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OF
COMPARATIYE ZOÖLOGY,
AT nARYAßü COllEGE. CAMBRIDGE. mIsS.
jyoiintJcXi bi) prftote sutscrfpiion, fn 1861.
From the Library of LOUIS AGASSIZ.
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SITZUNGSBERICHTE
nKR KAISF.RMOHKN
ÜKiDGIllE DER WISSEICIIUFTEI.
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
SIEBEN UND FÜNFZIGSTER BAND.
WIEN.
AUS DEK K. K. HOF- UND STAATSÜBUCKEKEI.
IN COMMISSION BEI KARL RF.nOLD'S SÜHN, BUCHHÄNDLER l>KR KAIS. AKADEMIE
DER WISSENSCHAFTEN.
1868.
SITZÜ^GSBEKICIITE
»EM
MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTLICHEN
CLASSE
DKR kaisp:ri.ichkn
AKADKMIE DER WISSENSCH AKTKN.
IVII. «AND. I. ABTHEllllM.
Jahrgang 1S68. — Heft I bis A^.
'^(Mi\ 56 Cafflit nnb rinrm 1|oljSttinittt.)
AUS DKI! K. K. II<»H- UNO STAATSlHilJCKEREI.
IN COMMISSION BEI KARL GKROLD'S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE
DKR WISSENSCHAFTEN.
INHALT.
Seite
I. !>)i(y.uiig; vom 9. Jiiiiner 1868: Ubersitlit 3
Butte, Über die Rolle der Veränderungen des unorganischen
Festen im großen Maßstäbe in der Natur 8
Verson, Zur Insertionsweise der Muskelfasern. (Mit 1 Tafel.) 63
Klein, Über diis Kpithel der Schleimhaut und die Ausführungs-
gänge der Drüsen des weichen Gaumens und der Uvula
des Menschen 67
II. Sitzung vom 16. Jänner 1868: Übersicht 70
Feters, Zur Kenntniß der Wirbelthiere aus den Miocensciiich-
ten von Eibisw:ild in Steiermark. I. Die Schildkröten-
reste. (Auszug.) 72
Fleischt, Über den Bau der sogenannten Schilddrüse des
Frosches. (Mit IT^fel.) 75
Reiiss , Paläontologische Beiträge. (Zweite .Fol^-i-.) (Mit 3
Tafeln.) 79
m. Silzuug vom 23. Jänner 1868: Übersieht; HO
Baue, Werden der Menschheit immer, wie jetzt. Mineral-
schäfze zu Gebote stehen? 112
Fitiiiiger , Kritische Untersuchungen über die der natürlichen
Familie der Spitzmäuse (Soricesj ungehörigen Arten.
(I. Abtheilung.) '. 121
Sffiloe/iback , Über die norddeutschen Galeriten-Scbichten
und ihre Brachiopoden-Fanna. (Mit 3 lithogr. Tafeln
und einem Holzschnitte.) 181
If. SitKiing vom 6. Februar 1868: Übersicht 227
Suess . Über die Äquivalente des Rothliegenden in den Süd-
alpen. (Mit 2 lithographirten Tafein.) 230
Kner, Über Concliopoina gadifurme nov. gen. et spec. und
Acaitthodes aus dem Rotiiliegenden (der untern Dyas)
von Let)ach bei Saarbriieken in Rlieinpieussen. (.Mit
8 litliographirlen Tafeln.) .... 278
W Sitzung vom 13. Februar ISGS: Üb.Msieht 301»
Li'ilgel) , Beiträge -/.m- Kniu irklungsgcseliiclili itcr l'li;ihzen-
orgaiie. (Mit ^Tafeln.) 308
VI
VI. Shzung vom 20. Februar 1868: Übersicht 343
VII. Nitziin^ vom i2. Miirz 1868: Übersicht 347
Steindachner , Ichtliyologischer Bericht über eine nach Spa-
nien und Porfuuiil unternommene Reise (V. Forts.)
(Mit 6 Tafeln.) 351
Fitzinger, Kritische lJntersuchunp;en über die der natürlichen
Familie der Spitzmäuse (Sorices) aiif(eiiörii,'en Arten.
(II. Abthoilunsr.) 425
Hüttcnhrfnnrr . Untcrsuchunijen iilier die Binnenmuskcin des
Auges 515
Steindachner . Über eine neue Hj/lor an a- Art von C;ip-York in
Australien. {Mit 1 Tafel.) 532
Laube, Die Fauna der Schichten von St. Cassian. (Auszug.) . 537
VIII. Sitzung vom 19. März 1868: Übersicht 544
IX. Sitzung vom 26. März 1868: Übersicht 548
X. Sitzung vom 16. April 1868: Übersieht . 553
Baue , Über die jetzige Theilnng der wissenschaftlichen Ar-
beit, so wie über Granit und Metamorphismus-Theorien 557
Fitzinger, Kritische Untersuchungen über die der natürlichen
Familie der Spitzmäuse (Sorices) angehörigen Arten.
(III. Abtheilung.) 583
Peters u. Maly , Über den Staurolith von St. Radegund, (Mit
1 Tafel.) 646
Laube , Die Fauna der Schichten von St. Cassian. IV. Ahtheil.
Gastropoden II. Hälfte. (Auszug.) 661
Steindachner, Ichthyologischer Bericht über eine nach Spa-
. nien und Portugal unternommene Reise. (wSechste Fort-
setzung. (Mit 6 T;ifein.) 667
V. Zepharovich , Mineralogische Mittheilungen. (III.) . . . . 740
XI. Sitzung vom 23. April 1868: Übersicht 753
Peters, Zur Kennlniß der Wirbelthiere aus den Miocenschich-
ten von Eibiswald in Steiermark. II. (Auszug.) . . . 756
XII. Sitzung vom 30. April 1868: Übersicht 760
Suess , Über die Äquivalente des Rothliegenden in den Süd-
alpen. (Schluß.) (Mit I.Tafel.) 763
EltingshauHcn, C. Frh. v., Die fossile Flora d( r älteren Braun-
kohlei>rorm:iti..n der Wetterau. (Mit 5 Tafeln.) ... .807
Poscpny , Über conccntrisch-schalige Mineralbildungen. (Mit
2 Tafeln.) 894
liiibnaff, Bei'riiu'e zur Konntniß der Struclur des Knorpels.
(Mit 1 Tafel.) 012
VII
Seite
XIII. Sitzung vom 14. Mai 1868: Übersicht . . • 919
V. Winiwarfer, Zur Anatomie des Ovariums der SSugethiere.
(Mit 1 Tafel.) 922
UUik, Mineral-chemische Untersuchungen 929
XIV. Sitzung vom 22. Mai 1868: Ül)ersicht 948
Yotmg , Zur Anatomie der ödematösen Haut. (Mit 1 Tafel.) . 951
Woronichin , Zur Anatomie der indurativen Pneumonie. (.Mit
1 Tafel.) 958
Steindachner, Ichthyologische Notizen (VII). (Mit 5 Tafeln.) 965
Reitz, Beiträge zur Kenntiiiß des Baues der Placenta des
Weibes. (Mit 1 Tafel.) 1009
Fitzinger , Geschichte des kais. kön. Hof-Naturalien-Cabinetes
zu Wien. (II. Abtheilung.) 1013
Verson, Beitrüge zur Kenntniß des Kehlkopfes und der Tra-
chea. (Mit 1 Tafel.) 1093
Gussenbauer , Über die Muskulatur der Atrioventricularklap-
pen des Menschenherzens 1103
Klein, Über die Vertheilung der Muskeln des Oesophagus.
(Mit 1 Tafel.) Uli
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISRHLK HEN AKADEMIE DER WISSENSriIAFTEN.
MATHEMATISCH -NATUIIWISSENSCHAFTLICHK CLASSE.
LYii. um,
ERSTE ABTHEILÜNG.
1.
Enthält die Abliandlung-en aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik,
Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie.
Sitzb. (1. muthem.-iiiiluiw. Cl. LVII. Bd. 1. Ahth.
I. SITZUNG VOM 9. JÄNNER 18G8.
Se. Excellenz der k. li. Minister des Innern, Herr Dr. Giskra,
eröffnet der Akademie, mit Zusclirift vom 2. Jänner I. J., daß er das
ihm von Sr. k. k. apostol. Majestät allcrgnädigst übertragene Amt
am 1. Jänner d. J. angetreten liabe, und versichert die k. Akademie
der Wissenschaften der kräftigsten Förderung ilirer Interessen.
Ferner richtet der k. k. Minister Herr Dr. Berger eine Zuschrift
ähnlichen Inhaltes dto. o. Jänner an die Akademie.
Das c. M. Herr Prof. Dr. E. Mach in Prag übersendet eine
vierte Abhandlung „über den physiologischen Effect räumlich ver-
theilter Lichtreize" nebst einer stereoskopischen Durchsicht der
Wellenlängen eines zweiaxigen Krystalies.
Herr W. Schi emulier, k. k. Lieutenant inOlmütz, über-
mittelt eine Abhandlung: „Einfluß der Sonne auf die Wärme der
Erdoberfläche".
Die Redaction der „Zeitschrift für exacte Philosophie" zu Halle
und Leipzig übersendet eine Preisaufgabe aus dem Gebiete der
Astronomie, Geologie und Biologie.
Herr Prof. Dr. E. Brücke überreicht eine Abhandlung: „Über
das Aufsuchen von Ammoniak in thierischen Flüssigkeiten und über
das Verhalten desselben in einigen seiner Verbindungen".
Herr Dr. A. Boue macht eine Mittheilung über das Vorhanden-
sein von Belemniten in der Gosauformation, über den Werth der
chronologisch-bibliographischen Aufzählungen in den physikalisch-
natnrhistorischen Wissenschaften und über die Herstellung einer
Eisenbahn von Belgrad nach Salonik.
Derselbe bespricht ferner den Inhalt seiner Abhandlung „über
die Rolle der Veränderungen des unorganischen Festen im großen
Maßstabe in der Natur."
Herr J. Prang hofer, Assistent der höheren Mathematik am
Wiener k. k. Pol\ technicum , legt eine Abhandlung: „Beiträge zu
einer Aberscheii Gleicluiiif; uml zu eiiiein Satze von Parseval"
vor.
Herr Dr. S. Stricker legt folgende drei Abliandlungen vor;
1. „l l)er die passiven Wanderungen von Zinnoherkörnelien
durch den thierisclien Organismus" von Herrn Dr. W. Keitz aus
St. Petersburg;
2. „Über das Epiliiel der Schleindiaut und die Ausfübrungs-
gänge der Drüsen des weichen Gaumens und der Uvula des IMenschen"
von Herrn Em. Klein;
3. ,,Zur insertionsweise der Muskellasern" von Herrn Med.
Cand. Enrico Verson aus Padua.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Academie Imperiale de Medecine : Memoires. Tome XXVII,
r" Partie ; Tome XXVHI, l'" Partie. Paris, I860 &r 1867: 4o.
— Bulletin. Tome XXX. Paris, 1864—1860; 8«.
— — des Sciences, Belles-Leltres et Arts de Lyon: Memoires.
Classe des Sciences. Tome XV*. Lyon et Paris, 186Ö — 66; 4».
Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss. , zu Berlin:
Monatsbericht. August 1867. Berlin; 8".
American Journal of Science and Arts. V^ol. XLiV , Nrs. 130 —
132. New Haven, 1867; 8».
Annalen der Chemie von Wohl er. Liebig & Kopp. N. R.
Band LXVIII, Heft 2; V. Supplementband, 2. Heft. Leipzig &-
Heidelberg, 1867: 8.
Annales des mines. VI* Serie. Tome XI, 2". Livraison de 1867.
Paris; 8»
Apotheker-Verein, allgem. österr. : Zeitschrift, ö. Jahrg. Nr. 24;
6. Jahrgang, Nr. 1. Wien, 1867 & 1868; 80.
Astronomische Nachrichten. Nr. 1671 — 1672. Altona, 1867 &
1868; 40.
Bericht des akademischen Lesevereins zu Prag, 1866 — 67. Prag,
1867; 80.
Biblio theque Universelle et Revue Suisse: Archives des sciences
physiques et naturelles. N. P. Turne XXX", Nr. 118—111).
Geneve, Lausanne, Neucliatel, 1867; 8".
Carte geologique de la Neerhiiide. (17 Feuilles) in Folio.
Comptes rendiis des seanoes de l'Academie des Seienees. Tome
I.XV, Nr. 23—26. Paris, 18G7; 4«.
Cos mos. 'S" Serie. XVP Aiinee, Tome I, 11* — 13" Livraisons;
XVirAnnee, Tome II, 1" Livraison. Paris, 1867 & 1868; 8o.
(ieii ootscha p, Bataviaasch, van Künsten en Wetenschappen :
Verhandelingeii. Decl XXXII. Batavia, 1866; 4«. — Tijdselii-ift
voor Indisclie Taal-, Land- en Volkenkunde. Deel XIV, Aflev.
n 6: d: Deel XV, Aflev. 1—6; Deel XVI, Aflev. 1. Batavia &
■s Hage, 1864, 1865 cV 1866: 8«. — Notnlen. Deel II, Allev.
1_4; Deel III, Aflev. 1—2; Deel IV, Aflev. 1. Batavia, 1864.
186Ö& 1866 : 8o. — Calalogus der Bibliotheek. Batavia, 's Hage,
1864; 8o.
Gerding, Th., Geschichte der Chemie. Leipzig, 1867; 80.
Gesellschaft, österr., für Meteorologie: Zeitschrift. II. Band,
Nr. 13—24. Wien, 1867; 8».
— allgem. Schw rizerische, für die gesammten Naturwissenschaf-
ten: Nene Denkschriften. Band XXII. Zürich, 1867; 4». —
Actes. SO* Session. 1866. Neuchatel; 8».
— natnrforsehende, in Bern: Mittheilungen aus dem Jahre 1866.
Bern, 1867; S*».
Gewerbe - Verein, n. - ö. : Verhandlungen und Mittheilungen.
XXVIII. Jahrg., Nr. 30—32; XXIX. Jahrg., Nr. I. Wien,
1867 & 1668; 80.
Giessen. Universität: Akademische Gelegenheitsschriften. 1861) —
1867; 40 & 80.
Grunert, Joh. Aug., Archiv der Mathematik u. Physik. XLVII. Theil,
3. Heft. Greifswald, 1867: 80.
Haast, Julius, Beport on tlie Headwaters of the Biver Bikaia.
Christchnrch, 1867; kl. Folio.
H e I s i n g f 0 rs , Universität : Akademische Gelegenheitsschriften.
1865 & 1866; 4« & 80.
Hörn es, Moriz, Die fossilen Mollusken des Tertiärbeckeiis von
Wien. H. Band, Nr. 7 & 8. Wien, 1867; 4o.
Institut National Genevois: Memoires. Tome XI*. 1866. Gcneve,
1867; 40. — Bulletin, 1866. Nr. 30 — 31. 8".
Ist ituto, B., Veneto, diScience, Lettere edArti: Memoire. \\)l.\lll.
Parte 3. Venezia, 1867; 4«. — Atti. Tomo XU, Serie 111',
Disp. 10". Venezia, 1866—67; 8".
6
Islituto, R. , tecnico di Piilermo: Gionutlc ili Soienze naliirali ed
economiclie. Anno 1867, Vol. III. Fase. 1 — 3. Palermo; 4«.
.lahrltueh, Berliner Aslroiioniiselies liir 1870. Berlin, 1808; 8».
Jali res l»e rieh t ül)er die Fortseliri(l<' der Cltenüe von II. Will.
Für 1860. 2. Heft. Gießen, 1867; 8".
Land- und l'orshvirthschaftliche Zeitung. 17. Jahrg. Nr. 50 — -52.
Wien, 1807; 4".
Marburg, Universität: Akadeniisclie Gelegenlieitsschriften. 1866 —
1867; 4«> c^- 8«.
Mittheilungen des k. k, Genie-Coniite. Jahrgang 1867, 9. &
10. lieft. Wien; 8o.
Moniteur scientitique. 264'' Livraison. Tome IX*", Annee 1867.
Paris; 4o.
Museo puhlico de Buenos Aires: Anales. Entrcga 2''\ Buenos Aires,
1867; 4o.
Reiehsl'orst verein, ("sterr. : Monalssehrifl für Forstwesen. XVIi.
Band, Jahrg. 1867, Seplemlier- & Oeloher-Ilelt. Wien; 8".
Bevne des cours seienliji(jnes et litteraires de la France et de
l'etranger. V*' Annee, Nr, 2— ,S. Paris tK; Briixelies, 1867 —
1868; 4«.
Societe Liniieenne du Nord ile la France: Mi-moires. Annee 1866.
Amiens, 1867; 8o.
— litteraire, scienlifique et artistique d'Apt: Annales. III'" Annee.
i 865— 1866. Apt, 1867; 8.
— Imperiale de Medecine de Constanlinople: Gazette medieale
dOricnl. \l'' Annee, Nr. li — 6. Conslantinopie, 1867: 4".
— Linneenne de Lyon: Annales. Anni'e 180<). N. S. Tome XIV*".
Paris, 1867; 4«'.
— des Sciences physiques et naliu-elles etc. de Lyon: Annales.
IIP' Serie. Tomes IX & X. 186Ö cV 1866. Lyon & Paris; 4".
— Imperiale des Naturalistes de Moscau: Bulletin. Tome XL,
Annee 1867, Nr. 2. Moscou; 8o.
Society, The Chemical: Journal. Series 2, Vol. V. July— Sep-
tember, 1867. London; 8».
— The Anthropologieal, of London: The Anthropological Review.
Nrs. 18—19. London, 1867; 8o. — List of Fellovvs. 1867;
8". — Catalogue of Bocks. 1867; 8''.
Society, The Linnean, of London: Transactions. Vol. XXV, Part 3.
London, 1866; 4". — General Index to the Transactions.
Vols. I to XXV. London, 1867; 4«. — Journal. Botany:
Vol. IX, Nrs. 38—39; Zoology: Vol. IX, Nrs. 34—35. London,
1866—1867; 8«. — List. 1866; 8».
— The Natural Ilistory, of Dublin: Proceedings for the Session
1864—65. Vol. IV. Part. 3. Dublin, 1865; 8o.
Upsala, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften. 1866 «fc
1867; 8o, 4o und Folio.
Verein für Natur^^ issenschaften zu Hermannstadt: Verhandlungen
und Mittheilungen. XVIII. Jahrgang. Nr. 1—6. Hermannstadt,
1867: 8o.
Wiener medizin. Wochenschrift. XVII. Jahrg. Nr. 100—104.
XVIII. Jahrg. Nr. 1—3. Wien, 1867 & 1868; 4o.
Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft.
XVI. Jahrg. Nr. 26. Grazt, 1867; 4o.
Zeitschrift für Chemie von Beilstein, Fittig und Hübner.
X. Jahrg. Nr. 21—22; XI. Jahrg. Nr. 1, Leipzig, 1867 &
1868; 8o.
über die Rolle der Verändertingen des im organischen Festen
im großen Maßslabe in der Natur.
Von dem w. M. Dr. A. Bou6.
Das unorganische Feste unserer Erde ist im beständigen Kampfe
um ihr Verldeiben wie es ist, oder mit andern Worten es ist
immerwährenden Veränderungen ausgesetzt. Letztere werden durch
mechanische oder chemische Wirkungen hervorgerufen. Unter
den erstem stehen oben an die Resultate der Bewegungen des
Flüssigen, mag nun letzteres gasartig wie der atmosphärische Wind
oder wässerig wie die Meeresfluthen , die laufenden sowohl als
die in die Erde infiltrirten W^ässer. oder selbst ein durch Kälte
starr gewordenes Wasser sein. Die anderen mechanischen Umände-
rungen des Unorganischen werden nur durch innere Kräfte, wie
Erschütterungen, Rutschungen. Spaltungen, Reibungen, Umstürzun-
gen und Einstürzungen hervorgebrachl, indem im Erdballe selbst un-
sichtbare Mächte die innere Structur der Erde und ihre verschiedenen
Bestandtheile beniitzt zur Hervorbringung der vulkanischen Phäno-
mene so wie auf diese Weise zu derjenigen großer Umänderungen
an der Erdoberfläche. Welche Kralle alles dieses verursacht, bleibt
uns einstweilen verborgen und erlaubt nur Muthmaßungen , bis die
Zukunft uns einnv.il den wahrscheinlicji rythmischen Causal-Verband
der erwähnten Erscheinungen mit den uns bis jetzt bekannten
Kräften so wie mit den astronomischen Eigenlhümlichkeiten unseres
Erdballes erschließt.
Die chemischen Wirkungen sind erstens die bekannten
durch die atmosphärische Luft oder ihre Bestandtheile iiervorge-
brachten Veränderungen im Unorganischen, dann die Auflösungskraft
der reinen so wie der Mineralwässer, weif er die Umwandlungen,
M't'lche durch gegenseitige Affinität der Elementarkörper durch
katalytische Kraft, durch Dissociafion (siehe Fournel Acad. de
Lyon l8Gy 24. Jänn.) oder auf elektrischem Wege zu Stande kom-
über die Rdlle der Veriin(lprun"en des unorj^-anisclien Festen etc.
9
men. Indessen nacli Umständen modifieirt oder liefitrdert diese Ver-
änderungen der wichd'ge Naturfactor der Fllektricität iiiid der
Magnetismus so wie ihre Verbindung in ihrem polymoridiiselien
Standpunkte.
Üher die nieelianiselien Umänderungen des Unorganisclien be-
sitzen Mir schon sehr viele Thatsachen, welche täglich an Genauig-
keit gewinnen. Seit den letzten 40 Jahren haben sicli besonders
unsere Kenntnisse über das sogenannte All u vial -Geh ie t oder
die Hauptproducte der Zerstörung und Wegl'ührung der Meeres-
fluthen so wie der lautenden Wässer, sehr erweitert. An die Stelle
der zwei ehemals angenommenen großen Abtheiluiigen in der
Zeit ist nicht nur eine große Zahl getreten, sondern man hat noch
Beweise genug gefunden, um für gewisse Gegenden oder eigene
Becken höchst wissenschal'tlich gegründete Zergliederungen vorzu-
schlagen, dessen hervorbringende Ursachen man aucli entdeckt hat.
Unter andern hat die wunderhare Erkenntniß eines ziemlich kalten
Zeitraumes während der Alluvialzeit, wenigstens in der gemässigten
Nordzone, zu diesen neuen Eroberungen in der Geologie der obersten
Erdhülle, theilweise viel beigetragen. Da das erratische Phänomen
in Südamerika auf der südwestlichen Küsle und selbst inNeu-Seeland
bekannt wurde, so ist es möglich, daß es daselbst auch eine Alluvial-
Eiszeit einmal gab.
Die Winde, diese fiir den IMenschenverkehr so wichtigen
atmosphärischen Bewegungen, sind eigentlich nur gründlich in
unsern Zeiten beobachtet und ihre innige Verbindung mit Tempe-
ratur sowohl in der Entstehung als ihren Riciitungen nacli bewiesen
worden (siehe Dove, IMaury u. s. w. Abb.). Die sogenannten
Cyklonen oder Wirbelwinde haben manches Meteorologische aufge-
klärt. (Siebe Espy, Piddington, Redfield, Poey, Loomis,
Dove u. s. w.). Unter den Windwirkungen auf das Unorganische
sind uns die Dünenbildungen viel besser bekannt geworden, jene
Sandhaufen, welche selbst als förmliche Hügel am französischen Ufer
des biskaysclien IMeerbusei.s erschienen. Das Merkwürdigste aber ist,
daß die Winde die Übertragung von sandigen unorganischen sammt
zahlreichen organischen Wesen von einem Continente zum andern und
selbst von einem Welttheil in den andern vermitteln. (S. Ehren-
berg's Schriften). Die Herren >'irlet und H. de Saussure haben
Iiie und da in Mexico die Bemerkung gemacht, vie sehr der Staulf,
10 B 0 u e
bosoiulers bei Wirbclwiiideii. zur llervorbringiing des Ackerbodens
beiträgt. (Bull. Soc. geol. Fr. 1857. B. 15, S. 129. Coup d'ocil. sur
r Hydrologie duMexique 1864, S. 65.) Diese Tbatsacbc findet überall,
l)esoiulers aber auf felsigem Boden oder auf Rollsteinablageriingen
seine Bestätigung.
Über die Infiltration des Wassers im Erdboden baben
uns sowobl Biscbof (Cbem. pliysik. Geologie 1847. B. 1, S. 233)
als Daubree (C. R. Ac. d. Sc. P. 1861. B. 52) genugsam Auf-
scbluß gegeben. Da aber das Wasser immer atmosphärische Luft
also auch Kohlensäure mit sich führt, so steigert sich ihre Autlösungs-
kraft. Die Infiltrationen dieses Flüssigen sind Capillariläls- und cndos-
mosische Phänomene unter dem Luftdrucke, durch welche das
Wasser selbst in die härtesten Felsarten eindringt und wohl bis zu
den Tiefen gelangen kann, wo der Druck der Dilatationskraft wegen
der Erdhitze nacligibt (Beruh. Studer"s Geologie 1864, B. 2,
S. 41); das Wasser muß dann verdampfen und natürlicherweise
unter dieser Form viel zu den Erderschütterungen und selbst zu den
Vidcanischen Katastrophen beitragen können. In allen Fällen müssen
diese unterirdischen Wässer sowohl das nur tropfbare als das wirk-
lich fließende Medium manche chemische Zergliederungen so wie
Reactionen unter den Erzen wie unter den erdigen Mineralien be-
fördern, was Fournet (Soc. philomat. Paris 1843. S. 120), De la
Neue (dito 1854 24. Juni), Ebelmen (ITiistitut 1851. S. 409),
H. Rose (Pogg. Ann. 1852, B. 86, S. 49, 87 u. 470) u. s. w. aus-
führlich besprachen.
Was die Erschütterungen unseres Erdballes betrifl't,
haben wir in den Herren Perrey und Maltet die wahren Chroniker
für Erdbeben erhalten, indem alle andern alte und neuere dynamische
Bewegungen des Erdbodens viel sorgfältiger als vor 40 Jahren beob-
achtet und selbst in einen theoretischen Verband gebracht wurden i).
Seitdem haben in der physikalischen Geographie, die Unterschiede
der äußeren Gestalten der verschiedenen Theile des Erdballes sehr an
Schärfe gewonnen und ihre wahre Bildung ist an den Tag gekommen.
Doch in dieser Richtung bleibt noch Manches unvollkommen, und
vieles das in spätem Zeiten wahrscheinlich besser verstanden wird.
Ij Alexis l't'rrey Propositioii» sur It's liemlik'iiu'iils de terrü &: les volcaiis formulees.
J>. ISCui. 8.
über die Rolle der Veränderungen des unorganischen Fes(en etc. 1 1
Die kurze Spanne des Menschenlebens führte eilig zu Theorien,
welche nur theilweise ihre wahren Beweise hahen. Man übersieht
gerne l'ür den Augenblick die einzelnen Mängel in der niauchinal
eiteln lIoiTnung, öni'fi das Anomale doch endlicli in dem als Axiome
Aufgestellten sich einpassen Mird, anstatt in jenem Außerordentlichen
einen Riegel für unsere Phantasie zu sehen.
In allen Fällen bleibt die Thatsache der Verbindung der Vul-
cane mit den Erdbeben obwohl niclit mit allen, indem, wie Kluge
bemerkt, Vulcane am zahlreichsten und thätigsten in der Nähe der
Verbindungs-Gegenden zweier Continente sind, wie wir es in Mexico
und Ccntral-Amerika, in den nördlichen Theüen der Atlantik und
des stillen Meeres, zwischen Hinter-Indien und Auslralien so wie
auch im mittelländischen Meere wahrnehmen. Wo Zerstückelungen
und Trennungen ehemals stattfanden, bestehen noch deutlich Spuren
der Kräfte, Avelche diese Veränderungen hervorbrachten.
Seit 40 Jahren A\urden z. B. viele Küstenländer und
Ränder genau aufgenommen und selbst oft mit Höhenmes-
sungen verscliiedener Art in Verbindung gebracht (in England,
Frankreich, den vereinigten Staaten Nord-Amerika"s u. s. w .). Nur
solche Aufnahmen sammt wahren Küsten-Photographien werden in
einigen Jahrhunderten reichlichen Aufschluß über die möglichen
Veränderungen des Meeres -Niveauverhaltens gegen Continente und
Inseln geben. Diese Bilder der Terrain -Contiguration sammt dem
Wasser-Horizonte werden uns dann zeigen , was wir über die
Stätigkeit und Veränderung des Wasserquantums unseres Planets
wirklich glauben sollen, denn jetzt finden wir wohl auf sehr vielen
Küsten des ganzen Erdballes unwiderrufliche Beweise von Wellen-
schlägen gegen Felsen, so wie von Meeresufern auf dem trockenen
Boden (siehe Chamber's Ancient Sea Margins 1848), Mir muth-
massen aber kaum was für einen gesammten Erdraum Continente
sammt Inseln, Avährend der Zeit der Hervorbringung dieser Merk-
male, einnahmen. Gab es einmal wirklich mehr trockenen Boden als
jetzt, so Avürde das jetzige tiefere Niveau der Oceane sich natur-
gemäß erklären.
Nun in dieser speculativen Richtung haben wirklich nicht nur
die Fortschritte der Geographie und Hydrographie, sondern auch die
paläontologischen Folgerungen über die jetzige rationelle Verbreitung
der Thiere und Pflanzen, den pliilosophischen Theorien IMaterial
12 B o u c'.
geliefcrl. ]M;m l'itiid sicli uameiitlicli vor Riitlisclii, i'üv clt'i-en Lösung
kein oiulci-er i-icliliger Ausweg- als dieser erschien.
Darum ist für den Theoretiker die atlantisehe Allan tid
kein IMährclien mehr, aher ihre Lage und Beslandtheiie denkt er sich
ganz anders als die Phönicier und Griechen. Es muß namentlich
östlich im allantischen Meere nördlich vom Äquator mehrere große
Inseln gcgehen haben, von denen die daselhst wohibekannlen vul-
canischen Inselgruppen nur sogenannte Überreste oder Satelliten
waren '). Dann mußte etwas ähnliches zwischen Süd-Amerika und
Afrika bestanden liaben , da man aueli daselbst noch einige kleine
theilweise vnlcanische Inseln kennt. Doch für letzteres Verschwun-
denes bot uns das organische Reich in beiden Continenten noch
nicht dieselben Wahrscheinlichkeilen als für die ehemaligen Inseln
der Nord-Allanlik. Wenn Edw. Korbes schon das Verschwinden
der letzleru din-cli die lerliäre und jetzige marine Fauna an den
britischen iusehi so A\ie durch die Landflora und Fauna dieses
Reiches nachwies (Mem. geol. Survey of Great Brit. 1846, B. I,
S. 336), so gaben sich Heer (Bibl. univ. de Geneve 18o6. B. 32 u.
Ausland 1857. S. 405), Gaudin und Sirozzi Mühe die tertiäre
Flora Europa"s mit der Amerika's vermittelst jener allen Inseln zu
verbinden und zu erläutern (Mem. Soc. helvet. Sc. nat. I8G0. B. 18,
1) Nie. Desmiirest Diss. siir l'Aiio. jdiict. de rAiigleterre et de la Fraiire. Aniiens
17;>3, 12. V. Biier, Versuch üh. d. Atliinliker. Fraiikf. 177T. Charle. .1. Silvain,
Bailly, Letlres sur rAtlanlide de Platoii et l"aiic. hist. de lAsie P. 1778, Lond.
1779, 8. J. de l'lsle de Sales, Hist, du monde primitif ou des Atlantes. P. 1780.
2. B. 8. Court de Ge bei in, Hisl. pliilos. d» inoiide primitif 1780, B. 6, S. 144 —
194 mit Charte. Comte I. B. Carle Letlres Americain. dans hu|. oii examiiic Tori-
gine etc. des anc. hahit. de TAmeriq., Tancienne Communicat. des deux Heniisplieres
et la derniere revolut., qui a fait disj)arait. l'Atlantide trad. de TAnj^lais. Bosloii u.
P. 1788,2. B. 8, H um I.Ol dt (J. de Phys. 1801, 8.^3,8. 33). J. S. Bailly Leüres
sur lAUaiitide de Piaton. engl. Üb. 1801, 2. ß. 8. Bory de St. Vincent. Essai sur
les iles Fortune'es et Tantiqne Atlanlide P. 1802. 4. mit Charte. Fcirtia d"ürban
Hist. et tbeorie du delug-e d'Og-yges ou de iNoe et de la submersioii de PAtlantide.
P. 1808. 12. J. de Phys. 1809. B. 69, S. llfi. Tasch. f. Min. 1811, B. S. S. SGI.
V. Hoff, Gesch. d. Veränderunf^ d, Krdobernüchp 1822. Bahama, Üiierbleihsel
eines Continenles (Ausland 183ü, S. 211). .Martin, Ktudes sur le Tiniee dePlalon.
B. 1, S. 202 — 32(5. Bibl. univ. Geneve 1.S42. B. 37, S. 24 — 27. D'Ave/.ac,
les iics fanlasli(|. de POce'au occideulal au moyenage. Fragment inedit. d'une bi.st.
des iles de rAIViij. P. I84ü. N i k les PAtlantide de Piaton expli()ue'c si'ientiliquement.
.Nancy 186:;. 8.
über die Rolle der Veriiiideniiij^eii des unorganischen Festen etc. j 3
l>il)l. uiiiv. (JoiK'vc I8(JI, H. 10, 8. 87), was unser genialer College
Dr. F. Unger auch (hat. (Die versunkene Insel Atlantis 1860.
8»). Seitdem ging Herr II. Jenkins in seinen hypothetischen Conti-
nenten noch weiter und niutlunaßte, daß die mioeäne Flora und
Fauna Europas mittelst derselhen Brücke während der Eocänzeit
aus Amerika gekommen wäre (Geol. Mag. 1866, B. 3, S. 467
und Intellectual Übserver 1866 Sept.). Seit dieser Übersiedelung
hätte sich dieses Organische in Asien, Afrika und in dem öst-
lichen Meere verbreitet und nur ein Theil dieser Flora wäre über
Central- und Nordasien und Japan nach Amerika zurückgekonmin.
wie auch Asa Grey meint. Die amerikanische Flora wurde seit der
Kreideperiode bis jetzt wenig verändert. Diese Muthmaßung würde
über die amerikanischen tertiären Formen der fossilen Pflanzen
der unteren Kreidefurmation längs des Missouri und Niobrara im
Nebraska •) so wie über die zu hastige irrige Altersbestinnnung die-
ser Pflanzen durch Dr. Heer im Jahre 1858 eine weitere Erklärung
bringen 2).
Auf der südlichen Seite der Atlantik beweisen wenigstens
gewisse eigenthümliche Süßwässer- oder Erdmollusken (Azoren, cana-
rische Insel, St. Helena) so wie selbst Süßwässer (Madera) s) und
tertiärer Kalk (Insel des grünen Vorgebirges), daß wie in den Inseln
des griechisciien Archipels große Strecken Landes versunken oder
zerstört worden sind. Um Süßwasser-Becken zu bilden gehören nicht
nur solche Inseln, sondern die umgebenden Piänder oder Dämme,
welche daselbst in allen Fällen lehlen. Auf den Inseln St. Helena und
Tristan d'Acunha wächst nach Palm er der Coiiyza gimimifern
(J. geogr. Soc. L. 1860. B. 30, S.264). Diese Inseln mit derjenigen
Alcension genannten möchten wohl ehemalige versunkene Continente
oder große Inseln andeuten und man kann selbst von der einsamen,
aus älteren Gesteinsarten gebildeten Insel St. Paolo Ahnliches muth-
1) Siehe Hayden Proc. Ac. nat. Sc. Philad. 1837. Nr. 8—16. S. 100 ti. 151, 1838.
B. 9, S. 139- 1S8. Americ. J. of Sc. 1860. N. F. B. 29, S. 286. Marcou Bull. Soc.
geol. Fr. 1864. ß. 21. S. 142—146.
2) Siehe Marcou, aueh Newberry in Edinb, n. phil. J. 1860. N. F. B. 12, S. 303.
Durch Marcou deutliche Auseinandersetzung hat Lesquereux Vertheidigung
Heer's Ansichten gegen die Ne\vherry"s keinen Werth mehr. (Amer. J. of sc.
1860.B. 29, S. 434 — 436.)
^) Sieiie Ffartung's geol. Beschreib, d. Insel Madera u. Porto Santo 1866.
14 B o u e.
nuisseii. (Darwill Geol. of the Beagle 1844. B. 2, Phil. Mag. !84ö.
3. R. ß. 26, S. 344.) Endlich müssen wir wieder in Erinnerung
bringen, daß bis nach der Eocänzeit und vielleicht selbst noch im
Anfange der Miociinperiode , der stille Ocean mit dem Atlantischen
in freier Verbindung durch Central-Ameriica stand. Dieses wurde
durch Vergleichung der marineu älteren tertiären Faunen an den
Küsten und in den Inseln beider Weltmeere ausgemittelt i). Conrad
und Lyell sind einig die lebenden Analogen der Miocän-Mollusken
Nordamerika's bis zu 33 nördlicher Breite nur in der Atlantik
und nicht in dem stillen Meere zu finden. D'Orbigny bestätigt
dieses und erwähnt nur als Ausnalime die Calyplraca costcita, welche
niiocän in Aen vereinigtiMi Staaten in Valparaiso lebt. J. C. Moore
aber fügt zwei andere Anomalien hinzu, namentlich daß die Phos
Vcraguc'Hsis aus St. Domingo in der Veragua- Bucht und Venus puer-
pera aus St. Domingo auch in dem stillen Meere leben (Quart. J. geol.
Soc. L. 18S0. B. 6, S. 52).
Gehen ^^ ir aber zum Ocean z w i s c h e n Afrika und Indien,
so finden m ir in der Insel Maurice, in der la Reunion-Insel und den
sogenannten Mascareignes ähnliche Andeutungen von ehemaliger
großer Länderausdehnung, wie Süßwasserkalk und Sandsteine, einst
unterseeische Wälder, eigenthümliche Vögel, Mollusken u. s. w.
Herr G. Clarke fand in der ersten erwähnten Insel alle Anzeigen,
daß sie nur ein Theil eines einst großen Continents war. (Quart.
J. geol. Soc. d. 1867. B. 23, S. 190.) Sclaler stellt selbst die
Hypothese einer Verbindung Afrikas mit Indien durch Madagascar und
verschwundene Inseln auf. Das ist das Lemur-Land. Doch wenn er so
weit gebt, die Antillen mit Süd-Afrika und Madagascar in uralten
Zeiten zu verbinden, so widerspricht ihm Jenkins, welcher die Ver-
setzung des Organiseben Westindiens nach Madagascar nur vermit-
telst der atlantischen Atlantis für möglich glaubt. (Geol. Mag. 18l)6.
B. 3, S. 465).
Indem inselreichen Hinter-In d ien hat A. R. Wall ace
keine Mühe die wahrscheinliche ehemalige ^'erbindung nicht nur des
1) S. Dr. Antisell in Lieul. F'.-irkH's npimrt oii llie exploint. in California u s.w.
in Report, of explorat. a. Siirvey for a Hail road to the Pacific. ISüT. B. 7. Amer.
J. of Sc. 18S8. B. 26, S. 92. Conrad dito S. 127. D u n c a n .ähnliche Miocänkor.iUeii
in den Antillen und lebende im Stilleu Ocean. (Q. J. geol. Soc. L. B. 19. S. 40(5.)
über die Rolle der Veriinderunfcen des unorg-anisclien Festen etc 1 O
hiiilerindischen Ai'cliipels mit dem Coiitinente ») sondern auch die-
jenige zwischen der Aru-Insel , Neu-Guinea, Neu-Calcedonien und
Australien zu beweisen a). Die Aru-Insel ist theilweise versunken
und drei Flußbette durchziehen sie wie Wassercanäle. Diese Gruppe
von Inseln mit denjenigen Hinter - Indiens besitzt eigenthiimliche
Vögel, Marsupial-Thiere und selbst eine Art Rhinoceros haust in
denjenigen neben der hiiiterindischen Halbinsel. Was soll man
endlich von der vulcanischen Insel St. Paul , Amsterdam und
Crosett denken, kann man sie in Gedanken mit der Insel Kergueten
verbinden?
In dem stillen Meere haben die zahlreichen Inselgruppen
schon lange die Vermuthung eines versunkenen Continentes im
menschlieben Geiste und besonders bei Weltumsegiern angeregt s).
Möchten es aber nicbt zwei gewesen sein oder gab es nicht erstlich
eine Gruppe großer Inseln unter den Tropen, wo jetzt so viele Archi-
pele aultauchen, und dann eine andere etwas nördlicber, ungefähr
wo die Sandwichsinseln liegen? Auffallend ist es, daß in allen diesen
Inseln nicht nur alle Flötzbildungen, sondern selbst die Merkmale der
tertiären und selbst der alten Diluvialzeit fehlen, es sind nur Meer-
1) Herr Logan hat den Beweis davon linguistiseli geben wollen, indem er zeigte,
daß diese Verbindung vor der Ankunft der Indier vorhanden war, da die Sprache
der hinterindisehen Insulaner mehrere Ähnlichkeiten mit der Thibet- birmanischen
und Tartar-japaiiesischeii hat. (Edinb. a phil. J. 1851. B. öO, S. 371 — 378.)
2) Ann. a Mag. nat. bist. 18ö8. B. 20, S. 47Ö. Americ. J. of Sc. iSöS. B. 2ö,
S. 280.
3} Nach ßuffon, eine große Zone zerstörten Landes von Kamtschatka bis Neii-
Britannien. Hist. nat. 1788. B. 2, S. 114. J. H. M a c c u 1 1 o c h. Großes versunkenes
Continent in der Mitte des stillen Meeres. Researches on America etc. Baltimore
1817. Zeit. f. Min. 1826. B. 1, S. 448. Darwin, Geol. obs. on volcanic Islands etc.
Voy. of the Beagle L. 1844. 8. oder die deutsche Übers, von Dieffenbach
1844. Dana, theilweise gegen Darwin's Ansichten Amer. J. of Sc. 1843. B. 4ö,
S. 131 u. 310, Charte. N. Jahrb. f. Min. 1844, S. 228. Edinb. n. phil. J. 1843.
B. 33, S. 341; 1833 B. So, S. 240. Proc. Americ. Assoc. N. F. 1849. ß. 2 ; F. H.
V. Kittlitz, Ausland 18S8. S. 120. Mein ecke, Ausland 1864. S. 48. In Dar-
win's u. Dana's Werken sind besonders die Gegenden des stillen Meeres specifi-
cirt, wo Versenkungen oder Hebungen scheinbar annehmbar sind. Der einzige Jam.
Gay Sawkins will in den süd-oceanischen Inseln keine Versenkungen, sondern
nur Hebungen annehmen. (Quart. J. geol. Soc. L. 1836. B. 12, S. 383.) Auch war
einst H. V. Streffleur gegen alle Senkungen u. Hebungen. (Entstehung der
Continente 1847. S. I.i3 — 196.)
16 E5 o u e.
iiiul Fi'isfliwasst'r, iilliniitU- Sfiiiineiite oder Producte mit vulcaiii-
sclu'ii Miilcrioii VL'fschii'dt'iK'r Zeiten. Diese Eigeiithümlichkeit uiiter-
>elieidel ganz l»esoiiders die ticeaiiiselie Welt von der australischen,
wo man in letzterer große Senkungen von secuadareii und selbst
eoeäiien Gebilden annehmen muß. Im stillen Meere müßte man glau-
ben, daß die Senkungen großer und vollständiger waren und daß
last das ganze jetzige Feste Oceaniens in der Alluvialzeil liervor-
geliraeht w urde.
Wenn w irklieli so große Contiiiente oder Inseln in vielen Mee-
ren verschwunden wären, so könnte man wolil für die Erklärung
der Merkmale des niedrig gewordenen Oeean-Niveau, anstatt der
Hebungslheorie, nur die Hypothese der großen Versenkungen in der
Ki'dknisle nach den tertiären Zeiten gelten lassen. W. L. Green be-
haujttet selbst, daß allein die ungeheure tiefe Einsenkung im stillen
Meere hinreichend gewesen sein würde, um das Niveau desOceans um
400—500' tiefer zu legen (Edinb. n. phil. J. 1857. 2. F. B. 6, S. 76).
Diese Höhe wäre ungefähr diejenige der höchsten verlassenen jetzt
trocken gelegten Meeresufer. Uns scheint es aber besser, alle Meeres-
versenkungen i) im Ganzen gelten zu lassen und dann kann man
sich fragen, ob nicht die Centrifugalkraft der Erdbewegung a) lange
Zeit hat, beitragen zu müssen, vielmehr Inseln oder ganze Continente
als jetzt überall zwischen den Tropen zu erzeugen , welche dann nur
viel später größtentbeils sich gesenkt hätten, als die längliche von Nord
nach Süd sicherstreckende und südlich zugespitzte Form der jetzigen
Continente entstand s). Nur Eines in dieser Hypothese scheint sonder-
bar, namentlich daß die Schwere in so späten geologischen Zeiten
die Centrifugalkraft überwunden bäl^e. In allen Fällen bleibt es auf-
fallend, da(5> die jetzigen höchsten Berge und Plateaux der Erde gerade
') Siehe Dr. H. ß int ha um, VersenkunufPn ii. Hebungen der Erdkrusle in Amerika,
in den stillen, indischen u. atlantischeu Oceanen. in Klein-Asien, Süd-Afrika u. s. w.
r.Iobus 1866, B. 10, Lief. 4, S. HG— 118. Lief. 7, S. 220 — 222, Lief. 8,
S. 233—233.
2) Clausen, Einfluß der Erdrotat. auf die Bewegungen der Erdoberfläche. Bull. Ac.
Sc. St. Pet. 1852. 2. F. B. 10, l'ogg. Ann. 18Ö3. Suppl. B. 4, S. 13S. II. Buff.
Ann. d. Chem. u. Pharm. 1860. Suppl. Bd. 4, S. 207 — 226.
3) Der berühmte Beinhold Förster glaubte annehmen zu müssen, daß die Anstral-
Spilxen der großen Continente durch das Drängen der Wässer vom Süden aus ent-
st.mdfn. uifi den Platz der untergesunkenen Länder cin/.uneiMnen.
über die Rolle der Veränderungen des unorgniiisehen Festen etc. 1 •
zwischen den Tropen noch liegen wie in Süd-Amerika der Sorate,
Illitnani, Chimhorasso und die hohen Anden überhaupt, in Afi-ika die
Camerongebirge, der Kihnaiuijora, die Mondgebirge, Abyssinien, und
in Asien nahe am Wendekreis des Krebses die höchsten Ketten und
Plateaux in der Welt. Sollte man darin nicht noch ein Bruchstück
der Wirkung der ehemaligen Centrifugalkraft unseres rotirenden
Erdballes erkennen?
Würde hier wirklicli Elie de Beaumont's Gedanken von der
Möglichkeit einer Beckenversenkung durch das immer grüßer wer-
dende Gewicht seiner Sedimente oder Ablagerungen theilweise
wenigstens seine Anwendung finden? (Explicat. de la Carte geol. de
Fr. 1848. B. 2, S. 61 1 . Notice sur les syst, de montagnes 1852. Bd. 3,
S. 1344 adnotat.)
Diese unsere gewagte Hypothese schließt dennoch gar nicht die
andere ziemlich wahrscheinliche und von vielen physikalischen Theo-
retikern getheilte Meinung über die localen Senkungen und He-
bungen aus, welchen die Erdkruste seit ihrem ersten Festwerden
ausgesetzt war. Die bestätigten Thatsachen dieser Bewegungen sind
sehr zahlreich und vermehren sich noch alle Tage, so daß selbst
eine Anzahl von Gelehrten darin ein regelmäßiges, vielleicht secu-
läres Gesetz des Erdballes sehen will i). In allen Fällen beurkun-
den uns die Erdbeben nur die stärksten Bewegungen des Bodens,
indem die ganze Folge von Erdvibrationsresultaten nur höchst spär-
lich zu unserer Kenntniß gelangt. Diejenigen, welche wie Rob.
Mall et und J. Bourlot einen feuerflüssigen Körper im Erdballe
noch vermuthen, erklären sich am leichtesten dieses ewige Rütteln
und diese Unstätigkeit der continenten Ränder a), keiner hat aber
1) T. R. Robinson, Jährliche Bewegung der Erdkruste durch Temperatiirwechsel,
Trans, roy. Irish acnd. 1841 B. 19, S. 193, Phil. mag. 1846, 3. F. B. 29, S. 81.
J. Phillips, Über Bewegungen im geschichteten Gebirge. Brit. Assoc. Cork
1843. J. Reid, Fortwährende Bewegungen in der Erdkruste. Proc. Glasgow,
geol. Soc. 1863. B. 2. Th. 1, S. 40. W. Ferrel, Bewegungen des Flüssigen und
Festen im Erdboden. Amer. J. of Sc. 1861. N. F. B. 31. S. 27 — 31.
2) Rob. Mallet, Tägliche u. seculäre Bewegungen der Erdkruste. Geol. Soc. Dublin
11. März 1846. Phil. mag. 1846. 3. F. B. 29, S. 67 — 73. J. Bourlot Reacf. de la
haute Temperat. et des mouvemenfs de la mer igne'e sur la croute exlerieure du
globe. Etudes sur les mouvements diurnes ou raarees du sol P. 1863. Dr. R. P.
Stevens, Seculäre Hebungen u. Senkungen Nordamerika's. Ausland 1864, S. 239.
Vi riet seculäre Erdoscillationen. Bull. Soc. ge'ol. Fr. 1849. N. F. B. 6, S. 616 — 623
Sitzb. d. raathem.-naturw. Cl. LVll. Bd. 1. Abth. 2
18 B o n e.
diese Erdbewegungen im geologischen Sinne besser zergliedert als
Herr A. Vezian. Er unterscheidet namentlich sechs Arten von dyna-
mischen Bewegungen : 1. die vibratorischen oder seismischen, 2. die-
jenigen, welche sehr langsam während der geologischen Zeiten das
Niveau im kleineren oder größeren Theile der Erde veränderten
und mit Verrückungen der inneren feuerflüssigen Masse in Correspon-
denz standen, 3. die undulatorischen Bewegungen, welche nur wäh-
rend einer bestimmten, obwohl langen Zeit, in gewissen Gegenden zu
einer Abwechslung von See- und Süßwasserbildung Anlaß gaben oder
überhaupt die geologischen Becken geogenisch änderten, 4, die oseil-
latorischen Bewegungen, welche auf viel weitere Strecken der Erde
ihre Wirkungen wie die aufgeregten Wellen der Fluth fühlen ließen;
5. die sehr langsamen und lang dauernden Anschwellungsbewegun-
gen, wodurch Plateaux, Massives im Großen und Centralhebungen
geschaffen wurden. Endlich die linearen orogenischen Bewegungen,
welche mit mehr Kraft und weniger Zeit die Gebirgsketten nach und
nach hervorgebracht haben. (C. B. Acad. Sc. P. 1860. B. 50, S. 814.)
Es gibt aber noch eine Theorie, welche gänzlich .im Wider-
spruch mit allen dem eben Erwähnten steht und die man nur als
Phantasie stempeln kann, wenn man Beihen vonKüsten-Photographien
für Jahrhunderte besitzen wird. Nach dieser würden die Merkmale
eines ehemaligen höhern Niveau der Oceane nur den durch die Erde
allmälig erlittenen Wasserverlust andeuten. Unsere Erde schreite
langsam aber unwiderruflich zu jenem wasserarmen Stande unseres
Mondes zu»)- Die Herren C. Saemann und B. Brison gehen selbst
weiter, denn alle Wässer und selbst die Luft der Erde sollen nach
und nach in ihrem Innern verschwinden 2).
1) S. J. Browall, Hist. u. phys. Uiitersuchun|fen d. vorgegeb. Veimindening des
Wassers u. d. Vergrößerung der Erde. Stockh. ITSß. 8. : auch französ. L. L.
Liiiussio Gilberfs. Ann. 1809. B. 31, S. 323. A. M. D. Tauscher, Über die
Möglichkeit e. noch allmälig fortwährende Vergrößer, u. Ausbild. d. Erdkörpers
im Verhältniß d. allmüligen Verniind. d. Wassers auf der Erde. Dresden 1821. 8".
Jobard (durch die Polar-Eisbildung) C. H. Acad. d. Sc. P. 1838. B. 7, S. 973.
Delesse, Bull. Soc. geol. Fr. 1861. B. 19, S. 87. Nowak'sAbh. über unter-
irdische Abflüsse der Meere u. Oceane im Lotos 1862 — 63. Trautschold (aus-
führlich), Zeitschr. deutsch, geol. Ges. 1863. B. 13, S. 411.
-) Bull. Soc. geol. Fr. 1861. N. F. B. 18, S. 322. N. Jahrb. f. Min. 1862. S. 94,
Edinb. n. phü. J. 1861. N. F. B. 14. S. 144.
über die Rolle der Veriinderiingon des unorganischen Festen etc. t 9
Auf unsere Küstenländer- Aufnahme zurückkommend, möchte
ich bemerken, daß die Küsten zu jenen von uns entfernten Zeiten
keineswegs zu denselben Photographien wie jetzt wahrscheinlich
Anlaß gegeben hätten. Ueberhaupt werden auf dem Erdballe manche
Veränderungen durch eine unwahrnehmbare Verwitterung der Felsen
und des felsigen Bodens, durch atmosphärische Abwaschungen der
Erdoberfläche, durch Verwüstungen mittelst Winde (siehe W.
Wh i taker. Quart, geol. Soc. L. 1867. B. 23, S. 263) bewirkt,
so daß nicht nur die Felsenhöhe und Conturen einst andere sein
werden , sondern es werden auch Thäler so wie Hügel oder
Buckeln entstanden sein. Überhaupt bemerkten wir schon, daß
manche unserer Thäler keinen andern Ursprung haben. Wenn
selbst möglicherweise sehr enge Spalten in gewissen bestimmten
Bichtungen für gewisse Gegenden das Hauptskelett der großen
Thäler wohl oft gaben, so erreichten letztere nur immer ihre
jetzige Vollständigkeit durch die Erosionskraft der Gewässer, wie
man es so schön in den Bildern der sogenannten Caiionsgegend
am oberen Colorado, in jenen vielseitig abgezweigten steilen canal-
artigen Thälern Nordamerikas wahrnimmt. (S. Dana's Geologie
oder Ives und Humphreys Americ. J. of Sc. 1862. B. 33,
S. 395.)
Die jetzige oft gebrauchte, wohl bequeme, aber hie und da auf
unsichern Beweisen stehende Theorie der Erderhebungen und
Niedersenkungen wird nur dann zur definitiven genetischen Er-
klärung werden, wenn wir solche Configurationsbilder aus durch Jahr-
hunderte getrennten Zeiten besitzen werden. Denn zum Beispiel selbst
in den Fällen, wo augenscheinlich das Meer vor dem trockenen
Boden gewichen ist, oder wenn man will das Wasser durch Alluvium
verdrängt wurde , fehlen uns nur zu oft ebensowohl die genaue
physikalische Besehreibung als vorzüglich gänzlich die plastischen
Bilder der ganzen Umgebung.
Wir möchten selbst glauben, dass nur auf diesem langwierigen
Wege diejenigen Probleme ihre Lösungen bekommen werden, wenn
es sich um Veränderungen im Gesichtskreise einer Lo-
calität gegen die andere handelt. Solche Beobachtungen fanden
oft ihre Zweifler oder ihre witzigen Erklärer durch Waldausrodung,
Umbauung von Gebäuden , locale Senkungen u. s, w. , und doch
am Ende mag etwas wahres an Manchem sein. Das Unorganische
2*
20 B o H e.
ist voriiiuUMlicli im Grossen wie im Kleinen durch vielseitige mecha-
nische Ursachen ').
Durch die Fortsehritte der Chemie, der Mineralogie, der Geo-
gnosie, der genetischen Geologie und synllietischen Petrologie ist
das Feld der cliemischen Veränderungen des Unorgani-
schen ein viel größeres geworden und hesonders wurden diese
letzteren in einem größerem Maßstahe in der Natur erkannt. Wenn
auf diese Weise die mineralogischen Gattungen an Bestimmungs-
schärfe ausserordenth'ch gewonnen hahen und jetzt noch immer
gewinnen, so ofTenbarten sich uns jetzt viele als falsche Gattungen,
nicht nur als Spielarten, sondern vorzüglich als Pseudomorphosen.
(Siehe Blum's Kataloge u. s. w.) Wir sehen dadurch wie vielseitig
die möglichen Veränderungen im Unorganischen sind, mögen diese
nun unsern treien Augen sell)st theilweise entrückt sein oder im
Gegentheil auf natürlichem oder künstlichem Wege sich bilden.
Durch die Kenntnisse dieser obgleich nur oft mikroskopischen
oder unsichtbaren Veränderungen des kleinen Unorganischen auf-
gerüttelt, haben Geologen so wie Chemiker sich weiter in jenem
starren Reiche umsehen müssen, um zu ergründen, welche von diesen
Veränderungen im Kleinen sich im grossen Masstabe noch bewähren
konnten. Ob immer in dieser Richtung das richtige Mass bis jetzt
gehalten wurde, bleibt für den Augenblick ein unberücksichtigtes
Thema oder selbst Controverse. Doch um tüchtig in dieser Richtung
mit wissenschaftlicher Sicherheit weiter zu schreiten, bleiben unsere
ij Wendelstadf, Dorf Stein von Neukirch im Nassauischen sichtbar geworden, vor
20 Jahren war es unsichtbar. (Moll's N. Jahrb. d. Berg- u. Hütteuk. 1824. Bd. 5,
S. 461.) Zenker, Der Jenaer Thurm im Ort Steiger nicht mehr sichtbar. (Sen-
kung?) Hist. topogr. Taschenb. v. Jena 1836. Vir! et, Änderungen in der Nähe
der Wüsten u. s. w. Bull. See. geol. Fr. 1844. N. F. B. 1, S. 630. Clement-
Mullet, Allmälige Senkuug des Berges von Montgueux (Aube) Mem. Soc.
d'Agric. Sc. de TAube 1847. N. 97, S. 37. L'Institut 1847, S. 394. Bibl. univ.
r.eneve 1848. 4. F. Bd. 7, S. 237—238. Hitchcock, Größe der Erosionen im
Vermont durch die höchsten Feisenspitzen bewiesen. (Amer. Assoc. Springfield
1S;>!>.) W. K. Scott, Aus dem fiesiclitskreise ein für eine gewisse Localität ver-
schwundener Berg der Green Mountains in V^ermont. (Amer. J. of Sc. 1864. N. F.
B. 38, S. 243 — 248). J. Bourlot, Etüde sur les Denivelhitions seculaires des ter-
rains superficiels. P. 186ö. 8. I. M. Ziegler, Wirkung der atmosphärischen
Kräfte auf die äußere Form der Berge. Zur Hypsometrie der Schweiz. 1860. Le
Globe. Geneve 1867. B. 6, S. 111 — 120.
über die Rolle der Veränderungen des uiiorjfanischen Festen etc. 2 1
chemischen Kenntnisse aller Felsartgattungen und besonders die
sogenannten veränderten und verwitterten noch hinter unseren
Wünschen. So z. B. glauben wir, daß zu ihrer Wahrheit oder Voll-
ständigkeit die Ausfüllungs-Theorie der Gänge noch manche Aus-
künfte aus den genauen chemischen Kenntnissen nicht nur der
Paragenesis d«*r zahlreichen Mineralien der Gänge und ihrer gegen-
seitigen Lage, sondern ganz besonders aus der chemischen Natur
der sogenannten oft buntfarbigen Saalbänder sciiöpfen wird. Dieses
chemische Territorium längs den Gängen erstreckt sich so weit,
als die gewöhnliche Farbe und das bekannte Gefüge der die Gänge
umschließenden Gesteine nicht zum Vorschein kommen.
Wenn man in diesem besondern Falle die Grenze der Ver-
änderungen recht genau angeben kann, ist das keineswegs der Fall
mit der ähnlichen Umwandlung ganzer Felsenmassen. Da bleibt
Einem die Natur immer die Antwort auf die neugierige Frage der
Tiefe jener Metamorphosen in der Erde schuldig. Doch wo besonders
nur der Einfluß der Atmosphäre und der Wässer im Spiele ist,
möchte man logisch denken, dass die Veränderung oder Metamorphose
seine Grenze in der Tiefe findet. Wirklich hat man auch oft Gelegen-
heit in den Gängen die Grenzen der umgestalteten verschiedensten
Erze zu beobachten, so daß die obersten Teufen, wie man berg-
männisch sicii ausdrückt, eine ganz andere mineralogische Zusam-
mensetzung und Natur als die unteren Teufen haben. Das einfachste
Beispiel sind die Bleiglanzgänge mit obern Ausfüllungs-Massen von
Kohlen, Phosphor und arseniksaurem Bleierz. Nur theilweise gehören
auch hierher die sogenannten Eisenhütten ge^v^sser anderer Gänge,
doch ihre Genesis hat manchmal etwas ganz eigenthümliches.
Die ehemaligen bekannten Beispiele der Pseudomorphose im
grossen, wohl verstanden geognostischem Masstabe, waren beson-
ders fast nur vier, namentlich die Verwandlung verschiedener Schie-
fer in Thone, diejenige der feldspathischen Gesteine wie Granit
und Porphyr in Kaolin, der Uebergang von ganzen Anhydritmassen
im Gyps wie bei ßex (Charpentier 1819), die Umwandlung von
Eisenoxyd oder Spatheisensteinlagern oder Gängen in Eisenoxydhydrat
(z. B. bei Vicdessos) und nebenbei wurde die Bildung des Limonit
oder Rasensteins im kalten Wasser , so wie diejenige der Eisen-
undKalkpisolithen inThermalwässern erwähnt. Die neueren Beobach-
tungen erlauben uns ähnliche Metamorphosen füi- gewisse tlion-
22 BouJ.
oder feldspathreiche, so wie für magnesialialtige Gebirgsarten
anzunehmen, indem wenn für die kalkigen Felsarten die Pseudomor-
pliosen oft in kleinen und selbst niitteJmässigen Größen, erkannt
wurden, über die ganz Großen noch ein gewißer Nebel der Unsicher-
heit sich lagert. Für die siliciumreichen Felsgattungen, die Quarze,
sind unsere jetzigen Erfahrungen leider theilweise noch unzureichend,
überhaupt gibt die Geognosie der Silicate die schwersten Räthsel
zu lösen.
Da die Kaolin-Bildung durch ihr erdiges Aussehen gegen
die festen Nebengesteine in den Augen eines Jeden sich als sehr
auffallend gestaltet, da sie noch jetzt deutlich fortgeht und ein
gemeinnütziges Material liefert, so erklärt sich das alte Wissen über
dieselbe. Ihre häufigste Hervorbringung geschieht vermittelst ge-
wöhnlichen Granit, Schriftgranit oder selbst anderer durch besondere
zur Verwitterung geneigte Mineralien (wie Porzellanspatbe, Labra-
dor, Wernerite u. s. w.), ausgezeichnete Abarten dieser krystallini-
schen Felsart 'j, mögen nun diese Gesteine Stöcke oder Kuppen
bilden oder nur Gänge, wie es oft mit den Schriftgranit der Fall ist,
ausfüllen. Die Umwandlung der Porphyre in wahren Kaolin 2) ist
aber seltener, obgleich jene Gesteine ziemlich oft in Thone, beson-
ders im kleinen Maßstabe übergehen. Diese grossartige Pseudomor-
phose scheint auf verschiedenen Wegen zu Stande zu kommen. So
z. B. wäre scheinbar der Fall des Trachyt-Kaolin in der Toll'a eine
durch warme Wasserdämpfe hervorgebrachte Erscheinung wie es
Forchhammer selbst vorschlug. (Poggendorfs Ann. 1535.
B. 35, S. 351.)
1) Siehe Dolomieu J. de Phys. 179ö März. ß. 42, unfern von Passau. Gehlen,
Schweigg. N. J. f. Chem. 1811. B. !, S. 443—437. zu Ohernzell. Joh. Nep. Fuchs,
Denkschriftend.k.MünchnerAkad. f. 1818— 20. ß. 7, S. 63— 88. Tasch. f. Min. 1823.
B. 17, S. 94 — 128. Charpentier Essai sur la Constitut. ge'ognost. d. Pyrenees 1823,
S. 132. Berzelius, Jahresb. 1825. B. 4, S. 163, in Corn Wallis. H. S. Boase,
Phil. mag-. 1837. B. 10, S. 348— 333. Fouinet, Ann. d. Cliim. et Phys. 1834. ß. 55.
S. 223—236. N. .lahih. f. Min. 1S36. S. 83 — 88. Alex. B r o n g n i a r t , Archiv.
Mus. d'hist. nat. 1843. B. 2, S. 283—287. Dauhree. Bull. Soc. geol Fr. 1848.
N. F. B. 3, S. 167—172.
2) Zu Mörl Dr. G. Karsten, N. Sohrilt. Ges. Nat. Fr. in Berlin 1783. B. 1. S. 321
— 337, zu Brachwiz hei Halle (Saale). Veitheim, Tascheuli. f. Min. 1822. B. 16
S. 32, zu ToÜ'a, Punzi, SulT origine del Aluminite e eaoliu della Tolfa 1858. Att
deir Accad. |;onlif. de nuov. Lincei 1838.
über die Rolle der Veränderungen des unorganischen Festen etc. 23
Für andere Kaolin-Lagerstätteo paßt besser die Theorie Ram-
me Isberg's, welcher darin eine Reaction der Kohlensäure sehen
will (Handwörterb. Th. 1, S. 336); Fuchs nimmt noch dazu das
Wasser in Anspruch und Bischoff Säuerlinge. (Das Gebirge Rheinl.
Westphal. J826. B. 4, S. 250—263, die Vulcan. Mineralquellen 1826.
S. 298 u. seine ehem. Geolog. 1847. B. 1, S. 816.) Fournet be-
kennt sich zu derselben Ansicht, behauptet aber, daß diese Reaction
nur in solchen Graniten stattfindet, dessen mineralogische ßestand-
theile leicht auseinanderfallen, weil diese gewöhnlichen Granite oder
ihre Bestandtheile seit dem Augenblicke ihres Erscheinens an der
Erdoberfläche in einem eigenthiimlichen, nicht zur Beständigkeit ge-
neigtem Gleichgewichte sich immer befanden, ßerthier, Ebelmen,
Forchhammer, Malaguti u. s. w. scheinen diese Ansicht zu
bestätigen. D'Omalius d'Halloy ohne Specificirung der Gasart,
nimmt auch seine Zufluclit zu letzteren, um sich die Kaolinbildung
längs gewissen plutonischen Gängen wie die der Minette zu erklä-
ren. (Bull. Soc. geol. Fr. 1853 N. F. B. 10, S. 265.) In allen Fällen
hat die Theorie der Säuerlinge viel für sich, wenn man besonders
erwägt, daß manchmal nicht allein der Granit Kaolin geworden ist,
sondern daß noch dazu der Feldspath des umgebenden Gneiß auch
eine ähnliche Umwandlung auf einer gewissen Breite längs den
Granitgängen erlitten hat, wie man es z. B. unfern Bareges in den
Pyreneen, bei Ober-Hafnerzell u. s. w. beobachten kann. Doch muß
man Malaguti's Versuch nicht übersehen, in welchem er vermittelst
eines elektrischen Stromes Feldspath in Kaolin verwandelte. (Alex.
Brongniart in Malaguti's Abb. über KaoHne 1841, Pogg. Ann.
1843. B. 60, S. 89.)
In der Reihe der feldspathischen Gebirgsarten kennt man schon
lange in großem Maßstabe den Übergang des Trachyt- in Alun-
stein oder Alunit, denjenigen des Phonolit in eine viel weichere
thonartige Felsart, wovon der gefleckte Honestone zu Stair im
Steinkohlengebirge Schottlands (Essai sur TEcose, S. 171) eine
interessante Abart ist i)- Da"" auch besonders der Übergang und
die förmliche Umwandlung des dichten und porphyrartigen Felsspath-
felses in sog. Thonstein. Doch da stellt sich die Schwierigkeit
heraus letztere Gebirgsart von den sehr ähnlichen, iür das Auge als
'J Gulherlet im Rliön. N. Jaliil». f. Min. 1843. S. 129.
24 B o 11 e.
diclit geltenden zu trennen, da muß man sich mit dem Mikroskope
helfen und sehen, ob diese falschen Thonsteine nicht in brekzien-
artige übergehen, oder ob Ähnliches wenigstens nicht in der Nähe
ansteht. Allen mineralogischen Kennzeichen und aller Analogie nach
sind letztere wahrscheinlich nichts anderes als zusammengebackene
plu tonische Materien, wie man sie im trachy tischen Gebiete gründlich
jetzt kennt. Indessen diese sogenannten Thonsteine können noch
chemisch verändert oder unverändert sein. Sie reihen sich an den
Bole und selbst steinmarkigen Tuff an. Sie bestehen wohl manchmal
selbst nur aus feinen feldspathischen Theilen, welche unter der
Form von Asche oder Schlamm aus jenen ältesten vulcanischen
Schlünden herausgetrieben wurden.
Ähnliche Bestimmungs- Schwierigkeiten begegnen wir in den
sogenannten grünlichen oder röthlichen Wacken, welche auch in
groben Bolen übergehen. Gewiße augitreiche Feisite oder schlecht-
hin titulirte Grünsteine und selbst Basalte (Puy Crouelle bei Cler-
mont) verwandeln sich in solchen Wacken. In einigen Fällen ist der
Übergang vollständig, oder die untersten oder obersten schlackigen
Theile von Grünstein- oder Basaltströme sind in Wackenmassen durch
die Zeit, das Wasser und den Druck ummodelt. In andern Lagerstätten
scheinen aber diese auch nur Aschen-Ausbrüchen ehemaliger Vulkane
ihre Entstehung zu verdanken. Herr Sartorius v. Waltershausen
hat diese Thatsache in seinem Palagoiiit Islands schön illustrirt
(Phys. geognost. Skizze von Island 1847) und Dr. Carl Hoffmann
hat es bestätigt (Verh. k. gcol. Beichsanst. 1867. S. 210). Geikie
und Binney haben auch unsere Beobachtungen darüber in dem
untersten Theile der altern Steinkohle Schottland's ganz richtig
gefunden (Geol. Mag. 1864. B. 1, S.22— 26 und Trans. Manchester
geol. Soc. 1866. B. 4, N. 14). Die Neptunisten, welche solche
Erklärungen leugnen oder gerade eben so lächerlich als unter den
alten Desmarets und Faujas finden, kann man nur zu fleißigen Beisen
nach brennenden und ausgelöschten Vulcanen aneifern. Da werden
sie genügende Gelegenheiten flnden mit der multiformen Hervor-
bringung der vulcanisch - plutonischen Gesteine sich bekannt zu
machen. Das heißt, wenn man nur die Wahrheit und nicht die
Befriedigung eines eiteln Traumes oder einer Katheder-Theorie suchen
gellt.
über die Rolle der Veränderung'en des unorganischen Festen etc. 2»)
Die Dolerite und Basfilte sind oft sehr großen Verän-
derungen unterworfen, so daß selbst die Augiti^rystalle fast gänzlich
verschwinden oder nur künstlich darin durch den Mikroskop wieder
erkannt werden. Diese augenscheinlich durch Wasser -Infdtration
und die Kohlensäure der Luft von oben nach unten hervorgebrachte
Metamorphose zeigt sich besonders in jenen lavaartigen Gesteinen,
welche unter Meer oder selbst Flußwasser gefloßen sind. Doch
wiederholen wir hier, daß wir im Puy de Dome Gelegenheit hatten,
solches (doch nur im kleinem Maßstabe) im Basalt zu beobachten,
welches an der Luft nur hat fließen können. Im letzteren Falle war
diese innere Zersetzung nur ein Werk der Tagewässer, des Regens.
Im Meere mögen die Salztheile des Wassers auch ihren Antheil
an der gänzlichen Umwandlung der einst feuerflüssigen Masse so wie
an der Ausfüllung ihrer Gluth- oder Gasblasen gehabt haben. Dazu
gehörte eine langwierige Infiltration, Fortführung der elementar
mineralogischen eben so wohl als chemischen Bestandtheilen, deren
Reactions-Resultate wir vorzüglich in den mit kieseligen Mineralien,
Zeoliten und grüne Erde gefüllten Räumen deutlich ersehen. Dieser
lange, zugleich mechanische und chemische Proceß, fand immer von
oben nach unten Statt, wie es die allgemeine Lage der Blasen
beweiset, da sie meistens parallel dem Laufe des Lavastromes und
nie auf rechtwinkeligen Linien mit der Richtung des letztern , zer-
streut liegen. Wenn man diese Thatsachen sich vergewissert hat, so
kömmt Einem die sogenannte Erklärung eines unberufenen Dresdner
Theoretikers wirklich possirlich vor. Er stellt sich namentlich den
Basalt als einen Teig vor, in welchen von unten Gasarten gedrungen
sind. Natürlich müßten dann die Blaseräume eine ganz andere Form
und Richtung nändich die der Travertinräume haben, und diese
Gaswirkung müßte doch auch unter den Basalten gefunden werden,
was keinesfalls der Wahrheit entspricht. (Siehe Aug. Moriz Franke
Neue Theorie üb. d. Entstehung d. krystallinisch. Erdrindeschichten.
1867.)
Überhaupt scheint die theorische Geologie in vulkanisch-pluto-
iiischer Ri(flitung zur Zeit des neunten Decennium des vorigen Jahr-
hunderts für eine gewisse Classe der jüngeren Geognosten systema-
tisch zurückgeführt worden zu sein. Neben positiven chemischen
Thatsachen, besonders solche des Laboratoriums und mit fast gänz-
licher Vernachlässigung oder mit unrechter Erfassung der geognosti-
26 ßoue.
sehen Lagerungen tischt uns diese Schule die sonderbarsten Beweise
ihrer Weisheit auf. So z. JJ. sollen Ehrenberg's Diatomen auf
vesuvianischen kalt gewordenen Eruptionsproducten, dem Neptunis-
mus dieses Lava-Laboratoriums beweisen. (V olger 's Lotos 1863.
B. 13. S. 191.) Wenn man auf solche Weise Folgerungen zieht, so
stünden noch besser zu Dienste namentlicji die wohlbewährten
^^ässerigen Auswürfe so wie die tertiären Schnecken des Vesuv, die
Fische des Moja Amerika's u. s. w. Volger leugnet kurzweg alle
Verbindung der Erdbeben mit vulkanischen Eruptionen. Ein anderer
Rheinländer beruft sich ganz ernstlich auf den Wassergehalt der
Grünsteine und Basalte, welches er selbst in den Blasenräumen
fand. (Fred. Mohr. Deutsche Virteljahrschrift und Ausland 1863.
S. 1073, u. s. w. 1).
Die Diorite oder Ophite in den Pyreneen seit Palassou so
genannt, sind in gewissen Gegenden einer sehr bedeutenden Meta-
morphose unterworfen, welche so mehr autfällt, weil die Hornblende-
Gesteine und Schiefer selbe keineswegens zeigen. Dieses gibt einen
Fingerzeig, daß der größte Bestandtheil der Ophite, der Feldspath,
die erste Ursache der Umwandlung sei. Die Gebirgsart wird weich
und erdig, und wechselt seine dunkle schwärzliche Farbe für eine
lichte gräuliche oder blauliche um. Die Hornblende und die zufälligen
Glimmerkrystalle verlieren gänzlich ihren Glanz, um endlich wenig-
stens vor dem unbewaffneten Auge zu verschwinden. Gibt es etwas
Epidot, so fällt es heraus oder verwittert auch. Auf diese Weise
umformt, kann man nicht nur gangförmige Lager, sondern vorzüglich
ganze Kuppen in den Pyreneen so wie an ihrem nordwestlichen aus
Kreide und Eocen bestehenden Fuße in dem Departement des
Adour und des Landes sehen. Um diesen rundlichen Kuppeln
bemerkt man dann ziemlich oft röthliche und grünliche Mergel mit
etwas Gyps, eine Masse, welche gewissen Keupertheilen ähneln. Ob
nun das Mineralogische diese eigenthümlichen Lager mit der Um-
wandlung des Diorit in einiger Causal-\'('rbindung steht oder nicht.
Ij Siehe auch Mohr, Urspnin, S. 219.
Cotta"s Geologie 1846, S. 168 u. 289). Jam. Dana, Mefamorpliismus vermittelst
magnesialiiiltigcr Wärmewiisser (Amer. J. of Sc. 1843. B. 45, S. 120). J. Four-
net, durch Metaniorphisnius im Vogesen Kalkstein neben Granit (Bull. Soc. geol.
Fr. 1840. N. F. B. 4, S. 231). Euphotidcn, so wie Serpentine, metamorphische
Producte (Ann. Sc. pliys. et nat. Soc. d'agric. etc. de Lyon 1849. B. 1. Proces v.
S. XLVIII). B. Studer, mit Kalkstein u. Dolomit im Walliser Land , in Piemont
(Edinb. n. phil. J. 1849. B. 46, S. 168). C. Weiß, am Todtmoos (Pogg. Ann.
18;;0. B. 1, S. 461. iN. .lahrb. f. Min. 1863, S 721). Alph. Favre im Berg Iseran
(Bull. Soc. geol. Fr. ISiil. B. 8, S. 624). Th. Sterry Hunt, Canada (dito 1855.
B. 12, S. 1031. C. R. Ac. d. Sc. P. 1857. B. 44, S. 996). — Clifton Sorby
mikroskopische Untersuchung über Glimmerscliiefer (Quart. .1. geol. Soc. L. 1863.
ß. 19, S. 401).
über die Rolle der Veränderungen des unorganischen Festen etc. 43
großen Anzahl von Serpentinlagern im krystallinisclien Scliieler-
gebirge, doch wenigstens einige zur Ganghiklung gehören mögen.
Über jedes Lager oder Lager-Complex wünschten wir ein förmliches
Gericht nach hinlänglicher Umforschung gelialten zu sehen.
Granaten kommen in den Serpentinen dieser Galtung vor,
welche mit der Weißstein-Bildung (Penig in Sachsen u. s. w\) oder
mit Eclogiten wie bei Waldheim, im Schwarzwald, bei Karlstätten
in Niederösterreich, im Aosta-Thal u. s. w. oder mit granatreichen
Schrillgranit-Gängen wie bei Portsoy (Sehottland) verbunden sind.
Diese Varietät Pyrop genannt ist weltbekannt im Serpentin zu Zöblitz
in Sachsen, in der Nähe von Namiest in Mähren (0])orny Verh.
Briinn Naturhistoi*. Ver. 1866. B. 5), zu Gralienhof (N.-Österreiciij,
in dem vogesischen Serpentin, zu St. Nicolaus (Wallis), zu Musa
und im Aosta-Thal <), in dei'Nähe von Portsoy u. s. w. Anderswo sind
selbst die Hornblende Gesteine in der Nähe der Serpentine granat-
haltig, wie z. B. am Huron-See in Nord-Amerika u. s. w.
Der Eklogitist nur eine sehr localchemische Veränderung der
Weißsteine, in welchen erstere Felsart übergeht, indem er auch hie
und da zum granathaltigen Serpentin wird , wichtige Älorkmale eines
ähnlichen chemischen Processes l'iir alle drei Felsarten wie es auch
Bischof annimmt (B. 2, S. 787). Er gibt auch zu, daß der Weißstein-
Serpentin von Breccien aus Granulit, Hornblendegestein und Eisen-
kiesblöcken in einem verwitterten Serpentinteig nicht nur begleitet
wird, sondern dass noch an beiden Seiten dieser Trümmerhaufen
ein von Eisenkiesel, Schwarzeisenstein, Chlorit, Quarz, Hornblende
und Asbest durschwärmten Serpentintuf sehr merkwürdig ist. (Dito
S. 799 — 800.)
Die chemischen Erklärungen Bischofs sind sehr sinnreich und
auch theilweise wahrscheinlich, aber solche Reactionen können wohl
einem dichten Gesteine eine brekzienähnliche Gestalt wie der Ser-
pentin geben, doch sie werden nie solche Felsarten in eine Breccie
verwandeln, welche aus eckigen Fragmenten sehr verschiedener Ge-
steine wie Granit, Kalk, Schiefer u. s. w. , besteht. Da fällt man
wieder in die alten schottischen, neptunischen und lächerlichen
') Siehe Fournet's große Ahli. über die Serpentine zwischen Wallis und Ulsans in
Ann. Sc. phys. et nat. See. d'agrie. etc. de Lyon 1848. ß. 4, S. 12G u. 1846. B. 9
S. 1—112.
44 R 0 u e.
Theorien der gleichzeitigen Formation der Conglomerate undBrekzien.
Die falsche Möglichkeit bildet aber für unsere Gönner eine Stütze, un>
die genetische Wichtigkeit des Bas.'dt, Tracliyt, Phonolit , Pechstein,
Porphyt, Diorit, Serpentin, Sienit und Granit-Brekzien (siehe Guide du
geologue-Voyageur 1835. B. 1 , S. 453 — 456) zu neutralisiren. So
versteigt sich selbst das gründlich chemische Wissen, wenn dieses im
Laboratorium bleibt und in der Natur sich nicht umsieht.
Eine dritte seltenere Art des Serpentins ist der, welcher
in augi tisch e n Felsarten seinen Ursprung nini m t und in
diesen allmälig übergeht. In diesem Falle kommt dem Mineralogen
die häufige Metamorphose des Augit in einer weichen grünlichen, ser-
pentinähnlichen Materie sehr zu Statten. Möchten auch einzelne
Chrysolithe oder Olivine in jenen Trapparten angenommen werden
müssen, so verschwinden sie gegen die Menge der Augite. Diese
Gebirgsart landen wir nie anders als in Gängen oder Stöcken im devo-
nischen Sandstein Großbritanniens, Lyell besehrieb davon einen
großen Gang im rothen Sandstein Forfarshire's (Edinb. J. ol" Sc.
1825. B. 3, S. 112). Wir sahen Ähnliches im südwestlichen Schott-
land und fanden diese Felsart auch in dem untern Theile der Stein-
kohlenformation in der Insel Inchcolm in der großen Meeresbucht
vor Edinburg (Essai sur TEcosse S. 176) *).
Endlich gibt es kleine Partien von oft hellgrünem
Serpentin, der sogenannten edlen Art in körnigem oder halb
krystallinischem Kalke wie bei Connemara in Irland (Harkness brit.
Assoc. Rep. f. 1865. Trans. S. 59) und zu Predazzo oder in solchen
mit Talkblättern untermischten Kalksteinarten. Nach der multiformen
Metamorphose der Serpentine muß man zur Erkenntniß des Urvaters
solcher Serpentine jede Örtlichkeit und ihre Mineralien in Betracht
ziehen und dann sein Urtheil lallen. Unter den zahlreichen in Steatit-
Serpentin verwandelte Mineralien möchten wir ganz und gar nicht
die Chrysolith-Metamorphose in diesem Falle ganz ausschließen. Doch
in manchen von uns besuchten Lagerstätten der Art deutele die Nach-
barschaft von Tremoliten eher auf Pseudomorphosen der Hornblende,
wiez. B. in Gentilt (Schottland), Gullsjö u. s. w. Anderswo wie zu Pre-
dazzo möchte man vielleicht eher die kleinen serpentinartigen Nester im
') N;tcli Z L-j) lia ro V i ch ciilstiiiid der Si-rpentiii im Gueiss zu lieiclieusteiii, aus eiuciii
iiug^itischfeldspatliischen Gesleine. (Lolos 1SC7. S. 113.)
über die Rolle der Veränderungen des unorganischen Festen etc. f^Q
krystallinischeii Kalk iheil\\eise zurHornbleiule und tlieilweise wenig-
stens zu dem Augit zurückl'ühren. \A'ir finden selbst die Erwähnung
der Umwandlung eines Dolomites in Topfstein ') und dem genauen
Gust. Rose schienen die Serpentin -Trümmer im krystallinischen
Schiefer zu Rothzechau in Schlesien nur ein Zersetzuiigsproduct des
Dolomit (Bischofs Geologie B. 2, S. 785).
Man bemerkt wenigstens deutlich, daß gewisse Mineralien zer-
setzt wurden, und in dieser Steatit-Serpentin Stande mit dem Kalkcarbo-
nate sich mischten oder in diesem als kurze Nester, Blätter oder nur
Adern auftreten. Diese Ophicalce bilden kurze Lager oder Nieren
wie die Anhäufungen vonTalk und Glimmerblätter in selben Gesteinen.
Dana will sich diese Bildung durch kieselhaltige Thermen erklären,
welche auf den Kalk, die Magnesia und die Salze des iMeereswassers
eine Reaction geübt haben. (Amer. J. of Sc. 1844. B. 47, S. 13ö.)
Enthielt der körnige oder halbkrystallinische Kalkstein thierische
Überbleibsel wie der Eocoonkalk, so lagerte sich in den Höhlungen
der Fossilien wie die Kammer der Foraminiferen oder um den Spa-
thosen Petrefacten Steatit - Serpentin und Chrysolith so wie Kalk-
spath. Rlöchte man aber in den andern aufgezählten Serpentin-Gat-
tungen auch Thierreste einst finden , was uns schon höchst zwei-
felhaft scheint , so würden solche nur in jenen brekzienartigen
Massen zu finden sein, Melche hie und da die Serpentine umzingeln
und aus Fragmenten von den sie umgebenden Flötzkalk oder Schiefer
in einem Serpentin-Cement bestehen. Das wäre dann ein Gegenstück
zu ähnlichen sogenannten muschelhaltigen altern und Jüngern Trapp-
brekzien, mit welchen die ehemaligen Neptunisten ihre Meinung zu
stützen glaubten, weil sie die natürliche Art einer solchen neptuno-
plutonischen Bildung nicht kannten. (Siehe meine adnotat. Akad.
Sitzb. 1864. B. 49, S. 2o9u. Quart. J. geol. Soc. L. 1 865. B. 22. S.188.)
Wenn aber der Serpentin ein Umwandlungsproduct ist, kann
man die Frage aufwerfen, ob dieser Procef^ auch fortgeht,
oder ob das Gestein nur verändert an der Erdoberfläche erschien.
Wenn man bemerkt, wie gewisse Granite noch immer sich in Kaolin
') Gurlt zu Gulbrandsdalen, Norwegen. (Verb, naturhist. Ver. Preuss. Rheinl. 1863.
