung im Umrisse der Allomorphina trigona Bss. sehr ähnlich. Das Gehäuse ist niedergedrückt eiförmig, mitunter dem gerundet- dreiseitigen sich nähernd, im Umfange abgerundet- winklig, auf beiden Flächen massig und ziemlich gleichförmig gewölbt.

Es sind nur zwei Umgänge sichtbar, deren innerer sehr klein ist und nur ein sehr flaches Knöpfchen darstellt, an dem nur bis- weilen eine Theilung durch eine sehr seichte Furche angedeutet ist. Der äussere Umgang nimmt sehr rasch an Breite zu und bildet den grössten Theil des Gehäuses. Er besteht nur aus vier rundlichen Kammern , deren letzte sehr gross ist und mehr als die Hälfte des ganzen Gehäuses einnimmt. Sie sind massig gewölbt und werden äusserlich nur durch sehr seichte Näthe geschieden. Am meisten tritt noch die letzte Kammer hervor. Die Mündung wird durch einen ziemlich breiten , am Bande entweder abgestutzten oder selbst etwas eingebogenen lippenartig vortretenden Fortsatz der Schale verdeckt.

Im obern Senonmergel von Soestwarte und Dolberg hei Beckum, vom Hilgenberg bei Hamm; im unteren Senon von Bergeamen, Ost- heide. — Auch im Cuvieri-Pläner von Haverlah.

2. V. spicula Bss. (Kreideverstein. Böhm. I. p. 37, T. 13, F. 69). Im unteren Senon von Ostheide; im Pläner von Wullen und Opherdieke und Essen. Im Bakulitenthon von Luschitz, Patek und Bannai (Böhmen).

Kosalina d'Orb.

1. R. aininouoides Bss. (Beuss in Haidinger's naturw. Abhaudl. IV. 1, p. 30, T. 3, F. 2). In dem oberen Senonmergel des Hilgen- berges bei Hamm, im Pläner von Horde. Im Bakulitenthone von

224 n e u s s.

Priesen, Luschitz, Rannai, Kystra und Brozan (Böhmen), im Mukro- natenmergel von Nagorzani bei Lemberg (Galizien); im Kreide- mergel vor dem Clever Thore von Hannover; im Kreidetuff von Maestricht; im Cenomanien vom Mahnerberge bei Salzgitter und vom Lindner Berge bei Hannover; in der weissen Kreide von England; in der unteren Kreide von Dover; im Kreidedetritus vonCharing; im Gault von Folkestone (?).

2. R. marginata Rss. (Denkschr. d. Wiener Akad. d. Wiss. VII. p. 69, T. 26, F. 1). Eine der gemeinsten und verbreitetsten Foraminiferen der oberen Kreide. Auch in den Kreidegebilden West- phalens sehr verbreitet. In dem oberen Senonmergel des llilgen- berges, Herrensteinberges, Kurkenberges bei Hamm, von Soestwarte und Dolberg bei Beckum; in den unteren Senonschichten von Hamm, Flierich, vom Rhynerberg, Haustenbeck, Bergeamen, Uedinghoff, Ostheide; im Pläner von Horde, Unna, Rheine, Wullen, Opherdieke. Essen; im Gault von Rheine, im Diluvialsande von Hamm u. s. w. Auch im Bakulitenthone und Pläner Böhmens stellenweise sehr häufig; in den Kreidemergeln der Gosau; im Ananchytenmergel vom Peters- berg bei Goslar, von Jenstedt und zwischen Astfeld und Jenstedt; im Cuvieri-Pläner vom Windmühlenberge, von Ohlendorf und Lieben- burg bei Salzgitter, vom Stoberberg bei Liebenburg und von Haverlah; in der Quadratenkreide vom Lindner Berge bei Hannover; in der weissen Kreide von Kent; im Kreidedetritus von Charing.

Anomalina d'O r b.

1. A. coinplanata Bss. (Haidinger's naturwiss. Abhandl. IV. 1, p. 36, T. 3, F. 3). Selten im Pläner von Ahaus und Essen. Im Mukronatenmergel von Nagorzani hei Lemberg (Galizien); im Krei- demergel des Edelbachgrabens in der Gosau; in der weissen Kreide von Bügen.

2. A. moniliformis Bss. (Kreideverstein. Böhmens I. p. 36, T. 13, F. 67). Im oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm. Im Bakulitenthone von Luschitz und Brozan (Böhmen), im Kreide- mergel vor dem Clever Thore von Hannover.

Truneatulina d'O ib. 1. Tr. convexa Rss. (Haidinger's naturw. Abhandl. IV. I, p. 36, 37, T. 3, F. 4). Im unteren Senonien vom Rhynerberg In den Mukronatenmergeln von Nagorzani bei Lemberg.

Die Foraminiferen der westfälischen Kreideformation. 225

Glohigerina d' 0 r b.

i. ttl. rretacea d'Orb. (Mem. de la soc. geol. de Fr. IV. 1, p. 34, T. 3, F. 12 14). In den oberen Senonmergeln von Hamm, Flierich, Haustenbeck , Bergeamen und vom Rhynerberg; im Planer von Unna, im Ganlt von Rlieine und im Diluvialsande von Hamm. Sehr verbreitet im böhmischen Bakulitenthon; seltener im Pläner von Kosstitz, vom Laurenzberg bei Prag u. s. w.; in der weissen Kreide Englands, in der unteren Kreide von Dover; im Kreidedetritus von Charing.

e) Uvellidae. Kullmina d'O r b.

1. B. \ariabilis d'Orb. (Mem. de la soc. geol. de Fr. 1840, IV. 1, p. 40, T. 4, F. 7, 8). Im oberen Senon von Drensteinfurth, vom Hilgenberg bei Hamm und von Dolberg bei Beckum; in den unteren Senonscbicbten von Hamm, Flierich und vom Bbynerberg; im Pläner von Unna, Graes; im Diluvialsande von Hamm. Sebr verbreitet im Bakulitentbone und Planer Böhmens; in den Mukronatenmergeln von Nagorzani bei Lemberg; im Kreidemergel vor dem Clever Thore von Hannover; im Ananchytenmergel von Petersberg bei Goslar; im Cuvieri - Mergel vom Stoberberg bei Liebenburg; im Pläner von Liebenburg bei Salzgitter; im Cenomanien vom Fleisclierkamp bei Salzgitter; in der weissen Kreide Frankreichs (Sens, Meudon, St. Germain) und Englands.

2. B. ©besä Rss. (Haidinger's naturwiss. Abband!. IV. 1. p. 40, T. 3, F. 12; T. 4, F. 1). Im oberen Senonmergel des Hilgen- berges bei Hamm. Im Mukronatenmergel von Nagorzani bei Lem- berg (Galizien); in der weissen Kreide von Rügen.

3. B. Murchisoniana d'Orb. (Mem. de la soc. geol. de Fr. IV. \, p. 41, T.4, F. 15, 16). Im oberen Senon von Dolberg bei Beckum, im unteren vom Rbynerberg; im Pläner von Ahaus; im Diluvialsande von Hamm. Im Bakulitentbon von Luschitz, im Pläner von Kutsclilin und Kosstitz (Böhmen); im Pläner von Liebenburg bei Salzgitter; in der weissen Kreide Frankreicbs (St. Germain) und Englands, im Kreidedetritus von Charing.

4. B. intermedia Rss. (Haidinger's naturwiss. Abhand. IV. l,p. 39, T. 3, F. 11). Im oberen Senon des Hilgenberges bei

226 B e u s s.

Hamm. Im Bakulitenthon von Luschitz und Brozan (Böhmen); in

der weissen Kreide von Rügen, von Portsdown (England); in den Mtikronatenscliichten von Nagorzani (Galizien); im Kreidemergel vor dem Clever Thore von Hannover.

5. B. Puschi Rss. (Haidinger's naturwiss. Abhandl. IV. I, p. 37, 38, T. 3, F. 6). Im Diluvialsande von Hamm. In den Mnkronatenmergeln von Nagorzani bei Lemberg (Galizien).

6. B. ovulum Rss. (Haidinger's naturwiss. Abhandl. IV. 1, p. 38, T. 3, F. 9). Im oberen Senonmergel von Drensteinfurth und vom Herrensteinberg; im unteren Senon von Hamm und Bergeamen; im Planer von Ahaus; im Diluvialsande von Hamm. Gemein im höhmischen Bakulitenthon; in der weissen Kreide von Kent und der Insel Bügen; im Mukronatenmergel von Nagorzani (Galizien); in den Kreidemergeln des Edelbachgrabens in der Gosau ; im Kreidekalk von Carentz (Mecklenburg); im Kreidemergel vor dem Clever Thore von Hannover; in der Quadratenkreide vom Lindner Berge bei Hannover.

7. B. Presli Bss. (Beuss 1. c. IV. p. 39, T. 3, F. 10). Im oberen Senon des Hilgenberges bei Hamm; im unteren von Hamm; im Pläner von Unna; im Gault von Rheine; im Diluvialsande von Hamm. Gemein im böhmischen Bakulitenthone, selten im Pläner; in der weissen Kreide von Rügen; im Mukronatenmergel von Nagor- zani (Galizien); im Kreidemergel vor dem Clever Thore von Han- nover; im Planer von Liebenburg bei Salzgitter, im Cuvieri-Pläner von Haverlah und von Stolterberg bei Liebenburg; im Cenomanien von Ringelberg-Kothwelle bei Salzgitter; im Flammenmergel vom Mahnerberg bei Salzgitter; im Minimusthon von Wallmoden.

8. B. d'Orbiguyi Rss. (Kreide versteh]. Böhm. I. p. 38, T. 15, F. 74). Im oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm; im unteren von Hamm, Flierich, Bergeamen, Ostheide und vom Rhyner- berg; im Pläner von Ahaus und Rheine; im Gault von Rheine. Im Bakulitenthon von Luschitz, Kystra, Brozan (Böhmen); im Pläner von Liebenburg bei Salzgitter; im Cenomanien von Ringelberg- Kothwelle, vom Mahnerberg und Fleischerkamp bei Salzgitter; im Minimusthon von Eilum, Wallmoden und Heiningen.

9. B. polystropha Rss. (Kreideverstein. Böhm. II, p. 109, T. 24, F. 1)3). Im Pläner von Rheine. Im Pläner von Weisskirchlitz (Böhmen).

Die Foraminifereu der westphälischeu Kreideformation. 22 i

Verneiiilina d'O r b.

1. V. Bronni Rss. (Haidi nger's naturwiss. Abhandl. IV. 1, p. 40, T. 4, F. 2). Im oberen Senon des Hilgenberges bei Hamm; im unteren von Fiierich und Haustenbeck. Im ßakulitentbon von Lusebitz und ßrozan (Bobinen); im Mukronatenmergel von Nagor- zani bei Lemberg (Galizien) ; im Kreidedetritus von Charing (England).

2. V. Münster! Rss. (Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss. in Wien 1854, VII. p. 71, T. 26, F. 5. Textularia triquetra Rss., Kreide- verstein. Böhm. I, p. 39, T. 13, F. 77). Im oberen Senon des Hilgen- berges bei Hamm; im unteren von Ostheide; im Pläner von Unna, Wullen und Rheine; im Minimusthon von Rheine; im Diluvialsaude von Hamm. Im Bakulitenthon von Lusebitz (Böhmen); in den Kreidemergeln des Edelbacbgrabens in der Gosau; im Cenomanien von Ringelberg -Kothwelle bei Salzgitter.

Tritaxia d'Orb.

Trotz der grossen Individuenzahl, in welcher die T. tricarinaia an manchen Orten vorkömmt, war ich doch wegen des meist schlechten Erhaltungszustandes und der sehr undeutlichen Begren- zung der einzelnen Kammern bisher nicht im Stande gewesen, die Gattung, welcher dieselbe angehört, mit einiger Zuverlässigkeit zu bestimmen. Ich zog sie zuerst trotz der dreikantigen Form des Gehäuses irriger Weise zur Gattung Textilaria, später, der Gestalt entsprechender , zu Vemeuilina. Durch die etwas verschiedene Beschaffenheit wurde ich überdies verleitet, die Exemplare aus dem böhmischen Pläner für verschieden von jenen aus dem Kreidemergel von Nagorzani bei Lemberg zu halten, da erstere kleiner und glatter, letztere grösser, länger und rauher zu sein pflegen.

Die Senonschichten VVestphalens, in denen das Fossil ebenfalls häufig angetroffen wird, haben mir zuerst Exemplare mit deut- licherer Kiimmerabtheilung geliefert, aus deren [Untersuchung sich ergab, dass dieselben weder zu Textilaria, noch zu Verneuilina ge- rechnet werden dürfen, sondern den Typus einer besonderen Gattung bilden müssen, der ich wegen der Anordnung der Kammern in drei parallele gerade Reihen den Namen „Tritaxia" beilege.

Die Kammern stehen nämlich, die einzelne sehr kleine Embryo- nalkammer abgerechnet, in drei Reihen dicht neben und über

228 r e u s s.

einander, und zwar so, dass die Kammern je zweier neben einander liegender Reihen nach Art der Textilarideen regelmässig mit einander alterniren, während die Kammern aller drei Reihen zugleich be- trachtet eine regelmässige aufsteigende Spirale bilden, deren jeder einzelne Umgang drei Kammern umfasst, welche in so regelmässigem Grüssenverhältnisse gegen einander stehen und so gesetzmässig gelagert sind, dass auf die zweite Kammer stets die fünfte, achte u. s. w., auf die dritte aber die sechste, neunte u. s. w., auf die vierte endlich die siebente, zehnte u. s. w. in gerader Reihe zu liegen kömmt. Das ganze Gehäuse erhält dadurch eine dreikantige Form. Die letzte, gewöhnlich etwas gewölbtere Kammer verlängert sich in eine sehr kurze Spitze, welche die runde Mundung trägt.

Die Tritaxien sind daher eigentlich Uvigerinen , deren Kam- mern regelmässig mit einander alterniren und vereinigen in sich zugleich die Charaktere der turbinoiden Helicostegier und jene der Textilarideen. Die Uvigerinen unterscheiden sich von denselben leicht und genügend durch die sehr ungleiche Form und unregel- mässige Stellung der wohl spiral angeordneten, aber nicht alterni- renden Kammern; durch die stärkere röhrenförmige Verlängerung der letzten Kammer und die glasige Reschaffenheit der glatten, nur äusserst fein punktirten Schale, die bei Tritaxia stets mehr oder weniger rauh erscheint.

Es ist sehr wahrscheinlich, das? die von d'O r b i g n y beschriebene und abgebildete Uvigerina tricarinata aus der weissen Kreide von Sens (Mem. de la soc. geol. de Fr. IV. 1, p. 42, T. 4, F. 16, 17) ebenfalls der Gattung Tritaxia angehöre. Ich kenne dieselbe jedoch nicht aus eigener Anschauung. Zwei andere Species ( Tr. pyra- midalis und sulcata Rss. habe ich im Cenomanien vom Mahnerberg und vom Fleischerkamp bei Salzgitter entdeckt.

1. Tr. tricarinata Rss. T. XII, F. 1, 2 (Textularia trica- rinata Reuss, Kreideverstein. Böhm. I, p. 39, T. 8, F. 60. Ver- neuilina dubia Rss. in Haidinger's naturw. Abhandl. IV. 1, p. 24, T. 4, F. 3). Im Mittel 0-951 Millim. lang und im breitesten Theile 0-585 Millim. breit. In der Seitenansicht ist das Gehäuse mehr weniger verlängert- elliptisch, an beiden Enden fast gleichmässig abgerundet oder stumpf zugespitzt, sehr oft unregelmässig verbogen, scharf dreikantig, die Seitenflächen scieht ausgehöhlt. In jeder Ver- ticalreihe 4 6 ebene, am Rande scharfkantige, niedrige, massig

Die Foraminiferen der westfälischen Kreideformation. 229

schiefe Kammern. Die Näthe sehr fein linear, meist undeutlich, etwas gebogen. Die letzte Kammer schwach gewölbt, oft mützenförmig die anderen Kammern deckend , und sich am oberen Ende zur kurzen centralen, von der feinen runden Mündung durchbohrten Spitze verdünnend. Die Schalenoberfläche rauh.

Im oberen Senonmergel desHilgenberges bei Hamm, im unteren von Ostheide und Hamm; im Planer von Opherdieke und Essen, im Gault von Rheine; im Diluvialsande von Hamm. Ist überdies noch bekannt aus dem Bakulitenthon von Rannai und Kystm , im Pläner von Kosstitz u. s. w. (Böhmen); im Mukronatenmergel von Lemberg; im Cenomanien vom Mahnerberge bei Salzgitter; im Albien von Wallmoden.

Gaiulryina d'Orb.

1. Cr. pupoides d'Orb. (Mein, de la soc. geol. de Fr. 1840, IV. I, p. 44, T. 4, F. 22—24). Sehr selten im Pläner von Ahaus, im Gault von Rheine; im Diluvialsande von Hamm. In der weissen Kreide Frankreichs (St. Germain) und Englands, im Kreidedetritus von Charing; im Gault von Folkestone.

2. G. oxycona m. T. XII, F. 3 Länge : 0-86—1-68 Millim., Breite 0-54 0-86 Millim. Verkehrt kegelförmig, im Querschnitt fast kreisrund, oben abgestutzt, unten ziemlich scharf zugespitzt. Der untere spirale Theil des Gehäuses ist sehr kurz, mit sehr kleinen Kammern und undeutlichen linearen Näthen. Im grössten Theile des Gehäuses stehen die Kammern alternireHd in zwei geraden Reihen; sie sind sehr niedrig, quer, am Rücken breit gerundet und durch breite aber sehr seichte Vertiefungen geschieden. Die letzten zwei Kammern werden oben von ebenen oder selbst schwach eingedrückten, etwas gegen einander geneigten Flächen begrenzt. Die Mündung eine kurze und enge Querspalte am inneren Rande der letzten Kammer. DieSchalenohertläche rauh. In den oberen Senonmergeln des Hilgen- berges bei Hamm und von Drensteinfurth; im unteren Senonien von Hamm, Ostheide, und vom Rhynerberg, im Pläner von Bergeamen Wulleii, Opherdieke, Ahaus; im Gault vom Rheine. Auch im Cenomanien von Haverlah und von Fleischerkamp bei Salzgitter.

3. G. mgosa d'Orb. (Mem. de la soc. geol. de. Fr. IV. 1. p. 44, T. 4, F. 20, 21). Im oberen Senon des Hilgeuberges und West- berges bei Hamm, von Dolberg hei Beckum und von Drensteinfurth,

230 Reu« s.

im unteren von Hamm, Flierich, Uedinghoff, Ostheide und vom Rhy- nerberg; im Diluvialsande von Hamm. Sehr gemein im böh- mischen ßakulitenthon; im Mukronatenmergel von Nagorzani bei Leinberg; in der weissen Kreide Frankreichs (Sens, Meudon, St. Germain) und Englands; im Kreidedetritus von Charing; im Fläner- mergel vor dem Clever Thore von Hannover; im Ananchytenmergel zwischen Ahlfeld und Jenstedt.

f) Polymorphinideae.

Pyvtilinu d'Orb.

1. P. acuminata d'Orb. (Mein, de la soc. geol. de Fr. IV. 1, p. 43, T. 4, F. 18, 19). Sehr selten im oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm. In der weissen Kreide von Sens, Meudon, St. Germain; im Kreidedetritus von Charing; sehr selten im Mukro- natenmergel von Nagorzani bei Lemberg.

Guttulina d'O r b.

1. Cr. elliptica Rss. (Kreideverstein. Böhmens II. p. 110, T. 24, F. 55). Sehr selten im oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm. Ebenso im ßakulitenthon von Luschitz (Böhmen).

Globulina d'O r b.

1. Gl. globosa v. M. sp. (Römer in Bronn's u. Leonh. Jahrb. 1838, p. 386, T. 3, F. 33. Reu ss, Kreideverstein. Böhm. I. p. 40, T. 13, F. 82). Im oberen Senonieu des Hilgenberges bei Hamm. Im ßakulitenthon von Luschitz und Brozan (Böhmen). In den Tertiärschichten von Osnabrück, Nussdorf u. s. w. kommt eine Species von Globulina vor, die ich von der in Rede stehenden nicht zu unterscheiden vermag.

2. Gl. porrecta m. T. XII, F. 4. Das grösste Exemplar misst 1 53 Millim. in der Länge, 0-62 Millim. in der Breite. Gehäuse schmal elliptisch, beiderseits ziemlich scharf zugespitzt, von vorne nach hinten massig zusammengedrückt. Die sichtbaren drei Kammern gross, wenig gewölbt, dachziegelförmig sich theil weise deckend ; ihre Näthe linienförmig, nur bei stärkerer Vergrösser ung erkennbar. Die letzte Kammer zugespitzt, mit gestrahlter Mündung.

Die Foraminiferen der westphalischen Kreideformation. 231

Die beschriebene Art unterscheidet sich von Guttulina elliptica Rss. durch die stärkere Zuspitzung des weniger zusammenge- drückten Gehäuses, so wie durch die geringere Anzahl der sichtbaren Kammern.

Sehr selten im oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm, im unteren Senon von Hamm; im Diluvialsande derselben Localität.

III. Textilarideae (Enallostegia d'Orb.^. Proroporns E h r b.

1. Pr. complanatns m. T. XII, F. 5. 13 16 Millim. lang, 0-402 Millim. breit, lanzettförmig, im oberen Theile mit beinahe parallelen Seitenrändern, in der unteren Hälfte sich allmählich zur Spitze zusammenziehend, blattförmig zusammengedrückt. Kammern sehr zahlreich; jederseits 23 25, sehr niedrig, wenig schief. Näthe durch seichte schmale Furchen angedeutet. Mündung rund, auf der stumpfen Spitze der letzten Kammer. Schalenoberfläche rauh, glanzlos.

Selten im Gault von Rheine.

Textilaria D e fr.

1. T. turris d'Orb. (Mem. de la soc. geol. de Fr. 1840, IV. \, p. 46, T. 4, F. 27, 28). Im oberen Senonmergel von Drensteinfurth, im Pläner von Unna. In der weissen Kreide Frankreichs (Sens, Meudon , St. Germain) und Englands ; im Bakulitenthon von Lu- schitz, im Pläner der Schillinge bei Bilin, in den Kreidemergeln des Edelbachgrabens und Wegscheidgrabens in der Gosau.

2. T. conolas Rss. (Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss. in Wien VII. p. 72, T. 26, F. 7).— T. XIII, F. 3. Bis 0-65 Millim. lang und 0-438 Millim. breit. Gehäuse verkehrt kegelförmig, kurz, im Verhält- nisse zur Länge breit, unten stumpf zugespitzt, oben abgestutzt, wenig gewölbt, mit sehr breit-elliptischem, mitunter beinahe kreis- förmigem Querschnitte. Jederseits 6 7 niedrige , quere , massig gewölbte, auf den Seiten breit-gerundete Kammern, die durch schmale, aber ziemlich tiefe Näthe gesondert sind. Die letzten Kammern oben schwach gewölbt, die vorletzte sogar etwas niedergedrückt. Die Mündung kurz, aber ziemlich breit-halbmondförmig. Die Schalenober- fläche mit feinen Rauhigkeiten bedeckt.

Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 8. 10

232 Kens 8.

Im oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm; im unteren Senon von Flierich und vom Rhynerberg; im Diluvialsande von Hamm. Im Bakulitenthon von Luschitz, Kautz, Kystra und Brozan (Böhmen); in den Kreidemergeln des Edelbachgrabens in der Gosau ; zweifelhaft in den Gargasmergeln von Mastbruch bei Braunschweig.

3. T. pupa m. T. XIII, F. 4, 5. Die grössten Exemplare messen 1-2 Millim. in der Länge, 0*62 Millim. in der Breite. Sie ist der T. conulus Rss. sehr ähnlich, fast walzig, im Querschnitte sehr breit- elliptisch, mit breit gerundeten Seiten, unten sich rasch zur stumpfen Spitze zusammenziehend. Auf jeder Seite 4 6 wenig ge- wölbte Kammern, breiter als hoch, quer, durch massig tiefe Näthe getrennt. Das hauptsächlichste Unterscheidungsmerkmal liegt in der Beschaffenheit der letzten zwei Kammern. Dieselben sind nicht, wie bei T. conulus, oben niedergedrückt, sondern gewölbt, erheben sich vielmehr selbst zu einem niedrigen zusammengedrückten Kegel mit gerundeter Spitze. Die Oberfläche der Schale sehr fein rauh.

Im oberen Senon des Hilgenberges und Herrnsteinberges bei Hamm, im unteren Senon von Hamm, Ostheide und Uedinghoff. Auch in der Quadratenkreide des Lindner Berges bei Hannover.

4. T. globifera Rss. (T. globulosa Bss. [non Ehrbg.], Kreide- verstein. Böhm. I. p. 39, T.12, F. 23). T. XIII, F. 7, 8. Eine der kleinsten Species , denn die grössten Exemplare sind nur 0*438 Millim. lang bei 027 Millim. Breite. Das keilförmige Gehäuse wech- selt in dem Verhältnisse der Länge zur Breite sehr; das untere Ende ist daher auch bald mehr, bald weniger spitzwinklig. Auf jeder Seite desselben zählt man 5 8 gewölbte, durch tiefe schmale Ein- schnürungen gesonderte, perlenschnurartig an einander gereihte Kammern, deren unterste sehr klein sind. Alle sind nur wenig breiter als hoch, die letzte besonders stark gewölbt, beinahe kugelig. Die Mündung eine kurze und enge Querspalte. Die Schalenoberfläche mit äusserst feinen Rauhigkeiten bedeckt. Bei starker Vergrösserung bemerkt man in den Näthen eine einfache Beihe von Grübchen.

Ist in den Kreidegebilden Westphalens sehr verbreitet. Ich fand dieselbe in den oberen Senonmergeln des Hilgenberges, Herren- steinberges und Kurkenberges bei Hamm und von Dolberg bei Beckum; in den unteren Senongebilden von Hamm, vom Rhynerberg, von Ostheide, Flierich, Haustenbeck, Bergeamen, Uedinghoff; im Pläner von Unna und Rheine. Gewiss kömmt sie noch an vielen Orten

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 233

vor. Ebenso entdeckte ich sie schon früher in den Bakuliten- thonen von Luschitz, Brozan u. a. 0., so wie im Pläner Böhmens; in dem Kreidemergel vor dem Clever Thore von Hannover.

5. T. coii ein n ii Rss. (Denkschr. d. k. Akad. d.Wiss. in Wien VII. p. 71, T. 26, F. 6) T. XIII, F. 1.— Selten messen die Exem- plare 1-24 Millim. in der Länge, 0-58 Millim. in der Breite; gewöhn- lich sind sie beträchtlich kleiner. Das Gehäuse ist mehr weniger lang -lanzettförmig und daher im Verhältniss der Länge zur Breite sehr wechselnd. Oben ist es abgestutzt, an den Seiten zugerundet; unten verschmälert es sich langsam zur stumpfen Spitze. Jederseits 6 10 ziemlich hohe, quere, gewölbte, durch schmale tiefe Näthe gesonderte Kammern. Die letzten zwei Kammern sind auf der oberen Seite flach gewölbt. Die Mündung, eine breit-halbmondförmige Spalte, liegt in einer hufeisenförmigen Einbiegung der letzten Kammer. Die Schalenoberfläche sehr rauh.

Im oberen Senonien des Hilgenberges und Westberges bei Hamm; im Pläner von Wullen; im Diluvialsande von Hamm. Im Pläner von Weisskirchlitz (Böhmen); im Kreidemergel des Edel- bachgrabens in der Gosau.

6. T. parallela m. T. XII, F. 7. 0-731 Millim. lang, 0-285 Millim. breit. Sehr ähnlich der T. concinna Rss., aber durch das kleinere und schmälere, nach unten noch weniger an Breite abnehmende Gehäuse mit breit gerundeten beinahe parallelen Seiten- rändern verschieden. Das untere Ende zieht sich rasch zur stumpfen Spitze zusammen. Jederseits 5 7 fast quere gewölbte Kammern, wenig breiter als hoch, durch tiefe Näthe geschieden; die letzte Kammer aber hoch gewölbt. Das Gehäuse nur wenig zusammen- gedrückt. Die Mündung eine kurze halbmondförmige Querspalte. Die Schalenoberfläche rauh.

Sehr selten im Gault von Rheine.

7. T. foeda Rss. (Kreideverstein. Böhm. II. p. 109—110, T. 43, F. 12, 13). Im oberen Senon des Hilgenberges und Herren- steinberges bei Hamm und von Soestwarte bei Beckum ; im unteren Senon von Flierich und Bergeamen; im Pläner von Unna. Im Bakulitenthone von Luschitz (Böhmen).

8. T. Partschi Rss. T. XIII, F. 6. Die in meiner Mono- graphie der böhmischen Kreideversteinerungen (I. p. 39, T. 13, F. 80) gegebene Beschreibung und nicht ganz treue Abbildung

IG»

234 Reuss.

bezieht sich auf T. Baudouiniana d'Orb. (Mem. de la soc. geol. de Fr. IV. 1, p. 46, T. 4, F. 29, 30), die wiewohl sehr selten im böh- mischen ßakulitenthone vorkömmt. Es findet sich dort aber auch noch eine andere Species, der ich in den westphälischen Kreide- gebilden wieder begegnete. Ich lege ihr den erledigten Namen T. Partschi bei. Sie ist 0-493 Millim. lang bei 0-292 Millim. Breite; lanzettlich-keilförmig, zusammengedrückt, an den Seiten abgerundet winklig, nicht gekantet; nur im unteren Theile tritt das Winklige etwas deutlicher hervor. Das obere Ende beinahe abgestutzt, das untere zugespitzt. Jederseits 6 9 niedrige Kammern, deren untere wenig schief, die oberen vollkommen transversal sind. Die untersten Näthe undeutlich, die oberen nur vertiefte Linien darstellend. Die obere Fläche der letzten Kammer wenig gewölbt, beinahe abgestutzt. Die Schalenoberfläche fein rauh.

Im oberen Senonmergel des Hilgenberges bei Hamm. Selten auch im böhmischen ßakulitenthone.

9. T. anceps Rss. (Kreideverstein. Böhm. I. p. 39, T. 8, F. 79; T. 13, F. 78) T. XIII, F. 2. Länge 0-548 Millim. Gehäuse lanzett- keilförmig, stark zusammengedrückt, mit schmalem rhom- boidalem Querschnitt und scharfkantigen Seitenrändern; nach unten sich allmählich zur stumpfen Spitze verschmälernd. DiebeidenFlächen schwach gewölbt, in der Mitte der Länge nach schwach und stumpf gekielt und sich gegen die beinahe schneidigen Ränder allmählich abdachend. Jederseits 7 10 niedrige, wenig schiefe, flache, durch feine lineare Näthe gesonderte Kammern. Die zwei obersten schräg nach aussen abgestutzt. Die Mündung eine kurze enge Querspalte. Die Schalenoberfläche mit sehr feinen Rauhigkeiten bedeckt.

In den unteren Senonmergeln von Flierich; im Pläner von Unna; im Diluvialsande von Hamm. Irn ßakulitenthone von Luschitz und Brozan (Böhmen); im Plänermergel vor dem Clever Thore von Hannover; im Auanchytenmergel vom Petersberge bei Goslar.

10. T. praelonga Rss. (Kreideverstein. Böhm. I. p. 39, T. 12, F. 14. Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss. in Wien VII. p. 72, T. 26, F. 8). In den unteren Senonmergeln von Ostheide, im Pläner von Rheine. Im ßakulitenthone von Luschitz, Brozan, Kystra, Rannai u. a. 0. (Böhmen); in den Kreidemergeln des Wegscheidgrabens in der Gosau ; im Kreidedetritus von Charing (England).

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 23i>

11. T. bolivinoides m. T.X11, F. 6. Lange: 0599 Millim., Breite: 0#248 Millim. Das lanzettförmige, nach unten sich allmählich zur stumpfen Spitze verschmälernde, stark zusammengedrückte Ge- häuse ähnelt in der Physiognomie einer Bolivina. Die Kammern zahlreich (jederseits 10), kaum gewölbt, viel breiter als hoch, und durch schmale, nicht sehr tiefe, vollkommen quere Näthe ge- schieden. Die letzte Kammer oben stark gewölbt. Die Seitenränder schmal, aber gerundet. Die Mündung sehr klein. Die Schalenober- fläche nur mit sehr feinen Rauhigkeiten bedeckt.

Sehr selten im Gault von Rheine und in dem zugehörigen Grün- sande. — Auch im Minimusthon von der Heininger Ziegelei bei Wall- moden und im Tardefurcatus-Thon von Quitzem bei Quarum.

12. T. flexuosa m. (T. articulata Rss. in Haidinger's natur- vviss. Abhandl. IV. 1, p. 45, T. 4, F. 14). Ich habe den Namen ge- ändert, weil d'Orbigny beinahe zu derselben Zeit eine T. articulata aus den miocänen Tertiärschichten von Baden bei Wien beschrieben und abgebildet hat (Foram. du bass. tert. de Vienne p. 250, T. 15, F. 16 18). Die in der Rede stehende Species findet sich immer nur in Bruchstücken im oberen Senon des Hilgenberges bei Hamm und von Dolberg bei Beckum; im unteren Senon von Hamm und Flierich. In den Mukronatenschichten von Nagorzani bei Leinberg in Galizien.

Erklärung der Abbildungen.

Tafel I.

Fig. 1. Cornuspira cretacea Rss. a Fliichenansicht, h Contouren des Vertical- durchschnittes. 2. Nodosaria lepida m. 3. coneinna m.

4. intercostata m.

S. duplicicostata in.

,. 6. nana m. a Seitenansicht, b Contouren des Querschnittes

einer Kammer. 7. Dcntalina acuminata m. „8. cylindroides m.

9. cognata m.

10. subrecta m.

236 Reu s.s.

Tafel II.

Fig. i. Nodosaria tetragona in. a Seitenansicht, b Contouren des Quer- schnittes.

3.

Dentalina tenuicaudata in.

4-

n

commutata m.

ä-

distineta in.

6.

strangulata m.

. 7.

Marcki m.

n 8-

intermedia m.

Tafel III.

Fig. i. Dentalina polyphragma in. b zwei Kammern stärker vergrössert.

2, 3. foedissima m.

„4. expansa m. Bruchstück.

5. legumen R s s.

6. catenula m.

7. diserepans m.

8. filiformis R ss. Bruchstück.

„9. pugiunculus m.

Tafel IV.

Fig. \. Glandulina cylindraeea Rss.

2. elongata m.

3. Frondicularia Decheni m. a vordere, b seitliche Ansicht.

4. Becksi m. a b

J{. angustata Nilss.

6. angustissima m.

7. Goldfussi in. a vordere, b seitliche Ansicht.

Tafel V.

Fig. \. Frondicularia lanceola m. a vordere, b seitliche Ansicht.

2. apiculata R s s. a b

3. marginata Rss. a b

4. microdisca in.

5. Frondicularia gaultina in. Bruchstück.

6. Marginulina seminotata m.

7. lata in. a seitliche, b obere Ansicht.

Tafel VI.

Fig. 1. Frondicularia canaliculata in. a vordere, b seitliche Ansicht. 2. guestphalica in. a b

3. strigillata in.

4-6. Marginulina bullata Rss. 7. Rhabdogonium Rö'meri m. a .Seitenansicht, b Bauchansicht, c obere

Ansicht. 8. Marginulina bacillum Rss. b Querschnitt.

Die Foraminiferen der westphälischen Kreideformation. 2t>7

Tafel VII.

Fig. 1. Rhabdogunium anomalutn in. a Rücken-, b Bauehansicht, c obere

Ansicht. 2. Mürginulina ornatissima m. a Seiten-, b Bauch- , c Bückenansieht,

d obere Ansicht. 3. Marginulina inaequalis in. 4. soluta m.

5. mudesta m . a seilliche, b obere Ansicht.

6. Rhdbdogonium globuliferum. a Rücken-, b Bauehansicht, c obere

Ansicht. 7. Marginulina armata in. Bruchstück.

Tafel VIII.

Fig. 1. Pleurostomella pisiformis in. Vordere Ansicht. 2. subnodosa m. a hintere, b vordere Ansicht.

3. Vaginulina transversalis in.

4. arguta m. a Seiten-, b Bückenansieht.

5. bicostulata m. a Seiten-, b Bückenansicht.

6. Cristellaria inflata m. a seitliche, b vordere Ansicht. 7. microptera in. a seitliche, b Rückenansicht.

8. oligostegia m. a seitliche, b Bauchansicht.

Tafel IX.

Fig. i. Flabellina interpunctata v. d. Mck. 2. macrospira in.

3. Vaginulina notata in. Bruchstück.

4. Cristellaria Marcki m. a seitliche, b Bauehansicht. 5. tripleura in. a b ,

6. Hagenowi m. a b

7. secans m. a ,, b

Tafel X.

Fig. i,1.Cristrllaria harpa in. a seitliche, h Bauehansicht. 3. acuta m. a b

4. inepta m. a b

5,6. Lituola nautiloideaL&m. a Seitenansichten, b obere Ansicht. 7, 8. Obere Ansichten.

9. Haplophragmium irreguläre Böm. sp. «Seiten-, b obere Ansieht.

Tafel XI.

Fig. i. Haplophragmium irreguläre Böm. sp. Bückenansicht. 2, 3. aequale a seitliche Ansichten, b obere

Ansichten. 4. Rotalia exsculpta m. a Spiral-, b Nabelansicht, c Seitenansicht. ö. umbonella m. a b c

6. Valvulina allomorpbinuides m. a Spiral- , b Nabel- , c Seitenansicht.

238 Ken ss. Die Foraminiferen der vvesf phänischen Kreideformation.

Tafel XII.

Tritaxia tricarinata m. a Bauch-, b Rückenansicht a b obere Ansieht.

Gaudryina oxycona m. a vordere, b seitliehe, c obere Ansicht. Globulina porrecta m. a seitliche, b obere Ansicht. Proroporus eomplanatus m. a vordere, b seitliehe Ansicht. Textilaria bolivinoides m. a b obere Ansicht.

parallela m. a b

Tafel XIII.

Fig. 1. Textilaria eoncinna Rss. a vordere, b seitliche Ansicht.

Fig.

1.

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2.

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3.

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4.

»

5.

5)

6.

7.

2.

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aneeps Rss. a

b ,

3.

com/Ins a

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b

4,5.

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pupa m. a

»

b

6.

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Partsehi Rss. a

?5

b

7,8.

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globifera m. a

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b »

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V Usail.d WimatJi n»t«n» Cl XI. Bd * 1860.

Schneider. Über d. ehem. u. elektrol. Verhalten d. Quecksilbers etc. 239

Über das chemische und elektrotytische Verhalten des Queck- silbers bezüglich dessen Nachweisbarkeit im Allgemeinen und in thierischen Substanzen insbesondere.

Von Dr. F. C. Schneider,

k. k. Professor. I.

Die Frage, auf welchen Wegen die Ausscheidung des Quecksilbers nach dessen arzneilicher Anwendung aus dem Organismus erfolge, und insbesondere, ob dieses Metall durch den Harn entleert werde, hat seit jeher die Aufmerksamkeit der Ärzte undChemikerbeschäftiget.

Die hierauf bezüglichen Untersuchungen haben jedoch zu sehr verschiedenen , sich zum Theile geradezu widersprechenden Ergeb- nissen geführt.

Während Petronius1), iBreger, Valvasor, Guidot, Vercelloni, Burghardt, Didier, Cantu2) Land er er, Audou- ards), Miahle*), Orfila5), Van der Brock6) Quecksilber

*) Petronius de morbo gallico libr. VI, c. 1 will Quecksilber im Harne eines an Mercurialsalivation leidenden Mannes gesehen haben. Er berichtet: Cum urina quando spumosa bullas argento vivo obductas et quod mirum est, supernatantes, has quidem milio majores, has vero minores reddehat. Ubi vero urina sine spuma fuerat , tales bullae non apparuere, sed illud postremo dubium omne dissolvit, quod aureus nummus ab illis albo colore inliceretur.

aJ Cantu, Annal. de Chim. et de Phys. T. 27, p. 335 will aus dem Bodensatze von 60 Pfund Harn , der von mehreren die Schmierern- gebrauchenden Personen gesam- melt wurde, durch die Destillation über 20 Grane Quecksilber, ungerechnet der im Retortenhalse zurückgebliebenen Menge, abgeschieden haben.

8) Audouard, Journ. de Chim. med. 843, mars, p. 137 fand Quecksilber im Harne Syphilitischer, die mit Atzsublimat behandelt wurden.

*) Miahl e, Annal. d.Cbim. et de Phys., serie 3, 1842, t. 5, nahm 06 Gramm Calomel und fand, dass nach 12 Stunden in seinem Harne eingelegte Kupferstäbchen sich mit Quecksilber bedeckten.

5) Orfila, Journ. de Chem. med. 1842, konnte in 32 Pfund Harn nach Cantu's Ver- fahren kein Quecksilber nachweisen, dagegen fand er nach seiner eigener. Methode Quecksilber im Harne von Individuen, die mit Mercur behandelt wurden.

6) Van den Brock konnte nach massigen Gaben von Sublimat im Kaninchenharne Quecksilber nachweisen. Donders Physiol. Bd. 1, p. 475.

240 Schneider.

im Harne gefunden haben wollen, konnten Tie dem an n undGmelin *) weder im Harne eines Hundes, noch in dem eines Pferdes dasselbe entdecken, ungeachtet sie jenem drei Drachmen essigsaures-, diesem eine halbe Unze Cyanquecksilber beigebracht hatten. Eben so ver- geblich suchte Wo hl er2) im Harne eines die Schiniercur gebrau- chenden Mannes nach Quecksilber und auch in Liebig's Labora- torium 3) konnte dasselbe im Harne Syphilitischer, die mit Mercu- rialien behandelt wurden, nicht nachgewiesen werden. Melsens und Hannon glaubten beobachtet zu haben, dass bei Hydrargyrose durch die innerliche Anwendung von Jodkalium die Ausscheidung des Quecksilbers durch den Harn befördert werde.

Im Zusammenhange mit dieser, durch die Erfahrung bei weitem noch nicht jedem Zweifel entrückten, Wahrnehmung steht die Behaup- tung einiger Ärzte, dass es keine secundäre Syphilis gebe, und dass die sogenannten secundären syphilitischen Leiden Wirkungen des Mercurialgebrauches seien. Für diese Behauptung hat man che- mische Beweismittel angestrengt. Der Harn Syphilitischer, welche vordem mit Mercur und hierauf erfolgreich mit Jodkalium behandelt wurden, soll Quecksilber enthalten.

Die schon früher nicht unwichtige Frage erlangt durch diese Doctrin eine erhöhte, unmittelbar praktischeBedeutung, sie war dess- halb in jüngster Zeit Veranlassung zu näheren Untersuchungen4).

Insoweit die, bis nun bekannt gewordenen , Ergebnisse sich auf den chemischen Theil der Frage beziehen , scheinen dieselben noch mancher Prüfung bedürftig. Eigene Untersuchungen führten mich zur Wahrnehmung, dass die üblichen Methoden, nach welchen thierische Substanzen auf Quecksilber geprüft werden, unzulänglich sind, den entschiedenen Nachweis zu liefern, ob dieses Metall in dem Untersuchungsobjecte vorhanden sei oder fehle.

') Tiedemann und üraelin, Versuche üher die Wege, aufweichen Substanzen aus dem Magen undDarmcanal in's Blut gelangen. 820. Vers. 8, p. 17 und Vers. 12, p. 32. Der Nachweis war durch Einleiten von Schwefelwasserstoffgas in die Untersuchungs- ohjecte versucht.

2j Tiedemann und Treviranus, Zeitschrift für Physiologie, Bd. I. (>■ 303.

3) Voit, Physiologisch-chemische Untersuchungen 1837, pag. 50.

4J Virchov, Über die Natur der constitutionellen syphilitischen Affectionen. Dessen Archiv 1859, Bd. 15. Waller, Beiträge zur Lösung einiger Streitfragen in der Syphilidologie. Prager Vierleljahressohrift für praktische Heilkunde. 1839. Bd. 16, p. 133.

Über das chemische und elektrolytische Verhalten des Quecksilbers etc. ^41

Wie geringe die Menge von Quecksilber sein könne, um sie noch mit Bestimmtheit in thierischen Substanzen nachzuweisen , ist bisher unerörtert geblieben, und doch muss dies vor allem bekannt sein , weil , wenn überhaupt eine Ausscheidung des Quecksilbers durch den Harn stattfindet, nur sehr geringe Mengen davon vor- kommen können, da von den wirksameren Mercurialpräparaten nur kleine arzneiliche Gaben , die sich innerhalb den Bruchtheilen eines Grans bewegen, Tag über gereicht werden.

Es ist also vorerst zu untersuchen, ob der analytischen Chemie hinreichend empfindliche Fällungsmittel zu Gebote stehen, um selbst so kleine Mengen zu entdecken, ob es durch Benützung bestimmter Lösungsmittel gelinge, aus einer grösseren Menge von organischer Substanz und anorganischen Salzen das Quecksilber abzuscheiden und so seinen Fallungsmitteln zugänglicher zu machen, durch welche Beactionen endlich selbst die kleinsten Mengen von Quecksilber in Formen übergeführt werden können, welche die Vornahme weiterer bestätigender Versuche ermöglichen.

Wenn in solcher Art die Leistungsfähigkeit der Methoden ermit- telt und die Bedingungen festgestellt sind, unter welchen es gelingt die Anwesenheit des Quecksilbers in thierischen Substanzen auf eine Irrthum und Täuschung ausschliessende Weise zu erkennen, dann lassen sich die Widersprüche in den Angaben der früheren For- scher einer unbefangenen Würdigung unterziehen, der Werth und die Tragweite der bis nun bekannt gewordenen Untersuchungen bemessen.

II.

Über die Beactionsgrenzen, bis zu welchen das Quecksilber aus Lösungen fällbar ist, liegen nur wenige Bestimmungen vor, und diese Hessen es gänzlich unbeachtet, ob und welchen Einfluss die absolute Menge des vorhandenen Quecksilbers bei gleichen Verdün- nungsgraden übe, ob durch dieselbe die Beactionsgrenze verrückt werde.

Nach Pfaff werden Auflösungen des Quecksilberoxyduls durch Chlorwasserstoff und durch Chlormetalle bis zur SO.OOOfachen Ver- dünnung gefällt, die Oxydverbindungen und das ihnen correspondi- rende Chlorid geben nach Lassaigne in 20.000 Theilen Lösungs- mittel noch Niederschläge mit Schwefelkalium, mit Ammoniak, und nach

242 Schneider.

Geiger auch mit Zinnchlorür; wogegen bei 40.000fächer Verdün- nung nur mehr eine opalisirende Trübung in der Lösung stattfinde. Nach Reinsch darf die Wassermenge nicht über 15.000 Theile betragen , wenn die regulinische Fällung des Quecksilbers durch Kupfer dem unbewaffneten Auge noch wahrnehmbar sein soll ; bei 50.000 Theilen Wasser ist längeres Kochen unter Zusatz von Salz- säure nöthig, damit mikroskopisch erkennbare Queeksilberkügelchen auf Kupfer sich fixiren können. Ein Goldplättchen, das mit einem Stückchen Zinn in Berührung gebracht ist, färbt sich nach Lassai- gne in einer Sublimatlösung erkennbar weiss, wenn die Menge des Lösungsmittels nicht über 5.000 Theile beträgt.

Nach diesen Bestimmungen müsste man auf den Nachweis des Quecksilbers verzichten , sobald dessen Menge weniger als den 20.000— 40. 0009ten Theil des Untersuchungsobjectes beträgt. Meine Versuche über die Reactionsgrenzen haben zu anderen Ergeb- nissen geführt.

Bei der Untersuchung thierischer Substanzen müssen vor allem die organischen Stoffe durch Oxydationsmittel am gewöhnlichsten durch chlorsaures Kali und Chlorwasserstoffsäure zerstört werden. Dadurch wird das in welch immer für einer Form im Probeobjecte enthaltene Quecksilber in Einfach-Chlorquecksilber oder in das cor- respondirende Oxyd verwandelt. Desshalb habe ich zu meinen Ver- suchen nur Lösungen dieser Verbindung benützt; als Fällungsmittel wählte ich Schwefelwasserstoff, Schwefel -Ammonium, Ammoniak und Zinnchlorür, weil ich mich überzeugte, dass für alle übrigen Reagentien auf Einfach-Chlorquecksilber die Fällungsgrenze schon innerhalb der lO.OOOfachen Verdünnung gelegen ist.

Seh we fei Wasserstoff ga s erzeugt in Auflösungen des Ein- fach - Chlorquecksilbers noch sammelbare Niederschläge , wenn

0-002 Grm. HgCl in 100 CC. 0-005 500 0-010 „1500 0-016 „2000 0-020 „4000

Wasser gelöst der Einwirkung dieses Gases bis zur Sättigung der Flüssigkeit ausgesetzt werden. Die Niederschläge kommen jedoch erst nach längerem Stehen zum Vorscheine. Die Lösungen färben sich allmählich in dem Verhältnisse stärker dunkelbraun, je mehr

Über das chemische und eleklrolytische Verhalten des Quecksilbers etc. 243

Quecksilber , unabhängig vom Verdünnungsgrade vorhanden ist. Erhebt sich letzteres auf 0*050 Grm. in 100. OOOfacher Verdünnung, so wird die Färbung schon bei den ersten Gasblasen merklich , bei 0-005 Grm. dagegen in 1 Liter Wasser kann sie selbst nach Sät- tigung der Lösung mit Schwefelwasserstoff nur auf einem weissen Hintergrunde deutlich wahrgenommen werden und 0002 Grm. HgCl in 500 CC. Wasser gelöst, bringen gar keine bestimmt erkennbare Veränderung mit Schwefelwasserstoff hervor, es setzt sich selbst nach langem Stehen kein Niederschlag ab.

Schwefelwasserstoff- Schwefelammonium verhält sich gegen Quecksilberlösungen im Allgemeinen wie der Schwefel- wasserstoff; die Reaction verliert jedoch an Empfindlichkeit und Schärfe. 0005 Grm. HgCl in !/a Liter Wasser gelöst, geben keinen sammelbaren Niederschlag und in 1 Liter Wasser erzeugen sie nur mehr eine undeutliche dunkle Färbung. 0-010 Grm. HgCl in 2 Litres Wasser erzeugen allerdings mit Schwefel -Ammonium eine dunkle Färbung, aber es scheidet sich selbst nach längerem Stehen kein Niederschlag aus. Miahle gibt an, das Schwefelquecksilber sei in Schwefel-Ammonium löslich; man fühlt sich versucht dieser Angabe beizustimmen , da in Lösungen , welche nur wenige Milligrammes Quecksilberchlorid enthalten , nach Zusatz von Schwefel-Ammonium sehr oft nur dunkelbraune Färbungen erzeugt werden, ohne dass es selbst nach mehrtägigem Stehen zur Abscheidung eines Nieder- schlages käme. Zuweilen erscheinen diese unter vollständiger Ent- färbung der Lösung, wenn man neuerdings Schwefel-Ammonium oder Schwefelwasserstoff zusetzt , und dann findet sich in der wasser- hell gewordenen Flüssigkeit keine Spur von Quecksilber.

Solche braun gefärbte Lösungen werden immer erhalten, wenn 0010— 0-020 Grm. HgCl in mindestens 10. OOOfacher Verdünnung entweder mitSchwefehvasserstoffwasser vermischt, oder wenn wenige Tropfen Schwefel-Ammonium mittelst eines Glasstabes rasch in der Flüssigkeit vertheilt werden. Ist die Menge des HgCl bedeutender, so treten aber immer Niederschläge durch die beiden Fällungs- mittel auf, deren Färbung jedoch nach der Menge des zugesetzten Reagens verschieden ist.

Vieles ungünstiger gestalten sich die Reaetionsverhältnisse, wenn das HgCl statt in Wasser im Harne gelöst wird. Man erhält allerdings selbst bei 100. OOOfacher Verdünnung durch Schwefel-

244 Schneider.

wasserstoffgas eine sammelbare Fällung, wenn frieh gelassener Harn mit 0010 0020 Grm. HgCl vermischt, sogleich mit diesem Gase gesättiget wird. Lässt man aber mit HgCl versetzten Harn mehrere Tage stehen, oder dampft man solchen Harn unter Zusatz von chlorsaurem Kali und Chlorwasserstoffsäure ein und nimmt den Rückstand in Wasser auf, so entsteht durch Schwefelwasserstoff, selbst wenn 0020, 030, 0-50 Grm. HgCl vorhanden sind, nur eine lehmartige Trübung, aus der sich allerdings schmutziggelbe Flocken, aber kein schwär z es Schwefelquecksilber abscheiden. Die Flüssig- keit wird nicht klar , sie mag an einen warmen oder kalten Ort gestellt werden und lässt sich auch nicht klar filtriren. Untersucht man Filtrat und Filterrückstand nach vorgängiger Oxydation, so lässt sich durch Elektrolyse auf die bald zu erörternde Weise in beiden Quecksilber nachweisen. Es konnte selbst bei 0- 100 Grm. HgCl, die in 4 Litres Harn gelöst waren, nach der eben erwähnten Weise behandelt, keine Fällung von schwarzem Schwefelquecksilber erhalten werden, es schied sich auch in diesem Falle aus der trüben Flüssig- keit erst nach längerem Stehen ein schmutzig gelber Niederschlag aus, der organische Substanz, ausgeschiedenen Schwefel, phosphor- saure alkalische Erden und Schwefelquecksilber enthält. Wird dieser Niederschlag mit Ammoniak und schwefelammoniumhältigem Was- ser gewaschen, dann in einer Lösung von Schwefelnatrium digerirt, so geht das Schwefelquecksilber in letztere Lösung über und kann daraus durch Chlorwasserstoffsäure wieder abgeschieden werden. Die Menge des Niederschlages entspricht aber nicht jener, die aus 0-100 Grm. HgCl erhalten werden sollte.

Mehrfache Versuche mit quecksilberhaltigem Harne führten zu dem Ergebnisse, dass dieses Metall durch Schwefelwasserstoff und Schwefel-Ammonium nicht sicher nachweisbar ist, wenn dessen Menge unter 0100 Grm. beträgt

Die Fällbarkeit der Quecksilberlösungen durch Ammoniak bewegt sich in weit engeren Grenzen. Es werden 0-005 Grm. HgCl in 45.000facher Verdünnung und 0-001 Grm. in 3o.000facher Ver- dünnung allerdings noch gefällt, der Niederschlag wird aber von Chlorammonium gelöst und er kommt in salmiakhältigen Flüssigkeiten gar nicht zum Vorschein. Schon dieses Umstandes wegen kann dieses Reagens bei Untersuchung thierischer Substanzen auf Quecksilber keine vorteilhafte Anwendung linden.

Über das chemische und elektrolytische Verhalten des Quecksilbers etc. 24«)

Zinnchlopür erzeugt mit 0-002 Grm. HgCl in SO.OOOfacher Verdünnung' eine graue Färbung, die sich allmählich zu einem Nieder- schlag ausbildet. Dieses Reagens fällt aber in thierischen Flüssig- keiten und insbesondere im Harne auch die färbenden Substanzen, den Harnstoff, die Harnsäure und Phosphorsäure. Man erhält daher einen sehr voluminösen Niederschlag. Um zu ermitteln, ob mit diesem Reagens Quecksilber im Harn nachweisbar sei, wurden 0010 Grm. HgCl mit 500 CC. Harn vermischt und dann mit Zinnchlorür ge- fällt. Der erhaltene Niederschlag wurde auf einem Filter gesammelt, gewaschen, getrocknet, dann mit coucentrirter Schwefelsäure unter Zusatz von Salpetersäure oxydirt, endlich vorsichtig bis zum Trock- nen der Masse erhitzt. Der trockene Rückstand wurde mit Natron- kalk innig gemengt in einem Kugelröhrchen bis zum Glühen erhitzt. Im verengten Theile des Glühröhrchens setzte sich ein grauer Anflug an, der sich in einer Atmosphäre von Joddampf gelb färbte, sodann beim Erhitzen verflüchtigte und an kälteren Stellen als rothes Quecksilberjodid wieder absetzte.

Ich habe mich durch wiederholte Versuche überzeugt , dass der aus quecksilberhaltigem Harn durch Zinnchlorür erzeugte Nieder- schlag mit concentrirter Schwefelsäure bis zur Verflüchtigung dieser Säure erhitzt werden kann, ohne dass dadurch ein Verlust von Queck- silber bedingt würde. Demungeachtet möchte diese Probe für die subtilen Untersuchungen des Harns von Individuen, die eine Mer- curialcur passirten, kaum zu empfehlen sein. Die geringe Menge des Quecksilbers, die in solchen Harnen vorkommt und die grosse Masse des Niederschlages der aus mehreren Litres eingedampften Harns erhalten wird, benimmt der Methode wesentliche Vortheile. Die Reduction des quecksilberhaltigen Niederschlages durch Glühen mit Natronkalk erfordert Gefässe von grösseren Dimensionen; dadurch vertheilt sich das Quecksilber auf eine grössere Oberfläche, es kann sich der Wahrnehmung und der Controlprobe, wie sie eben erwähnt wurde, entziehen.

III.

Da bei der Untersuchung thierischer Substanzen auf Queck- silber , die weitaus grössere Masse des Objectes aus organischer Substanz besteht, so hat man empfohlen diese vorerst mit chlor- saurem Kali und Chlorwasserstoffsäure zu zerstören , darauf die

246 Schneider.

flüssige Masse zur Trockne zu bringen und den Rückstand mitÄther auszuziehen, in der Voraussetzung, dass es solcher Art gelinge das Quecksilber , welches nach dieser Behandlung nur als lösliche Chlorverbindung in der eingedampften Masse enthalten sein kann, von der grösseren Menge der Salze zu isoliren , innerhalb seiner Reactionsgrenzen zu bringen und in einer Lösung darzustellen , in welcher die charakteristischen Reactionen bestimmter und deutlicher hervortreten.

So plausibel für den ersten Anschein dieser Vorgang ist, da bekanntlich das Einfach- Chlorquecksilber sich in Äther leichter als in Wasser löst, so wenig bewährt er sich bei der praktischen Aus- führung. Ich habe mich durch mehrere Versuche überzeugt, dass bei diesem Vorgange Quecksilber der Entdeckung entgeht, selbst wenn namhafte Mengen davon vorhanden sind :

Es wurden

0-005 Grm. HgCl in 500 CC. Harn, 0-007 100 0-100 „1500 1-000 „1000

unter Zusatz von HCl und KCI06 im Wasserbade zur Trockne ver- dunstet ; der chlorsäurefreie Rückstand zerrieben in einem Kolben mit Äther vom specifischen Gewicht 0-725 wiederholt geschüttelt; nach 24 Stunden die ätherische Lösung vom Salzrückstande mit der Vorsicht getrennt, dass von der ungelösten Masse nichts in dieselbe gelangen konnte, sodann zur Trockne verdampft. Der gelbliche etwas zähe harzartige Rückstand löste sich in Wasser selbst beim Erwärmen nur unvollkommen auf, und die harzige Substanz Hess sich auch bei erneuerter Behandlung mit HCl und KC106 nicht völlig zerstören, Quecksilber konnte in demselben bei allen vier Versuchen nicht nachgewiesen werden.

Der in Äther ungelöst gebliebene Rückstand dagegen gab an 90 p rocentigen Alkohol die Quecksilberverbindung ab, und derselbe konnte durch wiederholtes Ausziehen mit Alkohol seines ganzen Quecksilbergehaltes beraubt werden.

Bei der probeweisen Anwendung von Äther von 0*745 speci- tischem Gewicht wurden allerdings Spuren von HgCl in die ätherische Lösung übergeführt, die Hauptmasse blieb jedoch auch bei diesen

Über das chemische und elektrolytische Verhalten des Quecksilbers etc. 247

Versuchen ungelöst, selbst nachdem mehrere Extractionen mit Äther vorgenommen wurden.

Ich muss hierbei eines Umstandes erwähnen , der wenn er unbeachtet bleibt, sehr leicht zu einer irrthümlichen Angabe Ver- anlassung werden kann. Sind die eingedampften Rückstände nicht völlig trocken, oder ist der Äther wasserhaltig, so scheidet sich eine specifisch schwerere Flüssigkeit bei derExtraction unter der ätheri- schen Lösung ab, wird letztere aufs Filter gebracht, so sinkt die wässerige Lösung in die Spitze des Filters und fliesst neben der ätherischen Lösung ab. In solchen Fällen untersucht man selbstver- ständlich nicht die reinen ätherischen Auszüge, sondern gemengte Lösungen. Wenn selbst neuere Forschungen in dem Ätherextracte des Harns Quecksilber auffanden , so geschah es nur , weil die ätherische Lösung nicht völlig unvermengt von der wässerigen zur Untersuchung verwendet wurde. Es ist eben keine schwere Aufgabe für diese , den gewöhnlichen Voraussetzungen geradezu wieder- streitenden Ergebnisse die richtige Erklärung zu finden. In unseren Untersuchungsobjecten ist das HgCl immer neben Alkalichloriden vorhanden, mit diesen ist jenes zu Doppelchloriden vereiniget, letz- tere sind in Äther so viel wie unlöslich und desshalb kann auch aus eingedampften Harnrückständen durch Äther kein Quecksilberchlorid gelöst werden. Diese Doppelchloride sind in wenig Wasser ohne Zersetzung löslich, durch grössere Wassermengen aber werden sie in ihre Componenten zerlegt. Aus reinen wässerigen Lösungen lässt sich durch wiederholtes Schütteln mit Äther alles HgCl, das jene enthalten, in diesen überführen, bei gleichzeitiger Anwesenheit von Alkalichloriden findet dies jedoch um so schwieriger Statt, je con- centrirter die wässerigen Lösungen sind , derart, dass aus völlig gesättigten Lösungen Äther vom HgCl nur mehr Spuren aufzuneh- men vermag ; aus völlig getrockneten Salzmassen zieht Äther auch nicht einmal Spuren von HgCl aus, der Äther hat also die Fähigkeit allerdings unter Mitwirkung von Wasser die Doppelverbindungen, welche das HgCl mit den Alkalichloriden eingeht, zu zerlegen, für sich allein aber hat er weder die Fähigkeit diese Verbindungen zu lösen, noch sie zu zersetzen.

Wollte man also Äther zur Isolirung des HgCl aus einer grösse- ren Masse von Salzen benutzen, so muss gerade das entgegen- gesetzte Verfahren eingeschlagen werden, als man bisher empfohlen

SiUb. d. matheua.-naturw. CI. XL. Bd. Nr. 8. 17

248 Schneider.

hat. Nicht die trockenen Salze, sondern ihre verdünnten wässerigen Lösungen müssten mit Äther extrahirt werden. Um die Extraction vollständig zu machen, müssten aber beträchtliche Mengen von Äther nach und nach in Anwendung kommen.

Die den vorstehenden Angaben zu Grunde liegenden Versuche wurden mit je 0-100 Grm. HgCl in 10 CC. einer gesättigten Lösung von Chlorkalium, von Chlornatrium und von einem Gemische beider dieser Chloride und sodann mit 1 Grm. HgCl in denselben Mengen der Alkalichloridlösungen vorgenommen.

Ich habe mich bei meinen Untersuchungen nicht überzeugen können, dass die Anwendung von Äther, als Extractionsmittel, für die Auffindung des Quecksilbers in thierischen Substanzen, wesentliche Vortheile brächte. Zum qualitativen Nachweis gelangt man auf elektrolyfischem Wege, wie bald erörtert werden wird, auch ohne dieser vorgängigen Scheidung, und die für die quantitative Bestim- mung nöthige vorläufige Fällung des Quecksilbers lässt sich mit Schwefelwasserstoff oder Zinnchlonir vollständiger und leichter be- werkstelligen als dieExtraction initÄther, wenn diese, wiediesnach- gewiesen ist, nur aus wässerigen Lösungen geschehen kann. Ergibt sich aus den bisher angeführten Versuchen , dass jede Harnprobe auf einen Quecksilbergehalt, die mittelst Äther in der bisher em- pfohlenen Weise angestellt wird , in ihren Ergebnissen jeden- falls ungenügend, meist aber falsch ist, so bliebe nur noch zu er- mitteln, ob sich nicht die beim Äther vergeblich angestrebten Vor- theile durch Anwendung von Weingeist erreichen lassen?

Werden HgCl hältige wässerige Lösungen der Alkalichloride zur Trockne verdunstet und hierauf die Rückstände mit 90 procentigen Alkohol ausgezogen, so bekommt man weingeistigeLösungen, welche neben dem Alkalichlorid alles HgCl enthalten , das man den wässe- rigen Lösungen der erstem zugesetzt hat. Bei Anwendung von Chlor- kalium ist die Extraction des Salzriickstandes rascher ausführbar als bei Chlornatrium, doch lässt sich auch dieses durch öftere Behand- lung mit 90 procentigen Alkohol von allem HgCl so vollkommen tren- nen, dass der ungelöste Rückstand in Wasser aufgenommen und mit Schwefelwasserstoff versetzt keine dunkle Färbung von gebildetem Schwefelquecksilber annimmt. Wiewohl in die weingeistige Lösung eine grössere Menge von Alkalichlorid übergeht , als zur Bildung der Doppelchloride nöthig ist , so bleibt doch die Hauptmasse

Über das chemische tmd elektrolytische Verhalten des Quecksilbers etc. 249

derselben ungelöst , so dass es immerhin von Vortheil wäre , diese Extractionsmethode anzuwenden, um kleine Mengen von Queck- silber aus einer grösseren Masse von Salzen zu isoliren. Selbst die Anwesenheit von phosphorsauren Alkalien scheint auf diese Löslich- keitsverhältnisse nur einen sehr untergeordneten Einfluss zu üben. Aus einer HgCl hältigen Salzmasse, die neben HCl und NaCl auch phosphorsaures Natron enthielt, Hess sich das HgCl mit Alkohol so weit extrahiren, dass in dem ungelöst gebliebenen Rückstände sich durch Schwefelwasserstoff nur mehr Spuren von Quecksilber nach- weisen Hessen.

Um zu erfahren, ob sich dieses Scheidungsmittel auch auf thie- rische Untersuchungsobjecte anwenden lasse, wurden 2000 CC. Harn mit 0-020 Grm. HgCl versetzt, dann nach Hinzufügung von KC106 und HCl zur Trockne verdunstet. Der eingedampfte völlig weisse, von organischer Substanz anscheinend freie Rückstand wurde mit Alkohol ausgezogen. Die alkoholischen Auszüge lieferten einen gelb- lich weissen Abdampfrückstand, der in Wasser aufgenommen mit Schwefelwasserstoffgas einen gelblichen Niederschlag lieferte, aus welchem, nachdem er durch Waschen mit ammoniakhältigem Wasser von der organischen Substanz befreit und in Natronlauge gelöst war, nach Zusatz von HCl schwarzes Schwefelquecksilber abgeschieden werden konnte. Der von Alkohol ungelöst gebliebene Harnrückstand aber enthielt ebenfalls noch Quecksilber , das auf elektrolytischem Wege nachgewiesen wurde. Rei einem anderen Versuche, bei wel- chem 1500 CC. Harn mit 0100 Grm. HgCl verwendet wurden, konnte allerdings durch Schwefelammonium im Alkoholextracte Quecksilber als schwarze Schwefelverbindung gefällt werden , aber der von Alkohol ungelöste Harnrückstand enthielt gleichfalls noch fäll- bare Mengen von Quecksilber. In dem Harne eines Syphilitischen, der eine Sublimatcur passirte , konnte ich im Wasserextracte durch Elektrolyse Quecksilber entdecken, während der alkoholische Auszug keine nachweisbare Menge dieses Metalles enthielt.

Wollte man auch die umständliche Arbeit , welche das Aus- ziehen einer grösseren Menge von Salzen mittelst Alkohol erfordert, nicht scheuen und sich den Verlust an Alkohol gefallen lassen, auf eine Wiedergewinnung desselben durch Destillation muss man des heftigen durch keinen Kunstgriff zu beseitigenden Stossens und Schäumens wegen verzichten die Ergebnisse der vorstehenden

i7»

250 Schneide r.

Versuche lassen auch die Anwendung von Weingeist zur Trennung des Quecksilbers aus einer Masse verschiedener Salze und organi- scher Substanz weder vorteilhaft noch räthlich erscheinen; ich könnte noch hinzufügen, dass selbst die Reactionen auf Quecksilber in den wässerigen Lösungen des Alkoholextractes weder reiner noch schärfer hervortreten, als wenn sie unmittelbar in dem Unter- suchungsobjecte vorgenommen werden. Die organischen Substanzen welche sich der zerstörenden Wirkung des KC106 entzogen haben, gehen in die alkoholischen Lösungen über, ertheilen diesen dunkle Färbungen und verunreinigen alle Niederschläge, welche in solchen Lösungen auf welch immer für eine Art erzeugt werden.

IV.

Schon in älterer Zeit wurde die Fähigkeit des Quecksilbers, sich mit anderen Metallen insbesondere mit Kupfer und Gold zu ver- quicken, zum Nachweise dieses Elementes benützt.

Damals herrschte die allgemeine Meinung, dass das Queck- silber nur im regulinischen Zustande im Organismus vorkommen könne, dass alle Quecksilberverbindungen, wenn sie in den Körper gelangen, zu Metall reducirt und sodann durch die verschiedenen Excretionsorgane insbesondere durch die Speicheldrüsen, durch die Nieren, ja selbst durch die Haut ausgeschieden würden.

So versichert Fallopius bei der Mercurialsalivation fixire sich das Quecksilber auf Goldstücke, die der Kranke in den Mund nehme. Schelarius erzählt, dass Ducaten im Munde eines Mannes weiss wurden, sobald derselbe seine grosse Zehe in ein Quecksilberbad tauchte; Pope berichtet von einem Bergmanne, der Kupferstücke durch Reiben zwischen seinen Fingern amalgamirte, etc.

Entsprechend diesen Ansichten hatte man den Nachweis des Quecksilbers durch sehr einfache Manipulationen geliefert. Wo die Sehkraft zur Entdeckung des Quecksilbers in tbierischen Stoffen nicht ausreichte, suchte man es durch den Verquickungsprocess der Wahrnehmung zugänglich zu machen.

Flüssige Untersuchungsobjecte wurden ohne jeder weiteren Vorbereitung in Näpfchen von Gold, Kupfer oder Messing oder in Glasgefässen gesammelt, in welche man Stäbchen der genannten Metalle einstellte.

Über das chemische und elektrolytische Verhalten des Quecksilbers etc. 2H I

Feste Substanzen wurden destillirt, der Destillatschlamm ohne oder nach vorläufiger Entfernung der theerigen Bestandteile mit- telst Alkohol, derselben Prüfungsweise, wie die flüssigen Stoffe, unterzogen.

Zeigten sich die Metallgefässe oder die eingelegten Stäbchen mit einem weissen, beim Reiben spiegelnden Beschläge überzogen, so war man von Anwesenheit des Quecksilbers überzeugt.

Gegen die Beweiskraft dieses Verfahrens erheben sich mehr- fache Bedenken; es mag allerdings ausreichen, wenn die Unter- suchungsobjecte namhafte Mengen von Quecksilber enthalten, in allen anderen Fällen kann es nur zu Täuschungen Anlass geben. Abgesehen davon, dass Goldstäbe aus Quecksilberverbindungen kein Metall fällen und daher dasselbe nicht ersichtlich machen können, selbst wenn es in grosser Menge vorhanden ist; es erleidet auch die Farbe des Kupfers, Messings und selbst des Goldes bei längerer Berührung mit thierischen Flüssigkeiten, besonders wenn sie Chlor- metalle enthalten, mannigfache Änderungen, wodurch die Erkennung der etwa erfolgten Amalgamation sehr erschwert wird. Kupfer- stäbchen bedecken sich mit einem dunkelgrauen Überzug, der beim Reiben lichter glänzend wird; wenn man gerade noch Quecksilber sucht, kann man sich veranlasst finden, dasselbe für vorhanden anzunehmen. Kupferstäbchen von2Millim. Breite und 3Centim. Länge verlieren in einer Lösung von 0*002 Grm. HgCl in 40 CC. ange- säuerten Wassers nach 24 Stunden kaum ihre rothe Färbung, es lässt sich durch Reiben keine Versilberung erzeugen; eben so wenig kann bei 0*005 Grm. HgCl in 20.000 facher Verdünnung das unbe- fangene Auge die Spur einer Verquickung erkennen. Bei Ver- suchen mit

0*010 Grm. HgCl in 300 CC. 0*010 100 0*020 250

angesäuerten Wassers erschienen die Kupferstäbchen nach 24 Stun- den matt, glanzlos, sie färbten das Papier, mit dem sie gerieben wurden, schwarz ohne darnach verquickt zu erscheinen.

Beim Erhitzen in einem ausgezogenen Glasröhrchen aber gaben sie Quecksilber ab, welches nach der Umwandlung in Quecksilber- jodid ganz sicher erkannt werden konnte. Um das Quecksilber auch

252 Schneider.

noch bei grösseren Verdiinnungen zu fällen, wurde die chemische Wirkung galvanischer Ströme benützt.

Längere Zeit hindurch war die Smithson'sche Säule zu diesem Zwecke gebraucht, noch Rose empfiehlt dieselbe in seiner analy- tischen Chemie als empfindliches qualitatives Erkennungsmittel für Quecksilberlösungen. Diese Säule hat eine sehr primitive Construc- tion; es wird um ein Goldstäbchen spiralförmig ein Staniolstreifen so lose gewunden, dass die Flüssigkeit, in welche die Säule gesenkt wird, das Goldstäbchen umspülen kann. Rose empfiehlt statt Staniol Eisendrath zu nehmen. Man schreibt dieser Vorrichtung einen hohen Grad von Wirksamkeit zu, aber, wie es scheint, wird ihre Leistung gänzlich verkannt. Nicht durch die elektromotorische Kraft dieser Säule werden die Quecksilberverbindungen zerlegt, son- dern einfach in Folge der chemischen Anziehung, welche das Zinn oder Eisen auf den negativen Bestandteil der Quecksilberverbin- dung ausübt. Man kann sich davon in der einfachsten Weise über- zeugen. Construirt man die Säule aus Platin und Gold, so ist ihre Wirkung gerade zu Null. Werden dagegen neben Gold als zweites Element Metalle gewählt, die im Stande sind das Quecksilber in seinen Verbindungen zu substituiren, so erfolgt die Abscheidung des letzteren und zwar zunächst auf das substituirende Metall, von diesem gelangt es an das Gold , wenn es anders die Verhältnisse gestatten. Es erscheint auch das Goldstäbchen nur an jenen Stellen verquickt, welche von den Spiralwindungen frei bleiben, die davon verhüllten Stellen dagegen sind vollkommen unverändert, ungeachtet sie von der Quecksilberlösung bespült sind.

Wird das umhüllende Metall nach vorläufigem Abwaschen und Trocknen in einem Glasröhrchen erhitzt, so gibt es Quecksilber ab, zum unzweifelhaften Beleg dass die erfolgte Reduction nicht durch den elektrischen Strom bewirkt sein konnte. Hat man Eisendrath zum Versuche gewählt, so findet sich meist am Boden des Gefässes reducirtes Quecksilber, der Eisendrath ist von einem grauen Anflug wie bereift, das Goldplättchen vieles stärker verquickt als dies bei Zinn oder Zinkdrathspiralen der Fall ist.

Demnach kann der Smith son'schen Säule kein höherer Grad von Wirksamkeit zukommen, als die unedlen Metalle, mit welchen dieselbe construirt wird, in Quecksilberlösungen zu äussern vermö- gen; es knüpft sich aber an sie der weitere Nachtheil, dass das

Über dns chemische und elektrolytische Verhalten des Quecksilbers etc. 2H3

Goldstäbchen um so weniger verquickt wird , um so fester die um- hüllende Metallspirale das Quecksilber fixirt, ja es kann bei dieser Prüfungsweise letzteres gar nicht entdeckt werden, selbst wenn es nicht in der kleinsten Menge vorhanden war, da nur auf die Ver- quickung des Goldblättchens gesehen wird.

In jüngster Zeit wurde die Untersuchung thierischer Substanzen auf Quecksilber durch die Elektrolyse mittelst constanter galva- nischer Ströme vorgenommen. In Folge der einleitenden Opera- tionen ist in diesen Stoffen das Quecksilber als HgCl enthalten und mit den anwesenden Alkalichloriden verbunden, wenn anders nicht durch grössere Mengen von Wasser die Doppelchloride wieder in ihre Componenten zerfallen sind.

Das HgCl, Hg J etc. setzten dem elektrischen Strome fast einen so grossen Widerstand wie das reine Wasser entgegen. Die Alkali- verbindungen dagegen sind die bestleitenden und darum am leich- testen spaltbaren Verbindungen. Nach Hittdorf J) würden gleiche Volumina destillirtes Wasser und geschmolzenes KCl demselben elektrischen Strom ausgesetzt neben einer Million Äquivalente Cl und K in derselben Zeit nur 1 Äquivalent H und 0 abscheiden.

Ich habe nicht gefunden, dass man dieses Verhalten des HgCl bei der Untersuchung von Flüssigkeiten durch den elektrischen Strom beachtet hat. Bevor ich mich daher entschloss diese Unter- suchungsmethode an thierischen Substanzen auszuführen, erachtete ich es für nöthig, durch Versuche mich über sämmtliche Erschei- nungen zu belehren, welche bei der Elektrolyse salzreicher orga- nische Substanzen enthaltender Flüssigkeiten eintreten können, und insbesondere zu erforschen, bis zu welchen Verdünnungen es noch gelinge, sehr kleine Quecksilbermengen durch die Elektrolyse abzu- scheiden.

Zu sämmtlichen Versuchen diente eine Smeesche Säule von 6 Elementen, deren Anode aus einem 4 Centim. langen und 1 Centim. breiten Platinblech, deren Kathode aus einem Golddrath von i Millim. Dicke bestand, welcher in ein keulenförmig verdicktes Ende von 2 Millim. Durchmesser ausläuft. Um auch an dem in die Flüssigkeit tauchenden Stücke des Leitungsdrathes die etwa erfolgte Amalgamation sicherer

') Hittdorf, Über die Wanderung' der Jonen während der Elektrolyse. Poggendorfl's Aunalen, Bd. 106, jj. 344.

254 Schneider.

erkennen zu können, wurde derselbe von Gold gewählt, und um die Vertheilung des Quecksilbers auf eine möglichst kleine Oberfläche zu beschränken, wurde nebst der Form der Kathode die Elektrolyse in einem mehr breiten als hohen Gefässe vorgenommen. Nur für einige Versuche habe ich die Kathode von Kupfer angewendet, um deren Einfluss auf die leichtere Abscheidung des Quecksilbers und auf die Deutlichkeit der Verquickung kennen zu lernen. Bei so feinen Untersuchungen, wo es sich um die Entdeckung der letzten fass- baren Spuren eines Körpers handelt, ist es von Wichtigkeit, dass der Wahrnehmung mehre und verschiedenartige Anhaltspunkte ge- boten werden. Ich habe mich daher bei allen Versuchen nie damit begnügt, die scheinbare Versilberung der Kathode als endgil- tigen Beweis für die Anwesenheit von Quecksilber gelten zu las- sen. Ich benütze die Elektrolyse nur dazu, das Quecksilber aus Flüssigkeiten in eine fassbare Form zu bringen, in der es möglich wird durch einige Controlversuche und insbesondere durch eine chemische Reaction dessen Natur zu constatiren.

Allerdings haben schon ältere Forscher die Verquickungs- probe für sich allein nicht als zureichend erkannt, um die Gegen- wart des Quecksilbers in allen Fällen für erwiesen anzusehen. Sie unterzogen das verquickte Metall der Glühprobe , um an der Ver- flüchtigung des Überzuges, und an dem Wiedererscheinen der ur- sprünglichen Metallfarbe sich zu versichern, dass der Farbenwandel vom Quecksilber verursacht worden sei.

Auch gegenwärtig wird diese Glühprobe, jedoch in einer Glas- röhre vorgenommen, in der Absicht, das vom Metall abgetriebene Quecksilber in den kälteren Theil der Glühröhre zu fixiren, um es so, wenn nicht dem unbewaffneten Auge, doch mittelst der Loupe oder dem Mikroskope der Wahrnehmung zugänglich zu machen. Es ist jedoch nicht möglich sehr geringe Mengen von Quecksilber durch dieses Verfahren zu erkennen. Schon Voit *) macht auf die Täuschungen aufmerksam, die bei der mikroskopischen Prüfung der grauen Salbe und des Calomels auf Quecksilber vorkommen können und bemerkt, dass es oft schwer sei, eine Luftblase von einem Queck- silberkügelchen mit Bestimmtheit zu unterscheiden. Werden ver- quickte Goldblätteben (die nach der Gewichtsabnahme die sie beim Glühen erleiden, zu schliessen, nicht mehr als 2 3 Milligramme

l) A. a. 0. pag. 80 u. ff.

Über das chemische und eleklrolylische Verhalten des Quecksilbers etc. 255

Quecksilber fixirt hatten), in engen zu Capillaren ausgezogenen Glas- röhren erhitzt, so setzt sich an den kälteren Stellen ein allerdings durch das unbewaffnete Auge erkennbarer Hauch ab, der beim Er- hitzen sich verflüchtigen lässt, dessen metallische Beschaffenheit aber selbst mit Hilfe des Mikroskopes nicht wahrnehmbar wird, weil die Lichtreflexion, welche Quecksilberkiigelehen erzeugen, auch in den zu Capillaren ausgezogenen Glasröhrchen durch die Uneinigkeiten des Glases insbesondere durch eingesprengte Quarzkörnchen, durch Staubtheilchen, durch eingebrannte Kohle und Luftbläschen u. s. w. bewirkt sein kann.

Diese Unsicherheit bei der mikroskopischen Prüfung veran- lasste mich nach einem minder zweideutigen Erkennungsmittel zu suchen. Das Einfach - Jodquecksil her ist durch seine Flüch- tigkeit, seine Farbe und seine Krystallform eine so charakterisirte Verbindung, dass es geradezu unmöglich ist, dasselbe zu verkennen, dabei begünstiget die Intensität seiner Farbe dessen deutliche Wahr- nehmung selbst bei den geringsten Mengen. Die Probe ist auch bei wenig Gewandtheit leicht ausführbar. Ich verfahre dabei in folgender Weise :

Der verquickte Metallstab wird sammt dem zusammengebogenen Leitungsdrath in eine sorgfältig gereinigte Glasröhre gesteckt, die an einem Ende zu einer Capillare ausgezogen ist und darauf an dem weiteren Ende zugeschmolzen wird. Man erhitzt den weiteren das Metall enthaltenden Theil der Röhre der ganzen Länge nach zum Glü- hen; hat sich nach etwa 5 Minuten an dem kälteren Theil der Glüh- röhre ein Anflug abgelagert, so treibt man denselben durch Erhitzen in den capillaren Röhrentheil, und erhitzt hierauf nochmals das Me- tall, um zu erfahren, ob ein neues Sublimat zum Vorschein komme; ist dies nicht mehr der Fall, so schmilzt man den das Metall ent- haltenden Röhrentheil von dem capillaren Theile so ab , dass an letzteren ein kurzes Stück des weiteren Röhrentheils als kolbenartige Auftreibung zurückbleibt.

Nach dem Erkalten wird die kolbige Auftreibung durch Abknei- pen des spitz ausgezogeneu Endes geöffnet, sodann mittelst eines Glasfadens etwas Jod in dieselbe gebracht und wieder zugeschmol- zen. Der Joddampf zieht sich hierbei in den capillaren Theil der Röhre und verschwindet dort wo das Quecksilber sitzt, es erscheinen je nach der Menge des eingeführten Jod braune, rothe oder gelbe

256 S c h n e i d e r.

Ringe. Werden die braunen Ringe sehr vorsichtig erwärmt , so dampft das Jod von denselben ab und es bleiben rothe Ringe von Hg.1 zurück. Die rothen so wie die gelben Ringe verflüchtigen sich beim stärkeren Erwärmen , setzen sich aber an den kälteren Stellen sogleich wieder ab, und zwar mit rother Farbe, die aber unter Um- ständen beim Erkalten in Gelb umschlagen kann. Die gelben Ringe bestehen aus Quecksilberjodürjodid Hg4J3 ; sie entstehen, wenn die in den kolbigen Röhrentheil eingeführte Jodmenge ungenügend war HgJ zu bilden. Lässt man auch nur eine sehr kleine Menge Jod auf dieselben wirken, so werden sie durch Umwandlung in HgJ bleibend roth. Unter dem Mikroskope erscheinen die rothen Krystalle als Quadratoktaeder, die oft mit ihren Flächen sich an einander lagern, so dass sie dem Salmiak ähnliche, gezähnte Fasern darstellen.

Bei der Vornahme dieser Probe ist nur darauf zu sehen, dass beim Einschmelzen der verquickten Metallstäbchen kein Quecksilber von letzteren in die Luft verflüchtiget werde. Es ist dies leicht ver- mieden, wenn man die Glühröhre etwas länger wählt, so dass das offene breitere Ende derselben zugeschmolzen werden kann, ohne dass die Hitze bis zu jener Stelle wirkt, wo die Metallstäbchen liegen. Die Darstellung des HgJ gelingt nicht so leicht, wenn man einen zu grossen Überschuss von Jod in die Glühröhre gebracht hat, weil es schwer hält , eine scharfe Trennung von J und HgJ durch Erwärmen zu erzielen. Führt man nicht mehr als ein Paar Kryställ- chen von Jod, wie sie an einem Glasfaden hängen bleiben, in die Röhre ein, so gelingt die Darstellung des Quecksilberjodids in der Regel, sollten gelbe Ringe erscheinen, so lassen sich dieselben leicht in rothe verwandeln, es genügt in die Capillarröhre ein Jodkryställ- chen zu bringen und durch Erhitzen an die Stelle zu treiben, wo das Hg4J3 liegt.

Ich erachte diese Probe als entscheidend, selbst dann wenn das Gold- oder Kupferstäbchen, welches als Kathode bei der Elektrolyse gedient hat, keine deutliche Verquickung mehr erkennen lässt, denn wenn beim Erhitzen dieser Stäbchen ein flüchtiger Körper abge- sondert wird, der im Joddampfe sich gelb oder roth färbt, und in deutlich erkennbare Krystalle verwandelt, die beim Erhitzen ohne Zersetzung sich verflüchtigen , aber an kälteren Stellen unverändert wieder zum Vorschein kommen, so kann wohl mit Grund ange-

Über das chemische und elektrolytische Verhalten des Quecksilbers etc. 257

nommen werden, dass die Gesammtheit dieser Erscheinungen durch keine andere Substanz als durch Quecksilber verursacht sein konnte.

Unter Zuziehung dieser Glühprobe habe ich nachfolgende Ver- suche über das elektrolytische Verhalten des Einfach -Chlorqueck- silbers angestellt.

1. 0-001 Grm. HgCI in 500 CC. destillirtem Wasser. Als Kathode wurde ein Kupferstäbchen angewendet. Innerhalb 3 Stunden ist nicht die geringste Spur einer Zersetzungs-Erseheinung wahr- nehmbar. Das Kupferstäbchen bleibt vollkommen blank. Hierauf wird 1 CC. verdünnte Schwefelsäure (1 Theil Säure, 5 Theile Wasser) zugesetzt; es findet an den Polen lebhafte Gasentwicke- lung Statt; nach 6 Stunden lässt sich aber eine Veränderung des Kupferstäbchens noch nicht erkennen, nach 24 Stunden erscheint dasselbe stellenweise dunkel, fast schwarz gefärbt; es wird mit Wasser abgespült, darauf mit Filterpapier abgerieben; eine Verquickuug wird dabei nicht sichtlich; bei der Glühprobe kommen jedoch die deutlichsten Krystalle von Hg.T zum Vor- schein.

2. 0-005 Grm. HgCI in 2 Litres destillirtem Wasser. Kathode ein Goldstäbchen. Auch bei diesem Versuche treten erst nach Zusatz von Schwefelsäure die elektrolytischen Erscheinungen hervor. Nach 24 Stunden erscheint das Goldstäbchen stellen- weise mit schwarzen Flecken besetzt, eine Verquickung lässt sich mit Sicherheit nicht erkennen, dagegen im Glühröhrchen Hg4,T3 deutlich darstellen.

3. 0-003 Grm. HgCI in 2 Litres destillirtem Wasser, das mit 10 CC. Chlorwasserstoffsäure zuvor versetzt wurde. Amalgam an der Kathode zweifelhaft, die Reaction im Glühröhrchen entschieden.

4. 0-010 Grm. HgCI in 500 CC. mit HCl angesäuertem Wasser. Nach 12 Stunden ist das Goldstäbchen vollkommen amalgamirt.

5. 0-010 Grm. HgCI in 1 Liter mit HCl angesäuertem Wasser. Nach 12 Stunden ist das Goldstäbchen schwach verquickt; es wurde entfernt und durch ein Kupferstäbehen ersetzt, dieses ist nach weiteren 12 Stunden silberweiss geworden.

6. 0-010 Grm. HgCI in 2 Litres angesäuertem Wasser bewirkten nach 12 Stunden ebenfalls eine deutliche Verquickung der Kathode.

2o8 Schneider.

7. 0005 Grm. HgCl in 1500 CC. mit HCl angesäuertem Wasser erzeugen nach 36 Stunden eine deutlich wahrnehmbare Ver- quickung.

8. 0-0 10 Grm. HgCl in 2 Litres destillirtem Wasser und 10 CC. einer gesättigten Kochsalzlösung wurden 64 Stunden lang dem elektrischen Strome ausgesetzt. Das Goldstäbchen zeigte eine Gewichtszunahme von 2 Milligr.

9. 0*020 Grm. HgCl in 2 Litres angesäuertem Wasser bewirkten nach 5 Tagen eine Gewichtszunahme von 0003 Grm. In bei- den Versuchen war die Amalgamation des Goldstäbchens deut- lich erkennbar.

10. 0-050 Grm. HgCl in 2 Litres Brunnenwasser gelöst, ohne Zusatz von Säure. Mit der Schliessung der Säule tritt auch Gasentwickelung an den Elektroden auf, an die Kathode setzt sich ein graulichweisser dichter Beschlag ab, der sich auf den in die Flüssigkeit tauchenden Leitungsdrath erstreckt. Nach 24 Stunden wird die Kathode in Wasser abgespült, zwischen Filterpapier getrocknet und der Glühprobe unterzogen. Der im verengten Röhrentheile gebildete Anflug lässt sich mit unbe- waffnetem Auge zwar nicht als Quecksilberspiegel erkennen, wird aber durch Jod in rothes krystallisirtes HgJ verwandelt. Die Kathode ist nach dem Glühen mit einer dichten weissen Kruste bedeckt, welche in HCl aufgelöst mit kleesaurem Ammoniak keinen, mit phosphorsaurem Natron aber nach Zusatz von Ammoniak einen reichlichen Niederschlag abscheidet.

11. 0050 Grm. HgCl mit 50 CC. einer gesättigten Bittersalz- lösung und 1950 CC. destillirtem Wasser vermischt, zeigten ganz dasselbe Verhalten, nur war an der Kathode der Magnesia- Überzug stärker und selbst am Boden des Gefässes waren Flocken von Magnesiumoxydhydrat angesammelt. Eine Ver- quickung Hess sich an der Kathode eben so wenig wie beim vorigen Versuche wahrnehmen, bei der Glühprobe aber Queck- silber leicht nachweisen. 0-020 Grm. HgCl in 200 CC. einer gesättigten Lösung von KCl und 100 CC. Bittersalzlösung verhielten sich eben so und der Effect war nicht geändert als die Mischung aufs vierfache Volum verdünnt wurde.

12. 0*500 Grm. HgCl in 1 Liter destillirtem Wasser ohne Säure- zusatz der Einwirkung des galvanischen Stromes ausgesetzt,

Über das chemische und elektrolytische Verhalten des Quecksilbers etc. 2i)9

erzeugen schon nach einer Stunde eine vollständige Verquickung der Kathode.

13. 0-100 Grm. HgCl in 400 CC. Alkohol vom specifischen Gewicht 0*833 erzeugen gleichfalls nach kurzer Einwirkung eine deutlich wahrnehmbare Verquickung. Dagegen konnte mit 0*005 Grm. HerCl in 500 CC. desselben Alkohols seihst nach 24 Stunden keine Fällung des Hg durch Elektrolyse bewirkt, nach Zusatz von 5 CC. einer gesättigten Lösung von KCl jedoch durch die Glühprobe nach 12stündiger Einwirkung des Stromes Queck- silber nachgewiesen werden.

14. Als 1 Grm. HgCl in 500 CC. Alkohol gelöst und mit 10 Grm. KCl vermischt dem elektrischen Strome ausgesetzt wurden, war eine sehr lebhafte Gasentwickelung an der Kathode bemerk- bar, dieselbe erschien bald versilbert, zugleich zogen sich Striemen eines weissen Niederschlages gegen den Boden des Gefässes. Nach 24 Stunden war daselbst ein schwerer grün- lich gelber Niederschlag angesammelt, der sich in Salzsäure rasch löste Quecksilberoxychlorid.

15. 1 Grm. HgCl in 4 Litres destillirtem Wasser (ohne Säurezusatz) erlitt eine so bedeutende Spaltung, dass nach 24 Stunden nicht blos die Kathode vollständig versilbert schien, sondern am Boden des Gefässes auch Quecksilberkügelchen abgelagert waren.

Ein ganz eigentümliches Verhalten zeigt das HgJ vor dem galvanischen Strome, die dabei auftretenden Erscheinungen machen die Wanderuugsweise der Jonen während der Elektrolyse geradezu ersichtlich.

16. Werden Lösungen von ganz reinem (alkalifreien) Quecksilber- jodid in Alkohol von 0*833 specifischen Gewicht in Kölbchen, die zur Verhinderung der Verdunstung des Alkohols mit Pfropfen, durch welche die Elektroden gehen, verstopft sind, der Einwir- kung des galvanischen Stromes ausgesetzt, so kommt es während 18 Stunden allerdings zur Ausscheidung rother Krystalle von HgJ selbst dann, wenn nicht gesättigte Lösungen zum Versuche dienen, aber eine Spaltung der Verbindung und folgeweise eine Abscheidung von Quecksilber an der Kathode ist selbst mit der Glühprobe nicht nachzuweisen. Sobald aber einige Tropfen einer alkoholischen Lösung von KCl zugesetzt wer- den, färben sich die Kanten des als Kathode dienenden Platin-

2ß0 Schneider.

hleches gelb, und diese gelbe Färbung breitet sieb allmählich über die Katbode aus; gleichzeitig kommen an der Anode rothe Krystalle von HgJ zum Vorschein. Der gelbe Ansatz auf der Katbode ist in der Hitze flüchtig in jodkaliumhältigem Wasser löslich, er besteht aus Hg4J3.

17. Wird derselbe Versuch nur mit der Änderung, dass statt KCl eine Lösung von KJ zugesetzt wird, angestellt, so bemerkt man in der Umgebung der Anode, dass sich die Flüssigkeit durch ausgeschiedenes Jod bräunt, während auf der Kathode derselbe gelbe Anflug erscheint, und gleichzeitig Quecksilbertröpfchen sich abscheiden.

18. Auflösungen des HgJ in KJ-hältigem Wasser zeigen in der augenfälligsten Weise, welche Wege die Jonen während der Elektrolyse durchwandern. An der Kathode erlangt die Flüs- sigkeit eine alkalische Reaction, sie wird allmählich verquickt. An der Anode scheidet sich ein braun färbender Körper freies Jod ab, gleichzeitig fallen rothe Krystalle von HgJ zu Boden. Ist die Menge des KJ gerade nur ausreichend, um mit dem HgJ die lösliche Doppelverbindung zu bilden, so begrenzt sich im Verlaufe der Elektrolyse die braune Färbung der Flüssigkeit um die Anode um so enger, je mehr bereits HgJ gespalten wurde. Endlich erscheint die Anode geradezu wie von einem braunem Pelze umhüllt, und die Flüssigkeit voll- kommen farblos. Am Boden des Gefässes liegen braune Flocken von ausgeschiedenem Jod und rothe Krystalle von HgJ.

19. Die Spaltung des HgJ findet in Lösungen, welche Alkalisalze enthalten, selbst dann noch Statt, wenn sehr geringe Mengen von demselben zugegen sind. 0-002 Grm. HgCl mit KJ bis zur erfolgten Lösung vermischt und in 200 CC. Wasser, welches ein Grm. NaCl enthält, aufgenommen, bewirkten nach löstündiger Einwirkung des galvanischen Stromes zwar keine wahrnehm- bare Amalgamation des Goldstäbchens, es konnte jedoch im Glühröhrchen die Anwesenheit von Hg durch Bildung von HgJ nachgewiesen werden.

Vorstehende Versuche lehren: 1. Dass 0-001 Grm. HgCl in 500.000facher Verdünnung durch die Elektrolyse in fassbarer Form abgeschieden und durch die Glüb- probe noch unzweifelhaft erkannt werden kann (Vers. 1).

Über das chemische und elektrolytische Verhalten des Quecksilbers etc. 261

2. Dass 0-005 Grm. HgCl in 400.000facher Verdünnung noch nicht ausreichen, um an der Kathode eine deutlich wahrnehmbare Ver- quickung zu erzeugen, dagegen bereits im Stande sind, bei 300.000 facher Verdünnung nach 36 Stunden dieselbe zu bewirken (Vers. 2 und 7).

3. Der Grund für diese unscheinbare Verquickung der Kathode liegt nicht blos in der geringen Menge von Hg, welche in der Flüs- sigkeit enthalten ist, sondern vorzüglich in der sehr unvollkommenen und langsamen Spaltung des HgCl unter dem Einflüsse des galva- nischen Stromes (Vers. 8 und 9).

4. Das HgCl leitet den galvanischen Strom schlecht, das HgJ (Vers. 16) gar nicht. Wenn daher destillirtes Wasser von ersterer Verbindung nur sehr geringe Mengen enthalt, so reicht der Wider- stand des Lösungsmittels aus, den Übergang des Stromes in die Flüssigkeit so sehr zu hemmen, dass es zu keiner Zersetzung des HgCl kommt, diese findet erst dann Statt, wenn die absolute und relative Menge des HgCl im Verhältniss zum Lösungsmittel bedeu- tender wird (Vers. 11 und 14). In solchen Fällen ist die Fällung des Hg auf der Kathode die unmittelbare Wirkung des galvanischen Stromes. Wo dagegen die Leitung des galvanischen Stromes durch zugesetzte Säure oder Alkalisalze vermittelt wird, erfolgt die Amal- gamation der Kathode auf dem Wege der chemischen Substitution, die sich zwischen der in der umspülenden Flüssigkeit enthaltenen Quecksilberverbindung und dem freigewordenen Kation entwickelt. Das (Vers. 14) abgeschiedene Quecksilberoxychlorid, das (Vers. 16, 17, 18) gebildete Quecksilberjodürjodid verdanken diesen secun- dären Wirkungen ihre Entstehung. Auch der grau gefärbte der Kathode fest anhängende Beschlag (Vers. 10, 11) von Magnesium- oxydhydrat ist augenscheinlich nur durch die Wirkung des Magne- siums auf die umgebende Flüssigkeit quecksilberhaltig geworden.

5. Die Elektrolyse kann nur als Mittel zum Nachweise des Quecksilbers benützt werden, zur quantitativen Fallung eignet sie sich nicht, weil einerseits die Kathode das abgeschiedene Quecksilber nicht vollständig festhält (Vers. 15) andererseits nach den verschie- denen Formen, in welchen dieses Metall in den zu elektrolysirenden Flüssigkeiten enthalten ist, und nach Beschaffenheit der gleich- zeitig vorhandenen Salze die Spaltungsweise der Quecksilberverbin- dungen verschieden ausfällt. Zur qualitativen Entdeckung dagegen

262 Schneider.

ist der elektrolytische Weg verlässlicher als jede chemische Fällung und es ist möglich auf demselben noch dieses Metall in Verdünnun- gen nachzuweisen, in welchen alle chemischen Scheidungsmittel unzulänglich sind.

Bei der Elektrolyse von Flüssigkeiten, die thierische Substanzen enthalten, können Störungen eintreten, die, wenn sie nicht von vorne herein vermieden werden, das Ergebniss der Elektrolyse in Frage stellen.

Tauchen die Elektroden in stärker gefärbte Lösungen , so bedecken sich dieselben mit einem fest anhaftenden braunen Über- zug, der entweder den galvanischen Strom geradezu isoliren oder doch das Anhaften des gefällten Quecksilbers an der Kathode hem- men kann. Man pflegt derlei dunkel gefärbte Flüssigkeiten durch Zusatz von chlorsaurem Kali und Salzsäure zu entfärben. Dieses Verfahren erweist sich jedoch in Flüssigkeiten, die durch Eindam- pfen eine dunkle Färbung angenommen haben, meistens unzulänglich; denn die nach Zusatz des Oxydationsmittels eintretende hellere Fär- bung ist nur vorübergehend; beim weiteren Erwärmen der Flüssig- keit wird diese wieder so dunkel gefärbt, als sie früher war. Das nachfolgende Erwärmen ist aber unerlässlich, damit das Oxydations- mittel aus der Lösung geschafft werde, denn eine Flüssigkeit, welche eine Sauerstoffsäure des Chlors oder letzteres Element selbst ent- hält, lässt es zu einer dauernden Fällung des Quecksilbers in elek- trolysirten Flüssigkeiten nicht kommen.

Nach meinen Erfahrungen ist es leichter in organischen Flüssig- keiten die färbenden Stoffe sogleich beim Beginne des Eindampfens zu zerstören, als die während des Eindampfens erzeugten dunkel gefärbten Zersetzungsproducte der organischen Substanzen zu ent- färben. Soll z. B. Harn elektrolytisch auf Quecksilber geprüft wer- den, so ist es räthlich, in demselben eine entsprechende Menge (ungefähr 5 Grm. auf 1 Liter Harn) chlorsaures Kali zu lösen, dann allmählich verdünnte Chlorwasserstoffsäure bis zur stark sauren Reaction zuzusetzen; sollte sich während des Eindampfens eine dunkle Färbung einstellen, so ist eine neue Menge des Oxydations- mittels einzutragen, jedenfalls aber so lange zu erwärmen, bis eine Probe nach Zusatz von Chlorwasserstoffsäure keine bleibende Wir- kung auf Farbstoffe äussert. Dagegen bietet es keinen Vortheil, das Eindampfen des Harns bis zum Auskrystallisiren der Salze fortzu- setzen, denn es färbt sich, wenn bis zu diesem Punkte concentrirt

Über das chemische und elektrolytische Verhallen des Quecksilbers etc. 2()3

wird, die Flüssigkeit selbst im Wasserbade dunkel, und gibt dadurch zum Ansätze des besprochenen Beschlages an den Elektroden Anlass. Überdies eignen sich so stark concentrirte Lösungen nicht gut zur Elektrolyse. Es bedecken sich in salzreichen Flüssigkeiten die Lei- tungsdräthe mit einer dichten Krystallkruste, welche gleichfalls wenn nicht den Strom unterbrechen, so doch dieFixiruug des Quecksilbers an der Kathode erschweret.

In stark concentrirten Lösungen ist das HgCl mit den gleich- falls anwesenden Alkalichloriden zu einer Doppelverbindung ver- einigt. Diese Doppelverbindungen zerlegen sich aber (wie Vers. 16 und folgende lehren) in das Alkalimetall, welches mit der positiven Elek- tricität beladen der Kathode zuwandert, und in den Rest der Verbin- dung Cl und Hg, welche zusammen als Träger der negativen Elek- tricität, zur Anode ziehen. Das in solchen Lösungen gefällte Hg ist ein secundäres Product, erzeugt durch die Reaction , welche das abgeschiedene Alkalimetall in der umspülenden Flüssigkeit bewirkte. Da jedoch die elektrische Strömung das HgCl von der Kathode wegtreibt, so begreift es sich, dass daselbst die Ausscheidung von Hg in sehr beschränkter Art nur stattfinden kann.

In verdünnteren Lösungen zerfallen die Doppelchloride des Hg mit den Alkalimetallen in ihre Componenten, dadurch werden die Folgen des elektrolytischen Processes andere. Der galvanische Strom theilt sich in die anwesenden Salze im Verhältnisse ihrer Leitungs- fähigkeit, es wird neben dem Alkalichlorid auch das HgCl durch die Elektrolyse zerlegt, das an der Kathode abgeschiedene Hg kann in reichlicherer Menge auftreten, weil seiner Ausscheidung keine widrigen Strömungen entgegen stehen. Ich habe wiederholt die Beobachtung gemacht, dass in verdünnteren Lösungen die Verquickung der Kathode leichter bewirkt wird, als wenn sehr concentrirte Lösungen der Elektrolyse unterzogen werden.

Die alkoholischen Lösungen leiten den elektrischen Strom schlechter als die wässerigen, auch zerfallen die Doppelchloride in diesen Lösungen nicht so leicht, wie dies in den wässerigen der Fall ist. Wenn nun gleich durch den galvanischen Strom auch in derartigen Flüssigkeiten die Spaltung chemischer Verbindungen bewirkt wird, so geht doch dieselbe langsamer vor sich und da das HgCl mit dem Cl der Alkali Verbindung der Anode zuwandert, so kommt es an der Kathode nur zu einer secundären Abscheidung des Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 8. 18

2(>4 Schneide r.

Hg in unerheblicher Menge. Es ist desshalb ein alkoholischer Auszug der Harnsalze für den Nachweis des Hg eben nicht zu empfehlen. Das Verdunsten des Alkoholextractes aber behufs der Gewinnung einer wässerigen Lösung hat keinen Sinn, da etwas mehr oder weni- ger Salz in der zu elektrolysirenden Flüssigkeit bei der Fallung des Hg insoferne ausser Betracht kommt, als gerade die Alkalichloride in die weingeistige Lösung eben so übergehen, wie in die wässerige.

Bei der Elektrolyse von KJ reichen Harnen, die unter Zusatz von KC10e und HCl auf i/i0 des ursprünglichen Volums eingedampft wurden, konnte in drei Fällen kein Quecksilber entdeckt werden. Nachdem jedoch diese Harne mit Schwefelsäure, welche salpetrige Säure enthielt, versetzt und im Wasserbade bis zur völligen Entfer- nung des Jod abgedunstet wurden, zeigte die Kathode bei der noch- mals vorgenommenen Elektrolyse deutliche Spuren der Verquiekung und die nachfolgende Glühprobe die entschiedenste Quecksilber- Reaction.

Es erscheint demnach räthlich, Untersuchungsobjecte, die .Tod- metalle enthalten, vorerst ihres Jodgehaltes zu befreien. Es ist dies leicht möglich, wenn die Untersuchungsobjecte im Wasserbade unter allmählichem Zusatz von Schwefelsäure, die mit salpetriger Säure gesättigt ist, erwärmt werden.

V.

Nachdem ich mich durch eine längere Reihe von Vorversu- chen über die wichtigsten Umstände, welche bei der Analyse thie- rischer Substanzen auf Quecksilber beachtet werden müssen, belehrt hatte, ging ich daran, den Harn von Individuen zu untersuchen, wel- che eine Mercurialcur passirten. Bei der Wahl des Untersuchungs- Materiales Hess ich mich zunächst von jenen Rücksichten leiten, die gegenwärtig in Folge der Eingangs dieses Aufsatzes erwähnten Be- hauptungen über die Natur der constitutionellen Syphilis, das prak- tische Interesse des Arztes für sich in Anspruch nehmen.

Ich untersuchte Harn

1. von Individuen, die mit secundärer Syphilis behaftet, angeb- lich niemals mit Quecksilber behandelt wurden.

2. Harn von Individuen, die vor längerer Zeit eine Mercurial- cur passirten.

Ober das chemische und elektrolytische Verhalten des Quecksilbers etc. 2()ti

3. Harn von Syphilitischen, welche zur Zeit als der Harn gesam- melt wurde, eine Mercurialcur bestanden.

4. Harn von Kranken, die nach beendeter Mercurialcur mit Jod- kalium behandelt wurden.

Ein glücklicher Zufall verschallte mir den Harn von zwei Indi- viduen — Vater und Sohn die seit drei Jahren an Hydrargyrose litten und auf der Klinik des Herrn Prof. Dr. Skoda in Behandlung standen.

Die zur Untersuchung verwendete Harnmenge war stets beträcht- lich, nur in einem falle wurde der innerhalb 24 Stunden entleerte Harn zur Untersuchung benutzt, bei allen anderen Fällen wurde der Gesammtharn von 3 6 Tagen dazu verwendet. Die Dauer der Ein- wirkung des galvanischen Stromes war meistens 18 24 Stunden. Herr Professor Dr. Sigmund sandte mir den Harn von 6 Individuen; das weitere Untersuchungsmateriale lieferte mir der Vorstand der syphilitischen Abtheilung des h iesi^en Garnisonsspitals Herr Docent Dr. Red er, welcher persönlich dafür sorgte, dass die Individuen, deren Harn gesammelt wurde, die verordneten Arzneien pünktlich einnahmen, und dass die Sammlung und Aufbewahrung des Harns in einer Weise geschah, durch welche jede zufällige oder absichtliche Versudelung ausgeschlossen wurde.

Die Ergebnisse meiner Untersuchungen waren folgende:

Im Harne von Syphilitischen, die nie einer Mercurialcur unter- zogen waren, Hess sich durch Elektrolyse kein Quecksilber nach- weisen.

Dasselbe negative Ergebniss stellte sich bei der Prüfung des Harns von Individuen heraus, die vor längerer Zeit eine Mercurialcur passirten. Ein Individuum hatte im Jahre i858 während einer längeren Cur im Ganzen 25 Gran Sublimat innerlich genommen, 9 Einreibungen, wahrscheinlich von je 2 Scrupel stärkerer und eben so viel schwächerer Quecksilbersalbe gemacht, 16 Flaschen Decoctum Zittmanni, dann 25 Flaschen Jodkalium ä 1 Scrupel verbraucht, endlich in Gräfenberg sich 3 Monate lang der Wassercur unterzogen. Im folgenden Jahre kamen die seeundären Atfectionen abermals zum Ausbruch, anderthalb Jahre nach der Quecksilbercur wurde der Harn untersucht.

Ein zweites Individuum hatte mit Ende December 1858 die Sublimat cur beendet, wurde im Mai 1859 syphilisirt, während dieser

18*

1iU) S <• h u e i «I e r.

Behandlung' der von vier aufeinander folgenden Tagen entleerte Harn mit negativem Resultate auf Quecksilber geprüft.

Bei einem dritten Individuum, welches vor 5 Monaten mit Sublimatpillen und Quecksilbereinreibungen behandelt wurde, war gleichfalls der Harn vom Quecksilber frei.

Ein weibliches Individuum hatte 45 Einreibungen mit grauer Salbe gemacht, dann einige Tage hindurch Jodkalium, endlich 3 Gran Sublimat erhalten. 14 Tage nach Beendigung der Cur, als Patientin genesen war, wurde der Harn 3 Tage lang gesammelt; in demselben konnte kein Quecksilber entdeckt werden.

Während des innerlichen Gebrauches von Mercurialpräparaten enthält der Harn constant Quecksilber. Ich habe 5 Fälle dieser Art untersucht, und bin bei jedem zu einem positiven Ergebnisse gelangt.

In dem einen Falle bekam der Kranke in getheilten Gaben täg- lich J/5 Gran Quecksilberjodür (Hg3J). Der innerhalb 3 Tagen gesammelte Harn, in der Menge von nicht ganz 7 Litres, wurde unter Zusatz von KC106 und HCl auf 1 Liter concentrirt , dann der Elektro- lyse unterzogen. Die Kathode zeigte sich deutlich verquickt und durch die Glühprobe war die Anwesenheit von Hg unzweifelhaft nachgewiesen. Um zu erfahren , ob in diesem Harne nicht auch durch chemische Fällungsmittel das Quecksilber entdeckbar sei, habe ich den Harn von weiteren 6 Tagen in der Gesammtmenge von 15 Litres nach der Zerstörung der organischen Substanz mittelst KCI06 und HCl. auf 2 Litres eingedampft, dann Schwefelwasserstoffgas 12 Stunden lang in denselben eingeleitet. Nachdem sich die trübe Flüssigkeit durch gelindes Erwärmen innerhalb 24 Stunden nicht klärte, so wurde sie vorsichtig abgegossen und der aus gelblichen Flocken und einem schwarzen pulverigen Niederschlag bestehende Boden- satz auf einein Filter gesammelt, mit heissem Wasser gewaschen, dann getrocknet, endlich so viel sich vom Filter durch Abreiben und Schaben mit einer Messerklinge gewinnen Hess, mit trockener Soda gemengt, in einem Kugelröhrchen geglüht. In dem verengten Röhren- theile war ein graulicher nicht deutlich erkennbarer Anflug, der in einer Jodatmosphäre ganz deutliche Krystalle von HgJ bildete. In einem zweiten Falle hatte Patient durch 20 Tage eine Sublimatpille ä i/b Gran genommen. Der Harn, von den letzten 2 Tagen zur Unter- suchung verwendet, ergab sehr starke Quecksilber -Beaction bei der Elektrolyse.

Über das chemische und elektrolytische Verhalten des Quecksilbers etc. 2(l7

In einem dritten Falle hatte Patient 20 Einreibungen mit je 1 Scrupel Unguentum mereuriale fortius gemacht und 21/. Gran Sublimat innerlich genommen. Zur Zeit des Sublimatgebrauches wurde der Harn gesammelt, und nach dem Eindampfen elektrolytisch geprüft. Die Kathode zeigte sich sehr stark verquickt.

In einem vierten Falle wurden 8 Gran Sublimat innerlich genommen, 28 Einreibungen mit je 30 Gran üng. cinereum gemacht und Gargarismen mit Sublimatlösungen angewendet. Der Harn war im Verlaufe der Sublimalcur gesammelt. Es konnte in dem innerhalb 24 Stunden entleerten Harne Quecksilber, jedoch nur in Spuren ent- deckt werden.

In einem fünften Falle konnten gleichfalls nur Spuren von Quecksilber gefunden werden. Patientin hatte kein Qnecksilber- präparat innerlich genommen, sondern Mos 38 Einreibungen ä 30 Gran mit üng. cinereum gemacht. Ob in diesem Falle nicht eine Verunreinigung des Harns mit Quecksilbersalle staltfand, inuss ich dahin gestellt sein lassen.

Den gegenwärtig ziemlich allgemein verbreiteten Ansichten über die Wirkungsweise des Jodkaliums auf Metalle, die im Orga- nismus zurückgehalten werden, sind die Ergebnisse meiner Unter- suchungen des Harns von Individuen, welche unmittelbar nach der Sublimatcur mit KJ behandelt werden, keineswegs günstig.

In den eben angeführten Fällen habe ich mich überzeugt, dass der Harn einige Tage hindurch nach beendeter Mercurialcur noch quecksilberhaltig bleibt. Wird unmittelbar nach der Mercurialcur KJ gereicht, so erscheint der Quecksilbergehalt des Harns nicht ver- mehrt, eher vermindert und zwar um so beträchtlicher, ein je länge- rer Zeitraum nach beendeter Mercurialcur verstrichen war. Im dritten der vorerwähnten Fälle wurde sogleich Tags darauf nach beendeter Quecksilberbehandlung dem Kranken KJ (10 Gran täglich) gereicht. Es konnte im Harne allerdings noch Quecksilber nachgewiesen wer- den, die Stärke der Reaction stand aber der während der mercu- riellen Behandlung erhaltenen weit nach. Im zweiten Falle wurde 8 Tage nach dem letzten Gebrauche von Quecksilber täglich 10 Gran Jodkalium dem Kranken gegeben. In dem von 4 Tagen gesammelten Harne konnte erst nach vollständiger Entfernung des Jod durch sal- petrige Säure haltende Schwefelsäure eine kaum mehr wahrnehm- bare Verquickung der Kathode bewirkt werden. Auch in einem

268 Schneide r.

dritten Falle erwies sich der Quecksilbergehalt des Harnes wahrend des Gebrauchs von Jodkaliurn geringer, als er während der mercu- riellen Behandlung war. Wenn gleich drei Versuche nicht hin- reichen, die Frage, welchen Einfluss der Gebrauch des .Jodkaliums auf die Ausscheidung des Quecksilbers durch den Harn übe, zu lösen, so lässt sich doch, ohne den Thatsachen Zwang anzuthun, so viel folgern, dass dieses Mittel nicht in allen Fällen diese Ausscheidung befördere.

Von den zwei Fällen von Hydrorgyrose standen mir nur geringe Harnmengen zu Gebote; sie betrugen bei dem einen lethal enden- den Falle kaum 1200 CC. , bei dem anderen gegen 2 Litres. Dem- ungeachtet waren die Quecksilber -Reactionen unvergleichlich stär- ker als in allen anderen Fällen. Die 1200 CC. Harn waren 2 Tage vor dem tödtlichen Ausgange gesammelt. Der Harn war trübe, reich an Eiweissstoffen und Eiterkörperchen ; auf dem sechsten Theile seines Volums unter Zusatz von KC10fi und HCl eingedampft der elektrolytischen Prüfung unterzogen , war schon nach einstündiger Wirkung des elektrischen Stromes die ganze Kathode verquickt. Im Gehirne und in der Leber des Verstorbenen war gleichfalls Queck- silber mit Leichtigkeit nach der Zerstörung der organischen Substanz durch KC106 und HCl auf elektrolytischem Wege nachzuweisen. Die Leber gab viel stärkere Quecksilber-Reactionen, als das Gehirn.

Nach dem Tode des Vaters hatte sich der Sohn der weiteren klinischen Behandlung entzogen, es konnte daher der Harn des- selben nicht mehr zur Untersuchung gelangen. So war es unmöglich, die Beziehungen festzustellen , welche etwa zwischen der Ausschei- dung des Quecksilbers und den weiteren Krankheits- Erscheinungen bestehen.

Die Ergebnisse der angeführten Untersuchungen dürften auf die Frage: „ob nach der Anwendung von Mercurial -Präparaten diese durch den Harn ausgeschieden werden" eine unzweideutige Antwort sein , und da ich die auf elektrolytischem Wege erhaltene Fällung durch eine chemische Keaction einer bestätigenden Prüfung unter- zog, so dürften die Bedenken, welche nicht ohne Grund gegen alle bisher bekannt gewordenen Angaben über das Vorkommen des Queck-

Über das chemische und elektronische Verhalten des Quecksilbers etc. 269

silbers in den thierischen Excreten erhoben werden können, beitoben sein. Es wäre nun die weitere Aufgabe, die quantitativen Aus- scheidungs -Verhältnisse zu ermitteln, um zu erfahren, ob wie dies der allgemeine Glaube ist das Quecksilber nach dessen innerlichem oder äusserlichem Gebrauche in dem Organismus längere Zeit zurückbleibe, oder ob es theils durch den Harn, theils durch die Oarmenlleerungen während und kurz nach dem Gebrauche wieder ausgeführt werde.

Nach den Erfahrungen die ich bisher gewonnen, sind die nötbi- gen Vorarbeiten für die Lösung dieser Aufgabe erst zumachen. Die Elektrolyse ist allerdings das empfindlichste qualitative Reagens auf Quecksilber, zur quantitativen Bestimmung aber nicht ausreichend. Mit Schwefelwasserstoff gelänge es allerdings das Quecksilber voll- ständig zu fällen, die organischen Beimengungen des Niederschlages erschweren aber die Reinigung des Schwefelquecksilbers so sehr, dass sie ohne Verlust nicht durchzuführen ist. KCI06 und HCl sind unzulängliche Zerstörungsmittel der organischen Substanzen. Ich glaube für den Harn in der Schwefelsäure, welche mit salpetriger Säure gesättiget wird, ein wirksameres Spaltungsmittel gefunden zu haben. Ich muss aber damit noch weitere Erfahrungen sammeln, und desshalb vor der Hand die aufgeworfene Frage für eine oftene erklären.

270 Schreiben des Herrn A. A g u i I a r an das w. M. K. v. L i 1 1 r o w.

Schreiben des Herrn A. Aguilar, Director der Sternwarte zu Madrid an das iv. 31. Karl v. Littrow ').

(Aus dem Spanischen übersetzt.)

Unter dem Datum vom 25. des jüngst verflossenen Februar hatte ich die Ehre Ihnen mitzutheilen, dass die spanische Regierung auf Ansuchen dieser Sternwarte den fremden Astronomen, die nach der Halbinsel kommen werden, um die nächste Sonnenfinsterniss zu beobachten, das Zugeständniss gemacht habe, von ihnen keine Ein- trittsgebühr oder Zoll für die wissenschaftlichen Instrumente zu ver- langen, die sie zum Zwecke ihrer Beobachtungen mitbringen, wobei sie sich dessenungeachtet vorbehält, alle nothwendigen Vorkehrun- gen zu treffen, damit die Einkünfte des Ärars durch diese Massregel nicht zu Schaden kommen.

Heute befinde ich mich nach neuen Unterhandlungen , welche unsere Regierung gütig aufgenommen bat, in der Lage, Ihnen neuer- dings mitzutheilen, dass in Beziehung auf den letzten Theil jener Massregel alle jene Astronomen , welche mir einen ausführlichen Brief zugehen lassen, in dem ihre Namen und der Ort, von welchem sie kommen, der Ort von welchem aus sie die Halbinsel zu betreten wünschen, und die Zahl und Classe der Instrumente, welche sie mit sich bringen werden, angegeben sind, ohne weiteres von jeder Zah- lung an den Küsten und Grenzpunkten befreit bleiben , denn dieses Observatorium wird sich alsdann für ihren Bürger oder verantwortli- chen Agenten erklären.

Ich ersuche daher alle gelehrten Reisenden, die sich dieses Vortheils bedienen wollen, mir ihre Instructionen ohne Zeitverlust längstens bis 15. Juni einsenden zu wollen, denn nach diesem Ter- mine dürfte sich keiner mehr über die Unbequemlichkeiten an der Grenze oder über unnöthige Auslagen beklagen, wenn er aus Fahr- lässigkeit oder Gleichgültigkeit die hier angegebene Vorsichts- massregel versäumt hätte.

Alle übrigen Entschliessungen der Regierung in Beziehung auf dieses wissenschaftliche Unternehmen, deren ich in meinem ersten Briefe erwähnte, bleiben unverändert. Madrid 9. Mai 1860.

*) Vorgelegt in der Sitzung vom IS. Mai [860, der Dringlichkeil wegen hier mitgetheilt,

SITZUNGSBERICHTE

DER

KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN,

MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.

XL. IUX».

SITZUNG VOM 22. MÄRZ 1860.

N°= 9.

19

271

IX. SITZUNG VOM 22. MÄRZ 1860.

Herr Regierungsrath Hyrtl übersendet eine für die Denk- schriften bestimmte Abhandlung: „Über Wirbels ynostosen und Wirbelsuturen".

Von Herrn Prof. Dr. A. Win ekler in Graz ist eine Abhandlung eingelangt: ..Über einige neue Eigenschaften der Kugelfunctionen einer Veränderlichen und der Coefficienten von Reihen, welche nach Kugelfunctionen entwickelt sind".

Die Herren Dr. A. Weiss und Jul. Wiesner legen eine vor- läufige Notiz vor über ihre Versuche, das Eisen direct in den Zellen der Pflanzen nachzuweisen.

Herr Prof. Dr. Molin liest: „Primitiae musei archigymnasii Patavini".

Herr F. Stein dachner erläutert den Hauptinhalt der dritten Folge seiner „Beiträge zur Kenntniss der fossilen Fisch -Fauna Österreichs".

Herr Starke junior, Werkführer im k. k. polytechnischen Institute, zeigt die von ihm construirte Kreistheilungsmaschine.

An Druckschriften wurden vorgelegt :

Akademie, königl. preussische. Monatsberichte, Jänner, 1860; 80, kaiserliche Leopoldinisch- Carolinische deutsche, der Naturfor- scher. Verhandlungen, Bd. XXVII mit 47 Tafeln. Jena, 1860; 4°- Annales des Minos, redigees par les ingenieurs des mines et publiees sous Kauterisation du ministre des trauvaux publics. Ciuquieme seiie. Tome XIV. livr. 5 et 6; tome XV, livr. 1,*2. Paris, 1858; 8°-

19*

272

Astronomische Nachrichten, red. von Dr. C. A. F. Peters.

Nr. 1240, 1241. Altona, 1860; 4°- Beobachtungen, maguetische und meteorologische, zu Prag, redi-

girt von Dr. J. G. Böhm und F. Karlinski. Zwanzigster

Jahrgang. Vom 1. Janner bis 31. December 1859. Prag, 1860; 40> Bericht, neunzehnter, über das Museum Francisco -Carolinum.

Linz, 1859; 8«- Chri stiania, Universität. Akademische Gelegenheitsschriften für

das Jahr 1859. Cosmos, IX. annee, 16e vol., 11. livraison, 16e Mars 1860. Gazette medicale d'Orient. III. annee, 1860, No. 11. Constan-

tinople; 4°- Greifswald, Universität. Akademische Gelegenheitsschriften für

das Jahr 1859. Jahrbuch des naturhistorischen Landesmuseums von Kärnten,

redigirt von J. L. Canaval. Heft IV. Klagenfurt, 1860; So- Rostock, Universität. Akademische Gelegenheitsschriften für das

Jahr 1859. Secchi, P. Angelo, Memorie delF osservatorio del collegio romano

d.C. d.G.Nuova serie dall1 anno 1857 al 1859. Roma, 1859; 4<>-

Escursione scientifica fatta a Norcia ad occasione dei terremoti

del 22 agosto 1859. Roma, 1860; 4». Misura della base

trigonometrica eseguita sulla via Appia per ordine del governo

pontificio nel 1854—1855. Roma, 1858; 4<>- Verein, physikalischer, zu Frankfurt a. M. Jahresbericht, 1858

bis 1859; 8°-

Nieder-österreichischer Gewerbe-, Verhandlungen und Mitthei- lungen, redigirt von Dr. E. Hornig. Jahrgang 1859, Heft 11, 12. Wien, 1860; 8<>-

Österreichischer Ingenieur-, Zeitschrift, redigirt von J. Herr. Jabrgang XII, Heft 1. Wien, 1860; und fol.

Wiener medizinische Wochenschrift, redigirt von Dr. Witteis- höfer. Jahrgang X, Nr. 11. Wien, 1860; 4°-

Wolf, Rud., Mittheilungen über die Sonnenflecken, I X. Zürich, 1856—1859; 8»-

273

ABHANDLUNGEN UND MITTHEILUNGEN.

Über Wirbelsynostosen und Wirbelsuturen bei Fischen. Von dem w. M. Prof. Hyrtl.

(Auszug- aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung. )

In keiner Classe der Wirbelthiere war das Vorkommen von Wirbelsynostosen und Wirbelsuturen weniger zu erwarten, als in jener der Fische, deren Wirbelsäule, als vermittelndes Organ der Locomotion, einen hohen Grad von Beweglichkeit, besonders von seitlicher Biegsamkeit benöthigt. Und dennoch sind Wirbelsynostosen in der Fischwelt so häufig, dass nur die geringe Anzahl von Fisch- skeleten, welche sich gewöhnlich in den Sammlungen für verglei- chende Anatomie vorfindet, die Ursache des bisherigen Ignorirens eines gewiss nicht zu den Seltenheiten gehörenden Vorkommens sein kann.

In meiner sehr reichen Privatsammlung von Fischskeleten, welche bereits nahe 600 Nummern zählt, fällt die Wirbelsynostose ihrer Häufigkeit wegen auf, und da diese Sammlung von mehreren Species, Skelete aus verschiedenen Altersperioden enthält, so war es möglich zu entscheiden, ob die Verschmelzung der Wirbel Alters- metamorphosen, oder in der primitiven Entwickelung der Wirbel- säule gegebene Anomalien seien, so wie ferner, ob sie bei gewissen Arten constant und an demselben Orte auftreten, oder ein zufäl- liges Accidens bilden.

Als Altersmetamorphose kommt die Wirbelsynostose sehr selten vor. Dagegen sind Verschmelzungen mehrerer Wirbel, von 2 5, als in der ersten Entwickelung der Wirbelsäule begründet, bei mehreren Geschlechtern aufgefunden worden. Wollte man eine

274 « J '• * '

Theorie dieser unerwarteten Beobachtung wagen, so dürfte sie also lauten: Das Wachsthum der primitiven Ossificationspunkte zweier oder mehrerer Wirbel kann durch zufällige Bedingungen so zurück- gehalten werden, dass die betreffenden fertigen Wirbel gegen die übrigen an Grösse und Stärke bedeutend zurückstehen. Würden nun solche Wirbel, deren Länge nur das Drittel oder Viertel eines nor- malen Wirbels beträgt, unverschmolzen bleiben, so würde das Seg- ment der Wirbelsäule, welches sie zusammensetzen, einen viel höheren Grad von Beweglichkeit besitzen, als ein gleichlanges mit unverwachsenen Wirbeln. Zur Ausgleichung dieses Missverhältnisses tritt Synostose der verkümmerten Wirbel ein. Ein solcher Verwach- sunffswirbel, selbst wenn er aus dem bisher beobachteten Maximum von Wirbeln besteht, ist nur um die Hälfte länger als sein nächster Vorder- und Hintermann, und da diese Verwachsungen gewöhnlich (nicht immer) an Stellen der Wirbelsäule auftreten , welche Flossen tragen, und somit eines höheren Grades von Festigkeit bedürfen, so wird die Synostose für die Beweglichkeit der gesammten Wirbel- säule weit weniger Nachtheil bringen, als mit Getrenntbleiben der verkümmerten Wirbel gegeben sein würde.

Die Fische, an denen die Synostose beobachtet wurde, sind: Polypterus Bichir, Amia calva, Thynnus vulgaris. Stromateas griseus, Rhynchobdella ocellata, Catla Buchanani, Butirinus macrocephalus, Heterotis Ehrenbergii, Chirocentras dentex, Alausa finta, Catostomus Suerii (Altersmetamorphose), Hydrocion Forskai, mehrere Arten von Mormyrus, Gymnärchus nilotias, Ciarias Hassel- qaistii, Ciarotes Heuglini (als Altersmetamorphose), Zoarces vivipa- rus, Ophiosternon bengalense,Gymnotns electrica s.Ga das morrhua und Gadus callarias , Ostracion triqueter (Altersmetamorphose).

Bemerkenswert!) ist es, dass bei mehreren Individuen derselben Art die Synostose nicht dieselben Wirbel befällt, ja dass ein Indivi- duum verwachsene, ein zweites dagegen getrennte Wirbel besitzt. Zählt man den Verwachsungswirbel als einen einfachen, so erscheint die Gesammtzahl der Wirbel gewöhnlich geringer , jedoch nicht um so viel, als die Zahl der verwachsenen Wirbel beträgt.

Wirbelsuturen kommen nur in der Familie der Ostracionten vor. Sie betreffen die sieben Wirbel des Stammes, und die Verbin- dung des ersten Wirbels mit dem Hinterhauptbeine. Die Suturen präsentiren sich am besten bei seitlicher Ansicht der Wirbelsäule.