B. 20. Tb. 2. Sitz!.. S. 126. N. Jahrb. f. Min. 1864. S. 79. .Mining a. Smelt. Mag.
1863. B. 4, S. HO. Dr. Otto Volger erbat sich die Priorität dieser Meinung.
(N. Jahrb. f. Min. 1864. S. 339 u. seine Entwicklungsgeschichte der Mineral, der
Talkgliramer-Familie 1834.3
46 B o u e.
verwaiuleln, wenn man das inerkwürdige Steatitwcrdcn der Ophite
(Dax II. s. w.) kennt, so würde man für die erste Meinung mehr als für
die letztere geneigt sein. IMehrere Gelehrte hahen auch wenigstens
Chrysolith sich unter ihren Augen hilden sehen, wie Cesar von Leon-
hard und Del esse (Ann. der Min. 1850. B. 18, S. 349). Es stellen
sich dagegen aber große Anomalien. So z. B. der aus Olivin, Enstatit,
Picotit und Diopsid bestehende Lherzolilh >) zu Lherz und im Paß
Portet liefert den Anblick einer unwirthlichen Wüste. Sie ist wie das
todte Meer der Alpen mit dem großen Unterschied, daßKryptogamen-
Gewächse wie Lichenen kaum auf dieser Felsart Erdtheilchen genug für
ihr Leben finden können. Ahnliches bemerkt man im Olivinfels zu
Ölten in Tirol und selbst in den großen Bruchstücken desselben im
Basalt des Volant Thaies in der Ardeche. Warum dieses Verhältniß,
wenn wir annehmen, daß der Serpentin meistens nur chemisch verar-
beiteter Olivinfels sei? Man wird uns antworten, daß fast dieselben Ano-
malien zwischen den schönsten Dioriten und den erdigen steatitartigen
Ophiten oder zwischen gewissen Graniten und Kaolin-Graniten in der
Natur bekannt sind. Daraus würde aber, nach uns, der Schluß folgen,
daß die chemische Natur jener so verschiedenen Gesteinen-Reihe
nicht dieselbe sein müsste, oder daß die veränderten Lherzoliten,
und vielleicht auch Dioriten gazartigen oder wässerigen Einflüssen
eine Zeit ausgesetzt waren, was mit den unveränderten nicht ge-
schehen ist. Indessen nach unsern Erfahrungen über die S^erpen-
tinbrekzien zeigt ihre Textur deutlich, daß die sie mitführende Masse
eine teigartige und keineswegs eine sprödartige war. Dann kommt
noch dazu der Umstand der sogenannten örtlichen Veränderungen
der Nebengesteine, was ehemals Plutonisten nur als Feuer- Wirkungen
gelten lassen wollten, weil manches an die gebrannten undgerötheten
Thone, Schiefer und Sandsteine der Pseudovulkane der Steinkohlen
erinnert. Die Schiefer-, Mergel- und Kalksteine erscheinen ver-
härtet, kieselig und jaspisartig geworden und verschiedenartig gefärbt.
Nun diese Veränderungen, wohl nicht allein eine Folge der chemischen
Metamorphose der Serpentine, könnten doch auch von Kohlen-
säure und Kiesel enthaltenden thermalen Mineralwässern herstammen,
welche nach den Eruptionen der Serpentine zu diesen Umwandlungen,
1) Siehe Danioiir Bull. Soc. geol. de Fr. 1862. B. 29, S. 413 u. n. Jahrb. f. Min.
1863, S. Oo.
über die Bolle der Veränderungen des unorganischen Festen etc. 47
SO wie auch wahrscheinlich theilweise wenigstens zu derjenigen der
Ur-Felsart der Serpentine Anhiß gaben. Die rüthlichen, gelblichen und
grünen Farben dieser groben Jaspis-Abarten stammen von Eisentheil-
ehen desselben Ursprunges ab.
Unter der Reihe der kalkigen Gebirgsarten ist die dolo-
mitische Umwandlung die großartigste, was wir im Kleinen
kennen, bewährt sich im großen Maßstabe. Auf diese Weise ent-
standen und entstehen noch jetzt nicht nur reine Dolomite, sondern
auch die unreinen, wohlbekannt als grauer Aschlager und die mag-
nesiahaltigen , zelligen, mehr oder weniger krystallinischen Raueh-
wacken. Die riclitige Theorie scheint uns diejenige, welche dazu die
Hilfe des Mineralwassers oder nur die des mit Kohlensäure geschwän-
gerten Wassers (Rischof) annimmt. Wenn nun diese Wässer
kohlensaure Magnesia enthalten mögen i), so ist damit nicht gesagt,
daß in altern geologischen Zeiten Dolomite auch durch schwefelsaure
Magnesia-Reaction und unter einer höheren Temperatur 2) oder selbst
durch Chlormagnesias) oder durch wasserlose Chlormagnesia Dämpfe*)
sich vielleicht haben bilden können. Cordier und Leymerie
erklären sich die Bildung der Dolomite durch eine Reaction von Kohlen-
säure der natronhaltigen Thermalwässer auf dem Chlorcalcium des
1) Coquand, Bull. Soc. geol. Fr. 1841. B. 12, S. 343. 1849. B. 6, S. 322. Jackson,
Amer. J. of Sc. 1843. B. 43, S. 140. Nauck, Pogg. Ann. 1848. B. 75, S. 129.
Brüder Rogers, Amer. Assoc. 1848. Amer. J. of Sc. B. 6, S. 396. Benj. Silli-
man, Amer. Assoc. 1848. Amer. J. of Sc. 1848. B. 6, S. 401. Forchhammer,
Danske Videnskab. Selsk. Forh. 1849. S. 83. ßrit. Assoc. 1849. Erdm. J. f. prakt.
Chera. 1830. B. 49, S. 32. N. Jahrb. f. Min. 1832. S. 834. Bibl. iiniv. Geneve. 1830
B. 13, 8. 241. Scheerer, Beiträge zur Erklärung der Dolomitbildung 1863.
Verh. k. Leop. Carol. Ak. B. 32, Th. 1. Boue', Akad. Sitzb. 1834. B. 12, S. 422
u. 431. 1839. B. 37, S. 364. N. Jahrb. f. Min. 1866. S. 374. Thermalwässpr.
Dana Amer. J. of Sc. 1843. B. 43, S. 120. 1844. B. 47, S. 133.
2) Haidinger, Trans, roy. Soc. Edinb. 1827. Collegno, Bull. Soc. geol. Fr.
1834. B. 6, S. 110. Sartorius, Pogg. Ann. 1833. B. 94, S. 133. N. Jahrb. f.
Min. 1833. S. 737.
3) Virlet, C. R. Ac. Sc. P. 1835. B. 1. S. 271. Alph. Favre u. Marignac dito
1849. B. 28, S. 364. N. Jahrb. f. Min. 1849. S. 742. Edinb. n. phil. J. 1849. B. 47,
S. 86. Bibl. univ. Gene've 1849. B. 10, S. 194.
*) Frapoli:, Bull. Soc. geol. Fr. 1S47. N. F. B-4, S. 831. Pogg. Ann. 1846. B. 69,
S. 301. Durocher, C. R. Ac. d. Sc. P. 1831. B. 33, S. 64. Phil. Mag. 1851.
N. F. B. 2, S. 304. Bibl. univ. Geneve 1851. N. F. B. 18, S. 343. Sainte Ciaire
Deville, C. R. Ac. d. Sc. P. 1838. B. 47, S. 89, 91.
4ö Boue.
Meenvassers, welches in den Urzeiten dann nicht so viel Chlornatrium
enthalten hätte *). (Siehe für die künstlicli erzeugten Dolomite. Sitzh.
1864. B. 51, S. 66.)
Die Rauchwacken ~) sind meistens in der Nachbarschaft
oder in Begleitung von Gyps. Doch dieses in geologischen Zeiten
durch die Einwirkung von Schwefel Wasserstoff s) oder selbst von
Scliwefelsäuredänipl'en *) auf dichten oder kürtiigen Kalkstein gebil-
det, ist ein cher]iisches Product, welches heut zu Tage nur im kleinen
und kleinsten Maßstabe vorkommt. Braun erzählt von in Gyps
umformten Muschelkalk durch Infdtration schwefelsauren Natron ent-
haltender Wässer (N. Jahrb. f. Min. 1844. S. 39).
In Solfataren bilden sich auf diese Weise Selenitkrystalle oder
oder selten durch die Zersetzung von Eisenkies in verschiedenen
Kalkfelsen und Gesteinen verschiedenen Alters, kleine Partien von
dichtem Gypse (Ells, Mähren) s). Ein sehr ähnlicher Process ist die
Verwandlung des Kalksteins in Gyps neben der Kupfermasse zu
Agordo (L. Pasini Atti della 3 Riunione di Sc. ital. Firenze 1841.
S. 186). Die selenite Krystallbildung der künstlichen Wasserkam-
mer im Salzgebirge der Alpen oder in Bergwerk-Stollen derselben
Gattung von Gebirgen oder in jenen reich an Schwefeleisen, sind
bekannte Thatsachen. In den sogenannten Soffioni oder Bor enthalten-
den Wärmewasser -Ausdünstuuffen in Italien bemerkt man die
<) T. Sterry Hunt Report, geol. Survey of Canada 18ö7, 18Ö8. Amer. .T. of Sc. 18"j7.
N. F. B. 26, S. 109. 1839. B. 28, S. .360. Phil. Maj?. 1858. B. 6, S. 379. 1839.
N. F. B. 18, S. 153. Quart. J. geol. Soc. L. 1860. B. 16, S. 133. C. R. Ac. de Sc.
P. 1862. B. 34, S. 1193. Cordier dito B. 34, S. 294. Leyuierie, Elements de
Min. et de Ge'ologie 1861. Mem. Ac. de Toulouse 1864.
2) Für ihre Bildung. Siehe Cotta. N. Jahrb. f. Min. 1848. S. 134. T. St. Hunt. Amer.
J. of Sc. 1837. B. 24, S. 272 u. Bihl. »niv. Geneve 1837. 4. F. B. 36, S. 268.
Cnmbel, Zeitschr. deutseh. geol. Ges. 1866. B. 18, S. 391.
3) Bischof, Schweig-g-. J. f. Chem. 1832. B. 66, S. 147. Coquand, BuH. Soc. geol.
Fr. 1840. B. 11, S. 386. 1841. B. 12, S. 343. 1848. B. 6, S. 116. Despines,
Aix in Savoyen. Bull. Soc. geol. Fr. 1844. N. F. B. 1, S. 741. .Marchison, dito,
Edinb. n. phil. J. 1830. B. 30, S. 21. Wang-enheim v. Qualen, Corresp. Blatt.
Naturh. Ver. Riga 1838. S. 83. Delesse fC. R. Ac. de Sc. P. 1862. B. 32, S.912.)
*) Boue, Essai sur l'Ecosse 1820. S. 413. Tasch. f. Min. 1823, S. 277. Voltz,
Jahrb. f. Min. 1831. H. 2. Elie de Beaumont. Bull. Soc. geol. Fr. 1841. B. 12,
S. 347. Cotta, Geologie 1846. S. 130. Boisse, Ann. d. Min. 1843. B. 8, S. 31.
Hunt. Bull. Soc. geol. Fr. 1833. B. 12, S. 1306.
5) Diday, Ann. d. .Min. 1847. B. 11, S. 409.
ÜbiT die Rolle der VerändtTiiiig^eii des iinoryanisclieii (•'esten ete. 49
Bildung nicht nur von vielem kohlensauren Kalk, aher auch von dich-
tem so wie krystallisirlem Gyps und sch\vefelsaurem Natron (Ilaiiiil-
ton Quart. J. oC Geol. Soe. L. 1845. B. 1, S. 297).
Herr Webster heobachlete 2 Fuß dicke Lager von Salz und
Gyps auf den Küsten der Insel Ascension, dessen Ursprung er in den
Wellenbewegungen des Meeres einzig zu finden glaubt (Voy. of the
Chanticleer. 1855. B. 2, S. 319) i).
Hierund da verbinden sieh die Kai kst ein -Trümmer zu
mehr oder weniger festen Breccien vermittelst der auflösenden Kraft
der Kohlensäure, welche dann eine Art von Kilt verursacht. Dasselbe
geschieht mit den Kreide-Trümmern, welche oft dann das Auge
täuschen künnem (W. Whitaker Phil. Mag. 1861. 4. F. B. 22,
S. 325.)
Eine eigenthümlich kleine Bildung ist die Verhärtung des
Kalksteinschleim, wenn dazu geeignete Oertlichkeit wie Pfützen,
kleine Becken oder große Felsenlöcher sich finden. Es bildet sich
auf der Oberfläche der Kalkfelsen mehr oder weniger nach der Kalk-
stein-Gattung ein weißgrauer oder röthlicher Schlamm, welcher von
dem Begenwasser weggespült, dann hie und da zu einer sehr un-
reinen Kreide Anlaß gibt, wie man es z. B. zwischen Hallein und
Berchtolsgaden u. s.w. beobachtet. Es ist derselbe Schlamm, welcher
in Knochen, Höhlen und Spalten-Breccien noch unreiner erscheint.
Ob die sogenannten verrottenen Kalkstein -Partien, die Bot-
tenstone der Engländer, von einfacher und noch jetzt sich fort"
setzender Verwitterung herrühren, möchte ich fast glauben, da
dazu nur die Kohlensäure nothwendig war. (Siehe V. Martin Mem.
Manchester Lit. a. pliilos. Soc. 1813. N. F. B. 2, S. 313.)
Es scheint, daß das sal p ete r saure Natron mit wasser-
losen schwefelsauren Natron und Glauberit auf der Pampa de
Tamarugalia zu Tarapaca in Peru und zu Iquique in Chili sich nicht
mehr bilden s), aber das Gegentheil findet für folgende Salze statt.
1) Math, dd^ Dombasle, Cause du voisinage du sulfate de chaux et du sei. Ann. des
mines 1821. B. 6, S. 149 — 1Ö9.
2) Mariano de Rivero, Ann. de Chim. et Phys. 1821. B. 18. S. 442, Quart. J. of
Sc. L. 1822. B. 11, S. 436. Edinb. n. phil. J. 1841. B. 31, S. 431. Ch. Darwin,
Travels of nat. bist. u. s. w. 1839. Deutsch. Übers. B. 2, S. 133. N. Jahrb. f. Min.
1843. S. 366. John H. Blake, Amer. J. of Sc. 184S. B. 44, S. 1. L'Institut 1843.
S. 120. Boue', Mem. Soc. geol. Fr. 1848. B. 3. Th. 1, S. 166. Will. Bollaert,
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LVll. Bd. 1. Abth. 4
50 Boüe.
namentlich das K ü c h e n s a I z auf gewissen Wüsten i), der Salpe-
ter (siehe Bibliographie dazu am Ende dieser Abh.) , der Nitro-
calcit des Herrn Shopard, das kohlensaure Natron 2), der
Borax s), der AI aun (Budoshegy, Tolfa u. s. w.) *), das schwe-
felsaure Eisen, (Dr. H. Lovetz. N. Jahrb. f. Min. 1863.
S. 665, 668), die schwefelsaure Magnesia ^), der koh-
len-«), (Salmiak in Vulcanen) chlor- und salpetersaure
Am moniak (nach Schönbein). Doch gehören außer den sechs
erstem Salzen alle andern sammt dem Nitrocalcit zu denjenigen, welche
J. roy. geogr. Soc. L. 1831. B. 21, vS. 99. N. Jalirl.. f. Min. ISüS. S. 6. Hilliger
u. Hugo Reck, Berg- u. Hütteimi Zeit 1803. S. 229.
1) Lavoisier, Chlorsäure Bildung in bewolinten Orten. S. Chemie. B. 1, S. 253.
Piilrin, .1. tie Pliysiq. 1800. B. ."jO, S. 248. IVA u b u is s o n\s üeognosie 1834. B. 2,
S. 485. Rn SS egger, Karsten's ii. Archiv f. Min. 1841. B. 16, S. 380. Bec-
querel, Erklärung dui-eh das Aufsteigen des Wassers vermittelst der Capillarität
im Wüstensand, wo es Salz auflösl, (Traite de Phys. 1844. B. 2, S. 249.) Hom-
maire de Hell. Voy. pittorcs«). liist. et scienl. dans la Steppe de la Riissie nierid.
1841. u. s. w.
2) N. Bergmann. J. 1798. B. 2, S. 171- 179. L. Palcani. Mem. Soe. ital. 1797.
B. 8, S. 77. Expedit. Scientifiq. d'Egypte 1809. 2. Aufl. 1821. Humboldt, .1. des
min. 1811. B. 29, S. 106. Beudant, Voy. en Hongrie 1822. Berghaus, Ann.
1834. 2. F. B. 10, S. 373. Bischofs Geolog. Leonhard's Tasch. d. Fr. d.
Geologie 1846. S. 37. Hunt, Americ. J. of Sc. 1865. N. F. B. 39, S. 182.
3) WiH. Blanc im Thibet. Lond. phil. Trans, f. 1787. P. 2, S. 297. Pater F. Jos. de
Rovato (dito S. 301 u. 471), Forster dito (S pr en^gel's Beitrag z. Volk. u.
Landesk. 1788. B. 9 u. Voigts Mag. f. Phys. u. s. w. 1794. B. 6, H. 3, S. 39),
C. G. Hillinger zu Tarapaca Peru. (Annuario nacional de Peru f 1860. Lima
1860. S. 191.) Hugo Reck dito. (Berg- u. Hüttenm. Zeit. 1863. S. 229).
*) Müller, Zeitschr. deutsch, geol. Ges. 1854. B. 6, S. 707. Will. Keene (Delesse,
Revue d. Geologie f. 1861, S. 123).
5) Proust, in Andalusien (I. de Phys. 1788. B. 32, S. 246). Dr. Mohr, Pseudo-
vulcane. (Auu. d. Chem. u. Pharm. 1840, B. 35, S. 239). Ramon de la Sagra, in
Spanien. (Erdm. J. f. prakt. Chem. 1856. B. 66, S. 236). Saemann u. Guyar-
det, Exp. sur la format. de sulfate de Magnes. aus eiivirons de St. Jean de
Maurienne, Savoie 1862. 8.
••) In Vulcanen u. Pseudovulcanen. Ann. of phil. 1813. B. 5, S. 464, in Vulcanen
(Edinb. n. phil. J. 1826. B. 1, S. 193). Chr. Kapp, Dufweiler Pseudovulcan.
(N. Jahrb. f. Min. 1836, S. 201.) R. Bunsen, in Islandischen Laven. Ann. der
Chem. u. Pharm. 1847. B. 62, H. 1, gegen Sartorius. (Island S. 116.) Ann. de
Chem. 1848. B. 65, S. 72. Phil. Mag. 1858. 4. F. B. 16, S. 368. Bischof
(Geologie 1847. B. 2, S. 113 u. 119.) Ranieri, für Bunsen's Meinung. (Liebigs
Ann. d. Chem. 1837. B. 104 Phil. Mag. 1838 4. F. B. HS. S. 369.) Napoli, am
Vesuv. (Rendiconto dell Accad. di Sc. di Napoli 1862 fasc. 7 — 8.)
über die Kolle der Verüiidenirif^eii des iitiurgauischen Festen etc. [) [
nur in der Natur in kleinem Quantum und selbst im kleinsten Maß-
stabe vorkommen.
Es ist ein ähnlicher Fall wie mit manchen kleinen Mineralien
wie zum Beispiel der Aluminit, welcher scheinbar den Platz von
Eisenkiesknollen eingenommen hat i), der Halloysit oder Len-
ziiiit (Daubree Bull. Soc. geol. Fr. 18o9. B. 17, S. 567). Der
Vivianit oder Eisenphosphat ^), der seltenere erdige Phosphorit
(Marmarosch), möglichst auch die dichte Gattung (Gümbel, Münch.
Acad. 1864. S. 325, Gir ardin, C. R. Acad. Sc. d. P. 1842. Oct.
Malaguti (dito 1861. B. S3, S. 442). Sandb erger N. Jahrb. f.
Min. 1864, S. 631. H. Rose (in einer Eierschale des Guano). Die
Barytsalze s), die Chlorsäure der Vulcane, der durch Subli-
mation, durch Schwefelwasserstoff oder Verwitterung des Blei-
glanz oder Eisenkies gebildeter Schwefel, die Schwefelsäu re*},
die Borsäure 5), der Flusspath der Thermalquellen e) , ein
seltener Glimmer ^) und ein Feldspat h ähnliches Mineral, alle
1) Schreber, Litholog. Hallensis 1759, Salzb. medic. Zeitg. 1792. B. t, S. 334.
Saussure, Schere r's allg. J. d. Chem. 1802. B. 8, S. 470. Keferstein, durch
alaunhältige Wässer veränderter Kalkstein. Tasch. f. Min. 1816. B. 9. Th. 2, S. 3ö.
H. Müller, De tert. formationis mineris alumlnicis. Berlin 1833. 4.
2) P. P. Pallas, Reise durch verschied. Provinz, d. russisch. Reich. 1771. B. 1,
S. 34. Dr. John, durch vegetabilische Zersetzung zu Spandau. Chem. Untersuch.
S. 307. Tasch. f. .Min. 1813, S. 363. Ann. d. Min. 1816. B. 1, S. 444. A. T. Wieg-
mann, Kastner's Archiv f. Naturl. 1827. B. 12, S. 422. N. Act. Ac. nat. Cur. 1837.
B. 18, S. XV. Bertrand de Lom, durch vulcanisch verändert. Apatit. C. R. Ac.
d. Sc. P. 1843. B. 20, S. 439. Seh lossb er ge r , im thierisch. Körper, Würtemb.
naturw. Jahresb. 1847. B. 3, H. 1, S. 30. Liebig's Ann. d. Chem. u. Phar. 1849.
B. 62, S. 382. N. Jahrb. f. Min. 1848. S. 374. J. Niki es, im menschl. Körper.
Amer. J. of Sc. 1836. N. F. B. 21, S. 403.
3) W. Haidinger, Schwerspalh-Krystalle im Carlsbader Wasser, Jahrb. k. k. geol.
Reichsanst. 1834. B 3, H. 1, S. 142. Jahrb. f. Min. 1834, S. 683. Kuhlraann,
durch Steinbruchwasser gebildet. C. R. Ac. d. Sc. P. 1837. B. 43, S. 787.
*) Durch Schwefelwasserstoff zu Acqua Santa. NachEgidi, Edinb. n. phil. J. 1829.
B. 7, S. 364. Eaton, durch Eisenkieszersetzung. Americ. J. of Sc. 1829. B. 33,
S. 239. Quart. J. of Sc. 1819. B. 27, S. 200.
5) Bischofs Geolog. 1847. ß. 1, S. 669. B o u e, Mem. Soc. geol. de Fr. 1848. B. 3,
S. 172. Rob. Warrington, Edinb. n. phil. J. 1833. 2. F. B. 1, S. 230.
6) Berzelius, zu Carlsbad. Gilberfs Ann. 1823. B. 74. S. 133 u. 138. Daubree,
in ähnlich. Quellen zu Plombieres. Bull. Soc. geol. Fr. 1839. B. 13, S. 368.
'j ISauwerk, Crells chem. Ann. 1786. B. 1, S. 309—316. Dr. Jenzsch, im
Melapbyr-Thone. Pogg. Ann. 1838. B. 103, S. 620.
J) 2 B o II e.
beide letztere sclieinbai- in derselben Zeit auf nassem Wege zu
Stande gekommen i).
In der Bildung nocb begriffen ist der Guano, weleher in
bedeutenden Massen alle Umwandlungsstufen der Vögel-Excremente
bis zum festen Meißlichen oder grauen Felsen zeigen. Der S t r u v i t ist
aucb eine ähnlicbe Bildung (Amtl. Ber. d. 24. Vers, deutsch. Naturf.
1846. Th. 8, S. 2(J4 u. Min. S. 51).
Unter den b r e n n b a r e n M i n e r i a 1 i e n verwittert wohl manch-
mal der Bernstein so wie aucb die schwarze und braune
Kohle im kleinen, das letztere geschiebt meistens durch die Zer-
setzung des Schwefelkies. Nur gewisse Gattungen von Koblen zei-
gen Metamorphosen im großen Maßstabe, es sind dann die von Berg-
leuten genannten verrottenen Kohlenlager, welche erdiger
und weniger zusammenhängend als die andern Gattungen scheinen.
Sind Kohlenlager abgebrannt, so stellen sich Asche und andere Pro-
ducte der Verbrennung ein.
In den Q u arzgebil den sind uns keine Umwandlungen im
Großen bekannt. Die sogenannte Verwitterung der Quarzfelse ist
nur eine Auflösung gewisser Theile von den übrigen vermittelst
Sprünge, worin Feuchtigkeit eindringt, obgleich im Kleinen die
Feuersteine und die Opale etwas der Art zeigen, und Eis darin sich
im Winter ausdehnt. Auf diese Weise bilden sich am Fuße der Quarzit-
berge Schuttkegel wie bei den Kalkbergen, doch sind in letzterem
Falle die Bruchstücke vorzüglich für den magnesiahaltigen Kalk 3-
bis 6- und 8-kantige, indem ausser gewisse grobe Jaspis (Bianconi's
Esc. geol. nel territ. porrettano 1867. T. 3) die Quarzfragmente mei-
stens keine solche an der Regelmäßigkeit streifende Formen darbieten.
Der Configuration nach bilden die Quarzberge Reihen von spitzi-
gen Bergen (NW. Schottland) oder nur isolirte breite Zuckerhüte oder
dreieckige Pyramiden wie der Schiballion (Schottland) oder man
<) Söcliting, Zeitschr. deutsch, geol. Ges. 1858. B. 11, S. 147. Dr. Jenzsch,
Saniden-Kryst. in verwittert. Melaphyr-Thone, Pogg. Ann. 1838. B. 105, S. 618,
652. A. Knop, im S.-iudstein u. porphyritisclien Conglomerat, Beiträge z. Keniitn.
<1. Steinkohlenf. u. s.w. im Krzgebirgc Bassin 18Ö9. iN.Jalirb. f. Min. 1859. S. 595.
Volger dito, dito 1861. S. 7. — Für die Feldspathbildung im Allgemeinen. Siehe
Dr. E. Weiss, wichtige optische Beitrüge zur Kenntniß d. Feldspathbildung u.
Anwendimg auf die Entstehung von Quarztrachyt u. Quarzporphyr. Gekrönte
Schrift. Harlem 1866. 4. 2. T. Zeitschr. deutsch, geol. Ges. 1865. B. 17, S. 435.
über die Rolle der Veränderungen des unorganischen Festen etc. 53
sieht vor sich mauerälinh'che Berge mit gewölbten Kuppen oder
abgestumpften Ki'iplen wie im Taunus und westlichen Indostan.
Diese Massen sind immer in einer Schielerhülle, welche durch die
leichtere Verwitterung eher als das feste Silicat versclnvind( t.
Manchmal hat es uns geschienen, daß die isolirten Quarzherge nur
in sehr großem Maßstabe die geMÖhnlichen Nieren oder Mandel des
quarzigen Glimmertalk und Chloritschiel'er vorstellen.
Obgleich die Quarzbildung im Kleinen (Quarzkryslall, Ilyalilh,
Chalcedone, Jaspis) durch Mineralwässer oder überhaupt auf nassem
Wege fortgehen kann, bleibt die Bildungstheorie des echten Quarz-
fels viel schwerer als die derQuarzite, welche letztere mikroskopisch
untersucht, nur immer mehr oder weniger dichte zusanimengepreßle,
manchmal verkieselte oder verkohlte Sandsteine sind. Für die Quarz-
felsen finden wir in der Natur nur die Bildung des Kieselsinter durch
Thermalwässer( Island, Californien) und diejenigen des Trippelsteines
durch die Kieselpanzer der Infusorien, doch welcher himmelweiter
Unterschied zw ischen beiden Producten.
In der Natur sehen wir den Quarzfels im kleinen Maßstabe
Gänge bilden , welche in sehr verschiedenen Formationen von den
ältesten bis zu den jüngsten gefunden werden. In altern Formationen
so wie in dem Kryslallinischen überhaupt, tragen die Quarzgänge die
Bildungsmerkmale Thermalwässer oder thermaler wässeriger Dämpfe,
welche wie noch jetzt durch ihren Natrongehalt die Kieselerde in
Auflösung hielten. Mit diesen Silicaten im amorphen Zustande sind
Quarz-Krystalle, Jaspisarten (Daubree Bull. Soc. geol. Fr. 1839.
B. 17, S. 568), eben so als verschiedene Metalle und besonders
geschwefelte, namentlich Gold, Rutil, Wolfram, Schwefel, Molybden
u. s. w. abgesetzt worden.
Herr Posepny hat in den goldführenden Quarzlagern und
Gängen zu Gyalu in Siebenbürgen Structur-Verhältnisse gefunden
und abgezeichnet (Verb. k. k. geol, Reichsanst. 1867, S. 98),
welche lebhaft an denjenigen der Agathen erinnern. Er glaubt
darin eine großartige Pseudomorphose des Kalkstein gefunden zu
haben, indem er uns die Möglichkeit einer andern Erklärung doch
nicht ganz verschließt, namentlich daß wir es da mit einer quarzi-
gen Gangausfüllung zu thun haben. Kieselhaltige Thormalwässer
hätten die Spalten theÜM eise agathmäßig ausfüllen und zugleich die
kalkigen Nebengesteine etwas verkieseln können.
54 Bon e.
Docli wenn man auC diese Art die Qiiarzbiklung etwas begreifen
kann, so ist diese Erklärungsart für die großen Quarzberge nicbt
slichbaltig, man muß da wieder seine ZnlUicht zu dem großartigen
Chemismus der uräitesten Zeit, namentlich der krystallinischen Schie-
ferbildung zurückgreifen. Ob man wohl in diesem eigenthiimlichen
Laboratorium Ejaculationen von sehr kieselerdereichen Wässern an-
nehmen oder selbst solche von weicher teigartiger Kieselerde sich
denken könnte? Die letztere hätte sich auf diese Weise tiiciiweise
in den altern Schiefern angehäuft oder sie in theilweise von unten,
theilweise von oben gefüllten Gängen durchsetzt. Dieser Meinung
scheint die Thatsache des sogenannten cylinderfürmigen goldführen-
den Quarz, des amerikanischen Barrelquarz, günstig, das Gold hat
sich zwischen den Rollen abgesetzt (Amer. J. of Sc. 1864. B. 38,
S. 104). Aber gerade wegen dem Umstände der mit Quarz aus-
gefüllten Spalten, möchten wir zweifeln, daß wie gewisse Theo-
retiker meinen , alle alten Quarzfelsen umgeänderte Sandsteine
oder Aggregate sein. Wir ptlichten der Meinung des verewigten
Macculloch gänzlich bei, indem wir die Quarzfels-Materie eben
so uralt als die des Granit halten, ohne darum zu zweifeln, daß es
viele jüngere Quarz-Gebirgsarten in Lagern, Stöcken und Gängen,
wie z. B im Silurischen u. s. w. gibt, welche theilweise metamor-
phosirte Sandsteine , theilweise Thermalwasser-Niederschläge sein
werden. Wenn der tertiär zellige Mühlstein-Quarz sich nicht mehr
bildet, so ist es möglich, daß dieses der Fall mit dem Schwimmkiesel
(St. Ouen u. s. w.) sein mag.
Die Scbiefersteine wie die Sandsteine und Conglomerate
verwittern wolil , aber selten glaubt man wirkliche Umwandlungen
und nicht nur allein Zerbröcklungen zu gewahren. In einem solchen
Stadium findet man z. B. manche Schiefer-Partien auf den Seiten
der Metallgänge, wo Verkieselung, grüne, rothe und gelbe Färbungen
u. s. w. bemerkt werden. Dann gibt es Schiefer, welche zur Zer-
setzung geneigte Mineralien oder Bestandtheile enthalten. So fanden
wir z.B. in Central-Bosnien, bei Egripalanka und Samakov in Macedonien
sehr bedeutende Massen von Glimmer undThonschiefergebirge in einer
weichen graubräunlichen Materie zersetzt, so daß man daraus das reiche
Eisenglimm er erz leicht auswaschen konnte. Anderswo unfern
der Granite fanden wir zu Pouzac bei Bagneres de Bigorre in den
Pyrenäen dieselbe Schieferbildung gänzlich in Thon verwandelt.
über die Rolle der Veränderungen des unorganischen Festen etc. J)5
ohne ihre Schichtung wie in der Türkei verloren zu haben. Diese
letzteren Schiefer waren aber voll Co uzerani t-Krystallen. [n
allen Fällen lieferten und liefern noch die Sehiefergesteine, sowohl
die altern als die Jüngern Schieferthone sammt den feldspathisclien
Felsarten das Material zu den Thoneninassen aus allen Zeiten.
Die Gneisse verwittern auch und bilden ähnliche weiche
Felsen, doch dieses ist nur eine Folge der Kaolinumwandlung ihres
Feldspathes. Der Grussand, die französische Arene des Granit,
ist eine bekannte Thatsache (Morven, Insel Arran, Schottl., Kirklisse,
Thracien). Das ist aber wieder meistens nur eine mechanische,
besonders durch Wasser-Infiltration hervorgebrachte Zersetzung, die
Wirkung des Atmosphärischen tritt später dazu, der Feldspath wird
früher als der Glimmer angegriffen. Ähnliche Kohlensäure ent-
haltende Wasser-Infiltrationen bringen hie und da Zeolithe (Stilhite
besonders), in Trachyt eben sowohl als im drusenreichen Granit, wie
in Glen Rosa in der Insel Arran, Schottl. u. s. av, vor. Der Sienit ist
auch manchmal einer bedeutenden Zersetzung ausgesetzt, wie es uns
Del esse in den Vogesen (Ann. d. Min. 1848. 4. F. B. 13, S. 668),
Wittstein (M. Jahrb. f. Min. 1863, S. 309), Bischof im Oden-
wald (Geolog, ß. 3, S. 362) beschrieben. Zwischen ßania und
Samakov in der Türkei hatten wir auch Gelegenheit Sienit- so wie
Granitzersetzung zu beobachten.
Unter den Erzen gibt es außer der großartigen Umwandlung
des Spatheisenste in auf Lagern oder Gängen in Eisenoxyd-
Hydrat, diejenigen desselben Erzes in Roth eisen stein, die des
Brauneisenstein in Ankerit, die des Eisenspath in was-
serhaltigen phosphorsauren Eisenoxyd, die Bildung der
Oker, die Umwandlung des Eisenkies und Manganoxyd in
Hydrate. Die ()t itbildung sieht man noch im Kleinen fortgehen.
Weiter können wir noch an den so häufigen Zersetzungen und Um-
wandlungen einiger gesch we fei I er Metalle wie Blei, Zink,
Eisen, Kupfer, Antimon, Arsenik und Mangan erinnern, unter welchen
das von Blende herstammende Galmey einen wichtigen Platz
einnimmt.
Wie gewisse Wässer Raseneisenstein bilden, so ent-
stehen durch kalte Säuerlinge noch jetzt Eisenhydrate so wie
kohlensaures Eisenoxydul und Manganoxyd. Schwefel-
eisen und Zink sind noch Producte unserer Zeit. In den Schlün-
!l 6 B 0 u e.
den der Vulcane setzen sieh nielil mir Schwefel, sondern durch
Sublimation Chloreisen, Chlormagnesium, chlorsaures
Kupfer, Eisenoxyd, M agnetei sen oder Eisenoxydul, so
wie Magnoferrit (Ra m melsberg, Pogg. Ann. 1859. B. 407.
S. 454) ab. Die von dem Innern der Erde auf der Erdoberfläche durch
plutonische Kräfte erschienenen Metalle sind besonders in Verbindung
mit Schwefelsäure allein oder Arseniksäure. Alle andern metallischen
Säuren sind ein viel selteneres Vorkommen. Die Fluor-Kieselsäure
scheint eine ziemlich bedeutende Rolle in der Erdball-Genesis ge-
spielt zu haben, aber Phosphor, Bor und H y d r o c h 1 o r - S ä u r e
so wie Brom und Jod ziemlich selten gewesen zu sein.
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Auf Kalkstein zu Lormont, Gironde (L' Institut 1844. B. 12, S. 17G).
Pedroni (Sohn), Kreide u. tert. Kalkst, der Gironde (Act. Soc. Linn. Bor-
deaux 1845. B. 13, S. 167).
Deutschland. — Nacliriclit von einem um Helmstedt entdeckten Salpeterstein
1732. (?)
Ungarn. — Torkos (T. J.), Diss. de sale minerali alcalieo na'ivn pMnnonjeo
Viennae 1763. Deutsche Chers. 1766.
Moser (Dr. Ignaz) (Jahrb. k. k. geol. Reichsanst. 1850. ß. 1. S. 453—472
N. Jahrb. f. Min. 1854. S. 216).
Szabo (J.) (dito H. 2, S. 324— 342).
Ragsky (Dr. Ign.) (dito 1851. B. 2, H. 2, S. 166).
Italien. — In Höhlen zuMolfetta, Puglia, Neapolitan. (Physika!. Arbeit, d.
einträchtig. Fr. zu Wien v. Born 1783. B. 1. 4. Viertelj. S. 74).
Fortis (Abbate Alb.), Mem. storicofisico del nitro minerali di Molfetta 1787.
(Opuscoli Scelti di Milano 1787. B. 10, S. 145, 1788. B. 11. S. 145.)
Raniondi (oder Ramondini) (V.), Lettera relativa alla questione insorta tra
A. Fassano e T Abbate Fortis intorno il nitro del Pulo di Molfetta Napoli
1787.
Zimmermann, Voy. ä la nitriere naturelle ä Molfetta dans la terre de Bar.
en Pouille Par. 1789. 8. (Rozier's J. d. Phys. 1790. B. 36, S. 109—118.)
De la metherie's Bem. S. 117—118.
Carburi (Cte Je. Bapt.), Ohne Pflanzen u. thierische Materie zu Molfetta
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Klaproth, Analyse jenes Salpeters (Beiträge 1795. B. I, S. 317. Rammels-
- berg's Chem. Min. 1841. B. 2, S. 113).
Tommaselli, Dialoghi tre sopra Karte di fare il nitro u.s. w. Verona 1792. 8.
Spanien. — Proust (Ludw.), in Andalusien u. um Madrid. (Rozier's J. de
Phys. 1788. R. 32, S. 246, Ann. de bist. nat. Madrid 1799. B. 1, H. 2.
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Fernandez (Domin. Garcia) in Asturien (dito H. 1, S. 46).
Townsend (Jos.), A Journey through Spain, 1791. Deutsche Übers. B. 1,
S. 220, 225. B. 2, S. 209.
Podolien. — Wolf (Nathan Math.), Ratio confieiendi nitrum in PodoHa
(Kreideboden). (Lond. phil. Trans. 1763. S. 356.)
Russland. — Lowitz (Tobias), um Bigsk Nov. Act. Ae. Petrop. 1791. B. 9.
S. 35).
Bnghanof im Kolyvaner Gouvernement u. besonders neben den Fluß Kata-
nove, 150 Weerst. von Bigsk (dito Hist. S. 34).
Bonsdorff (von), im muscbelreichen Übergangskalk zu Reval (N. Jahrb. f.
Min. 1835. S. 627).
QZ Boue. Über die Rolle der Veränderungen des unorganischen Festen etc.
Egypten. — Lister (Martin) (Land. phil. Trans. 1685. S. 836).
Andreossy, Beiielit. I\Iem. siir TEgypte pondant la canipagne de Bonaparte.
S. 34-39. Deutsche Üb. S. 29—33.
Eden, The Search of the nitre. L. 1846.
Algerien. — Mi Hon (E.) (C. R. Ac. d. Sc. P. 1860. B. 51 , S. 289 u. 1864.
B. 59, S. 232).
Mesopotamien. — Beauchamp bei Bassora. Voy. de Bagdad ä Bassora le long
de i' Euphrate (Lichtenberg's Mag. f. d. neuest, a. d. Phys. 1782. B. 3,
Th. 2, S. 133).
Indien. - Lond. phil. Trans, f. 1665. S. 103.
Hayne am Ganges (N. Schrift, d. Ges. Naturf. Fr. Berl. 1799. B. 2, S. 372).
Davy (John), In 22 Höhlen. Insel Ceylon. Ann. d. Ch. u. Phys. 1824. B. 25,
S. 209— 214. Ann. d. Min. 1825. B. 10, S. 109, Bull. Soc. philomat. P.
1825. S. 55, Zeitschr. f. Min. 1826. B. 1 , S. 185. Schweigg. J. d. Ch u.
Phys. 1825. B. 43, S. 227).
Tyticr, salpetersaure Luft zu Tirhoot (Ostindien). Trans, med. a. Phys. Soc.
of Caicutta 1829. B. 4, Edinb. n. phil. J. 1832. B. 10, S. 177, Phil. Mag.
1831. B. 9, S. 151, Pogg. Ann. 1831. B. 23, S. 160, Bihl. univ. Geneve
1831. B. 48, S. 118.
Stevenson (J.), in der Tirrhoote Gegend (J. Asiat. Soc. of Bengal 1833.
B. 2, Nr. 1, S. 2-3).
Im Königreich Oude kommt das meiste Salpeter vor, im J. 1861 kam daher %
des im Handel vorgekommenen Salpeters.
Vereinigte Staaten Nordamerika'S. — Brown in Kalkhöhlen Kentucky's
(Trans, amer. phil. Soc. of Philad. 1809. B. 6. — Bruce's Amer.
Mineralog. J. 1810. B. 1, S. 100, Amer. J. of Sc. 1818. B. 1, H. 2,
S. 146).
Schoolcraft in Höhlen auf dem Merriniak u. zu Gasconade, Missouri (siehe
Beschreibung der Bleibergwerke daselbst (Quart. J. of Sc. L. 182(T.
B. 9, S. 194)
Brasilien. — in Kalk-Höhlen. Travels into Ihe Inferior of Brazil 1813, oder
deutsche Reise nach Brasilien 1817 (Ann. d. Min. 1817. B. 2, S. 233).
Ecuator. — Boussingault zu Tacunga am Fusse des Cofopaxi. Salpeter-
säure durch langsame Verbrennung d. azotisch-organischen Materien, sehr
verschieden von derjenigen durch die Luft, die Ehktricität oder den Ozon
f^ewonnenen (C. R. Ac. d. Sc. P. 1804. B. 59, S. 218—223).
Pera. _ Oombey, (Rozier's Obs. s. la Physiq. 1780. B. 1, S. 212).
Chili. — Hofstetter, Zerlegung (Ann. d. Chem. u. Pharm. 1843. B. 45,
S. 340, N. Jahrb. f. Min. 1846. S. 235).
Verson. Zur Insertioiisweise der .'Muskclfaserii. o3
Zur Jnsertionsweise der Muskelfasern.
Von Enrico Verson.
(Mit 1 Tafel.)
Bei der fleißigen Bearbeitung, deren sich die quergestreiften
Muskeln schon erfreuten, herrseht doch noch eine gewisse V^erwir-
rung in den Angaben, welche verschiedene Forscher über den Ansatz
der Muskelfasern machen.
Es ist nicht lange her, daß Salt er und mit ihm Huxley noch
den directen Übergang der Zungenmuskeln des Frosches in Binde-
gewebsbiindel schilderten. Letzterer stellte sich den Übergang der
Muskelfibrillen in das Sehnengewebe so vor, daß er die Fleischlheil-
chen als in das Sehnengewebe eingeschaltete Körper ansah, unge-
fähr wie die Kalkkürnchen im Knochen. An den Hautmuskeln des
Frosches und an gekochten Augenmuskeln von Säugethieren wurde
hingegen eine stumpf zugespitzte Endigung der Muskelfasern nach-
gewiesen. (Bruch. Über Bindegewebe. Zeitschrift f. wissensch.
Zoologie, Bd. VI, H. 2.)
Noch weiter ging Leydig und beschrieb (in Müller's Archiv,
Heft I, n, p. 50) einen continuirlichen Übergang des Sarcolemma in
die Sehne, den er bei Muskeln von Arthropoden ganz bestimmt
gesehen zu haben angibt. „Die Sehnen" — sagt er — „öffnen sich
gegen den Muskel hin zu cylindrischen Schläuchen, welche die
Muskelfaser umhüllen, und so das Sarcolemma darstellen"; eine
Beobachtung, welche 1864 auch von Schrönn für dieselbe Thier-
classe bestätiget wurde. Ahnlich spricht sich auch Fick (Über
Anheftung der Muskelfasern an die Sehnen. Müller's Archiv 1856)
aus; nur sollen nach demselben, Fäden des zugehörigen Sehnen-
bündels sich noch in das Innere des Schlauches hinein erstrecken,
vielleicht zwischen die Fibrillen der Primitivfaser selbst. Für den
Flußkrebs stellt Häckel (Müller's Archiv, pag. 469) eine solche
Verbindung ganz in Abrede. Indem nach seinen Untersuchungen das
Sarcolemma dadurch entsteht, daß die Membranen der Bildungs-
zellen mit einander verwachsen, soll das Bindegewebe der Sehnen
(14 Vers OD.
nicht luil (lern eigentlichen Sarcolemniaschlaiich in.näliere Verbindung
treten, sondern nur mit dem Perimysium interinim und externum.
Wesentliehe Aufhelhingen verdanken wir den Untersuchungen
von Rollet, Herzig und B i e s i a d e c k i.
Während man sieh liis damals den Muskel als eine Längs-
anlagerung von gleich langen Fasern dachte, welche von einem Inser-
tionspunkte bis zum andern liefen, gelang es Rollet (Über freie
Enden quergestreifter iMuskelfasern im Innern der Muskeln, Sitzungs-
bericht d. Wiener Akad. d. Wissensch. Juni 1856) zuerst nachzu-
Aveisen, daO> die einzelnen Fasern auch viel kürzer sein können als
die Entfernnng der zwei Insertionspunkte beträgt, und in diesem
Falle mit zugespitztem Ende frei auslaufen. Herzig und ßiesia-
decki (Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wissensch. Bd. XXX. 1858,
und Bd. XXXHI. 1859) anderntheils entschieden durch die Unter-
suchungsweise mit Glycerin, daß die Muskelfibrillen selbst nie mit dem
Sebnengewebe in Verbindung treten, während B i 1 1 r o t h (M ü 1 1 e r's Ar-
chiv, 1858, p. 163) an den quergestreiften Fasern der Froschzunge Aus-
läufer und deren Zusammenhang mit Bindegewebskörpercben beschreibt.
A. Weismann (Über die Verbindung der Muskelfasern mit
ihren Anhaltspunkten. Henle und Pfeuffer's Zeitscbrift, Bd. X.,
pag. 126) nimmt eine doppelte Verbindungsart zwischen Muskel-
fasern und Sehnengewebe an: Verkittung und Einhillsung, u. z, finde
letztere in jenen Fällen statt, wo die Verlaufsrichtung der Sehnen-
fasern und des Muskelprimitivbündels dieselbe ist.
Margö endlicb (Denkschriften der Wiener Akad. Bd. 20,
Abtb. 2, pag. 2) kommt nach seinen Entwicklungsstudien über die
Muskeln zu dem Schlüsse, daß das Sarcolemma nicht Zellenmembran
ist, sondern sich aus bindegewebigem Blastem aufbaut Für ihn ist
also das Sarcolemma ein direct in die Sehne übergebender Schlauch.
Bei histologischen Studien des Kehlkopfes, die ich zu ande-
rem Zwecke ausführe, hatte ich vielfach Gelegenheit, Muskeln zu
sludiren, welche nach der gewöhnlichen Redensart sich ohne Sehne
direct in das Perichondrium inseriren; meines Wissens wurden solche
noch nie berücksichtigt. Auch ich überzeugte mich nun von der
abgeschlossenen Endigung der eigentlichen Muskelfibrille, deren
Formen schon von Herzig und Biesiadecki zur Genüge beschrie-
ben wurden. Ich fand aber gleichzeitig, daß beim Menschen
der Sarcolemmasch lauch allmähl ig sich verjüngend,
Zur In.sertion.swt-i.se der Miiskclfiisern. (J3
regelmäßig über das Ende des F i b r i 1 1 e u p a c k e t e s sich
fortsetzt, und endlich in einen Faden ausgeht, der
in das Pe ri ch on d rinm eintritt, und hier mit den übri-
gen Bindegewebsfasern weiter verlauft.
Dieser Faden erscheint in der Mebrzalil der Fälle einfach und
glatt, zuweilen finden sich in seinem Verlaufe Kerne eingestreut.
Ich beobachtete auch Bindegewebsfäden zwischen den Muskelfasern
zu solchen Sarcolemmascldäuchen laufen, welche das Perichondrium
nicht erreichen; der Faden erweitert sich unmittelbar in das Sar-
colemma.
Nach der angeführten Beobachtung, welche den directen Über-
gang von Sarcolemma in Bindegewebe auch für die Menschen dar-
thut, wendete ich mich daran zu untersuchen, ob nicht zwischen
den Sehnen und den Muskeln von Säugethieren ähnliche Beziehun-
gen walten, ich war aber dabei nicht so glücklich zu sicheren Resul-
taten zu gelangen.
Mazerationsmethoden Hessen mich völlig im Stiche, da ich
dabei immer Veränderungen zunächst am Sarcolemma beobachtete,
was ich ja eben verhüten wollte. Halbgediehene Mazerationen mit
nachfolgender Härtung behufs Anfertigung von Schnitten, führten
mich eben so wenig zum Ziele; ich beschränkte mich daher auf
feine Schnitte aus in Chromsäure gehärteten Präparaten. Was den
Unterschied zwischen geradem und schiefem Ansätze der Muskel-
fasern betrifft, so kam ich zu der Überzeugung, daß keine prin-
cipielle Verschiedenheit besteht. Ich sah immer ein bestimmtes
Sehnenbündel zu einer zugehörigen Muskelfaser treten (Fick) und
deren Sarcolemma in sich aufnehmend, eine Weile zwischen den
Muskelfasern fortlaufen, um sich allmälig zu verlieren, oder zuerst
noch eine andere Faser, weiche eben nicht ganz bis zur Sehne
herabläuft, ebenso zu umgreifen. Wenn ich aber auch an den ge-
nannten Fortsetzungen des Sehnengewebes in die Zwischenräume
der Muskelfasern eine allmälige Verdünnung wahrnahm, so konnte
ich doch nie eine wirkliche Verbindung derselben mit dem Muskel-
schlauch constatiren; letzterer endet meist etwas zugespitzt, und
von dieser Spitze aus siebt man allerdings einen dunklem Doppel-
contour in das umhüllende Sehnengewebe einfallen, welchen ich aber
nicht als Faden zu deuten vermochte.
Sitzb. d. niatlieni.-iiiilurw. Cl. LVII. Bd. I. Ahtli.
(> (j V e r s o n. Zur liisertiuiisweise der Muskelfasern.
Tafel - Erklärung.
Fig. 1. Muskelfasern, welche mitten im Muskelbauche endigen; das verjüngte
Sarcolemmaende, mit einem Kerne besetzt, schließt sich den übrigen
Bindegewebsfasern an. Aus dem M. thjireoarytenoideus des Kindes.
„ 2. Aus demselben Muskel Fasern, welche sich neben dem Vf inkel der
C. thyreoidea inseriren. Die fadenförmige Fortsetzung des Sarcolemma
geht in das Perichondrium ein.
„ 3. Isolirtes Sarcolemmaende, durch leises Auszupfen des nachgiebigeren
Fibrillenpackefes dargestellt. Die Fasern der Sehne umschließen es,
lassen aber keine deutliche Verschmelzung erkennen. Vom M. gastro-
cnemius des Kaninchens.
„ 4. Forlsätze des Sebnengewebes zwischen die 3Iuskelfasern; dieselben
verlieren sich allmählig. M. gastrocnemius des Kaninchens.
E.Versor). Zur hiseil ions Wrisc der Muskeln
(i
^'%•
^
.Sily.uMi-sli.l k.Aki..l..l W. in.-.tli.n;i(m-u- ( l . I,\ U |5,| i. Al.lli Ki (If,
Klein. Über das Epitliel der Schleimhaut etc. ß"?
Über (las Epithel der Schleimhaut und die Ausführungs-
gänge der Drüsen des weichen Gaumens und der Uvula des
Menschen.
Von Emanael Klein.
Überall, wo über den Bau des weichen Gaumens und der Uvula
des Menschen gehandelt wird, führt man an, daß die obere Fläche des
ersteren und die iiintere Fläche der letzteren von einem cylindrischen
Flimmerepithel bekleidet sind; man sagte, das ganze obere Cavum
des Pharinx, das beim Schlingen durch die hintere Fläche des Zäpf-
chens von dem darunterliegenden mit derMundhöhle communicirenden
Cavum abgeschlossen und von den Anatomen cavum phuryngo nasale
genannt wird, sei von einer Schleimhaut ausgekleidet, welche Flim-
merepithel trägt.
Nun beruht dies, wie ich mich zur Genüge überzeugt habe,
wenigstens für den erwachsenen Menschen auf einem Irrthum. Die
Sache verhält sich folgendermaßen: Im neugebornen Kinde findet
sich allerdings an der dem Cavum pharyngeum zugekehrten Fläche
des Gaumens und der Uvula Flimmerepithel, ganz so, wie es für die
unteren Theile der Schleimhaut der Nasenhöhle und den oberen
Abschnitt der Rachenhöhlenschleimhaut angegeben wird; im erwach-
senen Menschen jedoch trifft man sowohl an der oberen Fläche des
weichen Gaumens, als an der hinteren des Zäpfchens auf ein geschich-
tetes nicht flimmerndes Pflasterepithel. Es verhält sich dieses wie in
so vielen Fällen, daß die tiefsten Schichten palissadenartig an einander
gelagert, weiter nach oben polyedrisch und ganz oben endlich abge-
plattet wie zu Platten vereinigt angetroffen werden. An den gut
conservirten Durchschnitten, welche ich aus der Uvula des neugebor-
nen Kindes gewonnen habe, fand ich immer an der Spitze derselben
Pflasterepithel, und erst weiter hinauf an der hinteren Fläche Flim-
5»
G8 Klein.
merzellen; beim erwachsenen Menschen jedoch findet man sowohl an
der vorderen als auch an der hinteren Fläche in ihrer ganzen Aus-
dehnung Pflasterepithel, nur ist es an der ersteren im Allgemeinen in
größerer Schichtung vorhanden als an der letzteren.
Auch am weichen Gaumen des Erwachsenen unterscheidet sich
das Pflasterepitliel der oberen Fläche nur in weniger Beziehung
von dem der unteren. Beide verlaufen an der darunter liegenden
Mucosa nicht geradlinig, sondern bilden mit ihren tieferen Schichten
stellenweise Arcaden, die durch das papillenartige Vorgedrängtwerden
derselben begründet sind. In diesen Papillen sind Capillargefäße deut-
lich wahrzunehmen. Die Ausbuchtungen der tiefen Epithelschichten
sind an der unteren Fläche des weichen Gaumens und der vorderen
Fläche der Uvula im Allgemeinen zahlreicher als an der oberen und
respective hinteren. Beim neugebornen Kinde finden sie sich nur
an der unteren Fläche des weichen Gaumens und der vorderen
Fläche der Uvula, fehlen somit dort, wo Flimmerepithel angetroff'en
wird.
Die unterste Schichte des Pflasterepithels der oberen Fläche
des weichen Gaumens zeigt ziemlich regelmäßige , senkrecht auf das
darunter liegende Gewebe aufstehende viereckige Zellen, deren Kern
ebenfalls senkrecht, also parallel der Axe der Zellen gestellt ist.
Dieses trifft wohl auch an manchen Stellen der unteren Fläche zu,
aber nicht so regelmäßig wie oben, da sie an jener meist eben so
polyedrisch wie die höher gelegenen, nur kleiner und mit rundlichen
Kernen angetroffen werden.
Was nun die Ausführungsgänge der acinösen Drüsen im wei-
chen Gaumen anlangt, so habe ich an einigen und besonders schön
an einem derselben prächtige cylindrische Flimmerzellen gefunden,
was um so auff'allender ist, da die Schleimhaut in der ganzen Aus-
dehnung ringsumher geschichtetes Pflasterepithel trug. Ich habe
durch mündliche Mittheilung von meinem Collegen Herrn Verson
auch für die Ausführungsgänge der acinösen Drüsen der Epiglottis
dasselbe erfahren.
Diese merkwürdige Erfahrung wird durch die oben angeführten
Befunde, daß gewisse bezeichnete Epithelstrecken im Kindesalter
flimmern, ergänzt. Es weist uns darauf hin, daß die Drüsen mit
Flimmerzellen ursprünglich in einer Schleimhaut saßen , Avelche
gleichförmig Flimmerepithel trug und daß die Metamorphose des
Ober das Epitliel der Schleimhaut etc. ßQ
Flimmerepithels in Pflasterepitliel sich nur auf die Ohorfläche be-
schränkt habe, so dali die Drüsen in ihren Ausf'ührungsgängen
davon verschont geblieben sind.
Da die Ausführungsgänge der Schleimdrüsen das Seeret der-
selben an die Obertläche zu befördern haben, so ist es ganz gut
denkbar, daß ihnen dort, wo sie schon ein ziemlich großes Lumen
erreicht haben, die vorhandenen Flimmerzellen durch die Bewegung
ihrer Cilien sehr gut zu statten kommen.
k
I
70
II. SlTZUxNG VOM 16. JÄNNER 1868.
Der Secretär legt folgende eingevsendete Abhandlungen vor:
„Zur Kenntniß der Wirbelthierfauna aus den Miocenschichten
von Eibiswald in Steiermark. I. Schildkrötenreste", von dem c. M.
Herrn Prof. Dr. K. Peters in Graz.
Diese Abhandlung ist für die Denkschriften bestimmt.
„Über die Ströme in Nebensehließungen zusammengesetzter
Ketten" von Herrn Anton Waszmuth, Assistenten für Physik am
Polytechnicum zu Prag.
Das Comite des Marien -Vereins zur Beförderung der kath.
Mission in Central-Afrika übermittelt ein in französischer Sprache
verfaßtes Reise- Journal des verstorbenen Provicars Dr. Knob-
le c h e r.
Herr Prof. Dr. E. Brücke übergibt eine Abhandlung des
Herrn Ernst Fleischl: „Über den Bau der sogenannten Schild-
drüse des Frosches".
Herr Prof. E. Suess legt eine Abhandlung: „Über die Äqui-
valente des Rothliegenden in den Südalpen" vor.
Herr Prof. J. Redtenbacher überreicht eine Abhandlung:
„Chemische Untersuchung des Milchsaftes der Äntiaris toxicaria^ ,
von den Herren Dr. J. E. de Vry und E. Ludwig.
Herr Prof. Dr. Aug. Em. Reuss legt eine Abhandlung: „Palä-
ontologische Beiträge" (II. Folge) vor.
Das c. M. Herr Dr. Edmund Weiß übergibt eine Abhandlung,
betitelt: „Beiträge zur Kenntniß der Sternschnuppen".
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Academie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg: Memoires.
Tome XI, Part 2. St. Petersbourg, 1867; 8o. (Russisch.)
Accademia dclle Scienze fisiche e matcmatiche di Napoli: Atti.
Dalla fondazione sino all'anno 1787. Napoli 1788; 4«; N. S.
71
Vol. ir. Napoli, 186S; 4o. — Rendiconto. Anno IV, (iSßS)
Fase. 50— 12o; Anno V, (1866) Fase. lo_12o; Anno VI,
(1867) Fase, lo— 5o. Napoli; 4o.
— — deir Istituto di Bologna: Memorie. Serie II. Tomo VI,
Fase. 4. Bologna, 1867; 4o.
Akademie, Koninkl. , van Wefensehappen te Amsterdam: Ver-
slagen en Mededeelingen. Afdeeling Letterkunde. X. Deel.
Amsterdam, 1866; 80. — Processen-Verbaal. Afd. Natiiur-
kiinde. 18G6 — 1867; 80. — Jaarbock. 1866. 8«.
Cosmos. 3" Se'rie. XVII" Annee , Tome II, 2" Livraison. Paris,
1868; 80.
Gesellschaft der Wissenschaften , Oberlausitzische: Neues Lau-
sitzisches Magazin. XLIV. Band, 1. Heft. Görlitz, 1867; 80.
— Zoologische , zu Frankfurt a*/M. : Der zoologische Garten.
VIII. Jahrgang, 1867, Nr. 7—12. Frankfurt a/M. ; 8».
Gewerbe - Verein, n. -ö.: Verhandlungen und Mittheilungen.
XXIX. Jahrg. Nr. 2. Wien, 1868; 8".
Isis. Jahrg. 1867, Nr. 7—9. Dresden; 80. '
Mittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. Jahr-
gang 1867, XII. Heft. Gotha; 4o.
Reichsanstalt, k. k. geologische: Jahrbuch. XVII. Band, 1867.
Nr. 4. Wien; 4o.
Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de
l'etranger: V* Annee, Nr. 6. Paris & Bruxelies, 1868; 4».
Society, The Royal Geographica!, of London: Proceedings.
Vol. XI, Nr. 6. London, 1867; 80.
Wiener landwirthschaftliche Zeitung. Jahrg. 1868, Nr. 1 — 2.
Wien; 4o.
— medizin. Wochenschrift. XVIII. Jahrgang. Nr. 4 — S. Wien,
1868; 40.
Zeitschrift des österr. Ingenieur- und Architekten -Vereins.
XIX. Jahrg. 11. & 12. Heft. Wien, 1867; 4o.
72 Peters.
Zur Kcnulniß der Wirhellhiere aus den Miocenschiclifen von
Eihisivald in Steiermark.
I. Die Schildkrötenreste.
Von Rarl F. Peters.
(Auszug' aus einer für die Denkschriften bestimmten Abliandlung.)
Die Zahl von bestimmbaren, zum Theil sehr werthvollen Wirbel-
thierresten aus dem Kohlenbecken von Eibiswakl, Wies und Steieregg
hat sich im Laufe der letzten Jahre, insbesondere durch den Eifer
und die Sachkenntniß des Herrn Franz Melling, k. k. Verwesers,
so reichlich vermehrt, daß eine umfassende Bearbeitung derselben
um so mehr wünschenswertli schien, als das geologische Alter der
Ablagerungen dieses Reviers durch ihre Zahn- und Knochenreste
genauer bestimmt werden kann. Manche von diesen Wirbelthier-
species, welche sich auf die Classen: Säugethiere, Reptilien (Schild-
kröten, ein Crocodil) und Fische vertheilen, sind geeignet, zur
Charakteristik der älteren Vertebratenfauna der österreichischen
Miocengebilde wesentlich beizutragen und sie mit den Ablagerun-
gen anderer Länder, namentlich den so genau abgegrenzten Stufen
der Miocenformation Frankreichs näher zu verknüpfen als dies vor
wenigen Jahren möglich war <).
Ich mache nun den Anlaiig zu dieser Bearbeitung mit einer
Darstellung der Scliildkröten, von denen nur eine Art, Tinonyx
stiriacus Peters, schon vor Jahren genugsam charakterisirt werden
konnte, eine zweite aber, dem Formenkreis der Sippe Chelydra an-
*) Verpl. Suess in den Verli.'indliing^en der k. k. geolog-. Reiclisanstalt von 1867,
S. 6 und Sitzun-^sl.eriilite der k. Akad. d. Wissenscii. XLVII. Bd.. S. 306. Mai 186.*?.
Zur Kenntniß der Wirljelthicrfauna aus den Miocenscliichten etc. 73
gehörig, vorläufig nur angedeutet wurde (Peters, Denkschriften der
kais. Akademie der Wissensch., mathem.-naturw. Cl. IX. Bd., 18öö,
und Beiträge z. Paläontographie Österreichs von Fr. Ritter v. Hauer,
Wien 1858).
Zur Kenntniß der erstgenannten Art einige Beiträge liefernd,
vermag ich nun nachstellende Arten nach vvohlerhaltenen Exemplaren
darzustellen.
fhelydropsis nov. genus.
Jene chelydraartige Schildkröte unterscheidet sich von der in
der Art Chelydra serpenthia noch gegenwärtig lebenden Sippe:
1. durch die Doppelbildung der (knöchernen) Nuchalplatte,
welche selbst an alten Individuen in eine Nuchal- und eine Post-
nuchalplatte zerfällt;
2. durch die Anwesenheit doppelter, in zwei Reihen übereinan-
der liegender Randschilder an der dritten bis achten Marginalplatte ;
3. durch ihre mehr winkelig ausgeprägte ßescliaffenheit minder
breiter Neuralplatten.
Nichts destoweniger steht diese Schildkröte der echten Chelydra
viel näher wie der Macroclemmys Temmincki Troost.
Die einzige hier vorkommende Art hat einen, zumal im Pygalthciie
ausgeprägten Kiel und wurile deßhalb Chelydropsis carinata genannt.
Ein vortrefflich erhaltenes Exemplar, welches der Darstellung
zu Grunde gelegt wurde, befindet sich in der Sammlung des Herrn
A. Letocha, k. k. Kriegscommissärs in Wien.
Emys, zwei Arten.
Emys (ClemmysJ pygolopha Peters, eine kleine, an der
Steißplatte gekielte und überdies am inneren Drittel der Costalnähtc
jederseits mit vier schwachen Seitenhöckern versehene Art, von der
das Rückenschild in Verbindung mit dem Plastron und einigen mitt-
leren Marginalplatten, erhalten ist; ein Unicum im Besitze des Herrn
A. Letocha.
So wie ChelydrojJsis carinata kommt auch diese Schildkröte in
den thonigen Schiefern vor, welche das Kohlenflötz von Eibiswald-
Wies bedecken.
Emyg MeUingi Peters, eine große Art, von der wir zur Zeit
nur das Brustbauchschild (zum größten Theile) kennen, aus der
Kohle selbst.
/4 Peters. Zur Kennfniß d. Wirbelthierfauna aus d. Miocenschichten etd
Trionyx stiriacus ist mit Tr. ferox Schneider ziemlich nahe
verwandt; Chelydropsis gehört einer ausschließlich amerikanischen
Familie an, und beide herrschen durch Größe und Individuenzahl.
Wir dürfen also den Charakter dieser Chelonierfauna als einen
vorwiegend amerikanischen bezeichnen. Ein Befund, der mit den
Resultaten der phyto-paläontologisehen Untersuchungen über die
steiermärkische Braunkohle wohl übereinstimmt.
Fleisehl. Über den Bau der sog. Schilddrüse des Frosches. 75
Über den Bau der sogenannten Schilddrüse des Frosches.
Von Ernst Fleischl.
(Aus dem physiologischen Institute der Wiener Universität.)
(Mit 1 Tafel.)
Wenn man beim Frosch von der glandula carotidis nach ein-
wärts gegen den Kelilkopf geht, .so stößt man auf einen röthlich gel-
ben, rundlichen, Stecknadelkopf- bis hanfkorngroßen Körper, die so-
genannte glandula thyreoidea des Frosches.
Die mikroskopische Untersuchung dieses Körpers ergibt, daß
seine äußerste Schichte eine Bindegewebshülle ist. Die Fasern die-
ses Bindegewebes sind regelmäßig, parallel angeordnet. Von dieser
Bindegewebshülle gehen nach innen Platten und Leisten aus und
durchsetzen das Gewebe des Oi'ganes, indem sie es in kleinere Bäume
abtheilen.
Diese Bäume sind von Zellen erfüllt, jedoch nicht so, daß eine
die andere unmittelbar berührt; sondern die Zellen sind eingelagert
in ein Gerüste, ähnlich dem in der Marksubstanz der Lymphdrüsen,
und ähnlich dem, welches Basch (diese Berichte LL 2, pag. 420)
im Zottenparenchym beschrieben hat. Der Leib der Zellen erscheint
fein granulirt. — Außerdem finden sich sowohl in den Bindegewebs-
zügen, als auch zwischen den Zellen größere und kleinere Anhäufun-
gen von Fettzellen eingestreut. An einem Hilus, der nach außen zu
gewendet ist, treten Gefäße und Nerven ein. Die Nerven verzweigen
sich noch im Bindegewebsgerüste, ihre feineren Äste dringen in die
Zellenhaufen ein, wo sich die doppeltcontourirten Fasern sehr weit
verfolgen lassen.
Der Grund, warum ich von diesem Gebilde spreche, liegt nicht
in dem bisher erwähnten, sondern in dem, nun zu beschreibenden,
eigenthümlichen Verhalten seiner Blutgefäße.
Ich lasse einem Frosch eine Injectionsmasse, bestehend aus
Leim und löslichem Berlinerblau aus der fein ausgezogenen Spitze
eines Glasrohres durch die angeschnittene venu cava inferior in das
76 F 1 e i s (■ h I.
Heiz rinnen. Von da wird sie durch die Herzaction des Frosches im
ganzen Körper herumgepunipt. Sobakl die Injectionsmasse erstarrt
ist, nehme ich die Drüsen herans und härte sie durch einige Tage in
Alkohol, bette sie dann in eine Mischung von Wachs und Ol ein,
mache feine Durchschnitte, die in Carminlösung gefärbt, dann ent-
wässert und in Terpentinöl angesehen werden.
Aus der Beobachtung so behandelter Präparate ergibt sich, daß
das ganze Organ von einem groben, großmaschigen Gefäßnetze
durchzogen ist. Die Grundlage des Netzes sind Stämme, welche die
gewöhnlichen Capillaren an Dicke bei weitem übertreffen, und welche
allenthalben mit einander communiciren. Außerdem stehen diese
Siämmchen auch durch sparsam vertheilte Gefäße von capillarer
Feinheit mit einander in Verbindung und dann finden sich noch sel-
tener Anastomosen, vermittelt durch Gefäße von solcher Feinheit,
daß unmöglich ein Blutkörperchen sie passiren kann. Ein eigentliches
Capillarnetz existirt demnach in diesem Organe nicht, sondern es
existiren blos vereinzelte capillare Verbindungen der gröberen Ge-
Ü'ißie, die dafür vielfach untereinander anastomosiren. In den Maschen
dieses Gefäßnetzes liegen Inseln von Zellen.
Die physiologische Ergänzung zu dem so rudimentär entwickelten
Capillarsystem zeigte sich bei der Untersuchung von Präparaten,
welche mit der Spritze injicirten Thieren entnommen waren.
Icii binde den Tubus einer Injectionsspritze in das angeschnit-
tene Herz oder in eine der Aorten des Frosches ein und injicire die-
selbe Masse, die ich früher verwendete.
Die Drüsen wurden auf die oben angegebene Wc'se behandelt,
boten aber ein ganz verschiedenes Aussehen dar. Jede der früher
gefäßlos gesehenen Zelleninseln war nun in eben so viele kleine Inseln
zerfallen, als sie Zellen besaß, indem feinste Strömchen der Injec-
tionsmasse zahllose Verbindungen zwischen den Gefäßen herstellten,
und zwar waren sowohl die Capillaren mit den oben angeführten,
dickeren, das Netz eigentlich constituirenden Stämmchen verbunden,
als auch diese letzteren untereinander. — Nun waren blos zwei Deu-
tungen dieses Bildes möglich. Entweder diese zahllosen Verbindun-
gen der Geläße untereinander waren präexistente Blutplasmabahnen,
entsprechend den wandungslosen Lymphbahnen in Lymphdrüsen und
Darmzotten — oder das zweite, reichere Bild ist das Resultat eines
Extravasates. Gegen letztere Deutung sprechen folgende Gründe;
über den Bau der sogenannten Schilddrüse des Frosches. ff
i. Ein so regel müßiges Extravasat ist an sicli nicht wahrschein-
lich, seine jedesmalige Wiederholung unglaublich.
2. Der Anhlick der Präparate selbst spricht gegen die Annahme
eines Extravasates.
Es sind die Durchmesser der interstitiellen Bahnen constant ein-
ander gleich.
Auf jedem Querschnitt sind unzählige Communicationen der
interstitiellen Bahnen mit den Gefäßen sichtbar.
Die Zellen sind durchaus nicht aufgeschwemmt in der blauen
Masse, sondern liegen, wie aus der Vergleichung mit nicht injicirten
Präparaten hervorgeht, in ihrer natürlichen Anordnung von ihrem
sehr zarten Gerüste festgehalten.
3. Ich habe auch an besonders gelungenen Präparaten von
Thieren, die sich selbst uijicirt hatten, Stellen gefunden, an denen
die interstitiellen Bahnen injicirt waren.
Wenn somit einerseits der Unterschied zwischen den durch Herz-
kraft und den mit der Spritze injicirten Präparaten zeigte, daß der Inhalt
der Blutgefäße schwieriger in die interstitiellen Bäume eindringt, als
in die gewöhnlichen Capillaren, so zeigen auf der anderen Seite die
sub 3 besprochenen Stellen, daß in Bücksicht auf sie die Herzkraft
xur Anfüllung dieser Bäume hinreichend gewesen war, was um so
mehr ins Gewicht fällt, als ich an Winterfröschen arbeitete, bei denen
die Energie der Herzcontractionen bekanntlich sehr herabgesetzt ist.
4. Schließlich muß erwähnt werden, daß auch an den mit der
Spritze injicirten Fröschen sich in andern Organen keinerlei Extra-
vasate fanden, und auch keinerlei ähnliche Anordnung der blauen
Masse im Gewebe, wenn man in Bücksicht auf letzteren Punkt von der
Milzpulpa absieht.
Es erscheint somit die folgende Annahme gerechtfertigt:
Während in den meisten Organen der Thiere das gesammte
Blut durch ein System von so engen Capillaren Hießt, daß nur eine
Reihe von Blutkörperchen in ihnen wandert, so geht hier das
G e s a m m t b 1 u t durch weniger regelmäßig angeordnete
und verhält nißmäßig weite Gefäß bahnen aus den Ar-
terien in die Venen über; dafür ist aber dem Plasma
noch e i n S y s t e m von e n g e n W e g e n eröffnet, in d e m e s
sich fortbewegen un d das Gewebe «Iure hl ranken kann
ohne das Gefäßinnere zu verlassen.
7o Fleisch 1. Über den Bau der sogeii;inuteii Schilddrüse des Frosches.
Erklärung der Abbildung-en.
Fig. i. Ein Stück ans dr-r durch eigene Herzkraft injicirten Drüse bei
lOOmaliger Vergrößerung.
Fig. 2. Ein Stück aus der mit der Spritze injicirten Drüse bei loOmaliger
Vergrößerung. In der Mitte eine große Arterie, aus der die Injectionsmasse
herausgefallen ist.
Fig. 3. Ein anderes Stück aus einer mit der Spritze injicirten Drüse bei
290ma]iger Vergrößerung.
Fig. 4. Dient dazu, bei 480maliger Vergrößerung zu veranschaulichen, wie
die Zellen in das Gerüste eingelagert sind und wie die Masse in die Zwischen-
räume des Gerüstes vertheilt ist.
Die Vergrößerungszahlen wurden ermittelt durch directes Messen von
Object und Zeichnung.
K Fli'isclil.Hau iUt sol!'. Schildilrii.sr des l'riisclu':
^^^i^'^^j^
Silzungsb der k Ak.-ul il Wissen stt-müth iialiinw CI I.\1l Bii . I . AlWli IXü.S
I
Reuss. Paläontologische Beiträge. 79
Paläontologische B eiträg e.
(Zweite Folge.)
Von dem w. M. Prof. Dr. Ä. E. Renss.
(Mit 3 Tafeln.)
5. Über eineo neuen fossilen Limax.
Von einer reichen Landsehaeckenfauna läßt es sich schon im
vorhinein vermuthen, daß es ihr auch an Vertretern der Familie der
Limaeiden und Arioniden nicht fehlen werde. Offenhar gilt dies auch
von den fossilen tertiären Faunen dieser Art, mithin auch von der
Fauna des Süßwasserkalkes von Tuchoi-ic in Böhmen, deren grosse
Übereinstimmung mit der Fauna des Landschneckenkalkes von Hoch-
heim ich schon früher dargethan habe i). Schon im Jahre 1860 war
ich in der Lage, 68 Species derselben zu beschreiben, und zwar
53 Landschnecken (1 Cyclostoma, 2 Acicula, 1 Vitrina, 2 Succi-
nea, 24 Helix, Z Bulimus, 6 Glnndina, 7 Piipa und eben so viele
ClausiUci) und 15 Süßwassermollusken (4 Limnaeus, 6 Planor-
bis , 1 Ancylus, 1 Äcrochasma und 3 Cyclas). Bei der sehr be-
schränkten Verbreitung des Tuchoficer Süßwasserkalkes ist dies
ohne Zweifel ein sehr großer Formenreichthum, welcher die Zahl
der bisher aus ganz Böhmen bekannt gewordenen Land- und Süß-
wasserconchylien übertrifft. Die schon früher ausgesprochene Über-
zeugung, daß damit noch nicht die gesamte Formenfülle der Fauna
von Tuchofic erschöpft sei, findet darin ihre Bestätigung, dass ich
schon jetzt einen Nachtrag zu derselben zu liefern im Stande bin. Bei
fortgesetzten sorgfältigen Forschungen wird die Bereicherung gewiß
eine noch beträchtlichere werden.
1) H. V. Meyer und Reuss, die tertiären Süßwassergebilde Böhmens und ihre
fossilen Thierreste im zweiten Bande der Paläontographica (mit 12 Tafeln). —
Reuss, die fossilen Mollusken der tertiären Süßwasserkalke Böhmens im
42. Bde. der Sitzb. d. k. Akad. d. Wissensch. (p. 55—83, mit 3 Tafeln).
O 0 [{ e II s s .
Unter ilen Beitriigoii, \\ olc-lie ich jetzt zu der geuaimten Fauna
liefern kann, ist die Autfindung einer l'ossilen Litna.v-Avl der interes-
santeste, uni so mehr, als fossile Reste aus dieser Gattung bislier nur
in sehr hesehränkler Anzahl bekannt geworden sind. Der Grund die-
ser Erscheinung liegt sehr nahe. Manche der hieher gehörigen Gat-
tungen haben keine Spur eines Schalenrudinientes aufzuweisen
{^Limacella Blainv., Megimathinni v. \\nss.,Eiimelusl{ii\'. u.a.);
bei anderen wird die Schale nur durch isolirte oder gehäufte Kalk-
granidationen vertreten (^Ariou Fer.): oder die wirklich vorhandene
Schaleist doch gewöhnlich sehr klein, dünn und zerbrechlich, so
dass sie der Zerstörung leicht unterliegt und nur unter besonders
günstigen Verhältnissen im fossilen Zustande erhalten werden kann.
Mit Sicherheit ist bisher nur eine fossile Species der Gattung
L/wrt.r bekanntgeworden. Es ist dies L. Lar^d^e D u p. aus den Tertiär-
schichten von Sansan i). Auf eine andere fossile Schale mit spiral
eingerolltem Wirbel von Baloukkeni in Rumelien wurde von Des-
hayes die G&tlung Viquesnelia gegründet {V. lenticularis Desh. 2)
Außer den genannten wird noch eine zweite Limcuv-Avt aus dem Plei-
stocän von Maidstone erwähnt s) und wohl irriger Weise mit dem
weit verbreiteten lebenden L. agrestis L. identificirt. Sie ist viel zu
wenig bekannt, um vorläufig eine nähere Berücksichtigung finden zu
können.
Die neue Species, deren Miltheilung ich, gleichwie der übrigen
unten zu beschreibenden Arten, der Güte des Hrn. Dr. Schwager,
derzeit in München, verdanke, wurde bisher nur in wenigen Exem-
plaren in einem weichen mergeligen Gesteine gefunden, das ein-
zelne Nester und Schichten in dem festen Süf^wasserkalke zusammen-
setzt. Aus demselben lassen sich selbst die kleineren und zarteren
Pelrefacten ziemlich leicht und unversehrt auslösen. Die Schale ist
beiläufig 5 Mm. lang und 3.5 Mm. breit, dabei ziemlich dick, beson-
ders in der Nähe des Wirheiendes. (Jegen den Vofderrand verdünnt
sie sich sehr langsam. Im Umi'isse nähert sie sieh unter den mir be-
kannten Limax-kview am meisten jener von L. varicgalus Drap. *).
') Dupiiy in Journal de conchyliologie ISöO. I, p. 301. T. liJ, Fig. 1.
'-') Deshayes in .Journal df conclij liologle V. pag. 289. T. 7, Fig. 14 — 17.
*) .'Morris, catal. of british foss. pag. 2153.
*) .M <) »1 u i n - Ta n (1 o n liist iiat. des niolliisques (err. ft Huv. de France II, p. 25
T. 3, Fig. 8.
Paliiontolofrisclio ReHräpe. ^ |
Sie ist etwas vierseitis^-oval mit nur wenig gebogenen heinahe paral-
lelen Seitenrändern. Der Vorderrand bildet einen schwachen Bogen;
das hintere Ende, nur wenig breiter als das vordere, erscheint dage-
gen mehr weniger schief abgestutzt, indem der sehr kurze, etwas
gegen eine Seite gerückte Wirbel auf der entgegengesetzten Seite
gewöhnlich durch einen kleinen Anhangslappen ilherragt wird, der
aber vom Wirbel durch keinen Ausschnitt gesondert ist , wie bei L.
variegatus. Die wenig gewölbte Oberseite ist mit gedrängten un-
gleichen, feinen, aber dem bewaffneten Auge deutlichen, etwas schie-
fen concentrischen Anwachsstreifen bedeckt. Gegen den rechten
Seitenrand verdünnt sich die Schale langsam; der linke Rand bleibt
dagegen beträchtlich dicker und trägt in seiner vorderen Hälfte eine
schmale ziemlich tiefe Längsfurche. Die nur wenig concave Unter-
seite zeigt besonders in ihrem hinteren Theile unregelmäßige läng-
liche Rauhigkeiten. Die fossilen Schalen sind schwach durchschei-
nend und dunkel erbsengelb. Ich bezeichne die Species wegen der
ziemlich beträchtlichen Dicke der Schale mit dem Namen : L. crassi-
testaRss. (Taf. 1, Fig. 1.)
Ich ergreife die Gelegenheit, der gegebenen Beschreibung des
neuen Ltma.v noch die Namen einiger anderer fossiler Species bei-
zufügen, welche ich neuerlichst aus dem Süßwasserkalk von Tu-
choi-ic kennen gelernt habe. Diese sind:
1. Helix multicostata Thom. (Taf. 1, Fig. 2.)
Thomae im Jahrb. d. Ver. f. Naturk. in Nassau. 184S. II. pag. 143. —
Sandberger, die Conehyl. d. Mainz. Tertiärbeckens, pag. io. T, 2,
Fig 9.
Aus der bei Tuchofic, so wie bei Hochheim, reichlich vertrete-
nen Gruppe Patula Held. Die an ersterem Fundorte sehr seltenen
Exemplare, deren größtes II Mm. in der Breite und 5 Alm. in der
Höhe mißt, stimmen mit jenen von Hochheim beinahe vollkommen
überein. Mit Ausnahme des glatten ersten Embryonalumganges zei-
gen alle übrigen Windungen die sehr deutlich ausgesprochene Rip-
penstreifung. Die Rippen sind scharf, ungleich und treten am letzten
Umgange, an dessen Endtheile der ohnedies nicht sehr deutliche
peripherische Kiel verschwindet, sehr oft weiter auseinander und
werden durch breitere flache Zwischenfurchen gesondert, in welche
sich nicht selten sehr feine ZM'ischenrippen einschieben. Auf der
Unterseite des Gehäuses werden die Rippen allmälig schwächer und
Sitzb. d. mathera.-nadirw. Cl. LVH. Bd. I. Abth. Ö
82 R e u s s.
treten auch iu der Umgebung des tiefen und ziemlich weiten Nabels
nicht mehr schärfer hervor.
2. Pupa subcouica Sandb. (Taf. 1, Fig. 3.)
Sandberger I. c. pag. 51. T. 5, Fig. 7; T. 35, Fig. 11.
l'uiia duliiim antiquum A. B r a u n in Deutsche Naturf. Versamml. 1842. p. 149.
Es liegenmir nur vier Exemplare vor, bei denen die Beschaffenheit
der Mündung viel zu wünschen übrig läßt. Sie ist theils verbrochen, theils
mit nicht entfernbarer Gesteinsmasse grußentheils erfüllt. Ich bin daher
nicht im Stande, trotz der vollständigen Übereinstimmung im Total-
habitus und in der Zahl und Beschaffenheit der Umgänge die Identität
unserer Exemplare mit der Sandb erger'schen Species außer allen
Zweifel zu setzen. Ich beobachte nur einen kleinen aber sehr deut-
lichen Zahn , der auf dem oberen Theil der Spindelwand senkrecht
steht. Doch mögen noch andere Falten vorhanden sein, welche weiter
zurück in der Mündung liegen. Es ist dies um so eher möglich, als
auch die von Sandberger 1. c. gegebene Abbildung in der von
Gestein erfüllten Mündung der Schnecke die Zahnfalten nicht erken-
nen läßt.
3. Papa Schwager! n. sp. (Taf. 1, Fig. 5.)
Sie hat in der Form des Geiiäuses, so wie in der Zähnung der
Mundränder sehr große Ähnlichkeit mit dem Carycliium costulatum
Sandb. i), ist jedoch viel größer und zeigt bei genauerer Unter-
suchung manchen Unterschied in den Details. Das 2.S Mm. hohe
Gehäuse ist länglich-eiförmig und spitzt sich nach oben allmälig zu.
Es besteht aus sechs mäßig gewölbten Umgängen, die nur langsam
an Höhe zunehmen und durch schmale, aber ziemlich tiefe Nähte
gesondert werden. Die Mündung ist halbelliptisch und verhältniß-
mäßig sehr klein, indem ihre Höhe nicht viel über ein Viertheil der
Gesamthöhe des Gehäuses beträgt. Der wenig verdickte äussere
und der etwas zurückgeschlagene innere Mundsaum werden durch
einen schwachen callösen Umschlag verbunden. Zwei stark vorra-
gende dünne, blättrige Faltenzähne stehen in etwas schräger paral-
leler Richtung auf der Mündungswand und ein etwas kürzerer, eben-
falls dünner, wenig schrägerauf dem untern Dritttheil des Spindelran-
des und endlich zwei sehr kleine Zahnhöcker etwa in der Mitte des
1) Sandberger, I. c. p. 393. T. 35, Fig. 19.
Paläontologisctie Beiträge. 83
äußeren Miindungsraiides. Ein sehr enger Nabelritz. Die Oberfläche
der Schale ist mit Ausnahme der Embryonalwindung mit sehr feinen
gleichen und regelmäßigen, schräge nach rückwärts gerichteten
Rippenstreifen bedeckt, welche, dicht aneinander gedrängt, durch
sehr schmale Furchen getrennt werden. Unter dem Mikroskope
nimmt man in diesen Zwischenfurchen Spuren einer zarten Spiral-
streifung wahr.
Von dieser Species, welcher ich den Namen ihres Entdeckers,
des Herrn Dr. Schwager beigelegt habe, liegt mir bisher nur ein,
jedoch wohlerhaltenes Exemplar vor.
4. Papa sp. Sehr klein und dünnschalig, der P. subtilissimn
A. Br. sp. i) sehr ähnlich, aber mit fünf Umgängen. Die stärkeren
Streifen, welche in größeren Abständen die zarten gedrängten An-
wachslinien nach Sandberger's Beschreibung und Abbildung unter-
brechen , konnte ich an den freilich nicht besonders gut erhaltenen
Exemplaren nicht beobachten. Es bleiben daher noch manche Zweifel
übrig, ob dieselben wirklich der genannten Species angehören.
o. Yalyata leptopomoides n. sp. (Taf. 1, Fig. 4.)
Die 6 Mm. hohe und an der Basis 5.5 Mm. breite Schnecke ist
der V. jnscinaUs Müll. sp. ähnlich und zeigt im Totalhabitus
manche Übereinstimmung mit einzelnen Cyclostoma-Formen, z. B.
mit Leptopoma inornatiim Sandb. a), welche Ähnlichkeit durch den
Namen angedeutet werden soll. Auch an Littorhiella inflata Fauj.
sp. 3^ findet manche Annäherung statt, die jedoch durch die
Beschaffenheit der Mündung sogleich beseitigt wird.
Das Gehäuse ist breit-kegelförmig, zugespitzt, mit schiefer ge-
wölbter tief genabelter Grundfläche und fünf stark convexen, beinahe
runden Umgängen, welche durch sehr tiefe Näthe gesondert werden.
Sie nehmen rasch an Dicke zu und der letzte löst sich am Ende von
dem vorletzten etwas ab, so daß die Gestalt der Mündung durch den
letzteren nicht beeinflußt wird. Dieselbe ist vollkommen kreisrund, mit
zusammenhängendem scharfem Mundsaum. Der Deckel ist mir bisher
') Sandberger, 1. c. pag. 34. T. 6, Fig. 2. — Bulimus suhtilissimus AI. Braun
in Walchner's Geognosie. 2. Auflage pag. 1137.
2) Sandberger, I. c. p. 6. T. 6, Fig. 12.
3) Sandberger 1. c. pag. 84. T. VI, Fig. O' — 9"-
6*
84 K e u s s.
unbekannt geblieben. Gedrängte ungleiche feine, etwas rückwärts ge-
richtete Anwachsstreifen bedecken die Oberfläche der Schale.
6. Candona polystlgma n. sp. (Taf. 1, Fig. 6.)
Der erste Ostracode, welchen ich aus den Süsswassersciiichten
von Tuchoric kennen zu lernen Gelegenheit hatte. Ob derselbe der
Gattung Candona oder Cypris zugerechnet werden müsse, kann an
dem Fossilreste nicht entschieden werden ; ich habe wegen der Ähn-
lichkeit im Umrisse mit Candona Candida Müll. sp. u. a. die erst-
genannte Gattung vorgezogen.
Die etwa 1 Mm. langen und sehr mäßig gewölbten Klappen sind
nierenförmig- eiförmig. Das gerundete und stark zusammengedrückte
Vorderende ist beträchtlich schmäler als das flach bogenförmige, bei-
nahe abgestutzte und wenig schiefe Hinterende. Der hintere Rand
stößt mit dem in seinem hinteren und mittleren Theile nur schwach
gebogenen Rückenrande in einem abgerundeten beinahe rechten Win-
kel zusammen; erst im vorderen Theile biegt sich der Dorsalrand
stärker gegen das Vorderende der Klappe hin. Der Ventralrand ist
beinahe gerade, kaum merklich eingebogen.
Die Schalenoberfläche ist mit unregelmäßigen seichten Grübchen
dicht bedeckt, wodurch sie ein fein netzförmig- runzeliges Ansehen
erlangt. Die Ventralansicht beider vereinigten Klappen ist zugespitzt-
elliptisch. —
Durch die hier gegebenen Beiträge hat die Fauna des Süß-
wasserkalkes von Tuchoric neuerdings eine Bereicherung erfahren,
indem die Zahl ihrer Species auf 75 gestiegen ist. Davon gehören
54 den Heliceen, 12 den Limnaeaceen, 3 den Cyclasideen, 2 den
Aciculaceen, je eine den Cyclostomaceen, Limacideen, Paludinideen
und Ostracoden an. Die letztgenannten drei Familien haben erst
durcli die neuesten Untersuchungen ihre Vertreter gefunden. Auch
die Zahl jener Species, welche der Tuchoricer Kalk mit dem Land-
schneckenkalk von Hochheim gemeinschaftlich besitzt, ist dadurch
vermehrt worden. Sie beträgt jetzt 2t Arten, mithin 28 Perct. Die
schon früher ') ausgesprochene Ansicht von der Übereinstimmung
beider Ablagerungen in Betreff ihres geologischen Niveau findet
darin eine wiederholte Bestätigung.
IJ Reuss in d. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Bd. 42, pag. GO.
Paläontolofjische Beiträge. ^Jj
6. Über ein neues Vorkommen von Gongerienschichten in
Siebenbürgen.
Mein verehrter Freund Herr Sectionsrath Fr. Ritter v. Hauer
überließ mir einige Petrefacten aus Siebenbürgen zur Untersuchung,
welche der k. k. Ingenieur Herr Ferd. Burghart der geologischen
Reichsanstalt mitgetheilt hatte «). Sie stammen aus einem neu eröff-
neten Steinbruch am Hahnenhach eine Stunde südöstlich von Arhe-
gen zwischen Mediasch und Hermannstadt. Das einschliessende
Gestein ist ein ziemlich fester graulichweißer feinkörniger Sand-
stein mit zahlreichen silberweißen Glimmerschüppchen. Die darin
fest eingewachsenen Versteinerungen lassen in Betreff ihres Erhal-
tungszustandes Vieles zu wünschen übrig. Die calcinirte sehr zer-
brechliche Schale ist nur mehr in vereinzelten kleinen Partieen vor-
handen oder fehlt an den meisten bis auf unbedeutende Spuren
gänzlich, so daß man sich auf die Beurtheilung von Steinkernen
beschränkt sieht. Die Bestimmung daher selbst der Gattung war mit
großen Schwierigkeiten verknüpft und blieb in manchen Fällen sehr
zweifelhaft oder wurde selbst ganz unmöglich. Von der anderen Seite
erregen die genannten Fossilreste doch ein so hohes Interesse, daß
ich mich zur Mittlieilung auch der mangelhaften Untersuchungsresul-
tate verpflichtet fühle.
Die beobachteten Arten sind :
I. Limnaeas nobilis n. sp. (Taf. 2, Fig. 1, 2.)
Die in Rede stehende Schnecke, von welcher vier Exemplare
zur Untersuchung vorlagen , verräth bei flüchtiger Betraciitung der
allgemeinen Formenverhältnisse eine auflallende Ähnlichkeit mit Velu-
tina Flem. Dieselbe verschwindet aber, sobald man die Details ge-
nauer in das Auge faßt und sich erinnert, daß bei der genannten
Gattung noch niemals gerippte Schalen beobachtet worden sind.
Auch darf man nicht vergessen, daß man es bei den Gongerien-
schichten mit einer Ablagerung des brakischen Wassers zu thun
hat, in welcher das Auftreten der rein marinen Velutinen unerklär-
bar wäre.
') Reuss im Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1866. XVI. Sitzb. pag. ö-i.
86 R e u s s.
Vielmehr stimmt unser Fossilrest trotz manchen nicht scharf und
deutlich genug hervortretenden Charakteren mit der Gattung Lim-
fiaeus überein. Der von den typischen Formen auffallend abwei-
chende Totalhabitus kann als kein Gegengrund gelten , denn die
Gestalt der Limnaeen ist überhaupt sehr wandelbar und bietet alle
Zwischenstufen dar von der schlanken Spindelform der lebenden
Acella graciUs Jay und der fossilen Limnaeus subulatus Sow. i)
und L. atteuuattis Hisl. =) aus den Süßwasserschichten von Talank-
hedi im Nagpurdistricte Centralindiens bis zu der niedergedrückten
Kugelform des L. veluthius Desh. s) aus der Krim, dessen Name
schon auf die Analogie des Umrisses mit Velutina erinnert. Ja selbst
an Formen mit auseinander gezogenen, von einander getrennten Um-
gängen fehlt es nicht. Sie bilden die Gattung Camptoceras Benson.
Unter den lebenden Limnaeiden schliesst sich unsere Species
zunächst wohl an die Gattung Ämphipepha Nilss. an, wenngleich
sich an einem überdies in mancher Beziehung mangelhaften Fossil-
reste die Identität der Gattung nicht nachweisen läßt. Ich habe den-
selben daher vorläufig der umfassenden Gattung Limnüeus angereiht.
Die eigenthümlichen Sculpturverhältnisse, das Vorhandensein
senkrechter Rippenfalten, eine so ungewöhnliche Erscheinung sie
auch bei Lhmiaeus sein mögen, können kaum ein Bedenken erregen,
da sie sich auf übereinstimmende Weise bei L. Adelinae Forb. *)
aus den Tertiärschichten Lyciens wiederfinden.
Ich lasse nun die Besehreibung des Siebenbürgischen Fossiles
folgen.
Das Gehäuse ist niedergedrückt-kugelig, breiter als hoch, oben
abgestutzt. Die Zahlenverhältnisse des Höhendurchmessers zum
Breitendurchmesser stellten sich an den vier vorliegenden Exemplaren
in folgender Weise heraus:
1) Quart. Joiirn. geol. Soc. XVI, pag-. 188. T. 5, Fig. 19.
~) Quart. Journ. geol. Soc. XVI, p. 188. T. S, Fig. 20.
•') .Mein. geol. sur la Crimee par Verneuil, suivi d'observations sur les foss. de cette
peninsule par Deshayes in Meni. de la Soc. geol. de France 1838. III. 1. pag. 64.
T. 5, Fig. 12 — 14. — Demidoff voyage dans la Russie inerid. et la Crimee II.
pag. 790. Atlas Moll. Tab. 3, Fig. 2.
*J Spratt and Edw. Forbes travels of Lycia II. p;ig. 117. lig. «• — Die Species
wurde schon früher von Cantraine unter dem Namen: Adelina elegans be-
schrieben. Sie war demselben aus Italien zugekommen, ohne daß ihm jedotli die
Fiiritlslätle näher beltuniil geworden wäre.
Paläontologische Beiträge. 87
Bei Nr. 1 (dem kleinsten Exemplare)
verhalten sie sieh wie .... 13 Mm. : 18 Mm.
2 17-20
»«" « » n » ....-Cl„r CO „
„ „ 4 (dem größten Exemplare) ver-
halten sie sich wie 25 „ : 28 „
Man zählt nur drei Windungsumgänge, von denen die inneren
zwei sehr klein und eingesenkt sind , so daß das Gewinde vollkom-
men niedergedrückt und abgestutzt erscheint. Nur die erste Win-
dung ragt gewöhnlich als sehr kleines Knöpfchen etwas über das
Niveau der zweiten vor.
Der letzte Umgang ist dagegen sehr groß, bauchig und ragt
mit dem unteren Ende weit über den vorletzten hinaus, während
das obere Ende mit demselben in gleichem Niveau liegt und von ihm
durch eine tiefe rinnenartige Nath gesondert wird. Durch die selir
rasche und starke Breitenzunahme der letzten Windung wird das
Gewinde zugleich sehr excentrisch.
Die sehr weite Mündung ist beinahe rundlich und wird durch
den vorletzten Umgang nur wenig modificirt. Der bogenförmige
äußere Mundrand ist dünn und scharf, im unteren Theile etwas
zurückgeschlagen. Der innere ebenfalls dünne Spindelrand erscheint
auch etwas zurückgeschlagen und scheint in seinem oberen Theile
einen dünnen Umschlag auf dem vorletzten Umgang zu bilden. Die
vorliegenden Exemplare sind jedoch zu mangelhaft erhalten, um eine
bestimmte Ansicht darüber zu erlangen.
Die Oberfläche der dünnen Schale ist mit starken und breiten,
mäßig gebogenen, verticalen Rippenfalten geziert, welche durch tiefe
und beinahe eben so breite Zwischenfurchen geschieden werden. Die
Species kömmt in dieser Beziehung mit dem schon erwähnten L. Ade-
lina Forb. überein. An den kleineren Steinkernen werden diese
Falten ganz undeutlich. Überdies zeigt die Schale noch feine un-
gleiche Anwachsstreifen.
2. Cardium ondatam n. sp. (Taf. 2, Fig. 3, 4.)
Diese Species verräth manche Ähnlichkeit mit einzelnen der
zahlreichen Cardium- Arten, welche D e s h a y e s i) und Rousseau 2)
1) Mem. soc. ge'ol. de France 1838. III. 1. pag. 46 — S9.
") Deniidoff voyage dans la Russie merid. et la Crimee II. pag. 803— 818.
T. 6—10.
88 Heuss.
aus den Tertiärschichten der Krim beschreiben, ohne jedocli mit einer
derselben völlig identisch zu sein. Am meisten näiiert sie sich im Um-
risse dem C. cavinatum Desh. und dem C. modiolare Rouss.
Die Schalenklappen sind sehr ungleichseitig, quer-vierseitig-
oval, am vordem kurzen Ende abgerundet und viel niedriger als
hinten, wo die Schale beinahe schräg abgestutzt erscheint. Der Hin-
terrand stößt mit dem sehr wenig gebogenen unteren Rande in einem
abgerundeten, 90° nicht viel übersteigenden Winkel zusammen und
bildet ein vorspringendes Eck. In den kurzen vorderen Rand dagegen
geht der Mantelrand in ununterbrochener Rundung über.
An den drei vorliegenden Exemplaren verhält sich die Höhe zur
Länge :
1. wie 15 Mm. : 25 Mm.
2. „ 15.5 „ :26 „
3. „ 17.5 „ :28 „
also im Mittel wie 16 Mm. : 25.5 Mm.
Der vorwärts iibergebogene Wirbel ragt nur schwach über den
wenig gebogenen Schloßrand vor und liegt am hinteren Ende des
ersten Dritttheils der Schalenlänge. Von dem Wirbel läuft über den
Rücken der Schale eine Kante herab, in der Nähe des Wirbels am
schärfsten ausgesprochen, im weiteren Verlaufe sich allmälig etwas
verflachend, aber immer noch deutlich bleibend.
Durch diesen Kiel wird vom Schalenrücken eine ziemlich aus-
gedehnte, im unteren Theile nur schwach geneigte Hinterfläche
abgegrenzt.
Die Oberfläche der Schale ist mit 22 — 23 scharfrückigen , an
den Seiten dachförmig abschüssigen, mäßig hohen vom Wirbel aus-
strahlenden Rippen bedeckt, welche durch eben so breite oder noch
breitere flache Zwischenrinnen geschieden werdeu. Am vorderen
Theile der Schale stehen sie gewöhnlieh etwas gedrängter und erhe-
ben sich zu geringerer Höhe. Die auf der erwähnten Rückenkante
liegende Rippe pflegt am stärksten hervorzuragen und steht von den
Nachbarrippen am weitesten ab. Auf der Hinterseite zählt man 5 — 6
Rippen, welche ebenfalls weiter von einander gerückt sind und sich
mehr verflachen.
Über die Radialrippen und ihre Zwischenfurchen verlaufen sehr
gedrängte und ungleiche, schwach wellenförmig gekrümmte Anwachs-
streifen , durch welche die Schale etwas blättrig erscheint. In ziem-
Paliiontologische Beiträge. 89
lieh regelmäßigen Abständen erheben sich diese Streifen auf den
Rippen zu kleinen schuppig-blättrigen Hervorragungen. Am wenig-
sten tritt diese Erscheinung im vorderen Theile der Schale hervor.
Auch auf den Steinkernen behalten die Rippen großentheils ihre
scharfkantige Beschaffenheit bei , wenn sie gleich an Höhe verlieren.
3. Cardiom sp.
Kleine Steinkerne mit anhängenden Schalenpartikeln gehören
offenbar einer zweiten Cardium-Art an, die im Umrisse mit C. sub-
detitatum Desh. i) einige Ähnlichkeit besitzt, ohne jedoch in den
übrigen Merkmalen damit übereinzustimmen. Die Schale, deren Höhe
sich zur Länge beiläufig wie 14.5 : 18 Mm. verhält, ist quer -oval,
wenig ungleichseitig, vorne gerundet, hinten schwach abgestutzt,
ohne Rückenkiel. Der beinahe mittelständige Wirbel ist übergebogen,
stärker gewölbt als bei C. siibdeiitatum.
Auf dem Rücken der Schale zählt man etwa 16 Rippen, die am
Wirbel sehr scharfrückig hervortreten. Zwischen je zwei derselben
scheint sich in weiterem Verlaufe eine sehr flache Zwischenrippe
einzuschieben. Auf der Vorder- und Hinterseite der Schale ver-
flachen sich die Rippen sehr. Über die ferneren Charaktere geben
die Steinkerne keinen genügenden Aufschluß.
4. Cardiam sp.
Es liegen noch Steinkerne einer dritten kleineren Art vor. Das
vollständigste Exemplar ist 13 Mm. lang und 10,5 Mm. hoch, quer-
oval, vorne gerundet, hinten schwach abgestutzt, ziemlich stark ge-
wölbt, mit ühergebogenem beinahe mittelständigem W'irbel, ohne
Rückenkante. Die Schalenoberfläche wird durch zahlreiche flache
Radialrippchen geziert, die durch etwas schmälere Furchen mit fla-
chem oder selbst etwas convexem Boden geschieden werden. An
beiden Seiten der Schale verflachen sie sich etwas. Über Rippen und
Furchen laufen endlich sehr gedrängte und scharf ausgesprochene
ungleiche vertiefte Anwachsstreifen.
5. CoDgeria triangolaris Part seh.
Ich habe nur eine von dem umgebenden Gesteine an der Innen-
seite nicht trennbare Schale vor mir, die wegen ihres dreiseitigen
») Deshayes 1. c. p. 57. T. 1, Fig. 16—18.
90 Reu SS.
Umrisses wohl unzweifellinft der genannten Species angehört, aber
wegen der Kleinheit und Dünne der Schale und der geringen Ent-
wicklung des triangulären Lappens von einem jugendlichen Indivi-
duum abstammen muß.
6. lelanopsis sp.
Endlich muß noch eines Bruchstückes einer Melanopsis Erwäh-
nung geschehen, welche nach den erkennbaren Merkmalen kaum von
M. Martuiiana Fer. verschieden sein dürfte.
Die einzelnen hier namhaft gemachten fossilen Reste bieten
schon wegen ihres sehr mangelhaften Erhaltungszustandes nur
wenige sichere Anhaltspunkte dar. Dagegen fällt die Gesamtphy-
siognomie der Fauna, welche durch diese Überreste repräsentirt
wird, desto mehr in das Gewicht. Sie verräth einerseits eine große
Analogie mit der in den brakischen mehr weniger ausgesüßten Wäs-
sern des südöstlichen Europa und des Avestlichen Asiens lebenden
Muschelfauna (der arab. caspischen Fauna); anderseits bietet sie
eine große Übereinstimmung dar mit den Vorläufern derselben, näm-
lich der Fauna jener Tertiärschichten, welche man von der darin
vorwiegend entwickelten Muschelgattung Congeriu (Dreissena, Ti-
chogoniaj mit dem Namen der Congerienschichten zu belegen pflegt.
Über ihre Aveite Verbreitung hat Herr Sectionsrath Fr. v. Hauer
schon vor längerer Zeit Auskunft gegeben *). Sie haben sich aus den
ausgesüßten, in Beziehung auf ihre Ausdehnung sehr reducirten, auf
mehr weniger isolirte Becken beschränkten Überresten eines tertiären
Meeres abgelagert, nachdem sich die marinen Depots der Tertiärzeit
schon sämtlich gebildet hatten.
Den westlichsten Punkt ihrer Entwicklung haben sie im Wiener
Becken erreicht. Von da erstrecken sie sich durch das südliche
Steiermark — daselbst aber nur spärlich entwickelt — , durch das ge-
sammte Südungarn und die angrenzenden Länder, nordwärts bis in
die Thäler der Karpathen, südwärts bis beinahe an den Fuß des
Balkan reichend. Weiter ostwärts lassen sie sich bis nach Südruß-
land und Kleinasien verfolgen, wenn gleich von Spratt jüngere dilu-
1) über die Verbreitunj;;' der Inzersdorfer (Congerieii-) Schichlen in üsterreicli im
Jahrbuche der k. k. geol. Heiebsanstalt 1860. 1. pag. I ff.
Paläontologische Beiträge. Q\
viale SiißAvasserablageriingen vielfach mit den tertiären Congericn-
schichten verwechselt worden sind ').
In Siebenbürgen selbst sind sie bisher schon an mehreren
Punkten nachgewiesen worden. Wir finden dieselben in der Geologie
Siebenbürgens von Ritter Fr. v. Hauer und Dr. Stäche, pag. 41
und 603 namentlich verzeichnet. Sie sind jedoch durchgehends mehr
weniger auf die Nachbarschaft des das Innere des Landes umgür-
tenden Gebirgskranzes beschränkt, und zwar mit Ausnahme der iso-
lirten im nördlichen Hochthale von Kapnik gelegenen und lange nur
durch den Bergbau aufgeschlossenen Depots s) sämtlich demsüdliclien,
westlichen und südöstlichen Theile desselben angehörig. Im ersteren
finden wir sie bei Groß- und Klein-Pold und Orh'is bei Reußmarkt. zu
Stammerndorf und Heitau bei Hermannstadt, so wie zu Galt in SO.
von Reps. Am Westrande des Beckens sind sie bekannt von Halmagy
und im Valye Lyasza im Körösthale, so wie zu Hoswe und Györtelek
in N. von Szilagu Somlego und endlich zuOlahlapad nordwestlich von
Nagy-Enyed. Dem südöstlichen Rande gehört der reichste Fundort
Siebenbürgens an Petrei'acten der Congerienschichten an, nämlich
Arapatak in 0. von Marienl)urg und außerdem eine zweite Fundstätte
zwischen Nußbach und Rolhbach in N. von iMarienburg. Die Ver-
steinerungen, welche alle diese Fundstätten geliefert haben, be-
schränken sich bisher auf die geringe Anzahl von 13 Arten, unter
denen man 4 Arten der Gattung Congeria, eben so \ie\e Melanopsis,
3 Pidudlna und endlich je eine Melania und Nerita zählt.
Keiner der bisher bekannten Fundorte ist weiter in das Innere
des Landes vorgeschoben und obwohl über ihrVorkommen im Innern
des von Tertiärschichten erfüllten siebenbürgischen Beckens von vorne
berein kaum ein Zweifel obwalten konnte, so ist doch Arbegen der
erste bisher bekannt gewordene dem Centrum des Landes näher ge-
rückte Fundort von Congerienschichten. Das schon dadurch geweckte
Interesse wird noch wesentlich durch den Umstand erhöht, daß die
1) C. Peters vorläufiger Bericht über eine geologische Untersuchung der Do-
hrudscha in den Sifzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. in Wien. B. SO, p. 16.
^) Erst H. Wolf hat in neuester Zeit die Congerienschichten, wenn gleich in sehr
geringer Entwicklung in Kajinik am Tage nachgewiesen und zwar gehören sie
einem tieferen Congeria Pavtsehi führenden Niveau der obigen Abtheilung an. Auch
bei Nagjbanya wui-den sie \on ihm entdeckt. (Verhandl. der k. k. gcol. Reichs-
anstalt 1865, pag. 254.)
92 Reu s s.
Petrefacten von Arbeiten von jenen der übrigen genannten Fundorte
beträchtlich abweichen und eine weit größere Übereinstimmung mit
der cardienreichen pontischen Gruppe der Congerienschichten zeigen.
Möge die Miltheilung meiner noch sehr lückenhaften Notiz bald zu
genauerer Durchforschung und umfassenderer Ausbeutung des inte-
ressanten Fundortes führen.
7. Neue Fundorte von Valenciennesia annulata Rousseau.
In A. V. Demidoffs V^oyage dans la Russie meridionale et la
Crimee II. pag. 791 (Atlas, Mollusques Taf.3,Fig.7) hat Rousseau
die Schale eines höchst merkwürdigen Gasteropoden beschrieben
und abgebildet, der, im Umrisse einem riesenhaften Ancylus gleichend,
sich doch so wesentlich davon unterscheidet, daß er zum Typus einer
selbstständigen Gattung erhoben wurde. Rousseau belegte dieselbe
zuerst — im Atlas — mit dem höchst sprachwidrig gebildeten Namen:
Valenciemiensis, den er später im Texte seiner Beschreibung mit
Valencieimitis vertauschte. Bourguignat >) verbesserte ihn, indem
er ihn in Valenciennia umwandelte, worauf ihn Fischer 2) noch
sprachrichtiger in Valenciennesia umgestaltete, welchen ich hier
auch beibehalte. Der Rousseau'sche Speciesname ,,afi7iulata" ist
sehr bezeichnend.
Das hier besprochene Fossil wurde in den oberen Schichten der
mittleren Tertiärabtheilung am Cap Kamiouch-Bouroun in der Krim
gesammelt, wo es, begleitet von Limnaeus peregi'inus und velutinus
Desh., Planorbis rotella Rouss., Paludina Casaretto Rou§s.,
Congeria aperta Desh. sp., Cardium planum Desh., C. carinatum
Desh., C. crenulatnm Rouss., C. acardo Desh. und C. modiolare
Rouss., in Menge vorkömmt, also durchgehends in Gesellschaft von
Conchylien des süßen und brakischen Wassers.
In der neuesten Zeit überzeugte man sich jedoch, daß dem
Fossile ein viel ausgedehnterer Verbreitungsbezirk zukömmt.
Bei Gelegenheit seiner letzten Anwesenheit in Pest sah Herr Sec-
tionsrath Ritter v. Hauer Exemplare desselben , dessen Bruchstücke
1) Auienites iiiiilacologiques in der Revue et magasin de Zoologie 2de Ser. VII. 185S,
§. 23. p. 29, T. 1, l<'ig. 1, 2; T. 2, Fig. 1.
«) Journal de conchyiiologie 2de Ser. III. 1838, p. 318.
Paläontolopische Beiträge. 93
Steirikernen von Inocerameii täuscheiifl ähnlich waren, im dortigen
Museum und verölTenth'chte darühei* eine kurze Notiz in den Verhand-
lungen der k. k. Reichsanstalt (Bericht vom 31. Juli 1867, Nr. 11,
pag. 234), in der er die Ähnlichkeit mit bauchigen Limnaeen mit nie-
dergedrücktem Gewinde, z. B. f^. nobilis R s s. von Arhegen , hervor-
hebt. Ihm verdanke ich die freundliche Mittheilung eines mitgebrach-
ten Exeraplares, das jedoch zu fragmentär war, um seinen Bau gründ-
lich zu studiren.
Durch gütige Vermittlung des Herrn iJirectors !)r. Hörn es ließ
mir Herr v. Hantken mit dankenswerther Zuvorkommenheit sämt-
liche in Pest befindliche Exemplare zur Untersuchung zukommen.
Von denselben gehören sieben dem Pester Museum, sechs dem Herrn
Prof. Szabo an. Mit Ausnahme eines kleinen fragmentären Exem-
plares, das Herr v. Hantken nach seiner Mittheilung im Jahre 1860
selbst aus den Congerienschichten von Totis westlich von Gran in
Ungarn sammelte, stammen die übrigen sämtlich von Beoscin in
Syrmien (Taf. 3, Fig. 1—3).
Im Oetober 1867 entdeckte Herr Prof. Hofmann aus Pest
dieselbe Versteinerung endlich auch in der Wallachei , auf einer
Anhöhe an der Straße zwischen Arkj'niy und Bradisceny, nahe west-
lich an erstgenanntem Orte. Die dort gesammelten fragmentären,
aber deutlich erkennbaren Exemplare erhielt ich durch gütige Ver-
mittlung des Herrn v. Hantken ebenfalls zur Ansicht.
Die zur Untersuchung vorliegenden Exemplare lassen sämtlich
noch manches zu wünschen übrig. Niu- drei derselben sind in ihrem
ganzen Umfange erhalten und von diesen gehören zwei überdies dem-
selben Individuum an, indem sie den Abdruck der Ober- und Unter-
seite darstellen. Alle übrigen sind mehr weniger unvollständige
Bruchstücke. Bei den meisten ist vorzugsweise der hintere unterhalb
des Wirbels gelegene Theil des Randes abgebrochen und in diesem
Falle nimmt das Fossil die schon früher hervorgehobene täuschende
Ähnlichkeit mit einem Steinkerne eines Inoceramns an.
Aber auch die in ihrem ganzen Umfange erhaltenen Exemplare
sind entstellt, indem sie von oben niedergedrückt erscheinen, was bei
der beträchtliciien Ausdehnung und Dünne der Schale leicht erklär-
bar ist. Dieselbe ist überdies beinahe stets verschwunden. Nur an
dem fragmentären Stücke von Totis und noch mehr an jenen aus der
Wallachei sind noch anhängende Schalenreste wahrzunehmen,
t/nt R e u s 8.
Die Größe (br untersuchten Exemplare ist, wenn auch sehr
veränderlich, doch stets heträchtlich. Das größte derselhen mißt
118 Mm. in der Länge und etwas ülier 90 Mm. in der Breite. Bei
dem zweiten vollständigeren Exemplare beträgt die Länge 95, die
Breite 90 Mm. Kleinere Stücke messen dagegen nur 68, das kleinste
nur 40 Mm. in der Länge. Der Umfang des gesamten Gehäuses,
welcher bei der Dünne der Schale mit jenem der weit geöffneten
schüsseiförmigen Mündung zusammenfällt, ist, wie die angegebenen
Maße zeigen, sehr breit - elliptisch oder beinahe kreisförmig;
jedoch darf nicht übersehen werden, daß in Folge der Depression
der Schale das Verhältniß zwischen Länge und Breite wesentlich
geändert, nämlich der Breitendurchmesser beträchtlich vergrößert
worden sein muß.
Der Rücken der Schale ist bauchig gewölbt, am höchsten in der
Nähe des Wirbels , der am hinteren Ende der Schale liegt und
hakenförmig nach hinten herabgekrümmt ist. Von da senkt sich die
Schale gegen den bogenförmigen Vorderrand nur allmälig. Steiler
fällt sie gegen die Seitenränder ab, am steilsten, beinahe senkrecht
am hinteren Ende. Jedoch ist dies nur an normalen Exemplaren
wahrzunehmen, an den vorliegenden ist selbst der Hinterrand in
Folge der eingetretenen Compression beinahe tlach ausgebreitet.
Aus demselben Grunde ist auch die an der rechten Seite des
Hiiiterrandes vom Wirbel herabziehende Siphonalrippe, welcher an
der Innenseite der Schale eine starke furchenartige Einbiegung ent-
spricht, vollkommen ausgeglichen und verschwunden. Sie wird nur
noch durch einen merkbaren Sinus, den die concentrischen Falten
der Schale an dieser Stelle bilden, angedeutet. Eben so ist von der
kleineren rippenartigen Ausbiegung, welche die linke Seite des
Hinterendes normaler Schalen darbietet, keine Spur mehr wahr-
nehmbar.
Die sehr dünne Schale wird von starken und hohen, scharf-
rückigen, dachförmig abfallenden concentrischen Falten bedeckt, die,
am Wirbel schwach beginnend, in immer weiteren concentrischen
Bögen sich herumlegen und zugleich, je näher der Schalenperipherie,
desto höher sich erheben. Sie stehen ziemlich gleich weit von einan-
der ab; doch zeigen sie in Beziehung auf Abstand und Höhe stel-
lenweise einige Unregelmäßigkeit. Ihre Zahl ist auch, abgesehen von
der Größe der Schale, schwankend. An dem grüßten der vorliegen-
Paläontologische Beiträge. 95
den Exemplare zähle ich vom Wirbel bis zur Peripherie im Ganzen
30 Falten, von denen jedoch einzelne nicht bis an den Seitenrand
hinabreichen, sondern schon an der rechten Rückenseite bald ab-
brechen. Besonders ist dies bei den dem Wirbel näher liegenden
Falten der Fall. Am gedrängtesten und daher auch am zahlreichsten
stehen sie auf den Exemplaren aus der Wallache!. Auf den Falten
und in ihren Zwischenfurchen verlaufen überdies zahlreiche ge-
drängte, ungleiche concentrische Anwachsstreifen. Die in der von
Rousseau gegebenen Abbildung angedeuteten Radiallinien, wodurch
die Oberfläche der Schale gleichsam fein gegittert erscheint, konnte
ich an den mir vorliegenden Fossilresten nirgends wahrnehmen;
wohl aber zerbricht die Schale in der dadurch angedeuteten Rich-
tung äußerst leicht und unterliegt deßhalh auch so sehr der Zer-
störung. Es scheinen also durch die genannte unterbrochene Strei-
fung nur die erwähnten Bruchrichtungen angedeutet zu werden. Die
concentrischen Falten und Streifen treten auch auf der Innenseite
der Schale vollkommen deutlich hervor. Von einem Muskeleindruck
ist dagegen keine Spur wahrzunehmen.
Faßt man alle beschriebenen Charactere der F. annulata zu-
sammen, so ergibt sich nachstehende, beinahe in ihrem ganzen Um-
fange schon von B o u r g u i g n a t ') formulirte Diagnose :
„Y. testa tenuissima, leite ovato-oblonga , gibboso-convcwa,
postice in umboiiem acutum deflexum protracta et praerupte de-
clivi; hl latere postico dextro costa siphonali ampla, a vertice ad
marginem usque sinuatum decurrente ; superficie acute concen-
trice plicata et striata; apertura latissima ovata; margine te7iui
acuto".
Über die Stellung der Gattung Valenciennesia im zoologischen
Systeme sind sehr verschiedene Ansichten ausgesprochen worden.
Von allen Seiten ist jedoch die Ähnlichkeit der Schale, welche allein
zur Beurtheilung vorliegt, einerseits in Betreff ihrer Gesamtphysio-
gnomie mit Ancylus, andererseits wegen des Sinus auf der hinteren
rechten Seite der Schale, der wahrscheinlich einer mit den Respira-
lionsorganen in Verbindung stehenden Siphonairöhre zur Aufnahme
gedient haben mag, mit der Gattung Siphonaria geltend gemacht
worden. Bourguignat sieht daher darin eine Übergangsform zwi-
*) Re^Tie et magasin de Zoologie par Guerin-Meneville 2de Ser. VII. 1833. pag. 30,
96 R e u SS.
scheu beiden geiuuinten Gattimt'en, welche, nach ihren Begleitei-n in
den sie beherbergenden Schichten zu schließen, in brakischem
Wasser, vielleicht an der Einmündung größerer Flüsse, gelebt haben
mochte.
Deshayesi) versetzt sie ebenfalls zu den Limnaeaceen und
zwar in die Unterabtheilung der Ancylinen, deren Reihe er damit
eröffnet, um sie auf diese Weise in die größtmögliche Nähe von
Siphoiiarla zu bringen. Es scheint dies bei den mehrfach hervor-
gehobenen Analogien auch die naturgemäßeste Stellung zu sein, in-
dem Ancyhis dann den einfachsten Süßwassertypus darstellt, von
welchem Valenciennesin sich durch das Vorhandensein der Siphonai-
röhre entfernt, um sich dagegen durch dieselbe einerseits an Sipho-
naria, anderseits an Camptonyx Bens, anzunähern, welche Gat-
tung gleichzeitig das terrestre Ancylinenglied bildet. In anderer
Richtung — durch eine im Innern der Schale befindliche Querlamelle,
ähnlieh wie bei Crepidula — weichen sodann Gwidlachia Pfeift'.,
Poeyia Bourg. und Latia Gray von ÄJicylus ab.
Eine etwas divergirende Ansicht spricht Fischer «) aus, indem
er Vrdencietmesia mit Camptonyx nicht nur nach dem Vorgange von
Adams 2^ in Gray's Familie der Otiniden versetzt, sondern beide
selbst in einer Gattung — Valenciennesia — zusammenfaßt. Der
letztere V^organg dürfte nicht ganz begründet erscheinen, da die Ver-
muthung Fischer's, daß Valenciennesia ein Landbewohner sei, in
den sie begleitenden Fossilresten, welclie durchgehends den Mollusken
des süßen und brakischen Wassers angehören, eben keine Stütze
findet. Wie schon Bourguignat bemerkt, scheint sie vielmehr
ebenfalls im brakischen Wasser gelebt zu haben und dann dürfte es
wohl erlaubt sein, trotz dem mit Camptony iV analogen Baue der Schale
auf eine etwas verschiedene Organisation des Thieres zu schließen.
Darum würde aber auch nicht zu billigen sein, Bewohner des festen
Landes und des Wassers in derselben Gattung zu vereinigen. Ich
ziehe es daher vor, mit Deshayes und Anderen beide Gattungen
gesondert zu halten.
Ij Descr. des anini. saus vertelires decouv. dans le bass. teil, de Paris. II. (>. 695.
-) Journal de Conchyliologie S''*" Sor. III. pag. 376.
3) 11. aiid A. A d a m's the geiiera of recent moUusca II. pag-. 644.
Piiliiontologische ßeiträg-e. 97
Von Totis bei Gran und von Arkany in der VVallaehei liegt mir
nichts von den die Valenciewiesia begleitenden Versteinerungen vor.
Beocsin in Syrmien scheint jedoch daran sehr reich zu sein ; nur hat
man es dort diirchgehends mit Steinkernen zu thun. Die Arten sind
daher theiis schon deshalb, theils wegen der starken Compression
der fossilen Reste schwer oder gar nicht mit Sicherheit zu bestimmen.
Ich beobachtete Limnaeus veluthms Desh., der von Verneuil und
von Dem id off bei Kamiouch-Bouroun unweit Kertsch gesammelt
wurde, ein Cavdium, welches wohl mit C. edenfulum besh. i) über-
einkommen dürfte, sowie auch ein anderes kleineres Cardium von
gerundet-ovalem Umriß, das mit dem von Eich wald 2) nach bloßen
Steinkernen beschriebenen noch sehr problematischen C. littorale
Eichw. von Odessa einige Ähnlichkeit besitzt.
Die gemachten Beobachtungen reichen hin, um darzuthun, daß
die Schichten, in denen neuerdings die Valenciennesia anmdata ent-
deckt wurde, in paläontologischer Beziehung vollständig mit jenen
von Kamiouch-Bouroun übereinstimmen. Hier wie dort bietet die
Fauna neben der Valenciennesia den Limnaeus velutinus und Car-
dien, die theils denselben, theils höchst verwandten Arten angehören.
Sobald die neuen Fundorte in ausgedehnterem Maße werden durch-
forscht und ausgebeutet sein, wird sich die Übereinstimmung als eine
noch vollständigere herausstellen.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die fraglichen Schich-
ten sämtlich in dasselbe geologische Niveau zu versetzen sind. Ihre
Fauna weiset mit Sicherheit nach, daß sie den Congerienschichten
angehören, die sich alle aus in hohem aber ungleichem Grade
ausgesüßtem Wasser abgelagert haben, welche Aussüßung jedoch
nach vollendeter Ablagerung der marinen Miocänschichten schon in
der Bild ungsepoche der Cerithienschichten — der sarmatischen Periode
— begonnen hatte. Ihr Fortschreiten kann entweder nur an der Ein-
mündung größerer Flüsse stattgefunden haben oder in Lagunen, in
denen durch langdauernde Abschließung vom Meere und durch Zu-
strömen süßen Wassers der Salzgehalt auf ein sehr niedrigesVerhältniß
1) D eshay e s I. c. pa^. j7. T. 3, Fig. 3 — 6. — Rousseau in Demidoff I. c. pag-.
807. T. 7, Fig. 4. — Es wird von Börnes auch von Arpad in SO. von Fiinf-
kircheu beschrieben.
2j Eichwald, Lethaea rossiea IH. pag. 99. T. 6, Fig. 1.
SiUb. d. mathem.-naturw. Cl. LVH. Bd. I. Abth. 7
98 R e u s s.
reducirt worden ist. Es dürfte nicht erlaubt sein, aus der Gegenwart
von Süßwassermollusken, z. B. der Gattungen Limnaeus, Planorhis,
Paludina, auf eine Schichtenbildung aus süßem Wasser zu scliließen,
da Cardien in demselben kaum gedeihen und sich reich entwickeln
konnten, während es von der anderen Seite bekannt ist, wie leicht
sich viele Süßwasserschnecken allmälig an einen selbst nicht unbe-
trächtlichen Salzgehalt ohne jede Störung ihrer Lebensfunctionen
zu gewöhnen vermögen.
Die Abweichungen der Fauna der Congerienschichten an ver-
schiedenen Punkten ihres Vorkommens sind offenbar theils durch ihr
verschiedenes Alter, theils durch mannigfache locale Einflüsse be-
dingt, die sich in isolirten abgeschlossenen Becken stets leicht, wenn
gleich in verschiedenem Maße, geltend machen, theils endlich durch
beiderlei Ursachen zugleich. Unter den aus beiden Quellen hervorge-
henden Ursachen der Abweichungen in der Fauna nimmt insbeson-
dere der verschiedene Salzgehalt des Wassers, in welchem die
Mollusken gelebt haben, einen hervorragenden Platz ein.
Abgesehen von kleineren Divergenzen, welche gehörig zu wür-
digen der Zukunft vorbehalten bleiben muß, sind es hauptsächlich
zwei Niveaus, die man schon jetzt in der umfassenden Gruppe der
Congerienschichten zu unterscheiden vermag. Sie lassen trotz man-
cher Übereinstimmung, die bei Gliedern derselben Gruppe nicht wohl
fehlen kann, sehr beträchtliche und auffallende Divergenzen in ihrer
Fauna erkennen. Die eine derselben kann man wegen der fast aus-
schließlich ihr 7.\\\ommenÄex\Melnnopsis- Arten {M.Marthnnna Fer.,
M. Bouei Fer., seltener M. imprcssa K ra us s u. a.) mit dem Namen
der Melanopsidenschichten belegen. Sie führen nebstbei eine Unzahl
von Congeria snbglobosa P a r t s c h , C. spath ulata P a r t s c h , C.
triangularis P., kleine Cardien (C. apertum v. M. und C conjimgens
Partsch), überdies Arten von ünio , Paludina, Planorbis, Valvata
u. s. w.
Doch werden sich auch innerhalb dieser Abtheilung in der Folge
gewiß mehrere gesonderte Niveaus unterscheiden lassen. Denn
bisweilen findet man die Melanopsiden und die Congerien in getrenn-
ten Lagerstätten und dann pflegen die ersteren ein höheres Niveau
eijizunehmen. Auch manche an Unionen von theilweise nordameri-
kanisehem Habitus reiche Schichten scheinen einem solchen höheren
Horizonte anzugehören, wenn sie nicht noch jüngeren Alters sind.
Paläontologische ßeiträg'e, 99
Überhaupt nehmen die jüngeren Congerienschichten eine immer
größere Menge von Siißwasserformen auf und gehen endlich in reine
Süßwasserablagerungen über. Deßhalb ist hier große Yorsiclit nöthig,
um nicht diluviale oder selbst noch jüngere limnische Schichten,
welche an noch lebenden Molluskenformen mehr weniger reich sind,
in den Bereich der Congerienstufe einzubeziehenund somit das Gebiet
derselben weit über die Gebühr auszudehnen.
Dagegen dürfte Congeria Partschi Cziz., welche nie in Gesell-
schaft der C. subglobosa auftritt, so wie C CzHekiUövn., schon ein
etwas tieferes Niveau der Congerienschichten andeuten.
Die zweite Gruppe derselben — die Cardienschichten — wird
vorzugsweise durch eine große Menge Cardien, zum Theile mit abnor-
mem Schloßbaue, welche von Deshayes, Rousseau und Hörn es
beschrieben worden sind, characterisirt. Ihnen gehören ferner an:
Coiigeria rhomboidalis Hörn, und C. aperta Desh. ') sp., mehrere
Limnaeaceen, zum Theil von eigenthümlicher Physiognomie, wie L. ve-
lutinus Desh., L. nobi/is Rss., die merkwürdige Valenciennesia aii-
nidataRoüss., endlich Paludina- und Planorbis-Arten, welche aber
durchgehends von jenen der Melanopsidenschichten verschieden sind.
Die geographische Verbreitung beider Schichtengruppen ist
nicht vollkommen dieselbe. Die Melanopsidenschichten erstrecken
ihren Verbreitungsbezirk viel weiter gegen Westen und Norden und
sie sind es allein, welche noch im Wiener Becken 2^ ihre reichliche
Entwicklung gefunden haben. Die Cardienschichten dagegen sind
bisher auf Ungarn und ihre Nebenländer beschränkt geblieben und
dehnen ihre Existenz bis auf die pontischen Länder aus. Sie ver-
breiten sich daher viel weiter nach Süden und Osten, in Gegenden,
wo die Schichten der ersten Gruppe bisher noch nicht nachgewiesen
worden sind.
Die cardienreichen Congerienschichten sind bisher schon an
vielen Punkten angetroffen worden. Die schon früher aufgezählten
Fundstätten der Valenciennesia anmdata zeichnen sich insgesamt
0 C. aperta Desh. sp. ist, wie ich mich in den reichlialtigen Sammlungen des k. k.
Hof-Mineraliencabinets überzeugte, neuerlichst auch in der ersten Abtheilung der
Congerienstufe gefunden worden und zwar bei Radmanest unweit Lugos im
ßanate.
2) Dieses bildet überliaiipt die Westgrenze der Congerienschichten, die über dieselbe
nirgends gegen Westen weifer hinausschreiten.
7*
100 Reuss.
durch eine vollkoininene Gleichartigkeit ihres Gesteines aus. Es ist
dies ein sehr feinerdiges gelhliches oder gelhhchgraues thonig-kalki-
ges Gestein, das stark an der Zunge hängt und sich in Salzsäure
unter lehhal'teni Brausen löst mit Hinterlassung eines mäßigen sehr
feinen theils tlockigen, theils sandigen Rückstandes i)- An anderen
Orten liegen dagegen die Petrelacten in einem Gesteine von abwei-
chender und sehr wechselnder IJeschaffenheit eingebettet. Bald ist es
ein mehr weniger thoniger oder sandiger Tegel, bald ein gewöhnlich
thoniger feinkörniger Sandstein, bald ein fester quarziger Sandstein,
in welchem man es meistens nur mit Steinkernen zu thun hat. Solche
Fundorte sind: Arpjul in SW. von Fünfkirchen, die Umgegend von
Hidas und Szegszard, Kaptalania nordöstlich von Sümeg (Ungarn),
Arbegen in Siebenbürgen, Borowo in Slavonien, Cernawoda in Bul-
garien, Rassowa in der Dobrudsclia 2) u. a., und ihre Zahl wird
durch fortgesetzte Untersuchungen gewiß noch beträchtlich vermehrt
werden.
Die beträchtlichen Verschiedenheiten , welche zwischen beiden
Gruppen der Congerienstufe obw alten , führen mit großer Wahr-
scheinlichkeit zu dem Schlüsse, daß beiden in vielen Fällen ein ver-
schiedenes Alter zukomme. Welche jedoch die ältere sei, kann kaum
direct mit Sicherheit entschieden werden. Man hat zwar an manchen
Orten beide Schichtengruppen beobachtet, aber niemals in relativer
Überlagerung in demselben Proiile vereinigt, sondern stets nur neben
einander gelagert. Will man jedoch , wie es nicht unwahrscheinlich
ist, zugeben , daß die zahlreichen größeren Cardien in einem noch
etwas salzreicheren Wasser gelebt haben , die Melanopsidenschich-
ten, in denen schon eine größere Zahl von Süßwasserformen auf-
taucht, sich dagegen aus einem noch mehr ausgesüßten Wasser ab-
gelagert haben, so würde es vielleicht erlaubt sein, für die ersteren
ein etwas höheres Alter in Anspruch zu nehmen. Für diese Ansicht
spricht übrigens der in den obersten Schichten der Melanopsidenfüh-
renden Gruppe stattfindende Übergang in wahre Süßwassergebilde,
1) Die Gleichförmigkeit der Gesteinsinasse wird liiii und wieder durcli einzelne Blatt-
abdriicke , so wie diircli meist vereinzeUe, selten truppweise versammelte Stein-
kerne winziger Ostracoden unterbrochen. Dieselben liaben im Umrisse Ähnlichkeit
mit Cytheridea Miilleri v. M. sp., gestatten jedoch keine nähere Bestimmung, weil
nie eine Spur der Schale erhalten ist.
*) Petei's Grundlinien zur Geographie und Geologie der Dobrudscha. II. pag. 53.
Piiläontolog-ische Beitiiige. 101
der von der im Laufe der Zeit eingetretenen vollständigen Aussfißung
der betretenden Wasserbecken Zeiigniß gibt. Damit würde endlich
aiicli das alleinige Auftreten der ersten (iriippe in dem Wiener
Beciien, also an der Grenze des Verbreitungsbezirkes der Congerien-
scbicbten überhaupt, wohl im Einklänge stehen, so wie auch
das Vorbandensein beider Gruppen an einer Localität und das
Erscheinen von schon oben angedeuteten vermittelnden Zwischen-
stufen in dem Processe der allmälig immer weiter vorschreitenden
Aussüßiung des Wassers seine naturgemäße Erklärung fände. Dadurch
wird jedoch die gleichzeitige Entstehung beider Schichtengruppen
keineswegs ausgeschlossen. Während sich in einzelnen Becken oder
doch an den Rändern derselben, wo ein reicheres Zuströmen süßen
Wassers statt hatte, Melanopsidenreiche Schichten bildeten, konnten
sich zu gleicher Zeit in anderen Becken oder im Inneren derselben,
im Gebiete eines noch etwas salzreicheren specifisch schwereren
Wassers, Ablagerungen der zweiten oder pontischen Gruppe bilden.
Ja an wieder anderen Punkten konnte selbst zur gleichzeitigen Ent-
stehung rein limnischer Gebilde Gelegenheit geboten werden. Daß
durch diese Erwägungen die Beurtheilung des Alters der obermiocä-
nen Tertiärbildungen sehr wesentlich erschwert wird, liegt klar am
Tage. Im Falle der gleichzeitigen Ablagerung würden beide innerhalb
der Congerienstufe unterschiedene Gruppen nur als verschiedene
durch locale Einflüsse bedingte Facies derselben aufzulassen sein.
Die bestimmte Lösung dieser und anderer damit zunächst verknüpf-
ter Fragen muß jedoch erst von fortgesetzten umfassenden Unter-
suchungen erwartet werden. Dieselben werden uns ohne Zweifel auch
noch die weitere Verbreiiung der Valenciemwsia anmilata innerhalb
der pontischen Gruppe der Congerienstufe kennen lehren, wo über-
haupt die Gesteinsbeschaffenheit sich zur Erhaltung der sehr dünnen
und leicht zerstörbaren Schale dieses Gasteropoden eignete.
8. Foraminiferen und Ostracoden ans den Schichten von
St. Gassian.
I. So überraschend groß die Zahl und Mannigfaltigkeit der Fora-
miniferen ist, welche der Lias bisher schon dargeboten hat, so scheint
doch dieser Reichthum sogleich zu verschwinden, sobald man etwas
tiefer, in das Gebiet der Trias herabsteigt. Wenigstens ist die Zahl
jener, die aus den ihr zugehörigen Schichtencomplexen bisher bekannt
102 Reuss.
wordeil sind, .Tusnehmend klein geblieben. Zum Tbeile mag wohl
auch die BeschalTenheit ihrer Gesteine, welche meistens der Erhal-
tung winziger Kalkschalen nur wenig günstige Verhältnisse darboten,
die Schuld daran tragen. Denn es sind meistens sandige Gebilde und
compacte Kalksteine, denen wir hier begegnen. Darin mögen nun die
Schalen der Foraminil'ercn, selbst wenn sie vorhanden waren, durch
die im höheren Grade stattfindendeAuslaugung verloren gegangen sein
oder sie sind in der umgebenden Kalkmasse so fest eingebettet, mit
derselben so innig verschmolzen, daß an ihre Isolirung nicht zu
denken ist. Selbst dünne Schliffe lassen unter dem Mikroskope höch-
stens ihre Durchschnitte wahrnehmen, welche doch nie zur sicheren
Bestimmung der Species führen können.
C. Schwager hat 1864 einige Foraminlferen aus den Kössener
Schichten beschrieben i), welche aus den thonigen Terebratel-
schichten im Bette des Elternbaches bei Vils in Tirol stammen. Es
sind; Nodosaria bucculentu, collisa und detoniata, die aber wohl
einer und derselben Species angehören dürften; eine sehr fragmen-
täre Marginulbia (M. iiicertu) ; Cristellaria 3Ieriani; TextUnria
exigua und eine noch zweifelhafte GlobuUna (Gl. nuduj.
Schon früher hatte Schafhäutl 2^ durcli Ätzen mit Säuren das
Vorhandensein zahlreicher kleiner Schalen in den Kalksteinen der
rhätischen Gruppe nachgewiesen, die er ohne genauere Untersuchung
mit neuen Namen belegt, die aber ohne Zweifel zum großen Theile
nur als Fragmente größerer Schalen aufzufassen sind. Nur der klei-
nere Theil stellt unzweifelhafte Foraminiferenschalen dar.
Mit größerer Bestimmtheit hat Gümb el sj die Gegenwart der
letztgenannten Thierreste in den Kalksteinen derselben Gruppe nach-
gewiesen nnd dieselben vorläufig auf die Gattungen Vagimdbia, Cu-
tu'olina und FlabeUina bezogen. Hieher gehört auch der Chaetetes
cylindricus aus dem Kalksteine der Zugspitze, in welchem Gümbel
zuerst *) die Charaktere der Foraminiferengattung Dactylopora er-
kannte und welche später auch von Eck s) in Menge in den ober-
•) Dr. A. V. Dittmar, die Contortazone 1864. pag. 108. T. 3, Fig. 8—14.
2J Untersucliunf^eii des südhaierischen Alpeng-ebirg-es pag. 41 ff. Taf. 13.
^) Geogiiost. Beschi'eihung der baierischen Al|)en pag. 359, 391, 399 u. s. w.
*) Leonh. u. Geinitz Jahrb. d. Min., Geol. u. l'etrcf. 18ß6. p. 565.
^) Dr. Eck, über die Formationen des bunten Sandsteines und des IVluseheliialkes in
Oliersclilesien 1865. pag. 86.
Paläontologische Beiträge. 103
schlesTsclieu Kalksteinen aus demselben Niveau aufgefunden wurde.
Meine eigenen Untei'suchungen haben diese Anschauungsweise be-
stätigt ').
In der Folge hat Pi-of. Peters s) ausführlichere Miltheihingen
über Foraminiferen im Dachsteinkalke gemacht. Er hat an dünnen
SchlilTen desselben erkannt, daß das Gestein aus dem Echernthale bei
Hallstadt zu mehr als 80 Pct. aus Schalen von Globigerinen besteht,
denen nur wenige dickschalige Textilarien beigemengt sind. Auch
an zahlreichen Orbulinen und einzelnen Miliolideen (Qiiinquelocii-
lina?) fehlt es nicht.
Ähnliche Resultate bot die Untersuchung der Dachsteinkalke
von anderen Fundorten. So z. B. fand Peters im Kalksteine von
der Javoriem-Alpe nächst dem oberen Isonzothale ausschließlich die
Schalen einer langhalsigen Lagena- Art, ähnlich der L. tenuis B o r n e m.
Ich muß endlich noch der zahlreichen schönen Foraminiferen
Erwähnung thun, welche R. Jones und W. Parker ^^ aus dem
blauen Thon von Chellaston bei Derby beschrieben und abgebildet
haben, den sie vermuthungsweise der oberen Trias einordnen. Das
Alter ihrer Lagerstätte ist daher jedenfalls noch zweifelhaft, um so
mehr, als die Fossilreste schon in ihrem Gesamthabitus eine unge-
meine Ähnlichkeit mit den Foraminiferen des unteren Lias verrathen,
von denen Terquem eine überraschende Formenfülle aus der Um-
gebung von Metz beschrieben hat und welche ich selbst aus dem deut-
schen Lias kennen gelernt, aber noch nicht publicirt habe.
Aus den Schichten von S. Cassian ist bisher nur ein einziger
Fossilrest erwähnt worden, der den Foraminiferen angehören könnte.
Aus den oberen Thonen des genannten Fundortes beschreibt nämlich
Schauroth ^) kleine sehr dünne Scheibchen, welche das Ansehen
eines Orbituliten haben und die er daher mit dem Namen Orbitulifes
Cassianicus belegt (I. c. pag. o27. Taf. 2, Fig. 13). Jedoch ist diese
Bestimmung sehr zweifelhaft. Ich habe diese Scheibchen selbst aucli
^) Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt 1866. pag. 200. Ich halte
damals die Bemerkung GiimbeTs übersehen, da ich sie in einem Aufsatze mit dem
Titel: „Comatula oA&v Bclemnites in den Nummulitenschichten des Kressenhergesu
nicht vermuthen konnte (Leonhard u. Geinitz neues Jahrb. u. s. w. 1866
pag. 364).
2) Jahrb. d. geoi. Reichsanstalt 1863. pag. 293 ff.
S) Quart. Journ. of the geol. Soc. Nov. 1860. pag. 432 ff. Taf. 19, 20.
*) Sitzungsberichte d. k. Akademie d. Wiss. in Wien 1833. B. 17, p. 326, 527.
1 04 R p II s V
gefunden und sorgfallig untersucht, nie uhev die geringsten Spuren
von organischer Struetur daran zu erkennen vermocht, Avelclie zu der
oben angeführten Bestimmung berechtigen würden.
Die Zahl der Foramfiiiferen, welche die Trias bisher geliefert
hat, ist daher sehr gering und jede Bereicherung derselben muß
erwünscht sein, da sie das Dunkel aufzuhellen geeignet ist, welches
noch über der Bhiznpodenfauna dieser Epoche schwebt.
Herr Dr. Laube,der neueste Monograph der reichen Fauna von
S. Cassian, hat von seiner im verflossenen Herbste dahin unternom-
menen Untersuchungsreise einige Proben der thonigen Mergel mit-
gebracht, welche die allbekannten und in allen Sammlungen verbrei-
teten Fossilreste umschließen. Er iil)ergab mir dieselben gefälligst
zur näheren Prüfung und es gelang, durch Schlämmen eine wenn
gleich geringe Anzahl von Foraminiferen und Ostracoden daraus zu
gewinnen, die freilich in Beziehung auf ihren Erhaltungszustand Vie-
les zu wünschen übrig lassen und theilweise nur eine generische
Bestimmung gestatten. Ich lasse ihre Aufzählung hier folgen.
1. Glandolina obconica n. sp. (Taf. 1 , Fig. 7.)
Sie ist ei-kegelförmig, oben gerundet, nach abwärts sich all-
mälig zur Spitze verschmälernd. Im oberen Theile unterscheidet
man mit Mühe fünf Kamniernähte als undeutliche Linien; an der der
Spitze zunächst gelegenen Partie vermag man sie nicht mehr zu er-
kennen. Die Höhe der letzten Kammer beträgt weniger als ein Dritt-
theil der Gesamlhöhe des Gehäuses.
GL strobilus Rss. ') aus dem Septarienthon ist sehr verwandt;
jedoch ist die letzte Kammer höher und mehr zugespitzt, das untere
Ende des größeren Gehäuses stumpfer.
In den untersten Schichten von S. Cassian.
2. Cristellaria sp.
Eine sehr kleine Species, oval, scharfrückig, oben zugespitzt,
mäßig gewölbt. Die Mündung rund. Die Nathlinien sind nicht wahr-
nehmbar.
In den Schichten mit Cardita crenata.
W. ."Harjjinulina sp. (Taf, 1, Fig. 8.)
In denselben Schichten fand ich eine Maryinul'ma, etwa 6 Mm.
lang, zusammengedrückt, im Querschnitte oval, \n\ unteren Theile
1) Reuss, Seplaiienthoii paj,'. UO. T. 2. Fig. 24.
I
Paläontologische Beiträge. 105
li.'ikenföriiiig umgebogen, übrigens gerade. Die Kammergreiizeu sind
nicht sichtbar.
Die Species ist nicht näher bestiniinbar. Im Umrisse ähnelt sie
manchen längeren Exemplaren von Cristellaria gladius Phil. sp.
(Reu SS Septarienthon. Tat'. 2, Fisjj. 3.3.)
4, Olobigerina sp.?
Im Umrisse nähert sie sich der Gl. triloba. Jedocli bleibt selbst
die generische Bestimmung zweifelhaft.
ö. Polymorphiiia (Globalina) sp.?
Selir zweifelhaft wegen des schlechten Erhaltungszustandes.
Gleich der vorigen in den unteren Oolithschichten.
6. Polyuiorphina sp.
In den Schichten mit Carditu crenata. Oval , mit rundlicliem
Querschnitt und kaum erkennbaren Nathlinien.
7. Textilaria sp.
Ein schleclit erhaltenes Exemplar einer kleinen kurzen und
dicken Species, ähnlicii der T. conuhis Rss. Ebenfalls in den Cur-
rf?Ya-Schicliten.
8. Tornuspira filiformis n. sp. (Taf. I, Fig. 9.)
Sehr kleine ebene Scheibchen, die aus einer in 12 — 13 Win-
dungen Spiral eingerollten, fast fadenförmigen Röhre besteben, welcbe
nur äußerst langsam und wenig an Dicke zunimmt. Über die Ober-
flächenbeschaffenheit geben die schlecht erhaltenen Exemplare keinen
Aufschluß.
Die sebr ähnliche (^^. po/j/^;Yt Rss. 'j aus dem Septarieiithon
weicht ab durch beträchtlichere Größe und seicht schüsseiförmige Ver-
tiefung des Geiiäuses und durch etwas größere Dicke der Röhre;
jedoch sind diese Unterschiede von keiner großen Bedeutung.
Einzelne Exemplare schlämmte ich aus den C^/?y/«7«- Schichten
aus, etwas besser erhaltene fand ich an Stellispongien anhaftend.
9. Biloculina sp. (Taf. 1, Fig. 10.)
In den(V«Y/iil:<
Silziiin'sb il ItAk.i.l aWi.ss.'ulilMii^lh iwiUinv (1 I.VIIli.l l.\blh IHÜS
PalJlontolojjisclie Beiträge. 109
K V k I ä r u n g d e r A 1) b i I Nabelseite, r Mündungs-
seite, sämtlich in nafii lielier (iröße, d ein Stück der Sehalen-
ob rtläehe vergrößert.
„ 3. Pupa aubconica Sandb. a Mündungsansicht vergrößert, h ein Slück
der Schalenoberfliiche stärker vergrößert.
„ 4. Valvatn Icptopomoides n. sp. u Mündungseile, b Rüekenseile, c Spin-
delseite, sämtlich vergrößert.
„ 5. Pupa Schtoageri n. sp. a Mündiingsseite. h Rückenseite, beide ver-
größert, c ein Stück der Sebalenoberfläche stärker vergrößert.
„ 6. Caiulona poli/sligma n. sp. n seitliche, b Baucliansidil , beide ver-
größert.
„ 7. Glcindulina obeonica n. sp. Vergrößerte Seilenansieht.
„ 8. Marginuliiia sp. Vergrößerte Seitenansicht.
„ 9. Curnuspira filiformis n. sp. Vergrößerte Flächenansicht.
„ It). Bilocidina sp. a Flächenansicht, b Mündungsansicht. Beide ver-
größert.
„ 11. Lac/oia sp.'? Vergrößerte Seitenansicht.
Tafel II.
Fig. 1. Limnaeus 7iobilis Rss. sp. «Rückenseite, 6 Mündungsseite, c Spiral-
seite.
„ 2. Derselbe. Sleinkern. a Rückenseite, b Spiralseite.
„ 3. Cardium ntidatiini n. sp. a Rückenansicht, b ein Stück der Schale
vergrößert.
„ 4. Dasselbe. Ansicht eines Steinkernes.
„ ä. Valenciennesia annidata Ron SS. Vergrößertes Schalenstück.
Tafel III.
Fig. 1. Vcdenciennesia anmdaia Rou SS. Obere Ansicht.
„ 2. Dieselbe. Obere Ansicht eines kleineren fragmenlären Exemplares.
„ 3. Untere Ansicht desselben Exemplares.
110
III. SITZUNG VOM 23. JÄNNEIi 1868.
Herr Prof. Dr. Fr. Rochleder in Prag übersendet eine „Notiz
über die Peetinkörper".
Herr Prof. Dr. E. Brücke bespricht den Inhalt der in der
Sitzung am 16. Jänner vorgelegten Abhandlung: „Über die soge-
nannte GUnulula thyreoidea des Frosches", von Herrn E. Fl ei sc hl.
Herr Dr. A. Boue überreicht eine Abhandlung, betitelt:
„Werden der Menschheit immer, wie jetzt, Mineralschätze zu Gebote
stehen?"
Das c. M. Herr Prof. Dr. Ferd. Ritter v. Hochs tetter legt
eine Abhandlung: „Über das Längenwachsthum der Knochen" von
Herrn Dr. Gustav Jaeger in Stuttgart vor.
Das c. M. Herr Dr. G. Tschermak hält einen Vortrag über
den Sylvin (Chlorkalium) von Kalusz in Galizien.
Herr Karl Exner, absolvirter Hörer der Philosophie, über-
reicht eine Abhandlung: „Über die Maxima und Minima der Winkel,
unter welchen Curven von Radien durchschnitten werden."
Herr Dr. U. S c h 1 o e n b a c h legt eine Abhandlung : „Über die
norddeutschen Galeriten-Schichten und ihre Brachiopoden-Fauna"
vor.
An Druckschriften wurden vorgelegt :
Academie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg: Memoires.
Tome XII., Part. I. St. Petersbourg, 1867; 8". (Russisch).
Apotheker-Verein, allgem. österr. : Zeitschrift. 6. Jahrg. Nr. 2.
Wien ; 8o.
Au wer s, A. , Bestimmung der Bahn des Cometen III. 1860.
(Abhdign. der k. Pr. Akad. d. Wiss. zu Berlin, 1867.) Berlin,
1867; 4o.
Beobachtungen, Schweizer Meteorologische: IV. Jahrg. März
bis Mai 1867. Zürich, 1867; 4o.
111
Carl, Ph., Repertoriiim für physikalische Technik etc. III. Band.
5. Heft. München 1867; S«.
Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome
LXVI. Nr. 1. Paris, 1868; 4o.
Cosmos. 3" Serie. XVIP Annee, Tome II, 3" Livraison. Paris.
1868; 8o.
Gesellschaft, Naturforschende , in Basel : Verhandlungen.
IV. Theil, 4. Heft. Basel, 1867; 8o. — Burkhardt, Fritz,
Üher die physikalischen Arheiten der Societas physica helve-
tica 17Ö1—1787. Festrede. Basel, 1867; 8o. — Festschrift,
herausgegeben zur Feier des SOjährigen Bestehens der Natur-
forsch. Gesellsch. in Basel. 1867. Basel, 1867; 8o,
Gewerbe -Verein, n. - ö. : Verhandlungen und Mittheilungen.
XXIX. Jahrg., Nr. 3. Wien, 1868; 8o.
Halle , Universität : Akademische Gelegenheitsschriften aus dem
Jahre 1867, 4« & 8o.
Jahrbuch, Neues, für Pharmacie und verwandte Fächer von F.
Vorwerk. Band XXVHI, Heft ö & 6. Speyer, 1867; 8o.
Lotos. XVII. Jahrgang. December 1867. Prag; 8«.
Miquel, F. A. W. , Sur les affinites de la flore du Japon avec
Celles de l'Asie et de TAmerique du Nord. — Sur le caractere
et r origine de la flora du Japon. — Sur les erables du Japon.
(Extraits des „Archives Neerlandaises« T. II, 1867.) 8".
Mittheilungen des k. k. Artillerie -Comite'. Jahrgang 1867, 7 &
8. Heft. V^ien; 8o.
Moniteur scientifique, 265'' & 266" Livraisons. Tome X% Annee
1868. Paris; 4o.
Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de
l'etranger. V* Annee, Nr. 7. Paris & Bruxelles, 1868; 4o.
Societe des Sciences naturelles de Neuchatel: Bulletin. Tome VII,
3*= Cahier. Neuchatel, 1867; 8o.
Wiener landwirthschaftliche Zeitung. Jahrgang 1868 , Nr. 3.
Wien; 4«.
— medizin. Wochenschrift. XVIII. Jahrg. Nr. 6 — 7. Wien,
1868; 40.
Z e i t s c h r i f t für Pharmacie von B e i 1 s t e i n , F i 1 1 i g und H ü b n e r.
XI. Jahrgang. N. F. IV. Band, 2. Heft. Leipzig, 1868; 8o.
112 Bon e.
Werden der Menschheit innner , wie jelzl, Müteralschälxe
zu Gebote stehen ?
Von (lern \v. M. Dr. A. Bou^.
Als unleugbare Thatsachc steht fest, daß alles Metallische sich
abnützt, und daß dieses besonders lur die edlen Metalle gilt. Diese
abgenützten Theilchen bleiben aber in dem vom Menschen bcM'obnten
l}oden versteckt. Man könnte daher annehmen, daß nach vielen
Jahrtausenden wenigstens selir bevölkerte Gegenden der Erde viel-
leicht hie und da als ausbeutbai- für den Bergbau erklärt werden
könnten. Wie viel nützliches IMetall ist schon auf diese Weise vor
den Augen der Menschen verschwunden. Wie klein ist zum Beispiel
das jetzt noch vorhandene Münz- und Schmuck-Quantum der alten
Völker.
Auf der andern Seite aber ist der den Menschen erreichbare
Metallschatz eine zwischen gewissen Grenzen bestimmbare Größe,
und er ist nnr bis zu einer gewissen Tiefe im Erdballe zu verfolgen.
Unter den Metallen wird nur wenig Eisen und Kupfer durch Vulkane
sublimirt, indem gewisse Wässer viel Raseneisenstein absetzen,
Petroleum in Menge aus der Erde herausquillt, verschiedene Salze
und Erdarten durch Mineralwässer abgelagert werden, indem Torf
so wie in tropischen Ländern etwas Braunkohle sich fort und fort
bilden. In der Voraussetzung, daß das Mineral-Reieh Jahrtausende
nur in der jetzigen Weise fortgehen kann, so würde es möglich
sein, ungeriihr den Zeitraum zu berechnen, wo alle Bergwerke ihre
Arbeit einstellen werden. Doch unter den Erzen werden am ersten
die selteneren Silber-, Gold- und Quecksilber-Bergwerke aufhören,
dann die vom Platin, Antimon, Blei, Zink, Mangan u. s. w. und viel
später die Eisenbergwerke, welche die zahlreichsten und die größten
Erzmassen darbieten. Nach dem frühern oder spätem Eingehen der
verschiedenen Bergwerke wird der Preis der Metalle, nach einer
gewissen Scala, steigen, um endlich nur einige Zeit für die Reichen
Werden der MpiispIiIi. iiiiiiiPr, wie jetxt. Miiieriilscliiitze zu Geb. stehen? 113
kaufhar zu sein, indem der andere Theil der Menschheit schon sie
enthehren wird müssen. Zu gleicher Zeit werden viele der mensch-
lichen Industrie oder seiner Ökonomie nützliche Säuren und Salze
im Preise steigen und endlich auch nicht mehr zu hahen sein, da
manche dieser Gegenstände nur auf eine wohlfeile Weise aus Metall-
erzen gewonnen werden. Das einzige Metalleisen ist üherall ausge-
breitet und häufig, so daß», obgleich es durch den Rost sieh mehr als
andere leicht abnützt, die Zeit, wo das Eisen den Menschen zu
fehlen anfangen wird, gewiß sehr weit von uns ist.
Obgleich die geschichtliche Menschheit nur auf 6- oder nehmen
wir selbst 12.000 Jahre an zurückgeht, so bemerkt man, daß sehr
viele Örtlichkeiten, wo Erze einst gegraben wurden, jetzt nicht mehr
bauwürdig oder selbst ganz erzleer geworden sind. So z. B. für
die phönizischen Zinn-Bergwerke in der Bretagne, für mehrere
ägyptische, griechische, römische und seihst hispano-amerikanische
Gold- oder andere Bergwerke. Vorzüglich tritt dieser Fall für Berg-
werke im Alluvial -Gebiete auf, wie wir es in manchen unserer
europäischen Flußthäler bemerken, wo ehemals die Goldwäschereien
blühten. Natürlicherweise ist das Erzsuchen in schon durchstöberten
oder theilweise seihst ausgewaschenen Gerollen eine der unfruch-
barsten bergmännischen Arbeiten. Aber selbst für andere Bergwerke
der Alten helfen tiefere Stollen-, Pump- und Dampfmaschinen so wie
verbesserte Metallurgie keineswegs immer, denn das Erz ist einmal aus-
gebeutet oder es bildete nur die oberen Teufen gewißer weiter unten
fast oder ganz tauber Gänge. Wenn es so ist, wie wird es dann mit
der Möglichkeit des Bergbaues nach einem doppelten oder dreifachen
langen Zeiträume bestellt sein; man wird gar keinen Bergbau mehr
treiben ki^nnen und wo noch etwas zu haben sein könnte, werden die
Erze zu tief liegen.
Überhaupt hat die Natur durch die Art der Verbreitung und
die eigenthümlichen Lagerstätten der Metalle in Gängen und Lagern
für die Bedürfnisse des Menschen reichlich gesorgt. Wenn besonders
so viele Spalten in der Erde nicht wären hervorgebracht worden, so
würden die meisten so nützlichen Metalle den Menschen unbekannt
geblieben sein , welche nur im Innern der Erde scheinbar ange-
häuft sind.
Darum muß die menschliche Vorsorge die Bergwerke so vor-
theilhaft als möglich ausbeuten und dieses wird vorzüglich der Fall
Silzb. d. mathem.-naturw. Cl. LVII. Bd. I. Alifh. 8
114 B o u e.
für seltene Metalle, wie z. B. für das so iiützliche Quecksilber so wie
für das der jetzigen Industrie fast unentbehrlich gewordene Kupfer.
Vom letztern Metall kennen wir wold ziemlich viele bedeutende Berg-
werke in mehreren Weltgegenden, obgleich die Zahl der letzteren
selbst schon beschränkt ist. Aber mit dem Quecksilber ist dieses ein
anderes, denn in Europa gibt es eigentlich nur zwei große Berg-
werke der Art, namentlich Idria und Almaden , zu welchen man die
theilweise verfallenen in der Rheiupfalz und nur hie und da in den
Alpen und Ungarn viel kleinere beizählen kann. Ob das rationellste
Princip der Staatswirthschaft für Bergwerke heute befolgt wird,
bezweifle ich sehr, weil vorzüglich die jetzige Tendenz der Auflassung
des Grubenbaues vom Staate aus scheinbar die allgemeine zu werden
droht. Private werden, sagt man, wohlfeiler arbeiten und mehr
produeiren. Der Staat wird nicht so belastet und zugleich von den
Beichthum der industriellen Bürger Nutzen ziehen. Doch die Frage,
auf wie lange Zeit solche Verhältnisse dauern werden, daran denkt
man gar nicht. Man verläßt sich auf Inspectionen für die Regelung
des ordentlichen Bergbaues und besonders tröstet man sich mit dem
Gedanken der vielen Jahrhunderte oder -Tausende, welche bis zu
der Erschöpfung der jetzigen Bergwerke verfließen werden.
Das Leben der Menschen ist wohl sehr kurz, aber die Lebens-
dauer der Menschheit kann Niemand berechnen, so daß man es doch
einmal schwer bereuen wird, die Bergwerke in solcher Weise gebaut
zu haben, daß sie nicht am längsten haben dauern können. Der
Privat- oder Actien-Inhaber wird nie so sorgfältig als Regierungen in
seinem Baue an die Zukunft denken, man mag daselbst was immer für
eine Controls-Ausübung ersinnen. Außerdem wird die längstdauernde
Wohlfahrt der benachbarten Bevölkerung ihm immer ziemlich gleich-
giltig sein, was es einer Staats-Regierung nicht sein kann. Er wird sich
immer geschwinder als der Staat bereichern wollen; darum verfallen
bergmännische Unternehmungen so oft in Raubbau, welche die
Bergwerke erschöpfen und die Aufnahme ihres regelmäßigen Baues
für die Zukunft selbst unmöglich machen. Die besten Beispiele
haben wir davon in dem mit Bergwerken gesegneten England , wo
Privat-Industrie so in Schwung ist und wo doch seit den zwei letzten
Decennien ordentliche Bergwerksschulen errichtet, so wie mehr
bergmännische Ordnung eingeführt wurden. (Die Schule zu Penzance
in Cornwallis fing im J. 1839, die von Wales im J. 1845 und die
Werden der Menschh. iiiimcr, wie .je(zt. Minei-Hlschätze zu (Jul). stehen? 1 1 Ü
Londoner im November des Jahres 1851 an.) Man erstaunt, wenn man
daselbst gewisse Bergwerke wie die von Blei zum Beispiel besucht. Viele
Naturschätze gehen daselbst durch den handgreiflichsten Raubbau für
die zukünftige Generation unwiderruflich verloren. In den Steinkohlen-
Gruben sieht es fast eben so schlecht aus, obgleich man vielleicht jetzt
da nicht mehr durch große brennende Kohleuhaufen ganze Gegenden
auf solche vergeuderische Art in der Nacht beleuchtet. Sie verbauen
nur die vortheilhaftesten Lagerstätten dieses ihnen so nothwendigen
Minerals, anstatt überall methodisch von oben an oder wenigstens
in einer gewissen Tiefe anzufangen und dann nach einander alle
Nebenlager auszuhauen und die ausgebauten durch das taube Material
der Stollen wieder auszufüllen. Es ist schon so weit gekommen, daß
das Parlament über diese Unwirthschaft sich hat Bericht erstatten
lassen i). Außerdem haben die Engländer um so mehr Ursache,
diese für ihr Leben und Industrie so wichtige Frage zu erörtern,
daß Berechnungen darüber uns nur als momentane Grübeleien
erscheinen. Ihre Einwohnerzahl so wie ihre Industrie wächst immer
fort, indem ihr Kohlen-Export keine Grenzen in der ganzen Welt bis
jetzt kennt, so daß diese drei Factoren alle Berechnungen zu
Schande machen. Auf ihr kleines Holzquantum können sie sich nicht
verlassen, würde man selbst wieder anfangen wollen, die kahlen
Berge der Grafschaften Cornwallis , Wales, Schottlands u. s. w. mit
Bäumen zu bepflanzen. Nur ihr Torf bietet ihnen einen reichen sich
immer erneuernden und aufgespeicherten Schatz.
Die aufgestellten Rechnungen der Engländer über die M'ahr-
scheinliche Dauer ihres heimatlichen Kohlenvorrathes gewähren
wahrhaftig wenig Trost; denn die rationellsten Männer berechnen,
daß England nur noch Kohlen für einige hundert Jahre besitzt. So
meint Sir Will. Armstrong, daß in 212 Jahren die Engländer ihr
brennbares Material ändern oder anderswo holen müssen. (Brit.
Assoc. f. 1863.) W. Stanley Jevons versetzt aber diesen Zeitpunkt
schon in 110 Jahre, er tröstet sich aber mit dem Gedanken von
tiefern Schächten und Stollen wenigstens bis 4000 Fuß, die Stein-
'J Jevons (W. J.), Tlie coal question , iin Inquiry concerning- tlie progress of tlie
nation a. the probable exhaustion ol the coal Supply L. 186ö. 8. (yiiart. J. ol' Sc.
1866. B. 3, S. 459— 479J. Vivian (Hussey) dito im Parlament 1866. 12. Juni
(dito S. 423.)
116 B 0 II e.
kohlen vertiefen sieh bis 10000 Fuss. Doch diese letzte Aushilfe hat
auch ihre Grenze, so z. B. daß es kaum Menschen möglich scheint,
die unter der Stadt London in einer Tiefe von etwa 7000 Fuß noch
bauwürdige Steinkohle bergmännisch zu erreichen. Gegen diese
gCAvichtigen Stimmen kommt die des Herrn Edw. Hüll nicht auf,
welcher dem Steinkohlenbau in England eine Dauer von 1000 Jahren
vindiciren möchte (llow long will our Goal field last L. 1862.) i).
Eine Mächtigkeit von 90 Scbuh für alle Kohlenschichten angenom-
men, so würde man damit 6800 Jahre auskommen.
Überhaupt ist die geognostische Verbreitung der Kohlenflötze
eine der merkwürdigsten geologischen Thatsachen, denn unleugbar
ist die größte Anhäufung des brennbaren Materials in sehr alten
Zeiten geschehen. Größtentheils wurde dieses auf trockenem Boden
oder unter nicht sehr tiefen Süßwasserbecken bewerkstelligt, wie es die
torfähnlichen Steinkohlenablagerungen so wie die Süßwassermuschel-
Bänke bezeugen , indem anderswo solche Gebilde deutlich an Insel-
Ufern unter dem Meereswasser entstanden oder nach ihrer Bildung
wenigstens kamen, da sie mit Gesteinen abwechseln, welche Meer-
thier-Überbleibsel enthalten. In beiden Fällen aber wurden die
Kohlenablagerungen durch Alluvial-Gebilde mehrmals gestört. Diese
Abwechslungen von Conglomerat, Sandstein, Mergel und Schiefer-
thon mit Kohlen mögen wohl in einem engeren Verbände mit Jahr-
zeiten Abwechslungen gewesen sein. Solche Überschwemmungen von
süßem Wasser erinnern an die Überfluthung der amerikanischen
Tropen-Savannen während der Regenzeit. Daher stammen die noch
in den Steinkohlenflötzen aufrecht stehenden Bäume, ein Fall, welcher
noch jetzt bei der Überschwemmung stattfindet. Dem ungeachtet
bleibt die Ausdehnung gewisser Kohlenbecken, wie die England's
und Nordamerika's, ein wahres Räthsel, wenn man vorzüglich z. B.
eine Verbindung zwischen den Englischen, Belgischen und West-
phalisclien annimmt. Ansialt einer Ebene muß man sich daselbst
mehrere VVasserläule denken, welche alle zu gewissen Zeiten aus
ihrem Bette austraten, und keineswegs zu gleichförmigen Alluvial-
und Pflanzentheil-Ablagerungen Anlaß gaben. Daher auch die Folge
der Steinkohlenlager von einer Gegend zur andern sehr verschieden
'J E. n. Hirkenlii'id ((.'olliciy (iiiindian IStJti. B. 12, S. 'iSS \i. S. 7), u. B e ,' e r.
bei welcher sich unterlialb des Fersengeleiikes eine behaarte Stelle
findet. Sämmtliche Arten treten auch beim Gehen mit ganzer
Sohle auf.
Wie im äußeren Körperbane, so sehließt sich auch in An-
sehung der Skelethiidung die Familie der Spitzmäuse (Sorices)
einerseits an jene der Igel (Erinacei), anderseits an die der Maul-
würfe (Talpae) an.
Der Schädel ist bei allen Gliedern dieser Familie langgestreckt,
je nach den vier Haupttypen aber, welclie dieselbe umfasst, wesent-
lich verschieden.
Bei der Gattung Raltensehwanzrüssler (GymimrnJ , welche
einen scheinbaren Übergang zur Familie der Igel (Erinacei) über-
haupt und insbesondere zur Gattung Borstenigel (Centetes) darstellt,
nähert er sich in seinen Umrissen jenem dieser Gattung und erinnert
in seiner Form auch autTallend an den Schädel der typischen Spitz-
mausformen (Sorices), doch unterscheidet er sich von beiden durch
das Vorhandensein eines vollständig ausgebildeten Jochbogens.
Die zweite Hauptform, welche sämmtliche typische Spitzmaus-
formen (Sorices) umfaßt, zeichnet sich durch einen auch am Hinter-
haupte verhältnißmäßig schmalen und am Schnauzentheile ziemlich
stark zusammengedrückten Schädel aus, auf welchem längs der Mitte
der Stirn- und Scheitelbeine eine schmale Leiste verläuft. Auch die
Lambdaleisten sind bei mehreren und insbesondere bei den größeren
Arten der Gattung Dickschwanzspitzmaus (Pachyura) ziemlich stark
entwickelt.
Das Jochbein fehlt und die Paukenhöhle ist unten nur durch
eine Haut geschlossen. Das Schläfenbein ist mit einem besonderen
Fortsatze versehen, welcher zur Aufnahme eines auch vom Unter-
kiefer ausgehenden Gelenkfortsatzes bestimmt ist. An der Innenseite
des hohen Kronfortsatzes befindet sich eine tiefe dreiseitige Grube.
Der Schädel der dritten Hauptform oder der Gattung Schlitz-
rüssler (Solenodon) erinnert in seiner Bildung ebenso sehr an jenen
der typischen Spitzmäuse (Sorices), als den der Gattung Bisam-
rüssler (Myogale), und insbesondere schließt er sieb rücksichtlich
seiner Form zunächst dem Schädel der letztgenannten Gattung an.
Er fällt nach vorne zu allmälig ab und wie bei de>i typischen Spitz-
inausformen (Sorices), fehlt demselben das Jochbein und ist die
Paukenhöhle unten durch eine Haut geschlossen. Der Rüssel wird
Kritische Untersuchung-en iil)er die Spitzmäuse (Sorices) etc. 127
wie bei den Maulwürfen (Tfilpae), durch ein am unteren Rande des
Nasenaussclinittes am Zwischenkiefer befindliches Knöchelchen ge-
stützt. Der Kronfortsatz ist breit und hoch.
Bei der vierten Hauptform dieser Familie, welche durch die
Gattung Bisamrüssler (Myogale) repräsentirt wird, tritt die nahe
Verwandtschaft mit den Maulwürfen (Talpae) auch am Schädel
deutlich hervor. Derselbe ist durch einen vollständigen, aber nur
sehr dünnen stabförmigen Jochbogen ausgezeichnet, das Hinterhaupt
ist aufgetrieben und auf der Mitte des Hinterhauptbeines befindet
sich eine besondere wulstige Hervorragung, indem von demselben
ein blattartiger dreispitziger Fortsatz ausgeht, der das Schädeldach
überragt. Auch ist die Hinterhauptsschuppe über jedem Condylus
von einer ziemlich großen Öffnung durchbrochen. Die pyramidalen
und ziemlich aufgetriebenen Felsentheile des Schläfenbeines berühren
sich vorne und stossen mit dem inneren unteren Flügelfortsatze des
Keilbeines zusammen. Die Foramina incisiva sind groß und der Ober-
kiefer ist in der Nähe der Gaumenbeine von zwei schmalen spalt-
förmigen Öffnungen durchbrochen. Das Schläfenbein sowohl, als auch
der Unterkiefer sind eben so wie bei den typischen Spitzmäusen
(Sor'ices), mit einem besonderen, aber stärkeren Fortsatze versehen.
Der Kronfortsatz ist wie bei diesen hoch, doch fehlt die dreiseitige
Grube an der Innenseite desselben und der Winkelfortsatz ist auch
breiter.
Die Zahl der Wirbel ist bei dieser Familie nicht nur nach den
Gattungen, sondern auch nach den Arten verschieden und ändert
nach den bisherigen Erfahrungen bei den Lenden-, Kreuz- und
Schwanzwirbeln bisweilen selb.<;t bei einer und derselben Art. In so-
weit wir die Skelete bis jetzt kennen, scheint die Zahl der Wirbel
zwischen 44 und Gl zu schwanken, doch ist diese Zahl keineswegs
als eine feststehende zu betrachten, da uns die Skelete der kurz-
schwänzigen Arten seither völlig unbekannt geblieben sind und bei
deren näherer Kenntniß sich die Zahl der Wirbel um ein Bedeutendes
vermindern würde.
Die Wirbelzahl vertheilt sich bei den nachstehenden Arten
welche wir bezüglich ihrer Wirbelsäule ganz oder theilweise kennen,
folgendermaßen.
128
F i t z i II g e r.
So zeigen
Rficfceii-
wirbel
Pachijurd crasslcaiida 14
„ miirina 14
„ etrusca . .
Crocidura sacralis .
~ hirta
annellata
cancscens .
aranea . . .
13
14
14
14
13
13
„ .... 14
„ leucodon ... 13
Sorcx alpiiius 14
„ vulgär in 14
« 14
„ pngmaeus 14
Soriculuti tu'grescnis . ?
Lenileii-
wirbel
8
6
6
5-6
5—6
6
6
6
6
6
6
6
6
Cronsopus fodiens
13
13
13
13
13
6
wirl.ol
9
3
3
4
4
4
4
3
4
4
4
3
4
3
Schwaii?.-
wirbel
Gesamiulz.
mit EinsrhI.
d. 7 Halsw. Nach
18
17
16
17
18—19
18
18
17
15
9
20
17?
16
14
1 O ohne die
äusserste Spitze 9
9
49
45
48
48—50
48—49
48
46
46
47?
47
44
19
17
18
27
30
48
48
48
58
6t
Ell IC II I).
Fall.
Wag;ii.
Pclers.
naiiboiit.
Goiiiiiiiii^.
Wagii.
Gciiiiiiiiig.
Wagn.