Über Wirbelsynostosen und Wirbelsuluren bei Fischen. 275

Bei unterer Ansicht sind die Verbindungsstellen der Wirbel wie gewöhnlich lineare Querfugen. Auch die Bogen der Wirbel, welche so breit sind als der Wirbel lang ist, greifen an ihren einander zuge- kehrten Rändern durch Nathzacken zusammen. Der aus dicken, festen, mosaikartig zusammengefügten Platten bestehende Panzer dieser Familie macht die Bewegungen der Wirbelsäule unmöglich. Es fehlt also, nebst den hinzu gewöhnlich verwendeten Muskeln, auch die gelenkige Verbindung je zweier Wirbel , und die sie vertretende Sutur steht im innigsten Zusammenhange mit der Unbeweglichkeit der Wirbelsäule.

Am Schlüsse der Abhandlung folgt eine Charakteristik der fal- schen oder scheinbaren Synostosen.

*>76 Weiss und Wiesner. Vorläufige Notiz

Vorläufige Notiz über die directe Nachweisimg des Eisens in den Zellen der Pflanze.

Von Adolf J. Weiss und Julius W i e s n e r.

(Vorgelegt in der Sitzung vom 22. März 1860.)

Durch Aschenanalysen ist das Vorhandensein von Eisen im Pflanzenkörper bekannt, allein sein örtliches Vorkommen und die Art der Verbindung noch unermittelt. Es gelang uns beides aufzuklären, indem wir das Eisen durch Anwendung von Rhodankalium (Schwe- felcyankalium) direct in den mikroskopischen Präparaten ersichtlich machten. Aus nahe liegenden Gründen wurde die wein geistige Lösung des Reagens gewählt.

Der mit einem Silber- oder Piatinamesser geführte Schnitt wurde zuerst mit Rhodankalium allein behandelt, hierauf, wenn keine Reaction entstand, mit einem Tropfen Salzsäure1) versetzt. Hierdurch wurde die Anwesenheit des Eisens in dem Schnitte als lösliche oder unlösliche Oxyd Verbindung ersichtlich gemacht. Andere Schnitte wurden mit Chlorwasser und Rhodankalium, ferner mit Salpetersäure und Rhodankalium behandelt, wodurch es ermöglicht wurde, das Eisen in löslicher oder in unlöslicher Oxydul Verbindung zu erkennen2). Auf diese Weise kann man das Eisen im Pflanzenkörper sehr häufig und oft in nicht unbeträchtlicher Menge auffinden, es erscheint in der Wurzel so gut als im Stamme und den Blättern, in dem Marke, der Oberhaut u. s. w. Gewisse Zellschichten scheinen indess doch vorzüglich die Träger dieses Stoffes zu sein, während er

*) Dieselbe färbt verdickte Zellen sehr häufig {Aesculus, Tili« Pnpii/us, Lari.v etc.) intensiv violet oder ultramarin (Vinco), wodurch man sich nicht täuschen lassen darf, wie überhaupt nicht durch versteckte FarbstofFe, von deren etwaigem Dasein man sich vorher durch Säuren oder andere Hilfsmittel zu überzeugen, und erst nach Entfärbung derselben auf Eisen zu prüfen hat (Reyonia, Piper, Calla u. s. w.).

2) Die Ueagentien verhielten sich bei der von uns angewendeten Verdünnung und Rein- heit vollkommen indifferent gegen Schwefelcyan-Kaliura, weder Hydrothiocyansiure noch Pseudosehwefelcyan bildend.

über die directe ISachw eisung des Eisens in den Zellen der Pflanze. 2/7

in anderen z. B. den zartwandigen , parenchymatösen Zellen in so geringer Menge auftritt, dass er sich jeder Untersuchung entzieht.

Das Eisen lässt sich im Pflanzenkörper, so weit wir bis jetzt angeben können, immer nur in zwei Formen nachweisen, als im Wasser unlösliche Oxyd Verbindung oder als unlösliche Oxydul Verbindung. Das Vorkommen desselben ist aber keines- wegs ein durchaus geregeltes, es erscheint in einer und derselben Pflanze nicht selten in beiden Formen (Sambueus), niemals jedoch kann man es im jugendlichen Zustande der Zelle durch die Reaction ersichtlich machen. Man kann dies aus dem Umstände schliessen, dass beim Fortschreiten gegen die Vegetationsspitze zu , die Eisenreaction immer undeutlicher wird und endlich ganz verschwindet, dass ferner bei Pflanzen, in deren Holzzellen es vorkommt, die ältesten Schichten (gegen das Mark zu) stets den grössten Eisengehalt zeigen, so zwar, dass es in den jüngeren Holzzellen oft gar nicht sich zu erkennen gibt, während es in den älteren ganz entschieden wahrgenommen wird und dass endlich die Ablagerung desselben in den Verdickungsschichten ja doch von dem Entstehen und Fortschreiten derselben abhängig ist. Es ist dies auch ganz wohl begreiflich. Bei der geringen Menge, in der das Eisen doch immer nur im pflanzlichen Organismus gefunden wird, kann es nur durchSummir ung in Erscheinung treten, es kann nur durch successive Ablagerung in den Verdickungsschichten, durch beständiges Addiren kleiner Mengen nach längerer Zeit so viel austra- gen, dass man es durch geeignete Agentien nachzuweisen imStande ist.

Man kann wohl im Allgemeinen behaupten, dass das Eisen mei- stens als Infiltrationsproduct der secundären und tertiären Zellschich- ten sich kundgibt und also hauptsächlich der Verdickung der Membran der Zellen dient, indess haben wir es auch im Inhalte der Zellen aufgefunden.

In beiden Fällen kommt es in verschiedenen Formen vor.

So erscheint es z. B. als unlösliche Oxyd-Verbindung in der Membran der Holzzellen von Juglans regia L., Fraxinus excelsior L., Platanus orientaUs L. v. aurea u. s. w., während es bei Betula alba L., F. r. grandis Sehr ad., Querem Cerris L., Cladrastis tinetoria Rat'., Salisburia adiantifolia Sin., Negundo fraxhü- folium Nutt. v. crispum, Crataegus monogyna Jacq., Robinia Pseudacacia L. I. sophoraefolia, Prunus Padus L. ß. rubra, Pru- nus cerasifera L. y. xanthocarpa (schwach), Monis tatarica Pal I.

278 Weiss und Wiesner. Vorläufige Notiz etc.

Taxus baccata L., Crataegus crusgalli L. a. splendens u. s. w. in der Membran der Holzzellen als unlösliche Oxydul-Verbindung auf- tritt.

Im Marke von Sambucus nigra L., Negundo fraxinifolium Nutt. v. crispum u. s. w. erscheint das Eisen in den Zellwänden als unlösliche Oxydul- Verbindung, bei Platanus orientalis L. ebenfalls im Marke als unlösliche Oxyd-Verbindung.

Im Baste der Gefässbündel kommt es bei Robinia viscosa 7. dubia V., Verbesina gigantea Jacq. u. s. w. als unlösliche Oxydul- Verbindung vor, als unlösliche Oxyd-Verbindung in den Bastzellen von Viscum album L. in den Gefässbündeln von Lemna anirhiza u.s. w.

Im Inhalte der Haare erscheint Eisen bei Verbesina gigantea Jacq., Eranthemum leuconeurum Fab., Goldfussia glommerata u. s. w., ebenso im Zellsafte des Stengels von Regonia hydrocotyli- fulia Graham., Tropaeslum majus L.; in den Zellen des Markes von Aesculus neglecta Li ndl., im Inhalte der Beeren von Viscum album L. 11. s. w. Im Pollen haben wir Eisen bei Cheiranthus C/ieiri L., Anemone Pulsatilla L., Primula vulgaris Huds. a. acaulis, Gagea lutea Schult., Tropaealum majus L., Hgoscyamus niger L. 11. s. w. aufgefunden, jedoch überall in sehr geringen Quantitäten.

In einer weiteren Arbeit werden wir die Frage zu erörtern suchen, in welcher Form das Eisen von den Pflanzenzellen aufge- nommen wird und wie es in denselben als unlösliche Oxydul- oder als unlösliche Oxyd Verbindung umgewandelt erscheint, in welcher Lebensperiode des Gewächses ferner sein erstes Auftreten datirt und welche Rolle es überhaupt im Leben der Zelle spielt; für's Erste genügt es, das Eisen im Pflanzenkörper direct nachge- wiesen und gezeigt zu haben, dass es daselbst als unlösliche Oxydul- und als unlösliche Oxydverbindung sowohl in der Membran als im Inhalte der Zellen sich zu erkennen gibt, obwohl es von der W u r z e 1 ursprünglich als lösliche Verbindung aufgenommen werden m u s s t e.

Schob I. Typhloniscus. 279

T y p h l o n i s c u s.

Eine neue blinde Gattung der Crustacea Isopoda.

Monographiseli bearbeitet

von Joseph Schöbt,

Caudldat der Medicin in Prag-.

(Vorgelegt in der Sitzung vom S.Jänner 1860 durch das c. M. Herrn Prof. Stein.) (Mit 10 Tafeln.)

Die in den vorliegenden Blättern von mir zn schildernde Gattung bietet, sowohl in Beziehung auf äussere Körpergestalt, als auch auf Anatomie und Lebensweise, so viel Interessantes und von allen bis jetzt bekannten Gattungen der Oniscoiden Abweichendes dar, dass es wohl gerechtfertigt sein dürfte, wenn ich sie zum Gegenstande der vorliegenden monographischen Arbeit mache.

Bei der genauen anatomischen Untersuchung, der ich diese blinde Gattung unterwarf, und wobei ich nicht unterliess die ver- wandten Gattungen der Oniscoiden zu berücksichtigen, ergab sich mir zunächst, dass die Theorie der Mundtheile, wie sie bis jetzt bei dieser Familie gang und gebe war, durchaus unhaltbar sei. Ich habe mich daher bestrebt in der vorliegenden Arbeit eine naturgemässere Deutung der Mundtheile zu geben.

Was den Kaumagen anbelangt, der bei den Isopoden einen so hohen Grad der Entwicklung erreicht, und von dem es bis jetzt keine auch nur im entferntesten richtige Darstellung oder Beschreibung gab; so habe ich denselben ebenfalls auf's genaueste untersucht und die Bedeutung so wie den feineren Bau des ganzen Organes und seiner einzelnen Bestandteile nachgewiesen. In Bezug auf das Nervensystem und die Kreislaufsorgane haben meine Untersuchungen zu keinen genaueren Besultaten geführt als sie schon von Brandt und Anderen veröffentlicht worden sind. Ich habe desshalb von den eben erwähnten Organen keine Zeichnungen entworfen, dafür aber um so genauer die Respirationsorgane abgebildet und beschrieben,

280 s c h ö b i.

die nur unvollständig und ungenau bekannt waren. Auch die männ- lichen Geschlechtsorgane, namentlich die Begattungsorgane, fand ich bei allen Autoren irrig beschrieben und gedeutet. Ich habe von den Organen, die man allgemein als Ruthen beschrieben hatte, nachge- wiesen, dass sie keine Ruthen sein können, und ihnen eine ganz andere Bedeutung zugewiesen, und sie Organa ejaculatoria seminis genannt. Die sogenannten Leiter der Ruthe hingegen, die man für Hilfsorgane bei der Begattung hielt, als wahre Ruthen hingestellt. Die gänzlich unbekannt gewesenen weiblichen äusseren Geschlechts- öffnungen endlich, und Receptacula seminis habe ich entdeckt.

Alle diese anatomischen Untersuchungen haben , obzwar sie sich zunächst auf die Gattung Typhloniscus beziehen , im Allgemei- nen Geltung für die ganze Familie der Oniscoiden. Der Raum ge- stattete es mir nicht, die mitunter interessanten Abweichungen der einzelnen Gattungen zu beschreiben und abzubilden.

Den Gattungsnamen entnahm ich von dem hervorstechendsten Merkmale dieses Thieres, von dem gänzlichen Mangel der Augen. Die einzige Species habe ich nach meinem hochverehrten Lehrer Herrn Professor Dr. Stein, dem ich meine ganze wissenschaftliche Richtung verdanke, benannt.

So übergebe ich denn meine erste Leistung den Männern der Wissenschaft mit der Bitte, die etwa von mir begangenen Fehler mit Nachsicht beurtheilen zu wollen, und mit dem aufrichtigen Wunsche, man möge in der wenngleich unbedeutenden Arbeit des Schülers den Wirkungskreis seines grossen Lehrers erkennen.

Diagnose und Beschreibung- der Gattung Typhloniscus S c h ö b 1.

Antennae externae sexarticulatae ; articulo pcnultimo maximo, conico, obsolete triquetro, apice tereti, basi subtus incras- sato; articulo ultimo conico, apice setigero (Taf. R, Fig. 2).

Antennae internae triarticulatae , articulo basali maximo; apicali minima, oblique truncato , et stylis tribits hyalinis terminato; omnibus conum parva htm efficientibus.

Oculi nulli.

Apendicum caudalium par externton maximum , postabdominis cingula valde superans; articulo basali subcylindrico tereti;

Typhloniscus. 281

apicali antecedentis apici inserto , conico, apice setigero ;

ambobus aeque fere longis (Taf. II, Fig. 3). Appendicum caudaüum par intemum cylindricum, teres, ex-

ternorum articulum basalem haud longitudine superans

(Taf. II, Fig. 3). Die Augen fehlen gänzlich. Am Kopfe findet man nicht einmal von Augenrudimenten die geringste Andeutung, und die Stelle, wo bei den übrigen Gattungen der Oniscoiden die Augen zu sitzen pflegen, ist durch nichts ausgezeichnet und von derselben Beschaffenheit wie die übrige Kopfbedeckung.

Die äusseren Fühler sind verhältnissmässig sehr stark ent- wickelt und in einer becherförmigen Vertiefung an derUnterseite der seitlichen Stirnfortsätze eingefügt. Das erste Glied ist das kürzeste von allen, von Gestalt cylindrisch, in der Mitte etwas bauchig. Das zweite Glied ist länger und stärker als das erste und besitzt am verengerten Grunde nach aussen einen rundlichen Höcker, nach oben zu verschmälert es sich Mieder und endigt schief abgestutzt. Das dritte Glied ist wenig länger als das erste, gekrümmt, becher- förmig. Es endigt mit einem weiten, etwas nach der Mitte hin zuge- schärften Rande. Das vierte Glied besitzt ungefähr die Grösse des zweiten, nach innen und oben zu erscheint es stark convex fast stumpfkantig, nach aussen und unten concav, rinnenförmig ausge- höhlt. Die Basis ist etwas verengt, die Spitze breit, unverengt, ziemlich gerade abgestutzt. Das fünfte Glied ist das stärkste von allen, es ist mehr als zweimal so lang und viel stärker als das voran- gehende, von Gestalt abgerundet dreikantig. Zwei Flächen sind breiter und stossen nach oben oder innen in eine stumpfe abgerundete Kante zusammen. Die dritte Fläche ist etwas schmäler, sieht nach unten oder aussen und ist in der Mitte durch eine Furche in zwei Hälften getheilt. Gegen die etwas verschmälerte Spitze des Gliedes verschwindet jedoch allmählich diese kantige Beschaffenheit desselben und es wird fast drehrund. Seine Basis ist durch eine gleichsam stielförmige starke Verengerung dem vorigen Gliede eingelenkt. Gleich hinter dieser stielförmigen Stelle befindet sich nach unten zu eine weite, buckeiförmige Auftreibung, die durch die früher beschriebene Furche der unteren Fläche in zwei Hälften getheilt wird.

Das sechste und letzte Fühlerglied ist etwas kürzer als das vorige, etwa 3/3 der Länge desselben betragend. Seine Gestalt ist

282 s « h s b i.

kegelförmig und es endigt an der Spitze mit einem durchsichtigen Griffel.

Die inneren Fühler sind sehr klein, mit blossem Auge nicht sichtbar, dreigliedrig. Das erste Glied ist das grösste, das mittlere kleiner, das Endglied, welches 3 4 kleine Chitingriffel trägt, ist das kleinste. Alle zusammen stellen einen kleinen aufrechten Kegel dar.

Die äusseren Schwanzanhänge sind zweigliedrig, verhältniss- mässig zur Grösse des Thieres sehr gross, überragen weithin die Gürtel des Postabdomen. Das Grundglied ist fast cylindrisch, das Endglied, welches an der Spitze des Vorigen sitzt, ist kegelförmig mit 2 3 kurzen Endborsten. Die inneren Schwanzanhänge sind viel kürzer und schwächer, stielförmig, cylindrisch, und überragen kaum das Grundglied der äusseren Anhänge. An ihrer Spitze stehen gleichfalls drei Borsten.

Diagnose und Beschreibung der Species Typhloniscus Steinii Schob].

Taf. I.

T. Candidas; corpore oblonge elüptico ; processibus capitis lateralibns rotundato trigonis, processu frontali medio nullo; antennarum articulis omnibus dense squamosis, squamidis carinatis; capite squamulis antice papiUifor- mibus , postice subtrigonis, carinatis tecto ; cingulis omnibus, et appendicibus caudalibus squamidis rotundato trigonis, carinatis, versus latera subtrilobis tectis; margine postico cingulorum omnium serie squamularum quadran- gularium carinatarum instructo. Longitudo %'"—%%"', Latitudo maxima 3/4'"— 1'" '.

Die Farbe des Thieres ist schneeweiss, nur bisweilen schimmert in der Mittellinie der Darmcanal als ein bräunlicher Streifen durch.

Von Gestalt ist das Thier länglich elliptisch. Manche Exemplare jedoch sind etwas hinter der Mitte am breitesten und erscheinen somit oval. Der erste Körpergürtel oder Mesothorax erweitert sich zu beiden Seiten in einen flachen beilförmigen Seitenfortsatz. Der Hinterrand dieses Segmentes verläuft geradlinig bis zur Gegend der flachen seitlichen Fortsätze, woselbst er nach vorne hin bogenförmig ausgeschweift ist. Die seitlichen Fortsätze des zweiten Segmentes sind nur wenig nach hinten gerichtet, der vordere Winkel ist stumpf,

TypMomseus. 283

stark abgerundet, der hintere fast recht, etwa 85°. Der Hinterrand dieses Segmentes ist in der Gegend der Fortsätze nur wenig geschweift.

Die folgenden fünf Segmente unterscheiden sich nur dadurch von dem eben beschriebenen zweiten, dass ihre vorderen Winkel, je weiter das Segment nach hinten liegt, beständig stumpfer werden, während die hinteren Winkel in demselben Verhältnisse an Schärfe zunehmen. Die ersten zwei Segmente des Postabdomen sind sehr schmal und besitzen keine seitlichen Fortsätze, ihre Hinterränder sind schwach bogenförmig gekrümmt, die folgenden drei Segmente sind breiter und besitzen an den Seiten sichelförmig nach hinten gekrümmte Fortsätze. Das letzte Segment ist dreieckig. Die Basis des Dreieckes übertrifft um ein Drittel die Höhe desselben. Die beiden gleichen Seiten sind etwas concav ausgeschweift, die Spitze etwas hervorgezogen. Das ganze Segment ist gleichmässig gewölbt, zeigt durchaus keine Furche oder Eindruck.

Die Sculptur ist sehr ausgezeichnet.

Zunächst besitzt die ganze Körperoberfläche eine feine, rund- lich zellige Zeichnung, die, wie ich mich durch das Studium der Entwicklungsgeschichte überzeugt habe, den Zellen, aus denen ursprünglich die ganze Körperbedeckung zusammengesetzt ist, ent- spricht. Die fünf ersten Fühlerglieder sind mit unregelmässig gestellten Schuppen bedeckt, die eine breite Basis besitzen und slachelspitzig endigen.

Am letzten Fühlergliede sind die Schuppen viel schmäler und länger, fast borstenförmig. An der stark convexen Stirne befinden sich an der Spitze kopfförmig angeschwollene Papillen, die allmählich gegen die seitlichen Stirnfortsätze zu in dreieckige, und gegen den hintern Kopfrand zu in abgerundete gekielte Schuppen übergehen. Die Bückenfläche des Thorax und der Proabdominalsegmente ist mit rundlich dreieckigen, gekielten, ziemlich dicht und fast reihenweise gestellten, etwas ungleichen Schüppchen bedeckt. Der Hinterrand dieser Segmente ist in der Mitte, so weit er geradlinig verläuft, mit einer Beihe grösserer, abgerundet rechteckiger, gekielter Schuppen verseben. Die Postabdominalsegmente sind an ihrer vordem Hälfte glatt und glänzend.

Das erste und zweite Segment besitzt blos vor dem hintern Bande eine Beihe von Schüppchen. An den folgenden drei Segmenten

284 s c h ö b i.

sind die Schuppen gegen den Hinterrand zu fast dreireihig, am letzten Segmente zerstreut gestellt, alle sind gekielt.

Die Hinterränder aller Segmente besitzen eine Reihe recht- eckiger, viel grösserer gekielter Schuppen.

Die Grundglieder der äussern Schwanzanhänge sind mit rund- lich dreieckigen, gekielten, fast reihenweise gestellten Schuppen bedeckt.

Die Endglieder dagegen besitzen viel schmälere, gekrümmte, sparsamere, borstenförmige Schüppchen.

An den inneren Schwanzanhängen sind die Schüppchen noch sparsamer, schmäler und borstenförmiger.

An der Spitze eines jeden Schwanzanhanges stehen 2 3 Chitinborsten.

Die Weibchen sind stets grösser und auch verhältnissmässig breiter als die Männchen.

Lebensweise und Torkommen.

Typhloniscus Steinii lebt stets unterirdisch in den Colonien der Ameisen und zieht sich bei der geringsten Beunruhigung flüchtig in die Tiefe der Nester zurück. Kleine junge Exemplare werden häufig von den Ameisen selbst fortgeschleppt. Am häufigsten leben sie in den Colonien der Formiert flava Latr. , jedoch findet man sie auch, wenngleich seltener und nur sporadisch, bei Formica nigra Latr., aliena Förster und umbrata Nylander. Ihre Antennen befinden sich stets in vibrirend tastender Bewegung (wahrscheinlich eine Folge der Blindheit). Auch scheinen sie die Tageszeiten nicht unterscheiden zu können, denn während die übrigen Asseln sich während des Tages in ihre feuchten Schlupfwinkel zurückziehen und daselbst ruhen, fand ich diese Art zu den verschiedensten Tagszeiten in einer künstlichen Ameisencolonie, die ich mir in einem Glase errichtet habe , munter umherlaufen.

Andere Ameisenarten, als bei welchen sie in der Natur vor- kommen, dulden sie nicht nur nicht unter sich, sondern fallen mit- unter raubgierig über sie her und tödten sie. Ich habe dies im Freien bei Formica ligniperda Latr., zu Hause bei F. rufa L. und fuligi- nosa Latr. beobachtet, ja einmal gingen mir sogar einige Exemplare

Typhloniseus. 285

in kürzester Zeit zu Grunde, zu denen ich zwar Formica flava L., jedoch aus einem Neste, welches keine Asseln enthielt, gethan hatte.

Im Darmcanal fand ich stets nur Reste vegetabilischer Sub- stanzen, unter denen man sehr schöne, wie präparirte, Mooszellen findet. Einzelne davon erkannte ich als von der Lophocolca tomen- tella stammend, andere schienen Phascumarten anzugehören. Ob sie von den Ameisen mit Nahrung versorgt werden oder sich selbe selbst aufsuchen, weiss ich zur Zeit noch nicht. Ich traf sie jedoch nie ausserhalb der Ameisencolonien, was wohl vorkommen müsste, wenn sie allein ihrer Nahrung nachgehen sollten.

Die Männchen sind viel seltener als die Weibchen und es kostete mir viele Mühe, die nöthigen Exemplare zur Untersuchung der männlichen Geschlechtsorgane aufzutreiben. Sie sind beständig kleiner und schmäler als die Weibchen.

Die Weibchen legen im Monate Mai nur wenige, blassgelbe Eier unter ihre Brustplatten, woselbst sie bis Ende Juni verweilen, um welche Zeit die Jungen die Mutter zu verlassen pflegen.

Ich fand diese Art zuerst im Monate August 1857 an einer alten Gartenmauer des Dorfes Radlitz, etwa eine Stunde Weges von Prag, bei Formica flava L. Im folgenden Jahre im Frühjahr fand ich sie in der Scharka, einer ebenfalls nicht weit von Prag entfernten, wilden, felsigen Gegend, dann an zwei Punkten in den Schanzgräben der Stadt Prag selbst. In der Scharka bei F. nigra, an den beiden übrigen Standorten bei F. flava.

Im heurigen Jahre wurde ein sehr ausgiebiger Fundort bei dem Dorfe Kosif von einem fleissigen Entomologen Herrn Lokaj aufgefunden, und mir gefälligst mitgetheilt. Hier lebte sie sowohl bei F. flava L., als auch bei F. aliena För. und umbrata Nyland.

Systematische Stellung der Gattung Typhloniseus.

Dass vorliegende Gattung in der Unterclasse der Hedrio- phthalmen zur Ordnung der Isopoden, und in dieser zur Familie der Oniscoiden gehöre, braucht wohl kaum erwähnt zu werden.

Nach Brand t's Eintheilung in seiner Monographia Crustaceo- rnm Oniscoidorum gehört sie zur Tribus Oniscinea, die sich durch (i Sgliedrige äussere Antennen , so wie durch zwei Paare von Schwanzanhängen auszeichnet.

Sil/.li .1 mathein. -naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 9. 20

280 s c h ö b i.

In dieser Tribus gehört sie zur Brandt'schen Abtheilung Por- ccllionea, welche durch Schwanzanhäuge, die die Körpergürtel über- ragen, und zweigliedrig sind, charakterisirt ist. In der ebenerwähn- ren Abtheilung gehört sie endlich zur Gruppe Hexarthrica nach Brandt. Brandt beschreibt in dieser Gruppe zwei Gattungen Tricho- niscus und Platyarthrus. Die Gattung Trichoniscus muss, meiner Ansicht nach , in eine ganz andere Gruppe gebracht werden. Ich fand wenigstens bei allen Exemplaren, die ich als zur Brandt'sehen Gattung Trichoniscus gehörig hielt , das borstenförmige Endglied der äusseren Antennen aus 5 6 Gliedern zusammengesetzt.

Auch in Bezug auf Lebensweise und Anatomie stehen diese schnellen lebhaften Thierchen den Ligien viel näher, als den Gat- tungen Ouiscus und Porcellio, neben welche sie von Brandt ge- stellt wurden. Unterschiede zwischen diesen Gattungen und meiner Gattung Typhloniscus anzuführen, wäre überflüssig.

Die zweite Gattung Platyarthrus kenne ich nicht , und muss mich daher blos an die sehr kurzen und dürftigen, aus acht Worten bestehenden Gattungsdiaguosen wie sie Brandt gibt, halten, und selbe wörtlich anführen:

„Ultimus antenarum articnlus couicus, penultimus oblougus dilatatus compressus."

Diese Gattung unterscheidet sich, wie schon aus diesen wenigen Worten ersichtlich ist , von der Gattung Thyphloniscus durch die Beschaffenheit des fünften oder vorletzten Fülllergliedes, welches jedenfalls in einem ausgezeichneten Grade zusammengedrückt, und flach sein muss, da sonst Brandt dieses Merkmal gewiss nicht als fast alleiniges Moment seiner kurzen Diagnose hervorgehoben und auch wohl den Gattungsnamen nicht darnach gewählt hätte.

Analyse der Mundt heile.

Da bis jetzt in keinem zoologischen Werke, weder eine natur- getreue Darstellung noch eine richtige Deutung der Mundtheile der Oniscoiden überhaupt existirt; ja dieselben vielmehr in vieler Hin- sicht verkannt, und gänzlich missgedeutet wurden, theilweise auch noch gar nicht bekannt waren ; so habe ich mich bestrebt diese Partie mit möglichster Genauigkeit und Umsicht zu bearbeiten, um die bei der vorliegenden Gattung erzielten Resultate in den Hauptsachen für die ganze Gruppe der Oniscoiden gelten lassen zu können.

Typhloniscus. 287

Die Mundtheile bestehen aus einer Oberlippe, einer Zunge, vier Kieferpaaren, und einem bis jetzt unbekannt gewesenen sehr complicirten System vonChitinplättchen und Stäbchen, die unter sich sowohl, als mit den Kieferpaaren, und der Zunge durch eine äusserst feine Chitinmembran verbunden sind.

Ich nenne diese festen, der Zunge und den zwei mittleren Kieferpaaren zur Stütze dienenden Stäbchen: Kieferzungengerüste, und die feine Membran, die sie verbindet, und welche dieselbe Bedeutung hat, wie die Bänder der Wirbelthiere, Bandhäutchen.

Das Kieferzungengerüste. Tafel III, Fig. 1—4.

Das Kieferzungengerüste besteht aus drei grossen, mit Fort- sätzen versehenen Chitinplatten und zwei kleinen unbedeutenden Stäbchenpaareu. Die mittlere, einem Vogelzungenbein mit doppelten Hörnern nicht unähnlich sehende Platte dient hauptsächlich der Zunge zur Unterstützung; ich nenne sie Zungenstütze, während die beiden seitlichen den Muskeln des zweiten Kieferpaares zur Anhaf- timg dienen, und Kieferstützen heissen.

Die mittlere unpaare Platte des Kieferzungengerüstes oder die Zungenstütze.

Taf. IM, Fig. 1.

Diese Platte liegt vorne in der Mittellinie des Kopfes, unmittel- bar unter dem vierten Kieferpaare, und erstreckt sich von der Basis des Kopfes bis zum Grunde der Zunge.

Sie stellt im Ganzen ein, in der Mittellinie gelegenes, an meh- reren Stellen aufgetriebenes, vorn und oben aufgeschlitztes, hohles Chitinstäbchen dar, von dem zwei paar Fortsätze nach unten, oder wenn man das Thier in natürlicher Lage betrachtet, nach hinten abgehen.

Am oberen Ende der Platte ist der Grund der Zunge eingelenkt, und überdies geht von hieraus ein kleines Chitinstäbchen zur inneren Lade des zweiten Kieferpaares. Etwas unterhalb der Zungeninsertion erweitert sie sich bauchig, um sich vor der Abgangsstelle des ersten Fortsatzpaares wieder zu verengern. Eine ähnliche Auftreibung be- findet sich zwischen dem ersten und zweiten Fortsatzpaare. In der oberen Hälfte vorne in der Medianlinie ist diese Hohlplatte aufge- schlitzt, und zwar ist der Schlitz oben am weitesten, verengert sich

20*

288 S c h 8 b 1.

dann in der Gegend der oberen Auftreibung und erweitert sieb hier- auf wieder zwischen dem oberen Fortsatzpaare.

Das erste Fortsalzpaar (a) entspringt ungefähr in der Hälfte der Hohlplatte und ist den Hörnern eines Vogelzungenbeines nicht unähnlich, krümmt sich anfangs bogenförmig nach unten oder hinten, hierauf verlaufen die sich allmählich verschmälernden Enden der Medianplatte fast parallel. An die Spitzen dieser Fortsätze stützen sich gleichfalls Fortsätze der beiden grossen seitlichen Platten des Kieferzungengerüstes. Das zweite Paar Fortsätze (6) geht unter einem sehr flachen Bogen im unteren Viertheil von der Mittelplatte ab, und nimmt im weiteren Verlaufe eine auf diese Platte fast senk- rechte Richtung an.

An diese Fortsätze befestigt sich das dritte Kieferpaar.

Die beiden seitlichen Platten des Kieferzungengerüstes oder die Kieferstützen.

Taf. III, Fig. 2.

Diese Platten liegen zu beiden Seiten der früher beschriebenen, zugleich aber tiefer in der Mundhöhle eingesenkt. Jede dieser Platten besitzt drei Fortsätze und eine dütenformig nach hinten gekrümmte flache Ausbreitung.

Der längste Fortsatz (a) begibt sich nach oben, oder in natür- licher Lage des Thieres nach vorne, und senkt sich tief in die Kopf- höhle hinein, um sich mit seinem flach ausgebreiteten Ende an die Innenfläche der oberen harten Kopfbedeckung, zwischen den Muskeln des ersten Kieferpaares festzuhaften. Nach innen zu übergeht dieser Fortsatz fast seiner ganzen Länge nach in die schon erwähnte flache Ausbreitung, welche den Muskeln des zweiten Kieferpaares zum Ansatzpunkte dient. Der zweite Fortsatz (b) ist bedeutend kürzer, begibt sich nach unten und innen, und lehnt sich daselbst an das erste Fortsatzpaar der Zungenstütze.

Der dritte Fortsatz (c) ist der kürzeste von allen, und lehnt sich an einen ähnlichen Fortsatz des Grundstückes, des zweiten Kieferpaares. Die ganze Platte dient vor allem andern den zahl- reichen Muskeln des zweiten Kieferpaares zur Insertion.

Das erste Paar der zum Kieferzungengerüste gehörigen kleinen Chitinstäbchen (Taf. III, Fig. 3) liegt unmittelbar unter dem Grunde der Zunge. Es verbindet das obere Ende der Zungenstütze mit der inneren Lade des zweiten Kieferpaares.

Typ klon ist- us. 280

Das zweite Paar (Taf. III, Fig. 4) verbindet die Enden der unteren Zungenstützen-Fortsätze mit dem Grundstücke des zweiten Kieferpaares.

Das Bandhäutchen Membrana colligatrix. Taf. III.

Diese äusserst feine Membran entspringt aus der im unteren Drittheil der äusseren Lade des zweiten Kieferpaares befindlichen spaltförmigen Öffnung, welche den Muskeln der betreffenden Lade den Durchtritt gestattet.

Von dieser, etwa ein Drittel der Länge der ganzen Lade betra- genden Insertionsstelle, begibt sich dieses Häutchen , zahlreiche Falten bildend, schief nach innen und oben, um daselbst in den verbreiterten Theil der inneren Lade desselben Kieferpaares zu übergehen; weiter nach unten verläuft es weniger schief zum unteren stielförmigen Theil der inneren Lade, umkleidet das Grundstück des zweiten Kieferpaares und schlägt sich dann auf die beiden Fortsatz- paare und die Medianplatte der Zungenstütze, übergeht auf das obere kleine Stäbchenpaar des Kieferzungengerüstes, und auf den Zungen- grund. Während es seillich in die Zunge übergeht, und daselbst unter zahlreichen Faltungen frei halbkreisförmig zu beiden Seiten endigt, schlägt sich eine Partie vom unteren leistenförmig verdickten Grunde der Zunge auf die zwischen den beiden Zungenlappen befindliche dreieckige Falte und übergeht mit dieser in die , den Ösophagus auskleidende innerste Chitinmembran.

Ich habe das Kieferzungengerüste schon vor Jahren bei den grösseren Arten der Oniscoiden, namentlich bei Porcellio und Onis- cus, theilweise gekannt, wusste es jedoch bei der verwirrten Deutung der Kieferpaare, wie sie sich in den Handbüchern der Zoologie findet, nicht recht irgendwo unterzubringen, bis sich mir, nachem ich die Kieferpaare naturgemäss festgestellt hatte, seine Bedeutung von selbst ergab.

Meines Wissens ist ein solches Gerüste weder bei einer andern Ordnung der Crustaceen, noch bei einer andern Classe der Arthro- poden vorhanden, es bildet somit eine Eigenthümlichkeit derlsopoden. Treviranus sowie auch Brandt haben das Kieferzungengerüste entweder gar nicht gesehen, oder einzelne Bestandtheile für Kiefer-

290 s c b ö i, i.

bestandtheile gehalten , was bei der mangelhaften Darstellung der Kiefer schwer zu entscheiden ist.

Das erste Kieferpaar. Taf. IV, Fig. 2, 3, 4.

Das erste Kieferpaar stellt ein hohles, sehr festes Chitingebilde dar, welches von vorne angesehen abgerundet rechteckig erscheint und an der Stelle des inneren obern Winkels einen bedeutenden nach innen gerichteten zahntragenden Fortsatz besitzt, welcher sich zugleich, sich allmählich verschmälernd, und zuschärfend, tief in die Mundhöhle einsenkt. Dieses Kieferpaar ist mit seiner unteren Kante an einem, nach unten umgeschlagenen Lappen der allgemeinen festen äusseren Kopfbedeckung charnierartig eingelenkt.

Die Bezahnung ist an den Kiefern beider Seiten etwas ver- schieden. Der rechte Kiefer in der natürlichen Lage des Thieres oder der linke, wenn man das Thier von unten betrachtet (Taf. IV, Fig. 3) besitzt an dem zahntragenden Fortsatze vier dunkel roth- braun emaillirte Zähne, die je zwei und zwei einander genähert sind. Das erste Zahnpaar ist bei natürlicher Lage des Kiefers allein sichtbar (Fig. 2). Das zweite Zahnpaar ist etwas kürzer als das erste, liegt weiter nach hinten oder in natürlicher Lage tiefer in die Mundhöhle eingesenkt.

Die Zähne dieses Paares sind etwas stumpfer und kürzer als die des ersten, und von den letzteren durch eine tiefe Kluft getrennt. Hierauf folgt noch weiter nach hinten ein weisser Zahn, der mit zwei Zahnspitzen versehen ist. Von da aus verläuft die innere Kante des zahntragenden Fortsatzes schief nach abwärts, und trägt , unmittel- bar neben dem Grunde des weissen Zahnes , ein schmales pinsel- förmiges, biegsames und bewegliches Chitingebilde, welches mit einigen äusserst feinen Härchen versehen ist. Hierauf folgt ein klei- nes, äusserst spitzes, nach hinten gerichtetes, weisses Zähnchen, und endlich am hintersten, etwas hervorgezogenen Winkel am tiefsten in der Mundhöhle, vier starke, ungleich lange Chitinborsten.

Der linke Kiefer oder von unten betrachtet der rechte (Fig. 3), besitzt vorne fünf rothbraun emaillirte Zähne, welche in verschiede- nen Ebenen liegen, und nicht paarweise einander genähert sind. Drei davon sind dunkler, zwei blässer emaillirt. Hierauf folgen nach hinten zu, auf einer Hervorragung, zwei von den früher beschrie-

Typkloniscus. 291

henen pinselförmigen Gebilden, dann das kleine scharfe weisse Zähn- chen und endlich das Ende mit den vier Borsten.

Es unterscheidet sich somit dieser Kiefer von dem der andern Seite durch Zahl und Lage der rothemaillirten Zähne, durch den Mangel des weissen zweispitzigen Zahnes unmittelbar hinter den- selben, und durch den Besitz zweier pinselförmigen Gebilde.

Betrachtet man diese Kiefer von hinten, so findet man in der inneren Partie eine abgerundet pentagonale Öffnung, welche den Bündeln des überaus kräftigen Kaumuskels dieses Kieferpaares den Durchtritt in die innere Höhlung gestattet.

Was die Deutung dieses Kieferpaares anbelangt, so kann hier- über auch nicht der geringste Zweifel entstehen.

Als erster paariger, gelenkig eingefügter Anhang des Kopfes, die Gruppe der Fühler ungerechnet, entspricht dieses Kieferpaar offenbar dem ersten Kieferpaare aller übrigen Crustaceen, so wie den Mandibeln der Hexapoden, und in der Classe der Arachniden sowohl dem haarigen tastertragenden Lappen der Araneiden, als auch den Scheeren der Scorpioniden.

Es ist aber auch dieses Kieferpaar das einzige, in Bezug auf dessen Deutung ich mit den übrigen Schriftstellern überhaupt und mit Brandt insbesondere übereinstimme, obzwar auch dieses noch nirgends naturgetreu abgebildet und richtig beschrieben worden ist.

Das zweite Kieferpaar. Taf. IV, Fig-. 5.

Das zweite Kieferpaar besteht aus zwei Laden und einem Grundstück.

Die äussere Lade (Taf. IV, Fig. 5 «).

Diese Lade stellt eine lange, schmale, hohle Chitinplatte dar, welche am oberen zahntragenden Ende etwas, am unteren stark zugespitzt ist und an der hinteren Fläche gegen die äussere Kante zu eine längliche, spaltförmige Öffnung zum Durchtritt des betref- fenden Kaumuskels besitzt.

In der Mitte verlaufen beide Kanten dieser Lade so ziemlich parallel. Die äussere verläuft im oberen Drittheil schief nach innen zu und ist an dieser Stelle mit einer dichten Reihe von Chitinborsten besetzt. Die innere Kante dagegen läuft im unteren Drittheil schief nach aussen, so dass dieLade nach unten zu sich allmählich zuspitzt.

292 S c h ö b I.

Am oberen, etwas schief nach innen und unten abgestutzten Ende der Lade befindet sich eine Reihe dunkel rothbraun emaillirter, schmaler, nach innen gekrümmter Zähne. Solcher Zähne gibt es sieben und sie nehmen von aussen nach innen an Stärke und Länge ab.

Die innere Lade (Taf. IV, Fig. 55).

Die innere Lade ist viel schwächer als die äussere. In der unteren Hälfte ihrer Länge ist sie stielrund, in der oberen Hälfte wird sie flach und übergeht daselbst nach aussen zu unmittelbar in das Bandhäutchen , mittelst welchem sie nach aussen hin an die äussere Lade und nach innen zu durch das obere Stäbchen des Kie- ferzungengerüstes an die Zungenstütze locker festgeheftet wird.

Das obere Ende dieser Lade ist schief nach innen und unten abgestutzt und trägt daselbst zwei pinselartige, dicht behaarte Gebilde.

Das Grundstück des zweiten Kieferpaares. Taf. IV, Fig. 5 c.

Das Grundstück ist eine ziemlich flache, am Vorderrande etwas eingerollte Chitinplatte, an der man vier Fortsätze wahrnimmt. Der erste Fortsatz liegt nach aussen und unten, endet unter einem abge- rundeten, fast rechten Winkel und articulirt mit der daselbst einge- fügten äusseren Lade.

Der zweite oder innere untere Fortsatz ist mehr stielförmig und trägt die innere Lade.

Der dritte oder innere hintere Fortsatz erweitert sich gegen das Ende zu beilförmig und lehnt sich an den inneren langen Fort- satz der Kieferstütze der betreffenden Seite.

Der letzte Fortsatz ist unbedeutend und legt sich an den kür- zesten äusseren Fortsatz der eben erwähnten Kieferstütze.

Als zweiter, abgegliederter, paariger Anhang des Kopfes ent- spricht dieses Kieferpaar dem zweiten Kieferpaare der Decapoden, sowie den Maxillen der Hexapoden.

Brandt (in der medizinischen Zoologie) beschreibt sein zwei- tes Kieferpaar als einen länglichen, zahnlosen, knorpeligen Theil. Diese Brandt'sche Beschreibung passt auch nicht im Entferntesten auf eines der vier von mir aufgestellten Kieferpaare. Welches Ge- bilde, ob einen Theil meines Kieferzungengerüsfes oder sonst etwas

Typh loniscus. 293

Anderes Brandt für Kiefer gehalten hat, lässt sich bei der kurzen Beschreibung und mangelhaften Abbildung nicht entscheiden.

Dass von einem Knorpel keine Rede sein kann, brauche ich , da alle Mundtheile aus Chitin bestehen und nur der Kaumagen einige mit kohlensaurem Kalk imprägnirte Bestandteile besitzt, kaum zu erwähnen. Die Abbildung des zweiten Kieferpaares bei Trevi- ranus (in dessen vermischten Schriften) ist gleichfalls unkenntlich.

Das dritte Kieferpaar. Taf. IV, Fig. 6.

Das dritte Kieferpaar stellt eine lange, ziemlich breite, abge- rundet rechteckige Platte dar, welche auf der äusseren Kante unten einen Einschnitt besitzt und theils an die Medianleiste, theils an die unteren Fortsätze der Zungenstütze sich festheftet.

Auch diese Kieferplatte ist ein hohles Organ, nur ist die sie bildende Chitinmembran im Vergleich zu den übrigen drei Kiefer- paaren äusserst zart zu nennen, und die ganze Kieferplatte erscheint dessbalb dem flüchtigen Beobachter als eine einfache scharf begrenzte Platte. Das obere Ende dieser Kieferplatten ist zweilappig , der Innenlappen ist viel breiter und trägt einen Bündel kräftiger, am obern Ende hakig nach innen gekrümmter Chitinborsten oder Zähn- chen. Die die beiden Lappen trennende Spalte ist kurz und verläuft senkrecht.

Unterhalb des Innenlappens von der innern Kante aus läuft im Innern des Kiefers eine feste, dem ganzen Kiefer mehr Steifheit gewährende Chitinleiste, welche sich zunächst unter einem flachen Bogen nach aussen krümmt, dann aber gegen die Basis des Kiefers zu eine, einem lateinischen S ähnliche Krümmung beschreibt und sich dann am untern Fortsatz der Zungenstütze festheftet.

Der äussere Lappen sowohl als der innere tragen ein Paar unbedeutende Chitinborsten.

Dieses Kieferpaar bildet den letzten paarigen Anhang des eigent- lichen Kopfes, da das folgende schon ein metamorphosirtes Fusspaar ist und eigentlich dem mit dem Kopfe verschmolzenen Prothorax angehört. Es entspricht somit einem Theile der Unterlippe der Hexa- potlen, den Tasterstämmen mit den Lippentastern.

Brandt's drittes Kieferpaar soll länglich-viereckig sein und am emaillirten Ende 4 5 Zähnchen tragen.

294 schö b i.

Mit meinem dritten Kieferpaar stimmt diese Beschreibung durch- aus nicht überein; vielleicht dürfte darunter die äussere Lade meines zweiten Kieferpaares gemeint sein. Die T r e v i r a n u s'sc h e Abbildung ist unkenntlich.

Das vierte Kieferpaar. Taf. IV, Fig. 7.

Das vierte Kieferpaar bildet das Schlussstück der Kopfhöhle nach unten. Es besteht, im weiteren Sinne genommen, aus drei Paaren gesonderter und unter einander abgegliederter Platten, von denen das bedeutendste und grösste die eigentlichen Kiefern dar- stellt, während die beiden andern, meiner, auf entwicklungsgeschicht- liche Studien gestützten Ansicht nach, den rudimentären, mit dem Kopfe verschmolzenen , dem Prothorax der Hexapoden entsprechen- den ersten Körpergürtel darstellen.

1. Das eigentliche vierte Kieferpaar.

Taf. IV, Fig. 7 a, b.

Theils vergleichend anatomische, theils entwickelungsgeschicht- liche Untersuchungen dieses Organs bei den verschiedenen Gattun- gen der Oniscoiden haben mich zu der Überzeugung geführt, dass nur das grosse mittlere Plattenpaar als viertes Kieferpaar betrachtet werden kann, während die übrigen zwei Plattenpaare, die man sonst mit jenem zusammenzuwürfeln pflegte, wie ich schon vorhin erwähnt habe, ganz anderen Gebilden angehören.

Jeder Kiefer ist hohl und besteht aus einer abgerundet recht- eckigen Grundplatte und einem bezahnten und beweglich eingelenk- ten Kaustücke.

q) Die Grundplatte (Taf. IV, Fig. 7«).

Die Grundplatte ist ein flaches hohles Gebilde von beträcht- licher Grösse und bedeckt von unten den grössten Theil der Kopf- höhle. Ihre Gestalt ist, im Ganzen genommen, rechteckig. Die bei- den äusseren Winkel sind jedoch sehr stark abgerundet; der innere untere bildet dagegen einen rechten Winkel und der innere obere ist zu einem rechteckigen Fortsatz vorgezogen.

Die Grundplatte besteht aus einer vorderen harten, festen Chi- tinla melle und einem hinteren zarten Chitinhäutchen, zwischen denen

Typhloniscua. ü»95

Chitinleiste», sowie die das Kaustück bewegende» Muskeln einge- schlossen sind.

Die zwei vorhandenen Chitinleisten sind dazu bestimmt, das unmittelbare Anlegen der hinteren feinen Membran an die Muscula- tur des Kaustückes zu verhindern. Die eine Leiste verläuft am Innen- rande der Platte , die zweite vom äusseren untern Winkel bogen- förmig, mit der Convexität nach aussen, gegen die Mitte der vorigen Leiste, woselbst sie durch eine breite Commissur mit derselben ver- bunden ist und dann fast geradlinig zum inneren obern Winkel ver- läuft. An der vorderen Lamelle bemerkt man eine zellenartige regel- mässige Structur, die der Entstehung aus den Furchungskugeln im Embryoleben zu entsprechen scheint. Auch ist nicht selten die vor- dere Fläche derselben mit feinen Härchen besetzt, und am äusseren obern Winkel verläuft eine Reihe äusserst zarter Wimpern.

b) Das Kaustück (Taf. IV, Fig. 76).

Das Kaustück stellt ein ungleichseitig dreieckiges, etwas gekrümmtes, scharf zugespitztes hohles Gebilde dar, welches am oberen Ende zwischen den beiden oberen Winkeln der Grundplatte mittelst eines Winkelgelenkes eingefügt ist.

Die Basis des Kaustückes ist die kürzeste seiner Seiten, und am inneren Basalwinkel befestigt sich die Sehne des Beugemuskels, am äusseren die des Streckmuskels.

Die innere Seite ist die längste , sie ist in der unteren Hälfte convex, in der oberen concav und besitzt ungefähr in der Mitte zwei sehr spitzige Zähne. Die äussere Seite ist ein Segment eines sehr tlachen, sich einer Geraden nähernden Bogens. Die Spitze des Kau- stückes ist zahnartig verlängert.

Meinen Untersuchungen zufolge ist das eben beschriebene Kie- ferpaar nichts anderes, als das metamorphosirte Fusspaar des Protho- rax, und es entspricht die Grundplatte dem ersten langen Fussgliede, das Kaustück den übrigen Gliedern.

Schon Gestalt und Gliederung dieser Kieferplatten ist von der der eigentlichen drei Kieferpaare durchaus verschieden. An keinem eigentlichen Kiefer finden wir eine bewegliche Gliederung desselben in ein, zwei oder mehrere über einander liegende Theile wie hier in die Grundplatte und das Kaustück, welch' letzteres selbst sogar noch

296 s c h ö l i.

Spuren einer weitern Gliederung zeigt, die bei anderen Gattungen der Oniscoiden, z. B. Ligidium, viel deutlicher ausgeprägt ist.

Überdies enthält kein Kieferpaar Muskeln ganz in seinem Innern eingeschlossen, wie das bei der Musculatur des Kaustückes der Fall ist, sondern die Kaumuskeln aller echten Kieferpaare drin- gen von aussen in die Höhlung des Kiefers.

Ferner beweist auch die Entwickelungsgeschichte die Analogie dieser Kieferplatte mit Fusspaaren, indem man bei einem Embryo von zwei bis drei Wochen noch nicht im Stande ist, sie von den Letzteren zu unterscheiden.

Gleich in den ersten Tagen des Embryolebens, nachdem sich ßildungs- und Nahrungsdotter gesondert haben, bilden sich am vor- dem Ende des Embryo aus den Furchungskugeln fünf Paare von Lappen und ein eingeschnittener Lappen, hierauf folgen sieben län- gere Lappenpaare, und endlich fünf ganz kleine Doppellappenpaare.

Die ersten zwei Lappenpaare gliedern sich frühzeitig und sind von sehr verschiedener Grösse; aus dem ersteren entwickeln sich die äusseren, aus dem letzteren die inneren Fühler, der zweispaltige Lappen wird zur Zunge, die folgenden drei Lappenpaare bleiben ungegliedert und liefern die drei eigentlichen Kieferpaare; die sieben längeren Lappenpaare gliedern sich allmählich, sind anfangs voll- kommen gleich und später modificirt sich das erste zum vierten Kie- ferpaare, die folgenden liefern sechs Fusspaare. (Bekanntlich ent- steht das siebente Fusspaar erst lange nachdem die Embryonen die Eischale und die Bruthöhle der Mutter verlassen haben.) Die letzten Lappen endlich liefern Respirationsorgane und männlicheBegattungs- organe.

Ich glaube, dass schon diese äusserst flüchtige Skizzirung der Entwicklung , der gegliederlen paarigen Anhänge der Oniscoiden genügen wird, meine Ansicht über die Bedeutung des vierten Kiefer- paares hinreichend zu unterstützen, und ich brauche kaum eines Falles von Missbildung zu erwähnen, den ich unter den vielen Tau- send Asseln, die ich untersuchte, fand, wo nämlich auf der nur in der untern Hälfte entwickelten Grundplatte des vierten Kieferpaares noch vier, ganz normale, unveränderte Fussglieder sassen.

Dasselbe Resultat, zu dem ich durch objective Untersuchung und Vergleichung gelangte , Hess sich schon auch a priori durch Vergleichung der Zahlenverhältnisse, auf deren Wichtigkeit im Plane

Typhtonisuts. 297

der Arthropoden Herr Professor Dr. Stein mich durch seine Vor- lesungen aufmerksam machte, zuerst hingewiesen hat, erwarten.

Zieht man nämlich von den sieben Körpergürteln der Isopoden, von hinten angefangen, fünf für das bei den Crustaceen fast stets fünfgliederige Proabdomen ab, so bleiben nach vorne zu noch zwei Gürtel übrig, die unstreitig nur dein Meso- und Metathorax der Hexa- poden entsprechen können. Der Gürtel des Prothorax fehlt. Am Kopfe hingegen findet man ausser den Fühlern vier Paare gegliederter Anhänge, von denen die drei ersteren denen der Hexapoden ent- sprechen , der letzte bleibt übrig. Es muss also der am Körper feh- lende Prothoraxgürtel rudimentär geworden und mit dem Kopfe verschmolzen sein, und sein Fusspaar sich zum vierten Kieferpaare metamorphosirt haben.

2. Die Prosternalplatten.

Taf. IV, Fig. 7 d.

Die Prosternalplatten sind klein, länglich rechteckig, in der Mitte durch eine Nath vereinigt und an der untern Kante unter einem rechten Winkel nach innen umgeknickt und hängen nach abwärts durch eine feine Chitinmembran mit den Bauchplatten des ersten Körpergürtels zusammen, während ihre obere Kante die Grund- platten des vierten Kieferpaares trägt. Die Prosternalplatten gehören dem rudimentären Prothorax an und entsprechen den beiden durch Nath vereinigten Bauchgürteln der übrigen entwickelten Segmente.

Die Lateralplatten.

Taf. IV, Fig. 7 e.

Diese Platten sind schmal abgerundet dreieckig und endigen mit einem feinen zipfelförmigen Chitinhäutchen. Sie sind mittelst ihres inneren abgestutzten Winkels an die äussere Kante der Pro- sternalplatten geheftet, während ihre untere Seite gleichfalls mittelst jenes früher erwähnten Chitinhäutchens mit dem Baucbgürtel des folgenden Segmentes zusammenhängt.

Die Lateralplatten sind gleichfalls Gebilde des Prothorax und entsprechen den Seitenfortsätzen, vielleicht auch einem Theile der Rückengürtel der übrigen Segmente.

Brandt (in der mediz. Zoologie, pag. 72, II. Band, Taf. XV, Fig. 30 g und h, beschreibt mein viertes Kieferpaar als untere,

298 s c h ö b i.

eigentliche, getheilte Unterlippe und hält meine Kaustücke des vierten Kieferpaares für zweigliederige Palpen und die Lateralplatten für die obere, getheilte Unterlippe. Die Prosternalplatten hat er übersehen.

Dass diese Brand tsclie Deutung meines vierten Kieferpaares als Unterlippe durchaus unnatürlich ist, ergibt sich schon aus dem früher Gesagten , und überdies widerlegt sich diese Ansicht durch sich selbst. Brandt beschreibt ausser dieser seiner Unterlippe noch eine Zunge und vier Kieferpaare. Es könnte somit dieses Organ, da es weder mit der Zunge, noch mit den rudimentären Kiefern (Taster- stämmen der Hexapoden) vereiniget ist, einzig und allein dem Men- tum der Hexapoden entsprechen; und wie könnte es als solches Palpen tragen, die ihm Brandt zuschreibt, und die nur an Kiefern (wenn auch an rudimentären) vorkommen. Auch hat das Kaustück mit einer Palpe nicht die geringste Ähnlichkeit. Mir wenigstens ist kein Fall bekannt, wo sich Palpen in dieser Weise inseriren würden, kräftige Beug- und Streckmuskeln besässen, mit Zähnen versehen wären und wirklich zum Kauen verwendet würden.

Die Bezeichnung der Lateralplatten als weit auseinandergerückte Hälften einerobern getheilten Unterlippe scheint mir ebenso gezwun- gen und unnatürlich , als es aller Analogie im ganzen Plane der Arthropoden entbehrt. Man kann überhaupt bei den Isopoden von einer Unterlippe im Sinne der Hexapoden nicht sprechen, da diese das Schlussstück der eigentlichen Mundtheile und des eigentlichen Kopfes nach unten bildet; bei den Isopoden aber der Prothorax mit dem Kopfe verschmolzen ist und also das unterste Gebilde nicht dem eigentlichen Kopfe, sondern nothwendigerweise dem Prothorax ange- hören muss.

Wie es Brandt angestellt hat, dass er, trotzdem er das Organ, von dem ich nachgewiesen habe, dass es nothwendigerweise das vierte Kieferpaar sein muss , für eine Unterlippe hält, dennoch ausserdem unter den Mundtheilen noch vier andere Kieferpaare auf- findet und beschreibt, ist mir ein Bäthsel. Eines seiner Kieferpaare muss nothwendigerweise durchfallen , mit grösster Wahrscheinlich- keit sein zweites, das dritte durfte dann der äusseren Lade meines zweiten, sein viertes meinem dritten entsprechen können. Trevi- ranus (in dessen vermischten Schriften, I. Band, V. Abhandlung) beschreibt dieses Organ, wie Brandt, als vierlappige Unter- lippe.

Typhloniscvs. 299

Die Oberlippe. Taf. IV, Fi-, i; Taf. V, Fig. 1.

Die Oberlippe ist ein unpaariges, deekelartiges Gebilde, wel- ches die Mundtheile von oben theihveise bedeckt, und durch eine verdünnte Chitinhaut, welche eine k lappenartige Beweglichkeit des ganzen Gebildes gestattet, mit der vorderen Kopfbedeckung zusam- menhängt. Von Gestalt ist die Oberlippe fast halbkreisförmig. Die vordere bogenförmige Kante ist an den Seiten und neben der Mitte ausgeschweift. Die Linie, in welcher die Oberlippe durch das schon erwähnte feine Chitiuhäutcheu mit der Kopfbedeckung in Verbindung steht, stellt gleichfalls einen Bogen dar, der jedoch viel flacher, und dessen Convexität nach hinten gerichtet ist.

Die Oberlippe ist jedoch keine einfache Platte, sondern gleich- falls ein hohles Organ , welches aus einer oberen festen und steifen Lamelle und einem unteren feinen , zarten Chitinhäutehen besteht. Die obere Lamelle ist an vier Stellen von verschiedener Ausdehnung und Gestalt bedeutend verdickt, wodurch sie aus vier verschiedenen Platten, die von einer feineren Membran überzogen werden, zu bestehen scheint.

Die bedeutendste dieser Verdickungslamellen verläuft dem Hinterrande parallel, die hintere Begrenzungslinie ist convex , die vordere concav , die seitlichen verlaufen schief bogenförmig von innen und vorne nach hinten und aussen.

Die zweite unpaare Verdickungslamelle ist rechteckig und liegt vor dem Vorderrande der ersterwähnten Lamelle.

Die letzten zwei Lamellen sind einander gleich und liegen zu beiden Seiten der rechteckigen. Ihre Gestalt ist mehr weniger drei- eckig, mit theihveise bogenförmig gekrümmten Seiten. Am Vorder- raude der steifen Kopfdecke , wo dieselbe in das Verbindungshäut- chen der Oberlippe übergeht, steht eine Reihe mächtiger steifer Chitiuborsten. Ferner steht auch am Vorderrande der rechteckigen Verdickungslamelle eine Reihe gerader! Chitingriffel, und überdies ist die vordere bogenförmige Kante der Oberlippe an vier Stellen mit wimperartigen Chitinborsten besetzt.

An der eben erwähnten Kante verdünnt sich die obere Lamelle plötzlich und übergeht so, indem sie sich nach unten umschlägt, in die untere zarte Chitinmembran, welche wieder in die hintere

300 8 o h 8 b I.

in natürlicher Lage des Thieres obere) Wand des Ösophagus über- geht. Diese Membran ist mit überaus zahlreichen Chitinborsten und Griffeln besetzt. Am (lichtesten stehen die Chitingriffeln an zwei Stellen neben der Mittellinie zusammengedrängt; ihre Richtung ist strahlig, die oberen sind nach innen und oben , die mittleren nach innen, die unteren nach abwärts gekehrt. Gegen die Mittellinie und nach abwärts übergehen diese Chitingriffel in beständig feinere Chitinborsten, die sämmtlich nach innen und abwärts gerichtet sind. Ähnliche Borsten mit ähnlicher Richtung befinden sich gleichfalls oberhalb der Griffel.

Man könnte diese zwei einander gegenüber gestellten Gruppen von Griffeln, mit den dazu gehörigen Borsten, da sie gewissennassen sebstständige Wülste der Chitinmembran bilden , Nebenzungen nennen.

Zwischen der obern Lamelle und der Membran liegt unmittel- bar vor der vordem Kante eine kurze quere Chitinleiste , von wel- cher aus zwei feine Chitinleistchen nach hinten verlaufen, die wahr- scheinlich Sehnen von Beugemuskeln der Oberlippe sind.

Die Zange.

Taf. II, Fig. 5 ; Taf. V, Fig. 2.

Die Zunge , welche durch eine Verlängerung der unteren Wand der Intima Oesophagi gebildet wird, besteht aus zwei Hälften, die an dem oberen Ende der Zungenstütze gelenkig eingefügt sind, und in der Mitte bis über die Hälfte zusammenhängen.

Beide Zungenhälften sind kieferartig gegen einander beweglich,

Jede Hälfte besteht aus einem äusseren festeren und einem inneren zarteren Lappen.

Der äussere Lappen a ist am Grunde , wo er mit der Zungen- stütze articulirt, am stärksten, hierauf wird er beständig breiter, aber auch schwächer, und ist in den obersten Partien fein radiär gefältelt und besitzt gegen den Innenrand zu an der hintern Fläche zahlreiche, äusserst feine Borsten. Die obere Hälfte seines Aussen- randes ist mit einer Chitinborstenreihe versehen, während die untere Hälfte in einer äusserst feinen und vielfach gefalteten Chitinmembran endet. An diese gefaltete Membran grenzt nach innen zu ein stei- ferer, stärkerer Theil des Lappens, der nach oben allmählich in den breiten Lappen übergeht, nach unten zu sich beständig verengt,

Typhloniscus. o 0 1

dann unter einem rechten Winkel umbiegt und sich nach innen zur Zungenstütze begibt, um sich daselbst zu inseriren. Ein nach aussen gekehrter Fortsatz an diesem verdeckten Theile dient Muskeln zum Ansatzpunkte.

Der innere Lappen b ist viel schwächer und kleiner als der äussere und nur in seinem oberen Drittheile frei , wo selbst er auch mit zahlreichen, mitunter ziemlich starken Chitinborsten besetzt ist.

Diese beiden Lappen werden durch eine dreieckige kapuzen- förmige Falte d, welche durch zwei Chitinstäbchen unterstützt wird und unmittelbar in die Intima Oesophagi übergeht, vereinigt.

Diese bedeutend erweiterbare kapuzenförmige Falte verhindert das Ausgleiten der Nahrungsgegenstände zwischen beiden Zungen- hälften nach abwärts.

Die Speiseröhre.

Taf. V, Fig. 3.

Die Speiseröhre besteht aus einer äusserst feinen Serosa , die kaum darstellbar ist, einer Muscularis, die aus deutlichen Längs- und Kreismuskeln besteht, und einer innersten feinen Chitinmembran der Intima Oesophagi.

Die Intima Oesophagi übergeht oben, oder in natürlicher Lage des Thieres, vorne unmittelbar in die Oberlippe und die Zunge, so zwar, dass die untere, feine, mit Chitinborsten versehene Membran der Oberlippe spurlos in die obere Wand der Intima übergeht, ohne dass man im Stande wäre anzugeben, wo die Oberlippe aufhört und der Ösophagus beginnt. Ein ähnliches Verhältniss findet zwischen der Zunge und der vordem oder untern Wand der Intima Statt.

Diese Intima wird durch fünf Chitinleistenpaare gesteift. Drei von diesen Leistenpaaren liegen unten oder vorne, zwei oben oder hinten.

Das mittlere von den drei vorderen Leistenpaaren beginnt unter der kapuzenförmigen Falte und verläuft bis zum Kaumagen , es liegt weit mehr nach vorne als die beiden anderen, und es bildet also hier die Intima eine Kante und senkt sich dachförmig zu den beiden anderen Leistenpaaren. Zwischen diesen und den zwei hinteren Leistenpaaren bildet die Intima eine tiefe Falte nach innen.

Auf diese Weise erscheint der Querschnitt der Intima als ein Siebeneck mit zwei mittleren, tiefen einspringenden Winkeln.

Sitzl>. (1. mfithem.-naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 9. 21

302 s c h ö i. i.

Nach unten übergeht die Intima in das Gerüste des Kau- magens.

Der Kaumagen.

Taf. V, Fig. 4 ; Taf. VI, Taf. VII.

Der Kaumagen ist ein äusserst complicirtes, aus verschieden- artigen Chitinhautfaltungen, Duplicaturen, Zipfeln und deckelartigen Plättchen, dann aus einem verdickten Chitingerüste und Chitin- leiste, und aus mit Kalk imprägnirfen Platten bestehendes Organ; welches nach oben. unmittelbar in die Intima Oesophagi, nach unten oder hinten in die Intima des Darmcanals übergeht, mit zahlreichen Chitinborsten und Reibplatten versehen ist, und zur Zerkleinerung der, von den Kiefern grob gekauten, vegetabilischen Nahrung dient. Ich muss in vorhinein bemerken, dass es eine schwere Aufgabe ist, ein so complicirtes und so verwickeltes Organ genau, und zugleich leichtfasslich zu beschreiben. Auch hätte ein genaues Verständnis s des feinsten Details, und des Zusammenhanges der einzelnen Theile mehr Zeichnungen der einzelnen Bestandteile in verschiedenen Lagen erfordert, als es mir die ohnehin schon grosse Zahl der Tafeln gestattet hat.

Ich habe mich trotzdem bestrebt, die Resultate, wie sie sich nach Monate langer Untersuchung zahlloser Präparate ergaben, so naturgetreu wie möglich aufzuzeichnen, und werde mich auch in der Beschreibung genau an diese Abbildung halten, ohne die bei anderen Gattungen der Isopoden gewonnenen Resultate, die zwar in den Hauptsachen übereinstimmen, in der Form aber oft bedeutend ab- weichen, zu benützen. Die Gattungen Porcelllo, Oniscus und Arma- dillo stimmen in Beziehung auf den Kaumagen fast ganz mit meiner Gattung Typhloniscus überein; Trichoniscus und Ligidium weichen jedoch sehr ab.

Der Kaumagen hat eine fast rundlich-elliptische, zusammen- gedrückte Gestalt, und liegt hinten an der Basis des Kopfes, zwi- schen den beiden Kieferstützen und den kräftigen pyramidalen Muskeln des ersten Kieferpaares. Er besteht im wesentlichen aus denselben Schichten, wie der Ösophagus, nämlich aus einer äusseren zarten Membran, aus einer Längs- und Kreismuskelfasern enthal- tenden Muskelhaut, und aus dem schon erwähnten so complicirten Chitingerüste, welches der Intima entspricht.

Typhloniscus. ovo

Betrachtet man, nachdem man die vorerwähnten zwei äusseren Membranen wegpräparirt hat, den Kaumagen von vorne, oder in natürlicher Lage des Thieres von unten (Taf. VI), so bemerkt man zumeist nach oben ein festes Chitingerüste, welches nach oben ein Paar dreieckiger, und ein Paar fast rechteckiger Fortsätze trägt, und weiter nach unten sich einschnürt , um sich wieder zu einem zahn- förmigen Fortsatze zu erweitern.

Von diesem Vorsprung aus bemerkt man eine, von aussen und oben nach innen und unten bogenförmig verlaufende dunkle Leiste, welche an ihrer Ursprungsstelle eine schmälere Leiste, unter einem stumpfen Winkel, nach innen und hinten abschickt, die sich in der Medianlinie abermals unter einem stumpfen Winkel umbiegt, nach auf- wärts läuft, sich verflacht und in Form eines umgeschlagenen Randes, unter einem spitzen Winkel zu ihrer Ursprungsstelle zurückkehrt.

Nach unten spaltet sich die bogenförmige Leiste. Der obere Schenkel übergeht in eine Kalkplatte, die siebförmig durchbrochen erscheint, der untere Schenkel verschmälert sich beständig bis er in der Chitinmembran, welche mit dieser Leiste zusammenhängt, verschwindet.

Zwischen den bogenförmigen Leisten, und den beiden erwähnten sieb- oder netzförmigen Kalkplatten liegt ein dunkler pfeilförmiger Körper, mit der Spitze nach aufwärts gekehrt, und von einer Chitin- hautfaltung eingehüllt. Überdies bemerkt man um diese Gebilde eine feine Chitinmembran, die an verschiedenen Stellen mit ihnen zusammenhängt, und nach abwärts entweder frei zipfelförmig endet, oder in die Intima des Darmes übergeht.

Betrachtet man hingegen den Kaumagen von hinten, so findet man zunächst eine feine Chitinmemhran, welche im untern Drittel des Organs mit scharfem horizontalen Rande endigt. Unter dieser Membran, und etwas weiter nach unten, liegt ein tief ausgebuch- teter zweilappiger steifer Deckel. Oben befindet sich jederseits ein kugelig dreieckiger, hohler Lappen, der nach aussen an einer festen, mit stumpfen zahnförmigen Fortsätzen versehenen, Chitin- leiste festgesetzt ist, und gleichsam eine feine, nach innen umge- schlagene, vom festen Chitingerüste ausgehende, Chitinhautfalte darstellt, die im innern eine feste bogenförmig gekrümmte Leiste enthält, und noch oben unmittelbar in die dunklen bogenförmig verlaufenden Leisten übergeht.

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304 s c h ö b i.

In der Mittellinie, etwas weiter nach abwärts, sieht man den pfeilförmigen Körper, ihm zur Seite, aus Chitinstäbchen zusammen- gesetzte Platten, und dann die netzförmigen Kalkplatten.

Am tiefsten nach abwärts bemerkt man fünf freie zipfelförmige Endigungen der Chitinmembran.

Ich werde zuerst die einzelnen Bestandteile des Kaumagens, Yon denen ich einigen, theils ihrer Abgegrenztheit und Selbststän- digkeit halber, theils wegen den, sonst unvermeidlichen, langen Um- schreibungen, eigene Namen gegeben habe, anführen und beschrei- ben, und dann erst eine Schilderung des Zusammenhanges aller Gebilde zu einem Ganzen geben, und ihre Bedeutung so wie ihren Zweck hervorheben.

Bestandtheile des Rauniagens.

1. Das obere feste Chitingerüste des Kaumagens. Taf. VI, Fig. 1 ; Taf. VII, Fig. 1 a.

Dieses Gerüste ist der festeste und solideste Theil des ganzen Kaumagens, und bildet gewissermassen die Grundlage desselben, mit der die meisten übrigen Bestandtheile unmittelbar zusammenhängen.

Es ist eine starke, aus Chitin bestehende, ausgebuchtete, nach vorn hervorgewölbte Platte, die nach oben zu eine stumpfe, ein sehr flaches ßogensegment darstellende Kante besitzt, welche fast die ganze Breite des Kaumagens einnimmt. Die äusseren Seiten- ränder dieser Platte sind in der obern Partie convex und übergehen unmerklich in die obere bogenförmige Kante. Nach innen und theil- weise auch nach unten werden die Seitenpartien dieser Platte durch einen umgeschlagenen Rand begrenzt und hängen mittelst desselben mit dem mit Kalk impräguirten, später zu beschreibenden Leisten- systeme zusammen.

Die obere bogenförmige Kante trägt zwei Paare nach oben gerichteter Fortsätze, die theils Muskeln, theils der Intima Oeso- phagi zum Anhaltspunkte dienen.

Das innere Fortsatzpaar (Taf. VII, Fig. 1 a) befindet sich beiderseits ungefähr im äusseren Drittheil der Kante, und jeder Fortsatz stellt ein gleichschenkliges Dreieck von bedeutender Höhe dar.

Das äussere Fortsatzpaar (Taf. VII, Fig. 1 ß) liegt noch weiter nach aussen; es ist fast rechteckig, aber nicht flach, sondern

Typhhniscus. uUO

etwas gekrümmt. Etwas unterhalb der obern Kante, zu beiden Seiten der Mittellinie am obern Chitingerüste des Magens befinden sich länglich elliptische, schief von oben und innen nach unten und aussen verlaufende Stellen, welche mit feinen Chitinleisten besetzt sind.

Ich nenne diese prachtvoll irisirenden, der unter dem Namen Herpetolitha bekannten Koralle sehr ähnlich sehenden Gebilde Planities horpetolithaeformes, und werde sie später im Zusammen- hange mit den verschiedenartigen übrigen, zum Zerkleinern der Nahrung dienenden Reibplatten beschreiben.

Unter diesen Platten befindet sich beiderseits eine ebenfalls längliche Stelle, welche aus dicht gedrängten niedrigen pentagonalen Säulchen zu bestehen scheint, und deren Oberfläche wie ein pen- tagonales Netzwerk aussieht; ich nenne sie Planities reticulata. Nach hinten zu wird das feste Chitingerüst zu beiden Seiten von kugelig dreikantigen, hohlen Chitinhautlappen bedeckt, welche sich ganz frei vom Gerüste abheben lassen, und nur an seiner Aussen- kante mit demselben durch eine feine Chitinmembran zusammen- hängen, so wie sie auch durch eine Leiste mit dem inneren dreiecki- gen Fortsatz verbunden sind.

Nach oben übergeht die obere Kante und das dreieckige Fort- satzpaar unmittelbar in die vordere Wand der äusserst zarten In- tima Oesophagi.

2. Die beiden Hohllappen des Kaumagens. Taf. VI, Fig. 2; Taf- VII, Fig. 1 6.

Diese Lappen liegen, wie schon erwähnt wurde, an der hin- tern Seite des Kaumagens, und bedecken dort die beiden Seiten- theile des festen Kaumagengerüstes, mit dem sie unmittelbar zusam- menhängen. Ihre Gestalt ist kolbig dreikantig. Zumeist nach oben sind sie am weitesten, und verschmälern sich nach abwärts zu beständig, und übergehen dann in die äussere bogenförmige mit Kalk impräg- nirte Leiste des Kaumagens.

An der äussern Kante eines jeden Lappens befindet sich eine starke Chitinleiste (Taf. VI, Fig. 1 «) welche zwei stumpfwinklige zahnartige Vorsprünge nach aussen und eine nach innen besitzt; nach abwärts aber sich an die vordere, dem festen Gerüste zugekehrte Fläche des Lappens begibt, und daselbst sich tellerförmg erweitert.

306 s c h ö b i.

Ich nenne diese mit äusserst feinen Chitinrippen versehene runde Ausbreitung Discus coshdatus.

An der inneren hintern Kante der Lappen verlauft eine schwache bogenförmig gekrümmte Leiste, und die Kante selber ist längs des ganzen Verlaufes der Leiste mit einer Reihe vergrösserter Chitin- borsten versehen (Taf. VI, Fig. 2 b). Die innere vordere Kante liegt in Ruhe auf dem festen Gerüste.

Die vordere, dem festen Kaumagengerüste zugekehrte Fläche ist mit schief nach unten und innen gerichteten Chitinborsten dicht besetzt. Die hintere innere Fläche ist ebenfalls mit Borsten besetzt, die jedoch nicht so dicht stehen, und an der hinteren äussern Fläche fast ganz mangeln.

Vom obern Ende der an der Aussenkante gelegenen Leiste geht eine verbindende Leiste zum innern dreieckigen Forsatze des obern Randes des Gerüstes, und eine andere etwas gekrümmte Leiste begibt sich nach aufwärts, und dient dort der Chitinmembran zur Stütze.

3. Die festen mit Kalk imprägnirten Leisten des Kaumagens. Taf. VI, Fig. 3; Taf. VIII, Fig. i c.

Man kann jederseits eine äussere untere bogenförmige, und eine innere obere, winklig geknickte Leiste unterscheiden. Die äus- sere Leiste entsteht dort, wo das untere Ende des Aussenrandes des festen Gerüstes, und das untere Ende des Lappens der betreffenden Seite zusammenstossen, und läuft, sich beständig verschmälernd, nach unten und innen. Die innere obere Leiste entsteht an derselben Stelle, wie die vorige, verschmälert sich gleichfalls, indem sie zunächst nach innen, dann nach oben verläuft, dann unten einen spitzigen Winkel in den umgeschlagenen, mit Borsten versehenen Rand am Gerüste übergeht, und durch diesen wieder zur Ursprungsstelle ge- langt, so zwar, dass sie einen unregelmässig länglichen , fast ellip- tischen Raum einschliesst. Vom untern Ende der äusseren Leiste verläuft zur Mitte der inneren eine kalkige siebförmige Platte, die ich Lamina cribriformis nenne, und deren ich noch später erwähnen werde.

Diese Leisten sind wie auch die früher beschriebenen Theile des Kaumagens durchaus nicht selbstständige, in sich abgegrenzte Theile,

Typhloniscus. 307

sondern übergehen in Chitinmembranen, durch welche sie mit den übrigen Theilen des Kaumagens zusammenhängen, so zwar, dass man sie als verdickte mit Kalk imprägnirte Stellen der Chitin- membran auffassen kann. Die Chitinmembran verläuft vom umge- schlagenen innern Rande des festen Gerüstes nach unten und innen, schlägt sich an den innern Theil der obern Leiste, und an die Lamina cribviformis, von welcher sie, nachdem sie dieselbe umhüllt hat, zu weiter nach innen gelegenen Theilen verläuft.

Nach aussen geht die Membran zur bogenförmigen Leiste, bildet hier eine scharfe Faltung nach hinten, und endet mit einem scharfen Rande nach innen, welcher vom inneren obern Ende der obern Leiste beginnt, und bis zur untern zipfelförmigen freien Endigung der Membran verläuft.

Die Centralgebilde des Kaumagens.

In der Mittellinie des Kaumagens zwischen den siebförmigen Platten beider Seiten befindet sich ein pfeilförmiges Kalkconcrement, zu beiden Seiten von Lamellen umgeben, die aus sehr feinen Chitin- stäbchen bestehen, und von der Chitinmembran umhüllt, die nach ab- wärts zipfelförmig endigt, nach oben sich verdickt und in einen flachen knieförmig nach vorne geknickten, mit einer scharfen Spitze endi- genden Fortsatz übergeht, der so wie alle übrigen eben beschrie- benen Gebilde leicht beweglich ist, und besonderen Muskeln zum Ansatzpunkte dient.

Ich nenne das kalkige Concrement Lapis Oniscorum und die Chitinstäbchenlamelle Lamina bacillaris.

4. Der Kaumagendeckel. Taf. VI, Fig. 4.

So nenne ich eine ziemlich steife Duplicatur der Chitinmem- bran, die sich in der unteren hintern Hälfte des Kaumagens befindet, und daselbst die Centralgebilde, sowie die Kalkleisten bedeckt, nach oben und aussen aber in die äussere feine Chitinmembran übergeht.

5. Lapis Oniscorum sagittaeformis. Taf. VI, Fig. 5 ; Taf. VII, Fig. 1 d.

Der Asselstein bildet den Hauptbestandteil der centralen Gebilde des Kauinagens. Seine Gestalt ist die einer Pfeilspitze, und er liegt

308 s c h rt b i

mit der Spitze nach aufwärts in einer Chitinhautfaltung eingebettet. In der Mitte der hintern Fläche befindet sich eine kielförmige erha- bene Kante. Bei durchfallendem Lichte erscheint er unter dem Mikroskope wegen seiner Undurchsichtigkeit schwarz , bei auffal- lendem Lichte kreideweiss.

An den Kanten ist er viel schwächer von Masse , und desshalb etwas durchscheinend. Er hat ein rundlich feinkörniges Gefüge, und besteht aus kohlensaurem Kalke. Von organischen Bestandteilen, so wie von Chitin , konnte ich an demselben keine Spuren wahr- nehmen; er bestünde demnach aus reinem kohlensauren Kalk, ohne ein organisches Gerüste, in welches er abgelagert wäre.

Die Seitenränder dieses Asselsteines stützen sich an die hin- teren Kanten der Stäbchenlamellen , mit denen sie einen rechten Winkel bilden.

6. Laminae bacillares. Tat. VI, b; Taf. VII, Fig. 1 e und Fig. 3.

Die S täbchenlamellen liegen zu beiden Seiten des Asselsteines, mit dem sie rechte Winkel bilden und den sie nach auf- und abwärts überragen. Sie stellen schmale, lange, parallele Platten dar, deren obere und untere Enden abgerundet sind. Ihrer ganzen Masse nach sind sie aus äusserst feinen Chitinstäbchen von horngelber Farbe, die senkrecht auf dem Längsdurchmesser der Platten stehen, zusammen- gesetzt. Bei schief auffallendem Lichte irisiren die Platten. Durch Druck mittelst des Deckgläschens, oder mit der Spitze der Präparir- nadel gelingt es sehr leicht die Stäbchen aus ihrer Verbindung zu trennen, die nur sehr lose ist. Die Stäbchen endigen nach hinten gegen den Asselstein zu äusserst fein, stachelspitzig, nach vorne scheinen sie allmählich stärker zu werden und übergehen daselbst, wiewohl mit scharfer Grenzlinie, in die tiefe Chitinmembran, welche nach vorne verläuft, dann eine Falte bildet, eine Strecke wieder zurückläuft, um sich auf die siebförmigen Platten umzuschlagen und selbe einzuhüllen.

7. Laminae cribriformes calcareae. Taf. VI, Fig. 7; Taf. VII, Fig. 1 /' und Fig. 2.

Die siebförmigen Platten liegen in natürlicher Lage parallel mit den Stäbchenplatten , deren äussere Fläche sie bedecken. Sie sind

Typhloniscus, 309

viel breiter und länger als die Stäbchenplatten , jedoch von mehr weniger ähnlicher Gestalt.

Ihre ganze Fläche ist mit kleinen rundlichen Vertiefungen dicht besäet, so dass die Platten ein siebförmiges Aussehen besitzen.

Unten hängen sie mit dem unteren innern Ende der untern bogenförmigen Kalkleiste, oben mit dem Innenschenkel der obern Leiste zusammen.

Ihrer Masse nach bestehen sie aus reinem kohlensauren Kalk, ohne organische Grundlage. Sie sind wie der Asselstein sehr spröde, erscheinen aber wegen ihrer Schwäche bei durchfallendem Lichte nicht schwarz wie jener.

8. Planities herpetolithaeformes. Taf. VI, Fig. 8; Taf. VII, Fig. 1 y.

Diese Flächen liegen im festen Kaumagengerüste. Sie sind läng- lich zungenförmig an beiden Enden zugespitzt. Sie verlaufen schief von innen und oben nach aussen und unten. Ihrer ganzen Ausdehnung nach bestehen sie aus feinen Querrippen , oder eigentlich Querleist- chen, die an den Rändern der Flächen in die Substanz des festen Kaumagengerüstes übergehen.

In der Mitte besitzen diese Flächen ihrer ganzen Länge nach eine kielförmige Erhabenheit.

Fast in jeder Lage zeigen sie ein prachtvolles , irisirendes Farbenspiel. Die Leistchen bestehen , so wie die Masse des festen Gerüstes mit der sie zusammenhängen, aus Chitin.

9. Planities reticulatae. Taf. VII, Fig. 1 //.

Die netzförmigen Flächen liegen am festen Gerüste des Kau- magens, nach unten und aussen von den eben beschriebenen Reib- flächen. Sie haben eine unregelmässig längliche Gestalt und besitzen ein netzförmiges Aussehen.

10. Discus costulatus. Taf. VII, Fig. 1 i.

So nenne ich die scheibenförmige Erweiterung der an der äussern Kante der kolbenförmigen Hohllappen gelegenen Chitinleiste.

310 Sei. 8 I. 1.

Dieses Scheibehen bildet am untern Ende der eben erwähnten Leiste eine fast kreisförmige Erweiterung nach innen und kommt genau auf die Planities reticulata zu liegen. Auf der ganzen Fläche ist es mit feinen radiär verlaufenden Rippen versehen, die nach innen zu einen schmalen Rand am Scheibchen übrig lassen, während sie nach aussen und oben in den schmälern Theil der Leiste verlaufen.

Nachdem ich eine ziemlich genaue Beschreibung der einzelnen Theile des Kaumagens vorausgesandt habe , so wollen wir den Zusammenhang derselben und den Kaumagen als Ganzes in Kürze betrachten.

Die vordere (in natürlicher Lage des Thieres untere) Wand der Intima Oesophago welche, wie ich erwähnt habe, durch drei Doppelleisten gesteift wird, übergeht unmittelbar in die obere Kante des festen Kaumagengerüstes (Taf. V), so zwar, dass die mittlere vorspringende Leiste die Mitte des obern Randes trifft , während die beiden seitlichen nach innen von dem dreieckigen Fortsatzpaare des Oberrandes endigen.

Die hintere Wand der Intima Oesophagi , die durch zwei Doppelleisten gesteift wird (Taf. VI), schlägt sich, nachdem sie den Kaumagen erreicht hat, unter einer bogenförmigen Kante nach vorne um, verläuft wieder eine kleine Strecke nach aufwärts, um sich dann abermals nach vorne und abwärts umzubiegen und sich seitlich an die zwei beweglichen Leisten, die vom äusseren obern Winkel der Lappen nach oben und innen verlaufen, zu inseriren.

Die übrige, die Seitenwände bildende Membran, befestigt sich theils an die eben beschriebenen Leisten, theils an jenes Leisten- paar, welches die dreieckigen Fortsätze des Kaumagengerüstes mit den äusseren Leisten der Lappen verbindet.

Das feste Kaumagengerüste bildet zu beiden Seiten einen Umschlag nach hinten, wodurch die beiden kolbenförmigen Lappen des Kau- magens entstehen.

Von den äusseren Leisten dieser Lappen verlauft eine feine Chitinmembran noch weiter nach hinten, an die hintere (in natür- licher Lage obere) Fläche des Kaumagens. Diese Membran bildet nach abwärts einen zweilappigen , von freien Rändern begrenzten Fortsatz, den Kaumagendeckel, welcher aus einer Duplicatur der- selben Membran besteht, und dessen äussere oder eigentlich hintere Lamelle nach oben in die äusserste hintere Membran übergeht; die

Typhloniscus. 311

den Deckel zum grossen Theile bedeckt, an der ganzen hinteren Fläche des Kaumagens mit einem scharfen ziemlich horizontalen Rande endiget, nach aussen und unten sich aber wieder gegen vorne wendet , mit der bogenförmigen Kalkleiste zusammenhangt, dann noch weiter nach unten beiderseits einen stumpfen Zipfel bildet, um nach innen und unten in die Intima des Darmes zu übergehen.

Nach unten und innen übergeht das feste Kaumagengerüste bei- derseits in einen nach hinten umgeschlagenen Rand (Taf. VII, Fig. 1 k), welcher von innen und oben nach aussen und unten verläuft und mit einer Reihe von Chitinborsten besetzt ist. Dieser umgeschlagene Rand übergeht an seinem äusseren untern Ende nach aussen in den kolbigen Lappen, nach oben in die bogenförmige, mit Kalk impräg- nirte Leiste, nach innen in die obere innere Kalkleiste.

Von dem eben beschriebenen umgeschlagenen Rande verläuft eine Chitinmembran zur inneren obern winklig geknickten Leiste und von dieser zur äusseren untern bogenförmigen mit Kalk impräg- nirten Leiste , von da aus schlägt sich diese Membran am Aussen- rande der Leiste nach hinten und endet daselbst nach innen zu in einen freien Rand, der sich bis zum obern Ende der inneren winkligen Kalkleiste erstreckt, nach unten aber mit einem freien zipfelförmigen Ende.

Von der bogenförmigen Leiste verläuft die Membran nach innen zur Lumina cribriformis, umkleidet dieselbe, bildet dann, nachdem sie sich an der vorderen Kante der Lumina cribriformis unter einem rechten Winkel umgebogen hat und eine Strecke nach vorne und aussen verlaufen ist, abermals eine scharfe Knickung nach innen und hinten, und schlägt sich dann an die innersten Gebilde des Kau- magens, indem sie die Lamina bacillaris in sich einschliesst, dann eine wulstförmige Faltung bildet und den Lapis Oniscorum umhüllt ; nach oben aber in den knieförmig geknickten stielförmigen Furtsatz übergeht, nach unten frei zipfelförmig endigt.

Was den Zweck des Organes anbelangt, welches ich als Kau- magen beschrieben habe, so ist er durchaus kein anderer, als die feinere Zerreibung der von den Kieferpaaren grob zerkleinerten Nahrungsgegenstände zu bewerkstelligen.

Gelangt ein Nahrungsgegenstand durch den Ösophagus in den Kaumagen , so kömmt er zunächst an die hintere Wand des festen Kaumagengerüstes zwischen die Planities herpetolithaeformis

312 schob i.

und die vordere mit Chitinborsten besetzte Fläche des kolbigen Hohllappens.

Diese beiden Gebilde bilden den ersten Reibapparat, indem sich die beborstete Fläche des Lappens parallel zur Planities herpeto- lithaeformis verschiebt und auf diese Weise dazwischen gelegene zarte Gegenstände zerreibt.

Ein zweiter Reibapparat wird durch die Planities reticulata und den Discus coshdatns gebildet, die sich auf ähnliche Weise gegen einander reiben und die weiter nach aussen und unten gelangten Nahrungsgegenstände zwischen sich aufnehmen.

Den dritten Reibapparat bildet die Lamina cribriformis mit der Lamina bacillaris, welche in natürlicher Lage parallel zu einander liegen und zwischen sich den Nahrungsmitteln den Durchgang gestatten. Die Reibung geschieht indem sich die am leicht beweg- lichen Centralgebilde befestigte Lamina bacillaris gegen die unbe- weglich mit den Kalkleisten und somit auch mit dem Gerüste ver- bundene Lamina cribriformis bewegt.

Einen vierten und letzten Reibapparat bildet der Lapis Onis- corum sagittaeformis mit dem ihn berührenden steifen Kaumagen- deckel.

Ich habe zwischen den Platten der einzelnen Reibapparate häufig vegetabilische Substanzen, besonders Moosblätter und zarte Wurzeln angetroffen und auch bei lebendig geöffneten Thieren eine fast stete Reweglichkeit des Centralgebildes des Kaumagens, die durch beson- dere Muskeln, welche sich am oberen, stielförmigen, geknickten Ende desselben inseriren , bewirkt wird , wahrgenommen. Von einer Aufsaugung der Nahrungssäfte in diesem Organe kann wegen der Stärke und Starrheit der Chitinhautwandungen nicht die Rede sein.

Treviranus scheint das ganze Organ übersehen zu haben, und erwähnt es gar nicht.

Brandt (in der medizin. Zool. II. Band, pag. 74 , Taf. XV, Fig. 41 und 42) nennt dieses Organ ersten Magen und hält es für knorpelig häutig.

Leydig (in Müller's Archiv , J. 1855, Heft 5 , pag. 444 : „Zum feinern Bau der Arthropoden") erwähnt dieses Organes gleichfalls ohne es zu beschreiben. Er erwähnt nur, es bestehe aus zwei seitlichen Bogen und einem stilettförmigen Zahn, welcher letz- tere ohne Zweifel mit meinem Lapis Oniscorum identisch sein dürfte.

Typhloniscus. 313

Topographische Anatomie der landhöhle.

Hat man das Thier mit dem Rücken an das Secirbrettchen fest- geheftet, und betrachtet den Kopf, dessen Unterseite nun nach auf- wärts gekehrt ist, so findet man bei der äussern Besichtigung den grössten Theil der Mund- oder Kopfhöhle durch das vierte Kiefer- paar verschlossen.

Dasselbe erstreckt sich von der Basis des Kopfes bis in das obere Drittheil desselben, und grenzt seitlich an die beiden umge- schlagenen Lappen der äusseren harten Kopfbedeckung. In gleicher Ebene mit dem vierten, und ohne alle Präparation gleich sichtbar, liegt auch das erste Kieferpaar.

Dieses grenzt nach unten an die vorerwähnten Lappen der Kopfbedeckung, nach aussen an die Insertionsstelle der Fühler, nach oben an die Oberlippe und nach innen theils an das vierte Kiefer- paar, theils bleibt zwischen diesem und jenem ein kleiner Raum, durch den man die oberen bezahnten Enden der beiden anderen Kieferpaare erblickt.

Am weitesten nach oben liegt die Oberlippe, unmittelbar in die betreffende äussere Kopfbedeckung übergehend. Hebt man das vierte Kieferpaar ab, und exarticulirt das erste, so kömmt die zweite Lage der Mundwerkzeuge zum Vorschein. Diese besteht aus dem breiten, flachen dritten Kieferpaare und dessen Insertionsstellen.

Schneidet man dieses Kieferpaar mit einem feinen Scalpell an seiner Insertionsstelle ab, so kömmt die dritte Lage zum Vorschein. Diese besteht aus den beiden Laden des zweiten Kieferpaares, aus der Zungenstütze, den beiden Stäbchenpaaren des Kieferzungen- gerüstes, und der vordem Fläche des Grundstückes des zweiten Kieferpaares. Auch liegt das , die ebengenannten Organe ver- knüpfende Bandhäutchen zum grössten Theile in dieser Lage. Exar- ticulirt man die äussere Lade des zweiten Kieferpaares aus ihrem Grundstück, zerreisst das Bandhäutchen, trennt die innere Lade vom obern Stäbchen, exarticulirt dann den Grund der Zunge, um auch die Zungenstütze mit Zurücklassung der eigentlichen Zunge weg- nehmen zu können, so kömmt man auf die vierte Lage. Diese besteht aus der Zunge, den Grundstücken des zweiten Kieferpaares und

314 Schöbt.

dem untern Theile der Kieferstützen. Nimmt man endlich noch die Zunge weg, so kommt man auf die fünfte und letzte Lage, in welcher die langen Fortsätze der Kieferstützen , zwischen und unter ihnen der Ösophagus, weiter nach abwärts der Kaumagen und seitlich die kräftigen Kaumuskeln des ersten Kieferpaares liegen.

Verdauungs - Organe.

Der Darmcanal oder richtiger gesprochen der Verdauungscanal, der dem Magen und Dünndarm entspricht, ist vorne unmittelbar hinter dem Kaumagen etwas eingeschnürt, hierauf erweitert er sich, um sich gegen das Ende wieder zu verschmälern und allmählich in den Mastdarm zu übergehen.

In der verdickten Partie befindet sich oben eine Furche, in welcher der vordere Theil des Herzschlauches liegt.

Die zu meist nach innen gelegene homogene Intima des Darmes hängt mit dem Chitingerüste des Kaumagens, und durch dieses mit der Intima der Speiseröhre zusammen.

Auf diese folgt die Epithelialzellenschichte, dann die aus Kreis- und Längsmuskeln bestehende Muskelhaut. Eine Serosa konnte ich nicht frei abpräpariren, wovon die Schuld theils auf die Kleinheit des Objectes, theils auf dieUnvollkommenheit der Instrumente fallen mag. Jedenfalls wird sie vorhanden sein, wie sie Leydig bei anderen Gattungen der Crustaceen angibt.

Da Brandt in der medizinischen Zoologie (Bd. II, Taf. XV, Fig. 39) eine gute Abbildung des Darmcanals von Oniscus bei gerin- ger Vergrösserung gegeben hat, und die histologischen Elemente von Leydig in seinem Lehrbuch der Histologie (pag. 332, Fig. 177) von derselben Gattung dargestellt worden sind und meine Gattung von dem ebenerwähnten in nichts Wesentlichem abweicht, so habe ich hievon keine Zeichnung entworfen, um nicht durch unnützes Reproduciren von schon bekannten Thatsachen die Zahl der Tafeln unnütz zu vermehren.

Die Lcberschlänche.

Von den vier Leberschläuchen sind die beiden äusseren viel länger. Sie reichen von ihrer Insertionsstelle unterhalb des Kau- magens bis zum Postabdomen. Die beiden inneren Schläuche sind

Typhlontscus. 315

viel schwächer und um ein Drittheil kürzer. Alle sind einfach walzen- förmig und zeigen keine Spur von den spiraligen Windungen, wie sie an der Leber von Oniscus, Porcellio und Armadillidium vor- kommen. Auch von Farbe ist die Leber viel blasser, als bei den ebenerwähnten Gattungen.

Das Nervensystem.

Das Nervensystem besteht aus zwei ziemlich grossen Ober- schlundganglien, von denen mächtige Nerven in die äusseren Füh- ler, und feine Nervenstämmchen nach der Gegend der inneren Fühler abgehen. Von den Oberschlundganglien gehen zu beiden Seiten des Ösophagus Commissuren nach abwärts, woselbst ich an der Basis des Kopfes ein aus zwei vorderen kleineren und zwei hinteren grösseren Knoten verschmolzenes Ganglion gesehen habe. Von diesem Ganglion sah ich keine Nerven ausgehen.

Hierauf folgen sechs ziemlich gleiche stets durch zwei parallele Nervenstränge verbundene Doppelganglien, von denen sowohl, wie auch von den dazwischen liegenden Nervensträngen, Nervenfäden ausstrahlen.

Das letzte Ganglion ist grösser und scheint aus dreien ver- schmolzen zu sein, und sendet zahlreiche Nervenfäden nach den Seiten und nach hinten.

Das von Brandt entdeckte Eingeweide -Nervensystem konnte ich bei dieser Gattung nicht präpariren. Ohne Zweifel wird es vor- handen sein wie bei den übrigen Gattungen der Oniscoiden.

Circulationsorgane.

Das Herz bildet einen schmalen Schlauch, welcher unmittelbar unter den Bückengürteln, in der Mittellinie des Körpers liegt, und sich vom Kopfe bis zum hintern Körperende erstreckt.

Unmittelbar vor dem sechsten Körpergürtel entspringt aus dem Herzschlauche beiderseits ein Blutgefässstamm, welcher sich bald in einen vordem, und einen hintern Zweig theilt. Der vordere Zweig führt das Blut zu den vorderen und seitlichen Organen, dem vordem Theil des Nahrungscanais und der Musculatur. Der hintere zum Hintertheil des Nahrungscanais und zu den Genitalien.

316 Schob I.

Überdies entspringen noch aus dem Herzschlauche drei schwä- chere Blutgefässpaare , die sich fast gerade nach der Richtung der Kiemen zu senken scheinen.

Ich habe das Herz und die eben beschriebenen Anfänge der Blutgefässe weder weiter verfolgt, noch genauere Resultate ermit- telt, als es schon von Brandt und Anderen geschehen ist, ich ver- weise desshalb auch auf ßrandt's Abbildung (in der Med. Zoologie, Theil II, Taf. XV).

Respirationsorgane.

Taf. VIII.

Die paarigen Anhänge der Postabdominal -Segmente, mit Aus- nahme des letzten, sind theils zu Respirationsorganen, theils zu äus- seren Begattungsorganen umgewandelt.

In den ersten Stadien des Embryolebens unterscheiden sich die Anhänge des Postabdomens durch nichts von den übrigen paarigen Anhängen, welche später die Fuss- und Kieferpaare liefern.

Sie bilden cylindrische Fortsätze, welche jedoch nicht einreihig wie die Fusspaare, sondern beiderseits in zwei Reihen angeordnet stehen, so zwar dass die inneren etwas kleineren von den äusseren bedeckt werden.

Bei Behandlung mit verdünnter Essigsäure zerfallen sie in einen Haufen von Zellen oder Furchungskugeln.

Nach aussen werden sie von einem äusserst feinen, structurlosen ausgeschwitzten Häutchen begrenzt

Aus der äussern Reihe der Fortsätze entwickeln sich beiderseits und in beiden Geschlechtern die sogenannten Kiemendeckel. Die inne- ren Fortsätze liefern im männlichen Geschlechte am ersten Post- abdominalring die Organae jacnlatoria , die ich später beschreiben werde, am zweiten die eigentlichen Ruthen nach meiner Deutung, und an den drei folgenden die zarten Kiemen.

Im weiblichen Geschlechte bleiben die inneren Fortsätze der zwei ersten Postabdominal -Segmente rudimentär, und liefern die Paraclitorides und Clitorides. Die der folgenden drei Segmente sind, wie im männlichen Geschlechte, zu Kiemen umgewandelt.

Was die Kiemendeckel anbelangt, so werden sie als luftath- inende Organe bezeichnet, und bestehen aus zwei selbstständigeu

Typhloniscus. 3 1 T

Stücken aus den eigentlichen Kiemendeckeln, und dann aus schmalen queren Platten, an denen die ersteren festgeheftet sind, und die man bis jetzt übersehen zu haben scheint.

Ich nenne diese Gebilde Basalplatten.

Die Basalplatteu.

Taf. VIII, Fig. 1 und 6 a, Fig. 2 5 und 7 10 b.

Am ersten Postabdominal-Segmente im männlichen Geschlechte sind die Basalplatten zu einer einzigen Platte verschmolzen, die an den Seiten zweilappig erscheint, und nebst den Kiemendeckeln die Organa ejaculatoria , aber keine Kiemen trägt.

Am zweiten männlichen Postabdominal-Segmente sind die beiden Basalplatten von einander getrennt, und umfassen mit ihrem innern Ende gabelförmig den Grund der eigentlichen Buthen.

Am ersten weiblichen Postabdominal-Segmente sind sie gleich- falls getrennt, nach aussen fast zweilappig, am innern Ende besitzen sie einen rudimentären Fortsatz, der das Äquivalent der männlichen Organa ejaculatoria bildet und den ich Paraclitoris nenne.

Am zweiten weiblichen Postabdominal-Segmente sind sie eben- falls getrennt und umfassen mit ihrem innern Ende einen zapfen- fbrmigen, zusammengedrückten Körper, das rudimentäre Analogon der eigentlichen Buthe des männlichen Geschlechts , oder die Clitoris nach meiner Deutung.

Alle bis jetzt beschriebenen Basalplatten tragen zwar Kiemen- deckel, unter denselben jedoch keine Kiemen.

An den folgenden drei Postabdominal - Segmenten beider Geschlechter sind die Basalplatten zwar von einander getrennt, hän- gen aber sowohl mit ihrem äussern, als mit dem innern Ende, mit den Bauchschienen zusammen. Das äussere Ende ist rhomboidal erweitert , das innere besitzt einen zapfenförmigen 'Fortsatz nach abwärts.

Die äussere rhomboidale Erweiterung theilt sich nach abwärts in zwei Lamellen , welche den Kiemendeckel umfassen. Ausser den Kieniendeckeln sind an jeder von diesen Basalplatten auch noch wahre Kiemenblätter befestigt, welche von den früher erwähnten Deckeln bedeckt, und geschützt werden.

Sil/.b. d. matheni.-natiuw. CI. XL. Bd. Nr. 9. 22

318 S c h ö b I.

Am äussern erweiterten Ende dieser Basalplatten gewahrt man einen hellen Fleck , der einer Öffnung täuschend ähnlich sieht. Genauere Untersuchungen haben mich jedoch bestimmt, ihn für die Insertionsstelle eines Muskels zu halten, welcher von hier schief nach unten und aussen, zum Rande des Kiemendeckels verläuft. Sämmtliche Basalplatten sind hohl, und man trifft in ihnen so wie in den Kiemendeckeln Blutkörperchen an.

Die eigentlichen Kiemendeckel. Taf. VIII, Fig. 1 und 6 b, Fig. 2 5 und 7 - 10 c.

Die Kiemendeckel bilden bald mehr in die Länge, bald mehr in die Breite entwickelte, rundlich dreieckige Platten, deren obere Kante nur wenig gekrümmt und den Basalplatten zugekehrt ist. Die innere Kante ist geradlinig, die äussere ist am meisten bogenförmig gekrümmt und mit 2 7 Chitinborsten besetzt.

Eine Öffnung, welche Leydig an der Unterseite gesehen zu haben glaubt (dessen Histologie, pag. 397 und zum feinern Bau der Arthropoden in Müller's Archiv, 1855, Heft V, pag. 458), habe ich mit voller Bestimmtheit gesehen. Sie liegt an der hintern Fläche in der Mitte, unterhalb der obern Kante, mündet jedoch meiner Ansicht nach nicht nach aussen, wie Leydig meint, sondern sie vermittelt eine Communication des Kiemendeckels mit der betreffenden Basal- plalte.

Mir ist es nie gelungen bei unverletztem Präparate und vor- sichtiger Behandlung ein Luftbläschen aus dem Kiemendeckel durch die obenerwähnte Öffnung direct nach aussen zu treiben, wohl aber in die Basalplatte. Was den Bau der Kiemendeckel anbelangt, so bestehen sie aus zwei Lamellen. Die hintere dem Körper zugekehrte Lamelle ist, besonders nach innen zu, mit polygonalen Gruppen klei- ner Kalkconcremente besetzt, zwischen denen ein feines, helles, polygonales Netzwerk übrig bleibt. Die ganze Lamelle ist durch diese abgelagerten Kalksalze starr und zerbrechlich, fast spröde. Die vor- dere Lamelle ist äusserst fein und zart, zeigt nie eine Spur von Kalkablagerung, sondern stellt immer ein homogenes Chitinhäutchen dar, welches jedoch bei manchen Gattungen z. B. Oniscus radiär gefaltet ist , und dadurch den Blutkügelchen bestimmte Bahnen vorschreibt.

Typhloniscus. 319

Bei einigen Gattungen der Oniscoiden, Porcellio nämlich, und Armadillidium , kommen an der obern Kante zwischen den beiden Lamellen der Kiemendeckel eigenthümlich verzweigte Röhren vor, welche dem blossen Auge als kreideweisser Fleck erscheinen.

Duvernoy und Lereboullet haben diese kreideweissen Flecke für schwammige Apparate erklärt, welche die Feuchtigkeit der Luft absorbiren sollten. Von Siebold hat jedoch schon nachge- wiesen (Müller's Archiv 1842, CXLI. Anm.I), dass die kreideweisse Färbung jener Flecken von fein zertheilter Luft herrührt.

Ich halte diese Röhren nicht für zur Athmung wesentliche Organe, weil sie nur bei den obenerwähnten Gattungen vorkommen, und den Gattungen Oniscus, Ligidium, Trichoniscus , Typhlo- niscus gänzlich mangeln; ja selbst bei den zwei Gattungen, bei denen sie vorkommen, blos auf die ersten zwei Kiemendeckelpaare beschränkt sind.

Was die Formverschiedenheiten der einzelnen Kiemendeckel- paare unter einander, so wie der männlichen und weiblichen anbe- langt, so will ich mich nicht in eine langweilige Beschreibung der- selben einlassen, und verweise lieber auf die Abbildungen (Taf. VIII).

Die Kiemen.

Taf. VIII, Fig. 3—5 und 8—10 d.

Die Kiemen bilden zusammengedrückte rundlich viereckige Taschen, deren Wandungen von einem äusserst zarten, homogenen Häutchen gebildet werden.

Sie sind an den früher beschriebenen Basalplatten angeheftet, und erreichen bei weitem nicht die Grösse der Kiemendeckel, von denen sie bedeckt werden.

Bei Behandlung mit verdünnter Essigsäure treten scharfbegrenzte dunkle Zellkerne hervor. Zwischen diesen Zellkernen , an deren Stelle die beiden Lamellen verbunden zu sein scheinen, bleibt ein weites Lückenwerk übrig, in dem die Blutkörperchen kreisen.

320 s c h ö b

Nännliche Geschlechtsorgane.

Die Hoden.

Die Hoden liegen zu beiden Seiten des Darmcanals, und erstrecken sich vom ersten Postabdominal- Segmente fast bis zum Kopfe.

Die Hauptmasse eines jeden Hodens besteht aus einem kreide- weissen, oben und unten zusammengeschnürten Schlauche, in den oben und innen drei kleinere spindelförmige Schlauche einmünden, und der unten hinter der eingeschnürten Stelle in das Vas deferens übergeht.

Das Vas deferens ist ein dickwandiger, spindelfürmigerSchlauch, der sich nach abwärts beständig verschmälert. Die Vasa deferentia beider Seiten münden in die Vesicula seminalis.

Im Frühjahre findet man das Lumen des Hodenschlauches sowohl als des Vas deferens mit langen haarförmigenSpermatozoiden ange- füllt, während man um die Spermatozoidenmasse herum im Hoden- schlauche grosse kernhaltige Zellen wahrnimmt, die, je weiter sie nach abwärts gelangen, eine um so grössere Neigung zum Zerfallen besitzen, so zwar, dass man in den Partien des Hodenschlauches und im obern Theile des Vas deferens nur mehr Kerne oder Kernrudi- mente wahrnimmt, die in einer körnigen Grundsubstanz herum- schwimmen.

Die spindelförmigen Nebenschläuche des Hodens sind mit klei- nen Zellen vollgepfropft.

Die männlichen Begattungsorganc.

Taf. IX.

Die Vasa deferentia beider Seiten nähern sich einander in der Gegend des ersten Postabdominal-Gürtels, durchbohren denselben und münden in einen spindelförmigen Chitinschlauch, welcher nach vorne von einem steiferen Chitinplättchen bedeckt wird, und den ich für das Samenbläschen halte. Zur Begattungszeit, am Ende des Monates April und im Mai fand ich diesen Schlauch mit Spermatozoiden und dem schon früher beschriebenen Zellendetritus angefüllt. Etwas von

Typhloniscus. 321

dem untern Ende besitzt das Samenbläschen beiderseits eine spalt- förmige Öffnung.

Zu beiden Seiten des Samenbläschens befinden sich an der Basalplatte des ersten männlichen Postabdominal-Segmentes längliche, plattgedrückte Organe, die mit breiter Basis an der Basalplatte fest- geheftet sind, und sich gegen die etwas nach aussen gekrümmte Spitze beständig verschmälern.

Diese Organe wurden bis jetzt von allen Autoren als Ruthen beschrieben. Ich will vorerst diese Gebilde etwas genauer beschrei- ben, und dann die Gründe auseinandersetzen, die mich bewogen haben, sie, im Gegensatze zu allen meinen Vorgängern, nicht für Ruthen zu halten , und ihnen eine andere Bedeutung zuzu- weisen.

Wie schon erwähnt wurde, sind diese Organe (Taf. VIII, Fig. 1 d und Tafel IX, Fig. 1 d) mit breiter Basis an die betref- fenden Basalplatten festgewachsen, und werden in den oberen Partien von den in diesem Segmente uneigentlich so genannten Kiemendeckeln bedeckt (Taf. VIII, Fig. 1).

Ein ziemlich kräftiger Muskel verläuft von der obern Kante der Basalkante schief nach unten und aussen zum Grunde des Orga- nes der betreffenden Seite, und bewirkt durch seine Zusammenzie- hung eine Annäherung dieser beiden Organe in der Mittellinie gegen das Samenbläschen. Die Innenkante eines jeden dieser Organe ver- läuft in den oberen zwei Drittheilen flach bogenförmig, mit der Con- cavität gegen das Samenbläschen gekehrt, im untern Drittheile bildet sie einen stumpfen Winkel und verläuft geradlinig nach unten und aussen. Die Aussenkante bildet eine leicht geschweifte Wellen- linie, ist oben convex, unten concav. Die Spitze des Organes ist schief von innen und oben, nach aussen und unten abgestutzt, und mit zwei bis drei sehr kleinen Chitingriffeln besetzt.

Auf der Innenkante im mittleren Drittheile glaube ich eine spalt- förmige Öffnung (Taf. IX, Fig. 1 k} gesehen zu haben, welche in natürlicher Lage des Organes auf die Öffnung des Samenbläschens zu liegen kömmt und sie gleichsam umfasst. An der hintern, dem Körper zugewandten Wandung dieser Organe befindet sich eine feste Chitinleiste, welche oben vom Aussenrande entspringt, bogen- förmig bis gegen die Mitte zu zum Innenrande verläuft, daselbst plötzlich anschwillt, hierauf noch eine kleine Strecke gegen den

322 s c h ö 1. i.

Innenrand zu fortläuft, um dann unter einem stumpfen Winkel sich beständig verschmälernd bis zur Spitze der Organe zu verlaufen (Taf. IX, Fig. 1 h).

In der vorderen Wand dagegen befindet sich eine Region, welche oben mit breiter Basis beginnt, sich nach abwärts beständig verschmälert und im untern Drittheil spiralförmig von oben und aussen, nach unten und innen verläuft, und welche von einem viel zarteren und nachgiebigeren Chitinhäutchen gebildet wird, als die übrige Wand der Organe (Taf. IX, Fig. 1 i).

Bei dem Zuge gewisser Muskeln faltet sich durch den Druck der Präparirnadel das feine Häutchen dieser Region so, dass die Ränder der festeren Wandungen sich berühren, und die ebenerwähnte Region, namentlich in den unteren Partien , gänzlich verschwindet, wodurch das Lumen des ganzen Organes bedeutend verengert wird, und etwa darin befindliche Gegenstände auf diese Weise heraus getrie- ben werden können.

Im Innern der Organe befindet sich ein kräftiger fächerför- miger Muskel , der vom innern Basalwinkel entspringt, und sich mit seiner fächerförmigen Ausbreitung im obern Drittheile der Aussen- kante inserirt (Taf. IX, Fig. 1 /).

Die Contractionen dieses Muskels bewirken das früher beschrie- bene Manöver mit der zarteren Region der vordem Wand. Man könnte ihn Musculus ejaculator senrinis nennen. Noch ein Längs- muskel verläuft von der Basis bis ungefähr zur Mitte , und bewirkt, meiner Ansicht nach, eine schwache Beugung der Spitze des Orga- nes nach vorne, oder in natürlicher Lage des Thieres nach abwärts (Taf. IX, Fig. 1 g).

Was nun die Gründe anbelangt, die mich bestimmen, diese Organe nicht für Ruthen zu halten, so sind sie folgende: Die weib- lichen Geschlechtsöffnungen, welche ich entdeckt habe, sind so beschaffen, dass diese Gebilde durchaus nicht in dieselben eingeführt werden können, indem sie selbst an der Spitze einen grössern Durchmesser besitzen, als die sehr feine weibliche Geschlechtsöff- nung selbst. Aus der Lage der weiblichen Geschlechtsöffnung geht ferner hervor, dass besagte Organe denselben nicht einmal ange- nähert werden können. Die weiblichen Geschlechtsöffnungen liegen an den Seiten des fünften Bauchgürtels neben der Einlenkungsstelle der Füsse. Nun ist man aber durchaus nicht im Stande, diese söge-

Typhloniscus. 323

nannten Ruthen ohne Anwendung von Gewalt und Continuitätsstörung so weit auseinander zu bringen, als die weiblichen Geschlechtsöff- nungen von einander entfernt liegen. Es wäre sinnlos anzunehmen, dass beide Ruthen zugleich erst der einen, und hierauf der zweiten Geschlechtsöffnung genähert würden. Wäre dies der Fall, so würde die Natur gewiss den einfacheren Weg eingeschlagen haben, und hätte blos eine Ruthe in der Medianlinie gebildet. Da sich enlichd im männlichen Geschlechte am zweiten Gürtel des Postabdomen Organe befinden, die alle diese Mängel nicht besitzen, und allen Anforderungen als Ruthen völlig entsprechen, so wäre es im höchsten Grade naturwidrig, jene Organe am ersten Postabdominalring gewalt- samer Weise gegen jede naturgemässe Einsicht zu Ruthen stempeln zu wollen.

Da nun diese Organe meiner Theorie nach keine Ruthen sind, dennoch aber Spermatozoiden enthalten, und selbe durch einen eigenen Muskel nach aussen zu befördern im Stande sind; so ent- sprechen sie offenbar dem Ductus ejaculatorius anderer Thiere. Nur besitzen sie einen viel complicirteren Rau , als es beim Ductus ejaculatorius gewöhnlich der Fall ist, und sind zu selbstständigen Organen umgewandelt worden; desshalb glaube ich auch, sie füglich nicht Ductus ejaculatorii nennen zu können, sondern lege ihnen den Namen Organa ejaculatoria seminis bei.

Die wesentlichen Bestandtheile dieser Organe stimmen bei den übrigen Gattungen mit den hier abgebildeten und beschriebenen des Typhloniscus vollkommen überein.

Einige Modifikationen in Bezug auf Form und relative Längen- verhältnisse will ich gegenwärtig unberücksichtigt lassen. Tre- viranus (in seinen vermischten Schriften, I. Band , 5. Abtheilung) beschreibt diese Organe als Ruthen und sagt von ihnen, sie wären kurz, und zwischen dem ersten dreiseitigen Schuppenpaare gelagert.

Rrandt (in der medizinischen Zoologie) so wie alle anderen Schriftsteller beschreiben diese Organe gleichfalls als wahre Ruthen, wie ich schon früher erwähnt habe.

Die eigentliche Ruthe nach meiner Deutung.

(Leiter der Ruthe nach Treyiranus, secundäre oder Neben- ruthe, oder Hilfsorgan bei der Begattung, nach Brandt und den

324

8 c h ö b I.

übrigen Schriftstellern.) Die eigentliche Ruthe zeigt einen nicht minder complicirten Bau, als die eben beschriebenen Samenaus- spritzungsorgane. Ein ganzes System eigener Muskeln vermittelt ihre sehr freie Beweglichkeit. Die Basalplatte, mittelst derer die Ruthe am zweiten Postabdominalring befestigt ist, unterschiedet sich von denen des ersten Ringes schon dadurch, dass sie in der Mitte nicht verschmolzen sind. Sie tragen gleichfalls Kiemendeckel, unter deren je einem sich eine Ruthe befindet.

Diese Platten besitzen an ihrem innern Ende einen nach ab- wärts gerichteten Fortsatz, welcher das Grundstück der Ruthe um- fasst, so dass sich dieses wie in einem Winkelgelenke bewegen kann.

An einem zahnförmigen Vorsprung (Fig. 2 c) des inneren obern Winkels dieser Platte befestigt sich ein Muskel, dessen Zug die eben beschriebenen unteren Fortsätze beider Seiten einander nähert. Ein anderer Muskel verläuft schief zur Insertionsstelle des Deckelstückes, und ein dritter, weniger schiefer, von demselben Ursprung zum untern Rande der Platte.

Das Grund- oder Basilarstück der Ruthe bildet einen ab- gestutzten Kegel, an dessen abgestutzter Spitze der eigentliche Ruthenkörper gelenkig eingefügt ist. Das obere Ende wird zum Theile von dem Fortsatz der Basalplatte umfasst, zum Theile liegt es hinter der Platte selbst. Fig. 2 d.

An der äussern Kante inserirt sich ein kräftiger, von innen schief nach aussen verlaufender Muskel, der den obern Theil des Grundstückes nach innen bewegt, und da sich derDrehungspunkt des Grundstückes unterhalb der Insertion befindet, so muss der untere Theil des Grundstückes, so wie der damit verbundene Ruthenkörper nach aussen bewegt werden. Ich nenne diese Muskeln Musculi directores penis, Fig. 2 f. Man kann diese Bewegung auch künstlich mit der Präparirnadel hervorbringen, und sie erfolgt oft schon nach dem geringsten Reize von selbst, und zwar in dem Grade, dass die Spitzen der Ruthenkörper eben so weit von einander entfernt wer- den, als die Distanz der beiden weiblichen Geschlechtsöffnungen beträgt.

Ein anderer Muskel liegt im Grundstücke der Penis ein- geschlossen, entspringt am obern Theil der äussern Kante und befestigt sich an die Basis des Ruthenkörpers. Er hat wahrscheinlich

Typ/ilonisc US, 325

den Zweck , den gegen das Grundstück gebeugten Ruthenkörper zu strecken. Der Ruthenkörper besteht aus einer lang- und feinzu- gespitzten, nach aussen offenen Hohlrinne (Fig. 2 e).

Es wird nun offenbar die Samenmasse aus den Samenaus- spritzungsorganen in diese Hohlrinne gelangen, und durch diese in die weiblichen Geschlechtsöffnungen eingeführt werden.

Es ist auch dieser rinnenförmige Ruthenkörper, sowohl ver- möge seiner feinen Endigung, als auch wegen des Umstand.es, dass er mit Leichtigkeit aus seiner Lage gebracht, und in die weiblichen Organe eingeführt werden kann, vollkommen zu diesem Zwecke der Übertragung des Samens geeignet.

Auch wäre es unbegreiflich , wie diese Organe der altern Auf- fassung zu Folge als Hilfsorgane bei der Regattung dienen. Etwa um das Weibchen festzuhalten? oder um die viel stärkere und un- beweglichere sogenannte Ruthe zu leiten?

Und wozu endlich wäre die Rinne? Denselben Zweck hätte die Natur mit einem soliden Körper erreicht.

Ich glaube aus dem Bau dieser Organe so wie aus der Be- schaffenheit und Lage der weiblichen Geschlechtsöffnungen genug deutlich nachgewiesen zu haben, dass meine Deutung dieser Organe die richtige sei. Eine weitere Ausbreitung über diesen Gegenstand halte ich für überflüssig.

Weibliche Geschlechtsorgane.

Tafel X. Die Ovarien (Taf. X, Fig. 1 o).

Die Ovarien bilden zu beiden Seiten des Darmcanals liegende Schläuche, welche sich vom Postabdomen bis zum Kopfe erstrecken. Ausser schon fertigen, von einer homogenen Cuticula begrenzten Eichen, findet man in denselben auch Keimbläschen , erst von einem Hofe von Dottermolecülen umgeben. Die ganzen Ovarien besitzen von den Eichen eine blassgelbe Farbe.

Etwas hinter der Hälfte bildet die Hülle eines jeden Eierstockes an der Aussenseite eine Verlängerung, die sich nach abwärts begibt und an die Innenfläche des fünften Bauchgürtels festheftet; so zwar dass ein schmaler zartwandiger Canal von der Bauchschiene bis in

326 s c h ö i, i.

den Eierstock gebildet wird. Am Grunde dieses Ganges liegt die weibliche Geschlechtsöffnung und in demselben ein Chitinschlauch, das Receptaculum seminis.

Die äussere weibliehe Geschlechtsöffnung (Taf. X, Fig. 2 a).

Ich habe die weibliche Geschlechtsöffnung erst im heurigen Jahre entdeckt, obzwar ich schon seit Jahren ihre beiläufige Lage vermuthet habe. Die weibliche Geschlechtsöffnung ist doppelt, und liegt am fünften Körpergürtel von der Einlenkungsstelle des Fusses etwas nach innen. Die Öffnung selbst ist äusserst fein, länglich ellip- tisch, und oft unter der bogenförmigen Kante, die sich in dieser Gegend an der Bauchschiene befindet, versteckt.

Durch die weibliche Geschlechtsöffnung gelangt man in einen Chitinschlauch. Dieser ist

Das Receptaculum seminis (Taf. X, Fig. i f; Fig. 3).

Das Receptaculum bildet eine Einstülpung der allgemeinen Körperbedeckung in die Leibeshöhle. An der Basis unmittelbar hinter der Geschlechtsöffnung ist das Receptaculum sehr dickwandig, weiterhin übergeht es in einen zartwandigen homogenen Chitin- schlauch, an dem sich zur Zeit der Begattung keine Öffnung nach- weisen lässt. Im Monate April fand ich das Receptaculum bei einigen, im Monate Mai bei allen Weibchen mit Spermatozoiden gefüllt.

Typhloniscut, 327

Erklärung der Tafeln.

Tafel I.

Schwach vergrösserte Abbildung des Typhloniscus, um die Körperumrisse, Farbe und Sculptur des Thieres zu zeigen. Vergrösserung 25 Mal lin.

Tafel II.

Bedeutend vergrösserte Darstellung der charakteristischen Gattungs- merkmale von Typhloniscus.

Fig. 1. Der Kopf von unten bei auffallendem Lichte betrachtet, um die bei- den seitlichen Stirnfortsätze, an denen die ersten zwei Fehlerglieder gelassen sind, dann die mittlere convexe Stirnpartie mit ihrer eigen- tümlichen papillösenBekleidung; dann die inneren Fehler, und end- lich die Mundtheile in völlig natürlicher Lage zu zeigen, 100 Mal lin. vergrössert. 2. Rechte äussere Artenne iOO Mal lin. vergrössert. 3. Hinteres Körperende, von oben die beiden letzten Segmente des Postabdomen und die beiden Paare der sogenannten Schwanzanhänge in ihrem relativen Grössenverhältnisse und mit ihrer Sculptur oder Bekleidung 100 Mal lin. vergrössert.

Tafel III.

Mundtheile von Typhloniscus nach Wegnahme der Oberlippe und des ersten Kieferpaares. Das vierte Kieferpaar ist nach abwärts zurückgeschla- gen, das zweite und dritte Kieferpaar sind etwas weniges auseinander präparirt. Vergrösserung 180 Mal lin.

1. Die Zungenstütze (Fulcrum ligulare). Der wichtigste in der Mittel- linie gelegene Theil des Kieferzungengerüstes.

a das erste oder obere Fortsatzpaar und b das zweite oder untere Fortsatzpaar der Zungenstütze.

2. Die Kieferstützen oder die beiden seitlichen Platten des Kieferzungen- gerüstes.

a der längste, b der mittlere, c der kürzeste Fortsatz derselben.

3. Das erste Paar der zum Kieferzungengerüste gehörigen kleinen Chitin- stäbchen.

4. Das zweite Stäbchenpaar.

5. Die Zunge.

6. Die äussere Lade.

328

S c h ö I)

7. Die innere Lade und

8. das Grundstück des zweiten Kieferpaares.

9. Das dritte Kieferpaar. 10. Das vierte Kieferpaar.

Tafel IV.

Die vier Kieferpaare und die Oberlippe isolirt dargestellt. Vergrösserung 180 Mal lin.

Fig. 1. Die Oberlippe. 2. Das erste Kieferpaar. Rechter Kieler (in natürlicher Lage des

Thieres) von unten betrachtet. 3. Derselbe Kiefer von innen betrachtet, um die Bezahnung zu zeigen. 4. Linker erster Kiefer, von innen gesehen. 5. Das zweite Kieferpaar. Die rechte Hälfte desselben.

a die äussere, b die innere Lade, c das Grundstück, d die Kieferstütze. 6. Das dritte Kieferpaar. Rechte Hälfte. 7. Das vierte Kieferpaar. Rechte Hälfte.

a Grundplatte, b Kaustück, c Lateralplatte, d Prosternalplatte.

Tafel V.

Die Oberlippe, die Zunge, die Chitinmembran des Oesophagus (Intimu) und Her Kaumagen'von vorne oder unten betrachtet. Vergrösserung 250 Mal lin. 1. Die Oberlippe.

2. Die Zunge.

3. Intima Oesophago

4. Der Kaumagen.

Tafel VI.

Der Kaumagen nach Wegpräparirung der Serosa und Muscularis von hinten oder oben betrachtet. Vergrösserung 30 Mal lin.

1. Das feste Kaumagengerüste.

2. Die seitlichen Lappen des Kaumagens.

a die äussere starke, b die bogenförmig gekrümmte Leiste.

3. Die mit Kalk unpräparirten bogenförmigen Leisten des Kaumagens.

4. Der Kaumagendeckel.

5. Lapis Oniseorttm sagittaeformis. (5. Lamina bacillaris.

7. Lamina cribriformis.

8. lHanities herpetolitkaeformis.

9. Ein Theil der Intima Oesophagi nach oben schief durchschnitten, um ihren Querschnitt zu zeigen.

Tafel VII.

Bestandtheile des Kaumagens, 350 Mal vergrösserf. Fig. 1. Hin Theil des Kaumagens von oben betrachtet nach Wegnahme des Kaumagendeckels und der ihn bedeckenden Chitinmembran und nach Zurückschlagung des seitlichen Lappens (bj.

Typhloniscus.

329

a festes Kaumagengerüste, a innerer, ß äusserer Fortsatz des- selben, b seitlicher Lappen des Kaumagens, c mit Kalk im- prägnirte Leisten des Kauniagens, d Lapis Oniseorum sagittae- formis, e Lamina bacillaris, f Lumina eribriformis, y Planities herpetolithaeformis, h Planities reticula/a, i Diseus eostulalus, k umgeschlagener mit Chitinborsten besetzter Rand des festen Kaumagengerüstes.

Fig. 2. Planities eribriformis. Aus der sie umhüllenden Chitinhaut-Dupli- catur herauspräparirt.

3. Lamina bacillaris isolirt.

4. Lapis oniseorum isolirt und bei durchfallendem Lichte betrachtet.

Tafel VIII.

Anhänge der fünf Poslabdominal-Segmente beider Geschlechter, SO Mal vergrössert. 1 5 die männlichen, 6 10 die weiblichen zu Respirations- und theihveise zu Begattungsorganen modiiieirten Anhänge der oben genannten Ringe.

Fig. 1. Anhänge des ersten Postabdominal-Segmentes.

a Basilarplatte, b Deckplatte, e Vesieula seminales, d Organa ejaculatoria seminis. 2. Anhänge des zweiten Postabdominal-Ringes beim Männchen.

a Theile der Bauchschiene, b Rasilarplatten , c Deckplalten, d Grundstück der Ruthe, e Ruthenkörper. 3. Anhänge des dritten männlichen Postabdominal-Ringes.

a Bauchschiene, b Basilarplatte, c Deckplatte, d Kieme. 4. Anhänge des vierten und

!». Anhänge des fünften männlichen Postabdominal-Segmentes. Bedeu- tung der Buchstaben wie bei Fig. 3. 6. Anhänge des ersten weiblichen Segmentes.

a Basilarplatte, b Deckplatte. 7. Anhänge des zweiten weiblichen Postabdominal-Segmentes. a Bauchschiene, b Basilarplatte, c Clitoris, d Deckplatte. 8. Anhäne des dritten weiblichen Segmentes.

a Bauchschiene, b Basilarplatte, e Deckplatte, d Kieme. 9. Anhänge des vierten und

10. Anhänge des fünften weiblichen Postabdominal-Segmentes. Bedeutung der Buchstaben wie bei Fig. 8.

Tafel IV.

Die männlichen Begattungsorgane löO Mal vergrössert. Fig. 1. Die Organa ejaculatoria sammt dem Samenbläschen.

a Basalplatten des ersten Postabdominal-Segmentes , b abge- schnittene Enden der Vasa deferentia , e das Samenbläs- chen, d Organa ejaeulatoria, e ein Muskel, der schief von der Basalplatte zum Grunde der betreffenden Organe verläuft.

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328 seh ö h i.

7. Die innere Lade und

8. das Grundstück des zweiten Kieferpaares.

9. Das dritte Kieferpaar. 10. Das vierte Kieferpaar.

Tafel IV.

Die vier Kieferpaare und die Oberlippe isolirt dargestellt. Vergrösserung 180 Mal lin.