Bl;4 P" i t 7, i a g e r.
gen, abstehenden nnil nach rückwärts gei'icliteteu Winiperliaareii
besetzt, und an der Wni'zel dick, allinällg sich verdünnend. Sohlen
und Zehen sind nicht gewimpert. Eckzähne fehlen. Die Sciineiden der
unteren V'orderzähne sind nicht gezähnelt und an ihrer Hinterseite mit
keinem Ansätze versehen. Sämmtliehe Zähne sind braunschwarz und
endigen in weiße Spitzen und Scluieiden. Im Oberkiefer sind jeder-
seits vier Liickenzähne vorlianden. Die Krallen sind nicht zurück-
ziehhar, jene der Vorderf'üssc nicht größer als die der Hinteri'üsse.
Die Augen sind sehr klein.
Zahnformel: V'(»rderzähne , Eckzähne , Lücken-
2 0-0
zahne , Hackenzähne , = 30.
2—2 3 — 3
1. Die bengalische Schwarjizahnspilzmaus^Ao'af/o.torfow melanodon).
P. uuicolor f'uscus, gastreaeo vix pallidiore ; pedibus caudaque
ex nigrescente-flnvidh, inf'rn obscurioribns ; cauda dimidio cor-
pore longlore.
Sorex melanodon. Blyth. Journ. of tlie Asiat. Soc. of Bengal. 1855.
Fase. 1,
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 805.
Nr. 15.
PnradoxodoN melanodon. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 805. Nr. 15.
Eine höchst ausgezeichnete Form, welche den Typus einer
besonderen Gattung bildet und mit keiner anderen verwechselt wer-
deli kann. Sie gehört zu den kleinsten Arten in der ganzen Familie
und ist fast von derselben Größe wie die Zwerg-Spitzmaus (Sorex
pygmaeus).
Die Ohren sind groß, freiliegend und kahl. Der Schwanz, des-
sen Länge mehr als die halbe Körperlänge einnimmt, ist gernndet,
an der Wurzel dick, allmälig sich verdünnend, fast völlig kahl und
nur mit einzelnen langen, abstehenden und nach rückwärts gericliteten
Wimperhaaren besetzt. Die Füsse sind beinahe kahl. Im Oberkiefer
sind jederseits vier Lückenzähne vorhanden und sämmtliehe Zähne
sind pech- oder braunschwarz und endigen in weiße Spitzen und
Schneiden.
Kritische Untersiitliuiigen üher die Spitziiiäusc (Soi-ites) etc. 135
Die Färbung des Körpers ist einfarbig braun, ohne Spur eines
röthlichen Anfluges und auf der Unterseite kaum heller als auf der
Oberseite. Der Schwanz und die Füsse sind scbwärzlichgelb, nach
unten zu dunkler. Schnauze und Ohren sind von derselben Farbe,
die Krallen sind weiß.
Körperlänge 1" 10 »/g"'
Länge des Schwanzes 1" s/^"'
„ des Hinterfußes sanimt den Krallen - ^^/k"
Vaterland. Ostindien, Bengalen, wo Blyth diese Art, die er
in einem Hause zu Caloutta traf, entdeckte und welche er auch
zuerst beschrieb.
3. Gatt. Diekscliwaiizspitziiiaii8 {^Pachynvuy»
Der Fjeib ist nur mit weichen Haaren bedeckt. Vorder- und
Hinterfüsse sind fünfzehig. Die Zehen sind frei. Die Schnauze ist
stark verlängert und endiget in eine über die Unterlippe ziemlich
weit hervorragende spitze, rüsselförmige Nase. Die Ohren sind
groß, kurz, freiliegend und durch einen an ihrem Grunde befind-
lichen Lappen verschließbar. Der Schwanz ist lang oder mittellang,
vierkantig oder gerundet, geringelt und geschuppt, mehr oder
weniger dicht oder spärlich mit kurzen anliegenden Haaren und
einzelnen eingemengten hingen, abstehenden und nach rückwärts
gerichteten W^imperhaaren besetzt, und an der Wurzel dick oder
ziemlich dick, allmälig sich verdünnend. Sohlen und Zehen sind
nicht gewimpert. Eckzähne fehlen. Die Schneiden der unteren
Vorderzähne sind nicht gezähnelt und an ihrer Hinterseite mit keinem
Ansätze versehen. Sämmtliche Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
Im Oberkiefer sind jederseits vier Lückenzähne vorhanden. Die
Krallen sind nicht zurückziehbar, jene der Vorderfüsse nicht größer
als die der Hinterfüsse, Die Augen sind sehr klein. Eine besondere
Absonderungsdrüse befindet sich an den Leibesseiten, näher den
Vorder- als den Hinterbeinen, oder auch unterhalb des Schwanzes,
in geringer Entfernung von der Wurzel.
Zahnformel: Vorderzähne — , Eckzähne -^^— , Lücken-
2 U--0
4 4 4 4
zahne , Backenzähne = 30.
2 — 2 3 — 3
136 Fitzinge r.
1. Die rostrückige Dickschwanzspitzniaus. (Pachyiira Dtivernoyi.)
P. notaeo pallide cinereo, leviter ferrugineo-lavato ; gastraeo
dilnte griseo; cauda dimidio corpore parum longiore.
Sorex iudicus. Rüppell. Neue Wirbelth. S. 40.
„ gigajiteus. Duvern. Mem, de laSoc. d'liist. nat. d. Strasbourg.
V. II. Suppl. 3. p. 3.
„ indictis? Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 72.
Crocidurn indica? Wagn. Scbreber Säugth. Suppl. B. II. S. 72,
Sore.v giganteiis. Duvern. Guei-in Magas. d. Zool. 1842. p. 25.
t. 45.
„ crassicaudus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 554.
Nr. 21.
Crocidura crassicauda. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 554.
Nr. 21.
Pachyura crassicauda. Wagn. Schreber Säugth. Suppl.B. V. S. 554.
Nr. 21.
Sorex Indiens. Giebel. Säugeth. S. 905.
Crocidura indica. Giebel. Säugeth. S. 905.
Pachyura gigantea. Fitz. Heugl. Säugeth. Nordost-Afr. S. 29.
Nr. 1. (Sitzungsber. d. math. naturw. Cl. d.
kais. Akad. d. Wiss. B. LIV.)
Sehr nahe mit der Mumien-Dickschwanzspitzmaus (P. crassi-
cauda) verwandt und auch lebhaft an die Riesen-Dickschwanzspitz-
maus (P. gigantea) erinnernd , unterscheidet sich diese Form von
der erstgenannten Art durch den längeren Rüssel, die größeren Ohren,
den etwas längeren, gerundeten und an der Wurzel merklich dickeren,
auch bei Weitem nicht so dicht behaarten Schwanz und die ver-
schiedene Färbung. Von der letzteren trennen sie die verhältnißmäßig
etwas kleineren Ohren und die abweichende Färbung. Mit beiden
stimmt sie aber bezüglich der Körpergröße so ziemlich überein.
Der Kopf ist gestreckt, der Rüssel lang, doch nicht besonders
spitz. Die Ohren sind groß, freiliegend und kahl. Der Schwanz, dessen
Länge etwas mehr als die halbe Körperlänge einnimmt, ist an der
Wurzel überaus dick, fast von derselben Dicke wie der Hinterleib,
im weiteren Verlaufe allmälig sich verdünnend , beinahe kegelförmig,
gerundet und an der Wurzel dicht, so wie der Leib behaart, dann
aber nur spärlich mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen ein-
Kritische Untersuchungen über die Spitzmäuse {SoricesJ etc. 13T
gemengten langen, abstehenden und nach rückwärts gerichteten
Wimperhaaren besetzt. Im Oberkiefer sind jederseits vier Lüeken-
zähne vorhanden und sämmtliche Zähne sind durchaus eiid'ärbig weiß.
Die Oberseite des Körpers ist licht aschgrau , mit schwachem
rostbräunlichen Anfluge, die Unterseite hellgrau.
Einzelne Körpermaße sind nicht angegeben.
Vaterland. Aegypten und der westliche Theil von Arabien,
wo diese Art den Beobachtungen RüppelTs und Heuglin's zu
Folge in allen Häfen des rothen Meeres angetroffen wird.
Schimper hat dieselbe in Ober-Aegypten gesammelt und Du-
vernoy, welcher in dem von Schimper mitgebrachten Exemplare
Isid. Geoffroy's „Sorea^ giganfeus" erkennen zu sollen glaubte,
die erste Beschreibung und Abbildung von ihr geliefert. Wagner
suchte die Ansicht Duvernoy's aber zu widerlegen und betrachtete
diese Form als nicht von der Mumien-Dickschwanzspitzmaus (^P.
crassicaudaj für verschieden. Rüppell warf sie mit der indischen
(P. indica), kahlschwänzigen (P. muriita) und Mauritius -Dick-
schwanzspitzmaus (7*. cnpensisj zusammen,
2. Die Munüen-Dlckschwanzspitzmaus (Pachyura crassicaudaj.
P. imicolor pallide cinerea, gastraeo vix dilutiore ; pe-
dibus candaque ex cinero-albidis ; caiida vel dimidii corporis
longitudine, vel paullo breviore.
Grande musaraigne. Oliv. Voy. en Egypte. t. 23. fig. 1. A-E.
(Schädel.)
„ „ Geoffr. Catal, rais et bist, des Antiq. decouv.
en Egypte par Passalacqua. 1826.
Sorecc crassicaudus. E li r e n 1).
„ Lichten st. Verhandl. d. Gesellsch. naturf.
Fr. z. Berlin, B. I. S. 381, Nr, 1.
Lichtenst, Bullet, des Sc. nat. V, XVIII.
p, 279. Nr, 1.
„ Fisch. Synops, Mammal. p. 663, Nr. 16. a.
„ W' agier. Syst, d. Amphib. S. 14.
„ Lichtenst. Darstell, neuer Säugeth. t. 40.
figl.
Snncus sacer. Ehre n b. Symb. phys. Dee. II.
138 Fitzinger.
Sorex crassicaudns. Duverii. Mem. de la Soc. (riiist. nat. d. Stras-
bourg. V^ II. Supp]. 3. p. ö.
Blainv. Ann. des Sc. nat. 2. Sei-. V. X. p. 20.
Wagn. Schrebei- Säiigth. Suppl. B. II. S. 74.
Nr. 17.
Crocidura crassicauda. Wagn. Schi-eber Säugth. Suppl. B. II.
S. 74. Nr. 17.
Sorex crassicaudus. Duvern. Guerin Magas. d. Zool. 1842,
p. 23. t. 44.
„ „ S u n d e V. Vetensk. Akad. Handl. 1842.
p. 176, 178.
„ murinus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 78.
„ crassicaudatus. Temin. Fauna japon. V. I. p. 26.
„ crassicaudus. B e i c b e n b. Naturg. Raubtb. S. 342.
fig. 505.
Crocidura crassicauda. R e i c b e n b. Naturg. Raubtb. S. 342.
fig. 505.
Sorex crassicaudus. Wag n. Scbreber Säugtb. Suppl. B. V.
S. 554. Nr. 21.
Crocidura crassicauda. Wagn. Scbreber Säugtb. Suppl. B. V.
S. 554. Nr. 21.
Pachyura crassicauda. Wagn. Sclireber Säugtb. Suppl. B. V.
S. 554. Nr. 21.
Sorex crassicaudus. Giebel. Säugeth. S. 904,
Crocidura crassicauda. Giebel. Säugeth. S. 904.
„ crassicaudata. Heugl. Fanna d. rotb. Meer. u. d.
Somali-Küste. S. 14.
Pachyura crassicauda. Fitz. Heugl. Säugetb. Nordost-Afr. S. 30.
Nr. 3. (Sitzungsber. d. matb. naturw. Cl.
d. kais. Akad. d. Wiss. B. LIV).
Diese der rostrückigen Dicksclnvanzspitzmaus (P.Duvernoyi)
sebr nahe stehende Art, deren Verwandtschaft auch mit der Riesen-
Dicksclnvanzspitzmaus (C. gigantea) nicht zu verkennen ist, unter-
scheidet sich von beiden Formen durch den kürzeren Rüssel, die
kleineren Ohren, den etwas kürzeren und an der W^urzel verhältniß-
mäßig minder dicken, vierkantigen und auch weit dichter behaarten
Schwanz, so wie durch die verschiedene Färbung. Bezüglich der
Größe kommt sie mit der erstgenannten Form überein.
I
Kritische Untersuchiiiij;eii ülier Mit» Spitzinüuse fSoricea) etc. I»i0
Der Kopf ist langgestreckt und ziemlich flach, der Riißel mäßig
lang und nicht sehr spitz. Die Ohren sind groß und freiliegend. Der
Schwanz, dessen Länge die haihe Körperlänge oder wenigstens nahezu
dieselhe erreicht, ist fast vierkantig, an der Wurzel ziemlich dick,
8 Linien im Umfange haltend, allmälig im weiteren Verlaufe sich
verdünnend, heinahe kegelförmig, und ziemlich dicht mit kurzen an-
liegenden Haaren und einzelnen eingemengten langen , ahstehenden
und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren besetzt. Die Körper-
hehaarung ist kurz, dicht und etwas filzig. Im Oberkiefer sind jeder-
seits vier Lückenzähne vorhanden und sämmtliche Zähne sind durch-
aus einfarbig weiß.
Die Färbung des Körpers ist einfarbig trüb silbergrau , auf der
Unterseite kaum etwas heller. Der Schwanz , die Füsse und die
Schnurren sind mehr graulichweiß gefärbt. Die kahle Haut der
Rüßelspitze , der Ohren und des Schwanzes ist bräuidich-fleisch-
farben, an trockenen Bälgen dunkelbraun.
Körperlänge ö" 6" Nach Lichten stein.
Länge des Schwanzes 2" 9'"
„ des Kopfes bis zu den Ohren 1" 3'"
„ desRüßels 4"'
„ der Ohren 3'"
Breite der Ohren 4"
Abstand der Ohren 7"
Länge des Unterarms bis zur
Krallenspitze 1"
„ der Fußwurzel bis zur
Krallenspitze Si/a'"
Körperlänge 5" 4'" Nach Wagner.
Länge des Schwanzes 2" ö'".
Vaterland. Ägypten und die Westküste von Arabien, wo diese
Art in allen Hafenplätzen des rothen Meeres vorkommt. In der Um-
gegend von Suez ist sie sehr gemein und nach Heugliu eben so
häufig auch auf der Insel Dahlak. Seiner Vermuthung zu Folge soll
sie durch Schiffe in die Hafenplätze jener Gegenden verschleppt
worden sein.
Dieselbe Art wird auch im einbalsamirten Zustande in den alt-
ägyptischen Gräbern zu Theben und in den Vogelgräbern Aquisir bei
Memphis in Ober-Ägypten angetroffen.
140 Fitzinger.
0 1 i Y i e r und E t i e n n e G e o f f r o y haben uns zuerst mit dieser
Form nach einbalsaniirten Individuen hekannt gemacht, die späterhin
von Ehrenberg lebend in Ägypten angetrolTen und von Lichten-
stein beschrieben wurde.
Ehrenberg gibt nur drei Lückenzähne im Oberkiefer an und
Duvernoy und Temminck sind demselben in dieser Angabe
gefolgt. Doch hat sich Wagner an dem von Lichtenstein be-
schriebenen Ehrenberg'schen Original-Exemplare im Museum zu
Berlin die Überzeugung verschafft , daß diese Angabe auf einem Irr-
tliume beruhe, und nicht drei, sondern vier Lückenzähne im Ober-
kiefer vorhanden sind, wornach diese Art auch nicht der Gattung
Wimperschwanzspitzmaus (Crocidnra) angehört, sondern zur Gat-
tung Dickschwanzspitzmaus (Pachyura) gerechnet werden muü.
3. Die stablgraue Diekschwanzspitzmaus (Pachyura cinereo-aenea).
P. notaeo obscure cinereo, in ruf'o-fuscum vergente, nitore
metallico; gastraeo cinereo; cauda dimidii corporis longihidine,
cum pedibus colore ?iotaei.
Sorex indicus. Var. cinereo-aenea. Rüppell. Mus. Senckenberg.
B. III. S. 133.
„ sericeus.Süi\(\ey. Vetensk. Akad. Handl. 1842. p. 171, 177.
„ Hedenborgi. Wagn. Schreher Säugth. Suppl. B. V. S. 550.
Nr. 26.
Crocidura Hedenborgi. W ngn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S.556.
Nr. 26.
Sorex indicus. Giebel. Säugeth. S. 905.
Crocidtira indica. Giebel. Säugeth. S. 905.
Pachyura cinereo-aenea. Fitz. Heugl. Säugeth. Nordost-Afr. S. 30.
Nr. 2. (Sitzungsber. d. math. naturw. Cl.
d. kais. Akad. d. Wiss. B. LIV.)
Diese Form, welche der rostrückigen Diekschwanzspitzmaus
(P. DuvcrnoyiJ sehr nahe steht und in der Körpergestalt im Allge-
meinen sich zunächst derselben anschlieül , unterscheidet sich von
ihr außer der geringeren Größe, durch den etwas kürzeren Schwanz
und die ihr eigenthümliche, metallisch glänzende Färbung.
Der Schwanz, wcIcIkm' die halbe Körperlänge einnimmt, ist an
der Wurzel sehr dick, allmälig sich verdünnend, beinahe kegelförmig,
gerundet, und nichtsehr dicht mit kurzen anliegenden Maaren und
Kritische Untersuchung^en über die Spitzmäuse (Sorices) etc. 141
einzelnen eingemengten langen, abstehenden und nach rückwärts
gerichteten Wimperhaaren besetzt.
Die Oberseite des Körpers ist dunkelgrau, in Rothhraun über-
gehend und von einem Metaliglanze überflogen; die Unterseite des-
selben ist aschgrau. Die Füsse und der Schwanz sind von der Farbe
der Oberseite des Kürpers. Die Krallen sind bräuniich-hornfarben,
die Schnurren von der Wurzel angefangen schwarz , gegen die End-
spitze zu weißlich.
Kürperlänge 4" 8'"
Länge des Schwanzes . 2" 4'"
Vaterland. Schoa. Von Rüppell von dorther erhalten und
auch zuerst beschrieben.
S u n d e V al 1 betrachtet diese Form für identisch mit der Seiden-
Wimperschwaiizspitzmaus (C. sericea), während sie Wagner zur
kafTebraunen Wimperschwanzspitzmaus (C. Hedenhorgi) zieht. Beide
Ansichten sind aber offenbar irrig, wie aus einer Vergleichung der
Beschreibung derselben klar und deutlich hervorgeht. Obgleich die
Zahl der Lückenzähne im Oberkiefer von Rüppell nicht angegeben
wurde, so glaube ich doch keinen Fehlgriff zu begehen, wenn ich
die fragliche Form der Gattung „Pachyura^ einreihe, da die son-
stigen körperlichen Merkmale zu Gunsten dieser Annahme sprechen.
4. Die bruungraue Dicksckwanzspitziiiaus (Pachyura Temminckü).
P. nolaeo ohscure fusco-griseu , in juiiioribus lei'iter riif'es-
ceute-fusco lavuto, gasfraeo obscure cinerea; cauda (limidii cor-
poris longitudine.
Sorex myosnrus. Temni. Van d. HoevenTijdsch. V.V. (1839). p. 286.
Wagn. Schreber Säugth. Snppl. B. II. S. 74.
Note 11.
Crocidura niyosura. Wagn. Schreber Säugth. Siippl. B. II. S. 74.
Note 11.
Sorex indicus. Temm. Fauna japon. V. I. p. 2ö.
„ serpentarius. Reichen b. Naturg. Raubtii. S. 340.
Crocidura serjjentaria. Reichenb. Naturg. Raubtb. S. 340.
Sorex myosuros. Wagn. Schreber Säugth. Snppl. B. V. S. öö2.
Nr. 19.
142 Fitiinger.
Crocidura myosurn. Wagii. Schieber Säugth. Suppl. B. Y.
S. 552. Nr. 19.
Pachyiira myosura. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 552. Nr. 19.
Wir kennen diese Form nur aus der von Temmi nek gegebenen
Beschreibung, aus welcher zu ersehen ist, daß dieselbe mit de " indi-
schen Dickschwanzspitzmaus (P. inilica) sowohl, als auch mit der kahl-
schwänzigen (P. nmrina) verwandt, aber dennoch sicher von beiden
verschieden ist. Schon das Vorkommen allein rechtfertiget diese
Ansicht, da doch nicht wohl anzunehmen ist, daß Arten, von denen
die eine dem südlichsten Theile von Ost-Indien , die andere der
Äquatorial- und Tropenzone Asien's angehört, sich bis über den
30. Grad Nordbreite erstrecken sollte.
Aber nicht blos dieses weit verschiedene Vorkommen ist es,
welches ihren Unterschied von den genannten Arten begründet, son-
dern vielmehr das Vorhandensein gewichtiger Merkmale, welche gegen
ihre Zusammengehörigkeit mit diesen Arten sprechen. Von beiden
unterscheidet sie sich durch den weit schmächtigeren, beinahe gleich-
dicken, vierkantigen und an seiner Wurzel auch viel dünneren
Schwanz, so wie durch die verschiedene Färbung.
In dieser Beziehung steht sie der rattenschwänzigen Dick-
schwanzspitzmaus (P. serpentaria) weit näher, doch ist sie mit der-
selben aus dem oben angeführten, auf die geographische Verbreitung
iezüglichen Grunde sowohl, als wegen ihrer durchaus verschiedenen
Färbung keineswegs zu vereinigen.
Die Ohren sind groß und freiliegend. Der Schwanz, welcher von
halber Körperlänge ist, ist an der Wurzel ziemlich dick, nur wenig
dicker als im weiteren Verlaufe, seiner größten Länge nach fast von
gleichem Umfange, verbältnißmäßig etwas schmächtig, vierkantig, und
schon von der Wurzel angefangen beinahe völlig kahl, da er nur sehr
spärlich mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen eingemengten
langen, abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren
besetzt ist. Im Oberkiefer sind jederseits vier Lückenzähne vorhanden
und sämmtüelie Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
Die Oberseite des Körpers ist tief dunkel brauiigrau, die Unter-
seite dunkelgrau. Nur bei jungen Thieren ist die Oberseite des Kör-
pers s(;hwach rötlilicbbraun überflogen, da die äußersten Haarspitzen
bei denselben von rölhlichbrauner Farbe sind.
Kritische Untersuchungen über die Spitzmäuse (SoricesJ etc. 143
Körperlänge 5"
Länge des Schwanzes 2" 6'"
Entfernung der Augen von der Rüßelspitze . 9"'.
Vaterland. Japan, wo diese Art sehr häufig ist und von Siebold
entdeckt wurde. Temminck hat dieselbe zuerst beschrieben, hielt
sie aber nicht von der indischen Dickschwanzspitzmaus (P. indicn),
mit welcher er auch die kahlschwänzige (P. murina) vereinigte, für
verschieden.
5. Die rattenschwäazige Dickschwanzspitzniaas (Pnchyura
serpentariaj .
P. notueo cinerea, rufescente-lavato, gastraeo pallide cinereo ;
caiida dimidio corpore vel paullo longiore, vel breviore, nigres-
cente.
Sorex serpentnrins. Isid. Geoffr. Belang. Voy. aux Ind. Zool.
p. 1 1 9.
iiidl€ns?W'ng\\. SchreberSäugth. Suppl. B. II. S. 71. Nr. 14.
Crocidura indica. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. 11. S. 71.
Nr. 14.
Soreo) serpentarius. Temm. Fauna japon. V. I. p. 26.
Reichenb. Naturg. Raubth. S. 340.
Crocidurn serpentnria. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 340.
Sorex' knndianuü. Kelaart. Journ. of the Asiat. Soc. V. XX.
p. 164, 18Ö. — V. XXI. p. 350. — V. XXII.
p. 412.
„ serpentarius. ßlyth. Journ. of the .4siat. Soc. of Bengal.
1853. Fase. 1.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. Bl. V.
S. 553. Nr. 20. — S. 803. Nr. 3.
Crocidura serpentaria. Wagn. Schreber Säugtli. Suppl. B. V.
S. oo3. Nr. 20. — S. 803. Nr. 3.
Pachyura serpentaria. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 5Ö3. Nr. 20. — S. 803. Nr. 3.
Sorex indicus. Giebel. Säugeth. S. 90o.
Crocidura indica. Giebel. Siiugeth. S. 905.
Eine mit der braungrauen Dickschwanzspitzniaus (P. Tem-
minckii) sehr nahe verwandte Art, welche sich von derselben haupt-
sächlich durch die Färbung unterscheidet.
144 Fitzinger.
Die Ohren sind groß und freiliegend. Der Schwanz dessen Länge
etwas über die halbe Kürperlänge oder auch nicht ganz dieselbe er-
reicht, ist an der Wurzel ziemlich dick, nur wenig dicker als im wei-
teren Verlaufe, seiner größten Länge nach last von gleicheui Umfange,
verhältnißmäßig etwas schmächtig, vierkantig, und schon von der
Wurzel angefangen beinahe völlig kahl, indem er nur sehr spärlich
mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen eingemengten langen,
abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren besetzt
ist. Im Oberkiefer sind jederseits vier Lückenzäinie vorhanden und
sämmtliche Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
Die Oberseite des Körpers ist aschgrau und röthlich überflogen,
die Unterseite bellgrau. Der Schwanz ist sclnvärzlich.
Körperlänge 3" H'" Nach Isi d. Geoffroy.
Länge des Schwanzes ... 2" 1 '"
Körperlänge 5" 5'" Nach Temminck.
Länge des Schwanzes . . . 2" 9"
Körperlänge 4" 9'" Nach Wagner.
Länge des Schwanzes . . .2" 1'".
Vaterland. Ost-Indien, Bengalen, Coromandel, Mergui, Ceylon
und Isle de France. Leschenault brachte sie von Pondichery an
der Küste Coromandel und späterhin auch Belanger. Temminck
erhielt sie aus Bengalen, und Kelaart und Blyth von Mergui und
aus der Gegend von Kandia auf Ceylon. Durch Quoy, Gaimard und
Andouin kamen auch Exemplare, angeblich auf Isle de France ge-
sammelt, in das Museum nach Paris. Ob dieselben wirklich aber da-
selbst gefunden wurden, und ob sie nicht vielleicht durch Schiffe da-
hin verschleppt wurden , ist bis jetzt noch nicht entschieden. Isid.
Geoffroy hat diese Art zuerst beschrieben.
Wagner war früher im Zweifel, ob diese Art von der indischen
Dickschwanzspitzmaus (P. indica) specifisch verschieden sei, da
nach der von Isid. (ieoffroy gegebenen Beschreibung nur in der
Scliwanzform und zum Theile auch in seiner Färbung eine Verschieden-
heit gefunden werden könne, obgleich schon Isid. Geoffroy her-
vorhob, daß das Grau der Oberseite des Körpers reiner, daher
nicht so stark röthlich überflogen als bei „P. indica'''- und der
Schwanz schwärzlich und nicht braunroth ist. Später aber, nachdem
er selbst ein Exemplar dieser Form erhalten hatte, änderte er
Kritische Untersuchungen über die Spitzmüuse (Sorices) etc. 1 ^O
seine frühere Ansicht und sprach sich für die Selbstständigkeit der
Art aus.
6. Die langohrige Dickschwanzspitzmaus (Pachynra aurictilata).
P. notaeo pallide griseo , leviter rufescente-lavato , gastraeo
e.v alhido-griseo', cauda dimidio corpore pur um fongiore.
Pachyurd auricidata. Fitz. Kollar. Über Ida PfeilFer's Sendung, v.
Natural. S. 6. (Sitzungsber. d. math. naturw. Cl. d. kais.
Akad. d. Wiss. ß. XXXI. S. 342.)
Diese seither noch nicht beschriebene und von mir nur kurz
angedeutete Form schließt sich zunächst an die rattenschwänzige
Dickschwanzspitzmaus (P. serpentariaj an, von welcher sie sich
jedoch ausser der geringeren Größe, durch die beträchtlich längeren
Ohren, den an der Wurzel dicht behaarten Schwanz und die weit
hellere Färbung unterscheidet.
Die Ohren sind groß und freiliegend. Der Schwanz, welcher
etwas länger als der halbe Körper ist, ist an der Wurzel ziemlich
dick, nur wenig dicker als im weiteren Verlaufe, seiner größten Länge
nach fast von gleichem Umfange, verhältnißmäßig etwas schmächtig,
schwach vierkantig, an der Wurzel dicht behaart, dann aber nur
sehr spärlich mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen einge-
mengten langen, abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wimper-
haaren besetzt. Im Oberkiefer sind jederseits vier Lückenzähne vor-
handen und sämmtliche Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
Die Oberseite des Körpers ist hellgrau mit schwachem röthlichen
Anfluge, die Unterseite weißlichgrau. Der Schwanz ist dunkler grau.
Körperlänge ungefähr 4"
Länge des Schwanzes etwas über 2".
Genauere Körpermaße abzunehmen habe ich leider unterlassen,
da ich mir eine nähere Beschreibung dieser Form für spätere Zeiten
vorbehielt, woran ich jedoch durch veränderte Verhältnisse gehindert
wurde.
Vaterland. Madagascar, wo Ida Pfeiffer diese Art erhielt,
von welcher sie jedoch nur ein einziges Exemplar nach Europa
brachte, das mit den übrigen von ihr gesammelten Naturalien in das
Wiener Museum kam.
Sitzb. d. mathem. -naturw. Cl.LVIf. [Jd. I. Abth. 10
146 Fitzinge r.
7. Die Ittauritias-Dickschwanzspitzniaas (Pachynra mmiritiana).
P. notaeo e.v rufesceiite cinerea- fusco , gastraeo cinerea,
rostri laterihus ferrngineis ; candaf&re dimidii corporis longitudine,
supra ferruginea.
Sorex Capensis. Geoffr. Ann. du Mus. V. XVH. p. i84. Nr. 9.
t. 4. fig. 2.
Des mar. Nouv. Dict. dliist. nat. V. XXII. p. 66.
Nr. 10.
„ Des mar. Mammal. p. lo2. Nr. 241.
Fr. CuY. Dict. des Sc. nat. V. XXXIII. p. 427.
Nr. 9.
Isid. Geoffr. Dict. class. V. XI. p. 325.
„ „ Lichtenst. Verband), d. Gesellsch. naturf. Fr. z.
Berlin. B. I. S. 381. Nr. 7.
Lichtenst. Bullet, des Sc. nat. V. XVIII. p. 279.
Nr. 7.
„ Indiens? Cuv. Regne anim. Edit. II. V. 1.
„ Capensis. Griffith. Anim. Kiiigd. V. V. p. 299. Nr. 9.
„ Sonneratii. Fisch. Synops. Mammal. p. 580. Nr. 17.
„ Geoffroyi. Fisch. Synops. Mammal. p. 664. Nr. 18. a.
„ capensis. Wagler, Syst. d. Amphib. S. 14.
„ Sonneratii. Isid. Geoffr. Belang. Voy. aux Ind. Zool.
p. 109.
„ indicus. Blainv. Ann. des Sc. nat. 2. Ser. V. X. p. 20.
„ indicus? Wagn. Scbreber Säugth. Suppl. B. II. S. 70.
Nr. 14.
Crocidura indica? Wagn. Scbreber Säugth. Suppl. B. II. S. 70.
Nr. 14.
Sorex murinus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 78.
,, franciciis. Schinz. Synops. Mammal. B. I. S. 273.
„ indicus. Temm. Fauna japon. V. I. p. 25.
„ indicus .9 R e i c h e n b. Naturg. Raubth. S. 339, 384. fig. 7 I 9.
Crocidura indica? Reich enb. Naturg. Raubth. S. 339, 384.
fig. 719.
Sorex Sonnerati? Reich enb. Naturg. Raubth. S. 339.
Crocidura So7merati? Reich enh. Naturg. Hauldb. S. 339.
Sorex Muuritianus. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 341.
Kritische Untersuchung eii üher die Spitzmäuse (Sorices) etc. 147
Crocidura Mauritiann. Reich eiib. Natiu'g. Raubth. S. 341.
Sorecc myosuros. Wagn. Schreber Säiigth. Suppl. B. V. S, 552.
Ni-. 19.
Crocidura myosnra. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 552.
Nr. 19.
Pachyura myosura. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 552,
Nr. 19.
Sore.v indicus. Giebel. Säugeth. S. 905.
Crocidura indica. Giebel. Säugeth. S. 905.
Nahe mit der indischen Dickschwanzspitzmaus (P, indica)
verwandt, von derselben aber außer der geringeren Größe, durch
die schlankere Gestalt, den niedereren Kopf, die längere und spitzere
Schnauze und den längeren Schwanz, so wie zum Theile auch durch
die Färbung verschieden.
Der Körperbau ist ziemlich schlank, der Kopf verhältnißmäßig
nieder, die Schnauze lang und spitz. Die Ohren sind groß, freiliegend
und kahl. Der Schwanz, dessen Länge nahezu die halbe Körperlänge
erreicht, ist an der Wurzel ziemlieh dick, im weiteren Verlaufe
allmälig sich verdünnend, gerundet und ziemlich dicht mit kurzen
anliegenden Haaren bedeckt, zwischen denen einzelne längere, abste-
hende und nach rückwärts gerichtete Wimperhaare eingemengt sind.
Die Oberseite des Körpers ist röthJieh-graubraun, die Unter-
seite grau. Die Seiten der Schnauze und die Oberseite des Schwanzes
sind lebhafter und beinahe roströthlich gefärbt.
Körperlänge .... 3" 8'"
Länge des Schwanzes I" 9"'.
Vaterland. Isle de France, von wo sie Peron brachte, nach
dessen Exemplar Geoffroy diese Art zuerst aufgestellt, beschrieben
und abgebildet hat. Später wurde auch ein Exemplar von Capitän
Band in ebendaher in das Museum nach Paris gebracht.
Isid, Geoffroy, der das Peron'sche Exemplar in neuerer
Zeit untersuchte, glaubte nach einer Vergleichung desselben mit
dem S 0 n n e r a t 'sehen Original-Exemplare der indischen Dickschvvanz-
spitzmaus^P. indica) oder seinem „Sore.v Son7ieratii", daß die Dif-
ferenz, welche zwischen diesen beiden, von seinem Vater aufge-
stellten Arten besteht, größtentheils von der Präparation der Bälge
herrühre und sah sich veranlasst, beide Arten mit einander zu ver-
10*
148 Fitzinger.
einigen. Auch Cuvier hielt es für wahrscheinlich, daß sie mit der
indischen Dickschwanzspitzmaus (P. indica) identisch sei.
8. Die indische Dicksel.wanzspitzuiaus (Pachyura itidicaj.
P. iiotaeo cincreo, rufu-vel flavo-lai'afo, gastraeo griseo, intcr-
dum in fluvidiun vcrgente; caudu fere dimidii corporis lojujituditie,
rufo-fnsca.
Musnraigne musquee de l Inde. Bufl'on. Hist. nat. d. Quadrup.
Suppl. VII. p. 281. t. 71.
Sore.v Indiens. Geoffi-, Ann. du Mus. V. XVIII. p. 183. Nr. 8.
Geoffr. Mem. du Mus. V. I. p. 309. t. 15. fig. 1. 2.
„ „ Des mal". Nouv. Dict. d'hist. nat. V. XXII. p. 66.
Nr. 9.
„ „ Desmar. Mammal. p. 152. Nr. 240.
Encycl. meth. t. 30. fig. 3.
„ Fr. Cuv. Dict. des Sc. nat. V. XXXIII. p. 426. Nr. 8.
Is id. Geoffr. Dict. class. V. XI. p. 325.
„ Sonneratii. Isid. Geoffr. Mem. du Mus. V. XV. p. 132.
„ „ Licht enst. Verhandl. d. Gesellsch. naturf. Fr.
z. Berlin. B. I. S. 381. Nr. 6.
L i c h t e n s t. Bullet, des Sc. nat. V. XVIII. p. 27<).
Nr. 6.
„ Indiens. Cuv, Re'gne anim. Edit. II. V. I.
Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 298. Nr. 8.
„ Sonneratii. Fisch. Synops. Mammal. p. 258, 580, 664.
Nr. 17.
„ giganteus. Fisch. Synops. Mammal. p. 258. Nr. 18.
„ indicus. Wag 1er. Syst. d. Amphib. S. 14.
„ Sonneratii. Sykes. Proceed. of the Zooi. Soc. V. I. (1830J
p. 99.
„ „ Isid. Geoffr. Belang. Voy, aux Ind. Zool.
p. 109.
„ indicus. Blainv. Ann. des Sc. nat. 2. Se'r. V. X. p. 20.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 70.
Nr. 14.
Crocidiira indica. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 70.
Nr. 14.
Kritische Untersuchungen über die Spitzmüuse (Soricea) etc. 149
Sorex So7ineralii. Duvern. Guerin Magas. d. Zool. 1842. p. 27.
t. 46.
„ murimis. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 78.
„ indicus. Temm. Fauna japon. V. I. p. 25,
R c i ch c n b. Naturg. Raubtli. S. 339. fig. 500.
Crocidura indica. Reichenb. Naturg. Raubth, S. 339. fig. 500.
Sorex Soiineratl Reichenb. Naturg, Raubth. S, 339.
Crocidura Sonnerati. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 339.
Sorex myosnra. Wagn. Schreber Säugtii. Suppl. B. V. S. 552.
Nr. 19. — S. 803. Nr. 2.
Crocidura myosnra. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 552,
Nr. 19, — S. 803. Nr. 2.
Pachynra myosnra. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 552.
Nr. 19. — S. 803. Nr. 2.
Sorcx indicus. Giebel. Säugeth. S. 905.
Crocidura indica. Giebel. Säugeth. S. 905,
Obgleich in manchen ihrer Merkmale mit der Mauritius-Dick-
schwanzspitzmaus (P. manritiana) verwandt, neigt sich diese Form
doch weit mehr der Riesen-Dickschwanzspitzmaus (P. yiga?ifeaj zu,
unterscheidet sich aber von beiden durch mancherlei ihr zukommende
Merkmale.
Sie ist nicht nur grölJier als die erstere, sondern auch bei
Weitem nicht so schlank gebaut, ihr Kopf ist höher, die Schnauze
kürzer und minder spitz , der Schwanz ist verhältnißmäßig etwas
kürzer und auch die Färbung bietet einige Verschiedenheiten dar.
Von der letzteren, welcher sie nur wenig an Größe nachstellt,
unterscheiden sie außer dem minder stark gestreckten Kopfe und
dem kürzeren Rüssel, der kürzere und an seiner Wurzel bei Weitem
nicht so dicke Schwanz und die völlig abweichende Färbung.
Ihre Gestalt ist untersetzt, der Kopf nur wenig gestreckt, der
Rüssel nicht sehr lang und auch nicht besonders spitz. Die Ohren
sind groß, freiliegend und kahl. Der Schwanz, dessen Länge nicht
ganz die halbe Leiblänge erreicht , ist an der Wurzel ziemlich dick,
im weiteren Verlaufe allmälig sich verdünnend, gerundet und mit
ziemlich dicht stehenden, kurzen anliegenden Haaren und einzelnen
längeren, abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren
besetzt. Die Absonderungsdrüse an den Leibesseiten ist sehr deutlich
sichtbar.
130 Fi tz, ingcr.
Die Oberseite des Körpers ist asciigrau und röthlich oder gelb-
lich überflogen, die Unterseite hellgrau und bisweilen in"s Gelbliche
ziehend. Der Schwanz ist braunroth.
Körperlänge ...... 3' 8'" Nach Isidor Geo ffroy.
Länge des Schwanzes . . .1" 7'"
Körperlänge 5" 6'" Nach Reichen ha eh.
Länge des Schwanzes . . .1" 6'",
Offenbar beruht die R e i c h e n b a c h 'sehe Angabe der Schwanz-
länge auf einem Druckfehler und sollte es statt \" G'", 2" 6'" heißen,
da er in seiner Beschreibung ausdrücklich bemerkt, daß der Schwanz
von halber Leibeslänge sei.
Vaterland. Ost-Indien und von Sonne rat in Pondichery
an der Küste Coromandel entdeckt und von Buffon zuerst beschrie-
ben und abgebildet. Nach Sykes soll diese Art in Dekan und Bom-
bay sehr häufig sein und gemeinschaftlich mit der Riesen - Dick-
schwanzspitzmaus (P. gigantea) vorkommen.
Wagner hielt diese Art für identisch mit der kahlschwänzigen
Dickschwanzspitzmaus (P. murina).
9. Die kahlschwänzige Dickschwanzspitzuiaus (Pachyiira murinn).
P. notaco obscure nigro-fiisco, gastraeo paidlo dilutiore', caiida
dimidio corpore parum longiorc.
Sorecc murinus. Linne. Syst. nat. Edit. XII. T. I. P. II. p. 74.
Nr. 4.
Mausekopf. Müller. Natursyst. ß. I. S. 302.
Sore.v murinus. Sehr eher. Säugth. B. III. S. 576. Nr. 8.
Er X leb. Syst. regn, anim. P. I. p. 124. Nr. 6.
„ „ Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch, u. d. Tiiiere.
B. II. S. 384. Nr. 310.
,. mijosurus. Pallas. Act. Petropol. 1781. T. II. p. 337. t. 4.
fig. 1.
^ murinus. Boddaert. Elench. anim. V. I. p. 124. Nr. 8.
Gmel in. Linne Syst. nat. T. I. P. I. p. 114. Nr. 4.
Murine shrcu\ Pennant. Synops. Quadrup. p. 309. Nr. 238.
Shaw. Gen. Zool. V. 1. P. II. p. ö39.
Sorcx myosurus. Geoffr. Ann. du Mus. V. XVII. p. 185. Nr. 10.
t. 3. fig. 2, 3.
Kritische Untersucluing-en iiher die Spitzmäuse (Soriccs) etc. 151
Sorex myosurus. Des mar. Nouv. Dict. d'hist. nat. V. XXII. p. 67.
Nr. 11.
Des mar. Mammal. p. 1S3. Nr. 242.
Fr. Ciiv. Dict. des Sc. nat. V. XXXIII. p. 427.
Nr. 10.
Isid. Geoffr. Dict. class. V. XI. p. 328.
„ 7nur'ums. Isid. Geoffr. Mem. du Mus. V. XV. p. 128.
„ „ Lichtenst. Verhandl. d. Gesellscli. naturf. Fr. z,
Berlin. B. I. S. 381. Nr. 8.
Lichtenst. Bullet, des Sc nat. V'. XVIII. p. 279.
Nr. 8.
„ Indiens? Cuv. Regne anim. Edit. II. V. I.
„ caerulescens. Var. Raffles.
„ myosurus. Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 300. Nr. 10.
rnnritius. Fisch. Synops. Mammal. p. 2ö9, 664. Nr. 18. * .
„ Sonneratii? Fisch. Synops. Mammal. p. 259, 664. Nr. 18.
myosurus. Fisch. Synops. Mammal. p. 259,580. Nr. 19.
„ myosuros. Wagler. Syst. d. Amphib. S. 14.
„ murhius. Isid. Geoffr. Belang. Voy. aux Ind. Zool. p. 124.
indicus. Blainv. Ann. des Sc. nat. 2. Ser. V. X. p. 20.
„ myosurus. S. Müller. Verhandel. V. I. p. 26.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 72.
Nr. 15.
Crocidura myosnra. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 72.
Nr. 15.
Soresc murinns. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 78.
indicus. Temm. Fauna japon. V. I. p. 25.
„ murimis. Reich enh. Naturg. Raubth. S. 340.
Crocidura murina. Reich enb. Naturg. Raubth. S. 340.
Sorex myosurus. Reich enb. Naturg. Raubth. S. 341. fig. 496.
Crocidura myosura. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 341. fig. 496.
Sorex murinus. Cantor. Journ. of the Asiat. Soc. V. XV. p. 191.
„ „ Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 1855.
Fase. I.
„ myosuros. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V, S. 552.
Nr. 19. — S. 803. Nr. 2.
Crocidura myosura. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 552.
Nr. 19. — S. 803. Nr. 2.
15 2 F i t z i u g e r.
Pacliyura 7ni/ofivrn. Wagii. Schreher Säugtli. Siippl. B. V. S. 552.
Nr. 19. — S, 803. Nr. 2.
Sorex »luritius. Giebel. Säugeth. S, 904.
Crocidura murhui. Giebel. Säugetb. S. 904.
Pacliyura myuHuros. Filz. Siiiigetb. d, Nov;ira-Expedit. Sitzungsber.
d. matii. iiaturw. Cl. d. kais. Akad. d. Wiss.
B. XLIL S. 392.
Aucb diese Form stebt der indiseben Dickscbwanzspitzmaus
(P. indicu) ziendieb nabe , doeb weicbt sie in mannigracher Bezie-
bung von derselben ab, und insbesondere sind es der gestrecktere
Kopf, der nierklicb längere, nur sebr spärlicb bebaarte und daber
beinabe völlig kabl erscbeinende Scbwanz, so wie die gänzlicb ver-
scbiedene Färbung, welcbe sie von derselben unterscheiden.
Ibr Kopf ist langgestreckt, die Lippen sind angescbwollen und
die großen, freiliegenden Obren sind nur mit einem kaum bemerkbaren
Haarantluge besetzt, so daß sie beinabe völlig kabl erscheinen. Die
Füsse sind bis zur Mitte des Vorderarmes und des Schienbeines fast
gänzlich von Harren entblößt und die Sohlen und Fußballen mit
kahlen Schwielen besetzt. Der Schwanz, dessen Länge etwas melir
als die Hälfte der Körperlänge i)eträgt, ist an der .Wurzel sehr dick
und angescbwollen, nach binten zu allmälig verdünnt, beinabe kegel-
förmig, gerundet, sebr fein geschuppt und nur sehr spärlich mit
kurzen anliegenden Haaren besetzt, zwischen denen seiner ganzen
Länge nach einzelne lange, abstehende und nach rückwärts gerichtete
Wimperhaare eingemengt sind, daber allenthalben die kahle Haut
sehr deutlich sichtbar ist und er beinahe vollkommen kahl erscheint.
Im Oberkiefer sind jederseits vier Lückenzäbne vorhanden und
sämmtliche Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
Die Oberseite des Körpers ist dunkel schwärzlich-braun, die
Unterseite etwas heller. Die kahle Haut der Lippen, der Obren und
der Füsse ist schmutzig weißlich-fleischfarben, am Schv anze etwas
dunkler und in's Bräunliche ziehend. Die Krallen sind weißlich.
Körperlänge
. 4"
4"'
Nach Pallas
Länge des Schwanzes
. 3"
4'"
„ des Hinterfußes .
,
9'"
„ des Kopfes . . .
. 1 '
5'"
„ der Obren . . .
.
3V.
///
Breite der Obren , . .
^
^"'
Kritische Uiitersueluing'eii über die Spitzmiiiise (Suricci) etc. 1 o3
Entfernung der Augen von
der Riisselspitze .... 8'/o"'
Entfernung der Augen von
den Ohren 4'"
Körperlänge nach der Kriim-
muno- 4' 2'' Nach Wagner.
Körperlänge in gerader Rich-
tung 3" 9 "
Länge des Schwanzes . . .2" 4'"
„ des Hinterfulks . . 9'"
„ des Kopfes . . . .1" 6'"
„ der Ohren .... S'/^'"
Breite der Ohren .... 5"
Entfernung der Augen von
der Rüsselspitze .... 8'"
Entfernung der Augen von
den Ohren 4 i/o'"
Körperlänge 2" 4"' Nach Isidor Geoffroy.
Länge des Schwanzes . . . 1 " 8".
Ohne Zweifel beruht die Angabe der Schwanzlänge bei Pallas
auf einem Druckfehler, da er bei den Ausmaßen des Skeletes die
Länge der Schwanzwirbelsäule zu 2"4i/o"' angibt, daher die Schwanz-
länge nicht 3" 4", sondern nur 2" 4" betragen kann, was auch mit
den Messungen von Wagner übereinstimmt. Die Länge der ganzen
Wirbelsäule gibt Pallas zu 4" 8", jene des Schädels zu l" an.
Isidor Geoffroy, der offenbar ein noch ziemlich junges Tiiier
beschreibt, gibt den Schwanz als vierkantig, geschuppt, fein und
kurz behaart, und in seiner Wurzelhälfte mit langen, nach rückwärts
gerichteten Wimperhaaren besetzt, an. Die Farbe der Oberseite des
Körpers bezeichnet er als dunkelbraun, jene der Unterseite und der
Innenseite der Gliedmaßen als bräunlichgrau.
Die einzige wesentliche Differenz, welche zwischen dieser von
Isid. Geoffroy gegebenen Beschreibung und jener von Pallas
und Wagner besteht, bezieht sich auf die Form des Schwanzes,
der nicht — Avie die beiden letztgenannten Autoren angeben — ge-
rundet, sondern vierkantig sein soll. Möglich ist es, daß diese Eigen-
thümlichkeit den jungen Thieren dieser Art zukommt; doch kann sehr
leicht auch — wie Wagner dieß vermuthet, — die vierkantige
154 Fitz innrer.
Gestalt des Schwanzes bei dem Geoffroy'schen Exemplare nur
durch Eintrocknen des Schwanzes während der Präparation ent-
standen sein.
Alhino's scheinen bei dieser Art nicht selten vorzukommen und
Pallas beschreibt einen solchen und bildet denselben auch ab, dessen
Körperlänge zu 3" 7'" und dessen Schwanzlänge zu 2" angegeben
wird, daher auch bei diesem der Schwanz etwas länger als die halbe
Kürperlänge ist. Irrthümlich ist aber die von ihm ausgesprochene
Ansicht, daß die weiße Färbung dem weiblichen, die schwärzlich-
braune dem männlichen Thiere zukommt, da das von Wagner be-
schriebene schwärzlichbraune Exemplar der Würzburger Sammlung
weiblichen Geschlechtes war.
Vaterland. Hinter-Indien, Arakan, Khasya und die malayische
Halbinsel, sowie auch Java und die meisten übrigen Inseln desindischen
Archipels, Cantor traf sie aufder malayischen Halbinsel und Blyth
erhielt sie sowohl von dieser, als auch von Khasya und Arakan. Linne,
Pallas und I s i d. G e o f fr o y geben Java als das Vaterland derselben
an und das Exemplar des Würzburger Museum's, nach welchem
Wagner diese Art beschrieb, stammt gleichfalls von Java. Eben so
beobachtete sie S. Müller auf allen von ihm besuchten Inseln des
indischen Archipels. Daß sie aber auch in Nepal, — wie Horsfield
angibt, — und inVorder-Indien, — wie Wagner behauptet, — vor-
kommen soll, ist nach den Erfahrungen von Blyth durchaus irrig
und beruht wohl nur auf einer Verwechselung mit anderen verwandten
Arten.
Zelebor, welcher die Novara-Expedition begleitete, brachte
ein Exemplar dieser Art von Madras für das Wiener Museum mit,
das er daselbst erhalten, aber nicht selbst gesammelt hatte. Ohne
Zweifel stammt dasselbe aus einer andern indischen Gegend. Linne
liat uns zuerst mit dieser Art bekannt gemacht, von welcher er jedoch
nur ein ganz junges kaum 3 Zoll langes Exemplar beschrieb. Cuvier
und Blainville sind der Ansicht, daß dieselbe mit der indischen
Dickschwanzspitzmaus (P. indica) zusammenfalle, wogegen jedoch
schon die Verschiedenheit in der Schwanzlänge spricht, und Et.
Geoffroy und Desmarest nehmen sonderbarer Weise die weiße
Abart als den Typus an.
Kritisclie Untersucliungen iil)er die Spitzmäuse (^SnviccsJ etc. IDO
10. Die afghanische Dickschwanzspitzmaas (Pachynra Grijjithi).
P. imicolor nigro-f'usca, leviter rufescente-lavata ; cauda di-
midio corpore parum breviore.
Sorex Gri/fitJii. Horsf. Catal. of the Mamm. of the East-Iiul. Comp.
p. 134.
„ Wagn. Sclireber Säugth. Suppl. B. V. S. 5S3.
Nr. 19. *
Crocidura Grijfithi. Wagn. Sclireber Säugth. Suppl. B. V. S. 553.
Nr. 19. .
Pachynra Griffithi. Wagn. Sehreber Säugth. Suppl. B. V. S. 553.
Nr. 19. ^
Sorex myosuros. Var.? Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 553. Nr. 19. * — S. 803. Nr. 2.
Crocidura 7)iyosura. Var.? Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 553. Nr. 19. * — S. 803. Nr. 2.
Pachynra myosura. Var.? Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 553. Nr. 19. * — S. 803. Nr. 2.
Sorex tnurinns? ßlyth. Journ. ofthe Asiat. Soc. of Bengal. 1855.
Fase. 1.
Giebel. Säugeth. S. 904. Note 9.
Crocidura murina? Giebel. Säugeth. S. 904. Note 9.
Nur aus einer kurzen Beschreibung von Horsfield bekannt,
aus welcher jedoch zu entnehmen ist, daß diese Form der kahlschwän-
zigen Dickschwanzspitzmaus (P. niuriua) sehr nahe steht nud auch
mit der Wald-Dickschwanzspitzmaus (P. nemorivaga) verwandt sei.
Von beiden unterscheidet sie der merklich kürzere Schwanz und die
Färbung, von letzterer trennen sie noch die verhältnißmäßig kleineren
Ohren und die kürzere, weichere und völlig anliegende Behaarung.
Die Ohren sind groß, freiliegend und gerundet. Der Schwanz,
welcher nicht ganz die halbe Körperlänge erreicht, ist an der Wurzel
dick , im weiteren Verlaufe allmälig sich verdünnend , beinahe kegel-
förmig, und seiner ganzen Länge nach nur sehr spärlich mit kurzen
anliegenden Haaren und einzelnen eingemengten langen, abstehenden
und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren besetzt. Die Körper-
behaarung ist kurz, weich und anliegend. Im Oberkiefer sind jeder-
seits vier Lückenzähne vorhanden und sämmtlicbe Zähne sind durch-
aus einfarbig weiß.
156 Fitz i II g er.
Die Ober- sowolil als auch die Unterseite des Körpers ist ein-
tarbig scbwärzlichbraiin , mit sclnvacheni rötblicben Scbiller.
Körperlänge 5" 9'"
Länge des Schwanzes . . • 2" 6'".
Vaterland. Afghanistan nach der 7\ngabe von Horsiield, der
diese Art zuerst beschrieben. Bl y th zieht diese Angabe aber in Zweifel
und hält es für weit walirscheinlicher, daß die Provinz Arakan in
Hinter-Indien die Heimat dieser Form sei.
Wagner spricht die Ansicht aus, daß dieselbe nur eine ganz
dunkle Abänderung der kahlschwänzigen Dickschwanzspitzmaus (^P.
miirina) darstelle und auch Blyth betrachtet sie liir identisch mit
dieser Art.
11. Die blaugraoe Dickschwanzspitzmaas (Pachyurn coernlescensj.
P. iiotneo paUlde cinerco, in coernho-schistaceinn rergente,
plus miiiusve fitsccscente-vel ex flavido-ferrngineo-Iavato ; gustraeo
dilutiore grlseo-albesceiäe ; caiida fere dimidii corporis longitudine.
Parfuming shreic. Pennant. Hist. of Quadrup. V. II. p. 222.
Sorex Pilorides. Shaw. Mus. Leverian. V. I. P. I. p. 31. t. 8.
„ caerulescens. Shaw. Gen. Zool. V. I. P. II. p. 533.
„ „ Raffles. Linnean Transact. V. XIII. p. 255.
„ giganteus. Fisch. Synops. Mammal. p. 2S8. Nr. 18.
„ indicus. Blainv. Ann. des Sc. nat. 2. Ser. V. X. p. 20.
„ Nepalensis. Hodgs. Catal.
„ coendescens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 69.
Nr. 13.
Crocidura coendescens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. 11. S. 09.
Nr. 13.
Sorex moschidus. Robins. Assam. p. 96.
„ murinus. Gray. Mammal. ol" the Brit. Mus. p. 78.
„ giganteus. Temm. Fauna japon. V. I. p. 25.
„ caerulescens. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 339.
Crocidura coendescens. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 339.
Sorex caerulescens. Blyth. .Tourn. ol" the Asiat. Soc. of Bengal.
Fase. 1.
„ „ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. E.V. S. 551.
Nr. 18. — S. 803. Nr. 1.
Kritische üiitersuchung-en über die Spitzmäuse (SoricesJ etc. 157
Crocidura coerulescens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 551. Nr. 18. — S. 803. Nr. 1.
Pachyura coerulescens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 551. Nr. 18. —S. 803. Nr. 1.
„ Fitz. vSäugeth. d. Novara-Expedit. Sitzungs-
ber. d. math.-naturw. Cl. d. kais. Akad.
d. Wiss. B. XLII. S. 392.
Die größte Art der Gattung, indem sie selbst die Riesen-Diek-
schwanzspitzmaus(7'.<7itzniini$e (Soriccs) etc. lo*'
Sorev giganteus. Siindev. Vetensk. Akail. Handl. 1842. p. 175.
murbim. Gray. Manimal. of the Brit. Mus. p. 78.
gifßfütteus. Temni. Fauna japon. V. I. p. 2S.
Reiehenh. Natui-g. Raubth. S. 340. lig. 502.
Crocldurn gigfüitea. Reich eiib. Natui-g. Raubth. S. 340. (ig. 502.
Sorex' mnrinus. Hoilgs. Ann. of Nat. Hist. V, XV. p. 269.
coerulescens. Blyth. Jouni. of the Asiat. Soc. of Beiigal.
Fase. 1.
VVagn. Schreber Säugtb. Suppl. B. V. S. Ö5I.
Nr. 18. - S. 803 Nr. 1.
Crocidura coerulescens. Wag ii. Scbreber Säugth. Suppl. B. V. S. ööl .
Nf. 18. — S. 803. Ni-. 1.
Pdchyura coerulescens, W a g n. Scbreber Säugth. Suppl. B. V. S. oöl .
Nr. 18. — S. 803. Nr. 1.
Sorex indicus. Giebel. Säugeth. S. 90S.
Crocidura hidica. Giebel. S. 905.
Nebst der graublauen Dickschwanzspitzmaus (P. coerulescens)
die grüßte Art der Gattung und allerdings mit der indischen Dick-
schwanzspitzmaus (P. indicti) ziemlich nahe verwandt, aber von
derselben sowohl durch den gestreckteren Kopf und den längeren
Rüssel, als auch durch den längeren und an seiner Wurzel beträcht-
lich dickeren Schwanz, so wie durch die verschiedene Färbung deut-
lich unterschieden.
Die Körpergestalt ist untersetzt, der Kopf gestreckt, der Rüssel
lang und nicht besonders spitz. Die Ohren sind groß, freiliegend und
kahl. Der Schwanz, welcher etwas mehr als die Hälfte der Körper-
länge einnimmt, ist an der Wurzel überaus dick, im weiteren Ver-
laufe allmälig sich verdünnend, beinahe kegelförmig, gerundet und
an der dicken Wurzel dicht so wie der Leib behaart, dann aber nur
spärlich mit kurzen anliegenden Haaren besetzt, zwischen denen ein-
zelne längere, abstehende und nach rückwärts gerichtete Wimper-
haare eingemengt sind. Im Oberkiefer sind jederseits vier Lückeii-
zähne vorhanden und sämmtliche Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
Die Ober- sowohl als die Unterseite des Körpers sind grau und
röthlich oder fahlgelb überflogen, da sämmtliche Haare an der
Wurzel grau sind und in röthliche oder fahlgelbe Spitzen endigen.
Körperlänge 5" 4'" Nach Isi do r Geoffroy.
Länge des Schwanzes . . .3"
1 60 Fi tzi n ger.
Körperläiige 6" 3'" Nach Temminck.
Länge des Schwanzes . . . 3" 1 — 2'"
Entfernung der Augen von der
Riisselspitze 10'".
Vaterland. Ost-Indien, Bengalen. Belang er brachte diese
Art aus Pondichery, und Sykes traf sie in Dekan und Bombay, in
derselben Gegend, wo auch die indische Dickschwanzspitzmaus (P.
indica) yoYkomvixi. Nach der Angabe von Htfdgson soll sie auch in
den unteren und mittleren Regionen von Nepal angetroffen werden.
Cuvier glaubte dieselbe mit der indischen Dickschwanzspitz-
maus (P. indica) vereinigen zu dürfen,
13. Die AVald-Dickschwanzspitziuaus (Pachyuru nemorivagnj.
P. nnicolor, ex coenileo-cinerea, notaeo fiiscescente- lavato,
ffdstraeo paUidiore; caiida •/;■ corporis longitudine.
Sorex' nemorivagus. Hodgs. Ann. of. Nat. Hist. V. XV. p. 269,
„ murinns. Horsf. Catal. of the Mamm. of the East-Ind. Comp.
p. 134.
„ „ Jun. Gray. Hodgs. Catal. p. 16.
„ myosuros. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B.V. S. äS3, Note 1.
Crocidnra myosura. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B.V. S. ö53.
Note 1.
Pachyura myosura. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 553.
Note 1.
Sorex nemorivagus. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal.
1855. Fase. 1.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 803.
Nr. 5.
Crocidnra nemorivaga. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 803. Nr. 5.
Pachyura tiemorivaga. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 803. Nr. 5.
Sore.v itidicus. Giebel. Säugeth. S. 905. Note 1.
Crocidnra indica. Giebel. Säugeth. S. 905. Note 1.
Diese in Ansehung der Gestalt und Färbung einigermaßen an
d'e blaugraue Dicksehwanzspitzmaus (P. coernlescensj erinnernde
Art, unterscheidet sich von derselben sowohl durch die beträchtlich
geringere Größe, als auch durch den längeren Schwanz.
Kritische Uiiteisucliuiij^en iiljer die Spitzmäuse (Surices) etc. 161
Der Kopf ist nicht sehi* langgestreckt und ziemlich hoch , die
Wangengegend nicht angeschwollen. Die Ohren sind groß und frei-
liegend, die Füsse kurz und nur spärlich behaart. Der Schwanz,
welcher ungefähr -/. der Körperlänge einnimmt , ist an der Wurzel
sehr dick, nach rückwärts zu allmälig sich verdünnend, beinahe
kegelförmig, und ziemlich spärlich mit kurzen anliegenden Haaren
und einzelnen eingemengten langen, abstehenden und nach rückwärts
gerichteten Wimperhaaren besetzt. Die Behaarung des Körpers ist
verhäitnißmäßig etwas lang, nicht besonders weich und etwas locker.
Im Oberkiefer sind jederseits vier Lückenzähne vorhanden und
sämmtliche Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
Die Färbung ist auf der Oberseite des Körpers einfarbig bläu-
lich-aschgrau und auf dem Rücken etwas bräunlich überflogen, auf
der Unterseite des Körpers heller.
Körpeilänge ungefähr 3"6"'
Länge des Schwanzes etwas über 2".
Eine genauere Angabe der Maaße fehlt.
Vaterland. Nepal; von Ho dgson daselbst entdeckt und auch
zuerst beschrieben.
Gray erklärte diese Form für ein halberwachsenes Thier der
blaugrauen Dickschwanzspitzmaus (^P. coerulescens), welcher Ansicht
aber ßlyth entgegen trat. Dagegen scheint es ihm für wahrschein-
lich, daßH orsfield 's „5'orea?wiMrMms" mit der Wald-Dickschwanz-
spitzmaus (P. nemorivagaj identisch sei,
14. Die flachköpfige Dickschwanzspitzmaas (Pachyiira soccata).
P. unicolor, plus minusve obscure ex fnscescente coeruleo-
schistacea, pedibus nigrescentibus ; cauda fere 3/3 corporia longi-
tudine, infra nigrescente.
Sori'V soccatus. Hodgs. Ann. of Nat. Hist. V. XV. p. 270.
Corsira nigrescens. Gray, Ann. and Mag. of Nat. Hist. V. X. p. 261.
Sorex nigrescens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 546.
Nr. 7.
„ soccatus. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of BengaL 1855.
Fase. 1.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 803.
Nr. 4.
Sitzb. d. niathera.-ni)tur\v. Cl. LVil. ßd. I. Abth. \\
1 0 «w F i t z i II g e r.
Pachyura soccata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S, 803.
Nr. 4.
Crocidura soccata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 803.
Nr. 4.
Sorex indicus. Giebel. Saugeth. S. 905. Note I.
Crocidura indica. Giebel. Säugth. S. 905. Note 1.
„ soccata. Fitz. Säugeth. d. Novara-Exped. Sitzungsber. d.
math.-iiaturw. Cl. d. kais. Akad. d. Wissensch.
B. XLII. S. 392.
*
Obgleich in der Größe und den körperlichen Verhältnissen mit
der Wald-Dickschwanzspitzmaus (P. nemorivagaj verwandt, unter-
scheidet sich diese Form von derselben sowohl durch die Gestalt des
Kopfes, als auch durch die weit dichtere Behaarung der Füsse und
des Schwanzes.
Der Kopf ist langgestreckt , breit und flachgedrückt, und in der
Wangengegend stark angeschwollen. Die oberen Vorderzähne sind sehr
starkgekrümmt. Die Ohren sind groß und freiliegend, die Füsse verhält-
nißmäßig stark und bis zu den Krallen ziemlich dicht behaart. Der
Schwanz, dessen Länge nahezu 2/3 der Körperlänge beträgt, ist an der
Wurzel sehr dick, allmälig sich verdünnend, beinahe kegelförmig, und
ziemlich dicht mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen einge-
mengten langen, abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wimper-
haaren besetzt. Im Oberkiefer sind jederseits vier Lückenzähne vor-
handen und sämmtliche Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
Die Ober- sowohl als auch die Unterseite des Körpers ist ein-
farbig dunkler oder heller schmutzig- oder bräunlich -schieferblau,
welche Färbung sich auch über die Oberseite des Schwanzes er-
streckt und an den Leibesseiten bis zu den Gliedmassen herabreicht.
Die Unterseite des Schwanzes und die Füsse sind schwärzlich.
Körperlänge 3" 6"' Nach Hodgson.
Länge des Schwanzes . . . . 2" 1 '/a'".
Vaterland. Nepal und Ober-Indien, insbesondere Sikim,
Blyth hat aus Sikim ein Exemplar erhalten, daß sich durch
einen verhältnißmäüig stärkeren Kopf und stärkere Beine, dichtere
Behaarung der Füsse und des Schwanzes, und merklich dunklere Fär-
bung unterscheidet. Wahrscheinlich beruhen diese Unterschiede aber
nur auf einer Geschlechtsverschiedenheit.
Kritische UnlersHchiingen über die Spitzmäuse (Soriccs) etc. 1(j3
Ein vonZeleboi' angeblich in Hong-kong gesammeltes und
mit der Novara-Expedition an das Wiener Museum gelangtes Exem-
plar, scheint mir jax dieser Art zu geliören, obgleich ich bei demsel-
ben nur drei Lückenzähne im Oberkiefer zählte, weßhalb ich auch
jene Art zur Gattung Wimperschwanzspitzmaus ^Croc/rf?«'«^ zog. Es
ist indeß möglich, daß ich mich hierin geirrt habe und ich muß
daher eine nähere Aufklärung hierüber dem Einsammler überlassen,
der als mein Nachfolger gegenwärtig die Säugethier-Sammlung des
Wiener Museums verwaltet.
15. Die sehmalköplige Dickschwanzspitzmans (Pachyuraheierodon).
P. unicolor palUde ex rufescente coeruleo-schistacea, pedibus
diliitioribus ; cauda fere 2/3 corporis longiUidine, subius dilutiore;
plantis infra calcaneum mactda pilosa.
Sorex heterodon. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. ofBengal. 18o5.
Fase. 1.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 804.
Nr. 6.
Crocidura heterodon. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 804. Nr. 6.
Pachyiira heterodon. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 804.
Nr. 6.
Eine der flachköpfigen Dickschwanzspitzmaus (P. soccata) sehr
nahe stehende Art, welche wir bis jetzt nur aus einer kurzen
Beschreibung kennen, die uns Blyth von derselben mitgetheilt hat.
Die wesentlichsten Merkmale, durch welche sie sich von der-
selben unterscheidet, sollen in der Gestalt des Schädels und der
oberen Vorderzähne , in der verschiedenen Behaarung der Füsse und
zum Theile auch in der etwas abweichenden Färbung bestehen.
Die Körpergröße und das Verhältniß der Länge des Schwanzes
sind beinahe dieselben. Der Kopf ist langgestreckt und flach-
gedrückt, aber viel schmäler und in der Wangengegend weit weni-
ger angeschwollen als bei der flachköpfigen Dickschwanzspitzmans
(P. soccata), und auch die oberen Vorderzähne sind nicht so
stark gekrümmt. Die Ohren sind groß und freiliegend, die Füsse bei-
nahe völlig kahl und nur unterhalb des Hackengelenkes der Hinter-
füsse befindet sich ein behaarter Flecken. Der Schwanz, dessen
Länge ungefähr gegen 2/3 der Körperlänge einnimmt, ist an der Wurzel
11»
164 Fitzin -er.
sehr dick, allmälig sich verdüniieiid, beinahe kegelförmig, ziemlich dicht
mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen eingemengten langen,
abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren besetzt.
Im Oberkiefer sind jederseit« vier Lückenzähne vorhanden und sämmt-
liche Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
Die Färbung dw Ober- sowohl als auch der Unterseite des Kör-
pers ist einfarbig bell schmutzig oder bräunlich-schieferblau und von
derselben Färbung ist auch die Oberseite des Schwanzes. Die Unter-
seite desselben und die Füsse sind viel blasser gefärbt.
Korperlänge . . 3" 6"
Länge des Schwanzes etwas über 2".
Genauere Körpermaaße sind nicht angegeben.
Vaterland. Hinter-Indien wo diese Art in den Khasyabergen
vorkommt, daselbst von Blyth entdeckt wurde und die er auch
zuerst beschrieb.
16. Die russfärbige Dickschwunzspitzmaus {Pachyura montanaj.
P. unicolor fnliginea, yastraeo pallidiore , tibüs infra pedi-
busqtie cinerascentibvs ; canda dimidio corpore parum loiigiore.
Sorex moutmms. Kelaart. Journ. of the Asiat. Soc. V. XX. p. 163.
„ Kelanrti. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 1855.
Fase. 1.
„ montanus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 804.
Nr. 9.
Crocidura motitana. Wagn. Schreber. Säugth. Suppl. B. V. S. 804.
Nr. 9.
Pachyura montana. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 804.
Nr. 9.
Nahe mit der rostfarbigen Dickschwanzspitzmaus (P. f'erru-
gineuj verwandt , aber etwas größer als dieselbe und durch die
behaarten Füsse, so wie auch durch die abweichende Färbung deut-
lich von derselben verschieden.
Die Ohren sind groß, freiliegend, nicht über die Höhe des
Kopfes hinaus ragend, gerundet und kahl. Der Schwanz, dessen
Länge etwas mehr als die halbe Körperlänge beträgt, ist mit kurzen
anliegenden Haaren und einzelnen eingemengten langen, abstehenden
und nach rückwärts gerichteten Wimperbaaren besetzt. Die KiU'per-
bebaarung ist weieli, der untere Theil der Beine und die Füsse sind
Kritische Untersiiuhiingeii über die Spitzmäuse {Sortfes) etc. 165
mit kurzen anliegenden Haaren besetzt, die Schnurren lang, die
Krallen kurz. Im Oberkiefer sind jederseits vier Lückenzähne vor-
handen und sämmtliche Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
Die Oberseite des Körpers ist rußschwarz, ohne röthlichen
Anflug, die Unterseite heller. Der untere Theil der Beine und die
Füsse sind graulich, die Schnurren silbergrau.
Körperlänge 3" 9'" Nach Kelaart.
Länge des Schwanzes 2" 3"
„ des Hinterfußes 8'".
Vaterland. Ceylon, wo diese Art in den Gebirgsgegenden
angetroffen wird, und daselbst von Kelaart entdeckt und auch
zuerst beschrieben wurde.
Seiner Angabe zufolge soll sie durchaus keinen Geruch ver-
breiten und schon dadurch sich auffallend von der rostfarbigen Dick-
schwanzspitzmaus (^P. ferruginea) unterscheiden.
17. Die rostfarbige Dickschwanzspitzinaus (Pachyiira ferruginea).
P. unicolor ferrugineo-brunnesens , coeruleo-lavata.
Sorex montanus. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. V. XX. p. 163.
— V. XXI. p. 350.
„ ferruginetis. Kelaart. Journ. of the Asiat. Soc. V. XX. p. 185.
„ montanus. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 1855.
Fase. 1.
„ ferrugineus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 804.
Nr. 8.
Crocidura ferruginea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 804.
Nr. 8.
Pachyura ferruginea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 804.
Nr. 8.
Fast von derselben Größe wie die rußfärbige Dickschwanz-
spitzmaus (P. montana) und nur wenig kleiner als dieselbe, unter-
scheidet sie sich von dieser Art beinahe lediglich durch die unbehaar-
ten Füsse und die V^erschiedenheit in der Färbung des Köspers.
Die Ohren sind groß und freiliegend , der untere Theil der
Beine und die Füsse kahl. Der Schwanz ist mit kurzen anliegenden
Haaren und einzelnen eingemengten langen, abstehenden und nach
rückwärts gerichteten Wimperhaaren besetzt. Die Behaarung des
Körpers ist weich. Der Zahnbau stimmt ganz mit jenem der kahl-
166 Fitzinge r.
schwänzigen D'icksclw^ nnzs\ntzmüus (P. tinirmaj überein, da im Ober-
kiefer jederseits vier Lückeiizähne vorhanden und sämmtliche Zähne
durchaus einfarbig weiß sind.
Die Färbung ^er Ober- sowohl, als Unterseite des Körpers ist
rostbraun und blau überflogen.
Maaße sind nicht angegeben, doch dürfte nach dem angedeute-
ten Größenverhältnisse zu P. montana die Körperlänge ungefähr
3" 6"' betragen.
Als eine besondere Eigenthümlichkeit, wodurch sich die rost-
farbige von der i'ußfärbigen Dickschwanzspitzmaus (P. montana^
unterscheiden soll, wird der höchst unangenehme Geruch angegeben,
den sie verbreitet, während derselbe der letzteren Art fehlen soll.
Vaterland. Ceylon.
Die erste Beschreibung dieser Art rührt von Blyth, welcher ihr
den Namen „Sore.v motiianus" gab, und Kalaart, welcher gleich-
zeitigeine nahe mit ihr verwandte Art mit demselben Namen bezeich-
nete, schlug für die Blyth'sche Art die Benennung „Sorex ferru-
gineus" vor.
18. Die schwarze Dickscbwanzspitzmaus (Pachyura nigra).
P. noiaeo ex nigrescente-fusco, rnbido-lavaio ; gastraeo cine-
rascente; cauda ultra 2/3 corporis longitiidine.
Sorex niger. El Hot. Horsf. Catal. of the Mamm. of the East-Ind.
Comp. p. 135.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. S66.Nr.50.
— S. 804. Nr. 7.
„ Newera? Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 566.
Nr. 50.
Crocidura Newera? Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V^ S. 566.
Nr. 50.
Sorex niger. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 1855.
Fase. 1.
Crocidura nigra. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 804.
Nr. 7.
Pachyura nigra. Wagn, Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 804.
Nr. 7. -
Sorex murinus? Giebel. Säugeth. S. 904. Note 9.
Crocidura murina? Giebel. Säugetb, S. 904. Note 9.
Kritische Üntersucliiingen über die Spitzmäuse (^Sorices) etc. IßT
Die einzige Original-Mittheilung, welche wir über diese Form
besitzen, besteht in einer sehr kurzen Beschreibung, welche Hors-
f i e Id von derselben gegeben. Aus den hierin angeführten Merkmalen
geht hervor, daß sie von gleicher Größe wie die schieferschwarze
Wimperschwanzspitzmaus ^Croc/rf?«"« i\e?rer«^ sei, dasselbe Längen-
verhältniß des Schwanzes darbiete und sich nur durch die etwas ver-
schiedene Färbung von dieser unterscheide. Über das Gebiß und die
Art der Behaarung des Schwanzes gibt die Horsfield'sche Beschrei-
bung keinen Aufschluß, daher man auch nicht mit Sicherheit bestim-
men kann, welcher Gattung sie eigentlich angehöre und noch weniger
ihre Identität mit der schieferschwarzen Wimperschwanzspitzmaus
(Crocidura Neivera) behaupten kann. Nur auf die Autorität Blyth's
gestützt, der — obgleich er sie nicht selbst gefunden, — sie der Gat-
tung Dickschwanzspitzmaus (^Pachyura) zuweiset, reihe auch ich
sie dieser Gattung ein und muß es der Zukunft überlassen, über die
Richtigkeit dieser Ansicht zu entscheiden.
Der Schwanz nimmt etwas mehr als 2/3 der Körperiänge ein.
Die Färbung der Oberseite des Körpers ist schwärzlichbraun,
und röthlich überflogen , jene der Unterseite graulich.
Körperlänge 3" 6'"
Länge des Schwanzes 2" 6'".
Vaterland. Vorder-Indien, Madras, woselbst sie von Elliot
entdeckt wurde. Horsfield hat dieselbe zuerst beschrieben.
19. Die toskanische Dickschwanzspitzmaus (^P«c/i?/?<7'« etruscaj.
P. notaeo sordide coerulescente-cinereo, pallide brminescente-
vel rufescente-lavato, lateribus dilittioribus, gastrneo griseo ; cauda
dimidii vel paidlo ultra 2/3 corporis longitudiue, supra ex' brunnes-
cente-cinerea, subtus dilutiore.
Sorea; Etruscns. Sa vi. Nuovo Giorn. di letterati. Nr. 1. p. 60. t. 5.
Desmar. Mammal. Suppl. p. 335, 823. Nr. 234.
bis.
„ „ Isid. Geoffr. Dict. class. V. XL p. 319.
„ leucodon? Gloger. Nov. Act. Acad. Leop. Carol, Nat. Curios.
V. XIIL P. IL p. 499.
„ Etruscns. Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 302. Nr. 12.
Fisch. Synops. Mammal. p. 252, 579. Nr. 2.
168 F i tz i n ger.
Crocidura etrusca. Wagler. Isis. 1832. S. 275.
Nathus. Wiegm. Arch. B. III. Th. IL S. 153. —
B. IV. Th. I. S. 45.
Sorex etruscus. Lenz. Naturg. B. I. S. 78.
Pachyura etrusca. S e 1 y s L o n g c h. Micromammal. p. 32.
Sorex Etriiscus. Keys. Blas. Wirbelth. Europ. S. 17. Nr. 113. —
S. 60.
Crocidura Etrusca. Keys. Blas. Wirbelth. Europ. S. 17. Nr. 113. —
S. 60.
Pachyura etrusca. Bonaparte. Iconograf. della Fauna ital. t. 19.
flg. 2.
Sorex etruscus. Wagn. Schreber. Säugth. Suppl. B. II. S. 67.
Nr. 11.
Crocidura etrusca. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 67.
Nr. 11.
Sorea? etruscus. Duvern. Guerin Magas. d. Zool. 1842. p. 41.
t. 54.
Sundev. Vetensk. Akad. Handl. 1842. p. 175.
Sorex hetruscus. Beiehenb. Naturg. Baub-th. S. 338, fig. 481.
Crocidura hetrusca. Beiehenb. Naturg. Baubth. S. 338. fig. 481.
Sorex etruscus. Coquerel. Ann. des Sc. nät. 3. Ser. V. IX. p. 195.
t. 11. fig. 2. (Schädel.)
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 555.
Nr. 22.
Crocidura etrusca. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 555.
Nr. 22.
Pachyura etrusca. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 555.
Nr. 22.
Sorex etruscus. Giebel. Säugeth. S. 902.
Crocidura etrusca. Giebel. Säugeth. S. 902,
Eine der kleinsten unter den europäischen Arten dieser Familie
und von derselben Grüße wie die Zwerg-Spitzmaus (iS'oreA"pi///Wrt(??/.sJ.
Der Büsscl ist verhältnismäßig nichtsehr lang. Die Ohren sind
groß und freiliegend, und auch die Klappen an der Innenseite dersel-
l)en sind ziemlich stark entwickelt. Der Schwanz, dessen Länge
etwas über -/g oder mindestens die halbe Körperlänge einnimmt, ist
gerundet, an der Wurzel etwas eingeschnürt, verhältnißmäßig ziem-
lich dick, gegen das Ende zu rasch verdünnt, und nicht sehr dicht
Kritische Untersiiohungen illier die Spifzmäusp (Soriees) etc. J 69
mit kurzen, anliegenden Haaren und einzelnen eingemengten langen,
abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren besetzt.
Die Füsse sind nur sehr spärlich behaart, der Rüssel ist kahl. Im
Oberkiefer sind jederseits vier Lückenzähne vorhanden, von denen der
zweite und dritte sich völlig gleich sind, und sämmtliche Zähne sind
durchaus einfarbig weiß. Die Drüsen an den Leibesseiten sind nicht
sichtbar.
Die Oberseite des Körpers ist schmutzig blaulichgrau, in's
licht Bräunlich- oder Röthlichgraiie ziehend , da die blaulichgrauen
Haare in licht bräunlich- oder röthlichgraue Spitzen endigen. An den
Leibesseiten geht diese Färbung allmälig in Hellgrau über, das sich
über die ganze Unterseite verbreitet. Die kahle Haut der Rüsselspitze
und der Füsse ist fleischfarben und die Härchen der letzteren sind, so
wie auch die Krallen weißlich. Der Schwanz ist auf der Oberseite
bräunlichgrau, auf der Unterseite heller und die langen Wimperhaare
sind weißlich.
Körperlänge 1" 10'" Nach Savi.
Länge des Schwanzes .... 11"
Gewicht . . 36 Gran.
Körperlänge 1" 8 — 9"' Nach Reich enb.
Länge des Schwanzes .... 1"
Körperlänge 1" 1'" Nach Wagner.
Länge des Schwanzes .... 1".
Vaterland. Süd-Frankreich, Toskana, Neapel, Sicilien und
Algier. Savi, welcher diese Art zuerst beschrieb, entdeckte sie bei
Pisa in Toskana. Späterhin erhielt sie das Wiener Museum auch aus
Sicilien, wo sie von Da hl in der Umgegend von Palermo einge-
sammelt wurde, und Nathusius aus Algier. Sie hält sich gewöhnlich
unter Wurzeln, in hohlen Stämmen und unter abgefallenem Laube
auf und sucht zur Winterszeit Zuflucht in den Düngerhaufen.
20. Die kriniische Dickschwauzspitzniaas (Puchyura maveolens).
P. notdeo einer eo-brunnescente, gastraeo pedibnsque (dbidis;
cauda fere dimidii corporis longitiidine.
Sorex suaveolens. Pallas. Zoograph, rosso-asiat. V.Lp. 133. t. 9.
fig. 2.
„ Schi nz. CuvierThierr. B. L S. 876.
„ Fisch. Synops. Mammal. p. 253. Nr. 3. «.
170 Fitzin^er.
Sorex suaveolens. Rathke, Mem. de l'Acad. d. Petersb. V. III.
p. 295.
„ etrtiscus? Rathke. Mem. de l'Acad. de Petersb. V. III. p. 295.
„ suaveolens. Nathus. Wiegm". Archiv. B. III. Th. JI S. 153.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 68.
Nr. 12.
Crocidura suaveolens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 68.
Nr. 12.
Sorex suaveolens. Reichenb. Nafurg. Raubth. S. 338. fig. 498.
Crocidura suaveolens. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 338. fig. 498.
Sorex suaveolens. Blas. Bericht über die 19. Versamml. deutsch.
Naturf. S. 87.
„ etruscus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 555.
Nr. 22.
Crocidura etrusca. Wagn. Schreber. Säugth. Suppl. B. V. S. 555.
Nr. 22.
Pachyura etrusca. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 555.
Nr. 22.
Sorex etruscus. Giebel. Säugeth. S. 902.
Crocidura etrusca. Giebel. Säugeth. S. 902.
Wir kennen diese Form bis jetzt nur aus einer Beschreibung
und Abbildung, welche Pallas von derselben gegeben, und aus einer
s))äteren Beschreibung, die uns von Rathke mitgetheilt wurde.
Aus beiden scheint hervorzugehen, daß sie ungeachtet ihrer
nicht zu verkennenden nahen Verwandtschaft mit der toskanischen
Dickscbwanzspitzmaus (P. etrusca), welche sie auch an Größe nur
wenig übertrifft, dennoch und zwar sowohl durch den dünneren
Rüssel, als auch durch den kürzeren Schwanz verschieden sei.
Der Rüssel ist verhältnißmäßig nicht sehr lang, kürzer als jener
der weißbauchigen Wimperschwanzspitzmaus (C. leucodonj oder wie
Rathke, von welchem diese Angabe herrührt, dieselbe nennt, des
„Sorex araneus", und sehr stark-verdünnt. Die Ohren sind groß und
freiliegend. Der Schwanz, dessen Länge nahezu die halbe Körper-
länge einnimmt, ist gerundet, an der Wurzel schwach eingeschnürt,
in der ersten Hälfte dicker als in der Endliälfle, und mit kurzen an-
liegenden Haaren und einzelnen eingemengten langen, abstehenden
inul nach rückwärts gerichteten Wimperhaai'cn besetzt. Unterhalb
des Schwanzes befindet sich der Angabe von Pal las zufolge eine
Krilisclie Untersuchungen über die Spitzmäuse (Sorices) etc. I 7 1
Drüse, welche jederseits einen Ausfüliningsgang hat und eine sehr
angenehm und schwach nach Moschus riechende Flüssigkeit ab-
sondert.
Die Oberseite des Körpers ist graulicbbraun, die Unterseite
weißlich. Der Schwanz ist von derselben Färbung wie der Körper,
oben graulicbbraun, unten weißlich. Die Füsse sind gleichfalls weiß-
lich gefärbt.
Körperlänge 2" 1'" Nach Rathke.
Länge des Schwanzes 1".
Vaterland. Krim, wo 'diese Art, welche von Pallas zuerst
beschrieben wurde, in Gärten und Wäldern vorkommt.
Rathke sprach die Vermutbung aus, daß diese Form vielleicht
mit der toskanischen Dickschwanzspitzmaus {P. efruscaj identisch
sein könnte, welcher Ansicht aber Na thusius und nach ihm auch
Wagner entgegentraten. Späterhin änderte jedoch Wagner seine
frühere Meinung und vereinigte unbedingt beide Formen miteinander.
Eine besondere Eigenthümlichkeit der krimischen Dickschwanz-
spitzmaus (^P. suaveolens) , welche seither noch bei keiner anderen
Art in der Gruppe der Spitzmäuse bemerkt worden ist und an die
Arten der Gattung Bisamrüßler (Myogale) und Rohrrüßler (31acro-
iicelis) erinnert, wäre das von Pallas behauptete Vorhandensein
einer Absonderungsdrüse unterhalb des Schwanzes, und es wäre daher
von hoher Wichtigkeit, in dieser Beziehung auch bei anderen Arten
genauere Untersuchungen anzustellen.
21. Die karzkrallige Dickschwaozspitzniaus (Pachyura micronyx).
P. notaeo iialUde castaneo, in riifum vergente, gastraeo dilu-
tiore, griseo-lavato ; caiula fere 3/4 corporis longitudiiie, supra
rnfescente-brunnea, irtfra ruhido-albida.
Sorex micronyx. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. ofBengal. 18S5.
Fase. 1.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 804.
Nr. 11.
Crocidura micronyx. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S.804.
Nr. 11.
Pachyvra micronyx. Wagn. Sclnvber Säugth. Suppl. B. V. S.804.
Nr. 1 1 .
172 Fitzinger.
Diese zu den kleinsten unter den asiatischen Formen dieser
Gattung gehörige Art ist von derselben Größe wie die toskanische
Dickschwanzspitzmaus (P. etrusca) und ziemlich nahe mit der kahl-
füssigen Dickschwanzspitzmaus {P. nudipes) verwandt, unterschei-
det sich von derselben aber, außer der etwas abweichenden Färbung,
durch die verhältnißmäßig kleineren Ohren, den etwas längeren
Schwanz, die mit dünnstehenden Haaren besetzten Füsse und die auf-
fallend kürzeren und kleineren Krallen.
Die Ohren sind groß und freiliegend, der Schwanz, welcher
nahe an s/4 der Körperlänge einnimmt, ist verhältnißmäßig etwas
dick, allmälig sich verdünnend, und ziemlich spärlich mit kurzen,
anliegenden Haaren und einzelnen eingemengten langen, abstehenden
und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren besetzt, so daß
allenthalben die kahle Haut durchblickt. Die Füsse sind mit dünn
gestellten Haaren besetzt, welche die Krallen überragen, die Krallen
überaus kurz und klein. Die Drüsen an den Leibesseiten sind nicht
sichtbar. Im Oberkiefer sind jederseits vier Lückenzähne vorhanden
und sämmtliche Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
Die Oberseite des Körpers ist sehr licht kastanienbraun, viel blasser
und mehr in's Rothe ziehend als bei irgend einer anderen der kleinen
asiatischen Arten, die Unterseite etwas heller und stärker silbergrau
überflogen. Die Oberseite des Schwanzes ist röthlichbraun, die Unter-
seite röthlichweiß oder beinahe fleischfarben.
Körperlänge 1" T'/a"'
Länge des Schwanzes 1" i^/z".
Vaterland. Vorder-Indien, Kemaon und Landour, woher
Blyth diese Art erhielt, welche er nach zwei Exemplaren zuerst
beschrieb.
22. Die kahlfössige Dickschwanzspitzmaus (Pachynru nudipes).
P. notaeo ohscure rnfescetife-f'usco, nigro-fusco variegato,
gastraeo düiitiore, griseo-lavato ; cauda f'ere -/^ corporis longi-
tudine.
Sorej; nudipes. B I y t h. Journ. of the Asiat. Soc. öf Bengal. 1 855.
Fase. 1.
Wagn. Schreber Säogth. Suppl. B. V. S. 805.
Nr. 13.
Kritische Untersuchungen iilier die Spitzmäuse (Sorices) etc. 1 7 U
Crocidura midipes. Wagu. Sehreber Säugtli. Suppl. B. V. S. 805.
Nr. 13.
Pachyura midipes. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 805.
Nr. 13.
Von der Größe der toskanisclien Dickschwanzspitzinaus (l\
etruscn), daher eine der kleinsten Arten dieser Gattung und zunächst
mit der kurzkralligen Dickschwanzspitzmaus (P. micronyx) ver-
wandt, von welcher sie sich jedoch durch die merklich größeren
Ohren — welche auch größer als bei allen übrigen kleinen asiatischen
Arten dieser Gattung sind, — so wie durch den etwas kürzeren
Schwanz, die völlig kahlen Füsse, die längeren Krallen uu-d zum
Theile auch durch die Färbung unterscheidet.
Die Ohren sind groß und freiliegend. Der Schwanz, dessen
Länge nahezu 3/3 der Körperlänge erreicht, ist verhältnißmäßig etwas
dick , allmälig sich verdünnend , nur sehr spärlich mit kurzen anlie-
genden Haaren und einzelnen wenigen eingemengten langen, abste-
henden und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren besetzt, daher
er beinahe völlig kahl erscheint. Die Füsse sind kahl und die Drüsen
an den Leibesseiten groß und deutlich wahrnehmbar. Im Oberkiefer
sind jederseits vier Lückenzähne vorhanden und sämmtliche Zähne
sind durchaus einfarbig weiß.
Die Oberseite des Körpers ist, ähnlich wie bei der gemeinen
Spitzmaus (S. vulgiirisj, schwach glänzend dunkel röthlichbraun und
etwas schwärzlichbraun gesprenkelt, jene der Unterseite heller, mit
silbergrauem Schimmer. Der Schwanz ist auf der Oberseite wie der
Rücken dunkel röthlichbraun, auf der Unterseite lichter. Die kahle
Haut derVorderfüsse und der Zehen der Hinterfüsse ist fleischfarben.
Körperlänge 1" 9'" .
Länge des Schwanzes 1" 3/4'".
Vaterland. Hinter-Indieii, Tenasserim, woher Blyth diese Art
erhielt, die er auch zuerst beschrieb.
23. Die Zwerg-UickschwanzspitzinaQS (Pachyura pygmaea).
P. unicolor fidiginea, gastraeo dilutiore ; cauda dimidio cor-
pore paiUlo longiore.
Sorex pygmaeus. Hodgs. Ann. of Nat. Hist. V. XV. p. 269.
Cor sira pygmaea. Gray. Horsf. Catal, of the Mamm. of tbe East-
Ind. Comp.
I T^ F i t z i II g' e r.
Sore.i- pygmaeus? Wagii. Sehreber Säiigtli. Suppl. B. V. S. 345.
Nr. 6.
" pygmaeus. Blyth. Jouni. of the Asiat. Soc. of Bengal. 1858.
Fase. 1.
Wagn. Schreber Säiigtli. Suppl. B. V. S. 804.
Nr. 10.
Crociditra pygmaea. Wagn, Scbreber Säiigth. Suppl. B. V. S. 804.
Nr. 10.
Pucliyura pygmaea. Wagn. Schreber Säugtb. Suppl. B. V. S. 804.
Nr. 10.
Wir keinien diese Form, welche zu den kleinen Arten dieser
Gattung gehört, nur aus einer sehr unvollständigen Beschreibung,
die wir der Mittheilung von llodgson zu verdanken haben. Aus
derselben geht hervor, daß sie mit der schwärzlichbraunen Dick-
sehwanzspitzmaus (P. Perrottetii) nahe verwandt, aber merklich
größer als dieselbe und auch durch die Färbung von ihr verschie-
den ist.
Die Ohren sind kahl, und der Schwanz, welcher etwas über die
halbe Körperlänge einnimmt, ist nur spärlich behaart. Die Drüsen an
den Leibesseiten sind nicht sichtbar.
Die Färbung des Körpers ist einfarbig rußbraun, auf der Ober-
seite .
Fase. 1.
„ Hodgsonii. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 185b.
Fase. 1.
„ Perrotteti. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 5oS.
Nr. 23. — S. 804. Nr. 12.
Crocidiira Perrotteti. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 355.
Nr. 23. — S. 804. Nr. 12.
k
176 F i t ;t i u g e r.
Pachyura Perrotteti. Wagn. Sclireber Säiigtli. Suppl. B, V. S. 555.
Nr. 23. S. 804. Nr. 12.
Sorex indicus. Giebel. Säugetli. S. 905.
Crocidura indica. Giebek Säugeth. S. 905.
Die kleinste unter den asiatischen Arten dieser Gattung und
noch etwas kleiner als die toskanische Dickschwanzspitzmaus (P.
ctrnscaj, von welcher sie sich außer der dichteren Behaarung der
Fiisse und des Schwanzes, hauptsächlich durch die völlig verschie-
dene Färbung unterscheidet.
Die Ohren sind groß und t'reiliegend. Der Schwanz, dessen
Länge 2/3 oder nahezu "/-^ der Körperlänge einnimmt, ist an der
Wurzel dick, im weiteren Verlaufe allmalig sich verdünnend, und
ziemlich dicht mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen einge-
mengten langen, abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wim-
perhaaren besetzt. Die Füsse sind ziemlich dicht behaart, die Krallen
nicht sehr klein. Im Oberkiefer sind jederseits vier Lückenzähne vor-
handen und sämmtliche;Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
Die Färbung der Oberseite des Körpers und der Leibesseiten
ist dunkel schwärzlichbraun, bisweilen mit einem schwachen kasta-
nienbraunen Anfluge, jene der Unterseite nur wenig lichter und etwas
graulich überflogen. Der Schwanz ist auf der Oberseite dunkelbraun,
auf der Unterseite lichter. Die Vorderfüsse sind heller, die Hinter-
füsse dunkler braun behaart. Die Krallen sind weißlich.
Körperlänge 1" 5" Nach Duvernoy.
Länge des Schwanzes .... 11'"
Körperlänge 1" 6 " Nach Blytli.
Länge des Schwanzes .... 1".
Vaterland. Ost-Indien, Nyl-Gherrys, wo dieseArt von Perrot-
tet in einer Höhe von nahe an 7000 Fuß über der Meeresfläche ent-
deckt wurde. Blyth erhielt sie aus Dartschiling. Die erste Beschrei-
bung derselben hat Duvernoy gegeben, und Blyth, welcher nicht
völlig sicher war, ob die von ihm aus Dartschiling erhaltene Form
wirklich identisch mit derselben sei, schlug für sie, falls sie sich
als verschieden bewähren sollte, den Namen „Sorex Hodgsonii'*
vor. Der Unterschied, welcher aber zwischen seiner und der von
Duvernoy gegebenen Beschreibung besteht, ist so gering, daß
man beide Thiere als zu einer und derselben Art gehörig betrachten
muß. Vielleicht beruht die ganze Differenz in der Schwanzlänge,
Kritische Untersuchungen über ei dem Blylirselien Exemplare etwas größer ist und der
kastanienbraune Anflug auf der Oberseite des Körpers inn* auf einer
geschlechtlichen Verschiedenheit, indem Blyth's Exemplar ein
Weibchen war, was um so wahrscheinlicher ist, als er demselben
auch die Seilendrüsen abspricht.
21}. Die schwarzbraune Dickschwanzspltzmaos (Pachyura atrnta).
P. iiotaeo nigro-fnsco , leciter rubido-Iacaio , gastraeo ohscu-
r'iore, pedibns nigro-fuscis; cauda supra nigrescenfe-fusca, infra
nigrescente.
Sorex atratus. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. 185J).
Fase. 1.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 80Ö.
Nr. 14.
Crocidiira atrata. Wagn. Schreber Säugth, Suppl. B. V. S. 805.
Nr. 14.
Pachyura atrata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 805.
Nr. 14.
Diese höchst unvollständig bekannte Art, welche wirblos aus einer
kurzen Beschreibung kennen, die Blyth nach einem verstümmelten
Exemplare, dem der Kopf gefehlt, entworfen und uns mitgetheilt hat,
scheint durch die überaus dunkle Färbung ihres Körpers, welche sich
über die Füsse und den Schwanz erstreckt, von allen übrigen uns
bis jetzt bekannt gewordenen indischen Arten verschieden zu sein
und sich als eine selbstständige zu bewähren. Sie gehört zu den
kleinsten unter den asiatischen Arten und ist zunächst mit der
schwärzlichbraunen Dickschwanzspitzmaus (P. Perrotteti'Q ver-
wandt, mit welcher sie auch bezüglich ihrer Größe übereinzukommen
scheint.
Der Schwanz ist ziemlich dicht mit kurzen anliegenden Haaren
besetzt, zwischen denen einzelne längere, abstehende und nach rück-
wärts gerichtete Wimperhaare eingemengt sind. Auch die Füsse sind
kurz und ziemlich dicht behaart.
Die Oberseite des Körpers ist dunkel schwärzlichbraun , mit
schwachem röthlichem Anfluge, die Unterseite dunkelgrau. Die Füsse
und die Oberseite des Schwanzes sind schwärzlichbraun, die Unter-
seite desselben ist schwärzlich.
Länge des Schwanzes 1".
Sif/.b. d. ii.afliem.-iKituiw. CI. LVil. Cii. I. Al.th. 12
178 F i t 7. i n }> e r.
Vaterland. Hinter -Indien, Kliasya-Gehirge. Blyth war es,
der diese Art entdeckte und zuerst beschrieb.
26. Die schlanke Dickschwanzspitzmaus (Pachyura gracilis).
P. notaeo obscurc castaneo, /aferibus geiihque dUutioribus,
(jastraeo griseo, pectore obscuriore ; cauda fere 2/3 corporis lon-
gitudine.
Sore.v gracilis. Blainv. Ann. des Sc. nat. 2. Ser. V. X. p. 120.
„ _ Blainv. Ann. etrang. V. IL t. 14. fig. 8.
Sundev. Vetensk. Akad. Handl. 1842. p. 175.
Coquerel. Ann. des Sc. nat. 3. Ser. V. IX. p. 193.
t. 11. fig. 3. (Schädel).
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 555.
Nr. 24.
Crocidura gracilis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 555.
Nr. 24.
Pachyura gracilis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 555.
Nr. 24.
Sorex etruscus? Giebel. Säugeth. S. 902. Note 9.
Crocidura etrusca? Giebel. Säugeth. S. 902. Note 9.
Eine höchst ausgezeichnete Art und zugleich eine der kleinsten
nicht nur unter den afrikanischen Arten dieser Gattung, sondern
unter sämmtlichen Arten der ganzen Familie , indem sie nicht größer
als die toskanische Dickschwanzspitzmaus (P. etrusca) ist.
Die Ohren sind groß und freiliegend, und die inneren Klappen
bei Weitem nicht so stark entwickelt als bei dieser und der ihr ver-
wandten madagaskarischen Dickschwanzspitzmaus (^P. madagus-
cariensis). Der Schwanz, welcher nahezu 2/3 der Körperlänge ein-
nimmt, ist an der Wurzel sehr dick , im weiteren Verlaufe allmälig
sich verdünnend und etwas zusammengedrückt, und ziemlich dicht
mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen eingemengten langen,
abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren besetzt.
Im Oberkiefer sind jederseits vier Lückenzähne vorhanden, von denen
der zweite kleiner als der dritte ist, und sämmtliche Zähne sind
durchaus einfarbig weiß.
Die Oberseite des Körpers ist dunkel kastanienbraun , welche
Färbung an den Leibesseiten und den Wangen lichter wird; die
Kritische Untersuchungen über eu üIxt ilie Spitzmäuse etc.
Lückeiizähnc vorliaiiden und siimmtliche Zähne sind durchaus oin-
fjirbig weiß».
Die Obersoite des Körpers ist dunkel bräunlichgrau , die Unter-
seite etwas heller. Die Schnurren sind weiß, die längsten derselben
an der Wurzel schwarz. Die Krallen sind bräunlich-hürnfarben.
Körperlänge 1" G'/a'"
Länge des Schwanzes 1" i/^'".
V a t e r 1 a n d. Madagaskar, wo C o q u e r e 1 diese Art an der Nord-
küstc entdeckte, die er auch zuerst beschrieb.
Schloenliaeh. Über ilie noiddeulschen (ialeriten-Schichten de. 181
Über die norddeutschen Gal er iten- Schichten und ihre
Brachiopoden-Fauna.
Von Dr. V. Schloenbacb.
(Mit 3 lithographirten Tafeln und einem Holzschnitte.)
I. Geologischer Theil.
Seit der Veröffentlicliiing von Strombeck's „Gliederung des
Planers im nordwestlichen Deutschland nächst dem Harze" «) gilt
es als ausgemacht, daß jene Schicht, welche von ihm nach der
Petrefacten-Art, die ganz besonders häufig darin vorkommt und
daher als bezeichnend für dieselbe betrachtet werden düvf {Galcrites
oder Echinoconus albogalerus var. subconica) , mit dem Namen
Galeriten-Schicht belegt wurde, seiner Abtheilung des „oberen
Pläners" angehört und eine in mancher Beziehung eigenthümliche
Modification des zweiten Gliedes dieser Abtheilung, der „weißen
Brongniarti- Schichten"' bildet. Strombeck selbst spricht sich an
der betreffenden Stelle über dies Verhältniß mit folgenden Worten
aus: „Die Galeriten-Schichten sind synchronistisch mit den weißen
Brongniurti-&c\\\c\\it\\. Wo die einen vorkommen, fehlen die anderen.
Jene ersetzen hin und wieder auch einen Theil der Scaphiten-
Schichten, so am Fleischerkamp bei Salzgitter und zwischen Wed-
lingen und Beuchte unweit Goslar (Hannover); dann umschließen
sie auch einige der Species aus den Scaphiten-Schichten, obwohl
immer als Seltenheiten." Herr v. Strombeck betrachtet also die
„Galeriten-Schichten", wie hieraus hervorgeht, rein als eine Facies,
welche nicht immer innerhalb der gleichen Altersgrenzen auftritt,
sondern bald nur auf einen einzigen bestimmten paläontologischen
Horizont, bald auf mehrere sich erstreckt und folgerichtig in letzterem
') Neues Jahrb. für Mineral, etc. ISö", i>. 7öj; und Zeitschr. d. d. geol. üe3. !X,
ISäT, p. 415.
J82 SchloeiihHcli.
Falle als ein paläontologisch gegliederter Complex von Schichten
betrachtet werden muß». Kurz es würden hiernach die Galeriten-
Schichten Herrn v. Strombeck's nicht immer ein und dasselbe sein,
sondern je nach den verschiedenen Localitäten eine verschiedene
Bedeutung haben ganz in ähnlicher Weise, wie die Korallen-Schich-
ten des oberen Jura, das „Corallien" vieler französischer Geologen,
welcher letztere Name zu so vielen Mißverständnissen, Irrthümern
und Verwirrungen Veranlassung gegeben bat ').
') Lediglich die Folge eines solchen Mißverständnisses scheint es mir auch zu sein,
wenn Prof. Hebert in einer seiner neuesten Arbeiten (iJeuxieme note sur les
calcaires a Terebr. diphya etc., im Bulletin Soc. ge'ol. 2, XXIV, 18 fevr. 1867,
p. 393) sich darüber ereifert, daß „die deutsche Scliule" mit dem „etage coral-
lien," welches doch eine von den französischen und englischen Geologen seit lange
anerkannte und bestimmt festgestellte Epoche der großen jurassischen Periode
darstelle, so kurzen Proceß mache und dasselbe einfach als eine Facies des „etage
kimmerldien" oder „oxfordien" erkläre.
Was Oppel und Waagen — denn diese nebst Benecke scheint Hebert
an jener Stelle besonders im Auge gehabt zu haben — bekämpfen wollten , war
nach meiner Auffassung der Sache, in der ich mich nicht zu irren glaube, jener
weit verbreitete Irrfhuni, in dem besonders auch viele französische Geologen mit
Orbigny an der Spitze befangen waren, für den aber Herr Hebert gewiß nicht
wird in die Schranken treten wollen. Man ging nämlich von der Ansicht aus, daß
die im oberen Jura in großer Verbreitung vorkommenden korallenreichen Schichten,
in denen man eine Anzahl den meisten Localitäten gemeinsamer Arten zu erkennen
glaubte, nur einem und demselben geologischen Horizonte angehörten, den man
als „e'tage corallien" bezeichnete. Dagegen wiesen Oppel und Waagen zur
vollkommensten Evidenz nach , daß nicht nur wenigstens zum Theil diese ver-
meintlich identischen Arten in der That von einander specifisch verschie-
den seien, sondern daß solche korallenreiche Schichten sich in ganz verschie-
denen geognostischen Horizonten im Bereich des oberen Jura wiederholen, daß
auch durch ihre Faunen ihre Gleichalterigkeit mit verschiedenen Schichten
des oberen Jura sich erweisen lasse und sie demnach lediglich als in Folge
localer Verhältnisse veränderte Facies jener betreffenden Schichten angesehen
werden müssen. Wenn sie daher, von der gewiß berechtigten Ansicht ausgehend,
daß die Bezeichnung „Corallien", die fast jeder Autor in einem verschiedeneu
Sinne gebraucht, die dadurch eine nur schwer zu entwirrende Confusion hervor-
gerufen hatte, und die zudem als Namen für eine Etajje sehr wenig glücklich ge-
wählt erschien, am zweckmäßigsten vermieden werde, nur eine «Oxford-" und
eine „Kimmeridge-Gruppe" annahmen und die Grenzen dieser beiden sehr be-
stimmt feststellten, so konnten sie damit nicht beabsichtigen, den Werth und die
Bedeutung des echten englischen „Coral rag", welches allerdings von gewissen
französischen und deutschen Autoren (z. B. von Hebert als Corallien, von
über die norddeutsch. Galeriten-Seliichten u. ihre Braehiopoden-Fauna. I 83
Dagegen scheint es mir richtiger dies Verhältniß so aufzufassen,
daß man den Anfang der Scaphiten-Schichten, die iiher den Gale-
riten-Schichten in typischer Entwickelung an vielen Localitäten zu
beobachten sind, erst da annimmt, wo das massenhafte Vorkommen
der Galeriten und der dieselben begleitenden Fauna gänzlich auf-
hört, um so mehr, da gleichzeitig eine Veränderung der lithologi-
schen BeschafTenheit an dieser Grenze aufzutreten pflegt. Daß „als
große Seltenheiten" dieScaphiten schon mit den Galeriten vorkommen,
kann ich nicht als unbedingten Beweis für die Strombeck'sche
Auffassung betrachten, da diese, wenn auch ebenfalls nur als große
Seltenheiten, in dein weißen Pläner mit LioceramusBrongniarti auch
an solchen Stellen vorkommen, wo die Galeriten gänzlich fehlen. Wenn
sich aber, wie Herr v. Strombeck selbst sagt, ganz scharfe Grenzen
zwischen den verschiedenen Gliedern des obern Pläners überhaupt
nicht ziehen lassen, so würde es geradezu unmöglich sein, an jenen
von ihm citirten Localitäten innerhalb des Vorkommens der Galeriten
eine auch nur ungefähre Grenze zu bezeichnen, von wo aus diese
einerseits als Äquivalent des weißen Pläners mit Inoceramus Bron-
gniarti, anderseits als solche des Scaphiten-Pläners zu betrachten
wären. So ist es mir z. B. nicht gelungen, in den von Strombeck
angeführten Steinbrüchen am Fleischerkamp bei Salzgitter, dieser in
unmittelbarer Nähe meines bisherigen Vl^ohnortes gelegenen und
daher von mir selbst sowohl, als von meinem Vater unzählige Male
besuchten und in jeder Beziehung genau durchforschten Localität
F. A. Roemer als oberes oder eigentliches Coral rag) richtig erkannt war, zu
bestreiten. Es konnte sich vielmehr nur um die Frage handeln, ob es richtiger
und zweckmäßiger sei, diesen Schichtencomplex als obere Abtheilung der Oxford-
gruppe zu betrachten, oder als besondere Gruppe zwischen Oxford und Kimmeridge
gelten zu lassen. Die Entscheidung hierüber scheint mir jedenfalls neben dem
unwiderleglich hergestellten Beweise, flaß das „Corallien" der meisten Autoren
nichteinen bestimmten Horizont , sondern nur eine bestimmte Entwicklungsform
oder „Facies" gewisser verschiedener Horizonte darstellt, von untergeordnetem
Werthe und Interesse.
In diesem Sinne scheint mir — abweichend von der Ansicht, die Herr Prof.
Hebert wohl lediglich in Folge der ihm mangelnden Kenntniß der deutschen
Sprache sich darüber gebildet hatte — die Stellung aufgefaßt werden zu müssen,
welche Oppel und Waagen gegen das „Corallien" eingenommen haben; hätte
Herr Hebert die Sache so angesehen, so zweifle ich nicht, daß er sich weniger
energisch gegen die Auffassung der „deutschen Schule" ausgesprochen , ja daß er
die ganze Controverse gar nicht angeregt haben würde.
184 S ch 1 o e n l)ac h.
eine paläontologische (ilirdtTiiiiLi; der Galeriteii-Schichten naclizinvci-
scn : vielmehr scheinen sieh sämmtliche dort vorkommende Arten
sowohl in den tieferen, als in den höheren Schichten zu finden,
nnd nur von einigen Arten ließ sich nachweisen, daß dieselhen
zwar in gewissen Lagen sich hesondcrs häufig finden, in den ande-
ren aher durchaus iu"cht fehlen; zudem hleibt dicGesteinsbeschafFen-
licit von der unteren bis zur oberen Grenze dieselbe,
Profil der Pläner-Schichlen am „Fleischi'rkanip", westlich von
Salzgitter.
Das nicht uninteressante Profil der jüngeren Kreideschichten,
welche sich an dieser Localität beobachten lassen, ist folgendes:
Über dem zum obersten Gault gehörigen Flammenmergel
folgt zunächst der Schichtencomplex des unteren (cenomanen)
Pläners, dessen Gesammtmächtigkeit hier etwa 21 — 22 Meter be-
trägt, sodann darüber der
rothe PI an er mit Inoc. labiatus 3 Meter
derGaleriten-Pläner, mindestens ... 26 „ ,
endlich der Scaphi ten-Pläner, dessen Mächtigkeit sich an
dieser Stelle nicht erkennen läßt, weil seine obere Grenze nicht auf-
geschlossen ist.
Im Galeriten-Pläner zeichnet sich eine Bank, welche etwa
9 Meter über seiner unteren Grenze liegt, durch ungewöhnliche
Häufigkeit der übrigens durch die ganze Mächtigkeit der Schicht
verbreiteten IJrachiopoden -Arten aus. Außer den Brachiopoden
finden sich an dieser Localität im Galeriten-Pläner besonders fol-
gende Arten : i)
1) st 10 ml) eck, dessen Verzeichniß (Jer in den (ialeriten-Schichten vorkommenden
besonders cli»rakteristischen Petrefacten sich vorzug-sweise auf die Erfunde vom
FleisciieiLamp bei Salzgitter gründet (Zeitsehr, d. d. geol. Ges. 18S7, p. 416 u.
N. Jahrb. i8S7, p. 780), nennt folgende, von denen er die mit * versehenen
als vorwaltend bezeichnet: " Inoecramiis Brongniarti G o\Ai.; lihynchuncUa Mar-
tini Mant., Manlellana Sow?; " Terebratiila semiglohosa Sow., carnca S o w. ;
Terehralulina striatula Mant.; Ananchytcs ovatits Lam.; Holaster sp. nov. ;
Micraster cor anyuimim ]j»m.; * Galer itca albotjalems Lam., suhrottinda Ag. ;
Cidaris Sorigncti Des. Von diesen sind ISIiynchunclla Martini und MantcUaiia fein-
■ und grobgi'ripple Varielälcn der unten beschriebenen Uli. Cuvieri ; Tcrcbr. semi-
glohosa und carnca kleine läiigliehe und groüe runde Varieliilen von T. stihrotiinda;
über die nrn-ildetitseli. Calorilen-Scliielifen ii. ihre Brnrliinpoden-Fauna. 1 öÖ
Zahlreiche Fischzähne verscliiedencr Arten:
Ammonites peramplus Mant. (ziemlich selten).
Scaphites Geinitzi Orb. (selten).
hioceramiiR Brongniarti Mant. (häii(ig).
Echinocorijs (jibba La in, sp. (nicht selten).
Holaster planus Mant. sp. (nicht selten).
„ sp. nov. (selten).
Iiifulaster e.vcentricus Forb. (nicht häufig).
S k2 1 » Hagenoici 0 r b. (sehr selten).
(O —
% "^ I Micraster breviporiis Ag. (nicht sehr selten).
>■ f^
— 3
5^
Galerites (^Echinoconus) suhconicus Orb. (sehr häung).
Disco'idea infera Desor (selten).
a -
g c I Salenia granulosa Forb. (zieml. selten).
„ Boin-geoisi C o 1 1. ? (selten).
Cidaris cretosa Mant. (selten).
„ subvesieiilosa Orb. (nicht selten).
„ clavigera Koen. (nicht häufig).
Cystispongia bursa Qu. sp. (nicht selten).
Als besonders wichtig möchte ich den Lioceramus Brongiiiarti
(nach der von Geinitz und Strombeck eingeführten präcisen
Deutung) ansehen, der auch in den obersten Schichten des
Galeriten-Pläners am Fleischerkamp noch häufig vorkommt und im
Scaphiren-Pläner sich nirgends mehr findet. Höchst eigenthümlich
ist die gänzliche Veränderung der Facies, wenn man von diesen
Steinbrüchen im Streichen der Schichten in östlicher Richtung zu
dem auf der Höhe des Ringelberges gelegenen, nur etwa o Minuten
entfernten großen Steinbruche geht. Dieser, der eigentlich aus
einer Reihe an einander stossender kleiner Steinbrüche besteht, in
denen die Gesteine sämmtlicher aufeinander folgenden Schichten
des oberen Pläners sehr deutlich aufgeschlossen sind, ergibt folgen-
des Profil:
Tlina. striatula = Tlina. c/irysalis; Ananchytes ovatiis = Echinocorijs ffibba Lam.
sp. ; Holaster sp. nov. = Hol. planus A g. ; Micraster cor anyiiinum = Mier.
breviporus Ag.; Galerites albogalerus und ««6rom Fleischerkamp die Verhältnisse
ähnliche gewesen seien, läßt sich mit den sonstigen Beobachtungen
in jener Gegend sehr wold vereinbaren. Denn es ist wohl unzweifel-
*) l'alaeontosrnpbica XUI, p. !j6.
'■) Sielie ilen iiitei'ess:iiitcii Arlikel üher die Seeigel in Gressly's „ErinneruDgen
eines Nalurlbrsfliers iiHsSiuirriinkreieh" (Alliuni v. Combe-Varin, I8C1, p. 2 CD fl'.j.
über die norddeutsch. Galeriteii-Sehicliton u. ihre Brachio[ioden-Fauna. 1 ö9
liaft, daß während der Ablagerung wenigstens eines Theiles der
Juraformation ein ziemlich ausgedehntes und wahrscheinlich ziem-
lich flaches Festland mit Haclien Ufern bestanden bat, welches erst
zur Zeit der Ablagerung der unteren Kreidebildungen (des Neocom
oder Hils) allmälig wieder bis zu einer mäßigen Tiefe unter die
Meeresoberfläche niedergetaucht ist. Die Existenz eines solchen
Festlandes, welches von dem viel älteren des Harzes durch eine
wahrscheinlich ziemlich schmale, aber wohl ziemlich tiefe Meerenge
getrennt war, geht mit Bestimmtheit daraus hervor, daß in der
ganzen Gegend nördlich von Goslar bis nach Grasdorf, Hoheneg-
gelsen und Morse bei Fallersieben von Ablagerungen aus der Zeit
zwischen der Bildung des braunen Jura und der des unteren Hils
keinerlei Spuren vorhanden sind '); es fehlen solche selbst in den
Conglomeraten unserer Hilsbildungen, welche an Petrefactenresten
1) Die von Dr. Brauns (Amtl. Bericht üb. d. 40. Versamml. deutsch. Naturf. und
Ärzte zu Hannover, im J. 1863, p. 166; Paiaeontographica XIII, p. 240, 1866)
geäußerte Vermuthung, daß die von meinem Vater in die Zone der Avicula con-
torta gerechneten Schichten bei Steiniah (Neues Jahrb. 1862, p. löäj nicht dieser,
sondern der Wälderformation angehören möchten . scheint mir jeglicher Begrün-
dung zu entbehren; denn das Vorhandensein bunter Mergel, welche in Nord-
deutschland bekanntlich nicht nur in der Wälderformation (als sog. „Münderer
Mergel"), sondern auch in der Lettenkohlen-, Keuper- und rhätischen Formation,
ja selbst schon im Buntsandsteine vorkommen , kann unmöglich als Grund ange-
sehen werden , jene Schichten in die Wälderformation zu versetzen. Auch die
Ansicht, daß das aus jenen Schichten stammende Knochenschild eines Sauriers aus
der Sammlung meines Vaters , welches der geologischen Section der Hannover"-
schen Versammlung vorgelegt wurde, auf diese Formation hindeute, fand noch in
der betreffenden Sitzung selbst sogleich sehr entschiedenen W'iderspruch von Seiten
des competentesten Kenners, Herrn H. v. .Meyer"s. Auch nach späterer genauerer
rntersuchung der betreffenden Exemplare, die meinVater Letzterem zugesendet hatte,
bestätigte derselbe vollkommen s>'ine erste Aussage, daß jene Reptilienreste keine
näheren Beziehungen zu Formen aus den Wälderbildungen, sondern vielmehr zu
solchen aus dem Keuper und der rhätischen Stufe erkennen ließen. Ganz willkür-
lich und unbegründet erscheint es auch, daß Dr. Brauns die Richtigkeit der
Bestimmungen von Avicula contorta und Taeniodon praecursor und Ewaldi anficht.
Die diesen ßestin)muugen zu Grunde liegenden Exemplare sind durchaus nicht
„fragmentarische", und namentlich erstere auch durchaus nicht „zu wenig cha-
rakteristisch, um die Frage über ihr Alter mit Bestimmtheit beantworten zu kön-
nen". — Gänzlich ausgeschlossen wird aber die Möglichkeit,
die fraglichen Schichten als zur Wälderformation gehörig zu
deuten, durch den Umstand, daß sehr deutlich charakterisir ter
unterer Lias mit Ammonites planorbis und Johnatoni im Han^
190
S c li 1 0 e n b a f li.
aus dem Lias und aus eiuigcMi Schichten des hraunen Jura, die sich
darin in abgerolltem Zustande auf secundärer Lagerstätte finden, so
reich sind. Ob dies Festland aber erst zur Zeit der Bildung des
oberen Jura's aufgetaucht ist oder vielleicht schon theilweise zur
Zeit der Ablagerung der rhätischen Schichten bestanden haben oder
wenigstens unmittelbar nach Bildung derselben über die Oberfläche
des Meeres emporgehoben sein mag, scheint zweifelhaft. Die jetzt an
manchen Stellen deutlich nachweisbare, unmittelbare Auflagerung
der oberen Hilsschichten auf den Sandsteinen der rhätischen Stufe
genden derselben .luftritt, auf welchem dann unmittellinr die Eisensteine
der Hils- oder Neocomformation ruhen. Diese Thatsache, auf welche ich Herrn
Dr. Brauns schon vor der Publication seiner beiden citirten Aufsätze auf-
merksam gemacht hatte, scheint derselbe dadurch entkräften zu wollen, daß er,
wie allerdings richtig ist, anführt, die Localität, wo diese Überlagerung beobachtet
wurde, sei nicht genau dieselbe, wie jene, welche mein Vater im Jahre 1862 be-
schrieben hat. Allerdings sind beide in gerader Richtung im Streichen der Schich-
ten um etwa S — 7 Minuten von einander entfernt, und erstere wurde erst nach
Veröffentlichung der citirten Abhandlung meines Vaters durch einen zum Zweck
der Abführung des Wassers aus der Grube „Marie" bei Steiniah angelegten Canal
aufgeschlossen. Dieser Umstand kann aber die Uichtigkeit meiner oben ausgespro-
chenen Behauptung, daß die von Brauns als Wälderformation angesprochenen
Schichten von unterem Lias überlagert werden, durchaus nicht umstoßen. Denn
die an der letztgenannten Localität unter dem unteren Lias folgenden Schichten
sind ganz die gleichen und bilden die Fortsetzung von jenen , welche bei der
Grube „Bartelszeche" unmittelbar vom llilseisenstein überlagert werden und von
meinem Vater als „BoneI)ed-Gruppe" bezeichnet waren. Dies geht nicht nur aus
der Gesteinsbeschaffenheit , auf die Dr. Brauns so großes Gewicht zu legen
scheint, und aus den Lagerungsverhältnissen , sondern namentlich auch aus den
von ihm freilich mit einiger Geringschätzung behandelten, aber trotzdem für die
Bestimmung unserer rhätischen Schichten so höchst wichtigen organischen Resten
hervor; diese sind im Abzugscanal der Grube „Marie" außer mehreren anderen
für die rhätische Stufe characteristischen dieselben, wie jene oben genannten bei
iler „Bartelszeche" vorkommenden. — Auch die Angabe, es scheine nach den
Lagerungsverhältnissen und der Gesteinsbeschaffenheit bei der „Bartelszeche" von
den fraglichen Schichten bis zu den Hilseisensteinen keine Unterbrechung in der
Ablagerung der Schichten stattgefunden zu haben und dieser Umstand befürworte
gleichfalls die Deutung der ersteren als zur Wälderformation gehörig, ist nicht
stichhaltig; denn selbst wenn jene Schichten zur Wälderformation gehörten,
würde d(,ch zwischen ihnen und den darauf lagernden Eisensteinen, welche aner-
kanntermaßen z\im obersten Hils gehören , eine Lücke in der vollständigen
Schichtenfol;;e vorhanden sein. Auch ist wohl nicht wahrscheinlich, daß feinkörnige
Sandsteine und grobe, cephalopodenreiche Congiomerate in unmittelbarer zeitlicher
Folge auf einander abgelagert sein sollten.
über die norddeutsch. Galeriten-Schichton u. ihre ßrachiopodeii-Fauna. 191
könnte iiiüglichcr Weise dadurch erklärt werden, daß die Seliiehten
des Lias und braunen Jura an jenen Stellen durch die Gewässer des
Hilsmeeres vollständig weggewaschen wären und die Niederschläge
des letzteren sich sodann unmittelbar auf die rhätischen Gesteine auf-
gelagert hätten. Daß in der Tliat das Hilsnieer Gesteine aller dieser
Schichten weggeschwemmt hat, geht unzweifelhaft aus den darin
gemengt sich findenden gerollten Petrefacten aus fast allen Horizon-
ten hervor; so habe ich darin z. M. AmnwmtesJoluistoui S o w., anyii-
latus Schlot h., Dacoei S o w., margaritatus M o n t f. sp., spinatus
Brug. (die beiden letzteren besonders zahlreich); ferner zahlreiche
Faiciferen-Formen, deren Erhaltungszustand in der Regel eine speci-
fische Bestimmung nicht erlaubt, Ämm. cf. Humphries(üius So w.,
Amm. Parkinsoni Sow. , etc. gesammelt. — Ob es aber nicht
bei der bedeutenden Widerstandsfähigkeit, die man z. B. den ziem-
lich mächtigen und sehr festen, in diesem Gebiete auftretenden Kal-
ken der unteren Hälfte des mittleren Lias und den harten sandigen
Kalken des untersten Lias, deren Reste sich ohnehin in den Conglo-
meraten nur sehr selten finden, gegen eine solche Action zuge-
stehen muß, richtiger ist, das erste Auftreten des Festlandes weiter
zurück in die rhätische Epoche zu verlegen, lasse ich dahin gestellt.
Eine Discordanz der auf einander folgenden Schichten, die für diese
Frage entscheidend sein würde, ist noch nirgends beobachtet. Daraus,
so wie aus der Gesteinsbeschaffenheit der Ablagerungen, welche sich
zuerst aus dem Meere niederschlugen, das diese Gegenden in der Periode
der unteren Kreide wieder überfluthete (Neocom-Conglomerate) geht
aber hervor, daß dies Festland sich wahrscheinlich sehr allmälig und
ziemlich gleichmäßig, aber auch nicht sehr tief unter das Niveau des
Meeres herabgesenkt hat. Wahrscheinlich blieben sogar noch hie und
da kleine Inseln bestehen ; wenigstens läßt sich auf diese Weise die
Erscheinung, daß an gewissen Localitäten die ältesten, an gewissen
anderen aber jüngere Glieder der unteren Kreide unmittelbar auf den
älteren Gesteinen ruhen, wohl am einfachsten erklären.
Unter den übrigen Aufschlußpunkten der Galeriten-Schichten
sind besonders zu nennen: ein Steinbruch zwischen Weddingen und
Beuchte unweit Vienenburg (Hannover) in der Ockerkette '); ferner
1) Wegen dieser topographischen Bezeichnung s. Zeitschr. d. d. geol. (ios. XV, 1S63,
p. -iü3.
192 S e ii 1 0 t' II I. :i c li.
die Umgebungen von Ahaus, l)eson(lei\s Gniös und Oeding im Re-
gierungsbezirk Münster (Westphalen). Alle übrigen Localitäten sind
weniger gut aufgeschb)ssen und weniger gut bekannt. Auch von den
el)en genannten erscheint für stratigraphische Beobachtungen nur die
Loeab'tiU in der Ockerkette geeignet. Die Aufschlüsse bei den west-
phälischen Orten bestehen in einer ziemlich großen Anzahl von Stein-
brüchen, durch die aber nur dieGaleriten-Schichten selbst aufgedeckt
sind, ohne daß dieselben das Hangende oder Liegende erkennen ließen.
Dieselben sind von F. Roemer in seinem Aufsatze über „die Kreide
Westphalens" ') genauer beschrieben und damals als wahrschein-
liche Äquivalente der weißen Schreibkreide gedeutet und dem Kreide-
mergel von Coesfeld und den Baunibergen, also den jüngsten Glie-
dern der westphälischen Kreide gleichgestellt worden, nachdem auch
Geinitz in seinem „Quadersandsteingebirge" das Vorkommen als
„obern Kreidemergel" bezeichnet hatte. Daß diese Altersbestimmung
uin-iclitig war, sprach Strombeck an der früher citirten Stelle in
seiner „Gliederung des Pläners" aus, wo er den kreidigen Kalken
von Graes ihre richtige Stellung im „obern Pläner" (Galeriten-Pläner)
anweist. Übrigens versicherte mich kürzlich Herr Professor Hos ins
aus Münster, daß auch in der Gegend von Ahaus der rothe Pläner
unter jenem vorhanden sei und sich in ganz ähnlicher Entwickelung
zeige, wie nördlich vom Harze.
Sehr deutlich ist die Auflagerung des Galeriten-Pläners auf dem
rothen Pläner sichtbar in dem Steinbruche, welcher sich am Fahr-
wege zwischen Beuchte und Weddingen in der Ockerkette befindet;
die Localität wird von den Umwohnern „Schlangenberg" genannt.
Dort sind in den unteren Schichten des Galeriten-Pläners besonders
die Brachiopoden, namentlich Terebratula Becksi häufig, in den
oberen Echinodermen. Das unmittelbar Hangende der letzteren ist
nicht deutlich aufgeschlossen, dagegen befindet sich in nächster
Nähe auf der anderen Seite des Weges ein Steinbruch, in dem die
oberen Lagen des „Scaphiten-Pläners" und ein Theil des „Cuvieri-
Pläners" (Zonen des Scaphltes Geinitzi und des Inoceramus Cuvieri
und Micrustcr cor teiitudbmrlum) aufgeschlossen sind.
Andeutungen von dem Vorkommen dos Galeriten-Pläners finden
sich auch am Harlyberge bei Vienenburg (Hannover) in nächster
0 Zeitschr. d. d. ^eol. Ges, VI, 1834, p. 20S.
über die norddeutscli. Galeriten-Schiclilon u. ihre Brapliiopoden-Fauna. 103
Nähe des großen Eisenbahn-Durchschnittes der Linie Braunschweig-.
Harzburg. Die Verhältnisse an dieser Localität, auf die ich noch mit
einigen Worten eingehen muß, sind eigenthiimlicher Art. Der ge-
nannte Eisenbahn-Durchschnitt deckt nämlich den „oberen Pläner"
(im Strom beck'schen Sinne) in einer Längen -Erstreckung von
1Ö5 Schritten auf, und zwar sind alle Schichten vom rothen Pläner
mit Inoceramus labiatus aufwärts bis zu dem „Cuvieri-Pläner" mit
Micraster cor teshidlnarmm und mit den Spongitaricn deutlich zu
beobachten. Etwas weiter nördlich von letzterem liegt sodann noch
eine Mergelgrube in der Nähe der Eisenbahn, in welcher die Mergel
der Zone des Micraster cor anguinum und Belemnites Merceyi ge-
wonnen werden, am sogenannten „Linsenkampe". Bei näherer Be-
trachtung findet man indessen bald , daß die Lagerungsverhältnisse
des obern Pläners durchaus nicht ungestört sind, sondern, wahrschein-
lich unter dem Einflüsse des im Liegenden in der Nähe befindlichen
mächtigen Gypsstockes der oberen Buntsandstein-Bildungen ziemlich
verworren erscheinen. Das Verdienst, auf diese Thatsache zuerst auf-
merksam geworden zu sein, und die dortige Reihenfolge der Schichten
bestimmt festgestellt zu haben, gebührt meinem Vater, dem Ober-Salin-
inspector A. Schloenbach zu Salzgitter. Es liegt mir ein genaues,
umstehend gezeichnetes Profil dieses Eisenbahn -Einschnittes vor,
welches derselbe bereits im Jahre 18S6 aufgenommen hat und von
dessenRichtigkeit ich mich sj)äter selbst auf wiederholtenExcursionen,
die ich unter seiner Führung gemacht, überzeugen konnte. Danach
beginnt der Einschnitt südlich mit steil aufgerichteten, gegen Norden
einfallenden Schichten des rothen Pläners, auf den dann normaler
„weißer 5ro?i^w/r mit welcher Rhynch. Ctivieri früher öfter verwechselt
ist (die Citate der Rhynch. Mantellana aus oberem Planer dürften
sich sämmtlich auf grobrippige Formen der Rh. Ctivieri beziehen),
unterscheidet sie sich durch die weniger scharfen und erst gegen die
Mitte hin recht deutlich werdenden, auch fast immer noch zahlreiche-
ren Rippen. — Über das Verhältniß zu Rhynch. ventriplannta ver-
gleiche man unten die Bemerkungen zu letzterer Art.
Rhynchonelln Ctivieri ist in Norddeutschland von der Zone des
Inoceramus labiatiis (rother Pläner) aufwärts, wie es scheint, durch
die ganze Folge der jüngeren Kreideschichten verbreitet; wenigstens
weiß ich für jetzt z. B. die in der oberen Kreide mit Belemnites
3Ierceyi Mny. bei Linden unweit Hannover, in den Schichten mit
Belemnites quadratiis und Coeloptychium bei Biewende unweit Wol-
fenbüttel (Braunschweig), sowie in der Unterregion der Schichten
mit Bei. mucronutiis bei Ahlten unweit Hannover vorkommenden
Exemplare nicht von den typischen französischen zu unterscheiden.
Auch aus den Kreideschichten des Petersberges bei Maestricht wurde
sie öfter citirt; doch ist in neuerer Zeit jenes Vorkommen durch
Bosquet als besondere Art unter den Namen Rhynchonella David-
soni 2) abgetrennt; indessen hat dieser ausgezeichnete Kenner
fossiler Brachiopoden die Unterscheidungsmerkmale leider bis jetzt
noch nicht veröffentlicht. Eine sehr nahestehende, vielleicht iden-
tische Form findet sich auch im dänischen Faxekalk.
In der französischen Kreide hat Rhynchonella Cuvieri das
Maximum ihrer Entwicklung in Schichten, welche unserem „weißen
Brongniarti- und Galeriten-Pläner" entsprechen; dieselben werden
daher wohl als „Zone ä Rhynchonella Cuvieri^ bezeichnet; doch
kommt die Art auch sclion in älteren Schichten vor und geht gleich-
falls noch in jüngere hinauf. Ahnlich ist es in der englischen Kreide.
1) Vergl. Schloenbach, Brachio|». d. iionld. Ceiioiii. in geogu. - palüoiit. ßeitr.
I, 3, p. 41)4 (94), t. 23 (.'S), f. 11.
2) Starin g, Bodem v. Nedeiland II, p. ;{92, IJlfS ; 18G0.
über die norddeutsch. Galeriten-Schichten u. ihre Brachiopoden-Fauna. 410
9. Rhynchonelln Tentriplauata Schloenb. sp. nov.
Taf. 3, Fig. 8-iO.
18Ö4. Terehratida of. T. Mantelliana F. Ro einer, Zeitschr. d. d. geo1. Ges.,
VI, p. 210.
Beschreibung. Abgerundet-dreieckig, meistens etwas län-
ger als breit, seltener umgekehrt. Die größte Breite ist unterhalb,
die größte Dicke in der Mitte der Länge. Die Schale ist mit 10 — 16
groben abgerundeten Bippen versehen, welche die Wirbel entweder
ganz glatt lassen und erst gegen die Mitte hin beginnen, oder doch
nur sehr undeutlich bis in die Wirbel zu verfolgen sind, während sie
nach der Stirn zu immer stärker werden. Concentrische Anwachs-
linien kaum bemerkbar. Die Klappen sind verschieden stark gewölbt,
die kleinere viel stärker als die große Ventralklappe , welche oft fast
ganz glatt ist und nur mit einem sehr flachen, oft sogar kaum be-
merkbaren Sinus in die kleinere eingreift. Die Stirn ist daher sehr
w^enig aufgebogen und die Kanten liegen fast alle in einer Ebene.
Die Seitenkanten sind sehr stumpf, die Stirnkante etwas schärfer.
Schnabel der großen Klappe spitz und nur wenig übergebogen.
Foramen fein und ganz von einem stark convexen Deltidium mit röh-
renförmiger Ausbreitung umgeben.
Bemerkungen. Es ist von vorn herein anzunehmen, daß eine
Art, die in so außerordentlicher Häufigkeit auftritt, wie die vorste-
hend beschriebene, auch nicht unerhebliche Varietäten hervorbringen
muß, und dies ist denn auch in der That der Fall. Die Varietäten
lassen sich im Allgemeinen von zwei Gesichtspunkten aus zusammen-
stellen, nämlich nach der Art der Berippung und nach den Formver-
hältnissen. In ersterer Beziehung sind dicht gerippte (mit bis zu 16
Rippen) von solchen mit wenigen Rippen zu unterscheiden, so wie
solche, bei denen die Rippen, wenn auch undeutlich, schon in der
Nähe der Wirbel beginnen, von denen, welche bis zu einer größeren
Entfernung von den Wirbeln aus glatt bleiben, indem die Rippen erst
später sich ausbilden. Alle diese Formen sind durch die deutlichsten
Übergänge mit einander verbunden. — In Bezug auf die Formenver-
hältnisse kommen neben schmalen, langen Formen andere vor, deren
Breite der Länge mindestens gleich ist; bei den breiten Formen ist
gew öhnlioh das steile Abfallen der kleinen Klappe nach den Rändern
sehr auOallend, während die Mitte von einer fast ebenen, zuweilen
216 S c h I o e II I) n c h.
sogav etwas deprimirten Fläche eingenommen wird. Auch das Ver-
hältniß zwischen der Dicke und den anderen Dimensionen ist nicht
geringen Schwankungen unterworfen. In weit engeren Grenzen he-
wegt sich dagegen die Veränderlichkeit in Bezug auf den Sinus,
welcher meist ganz fehlt und nur selten einigermaßen deutlich aus-
gebildet ist, dann aber immer hei großer Breite sehr flach bleibt. Im
Jugendzustande ist unsere Art stets verhällnißmäßig breiter und
immer ohne Sinus; die Winkel, unter welchen die Klappenränder
sich mit einander verbinden, sind noch stumpfer, als im ausgewach-
senen Zustande; der Schnabel stark abstehend.
Rhynchonella ventriplunata ist wohl zunächst zu vergleichen
mit der sie stets begleitenden Rh. Cuvieri; die wichtigsten Unter-
scheidungs-Kennzeichen der letzteren sind die größere Anzahl und
Feinheit der bei erträglicher Erhaltung deutlich von den Wirbeln bis
zur Stirn zu verfolgenden, in der Wirbelgegend nicht selten dichoto-
mirenden Rippen, die stets deutliche Ausbildung des Sinus und die
breitere Form. — Ferner dürfte bei der Vergleichung in Betracht zu
ziehen sein Rhyticho?iella Mantellana Sow. sp. Wie Davidson i)
diese Art festgestellt hat, unterscheidet sie sich von unserer vorlie-
genden gleich auf den ersten Blick leicht durch die scharfen, von den
Wirbeln ausgehenden Rippen und den weit stumpferen Schnabel;
auch der Sinus der cenomanen Art ist in der Regel deutlicher ausge-
bildet. Etwas näher der Rh. ventriphmatu steht schon Orbigny's
Rh. MantelUma, von der auch Davidson sagt, daß die Abbildun-
gen derselben von der So werby'schen Art abweichen, obgleich er
sie unter der Synonymik von Rh. Mantellana Sow. sp. anführt.
Indessen unterscheidet sieh auch Orbigny Pal. fr., Cret. IV, t. 498,
f. 1 — 5 durch viel rundere und flachere Form, so wie durch die scharf
und deutlich in den Wirbeln beginnenden Falten; auch fehlt ihr das
charakteristische Kennzeichen der Rh. ventriplanuta, die flache Ven-
tralklappe und die stumpfen Klappenränder.
Dagegen wäre es nicht unmöglich, daß die von Davidson ohne
Species-Bestimmung auf t. 10, f. 47 — 49 abgebildete Rhyuchonella
aus dem „Chalk" von Charing, über die ich im Text keine Auskunft
finde, die Jugendform einer Varietät mit ausgebildetem Sinus dar-
stellte; wenigstens stimmen der gerade Schnabel, das kleine Fora-
'j Cret. Br;K-h., \>. «7, f. 12, C. 20—23-
Üher die norddeutsch. Galeriteii-Schichten u. ihre Brachiopoden-Fauna. .C I <
men, die flache Ventralklappe, die glatte Wirbelgegend und die
geringe Anzahl der Rippen mit unserer Art der Galeriten-Sehichten
überein, während allerdings die Umrisse runder sind, als sie bei die-
ser zu sein pflegen.
Andere Arten dürften bei der Vergleichung kaum in Frage
kommen.
In den norddeutschen Sammlungen sowohl wie in der paläonto-
logischen Literatur wurde unsere Art l)isher meistens unter Rhyn-
chonella Mantellana, seltener nwXtv Rhynchonella pisiim o(\ci' Cuvieri
mitbegriffen. Ferd. Roemer erkannte zuerst richtig ihre Merkmale
und gab am oben angeführten Orte eine kurze, aber gute Beschrei-
bung derselben unter den Namen Terebratida cf. T. Mantellana,
indem er ausdrücklich bemerkte, daß die Formen von Ahaus nicht
recht mit der englischen Art dieses Namens übereinstimmten. Auch
Strombeck >) hat vielleicht unter dem Namen „Rhynchonella
Mantellana Sow. ?" unsere Art mit einbegrifl'en; wenigstens ist mir
die wirkliche Rh. Mantellana Sow. sp. in den betrefTenden Schich-
ten nie vorgekommen; die Mehrzahl der so von ihm bezeichneten
Arten dürfte indessen zu Rhynch. Cuvieri zu rechnen sein.
Vorkommen. Rhynchonella venh'iplanata, in den Galeriten-
Sehichten bei Ahaus nächst den Galeriten das häufigste Petrefact, ist
an anderen Fundorten eine sehr große Seltenheit, so daß unter den
mehreren Tausenden von Individuen der Classe der Brachiopoden,
welche ich aus den Galeriten-Sehichten Norddeutschlands außer von
Ahaus untersucht habe, nur zwei sicher zu dieser Art gehörige
Exemplare sich befinden, von denen ich das .eine am Fleischerkamp
bei Salzgitter selbst gesammelt habe. Das zweite befindet sich in
der in Hildesheim aufgestellten Original-Sammlung A. Roemer's,
welche die Materialien zu dem im Jahre 1841 publicirten Kreide-
werke lieferte. Dasselbe ist ohne Speciesbestimmung als vom „Rin-
gelberge bei Salzgitter" stammend etiquettirt, womit wahrscheinlich
ganz dieselbe Localität gemeint ist, da der „Fleischerkamp", der be-
kannteste Fundort für die Galeriten-Sehichten in der Gegend von
Braunschweig, am westlichen Fuße des „Ringelberges'' liegt. Außer-
dem ist mir Rh. ventriplunata weder aus den gleichalterigen Schich-
^) Neues Jahrb. 1857, p. 786, B. 6a und üb.
äIö Schloeiibach.
teil anderer Fundorte, noch aus älteren oder jüngeren Schichten be-
kannt geworden.
10. Rhynchonella plicatilis Sow. sp.
Taf. 3, Fig. 5-7.
1816. rcrrbrafuln plicadUs Sow., M. C. II, p. 37, f. 118, üg. 1.
1833. „ „ Blich, Üb. r<;/eör., p. Sl z. Th. (mit Ausschluß
der Fundorte Essen und Sudnierberg).
1837. „ „ Bronn, Leth. geogn., t. 30, fig. 9.
1841. „ octoplicata A. Roein. , Kreid., p. 38 (non Sow.).
— „ plicatilis und laevigata A. Roem. , Kreid., p. 39.
1846. „ „ „ octojylicnta Reuss, Versf. böhm. Kreid.
II, p. 47, 48, t. 25, fig. 10-16.
1850. „ Juglcri und octoplicata z. Th. Gein., Quadersandst..
p. 208.
1857. Hhynchonella plicatilis typ. et var. octoplicata Stromb. , Zeitschr.
gcol. Ges. Ix, p. 417; N. Jahrb., p. 787.
Bhi/tichonclla plicatilis, octoplicata und Jugleri vieler norddeutscher
Geologen.
Bemerkungen. Obgleich zu den häufigsten und verhreitetsten
Brachiopodenarten der Kreideformation gehörig, ist diese Art doch
oft unrichtig aufgefaßt worden. Die Mehrzahl der neueren Autoren
hat sich der Auffassung angeschlossen, die namentlich Orbig ny i)
und Davidson -') zu begründen gesucht haben, daß niynxWoh Rhyn-
chonclfa plicatUis und octoplicata nicht von einander zu trennen
seien. Dagegen beliarrte Hebert s) hei der Ansicht, daß dieselben
zwei verschiedene Arten darstellen, von denen die letztgenannte auf
eine ganz bestimmte Lagerstätte, d'ieZone des Iielem?ütes)nucro7iatus,
beschränkt ist. Bei meiner letzten Anwesenheit in Paris (im August
1867) hatte ich durch die Gefälligkeit des Herrn Professors Hebert
Gelegenheit, eine große Anzahl von Exemplaren aus der „eraie de
Meudon ä Belemnites muo'onatns''' zu sehen, welche derselbe als die
wahre typische Form der Sowerby'schen Terebratula octoplicata
betrachtet und die in der Tbat mit der Som erby'schen Abbildung
dieser Art gut übereinstimmen; auch versicherte Herr Hebert, dafJ»
dieselbe Form, welche Davidson nicht genügend erkannt zu haben
1) Paleont. franf., Cret. IV, p. 4«.
'*) Monogr. Cret. Brach, p. T.S.
») iJiiUef. geol. Fr. 2, XVI, p. 149.
über die norddeutsch. Galeriten-Sehichten u. ihre Brachiopoden-Fauna. 219
scheine, in den äquivalenten Schichten von Norwich sehr constant
sei. In der That sind auch mir Ühergäiige von dieser durch ihre stets
einfachen, gerundeten Rippen, durch ihren breiten, von einem regel-
mäßig gerundeten Bogen der Stirnlinie gebildeten Sinus, durch die
gerundeten Schnabelkanten, und durch ihre breite Gestalt ausgezeich-
neten Art zu der sehr variabeln Rh. pUcatilis nicht vorgekommen,
so viel ich auch Exemplare beider Formen untersucht habe. Wenn ich
früher >) bemerkte, Rhijnchonella octopUcata sei wahrscheinlich
nicht von Rh. pUcatiUs zu trennen, so liegt darin nach meiner
jetzigen Ansicht in so fern ein Irrthum, als ich damals solche Formen
für Typender Sowerby'schen octopUcata hielt, die ich in Wirk-
lichkeit auch jetzt noch als bloße Varietäten der pUcatilis betrachte,
die ich aber jetzt nicht mehr für die wahren Repräsentanten der
echten octopUcata halte. Dagegen hatte ich die letztere, die auch in
der norddeutschen Kreide an einigen Localitäten nicht sehr selten in
der Zone des Relemiiites mucrotiatus vorkommt, auch damals schon
als eine besondere Art erkannt, glaubte jedoch, daß ein Namen für
dieselbe noch fehlte, während ich mich jetzt überzeugt habe, daß sie
als Rhynch. octopUcata Sow. sp. bezeichnet werden muß. Hebert
hat eine gute Abbildung dieser Art in dem 5. Bande der 2. Serie
der Memoires de la Societe geologique de France, t. 29, f. 12, ver-
öffentlicht.
Ganz abweichend hiervon ist die Ansicht Dr. Herrn. Credner's,
welcher RhynchoneUa octopUcata aus den „Mucronaten-Mergeln"
von Ahlten bei Hannover, Rhynch. pUcatiUs aber aus dem „Cenoman
des Dimmerberges bei Hilters unweit Osnabrück" citirt 2). Ohne
Zweifel ist unter letzterem Citate das Vorkommen im Grünsande des
„Timmerberges" bei „Hüter" unweit Osnabrück zu verstehen, wel-
ches Geinitz als Terebratula Juyicri s) bezeichnet hat, welches
aber nicht dem Cenoman angehört, sondern wahrscheinlich dem
oberen Pläner (Zone des Scaphites Geinitzi), wie ich an einer
anderen Stelle zeigen werde; diese Form gehört anerkannter Maßen
unzweifelhaft der RhynchoneUa pUcatiUs Sow. sp. an. Andererseits
aber geht aus dem Umstände, daß Credner bei seiner Rh. octopU-
cata von Ahlten antidichotomirende Falten beschreibt, hervor, daß
1) Zeitsehr. geol. Ges. 1866, p. £72.
2) Zeitsehr. d. deutsch, geol. Ges. XVI, p. Sö6.
3) Sachse's iialurhislor. Zeilschr. 11, p. 164, t. 1, f. 6—8.
220 Schloenbach.
die Formen, die er unter dieser Bezeichnung im Auge hatte, nicht jener
selteneren, eben bestimmter festgestellten echten Sowerby'schen
octoplicata angehören. In Betreff dieser Formen kann ich nur wie-
derholen , daß ich nach sorgfältiger Vergleichung von mehr als
300 Exemplaren aus den verschiedensten Schichten und Gegenden
zu denselben Resultaten über deren specifische Untrennbarkeit ge-
langt bin, wie sie Davidson in seiner großen Monographie nieder-
gelegt hat. Die deutlichsten Übergänge scheinen mir alle jene For-
men, die Davidson (Cret. Brach, t. 10, f. 1 — 17, 37 — 40) in so
schönen Abbildungen zur Anschauung gebracht hat, mit einander zu
verbinden, so daß man ihnen liöchstens den Werth von Varietäten
beilegen darf. Damit ist indessen durchaus nicht ausgesprochen, daß
nicht gcAvisse von diesen Varietäten in gewisser Weise für bestimmte
Schichten bezeichnend sein könnten, sondern es soll nur die That-
sache constatirt werden, daß sich gewisse Formen nicht striet
an gewisse Schichten binden, wenn sie auch vorwiegend in
denselben sich finden. So entspricht z. B. die Mehrzahl der Exem-
plare aus dem Galeriten-Pläner den Formen, die Davidson am
angeführten Orte in Fig. 3 und 37 dargestellt hat, aber daneben feh-
len auch solche, wie Fig. 1 und 12 nicht. Formen wie Fig. 1 und 16
sind vorzugsweise in der Zone des Bei. mncronatus so wie auch in
der des Scaphites Geinitzi inid Spondylns spiuosiis häufig, in wel-
cher letzteren sich seltener auch Fig. 37 findet; u. s. w.
Besonders eigenthümlich ist eine Varietät, die ich noch nirgends
abgebildet finde, und die ich daher noch kurz erwähnen muß. Es
liegt mir davon besonders ein schönes Exemplar aus dem Galeriten-
Pläner zwischen Beuchte und Weddingen vor, außerdem nur sehr
wenige schleclit erhaltene und nicht so deutlich ausgeprägte Stücke
von anderen Fundorten. Dnsselbe gehört seiner Gestalt nach jener
Form an, die Davidson in Fig. 37 abgebildet hat; auch die Feinheit
der Rippen stimmt mit dieser Figur überein. Dagegen bilden sich auf
beidenKlappen schon von derMitte an, etwasieben flache, wellenartige
Radialrippen aus, auf denen die feineren Rippen ungestört verlaufen,
um erst ganz in der Nähe des Randes durch Antidichotomie zu einer
weit geringeren Anzahl von Rippen sich zu vereinigen.
Durch vorsiclitiges Absprengen der Schale ist es mir gelungen,
einige Steinkerne herzustellen, an denen man die Muskel- und Gefäß-
eindrücke deutlich erkennen kann.
über ilie norddeutsch. Ualeriteii-Sfliifliteii u. ilire BracliioiiDdeii-Fauna. Hl
V ü rk u 111 ni e n. Die verticale Verbreitung der RlujnchoneUa pli-
catilis in der deutschen Kreidetormation ist eine große. Sie scheint
zuerst, und zwar gleich in verschiedenen Varietäten , im Galeriten-
Pläner aufzutreten, wo sie indessen nocli nicht besonders häufig ist,
während sie in der tieferen Zone i\ki& Inucerumiis l((biatiis noch nicht
nachgewiesen wurde. Dagegen geht sie dann durch alle jüngeren
Schichten bis in die Kreide mit Bei. mucronatiis hinauf. Am häufig-
sten findet sie sich wohl mit SpondyJus spinosus in den oberen
Lagen der Zone des Scuphites Geinitzi , sowie auch in den oberen
Lagen der Zone des Belenmites mucronatus. Fundorte anzuführen
würde zu weit führen , da dieselben außerordentlich zahlreich sind.
Doch will ich nicht unterlassen zu bemerken, daß unsere Art in den
so außerordentlich brachiopodenreichen Galeriten - Schichten von
Ahaus zu den großen Seltenheiten gehört, da ich von dort nur ganz
wenige Exemplare untersuchen konnte, F. Roenier kannte sie von
dort gar nicht. — In Frankreich und England ist, so viel man aus
den betreffenden Angaben in der Literatur schließen kann, die ver-
ticale Verbreitung ganz analog derjenigen in Norddeutschland.
11. frania Parisiensis Defr.
Taf. 3, Fig. 11.
1818. Crania Parisietisis Defr., Dict. W, p. 313, Nr. 3.
1866. „ „ Schioenbach, Krit. Stud., p. 37, t. 3, tig. 18—
22. (Haläoritogr. XIII.)
Bemerkungen und Vorkommen. Bei dieser Art kann ich
lediglich auf das früher an der oben citirten Stelle von mir Mitge-
theilte verweisen. Weitere Funde dieser seltenen Art, als jenes Exem-
plar von Beuchte unweit Goslar (Ffannover) sind im Galeriten-Pläner
Norddeutschlands seitdem nicht gemacht worden.
12. Disciua alta Schloenbach sp. nov.
Taf. 3, Fig. 12.
Beschreibung. Sehr kleine, kurz ovale oder fast kreisrunde
Art, von der nur die größere freie Klappe bekannt ist. Diese ist
conisch und besitzt einen subcentralen, nur wenig nach hinten ge-
rückten, einen Winkel von etwa 90 — 100° bildenden Scheitel. Die
Oberfläche der sehr dünnen , wie bei der lebenden Discina laevis
glänzend hellbraun gefärbten Hornschale ist mit feinen Anwachslinien
liiiii S c li 1 o e II I) :i c h.
und mit sehr zarten Wärzchen diclit heselzt. Der Rand der Schale
ist etwas ahgeplattet. Die Ainvachslinien sind auch auf dem Stein-
kerne deutlich sichtbar. — Miiskeleindrüeke etc. nicht bekannt.
Bemerkungen und V o r k o m m e n. Nur zwei in meiner Samm-
luu!^ befindliche Exemplare dieser Art sind mir bis jetzt bekannt
geworden, von denen das eine aus dem Galeriten-Pläner vom „Flei-
scherkamp" bei Salzgitter stammt und selbst auf einen Galeriten auf-
gewachsen ist, das zweite aus den unteren Lagen der Zone des
Scaphites Gehnlzi vom Windmühlenberge bei Salzgitter; letzteres
steckt in einem Gesteinsstücke, auf welches es nicht aufgewachsen
ist und befindet sich daher offenbar nicht auf der Stelle, wo es
gelebt hat; man muß daher annehmen, daß es etwa durch Strö-
mungen oder auf andere Weise aus der seichten Meeresregion, in
der es gewohnt hat, in das tiefere Meer, aus dem sich die an Am-
moneen so reichen Scaphiten-Schichten niedergeschlagen haben,
fortgeführt ist. Beide Exemplare haben nur einen Durchmesser von
etwa 2'/2 Millimetern.
Nur eine sehr geringe Anzahl von Arten der Gattung Discina
sind aus der Kreideformation bis jetzt bekannt gemacht worden; auch
muß das Vorkommen der vorstehend beschriebenen Art in einer an
Terebratuliden so reichen Schicht, wie es der Galeriten-Pläner ist,
als etwas Anormales betrachtet werden, wenn auch die Zahl der be-
kannten Individuen dieser Art nur eine minimale ist »)• — Archiac 2)
beschrieb eine Orbicula lamellosa (non ßrod. , non Hall) , welche
Orbigny im Prodrome unerwähnt läßt, während Coquands) sie in
sein Campanien stellt. Orbicula ciiiata Müll, ist nach Bosquet
wahrscheinlich kein Brachiopode, sondern gehört zu Placitnopsis *).
— Die einzige Art der Kreideformation, die Orbigny kannte, ist
Dhcina (Orhiculoidea) subradiata Orb. sp. &) aus dem französi-
schen Aptien; von dieser unterscheidet sich Discina alta durch das
Fehlen der Radialreifen; ebenso sow Discina Hnmphriesana Sow.
aus dem englischen und französischen oberen Jura. — Aus dem Gault
1) Vergl. Suess, Woliiis. A. Brachiop., in Sitzl). Wien. Akad. XXXVU, p. 42; 18S9.
2) Mem. Soc. geol. Fr. II, p. 181, t. 12. f. 7.
^) Synopsis, p. 124.
*> Staring, ßodein v. Nedtil. II, p. 388, Nr. 520.
*) Prodr, II, p. 120, et. \b, no. 144.
über die norddeutsch. Galerifeii-Scliicliten u. ihre BmchiopoJen-Faun«. /iZö
des nordöstlichen Frankreichs wurde von Buvignier <) eine flache,
nur mit concentrischen Anwachsringen versehene Discma unter dem
Namen Orbicula Argonnensis beschrieben. — Discma Cellensis
Suess aus den Kössener Schichten (Zone der Avic cnntorta) ist
dadurch verschieden, daß die Wärzchen in ziemh'ch entfernten ra-
dialen Reihen stehen; auch ist die Form runder. — Bei der liasischen
Discina papyracea fehlen solche Wärzchen ganz und auch die
Anwachslinien sind mehr vereinzelt; ferner ist die Farbe der Schale
eine ungleich dunklere. — Alle übrigen Arten dürften zurVergleichung
weniger in Betracht zu ziehen sein , da die Abweichungen so augen-
fällige sind, daß eine Verwechslung nicht leicht möglich ist.
Erklärung der Abbildungen.
Die Figuren sind fast alle in natürlicher Größe gezeichnet; wo eine Ver-
gi'üßerung angewendet ist, wird die natürliche Größe stets durch Figur a der
betreft'enden Js'umnier dargestellt. Die Original -Exemjilare befinden sieh mit
alleiniger Ausnahme von Taf. 3, Fig. 11 in meiner Sammlung; sie stammen
sämmtlich aus dem Galeriten-Pläner.
Tafel I.
1. Terebrntulu (TerehratnlinaJ rigida Sow. vom Fleischerkanip bei
Salzgilter (Hannover).
2. „ „ „ Sow. von Gratis bei Ahaus
(Westphalen).
3 — S. „ „ chrysalts Schloth. sp. vom Fleisclier-
kamp bei Salzgitter; vcrsch. Varie-
täten.
6, 7. „ s^/^To^HHß?« So w. vom Fleischerkamp bei Salzgiüer.
8. „ „ Sow. von Graes bei Ahaus.
9. „ „ Sow. vom Fleischerkamp bei Salzgitfer, lange
eckige Varietät.
10 — 12. „ „ ebendaher, zur Erläuterung des inneren Baues.
9 Statistique ge'ol. Meuse, Atlas, 1832, p. 27, t. 20, f. 4ö, 46,
Ot^ S e h I o e n b :i f li. Üher «üe iiordilfiiUfheii (i.ilt'riteu-ScIiioliteii etc.
Tafel II.
\, 2. Terebratula Carter iDiW. vom Fleisclieikamp bei Salzj^itler.
3 — 5. „ Deckst A. Rocm. von Graes bei Ahaus, vorsch. Varietälen.
6. „ „ A. R Clin, vom Fleischorkainp bei Salzgitter.
7, 8. „ „ A. Roeiu. vom Harlybeige bei Vienenburfi (Han-
nover); zur Erläuterung des inneren Baues.
9. „ „ vom Fleiscberkamp bei Salzgitter; um die Form
der Schleife zu zeigen.
10, 11. Terehratula (?) defluxa Schloenb. sp. nov. von Graes bei Ahaus.
12. „ „ Schloenb. vom Fleischerkamp bei Salz-
gitter.
Tafel III.
1, 2. Terebvatula (Megerte'iu) limn Uefr. von GraSs hei Ahaus.
3, 4. Rhynchonella Ciivieri Orh. vom Fleiscberkamp bei Salzjiitter.
5. „ plicalüis Sow. sp. von Graes bei Ahaus.
6. „ „ Sow. sp. von Beuchte unw. Goslar a. Harz;
Varietät.
7. „ „Sow. sp. vom Fleischerkamp bei Salzgitter;
zur Erläuterung des inneren Baues.
8. „ veiitriplanahi Schloenb. sp. nov. vom Fleiscberkamp
bei Salzgitter.
9, 10. „ „ Schloenb. sp. nov. von Graes bei Ahaus.
11. Crania Farisiensis De fr. von Beuchte unw. Goslar a. Harz; aus der
Sammlung des Herrn Hüttenmeisters Stern zu
Ocker bei Goslar.
12. Discina alta Schloenb. sp. nov. vom Fleischerkamp bei Salzgitter.
ScIil«»(Mi((;ifli . Il.ilctilfii Si liiclilfii.
Ib. 1C li
T^.f. 1.
J. 'J.TTrhratuiii'iJ rif/fdf/y ? .\y7..'J.)T''rp?frai/f.l/r/<' r///y.)V/.,
f) /^'. TerfhratfUl^^ .^u-hroln.nda -Soin.
Sitzudüsb.d.k.Akad.d.W.iiiatli ii«lin\v.('l.l,VII.B(l.-l.Al)tli. 18 (Hi
/ I Ul II Vfl .
Scilloonba-cil liiilci il cii Srliirlil.ii
la. ic
Inf. IJ.
. - ; ,- .. - ■■., Aus ^.hkrTofri: "'aa^£arui>er=
1. i' .Trn'firoliilti /'/irh'ri Dm}. •'> !f ■ Tnf/n/iliiia Brch-yi Boe/// .////'.'■ Tfrr
hratalfi (^) fj/'f/nan ■Sr/i/orrtli. .vp . ?iiw
S4l/,iiii«.slj.(l.k.Akacl.rl.\V.inatli.]iatnrw.('l.l.VII.ßd. 1. Aitlli . 18 6».
)Sciilr)(fili;uli . (J;(l<'ri(cii ScJiicIiirji.
I- <. Mrf^rrlnd liina Drf'r..).U.li/iijiir/HJ/n'//a Cifuifrf
Orl) . ■') hHliijHchonrIla f^ilicd.iiJi.i ■Soitj ■\yi . fS ll> . ßhijnr/ionrUa ufit/ri
iilii itiitn .Srli Uieiiii. -tfi . non . II .('iftiiin Pnr/.y/rf/-sf.\ Dt' fr. 1'! . l)i.\///iie und Paläontologie.
Sit/,l,. (1. iiKilhein.-iiatiuw. Cl. LVII. Bd. I. Abth. 15
227
IV. SITZUNG VOM 6. FEBRUAK 1868.
In Verhinderung des Präsidenten übernimmt Herr Prof. Redten-
b ach er als Alterspräsident den Vorsitz.
Herr Hofrath W. Ritter v. Haidinger übermittelt ein an ihn
gerichtetes Schreiben des Directors der Sternwarte zu Athen, Herrn
Dr. J. F. Julius Schmidt, „über einen Besuch auf Santorin vom 4.
bis 9. Jänner 18G8".
Herr Vice-Director K. Fritsch übersendet eine Abhandlung
über „die Eisverhältnisse der Donau in den beiden Jahren 1862/3
und 1863/4«.
Herr Prof. Dr. R. Maly zu Olmütz übermittelt die erste Abthei-
lung seiner „Untersuchungen über die Gallenfarbstoffe".
Der Secretär legt Photographien von Herrn Bayer in Warschau
zur Ansicht vor, welche direet in Farben nach der Methode des Herrn
Poitevin erhalten wurden.
Herr Director Dr. K. Jelinek überreicht eine Abhandlung:
„Über eine neue Art der Beobachtung an Heberbarometern", von
Herrn Prof. AI. Handl in Lemberg.
Herr Prof. Dr. R. Kner übergibt eine Abhandlung: „Über die
in Thoneisenstein-Nieren eingeschlossenen thierischen Überreste aus
der unteren Dyas (dem Rothliegenden) von Lebach bei Saarbrücken.
Herr Prof. Dr. A. Bauer überreicht eine von ihm gemeinschaft-
lich mit Herrn C. Klein durchgeführte Untersuchung „über die
Einwirkung von Zinnchlorid auf Amylalkohol" nebst einer von ihm
und Herrn E. Verson ausgeführten Arbeit „zur Geschichte des
Benylens".
Herr Baron Dr. Mundy hält einen Vortrag über die zweck-
mäßigste Einrichtung von Irren-Colonien.
15*
228
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Academie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg. Memoires.
VIP Serie. Tome X, Nr. 2. St. Petersbourg, 1867; 4".
Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Monats-
bericht. September, October 1867. Berlin; 8«.
Annalen der k. k. Sternwarte in Wien. Dritte Folge. XIV. Band.
Jahrgang 1864. Wien, 1867; 8«.
— der Chemie von W o h 1 e r, L i e b i g & K o p p. N. B. Band LXVIII,
Heft 3; V. Supplementband, 3. Heft. 1867; Band LXIX, Heft 1.
1868, Leipzig & Heidelberg; 8o.
Apotheker -Verein, allgem. österr. : Zeitschrift. 6. Jahrg.
Nr. 3. Wien, 1868; 8».
Astronomische Nachrichten. Nr. 1673—1676. Altona, 1868; 4«.
Bibliotheq ue Universelle et Bevue Suisse: Archives des Sciences
physiijues et naturelles. N. P. Tome XXX. Nr. 12ü. Geneve,
Lausanne, Neuchatel, 1867; 8".
Cantani, Arnoldo, Addizioni e note originali alla sua seconda
edizione italiana della patologia e terapia speciale del Professor
F. Niemeyer. Milano, 1866; 8".
Comptes rendus des seances de TAcademie des Sciences.
TomeLXVl, Nr. 2—3. Paris, 1868; 4».
Cosmos. 3' Serie. XVIP Annee, Tome II, 4""— 5*' Livraisons. Paris,
1868j 8o.
Duval, Jules, Gheel, ou une colonie d'aliene's vivant en famille et
en liberte. Paris, 1867; 8o.
Fräser, Thomas B. , On the physiological Action of the Calabar
Bann Physostigma veuenosum (Bai f.). (From the Transactions
of the B. Society of Edinburgh, Vol. XXIV.) Edinburgh, 1867; 4o.
— A. preliminary Notice of the Akazga Ordeal of West Africa,
and of its active Principle. (From the British and Foreign
Medico-Chirurgical Beview, July, 1867.) London, 1867; 8".
Gewerbe-Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. XXIX.
Jahrg., Nr. 4—5. Wien, 1868; 8».
Landbote, der steirische. Organ für Landes- und Landescultur-
Interessen. Herausgegeben von der steierm. Landwirthschafts-
Gescllschaft. I. Jahrgang, Nr. 2. Graz, 1868; 4o.
Naval Observatory, U. St.: Observations and Discussions on the
November Meteors of 1867. Washington, 1867; 8o.
229
Reichert, C. B. , Über ä'ie contiaciWe Si\hstm\7. CSarcode, Proto-
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Sc herz er, Karl v., Statistisch-cunimerzielle Ergebnisse einer Reise
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V i e r t e I j a h r e s s c h r i f t für wissenschaftliche Veterinärkunde.
XXVIH. Band, 2. Heft. Wien, 1867; 8«.
Wiener Landwirthschaftliehe Zeitung. Jahrg. 1868, Nr. 4 — S.
Wien; 8».
— medizin. Wochenschrift. XVIIl, Jahrg., Nr. 8—11. Wien,
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Zeitschrift für Chemie von Beilstein, Fittig und Hübner.
X. Jahrg. N. F. IIL Bd., 24. Heft; XI. Jahrg.. N. F. IV. Band,
3. Heft. Leipzig, 1867 & 1868; 8».
230 s,M..s.
Über die Äquivalente des RothHegenden in den Südalpen.
Von dem w. M. Ed. Suess.
(Mit 2 lithogra|iliirteii Tafeln.)
(Vorgelegt in der Sitzung vom 16. Jänner 1868.)
1. Abschnitt.
Val Sugana. Cima d'Asta.
Währeiiil im Laufe der letzten Jahrzehnte die Gliederung der
mesozoischen Ahlagerungen in den Ostalpen von Jahr zu Jahr schärfer
erfasst und in Bezug auf die Gleichstellung der Hauptgruppen mit
ausseralpinen Vorkommnissen manches wichtige Ergehniß sicher-
gestellt wurde, ist für die Vergleichung der unter denselben liegen-
den, sehr mächtigen Massen mit den Ablagerungen anderer Länder
verhältnißmäßig wenig erreicht worden. Allerdings hat sich die
Zahl der Fundorte von Versteinerungen innerhalb der paläozoisclien
Gebiete ziemlich vermehrt und umlassen dieselben Vertreter aller
Hauptabtheilungen von den unteren Gliedern der obersilurischen
Gruppe bis zu den pflanzeni'ührenden Schiefern der Steinkohlen-
formation. Es reicht hin neben dem Thonscliiefer von Dienten, an
die vielfach gegliederten Devonischen Ablagerungen von Gratz, an
die marinen Ablagerungen der Steinkohlenl'ormation von Bleiberg
und vielen anderen Punkten, endlich an die pflanzenführenden
Schichten derselben Formation vom Steinadler Joch und von der
Stangalpe zu erinnern. Nichtsdestoweniger sind diese Vorkomm-
nisse zu sporadisch geblieben, um ein zusaniinenhängendes Bild
der Ausbreitung einer oder der anderen dieser Ablagerungen zu
selialVen und unsere geologischen Karlen geben nacli dieser Rieh-
tiiiig liin nur ein selir lückenhaftes Bild.
Es knüpfen sich aber an die strengere Erkenntniß gerade der
älteren Flötzbildungen mehrere der grötJiten und schwierigsten
Fragen der Alpen - Geologie und ist ein richtigerer BegrilT des
Wesens der sogenannten rentralmassen, so wie ein besseres Ver-
Üher die Äquivalente des Rotlilieg-enden in den Siidalpen. 231
ständniß für die Hauptfragen des Aulbaucs der Alpen eben nur auf
diesem Wege zu hoffen. Die Überzeugung von der Wichtigkeit
dieser großen und schwierigen Aufgabe ist es denn auch, mehr als
die Aussicht auf irgend m eh'he große und entscheidende Entdeckun-
gen srewesen, welche mich veranlaßt hat, im I^aufe der letzten drei
Jahre auf wiederholten Reisen an der Südseite der Alpen ihr neuer-
dings Aufmerksamkeit zu schenken.
Die Siidalpen wurden für diese Studien vorgezogen , weil die
Zahl der bekannten Fundorte paläozoischer Fossilien hier eine
grössere und die Verbreitung der Ablagerungen beträchtlicher ist als
im Norden, Der erste Schritt zu weiterer Erkeniitniß mußte von
einem bekannten und zuverlässigen Horizonte, also von der Basis der
Trias aus versucht werden. Endlich mußten an entfernten Punkten
entworfene Profile verglichen werden, und ich dehnte daher meine
Beobachtungen auf das ganze Streichen des südlichen Abhanges, so
weit er unserem Reiche zufällt, d. h. von der schwei^rischen bis
an die bosnische Grenze aus.
Dem südlichen Theile der österreichischen Alpen fehlt an vielen
Stellen jener regelmässige Parallelismus der Bruch- und Beugungs-
linien, welcher die Trias der Nordalpen so sehr auszeichnet. Älteres
Gebirge tritt auf sehr weiten Strecken innerhalb der südlichen Neben-
zone liervor, was im Norden nirgends der Fall ist. Es erscheinen sog;»-
große Massen von Gesteinen mit krystallinischer Structur außerhalb
des Streichens der Mittelzone, wie jene gewaltige Gruppe der Cima
d'Asta- Gebirge, die man vielfach als s.elbständige Centralmassen
anzusehen geneigt ist, welchen Begriff man sogar auf das große
Porphyr - Gebirge von Botzen ausgedehnt hat. Wäre diese An-
schauung richtig, würden diese Massen in der That selbständige
Erhebungs-Centra darstellen, an denen jüngere Gebirgsscbichlen
durchbrochen und aufgerichtet wären, so dürfte man hoffen, an den
Flanken des Adamello oder der Granit-Masse von Brixen, oder der
Cima d'Asta, oder der granitischen Gebirge von Schwarzenbacb und
Kappel in Kärnten eine mehr oder minder mächtige Entwicklung
einer älteren sedimentären Schichtenreihe zu finden, wie gegen die
Mittelzone hin. Dies ist aber wie sich bald zeigen wird ganz und gar
nicht der Fall, und so tritt dem Geologen, welcher die paläozoischen
Bildungen der Südalpen durchwandert, in diesen außerhalb der Mit-
telzone liegenden Massen eine weitere Frage entgegen.
232 s "''««•
Bphält man nun aber auch die Basis der Trias als Ausgangs-
punkt für diese Aufgabe im Auge, so gelangt man beim Beginne der
Arbeit im Westen der Monarchie an scheinbare Widersprüche,
welche erst durch weitere Vergleichungen gelöst werden. Aus dem
Süden nach Tirol reisend, findet man in Ober-Italien an vielen Stel-
len, z. B. in dem isolirten Kessel von Recoaro, als Liegendes der
Trias eine mächtige Masse von grobtlaserigem Thonglimmerschiefer
(glimmerreichem Thonschiefer) ent])Iößt, welcher häufig Kupfer,
Bleiglanz, Fahlerz oder Eisen führt. Noch unmittelbar bei Trient
liegt die Trias auf Thonglimmerschiefer, in welchem sich alte Berg-
baue befinden. Gegen Norden liegt aber unter der Trias der Porphyr
von Botzen und nichts kann auffallender sein, als die Verschiedenheit,
welche in dieser Beziehung zwischen dem Gebiete von Trient und
jenem von Botzen herrscht '). Dem Eisacktbale aufwärts folgend,
sieht man endlich unter dem Porphyr grauen Schiefer wieder hervor-
tauchen, welcher bis an den Diorit von Klausen und weiterhin bis an
den Granit von Brixen anhält. In den Nordalpen aber fehlt der Por-
phyr unter der Trias, und nimmt der Thonglimmerschiefer wieder
seine Stelle ein.
Die große Porphyrmasse von Botzen, seit und vor L. v. B u c h der
Gegenstand so vieler Untersuchungen, ist bei aller ihrer Ausdehnung
doch nur ein Tbeil einer Anzahl noch viel weiter ausgebreiteter wie-
derholter Ergüsse oder Decken, welche sich nach verschiedenen Seiten
hin mit abnehmender Mächtigkeit unter den Triasbildungen ausdeh-
nen und an entfernten Stellen in demselben Horizonte zum Vorschein
kommen, so z. B. in südwestlicher Richtung in den Judicarien. Es
versteht sich von selbst, daß diese Ergüsse, zwischen dem älteren
Schiefer und der Triasformation liegend, alle die späteren, mit der
Erhebung der Alpen in Verbindung stehenden Bewegungen der
geschichteten Gebirge mitgemacht haben. Es war, um den vor langer
Zeit von Boue, seither von Peters bei der Schilderung der dem-
selben Horizonte angehörigen Quarzporphyre Krain's gebrauchten
Ausdruck zu wiederholen , ihr Verhalten gegenüber der Erhebung
der Alpen ein durchaus passives. Von einer unmittelbar durch die
Eruption des Porphyrs von Botzen veranlaßten Erhebung der aul-
') Eine lel)endig^e Schilderung- dieses Contrastes findet man in L. v. Bucirs {resani-
nielt. Schriften, I, S. 333 ii. fol-r.