Fig. J. Die Oberlippe. 2. Das erste Kieferpaar. Rechter Kiefer (in natürlicher Lage des

Thieres) von unten betrachtet. 3. Derselbe Kiefer von innen betrachtet, um die Bezahnung zu zeigen. 4. Linker erster Kiefer, von innen gesehen. 5. Das zweite Kieferpaar. Die rechte Hälfte desselben.

a die äussere, b die innere Lade, c das Grundstück, d die Kieferstütze. 6. Das dritte Kieferpaar. Rechte Hälfte. 7. Das vierte Kieferpaar. Rechte Hälfte.

a Grundplatte, b Kaustück, c Lateralplatte, d Prosternalplatte.

Tafel V.

Die Oberlippe, die Zunge, die Chitinmembran des Oesophagus (Intima) und der Kaumagen'von vorne oder unten betrachtet. Vergrösserung 250 Mal lin.

1. Die Oberlippe.

2. Die Zunge.

3. Intima Oesophagi.

4. Der Kauinagen.

Tafel VI.

Der Kaumagen nach Wegpräparirung der Serosa und Mnscularis von hinten oder oben betrachtet. Vergrösserung 30 Mal lin.

1. Das feste Kaumagengerüste.

2. Die seitlichen Lappen des Kaumagens.

a die äussere starke, b die bogenförmig gekrümmte Leiste.

3. Die mit Kalk unpräparirten bogenförmigen Leisten des Kaumagens.

4. Der Kaumagendeckel.

5. Lapis Oniseorum sagitlaeformis.

6. Lumina bacillaris.

7. Lamina cribriformis.

8. Planities herpetolithaeformis.

9. Ein Theil der Intima Oesophagi nach oben schief durchschnitten, imi ihren Querschnitt zu zeigen.

Tafel VII.

Bestandtheile des Kaumagens, 350 Mal vergrössert. Fig. 1. Ein Theil des Kaumagens von oben betrachtet nach Wegnahme des Kaumagendeckels und der ihn bedeckenden Chitinmembran und nach Zurückschlagung des seitlichen Lappens (bj.

Typhloniscus. 329

a festes Kaumagengerüste, a. innerer, ß äusserer Fortsatz des- selben, b seitlicher Lappen des Kauinagens, c mit Kalk im- prägnirfe Leisten des Kauniagens, d Lapis Oniseorum sagittae- formis, e Lainina bacillaris, f Lamina cribriformis, g Planities herpetolithaeformis, h Planities reticulata, i Discus costulatus, k umgeschlagener mit Chitinborsien besetzter Rand des festen Kaumagengerüstes.

Fig. 2. Planities cribriformis. Aus der sie umhüllenden Chitinhaut-Dupli- catur herauspriiparirt.

3. Lamina bacillaris isolirt.

4. Lapis oniseorum isolirt und bei durchfallendem Lichte betrachtet.

Tafel VIII.

Anhänge der fünf Poslabdominal-Segmente beider Geschlechter, 30 Mal vergrössert. 1 5 die männlichen, 6 10 die weiblichen zu Respirations- und theihveise zu Begattungsorganen modificirten Anhänge der oben genannten Ringe.

Fig. 1. Anhänge des ersten Postabdominal-Segmentes.

a Basilarplatte, b Deckplatte, c Vesicula seminales, d Organa ejaculatoria seminis. 2. Anhänge des zweiten Postabdominal-Ringes beim Männchen.

a Theile der Bauchschiene, b Basilarplatten , c Deckplatten, d Grundstück der Ruthe, e Ruthenkörper. 3. Anhänge des dritten männlichen Postabdominal-Ringes.

a Bauchschiene, b Basilarplatte, c Deckplatte, d Kieme. 4. Anhänge des vierten und

li. Anhänge des fünften männlichen Postabdominal-Segmentes. Bedeu- tung der Buchstaben wie bei Fig. 3. 6. Anhänge des ersten weiblichen Segmentes.

a Basilarplatte, b Deckplatte. 7. Anhänge des zweiten weiblichen Postabdominal-Segmentes. a Bauchschiene, b Basilarplatte, c Clitoris, d Deckplatte. 8. Anhäne des dritten weiblichen Segmentes.

a Bauchschiene, b Basilarplatte, e Deckplatte, d Kieme. 9. Anhänge des vierten und

10. Anhänge des fünften weiblichen Postabdominal-Segmentes. Bedeutung der Buchstaben wie bei Fig. 8.

Tafel IX.

Die männlichen Begattungsorgane 1U0 Mal vergrössert. Fig. i. Die Organa ejaculatoria sammt dem Samenbläschen.

a Basalplatten des ersten Postabdominal-Segmentes, /; abge- schnittene Enden der Vasa deferentia, c das Samenbläs- chen, d Organa ejaculatoria, e ein Muskel, der schief von der Basalplatte zum Grunde der betreifenden Organe verläuft.

330 Schöbl. Typhloniscus.

f ein fächerförmiger Muskel, der die Verengerung des Lumens dieser Organe bewirkt, g ein dritter Muskel, h eine spiralig verlaufende zartwand igere Region. Fig. 2. Die eigentlichen Ruthen sammt ihren Muskeln.

a Ein Theil der Bauchschiene, 6 die Basalplatten des zweiten Poslabdominalsegmentes, c ein das Grundstück der Ruthe umfassender Fortsatz der Basalplatte , d Grundstück der Ruthe, e Ruthenkörper, f ein Muskel der die Abduction der Ruthe bewirkt, g ein von der Basalplatte schief zur Insertionsstelle des Kiemendeckels verlaufender Muskel, h ein am Grundstück der Ruthe eingeschlossener, zum Ruthen- körper verlaufender Muskel, i ein von der Bauchschiene zur Basalplatte verlaufender Muskel.

Tafel X.

Weibliche Geschlechtsorgane.

Fig. 1. Die beiden Ovarien mit den Eileitern und Receptacula seminis im Zusammenhange mit dem fünften Körpergürtel, von oben betrachtet. a Ovarien, b eine ligamentartige Fortsetzung der Membran, c die Bauchschiene des fünften Körpergürtels, d Eileiter, e Receptacuhtm seminis, f unterer dickwandiger Theil des- selben. 2. Die halbe Bauchschiene des fünften Körpergürtels.

a äussere weibliche Geschlechtsöffnung , b Öffnung für den Fuss, c eine bogenförmig verlaufende Kante. 3. Receptaeulum seminis.

a oberer dünnwandiger, b unterer dickwandiger Theil desselben. Im inneren Spermatozoiden.

Schöbl. Tvphlontscus

Taf.l.

Sil/.uiiLfsl) il.k .\kH(ld W. in.itli .naturw.Cl.XL. Bri.X" 9.1860.

Scholil . lypliloiuscii

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Schöbl. Typhlonixrus.

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Sitfcungsb.dk Ak.-.d.d Vinalh iiatiirw.CI. XL Bd.X" 1) IftfiO

Schob! Tvphloiü.scus.

Taf IV.

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SchcYbl. Typliloiüseus.

Taf.V.

Hackl.lIaA.250maJ:I- Iruckere

Sitz.un>>sb (I.k.Ak-ad.dAV.m.-itlt.untHi-w.l'I. XL. BcL¥?9.1860.

Scliobl. Tv|i]iIoiiiscus.

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SitETinösb.d,k.Akal.d.W.matli.Tiatxu:w.Cl. XL. TAX" 9.1860.

Schobl . TypJiLcmiscus.

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Sii/jurisl. ,1 k.\ki'i(l.(l.AV.imitli.n.atur-w.CL XL. V><\ . X" II 1860.

SrlüthL . Tv ph [oniscus.

Tflf.Vra.

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H&chlN-.' r.gea.v. Jos.ScKöbl.

hu 1. lc.lt Hof. u. Sta,aAsiruckerei.

Silir,uiij!sb.J.kAkad.ilT.ni:ith.iui1urw.t'l. XIi.Bd.X?- 9. 1860.

Schob] . Typhloiiiscug.

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Siu.imusli ..I k.AL.<l (1 W rnaih.naturw.Cl. XL. BOT^9.18G0.

Mol in. Trenta sppoie di Nematoidi. 331

Trenta specie di Nematoidi

determinate

dal Dr. Raffaele Mol in,

jadrense,

r. professore p. o. <Ii iniueralogia e zoologia presso la c. r. universitä «I i Pailinj.

(Vorgelegt in der Sitzung vom 1. December 1859.)

Introduzione.

Scrivendo le monografie dei generi Ilystrichis, Spiroptera, Dis- pharagus, Histiocephalus e Physaloptera, hodovuto non solo esclu- dere dall' uno ovvero dalf altro di questi generi alcune specie, le quali erano state erroneamente classificate da altri elmintologi , ma oltre a ciö ho avuto l'opportunitä di esaminare alcuni Nematoidi, i quali mescolati insieme a un gran numero di esemplari di una specie esatta- mente determinata appartenevano ad altro genere. Delle prime era rnio dovere di fannene earico, e di indicare quäl posto devono occupare nel sistema, degli Ultimi ho tenuto conto nella certezza che non sarä inutile per la scienza il descriverli. E ciö tanto piii che fra questi v'erano alcuni distinti sia per la novitä delle forme, sia per l'animale che li albergava. In tal modo ebbe origine questa monografia la quäle serve di appendice alle cinque precedenti. In essa sono descritte 30. specie di Nematoidi, appartenenti a 14generi,trovate in 49 animali, vale a dire in 5 poppanti, 37 uccelli, 6 rettili ed 1 pesce. Dei 14 generi suddetti 2 sono generi nuovi, e delle 30 specie 7 sono specie rettifi- cate, le quali erano state erroneamente determinate da altri natura- listi, 21 sono specie nuove, di 1 e emendata la diagnosi, ed 1 e im- portante per Panimale che Talbergava.

Ed ecco sciolto il problema che m'ero propostn. L'avrö poi sciolto in modo che non ne ridondi vergogna al mio norne? Io oserei sperare di nö, se posso conchiudere all" esito dall' affetto col quäle m'affaticai in queste ricerche. Ora perö che son giunto alla fine di questo penoso lavoro mi sia permesso di soddisfare a un sacro dovere

332 Mo 1 in.

rendendo un puhblico tributo di grazie ai signori cavalieri Kollar e Frauen fei d, ai miei amici Dr. Fitzinger e nobile di I z e I, ed al mio maestro Dr. Diesing. I primi misero a mia disposizione con una liberalita che non trova la sua pari le ricchissime collezioni di elminti dell' i. r. Museo zoologico di corte; i signori Fitzinger e Pölzel m'assistettero nell' esatta determinazione degli animali esotici, nei quali furono rinvenuti i vermi intestinali descritti; e il mio maestro Diesing non negommi mai Taiuto de1 snoi consigli, frutto della sua lunga esperienza, ogni quäl volta avevo un dubbio da schiarire, un concetto da coreggere. La gratitudine non aftettata che io sento per questi dotti , sia di rimprovero a coloro i quali sferzati del demone delf invidia tenlano di porre ogni possibile inciampo a chi sentendo la dignita del sapere hatte diritto la sua strada senza abhassarsi alla vile funzione delf adulatore.

I. Genus. Subulura Molin.

Caput corpore continuum; os terminale, orbiculare , hauet armatum; corpus filiforme, inerme, postice longe subulatum; extremitas caudalis maris aptera, papillis exornata, ace- tabulo suctorio ab apice caudali remoto; vag i na penis dipetala cruribus spiraliter tortis ; ap er iura vulvae in posteriore corporis parte. Avium in intestinis obvia.

1. Subulura acutissima Mol in.

Caput corpore continuum, epidermide stricte adnata ; os terminale, orbiculare, parvum, papillosum; corpus filiforme, utrinque, retrorsum tnagis attenuatum ; extremitas anterior apice rotundata; caudalis maris subulata, apice acutisshno, inflexa, acetabulo suctorio maximo (ano?) ab apice caudali remoto, aptera, paribus 4 papillarum, quorum duo inter aceta- bulum et aperturam genitalem, duo ante apicem caudalem : vagina penis dipetala, cruribus longis et latis. uequalibus, spiraliter tortis, ex apertura genitali prominula papillis circum data; extremitas caudalis feminae longissime subulata, recta, apice acutissimo ; anus ab apice caudali ratde remotus :

Trenta specie di Ncmatoidi. 333

apertura vulvae in posteriori corporis parte ante anum, elque propinqua (?). Longlt. mar. 0007; fem. 0 012; crasslt. 00003.

Physaloptera saginata Strigis brasiliensis N. 16: in Collect. Entoz.

M. C. V. Physaloptera strongylina Cuculi Seniculi: in Collect. Entoz. M. C. V.

Habitaculam. Stria; atricapilla, Augusto; Cuculus melacory- phus: in ventriculo et in intestinis, in Brasilia (Natterer). M. C. V.

Osservatione 1. lo ho avuto l'opportunitä di esaminare 4 esem- plari maschi e 4 femine di questa specie. Io li rinvenni in im vasetto nnitamente a 4 altre femine delle quali mi e impossibile di stabilire la diagnosi, perche mal conservate, delle quali perö posso con certezza asserire che non erano ne Subulura ne Physaloptera ad onta che tutti questi elminti fossero stati considerati per Physaloptera strongylina.

Osservazione 2. Chiunque osserva per la prima volta l'estremitä caudale dei maschi di questa specie, li considerera per Dacnitis, se le lamine della guaina del pene ravvolte a spira non risvegliassero il sospetto che questi elminti potrebbero pur essere qualche altra cosa. Ed in fatti studiando la forma della bocca si deve persuadersi che non sono Dacnitis. Non sono ne Heteracis ne Oxyuris coi quali hanno molta affinitä a motivo della guaina del pene dipetala; ne Filaria pel complesso della loro organisazione. Del resto le Filarie non si trovano nel tubo intestinale. Io ho stabilito perciö il nuovo genere Subulura dessumendo il nome dalla forma della estremitä caudale.

Osser?azione 3. Gli elminti in questione, quantunque opachi, avevano distintamente pronunciati i caratteri difierenziali generici. Due dubbi soltanto mi restano a sciogliere, i quali perö non hanno che fare colla diagnosi del genere. II primo si e che la ventosa al principio dell1 estremitä caudale del maschio mi lascia incerto sulla funzione flsiologica, vale a dire che non so decidere se essa sia una semplice ventosa, un apparato di adesione, ovvero l'apertura dell' ano. II secondo dubbio riguarda la posizioue della vulva. Sembrommi in un esemplare che essa si trovi a breve distanza sopra l'ano, ma non avendo potuto proseguire nell' interno del verme il decorso dell' ovidotto non posso con certezza asserire che il punto da nie notato sia veramente la vulva.

Sitab. d. mathem.-naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 9. 23

'■.■"

334 M o 1 i n.

II. Genus. Oxyuris.

2. Oxyuris aeanthura Mol in.

Habitacalnm. Chrysolamprus occellatus: in intestinis, in Hispa- nia (Natterer). M. C. V.

Osseryazione. Di questo elminto ho avuto opportunitä di esami- nare 3 esemplari femine trovati unitamente a 10 Oxyuris extenuata ed 86 Physaloptera abbreviata in un Chrysolamprus occellatus, e molte altre femine trovate unitamente a 80 Phys. abbreviata in un altro rettile della stessa specie.

3. Oxyuris extenuata Mol in.

Caput epidermide stricte adnata; os coronula papillarum cincta; corpus transversim anulatum, utrinque, antrorsum magis attenuatum; extr emitas caudalis maris . . . ; feminae obtusa, apice longe mucronata; anus ab apice caudali remotus; apertura vulvae in anteriori corporis parte, ori pro- pinqua. Longit. fem. 0006 0009; crassit. 00008.

Ascaris extenuata Iiudolphi: Synops. 47. et 287. Dujardin: Hist. nat. des Helminth. 174. Diesing: Syst. Helminth. II. 1S4.

Habitacalnm. Chrysolamprus ocellatus: in intestino recto, Algesirae (Natterer). M. C. V.

Osservazlone 1. Io ho avuto Topportunita di esaminare 10 esem- plari femine di questo elminto raccolti unitamente a 3 Oxyuris acan- thura e molte Physaloptera abbreviata.

Osservazione 2. L'anatomia di questi elmiuti corrispondeva per- fettamente alla descrizione data da Rudolphi, meno la forma delle nuova, le quali erano molto grandi ma non quadrilatere simili a quelle degli squali; come pretende quelT autore.

III. Genus. Ascaris.

4. Asearis laneeolata Molin.

Caput corpore continuum, epidermide stricte adnata; os trilabiatum, labiis parvulis, strictura a reliquo corpore discretis, antice depressis, singulum papilla sphaerica dorsafi ; corpus antrorsum magis attenuatum, tortuosum, retrorsum increscens;

-•

Trenta specie di Nematoidi. 335

extremitas candalismaris depressa, ellyptica, subtus foveo- lata fovea longitudinali alis linearibus turgidulis einet a, apice longe et valde cuspidata; vagina penis . . .; extremitas caudalis feminae reeta, rotundata, mucrone terminali acute conico. Longit. mar. 0-02 0025; crassit. 00005. Longit. fem. 0025—003; crassit. 00008.

Physaloptera mucronata Diesing: Syst. Helminth. 11.235., et in Denkschr. d. k. Akad. d. Wissenseh. XIII. 16. Leidy: in Proeeed. Acad. Philad. VIII. (1856). 53.

Habitaculam. Champsa nigra: in ventriculo, Junio, Borba (Natter er). Ch. Lucius: in eodem organo, numerose, in Georgia (Jones). M. C. V.

Osservazione. Io ho avuto Fopportunitä di esaminare circa 400 individui tra maschi e femine raecolti li 27 Giugno 1830 nello stomaco di un Champsa nigra maschio.

5. Ascaris laticauda Molin.

Caput corpore continuum, idrinque alatum alis latis, semi- lanceolatis, longis; os trilabiatum, labiis magnis, strictura a reliquo corpore discretis, singulum hemispkaericum , papilla minima dorsali centrali ; corpus laeve, antrorsum increscens , retrorsum sensim attenuatum ; extremitas anterior subito attenuaia, spiraliter inflexa, apice truncata; caudalis maris reeta, apice acutissimo , acute conica, utrinque alata alis linearibus , margine undulato, singula papillis maximis 8, quarum 2 ante, 4 ad, 2 post aperturam genitalem; vagina penis dipetala ; extre- mitas caudalis feminae longe acute conica, reeta, apice acuto ; anus ab apice caudali valde remotus; apertura vulvae in posteriori corporis parte prominula, medietati propinqua. Longit. mar. 0 03 0045; crassit. 00003 ~ 0 0008. Longit. fem. 0 035—006; crassit. 00004 0001.

Physaloptera? Micro daetyli Marcgravii: in Collect, brasil. Entoz. M. C. V.

Habitacaluin. Dicholophus Marcgram: in intestino tenui et coeco, Decembri, Zaniambaya (Natter er). M. C. V.

Osservazione. Io ho avuto fopportunitä di esaminare piü di 100 individui di questa specie benissimo conservati, tra i quali molti maschi trovati il 1 Decembre 1823 in un Dicolophus Marcgravi femina, il quäle conteneva inoltrenel tenueS grandieäpiccoliEchinorinchi liberi.

23*

336 M o I i n.

6. Ascaris Microlabium Mol in.

Caput corpore continuum, epidermide stricte adnata; os trilabiatum labiis parvis, strictura a reliquo corpore discretis; corpus filiforme, densissime transversim striatum; extremitas anterior sensim attenuata; posterior increscens ; caudalis maris uncinata, apice mucronata, subtus papulosa; feminae recta, breve acute conica; anus apici caudali proximus ; aper- tura vulvae . . . . Longit. mar. O'OIU 0019; crassit. 0 0005 00008. Longit. fem. 0 016—0 022; crassit. 0000Ö

0 001.

Spiroptera Falconis N. 443: in Collect, brasil. Entoz. M. C. V.

Habitaculuui. Falco coronatus: in ventriculo, Octobri, Rio Araguay (Natter er). M. C. V.

Osservaziooe. Io ho esamin;tto di questa specie 10 individui masehi e 13 feinine ben conservati, rinvenuti in un F. coronatus femina li 31 Ottobre 1823 unitainente a 17 Phystdoptera acuticauda e 3 Spiroptera recticauda.

7. Ascaris aiigusticollis Mol in.

Caput epidermide stricte adnata; os trilabiatum, labiis magnis, strictura a reliquo corpore discretis, singulum papilla dorsali centrali sphaerica ; corpus filiforme, densissime ac gracillime transversim anulatum, antrorsum sensim maxime attenuatum, retrorsum increscens; extremitas caudalis maris. . .; feminae recta, appendice conica. Longit. fem. 004 0-08; crassit. 00005—0001.

Phystiloptera tenuicollis Rudolphi: Synops. 30. 258 et 647. Diesing: Syst. Helminth. II. 237.

Spiroptera? tenuicollis Dnjardin: Hist. nat. des Helminth. 95. üabitacalam. Falco Haliaetus: in intestinis tenuibus, autumno

F. Buteo: inter tunicas ventriculi (M. C. V.).

Osservazione 1. Io ho avuto l'opportunitä di esaminare 1 esem- plare femina di questa specie ti-ovato in un Falco Haliaetus, ed 1 altra femina trovata in un F. Buteo. Nessuno di questi due esemplari era tanto ben conservato da poter distinguere quäl che altro carattere piü preciso di quelli esposti nella diagnosi.

Osservazione 2. Ad onta che gli individui da nie esaminati non fossero ben conservati ciö non per tanto la forma del cullo distingue

Trenta specie di Nemfltoidi. 337

questa specie da tutte quelle che hanno il corpo iuerme, il capo senza ali ed il corpo anteriormente attenuato; mentre la presenza dell1 appendice conica all'apice caudale la distingue dall' Ascaris depressa.

8. Ascaris anterospiralis Mol in.

Caput epidermide stricte adnata; os labiis rotundatis, singulum papilla sphaerica parva dorsali; corpus filiforme, densissime ac gracillime transversim anulatum, retrorsum sensim attenuatum, ala utrinque lineari transversim striata; ecctre- mitas anterior spiralis , vix attenuata; caudalis maris serie duplici 7 papillär um epidermide obtectarum ante aperturam genitalem apici caudali propinquam, post aperturam genitalem subito breve acute conica; vag in a penis . . .; extremita caudalis feminae recta, longe acute conica; anus ab apice caudali remotus ; aper iura vulvae in anteriori corporis parte. Long it. mar. 003; crassit. 0 0004. Long it. fem. 0-024 0050; crassit. 0-0004 00008.

Physaloptera Felis coneoloris: in Collect, brasil. Entoz. M. C. V.

Haiti! aciilum. Felis concolor: in ventriculo, Novembri, Caicara (Natter er). M. C. V.

Osservazione 1. Questa specie si distingue dalP Ascaris lepto- ptera per la mancanza delle ali, e da tutti gli altri ascaridi che hanno il capo senza ali, e Festremitä posteriore attenuata per molti altri caratteri, tra i quali principalmente per festremitä anteriore inhVssa in cerchio.

Osseriazione 2. Io ho avuto l'opportunitä di esaminare di questa specie 3 esemplari maschi e 5 femine tutti benissimo conservati e perfettamente trasparenti trovati nello stomaco di un Felis concolor maschio, il quäle aveva inoltre nel budello 14 Dibothrium, 15 Tenie senza testa e 2 piccole Tenie armate, 31 Strongilo e 3 altri piccoli Nematoidi, ai 19 Novembre 1825. Natter er nota nel suo giornale che avendo nello stesso giorno sezionato un altro Felis concolor maschio in questo non rinvenne che 56 Strougili ed 1 Echino- rinco libero.

9. Ascaris helicina Mol in.

Os trilabiatum labiis magnis, strictura a reliquo corpore discretis; Caput coatinuum, epidermide stricte adnata; corpus

338 M o 1 i n.

antrorsum sensim attenuatum, retrorsum increscens, maris in discum spiraliter involutum, fem in ae interdum totum, interdum arte posteriori in helicem tortum anfractibus nunc arctis et nunc taxis; extremit as caudalis maris alis linear ibus, brevibus, transversim dense striatis, ad aperturam genitalem ter papillaris, post aperturam genitalem subito acute conica, apice mucronato, inflexa, utrinque bipapillata ; vagina penis dipetala, cruribus linear ibus, exilissimis, apice acutissimo, deflexis; extr emitas caudalis feminae subito acute conica, apice mucronato, recta; anus prominulus, apici caudali proximus ; apertura vulvae in anteriori et fere media corporis parte. Longit. mar. 0006 0008 crassit. 00001 0 0002. Longit fem. 0013 0028; crassit. 0 0003 0001.

Physaloptera retusa Crocodili acuti: in Collect. Entoz. M. C. V.

Habitaculum. Crocodilus acutus: in ventriculo. M. C. V.

Osservazione 1. Questa specie e affine all1 Ascaris Capsularia, dalla quäle perö si distingue per tanti caratteri che e impossibile confondere insieme le due specie.

Osservazione 2. Io ho avuto l'opportunitä di esaminaie di questa specie 12 individui maschi e 20 femine trovati in un Crocodilus acutus, non che IS femine trovate in un altro rettile della stessa specie dei quali pero non rinvenni altra indicazione.

10. Ascaris papulosa Mol in.

Caput corpore continuum; os trilabiatum ; corpus densis- sime transversim striatum; extremit as anterior attenuata, apice truncato; posterior increscens ; caudalis maris breve subulata, apice truncato, semel spiraliter torta, fovea suctoria musculari acetabuliformi, aptera, papillis utrinque S conicis, quarum 1 ante, 4 post aperturam genitalem; vagina penis dipe- tala, cruribus fdiformib us , longissimis ; penis brecis, styloideus, vix incurvus; extr emitas caudalis feminae . . . . Longit. mar. 0 012; crassit. 00003.

Spiroptera Corvi cajani: in Collect, brasil. Entoz. M. C. V.

Habitaculum. Corvus cajanus: in intestino, Octobri, Barra do Rio negro (Natterer). M. C. V.

Osservazione. Io ho avuto l'opportunitä di esaminare 1 esemplare maschio di questa specie trovato li 2 Ottobre 1830 in un C. cajanus

Trenta specie di Nematoidi. 339

t'emina, il quäle aveva anche una Spirottera fra le tonache dello stomaco.

Species iiiquirenda.

1 1 . Ascaris valclemiicronata M o I i n.

Caput alatum; os trilabiatum; corpus antrorsum attenua- tum, fem in ae circulariter inflexum; extremitas caudalis maris inflexa, subito acute conica, aptera, apice mucronato, mucronc longo et valido, ante aperturam genitalem f'ovea suctoria musculafi acetabuliformi ; vagina penis dipetala, cruribus bre- vibus exilissimis ; extremitas caudalis feminae apice obtu- sissimo, valde mucronato. Longit. mar. 0007; fem. 0 012; crassit. 00002.

Spiroptera Ardeae Maguari: in Collect, brasil. Entoz. M. C. V.

Habitaculum. Ciconia Maguari: in ventriculo et proventriculo, Februario, Caicara (Natter er). M. C. V.

Osservazione. Io ho esaminato 1 esemplare maschio e 2 femine della specie suddetta raccolti dallo stomaco e dall' echino di una Ciconia Maguari maschio ai 6 Febbrajo 1826. Tutti e tre quegli esemplari erauo benissimo conservati e perfettamente trasparenti.

Leggi la osservazione 2a alla specie Spiroptera excisa.

Species inquirenda.

12. Ascaris spiralis Molin.

Os trilabiatum, labiis maximis, obsoletis, singulum papilla centrali sphaerica ; corpus plicis cutaneis circularibus transversim crenatum, semispirale , vel spiraliter tortum; extremitas anterior sensim attenuata; posterior increscens, subito subidata, apice acutissitno, subtus papillis duabus minimis. Longit. 0010 ; crassit. 00001-0 0002.

Spiroptera Pici N. S00 : in Collect, brasil. Entoz. M. C. V.

Habitaculain. Picus comatus, Octobri, Barra do Rio Janeiro (Natter er). M. C. V.

Osservazione 1. Io non ho potuto esaminare altro che 6 esem- plari di questa specie non bene conservati e del tutto opachi.

Osservazione 2. Non saprei indicare precisamente in quäl organo furono trovati, perche nel giornale di Natter er non trovai altra in- dicazione se non che agli 8 Ottobre 1825 egli rinvenne alla giuntura

340 M o I i n.

de! talone di im Picus comatus 3 pircole Spirottere. Egli e certo che questi tre elminti non potevano essere gli ascaridi da me esami- nati poiche questi vermi non vivono che nel tubo intestinale di altri animali.

IV. Genus. Heteracis.

13. Heteracis anulata Molin.

Caput corpore continuum; os terminale, orbiculare, nudum, amplum; corpus utrinque alatum aus linearibus latiusculis, utrinque, retrorsum maxime attenuatum ; extremitas anterior apice truncata; caudalis mar is subulata, apice longe mucronata, subtus alata aus linearibus , singula papillis 7 , quarum 5 post, 2 ante aperturam genitalem; apertura genitalis ex qua vagina penis monopetala , longiuscula, incurva, filiformis, apice acutissimo, ab apice caudali haud remota; anus amplus limbo cpidermoidali denticulato circulari cinctus, supra aperturam geni- talem, ab earemotus; extremitas caudalis feminae longe subulata, apice acutissimo; anus ab apice caudali remotus; apertura vulvae in anteriori corporis parte prominula. Longit. mar. 0006; fem. 0008; crassit. 00002.

Physaloptera Colubri N. 52: in Collect, brasil. Entoz. M. C. V.

Habitacolam. Ophis saurocephalus : in intestino, Junio, Caicara Natterer). M. C. V.

Osservazione. Io ho avuto Topportunitä di esaminare di questa specie 1 individuo maschio e 2 femine benissimo conservati e per- perfettamente trasparenti trovati li 20 Giugno 1826 in un Ophis saurocephalus femina checonteneva 1 piccolissimo Echinorinco libero nel budello e 5 Fisalottere nello stomaco e nel budello. Un altro rettile della stessa specie sezionato a Cuyaba li 27 Febbrajo 1825 non conteneva altro che 36 Fisalottere nello stomaco e nel budello.

14. Heteracis verrucosa Mol in.

Capu t corpore continuum; epidermide stricte adnata; corpus usifbrme, utrinque, retrorsum magis attenuatum, verrucis in series laterales dispositis exornatum; extremitas anterior apice truncata; caudalis maris uncinatim inflexa, longe subulata, apice acutissimo; vagina penis simplex, styloidea, vix incurvata ;

Trenla specie di Nematoidi. «54-t

penis ... ; extremitas caudalis feminae recta, lotige subu- lata, apice acutissimo. Longit. mar. 0 0075; crassit. 00003. Longit. fem. 0012; crassit. 00005.

Spiroptera Caviae Aguti: in Collect, brasil. Entoz. M. C. V.

Habitaculoni. Dasyprocta Aguti: in ventriculo, Januario, Caicara (Natterer). M. C. V.

OsserTazione 1. Io ho esaminato 5 esemplari maschi e 6 femine del suddetto verme. Essi erano tutli ben conservati e perfettamente trasparenti e trovavansi con molte Spiroptera mediospiralis raccolte dalio stomaeo di un Dasyprocta Aguti femina ai 23 Gennajo 1826.

15. Heteracis suctoria Mol in.

Caput strictura a corpore reliquo discretum; os orbiculare, magnum; corpus filiforme, densissime transversim striatum; extremitas anterior attenuata, apice incrassata, alis utrin- que latiusculis linear ibus transversim striatis; caudalis maris longe subulata, fovea magna suctoria acetabuliformi , papillis utrinque 6, quarum 2 ante, 4 post apertur am genitalem; penis brevis, subrectus; extremita caudalis feminae . . . Longit. mar. 0 012; crassit. 00002.

Spiroptera Caprimulgi: in Collect, brasil. Entoz. M. C. V.

Habitaculani. Caprimulgus campestris : inter tunicas ventriculi. Junio, Manaos (Natter er). M. C. V.

OsserTazione 1. Io non ho potuto esaminare altro che 1 solo esemplare maschio di questa specie trovato ai 19 Giugno 1834 fra le tonache dello stomaco di un C. campestris maschio. L/esemplare era benissimo conservato, e perfettamente trasparente.

Osservazione 2. Questa specie e molto affine all' Heteracis brevicaudata D u j a r d i n.

V. Genus. Dispharagus. 16. Dispharagus capitatus Molin.

Caput corpore continuum, conicum, incrassatum, plicis longitudinalibus utrinque in funicula duo longit udinalia , valde flexuosa, brevia, longe recurrentia, band conjuncta inflatis ; os bilabiatum, labiis papillaeformibus, minimis; corpus filiforme, densissime, ac gracillime transversim anidatum, subaequale; ex- tremitas caudalis maris ...; feminae breve conica, apice

342 »Ion .,.

obtaso; anus ab apice caudali haud remotus; apertura vul- vae. . . Longit. fem. 0011; crassit. 00003.

Spiroptera alata Falconis N. 773: in Collect, brasil Entoz. M. C. V.

Habitaculuin. Falco minutus: in ventriculo, Julio, Matogrosso (Natterer). M. C. V.

Osservazione. Io non ho avuto l'opportunitä di esaminare altro che 1 esemplare femina ben conservato di questa specie , il quäle fu raccolto al 1 Luglio 1828 unitamente a 2 Physaloptera acuticauda dallo stomaco di an F. minutus femina che aveva inoltre 1 Ne- matoide lungo ed esile su d'un occhio; e 2 lunghi Distomi, 2 Echino- rinchi aderenti, 4 Amfistomi e 20 Monostomi nel budello.

VI. Genus. Tropidocerca.

Species inquirenda.

17. Tropidocerca bispinosa Molin.

Caput corpore continuum; os fissum, papillis 4 conspicuis; corpus filiforme, leve; extremitas anterior subito sensim attenuata ; feminae semicirculariter inflexa, utrinque tuber culo aculeato laterali, apice truncata; posterior recta, conica, apice acutissimo; anus ab apice caudali haud remotus; apertura vulvae in anter iori corporis parte prominula, bilabiata; uterus biconüs. Longit. fem. 0011 0 016; crassit. 00001— 00003. Spiroptera Seiaei officinalis: in Collect. Entoz. M. C. V.

Habitaculam. Scincus officinalis. M. C. V.

Osservazione 1. Io ho avuto occasione di esaminare 5 esemplari femine di questo verme. Essi erano benissimo conservati e perfetta- mente traspaienti.

Osservazione 2. Questi vermi a primo aspettö ricordavano i maschi della Tropidocerca; Tutero si rivolgeva immediatamente verso la coda , e si suddivideva dopo lungo decorso in 2 ovidotti i quali erano ripieni di uova grandi e di forma ovale e si estendevano fino all' ano. Egli e ben vero che fino ad ora le femine del genere Tropidocerca furono trovate in forma ben differente, vale a dire rigonfie come un' elissoide fra le tonache ovvero i muscoli dello stomaco degli uccelli e non mai in unamlibio. Ma io sono altrettanto sicuro che gli elminti da ine esaminati in questa circostanza somigliano ai maschi di una Tro-

Trento specie di Nematoidi. 34»)

pidocerca piü che a qualunque altro nematoide. Forse che queste femine appartengano a un nuovo genere, ma appunto perche non ho avuto occasione di esarainare altro che individui femine non mi azzardo di introdurre un nuovo genere nella scienza.

VII. Genus. Ancyracanthus. 18. Ancjracantlius bilabiatus Mol in.

Corpus capillare, densissime transversim striatum; caput corpore continuum, spinulis 4 cruciatim dispositis pinnatifdis, retroflexis , maris majoribus, fem in ae minor ibus armatum; os terminale, bilabiatum, labiis papillaeformibus minimis; extre- mitas anterior sensim attenuata; caudalis maris bis spira- liter torta, utrinque alata alis latis, singula papillis brevibus apice incrassatis exornata; vagina penis monopetala, brevis, crassa, navicidaris; penis longus, filiformis ; extremitas caudalis feminae subito obtuse couica, semel spiraliter torta, apice obtu- sissimo, centro depresso; auus ab apice caudali haud remotus ; aper iura vulvae in posteriori corporis parte, prominula, bilabiata, labio superiori tumido. Longit. maris 0007; fem. O'OOi). Spiroptera Ardeae Helias : in Collect, brasil. Entoz. M. C. V.

Habitaculam. Eurypyga Helias: inter tunicas ventriculi, Martio, Praja de Cujutuba (Natter er). M. C. V.

Osseryazione. Io ho esaminato 1 esemplare maschio ed 1 feinina di questa bellissima specie. Essi erano benissimo conservati e per- fettamente trasparenti, e furono raccolti dallo stesso uccello, dal quäle provengono le Spiroptera appendiculata ai 13 Marzo 1835.

VIII. Genus. Elaphocephalus Mol in.

Caput discretum, utrinque aculeis 4 armatum, quorum medii majores apice dilatato serrato, laterales minores apice bicuspi- dato; os papillosum; corpus tot um spinulosum; extremitas caudalis maris. . .; aperturu vulvae ados. Avium inter tendines digitorum parasita.

Osservazione. Quantunque non abbia avuto Topportunitä di esa- minare altro che una femina di questa specie ciö non per tanto non esito un istante a fonnare im nuovo innere. E in (atto: l'armatura

344 Moli n.

della testa e del corpo, non che la posizione <Iella vulva distinguono questo verme da qiialunque altro genere d'elminti. Esso mi sembra affine al genere Ancyracanthus piü che a qiialunque altro, e perciö lo inserisco nel sistema presso di questo. Gli aculei centrali di ciascun lato somigliano per la loro forma a palchi di cervo microscopici, e perciö ho addotato il nome generico Elaphocephalus derivato da ilafog cervo e xsyaAog testa.

19. Elaphocephalus octoconuitus Mol in.

Caput discretum, utrinque aculeis maximis quatuor arma- tum, recurvis, quorum centrales majores apice serrato, laterales minores apice bicuspidato ; os papillis duabus mamillatis ; corpus totum spinulosum, spinulis brevibus acutissimis, in circulos crebros transversales dispositis ; extremitas anterior sensim attenuata; posterior aequalis , apice obtusissimo ; extremitas caudalis maris . . . ; anus...; aper iura vulvae ad os. Longit. fem. 00012; crassit. 0 0004.

Spiroptera Psittaci Macaonis: in Collect, brasil. Entoz. M. C. V.

Habitaculuiii. Psittacus Macao: ad originem digitorum pedis, Septembri, Ponte do Guapore (Natter er). M. C. V.

Osservazione. Io non ho avuto occasioue di esaminare altro che una femina di questo bellissimo verme. Essa era benissimo conservata, perfetlamente trasparente, e fu trovata insieme a 9 Spiroptera cir- cularis li 28 Settembre 1827.

IX. Genus. Dacnitis.

Species inquirenda.

20. Dacnitis fusiformis Molin.

Caput incrassatum, strictura a reliquo corpore discretum; os bilabiatum, labiis hemisphaericis magnis, singulum bipapillare corpus fusiforme, antrorsum apice rotundato, retrorsum sensim attenuatum; extremitas caudalis maris . . . ; feminae long e acute conica, apice breve mucronata ; anus ab apice caudali remotus. Longit. fem. 0002; crassit. 0 0003.

Habitaculum. Platessa Flesus: in intestinis, hieme (M. C. V.J.

Trenta specie di Nematoidi. 34-D

Osservazione. Io ho esaminato 2 non ben conservati esemplari femine di questa specie che trovai nello stesso recipiente nel quäle venivano couservati gli //. minutus dell' i. r. Museo Zoologien di corte.

X. Genus. Cosmocephalus.

21. Cosmocephalus alatus Mo Hu.

Caput corpore discretum, acuminatum , substriquetrum, scutelUs quatuor capiti adnatis antice conjunetis , alisque parvis scutellis antice interjeetis , spinulis 2 lateralibus int er scutella et alas ; os terminale, bilabiatum, labiis papillaeformibus, minimis; corpus filiforme, densissime transversim striatum, utrinque, retrorsum magis attenuatum, alis duabus lateralibus linear ibus transversim striatis; extr emitas caudalis maris ter spira- liter torta, apice acuto, alis angustis, singula papillis 7 clavatis ; vagina penis monopetala, brevis, vix ineurva, p enisque longus, arcuatus, apice acuto, filiformes ; extr emitas caudalis feminae reeta, acute couica, apice obtuso; anus apici caudali haud proximus ; apertura vulvae in medio corporis sita. Longit. mar. 0012; crassit. 0 0002. Longit. fem.0 018—0 020; crassit. 00003.

Spiroptera obvelata Creplin: Obs. 10. et 80., Nov. Obs. 5. et in Wieg- manns Arch. 1846. 136. 140. 145. Melius: in Isis. 1831. 75. Duj ardin: Hist nat. des Helminth. 101. Histioeephalus spiralis Diesing: Syst. Helminth. II. 231.

Habitaculani. Laras maximus: in oesophagi tuuica interna (Rosentlial), Novembri (Creplin); L. argentoides; in oeso- phago, Novembri (Schilling); L. argentatus: in proventri- culo, Aprili (Schilling et Mehlis); L. medius in ventriculo (Schilling); L. canus (Mehlis); L. fuscus et marinus (Creplin); L. ridibundus (Schilling). Alca Tor da (H o s e n t h a I) ; Tot anus maculatus, Augusto ; T hipoleucus ; Sterna risoria et Mergus Serrator: in oesophago, Junio (Schilling). M. C. V.

Osservazione I. Io ho avulo l'opportunitä di esaminare 1 osem- plare maschio e 2 feinine di questa specie trovati in un Laras marinus. Tutti e tre questi esemplari erano benissimo couservati e perfettamente trasparenti.

346 M o I i n.

Osservazione 2. In conseguenza d'una rigorosa indagine ho potuto assicurarmi che questi sono veri Cosmocephalus come spero risalterä chiaramente a chiunque leggera la diagnosi. Io rapporto a questa specie tutte le Spiroptera obvelata trovate nei sunnominati uccelli perche anche Dujardin le considera come im' unica specie, e le descrive come identiche.

XI. Genus. Spiroptera.

22. Spiroptera recticauda Mol in.

Caput corpore continuum; o s papillosum ; corpus filiforme, retrorsum magis attenuatum, densissime ac gracillime transversim striatum; extremitas anterior apice truncata; caudalis maris . . ; feminae recta, longe acute conica, apice acuminato ; anus ab apice caudali remotus ; apertura vulvae in posteriori corporis parte, medietati propinqua. Longit. fem. 0 007 0 016; crassit. 00001.

Physaloptera Falconis N. 443 : in Collect, brasil. Entoz. M. C. V.

Habitaculom. Falco coronatus: in ventriculo, Octobri, Rio Ara- guay (Natterer). M. C. V.

Osservazione. Io ho esaminato 3 esemplari femine di questa specie benissimo conservati e perfettamente trasparenti trovati ai 31 Ottobre 1823 in un F. coronatus femina unitamente a 17 Physa- loptera acuticauda e 23 Ascaris Microlabium.

23. Spiroptera graeilis Mol in.

Caput corpore continuum, aculeis 4 retrorsum versis, con- spicuis, armatum; os papillosum; corpus filiforme, gracile, an- trorsnm sensim magnopere attenuatum; extremitas caudalis maris bis spiraliter torta, alis conspicuis liuearibus, post aper- turam genitalem ter papillatis , apicem caudalem obtusum amplec- tentibus; vagina penis brevis, navicidaris, incurva; penis longior, filiformis, arcuatus ; extremitas caudalis feminae subito breve acute conica , apice obtuso , interdum recta, interdum deflexa; anus ab apice caudali haud remotus; apertura vulvae in posteriori corporis parte. Longit. mar. 0 005; fem. 0006; crassit. 0000t.

Spiroptera hicnspis Rudolphi: Synops. 24 et 240. Creplin: in Wieg- mann's Arch. 1846. 136.

Trenta specie di Nematoidi. 347

Dispharagus bicuspis Dujardin: Hist. nat. des Helminth. 79. Histiocephalus gracilis Diesing : Syst. Helminth. II. 231.

Habitaculnm. Vanellus melanogaster : inter tunicas ventriculi, aestate. M. C. V.

Osservazione. Io lio avuto l'opportunitä di esaminare 5 esemplari maschi e 11 femine di questa specie. Tutti erano benissimo conser- vati, perfettamente trasparenti e provenivano da un solo uccello.

24. Spiroptera saginata Dujardin, Char. emend.

Caput corpore continuum; os orbiculare , nudum; corpus feminae laxe spiraliter tortum , anfractibus aequalibus 3 7, utrinque sulcatum; extr emitas anterior magis attenuata, apice obtuso; caudalis feminae subrecta, obtusa; onus ab apice caudali remotus. Longit. 0 03 008; crassit. 0 001 0 002. Physaloptera saginata Rudolphi: Synops. 647. Diesing: Syst. Hel- minth. II. 236. Spiroptera saginata Dujardin: Hist. nat. des Helminth. 96.

Uabitnculum. Stria? atricapilta , Novembri, Matogrosso; St. torquata; Falco furcatus, Novembri, Para; Crotophaga Ani, Julio, Villa dos Manaos; Januario et Februario, Matogrosso; Caprimulgus gujanensis, Junio, Villa dos Manaos; C. leucopygius, Novembri, Matogrosso; Icterus cristatus, Decembri, San. Vin- cente; — Thamnophilus funebris , Octobri, ßarra do Rio negro; Cucidus Tinguacu, Majo, Barra do Bio negro; Julio, Matogrosso; Corvus Cajanus, Septembri et Octobri, Barra do Rio negro: in eorum intestinis (Natter er). M. C. V.

Osservazione 1. Io ho avuto l'opportunitä di esaminare i seguenti esemplari:

I. 5 esemplari trovati li 13 Novembre 1826 in 3 Stria atri- capilla, vale a dire 2 nelP intestino di una femina unitamente a 15 altri piccoli Nematoidi; 2 nel tenue di un maschio che conteneva 12 piccoli Nematoidi in parte nel tenue ed in parte nei ciechi; ed 1 nel tenue di un' altra femina, la quäle aveva inoltre 12 piccoli Nematoidi nel tenue e nei ciechi, finalinente 6 femine trovate in una Strios torquata delle quali Natterer non da altre indicazioni.

II. 2 raccolti il 30 Novembre 1830 nel budello in un Falco furcatus il quäle aveva inoltre 1 altro Nematoide nello stesso organo e 6 Spirottere sotto la membrana nittitante.

348 M o I i n.

III. 1 frovato ai 13 Luglio 1834 nel tenue di un Crotophaga Ani maschio, il quäle aveva 7 Ascaridi maschi nei ciechi; 6 raccolti al 10 Gennajo 1829 dal tenue di una femina la quäle aveva 1 Taenia senza testa, 1 Echinorinco aderente, e 2 Distomi nello stesso organo, non che 7 Ascaridi nei ciechi; e finalmente 5 trovati ai 26 Febbrajo 1829 nei tenue di un maschio che avera inoltre 11 Nematoidi sotto la memhrana nittitante di un occhio. Natter er nota nel suo giornaie che avendo sezionato ai 19 Gennajo 1829 un maschio della stessa specie non trovö in questo che 1 Echinorinco aderente 15 Distomi e 17 Monosfomi nel tenue, ed 8 Ascaridi nei ciechi.

IV. 2 femine trovate li 23 Giugno 1834 in un Caprimulgus gujanensis maschio.

V. 1 femina trovata li 4 Novembre 1826 in un Caprimulgus leucopygius maschio.

VI. 1 femina e 2 frammenti trovati unitamente a 2 Echinorinchi liberi li 20 Decembre 1826 in un Icterus cristatus maschio.

VII. 3 femine trovate li 12 Ottobre 1830 in un Thamnophilus funebris maschio e giovine.

VIII. 2 femine trovate li 2 Maggio 1833 in un Cuculus Cajanus del quäle Natterer non indica il sesso, ma che conteneva 1 piccolo Nematoide in un cieco e 2 Spirottere fra le tonache dello stomaco; non che 1 femina trovata li 30 Luglio 1827 in un maschio della stessa specie, il quäle albergava inoltre 14 piccole Tenie per lo piü formte della testa, 2 corti Nematoidi e 34 Monostom i nel budello. Natterer osserva inoltre nel suo giornaie che avendo sezionato nello stesso giorno 1 altra femina della stessa specie, in questa non ritrovö che 7 Monostomi nel budello.

IX. 5 femine, 1 delle quali fu trovata li 20 Ottobre 1830 in principio del budello di un Corvus Cajanus maschio; 1 lo stesso giorno nel budello di un secondo uccello della stessa specie del quäle Natter er non indica il sesso, ma che aveva inoltre 1 Spirottera fra le tonache dello stomaco; 5 trovate li 24 Settembre 1830 in una femina; ed 1 trovata lo stesso giorno in un' altra femina.

Osservazioue 2. Ad onta che io non abbia potuto con tanta copia di esemplari che mi stavano a disposizione esaminare altro che femine, mi sono assicurato che la specie in questione non e una Physaloptera ma si bene una Spiroptera ; e ciö particolarmente perche nessun esemplare aveva la bocca bilabiata, ma invece tutti erano forniti di

Trenta speeie di Nematoidi. 349

«na piccola bocca circolare in cima all1 estremitä anteriore: in una parola tutti gli individui da nie esaminati presentavano senza eccezione i caratteri delle spirottere.

25. Spiroptcra capillaris Muli».

Caput corpore continuum; os bilabiatum, labiis conicis minimis , aculeis 4 validis cruciatim oppositis refrorsum versis armatum; corpus capillare, densissime ac gracillime transversim striatum, utrinque attennatum; extremitas caudalis maris . . ; femin ae conica, apice obtuso, uncinata; anus ab ap'ice caudali remotus; apertura vulvae in posteriori corporis parte promi- nula. Longit. fem. 0015 0017.

Histiocephalus? spiralis Sternae Hirundinis: in Collect. Entoz. M. C. V.

Habitaculum. Sterna Ilirundo: inter tunicas ventriculi.

Osservazione. Nella collezione degli elminti dell' i. r. Museo zoo- logico di corte rinvenni 3 esemplari femine di questa speeie benis- simo conservati e perfettamente trasparenti. L'ovidotto in tutti e tre gli esemplari era ripieno di uova eiaseuno dei quali conteneva un embrione perfettamente sviluppato e attortigliato.

XII. Genus. Gongylonema.

26. Gon^yloneniii coiitortiim Mol in.

Corpus filiforme, aequale, minutissime transversim striatum, irregulariter contortum ; extremitas anterior bulbillis irre- gulär it er dispositis; os orbiculare, nudum; extremitas cauda- lis maris inflexa, apice obtuso, alis latis, singula papilUs iitrin- que 7, transversim striata; vagina penis dipetala, brevis; penis longissimus, fiUformis; extremitas caudalis feminae acute conica, apice obtusissimo; apertura vulvae in posteriori et fere postrema corporis parte prominula. Longit. mar. 0 014 0 01H; crassit. ad 00001. Longit. fem. 0013 0055; crassit. ad 00003.

Spiroptera Ursi Rudolphi: Synops. 28. et 253. Dujardint Hist. nat. des Helminth. 88. Diesing: Syst. Helminth. II. 224.

Iliibitaeulum. Ursus Arctos : in oesopbago , hieme (M. C. V.).

Osservazione. Io ho avuto Topportunitä di esaminare 3 esemplari maschi e 6 femine di questa speeie. Essi erano tutti benissimo con- servati e perfettamente trasparenti.

Sitzh. (1. mathem.-naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 9. 24

350 Moii«.

XIII. Genus. Filaria.

Specles inquirenda. 27. Filaria spinulosa Mo] in.

Os coronula spinulorum retroflexorum armatum; corpus filiforme, transversim /xnulatum, spiraliter tortum; extremitas anterior sensim attenuata, apice truncata; caudalis maris. .. ; feminae subito conica, apice erecto, obtuso ; ap e r t u r a v u I v ac... Longit. fem. 0 012; crassit. 00001.

Spiroptera Glareolae austriacae: in Collect. Helminth. M. C. V.

Habitnculuiii. Glareola austriaca: inter tunicas ventricuü. M. C. V.

Osservazione I. Io non ho esamina.to che 1 unico esemplare femina ili questa specie.

Osservazioiie 2. Sembrommi che fosse una filaria, ma non avendo potuto distinguere la posizione della vulva, non nii azzardo di inserire la specie fra le determinate.

XIV. Genus. Strongyhis.

28. Strong-yltis aiiitlatus Mol in.

Caput corpore coutinuum, haud alutum; os limbo nudo; corpus densissime ac gracillime transversim slriatum; extre- mitas anterior sensim attenuata, anulo atro cincta, apice obtuso; caudalis maris increscens ; bursa maris excisa undecim radiata, radio centrali dicothome bifurcato eruribus excisionem cordatam amplectente ; e x t r e m i t a s c a u d a l is feminae recta , longo acute conica , apice iucrassato; anus ab apice caudali remotus; aper iura vulvae muxima, in posteriori corporis parte, unilabiata, labio superiori maximo, pendula. Longit. mar. 0-008— 0 010; fem. 00 tö; crassit. 00001.

Spiroptera Palamedeae cornutae: in Collect, brasil. Entoz. M. C. V.

Habitaculum. Palamedea cornuta: in proventriculo, Augusto, Egenho do Cap Gaina (Natterer). M. C. V.

Osservazione I. Io ho eseminato 3 esemplari maschi e 10 femine di questa specie. Tutti erano benissimo conservati e perfettamente trasparenti , e furono raccolti li 23 Agosto 1820 in una Palamedea

Trenta specie di Nematoidi. 351

cornuta maschio, la quäle aveva inoltre 1 piccolo Distomo in un intestino cieco.

Osscrvazione 2. Questo e il primo Strongilo trovato in quel- l'uccello; esso appartiene alla sezione di quelli che hanrto il lembo della bocca ignudo, la testa senza ali e la borsa del maschio incisa; e affine allo Strongylus striatus dal quäle perö si distingue per la presenza dell'anello di colore oscnro all'estiemitä anteriore del corpo.

29. Strongyliis bis|»iiiosus Mol in.

Caput corpore continuum, haud alaturn; os limbo nudo; corpus filiforme; extremitas anterior sensim attenuata, spinulis diiabus validis, lateralibus armata ; caudalis maris h/flexa; bursa tribiloba, lobis perlongis lateralibus, singulus quinque radiatus, radio medio recto, lateralibus apice deflexo divergentibus, lobuloque medio biradiato ; vagina penis dipetala, cruribus longis styloideis; penis longissimus, filiformis ; extre- mitas caudalis feminae longissime et acutissime conica; anus ab apice caudali remotus; apertura vulvae in posteriori corporis parte, maxima, bilabiata, labio super iori limbiformi, inferiori in vesicam magnam inflato, pendidis. Longit. mar. 0010; crassit. 0 0002. Longit. fem. 0 017; crassit. 00003. Spiroptera Cervi Nambi: in Collect, brasil. Entoz. M. C. V.

Habitaeuluiu. Cervus Nandu: in ventriculo, Septembri, Villa Maria (Natter er). M. C. V.

Osservazione. Io ho esaminato 13 individui mascbi e 12 femine di queste specie raccolti nella lira di un C. Nambi maschio ai 16 Settembre 1825, il quäle conteneva nello stesso organo 3 Spi- roptera verrucosa ; nel panse molti Amfistomi; e nell' entrata della lira alcuni grossi e molto grandi Amfistomi.

30. Stroagylus attenuatiis Molin.

Caput corpore continuum. haud alaturn; os limbo nudo; cor p us filiforme, capillare ; extremitas anterior attenuata. apice truncato; caudalis maris reeta; bursa biloba, lobis hemiellypticis , singulus 0 radiatus. duobus radiis posticis diver- gentibus; extremitas caudalis feminae acutissime conica; apertura vulvae in posteriori cor /iuris parte, amplissima, bilabiata. labio anteriori semilunari lobis duobus lateralibus,

352 m o i i ...

posteriori in bullam epidermoidalem trasparentem inflato. Lonyit. mar. 0007; fem. 0011.

Spiroptera Suis labiati: in Collect, brasil. Entoz. M. C. V.

Habitaculum. Dicotyles albirostris: in ventriculo, Aprili, Caicara (Natterer). M. C. V.

Osservazione. Io ho esaminato di quesla specie 3 individui maschi e 34 femine. Tutti erano benissimo conservati e perfetta- mente trasparenti. Non saprei dire perö se provengano da un solo animale perche nelle notizie di Natter er si trova che egli a Caicara ai 26 Aprile 1826 rinvenne in un Dicotyles albirostris femina alquanti Nematelmi color carne nel principio dello stomaco; e raolti altri simili elminti fra il muco dello stomaco, e nel principio dello stesso organo di un altro D. albirostris femina. Con questi elminti furono trovate negli stesse animali molte Spiroptera armata.

Prospetto

degli animali e dei loro organi nei quali furono trovati i Nematoidi descritti.

CLASSIS PISCES. Ordo Malacopterigii.

F a m i I i a Pleuronectides.

1 . Platessa F/esus C u v i er.

Dacnitis fusiformis Sp. Nr. 29. Intest.

CLASSIS REPTILIA.

Ordo Loricata.

F a m i 1 i a Crocodili.

2. Crocodüus acutus Cuvier. Ascaris helicina. Sp. Nr. 9. Yentr.

3. Champsa lucius YV agier.

Ascaris lauceolata. Sp. Nr. 4. Ventr.

Tienta specie di Nemaloidi. 353

4. Champsa nigra W agier.

Asciiris lanceolata. Sp. Nr. 4. Ventr.

Ordo Ophidia.

Faniilia Dermatophes.

J>. Ophis saurocephalus Wagler.

Heteracis anulata. Sp. Nr. 11. Intest.

Ordo Hemisauri. F a m i 1 i a Schici.

6. Scincus officinalis L a u r e n t i. Tropiducerca bispinosa. Sp. Nr. 17. ?

Ordo Sauri. Familia Lacertae.

7. Chrysolamprus ocellatus F i t z i n g e r. Oxyuris acanthura. Sp. Nr. 2. Intest. Oxyuris extenuata. Sp. Nr. 3. Intest, cras.

CLASSIS AVES.

Ordo Anseres. Familia Alcidae.

8. Alca Tor da Linne et Gmelin. Cosmocephalus alatns. Sp. Nr. 21. Oesoph.

Familia Laridae.

9. St er na Hirundo Linne et Gmelin.

Spiroptera capillaris. Sp. Nr. 25. Inter tun. ventr

10. Sterna risoria Brehm.

Cosmocephalus alatus. Sp. Nr. 21. Oesoph.

1 1 . Larus urgent atus B r ü n n i eh. Cosmocephalus alatus. Sp. Nr. 21. Prov.

354 m ° i i ».

12. Larns canus Linne et Gmelin. Ciismocephalus alatus. Sp. Nr. 21. Oesoph.

1 3. Larus fuscus Linne et G m e 1 i n. Cosinocephalus alatus. Sp. Nr. 21. Oesoph.

14. Larus marinus Linne et Gmelin. Cosinocephalus alatus. Sp. Nr. 21. Oesoph.

15. Larus maximus Brehm.

Cosinocephalus alatus. Sp. Nr. 21. Tun. intern, oesoph.

1 6. Larus medius B r e h m. Cosinocephalus alatus. Sp. Nr. 21. Ventr.

1 7 . Laras ridibundus Linne et Gmelin. Cosinocephalus alatus. Sp. Nr. 21. Oesoph.

F a m i I i a Anatidac.

1 8. Mergus Serrator Linne et Gmelin. Cosinocephalus alatus. Sp. Nr. 21. Oesoph.

Ordo Grallae.

F a m i 1 i a Scolopacidae.

19. Totanus hypoleucus Linne et Gmelin. Cosinocephalus alatus. Sp. Nr. 21. Oesoph.

20. Totanus maculatus Vi ei Hot. Cosmocephalus alatus. Sp. Nr. 21. Oesoph.

F a m i 1 i a Charadridae.

2 1 . Vanellus melanogaster Bech stein. Spiroptera gracilis. Sp. Nr. 23. Inter tun. ventr.

22. Glareola austriaca Latham.

Filaria spinulosa. Sp. Nr. 27. Inter tun. ventr.

F a m i 1 i a Ardeidae.

23. Ciconia Maguari T e m m i n c k.

Ascaris valdemucronata. Sp. Nr. 11. Prov. et ventr.

24. Eurypyga II el las II 1 ig e r.

Ancyracanthus bilabiatus. Sp. Nr. 18. luter tun. ventr.

25. Dicholophus Marcgravü II liger.

Ascaris laticauda. Sp. Nr. 5. Ten. et coec.

Trentn apecie di Nematoidi. 35o

Familia Palamedeidae.

26. Palamedea cor mit a Linn e et Gmeliu. Strongylus anjilatus. Sp. Nr. 28. Proyentr.

Ordo Stausores. F a m i 1 i a Cuculidae.

27. Crotophaga Ani L inn e et Gm e li n. Spiroptera saginata. Sp. Nr. 24. Ventr. et intest.

28. Cuculus melacoryph us V i e i 1 1 o t.

Subulura acutissima. Sp. Nr. 1. Ventr. et intest.

29. Cuculus Tinguacu Johannes Natter er. Spiroptera saginata. Sp. Nr. 24. Intest.

Familia Picidae.

30. Picus comntus L i c h t e n s t e i n. Ascaris spiralis. Sp. Nr. 10. ?

Familia Psittacidae.

31. Psittacus Macao Linne et Gmelin.

Elaplioceplutlus oetocornntus. Sp. Nr. 19. Ad basim digit. ped.

Ordo Passeres. Familia Stiirnidae.

32. Icterus cristatus T e m m i n c k. Spiroptera saginata. Sp. Nr. 24. Intest.

Familia Corvidae.

33. Corvus Cajanus Linne et Gmelin. Ascaris papulosa. Sp. Nr. 10. Intest. Spiroptera saginata. Sp. Nr. 24. Intest.

Familia Laniadae.

34. T/t amnoph ilus funebris L i c h t e n s t e i n . Spiroptera saginata. Sp. Nr. 24. Intest.

356 Mölln.

F a m i 1 i a Caprimulgidae.

35. Caprimulgus campestris L i c h t e n s t e i n. Heteracis suctoria. Sp. Nr. 14. Inter tun. ventr.

36. Caprimulgus gujanensis Linne et Gmelin. Spiroptera saginata. Sp. Nr. 24. Intest.

37. Caprimulgus leucopygus Spix. Spiroptera saginata. Sp. Nr. 24. Intest.

Ordo Accipitres.

F a rn i 1 i a Strigidae.

38. Stri.v atricapilla Johannes Natterer. Spiroptera saginata. Sp. Nr. 24. Intest. Subulura acutissiina. Sp. Nr. 1. Ventr. et intest.

39. Stria torquata L a t h a m.

Spiroptera saginata. Sp. Nr. 24. Intest.

F a m i 1 i a Falconidae.

40. Falco minutus V i e i 1 1 o t.

Dispharagus capitatus. Sp. Nr. 16. Ventr.

41. Falco Buteo Linne et Gmelin.

Ascaris angusticollis. Sp. Nr. 7. Inter tun. ventr.

42. Falco coronatus V i e i 1 1 o t.

Ascaris Microlabium. Sp. Nr. 6. Ventr. Spiroptera recticauda. Sp. Nr. 22. Ventr.

43. Falco furcatus Linne et Gmelin. Spiroptera saginata. Sp. Nr. 24. Intest.

44. Falco Haliaetos Linne et Gmelin. Ascaris angusticollis. Sp. Nr. 7. Intest, ten.

CLASSIS MAMMALIA.

Ordo Bisulca.

F a m i 1 i a Ccrvina.

4 5 . Cervus Nambi Johannes N a 1 1 e r e r. Strongylus bispinosus. Sp. Nr. 29. Ventr.

Trenta speeie di Nematoidi. 35 T

Ordo Multungula. V ;t in i I i ;i Setigera.

46. Dieotylcs albirostris II 1 ig e r. Strongytus attenuatus. Sp. Nr. 30. Veittr.

Ordo trlires. F a mili a Subungulata.

47. Dasiproctae Agtiti 1 1 1 i g e r.

Ueteracis verrucosa. Sp. Nr. 14. Ventr.

Ordo Carnivora. Famtlia Ursina.

48. Ursus Arctos hin ne.

Gongylonema coiitortum. Sp. Nr. 26. Oesopli.

F a m i 1 i a Folina.

49. Felis concolor Li nne.

Ascaris anterospiralis. Sp. Nr. 8. Ventr.

Indice (teile specie discritte.

IS'um. prog'. Num, del. sp.

1. Ancyracanthus bilabiatus Molin 18.

2. Ascaris angasticollis Molin 7.

3. anterospiralis Molin 8.

4. ., helicina Molin 9.

5. .. lanceolata Molin 4.

6. .. laticauda Molin 5.

7. .. Microlabium Molin 6.

8. .. papulosa Molin 10.

9. .. spiralis Molin 12.

10. ,. valdemucronata Molin II.

24* *

3IJ(S M o I i n. Trenta specie di Ne&natoidei.

N'uin. prog. Nuni. del sp.

11. Cosmocephalus alatus Molin 21.

12. Dacfiitis fusiformis Molin 20.

13. Dispharagus capitatus Molin 1(5.

14. Elaphocephalus octocornutiis Molin 19.

15. Filaria spinulosa Molin 27.

16. Gongylonema contortum Molin 26.

17. Heteracis anulatä Molin 13.

18. ,, suctoria Molin 15.

19. verrucosa Molin 14.

20. Qxyuris acanthura Molin 2.

21. extenuata Molin 3.

22. Spiroptera capillaris Molin 25.

23. gracilis Molin 23.

24. ,, recticauda Molin . . . 22.

25. saginata Dujardin, Char. einend 24.

26. Strongyhis anulatus Molin 28.

27. .. attenuatus Molin 30.

28. bispinosus Molin 29.

29. Subulura acutissima Molin 1.

30. Tropidocerca bispinosa Molin 17.

SITZUNGSBERICHTE

KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.

MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.

\l. band.

SITZUNG VOM 12. APRIL 1860.

10

23

359

X. SITZUNG VOM 12. APHIL 1860.

Herr. Prof. Hugo von Mohl in Tübingen dankt der Akademie für seine Wahl zum Ehrenmitgliede.

Herr W. Simerka, suppl. Gymnasiallehrer in Budweis, über- sendet eine Abhandlung: „Lösung der Gleichung xz = My-\-rnu.

Das c. M. Hr. Prof. Helmholtz übersendet eine von ihm in Gemeinschaft mit Herrn G. v. Piotrowski verfasste Abhandlung: „Über Beibung tropfbarer Flüssigkeiten".

Herr Prof. Ludwig überreicht eine Abhandlung des Herrn Dr. Einbrodt aus Moskau: „Über den Einfluss der Athembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck".

Herr Prof. Kner liest eine „Übersicht der ichthyologischen Aus- beute während der Heise Sr. M. Fregatte Novara"; ferner eine Notiz „Über Belenesojc belizanus, nov. gen. et spec. aus der Familie der Cyprinodonten" .

Herr Prof. Ed. Suess hält einen Vortrag: „Über die Spuren eigenthümlicher Eruptionserscheinungen am Dachsteingebirge".

An Druckschriften wurden vorgelegt :

Academy of science of St. Louis. Transactions. Vol. I, Nr. 3. St. Louis, 1859 ; 8«-

Akademie der Wissenschaften, königl. Preussische. Abhandlun- gen. Zweiter Supplementband zu 1854, und Jahrgang 1858. Berlin, 1859; 4°-

Annalen der Chemie und Pharmacie, herausgegeben von F. Wo li- ier, J. Liebig und H. Kopp. N. B. Band XXXVII, Heft 3. Leipzig und Heidelberg, 1859; 8°-

25*

360

Association, American, for the advancement of science, Procee-

dings. Vol. XII, 1858. Cambridge, 1859; So- Astronom ische Nachrichten , Nr. 1242 47. Altona, 1860; 4°- Anstria, herausgegeben von Dr. Gustav Höfken. Jahrgang XII.

Heft 13—15. Wien, 1860; 4°- Cos mos, XPme annee, vol. XVI, livr. 12—14. Paris, 1860; So- Forchhammer, G., Om sövandets best-.mddele og deres fordeling

i havet. Kjobenhavn, 1859; 4°- Gazette medicale d'Orient. IU1^1" annee, Nr. 12. Constantinoplo.

1860; 4«- Gesellschaft, Senkenbergische naturforschende. Abhandlungen.

Band III, Lief. 1. Frankfurt a/M, 1859; 4«- Gottlieb, Dr. .!., Lehrbuch der pharmaceutischen Chemie. Band I,

2; II, 1. und 2. Hälfte. Berlin, 1857; 8°- Kiel, Schriften der Universität aus dem Jahre 1858. Kiel, 1859; 4n- Land- und forstwirtschaftliche Zeitung, red. von Dr. J. Aren- stein. Jahrgang X, Nr. 9 11. Wien, 1860; 8°- Mittheilungen aus Just. Perthes1 geographischer Anstalt von

Dr. A. Peter mann. 1860, März; 4°- Reichsanstalt, k. k. geologische. Sitzung am 27. März 1860; 8°- Sella, Quintino, Teorica e pratica del regolo calcolatore. Torino,

1859; 16o- Society, Elliot-, of natural history of Charleston. Proceedings. Vol. I. Nov. 1853, Dec. 1858. Charleston, 1859; 8«'- Constitution and by-laws. 1857; 8«- Swallow, G. C, Geological report of the country along the line of the South- Western brauch of the pacific railroad, state of Mis- souri. St. Louis, 1859; So- Verein, Österreichischer Ingenieur-. Zeitschrift, red. von Dr. Jos.

Herr. XII. Jahrgang, Februar. Wien, 1860; 4o- Wiener medizinische Wochenschrift, red von Dr. W7i ttelshöfer,

Jahrgang X, Nr. 12—14. Wien, 1860; 4o- Zeitschrift für Chemie und Pharmacie, red. von Dr. E. Erlen- meyer und G. Lewin st ein, III. Jahrgang, Heft 4. Erlangen, 1860; So-

361

ABHANDLUNGEN UND MITTHEILUNGEN.

Über den Einfluss der Athembewegungen auf Herzschlag und

Blutdruck.

Von Dr. Einbrodt aus Moskau.

(Vorgelegt von Prof. K. Ludwig1) in der Sitzung vom 12. April 1860.) (Mit 1 Tafel und 1 Holzschnitt.)

Eine Reihe von Versuchen, die ich auf Herrn Professor L u d w i g's Vorschlag in dessen Laboratorium anstellte, führte zu Thatsachen und Anschauungen , die zur nähern Würdigung des Einflusses der Athembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck einige neue Anhalts- punkte bieten. Die gewonnenen Ergebnisse erlaube ich mir daher im Nachfolgenden mitzutheilen.

Unter dem Einflüsse des Athmens erleiden die Schlagfolge des Herzens und die Spannung des Blutes eine Veränderung, die bis jetzt weder eine richtige Deutung, noch eine genügende Erklärung erfahren hat. Es ist bekannt, dass die Veränderung in der Spannung des Blutes den beschleunigenden Kräften zugeschrieben wird, die

') Zwei Bestimmungsgriinde liessen es rathlich erscheinen , das schon früher von mir behandelte Thema von Neuem aufzunehmen. Zuerst der Wunsch die Erklärung der Erscheinungen, die mir vor mehr als 12 Jahren nicht gelungen war, auf Grund- lage des heutigen Standes der Wissenschaft zu versuchen; nächst dem aber hatte ich mich durch einige vorläufige Versuche überzeugt , dass ich in meiner früheren Arbeit die an und für sich richtigen Thatsachen nicht richtig verknüpft hatte, und dass namentlich bei der Vergleichung der Puls und Athemcurven ein Fehler unter- gelaufen war. Unter diesen Umständen musste ich es Herrn Dr. Einbrodt grossen Dank wissen , als er sich enlschloss den Gegenstand von Neuem und zwar in ausgedehntester Weise zu bearbeiten.

362 Einl.ro dt.

durch die Athembewegungen dem Herzen und den grossen Blutge- fässen mitgetheilt werden, und dass die veränderte Schlagfolge des Herzens mit einem veränderten Erregungszustande der N. vagi in Beziehung gedacht wird. In der Blutvertheilung ist von Ed. Weber ') und Donders3) ein neues Element zur richtigen Beurtheilung der uns beschäftigenden Frage angedeutet, aber nicht genügend ausge- beutet worden.

Die Erscheinungen , die durch die Athembewegungen eine Änderung erleiden und bei der Frage über den Einfluss des Athmens zunächst in Betracht kommen, entziehen sich einer genauen Analyse, weil sie alle aus verschiedenen und dabei immer wechselnden Ele- menten zusammengesetzt sind, in ihrem Auftreten daher nie als ein- fache zur Beobachtung gelangen; so ist bekanntlich die Schlagfolge des Herzens eine aus vielen Grundelementen abgeleitete: denn es wirken auf dieselbe die Reizbarkeit des Herzens (seiner Muskeln, Nerven und motorischen Centra), der Erregungszustand des verlän- gerten Markes und der N. vagi, die in so grossen Breiten wechselnde Blutfülle des Thieres , die Temperatur des in's Herz einströmenden Blutes u. s. w. Ebenso ist die Spannung des Blutes eine wechselnde, je nach der dem Herzen zu Gebote stehenden Blutmasse, nach den Widerständen in den Capillaren, nach dem Autheil, der von den ent- wickelten Herzkräften dem Blute zu Gute kommt etc. Die Athembe- wegungen selbst üben auf die vorhin genannten Verhältnisse und namentlich auf die Blutvertheilung und den Zutluss von Blut zum Herzen, selbst an einem und demselben Thiere, einen verschieden grossen Einfluss aus, je nach der Tiefe und Dauer ihrer einzelnen Acte, und bei verschiedenen Thieren selbst bei gleicher Tiefe und Dauer dieser letztern je nach besondern constitutionellen Verhält- nissen.

Es ist also klar, dass, wenn man den Einfluss der Athembewe- gungen näher verfolgen will, man so viel als immer thunlich sie in ihrem Einflüsse verstärken, ihnen das Übergewicht zu verschaffen suchen muss über die sie störenden und in ihrer Wirkung beein- trächtigenden Momente.

») Leipziger Berichte 1850, I. p. 2«.

«) Zeitschr. f. rat. Medizin. N. ?. Bd. III, 18.'.;». p. 287 und Bd. IV, tSü-i. p. 241 und Nederl. Lancet. I). V, p. 364.

Üher den Einfluss der Atheinlipwegungen auf Herzschlag und Blutdruck. 363

Der erste und ihnen als solchen zukommende Einfluss der Athembewegungeo ist aber derjenige, dass sie die in der Brusthöhle gelegenen Organe, je nach ihren verschiedenen Acten und je nach der verschiedenen Tiefe und Dauer derselben, unter verschiedene Spannung versetzen. Ist es möglich, die unter dem Einflüsse des normalen Respirationsactes eintretenden Spannungsunterschiede und ihre weiteren Folgen während längerer Zeit künstlich nachzuahmen und willkürlich zu steigern, dabei aber auf die verschiedenen ange- deuteten Elemente (Blutfülle des Herzens, Erregungszustand der N. vagi etc.) einen directen Einfluss auszuüben, so ist damit zugleich auch die Hoffnung in Aussicht gestellt, in das Wesen des zu erfor- schenden Einflusses näher einzudringen. Bis zu einem gewissen Grade kann nun die künstliche Erzeugung des Respirationsdruckes, des positiven Ausathmungs- als auch des negativen Einathmungs- druckes, wirklich bewerkstelligt werden1) und die erste Aufgabe, die mir bei näherer Überlegung der uns beschäftigenden Frage ent- gegentrat, bestand also darin, einen verschieden starken Respirations- druck (positiven sowohl als negativen) künstlich herbeizuführen und seine Wirkungen auf Herzschlag und Blutdruck , unter verschieden abzuändernden Verhältnissen, möglichst genau zu verfolgen.

Ist dieser Einfluss des künstlich erhöhten Respirationsdruckes scharf und genau aufzufassen, so ergibt sieh dann die zweite Auf- gabe — den Einfluss des gewöhnlichen Athmens durch directe Beob- achtung so genau als möglich festzustellen und die beim erhöhten Respirationsdrucke gewonnenen Thatsachen mit den beobachteten Anschauungen in Einklang zu bringen.

1.

Indem wir jetzt zur Besprechung der eingeschlagenen Verfah- rungsarten und der durch sie gewonnenen Thatsachen übergehen, fassen wir zunächst den positiven Respirationsdruck in's Auge.

A. Positive Drücke lassen sich künstlich leicht erzeugen, wenn die mit dem Lungenraum des Thieres communicirende Luft

') Die Erzeugung an Thieren künstlicher Respirationsdrucke ist schon von bouders versucht, aber nicht weiter verfolgt worden.

•Jß4 E inbr o d t.

unter erhöhte Spannung gebracht wird. Dieser Anforderung wurde in meinen Versuchen folgendermassen entsprochen.

In eine grosse, etwa 16 Litres fassende Glasflasche (siehe die Tafel I) war durch den Hals derselben eine ungefähr 2 Meter hohe und 15 Millim. breite Glasröhre, die fast bis auf den Boden der Flasche reichte, luftdicht eingekittet; durch einen Kautschukschlauch stand das obere Ende der Röhre mit einer Handpumpe in Verbindung, mittelst deren Wasser in die Röhre eingepumpt und die Luft im Behälter unter beliebig hohen Druck gebracht werden konnte; zur Entleerung des angesammelten Wassers diente ein in die Flasche dicht am Boden eingefügter Hahn , zur Erneuerung der durch das Athmen verdorbenen Luft eine in den Hals der Flasche eingelassene und mit einem Hahn zu verschliessende Glasröhre. Die unter erhöhte Spannung versetzte Luft wurde dem Thiere durch ein gebogenes Glasrohr zugeleitet, welches einerseits in den Luftbehälter ausmün- dete, andererseits aber durch einen Kautschukschlauch mit einer in der Trachea des Thieres befestigten Glascanüle in Verbindung gebracht wurde; dieses Zuleitungsrohr besass einen Hahn mit andert- halbfacher Bohrung, wodurch es möglich wurde, das Thier durch eine einfache Drehung des Hahns entweder unter erhöhtem Drucke oder frei in die Atmosphäre athmen zu lassen.

Zur Verzeichnung der Respirationsbewegungen brauchte ich den schon früher beschriebenen Fühlhebel i), dessen Klammer mit dem Brustkorb an verschiedenen Stellen in Verbindung gebracht wurde. Zur Ausmessung des mittlem, auf gewöhnliche Weise an der Arteria Carotis verzeichneten Blutdruckes diente ein WetlPsches Planimeter. Zu den Versuchen wurden Hunde verwendet, die in der Mehrzahl der Fälle durch Opiumtinctur betäubt waren.

Fragen wir vor Allem, inwieweit der durch unser Verfahren herbeigeführte Zustand mit dem bei der gewöhnlichen Ausathmung stattfindenden übereinkommt, so müssen wir zunächst die grosse Analogie hervorheben, die unsere Versuche mit erhöhtem künstlichen -f-ÄZ)8) zu dem bekannten Experimente bieten, das zuerst von Ed. Weber über den Ausathmungsdruck bei gehindertem Lnflaus-

') Wiener Sitzungsberichte, Bd. XXXVIII, |>. 345. *) -+- R D = positiver Respirationsclruck.

Über den Einfluss der Athembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck. 3Hh

tritte angestellt wurde, es aber der nachfolgenden Darstellung über- lassen, diese Analogie in ihre Einzelheiten zu verfolgen.

Bei näherer Überlegung ergibt sich , dass der durch unser Verfahren gesetzte Zustand der Brusthöhle und der in ihr gelager- ten Organe in seinen Grundbedingungen mit demjenigen überein- stimmt, der durch den gewöhnlichen Exspirationsdruck bedingt wird, indem durch beide, freilich auf ganz verschiedenen Wegen, eine Verdichtung der in den Lungen enthaltenen Luft und eine Zunahme der auf den Brusteingeweiden lastenden Spannung herbeigeführt wird; dass aber zwischen beiden, schon ganz abgesehen von dem sehr wichtigen Unterschiede in der Gradation der gesetzten Verän- derungen, die bei dem künstlich gesteigerten -f- BD ihren höchsten Werth erreichen können, auch einige andere nicht unwesentliche Unterschiede bestehen. So wird durch unser Verfahren der Über- gang des Blutes aus der einen Herzhälfte in die andere in Folge der grossen Ausdehnung der Lungen nach P oiseui lies *) Versuchen erschwert werden müssen; so wird die Aorta eine Dehnung und ihre Bäumlichkeit eine Zunahme erfahren; so werden die Venen an der oberen Apertur des Brustkastens mehr oder weniger gedrückt und verschlossen werden, lauter Umstände, die der gewöhnliche Ausathmungsdruck nicht in seinem Gefolge hat.

Die Autopsie von Hunden, die unter dem Einflüsse eines beste- henden hohen -f- RD zu Grunde gehen, zeigt einen Zustand der Brust und Baucheingeweide, wie er während des Lebens sonst wohl nie vorkommt. Die Lungen erfahren eine ungemein grosse Ausdeh- nung, wobei nothwendig ein Druck auf das Herz und die grossen Gefässe ausgeübt wird und namentlich die grösseren Venen an der obern Apertur des Brustkastens zusammengedrückt werden; das Dia- phragma wird in die Bauchhöhle hinein gedrückt und ist sehr stark gefaltet; die Leber wird unter die Hypochondrien gedrängt, ihr unterer Band erstreckt sich bis unter die Stelle, die der Vorhaut ent- spricht. Alle in der Brusthöhle enthaltenen Organe sind äusserst blutleer, die Leber dagegen und die Nieren weisen einen bedeuten- den Blutreichthum vor; aus dem mit den grossen Gefässen abgebun- denen Herzen gewann ich an einem Hunde eine Quantität Blut, die

') Comptes rendus. T. 41.

3ftf) E i ii b m d t.

sich nach einer annähernden Schätzung (die Gesammtmasse des Blutes zu 7% ('es Körpergewichtes angenommen) nur als der zwan- zigste Theil der gesammten Blutmasse erwies.

Indem wir zu den beobachteten Wirku ngen des künstlichen -f- RD übergehen, wobei wir beobachtete Thatsachen und Erklärungs- versuche in natürlicher Verknüpfung nebeneinander stellen, unter- scheiden wir diese Wirkungen, je nachdem sie im Beginn der Ausübung des -f- RD, während der Dauer seines Beste- hens oder endlich i n der Zeit nach Aufhebung desselben zur Beobachtung gelangen.

1 . Während der -f- RD von Null bis zu seinem Maxi- mum ansteigt, wirkt er auf das in der Brust enthaltene Blut als beschleunigende Kraft, die sich zum Herzdruck addirt; diese Wir- kung spricht sich in unseren Versuchen darin aus, dass die mittlere Spannung des Blutes im arteriellen System im ersten Momente des ausgeübten -f- RD regelmässig einen Zuwachs erleidet, der zwar verschieden gross ausfallen kann und sich in seiner Grösse nach der Stärke des RD richtet, immer aber nur so lange besteht, als der RD im Ansteigen bis zu dem ihm im einzelnen Falle zukommenden Maximum begriffen ist. Die unten beigefügte Tabelle I enthält für die ausgesprochene Behauptung die nöthigen Zahlenbelege (Versuche Nr. 15, 32, 41 der Tabelle).

2. Während seines dauernden Bestehens erzeugt der -f- RD Wirkungen, die von den eben erwähnten sehr abweichen und im Allgemeinen sich nach der Grösse des RD richten.

Diebeobachteten Wirkungen des bestehenden -{- RD waren folge n de:

a) D e r -f- RD erschwert d i e A t h e m b e w e g u n g e n \\\n\ hebt sie bei genügender Grösse vollständig auf.

Bei einem möglichst geringen -\- RD (etwa bei 10 Millim. Hy) erfahren die Athembewegungen nur insofern eine Veränderung, als sie, wenn auch unbedeutend, erschwert werden. Nimmt der -f- RD zu (etwa von 10 bis 20 Millim. Hg), so werden die Athembewegun- gen mühsam und es verändert sich zugleich ihr Rhythmus, die Inspi- ration erfolgt rasch und ist eine ausserordentlich kurze, die Exspi- ration dagegen wird sehr mühsam und nimmt eine viel längere Zeit in Anspruch; der Exspiration folgt in der Begel eine lang anhaltende

Ül»er den Einflnss der Athembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck. 367

Pause. Bei noch weiterer Steigerung des -j- RD (über 20 Milim. Hg) bleiben die Athembewegungen längere Zeit hindurch vollständig aus, und zwar ist dieses eine ganz regelmässige constante Erscheinung ; zuweilen kehren sie auch wieder bei fortdauerndein -|- RD , aber immer nur wenn dieser letztere unter der Höhe von 35 Millim. Hg bleibt und auch dann erscheinen sie nur nach längeren Zwischen- räumen; nach jeder mehr weniger tiefen Inspiration folgt eine längere Pause. Das Ausbleiben der Athembewegungen kann sehr lange anhal- ten; ich habe in sehr zahlreichen Fallen die Athembewegung wäh- rend mehrerer Minuten ausbleiben sehen.

Die Erklärung dieser Erscheinungen liegt nahe. Ein schwacher -(- RD kann in den Athembewegungen keine grosse Veränderung bewirken ; die auf der Luft lastende Wassersäule hat nur eine geringe Höhe und kann daher bei einigermassen gesteigerter Anstrengung gehoben werden; es wird daher das Thier, um den nöthigen Luft- austausch zu ermöglichen, nur einer grössern Anstrengung bedürfen, als beim Athmen im freien Luftraum. Bei höherem -|- RD wird die Inspiration verhältnissmässig noch leicht erfolgen können, da sie bis zu einem gewissen Grade durch die auf der Luft lastende Span- nung unterstützt wird; es wird, so zu sagen, Luft in die Lunge ein- gepresst; bei der Exspiration dagegen muss diese Spannung über- wunden werden und dazu bedarf es schon einer bedeutenden Contrac- tions-AnstrengHiig von Seiten der Exspiratoren , deren Tliätigkeit noch unterstützt wird durch die in Folge der Ausdehnung wachsen- den elastischen Kräfte der Lungen. Ist die Exspiration vollendet, so gewinnt natürlich die auf der Luft liegende Spannung die Ober- hand und es müssen daher kurze und leicht erfolgende Inspirationen mit mühsamen und lange anhaltenden Exspirationen abwechseln, ganz in Übereinstimmung mit der Wahrnehmung. Erreicht der -f- RD einen noch hohem Werth, so überwindet er die elastische Gegenwirkung der Lungen und das Zusammenziehungsbestreben der Exspirations- muskeln, dehnt die Lunge und den Brustkorb bedeutend aus und macht jeden Luftaustausch unmöglich; mit einem Worte, beim hohen -f- RD bleiben die Athembewegungen vollkommen aus.

Das beim massigen -[- RD zuweilen zu beobachtende Wieder- erscheinen der Athembewegungen ist wahrscheinlich die Folge der Zunahme, welcbe die Contractiunsfähigkeit und Heizbarkeit der Exspirationsmuskeln während der anhaltenden Ruhe erfährt; sie

;jH8 e i n i. .• (. (i t.

äussert sich in der Bewerkstelligung einer Exspiration, auf welche wiederum in Folge der Luftspannung eine Inspiration folgt, nach deren Ablauf die Athembewegungen wieder ausbleiben. Besteht ein massiger -j- RD wahrend längerer Zeit, so kann sich natürlich dieser Vorgang mehrere Male wiederholen.

Es ist besonders zu betonen, dass während der Ausübung eines -f- RD die Athembewegungen sehr lange, mehrere Minuten lang aus- bleiben können, ohne auf das Thier einen nachtheiligen Einfluss zu äussern und ohne Erstiekungsnoth herbeizuführen. Die Ursache dieser interessanten Erscheinung- muss wohl in dem Umstände gesucht werden , dass in Folge des -f- RD die Luft dem Thiere verdichtet zugeführt wird und, wie wir weiter unten sehen werden, eine bedeu- tende Anhäufung von Blut im Gehirn bewirkt; dadurch wird, wenn man sich so ausdrücken kann, ein Vorrath von Sauerstoff dein verlängerten Marke geboten, und es fehlt daher die Ursache zur Erregung der auto- matischen Respirationsorgane; durch die Versuche mit dem negativen Respirationsdrucke wird diese Anschauung wesentlich unterstützt.

Aus einem andern Grunde noch verdient das Ausbleiben der Athembewegungen unsere Beachtung: es ist dies nämlich der einzige Fall , in Folge dessen man Blutdruckcurven erhält , die von dem Ein- flüsse der Respiration vollkommen frei sind, in denen jeder Herzschlag dem vorhergehenden und nachfolgenden gleich ist und i\ev Blut- druck nur diejenigen Schwankungen zeigt, die von den Zusammen- ziehungen des Herzens abhängig sind.

b) Der positive Respirationsdruck erschwert den Zufluss des Blutes zum Herzen, mindert den Nutz- effect des Herzens und setzt die Spannung des Blutes im Aortensysteme herab.

Dieser Einfluss steht dem -f RD in Folge einer zweifachen Wirkung zu , einmal nämlich weiden das Herz und die grossen Gefässe unter höhere Spannung versetzt, wodurch die Entfernung des in der Brusthöhe vorhandenen Blutes begünstigt, das genügende Nachströmen dagegen erschwert wird; zweitens aber wirkt der hohe 4- RD auch mechanisch, indem durch die sich übermässig auf- blasenden Lungen das Herz und die grossen Gefässe, namentlich die nachgiebigen Venen, zusammengedrückt werden, wodurch wiederum der Eintritt neuen Blutes in's Herz erschwert wird.

Über den Einfluss der Athembeweg"tingen auf Herzschlag und Blutdruck. 36f)

Die zuerst genannte Wirkung, d. h. die erhöhte Spannung, unter welche die in der Brusthöhle an der äussern Lungenoberfläche gela- gerten Organe in Folge eines -f- RD versetzt werden, ist der directen Messung zugänglich; ich wählte dazu , aus leicht einleuchtenden Gründen, den rechten Vorhof, in den ich durch die Vena jugularis externa hindurch einen elastischen Katheter einführte; während des Bestehens eines -+- RD von 125 Millim. Hg stieg die Spannung des Blutes im rechten Vorhof, die vor Ausübung des RD 45 Millim. Hg betrug, auf 30 6 Millim. Hg und kehrte nach dessen Aufhebung nur sehr allmählich nahezu auf ihren frühern Werth zurück, ein genü- gender Beweis, wie bedeutend die durch die Athmung gesetzten Spannungsunterschiede unter Umständen werden können.

Die zweite mechanische Wirkung des -|- RD, die Zusammen- drückung des Herzens und der grossen Gefässe , wird durch die Autopsie hinlänglich bestätigt.

Die gemeinschaftliche Folge dieser doppelten Wirkungsweise des -f- RD ist also eine Minderung der Blutfüllung des Herzens und folglich auch eine Minderung seines Nutzeffectes und spricht sich in unseren Versuchen darin aus, dass während der Dauer des beste- henden -j- RD der mittlere Blutdruck im Aortensysteme bei fort- dauerndem Herzschlage eine Abnahme erleidet, die Spannung des Venenblutes dagegen durch Stauung gesteigert wird.

Im Allgemeinen kann behauptet werden, dass die Abnahme, die der arterielle Blutdruck erfährt, zu der Grösse des ausgeübten -j- RD im Verhältniss steht; sie ist schon bei einer geringen Höhe des RD genügend ausgesprochen , erreicht aber einen um desto höhern Werth, je weiter der Druck gesteigert wird, und kann dann eine ungemein bedeutende werden; so habe ich Fälle beobachtet, wo der arterielle Blutdruck bis auf ein Zehntel seines ursprünglichen Wer- thes herab sank.

Dieses Absinken des arteriellen Blutdruckes zum Herzen ist also eine Folge der durch den gehinderten Bückfluss des Blutes zum Herzen bedingten geringern oder grössern Blutleere der Arterien ; so lange aber diese letztere keinen zu hohen Grad erreicht, so lange über- haupt anstatt des Abfliessenden noch etwas Blut in's Herz nachströ- men kann, so lange bleiben auch die Zusammenziehungen des Her- zens für den Blutdruck wirksam, d. h. in der Blutdruckcurve sicht- bar; erreicht dagegen in Folge des steigenden -f- RD die Blutleere

370 Einbrodt.

der Arterien einen bedeutenden Grad, so vermögen die Zusammen- ziehungen des Herzens den geringen Blutinhalt im Arteriensystem nicht mehr in genügende Spannung zu versetzen; es verschwindet jetzt in der Blutdruckcurve der Ausdruck der Herzschläge , trotz ihres Fortbestehens, und der Blutdruck wird nun horizontal verzeichnet. Es muss hervorgehoben werden , dass diese für unsere Versuche mit dem -\- BD so charakteristische Erscheinung der horizontalen Aufzeichnung des arteriellen Blutdruckes unter Umständen unge- wöhnlich lange andauern kann; so finden sich in der beigefügten Tabelle Fälle verzeichnet, wo der Blutdruck im Laufe von mehr als zwei Minuten horizontal verzeichnet wurde (Versuche Nr. 37 und 423, Tabelle I). Ich hebe hier noch besonders hervor, dass ich mich bei dieser Erscheinung von dem Fortbestehen der Bewegungen des Herzens mittelst in's Herz eingestochener Nadeln überzeugt habe.

Dass die Abnahme, die der arterielle Blutdruck erfährt, und sein horizontales Verzeichnen bei fortbestehendem Herzschlage ihre Erklärung in der eintretenden Blutleere der Arterien finden muss, kann noch auf einem andern Wege bestätigt werden; führt man nämlich, wie ich den Versuch am Hunde angestellt habe, in den rechten Vorhof durch die V. jugularis externa hindurch einen Katheter ein, an dessen Ende eine feine Blase (die Hainblase eines Kaninchens) aufgebunden ist, und versucht es, die Blase durch den hohlen Katheter hindurch im rechten Vorhof aufzublasen , so wird man genau dieselben Erscheinungen wie für den -f- RD beobachten; auch hier erfährt der arterielle Blutdruck mit wachsendem Aufblasen eine steigende Abnahme; auch hier wird diese dem Herzschlage ent- sprechende Excursion der Druckcurve schwach und klein, auch hier endlich wird bei genügendem Aufblasen der Blutdruck horizontal ver- zeichnet und sogar Herzstillstand erzeugt; diese Thatsachen können nicht auffallen, da sie eine naheliegende Erklärung zulassen. Durch das Aufblasen werden nämlich die Venenmündungen verlegt (wie ich mich durch Autopsie überzeugt habe) und das Einströmen des Blutes in's Herz gehemmt, resp. aufgehoben, also Blutleere im arteriellen Systeme erzeugt; auch hier wird also der Nutzeffekt des Herzens gemindert, und diese Minderung spricht sich auch hier in dem Absin- ken der Excursionen der einzelnen Herzschläge und des mittlem Blutdruckes aus.

Über den Einfluss der Athembewegungen auf Herzschlag uud Blutdruck. 371

Der mittlere Blutdruck im Arteriensystem erfährt bei beste- hendem -f- BD nicht selten Veränderungen, die theils mit den Athem- bewegungen zusammenhängen und in diesen ihre Erklärung finden, theils aber, durch andere Umstände herbeigeführt, unabhängig davon auftreten.

Wenn bei bestehendem + BD die vorher ausgebliebenen Athem- bewegungen sich wieder einstellen, so ändert sich momentan auch der Werth der Blutspannung; sowie eine Inspiration eintritt, erfährt der Blutdruck einen Zuwachs, wobei auch die Zahl der Herzschläge vermehrt wird; in der Mehrzahl der Fälle erreicht jedoch der Blut- druck seinen ursprünglichen Werth dabei nicht; wurde vorhin der Blutdruck horizontal verzeichnet , so werden nun während der Zunahme des Blutdruckes auch die Herzschläge in der Blutdruck- curve wieder sichtbar. In der weitaus grössten Mehrzahl der Fäll e dauert jedoch dieses Ansteigen des Blutdruckes nicht lange; ist die Inspiration vorüber, so sinkt auch der Blutdruck, unter gleichzeitiger Abnahme der Zahl derHerzschläge, nahezu zu seinem frühern Werthe zurück, um unter Umständen wieder horizontal verzeichnet zu werden. Eine Inspiration kann aber, bei bestehendem BD, wie wir gesehen haben, mehrere Mal auftreten, und dem entsprechend steigt auch der Blutdruck jedesmal an. Die Tabelle enthält für diese Beob- achtung genügende Zahlenbelege (Versuche Nr. 10, 18, 26 der Tabelle I).

Der Grund für diese Erscheinung ist leicht einzusehen; durch die auftretende Inspiration wird das Einströmen von Blut in's Herz, wenn auch vorübergehend , wieder ermöglicht und es werden daher in dem nachfolgenden Zeitmomente die Arterien wieder mit Blut ver- sehen; die Füllung und Spannung erfährt also eine rasche und bedeu- tende Steigerung. Auf die Ursache der Zunahme der Zahl der Herz- schläge komme ich an einer andern Stelle zu sprechen. Aber diese Beihe von Vorgängen kann nicht lange anhalten, nach vollbrachter Inspiration bleiben die Athembewegungen bei fortbestehendem -j- BD wieder aus , das abfliessende Blut wird nicht genügend durch neu- zuströmendes ersetzt , die Blutleere der Arterien macht sich von Neuem geltend.

Aber selbst, wenn bei hohem -J- BD keine Athembewegungen eintreten, so wird doch zuweilen für den Blutdruck (und Herzschlag) dieselbe Beihe von Erscheinungen wahrgenommen und zwar ent-

372 E i n r o (1 t.

weder in Folge von Bewegungen der Gliedmassen und des Kopfes und Zusammenziehungen der Bauchmuskeln oder scheinbar spontan, ohne äusserlich wahrnehmbare Ursache (Versuche Nr. 11 , 19 , 43 der Tabelle I). Diese Erscheinung fällt in ihrem Grunde mit der oben erwähnten zusammen. Was dort die Inspiration bewerkstelligte, das leistet hier der durch die Bewegungen eingeleitete Druck auf die Venen oder die in den Venen in Folge der Aufstauung bis zu einem gewissen Grade gesteigerte Spannung ; alle diese Einflüsse werden nämlich nur dadurch wirksam, dass sie eine vorübergehende Füllung des Herzens (resp. der Arterien) ermöglichen. Durch die Bewegungen der Gliedmassen, durch Contractionsanstrengungen der Bauchmuscheln wird nämlich mehr oder weniger der Verschluss der Venen aufgehoben und das Blut iVs Herz wieder eingepresst, oder es steigt (so müssen wir die spontane Blutdruckerhöhung erklären) die Spannung in den Venen in Folge der Stauung allmählich bis zu dem Grade an, dass sie endlich den Verschluss der Venenmündungen überwindet und eine bestimmte Quantität Blut , die für den Strom wieder nutzbar gemacht wird, in's Herz einpresst. Aber auch hier, wie nach eingetretener Inspiration, kann das Steigen des Blut- druckes nicht lange anhalten; der auf die Venen durch Bewegungen oder Bauchpresse ausgeübte Druck ist immer nur vorübergehend und in Folge der theilweisen Entleerung des Blutes aus den Venen sinkt auch die Spannung in ihnen; es wird daher jede Ursache zum weitern Einströmen von Blut in's Herz aufgehoben, die Arterien ent- leeren sich wieder des ihnen zugeführten Blutes, und ihr Inhalt kommt dadurch neuerdings unter geringere Spannung. Neue Bewegung, neue Stauung des Blutes und Steigerung des Druckes in den Venen kann den Vorgang nach einer gewissen Zeit wieder hervorrufen, und es kann daher die Steigerung des arteriellen Blutdruckes im Laufe des Versuches nach längeren oder kürzeren Zwischenräumen perio- disch wiederkehren.

Dass die hier versuchte Deutung der spontanen Steigerung des Blutdruckes bei bestehendem -f BD die richtige ist, beweist ein sehr einfacher Versuch; wird nämlich während der Dauer eines -f BD, wenn der Blutdruck gesunken ist oder selbst horizontal verzeichnet wird, die Ursache der Erscheinung nachgeahmt, d. h. ein Druck mit der Hand auf die Halsvenen oder auf den Bauch ausgeübt, so erscheint sofort eine Steigerung des Blutdruckes, die mit einer Zunahme der

Über den Elnfluss der Athembeweguuigen auf Herzschlag und Blutdruck. 373

Frequenz der Herzschläge im Zusammenhange auftritt (Versuche Nr. 44, 45 der Tabelle I).

Wir haben oben gesehen, dass der hohe -\- RD in Folge einer zweifachen Wirkungsweise die Zufuhr des Blutes zum Herzen mehr oder weniger erschwert und aufhebt, das Blut in den Venen staut und dessen Spannung daher vermehrt. Es ist aus theoretischen Gründen ohne Weiteres klar und bedarf wohl kaum des Beweises, dass der bestehende hohe -f- RD eine Zunahme in der Spannung des Venenblutes nothwendig zur Folge haben inuss; ich habe mich aber zum Überfluss auch von dieser Thatsache durch directe Messung des Venendruckes überzeugt. Lässt man den Druck in der V. jugularis externa graphisch verzeichnen und übt dabei einen hohen -\- RD aus, so wird man regelmässig finden, dass während der Dauer desselben die Spannung in der Vene eine bedeutende Zunahme erfährt, die so lange anhält, als der -f- RD selbst und nach dessen Lösung wieder ausgeglichen wird. So fand ich, um ein Beispiel anzuführen, in einem Versuche während der Ausübung eines -f- RD von 65 Millim. Hg eine Erhöhung des Venendruckes von 27 Millim. Hg auf 1 1-7 Millim. Hg, also mehr als um das Vierfache; in einem andern Versuche bei einem -f- RD von 125 Millim. Hg stieg während der Dauer desselben die Spannung in der Vene von ihrem ursprünglichen Werthe von 4-5 Millim. Hg auf 171 Millim. Hg.

c) Der positive R e s p i r a t i o n s d r u c k verändert die Schlagfolge des Herzens und zwar auf doppelte Weise, indem er einmal eine d i r e c t e H e r z r e i z u n g e r z e u g t u n d zweitens eine V a g u s r e i z u n g bedingt.

Bei bestehendem -f- RD verhalten sich die Herzschläge sehr ver- schieden, wie es ein Blick auf die beigefügte Tab. I leicht lehren wird.

In der Mehrzahl der Fälle erleidet die Zahl der Herzschläge während der Dauer eines niedrigen oder massigen -f- RD (etwa bis 30 oder 40 Millim. Hg) eine Abnahme, die Herzschläge werden sel- tener; es kommen aber auch Fälle vor, wo die Zahl der Herzschläge keinerlei Veränderung erfährt oder selbst eine sehr geringe Zunahme beobachtet wird; doch sind die beiden letzten Fälle immer selten im Vergleiche zum ersten. Steigt der -f RD höher, so nimmt die Zahl der Herzschläge meist zu, doch kommen auch hier, wenn auch nur sehr selten, Ausnahmen vor. Erreicht endlich der -j- RD seinen höchsten Sil/.l». d. mathem.-naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 10. 20

374 Einbrodt.

Werth, so übt er wieder einen mindernden Einfluss auf die Zahl der Herzschläge, wobei aber wiederum Ausnahmen vorkommen können, und bewirkt endlich sogar Stillstand des Herzens (Versuche 31, 32, 40, 41, 42 der Tabelle I).

Von dem wirklichen Eintreten eines Stillstandes der Herzbewe- gung, was für den Menschen z. B. von Vierordt *) geleugnet wird, habe ich mich mit Hilfe des schon erwähnten Fühlhebels sowohl als auch mittelst direct in's Herz eingestossener Nadeln auf das Sorg- fältigste überzeugt.

Der Stillstand des Herzens kann ziemlich lange anhalten ; so habe ich ihn in mehreren Fällen über 30 Secunden lang dauern gesehen ; es kann sich aber auch bei fortdauerndem -|- RD nach kürzerer oder längerer Zeit derHerzschlag wieder einstellen; nur bei sehr hohem -f- RD verharrt das Herz gewöhnlich so lange in Still- stand, als der Druck fortbesteht.

Überlegt man etwas näher das so eben besprochene Verhalten in der Zahl der Herzschläge bei bestehendem -\- RD, so wird ohne Weiteres klar, dass man es hier nicht mit einem einfachen Einflüsse zu thun hat , und man gelangt, indem man die Bedingungen näher analysirt, zu der Überzeugung, dass der -f- RD, wie wir es schon oben vorgreifend ausgesprochen, nach zwei Richtungen hin wirksam ist, indem er 1. eine directe Herzreizung einleitet und 2. eine Vagusreizung bedingt. Nimmt man diese beiden Wirkungen des -J- RD als wirklich bestehend an, so lässt sich aus ihrer gegenseitigen Wechselwirkung, unter Berücksichtigung der Thatsachen, die über die gleichzeitige Reizung des Herzens und des N. vagus mit Induc- lionsströmen bekannt geworden sind 2) , das so verschiedene Ver- halten in der Zahl der Herzschläge bei bestehendem -|- RD unschwer ableiten. Fassen wir daher die Gründe etwas näher in's Auge, die unsere Annahme zu unterstützen scheinen.

Für eine unmittelbare Herzreizung sprechen mehrere Umstände und zunächst schon die mechanische Wirkung des -J- RD, in Folge derer die Lungen bedeutend aufgetrieben werden und auf das Herz einen Druck ausüben müssen ; es stimmt mit dieser

M Gruudriss der Physiologie <lcs Menschen. I.'l'h. |>. 104. Anmerkung'. *) Wiener Sitzungsberichte, IUI. XXXVIII, p. 352.

Über den EinHuss der Athembeweg-ungen auf Herzschlag und Blutdruck. 375

Anschauung die Thatsache, dass eine Zunahme in der Zahl der Herz- schlage (als Folge einer Herzreizung) nur äusserst selten während des Bestehens eines geringen -f- RD beobachtet wird, fast constant dagegen auftritt, wenn der -j- RD einen höhern Werth erlangt, denn der Druck, den das Herz durch die Lungen erfährt, kann im ersten Falle nicht beträchtlich sein und daher keine Reizung bedingen, nimmt aber zu bei steigendem RD.

Es spricht zweitens für unsere Anschauung die schon oben erwähnte Erfahrung, dass die Zahl der Herzschlüge augenblicklich und bedeutend vermehrt wird, wenn bei bestehendem RD Blut in's Herz eingestossen wird, sei es in Folge einer eingetretenen Inspi- ration oder der bis zu einem gewissen Grade gesteigerten Spannung in den Venen oder endlich in Folge von Druck auf den Bauch und die Halsvenen , von Gliederbewegungen etc. In allen diesen Fällen befindet sich das Herz in einem Zustande, in Folge dessen es durch neu eintretende Blutmassen gereizt werden muss; wenn nämlich die Hemmung, welche der -j- RD dem Blute ausserhalb der Brust ent- gegensetzt, durch Anstauung oder durch Muskelbewegung, oder endlich durch mechanischen Gegendruck überwunden wird , so geht das Blut mit Pressung in's Herz ein und dasselbe erfolgt nach eingetretener Inspiration, denn das Blut langt jetzt unter hoher Spannung an; nun wird das Herz von innen und aussen, durch Blut und Lunge gedrückt , es muss also eine lebhafte Bewegung einge- leitet werden; gerade wie auch das lebende Herz, wenn es zwi- schen den Fingern gedrückt wird, schneller schlägt.

Drittens kann zu Gunsten einer directen Herzreizung die nicht selten von mir beobachtete Erscheinung angeführt werden, dass dem Stillstande des Herzens nicht immer eine Verlangsamung der Herz- schläge vorangeht, sondern dass zuweilen, so zu sagen, ein Über- springen stattfindet von frequentem Herzschlag zu vollkommenem Stillstand der Herzbewegung.

Die angeführten Wahrnehmungen scheinen unsere Annahme einer unmittelbaren Herzreizung zu rechtfertigen, und ich möchte nur hervorheben, dass der Druck der Lunge auf die äussere Ober- fläche des Herzens wahrscheinlich mehr als begünstigendes Moment betrachtet werden muss, während die wahre Ursache der Reizung auf der innern Oberfläche des Herzens stattfindet und sich aus dem mit Pressung einströmenden Blule ableitet.

26*

376 Binbrodt.

Der erhöhte -\- RD bedingt aber auch Vagusreiz ung, welche, wenn kein directer Reiz auf das Herz wirkt, eine Verlangsamüng der Herzbewegung einleitet.

Mit dieser Anschauung steht zunächst die Thatsache in Über- einstimmung, dass die Verlangsamung der Herzschläge-bei bestehendem -\- RD vorzugsweise bei niedrigem Druck eintritt, der das Einströmen von Blut in den Brustkasten nicht aufhebt; hier kann die Vagus- reizung aus einem doppelten Grunde sich geltend machen, einmal nämlich , weil bei niederem Drucke die Zusammendrückung des Herzens durch die Lungen nicht bedeutend werden kann und dann weil die Ursache zur unmittelbaren Herzreizung von der innern Oberfläche des Herzens aus wegfällt, nämlich das unter hohem Druck einströmende Blut.

Ebenso spricht für unsere Anschauung die Erfahrung , dass die Verlangsamüng derHerzbew egung auch bei sehr ho he in -f- RD auf- tritt, welcher alles Zuströmen zum Herzen hemmt; hier wird freilich auf die äussere Oberfläche des Herzens durch die unmässig ausge- dehnten Lungen schon ein stärkerer Druck ausgeübt ; wahrscheinlich wird er aber, wie wir schon erwähnt, für sieh allein keine genügende Heizung des Herzens einleiten können, und da der Zufluss des Blutes zum Herzen vollkommen aufgehoben ist und durch die oben genannten Bedingungen nicht mehr hergestellt wird, so fehlt hier die^directe Herzreizung.

Es spricht zweitens für uns der bei hohem -j- RD nicht selten eintretende Herzstillstand; freilich erreicht bei gehemmter Herzbewegung die die Vagusreizung bedingende Ursache (die wir sogleich kennen lernen werden) nicht ihr Maximum, aber dieses wird durch das Fehlen der directen Herzreizung wiederum compensirt.

Viertens kann hier angeführt werden , dass wenn bei beste- hendem -\-RD in Folge früher besprochener Umstände eine bestimmte Quantität Blut von Neuem in's Herz anlangt und der Blutdruck dann unter Eintritt beschleunigter Herzbewegungen steigt, die Herzschläge alsbald wieder verlangsamt werden und der Blutdruck wieder eine Abnahme erfährt.

Endlich findet hier auch die Beobachtung ihren Platz, dass, wenn nach Lösung eines hohen -\-RU der Blutstrom wieder unter grosser Spannung zu tliessen beginnt, die Herzschläge, wie weiter unten gezeigt werden soll, fast jedesmal verlangsamt werden.

Ober rfen Rinfluss der Athembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck. 377

Wenn schon durch wichtige und zahlreiche Thatsachen die Annahme einer Vagusreizung gefordert wird, so wird sie durch den direcfen Versuch, durch den Erfolg der Vagusdurchsehneidung ausser allen Zweifel gestellt. Durchschneidet man am Hunde beide N. vagi und lässt ihn darauf unter hohem -\-RD athmen, so bleiben alle sonstigen Erscheinungen und Wirkungen des -\-RD genau die- selben, aber die Herzschläge erleiden nunmehr keine Verla ng- samung und selbst der höchstmöglich gesteigerte Druck vermag keinen Herzstillstand mehr herbeizuführen. Ich habe diesen Versuch oft wiederholt, namentlich in denjenigen Fällen, wo ich vor der Durchschneidung einen ausgezeichneten Stillstand beobachtet hatte und erhielt dabei constant dasselbe Resultat.

Durch die vorhergehende Betrachtung glaube ich also darge- legt zu haben, dass der -\-RD eine Vagusreizung bedingt, zu der sich unter Umständen, die der Analyse mehr oder weniger zugäng- lich sind, noch eine directe Herzreizung hinzu gesellt. Aus ihrer beiderseitigen Wirkung, aus dem wechselnden Überwiegen der einen oder der andern, mag dieses von zufälligen Bedingungen des Ver- suches oder von constitutionellen Bedingungen des Organismus ab- hängen, erklärt sich dann ungezwungen der im Versuch so ver- schieden auftretende Einfluss des -}-/?/) auf die Schlagfolge des Herzens.

Wir müssen es jetzt versuchen, dem Grunde des veränderten Erregungszustandes der N. vagi näher nachzugeben.

d) Der positive Respirationsdruck erzeugt Him- dr uck.

Das Blut , dessen Einströmen in's Herz in Folge des -\-RD ge- hemmt und sogar aufgehoben wird, sammelt sich in den grösseren Venen an und bedingt daselbst eine Stauung, die der Messung zugäng- lich ist; in Folge des so behinderten Abflusses des Blutes aus den oberen Körpermassen muss eine Stauung des Blutes vorzugsweise in den Kopfvenen eintreten; die Schwellung der Hals- und Gesichts- venen gibt schon ein Zeugniss davon, der directe Versuch bestätigt dieses auf das Vollkommenste und erhebt eine Überfüllung der venösen Sinus der harten Hirnhaut mit Blut über allen Zweifel. J Bei diesen Versuchen verfuhr ich auf die Art, dass ich beim Hunde in der Mittellinie des Schädels zwischen beiden Musculi temporales,

378 Einbrodt.

zienilicli dicht vor der crista occipitalis externa eine kleine (unge- fähr 1 J/2 Millim. breite) Öffnung mittelst eines Bohrers anbrachte, in dieselbe eine mit einer Schraubenwindung versehene und genau passende Caniile einschraubte und diese letztere mittelst eines kurzen Kautschukschlauches mit einer gebogenen Glasröhre von entspre- chender Weite in Verbindung brachte, die bis zu einer gewissen Höhe mit Wasser gefüllt war. Der Eintritt einer kleinen Quantität Luft in die Schädelhöhle konnte hierbei natürlich nicht vermieden werden, hatte aber für unsere Zwecke keine weitere Bedeutung. Mittelst einer stumpf zugespitzten Nadel würde durch die Canüle hindurch, ohne Beschädigung der Hirnsubstanz, in den Sinus longitu- dinalis der harten Hirnhaut eine feine Öffnung gemacht, wovon ich mich jedesmal durch Autopsie überzeugte; die in der Röhre befindliche Wassersäule führte unter dem Einflüsse der Respirationsbewegungen und des Herzschlages die bekannten Schwankungen aus. Wurde nun der Stand des Wassers in der Röhre notirt , während das Thier frei in die Luft athmete und darauf durch Schliessen des Hahns rasch ein -\- RD ausgeübt, so stieg auch (wenn nur während der Opera- tion kein zu starker Btutverlust eingetreten war) momentan mit der Einführung des -\-RD das Wasser in der Röhre, erhielt sich wäh- rend der ganzen Dauer seiner Ausübung auf derselben Höhe und sank nach Aufhebung desselben auf seine frühere Höhe zurück. Um ein Beispiel anzuführen, so stieg es in einem meiner Versuche bei einem -\-RD von 30 Millim. Hg um 20 Millim., in einem andern, bei einem -\-RD von 66 Millim. Hg um 40 Millim. Besonders hervor- zuheben ist die Wahrnehmung, dass dieses Resultat schon bei niederm -\-RD eintritt. Die Autopsie von Hunden, die in Folge hohen und auffallenden -\-RD zu Grunde gehen, bietet auch eine Bestäti- gung unserer Voraussetzung; es finden sich nämlich immer eine Überfüllung der Hirngefässe mit Blut und unter Umständen selbst papilläre Blutergüsse in die Hirnsubstanz.

Die Versuche endlich, die man mit dem -\-RD an sich selbst anstellen kann, lehren wiederum dasselbe, denn sie bieten alle Er- scheinungen einer ausgesprochenen Congestion nach dem Kopfe dar.

Fragt man, unter welchen Umständen dieser Hirndruck am grössten sein und am längsten anhalten wird, so lässt hier der Ver- such im Stiche, aber aus theoretischen Gründen lässt sich aussagen, dass dieses der Fall sein wird 1. wenn der Zutluss von Blut unter

Ober den Einlluss der Atheiiibewpgiwgen auf Herzschlag- und Blutdruck. 370

hohem Drucke geschieht, ohne dass der Abfluss erleichtert ist, sei es, dass dieses durch die eingetretenen und nicht sogleich zu beseiti- genden Hemmungen im Capillarsystem oder durch den noch beste- henden -|- BD bestimmt wird. 2. Wenn durch Bewegungen der unteren Körpertheile oder durch Druck auf den Bauch wieder Blut in's Herz getrieben wird, wahrend es aus dem Kopf am Abfliessen gehindert ist.

Dieser Hirndruck ist es nun, auf den der veränderte Erregungs- zustand der N. vagi bezogen werden muss und der uns zu der An- nahme zwingt, dass die Ursache der Erregung der N. vagi an deren centrale Ursprungsstellen, in das verlängerte Mark zu verlegen ist. Dafür spricht 1. der Umstand, dass, wenn die Beizung am Herzende der N. vagi vorhanden wäre, die Verlangsamung der Herzschläge auch nach der Vagusdurchschneidung fortdauern müsste; 2. zeigt aber auch der directe Versuch, dass die Stauung des Blutes, resp. der dadurch ausgeübte Druck, nicht aber Sauerstoffmangel oder der wenn auch factisch vergebliche Versuch zur Athembewegung die Ursache der Vagusreizung ist. Wird nämlich bei bestehendem -\-RD und dadurch verlangsamter Herzbewegung ein Aderlass aus einer das Hirnblut aufnehmende Venen bewerkstelligt (was ich an der Vena jugularis externa that) , so wird sofort der Herzschlag beschleunigt, wobei auch der Blutdruck in d. a. carotis eine Steige- rung erfährt; schnürt man die geöffnete Vene wieder zu, so tritt auch wiederum Verlangsamung der Herzschläge unter Abnahme des arteriellen Blutdruckes ein (Versuch Nr. 46, 47, 48 der Tabelle I). Das hier eintretende Steigen des arteriellen Blutdruckes erklärt sich daraus, dass durch die Herzbewegung das etwa vorhandene Blut wieder nutzbar gemacht wird.

3. Die Erscheinungen, welche eintreten, wenn der -f~ Hl) von seinem Maxim um wieder auf Null herab gesunken, bieten wenig Charakteristisches, denn sie bestehen im Allgemeinen nur in einer länger oder kürzer dauernden Nachwirkung und einer darauf folgenden Ausgleichung derjenigen Einflüsse, die der -\-RD während seines Bestehens bedingt hatte.

Die Athem be wegu ngen stellen sich auch nach Aufhebung des -\-RD wieder ein und zwar sofort, wenn der Druck ein massiger war (bis etwa 25 bis 30 Millim. Hg), wobei sie frequenter und tiefer werden, oder erst eine geraume Zeit nachher, wenn der Druck

380 Einbrodt.

bedeutend war; je höher «ler -^-RD steigt, um so später kehren auch die Athemhewegungen nach dessen Lösung wieder. Waren bei niedrigem -{-RD die Athemhewegungen gar nicht ausgehliehen, so erleiden sie nach Aufhebung desselben nur insofern eine Verän- derung, als sie jetzt an Tiefe und Frequenz zunehmen. Der Um- stand, dass nach einem hohen -\-RD die Athemhewegungen noch längere Zeit hindurch ausbleiben, muss wahrscheinlich auf Rechnung einer Veränderung gesetzt werden, die der Erregungszustand der automatischen Respirationsorgane erfahren hat , und wird durch Er- müdung derRespirationsmuskeln und die durch übermässige Ausdeh- nung der Lunge bedingte Abnahme ihrer elastischen Kräfte (?)wohl wesentlich unterstützt.

Der arterielle Blutdruck steigt nach Aufhebung des -\- RD in der weitaus grössten Mehrzahl der Fälle rasch und bedeu- tend an, denn das in's Herz aus den Venen ankommende Blut langt unter hoher Spannung an und wird für den Strom sogleich nutzbar gemacht. Diese Steigerung des Blutdruckes hält aber in der Regel nicht lange an und im weiteren Verlaufe der Zeit kehrt der Blut- druck nach einigen Schwankungen nahezu zu seinem ursprünglichen Werthe zurück, denn dieses Steigen kann ja nur so lange anhalten als die höhere Spannung in den Venen anhält und diese letztere wird unter gewöhnlichen Umständen durch das nun ermöglichte Einströmen von Blut in's Herz ziemlich rasch ausgeglichen; genau lässt sich natürlich die Dauer des Ansteigens nicht voraus bestim- men, eben so wenig voraussagen, ob nach Aufhebung des -\-RD der Blutdruck schliesslich zu seiner früheren Höhe zurückkehren wird oder dieselbe längere Zeit hindurch übersteigen oder endlich auch unter derselben zurück bleiben wird ; im Versuche kommen alle drei Fälle, ziemlich gleich oft zum Vorschein; natürlich wird hier Alles darauf ankommen, wie rasch im einzelnen Falle die Spannung in den Venen ausgeglichen wird und wie sich das Verhältniss des weitereu Zuflusses von Blut zum Abflüsse gestattet.

Das Verhalten des Blutdruckes nach Aufhebung des -f- RD er- fährt fast constant eine Modifikation , wenn dieser letztere einen sehr bedeutenden Werth erhält (etwa über 75 bis 150 Millim. Hg)', in diesem Falle nämlich steigt der Blutdruck nicht sogleich wieder an, sondern behauptet sich auf seiner früheren Höhe oder erfährt selbst in extremen Fällen ein weiteres Sinken, um nach einer

flier den Einflusa der Athembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck. 381

bestimmten, in verschiedenen Fällen variablen, aber im Ganzen kurzen Zeit in gewohnter Weise anzusteigen (Versuche Nr. 21 , 22 der Tabelle I). Wie schon angeführt, gilt genau dasselbe für dieAthem- bewegungen, auch sie bleiben nach Lösung eines sehr bedeutenden -f- RD eine Zeit lang noch aus; hier muss nun hervorgehoben werden, dass diese beiden Erscheinungen immer Hand in Hand gehen und dass der Blutdruck sofort zu steigen beginnt, wenn die Respi- rationsbewegungen sich wieder einstellen. In dem Ausbleiben der Athembewregungen und der dadurch bedingten ungenügenden Zufuhr von Blut findet also die für den Blutdruck hervorgehobene Erscheinung ihre Erklärung.

Die erhöhte Spannung in den Venen wird nach Auf- hebung des -\- RD mehr oder weniger rasch ausgeglichen, aber auch hier wiederum findet dasselbe Statt wie für den Arteriendruck ; auch hier nämlich erfolgt nach Lösung eines sehr hohen -J- RD die Abnahme des Venendruckes nicht momentan, sondern erst einige Zeit später und allmählich; so habe ich zuweilen nach einigen Secunden eine geringe Nachwirkung, daher eine im Vergleich zur ursprünglichen etwas höhere Spannung constatiren können; im All- gemeinen kann jedoch ausgesagt werden, dass der Venendruck eher, als derjenige in den Arterien, zu seiner früheren Höhe zurückkehrt.

Die Herzschläge sind nach Aufhebung des -\- RD fast ohne Ausnahme gross, stark und sehr selten; unter mehr als 100 Fällen habe ich nur einige wenige beobachtet (die auch alle als interes- sante Besonderheiten in dieTabellel aufgenommen sind Nr. 7, 9, II, 12, 14, 17), in welchen nach Lösung des -\-RD frequenter Herz- schlag notirt worden ist, und noch muss dabei erwähnt werden, dass es gerade diejenigen Fälle waren, wo auch während der Dauer des -|- RD die Zahl der Herzschläge eine Zunahme erfahren hatte. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle tritt aber immer eine Verlangsam ung des Herzschlages ein; sie macht sich schon bei einem geringen -\- RD geltend, wächst aber im Ganzen mit steigen- dem Drucke, unter Umständen kann sie eine sehr bedeutende werden: so finden sich in der Tabelle Fälle verzeichnet, wo die Zahl der Herzschläge vor Ausübung des -\- RD sich zu derjenigen nach Auf- hebung desselben wie 1 zu 0-41 und 1 zu 0-38 verhielt. Nach Aufhebung des -|- RD hält diese Verlangsamung des Herzschlages

382 Bin br od t.

noch eine gewisse Zeit an , wird aber allmählich immer schwächer und schwächer, bis schliesslich die Zahl der Herzschläge zu ihrem früheren Werthe zurückkehrt. Diese allmähliche Ausgleichung der Nachwirkung geschieht in manchen Fällen so stetig und progressiv, dass sie sehr deutlich in der Blutdruckcurve mit den Augen verfolgt werden kann; ausgezeichnete Beispiele bieten die Versuche Nr. 33 I, 34 und 43 der Tabelle I. Es wird wohl nach dem früher Gesagten nicht auffallen, wenn wir diese Verlangsamung des Herzschlages als Nach- wirkung der bestandenen Vagusreizung auffassen. Dass diese sich vor- zugsweise geltend macht, während die bei bestehendem -f- RD auch auftretende unmittelbare Herzreizung nach Aufhebung des Druckes nur äusserst selten zur Wirkung gelangt, findet die nöthige Begründung in dem Umstand, dass die Ursache der Vagusreizung, der Hirndruck nämlich, auch nach Lösung des -f- RD , wie wir sogleich erfahren werden , einige Zeit bestehen bleibt, während dieses für die unmittelbare Herzreizung nicht der Fall ist. Bestätigt wird diese Annahme durch den Erfolg der Vagusdurchschneidung, wo die Ver- langsamung des Herzschlages auch nach Aufhebung des -j- RD absolut fehlt.

Was schliesslich die Stauung des Blutes in den Hirn- venen betrifft, so muss hier der Umstand hervorgehoben werden, dass nach einem bedeutenden -\-RD die Ausgleichung dieser Ver- änderung auch nur sehr allmählich erfolgt, was wahrscheinlich Hem- mungen im Capillarsystem zuzuschreiben ist, dass dagegen diese Aus- gleichung sofort eintritt, sowie eine Inspiration sich einstellt, die den Abfluss von Blut aus dem Kopfe begünstigt.

Der künstlich erzeugte -f- RD wird von Hunden lange Zeit hindurch ohne nachtheiligen Einfluss ertragen und zwar sowohl das lange Bestehen desselben als auch die während einer längeren Zeit fortgesetzte wiederholte Ausübung; ein Zeugniss davon geben die Versuche Nr. 37, 42, 44, 45, 40, 48 unserer Tabelle I, wo die Dauer eines einmal ausgeübten -f- RD mehr als 2 Minuten betrug, wobei noch ausserdem zu berücksichtigen ist, dass die den Lungen zuge- führte Luft während dieser Zeit nicht erneuert wurde, und die Ver- suche Nr. I 16, die alle an einem und demselben Hunde in der ange- führten Reihenfolge im Laufe von 3 bis 4 Stunden gewonnen sind.

Erwähnen muss ich aber, dass nach zu lange fortgesetzter Ausübung eines übermässig gesteigerten -J- RD zuweilen, namentlich

Über den Einfluss der Athembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck. 383

bei heruntergekommenen Hunden, sich Anfälle von Krämpfen ein- stellen, die meist periodisch nach längeren oder kürzeren Zwischen- räumen wiederkehren; aber selbst diese lassen sich durch länger anhaltende Ruhe fast immer beseitigen. Ihr Ursprung ist wahr- scheinlich in der beobachteten Stauung des Blutes in den Central- theilen des Nervensystems zu suchen; das Wie ihrer Entstehung bleibt aber natürlich vollkommen dunkel.

Endlich kann man selbst den Tod des Thieres durch den -f RD herbeiführen, aber dieses gelingt nur , wenn ein ungemein hoher -\- RD während sehr langerZeit, namentlich bei kleinen und elenden Hunden, ausgeübt wird; ob der Tod in Folge des Stillstandes der Herzbewegung oder wegen der schliesslich sich einstellenden Athem- noth aus Sauerstoffmangel erfolgt, mag dahingestellt bleiben.

Auch an mir selbst habe ich die Versuche über die Wirkung des 4- angestellt, theils um die subjectiven Erscheinungen kennen zu lernen, theils aber auch um die an Hunden gewonnenen Erfah- rungen direct am Menschen zu prüfen. Dabei wurde die Nase zu- gehalten und die Tracheacanüle mit dem Munde möglichst genau umschlossen; ein Gehülfe prüfte den Puls an der Arteria radialis und sorgte für die Herstellung des -\- RD. Die Erscheinungen, die dabei auftraten, waren constant und standen nahezu im Einklänge mit den am Hunde wahrgenommenen. Bei schwachem Drucke gelang es, die Athembewegungen durch starke Anstrengung der Exspirations- muskeln mühsam zu unterhalten; bei einem höhern -J- RD trat ein peinliches Gefühl von Beklemmung ein, das zu gewaltsamen, aber bei hohem Drucke durchaus fruchtlosen Ausathmungsversuchen zwang; mit steigendem Drucke entstand Röthe und Schwellung des Ge- sichtes und Halses, die Augen thränten und traten hervor, es stellte sich Ohrensausen ein, kurz alle Erscheinungen einer ausgesprochenen Congestion nach dem Kopfe; bei längerer Dauer des Versuches ent- stand sogar Schmerz in der Hinterhauptgegend. WTas den Puls be- trifft, so glaube ich bemerkt zu haben, dass bei niederm -f- RD eine Zunahme der Zahl der Herzschläge eintrat, die bei steigendem Drucke einer Verlangsamung der Pulsschläge wich, also ein von der bei Hunden gemachten Wahrnehmung etwas verschiedenes Verhalten; doch will ich auf diesen Umstand keinen besondern Werth gelegt wissen, da die Zählung der Pulsschläge nicht mittelst der graphi- schen Methode , sondern blos durch den tastenden Finger geschah.

384 Einbrodt.

Bei einem hohen -f RD wurden die Pulsschläge äusserst schwach und konnten schliesslich nicht mehr wahrgenommen werden ; oh wirklicher Herzstillstand eintrat, ist hier schwer zu entscheiden. Diese Versuche bieten eine mögliche Erklärungsweise für die Meinungsdifferenz, die in Betreff der Zahl der Pulsschläge zwischen Ed. Weber und Donders besteht.

Nach Lösung des -f- RD war der Puls ohne Ausnahme gross, selten und stark, was auch Donders1) für seine Versuche hervor- hebt. Trotz aller Willensanstrengung war es bei einem hohen -f RD wegen des peinlichen Gefühles der Beklemmung und Athemnoth unmöglich, diese interessanten Versuche lange Zeit fortzusetzen.

Die Versuche mit dem -\- RD bieten, ganz abgesehen von ihrem Werth für die richtige Auffassung des Einflusses der Athembewe- gungen, auch insofern einiges Interesse, als sie die von Brunner 2) ausgeführten Messungen der Spannung des ruhenden Blutes bestäti- gen; durch den hohen -f- RD werden nämlich die dazu erforderlichen Bedingungen Stillstand der Bewegungen des Herzens, des Brust- kastens und der Gliedmassen unter Beihilfe der Opiumbetäubung wirklich erzeugt und zwar, für den unerlässlichen Stillstand der Respirationsbewegungen wenigstens , leichter und sicherer als durch das von Brunn er eingeschlagene Verfahren. Unter diesen Bedingungen stellten sich nun in meinen Versuchen für den abso- luten Werth des Blutdruckes Zahlen heraus, die zwar von einander bei verschiedenen Hunden nicht unbeträchtlich abweichen, aber mit den von Brunn er gefundenen eine auffallende Übereinstimmung darboten. Es liegt für unsere Zwecke zu weit , hier darauf näher einzugehen; es genügt, daraufhingewiesen zu haben.

Legen wir uns schliesslich die Frage vor, welche von den beobachteten Wirkungen des -{- RD für unsere Aufgabe besonders wichtig zu sein scheinen, so müssen wir, unter Hinweisung auf die spätere Begründung, drei Wirkungen des -}- RD , als massgebend für die richtige Beurtheilung des Einflusses der Athembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck, besonders hervorhoben zuerst die beschleunigende Kraft, die der -f- RD während seines Ansteigens ausübt, dann den während der Dauer des -\- RD auftretenden

i) L. c. p. 245.

2) Über die mittlere Spannung im (iet'ässsytein. Zürich 1854.

Über den Einfluss der Athembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck. OOO

erschwerten Rückfluss des Blutes zum Herzen und die dadurch bedingte Abnahme des Nutzeffectes des Herzens und der Spannung im Athem- systeme und endlich die Stauung des Blutes in den Venen und Capil- laren des Gehirns und die daraus resultirende Vagusreizung.

Die nachstehende Tabelle enthält die nöthigen Zahlenbe^ge für die bis dahin aufgestellten Behauptungen, die Versuche sind in ihr bei jedem einzelnen Hunde in derjenigen Reihenfolge ausgeführt, in welcher sie gewonnen wurden; die Grösse des-\-RD, die durch die Höhe der auf der Luft lastenden Wassersäule bedingt ist und in den Versuchen durch Ablesen des Standes dieser letzteren an der graduirten Glasröhre bestimmt wurde, ist in der Tabelle auf Mill. Hg reducirt. Das Unsichtbarwerden der Pulsschläge in der Blutdruck- curve, d. h. das horizontale Verzeichnen des Blutdruckes ist durch „horizontal" ausgedrückt. In den Bemerkungen bedeutet EBw Re- spirationsbewegungen, HSchl Herzschlag, HSt Herzstillstand.

Bei Gebrauch der Tabelle ist endlich zu berücksichtigen, dass, wenn die in der Abhandlung als Besonderheiten bezeicbneten Fälle in der Tabelle verhältnissmässig oft vorkommen, dieses dem Umstände beizumessen ist, dass des beschränkten Raumes wegen weniger als die Hälfte der wirklich angestellten Versuche in der Tabelle aufge- nommen wurde, so dass für die constant auftretenden Fälle nur einige Beispiele gewählt worden sind, während gerade die Aus- nahmsfälle , als interessante Belege für die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen, nahezu alle in der Tabelle ihren Platz gefunden haben.

380

Ein b r o d t.

I. Tabelle für deu posi-

l

£

=

Vor Ausübung des RD

Während <

er Dauer des RD

>

c

5

00

a

-I CO S!

Zeit nach Beginn des Rl) in Secunden

Vi -C ~Z CO

■n 3

"i = c=

Mittlerer Blut- druck in Mm.

o

t 5 -=

i

1

il

25-8

130

83-2

( 7-9 )Von 9-3bis2S-8

106 34

0-81 0-26

82-3 81-0

0-98 0-97

2

8

13-2

120

95-4

( Unmittelbar

HO 100

0-91

0-90)

0-8H

96-2i

100

3

II

22-0

HO

105-9

\ 6-0

90

101-7

0-96

( 18-0

40

0-36)

( 2-0

70

0-88)

4

11

23- 1

80

118-3

\ 8-0 ( 16-0

85 73

1-061 0-93)

117-2

0-99

8

13

20-9

60

110-7

60

1 00

110-7

1 00

6

14

22-8

60

108-0

( 4-7 ) )Von 4-7 bis 22 -8f

( Unmittelbar

50 45

0-90J 1-00

81-0 113-3

(»•75, 1-04}

)

7

18

21-4

45

112-6

) 5-2

(Von S-2 bis 21-4

(84 2 |52 3

1-86/ l-15j

100-8 125-1

0-89/

inj

8

2G

172

SS

113-8

(Von 0 bis 8-0 \ 80 14-0

( Unmittelbar

65

50

50

1-18(

0-90j

0-86

95-4

0-83

i

9

33

22-8

58

139-2

3-6 60

(Von 6-0 bis 22-8

100

90

l-72i

l-55f

1026 127-7

0-75

10

4S

19 3

SO

Hill

(Von 0 bis 6-0 j 6-0 19-34

(Von 0 bis 7-3

55

95

50

110 1-72

111

87-0 112S

0-75 0-96

1 1

02

21-4

45

128-4

7-3 ,. 8-6 ) 8-6 .. 21 -4 ( 190

(Von 0 bis 9-3

boriz 109

59

ontal 2-42

1 1 5) 2-lof

76-3 114-3*

0-59 0-88

12

74

17-6

SO 1

\ to-o

S7-3

0-63

( 10-0 bis 17.6

1(19

Über den Eintluss der Athembewegungen auf Herzschlag- und Blutdruck. d cW

tiven Respirationsdruck.

Nach Aufhebung: des HD

Zeit nach Aufhebung des 111) iu Secunilen

- -

^ *c

M S

N ^

X. "

51 II

»

- CO

_- £

"5 £"

SJ

>

80

0-61»

0-76(

100

80

0-66

68

0-61) 0-99J

109

80

100

00

1-00

60

1-00

54

1-20

38

0 69)

85

1-545

60

1-03

40

0-80)

50

1 00f

90

2-00

t-oo)

45

54

1-08]

50

1-00)

■1 3<3

= £ ^

It e in e i' k II ii g e n

2 0 6-0

Unmittelbar 7-0

3-0

Von 0 bis 8-0 8-0 10-0

5-0

Von Obis 11-0 Zu Ende d. Versuch.

Von 0 bis 3 5 Zu Ende d. Versuch.

Unmittelbar Zu Ende d. Versuch.

84-3 96-2

103-2

114-9

113-4 113-6

119-7

125-5

1-01

l-ooj

0-97

0-97

1-02 1-04J

1-06J

110

Fortdauer der RBw. während des RD.

Fortdauer der RBw. 1 Das Steigen des Blutdruckes war hier Folge einer Inspiration.

Fortdauer der RBw.

123-2 1-06

122-6

1 22 5

0 95

o-ss

Fortdauer der BBw.

Fortd.d. RBw. b.veränd. Rhythmus.

Erschwerte Fortdauer der RBw. bei sehr verändertem Rhythmus.

Erschwerte Fortdauer der RRw. bei verändertem Rhythmus.

2 Während der Inspiration.

3 Während der Exspiration.

Ausbleiben der RBw. während der Dauer des RD.

Ausbleiben der RBw.

Ausbleiben der RBw. * Während dieser Zeit fand eine Inspiration Statt.

Ausbleiben der RBw. und horizon- tales Verzeichnen d. Blutdruckes bei fortbestehendem Herzschi.

5 Ist eine sog. spontane Erhebung.

Ausbleiben der RBw.

388

E i n li r o d t.

«J

£

a s

Vor Ausübung des HI)

Während

ler Dauer des

RD

3

6?

an

2

x *

1*

Zeit nach Beginn des BD

X ij

2 5

s i ii

TS

T3

-c

I s

i o

ii Secunden

O

-5 o

!■!"'

£

£

=

=

M

s

N

>

s

>

13

96

22- 5

54

i0,, j f Unmittelbar 133-1 { 12-0

1 (Von 0 bis 6-2

54 136

54

1-00 2-51

1-08)

69-4

0-52j

14

118

17-6

50

110-2 { 6-2 10-2

horizontal

37-8

0-34

( 10-2 17-6

118

2-361

(Von 0 bis 4.4

50

1-11

110-6

1-08^

IS

26

14-3

45

101-7

) n 4-4 6-5 ) 6-5 10-7 ( 10-7 14-3

(Von 0 bis 5*5

1001 54

54

2 22

1-20

1-20

81-9 110-2

0-80

1-08J

- )

IG

37

14-3

45

109-7

) 5-5 6-3 j 6-3 14-3

118

2-62

72-0

0-65/ 0-95J

[ 14-3

104-4

II

17

29

10-4

65

90-0

/Von 0 bis 7-5

7-5 \ 7-5 14-2 ] 14-2

50

50

84

O-Sli

1-00 1-68

:;2-4

62-0 89-3

0-58

\

0-71 j

l-03[

18

18

49-3

50

86-6

/ 14-2 17-4 \ 17-4 18-32

62

90

1-24

1-80

97-6

\

112(

/ 18-3 26-9 8

43

0-80

58-9

0 67\

f 26-9 34-9*

84

1-68

\

, 34-9 49-3 5

65

1-30

920

106

1 (Von 0 bis 11 2

31

0-66

0-43/ 1 38 0-74)

19

51

44-3

47

qu . 7 i ) » 1 1 2 23 3 1 . 23-3 32- 1"

horii

84

ontal 1-78

43-2 136-3

( ^2-1 44 3

28

0-59

73-8

20

70

20-3

112

144 0

hom

ontal

28-8

0 20

21

80

11-2

l7-4\

125

127-8

horii 47

.ontal 0-50

540 14-4

0-42 0-22

\

11 4-s/

\

horizontal

18-9

0-30

III

22

66 1

\

94

62-9

l

(

III 4-91

{

horis

ontal

19«

(»•31

Über de n Einfltiss der Athemhewegungen auf Herzschlag und Blutdruck, oötl

Nach Aufhebung des RD

B e in v r k 11 n g e 11

Zeit nach Aufhebung- des RD in Secnnden

-? 7

i |

■c =

CO

>*

Ü o

I| 1!

ix* >

Mittlerer Blut- druck in Mm.

Hg

Verhiiltnis.sijlil d. Blutdruckes vor | dem RI) = 1

Zu Ende d. Versieh.

54

1-00

131-6

0-98 j

Ausbleiben der RBw. und horizon- tal es Verzeichnen d. Blutdruckes.

(Von 0 bis 3-8

63

l-26(

102-8

0-93J

Ausbleiben der RBw. und horizon-

\ „ 3-8 Ende

54

l-08(

tales Verzeichnen d. Blutdruckes.

(

Mühsame u. unvollkommene Fort-

45

1-0(1

117-2

1-13J

dauer der RBw. 1 Fällt auf eine Inspiration.

Unmittelbar

125-0

113,

VonO bis 69

45

1-00

(

Ausbleiben der BBw.

Vor Ende

37

0-82

110-2

i-ooj

J VonO bis 3-0 ( Zu Ende

96 65

1-47 100

71-1 79-4

0-79) 0-88)

( \

Ausbleiben der BBw.

Ausbleiben der RBw., die sieh während der Dauer des RD

Von 0 bis 4-8 4-8 Ende

50 56

1-00 1-10

100-0 89-1

116' 102\

theilweise wieder einstellen. 3 Inspiration. 3 Exspiration. * Inspiration. 5 Exspiration.

Unmittelbar Zu Ende d. Versuch.

25 37

0-53

0-80

133-2

1-34)

Ausbleiben der RBw., Fortbeste- hen der Herzschi. 6 Ohne eingetretene Inspiration.

112

1-00

144-8

i-ooj

Ausbleiben derRBw. Beide N. ragt durchschnitten; kein HSf.

( Unmittelbar j \ Zu Ende j

125

i-ooj

29-7 1530

0-23J 1-191

Ausbleiben der BBw. Beide N.vagi durchschnitten ; kein HSt.

52

0-55

40-5

0-64(

9 "6 nach Lös. erfolgt neuer Seh luss

44

0-46

48-3

0-76\

14' 1 nachLös. wieder neuerSchluss

\ Unmittelbar J Zu Ende

58 76

0-6l)

0-80(

65-6

104J

Ausbl. der RBw., die sich sogleich nach Aufhebung des RD. wieder einstellen. Fortdauer d. HSehl.

Sttr.b. (I mathein. -naturvt ,

\L. IM. Nr. 10.

27

390

E i n b rodt,

Vor Ausübung des M>

Während der Dauer des RD

Zeit naeh Beginn des HO j»> in Secunden

*u

; ?^i

IV

23

24

2G

74

14

21

:{7

28

29

30 31

32

66 92

in

130

33

66<

110-2] [111-0I

24-3 25-2

23-2

26-4

19-9

15-6

130 20- 1 18-7

hos!

II 18 7

70-8

54 0 46-2

490

59-3

61 -6

53-5

510 46-7 91 I

47 0-61 58 0-76

46

60

1-00 1-00

Von

0 bis 4-5 4-5 10-8 10-8 25-21

(Von 0 bis 72 7-2 16 6 | 16-6 26-4 2

(Von 0 bis 7-5 •9

66 1-24

horizontal 60 113

50 0-94 horizontal 33 0-62

(Von 0 bis 7-i { 7-5 19-!

r:

36

100

(Von 0 bis 5-2 5-2 15-6

horizontal

40 |l-00 horizontal

105; 70 2

Von 0 bis 4-5 4-5 130

(Von 0 bis 4-5 \ 4-5 201

( Unmittelbar (Währ. d. übr. Dauei

40

0-87

horizontal

horizontal) 33

ontal) 1-00}

horizontal

horizontal

19-8 19-8

531 35-6

36-0 49-7

25-2 49-4

23-4

19-8

19-8

32-2

109-5 54-9

14-4

19-9

0-28 0-28

0-98 0-77

0-73' l-0l!

0-42' 0-83

0-38

0-37

0-38 0-60

1-20

0-68

0-20

0-28

Über den Einfluss der Alhembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck. 391

Nach Aufhehun

g des RD

IE e in e r k n n g c n

Zeit nach Aufhebung des RD in Secundeu

X £

t. «3

*C TS

2 > .2 15 ^

i= £q

CQ

t ea 4

[

Ausbleiben d. Athembewegungen,

<. Unmittelbar

Ol 38 70

0-80 0-70 100

57-3 02-7 07-2

0-80 0 87 0-94)

das noch einige Zeit nach Auf- hebung des BD anhält.

Fortdauer der HSclil.

Der zweite Schluss geschah nach Lösung des ersten.

40

0-87

47-3

0-89

Fortdauer d. RBw.

40

0-70

30-9

1-23

Ausbleiben u. Wiederkehr d HBw.

Unmittelbar Zu Ende

40 33

0-80 i-00

33-7 33-0

1-13

i-08)

Ausbleiben und theil weise Wieder- kehr der RBw. Fortdauer der HSchl. 1 Bezieht sich auf eine Inspiration.

Von 0 bis 4-5 4-5 Ende

40 33

0-86)

0-02f

77-0

1

Ausbleiben und theilweise Wieder- kehr der RBw. Fortdauer der HSchl. 2 Fällt auf eine Inspiration.

Von 0 bis 3-2 3-2 Ende

horii 30

.ontal 100

23-4 98-3

0-38 1-39

Ausbleiben der RBw. Fortdauer der HSchl.

(Von 0 bis 3-0 <Unmittelbar darauf ( Zu Ende

horii 33

;ontal 0-82

19-8

82-7 49-9

0 37) 1-341

0-92)

Ausbleiben der RBw. Fortdauer der HSchl.

Von 0 bis 4-2 4-2 Ende

hori 20

sontal 0-30

10-2

40-8

0-31 0-91

Ausbleiben der RB. Fortdauer der HSchl.

(Von 0 bis 6-9 \ (1-9 Ende

hori 33

sontal 1-00

21 0

72-8

0 40 1-53

Ausbleiben der RBw. Stillstand des Herzens

Unmittelbar Zu Ende

300

77-4

0-33 0-81

Ausbleiben der RBw. Stillstand des Herzens.

Ausbleiben d. RBw., das noch eine

[Von 0 bis 15-3 1 13-3 20-4 I 20-4 23-5 ( 25 S 32-6

Ol

70

88

100

0-38vj 0-72' 0-83( i-OOJ

33-2

0-73|

Zeit lang die Lösung des RD. überdauert; Fortdauer des Herz- schi., der während des horizon- talen Verzeichnens des Blut- druckes schwach und selten ist. 32 "0 nach Lösung neuer Schluss.

Unmittelbar

44 ■'

0-41

47-7

0-70J

3 Der Versuch wurde abgebrochen, ehe die Nachwirkung für die Herzschi, ausgeglichen war.

27

392

E i n I) r o d t.

s

>

a

£

a

Vor Ausübung des Rl)

Während

der Dauer des

no

_ 5

"S =

S!

CS *

■JL «0

ca ■-

-r "5

>3

1 ■> II

''■? z^

z = ==

Mitllcrer Dlut- ilruek in Mm.

VI

34

39

11-3

88

127-5

horizontal

54-0

0-42

(

I170l

| -

horizontal

15 3

011

35

74/

/

108

130-1

1

I

1118-7

| "

horizontal

25-2

0-18

36

70

31-1

124

142-2

hori

:ontal

54-9

0-38

VII

37

G2

147-7

07

109-8

Vonl5-8his2!1l"0

hori

sontal

19-8

018

VIII

38

88

43-7

50

85-3

Von 4 0 bis 43-7

hori

'.onlal

20-8

0 24

IX

39

125

76-6

sehr häufig

hori

sontal

4ii

125

66-7

24

78-5

( Unmittelbar

hori

sontal

171

89-2

(t-21 1-04}

41

125

101-2

75-6

< Später während d.) ( ganzen Dauer )

hori

'.ontal

30 1

0-39J

X

42

125

143-2

5(1

122-4

Von0-4l>is2!13r8

I

hori

contal

35 1

0-28

Über den Einfluss der Athembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck. ö9o

Nach A<

fhelun

g des BT)

tt v III e l k II II g V li

Zeit nach Aufhe- bun g- des I}D in Seeunden

B S ._ Sj

■3«

TZ -C

2 s es

S-

-1 "

« 5 4s

U'on 0 bis 14 14-5 193 / 19-5 Ende1

38 64

88

0-65 0-73)

i-oof

97-4 125-9

0-7o( 0-98

Ausbleiben d. RBw., Fortdauer d.

Herzschi., der schwach ist und

sehr selten. 'Hier erst traten (1. RBw. wieder ein.

(Von 0 bis 4*2 ,, 42 14 4

42 47

0-38) 0-43J

91-7

0-67i

Ausbleiben der RBw.

Herzst., der zuweilen von einer

/ 14-4 47 9

52

0-48

135-2

0-99J

Zusanimenziehung unterbrochen

0 2-7

2-7 10-0

( 10-0 Ende

88 52

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Ausbleiben der RBw.

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Ausbleiben der RBw. Fortdauer

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Ausbleiben der BBw. Stillstand des Herzens.

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Ausbleiben der BBw. Stillstand des Herzens.

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Ausbleiben der RBw. Stillstand des Herzens.

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Über den Einfluss der Athembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck. 395

Nach Aufhebung des RD

Zeit nach Aufhebung des RD. in Secunden

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Ausbleiben der RBw.

Fortdauer des Herzschi.

Das Steigen des Blutdruckes und die Zunahme in der Zahl der Herzschi, erscheinen hier spon- tan, d. h. unabhängig von In- spiration oder Druck auf die Venen etc.

1 Es wird während dieser Zeit ein

Druck auf die Halsvenen und den Bauch ausgeübt.

2 Während dieser Zeit wird auf die Halsvenen und den Bauch gedrückt.

Ausbleiben der RBw.

3 Von 15*8 bis 45-5 nach Beginn

des RD wird ein Aderlass aus der Vena jugularis externa dextra bewerkstelligt.

4 Hier traten sehr stürmische RBw. auf.

Ausbleiben der RBw.

5 Während dieser Zeit wird die

Vena jugularis externa dexterna geöffnet.

Ausbleiben der RBw.

6 Während dieser Zeit wird die

Vena jugularis externa dextra geöffnet

396 E i n I) r od t.

Wir gehen jetzt über zu dem B. negativen Respirationsdruck.

Ein negativer Druck auf der innern Lungenoberfläche kann, ebenso wie der positive, sehr leicht künstlich erzeugt werden, und zwar wenn eine unter niederer Spannung stehende Luft mit dem Lungenraum des Thieres in Communication gesetzt wird. Ich be- nutzte dazu den schon oben beschriebenen Apparat, der folgender- massen modificirt wurde. Der Luftbehälter , in den jetzt eine kurze Röhre blas unter den Hals reichte, wurde bei freiem Luftzutritt bis zu einer gewissen Höhe mit Wasser gefüllt und darauf mittelst einer Rolle in die Höhe gehoben und beliebig hoch fixirt; mit dem am Roden der Flasche befindlichen Hahn war eine lange Abzugsrohre durch Kautschuk verbunden, deren unteres Ende unter Wasser stand; war nun durch Drehung des Hahns die Abzugsröhre mit Wasser gefüllt , so wurde der Luft der Eintritt in die Glasflasche verwehrt, und nun konnte durch Auslassen von Wasser und Ein- stellung der Flasche auf verschiedene Höhen eine sehr bedeutende und beliebig abzuwechselnde Verdiinnung der Luft erzielt werden; ein mit der Flasche in Communication gesetztes Manometer erlaubte die Grösse der Luftverdünnung oder, wie wir es gleich nennen wollen, die Höhe des RD ') direct abzulesen. Die Zuführung der Luft zu den Lungen geschah auf dieselbe Weise, wie beim -\- RD.

Fragen wir auch hier zunächst, inwiefern die niederen Drucke, die man auf der innern Lungenoberfläche erzeugt, mit denjenigen übereinstimmen, die durch die gewöhnliche Inspirationsbewegung bedingt sind, so muss auch hier hervorgehoben werden, dass die den beiden Vorgängen gemeinsame Wirkung, die Druckerniedrigung auf der innern Lungenoberfläche und auf die Rrusteingeweide, durch den künstlichen RD in einem viel höhern Masse erzeugt wird, als dieses jemals durch eine Inspiration, selbst die tiefst- mögliche, herbeigeführt werden kann.

') HD = negativer Respirationsdruck.

Über den Einfluss der Athembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck. 307

Aber wie beim positiven , so besteht auch heim RD ein wesentlicher Unterschied, der darin liegt, dass die Brusteingeweide in Folge des künstlichen RD gegen die Brustwand gezogen und gedrückt werden. Setzt man voraus (und wir werden sehen, dass man für hohe negative Drücke diese Annahme zu machen berechtigt ist), dass der Unterschied, der zwischen dem Drucke auf der Brust- wand und dem auf der innern Lungenoberfläche besteht, ein unver- änderlicher ist, so ist die genannte Wirkung leicht ersichtlich; die Lunge nämlich ist beim künstlichen RD zusammengefallen und ihre Saugkraft sehr vermindert, der von der Brustwand umschlossene Baum dagegen auf ein kleineres Volum zusammengedrückt als das- jenige, welches er bei der elastischen Gleichgewichtslage der Brust- wand einnehmen würde; es muss daher die Brustwand ihrem ela- stischen Gleichgewichte zuzustreben suchen und demnach einen ziehenden Einfluss auf die Brusteingeweide ausüben. Unter der obigen Voraussetzung eines constanten Druckunterschiedes kann aber keine Luft in die Lunge dringen, das Herz dagegen wird von den Körpervenen gespeist, die unter dem normalen Luftdrucke stehen; es muss daher das Herz und die in der Brusthöhle gelegenen grossen Gefässe in Folge des anlangenden Blutes anschwellen; in dem Masse nun, wie das Blut nachströmt, wird die Brustwaud und namentlich der dem Herzen anliegende Theil derselben ihrer Gleich- gewichtslage zustreben und dadurch werden auch die anderen Wand- theile wieder abgespannt. Es wird daher der von der Brustwand um- schlossene Baum hei jedem Einströmen von Blut erweitert, bei jedem Abströmen dagegen zusammengedrückt werden. Es fragt sich nun, ob das Blut gehörig nachdringen kann oder ob es daran dadurch gehindert wird, dass die Venen an ihrer Eintrittsstelle in die Brust durch den ziehenden Einfluss der Brustwand zusammengedrückt werden. An der Vena cava inferior ist dieses, wie die Section lehrt, nicht der Fall, da das stark in die Brust empor gehobene Zwerchfell das Foramen quadrilaterum aus einander zerrt; die am lebenden Thiere blossgelegten Venae jugulares sieht man zwar unmittelbar am Eingange in die Brust bei jeder Inspiration etwas zusammenfallen, aber sich ebenso auch wieder rasch öifnen , sowie Blut von oben nachströmt; man wird sich daher von der Wahrheit nicht weit entfernen, wenn man einen dauernden, an Grösse aber während der verschiedenen Bespirationsacte wechselnden Strom durch die

398 Binbrodt.

Venen annimmt und zwar in Folge des Unterschiedes, der zwi- schen dem äussern Luftdrucke und dem in der Brusthöhle vorhan- denen hesteht.

Wir unterscheiden die Wirkungen , die der RD auf die Athembewegungen und auf den Blutstrom äussert.

1. Wirkungen des negativen Respirationsdruckes auf die Athembewegungen.

Die Verdünnung der Luft, die zur Bewerkstelligung des RD erforderlich ist, erzeugt sehr bald Sauerstoffmangel und ruft damit Athembewegungen hervor; nie sieht man daher einen Stillstand der Athembewegungen eintreten; dieses ist einer der Hauptunterschiede, die zwischen dem -f- und RD bestehen; dort sahen wir unter der mechanischen Wirkung das -J- RD die Athembewegungen ausbleiben und diesen Stillstand der Respiration, in Folge der Zufuhr einer verdichteten Luft, mitunter lange fortbestehen, ohne Athemnoth her- beizuführen; hier dagegen tritt wegen des Sauerstoffmangels ein Stillstand der Athembewegungen niemals ein, die Respiration besteht während der ganzen Dauer des RD fort , erleidet aber insofern eine Veränderung, als es jetzt die Inspiration ist (beim -f- RD war es die Exspiration), die nur mit grosserMühe und unter bedeutender Contractionsanstrengung der Inspiratoren vollbracht werden kann, da zu ihrer Bewerkstelligung der auf der Brustwand lastende höhere Druck überwunden werden muss. Wenn der Unterschied im innern und äussern Luftdrucke nicht allzu gross ist (etwa bis SO Mm. Hg), so wird auch noch durch die Brustbewegungen ein Luftwechsel er- zeugt; erreicht er dagegen einen grössern Werth , so bleibt das Manometer, welches zur Messung der Spannung des Luftraums dient, in den die Lunge mündet, unverändert, es verändert sich also auch die Capacität der Lungenhöhle nicht; aber es ändert sich bei den Respirationsbewegungen die Form des Brustkastens und viel- leicht auch der Binnenrauin desselben; die knöchernen Theile der wahren Rippen nämlich heben sich und ihr Zwischenraum wird er- weitert, zugleich aber biegen sich die knorpeligen Theile in den Brustraum hinein und die weichen Bauchdecken werden in dem Brustraum hinein gezogen; denkt man sich einen Querschnitt durch die Brust angelegt, so würde er bei der Inspiration etwa die Form annehmen, wie sie die getüpfelte Contour in der beistehenden Zeich-

Über .ten Einfluss der Athembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck. 309

ming (Fig. 2) versinnlicht. Wenn sich bei diesen Bewegungen der Binnenraum der Brust wirklieh ändert, was mit Sicherheit nicht zu entscheiden ist, so könnte dieses nur mit Hilfe des nachströmenden und aus- fliessenden Blutes geschehen.

Jedenfalls aher werden durch die Be- wegungen und die durch sie bedingte Form- änderung des Thorax die in der Brusthöhle enthaltenen Weichtheile einen Druck oder eine Zerrung erleiden müssen; es könnten

z. B. möglicherweise die Vorhöfe des Herzens oder die Venen zu- sammengepresst und die Ventrikel aus einander gezerrt werden oder es könnte auch das Umgekehrte stattfinden.

Wirkungen des negativen Bespirationsdruckes auf den Blutstrom.

Der negative Druck äussert, ebenso wie der positive, einen Ein- fluss sowohl auf den Blutdru ck als auch auf die Schlagfolge des Herzens.

1. Auf den Blutdruck erlangt der RD einen Einfluss auf doppelte Weise durch die beschleunigenden Wirkungen der Brustbewegungen und durch die Blut ü b e r f ü 1 1 u n g des Herzens.

Die beschleunigenden Wirkungen der Brustbewegungen treten beim künstlichen RD sehr deutlich hervor und richten sich in der Grösse ihres Einflusses nach der Grösse des Unterschiedes zwischen innerem und äusseren Luftdrucke, nach dem Umfange der Brustände- rung und nach der Anfüllung des Herzens mit Blut. Je grösser der Unterschied zwischen der äussern und innern Spannung wird, um so weniger umfangreich freilich werden die Bewegungen, die überhaupt noch nach innen hin ausgeführt werden können, aber von der andern Seite wird gerade dadurch eine günstige Bedingung gestellt, denn da dann die Lungenhöhle unveränderlich wird und der Dnick- unterschied constant, so wird auch das Herz am meisten mit Blut gefüllt und es kann daher auch jeder von der Brustwandung aus- geführte Stoss jetzt am wirksamsten werden. Dem entsprechend zeigt auch die Messung in der Arteria Carotis, dass sich jede Brust-

400 Einbrodt.

bewegung im Blutdruck deutlich ausprägt, und zwar steigt mit jeder Exspiration der Druck von seinem niedern Werthe ungemein beträcht- licb an (siehe die Maxima für den Blutdruck in den Versuchen Nr. 1 1 und 12 der Tabelle II) und um desto mehr, je grösser der Druck- unterschied der äussern und innern Luft ist, und sinkt bei jeder Inspiration wieder herab.

Aber auch der Mittelwerth des Blutdruckes erleidet bei einem bedeutenden RD eine sehr grosse Steigerung (Versuche Nr. 5, 6, 7, 9, 1 1, 12 der Tabelle II), deren Grund in der durch den negativen Druck bedingten Überfüllung des Herzens mit Blut zu suchen ist; dadurch nämlich wird es ja möglich, dass durch jeden Herzstoss viel Blut ausgetrieben und die Spannung entsprechend erhöht wird. Die Existenz der angezogenen Blutüberfüllung des Herzens und der grossen Gefässe, die schon aus theoretischen Gründen nicht geleugnet werden kann, wird durch die Autopsie ausser allen Zweifel gesetzt; Iässt man einen Hund unter hohem RD zu Grunde gehen und nimmt seine Section vor, so findet man, wenn vor Eröffnung der Brusthöhle die Venen an der obern Apertur der Brust und die Vena Cava inferior unter dem Zwerchfell unterbunden werden, eine ungemein bedeutende Blutüberfüllung des Herzens und der grossen Gefässe; um über ihre Grösse ein Urtheil zu gewinnen, sammelte ich das aus dein Herzen abfliessende Blut, bestimmte durch Wägung seine Quantifät und berechnete aus dem gefundenen Gewichte des Blutes und dem des Körpers die Gesammtmasse des Blutes; es stellte sich heraus, dass das im Herzen und den grossen Gelassen angestaute Blut annähernd den siebenten Theil der Gesammtmasse des Blutes aus- machte, eine gewiss sehr hohe Zahl, wenn man sie mit derjenigen zusammenhält, die für den -j- RD auf dieselbe Weise gewonnen wurde1). Im ersten Momente nach dem Einführen eines grossen Druckunterschiedes findet noch ein sehr unbedeutendes Sinken des Blutdruckes Statt, was wohl damit zusammenhängt, dass die Blutan- fiillung noch nicht genügend ist und der druckmindernde Einfluss der Spannungsabnahme daher prävalirt, aber alsbald steigt dann der

') Aus dein Sectionsbefunde wäre noch anzuführen, dass man die Lungen sein- zusam- mengefallen findet, das Zwerchfell gespannt und in die Brusthöhle hineingetrieben, die Baucheingeweide, ausser der V. cum inferior und der Vena portamm ausgespro- chen blutleer. In einem Falle sah ich ein bedeutendes Lungenoedem und starke An- häufung' von Schaum in der Trachea.

Über Jen Ein fluss der Atliembeweg-ungeu auf Herzschlag und itlutdruck. "AUl

Blutdruck an, trotz der langsamen Herzschläge, und noch bedeutender wird dieses Steigen, wenn die N. vagi durchschnitten sind.

Bei der Ausübung eines niedern RD findet man auch eine sehr geringe Abnahme des mittlem Blutdruckes in den Arterien (Versuche Nr. 2,3,4 derTab. II), was wohl mit den langsamen Herz- schlägen zusammenhängt; diese Annahme würde wahrscheinlich ihre Erledigung finden, wenn man einen niedern RD nach einer Vagus- durchschneidung ausüben würde; leider ist der Versuch von mir für einen niedern RD nicht angestellt worden.

Nach Aufhebung des hohen RD steigt der Blutdruck in der ersten Zeit immer sehr hoch, wahrscheinlich in Folge dessen, dass die Blutüberfüllung der Brust noch eine Zeit lang bestehen bleibt, während der das Steigen des mittleren Blutdruckes mindernde Einfluss des Spannungsunterschiedes aufhört, es fällt ja dann der Grund für das rasche Absinken des Blutdruckes bei jeder Inspiration weg, und es tritt jetzt das Gegentheil auf, das Steigen und Sinken des Blut- druckes erfolgt dann, wie beim gewöhnlichen Athmen, d. h. es steigt der Blutdruck mit jeder Inspiration (wie wir es hier schon vorgrei- fend erwähnen müssen) und sinkt mit jeder Exspiration.

2. Die Schlagfolge desHerzens erleidet insofern eine Ver- änderung, als der Herzschlag während der Ausübung eines RD in überwiegender Mehrzahl der Fälle verlangsamt wird und zwar im Allgemeinen um so mehr, je höher der Druckunterschied in der Luft steigt (Versuche Nr. 1, 2, 3, 4, 6, 7, 8, 9 derTab. II). Es kommen aber auch, wenn auch nur selten, Fälle vor, wo diese Verlangsamung im ersten Momente fehlt (Nr. 5 und 8), oder wo sogar eine ge- ringe Zunahme in der Frequenz der Herzschläge beobachtet wird (Nr. 10 und 11); diesen letzten Fall habe ich nur hei sehr hohem RD gesehen und die Zunahme ist überhaupt eine sehr unbe- deutende.

Für die Verlangsamung des Herzschlages können zwei Ursachen angegeben werden; 1. eine Vagusreizung im Beginne des Versuches, die durch die Folgen der Vagusdurchschneidung auch hier bewiesen wird, aber nie den Grad erreicht, den sie beim -\- RD besitzt, und 2. eine beginnende Herzlähmung bei andauerndem Aufenthalte in verdünnter Luft.

Die Ursachen der Vagus r ei zung liegen hier nicht in dem Grade klar vor Augen, wie es bei dein -f RD der Fall war, doch

402 E i n b r o d t.

steht diese Annahme durchaus in keinem Widerspruche mit der Exi- stenz einer Vagusreizung heim -f- RD, was sich leicht ergibt, wenn man die Unterschiede überlegt, die beide Drücke für die Ursprünge der N. vagi zur Folge haben müssen. Gesucht kann der Grund der Vagusreizung werden 1. in dem Sauerstoffmangel des verlänger- ten Markes, was durch die in den Respirationsbewegungen hervor- gebrachte Veränderung unterstützt wird ; 2. in der möglichen Mit- erregung durch die heftigen Athmungsanstrengungen; 3. in den unge- mein bedeutenden Variationen des Druckes bei den Athembewegun- gen. Unterstützt wird diese letzte Annahme durch die Wahrneh- mung, dass nach Aufhebung des Druckunterschiedes der bis dahin langsame Herzschlag erst dann eine Beschleunigung erfährt, wenn die Athembewegungen sich wieder beruhigen.

Die zuweilen auftretende geringe Beschleunigung des Herzschla- ges ist wohl dem raschen und bedeutenden Einströmen von Blut zuzuschreiben, wodurch das Herz, wenn es sonst erregbar ist, zu lebhafteren Bewegungen veranlasst wird; es kann daher auch beim

RD eine directe Herzreizung herbeigeführt werden, doch erreicht sie niemals einen solchen Grad, um trotz der bestehenden Vagus- reizung zur ausgesprochenen Wirkung zu gelangen, wie wir es beim + RD gesehen haben.

Wenn nun, trotz der bestehenden Vagusreizung, niemals beim

RD ein Herzstillstand erfolgt, so wird dieses wahrscheinlich der Schwäche der Vagusreizung und dem entgegengesetzten Einflüsse der Herzreizung einerseits und noch mehr der constanten Überfüllung des Herzens mit Blut zuzuschreiben sein.

Nach Durchschneidung der N. vagi erfährt der Herzschlag auch durch RD keine Veränderung, wenn der Druck nicht zu lange ausgeübt wird; geschieht das letzter, so wird auch hier der Herz- schlag verlangsamt. Diese Verlangsamung steht mit dem Sauerstoff- mangel in inniger Beziehung, was durch die Wahrnehmung unter- stützt wird, dass das Blut nach lange anhaltendem RD in den bloss- gelegten Arterien dunkler gefärbt erscheint.

Aus den an mir selbst angestellten Versuchen ist hier nur so viel anzuführen, dass die Athembewegungen dabei bestehen blieben, wenigstens bei niedern Drücken, aber die Inspiration ausserordentlich mühsam und beschwerlich wurde und bei hohem Druckunterschiede gar nicht mehr bewerkstelligt werden konnte, und dass überhaupt

Über den Einfluss der Alhembeweguugen auf Herzschlag und Blutdruck. 403

die Versuche mit dem RD während einer noch viel kurzem Zeit ertragen werden als die mit dem -\- RD.

Dieser Umstand, dass nämlich der künstlich gesetzte RD so schlecht ertragen wird, setzt auch den Versuchen an Hunden Hin- dernisse in den Weg, und ihm ist es beizumessen, wenn man hier nicht zu so scharfen Resultaten gelangt wie bei -\- RD; es treten hier mehr störende Momente auf , es bleiben die Bewegungen der Brust und ihr störender Einfluss, es tritt sehr bald Sauerstoffmangel und Athemnoth ein, es erscheinen sogar Erstickungsanfälle u. s. w.

Werfen wir endlich auch hier die Frage auf, welche von den beobachteten Wirkungen des RD, als für den Einfluss des nor- malen Athmens massgebend, besonders hervorzuheben sind, so lässt sich, unter Berufung auf die spätere Begründung , wenn man von den beschleunigenden Wirkungen der Brustbewegungen absieht, die unter normalen Verhältnissen nie einen so hohen Einfluss gewinnen, nur auf die Blutüberfüllung des Herzens und die dadurch bedingte Zunahme des Blutdruckes hinweisen.

Ich lasse auch hier eine Tabelle folgen, die die nöthigen Zahlen- belege enthält.

404

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Sitzli. il. mathem.-naturw. C\. XL. Bd. Nr. 10.

406 Einbrodt.

II.

Indem wir im Vorhergehenden zu der Überzeugung gelangt sind, dass die künstlich gesetzten Drücke in ihren Grundbedingungen dem gewöhnlichen Ein- und Ausathmungsdrucke entsprechen , aber eine viel höhere Gradation der Erscheinungen bewirken, haben wir den ersten Theil unserer Aufgabe gelöst und gehen daher jetzt zum zweiten über nämlich zur Feststellung des Einflusses der normalen A t h e m b e w e g u n g e n.

Dieses wird uns um so mehr zur Pflicht, als die aus den obigen Versuchen gewonnenen Thatsachen mit gangbaren Annahmen über den Einfluss des normalen Athmens , die ich hier nicht wieder- zugeben brauche , im Widerspruche stehen. Es liegt uns also ob, diese Annahmen noch einmal zu prüfen und, falls sie sich bestä- tigen sollten , dem Grunde des beobachteten Widerspruches nach- zugehen.

Um den Einfluss der Respiration auf Herzschlag und Blutdruck möglichst genau verfolgen zu können, verfuhr ich auf die Art. dass ich die Athembewegungen sowohl als auch den Blutdruck an einem und demselben Thiere gleichzeitig graphisch verzeichnen Hess und die einander in der Zeit entsprechenden Stücke der gewonnenen Curven mit einander verglich, wobei als Ausgangspunkte der Vei- gleichung nach Volkmann n"s bekannter Art gewonnene Schluss- zeichen dienten. Zur Vergleichung der Athembewegungen bei unver- änderter Stimmritze diente theils wiederum der Fühlhebe] , theils geschah dieses aber auf eine andere Weise: in das eine Nasenloch des Thieres wurde nämlich eine Glasröhre von entsprechender Weile eingeführt und daselbst mittelst einer eigenen Vorrichtung, deren Beschreibung hier kein Interesse haben würde , fixirt; durch einen mit Wasser gefüllten Kautschukschlauch stand diese Röhre mit einem kleinen leichten Manometer in Verbindung, dessen Schwimmer die

Über den Einfluss der Athembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck. 407

durch das Athmen erzeugten Schwankungen im Luftdrucke an der Kymographiontrommel verzeichnete. Ich bemerke zugleich aus- drücklich , dass beide Verfahrungsarten genau übereinstimmende Resultate geliefert haben.

Zu den Versuchen wurden stets Hunde verwendet, da diese Thiere alle möglichen Verhältnisse der Athmungsbreiten darbieten und da wegen der Beweglichkeit ihres Brustkastens die Brusteinge- weide starke Volums- und Druckänderungen erfahren können. Die Hunde wurden vor dem Versuche nicht narkotisirt, da mir aus eigener Erfahrung nur zu wohl bekannt war, wie gross die Veränderung im Respirationsrhythmus ist, die durch das Opium eingeleitet werden kann. Die Aufzeichnung des Blutdruckes geschah an der Arteria Carotis oder criiralis in bekannter Weise.

Eine genaue Vergleichung der auf diese Art gewonnenen Puls- und Respirationscurven ergab nun für die Abhängigkeit des Herz- schlages und des Blutdruckes von den Athembewegungen folgende Thatsachen.

Wir unterscheiden dabei folgende drei Fälle:

1. Die Athembewegungen sind wenig umfangreich und erfolgen rasch nach einander, wobei die Zahl der Herzschläge eine gerin- gere sein kann als die Zahl der Athembewegungen oder sie auch bis fast um das Doppelte übertreffen kann. In diesem Falle kommt es zu keinem deutlich ausgesprochenen Einflüsse der Athembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck. Aber, wie schon Ludwig *) angibt, bleibt dieses nur so lange bestehen, als die Zahl der Respirationen keine Änderung erleidet und der Einfluss der einzelnen Respirations- acte wird sogleich wahrnehmbar, wenn die Athembewegungen an Zahl abnehmen oder an Tiefe und Ausgiebigkeit gewinnen.

Als Beispiel diene die Figur 3.

2. Die Athembewegungen sind umfangreich und erfolgen lang- sam, namentlich die Exspiration, während die Inspiration ziemlich rasch vollendet wird, aber tief ist; jeder einzelne Act der Respi- rationbewegung besitzt die Dauer mehrerer Herzschläge und die Zahl dieser letzteren ist keine zu beschleunigte. Dieses ist ein Fall, der bei Hunden am häufigsten vorkommt. Unter diesen Bedin-

') Mülle r's Archiv 1837, pag. 14(j.

28*

408 Einbrodt.

gungen verhalten sich die Erscheinungen beobachtungsgemäss folgen- dermassen.

a) Während der Inspiration wird die Zahl der Herzschläge vermehrt, was besonders zu Ende der Inspirationsbewegung deut- lich hervortritt. Die Beschleunigung der Herzschläge während der Einathmung ist bei Hunden unter den genannten Bedingungen eine fast regelmässige Erscheinung und nicht selten so sehr ausgespro- chen, dass sie auch ohne feinere Hilfsmittel durch blosses Auflegen der Hand auf die Brust in der Herzgegend gut constatirt werden kann; fehlen die vorhin genannten Bedingungen, so fehlt auch diese Erscheinung , nie ist aber von mir beim Hunde eine Verlang- samung der Herzschläge während der Datier einer Inspiration beob- achtet worden. Der Blutdruck erfährt während der Einathmung eine Zunahme, die allmählich, aber stetig erfolgt, d.h. jeder neue Herz- schlag trifft eine höhere Spannung als der vorhergehende. Diese Steigerung des Blutdruckes fällt jedoch in ihrem Anfange nicht genau mit dem Eintritte der Inspiration zusammen, sondern erfolgt erst während ihrer Dauer; im ersten Beginn der Einathmung sinkt der Blutdruck noch etwas unter den Werth herab, den er in der Ausathmungspause besass ; ebenso erreicht aber auch das Steigen des Blutdruckes mit der vollendeten Inspiration sein Ende noch nicht, sondern überdauert sie noch auf einen gewissen Zeitraum, mit andern Worten: der höchste Punkt eines Pulscurvenstückes, das einer gan- zen Respirationsbewegung entspricht, fällt nicht auf die Zeit der Inspiration.

b) Während der Exspiration erleidet die Zahl der Herz- schläge eine Verlangsamung, die, im Beginn der Ausathmung noch nicht ausgesprochen, im Verlaufe derselben deutlich auftritt. Der Blutdruck wird im Beginne der Exspiration rasch bis zu dem ihm im einzelnen Falle zukommenden Maximalwerte gesteigert, erleidet aber darauf im weiteren Verlaufe der Exspiration eine Abnahme, indem jetzt jeder neue Herzschlag eine geringere Spannung antrifft, als der vorhergehende.

c) Die Exspi rationspause verändert die Zeit der Herz- schläge und den mittleren Blutdruck nahezu nicht.

Im Allgemeinen gestaltet sich also der Gang der Pulscurve während einer Bespirationsbewegung, wenn der Einfiuss dieser letz- teren deutlich ausgesprochen ist, so, dass der mittlere Blutdruck im

Über den ßinfluss der Aihembewegungen auf Herzschlag und Blutdruck, 4-00

ersten Momente der Inspiration eine geringe Abnahme erfährt, unmit- telbar darauf aber allmählich und stetig ansteigt, wobei der Herz- schlag beschleunigt wird; das Steigen des Blutdruckes dauert auch noch zu Anfang der Exspiration fort und erreicht in dieser Zeit den höchsten Punkt; darauf folgt zuweilen (nicht immer) eine län- gere Pause in den Zusammenziehungen des Herzens, wobei der Blutdruck natürlich tief absinkt; immer dagegen tritt im weiteren Verlaufe der Exspiration eine Abnahme des Blutdruckes ein, wobei zugleich die Herzschläge selten werden. In der darauf folgenden Ausatbmungspause ändert sich in der Begel weder Herzschlag noch Blutdruck.

In seltenen Fällen fehlt die Veränderung in der Schlagfolge des Herzens, aber die Zu- und Abnahme des Blutdruckes ist darum nicht weniger deutlich ausgesprochen.

Als Belege für die aufgestellten Behauptungen mögen die Figuren 4, 5, 6 auf der Tafel dienen.

3. Die Bespirationsbewegungen sind tief und langsam, die Herz- schlagsgeschwindigkeit dagegen sehr bedeutend. Dieser Fall tritt constant nach Vagusdurchschneidung ein. Die Veränderungen in der Schlagfolge des Herzens fallen dann weg, die Zahl der Herzschlage bleibt sich während In- und Exspiration vollkommen gleich, die Ver- änderungen im Blutdrucke bleiben dagegen bestehen oder treten sogar noch reiner hervor.

Wiederum lasse ich ein Paar Beispiele folgen, siehe die Tafel Figuren 7 und 8.

Hierher gehört auch der bei Ludwig *) Taf. XIII, Fig. 23 A abgebildete Fall.

Wie leicht ersichtlich, stehen die so eben vorgebrachten That- sachen im Einklänge mit den Ergebnissen der Versuche über künst- lich gesetzte hohe Bespirationsdnicke; es sei uns erlaubt, diese Übereinstimmung in wenigen Worten hervorzuheben. Im Beginn der Ausübung eines RD erfährt der Blutdruck eine geringe Abnahme, im Beginne der Inspiration fanden wir dasselbe; aber hier wie dort ist diese Erscheinung wenig ausgesprochen; im weiteren Verlaufe des bestehenden hohen RD tritt eine bedeutende Steigerung des

!) L. C.

410 E i n b r o H I.

arteriellen Blutdruckes ein, im Verlaufe der Inspiration findet auch eine Zunahme desselben Statt; durch den hohen -f- RD erhält der Blutdruck während des ersten Zeitmomentes einen Zuwachs, die beginnende Exspiration leistet dasselbe , während der Dauer seines Bestehens mindert der hohe -f- RD die Spannung im arteriellen Systeme und macht den Blutdruck sinken; im Verlaufe der Exspi- ration kehrt dieselbe Erscheinung wieder; während der Dauer des hohen -f- RD nimmt die Zahl der Herzschläge ab, die Exspiration bedingt dasselbe. Zugleich ergeben sich aber auch einige Unter- schiede. — Der -f- RD erzeugt zuweilen eine Zunahme in der Zahl der Herzschläge, die Exspiration thut dieses nie; der hohe RD verlangsamt in den meisten Fällen den Herzschlag und bewirkt nach jedem Ansteigen auch ein Absinken des Blutdruckes, die Inspiration mehrt die Frequenz der Herzschläge und bewirkt ein stetiges Anstei- gen des Blutdruckes.

Andererseits stehen aber die von uns dargelegten Thatsachen über den Einfiuss des Athmens theihveise im Widerspruche mit den bisher allgemein üblichen Annahmen, denn wir haben ja gefunden, dass die Erhöhung des Blutdruckes nur im Beginne der Exspiration stattfindet und im weiteren Verlaufe derselben einer Abnahme weicht, während gelehrt wird, dass der Blutdruck während der ganzen Dauer der Exspiration zunimmt; ferner dass die Zahl der Herzschläge während der Exspiration abnimmt, im Laufe der Inspiration dagegen zunimmt , während angenommen wird , dass die Exspiration den Herzschlag beschleunigt, die Inspiration verlangsamt; dass im Laufe der Inspiration eine Zunahme des Blutdruckes stattfindet, während man bisher glaubte, dass die Inspiration den Mittelwert!) der Blut- spannung herabsetzt.

Wir müssen es daher jetzt versuchen, den Bedingungen der beobachteten Thatsachen näher nachzuforschen, den Widerspruch aufzuheben und die Ursachen der Analogie und der Unterschiede zwischen gewöhnlichem Athmen und künstlich erzeugtem hohen Respirationsdrucke zu begründen.

1 . Veränderungen in der Schlagfolge des Herzens.

Der Grund für die unter dem Einfiuss des Athmens eintretende Veränderung in der Schlagfolge des Herzens, namentlich für die Verlangsamung derselben während der Ausathmung, inuss in einem

Über den EinHuss der Atheiiiliewe^uiigen auf Herzschlag und Blutdruck. 4 1

veränderten Erregungszustände der Nervi vagi und zwar ihrer cen- tralen Ursprungsstellen gesucht werden; diese Annahme wird gefor- dert durch den constanten Erfolg der Vagusdurchschneidung, die immer und unter allen Umständen ein Ausbleiben dieser Veränderung während des Athmens zur Folge hat. Beim -}- BD haben wir uns überzeugt, dass die Vagusreizung dem in ihrem Gefolge auftreten- den Hirndrucke ihren Ursprung verdankt. Beim gewöhnlichen Aus- athmen muss derselbe Grund für die Vagusreizung, wenn auch in einem viel niederen Grade angenommen werden; unter dem Ein- flüsse der Exspiration wird ja das Zurückströmen des Blutes, wie schon lange bekannt, erschwert und es erfolgt daher eine grössere Anhäufung von Blut in den Capillaren und Venen des Gehirns und in Folge dessen eine Erregung der centralen Vagusfasern; unter- stützt wird unsere Annahme durch die bekannte Thatsache, dass das Gehirn während der Exspiration eine geringe Erhebung erlei- det, und durch die Wahrnehmung von Berlin1), dass das Gehirn hoch stehen bleibt, wenn Luft in die Lunge mit grosser Kraft geblasen wird. Es spricht dafür weiter die von uns gemachte Erfahrung, dass schon ein sehr geringer -\~ BD einen deutlich aus- gesprochenen Hirndruck erzeugt, und die schon früher betonte Wahrnehmung, dass der Hirndruck die Lösung des -f- BD über- dauert, nach eingetretener Inspiration dagegen rasch ausgeglichen wird. Während der Inspiration nun fliesst das Blut leicht und rasch in die Brusthöhle zurück, das Gehirn wird vom über- schüssig angehäuften Blute befreit und sinkt zurück; es fällt somit die Ursache der Vagusreizung weg, die Herzschläge werden wieder frequ enter.

Mit dieser Anschauung stimmt auch die Zeit des Auftretens der besprochenen Veränderung; die Beschleunigung des Herzschlages nämlich fällt nicht auf den Beginn der Inspiration, die Verlangsamung nicht auf den Eintritt der Exspiration, sondern beide treten erst im Laufe der Athembewegung hervor und erlangen ihren grössten Werth während der Höbepunkte der In- und Exspiration, wo die weiteren Folgen derselben für die Vertheilung des Blutes schon Zeit hatten sich zu entwickeln oder auszugleichen.

') Citiit bei Donders, I. c. pag. 311, Bd. III.

412 Ein 1. i- o d t.

Das Frequenterwerdeu des Herzschlages, das wir als Folge einer unmittelbaren Herzreizung hei bedeutendem, aber nicht allzu hohem -\- RD auftreten sahen, findet bei der normalen Ausathmung niemals Statt, denn die Bedingungen, die dort für diese Erscheinung angeführt werden, werden durch die normale Athmung nicht gesetzt, das Herz wird nicht zusammengedrückt, das Blut wird in's Herz nicht mit Pressung eingeführt. Ebenso sahen wir beim hohen RD eine Vagusreizung Platz greifen und eine Verlangsamung der Herz- schläge sich einstellen; auch für diese fehlen bei der normalen Ein- athmung alle Ursachen und der Herzschlag wird daher nie ver- langsamt.

Für die Erklärung der Beschleunigung der Herzschläge während der Inspiration könnte ausser dem Nachlasse der Vaguserregung auch noch eine unmittelbare Herzreizung in Folge des in bedeutenden Massen zuströmenden Blutes in Anspruch genommen werden; doch liegt dazu kein zwingender Grund vor, da die Masse des Blutes und die Kraft seines Einströmens bei der Einathmung jedenfalls geringer sein werden, als bei sehr hohem RD. Das Ausbleiben einer Veränderung in der Schlagfolge des Herzens nach der Durch- schneidung der N. vagi wiederspricht nicht der immerhin möglichen Annahme einer directen Herzreizung, denn wenn auch dann keine Zunahme in der Zahl der Herzschläge bei der Inspiration stattfindet, so ist dieses einfach eine Folge der schon nach Durchschneidung ungemein grossen Geschwindigkeit des Herzschlages, die nicht wohl eine noch weitere Steigerung derselben zulässt.

Es ist ohne Weiteres klar, dass auf die Herzschlagsänderung während der Athembewegungen die Nachgiebigkeit des Brustkastens sowohl als auch die verschiedene Tiefe und Dauer der einzelnen Respirationsacte einerseits, die constitutionelle Einrichtung des ver- längerten Markes und die verschiedene Erregbarkeit der N. vagi von der andern Seite einen massgebenden Einfluss ausüben werden. Man könnte demnach versucht sein, ein bestimmtes Verhältniss zwi- schen den Eigenschaften der Athembewegungen und der Herzschlags- änderung aufzustellen, aber ein solches Vorhaben kann auf eine all- gemeine Giltigkeit keinen Anspruch haben, denn 1. wird selbst die gleiche Bewegung der Brustwand bei verschiedenen Individuen weder zu einer gleichen Strömung des Blutes im Kopfe, noch zu einem gleich grossen Einströmen von Blut in's Herz führen; 2. wird

Cber den ßiufluss der Athembewegungeu auf Herzschlag und Blutdruck. 4 I 3

auch die bei verschiedenen Individuen in so grossen Breiten wech- selnde Blutmenge eine wichtige Bolle dabei übernehmen, und 3. end- lich ist auch das Verhältniss zwischen der Reizbarkeit der Vagus- wurzeln und derjenigen des Herzens bei verschiedenen Individuen sehr verschieden.

Im Allgemeinen kann daher nur so viel ausgesagt werden, dass die Herzschlagsänderung, die unter Umständen sogar fehlen oder wenig ausgesprochen sein kann, bei verschiedenen Thierarten sowohl als auch bei verschiedenen Individuen derselben Art je nach dem Vorwiegen oder Fehlen der vorhin genannten Bedingungen eine verschiedene Grösse sein wird, und im Ganzen um so grösser, je nachgiebiger die Brustwand ist und je langsamer und tiefer die Athembewegungen erfolgen. Bedauern muss ich es, dass es mir nicht vergönnt war, diese Versuche auch auf andere Thiere als Hunde auszudehnen.

In welcher Grösse die besprochene Änderung in der Schlag- folge des Herzens auch für den Menschen ihre Anwendung findet, müssen wir dahingestellt lassen, aber erwähnen muss ich, dass ich sie auch am Menschen beobachtet habe und dabei eine Zu- nahme der Zahl der Herzschläge während der Inspiration und eine Abnahme während der Exspiration gefunden; an mir selbst fehlt diese Erscheinung vollständig und die Zahl der Herzschläge bleibt selbst während möglichst tiefer In- und Exspiration genau dieselbe.

2. Veränderungen im Blutdruck.

Für die Veränderungen, die der Blutdruck während der Athem- bewegungen erleidet, bestehen zwei Ursachen: 1. die beschleu- nigenden Kräfte, die die Bewegungen der Brustwand ausüben und 2. die am Herzen hervorgebrachte Füllung mit Blut. Als begünstigendes Moment kann auch die veränderte Schlag- folge des Herzens angeführt werden.

Die beschleunigenden Kräfte, die durch die Brustbewegungen erzeugt werden, hängen von dem Druckunterschiede der Luft auf der äussern und innern Lungenobertläche ab und machen ihren Ein- fluss namentlich beim Beginne der In- und Exspiration geltend, wäh- rend der Einfluss der Blutfüllung mehr im weiteren Verlaufe der Respirationsbewegungen hervortritt.

414 Einbrn.il.

Durch die Einathinung werden das Herz und die grossen Ge- fässe, die an der äussern Lungenoberflache liegen, unter geringe Spannung versetzt, und dem entsprechend sinkt auch im Beginne der Inspiration, wenn sie nur nicht eine zu kurze ist, der mittlere Blutdruck um ein Geringes unter den Werth herab, der ihm wäh- rend der vorhergehenden Ausathmungspause zukam. Analog dieser Erscheinung sahen wir auch beim RD im ersten Momente meist eine Abnahme des Blutdruckes erfolgen. Aber diese Abnahme kann bei der Inspiration nicht lange anhalten; in Folge des gesetzten Spannungsunterschiedes strömt eine bedeutende Quantität Blut dem Herzen zu, und wird durch das erregbare Herz sofort für den Strom nutzbar gemacht; der Inhalt des arteriellen Systems wird dadurch unter höhere Spannung versetzt, und dieses spricht sich darin aus, dass im weitern Laufe der Inspiration der arterielle Blut- druck eine Zunahme erfährt; da sich nun dieFiillung des Herzens und folglich auch die der Arterien so lange erhält, als die Inspiration selbst, so erfährt auch der Blutdruck während der ganzen Dauer der Inspiration keine Abnahme mehr. Der hohe RD bewirkt dieselbe Füllung am Herzen und dem entsprecbend sahen wir auch dort eine Steigerung des mittlem Blutdruckes während der Dauer seines Bestehens auftreten. Wie man sieht, wird also der erste druckerniedrigende Eintluss der verminderten Spannung im weitern Verlaufe der Inspiration durch die Anfüllung des Herzens mit Blut nicht nur in seiner Wirkung gehemmt und beeinträchtigt, sondern auch factisch aufgehoben. Diese Thatsache, die sich aus dem Vergleiche der Puls- und Bespirationscurven ergibt, wird auch schon durch theoretische Erwägungen wahrscheinlich gemacht, denn die Abnahme, die die Spannung auf der äussern Lungenoberflache erfährt, ist bei einer gewöhnlichen Inspiration nicht bedeutend und genügt selbst bei sehr hohem RD, wie wir gesehen haben, nur um auf jedes Steigen ein Sinken folgen zu lassen, nicht aber um den Eintluss des Blutzullusses ganz aufzuwiegen und eine dauernde Erniedrigung des mittlem Blutdruckes herbeizuführen; die Füllung des Herzens dagegen wird selbst durch eine gewöbnliche Einath- mung in genügendem Masse hervorgebracht, besonders wenn man die grosse FJächenausdehnung der Venen in Anschlag bringt und den Umstand berücksichtigt, dass auch der Abfluss aus den Arterien wäh- rend der Inspiration im Vergleiche mit dem während der Exspiration

Über den Einfluss dei' Atheinbeweguiigen auf Herzschlag und Blutdruck. \ ] ,'>

ein geringerer ist; daher kann hier auch die Zunahme des Blut- druckes eine stetige sein.

Stellt sich nun nach Ablauf der Inspiration die Exspiration ein, so summiren sich in ihrem Beginne zwei Einflüsse, um den Blutdruck rasch bis zur bedeutendsten Höhe ansteigen zu lassen: die beschleu- nigende Kraft der Brustbewegung, die aus der Zunahme der auf den Brusteingeweiden lastenden Spannung hervorgeht und die vorher bestandene Blufanfiillung des Herzens, die jetzt erst allmählich zur Ausgleichung gelangt. Der Wirkung dieser beiden Einflüsse, nament- lich aber des erstem ist das beobachtete Steigen des Blutdruckes im Beginne der Ansathmung beizumessen; dem entsprechend haben wir auch beim -\- BD gesehen, dass er die Spannung des Blutes vermehrt, wenn er von Null bis zu seinem Maximum ansteigt. Aber im weitern Verlaufe der Exspiration wird der Abfluss des Blutes aus dem Herzen und Arterien begünstigt, das genügende Nachströmen aus den Venen dagegen erschwert, der NutzefTect des Herzens wird dadurch herab- gesetzt, der Inhalt des arteriellen Systems unter geringere Spannung gebracht; der drucksteigernde Einfluss der erhöhten Spannung wird im Verlaufe der Exspiration durch die eintretende Blutleere der Arterien aufgewogen und vernichtet, daher das beobachtete regel- mässige Sinken des Blutdruckes während der Ausathmung; ebenso sahen wir auch beim künstlichen -f- BD selbst bei einem verhältniss- mässig niedrigen, den Blutdruck im arteriellen Systeme, trotz der erhöhten Spannungszunahme, in Folge des gehemmten Bückflusses des Blutes zum Herzen eine Abnahme erleiden, die um so grösser wurde, je höher der -f- BD stieg, und den Blutdruck bei einem gewissen Grade der Blutleere, trotz des fortbestehenden Herzschlags, horizontal verzeichnet werden. Die durch die Exspiration bedingte geringere Blutfüllung des Herzens und der Arterien hält aber wäh- rend der ganzen Dauer der Ausathmung an, und dem entsprechend, haben wir auch nie im weitern Laufe der Exspiration eine Steigerung des Blutdruckes beobachtet.

Ausser den beiden Elementen, die wir bisher zur Erklärung der Veränderungen im Blutdrücke beim Athmen benutzt haben , könnte als drittes Element, das den beiden ersten jedenfalls aber an Wirk- samkeit nachsteht, die Veränderung in der Herzschlagsgeschwindig- keit angeführt werden; ihr Einfluss spricht sich darin aus, dass in denjenigen Fällen, wo sie deutlich ausgesprochen auftritt, das An-

4 1 (> Ein r o ri t.

steigen während der Inspiration und das Absteigen während der Exspiration viel rascher geschieht als in denjenigen Fällen, wo die Herzschlagsänderung fehlt. Dagegen kann aber das wirkliche Bestehen und wechselnde Überwiegen der beiden ersten Elemente gerade in diesen letztern Fällen, z. B. nach Vagusdurchschneidung, reiner beobachtet werden, einerseits weil nun die Veränderungen in der Schlagfolge des Herzens vollkommen ausbleiben und die Excursionen der Herzschläge und des Blutdruckes geringer werden, das Über- wiegen der Blutfüllung über den Spannungsunterschied oder vice versa daher nicht mehr so schnell erfolgt, andererseits aber weil in Folge der Vagusdurchschneidung die Athembewegungen selbst tiefer und langsamer werden und daher einen grössern Einfluss erlan- gen können , namentlich aber bedeutendere Spannungsunterschiede setzen.

Dass bei Beurtheilung des Einflusses der Athembewegungen auf den Blutstrom die Berücksichtigung der durch das Athmeu gesetzten Spannungsunterschiede allein, wie es bisher gethan wor- den, nicht ausreicht und man daher auch ihre weiteren Folgen zur Erklärung der beobachteten Thatsachen mit benutzen muss, wie ich es hier versucht habe, beweist der schon längst bekannte Umstand, das die Spannungs -Zu- und Abnahme in der Brusthöhle und im Gefässinhalt nie die gleiche Grösse erreichen und, wie wir jetzt gefunden, nicht einmal im ganzen Laufe der einzelnen Athemacte einander parallel gehen.

Es ist nach dem Vorhergehenden klar, dass der Gesammt- einfluss der Athembewegungen eine grosse Abhängigkeit zeigen wird von den constitutionellen Einrichtungen des verlän- gerten Markes und der verschiedenen Erregbarkeit der iV. vagi; wenn z. B. die Beizbarkeit der Vagi gross ist, die automatischen Erreger der Respiration aber unbedeutend und die Athembewegungen daher einander nicht rasch folgen, so gewinnen die Athembewe- gungen auf Herzschlag und Blutdruck einen grossen Einfluss, und alle Folgen desselben prägen sich dann, unter sonst gleichbleibenden Umständen, am deutlichsten aus. Ist dagegen die Vagusreizung gering, theils weil seine Beizbarkeit unbedeutend ist, und theils auch weil die automatisch auf ihn wirkenden Erregungsmitte] niedrig sind, so sind die Veränderungen in der Pulscurve nur abhängig von den beschleunigenden Wirkungen des Brustkastens und von der Blut-

Über den Einfluss der Athembewegungea auf Herzschlag und Blutdruck. 417

fiillung des Herzens, und das An- und Absteigen erfolgt nicht mehr so rasch wie im ersten Falle; endlich kann aber die Reizbarkeit der Vagi zugleich mit den automatischen Reizen beträchtlich sein; dann spricht sich der Einfluss des Athmens am wenigsten aus; die Inspi- ration kann dann nur unbedeutend beschleunigen, die Exspiration nur unbedeutend verlangsamen, und die Zu- und Abnahme im Blut- drucke ist keine ausgesprochene, da die Excursion jedes einzelnen Herzschlages immer grösser ist, weil in Folge der langen Pausen sich immer genügend Blut sammeln kann.

Die mitgetheilten Versuche geben noch zu folgenden Bemer- kungen Veranlassung.

1. Sie bestätigen die Annahme eines Tonus der N. vagi, wenn nämlich dieser Ausdruck nur im Sinne einer in kurzen Zwischen- räumen periodisch wiederkehrenden Reizung gebraucht wird, und verlegen die Ursache desselben in die durch die Ein- und Aus- athmung ungleich gemachte Vertheilung des Blutes im Gehirne und verlängerten Marke. Dadurch lassen sie uns zugleich den Einfluss der constitutionellen Blutmenge auf den Herzschlag besser einsehen und erklären namentlich den bei Verblutung oder Blutleere über- haupt gewöhnlich eintretenden frequenten Herzschlag.

2. Sie lehren uns die Möglichkeit kennen, den Blutdruck ohne Blutentziehung oder Einspritzung nach Belieben sinken oder steigen zu lassen, und zwar in solchen Grenzen, wie dieses durch kein anderes Mittel hervorgebracht werden kann, und geben uns daher zur richtigen Schätzung von plötzlichen und bedeutenden Änderungen im Werthe des Blutdruckes einen neuen Massstab an die Hand. Freilich behält diese Wahrnehmung nur ein beschränktes Interesse, denn sie kann wegen der zugleich eingeführten grossen Störungen keine Anwendung in der praktischen Physiologie finden; dagegen bietet der oben beschriebene Versuch des Einfahrens einer Blase in den rechten Vorhof, bei genügender Vorsicht in der Anwendung, ein gutes Mittel an die Hand, den Blutdruck bedeutend und dauernd herab- zusetzen.

3. Sie geben uns endlich eine Bestätigung der Br unner1schen Beobachtungen und erlauben die Frage über die Spannung d<;s ruhenden Blutes weiter zu verfolgen.

418 Einbrodt. Über den Einfluss der Athembewegungen etc.

Durch die mitgetheilten Beobachtungen und die aus ihnen abge- leiteten Anschauungen glauben wir ein besseres Verständniss der Athembewegungen auf den Kreislauf angebahnt zu haben; aber da wir uns nicht verhehlen, wie überaus Vieles in diesem Gebiete der Physiologie noch geleistet werden muss, so enthalten wir uns für den Augenblick aller auch jetzt schon möglichen Folgerungen, und betrachten die vorliegende Untersuchung nur als eine Vorarbeit, die in Folge der erlangten sichern Einsicht in die Grundelemente der Frage ein weiteres Vordringen wesentlich unterstützen wird.

Einbrodt. Ifiler den Enflussder A-tkembewegungen auf Hcrtsclilkg und Blutdruck

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Sitauntfso '1 k Akud 4.W maih iialiim- CT. XI R.l 10 ISliO.

Kner. Über Bclonesox belizanus, nov. gen. et spec. 410

Über Belonesox belizanus, nov. gen. et spec. aus der Familie der Cyprinodonten.

Von dem c. M. Prof. ßudolf Kue r.

(Mit i Tafel.)

Unter einer Anzahl von Fischen, die mir jüngst das Hamburger städt. Museum zusandte, fand sich das hier in natürlicher Grösse ab- gebildete Fischchen vor, dessen Beschreibung ich vorauszuschicken für zweckmässiger halte, bevor ich zur systematischen Stellung und Charakteristik dieser interessanten Gattung mich wende. Die Kopf- länge ist B^mal in der Gesammtlänge enthalten, die grösste Höhe des Rumpfes beträgt weniger als die halbe Kopflänge, jene am Schwanz- stiele ist gleich einem Drittel der letztern und auch gleich der Kopf- breite zwischen den Deckeln; die Länge des Schnabels übertrifft ein Drittel der Kopflänge. Der obere Mundrand wird blos von den in ein Dreieck verlängerten Zwischenkiefern gebildet, vor deren Spitze der Unterkiefer noch etwas hervorragt. Beide genannten Kiefer sind mit mehreren Reihen gerader, langer Spitzzähne bewaffnet, von denen die äusseren, am Rande stehenden, die kürzesten, die der innersten Reihen viel länger sind und den Namen wahrer Nadel- oder Pfriemen- zähne verdienen. Im Zwischenkiefer halten sie die ganze Breite des- selben besetzt, und es stehen deren an der breitesten Stelle (Fig. b, bei a, ß) 12 in einer Querreihe, wie Fig. c ersichtlich macht, welche den an dieser Stelle genommenen Durchschnitt darstellt. Im Unter- kiefer steht jederseits nur eine dreifache Zahnreihe, da die Mittel- linie hier zahnlos bleibt.

Zunge, Pflugschaar und Gaumenbeine sind zahnlos. Der Zwi- schenkiefer ist vorschiebbar, senkt sich hiebei zugleich mit dem Un- terkiefer nach abwärts und wird von dem schmalen, seitwärts hinter den Mundwinkel liegenden Oberkiefer in nicht vorgestrecktem Zustande an seiner Einlenkungsstelle überdeckt. Das ziemlich grosse Auge

420 Kner.

steht hinter halber Kopflänge und zwar genau zwei seiner Durchmes- ser von der Kiemenspalte, aber weniger als einen vom Rande des Oberkiefers entfernt. Die Breite der fast flachen Stirn zwischen den Auge;>. betrügt l\f2 Durchmesser. Über dem vordem Augenrande ist nur eine einfache Narine sichtbar. Die Kiemenspalte ist weit, die Zahl der Kiemenstrahlen 6; die vier langgestreckten Kiemenbögen sind mit kaum sichtbaren spitzigen Rechenzähnen dicht besetzt , die Schlundknochen tragen Packete von Hechelzähnen; eine fransige Nebenkieme fehlt.

D. 9, A. 2/9, V. 6, P. 12, C. 20.

Die Stellung und relativen Verhältnisse der Flossen sind aus der Abbildung am besten ersichtlich; die Strahlen aller Flossen sind fein gegliedert, und nur an derCaudale doppelt dichotomisch, an den übrigen Flossen aber einfach gabelig getheilt. Deckelstücke, Wan- gen und Oberseite des Kopfes sind bis an den Rand des Zwischen- kieferrohres beschuppt, blos der Oberkiefer, das vordere ziemlich breite Suborbitalstück und die beiden zahntragenden Kiefer bleiben nackt. Die Schuppen sind fast kreisrund, weich, ganzrandig, ohne Radien, nur mit groben concentrischen Streifen und Furchen ver- sehen. Längs des Rumpfes bis zur Schwanzflosse liegen 40 Schuppen in runder Zahl. Der After mündet ziemlich weit vor der Urogenital - Öffnung, die unmittelbar vor der Analflosse sich befindet.

Die Färbung erscheint am Spiritus-Exemplare am Rücken hell braun und wird an den Seiten gegen den Bauch zu noch lichter; 4 5 Längsreihen schwarzbrauner Flecken und Punkte zieren den Rumpf bis zur halben Höhe herab und erstrecken sich vom Ende des Kopfes bis zur Basis derCaudale, die Mitte der letzteren hält ein grosser schwarz- brauner Augenfleck besetzt; Kopf und alle Flossen sind ungefleckt.

Diese Gattung erinnert unwillkürlich an die Hechte; durch die gestreckte Totalgestalt, durch die weit zurückstehende, weichstrah- lige Rückenflosse, die erst über dem Ende der Anale beginnt, durch cykloide Schuppen und selbst durch die lang gezogenen, stark bezahn- ten Kiefer. Sie unterscheidet sich aber scharf nicht nur von den Hech- ten, sondern allen (ihrigen Malacopteren; durch die ganz eigentümliche Vorstreckbarkeit des Zwischenkiefers. Dieser mahnt von oben gese- hen (Fig. b) allerdings etwas an den Oberschnabel mancher Arten Uemirhamphus , doch fehlt letzteren die Vorschiebbarkeit und wäh- rend bei ihnen, sobald der Mund aufgesperrt wird, der Zwischenkiefer

Über Belonesox belizantts aus der Familie der Cyprinodonten. 4-21

in die Höhe gezerrt wird, so neigt er sich bei dieser Gattung zuf gleich mit dem Unterkiefer im vorgestreckten Zustande nach abwärts wie Fig. 1 ersichtlich macht. Zu diesem Behufe steht auch der schmale ganz ausser dem Bereiche der Mundspalte zurückgedrängte Ober- kiefer mit der intermaxillaren in eigenthümlicher Gelenkverbindung. Nicht minder charakteristisch ist aber auch die Bezahnung, durch welche sich diese Gattung sowohl von den Hechten, als den Scomber- esoces unterscheidet.

Fasst man die verschiedenen Mahnungen dieses Fisches au die beiden genannten Familien zusammen, so dürfte der vorgeschlagene Gattungsname nicht unpassend erscheinen. Im Systeme kann dieser Gattung wohl kein anderer Platz als in der Familie der Cyprinodon- ten angewiesen werden und zwar zunächst der Gattung Hydrargyra. Die gestreckte Totalgestalt, die einzige weit rückwärts stehende und gegliederte Bückenflosse, der flache Oberkopf, der vorstreckbare Zwi- schenkiefer, die cykloiden Schuppen und die Zahl der Kiemenstrahlen sprechen sämmtlich zu Gunsten dieser Stellung. Die schnabelähnliche Verlängerung der Kinnladen, so wie deren starke und eigenthümliche Bezahnung werden aber die Begründung einer eigenen Gattung gerechtfertigt erscheinen lassen.

Da das beschriebene Exemplar ein dem Hamburger städt. Museum gehöriges Unicum ist, so konnte ich nur die äussere Untersuchung desselben vornehmen. Es stammt aus Belize in Honduras und wurde mit der Bezeichnung: „Alligatorlisch" eingesendet und dabei bemerkt, dass er kaum grösser werde und sehr selten sei. Nachträglich theilte mir Herr Custos Sigel brieflich mit, dass dieser Fisch nicht blos bei Belize, sondern in allen kleinen Flüssen von Honduras vorkomme, jedoch überall selten sei, mitunter eine Länge von 12 Zoll erreiche und nur schwer, mit Angeln gar nicht zu fischen sei1).

') Ich kann nicht umhin . bei diesem Anlasse mein Bedauern auszusprechen, da« den Süsswassertisehen Central-AmerikaVs bisher noch zu wenig- Beachtung zugewendet wurde; mindestens besitzen die Wiener Museen deren nur wenige durch die Herren Baron Friedrichsthal und Prof. Hei I er, sie alle geben aber Zeugniss von der eigentümlichen Fischfauna jener Gewässer, in denen sich zwar vermittelnde For- men i. wischen Nord- und Südamerika vorlinden, aber wie es scheint, auch nicht wenige ganz selbstständige. Zum Belege erlaube ich mir blos auf die Gattung- Xiphophoru* Heck, hinzuweisen und zu bemerken, dass last alle Alten von Siiuroiden, Chiomiden und Cyprinodonten, die wi raus Mexico besitzen , von denen Südamerika"* verschiednn seien. Siub. (I. mulhem.-naturw. Cl. XL. IM. Nr. 10. 29

42^ k " '' ''• ÖBer Belonesox belitanu.8 aus der Familie der Cyprinodonten.

DerCha rakt er der Gattung dürfte sich in folgender Weise construiren hissen : „Os rostriforme, ad infra protractile, ossa inter- et inframaxillaria dentibus confertis acutissimis obsila, a margine externo ad intus longitudine crescentibus, palatum et lingua eden- tula; radii branchiostegii sex ; pinna dorsalis supra analis finem incipiens, caudalis margo rotundutus ; linea lateralis nulla".

Der Charakter der Species lässt sich vorläufig durch die Merkmale feststellen: „Trunci latera punctis fusco-nigris seriatim p&sitis not ata. macula nigra magna ad pinnae caudalis busin."

Erklärung der Abbildungen.

Fig. 1. Belonesox belizanus, in natürlicher (irösse.

a Kopf etwas vergrössert und schief gestellt, am die Rezalinung des

Zwischenkiefers sichtbar zu machen. Ii Kopf von oben. c Durchschnitt des Zwischenkiefers bei a, {1.

Kner. I Ihm' Belenesox belizanus nov.<?en. el spec

AfaZürl Grösse

/'///. / .

BelenpsuK belizanus

1 !

Sitzun«sb.d k Äiad.dW.Tnath.naturw.Cl.XL.Bd.NHO . 1860.

Kner. Übersicht der ichthyologischen Ausheule etc. 4-23

Übersicht der ichthyologischen Ausbeute während der Beine Sr. kais. Maj, Fregatte Novara.

Von dein c. M. Dr. Rudolf Rner.

Im November des verflossenen Jahres erhielt ich die ehrenvolle Aufforderung, die wissenschaftliche Untersuchung und Bearbeitung der Fische zu übernehmen, welche während der Weltfahrt von Sr. Maj. Fregatte Novara durch die beiden Zoologen Herrn von Frauen fehl und Zelebor gesammelt wurden. Ich habe mich in» Vereine mit meinen beiden jungen Freunden und ehemaligen Schülern den Herren Dr. Joh. Canestrini und Franz Steindachner mit Eifer dieser Aufgabe unterzogen und glaube nun heute die Ergeb- nisse unserer Untersuchung der hochansehnlichen Classe aus dem Grunde vorlegen zu dürfen, weil die hohe kaiserliche Akademie sich vom Anbeginne für jenes österreichische Unternehmen mit dem leb- haftesten Interesse betheiligte.

Was zunächst die Totalsumme der gesammelten Fische' anbe- langt, so gibt diese an sich schon rühmliches Zeugniss von dem regen Eifer der Sammler, denn sie beläuft sich nahe an 2000 Exemplare, deren meist vortrefflicher Erhaltungszustand überdies für das Ge- schick und die Sorgfalt spricht, mit welcher die gesammelten Objecto behandelt und conservirt wurden, ein Verdienst, das nicht gering anzuschlagen ist, wenn man die Schwierigkeiten bedenkt, welche sich dem Sammler in tropischen Landen überhaupt und insbesondere während einer ruhelosen Weltfahrt entgegenthürmen und durch welche nicht selten die schönsten Früchte des Fleisses verdorben und vernichtet werden.

Um nicht durch Länge zu ermüden und doch einen möglichst klaren Überblick zu verschaffen, fasse ich die bisherigen Resultate unserer Untersuchungen in folgende Rubriken zusammen: 1. Über- sicht der sicher bestimmten Gattungen und Arten; 2. jener, die für

29

4-ü£() Kner. Übersicht der ichthyologtscheii Ausbeute

Hinsicht zu besprechen; ebenso auch die Gattung' Helotes, und Bovichthys, welche letztere von der Insel St. Paul mit einer wie es scheint neuen Art vorliegt.

Von Sparoiden gehören hieher die Gattungen Nemaddctylus und Latris von Richardson, beide durch Arten aus St. Paul ver- treten, und eine Maenide aus Auckland. Von Squamipennen sind wahrscheinlich ein Pimelepterus und eine Scorpis aus Neuholland neu. Unter den Labyrinthiisehen ist Ophicephalus pekingetisis B a s i I e w s k i hervorzuheben ; die bekanntlich sehwierig zu bestimmen- den Mugiloiden dürften mit ein paar neuen Arten vertreten sein , die Gobien und Blennien hingegen mit mehreren; unter ihnen findet sich auch eine nov. Spec. von Cristiceps aus Sydney und ein Blennoid vor aus Neuseeland mit dreifacher Seitenlinie, den ich einstweilen als nov. gen. ansehen muss. Ferner ist ein Lepadoyaster aus Syd- ney wahrscheinlich neu, und die bis jetzt überhaupt noch ungenügend untersuchten Eche7ieis-Avten sind ebenfalls einer genaueren Beach- tung werth. Aus der Familie der Chromidcn erscheint ein gros- ser, schöner Uaru Heck, von Rio Janeiro (mit 13 Stacheln in der Anale) als eine neue Art. Von den Cyprinoiden sind sämmtliche Gattungen und Arten einer näheren wissenschaftlichen Untersuchung und Besprechung bedürftig; denn selbst von den durch Hamilton Buchanan, Cantor, Bleeker und Andere bekannt gewordenen Arten liegen nur ungenügende Beschreibungen und Abbildungen vor. und namentich ist auf die Schlundzähne derselben nirgends Bedacht genommen. Die von Cuvier dieser Familie beigezählte Gattung Gonorhynchus , welche mit einer Art (ob Gronocii Val. oder ylos- sodontvs Rüpp. ?) vom Cap der guten Hoffnung vorliegt, verdient in mehrfacher Beziehung eine gründlichere Erörterung. In ähnlicher Weise erheischen sämmtliche Siluroiden noch eine Untersuchung, indem selbst von den bekannten indischen Gattungen und Arten über Schwimmblase, Sexualorgane u. s. w. bisher erwünschte oder genü- gende Angaben fehlen. Von echten Salmoniden liegt eine kleine Art aus Neuseeland vor, die ich bisher nirgends auffinden konnte. Welche und wie viele Arten sich aus den Familien der Pleuronecti- den und Anguilloiden etwa als neu herausstellen werden, lässt sich vorläufig nicht bestimmen; das zu diesem Behufe durchzuarbeitende Material ist an sich zu bedeutend und liegt in zu vielen verschiedenen Werken zerstreut vor, als dass selbes in dieser kurzen Zeit zu

während der Reise Sr. Majestät Fregatte Novara. 427

bewältigen möglich war. Die neueren von Kaup über diese Familien

veröffentlichten Arbeiten sind leider nicht sehr geeignet, um sich mit ihnen schnell und sicher zurecht zu linden. Das Gesagte findet, wenn gleich im minderen Grade auch auf die Ordnungen der Plecfognathen und Lophobränchii Anwendung.

Aus dem Ganzen geht hervor, dass die Anzahl der theils neuen, theils nur selten beobachteten oder mindestens zu wenig bekannten Arten bedeutender ist, als zu erwarten war, wenn man bedenkt, dass dieNovara doch nur grösstenteils häufig besuchte Küstenpunkte und Inseln berühren konnte.

5. Was endlich die geographische Verbreitung und die Fund- orte der gesammelten Gattungen und Arten betrifft, so gehört die überwiegende Mehrzahl derselben, wie leicht erklärlich, dem indischen Ocean und der Südsee an. Viele von ihnen zeigen eine sehr weite geographische Verbreitung, und nicht selten liegen Arten vor, von welchen Exemplare aus Ceylon, Madras, Hongkong, Sydney und Tahiti stammen. Dass inselreiche Meere durchschnittlich ausgedehn- tere Verbreitungsbezirke möglich machen und wirklich aufzuweisen haben, liegt in der Natur der Sache, dass aber manche Gattungen des inselarmen Oeeans der südlichen Hemisphäre nicht minder weit ver- breitet sind, davon gibt z. B. die Gattung ßovichthys Zeugniss-, die sich von St. Paul bis zur Westküste von Südamerika vorfindet. Hin- sichtlich der verschiedenen Stationsplätze haben an marinen Formen die meisten Seltenheiten und Novitäten geliefert: die Insel S. Faul, Neuseeland und Valparaiso; leider ist die Gesammtzahl der an diesen Punkten acquirirten Fische nicht eine bedeutende. Was die Süss- wasserlische anbelangt, so musste leicht hegreiflicher Weise deren Anzahl im Vergleiche zu den marinen gering sein; die aber im Voraus gehegte Erwartung, dass sie besonderes Interesse bieten wer- den, fand jedoch auch volle Rechtfertigung. Die Fauna der Süss- wasser hängt ungleich weniger von den geographischen Breitegraden ab. wie vielmehr von den Niveauverhältnissen der Länder, die sie durchziehen, und die überall gemachte Erfahrung, dass Gebirgs- rücken, welche grössere Wasserscheiden bilden, in sonst einander benachbarten Flussgebieten eine völlig abweichende Fischbevölkerung bedingen, fand auch wieder durch die Novara-Sammlungen ihre Bestä- tigung. Während die Cyprinoiden von Ceylon, Java und Madras grosse Übereinstimmung unter einander und mit denen des Ganges-

428 Suess. Über die Spuren

Stromes zeigen, erweisen sich jene des Flusses bei Schanghai durch- wegs von ihnen verschieden. Das oben Gesagte wird allein schon genügen, um die lebhafte Spannung erklärlich zu finden, mit welcher ich der Ankunft der Sammlungen von Süsswasserfischen noch ent- gegensehe, die Prof. Dr. von Hochstädter während seines längereu Aufenthaltes auf Neuseeland zu Stande brachte, und die ohne Zwei- fel eine würdige Schlusszier des Novara-Unternehmens sein werden.

Über die Spuren eigentümlicher Eruptions - Erscheinungen

am Dachstein - Gebirge.

Von Prof. Eduard S o e s s.

(Vorgelegt in der Sitzung der math.-naturw. Classe vom il. April 1860.)

Im Jahre 1857 hat Herr Fr. v. Hauer einer Abhandlung, wel- che den Titel führt: „Ein geologischer Durchschnitt der Alpen von Passau bis Duino" i), eine von mir verfasste Notiz über das Dach- stein-Gebirge einverleiht, in welcher ich bemüht gewesen bin eine allgemeine Schilderung des Baues dieses mächtigen Kalkstockes zu geben. Es ist bei dieser Gelegenheit gezeigt worden, dass man vom Hoch-Golling, also von Süden her, dem Dachstein -Gebirge sich nähernd, auf regelmässig nach Nord fallende Lagen von Granaten führendem Glimmerschiefer, Chloritschiefer und Thonschiefer mit eingelagerten Massen von Grauwacke-ähnlichen Gesteinen trifft und endlich jenseits des Enns - Thaies den Werfener Schiefer erreicht, welcher, eben so nach Nord fallend, die steile Wand unterteuft, welche der Dachstein nach Süden hin bietet. Jenseits des ganz und gar aus Alpenkalk bestehenden Dachstein - Gebirges nun tritt von diesen älteren Gesteinen nur der Werfener Schiefer wieder zu Tage, und zwar zunächst auf der Bruchlinie, welche vom Hallstätter Salz- berge durch den Ressenhach -Graben in das Gosauthal läuft.

Es ist ferner ausführlich geschildert worden, wie auf der Höhe des Dachstein -Plateau^ die Formen der Berge und das wiederholte Auftreten der mittleren Lias- Schichten in sehr verschiedenen Höhen das Vorhandensein zahlreicher und bedeutender Verwerfungen ver-

L) Sitzungsberichte, lid. XXV.

eigentümlicher Eruptions-Ersclieinungen am Dachsfein-Gehirge. 420

rathen, welche theil estwa NS. im Fallen, theils ungefähr OW., also im Streichen der Kalkschichten liegen.

Wenn man auf diesem ringsum von jähen Abstürzen umgrenzten Hochplateau sieht, wie die zahllosen Risse und Klüfte den ganzen Abfluss des Gletschers und den durch die Furchen der Karrenfelder herabtriefenden atmosphärischen Niederschlag verschlingen, wenn man die weiten, weissen, zerrissenen Kalksteinfelder überschaut, ist man nicht wenig überrascht, hier oder da ein Bohnerz, ein loses Stück milchweissen Quarzes oder gar ein Stückchen Grauwacken- schiefer zu finden. Die erste Nachricht von dem Vorkommen dieser dem Kalksteine offenbar ganz fremden Gesteine auf der Höhe des Dach- stein-Gebirges ist schon in den Vierziger Jahren durch Prof. S i m o n y nach Wien gebracht worden. Man hat damals die Vermuthung geäus- sert, dass diese Steinchen durch Gletscher von den krystallinischen Gebirgen, welche den jenseitigen, südlichen Abhang des Enns-Thales überragen, herbeigeschafft sein könnten, und später 1) hat man gemeint, dass sie die Reste einer ausgebreiteten und nun zerstörten Sandstein- oder Conglomerat- Bildung seien. Aber abgesehen davon, dass die orographischen Verhältnisse beide Annahmen in hohem Grade unwahrscheinlich machen, werden sie von den Erscheinungen, welche ich hier zu schildern habe, so vollständig widerlegt, dass es überflüssig wäre noch etwas Weiteres zu bemerken.

In der oben erwähnten Schrift des Herrn v. Hauer *) habe ich (S. 305) erwähnt, dass ich diese Vorkommnisse den Geyser-Gebilden des Herrn Dumont zuzählen möchte, und dass sie den Gegenstand einer selbstständigen Notiz bilden sollten. So befremdend schienen mir jedoch die Erscheinungen, welche ich beobachtet hatte, dass ich Anstand nahm, eine ausführlichere Schilderung derselben zu veröf- fentlichen, bevor ich mich nochmals von ihrer Richtigkeit überzeugt hatte. Im vergangenen Herbste habe ich nun Gelegenheit gefunden in Gesellschaft der Herren Stoliczka und v. M oj ssisso vi ts die betreffenden Punkte nochmals zu prüfen. Die Frucht dieses neuen Besuches ist die Befestigung meiner Ansicht gewesen, dass das Dach stein -Gebirge einst der Schauplatz eige nth um li- eh e r Eruptions-Er schein ungen gewesen ist, indem

1 1 Jahrb. <l. k. k. geol. Reichsanst. 1851, l. [>. 160.

-) Auch im Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. 18154, |>. i:»9.

4-»}0 Suess. Über die Spuren

irgend eine Kraft durch die Verwerfungsklüfte des Kalksteines die Trümmer tief darunter liegender, älterer G e b i r g s a r t e n viele tausend F u s s hoch e m p o r g e- schleudert hat.

Schlägt man von der Wies-Alpe (ö280 Fuss) i\en Weg nach der Gjaid-Alpe (5542 Fuss) ein und hält man sich dabei so weit links, dass mau den zunächst stehenden Lahnbeck- Kogel umgeht, so trifft mau auf der SO. -Seite desselben und im Angesichte des Hauchenkogels und des Krippensteins am Grunde eines kleinen Hohlweges eine Spalte im Dachstein -Kalk, welche NS. streicht und lothrecht in den Kalk hinabgeht. Diese Spalte hat eine ganz unregelmässige Breite, indem sie sich bald zu 18 Zoll erweitert, bald wieder zu 2 Zoll ver- engt; ihre Wände sind , so weit man dieselben sehen kann, mit unre- gelmässigen, rundlichen Höhlungen und Buckeln bedeckt. Der grösste Theil der Spalte ist mit einer gelblichen, kalkig-thonigen Masse aus- gefüllt, in welche unzählige sehr kleine Quarzstückchen eingebacken sind. Hie und da bemerkt man in dieser Masse auch ein etwas grös- seres, immer wohlabgerolltes Stückehen von gelbem Hornstein , und wenige Schritte abseits findet man unter dem Krummholze zahlreiche, kaum bohnengrosse Gerolle von diesem gelben Hornstein. von denen sich die meisten durch den höchst eigenthümlichen, glänzenden Schliff ihrer Oberfläche auszeichnen. Etwas weiter trifft man in derselben Spalte eine fest zusammen gebackene Masse, welche haupt- sächlich aus diesen glänzenden, gelben Hornstein -Gerollen besteht, und von diesen sind einzelne in den Dachsteinkalk, welcher die Wände derSpalte bildet, so eingebettet, wie in derNagelfluhe ein Geschiebe öfters in ein anderes eingebettet ist, oder vielleicht richtiger so, wie nach den Schilderungen des Herrn Merian zu Boppe bei Befort die Bohnerzkörner in den Kalkstein biueingetrieben sind. Mau kann hie und da bemerken, dass der Dachsteinkalk in feinere Spalten zerklüftet ist und dass die Hornstein-Gerölle seihst in die engsten derselben so weit als nur möglich hineingedrungen sind ; einzelne von diesen Gerol- len sind sogar gewaltsam zerdrückt. Die Schichten des Kalksteines streichen hier OW. und fallen mit etwa 36° nach S. , so dass die Spalte im Fallen liegt; man kann sie etwa 6 Klafter weit verfolgen. Bald darauf folgt eine abweichende Lagerung des Kalksteines.

Jenseits der Gjaid-Alpe, an dein Wege zur Schönbüchl-Alpe, in einer Höhe von etwa 5560 Fuss belinden sich jene Stellen, an denen

eigentümlicher Eruptions-Erschei igen am Dachstein-Gebirge. - (- »> I

man ähnliche Erscheinungen am deutlichsten und in der grössten Entwicklung sehen kann.

Bald nachdem man die Gjaid-Aipe verlassen hat, kann man schon, besonders wenn man etwa hundert Schritte vom Fusssteige nach rechts abweicht, ziemlich viele zerstreute Stücke von weissem, seltener von schwärzlich -blauem oder röthlichein Kiesel finden. Diese Stücke erreichen ein Gewicht von 10 12 Loth und die gröss- ten unter ihnen sind nicht so sehr abgerollt, als vielmehr au ihren Ecken und Kauten abgestossen, während die einspringenden Win- kel schart' geblieben sind. Kurz bevor man die Hälfte des Weges zur Schönbüchl-Alpe zurückgelegt hat, bemerkt man linker Hand, hart am Fusssteige eine weite, trichterförmige Vertiefung, (\evau Grund mit gelbem Letten und zahlreichen kleinen Steinchen angefüllt ist, und etwa einen Büchsenschuss weiter sieht man, ebenfalls links hart am Fusssteige, eine sehr beträchtliche Menge solcher Steinchen in Gestalt eines halben Kegels au eine Hervorragung des Dachsteinkal- kes angelehnt. Diese Anhäufung ist dem Trichter zugekehrt; sie besteht zum Theile aus losen Steinchen und zum geringeren Theile ist sie zu einem festen, braunen, eisenhaltigen Conglomerat zusam- meugekittet. Sie erinnert durch ihre Lage an die Wälle von ausge- worfenem Sand, welche in der Wallachei nach dem Erdbeben vom Jahre 1838 um einzelne Erdspalten herum beobachtet worden sind ').

Die Steinchen sind hier in der Regel nicht grösser als eine Bohne, manche von ihnen viel kleiner, bis zum Sandkorne hinab. Sehr vor- herrschend sind weisse, graue und gelbliche Quarze, und viele von diesen zeichnen sich durch den Glanz ihres Schliffes aus; bei den weis- sen Quarzen ist dieser Glanz so auffallend , dass er von den Älpler- innen bemerkt worden ist, und diese öfters solche „Augensteine" nach Hallstatt oder Schladming hinabbringen. Es sind flache, an den Bändern abgerundete Scherben von einem gliinmerhaltigen schief- rigen Gestein dazwischen, aber doch nichts was ich mit voller Bestimmtheit dem Glimmerschiefer unserer Centralkette gleichstellen könnte. Seltener findet man hie und da ein kleines, ganz wasser- helles Körnchen, das sich, sonderbar genug, als ein Gerolle von Kalkspath herausstellt.

1 1 Schueler, Bericht an das fürstl. Wall. Minist, u. s. w. ulier die Wirkungen des

Erdbebens von lS'oü.

4*»-w S u e s s. Über die Spuren

In der Umgegend dieser Stelle habe ich insbesondere gegen Westen hin noch viele grössere Stücke gesammelt, so namentlich ein Bruchstück von einem ungewöhnlich grossen Stücke von blau- schwarzem, gebändeltem Kieselschiefer.

Etwa 250 Klafter westlich von dem eben erwähnten Kessel trifft man auf den Steig, welcher von Ober -Traun nach Schladming führt, und der hier eine kleine Strecke weit wie ein Gartenweg mit kleinen Kieseln überstreut ist. Kehrt man auf diesem Steige gegen die Gjaid- Alpe zurück , so sieht man denselben durch eine etwa 3 Klafter breite Spalte führen, an deren nördlichem Ende hart am Steige diese son- derbaren Bildungen anstehend zu sehen sind.

Sie sind nämlich an dieser Stelle zum grossen Theile verhärtet und stossen mit etwa horizontaler Schichtung vom Dachsteinkalke ab. Die Entblössung zeigt nur eine Mächtigkeit von einigen Füssen, aber man unterscheidet Bänke, welche reicher, und solche, welche ärmer an „Augensteinen" sind; eine dünne Lage enthält viele eckige Stückchen von Dachsteinkalk. Das ganze Gebilde ist durch eine ungefähr 4 Linien dicke Lage von Brauneisen von dem Dachstein- kalk getrennt, an den es sich anlehnt, und stellenweise sieht man diese Binde von Brauneisen auch dort an dem Kalkstein haften, wo durch spätere Abschwemmung das Conglomerat entfernt worden sein mag. Auch hier trifft man Stücke von Kalkstein, in welche kleine Kiesel eingebettet sind. Diese Stelle hat mir im Allgemeinen mehr den Eindruck einer Bachrinne oder eines Abflusses aus einem Tüm- pel als den einer Eruptionsspalte gemacht.

Zwischen den Lahnbeckkogeln und gegen den Zwölferkogel bin lassen sich ähnliche Erscheinungen an ziemlich vielen Punkten beob- achten. Diese Gegend ist auch in soferne lehrreich, als hier grosse und besonders tiefe Klüfte im Kalksfein zu sehen sind. Hier sind die Augensteine nicht nur von gelbem, sondern oft auch von einem dun- kelrothen Thon begleitet.

Herr K. v. Hauer hat die Güte gehabt, zwei Sorten dieser Thone zusammen mit einem weissen, sehr kalkhaltigen Thone und einem Stück einer Gangmasse mit Quarzkörnern, aus der Gegend zwischen der Gjaid- und Modereck- Alpe zu analysiren. Diese Analy- sen sind im Jahre 1853 im Jahrbuche der k. k. geolog. Beichsanstalt IV, 830) veröffentlicht worden.

eigenthünilicher Eniptions-Erseheinungen am Dachstein-Gebirg'e. 4od

Bei dieser Gelegenheit hat Hr. K. v. Hauer in den rothen Thonen des vorderen Lahnbeckkogels zahlreiche mikroskopische Kieselreste entdekt, welche Hr. Dr. Reissek für Spongien- Reste hält, welche eine besondere Ähnlichkeit zu haben scheinen mit den von Ehren berg aus der Berliner Erde beschriebenen For- men. Hrn. Reissek ist ferner aufgefallen, dass er in der ihm über- sandten Probe keine Spur von Diatomaceen oder Rhizopoden auf- finden konnte i). Ausserdem lassen sich noch viele isolirte Funde auf dem Dachstein-Plateau anführen; der bemerkenswertheste davon ist, dass Hr. Prof. Simony bereits vor vielen Jahren in der Gegend des Gjaidsteins ziemlich viele und beinahe faustgrosse Stücke von Bohnerz gefunden hat. Ich selbst habe z. B. unmittelbar an der alten Zirbel, welche an der Spitze des Rauhenkogels (etwa 6100 Fuss) sieht, im Humus ein auffallend grosses Quarzstück, dann am Abhänge des Grünberges gegen die Wies-Alpe Klüfte mit rothem Thon u. s. w angetroffen.

Es würden diese Bemerkungen über das Vorkommen fremd- artiger Gesteine auf der Höhe des Gebirges sehr unvollständig bleiben, wollte ich nicht ein merkwürdiges Vorkommen ähnlicher Gesteine an dem nördlichen Fusse desselben Gebirges erwähnen, auf welches ebenfalls zuerst, und zwar schon vor einer Reihe von Jahren, der um die Kenntniss dieser Gegend hochverdiente Prof. Simony auf- merksam gemacht hat.

Im Thale von Obertraun, am Fusse des Hoch-Koppen und nur etwa 70 80 Fuss über dem Spiegel des Hallstätlei* See's befindet sich die K opp enbrül ler Höhle. Sie liegt ganz im Dachstein- kalk. Indem man sich ihrem Eingange nähert, bemerkt man am Traun -Flusse kleinere Partien eines lockeren Conglomerates, das vorherrschend aus krystallinischen Gesteinen besteht. Der Eingang selbst ist sehr weit, sein Dach ist keineswegs von Schichtflächeu gebildet, sondern gewölbartig ausgehöhlt und vor und in demselben liegen grosse, abgerundete Blöcke von Kalkstein, von denen einige die Dachsteiu-Bivalve enthalten. Auf der Oberfläche einzelner Blöcke bemerkt man kettenförmige Anbohrungen , ungefähr nach Art der \ioen, jedoch grösser; diese Spuren folgen nicht den feinen Kalk- spathgängen des Gesteines, möglicherweise rühren sie von Pflanzen

') Jahrb. der k. k. geol. Reichsanst. V, p. 198.

434

S n e s s. Ober di<' Sparen

her. Zwischen den Blöcken liegen Gerolle von feinem Quarz, von der Grösse einer Nuss bis zu einer halben Faust, an manchen haftet Glimmerschiefer; auch kleinere Scherben von Werfener Schiefer findet man hier.

Gegen innen verengt sich die Höhle durch Massen, welche von der linken Seite herabgestürzt sind, und man gelangt bergabsteigend zu einem kleinen Tümpel, an dem man sich rechter Hand vorbei- hilft. Es ist dies eine jener periodischen Quellen, wie sie am nörd- lichen Fusse des Dachstein-Gebirges so häutig sind, und welche zur Zeit wenn der Schnee auf der Höhe schmilzt, plötzlich grosse Wassermengen von sich geben. Diese Stelle ist die tiefste in der Höhle, und hat man sie überschritten so steigt der Boden, der aus Schichtflächen zu bestehen scheint, ziemlich rasch bergan; die Richtung der Höhle wendet sich hier nach links. Man sieht auf dem Boden nun, so weit die Höhle reicht, Sande und gelbliche Thone, welche durch natürliche Schlemmprocesse von einander gesondert werden, und hier und da kleben selbst an der Decke der Höhle boh- nengrosse Quarz -Gerolle und mancherlei andere Gesteine. Stellen- weise ist der Sand mit Gerollen und eckigen Kalkbrocken zu einer festen Masse zusammengekittet; Brauneisenstein sah ich nicht.

Im Hintergrunde der Höhle trifft man auf eine etwa 2 Klafter hohe senkrechte Wand, und hat man sich auf diese hinaufgeholfen, so kann man zu einem fast senk- recht aufsteigenden Schlot ge- langen, in welchem jedoch so viele lose Trümmer von Kalk- stein liegen, dass es unmöglich ist in denselben hinauf zu stei- gen. Noch auf dieser letzten Wand, welche um ein Beträcht- liches höher liegt als der Was- ser-Tümpel, sieht man weisse Quarze in Menge. Mir sind an dieser höchsten erreichharen Stelle Platten von einer weissen, mürben Substanz aufgefallen, welche von der Wand der Höhle in etwas schräger Richtung frei

eigenthümlicl er Eniptions-Erschi inungen am Dachstein-Gebirge. 4oÖ

herausragen, und die mir den Stand des Wassers in der Höhle zu irgend einer früheren Zeit anzudeuten schienen.

Der Sand der Koppenbrüller Höhle zeigt eine nicht geringe Mannigfaltigkeit in seiner Zusammensetzung. Wenn man zuerst die grösseren Gerolle, nämlich verschieden gefärbte, doch meistens weisse Kiesel, dann Kieselschiefer und abgerollte Fragmente von Glimmerschiefer und Grauwacken ähnlichen Gesteinen und kleinere Stücke von Werfener Schiefer entfernt hat, fällt zunächst die grosse Anzahl dunkler, erbsengrosser Kugeln auf. Von diesen besteht ein Theil aus schwarzem Hornstein, ein anderer Theil aus Granaten, und während von diesen letzteren einige zu vollständigen Kugeln abgerundet sind, haben andere ihre Krystallflächen noch recht wohl erhalten. Man kann an den grösseren Granaten alle Grade der Ab- rollung oder vielleicht richtiger gesagt der Abstossung beobachten. Ausserdem sind viele kleinere, heller gefärbte Granaten zu finden. In dem feineren Sande trifft man Titaneisen in grosser Menge, die wasserhellen Kalkspathkörner wie in der Nähe der Gjaid-Alpe, dann kleine Vesuviane und eine Anzahl anderer Mineralien.

Wenn man nun die Vorkommnisse der Koppenbrüller Höhle mit jenen des Hochplateaifs vergleicht, zeigt es sich, dass während in der Höhe sich keine ganz sicheren Spuren des Glimmerschiefers nachweisen Hessen und z. B. Titaneisen und Granaten von mir bisher auf der Höhe nicht gefunden worden sind, die Koppenbrüller Höhle dagegen, in einem etwa 3800 4100 Fuss tieferen Niveau nicht nur Spuren von Werfener Schiefer und Grauwacke, sondern auch ganz unzweifelhafte Spuren, ja ganze Stücke von Glimmer- schiefer enthält. Es liefert sogar der Glimmerschiefer hier, was den feineren Sand betrifft, zum mindesten die Hälfte des ganzen Mate- riales.

Es lassen sich nun, glaube ich, aus diesen Vorkommnissen fol- gende Schlüsse ziehen. Das Auftreten dieser fremdartigen Gesteine in Klüften und Höhlen, ihr Eindringen in die engsten Spalten des Kalksteines, die gewaltsame Zerdrückung mancher unter ihnen, ihr zeitweiliges Einsinken oder Eindringen in den Kalkstein selbst, ihr eigenthümlicher, glänzender Schliff, die Art der Abrunduug der grösseren Quarzstücke , welche, wie ich erwähnt habe, mehr ein Abstossen der Kanten und Ecken ist, dann die Verschiedenheit des Vorkommens an einzelnen Punkten , indem man an der Gjaid-Alpe

436 Soest. Über die Spuren

allerlei Spuren der Grauwacke, an einem Orte an den Lahnheck- kegeln nur gelbe Hornsteine, an anderen Orten gegen den ZwÖlfer- kogel hin wenige Quarze, dafür viel rothe und gelbe Thone, in der Koppenbrüller Höhle aber noch sehr viele Spuren von Glimmer- schiefer dabei antrifft, alle diese Umstände schliessen ihr Herbei- führen durch Gletscher oder durch eine Wasserbedeckung voll- ständig aus. Als man vor einiger Zeit in der englischen Kreide ein- zelne exotische Gerolle gefunden hatte, konnte man annehmen, die- selben seien in Seegräsern hängend dahin gebracht worden. Auch diese Vermuthung lässt sich hier nicht anwenden, und es bleibt nichts übrig als zuzugeben, dass diese Gesteine durch die Klüfte selbst, in denen man sie theilweise noch findet, heraufgekommen sein müssen. Sie entsprechen auch in der That durchaus solchen Felsarten, wie man sie von Süden her das Dachstein-Gebirge unter- teufend sehen kann.

Es ergeben sich aus dem Baue dieser südlichen Gegenden einige, freilich nur annähernde Vermuthungen über die Tiefe, aus welcher diese Gesteine heraufgekommen sein mögen.

Die mittlere Seehöhe der Vorkommnisse am Hochgebirge mag ooOO Fuss betragen. In meiner oben angeführten Notiz über das Dachstein-Gebirge habe ich angegeben, dass die an der südlichen Wand des hohen Dachsteins ausgehenden Schichtenköpfe nöthigen, die Mächtigkeit des Kalkes (nach Abzug der Hierlatz -Schichten) mindestens auf 3311 Fuss zu schätzen, habe aber zugleich er- wähnt, dass die Spitze des Dachsteines vielleicht nicht aus den höchsten Lagen des Dachsteinkalkes bestehe. Mein neuer Besuch des Gebirges hat mich hierin bestärkt. Man hat an der dem See zugekehrten Seite des Hierlatz im Kalksteine eine dünne Bank aufgefunden, welche Rhynchonella pedata in grosser Menge enthält. Diese Bank, welche an der Ost-Seite der Hierlatz-Wand ziemlich hoch liegt, lässt sich eine gute Strecke weit verfolgen und senkt sich gegen Westen, also gegen das Echernthal hin abwärts; sie verräth dadurch die westliche Neigung der ganzen Hierlatz- Masse und die Unmöglichkeit einer Verwerfung an ihrer Nordseile. In Folge dessen muss man den Kalk- steinen oliue den Hierlatz-Schichten eine Mächtigkeit von mindestens 4800 Fuss zuerkennen, indem hier zu der Höhe der Hierlatz- Wand statt der abzuziehenden Mächtigkeit der Hierlatz-Schichten jene der Hallstätter Schichten hinzuzufügen kömmt.

eigenthümlicher Eruptions-Erscheinung-en am Dachstein-Gebirge. 4«) 7

Man wird nicht viel irren, wenn man annimmt, dass die 5500 Fuss hohen Vorkommnisse von Auswürflingen auf den höchsten Schichten des Dachsteinkalkes liegen. Sie werden demnach etwa 4800 Fuss tiefer, d. h. in einer heutigen Seehöhe von 700 Fuss bei ihrem Aufsteigen aus dem Gebiete der Werfener Schiefer und Gutten- steiner Kalke in die Klüfte der Hallstätter Schichten getreten sein.

Viel schwerer ist es , die Mächtigkeit der tieferen Lagen zu bestimmen. Der Ennsfluss (2316 Fuss) liegt noch im Gebiete der Grauwacke, und da ich die untere Grenze des Kalkes an der süd- lichen Dachstein- Wand in 6000 Fuss erreicht zu haben glaubte, gäbe dies für jenes Niveau der Grauwacke, in welchem heute die Enns fliesst, einen verticalen Abstand von der unteren Kalkgrenze von 3784 Fuss. Diese Zahl ist, da die Schichten nicht horizontal liegen, jedenfalls kleiner als ihre Mächtigkeit; sie ist sogar bedeutend kleiner, weil ihre Neigung nach Norden nirgends gering, an einzelnen Punkten jedoch, wie z. B. in den Aufrissen des Karbaches am Brandriegel sehr beträchtlich ist. Man wird die Mächtigkeit dieser Gesteine auf mindestens 4500 Fuss schätzen müssen. Nun bestehen aber alle die der Grauwacke zugezählten Gesteine, welche hier mit inbegriffen sind, aus grauen oder grünen Schiefern und kieselreichen oder dolomitischen bröckligen Kalksteinen, aber es ist kaum ein Gestein zwischen der Dachstein- Wand und dem Ennsflusse, das man für die Heimath der Augensteine halten könnte.

Erst jenseits Schladming, im Unterthal, trifft man auf schwarze und schwarzgraue flasrige Schiefer, welche viel weissen Quarz ent- halten. Grosse Quarzblöcke liegen im Bachbette und werden von hier in das Bergwerk an der Zinkwand geschafft. Aus diesem Niveau glaube ich stammen die Augensteine; um es zu erreichen, wird man zu der früheren 4500 Fuss wenigstens noch 600 Fuss hinzu- zufügen haben. Sieht man nun auch ab davon, dass die Grauwacke und die Werfener Schiefer unter dem betreffenden Theil des Dach- steingebirges sich wahrscheinlich nicht in horizontaler Lage be- iinden, dass also hier für das schiefe Durchsetzen der Schichten zu der so gewonnenen Mächtigkeit noch eine Grösse hinzuzufügen wäre, so ergibt sich, dass die muthmassliche Quelle der Augensteine etwa 9900 Fuss unter ihrem Vorkommen auf der Höhe des Gebirges, d. h. heute etwa 4400 Fuss unter dem Meeresspiegel befinde. Dieses muss aber als ein Minimum betrachtet werden.

8it/.l>. d. mnthem.-naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 10. 30

438 Suess. Über die Spuren

Die Vorkommnisse der Koppenbrüller Höhle und insbesondere jene welche aus dem Glimmerschiefer herrühren, kommen jedoch ohne Zweifel aus einer noch viel bedeutenderen Tiefe. Da diese Höhle noch im Dachsteinkalke liegt, wird man bis zu den Gutten- steiner Schichten wenigstens einige hundert, z. B. 600 Fuss für den noch tiefer liegenden Theil des Dachsteinkalkes und für die Hallstätter Schichten anzunehmen haben; hiezu kommen wie oben etwa 5100 Fuss bis zu der Heimath der Quarze, und ein Gang durch das Unterthal jenseits Schladming oder ein Blick in die geologische ßeschreibuug des Enns - Thaies von Hrn. Stur J) lehrt, dass man hiezu noch eine ganz ausserordentlich grosse Tiefe wird rechnen müssen, um bis auf den granatenführenden Glimmer- schiefer des Hoch-Golling zu gelangen, eine Tiefe, welche so gross ist, dass ich bei der beträchtlichen Entfernung des Hoch- Golling vom Enns - Thale und dem wie es scheint ununter- brochenen Nordfallen der dazwischen liegenden Gesteine, nicht wage, eine Vermuthung über dieselbe auszusprechen. Der Ursprung der Quarze käme an dieser Stelle nach meinen Annahmen mindestens 5700 Fuss unter das Niveau der Höhle, also 4000 Fuss unter das Meer zu liegen.

Ähnliche Erscheinungen sind in unseren Alpen keineswegs auf das Dachsteingebirge beschränkt. Schon im April 1847 zeigte Hr. Hofrath Haidinger3) der Gesellschaft der Freunde der Natur- wissenschaften einen dreiviertel Zoll grossen Granatkrystall aus Chloritschiefer, welcher auf dem Hochplateau des aus Alpenkalk bestehenden Tännengebirges gefunden worden war. „Nebst dem Granat wurden auch von ähnlichem Vorkommen Krystalle von Schwefelkies übergeben, von der Gestalt wie man sieHiäufig in ge- wissen Thonschiefern der Central-Alpenkette, wohl allerdings auch in Mergeln und Gypsen des Salzgebirges antrifft. Das Tännengebirge, in unmittelbarem Zusammenhange mit den Hallstätter Gebirgen, be- steht aus Kalkstein; Chloritschiefer mit Granaten, oder Thonschiefer mit Schwefelkies kommt nirgends vor. Erst ziemlich tief unten im Salza-Thale treten bei Werfen Schiefergesteine hervor." Ebenda erwähnt Hr. Haidinger, dass Simony Geschiebe von Quarz auf

') Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1853, p. 461. *) Berichte d. Freunde d. Naturw. II, :$Oi.

eigeuthüinlicher Eruptions-Erscheinungen am Dachstein-Gebirge. 439

dem Dachsteinplateau 8000 Fuss über die Meeresfläehe gefunden habe und dass die nächsten Granaten im Glimmerschiefer wohl jene ans der Gegend von Schladming in Steiermark seien.

Hr. v. Hauer hat in der Nähe des erzherzoglichen Jägerhauses auf der Zeller Staritze bei Maria-Zeil, also mitten im Gebiete der Kalk-Alpen, mit Bohnerzen feinen Quarzsandstein und Quarzstiicke gefunden. Herr D. Stur hat in der Gegend des Grimming östlich von Aussee auf Kalkbergen mehrfach rothe Thone beob- achtet.

Herr Trigonometer v. Feuerstein hat mir Augensteine von mehr als Bohnen-Grösse mitgetheilt, welche er am Monte Spinal, und zwar auf dem Übergange vom Val di Nambino in's Selva-Thal und Val di Sole in grosser Menge unter dem Humus auf Kalkstein ge- funden hat. Ich zweifle nicht im Geringsten daran, dass man, bei grösserer Aufmerksamkeit auf ähnliche Erscheinungen, dieselben an sehr vielen Stellen in unseren Kalkalpen wiederfinden werde.

Es lässt sich nicht leugnen, dass alle diese Phänomene durch ihr Auftreten in Spalten, die rothen Thone, die Quarze und andere Fragmente krystallinischer Gesteine, das stellenweise Mitvorkommen von Bohnerz und viele andere Eigenthümlichkeiten den Bohnerz- Vorkommnissen Krains, Mährens, der Schweiz, des westlichen Deutschlands und Frankreichs vollkommen gleichzustellen sind. Ihr hauptsächlichstes Interesse liegt eben nur darin, dass sie durch ihr Auftreten auf so isolirten und doch in Bezug auf ihre Unterlage hinreichend bekannten Kalkgebieten einen noch klareren Beweis für die eruptive Natur der Bohnerz-Gebilde liefern, als dieser durch die geistreichen Bemerkungen von Merian, Alberti, Quiquercz und Anderen bereits gegeben worden ist.

Es ist möglich, dass man in den Kreis dieser Erscheinungen auch eine Heihe von Vorkommnissen werde ziehen müssen, welche von verschiedenen Autoren hier und da erwähnt werden. Phillips führt im Cowley-Park in der Nähe der Malvern-Berge in zwei Höh- lungen im Syenit gerötheten „Dritt" an, in welchem sich Gerolle von Quarz bemerkbar machen, und in welchem im Allgemeinen die Gerolle aller Art auf ihrer Oberfläche auf eine merkwürdige Weise glasirt (glazed) sind, „ein Merkmal, welches man auch im untersten neuen rothen Conglomerat zu Haffield Park und südlich von den Malverns

30*

440 S ii e s s. Über die Spuren

bemerkt. Es ist wahrscheinlich vom selben Alter und ist von sehr beschrankter Ausdehnung" ')•

In dem Kalkstein von Osmanville in der Normandie, der wahr- scheinlich mit unseren Kössener Schichten und Dachstein- Kalk von gleichem Alter ist, lehrt die „Explication de la carte geol. de France" (II, p. 171) Ähnliches kennen. In den Steinbrüchen von Picauville wird nämlich angeführt: „7 Kleine Lage von wenig zusammenhängendem Sandstein, welche eine sehr markirte Bank in den verschiedenen Steinbrüchen bildet, die zu Picauville und in geringer Entfernung davon zu Beaute abgebaut werden. Die Körner, hauptsächlich Quarze, sind sehr glänzend, und obwohl sie offenbar gerollt sind, bietet ihre Oberfläche einen Glanz, der Quarz-Geröllen selten zukömmt. 10 12 Decim."

Hr. Rolle theilt mir mit, dass er zwischen Möttnig und Kränzen (westlich von Cilli) ein Conglomerat gefunden habe, welches eigrosse und grössere Gerolle theils von Quarz und theils von Übergangskalk enthält. Die Quarzgerölle zeichnen sich theilweise durch eine auf- fallend glatte, glänzende Oberfläche aus, einige von ihnen zeigen wieder verkittete Sprünge; viele sind von Eisenoxyd dunkelroth und metallisch stahlgrau angelaufen. Hr. Rolle vermuthete im Jahre 1856, dass dieses Conglomerat den Werfener Schichten angehöre.

Obwohl ich weit davon bin zu glauben, dass alle diese Vor- kommnisse mit Eruptions- Erscheinungen in Verbindung stehen müssen, dürfte es doch der Mühe lohnen, dieselben von diesem Standpunkte aus von Neuem zu betrachten.

Dass ähnliche Erscheinungen auch in den Ost-Alpen in sehr ver- schiedenen Zeitpunkten eingetreten sein mögen, ist ganz zulässig. Die bohnerzführenden Thone Krains enthalten Reste von Elephanten, Bären und Bibern, aber ich weiss nicht, wie viel von diesen Resten durch Umschwemmung hineingerathen sein mag. Über das Alter der Erscheinungen am Dachsteingebirge kann ich nicht mehr als eine noch sehr zweifelhafte Vermuthung wagen. Es ist eine bekannte Thatsache, dass in mehreren Thälern unserer Kalkalpen ein Con- glomerat gefunden wird, das unter dem Namen „Gosau-Conglo- merat" der Kreideformation zugezählt wird , und das aus Kalk- stücken besteht, welche in der Regel durch ein rothes, thoniges

') Mem. Üeol. Survey off., II, 1, p. 37.

eigentümlicher Eruptions-Erscheinuugen am Dachstein-Gebirge. 441

Bindemittel vereiniget sind und zwischen denen man hier und da ein Qnarzkorn, ein Stück Grauwackenschiefer oder ein Stückchen von dunkelrothem Jaspis hemerkt. Schon vor langer Zeit hat Leopold v. Buch ») zwischen der Äbtenau und dem Gosauthale ein Conglo- merat bemerkt, „das viel schwärzlich-graue und schwarze Thon- schiefer-Stücke, milchweisse muschlige Quarz-, einige Wetzschiefer- und Zeichenschiefer-Stücke in grobkörnigem Gemenge enthält". Man sieht dasselbe besonders schön am Passe Gschütt und in der Nabe der Lisel-Alm beim Ansteigen aus dem Gosauthale auf den Zwieselberg; es hat dasselbe eine erstaunliche Ähnlichkeit mit den verhärteten Bänken in der Nähe der Gjaid-Alpe, nur findet man hier auch Bruchstücke von Conchylien (Ostrea?) und von Korallen der Masse beigemengt, und ich habe keinen auffallenden Schliff an den Quarzkörnern bemerkt. Diese der Kreideformation angehörigen Conglomerate findet man übrigens mehrfach, insbesondere in Sed- gwick und Murchison's Abhandlung über die östlichen Alpen 2) beschrieben, wo auch an mehreren Punkten im Gosauthale rothe Conglomerate mit Quarz-Geschieben erwähnt sind.

Auch in vielen anderen Thälern unserer Kalkalpen sind ähn- liche Conglomerate aufgefunden, welche zugleich durch ihre fremd- artigen Einschlüsse und ihr rothes thoniges Bindemittel an die eben vom Dachstein -Plateau beschriebenen Bildungen erinnern; die Schriften unserer Beichsgeologen enthalten mannigfache Nachweise darüber. Es ist aber das Vorkommen von krystallinischen Gesteinen in diesen Conglomeraten um so auffallender, als die Gosau-Bildungen nirgends in das Gebiet der krystallinischen Centralkette hinein- greifen. Vielfach in die engen Thäler der Kalkzone eingelagert, fehlen sie doch vollständig nicht nur in den Querthälern der Central- kette, sondern auch in jenen grossen Längsthälern, welche diese von der Kalkzone trennen. Wenn man als den Grund dieser Erschei- nung angeben wollte, dass der Durchbruch der gesammten Central- kette erst nach Bildung der Gosau-Ablagerungen erfolgt sei, so miisste man andererseits doch zugestehen, dass diese in ihrer Verbreitung

') Geognost. Beobachtungen auf Reisen, I. 185.

?) Transactinns of the geol. Soc, 2. ser. III. 353; vgl. auch Boue, Me'm. geol. p. 231; Klip stein, Beiträge, p. 25; Reuss, Beiträge zur Charakteristik dei Kreide- Schichten in den Ostalpen, p. 20, 23, 31 u. a. a. 0.

44<£ S u e s s. Üher die Spuren eigenthiiml. Eruptions-Erscheinungen etc.

auf eine höchst auffallende Weise den Bruchlinien folgen, auf denen die Werfener Schiefer unter den Kalksteinen zu Tage treten, und dass sie in schon vorhandene Brüche im Kalkgebirge eingelagert worden sind. Selbst für die Neocom- Gesteine hat Hr. v. Hauer bereits eine ähnliche Beschränkung auf die Bruchlinien beansprucht *)•

Es hat mir sogar immer geschienen, als müssten diese Spalten zur Zeit der Gosau-Ablagerungen breiter gewesen sein als sie jetzt sind. In den am genauesten untersuchten Einlagerungen von Kreide- schichten in die Spalten der älteren secundären Kalksteine sieht man dieselben stets in überaus steiler Richtung an dem Kalkgebirge aufsteigen. So ist es an der Traunwand im Gosauthale, und nach den Profilen von Peters, Reuss, Czjzek u. A. noch an vielen Punkten. An der Wand bei Wiener-Neustadt aber sind die Kalk- steine, wie Czjzek gezeigt hat, sogar über die Kreideschichten hinübergeschoben. Auch die sehr reiche Fauna der einzelnen Gosau- Vorkommnisse macht eine offenere Verbindung derselben unter einander und mit dem Meere nothwendig.

Zu Hinter-Laussa bei Altenmarkt befindet sich in den Gosau- Bildungen ein Lager von Bohnerz, welches von Boue ausführlich geschildert worden ist 2).

Alle diese Thatsachen machen es wahrscheinlich, dass die Eruptions-Erscheinungen am Dachstein-Plateau der Kreideformation angehören, jedoch ist ein weiteres Verfolgen ähnlicher Beobachtungen nothwendig, bevor man diese Ansicht als hinreichend begründet betrachten kann.

') F. v. Hauer, Ein geologischer Durchschnitt u. s. w. p. 347.

~) Notiee sur les environs de Hinter-Laussa pres d'Altenmarkt en Aulliche (Memoire« geol. et paleont. p. 220—224).

SITZUNGSBERICHTE

Seite 3a9. Zeile 14 von oben, lies: Bebnesox, statt: Beki

MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.

XL. BAND.

SITZUNG VOM 19. APRIL 1860.

m 11.

19

SITZUNGSBERICHTE

dei:

KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.

MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.

xl. band.

SITZUNG VOM 19. APRIL 1860.

N°= 11.

19

443

XI. SITZUNG AM 19. APRIL 1800.

Herr Hofrath W. Haidinger übersendet eine Abhandlung: „Eine Leitform der Meteoriten".

Herr Regierungsrath A. Ritter v. Ettingsbausen theilt den Inhalt der in der letzten Sitzung vorgelegten Abhandlung der Herren H. Helmhol tz und G. v. Piotrowskk „Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten" mit.

Herr Prof. Dr. Karl Hornstein , Adjunct der k. k. Sternwarte, hält einen Vortrag: „Über Helligkeitsmessungen bei kleineren Fix- sternen", dem ein Anhang „Ephemeriden für die Helligkeiten der Asteroiden im Jahre 1860", von Hrn. Rud. Sonndorfer beige- geben ist.

Herr Custos-Adjunct Ritter v. Frauen fehl liest über „Dia- gnosen einiger neuer Insecten und Untersuchung mehrerer Sandproben von verschiedenen Kostenpunkten, welche Sr. M. Fregatte Novara auf ihrer Weltfahrt berührt hat".

An Druckschriften wurden vorgelegt:

Academy of natural sciences of P h i 1 adelp h ia. Journal. Vol. IV.

p. 2. 1859; 4°- Proceedings. 1859, January September.

Philadelphia, 1860; 8»- Accademia Pontificia de nuovi Lincei. Atti, Anno XII, sess. 4, 6.

Roma, 1859; 4«- Astronomische Nachrichten, Nr. 1248- Altona, 1860; 8°- Au Stria, red. von Dr. G. Höfken. XII. Jahrg.. Heft 16. Wien,

1860; 8°- Berrande, Depot ogranique dans les loges aeriennes desOrthoceres.

(Extr. du Bull, de Ia soc. geol. de France, 2eserie, t. XVI, 1859.)

3t

444

Beneden, B. J. van, Iconographie des Helminthes ou des vers parasites de 1' hemme. Louvain, 1859; Fol.

Cosmos. Tome XIV, 1859, le' semestre. Table alphabetique par noms d'auteurs.

Explorations and survey for a railroad route from the Mississippi river to the pacific ocean. Vol. X. Washington, 1859 ; 4°-

Fuchs, Alb., Dr. Jos. Grailich. Nekrolog. Pressburg, 1860; 8°- (Separatabdruck aus den Verhandlungen des Vereins für Natur- kunde zu Pressburg. IV. Jahrg.)

Gesellschaft, Zoologische, in Frankfurt a. M. Der zoologische Garten, herausgegeben von Dr. D. F. Weinland. I. Jahrgang, Heft 1—6. Frankfurt a. M , 1860; 8*

II a 1 1, James (State Geologist), and Withney (Chemist and Mine- ralogist), Beport of the geological Survey of the States of Jowa : Embracing the results of investigations made during portions of Ihe years 1855, 56, 56. Vol. I, partl. Geology; part. 2.Palaeon- tology. Publiched by the authority of the states of Jowa. 1858; 4°-

May den, F. V., Geological sketch of the estuary and fresh water deposit forming the bad lands of Judith river, with some reniarks lipon the surrounding formations. Bead before the American Philosophical society, March 4th, 1859. Philadelphia, 1859; 4°-

Istituto, I. B. Veneto di scienze, lettere ed arti. Atti, Tomo V, ser. 3, disp. 4. Venezia, 1859—60; 4°-

Jahrbuch, Neues, für Pharmacie und verwandte Fächer, red. von G. F. Walz und F. L. Win ekler. Band XIII, Heft 2, 'S. Heidel- berg, 1860; 8°-

Jena, Universität. Akademische Gelegenheitsschriften für 1859 60.

Leidy, J. Extinct vertebrata from the Judith river and great lignite formations of Nebraska. (From the Transactions of the Ameri- can Phil, soc.) Philadelphia, 1859: 4°' Descriptions of some remains of fishes from the carboniferous and devonian formations ofthe U. S. Description of some remains of extinct mainnia- lia. (Extr. from the Journal ofthe Acad. of Nat. sc. of Philad.) Philadelphia, 1856; 4°- The ancient fauna of Nebraska: or, a description of remains of extinct mammalia and chelonia, from the mauvaises terres of Nebraska. Und: A memoir on the extinct slothe trib of North America. Smifhsonian contribution to knowledge. Philadelphia; 4"-

445

Lyceum of natural history ofNew-York. Annals. Vol. VII, Nr. 1 3.