Vhc'V ilii' Ät|iiivali'nfr des Holhliejfi'iKlfii in den Sii(l:il|>eii. ZAo
liegenden Kiilk- und Dohnnilniassen lüuin soniil nielil die Rede sein,
wenn aiieli eine so gewallige Masse, zwischen die sedimentären IJii-
diingen eingeschaltet, an den Stellen ihrer griißten Mächtigkeit diircis
das passive Verhalten derselhcn gegeniiher dem von der Mittelzoue
her erfolgten Seitendriuke und dnrcli ihren in der Hege! grölk'ren
Widerstand gegen Erosion und Ahwilterung Ersclieinungen herhei-
iiihren konnie. wie sie sons! nur an selhsländigen Erhehungsdomen
angetrofien werden.
Resouders auffallend und iiherzeugend ist in dieser Beziehung
das Verhalten ihs Porphyrs gegeniiher der granitischen Masse der
Cima d'Asta. Der Granit sammt seinem Gürtel von Thonglimmer-
schiel'er ist von einem aufgehrochenen Ringe von Poiphyr umgehen,
der, gegen Norden geschlossen, gegen Süden allerdings mehrfach
unterhrochen ist, welcher sich jedoch sammt den auflagernden Massen
von Triashiidungen zum Granit der Cima d'Asta eben so verhält, wie
die Triashiidungen des Schiern und der Mendola zum Porphyr hei
Rotzen. Die Karte des Tiroler montanistischen Vereines, F. v. Hauer's
neue Übersichtskarte von ÖsteiTeich , so wie die von G. v. Ra th
verötTentlichten SkizzcMi aus der Asta-Masse 'j lassen dieses Verhäll-
niss deutlich crkeiincii.
Betrachten wir jedoch der Reihe nach die liier unter der Ti'ias
folgenden Bildungen.
Unmittelhar unter den glimmerigen und mehr oder minder
schielVigen Lagen der Posid. Clarai liegt allenthalhen ein grellroth
gefärl)ter Sandstein. Er liegt auf dem Porphyr, und wo dieser fehlt,
in der Regel unmittelliar auf dem Thonglimmerschllefer; zuweilen
enthält er kleine Kohlensehmitzen. L. v. Buch, welcher diesem
rothen Sandstein einen eigenen Abschnitt seines berühmten „geogno-
stischen Gemäldes von Süd-Tiro!" widmete 2), hielt ihm v>egen
seiner Verbindung mit dem Porphyr für das Rothe Todtliegende Thü-
ringens. Rieht hofen, welchem man ebenfalls sehr zahlreiche und
zuverlässige Beobachtungen über denselben verdankt"), nannte ihn
„ G r ö d n e r S a n d s t e i n" nach dem Gröden - (Gredina) Thale,
welches bei Kollmann in die Eisack mündet, und rechnete ihn ziu"
') Die Lag-orai-Kettc und das Ciiiui d" Asfa-fiehirge , .lahib. Geol. Reichsanst. ISGO,
S. 231 — 128.
-) Mineialo^'. Taschenbuch für 1824, H, S. 311 — 318.
3) Geogn. Beschreib, d. Umjjeg. v. Predaxio u. s. w. S. 4U, 44, 47, 161 ii. a. a. O.
234 S u e s s.
unteren Trias. Der letzteren Ansicht hat sich in neuerer Zeit die
Mehrzahl der österreichischen Geologen angeschlossen; wenn man
aher erwägt, daß die Grenze des Grödner Sandsteins gegen oben,
niiuilich gegen die glimmerreichen Lagen mit Posid. Clnrai (Richt-
hot'en's „Schichten von Seiss") in der Regel eine deutliche ist,
während nach unten, also gegen den Porpliyr hin, die scharfe Ab-
grenzung mehrfach geläugnet worden ist, dass im Gegentheile Porphyr
und Grödener Sandstein von vielen Reobachtern als eng verbundene
Bildungen angesehen werden, ja daß Richthofe n selbst (S. 47)
auf die Ähnlichkeit der Beziehungen hindeutet, welche in den Alpen
zwischen Porphyr und Grödener Sandstein, in Mittel -Deutschland
zwischen Porphyr und Rothliegendem herrschen, möchte es scheinen,
als ob für die ältere, v. Buch'sche Ansicht, welche den Grödener
Sandstein der Dyas zutheilen möchte, eben so viele Gründe in Süd-
Tirol sprechen, als für die Zutheilung zum bunten Sandstein.
Die Verfasser der großen geologischen Karte des Tiroler Ver-
eines wußten den rothen Sandstein scharf von dem rothen Werfener
Schiefer zu trennen, und zogen es ebenfalls vor, denselben dem
Rothliegenden zuzuzählen i). Ich habe mich von der Selbständig-
keit dieser beiden Glieder an der ganzen Erstreckung des südlichen
Abhanges unserer Alpen überzeugt, glaube aber, daß auch nach
unten hin in den übrigen Theilen der Alpen eine gute Abgrenzung
vorhanden ist, und daß die rothen Sandsteinlager, welche in Süd-
Tirol die Verbindung mit dem Porphyr herzustellen scheinen, eben
schon einer tieferen Gruppe angehören.
Der Grödener Sandstein ist in der Regel schon aus der Ferne
diu'ch die grell rothe Färbung des Bodens kennbar. Seine Mächtig-
keit wechselt auf eine sehr bemerkenswerthe Weise, denn während
Richthofen Punkte nennt, an denen er zu 8 — 900 Fuß anschwellen
soll, sieht man ihn an anderen Stellen zu einer Bank von wenigen Fußen
zusammenschrunipfen. Selir häufig ist er von Gyps begleitet, welcher
bald selbständige Lager im Hangenden bildet, bald nur in Gestalt
von feinen Schnüren den Sandstein selbst nach allen Bichtungeu
durchzieht. Trinker erwähnt auch Kalktrümmergesleine und Rauch-
waeke mit dem Gyps, welche ich niclit selbst zu sehen Gelegenheit
hatte 2).
') Trinker, Peli'df^r. iMliiiilcriing'eii /.. g'eogn. Kartf v. Tyml. 4". lötSS, S. (56.
2J Kl., (las. S. 6:J.
fJher die Äquivalente des Kothliegendeii in den Siidalpen. 235
Die unter dem Grödener Sandstein liefindliclie große Porphyr-
masse sammt ihren deckenförmigen Aushreitungen, welche R icli t-
hofen als das Ergehniß mehrerer aufeinanderfolgender Eruptionen
dargestellt hat, ist sowohl im Hangenden als auch im Liegenden von
sehr mannigfaltigen Tu(T-,Breccien- oder conglomerat- artigen Bildun-
gen, seihst von rothen glimmerigen Schiefern vom Aussehen der
Werfener Schiefer begleitet, welche auf kurze Strecken hin sich
auskeilen oder anschwellen und üherhaupt je nach der Ortlichkeit so
sehr wechseln, daß ,eine weitere Gliederung derselhen sich nicht
durchführen liißt. Es scheint jedoch im Liegenden des Porphyrs das
Ersclieinen von dunkel braunrothem Conglomerat mit Quarzgeröllen
eine ziendich allgemeine Regel zu sein. Ganz ähnliche Conglomerate,
zuweilen zahlreiche Porphyrgerölle enthaltend , erscheinen z. B. im
westlichen Kärnten in liöherem Horizonte als Einlagerungen im
Grüdener Sandstein.
Das Liegende aller dieser, fast ausnahmslos roth oder nelken-
braun gefärbten Gesteine ist der Thonglimmerschiefer. Mit diesem
beginnt ein neues und gegen die auflagernde Gruppe sich gut
abgrenzendes Glied der älteren Sedimentär - Gebilde. Stnder's,
Escher's, insbesondere aber Theobai d"s trelTliche Arbeiten über
Graubündten lassen keinen Zweifel darüber, daß, so wie der Grüdener
Sandstein, die Porphyre und Conglomerate Süd-Tirol's dem Verru-
cano und den nur im Gebiete des letzteren erscheinenden Por-
phyren der östlichen Schweiz entsprechen, so auch der sogenannte
Thonglimmerschiefer dieses Theiles unserer Alpen die unmittelbare
Fortsetzung des Casannaschiefer's von Graubündten ist. Seine
Lage unter dem Verrucano ist dieselbe. Dort wie hier sind es die-
selben Erze, welche viele kleine Baue veranlaßt und fast zu eben so
vielen Enttäuschungen geführt haben. Seine wechselnde petrogra-
phische Beschaffenheit ist dieselbe, indem er bald als echter Thon-
schiefer, bald glinimcrig, talkig oder mit dem Aussehen alt kry-
stallinischer Schiefer auftritt <) und eben diese Mannigfaltigkeit des
Gesteins ist es, welche mich den in der Schweiz üblich gewordenen,
einer Örtlichkeit entnommenen Namen jeder anderen Bezeichnung
vorziehen läßt. Bevor ich jedoch zur Besprechung derselben über-
gehe, bleibt eine EigcHthümlichkeit der vorhergehenden Gruppe
') Tlu'ohald, üeol Besciireilmng von (iraiiliiinilti-ii, I, S. 43 — 47.
236 S u e s s.
ZU berühren, Melelic für die weiteren Vergleieliungen von Be-
deutung ist.
Trinker erwähnt ') einen Fund von Quecksilber und Zinnober
in rothem Sandstein bei Sagron unweit Primör. Dieses Auftreten
hängt wohl mit dem mächtigen und in neuester Zeit mit so viel
Glück aufgesclilossenen Quecksilbervorkommen von Vairalta bei
Agordo zusammen. Die von Trinker 2j, Stapffs) und G. vom
Rath*) verölTenlliehten Beschreibungen gehen ein deutliches Bild
dieses merkwürdigen Punktes, den ich leider nicht selbst gesehen
habe. Eine Vergieichung des Rath'schen Profiles, welches dem
OConnor Stollen entnommen ist, mit dem begleitenden Kärtchen
lehrt, daß dieser Stollen vom älteren Schiefer zum Alpenkalke geführt
ist, daß dabei die Schichten dem Alpenkalke aufzulagern scheinen,
und daß sie sich daher in überstürzter Lagerung befinden. Die
sciieinbaren Hangendschicliten der Quecksilbermasse sind also ihr
wahres Liegendes. Zunächst durchfährt dieser Stollen eine größere
Masse von quarzreichem Conglomerat(Verrucano), wie es, wie Trin-
ker richtig bemerkt, in der Regel zwischen Quarzporphyr und Tlion-
glimmerschiefer zu liegen pflegt, hierauf den Quarzporphyr und Por-
phyrsandslein, etwas rothen Sandstein, und erreicht dann, in einer
größeren Masse von Talkschiefer, den von dunklem graphitischem
Schiefer umgebenen Erzstock. Dieser umschließt nach G. v, Rath
gerundete Körner von Gyps, Kalkspath und auch von Quarz. In seinem
wahren Hangenden werden Schichten von rothem Glimmer, Sand-
stein und schwarzem Graphitschiefer angeführt, dann folgt abermals
Talkschiefer.
Es folgt hieraus , daß die mächtige Masse von Talkschiefer,
welcher das Quecksilbervorkommen hauptsächlich angehört, noch unter
dem Grödener Sandstein liegt. Herr Bauer, welcher den O'Connor-
Stollen anlegte, hat mir eine schöne geschliffene Probe von Porphyr
aus demselben gezeigt , weicher durch und durch mit Zinnober
•) Petrogr. Erläuterung-en, S. 68.
2) Die Enlstehuiij; und der erste Aufschwung der Quecksilhergrube Vallalta hei
Agordo. Jahrb. geol. Reichsanst, IX, 1858, S. 442—444.
') Üb. d. Vorkoninien v. Quecksilbererzen zu Vallalta ; Bornemann undKerl's
Berg- und llüttenm. Zeitung, 1861, XX, S. 419— 42*1.
*) Üb. d. yuecksilbcrgrube VaUalta in d. V'enetianer Alpen. Zeitscbr. deutsch, geol.
Ges. XVI, 1864, S. 121 — 135 u. Taf. II.
nbf'r flio Ä(Hiivnlentr des Hofhlk'giMiden in «Ion Siidalpen. COI
imprägnirt ist, wie iliii Staplt' als „Ziimoher-Porpliyr" heschreiht.
Stap ff bezeichnet das liegende Trumni des Porphyrlagers sogar als
die eigentliche Erzlagerstätte, und betont die volle Gleichheit des
graphitischen Schiefers von Vall'alta und des später zu berührenden
Silberschiefers von Idria.
Der Casannaschiefer, welcher allentbalben den Porphyr und die
Conglomerate unterteuft, und wo diese fehlen unmittelbar unter dem
rotheii Sandstein sichtbar wird, ist durch Val-Sugana hin ein aus
zahlreichen, welliüren, zuweilen auch eigenthümlich verdrückten mem-
branüsen und seidenartig glänzenden Glimmerflasern zusammenge-
setztes Gestein, welches häufig Quarzlinsen, seltener auch Kalk ein-
schließt. An vielen Orten ist er durch seinen Erzreichtluim kennbar.
Er führt Kupferkies, Fahlerz, silberhaltigen Bleiglanz und Blende
oder Spatheisenstein. Man kann ihn geradezu als die erzführende
Zone Süd-Tirol's bezeichnen, denn es kann als eine seit lange fest-
gestellte Thatsache angesehen werden, daß die zahlreichen, aller-
dings zum großen Theile aufgelassenen Baue auf Kupfer oder Blei-
glanz , welche sich von Pergine über Levico . rings die Asta-Masse
umgebend, bisPrimör und bis zu dem großen Stocke desVal-Imperina
(Agordo) ziehen'), demselben Streifen von Casannaschiefer ange-
hören, welcher hier unter dem Porphyr oder dem Grödener Sandstein
hervortritt. Ringsum trennt dieses Gestein den Granit der Asta von
dem Porphyr und dem Grödner Sandstein, und im Norden und Süden
vom Granit befinden sich in demselben die alten und neueren Baue
auf Kupfer bei Roncegno, im Torrente Maso, dann im Val-Calamento,
Val-Sorda und Conserie. Trinker hat sie aufgezählt und beschrie-
ben 3) , und zugleich eine trefTliche Darstellung des Casannaschiefers
dieser Gegend gegeben.
Die Lagerung des Casannaschiefers gegen den Granit der Cima
d'Asta ist eine höchst bemerkenswerthe. L. v. Buch hatte den
Schiefer, allerdings nicht nach eigenen Beobachtungen, als den Granit
mantelförmig umlagernd dargestellt. G. v. Rath, welchem wir die
ausführlichsten Beobachtungen über diesen eigenthümlichen Gebirgs-
stock verdanken, beschrieb indessen an mehreren Punkten der Nord-
•) Fuchs, Sitzungsb. 18ä0 hat die Verhältnisse bei Agordo in einem eigenen Profile
dargesteUt.
3) Petrogr. Erläuterungen, S. 27—56; vgl. auch Foetferle, Jahrb. VHI, 1857,
S. 787.
238 S u e s s.
und Ostseitc ein Wegfallen des Schielers vom Granit, während er an
der ganzen Südseite von Toreegno an dem einen bis 7Aim Canal San
Boro am anderen Ende der Masse die Schiefer gegen NW., also
gegen den Granit fallen sah (a. a. 0. S. 122 u. folg.) i)- Hätte diesen
gewissenhaften Beobachter der Zufall von Seurelle (NO. von Borgo),
wo er tertiäre Petrefacten sammelte, in das naheliegende und tief ein-
gerissene Bett des Torrente Maso geführt, welche hier aus der Granit-
Masse hervorkömmt, er würde den Schlüssel zu dieser Erscheinung
und zugleich einen der lehrreichsten und merkwürdigsten Aufschlüsse
in den Südalpen getroffen haben. Herr Waagen aus München ist
mein freundlicher Begleiter bei einer zweimaligen Begi^luing dieser
Strecke gewesen und wir konnten die nachfolgende Lagerung beob-
achten. (Vergl. Taf. I, Fig. 1.)
An der rechten Seite des Torrente Maso ruht in großer Aus-
dehnung die Granitmasse des Salubio auf dem flach darunter fallen-
den Casannaschiefer, welcher hier ziemlich viel Quarzgänge führt,
während auf der linken Seite die ganz ähnliche Granitmasse der Cima
Bavetta zwar ein wenig gegen Norden zurücktritt, aber ebenfalls
deutlich vom Casannaschiefer unterteuft wird. Die beiden Granit-
berge bilden einen Theil der hinter ihnen sich erhebenden Cima
d'Asta. Die Zone von Casannaschiefer an ihrem Fuße ist auffallend
schmal; unter der Cima Ravetta befindet sich in demselben ein auf-
gelassener Bau auf Kupfer, welcher auch auf der Tiroler Karte
bemerkt ist.
Das rechte Ufer des Wildbaches bietet nun thalwärts die besseren
Aufschlüsse. Der Casannaschiefer legt sich hier auf eine ebenfalls
N. fallende Masse von weißem Kalkstein, den wir für identisch
hielten mit dem durch Benecke genauer bekannt gewordenen
lichten Kalkstein der Juraformation von Trient. Dieser Kalkstein,
welcher mitten vom Bache durchrissen ist, bildet an jeder Seite des-
selben ein Riff. Er ruht auf einer wenig mächtigen Folge von dünnen,
rothen Schichten, welche überfüllt sind mit rothen Hornsteinknollen,
die stellenweise zu Bänken vereinigt sind, wie sie bei Trient im Lie-
genden des Lagers des Amm. ncanthicns erscheinen. Unter den
rothen Schichten (anstatt wie bei Trient über ihnen) folgt nun die Lage
'} Auch die Tiroler Karte deutet schon bei ßieiio unweit Strigno das entgegengesetzte
Fallen des Schiefers an.
über die Äquivalente des Ro(liliej;ciideii in den Südalpen. 230
äesÄmm. acanthicus mit zahlreichen, schlecht erhaltenen Ammoniten
aus der Gruppe der Inflaten; unter dieser liegt mit gleicher Neigung
nach N. der mächtigere Diphyenkalk als ein dünnplattiger , rother
Knollenkalk mit planulaten Ammoniten und Phylloceratiten, und diesen
unterteuft, die vordere Seite des Riffes bildend, zuerst Biancone, dann
die dünngeschichtete Scaglia. Unmittelbar unter der Scaglia treten
wechselnde Bänke von Mergel und Kalkstein, weiterhin auch Nulli-
porenkalk auf, und sie führen, neben anderen alt-tertiären Fossilien
zahlreiclie Nummuliten und Serpula splrulaea. Die Schichten stellen
sich dabei immer steiler und die obersten Lagen, welche, wie ich
bei einer anderen Gelegenheit zu zeigen haben werde, beiläufig dem
Horizonte von Barton entsprechen, biegen sich unmittelbar an dem
Falle des kleinen aus dem Vallunga herabkommenden Gießbaches
knieförmig um, so daß sie aus der verticalen Stellung plötzlich in
sanftes Südfallen übergehen und mit dieser Neigung unter die breiten
Alluvionen der Breuta hinabtauchen.
Man sieht daher im Torrente Maso eine außerordentlich lange
Reihe von Formationen durch Schichten von wunderbar geringer
Mächtigkeit vertreten, welche sämmtlich sich in überstürzter Lage-
rung befinden, so daß die alt-tertiären Schichten von jenen der
Kreideformation, diese von jurassischen Kalksteinen, diese letzteren
vom kupferführenden Casannaschiefer überlagert werden, auf
welchen allen erst der Granit der Cima d'Asta lastet. — Unter
den vorliegenden Alluvionen der Brenta streicht wahrscheirdich
der Rand der aufgebrochenen Porphyrdecke durch, welcher bei
Borgo am Mte. Zaccon unter dieselbe binabtaucht und vielleicht
weiter im Osten durch die colossalen Blöcke angedeutet ist, die G. v.
Rath zwischen M. Silana und M. Agara aus der Gegend des Val
Telvagola anführt. Die tiefsten, unmittelbar gegenüber vom Torr.
Maso an der Südseite der Brenta am Fuße des M. Civerone her-
vortretenden Schichten gehören dem Grödener Sandstein an, über
welchem Herr Benecke nach einer freundlichen Mittheilung feinen
glimmerigen Sandstein mxiPosid. Clarai unA anderen Fossilien ange-
troffen hat.
Wenn man nun, in der Richtung des Profiles am Maso, d.h. von
Nord nach Süd gehend, den Thalboden der Brenta und den Grödner
Sandstein am Fuße des M. Civerone überschritten und diesen aus
Kalkstein bestehenden Berg selbst erstiegen hat, erreicht man einen
240 s u p s s.
mitten durch die set'uiidäi'eii Massen hinstreicheiideu Streiten von
nntteltertiärer Midasse , zu deren Altersbestimmung es hinreicht
Cerithium lignitarum und Panopaea Fanjasi zu nennen, welche den
M. Civerone von den hohen weißen Abstürzen der Cima Dodici
trennt und von Sandstein, Conglomerat und Lignit begleitet ist').
Dieser eingekeilte Streifen liegt im Torrente Pissavacca, oberhalb
Olle, also im Westen des Civerone ziemlich flach; hier, gegenüber
vom Maso aber stehen die Schichten an einer Stelle ganz vertical,
an einer anderen Stelle fallen sie sehr steil N. , an einer dritten
eben so steil S., wie ich theils aus den Aufschlüssen, theils aus den
mir an Ort und Stelle von dem Leiter der Lignitgruben, Herrn Giov.
Fiori aus Strigno gemachten Mittheilungen ersehen konnte.
Der Bau des Val-Sug;uia zwischen Strigno und iJorgo ist nun,
so weit ich ihn zu erkennen im Stande wai-, der folgende :
Die Granitmasse der Cima d'Asta ist von der Mittelzone der
Alpen her überschoben. Der Casanna- Schiefer, welcher sie im
Norden überlagert, unterteuft sie daher im Süden. Jüngere Sedi-
mentär-Schichten , mit einem Theile der Juraformation beginnend,
greifen zwischen das ältere Flötzgebirge ein. Eine Gruppe von Kalk-
steinen, welche mit dem weilten Kalk etwa im Horizonte der
Posidonien-Schichten des braunen Jura zu beginnen scheint und bis
zur Scaglia reicht, taucht östlich von Strigno auf, ist am Maso
üherbogen , bildet indem sie sich aufrichtet und eine Wendung im
Streichen macht, mit leichter Neigung nach Ost den Schloßberg
von Borgo, und südlich von der Brenta, neuerlich im Streichen
gekrümmt, den M. San Lorenzo. Die älteren tertiären Schichten
ruhen auf diesen Kalksteinen, wie auf einer halben Schüssel. Ihre
Schichtenköpfe laufen durch die Weingärten bei Scurelle hin, sie
sind ebenfalls am Maso überschoben, streichen aufgerichtet unter
Telve und dann östlich geneigt am Ostabliange des Schloßberges
von Borgo hin. — M. Lefre und M. Civerone, jetzt durch die
Brentaspalte getrennt, bilden einen einst zusammenhängenden, abge-
sunkenen Theil des Kalkgebirges und lassen an ihrem Fuße gegen
die Cima d'Asta-Masse hin einen zusammenhängenden Gürtel von
rothem Grödner Sandstein erkennen, unter den sich weiterhin noch
1) Eine Liste von Conchylien von dieser Stelle hat kiirzlieli 'I'ii. Fuchs veröirent-
licht; Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. 1868, S. 50.
I'ber die Äquivideiite des Rothliegciiden in den Siidaipen. 24-1
der Poi'jiliyr des M. Zaccoii einschiebt »). Ein Streifen von inittel-
tertiäreii Scliieiiten taucht hoch aufgerichtet hinter M. Lefre auf,
streicht quer über das Brentathal und hinter dem M. Civerone fort,
beide Berge von der Hauptmasse der Kalkalpen scheidend. Die
größte Aufrichtung dieser jungen Bildungen entspricht der Über-
schiebung am Maso.
Es kann hienach kaum einem Zweifel unterliegen, daß die
gesammte gewaltige Masse der Asta in einer verhältnißmäßig späten
Zeit von der Seite der Mittelzone der Alpen her eine Überschiebung
über junge Sedimentgebilde erlitten hat.
Wenn früher erwähnt worden ist, daß Casanna-Schiefer, Por-
phyr und Kalkalpen sich in dieser Gegend etwa so zum Granit ver-
halten, wie bei Botzen die Massen des Schiern und der MendoJa zum
Porphyr, so kann, wenn ich nicht irre, nach dem eben Gesagten die-
ser Vergleich auch in so ferne gelten, als man den Granit den großen
Erscheinungen gegenüber, welche den Alpen die Hauptzüge ihres
heutigen Baues gegeben haben, ebenfalls eine vollkommen passive
Rolle spielen sieht. Der Granit der Cima d'Asta stellt sich für alle
ähnlichen Untersuchungen gleichsam als eine todte Masse dar,
w'elche dem Casanna-Schiefer eingelagert ist, oder ihn unterteuft.
2. Abschnitt.
Turrach. — Der grosse kärntnerische Schieferzug. —
Unteres Gailthal.
Im nördlichen Kärnten lagert in dem Gebiete der Mittelzone
selbst, zwischen den Ausläufern der Tauern im Westen und der Sau-
alpe im Osten, eine mächtige und ausgedehnte Masse von Gesteinen,
welche den höheren Abtbeilungen der paläozoischen Gruppe ange-
liören. In der Gegend V(»n Turrach greifen diese Gebilde nach Steier-
mark über und umschließen sie das bekannte Vorkommen von fossilen
Pflanzen der Steinkohlenformation und von Anthraeit an der Stang-
alpe. Von diesem wichtigsten Theile liegen , abgesehen von älteren
') Am Fuße des Lefre, xieinlicli weil uiitei' dem (jyps, köniuit das untere yuaiit-
conglomerat zum Vorschein; von Porphyr sah ich nur zweifelhafte Spuren.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LVIl. ßd. I. Ahth. 16
242 S 11 e s s.
Schriften ') mehrere Beschreibungen aus der neuesten Zeit vor, und
zwar die von Rolle 2) nnd von Sturs) vom J. 1854, von Peters
aus dem ,1. 185i>*) und von Vinc. Pichler aus dem J. 1858*), von
welchen die beiden letzten mit großer Ausführlichkeit alle Einzeln-
heiten dieser Vorkommnisse behandeln. Aus allen diesen Arbeiten
sind die folgenden Thatsachen als feststehend hervorgegangen.
Über dem Gneiß, und von demselben nur durch ein wenig
mächtiges sandiges oder an Arkose erinnerndes Gebilde, wohl üuch
durch etwas krystallinischenThonschiefer getrennt, liegt eine gewal-
lige Kalkmasse, in der Regel mehrere hundert Fuß (nach Pichler
900— 1200 Fuß) mächtig, welche Stur, Peters und V. Pichler
übereinstimmend als ein Äquivalent des Kohlenkalkes angesehen
haben «)• Diese Kohlenmasse enthält zahlreiche und bedeutende
Lager von Eisenerzen, da und dort auch etwas Bleigianz, Kupferkies
und Fahlerz. Sie unterteul't in weitem Bogen, eine gewaltige Mulde
bildend, alle höher folgenden Schichten. Diese letzteren zerfallen in
drei Hauptgruppen, den unteren grauen Schiefer, das Hauptconglo-
merat und den oberen Schiefer. Das Hauptcongiomerat, aus eckig ab-
gerundeten Körnern von Haselnuß- bis über Faustgröße und zwar fast
ausschließlich von weißem, glasigem, stark durchscheinendem Quarz
mit unscheinbarem, meist farblosem Quarz-Bindemittel bestehend ^),
ist in der Regel von grauweißer oder weißer, stellenweise jedoch
von rother Farbe, zeichnet sich durch seine große Wetterbeständig-
keit aus, und enthält in unregelmäßig eingeschalteten Lagen den
pflanzenführenden Schiefer und Anthracit. Östlich vom Staiignock hat
sich der untere Schiefer ausgekeilt und liegt das Hauptcongiomerat
unmittelbar auf dem Kalkstein, südöstlich vom Groß-Turrachsee
1) Unger hat die erste genaue Schilderung im Jahre 1840 in seiner Schrift „Über
ein Lager foss. Pflanzen auf der Stangali>e" (Steierm. Zeitschr. I, S. 140 u. folg.)
gegeben; die fossilen Farrenkräuter finden sich schon erwähnt in den anonymen
„Fragmenten l. Mineralog-. u. botan. (leschichte Steyenn. u. Kärnteri's t>". Kla-
genf. 1783" S. 30.
2) Jahrb. V, S. 364—370.
3) Jahrb. V, S. 839, Taf. V. Prof. XXXIV u. XXXV.
*) Jahrb. VI, S. 185—239.
5) Jahrb. IX, S. 18;>— 239. in den letzten Tagen Fcrd. Seeland im Jahrb. d.
karnln. Mus. VIII, 1868, S. 118 — 120.
6) Vergl. Jahrb. VI, ;)26 u. IX. S. 22.'>.
7) Pichler. S. 209.
(iher die Aquivak'iite iles Rotliliegeiideii in den Siidaliipii. 24 3
keilt sich (.Uigcgen das Conglomerat aus, so daß der obere Schiefer
uiHiiittelhar auf dem unteren ruht. Der alte sogenannte „Kupferbau"
von Turrach , in welchem jetzt Flinze und Brauneisenstein gewonnen
werden, befindet sich knapp im Hangenden des Hauptcongiomerates,
also im unteren Theile der oberen Schiefergruppe. Rolle hat am
Turrach-See Spuren von Zinnober gefunden, welche er dem Horizont
des Kupferbaues zuweist '). Auch die Zinnobervorkommnisse der
Gegend von Reichenau fallen in das Gebiet der oberen Schiefer'^).
Die petrographischeBeschaftenheit dieser oberen Schiefer ist eine ver-
schiedenartige; bald sind sie grau, bald grün und dickschiefrig. Bei
Turrach umschießen sie zwei Bänke von Dolomit, von welchen das
tiefere ziemlich ansehnlich ist; es liegt im tiefsten Theile der Schie-
fer und bildet das Hangende des Kupferbaues.
Es stellt somit fest, daß in diesem Theile der Alpen Eisenerze,
Kupferkiese und Fahlerze (im Kupferbau, Pichler, S. 219) und
Zinnober in dem oberen Schiefer, und zwar in einem höheren Hori-
zonte vorkommen, als die Anthracitlager und die Flora der Stang-
alpe, daß aber auch unter dem Anthracitlager mächtige Lager,
insbesondere von Eisenerz, in dem wahrscheinlichen Äquivalente des
Kohlenkalkes vorhanden sind. —
Knapp am südlichen Rande der Mittelzone der Alpen tritt in der
Gegend von Lienz ein mächtiger Zug von Kalkbergen aus Tirol nach
Kärnten über, welcher sich mit OSO. Streichen zwischen der Drau
und Gail hinstreckt und dort, wo sich diese beiden Flüsse vereinigen,
am Dobraez bei Villaeh abbricht. Die Therme von Villaeh bezeichnet
sein Verschwinden. Eine Strecke weiter im Osten tritt jedoch west-
lich von Loibl abermals eine Kette von ähnlichen Kalkbergen hervor,
welche als ihre Fortsetzung anzusehen ist. Dieses östliche Stück be-
greift den großen Gerlouz, den Obir, die Petzen und Oisterza und er-
reicht am Ursulaberge die Ostgrenze Kärntens, so daß von Lienz
in Tirol bis in die Gegend von VVindischgratz in Steiermark eine in
ihrer Mitte allerdings unterbrochene Kette von Kalkgebirgen sich
f) Jahrb. 1834, V, 06».
') Peters zählt (S. ö38j das Ziiniober-Vorkoiniiieii an der Itolrasten bei Keiehenau
(in grünem Schiefer) zum oberen, jenes /.wischen Reichenau und dem Turrach-See
zum unteren Schiefer. Picliler rechnet (S. 'ilO) das ganze Reichenauer Thal
zum oberen Schiefer.
244 S u e s s.
verfolgen läßt. Auch tlas östliche Stück liegt, so weit es nicht im
Norden von der erweiterten Ebene des Drauthales begrenzt ist,
luiap[t am siidlichen Rande der Mittelzone. Die Gesteine gehören der
Triasfbrmation, der rhätischen Stufe, an wenigen Stellen dem Lias
oder braunen Jura an.
Südlich von dieser Kalkkette verläuft, ihr vollkommen parallel,
ein Streifen von Schiefer, welcher bald als Glimmerschiefer, bald als
Thonglimmerschiefer oder glimmerreicher Thonschieier bezeichnet
worden ist. Er streicht aus Tirol her durch das Gailthal herab , ver-
schwindet etwa dort, wo die westliche Kalkkette endet, unter den Auf-
schwemmungen der Gail, erscheint hierauf hinter der östlichen Kalk-
kette wieder und setzt über den Loibl, über Zell, Ebriach, Kappel,
Schwarzenbach und Javoria bis an die steirische Grenze fort. In sei-
nem östlichen Theile ist er von granitischen und syenitischen Fels-
arlen begleitet. Seine Gesammtlänge beträgt in dieser Auffassung
(d. h. vom westlichen Ende des westlichen bis zum östlichen Ende des
östlichen Stückes) mehr als 24 Meilen.
Auf diesen Streifen von Schiefer folgt gegen Süden abermals eine
Kette von hohen Kalkbergen, welche jedoch von paläozoischem .\lter
sind. Diese mächtige Kette, welcher z. B. der M. Antola und M. Pa-
ralba, der Paß auf der Plecken, der Hochtrieb und Trohkofel und im
Osten die ganze Linie der Karavanken zufallen, ist in ihrer Mitte
nicht unterbrochen. Sie hat an vielen Punkten Versteinerungen der
Steinkohlenformation, an einer Stelle i) auch Reste geliefert, welche
vielleicht einer anderen Stufe des paläozoischen Gebirges angehören,
über welche sich jedoch im Augenblicke noch kein ganz bestimmtes
Urtheil fällen läßt.
Südlich von diesem paläozoischen Gebirge sieht man imWesten
;uif eine größere Strecke hin Gebirge der Triasformation folgen,
während im Osten das paläozoische Gebirge selbst eine große Breite
erreicht und sehr verwickelte Verhältnisse eintreten, welche hier
vorläufig nicht in Betracht kommen.
I) Beim Bade Vellach, Tgl. Jahrb. IX, 1858, Verh. S. 39. Mein damals ausgesprochener
Wunsch nach besserem Materiale ist unertüllt geblieben ; Herr l>i|>old nnd Herr
Cubanz haben die Fundstätte vergebens aufgesuciit. Auch Herr Barrande hat
das hier gefundene Schwanzstück von Bronteus nicht mit Entschiedenheit einer
böhmischen Art "leichstellen können.
rhor (üp Äqiiivali'nti» iIps Rothlie(r('<> '1''" Sii(l:il|ipn. 4^4-5
Ivs ist also in Kärnten südlich von der Mittel/one erst eine
Keihe von mesozoischen Bergen, dann ein Streifen von Schiefer,
hierauf eine Kette von paläozoischen Bergen vorhanden.
Rosthor n, dessen im Jahre 1853 von Caiiaval herausgege-
hener „Beiträge zin* Mineralogie nnd Geognosie von Kärnten" i) als
die Grundlage aller neueren Arlteiten liher dieses merkwürdige Land
angesehen werden müssen, kannte und beschrieb diesen Parallelis-
mus der Gebirgszüge selir richtig, Zugleicli unterschied er jedoch
mit großem Scharfblicke in Kärnten zweierlei Systeme von Urgebir-
gen, welche nach seinem Ausdrucke „ihren Gesteinsarten nach, durch
ihre Zusammensetzung, Structur und l^agerungsverhältnisse, selbst
durch ihre Verbreitung und das Verliältniß ihrer Stellung zu ein-
ander" bestimmt gesondert seien (Beitr. S. 7). Die eine Gruppe
wollte er die des Gneisses, die andere die der Urschiefer, oder die
eine jene des Central-Granitgneisses, die andere die des Albit-Gneis-
ses oder des Turmalin- Granites nennen.
Der ersten Gruppe zählte Rostborn die der Mittelzone im stren-
geren Sinne in der Nähe der Tauern angehörigen Gesteine zu, wäh-
rend der zweiten Gruppe alle bisher erwähnten jüngeren paläozoi-
schen Schiefergesteine, so wie der durch die mesozoische Kette ab-
getrennte Schieferstreifen zugerechnet wurden.
Dieser Streifen von Schiefer ist seither sehr verschieden beur-
tbeilt worden. Im Westen liat ihn Stur, welchem wir eine sehr
genaue geologische Schilderung der westliehen Gebirgstheile ver-
danken 3j , als identisch mit dem Glimmerschiefer des „großen
Gümmerschieferzuges ' der Mittelzone angesehen s). Im Osten da-
gegen, wo er mit granitischen und anderen Massengesteinen in
Verbindung steht, trennte ihn Lipoid als wesentlich verschieden
von dem „altkrystalliniscben" Schiefer der Kor- und Saualpe, und
betrachtete ihn als eine jüngere, metamorphische Bildung*).
leb will mich zunächst auf die westliche Hälfte des Zuges
beschränken.
1) Jahrb. d. naturhistor. Museum's in Kärnten, H, Jahrg-. ; auch selbstündi<^ unter
dem Titel: Übersicht der Mineralien u. Felsarten Kärnten's; 8** Klag-enf. 18.'>4.
-) Die geolog. VerhäUnisse der Uran. Isel, Moll u. Gail u. s. w. .lahrli. VII, iSj6.
S. 403 — 460.
3) A. a. O. S. 416.
*) Kriiiuterunii oeol. Dnrchschnitle aus d. ösll. Kärnten, Jahrb VII, ISäO, S. ;J42.
Die Zdiic von Schiet'er . welclu' , ilcii .südliclisUMi Saum der
Miltelzone darstellend, das Kalkgebirge in der Umgegend von Lienz
nach Norden begrenzt, ist von den Tiroler Geologen von jeher dem
erzfülirenden Thoiiglimmerscliiel'er Siid-Tirors, also dem Casaniia-
Seliieter beigezählt ^\ urden. und zw ar sow ohi seiner petrograpliischen
Beschaffenheit wegen, als aiieli wegen der zahlreichen alten Baue,
insbesondere auf Kupfer, Bleiglanz und Spatheisenstein, welche von
Ahfaltersbach über den Lienzer Berg nach Nickolsdorf sich liin-
zieiien i). Kleine Partien von rothem Sandstein stellen sich hier
zwischen dem Schiefer der Mittelzone und dem Kalkgebirge, z. B. bei
dem Triestacher See unweit Lienz ein 2), doeli ist der Seitendruck,
welchen das (Jebirge erlitten, ein so gewaltiger gewesen, daß die
Sciiichten rächeriörmig zusammengedrückt wurden und der rothe
Sandstein nach N. , also scheinbar gegen die Mittelzone hin ver-
flächt. Überliaupt ist das gesammte Kalkgebirge von I^ienz bis Villach
ähnlichen Einwirkungen ausgesetzt gewesen. Stur bat es außer
Zweifel gesetzt, daß das abnorme Einfallen des Kalkgebirges nach
Nord, d. h. unter die Schiefer der Mittelzone, längs der Drau aus der
Gegend von Lienz bis in jene vonDellacb und Greifenburg anhält, und
erst östlieh von liier das Südfallen der Trias eintritt "). Dieser Umstand
darf nicht aus dem Auge gelassen werden, wenn man die Lagerung
des Scbieferstreifens am südlichen Bande des Triasgebirges richtig
beurtheilen will.
Die wScbichtstellung dieses Scbieferstreifens im Gailthale ist nach
Stur eine solche, daß er von Mauthen abwärts, also in bei weitem
dem größten Theile des Gailtliales, wo sein Vorkommen nur an der
Nordseile des Flusses bekannt ist, und er hier durchaus nach Nord
verflächt, also unter die Trias hinabtaucht, und dabei durch die
Breite des Thalbodens von der südlichen, paläozoischen Gebirgskette
getrennt bleibt. Bei Mauthen seihst ist er an beiden Ufern bekannt,
imd l'ällt im Norden nördlich unter die Trias, im Süden südlich unter
das paläozoische Gebirge (Stu r, S. 422). Mau hat sich bewegen
lassen, dieses Hinabtauchen d<;s Schiefers unter die paläozoischen
'( T r i ti k (• r, pclrof;!-. lüliiiiteiuiif!'!'!! . S. 40. Nördlicli von Lenfliiig' im (iaiMliüle
eiwiihnt S 1 11 r kk'iiii' lOiiiliigeruiij^eii von Si);i(lit'is(Misti'iii In ilt'iiisrilicn fS. 4I(>).
-) V-;!. Tiroler Kiirte Bhill VMI ii. S I ii r , S. 4'24.
-) S I 11 r A. iiiif;. (). S. 4-1 II. 4IUt. U;iiii'i-. (Ii'mI. Ihirtlisfhii diT \I|mmi. Sil/.iiiif;slier.
I»;;?. XXV. s. :ii'j.
ri>pi- ilic Ä.|iiiviilciiti' lies K.>Uilict;eii
am Nordufer der Gail die Trias, an ihrem Fuße von einem Saume
von typischem, rothem Grödener Sandstein, in der Nähe von Lukau
unter diesem auch von rothem Quarzporphyr hegleitet dem Schieler
in vollkommen concordanler Weise anlruht, so daß an der Ahlage-
rung dieser Gehilde iinmittelhar auf den Schiefer nicht zu zweifeln
ist. Um nun dem Widerspruche. daCs an einer Thalseite paläozoische
Massen, an der anderen die Trias und der Grödener Sandstein auf
dem Schiefer ruhen, einigermaßen Rechnung zu tragen, hat man
sich zu der Annahme geneigt, daß das Schiefergebirge des Gailthales
zwischen Hermagor, Sillian und Lienz zur Zeit der Ablagerung der
Grauwacken- und Steinkohlenformation ein Festland gebildet habe.
(Stur, S. 459, Hauer, S. 320}. Ich gestehe, daß ich im Anblicke
der riesigen und wilden Massen des paläozoischen Gebirges an der
südlichen, der steilen weißen Wände der Trias an der nördlichen
Thalseite und des schmalen Schieferstreifens zwischen ihnen zu einer
wesentlich verschiedenen Anschauung gelangt bin.
Als L. V. Buch den oberen Theil des Gailthales bei Maria
Lukau besuchte, fand er den Schiefer des Gailthales, welchen er als
Glimmerschiefer bezeichnete, an dieser Stelle mit etwa 80 Grad
Süd fallend auf das rothe Todte (den Grödener Sandstein und die
begleitenden Felsarten) gelagert, während in sehr geringer Entfernung
davon das rothe Todtliegende nacli Norden unter den Kalkstein liel.
Den Porphyr sah Buch auf kurze Strecke unter dem rothen Sand-
stein; er folgerte, daß Porphyr und rothes Todtes, welche als keil-
förmige. Masse zwischen Glinunerschiefer und Kalkstein eingedrängt
worden, beide erhoben und sie als scharfe Grate und Ketten zurück-
geschlagen hätten i). — Solche nach abwärts gerichtete Fächer
entstehen, wie wir wissen, nicht selten in Gebirgen, welche einem
beträchtlichen Seitendrucke ausgesetzt waren. Stur hat sehr ver-
wickelte ähnliche Schichtstellungen, z. B. bei dem Bleihause nördlich
von Kötschach beschrieben, wo eine ähnliche keiliörmige Masse von
rothem Sandstein in ilu-er Fortsetzung sich sogar trennt und aus
ihrer Mitte nochmals den Schiefer hervorti-eten läßt (Stur, S. 422,
Diirclischn. VII und Vlll). Diese längs i» <•♦'"> Südalpen. 240
(>jis besagte Vorland liildet l»eiläiilij;' ein i-eelifwiiikliiies Dreieck,
dessen rechter Winkel .yej^-en Nord bei Kreuth liegt, dessen kürzere
Kathete von Kreuth längs dem westlichen Fuße des Oobracz in die
Gegend östlich vorn Orte NiUsch herahläuft, während sich die längere
in fast ostwestlicher Richtung von Kreuth gegen Förolacli zieht. Die
Hypothenuse wird von der (irenze dieses älteren Gebirges gegen die
Alluvioncn der Gail gebildet; der mehrfach erwähnte Ort Nötsch
liefft nahe ihrem südöstlichen Ende: von ]iier läuft der tiefe Nötsch-
graben nördlich gegen Kreuth.
In Nötsch steht großschuppiger Thonglimmerschiefer an , dem
Casannaschiefer Süd-Tirors ganz und gar gleich; er fällt NO.:
geht man westlich vom Nötschgrahen über das wellige Vorland hin,
so sieht man gleich oberhalb Nötsch diesen Schiefer sehr flach ONO.
verflachen, im Orte Labientschach neigt er sich nnr sehr wenig, und
zwar 0., wenig in N., an der Straße oberhalb Labientschach dagegen
sehr flach S. etwas in 0., oberhalb der Kirche von S. Georgen schon
ziemlich flach SW. lu dieser ganzen westlichen Gegend wendet sich
also, stets flach bleibend, das Fallen allmählig, und zwar so, daß die
Schichten unter die kürzere Kathete (den Dobracz) hinabtauchen,
sich dagegen gegen die längere Kathete erheben. Längs dieser
letzteren Linie ist weiterhin fast ausschließlich die Neigung nach
S. und SV^\ zu sehen. Nicht weit unter Kerschdorf legt sich auf
den Thonglimmerschiefer eine derbere Masse, welche hauptsächlich
aus Kalkschiefer und Kalk besteht, welcher an seinen Schichtflächen
mit talkigen Häutchen belegt ist. Der Kalk ist einige Klafter mächtig,
meist licht gelblich, stellenweise auch blaugrau und von kleinen
Gängen von Quarz, Schwefelkies oder Kalkspath durchzogen. Talk
erscheint in stärkeren Schüppchen auf den Flächen, und zwar in
grell lichtgrüner Farbe; eben so ist er in den unmittelbar liegenden
Theilen des Thonglimmerschiefers zu sehen. An seinem untersten,
vorwaltend schiefrigen Theile führt der Kalk Zinnober und erscheinen
Tropfen von gediegenem Quecksilber. Das Erz erscheint meist als
rotber Beschlag auf den Klüften, theils in Verbindung mit den
kleinen Kalkspath- und Schwefelkiesgängen; auf den Quarzgängen
scheint es seltener zu sein. Quert man von hieraus den SW. fallen-
den Thonglimmerschiefer, der nicht gar zu mächtig zu sein scheint,
so erreicht man bei den südlichsten Häusern von Kerschdorf ein
grünliches aphanitisches Gestein, das zunächst an die (jruudmasse
250 s II p s s.
manchei" SchaLsteiiie des (lülllhales friuiierl und steiler SVV. fällt:
es wird mit gleichem Fallen von schwarzem Schiefer mit gelhen
oekerigen Klüften unterteui'1 , welcher schon ganz und gar an die
Schiefer der Sleinknlilenronnation erinnert. Der untere Theil des
Ahiianges oberhalb Kerschdorf ist von einer allen Moräne bedeckt
und erst über derselben kommt grünlicher glimmeriger Schiefer zum
Vorschein, der liei gleichem Streichen senkrecht steht. Knapp hinter
denselben ragt parallel und senkrecht das lichte Quarzconglomerat
der Steinkohlenforination hervor und führt in Zwischenlagen undeut-
liche Pflanzenreste. Weithin ragt längs der längeren Kathete auf
diese Weise mit senkrechter Scliichtstellung die wSteinkohlenformation
hervor, gegen welche sich, wie gesagt, der Thonglimmerschiefer
immer steiler aufrichtet.
Die Reihenfolge Aväre demnach hier folgende: Schiefer und
Quarzconglomerat als höchstes Glied der Steinkohlenformation,
darauf schwarzgrauer Schiefer, wahrscheinlich dem vorhergehenden
Gliede zuzuzählen, das aphanitische Gestein, auf diesem der Thon-
glimmerschiefer mit den zinnoberführenden Kalklagen.
Dringt man, anstatt über das Hügelland hinzugehen, von Nötsch
aus in den Nötschgraben ein, so kann man auch höhere und im
Windischen Graben eben so auch noch tiefere Schichten sehen.
Der unterste Theil des Nötschgrabens ist in ONO. fallenden
Thonglimmerschiefer eingeschnitten ; große Blöcke von Gyps gleiten
von dem Geliänge des Dobracz zum Bache herab. Es zweigt bald
ein östlicher Arm ab; in diesem aufsteigend sieht man über dem
Thonglimmerschiefer schiefrigen Kalkstein mit grell lichtgrünen
Talkblätlchen, welcher oline Zweifel den zinnoberführenden Lagen
von Kerschdorf entspricht. Etwas höher läuft ein kleiner Seiten-
graben im Streichen dieser Lagen und des, Tlionglimmerschiefers,
welcher letztere hier 30 — 40 rein N. geneigt ist. Bald biegt er sich
zu steilem S. Fallen um und bricht mit einer Verwerfung ab. Jenseits
derselben trifft man sofoi't Schichten, wie sie durch ganz Kärnten
hin in dem tieferen Theile der Werfener Schiefer zu sehen sind,
inid zwar zunächst dünne wechselnde Lagen von blaugrauem, thoni-
gem und glimmerfreiem Schiefer und von härteren Lagen von der-
selben Farbe, die von gro(k'n Höhlungen voll von gelbem Ocker
diirt'hzogen sind; sie fallen Süd und enthallen Abdrücke einer
kleinen gerippten Myttphoria. Diese Ablagerungen sind einige Klafter
HIpci- IUI- Äc|iiiv;ilfilt<- ili-s l!,.tlilii';;.'t|.lHii in .I.mi .Sii.l;il|icn. 251
mächlig', imtl werden von chenHäcliigeii Ränken von lii-lilgelhlicliem
Sandstein unterteuCt. die molirfaeh mit ähnlichem blaugranem ScliieCer
wechseln. Auch die ockerigen Höhlungen erscheinen in diesen Ein-
schaltungen zwiscJien den Sandsleinbänkeii wieder. Viele von den
blaugrauen Bänken sind an ihrer l'nlerseite mit einem Netze von
Wülsten bedeckt. Unter diesem Complex liegt Schiefer, dessen
Flächen mit Glimmerschiii)pclien bedeckt sind ; er isl zumeist
schwarz, nur in einzelnen Ijagen rotli und enthält undeutliche soge-
nannte Myaciten. Dieser Schiefer bildet ein schönes Gewölbe, dessen
Schenkel 45° S. etwas in W. und N. etwas in 0. geneigt sind. Das
nördliche Fallen hält jedoch nicht an; eine neue Verwerfung macht
demselben ein Ende und folgt dasselbe Gebilde mit südlichem Fallen;
erst neigt es sich sanft, dann steiler, endlich erscheint unter Lagen
von blaugrauem Schiefer eine große Masse von rothem Grödener
Sandstein, mit eingestreuten Lagen von Conglomerat. Sein Verflachen
ist 25° ONO.
Man gewahrt also hier nur Thonglimmerschiefer, die Spuren
des zinnoberführenden Lagers , Grödener Sandstein und Unter-
abtheilungen des Werfener Schiefers.
Ähnlich verhält es sich in dem Hauptstamme des Nötschgrabens.
Der Thonglimmerschiefer neigt sich hier NNO. , dann NO.
endlich liegt er flach, fast schwebend. An der linken, iistlichen
Seite bemerkt man das Durchstreichen der Wölbung des Werfener
Schiefers, bald darauf den Grödener Sandstein. Wichtiger sind die
Aufschlüsse an der Westseite. Hier zeigt ein großer Aufschluß die
blaugrauen thonigen Scliiefer mit Wülsten, 50 SSO. geneigt, knapp
darunter mit gleicher Neigung den Grödener Sandstein, welcher
ganz concordant auf dem Thonglimmerschiefer liegt. Die Grenze ist
auf eine Entfernung von zwei Schritten entblößt. Das SSO. Fallen
des Thonglimmerschiefers hält an, wird allmälig steiler, bis derselbe
wieder plötzlich abbricht und der ganze hohe Abhang nur von den
dicken rothen Bänken von Grödener Sandstein und Conglomerat
gebildet wird. Der Graben ist hier einige hundert Fuß tief einge-
schnitten, beide Abhänge sind gut entblößt und der rothe Grödener
Sandstein sticht in seiner Farbe und massigen BeschaflTenheit so grell
von dem grünlich-grauen Thonglimmerschiefer ab, daß man deutlich
eine sehr aulTallende tektonische Ersclieinung beobachten kann.
Durch eine Strecke von etwa \i){) Schrillen hin neiyt sieh niindich
2J>2 s 11 p s s.
im niiti'fi'ii TIkm'Ic des liiilicii Gt'li;iiiu«\*< der Tlinnuliiiniu'rscliii't'er
;>() — 3ö° vS. bis SSO., wälii't'iKl der knapp auf ihm liegende rotlie
Sandstein unter ähnlichem Winkel rein 0. fällt. Die Neigung beider
ist ;dso fast um ciucu rechten Winkel verschieden, und man möchte
um so mehr an urs|irüngliche Discordanz der Lagerung glauben, als
die grol)en Bänke i]es Sandsteins, in der Kichlung des Streichens
geschnitten, eine Anzahl von horizontal hinlaufenden Schichtfugen
über dem geneigten Thonglimmerschiefer zeigen. Nichtsdestoweniger
halte ich die Discordanz durch dieses vereinzelte Vorkommen nicht
für erwiesen, sondern setze voraus, daß in diesem von zahlreichen
Verwerfungen durchkreuzten Gebiete, ein locales Tbergleiten der
Massen die Veranlassung zu einer Erscheinung gegeben hat, welche
sonst mit der an zaiilreichen Punkten im (iailthale überhaupt, ^^^e
in dieser beschränkteren Umgebung von allen Beobachtern bestätig-
ten vollkommen concordanten Auflagerung der rothen Sandsteine auf
dem Schiefer in Widerspruch stehen würde.
Über große Blöcke des Grödener Sandsteins gelangt man
endlich zu den in demselben betriebenen Brüchen, in welchen, genau
wie in Süd-Tirol, auch Gestellsteine für die Schmelzwerke gewon-
nen werden. Der Sandstein ist hier 4 — 500 Fuß mächtig und
enthält in den verschiedensten Horizonten Gerolle von Porphyr, von
dunkelroth überrindetem Quarz, seltener auch von krystallinischen
Schiefern.
Aus dem Graben gegen Labientschach (etwa gegen W.) auf-
steigend, sieht man \s ieder den rothen Sandstein concordant auf dem
Thonglimmerschiefer ruhend, welcher S. etwas in 0. verflächt, wie
in der Sohle des Grabens. Von hier aus die Straße gegen Bleyberg
verfolgend , gelangt man plötzlich an das (iehänge des oberen
Theiles des Windischen Grabens und zugleich an ein großes und
schönes Profd, Avelches über die Reihenfolge der Ablagerungen kaum
mehr einen Zweifel läßt. (Taf. i, Fig. 2.)
In der Mitte erscheint hier der Tbouglimmerscbiefer, steil gegen
Süden geneigt; zur Rechten ist er vom rothen Grödener Sandstein
überlagert, zur Linken sieht man ihn auf den Schichten
der Steinkohlen formation ruhen.
Die den Schiefer zunächsl unlerteufenden Lagen haben eine
ähnliche Zusammensetzung, sind jedoch derber; sie führen Quarz-
gänge von ganz gleicher BeschalVtiilicil wie jene im Thonglimmer-
('her die Äquivalente des Rothliej;enden in eleu Siidal|ien. .s, iVaiisiicI. (ieol. Sof. 2. ser. Hl,
1>. 306, 307.
*) .lahrl». (jeol. Reiilisaii,s(. VII. S. 373.
i'ber (lii- Ai|tiiviil('lit(' des Rotliliop;i'ii(k'n in den Sildiilpcn. 23 5
Jahre 1829 Produclus Martini von hier ') und auch den rothen
Sandstein hat schon L. v. Buch jenem von Süd-Tirol gleichgestellt.
Wenn die normale Lagerung des Thonglimmerschiefers zwischen
beiden bisher unbeachtet blieb, kann das wohl nur dem Umstände
zugeschrieben werden, daß seine petrographische BeschalTenheit auf
jeden Besucher von vorneherein den Eindruck eines viel älteren Ge-
birges machte 2). Nichtsdestoweniger hat es nicht an einigen scharf-
sinnigen Männern gefehlt, welche, mit den Verhältnissen in Süd-Tirol
aufs genaueste bekannt, in der im Gailthale sich wiederholenden
unmittelbaren Lagerung des rothen Sandsteins auf demThonglimmer-
schiefer nur die Fortsetzung der tirolischen Schichtenfolge sahen, so
Wilh. Fuchs im Jahre 1846 sj und insbesondere Trinker im
Jahre 18Ö3*).
Das Bild, welches mir von dem Baue dieser kleinen Ausbuchtung
erwuchs, ist demnach beiläufig das Folgende.
Das ältere Gebirge bildet hier eine schalenförmige Scholle,
deren Höhlung nach Süd gerichtet ist, während sie mit scharfem
Bruche gegen Nord und Nor.I-Ost endet und gleichsam an das Trias-
gebirge angepreßt ist. Der Band dieser Scholle läuft oberhalb Tratten
und Kerschdorf hin, kömmt mit einer Beugung unter Kreuth in den
Windischen Graben hinab und läuft durch den Wassergraben der
Mühlbach'schen Hütte hin. Er wird auf dieser ganzen Strecke von
der Steinkohlenformation gebildet. Dieser ist innerhalb der flachen
Concavität der Schale der Thonglimmerschiefer aufgelagert, welcher
identisch ist mit dem Casannaschiefer, auf ihm liegt in der Gegend
von Labientschach der rothe Sandstein. — Nördlich von dem Bruche,
welcher diese Scholle nach Nord begrenzt, kömmt unterhalb Kreuth
derselbe rothe Sandstein als tiefstes Glied zum Vorschein und wird
von der Trias überlagert.
Demnach würde nicht nur der rothe Sandstein des Gailthales
übereinstimmen mit jenem von Süd-Tirol, sondern das Quecksilber
läge bei Kerschdorf beiläufig im Horizonte des Vorkommens von
Vallalta, der Schiefer des östlichen Gailthales wäre identisch mit
•) Mineral. Taschenb. f. 1829, S. 746.
-) Buch, Mohs, Studer und viele andere anerkannte Autoritäten haben ihn
schlechtweg als „Gliiiinierschiefcr" bezeichnet.
3) Beiträge zur Lehre der Erzlagerstätten, S. 19. "iO.
*) PetrogT. Erläuterungen, S. 66, Anmerkung.
256 s II .' s s.
jenem von Recüiiro, Trieiil iiiitl V;il-Sug;tiia iiiid dem rasanna-
Scliicfer in Grauhtiiidteii. dieser wäre jünger als die Schichten der
Steiiikoldenlormiitioii hei Hieyherg und man hätte an keiner dieser
letzteren Punkte eine fjiieke in den Ahlagerungen zwischen Casaniia-
Schiefer und N'ernieano anzunehmen.
Daß diese Anschauungsweise von der Lagerung des Thonglim-
merscliiel'ers hei Dleyherg die richtige sei, ergiht sich noch aus einem
anderen Umstände.
Schon Rosthorn erwähnte zwei Vorkommnisse von Zinnober
am jenseitigen, nürdliclien, der Mittelzone zugekehrten Abhänge des
Triasgebirges von Bh-yberg, und zwar bei Paternion und i)ei Dellach
im Drauthale '). Hr. Gröger hat den Punkt bei Paternion (im Buch-
holzgraben bei Stockenboj) autgesucht; er fand, einer freundlichen
Mittheilung zufolge, hier eine concordant nach Süden, also von der
^iiltelzone der Alpen wegfallende Scliichtenreibe, welche oben aus
den mächtigen Massen der Triasformation, darunter aus dem hier
sehr mächtigen rotlien Grödeiicr Sandstein und unter diesem aus dem
Thonglimmerschiel'er besteht. Knapp unter dem ruthen Sandstein be-
finden sieh im obersten Theile des Thonglimmerschiefers, die Zinnober-
lager, deren bisher vier bekannt sind.
Der Zinnober bei Stockenboj liegt also im Horizonte des Sehurfes
bei Kerschdorf und sind wohl beide Vorkomnuiisse als vollkommen
übereinstimmend anzusehen, die Zone von Kalkstein aber, welche
nach den Aufnahmen unserer Reichsgeologen mit südwestlichem
Fallen von Lind bis gegen Paternion hinzieht, wird der Steinkohlen-
forination zufallen müssen.
3. Abschnitt.
Östliches Kärnten. Vellach-Thal. Unter-Steiermark.
Das östliche Stück der großen, cpier durch Kärnten ziehenden
parallelen Gesteinszonen entspricht dem westlichen nicht nur in so
ferne, als auf eine Kette von mesozoischen Kalkgebirgen ein Streiten
von Schiefer und auf dicssen eine aus paläozoischen Ablagerungen
aufgebaute Kette folgt, sondern es stellt sich auch eine Reihe von
') IS ) sind dagegen unter der
Voraussetzung entworfen, daß die Massengesteine des Thonglimmer-
schiefers, wie z. B. die Granite, als eruptive Gesteine einen wesent-
lichen Eintluß auf die Erhebung des Gebirges selbst ausgeübt hätten.
Ich habe mich von der Richtigkeit einer solchen Annahme nicht über-
zeugen köimen, sondern habe nur Deckenstücke, d. h. Lagermassen
gefunden, deren Rolle bei der Erhebung des Gebirges wohl eine
ganz eben so passive war, als jene der Porphyrdecken Süd-Tirols
oder des Granites der Cima d'Asta.
Das schönste und vollständigste Protil, welches ich hier kennen
gelernt habe, ist im Vellachthale bei Kappel vorhanden und läuft quer
auf das Streichen, fast rein nordsüdlich. Die Stelle ist dieselbe, auf
welche sich die treiflichen älteren Untersuchungen von S tu der 2)
und Boue '^), und zum Theile auch die späteren Angaben von
Scheuche nstuel *) beziehen.
') Jiiiiili. Vn, 1856. Erläuterung geol. Durchschnitte aus tl. östl. Kärnten. S. 33-Z— 346.
~) Zeitschr. f. Mineralogie, 1829, H, S. 738 — 7ä0.
3) Mem. de la Soc. ge'ol. I83ö, II. p. 61— Ti.
*) Schrift, d. k. russ. (Jesellsch. f. Mineralog^ie, 1»42. I. Bd., 2. Abth. S. 231—238.
Sitzh. d. mathem.-naturw. Cl. LVIl. Bd. I. Abth. 17
!. über dem Gehöfte (]cii Bauers Bertel, wird das Gestein
siehlhar; an diesem Punkte ist der Schiefer klüftig, nicht gefältelt, der
Glimmer nur in sehr kleinen weißen Schüppchen ausgeschieden.
Das Thal verengt sich jdötzlich; von den sanften Gehängen des
Schiefers trennen sich scharf die ersten Lagen einer ziemlich mäch-
tigen Masse von lichten Dolomit- und Kalkablageruugen, welche nun
folgt. ZnM;i('h«t setzt mit nordwestlichem Streichen ein Riß' von hläu-
lichem, splittrigem Dolomit quer über das Thal, auf dieses folgt eine
leichte Senkung des Bodens, welche bedeckt ist, auf welcher jedoch
viele Trümmer von weißem Kalkstein herumliegen, der durch einge-
schaltete schwarze Thonflasern gleichsam marmorirt aussieht und dem
,,Schnürlkalk'' der steierischen Eisenlager ähnlich wird; dann ist am
linken Ufer eine größere Wand von geschichtetem, dolomitischem
Kalkstein (Uitblößt, welche deutlich die kniefla-mige Beugung der
Schichten zeigt. Im oberen Theile neigen sich dieselben südlich, ent-
sprechend den bisher angeführten Schichtengruppen, am Fuße der
Wand aber fallen sie nördlich. An beiden Gehängen kömmt nun,
unmittelbar vor dem ersten Hammerwerke, weicher, schwarzer Tlum-
schiefer mit vielen sehr kleinen weissen (ilimmerschüppchen zuTage,
welcher zahlreiche Versteinerungen der Kohlenformation, und zwar
Sowohl Meeresthiere {Productus und andere Brachiopoden, zahlreiche
Fcneslellc'ti u. s. w.) als auch einzelne Bruchstücke von Landpflanzen
enthält. Er entspricht ganz und gar dem Thonschiefer, welcher im
Windischen Graben dieselben Versteinerungen führt; im ßachbette
unter dem Hammerwerke wiederholt er die knieförmige Beugung iWv
v(U"lierge!ienden Kalkmassen : seine Mächtigkeit ist nicht hedeulmd.
Er steht zugleich in inniger N'erbindung mit dem zunächst folgenden
Compltx von liehlem dümiplaltigem Quarzsandstein und Bänken von
weißem Quarzconglomerat, welche letztere, iilter dem Hammerwerke
sehr schön entblößt, wie die Schiefer oben steil südlich, dann nach
erfolgter Umbeugung im Bachbelte ni»rdlich fallen, dabei mehrere
rixT (He .\iniiv;il('nte des lioIhlie'^ciuli'Ti In di'ii Siifliilppn. -^OO
iiiiter,-i()i-iliiL'lt' FiiUcii l)i!(l(Mi(l '). Uiiiuittt-lhar auf das Oiiarzconglo-
nieral folgt eine erste, einen RilT quer iiher das Thal liildende Masse von
dunkelgrauem Koldenkalkstein mit zahlreichen Auswitterungen von
Poferi(>crh/u.'i-S{'\e]cn und Braehiopodeiischalen. Einzelne Schicht-
tlächen desselhen sind mit kloinen rfihren förmigen Vertiefungen
Iiedeekt, welche schon Boue aufgeialien waren und welche man
auch im Qnarzsandstein und im vorhergehenden schwarzen Thon-
schiefer sehen kann.
Üher den ersten, nicht mächtigen Bänken von Kohlenkalk folgt
erst eine nochmalige Einschaltung von lichtem, diinnplattigem, hier
etwas «ilimmerigem Ouarzsandstein. dann endlich die Hauptmasse des
dunkelgrauen Kohlenkalkes bei dem zweiten Hammerwerke.
Seihst wenn die knieförmige Beugung der tieferen Lagen dieses
Profiles nicht sichtbar wäre, dürfte es wohl kaum eines weiteren
Beweises für die Behauptung bedürfen, daß diese gesammte Schicli-
lenlblge mit InbegrilT der Trias überstürzt sei, und zwar wie es
scheint, (h'.rch eine Kraft, welche nicht aus der Richtung
der Miltelzone gewirkt hat, vielleicht durch Senkung.
Die normale Schichtenfolge ist daher im Vellachlhale: Kalk,
Quarzcongiomerat, Sandstein und Schiefer der Steinkohlenformation,
üher diesem eine Masse von lichtem Kaik und Dolomit, dann der
Casannaschiefer, in dessen Hangendem Syenitporphyr, Syenit und
(iranititlager erscheinen, dann grüne Wacke mit Talkschüispchen
und Quecksilber, gegen oben Serpentin, ein Complex, welcher ohne
Zweifel dem Quecksilber-l'ührenden Kalk mit Talkschüppchen bei
Nötsch und dem Talkschiefer mit Quecksilber von Vall'alta entspricht;
endlich folgt auf diesem, wie allenthalben, der rothe Grödener Sand-
stein, welcher die Unterlage der Trias ausmacht. —
Wenn man den Remscheniggraben aufwärts und über den
Ouschowa-Paß, dann durch das obere Mißthal über Koprein nach
Schwarzenbach geht, überzeugt man sich leicht davon, daß außer
der Gruppe von granitischen und syenilischen Gesteinen, welche im
Hangenden des Casanna-Schiefers erwähnt worden sind, ein zweites,
tieferes und dem Liegenden des Schiefers angehöriges Lager von
Massengestein vorhanden ist , welches aus einer weißen , dem
^) Es sind dieselben, deren Alinliclikeil mil dem Pudding von Valorsine St u der vor
vierzig Jahren bemerkte.
264 s II o s s.
Toiinlit sehr naht- stellenden Felsarf ') bestellt, die vorläiitijf als
Toiiali tgii eitJ« iH-zeicIiiiet werden nia«;. welches sieh jedoeli {^egeii
Westen auskeill nnd di<' Profilliiiie der N'ellaeli nicht erreicht. Li-
poid hat diesen „Zuü;" ganz rieliti«' erkannt und auf den Aufnahms-
karten als ..(xneiß" ansgeschieden^). Fast der ganze Weg von der
Mündung des Remscheniggrahens bis Schwarzenbach, liegt in dem
Streichen der Ahtheilnng des Casanna-Schiefers, welche zwischen
dem Granitit und Syenit von Kappel einerseits und dem Tonalitgnciß
andererseits liegt. (Ta)'. li, Fig. 2). Gegen Ost, in der Umgebung
von Koprein, wo die Umbeugung der Schichten in eine vertieale
Aufrichtung derselben übergegangen ist, treten diese verschieden-
artigen Felsarten in sehr auffallender Weise hervor. Knapp an den
weißen südlichen Abstürzen derTriaskalksteine der Petzen laufen als eine
schwarze, zackige Mauer Granitit und Syenit hin, einem riesigen
Gange wohl vergleiclibar. Die Thalsohle besteht zum großen Theile
aus großflasrigem Casannaschiefer, von dem man übrigens auch
große eckige Scherben in den granitischen Teig eingebettet sehen
kann. Den südlichen, rechten Abhang bildet meistens der Tona-
litgneiß.
Bei dieser allgemeinen Beständigkeit des Streichens ist es um
so auffallender, daß auf der Höhe des Ouschowa-Passes eine scheinbare
Anomalie eintritt. Nachdem man von Ost über Tonalitgneiß aufwärts
gestiegen ist, sieht man nicht nur zur Rechten in geringer Entfernung
die Kuppen der Triaskette sich erheben , sondern auch zur Lin-
ken (gegen Süd) erhebt sich eine öde und zerrissene Masse von
lichtem, Iheilweise dolomitischein Kalkstein, geschichtet und äußer-
lich dein Plattenkalke durchaus ähnlich ; sie bildet die Kämme der
Ouschowa und des Liepi-Vrh und fällt südlich gegen Sulzbach ab.
Lipo Id fand in derselben große Muschekjuerschnitte, welche er für
die Dachsteinbivalve hielt ;') und ich seihst habe dort ähnliche Reste
gefunden.
') Indem ich dieses Gestein dem Toiialit ver<;leiche, beinfe icli mich zugleich auf ilie
Autorität der Herren H o e h s t e 1 1 e r u. I'eters. Es unterscheidet sieh, wie es
»clieint, nur durch eine Anljij^e zur Fiiriiilelstruclur. S I n d e i- n;ninte es llorn-
hlende-Gneiss.
■-) Auch im .liihrh. 18S(>, VII. Verli. S. :{t!ö erwiihnt.
•') .Ishrh. 1857. VIII. S. 4;)9.
n)er die Äqiiivalontp «les Roll)liefr<*nilen in <1eii Siidiilpen. 26 i)
DicÄiiiilicIikt'it mit dem Plattoiiknlke ist wie gesaij^t. eine au(k'r-
ordentliclit'. .'(her tcnl/, (Icrscllx'ii und tiMttz der Querschnitte großer
Bivalven kann kaum <'in Zweifel danilier obwalten, daß diese Masse
die Fortsetzung des lichten,, ueschicliteten und theilweise dolomitisclien
Kalksteins sei, welcher an der Vellaeh in ansehnlicher Mächtigkeit
zwischen dem Casanna-Schiefer und den [)etrefaetenluhrenden Lagen
der Steinkohlenformation liegt.
Die Kenntniss von der Lagerung dieser lichten Dolomit- und
Kalksteinmasse erleichtert außerordentlich das Verständniß des
Baues der gegen Süd und gegen Südost folgenden Gebirge, wo man
an zahlreichen Stellen, insbesondere in Krain und in Süd-Steiermark
lichten Kalkstein mit großen Bivalvenquerschnitten in unmittelbarer
Autlagerunff über den Conglomeraten und Schiefern der Steinkohlen-
formation getrotfen bat. In den Karawanken schwillt diese Masse
zu bedeutender Mächtigkeit an. während, wie es scheint, der Casanna-
Schiefer im Hangenden ganz verschwindet. Hier ist sie zuerst von
Foetterle und Peters als „oberer Kohlenkalk" ausgeschieden
worden, während man die bivalvenfübrenden Partien als isolirte
Flecken von Daclisteinkalk ansah. —
Der kärntnerische Schieferzug stellt sieh demnach vom Gail-
thale bis an die Ostgrenze des Landes als das Streichungsgebiet eines
der Sehichtenfolge des Gebirges normal eingefügten Gliedes dar,
welches, aus den Gesteinen des Casannaschiefers bestehend, Lager-
massen von Granitit, Syenit, Syenitporphyr und Tonalitgneiß umfaßt,
in seinen hangenden Theilen den durch seinen Talkgehalt ausge-
zeichneten Horizont der Quecksilbervorkommnisse darstellt, dabei
gegen Nord von den jüngeren Ablagerungen, und zwar zunächst vom
Grödener Sandstein , dann von der Trias, gegen Süd aber zuerst
vom weißen oberen Kohlenkalk, dann von den versteinerungsreicbeu
Schiefern und den weißen Conglomeraten der Steinkohlenformation,
endlich vom unteren Kohlenkalk begleitet ist.
Jenseits der östlichen Grenze Kärntens ändern sich diese Ver-
hältnisse.
Die nördlich vorliegende mesozoische Kette der Petzen, der
Oisterza und des Ursulaberges endet südlich von Windischgratz und
der Schieferzug tritt in unmittelbare Verbindung mit dem ausge-
dehnten Schiefergebirge, welches von Klagenfurt und r>l('ylierg her
die Mittelzone der Alpen begleitet. Hier tauclit die große Granitmasse
2 () (5 S u e s s.
des Hneher^ebirges auf. Rolle hat die ausführlichste Beschrei-
iMing dieses Geliirges gegeben '). Es geht aus derselben hervor, daß
nördlich vom Bacher, zwisclien diesem und der Centralmasse der Kor-
und Sau-Alpe, die Höhen dt's Poßnick- und des Remscheniggebirges
aus den untersten Gliedern der Trias, aus grünem und grauem
Schiefer, und unter diesen aus erzführendem Glimmerschiefer be-
steben, in welchem auf Blciglanz und Kupfer gebaut wird. Ich
kann hinzufügen, daß es der typiscbe Grödener Sandstein ist, welcher
in der Nähe der Eisenbahnstation Wuchern diese Schiefer über-
lagert 3). Ein Theil derselben gehört somit gewiß der Fortsetzung
der Schiefer des Vellach- und des Mißtbales und zugleich jener
Schieferzone an, in welcher im Westen, bei Stoekenhoj, auf Queck-
silber gebaut wird, an. Nun ist der Granit des Bacher verschieden
von den Gesteinen der Mittelzone, wie dies Stur neuerdings be-
stätigt hat 3) und schließen sich die schieferigen Gesteine an denselben,
ohne eine nachweisbare Einschaltung der Steinkohlenformation oder
anderer paläozoischer Schichten, so wie der erzführende Schiefer im
Val-Sugana sich an den Granit der Asta-Masse schmiegt.
Es fehlt mir jedoch an hinreichender persönlicher Anschauung
in diesem Gebiete, um sagen zu können, ob eine solche Gleichstel-
hnig der Granite, der Asta und des Bachers wirklich zulässig ist.
Südlich vom Bachergebirge setzen sich die unter dem Casanna-
schiefer liegenden Schichten und insbesondere die Sleinkohlenfor-
matioii in fast ununterbrochener Weise fort, ohne am Granit des
Bachers bekannt zu sein. Spatheisensteinlager gesellen sich zu diesen
älteren Schichten und haben unter dem Namen der Weitensteiner
Eisenvorkommuisse Gelegenheit zu mancherlei Discussionen gege-
ben*). Schon von einem Punkte, welcher ohne Zweifel dem nur durch
eine kurze Strecke von den jüngeren vulcanischen Gesteinen des
') .liilnl). 1837, Vm, S. 266 u. folj?.
~) Stilller hat vor sehr l;\nger Zeit die rolhen Gesteine von (jrifen (NO. von
Vülkermarkt) den tallih:iUi<{'en Conglomeraten der östlichen Schweiz gleichgestellt.
(Min. Taschenbuch, 1829, S. 733).
8) Jahrb. 1864, XIV, S. 439.
*) Morlot, Ber. d. Freunde d. Natiirw. 1849, V, S. 177; Rolle Jahrb. 18Ö7,
Vlll. S. 427; Zollikofer eb. das. 1859, X, S. 206; Stur, eb. das. 1764,
XIV, S. 439 u. an anderen Orten.
I
über die Äquivalente des liolliliefreiiden in den Siidiilpen. 26 i
Smrekouz unterbrochenen Zuge von Kolilenkalk angehört, weleher an
der W'lliu'h beschrieben wurde, nämlich von Sehünstein, geht, wie
Stur gezeigt h;it, der Zug dieser Weiteusleiner Eisenvorkommnisse
aus und quert OSO. streichend, das südliche Steiermark. F»ei
Weitenstein selbst führt der Kalkstein Productus com ') und die
begleitenden Quarzsandsteine und Quarzconglomerate enthalten
kleine Kohlenflötzchen. An der Gonobitzer Gora setzt sicli dieser
Zug fort 2) nnd erreicht endlich die kroatiselie Grenze.
Im Süden von diesem Zuge tauclit noch an mehreren Punkten,
wie z. B. an den Gehängen des Rudenza- Berges bei Windisch Lands-
berg, Spatheisenstein, Quarzconglomerat und Kohlenkalk hervor. Ein
großer Theil der lichten Kalksteine und Dolomite, deren Einlagerung
in die älteren Schiefer in Süd-Steyermark man durch ein verwickel-
tes System von Verwerfungen und Überschiebungen zu erklären
versucht bat-) dürfte dem oberen Kohlenkalke zufallen.
I
4. Abschnitt.
Ende bei Szamobor. — Tergove.
Gegen Südost nimmt der Reichthum der süd-steiriscben Spath-
eisensteinlager zu, Sie erlangen in den benachbarten Theileii
Kroatiens und der Militärgrenze eine viel größere Bedeutung; sie
wiederholen sich mehrfach über einander innerhalb der unter dem
Grödener Sandstein liegenden Schiefer, und sind in den meisten
Fällen von Kupferkiesen im Hangenden oder im Liegenden begleitet.
Das merkwürdige Land, aus welchem ich jetzt einige Beobach-
tungen anzuführen habe, nämlich der südwestliche Theil Kroatien's
sammt dem Gebiete der Banal-Grenz-Regimenter, ist in Bezug auf
die allgemeinen Grundzüge seines geologischen Baues erst im Laufe
der letzten Jahre durch Stur genauer bekannt geworden*), und
wer in demselben gereist ist, wird dankbar die Aufopferung unil die
1) Rolle, .].il>rl.. 18")-, VIII, S. 420.
3) Zoll i koler, Jiilirb. 185», X, S. 207.
3) z. B. Züllikofer, Jalnii. Ibö9, X, S. 104, lüg. 2.
*) Jahrl). XllI, 18C3, S. 485 — 523.
268 Suess.
AnsdaiRM' anerkeiiiicii, weU'lie crfoi-derlieh waren, um unter (leii
herrsclit'iiden Verliälliiisseu zu einer so klaren llbersieht auch der
entlegensten Theile dieses Gebietes zu gelangen.
Das Bergland südlich von der Save besteht aus einer von
Westen, aus dem Gebiete des Karstes, herüberreichenden Decke von
Ablagerungen der Kreidelbrmation, insbesondere Caprotinenkalk, aus
welcher an vielen Stellen die Trias hervorragt, als deren Unterlage
die älteren, sogenannten „Gailthaler-Schichten" sammt den Erzlagern
erscheinen.
Im westlichen Theile dieses weiten Gebietes wurde zuerst
durch Foetterle im Jahre 1855 •) näherer Aufschluß über die
ältesten Gebirgsglieder gegeben. Diese fallen der Steinkohlenforma-
tion zu, wie durch die Auffindung bezeichnender Versteinerungen
{Productus , Orthis u. s. w.) bei Mrzla Wodica (0. von Fiume)
gezeigt wurde; im Sandsteine bei Fucsine (S. von Mrzla Wodica)
fand Foetterle Pflanzenabdrücke. Rother Sandstein und Dolomit
überlagern das ältere Gebirge, in dessen oberstem Theile, nahe unter
dem rothen Sandstein, die Schiefer auf eine längere Strecke hin Ein-
lagerungen von Brauneisenstein umfassen. — Nördlich von diesen
Punkten , bei Trstje südlich von Csubar (SW. von Gotschee) fand
Foetterle Zinnober. Nach seinen gütigen Mittheilungen findet sich
derselbe hier in der Gestalt von linsen- bis erbsengroßen Körnern,
welche in abgerolltem Zustande in einem fast graubraunem Sandstein
enthalten sind , welcher dem unteren Theile der Werfener Schichten
zugezählt wird.
Ahnlich verhält es sich mit der Gliederung des Gebirges weiter
im Norden und im Osten.
Wenn man von der durch ihren Reichthum an fossilen Fischen
bekannten Eisenbahnstation Pod-Sused, westlich von Agram, gegen
Süd quer über das Savethal nach Szamobor fährt, wird man durch
die sanften und gestreckten Formen der V orhügel, an deren Fuß und
Abhängen das Städtchen liegt, unwillkürlich an die tertiären Um-
säumungen der Gegend von Wien erinnert. Es ist jedoch weißer,
bröckliger Dolomit, welcher, zu runden Umrissen abgevvittert, an
dieser Stelle den Rand des Gebirges ausmacht. Im Orte Szamobor
selbst ist er an einer Stelle deutlich geschichtet und fällt nach Süd.
«) .lahih. VI, S. 417.
über die Äquivalente des Rothlieg-eiidon in den Siidalpcn. 269
Das hier inündende Tlial ist ebeiil'alls in diesen Dulüinit ein-
geschnitten und erst nach etwa andertliaibstiindiger Wanderung
erreicht man die ersten Spuren der älteren Schieter, nicht lange
darauf den Bergort Rüde. V u kotin o vi c ') und Stur 2) haben
Beschreibungen der Erzlagerstätte von Bude verölTentlieht. Man
besitzt ferner eine ausführliche, schon aus dein Jahre 1815 stam-
mende Darstellung von Lemairc"). Als ich den Ort im Herbste
1867 besuchte, fand ich das Werk aufgelassen und die Anlagen im
Verfalle.
Die Spitze des Dreifaltigkeits-Berges , welcher sich an der
linken Seite über der Ortscliaft Bude erhebt, stellt sich von» Thale
und insbesondere vom jenseitigen Gehänge aus als eine kegelförmige
Masse von lichtem Dolomit dar, welche von einem grellrothen Saume
umgürtet und von dem dunkleren und sanfteren Gehänge des tieferen
Theiles des Berges abgegrenzt ist. Es ist dies wirklich Trias-Dolomit,
dessen unterer Theil nicht sichtbar ist; der rothe Saum besteht aus
Grödener Sandstein, welcher, an einer Fahrstraße in etwas größerem
Maße aufgeschlossen, ganz wie imVellachthale nach allen Richtungen
von Gyps dui'chdrungen ist. Unter dem rothen Sandstein scheint
eine wenig aufgeschlossene und minder mächtige Lage von milderen,
schwarzem Thonschiefer mit zahlreichen Glimmerschüppchen zu
folgen und unter dieser befindet sich, in der Nähe der Dreifaltigkeits-
Kirche ein 35 Klafter langer Stollen auf Eisen. Das Gestein, in
welches derselbe getrieben wurde , ist ein dunkles und eisen-
schüssiges Quarzconglomerat, welches seiner Lage wie seiner Be-
schaffenheit nach dem Verrucano-Conglomerat entspricht und zwar
nam.entlich jenen eisenreicheren Abänderungen, welche im Vorarlberg
häufig sind. Der ganze übrige Abhang besteht aus Schiefer von der
gewöhnlichen Beschaffenheit der Casanna- Schiefer. Aus diesem
stammt wohl der Pflanzenrest, welchen Stur mit einigem Zweifel zu
Sigillaria stellte *).
1) Jahrb. 18ÖÖ, VI, Verh. S. 166.
2) Jahrb. 1863, XUf, S. 490, 491.
8) Notice sur les niines de cuivre pyriteux de Zamobor; Joiirn. des Mines, vol.
XXXVIII, p. 33—36.
*) Lemaire erwähnt das Vorkommen von Anlhr.Tcit in der finibe, und stellt aus
diesem (Jrunde (im .1. 1813J die Lagerstätte von Rüde im Alter der Steinkohle des
nördlichen Frankreich gleich (p. 43, öO).
270 su.-.i.
Die wichtigsten Baue von Uude heiindeii sich näher der Thal-
sohle, am rechten Gelihänge gegeiüiher vom Dreilaltigkeits-Berge.
Sie wurden eine Zeit lang auf Kupfer, zuletzt auf Eisen hetrieben. Es
sind drei Stollen über einander vorhanden. Der tiefste, Wlasiestollen
lieferte etwas Gyps, Eisen und das meiste Kufd'er, namentlich aus
seinen drei Schächten Barbara, ^laria und Joseph; der nächsthöhere
Dreifaltigkeitsstollen lieferte Gyps und Eisen; der höchste KokeU
Stollen gab Gyps und schlechtes Eisen. Die vorhandenen Gruben-
karten geben als Hauptstreichen bor. 13-6, mit dem Vertlächen
48 SW. an: die Profile der Grubenkanzlei, in welche mir die
Einsiclit gewährt wurde, geben bei reclilsinnisch mit dem Ah-
hange vertlächenden Schichten im Hangenden etwas Kalk, unter
diesem das Gypslager, das Lager von Spatheisenstein, in seinem Lie-
genden von Kupferkies begleitet und unter diesem die Grauwacke an.
Den Hangendkalk, welcher der unteren Trias angehören müßte, habe
ich nicht gesehen, dagegen wenigstens in den oberen Stollen, bemerkt,
daß sie unmittelbar in dem Gypslager, nämlich im Grödener Sand-
stein, angeschlagen sind. Das Spatheisensteinlager selbst enthält
zahlreiche große und kleine Gerolle von Quarz und Kieselschiefer
und entspricht, wie am Dreifaltigkeits-Berge, dem Verrueano. Nach
einer gütigen Mittheilung des Herrn Directors Schönbuch er in
Tergove, welcher durch lange Zeit in Rüde beschäftigt war, befindet
sich jedoch in dem sogenannten Grauwackenschiefer noch ein zweites
tieferes Lager von Spatheisenstein und Kupferkies, welches, da die
Schichten gegen die Teufe sich aufrichten, vielfach als ein Erzstock
aufgefaßt, aber noch nicht in größerem Maße abgebaut worden ist.