New- York, 1859; S()- Magliozzi, Montano, Notizie storiche intorno l'invenzione e l'uso

della bussola presso tutti i popoli auticlii e moderni. Napoli,

1859; 8o- Owen, David Dale, First report of a geological reconnoissance of

the northern counties of Arkansas, inade during the years 1857

and 1858. Little Hock, 1858; 8°' Patent Office., report 1857. Mecanics Vol. I, II, III; Agricultuie I.

Washington, 1858: So- Report of the Superintendent of the Coastsurvey, showing the pro-

gress of the survey during the year 1857. Washington, 1858; 40, Smithsonian Institution. Annual report of the board of regents of

the S. I. showing the Operations , expenditures, and condition of

the Institution for the year 1858. Washington, 1859; 8°- Societe Imp. des Naturalistes de Moscou, Bulletin. Annee 1859,

Nr. IV. Moscou, 1859; 8°- avec 1 planche. Society of natural history of Boston. Proceedings, Vol. VI, 1850

to 1859. Boston, 1859; 8°- Verein, Botanischer, für die Provinz Brandenburg und die angren- zenden Lander. Verhandlungen, red. von Dr. P. Asche rson.

Erstes Heft. Berlin, 1859; 8»- Österreichischer Ingenieur. Zeitschrift, red. von Dr. Jos. II er r.

Februar, 1860. Wiener medizinische Wochenschrift, red. von Dr. Wittelshö fer.

Jahrgang X, Nr. 15. 1860; 4<>-

447

ABHANDLUNGEN UND MITTHEILUXGEN.

Diagnosen einiger neuer lnsecten und Untersuchung mehrerer

Sandproben verschiedener Küstenpunkte, gesammelt während

der Reise Sr. Maj. Fregatte Novara

von Georg v. Frauen fehl.

Seine kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Marine-Obercommahdant F e r d i n a n d M a x beabsichtigen die Her- ausgabe eines wissenschaftlichen Werkes, welches die Ergebnisse der Reise der k. k. österreichischen Fregatte Novara enthalten soll, und haben mich mit der Redaction des zoologischen Theiles beauf- tragt. Von dem Gesichtspunkte geleitet, dass dieses Werk ein Ehren- tempel für die naturwissenschaftlichen Kräfte unsers schönen Vater- landes werden soll, war ich bemüht, für die betreffenden Abtheilun- gen jene Herren um freundliche Theilnahme zu ersuchen, die sich denselben hier gewidmet haben und erhielt die bereitwilligste Zusage von den P. T. Herren Brauer, Brunner von Wattenwyl, Canestrini, D i e s i n g , E g g e r , Felder, F i t z i n g e r , 6 i r a u d, H y r 1 1 , J ä g e r , K n e r , K o 1 1 a r , L e d e r e r , v. P e I z e I n , R e d t e n- b a c h e r , S c h i n e r , Schwarz v. M o h r e n s t e r n , S t e i n d a c h- ner, Zelebor, deren Namen ich Seiner kaiserlichen Hoheit vor- legte.

Da mehrere dieser Herren schon Ordnung und Bestimmung ein- zelner Abtheilungen vornahmen, wobei sich einiges noch Unbeschrie- bene ergab, so erbat ich zugleich die Anordnung, dass Diagnosen und sonstige Begründungen des wissenschaftlich Neuen zur Wahrung der Priorität in kurzen Auszügen veröffentlicht werden dürften , was gnädigst bewilligt ward mit der Bestimmung, dass derlei Arbeiten im

44$ v. Fra uenfeld. Diagnosen einiger neuer Inse den nnd

Selioosse der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien niedergelegt werden sollen.

Dieser Bestimmung gemiiss erlaube ich mir der Classe, so wie es in voriger Sitzung über die Fische geschah, weiteres hieher Gehöriges vorzulegen.

Herr Dr. Caj. Felder, der sich der Bearbeitung der Makro- lepidoptern unterzogen hat, erhielt von dem aus Österreich in hol- ländische Dienste getretenen, nunmehr verstorbenen Dr. D oleschall, dessen Name durch seine in den Berichten der Classe niedergelegten Arbeiten über Spinnen aufbewahrt ist, während der Abwesenheit der Novara einige Sammlungen von Iusecten aus Amboina. Da unter den milgebrachten Sammlungen der Novara gleichfalls mehreres von Herrn Dr. D oleschall herrührt, so wie unter dem übrigen aus jener Gegend von uns Gesammelten so vieles Übereinstimmende sich findet, so vereinte Herr Dr. Felder dieses ganze Materiale, um einerseits sowohl ein Gesammtbild des von dort erlangten Neuen zu geben , als auch um jenem leider so früh verstorbenen Natur- forscher unsers Vaterlandes ein würdiges Denkmal zu setzen.

Ich beehre mich sonach, den mir von Herrn Dr. Felder über- antworteten Theil, die Diagnosen von I>5 Arten neuer amboinischer Tagfalter, ehrerbietigst vorzulegen. Unter diesen finden sich zwei neue Gattungen Helcyra und Chaetocneme.

Lepidopterorum Amboinensium spenes novae diagnosibus collustratae a Dr. C. Felder.

I. Uliopalocera.

1. Pieris flcmcntinti Feld.

Alis supra glaucis, basi fusco-aspersis , anticarum venis upitd e<v-

tima fortiter nigro - atomatis , sublim anticis albido-cine-

reis, apice late brunnescente . posticis omnino brunnescen-

tibus, immaculutis. rf

Coli. Felder. Affinis V. Celestinae Bolsd., sed noslrum speeimen plus quam

tertiaparte minus et alarum posticarum pagina inferiore bene distinetum.

2. Terias lorna Fei d.

Alis supra sulphureis, /'eres omnino dense fusco-aspersis , anticis limbo lote fusco, introrsum dentato, äpud angulum bttemum

Untersuchung mehrerer Sandprohen verschiedener Kostenpunkte. 440

desinente, posticis limbo externo et postico fuscis, angulum analem haud pertingentibus , subtus anticarum disco luvte flaoo, earum extimo posticarumque superficie omni dense fuscoatomatis. rf

Coli. Felder. Habitu quodammodo ad T. Zoen Hopf, aeeedens , plane vero ab omnibus speciebus sectionis T. Dronae Horsf. alarum pagina

inferiore diver na.

3. Danais Cratippus Feld.

Alis supra rufescenti-fulvis , anticis apice lote nigro, fascia ma- culisque sparsis albis ornato . posticis maculis discalibus margineque externo fere impunctato late nigris, subtus anti- cis plaga apicali ochracea, posticis pallide ochraceis, maculis numerosis albis in margine nigro. Colt. Felder. Media in/er I). Chrysippum L. et D. Petiliam Stoll. Uli magnitudine, hinc signaturis affinis.

4. Acrant molnecana Feld.

Alis anticis hy aUnis , venis margineque omni fuscis, posticis

nigro fuscis, fascia discali ineurvata nigro binotata albido-

flavescente, subtus maculis insuper binis costalibus albidis

aliisque Septem subquadratis marginalibus grisescentibus. ,p

('oll. Felder. Speeies habitu et robustitate distinetissima , ad see-

tionem A. Andromaches Fabr. pertinens.

i>. flessaras Crameri Feld.

Papilio Lampetia Cra m. Pap. Ex. t. 148 E. F. non L. etCra in. t. 349 A. B.

Alis supra basi brunnescentibus, extimo nigris, fascia discali lata diffusa lutescente, anticarum nigro -bipunet ata, posticarum slriga maculari albida ocellisque quinis pupillatis ornata, subtus omnibus pallide fulvis, extus obscurioribus, fascia dis- cali flavida, altera adjeeta exteriore maculis subargenteis medio fulvis nigroque pupillatis constanti lunulisque angustis marginalibus subargenteis, fusco extus cinetis.

Coli. Felder. Affinis M. Lampetiae L. , minitne vero ejus mas , ut Cramerus I. e. supposuit.

H. Athymn Jocaste F e I d. (Wien. Entom. Monntschrift III. p. 182.)

Alis supra nigro- fuscis , anticis fascia longitudinali discali inter- rupta, altera interna macula rotunda terminata , tertia c.c-

450 v. Frauenfeld. Diagnosen einiger neuer Insecten und

terna maculari, medio refracta, macula costali bipurtita binisque adjectis apicalibus fulvis , posticis f'ascüs binis transversis strigaque submarginali fulvis, subtus omnibus pallidioribus , f'ascüs paginae superioris maculisque margi- nalibus in (Jre fulvescentibus , in J^na albidis , posticis insu- per fascia basali marginem internum occupante strigisque duabus discalibus concoloribus. Coli. Felder. A. Neftae Cr am. affinis.

7. AdoliaS NillllS Feld. (Wiener Entom. Monatsehrift III. p. 185.)

Alis fuscis, supra virescenti sujfusis, unticis utrinque lilu- ris binis cellularibus caerulescentibus , maculis sex discalibus nigricantibus albo-notatis punctisque exterioribns albis, tri- plici serie digestis, posticis supra maculis septem margina- fibus elongalis albis, intus virescentibus, medio macufas atras includentibus , subtus serie triplici macularum difformium, maculis prima virescentibus, secundae atris , tertiae albi, marginatibus.

Coli. Felder. A. Nesiiimcho Boisd. affinis.

Heleyrn V e 1 d.

Caput parvum. Ocuti nudi. Antennae mediocres , ctava obtusus ovata. Palpi squamati, ascendentes , caput dup/o superantes. Atae cellulis apertis, anticae venu subcostali quadriramosa, ramo primo in cellulae medio. secundo post ejus exfimuni. tertio ante apicem alae Oriente, venu discoce/tulari prima sat longa, longitudinuli venisque binis discoidalibus unacum orientibus , posticae venu praecostali post venae subcosta/is originem emissa, subsimplici. Genus alarum anticarum venia inier caeteras Nymphalidas sat distinc* tum, Apaturis fortasse vicinum.

8. Helcyra fhionippc Feld.

Alis utrinque argenteo- albis , anticis extimo f'usco alboque tri- maculato, posticis supra maculis duabus analibus murgineque a/bo lunululo fusco- nigris . subtus fascia exteriore macu- larum subocellarium nigrurum lutea intus cinetarum. cf Coli. Felder.

Untersuchung mehrerer Sandproheo verschiedener Kostenpunkte. 451

9. Anops Barsine Feld.

Alis supra (fris cupreo-rutilantibus , anticis costa, limbo apicali margineque postico introrsum dentato nigris, posticis anguste nigro - marginatis , basi fusca dimidiogue interno f'usco vil- loso, pnae fuscis, anticarum macula majori media, posti- carumque macula parva subapicali albis, subtus omnibus albis, strigis binis externis interrupte flexuosis canescentibus punctisque minutissimis marginalibus nigris.

Coli. Felder. ^nostrae speciei A. Cinyrae C ra m. proxime accedil, lim- bis auteni alarum multo latioribus differt.

1 0. Myrina Isabella D o I e s c h ;i 1 1 .

Alis supra atris, posticis macula magna cyanea apicem occu- pante, regione anali caudaque, fulvo testaceis , subtus anticis brunneis, fasciis binis discalibus fuscis, posticis fulvo-ocbra- ceis, antice brunnescentibus maculis basalibus strigisque binis discalibus interrupte flexuosis, apud costum in fa- sciam confluentibus fuscis difutius cinctis , maculis duabus ad caudae basin cyaiieo- virescenti intus aspersis appendicu- loque anali nigris.

Coli. Felder. M. Sugrivae Horsf. valde affinis, tertia autem fere parte minor et praesertim macula cyanea alarum posticarum apicem pertin- gente discrepans.

I I. Myrina Jolcus Feld.

Alis supra fuscis, posticis area anali caudaque albis, macula grossa ad hujus basin appendicu/oque anali nigris, subtus omnibus albis, anticis fasciis binis brunneis, posticis maculis basalibus strigisque binis discalibus interrupte flexuosis fuscis, maculis duabus ad caudae basin cyaneo-pulverulentis appendiculoque anali aterrimis. p

Coli. Felder. Signatura paginae inferioris a praecedenfe specie purum differt.

12. Myrina Sipylus Feld.

Ali supra fuscis , posticis bicaudatis, maculis inaequalibus mar- ginalibus atris, in <$re areac anali gfaucae imj)usitis, in pna albido cinctis, subtus omnibus glauco-albis, litura discali stri- guque maculari exteriore luteis, fusco alboque cinctis, posticis

452 v- Frauenfeld, Diagnosen einiger neuer Insecten unH

macula concolore ad costae basin aliisque binis analibus

atris, exteriore late flaro intus cincta.

Coli. Felder. Affinis M. Erylo Godt. , optime untern distincla pagina inferiore omnium tdarum posticarumque pagina superiore in {Pre.

13. Myrina Epirus Feld.

Alis caudatis, supra nitide caeruleis, anticis costa apice mar- gineque postico late fuscis, in pna plaga discali alba, po- sticis macula lutea in appendiculo anali, subtus omnibus cinereo - albidis , fascia discali binisque marginalibus cano- fuscis, posticis maculis quatuor analibus flavis, triam e.vte- riorum medio appendiculoque aualis atris, cyaneo-notatis.

Coli. Felder. Speeies venusta ad sectionem M. Chilrae Horsf. et lYI. Nedymohdis Gram, pertinens.

14. Myrina Syrinx Feld.

Alis tricaudatis, supra fuscis, anticis fascia discali abbreviata alba, subtus omnibus ochraceis , fascia communi discali alba, po- sticis maculis quatuor analibus atris, cyaneo-virescenti intus cinctis. p Coli. Felder. M. Onychi Douhlily. sat affinis videtur.

15. Ambhpodia Eridanus Feld.

Alis caudatis, supra pallide caeruleis , costa margineque late fu- scis, anticis apud discum albidis, nigra- renalis maculaque discali nigra, posticis maculis tribus analibus obscuris cinereo- cinctis, subtus omnibus brunneis, alboannulalis, lunulis mar- ginalibus afbis duplici serie digestis , anticis i/ttus albican- tibus, posticis maculis binis analibus atris, cyanescenti intus cinctis tertiuque interjeeta cyanca P

Coli. Felder. A. Camdconi Doubl dy. proxime accedens , tertia parte (tut ein minor.

1 6. Amblypodia annulata Feld.

Alis caudatis, supra plus miuusre fuscis , rfris basi discoque ci/a- neo purum aspersis, pnae disco caeru/escentibus lituraque fusca notulis. subtus omnibus fuscescenlibus alba annulosis lunulisque marginalibus duplici serie digestis albis, po-

Untersuchung mehrerer Sandproben verschiedener Kiistenpunkle. 45o

sticis maculis tribus analibus atris cyanescenti parum infus cinctis.

Coli. Felder. A. Eridano certe praxi ma seil minor et oosettre colo- rata.

17. Amblypodia Oleander Feld.

Alis caudatis, supra saturate violaceo - cyaneis , tfris anguste-, pnac leite fusco marginatis, sttbius omnibus saturate brunneis, maculis basalibus, fascia marginali obsoleta, anticarum fascia exteriore, posticarum fascia media postice infie.va f'uscis dilu- tius cinctis, anticis area interna, posticis striga exteriore dilutiore, appendiculo anali atro lunulisque binis adjacen- tibiis atris, intus täte vir escenti- cinctis. Colt. Felder. A. Meandro ßoisd. aal affinis videtur.

18. Ainblypodia nobilis Feld.

Alis caudatis, supra dilute violaceo - cyaneis , angustissime fusco- marginatis, subtus brunneis, maculis basalibus, in posticis confluentibus, fascia exteriore medio refraeta (posticarum in regione anali infie.va) alteraque marginali obsoleta fuscis, dilutius cinctis, anticis intus dilufioribus, posticis appendiculo anali maculisque adjacentibüs aterrimis virescenti infus cinctis. Coli. Felder. Praeeedenti affinis, sed major et colore paginae stipe- rioris signatttrisque paginae inferioris faelle distinguenda.

19. Amblypodia disparilis Feld.

Alis fere ecaudatis, supra cfris cueruleis, fusco-marginatis, pnae

fuscis. plaga discali diffusa alba, subtus ulriusque se.vus albi-

dis, plus minusve fusco atomatis, litura discali, anticarum serie

duplici posticarumque triplici macularum marginalium fuscis.

Coli. Felder. Species forma et colore alarum aeque distineta.

20. Amblypodia Critala Feld.

Alis utrinque fuscis, fascia lata discali alba, posticis repando-

dentatis, caudatis. supra lunulis non nullis analibus glaucis,

subtus maculis sex posterioribus magnis cyanescentibus,

medio nigris. p

Coli. Felder. - Species inier congeneres distinetissima et signaturis

Thysonoto Davidi Omni. (\). Sehne Boisd.) band absimüis.

x>x

454

v. Frauenfeld. Diagnosen einiger neuer Insecten und

21. Dipsas lycaenoides Feld.

Alis posticis dentatis, fasciculis binis pilorwn analibus caudae- formibus, supra omnibus violaceo-plumbeis , pilasis, subtus brunneo-canescentibus, Uneis binis submarginalibus angulosis. anticis lituris binis discalibus strigisque duabus catenulatis exterioribus albis, posticis omnino albo-catenulatis , macula subanali atra, lunula aurantiaca intus terminata. cf

Coli. Felder. Species forma alarum ab omnibus cotigeneribus diver- sissima et colore signaturisque Lycaenis quibusdam similis.

22. Thedallias Feld.

Alis, ecaudatis, supra tfris violaceo caeruleis, fusco marginatis,

pnae fuscis, anticarum area discali, posticarum plaga basuli

caerulescentibus, subtus omnibus albis, posticis puncto interna

nigro.

Coli. Felder. Species propter oculorum nuditatem et formam alarum

sectioiti Th. xanthospilae Hübn. (Hübnerii Godt._) associanda.

23. Thecla Philotas Feld.

Alis ecaudatis, supra tfris obscure violaceo-caeruleis , nigro mar- ginatis, Pnae fuscis, anticarum area discali caerulescente, subtus omnibus pallide brunneo-canescentibus, impunctatis.

Coli. Felder. Praecedenti simillima, colore autem pagitiae inferioris bette dignoscettda.

24. Thecla Dolesehallii Feld.

Alis supra violaceo-caeruleis, anticarum apice margineque om- nium nigra fuscis , subtus albis, mar g ine externa fusco. anti- carum serie maculari plumbea, posticarum striga plumbeo- virescente divisa, anticis costa late f'usea plumbea-rirescenti not ata posticis fasciis tribus atris transversis plumbeo - vire- scenli cinctis . dimidio interna inter fascias late plumbeo- i'irescenti utomuto. (f Coli. Felder. Species signntura et colore pagitiae inferioris a caeterit Th. Polyeletb L. af/inibtts sal discrepans.

25. Thecla Auacletus Feld.

Alis supra rfris obscure cyaneis, triangulo apicali anticarum, costa margineque omnium fuscis. pnae fuscis , basi discoque nitide cyaneis. anticarum plaga media alba, subtus anticis cinereis,

1 V : S -

Untersuchung mehrerer Sandproben verschiedener Kiistenpunkte.

455

fascia longitudinali, altera transversa limboque apicali ochra- ceis pfumbeo-virescenti notatis, posticis ochraceis, fasciis quatuor inaequalibus testaceis , pktmbeo - virescenti einet is maculisque marginalibus plumbeo-virescentibus.

Coli. Felder. Species quam maxime elegans Th. Livio Fabr. valde af/inis videtur.

26. Thecla Chrysanthis Feld.

Alis supra rufo-fulvis, anticis undique nigro limbatis, posticis linibo costali fasciaque anali nigris , subtns omnibus ruf'o- ferrugineis , anticis disco intusque f'ulvescentibus striis ante- rioribus plumbeis , macula anali nigra, posticis maculis per- multis diffbrmibus albidis plumbeo-atroque cinetis, striolisque submarginalibus plumbeis. % Coli. Felder. Species venustissima ex affinitate Th. Apellis Fahr.

27. Lycaena PanorniQS Feld.

Alis caudatis, supra glaucis , posticis macula sub anali binisque anulibus minor ibus atris, subtus omnibus albidis, fasciola discali, altera e.vteriore catenulata lunulisque biseriatis mar- ginalibus brunneis, posticis maculis binis costaUbus nigris albo cinetis tertiaqne majori snb anali lunula grossa fulva intus amplexa. rf

Coli. Felder. L. Ivandar]»ae Horsf. similis, colore autem fädle distin- guenda.

28. Lycaena Hyrcauus Feld.

Alis caudatis, supra rfris violaceo-caeridescentibus, pnaebrunneis, disco albido variis, caeruleo nitentibus , annulis marginalibus obsoletis albis , anticis fascia saturatiore catenulata bifida, subtus brunneis, strigis permultis distinetis albis unastomo- santibus (anticarum discalibus obliquis) maculisque margina- libus albis brunneo notatis, posticis ocel/is binis unalibus atris, lutea cinetis annuloque virescente ornatis.

Coli. Felder. L. Telicano Herbst quam maxime affinis, sed praeeipue strigarum paginae iriferioris alarum anticarum directione recedens.

29. Lycaena Nemea Feld.

Alis caudatis, supra rfris argenteo - caeruleis , pnae multo palli- dioribus. fusco limbatis, posticis maculis striolisque margina-

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\ ,') 4 v. Frauenfeld. Diagnosen einiger neuer Insecten und

21. Dipsas lycaenoides Feld.

Alis posticis dentatis, fasciculis binis pilorum analibus caudae- fbrmibu8, supra omnibus violaceo-plumbeis , pilosis, subtus brunneo-canescentibus, lineis binis submarginalibus angulosis, anticis lituris binis discalibus strigisque t/uabus catenulatis exterioribus albis, posticis omnino albo-catenulatis , macula subanali atra, lunula aurantiaca intus terminata. cf

Coli. Felder. Species forma (darum ab omnibus eongeneribus diver- sissima et eolore signaturisque Lycaenis quibusdam similis.

22. Thecla Ilias Feld.

Alis ecaudatis, supra rfris violaceo caeruleis, fusco marginatis, p?iae fuscis, anticarum area discali, posticarum plaga basali caerulescentibus, subtus omnibus albis, posticis puncto interna nigro.

Coli. Felder. Species propter oculorum nuditatem et formam alarum sectioni Tb. xanthospiljte Hübn. (Hübnerii Godt.) associanda.

23. Thecla Philotas Feld.

Alis ecaudatis, supra tfris obscure violaceo- caeruleis , nigro mar- ginatis. pnae fuscis, anticarum area discali caerulescente, subtus omnibus pallide brunneo- canescentibus, impnnctatis.

Coli. Felder. Praecedenti simillima, eolore autem paginae inferiori» bene dignoscenda.

24. Thecla Doleschallii Feld.

Alis supra violaceo-caeruleis , anticarum apice margineque om- nium nigro fuscis, subtus albis, mar g ine externo fusco. anti- carum serie maculari plumbea, posticarum striga plumbeo- virescente divisa, anticis costa late fusca plumbea-virescenti notata posticis faseiis tribus atris transversis plumbeo - vire- scenli cinetis . dimidio interno in/er fascias late plumbeo- rirescenti atomato. q

Coli. Fehler. Species sig natura et eolore paginae in f er iuris a eaeteris Th. Polycleto L. affinibus sat discrepans.

2li. Thecla Aiiaclctus Feld.

Alis supra rfris obscure cyaneis, triangulo apicali anticarum. costa margineque omni um fuscis. pnae fuscis , basi discoque nitide egancis. anticarum plaga media alba, subtus anticis cinereis,

Untersuchung mehrerer Sandproben verschiedener Kostenpunkte. 4o«>

fascia longitudinali, altera transversa limboque apicali ochra- ceis plumbeo-virescenti notatis, posticis ochraceis, fasciis quatuor inaequalibus testaceis , plumbeo - virescenti cinctis maculisque marginalibus plumbeo-virescentibus.

('tili. Felder. Species quam maxime elegans Th. Livio Fahr, ratde ciffiiiis videtur.

26. Thecla Chrysanthis Feld.

Alis supra rnfo-fuhis, anticis undique nigro limbatis, posticis limbo costali fasciaque anali nigris , subtus omnibus ruf'o- ferrugineis , anticis disco intusque f'uhescentibus striis ante- rioribus plumbeis, macula anali nigra, posticis maculis per- multis diffbrmibus albidis plumbeo-atroque cinctis, striolisque submarginalibus plumbeis. Q^ Coli. Felder. Species venustissima ex affinitate Th. Apellis Fabr.

27. Lycaena Panormns Feld.

Alis caudatis, supra glaucis , posticis macula sub anali biuisque analibus minoribus atris, subtus omnibus albidis, fasciola discali, altera exteriore catenulata lunufisque biseriatis mar- ginalibus brunneis, posticis maculis binis costalibus nigris albo cinctis tertiaque majori sub anali lunula grossa fulva intus amplexa. rf Coli. Felder. L. Kandarpae Horsf. nimilis, colore atttem f (teile distiu- yuenda.

28. Lycaena Hyrcauns Feld.

Alis caudatis, supra rfris violaceo-caerulescentibus, pnaebrunneis, disco albido variis, caeruleo uiteutibus, annulis marginalibus obsoletis albis , anticis fascia saturatiore catenulata bifida, subtus brunneis, strigis permuftis distinetis albis anastomo- santibus (anticarum discalibus obliquis) maculisque margina- libus albis brunneo notatis, posticis ocellis binis analibus «Iris, luteo cinctis annuloque virescente ornatis.

Coli. Felder. L. Telicano Herbst quam maxime affin in, sed praedpue strigarum paginae iriferioris alarum anticarum directione recedens.

29. Lycaena Nemea Feld.

Alis caudatis, supra tfris argenteo - caeruleis , pnae multo palli- dioribus, fusco limbatis, posticis maculis striolisque margina-

4-ÖO v. F r nuenfelil. Diagnosen einiger neuer Inseeten und

libus albis, subtus omnibus bntnneo - canescentibus , lunulis submarginalibus biseriatis albis, anticis strigis quatuor inae- qualibus albis, posticis omnino albo strigatis, macula sub- apicali atra apud costam, lunula postica fulva, ocello adja- cente atro cyaneo binotato, lunula fulva intus cincto alteroque multo minore anali ejusdem coloris.

Coli. Felder. Affin is L. Anito Cr am. colore et signaturis verp di- stincti8sima.

oO. Luaena Alecto Feld.

Alis caudatis, supra pallide argenteo-caeruleis , fusco marginatis, posticis lunulis striolisque marginalibus albidis , subtus omni- bus brunneis, strigis binis macularibus posterioribus linea- que marginali albis, anticis strigis quatuor externis inaequa- iibus albis, posticis strigis sex interruptis albis (anterioribus quatuor angulo anali inflexisj ocello magno subanali atro lunula fulva circumcincto , cyaneo nutato alteroque anali multo minore concolore. AD Coli. Felder. Affini« L. Elpidi Godt.

3 1 . Lycaena Astraptes Feld.

Alis caudatis, supra (fris nitidissime violaceo - caeruleis , anticis margine externo fusco, pnae caeruleis, costa margineque late fuscis , posticis lunulis albidis submarginalibus striolisque marginalibus albis, subtus omnibus brunnescentibus , lunulis marginalibus biseriatis albis, anticis strigis quatuor albis obsoletis, posticis omnino obsolete albo strigatis, ocello sub- anali atro, intus auranliaco cincto, virescenti notato alteroque anali minimo concolore.

Coli. Felder. L. Plutoni Fabr. simUlima, at pagina superiore angu- slius fusco marginata ocellisque paginae inferioris multo majoribus constanter diversa.

32; Lycaena Pactolus Feld.

Alis caudatis, supra tfris obscure violueeo-plumbeis, pnae argen- leo-caerulescentibus, undique late fusco marginatis, lunulis grossis submarginalibus albidis striolisque marginalibus albis. posticis tituru disca/i fusea . subtus omnibus cano-brunneis, strigis binis externis subma Ciliar ibus lineaque marginali

Untersuchung mehrerer Sandproben verschiedener Küstenpunkte. 45 <

albis, anticis strigis quatuor inaequalibus latis albis, posticis omnino leite albo strigatis, ocello subanali atro, intus fulves- centi cineto, extus litura plumbeo-virescente ornato alteroque minore anali ejusdem coloris.

Coli. Felder. L. Emolo Godt. affinis.

33. Lycaena Hermus Feld.

Alis caudatis, supra violaceo-plumbeis brunneis, lunulis margina- libus biseriat'is albidis, anticis strigis quatuor inaequalibus angustis lineaque marginali obsoleta albis, posticis omnino anguste albido strigatis, ocello subanali atro lunula fulva circumcincto, extus virescenti consperso binisque anaübus multo minoribus concoloribus. (J1

Coli. Felder. Praecedenti affinis, sed Statur a minore, eolore et pac/inae inferioris strigis multo angustioribus facile dignoseenda.

34. Lycaena Calauria Feld.

Alis caudatis, supra plumbeo-violascentibus, subtus cano-brunneis, lunulis externis biseriat'is lineaque marginali distineta albi- dis, anticis strigis sex inaequalibus albidis, posticis omnino albido strigatis, ocello subanali atro lunula fulva circum- cincto, extus annulum plumbeum includente alteroque anali minore concolore. cT

Coli. Felder. Praecedenti similis, minor autem et pagina inferiore optime distineta.

35. Lycaena Helicon Feld.

Alis caudatis, anticis acutis, jjosticis apice angulatis, supra Omni- bus lilacino-plumbeis , cano pilosis, subtus brunneo-canescen- tibus, lunulis exterioribus biseriat'is lineaque marginali obso- leta albidis, anticarum strigis sex subflexuosis postica- rumque totidem interruptis tenuibus albis fusco einet is, his ocello subanali atro lunula fulva circumcincto , extus fortiter virescenti asperso alteroque multo minore anali ejusdem co- loris. cf

Coli. Felder. Ab omnibus praecedentibus forum , eolore et pilositate ala- rum recedit.

36. Lycaena Ancyra Feld.

Alis caudatis, supra violaceo-plumbeis , posticis macula subanali nigra, subtus omnibus canis, faseiis tribus discalibus catenu- Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 11. 32

4-00 v. Frauenfeld. Diagnosen einiger neuer Insecten und

latis iriaequalibus (postiearum binis externis cobaerentibus) lunulisque submorginalibus brunneis, albo - cinetis , posticis lunula subanali aurantiaca maculae atrae supposita altera que anali obsoleta concolore. cf

Coli. Felder.

37. Lycaena Nora Feld.

Alis caudatis, supra cfris violaceo -plumbeis , in fuscum vergen- tibus, hP)iae f'uscis , posticis maculis marginalibus nigris alba einet is, subtus rfris pallide brunnescentibus, flavido tinetis, Pnae ochraeeis, lunulis marginalibus biseriatis f'uscis, singulis faseiis tribus catenulatis inaequalibus lutescentibus fusco alboque einet is, posticis ocello subanali atro, lunula fuloa circumcincto , extus annulo plambeo ornato binisque analibus minimis concoloribus.

Coli. Felder. l'ruecedentibus multo minor et paginae inferiore colore optime distinguenda.

38. Lycncna Perugia Feld.

Alis caudatis, supra violaceo -plumbeis subtus brunnescentibus lunulis submarginalibus biseriatis f'uscis alba cinetis. faseiis tribus catenulatis inaequalibus {binis externis albidis fusco albidoque cinetis, postiearum confluentibus) posticis ocello subanali atro lunula fulra eireumeineto , extus virescenti con- sperso binisque multo minoribus analibus rireseenti-aspersis ejusdem coloris. rf Coli. Felder.

39. Lycaena Nieonia Feld.

Alis caudatis, supra f'uscis , disco alba, subtus brunneo-canescen- tibns, disco alba suffuso , faseiis tribus catenulatis inaequa- libus (binis externis uibis fusco cinetis, postiearum conflue/t- libns) . maculis grossis marginalibus biseriatis f'uscis, alba cinetis, posticis ocello subanali oruli atro, intus fu/ro- , extus virescenti cineto binisque analibus minimis concoloribus. £> Colt. Felder. Praeeedenii pagina inferiore similis et forte ejus femina.

40. Lycaena Palmyra Feld.

Alis caudatis. ciliis a/bis fusco intersectis, supra f'uscis. basi cueru- lescentibus, anticis fascia disculi alba, posticis maculis sab-

Untersuchung' mehrerer Sandproben verschiedener Kiistenpunkte. 4-59

marginalibus siriolisque marginalibus albidis, subtus Omni- bus brunneo - canis , lunulis submarginalibus biser iatis con- ßuentibus albis, fasciis tribus inaequalibus catenulatis satura- tioribus, albo cinctis (posticarum binis cxternis cohaeren- tibus) , anticis fascia discali alba, posticis ocello subanali atro intus lunula aurantiaca trigona, eoctus annulo virescente circumcincto alteroque anali concolore minore, p Coli. Felder. L. Perusiae afßitis.

4 1 . Lycaena Tauagra F el d.

Alis ecaudatis , supra rfris pattide violaceo - caeruleis , brunneo marginatis, pnae cano-brunneis , intus caerulea tinetis, po- sticis lunulis analibus albidis, subtus brunneo- canescentibust litura discali serieque duplici macularum marginalium brun- nescentibus albido cinctis obsoletis, anticis punetis exterioribits linea digestis, posticis punetis basalibus et discalibus sparsis concoloribus.

Coli. Fehler. Affinissima L. Lysimoni Huhn, et L. Ufoaldo (i ram. pagiita autem inferiore obsolet« punctata constanter differt.

42. Lycaena Cardia Feld.

Alis ecaudatis, supra angustissime fusco marginatis , rfris dilute caeruleis, pnae pallide violascentibus , posticis maculis mar- ginalibus fuscis albo cinctis, subtus omnibus albis, litura di- scali, striga maculari externa, linea submarginali undulata macutisque marginalibus fuscis, posticis punetis binis Costa- libus aliisque basalibus atris. Coli. Felder. L. Argiolo L. et L. Caelestina Koll. affinis.

43. Lycaena Strongyle Feld.

Alis supra fuscis, anticis aculis, plaga interna alba subtus omni- bus albis, litura discali, striga posteriore maculari, linea submarginali angulata macutisque marginalibus fuscis, po- sticis macula costali prope apicem aliisque basalibus atris. cf

Coli. Felder. Species forma el pagina superiore (darum sat distincla, pagina autem inferiore L. Argiolo L. et ejus afßnibus aecedens.

44. Thysoootus Dymetus Feld.

Alis ecaudatis, supra (Jris violaceo- caeruleis , pnae nigro- fuscis, fascia lata discali alba, subtus omnibus obscure fuscis, area

4o0 v. Frauenfeld. Diagnosen einiger neuer Inseeten und

discalialba, singulus fascia basaü tfris ci/anescente, Pnae virescente, posticis maculis marginalibus atri's, rfris cyaneo-, pnae plumbeo cinctis.

Coli. Felder. Th. Cyaneo Cram. (D. Epioorito B o i s d.) affinis, alis autem ecaudatis jam distinyuenda.

45. Lucia Phamos Feld.

Alis supra brunneo-fusds , subttis albido - canescentibus , annulis basalibus strigisgue permultis interrupte flexuosis fuscis, an- ticis macula discali alba. Coli. Felder. L. Epio Westw. proxime aecedens, sed miliar.

Cliaetocüeme Feld. Antennae clava distineta, apice in mucronem longum rectum defle.va. Palpi crassi, villosi, articulo ultimo minimo, rix exserto. Alae anticae cellula elongata, alae longitudine tri- ente breviore, vena seeunda discoidali in medio venae disco- cellularis Oriente, ramis medianis longe inter se distantibus. Alae posticae angulo anali haud producta, ramo mediano seeundo et tertio valde approximatis. Tibiae pedum postico- rum dorso jubatae, calcaribus tantum duobus apicalibus iu- aequalibus munitae.

(jleiius Gonilobae Westw. proximum , tibi in autem posticis bicedearatis recedens.

40. fltaetocnciiif (ottus Feld.

Alis integerrimis, ochraeeo-ciliatis, supra fulvo-cervinis, subtus saturatioribus , anticis fascia discali abbreviata och raren. supra obsoleta. Coli. Felder. H. Helirio Cram. surinamensi non absimilis.

47. Chaetocneme Ceriutiius Feld.

Alis utrinque fuscis, violaceo nitentibus, anticis fascia discali- transversa albo-hyulinu, £>nae abbreviata. Coli. Felder. Praecedente major alisque latioribus instrueta.

48. Isniene Doleschallii Fei d.

Alis supra fuscis, basi cyaneo-virescentibus , subtus virescenti fuscis. singulis macula discali argentea, anticis intus viola-

Untersuchung mehrerer Sandproben verschiedener Kostenpunkte. 4Ö1

ceis maculisque binis argenteo - cynnescentibus transverse positis. Coli. Felder. J. Celaeno Cr am. forma alarum accedens.

40. Isinene Th.vinbron Feld.

Alis supra fuscis, basi cervino pilosis, anticis elongatis, punctis tribus discalibus hy aUnis, subtus omnibus brunneis , cane- scenti-atomatis, posticis macula albida versus angulum analem obcurius chloratum.

Coli. Felder. J. Ladoni Cram. valde affinis, sed ab ejus icone absque dubio diversa.

50. Pterjgospidea Nestus Feld.

Alis supra fuscis, anticis utrinque puncto costali, aliisque disca- libus et apicalibus hyalinis, posticis fascia anali submaculari diffusa alba, subtus dimidio interno late alba, maculis binis subapicalibus aliisque grossis analibus fuscis. Coli. Felder. Pt. Japeto C r a ni. proxime accedens , sed constanter diversa, nee ejus varietas.

51. Pampliila Augiades Feld.

Alis cfris supra fuscis, anticis utrinque fascia costali alteraque transversa discali adhaerente fulvis, posticis macula cellu- lari fasciaque postica transversa fulvis, subtus omnibus fu/vo- ochraeeis, anticis intus nigricantibus , posticis punctis nigris fasciam cingentibus , ßnae supra ferrugineo - fuscis , basi ferrugineis , anticis utrinque fascia submaculari ferrugineo- fulva, posticis supra fascia postica concolore, subtus omnino ferrugineis. Coli. Felder. P. Augiae L. affinissima, sed fere duplo major.

52. Pamphila Eurotas Feld.

Alis supra fuscis, anticis utrinque dimidio basali fasciaque discali angusta apice refraeta fulvis, striga disci velutina, posticis puncto cellulari fasciaque lata media fulvis, subtus omnibus fulvis, anticis dimidio interno. posticis angulo anali nigri- cantibus, bis maculis nigris fasciam cingentibus. rf Coli. Felder. Praecedenti similis, at minor.

4l>^ v- Frauen fei d. Diagnosen einiger neuer Insecten und

83. Pamphila Warnas Feld.

Alis nigra ciliatis, supra fuscis, anticis utrinque fascia ad Costa e basin alteraque (fiscal i apice refracta fulvis, rfris supra linea veluiina, posticis utrinque puncto cellulari fasciaque lata adjacente fulvis, subtus anticis fere omnino nigris, po- sticis fnlvescentibus, dense nigro atomatis.

Coli. Felder. -- P. flavo - vittatu Latr., cui affinis , plus quam duplo major.

54. Pamphila Sunias Feld.

Alis fulvo ciliatis, supra fuscis, anticis utrinque fascia ad costae basin alteraque discali angusta refracta fulvis, posticis Ma- cula cellulari fasciaque exteriore incurvata, supra ad api- cem interrupta fulvis, subtus omnibus fulvis, anticis dimi- dio interno nigricante , posticis atomis nigris fusciam rin- gen libus.

Coli. Felder. Praeeedenti proxima , tertia vero parle minor et praecipue ciliis fulvis paginaque inferiore alarum constanter diversa.

55. Pamphila Archias Feld.

Alis fulvo ciliatis, supra fuscis, anticarum fascia ad costae Im sin. altera discali sinuata , posticarum puncto cellulari fasciaque adjacente utrinque dilute fulvis, subtus omnibus fulvis, anti- cis dimidio interno late fusco, posticis atomis fusciam ciu- gentibus. Coli. Felder. P. flavo-vittatae Latr., quam maxime affinis et forte ejus varietas localis. In omnibus speciminibus nostris faseiae alarum duplo laliores, quam in P. fiavo-vittata.

Ich füge ferner die Beschreibung eines Insectes bei, das ich wegen seiner eigentümlichen Lebensweise besonders erwähnen zu sollen glaubte.

An einem Tschoroi, den ich in St. Jago lebend besass, fand ich an der nackten Stelle des obern Augendeckels drei stecknadel- kopfgrosse Pünktchen in einer Reihe neben einander festgeheftet. Es waren Schmarotzcrinsecten, die gleich den Zecken so fest hingen, dass sie mit der Pincette gewaltsam losgerissen werden mussten, wobei das eine Stück zu Grunde ging, da der bis an den Grund ver- senkte lange Säugrüssel sammt dem Kopfe abriss. Nach dem bald

Untersuchung mehrerer Sandproben verschiedener Kiistenpunkte, ^Üo

erfolgten Tode des Papageis auf dem Schiffe fand ich in der von der Kehlhaut an der Ausschnittsstelle des Unterschnabels gebildeten Falte tiefverborgen noch vier Stücke eben so angeheftet und saugend. Obwohl mit gut ausgebildeten starken Füssen versehen, benutzten sie dieselben nicht, sondern Messen sie seihst dann schlaff an den Leih angelegt herab- hängen,als ich dieThiere zur genaueren Betrachtung und zur Ablösung hin- und wider wendete. Losgelöst zappelten sie hilflos am Boden lie- gend, ohne gehen oder springen zu können, und starben schon nach ein paar Stunden, als sie von ihrem Nahrungsthiere entfernt waren.

Das Thierchen gehört zu den Aphaniptern und bildet eine interessante ganz neue Erscheinung in dieser Abtheilung der äusser- lichen Schmarotzer dadurch, dass es abweichend von allen übrigen am Wohnthier festsitzt, wie es bei den Ri einen und Acarinen vor- kömmt. Wenn wir sämmtliche bekannte derartige Vogelparasiten durchgehen, so sind es nur wandernde Schmarotzer, die stets den ganzen Körper ihres Wohnthiers zum Aufenthalte haben, wenngleich manchmal einige Tbeile desselben besonders bevorzugt sind.

Die beissenden Mallophagen, welche die Haut eigentlich nie besuchen, klammern sich mit den hakigen Klauen der Füsse an den Federn an, und halten sich nur dann mit den Kiefern an den Federn fest, wenn man sie abstreifen will. Eigentliche Läuse kenne ich auf Vögeln nicht, doch sind es auch hier nur die Klauen der Füsse, die zum Festsitzen und Halten benützt werden, wenn das Thier nicht herumwandernd, zu saugen beginnt. Ebenso sind Camus, Ornitho- myia, Olfersia, Craterina, Oxypterum sehr unstäte und flüchtige Schmarotzer, die ihre Opfer nur zeitweise und an allen Stellen des Körpers quälen und, an einem Platze beunruhigt, schnell einen andern zum Angriff wählen. Flöhe sind gewöhnlich Vagabunden, die es sogar lieben ihre Wirthe häufiger zu wechseln, und die während des gie- rigsten Saugens doch rasch den Rüssel zurück zu ziehen vermögen, um irgend einer Gefahr zu entfliehen. Die fast wie bei der Läusesucht nachtheilig werdenden Acarinen des Geflügels und der Stubenvögel wohnen ausserhalb des Thieres, und fallen sie nur des Nachts der Nahrung wegen an.

Es erübrigen somit Bios die Zecken, deren Natur es überhaupt ist, sich mit ihrem widerhakigen Rüssel festzusaugen und an der- selben Stelle länger zu verharren, und die auch wenn sie sich auf Vögel verirren, in gleicher Weise befestigt sind.

'4<>4- *'• Frauenfeld. Diagnosea einiger neuer losecten und

Eine einzige Erscheinung unter den Aphaniptern selbst nähert sich der unsern einigermassen, obwohl die Verhältnisse der Lebens- weise dieses Thieres und seiner Entwicklungsgeschichte noch Dicht so bekannt sind, als es die Wichtigkeit desselben erwarten Hesse. Es ist dies der Chique oder Sandtloh Pulex penetrans L , schon von Ol aus Swartz 1788 in den Abhandlungen der königlichen schwedi- schen Akademie beschrieben und abgebildet. Mir sind nähere Anga- ben über den Vorgang seines gefahrlichen Eindringens unter die Haut gleichwie über das Verhalten an seinem Aufenthaltsorte, so wie seiner Secrete, die man als vergiftend bezeichnet, nicht bekannt. Beide Thiere sind jedoch vollkommen verschieden, und die Art ihrer Anhaftung unähnlich. Der Sandfloh bleibt zwar gleichfalls an jener Stelle, wo er sich einbohrt, ohne Ortsveränderung sitzen, allein die Weiterentwickelung geht bei beiden Thieren zuverlässig weit aus einander.

Ich nenne den von mir gefundenen Vogelparasiten nach seiner Lebensweise und seinem Wohnthiere: Hectopsylla psitacü, indem ich eine vorläufige Artphrase hinzufüge:

Palpen 4gliedrig, Rüssel sehr lang mit 2, beiderseits gesägten säbelförmigen Scheidenblättern ; zu beiden Seiten des Rüssels eine lange dicke bogig gekrümmt über den Kopf hinauf ragende Borste, die beweglich zu sein scheint und nach rückwärts gerichtet werden kann. Hinterleib kuglig, von Kopf und Thorax stark abgeschnürt; die hornigen Schienen der Hinterleibssegmente unterbrochen, so dass die Rückenschiene von der Bauchschiene durch einen weiten Zwischen- raum zu beiden Seiten getrennt ist; die Baiichschienen sind gleich- falls getrennt, wodurch längs dem Bauche mitten eine dehnbare Hautstelle übrig bleibt. Füsse fast gleich lang, Schenkel nicht ver- dickt. Kopf, Brust und Hinterleibsschienen dunkelbraun, Hautstellen weiss, Füsse lichtbräunlich, Borsten am Kopfe glasig. Die beiden sonderbaren borstigen Anhänge am Kopfe unterscheiden diesen Floh alsogleich von allen seinen Verwandten.

Das Thier scheint selten zu sein und ist wohl gleich dem Sand- floh nur Central- und Süd -Amerika eigenthümlich. Alle Papageien, die ich dort erhielt, untersuchte ich darauf, fand aber den Parasiten nirgends mehr. Da mein in der Nacht verendeter Papagei schon ganz erkaltet war, die Parasiten aber noch ganz fest daran hingen, so wäre es vielleicht möglich, dass sich an nach Europa gebrachten

Untersuchung mehrerer Sanripnthen verschiedener Küstenpunkte. 4 OD

Bälgen vielleicht noch etwas auffinden Hesse, daher ich hier darauf aufmerksam machen will.

Endlich beehre ich mich noch die Resullate der Untersuchungen des Herrn Gustav Schwarz v. Mohrenstern vorzulegen, welche derselbe aus mehreren von mir mitgebrachten Küstensandproben zog und die mir derselbe in Folgendem übergab:

Ich habe von Herrn von Frauenfeld verschiedene Sandpro- ben erhalten, welche an mehreren Orten gesammelt wurden, welche die Novara berührte.

Die von mir auf kleine Conchylien durchsuchten Sande sind von der Insel St. Paul, von Telnschong und Kamorta aus den nikobarischen Inseln, von den Stuarts-Inseln, von Port Jackson, Bondi- und Botany- Bai bei Sydney, von Auckland auf Neu-Seeland, und von Valparaiso in Chile. Von diesen neun Fundorten sind zwei, nämlich Telnschong und St. Paul, entschieden basaltisch und enthalten nicht die geringste Spur von Muschelfragmenten; die übrigen dagegen, aus dem feinen Sande der dem Fundorte entsprechenden Felsarten bestehend, wei- sen eine beträchtliche Menge zerbrochener und fein zerriebener Con- chylien und Korallen auf. Vollkommen erhalten finden sich nur die allerkleinsten Gattungen, welche der Zerreibung in der Brandung vielleicht durch irgend einen zufälligen besonderen Schutz entgangen sind, oder deren relative Stärke der kugligen Schale zu ihrer Grösse einen bedeutenden Widerstand leisten konnte, wie z. B. die kleinen Schnecken der Gattungen Rissoina, Rissoa, Odostomia, Tur- bonilla, Trochus, PhasiaiteUa und die kleineren Cerithien. Dagegen sind die zweischaligen Muscheln, selbst die kleinsten, meist so zer- bröckelt, dass sie gänzlich unerkennbar sind.

Im Ganzen habe ich 25 wohlerhaltene Arten herausgefunden, welche in die Familie der Rissoideae gehören, 13 von ihnen sind bereits bekannte Arten, die übrigen alle neu.

Von diesen 25 Arten gehören 7 zur Gattung Rissoina und 18 zur Gattung Rissoa, wie sie jetzt aufgestellt ist. Die Arten dieser letzten Gattung lassen sich jedoch nach ihren bezeichnenden Merk- malen leicbtin drei Gruppen trennen, nämlich solche, die zu den eigent- lichen Rissoen oder Alvanien gehören, in eine Gruppe, welche den Paludestrinen von d'Orbigny entsprechen, mit glatten kugligen Gehäusen, und endlich solche, die offenbar gleichfalls in eine Gruppe zu vereinigen wären, welche die Mündung pupaartig nach vorne

4()6 v- Frau en feld. Diagnosen einiger neuer Insecten und

gezogen haben, deren einziger europäischer Repräsentant allenfalls die Rissoa tdbulum Cantr. sein dürfte, und deren Thier noch unbe- kannt ist.

Die 7 Rissoinen und die 5 Rissoen sind ausschliesslich Meer- schnecken, die Arten der beiden letzten Gruppen jedoch scheinen Brackwassermollusken zu sein, deren Arten mehr Übereinstimmung mit entfernten Fundorten der gemischten Wässer von Europa und Amerika zeigen, während die eigentlichen Rissoen, die vorzüglich den gemässigten Klimaten anzugehören scheinen, in jenen wärmeren Meeren weder die Grösse noch Ausbildung der Mittelmeerarten erlangen. Nur bei zwei Arten finden sich Übergänge vom rothen Meere und der Moriz-Insel, und von den Kanaren und dem Cap nach jenen wärmeren Meeren hin.

Die aufgefundenen Arten der Galtung Rissoina dagegen zeigen deutlich durch Zahl und Grösse, dass die Tropen ihrem Gedei- hen, ihrer Verbreitung und besonders der Ausbildung ihrer Arten günstig sind.

Sand von Kam ort a (Niko baren).

Besteht grösstentheils aus Muschelfragmenten und Foramini- feren, untermischt mit feinen Körnern krystallinischer Felsarten. In ihm finden sich

Rissoina Sagrayana d'Orb.,

media S c h w a r t z, Rissoa Möntagui Payr.,

Stigmata Seh wart/..

dolium Phi I..

semistriata Phil.

Sand der Stuarts-Inseln. Rein mariner Muschelsand, ausschliesslich aus Muschelfragmen- ten, Korallentrümmern und Forami niferen ohne alle Felsarten; er ist schneeweiss, die Cönchylienreste sehr zerkleinert, verwittert und gebleicht. In ihm fanden sich

Rissoina erythraea Phil.:

laevigata A d a m s. , Rissoa canariensis d'Orb.,

semistriata Phil.,

virgata Phil.

i utersuchung mehrerer Sandproben verschiedener Küstenpunkte, 4ß7

Die Sande von Sydney (Port Jackson, Bondi- und Bota'ny-Bai zeigen einen von vorhergehenden etwas verschiedenen Charakter, indem sich nebst den Meermollusken jene oberwähnten Brackwassermollusken finden, daher sich wohl süsse Wasser in diese Buchten ergiessen mögen. Als Beweis linden sich jene kleinen Ceri- thien, die mit der Fluth gerne in die Flüsse hinauf dringen und vor- herrschend im Brackwasser gedeihen, so wie einige Neritinen, die aus den Süsswassern in's Meer hinab steigen und selbst noch bei einem bedeutenden Salzgehalte fortbestehen «)• In ihnen fanden sich Rissoina fasciata A d a m s.,

obeliscus Beiz.,

Hanleyi S c h w a r t z, Rissoa Montagui P a y r.,

canariensis d'Orb.,

Frauen feldi Schwär tz,

und 4 unbestimmte Arten. Ferner 6 neue Arten, welche der Gruppe Paludestrina angehören und 4 ebenfalls neue Arten aus der Gruppe mit pupaartiger Mündung. Die Sande zeigen weniger Muschelfrag- mente als obige und mehr Gesteinskörner.

Sa n d vo n A ucklan d.

Dieser Sand enthält zwar eine beträchtliche Menge von Con- chylienresten, aber sie sind so zertrümmert und abgerieben, dass die Bestimmung unmöglich ist; auffallend ist, dass die Fragmente fast alle von Bivalven herzustammen scheinen.

Im Sande von Valparaiso, Telnschong und St. Paul dagegen ist keine Spur von Conchylienresten aufzufinden, und sind beide letz- tere, wie schon erwähnt, basaltischer Natur.

Diese kurzen Bemerkungen über die von der Novara mit- gebrachten Küstensande bestätigen vollkommen die bis jetzt nur muthmasslich ausgesprochene Ansicht:

1. Dass die Gattung Rissoina in den Tropenmeeren ihre grösste Vollkommenheit und Ausbildung erreicht, und ihre eigentliche Hei- mat nur innerhalb der Wendekreise liegt.

M Port Jackson ist, eigentlich das Flussbeltende des Paramatta, so wie in die liolany-Bai der Cooks-River mündet. In die Bondi-Buchl ergiessen sich wohl nur ein paai unbedeutende Bäche. v. Frauenfeld.

4(>8 '"■ Frau enl'eld. Diagnosen einiger neuer Insecten etc.

2. Dass die Gattung Rissoa nur wenige und verkümmerte, ganz abweichende Arten in den südlichen Meeren aufzuweisen hat, dagegen im Mittelmeere ihren grössten Formenreichthum entwickelt, daher dem südlichen Theile der nördlichen temperirten Zone an- gehört.

3. Dass jene ganz kleinen Formen, welche die Brackwasser in Menge bewohnen, und bisher theil weise den Gattungen Rissoa, Cin- gula, Paludestrina und Hydrobia beigezählt wurden, in den gemässigten und wärmeren Zonen mehr Übereinstimmung in ihren Formen zeigen, so dass einzelne Arten derselben sich weit leichter vergleichen, vielleicht selbst vereinigen lassen , als die Arten der eigentlichen Rissoen.

Stu r. Beiträge zu einer Monographie des Genus Astruntiu. 469

Beitrüge zu einer Monographie des Genus Astrantia. Von ]). Stur.

(Mit i Karte.)

Curiosa die Astrantia camiolica betreffend. Flora 1821, I, Seite 366. Frage: Was ist Astrantia camiolica? Antworten:

1. Es ist ein Doldengewächs, welches ich zuerst im Jahre 1759 im Krainer- lande entdeckt, und durch: seminum angulis alato-plicatis in der esteren Ausgabe der Flora camiolica charakterisirt, in der zweiten Ausgabe aber als Astrantia minor L. erkannt und abgebildet habe. Scopol i.

2. Quid ad istam perbellam ac rar am, attamen in pratis nostris subalpinis montis Loibl sat frequenter crescentem Astrantiam attinet; genuina mihi est species quam in Florae meae noricae schedulis Astrantiae carnioHcae nomine sufficienter descripsi ac in appendice Florae Austriae Tab. X ico- nem dedi. Ceteroquin in dubiis praestat distinguere quam confundere. Wulfen.

3. Kn attendant, je nie suis persuadee que l' Astrantia camiolica de Jacqin n est qu'une vraie variete d' Astrantia minor de Linne, et par consequent j' ai cru devoir la reunir ä celleci dans la Flore francaise. De Candole.

4. Astrantia camiolica ist nur eine beständige Varität von Astrantia major L. die sich durch nichts anderes, als die Kleinheit aller Theile unterscheidet. Es ist übrigens räthlicher, viel mehr zu verbinden, als zu trennen, woran man den echten Botaniker erkennt. Sprengel.

In meinem zweiten Aufsatze über den Einfluss des Bodens auf die Vertheilung der Pflanzen (Juni -Heft dos Jahrganges 1857 der Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften Band XXV, Seite 414) habe ich die Standorte einer Astrantia, unter dem Namen A. carinthiaca, aus dem Gebiete des Isonzo und des Terglou-Gebirges angeführt. Ich hielt diese Pflanze irrthiunlicher Weise noch bis auf die neueste Zeit für Astran- tia gracilis Bart. Doch der Mangel an Original- Exemplaren der letztgenannten, deren ich mich zur Vergleichung hätte bedienen können, die nahe Verwandtschaft dieser Pflanze mit Astrantia major,

470 S t u r.

ferner die Angabe R e i c h e n b a c h 's bei A. major, „speciosior in val- libus subalpinis, A. carinthiaca Hoppe" (Reichb. fl. germ. exe. Seite 483) bestimmten mich diese Pflanze vorläufig unter dem Namen A. carinthiaca anzuführen. Auch Koch zieht nach brieflichen Mit- theilungen lloppe's die, freilich von meiner Pflanze ganz ver- schiedene, Astrantia carinthiaca zu A. major ,3. involucrata flore roseo (siehe Koch syn. 1843, Seite 309; Regensb. Flora 1832, Seite 223; Mert. und Koch 1826, Band II, Seite 468) und so glaubte ich durch den vorläufig gewählten Namen die nähere Verwandt- schaft meiner Pflanze mit A. major, und die grössere Verschiedenheit derselben von der A. carniolica am besten angedeutet zu haben.

Seitdem arbeitete ich immer fort an der richtigen Bestimmung dieser Pflanze, auf die ich, von dem um die Flora Österreichs hoch- verdienten Dr. Georg Do Hin er in Idria aufmerksam gemacht wurde. Der nachfolgende Aufsatz ist das Resultat dieser Bemü- hungen.

Dr. Dolliuer veröffentlicht ein Jahr später folgendes über dieselbe Pflanze (Deschmann's IL Jahresheft des Vereines des krainischen Museums 1858, Seite 57) die er Astrantia gracilis (non Bartling) nennt:

Die Pflanze ist schlank, 1 1% Fuss hoch; aus dem schiefen Rhizom t 3 Stengel treibend; die 3 5 an der Basis etwas schei- dig gestielten Wurzelblätter sind fünftheilig, Zipfel tief einge- schnitten, ungleich gesägt, stachelspitzig, der mittlere oder die drei mittleren keilförmig, länglich, die seitenständigen oder äusseren halbeiförmig, einspaltig; der Stengel meist einblättrig, eindoldig, oder am oberen Theile ästig, mehrdoldig, Hüllenblättchen ganzrandig oder gezähnt; die Kelchzähne eiförmig, stumpf, stachelspitzig; die Zähne der Riefen höckrig oder kuglig bekörnt.

Man unterscheidet sie von der Astrantia carniolica Wulf.:

1. Durch den Standort. Sie kommt stets auf trockenen Alpen- wiesen bei 4000 Fuss hoch vor, indess die A. carniolica nur am Fusse der Berge, an Ufern der Flüsse, Bäche und Quellen zu linden ist.

2. Durch ihren schlanken Wuchs, daher ich sie gracilis nannte, während A. carniolica gleich an der Basis des Stengels Aste und Zweige treibt, jedes und Blüthenstielchen mit zwei Hüllenblättchen verseilen ist.

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. 4 < l

3. Durch die um die Hälfte grösseren Blüthen und kleineren Blätter.

Dolliner fand die Astrantia gracilis Doli, zuerst am Gipfel des Porezen und auf den Bergwiesen der Cerna prst in einer Höhe von 4000 Fuss im Monate Juli 1847.

Herr Custos De seh mann bemerkt (in einer Anmerkung zu demselben Aufsatze Dol I in er 's), dass diese Pflanze auch in der Triglavkette, namentlich bei Belopolje, pri Jezerich u, s. w. nicht selten vorkomme und dass die Nachforschungen nach der Bart- ling' sehen Astrantia gracilis in den krainischen Alpen bisher fruchtlos waren.

In der Flora von Regensburg 1858, Nr. 11, Seite 159 veröffent- licht Dr. F. Schultz die Astrantia bavarica eine lange verkannte und verwechselte Pflanze Baierns.

F. Juratzka weist, kurz nach der Veröffentlichung dieser Pflanze, in Folge von Vergleichungen der Original-Exemplare der Astrantia bavarica F. Schultz mit einigen in den Wiener Her- barien befindlichen Pflanzen nach, dass Astrantia bavarica nicht nur in den bairischen, sondern in den österreichischen Alpen nament- lich in Nord-Tirol, in den Thälern der Karawanken, Wildensteiner Graben am Fusse des Ovir; in pratis alpinis Cerna prst vorkomme (Sitzungsb. der k. k. zool. bot. Gesellschaft, 2. Juni 1858, Seite 79, 2).

Die Original- Exemplare der Astrantia bavarica Schultz (J. major var. alpestris in der ersten Centurie, A. bavarica in der dritten Centurie des F. Schultz'schen Herbarium normale} setzen überdies ausser allen Zweifel , dass mit den Namen : Astrantia carinthiaca Stur, A. gracilis Dolliner und A. bavarica F. Schultz eine und dieselbe Pflanze bezeichnet wird.

Alle die bisher angeführten Aufsätze leiden sehr fühlbar an der Unsicherheit und Unbestimmtheit, welche über der Astrantia gracilis ßartling (Index seminum horti Academici Göttingensis 1840; Lite- ratur-Bericht zur Linnaea 1841 [XV], Seite 93) bisher schwebte.

Um hierüber endlich in's Klare zu kommen, wandte ich mich in dieser Beziehung an Herrn Prof. A. Grisebach in Göttingen, eine in Österreich verehrte Autorität. Prof. Grisebach, stets bereit der Wissenschaft zu nützen und dieselbe zu fördern, entsprach meiner Bitte am 20. März 1859 wie folgt:

472 Stur.

„Original- Exemplare von Astrantia gracilis existiren zwar nicht mehr, aher ich bin dennoch im Stande Ihnen zuverlässige Auskunft über diese Pflanze zu geben. Mein College Bartling brachte Samen aus den Isonzo-Alpen mit, aus denen sie im hiesigen Garten aufging, aber bald wieder verloren wurde. Als ich nun im Jahre 1856 das Isonzothal bereiste, gab mir Bartling den Standort so genau an, dass ich die Pflanze gleich wieder auffand. Dieser Origi- nal-Standort ist eine leicht kenntliche Felsbank auf dem Predil, unmittelbar zur linken Seite der Strasse (in der Richtung von Raibl nach Flitsch) etwa % oder % halbe Stunde jenseits des Passes (also schon im Gebiete des Isonzo, respective der Koritenza); die Strasse macht eben da wegen des Felsens eine Krüm- mung nach rechts. Hier kommt nun A. gracilis in Menge im T r o p f e n f a 1 1 e einer Q u e 1 1 e v o r".

„Allein ich erkannte sogleich, dass ich dieselbe Pflanze schon früher (im Jahre 1836) in der Wochein hei Veldes (ebenfalls näher der Landstrasse) gesammelt und als A. carniolica bestimmt habe. Ich finde auch jetzt zwischen der A. gracilis und der von Ferjantschitch bei Idria gesammelten A. carniolica keinen Unter- schied. Allerdings ist die Pflanze von Idria weit grösser und verräth durch ihre Blattbildung einen reicheren Humusboden, während die Blüthenhüllen klein bleiben."

In der That beweisen die Bruchstücke der A. gracilis vom Predil, die Herr Grisebach, nachdem sie Herr Hofrath Bartling als richtig anerkannt, mir gütigst zusandte, zur Genüge, dass A. gra- cilis Bartling und A. carniolica Wulf, identisch sind.

Unsere Pflanze (A. carinthiaca Stur, A. gracilis Doli., A. bavarica F. Schultz) kann somit A. gracilis Bartling nicht sein, da sie von A. carniolica Wulf, verschieden ist.

Herr Dr. F. Schultz war wohl der erste der diese Verschie- denheit (Regensb. Flora 1858, Seite 159) hervorhob und zugleich nachgewiesen hat, wie diese Pflanze in Baiern von Koch selbst und seinen Nachfolgern bis zum Send tn er (Veget. Verb. Südhaierns, S. 205 und 778) mit A. carniolica Wulf, verwechselt wurde und dieser Nachweis verdient eine allgemeine Anerkennung von Seite der Botaniker. Doch bin ich berechtigt zu versichern, dass diese Pflanze auch unser verdienstvolle Dr. Do Hin er, wie er sagt, seit 1847 (siehe oben) sehr genau und nach allen Richtungen kannte, denn

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. 473

ei* war es der mich schon am 20. Juli 1856 zu Kirchheim im Lit- torale, am Fusse des so sehr interessanten Porezenberges im Ge- biete der Idria auf dieselbe aufmerksam machte.

Aber auch viel älteren Schriftstellern und Botanikern ist diese ausgezeichnete Pflanze nicht unbekannt geblieben. In der That führt Soyer- Willem et, der in seinen Observations sur quelques plantes de France, Nancy 1828, Seite 91, unsere Pflanze unter dem Namen A. major ß parviflora sehr deutlich kennzeichnet, auf eine ältere Synonymie indem er Morisson's Abbildung (Icon. sect. 9, T. 4, Fig. 2) mit seiner Pflanze für identisch hält und überdies noch Haller, Helv. n. 790 ß citirt. Hall er a. a. 0. citirt aber endlich auch Astrantia alpina Munting, Phytograph. t. 111. Diese Abbildung lässt keinen Zweifel über, dass Munting unsere Pflanze gekannt und unter dem freilich vorlinneischen Namen, A. alpina, recht gut abgebildet hat.

Schon in Folge der Wittheilung des Herrn Juratzka (Sitzb. der k. k. zoolog. botan. Gesellschaft, 2. Juni 1858, Seite 79, 2) über die weit grössere Verbreitung der A. bavarica in Österreich, erschien diese Benennung unserer Pflanze als unzweckmässig ge- wählt. Denn A. bavarica F. Schultz kommt in zwei von einander durch die ganze Cenlralkette getrennlen Verbreitungsbezirken vor, von welchen der kleinere nördliche nur mit einem Theile nach Baiern gehört. Später als ich den älteren Namen A. alpina Mun- ting eruirt hatte, quälte mich der neue noch kaum irgendwo ge- brauchte Name, als Erinnerung an Gerdiana bavarica, Iris sibirica etc. und als nicht angezeigt für die gegenwärtige Zeit des allgemeinen Fortschrittes. Ich wandte mich an den um die Botanik so vielfach ver- dienten Autor des Namens selbst und sah bald darauf die Sache, wie folgt, beigelegt. Herr F. Schultz sagt in einem Schreiben, Wissem- burg den 30. Mai 1859 :„ Die Astrantia bavarica hatte ich erst anfäng- lich in meinem Manuscripte A. alpina genannt, dann aber den Namen A. bavarica vorgezogen, weil A. minor höher auf die Alpen steigt und daher den Namen A. alpina eher verdiente. Woll en Sie den Namen Astrantia alpina F. Schultz mspt. dem von A. bavarica F. Schultz in Flora vorziehen, so habe ich weiter nichts dagegen ei n zu wenden". Unsere Pflanze führe somit folgenden Namen:

Astrantia alpina F. Schultz mspt. und ihre nicht unbeträcht- liche Synonymie ist:

Sitzb. d. roathem.-naturw. Cl. XL. Bil. Nr. 11, 33

474 Stu r.

Astrantia bavarica F. Schultz in Flora. A. major var. alpestris F. Schultz Herb. norm. A. gracilis Doli. (non Barth). A. carinthiaca Stur (non Hoppe). A. Carniolica

Koch: in Alpihus Bavariae et Tirolis (non Wulf.). A. major ß parviflora Soyer-Wiliemet. A. ß nigra minor H a 1 1 e r. A. alpina Munt in g.

An der Verwirrung die in der Beschreibung der Astrantien herrscht, auf die man erst bei Bestimmung neuer Arten, wie hiezu Bertoloni (fl. italica Vol. III, Seite 128) und Tenore (fl. neap. III, Seite 267— 268, Obs.) Gelegenheit hatten, aufmerksam wird, trägt zum Theil die unrichtige Autfassung der speeifisch unter- scheiden sollenden Merkmale in den älteren Autoren, denen die beiden eben genannten italienischen Botaniker Bertoloni und Tenore (I. c.) eine andere Fassung zu geben versuchten, zum grössten Theile aber die Unbeständigkeit und Unsicherheit in den G r ö s s e n - V e r h ä 1 1 n i s s e n der einzelnen Organe aller Astrantien die allermeiste Schuld. Die absolute Grösse der ganzen Pflanze eben so gut wie ihrer einzelnen Theile ist nämlich sehr grossen Schwankungen unterworfen, die nicht nur an entlegenen Standorten auffallend, auch an Individuen eines und desselben Stand- ortes, ja oft an einem und demselben Individuum vorkommen. Eine gedrängte Betrachtung dieser Schwankungen soll zur näheren Erkenn t- niss dieser Erscheinung dienen.

Die ungeheueren Schwankungen in der Grösse der \V u r - zelhlätter hei A. major sind allgemein bekannt. Die Blattstiele sind 1 12 Zoll lang und länger, die Breite der Blätter variirt von I Va 10 und 12 Zoll. DieTheilung des Blattes in 3, 5 auch 7 Lap- pen sogar mit einer Andeutung einer Neuntheilung, mit ganzen oder noch einmal eingeschnittenen, bald breiteren bald schmäleren Lappen. Alle diese Schwankungen an einem und demselben Individuum so gruppirt, dass die untersten Wurzelblätter und die obersten Stengel- blätter eine geringe Zahl der Lappen zeigen, als die dazwischen befindlichen Wurzel und Slengelblätter, dass ferner die Tiefe der Theilung an den Blättern von der Wurzel gegen die Intlorescenz auf- wärts zunimmt und die Ureite der Zipfel in derselben Richtung in gleichem Verhältnisse abnimmt.

Zunächst ist es die I nflores cenz, die dadurch dass sie sehr auffallend und eigenthümlieh ist, nämlich eine trugdoldenförmige \ er-

Beiträge 7.11 einer Monographie des Genus Astrantia. 47«)

theilung der Dolden (dispusitio umbellarum cymosu) zeigt, in Hin- sicht auf Verwendbarkeit zur Unterscheidung der Species viel ver- sprechend ist.

Die Inflorescenz einer Astrantia endet im einfachsten Falle mit einer einzigen einfachen Dolde (denn nur einfache Dolden hat die Astrantia aufzuweisen). Unterhalb dieser in einer Entfernung von 1 bis mehreren Zollen findet man an der Hauptaxe ein blattartiges Deckblatt oder auch 2 5 schuppenartige Deckblätter in einem Scheinwirtel zusammengedrängt. Doch ist dieser einfachste Fall nur ein seltener zu nennen, indem gewöhnlich 2 3 und mehrere Dolden vorhanden sind. An jener Stelle der Hauptaxe nämlich, wo man im einfachsten Falle ein ( 5) Deckblatt sitzen findet, kommen 1—5 (äusserst selten mehr) Nebenaxen in einem Scheinwirtel zum Vor- scheine, wovon jede für sich eine einfache Dolde trägt, unterhalb welcher (bei regelmässiger Ausbildung der Inflorescenz) die Neben- axe ebenfalls mit 1 3 Deckblättern besetzt ist. An üppigen Exem- plaren findet man noch aus den Winkeln der Deckblätter der Neben- axen 1 4 Nebenaxen zweiter Ordnung emporsteigen, die abermals mit einer Dolde enden und in der Mitte ihrer Länge 1 2 Deck- schuppen tragen u. s. f. Doch ist der regelmässige Aufbau des unbe- grenzten trugdoldenförmigen Blüthenstandes der Astrantien selten anzutreffen. Man findet häufig, unter anderen Fällen, nur zwei Dolden die beinahe gleich lang gestielt sind, neben einander. Die Nebenaxe, mit 1 2 Deckschuppen versehen, unterscheidet man leicht von der, etwas stärkeren Hauptaxe. In jenen Fällen, wo au den Nebenaxen die Deckschuppen fehlen, erscheint die Inflorescenz als eine zusam- mengesetzte Dolde und die an der Basis derselben zusammenge- drängten Deckblätter als die Hülle. Doch ist es in diesen sehr seltenen Fällen nicht schwer die gewöhnlich stärkere Hauptaxe herauszufinden. Die Dolde der Hauptaxe ist überdies in allen Fällen dadurch kennt- lich, dass sie immer die grösste ist, die Nebendolden erster Ordnung kleiner als die Hauptdolde, endlich die Nebendolden jeder nächst- folgenden Ordnung immer kleiner sind als die der nächst früheren, welche Erscheinung ebenfalls die trugdoldenformige Inflorescenz der Astrantien ausdrückt. So eigenthümlich und interessant an sich die Inflorescenz der Astrantien ist, so wenige Anhaltspunkte kann sie zur Unterscheidung der Arten bieten. Denn die Anzahl der Neben- axen, somit auch die der Dolden ist sehr variabel und nur die Länge

33 *

476 Stur.

und die Ordnungszahl der Radien und die daraus folgende Gruppirung der Dolden bietet unterscheidende Merkmale dar.

Ferner ist es die Hülle und die einzelnen Blättchen derselben die zur Unterscheidung der Arten verwendet wurden. Schon bei der Betrachtung der Intlorescenz habe ich gezeigt, dass die Grösse der Dolden , somit auch der Hüllen veränderlich ist und um so kleiner erscheint je höher die Ordnungszahl der Dolde ist. Somit ist auch die Länge, Breite und Anzahl der Hüllblättchen eine variable Grösse. Was ferner noch die Form der Ilüllblättchen anbelangt, so sind sie in einer Dolde bald alle ganzrandig, bald einzelne an der Spitze mit einem Zahne oder mehreren unsymmetrischen oder auch 2 4 symmetrischen Zähnen versehen , bald endlich alle Hüllblättchen unsymmetrisch oder symmetrisch 1 4 zähnig. Endlich bemerkt man solche Modificationen der Hüllblättehen an einem und demselben Indi- viduum bald nur an einer, bald an mehreren oder auch an allen Dolden. Dass diese variablen Charaktere zur Unterscheidung der Arten nicht dienen können, wird man wohl zugeben müssen.

Ganz dasselbe gilt von den inneren Bestandteilen der Dolde: den Blüthenstielchen, den Blüthen und den Früchten. In der Regel sind die Blüthen und Früchte am grössten und stärksten ausge- bildet in der grössten, vor allen andern zuerst zurBlüthe gelangenden tlauptdolde, kleiner in den später blühenden kleineren Nebendolden.

Endlich schien noch die Form der Zähne an d en Riefen der Früchte sichere Anhaltspunkte zur Unterscheidung der Species dar- zubieten. Namentlich waren es die von Bartling an reifen Früchten seiner Astrantia gracilis beobachteten kegelförmig - pf ri em li - eben Zähne der Riefen, die diese Pflanze von der A. carniolica leicht unterscheidbar machen sollten. Hat man Gelegenheit eine grös- sere Anzahl von reifen Exemplaren nicht nur der Astrantia carniolica, sondern auch der A. major, A. alpina und auch der A. minor zu untersuchen, so überzeugt man sich zur Genüge, dass bei allen diesen Pflanzen die Zähne der Riefen kegelförmig und um so mehr pfiiem- ] ich vorgezogen sind, je mehr sie dem Kelche näher gestellt sind, somit in der Richtung von unten nach oben an Länge zunehmen. Trautwetter hat an A. Bieberstcinii die Beobachtung gemacht (Trautwetter in Ind. II, sem. h. petrop. [1835], p. 28 ex Lede- bour fl. rossica II , Seite 236), dass die Zähne der Riefen con- f I u i r e n u n d o f t a n e i n a n d e r g e w a c h s e n e r s c h e i n e n. Auch

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. 477

diese Erscheinung ist nicht eine nur bei dieser Pflanze constante, da sie auch an den Astrantien unserer Gegend oft zu beobachten ist und oft gänzlich fehlt. Bei der ausserordentlichen Zartheit dieser Zähne ist es leicht erklärlich, dass sie beim Trocknen ihre natürliche Form leicht verlieren und zu Missdeutungen Veranlassung geben können. Da die Grösse der Früchte nach der Grösse der Dolde und Hülle verän- derlich ist, wird es einleuchten, dass eben so wenig wie die Form der Riefen Zähne, deren Grösse und Anzahl, endlich noch die bei allen Astrantien vor komme n de, höckrigo der kugligbekömte Oberfläche der Zähne der Riefen eine Berücksichtigung verdient.

Bei dieser grossen Wandelbarkeit aller Organe der Astrantien fragt sich's nun, was ist es denn eigentlich für ein unnennbares Merk- mal , welches die Verschiedenheit der vier in den Alpengegenden und deren zugehöriger Umgebung vorkommenden Astrantien dem Auge fühlbar macht? Da Jedermann im Stande ist eine Astreudia carniolica von A. major oder diese von A. minor u. s. w. auf den ersten Blick zu unterscheiden; denn in der That nicht die Pflanzen sondern ihre Beschreibungen sind verwechslungsfähig.

Es kann nur die verschiedene relative Grösse der einzelnen Organe, beiden verschiedenen Astrantien-Arten, dem Auge jene Anhaltspunkte bieten, die es zur Unterscheidung dieser Arten bedarf. Um dieser Wahrheit einen bestimmten Ausdruck zu geben, habe ich mir die neuesten Arbeiten des Herrn Directors Prof. Dr. Ed. Fenzl zum Vorbilde gemacht und habe eine grosse Anzahl Messungen an den einzelnen Orgauen der vier deutschen Arten, da mir eben nur diese in genügender Anzahl von Individuen vorliegen, ausgeführt und dieselben in eine vergleichende Tabelle zusammengestellt. Doch da „cliaracteres differentiales petiti a minimis semper minimi sunt momenti" musste ich mich auf jene Organe in der Tabelle beschrän- ken , die gross und auffallend genug sind , um leicht und bequem, schon an dem gewöhnlichen Zollstabe ihre Dimensionen abnehmen zu können. Diese Organe sind die Wurzelblätter und die Hüllen der Dolden. Bei den Wurzelblättern habe ich die Breite derselben, d. i. die Länge einer längsten Linie gemessen, die von einer Endspitze des längsten seitenständigen ßlattzipfels quer durch den Insertions- punkt des Blattstiles zur Endspitze des entgegengesetzten symmetri- schen Blattzipfels gezogen wird, und die Höhe des mittleren Blatt-

478

S t ii p.

zipfels (von der Insertion bis zur Spitze desselben) gemessen. Bei der Hülle habeich die mittlere Länge der Hüllblättchen abgenommen. Da die Ausbildung der einzelnen Organe der Astrantien, in Folge der vorangehenden Auseinandersetzung, je nach ihrer Lage an der Pflanze und dein Stadium ihrer Entwicklung verschieden ist, so habe ich immer das grösste am besten ausgebildete Wurzelblatt ausgewählt und zur Ausmessung verwendet. Ebenso konnte ich nur die Haupt- dolde, also jene Dolde mit der die Hauptaxe endet, und immer am besten entwickelt ist, vornehmen und war gezwungen, die weniger ausgebildeten in der Regel etwas kleineren unberücksichtigt zu lassen ; was jedoch in keiner Weise dem Resultate nachtheilig sein kann, indem die Abnahme der Grösse der Nebendolden nach ihrem Range bei allen Astrantien stattfindet. Endlich ist es kaum nothwendig zu bemerken, dass ich schön und gut getrocknete Exemplare hiezu auswählte.

Das Resultat dieser Messung ist im Kurzen folgendes:

Name der Pflanze

Länge der Hülle

D ., , „, ,, Höhe des mitt- Breile des Blattes! , „, . , | leren Blauzi|uels

Astrantia camioliea.

2*0 -2" 8 selten bis 3'4

16'"— 26"' selten bis 37"

<T8— i4m selten bis 21™

Astrantia minor. . . .

3*8— 4"'

30"'9-35'"7

IG'9-19"'10

Astrantia alpina . . .

5"' -•>"■':•> m

selten bis 6' t

16m_17m

selten bis 21 "'&

8- 3— fU"'m selten bis iu"'9

Astrantia major 4r6 13'"3 2ü'_100'" iü"'— 50"

d. h. Astrantia major hat bei den grössten Hüllen die grössten Blätter, A. alpina verbindet mit beinahe ebenso grossen Hüllen die kleinsten Blätter, A. camioliea hat um die Hälfte kleinere Hüllen und um eben soviel kleinere Blätter als die A. major, dage- gen um die Hälfte kleinere Hüllen und beinahe um die Hälfte grössere Blätter als die A. alpina u. s. w. Diese Tabelle zeigt ferner, dass man die deutschen Astrantien in zwei Gruppen theilen kann, wovon die eine mit sehr kleinen Hüllen (bis 4'" langen Hüllblättchen) ver- sehen ist (A. minor und A. camioliea) , während die andere doppelt so grosse Hüllen (5 13'" lange Hüllbläftchen) besitzt (A. major und A. alpina). In diesen Gruppen kann man sich der relativen Grösse der Blätter und deren Formen, zur speeifischen Unterschei-

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. 470

düng bedienen, und man wird handgreifliche und genügend bequem auffallende Unterschiede der Astrantien-Arten anzugehen im Stande sein. Ich bin überzeugt, dass bei den Astrantien die „Characteres differentiales petiti a minimis" die groben aufgefundenen Unter- schiede nur bestätigen.

Aus diesen Verhältnisszahlen der Grösse des Blattes und der Hüllen, deren Reihen durchaus nicht gleiohmässig fortschreiten, son- dern von einander völlig unabhängig und abweichend gebildet sind, ist die Unmöglichkeit einleuchtend, die verschiedenen Astrantien in eine Reihe zu bringen, indem sie vielmehr in ein Netz zu vertheilen sind, dessen Maschen alle untereinander gleichmässig zusammen- hängen.

Trotzdem lassen sich die Astrantien in eine Reihe zusammen- stellen, die, weil unwahr, zu falschen Resultaten führen muss, die anzudeuten ich nicht versäumen kann.

Astrantia minor und .4. carniolica sind durch die Bestandteile der Inflorescenz mit' einander so innig verwandt, dass es kaum gelin- gen würde die von der Pflanze abgetrennten Dolden dieser beiden von einander zu unterscheiden. In den Rlättern sind sie sehr ent- fernt. A. carniolica hat 3 ötheilige Blätter, die Theilung der breiten Zipfel reicht nur etwas unterhalb der Mitte der Blattfläche. A. minor hat 7 9theilige Blätter, die Zipfel schmal bis an die Insertion des Stengels von einander getheilt und wie gestielt.

Ein ähnliches Verhältnis besteht zwischen A. alpina und A. major. In den Hüllen sehr geringe Verschiedenheiten zeigend, weichen sie in den Blättern von einander ab. Doch während bei den früheren die Grösse der Blätter gleich blieb und die Eintheilung der Blattzipfel sich auffallend verschieden zeigte, ist bei diesen beiden die Eintheilung des Blattes eine nahezu gleichartige, dagegen die Grösse der Blätter und ebenfalls auch die Breite der Zipfel bei der ersten viel kleiner und constant, bei der zweiten grösser, obwohl sehr variabel auffallend verschieden.

Sieht mau ferner von der Beschaffenheit der Dolden ab, so wird es nicht schwer sein zwischen Astrantia carniolica und A. major eine Reihe von Formen zusammenzustellen, die sich da A. major sehr häufig deutlich dreitheilige Blätter mit einspaltigen seitenstän- digen Zipfeln aufzuweisen hat in der Theilung und Grösse der Blätter gegenseitig so berühren und verschlingen werden, dass es

480 Stur.

unmöglich fallen möchte, in dieser Reihe eine die Verschiedenheit der Blätter betreffende Grenze zu finden.

Die Möglichkeit ist vorhanden, hei Nichtberücksichtigung der Dolden eine ähnliche Reihe zwischen A. minor und A. alpina zusammenzustellen, in welcher ein wenn auch nur oberflächlicher Übergang sowohl in der Grösse als derTheilung der Blätter und der Breite des Blattzipfels ersichtlich werden könnte.

Combinirt man nun weiter und schaltet man zwischen die beiden zuletzt angedeuteten Blattreihen die Reihen der Hüllen, die nur wenig gliedrig zu sein brauchen, so ist man im Stande einen in sich wiederkehrenden Kreis von Formen zusammenzustellen, in welchem A. minor in A. alpina, diese in A. major, diese ferner in A. car- niolica und diese letzte endlich in die A. minor übergeht, mit der eben die Reihe begonnen wurde.

Ich glaube mit deutlichen Zügen jenes beliebte Verfahren ange- deutet zu haben, in Folge dessen man nun berechtigt zu sein glauben würde zu sagen: dass alle diese Pflanzen zusammen eine Species bil- den, dass die bisher aufgestellten Arten in der That solche Übergänge in einander darbieten, dass sie durch kein Merkmal durchgreifend von einander geschieden werden können und dass man sich verge- bens Mühe geben wird mit Worten den Unterschied zu verkörpern.

Nachdem ich auf die Verwandtschaften dieser Pflanzen eben so gut als auf ihre Verschiedenheit aufmerksam gemacht habe, will ich versuchen, die bis jetzt in diesem Aufsatze besprochenen deutschen Formen der Astrantia nebst den übrigen ausserhalb Deutschland vorkommenden, in Bezug welcher die obige Auseinandersetzung ganz dieselbe Giltigkeit hat, so gut zu fassen, als es die weniger deut- lich, als bei vielen anderen, namentlich kleinen Pflanzen, hervor- stechenden Merkmale erlauben. Ob sie nur für Varietäten anerkannt werden, thut nichts zur Sache. Ich will durch dieses Verfahren das Feld der Untersuchung offen erhalten, die Entdeckung von Zwischen- formen , wenn solche vorhanden sind ermöglichen, durch deren Kenntniss nur die Verwandtschaften dieser Formen deutlicher her- vortreten können, und endlich auch dem Pflanzengeographen die Mög- lichkeit geben, das was durch die bisherige Verwirrung der Astran- tien versäumt worden einzuholen, und Verbreitungs-Verhältnisse aufzudecken, die auf die Verwandtschaft dieser Formen ein neues Licht zu werfen im Stande sein werden.

Beitt-äg-e zu einer Monographie des Genus [strantia 481

Astruntiii Toume f.

falyx persistens. Fetala albida apiee acuto inflexo emarginata. Fructus ovoideo-oblongus, mericarpiis a dorso compressis, quinque jugis, quinque vittatis , jugis primariis l> prominentibus squamuloso- verrucosis epidermide soluta inflatis, vittis subjugalibus maximis, sin- gulis cavitate jugi unius cnjiisque exceptis, commissura evittata, medio inflata, carpophoro adnato, albumine integro , stylis elongatis recurvopatulis.

Herbae perennes Europae centralis et Caucasi. Radix nigricans aromatica. Folia radicalia longe petiolata palmati partita, caulina ses- silia. (Jmbella simplex nunc solitaria terniinalis, nunc plures in cymam modo depauperatam, modo subiteratam dispositae, centrali longius pedunculata, involucro polypbyllo foliaceo plerumque colorato vel expallescente, stellatim patente cinctae. Flores polygami i. e. in eadem umbella plerumque masculini et bermapbroditi.

Obs. I. Umbellae sirnplices et involucrum, auctoribus umbellu- lae sunt et involucellum. Quod vero involucrum ab illis ngncupatur, sunt folia ramorum cymae bractealia.

Obs. II. Epicarpium demum solutum non integrum est pericar- pium, vel ut ajunt, tubus calycinus, verum, quod quidem struelura anatomica demonstratur, epidermis ovarii , vasculis privata; qua« vero ab auctoribus dicunlur juga minora fistulosa vittae sunt maximae, sub epidermide fructus in axi jugorum decurrentes; juga denique exteriora sunt plicae epidermidis super jugis inflatae (Grisebacb spicil. fl. Rumelicae I. p. 338).

Astrantia Tournef. inst. 166. - Linn. gen. n. 327. - DC. Prodi-. IV. 86. - Eii <ll. gen. pl. p. 767. n. 4384. Grisebacb spicil. Fl. Rum. 1. p. 338. Neilreich Fl. v. Nieder-Öst. p. 608. Petermann Deutseh. FI. mit Abb. der Gatt. p. 214, tub. 32. fig. 249.

1. Astrantia major.

A. umbella expansa 3/4 1 «/a poll. lala. Involucri foliola obovato-lanceolata, rarius elliptico-lanceolata, apice acuta acuminatave, basi plerumque attenuata ibique vix contigua plerumque integra vel pauciserrata, luteo alba apice viridia aut rosea eleganterve rubella umbellam aequantia vel triente aut dimidio eam superantia, 4 13 lin. longa. Folia iuliina turionum que palmati ü partita, rarius 3, rarissime 7 partita, majorum lamiua IG 120 lin. lata, caulina quoque semper

482 s t u r.

divisa; segmentis oblongisvel oblongo-obovatis acutis, rarius ellip- tico-oblongis, indivisis aut apice trifidis, lateralibus rarissime bipartitis inaequaliter duplicato-serratis , serraturis setaceo ciliatis, segmento medio 10 SO lin. longo.

Astrantia major Linn. sp. pl. p. 339. n. 1. Wahlbg. lieh. p. Sl. n. 290. Gaud. helv. 2.p.299.n. 621. —Koch syu. Fl. Germ, et Helv. Lp. 309. DC. Prodr. IV. p. 86. n. 4. N y m a n Sy 1 1. Fl. europ. p. 162. n. 336. - Wulf. Fl. nor. p. 335. n. 646. B er toi. Fl. ital. III. p. 124. Vis. Fl. dalm. III. [). 26. M. Bieb. Fl. taurico-caucasiea III. (suppl.) p. 193. Ledeb. Fl. ross. II. p. 236. Lam. ill. t. 191. f. 1. Nees off. Pflanz. 12. t, 6. Hayne Arzn. Gew. 1. t. 13. Dietr. Fl. boruss. t. 749. Sturm H. 29.

Astrantia nigra Lobel. Obs. p. 338. Scop. Fl. Carn. II. P. I. p. 188. n. 306. Candida Mill. Diet. n. 2. - pallida Presl Fl. Cech. p. 26. n. 437.

Variat :

a.) alpestris: vix pedalis. Cyma umbellis 1 3 vis pluribus constans. Involucri foliola 4 5 lin. longa, plerumqne eleganter rubella. Folia infima turionumque paulo infra semissem palmati 3 paitita, circumscriptione reniformia, diametro transversali 16 20 lin. longo; segmento medio oblongo-obovato, lateralibus oblique ovatis subbilldis, medio 10 circiter lineas longo.

Astrantia major ß alpestris Kotscby pl. transs. exs. n. 297 et Verband I. des

zool. bot. Ver. in Wien III. 1853. Abh. p. 140. Astrantia carniolica Baumg. (non Wulf.) Enum. stirp. Transs. I. p. 212.

Schur S er tum Fl. Transs. u. 1134 in Verh. und Mitth. des siebenbürg.

Vereins für Naturw. zu Hermannstadt. IV. 1853. Append. p. 28. Astrantia major ß involucrata Andrae (nee Koeb) Bot. Zeit. 18öö p. 289.

ß) montana: pedalis, vix altior. Cyma umbellis 3 8 constans. luv o I n c r i foliola 5 6 lin. longa plerumqne pallida apice margini- busque viridia. Folia infima turionumque palmati 5 partita, majo- rum lamina 30 SO lin. lata; segmentis oblongis vel oblongo-obo- vatis, medio 20 circiter lin. longo.

'/) vulgaris: caulis bipedalis el altioiv, non raro ramosus. Cyma nunc simplex vel subcomposita, nunc pluries iterata, simulque ramo florigero admolo auch» umbellis 3 20 constans. 1 n v ol u er i f'o I i o 1 a 7 circiter lin. longa, integra vel apice paueidentata, pallida vel rosea. Folia infima turionumque fere ad insertionein petioli usque palmati 5 partita, lamina majorum 4 10 pollices lata; segmentis oblongis

Beiträge zu eiuer Monographie des Genus Attrantia, 483

apice acuto plerumque ti'ifidis, exterioribus profunde bifidis, medio 30 50 lin. longo.

Astrantia major var. grandiflora Tausch) teste Cl. Bayer ex pl. exs.

Astrantia intermedia ß involucellis subintegerrimis DC. Prodr. IV. p. 87. (par- tim quoad pl. caucasicas).

Astrantia Biebersteinii Trautw. in Ind. II. sein. hört, petrop. (1835), p.28. Ledeb. Fl. ross. II. p. 236. Haue nisi minorem plantam hujus varietatis, involucellis integris, foliis minus profunde et evidenter 5 partitis, inde tri- (idis dictis, fruetibusque minoribus esse credo; Cl. Ledebour diversam eam solummodo credit propter jugorum verrucas confluenles, quales in omni nostra A. majore imprimis vero in ß montana et y vulgari pariter

oecurrunt.

i

o) tridentata: caulis bipedalis et altior, vix ramosns. Cyma uni- bellis 1 8constans. Involucri f oli ol a elliptico-lanceolata, ver- sus apicem profundius ac in caeteris varietatibus pauci-serrata, umbel- lam subaeqnantia, circa 7 lin. longa, pallida vel rosea. Foliainfima turioinunque fere ad insertionem petioli usque palmati 5 3 partita, lamina majorum 40 60 lin. lata; segmentis elliptico - oblongis basi vix euneatis, medio 20 30 lin. longo.

Astrantia major tridentata Stephani Catal. hört, gorenk. 1812. p. 47. -

Griseb. Spicil. Fl. Rumel I. p. 338. Astrantia intermedia^. Bieb. Fl. taur.-caucas. III. (Suppl.) p. 194. Ledeb.

Fl. ross. II. p. 236. DC. Prodr. IV. p. 86. n. 5. Astrantia trifida Hoffm. umbellif. ed. 2. Vol. I. praef. p. 8. in nota. V i e-

tinghoff et Hoffm. hört. sicc. Cauc. Astrantia caucasiea Spreng! descr. umb. var. p. 17. n. 19. Astrantia elatior Frivaldsky in Flora 1836. II. p. 434. Harn p e's Revision

dieser Pflanzen: Flora 1837. I. p. 228.

i) involucrata: caulis bipedalis et altior, rarius uno, duobusye ramis praeditus. C y m a umbellis 5 20 constans. Involucri foliola subintegra 10 13 lin. longa plerumque rosea vel rubella. Folia infima turionumque uti in 7.

Astrantia major ß involucrata Koch Syn. Fl. Genn. et Helv. 1. p. 309. Astrantia carinthiaea Hoppe. Flora 1832. I. p. 223. Sitz, der königl. bot.

Gesellscli. am 8. Febr. M. et Koch. II. p. 468. Astrantia intermedia ß involucellis subintegerrimis DC. Prodr. IV. p. 87. (partim

quoad plantam neapolitanam). Astrantia caucasiea Tenore Fl. Neap. III. p. 267 (Synonyma duo, ultima, lide

Cl. Orsinio ejusque speeiminibus in M. Acuto Florae Picenae lectis ac

nomine A. caucasicae Tenore Fl. neap. amic. Sennoner communicatis).

484 s ' " r

Rhi/oma subhorizontale, crebre articulatum, fibris radicalibus filiformibus , numerosis, verticillatis , alte descendentibus, obsessum, apice foliorum eonsumtorum fibris residuis dense comatum , oligo- cephalum.

Turiones cum caule florido coaetanei, oligophylli; eorum folia (auctoribus radicalia) petiolo basi vaginantc 3 12 pollicari suffulta in var. a sunt palmati 3 partita, in caeteris varietatibus ut plurimum palmati 5 partita, in 7 et s. rarissime evidenter 7 partita, major um lamina 16 120 lin. lata; segmentis subaequalibus in ä et ß oblongoobovatis, in 7 et £ oblongis, in 0 elliptico-oblongis basi vix, in illislonge manifestius cuneatis, plerumque apice trifidis, inaequaliter duplicato-serratis, serraturis setaceo-ciliatis.

Caulis annuus, teres, striatus, glaber, foliosus, in a et ß sub- pedalis, in 7 s bi-quinque pedalis. Folia basal ia, illis turionum sunt homomorpha, ca ulina inferiora breve petiolata, superiora non raro ramos suffultientia plerumque tripartita, vaginae petiolari insident. Folia cyinae floralia (invölucrum auctoribus) 1 3 opposita, 3 2 fida, duplicato-, vel simpliciter-serrata , serraturis setaceociliatis.

Cyma in a et ß depauperata, in reliquis varietatibus plus minusve iterato composita . umbellis tunc corymbose confertis, pedunculo umbellae primariae maximae, caeteris firmiore, 1 4 pol- licari, vix unquam solitario, ramorum altero vel pluribus (1 5), umbellis minoribustenninatis, supra medium 2 3 bracteatis, primario subaequalibus, plerumque brevioribus , gracilioribusque, summis sub- semipollicaribus brevioribusve.

Umbella primaria, licet magnitudine varia inter congeneras species in a et ß quoque submaxima; secundariae (2 4 vix unquam quinti ordinis) gradatim minores, ob pedunculos suos sensim abbre- viatos magis magisque confertiores. Invölucrum (umbellae pri- mariae) circiter 12 20 phyllum, sub anthesi patentissimum, serius connivens, fructusque exsuperans, fol iolis obovato-lanceolatis, in d elliptico - lanceolatis , apice acutis vel acuminatis, basi plerumque attenuatis ibique vix contiguis, 4 13 lin. longis ae l/2 3 lineas latis, luteo albis vel roseis, apice viridibus vel rubellis, trinerviis, venis plerumque viride pictis, in omni varietate, exceptao, integrisvel apice 2 4 dentatis, in 8 versus apicem pauci-serratis. Pedicelli florum graciles scabri, masculorum tenuiores ac longiores 2 8 lin.,

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. 485

hermaphroditorum firmiores, breviores, 1 3 lin. longi. Calycis foliola lanceolata, aristulato-subulata. Fructus jugorum Ver- rucae infimae obtusae, mediae non raro contluentes, supremae pro- ducte-acumiiiatae.

Sequuntur characteres stirpium , quas quidem ad Astrantiam majorem pertinere, nulluni exstat dubium, quarum tarnen singulae partes, ab illis hujus specioi vulgatissimis, alienae, majorem affinitatem cum plantis aliarum congenerarum specierum monstrant, et sie modum rationemque, qua, hae species ab Astrantia majore dependeant, indicare videntur.

Vidi in herbario Cl. Dr. S chur. A.majoris a alpestris (A. car- niolicae Bau mg. Enum. stirp. Transs. nee Wulf.) speeimen unicum, in cacumine calcareo Krajuluj (Körrigstein 6 7000' s. m.) alpin m nieridionalium Transsylvaniae iectum, foliis turionum ac caulinis suis infimis, liis petiolo vix pollicari suffultis, palmati-tripartitis, segmen- tisque ovatis eoneavis, indivisis insignitum, A. helleborifoliam S a I i s b. imminuta solum magnitudine, exaetissime referens.: A. majoris varie- tati a alpestri nihilominus tarnen accensendum, caule suo vix tri- pollicari, cyma simplicissima contraeta, umbellas suas 3, peduneulisvix semipollicaribus fultas gereute.

Occurrobat in eodem Herbario et alterum A. majoris var. a alpestris speeiminibus bene multis, ex alpibus Rodnensibus Transyl- vaniae allatis, immixtum, partitione laminae foliorum infimorum fere ad insertionem petioli usque protensa ac segmentorum suorum forma, Astrantiae alpinae similiimum; cyma tarnen sua, speeimini, de quo modo loquutus sum, prorsus identica contraeta, A. majorem a. alpe- strem referens: dum Astrantia alpina genuina cymae peduneulis gaudet subbipollicaribus divergentibus laxifloris.

Prostant porro in berbariis vindobonensibus^t. majoris spee'imina a L. Vagner, florae Marmarossiensis scrutatore meritissimo missa (Ge- birgswalilungen bei Sziget im Tilalmaserdü) quae ad^l. majoris varie- tatem ß montanam referre licebit. Habeo ipsissimam baue plantam quo- queex herbario Cl. Dr. Kern er de geograpbia plantarumimperii nostri auctoris meritissimi, ex Dealul supra petru propre Vidra in Valle Aranyos Transsylvaniae (solo calcareo, 4000' s. m.) allatam. Haec forma magis quam aliarum ejusdem varietatis in diversis locis lecta- rum alia refert Astrantiam illam perbellam Wulfenii carniolicam. Folia ejus nempe inferiora, praeeipue speeiminum pumilionum ab illis

480 S t ., r.

A. carnioUcae nequideni magnitudine sunt diversa. L'mbellarum quoque involucri foliolia Iuteo albida, apice paululum viridia firuc- tus que vix paululum superantia, illas A. carnioUcae mentiuntur. Attanien involucri umbellae primariae foliola in planta marmarossi- ensi nunquam 4 lin. sunt breviora, dum in A. carniolica ea vix 21/a rarissime 3 lineas longa videbis. Constat porro A. carnioUcae spe- cimina luxuriantia bipedalia semper cyma pluries itcrata , umbellis 8 20 ornata superbire dum stirpes marmarossienses majores imo tripedales, nonnisi usque umbellis 6, vix unquam pluribus gaudeant,

Habitat:

Hispania: Asturia (Nyman syll. fl. eur.). Arragonia: circa Linares en la cerrada de la balsa (Asso syn. stirp. Arrag.).

Gallia: Pyrenaei: dans le prairies M. des vallees sousalpines. II mont souvent dans la region alpine inferieur : port de la Fraiche; port de la Picade; Rencluse; Esquierry. II descend aussi dans les vallees inferieures: prairies de Lucbon; Marignac (Zetterstett pl. des Pyr. princip.). Prairies ombragees des M. Mendibelsa (Lapeyr.) Pyreneen (Bentham, D. C.) Sevennen (D. C. ; Mutel) Alpes du Daupliine (Grenier et Godron); M. Lautaret Delphinatus (ßuchinger exs.) Chaine du Forez Le Mezenc; montagnes du Cantal ; Mont d'Ore; Chain des montes Domes (Lecoq et Lamotte) Char- treuse, Saleve, Grand Colombier, Mont d'Ain, Val de Joux , Dole, Nyon, Montendre, Orbe, Neuveville (la Praye), Nans, Saint-Laurent, Champagnolle , Boujailles. Chapelle-des-Bois, Pontarlier, Lae-Saint- Point, Mouthe, Morteau, Suchet (Grenier et Godron), Rizoux, Aiguil- lon, Jura Neuchätelois (frequent), Cotes-du-Doubs (Goumois, Refrain, la Morte etc.), Clös-du-Doubs, Monterrible, Cluses della Blrse (Ver- rerie de Lauffon) Gressl. (Tburmann ess. de Phyt.) Sur quelques points des Vosges (Thurmann, D. C).

Germania: Magnus Ducatus Badensis. Regmnn Wür- tembergicum. Regnum Hannover anum: Die Nordgrenze der Gesammt - Verbreitung am östlichen und südlichen Harze erreichend um: Wiederhäuserholz bei Bodenberg , alte Stollberg, Junker- holz unweit Steigerthal (Meyer tl. Hannover). Bavaria: In Süd- baiern von der Donauzone bis zum Hauptzuge der Alpen, vom Westen bis zum Osten verbreitet, und in Unzahl beisammen: an der Donau seltener (Sendtner Veg. Verh.). Helvetia: locis pratensibus deeli-

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. 48 T

vibus in radicibus alpium inter Fagos; in Valesia rarius occurrit (Wahlbg. Gaudin) Tirolis septemtrionalis ; Archiducatus Austritte; Bohemia; locis similibus vulgatissima Saxonia: slellenweise im Erzgebirge, sehr selten in den Ebenen auch fehlend, Roth- wernsdorf, Kotta, Kohlberg, Kleinsedlitz, Dohna, Kaitz, Plauen, Zscho- nergrund (Robb. fl. exsic!) Oberwarth, Lössnitz - Grund , Spitz- grund. Berggieshübel, Bauer, Lauenstein, Giesingsberg, Stollberg im oberen Querenbach (Wankel exsic), Jauernik, Mägdesprung. Zerstreut bei Wendelstein und Zingst (dieser Standort Spre n- g e 1 s an der Unstrut wird von Garcke in der Fl. von Halle nicht bestätiget). Memleben. Ziegenrück: bei Neustadt und Ziegen- riick auf den Saalgebirgen an Felsen einzeln (Adler), Nord- hausen. — Jena: Zwischen Vallersroda und Magdala, Isserstädter Forst bei Eckartsberga , auf dein Ettersberg bei Weimar und im Ruchholz bei Legefeld und Bergern. (Reichenbach fl. saxon. Bogenhard fl. von Jena). Borussia : sehr selten bei Bibra im Wald, über Sickelsruhe hinaus und nach der Ruchmühle. Im Rorn- thale bei Landgrafrode häufig, im Sandlhale bei Lodersieben selten (Garcke fl. von Halle). Neuhaldensleben (Robolsky ex Griesebach). Prov. Preussen; Gebirgspflanze südlich von uns am nächsten in Schlesien, und bei uns nicht durch Ströme n a c h N o r d e n au s- gebreitet.sondern vielleicht nu ran wenigen Stellenver- wil de rt. So um Königsberg nur an einer Stelle seit vielen Jahren eng umschrieben am Waldrande zwischen Kl. Haide und Ziegelau, Brauns- berg bei Kl. Mühle, Schafsberg und Fehlau (Sagge), Frenzken bei Orteisburg (Patze, Meyer und Elkan fl. der Prov. Preussen; Kling- gräfffl. von Preussen). Silesia: Breslau: im Goi bei Kapsdorf, Lisna, Skarsine, Heydewilxen. Beim Riemberg und Häuften. Siefers- dorf bei Ohlau. Durch das ganze Vorgebirge zerstreut um Hirsch- berg bei Ketschdorf, Kauffung (Wimmer). Oppeln: Kl. Schimnitz, Dometzko, Proskauerwald. Co sei: Wald bei Giraltowitz, Sukowitz, Ellguth, Militsch. Leob schütz: Gypsgruben bei Katscher, Ott- machauer Oberwald und Briesner Unterwald. R atibor: auf der Landecke. Gesenke: Herlitz, Grätz, Jägerndorf bis in's Vor- gebirge (Grabowsky) Troppau; Teschen (Wimmer).

Moravia et Hungaria superior; in utrisque provinciis vul- gatissima. — Galicia: in montosis sylvaticis prope Krakau: Zwier- zyniec, Sikornik. ßonislawa, Bielany, Libiertöw, Wola, Alexandrowice,

488 Stur.

Czerna, Ojcöw, Pieskowa skala, Zabierzöw, Rzaska, Lipiec(Dembosz. Felix Berdaü fl. Okolic krakowa. Krakau 1859, p. 156. Nr. 366). Zwischen Myslenitze und Neumarkt (Uechtritz) Brzezinki westlich heiTarnow (Grzegorzek). In feuchten Laubwäldern überall umLem- berg. Offene Waldungen des Tieflandes von Galizien nördlich von Leinberg: Diluvialebene bedeckt zumeist mit Waldungen von Pinna sylvestris, Eichen, Erlen (die Buche fehlt daselbst) um Stanislawcik, Brody; auf Hügeln am Rande dieser Ebene: Wilcistaw, Pobocz, Ruda, zwischen Ruda, Koltöw und Truscaniez sehr zerstreut und in wenigen Individuen gruppenweise. Dann überall auf den Bergwiesen des nördlichsten Vorzuges der Karpathen im Östlichen Galizien : Maniawa, Pasieczna, Skole und Umgegend sehr häufig, den Haupt- bestandteil der Wiesen bildend. Bukowina: In Wäldern der Ebene bei Horetscha am Pruth, bei Tschernauka, auf den Bergen Cecina, Dialu Drakului, und in den Voralpenwäldern bei Lopuschna, Warna, Kimpolung (Herbich). Rossia meridionalis: Lithuania: in sylva Bialowesha (Lindemann, Eichwald); Volhynia (Besser, Eichw.) ; Podolia (Besser, Eichw.). Tra nssy 1 vania : Rodnaer Glimmer- schiefer-Alpen (Kotschy, Schur, Czetz). Korongisiu (Rfckert, Stur). Öcsem teteje, Kalk (Schur). Götzenberg bei Hermannstadt Glimmerschiefer 4000' (Schur). Arpascher Gebirge, Buchenregion 4000' (Schur). Krajuluj, Kalk, 6—7000' (Schur); alpes Barcenses nempe Butschetsch (Baumg.). Kapellenberg bei Kronstadt, Kalk 2000' (Schur). Dealul supra petru prope Vidra in Valle Aranyos solo calcareo, 4000' (Dr. Kerner). Serbia: Buchenwälder des M. Zeljin (Fortsetung des Haeinus) im Krusevacer Kreis (Pancic). Rumelia: in Haemo (Friwaldsky). Dalmatia in pratis sylva- ticis montium Velebit (Alschinger ex Visiani). Croatia: In der Lika am Velebit in den höheren Gebirgswäldcrn. In Zagoria (Nord- Croatien) in jenen Gebirgsgegenden, die sich an Südsteiermark anschliessen, in den Gebirgen der lvancica (unweit des allen Schlosses Belec), Krapina, Radoboj in Bergeinschnitten auf Grasplätzen ; in den unteren Thälern fehlend (v. Vukotinovic in litt.!). Banatus: ad rivulos alpiuin. Hungaria centralis; Styria; Carinthia; Carniolia similibus fere undique in locis; Istria: M. Maggiore (Zannichelli, Pollini) und M. Slavnik, die südlichsten erwiesenen Standorte in Istrien (v. Tommasini in litt.!). Venetiae: Carnia (Suffren, Pirona). Verona: M. Baldo. Tirol is meridiona-

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. 4-SO

lis, undique pariter in Lombard ia: Bergamo, Como; Pede- montio et Italia central i: Nelle montagne di Pistoja e del Casentino (Savi) ex monte Acuto in Piceno (Orsini) ex Majella Prae- tutiorum (vulgo Grau Sasso d'ltalia) alla Vallata di S. Spirito (Gussone).

Caucasus: in pratis promontorii caueasici tarn occidentalis quam orientalis (600 800 hexap.) (C. A. Meyer); pr. acidulam Nar- zana (IM. Bieberst. Steven pl. exs.); in Iberia (Wilhelms pl. exs. lloffmami Parlot pl. exs.). Ossetia et Imeretia (Güldenst.); Caucaso orientali circa Dscheig (Steven und M. Bieb.).

Habitant vurietates :

Var. o) alpestris: hucusque laiitum ex Transsylvania innotuit: Krajuluj ; alpes Rodnenses ; in australi alpium tractu (Kotschy, Schur). Piatra Krajuluj in ^v Krummholzregion gegen 5000'. (Andrae).

ß) montuna : in pratis montanis solo plerumque calce abundante: in carpatbicis montibus circa Maniawa, Pasieczna, Skole, Galiciae valdc frequens; in montanis subalpinisque Donoval inter et Sturec Liptoviensibus Hungariae superioris; in rupestribus calcareis Koron- gisiu prope Rodna Transsylvaniae. Marmarosser Gebirgswaldun- gen Filalmaserdö bei Szigeth (Vagner) und im Aranyostbale : Deatul supra petru prope Vidra. Olmiitz. Welser Haide.

y) vulgaris : in demissioribus vulgo occurrit.

#) tridentata: Caucasi simul et Haemi incola.

s) involucrata: in alpium tractu meridionali: Bodenthal in der Satnitz bei Klagenfurt. Waldungen des Grimberges bei Laibach. Ivaneica unweit Belecgrad. M. Lautaret Delphinatus. In Apen-

nmo.

2. Astrantia helleborifolia.

A. umbella expansa 1 3/4 i poll. lata. Invol ucri foliola ellip- ticaacuminataspinulosociliata, plerumque eleganter rubella sive rosea, umbellam triente vel dimidio superantia 8 10 lin. longa. Folia intima turionumque palmati 3 partita, majorum lamina diametro trans- versali maximo, 2 3 pollices lata, caulina media sessilia indivisa aut tripartita vel trilobata ; segmentis foliorum basalium subaequa- libus nunc ovatis vel ovato-oblongis ac mere oblongis tunc indivisis, nunc obovatis apice trifidis, lateralibus rarissime bipartitis, inaequa-

Sitzb. d. mathein. -naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 11. 34

490 8 t u r.

liter duplicato crenatis sive serratis, serraturis setaceo ciliatis, seg- niento medio 10 20 linoas longo.

Astrantia helleborifolia Salisb. Parad. lond. I. t. 60. DC. Prorlr. IV. p. 87.

Ledeb. Fl. ross. II. p. 236. C. A. Meyer Caucas. und westl. caspische

Pflanz. 1831. p. 120. Astrantia maxima Pall. nova acta petr. 7. p. 357. t. 11. Sims- B. Mag.

t. 1553. Astrantia heterophylla'W \]\d. in n. Schrift, der beil. Gesell. III. p. 419. M. Bieb.

Fl. taurieo-caucasica III. (suppl.) p. 195. Astrantia caucasica heterophylla Schult. S. Veg. VI. p. 342.

Rhizoma praecedentis dense comatum oligocephalum.

T urion es cumcauleflorido coaetanei oligophylli; eorum folia petiolo basi vaginante 3 4 pollicari suiYulta sunt palmati 3 partita, circumscriptione reniformia diametro transversali maximo saepe, majorum lamina 2 3 pollices lata, segmentis ipsis plus minusve coneavis, ovatis, 8 18 lineas longis et 9 circiter lineas latis, subae- qualibus, indivisis vel apice trifidis inaequaliter duplicato crenatis sive serratis, serraturis sestaceo-ciliatis.

Caul is annuus teres, striatus, glaber, foliosus, plerumque bi-tri- pedalis , Folia basalia 1 2 illis turionum aequalia vel submajora, petiolo fultiuntur basi parum vaginante, 3 4 pollicari, lamina tri- partita, segmentis extimis plerumque indivisis vel non nisi apice pau- lulum trifidis, non raro ad medium usque bifidis, folium lere quinquc partitum mentientibus. Folia caulina media omnino sessilia ovalia vel ovata nunc indivisa, nunc inferiorum uno alterove nunc omnia plus minus profunde trifida, rarius trilobata 16 20 lin. longa, 12 20 lin. lata, margine basalium consimili. Folia cymae floralia 1 2 opposita, praecedentibus saepe beteromorpba, plerumque basalium vel illorum turionum in morem trilobata, trifida imoque sunt tripar- tita ast minora.

Cyma plerumque depauperata ad umbellam solitariam pedunculo (radio auctorum) 3—6 poll. suflultam restrief a, vel accedentibus ramo altero vel duobus, medio bibracteatis 2 3 pollices longis, simpliciter bifurcata.

Umbella inter congeneras species facile maxima. Involucrum (umbellae primariae) 9 12 pbyllum, sub antbesi patentissimum, serius connivens fruetusque exsuperans, foliolis ellipticis acuminatis 8 10 lin. longis ac circiter 3 lin. latis, plerumque interne elegan- ter rubellis sive roseis, externe viridibus, trinerviis, venis arcuatim

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astranlia. 491

inlra marginem anastomosantibus, a basi ad medium usque integris, sursum vero aequaliter spinuloso - ciliatis sive serratis , spinulis ntrinsecus 4 1 0, semilineam longis. P e d i c e 1 1 i graciles florum mas- culorum in peripheria umbellae copiose dispositorum tenuiores ac lon- giores 5 7 lineas circiter longi, hermaphroditorum centralium fir- miores, breviores, 3 4 lineas circiter longi. Calycis foliola lan- ceohita in aristulam subulatam protracta. Fructus jugoriim Ver- rucae infunae obtusae, mediae confluentes, supremae producte acu- minatae.

Habitat: i. in provinciis caucasicis(PalI.) : in promontorio et in regione subalpina totius Caucasi alt. 600 1100 hex. (C. A. Meyer); in alpe Kaischaur (M. Bieb.) ; m. Somlia (Nordm. exs.); in Caucasi Orientalis subalpinis (Stev.); Kachetia, Somchetia et Georgia cauca- sica (C. Koch).

2. Araxem inter et Kur fluvium: in ditione Elisabethopol et pro- vincia Karabagh, nee non in Armenia rossica (C. Koch. Catal. pl. in intincr. per Caucas., Georgiam, Armeniamque 1836 37 coli. Linnea 16. 1842. p. 355. n. 459): Daralagez, Ala Göll vulcanisches Hoch- gebiet, Kobliantbal unterhalb der Mosche; Persathplateau, Südabhang des Daly-Dagh , Alagez, Daly-Tschaital, Abhang des Schlackenkegels des Agmangan (A. Bunge: pl. Abichianas in Caucasi regionesque transc. coli. Mem. del'Acad. des Scienc. de St. Petersbourg, VI. Serie Sc. m. et phys. Tom. VII. p. 587. n. 173).

3. Astrantia saniculaefolia n. sp.

A. umbella expansa circiter pollicem lata. Involucri foliola obovato-lanceolata, apice acuta vel acuminata, apiculata, integra vel pauci serrata, luteo alba vel rosea, umbellam subaequantia, 4 7 lin. longa. Folia infima turionumque palmati 5 partita, majorum lamina 20 lin. lata, inambitu reniforinia; segmentis infimorum omnibus plusmi- nus late ovatis, apice bifidis oblique obeordatis; medio brevissimo, 6 lin. longo, 5 lin. lato, obeordato, adnatis majoribus sub trapezoideis, late- ralibus maximis oblique obeordatis, 9 lin. longis, 7 lin. latis, exteriori obo majori, inaequaliter argute duplicato-crenato-serratis, serraturis setaeeo-ciliatis.

Memorabilis hujus speciei, ab omnibus congeneris, foliis suis diversae, unica stirps mihi innotuit. Caulis foliis basilaribus tribus, caulino medio uno praeditus, pedalis est. Folia ad modum illorum

34°

492 s t u v.

Saniculae europeae conformata, etsi non exacte quoad formam illa red- dunt, eis m argine seginentorum, eorumque nervatione maxime similia sunt. Margo hie inaequaliter et argute duplicato - crenato - serratus, serraturis setis rigidis, ad insertionem seginentorum majoribus, supe- rius aliquantulum minoribus, ineurvatis, marginique serratnrae sequen- tis aecumbentibus. F o I i a c y m a e f I o r a I i a, bracteata. Cyma depau- perata ; ad peduuculum umbellam primariam suffulcientem, 2*72 pull. longum accedunt rami duo subaequilongi, umbellis minoribus termiuati graciliores. Urnbella primaria expausa pollicein circiter lata. Invo- lucri f ol iol a Iuteoalba vel rosea. Pedicelli florum masculorum 41in., hermaphroditorum 2. lin. longi, Calycis foliola longe mucro- nata. Fructus jugorum Verrucae breviter acuminatae.

Habitat ?

Stirps unica, hujus speciei, ex Herbario Portenschlagii sub nomine Astrantiae caucasieae in Herbario Musei imp. reg. Vin- dobonnensi servatur, loco natali ejusdem ignoto. Descriptione hac quamvis imperfecta, attentionem auetorum in eandfm, quae et in aliis majoribus herbariis vix deest, conducere conalus spero, mancam de hac specie cognitionern nostram, mox perfectiorem futuram.

4. Astrantia alpina.

A. umbella expansa 3/4 poll. circiter lata. Involucri foliola obovato-lanceolata, apice acuta vel plerumque acuminata basi attenuata, integra vel pauciserrata, luteo alba, dorso et apice viride pieta, rarissime rosea vel rubella, umbellam aequantia, vel triente aut dirni- dio superantia, 5 6 lineas longa. Folia intima turionumque inter congeneras species facile minima, profunde palmati 5 partita, majo- rum larnina 16 20 lin. lata, caulina quoque divisa; segmentis ob- longo-obovatis, acutis, subtrifidis inaequaliter acute inciso-duplicato- serratis, serraturis rotundato aouminatis, setaceo ciliatis, segmento medio basi euneato, caeteris profundius partito, 8 11 lineas longo.

Astrantia alpina F. Schultz ninspt.

Astrantia bavaricaF. Schultz Flora 1859. I. p. 159. J. Juraczka. Sitzb.

der k. k. zool. bot. Gesell. 2. Juni 1858. p. 79. F. Schultz Herb, normale

Cent. 3. Astrantia major var. alpestris E. Einsele et F. Schultz im Archiv de Fl. 1.

.220. F. Schultz Herb. norm. Cent. 1. Astrantia gracilis Doli, (non Barth) II. Jahres-Hefl des krain. Land. Mus.

1858. p. 57.

Beiträge zu einer .Monographie des Genus Astrantia. 493

Astrantia carinthiaca Stur (non Hoppe). Sitzb. der k. Akad. d. W. m.-n. Cl.

1857. B. XXV. p. 414. Astrantia carniolica Koch (non Wulf.) Syn. Fl. Genn. et Helv. I. p. 309. partim

quoad plantas ex „Bayerische Alpen häufig bei Kreuth." 0. Sendtner.

Veg. Verh. Südb. p. 205 und p. 778. Kra einer, Molken und Badeanstalt

Kreuth. Hausmann FI. v. Tirol p. 347. Astrantia major ß parviflora S oy er- Will ein e t Observations sur quelques

plantes de France. Nancy 1828. p. 91. Lara. dict. I. 223. Icon. Moris.

sect. 9. t. 4. Fig. 2. Astrantia (major) ß. A. nigra /«/Wr Hai ler. Helv. n. 790. ß. Astrantia alpina Munting Phytograph. t. 111.

Rhizoma praecedentium vix comatum, oligocephalum.

T urion es cum caule florido coaetanei, oligophyili; eorum folia petiolo basi aliquantura vaginante, 1 3-, rarissime 4 poll. longo suffulta, palinati Spartila sunt, majorum lamiua 16 20 lin. lata; seg- mentum intermedium oblongo-obovatum basi cuneatum, caeteris plerumque profundius partitum proximis vix basi adnatum, 8 11 lin. longum; segmenta huic adjacentia plerumque inaequaliter subtrifida, segmentis lateralibus magis ac medio adnata; lateralia oblique -ovalia plerumque bifida; omnia inaequaliter inciso duplicato- serrata, serraturis plerumque rotundato-acumiuatis, setaceo-ciliatis.

Caulis annuus, teres, vix aut valde debiliter striatus, glaber, uno alterove basilari, subuno caulino folio praeditus, 3 10 pollicaris, rarius pedalis. Folia basilaria illis turionum bomomorpha, petiolo fultiuntur subpollieari, caulinum vaginae petiolari insidet, est que palmati 5 3 partitum, segmentis oblongis lanceolatis-ve, rarissime, ramum caulis unicum simplicissimum, unica umbella terminatum, suffultiens. Folia cymae floralia 1 3 opposita nunc cuneata, apice trifida, nunc bracteata, simpliciter serrata , serraturis setaceo- ciliatis.

Cyma plerumque depauperata, ad umbellam solitariam pedunculo 1 3 pollicari, caeteris firmiori suffultam restricta, vel accedentibus ramo altero vel pluribus (1 3), umbellis minoribus terminatis, supra medium 1 2 bracteatis, non raro et (abortu) ebracteatis, primario subaequalibus, gracilioribusque, simpliciter 2 4 furcata et ad sum- mum 4 umbellis pedunculis earum dislantibus, laxis, constans.

Umbella primaria inter congeneras facile submaxima, secun- dariae (tantum secundi, vix unquam tertii ordinis adsunt) aliquan- tulum minores.

494 Stur.

In vol ucrum (umbellae primariae) circiter 10 14 phyllum, sub anthesi patentissimum, serius connivens fruetusqüe exsuperans, foliolis oboyato - lanceolatis apice acutis vel plerumque acuminatis basi attenuatis 5 6 lin. longis, unam circiter lineam latis, luteo albis dorso et apice viridibus, rarissime roseis, rubellisve , integris vel apice pauci-serratis. Pedicelli florum graciles, scabri, masculorum tenuiores ac longiores 3 4, bermapbroditorum firmiores, breviores, 2 circiter lin. longi. Calycis foli ola oblongo-ovata, obtusiuscula, vix mucronulata. F ruc tu s jugor um Verrucae omnes productae, acuminatae, patulae.

Planta haec in omnibus habitationis suae locis semper eadem reperta est, ut quidem Celeberrim. Kochius bac constantia dnctus, eam pro A. carniolica habens, in sua descriptione itineris ad Kreuth Bavariae scripserit ut sequitur: Zwischen dem P. Pumilio im Fluss- bette und überall an sonnigen Stellen ist A. carniolica (Koch = A. alpina) gemein den Schatten sucht die A. major, welche hier viel seltener vorkommt. Unter vielen hunderten der ersten fand ich auch nicht eine, welche einen Übergang zu A. major gezeigt hatte. Flora 1831, I, p. 178.

Jam hac constantia omnium partium differt A. alpina ab illa in variatione sie insigni, nihilominus tarnen proxima A. majore. Diver- sitatem A. alpinae ab A. majoris varietate a. alpestri in specie posteriori ostendere conabar.

Astrantia paueiflora Bert, quoad umbellas, A. alpinae proxima differt: foliis palmati 5 7 partitis, pseudodigitatis, segmentis simpliciter serratis.

Astrantia carniolica differt ab A. alpina umbellis multo mino- ribus (dimidiae magnitudinis) partitione que foliorum minus profunda.

Astrantia minor partitione foliorum profundissima A. alpinae cognata , differt: umbellis minoribus (dimidiae magnitudinis) et numero segmentorum foliorum suorum majori (5 9).

Mirandum est revera, plantam hanc non solum in multis herba- riis, sed ab ipso beato Koch usque ad celeberrimum tristis memoriae Sendtner, teste Cl. Dr. F. Schultz (Flora 1858,1, p. 159) cum A. carniolica fuisse commutatam; id quod in diversitatem harum plantarum malum praebet testimonium. Nihilominus in Florae Austri- acae plantis explicandis versatissiinus meritissimusque Dr. Dolliner iam oliin distinxit et pro A. gracili habuit.

Beitrüge zu einer Monographie des Genus Astrantia. 4 Ol)

Habitat:

1. In sylvis lapidosis rupestribus, e ripia vallium ad cacumina usque (5600') alpium calcarearum Bavariae ex. gi\ prope Kreuth (beatüs Koch; E. Einsele), Schliersee (F. Schultz), in montibus Scharfreiter (Radlkofer), Miesing (Zuccarini), Fermeskopf am Stang- gelagerjoch (0. Sendtner). In Tirol am Scharfreiter im Rissthale (Lbd.), Schwatz: am Wege zur Stallenalpe 3 4000'; dann auf der Platte bis an das Stanserjoch 6714 (Schm.) Lavatscherjoch (A. carinthiaca Fr. Roth pl. exs.).

2. Styria (Gebhard pl. exs.). In den Thalern der Karawan- ken, Wildensteiner Graben am Fusse des Ovir. St. Anna Carnio- liae (Moser pl. exs.). Lengenfeld Caraioliae (Jansha pl. exs.). In der Triglavkette (Maly) nicht unter 5000' M. H. (v. Tomin. ) : bei Belopolje, pri Jezerich (Deschmann), Toscam Triglav, Dachsteinkalk (Stur); Bergwiesen der Cernaprst und am Gipfel des Porezen (Doli.); M. Sucha, M. Na Skarbine und M. Kuk über Talmein (0. Sendt. in Herb. v. Torani.) ; Kostjak am Krn; Podrudecim robu am Slieme Vrch über Tolmein, Dachsteinkalk (Stur); Matajur, Dachsteinkalk (Stur). M. Guarda ober Saaga und Cerniala bei Flitsch (0. Sendt. in Herb, v. Toinm.).

5. Astrantia paaciflora.

A. umbella expansa semipollicem circiter lata. Involucri foliola lanceolata plerumque integra , luteo alba, dorso et apice viridia vel rubella, umbellam aequantia, vel triente aut dimidio supe- rantia, 4 6 lin. longa. Folia infima turionumque inter congeneras species facile minima, palmati 5 7 partita, pseudo-digitata, majo- rum lamina 16 20 lin lata; segmentis lanceolatis , lineari- lanceolatisve, inferne integris, superne aequaliter, remote, laeviter et argute simpliciter serratis, medio 6 9 lin. longo.

Astrantia paüciflora Bert. Fl. ital. III. p. 128; in Journ. de bot. tom. IV. p. 76.

n. 2. et Amoen. Ital. p. 96. n. 2. et p. 347. n. 82. R oem. e t Schul t.

S. Veg. VI. p. 343. DC. Prodr. IV. p. 86. n. 2. Pol]. Fl. Ver. I p. 337.

0 rsini in Cap.Opusc. p. 280. Ten ore Viag, in Abruzzo p. 58. n. 251.

et V\. Neap. III. p. 268. et Syll. p. 129. n. 3. Reichenb. Cent. IV. p. 56.

n. 378. t. 378. Fig. 557. et Fl. Genn. exe. III. p. 483. n. 3094. Astrantia minor Vitm. Sagg. p. 47 et 49. Helleborus minimus alpi.nus, Astrantiae florc ß o cc. PI. Sic. p. 10. t. 5 in pag. 9.

Fig. 3. H. et G. bona.

496 Stur.

Rhizoma praecedentium vix comatum, oligocepbalum. T urion es cum caule florido coaetanei, olygophylli; eorum folia petiolo basi aliquant um vaginante 1 2 poll. longo suffulta ad insertionem pelioli usque, palmati 5 7 partita, pseudo-digitata sunt, majorum lamina 16 20 lin. lata; segmentis primordial ium 5, latioribus, laneeolatis, sequentium 5 7, lineari- lanceolatis, basi integris, superne aequaliter, remote, Jaeviter et argute simpliciter serratis, serraturis brevi rigido acumine terminatis.

Caulis annuus, teres, glaber, uno alterove basilari, subuno cau- lino folio praeditus vix pedalis. Folia basalia, nunc et caulinum inferius, illis turionum homomorpha, nunc caulinum superius aut soli- tare , vaginae petiolari insidet tripartitum aut indivisum. Folia cymae tloralia 1 2 opposita, bracteata vix 4 lin. longa.

Cyma depauperata ut plurimum ad umbellam solitariam, pedun- culo 1 2 pollicari suffultam restricta, accedentibus (teste Cl. Bert.; nam ego stirpes siccas plures , tantum umbella unica solitaria praeditas habui) rarissime alteroaut duobus ramis secundarüs umbellis minoribus terminatis , centrali subaequilongis , gracilioribusque, sim- pliciter bi-trifurcata et ad summum 3 umbellis constans.

Umbella primaria, praecedentium minor, secundariae (tantum secundi ordinis visae sunt) priore minores. Involucrum (umbellae primariae) circiter 10 12 phyllum, foliolis lanceolatis, 4 6 lin. longis, unam lin. latis, luteo albis, dorso et apice viridibus vel rubellis, plerumque integris. Pedicelli florum graciles, scabri, masculorum tenuiores 3 4, hennapbroditorum 2 circiter lineas longi. Calycis foliola ovata, acuta, mutica aut vix brevissime mucronulata. Fruc- tusjugorum Verrucae omnes, ad basin fructus quoque productae, etsi obtusiusculae, tarnen patulae.

Planta haec (continuo aggredior plantam Bocconio et Reichen- bachio I. c. depictam) quoad caulein et inflorescentiam Astrantiae alpinae valde similis. Posterior A. alpina a priori differt: foliis pal- mati 5 partitis, minime pseudo-digitatis, segmento tantum medio fere ad insertionem petioli secto , caeteris minus profunde sectis basi vix adnato , margine omnium tota inaequaliter acute inciso duplicato- serrata.

Astrantia minor partitione foliorum profunda A. pauciflorae cognata differt: umbellis minoribus, involucri foliolis lacteis, foliorum- que segmentis duplicato-serratis.

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. 4-97

Affinitäten) et discrimen hanc A. paucifloram inter et A. diver- sifoliam vide in sequenti specie.

Habitat:

In alpibus apuanis: Sagro, Tambura, Cavallo , Pisanino (Bert. pater et fil.) Pietra Apuana vulgo Pania (ßocc. nee non Petr. Ant. Micbaelius teste Cl. Bert, in litt.).

2. In montibus Apratii: M. Cornu vulgo Gran Sasso d' Italia 2500—2800 metr. s. m. Huet du Pavillon) a fönte gelata (Orsini) Costone, Intermezole, Bosco dello Scbioppito dopo valle corta e la montagna de 7 Frati (Gravina) , Monte Frossolone presso Pici- nisco; M. Meta; M. Greco (Guss. et Tenore); in vertice raon- tium di Camicia in Praetutiis et in alpibus Mutinensibus (Petr. Ant. Micbaelius teste Cl. Bert, in litt.).

6. Astrantia diversifolia n. sp.

A. umbella expansa semipollicem circiter lata. Involucri foliola lanceolata, utrinque aeqnaliter angustata, integra, apice sen- sim in apiculum subpungentem attenuata lactea , non raro dorso et apiee plus mintisviridia et rubro pieta, umbellam plerumque triente vel dimidio superantia, 4 S1/» lin. longa. Folia infima turionumque, inter congeneras mediae magnitudinis , palmati 5 partita, pseudo digitata, majorum lamina \x/z 4poll. lata; segmentis variis et quidem nunc lineari - lanceolatis usque pollicem longis ad insertionem integris, suptrne inaequaliter, rernote, laeviter et argute, simpliciter serratis, serraturis protractiusculis breviter acuminatis , nunc vero anguste linearibus usque duos pollices longis, integris, vel aliquot serraturis protractiusculis setigeris rernotissime serratis , vix unam lineam latis segmento medio usque 30 lin. longo.

Astrantia puueiflora Fl. exsicc. etrusea ex herb, horti bot. pisani. (Paseoli dell'

alpi apuane.) Astrantia minor Tenore? FI. Neap. III. p. 268. n. 1459.

Planta in omni parte sua valde variabilis.

Bhizoma praecedentium, comatum, oligoeephalum.

Turiones cum caule florido coaetanei, oligopbylli; eorum folia in eadem stirpe valde diversa, primordial ia petiolo 2 3 poll. suffulta praeceteris segmentis latioribus, lineari-lanceolatis, simul- que brevioribus vix pollicem longis distineta, sequentia petiolo 3 4 poll. praedita, segmentis lineari elongatissimis vix unam lineam latis

498 S t u r.

usque 28 lin. longis, alia m argine tota integra, alia superne inaequa- liter, remotissime laeviter et argute simpliciter pauci serrata, serratu- ris protractiusculis setigeris.

Caulis annuus teres glaber, foliis hasalibus 3 5 , caulino sub uno praeditus, vix pedäHs. Folia basal ia illis turionum homo- morpha, segmentis plerumque integris elongatis, petiolo brevi suffulta, caulinum bracteatum trifidum vaginae petiolari insidet. Folia cymae floralia 1 3 opposita, ad modum illorum A. mihoris conformata, non raro caulem vagina albo marginata, amplectentia , bracteata, integra aut trifida segmento medio plerumque ad pollicem usque longo integroque.

Cyma plerumque depauperata, ad umbellam solitariam pedun- culo pollicari caeterls firmiore ebracteato suffultam restricta, vel ple- rumque accedentibus ramo altero vel duobus, umbellis dimidiae tan- tum magnitudinis terminatis, plerumque ebraeteatis, pedunculo pri- mario multo brevioribus gracilioribusque, simpliciter 1 3 furcata ad summum tribus umbellis constant.

Umbella primaria omni ex parte ab illa A.minoris varietate ß. involucrata vix distinguenda, caeteris secundariis duplo triplove major. Involucrum (umbellae primariae) circiter 10 14phyllum, foliolis lanceolatis utrinque aequaliter angustatis integris, apice sensim in apiculum subpungentem attenuatis , 4 $1/z lin. longis lineam circiter latis, lacteis, non raro dorso et apice plus minus viridi et rubro tinctis.

Pedicelli florum graciles masculorum tenuiores circiter 3 lin., bermapbroditorum tirmiores 1 J/2 üi- longi. Calycis foliola ovata, acuta, vix mucronulata. Fru ctus jugorum Verrucae omnes, ad basin fructus quoque protractae, elongatae, acuminatae.

Plantae bujus speciei obviae, huc usque vel cum Astrantia pauciflora Bert, vel cum A. minore confundebantur, revera cum bis tantum affinitatem praebent, sed et amplum discrimen. A priori (A. pauciflora) cyma, babitu suo variabili, involucelli foliolis quo- que, nee non foliis suis diverse formatis et eorum partitione mihi distineta.

Ab A. minore cujus imprimis varietatis ß involucratae, quoad umbellam siraillima est nostra A. diversifolia differt: foliis tantum simpliciter serratis vel integris et forma segmentorum lineari elon- gatissima, ab illis A. minoris lanceolatis vel lineari lanceolatis

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. 499

in medio margine serraturis protractis plerumque iterum serratis, praeditis.

Celeberrimus Bertolonius, a ine, qni non poteram silentium de A. minore Tenore, Fl. Neap. III, p. 268, in enumeratione syno- nymorum A. pauciflorae in sua fl. ital. III, p. 128 observatum, mihi explicare, provocatus in litferis amicissime docm't ut sequitur.

„Prof. Tenore in fl. Neap. edita annis 1824—1829, III. p. 268, loquitur de A. minore lecta in Praetuciis alla Majella et al Gran Sasso (mons Cornu) et tribuit plantae suae folia inciso- dentala, dentibns profundis saepe iterum dentatis, et involucella vix corolla longiora, quibus notis indicare videtur veram A. minorem L.; qualis profecto oceurrit in alpibus nostris a Pedemontio ad Tyrolim. At in Sylloge edita 1831, p. 129, mutata sententia, dicit A. minorem suam habere flores A. carniolicae et folia A. pauci- florae (Obs. A. minor vera habet flores A. carniolicae et folia A. pauciflorael [Tenore 1. c.]) Vereor ne Tenorius hie loci fecerit speciem collectivam ex A. minore et A. paueiflora aut forte babuerit prae oculis exemplar macrius A. pauciflorae , in quo ut monui in fl. ital. III, p. 129, oecurrunt umbellae contractiores. Ideo de A. minore Fl. Neap. et Syll. Tenore non curandum, donec de iis certiora inoteseunt, per exemplaria autoptica, quae ego nunquam vidi aut habui, et haec est ratio, qua de synonymis Tenorianis silui."

„Prof. Savius in Bot. Etrus. IV, p. 154 und 1265, agit de A. minore lecta in Apennino Pistoriensi. Valde dubito de reeta deter- minatione, plantae Savianae; quare prudentius duxi de ea silere in prolationibus meis."

Opinione Celeberrimi Wulfenii „ceteroquin in dubiis praestat distinguere quam eonfundere" duetus, video sub nomine A. pauci- florae plantas duas diversas italicas ad nos missas : unam pro A. paueiflora habeo in omni parte minime variabilem ad Sectionem A. majoris pertinentem, A. alpinae quoad umbellam solitariam, radium et habitum affinem, aliam inter omnes Astrantias maxime varia- bilem A. diversifoliam , A. minori proximam foliorum tantummodo partitione, segmentis eorumque margine divers am. Haec posterior probabiliter A. minor Tenore et Savi est et illa, dequa celeberrimus Auetor florae italicae, eam, umbellas macriores, contractiores (quam- Yis primaria semper duplo major illis minoribus et certe non inter

500 s t u .-.

congeneras minima exstat) et folia, segmentorum longitudine varia- bili, sicut et marginis serraturis plus minus acuminato-aristatis habere, monet (in litt.). Litteras hasce mihi magni momenti, interventioni amicissimi meritissimique Sennoner debeo, dequo gratias sin- eeras reddo. Habitat:

1. In alpibus Apuanis.

2. In montibus Aprutii.

7. Astrantia minor.

A. umbella expansa */3 */8 poll. lata. Involucri foliola lan- ceolata rarius obovato-lanceolata, utrinque fere aequaliter angustata, apice in apiculum subpungentem acuminata, integra vel apice pauci serrata, lactea non raro dorso et apice plus minus viridia aut ple- rumque dorso rubro picta, umbellam plerumque aequantia vel non raro triente vel dimidio superantia, 3 4 in varietate usque 5 lin. longa. Folia infima turionumque inter congeneras mediae magnitu- dinis palmati 5 9 partita, pseudo digitata, majorum lamina ^/^ 3 poll. lata; segmentis lanceolatis, lineari-lanceolatisve, inferne inte- gris superne profunde et acute simpliciter serratis , serraturis in medio margine protractis, plerumque iterum serratis, setigeris. medio 16 20 lin. longo.

Astrantia minor Linn. Sp. pl. p. 310. n. 2. Gerard. Gallopr. p. 251. n. 2.

Allion Fl. Ped. 11. p. 1. n. 1281. dempto Scopolii synonyino. UC.

Prodi-. IV. p. 86. Bert. Fl. ital. III. p. 127. - Koch Syn. Fl. Germ, et

Helv.I.p.308. n. 1. R e i c h b. Fl. exe. III. p. 483. n. 3093. Po Min. Fl.

Ver. 1. p. 336. Gaud. Fl. hclv. II. p. 300. t. 3. fruet. Wulf. Fl. nor.

p. 334. n. 644. Smith. Exot. bot. II. p. 35. tab. 77. Lam. ill. II.

t. 191. f. 2.~— Sturm H. 29. Astrantia foliis septenis digitatis serratis Haller. Hist. I. p. 3a 1. n. 791.

Variat :

a) vulgaris: involucri foliolis umbellam aequantibus vel eandem aliquantulum brevioribus 3 4 lin. longis.

ß) involucrata: involucri foliolis umbellam triente aut dimidio superantibus 3 5 lin. longis; segmento foliorum cymae floralium medio elongatissimo anguste lineari; margine foliorum profundius serrata, serraturis protractis fere laciniatis. Astrantia minor ß macrodonta DC. Prodr. IV. p. 87. (excl. syn. Boccon).

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. Out

Rbizoma praecedentium vix comatum oligocepbalum.

Turiones cum caule fl orido coaetanei oligophylli eorum folia, petiolo basi vaginante 2 5 poll. longo suffulta, pal- mati 5 9 partita, pseudo-digitata sunt, majorum lamina 2*/a 3 poll. lata; segmentis primordialium 5 7, latioribus lanceolatis, sequen- tium 7 9, lineari-lanceolatis basi cuneata quasi petiolatis et integris, superne profunde et acute simpliciter serratis, serraturis praecipue in medio marginis protractis, elongatisve incurvatis, plerumque iterum serratis, setigeris.

Caulis annuus, teres, glaber uno alterove f'olio basali simul et caulino praeditus, pedalis. Folia basalia illis turionum boinomorpba, caulina petiolo, vel vaginae petiolari insidentia 5 3 partita, pseudo- digitata sunt ut plurimum ramos caulis suffultientia. Folia cymae floralia 1 3 opposita, sunt que plerumque inferiori breviori parte vaginantia, superiori trifida, tripartitave segmento medio longis- simo , imprimis in varietate ß. anguste lineari, bocque et lateralibus integris vel plerumque simpliciter serratis, serraturis protractis setigeris.

Cyma plerumque plus minusve [terato composita, pedunculo um- bellae prim ariae maximae, ceteris firmiore 1 »/2 o pollicari, vix unquarn solitario, ramorum altero vel pluribus, (1 3) ante anthesim variae plerumque minoris longitudinis, post banc subaequilongis graciliori- busque, umbellis rninoribus terminatis, supra medium 2 3 bracteatis bracteis non raro trilidis, segmento earum medio longiori anguste lineari, summis circiter pollicaribus.

Umbella primaria, licet in var. ß. usque l/a poll. lata, in vul- gari a. inter congeneras minima est, secundariae (secundi et tertii ordinis) gradatim minores, pedunculis inter congeneras maxime, di- verse que elongatis praeditae. In vo hier um (umbellaeprimariae) cir- citer 12 20 pbyllum, sub antbesi patentissimum, serius connivens, fruetubus in var. a. plerumque exsuperatum, in var. ß, eosdem exsu- perans, foliolis in a. plerumque oblongo-lanceolatis, 3 4 lin. in ß. lanceolatis utrinque fere aequaliter angustatis 4 5 lin. longis, lineam circiter latis, omnibus in apiculum subpungentem acuminatis, lacteis, rarius dorso et apice viridibus aut plerumque dorso rubro pictis, inte- gris vel apieepauci-serratis. Pedicelli tlorum graciles quatuor lineas longi rugoso asperi, bermapbroditorum firmiores et breviores sunt. Calycis foliola ovata vix mucronata. Fructus mericarpia a

502 Stur.

dorso compressa semper ovalia sunt; jugorum Verrucae jam et in basi früctuum protractae, patulae, acumiuatae.

A. minor ab A. carniolica, cui quoad umbellas maxime affinis, differt: foliis suis profunda partitione pseudo-digitatis, bis in A. car- niolica palmati 3 5 partitis.

Ab A. pauciflora , cui partitione foliorum pseudo-digitata cog- nata, differt: umbellis minoribus, foliis cymae floralibus plerumque elongatis, foliorumque margine profunde et protracte serrata, serra- turis praecipue in medio bujus, protractis, iterum serratis.

Ab A. diversifolia cui imptimis varietas ß. involucrata umbellis si niillima differt: foliorum segmentis eorumque margine serrata, ser- raturis medio protractis elongatisve, iterum serratis.

Ab A. alpina denique cui foliorum primordialium pedun- cidis vix pollicem longis fultorum segmentis affinis, differt: parti- tione omnium segmentorum usque ad insertionem petioli pro- tensa segmentis 7 9, omnibus interse vix adnatis, quasi petio- latis , serraturis elongatis angustioribusque , maxime que distat umbella sua minima, foliisque cymae floralibus magis divisis, longiori- busque.

Habitat e regione nucis usque ad Mughos (Comolli).

Venetiae: Carnia in alpibus editioribus (Brumati Brignoli). Verona: M. Baldo (Moreni, Barbiero, Jani, Clementi) secus rivu- lum le aque negre (Martini).

Tirolis meridionalis : Alpen in Valsugana (Christof), Fleims bei Ravazzo (Facch.), Vintscbgau: auf der Laaser Alpe im Laaser Tlrale an feuchten Plätzen, auf Kalkgerölle an der Holzgrenze (Tpp.). Im Martelltbale bei dem Wasserfalle der Plima „Flittermühle" 5000 Fuss, Granit, 1855 (Simony). M. Spinale im Sulzberg (Facch.); Iudicarien Val di Genova (Haury), Pelugo (Facch.) und Val S. Valeutino(Bon.), in Val Bendana (Bon.), Val di Breguzza (Bon., Haury); am Bondone (Facch. Ambr.), Gipfel des Frate, Turichio; Lanciada (Ambr.).

Lombardia: Val Camonica ex Alpe Pisgana (Bert.). Val Tei- lina: Alpe di Val Gavia (Bert.), Valle di Togno (Comolli); M. Lemna sopra Dumenza (Comolli); M. Legnone (Moretti); montes ad Larium (Comolli); S. Primo Arengo sopra Livo (Comolli); nei monti della Tremezzina (Comolli); nei prati delle valli, Sasina, Intelvi, Cavargna (Comolli).

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. 503

Pedemontus (Balbis, Allion.): Speluga ne Grigion (Rainer), ex Cenisio editiore (Bonj.); Alpes di Monastero (Prof. He); M. Blanc- Vallee de Ferret (Carrega); in collibus Navarensibns circa Ameno copiose (ßiroli).

Helvetia: Canton Tessin: M. Camoghe s. von Bcllinzone (Comolli). St. Gottliard (Jaeggi exs.); Wertscher Alpe, Canton Glarns (Wartmann); Kandersteg am Gemmi, Ober-Sold obenher Anscbi (Traschel) ; bei Engelberg Canton Unterwaiden (Burk- hardt).

Sabandia (Huet du Pavillon exs.).

Gallia: Alpes du Dauphine (Grenier et Godr.): Charousse (Mut.), Saint- Eynard et Grand -Chartreuse pres Grenoble (Mut.). Alpes de Maglan (Thurm), Lauret (Grenier), Chamachaude (Gren.), bois au dessus de Livet et Biouperou (Mut.), Villard- d'Arene sous le glaeiers du Bec (Mut.), Monte Viso (Mut.), M. Godran pres de Brian- con (exs.); Dep. de la Lozere (Prost et ßuchinger exs.) Pyrenaei: parmi le gazon ala Coume del Tech (Lap.); etang du Laurenti (Lap.); Pailleres (Lap.); Amsur; Orlu; Endretlis; Cazan d'Estiba Pen du Brada (Lap.); Pic de Barancs de la Maladetta (Dufour); Ma- ladetta au lac d'Albe (Zeft.) Esquierry (Phillippe); AI Roc de la Ban- doule in summa valle de Galbe (Cesati, Grenier); le Boulou, M. Cra- der, Nouvielle (Gren. et Godr.); Vallee d Eynes (Benth.). Port de la Picarde (Zett.). Port de la Fraiche (Zett.); Port de Venasque (Zett., Benth.); Renclus (Zett.).

8. Astrantia carniolica. A. umbella expansa vix semipollicemlata. Involucri foliola obo- vato-lanceolata, apice acuta vel plerumque acuminata, basi attenuata ibique vix contigua, plerumque integra vel apice pauciserrata, lactea aut viride nervosa nunquam rubella, umbellam subaequantia, 2 3 lin. longa. Folia infima turi o numque inter congeneras species intermediae magnitudinis, plerumque palmati 3 semipartita, segmentis lateralibus minus profunde bifidis aut rarius palmati 5 semipartitis, majorum lanüna 16 26 lin., rarius 3 poll. lata, segmentis ovatis vel oblongo obovatis acutis indivisis aut apice trifidis, inaequaliter acute inciso duplicato-serratis, serraturis setaceo-ciliatis, medio 8 11 lin. longo.

Astrantia carniolica Wulf. Fl. norica p. 335. n. 645. Ja c quin. Fl. Austr. V. inAppend.p.3i.Tab. 10. Sturm H. 29. KochSyn. Fl. Germ, et Helv.

S04 s » u r.

p. 309 (partim, exceptis nempe locis nalalibus in IJavaria, tibi A, alpina ob-

via est). DC. Prpdr. IV. p. 86. Aslrantia gracilis Bartling. Index seminum borti Acad. Goettingensis 1840.

Linnaea Literat. Ber. 1841. XV. p. 93. (fiele speeimini ab auet. aeeeptato,

a Cl. Grisebacb commutato !). A&trantia minor Scopol. Fl. Carn, II. P. I. p. 187. n. 305. Tab. 7. Host.

Syn. p. 138. n. 2. Astrantia major ß. Sprengel in Schult, syst. 6. p. 341.

Rhizoma praecedentium vix cornatum oligocepbalum.

Turiones cumeauleflorido coaetanei oligophylli; eorum folia petiolo basi vaginante 1 6 pollicari suffulta, nunc palmato 3 semi partita, segment is lateralibus oblique ovatis subbifidis, nunc palmati 5 semi partita, partitionibus omnibus aequaliter profundis, segmentis ovatis vel obovatis acutis, indivisis vel apice trifidis, omnibus inae- qualiter acute, inciso, duplicato-serratis, serraturis setigeris.

Caulis annuus, teres, debiliter striatus, glaber, uno allerove basilari et caulino folio praeditus subpedalis. Folia basalia et cau- lina inferiora illis turionum homomorpha; caulina superiora ple- rumque tripartita vel trifida petiolo, vel vaginae petiolari insident, ut plurimum ramos caulis plus minusve abunde florentes sutVultientia. Folia cymae floralia 1 ö opposita, bracteata, indivisa vel apice trifida, serrata vel integra.

Cyma rarissime depauperata, plerumque plus minusve iterato composita, umbellis tunc, confertis, pedunculo umbellae primaiiae maximae, ceteris firmiore 1 2 pollicari, vix unquam solitario, ramo- rum altero vel pluribus (1 4) umbellis minoribus terminatis supra medium 1 4 bracteatis plerumque longioribus, gracilioribusque, summis subpollicaribus brevioribusque.

Umbell a primaria, inter congeneras species minima, vix semi- pollicem lata seeundariae (2 4 ordinis) gradatim minores, ob peduneulos suos sensim abbreviatos magis magisque confertiores. Involucrum (umbellae primariae) circiter 6 12 phyllum, sub anthesi patentissimum umbellam exsuperans , serius connivens fruc- tibus exsuperatum, foliolis obovato-lanceolatis apice acutis vel ple- rumque acuminatis, basi attenuatis ibique vix contiguis 2 3 lin. longis plerumque integris, vel apice pauci-serratis, lacteis aut viride ner- vosis, nunquain in rubedinem emorientibus.

Pedicelli florum graciles scabri vix unquam 3 lin. longi. Calycis foliola lactea , late ovata vix mucronulata. Fructus

Beitrüge zu einer Monographie des Genus Aslrantiu. J) 0 D

jugorum Verrucae jam ad basin fructus quoque protractae, acuminafae, patulae.

Affinitatem hujus speciei cum A. majoris var. ß. montana Mar- marossiensi nee non cum A. alpina superius jam adumbravi.

A. minor ad A. camiolicam umbellis proxime accedens differt: partitione foliorum pseudo-digitata, segmentis lanceolatis vel lineari- lanceolatis 7 9.

In hac quoque innotuerunt plantae, quae a vulgatissimis A. car- niolicae diversae sunt, memorabilesque. Discrimen earum in umbel- lis multo majoribus exstat, illis A. majori simillimis. Quaerelam de earum hybriditate ad evidentiam ferre valde difficile est; albumen enim carpidiorum in bis plantis rarius evolutum et in maturis fruetu- bns minime hybridarum , ramm. Hybridas vero plantas et in genere Astrantiarum dare posse vix dubitandum, certum est enim A. cami- olicam et A. alpestrem, aut illam cum A. majore in uno locorum adesse. Quare hac in re natura porro quoque observanda.

Specimina talia duo, in berbario i. r. soc. zool. bot. prostant, unummeritissimoDollinerinCa rniolia lectum, alterum Cl. Reinero Graf ex alpibus Wocbinensibus missum. Amba foliis, a vulgari vix aliquantulum majoribus, involucro attamen umbellam triente superante (410/ia"') 5 fere lineas longo ab A. carniolica discrepant.

Magis diversa est stirps, quam in berbario Cl. Scbott Direct. Scbönbrunnensis investigare lieuit unicam , verosimiliter a Gebbardo beatae memoriae, in Styria lectam.

Folia inferiora turionumque magnitudine illorum A. carniollcae petiolis 3 4 poll. longis suffulta palmato 5 partita, partitione ad A. majorem vel A. alpinam accedente ; segmento medio fere ad in- sertionem petioli usque partito, cum adjacentibus pariter profundius ac in vulgari sectis, vix basi adnato.

Folia cymae floralia, illis A. minoris assimilia insolitae magni- tudinis, ferepollicem longa, 2 lin. lata, tripartita sunt, segmentis lineari lanceolatis serratis.

Umbella primaria quoque multo major ac in vulgari, expansa fere pollicaris foliolis lanceolatis 6 lin. longis, umbellam dimidio superantibus seeundariae tres multo minores sunt, dimidiae circiter magnitudinis.

Monstrosa baec si non hybrida stirps attentione naturae scruta- torum certe dignissima , A. camiolicam et majorem et minorem quasi in uno complectitur.

Sitzb. d. mathem-naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 11.

35

506 S t u r.

Habitat in rupestribus bumidis sylvaticis :

Carnia Venetiarum: M. Lipgnac in subalpinis prope Musi, Forojulii (Pirona, Prof. Brignoli).

Camiolia : im Tropfenfalle einer Quelle am Predil im Coritenza- thale , auf Dolomit (Originalstandort der A. gracilis Bartling, Griseb.) ; im Trentathale bei Flitscb (Tomm.); in locis bumidis prope Lengenfeld (Jansha exs.); Feistritz in der Wocbein (Roggenhofer, Graf, exs.); bei Veldes (1836, Griseb.); Pod kukam im Tominskatbale nördlich von Tolmein dolomitischer Dachsteinkalk; Poliza bei Kirch- heim Dolomit der Trias; Recca Rauna bei Kirchheim Dolomit der Trias; Tribusa im Idriathale, Dolomit der Trias (Stur). Circa Idriam (Wulf. Doli.). Berg Podanovitz im Ternovaer Gebirgsstock (Tomm.). Copiose in adscensu alpium Lithopolitanorum (Wulf. Skofitz); am rechten Ufer der Save bei Sagor in Unterkrain, Deschmann.

Carinthia: in Monte Predil vallis Rablensis (Wulf.). Thäler des Loibels im Bodenthale auf niedrigen Wiesen (Wulf.). Fast in allen Thälern der Karawanken (Josch.) Obir, Ortatscha (Heinrich) Wildensteinergraben am Fusse des Obir (Birnbacher).

Styria: Sulzbacher Alpen (Unger, Weiss); auf Hügeln an der Sane bei Cilli (Zehenter).

Croatia: Im Samoborer Gebirge (westlich von Agram) auf dolo- mitischen Kalken und zieht von da über Sichelburg (Zumberok) in's Küstenland. In den niederen Lagen in den Likaner Waldungen bei Bunic, bei den Plitvicaseen , dann gegen Zeng zu (v. Vukoti- novic in litt.).

De Candolle in seiner Geographie botanique raisonnee sagt: „dans une monographie d'un genre ou d'une famille de plantes, on peut et Ton doit traiter dela distribution geogiaphique". (Bd. I. Pref. p. IX). Ich schrieb das vorangehende nur zu dem Zwecke, um in den Stand gesetzt zu sein die geographische Verbreitung sowohl der gesammten Astrantien als ein Ganzes betrachtet, wie auch jeder ein- zelnen Form derselben, so genau als es nach den bisherigen Daten nur möglich sein konnte, kennen zu lernen. Von der nachfolgenden Betrachtung muss ich leider vorläufig die A. saniculaefolia aus- schliessen ; da mir gar nichts vorliegt, was über ihr Auftreten irgend etwas zu ahnen Hesse.

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantla. 00/

Im Prodromus D e C a n d o 1 1 e's IV. p. 86, n. 4, wird von A. major gesagt „in Europae fere totius pratis montanis et sylvaticis habitat". Alph. De Candolle berichtigt diese Angabe in seiner Geographie bot. rais.(II. p.664),dass A. major eine Pflanze des centralen Europa's sei; sie fehle der scandinavisclien Halbinsel vollkommen, eben so wie dem Westen des Continents. Ich werde in der Folge dieser Abhand- lung nachweisen können, dassX major auch im Kaukasus zu Hause sei.

Vorerst sei es erlaubt , über die Grenzen der Verbreitung der A. major, die von Grisebach eingeführten Vegetationslinien, das Nöthige vorauszuschicken.

Die positiven Angaben zu dieser Untersuchung sind unter Habitatio bei A. major im Auszuge und nur längs der Vegetations- grenze ausführlicher gegeben. Diese konnten jedoch nicht hin- reichend sein die Vegetationslinien der A. major hinlänglich sicher feststellen zu können ; ich musste auch die negativen oder An- gaben über das Fehlen dieser Pflanze soweit aufsuchen , als sie mir in freundlicher Weise in der Bibliothek des k. k. botanischen Museums in Wien zu Gebote standen. (Vergl. in der beigege- benen Karte die Vegetationslinie der A. major.}

Am nördlichen Fusse der Pyrenäen in der Flora von Agen (M. d e Saint-Amans Fl. Agenaise. Agen 1821) fehlt A. major; ich zog daher die nördliche Vegetationslinie derselben dem Rande des Beckens der Garonne entlang, nach dem westlichen Gehänge der Sevennen, der Ms. d'Ore und der Vogesen; denn sie fehlt nicht nur in der Flora von Paris (E. Cosson et E. Germain Fl. des env. de Paris. 1845) , sondern alle Angaben über das Vorkommen der A. major in Frankreich beziehen sich nur auf jene Gegenden, die süd- östlich von der so gezogenen Vegetationslinie liegen.

In der Umgegend von Heidelberg (J. H. Dierbach, Fl. Heidel- bergs, 1819) und in der Flora von Frankfurt am Main (Becker's Fl. von Frankfurt am Main) und von da nach dem Rheine abwärts (Dr. Ph. Wirtgen, Fl. der preuss. Rheinprov. Bonn. 1857; J. D. Leers, Fl. herbornensium nassaviorum Berol. 1789) fehlte, major; sie ist ferner in der Flora von Waldeck und Itter nicht angegeben und auch dem äBoenninghausenum Münster nicht bekannt (J. B. Müller, Fl. Waldeccensis et Itterensis, Brilon 1841. C. M. ä Boenningshansen prodr. Fl. Monasteriensis Westphalorum, 1 824 ). Nach Meyer (Fl. Hannoverana excurs. 1849. p. 225) erreicht die

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A. major am südlichen und östlichen Harze die Nordgrenze ihrer Gesammtverbreitung, und kommt als Pflanze des Zechsteingypses, der Elbeterrasse eigenthümlich in der Flora von Neuhaldensleben vor und erreicht daselbst den 53° nördlicher Breite (Griseb. Yeg. Lin. Gott. Stud. 1847.p. 533). In der Flora von Leipzig ist ^4. major (Klett und Richter, Fl. von Leipzig 1830) nicht bekannt und fehlt in der Ebene zwischen der Weichsel und der Elbe. (C. S. Kunth, Fl. Berol. 1838), indem sie sich weiter nördlich von Breslau nicht nachweisen lässt. In der Umgegend von Krakau ist sie auf sehr vielen Punkten angegeben; eben so bei Tarnow und Lemberg (Dr. Alex. Zawadsky, Fl. von Lemberg). Dagegen fehlen über die nördlich davon gelegenen Ebenen alle Angaben und man wäre geneigt das Vorkommen der A. major bei Königsberg und dessen hügeliger Umgegend als ein von dem Verbreitungsbezirke derselben getrenntes zu betrachten. In der Flora der Prov. Preussen (Patze, Meyer und Elkan, 1850, p. 434) findet man folgende Bemerkung bei A. major: „Gebirgspflanze, südlich von uns am nächsten in Schlesien „und bei uns nicht durch Ströme nach Norden ausgebreitet, sondern „vielleicht nur an wenigen Stellen verwildert. So um Königsberg etc." Mit dieser Angabe verbinde ich jene von Eichwald „in sylva Bialowesha (südlich von Grodno und Volkovisk, nördlich von Pru- jani.), [Lindemann, E. A. prodr. florarum Tschernigovianae, Mohi- levianae, Minskianae nee non Grodnovianae 1850. Bull, de la soc. imp. des naturalist. de Moscou, Nr. IV. p. 486. Ledebour, Fl. ross. II. p. 236. Besser, Enum. p. 12, n. 321. Eichw. Skizz. p. 158]. Weitere Verbindungen dieses Standortes mit dem Hauptverbreitungsbezirke habe ich Gelegenheit gehabt im Som- mer 1859 kennen zu lernen; hier sei mir vorläufig erlaubt meine Meinung auszusprechen , dass ich das Vorkommen der A. major bei Königsberg nicht als getrennt betrachten kann. Von der Wasser- scheide zwischen dem Dnieper und der Weichsel dürfte die Vege- tationslinie der A. major durch Volhynien und Podolien kaum je den Dnieper erreichen. Von hier angefangen quer über die Niede- rungen des Bug, Dniester und Pruth bis an die Mündungen der Donau ist die Vegetationslinie der A. major ganz unbekannt, doch darf man annehmen, dass sie längs dem Pruth und Sereth bis tief herab nicht fehlen werde. Ob sie den Donau-Niederungen der Walachei fehle, ist unbekannt, den granitischen Hügeln südlich an

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantie. 1)00

den Donaumündungen dürfte sie kaum fehlen. Von hier bis an den nördlichen Fuss des Kaukasus fehlt jedes Verbindungsglied der Vegetationslinie der A. major auf dem Festlande nördlich vom schwarzen Meere. Denn sowohl in dem Verzeichnisse der auf der taurischen Halbinsel wildwachsenden Pflanzen (Steven im Bull, de Ia soc. imp. des naturalistes de Moscou 1856, Nr. IV. 1857, Nr. II) als auch jenem der um Sarepta (Becker im selben Bull. 1858, Nr. I) ist A. major nicht angeführt. Ich ziehe daher südlich von der Krimm über die Fläche des schwarzen Meeres die hier gegenwartig unterbrochene Vegetationslinie der A. major nach dem nördlichen Fusse des Kaukasus fort (vgl. hiermit die ganz analoge Erscheinung bei A. pectinata Alph. DC. geogr. bot. rais. I. pl. II. fig. 15). Hier ist die A. major als A. Biebersteinii in pratis montanis promontorii caucasi tarn Orientalis quam occidentalis sowohl am nördlichen als auch dem südlichen Abhänge (Osetia et Imeretia) allgemein ver- breitet.

Mit dem Kaukasus verschwinden gegen Osten und Süden alle Angüben über das Vorkommen der A. major. Ob sie daher noch weiter nach Ost im Gebirge südlich am caspischen Meere zu ver- folgen ist, bleibt eine offene Frage. Die Aufzählung der auf einer Reise durch Transkaukasien und Persien gesammelten Pflanzen (in Gemeinschaft mit Dr. E. Boissier in Genf, bearbeitet von Dr. F. Buhse in Riga: Nouveaux memoires de la Soc. imp. des nat. de Moscou. Tom. XII. [XVIII]. Moscou 1860) enthält keine Astrantia.

Die südliche Vegetationslinie beginne ich am Araxes zu ziehen an. In dem Gebiete von Kars und Erzerum längs dem südlichen Strande des schwarzen Meeres bis in die Gegenden des Archipelagus fehlt jede Angabe über das Vorkommen der A. major (Sertulum Orientale seu recensio pl. in Olympo Bithynico in Agro Byzantino et Hellenico nonnullisque aliis orientis regionibus. Jos. Clementi. Taurini 1855. J. Dumont d'Urville enum. pl. Archipelagi aut litt. Ponti Euxini. 1822. Paris. Beiträge zur Flora des nördlichen Küstenlandes von Kleinasien. Von Dr. Karl Koch. Linnaea 19, 1847, p. 1. Noch einige Bemerkungen über die von Hrn. Dr. Thirke an der Nordküste Kleinasiens und am bithynischen Olymp gesammel- ten Pflanzen. Von Dr. Karl Koch. Linnaea 19, 1847, p. 313 [nee 213]). Auch unser berühmte Reisende Dr. Th. Kotschy fand keine Spur dieser Pflanze auf seinen vielfachen Reisen durch Kleinasien.

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Die südliche Vegetationslinie der A. major zieht somit ebenfalls über die Wasserfläche des schwarzen Meeres an den südlichen Fuss des Balkan (Haemus), in welchem Frivaldsky seine A. elatior sammelte; von da an den südlichen Fuss des Velebit in Dalmatien. Die südlichsten Standorte der A. major in Italien befinden sich in den Abruzzen. In den südlicheren Gegenden (Florae RomanaeProdr. Ant. Schebastiani et Mauri. Romae 1818. Gussone enum. pl. vasc. in Insula Inarime (Isola d'Ischia), Neapoli 1854. Gussone fl. siculae synops. Neapol. 1843) fehlt A. major. Vom Velebit zog ich somit die südliche Vegetationslinie der A. major quer über das adriatische Meer, an den südlichen Fuss der Abruzzen, von da längs dem südwestlichen Fusse des Appennin nach Pisa und von da nördlich von der Insel Corsica (Jos. Hyac. Moris, Fl.Sardoa [Sardiniae et adjac. ins.] Taurini 1837) und südlich an den Küsten Piemonts und Frankreichs nach dem südlichen Fusse der Pyrenäen und nach Arragonien , da sie in dem südlichen Theile von Spanien (Willkomm) und in Portugal fehlt (Phytograph. Lusitaniae se- lectior Auct. F. A. Brotero. Olisipone 1816).

Zu diesem so begrenzten Verbreitungsbezirke der A. major gehört, wie schon oben gesagt wurde, unmittelbar auch das Vor- kommen derselben Pflanze zwischen Königsberg und dem Walde Bialovesha. Zu dieser Annahme führten mich folgende Thatsachen und Betrachtungen.

In dem Vorderzuge der nördlichen Karpathen, der aus eocenen Sandsteinen und Meniliten besteht, findet man auf Gebirgswiesen die A. major ß montana in einer sehr auffallend grossen Menge wachsend. In den Thälern der Karpathen und im Gebiete der ter- tiären Ablagerung, die die nächst tiefere Stufe, die Hochebene von Galizien bildet und daselbst vom Löss als oberster Lage überdeckt wird, tritt A. major y vulgaris namentlich an solchen Stellen nicht selten auf, wo auch die unter dem Tertiären lagernde Kreide in Hügeln zum Vorscheine kommt und zumeist von Buchenwaldungen beschattet ist. Dies ist namentlich am Rande des tertiären Terrains gegen die weiter nach Norden folgende Tiefebene von Galizien der Fall. Von der Hochebene herab in der Tiefebene weiter schreitend, kann man bemerken, wie in diesem Gebiete des jüngsten Diluviums, der Czerna zem, der erratischen Blöcke und des diluvialen Flugsandes die A. major nach und nach seltener wird, so dass man

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endlich durch die prachtvollen Föhren-, Erlen- und Eichenwaldungen, dieser vollkommen horizontalen Niederung oft Tage lang herumirrt bis man wieder unweit des Randes der tertiären Ablagerung an eine Colonie der A. major ß vulgaris, die höchstens aus 10 15 Individuen zu bestehen pflegt, stösst. Weiter vom Rande des tertiären Landes entfernt trifft man endlich keine mehr. So wie aber die vom Löss be- deckte tertiäre Ebene mehr im Nordwest von Lemberg gegen die Diluvial-Niederung abfällt, zieht sich längs der Wasserscheide des Wassergebietes des Dnieper und des nach Norden fliessenden Bug, eine Hügelreihe gegen Grodno hin, die zumeist aus Kreide und dem an- und aufgelagerten Löss besteht. Rundherum an dieselben findet man die erratischen Blöcke aufgeschichtet, bald einzeln, bald in grossen Haufen beisammen. Die niedrigeren derselben sind wohl auch auf der Höhe mit den erratischen Blöcken bedeckt, die höheren sind von denselben nicht erreicht worden und tragen sie nur auf ihren Gehängen. In dieser Hügelreihe ist nun die A. major an Wald- rändern keine seltene Erscheinung, und durch diese ist das Vor- kommen der Astrantia bei Königsberg und in den Waldungen Bia- lovesha mit dem Haupt- Verbreitungsbezirke derselben verbunden.

Das seltene Auftreten der A. major am Bande der diluvialen Niederung, gegenüber dem häufigeren auf den Kreidehügeln, scheint anzudeuten, dass sie ihre Ausbreitung von den letzteren, wo sie einheimisch erscheint, auf die viel jüngere Diluvialebene erst begonnen hat, und diese Wanderung und Bevölkerung noch nicht vollendet ist, auch nicht ungestört vor sich gehen kann, da die Waldungen der Diluvial-Niederung mehr Auen sind und wenigstens im österreichischen Galizieu als Wiesen benutzt werden. Hieraus ist der Schluss ganz natürlich, dass die A. major in einer früheren Epoche schon ihre Ausbreitung über die Kreide- und Löss-Hügeln bis nach Grodno und Königsberg vollendet habe. Die eben aus einander gesetzten geologischen Erfahrungen lassen auch die Be- stimmung dieser Zeit nicht unmöglich erscheinen. Zu dieser Aus- breitung der A. major nach Norden konnte nur die Zeit nach der Ablagerung des Löss und vor der Ablagerung der erratischen Blöcke benutzt worden sein. In diesem Abschnitte der Diluvialzeit mochte aber auch die A. major eine viel allgemeinere Verbreitung nicht nur längs der erwähnten Hügelreihe sondern auch im Osten und Westen der Ebene erreicht haben. Jene letzte iberfluthun»' die die nordi-

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sehen Blöcke bis nach Galizien brachte, möge sie in den Niederungen bis an die oben näher tracirte Vegetationslinie (vgl. hiermit die südliche Grenzlinie der Vorkommnisse der erratischen Blöcke auf den geolog. Karten von Europa: Sir Boder. J. Murchison Geo- logical Map of Europe 1856. Andre Dumont Carte geologique de l'Europe) vertilgt haben, auf den erhabeneren Hügeln konnte sie sie nicht erreichen.

Gegenüber diesen Thatsachen und Betrachtungen ist es schwer die noch übrigen zwei Vorkommnisse der A. major ausserhalb der gezogenen Vegetationslinie, nicht als Beste einer ehemals viel grösseren Verbreitung dieser Pflanze zur Diluvialzeit zu betrachten. Es sind dies die Standorte der A. major in England und in der Flora von Spa in Belgien. Hooker et Arnolt (British Fl. p. 160), sagen „A. major L. observed in one or two places, has no claim to be consideret a native". Mathieu (Fl. generale de Belgique 1853) betrachtet das Vorkommen der A. major in Belgien als subspon- taneum. De Candolle (Geogr. bot. rais. II. p. 664, 665) hält die belgischen Standorte der A. major für natürlich, zum Verbrei- tungsbezirke gehörig , für die englischen ist ihm die Annahme der Naturalisation die wahrscheinlichste.

Wenn nun auch diese letzten Vorkommnisse nur mit einem Fragezeichen als getrennte Verbreitungsbezirke der A. major von ihrem Hauptvorkommen und als Beste der diluvialen Verbreitung dieser Pflanze bezeichnet werden konnten, so stehen die beiden Verbreitungsbezirke derselben im Kaukasus und in Central-Europa in einem ganz anderen Gegensatze. Ich muss jedoch, bevor ich weiter schreite, den Nachweis liefern, dass die A. major im Kau- kasus und in Central-Europa eine und dieselbe Pflanze sei.

Dies ist um so leichter, als diese beiden gegenwärtig getrennten Theile des Verbreitungsbezirkes der A. major, zwei, vielleicht drei Varietäten dieser Art mit einander gemein haben.

Die eine davon, die A. major ,3 tridentata = A. intermedia M. B. , die vorzüglich dem südlichen Abhänge des Kaukasus eigen zu sein scheint , ist nach Originalexemplaren vom Kaukasus, und jenen der A. elatior Friv. aus dem Hämus, nicht nur im äussersten Osten von Europa, sondern bis nach Serbien: Buchenwälder des M. Zeljin im Krusevacer Kreis (Panc'ic), aber auch nicht weiter westlich bekannt.

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. 513

Es ist freilich schwer ausser Zweifel zu stellen , welche von den oben bezeichneten Varietäten der A. major, obwohl es von der A. major 7 vulgar/s am wahrscheinlichsten ist, der A. Bieber- steinii entspricht. Denn sowohl die ß montana als die 7 vulgaris zeigen nebst der gewöhnlichen , oder bei 7 nicht seltenen Drei- teilung der Blätter, die confluirenden Riefenzähne der Früchte, die die Astrantia Biebersteinii von allen anderen unterscheiden sollen. Solche confluirende Zähne der Riefen sah ich an Früchten vieler Individuen, namentlich an A. major ß montana von Lunz in Her- bario J. Juratzka in Wien, dann an solchen der A. major 7 vul- garis vom Klobenstein, am Ritten gegen Keniaten in Tirol von Haus- mann eingeschickt im Herb, des k. k. bot. Museums in Wien u. m. a.

Somit halte ich für ausser allen Zweifel gestellt, dass die beiden gegenwärtig durch das schwarze Meer von einander getrennten Verbreitungsbezirke, einer und derselben Pflanze der A. major angehören.

Bei der näheren Betrachtung dieser Thatsache fragt sich's nun gegenüber jenen Vorkommnissen bei Königsberg, in Belgien und England, sind auch diese beiden gegenwärtig getrennten Verbrei- tungsbezirke im Kaukasus und Central-Europa als die Reste einer früheren zusammenhängenden Verbreitung der A. major zu be- trachten? Und wenn dies der Fall ist, wo ist das Verbindungsglied, das sie ehemals zu einein Ganzen verband, zu suchen? und wann geschah die Trennung dieser Verbreitungsbezirke?

Das Verbindungsglied zwischen dem Kaukasus und dem Hämus ist gegenwärtig nur theilweise erhalten in dem Gebirge, welches den südlichsten Theil der Krim bildet. Der bei Weitem grösste Theil desselben ist verschwunden und wir finden an seiner Stelle, wo er existiren musste, gegenwärtig das schwarze Meer.

Die Annahme der Existenz eines ehemals zusammenhängenden Gebirgsrückens zwischen dem Kaukasus und Hämus enthält in sich keinesfalls eine Unmöglichkeit. Nebst dem, dass man in der That in dem, mit dem Kaukasus geologiscb ganz gleichartig gebauten Gebirge der Krim, eine nach dem Hämus ziehende Fortsetzung des Kaukasus erblickt, sprechen auch die bisherigen geologischen Karten nicht gegen diese Annahme. Im Gegentheile deutet die Begrenzung der jüngsten tertiären Ablagerungen, die sich nördlich vom Kaukasus

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von dem caspischen bis zum azowischen Meere und bis in die Nie- derungen der Walachei fortziehen, auf eine Wasserscheide zwischen diesen Gegenden und jenen von Kleinasien hin, die einem solchen angenommenen Verbindungsrücken zwischen dem Kaukasus und dem Hämus entspricht. Die Ablagerungen die wir südlich von dieser Wasserscheide vom südlichsten Theile des caspischen Meeres ange- fangen, am Kurflusse und in Kleinasien angegeben finden (s. l)n- mon t's geol. Karte von Europa) dürften älteren Ursprungs sein.

Der den Kaukasus mit dem Hämus verbindende Gebirgsrücken mag in der folgenden Diluvialperiode zerstört worden sein. Auch für diese Annahme spricht der Eintritt der grossartigen vulcanischen Eruptionen in dem armenischen Hochlande und den kaukasischen Ländern, nach Abich am Anfange der Diluvialperiode, die eine solche Katastrophe nach sich ziehen konnten, die ihrerseits die Trennung des von dein zusammengehangenen Vorkommen der A. major in zwei getrennte Verbreitungsbezirke (einen kaukasischen und einen central-europäischen) bedingte. Aus alle dem aber folgt ein sehr hohes, u. z. wenigste n's tertiäresAlter d e r A. major *)•

') Seit der Veröffentlichung- dieser meiner Abhandlung in der Sitzung- vom 3. Februar 1860 der mathem.-nalurw. Ciasse der k. Akad. der Wiss. erschien der letzte Theil des grossen classischen Werkes: 0. Heer, Fl. tertiär ia Helvetiae. Die letzte Tafel dieses dritten Bandes enthält die Karte : Europa zur uiioceneu Zeit. Die Darstellung des tertiären Festlandes in der Umgehung- des jetzigen schwarzen Meeres steht im Wiederspruche mit meiner obigen Auseinandersetzung. Diese Discordanz würde ich nicht näher berührt und angenommen haben , dass eben dieser specielle Fall den grossen Forscher bei seinem Versuche die Gestalt und Vertheilung des miocenen europäischen Festlandes darzustellen , weniger interessirt habe , wenn nicht aus- drücklich in der Erläuterung dazu Seite 338 in der Note Zeile 15 zu lesen wäre : „Das schwarze Meer stand also nicht allein im Norden , sondern auch im Süden der Kaukasuskette mit dem caspischen Meere in Verbindung und diese Bergkette bildete eine Inse I".

Doch ist der Zusammenhang des Balkan mit dem Gebirge der südlichen krimin, durch die Sondirungen im schwarzen Meere nachgewiesen (Cup. Spratt: Quarterly Journal ofthe Geoloijkal Society XIII. pag. 80J. In Folge der Arbeiten des Cap. Spratt und der neuesten Untersuchungen der Wiener Geologen: Fr.Ritterv. Hauer, über die Verbreitung der Inzersdorfer (Congerien-) Schichten in Österreich ist anzunehmen , dass : so wie die Abgrenzung der Inzersdorfer der jüngsten tertiären Schichtendes Wiener Beckens nach West und Süd eine scharfe ist, es auch die südliche der scheinbar nahe verwandten Steppenkalke sein wird , welche letzterein der That nur nördlich von dem von mir angenommenen vordiluvialen Balkan-Krim- Kaukasus-Krasnowodsk-Gebirgsztige bekannt sind. Es dürfte sogar die Existenz des schwarzen Meeres zur tertiären Zeit in den Gegenden /.wischen Sinope und der Krim einerseits , dem Bosphorus und den südwestlichen Gehängen des Kaukasus andererseits erst nachzuweisen sein.

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. 515

Nun habe ich noch zwei Einwendungen zu begegnen. Die eine betrifft das Nichtvorkommen der A. major im Gebirge der Krim. Steven 1. c. schreibt ausdrücklich, dass viele, ehemals bewaldete Gegenden der Krimm gegenwärtig ganz kahl sind. Mit den Wäldern konnte auch die den Schatten suchende A. major in neuester Zeit verschwinden. Auch ist die Möglichkeit, sie noch zu finden, nicht benommen. Dann wäre aber die Krimm dem Verbreitungsbezirke der A. major einzuverleiben.

Die zweite Einwendung betrifft die Möglichkeit, dass der Kau- kasus mit dem Hämus längs der südlichen Küste des schwarzen Meeres von Kleinasien seit langer Zeit schon in Verbindung stand, und die Verbreitungsbezirke der A. major im Kaukasus und in Central-Europa nicht getrennt sind. Diese Annahme, auf Kosten unserer mangelhaften Kenntnisse, ist freilich möglich, aber nicht nur durch die bisherigen geologischen und botanischen Forschungen, sondern auch dadurch unwahrscheinlich gemacht, dass die Vege- tationslinie der A. major einmal am Pindus, das andere Mal am nea- politanischen Apennin (südlich an den Abruzzen) an Corsica und endlich am iberischen Gebirge in Spanien, ganz nahe vorüber geht, ohne sich in denselben nach Süden auszubuchten (vgl. hiermit die grössere östliche Hälfte der Vegetationslinie der Lycopsis varie- gata L. von Italien angefangen nach Ost. Alph. DC. geogr. bot. rais. I. PI. II. fig. 5).

Die Form des gesammten bekannten Verbreitungsbezirkes der A. major ist in der Richtung von Ost nach West sehr in die Länge gezogen, u. z. ist die Länge der dreifachen grössten Breite gleich.

Hieran knüpft sich die Frage: ist die A. major in ihrem gegen- wärtigen Verbreitungsgebiete einheimisch, oder ist sie ein einge- wanderter Fremdling aus dem Osten? Die Beantwortung dieser Frage ist gegenwärtig nicht möglich. Zu erwähnen ist jedenfalls die Thatsache, dass die A. major o tridentata, die im Kaukasus sehr gewöhnlich ist, nur noch längs dein Hämus bis nach Serbien verbreitet ist, was an die Abhängigkeit dieser Pflanze vom Kaukasus zu erinnern scheint.

Über die Vertheilung der A. major in ihrem Verbreitungs- gebiete, bin ich im Stande, nur Folgendes mitzutheilen : A. major ist häutiger und in bedeutend grösserer Individueuanzahl im Gebirge zu treffen, vereinzelt in den Thälern und in der Ebene. In ausge-

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dehnteren waldlosen, trockenen Ebenen fehlt sie ganz. Im Norden des Gebietes, namentlich in den Karpathen ist A. major ß montana und 7 vulgaris verbreitet, im mittleren Gebiete tritt auch noch die t involucrata , namentlich am südlichen Abhänge der Alpen hinzu. A. major a alpestris ist bisher nur aus den Siebenbürger Alpen bekannt. Zu mehr detaillirten Erläuterungen fehlen bisher noch in dieser Richtung gemachte Beobachtungen.

Die wahrscheinliche , kurzgefasste Geschichte der A. major ist somit folgende: Wir finden sie schon zur tertiären Zeit auf einem Gebirge, welches sich vom Kaukasus ununterbrochen über den Hämus, die Karpathen und Alpen bis an die Pyrenäen fortzieht, verbreitet. Später am Anfange der Diluvialzeit erfolgt eine Theilung ihres Verbreitungsbezirkes in einen kaukasischen und central-euro- päischen. Wir vermuthen die A. major in der zweiten Hälfte der Diluvialzeit, von ihren central-europäischen Standorten aus weit nach Norden verbreitet, und diese ihre vorgerückte Vegetationslinie am Ende der Diluvialzeit wieder bis an das central -europäische Gebirge zurückgedrängt bis auf einige wenige Standorte , die als Reste dieser ehemaligen grosseren Verbreitung übrig sind. Wir sehen sie endlich in der neuesten Zeit wieder im Fortschreiten begriffen, indem sie die trocken gelegten Diluvialebenen des Nordens mit ihren vereinzelten Colonien bevölkert.

Ich enthalte mich absichtlich die möglichen Ursachen der gegenwärtigen Abgrenzung des Verbreitungsbezirkes der A. major zu besprechen, einestheils darum, weil die Geologen über die Äqui- valente der Glacialbildungen des Nordens, in den übrigen Theilen Europa's noch nicht im Klaren sind, die augenscheinlich im Wasser- gebiete der Ost- und Nordsee, die Vegetationslinie der A. major bestimmt haben, und dies daher auch in den übrigen Theilen geschehen konnte, anderntheils aber auch darum, weil ich überzeugt bin, dass bei weiteren Untersuchungen die Vegetationslinien vieler Pflanzen mit jener der A. major zusammenfallen werden (wie dies gegenwärtig schon mit Abtes pectinata und Lycopsis variegata der Fall ist) und dadurch schon eine ganze Kategorie von Ursachen, die gewöhnlich als wirkend angenommen werden, als wirkungslos weg- fallen wird.

Die übrigen Astrantien haben unstreitig, gegenüber der grossartigen Verbreitung der A. major, einen sehr geringen Ver-

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. I) 1 7

breitungsbezirk und sind in der Thal 1 ocal e Erscheinungen, die bestimmten Gegenden angehören.

Eine solche finden wir im Kaukasus: die A. hclleborifolia Salisb. (siehe die Vegetationslinie in der Karte). Ihre Vegetations- linie lässt sich nicht mit befriedigender Sicherheit ziehen. Sie scheint zwei getrennte Verbreitungsbezirke zu besitzen. Der eine gehört der subalpinen Region des gesammten Kaukasus an, der andere Verbreitungsbezirk umfasst das Hochgebirge zwischen dem Araxes- und dem Kurflusse, worüber namentlich Abich's Unter- suchungen die meisten Daten liefern. Ob diese beiden Verbreitungs- bezirke an der Wasserscheide zwischen dem Rion- und Kurflusse zusammenhängen und in einen einzigen verfliessen, ist vorläufig nicht ausgemacht.

Im Gebirge des centralen Europa finden wir mehrere locale Formen der Astrantia. Eine hievon haben die Pyrenäen mit den Alpen gemeinschaftlich, die A. minor; zwei sind dem Apennin eigen- tümlich, die A. pauciflora und A. diversifolia, eine gehört den Kalkalpen an, die A. alpina, eine endlich ist den karuischen und julischen Alpen gemeinschaftlich, die A. carniolica.

Wir wollen ihre Vegetationslinien einzeln verfolgen und die- selben, so weit die gegebenen Daten reichen, näher bestimmen.

Astrantia alpina F. Schultz mscrpt. (vgl. die Karte) ist nur den Kalkalpen eigenthümlich. Sie besitzt merkwürdiger Weise zwei vollkommen getrennte Verbreitungsbezirke; wovon der eine im Norden der Centralkette nördlich vom Inn den nördlichen Kalkalpen Tirols und Baierns angehört, der südliche aber den südlichen Kalk- alpen, der Terglougruppe, oder der Fortsetzung dieser nach Ost, eigenthümlich ist. Die erst seit zwei Jahren, durch die Bemühungen des Dr. F. Schultz allgemein bekannt gewordene Pflanze mag an vielen anderen Punkten, sowohl im nördlichen als auch im südlichen Zuge der Kalkalpen, noch entdeckt werden; doch wird sie zwei vollkommen getrennte Verbreitungsbezirke für immer behalten, worauf ich noch einmal zurückkommen werde. Sie ist in den Alpen zu Hause und steigt einzeln bis tief in die Thäler herab.

A. pauciflora Bert, und A. diversifolia n. sp. treffen wir im Apennin, wie es scheint (Tenore, Fl. neapol. III. p. 267 nasce colla A. minore [A. diversifolia] ed e di essa piü commune) eben so gemischt beisammen in einer und derselben Gegend, wie dies mit

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A. alpina und A. carniolica der Fall ist. Es wurde vorläufig für beide zusammen eine Vegetationslinie gezeichnet (siehe in der Karte). Sie haben überdies zwei getrennte gemeinschaftliche Ver- breitungsbezirke , den einen in den Apuanen, den andern in den Abruzzen. Sie scheinen alpin zu sein.

A. minor L. Die Angaben reichen von den Pyrenäen durch die westlichen Alpen bis in die Carnia (siehe in der Karle). In letzterer Flora sind leider specielle Standorte nicht bekannt. Mir bleibt immerhin ein Zweifel über das Vorkommen der A. minor am M. Baldo und in der Carnia, indem hier möglicher Weise, der bisher unsicheren Beschreibung wegen, die A. alpina mit A. minor ver- wechselt worden sein kann. Die Gründe, die mir die Möglichkeit der Verwechslung dieser Pflanze wahrscheinlich machen, werde ich später berübren. Weitere Nacbforschungen können nun auch diesen Punkt ausser allen Zweifel setzen. A. minor gehört vorzüg- lich den subalpinen Gegenden an.

A. carniolica Wulf, kommt in demselben Haume, auf welchem wir die A. alpina in den südlichen Kalkalpen getroffen haben, mit dieser zugleich vor, sie setzt aber auch in die julischen Alpen fort, bis in das Velebitgebirge, ohne dorthin von der A alpina begleitet zu sein. Sie gehört der Waldregion an.

Wirft man endlich einen, die Verbreitung aller Astrantien übersehenden Blick auf die Karte der Vegetationslinien, so gewahrt man mit einer nicht geringen Überraschung, dass die Verbrei- tung d e r A. major zugleich die Verbreitung aller übrige n Ast r a n ti e n i n s ich begreift und somit d i e V e r- b reitung des ganzen Genus darstellt.

Die Beantwortung der Frage über die Bodenstetigkeit der Astrantien kann nicht zu meiner vollkommenen Zufriedenheit ausfallen, da die Beobachtungen in dieser Beziehung sehr mangel- haft sind und ich selbst nur drei Arten sammeln konnte. Trotz dieser Mangelhaftigkeit wird die Wichtigkeit der Untersuchungen über den Einfluss des Bodens auf die Vertheilung der Pflanzen, einleuchten und deutlich hervorgehen.

A. m ajo rh. ist eine Pflanze des gemischten Bodens. Sie, die wandernd als Verbreiterin des ganzen Geschlechtes auftreten sollte, musste zugleich die Eigenschaft besitzen, einem Boden anzuge- hören, den sie überall zu finden im Stande war, um überall jene Bedin-

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. !J 1 9

gungen zu treffen, die zu ihrer Existenz nothwendig waren. Nur dieser Eigenschaft verdankt sie ihre grosse Verbreitung.

Noch besitzt sie eine gewisse Biegsamkeit, dass sie sich auch an einen Boden gewöhnen konnte, der den einen oder andern chemi- schen Bestandteil derselben in grösserer oder geringerer Quantität enthielt. Sie nahm eine etwas veränderte Gestalt an. So scheint sie auf mehr kalkhaltigerem Boden in nördlicheren Gegenden als ß mon- tana, in den der austrocknenden Hitze ausgesetzten Kalkgegenden der südlicheren Landstriche als A. major o tridentata vorzüglich vorzukommen, über kalkärmeren Gesteinen pflegt sie als 7 vulgaris zu erscheinen. Je nach der Modilication des'Bodens trifft man diese Varietäten oft neben einander, oft sehr entfernt von einander stehen.

Das Klima war ihr nicht gleichgiltig. Erreichte sie je die ent- blössten Alpen, so kleidete sie sich den gegebenen Bedingungen gemäss als A. major a alpestris, gelangte sie in die südlicheren, feuchteren und wärmeren Lagen, gleichgiltig ob auf der Höhe oder in der Niederung, ward sie zur A. major e involucrata und stand oft neben weniger begünstigten Nachbarinnen , die sich nur als A. maior 7 vulgaris entwickeln konnten.

Die A. alpina ist unzweifelhaft eine Kalkpflanze, u. z. eine Pflanze des Dachsteinkalks. Sie liebt offene, felsige, sonnige, aber wie alle Astrantien feuchte Stellen. Und so wie der Dachsteinkalk der südlichen Alpenkette mit dem der nördlichen Kalkalpen nirgends längs der ganzen Alpenkette zusammenhängt, so sind auch die beiden Verbreitungsbezirke der A. alpina seit jeher und uranfäng- lich schon getrennt und bleiben unter den gegenwärtig herrschenden Verhältnissen für immer getrennt.

Über die beiden Astrantien im Apennin habe ich freilich nur Vermuthungen , die aber begründet sind. A. panciflora Bert, ist der A. alpina am nächsten verwandt, sie dürfte daher dem Kalke im Apennin eigenthümlich sein. A. diversifolia ist der A. minor eben so nahe verwandt und kann als die Vertreterin dieser im Apennin betrachtet werden. Diese dürfte daher einem quarzreicheren Gesteine, wahrscheinlich einem eocenen Sandsteine oder Schie- fer entsprechen. In den Abruzzen, am GranSasso, kommt jedenfalls Kalk mit eocenem Schiefer und Sandstein zugleich vor, eben so in den Apuanen und die Annehmbarkeit meiner Vermuthung wird daher

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durch das Vorkommen heider Pflanzen an diesen Orten nur bestätiget.

Astrantia minor finden wir im Westen der Alpen und im Osten der Pyrenäen. Nur ein specieller Fall ist mir bekannt, wo Prof. Simon y diese Pflanze über krystallinischen Gesteinen: Granit, gesammelt hatte. Und doch glaube ich mit Sicherheit behaupten zu dürfen, dass A. minor eine Pflanze des krystallinischen Ge- birges sei. Für diese Annahme, die sich gewiss bestätigen wird, spricht vorläufig auf eine unzweideutige Weise die Thatsache, dass in den westlichen Gegenden, wo sie verbreitet ist, sowohl in den Pyrenäen als namentlich in den Alpen die krystallinischen Gesteine die herr- schenden sind, und dass sie gegen Osten, wo die Alpenkalke am Gardasee und im Gebiete der Etsch bis an das des Piave herr- schend werden, nach und nach verschwindet. Die aus diesen Kalk- gebirgen angegebene Astrantia, wenn sie nicht zufällig auf errati- schen Granithlöcken wächst, dürfte daher wahrscheinlichste, alpina sein. Ob die zwei getrennten Varietäten der A. minor, et vulgaris und ß involucrata Modifikationen des Bodens oder des Klima's ent- sprechen, kann ich kaum ahnen. Weitere Untersuchungen mögen darüber sicheres erobern.

Die A. carniolica ist unzweifelhaft eine Dolomitpflanze. Fin- det man sie auch an einzelnen Stellen über anderen Gesteinsarten, so ist doch ganz gewiss das ihr unumgänglich nothwendige Quellwasser, wenn es auch nur tropfenweise geboten wird, ein solches, das aus dolomitischen Gesteinen fliesst und ihr den Dolomitfelsen einiger- massen ersetzt. Doch sind diese Pflanzen, nebst dem, dass sie gewöhnlich längere Wurzelfasern zeigen, auch durch die geringe Entwickelung ihrer Inflorescenz , die verhältnissmässig arm ist, in Bezug auf ihre Grösse und durch die tiefere Theilung ihrer WTur- zelblätter (wodurch sie der A. major sich nähern) verschieden von jenen auf Dolomit gewachsenen.

Die A. helleborifolia dürfte , nach der geologischen Karte des Kaukasus über vulcanischen Gesteinen wachsend zu treffen sein.

Im vorausgeschickten beschreibender! Theile habe ich öfters Gelegenheit gefunden , bei den einzelnen Astrantien aufmerksam zu machen, wie eine oder die andere derselben und in eigenthümlicher Weise sich der allgemein verbreiteten A. major nähere.

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. 1)21

So haben die A. hellebor ifolia und A. major d triclentata, wie es schon M. Bieh ersteh) anführt, abgesehen vom ungleichartig gesägten Bande der Hüllblättchen, fast ganz identische Hüllen. Sie sind nur in den Blättern verschieden.

A. alpina hat ganz die Höllen der A. major ß monlana oder y vulgaris, selbst ihre Blätter sind jenen der A. major vollkommen ähnlich, obwohl constant viel kleiner und liefer gespalten.

A. pauciflora ist mit der A. alpina sehr nahe verwandt und durch diese Verwandtschaft auch der A. major näher gebracht.

Zwischen A. minor und A. major, die am entferntesten stehen, kann man einerseits A. pauciflora, anderseits A. diver&ifblia als verbindende Glieder herstellen.

Nicht minder ist A. carniolica ein ausgezeichnetes Verbin- dungsglied /wischen A. major und A. minor, indem sie nur etwas verkleinerte Blätter der ersteren besitzt, in den Hüllen dagegen der A. minor vollkommen entspricht.

Aus alle dem geht deutlich hervor, dass A. major in der That als Grund gestalt auftritt und dass die übrigen Astrantien aus dieser abgeleitet werden können. Unwillkürlich denkt man hier an das Hexaeder, Oktaeder, Dodekaeder u. s. w.

Die, wenn auch sehr selten vorkommenden abweichenden Formen der A. major, wie die beiden aus den Alpen Siebenbürgens und aus den Marmaroser Gebirgswaldungen, die zu einer oder zu der andern der localen Arten hinneigen, lassen eine solche Annahme der Ableitung der letzteren aus der Grundform sein- möglich er- scheinen.

Über die Umstände und Verhältnisse, unter welchen eine solche Ableitung als möglich anzunehmen wäre, scheinen die Beobach- tungen über die geologische Unterlage Aufschluss gehen zu wollen, wie ich oben auseinander gesetzt habe. Es genüge das schönste und zugleich merkwürdigste Beispiel dieser Art anzuführen. Die A. alpina erscheint in zwei getrennten, klimatisch sehr verschie- denen Verbreitungsbezirken, auf einem und demselben Boden, dem Dachsteinkalke in ganz identischer Form, ich sage in zwei nie z u s a m m e n g e h a n g e n e n Verbreitungsbezirken, wo somit ausser allen Zweifel gesetzt ist, dass die A. alpina nicht aus einer Mutterpflanze entstanden ' Ist, son- dern ganz bestimmt, auf zwei Punkten wenigstens,

Sitzb. d niathem.-nahirw. Cl. XL. Bd. Nr. ii. 36

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Stur.

gleichzeitig oder vielleicht in verschiedenen Z-eiten erschien oder geschaffen werden musste. Kann da noch ein Zweifel bleiben darüber, dass der Boden, die ernährende Mutter Erde als diejenige zu bezeichnen ist, die aus der Grundform, die ohnehin überall verbreitet und zur Hand ist, die anderen Formen abgeleitet habe? Und wenn sie es einmal that, warum sollte es nicht ein zweites Mal an einem andern Orte geschehen sein? Und wenn es zweimal zufällig geschah, muss es allemal und an allen Orten geschehen?

Eine weitere, sehr bestimmte Bestätigung dieser Annahme finden wir in der Verbreifung der abgeleiteten Astrantien, die von jener der A. major abhängig und in derselben inbegriffen ist.

Man erlaube mir noch weiter das sich von selbst aufgedrungene Gleichniss fortzuspinnen. Als ich kurz vorher die Verwandtschaft der abgeleiteten Astrantien andeuten wollte, traten sehr deutlich mehrere Grade d er Verwandtschaft zum Vorschein. So konnteerst durch ein bis drei Verbindungsglieder die Verwandtschaft zwischen der A. major und A. minor, zwischen der A. major und A. pauciflora u. s. w. deutlich gemacht werden.

Es gibt somit Pflanzenformen von einem sehr verschiedenen Werthe. Aber so wie man dem Oktaeder, dem Dodekaeder, ferner dem Tetraeder u. s. w. ihre Selbstständigkeit nicht nehmen kann, trotzdem man es weiss, dass sie entweder mittelbar oder unmittelbar aus dem Hexaeder, der Grundgestalt abgeleitet werden können, und wie ferner es nicht geschehen ist, dass bald das Oktaeder bald das Dodekaeder mit dem Hexaeder, oder das Tetraeder mit dem Okta- eder oder gar mit dem Hexaeder nach Willkür für identisch erklärt wurde, ganz in derselben Weise ist bei Astrantia die A. major das Hexaeder die Grundgestalt, die anderen sind abgeleitete selbststän- dige Formen von sehr verschiedener Affinität zur Grund- f o r m.

Diese hier skizzirte Auffassung von ungl eichw erthi ge n Pflanzenformen entspricht durchaus nicht der bisher gangbaren, der P flanzenspecies. Die Pfla nzenspecies ist nicht die hier nachgewiesene Grundform. Die Pflanzenformen sind nicht gleich- werthig mit Varietäten der Pflanzenspecies, denn diese haben ihre Varietäten, wie ich es bei A. major und A. minor angedeutet habe, die in der That von Ort zu Ort ändern und durch nicht festzustellende

Beiträge zu einer Monographie des Genus Astrantia. ö23

Zwischenglieder in unzähligen verschiedenen Richtungen in ein- ander übergehen.

Aber diese ungleichwerlhigen Pflanzenformen der Astrantia sind auch nicht alle eines gleichen Alters, die abgeleiteten sind jünger als A. major. Ob ihre Entstehung in die Diluvialzeit fallt und mit der grösseren Verbreitung der A. major in dieser Epoche als gleichzeitig oder ihr vorangegangen zu betrachten ist, kann man nur aus der Entstehung der speciellen Standorte die sie bewohnen, und die in den Anfang der Diluvialzeit fallt, vermuthen.

Ob in allen Pfliinzengenera dasselbe Verhältniss der ein- zelnen Formen zu einer oder mehreren, die als Grund- fo r m betrachtet werden soll, sich herausstellen wird, darüber können nur Arbeiten ähnlicher Art wie die gegenwärtige Aufschluss geben. Ob endlich die Grundformen immer Pflanzen des ge- mischten Bodens, locale Formen dagegen Pflanzen irgend einer besondern geologischen Unterlage sind, bleibt ebenfalls eine offene Frage, zu deren Beantwortung die Un- tersuchungen über den Einfluss des Bodens auf die Vertheilung der Pflanzen recht viele, genaue und verlässliche Daten sammeln müssen, damit sie bei vorkommenden Fällen gleich bei der Hand seien, um benützt werden zu können. Beiderlei Arbeiten und Bestrebungen können daher als interessant und nothwendig, herzlich anempfohlen werden.

Die Vorliebe für die Nachforschung dieser und ähnlicher Fragen und Erörterungen drängte mich trotz den missbilligenden Äusse- rungen, trotz den Werthlosigkeits-Zeugnissen, die diesen Unter- suchungen zu Theil wurden, die Beobachtungen über den Einfluss des Bodens auf die Vertheilung der Pflanzen, wozu ich durch meinen Beruf reichliche Gelegenheit finde, fortzusetzen, deren Werth im Verlaufe dieser Arbeit deutlicher hervortritt, als ich es im Stande war bei einer andern Gelegenheit hervorzuheben. Denn die Unter- suchungen über den Einfluss des Bodens auf die Vertheilung der Pflanzen, ihrer selbst wegen fortzusetzen hiesse, das ohnehin zu einer schwer beweglichen Masse angeschwollene Materiale der Pflanzengeographie, unnöthig zu vermehren.

Ich hoffe in einer Monographie der Draben, alles das, was hier in dieser Abhandlung nur theilweise berührt werden konnte, da der Raum beschränkt und die Gelegenheit eben nicht mannigfach genug

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Stur. Beiträge zu einer Monographie des Genus Aslranlia.

geboten ist, da z. B. einjährige, nnd Formen der Ebene AevAstrantia fehlen , ausführlicher darstellen zu können. Doch ist die Arbeit über die Draben weit schwieriger zu gewältigen, indem sie beinahe über die ganze Welt verbreitet sind, nebst der unglücklichsten und gewiss verwickeltsten Literatur auch noch die Schwierigkeit vor- liegt, dass sie zumeist als kleine Pflanzen nur sehr wenige Unter- scheidungsmerkmale darbieten können, die oft verkannt und eben so oft überschätzt wurden, und in Folge dessen die Beschreibungen nur in den seltensten Fällen benützt werden dürfen, somit beinahe in allen Fällen den Besitz der beschriebenen Pflanzen nöthig machen und voraussetzen, wenn man ein richtiges Urtheil über das in der Literatur gegebene Materiale gewinnen soll. Diese alle zusammen zu bekommen ist eine nicht geringe Aufgabe fin- den einzelnen und nur mit Hilfe anderer Gönner und Freunde der Botanik auszuführen.

Um daher nicht gar weit in die ferne Zeit die Mittheilung meiner Bestrebungen hinauszuschieben und so zu sagen, ein Bild von meiner Monographie der Draben herauszugeben, ergriff ich die Gelegenheit die sich bei der Berichtigung der Bestimmung meiner A. carinthiaca (non Hoppe) darbot, und stellte die vorliegende Arbeit zusammen. Ich gestehe es offen, dass einer der Hauptzwecke dieser Arbeit ist, für die Monographie der Draben mir mehr Mate- riale als ich gegenwärtig besitze, namentlich an Draben, die ausser- halb des centralen Europa's einheimisch sind, zu gewinnen. Wenn ich dies erreicht habe, bin ich für die angewandte Mühe reichlichst belohnt. Nicht minder wollte ich zeigen, dass es unmöglich ist, mit einer solchen Arbeit über Draben in einer kurzen Zeit fertig zu werden, wenn sie nur einigermassen den Forderungen der Zeit entsprechen solle, denn nicht Jedermann ist vom Schicksale und der Stellung so begünstigt wie der berühmte Verfasser der Monogra- phie der Campanulaceen, und dieser widmete fünf Jahre ihrer Bearbeitung1.

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geboten ist, da z. B. einjährige, und Formen der Ebene devAstrantia fehlen , ausführlicher darstellen zu können. Doch ist die Arbeit über die Draben weit schwieriger zu gewältigen, indem sie beinahe über die ganze Welt verbreitet sind, nebst der unglücklichsten und gewiss verwickeltsten Literatur auch noch die Schwierigkeit vor- liegt, dass sie zumeist als kleine Pflanzen nur sehr wenige Unter- scheidungsmerkmale darbieten können, die oft verkannt und eben so oft überschätzt wurden, und in Folge dessen die Beschreibungen nur in den seltensten Fällen benützt werden dürfen, somit beinahe in allen Fällen den Besitz der beschriebenen Pflanzen nöthig machen und voraussetzen, wenn man ein richtiges Urtheil über das in der Literatur gegebene Materiale gewinnen soll. Diese alle zusammen zu bekommen ist eine nicht geringe Aufgabe für den einzelnen und nur mit Hilfe anderer Gönner und Freunde der Botanik auszuführen.

Um daher nicht gar weit in die ferne Zeit die Mittheilung meiner Bestrebungen hinauszuschieben und so zu sagen, ein Bild von meiner Monographie der Draben herauszugeben, ergrilF ich die Gelegenheit die sich bei der Berichtigung der Bestimmung meiner A. carinthiaca (non Hoppe) darbot, und stellte die vorliegende Arbeit zusammen. Ich gestehe es otfen, dass einer der Hauptzwecke dieser Arbeit ist, für die Monographie der Draben mir mehr Mate- riale als ich gegenwärtig besitze, namentlich an Draben, die ausser- halb des centralen Europas einheimisch sind, zu gewinnen. Wenn ich dies erreicht habe, bin ich für die angewandte Mühe reichlichst belohnt. Nicht minder wollte ich zeigen, dass es unmöglich ist, mit einer solchen Arbeit über Draben in einer kurzen Zeit fertig zu werden, wenn sie nur einigermassen den Forderungen der Zeit entsprechen solle, denn nicht Jedermann ist vom Schicksale und der Stellung so begünstigt wie der berühmte Verfasser der Monogra- phie der Campanulaceen, und dieser widmete fünf Jahre ihrer Bearbeitung.

Stur Beiträge Bu einer MiniuoTaphie des (Semis Astronli;

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H a i d i n g e r. Eine Leilform der Meteoriten. 52b

Eitie Leitform, der Meteoriten. Von dem w. M. W. Haidinger.

(Vorgelegt in der Sitzung am 19. April 1860.) (Mit 2 Tafeln.)

Ich erbitte mir heute das freundliche Wohlwollen der hoch- verehrten Gasse Für eine ganz specielle Betrachtung über gewisse Formen von Meteoriten, welche in sich selbst vollendet, die in Rede stehenden Stücke als etwas Vollkommenes, Ganzes, als Individuen in ihrer Art betrachten lassen , freilich die Individualität in ganz ande- rem Sinne genommen als in dem, welchen Mohs für die individuali- sirten Producte der Natur im Mineralreiche festgestellt hat.

Ich verdanke eine erneuerte Anregung, diese ganz specielle Thatsache zum Gegenstand einer abgesonderten Mittheilung zu machen, einem trefflichen Vortrage meines hochverehrten Freundes Herrn Prof. Dr. G. A. Kenngott in Zürich: „Über Meteoriten", gehalten in der Sitzung des dortigen wissenschaftlichen Vereines am 31. Oetober 1859, den er mir als Separatabdruck aus der Monat- schrift desselben freundlichst zusandte. Herr Prof. Kenngott, der während seines Aufenthaltes in Wien in seiner Stellung als Custos- adjunct am k. k. Hof-Mineralien-Cabinete die Gelegenheit zu Studien in der reichen dortigen Meteoritensammlung nicht versäumt hatte, war vorzüglich durch zwei Aufsätze des Freiherrn v. Reichen- bach in Poggendorff's Annalen angeregt worden, in seiner Ansprache mehrere der von demselben aufgestellte Hypothesen aus einem verschiedenen Gesichtspunkte zu betrachten.

Nur auf zwei dieser Abhandlungen beziehen sich Kenngott's Bemerkungen. Freiherr v. Reichenbach hat aber bis jetzt nicht weniger als zwölf verschiedene, und doch wieder in sich verbundene Abhandlungen rasch nach einander veröffentlicht3), die zusammen

*) 1837: I. Über den Meteoriten von Ha i n hol z, CI. 311, II. Zum Meteoriten von Hain holz, CIL 618, III. Über die Meteoriten aus dein Tolucathale in Mexico, 621 . 1858. IV. Über die Rinden der Meteoreisenmassen, CHI. 637, V. Über die Rinden der Meteorsteine, CIV. 437, VI. Die Meteoriten und die Kometen nach

526 Haidinger.

eine Art LehrbegrilT bilden, der aber sehr schwierig im Auge zu behal- ten ist, weil er eben in nicht weniger als eilf Poggendor ff- Heften vertheilt sich findet, und doch sind die vorgelegten Thatsachen und Ansichten so vielartig, wichtig und eigenthümlich, dass Jemand, der zum Leserkreise dieser Annalen gehört, selbe gleichzeitig im Auge behalten sollte, so bald wieder von Meteoriten die Rede ist. Herrn Prof. Kenngott's Betrachtungen beziehen sich nur auf die zwei Abhandlungen Nr. VI und Nr. VII. Ich durfte hier nicht die Thatsache des Bestehens dieser vielen Abhandlungen übergehen, wenn ich auch heute nur gelegentlich auf eine oder die andere Angabe stossen dürfte, indem ich es hier nur darauf abgesehen habe , einige Thatsachen mehr hervorzuheben, welche Einfluss auf spätere Betrachtungen des ganzen Phänomens äussern könnten , denn man muss es geste- hen, dass noch so manche Theile desselben sehr an Klarheit entbeh- ren, und dass der Satz unseres grossen Meisters (Kosmos I, S. 137), den man als Motto zu jeder Mittheilung über die Erscheinung der Meteoriten setzen sollte, gar sehr beherzigenswerth ist. „Auch in der Region des blos Mutmasslichen darf nicht eine ungeregelte auf alle Induction verzichtende Willkür der Meinungen herrschen." Gerade in dieser Beziehung ist es, dass Freiherr v. Reichenbach, in seinen, wieKenngott es ausdrückt „sich steigernden Hypothesen" dem letzeren viele Veranlassung zu sehr zeitgemässen und sachrich- tigen Bemerkungen gegeben hat. Nur fortgesetzte Studien der einzel- nen Thatsachen können uns allmählich zum Wahren führen.

Ich gebe nun die Bilder von zwei Exemplaren von Meteoriten, deren Oberfläche deutlich die Spuren einer der Perioden zeigt, durch welche sie hindurchgegangen sind, und zwar Fig. 1 bis 4, Taf. von Stannern in Mähren, von dem am 22. Mai 1808 stattgefundenen Falle , und Fig. 1 bis 4, Taf. II von dem von Gross-Divina, bei Budetin im Trentschiner Comitate in Ungarn, vom 24. Juli 1837.

Stannern. Das Exemplar gegenwärtig in dem k. k. Hof- Mineralien - Cabinete, ist in den vier Stellungen Fig. 1, 2, 3

ihren gegenseitigen Beziehungen,- CV. 438, VII. Über die Anzahl der Meteoriten und Betrachtungen über ihre Rolle im Weltgeba'ude, CV. 551 ; 1859: VIII. Die meteorischen Kiigelchen des Capitän Ca II um, CVI. 476, IX. Anordnung und Eintheilung der Meteoriten, CVII. 155, X. Über die chemische Beschaffenheit der Meteoriten, CVII. 353, XI. Über das Gefiige der Steinmeteoriten, CVIII. 291, XII. Über die Zeitfolge und Bildungsweise der niihereußestandtheile der Meteoriten.

Eine Leitform der Meteoriten. 527

und 4 auf der Tafel I von Herrn Strohmayer unter den Augen meines hochverehrten Freundes Herrn Directors Hörnes auf das Sorgsamste abgehildet. Die Grösse ist die natürliche. Das Stück wiegt 413/16 Loth. Es ist in des verewigten Part seh bekanntem wichtigen Werke: die Meteoriten u. s. w. folgendermaassen be- schrieben: „16 a. Ganzer, sehr merkwürdiger Stein, von einer Seite zugerundet, von der anderen kantig, auch von verschiedener Beschaffenheit der Rinde, welche, wo sie dicker ist, an den Kanten Hervorragungen bildet, die beim Festwerden der Rinde durch den Widerstand der Luft beim Herabfallen, und durch Verschiebungen an der damals zähflüssigen Oberfläche entstanden sein müssen. " Das Stück war von Herrn tschke für das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet im Jahre 1840 erkauft worden.

Wie es in der Tafel dem Auge dargestellt ist, entspricht es vollkommen der obigen Beschreibung. Aber man muss bei jeder Betrachtung von Meteoriten, um ein Verständniss der Formen und Zustände vorzubereiten, nothwendig von einigen Grundbetrachtungen ausgehen, welche selbst wieder durch die Erscheinungen bewiesen werden. Jene Betrachtungen sind: 1. Der Stein kommt fest aus dem ausserirdischen Räume; 2. seine Geschwindigkeit ist die grösste beim Eintritte in den Bereich der Erdatmosphäre; 3. er wird durch den Widerstand der Luft aufgehalten; 4. die Feuerkugel bildet sich durch das Zusammendrücken der Luft und die nothwendig erfolgende Rotation des Steines; 5. den Schluss dieser ersten Abtheilung der Bahn bezeichnet der Knall die sogenannte Explosion , indem der leere Baum innerhalb der Feuerkugel plötzlich von den umgeben- den Luftschichten ausgefüllt wird , wie ich diesen Vorgang in einer früheren Mittheilung am 3. Februar darzustellen versuchte.

Während dieses ersten Abschnittes des Vorganges wird die Rinde durch rasches Abschmelzen gebildet. Der auf der Tafel I abge- bildete Stein fuhr deutlich in der Richtung von A nach B Fig. 1 und Fig. 2 durch die Atmosphäre. Rund herum sieht man an der glänzen- den Rinde den überragenden Wulst bei C C. Von der Richtung B aus, gegen welche die Bewegung zu geht, ist der Stein in Fig. 4 abgebildet. Hier erscheint das netzartige Geäder der zäheflüssigen Rinde unter der Einwirkung der gleichförmig über die ganze Fläche verbreiteten entgegenwirkenden Atmosphäre. Der zusammengeblasene Riuilenwulst erscheint noch deutlicher auf Fig. 3 auf der Seite von

528 EUidinger.

welcher der Stein herkam, der früher von scharfen Kanten begrenzt war, die man hier noch erkennt, die aber auf der Fläche Fig. 4, der vorderen der Bewegung nach, mehr abgerundet erscheinen, weil sie mehr abgeschmolzen sind, und gegen die Rückseite Verblasen wurden.

Die Zeit des Durchganges durch die Atmosphäre bis zur Knall- katastrophe ist sehr kurz und währt in der Regel nur wenige Secun- den. Die steigende Temperatur, welche die Rinde hervorbringt, gehört ganz dieser Periode an. Aber der Stein kam, man kann dies wohl voraussetzen, durch und durch kalt, mit einer Temperatur viel- leicht von 100°C. unter dem Gefrierpunkte (nach Pouillet 140°) aus dem ausserirdischen Räume. Je nach der wärmeleitenden Kraft der Masse , aus welcher er besteht, erwärmt er sich schneller oder langsamer. Grosse Eisenmassen, wie die, welche im Jänner 1844 in Entre Rios im Caritas Paso am Flusse Mocorita in der Nähe der Corrientinischen Armee von 1400 Mann in der Gestalt einer längli- chen Feuerkugel herabfiel, über welche Herr R. P. Greg Nachricht gab (Philosophical Magazine, 1855, 16, p. 12), mögen ihrer Grösse und raschen Wärmeleitung wegen in einen glühenden Zustand ver- setzt werden. Jene Masse hatte, nach der Beschreibung des ersten Berichterstatters Herrn H. E. Symonds tief in die Erde eingeschla- gen, eine etwa 3 Fuss in jeder Richtung haltende Masse war noch über der Erde sichtbar, und diese letztere schien in der Nähe der Masse wie zu kochen. Die Herren Symonds und der General D. Joaquin Madauaga konnten sich dieser hellglühenden Masse der Hitze wegen nur bis auf 30 bis 36 Fuss nähern. Von der Oberfläche weg können gar wohl Eisenbrandkügelchen gebildet werden, wie dies Freiherr v. Reichen b ach für den von Capitän Ca 11 um auf- gesammelten, von Ehrenberg untersuchten , schwarzen, meteori- schen Staub in seiner Abhandlung Nr. 8 wahrscheinlich macht. Schlechte Wärmeleiter bleiben selbst bei äusserer Erhitzung im Innern noch k?.lt und so bald der Einfluss der Erhitzung aufhört, so bald nämlich der Knall erfolgt ist, die Feuerkugel verschwunden, so macht sich diese niedrigere Temperatur wieder geltend und gleicht sich mit der höheren der Rinde aus, so dass letztere also- gleich bedeutend erkalten kann , da die Knallerscheinung selbst noch in einer Höhe vorgeht, deren Temperatur in den meisten Fällen niedrig ist.

Eine Leitform der Meteoriten. 529

Massen wie die des Bokkeveld- oder Cap- Meteoriten vom 13. October 1838, über welche mein hochverehrter Freund Wohle r neuerdings höchst merkwürdige Thatsachen aufgefunden hat, die ich baldigst mitzutheilen hoffen darf, gehören wohl zu den schlechtesten Wärmeleitern unter den Meteoriten. Auch sie haben eine geschmol- zene Rinde, ganz- ähnlich selbst stellenweise mit den netzförmigen Zeichnungen an der dem Kopfe des dargestellten Meteoriten von Stannern, Tafel I, Fig. 4, wenn man es so nennen darf, angehörigen Flächen, aber sie ist ganz oberflächlich, und unter derselben unver- ändert bleibt die nahezu erdig aussehende ganz matte Masse, die bei 120° C. getrocknet, noch eine namhafte Menge Wasser enthält, das nur in der Glühhitze ausgetrieben werden kann.

Während des eigentlichen Falles auf die Erde, wo also der nun fertige Meteorit schon uns, unserem Planeten angehört, ist die Ge- schwindigkeit verhältnissmässig so gering , dass wohl kein neues Schmelzen der Rinde mehr möglich wird. Ich glaube diese Verschie- denheit in meinen Betrachtungen über den Fall des Meteoreisens von Hraschina (Sitzung am 14. April 1859, Sitzungsberichte XXXV, S. 361) klar hervorgehoben ztt haben. Wäre unter andern der abge- bildete Meteorit mit noch flüssiger Rinde angekommen, er könnte nicht so rein und glänzend sich darstellen, wie es wirklich der Fall ist, sondern er würde voll angeklebter Erde, Sand und anderer Ge- genstände sich finden.

Was aber dem abgebildeten Meteoriten ein besondeses Interesse verleiht, ist, dass man aus seiner Form und der Lage der Rinde, des Wulstes CC insbesondere entnimmt, dass die geäderte Fläche wäh- rend der ganzen raschen Fahrt durch die Atmosphäre im Räume vor- angegangen, dass sie die Fläche des „Kopfes" gebildet hat. Immer muss der Schwerpunkt im Räume voran. Hier zeigt das Bild ganz ein- fach, wo er liegt, wenn man die Figur von Fig. 1 und Fig. 2 durch eine Horizontalliuie in zwei gleiche Abschnitte zu theilen versucht. Der Stein konnte dabei rotiren, aber nicht vollständig unregelmässig umschlagen. Aber es folgt aus dieser Gestalt noch Eines: der in Rede stehende Stein ist nicht in der Atmosphäre erst zerborsten, er musste bereits in seiner gegenwärtigen Grösse, höchstens etwa um das Abgeschmolzene verschieden, in unsere Atmosphäre aus dem ausserirdischen Räume hereingefahren sein. Er zeigt uns das Ergebniss einer einzigen gleichartig fortschreitenden Bildungsperiode seiner

OoO Haidinger.

Oberfläche. Diese Thatsache ist wohl ganz dazu geeignet eine Modifi- cation in der Betrachtungsart des Vorganges bei Meteoritenfallen zu begründen. Gewiss nicht immer ist es Ein Meteor, das „explodirt" , und dessen Stücke sodann als Meteoriten herabfallen , sondern es kommen in vielen Fällen auch bereits Schwärme von einzelnen getrennten Theilen von Aussen in die Atmosphäre hinein, und die verschiedenen abgesonderten Knall-Erscheinungen gehören den ein- zeln zum relativen Stillstande gebrachten , oder um es genauer zu bezeichnen, für unsern Planeten festgehaltenen Theilen des Schwarmes an, der selbst im Ganzen Veranlassung zu einer Gesammt-Feuerkugel gab. Die problematische Natur der hiehergehörigen Erscheinungen glaubte ich, unter der Voraussetzung der Einheit in der Erscheinung der Feuerkugel, dahin deuten zu dürfen, dass ein Zerspringen durch Rotation stattfände. Ich möchte hier um Erlaubniss bitten ein Schlusswort nicht aussprechen zu dürfen. Was ich heute wünschte, besteht mehr darin, die Frage um Ansichten zu stellen, und an dem Tafel I gegebenen Steine eine der Erscheinungen allen Freunden der Meteoritenlehre vorzulegen , welcher die ähnliche Betrachtung des Gegenstandes nicht widersprechen darf.

Gr oss-Divi na. Viele Übereinstimmung in der vollkommen entgegengesetzten Beschaffenheit der Hauptflächen, aber doch wieder der inneren Beschaffenheit der Massen entsprechend , erhebliche Modificationen zeigt der einzeln bei Gross-Divina unweit Budetin im Trentschiner Comitate in Nordwest-Ungarn am 24. Juli 1837 gefal- lene Meteorit. Nicht der Stein selbst liegt mir zur Vergleichung vor, wohl aber die unter unseres verewigten hochverdienten Collegen Partsch sorgsamer Leitung von dem nun gleichfalls verewigten genauen Zeichner San dl er gefertigten Abbildungen beider Haupt- flächen, Fig. 1 und 2, so wie auch der von zwei gegenüberstehenden Seiten genommenen Ansichten Fig. 3 und 4. Diese Abbildungen, im Zweidrittel der natürlichen Grösse ausgeführt, waren es , welche mir als erste Anregung zu den heutigen Mittheilungen den lebhaftesten Eindruck machten, und von welchen mir nun mein hochverehrter Freund Director Hörnes Photographien, wieder in halber Grösse in der k. k. Hof- und Staats-Druckerei vortrefflich ausgeführt, über- gab, und die nun als Original zu der Ausführung der Lithographien vorliegen. Diese stellen also den Stein im dritten Theile der Grösse linear vor. Der grösste Theil jenes Steines von Gross-Divina, der

Eine Leitform der Meteoriten. 531

19 Wiener Pfund wiegt, befindet sich in dem k. ungarischen National- Museum zu Pest. Für das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet gelang es unserem verewigten Partsch nur ein ganz kleines Stückchen als Geschenk des Herrn «Johann L ottner, Pfarrers zu Gross-Divina, von 311/19 Loth zu erwerben. Der Stein „gehört", wie sich Partsch (Meteoriten pag. 79) ausdrückt, „durch seine Form und Überrindung und durch die Eindrücke an einem Theile seiner Oberfläche zu den merkwürdigsten Meteorsteinen. Herr Professor Sadler, Custos am National-Museum zu Pest, ist beschäftiget, über diesen und den Meteorstein von Milena in Croatien Notizen zu sammeln und diese nebst dem Resultate der chemischen Untersuchung der zwei Steine der wissenschaftlichen Welt bekannt zu geben". Man sieht es dieser Stelle an, wie schwer es unserem Partsch 1843 geworden ist, sich mit diesem Bescheide unbestimmten Aufschubes zu begnü- gen. Seitdem ist auch Custos Sadler nicht mehr, und es gelang demselben auch nicht die von Partsch in Aussicht gestellte Aufgabe zu lösen.

Einstweilen aber hatte doch Letzterer die Kenntniss der Form durch ein Gyps-Modell und die Zeichnungen für das k. k. Hof-Mine- ralien-Cabinet festgehalten, die ich nun der hochverehrten Classe vor- zulegen die Ehre habe.

Partsch hatte auch schon die entgegengesetzte Beschaffenheit der beiden Rinden -Flächen hervorgehoben, welche er als „theils ziemlich glatt" , theils als „höchst rauh" bezeichnet. In der allge- meinen Beschaffenheit schliesst dieser Meteorit nahe an die von Timo- chin, Zebrak, Eichstädt an.

Die Bilder zeigen nun auch deutlich die Verschiedenheiten, aber sie geben auch unmittelbar eben durch ihre Beschaffenheit einen Schlüssel zur Erklärung. Die Form des ganzen Steines ist wieder die eines Bruchstückes, das nur an der Oberfläche verändert ist. Nament- lich ist der in Fig. 1 scharf hervortretende Grat in der Richtung AB charakteristisch, der in Fig. 3 etwa in der Mitte wie CD, in Fig. 4 ander rechten Seite wie EF liegt. Die in Fig. 1 sichtbare breite Fläche ist der „Kopf" des Meteoriten, der aber eben des her- vorragenden Grates wegen in seiner mit kosmischer Geschwindig- keit durch die Atmosphäre gerichteten Fahrt in zweierlei abwech- selnden Lagen sich findet, einmal die Fläche AB GH voran, dann wieder, umkippend die Fläche AB JK als den schwersten Theil des,

532 H a i (1 i n K e r.

Steines im Räume voran. Ein solches Umkippen ist selbst aus der blossen Ansicht der Bilder sehr begreiflich, namentlich wenn man in Gedanken Fig. 1 abwechselnd mit den Lagen von Fig. 3 und Fig. 4 combinirt. Aber die grosse Fläche von nahe achtzig Quadratzoll drückt die Luft zusammen und erzeugt die den kalten Stein umge- bende Feuerkugel, deren flammenartige Spitzen in sich selbst zurückkehrend, so wie man den Raum unmittelbar hinter dem Steine in höchster Luftverdünnung sich denken kann , gerade die günstige Lage zur Abschmelzung der Oberfläche in gerundeten hohlen Angriffspunkten besitzen. Entsprechend dem Grat AB der Vorder- fläche Fig 1 erscheint auf der Rückfläche Fig. 2 die Linie LM als Begrenzung der Wirkung einer der beiden in abwechselnder Über- kippung wirkenden Lagen des Meteoriten in seiner kosmischen Fahrt durch die Atmosphäre. Diese rundlichen Anfangsgegenden der Abschmelztingsräume sind es, welche so ungemein grosse Ähnlich- keit mit Eindrücken menschlicher Finger in weiche Teigmassen be- sitzen, und welche auch häutig „Eindrücke" in den Beschreibungen genannt werden. Verfolgt man ihre Lage aufmerksam auf den Mete- oriten, so leiten sie sehr häutig auf die Lage des Steines während seiner kosmischen Fahrt durch die Atmosphäre. Ein Stein von l'Aigle, der mir in diesem Augenblicke vorliegt, von 1 Pfund 4 Loth Gewicht, im Hauptumrisse etwa birnförmig, aber gegen die spitzigere Seite zu etwas flach gedrückt, im Ganzen ein unzweifelhaftes „Bruchstück", aber die Kanten durch Schmelzung abgerundet, zeigt die rundlichen, sogenannten Eindrücke gerade auf den beiden breiteren Flächen des zusammengedrückten schwächeren Theiles. Ich möchte für sie nur den allgemeinen Ausdruck von „Vertiefungen" anwenden, da „Ein- druck" schon eine bestimmte, und hier gewiss nicht zulässige Deu- tung einschliesst. Diese Vertiefungen zeigen sich gerade an den während der Verfolgung der Bahn am meisten geschützten Stellen. Auch dieser l'Aigle-Stein, früher in der Sammlung der k. k. geologischen Reichsanstalt, ein Geschenk des Herrn Grafen A. B r e u n- ner, nun im k. k. Hof-Mineralieneabinet, ist ebenfalls wie die beiden vorhergehenden, von Gross -Divina und von Stannern, ein ganzer Stein, nicht ein durch Zerbersten während des Knalles, der soge- nannten Explosion , erst in seine gegenwärtige Gestalt gebrachter Bruchtheil eines grösseren Steinkörpers. Auch der l'Aigle - Steinfall geschah durch einen wahren Schwärm von Meteoriten.

Eine Leilfurm der Meteoriten. b 3 » J

Alle Meteoritenforscher sprechen von „ganzen Steinen 'S wenn diese rund herum überrindet sind. Was ich im Vorhergehenden als besonders merkwürdig hervorzuheben suchte , ist die Thatsache des beibehaltenen Gleichgewichtes einzelner derselben während des ersten Theiles ihrer Fahrt durch die Atmosphäre. Von dem Stan- nerner Steinregen findet sich eine Angabe, aus welcher Chladni schliesst, dass die Rinde anfangs weich und klebrig gewesen sei, weil ein Stein anfangs die Hand schwarz färbte (Feuer -Meteore, S. 288). Gewiss war die eigentliche Rinde nicht das was abfärbte, sondern ein zweiter Überzug, der während des zweiten Theiles des Falles, als ein schon der Erde angehöriger Körper, beim Hindurchfallen durch die Luft sich aufsammeln konnte. Einer der von den Herren v. Seh rei- bers und v. Widmannstätten protokollarisch vernommenen Män- ner hatte diese Thatsache angegeben. (Gilberts Annalen, 1808. Nachrichten von dem Steinregen zu Stannern u. s. w. Von Karl v. Schreibers. 1808.)

Die beiden Steine, dieser von l'Aigle und der oben Tafel II abgebildete von Gross -Divina stimmen mit einander und mit noch vielen anderen Meteoriten darin überein, dass die Rinde sie nicht ganz bedeckt, sondern dass Theile derselben fehlen. Einige dieser Stellen sind sehr auffallend auf den drei Figuren 1 , 3 und 4 der Tafel II. Rei Fig. 2 fehlen nur Stückchen an der unteren Kante des Rüdes. Da wo scharfe Kanten am Rande fehlen, sind wohl Splitter durch Hammerschläge abgetrennt worden. Auch sonst ist dies wohl durch das Autfallen auf feste Körper möglich. Aber man sieht sie auch an sehr geschützten Stellen, wenn auch meistens an der Vorderseite, wo sie wie durch eine Abtrennung von Innen heraus, wie abgesprun- gen sich ausnehmen. Auch hier möchte ich mehr fragweise der Thatsache gedenken, als eine Erklärung versuchen. Erscheinungen, die einigermassen zusammentreffen, sieht man manchmal an rasch gebrannten Thonwaaren, wie Mineralwasserkrügen u. s. w.

Hier schliesst eigentlich meine Mittheilung, aber der Gegen- stand ist so reizend, dass ich um Erlaubniss bitte noch eine Bemer- kung anzureihen, die sich auf eine frühere Periode der Bildung der Meteoriten bezieht, welche uns hier bei dem allerersten Eintritt in unsere Atmosphäre bereits mit den Eigenschaften wahrer Gebirgs- arten , wenn auch mit gewissen Eigentümlichkeiten gegeben werden. Was im Vergleich mit unseren irdischen Zuständen, im Vergleich mit

534 Haidinger.

dem Tage rasch und in wenigen Secunden vorübergegangen erscheint, welchen ganz andern Eindruck macht es, wenn man Zeiten und Maasse des Sonnensystemes anlegt. Die Entfernung der Sonne, bei 5 Meilen in der Secunde Geschwindigkeit für einen Meteoriten würde bis zur Erde nicht weniger als 4872 Tag erfordern, die etwa zwan- zigfache des Uranus, 22/3 Jahre! Aber nach aller Induction aus der Natur unseres eigenen Erdkörpers, unserer eigenen Gebirgs- Arten, war auch der Zustand der Meteoriten früher ein anderer. Des Frei- herrn v. Reichenbach Ausdruck: „ein Meteorit in einem Meteoriten", in der VI. der oben erwähnten Abhandlungen S. 444, von den so allgemein in Meteoriten verbreiteten „Kügelchen", ist wohl mehr glänzend gesagt als sachgemäss. Wir besitzen auch für Kügelchen - Bildung viele analoge, wenn auch immerhin etwas abweichende Fälle. Aber die erste Bildung der Kügelchen des Freiherrn v. Reichen- bach, frei im Räume, durch Aneinanderschliessen der ursprüngli- chen Theilchen zu festen, harten Körpern, selbst zu Krystallen ist es, bei welcher in der That auf alle Induction verzichtet wird.

EineThatsache wird freilich angeführt, welche ein solches An- einanderschliessen erläutern soll, aber ohne die vollständige genaue Nachweisung, und dies ist es, worauf ich hier die Aufmerksamkeit der hochverehrten Classe gern einen Augenblick fest halten möchte.

Freiherr v. Reichenbach gibt in seiner Abhandlung Nr. VI Seite 456 folgende Auskunft, die ich wörtlich anführen muss, da hier alles auf die diplomatische Genauigkeit ankommt: „Endlich muss ich an einen hieher bezüglichen Versuch eines englischen Physikers erinnern, dessen Name mir entfallen ist. Er pulverte Reissblei ganz fein, gab es in eine Röhre unter eine Luftpumpe und zog die Luft gänzlich aus. In diesem Zustande gab er dem Graphitpulver einige massige Schläge, mit denen er die lockere Masse zusammen trieb. Als er es aus der Pumpe hervornahm, war das Pulver so fest zusammengegangen, dass er es wieder schneiden und handhaben konnte, wie gewöhnlichen ganzen Graphit."

Eine Anmerkung sagt hier: „Siehe Ann. Ergänzungsband II, S.362. ?". Dieser Ergänzungsband ist aus dem Jahre 1846. Schade, dass nicht sogleich die Bemerkung hinzugefügt war, dass Freiherr v. Reichenbach das sehr wesentliche Bedingniss des Brocke- don'schen Verfahrens übergangen hat es war dem Freiherrn v. Reichenbach wohl zu gleicher Zeit mit dem Namen des scharf-

Eine Leitform der Meteoriten. 535

sinnigen Erfinders dieses Processes aus dem Gedächnisse entschwun- den— , dass man die aus der Pumpe hervorgenommene luftfreie Masse nun erst einem gewaltigen Drucke durch eine Presse unterwerfen muss , einem Drucke, der auf nicht weniger als 20000 Centn er geschätzt wird. Von dieser Gewalt werden mehrere Schläge gegeben. Poggendorff fand die Dichte eines Stückes zusammengepressten Graphites dieser Art = 2*316, während das des natürlichen Graphites in den mineralogischen Lehrbüchern zwi- schen 1-8 und 2*1 angegeben wird. Das untersuchte Stück hatte Herr Prof. Heinrich Rose durch die freundliche Vermittelung von Herrn Faraday von Herrn Broc ked on selbst erhalten. Es ist nicht gesagt auf wie viele Quadratzoll Fläche jener Druck von 20000 Centner ausgeübt wurde, doch sehr wahrscheinlich ist die zuberei- tete Masse nicht sehr gross, davon einem Stösser (plung er ) und einer starken Form (die or bed) von Stahl die Rede ist. Poggendorff führt als Quelle noch an: Chemical Gazette Nr. 80, wo es aus den Proceedings ofthe Geological Society genommen ist. Herr F. Sterry Hunt gibt in dem Geological Survey of Canada. Report for 1855, S.423: On Plumbago and its pnrification einen vortrefflichen Bericht über das Bro ckedo n'sche Verfahren, für welches derselbe bei der Ausstellung zu London im Jahre 1851 die „Council Medal" erhielt.

Eine Pressung von dieser Art fehlt gänzlich in dem luftleeren kos- mischen Räume und damit die letzte Spur von Analogie mit dem Zu- stande desfeinsten kosmischen Dunstes, welcheFreih. v. Reichenbach voraussetzt. Es fallen daher auch seine Schlüsse als gänzlich haltlos in Nichts zusammen, wenn er unmittelbar an das früher Erwähnte an- schliessend sagt: „Es folgt hieraus, welch grosses Hinderniss die atmo- sphärische Luft der Adhäsion getrennter Theile entgegensetzt und dass, so wie jene entfernt ist, es wenig bedarf, dass die Körper sich fest an einander hängen. Die Kometen und Meteoritentheile befinden sich im Welträume in absolut luftfreier Leere. Wenn sie nun einander genähert, durch Stoss oder Druck an einander getrieben und so in mancherlei Richtung vereint werden, so werden sie, später in unsere Atmosphäre und unter ihren Druck hereingebracht, nach jener Beobachtung sicherlich so fest an einander haften, als dort das Graphitpulver und folglich einen mehr oder weniger festen Stein ausmachen". Schlüsse dieser Art zu bilden, heisst wohl, um es mit H u in b o 1 d t's Ausdrucke zu bezeichnen, „auf alle Induction verzichten". Es ist schon etwas gewagt, wenn man

ÜJ{6 H a i d i n g e r. Eine Leitforrri der Meteoriten.

in jenem „Welträume" die Annäherung durch Anziehung des „kos- mischen Dunstes", der hei der niedrigen Temperatur weder gas- förmig noch tropfbar sein kann, sondern fest sein, aus festen kleinen Theilehen bestehen muss, wenn man nicht entweder einen vierten uns ganz unbekannten Zustand der Vertheilung annehmen will, oder den Weltraum von ungleichförmiger, an manchen Stellen sogar hin- reichend hoher Temperatur, um Alles, was uns das feuerbeständigste ist, in Gas zu verwandeln. Und auch für diese beiden Annahmen besitzen wir noch ebenfalls gar keine Analogien. Aber noch eine Reihe von Thatsachen spricht gegen die Hypothese des Freiherru v. Reichen bach, die wichtige Entdeckung meines hochverehrten Freundes, unseres hochverdienten Herrn General-Secretärs Professors S c h r ö 1 1 e r, die er selbst aus dieser Veranlassung in einem Gespräche mit mir hervorhob, dass nämlich schon bei 80 Grad unter 0 C. jede Einwirkung chemischer Verwandtschaft, selbst bei dem Druck unsere Atmosphäre gänzlich aufhört, indem Körper, welche sonst die gewal- tigsten Explosionen in ihrer Berührung hervorbringen, liier ganz wir- kungslos neben einander liegen, wie er dies schon vor vielen Jahren nachgewiesen hat. Mehr den uns bekannten und alltäglich zu beachten- den schmiegt sich die von mir bei einer früheren Veranlassung versuchte Darstellung i) an, vermöge welcher selbst im kältesten Räume feinste Stäuhchen sich allmählich zusammenballen können, bis der Grösse eines solchen Ballens auch ein Druck in der Richtung gegen den gemein- schaftlichen Schwerpunkt aller Theilchen entspricht, und damit der Beginn der Erwärmung, „die Rcact ion des Innern des Welt- körpers gegen seine Oberfläche" eintritt. Hier finden wir reiche Analogien, aber um mich nicht zu wiederholen, wo diese noch nicht vollständig verfolgt sind, wünsche ich nur jene frühere Betrach- tung der wohlwollenden Erinnerung der hochverehrten Classe empfoh- len zu haben. An dem gegenwärtigen Orte wünschte ich auch denjenigen Theil der Hypothese des Freiherrn v. Reichenbach etwas näher zu bezeichnen, der, auf ungenaue Angaben gegründet, gewiss von allen jenen Forschern nicht zugegeben werden kann, welche, wie mein hochverehrter Freund Professor Kenngott in dem erwähnten Vor- trage und so viele andere Kenner dieser Gegenstände in der Masse der Meteoriten die Zustände wahrer Gebirgsarten erkennen.

!) Der Meteorit, von Kakowsi u. s. w. Sitzungsberichte u. s. w. Bd. XXXIV, S. 11, 18S9.

MnidineVr. K ine Leit form der Meteoriten.,

Taf.l

Fig.J.

Fig.*

Stsumern, XI. Mai 1808.

•SiUuno-sb.d.k.Aka.l d \V malli n:itin V l'I.X I , Hd .\° 11. 1860. fie<Seiii{ber Seite 536«

Ilaidiiig'cr. Kine Leitform der Meteoriten.

Tal' II

Fig 2.

Gross. Drvina., 24. Juli 1837

Fig 3.

Fig.*.

Sitzungst .il k .\kad .d.W. math naliirw CLXl Bd \" II I8(i(l Gegenüber Seite 5 56.

SITZUNGSBERICHTE

KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.

MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.

XL. BAND.

SITZUNG VOM 26. APRIL 1860.

12.

37

537

XII. SITZUNG VOM 26. APRIL 1860.

Der Secretär legt zur Ansicht die erste Lieferung des von Herrn Heeger herausgegebenen Albums mikroskopisch -photographischer Darstellungen aus dem Gebiete der Zoologie vor.

Ferner zeigt der Secretär ungewöhnlich grosse Krystalle von Bor, welche Herr Gern er, Civil-Ingenieur aus Nord- Amerika, im Laboratorium der hiesigen k. k. Münze dargestellt hat.

Herr Karl Ritter v. Hauer überreicht die dritte Reihe seiner „Krystallogenetischen Beobachtungen".

An Druckschriften wurden vorgelegt:

Astronomische Nachrichten, Nr. 1249. Altona, 1860; 4°- Austria. Jahrgang XII, Heft 18. Wien, 1860; 8°- Cos mos, lXe annee, XVIe vol. 15e livr. Paris, 1860; 8°- Gazette medicale d'Orient. IVe annee, Nr. 1 . Constantinople, 1 860 ; 4°- Hebert, Note sur la craie glauconieuse ä Ammonites varians, A. rotho- magensis, etc. de Ronen, et les gres verts du Maine. Note sur la limite inferieure du lias et sur la composition du trias dans les departements du Gard et de l'Herault. Observations sur les phenomenes qui se sont passes ä la Separation des periodes geologiques. Note sur les caracteres paleontologiques de la craie de Meudon, suivie de nouvelles observations sur les rap- ports entre la craie chloritee de Meudon te les gres verts du Maine. (Sep. -Abdruck aus dem Bulletin de la Soc. geol. de France.) Und drei: Rapports faits a la section des sciences du comite des societes savantes. 8°*

37*

538

Istituto, I. R. , Veneto, di scienze, lettere ed arti. Tomo V, ser. III,

Disp. 5. Venezia, 1859-60; 8«- Lausitzisches Magazin, Neues, red. von G. T. L. Kirche. Band

XXXVI, Heft 4. Görlitz, 1860; 8°- Mi Ine, Edwards, Lecons sur Ia physiologie et l'anatomie comparee

de riiomme et des animaux. Tome IV, part. 2. T. V, part. 1.

Paris, 1859; 8»' Mittheilungen aus «Justus Perthes' geographischer Anstalt, von Dr.

A. Peter mann. 1860, IV. Gotha; 4°- Perini, Ag., Sulla malattia dominante dei bachi da seta. Roveredo.

1860; 8»' S o ci e te Vaudoise des sciences naturelles. Bulletin. Tome VI, Nr. 46.

Lausanne, 1860; 8°- Imp. des sc. nat. de Cherhourg. Memoires. Tome VI. Paris et

Cherbourg, 1859; S<>- Soc i ety,R.geographical of London. Proceedings. Vol. II, Nr. 3, 4,5

und Vol. IV, Nr. 1. London, 1860; So- Verein, niederösterreichischer Gewerbe-, Verhandlungen und Mit- theilungen. Jahrgang 1860, Heft 1, 2; 8°- Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Veterinärkunde, red.

von Prof. Dr. Müller und Prof. Dr. Roll. Band XIII, Heft 2.

Wien, 1860; 8«-

539

ABHANDLUNGEN UND MITTHEILUNGEN.

Krystalloge netische Beobachtungen.

II. REIHE. Von Karl Ritter v. Hauer,

Vorstand des ehem. Laboratoriums der k. k. geologischen Reichsaustalt.

(Mit 2 Tafeln.)

(Vorgelegt in der Sitzung vom 9. Februar 1860.)

In meiner letzten auf diesen Gegenstand bezüglichen Arbeit x) gelangte ich zu dem Resultate, dass ein Alaunkrystall, dem Flächen angeschliffen wurden, die den Formen des regulären Systemes ent- sprechen, sich in einer Auflösung des isomorphen Eisenoxyd-Ammo- niaksalzes wie ein natürlicher Krystall verhalte, dass er nämlich im Sinne der ihm aufgedrungenen Form darin fortwachse.

Durch diese Beobachtung war ein Weg für krystallogenetische Forschungen eröffnet worden, der speciell in solcher Moditication noch nicht betreten worden ist, einer ausgedehnteren Verfolgung aber werth erschien.

Schon die ersten Versuche als ich begann Chromalaunkrystalle in der Lösung einer isomorphen Substanz weiter krystallisiren zu lassen, verschafften mir die Überzeugung, dass es in dieser Weise gelinge willkürliche Formveränderungen mit einer Leichtigkeit und Vollständigkeit zu erzielen , wie dies bisher noch in keiner Weise hervorgebracht wurde. Ich werde im Folgenden Gelegenheit haben zu zeigen, mit welch' merkwürdiger Fügsamkeit die Krystallisation im

') Sitzb. d. k. Akad. d. Wissenseh. malhem.-naturw. Gl. XXXIX. Bd. S. 64.

540 v- Hau er-

fremden Mittel die angebrachten Formen des eingelegten Krystalles adoptirt, wie man es vollkommen in der Hand hat partielle und ganze Combinationen in allen Variationen der Ausdehnung zu erzeugen; ferner wie der Krystall Formen zur exacten Entwicklung bringt, die ihm durch blos in annähernd richtiger Lage beigebrachte Flächen gewissermassen nur angedeutet wurden, ja wie es endlich sogar mög- lich ist Formen zu erzwingen, die an der betreffenden Substanz nie von selbst auftretend beobachtet worden sind.

Als die Möglichkeit dieses beherrschenden Einflusses auf eine unter so strengen Gesetzen stehende Erscheinung wie jene der Krystallisation constatirt war, mussten sich zahlreiche Fragen auf- drängen, und namentlich die, wie weit im Allgemeinen dieser Ein- fluss innerhalb der Grenzen des tessularen Systemes sich erstrecke, welche also von den dahin gehörigen Combinationen dem Alaun auf- gezwungen werden können.

Die erschöpfende Beantwortung dieser und anderer Fragen kann indessen erst durch eine ausgedehnte Reihe von Experimental- versuchen gelöst werden, die, wenn auch eifrig verfolgt, doch unge- mein viel Zeit absorbiren. Weit entfernt daher einen solchen Stand- punkt erreicht zu haben, glaubte ich dennoch mit der Mitthei- lung der bereits erzielten Resultate nicht zögern zu sollen, da sie auch in ihrer Vereinzelung nicht ohne einiges Interesse sein dürften.

Bevor ich indessen zur Beschreibung der speciellen Thatsachen des hier in allgemeinen Umrissen angedeuteten Gegenstandes schreite, erscheint es wünschenswerth in Kürze jene Untersuchungen anzu- führen, welche von Anderen zu gleichem Zwecke unternommen worden.

Wakernagel scheint zuerst die Beobachtung gemacht zu haben, dass es überhaupt möglich sei auf rein mechanischem Wege die Entstehung einzelner Krystallflächen zu veranlassen. Er gibt an auf diese Weise an Krystallen von Kochsalz die Flächen des Dodekaeders erhalten, so wie an anderen Salzen, die er aber nicht näher bezeichnet, die gewöhnlich unterdrückten kleineren Flächen in einer vorzüglichen Grösse hervorgerufen zu haben. Auf diese kurze Notiz beschränkt sich indessen seine Mittheilung.

Als ein anderes vorzügliches Mittel gewisse seltenere Flächen zu erhalten, bezeichnet er das möglichst langsame Auskrystallisiren. Er behauptet durch Weiterwachsenlassen von grossen Steinsalz-

Krystallogenetisehe Beobachtungen. £J4 1

bruchstücken in dieser Weise das Entstehen von Flächen gesehen zu haben, die nur sehr selten vorhanden zu sein pflegen *)•

Mahrbach fand, dass an Krystallen von chlorsaurem und bromsaurem Natron die Flächen des Tetraeders und Pentagonaldode- kaeders künstlich hervorgerufen werden können, wenn man die Ecken und Kanten der Krystalle abschabt und in der gesättigten Lösung weiter wachsen lässt2).

Über die Art wie sich an Krystallen in Folge mechanischer Einwirkung secundäre Flächen bilden, hat auch Pasteur Unter- suchungen angestellt3).

Durch Tbeilung eines Krystalles von saurem, äpfelsaurem Ammo- niak und Einlegen in eine gesättigte Lösung erzeugten sich an den Spaltungstlächen der Hälften die Zuschärfungen sehr rasch, und auch andere Verstümmlungen ergänzten sich bald. Er fand, dass neben dem Wachsthume des Krystalles im Ganzen , eine vorzugsweise beträchtliche Ablagerung an der verstümmelten Stelle stattfinde4)-

An Krystallen des eben erwähnten Salzes so wie an solchen von ameisensaurem Strontian gelang es ihm ferner durch directes Anfeilen und Weiterkrystallisiren lassen gewisse Flächen entstehen zu lassen.

Endlich hat noch Senarmo nt mitgetheilt, dass er sich mit Untersuchungen beschäftige, wie verstümmelte Krystalle sich ergän- zen. Resultate dieser Arbeit wurden indessen bis jetzt nicht ver- öffentlicht*).

') Diese letzteren Versuche gehören nicht unmittelbar in den Kreis der hier angestellten Beobachtungen, doch wurde ihrer erwähnt, weil ich bei ähnlichen Untersuchungen zu diH'erirenden Resultaten gelangte. Ich bemerkte dass sich im Gegentheil Steinsalz- wiirfel ganz eigentümlich indifferent in einer Lösung1 von Chlornatrium verhalten. Ein Fortwachseii als Individuum fand nicht Statt sondern es setzten sich nur einzelne kleine Krystalle daran fest wie irgend an einen andern nicht homogenen Körper. Dieses Verhalten scheint in weiterer Instanz zu bestätigen, dass die aus einer wässerigen Lösung abgeschiedenen Krystalle von Chlornatrium und jene des Steinsalzes nicht auf gleichem Wege entstanden seien, wenn auch ihre Krystallgestalt und chemische Constitution dieselbe ist. Es ist eine Vermuthnng die längst schon wahrscheinlich gemacht war durch die bekannte Eigenschaft des letzteren beim Erhitzen nicht zu verknistern, und namentlich durch die Art seiner Ablagerung in der Natur.

-) Comptes rendus. 43. 70ö,

3) Annales de cbim. et de phys. (3) 49. Ji.

4) Die letztere Erscheinung habe auch ich an verschiedenen Salzen häufig wahrge- nommen. Am deutlichsten am Alaun, wie später gezeigt werden wird.

5) Lieb ig und K o p p 's Jahresbericht für 1856.

542 v- Ha u e '•

Eine grössere Anzahl von Versuchen sind hingegen bekannt, denen die Absieht zu Grunde lag mittelst specifisch chemischer Mittel auf die Krystallisation einzuwirken. Eine der interessantesten Arbeiten, die in dieser Richtung unternommen worden, ist die von Beudant1)- Es gelang ihm die Umstände zu ermitteln, durchweiche an einer Reihe von Salzen constante Formveranderungen erzielt werden können, namentlich am Alaun und anderen schwefelsauren Salzen. Die Art, wodurch dies erreicht wurde, bestand darin, die Lösung dieser Salze mit besonderen fremdartigen Substanzen zu ver- setzen. Die Citirung ähnlicher Arbeiten Anderer soll indessen im Anschlüsse an die von mir in gleicher Richtung gewonnenen Erfah- rungen einer späteren Mittheilung vorbehalten bleiben.

Die ursprünglichen Motive, die mich veranlassten zu diesen Versuchen Krystalle des Chromalauns nach der mechanischen Umän- derung ihrer Form in Lösungen des Eisenalauns weiter wachsen zu lassen, waren folgende:

Erstlich der beträchtliche Unterschied in der Löslichkeit beider Substanzen; die bedeutende Auflöslichkeit des Eisenalauns gestattet schon bei sehr massigem Abkühlen seiner Lösung in kurzer Zeit ein ergiebiges Salzquantum zur Ablagerung auf den eingelegten Krystall zu bringen, also auch bei sehr langsamer Krystallisation dennoch rasche Erfolge zu erzielen3).

Zweitens weil aus der Farbendifferenz beider Substanzen sich konnte genauer beobachten lassen, in welcher Weise die Krystall- molecüle der neuen Krystallisation das eingelegte Individuum über- lagern. Man sieht so sehr deutlich wie die über den verletzten Stellen des Krystalles sich ansetzenden Schichten immer viel dicker sind, als die gleichzeitig über den unveränderten Flächen entstehenden.

') Annales des ini lies.

2) Salze , welche mit steinender Änderung der Temperatur eiue sehr gesteigerte Auflöslichkeit zeigen, setzen natürlich heiin Sinken derselben eine entsprechende Salzmasse ab. In der Art dieses Auskrystallisirens existirt bei verschiedenen Ver- bindungen ein wesentlicher Unterschied. Es gibt nämlich solche welche hiebei viele kleine Krystalle absetzen , und andere welche in derselben Zeit ebenfalls ein betrachtliches Salzquantum, aber in wenigen grossen Krystallen vereinigt aus- scheiden. Man kann hienach rasch wachsende Krystalle von solchen , die sich nur langsam vergrössern, unterscheiden, insoferne auch die letzteren durch wiederholtes Einlegen in gesattigte Lösungen zur seihen Grösse aber in viel längerer Zeit gelangen können. Der Eisenalaun gehört nun zu den ersleren

Krystallngenetische Beobachtungen, 543

Es ergab sich als eine ganz allgemein giltige Thatsache, dass von jenem Salz-Quantum, welches eine Lösung in einer bestimmten Zeit ausscheidet, eine grössere Menge zur Regenerirung des fehlenden Theiles an einem Krystalle, eine kleinere hingegen zu seinem Gesammt- Wachsthume disponirt werde1)- Es erscheint von Wich- tigkeit diese schon mehrfach erwähnte Krystaliisationsthätigkeit her- vorzuheben, da sie zur Erklärung anderer Erscheinungen wesentlich beiträgt.

Die hier entwickelten Umstände sind indessen von secundärer Bedeutung; die absolute Abhängigkeit der Erscheinung überhaupt davon blieb noch eine fragliche. Es erübrigte nämlich noch festzu- stellen ob für die Erhaltung der künstlich erzeugten Form beim Weiterwachsen des Krystalles das stofflich verschiedene Medium (hier die Auflösung des Eisenalauns) wirklich nothwendige Bedingung sei, oder ob nicht rational angebrachte Flächen auch beim Verweilen des Krystalles in einer homogenen Auflösung in wirkliche Krystall- flächen überzugehen vermöchten.

Das letztere ist nun in der That nicht der Fall, wie der directe Versuch zeigte, oder nur ausnahmsweise in sehr untergeordneter Art.

Schneidet man z. B. einem Chromalaunkrystall eine Fläche an, die als auch von selbst vorkommend bekannt ist, etwa eine Würfel- fläche, und legt ihn in die gleiche Auflösung, so zeigt wohl die fort- gesetzte Krystallisation gewissermassen die Tendenz diese Fläche zu adoptiren, ohne indessen einen solchen Formzustand zu erreichen. Es setzen sich auf der angeschnittenen Fläche lauter kleine Krystall- molecüle an, die parallel mit ihr fortwachsen, so dass man viele ver- einzelte spiegelnde Punkte sieht, die sich alle im selben Niveau befinden. In eine ununterbrochene Fläche nach der ganzen Dimen- sion des Krystalles vereinigen sie sich aber fast nie , wie lange mau auch den Krystall in der Lösung lässt. Es stellt sich endlich die Spitze gänzlich her unter gleichzeitiger Vergrösserung des Krystalles. Innerhalb dieses Zeitraumes bis zur vollständigen Regenerirung der früheren Form existirt sonach kein Stadium, in welchem sich die angeschnittene Ebene als eine wirkliche Krystallfläche repräsentiren

') Ganz gleiche Erscheinungen in dieser Beziehung treten auch ein , wenn man einen lädirten Krystall in eine homogene Auflösung bringt.

!)44 v. Haue r.

würde. Es gilt dies für den Thonerde- und Chromalaim und ihre Gemische unter einander. Nur in äusserst seltenen Fällen konnte ich •<iuf diesem Wege das Entstehen von kleinen Flächen erzielen, die einer der am häutigsten von seihst vorkommenden Combinationen des Alauns angehörten.

An Eisenalaunkrystallen gelingt es häufiger einzelne Schnitte in einer homogenen Auflösung zur Ausflächung zu bringen. Am vollen- detsten zeigt sich indessen die Erscheinung zwischen heterogenen Substanzen.

Wird nämlich an irgend einem Alaunkrystall eine Flüche ange- feilt und er dann in eine gesättigte Auflösung des Eisenalauns gelegt, so besteht die erste Action der neuen Krystallisation darin, sie in eine spiegelnde, somit natürliche zu verwandeln; durch massiges Erkalten lassen der Lösung zumeist schon binnen weniger Stunden. Bei fortgesetzter Krystallisation entsteht auch hier wieder schliesslich die frühere Form, indem sich das Oktaeder bildet. Die angeschnittene Fläche bleibt aber fortwährend eine spiegelnde und ist nur entspre- chend der Zeit, welche man den Krystall in der Lösung lässt, grösser oder kleiner.

Hierauf basirt sich was bezüglich der Zeitdauer in der früheren Abhandlung erwähnt wurde, während welcher das Wachsen des Krystall es analog der aufgedrungenen Form seine Geltung habe. Sie ist in dem Falle, wo dem Oktaeder eine Würfelfläche beigebracht wurde, diejenige, welche erforderlich ist um die Gesammtdimensionen des Krystalles so zu vergrössern, dass die Oktaederflächen wieder in die Spitze zusammenlaufen. Ähnliches zeigt sich, wenn dem Kry- stall was immer für eine secundäre Form verliehen wurde, das End- resultat der fortgesetzten Krystallisation ist in allen Fällen die voll- ständige Herstellung der primären Form.

Alle künstlich erzeugten Combinationen sind also Durchgangs- stadien auf dem Entwickelungswege zum reinen Oktaeder. Während dieses fortschreitenden Ganges der Metamorphose repräsentirt sich der Krystall ununterbrochen als vollständiges Individuum, ausgestattet mit allen diesem Begriffe zukommenden Eigenschaften. Es wird hier- nach ersichtlich, wie es möglich ist diese oder jene Flächen vor- herrschend zu erhalten, indem man in dem entsprechenden Momente den Krystall durch Isolirung von der Flüssigkeit der weiteren Um- wandlung entzieht.

Krystallogenetische Beobachtungen. ö4o

Wie indessen leicht erklärlieh ist, würde die Regeneration der früheren Form nie mehr zu Stande kommen können, wenn das Wach- sen des Krystalles au allen Punkten seiner Oberfläche gleichmässig von Statten ginge. Nur dadurch, dass an der Schnittfläche sich eine relativ grössere Masse ansetzt, ist das stets Mieder eintretende Ver- schw indfii aller angebrachten Combinationsflächen möglich. Es muss auch hiebei bemerkt werden, dass jeder Alaunkrystall, an dem natür- lich auftretende Combinationsflächen gefunden werden, diese nach und nach zum Verschwinden bringt, so wie man ihn in eine gesät- tigte Lösung legt und ungestört weiter wachsen lässt1); dasselbe zeigt sich, wenn die letztere eine homogene ist, so wie in gleicher Weise im entgegengesetzten Falle.

Man muss hienach annehmen, dass, wenn solche Flächen von selbst auftreten, dies nur in Folge von Störungen in der Krystalli- sation geschehen konnte, die gewissermassen einen Stillstand in dem Wachsthume des Krystalles an der betreffenden Stelle bewirkten, während er im übrigen seine Volumszunahme fortsetzte.