Die zu Tage sichtbare Schichtfolge am Dreifaltigkeits-Berge, so
wie die vorliegenden Erfahrungen aus der Grube stimmen also auf
eine befriedigende Weise überein, und es ist sicher, daß die Spath-
eisensteinlager von Rüde nicht weit unter dem Grödener Sandstein
liegen.
Einem ähnlichen oder ein wenig tieferen Horizonte gehören die
Eisenerze zu Topuszko an der Petrova gora an, welche nach Stur
(S. 499) den Gailthaler-Schichten eingelagert sind. Auch in diesem
Gebirge entdeckte Stur Spuren von Ptlanzenabdrücken in den
Schiefern. Ich habe diese Stelle nicht besucht.
Der weiteren südöstlichen Fortsetzung dieser Vorkommnisse
gehören die reichen Erzlagerstätten der Umgebung von Tergove in
ri)iT die Äquivalente ties Rothliegeiiduii iii den Siid;iliieii. 27 1
der Militärgreiize (II. Banal-riegimeut) an, welche Vukotiiio vic
schon im Jahre 1855 der Lagerstätte von Rüde dem Alter nach
gleichstellte.
Lipoid gab im Jahre I806 <) eine Beschreibung des außer-
ordentlichen Reichthumes dieser, wie er damals schon richtig er-
kannte, in die „Gailthaler-Schichten"' eingeschalteten Lagerstätten,
über welchen nach seiner Angabe der rothe Sandstein, der Werfener
Schiefer und Triaskalksteine auftreten. Kupfererze, Bleiglanz, Fahlerz
und insbesondere Spatheisenstein sind es, welche diese Lager aus-
machen.
Im Jahre 1863 lieferte Stur 2) eine ausführlichere Schilderung
dieser Vorkommnisse, in welcher Lipoides Angaben über die Lage-
rung bestätigt und viel weiter ausgefülirt wurden.
Ein kurzer Aufenthalt in Brslinac bei Tergove hat mir durch
die zuvorkommende Führung und vielfache Miltheilungen des Werks-
directors Herrn Schönbucher so eigenthümliche Bestätigungen
der in anderen Theilen der Alpen gemachten Beobachtungen über den
wahren Horizont der Thonglimmerschiefer gebracht, daß ich dieser
Gegend eine ausführlichere Besprechung widmen muß.
Von Sissek über Petrinia und von dort über Jakubevac und
Makovo nach Süden reisend, erlangt man am Ende des großen Samarica-
Waldes, am Rande eines langen und ziemlich steilen Abfalles, uner-
wartet eine weite Fernsicht über die Grenzgebirge und die zunächst-
liegenden Theile Bosnien's. In der Tiefe des Vordergrundes liegen
dunkle und gedehnte Rücken, welche die Thäler des Zirovac-
Baches bei Tergove und der Unna bei Novi undDvor verbergen; über
ihnen hebt sich weithin sichtbar eine lichte Ebene, aus welcher in
großer Feine in edlen Formen ein Hochgebirge aufragt, welches
man hier mit dem Gesammtnamen Rissovac zu bezeichnen pflegt;
rechts von demselben (gegen Süd-West) sieht man die schroffen Ab-
stürze der Liccaner Alpen, zwischen diesen und dem Rissovac in
größerer Entfernung eine dritte Gruppe von liohen Bergen. Die öst-
lichen Ausläufer des Rissovac werden von einer sehr hohen, ziemlich
isolirten und weit entfernten Pyramide überragt. Gegen Südost ver-
liert sich die Ebene in blauen Duft und werden nur die sanfteren
Umrisse niedrigerer. Berge bemerkbar.
1) Jahrb. VIl. Verh, S. 848—830.
2) Jahrb. XIII, S. 302 -SOS.
272
S U -
bemerkte, aus steil iiacb Norden geneigtem, gb"nimerreieheii Flysch,
welcher Fiicoiden, die bekannten hibyrinthCürmigen Zeichnungen und
tropfenförmigen Wülste auf den Schielittlächen zeigt. Im unteren
Theile des Abhanges ragt in sehr auffallender Weise eine Anzahl
kleiner felsiger Klippen aus dem Boden liervor, welche aus Grünstein
bestehen. Sie gehören einem gru(J»en Zuge von Serpentin und einem
dunklen Grünstein an, welcher von Stur (S. 5ü9)imLjeskovac-Thale,
westlich von dieser Stelle, beschrieben wurde, und den ich auch
weiter im Osten, längs der türkischen Grenze, etwa eine Stunde süd-
lich von Kostaiiiica traf. Dort greift, in einer Breite von etwa
3/4 Meilen, weißer Leitliakalk mit Spondyl. crassicosta und Ostred
crassicostuta von Bosnien nacii Österreich herüber, in regelmäßigen
weißen Bänken längs der Unna den schwarzen Serpentinritfen unmit-
telbar aufgelagert, und zieht sich bis au A^w Südrand der Samarica
herein, wo die Buine Pedail noch auf weißem Nulliporenkalk (mit
großen Steinkernen von Conus) erbaut ist.
In der Richtung von Rujeva^ abwärts gehend, trifft man auf
eine große Mannigfaltigkeit von Gesteinen; Stur hat in dieser Ge-
gend Kreideschichten mit Inoceramns, rothe Kalkmergel mit Apty-
c/ius und Werfener Schiefer unterschieden. Alle diese Schichten
zeigen eine sehr veränderliche Neigung und verrathen eine Störung,
welche in der Bichtung des Hauptstreichens durch das Gebirge läuft.
Dem Thalgrunde etwas näher schließt sich an diese Vorkommnisse
eine Reihe von gerundeten Kuppen, welche in wirrem Gemenge ge-
wundene Schiefermassen und zerrissene, stellenweise vor Jahren in
Abbau gewesene Putzen von Eisenstein und Kupfererzen enthalten.
Erst südlich von diesen Kuppen, im Thale desZirovacbaches stellt sich
ein allgemeines und gleichförmiges Fallen der Schichten, und zwar
gegen Süd -West ein.
Der Zirovac-Bach mündet bei Podove (Dvor) in den Grenzfluß
Unna; seiner Thalfurche gehören die Ortschaften Tergove undBrslinac
an. Das Tergovaner Erzgel)irge, wie wir es nennen wollen, wird diurh
diesen Bach gegen Nord von der übrigen Landschaft abgetrennt und
stellt sich von Norden her als eine aus dunkeln, bewaldeten, zusammen-
hängenden Bücken gebildete Masse dar, welche sich nur wenige
hundert Fuß über das Thal erhebt. Eine Kuppe im Westen trägt die
Schloßruine Gvozdansko. Der vordere Theil der Abhänge besteht
i'lifi ilif Ai|iii\:ilciilc dr.s Rofliliryciidfn in rliMi Sii(l;iliirn 273
giiiiz aus (k'ii or/fiiliiciMlcii (icldidcii und den Lagei'ställiMi. Die lic-
iVrcii Italien lallen clwa iiiil iO .^iiducstlicl), die liuliereii sleiler bis
zu (i'i, \\(diei jedoeli aueli diese li("dieren in der Teul'e in llaehere
Las^eruni; ülx ryelieii : g<\i>eii Süd ersidieint aueli eine (irujipc von
('nt<;en('nselzf (Nurd-Ost) lallendeii Ijaf-ern. welelic vielleicht als die
Gegenniit-c! der höheren Lag'er aulzufasseii sind. Endlieh treten im
Hangenden einztdner Theile des Gebirges die von Stur nachgewie-
senen (Glieder der Triasl'urniation aul".
(icgen Ost wird das Erzgebirge von der Unna durclisehnilteii
und tindet seine Fortsetzung auf türkischem Gehi<>te l)ei IVovi; höchst
wahrscheinlich zieht es sich noch sehr weit in das türkische Gebiet.
Das (iebirge besteht aus Schieler, der bald gntßtlaseriger Thon-
glimmerschiefer, bald, und namentlich in den höheren Schieiilen
schwarzer 'l'lHHiscIiiel'cr mit Glinunersc!iü|i[)chen ist; zuweilen ent-
hält er kleine Sandsteinlagen oder nntergcürdnete liänke von rein-
körnigem grauem Conglomerat. Im tiefsten Theile sind mehrere Kalk-
lager vorhanden. Die eingeschalteten Lager bestehen hauptsächlich
ans Spatheisenstein und Quarz, doch kommen iu einzehien Horizonten
auch Kupferkies und Bleiglanz in größerer Menge vor. Der erstere
scheint keinem der Lager gänzlich zu fehlen und zeigt sich in der
Weise, daß er ein Band im Hangenden und im Liegenden oder auch
nur an einer Seite des Lagers bildet und nur selten im Quarz in der
Mitte des Lagers erscheint. Die Lager selbst nehmen durch stellen-
weise Contractionen die Gestalt von flachen und zusammenhängenden
Linsen von großer Ausdehnung an, welche jedoch an bestimmte Hori-
zonte gebunden sind i).
Das tiefste Glied des Tergovaner Erzgebirges bildet einFlötz von
grauem Kalkstein und eisenhaltiger Rohwand, gegenüber Germosany
(Turski potok); die entblößte Mächtigkeit beträgt bis 150 Klafter,
dasselbe ist 40° weit von einem Stollen durchquert. Unmittelbar auf
diesem Kalkstein ruht .das Eisenerzlager von Todorovico Brdo.
Turski potok und Liccarovac ; als südliche Fortsetzung desselben
Lagers sind die Kupferkiesvorkommnisse von Mirkovic Potok anzu-
sehen. Über diesem Lager folgt etwas Schiefer, dann Roh wand und
auf dieser der Victoria-Eisenerzzug. mit einem Lager V(ui Kupferkies
im Hangenden; hier kamen Krystalle von Bleiglanz vor.
') Die naiiifolgendcn Angilben stiiUeu sich hiiuptsüehlich auf die Krlaliiiingcn des
Herrn Dir. S e li ö n h ii c h e r.
Sit/.h. d. matliein.-n.itinw. 11. I.VII. Kd. I. Ahlli. 18
274 Sirt'ss.
AhrniiaLs l'olgl i'lwiis Um her Srliii-lt-r, dann eine neue 00 — 70
Maller mäehtige Masse von Uoinvand und schwarzem Kalk niil weissen
Adern, und unmittelhar auf diesen das Erzlager von Jokimpotok,
V^ineeuzi, Harhara, Koszavinograd, der Jnliusbau (als Kupferkiesbau
im Hangenden des Kisensteines), Guhovac und Katlinovac. — An
diese Schichtfolge seiilielJ»! sieli zimäelist ein im Graben von Brslinac
entldilßtes I*rolil an, und zwar erselieiul nun Schiefer mit einem
kleinen Kujd'erldatle und einem mäehligen Eisenerzlager im Han-
genden. Daraul' folgt ein weiteres Eisenerzlager, das in seiner nörd-
lichen Fortsetzung beiSamardia sich als ein von Kupferkies begleiteter
Sjiatheisensteinzug darstellt. Ein verwittertes Kieslager liegt darüber
und auf der Höhe des Jovico Brdo und der Sestina Kossa folgt ver-
willerter Spatheisensleiu.
In dem überlagernden Schiefer, einem großflasrigen, nicht eben-
tliichigen, von einzelnen feinsaiidigen Schmitzen durchzogenen glim-
merigen Tlionschiefer ist es mir gelungen, eine Anzahl bestimmbare
Ptlanzenreste aufzutinden, über welche weiterhin berichtet werden
wird. Der Fundort liegt unweit Vdu der Rezanovic-Mühle, südlich vom
Dorfe Gvozdansko, am Westahliange des früher erwähnten Schloß-
berges gleichen Namens, welcher zu dem Höhenzuge der Sestina
Kossa gehört •). Das Streichen ist hier hör. 20, Verfl. 50 in W.
Höher folgen mehr ebentlächige, nie sandige, mit Glinnner-
schüppchen bedeckte und in der Teufe dunkle Schiefer ohne Ver-
steinerungen und in ihnen das reiche Lager von Gradzki Potok, das
Hau|dlager vou Kupferkies, auf welches eben der neue Tagschacht
niedergebracht wird. Es enthält, wie gesagt, verhältnißuiäßig das
meiste Kupfer, doch kommen auch Bleiglanz, Eisenstein und Quarz vor.
Noch über diesem liegt als Hängendstes das Ferdinandi-
Lager, in welchem die alten Baue des 15. und 16. Jahrhunderts
umgiugen; es besteht aus silherhälligem Blei, dann aus Kupferkies
und Spatheisenstein.
Die Fthuizenreste iu dem memhranösen Tlionschiefer von Gvoz-
dansko zeigen keine Spur von kohligen Stolfen, sondern sind nur als
zarte Gerippe von Schwefelkies zwischen den Flasern des Schiefers
sichtbar. Größere Stämme sin(t selten: auch bei ihnen ist die kohlige
') Die Kupfererze von (Jvo/.ilniisko winden .selion von il;ic'i|net beschrieben. Oryc-
togr. Carniol. IV, S. 14 u. Col^.
nbor ilic Äqiiiviilf'iite des Rotliliepreridcn in den Siidalpeii. 27ö
Hülle vollkommen entfernt und ein Netz von Schwefelkiesleisten ver-
riitli die einstigen Sprünge und Spalten in derselben.
iJie ersten Stücke, welche ich an dieser Stelle auflas, schienen
zuei Arten des Rothliegenden und eine Art aus der obersten Zone
der Sleink(ddenfonnalion anzudeuten. Seitherige Aufsamnilungen
haben Stur in die Lage versetzt, diese Flora mit Bestimmtheit dem
obersten Vegetationsgürtel der Steinkohlenformation gleichzustellen ') ;
diesem Resultate hat sich Prof. Geinitz angeschloßen. Nach diesen
letzten Untersuchungen kennt man von Tergove folgende Arten:
Cnlamites Suckoivl B r o n g.
Neuropterk anriculata B r o n g.
Alethopteris uqtiilina Schi.
Stif/maria ficoidcs Brong.
Von diesen bedecken insbesondere die Reste der Neuropteris
anriculata mi sehr großer Menge die Flasern des Schiefers; ihre
Ähnlichkeit mit Odontopteris ohtnsiloba Na um. hatte früher Dyas-
pflanzen in Tergove vermuthen lassen.
Der erzführende glimmerreiche Thonschiefer von Gvozdansko, der
Liegendschiefer von Rüde, welcher dort unter den Äquivalenten des
Verrucano und dem Grödener Sandstein liegt, und mit ihm der Thon-
glimmerschiefer oder Casanna-Schiefer des gesammten südlichen
Abhanges unserer Alpen umfaßt somit die höchsten Abtheilungen der
Steinkohlenformation ; ob diese große Gruppe stellenweise auch
Theile der Dyas in sich begreife, werde ich an einer später folgenden
Stelle zu erörtern haben. Die Thatsache aber, daß die Flora des erz-
führenden Schiefers von Tergove einem höheren Horizonte angehöre,
wie jene der Stangalpe, entspricht nicht nur vollständig den Lage-
rungsverhältnißen des erzführenden Thonglimmerschiefers in anderen
Theilen der Alpen, sondern gibt zugleich volles Zeugniß für die
Wichtigkeit der im Laufe der letzten Jahre in Bezug auf die Gliede-
rung der Steinkohlenformation erreichten Resultate. Die tieferen
Flötze von Kalk und Rohwand bei Tergove entsprechen ihrer Lage
nach dem oberen Kohlenkalke, welcher sich an mehreren Punkten
in eine Anzahl getrennter Kalklager zu scheiden scheint.
<) .lahil). 1868. XVIII, S. l.'iS.
18*
270 sues.s.
Kiir die etwaige Aiiiialime , (lalA mit dem tiefsten Kalktlol/ liei
Germosaiiy auch schon der milere K(dileiikalk erreicht sei, hegen vor-
hiudg keine Beweise vor.
V^om Hangenden der er/l'iihrenden (iehihle liahe ich nur jenen
Tlu'il gesehen, weh'her hings der liirkisehen Grenze, gegenüher von
Novi an der Unna enthliißl ist. Slur hat eine Beschreibung dieser
Stelle gegel)en. Der hellt riilhliehviolette , mihle Schiefer und die
Bänke von röthhchvioh'ltem, auch grauem Kalk mit weißen Adern,
welche ich hier sah, und welche jenen vollktmunen gleichen, die
ii.irdlicli von Rujevac in der Nähe von Griinstein anstehen, wurden
von meinem Vorgänger an beiden Stellen zum W'erfener Schiefer ge-
zählt. Mich erinnerten diese (Jesteine einigermalkn an jene, welciie
in der Nähe der QuecksilhergruheM bei Kappel, also unter dem Grö-
diiier Sandstein liegen; da jedoch Stur unweit davon i1/;y^/c. Fas-
saeiisis antraf, wird wohl die Auffassung als Werfener Schiefer die
richtige sein.
Es ist eine unter den Fachmännern dieser Gegend verbreitete
Ansicht, datJ» die zahlreichen Vorkomnmisse von Eisen und Kupfer
welche in südöstlicher Richtung durch einen so grollen Theil von
Bosnien hin bekannt sind, z. B. bei Stari Majdan, Banyaluka, zwischen
Travnik und Serajevo (Busovac, Fojnica, Kresevo, Visoka u. s. f.)
als die Fortsetzung der Lagerstätten von Rüde, Topuszko und Ter-
gove anzusehen seien. Es gilt mir als eine Bestätigung dieser Ansicht^
daß auch Quecksilber in beträchtlicher Menge, hauptsächlich in den
Bergen von Inatsch l)ei Kreschewo (w esllieh von Serajewo) getrofl'eu
wird ') und daß man auch den rothen Sandstein aus dieser Gegend
kennte).
Ij Conra.l, »«'rieht a. d. kais. tüik. Minist, tl. ofl'. Arbeiten v. 31. Mai 1866; leider
mir im Aii.sznge ahgednicki in d. Ann. d. Miiies, VI Ser., t. X, p. 593; Blau in
Zeitschr. d. Ges. f. Krdknmle /.u Berlin, 1867, II, S. SOGi vgl. auch Wolf. An-
sichten iib. d. geogn. Mont. Vei'hiillnisse Bosnien'« ; 8". Ciran, 1847. S. l'l. 18.
2j R(iskiewicz, Studien üh. Bosnien u. die Herzegowina, 8**, 1868, S. 146.
Dübi'arz
Siiels- Siidnlli''"
..^^äa^icfc..
Air y,
Fig.i. Torrente JVlaso be.Jßorgo (YJl ^ugana)
l d k kHofii ,!t»Maam?l«r(
iiu'kIi ilkAkiiil d.W.iMHlii rniturv 11 L\TI.Ji(i.i Ahth.lSfiS
Suels Sii(i.il|if
llrinsilir'mi; limbn
i\ ulAiU^^i-^-Ä^-^^^^^— V
Krsles Harnfmerk
feL
riji'Yeflarh-ThaUe, Jfappel
A^/''''obrAri
J^-
rig2, JälicH .0.T, Oiischawa-parse g.|.nOsl
♦
Üliei- ilie Äi|iii\ ;ili-ti(e des RnÜilieg-cnilcii fn den SiiHjilpen. 277
E r k 1 ä 1- u n g der Tafeln.
Tafel I.
L Fig^. i. Profil des Torrenio Mitso Im Val Sugana.
„ 2. Wiuiliseher Graben Ix^i Bleyberg.
■ Tafel II.
„ i. Profil des Vellachlhales.
„ 2. Blick vom Ousehowa-Passe gegen Ost.
27(S Kl. (M-.
IJhev Conchopoma gadifoime nov. (jen. et spec. und Acan-
lliodos ((UH (lern Itothliegeiuhn (der untern Dyas) von Lehach
/jei Saarbrücken in Rheinpreussen.
Von dem w. M. Prof. Dr. Rud. Kner.
(Mit 8 lithogiiiphirten Tafeln.)
Aii«>ertgt diircli das Interesse, welclies mir im verflossenen
.lüliif das Sludium des Xefiaca?ithus Decheni ^(iw'ähiia, von welchem
die kostbarsten Stücke sich in den Thoneisenstein-Nieren von Lebach
bei Saarbrücken vorfanden,' begab ich mich während der letzten
Ferien nach Saarbrücken, theils um den Herren Doctoren Jordan
und Weiss, die mit seltener Zuvorkommenheit und Bereitwilligkeit
mir ihre Schätze zu wissenschal'tliclier Verfügung stellten, persönlich
meinen wärinslen Dank auszusprechen, theils um ihre reichen
Sammlungen vollständiger kennen zu lernen und mir dadurch ein
umfalMMuleres Bild der fossilen Fischfauna jener Gegend zu ver-
schallen. Indem mich die genannten Herren in der liebenswürdigsten
Weise aufnahmen, gestatteten sie mir nicht nur volle Einsicht in ihre
Samndnngen, sondern auch die Auswahl jener Exemplare, die mir für
meine Studien besonders geeignet schienen, und die sie mir zu diesem
Beliufe nach Wien zu senden sich gütigst bereit zeigten. Die Ergeb-
nisse dieser Studien und Untersuchungen bilden nun den Inhalt der
Arbeit, welche ich hieniit vorzulegen die Ehre habe. — Sie umfaLU
zwar mir zwei Gattungen von Fischen und eine Arthropoden-Gattung
aus derClasse der IMyriopoden'), dürfte aber gleichwcdd keinen werth-
Inscn l>t'i!iag zur Kenntniß der fossilen Fauna {\{'s Bolhliegenden von
BlicinpreMssen liefern. — Die Galtungen Anih/i/jtferus und Rhab-
doU'jtis liflJi ich V(U'sätzIich unberücksichtigt, da sie in ihren wesent-
licluMi Mcrknialcn scIkmi bekannt und auch von Pi-of. Troschel
im \l\. .laliruam;«' der \ crl dl. d. naiurf. Ver. . Nene Foljje IV in
1) Li'»7.lfre iiberlie(.\ icli ii;icliliilyliili llfirii Hr. Di.iiiii Jii .li'ri;i aiil dessen Wunsch
zur Ifcailipitniij^. im Kinvt'istiindnil^ mi( Hi-nri Dr. Jonian.
\
über Conchopoma f/adiforme nov. g-en. et spec. und Acanthodes etc. !2 / 9
dessen Benbaelitunijeii über die Fische in den Eisennieren des Saar-
brückner Steinkohlengebirges besprochen und theihveise abgebildet
wurden, obwohl sich allerdings in der Sammlung des Herrn Dr.
Jordan noch Exemplare vorfinden, die namentlich über die Bezah-
nung noch genauem und schönern Aulschluß gewähren, als dies
durch Prof. Troschel (s. Tat". II, Fig. 14—17 1. c.) geschah. Vor
allem glaube ich aber nachträglich zu meiner Arbeit über Xenacan-
tJuis (Aprilheft der Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. 1867)
anluhren zu sollen, daß ich bei Herrn Dr. Jordan ein Exemplar
von Xenacnnthus sali, welches mir über zwei mir nicht klar ge-
wordene Verhältnisse erwünschte Auskunft gab. Erstlich zeigt es
das Auge vollständig in der Seitenansicht, während alle mir«Hiinge Itetrng '/,, der (iesamnillänge.
die K»»|d*lii(lie war nur wenig geringer als die Länge, die Schnauze
stark gewiditl, {\vr Mund endsländig mit gleich langen Kiefern, aber
ni(dil erkennitarer \\ eite der Mnndsjialte. Vdii der Mitte des oberen
Mnndrandes ragten 5 — G leine gerade koniselie Spitzzähne vor und
es war w alirseiieiidieh , daß» aueli der Gaumen und die Seiten der
Kieler mit mehreren Reihen oder IJinden von Zähnen besetzt waren,
da sieb zahlreiche l'jndrüeke stnmi)ler Zäline erkennen lie(.V'n, doch
waren weder die IJezahnung genauer zu ermitteln, noch auch das
Auge und die übrigen Verhältnisse {]{'s Kopfes und seine Hedeekung.
Dagegen zeigten die muthmalMiehen Deekelslücke im scharfen Ab-
drucke die aulTallend muscbelälinlielie Form, auf welche der gewählte
(Gattungsname sich bezieht. Ks hatten sich zwei solcher muschel-
äliidicher Stücke von ungleicher (irfd^e und in verschiedener Stellung
;ibgf(lni('kl. Das gröiJtere, mit dem Wirbel nach aufwärts gerichtete
Stück, der wahrscheinliche Hauptdeckel zeigte nicht blos im UmritJ»
ganz die Korni einer Musebelklappe , sondern auch die 0j)erfläche
durch ('(»nccntrisclie Zuwachsstreifen nebst feinen dicht gesäten
K(inicrn und (J rübchen uneben. Hinter diesem großen muschel-
iVirmigen Deckel.slücke lag etwas höher ein ganz ähnlich geformtes
viel kleineres, jedoch mit na<'b abwärts gerichtetem Umb(». Umnittcl-
bar hinter letzterem lolgte der breite und stai'ke Schultergürtel, an
welchen sich etwa in lialber Höhe eine breite vielstrahlige Brust-
llosse anlegte, die jedoch nur theilweise zu erkennen war. In dieser
Gegend befand sich eine breite und sehr unebene Bruchstelle, zufolge
deren weder sicher zu entnehmen war, ob Bauchllossen noch ob
etwa eine vordere Rückenflosse vorlianden waren. Deutlieh begann die
RückcMflosse erst etwas hinter ballter Totallänge, ging aber dann als
piri|)lieriscbe conlinuirliche Flosse in die Schwanz- und Afterflosse
über. Den Saum dieser Flossen bildeten gedrängt stehende feine
faserähnliche Strahlen, deren mittlen'u und längsten fast [/.," er-
rei"hten und die auf stärk<'rc aber kürzere Träger sich stützten,
deren vordere nur ;. . weiter zurück etwa nur '/.., so lang wie die
Flossenslrahlen stdbst waren \\\n\ deren bis zur C'audale 34 — 35 zu
Ülicr Clin /lOjtuma (/iidifoiini' imv. i;eii fl s|iec. und Aiuiilliddi-.s t-lc. CO 1
zälik'ii waren. Diese Tiiiyer slaiiticii über elieii so \ieleii Donil'ort-
siilzen, die aber noch kiii/er und släiker naeli hinten geneigt Avaren,
so dalS die letzten lasl wagreehl zu liegen kamen. Noch längere liis an
■ö" li(die nornl'orlsälze raglen üherdies vor Keginn der Dorsale ziem-
lich geraile auf und zwar lü in der Zahl, die sich wie lalsche Trägci'
ansnelnnen. Die Afterflosse begann genau dem Anfang der Dorsale
gegeniiber. zeigte ganz denselben Bau nnd ließ nnr um einige
Klosscniräger weniger (32 — 33) als jene erkennen. Von VN irhel-
körpern Mar keine Spur zu sehen, nur Ihcilweise von kleinen drei-
eckigen uheren und unteren IJogensclienkcln : die Cluu'da lid last
geradlinig mit slumpfer. kaum merklich nach aufwärts gehogencr
Spitze ans. Lange, dünne und sanft gebogene Rippen umgürteten
die Seiten des Rumpfes, und zwar in der Zahl von mindestens 20 bis
22 Paaren. — Die Haulbedeckung bestand in sehr dünnen länglichen
Schuppen, die auch die Flossen bis gegen den Saum überdeckten
und deren Oberfläche fein längs gestreift und gefurcht war; (jri'd.W,
l nuilS inid Lagerung derselben ließ sich nicht genau erkennen.
\ 011 derselben Gattung nnd Art liegen mir derzeit noch sieben,
aus der Sammlung (\c?: Herrn Dr. Jordan stammende Individuen
in Doppelplatten vor, deren Beschreibung ich nach den ilmcn ange-
klebten Nummern folgen lasse, w'obei ich aber selbstverständlich
stets nur jene Partien und Tiieile besonders hervorliebe, die an dem
betrelVenden Individuum am vorzüglichsten oder nur an ihm allein
erhallen und zu erkennen sind.
Die Doppclplalte Nr. 1 schließt das größte Individuum ein.
dessen Totallänge etwas über 1' beträgt, das aber namentlich bezüg-
lich des Kopfes ziemlich schlecht erhalten ist und nur manche Details
«leutlich erkennen läßt. Der Umriß des Kopfes ist gar nicht erkenn-
bar; nur die Abdrücke der Zahnplattcii am Gaumen und im Unter-
kiefer, nebst einigen kleinen Spitzzähucn des UiiterkieJ"errandes, doch
geben sie weder genügenden Aufschluß über die Art der Bezahiuing
noch die Zahnformeu. Außerdem liegen nur ein Paar Deckknochen
der Scheitelgegend frei, deren Deutung aber auch nicht möglich ist.
Von den Deckelstücken ist nur ein muschelförmiges (wahrscheinlich
das kleinere hintere) vorhanden, dessen Umbo nach aufwärts gerich-
tet und viel näher dem Vorder- als Hinterrande liegt und ilessen
concenlrischc Streifen oder Furchen stark aiisgcjirägt sind. Die
Brustflosse ist blos llu-ilweise abgedrückt und nur erkennbar, daß
282 K n e r.
sie direct hinter der Scapula in der Höhe der Wirbelsäule eingelenkt,
vielstrahlig und ziemlich lang (etwa \-/s") war. Die Chorda nimmt
vorne in der Breite von 4'" und noch am Schwänze von 3'" die ganze
Länge der Wirbelsäule ein, Wirbelkörper fehlen ganz, nur an den
oi)eren und unteren Bogenschenkeln legen sich seitlich dünne Platten
an, von denen die langen, gebogenen und hohlen Dornfortsätze sich
erheben, und zwar hier 48 — 50 obere und 21 — 22 untere, welchen
etwa 24 Rippen vorhergehen. Die beiden ersten der hinter den Rippen
folgenden unteren Dornfortsätze gehen in starke und lange Stütz-
strahlen oder Träger der hier beginnenden Afterflosse über, deren
im Ganzen 22 zu zählen sind und denen eben so viele Dornfort-
sätze über ihnen entsprechen. Von den dünnen eigentlichen Flossen-
strahlen der Anale hat sich nur ein Theil erhalten, die mitunter ganz
deutliche Gliederung zeigen, und häufig auch gabiig getheilt sind.
An der einen Platte sind beide Bauchflossen an einander liegend
abgedrückt; sie scheinen sich nicht auf Beckenknochen gestützt
und wenigstens je 8 — 9 Strahlen enthalten zu haben, die bis zum
Beginne der Anale zurückreichten. Die Beschuppung hat sich an
vielen Stellen völlig erhalten, namentlich längs der Seite des Schwan-
zes, sowohl die Chorda als die Flossenträger und selbst die Strahlen
bis gegen den Saum überdeckend. Auch sind schon hier einzelne
Röhrchen des längs der Chorda verlaufenden Seitencanales erkennbar
und zahlreiche Schuppen liegen zerstreut an der Kehle, zum Beweise,
daß diese bis zur Symphyse überschuppt war. — Die mikroskopische
Untersuchung einzelner freiliegender Kopfknochen ergab, daß sie
aus echter Knochensubslanz bestanden . in dem ohne Schwierigkeit
sich große Knochenzellen mit radiären Ausläufern erkennen ließen.
Auf Taf. I, Fig. 1 ist das mit Nr. 2 bezeichnete Individuum in
natürlicher Größe abgebildet, das nur wenig kürzer als das vorige
in der Seitenansicht fast vollständig bis nahe zur Schwanzspitze
vorliegt. Es ist bezüglich der Wirbelsäule sammt Fortsätzen und
Trägern, des Schultergürtels, der Brust- und Bauchflossen und
namentlich der Zähne das besterhaltene Exemplar, dagegen fehlen an
der peripherischen Flosse die eigentlichen Strahlen größtentheils,
auch sind die Kopiknochen und muschelförmigen Deckelstücke nur
nndentlich zu erkennen. Im Vergleich zu anderen erscheint der Kopf
bedeutend kürzer, da seine Länge nahezu nur '/s der totalen aus-
iiiaclil. Die feinen Spitz- oder Hechelzähne in der Mitte der Kiefer
rher Concfiopoma r/adi forme nov. gpn. ot spec. und Acanthodcs etc. Zoo
sind sehr sclnvacli sichthar, hingegen die hinter ihnen befindlichen
großen Zahnplatten am Gaumen und gegenüber im Unterkiefer sehr
gut und viele Zähne an ihnen noch in Substanz erhalten, wie die
beifolgenden Abbildungen zeigen. Am Vomer scheinen sie auf einer
einfachen Platte gestanden zu haben, die vorne fast s/*" bi'eit, nach
hinten zugespitzt, daher dreieckig und wenigstens eben so lang wie
breit war. Die Zähne standen auf ihr in dichten Reihen, waren
ungleich groß, dick cylindrisch, an der Spitze etwas gebogen und
unter ihr breit löffelartig vertieft (Fig. 1 a); bei kleineren, wahr-
scheinlich weniger abgenützten Zähnen fehlt aber diese lötTelformige
Vertiefung. Diese Zähne sehen einigermassen manchen Schlund-
zähnen vonCyprinoiden ähnlich. Ob die zweite ihr gegenüber liegende
Zahnplatte, welche ganz gleich geformte Zähne wie die obere trug,
dem Unterkiefer oder etwa der Zunge angehört habe, muß ich frag-
lich lassen, möchte aber letzteres deßhalb glauben, da sie stets der
oberen Gaumenplatte gegenüber liegt und es daher nicht wahr-
scheinlich ist, daß etwa beide neben einander am Gaumen lagen,
wenn, auch der Kopf meist einen starken Seitendruck erfahren haben
und demzufolge die Gaumeuzahnplatte mag der Quere nach zu liegen
gekommen sein, denn auch dann wäre - nicht wohl zu verstehen,
weßhalb die eine Zahnplatte stets unterhalb der anderen wiire zu
liegen gekommen, und weßhalb diese dann stets bedeutend kleiner
war. Wären beide Zahnplatten nur die Hälfte einer oberen Gaumen-
platte gewesen, so wären sie wahrscheinlich auch gleich groß oder
symmetrisch gewesen. — An der einen dieser Gegenplatten sind
parallel dem Rande der breiten Gaumenzahnplatte noch ähiiliclie
stumpfspitze Zähne m ie an der Vomerplatte zu sehen, und zwar
deren 3 — 4 in Längsreihen, von denen gegen die Kiefermitte lange
und dünne Hechelzähne zu erkennen sind. Es scheint demnach, daß
die Bezahnung im Ganzen folgende war: Die Mitte der Kiefer hielten
dünne Spitzzähne besetzt, den Gaumen eine breite und lange dreieckige
Zahnplatte mit cylindrischen stumpfspitzenSpitzzähnen, der gegenüber
im Unterkiefer (auf dem Zungenbeine?) eine ähnliche kleinere sich
befand; ob jedoch die Seiten der Kiefer und zwar beider oder etwa
nur des oberen, auch mit mehreren Reihen stumpfer Zähne geiiflastert
war, darüber ließ mich dieses, bezüglich der Bezahnung am besten
erhaltene Exemplar noch unklar. An der Kehlseite gewahrt man ein
Paar rinnenförmiger Knochenfragmente, die dem erst später zu
284 K M e r.
bespreclu'iitU'ii Kit'iiU'ii;ij»[iarale angoliörtcii. Oii' Dcckelsliicke inul
selbst das große miisclieirürmige Stiiek sind sehr iiiidentlieh , der
Ijutnei'iislheil des kräftigen Sehultergürtels ist dagegen bis znr
Clavicnlarplatte, die ins Gestein eingesenkt ist, wolii erlialten. Hinter
ihm, genau in der Höhe der Wirhelsänie h'nkle sieh die lange, viel-
sfraldige Brustflosse ein, die naeh hinten zugespitzt 2'/3" Ijänge
besaß und mindestens 1 '/;/' breit war, indem der obere Saum bis
gegen das Riiekenprofil und der untere bis an den l^mbeugungs-
winkel des Seliultergürtels naeli vorne reichte. Sie enthielt zahh-eiche
dünne, aber nicht hinge Strahlen, deren Zahl nieht genau sieh
angeben läßt; ihre Form errinnert aufTallend an jene von Dip-
lerns ValeNciemiesii wie sie bei Dr. Pander <) auf Tat". Hl
abgebildet ist. — Längs der Wirbelsäule sind I>0 obere Dornfort-
sätze zu zählen, über den letzten 25 stehen eben so viele schwach
gebogene Strahlenträger für die Dorsale und diesem gegenüber eben
so viele für die Afterflosse. Rippen zählt nuin 22, von denen die
vorderen die kürzesten und fast gerade naeh abwärts gerichtet, die
mittleren die längsten und dünnsten und stark nach hinten geneigt
und alle sehwach gebogen sind; nur an den vorderen 3 — 4 ist die
Convexität des Bogens nach vorne, an allen folgenden aber nach
hinten gerichtet. Sie reichen bis zu den 2 — 3 unteren Dornfortsätzen,
die zusammen zur Stütze der hier beginnenden Afterflosse ver-
schmelzen. Die Sirahlenträger der peripherischen Flosse sind durch-
wegs länger als die Dornfortsätze, über denen sie stehen und zwar
die längsten 8" lang, alle schwach gebogen und gleich jenen mit
der l'onvexilät nach rückwärts. Die Dornfortsätze neigen sich aber,
je näher der Caudalspitze um so mehr nach hinten und liegen zuletzt
fast wagrecht der Corda auf und nehmen an Länge viel mehr als die
Träger ab. Der Verlauf Ai^s Seitencanales macht sieh längs der
ganzen Chorda durch die Abdrücke der ziendich weilen und langen
Finzcinihrehen kenntlich; längs der Seiten des Rumpfes haben sich
über ganze Strecken die zarten längs gestreiften Rhombenschuppen
in natürlicher Lagerung erhalten.
V^on der Doppelplatte Nr. 3 gebe ich auf Taf. Hl, Fig. 1 ii nur
die Abbildung des großen muschelförmigen Deckelstückes eines
großen Exemplares in natürlieher (Jröße. von dem übrigens nur
') nie Cli-niiiliptci iiicii.
Convliopoinii ijuilif'oiiin- iiov. i sclioii vor länj^erer Zeit aiirgeriiiideii hatte.
Kig. 2 auf Tal". 1 zeigt von der Seitenansielit ein wohlerhaltenes
aber kleines, in der Dojipelplatte Nr. li eingeschlossenes Individnnm,
welches din'cli gedrungene und hohe (iestalt derart von den Exemplaren
Nr. 1 und 2 ahwcielit, daß man sich versm-iil l'iihlen könnte, selbes
l'iir eine andere Species zu hallen. Die Koptlänge ist hier nämlich nur
3-/^niaI in der Tdlailange begrilTen (bei Nr. 1 und 2 aber bedeutend
über 4mal, obwohl bei letzteren noch die Spitze des Schwanzes fehlt);
die größte Rumpfböhe vor der Rückenflosse beträgt hier i/g der Ge-
sammtlänge (bei Nr. 2 last nur i/^) und selbst am Schwanzstiele
bleibt diese llölie zu Folge der hohen |)eripherischen Flosse naliezn
die gleiche, dennoch enthalte ich micli vorerst der Annahme einer
zweiten Species und glaube, daß diese Messungsnnterschiede doch
blos vom Alter und (»röße abhängig sein dürften. Der wahrscheinlich
ziemlich natürliche Umriß des Kopfes zeigt, daß er nahezu gleich hoch
wie lang und an der Stirn- und Keblseite fast gleich convex war.
Theilweise sind die Spitzzähne beider Kieler erkennbar, besser
aber hinter ihnen die Abdrücke der größeren Ptlasterzähne der obern
und untern Zahnplatte. Hinter der langen (Gaumenplatte liegen zwei
muschelförmige Deckelstücke zumTheile über einander, die bis an den
Scbultergürlel zurückreichen, dessen breiter und dicker Himierus
nach unten sich leistenartig erhebt nnd eine ziemlich hohe und scharfe
Kante bildet. Die Brustflosse ist nur schwach angedeutet; die Zahl der
Dornfortsätze, Rippen nnd Strahlenträger stimmt mit den größeren
Exemplaren überein, nur erscheint die Rippenzahl hier noch größer,
weil viele derselben paarig vorhanden sind. Von den in natürlicher
Lage befindlichen Bauchflossen sind nur einige Strahlen theilweise
siebtbar. Seitenlinie und Beschuppung verhalten sich wie bei den vor-
hergehenden Exemplaren.
Die Doppelplatte Nr. H umschließt ein stark depresses Kopfstück,
das auf Taf. IV, Fig. 1 dargestellt ist, und das die Oberseite des
Kopfes und den Unn-iß desselben nahezu vollständig zur An-
schauung bringt; blos rechterseits scheint ein Theil des Hinterkopfes
zu fehlen und eine Verschiebung der Scheiteldeckknochen nach rechts
stattgefunden zu haben. Die größte Breite des Kopfes beträgt am
Hinterhanpte 3", die Länge von der Mitte des Kieferrandes bis zum
hinteren des Schulterknochens 3'' 5'", das Schnauzenprofil ist daher
1
I^bpi- Conc/iojinma iji(difoiinc iiov. f;eii. i'l s|iec. und Acttnthodes etc. 4ö7
purabolisch. In der Mille derselben sieht mau theilweise die am Rande
stehenden Spitzzähne und hinter ihnen liegt die grüße Vomer- und
Gaumenzahnplatte, die aus zwei getrennten Partien bestanden zu
haben scheint, einer vordem schmälern, der (|ueren Vomerplatte an-
gehörigen, auf der man in vorderer Reihe noch kurze, stumpfsjdtze
Zähne erkennt, welchen nach hinten 4 — o Reihen kleiner, rundlicher
Pflasterzähne folgen. Dann erst nach einem schmalen zahnlosen
Zwischenraum folgte die große Gaumenzalinplalte, die bis über das
Keilbein zurückreichte und die ganze Breite des Gaumens einge-
nommen haben muß. wie sich nach den Eindrücken mehrerer großer
kugeliger Pflasterzähne entnehmen läßt, die weit zurück in gleicher
Querlinie mit dem darüber liegenden muthmaßlichen Scheitelschilde
zu sehen sind. Außerdem dürften auch die seitlich an die Vomerplatte
grenzenden Gaumenbeine eine schmale Längsbinde von Zähnen ge-
tragen haben. Von den muschelförmigen Deckelslücken ist nur theil-
weise linkerseits das kleinere zu erkennen.
Die richtige Deutung der verschiedenen sichtbar* n Deckschilder
des Oberkopfes ist wohl kaum möglich, da die rechte Seite des Kopfes
theilweise fehlt, theils auch die vorhandenen Schilder verschoben und
ihre Umrisse schadhaft geworden sind. Das mit 1 bezeichnete Schild
halte ich für das Parietale, ob aber dann das sich an dessen Außenrande
anlegende (2) als Frontale posterius und das vorne zwischen beide
sich einschiebende Schild (3) als Frontale anlerius zu deuten ist,
muß um so mehr unentschieden bleiben, als über die Augen, Nasen-
gruben u. s. w. alle Andeutungen fehlen. Wenn das Schild 1 wirk-
lich dem Parietale entspricht, so ist dann das hinter ihm sich an-
reihende als Occipitale super um zu deuten.
Vom Kiemengerüste ist nur fragmentarisch ein rinnenartig aus-
gehöhltes Stück eines Kiemenbogens erhalten. Die mikroskopische
Untersuchung einzelner Splitter von Kopf knochen ergab, daß sie aller-
dings echte Knochenzellen mit strahligen Ausläufern enthalten, aber
nur sehr zerstreut, die Hauptmasse scheint zellenlose Dentinsubstanz
gewesen zu sein.
Fig. 2 auf Tai'. IV zeigt das Schwanzende eines großen, viel-
leicht des größten Individuums sub Nr. 7 von mehr als ß'/a" Länge
mit 22 oberen Dornfortsätzen, zu denen die kurzen ganz wagrecht
liegenden der äußersten Schwanzspitze nicht mitgezählt sind, und
denen eben so viele Strahlenträger, zum Theile von 1 i/a" Länge ent-
^ÖO K II P r.
«'iilspi-celicii, auf welche erst die eij^entliclieii (Ilieilei-sli-alileii lolgteii,
die ohne Zweifel rings um die Seliw anzspil/e i-eiehteii und nur g;iuz
zulelzl rasch aii[>;inll;inge hefriig hol
kleineren Individuen heiläidig 1/4 der Gesammllänge, hei gri'dJieren
aher kaum "/, : der Kopf war wenigstens gleiidi hreil wie hoch, oder
hrcilcr. der Alnml endsländig. Die Mitte heider Kiefer war V(m einer ein-
fachen Ueihe (sfdnverlich von mehreren) spitzer Zähne heselzt, der
N'omer und(iaumen miteiner hiciten und langen Platte größerer, dicker
theils kugeliger, theils stuinpfspilzer Ptlasterzähne: eine ähnliche
Zahnplaltc stand ihr gegenüher im Unterkiefer, wahrscheiidich aid'
dem Zungeiiheine, und wohl auch die (Gaumenbeine trugen eine
schmale Längshinde ahnlicher Zähne. Der Oherkopf war mit dünnen,
radiär gefm-chlen Schildern oder Deckknoidien belegt.
Das muthmai^lich kleine Auge lag seitlich dem v(M-dern Schuau-
zenrande genähert. Die Kiemenspalte wurde von muschelförmigeii
Deckelstücken überlagert, und zwar vvabrscheinlich von zwei, einem
bedeutend grid.V'rn Hauptdeckel, dessen Wirbel nach aufwärls nml
einem kleinern, dessen l'mho nach abwärts gekehrt gewesen
scheint. Der Schultergürtel bestand aus einem breiten kräftigen Hu-
merus, an den an der Kehle, ähidich wie bei vielen Siluren und Lo-
ricaten. unter einem Winkel zusammenstoßende breite Clavicular-
platten sich anlegten. Die Kiemenhögen bildeten breite rinnenförmige
Kno(dien. die Kiemenslrahlcn waren ziemlich kiu'z und dünn. Der
N'orderrumpf war hidier als der Kopf und die Tolalgeslalt mahnte ins-
hesundeie zuf(dge der hohen und weil ausgechdinten peripherischen
Flosse an Plem-onecliden. Die Rückenllosse begann aher erst nach
halber Totallänge, und ging gegen die Schwanzspitze rasch niederer
werdend, als inngreifende Flosse in die eben so wie sie gehaute After-
flosse über, nahe vor welcher die ziemlich kleinen, wenigstrahligen
Bauchflossen standen. Die zahlreichen dünnen (Jliederstrahlen der
umfassenden verticaleii Flosse slützleii sich auf lange, dünne und hohle
Träger, die seihsl auf ähidichen JJornfortsätzen ruhten. Die Brust-
flosseu waren hinler dem Schultergürtel etwa in halber Körperhöhe
Üher CumliDpoina ijadiformc iiov. yen. et spuu. und Acanlhodcs etc. 2ot)
eiiiuclenkt, liiiii-er als broit iiiii! vicistrahli«'. Der Wirbelsäule fehlten
knöcherne Körper t^änzlich inid die Chorda lief breit und geradlinig
bis an das Schwänzende ans, nur obere und untere schmale Bogen-
stücke kamen theihveise, insbesondere aber lange und dünne Üornfort-
sätze zur Knlwicklung, die wie bei Coelacanthen sämmtlich hohle
Röhren bildeten ; eben so waren die zahlreichen Rippen hohl. Der
ganze Rumpf war bis an dieFlossensänme mit dünnen, nicht emailirten
vSchuppen bedeckt, die zwar meist längliche Rhombenform zeigten,
jedoch bedeutend variirten, indem sie bald gleich hoch wie lang,
bald, und zwar namentlich gegen das Rücken- und Bauchprofil, bedeu-
tend länger als hoch waren und dann die Rhombenform verlierend, in
eine Spitze ausliefen. Am verscliiedeiidsten in Form und Größe
zeigten sie sieh an der Bauchseite hinter den Clavicularplatten, wo-
selbst sie statt der feinen und diehten Längsstreifen und Furchen mit
von einem excentrisclien Mittelpunkte strahlig auslaufenden Leisten
versehen waren und dadurch jenen an der Brust vieler Loricarinen
ähnelten. Der Seitencanal verlief parallel mit der Wirbelsäule in glei-
cher Höhe und hinterließ die Eindrücke der ziemlich weiten und
langen Einzelröhrchen, die sich bis gegen die Schwanzspitze ver-
folgen lassen.
Sieht man sich nun um die nächste Verwandtschaft dieser in-
teressanten Gattung um, behufs der Stellung die ihr im Systeme an-
zuweisen wäre, so dürfte mit alleiniger Berücksichtigung der fossilen
Fische kaum eine andere Wahl bleiben, als sie zunächst den Coela-
canthinen zu stellen oder GiebeFs honiocerken Dipterinen, obwohl
sicher ist, daß sie auch von allen hieher gezählten Gattungen sehr
wesentlich abweicht und eher als Vertreter einer eigenen Familie
angesehen zu werden verdiente. Daß sie überhaupt den Ganoiden nur
dann eingereiht werden kann, wenn man den Begriff derselben in so
laxem und weiten Sinne auffaßt, wie es leider fast noch allgemein
üblich ist, bedarf wohl keiner näheren Auseinandersetzung. Geht man
hingegen von der Ansicht aus, daß die fossilen Fische nur als vor-
bereitende Formen möglichst den in der Gegenwart vertretenen
Typen einzureihen seien, so kann es sich dann nur um die Frage
handeln, mit welcher größeren Gruppe von gliederstrahligen (malaco-
oder arthropteren) Knochenfische die vorliegende Gattung am
nächsten verwandt sich zeige. Dann läßt sich aber füglich nur an
solche Gruppen denken, die sich durch gestreckten Leib und starke
Si»/.l.. .1. iiiiilliL'iii.-iii.tiiiw. Cl. I.VII. D.i. I. Ahtli. It)
290 K n e r.
Kiitwifkluiig der verticaloii Flossen auszeichnen. Zu solchen gehören
altiM' null, da die IMcuroucctidcii wühl nicht in Betracht kommen kön-
nen, die Siluroiden, (Jadoideii und manelie Galtungen, die als inter-
mediäre Sulit'ainilien der Clupeiden bezeichnet werden. Unter diesen
würde ich mich unbedenklich l'ür die Gadoiden-Verwandtschaft aus-
sprechen, wenn nicht die erst weit rückwärts beginnende Dorsale und
die hauehständi-icn Ventralen als sehr gewichtige Bedenken dagegen
sprächen. Aber auch unter dm Silurdiden wie den Clupeiden. wiilke ich
keine lebende (jaltung, mit welcher unsere fossile in nähere Bezie-
hung zu bringen wäre, und da sich an irgend andere Gruppen und
Familien noch weniger denken läßt, so scheue ich mich nicht, ganz
einlach zu bekennen, daß« diese fossile Gattung eine derjenigen ist,
lii'i denen vorerst ohne blolk; h\ pitthelisehe Annahme der genetische
Zusanuuenhang der lebenden mit den fossilen Fischen nicht luglich
nachzuweisen ist. Nur als Verniuthung glaube ich aussprechen zu
dürfen, daß diese (Jattung ein Glied in der Entwicklungsreihe der
gliederstrahligen Knocbenfisciie bildete, aus welcher im Laule der
Zeiten allmälig die jetzigen Gruppen und Familien der Weichflosser,
insbesondere die der Siluroiden und Gadoid(!n, hervorgingen. Indem
ich für die Bezeichnung der Art den Ausdruck (jadiforme wähle,
will ich damit nur auf die Ähnlichkeit in der Gesammtform hin-
deuten, und zugleich die Bezeichnung nach dem Fundorte, etwa
Ichacense vermeiden, da die Bezeichnungsweise nach einem Fundorte
überhaupt mir nicht räthlich erscheint, weil sie auf der sich oft später
als unrichtig erweisenden Annahme eines bloß localen Vorkommens
beruht.
Zur Gattung Acanthodes Ag.
Fnler den zahlreichen E.vemplaren dieser Gattung, welche die
SU schönen Sammlungen der Herren Dr. Jordan und Weiß ent-
halten, fanden sich mehrere Stücke von vorzüglicher Schönheit vor,
durch welche es nnjglich wurde, sich von dieser theils ungenügend,
theils unrichtig erkannten Gattung ein vollständigeres Bild zu ver-
scIialVeti, als dieses die bisher bekannt gemachten Darstellungen und
Abbildungen gewährten. Die werlhvollsten und instructivsten Stücke
lin.len sich Im züulicli dieser tJatlung in der Sanunlung des Herrn Dr.
W eiß \()r, luid seiner be.snndern (iiite verdanke ich die Zusendung
Über Citiic/iiijiijiiia ijadifiniic iio\. ^t'ii. et siuc. und Mifidliodcs etc. 29 i
(IcrsellHMi /Hill Ik'luile genauerer Uiitersiichiiiig-, und lasse deren Be-
s(*hreil(unj>en und Abbildungen bier zunächst folgen.
Tal"..'), Fig. 1 zeigt in seb\\aeber V'ergrößerMiig(et\va um die i'op-
pelte Länge) das mil Nr. 1174 bezeichnete Stück, das in gerüstetem
rötblicbeniThoneisenstein eingeschlossen, demzulbige selbst von weiß-
licher Farbe, allerdings das kleinste Exemplar von allen ist, aber die ganze
(lestalt sanimt allen Flossen in iiatürlicben Umrissen und derart woliler-
liaÜen zeigt, daß es das voilsläiidigslc l>iid eines Aaml/iotics gewahrt
und als waiires Prachtstück gtilen kann. Es gibt die Seilenansiclit
des Fisches, \en Pectoralstaeliel eiil-
lernt und steht ganz am Bauchrande. Etwa J) " hinter ihm ragt der
Analstachel nach abwärts vor, der nächst den Pecloralen der läimste
(kaum 1" kürzer) und etwas dünner ist. Die Länge i\cs Scliuaiiz-
stückes liiiiter ihn, bis zur l'üsis des untern ('andaljappcn^ koiiiiiit der
292 Kner.
vorhandenen Koptlänge fast gleich. Der bedeutend kürzere Dorsal-
stachei steht um 2" näher dem Schwänze, so daß sein Abstand von
der Basis des oberen Caudallappens bloß bei 5" beträgt. Nur hinter
dein Dorsalstaehel sind noch Spuren weicher Flossenstrahlen zu er-
kennen; der untere in eine Spitze auslaufende Caudallappen ist voll-
sländig, der längere obere nur tiieilweise erhalten. Die Scliujipen be-
deckten nicht nur den ganzen Rumpf samnit Caudale, sondern auch
den Kopf, wie sich an dem Verlauf der Seitenlinien und Kopfcanäle
entnehmen läßt und sämmtliche Flossen bis an den Saum; sie
nehmen an den Seiten des Schwanzes bedeutend an Größe zu, doch
sind sie durchwegs zu klein, um bei diesem Exemplare nähere An-
gaben zu gestatten. Was den Verlauf der Kopfcanäle und Seitenlinien
betrilft, so geht ein Zweig zunächst vorne über das Auge und es hat
hier sogar den Anschein, als ob über das obere Auge zwei solche,
Zweige verliefen, der eine dem obern der andere dem untern Augen-
rande genähert; doch kann dieß wohl Täuschung sein und der untere
Zweig der supraorbitale des zweiten tiefer liegenden Auges sein.
Bald liinter dem Auge verschwinden beide Zweige, dagegen wird als-
bald der Verlauf der oberen Seitenlinie deutlich, und zwar anfangs
nahe dem Profil des Hinterkopfes, dann aber biegt er rasch gegen
die Schultcrknochen herab und zieht dann anfangs dem Rückenprofil
genähert mit leichten Schwankungen über iialber Kürperliöhe bis zu
Ende der Dorsale; erst am Schwanzstiele senkt er sich zur halben
Höhe herab und läßt sich dann bis in den Winkel der beiden Caudal-
lappen verfolgen. Eine zweite Seitenlinie beginnt gerade hinter dem
Schulterknochen, die dann dem Bauchrande parallel bis über den
Analstachel (!'" über ihm) zurück verläuft und hinter diesem sich
plötzlich zum untern Profilrande senkt und in halber Länge des
lliissenfreien Schwanzstieles verschwindet. Eine dritte Linie verläuft
vom Pectoralstacbel angefangen, hart am Bauebrande, ist aber nur
bis zum Ventralstachel deutlich, und scheint bald hinter ihm ihr
Ende zu erreichen, Mas jedoch nicht genau zu erkennen ist, weil die
ganze Bauchgegend vom Ventral- iiis zum Analstachel von Abdrücken
organischer Reste dicht besetzt wird, die eine nähere Beachtung und
Erörterung verdienen. Sie liegen in einer Doppelreihe dicht hinter
und übereinander inid nur zunächst der nahe vor der Anale gelegen
gewesenen Art.TnirMidiint,^ in einfacher Reihe. Dr. Weiß erklärte sie
für die Schalen einer Ealhcria, die er als ^J.s^Ä. ^6V///a bezeichnet n\n\
ÜI)Pr Cnnclinpnma (/ndl forme nov. gen. et spec. und Avanlhodex etc. ÄtI«)
die ziemlich liäiifiir neben ^ llnlerkiel'ers senkrechl aufwärls
ist nur wenig geringer (4" \"). Tal. VI, Fig. 1 zeigt die Abbildung in
n;;liirlielier (Jröße, da dieses Stück besonders lehrreich ist, indem
namentlich der starke und lange Unterkieler, das Kiemengerüst mil
(vier vielleicht fünf) Kiemenbogen und die Hechenzähne vorzüglich
erhallen sind; auch lassen sich feine Spilzzähne am Kieferrande e;-
kennen und besonders beachtenswerlh ist. daÜN jede Brusltlosse nicht
<) Auch iliis /,(M)I()f;isi-Ii(' MiisiMitn dtT liiMtM-siliil licwalirt i-iiu-ii solduMi I.rpiilnpus-
iJarin.
\
über Cni'chnpiitna i/nilifarmr nnv. «-on. et spec. mnl Acntilhodes etc. .^"5
bloß am iitilM-ni Rande einen fj'"'"^^^*" langen Slacl el triitj, sondern
einen älinliclien, nur selnvächern, aneli atn inneni Rande und da(i
zwischen beiden die iiherseliup|ite Klossenhaut mit kurzen aber zald-
reieben Strablenelenienlen, entweder wirklich gegliederten oder nur
faserigen Strahlen versehen war. Durch das N'orliandensein eines
äußern und inncrn l'ectnralstacliels . vuii dem sclion das kleine
Exemplar Tat'. V, Fig. 1 Zeu;:ni(5i gab, errinnerl diese Gattung
einigermaßen an die lebende (Jattung Teuthis oder Amphucanthus,
nur daß bei dieser der äußere und innere Strahl der Bauch flössen
ein Stachel ist. hei Acmithodex hingegen in den Brustflossen.
Die Länge iles slai'keu [^nterkielers beträgt hier 2'/V« seine
Hidie am liiuleren Knde 5 und ganz zuletzt 6"; er war nicht länger
als i\K'v (diere Kieler und nur schwach nach aufwärts gebogen; beide
Kieferränder, der untere und obere (Hb ein gesonderter Zwischeu-
kiefer vorhanden war, ist nicht zu ermitteln) trugen feine kleine
Spitzzähue in ziemlich dichter Reihe. Die Weite der Mundspalte ist
nicht hesiimmbar, doch sicher scheint, daß ein knöcherner Gaumen
sammt N'onier und ein eben solches Kiefersuspensorium vorhanden
war, wie auch, daß die Kiemenbogen, wie bei vielen Clupeiden, sehr
weil in die Mundhiihle vorragten und daß an das kurze Zungenhein
sich lange dünne H(irner anhefteten, die bis unter das Ende des
Oberkiefers reichten und mit zahlreichen kurzen und dünnen Kiemen-
strahlen, besetzt waren. Da hier die Zuugenheiuliiirner knapp
an den Unterkiefer anliegen, so sind aucli hier die Kiemeu-
strableu nicht zu sehen. Hinter dem Ende des Unterkiefers legte sicli
ein starker und ziemlich hoher Knochen an, der vielleicht dem
Quadralo-jugale entsprach und unter und hinter dem die Abdrücke
der Kiemenbogen und Rechenzähne folgen. Die breiten rinnenarlig
ausgehrdilten Slücke der Kiemenbogen sind zum Theile voi'trcITlich
erhalten und zwar liegen deren vier (vielleicht S'(\n() hinter einander:
an ihrer Norder- und liineuseile sitzen die zalilreichen langenRechen-
zähiie auf, die flache, klingentörmige Gebilde darstellen, mit längs-'
gefurchter Oherfläche und freier nach vorne gerichteter Spitze ( Fig. 1 a^.
Am Rande des aufsteigenden Stückes des vierten Kiemenhogens zählt
man Ins zum Winkel, wo selbes nach vorne UMd)icgt, 14 — 1i> S(dche
messertormige Rechenzähne, von denen die längsten '^'/o " erreichen
und am dritten noch längeren Kiemenbogen eheinlaselbst über 20.
Da der ganze Kopf schief ins Gestein eingesenkt ist, so bekommt man
296 K n . r.
auch noch einen Tlu'il (h-r Kicnienhüj^cn der anderen (reehlen) Seite
zu sehen. — Der Obertheil des Scliädels sammt dem Augen i-inge ist
sehr /erstört, doch machen Bruchstücke von Knochen gewilJi, dit(5>
auch entweder Deckknochen oder doch eine knöcherne Schiidelkapsel
vorlianden war. Zufolge der schielen Lage des Kopfes dürften nahe
dem Stirnprotije die Abdrücke heider Augen übereinander zu er-
kennen sein; doeh bleibt die Deutung dieser ganzen Parthie des
Kopfes unsicher. Unmitteliiar an r-
perhi'die nahezu gh'ieh, so iä(U dies, da die grölMe Hohe meistens
,^'/:.nial in der Gesainmthinge enthalten war, auf eine Totallänge von
18 — 20" wenigstens sehliel^en, und es dürfte somit alle bekannten
Individuen an (irölje iibertrolVen haben. Das zweite etwas kürzere
Stück Tat", V, Fig. 2, slanunte von einem nur wenig kleineren
fiidividuum. Beide Stücke machen crsichllich, dalJi die Chorda,
wie bei ächten (lanoiilen und Squaliden, durch den längern und
selimälcrn ohern t'audallappen bis nahe zu dessen Spitze sich
erstreckte , dalJi knöcherne Wirbelelemente w eiter vorne sränzlich
fehllen und daß solche erst vor Ende der Chorda bei ihrem Ein-
tritte in die Flosse auftraten. Zwischen die hier ziendicb großen
quadratischen und dicken Schuppen, die den ganzen Schwanz
und die Flosse bis an den Saum überdecken, eingebettet liegt längs
des (diern Randes der Ch(u-da eine [leihe von 14 — ^15 länglich rhom-
bischen Schildern, die als Schindeln das Rückenmarksende von
nhcn deckten, während iiiilerhalb desselben von der fjostreuunngs-
slelle des untern [^appeus kni'ichcrne untere Rogeuschenkel zur Enl-
w icklung kommen, die als h(dilc. kurze aber weite |{öhren in gleicher
Zahl wie jene vorkauten und die meines Eraclilens nicht sowohl als
untere Dorid'ortsätze, wie vielmehr als Sirahlenträger für den unteren
Caudallappen fungirten. Solcher Rogenscbenkel und Strahlenträger sind
l)ei Iteidcn Exemplaren im Ganzen 12 zu zählen, v(mi denen die vier
letzten kürzer als die vorhergehemlen sind und weiler von ihnen und
zwar in ungleichen Zwischenräumen, abstehen. Auf sie folgten dann erst
bis zum Saume des Caudallap[)ens die zahlreichen langen und dünnen
Faserstrahlen. .Amobern Caudallappen fehlen Rogenschenkel und Strah-
lenträger, doch gewahrt man auch hier dünne Faserstrahleu unter den
Schup|)en der sie üherkleidenden Haut. — Die Schuppen erscheinen
hier fast glei{;h dick wie hoch und lang, und die lueislen au der Ober-
fläche convex. Sie liatleu daher eine fast kubische Geslall und lagen
derart in schiefen Reihen, daß nuui sie nicht imiiassend mit den
Granitwürfeln des Wiener Straßenptlasters oder wie R(imer mit
Mosaiksteinchen vergleichen kann.
über Cniicfiapowfi (jariiie nov. ^i'H. t-t spcr. iiTi.l Acuiilhiiilrs etc. .l\S\)
Zwei (;("i;('ii|»lj(ll('n siil> Nr. 1204, die den Abdruck eines
l{iiiii|irslfi('k('s imhI /.\v;ir des Vorderrmn|ifes bis hinter den l)ni-s:il-
iiiid AiKilslacliel eiitli;dt('ii. jedoeli keine Spur nielir von den Kru^t-
tlossen, sind noch insbesondere erwiibnensw ertb we^en der l>esebu[t-
piing der beiden Seitenlinien und der unter der Haut dnrebsebirnniernden
Abdrüeke der seitliehen großen Rumpfmuskeln, wie sie auf Taf. V'II,
Fig. 2 dargestellt sind. Die Lagerung der Muskelbündel, aus denen
sie bestellen, in zwei fjängsreiheu übereinander, die sieh unter Win-
keln schneiden, deren Spitze naeJi vorwärts sieht, ist genau dieselbe
wie bei lebenden Fischen. Diese großen Muskelscbichten bilden mit
zwei schiefen Längsreiben kleinerer Muskelbündel, deren die obere
längs des Rückens, die untere des Bauches verlauft, deutliche Zick-
zacklinien. Die zwischen den beiden mittleren oder Hauptreihen dieser
Muskelscbichten befindliche Trenuungsfurche, in der sie fast unter
rechten Winkeln an einander stoßen, verlauft längs der Seilen des
Rumpfes gerade da wo über ihr die obere Seitenlinie hinzieht, wäh-
rend die zweite Seitenlinie mindestens 7 '" tiefer dem Hauchrande
genähert verläuft und indem sie sich vorne noch mehr senkt, sich
noch weiter von ihr entfernt. Sogar die Sehnen zwischen den ein-
zelnen Muskelbündeln sind tbeilweise im Abdruck zu erkennen, so
daß es stellenweise scheint, als wären Abdrücke von Rippen sichtbar,
die jedocIi ganz siclier lehlteu. Sowohl hinter dem Dorsal- m ie dem
Analstachel ist die völlig überschuppte Flossenhaut als breiter Lappen
sammt den eingesenkten Faserstrahlen zu erkennen und auch der
Verlauf der dritten Seitenlinie noch tlieilweise zu verfolgen. Gerade
der Mangel eines knöchernen Skeletes und die dadurch bedingte
Weichheit des Rumpfes und die ausnehmend kleinen Schuppen,
welche auch den ganzen Kopf überdeckten, machen erklärlich, wie
sich nicht blos das Kiemengerüste mit allen Rechenzähnen, sondern
auch die Abdrücke der Rumj)fmuskeln so deutlich erhalten konnten.
Aus ticn vorstehenden Beschreibungen und Abbildungen ergibt
sich nmi nicht Itlos ein vollständigeres Gesammtbild der (Jattung,
sondern auch, dal's alle früheren Angaben und Darstellungen mehr
oder minder mangelhaft oder unrichtig waren und daß der Charakter
der Gattung nicht unwesentliche Modificationen erfahren muß. \\ as
zimächst die ideale Figur 1 auf PI. a in den Recherch. tom. I von
Agassiz betrifft, so ist diese vielfach unrichtig; der Unterkiefer
steht zu weit vor. die Flossenverhältnisse sind verfehlt, die Rauch-
300 Kne.
flössen ganz vergessen, vom Kiemengeriistc so wenig eine Andentnng.
wie von einer skeletlielien Grnndlage. Prof. Quenstedt's An-
galien in seiiM'in Handhuclie der Peti-et'actenknnde, Tühing. 1851
sind nnr kinv, nnd die Al)l)ildnngen von Arjoithod. Brmi/ni auf" Taf. 15
ziendieli unklar, doch deutet er vieUaeli richtiger als namentlich
Prof. Ferd. Römer, der zwar die ausführlichsten Angahen und die
am schiinslen au!^geführt«Ml Abbildungen h'eferte, aber häufig minder
gut deutet und hierin in vielen Punkten auch von Prof. H. Troschel
übertreffen wird. Letzterer gibt in den Verhandlungen des natur-
bistorischen V^ereins fürRheinlande und Westphalen XIV. Jahrg. neue
Folge IV ganz richtig an: das Veriiiiltniß der Kopf- zur Totailänge,
dalJ» die Schnauze kurz und der Kopf nicht deprefJt war, ferner die
Form der Schuppen und den Verlauf der Seitenlinien. Nur ist Fig. 3
auf Taf. 1 in dieser Beziehung nicht gut; übrigens machen alle Figu-
ren auf Taf. 1 keinen Anspruch auf Genauigkeit, besonders Fig. 1
zufolge der Seitenlinien und der Flossenhäute, Fig. 6 dagegen wegen
des Brustflossenstachels und der Faserstrahlen. Ziemlich gut ist der
Unterkiefer in Fig. 8 auf Taf. 2 abgebildet mit dein unten fest anlie-
genden Zuiigenbeinhorne und den Kiemenstrahlen nebenbei; auch
die Deutung und Darstellung der Rechenzähne ist gut. Der ausführlichen
lieschreibung t]eiiAcantho{les gracüis, welche Prof. Ferd. Römer in
der deutschen geologischen Gesellschafts-Zeitschr. 1857 (über Fische
und Pflanzen führende Mergelschiefer des Rothliegenden bei Klein-
Neundorf, besonders über Aca?ithodes grncilis = Holacanthodea
gmci/ls lieyr. Monatsber. der Berliner Akad. 1848, S. 24—33)
lieferte, sind auf Taf. 3, f) hübsch ausgeführte Abbildungen beigege-
ben, von denen Fig. 1 die ideal ergänzte Abbildung des ganzen
Fisches zeigt und die folgenden Figuren einzelne Details darstellen, die
viel Richtiges aber auch Falsches enthalten. Ganz unrichlig ist der
Kopf dargestellt, im Ganzen zu klein und kurz, namentlich der Mund
schlecht, das Auge zu klein, die Form der Kiemenbogen und ihre
Deutung nicht gelungen; die Kiemenstrahlen werden als tischbein-
artige Stäbchen bezeichnet, die sich schief an di(> dünnen Unterkie-
feräste (meine Zuiigenbeinhörncr) anfügen. Als gut sind überhaupt
von allen Figuren zu bezeichnen Fig. 8 b und 8 c, als vielfach un-
richtig Fig. 1 und 2, als unklar oder nur Iheilweise gelungen Fig. 3,
ö, 6, 7 und 9: die Kienienbogeii und Recheiizähiie wurden ungenü-
gend erkannt, ebenso die Seitenlinien, und die Angabe, dali Zähne
1
Übel' Conc/iopoiiiu ijudifurme iiov. yi-ii. et spec. uinl Acuntlindcn etc. 301
fehlen, erwies sieh eheiilalls als unrichtig. Bezüj^lieh der Schuppen
der Seitenlinie und der Form des Brusttlossenstachels ist Römer 's
Abbildung besser als jene von Troschel, dagegen ist die Flossen-
haut hinter der Brust- und Afterflosse wieder bei Römer zu lang und
groß, die mehrfachen Seitenlinien und die ungleiche Grüße der
Schuppen und dieForm der Schwanzflosse sind ebenfalls bei Römer
ungenau. Romer's Angaben und Figuren beziehen sich zwar zu-
nächst auf den als gracilis bezeichneten Acanthodes, der den schwar-
zen Schiefern des Rothliegenden im Rieseiigebirge, insbesondere von
Klein-Neundorf eigen sein und sich von dem Acanthodes Bronnü
Ag. des Saarbriickener Gebirgs unterscheiden soll. Römer bezeich-
net zwar die Übereinstimmung zwischen beiden selbst als so groß,
daß sich nur schwierig specifische Unterschiede zwischen ihnen fest-
halten lassen, gleichwohl aber glaubt er mehrere solche angeben zu
können. In wieferne selbe verläßlich und stichhältig sind, dazu
mögen noch folgende Angaben und Bemerkungen dienen.
Römer hebt als unterscheidende Merkmale des Acanth. gra-
cilis von Ac. Bronnii hervor: die schlankere Totalgestalt, etwas
größere Schuppen, und die relativ stärkeren und weniger gebogenen
Flossenstacheln; die Körperhöhe gibt er auf weniger als 1/9 der To-
tallänge an und die Länge des Kopfes bis zum Schulterknochen auf
kaum Ve , während diese bei unseren Lebacher Exemplaren minde-
stens 1/4 der Totallänge beträgt. Diesen V^erhältnissen nach, wie auch
bezüglich der Entfernung des Ventralstachels von dem pectoralen
und analen ließe sich allerdings mit Recht schließen, daß der A.
f/mcilis von Klein-Neundorf von den Lebacher Acanthoden specifisch
verschieden sei und dafür würde auch das abweichende Verhältniß
des obern zum untern Caudallappen und die Angabe sprechen, daß
mit Ausnahme der Augenringe, der schmalen Unterkieferäste und der
Schulterknochen keine Spur eines inneren Skeletes sich vorfinde und
daß auch jede Spur von Zahnen in den Kiefern fehle. Erwiesen sich
alle diese Unterschiede und Angaben wirklich stichhältig, so ließe
sich an wirklicher Artverschiedenheit um so weniger zweifeln, als
noch für die Lebacher Acanthodes das oben factisch nachgewiesene
Vorkommen eines zweiten inneren Pectoralstachels und einer mehr-
fachen Seitenlinie als hochwichtige Unterscheidungsmerkmale hinzu-
kämen. Von Römer geschieht allerdings der beiden zuletzt genannten
Merkmalebei ^c. ^r. keine Erwähnung; nebst der gewöhnlichen Sei-
o 0 2 K 11 e r.
li'iiliiue erwähnt tu- nur noch dernietlianen an dtü" Hauclisoite, hält aber
(las Anl'treten einer zweiten höher liej^entlen nur l'iir eine Täuscliung,
die dadnreh entslehe, (la(!> man ilie Seitenlinien der enlgegengesetz-
(en Seite des Fisches diirchscliininiern sehe. Ans dem verschiedenen
Anseilen, welches die dicken last knhisciien Schii|(pen in der That
an ihrer äußeren oder (dieren und der glanzldsen gewölbten Unter-
lläche gewäiiren, erkennt man allerdings lei(dil die Schuppen dir
rechten und linken Körperseite, und es ist in V\ irklichkeit nicht sel-
ten, daß man an einem und demselben Stücke Schuppen von der
rcclitt'n und linken Körperiiälfte erhallen lindet. Aber gleichwohl
licridil die Angabe einer doppelten Seitenlinie (nebst einer ventra-
len) nicht, wie Römer vermnthet, auf bloßer Täuschung. Römers
\'ermuthung ließe sich auch kaum mit jener Annahme in Einklang
bringen, daß die Dicke des Fisches, d. h. der Querdurchmesser des
Rumpfes nicht ganz unbedeutend gewesen sein nn'ige; denn obwohl
es ihn berremdel , daß von den Eingeweiden und W'eichtiieilen sicli
keine Spin- zwischen der besciiuppten Haut der rechten und linken Seile
ei'halten habe, so könne docli, wie Römer meint, die Dicke des
Rumpfes deßhalb nicht gar unbedeutend gewesen sein, weil sonst gar
zu wenig Raum für die Bauchhöhle und die Eingeweide geblieben wäre.
Diese Annahme w iire zwar schon deßhalb niclil nölhig, weil es un-
ter den lebenden Fischen nicht wenige langgestreckte und derart com-
presse Formen gibt, daß man nicht bloß kaum l)egreift, wie die
Eingeweide in der schmalen Bauchhöhle Platz luiden, sondern wo in
der That diese nicht Raum genug in ihr vorfinden (Bandlische, Pleu-
ronectiden und einige Siluridenj; aber es ist überliaupt die Beliauj)-
tiing. daß sich nie ein Abdruck von VVeichtheilen erhielt, nicht rich-
tig, wie aus den vorhergehenden Beschreibungen und Abbildungen
ersichtlich ist, wo bei Fig. 1 auf Taf. V der Inhalt des Verdammgs-
rohres (die Estheriensciialen) und bei Fig. 2, Taf. Vll die Rumpl-
muskeln im Abdruck erhalten sind, und die beiden Schwanzstücke
Zeugniß geben, daß auch ein rudimentäres inin-res Skelet zur Ent-
wicklung kam.
W as nun das N'oikonunen eines zweiten inneren Bruslflossen-
stachels anbelangt, so wäre dieses ohne Zweiftd von noch größerem
(»ewichle bezüglich der wS[»eciesfrage als alle übrigen erwiihnlen Ab-
weichungen, die wohl auch nur von ungleichen Erhaltungszusländen,
von Größe und Altersunterschieden hernihren könnten, und der Klein-
über Cuiwhopoma yadifurme nov. gen. et spee. uinl Acanthodea etc. uüt>
Neiiiidorfer Acantli. gracilis Rom. wäre entschiedeii wenigstens
s|)ecifiseh, wo nicht generisch von dem Lebacher A. Bronnii zu
trennen, wenn nur bei letztem sich ein zweiter innerer Brustflossen-
stachel vortände. Doch dies ist keineswegs der Fall. Ein ziendich
großes und gut erhaltenes Exemplar des Acanth. gracilis von Klein-
Neundorf, welches im Besitze des kais. Hof-Mineraliencabinetes sich
befindet, zeigt ebenfalls ganz deutlich den zweiten innern uiul klei-
nern Hrustflossenstachel, und es erscheint daher befremdend, daü bei
den zahlreichen Individuen, welche Römer zu vergleichen Gelegen-
lieit hatte, niemals ein solcher bemerkt wurde. Allerdings mögen
sowohl im Rolhliegenden des Erz- und Riesengebirges wie jenem des
Sarbrückner Kohlenrevieres zweierlei Arten von Acunthodes vorkom-
men: Eine mit nur einfachem äußern, und die andere nebst diesem
nocii mit einem innern Pectoralstachel und letztere mag auch viel-
leiclit viel seltener gewesen sein, denn auch unter den so zahlreichen
Exemplaren , die ich in Saarbrücken zu vergleichen Gelegenheit
hatle, fand ich nur wenige vor, die einen doppelten Pectoralstachel
besaßen. Daher mag sich auch erklären, daß keinem der früheren
Beobachter von Acanthodes zufällig Individuen der letzteren Art un-
ter die Hände kamen. So viel steht aber fest, daß beide muthmaß-
liche Arten sowohl dem Rothliegenden des westlichen wie des östli-
chen Deutschland zukommen, und daß der Artunterschied zwischen
A. Bronnii und gracilis nicht auf dem Mangel oder der Gegenwart
des zweiten Brustflüssenstachels beruhe. Als ein brauchbarer Artunter-
schied scheint sich mir vielmehr die Stellung der Ventralen zu be-
währen. Bei Römer'sFig. 1 von Ac. gracilis steht der kleine Ven-
tralstachel den Brustflossen viel näher als der Anale und ebenso ver-
hält sich seine Stellung aucli bei dem gracilis von Klein-Neundorf
im kais. Hof-Mineraliencabinete. Noch andere mehr oder minder
brauchbare Artunterschiede dürften die bereits von Römer hervor-
gehobenen abgeben, nämlich die bei Ac. gracilis gestrecktere Total-
gestalt und die verhältnißmäßig bedeutend größeren Schuppen; da-
gegen möchte ich auf die Stärke und Krümmung der Stacheln weni-
ger Gewicht legen. (Daß auch dem A. gracilis die Stützknochen für
die Caudallappen nicht fehlen, davon gibt unser Klein-Neundorfer
Exemplar ebenfalls klares Zeugniß.) Ob sich etwa noch andere
brauchbare rnlei'schiede auffinden lassen, muß einstweilen dahin-
gestellt bleiben.
304 Kner.
U'a.s schließlich die Stellung' der GaUuiig Acnnthodes im
Systeme hetrilTt, so kann nieiiui- Ansicht nach kein Zweifel darüher
bestehen, daß sie den Ganoiden, in dem Sinne, wie man diese
aufzulassen pflegt, einzureihen, ahei' keineufalls den S(jualiden
zunächst zu stellen sei, und weder den Mulosteis beizuzählen
sei, nach überhaupt irgend einer lebenden oder fossilen Gruppe
oder Familie, sondern vielmehr zu jenen Formen gehöre, die sich
in unsere Systeme dermalen nicht einreihen lassen, die wir als
exstincte Typen ansehen müssen, und bei denen wir, wenn wir sie
auch als vorbereitende und Übergangsformen auffassen wollen, doch
den Übergang und Zusammenhang mit den Formen der (Gegenwart
vorerst nicht nachzuweisen vermögen. Die Eigenthümlichkeit eines
Stachels am Auf^en- und Innenrande einer Flosse findet sich zwar
ausnahmsweise auch bei Fischen der Jetztzeit vor, bei diesen jedoch
nicht bezüglich der Brust- sondern der Bauchtlossen, und kommt
überhaupt nur bei Fischen, nämlich den Teuthiern (^Amphacanthus)
vor, die nicht im entferntesten einen Vergleich mit Acanthodes zu-
lässig machen.
I'n.f. Klier, rbur (■oiirlio|..pnia ri . gen u. Acaiilhodes Ag'.
^B?^H?!ÖF=*i, «J""^
V>JV_
KudScl.nT.il iL.^l Hii §ez u lith
SllzNN-.sl. ,l.k.,\k.ul ,1 \V.Mia1li.iia1ui-w.n.LVn.Bcl. 1. Alilh. 1868.
lil
Aue d k klof-ii StaalsiruAe:
I
Prof. Klier. Hhi-r Ion. I,u|."riia ii. »Mi-iiAiaiüliocIes Ag'.
Tat. II.
Sud. Sdiörni 11 d Sat |ez u lith
Aus d k klot-a. Staatsdrudkete:
.■iilziiii^-sli il.k..\k;ul,,} W.m;i1li,iia|.Mi-w.Cl.LVI[,B(l 1. Alith. IlStiS.
Prof. Kner (Tbin- ConcliofiotriH n . gcri.u. Acanthodes Afi". Taf.UI.
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Eud. "clioiin - i Nat gez u lit;}i Auö d k,kIiof-u,St,aatsctrucTce>.
Sitzung'sb.d.kAkad.d W.math.nafurw.C'I.LVII.Bd, [ AMh. 1868.
ProT. Klier. iT)«r Coiifhopoma n . «eii.u.Acanthodps Ae- Taf
IV.
^/-^
".,» .VV5',
Rad. Scnöiin n. d ITat gez u hth A-ug d k küot ,; ^'raaucback-c-
Sitzune.sb.d.k.Ak;id.(l Vf.mfrth.jiaturw.n.LTII.Bd. l.AWi. 1868.
Pi'ol'. KneT. t'hrt' ('()ii('liü|i(jiiiw M . ^fii.u. Acaiilliixics A;
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ThIV
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.•0:1. .Strohmayer, aei. u . lilii. A,,ic ui: ■^.Jiui--a Staa,i,:ai.-ac]ievjii.
Sitzim^sb.rl.k.Akn,cl.(l W. nia1li,naturw. ri.lYn."Bd. T. AMli. 1S68
Ti'of . Kjier. Über ('oiicliopomn ii . gen.u. Acüiillioilfs A;
I. .^
lidTI.
Aus d.k.k.Tiof-ü.StaatsdTuci-ei- -««aaaBB^" ,Juh. Strohma/er del. ii.litli.
SitzuTi^sb.d.k.Akad.tnf.inai]i.3tatiirw,a.LVIl.B(l. l.AMh.i868.
Erof . Kner. ITber l'üucliopiHiin n üf-nu. AchuIIioiIj'.s Ai^.
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hil.Vll
^- .^•■
"< Eci-uStaitsilruckeie:
Sitzuiie'sb.d.k.Akadd \V.7natl1.nafurv.n. LVn.Bd. I. Abth. 1868.
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B-of. Rner. über ConrliofiomH n . ^en.u. Acauthofles Aa
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oll. S trohmayer del u. -inli
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Ablli.lS68.
• ^i
I'ber CoiHhopiiiim 'jud/ forme nov. gen. et spec. u. Acantliodcs de. 303
I^jiklä i'ung der Tafelnl
Tafel I.
Fig. 1. Conchopuma gadiforme m. Seitenansicht in natürlicher Größe.
„ 1 fl. Eine Gruppe von Zähnen desselben, vergrößert.
„ 2. Ein kleines Exemplar desselben, in natürlicher Größe.
Tafel II.
Fig. 1. Fragment eines großen Kopfes mit dem muschelförmij^en Kiemen-
deckel, natürliche Größe.
„ 2. Schwanzende eines großen Individuums, in natürlicher Größe.
Tafel III.
Fig. 1. Kopf und Vorderrumpf, ersterer flach gedrückt, von der Kehlseite,
natürliche Größe.
Fig. i a. Einige Schuppen, vergrößert.
Tafel IV.
Fig. 1. Stark depresses Kopfstück desselben von oben, natürliche Größe.
Tafel V.
Fig. i. ylcßH^Aorfes ^/'aciV/*, etwa um die Hälfte vergrößert.
„ 2. Schwanzstück eines größern Individuums.
„ 2a. Schuppen von oben, b von unten.
Tafel VI.
Fig. 1. Kopf und Vorderrumpf eines großen Exemplares, von der Seite.
„ 1 a. Einige Rechenzähne vergrößert.
Tafel Vn.
Fig. 1. Schwanzstück wie oben.
„ 2. Rumpfstück mit Muskelabdrücken.
Tafel VIII.
Kopf und Rumpf eines andern Exemplares.
Sitzl). <1. inattietii.-iiiiturw. L'l. LVIl. Bd. I. Ahtli. 20
306
V. SITZUNG VOM 13. FEBRUAR 1868.
Herr Dr. H. Leitgeb, Professor der Botanik au der k. k. Uni-
versitjit zu Graz, übersendet eine Abhandlung: „Beiträge zur Ent-
wiekelungsgesfhiehle der Pflanzenorgane".
Herr ProC. Dr. Ew. Hering überreicht den II. Theil seiner
Abhandlung: „Zur Lehre vom Leben der Blutzellen".
Derselbe übergibt ferner eine Abhandlung, betitelt: „Eine Me-
thode zur Injection der Lymphbahnen in den Lymphdrüsen", von
Herrn Dr. G. Toi dt, k. k. Oberarzt und Assistenten am physiologi-
schen Institute der k. k. Josephs-Akademie.
. Herr Dr. G. C. La u b e legt die IV. Abtheilung seiner Abhand-
lung: „Die Fauna der Schichten von St. Cassian" vor.
Herr Dr. S. L. Schenk, Assistent am physiologischen Institute
der k. k. Wiener Universität, überreicht eine Abhandlung: „Beitrag
zur Lehre von den Organanlagen im motorischen Keimblatte".
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Annales des mines. VI* Serie. Tome XI, 3* Livraison de 1867,
Paris; 8«.
Bauzeitung, Allgemeine. XXXII. Jahrgang. VTL — XIL Heft, nebst
Atlas. Wien, 1867; 4o & Folio.
Biblioth eque Universelle et Revue Suisse: Archives des Sciences
physiques et naturelles. N. P. Tome XXXI, Nr. 12i. Geneve,
Lausanne, Neuchatel, 1868; 8».
Comptes rendus des seances de TAcademie des Sciences.
Tome LXVI, Nr. 4. Paris, 1868; 4«.
Cos mos. 3'' Serie. XVII* Annee, Tome II, 6* Livraison. Paris,
1868; 8«.
Gewerbe -Verein, n. - ö. : Verhandinngen und Mittheilungen.