Wir besitzen noch zu wenig Einsicht in die Verhältnisse, unter welchen die Construction eines Krystalles aus den kleinsten Mole- cülen zu Stande kommt, um nach einer bestimmten Erklärung for- schen zu können, wie jener Stillstand oder jene Verzögerung in der Krystallisation herbeigeführt werden, die nöthig erscheinen, um z. B. an der Oktaederspitze plötzlich das Entstehen einer Würfelfläche hervorzurufen. Allein es ist sehr wahrscheinlich, dass das Entstehen und Verschwinden solcher Formveränderungen nicht durch einen wirklichen Stillstand oder eine Verzögerung der Krystallisation an gewissen Stellen, sondern nur durch Umwandlungen der Richtung, nach welcher sich die Krystallmolecüle absetzen , herbeigeführt werden , wenn auch die eigentlichen Ursachen, die diese Richtungs- veränderungen bewirken, gänzlich unbekannt sind. Aus dem im Obigen angestellten Vergleiche, wie sich ein Alaunkrystall in einer homo- genen oder in einer fremden Lösung verhält, ergab sich ein wesent- licher Unterschied. Merkwürdiger Weise ist es indessen eine Eigen- schaft, welche speciell die Eisenalaunlösung gegenüber den anderen Alaunkrystallen zeigt, mechanisch beigebrachte Flächen in wirkliche

l) Directe Versuche haben dies zu wiederholten Malen gezeigt.

546 v- "i",e'-

Krystallfläehen umzuwandeln l). Auf diesem Wege ist es aber in sehr ausgedehnter Weise möglich, einen willkürlichen Einfluss auf die Formbildung des Krystalles auszuüben. Die letztere ist indessen nicht immer eine , mit der mechanisch hervorgebrachten Gestalt des ein- gelegten Krystalles absolut episomorphe. Es entsteht in vielen Fallen eine von der beabsichtigten verschiedene Form, die sich aber ohne frühere gewaltsame Umgestaltung des Krystalles von selbst nicht entwickelt hätte. Diese Form ist meistens, aber nicht immer, ein not h wendiges Durchgangsstadium auf dem Entwicklungswege zum Oktaeder. Der Einfluss auf das Resultat der fortgesetzten Kry- stallisation ist sonach nicht in allen Fällen ein directe bestim- mender. Die folgenden Thatsachen werden dies präciser beweisen. Eine interessante Reihenfolge von Combinationen, von denen eine in die andere übergeht, lässt sich gleichzeitig mit einer hieher gehörigen Erscheinung beobachten, wo nämlich die beigebrachte Form nicht adoptirt wird, wenn man einen Würfel schneidet, durch Abnehmen der Spitzen. Der Würfel als solcher erhält sich nicht, sondern in derselben Zeit, wie die Ausflächung der angefeilten Stellen erfolgt ist, treten auch wieder alle Oktaederflächen und Dodekaederflächen sehr klein angezeigt auf; das erste Stadium der neuen Krystallisation, wo der Krystall wieder von lauter spiegelnden Flächen umgeben ist, bildet hier eine vollständige Combination des Hexaeders mit dem Oktaeder und Dodekaeder, und zwar mit sehr vorherrschenden Flächen der ersteren, wie Fig. 1 zeigt2); also die Form, in welcher der Alaun häufig aus der mit Alkali versetzten Lösung anschiesst. Das Auftreten der Dodekaederflächen findet hier immer Statt, wiewohl ihr Erscheinen für die Metamorphose des Würfels in das Oktaeder nicht erforderlich wäre. Es ist diese Gestalt sonach eines der früher erwähnten Durchgangsstadien der Krystallisation, welches nicht unbedingt nothwendig wäre. In der That verschwinden auch die Dodekaederflächen gänzlich, so wie man den Krystall weiter

') Ein Chromalaunkrystall verhält sich in diesem Falle in der Lösung des Thonerde- alauns ehenso wie es für seine eigene Lösung früher gezeigt wurde; ein wirkliches Ausflächen der angebrachten Schnitte findet nicht Statt.

2) Herr S ehr au f, Eleve am k. k. physikalischen Institute, hatte die Güte alle dieser Abhandlung heigefügten Zeichnungen auszuführen. Er entwarf sie genau nach den ihm vorgelegten Krystallen; sie geben daher ein getreues Bild von dem Grade der Vollkommenheit, in welcher die beschriebenen Formen sich erhalten liessen.

Krystallogenetische Beobachtungen. ö4r7

wachsen Iässt, und es entsteht die Conibination des vorherrschenden Würfels mit dem Oktaeder, wie sie der Bleiglanz, Chlornatrium aus harnstoffhaltiger Lösung, Eisenkies u. a. m. zeigen. Später entwickeln sich die Flächen des letzteren mehr und mehr, bis beide in's Gleich- gewicht gelangen, wodurch also die Gestalt erreicht wird, die häufig am salpetersauren Bleioxyd und Bleiglanz sehr regelmässig ent- wickelt beobachtet wird. Das Wachsen in diesem Sinne schreitet nun unausgesetzt fort, indem die Oktaederflächen immer vorherrschender werden; als letztes Stadium bildet sich die Form1) wie in Fig. 2, die dann in das reine Oktaeder übergeht. Es versteht sich von selbst, dass , um diese verschiedenen Formen rein zu erhalten, schon der ursprünglich hiezu benützte Würfel möglichst symmetrisch geschnit- ten sein, und unter Umständen krystallisiren gelassen werden muss, die eine gleichzeitige Bildung nach allen Richtungen gestatten. Es gelingt dies in ausgezeichneter Weise, nach einer Methode, die wei- ter unten besprochen werden soll. Alle hier angeführten Zwischen- stadien vom Würfel bis zum Oktaeder lassen sich in gleicher Weise auch directe erhalten, ohne von ersterem auszugehen. Schleift man an dem Oktaeder zwei gegenüber stehende Hexaederflächen an, wie in Fig. 3, so werden sie unmittelbar spiegelnd und der Krystall adoptirt diese partielle Combination unverändert, wonach er ein Aus- sehen gewinnt, als ob er dem quadratischen Systeme angehörte.

Nimmt man aber die beiden Spitzen so weit ab, dass der Kry- stall dadurch tafelartig wird, so erhält man die folgende ganze Com- bination des Hexaeders und Oktaeders, bestehend aus den zwei sehr vorherrschenden Flächen des ersteren, die aufgedrungen wurden, und vier kleinen, die von selbst entstehen, wie sich aus Fig. 4 ergibt. Es tritt hier der sehr bemerkenswerthe Fall ein, dass der Krystall von selbst die vollständige Combination adoptirt, die ihm nur theilweise beigebracht wurde. Ich beobachtete diese Erscheinung fast jedesmal , so oft mindestens zwei der Würfelflächen so stark angezeigt wurden. Mehrt man ihre Anzahl, so treten die anderen um so bestimmter auf. Es ist dies unstreitig eine der interessantesten der hieher gehörigen Erscheinungen. Ihr Auftreten ist aber auch nur ein temporäres, da sie später wieder verschwinden, so wie die aufgedrungenen Würfelflächen kleiner werden.

*) Die Form, welche auch Zinnchlorid-Chloiammonium, Kobaltkies etc. zeigen.

548 v. Hauer.

Bringt man an dem Oktaeder die Dodekaederflächen an, so ent- stehen während sie sich ausglätten auch gleichzeitig alle Würfel- flächen, und zwar immer achtseitig, wie es die folgende Fig.S zeigt; nie durch die Dimensionen der ersteren begrenzt. Um diese Com- bination vollständig zu erhalten, müssen sämmtliche Flächen tief gegen den Mittelpunkt des Krystalles zu eingefeilt werden. Die Krystallisation hat eine entschiedene Tendenz die Dodekaeder- flächen wieder bald zum Verschwinden zu bringen, in weit höherem Grade, als es sich für die Würfelflächen zeigt1)- Zur stärkeren Entwicklung, als es die Zeichnung zeigt, bringt man sie nur, wenn man das reine Rhombendodekaeder ausschneidet. Das letztere scheint sich so wenig erhalten zu können wie der Würfel, und geht nach meinen bisherigen Erfahrungen immer in diese Combination über. Eine constantere Dauer haben die Dodekaederflächen, wenn man gleichzeitig alle Würfelflächen stark anschneidet. Man erhält so die Form, die sich am Alaun auch zuweilen von selbst, und sehr häufig am Bleiglanz zeigt. Werden dem Oktaeder alle Würfelflächen so stark angeschliffen, dass sie in Berührung kommen, so treten sogar einzelne Dodekaederflächen zuweilen von selbst auf, verschwinden aber sehr bald wieder. Es ist das eine ähnliche Erscheinung mit der, wie sie früher am Würfel nachgewiesen wurde.

Wenn sich, wie aus dem Angeführten hervorgeht, eine gewisse Abneigung zeigt, die Dodekaederflächen bestehen zu lassen, so bezieht sich dies nur auf ein gleichzeitiges Vorhandensein aller. Nicht so ist es bei einzelnen derselben, welche, wie in Fig. 6, mit Leichtigkeit aufgedrungen werden können.

Bisher hatte ich nur die Möglichkeit besprochen, einzelne Flä- chen und ganze Combinationen aufzudringen, die früher an dem Krystalle nicht angedeutet waren. Es ist begreiflich, dass sie nach dem Grade der ursprünglichen Regelmässigkeit des dazu verwende- ten Krystalles sich ebenfalls mehr oder minder der theoretisch rich- tigen Form annähern müssen. Man hat es aber nach dem beschrie- benen Verfahren überhaupt in der Hand , Krystalle von einer Regel- mässigkeit der Form zu erzeugen, wie sie von selbst, namentlich durch die präeipitirte Krystallisation in den Laboratorien nie entstehen.

i) Lässt man einen solchen KrystalJ weiter wachsen, so sind die DodeknederHächen langst verschwunden, während sich die Würfelflächen noch erhalten.

Krystallogenetische Beobachtungen. 549

In jedem unregelmässigen Oktaeder liegt nämlich gewisser- massen ein absolut reguläres, dessen Grösse durch jene des Kry- stalles überhaupt, und durch den Grad seiner Abweichung von der Symmetrie gegeben ist. Wenn man nun jene Flächen, welche durch Entfernung vom Mittelpunkte des symmetrisch gedachten Krystalles die Unregelmässigkeiten bilden , durch Abschleifen dem Centruin näher rückt, so ist es möglich ihn der idealen Form sehr ähnlich herzustellen. Eine wesentliche Bedingung ist es hierbei, der Neigung der betreffenden Flächen möglichst genau zu folgen. Da hier dem Krystalle keine Flächen aufgezwungen werden, die er nicht schon früher besass, so geht ihr Übergang wieder in natürliche, auch in einem homogenen Medium mit Leichtigkeit von Statten. Am vollstän- digsten wird der Zweck erreicht, wenn man den Krystall dann wäh- rend dein Weiterwachsen lassen in der Lösung suspendirt erhält. Das Aufliegen an einer Seite gibt, wie bekannt, stets wieder den Impuls zu einer unregelmässigen Bildung, die sich dann fortpflanzt, und auch durch öfteres Umwenden des Krystalles nie vollständig ver- mieden werden kann.

Weiden in weiterer Folge solche möglichst regelmässige Kry- stalle zur Anbringung der künstlichen Combinationen verwendet, so erhält man auch die letzteren von ausgezeichneter Schönheit. Es ist mir in dieser Weise gelungen, eine Reihe von Combinationen so präcis entwickelt zu erhalten, wie sie am Alaun wohl selten der Gegenstand wirklicher Beobachtung waren. Besonders für Formen, die erst aus dem Würfel geschnitten werden müssen, ist es nöthig ein Oktaeder von möglichster Regelmässigkeit zu haben, um den ersteren in erklecklicher Grösse zu erhalten.

Alle im Vorhergehenden berührten künstlichen Formverände- rungen hatten zum unmittelbaren Ziele, dem Krystalle eine Gestalt zu geben, die im Einklang stand mit den Gesetzen des Systemes dem er angehört. Die so verliehene Form war sonach eine rationale in rein krystallographischer Hinsicht *).

') Wenn man die eigentlichen Gründe kennen würde , die für jede Substanz auch innerhalb des Krystallsystems, dem sie angehört, nur gewisse Formen bedingen, so könnte manche hier als rational betrachtete Form es dann nicht mehr sein, weil man eben die Unmöglichkeit ihres Bestehens einsehen würde. Zur Zeit ist es indessen eine Frage, die empirisch entschieden werden muss.

550 v. H a u e r.

Ein weites Feld ist nun für ähnliche Untersuchungen in der Beziehung offen, dass auch ein unrational zugeschliffener Krystall im fremden Medium sehr bald durch wirkliche Krystallflächen ringsum begrenzt wird, wie es schon in meiner früheren Abhandlung ange- deutet wurde.

Unter irrationalen Schnitten hatte ich nicht eine planlose Ver- stümmelung des Krystalles verstanden, wodurch zumeist bedeutende Verzerrungen hervorgerufen werden, die indessen manchmal sehr merkwürdig sind.

Abgesehen hievon sind zwei Arten von unrationalen Schnitten zu unterscheiden, die einen wesentlich verschiedenen Einfluss auf das Resultat der fortgesetzten Krystallisation ausüben, und zwa**:

Erstlich solche, welche in ihrer Neigung von einer dem Kry- stalle möglichen Fläche etwas mehr oder weniger abweichen, und daher in diese übergehen können.

Zweitens aber Anschnitte, die dem Krystalle eine Form ver- leihen, aus der er nur durch Bildung mehrerer verschiedenartiger Flächen zu einer ihm möglichen Gestalt gelangen kann. Betrachten wir die dabei auftretenden Erscheinungen näher:

Schneidet man einem Oktaeder die Spitze in der Art ab, dass dadurch eine schiefe Ebene entsteht, und lässt ihn weiter krystalli- siren , so macht sich die neue Krystallisation unmittelbar in der Art geltend, diese Fläche wieder in eine wagrechte zu verwandeln, indem sich an den tiefer gelegenen Punkten eine grössere Masse von Mole- cülen ablagert. Gleichzeitig sieht man an der entgegengesetzten Stelle, also an der, der früheren Spitze zunächst gelegenen, einen Krystallspiegel entstehen, welcher successive grösser wird, so wie die Mulecüle sich der wagrechten Linie nähern.

Die schief angeschnittene Ebene geht also in eine natürliche Krystallfläche über, indem ihre widersinnige Neigung durch ungleiche Massenanhäufung ausgeglichen wird.

Es ist begreiflich, dass die in solcher Weise entstehende Wür- felfläche kleiner ausfallen muss, als wenn sie schon unmittelbar auch von gleicher Dimension , aber in richtiger Lage angebracht worden wäre. Im ersteren Falle erfordert nämlich die Erreichung der rich- tigen Lage eine längere Zeit als die blosse Ausglättung im zweiten, worin die notwendigen Actionen bestehen, welche die Umwandlun- gen der Schnitte in natürliche Krystallflächen bewirken. Der Krystall

Krystallog'enetisclip Reobarhhingen. 551

ist sonach im ersten Falle auch länger der immer gleichzeitig ange- strebten Regenerirung des Oktaeders ausgesetzt.

Was hier auseinandergesetzt wurde, ist wohl eine nothwendige Consequenz der übrigen Beobachtungen in dieser Richtung, allein es schien nbthig speciell darauf aufmerksam zu machen, weil diese Vorgänge von entscheidendem Einfluss auf das Gelingen des Experi- mentes selbst sind.

Strenge genommen ist fast jede durch eine mechanische Ope- ration hervorgebrachte Fläche eine unrationale im obigen Sinne, weil das Anschleifen, namentlich aus freier Hand nie mit obsoluter Correctheit ausgeführt werden kann. Es ist um so weniger möglich, je mehr schon der dazu verwendete Krystall von der symmetrischen Form abwich, indem die angeschnittenen Flächen, genau den Ver- zerrungen des Krystalles folgend, hergestellt sein müssten. Der Moment nun, wo eine schon in richtiger Lage befindliche Fläche mit einem spiegelnden Überzug der neuen Krystallisation bedeckt er- scheint, und andererseits eine unrational angebrachte in die richtige Stellung mit der gleichen Eigenschaft übergangen ist, bezeichnet das Stadium der vollendeten Umwandlung einer künstlichen in eine natürliche Krystallfläche. Dieser Moment der fortschreitenden Kry- stallisation, in welchem sich der Krystall wieder als unverletztes Individuum repräsentirt, soll als der der geometrischen Aus- gleichung bezeichnet werden.

Der so erzielte Formzustand ist aber, wie es schon aus den angeführten Beispielen ersichtlich wurde und gleichmässig für alle anderen Fälle geltend ist, ein temporärer, wenn die Krystallisation nicht unterbrochen wird, da sich stets die ursprüngliche Form wieder herstellt. Es geht hieraus im Allgemeinen hervor, dass alle künstlich hervorzurufenden Flächen um so prägnanter erscheinen und um so länger dauernd erhalten werden können, je mehr sie der erforderli- ehen Lage anpassend, und je tiefer gegen den Mittelpunkt des Kry- stalles zu hergestellt werden.

Die Erfahrung ferner, dass auch ein von dergesetzmässigen Rich- tung abweichender Anschnitt durch ungleiche Massenanhäufung wäh- rend der Krystallisation ins Gleichgewicht gebracht wird, macht es im Ganzen ungemein leichter künstliche Formcombinationen darzustellen, als es von vorneherein vermuthet werden könnte. In den meisten Fällen genügt schon ein nur annähernder Grad von Präcision; es ist nur Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 12. 38

J)52 v. Haue r.

erforderlich nicht so weit die Fläche von der genauen Lage abwei- chend anzubringen, dass ihre geometrische Ausgleichung mit dem Verschwinden zusammenfallen müsste.

Mit wenigen Ausnahmen wurden die in der vorliegenden Abhand- lung beschriebenen Formen lediglich durch Anfeilen aus freier Hand erhalten, wo von grosser Genauigkeit, wie ich schon erwähnt habe, nicht die Rede sein kann.

Es erübrigt nunmehr noch den zweiten Fall unrationaler For- men näher zu betrachten.

Wenn dem Krystalle eine Form verliehen wird, die den Gesetzen des tessularen Systemes auch nicht annähernd entspricht, so treten alle die möglichen Flächen auf, welche die Schnitte durchschritten haben. Es entsteht also die im Räume zunächst liegende Combination mit entsprechend verschiedener Ausdehnung der sie constituirenden Flächen. Werden solche Schnitte auf mehreren Seiten gleichförmig angebracht, so erhält man eine Form, die in ihrer Unsymmetrie den- noch eine gewisse Regelmässigkeit zeigt.

Schneidet man z. R. aus dem Oktaeder einen Würfel in der Art, dass er durch 2 Hexaeder- und 4 Dodekaederflächen begrenzt ist, so treten die dadurch zum Verschwinden gebrachten Oktaeder- flächen alsogleich auf und man erhält die folgende Gestalt (Fig. 7) so regelmässig wie es die Zeichnung darstellt.

In Fig. 8, 9 und 10 sind beispielsweise einige sehr abnorm ver- zerrte Krystalle abgebildet, wie sie entstehen, nachdem unrationale Schnitte in verschiedenen Richtungen ganz ungleich angebracht wurden. Diese Gestalten sind in so ferne von Interesse, weil sie die Intensität des Restrebens ersichtlich machen, welches die Krystalli- sation im fremden Medium zeigt, auch einen ganz planlos verstüm- melten Krystall möglichst bald durch wirkliche Flächen zu begrenzen.

Eine weitere Frage, mit deren Lösung ich mich im Laufe dieser Untersuchung beschäftigte, war, ob hemiedrische Gestalten darzu- stellen seien. Rezüglich des Tetraeders habe ich folgende Erfahrun- gen gemacht. Das reine Tetraeder kann so wenig bestehen, als der Würfel und das Rhombendodekaeder; mit grosser Leichtigkeit lassen sich hingegen Übergangsstadien desselben zum Oktaeder erhalten. Mit der Austlächung des Krystalles tritt nämlich immer auch gleich- zeitig das zweite Tetraeder auf. Ein solches Übergangsstadinm, wie es in Fig. 11 dargestellt ist, erhielt ich durch Herausfeilen des Tetra-

Krystnllogenetisohe Beobachtungen. DO?»

eders aus dem Würfel, aber nur so weit, dass die Würfelflächen nicht zum völligen Verschwinden kamen. Eigentümlich ist das Ver- halten der Würfelflächen, wenn man einen solchen Krystall weiter wachsen lässt. Sie nehmen anfänglich in ihrer Dimension zu, später verkleinern sie sich aber, und es resultirt endlich das Oktaeder mit G kleinen Würfelflächen , wie es früher in Fig. 2 dargestellt wurde.

Eine Gestalt wie in Fig. 12 erhält mau, wenn einem Krystalle, wie er in Fig. 11 dargestellt ist, eine Spitze tief abgeschnitten wird. Feilt man ein Tetraeder aus dem Würfel rein heraus, so dass die Flächen des letzteren vollkommen verschwunden sind, so treten sie von selbst wieder auf, aber nur sehr klein angezeigt, lind verschwinden wieder bald. Man erhält dann die Form Fig. 13, in welcher das Schwefelantimon- Schwefelnatrium und derBoracit öfter auftreten. Es versteht sich von selbst, dass für die Darstellung solcher Formen der ursprüngliche Alaunkrystall gross sein muss, weil schon der daraus erhaltene WTürfel verhältnissmässig klein ausfällt.

Ich schliesse biemit diese Reihe von Beobachtungen und werde erst in einer späteren Mittheilung eine weitere Anzahl von Formen, die sich in ähnlicher Art erhalten lassen, anführen.

Es sollen nur noch einige Andeutungen über das Verfahren der mechanischen Manipulation, bei Darstellung solcher künstlich umgeformter Krystalle gemacht werden. Für das vollständige Ge- lingen des Experimentes sind sie von Wichtigkeit.

Aus den früher mitgetheilten ergab sich zur Genüge, dass der Übergang einer künstlichen in eine natürliche Fläche im Allgemeinen das Kleinerwerden derselben bedinge; es ist daher nöthig sie in be- trächtlich grösseren Dimensionen anzubringen, als sie eigentlich be- absichtigt wurden. Um daher überhaupt deutlich entwickelte Formen zu erhalten, ist es nöthig ziemlich grosse Krystalle anzuwenden, weil dann die Möglichkeit geboten ist, die Schliffe stark markiren zu können.

Ich arbeitete mit Alaun-Krystallen von mehr als einen Zoll im Durchmesser, für die Darstellung aber von Combinationen welche erst aus dem Würfel geschnitten werden müssen, mit noch beträcht- lich grösseren. Ist es nöthig grössere Fragmente des Krystalls zu entfernen, so schneidet man sie mit einer feinen Metallsäge ab. Die Schnittfläche gleicht man nachher mit einer Feile aus und kann sie schliesslich auf einer matt geschliffenen Glasplatte poliren. was in

38*

554 v- Hauer. Kryslallogeuetische Beobachtungen.

den meisten Fällen übrigens nicht einmal nöthig ist. Alle übrigen Flächen erzeugt man am besten direct durch die Feile. Wendet man solche an, die fein gehauen und sehr breit sind, wodurch die Fläche ihrer ganzen Dimension nach gleichzeitig berührt wird, so lässt sich am leichtesten ihre richtige Lage erzielen. Um den Krystall dabei in einer bestimmten Stellung zu erhalten, bedient man sich zweckmäs- sig einer mittelst Schrauben verschliessbaren Klemme, die mit Kork- platten gefüttert ist. Wird der Krystall dann in die gesättigte Lösung gebracht, so ist einige Vorsicht nöthig. Erstlich darf man ihn nicht zu lange darin verweilen lassen, damit nicht einige der angebrachten Flächen wieder verschwinden. Um die sehr präcipitirte Krystallisa- tion die hier stattfindet nicht noch zu vermehren, darf die Lösung gar nicht oder nur um ein unbedeutendes abgekühlt werden. Was im Allgemeinen die Erfahrung lehrte, für Darstellung gut krystallisirter Substanzen, dass sie nämlich um so schöner sich entwickeln, je lang- samer sie entstehen, gilt auch hier. Die aufzudringende Form wird um so vollständiger adoptirt, je mehr eine rasche Krystallisation ver- mieden wurde. Bevor man den Krystall daher in die Lösung des Eisenalauns bringt, muss man sich auch die Überzeugung verschafft haben, dass sie sich nicht in einem Zustand der Übersättigung befinde. Das Einlegen des Krystalles ferner nach gewöhnlicher Weise führt hier nicht zum Ziele. Um die Ausflächung auf allen Seiten zu ermöglichen, müsste man ihn öfters umwenden, wodurch die Dauer seines Verweilens in der Auflösung zu sehr verlängert wird. Es ist nöthig, wie erwähnt wurde, ihn darin suspendirt zu erhalten. Man erzielt das am zweckmässigsten, wenn man den Krystall mittelst einer an der Spitze befeuchteten Rundfeile anbohrt, ein Stäbchen in der Öffnung durch ein paar leichte Schläge befestigt und an die- sen den Krystall in die Lösung hängt. Der Krystall setzt sich dann mit ungemeiner Festigkeit an, besser als es durch irgend ein Klebmit- tel gelingt. Es gibt dieses Verfahren gleichzeitig ein zweckmässiges Mittel den Krystall gut aufstellen und unversehrt aufbewahren zu können, wie es sich aus der beigefügten Zeichnung ergibt. Der Eisen- alaun verwittert bekanntlich leicht und muss sorgfältig von der Luft abgeschlossen werden, was durch Bestreichen des Korkes, der die Eprouvette verschliesst , mit einer Harzauflösung vollständig erzielt wird.

Hauer. Krv.stallofeneti.sche Beobachtungen.

Taf.I.

Fig. j.

Fig. 6.

Piff- 7-

Fig. f.

Aus <l k k Hof-u Staats dmckeiei Sit/,iiiio-sb.(l.k.Aka(l. d.W. math. nnturw. C1.XL. Bd.N'K. 1860.

Hauer. Krystallng'eneti.sche Beobachtungen .

Tal". II

Tig.S.

Fig. /O.

Sitzung-sb.ifeAkad.d.W.Tnath.natuTw.Cl.XL. Bd 81*12.1860.

S t ei u dachner. Beiträge zur Kenntnis« der f'oss. Fischfauna Österreichs. 555

Beiträge zur Kenntniss der fossilen Fischfauna Österreichs.

(Drille Folge.)

Von Franz Steindach ner.

(Vorgelegt in der Sitzung vom Tl. März 1860.) (Mit & Tafeln.)

I. Über einige fossile Fische des Wiener Beckens.

ZWEITE« THE1L.

Ordo Malacopleri. Familia Ciupeidae»

Da an den kleinen Clupeiden aus dein Tegel von Hernais die Bezahnung oder der gänzliche Mangel von Zähnen an den verschie- denen Knochen der Mundspalte nicht ermittelt werden kann, ist die Einreihung derselben in eine der von Valenciennes aufgestellten Gattungen der Clupeiden mit grossen Schwierigkeiten verbunden. Die schlanke Körpergestalt, die Stellung der Flossen, das Vor- handensein zarter Kielrippen und die dünnen, glänzenden Schüppchen mit fein gekerbtem Bande, von welchem längs des freien Schuppen- feldes zarte Badien der Schuppenmitte zueilen, ohne sie aber errei- chen zu können, die also in Gestalt und Textur von den Schuppen der Meletten bedeutend abweichen, veranlassen mich, nicht ganz ohne Grund, die bis jetzt aufgefundenen Clupeiden-Beste der Gattung Clupea Cuv. einzureihen, zumal sie sich in vielen Punkten der fos- silen Clupea Haidingeri Heck, nähern und jedenfalls grössere Kie- ferzähne entbehrten. Die derzeit aus dem Hernalser Tegel aufge- fundenen Clupeen gehören zwei einander ähnlichen, jedoch durch bedeutende Verschiedenheiten in den Längen- und Höhenverhält- nissen leicht von einander zu unterscheidenden Arten an. Diese sind:

536 Stein dtchner.

1. Clupea elongata n. sp.

Taf. I. Fig. 1.

Der Clupea Haiding eri Heck, aus dem Steinbruche von Mar- garethen in der Beschuppung und Stellung der Ventralen sehr ähnlich, unterscheidet sich Clupea elongata von dieser, abgesehen von der absolut viel geringeren Grösse der hier zu beschreibenden Art, durch die viel gestrecktere Körpergestalt, die sehr geringe Breite des Leibes und die nur sehr schwach entwickelten Kielrippen,

Besohreibung.

Die allgemeine Gestalt des Fisches ist sehr gestreckt und com- press, die Kopflänge fünfmal in der Totallänge (die Caudale stets mitgerechnet) enthalten. Die grösste Leibeshöhe liegt unmittelbar beim Beginne der Dorsale und vermag die Kopflänge lange nicht zu erreichen, da sie mehr als siebenmal in der Totallänge enthalten ist, während die Kopfhöhe selbst zwei Drittheilen der Kopflänge gleicht.

Die Bänder der Augenhöhlen lassen sich an dem auf Taf. I, Fig. 1 abgebildeten Exemplare ziemlich klar erkennen, woraus sich der Längendurchmesser des Auges gleich einem Drittheile der Kopf- länge ergibt. Am oberen Augenrande ist noch ein Fragment des Stirnbeines , am unteren ein ziemlich grosses Bruchstück eines Unteraugenknochens erhalten, welcher letztere den zweiten, grössten Bestandteil des Suborbitalringes gebildet haben dürfte. Von allen übrigen Knochen des Kopfes Hessen nur die Kiefer- und Deckelstücke einige, wenn gleich sehr schwache, doch noch erkennbare Abdrücke auf der Tegelplatte zurück. Die Wirbelsäule wird von mindestens fünfzig Gliedern gebildet, von denen nur einige der vordersten Abdominalwinkel (jedoch nicht ganz vollständig) erhalten sind. Von allen übrigen Wirbeln sind nur Abdrücke, jedoch von ziemlicher Stärke, vorhanden.

Die oberen Dornfortsätze der im vordersten Drittel der Wirbel- säule liegenden Wirbelkörper stehen sehr geneigt zur Wirbelsäuleu- axe; die der nächstfolgenden erheben sich allmählich, so dass die Dornfortsätze der ersten Caudalwirbel nur mehr einen Winkel von beiläufig 48 Graden mit der Wirbelaxe bilden; die der noch übrigen Schwanzwirbel endlich neigen sich in derselben Weise als die voran-

Beitrüge zur Keniitniss der fossilen Fischfauna Österreichs. 557

stehenden Dornfortsätze sich erhoben, wieder zur Axe der Wirbel- säule hinab. Die unteren Dornfortsätze sind durchschnittlich kürzer als die ihnen entsprechenden oberen Bogenschenkel. Rippen und Muskelgräten sind wie bei allen Clupeen in grosser Zahl vorhanden, lang und sehr zart. Die Rippen dürften bei allen Abdominalwirbeln mit Ausnahme der drei oder vier ersteren vorkommen.

An den tiefstehenden Brustflossen vermag ich nicht mehr als höchstens 12 Strahlen (in jeder Pectorale) zu erkennen, deren längster 21/2mal in der Kopflänge enthalten ist. Von der Dorsale sind neun Strahlen (theilweise nur im Abdrucke) sichtbar, welche aber bezüglich ihrer Länge vollständig erhalten sein dürften.

Die Bauchtlossen, jede aus 8 oder 9 Strahlen gebildet und noch mit den sogenannten Beckenknochen in Verbindung, stehen in senk- rechter Richtung in ganz geringer Entfernung hinter der Dorsale, gerade in der Mitte der Totallänge des Körpers; vielleicht würde sogar der erste Bauchflossenstrahl bei vollkommener Erhaltung der Dorsale senkrecht unterhalb des letzten Dorsalstrahles zu stehen kommen.

Von der Caudale ist nur der obere Lappen in seiner ganzen Ausdehnung gut erhalten. Dieser zeigt 3 bis 4 Randstrahlen (welche sich auf den sehr kurzen oberen Dornfortsatz des letzten und auf den ziemlich langen, stark geneigten, oberen Dornfortsatz des vor- und drittletzten Oaudalwirbels zustutzen scheinen, die sich mit ihrem oberen Ende an einander legen), aufweiche mindestens noch 9 Flos- senstrahlen bis zur Schwanzflossenmitte folgen, deren längster 3/4 der Kopflänge erreicht. Diese 9 Caudalstrahlen stützen sich auf die beiden, ziemlich breiten Platten der hinteren Wirbelhälfte, zwischen und an welche noch mehrere kleinere Platten eingelagert oder ein- gekeilt gewesen sein mögen, deren Zahl aber nicht angegeben wer- den kann, da die Umrisse ihrer Gestalt nur theilweise in schwachen Abdrücken angedeutet sind. Die zarten, runden und hellglänzenden Schüppchen Hessen nur hie und da einige Reste und wenige, aber ziemlich deutliche und vollständige Abdrücke zurück; hauptsächlich aus letzteren ersieht man , dass sie vollkommen rund und am freien Ende fein gekerbt waren. Von der tiefsten Stelle einer jeden solchen Kerbe ziehen zarte Linien räderförmig, etwas convergirend , bis in die Nähe der Schuppenmitte. Das bedeckte Schuppenfeld, so weit es bei einigen aus ihrer natürlichen Lage gebrachten Schuppen sieht-

5bS Steindachne r.

bar ist, zeigt bei bedeutender Vergrösserung leichte Spuren einer transversalen, spärlichen Streifung.

2. dupca nielettacloruiis n. sp.

Diese zweite, der so eben beschriebenen Clupea elongata m. sehr nahe stehende und aus demselben Fundorte stammende Art besitzt eine etwas höhere Leibesgestalt als jene, da sie viel kürzer ist, und ähnelt insoferne einer Meletta, doch stimmt sie in der Beschuppung, Wirbelzahl und Grösse der Augen so genau mit Clupea elongata überein, dass sie wie jene in die Gattung Clupea eingereiht werden muss. Von der zuerst beschriebenen Art unter- scheidet sie sich, abgesehen von ihrer kürzeren Gestalt, auch noch durch die Stellung der Bauchflossen, da diese noch in der vorderen Hälfte der Leibeslänge liegen.

Beschreibung:.

Die allgemeine Gestalt dieses Fisches ist spindelförmig und weniger gestreckt als bei Clupea elongata, da die Kopflänge nur viermal in der Totallänge enthalten ist. Die Kopf höhe gleicht 3/5 der Kopflänge, die grösste Körperhöhe ~/u der Gesammtlänge des Fisches (mit Hinzurechnung der Caudale). Indem die Schuppen und Rippen über das Bauchprofil hinausragen, erscheint die Gestalt dieser Clupea auf den ersten Blick noch höher und die Rippen weniger gebogen als es im Leben der Fall war. Von den Kopfknochen sind nur noch einzelne Fragmente des zarten Ober- und Unterkiefers und der Deckelstücke erhalten. Die Augenhöhle ist eben so gross wie bei der früher beschriebenen Clupea; ihr Längendurchmesser beträgt wie dort den dritten Theil der Kopflänge, ihr Höhendurchmesser scheint aber etwas kürzer zu sein als jener, und ist fast S'/jinal in der Kopflänge enthalten.

Die Brustflossen zeigen noch im Allgemeinen die Umrisse ihrer Ausdehnung in Länge und Breite, doch ist die Strahlenzahl nicht mehr zu ermitteln. Die Ventralstrahlen, wahrscheinlich 8 in jeder Bauchflosse, stehen noch in der vorderen Hälfte der Körperlänge, dem vorderen Kopfende nicht unbedeutend näher als der Schwanz- flossenspitze, also weiter nach vorne gerückt als bei Clupea elongata,

Beiträge zur Kennliiiss der fossilen Fischfauna Österreichs. DOO

wo sie gerade in der Mitte der Körperlänge stehen. Von der Dorsale sind nur mehr wenige, auf dem Rückenfirste zerstreut herumliegende Strahlen erhalten. Die Anale beginnt senkrecht unterhalb des eilften oder zwölften Caudalwirbels (von rückwärts gezählt), steht jedoch mittelst des Flossenträgers ihres ersten Strahles mit dem vierzehnten Wirbel (von rückwärts gezählt) in Verbindung. Der grösste Theil der Analstrahlen fehlt.

Die Caudale dieser Art breitet sich weniger in die Höhe und Länge aus, als es bei Clupea elongata der Fall ist. Der hintere Rand der Caudale ist dreieckig ausgeschnitten, mit scharf aus- geprägter Winkelspitze und abgerundeten seitlichen Lappen. Die Länge der Caudale gleicht 3/5 der Kopflänge, während sie bei der früher beschriebenen Art mehr als 3/i der Kopflänge betrug. Die Zahl der zarten Caudalstrahlen ist wegen Reschädigung des grössten Theiles der Caudalbasis nicht genau angebbar. Die aus 50 Wirbeln bestehende Wirbelsäule weicht hauptsächlich nur durch die bedeu- tendere Länge und grössere Krümmung der oberen Dornfortsätze von jener der früher beschriebenen Art ab.

Ordo Acanthopteri. Familia Gobioidei.

Die bei weitem grösste Zahl der im mitteltertiären Tegel von Ilernals aufgefundenen Fischreste gehören kleinen Fischen aus der Gattung Gobius an. Abgesehen von der völligen Übereinstimmung dieser fossilen Fischreste mit den jetzt lebenden , insbesondere mit den europäischen Vertretern dieser artenreichen Gattung in der allgemeinen Körpergestalt, Reschuppung, Zahl und Stellung der Flossen, lässt sich auch an einigen wenigen Exemplaren die Ver- einigung der Rauchflossen zu einer Scheibe unwiderlegbar nach- weisen. Vergleicht man die fossilen Gobien von Hernais mit denen der Gegenwart, so findet man, dass sie keine nähere Verwandtschaft mit den Gobien der europäischen Küste des atlantischen Oceans, wohl aber mit den Meergrundeln der südeuropäischen Meere zeigen ; ob sie jedoch näher zu den Gobien des mittelländischen oder zu denen des schwarzen Meeres zu stellen sind, ist vor der Hand auf genügende Weise nicht zu ermitteln, da die bis jetzt aufgefundene

;)60 S f. e I n d « c h n e r.

Artenzahl zu gering und die Erhaltungsweise derselben zu unvoll- ständig ist; indessen spricht die Wahrscheinlichkeit derzeit mehr für eine nähere Verwandtschaft mit den Mittelmeer-Gobien. Das zahlreiche Vorkommen von Gobienresten im Hernalser Tegel be- stätigt übrigens auf glänzende Weise die schon lange ausgespro- chene Vermuthung von neuem, dass an der Stelle der jetzigen grossen Ziegelei von Hernais und deren Umgebung eine Flussmün- dung mit vorwiegendem Meereswasser oder eine Lagune mit Brack- wasser gelegen war, indem auch heutzutage die Gobien mit Vorliebe in zahlreicher Menge sich an Flussmündungen aufhalten und sich überhaupt gerne im Brackwasser nahe der Küste herum- treiben. Fossile Gobien kennt man derzeit aus nicht älteren als mitteltertiären Ablagerungen und überhaupt nur in geringer Arten- zahl; denn Gobius microcephalus Agas. vom Monte Bolca ist kein Gobius, da er auf seinem Rücken nur eine Dorsale trägt und die Vereinigung der Bauchflossen zu einem Trichter oder zu einer zarten Scheibe nicht nachweisbar ist, wie ich an zwei, im Besitze des k. k. Hof-Mineralien-Cabinetes befindlichen Prachtexemplaren dieser Art bemerke. Übrigens spricht auch die Stellung der Anale und die geringe Zahl ihrer Flossenstrahlen gegen Agassiz's Benennung, deren Richtigkeit er selbst in Zweifel zog (Agas., Reckerches sur tcs Poissons fossiles, tom. IV, pag. 204 205). Gobius macrurusAga s. ist, wie He ekel hauptsächlich aus der Gestalt des letzten Schwanz- wirbels und der Anheftungs weise der Caudale an die Wirbelsäule mittelst zahlreicher Knochenplatten schloss, ein in die Nähe von Callipteryx speciosus Agas. zu stellender Fisch. Gobius multipin- natus H. v. Meyer wurde später von Hermann v. Meyer selbst für eine Cottus-Art gehalten, doch glaube ich der älteren Ansicht dieses Gelehrten als der richtigeren beitreten zu müssen, denn die Zahl der Bauchflossenstrahlen, das Vorhandensein starker Schuppen und die Streifung derselben sprechen jedenfalls mehr für die Stel- lung dieses Fisches in die Gattung der Gobien, als in die der Cottus. Den von demselben Paläontologen nur mit Bedenken als Gobius conicus hingestellten Fisch von Unter-Kirchberg a. d. Hier (Leonh. und Bronn's Jahrbuch für Mineralogie, 1851) finde ich in einem später erschienenen Werke desselben Verfassers gleichfalls als eine fragliche Cottus-Art hingestellt, es dürfte aber sehr wahrscheinlich auch dieser Cottus (?) conicus H. v. Meyer, sowie der mit Agas-

Beiträge zur Kenntniss der fossilen Fischfauna Österreichs. 501

siz's Cottus brevis von Öningen, mit Bedenken für identisch erklärte sogenannte Cottus brevis H. v. Meyer von Unter-Kirchberg , für Gobien gehalten werden. Hiezu kommen nun vom Wiener Becken, und zwar aus dem [mitteltertiären Tegel von Hernais nächst Wien, folgende Gobien-Arten :

1. tiobius Viennensis n. sp.

Taf. II, Fig. 1 und Taf. I , Fig. 4.

Die grosse Zahl von Exemplaren, welche alle derselben Species angehören und hauptsächlich von Herrn Zelebor gesammelt wur- den, ermöglicht ein ziemlich vollständiges Bild dieser schönen Art zu geben, welche in ihrer Körpergestalt dem Gobius multipinnatus H. v. Meyer sehr ähnlich ist, sich aber von derselben durch die viel geringere Länge der Ventralstrahlen und eine grössere Anzahl von Brustflossenstrahlen unterscheidet.

Beschreibung1.

Die Körpergestalt dieses Fisches ist spindelförmig und, nach zahlreichen, äusserst flachen Abdrücken seiner säramtlichen Knochen zu schliessen, ziemlich comprimirt. An dem abgebildeten Exemplare dieses Fisches gewahrt man die Oberseite des Kopfes, welcher in dieser Ansicht eine eiförmige Gestalt hat und viermal in der Körper- länge, die Caudale mitgerechnet, enthalten ist, während die Kopf- breite dem siebenten, die Körperhöhe dem sechsten Theile der Totallänge des Fisches gleicht. Die Augen stehen nahe dem Stirn- profile, sind von massiger Grösse und ragen mit ihrem vorderen Bande noch in das erste Drittel der Kopflänge hinein. Nach dem von den Unterkiefern noch übrig gebliebenen Beste und Abdrucke zu schliessen, reichte die Winkelspitze der Mundspalte bis unter den vorderen Augenrand zurück.

Die Wirbelsäule besteht aus circa 26 Wirbeln, welche wie ihre Dornfortsätze grösstenteils nur Abdrücke zurückliessen. Die noch erhaltenen Caudalwirbel sind fast noch einmal so lang als hoch, die Dornfortsätze stark, gerade und nur massig zur Axe der Wirbel- säule geneigt. An dem letzten Caudalwirbel vermag ich noch mit der Loupe die Abdrücke der beiden Knochenplatten seiner hinteren

JJß2 Steindacbne r.

Hälfte zu erkennen, welche die langen Caudalstrahlen trugen. Die Randstrahlen der Schwanzflosse stützen sich auf die Dornfortsätze der beiden letzten Wirbel.

An mehreren Exemplaren dieser Species sind die Ventral- strahlen ziemlich gut erhalten und die Vereinigung derselben zu einer Scheibe erkennbar, da sie sich in ihrer natürlichen Lage und Stellung zu einander erhalten. Jede Ventrale besteht aus sechs Strahlen, deren äusserer und zugleich kürzester ungetheilt ist, wäh- rend alle übrigen in viele Äste sich spalten und von ziemlich bedeu- tender Länge sind. Der längste Strahl der Bauchflosse gleicht in seiner Länge fast 3/3 der Kopflänge.

Die Brustflossen sind an dem hier abgebildeten Exemplare, Taf. II, Fig. 1, schlecht erhalten und liegen nach aufwärts gekehrt, da sie zugleich mit dem Kopfe und dem Schultergürtel umgewendet wurden, von welchem, wie schon früher erwähnt, die obere Ansicht zu Tage liegt, während man von dem übrigen Körpertheile die seit- liche Ansicht hat. Nach einem anderen Individuum derselben Species, von welchem nur die Brust- und Bauchflossen gut erhalten sind, ergibt sich die Zahl der ßrustflossenstrahlen auf mindestens 15, deren längster nur 2/3 der Länge der Ventralen zu erreichen vermag.

Die erste Dorsale wird von sechs ungegliederten und ungeteilten Flossenstrahlen gebildet, welche sehr zart und von ziemlich gleicher Länge sind. Die Länge jedes der ersten vier Strahlen beträgt etwas weniger als J/3 der Kopflänge. Die zweite Dorsale besteht aus 14 oder 15 Strahlen, von denen sich der siebente bis neunte Strahl bis zu einer Länge von drei Fünftheilen der Kopflänge verfolgen lassen und im letzten Drittel ihrer Länge sich zweimal dichotomisch theilen. Die übrigen Strahlen der zweiten Dorsale sind nur mehr in ihrer unteren Hälfte erhalten. Die Anale ist an sämmtlichen Resten dieser Art sehr stark beschädigt, die Zahl ihrer Flossenstrahlen daher nur annäherungsweise angebbar, und dürfte sich wahrscheinlich auf 10 belaufen haben. Die noch erhaltenen Analstrahlen aber, welche der hinteren Hälfte dieser Flosse angehören, erreichen eine beträcht- liche Länge, welche der letzteren Dorsalstrahlen nur wenig nach- stehen. Die fächerförmig sich ausbreitende Caudale ist an einem Individuum besonders schön erhalten und auf Taf. I, Fig. 4 abge- bildet. Sie wird von 20 bis 21 Strahlen gebildet, deren längster die

Beiträge zur Kenntniss der fossilen Fischfauna Österreichs. 563

Kopflänge erreicht. Jeder Catidalstrahl , mit Ausnahme der schlecht erhaltenen Randstrahlen, spaltet sich nahe an seiner Basis in zwei Äste, deren jeder sich ungefähr in 2/3 der ganzen Strahlenlänge wieder einmal theilt. Die grösste Höhe der entfalteten Caudale, deren hinterer Rand schön ahgerundet ist, übertrifft 1 '/»mal die grösste Körperhöhe.

Die Schuppen sind fast kreisrund und von ziemlicher Dicke. Ihr hinterer Rand ist fein gezähnt und von der Mitte dieses Randes und etwas vor demselben (im hinteren Drittel der Schuppenfläche) laufen strahlenförmig 6 bis 7 Furchen dem bedeckten vorderen Schup- penrande zu.

2. Gobius clatus n. sp.

Taf. I, Fig. 2.

Die nur in wenigen, stark beschädigten Exemplaren erhaltene Species unterscheidet sich von der so eben beschriebenen Art durch die bedeutendere Höhe des Körpers im Allgemeinen und insbesondere des Schwanzes, die bei einer an sich schon geringen Länge des Leibes um so auffallender hervortritt. Ausserdem sind hier die letzten Strahlen der zweiten Dorsale kürzer als die in der vorderen Hälfte der zweiten Dorsale liegenden Flossenstrahlen.

Beschreibung'.

Das Verhältniss der Kopflänge zur Totallänge ist nur sehr schwer ganz genau zu ermitteln, da bei dem einen kleinen Exem- plare das hintere Leibesende, bei dem anderen grösseren (einer Doppelplatte) dagegen der grösste Theil des Kopfes fehlt; jedenfalls war die Kopflänge nicht ganz viermal in der Totallänge enthalten. Die Körperhöhe, beim Beginn der ersten Dorsale ihr Maximum erreichend, übertrifft ein wenig die Kopflänge, und gleicht 2/7 der Totatlänge, während dieselbe bei Gobius Yiennensis den sechsten Theil der Körperlänge beträgt. Die geringste Schwanzhöhe gleicht noch der Hälfte der Körperhöhe unterhalb der ersten Dorsale. Die Augen sind weit nach vorne gerückt und stehen in ihrer ganzen Ausdehnung im zweiten Fünftel der Kopflänge, nähern sich jedoch weniger dem Stirnprofile als bei der früher erwähnten Art. Die Brustflossen scheinen aus ihrer natürlichen Stellung gerückt worden zu sein und stehen mit einem grossen Theile ihrer Strahlen unter- halb des Bauchprofiles. Die Zahl der noch erhaltenen Brustflossen-

ftß4 S t e i ii H r r h ii e r.

strahlen, welche mit ihren freien Enden einen scharfen Bogen beschreiben, beläuft sich auf 10 (in einer Pectorale), (leren läng- ster ~/a der Koptlänge gleicht.

Von den Ventralen sind nur mehr wenige Strahlen im Abdrucke erhalten; dasselbe gilt von der ersten Dorsale, von welcher übrigens noch einige Bruchstücke der drei ersten langen Strahlen auf der Tegelplatte liegen. Besser und in grösserer Anzahl sind die Flossen- strahlen der zweiten Dorsale erhalten, deren im Ganzen 14 gewesen sein mögen; 12 davon sind in ihrer ganzen Länge, grösstentheils jedoch nur im Abdrucke, sichtbar. Die 6 letzten derselben sind zwei- mal dichotomisch gespalten und nehmen etwas an Länge ab, so dass der letzte der kürzeste ist. Die 5 ersten der hier erhaltenen Strahlen sind gleich lang; jeder derselben gleicht in seiner Länge 2/3 der grössten Körperhöhe, während der letzte Dorsalstrahl zweimal in derselben enthalten ist. Von der Anale sind noch 11 Strahlen übrig, die sich stark übereinander neigen. Die beiden letzten Analstrahlen sind die längsten dieser Flosse und noch etwas länger als die ersteren Strahlen der zweiten Dorsale. Die nicht mehr in ihrer ganzen Aus- dehnung erhaltene Caudale scheint von 22 bis 24 Strahlen gebildet worden zu sein, von welchen besonders die mittleren stark beschä- digt sind, die aber in ihrer Länge und Spaltungsweise den Caudal- strahlen der früher beschriebenen Art gleich gekommen sein dürften.

Die Zahl der Abdominalwirbel dürfte sich auf 8 bis 9, die der Schwanzwirbel auf 15 belaufen haben; von ersteren sind einige noch erhalten , letztere Hessen jedoch nur Abdrücke zurück. Die noch erhaltenen Abdominalwirbel sind viel länger als hoch, an ihrer seit- lichen Fläche glatt, und nur gegen den oberen und unteren Rand zu dürfte sich eine Längsleiste erhoben haben.

Sämmtliche Abdominalwirbel, mit Ausnahme des ersten bis dritten und des letzten Wirbels dieser Gruppe tragen Rippen, von denen das zweite bis vierte Paar bis zur Profillinie des Bauches hinabreichen; die übrigen Rippenpaare nehmen allmählich an Länge ab. Die oberen Dornforlsätze sind lang und wie bei den lebenden Gobien sehr wenig zur Axe der Wirbelsäule geneigt. Dieses gilt insbesondere von den oberen Bogenschenkeln der Caudalwirbel. Die unteren Dornfortsätze, mit Ausnahme derjenigen, welche Rippen tragen und kurz sind, und des unteren Bogenschenkels des ersten

Beiträge zur Kennüiiss der fossilen Fischfauna Österreichs. 56.)

Caudalwirbels , welcher stark mich hinten geneigt ist und sich mit seiner Spitze an das freie Ende des unteren Dornfortsatzes des zweiten Caudalwirbels schmiegt, gleichen in Lage und Gestalt den ihnen entsprechenden oberen Dornfortsätzen.

Die Schuppen sind wie bei der früher beschriebenen Art kreis- rund, dick und vom hinteren gezähnten Rande derselben ziehen convergirend 6 bis 8 Radien dem vorderen bedeckten Schuppenrande zu, welchen gleichfalls nur 2 bis 3 derselben zu erreichen scheinen.

:i. fiobius oblongus u. sp.

Taf. I, Fig. 3.

Diese hier zu beschreibende Art ist der gestreckteste und grösste unter den derzeit bekannten Gobien aus dem Hernalser Tegel und zeichnet sich insbesondere durch das Vorhandensein breiter, dreieckiger Flossenträger der ersten Dorsale und dünner grosser Schuppen vor den beiden früher beschriebenen Gobienarten aus. Leider ist kein einziges Exemplar dieser Art vollständig erhalten; die Kopfknochen liegen bei allen zertrümmert auf dem Tegel umher, und von der zweiten Dorsale und Anale fehlt der bei weitem grössere T heil der Flossenstrahlen.

Beschreibung».

Die allgemeine Gestalt dieses Fisches ist sehr gestreckt; die Körperhöhe verschmälert sich nur sehr wenig und allmählich von vorne nach rückwärts; während nämlich die grösste Körperhöhe bei Beginn der ersten Dorsale Syomal in der Totallänge enthalten ist, gleicht die geringste Schwanzhöhe dieses Fisches etwas mehr als dem neunten Theile der Körperlänge, bei Gobius Viennemis dagegen dem zwölften Theile derselben. Der Kopf ist im Ganzen kurz, hoch und wie es scheint, auch ziemlich dick; seine Länge gleicht nicht ganz dem sechsten Theile der Körperlänge, seine grösste Höhe der Kopflänge. Von den Kiefern sind noch an mehreren Exemplaren dieser Art kleinere oder grössere Fragmente erhalten; an einem der- selben sitzen noch zwei hakenförmige Zähnchen, an mehreren anderen bemerkt man noch deutliche Spuren einer ziemlich breiten Zahnbinde.

Die Wirbelsäule scheint von 28 Gliedern gebildet worden zu sein. Die Wirbelkörper sind höher als bei den beiden früher beschrie-

566 Steindachner.

benen Arten, die Rippen lang, zart und wenig gekrümmt, die Dorn- tortsätze endlich, wie bei denGobien überhaupt, wenig geneigt, lang und von massiger Stärke.

Die Brustflossen werden von zahlreichen Strahlen gebildet, von welchen noch 14 jedoch nicht mehr in ihrer ganzen Länge erhalten sind. Die Ventralen sprechen in der convergirenden Lage ihrer inneren Flossenstrahlen und in ihrer Stellung (unterhalb und in der nächsten Nähe der Brustflossen) für die Gobiennatur dieses Fisches, wenn gleich die Vereinigung der Ventralen zu einem Trichter sich an den schlechterhaltenen Exemplaren dieser Art nicht mehr direct nachweisen lässt.

Die sechs langen, ungetheilten und ungegliederten Strahlen der ersten Dorsale werden (wie bei lebenden Gohien) von ziemlich grossen Flossenträgern von dreieckiger Gestalt (mit nach oben gekehrter Basis) gestützt, deren Seitenflächen einen zarten Kamm tragen; die Flossenträger der noch übrigen verticalen Flossen sind sehr schwach entwickelt und kaum mehr in ihren Abdrücken erkenn- har. Die letzten Flossenstrahlen der zweiten Dorsale und der Anale sind sehr verlängert; die Basis eben dieser beiden Flossen, die sehr lang ist, lässt eine bedeutende Anzahl von Flossenstrahlen vermuthen; doch ist nur mehr ein kleiner Theil derselben erhalten. Dasselbe gilt von der Caudale, deren Länge den fünften Theil der Totallänge für sich in Anspruch nimmt.

Die Schuppen sind zarter und grösser als bei den beiden früher beschriebenen Gobien von Hernais, und die Anzahl der radienförmig laufenden Streifen beträchtlicher, wenn gleich weniger scharf aus- geprägt als bei jenen.

öi'do Malacopteri.

Familia Gadidae.

I. Phycis Suessii n. sp. Taf. II. Fig. '2.

Im Jahre 18S0 fand man im Tegel von Inzersdorf am Wiener- berge die Reste eines Fisches, welcher zweifellos der Familie der Gadoiden angehört und von dem damaligen Besitzer der Ziegeleien

Beiträge zur Kennt niss der fossilen Fischfauna Österreichs. 567

von Inzersdorf, Herrn Miesbach, dem k. k. Hof-Mineralien-Cabinete übergeben wurde. Heckel glaubte diesen Fisch nicht ohne Grund in die Gattung Brosmius einreihen zu können, wie ich aus seinem kurzen Berichte über die Auffindung desselben in dem Jahrbuche der k. k. geologischen Reichsanstalt, II. Jahrgang, Nr. i, pag. 157 entnehme. So lange das vordere Leibesende unseres fossilen Ga- doiden nicht aufgefunden wird, können für die Einreihung dieses Fisches in eine bestimmte Gattung nur Wahrscheinlichkeitsgründe von mehr oder minder untergeordnetem Werthe vorgebracht wer- den, die sich vielleicht in der Zukunft als nicht stichhältig heraus- stellen. Nichts desto weniger muss man sich derzeit auf den Nach- weis einer grösseren oder geringeren Ähnlichkeit dieses Fisches (in seinen noch erhaltenen Resten) mit lebenden Formen beschränken, und eben diese Vergleichung mit lebenden Gadoiden veranlasst mich, die Einreihung desselben in die Gattung Brosmius vor der Hand zu- rückzuweisen. Einerseits lässt sich zu Gunsten der Ansicht H eckeTs nicht nachweisen, dass der Rücken unseres fossilen Gadoiden von Inzersdorf nur eine Dorsale trug, indem selbst bei Annahme zweier Dorsalen diese zweite Rückenflosse nicht vollständig erhalten wäre; andererseits liefern die letzten Caudalwirbel wegen ihrer schlechten Abdrücke keinen Anhaltspunkt für eine Gattungsbestimmung selbst bei guter Erhaltung, da in dieser Beziehung die Brosmien mit meh- reren anderen Gadoiden -Gattungen übereinstimmen dürften; endlich weist die Beschuppung und Körpergestalt unseres fossilen Gadoi- den, so weit sie noch aus den mangelhaften Resten ermittelt werden können, auf keine nähere Verwandtschaft mit den wenigen Arten der Gattung Brosmius hin. Die einzige, ausserordentlich lange Rückenflosse der Brosmien besteht in ihrer ganzen Länge mit nur ganz geringfügigen wenigen Ausnahmen aus gleich langen äusserst zarten und ziemlich hohen Flossenstrahlen, und die viel kürzere Anale wird in ihrer hinteren Hälfte von viel längeren Strahlen gebil- det, als in ihrem vorderen Theile, welche jedoch im Ganzen nicht viel kürzer sind, als die Dorsalstrahlen; die Caudale besitzt im Ver- gleiche zur Leibeslänge nur kurze Strahlen, welche mit ihren freien Rändern eine elliptische Rundung bilden; die Schuppen endlich sind äusserst klein und schmal, und mindestens 21/2nrial so lang als breit. An dem fossilen Gadoiden von Inzersdorf dagegen, dessen hintere Hälfte allein, wie schon erwähnt wurde, erhalten ist, findet in ähn- Sitzb, (I. mathem.-naturw. Cl. XL. Rrf. Nr. 12. 3!»

5ö8 Steindachner.

lieber Beziehung folgendes fast durchgängig umgekehrtes Verhalten Statt : Die vorderen Dorsalstrahlen sind mehr als noch einmal so lang als die letzten Rückenflossenstrahlen, und dürften an dem fehlenden vorderen Dorsaltheile eine noch bedeutendere Höhe erreicht haben, wenn das Verhältniss der Höbenzunahme für jeden einzelnen Strahl dasselbe geblieben ist, wie an den noch vorhandenen grösseren Resten der Dorsalstrahlen; die Anale, welche eine grössere Aus- dehnung in die Länge zeigt, als die bei den lebenden Brosmien, besitzt in ihrer vorderen Hälfte längere Strahlen als in der hinteren, die Caudalstrahlen sind stark verlängert und die Caudale war nach hinten entweder senkrecht abgestutzt, oder was als das Wahr- scheinlichste sich herausstellen dürfte, in der Mitte etwas einge- buchtet; die zarten Schuppen sind rundlich und jedenfalls viel grösser als bei den lebenden Brosmien, und die Körpergestalt endlich nimmt nach vorne viel rascher an Höhe zu als bei Bros- mius. Jedenfalls waren an unserem fossilen Fische von Inzersdorf, dessen Anale in ihrer ganzen Länge erhalten ist, nicht mehr als zwei Dorsalen vorhanden; denn wo drei Rückenflossen bei Gadoi- den auftreten, enthält die letzte Dorsale viel weniger Strahlen als hier noch erhalten sind; zwei Dorsalen (die vordere davon mit nur wenigen Strahlen) aber vermuthe ich aus den nach vorne zu rasch an Höhe zunehmenden Dorsalstrahlen, wie dies bei fast allen Gadinen Kaup.,d. i. Gadiden mit Ventralen, unbewaffnetem Kopfe, deutlich getrennter Caudale, glatten, mehr oder weniger deutlich entwickelten Schuppen (Archiv für Naturgeschichte XXIV. Jahrgang, I. Bd., S. 86), nie aber bei Brosmius der Fall, und es dürften daher, wie ich glaube, der Einreihung des fossilen Gadiden von Inzersdorf in jene Gruppe der Subfamilia Gadinae Kaup. , welche zwei Dor- salen und eine Anale besitzen, kein gewichtiges Bedenken entgegen- gestellt werden können; schwieriger ist aber die Einreihung des- selben in eine bestimmte Gattung; die Höhe der Leibesgestalt, die Länge der einzelnen Dorsal-Flossenstrahlen zu einander, und die grosse Ausdehnung der Anale nebst der Leibesbeschuppung sprechen nach meiner Ansicht mit mehr Wahrscheinlichkeit für die Einreihung unseres fossilen Gadoiden von Inzersdorf in die Gattung Phycis, als für die in irgend eine andere Gattung der Gadidae, welche in der Neuzeit vielleicht in eine zu grosse Anzahl von künstlich gebildeten Gattungen getrennt worden sein dürfte.

Beitrüge zur Kenntniss der fossilen Fisclifauna Österreichs. 1)09

Beschreibung-.

Von der Dorsale (nach meiner Ansicht der zweiten) dieses Fisches sind noch 26 Strahlen von massiger Stärke erhalten (höchst wahrscheinlich waren ihrer im Ganzen nicht viel über 30 vorhanden), die, je weiter sie nach hinten gestellt sind, an Länge abnehmen, so dass die Länge des vordersten der hier noch sichtbaren Strahlen zu der des letzten Strahles sich wie 2*/$ zu 1 verhält. Die Anale ist in ihrer ganzen Ausdehnung erhalten, und besteht, obwohl ihre Basis- länge als grösser angenommen werden muss als bei Brosmius, nur aus (höchstens) 40 Strahlen, während ich an der Anale von Gadus brosme Asc. = Brosmius vulgaris Cuv. auf der prachtvollen und höchst genauen Abbildung desselben in Gaimard's Voyage en Islande et au Groenland sur la Corvette la Recherche, deren mehr als 70 zähle. Während die Analstrahlen bei Brosmius von vorne nach rückwärts allmählich an Länge zunehmen, so dass die letzten Strahlen die längsten, die vordersten bei weitem die kürzesten sind, findet hier gerade das umgekehrte Verhältniss Statt, so dass der letzte Analstrahl mehr als l^mal in der Länge der vorderen Strah- len dieser Flosse enthalten sind. Die Caudale ist im Ganzen sehr unvollständig erhalten, doch die noch übrigen Reste der Schwanz- flossenstrahlen lassen deutlich erkennen, dass sie eine viel bedeu- tendere Länge besassen, als die von Brosmius. Es ist nach der Lage der Flossenstrahlen sehr wahrscheinlich, dass die Caudale nach rück- wärts in zwei Spitzen ausgezogen war, zwischen welche eine kleine Einbuchtung des hinteren Flossenrandes fiel ; keineswegs aber bilde- ten die Caudalstrahlen mit ihren freien Enden einen stark gekrümmten Bogen wie bei Brosmius vulgaris. Die Flossenträger der Dorsale und Anale sind kurz, von massiger Stärke, und stark nach rückwärts geneigt.

Die Wirbelsäule, die gerade in der Mitte des Leibes läuft, ist noch in der Länge von 28 Wirbeln erhalten , welche sämmtlich dem caudalen Theile derselben angehören, aber meistens nur in sehr schwachen und vielfach beschädigten Abdrücken erhalten sind. Dieses gilt insbesondere von den letzten 10 Wirbeln. Sowohl die Wirbel als ihre Dornfortsätze nehmen, je mehr sie sich dem Schwanz- ende nähern, an Länge und Stärke bedeutend ab. Die Wirbel sind

39*

Ö 7 0 Steindach ner.

stets länger als hoch , und die Aussenseite derselben ist wenigstens mit zwei medianen Längenleisten versehen. Die oberen Dornfortsätze sind sehr stark, lang und schwach S-förmig gekrümmt, die der letzten 12 Caudalwirbel sind sehr stark nach rückwärts geneigt; die vor diesen stehenden erheben sich allmählich, so dass der obere Dorn- fortsatz des vordersten der hier sichtbaren Caudalwirbel mit der Wirbelsäule einen Winkel von mehr als 60° bildet. Die unteren Dornfortsätze verhalten sich in ganz ähnlicher Weise wie die ent- sprechenden oberen, sind jedoch vollkommen gerade. Die Dornfort- sätze der 5 6 letzten Schwanzwirbel dienen den Caudalstrahlen zur Stütze.

Der Punkt, wo dieser Fischabdruck ausgegraben wurde, ist nach der Angabe des HerrnMiesbach 561 Klafter von „der Spinnerin am Kreuz", an der Steinhofer Strasse hinab gerechnet, 17 Klafter 3 Fuss rechts von dieser senkrecht entfernt, 8 Klafter 5 Fuss tief von der Oberfläche an und zwar 6 Fuss unter jener Schichte, worin man bis jetzt die verschiedenen vorweltlichen Säugethierreste zu finden pflegte. Er lag auf der Oberfläche der Muschelschichte, welche sich auf der Ferdinands-Anlage in dieser beträchtlichen Tiefe befindet.

Indem ich mir die Freiheit nehme, diese derzeit nur in einem Exemplare bekannt gewordene Art Herrn Prof. Suess zu widmen, will ich meinen Gefühlen der Hochachtung und aufrichtiger Zunei- gung für einen Gelehrten, der sich um die Kenntniss und gründ- liche Erforschung des Wiener Beckens so viele Verdienste erwarb, einen schwachen Ausdruck verleihen.

BeitrSge tut Kenntniss der fossilen Fischfauna Österreichs. O? 1

II. Über einen fossilen Lephobranchier

von Radoboj in Croatien. Syngnathus Helmsii n. sp.

Taf. III.

Bis in die neueste Zeit kannte man nur zwei fossile Vertreter der Unterordnung der Lophobranchier, nämlich Calamostoma brevi, culum Agas. = Pegasus natans Itt. veron. Tab. S, Fig. 3 und Syn- gnathus opisthopterus Agas. = Syngnathus typhle Itt. ver. Tab. 58, Fig. 1, welcher jedoch höchst wahrscheinlich nicht der Gattung Syngnathus eingereiht werden dürfte (worüber an einem andern Orte ausführlicher gesprochen werden soll). Hiezu kommt nun eine dritte Art, welche mit voller Sicherheit einer in der Jetztzeit in zahlreichen Arten vorkommenden Gattung, nämlich dem Genus Syn- gnathus angehört. Auf einer von Radoboj stammenden Platte, einem werthvollen Geschenke des Herrn Sectionsrathes Helms in Gratz an das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet, befinden sich nämlich die Reste drei Lophobranchier, welche einer einzigen Art angehören, aber ihrer mangelhaften Erhaltung wegen nur eine unvollständige Beschrei- bung zulassen. Das hintere Leibesende fehlt nämlich in allen drei Exemplaren, und nur an einem ist die Dorsale in einer beträchtlichen Anzahl von Flossenstrahlen erhalten. Spuren von Brustflossen sind nirgends mehr zu entdecken , da die betreffende Leibesstelle stark beschädiget ist; doch zweifle ich keineswegs, dass sie Brustflossen und eine Caudale besessen hatten, da sie in ihren noch erhaltenen Resten eine geringere Verwandtschaft mit den lebenden Arten des Genus Nerophis als mit denen der Gattung Syngnathus zeigen.

Die jedenfalls gestreckte Körpergestalt dieser fossilen Syn- gnathen erscheint im Abdrucke und in den noch übrig gebliebenen Resten schlanker als sie im Leben war, da grösstentheils nur der mittlere Theil des Körpers erhalten ist und nur an ganz wenigen Stellen die natürliche obere und untere Grenze des Leibes zum Vor- schein kommt, welcher drei Reihen von länglich runden Schildchen über einander trug, die in ihrer Structur, Gestalt und in der Stärke

S72 Sf eindachner. Beitrüge zur fossilen Fischfauna Österreichs.

ihrer longitudinalen Leisten insbesondere, mit denen der jetzt leben- den Syngnatben übereinstimmen.

Schon mit freiem Auge gewahrt man die transversalen Streifen jedes Schildebens (besonders längs der Leiste derselben), welche sich mit zarteren Längsstreifen kreuzen, wodurch die Oberfläche der Schildchen ein gitterähnliches Ansehen bekommt. Die Augen, durch ziemlich grosse, schwarze und runde Flecken angedeutet, stehen weniger weit nach hinten als bei den meisten lebenden Syngnatben, indem die vorderen Gesichtsknochen in eine etwas kürzere Röhre ausgezogen sind , nämlich in der Mitte des dritten Fünftels der Kopflänge. Der grösste Theil der oberflächlichen Kopfknochen Mes- sen an einem Exemplare ziemlich gute Abdrücke zurück und lassen sich fast in ihrer ganzen Länge verfolgen. Dieses gilt insbesondere von den kurzen Kiefern, den Stirn- und Nasenbeinen und dem Pflug- scharbeine. Der Kiemendeckel ist minder gut und zwar nur in einem Abdrucke erhalten. Von den Dorsalstrahlen dürfte an einem Exem- plare der bei weitem grösste Theil (32) derselben erhalten sein. Sie erscheinen als hellglänzende zarte Streifen auf dem harten Steine und stehen in ziemlicher Entfernung von einander, so dass ihre Basis einen ziemlich grossen Theil des Rückens einnimmt. Die Wirbel- körper sind wie bei allen Syngnathen von sehr geringer Höhe, aber von bedeutender Länge.

Steindachner Fossile Fische Österreichs.

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f.Clupea elorwata n.sp. t (robius rhifiiA //..r/v. 3. Go&ius oblonaus n.sp. 'j. Gobi tu- Viennensis n.sp.

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Sitamtgab. d.k Miai.A.Tr.math.aaturvr.Cl. XL.Bi. X" I 2.1860.

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Sita(iu£sb d.k.Akad.d.W niath n.iturw CI XI. Bd.N° 1? 1860.

Steindachner Fossile Fische Österreichs

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K o I e n a f i. ßeilräge zw Kennhiiss der Arachniden. 57«i

Bei tröffe zur Kenntnis s der Arachniden. Von Prof. Dr. F. A. Kolenati.

(Mit 3 Tafeln.) (Vorgelegt in der Sitzung vom .'(. Februar lJS.'i'.i.)

Zunft der Kecken. Mocodida.

Allgemeiner Charakter.

Der Körper halbhart, im hungrigen Zustande platt, im vollgeso- genen kugelig-oval, an den Seiten oder auch überall mit Ausnahme des Schildchens, ausdehnbar und daher sehr dicht und fein knitter- faltig (couvrirt), die drei- bis viergliederigen Fühler (Maxillarpalpen) kurz-kolbig, am Endgliede nach innen mit einer Haftscheibe , den Saugapparat umschliessend , alle Theile des Saugapparates mit spitzen, nach hinten gekehrten Haken besetzt, zusammengeschlagen breit und kurz kegelig, auseinandergeschlagen aus zwei zweigliederi- gen am Ende mit Widerhaken besetzten Palpen (Labialpalpen) und einem von denselben abwärts ziehbaren ganz widerhakigen Kegel bestehend, welcher abermals in die den Maxillen und der Zunge ent- sprechenden Theile trennbar ist, zwei Augen oben und zwei kleinere unten am Kopfe, oft noch Augen an der Seite des Körpers, ein Horn- schildan der Rückenseite hinter demKopfe, zwei Stigmen an der Seite des Körpers mit Hornperistom, die StigmenöfTnung im Hornperistom excentrisch, der After weder end- noch centralständig, sondern da- zwischen, die Geschlechtsspalte in der Richtung zwischen dem in den ersten Entwickelungszuständen fehlenden dritten Fusspaare, die Füsse lang, mit langen Krallen und weichen Pelotten, das geschlechts- lose unentwickelte Thier sechsbeinig, indem das dritte Fusspaar fehlt, das entwickelte Thier immer achtbeinig, mit entwickeltem dritten Fusspaare. Sie bewohnen die fleischigen, mit Fett umhüllten Körper- theile der Wirbelthiere, bohren sich in das Zellgewebe der Haut ein,

574 K o l e n a t i.

haften sehr fest, sind träge. In der Nähe des fest haftenden Weib- chens sind immer einige Männchen.

Gattung der Fleischzecken.

Genus: SARCONYSSUS Kolenati.

Der Körper, dem kugelig-ovalen genähert, niemals flach oder schiissel förmig ausgehöhlt, an der Seite des Leibes keine Augen, das Schildchen der Männchen deckt eben so nicht den ganzen Körper, wie jenes der Weibchen, die Fühler drei- gliederig, vom Saugapparate mehr abstehend, das End- glied das längste und breiteste, die Körper haut des Weibchens von einerlei, knitterfaltiger Textur, die Anal- öffnung unbewaffnet und ohne geschlossenen Hof, dieEin- lenkung der Füsse ohne Hornscheerchen (Haftscheerchen). Sie bewohnen die fleischigen, meist mit der Winterzehr (Hypochondrial- fett) umhüllten Körpertheile der Wirbelthiere, besonders aber der Chiroptern.

1. Art. Sarconyssas flavipes Koch. Die kleine bleigraue Fleischzecke.

Tafel I, Fig. 1. a Grösse des Männchens. h Weibchens.

c Oberseite. d Unterseite.

Ixodes flavipes Koch, Deutsch]. Crust. Myr. und Arachniden. H. 39, q. 2 und 189, 2.

Sarconyssus brevipes Kolenati, Die Parasiten der Chiroptern. Dresden 1857, pag.22, 2. Das sechsbeinige Thier in der Entwick- lungsphase.

Die Männchen weisslich-gelb oder gelb, die Weibchen lebend blaugrau, nach dem Tode rothbraun, die Füsse, Fühler und das nach rückwärts verengte, verkehrt-eiförmige, fast sechseckige Schildchen gelb, letzteres hinten dunkler, in der Grundsculptur feinwellig-nadel- rissig und fein flachpunktirt , mit zwei Gruben am Vorderrande und zwei nach vorne zusammenlaufenden Längseindrücken , die Füsse so lang als der Körper, der Leib zwischen den Stigmen und dem hin- teren Ende an den Seiten sehr flach und etwas verschmälert ausge- schweift, oben und unten mit zerstreuten Borsten besetzt, mit drei

Beiträge zur Kenntniss der Arachniden. 575

dunkleren Striemen nach hinten und jederseits einem äusseren nach vorne beim Männchen, mit gleichnamigen Falten beim Weibchen.

Länge der sechsbeinigen Nymphe: 0*0015 Pariser Meter. des achtbeinigen Männchens: 00014

Weibchens: 0-0021

Aufenthalt. An Rhinolophus Hipposideros Bechstein, in den mährischen Höhlen, in der schlesischen Saubsdorfer Höhle, in der steirischen Hermannshöhle, ziemlich häufig. (Kolenati !)

Typen in der Originalsammlung des Verfassers, im k. k. Hof- Naturalien-Cabinet zu Wien, in den Museen zu München, London, St. Petersburg, Moskau, Stockholm, Kopenhagen, Berlin, Stuttgart, Würzburg, Jena, Halle, Christi ania, Dorpat. (Kolenati.)

2. Art. Sarconyssus exaratus Kolenati. Die tieffarchige Fleischzecke.

Tafel I, Fig. 2. a Grösse.

b von der Rückenseite. c Bauchseite.

Die Männchen gelbbraun, die Weibchen braunschwarz, die Form kugelig-oval, vorne etwas mehr als hinten gerundet-verschmä- lert, der Kopf, die Fühler und Füsse sehr blassgelb, letztere so lang als der Hinterleib, doch länger als bei der vorigen Art; das nach vorne verengte, ovale Schildchen schwarzbraun, ohne alle Grund- sculptur, glänzend, mit vier fast strahlenförmig vom Vorderrande nach hinten laufenden Furchen; die Füsse so lang, als der Körper sammt dem Kopfe; der Leib nicht ausgeschweift, rauh gekörnt, in der Mitte des Rückens in der Richtungslinie zwischen den Stigmen eine tiefe Zirkelfurche, von welcher drei eben so tiefe Furchen nach hinten und jederseits eine gegen das Stigma auslaufen, vor den Furchen nur am Rande, hinter und zwischen denselben zerstreute Borsten, die Borsten gegen den Hinterrand dichter, die Unterseite tiefschwarz ohne Borsten, von der Richtungslinie des dritten Fuss- paares jederseits zwei nach hinten etwas bogig verlaufende Falten- furchen, um den After eine nach hinten offene Bogenfurche.

Länge des Körpers: 0-0025 Pariser Meter.

Aufenthalt. An Myotns murinus Schreber, nur in der Bejci-skala-Höhle bei Adamsthal in Mähren, sehr selten. (Kolenati!) Typen in der Originalsammlung des Verfassers.

!J7() K o I e n a t i.

3. All. Sarconyssus nodulipcs Knien. Die knotenfüssige Fleischzecke.

Tafel 1, Fig. 3. a Grösse.

h Oberseite. c Unterseite.

Oval, vorne plötzlich verschmälert, in der Richtungslinie des letzten Fusspaares am breitesten , hierauf unmerklich seicht ausge- schweift und wenig verschmälert, hinten flach zugerundet, lebend hechtgrau, Fühler und Füsse braunroth, die Füsse fast noch einmal so lang als der Körper, die Vorderbeine nicht kürzer als die anderen, alle äusseren Enden der Fussglieder verdickt, das lichtbraune kurze, breit-ovale Schildchen von ein Viertheil Länge des Körpers, hinten verschmälert, an den Seiten nach hinten etwas winkelig eingebuch- tet, vorne grob punktirt, in der Mitte mit zwei Längsfurchen, hin- ten am Rande mit 13 kurzen Furchen, die Oberseite des Körpers borstenlos, die Unterseite zerstreut kurzborstig, an der Unterseite jederseits zwei Bogenfurchen , um den After eine nach hinten geschlossene Bogenfurche.

Länge des Körpers: 0-0052 Pariser Meter.

Das Männchen noch unbekannt.

Aufenthalt. An Myotus murinus Schreber, nur in der Bejci-skala-Höhle bei Adamsthal in Mähren, sehr selten (Kolenatü).

Typen in der Originalsammlung des Verfassers.

4. Art. Sarconyssus Rochii Kolenati. Die blaue langfüssige Fleisch-

zecke.

Tafel II, Fig. 4. a) .. . _ ö [Grösse des 9

c » ,, cT-

d das Weibchen von der Oberseite. e Unterseite.

f das Männchen von der Oberseite. g Unterseite.

Ixodes Vespertilionis Koch, Deutschi. Crust. Myr. und Arachniden.

H. 37, n. 9. 37, 9 und 187, 9. Das Weibchen. Sarconyssus pividns Kolenati, Die Parasiten der Chiroptcra. Dresden 1857, pag. 23, 6. Das Männchen.

Länglich-oval, vorne allmählich verschmälert, in der Richtungs- linie der zwei vorletzten Fusspaare am breitesten, hierauf seicht ausgeschweift und nicht verschmälert, hinten flach zugerundet, das

Beiträge zur Kenntniss der Arachniden. D i 7

Männchen gelbbraun oder gelb, das Weibehen lebend schon blau- grau, Fühler und Füsse braungelb, die Fiisse fast noch einmal so lang als der Körper, an den Enden der Glieder nicht verdickt, die Vorderbeine etwas kürzer als die anderen, das gelbbraune länglich- ovale Schildchen von der halben Körperlänge, hinten stark, vorne wenig verschmälert, mit vielen Längsstreifen und zwei nach hinten etwas divergirenden Längsfurchen , der Körper an der Ober- und Unterseite zerstreut kurzborstig, die Borsten gegen den Körperrand dichter stehend, die Ober- und Unterseite des Weibchens, die Unter- seite des Männchens jederseits mit zwei nach hinten verlaufenden Bogenfurchen, welche sich vorne an der Geschlechtsöffnung ver- einigen, der After mit einer nach hinten offenen, geschweiften Bogen- furche.

Länge des Männchens: 00014— 00016 Pariser Meter. Weibchens: 0-0052 -00075

Aufenthalt. An Rhinolophus Ferrum equinum Dauben- ton, in ganz Europa, nicht selten. (Kolenati!)

Typen in der Originalsammking des Verfassers, im k. k. Hof- Naturalien-Cabinet zu Wien, im British Museum, im königlichen Museum zu Kopenhagen und Berlin, im Naturalien-Cabinet der kaiser- lichen Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg, im Natura- lien-Cabinet der kaiserlichen Universität Moskau. (Kolenati.)

Gattung der Schüsselzecken.

Genus: HAEMALASTOR Koch.

Der Körper oval-elliptisch, beim Männchen immer flach- schüssel förmig ausgehöhlt, an der Seite des Leibes ohne Augen, das Schildchen der Männchen deckt den ganzen Körper, die Fühler viergliederig, d em Sa ugapparate immer näher gerückt und denselben umfassend, das dritte Glied das läng- ste und breiteste, das Endglied eben so lang als das zweite, viel kürzer als das dritte, die Körperhaut des Weibchens von zweierlei Textur, eine andere am Rande, als am Rücken des Körpers, die Analöffnung unbewaffnet, jedoch mit geschlossenem Hof, die Einlenkung der Füsse nicht mit Hornscheerchen, sondern mit Spitzen; sie bewohnen die fleischigen blutreichen Körpertheile der Wirbelthiere, auch zuweilen der Chiroptern.

578 K o 1 e i) « t i.

1. Art. Haemalastor crassipes Kolenati. Die kurzbeinige Schüssel-

zeeke.

'J'afel II. Eig. ä. a das Männchen von der Oberseite. b Unterseite.

e Grösse des Männchens. d das Weibchen von der Oberseite. e Unterseite.

/' Grösse des Weibchens.

Haemalastor crassipe* Kolenati, Melet. Entom. Fase. VII. 1857. Mosquae. pag. 31. Einige Arachniden, pag. 39, Nr. 6.

Dunkelblutroth oder rothbraun, glänzend, an der Oberseite schütter gelbborstig, mit vertieft punktirtem Schildchen , die Füsse sehr stark, kaum so lang als der Körper, ebenfalls vertieft punktirt; das Männchen an der Unterseite mit einer jederseits nach hinten divergirend verlaufenden ßogenfurche, die sich vor der Genital- spalte vereinigen , mit einer um die Analöffnung nach hinten diver- girenden Bogenfnrche, von welcher Verbindungsfurchen zu den äusseren Furchen in der Richtungslinie der Stigmen schief aufwärts laufen , an der Einlenkung des ersten Fusspaares ein langer nach hinten gerichteter schiefgeriffter Zahn, an der Einlenkung der übri- gen Fusspaare zwei kleine schwarzbraune nach hinten gerichtete Spitzwarzen; das Schildchen des Weibchens hinten verschmälert, fast rund, vorius etwas breiter und ausgeschweift abgestutzt, nach hinten an den Seiten etwas ausgeschweift verschmälert, nur bis in die Richtungsliuie des dritten Fusspaares reichend oder etwas weni- ger als ein Drittel der Körperlänge erreichend , an der Unterseite von der Genitalspalte jederseits eine mehrere Male gebogene Furche nach hinten und aussen verlaufend , vom After nach hinten eine Längsfurche, welche sich um den After spaltet und schief jederseits in der Richtungslinie der Stigmen zur äusseren Furche verläuft.

Länge des Männchens: 0-0D2(i Pariser Meter. Weibchens: O'OOöti

Aufenthalt. An Rkinölophus clivosus. Kretsch mar, in Ägypten. (Zelebor!)

Typen in der Originalsammlung des Verfassers, im k. k. Hof- Naturalien-Cabinet zu Wien.

Beitrüge sur Kenntniss der Aracbniden. 579

2. Art. Haemalastor gracilipes Frauen feld. Die langbeinige Schüsselzecke.

Tafel III, Fig. 6. a das Mannchen von der Oberseite. h Unterseite.

c Grösse des Männchens. d das Weibchen von der Oberseite. e Unterseite.

f Grösse des Weibchens.

Haemalastor gracilipes Frauenfeld, in den Verhandl, der k. k. zool.- bot. Gesellschaft. Wien. Band IV, pag. 28, Fig. 4 und 5 9-

Eschatocephalus gracilipes Frauen feld, ebend. Band III, pag. 57 tf.

Siirconyssus hispidulus Kolenati, Die Parasiten der Chiroptern. Dres- den 1857, pag. 22. 3 ?.

Blutroth, das Männchen oft rothgelb oder gelbbraun, glänzend, das Weibchen am unbeschilderten Theile des Rückens schütter , am Rande dicht gelbborstig, beide Geschlechter mit zerstreut nadelrissigem, zerstreut feinpunktirtem Schildchen, die Füsse andert- halbmal so lang als der Körper (das Körpermass des in der Grösse weniger veränderlichen Männchens zu Grunde gelegt) , die Füsse nicht punktirt; das Männchen an der Unterseite mit einer jederseits nach hinten stark bogig divergirenden und zuletzt convergirenden Bogenfurche, welche sich vor und hinter der Genitalspalte vereinigen mit einer um die Analöffnung nach hinten offenen Bogenfurche, von welcher ebenfalls bogige Verbindungsfurchen zu der äusseren Furche in der Richtungslinie der Stigmen schief aufwärts laufen ; an der Einlenkung der Füsse keine Spitzzähne; das Schildchen des Weib- chens hinten ausgeschweift zugespitzt, die Spitze wenig zugerundet, von der halben Körperlänge , über die Richtungslinie des vierten Fusspaares reichend, an der Unterseite vor der Genitalspalte jeder- seits eine wenig gebogene Furche nach hinten und aussen verlau- fend, welche durch eine Querfurche in der Richtungslinie derStigmen verbunden sind, um den After eine Bogenfurche; der After bei beiden Geschlechtern mit einigen Borsten.

Länge des Männchens: 0-0023—0-0044 Pariser Meter. Weibchens: 0-005 —0-0018

Aufenthalt. In den Höhlen vage an Wanden , besonders die Männchen, die Weibchen auch an daselbst nistenden hibernirenden Chiroptern, meist an Rhinolophus Euryale, Blasius und clivosus

580 K o I e n a t .

Kretschmar, iii Ungarn, Agteleker Grotte (Friwaldsky), im Banat, Veteranenhöhle, Golubaczer Höhle (Zelebor!), in Mahren, Katharinen- höhle (Wankel ! KolenatÜ), in den Karsthöhlen (Deschmann, Schmidt, Fürst Khevenhiiller).

Typen in der Originalsammlung des Verfassers, in der Samm- lung der k.k. zool. bot. Gesellschaft zu Wien, im k.k. Hof-Naturalien- Cabinet zu Wien.

Nachtrag zu den Pteroptiden.

Gattung der Aokermilben

Genus: LEWSTASPIS Kolenati. Ancystropus Kolenati, Parasiten der Chiroptern, pag. 25 ').

Der Körper zugerundet fast länglich-viereckig, stark plattgedrückt, mit scharfem, jedoch keinem Kleberand, die Vorder füsse viel länger und dreifach stärker als die anderen, alle kürzer als der Körper, in ihren spitzwinkeligen Gliederungen sehr kurzborstig, die vorderen quer einge- lenkt, die anderen Fusspaare an den Seiten eingelenkt und nach hinten gegen die Mittellinie des Körpers etwas in ihren Einlenkun- gen convergirend, an der Basis ihrer Einlenkungen ohne Haft- scheerchen, das vordere Fusspaar mit grossen Anker- haken, welche ausspreizbar sind , in den Gliederungen mit rück- wärts gelichteten Seitenstacheln, die obere Fläche des Körpers mit einem glatten Schildchen, die untere ohne S c h i 1 d c h e n, die Augen an der Unterseite des Kopfes einander entrückt , die Blinddärme einfach, seitlich, die Fühler so lang als der Saugapparat. Bewohnen die Augenwinkel und Augenlieder der Carpophagen Chiroptern (der Fiederhunde), sitzen mit den nach vorne gerich- teten Vorderbeinen festgeklammert und sind oft schwer abzulösen.

Anmerkung. Diese höchst merkwürdige Gattung dürfte bei den Fiederhunden noch mehrere Bepräsentanten haben und ist ein- zuschalten zwischen TinogUschrus Kolenati und Meristaspis Kolenati. Letztere Gattung steht ihr am nächsten.

*) Weil es leicht mit Aneystrotus Koch (Goniosoma Perty) verwechselt werften könnte, ist der Name geändert worden.

Knlenati. Beiträge atir Kenntnis« der Ar siclin ideii .

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Beitrüge zur Kenutniss der Arachniden. Ool

1. Art. Leiostaspis Zeleborü Kolenati. Die ägyptische Ankerniilbe.

Taf. III, Fig. 7. a Grösse.

b von der Rückenseite. c Unterseite. d die Fussborste.

Ancystropus Zeleborü Kolenati, Parasiten der Chiroptern. Dresden

1857, pag. 25, 1. Tab. II, Fig. 25. Leiostaspis Zeleborü Kolenati, Synopsis prodroma der Pteroptiden. Wiener entomologische Monatschrift, 1857, Bd. I. August. Nr. 2, pag. 59 und 60.

Blassgelb, glänzend, die Vorderfüsse und der Kopftheil dunkel- braun, die anderen Füsse gelbbraun , die Blinddärme schwärzlich, an der abgestutzten Analgegend zwei Borsten, das Schild eiförmig, mit der schmäleren und etwas zugespitzten Seite nach hinten, der Körperrand an der Seite verloren ausgeschweift und in der Aus- schweifung drei- bis viermal eingekerbt, die Blinddärme oft durch Eintrocknen anstatt Randstreifen in Gestalt unregelmässiger Aggre- gate von Flecken, die Borsten sechszellig oder fünfmal spiralig-zellig. Länge des Körpers: 0-0009 Pariser Meter.

Aufenthalt. An den Augenliedern und in den Augenwinkeln der Xantharpyia aegyptiaca Geoffroy, nicht selten, in Ägypten (Kolenati).

Typen in der Originalsammlung des Verfassers, im k. k. Hof- Naturalien-Cabinet zu Wien, im Britisch Museum zu London, in den königlichen Sammlungen zu Berlin, Kopenhagen, Stockholm, Mün- chen. (Kolenati.)

582 m » i i n.

Primitiae Musei Avchigymnasü patavini

Raphaele Mölln,

metficinae doctore , histariae naturalis professore, ipsiusque musei directore etc. (Vorgelegt in der Sitzung vom 11. März 1800.)

Collectio ichthyolithum bolcensium a Castellini cive veronensi conquisita, nunc in museo historiae naturalis caesarei Archigymnasii patavini servata, omnino admirabilis. Copia et integritate specimi- num quorum nonnulla singularia, alia quaedam unica , summopere sese rerurn naturalium studiosis commendat. Hujus thesauri pre- tium praecipue conspicitur si objecta quibus constat cum iconibus pisciutn bolcensium ab iebtbyologis compluribus tarn antiquis quam recentioribus et praeprimis cum illis a celeberrimo Agussizio eximia magnificentia editis comparantur. Quot entia, de quibus bucusque vix suspicati sumus maria olim inhabitasse in bac collectione e tumulis aetatum resurrecta non offendimus! Nonnullorum nomina tantum in scientiae codicibus servantur; complurium imagines im- perfecta«, descriptionesque erroribus suffultas possidemus; multorum denique nee nomen quidem in animalium conspectu reperimus. Ad exemplum dicam in hac collectione novum genus novasque complures species ordinis apodarum; unicum bucusque baud suspicatum spe- eimen Hemiramphi, speeimen Ram phosi aculeati demonstrans piscem liunc erronee n\) Agussizio determinatum fuisseservari. Systema igitur naturale frustra perfectionis fastigium adtingere conatur et genera- tionum praeteritarum bistoriae niendacem narrationem audimus. Quapropter operae esse pretium putavi speeimina nova non solum ichthyolithum collectionis c. universitatis patavinae discrimini naturae ruriosorum exbibeie; sed et ea omnia quae ad majorem piscium bolcensium illustrationem quomodoeunque conferre possint, iterum

Primiliae Musei Archigyrtinasii patavini. flOi)

criticis disquisitionibus subjicere. An gravissimo huic muneri mens viresque juveniles sufficient? .... An dignus ero lauros meriti insi- gnioris quam viri ingenio et studiis zoologicis praestantissimi colli— gere? .... Hoc autem sentio: nie bene de patria mereri, post trium fere lustrorum collapsum, nostras jam oblitas scientiae novas fontes aperientem, etsi in incepto succumbam.

Hodie iantum, ne conclavis illustris patientia abutar, de plagio- stomatibus 3 fossilibus Musei cujus mihi custodiam summus Caesar credidit, loquar.

I. I'rotogaleus Mol in, nov. gen.

Squalus Charcharias: Ittiolog. veron. Tab. 3. Fig. 1.

Galeus Cuvieri Agassiz: Poiss. foss. III. 379. Jahrb. 1835. 291. Giebel: Fauna der Vorwelt I. 3. Abtheil. 368. Heckel: Sitzungs- berichte d. k. Akad. d. Wissensch. VII. 2. Hft. 325.

Galeocerdo minor Agassiz: Poiss. foss. III. 232. Tab. 26 a. Fig. 64 66. Pictet: Paleont. II. 272. Gr. v. Münster: Beitr. z. Petrefactk. VII. 20. Giebel: Fauna der Vorwelt I. 3. Abtheil. 369.

Galeus minor Agassiz: Poiss. foss. III. Tab. 26. Fig. 15 21. Gr. v. Münster: Beitr. z. Petrefactk. V. 66.

Historica. In iconibus Ichtbyologiae veronensis a clarissimo Volta editis imago Squalidi cujusdam occurrit: Squalus Cliarcha- rias. Hie piscis ab Agassizio Galeus Cuvieri appellatus fuit, ejus autem descriptio in supplemento operis ichtbyologi ejusdem adhue desideratur. In Museo historiae naturalis c. Universitatis patavinae speeimina duo duplicia sub nomine Galei Cuvieri servantur, quorum uoius longitudo 0-69 et alterius 1-855. De hoc loquitur Heckel in suo itinerario, idque dicit omnino Galeum Cuvieri esse. Agassizio praeterea plures dentes parvi e collectionibus Musei Lutetiae Pari- siorum innotuere, densque unus e molasse Helvetiae nee non dens e collectione comitis a Münster, quos ipse dentes novae speciei Galeocerdinis, Galeocerdo minor dieta, esse defendit. Pictet, comes a Münster et Giebel sese sententiae iclitbyologi helvetiei subjiciunt.

Investigationes. Si speeimen majus Galei Cuvieri Musei Archi- gymnasii patavini cum icone Ichtbyologiae veronensis comparatur, nullum certe discrimen inter duas imagines inveniri potest. Ipsum autem speeimen majus cum minori comparatum demonstrat duo spe- eimina unam et eandem speciem dtiorum aetate tantum difTerentium individuorum efficere. In ambobus vero speeiminibus, praeter squamas

Sitzb. (1. mathem.-naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 12. 40

584 H.olin.

et corpora vertebrarum, processus spinosos caudae, nee non pin- narum radios, dentes etiam oris loco complures servati sunt. Hi autem dentes nulla ratione a dentibus Galeocerdinis minoris in ico- nibus Agassizü eftictis et praeeipue ab Ulis Tab. 26, sub Nro. 16, 18 et 19 differunt. Sed non tantum forma dentium, verum etiam struetura microscopica iconibus Agassizü omnino respondet. Jure igitur affirmare possum Galeum Cuvieri et Galeocerdinem minorem unam et eandem speciem praebere non solum, verum etiam Galeum Cuvieri e scientiae indieibus esse delendum. Suntne autem dentes ab Agassizio inquisiti re vera Galeocerdinis dentes? .... Johannes Müller et Henle in caractere generis illius dentes Galeocerdinis acutos, margin e interno et externo denticulatos esse affirmant, ac cus- pidem ad externa versam marginemque externum in appendicem ser- ratam protractum possidere *)■ Iuter dentes autem ab Agassizio depic- tos nonnulli Mülleri et Henlei descriptioni perfeete respondent, reliqui vero summopere diversi. Hi forma m trianguli apice acuto ad externa verso, marginesque utrosque aeutos levesque et basim in appendicem serratam externam protraetam possident. Hac tantum ratione omnes speeiminum Squalidorum musei patavini dentes formatos offendimus. Inter Galeocerdines viventes autem ejusmodi dentes solum inevoluti tertiae seriei in Galeocerdine tigrino oceurrunt. Quapropter dentes alt Agassizio observatos piseibus duobus adscribendos reputo et spe- eimina musei patavini Galeocerdinis esse nego; etsi dentium eorum examen haud dubio demonstret ipsa ad Galeorum familiam pertinere. In diagnosi enim a Müllero et llenleo condita Galeos dentibus in ambabus maxillis aequalibus, depressis , marginibus acutis levibus, vel uno tantum margine serrato, cuspideque obliqua extrorsum versa, et appendice externa praeditos esse fertur. Sed a generibus reliquis etiam familiae hujus, Galeo nempe, Loxodonte et Thalassorino exclu- denda sunt; quum primum dentibus margine externo levi et interno tenticulato a cuspide levi distineto; seeundum dentibus tarn margi- nibus quam appendice levibus; tertium denique dentibus marginibus denticulatis absque appendice, instrueta sint.

Novum ergo genus familiae Galeorum adest, ipsumque Prolo- galeum appellabo.

') Müller und Henle, Systematische Beschreibung der Pl»g-iostomen 'i'.'

M o I i n. 585

Diagno sis.

Genus PROTOGALEUS Molin.

Deutes trianguläres, marginibus acutis, levibus, cuspide oblique ad externa versa, appendice externa serrata. Pinna dorsalis prima inter thoracicas et abdominales, thoracicis proxima. Pinna dorsalis secunda anali superposita. Pinna caudalis limbo inferiori latiori lobulis duobus distinctis. Squamae microscopicae, longe transver- sim ellypticae, margine posteriori inaequali.

II. Narcine gigantea Molin, nov. spec.

Raja Torpedo: Ittiol. veron. tab. 6i. Krüger: Geschichte d. Urwell,

II. 636. Narcobatus giganteus Blainville: Ichthyol. 33; Übersetz. 85.

Torpedinis varietas Heule : Über Narcine 31.

Torpedo gigantea Agassiz: Poiss. foss. III. 382**. Piete/: Paleont. II. 298. Jahrb. 1835. 297; 1847. 382. Giebel: Fauna d. Vor- welt, I. Fische. 294.

Historica. In ichthyologia veronensi clarissimi Voltae Torpe- dinis fossilis imago adest, ab ipso auctore Raja Torpedo appellatae. Kriigerio, BlainviUio et Henleo piscis ille ex icone ichtbyologiae veronensis tantum innotuit, ultimus autem eum Narcobatum gigan- teum dixit. Agassiz nomen ejusdem in Torpedinem giganteam iterum immutavit et de ipso sequentibus loquitur verbis: .„Ego de- „scriptionem Torpedinis giganteae montis Bolca ad supplementum „operis mei de piscibus fossilibus differo. Ipsa in icone 61 ichtliyo- „logiae veronensis efficta est, et ego ejus in prospectu ichthyoli- „thum montis Bolca nomine Torpedinis giganteae memini." Pictelio et Giebelio piscis iste ignotus munsit, ultimus tantum scivit eum omnes Torpedinum vivarum species magnitudine evincere.

In collectione Musei patavinae Uuiversitatis duplex torpedinis specimen servatur, quod effigiei Rajae Torpedinis , etsi haec rudis et ambigua sit, omnino respondet.

Investigationes. Quamquam ego Agassizii celeberrimi senten- tias summopere verear, suspectum mihi fuit in fauna bolcensi piscem olTendere speciebus hodie meditcrraneum mare inhabitantibus affi- nem; quum fauna montis Bolca ei potius marium tropicalium respon- doat. Sed non tantum hoc momentum, verum etiam longitudo

40 -

o86 I'rimitiae Musei Archigymnasii patavini.

abnormis caudae piscis tarn in icone ichthyologiae efflcti quam spe- ciminis musei patavini Archigymnasii , forma marginis anterioris eorum disci, cincturae thoracicae et dentium, et praeprimis locus quem pinnae dorsales tenent, ancipitem diagnosim ichthyologi helve- tici demonstravere. Absentia autem totalis squamarum et vestigia haud dubia organorum electricorum forma et positione confirmata, piscem ad Torpedinum familiam pertinere indicant. Haec autem familia quinque generibus constat , id est: Torpedine , Narcine, Astrape, Temera et Discopyge '); quorum Narcine tantum cauda disco longiori , primaque pinna dorsali ventralibus postposita et mi- nori quam secunda, nee non pinnis ventralibus disjunetis gaudet. Etenim Torpedo, etsi duabus pinnis dorsalibus praedita, earum pri- mam supra partem posticam abdominalium et seeundam mediam inter anticam et caudalem ostendat; Astrape et Temera una tantum pinna dorsali instrueta sint et Discopyge denique pinnas abdominales conjunetas et caudam disco aequilongam possideat. Et characterem generis Narcines in speeimine Torpedinis collectionis patavinae repe- titum videmus. Si dentes praeterea, quorum complures adhuc in lapide optime servantur, perpendimus, eorumque formam cum den- tibus Narcinis comparamus, nee non disci et partium reliquarum, praeprimis cranii formam et locum non obliviseimur, nulluni dubium manere poterit Torpedinem giganteam Agassizii nil aliud quam novam Narcines speciem praebere.

Ex inspectione Narcines fossilis bolcanae et praeeipue e sceleti eomparatione cum iconibus sceleti Narcines brasiliensis a clarissimo Uenleo editis, speeimen musei patavini ad genus Narcine adscri- bendum esse haud dubie innotescit, quum forma cranii nee non eartilaginum pinnarum cranialium id a genere Torpedo exeludant, ejusque affinitatem cum genere Narcine demonstrent. Inspectio autem partium earumdem et praeprimis cincturae thoracicae speeimen nostrum speciem a Narcine brasiliensi omnino diversam esse edocet. In hoc enim pisci cornua cincturae thoracicae a columna vertebrali prius antrorsum sese vertunt, mox autem retrorsum regrediuntur, sed in Narcine fossili crura immediatim a columna vertebrali posteriora versus recurvantur. Magnitudo vero Narcines musei patavini nomen

') Müller initl Henle, Systematische Besehreibung der Plagiostomen. Tschudi, Fauna peruana.

Primitiae Musei Arcliigyinnasii patavini. i)ö i

specificurn Nardnes giganteae haud improprium esse docet, quum inaxima ejusdem generis species viva vix bipedalis zoologis innotescat. Nee unam quidem specierum viventium Europae maria hodie inbabi- tantem offendimus. Narcine brasiliensis enim e maribus Brasiliae et Promontorii honae spei, Narcine Timlei e maribus iiulicis et Japo- niae et Narcine indica e Tanquebar oriuntur.

D i agn o s i s.

NARCINE GIGANTEA Mol in, nov. spec. Discus circularis. Cranium ante eartilaginem pinnae cranialis prominens. Cinctura thoracica hyperbolica. Pinnae abdominales longissimae. Caada ilisco fere longior. Pinnae dorsales duae, qua- rum prima abdominalibus postposita. Deutes cuspidati, minimi.

III. IMatyrliina bolcensis He ekel.

Narcopterus bolcanus Agassk : Poiss. foss. 111.382**. Jahrb. 1835. 297. —Pictei: Paleont. II. 298. Giebel: Fauna d. Vorwelt. I. 293. Platyrhinae species Müller: Observ. manuscr. Mus. pa(av.

Platyrhina bolcensis Heckel: in Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. VII. 2. Hft. 324.

Distoriea. Johannes Maller specialen duplex Rajae fossilis musei patavini indeterminatae observavit, idque Platyrhinae spe- eiern esse dixit. Agassiz speeimen illud non vidit, at relatione Mäl- leri edoctus sequentia adnotavit: „Ego describam in supplemento „operis mei de piseibus fossilibus etiam novum a me conditum „genus nomine Narcopterus, quod efficere nequeo priusquam iterum „persuasum habeam an a genere Platyrhina a Müllero et Henleo „condito differat, cujus, uti a Müllero traditur, species fossilis in „museo patavino adest, quam autem a Narcoptero bolcano band „diversam reputo." Heckel in suo itinerario speeimen Musei pala- vini, scilicet Platyrhinae speciem fossilem Mülleri nil aliud nisi Nar- copterum holcanum Agassizii esse asseverat, idque Platyrhinam bolcensem appellat. Ipse autem loquitur de speeiminibus duobus hujus speciei, quum mihi unum tantum innotescat. Forsitan Heckel Narcinem giyanteam pro Platyrhina habuit, quod jure suspicari audeo, ichthyologo insigni vindobonensi nee nomen quidem illius commemorante.

boö Mol in. Priniitiae Musei Ai'chigymnasii patavini.

Iavestigationcs. Sententia tantum principis ichthyologorum, Mülleri, ad diagnosim hu jus speciei sufficiet, nisi et alter ichthyo- logus celeberrimus , Heckel, et specimen optime servatum, quod duplex adest, piscem fossilem re vera Platyrhinae speeiem concla- maverint. Inspectio enim speciminis fossills eranium in rostrum antice extensum ; caudam validam , niuscularem ; et duas pinnas dorsales demonstrat: quibus momentis ipsum ad familiam Squatino- rajarum referendum. Haec autem familia tribus sectionibus constat, nempe: Pristiditm, Rhinarum et Rhinobatidum. A prima Indivi- duum nostrum formae corporis tantum gratia excludendum, quum Pristides Squalidibus similes adpareant. Sed etiam sectioni secundae adscribi nequit, quum Rhinae pinnis abdominalibus qua- drangularibus , excisione a portione cephalica disci disjunctis, pinna dorsali anteriori pinnis abdominalibus insistenti, et pinna caudali biloba praeditae sint. Tertiae igitur sectioni, sectioni nempe Rhino- batidum propter pinnas abdominales post thoracicas immediatim insertas; propter pinnas thoracicas disci rostro continuas; propter pinnas dorsales aequales caudae portioni posticae insidentes; et propter pinnam caudalem limbo inferiori destitutam, inserendum erit. Haec vero sectio tribus gencribus componitur, scilicet: Rhi- nobato, Trygonorhina et Platyrhina. Genera vero Rhinobatus et Trygonorhina disci habitu antice in cuneum acuminatum extensi summopere a specimine disquisitionibus subjecto differentia, hoc Pla- tyrhinae speeiem declarant. Et re vera pinnas thoracicas in rostri apice approximatas eumque extremitatibus amplectentes; nee non marginem disci anteriorem continuum, quae momenta generi Pla- tyrhinae propria, in specimine Musei patavini Archigymnasii Herum offendimus.

Diagnosis.

PLATYRHINA BOLCENSIS Heckel. Cranium in rostrum apice rotundato elongatum, pinnis pectora- libus cinetum. Discus circularis, margine continuo. Pinnae abdomi- nales pectoralibus immediatim subsequentes. Caiida disco aequilonga. Pinnae dorsales duae aequales, trianguläres, apice rotundato ; prima in medio caudae. Pinna caudalis lohulo inferiori distineta.

II a u e r Kryslallogenetische Beobachtungen, I)8{)

A ry st a 1 1 o ff en et i s e h e B e oh a c h t u n gen.

III. REIHE.

Von Karl Ritter v. Dauer,

Vorstand des chemischen Laboratoriums der k. k. geologischen Reiclisanstalt. (Mit 1 Tafel.)

1.

Künstliche Foriuveräiiderungcii au Alauukrjslallen.

Im Anschlüsse an meine früheren Mittheilungen über diesen Gegenstand sollen noch einige Formveränderungen, welche sich nach dem angeführten Verfahren erzielen lassen, beschrieben werden.

Bekanntlich tritt der Alaun häufig in der Form auf, dass zwei parallel gelegene Oktaederflächen sehr vorherrschend sind. Oktaeder an denen eine Fläche überwiegt oder zwei nicht zu einander parallel gelegene, ferner mit drei oder vier sehr ausgedehnten Flächen sind Krystallbildungen , welche an der Alaunsubstanz theilweise selten, andererseits gar nicht beobachtet werden. Solche Formen, die mit Aus- nahme der ersten in ihrer Unsymmetrie dennoch eine gewisse ttegel- mässigkeit zeigen, werden auf künstlichem Wege mit grosser Leich- tigkeit zur Entstehung gebracht. Man erhalt sie, wenn man vom Würfel ausgeht und diesem die betreffenden Flächen anschleift. Die fehlenden Oktaederflächen treten dann alsogleich von selbst auf und bleiben natürlich sehr untergeordnet. Es entwickeln sich also in dieser Weise Combinationen des Oktaeders mit dem Würfel, dessen Flächen bei fortgesetzter Krystallisation successive in dem Masse verschwinden , als die von selbst auftretenden Oktaederflächen sich mehr ausdehnen.

Bei diesen Krystallen ist bemerkenswert!) , dass von den neu auftretenden Oktaederflächen immer vier in ihrer Ausdehnung gegen die übrigen zurückbleiben ; es sind die, welche zu den ange-

UDO v " ;i " e '■•

schliffenen Flüchen nicht parallel stehen. Bei dein suspendirt erhal- ten des Krystalles in der Lösung, wie es in allen diesen Versuchen, um eine ungestörte Bildung nach jeder Richtung zu ermöglichen, geschah, musste vielmehr erwartet werden, dass die neu auftreten- den Oktaederflächen gleiche Stadien der Ausdehnung beihehalten würden. Wiederholte Beobachtungen zeigten aber dasselbe. Der Krystall näherte sich hiedurch immer mehr einer jener hemiedrischen Formen, wie sie in meiner früheren Abhandlung beschrieben wurden, welche durch Weiterkrystallisirenlassen eines aus dem Würfel geschnittenen Tetraeders waren erhalten worden.

Betrachtet man indessen die hier stattfindende Thätigkeit der Krystallisation näher, so wird es leicht erklärlich, warum von den neu entstehenden Oktaederflächen eine gewisse Anzahl sich rascher ausdehnt, und vier derselben in der Entwickelang zurückbleiben, und es stimmt dieser Vorgang mit vielen schon früher angeführten Beob- achtungen überein. Die Alaunsubstanz besitzt nämlich die vorwie- gende Tendenz beim Krystallisiren reine Oktaeder zu bilden. Es ver- schwinden bei fortgesetzter, ungestörter Krystallisation ausnahmslos alle Combinationsfläehen; sowohl wenn sie künstlich waren hervor- gerufen worden, als wenn sie von selbst auftretend vorkommen. Die Oktaederflächen gewinnen sonach immer die Oberhand, und wo sie sich durch zum Verschwinden bringen seeundärer Flächen ausdeh- nen können, gebt dies weit schneller vor sich, als das gewöhnliche Wachsen des Krystalles im Ganzen. Fasst man nun die Gestalten in's Auge, welche entstehen, wenn dem Würfel zwei oder drei Oktaeder- flächen angeschliffen werden, so können von den neu auftretenden entsprechend zwei und eine, anfänglich durch blosses Verschwinden lassen des Würfels sich entwickeln, während die übrigen durch die schon vorhandenen Oktaederflächen in der Ausdehnung gehemmt sind.

Alle hier angeführten aus dem Würfel abgeleiteten Gestalten gehen sonach in eine regelmässige Combination des Doppeltetra- eders (deren eines sehr untergeordnet ist) mit dem Hexaeder über. Die weiteren Entwicklungssladien der Krystallisation bestehen darin, dass die Würfelflächen zunächst gänzlich verschwinden, wodurch das keilförmige Oktaeder entsteht. Die ungleiche Ausdehnung von je vier der Oktaederflächen gleicht sich ferner successive aus, und der Krystall erlangt endlich wieder die Gestalt eines annähernd regel-

Krystallogenetische Beobachtungen. 59 t

massige» Oktaeders. Diese Herstellung der Symmetrie findet aber nur in den hier angeführten Fallen Statt; Oktaeder mit zwei sehr vorherr- schenden, parallelen Flächen, wie es häufig durch freiwillige Bildung beobachtet wird, können durch fortgesetzte Krystallisation nicht mehr in eine symmetrische Form übergeführt werden, mag man dem Krystall was immer für eine Lage in der Lösung geben. Das Vor- herrschen von zwei parallelen Oktaederllächen scheint sonach in einer specifischen Krystallisationsneiguung dieser Substanz begründet zu sein. Es stimmt dies mit der an vielen Salzen auftretenden Erscheinung überein, vorzugsweise gewisse Verzerrungen und Flächen- bildungen zu entwickeln, die nicht immer durch sogenannte zufällige Umstände bedingt werden, sondern für die betreffende Substanz eine in der That charakteristische Eigenschaft sind.

Werden dem Oktaeder zwei entgegengesetzte Würfeltlächen so weit angeschliffen , dass der Krystall hiedurch ein tafelartiges Ansehen bekommt, so treten die übrigen Würfeltlächen von selbst auf, wie schon früher angeführt wurde. Die Selbstentstehung der vollständigen Conibination findet um so gewisser Statt, je mehr die beiden Würfeltlächen einander genähert werden. Diese heterogene Form kann der Krystall nicht erhalten und setzt sich gewissermassen in's Gleichgewicht. In der That kommt auch das Vorherrschen einer solchen partiellen Conibination am Alaun von selbst nie vor, während ich sie an salpetersaurem Bleioxyde häufig beobachtete. Anders ver- hält es sich nun, wenn vier in einer Zone gelegene Würfeltlächen so vorherrschend angebracht werden, dass diese partielle Conibination als der Träger der Gestalt erscheint. Diese Form , die häufig am Bleiglanz beobachtet wird, erhält sich, ohne dass die fehlenden Wür- felflächen auftreten.

Eine ganz eigenthümliche Metamorphose zeigt sich, wenn dem Oktaeder in ähnlicher Weise ebenso viele sehr ausgedehnte Dode- kaederflächen beigebracht werden. Diese Flächen erhalten sich nur kurze Zeit, die gewaltsam getrennten Oktaedertlächen breiten sich mit rapider Schnelligkeit gegen die Mitte des Krystalles aus, bis sie wieder in Berührung kommen. Schon aus früheren Beobachtungen ging hervor, dass sich die Dodekaederflächon schwierig erhalten, und nur minder schnell verschwinden, wenn gleichzeitig die Conibination mit dem Würfel vorhanden ist. Bei sehr grosser Ausdehnung der- selben, wie im vorliegenden Falle, würde es indessen einer sehr

592 v. Baue r.

beträchtlichen Anlagerung' von Krystallmasse erfordern, um die frü- here Form gänzlich zu regeneriren. Das Verschwinden geschieht hier sonach in der Art, wie es die beigefügte Zeichnung Fig. 1 andeutet. Die Oktaederflächen breiten sich nämlich von den Punkten a, b, c, d im Sinne der punktirten Linien keilförmig gegen einander aus und es bleiben die Würfelflächen £, /"stehen, welche fast die gleiche Aus- dehnung der angebrachten Dodekaederflächen haben. Es entsteht so- nach die eben früher beschriebene Combination, die aber durch direc- tes Anschneiden der Würfelflächen war erhalten worden. Dieses Phänomen ist analog dem Verhalten des Oktaeders gegen den Würfel. Die Combination mit dem Dodekaeder ist aber eine für die Alaunsub- stanz noch mehr heterogene Form und wird daher gewissermassen durch die Würfelflächen verdrängt. Schneidet man statt vier nur zwei gleich ausgedehnte Dodekaederflächen an, so entsteht in Über- einstimmung mit der eben beschriebenen Bildung ein Oktaeder in Combination mit vier halb so ausgedehnten Würfelflächen.

Diese Krystallisationserscheinungen sind noch insoferne von Interesse, als sie einen Fall constatiren, in welchem künstliche Flächen beim Weiterkrystallisiren anfänglich fast gar nicht an Ausdehnung verlieren. Die Würfelflächen verschwinden hier nämlich erst dann successive, wenn die Dodekaedertlächen gänzlich beseitigt sind. Die Tbätigkeit in dieser Richtung ist so intensiv, dass alle aus der Lösung frei werdende Salzmasse sich dahin anhäuft.

Versuche, die Flächen des Pentagonaldodekaeders auf mechani- schem W'ege hervorzubringen, gaben ein entschieden negatives Resul- tat, während es, wie bekannt, durch chemische Mittel gelingt sie her- vorzurufen.

Rudolph Weber führte neuerlichst an, dass es ihm durch einen Zusatz von Salzsäure zur Lösung des Alauns gelungen sei diese Form entstehen zu sehen *).

Diese Beobachtung ist indessen nicht neu, sie wurde schon im Jahre 1818 von Beudant gemacht und genau beschrieben2).

') Poggendorff's Aiinalen, 109. Bd., S. 379.

'-) Annales des niines 181S. Er führte dort Folgendes wörtlich an: „Dans l'acide muriatique l'alun a presente une forme, «jue je n'ais jainais obtenue d'aucuoe autre maniere. La figure dominante de ces nouveaux cristaux est Poctaedre passant au eube par le remplacement de ces angles solides: mais en outre il existe ä chaque angle des facettes triangulaires, <jui proviennent d'une loi de decroissement, que

Krystallogenetisehe Beobachtungen. 593

Den Würfel als solchen zu erhalten gelang ebenfalls nicht, so wie überhaupt eine gänzliche oder partielle Unterdrückung der Oktaederflächen nicht zu erzielen ist, also keine der anderen ein- fachen Formen des regulären Systemes. Die Gestalt, bei welcher die Oktaederflächen am meisten unterdrückt werden können, ist die Com- bination mit dem Würfel, wo letzterer der Träger derselben ist.

Noch muss eine eigenthümliche Art erwähnt werden, in welcher sich Krystalle des Alauns durch Bildung von Flächen ersetzen, die einspringende Winkel bilden, ohne dass eine Zwillingsbildung vorhanden wäre. Von den mannigfaltigen Combinationen, welche auf diese Weise zur Entwickelung gebracht werden können, soll nur ein Beispiel angeführt werden, da dem Principe nach der Vorgang in allen Fällen derselbe ist, und die auftretenden verschiedenen Flächen unmittelbar nur von der Bichtung und Dimension der angebrachten Schnitte abhängig sind. Alle bisher beschriebenen Formverän- derungen hatten gewöhnliche Combinationsflächen hervorgebracht. Im vorliegenden Falle war der Zweck jene Metamorphosen zu beob- achten, welche der Krystall beim Weiterwachsen erleidet, wenn Verletzungen nach einwärts zu geschehen. Die beigefügte Fig. 2 stellt einen solchen Krystall dar, wie er sich entwickelte nach dem Mim im Sinne der vier Pfeile gegen das Innere zu gerichtete Schnitte beigebracht wurden. Diese Bildung ist geeignet eine directe Bestä- tigung für die Ansicht zu geben , vermöge welcher man zwei mit einander verwachsene, und genau auf einander orientirte Krystalle nur als ein Individuum betrachtet.

Der obere verstümmelte Theil des Krystalles hatte sich bei seinem Wachsthume anfänglich so verhalten , als ob er gänzlich isolirt gewesen wäre '), was durch das Auftreten der unteren Oktaederflächen daran constatirt wird.

M. Ha uy n'a pas de'crite dans cette substance, et qu'on ue retrouve que dans le fer sulfure et dans le coball gris. Ces facettes appartiennent au dodecaedre pentagona/. et il.iimi ni lieu ä l'icosaedre de la mineralogie, en se re'unissent avec celie de Poctaedre." ') Jedes abgebrochene Fragment eines Krystalles ergänzt sich nämlich wenn man es für sicli weiter wachsen liissl in der Art, dass es seine Form beibehält, während alles zur früheren vollständigen Gestalt fehlende unmittelbar, in einer seiner Grösse entsprechenden Dimension sich daran lagert. Ks bildet nicht den Centralpunkt des neu sich entwickelnden Krystalles, sondern nimmt in demselben die Stelle ein, die es an dem früheren iune gehabt hatte. Schneidet man z.B. die Spitze eines Oktaeders

594 v- " a " l' '■

Fjässt man einen Krystall, an dem eine solche Spaltung erzwun- gen wurde, weiter wachsen, so zeigt sich in der That, dass die Tren- nung nur eine temporäre sei. Es verschwinden durch die fortgesetzte Krystallisation alle Flächen, welche die einspringenden Winkel gebildet hatten, und das Ganze wird wieder äusserlich von ununter- brochenen Flächen begrenzt, wird also wieder ein Krystall. Bekannt- lich bildet der Alaun häutig von selbst ähnliche, säulenförmige Aggregate von mehreren ziemlich genau auf einander orientirten Krystallen , die ganz die gleiche Stellung, wie sie hier angedeutet wurde, haben; sie entstehen zumeist hei der Darstellung im Grossen. Ob indessen solche Gruppirungen vorkommen , wo die Lage der Krystalle so genau orientirt ist, dass wie oben eine Wiederverei- nigung stattfinden könnte, ist fast zu bezweifeln, wenigstens nicht auf dem Wege rascher Krystallisation.

Bricht man einen Krystall in zwei oder mehrere Theile und klebt sie mittelst einer dünnen Harzschichte wieder zusammen, so wird hiedurch für die weitere Krystallisation keine Störung her- vorgebracht; die sich darüberlagernden Schichten bilden zusam- menhängende Flächen. Werden die Theile aber beim Zusammen- fügen um ein geringes in ihrer früheren Lage gegen einander verän- dert, so wächst jeder Theil unabhängig für sich fort. Es entsteht eine entsprechende Anzahl theilweise über einander geschobener Krystalle, deren Entwickelung an den Seiten, wo sie sich berühren, zurückbleibt; eine Vereinigung in einem Krystall kann aber natür- lich nicht mehr stattfinden •)• Strenge genommen sollte die Harz- schichte selbst schon eine absolut genaue Stellung der Krystall- stücke auf einander verhindern. Allein die Krystallflächen vermögen bis auf einen gewissen Grad Krümmungen anzunehmen , und erst bei stärkeren Verschiebungen wird die Einheit des Krystalles auf- gehoben.

Alle diese letzteren Krystallisationserscheinungen geben einen directen Beweis, dass der Krystall nur ein mechanisches Gefüge von kleinen gleichgestaltigen Molecülen sei, die nach bestimmten Bich-

ab, und liisst diese weiter krystallisiren, so treten alsogleich die unteren Oktaeder- flächen auf, und es entsteht bald ein vollständiger Krystall. ') Diese Bildungen zeigen sieh in gleicher Weise auch in einer der Substanz des Krystalles analogen Auflösung, wahrend alle früheren Versuche sich auf das Fort- wachsen in einer Lösun<r von Eisenalaun beziehen.

Krystallogenetisehe Beobachtungen. KOo

hingen an einander gelagert sind. Die durch die Kristallisation ent- standene natürliche Cohasion der Moleciile ist ohne Bedeutung, n u r ihre Stellung gegen einander bedingt d i e Einheit des K r y s t a 1 1 -I n d i v i d u u m s *)•

In der That lässt sich ein Krystall daher auch förmlich künst- lich aufbauen. Ich habe an solchen vom gewöhnlichen Alaun ver- schiedene Segmente abgeschnitten und an ihre Stelle entsprechende Fragmente von anderen Thonerde- oder Chromalaunkryst allen aufge- klebt, wodurch gar keine Störungen im Zusammenhange der sich darüber lagernden Schichten hervorgebracht wurde; nur muss die Zusammenfügung der Theile bezüglich der Orientirung auf einander mit grosser Genauigkeit bewerkstelligt werden.

Würde man einen Alaunkrystall in einer Art durchschneiden können, dass von der Masse nichts verloren ginge, so Hesse sich durch Aufeinanderkleben der beiden Hälften in verwendeter Stellung, und weiter wachsen, ohne weiters ein Berührungszwilling künstlich erbalten. In ähnlicher Weise gelingt es indessen auch, wenn man zwei flache Oktaeder so weit abschleift, dass sie genau auf einander passen ; nur muss dieses Abschleifen mit der Genauigkeit ausge- führt werden, dass das Niveau der Flächen dadurch nicht verändert wird.

Indem ich hiemit diese Beihe von Versuchen schliesse, will ich es dennoch unterlassen weitere theoretische Betrachtungen an die mitgetheilten Ergebnisse zu knüpfen, erstlich weil jene Schluss- folgerungen, die sich directe ergaben, schon im Verlaufe der Arbeit hervorgehoben wurden , ferner weil ich mit ähnlichen V ersuchen wie die letztangeführten , namentlich an Krystallen aus anderen Systemen noch beschäftigt bin.

II. iber deu kubischen Alaun.

Über die Entstehung des sogenannten kubischen Alauns ist vielfach geschrieben worden. Es knüpft sich daran ein historisches Interesse,

*) Jedes Moleciil, welches sicli auf einen Krystall in nicht orientirter Stellung absetzt, gibt den Impuls zur Entwickelung eines neuen Individuums, welches nunmehr unab- hängig von demselben weiter wächst, so weit die Berührungsstellen kein llinder- niss entgegensetzen.

59() v- Haue r.

insoferne es die erste Erfahrung ist, dass die Gegenwart einer Sub- stanz in der Lösung einer anderen die Krystallgestalt der letzteren umwandeln könne, ohne gleichwohl in die Verbindung mit einzu- gehen, ohne also die chemische Constitution derselben zu verän- dern. Leblanc 1) beobachtete zuerst, dass der Alaun durch Hinzu- fügung einer Quantität des basischen Antheiles zur neutralen Lösung in Würfeln anschiesse. Beudant3) fand, dass sich dieselbe Er- scheinung zeige, wenn man zur Lösung ein kohlensaures Alkali oder borsaures Natron hinzufügt. Persoz 3) erhielt Würfel, nachdem er die Lösung mit kohlensaurem Kalk versetzt hatte. Mittheilungen über das Vorkommen von kubischen Krystallen im römischen Alaun machten d1 Are et und Peligot. Diesen bestimmten Angaben gegenüber führt Otto 4) an, dass es ihm nie gelungen sei durch Hinzufügung eines Alkali zur Lösung Würfel zu erhalten.

In der That scheint die Entstehung derselben ausser des Zu- satzes eines Bestandtheiles zur Lösung, durch welchen ihr Säure entzogen wird, auch noch von anderen Umständen abzuhängen, denn auch mir gelang es bei mehrmaliger Wiederholung aller hier ange- führten Darstellungsweisen nie , das Auftreten von Würfeln beob- achten zu können.

Kubischer Alaun wurden vielleicht solche Krystalle genannt, an denen mehr oder minder vorherrschende Combinationen mit dem Hexaeder entwickelt waren ; Würfel aber, an denen die Oktaeder- flachen vollkommen unterdrückt waren, sind wahrscheinlich niemals entstanden. Sehr entschieden dürfte das Resultat folgender Ver- suche dafür sprechen, die ich oftmals mit gleichem Erfolge wieder- holte. Ich schnitt aus grossen Krystallen des käuflichen Kalialauns Würfel und hing sie in die gesättigte Lösung desselben Salzes, nachdem ein Alkali hinzugefügt worden war. Die Flächen wurden nun zwar in wirkliche Krystallflächen verwandelt, gleichzeitig treten aber auch immer alle Oktaederflächen auf. Die Erscheinung war stets dieselbe, mochte man die Lösung mit wenig oder viel Alkali versetzen.

') Seine Crystallotechnic. Paris 1802.

'-') Annales des mines 1S18.

A) Chiinie moleeulaire p. :>;si!.

>) Sein Lehrbuch III. Auflage, II. H.I.. S. .JTö.

Krystallogenetische ßeol>aelifnngen. 507

III.

Hexagoualcs schwefelsaures Kali.

Mit scherlich beschrieb Krystalle von schwefelsaurem Kali ') erhalten bei der fabriksmässigen Aufarbeitung von Kelp in Glas- kow, die eine andere Form hatten als das sonst gewöhnlich auftre- tende Salz, sie waren hexagonal und optisch einaxig, wonach ge- schlossen werden mnsste, das schwefelsaure Kali sei dimorph.

In neuerer Zeit wurde die Aufmerksamkeit auf diesen Gegen- stand wieder durch eine von Penny mitgetheilte Untersuchung gelenkt 3). Er beschrieb ein unter dem Namen Plate-sulphate of Potasch aus Kelp in Glasgow gewonnenes Salz , welches mit dem von Mitscher lieh erwähnten identisch zu sein schien. Penny fand indessen, dass es nicht reines schwefelsaures Kali, sondern eine Verbindung desselben mit wasserfreiem Natron in einem bestimmten Äquivalentenverhältnisse wäre. Die Zusammensetzung wurde näm- lich bei wiederholten Analysen =

NaO, S03 -f 3 (KO, S03)

gefunden. Der vermeintliche Dimorphismus des schwefelsauren Kali würde sonach hinwegfallen.

Einen absoluten Vergleich gestatten indessen die Untersuchungen von Mit seh er lieh und Penny nicht, weil ersterer die chemi- sche Untersuchung desSalzes, letzterer aber eine genauere krystallo- graphische Beschreibung unterliess. Eine noch spätere Mittheilung über hexagonale Krystalle von angeblich schwefelsaurem Kali rührt von Senarmont her 3). Er beobachtete grünliche Krystalle, die bei der Darstellung von chromsaurem Kali erhalten wurden , bestehend aus dem sechsseitigen Prisma, der Endfläche und der Abstumpfung sämmtlicher Endkanten als Dihexaeder. Die Krystalle waren optisch einaxig. Eine chemische Untersuchung wurde auch hier nicht vor- genommen.

Schon vor längerer Zeit hatte ich durch Grailich eine Quanti- tät gut ausgebildeter Krystalle jenes plattenförmigen englischen

*) Poggendorffs Annalen 58. Bd., S. 468. " 8) IM.il. Mag. (4) X. 401.

3) Privatmittheilang Senarm o nt's an R a mittels berg ; in der krystallogrnphischen Chemie des letzteren. Supplement, S, :54.

ft98 v- Haue p.

Salzes erhalten, welches in Glasgow gewonnen wird. Es gab dies Gelegenheit eine Untersuchung anzustellen, in wie ferne die oben angeführten Angaben in Einklang zu bringen seien , ob also das schwefelsaure Kali wirklich in zweierlei Formen auftrete oder nicht. Einen Gewichtsverlust erlitten die Krystalle beim Erhitzen nicht, waren also wasserfrei, doch wurden sie hierbei milchweiss und undurchsichtig, was vermuthen lässt, dass eineBewegung im Inneren der Krystalle, eine Veränderung in der Lage derMolecüle hiebei statt- finde. Der Gehalt an Nation liess sich leicht nachweisen. Beim Auf- lösen in Wasser und Umkrystallisiren fand eine Zerlegung Statt, es schoss reines schwefelsaures Kali an , und die Mutterlauge enthielt viel schwefelsaures Natron.

1-474 Gramm des Salzes gaben 2-108 Gramm schwefelsauren Baryt = 49- 10 Procent Schwefelsäure.

Die Formel NaO,S03 -f 3(KO,S03) verlangt 48-19 Procent Schwefelsäure; es erübrigte somit kein Zweifel, dass dieses Salz mit dem von Penny beschriebenen identisch sei. Nach einer Mit- theilung, die mir Herr Sehr auf machte, der auf meine Bitte diese Krystalle in den Kreis seiner optisch -krystallographischen Unter- suchungen zog, sind sie hexagonal, bestehend aus dem sechsseitigen Prisma mit der Endfläche, und optisch einaxig !)•

Ich versuchte nunmehr das Salz directe darzustellen, was auch gelang. Schwefelsaures Kali und ausgeglühtes schwefelsaures Natron wurden in dem Äquivalentenverhältnisse der obigen Formel in Wasser gelöst und die Lösung durch wechselndes Erhitzen und Erkalten lassen einer fractionirten Krystaliisation unterworfen.

Die ersten Anschüsse lieferten reines schwefelsaures Kali von gewöhnlicher Form, die späteren aber ein Salz genau von der Form wie jene , welche Senarmont beschrieb; es unterschied sich also von dem Fabriksproducte nur durch das Auftreten des Dihexaeders. Der Neigungswinkel des Prismas ergab sich sehr nahe = 120°.

Herr Murmann, dem ich einige dieser Kryslalle gab, fand sie optisch einaxig, wodurch jeder Zweifel bezüglich der Nichtidentität mit gewöhnlichem 5chwefelsauren Kali beseitigt war. Es erübrigte nun nur noch seine Zusammensetzung zu prüfen.

1 ) Die ausführlicheren Resultate seiner Untersuchung werden von ihm seihst vorgelegt werden.

Krystallogenetisehe Beobachtungen. 590

1-084 Gramm lieferten 1-547 Gramm schwefelsauren Baryt = 4900 Procent Schwefelsäure.

Als ich Krystalle des aus der englischen Fabrik erhaltenen Salzes in der Lösung des eben angeführten weiter wachsen liess, entwickelten sich dieselben Combinationen, es trat das Dihexaeder daran auf.

Aus dieser Gesammtuntersuchung ergibt sich mit ziemlicher Gewissheit, dass die von Mitscher lieh und Senarmont unter- suchten Krystalle nicht reines schwefelsaures Kali gewesen sein dürften, wonach die vermeintlichen verschiedenen Formen desselben eine einfache Aufklärung finden. Ferner ist daraus zu entnehmen, dass die hexagonalen Krystalle des schwefelsauren Kali-Natrons nur dann entstehen, wenn eine grössere Menge als jene des letzteren vorhanden ist, die wirklich in die Doppelverbindung aufgenommen wird.

Über Mischungen von schwefelsaurem Kali und Natron liegen indessen noch andere Beobachtungen vor. So gab H. Rose an, dass die in verschiedenen Verhältnissen gemengte Lösung beider Salze, Krystalle von der Form des schwefelsauren Kalis liefere *). Diese Angabe basirt aber weder auf einer genaueren krystallographischen noch auf einer optischen Untersuchung, und fällt daher hier weniger in's Gewicht. Im gegebenen Falle ist insbesonders die letztere die entscheidende, da, wieschon Rammeisberg3) aufmerksam gemacht hat, der scheinbare Dihexaeder der gewöhnlichen Form des schwefel- sauren Kalis in seinen Winkelwerthen so nahe mit dem hexagonalen Salze übereinstimmt, dass man beide Formen für identisch halten könnte.

J. H. G lädst one3) erhielt durch Mischen auf verschiedenen Wegen eine constante Verbindung von der Zusammensetzung:

NaO,S03 -f 5(KO,S03).

Es hat nichts unwahrscheinliches, dass bei diesem sehr über- wiegenden Gehalte an schwefelsaurem Kali das Doppelsalz die Form desselben zeige, während der Einfluss des Natrons auf die Gestalt

J) Poggendorff's Annalen 52. Bd., S. 452.

2) Handbuch der krystallographischen Chemie, S. 80.

3) Chem. Soc. Quar. Jörn. VI. 106.

Sit/.b. d. mathem.-natuiw. Cl. Bd. XL. Nr. 12. 41

600 v. Haue r.

unterdrückt wird, eine Erscheinung, für welche viele analoge Fälle bekannt sind.

IV. Iber specifische Flächenbildongen an isomorphen Krystallen.

Von so unverkennbar hohem Werthe die Erkenntniss ist, dass die Tausende der Krystallgestalten , welche die verschiedenen Sub- stanzen zeigen, vermöge der Neigung der Winkel, die ihre Flächen gegen einander bilden, auf wenige ideale Formsysteme zurück- geführt werden können, so scheint doch hiermit für die Gestalt der Krystalle nicht alles der Beobachtung werthe erschöpft zu sein.

Für die naturhistorische Forschung ist häufig auch die Flächen- bildung von entschiedener Bedeutung. Die Gestalt der Flächen ist nämlich nicht immer etwas blos Zufälliges, sondern in vielen Fällen eine charakteristische Eigenschaft der Substanz, wodurch ihr ein unterscheidendes Merkmal von anderen, krystallographisch gleichen, verliehen wird, das aber bei zu einseitiger Betrachtung vom Stand- punkte der Isomorphie aus leicht übersehen werden kann.

Durch aufmerksame Vergleichung in dieser Beziehung ist nicht zu verkennen , dass bei Gegenwart gewisser Substanzen das Vor- herrschen oder Zurücktreten einiger Flächen , ja selbst ihr Vor- handensein oder Fehlen, auch bei ungestörter Krystallisation, wo also die Wirkungen blos zufälliger Einflüsse möglichst beseitigt sind, dennoch ganz constant erfolge.

Es sind hier insbesonders die relativ ungleichen Flächenbildun- gen von chemisch ähnlichen Substanzen gemeint, die vermöge ihrer geringen Winkelunterschiede auch als isomorph betrachtet werden; solchen wird nun hiedurch ein nicht durch Messung wahrnehmbarer, dennoch aber unverkennbar ein eigenthümlicher Habitus verliehen. Es bezieht sich das Angeführte sonach auf Ähnlichkeiten in der Gestalt die grösser sind als jene im Begriffe der Isomorphie ausge- drückten , und auf Unterschiede , welche die Krystallographie als völlig untergeordnete zu betrachten pflegt.

Ein sehr lehrreiches Beispiel bieten in dieser Beziehung die schwefelsauren Doppelsalze der Magniumgruppe dar. Es würde gar keiner Schwierigkeit unterliegen aus einer grossen Menge von Kry- stallen dieser Gruppe die Kali- von den Ammoniaksalzen mechanisch

Krystallog-enetische Beobachtungen. 601

auszuscheiden, biosauf Basis einer auffall ig verschiedenen Gestalt, wel- che alle hieher gehörigen Derivate, je nachdem der eine oder andere dieser Bestandtheile zugegen ist, ganz consequent zeigen. Dieser differirende Formtypus erstreckt sich weiter über die gleich ausge- dehnte Gruppe der analogen selensauren Doppelsalze. Doch aber sind alle diese Verbindungen isomorph, die Winkel ihrer Flächen gegen einander zeigen nur sehr kleine Unterschiede. Es existiren also ausser der Ähnlichkeit der Winkelgrössen , bei solchen Ver- bindungen auch gewisse constante Ähnlichkeiten und Unterschiede im Habitus, welche als eine specifische Eigenschaft der Substanz erscheinen, und deren Bedeutung mindestens für das Studium der Krystallogenie hervorzuheben ist.

Gesetzliche Relationen zwischen der chemischen Constitution und der Krystallform der Substanzen Hessen sich nur wenige auffin- den, obwohl die Anzahl der krystallographisch genau bestimmten Ver- bindungen eine schon sehr beträchtliche ist. Unter solchen Umstän- den scheint es gerathen, die kleinsten Merkmale zu studiren, die leisesten Andeutungen jenes Zusammenhanges zwischen Gestalt und chemischer Natur der Körper zu verfolgen, dessen Existenz vielfach supponirt wird, doch aber fast gänzlich des directen Beweises ent- behrt. Wenn ferner die Lehre von der Isomorphie Analogien in der Form bei chemisch ähnlich zusammengesetzten Körpern nachgewie- sen hat , so darf wohl daraus nicht auf wirkliche absolute Gleichheit geschlossen werden, denn es haben ja eben die neueren schärferen Messungen gezeigt, dass auch die Winkelwerthe von als isomorph betrachteten Substanzen nicht mathematisch gleiche Grössen seien.

Es ist nun leicht denkbar , dass die jeweilige Gegenwart eines oder des anderen chemisch ähnlichen Stoffes in isomorphen Verbin- dungen einen sehr geringen Unterschied in den nur kleiner Änderung fähigen Winkelgrössen hervorbringe, einen mehr prägnanten aber auf die relativ variablere Gestalt der Flächen. Gleichwohl ist hiebei nicht zu verkennen, dass eben weil auf die Flächenbildung auch so viele äusserliche, zufällige Umstände influenziren können, dereiner Substanz eigenthümliche Habitus der Gestalt vielfach verschleiert erscheinen , und daher der richtigen Erkenntniss schwierig zugäng- lich sein müsse.

Man wird also solche Merkmale nur auf die Beobachtung an Mineralkörpern stützen können, die zumeist den Typus ungestörter

4t*

602 v. Hauer.

Krystallbildung in hohem Grade zeigen, oder an krystallisirten Sub- stanzen, die sich unter gleichen Umstanden entwickelten, was dann mindestens relative Vergleiche gestattet.

Die Absicht des Gesagten ist mehr anzuregen, als schon einen stricten Beweis zu führen, der erst auf Basis vieler bisher zumeist vernachlässigter Beobachtungen erreichbar wäre; doch will ich mehrere Krystallisations-Erscheinungen von künstlich darstellbaren Verbindungen anführen, die unleugbare Indicien dafür liefern.

Aus der oben erwähnten Gruppe sind Krystalle von:

H4NO, S03 + NiO, S03 + C HO und H4NO, S03 -f CoO, S03 + 6HO

im äusseren Habitus sich viel ähnlicher, als

H4NO, S03 + NiO, S03 + 6HO und KO, S03 + NiO, SOs + 6HO.

Die Ammoniaksalze stehen sich bezüglich der Form viel näher, als zu den unter einander auch sehr ähnlichen Kalisalzen.

Lässt man solche Krystalle unter Umständen sich bilden, die eine möglichst gleichförmige Entwickelung gestatten, indem man sie häufig umwendet, so zeigt sich, dass bei den Kalisalzen die schiefen Endflächen immer vorherrschend ausgebildet erscheinen, die Pyra- miden und Domen sehr untergeordnet sind, während letztere bei den Ammoniaksalzen mehr als symmetrisch hervortreten, so dass sie eine Zuspitzung des Krystalles veranlassen. Diese Erscheinung zeigt sich sehr constant.

Es würde dies schliessen lassen, dass die Oxyds des Nickels und Kobaltes sich ähnlicher seien als jene von Kalium und Ammonium, was in chemischer Beziehung so nahe liegt. Ähnliche Verhältnisse lassen sich unter diesen Salzen noch viele nachweisen. Lässt man Kali und Ammoniaksalze gemischt krystallisiren, so erhält man Krystalle, deren Form eine resultirende der den beiden Substanzen zukommenden specifischen Gestalten repräsentirt.

Dass solche Formbildungen nicht reine Wirkungen äusserer zufälliger Ursachen seien, sondern eine der Substanz innewohnende bestimmte Eigenschaft, ergibt sich ferner sehr evident daraus, dass sie auch zur Entwickelung kommen, wenn ein directes Hinder- niss der Krystallisation nach dieser Richtung entgegengestellt wird.

Krystallogenetische Beobachtungen. bOd

Als ein solches ist aber entschieden zu betrachten, wenn man z. B. einen Krystall in der Lösung einer isomorphen Substanz von anderem Habitus weiter wachsen lässt. Es zeigt sich hiebei, dass successive wieder die dem letzteren entsprechende specifische Flächenbildung entstehe. Mehrerer solcher hiebei* gehöriger Erscheinungen wurden schon in meinen früheren Abhandlungen beschrieben *)•

In sehr auffälliger Weise zeigen diese Phänomene auch die Oxalsäuren Doppelsalze des Eisen- und Chromoxydes mit Alkalien.

Eine gesättigte Lösung des Oxalsäuren Eisenoxyd-Kalis mit so viel des analogen Chromsalzes versetzt, als sie davon aufzunehmen vermag, liefert fast schwarze Krystalle, genau von der Form des reinen Oxalsäuren Chromoxyd-Kalis.

Lässt man einen solchen Krystall in der Lösung des Eisensalzes fortwachsen, so entsteht darüber ein grüner Krystall , der stets eine gänzlich differirende Gestalt der Flächen entwickelt. Diese Krystal- lisationsausbildung ist in Fig. 3 dargestellt, und zwar so, wie sie sich dem Auge darbietet; a ist der Krystall von der Zusammensetzung : 3(KO, C203) + (Cr8Fe803, 3Ca03) + 6HO, b die darüber entstan- dene Schichte 3 (KO, C303) + Fa03, 3C203) -f 6HO. Die dem iso- lirten Eisensalze eigenthümliche Ausdehnung der Endflächen e d kommt auch hier zur Vollendung 3) und lässt entschieden auf eine Tendenz in dieser Richtung zu krystallisiren schliessen.

In den Doppelchloriden von Quecksilber und Cadmium mit Kalium und Ammonium, die zwei isomorphe Gruppen bilden, zeigt sich ebenfalls eine constante Verschiedenheit der Gestalt. Sie haben bekanntlich folgende chemische Zusammensetzung:

H4NC1 + HgCl + 2 HO

KC1 + HgCl+2HO ' rhombisch-

2H4NCI + CdCl ) ,

2KC1 + CdCl 1 hexag0na'-

Bei den Quecksilberchloriden besteht diese differirende Gestalt darin , dass die Ammoniumverbindung Pyramiden zeigt , die der Kaliumverbindung stets fehlen. Lässt man Krystalle der letzteren

•) Sitzb. der k. Akademie.

2) Nach Ra mme Is b erg's Bezeichnung in seinem Handbuche der krystallographischen Chemie die Endflächen b.

604 v- Haue r.

in der Lösung der ersteren fortwachsen, so treten die Pyramiden auf. Bei den Cadmiumchloriden erscheint jene mit Kalium stets voll- kommen symmetrisch, die Ammoniumverbindung aber immer unsym- metrisch ausgebildet, durch Vorherrschen einer Rhomboederfläche.

Ein wiewohl sehr subtiler Unterschied in der Krystallbildung zeigt sich selbst bei den Alaunen, je nachdem sie Kali oder Ammo- niak enthalten. Die ersteren zeigen unter gleichen Umständen der Entstehung zumeist eine mehr symmetrische Gestalt. Die ungleiche Bildung von Chlorkalium und Bromkalium, die beide in Würfeln krystallisiren, ist so auffällig, dass sie sogar zur Meinung Veranlas- sung gab, die Krystalle des letzteren seien gar keine Würfel J). Sie treten nämlich fast immer nach einer Axe verkürzt auf, wodurch ihnen ein tafelartiges Ansehen verliehen wird. Schwefelsaures Kali und Ammoniak sind insomorph, doch ist an letzterem das zweifach stumpfere Oktaeder nach Rammelsberg's Bezeichnung °/a bisher nicht beobachtet worden.

Diese wenigen Beispiele dürften schon genügen, um mit vieler Wahrscheinlichkeit behaupten zu können, dass auch in isomorphen Substanzen die Differenz in der Qualität der constituirenden Bestand- theile ihren gleichzeitigen Ausdruck in der Gestalt finde, dass er wohl in Folge äusserer zufälliger Einflüsse manchmal verdeckt oder für die Beobachtung gänzlich unterdrückt erscheinen könne, doch aber in der That existire.

Eine weitere Anzahl hieher gehöriger Thatsachen sollen in einer späteren Mittheilung angeführt werden.

V. Über das ungleichförmige Wachsen der Krystalle.

Es ist bekannt, dass Krystalle an den Stellen, wo sie aufliegen, sich nicht weiter entwickeln können, weil ihr VVachsthum im Gegen- satze jenes organischer Gebilde in einer Anlegung homogener Mole- cüle von Aussen her besteht.

Es sollte sonach vermuthet werden, dass wenn ein Krystall sich in der Lösung suspendirt befindet, wo die unmittelbare Berührung mit der umgebenden Flüssigkeit an keinem Punkte gehindert ist,

') Lieb ig in Schweigger's Journal 41). Bd., S. 102.

Krystallogenetisehe Beobachtungen. t)05

eine gleichmässige Entwickelung nach allen Richtungen stattfinden müsse. Dies ist indessen keineswegs der Fall.

Befestigt man einen Krystall an einem Stabchen oder Faden, und hängt ihn mittelst diesen in die Lösung, so nimmt er in seinen Dimensionen an der nach abwärts gerichteten Hälfte weit mehr zu, als an der oberen Hälfte. Die zum Niveau der Flüssigkeit senkrecht stehenden Flächen zeigen treppenförmige Ablagerungen , und der Krystall nimmt eine kegelförmige Gestalt an. Wie lange man auch den Krystall in der Flüssigkeit lässt, pflanzt sich diese unregelmässige Bildung fort. Ähnliches zeigt sich auch, wenn man Krystalle so auf den Boden des Gefässes legt, dass ihre ausgedehnteren Flächen nach aufwärts zu stehen kommen.

Es ist dieser Vorgang oft schon an verhältnissmässig kleinen Krystallen sichtbar, tritt aber deutlicher an solchen von grösseren Dimensionen hervor, namentlich an Krystallen, welche in säulen- förmigen Gestalten erscheinen.

Nicht ohne Einfluss ist hiebei das Volumen, das heisst die Höhe der Schichte der darüber stehenden Flüssigkeit. Ist die Dimension des Krystalles viel geringer als letzteres, so zeigt sich die Erschei- nung in geringerem Grade, wird aber in längeren Zeiträumen der Krystallisation doch auch sichtbar. Hängt man einen solchen Kry- stall dann einige Zeit in umgekehrter Richtung auf, so findet eine Ausgleichung Statt, indem wieder an die nunmehr untere Seite sich mehr Masse ansetzt. Grössere säulenförmige Krystalle gelangen aber auch hiedurch nicht zu regelmässiger Ausbildung, sondern nehmen die Form zweier mit ihren Spitzen zusammenstossender Kegel an. Sehr prägnant zeigt sich diese Erscheinung an grossen Krystallen von rothem Blutlaugensalz.

Auf ungleiche Concentrationsgrade in den oberen und unteren Schichten der Salzlösungen, wodurch diese Erscheinung ihre Erklä- rung fände, lässt sich nur für die Dauer des Erkalfens einer warmen Auflösung denken. Da nämlich die Abkühlung am raschesten an der Oberfläche der Flüssigkeit vor sich geht , müssen Strömungen in derselben nach abwärts entstehen.

Eine ungleichartige Entwickelung des Krystalles findet indessen auch Statt, wenn die Flüssigkeit sich im Zustande freiwilliger Verdun- stung befindet, oder wenn das Gefäss, in welchem derselbe suspendirt ist, mit einem Korke verschlossen, an einen kühlen Ort gestellt wird.

t>l)(j v. Haue r. Krvstallogenetisclie Beobachtungen.

Ausser der Attraction, die der Krystall auf die sich aus der Flüssigkeit abscheidenden festen Theile ausübt, muss also noch ein anderes bewegendes Agens eine Richtung ihrer Bewegung nach ab- wärts hervorbringen. Es erübrigt hier nur an eine Schwerkraft der- selben zu denken.

Einen weiteren Beleg hiefür bilden noch folgende Beobachtun- gen. Suspendirt man tafelförmige Krystalle dergestallt in einer Flüssigkeit, dass ihre breiteren Flächen parallel zum Niveau der Flüssigkeit liegen, so bemerkt man häufig, dass die untere Seite Unebenheiten annimmt, während die nach aufwärts gekehrte Seite spiegelglatt bleibt, oder bald so wird, wenn sie nicht glatt war. Dreht man den Krystall um, so verwandelt sich auch die nun nach aufwärts gerichtete Seite in eine spiegelnde Fläche.

Nicht bei allen krystallisirbaren Substanzen zeigt sich die Ungleichförmigkeit des Wachsens in demselben Grade, mehr oder minder aber fast bei allen, besonders bei rascherer Krystallisation.

Im Allgemeinen genügt es sonach für die Erhaltung schön aus" gebildeter Krystalle nicht, sie in der Lösung unverändest suspendirt zu erhalten, sondern ihre Lage muss von Zeit zu Zeit geändert werden.

C.v. Hauer. Krystallogeiie tische Beobachtungen.

Fig. /

Fig. 3

Sit7.uugsb.ik.Alcaa.iW. math nnturw. Cl XL BA.N'12 18(50.

Helmholtz u. v. Piotrowski. Ülier Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. f)07

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. Von IL Helmholtz und G. v. Piotrowski.

(Mit 2 Tafeln.) (Vorgelegt in der Sitzung am 12. April 1860.)

In den meisten Fällen von Bewegung tropfbarer Flüssig- keiten, welche bei physiologischen Untersuchungen oder technischen Aufgaben vorkommen , hat die Reibung der Flüssigkeitstheilchen unter einander und an den Wänden des Gefässes einen so bedeu- tenden Einfluss auf die Form der Bewegung, dass wenn man in den theoretischen Untersuchungen solcher Fälle die Reibung vernachläs- sigen wollte, sich die allergröbsten Differenzen zwischen Theorie und Experiment ergeben würden. Nun sind die Bewegungsgleichungen für eine Flüssigkeit, die der Reibung unterworfen ist, allerdings schon vor längerer Zeit aufgestellt worden von Poisson1), von Nävi er2) und Stokes3), und zwar sind alle drei Mathematiker, indem sie von ganz verschiedenen zu Grunde gelegten Hypothesen ausgingen, zu denselben Bewegungsgleichungen für tropfbare Flüssigkeiten gelangt, während für gasförmige allerdings eine Differenz zwischen Na vier und den beiden andern besteht. Indessen ist bisher nur eine einzige Form des Experimentes gefunden worden, für welche die vollstän- dige Theorie aus jenen Bewegungsgleichungen hergeleitet werden kann, es ist das die Bewegung einer Flüssigkeit in sehr engen und sehr langen Röhren. Über diese hat bekanntlich Poiseuille4) genaue und eingehende Untersuchungen gemacht , deren Resultate mit der mathe- matischen Theorie in guter Übereinstimmung sind. Dabei hat sich

') Journal de Feeole Polytechnique. Cahier XX.

3) Meinoires de Tlnstitiit de France T. VI.

3) Cambridge l'bilosophical Transaetions T. VIII, p. 287.

**) Memoires des Savants etrangers IX, 433.

ß()8 H e 1 m holt z und v. Piotrowski.

aber gleichzeitig gezeigt, dass wenn man von sehr engen Höhren zu weiteren übergehen will, die Länge der Röhren in viel grösserem Verhältnisse zunehmen muss, als ihr Durchmesser, wenn dieselbe einfache Theorie giltig bleiben soll. Auch ergeben die erwähnten hydrodynamischen Gleichungen, dass wenn man Länge und Durch- messer der Röhre auf das w fache vergrössert, die Geschwindigkeiten

1 1

auf verringert werden müssen, der Druck auf , wenn die Be-

n n*

wegung der früheren ähnlich bleiben soll. Es wird also die Länge

der Röhre etwa wie n3 wachsen müssen , wenn man gleiche Drucke anwenden will , ohne die Störungen der linearen ßewegung einen grösseren Einfluss auf das Resultat gewinnen zu lassen. Dadurch wird es unausführbar, ähnliche mit der Theorie vergleichbare Ver- suche an anderen als capillaren Röhren anzustellen. Dazu kommt noch, dass jede Ungleichförmigkeit an der Röhrenwand, namentlich jede Öffnung, die zur Einsetzung eines Druckmessers dient, bedeu- tende Störungen der Bewegung hervorbringt1)» so dass man die unter solchen Bedingungen gewonnenen Ergebnisse zwar zur Ableitung praktischer Approximationsformeln , aber nicht zur Vergleichung mit der mathematischen Theorie gebrauchen kann.

Da es nun übrigens in dem verwirrenden Labyrinth von Er- scheinungen, welche bei den Flüssigkeitsbewegungen vorkommen, von dergrössten Wichtigkeit wäre, eine durchgreifende und strenge Theorie als Leitfaden zu haben , welche wenigstens erkennen Hesse, welcher Theil der Erscheinungen erklärbar, welcher vor der Hand noch zu verwickelt sei, so beschlossen wir einen zweiten Fall von Flüssigkeitsbewegung zu untersuchen, dessen Theorie vollständig aus den hydrodynamischen Gleichungen für reibende Flüssigkeiten hergeleitet werden kann, namentlich um zu sehen, ob die daraus gewonnenen Werthe der Reibungsconstanten für das Wasser über- einstimmten mit denen, die aus Poiseuille's Versuchen berechnet werden können. Ein solcher Fall ist die Bewegung des Wassers in einer Hohlkugel, und zwar Hessen wir das kugelförmige Gefäss dre- hende Schwingungen um einen seiner Durchmesser machen. Es konnte aus diesen Beobachtungen die Kraft experimentell bestimmt

l) S. Ludwig und Stefan, Sitzungsberichte der kais. Akademie zu Wien, Bd. XXXII, 18Ö8, 29. April.

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. 600

werden, welche die in dem Gefässe enthaltene Flüssigkeit auf die Wände des Gefässes ausübt, und konnte mit der aus der mathe- matischen Theorie der Flüssigkeitsbewegung hergeleiteten Kraft verglichen werden.

Leider zeigte der Erfolg, dass die gewöhnlich gemachte An- nahme, welche durch Poiseuille's Versuche bestätigt zu sein schien, wonach die oberflächlichste Schicht der Flüssigkeit den Wänden des Gefässes fest anhaftet, für die wässerigen Flüssigkeiten in Metallgefässen mit polirter und vergoldeter Oberfläche, wie sie von uns, um die Unveränderlichkeit der Oberfläche zu sichern, angewendet waren, nicht zutrifft, während sie andererseits für Alko- hol und Äther auch in solchen Metallgefässen nahehin zutrifft. Der Einfluss der Oberfläche wurde durch Versuche mit einem Glas- gefässe, welches erst mit natürlicher, dann mit versilberter Ober- fläche zu den Schwingungsversuchen diente, direct erwiesen. Da- durch entstand eine grössere Complication des Erfolges als vorher erwartet wurde, und es reichte die unter den obwaltenden Umständen erreichbare Genauigkeit der Messungen nicht aus, um die strenge Übereinstimmung der aus unserem Verfahren abgeleiteten Werthe der Reibungsconstanten mit denen von Poiseuille ganz festzustellen. Es liegt nämlich im Wesen der angewendeten Methode, dass sie genaue Bestimmungen des inneren Reibungscoefficienten der eingeschlossenen Flüssigkeiten hauptsächlich dann ergibt, wenn die oberflächliche Schicht der Flüssigkeit gar keine oder nur eine kleine Gleitung längs der Metallfläche ausführt. Sollen dagegen diese Bestimmungen im Falle grösserer Gleitung mit ähnlicher Genauigkeit ausgeführt werden, so ist eine sehr genaue Bestimmung der Schwingungsdauer bis mindestens zu denHunderttheilen einer Secunde nöthig. Diese ist in dem vielfachen Erschütterungen und Temperaturwechseln ausgesetzten Locale, wo die Versuche angestellt werden mussten, nicht immer erreicht wor- den. Leider hat dieser Umstand gerade beim reinen Wasser, wo die Vergleichung mit den früheren Versuchen von Poiseuille möglich war, grossen Einfluss gehabt , so dass der Werth der Reibungscon- stanten, der aus den Versuchen des letzteren Beobachters folgt, zu dem aus den vorliegenden Versuchen berechneten sich wie 4 : S verhält. Es erscheint immerhin schon als ein Resultat von einigem Interesse, dass sich mittelst der Theorie eine solche Überein- stimmung herstellt zwischen Zahlen, die von zwei so durchaus

f) 1 0 Helmholtz und v. Piotrowski.

verschiedenen Versuchsmethoden geliefert worden sind, und die übrigens der Natur der Sache nach jeden beliebigen Werth zwi- schen Null und Unendlich annehmen könnten.

1. Experimenteller Theil.

Von Dr. G. v. Piotrowski.

Auf Vorschlag des Herrn Prof. Helmholtz unternahm ich es, die Reibung der tropfbaren Flüssigkeiten an starren Gefässwänden zu studiren, und zwar durch Beobachtung der Schwingungen eines mit Flüssigkeit vollgefüllten Gefässes.

Vor Allem lag es mir daran zu ermitteln, ob die Annahme, dass die Reibung im Inneren der bewegten Flüssigkeiten und an einer starren Gefässwand der Geschwindigkeit dieser Bewegung direct proportional sei, eine gerechtfertigte wäre.

Dies zu ermitteln hing ich ein Fläschchen, wie solche zur Auf- bewahrung von chemischen Reagentien üblich sind, bifilar an dünnen übersilberten Kupferdräthen auf, in der Weise , dass ich um den Hals des Fläschchens eine dicke Stahlnadel schlang, die Enden dieser Nadel nach aufwärts, dann nach einwärts und endlich nach abwärts bog, und so das Fläschchen mittelst der Enden der Nadel, die spitz zugeschliffen waren, auf einer Kupferplatte balanciren Hess ; in Einkerbungen dieser Kupferplatte und einer ähnlichen an der Zimmerdecke liefen die Dräthe.

Vorne am Fläschchen befestigte ich einen plan -parallelen Spiegel, an dem Boden des Fläschchens in der Richtung seines, dem magnetischen Meridiane parallelen Durchmessers einen kleinen Magnetstab , und umgab das Ganze mit einem Gehäuse von Pappe, das dem Spiegel gegenüber eine mit einem plan -parallelen Glase verschlossene Öffnung besass. Indem ich nun einen galvanischen Strom durch Drathspiralen, welche möglichst nahe an dem Magnete passend angebracht waren, leitete, konnte ich den Magnet und mit ihm das Fläschchen aus ihrer Ruhelage ablenken; unterbrach ich nun den Strom , so schwang das Fläschchen um seine verticale Hauptaxe. Die Weite dieser Schwingungen beobachtete ich mittelst Scale und Fernrohr.

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. 611

Abgesehen von der Reibung der Flüssigkeit mussten die Weiten der Schwingungsbögen in geometrischer Progression abnehmen, d. h. die logarithmischen Decremente derselben mussten constant sein1); ist die Reibung der Flüssigkeit an der Gefässwand der Geschwin- digkeit der Bewegung proportional, so darf durch sie die Abnahme der Schwingungsbögen in geometrischer Progression nicht gestört werden (s. theoretischen Theil). Den fraglichen Satz zu beantwor- ten brauchte ich also blos die aufeinander folgenden Elongationen des schwingenden Fläschchens zu beobachten, und aus den so gewon- nenen Daten die logarithmischen Decremente zu berechnen. Diese erwiesen sich als constant.

Beifolgende Tabelle mag dies näher darthun. Die Scale war 1175 Millim. von der Umdrehungsaxe entfernt, der Spiegel 22 Millim. Die Scalentheile sind Millimeter; die Ruhelage vor dem Versuche war 50000.

*) S. Gauss, Anleitung- zur Bestimmung der Schwingungsdauer einer Magnet- nadel, in den Resultaten aus den Beobachtungen des magnetischen Vereines im Jahre 1837.

612

Helmholtz und v. Piotrowski.

A

250

934-0

56-0

924-0

85-7

899-2

111-4

874-8

130-2

852-0

158-8

831-3

180-5

811-5

200-4

792-7

219 0

775-5

236-2

759-2

252-2

743-8

267-5

730-0

281-8

716-6

295 0

704-0

307-5

692-0

319-2

681-0

330-2

670-7

340-7

660-8

350-5

652-0

359-2

643-2

368-0

635-6

376-1

627-7

383-5

620-4

390-8

613-2

397-3

607 2

403 8

4.

II

497

•25

497

■es

497

•72

498

■80

498

•87

499

•20

499

•30

499

■30

499

•25

500

22

500

47

500

95

500

97

501

25

501

20

501

55

501

55

501

72

501

7!»

501

8S

501

82

502

20

502

32

502

55

502

50

502

65

502

62

502

75

502

07

502

85

502

85

503

02

503

07

503

22

503

15

503

35

503-

37

503

40

503-

10

503-

70

503-

82

503-

87

503-

75

503-

77

503-

77

503

80

503-

62

503-

7:;

503-

S7

503-

97

913-50 883 30 853-75 826-20 800-65 775-60 751-00 727-20 704-50 682-85 661-65 640-90 621-05 601-70 583-00 565 10 547-90 531-15 315-00 499-30 483-95 469-40 455-35 441-50 428-20 415-30 402-75 390-50 378-65 367-30 356-30 345-65 335-25 325-05 315-30 306- 10 297-25 288-40 279-60 271-40 263-35 255-55 247 90 240-55 233-25 226 00 219- 15 212-90 206-65 200 35

436-73 441-63 426-87 413- 10 400 32 387-80 375-50 363-60 352 25 341-42 330-82 320-45 310-52 300-85 291-50 282-55 273-95 265-57 257-50 249-65 241-97 234-70 227-67 220-75 214-10 207-65 201-37 195-23 189-32 183-65 178-15 172-82 167-62 162-52 157-65 153 05 148-62 144-20 139-80 135-70 131-77 127-77 123-95 120-27 116-62 11300 109-57 106-45 103-32 100- 17

434-92 421-81 408-88 396-75 385-36 374- 12 363-04 352-23 341-90

331-96 322- 19 312-58 303-35 294-31 285-53 277-10 268-97 261-03 253-35 245-86 238-52 231-54 224-79 218- 12 211-69 205-45 199-36 193-42 187-65 18213 176-76 171-55 166-46 161-46 156-68 15217 147-81 143-46 139-12 133-08 131-20 127-24 123-46 119-84 116-22 112-64 109-25 10615 103 05 99-92

•6384094 •6251169 •6115939 •5985169

5858666 •5730109 •5599545 •5468510 •5338991 •5210858 •5081121 •4949612 •4819440 •4688050 •4556517

4426365 •4297038 •4166904 •4037209 •3906879 •3775248

3646260 ■3517770 •3386955

3257003 3127061 2996380 2865014 2733486 2603815 2473840 2343907 2213099 2080649 1950136 1823290 1697038 1567308 1433896 1305911 1179338 1046237 0915263 0786018 0652809 0516926 0384214 0259200 0130480 9996524

0-0132925

00135210

0-0130790

•0126503

•0128557

0131564

•0131035

•0129519

0128133

0129737

0131509

•0130172

0131390

0131533

0130152

•0129327

•0130134

•0129695

•0 30330

0131631

•0128988

•0128490

0130815

•0129952

0129942

0130681

0131366

0131528

0129671

•0129975

•0129933

•0130808

•0132450

0130513

0126846

•0126252

•0129730

•0133412

•0127985

0126573

0133101

•0130974

•0129245

•0133209

•0135883

•0132712

•0125014

0-0128720

00133956

0- Ol 30397

0 013058';

^0-0130141

\0- Ol 30450

>00131424

Über Reibung' tropfbarer Flüssigkeiten. 613

Die Columne A enthält die unmittelbar abgelesenen Scalen- 1 heile, die Columne B enthält die aus den Elongationen berechneten Ruhelagen; die Zahlen sind aus A berechnet nach der Formel V* («H-26-j-c), wenn a, b, c drei aufeinanderfolgende Zahlen der Columne A bedeuten. Die Zahlen der Columne C sind aus A berech- net nach der Formel + % 2b + c), wenn a, b, c dieselbe Bedeutung wie vorhin haben; sie stellen die doppelten Tangenten der Schwingungsbögen dar. D enthält die einfachen Tangenten der Schwingungsbügen, E die Schwingungsbögen selbst, nach einer eigens zu diesem Zwecke berechneten Tabelle gefunden. F enthält die (gemeinen) Logarithmen von E, G die Unterschiede der auf einander folgenden Zahlen in F, also das logarithmische Decrement für die halbe Schwingung in gemeinen Logarithmen ausgedrückt, .ff endlich die Mittel aus je 10 aufeinander folgenden logarithmischen Decrementen.

Die Zahlen der Columne // lassen keinen Zweifel über die Constanz des logarithmischen Deerementes; die geringen Schwan- kungen in der Columne G erklären sich leicht daraus, dass nur noch die Zehntel-Millimeter berücksichtigt sind, und auch diese nicht direct abgelesen, sondern geschätzt wurden; diese Fehlerquelle muss sich um so mehr geltend machen, je kleiner die Schwingungsbögen werden.

Alle übrigen Versuchsreihen sind der angeführten ähnlich.

Nachdem ich mich so überzeugt habe, dass die Reibung, wenig- stens des Wassers, an starren Gefässwänden , bei einer Bewegung beider gegen einander, der Geschwindigkeit dieser Bewegung wirklich direct proportional sei, suchte ich zu ermitteln, ob die Natur der Gefässwand auf die Grösse dieser Reibung von merklichem Einfluss ist, oder nicht.

Ein Fiäschchen, für welches ich fand

Schwingungsdauer logarithmisches Decrement

23-9333 0- 0622182

23-9333 0- 0628467

Mittel 23-9333 0-0625325

wenn ich den eben beschriebenen Versuchen ähnliche damit anstellte, versilberte ich inwendig nach der Liebigschen Methode; der Sil- berüberzug, wiewohl er die Innenfläche des Fläschchens ganz gleichmässig bedeckte, war doch so dünn, dass ein Unterschied

(J^4 Heimholt! und v. Piotrowski.

zwischen der Wassermenge (143590 Milligramm) die das Fläsehchen vor und nach dem Versuche fasste, mittelst einer Wage, die noch 5 Milligramme ausschlug, nicht zu entdecken war. Bei dem versil- berten Fläsehchen fand ich :

Schwingungsdauer Logaritluuisches Decrement

24-0088 0-0600305

24-0076 0- 0599622

Mittel 24-0082 0-0599964

folglich wäre das Verhältniss der Reibung am Glase zur Reibung am Silber wie

1 : 0-95645.

d. h. die Reibungsconstante um 4-355% kleiner beim Silber, wenn wir die beobachteten Unterschiede nicht jenen unbekannten Ein- flüssen zuschreiben wollen, welche, wie wir im Verfolge sehen werden , sowohl die Schwingungsdauer als das logarithmische Decrement selbst bei ganz gleichen und unmittelbar aufeinander fol- genden Versuchen nicht ganz constant erscheinen lassen. Nun ging ich an die Aufgabe, die Constanten dieser Reibung für ein Gefäss von regelmässiger Begrenzung zu bestimmen.

Der Apparat, den ich zu diesem Behufe anwandte, war von Herrn Mechaniker Fessel in Cöln angefertigt.

Das Gefäss zur Aufnahme der Flüssigkeit war eine Hohlkugel (Fig I, A in der Seitenansicht, B im Durchschnitte) oder vielmehr zwei hohle Halbkugeln, die mittelst breiter Leisten (a), welche wie- der in einander griffen, sehr genau an einander gelegt, und dann mittelst sechs Schrauben (b) aneinander geschraubt werden konnten ; die Schrauben so wie die Schraubengänge waren mit Zahlen bezeich- net, um die Genauigkeit des Verschlusses zu sichern.

Die eine, beim Versuche untere Halbkugel hatte am Scheitel eine EingussöiTnung, die mittelst eines genau eingepassten kegel- förmigen Zapfens (c) verschliessbar war, die innere Fläche des Zapfens bildete einen integrirenden Bestandteil der inneren hohl- kugelförmigen Fläche.

Die andere Halbkugel trug an ihrem Scheitel eine Schraube (rf), mittelst derer sie an den Rahmen des darüber befindlichen Spiegels angeschraubt werden konnte.

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. 615

Die Innenfläche der Kugel war im Feuer vergoklet.

Der Spiegel (Fig. 2 stellt denselben sammt der später beschrie- benen Stange mit den Laufgewichten dar) war in einem Rahmen von Messing («) enthalten, und hing mit diesem blos oben durch eine Schraube (6) zusammen , so dass er um seine verticale Axe mit Reibung beweglich war.

Der Rahmen hatte unten eine Öffnung (c) zur Aufnahme der Schraube der Kugel , die daran mittelst einer Schraubenmutter (jl) befestigt werden konnte, und oben zwei senkrechte Balken, durch einen Querbalken verbunden (<?); zwischen diesen senkrechten Bal- ken lief auf zwei Spitzen ein Cylinder (/) frei beweglich um seine horizontale Hauptaxe. Der Cylinder hatte in seiner Mitte eine Ein- kerbung zur Aufnahme des Aufhängungsdrathes. Der Durchmesser des Cylinders an der Einkerbung betrug 5-20 Millimeter.

Der Aufhängungsdrath, ein übersilberter Kupferdrath, war um diesen Cylinder geschlungen, und lief von da auf beiden Seiten des obersten kleinen Querbalkens, ohne jedoch diesen zu berühren, nach aufwärts.

Die Enden des Drathes liefen in Einschnitten keilförmiger Aufsätze (Fig. 3 a), (A Seitenansicht, B Durchschnitt), dann in einer Rinne schief nach oben und aussen, wo sie um einen Zapfen (b) geschlungen waren ; durch Drehen dieser Zapfen konnte der Spiegel nach Belieben gesenkt oder gehoben werden. Die letzten Enden des Drathes waren endlich mittelst Schrauben festgeklemmt.

Die keilförmigen Aufsätze und die Zapfen sammt den Schrau- ben waren an einer Platte (c) befestigt, welche in beschränktem Maasse um eine verticale Axe , die gerade die Mitte zwischen den Dräthen hielt, an einer darüber befindlichen grösseren Platte (d) beweglich war. Um die Platte nach Belieben drehen zu können, war dieselbe mit zwei Armen versehen; an dem einen (e) war eine Schnur befestigt, durch deren Anziehung die Drehung erfolgte; die Weite dieser Bewegung konnte mittelst Schrauben (f) verändert werden. An dem anderen Arme (g) war eine federnde Drathspirale (/») angebracht, welche beim Nachlassen des Zuges an der Schnur die Platte in ihre frühere Lage wieder zurückbrachte.

Diese ganze Vorrichtung diente dazu, die aufgehängten festen Theile des Apparates in eine rotirende Bewegung um ihre verticale Hauptaxe zu versetzen, ohne der Beihilfe eines Magnoten zu

Sitzt», d. mathem.-naturw. Ol. XL. Bd. Nr. 12. 42

Q\() Heimholt/, und v. Piotrowski.

bedürfen, wie dies bei den Vorversuehen der Fall war, und wo- durch die Versuche nothwendig unrein werden müssen.

Die grössere Platte war an einem dicken Brette, und dieses wieder an der Decke des Zimmers befestigt. Die vorhin erwähnte Schnur lief über einer Rolle an der Zimmerdecke zu dem Platze, wo das Fernrohr stand.

Dass beim Versuche die Bewegung eine rein rotirende war, also kein Pendeln des Apparates den Versuch trübte, überzeugte ich mich durch Beobachtung des Zapfens, der die Eingussöffnung der Kugel verschluss; beobachtete ich nämlich diesen mittelst des Fern- rohres, so schien er in Ruhe zu sein.

Schwieriger war es die Innenfläche der Kugel genau auf ihre Gestalt zu prüfen; ich begnügte mich da vorerst einen Stearinabguss zu machen, welcher mir zeigte, dass die Zusammensetzung aus zwei Halbkugeln die Gestalt nicht beeinträchtige; dann legte ich eine plan- parallele Glasplatte, an deren untere Fläche ich einen schwarzen Punkt anbrachte, auf die Halbkugeln, verschob diese so lange, bis der Punkt die Pupille des Spiegelbildes meines beobachtenden Auges verdeckte (dabei musste der Punkt im Centrum der Kugel sich befin- den), und sah zu, ob bei allen Bewegungen der Halbkugel sammt der Glasplatte die Pupille verdeckt blieb. So entdeckte ich eine sehr geringe und begrenzte Abweichung von der Kugelgestalt an der obe- ren Kugelschale; die übrigen Theile der Kugel schienen ganz genau gearbeitet; für die Genauigkeit der Kugelgestalt spricht endlich noch der Umstand , dass der Durchmesser der Kugel aus dem Wasser- gewichte, welches dieselbe fasst, berechnet 49-272 Millim. betragen müsste, und die directe Messung wirklich 49-3 Millim. ergibt.

Selbstverständlich waren Kugel und Spiegel beim Versuche in einem Kasten, ähnlich dem bei den Vorversuchen, eingeschlossen, um den störenden Einfluss der Luftströmungen zu vermindern.

Bevor ich mit Flüssigkeiten zu experimentiren beginnen konnte, musste ich das Drehungsmoment der bililaren Aufhängung, das Tor- sionsmoment des Drathes, endlich das Trägheitsmoment der aufge- hängten Theile kennen.

Diese Bestimmungen machte ich nach einer Methode die von Neu mann herrührt1); sie besteht darin, dass man zwei Gewichte,

') loh verdanke sie einer mündlichen Mittheilung des Herrn Prof. II elmholtz.

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. 617

für die man die Lage des Schwerpunktes kennt, nach und nach in verschiedenen Entfernungen von der Umdrehungsaxe anbringt, und die gesuchten Grössen aus den beobachteten Schvvingungsdauern berechnet.

Statt der Kugel befestigte ich also an den Spiegel eine eiserne Stange, oder vielmehr ein Schraubengewinde von Eisen (Fig. 2 g), an diesem liefen vier cylindrische Gewichte von Messing (//), mög- lichst gleich gearbeitet, je zwei dieser Gewichte an einer Seite von der Umdrehungsaxe, und fest an einander geschraubt: der Spalt zwischen diesen Gewichten gab die Lage des Schwerpunktes der Belastung an; die Entfernung des Spaltes von der Umdrehungsaxe konnte leicht mittelst eines Zirkels gemessen werden.

Diesen Apparat versetzte ich nach der vorhin erwähnten Metho- de in Schwingungen, die Differentialgleichung dieser Bewegung ist:

M = [aG + ) w

dt* \ ' Li

wenn w den Ablenkungswinkel (von der Buhelage), t die Zeit, a das Drehungsmoment der bifilaren Aufhängung, G das Gewicht der auf- gehängten festen Theile, b das Torsionsmoment des Drathes für die Längeneinheit, L dieLänge jedes der beiden Aufhängungsdräthc, oder vielmehr die Länge des Stückes des Aufhängungsdrathes zwischen dem Cylinder am Spiegelrahmen und dem keilförmigen Aufsatze, M das Trägheitsmoment der schwingenden festen Theile bedeutet. Das vollständige Integral dieser Gleichung ist:

iAg + -t iA~

= A sin t y ^— + B cos t ]j

aG + U

wo A und B die beiden willkürlichen Constanten sind.

Fangen wir die Zeit zu zählen an von dem Augenblicke, wo der Apparat die Buhelage passirt, wo dann t und w zugleich verschwin- den müssen, so wird die Constante B=o und es ist,

= A sin t

alr + -=-

.1/

Stellt uns T die ganze Schwingungsdauer vor , so ergibt sich daraus

42*

618 Heimholt z und v. Piotrowski.

\ (lG + L

wo n in der gewöhnlichen Bedeutung gebiaucht ist.

Nennen wir nun M das Trägheitsmoment, welches der Appa- rat hatte, wenn die Schwerpunkte beider (Doppel-) Gewichte in der Umdrehungsaxe lagen, und entfernen wir eines dieser Gewichte so weit, dass sein Schwerpunkt jetzt um R von der Umdrehungsaxe absteht, so wird jetzt M-\-mR~ das Trägheitsmoment sein, wenn m die Masse dieses Gewichtes bezeichnet, und M-\- 2mR2, wenn wir beide Gewichte (natürlich nach der entgegengesetzten Seite, um die Gleichgewichtslage nicht zu verändern) um R von der Umdrehungs- axe entfernen, und ebenso M-\-2mr2. wenn wir ein andermal die Schwerpunkte beider Doppelgewichte um r von der Umdrehungs- axe entfernt haben.

Die entsprechenden Schwingungsdauern T" und T' werden dann sein

_ 2tt lM + 2mRZ

r

woraus sich ergibt :

1

., '2b

aG + -r

M + 1mr~ aG + T

26 2m (Ä* - r«)

aG H = 4re3

Habe ich daher m, T", T , R und r durch Versuche gefunden,

26 so lässt sich daraus leicht die complicirte Grösse aG-\- berechnen.

Bei den Versuchen, die ich anstellte, waren die einzelnen Ge- wichte :

1. 32520-5 Milligr.

2. 32520-0

3. 32514-8 \. 32510 0

Ich nahm die beiden ersten Gewichte zu dem einen, die beiden letzteren zu dem andern Doppelgewicht zusammen und werde unter

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. 619

Anordnung A diejenige verstehen, wo das 1. und 4., unter Anordnung B diejenige, wo das 2. und 3. Gewicht von der Umdrehungsaxe entfernter waren.

Ferner hatte ich

Im = 13-25984 0- Die Resultate der angestellten Versuche sind :

Entfernung der Schwer- Beobachtete

punkte der Gewichte von Schwingungs-

<]er Umdrehungsaxe datier 2)

24-69 24-2700

55-21 40-7316

41-67 32-8896

24-61 24-3018

56-67 41-7924

39 10 31-4878

Daraus ergibt sich: aG -\ = 1192-98

Li

= 1189-38

= 1197-20

= 1179-99

= 1166-49

= 1205-40

im Mittel ist also

26

Nr. des

Anordnung

Versuches

der

Gewichte

I.

A.

II.

A.

111.

A.

IV.

B.

V.

B.

VI.

B.

aus 11.

und I.

11.

"I-

III.

, I.

» v.

» IV-

» v.

VI.

, VI.

n IV.

aG + ~ = 118857 (2)

l) Die Gravitationsconstante zu 9808-96 angenommen.

~) Die Schwingungsdauet-n sind alle nach G a u s s' Methode, I. c. bestimmt, und selbst- verständlich imf unendlich kleine Schwingungen reducirt. Zur Bestimmung seihst wandte ich ein genau gehendes Chronometer an, welches 0'7i schlägt. Die Zahlen bedeuten Millimeter und Secunden.

*) Vergleichbar sind nur die Versuche bei der nämlichen Anordnung. Worin die Schwankungen ihre Begründung finden, war ich nicht im Stande zu ermitteln; dass eine nicht allzugrosse Verschiedenheit des Abstandes der Schwerpunkte beider Gewichte die Schwingungsdauer nicht wesentlich ändert, davon überzeugte ich mich in der Art, dass ich nach dem Versuche absichtlich die Gewichte derart ver- schob, dass das eine der Umdrehungsaxe um O'ä Millim. näher stand als das andere, ohne dass sich der Abstand der Gewichte von einander geändert hätte.

ß20 Heimholt z und v. Piotrowskl.

Die Constanten a und b bestimmte ich nun einzeln in der Weise, dass ich die Stange sammt den Gewichten ganz ebenso bei unißlarer Aufhängung schwingen Hess.

Die Gleichung der Bewegung ist hier:

__ d2w b

M = w,

dt* l

wo l die Länge bes Drathes bei unifilarer Aufhängung bedeutet.

Die Bedeutung der übrigen Buchstaben ist dieselbe wie früher. Das vollständige Integral dieser Gleichung ist:

= A sin t V V B cos t V

r IM ' f

w

IM

wo A und B die willkürlichen Constanten sind, und der zweite Theil wieder verschwindet, wenn wir die Zeit von dem Zeitpunkte zu zäh- len beginnen, wo der Apparat die Ruhelage passirt. Es bleibt somit

w = A sin t V r IM

und wenn % die Schwingungsdauer bezeichnet, so ist,

(3) S = 2- V~

woraus wir für zwei verschiedene Entfernungen der Schwerpunkte der Gewichte von der Umdrehungsaxe, genau so wie vorhin, finden

b = 4;ra . 2m/

X"z— %'»

Die Bedeutung der Buchstaben ist an sich klar. Bei den Versuchen war

/ == 9780 Millim., ferner :

ai j r Entfernung ilerSchwerpunkte Rpnl.ar.lit,^

Nr. de. Versuche- ^^t Üer Gewichte von der Umdre- S(,,^n ^L,.

. . nungsaxe

VI B. 39- 10 61-7626

H. n. 24-69 46-9694

Ober Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. 62 1

Daraus folgt :

b = 292572-8.

Diesen Werth für B in die Gleichung 2) substituirt, finden wir

a = 000316197

da

L = 21432 Millim. G = 2895492 Milligr.

waren.

Eine andere Methode A und B einzeln zu bestimmen , ist die Vergleichung des Versuches I bei unifilarer Aufhängung mit dem correspondirenden Versuch VI bei bifilarer Aufhängung, sowie mit dem Resultate der ganzen Versuchsreihe bei bifilarer Aufhängung: denn dividiren wir die Gleichung 1) durch die Gleichung 3) und Sub- stituten für % und T die Werthe aus den genannten Versuchen, bei welchen beiden das Trägheitsmoment denselben Werth hat', so fällt M weg und es bleibt:

/

woraus folgt :

* y aG+'4

26 wobei wir den Werth der Grösse a G-\ schon kennen.

In Zahlen ergibt sich

b = 302132-2 und somit

a = 000313126.

Als Mittel aus beiden Bestimmungen ergibt sich :

a = 000314662 b = 297352-5

()22 Helm hol tz und v. Piotrowski.

Diese Zahlen werde ich den künftigen Rechnungen zu Grunde legen.

Nachdem ich so das Torsionsmoment der Dräthe, und das Dre- hungsmoment der bifilaren Aufhängung bestimmt hatte, suchte ich den VVerth des Trägheitsmomentes meiner Kugel zu finden. Zu diesem Zwecke vertauschte ich nun die Stange gegen meine Kugel, und bestimmte die Schwingungsdauer, so wie das logarithmische Decre- ment, welches wir in der Folge werden kennen müssen, der leer schwingenden Kugel.

Hier gilt noch immer die Formel 1)

r = 2* M

„C + H

woraus sich ergibt

M

4*3

G hatte jetzt den Werth 35ÜG207 Milligr. ; L hatte seinen vorigen Werth,

Die Versuche ergaben:

. . Loe-arithinisches

Schwingungsdauer Decrement«)

24-5458 0- 0067540

24-5338 <>• 0065318

24-5550 0- 0065974

24-4010 0- 0059844

Mittel: 24-5089 0-0064669

Darnach ergibt sich:

M = 21248-9.

Ich will jetzt die Versuche folgen lassen, die ich mit einer Reihe verschiedenartiger Flüssigkeiten angestellt habe. In dem theoreti- schen Theile ist entwickelt, wie man aus der Abnahme der Schwin- gungen und aus der Änderung der Schwingungsdauer die Kraft P berechnen könne, welche von der reibenden Flüssigkeit auf die Wand des Gelasses ausgeübt wird. Die Kraft P ist dort gesetzt

*) Für die ganze Schwingungsdauer in natürlichen Logarithmen ausgedrückt.

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. 623

P = Ke~ V cos [all + rt + 2e + <?,]

und die Winkelgeschwindigkeit der schwingenden Kugel

W = #<?-<* cos \oR + ;/ + e -f £ + 7],

so dass der Bruch -^-, welchen wir im folgenden mit St bezeichnen wollen, das Verhältniss des Maximum der Reibungskraft zum Maximum der Drehungsgeschwindigkeit angibt, und der Winkel s-\-8t o vj, den wir mit 3 bezeichnen wollen, den Phasenunterscliied misst zwi- schen der Geschwindigkeit und der Kraft.

Diese beiden Grössen können aus den Beobachtungen unmittel- bar abgeleitet werden ohne Beziehung auf irgend eine Theorie der Wasserreibung, und sie finden sich im Folgenden bei den einzelnen Versuchsreihen berechnet. Die Kraft $ wird im Allgemeinen um so grösser, je grösser die innere Reibung ist, wird aber durch stattfin- dende Gleitung an der Oberfläche vermindert. Der Winkel 3- beträgt bei den am schwächsten reibenden und nicht gleitenden Flüssigkei- ten 45°, und wächst bis 90° bei den stark reibenden. Er wird eben- falls kleiner, wenn Gleitung stattfindet. Werthe unter 45° können nur im Falle der Gleitung vorkommen, während keine erhebliche Gleitung da sein kann, wenn dieser Winkel nahe an 90° beträgt1).

Es ist ausserdem die Grösse 5t cos S angegeben, weil diese der am genauesten zu messende Theil der Kraft $( ist.

Versuche stellte ich an vorerst mit gewöhnlichem Brunnen- wasser, welches jedoch nur ganz geringe Spuren fester Substanzen gelöst enthielt. Die Resultate dieser Versuche waren:

Zahl des Versuches

Schwingung- dauer

Logarithmisches Decreraent

Temperatur

in o C.

~^TT^

"iFoäoT^

"T054b33T

"~25^T~'

it.

23-0600

0-0546540

25-5

in.

23-0304

0-0540690

25-9

IV.

23 0424

0-0540170

240

V.

23-0442

0- 0531424

25-6

VI.

23-0432

0-0540620

23-6

VII.

23 0156

0- 0532326

250

VIII.

23-0334

0-0532672

24-4

IX.

23 0342

0-0540896

230

X.

23-0334

0-0538632

22-4

Mittel:

23-0392

0- 0538921

24-48

M Ich verfertigte mir Kügelchen aus Kork und Siegellack von nahezu dem speeifischen Gewichte des Wassers, und liess sie suspendiit in einem schwingenden mit Wasser

624 Heimholt« und v. P i o t r o w s k i.

Aus diesen Daten berechnen sich nach den im theoretischen Theile angegebenen Regeln:

St cos 3 = 88-190 Ä = 99-860 3 = 27° 58' 37".

Eine zweite Versuchsreihe stellte ich mit ausgekochtem Wasser an, welches ich nach dem Auskochen vor Luftzutritt möglichst geschützt hatte. Die Resultate waren:

Zahl des Versuches

Schwingungs- dauer

Logarithinisehes Decreuient

Temperatur in»C.

I.

22-9601

0- 05282 14

22 0

II.

22-9698

00533316

21-8

III.

22-9788

0-0537380

21-8

IV.

22-9708

0-0551898

21-6

V.

22-9818

0-0548926

220

VI.

22-9772

0-0555034

21 1

VII.

22-9818

0-0557462

21-7

VIII.

22-9756

00561178

21-8

Mittel

22-9745

0-0546676

21-72

Jetzt ergibt sich

Ä cos 3 = 89-9064 5? = 90-7087 3 = 38' 26" •).

Was die Schwankungen der Zahlenwerthe bei den einzelnen Versuchen anlangt, so sind dieselben unmöglich den Temperatur- unterschieden zuzuschreiben. Die Temperaturangaben beziehen sich zwar nicht auf die Flüssigkeit selbst ; denn ein Thermometer inner- halb der Kugel anzubringen war weder thunlich, noch wäre dies zweckentsprechend gewesen, da sich ja die Versuche auf ein Gefäss von regelmässiger Form beziehen sollten; ich musste mich daher begnügen, die Temperatur zu messen, die innerhalb des Kastens, in dem die Kugel eingeschlossen war, herrschte. Es konnte daher

gefüllten Gefässe; die Korkkiigelchen machten nur kleine Excursionen im Sinne der Bewegung des Gefüsses; hatte ich dabei vor der Bewegung mehrere Kiigelehen in einer Geraden , die durch die Schwinguiigsaxe ging, so bildeten sie auch wahrend des Schwingens fortwährend eine Gerade, zum Beweise, dass der Phasenunterschied in den tieferen Theilen nicht merklich variire. ') Nur die Versuche mit ungekochtem Wasser, mit Äther, Alkohol und Schwefel- kohlenstoff sind genau nach den im zweiten Theile entwickelten Regeln berechnet; doch sind die Resultate der übrigen Versuche nur iiusserst wenig von diesen verschie- den, die wir durch die angeführte Berechnungsweise erhalten hatten.

Über Reibung' tropfbarer Flüssigkeiten. 62»)

die Temperatur des Wassers eine etwas verschiedene von der ange- gebenen sein; aber es konnte die Temperatur des Wassers nicht steigen, während die der Umgebung sank, wie dies bei den Versu- chen IX und X mit lufthaltigem Wasser z. B. der Fall hätte sein müs- sen; diese Versuche liegen «/a Stunde etwa auseinander, während welcher Zeit die Temperatur der Umgebungen 096 C. abnahm (eine Temperaturerhöhung wie sie die Reibung hervorbringen kann, hatte sich während dieser halben Stunde wohl ausgleichen müssen) denn Erhöhung der Temperatur bringt Abnahme des logarithmischen Decrementes mit sich davon überzeugten mich meine Vorversuche. Ich goss ein Fläschchen, wie ich diese bei den Versuchen gebrauchte, voll mit siedendem Wasser, und machte in unmittel- barer Aufeinanderfolge (innerhalb 8/4 Stunden) drei Bestimmungen des Iogarithnischen Decrementes; ich fand dasselbe

0- 0548379 0- 0581865 0- 0617284

Nach Beendigung des Versuches hatte das Wasser noch 4596 C ; bei 1291 C. war das logarithmische Decrement bei demselben Fläsch- chen 0-0690776.

Die beobachteten Schwankungen glaube ich dem räthselhaften Einflüsse der meteorologischen Verhältnisse, deren schon Gauss *) erwähnt, zuschreiben zu müssen.

Ferner untersuchte ich den Einfluss, den ein grösserer oder geringerer Gehalt des Wassers an gelösten festen Theilen ausübt; ich stellte mir eine gesättigte Kochsalzlösung dar, und nahm sie zu meinen Versuchen:

I. Die gesättigte Kochsalzlösung. Specifisches Gewicht: 1-192232). Das Resultat war:

c u j Logarithmisches T„m„„..„i.,..

Schwingtingsdauer Decrement Temperatur

22-9464 0-0776568 24-2 22-9644 0-0733292 24-6 22-9576 0- 0766932 24-7

Mittel: 22-9561 0- 0758931

') L. c. p. 70.

3) Die Restimmungen des specitischen Gewichtes sind nicht genau gemacht; die Zahlen, welche ich für dasselbe anführe, sind die Quotienten aus dem Gewichte des Wassers

62(>

[I e I m holt /. und v. P i o t r o w s k i.

Darnach ergibt sich : SX cos 3 = 129-285

I = 184-89 3 = 45°38'0 '.

II. Drei Thcilc gesättigter Kochsalzlösung und ein Thcil Wasser. Specifisches Gewicht: 1 '13147. Das Resultat war:

. . . Logaritluuisches

Schwingungdauer nwr.m.»t Temperatur

22-9610 22-9832 22-9524

0-0686318 0- 0629336 0-0644306

24-7 24-6 24-6

Mittel: 22-9655 00653320

Darnach ergibt sich: St cos 3 = 113-934 £ = 150-61

3 = 40° 50' 33".

III. Einen Thcil gesättigter Kochsalzlösung und einen Theil Wasser. Specifisches Gewicht: 1-09701. Das Resultat war:

Temperatur

Schwingungsdaucr

23-0154

23 0004

22-9978

Mittel: 23-0045

Darnach ergibt sich:

Ä cos 3 = 105-769

Logarithmisches

Deerement

0-0626692 0- 063 1618 00641414

230 23-2 23-4

0- 0633241

138-93 3 = 40° 25' 12'

IV. Einen Theil gesättigter Kochsalzlösung und drei Theile Wasser. Specifisches Gewicht: 1 05129. Das Resultat war:

, . , Loo-arithmisclies „.

Schwingungdauer ?. . leiupcratur

B ° Deerement *

230102 23-0007 230104

0-0565488 0- 05654 11 0-0586678

23-4 23-5 23-6

Mittel: 23-0071 0- 0572526

Darnach ergibt sich: t cos 3 = 94-541 SX = J12 35

5 = 32° 42' 8'

in eins Gewicht der anderen untersuchten Flüssigkeiten , welche die Kugel lusste. Die Füllung geschah fast immer bei derselben Temperatur , doch war die Waage, derer ich mich bediente wegen des grossen Gewichtes der Kugel, keine chemische.

Über Reibung- tropfbarer Flüssigkeiten. 627

Wir sehen also mit zunehmendem Salzgehalte die Sehwingungs- dauer sich vermindern, das logarithmische Decrement wachsen; Folgen davon sind Wachsen der Grösse Ä cos .3-, ebenso Wachsen des Phasenunterschiedes, sowie von Ä; alles Erscheinungen, die a priori zu vermuthen waren.

Die angewandten Salzlösungen waren mit Luft in Berührung gelassen; die Resultate sind daher mit jenen, welche die Versuche mit nicht ausgekochtem Wasser ergaben, vergleichbar.

Ausser den Salzlösungen untersuchte ich noch sehr leicht beweg- liche Flüssigkeiten und zwar reinen und wasserfreien

Schwefelkohlenstoff.

Specifisches Gewicht: 1-26270.

, . , Logarithmisches _

Scnwineungsdauer Temperatur

° ° Decrement r

22-6896 0-0409276 21 -8

22-6510 0- 0413798 21 -9

Mittel: 22-6703 0-0411537

Darnach ergibt sich:

$ cos 3 = 65-747 t = 80-242 3 = 34° 58' 43" reinen wasserfreien

Äther. Specifisches Gewicht: 0-715372.

Das Resultat war:

, . , Loffarithmisches _ ,

Schwingungsdauer ^ . Temperatur

23-4500 0-0293014 21 -5

23-4430 0- 0304052 21 -7

Mittel: 23 -4465 0-0298533

Darnach ergibt sich :

$ cos 3 = 42-696 Ä = 60-284 3 = 44° 54' 26" und wenn nicht wasserfreien, so doch jedenfalls sehr concentrirten

Alkohol. Specifisches Gewicht: 0-830919.

Das Resultat war:

, . . Losaritlimisches „, ,

hchwinenngsdauer Temperatur

° ° Decrement *■

23-4392 0-0580254 24 2

23-4480 0-0571042 23 9

Mittel: 23-4436 O057S648

628 Helmholt/, und v. Piolrowsk i.

Darnach ergibt sich : St cos 3 = 93-968 £ = 1Ö6-39 £ = 53° 4' 4".

Die Erhöhung der Schwingungsdauer, und beim Schwefelkoh- lenstoff die Erniedrigung des logarithmischen Decrementes, sowie dos Reibungscoeflicienten, lassen sich leicht begreifen.

Ferner untersuchte ich sehr schwer bewegliche Flüssigkeiten, und zwar

Gljcerin. Specifisches Gewicht: 1-21069.

Das Resultat war :

, , Logarithmisches

schwingunersdauer 5 lempeialur

Decreinent r

23-4698 0- 0366622 24-8

23-4446 0- 0308634 24 -8

Mittel: 23 4S72 0- 0337628

Darnach ergibt sich: Ä cos 3 = 49-95o 3 Ä = 33917 3 = 81° 31' 49".

Olivenöl. Specifisches Gewicht: 0 -.907258.

Das Resultat war:

,, . . . Logarithmisches „,

Schwing uuKsiIauer i c niperatur

° B Decreinent r

23-9052 0 0224438 23-1

Darnach ergibt sich:

ft cos 3 = 276316 Ä = 313-58 3 = 84° 56' 41" und einen überaus zähflüssigen

Ziirkcrsjrup. Specifisches Gewicht: 1-38193.

, . . I.ugaritliiuisches _

Scliwmguiigsilauer 1 eiuperatnr

° ° Decreinent r

23-4604 0-0076410 23-7

Darnach ergibt sich : 5T cos 3 = 2-62798 Ä = 10217 £ = 88°31' 34".

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. 620

Die Resultate, welche uns die dickflüssigen Substanzen liefern, sind sehr leicht zu begreifen; sie bewegen sich fast ganz mit dem Gefässe; daher ist der Reibungscoefficient und das logarithmische Decrement klein; denn wenn auch die Reibung an derselben Flache grösser sein muss, als bei den leichtflüssigen Substanzen, so ist die Flache, an der sich die Flüssigkeit reibt, nur eine sehr kleine.

Überdies untersuchte ich den Einfluss , den feste in einer Flüssigkeit suspendirte Theilchen auf die Reibung üben; zu diesem Zwecke verdünnte ich Hühnereiweiss mit Wasser, filtrirte die Flüs- sigkeit und setzte Kalilösung hinzu. Ich fand für diese

Ei weisslösung.

Specifisches Gewicht: 1-01624.

., , . . Lo'raritlimisches ,„

iichwingungsuauer ?. 1 eiuperatui

° ° Decrement r

23-2182 0-0737284 23-0

23-1486 0- 0736828 21 0

Mittel: 23-1834 0- 0737006

Woraus sich ergibt: Ä cos ^ 123-891 ft = 13751 5 = 44° 18' 17".

Hierauf emulgirte ich Öl in dieser Eiweisslösung, und fand nun für die so erhaltene

Emulsion. Specifisches Gewicht (dieselbe als Ganzes betrachtet): 1-00504.

Schwingungdauer ^^ent'1" Temperatur

23-3050 0 0806436 21-5

23-3094 0 0769712 21 -6

23-3036 0-0784528 21j8

Mittel: 23 3060 0- 0786892

Darnach ist: $ cos 3 = 132-270 Ä = 21G03 3 = 52° 14' 48".

Wir sehen also, dass durch die suspendirten festen Theilchen (Öltröpfchen mit Haptogenmembranen), die Reibung vergrössert wurde.

630 Heimholt?, und V. Piotrowsk i.

Endlich untersuchte ich nucli einige für den Physiologen wich- tige Substanzen. Ich will mich begnügen diese Untersuchungen ein- fach anzuführen.

Blutserum (mihi Bind). Specirisches Gewicht: 1-02000.

, . , Lotrarithinisches „, ,

bcnwingfuncsilauer lemperatur

B b Decrement '

23-1418 0- 0070804 23/5

23:1656 00713880 23-0

23-1450 0- 0690776 23 -6

Mittel: 23-1475 0-0691820

cos 3 = 115-802 £ = 159-83 3 = 43° 34' 18".

Delibriuirtcs Blut vom Rind. Specifisches Gewicht: 1-05289.

, . , Locaritlimisches ~ ,

Sehwingungsilaucr Temperal ur

° ° Decrcment

23-2880 0- 1017808 24-0

23-2332 0-0922444 24 0

Mittel: 23-2606 0-0970126

St cos 3 = 166031 Ä = 248-86 5 = 48° 9' 10".

Milch.

Specifisches Gewicht: 1 02656.

.... . Logarillunisches ,

beliwinsunKsilauer I emperatur

° ° üecrement

23-1742 0-0709886 24 0

23-1458 0- 0649400 24 0

Mittel: 23 1600 0-0679643

tf cos 5 = 113-499 Ä = 162-35 $ = 45° 38' 48".

Die gefundenen Constanten sind nur für mein kugelförmiges Gofiiss, für Wandungen von Gold und mittlere Sommertemperatur giltig.

Über Reibung- tropfbarer Flüssigkeiten. ß3 I

B. Theoretischer T h e i 1.

Von II. Helmholti. §• i.

Die Bewegung im Innern einer schwingenden Kugel.

Die Bewegungsgleichungen für das Innere einer tropfbar flüs- sigen Masse, welche der Reibung unterworfen ist, wie sie von Pois- son, Navier und Stokes gleichlautend aufgestellt worden sind, sind folgende :

Es seien x, y, z die rechtwinkeligen Coordinaten eines Punktes im Innern der bewegten Wassermasse, t die Zeit, u, v, w die den Coordinataxen parallelen Componenten der Geschwindigkeit des im

Punkte x, y, z zur Zeit t befindlichen Wassers, p der Druck und h die

d P d P d P

constante Dichtigkeit, ferner , und die den drei Coor-

d x dy dz

dinataxen parallelen Componenten der äusseren Kräfte, welche auf das Innere der Wassermasse wirken, wobei u, v, w, p und P als Functionen der unabhängigen Variablen x, y,z und t dargestellt sein, so ist

dP 1 dp du du du du rd2u du2 du2-i*

: = 4- u \- v p~ w k2\ 1 1 I

dx h dx dt dx dy dz Ldxa dy2 dzzs

dP 1 dp dv dv dv dv rd~v dzv d2ii^\\

\- u 1- v 1" w k~\ 1 1 V

dt dx dy dz l dx2 dy2 dz2Jt

dy h dy dt dx dy dz I dx2 dy '■

dP 1 dp dw dw dw dio rd2w d2w aaw-.[

= \-u \- v \- w k2\ 1 1

dz h dz dt dx dy dz Vdx2 dy2 dz2 \

du dv , dw )

0=: 1 ^-| \ * n

dx dy dz )

Die Grösse k2 ist die Reibungsconstante für das Innere der Flüssigkeit, ihr Wertli also nach der Natur der Flüssigkeit und ihrer Temperatur verschieden.

In unserem Falle der schwingenden Kugel können wir nun die Schwingungen so klein machen, dass die Glieder, welche die zweiten Dimensionen der Geschwindigkeit enthalten, gegen die erste Dimen- sion verschwinden. Von äusseren Kräften wirkt auf das Innere unserer Wassermasse nur die Schwere, deren Richtung der z-Axe parallel sein mag, im Sinne der negativen z, so dass wir setzen

Sitzb. .1. mathem.-naturw. Cl. XL. B.l. Nr. 12. 43

632 Heimholt z und v. P i o t r o w s k i.

dP _ dP __ dP _

dz ' dy dx

Die Gleichungen i erhalten nun folgende vereinfachte Form :

i dp du , \d2u , d2u d3uri

= k2\ 1 -}- ....

h dx dt Ldx2 dy2 dz2 \

1 dp dv rd2v d2v d2v~i

T ~dy ~ ~dt ~ " ldx2 ~*~ dy2 dz2\

1 dp dw , vd2io dho , d2w~i q - = - k2\ 1 . . . .

y h dz dt Ldx2 ' dy2 dz2}

Es sei p die Entfernung vom Anfangspunkt der Coordinaten , also

p* = x2 -f V% + z$

und ^ eine Function von p und t, welche der Differentialgleichung genügt

1 dtp _ d2<p 4 dip k2 dt dp2 p dp

Dann liisst sich zeigen, dass nach Elimination von p aus den Gleichungen ib, die hieraus resultirenden Gleichungen und 1„ erfüllt werden durch folgende particuläre Integralgleichungen:

u= yi[> , v = x<p , w = 0 2a

Die Form der Bewegung, welche diesen Integralgleichungen entspricht , ist so zu beschreiben , wie sich aus den Gleichungen 2a leicht ergibt, dass die Wassermasse in concentrische Kugel- schalen zerfallt, deren jede gleichsam wie eine feste Kugelschale drehende Bewegungen um die Z-Axe ausführt; ^ ist die Winkel- geschwindigkeit dieser Bewegung.

Aus 2a folgt, dass

du dx ~

yx d(p P <JP

dv yx

dy p

dip dp"

dx

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. 633

Daraus ergibt sich, dass die Gleichung i0 durch die Annahmen 2a erfüllt ist.

Aus den Gleichungen lb eliminiren wir p, indem wir die erste nach y , die zweite nach x differentiiren , und die zweite von der ersten abziehen. Das gibt

d vdu rd-u d2u du2yi

dy Vdt W.X'2 ' dy2 ' ~dT2)\ "

d rdv , /dsv . d2v , d2v\~i )

I k2l K 1=0. . . A 2,

dx V dt \dx2 ~ dy2 ^ dz2)} ) b

und ebenso eliminiren wir p aus der ersten und dritten der Glei- chungen 16, wobei wir aber gleich bemerken wollen, dass w in 2a gleich Null gesetzt ist, also erhalten wir

d vdu rd2u d2ii d2u\~i

dz Idt ~~ \~d~x2 dV2 dz2)}

dyc<

±\* _*.£! + ^ + f!!iY|so

dz Idt \dx2 ' dy2 ' dz2 JA

Setzt man nun die Werthe von u und v aus 2a in 2b , so erhält man zunächst, wenn man zur Abkürzung setzt

dv du x2 + y2 dtp

= C = 2 d> -f-

dx dy p dp

d: . (dK , dK , dK\

- k2 ) = 0

dt \dx2 ' dy2 ' dz2)

„der 2r*_*sr^ + i.£^i +

Ltf* Wfo2 ' p dp)A

z2-{-y2 d rd<p ,d2ip 4 d<p>

L<fr Ufo2 ' n dp)}

p dp Ldt v dp2 p dp ,

Die Gleichungen 2C geben aber beide gemeinsam die Gleichung

oder weil die hier zu differentiirende Function unmittelbar nur von p

11" 1 W % (l^ . C I 4. 1 1 ü *

abhängt und = -- ist, tolgt, indem man den fractor dz p dp p

weglässt :

43*

Hei in holt z um) v. Pioti'ow.ski.

dp

Mit Berücksichtigung von 2r aber verwandelt sich die Gleichung 2, in der Gleichung 2, nämlich

W** + i *) = 0 . . . . ! 2

und wenn diese erfüllt ist, ist wie man sieht, auch 2f erfüllt, so dass also in der That die Gleichung 2 und 2„ sieh als Integralgleichungen der Gleichungen 1„ und 16 erweisen.

Setzen wir ty = f eat, wobei wir unter f eine Function von p allein verstehen, die von t unabhängig ist, so liefert die Gleichung 2 für f folgende Differentialgleichung:

jo(d*V i 4 d(P\ A a (p Ar3 1 = ü . . .

r \dp* ' p dp)

Die Gleichung 3 können wir durch zwei Reihen, die nach gan- zen Potenzen von p fortschreiten, nach den gewöhnlichen Regeln integriren

# = An 1 + . h ( 1 h ( ) etc.

r ° | ~ *a 2.5' Vä-s/ 2.4.5.7 ~ ) 2.4.6.5.7.9

J +* }, + ¥l._!_ + r3LV ! +

J />s 1 *8 (— 1).2 ' IpJ (-1J( + 1).2.4 '

/ «r,2\ 3 1 /

+ | I etc. }

~\k*J (—1). 1.3. 2. 4. 6 (

Diese Reihen sind bequem, wenn f für kleine Werthe der

Grösse berechnet werden soll, für grössere Werthe derselben

A.-2

ist es vortheilhafter <p in folgender geschlossener Form auszu- drücken. Man setze nämlich

1 d

oder

so ist

p df, V p '

I ßnp

über Reibung tropfbarer Flüssig keil

d<p /«8 3 \ <//> ~~ l^8 ^3 "T" ^J

dp*

/«3 3«8 12« 12

V8 iO3 />* />5.

«35

] e»P

also

d2<p bk* d<p ran— k* >iz a—k*n?l

, a~<p *k* aw ran A

a tp k2—^- - =

dp2 P dp L p2

Setzen wir also in dem Ausdruck 3,,

+ * _ k * a

so ist die Differentialgleichung 3 durch 3A erfüllt, und sie wird auch erfüllt durch einen Ausdruck von der Form

In unserem Falle der schwingenden Hohlkugel darf die Bewe- gung für p = 0 nicht discontinuirlich werden. Dadurch bestimmt sich das Verhältuiss der Constanten A und B zu einander in den beiden Ausdrücken für f in 3„ und 3f. In 3„ wird nämlich die mit B0 multiplicirte Reihe für p = 0 unendlich, also muss Bo = 0 sein, und der Ausdruck reducirt sich dann auf die erste Reihe. In 3C müs- sen wir B -J- A setzen, wie man sieht, wenn man nach Potenzen von p zu entwickeln anfängt, und wir haben also schliesslich für unseren Zweck folgende beiden einander gleichen Ausdrücke für <p

2n3A i . , «V8 «V4 »6P6 ) ^

<P = -s- 1 + H 1 etc. =

r 3 \ '2.3^2.4.5.7 '2.4.6.3.7.9 ( /

= A - ( e"p -f e~"P ) ( e"p er«1? )

3 d

worin

1

^ k

Der letztere Ausdruck führt unmittelbar zu folgendem Aus- drucke für $

()36 Heimholte und v. l'iotrowski.

ip = <p eat = A (e"P+at -f «?-"P + "'") ( en?+at e-"P+at) [ 4 In den Fällen unserer Beobachtung ist nun ^ von der Form

<fi = <p e~^1 cos yt,

wir müssen also der Grösse a in den bisherigen Ausdrücken den complexen Werth

a = ß -f iy ) 4

i =V~i f "

beilegen, oder wenn wir setzen

f Ä

= tang 2e [

so ist

a = m cos 2e -J- «»? sin 2e = me2£e

wobei zu bemerken ist, dass der Winkel 2t, weil seine Tangente negativ ist, grösser als ein Rechter sein muss. Der Winkel s liegt also zwischen 45° und 90°. Daraus folgt weiter

1 Vm Vm , . \

n ya = e£l = ( cos s 4- i sin e I.

k k k \ J

Setzen wir

Vm .

o = sin e k

Vm

r = cos e

k

4c

also

n == z -f- a i

und führen die in 4H, 46, 4C angezeigten Substitutionen in den Werth von ty ein, so wird

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. t)37

kpz L J

kp

A

e 1"^+' (yx + p') e~zp+t (r7~ °^1

^ ist eine complexe Grösse, ihr reeller, wie ihr imaginärer Theil für sich genommen, müssen der Differentialgleichung 2 genügen. Wir brauchen für unseren Zweck nur einen von beiden hier anzuwenden, und wollen den reellen nehmen. So wird endlich

AV m r TP ß* , —zp ßr i

^ = -£-£- [* cos (a/> -f yt -f £ ) + e cos (a/? ^— e)J

I ^ cos (o^ + rO c cos (<7p 7^) > 4d

Da ty die Winkelgeschwindigkeit der schwingenden Wasser- theilchen bezeichnet, so wird ihre Tangentialgeschwindigkeit typ sin co sein, unter w den Winkel zwischen p und der Kotationsaxe verstanden. Die Glieder, welche cos (ap-\-y£) enthalten, entsprechen einem Zuge von Wellen, welche von der Peripherie der Kugel gegen ihren Mittelpunkt laufen, und zwar mit schnell abnehmender Inten- sität, weil sie mit ex? multiplicirt sind. Übrigens führen dabei die Wassertheilchen Schwingungen aus, die gegen ihre Fortpflanzungs- richtung transversal sind, wie die Lichtschwingungen. Die Glieder, welche cos (ap yfy enthalten, entsprechen dagegen Wellen, welche vom Mittelpunkte gegen die Peripherie laufen, auch mit abnehmender Intensität, weil sie mit e~ x? multiplicirt sind. Im Mittelpunkte selbst, werden zwar diese Glieder scheinbar unendlich gross, weil sie mit negativen Potenzen von p multiplicirt sind, in Wahrheit aber heben sich die unendlich werdenden Glieder hier gegenseitig auf, wie man sieht, wenn man sich die andere Form von <p in 3rf, wo es nach ganzen Potenzen von p entwickelt ist, in derselben Weise zurecht macht:

1mV m —ßt l mp2 eos(5e-j-^)

2mV m —ßt { mpz

^=~3*r Ae {™sO + rO + -^

■A . -4- etc. > 4 e

~ k* 2.4. 5.7 r j

2 . 5

(j'^S Heimholt /. und v. Piotl'OWSki.

Da wir vorausgesetzt haben, dass keine Kräfte ausser der Schwere auf das Innere der Wassermasse wirken, und in ihrem Innern alle Werthe der Geschwindigkeit endlich und continuirlich ausfallen, so können die Kräfte, welche sie in Bewegung setzen, nur auf die äusserste Schicht wirken. Diese ist bei unseren Versuchen in der That mit dem Gefäss in Berührung, und wird von diesem durch Reibung bewegt. Wir können uns also die ganze Bewegung so vorstellen, dass von dieser Oberfläche aus Rotationswellen nach innen laufen, aber mit schnell abnehmender Intensität, und im Mittelpunkte reflectirt wieder zurückkehren. Die Fortpflanzungs- geschwindigkeit dieser Wellen ist gleich =2V»i cos s, oder wenn

<j

wir die Schwingungen der Oberfläche eonstante Amplitude behalten

2;r 2tt

lassen, also 3 = 0 setzen, und T= = die Schwingungs-

7 m

dauer nennen

- = k Vlm

-»Kl

Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit ist also von der Schwin- gungsdauer abhängig. Die Wellenlänge ist 2k YxT, also nicht wie bei den Schall- und Lichtwellen der Schwingungsdauer selbst, son- dern ihrer Quadratwurzel proportional. Während die Welle eine

Wellenlänge durchläuft, wird ihre Amplitude von 1 auf e~K, d. h. von 1

1 auf verkleinert. Beispielsweise beträgt sie in den Versuchen

535 l °

von Piotrowski mit Wasser etwa 16 Millimeter bei einer Schwin- gungsdauer von 23 Secunden. Daraus geht hervor, wie schnell sich die Bewegung in kleiner Entfernung von der Oberfläche bis zum Verschwinden schwächt. Je grösser dagegen der Reibungscoefficieut ist, desto grösser ist die Wellenlänge, und auf desto grössere Strecken pflanzt sich daher auch die Bewegung in der Flüssigkeit merklich fort.

§. 2. Bedingungen für die Oberfläche der Flüssigkeit.

Aus den theoretischen Betrachtungen der genannten Mathema- tiker folgt, dass die Componenten X, Y, Z der Kraft, mit welcher die bewegte Flüssigkeit auf eine oberflächliche Schicht wirkt, wenn

Ober Reibung tropfbarer Flüssigkeilen. 639

a, ]3, 7 die Winkel sind, welche die nach der Flüssigkeit hin gerich- tete Normale der Oberfläche mit den positiven Coordinataxen bildet, folgende Werthe für die Einheit der Fläche haben:

fehl /du dv\ . /du dw\ i \

r tdv du\ dv . , /dv dw\ i

y - '>«* [(* + *) c"s a + 2 + cos'? + (* + 1) eos r] / s

r/rfw , rf«\ , rdw , dv \ . , _ tfto i i

z = «■ [(s + *) cts « + u + *) -* + 2 * c°s »•] ;

An der Kugeloberfläche ist

cos a = , cos /? = , cos y = P P P

daraus ergibt sich, wenn man die Werthe von u, v, w aus 2a hier einsetzt :

5 a

Diese Kraft wirkt also in Richtung der Rotationsbewegung der Oberfläche mit der Intensität

X

=

hkHj

dp

r

=

hk*x

d<p dp

z

0

\/x*+Y* = -hk*d{Va;* + y*.

Dieser Kraft, welche das bewegte Wasser auf seine äusserste Schicht ausübt, muss nun das Gleichgewicht gehalten werden durch die Kraft, welche die Gefässwand auf die äusserste Wasserschicht ausübt. Wenn wir die Componenten der Geschwindigkeit der Gefäss- wand mit U, V, W bezeichnen, so ist der theoretische Ausdruck für die Componenten der Kraft, welche von der Wand auf die äusserste Wasserschicht ausgeübt werden, und die mit X, Y bezeichnet werden können, da sie den Kräften der Gleichungen 5 und 5a das Gleichgewicht halten müssen

ß40 Helmholtz und v. Piotrowski.

M2 ,_ x \

- x - = h

- ' - T M

-*-t("H

worin X eine von der Natur der Flüssigkeit und des Gefässes abhän- gige Constante bezeichnet.

Setzen wir die Rotationsgeschwindigkeit des Gefässes in unserem Falle gleich *P, und demgemäss

so wird

U= y W, V = xW, W= 0,

dp x \ y)

Z = 0.

Daraus folgt, dass sein muss

als Grenzbedingung für die Oberfläche der Flüssigkeit. Diese Glei- chung bezeichnet zugleich den Sinn der Constante X. Sie ist eine

Länge, welche angibt, in welcher Entfernung jenseits der Wand die

d<p

Bewegung des Wassers der der Wand gleich sein würde, wenn

dp

constant bliebe, wie man sieht , wenn man schreibt :

dp

Eine zweite Grenzbedingung, die im Allgemeinen aufgestellt werden muss, dass die Bewegung der oberflächlichsten Flüssigkeits- theile sich der Bewegung der Oberfläche anpasse, ist in unserem Falle jedenfalls erfüllt, da alle Theilchen der Flüssigkeit wie der Wand concentrische Kreisbahnen beschreiben.

Über Reibung- tropfbarer Flüssigkeiten. 041

Um die Gleichung 5rf zu erfüllen, berechnen wir den Werth von

, welcher ist

dp

= e fi I eTp cos (ap -|- yt -f- %e) e rp cos (ap yt 2e) I

dp k2p2 L J

ZAVm —ß(r rp v —TP , ,1

e \e cos (ap -J- yt -f- e) -f- e cos (<7/> ^ e) I

kp

ZA —ß* r tP —*P T )

-J - e I e cos {ap -\-yt) e cos (ap yt) I . . . 6

oder zur Berechnung für kleine Werthe von ap d<p 2/«3 -ßt LVmp ' ,VmP\3cos(7e + rt)

7p=m->Ae \— cos ^ + & + hr) TT +

jlWj. eos(9e+r0 fc j ß

~ V Ar / 2.4.7.9 (

Der Kürze wegen wollen wir uns den Werth von p für die Ober- fläche der Flüssigkeit aus Ad genommen, geschrieben denken

^ = Ce~'il cos (aR + yt+e + S) . . . . J 6e

d<p

und den von in 6 und 6 a

dp

d(l> -ßf f \ )

j = Cx e cos \aR + yt + 2e + o , J . . . 6A

wo C, C, , o und o, Functionen von 7? sind, welches der Werth von p an der Oberfläche der Kugel sei.

Die Grenzbedingung örf erfordert also, dass die Rotations- geschwindigkeit des Gefässes folgende sei:

¥=Ce~ cos (<JR+yt+e+d)+lCie~' ' c»s(aR-\-yt+2s+ <?,) oder

e/H «p- = [C + A£, cos (e -f dx <J)1 cos (aR + rf + e + d)

Wt sin (e + 8t S) sin (oR -f yt -f e -f- Öx) . . . } 66 oder wenn wir setzen der Kürze wegen

(J42 Helmholtz und v. Piotrowski.

B* = C* + 2WCt cos (e -f dt d) + A* Cia)

ACj sin fe + 5, d)

tang w =

5 ' C + Wx cos (e + dt <J)

woraus folgt

= C sin fe + *i - <?)

sin (e + tf, 5 rj) '

so wird

^ = ße~ß (oR + r* 4 e + o -f 9) J 6,,

Hat also die Bewegung des Gefässes den letzteren Werth, so ist die Bewegung des Wassers in demselben durch die Gleichungen 2a und 4d vollständig gegeben, und es sind alle Bedingungen der Aufgabe, so weit sie die Bewegung des Wassers betreffen, erfüllt.

§. 3. Bewegung des Gefässes.

Wir müssen uns schliesslich überzeugen , ob die in der Glei- chung 6rf vorgescbriebene Bewegung des Gefässes den Bedingungen von Piotro wski's Versuchen genügt.

Die Kräfte, welche auf das Gefäss wirken, sind erstens die durch seine Aufhängung bedingten richtenden Kräfte. Wenn wir den Ablenkungswinkel des Gefässes von der Gleichgewichtslage mit 12 bezeichnen, sei das Moment dieser Kräfte f~ ß, wo also nach den oben von Piotrowski angewendeten Bezeichnungen

fk*-a(G + g) + ".

ausserdem wirkt die Kraft der Reibung, und zwar des Wassers, deren Drehungsmoment wir P nennen wollen, und die der Luft, welche P1 sei.

Ist also M das Trägheitsmoment des Gefässes mit dem daran befestigten Spiegel und der mitschwingenden Luft zusammengenom- men, so ist

31 dW _ dt*

/*#+ P+P> . . . .j

Über Reibung' tropfbarer Flüssigkeiten. 64«t

Bestimmen wir jetzt das Drehungsmoment P der Wasser- reibung.

Die Kräfte, welche vom Wasser auf das Gefäss wirken, sind gleich den oben gefundenen Werthen der Kräfte, welche die bewegte Wassermasse auf ihre äusserste Schicht ausübt (Gleichung Sf). Es ist also, wenn do das Element der Oberfläche bezeichnet

p = f (Xy Yx) do = -- hk»- \ {x* + y*) do .

Wenn wir oj den Winkel nennen, den p mit der z-Axe bildet, ist

,v2 -\- yz R2 sin2 cd , do = 2x R~ sin codco

P = 2n hk* Rt I ~s'mhodco dP^

I sin;

-j-*-*?---

oder wenn gesetzt wird

3

P= —Ke cos (oR + yt -f 2e -f 3i) . . .

Was den Widerstand der Luft betrifft, so zerfällt er in zwei Theile. Der eine Theil, welcher von Bewegung der Luft herrührt, so weit sie auch ohne Reibung der Oberfläche des schwingenden Apparats eintreten würde, ist unabhängig von der Schwingungsdauer, und hat, wie Bessel gezeigt hat, nur denselben Einfluss, welchen eine Vermehrung des Trägheitsmomentes haben würde. Da übrigens in unseren Versuchen das Trägheitsmoment durch die Schwingungs- dauer bestimmt ist, so enthält es schon das der mitschwingenden Luft in sieb. Dann aber wirkt die Luft durch ihre Reibung an der äusseren Fläche des Apparats in derselben Weise , wie das Wasser an der inneren Fläche, und bringt dadurch einen zweiten Theil des Widerstandes hervor, der, wie Stokes für schwingende Pendel gezeigt hat, von der Schwingungsdauer abhängig ist, und ebenso in

(»44 Helmholtz und v. Piotrowski.

Form einer periodischen Kraft erscheint, wie die Wasserreibung, so dass wir setzen können

Pi = Kxe~ßt cos (oR + yt + 2e+ 8J . . . . ! 7C

Die Grösse ß endlich in der Gleichung 7 ist dadurch gege- ben, dass

dQ -ß(

= W = Be cos (<tä -f ^ + e -f 8 -f ^)

ist, daraus folgt

Q = -Be' cos (aR + rt e+o + j?) .

und

= mBe cos (aR-\-yt-\- de -{■ 8-}- rj)

Wenn man nun aus 76, 7C, 7rf und le die Werthe in 7 einträgt, und gleichzeitig die einzelnen Glieder zerlegt in solche, welche mit cos (?[>-\-°yt e-f-d-j-v?) multiplicirt sind, und solche, welche mit dem Sinus desselben Winkels multiplicirt sind, so hat man einzeln die mit dem Cosinus multiplicirten Glieder gleich Null zu setzen, und ebenso die mit dem Sinus multiplicirten , und erhält folgende zwei Gleichungen :

MmB cos 4s+/*3 B = K cos (3e + 8X tj 8) ]

m

üf, cos (3s + <?„ <?) MmB sin 4e = K sin (3s -f 8X tj 8) I

Z>'n(3e + <J„ 8)

Durch diese beiden Gleichungen werden schliesslich die Werthe von m und e, oder die davon abhängigen von ß und y (Gleichungen 46) bestimmt. Von letzteren hängt die Grösse der Schwingungs- abnahme und Schwingungsdauer ab. Übrigens ist zu bemerken, dass die Gleichungen 8, wenn sie nach m und £ aufgelöst werden sollen,

ausserordentlich verwickelt sind, da das Verhältniss und ,

ebenso die Winkel o, d/t £, und r? wieder von e und m und zwar meist durch transcendente Gleichungen abhängen.

Über Reibung: tropfbarer Flüssigkeiten. ß4o

Damit ist denn vollständig erwiesen, dass das in den Gleichungen 2a und 4rf hingestellte particuläre Integral der hydrodynamischen Gleichungen 1 und la bei passender Bestimmung der constanten Grössen allen Bedingungen unserer Aufgabe genügt.

§• 4. Berechnung der Versuche.

Bei den Versuchen ist uns ausser dem Drehungsmomente f~ das logarithmische Decrement des Schwingungsbogens A und die Schwingungsdauer T gegeben. Wenn ß0 und ß, zwei auf einander folgende Maxima der Ablenkung nach derselben Seite hin sind, so ist

Qx = i20 e ?T

und wenn man auf beiden Seiten die natürlichen Logarithmen nimmt

J = log . nat . ß0 log . nat . i2, = ßT

also

ß-±. . . .!•

' T )

Da in dem Ausdrucke für ß unter dem Cosinuszeichen t mit 7 multiplicirt ist, so ist

r- T ..... }».

Dadurch ist weiter gegeben mittelst der Gleichungen 4,,

m = |//93 -J- y-

ß

tang 2 e =

r

Es ist 2e ein Winkel zwischen 90° und 180°, weil seine Tan- gente negativ ist.

Aus diesen müssen nun mittelst der Gleichungen 8 die Reibungs- constanten k und Ä berechnet werden. Da die hierin vorkommende Grösse M, selbst nur aus Schwingungsversuchen mit Luftreibung genommen ist, können wir zw ihrer Elimination noch zwei ähnliche

ß4-6 Heimholt« und v. P i o tr o ws k i.

Gleichungen hinzunehmen, die sich auf die Versuche mit der leeren Kugel beziehen.

Diese Rechnung ist nun ziemlich complicirt wegen der trans-

di>

cendenten Gleichungen, welche den Werth von ty und aus-

dp

drücken.

Man bringe zunächst die Gleichungen 8, indem man die unter 6c angegebenen Werthe von B berücksichtigt, und K = Ku B Ym setzt, in folgende Form

K cos (3e + a— 7_(J)8in (e+di—7i— d) 1

= Mm cos 4e -\ f 4-

C sin O + dt <J) ' m ' '

+ K„Vm (cos 3e -f dn <?)(

K sin (3e+ ^-iy-cJ) sin (e+dt —rj—S)

= Mm sin 4e 4-

C sin + <?!— (?)

+ /f , |/m sin (3s -f £„ 8)j

Auf der rechten Seite sind nun noch näher die von der Luft- reibung herrührenden mit Ku multiplicirten Ausdrücke zu bestimmen. In solchen Räumen, gegen deren Dimensionen die Wellenlänge der vor- handenen Luftschwingungen sehr gross ist, unterscheiden sich die Bewegungen der Luft nicht von denen einer incompressiblen Flüs- sigkeil. Die Luftreibung wird also im Innern der Kugel auf die schwin- gende Kugel einen ganz ähnlichen Einfluss haben, wie die Bewegung der eingeschlossenen Flüssigkeiten. Da übrigens ihr Einfluss sehr klein ist, und nur eine Correction für die Werthe der Wasser- reibung bildet, so wird es genügen, wenn wir das grösste Glied ihres

1 Einflusses allein berücksichtigen, indem wir - , welches für die

aa

beweglichen Flüssigkeiten eine kleine Grösse ist, auch für die Luft- reibung als eine solche annehmen. Dann reducirt sich in den Versu- chen mit leerer Kugel der Werth von <p an der innern Oberfläche auf

,9,.

?---£.-* + '*".(** + * + *)

dp k*R~

Da wir nun weiter für diesen Fall gesetzt haben $ = C e~ '? cos (oR + yt -f e + o)

^t = c^e-ßt cos (<jB + yt + 2e + o, ) dp

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. 647

so wird in diesem Falle d = dt =0 und

Für die Luftreibung ist nun weiter die Constante X der Ober- flächenreibung nach den Untersuchungen von Stokes über den Luftwiderstand bei Pendelschwingungen gleich Null zu setzen. Wenn diese gleich Null ist, wird auch v? = 0 und B=C und man erhält aus la

Kx = —TzhkVmR^B.

Es findet sich also für diese Reibung das Verhältniss der

Grösse Vm proportional, und nicht proportional/«, wie es sein würde, wenn man, wie gewöhnlich bisher geschehen ist, die Reibung einfach der Winkelgeschwindigkeit proportional setzen würde. Die Constante

K , welche wir gleich tj=. gesetzt haben, wird also unab-

B r m

hängig von der Schwingungsdauer. Dieselbe Annahme wird nun für die Luftreibung im Allgemeinen zu machen sein, denn sie bestätigt sich sowohl, wenn man aus den Gleichungen 36 sich das zweite Inte- gral für die Reibung an der äusseren Fläche der Kugel herleitet, als auch in den von Stokes ausgeführten Untersuchungen über die Luftreibung an Pendeln, so bald wie in unserem Falle die Dimen- sionen des schwingenden Körpers und seines Gehäuses gross gegen die Wellenlänge der bei der Reibung entstehenden transversalen Weilen sind. Der von der Reibung der Luft unabhängige Theil des Luftwiderstandes erscheint, wie schon bemerkt wurde, nur als eine Vergrösserung des Trägheitsmomentes.

Die Constante K , müssen wir aus den Schwingungsversuchen an der leeren Kugel bestimmen. Es werden für diese Versuche die Gleichungen 8, indem wir den Winkel o,,, der dem ö\ rt bei der Wasserreibung entspricht, gleich Null setzen:

Mm^ cos (4e0) + /o8 = Ku m0 Ym0 cos (3e0) Mm0 sin 4e0 = Klt Vm» sin (3e0).

Es sind hier die Grössen, deren Werth bei den Schwingungen der gefüllten Kugel ein anderer ist, durch den Index« unterschieden. Aus diesen Gleichungen ergibt sich

SiUb. d, mathem.-naUirw. Cl. XL. ßd. Nr. 12. 44

64S Helmholtz und v. Piotrowski.

Mm0* sin e0 = fo2 sin (3e0) » Är„ w/0 fwo sin e0 = /i2 sin (4e0) I

Aus diesen beiden Gleichungen sind die Grössen M und Ku zu finden, und ist in 96 ebenfalls der Winkel dlt zu vernachlässigen.

Bezeichnen wir nun der Abkürzung wegen die bekannten auf der rechten Seite der Gleichungen 96 stehenden Grössen durch besondere Buchstaben, setzen also

F, = F.=

3

J Mm cos 4e -\ f* -f Kn Ym cos 3e j

Mm sin 4t* -j- J5T„ fm sin 3e |

so ist:

__ kz Ci cos (3s + dt - iy fi) sin (e + fr ? - *) _

C sin (e + dt eJ) '

_ #8 ^ sin (3e + dt - ly - <?) sin (e + <?i - V ~ <?) _ _

C sin (e -f- '?! J)

Hierbei ist zu bemerken , dass der Werth von Fu aus den Ver- suchen mit ziemlicher Genauigkeit zu finden ist, da er hauptsäch- lich von m und s, d. h. den ganzen Werthen der Schwingungsdauer und des logarithmischen Decrements abhängt, und beide sehr genau bestimmt werden konnten.

In dem Ausdrucke, welcher Ftt gleich gesetzt ist in 9e, hat der Winkel rt einen verhältnismässig geringen Einfluss, weil 2 s nahe- hin gleich einem Rechten ist, und daher nahehin

sin (Se+di—y—d) sin (e-\-dt—y—t) = sin 2 (e -)-*,— y— $).

m

Wenn nun aber die Winkel ot o und rt klein sind, wie es bei beweglichen Flüssigkeiten mit den beiden ersten wenigstens der Fall ist, so ist der doppelte Winkel rechts nahehin gleich einem Hechten, und der Sinus eines solchen Winkels ist immer wenig von 1 unterschieden.

Somit verschwindet der Einfluss des Winkels n fast ganz aus dieser Gleichung, und man hat Gelegenheit aus ihr die innere Hei- bungsconstante ziemlich genau zu finden, selbst wenn der Werth •0 ungenau gefunden worden wäre, vorausgesetzt nur, dass r, klein bleibe.

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. (J40

Dagegen hängt der Werth von F, ab von den ziemlich kleinen Unterschieden der Schwingungsdauer. Nämlich wenn man die Luft- reibung vernachlässigt, und £ gleich 45° annimmt, ist

f = 3 £ VI __ ,

1 ' 8***4 m (31

fi Nun ist aber gleich dem Werthe von m*, welcher ohne

Wasserreibung eintreten würde, und der aus der Schwingungsdauer der leeren Kugel berechnet werden muss. Es haben hier Unter- schiede in den Hunderttheilen der Secunde bei Bestimmung der bei- den Schwingungsdauern schon einen sehr namhaften Einfluss auf die Grösse der Differenz, welche selbst nur wenige Zehntel beträgt, so dass F, und damit der Werth von yj ziemlich unsicher wird.

Nach diesen Vorbereitungen schreiten wir zur Autlösung der Gleichungen 9e. Wir finden zunächst

tang(3£ + ^ -V-S)=^. . . . J9'

können daraus die Sinus und Cosinus desselben Winkels, und des um 2s verminderten Winkels finden, und erhalten somit einen Werth J des Ausdruckes

j . . . iü,

C sin (e + dt d)

welche Gleichung nur noch k als Unbekannte enthält.

Wenn aR = - .s'me.R sehr gross ist, ist, wie wir gesehen in 9t* k

dt = d = 0, ct = ~ c,

k also

A- Vm = J sin e ,

woraus ein erster angenäherter Werth für k erhalten werden kann,

C der dann dazu dient, , o' und o zu berechnen, um dann durch

Gleichung 10 einen neuen genaueren Werth von k zu erhalten, und so fort, bis eine genügende Übereinstimmung erreicht ist. Zur loga- rithmischen Rechnung dient folgendes System von Formeln, wenn k' den ungenaueren, k" den genaueren Werth von k bezeichnet.

(550 Heimholt« und v. Piotrowski.

TT- sin tang o = -

1 T7- cos e

y m

tang (e -f 5, o) = \— >10«

3 sin <5 sin £ cos 5) sin2 (e + <5) '

sin e . sin3 + ^i «0

sin e . sin3 f^ -t *.. = J

Vm sin (e <J) sin + d)

Diese Formeln sind berechnet aus den Gleichungen 4d , 6 und 10 mit Berücksichtigung der in und 6^ eingeführten Bezeichnun- gen. Doch sind in Ad und 6 die mit e~xR multiplicirten Glieder weg- gelassen, da diese bei den beweglicheren Flüssigkeiten an der Peri- pherie der Kugel verschwindend klein werden. Hat man endlich einen Werth von k gefunden, der beim Durchrechnen der Gleichun- gen 10a kein davon verschiedenes ku mehr liefert, so erhält man X, den Gleitungscoefficienten, aus 6e

l = : *'S'""' . . . 'MO.

J sin (e -f- <^i 3 5j) sin (e + dt <J)

Der Winkel -n wird aus dem in 9^ bei der Berechnung von J gefundenen Winkel (3 s -f- d' vj o) hergeleitet.

Bei den beweglicheren Flüssigkeiten kommt man mit zwei- bis dreimaliger Durchrechnung der Gleichungen 10a zum Ziele. Je grös- ser aber der Reibungscoefficient k ist, desto weitläufiger wird die Rechnung. Für sehr steife Flüssigkeiten würde man auch nicht mehr

die mit e~r? multiplicirten Glieder im Werthe von tp und ver- nachlässigen dürfen. Dann würde es vortheilhafter sein, die nach Potenzen von p entwickelten Ausdrücke beider Grössen zu benutzen.

fr s-

Vergleichung mit älteren Versuchen.

Es ist von vielen Seiten die Ansicht aufgestellt worden, dass die äusserste Schicht der Flüssigkeit , welche zunächst die Gefäss- wand berührt, dieser fest und unbeweglich anhafte, d. h. dass unser Gleitungscoefficient X gleich Null zu setzen sei. Dass die Flüssigkeiten mit ziemlicher Kraft an benetzten festen Körpern haften, und von ihnen angezogen werden, lehren die Capillarerseheinungen, und die

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. 651

Schwierigkeit , mit der sich die dünne benetzende Schicht von dem Körper trennt, dem sie anhaftet. Aber bei den Bewegungen innerhalb eines Gefässes ist der Fall doch in so fern ein anderer, als die Wand fortdauernd gleichmässig mit Flüssigkeit benetzt bleibt, und durch die Bewegung die Flüssigkeit vom festen Körper nicht überhaupt getrennt wird, sondern stets neue Flüssigkeitstheile an die Stelle derer treten, welche sich von einem Flächenelemente der Wand trennen. Die Anziehungskraft der Wand auf die berührenden Flüs- sigkeitsschichten kann diese nicht verhindern längs der Wand hin- zufliesssen, eben so wenig, als die Anziehungskraft der Erde das Wasser hindert ihrer Oberfläche parallel zu fliessen. Um das Haf- ten der Wandschicht zu erklären, müsste man entweder annehmen, dass Flüssigkeitsatome sich oberflächlich zwischen die des festen Körpers einfügen, wie dies etwa bei Wänden aus aufquellenden thierischen Membranen der Fall sein könnte, oder dass die Reibung zwischen dem Wasser und den Wandtheilen unendlich gross sei, verglichen mit der im Innern der Flüssigkeit.

Schon ältere Versuche scheinen dafür zu sprechen, dass sowohl Fälle vorkommen, in denen A gleich Null ist, als solche, wo es von Null verschieden ist. Unter den von Piotrowski ausgeführten Ver- suchen spricht direct dafür der mit der innen versilberten Glasflasche, welcher zeigte, dass nach der Versilberung der Einfluss der Reibung auf die Schwingungen geringer war als vorher, wonach X für die Berührung von Wasser mit Silber einen grösseren Werth haben muss, als für die Berührung von Wasser mit Glas.

Dafür dass X bei der Berührung von Wasser mit glatten und gereinigten Glasflächen gleich Null sei, sprechen namentlich die Versuche von Poiseuille an gläsernen Capillarröhren. Wenn die Röhren lang genug sind, dass in dem grössten Theile derselben das Wasser sich nur der Axe der Röhre parallel fortbewegt, welche selbst der #-Axe parallel sein mag, können wir v = io = 0 setzen. Dann

folgt aus derGleichung 1„, dass -— - =o, d. h. dass u nach os con- stant, und nur von y und z abhängig sei.

Wir nehmen ferner an, dass die Geschwindigkeit des Stromes der Zeit nach constant sei, also auch = 0.

Ferner wenn auf die Flüssigkeit im Innern der Röhre keine äusseren Kräfte wirken , also P = 0 , folgt aus den zwei letzten der

65!£ Helm holt z und v. Piotrowski.

Gleichungen 1, dass = = 0, also p nur von <v abhängig sei,

dy dz l 6 &

nicht aber von y oder z. Darnach reducirt sich die erste Gleichung auf

-!£--*•[? + £] ••>>

Ist die Röhre ein Cylinder von kreisförmigem Querschnitt, dessen Axe mit der der x zusammenfällt, so wird die Bewegung rings um die Axe symmetrisch sein müssen, und wir können daher, wenn wir z^-j-y2=r3 setzen, u als eine Function von r allein betrachten, während p von r unabhängig ist. Es müssen also die Ausdrücke beider Seiten in Gleichung 11 sowohl von x als von r unabhängig sein, und wenn wir mit b eine Constante bezeichnen, können wir setzen:

±£_-«*.. . . .\n,

h dx

so wird Gleichung (1 1)

dzu 1 du

" ~Ät* ■" V ~dr

oder

d2u du d i du I

br = r 1 = I r 1

dr3 dr dr L dr J

1 , du brz + c = r

2 ' dr

i c tili

~ H ' "*" ~r~ ~dr

1 br* -f c log r -f C = u.

In dieser Integralgleichung tnuss c offenbar gleich Null sein, weil sonst u für r = 0 unendlich gross wird. Es wird also

h = C -j- br* . . . . f 11/,

Die Grenzbedingung für die oberflächlichste Wasserschicht wird nun, da die Geschwindigkeit U der Wand selbst gleich Null zu setzen ist, nach den Gleichungen 5 und 5t an der Oberfläche

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. 653

x = _ » i = k % u

dr A

Y = Z = 0,

also

du

' ~dV ~ ~ u

- XbR= C— - bR* 2 4

wenn wir den Radius der Röhre mit R bezeichnen , und nun den hier gefundenen Werth von C in 1U suhstituiren

u = ~YRz + 2^/2 r*\ . . . .\llc

Wenn wir die Wassermasse () bestimmen, welche in einer Secunde durch den Querschnitt der Röhre läuft, so ist

n Q = 2ttJi jurdr = ~ [r* + 4A/2s] . . . . j \\d

o

Aus der Gleichung 11« folgt weiter, wenn wir sie integriren und die Länge der Röhre mit L, den Druck am Anfang mit p0, den am Ende mit p, bezeichnen, dass

1 j Oo Pi) = &£*L.

Indem wir hieraus den Werth von b nehmen und in 11,? suh- stituiren, folgt:

Poiseuille1) gibt folgende Formel für Q, in der wir die Intensität der Schwere g— 9808 Millim. und das specifische Gewicht des Wassers bei 10° mit Ji0 bezeichnen:

g jjr<»-»>-» . . . .U

l) Memoires des savants etrangers. IX. p. 532.

654 Helmholtz und v. Piotiowski.

worin der Coefticient K als Function der Temperatur %, diese in Centesimalgraden ausgedrückt, folgenden Werth hat

K = 16 . 135-282 (1 -f 00336793 % +- 00002209936 %*) } 12,

Der Druck P ist bei ihm durch eine Wassersäule von 10°, deren Länge in Millimetern gemessen ist, ausgedrückt, daher wir hier setzen mussten

hgP= O Pi).

Wenn wir die theoretische Formel 12 mit der empirischen 12tt vergleichen, ergibt sich, dass für Poiseuille' s Versuche, in denen sich Wasser und Glas berührten, 1 = 0 gesetzt werden muss. Dann ist

n K

8k2 gh0

*._5* . .Uz.

wonach die Constante k~ in Einheiten, welche Quadratmillimeter dividirt durch Secunden sind, für jede Temperatur des destillirten Wassers folgendermassen in Ziffern ausgedrückt werden kann.

k% = Lü^ \n

1 +00336793 $ + 0-0002209936 ' ' j *

Girard *) hat mit etwas weiteren Röhren von Kupfer Versuche angestellt.

Die weiteste Röhre, für die Poiseuille sein Gesetz bestätigt hat, war von 0*65 Millim. Durchmesser und 383*8 Millim. Länge. Die engste, welche Girard gebraucht hat, war von 1-83 Millim. Durchmesser und bis 1790 Millim. Länge. Die Ausflussgeschwin- digkeit fand sich hier noch der Länge und dem Drucke proportional. Allerdings ist hier schon zu bezweifeln, ob Poiseuille's Gesetz an Glasröhren sich bis zu dieser Grenze streng erwiesen haben würde, aber gross würde die Abweichung immer noch nicht haben sein können, auch würde dieser Umstand die entgegengesetzte Ab- weichung haben herbeiführen müssen von der, die sich wirklich vorfindet

') Memoires de ('Institut 1813—1815. p. 249

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. 655

Es findet sieh nämlich in der Metallröhre die Geschwindigkeit merklich grösser, als sie nach Poiseuille's Formel in einer Glas- röhre hätte sein sollen.

Unter den Versuchen von Girard mit Glasröhren findet sich einer, wo die Dimensionen denen des engeren Metallrohres ziemlich ähnlich sind. Das Glasrohr hatte einen Durchmesser von 0767 Millim., eine Länge von 939 Millim. Bei dem Drucke einer Wasser- säule von 1824 Millim. und Temperatur geschah die Entleerung von einem Viertel Litre in 1036 Secunden.

Nach Poiseuille's Formel wären unter den angegebenen Umständen 976 Secunden nöthig gewesen. Die Differenz zwischen Beobachtung und Rechnung kann leicht durch einen Fehler von Millim. in Messung des Durchmessers der Röhre, oder durch Ellip- ticität derselben entstanden sein, oder sie rührt daher, dass die Röhre schon zu weit war, um sich dem Gesetze der Capillarröhren streng zu fügen. Jedenfalls ist für die Glasröhre die Differenz noch eine kleine.

Dagegen brauchte Litre Wasser bei 095, und einem Wasser-

druck von 100 Millim. nur 624*5 Secunden Zeit, um durch eine kupferne Röhre von 1*83 Millim. Durchmesser und 1790 Millim. Länge zu fliessen, während Poiseuille's Formel hier mehr als das Vierfache der Zeit, nämlich 2949-3 Secunden fordern würde. Für dieselbe kupferne Röhre fand Girard in einer Reihe von Versuchen das Product

?££ _ 2-8367,

(g die Intensität der Schwere, D der Durchmesser, H die Wasser- druckhöhe, L die Länge der Röhre, u die mittlere Geschwindigkeit, alles auf Millimeter reducirt). WTenn wir die Zahl 28367 mit e bezeichnen, wird in unseren Maassen ausgedrückt

e =

1LQ Dies mit Gleichung 7 verglichen, zeigt dass

e 4

Sitzb. d. mathein. -naturw. Cl. XL. Bd. Nr. 12. 45

ß56 Helmholtz und v. Fiotrowski.

Wenn wir aus Poiseuille's Versuchen den Werth von Je- entnehmen, erhalten wir für die kupferne Röhre / = 0-3984 Millim.

Bei der weiteren kupfernen Rühre von Girard von 296 Millim. Durchmesser wird die Anwendung von Poiseuille's Formel schon sehr bedenklich; dieselbe Rechnung durchgeführt gibt hier einen viel kleineren Werth von 1, nämlich 0-111 Millim. Diese Abweichung könnte davon herrühren, dass die Gesetze des linearen Fliessens hier nicht mehr passen. Dabei bürgt aber auch nichts für die gleiche Beschaffenheit der inneren Oberfläche beider Röhren. Vermuthlich waren dieselben in ihrem Innern mit einer Oxydschicht bedeckt, da es nicht möglich sein möchte, das Innere so enger Röhren, welche häufig mit Wasser in Berührung kommen , metallisch polirt zu erhalten.

Aus Piotrowski's Versuchen mit ungekochtem Wasser habe ich die beiden Coefficienten nach der angegebenen Methode berechnet und erhalten:

k = 11858

k = 2-3534 Millim.,

während sich für die Temperatur von 24-5°, welche die mittlere der Versuche war, aus Poiseuille's Bestimmungen ergibt

k = 0-95206.

Das Verhältniss des zweiten zum ersten Werthe von k ist wie 0-80456:1, also nahe wie 4:5. Dass die Constante A an der polirten Goldfläehe beträchtlich grösser ist, als an den vielleicht oxydirten Kupferflächen in Girard's Versuchen , erscheint nicht als unwahr- scheinlich. Auch benetzt in der That das Wasser die Goldfläehe nur schwer und unvollkommen. Die Phasendifferenz zwischen der Bewe- gung des Gefässes und der anliegenden Flüssigkeitsschicht beträgt bei diesen Versuchen 25° 15" oder 1-616 Secunden. Um übrigens deutlich zu machen, einen wie grossen Einfluss kleine Schwankun- gen der beobachteten Schwingungsdauer auf die gefundenen Werthe der Constanten in solchen Fällen haben, wo A verhältnissmässig gross ist, habe ich vorausgesetzt, dass die Schwingungsdauer der leeren Kugel T0, deren Beobachtungswerthe unter den benutzten Elemen- ten verhältnissmässig die grössten Schwankungen zeigen, unbekannt sei, bekannt aber ihr logarithmisches Decrement, und habe dann

Über Reibung tropfbarer Flüssigkeiten. 657

den Werth von k aus Poiseuille's Versuchen entnommen, und damit die Formeln rückwärts durchgerechnet, indem ich A und T0 zu bestimmen suchte. Es fand sich T0 = 24429 , während das Mittel der Beobachtungswerthe 24-509 beträgt, der kleinste unter den beobachteten Werthen aber 24-4010 noch unter dem berechneten Werthe liegt. Dabei wird die Phasendifferenz zwischen dem Gefässe und der äussersten Wasserschicht 12° 42' und X= 0-71545.

Wenn dagegen t) klein ist, hat seine Grösse und die Differenzen der Schwingungsdauer fast gar keinen Einfluss auf die Bestimmungen von k. Es ist schon vorher bemerkt, dass die in den Gleichungen 9" vorkommende Constante F/ hauptsächlich abhängt von den Differenzen der Schwingungsdauer, die andere Fn dagegen von den logarithrni- schen Decrementen. Nehmen wir F als unbekannt an, und bestimmen die Grösse /, welche zur Berechnung von k dient, aus Ftl so ist

k*Ct 2Fn

C sin (e -f «J, 5) cos[4e +2 (St y £)] cos2s

Nun ist in den Versuchen mit Wasser [4s -f 2oj 2o 180°]

34 = 13° 41' und der Cosinus dieses Winkels ist ungefähr gleich ^'

1 .

Dagegen ist cos 2s eine sehr kleine Grösse etwa j-p= und kann hier

vernachlässigt werden. Wenn nun 2vj von 0 bis 13°4t' wächst, so

34

steigt der erste Cosinus von auf 1 , und wenn 2r? weiter wächst

bis zur doppelten Grösse von 13° 41', so sinkt der Cosinus wieder

34 bis auf—. Erst von da ab verändert sich nun mit steigendem v; der So

Cosinus beträchtlicher, also wird auch in der Berechnung der Werth von /, und der diesem nahe proporlionale von k keine grösseren Veränderungen erleiden, so lange t) unter der Grösse von 13° 41' bleibt. Daraus geht hervor, dass die von Piotrowski ausgeführten Messungen für die leichter beweglichen Flüssigkeiten gute Werthe für k liefern werden, selbst wenn es nicht gelingen sollte, die Schwingungs- dauer viel genauer festzustellen, als bisher geschehen ist, sobald man sie anwendet , wo die Flüssigkeiten an den Gefässen fester anhaften. Unter den untersuchten Flüssigkeiten kommen zwei vor, für welche die Werthe von vj und 1 so klein sind, dass sie in die Beobach- tungsfehler fallen, und wobei vielleicht ein vollständiges Haften der Flüssigkeit an der Metallfläche stattfindet. Diese sind Alkohol und Äther. Die berechneten Werthe sind :

45 *

638 Heimholt/, und v. Piotrowski. Über tropfbare Flüssigkeiten.

... , . vH Schwefel-

Alkohol Äther kohlenstoff

Innerer Reibungscoeffieient k .... 1-375)4 059213 0-53401

Oberflächlicher Gleitungscoeffieient X . 0-1096 01243 0-4430 Phasenunterschied zwischen Oberfläche

der Flüssigkeit und dem Gelasse . . 37' T 13° 39' 10"

Temperatur 24905 2196 21985

Dass der Alkohol, namentlich der nicht ganz wasserfreie, schwe- rer fliesst als Wasser, also einen grösseren inneren Reibungscoeffi- cienten haben muss, ergibt sich schon aus den Versuchen von Poi- seuille. Der Äther und Schwefelkohlenstoff dagegen zeigen ihrer Leichtbeweglichkeit entsprechend einen viel kleineren Werth von k. Das Haften des Alkohols und Äthers an den Metallflächen zeigt sich entsprechend bei den gewöhnlichen Benetzungserscheinungen, sie verhalten sich darin anders als das Wasser, welches an der Gold- fläche schwer haftet.

Bei den übrigen wässerigen Flüssigkeiten zeigt dieVergleichung der von Piotrowski berechneten Winkel 3, wenn man sie mit den Verhältnissen beim Wasser und Alkohol vergleicht, dass eine ziem- lich bedeutende Gleitung stattfand. Ich habe es desshalb unterlassen, die ziemlich mühsame Rechnung für sie durchzuführen, weil den Resultaten doch keine grosse Genauigkeit beizulegen war.

So bestätigt sich durch die hier vorliegenden Versuche , dass die chemische Beschaffenheit der Wand auf die Bewegung der Flüs- sigkeiten nicht in allen Fällen einflusslos ist. Was den Zahlenwerth der Reibungsconstante betrifft, so widersprechen sie wenigstens nicht dene-n von Poiseuille, und es scheinen die Redingungen gefunden zu sein, welche künftig erfüllt werden müssen, um auf dem eingeschlagenen Wege eine strenge Übereinstimmung der Theorie mit den Thatsachen nachweisen zu können.

Verzeichnis*, der eingegangenen Druckschriften. töh«)

VERZEICHNIS

DER

EINGEGANGENEN DRÜCKSCHRIFTEN.

(XL. Band.)

Academie Imp. de Medecine. Tom. XXII. et XXIII. Paris, 1858

und 1859; 4<>- Aeademy of science of St. Louis. Transactions. Vol. I, Nr. 3.

St. Louis, 1859; 8«-

of natural sciences of P h i 1 adelp h i a. Journal. Vol. IV. p. 2. 1859; 4°- Proceedings. 1859, January September. Philadelphia, 1860; 8«-

Accademia Pontificia de' nuovi Lincei. Atti, Anno XII, sess. 4, 6. Roma, 1859; 4°-

Akademie der Wissenschaften, Königl. Preussische. Abhandlun- gen. Zweiter Supplementband zu 1854, und Jahrgang 1858. 1859; 4°- Monatsbericht, Dec. 1859; Jan. 1860; Berlin, 8°-

kaiserliche Leopoldinisch- Carolinische deutsche, der Naturfor- scher. Verhandlungen, Bd. XXVII mit 47 Tafeln. Jena, 1860; 4»-

der Wissenschaften, kön., zu Stockholm. Öfversigt af kongl. Vetenskaps-Akademiens Förhandlingar. Femlonde Argängen. 1858; 80- Berättelse om framstegen i Fysik under ar 1853. Afgifven tili k. V. A. af E. Edlund. 1859; 8°- Berättelse om framstegen i Insekternas, Myriapodernas och Arachnidernas Naturalhistoria för 1855 och 1856 tili k. V. A. afgifven af C. H. Boheman. 1859; 80, Kongliga Svenska fregatten Eugenies resa omkring jorden under befäl af C. A. Virgin aren 1851 1853. Zoologi, III. 1859; 4°-

Annalen der Chemie und Pharmacie, red. von F. Wohl er, J. Lieb ig und H. Kopp. N. F. Band XXXVII, Heft 2 und 3. Leipzig und Heidelberg, 1860; 8°-

('){»() Verzeichniss

Annales des Mines, redigees par les ingenieurs des mines et

publiees sous Kauterisation du ministre des trauvaux publics.

Cinquieme serie. Tome XIV. livr. 5 et 6; tome XV, livr. 1, 2.

Paris, 1858; 8°- Archiv der Mathematik und Physik, herausgegeben von J. A. Gru-

nert. Band XXXIV, Heft 1. Greifswalde, 1859; 8«- Astronomical Journal, The, edited by B. A. Gould. Nr. 130.

Vol. VI, Nr. 10. Cambridge, 1859; 4<>- Astronomische Nachrichten, von Dr. CA. F. Peters. Nr. 1235

1249. Altona, 1860; 4°- Association, American, for the advancement of science. Procee-

dings. Vol. XII, 1858. Cambridge, 1859; 8°- Au stria, red. von Dr. G. Höfken. XII. Jahrg., Heft 13—18.

Wien, 1860; 8°- Bau zeitung, Allgemeine, red. von Prof. Chr. F. L. Förster.

Jahrgang XXV, Heft 2, sammt Atlas; Fol. und 4°- Beneden, B. J. van, Iconographie des Helminthes ou des vers

parasites de l'homme. Louvain, 1859; Fol. Beobachtungen, magnetische und meteorologische, zu Prag, redi-

girt von Dr. J. G. Böhm und F. Karlinski. Zwanzigster

Jahrgang. Vom 1. Janner bis 31. December 1859. Prag,

1860; 4«- Bericht, neunzehnter, über das Museum Francisco -Carolinum.

Linz, 1859; 8°- Bei* ran de, Depot organique dans les loges aeriennes desOrthoceres.

(Extr. du Bull, de la soc. geol. de France, 2e serie, t. XVI, 1859.) Bosquet, J., Monographie des Brachiopodes fossiles du terrain

cretace superieur du duche de Limbourg. Premiere partie:

Craniadae et Terebratulidae (subfamilia Thecidiidae). (Extrait

du troisieme volume des Memoires pour servir a la description

geologique de la Neerlande.) Haarlem, 1859; 4°- Christiania, Universität. Akademische Gelegenheitsschriften für

das Jahr 1859. Cosmos. Tome XIV, 1859, 1er semestre. Table alphabetique par

noms d'auteurs. IX,ne annee, XVIme vol., 7",e 15mc livr.

Paris, 1860; 8»- Erlangen, Universität. Akademische Gelegenheitsschriften für das

Jahr 1859.

der eingegangenen Druckschriften. 6()1

Explorati o ns and survey für a railroad route from the Mississippi river to the pacific ocean. Vol. X. Washington, 1859; 4°*

Forchhammer, G., Om sövandets hestanddele og deres fordeling i havet. Kjobenhavn, 1859; 4°-

Fort seh ritte der Physik im Jahre 1857. Jahrgang XIII, red. von Dr. A. Kronig und Dr. 0. Hagen. Zweite Abtheilnng. Berlin, 1859; 8°-

Fuchs, Alb., Dr. Jos. Grai lieh. Nekrolog. Pressburg, 1860; 8°- (Separatabdruck aus den Verhandlungen des Vereins für Natur- kunde zu Pressburg. IV. Jahrg.)

Gazette medicale d'Orient. IIIme annee, No. 11, 12. IV,ne annee, Nr. 1. Constantinople, 1860; 4°-

Gemmella ro, Carlo, La Vulcanologia dell' Etna che comprende la topografia, la geologia, la storia delle sue eruzioni , non che la descrizione e lo esame de' fenomeni vulcanici. Catania, 1858; 40-

Geological Survey of India, The. Memoirs. Vol. II, part 1. Cal- cutta, 1859; 4°-

Geologische Reichsanstalt, k. k. Jahrbuch, X. Jahrgang, Nr. 3. 1859; 8°- —Sitzung am 31. Jänner und 27. März 1860; 8°-

Gesellschaft, königl. baier. botanische, zu Regensburg. Flora, oder allgemeine botanische Zeitung; red. von Dr. A. E. Fürn- rohr. Regensburg, 1859; 8°* Denkschriften, Band IV, Abth. 1 ; 4"-

k. k. mährisch -schlesische zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde in Brunn. Mittheilungen. Interim. Hauptredacteur H. Weber. Jahrgang 1859; 4°-

Senkenbergische naturforschende. Abhandlungen. Band III, Lief. 1. Frankfurt a. M., 1859; 4«-

Zoologische, in Frankfurt a. M. Der zoologische Garten, her- ausgegeben von Dr. D. F. Weinland. I. Jahrgang, Heft 1 6. Frankfurt a. M., 1860; 8»-

Gott lieb, Dr. J., Lehrbuch der pharmaceutischen Chemie. Band I, 2; II, 1. und 2. Hälfte. Berlin, 1857; 8<>-

Greifs wald, Universität. Akademische Gelegenheitsschriften für das Jahr 1859.

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Daten der ersten Bltitlie mehrerer Pflanzen an den günstigsten Standorten.

( tesammeH an den phänologischen Stationen des österreichischen Kaiserreiches im Laufe des Jahres L858.

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