XXIX. Jahrg. Nr. 6. Wien, 1868; 8«.
307
Grunert, Joli. Aug., Archiv der iMathematik und Physik. XLVII.
Theil, 4. Heft. Greifsvvald, 1867; 8«.
Moniteur scientifique. 267*^ Livraison. Tome X', Annee 1868.
Paris; 4".
Revue des eours scientifiques et litteraires de la France et de
l'etraiiger. V Annee, Nr. 10. Paris & Bruxelles, 1868; 4».
Society, The Royal Dublin: Journal. Vol. V, Nr. 36. Dublin,
1867; 8o.
Verein, naturlorschender, in Brunn: Verhandlungen. V. Bd. 1866.
Brunn, 1867; 8o.
Wiener Landvvirthschal'tliche Zeitung. Jahrg. 1868, Nr. 6. Wien; 4".
— inedizin. Wochenschrift. XVill. Jahrg. Nr. 12 — 13. Wien,
1868; 4".
Zeitschrift des Österreich. Ingenieur- und Architekten -Vereuis,
XX. Jahrgang. 1. Heft. Wien, 1868; 4«.
20"
308 teil geb.
Beilräye zur Eniwicklimgageschiclite der P/lanzenorgane.
Von U. Icitgcb.
(Mit 4 Tafeln.)
l Wachsthum des Stämmchens von Fontinalis antipyretica.
(Tar. I — IV.)
Das Stämmehen von Fontinalis (inllpyretica ist ungemein ein-
fach gehallt. Der Querschnitt zeigt nur zwei anatomisch wesentlich
verschiedene Theile : einen peripherischen, der aus mehreren Schich-
ten ziemlich stark verdickter Zellen besteht und einen mittleren
Theil, der aus ungefähr doppelt so weiten und mehr dünnwandig
bleibenden Zellen gebildet wird. Ein axiler Strang enger Zellen wie
er im Stämmchen so vieler Moose (aller akrokarpischen) gefunden
wird, fehlt hier gänzlich. Die axilen Zellen unterscheiden sich in
nichts von den übrigen des mittleren Tlieiles. Auch in Bezug auf ihre
Längenentwicklung verhalten sie sich gleich; ihre Enden zeigen sich
f[uer abgestutzt, nie spindelförmig. Die Zellen des peripherischen
Theiles sind prosenchymatisch , und im allgemeinen doppelt so lang
als die des mittleren Theiles. Übrigens sind diese Theile nicht scharf
von einander abgegrenzt, und vollends in sehr alten Stämmchen ist
auch kaum mehr eine Begrenzungszone aufzutinden (Taf. IV, Fig. 1).
Die Blätter bestehen zum großen Theile nur aus einer Zellenschicht.
Die Zellen sind prosenchymatisch und wenig verdickt. Ein Mittelnerv
ist nicht vorhanden. Mit weit herablaufcnder, über i/g des Stengel-
uinfanges einnehmender Basis am Slämmchen befestigt, verbreitert
sich das Blatt bis gegen seine Mille hin ungemein, nimmt dann gegen
die Spitze hin wieder allmälig an Breite ab.
Die Blätter stehen genau nach 1/3. An schlanken Stammspitzen
mit spärlicher Sproßbildung stehen sie dem gemäß selbst anTheilen,
die von der Vegelalionsspilze schon ziemlich entfernt sind, in drei
Beitrage zur Entwicklungsgeschichte der Pflanzenortrane. 309
Längsreihen. Dickere Stammspitzen mit reichlicher Sproßhildung,
zeigen sich jedoch sehr stark und zwar im Sinne der Blattspirale ge-
dreht, nnd es werden dadurch die horizontalen Divergenzen der Blätter
vergrößert.
Die Scheitelzelle der kegellürmigen Vegetationsspitze ist, wie
auch Lorenz') angibt, dreiseitig. Ihre Grundfläche, die zugleich
die freie Außenfläche darstellt, ist sehr stark gewölbt und erscheint
daher in der Flächenansicht nie scharf begrenzt. Tiefere Einstellun-
gen, die die Scheitelzelle im optischen Querschnitte zeigen, lassen
jedoch schließen, daß auch ihrer Außenfläche ziemlich genau die
Form eines gleichseitigen Dreieckes zukommt.
Die Seitenflächen der Scheitelzelle sind gleichschenkelige ehene
Dreiecke mit kürzerer Basis. Ihre Grundlinien (die Seiten der freien
Außenfläche darstellend) sind mehr oder minder stark gekrümmte
Bögen; ihre Schenkel schließen einen Winkel von 60 — 70° ein. Die
Scheitelzelle erscheint daher scharf zugespitzt, und tief in das Ge-
webe eingesenkt.
Die in der Scheitelzelle auftretenden Theilungswände sind
immer deren Seitenflächen genau parallel. Sie folgen eben so häufig in
rechtsläufiger als in linksläufiger Spirale -) aufeinander. Entsprechend
der gegenseitigen Neigung der Seitenflächen der Scheitelzelle sind
auch die so gebildeten Segmente s) anfangs unter einem Winkel
von ungefähr 70 gegen einander geneigt. Im Laufe ihrer weiteren
Entwicklung verändern sie ihre gegenseitige Neigung in der Weise,
') Studien über Bau und Entwickluiigsgescliichte der Laubmoose, pag. 17.
~) Lorenz (1. c. pag. 18) sagt, daß die Segmentspiraie meist links-, zuweilen
rechtsläufig sei. Ich habe beide Richtungen gleich häufig beobachtet. Es ist näm-
lich, wie wir später sehen werden, die Richtung der Segmentspirale an irgend
einem Sprosse immer von der des betreffenden Muttersprosses abhängig. Zwei auf
einander folgende Sproßgenerationen zeigen immer antidrome Segmentspiralen.
Die an der Unterlage festhaftenden Hauptsprosse eines ganzen Verzweigungs-
systemes fand ich meist mit Linksdrehung; die Sprosse zweiter Ordnung sind
dann antidrom, die dritter Ordnung endlich den Hauptsprossen (Sprossen erster
Ordnung) homodrom u. s. f.
^) Die Ausdrücke: Segmente, Sextanten, Hauptwand, Sextantenwand etc. brauche
ich hier in demselben Sinne, wie sie von Nägeli und mir auch für die Wurzeln
angewendet wurden. Ich verweise deßhalb auf unsere Abhandlung über „Entste-
hung und Wachsthuin der Wurzeln" in N ä g e I i"s Beiträgen zur wissenschaftlichen
Botanik. Heft IV.
310 L.itsel..
dal!» die Hauptwände später wenigstens in ihren inneren Theiien, anl'
die Längsachse des Stännmchens senkrecht zu stehen kommen.
Ein ähnliches Horizontalwerden der Segmente beschrieb
P ring s b e i m l'iir Salvinia , R e e (5> für Eqmsetum , N ä g e 1 i nnd icii
für die Wurzeln aller Gefäßkryptogamem ; es scheint überhaupt bei
Axenorganen, deren Scheitelzelle sich durch schiefe Wände theilt,
allgemein vorzukommen.
Zugleich mit dieser Neigungsveränderung der Segmente gleicht
sich auch das zickzackförmige Ineinandergreifen derselben aus, und
gebt in ein ebenes Aneinanderstossen über. Es wurde dieser Erschei-
nung schon an einem andern Orte <) Erwähnung gethan. und auch
die Erklännig dafür gegeben.
Am Stämmchen von Fontinnlis und wohl auch an dem aller Moose
werden die Verhältnisse durch die schon zunächst der Scheitelzelle ge-
bildeten Blattanlagen in so fern complicirter, als der zum Blatte aus-
wachsende Tbeil des Segmentes ganz andere Lagenveränderungen ein-
geht, als dessen innerer ausschließlich Stammgewebe bildender Theil.
Nägel i 2) hatte für Sphagmim nachgewiesen, daß schon der
erste Theilungsschnitt, der in jedem Segmente gemacht wird, zur
Bildung der Blattmutterzelle führt. Eine Theilungswand, ihre Lage
läßt Nägeli unentschieden, zerlegt das Segment in einen äußeren
und einen inneren Theil; jener wächst zum Blatte aus, dieser bildet
eine Partie des dem Stämmchen angebörigen Gewebes. Hof-
meister -) tritt dieser Anschauung bei, und sagt, daß diese erste
Tbeilungswand senkrecht auf der Längsachse des iStämmchens stehe.
Lorenz *) spricht sich bei den von ihm untersuchten Moosen über
die Lage dieser Wand nicht aus. Seine Abbildungen (Taf. L Fig. 21,
Taf. IV, Fig. 13) lassen verschiedene Deutungen zu.
Bei Fontbialis ist es zweifellos, daß diese erste Wand in keinem
Falle auf der Längsachse der Wurzel sonkrecht steht, sondern eher
als mit ihr parallel laufend angesehen werden muß. Ich lege auf die
Bestimmung der Lage dieser Wand deßhalb ein großes Gewicht,
weil wir in dem Falle, als wir sie in älteren, von der Vegetations-
spitze weiter entfernten Segmenten wieder erkennen, aus ihrer
1) InderobeneitirteiiAbhamllung ülier „Kiitstehuiif; uiidWaclistliiim dcrWiirzelii" p.itl.
-) Pflanzenphysiolog-isehe Untersuchungen. I. Heft. piig. 7G.
3) Zusätze iinil Fieiicliligiinffen . . . in Pr i n gs h e i ms Jalirhiichern. Bd. III. pag-. 2('>.j.
*) Studien über IJau nnd Entwieklnngsg-eschiclite der Laubmoose.
Bpifriige zur Eulwiekliingsgescliichte iler Pfliiiizonnrnfanp. 311
Lage auch die Lagenveränderungen ermitteln können, welche die
Segmente in ihren verschiedenen Theilen erlitten hahen. Nun sehen
wir, daß die Lage dieser Wand — und ich werde später nochmals
darauf zurückkommen — also ihre Neigung gegen die Längsachse
des Stämmchens sich nur wenig ändert. Nur in dem Falle, als sie
ursprünglich nicht genau parallel mit dor Längsachse angelegt wurde,
muß sie, um endlich in den Parallelismus zu gelangen, eine unbedeu-
tende Neigungsveränderung durchmachen.
Der innerhalb dieser Wand gelegene Theil des Segmentes wird
horizontal. Es ist diese Lagenveränderung die nothwendige Folge
des anfangs überwiegenden Breitenw achsthumes der Segmente.
Nehmen wir der Einfaciiheit lialher ein dreiflächiges Körpereck mit
kleinen Kantenwinkeln. Die dasselbe bildenden Flächen wären gleich-
schenklige Dreiecke. Lassen wir nun ein solches Dreieck parallel zur
Basis gleichmäßig wachsen, d. h. daß sich jede Flächeneinheit um
ein gleich großes Stück in der angegebenen Richtung ausdehnt, so
M'ird die betrefTende Fläche die Dreieckform zwar beibehalten; der
Neigungswinkel der beiden Schenkel aber wird größer werden. Tritt
dieser Vorgang nun an allen Flächen des Körpereckes ein, das heißt,
wächst jede Fläche parallel zu ihrer Basis stärker als in der darauf
senkrechten Richtung, so werden nothwendiger Weise die Kanten-
winkel grösser werden, das Eck wird stumpfer, und endlich fallen
die Seitenflächen in eine Ebene. Es ist dieses Breitenwachsthum der
Segmenle wohl in allen diesbezüglichen Fällen mit ein Grund ihres
Horizontal Werdens. Wo ein solches Breitenwachsthum fehlt, dabehalten
auch die Segmente mehr oder weniger ihre ursprüngliche Neigung, wie
wir dies besonders schön an den Blättern der Moose beobachten könnnen.
Entsprechend der eben erwähnten Lage der ersten Theilungs-
wand erscheint auf Längsschnitten an jedem innerhalb desselben ge-
legenen Segmenttheile die scheitelsichtige Hauptwand länger als die
grundsichtige. Später sind sie gleiehlang. Es kann dies nicht durch
überwiegendes Wachsthum der grundsichligen Hauptwand geschehen,
denn dann müßte die erste Theilungswand des Segmentes später eine
andere Neigung gegen die Längsachse des Stämmchens zeigen.
Der Grund liegt \ielmehr darin, daß ein Theil der scheitelsich-
tigen Hauptwand (welcher nämlich auch als Seitenwand der beiden
seitlich anliegenden Segmente erscheint) sich umstülpt, und später
als Längswand erscheint. (Vergl. Taf. 1, Fig. 2.)
312 I.eitj,«!..
Betrachten wir zuerst die weitere Entwieklung des äusse-
ren Segmenttheil es.
Wie schon oben erwähnt, schneidet die erste Theihingswand
jedes Segmentes die beiden Hauptwände desselben. Es ergibt sich
diese ihre Lage unzweifelhaft aus Taf. I, Fig. 1, 2, U, Wand a. Sie
läßt sich auch in den älteren Segmenten deutlich erkennen. Bei
Betrachtung der Vegetationsspitze von außen wird sie wegen ihrer
Lage nicht zur Ansicht gelangen können. Auf Querschnitten jedoch
wird sie in Höhen, wo die Segmente nicht mehr stark geneigt sind,
als eine die Segmentfläche tangential durchsetzende Linie erscheinen
(Taf. H. Fig. 6; Taf. ÜI, Fig. 1 , Wand r/). Die Lage dieser Wand
stellt sich also als eine ganz verschiedene gegen jene dar, wie sie
Hofmeister für Sphagmim angibt. Hofmeister sagt ')» daß die
erste Theihingswand senkrecht auf der Längsachse des Stämmchens
steht, und „die der Scheitelzelle zugekehrte Seitenwand 2) und die
freie Außenwand schneidet". Der wesentliche Unterschied besteht
also darin, daß während bei Sphagmim nur der scheitelsichtige
(vordere) Außentheil eines Segmentes zur Blattanlage verwendet
wird, bei Fontinalis ein aus der ganzen Höhe des Segmentes ge-
nommenes Stück in die Blattbildung einbezogen wird, wenn wir eben
diesen ersten Theilungsschrilt des Segmentes schon als zur Blatt-
anlage gehörig auflassen wollen, wofür, wie wir später sehen werden,
viele Gründe sprechen. Bei Sphagmim müssen also Stengelquer-
schnitte, je nachdem sie in verschiedenen Höhen geführt werden, in
peripherischen Theilen einmal durch Blattbasen gebildet werden, das
andere Mal aber, wenn sie nämlich eines der Segmente in seiner
grundsichtigen (unteren) Hälfte trefl'en, an der demselben entspre-
chenden Seite ausschließlich aus dem Stengeltheile desselben be-
stehen. Bei Fotithialis besteht, obige Auffassung der äusseren durch
die erste Theilungswand gebildeten Abschnittszelle vorausgesetzt,
das Stämmchen seiner ganzen Höhe nach in seinen äußeren Theilen
aus verwachsenen Blattbasen. Mit dieser Ansicht stehen auch die
Darstellungen Lorenz's für Fissidens und Polytrichum im Einklänge
(I. c. pag. 10, 24). Aus seinen Ahbilduiigei. (Taf. I, Fig. 21, Taf. IV,
Fig. 13) kann man auch auf einen ähnlichen Theilungsvorgang
1) L. c. piig. ac.:;.
') Das ist die sclieitelsiclilig-i' MHtiplwHiul des Segiiieiites.
BeitrSge zur Eiihvickliing-sgeschlctite der Pflanzenorgane. O I o
schließen. Es ergibt sich dies besonders bei Betrachtung der gegen-
seitigen Lage der in der zweitjüngsten HIattanlage (II. f. 2) sicht-
baren Wände. Die die Zellen /wund n trennende Wand in Fig. 21,
f. 2, kann unmöglich anders gedeutet werden ; sie muß schon ur-
sprünglich als die beiden Hauptwände des Segmentes schneidend
angelegt worden sein. Dasselbe ist in Fig. 1l> II, mit der die Zellen
m und n trennenden Wand der Fall «).
Ich nenne den durch diese Theilungswand (Wand a in allen
Figuren) abgeschnittenen äußeren Theil jedes Segmentes, den
Blatttheil; der innere soll als Stengeltheil des Segmentes und
die diese beiden trennende Wand, als Blatt wand bezeichnet
werden. Ich bezeichne den ganzen äußeren Theil deßhalb als Blatt-
theil, weil er sich in der weiteren Entwicklung von dem inneren —
dem Stengeltheile wesentlich verschieden verhält, weil ferner in
ihm der Blattcliarakter schon ausgesprochen ist, bevor noch weitere
Theilungen eintreten, und weil ?er in der That theilweise selbst an
der Bildung der freien Blattfläche Antheil nimmt.
Es ist selbstverständlich, daß diese beiden Segmenttheile sich
im verschiedenen Grade beim Aufbau des Stämmchens werden bethei-
ligeji können. Es wird dies natürlich abhängig sein, von dem stär-
keren oder geringeren Dickenwachsthume (in Bezug auf das Stämm-
chen dem Wachsthume in radialer Richtung) jedes derselben. Sd
wird nach Lorenz (1. c.) bei Fissidens nur ein kleiner Theil des
(peripherischen) Stengelgewebes aus dem äußeren, der größte Theil
hingegen aus dem inneren Segmenttheile (der Zelle m in Tai'. I,
Fig. 21, f. 2) gebildet; bei Polytrichum dagegen entwickelt sich
aus dem inneren Segmenttheile nur das axile Gewebe des Stämm-
chens (I. c. Taf. IV, Fig. 12, 13). Bei Fontimdis ist die radiale
Entwicklung des Blatttheiles nur wenig geringer als die des Stengel-
theiles. Auf Querschnitten durch ältere Theile des Stämnichens bildet
jener die aus engen starkverdicklen Zellen bestehende Randzone,
dieser das axile weitzellige nur wenig verdickte Gewelie (Taf. IV,
Fig. 1). In diesem Stadium der Ausbildung lassen sich allerdings ihre
Grenzen nicht mehr genau bestimmen; beide Gewebetheile geben
vielmehr allmälig in einander über. Auf Querschnitten durch jüngere
1) Auch bei EquiseUnn und vielen Farren ist der peripherische Theil des Stammes aus
verwachsenen Blattbasen prehiidet.
314 Lt'it-eb.
Stammtheile ist jedoch die Begrenzung vollkommen scharf (Taf. FI,
Fig. 6, Taf. III, Fig. 1, 4).
Die erste im Blalltheile des Segmentes auftretende Theilungs-
wand steht senkrecht auf der zuerst gehiideten, und zerlegt ihn als
Querwand in eine scheitelsichtige und eine grundsichtige Hälfte
(Taf. I, Fig. 1, 2, 3, 4, 5, Wand 6). Beide Hälften sollen, da sie
nach der ohen erörterten Anschauung, als die mit dem Stengelgewehe
verhunden hleibende Blatthasis zu betrachten sind, als Basilar-
t heile (Basilarstücke) des Segmentes bezeichnet werden. Ich nenne
die scheitelslchlige Hälfte den s c hei tel sieht igen (akroskopen,
vorderen, oberen) Basilartheil , die grundsichtige hingegen den
grund sichtigen (basiskopen, hinteren, unteren) Basilartheil. Die
sie trennende Wand mag als Basilarwand bezeichnet werden.
Diese Basilarwand setzt sich an die Blattwand ungefähr in der
Mitte der Höhe an; nach außen schneidet sie die basiskope Haupt-
wand des Segmentes nahe an der Stelle, wo diese in die freie
Außenfläche übergeht. In den Figuren (Taf. I, Fig, 1 — 5, Wand />)
grenzt die Wand b allerdings immer an die an der Peripherie gele-
gene Wand an. Doch muß das betreifende Stück der freien Außen-
fläche noch als die Verlängerung der basiskopen Hauptwand eines
Segmentes aufgefaßt werden. Wenn man nämlich in den Figuren
1 — 5 die allmälige Lagenveränderung der Hauptwände betrachtet,
die anfangs als gerade Linien erscheinen, endlich bogenförmig nach
innen verlaufen, bis sie wenigstens in ihrem inneren Tlieile auf die
Längsachse des Stämnichciis senkrecht zu stehen konunen, so muß
man nothsredrunsfen zur Ansicht kommen, daß die Blatttheile der
Segmente bis zum Zeitpunkte des Auftretens der Basilarwand weniger
durch das Wachsthum ihrer Außenwände als vielmehr durch das
ihrer, den Hauptwänden angehörigen Theile sich in der Hichliing
ihrer Axe ') verlängern. Es würden also nach dieser Anschauung die
äußeren Segmenthälften (die Blatttheile der Segmente) immer stärker
gegen die inneren gekrümmt werden, imd schließlich theilweise auf
') Nach dem Vorgange Pr in gsli ei m's (zur Morphologie vonSalvinia, in dessen
.liihrl). f. w. Bot. Hl, pag. 493) bezeichne ich als Axe dos Segmentes die
Gerade, welche von der Milte der durch den Zusaninienstoß der beiden Seifen-
fliieljen des Segnieiilcs gebildeten Kante senkreilil auf die Außenlläclie gezogen
wird.
Beiträge zur Enlwirkliingsgoscliiclite i\ov Pflan/.enorgane. 31t)
sie senkrecht zu stehen komnien. Es würde dies iiollnveiidiger Weise
ein Überwiegen des Wachstliums der hasisko[ien llauptwand jedes
Segmentes sjesren das der akroskopen in der Richtung der Segment-
achse bedingen, ^^'i^ beobachten aber auch in der That (auf Längs-
schnitten) eine dadurch bedingte Verbreiterung des Grundes jedes
Blatttbeiles (Taf. I, Fig. 2, Segment III et IV. Fig. 3).
Zur Zeit des Auftretens der Basilarwand und unmittelbar nach-
her trifft das Wachsthum hauptsächlich jenen Theil der basiskopen
Hauplwand des Segmentes, der nach innen durch die Blattwand (die
im Segmente zuerst gebildete Wand) nacli außen durch die Basilar-
wand abgegrenzt wird; das heißt, die basiskope Wand der im
Längsschnitte anfangs nahezu dreieckigen Zeile, die icb als das basi-
skope Basilarstück des Blatttbeiles des Segmentes bezeichnet habe
(Taf. I, Fig. 2, Segment IV).
In Folge dieses Wachsthumes wird diese Wand anfangs stark
gekrümmt, später gebrochen erscheinen, so daß endlich ihr äußerer
Theil auf dem inneren senkrecht steht.
Daß sich die Basilarwand (6) in der That an ein Stück der
basiskopen Hauptwand des Segmentes und nicht an die Außenwand
desselben ansetzt, ergibt sich unzweifelhaft aus der Betrachtung dei-
Fig. 2 in Taf. I. Im Segmente III ist der äußrere (dem Blatttheile aii-
gehörige) Theil seiner basiskopen Hauptwand bedeutend länger, als
das durch die Wände a und b abgegrenzte Stück im Segment IV,
auch länger als das von der Wand « bis an die Peripherie reichende
Stück der grundsichtigen Hauptwand im Segmente VIII. Dasselbe
beobachten wir in Taf. I, Fig. 1 , o. Es muß» daher zur Begrenzung
des basiskopen Basilarstückes gegen das grundwärts anliegende Seg-
ment nur eil! Stück der Hauptwand verwendet worden sein, das
andere Stück muß sich nach vorne umgestülpt haben.
Wir sehen also bei der Lagenveränderung der Segmente die
Hauptwände in verschiedener Weise betheiligt. Es ist nicht unin-
teressant, in dieser Beziehung die bei Foutinalis zu beobachtenden
Erscheinungen mit denen zu vergleichen, wie Mir sie in den Sten-
geln von Equisetum, Marsilia und Salvinia, und in {\ew (mit drei-
seitiger Scheitelzelle wachsenden) Wurzeln der Geläßkryptogamen
finden. In den Stengeln oben genannter Pflanzen bleibt die basiskope
Hauptwand jedes Segmentes unverändert: von der akroskopen bleiitt
nur der Theil unverändert, der von der basiskopen Hauptwand des
316 L e i f g e b.
scheitehvärts anstoßenden Segmentes gedeckt wird. Ihr ül)riger seit-
lich gelegener Theil, der an die Seitenflächen der beiden nächst jün-
geren Segmente anstößt, wird grundwärts umgestülpt und erscheint
am horizontal gewordenen Segmente als Theil der Seitenwand. Bei
den Wurzeln der Gefäßkryptogamen hleiht die basiskope Hauptwand
des Segmentes ebenfalls unverändert. Von der akroskopen stülpt
sich eine Randzone ringsum um, so daß am horizontal gewordenen
Segmente nicht nur die Seitenwände, sondern auch die an die Wur-
zelhaube angrenzende Außenwand in ihren akroskopen Theilen von
der (umgestülpten) Randzone der akroskopen Hauptwand gebildet
werden ').
Bei Fontinalis geht die akroskope Hauptwand dieselben Ver-
änderungen ein , wie in dem Stengel der oben erwähnten Pflanzen :
von der basiskopen wird die nach außen liegende Randzone schei-
tehvärts umgestülpt, und bildet am horizontal gewordenen Seg-
mente den basiskopen Theil der Außenwand.
Wenn wir nun das Wachsthum der Hauptwände und deren
Lageveränderung in der eben entwickelten Weise auffassen, so müßte
die Basilarwand (6) nach außen nothwendiger Weise an ein Seg-
ment anstossen, da ja die von ihr getroffene basiskope Hauptwand
vollkommen von dem grundwärts gelegenen Segmente gedeckt wird.
Sie könnte also nie an die Peripherie des Stämmchens reichen. An
älteren Segmenten ist dies jedoch ganz ausnahmslos der Fall. Es
nöthigt diese Tbatsache zu der Annahme, daß bis zu einer gewissen
Tiefe eine Trennung der Segmente einer Reihe, das heißt, ein Aus-
einanderweichen ihrer Hauptwände stattgefunden hat, wie es ja auch
aus der Betrachtung der Längsschnitte (Taf. I, Fig. 2, Segment HI
und IV, Fig. 1, 5) a priori geschlossen werden muß -).
Der schon beschriebene Theilungsvorgang, die Bildung der
Basilarwand hat unzweifelhafte Ähnlichkeit mit dem, wie ihn Lorenz
in der oben citirten Abhandlung für Fissidens und Polytrichum in
Bezug auf das Auftreten der zweiten Theilungswand des Segmentes
beschrieb. Bei Fissufens schneidet im Segmente f. 2 (Taf. I, Fig. 21)
1) Ich verweise in Bezug auf die weiteren Ausein-nndersetzungen auf die schon oben
citirte Abhandlung: „Entstehung und Wachsthum der Wurzeln".
') Es liat dieser Vorgang um so weniger etwas Befremdendes , als das Ablösen von
Zellen und von (;ewei)en an der Oberfläche und im Innern der Organe eine im
Pflanzenreiche allgemeine Erscheinung ist.
Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Pflaniseimigane. 317
die Wand 2 die zuerst gebildete Wand ebenfalls in der Hälfte ihrer
Höhe; bei Polytrichum setzt sie sich dagegen unmittelbar an die
akroskope Hauptwand des Segmentes an (Wand zwischen n und o
im Segmente W, Taf. IV, Fig. 13).
Die weiteren Wachsthumsvorgänge der beiden Basilartheile
lassen sich, was die genetische Aufeinanderfolge der Theilungen
betrifft, nicht mehr mit voller Sicherheit angeben.
In Bezug auf die Entwicklung des akroskopen zur freien
Blattfläche auswachsenden T heil es ist es ungewiß, ob nicht so-
gleich durch Bildung einer schiefen auf den Flächen der Blattanlage
senkrecht stehenden Wand, der dann eine nach der entgegengesetzten
Seite geneigte folgt, die zweiseitige Blattscheitelzelle gebildet wird.
Diese Wände können nur gesehen werden, wenn man die Blattanlage
von der Fläche betrachtet, auf Längs- und Querschnitten müssen sie
wegen ihrer geneigten Lage der Beobachtung entgehen. Auch die Beob-
achtung senkrecht auf die Blattflächen hat ihre großen Schwierig-
keiten, weil man wegen der starken Wölbung nie die ganze ßlattfläche
auf einmal überblicken kann. Weiters sind die W^ände ungemein zart,
und es läßt sich bei dem Umstände, als die Flächen der sich decken-
den einer Blattzeile angehörigen Blätter zunächst der Vegetations-
spitze enge an einander liegen, oft nicht entscheiden, w elchem Blatte
die beobachteten Wände angehören. Taf. H, Fig. 2 zeigt ein junges
Blatt, dessen basiskope Fläche durch einen Längsschnitt blosgelegt
wurde. Es sind schon zwei Segmente aus der ursprünglichen Schei-
telzelle abgeschnitten. Die durch die beiden schiefen Wände 1 und 2
abgeschnittenen Stücke haben sich durch Längswände weiter getheilt.
Diese Längswände folgen in Bezug auf die Zeit ihres Entstehens von
der Blattmediane gegen die Peripherie aufeinander. Eben so häufig
beobachtet man auch den Fall, daß nach Bildung einer der Blatt-
mediane zunächst gelegenen Längswand, eine auf dieser senkrechte
und den ersten schiefen Wänden (1 und 2) parallele Theilungswand
auftritt, der dann wieder Längstheilungen nachfolgen. Taf. I, Fig. 6
zeigt eine noch jüngere Blattanlage im Segmente 3. Durch die
schiefen Wände 1 und 2 ^hat sich die Blattscheitelzelle gebildet.
(Vergl. die Erklärung der Abbildungen.)
Auf Längsschnitten tritt als zunächst sichtbare Theilung die
Wand c auf (Taf. I, Fig. 1 — 5). Ich zweifle, daß sie einer der zuerst
gebildeten schiefen Wände (1 und 2 in Taf. II, Fig. 2 und Taf. I,
f> 1 o L e i t g L' b.
Fig. 6) entspricht, glaube vielmehr, daß sie einer späteren Theilung
angehört, weiche senkrecht aiiC (h'ti Längswänden steht, die sich in
den (hircli die ersten schiefen Wände abgeschnittenen Basisstücken
ansgehildet haben.
Die weiteren auf Ijängssclinitten siclitharen Theilungen ergeben
sich in ihrer genetischen Folge aus Taf. 1, Fig. 4. Die Wand rf macht
den Blattgrund zweischichtig; e schneidet mittlere Zellen ab, die
zunächst der Mediane des Blattes zu Haaren auswachsen. Es zeigt
sich diese Theilungsfolge auf den meisten Längsschnitten. (Man ver-
gleiche die entsprechenden Wände in Taf. I , Fig. 1—5.) Daß übri-
gens auch hier Unregelmäßigkeiten vorkommen, zeigt Fig. 5, wo im
fünftjüngsten Segmente die Wand d ausgefallen ist, und sich e un-
mittelbar an die ßlattwand (jt) ansetzt. Den eben erwähnten Thei-
lungen (^/ und e) gehen übrigens Badialwände voraus. Es erhellt dies
aus Betrachtung der Querschnitte, die durch den Blaltgrund geführt
wurden (Taf. [II, Fig. 1,3,4). Sie entsprechen ohne Zweifel den
Längswänden l in Tal". II, Fig. 2. Es wird durch sie die Peripherie
des Blattgrundes in mehrere tangential neben einander liegende Zellen
getheilt. Von diesen erscheinen anfangs nur die mittleren tangential
getheilt. Später erst erscheint der Blattgrund seiner ganzen Breite
nach zweiscbichtig (Taf. II, Fig. 6). Es folgen also die tangentialen
Theilungen von der Mitte des Blattgruudes gegen die Bänder hin
aufeinander.
Die weiteren Theilungen des zur Blatttläche auswachsenden
Basilarstückes haben nichts bemerkenswerthes. Die Entwicklung ist
dieselbe, wie bei den Moosblättern im Allgemeinen. Bei dem Um-
stände, als das Blatt von FoHtinalis keinen Nerven ausbildet und sich
überhaupt unter den Zellen durchaus keine Verschiedenheit bemerk-
bar macht, hatte es auch weiters kein Interesse , die Theilungsvor-
gänge genauer zu studiren.
Im entwickelten Zustande ist die freie Blattfläche einschichtig
und nur selten finden wir sie am Grunde in Folge einmaliger tangen-
tialer Theilung zweischichtig (Taf. IV, Fig. 2).
Das Flächenwachsthum ist besonders stark in der Mitte des
Blattes. Man erkennt dies schon an ganz jungen Blättern an der
starken Wölbung. Durch spätere Längsstreckung der Zellen geht
diese gleichniätJ>ige Wölbung allmälig verloren, und es bildet sich
in der Mediane eine kielartige Falte.
Beitiüj^e zur Eiitwickluiigsjreschichte der I'fl.iii/,t'inir;;iine. dlt)
Die Entwicklung des basiskopen Basilai- stück es
zeigt wenig bemerkenswerthes, in so weit nämlich, als es an dem
Aufbaue des Stämmchens Antheil nimmt. Auch hier gehen die radia-
len Theilungen den tangentialen voraus. Man beobachtet sie zu glei-
cher Zeit mit den ihnen entsprechenden im akroskopen Basilarstücke-
Dieser Entwicklungsgang wird jedoch nur in solchen Segmenten ein-
gehalten, in denen keine Seitensprossen angelegt werden. Da nun
diese, wie wir später sehen werden, gerade aus dem basiskopen
Basilartheil des Segmentes sich entwickeln, so werden dadurch eigene
Theilungsvorgänge bedingt, die ich später bei der Sproßbildung aus-
führlicher besprechen werde.
Was das Breitenwachsthum der Basilart heile betrifft,
so zeigen dieselben wesentliche Verschiedenheiten. Es können die
diesbezüglichen Verhältnisse nur im Zusammenhange mit der Betrach-
tung der gegensei ligen Lage der Segmente und der durch dieselbe
bedingten Formentwicklung derselben weiter erörtert werden. Für
jetzt sei folgendes bemerkt:
Da die beiden Basilarstücke dem äußeren Theile eines Segmen-
tes entsprechen, und in Folge des Verlaufes der Blattwand (pag. 3)
das basiskope Basilarstück aus einem näher der Längsachse des
Stämmchens gelegenen Theile desselben entsteht und dieses seiner
Anlage nach von außen (das ist von der Fläche) gesehen , dreieckig
erscheint, also von vorne und außen gegen hinten und innen an Breite
abnimmt, so muß nothwendiger V^eise das basiskope Basilarstück
schon seiner Anlage nach schmäler sein, als das akroskope. Dies ist
natürlich so lange der Fall, als die Durchschnitte der Hauptwände
der Segmente im Längsschnitte als gerade oder gebogene Linien
gegen die Achse des Stämmchens verlaufen. In dem Maße aber, als
durch überwiegendes Wachsthum der basiskopen Hauptwand des
Segmentes (pag. 8) der äußerg Theil sich stärker gegen den inne-
ren krümmt, müßte allmälig ein stärkeres Breitenwachsthum des
basiskopen Basüartheiles Platz greifen. Würden die drei aufeinander-
folgenden Segmente nun nicht so , wie es ihre Entstehung aus der
Scheitelzelle mit sich bringt, sich in spiraliger Folge decken, sondern
in derselben Höhe liegen und mit ihren (radial verlaufenden) Seiten-
wänden klappig an einander stossen, so müßte nothwendiger Weise
schließlich das basiskope Basilarstück nicht allein so breit sein, als
das akroskope desselben Segmentes, die Segmente eines Umlaufes
320 L e i l g e L.
.nlso, von außen gesehen, mit radialen Längswänden an einander
grenzen, es müßten auch jedes Segment ein gleichgroßes Stück des
Stammquerschnittes einnehmen. Da nun aber die Segmente spiralig
geordnet sind, so erscheint jedes derselben, so lange sie noch nicht
iiorizontal geworden sind, seitlich von den beiden der Entstehung
nach nächst älteren Segmenten eingeschlossen, so daß auch im Quer-
schnitte die Segmente zickzackförmig in einander greifen (Taf. I,
Fig. 7). Da nun die Hauptwände der Segmente, in so weit sie dem
ßlatttheile angehören, nicht horizontal werden, sondern theilweise
selbst eine ganz verticale Lage erhalten, so werden wir auch an, von
der Spitze weiter entfernten Querschnitten immer den Blatltheil des
einen Segmentes von den, den beiden nächst älteren Segmenten an-
gehörigen Blatllheilen seitlich umlaßt sehen. So weit also der
Stammquerschnitt von den ßlatttheilen der Segmente eingenommen
wird, in seiner Randzone nämlich, wird die Ansicht ungefähr dieselbe
geblieben sein, wie zunächst der Scheitelzelle, wo die Hauptwände
der Segmente noch die anfängliche Neigung zeigen. In der Rand-
zone werden also die Segmente auch jetzt noch zickzackförmig in
einander greifen. In dem Maße nun, als die Segmente nach außen
convex werden, werden die Seilenwände jedes Segmentes mit der
basiskopen Hauptwand desselben einen immer größeren Winkel bil-
den , bis sie endlich mit dieser in eine Bogenlinie zusammenfallen
(Taf. II, Fig. 5, Taf. HI, Fig. Ij. Von den drei die Peripherie des
Stammquerschnittes einnehmenden ßlatttheilen wird in Folge dessen
das älteste mehr, das jüngste weniger als i/^ der Peripherie ein-
nehmen i).
Bei Fontinulis kommt jedoch noch ein anderer Umstand in Be-
tracht, der uns erst das in späteren Stadien so bedeutende Ueber-
ureifen der Blattbasis erklärt. Es nimmt nämlich am entwickelten
*) Das ÜbergTcifeii der HInttliasen (Basilarsliieke) erklärt sich also aus dem Umstände,
daß die sie gnind- und sclieitelwärts begrenzenden Theile der Haiiptwände nicht
horizontal werden, sondern sich scheitelwärts umstülpen. Auch die Lorenz'sche
Erklärung des Übergreifens der ßlattbasen bei Fissidens (I. c. pag. 7) setzt ein
solches Geneigtbleiben der Hauptwände voraus. Wir können allgemein sagen:
Überall dort, wo die in zwei- und dreiseitigen Scheitelzelleii sich ausbildenden
Wände (wenigstens in ihren peripherischen Theilenj gegen die Längsachse geneigt
bleiben, und die ganze Breite eines Segmentes zur Bildung der Blattanlage ver-
wendet wird, werden wii' ein Übergreifen der Itlaltbasen beobachten.
BeHräge /.iir Eii(wicklirnj,',sf;esfliichtp der PtI:inÄeii()rf;aiie. 321
Stäinmchoii die Blatthasis nahezu zwei Drittel des SteiigeUimlanges
ein (Tat. IV, Fig. 1).
Das hasiskope Basilarslück jedes Blatttheiles wächst nämlich
nicht in demselben Maße in die Breite, als dies gemäß seiner ohen-
erörterten Neigiingsveränderiing geschehen sollte. Seitlich grenzen an
dasselbe die akroskopen Basilarstücke der beiden nächst älteren
Segmente. Wenn es nun durch das zunehmende radiale Wachs-
thum seiner basiskopen Hälfte und des Stengeltheiles auf den Um-
lang eines größeren Kreises hinaus gedrängt wird, sollte es dem ent-
sprechend auch in die Breite (in tangentialer Richtung) wachsen.
Doch hält dies sein tangentiales Waciisthum nicht gleichen Schritt mit
dem Dickenwachsthume des Stämmchens, sondern bleibt hinter dem-
selben zurück. Dafür übernehmen die beiden an seinen beiden Sei-
ten anliegenden (akroskopen) Basilarstücke der benachbarten Seg-
mente das dadurch bedingte Breitenwachsthum. Je größer nun die
Peripherie des Querschnittes wird, desto größer wird auch die
Differenz der Bögen , die einerseits den akroskopen Basilarstücken
der beiden älteren Segmente eines Umganges , anderseits dem basi-
skopen Basilarstücke des von ihnen eingeschlossenen jüngsten Seg-
mentes entsprechen. Da nun das akroskope Basilarstück des Blatt-
theiles unmittelbar in die freie Blatttläche auswächst, so wird der
Blattgrund auch ein der oben erwähnten Bogengroße entsprechendes
Stück des Stengelumfanges einnehmen.
Eine einfache Construction möge die Sache klar machen: In
Tat". II, Fig. 8 A ist das Ineinandergreifen der drei aufeinander fol-
genden Blätter auf einer ebengelegten Cylinderfläche schematisch
dargestellt. Die Zahlen I, II, III bezeichnen die drei scheitelwärts
aufeinander folgenden Blätter, deren Basilarstücke durch ausgezogene
Linien erkenntlich sind. Ihre freien Blattflächen sind durch punktirte
Linien angedeutet. Die kathodischen Seiten der Blätter II und III
sind ihrer Stellung gemäß durch die anodischen Seiten der Blätter I
und II gedeckt. Die Basilarstücke jedes Segmentes sind in den brei-
teren akroskopen zur freien Blattfläche auswachsenden und den
schmäleren basiskopen Theil geschieden. Der Verticalabstand der
Blätter ist größer angenommen, als dies in der Vegetationsspitze
der Fall ist. Dort liegen sie in einer sehr flach verlaufenden Spirale
und es schließt die kathodiscbe Seite des Blattes l an die anodische
Seite des basiskopen Basilarstückes des Blattes III an. Ffihi-cn wir
Sitzb. (1. mathem.-iiiituiw. Cl. LVII B.I. I. Abth. 21
322 Lei t geb.
null durch die Knospe einen Querschnitt iji der Höhe x y, so durch-
schneidet dieser vom Blatte I das akroskope Basilarstück seiner
ganzen Breite nach; vom Blatte II das basiskope und die anodische
Seite des akroskopen, vom Blatte III nur das basiskope Basilarstück.
An der geschlossenen Cyündertläche würde also der Querschnitt
ungefähr die Anordnung zeigen, wie sie in Fig. 8 Ä schematisch
dargestellt ist. Das Blatt I erscheint an beiden Enden gleich ent-
wickelt; das Blatt II ist an seiner k'athodischen Seite breiter, an
seiner anodischen spitzt es sich zu (da es hier in seinem akros-
kopen Basilartheile getrofTen wurde). Das Blatt III ist nur in
seinem basiskopen Basilartheile getroffen. Sein ganzes akroskopes
Basilarstück liegt über der Schnitttläche. Dies gilt auch von der
kathodischen Seite des dem Blatte II angehörigen akroskopen
Basilartheiles (in der Figur durch eine punktirte Linie ange-
deutet).
In der Wirklichkeit sind nun die Grenzen der einzelnen Theile
selten so scharf erkennbar, als wir es, um die Darstellung zu verein-
fachen, in diesem Schema angenommen haben. Hier hatten wir die
Voraussetzung gemacht, daß die dem Blatttheil des Segmentes grund-
und scheitelwärts begrenzenden Theile der Hauptwände (so weit sie
also innerhalb der Peripherie des Stämmchens gelegen sind) genau
horizontal seien. In der Natur ist dies höchst selten, zunächst der
Vegetationsspitze nie der Fall. Bei der allmäligen Lagenveränderung
der Segmente bleiben diese Theile der Hauptwände lange Zeit ge-
neigt. Man sieht dies deutlich in Tat'. I, Fig, 1, 3, 4, 5 (minder deut-
lich in Fig. 2). Es werden daher die Blatttheile der vertical überein-
ander liegenden Segmente in Ebenen aneinander grenzen, die mehr
weniger gegen die Längsachse des Stämmchens geneigt sind. Wir
werden also häufig Querschnitte erhalten müssen, deren (einem Blatt-
theile entsprehende) Bandzone stellenweise aus den Blatttheilen zweier
verschiedener Segmente gebildet wird, und zwar wird dann die
Peripherie von Theilen des älteren grundwärts anliegenden Segmen-
tes eingenommen werden. Das -gleiche wird dort der Fall sein , wo
die akroskopen Basilarstücke je zweier spiralig aufeinander folgender
Blätter üitereinander liegen. Wenden wir diese Thatsache auf die
sf'hematische Figur 8 ^ an , so wird der Schnitt xy z. B. an der
Stelle, wo die kathodische Seite des Blattes II die anodische des
Blattes I deckt, an der Peripherie Theile des Blattes I, nach innen
Beifriij;e zur EiitwickluiiiTsgescIiichte der Pfliin/.eimr^aiie. OCO
solche des Blattes II treffen. Es wird iiiii' eine geringe Veränderung
der Einstellung des Mikroskopes nutlnv endig sein, um allmälig den
einen oder den anderen ßlatttlieil ganz zur Ansicht zu bringen. Bei
nur wenig höherer Einstellung (das Präparat von der Spitze aus
gesehen) wird vom Blatte 11 die kathodische Seite in ihrer ganzen
radialen Ausdehnung erscheinen, in demselben Maße die anodische
des Blattes I verschwinden. Das Blatt wird dadurch seine kathodische
Seite in der Weise ergänzen, wie es in Fig. 8 B durch die punktirte
Linie angegeben ist.
Die ganze hier erörterte theoretische Deduction wird nun durch
die Ansichten, wie wir sie durch Längs- und Querschnitte in der
That erhalten, vollkommen bestätigt. Tat". II. Fig. 3 zeigt uns einen
(theilweise schematisirten) Längsschnitt durch die Vegetationsspitze
parallel den Flächen einer Blattzeile von innen gesehen. 1, 2, 3, 4
sind die übereinander liegenden Hauptwände. Man erkennt sie
leicht an den Haaren, die an ihnen entspringen (in der Zeichnung
punktirt), deren Bildung jj^. 11 besprochen wurde. In jedem der
Segmente beobachten wir eine den Hauptwänden parallel verlaufende
Wand. Sie entspricht der Wand b in Taf. I, Fig. 1 — o, und ist in
dieser Figur ebenfalls mit h bezeichnet. Diese Wand trennt die bei-
denBasilarstücke jedes Segmentes. Das basiskope erscheint immer viel
niederer als das akroskope, das sich in die freie Blattfläche fortsetzt.
Das basiskope Basilarstück (^nij ist auch in jedem Segmente schmä-
ler als das akroskope. Es wird seitlich von den akroskopen Basilar-
stücken der beiden der Entstehung nach nächst älteren Segmente
begrenzt, die in der Zeichnung imr in dem untersten Segmente dar-
gestellt sind (^cc und ßj, in den übrigen, der Deutlichkeit wegen,
weggelassen wurden. In Taf. II, Fig. 4 sehen wir ein Blatt (III) von
seiner (convexen) Außenfläche. Man erkeinit die beiden Basilartheile
und die beiden seitlich angrenzenden Blätter (I und II). An der
Hauptwand 1 sind die Haare freiliegend, an der mit 2 bezeichneten,
scheinen sie durch die Blatttläche durch, h ist die Basilarwand. In
Taf. III, Fig. 10 ist bei gleicher Lage des Objeetes, ein Theil der
Blattfläche von Bd weggeschnitten. Die Haare an der Hauptwand 2
liegen daher an der Oberfläche. Auch hier erkennt man deutlich die
Basilarwand b, und die an das basiskope Basilarstück seitlich anstos-
senden Theile der Blätter i^l, und ^2. Auch an den Basilarstücken
sind die oberflächlichen Zellschichten durch den Schnitt entfernt.
21
3*^4 Lei t gel..
Taf. III, Fig. 9 stellt ein Präparat mit gleicher Schnittriehtung , aber
von innen gesehen, dar. In beiden Ansichten (Fig. 9 und 10) ist die
Wand b aus später zu erörternden Gründen scheitelwärts convex.
Taf. II, Fig. I zeigt uns einen axilen Längsschnitt. Bei etwas tieferer
Einstellung, die die abgewendete Oberfläche des Stämmchens zeigt,
gehen die Hauptwände der Segmente A und B in die punktirten
Linien über. Sie stellen die Begrenzung der akroskopen Basilarstücke
(der den Segmenten A und B angehörigen Blatttheile) dar, die an die
basiskopen der Segmente B und C stossen, wie es oben theoretisch
erörtert wurde. Daß die punktirte Linie im Segmente B höher liegt
als die ihr entsprechenile Hauptwand im axilen Längsschnitt, erklärt
sich aus der oben erörterten geneigten Lage der Hauptwände, in so
weit sie den Blatttheilen angehören. (Hier sind übrigens die Haupt-
wände auch im Stengeltheile noch etwas geneigt. Vergi. Taf. III,
Fig. 2). Taf. II, Fig. 6 stellt den Querschnitt durch einen schon
ziemlich entwickelten Stammtheil dar. Die Blätter 1 und 2 sind in
ihrer freien Blattfläche, das Blatt 3 in seinem akroskopen Basilar-
stücke durchschnitten. Die punktirte Linie zeigt die Fortsetzung des-
selben in die freie Blattfläche. Die gegen das Stengelgewebe
ihn begrenzenden Wände, die der Blattwand a (in Taf. I, Fig. 1—5)
entsprechen, sind stärker gehalten. Die Grenze ist übrigens auch in
der Natur deutlich zu erkennen. Das Basilarstück ist durch wieder-
holte tangentiale Theilungen mehrschichtig geworden. Die dadurch
bedingte Anordnung der Zellen in radiale Reihen ist besonders an
seiner kathodischen Seite noch deutlich erkennbar. An beiden Seiten
spitzt es sich zu, und nimmt über die Hälfte des Stengelumfanges ein.
Vom Blatte 4 sehen wir den medianen und den anodischen Theil des
ükroskopen Basilarstückes, dessen kathodischer Theil über der
Schnittfläche gelegen ist (vergl. Fig. 8 B \xi\Apg. 15), es erscheint
deßhalb hier auch breiter als an seiner anodischen Seite, wo es sich
wie das Blatt 1 zuspitzt. Hier umschließt es das basiskope Basilar-
stück des Blattes 5, das an seiner anodiseiien Seite vom Blatte 3 um-
schlossen erscheint *). Es besteht aus fünf horizontal neben einander
'j Daß dieses Basilarstück ganz iin seinem Gruntlp (liirehschnitten wurde, zeigten die
Haare, deren Ursprung ans der unmittelbar tiefer liegenden Schiclife am Präparate
deutlich l.eohachtet werden konnte. Die Haare gehen für die genaue Orientiruug
unschätzbare Anhaltspunkte ab.
Beitriifre zur Entwicklung:sg-eschlclite der Pflanzenorgane. o3i)
liegenden Zellen, in denen einmalige tangentiale Theilnng eingetre-
ten ist. Es nimmt viel weniger als ein Drittel der Peripherie ein. In
Taf. III, Fig. 1 ist ein jüngeres Stadium dargestellt. Die Vegetations-
spitze liegt abgekehrt. Das Blatt i, als das älteste ist nur durch die
punktirte Linie angedeutet. Sein ganzer Blatttheil liegt über die
Schnittfläche. Das Blatt 2 ist an der Stelle getroffen , wo der Blatt-
theil in die freie Blattfläche übergeht. Die akroskope Hauptwand des
Basilarstückes begrenzt das Stämmchen nur an dessen kathodischer
Seite. Seine anodische Seite liegt (in Bezug auf die Zeichnung)
höher. Das Blatt 3 ist in seinem akroskopenBasilarstücke und zwar in
dessen ganzer peripherischen Ausdehnung, durchschnitten. An seiner
kathodischen Seite erscheint es etwas durch das Blatt 2 gedeckt. Es
ergibt sich dies aus der oben erwähnten schiefen Lage der Hauptwände.
Vom Blatte 4 sieht man nur das basiskope Basilarstück, eben so vom
Blatte 5. Im Stengeltheil erkennen wir deutlich den Verlauf der drei
Hauptwände (eigentlich Seitenwände der Segmente), der schon nahe-
zu horizontal liegenden Stengeltheile (der Segmente), die zu den
Segmenten gehören, die auch die Blätter 3, 4, 5 bildeten. Die zwei
den Stengeltheil des Segmentes 3 seitlich begrenzenden Hauptwände
umschließen einen kleineren Bogen, als es dem durch den Schnitt
getroffenen akroskopen Basilartheile desselben Segmentes ent-
spricht, das sich auf Kosten der basiskopon Basilarstücke 4 und S
verbreiterte. In den Segmenten 4 und 5 ist der dem radialen Verlauf
der Hauptwände entsprechende Bogen grüßer, als der durch die
Blatttheile derselben Segmente (4 und 5) eingenommene, da diese in
ihren basiskopen Basilarstücken, die im tangentialen Wachsthume
zurückblieben, durch den Schnitt getroffen wurden. Diese Differenz
der Bögen, wie sie einerseits den Stengeltheilen, anderseits den
Blatttheilen entsprechen, wird natürlich auf Schnitten, die der Sehei-
telzelle näher liegen, succesive geringer ausfallen, weil auch die
durch das ungleiche tangentiale Wachsthum der beiden Basilarstücke
entstehende Differenz gegen die Spitze hin immer geringer wird.
Wir sehen dies zum Beispiele in Taf. III, Fig. 5, wo der zweit- oder
drittjüngste Segmentumlauf getrofi'en wurde. Ein noch jüngeres
Stadium stellt Taf. II, Fig. 5 dar.
Die seitlichen Ränder der akroskopen Basilarstücke liegen An-
fangs ganz in der Oberfläche des Stämmehens. Später überwachsen
sie die benachbarten Zellen, wobei sie ihnen entweder fest anliegen.
326 I.eitgeb.
und so mir den Qiiersclinilf des Stäinnieheiis vergriK.Wrn , oder sich
von ihnen trennen. Ersteres ist am (irnnde jedes nkroskopen Basi-
larstückes der Fall. Weiter scheitelwärts tritt der Rand über die
Oberfläelie des Stämnichens heraus. Es entstehen auf diese Weise
am Stiinmichen tlügehirtige Anhänge, die alhnälig in die freie Biatt-
tläche übergehen; oder was dasselbe ist, die Blätter erscheinen mit
stark herablaufender Basis am Stämmchen befestigt. An Stellen , an
denen mit freiem Auge oder mittelst der Loupe diese flügelartigen
Anhänge nicht mehr wahrgenommen werden können, erkennt man
an Querschnitten unter dem Mikroskope noch die seitlichen Ränder
daran, daß an diesen Stellen die Zellen hockerarfig über die Peri-
pherie vorstehen (Taf. IV, Fig. 1).
Es" ist übrigens wohl natürlich, dalJ» die Grenze zwiscben den
beiden Basilarstücken, was die DiiTerenz der ihnen entsprechenden
Bögen betrilTt. in der Natur nicht so scharf ausgeprägt sein kann,
wie es oben bei der theoretischen Betrachtung der Einfachheit halber
angenommen und der scbematischen Figur Taf. II, Fig. 8 A zu
Grunde gelegt wurde. Weiters muß wobl berücksichtigt werden, daß,
den Theiluugen der Scheitelzclle entsprechend, jedes nächst jüngere
Segment höher liegt , als das der Entstehung nach ihm unmittelbar
vorhergehende, daß also, wenn die kathodische Seite des Blattes 1
an die anodischc des dem Blatte 3 angchörigen basiskopen Basilar-
slückes angrenzt, die Blatttheile 1 und 3 an ihren beiden Seiten ein
ungleich starkes Längenwachsthum werden zeigen müssen. Zunächst
der Spitze, wo der Blattcyklus in einer sehr flachen Spirale verläuft,
wird dieses ungleichmäßige Wachsibum allerdings kaum bemerkbar
sein. Anders jedoch in späteren Stadien, wo nach Streckung der
Inlt-rfoliartheile der Verticalabstand der Blätter so bedeutend wird.
liier werden zum Beispiele bei linksläuliger Segment- und also auch
Blatfspirale die aimdischen Seiten der akroskopen Basilarstücke eine
stärkere Längenentwickelung zeigen müssen, als deren kathodischc
Seiten. Es wird am Blatte 3 z. B. die seitlich überwachsende anodi-
sche Seite bis zur Ursprungsstelle der freien Blattfläche des Blattes 2
reichen müssen. In etwas vorgerückteren Stadien werden sich also
ilic Blaltllicilc auf einer eben gelegten Cylinderfläche in der Weise
ausnehmen, wie es in Taf. II. Fig. 7 schematisch dargestellt ist. Es
gelang mir allerdings nicht, diese DilVcrcnz der Längen beider Sei-
ten durch direcle Be(d»achtung in allen Fällen mit Sicherheit nach-
ReifrSg'e zur Enfwickliingsgpsi'liichfc der PnHiizeiiorgaiie. O ■* <
zuwoiseii, da zur Zeit, als dieselbe überhaupt bemerkbar wird, auch
die Begreuzuiigsliuien der Segmente und Segmenttheile nicht mehr
erkannt werden können. Aber es ergibt sich dieses Verhältniß noth-
wendiger Weise, wenn wir, wie es oben geschehen, ein überwiegen-
des tangentiales Wachsthum der akroskopen Basilarstiicke gegen-
über der hasiskopen voraussetzen. Diese Annahme wird aber durch
die directe Beobachtung bestätigt. Man könnte allerdings auch an-
neJimen, dal.\ der ganze Blatttheil des Segmentes wegen der ge-
neigt bleibenden Lage der scheitel- und grundsichtigen Hauptwände
seitlich von den Blatttheilen der beiden nächst älteren Segmente um-
schlossen wird, und auch in diesem Falle müßte derselbe immer
weniger, jeder der beiden andern mehr als ein Drittel der Peripherie
einnehmen. Dann aber könnte man bei wechselnder Einstellung nicht
eine so rasche Breitenzunahme des betreffenden (basiskopen) Basi-
larstückes scheitelw\^irts (und umgekehrt) beobachten; es könnte der
Querschnitt nie Ansichten geben, wie sie in Taf. II, Fig. 6, Blatt 5
und Taf. III, Fig. 1 dargestellt sind.
Daß übrigens eine solche Längendifferenz der beiden Seiten des
akroskopen Basilarstückes in der That vorhanden ist, dafür spricht
vielleicht die Beobachtung der herablaufenden Blattränder am ent-
wickelten Stämmchen. Wir finden nämlich dieselben selten gleich
lang, sondern es ist der freie anodische (in der Blattspirale höher
gelegene) Band weiter herablaufend , als der kathodische , was nach
den oben erörterten Wachsthumsverhältnissen nothwendiger Weise
eintreten muß. Da jedoch die basipetale Erstreckung dieser flügel-
artigen Anhänge durchaus nicht auch mit der der betreffenden akro-
skopen Basilarstücke zusammen fallen muß, so möchte ich auf diese
Thatsache kein zu großes Gewicht legen. (Man vergl. Taf. III,
Fig. 6—8.)
Ich gehe nun zur Entwicklung des Stengelt heiles der
einzelnen Segmente über.
Ich habe schon oben erwähnt, daß die Hauptwände der Seg-
mente zunächst der Scheitelzelle gerade . dann bogenförmig nach
innen verlaufen, und daß, nach Bildung der, das Segment in Blatt-
und Stengeltheil trennenden Längswand, dieser allmälig in eine
horizontale Lage übergeht. Unmittelbar nach Entstehung dieser
Wand, also noch zu einer Zeit, wo der Stengeltheil des Segmentes
eine geneigte Lage hat, sehen wir ihn durch eine Sextanten-
wand ') gelht'ilt. Schi" (leiillicli sielit man diesen Tlieiinngsvorgang
an Veiter von der Scheitclzelle enlfernten Qnerschnitten , wo die
Stengeltheile der Segmente als dreieckige liorizontalliegende Plat-
ten erscheinen, die im Centrnm znsanimenstoßen (Taf. IIT, Fig. 1
und ö). .lede dieser dreieckigen Platten ist durch die Sextaiitenwand
in zwei nebeneinander liegende Zellen (Sextanten) zerfallen, die in
Bezug auf ihre Größe um so ungleicher sind , je weiter vom Mittel-
punkte entfernt sich die Sextantenwand an eine der Seitenwände
ansftzt. Dabei \\ ird die Blallwand regehnäßig in der Älilte getrofVen,
(hiiicr die Sextanten an der Peripherie gleich breit sind. In den sel-
lenslen Fällen fand ich die Sextantenwände in den Segmenten eines
Querschnittes homodrom. In der Regel sehen wir ihren Verlauf in
der Weise, wie es in Taf. III, Fig. 1 und 5 dargestellt ist. Zwei der
Sextantenwände setzen sich an den anodischen, eine an der katliodischen
Seite des betreffenden Segmentes an"). In Bezug auf die weiteren
Theilungen läßt sich nur so viel erwähnen, daß in dem größeren bis
ins Centrum reichenden Sextanten constant durch eine Tangential-
wand eine innere Zelle abgeschnitten wird s). In dem kleineren Sex-
tanten treten hingegen meist radiale Wände auf, die entweder homo-
drom der Sextantenwand sich an der Seilenwand des Segmentes an-
setzen, oder in entgegengesetzter Richtung verlaufen, und die Sex-
tanteiiwand treffen. Die weitere Theilungsfolge ist für das in Taf. III.
Fig. 1 dargestellte Präparat, aus dem beigegebenen Schema ersicht-
lich (Fig. 1 B). An diesen, wie an allen ähnlichen Präparaten beob-
achtet man sogleich auf den ersten Blick, daß die Theilungen vor-
wiegend in centrifugaler Richtung vor sich gehen, wodurch sich eine
Übereinstimmung mit dem (jieläßcylinder der Wurzeln der Gefäß-
kryptogamen herausstellt.
Am Stämmchen von Fontinalis hat es übrigens weiter kein In-
teresse, den Theilungsvorgang in den Stengeltheilen der Segmente
genauer zu verfolgen , da eine Differenzirung des GeAvebes in mor-
phologisch zu unterscheidende Elemente nicht stattfindet. Ich zweifle
jedoch nicht, daß bei akrokarpischen Moosen, in deren Stämmchen
') Kiilslt'liiinn' und Waclistlmni ilor Wurzeln. . . . pag. T'J.
-) Anoli in den Wni/.eln set/.en sieh die Sexlanlenwünde liiiiidger :in den iinodischeil
als :in den kHlliodiselien Seiten an (I. c. pag. 7'.t).
*) Aiieli in dieser üezielinng sehen wir die vollkommenste l liereinstiinnMin^ mit den
Wiir/.eln der (iet'Sßkry|>»(igameii (1. c. pag-. 79, 105).
Beiträge zur Entwickliinprs^esohichtf der Pflanzenorgane. O-cQ
ein Mittelsir.'tng stets vorhanden ist, derselbe sieli ans morphologiseh
bestimmten Zellen der Sextanten entwickelt, nnd es wäre dann ganz
wohl möglieh, daß auch in dieser Beziehung mit den Getaßkrypto-
gamen eine Übereinstimmung bestände.
Ich habe bis jetzt nur das Diekenwachsthum des Slämmchens
btsjiroehen. Was das Längenwaehstb u m desselben betrifft, so
wurde oben erwähnt, daß die erste Quertheilung in dem Hlattlheile
jedes Segmentes schon sehr früh auftritt, da durch sie (Basilarwand)
ja die Differenzirung desselben in das grund- und scheitelsichtige
Basilarstiick eingeleitet wird. Um diese Zeit zeigen die Zellen des
axilen Stengeltheiles noch keine Querwände, und es tritt dadurch
der Unterschied zwischen Stengel- und Blatttheil jedes Segmentes
um so auflallender hervor (Taf. I, Fig. 2, Segment V, VI, VII). Einige
Segmente tiefer, erscheinen auch die Zellen der Stengellheile quer-
getheilt. Die Querwände treten mit den in denBlatttheilen entstandenen
auf gleicher Höhe auf. Nur wenig tiefer am Stamme erscheinen die
beiden, die Höhe eines Segmentes bildenden zwei Zelllagen nochmals
quer getheilt, so daß nun der Stengeltheil des Segmentes aus vier
Stockwerken von Zellen besteht. Die weiteren Theilungen lassen sich
durch directe Beobachtung nicht mehr ermitteln. Es werden nämlich,
in Folge einer nun eintretenden sehr starken Längsstreekung die An-
fangs nahezu in derselben Ebene liegenden Querwände jedes Stock-
werkes verschoben, und die Grenzen der Segmente werden ebenfalls
undeutlich. Doch können wir aus den fertigen Zuständen, wie sie an
ausgewachsenen Slämmchen beobachtet werden, auf die Zahl der
slattgefundenen Quei-theilungen zuriickschliessen. DerVerticalabstaud
zweier übereinander stehender Blätter beträgt im Durchschnitte
2-3 Mill. K^s entspricht dieser Abstand natürlich der Höhe eines Seg-
mentes. Die übereinander liegenden axilen (dem Stengeltheil der
Segmente angehörigen) Zellen des Stämmebens stoßen mit nahezu
horizontal laufenden Querwänden aneinander, und haben durcliscbniH-
lich 0-26 Mm. Länge. Es kommen somit ungefähr 8 Zellen auf dleHi)Iie
eines Segmentes, was also, nach Bildung der vier Stockwerke eine
nochmalige Quertheilung sämmtlicher Zellen voraussetzt. Wir können
also sagen, daß in den Stengeltheilen der Segmente sich die Quer-
tbeilungen dreimal wiederholen.
Die den Blatttheil der Segmente zusammensetzenden Zellen
verhalten sieh in dieser Beziehung anders. In entwickelten Stamm-
330 Leitgeb.
tlu'ilon sind sie im Ganzen doppelt so lang- als die des axilen Ge-
webes, und an beiden Knden zngespitzt, so daß sie sieh auf ziemlieh
weite Strecken zwischen einander einschieben. Es ist also anzuneh-
men, daß in ihnen eine Quertheiinng unterbleibt. Nur dort, wo das
akroskope Basilarstück in die IVeie Blatttläehe übergelit, erscheinen
sie besonders zunächst der Oberfläche viel kürzer. Es ist zweifellos,
daß sie, nach Bildung der Blattscheitelzelle, aus dieser entstanden
sind, obwohl die directe Beobachtung weder die Folge der Theilungen
noch eine allfiillige Regelmäßigkeit der Anordnung erkennen läßt.
Das Stämmchen von Fontinnlis zeigt eine ungemein reiche
Verzweigung. Die Knospen wachsen entweder zu vegetativen
Sprossen aus, oder werden reproductiv, indem sie Antheridien oder
Archegonien bilden. Die Blattspirale ist ausnahmslos der des betref-
fenden Muttersprosses autidrom. Da die Axen erster Ordnung fast
ausnahmslos liuksläufige Blatt- (also auch Segment-) Spiralen zeigen,
linden wir an den Achsen zweiter Ordnung Rechtsdrehung, an denen
dritter Ordnung Linksdrehung und so fort.
Die Stellung der Knospen am entwickelten Sprosse zeigt in so
ferne eine gewisse RegelmälJtigkeit, als die Einfügungsstelle meistens
an dem herablaufenden Blattrande eines ungefähr auf gleicher
Höhe stehenden Blattes liegt. Sie erscheint eben so häufig bis zu
einer Stelle grundwärts gerückt, wo der herab laufende Blatt-
rand verschwindet, als auch öfters über die Einfügungsebene des
Blattes emporgehoben. Nach zahlreichen Beobachtungen an voll-
kommen entwickelten Stammtheilen, wie an solchen, an denen
die Längsstreckung noch nicht vollendet war, glaube ich es als allge-
meine Regel aufstellen zu können, daß die Knospen am anodischen
Rande eines mit ihm auf ungefähr gleicher Höhe stehenden Blattes
stehen; also bei rechtsumläuliger Blattspirale am linken, bei linksum-
läufiger am rechten Blattrande, das Blatt von außen und vom Grunde
aus betrachtet. Doch auch in dieser Beziehung finden wir häufig
genug Ausnahmen. So sehen wir im Schema Taf. III, Fig. 0 bei
rechtsläufiger Spirale auch am kathodischen Rande des Blattes 2
eine Knospe stehen: im Schema Fig. 7 bei linksläufiger Spirale die
Knospen ebenfalls am kathodischen Rande; in Fig. 8 bei linksläufiger
Spirale linden wir Knospen an beiden Rändern des Blattes 3; am
Blatte 4 eine solche am kathodischen Rande.
Beidägp zur Eiifwicklunosgescliichfe der Pfliin/.enorjjane. do I
Hofmeistor ') hat für Sphftgnum die Stelliiiio- der Knospen
dahin präeisirt, daß sie sich constant am linken Blallrande befinden.
Ans der Betrachtui.g fertiger Znstände, nnd noeh mehr dnreh direete
Beohaehtnng ihrer Anlage am Seheitel kommt er znr Ansicht, da(5>
die Anfangszelle eines Seitensprosses nnmittelbar znnäehst derSchei-
telzelle von einer Blattnintterzelle abgeschnitten werde (p. 271).
Obwohl nur Darslelinng inid Zeicbnnng (Taf. VIII, Fig. \'.i) nicht
ganz klar ist, glanhe ich Hofmeister doch recht zn verstehen,
daß er eine Knospe mit linkslänfiger Spirale vor sieb balle, inid daß
die Sproßmutterzelle aus dem kathodiscben Rande einer Blattnintter-
zelle gebildet wird. Dann würde sich allerdings bei linksläntiger
Spirale die Stellung der Knospen am linken Blaftrande erklären. Bei
Rechtsdrehung der Segmentspirale müßte dann in dem Falle, als wir
uns die Knospenanlagen in derselben Weise gebildet denken (die
sie bildenden Mutterzellen also wieder am kathodiscben Rande der
Blattmntterzellen abgeschnitten würden), die Knospen am rechten
Blattrande gestellt erscheinen. Ist dies jedoch nicht der Fall , und
stehen die Knospen constant am linken Blattrande (und Hofmeister
spricht dies p. 270 absolut aus), so müßte man annehm(Mi , daß bei
Rechtsdrehung der Segmentsspirale, die auch nach Hofmeister
(p. 26o) öfters vorkommt, die Knospenmutterzelle von dem anodi-
schen Rande der Blattmutterzelle abgeschnitten würde. Mir fehlt der-
malen das Material zur Beobachtung, und ich muß mich daher auf
diese Erörterung beschränken.
Ich habe schon oben erwähnt, daß wir bei Foiäinalls nicht in
allen Fällen die Knospe auf den linken Rand eines Blattes beziehen
können, und daß im Gegentheile bei linksumläufiger Spirale die Knos-
pen sich in der grüßten Mehrzahl der Fälle am rechten ßlattrande
befinden. Abgesehen davon, daß bei rechts- und linksläufiger Spirale
unzweifelhaft Fälle beobachtet wurden, wo die Knospe an den rechten
Rand eines Blattes gerückt war, gibt es andererseits auch Fälle, wo
Knospen an beiden Rändern eines Blattes zu beobachten sind. Ein
hieher gehöriger Fall wurde schon oben besprochen (Taf. III, Fig. 8).
Ist dann dazu noch der Verticalabstand der Blätter schon bedeutend,
so fällt jede Möglichkeit, die Knospe auf den benachharten Rand des
nächst tieferen Blattes zu beziehen, von selbst hinweg (Taf. III, Fig. 6).
1) Zusätze und Bericlitigungon. . . . Pr i ngsln' iins Jahrliiichcr 111 png. 270.
332 Lei t geb.
Auch tritt häufig der Fall ein, daß die Knospe in Bezug auf ihren
Verticalabstand genau in der Mitte zwischen zwei Blättern gelegen ist,
was auch in Bezug auf ihre horizontale Divergenz gegen die beider-
seits benachbarten Blattränder nicht selten beobachtet wird. Gegen
die Hofmeist er'sche Darstellung der Bildung der Knospenanlage
sprechen aber vor Allem jene Fälle, wo zwei Knospen unmittelbar
neben einander stehen (Fig. 8, Bl. 2). Ich habe dies zu wieder-
holten Malen beobachtet. Die beiden Knospen stehen meist etwas
schief über einander, öfters auch horizontal neben, ein andermal ver-
tical über einander. Ich habe mich mit Hilfe des Mikroskopes über-
zeugt, daß beide direct aus dem Stengel entspringen, daß also durch-
aus nicht die eine derselben als Tochterknospe der anderen angesehen
werden kann, wofür weiter noch der Umstand spricht, daß sie homo-
drome Segmentspiralen zeigen i). Ich glaube nicht, daß es möglich
wäre, diese Stellung nach der Hof meist er 'sehen Darstellung der
Knospenbildung bei Sphagnum erklären zu können.
Bei Fontinalis entwickeln sich die Knospen aus dem basiskopen
Basilarstücke des Blatttheiles eines Segmentes. Es ergibt sich dies
schon aus der Betrachtung der Längsschnitte. In Höhen, wo die
Grenzen der Segmente gi'iind- und scheitelwärts noch vollkommen
scharf erkennbar sind , sehen wir an der dem basiskopen Basilar-
stücke eines Segmentes angehörigen Zelle eine überwiegende Längen-
entwicklung auf Kosten der dem oberen Basilarstücke angehörigen.
Ihr freier Außenrand erscheint stark nach außen gekrümmt. Wir
sehen dies in Taf. I, Fig. 1 am untersten Segmente der rechts
gelegenen Reihe. In dieser Zelle sind auch schon schiefe Wände
aufgetreten, durch die eine dreieckige Zelle abgeschnitten wurde.
Die Aufeinanderfolge der schiefen Wände war an diesem Präparate
nicht wahrzunehmen. Noch deutlicher sehen wir die Bildung dieser
dreieckigen Zelle in Taf. I, Fig. 4 im unteren Segmente. Hier sieht
man auch, daß von den beiden schiefen Wänden, die scheitelwärts
gelegene die ältere ist. Die die dreieckige Zelle grund- und scheitel-
wärts begrenzenden Zellen (Theile der ursprünglichen grundsichtigen
^) Bei dem in dieser Abhandlung schon mehrmals erwähnten, so weit die Beob-
aclitungen reichen, aiisii;ihnislii,s('ii Gesetze der Antidromie der Blaltspiralen an
Sprossen zweier auf einander folgender Ceneralinnen ist diese Thalsaelie gewiß
nicht zu unterscliätzen.
1
Beiträge zur Eiitwickliingsgescliicliti- der Ptlanzeiior^ane. 333
Basalzelle) haben sich durch tangentiale Wände weiter getheilt, ein
Vorgang der in dem Falle, als schiefe Wände nicht gebildet werden,
im ganzen basiskopen Basilarstiicke normal auftritt (Taf. I, Fig. 2
Segment VII, VIII, Fig. 3). In Taf. I, Fig. 3 sehen wir die drei-
eckige Zelle schon weiter entwickelt; es hat sich aus ihr eine
Knospe gebildet, deren Entwicklung gleich ist der des Mutter-
sprosses. Weiters sehen wir an dem nämlichen Segmente die über-
wiegende Längsstreckung des grundsichtigen (die Knospe bildenden)
Basaltheiles gegenüber dem scheitelsichtigen.
Ich glaube, daß schon aus den bis jetzt erörterten Thatsachen
sich die Entwicklungsgeschichte der Knospen aus dem basiskopen
Basilarstücke eines Blatttheiles ergibt. Daß diese dreieckige Zelle
die Mutterzelle einer Knospe ist, ist unzweifelhaft. Es könnte vielleicht
noch der Einwand gemacht werden, ob diese Zelle denn wohl dem
basiskopen Basilarstücke eines Segmentes angehöre, ob sie nicht
vielleicht als Randzelle eines seitlich gelegenen Blatttheiles aufzufassen
sei, was bei dem starken Übergreifen der Blattränder immerhin
möglich wäre. Es könnte dies besonders dann leicht der Fall seiu,
wenn der Längsschnitt das Segment ziemlich weit rechts oder links
von seiner Mediane, die mit der Mittellinie der freien Blattfläche zu-
sammenfällt, getroffen hat. Daß dies in den, obiger Darstellung zu
Grunde gelegten Präparaten nicht der Fall war, ergibt sich wohl
schon aus der genau axilen Lage der durch das Zusammenstossen der
rechts und links gelegenen Segmente entstehenden Zickzacklinie.
Überdies kann man sich über die Richtung der Schnittebene durch
die Betrachtung der Lage der (tiefer oder höher liegenden) dritten
Blattzeile vollkommen sicher überzeugen. Ist aber der Schnitt genau
parallel den Flächen einer Blattzeile und zu gleicher Zeit axil geführt,
so ist es namentlich nahe dem Scheitel, wo ein Übergreifen der
Ränder der Blattanlagen noch unbedeutend ist, unmöglich, die seit-
lichen Blattränder der oberhalb oder unterhalb der Schnittebene
gelegenen Blattzeile durch den Schnitt zu treffen (Taf II, Fig. 5, 6,
Taf. III, Fig. 1, 5).
Diese Verhältnisse werden uns übrigens am Querschnitte noch
viel klarer, Taf. III, Fig. 4 Ä zeigt uns den Querschnitt eines
Stämmchens. Er entspricht in Bezug auf seine Entfernung vom
Scheitel ungefähr dem im Längsschnitte Taf. I, Fig. 3 dargestellten
untersten Segmente. In Bezug auf die Gruppirung der durchschnit-
334 Leitgeb.
teilen Segmente und deren Ausbildung hält er die Mitte zwischen den
in Tat". 11, Fig. 6 und Tat". Hl, Fig. 1 dargestellten Querschnitten.
Daß die Knospe a dem jüngsten der drei durchschnittenen Segmente
angehört, ist wohl unzueilVlhatt. I)<'nn, würde man sie mit einem der
i)eiden seitlich angrenzenden Segmente in Verhiiulung zu bringen
suchen, so würde die Peripherie des Querschnittes von nur zwei
Segmenten eingentuiimen sein. Dies ist jedoch unmöglich, da ja die
Randzone jedes Querschnittes diu'ch drei Segmente gebildet sein
muß. Weilers erscheint der Knospengrund tief in das Gewebe des
Stämmchens eingesenkt, was also auch eine Überwachsung des
(Ifilleii S(^gmeiites, von einer der beiden Seiten aus, durchaus aus-
schließt. Das älteste Segment des Querschnittes wurde in seinem
akroskopen Basilartheile durchschnitten. Es nimmt schon nahezu
den halben Umfang des Querschnittes ein. In seiner Mitte, aber
einem tiefer liegenden Gewebe angehörig, liegt die Knospe ß,
Fig. 4 B zeigt uns dasselbe Präparat von der anderen Seite. Hier
erscheint der Grund der Knospe ß durch den Schnitt biosgelegt.
Der peripherische Theil des ihr zugehörigen Segmentes, der früher
(in der Ansicht des Präparates von der anderen Seite) y. der Peri-
pherie einnahm, erscheint auf einen viel kleineren Bogen reducirt.
Es ist dies eben der viel schmäler bleibende grundsichtige Basilar-
theil, der hier dieselbe Entwicklung zeigt, wie in Fig. 4 A, der die
Knospe a tragende. Seitlich ist er begrenzt von den scheitel-
sichtigen Basilartheilen zweier ihrer Entstehung nach nächst älteren
Segmente, denen nämlich, die den Segmenten 2 und 3 in Fig 4
A grundwärts anliegen (vgl. pag. 15). Auch hier reicht die Knospe
tief in das Gewebe des Stämmchens hinein. Die Begrenzungswand
der Knospe gegen das innere Gewebe des Stämmchens entspricht der
Blattwand (a in Taf. I, Fig. i—H, Tai". III. Fig. 1), durch die das
Segment in den Blatt- und den Stengeltheil zerfällt. Taf. III, Fig. 3
zeigt ein noch jüngeres Stadium der Knospenanlage. Der Blatttheil
des Segmentes ist in seiner Mitte stark radial verbreitert. Er ist
seiner ganzen Breite nach durch radiale Wände getheilt. Ent-
sprechend dem stärkeren radialen Wachsthume in seiner Mitte sind
auch hier die Zellen stärker radial gestreckt, und erscheinen auch
schon tangential getheilt. An dieser Figur wie auch in Taf. III, Fig. 1
(Segment 4 und ö) ist eine der radialverlaufenden Wände genau in
der Mitte gelegen. Daraus folgt, daß, wenn endlich durch Bildung
Beiträg'e zur Eiit« ifkluujjsgescliichte di-r Fflanzeiiorgaue. OOO
von schiefen Wänden die Seheitelzelie für die Knospe gebildet wird,
diese nicht in einer median gelegenen Zelle, sondern rechts oder
links von der Mediane, für diesen Fall also in einer der beiden Zellen
rn und n , auftreten kann. Dadurch wird aber die Knospe in ihrer
weiteren Entwicklung nothwendiger Weise einem der beiden seitlich
gelegenen Segmente näher gerückt sein, als dem andern. Dies sehen
wir auch in Fig. 4 B, wo sich die Knospe ß zweifellos aus der Zelle
n entwickelt hat. Ich halte dies für den Grund , warum wir an ent-
wickelten Zuständen die Knospe meist so nahe an einen der Blatt-
ränder (in der Regel an den anodischen) gerückt sehen (Taf. III,
Fig. 6, 7, 8). Es ist dies jedoch, wie schon oben bemerkt, keine
ausnahmslose Regel; wir sehen aber dem entsprechend auch in
Fig. 4 B die Knospe aus der anodisch gelegenen Zelle entspringen,
also näher an den kathodischen Rand eines Blattes gelegen.
Auch die Tangentialschnitte stehen in vollkommener Überein-
stimmung mit der eben gegebenen Darstellung der Entwicklungs-
geschichte der Knospen. Taf. III, Fig. 9 stellt einen solchen Schnitt
dar. Die Blattfläclie mit den dazu gehörigen Basilarstücken erscheint
von innen gesehen. Bi,B^ sind die aus den beiden nächst älteren Seg-
menten gebildeten Blätter. ^3 ist das Blatt, welches zu dem Segmente
gehört, das durch die Hauptwände 1 und 2 grund- und scheitelwärls
begrenzt wird. Die Wand b , welche als Basilarwand den Blatttheil
des Segmentes in das grund- und scheitelsichtige Basilarstück trennt,
ist stark seheitelwärts convex. Das grundsichtige Basilarstück ist da-
her in seiner Mitte bedeutend länger, als das scheitelsichtige. Dieses
hat sieh fast nur durch Längswände getheilt. In dem grundsiclitigen
Basilarstücke sehen wir eine Knospenanlage, deren Entwicklung schon
ziemlich weit vorgeschritten ist. Mit Sicherheit läßt sich die gene-
tische Aufeinanderfolge der Hauptwände wohl nicht mehr bestimmen.
Doch wahrscheinlich geschah dies in der Weise, wie es die auf ein-
ander folgenden Zahlen angeben 1).
Nur ist es dann auffallend, daß auf die Wände 1 und 2 nicht
eine Wand mit gleicher Divergenz folgt, sondern daß die dritte
1) Den Anhaltspunkt zur Bestimmung der Altersfolge der Segmente bot die schon
erwähnte Thatsache , daß die Blattspirale eines Tochtersprosses der des Mutfer-
sprosses ausnahmslos antidrom ist. Die Spirale am Muttersprossc war hier rechts
umiäuiig. Die Knospe wird daher eine links umläutige Spirale zeigen müssen.
336 Leitgeb.
VV^jtiid wieder mit 1 parallel ist. Die Folge dieses Theilurigsvorgaii-
ges wäre iiotlnveiidiger Weise die gewesen, daß der Knospengruiid
w eitcr scheitelwärts gerückt hätte erscheineii müssen , und es ist
wohl niüglich, daß in solchen Unregelmäßigkeiten, die in Bezug aul'
die Theilungsvorgänge bei der Anlage von Knospen vorkommen,
der Grund liegt, daß dieselben gegenüber dem seitlich gelegenen
Hlattrande in ihrem Verticalabstande so häufig wechseln (vergl.
pag. 23). Taf. III, Fig. 10 stellt einen ähnlichen Schnitt dar. Die
Knospe ist weniger weit entwickelt. Das Präparat erscheint von außen
gesehen. ^,, B,, B^ sind die auf einander folgenden Blätter. V^om
Blatte 3 ist der mediane Theil der stark gekrümmten Blattfläche durch
den Schnitt entfernt. In dem scheitelwärts durch die Hauptwand 2,
grundwärts durch die Basilarwand b begrenzten akroskopen Basilar-
stücke, sind die Ursprungszellen der Haare sichtbar (vergl. Taf. I,
Fig. 4, Wand e). Das basiskope Basilarstück zeigt die schiefen
Wände 1 und 2 , wie das Präparat in Fig. 9. Die dritte Wand
tritt hier jedoch mit gleicher Divergenz gegen 1 und 2 auf. Es
ist also die Knospenscheitelzelle schon durch die Wände 1 und 2
gebildet, während in Fig. 9 erst nach Bildung der Wand 3 die
regelmäßige Theilungsfolge beginnt. Auch hier ist dife Basilar-
wand (6) scheitelwärts convex; doch nicht in dem Maße, wie in
Fig. 9
Aus der Betrachtung der Fig. 9 und 10 ergibt sich übrigens
noch eine andere, an allen ähnlichen Präparaten beobachtete That-
sache. Durch die Lage der ersten schiefen Wände ist die Lage der
Segmente bedingt. Da die zwei ersten schiefen Wände gegen die
Längsachse des Stämmchens gleich geneigt erscheinen, so wird die
Scheitelzelle immer eine ihrer Flächen der Spitze des Muftersprosses
zuwenden. Es wird dann natürlich auch eine der Segment- (und Blatt-)
Zeilen der Stammspitze zugewendet sein. Betracliten wir ferner,
z. B. in Fig. 10 die durch die schiefen Wände 1 und 2 von der
Basilarzelle abgeschnittenen Stücke, als schon zur Knospe gehörig '),
so wird das durch die Wand 3 abgeschnitlene Segment das jüngste
des ersten Undaufes sein. Es ist nicht uninteressant, diese Verhält-
nisse mit denen zu vergleichen, wie sie von Nägeli und mir für die
Entwicklung der Wurzelzweige bei Gefäßkryptogamen angegeben
1) Um die für die Wurzeln der tiel'äßkiyptogHnien gelniiuelite Aiiscliaiiung t'estzuliiilleii.
ni'iträp:^ zur Entwicklungsgeschichte der Pflanzenorgaiie. doT
wurden '). Auch doit ist die Lage der Scheitelzelle der Tochterwurzel
gegen die Miitterwurzel genau bestimmt, und zwar kehrt sie dieser
eine Kante zu. Es liegt daher eine Segmentzeile von der Spitze der
Mutterwurze! abgekehrt (die beiden anderen Segmentzeilen liegen
ebenfalls rechts und links). Dabei ist aber schon die erste der schie-
fen Wände von der Spitze abgekehrt; das dadurch gebildete Seg-
ment das älteste des ersten Umlaufes. Es ist daher bei den Wurzeln
das erste ipergesteilte Segment auch das iUteste des ersten Umlaufes;
im Stämmchen von Fontinalis dagegen das jüngste. Bei der Gesetz-
mäßigkeit dieses Vorganges ist es wohl möglich, daß er durch
dilTerente Wachsthumsvorgänge der Mutterorgane bedingt wird. Ich
vermag für jetzt allerdings nicht, in dieser Hinsiclit irgendwelche
Beziehungen aufzufinden, und muß mich ])egnügen, auf diesen merk-
würdigen Unterschied hinzuweisen.
Es ist weiters noch ein anderer Unterschied hervorzuheben, der
zwischen der Zweigbildung an Wurzeln und der am Stämmchen von
Fontinalis besteht. So weit unsere Beobachtungen reichten, ließ
sich bei den Wurzeln in Bezug auf die Bichtung der Segmentspiralen
in Mutter- und Tochterwurzeln ein Gesetz nicht nachweisen. Wir
fanden eben so liäufig homodrome als antidrome Segmentspiralen.
Nicht so ist es, wie schon oben erwähnt, hei Fontinalis. Die Seiteii-
sprossen sind ausnahmslos antidrom den bezüglichen Muttersprossen.
Es wäre möglich, daß diese Thatsache mit einer anderen Er-
scheinung im Zusammenhang stände :
In der Vegetationsspitze zeigen die jungen Blattanlagen genau
die Divergenz 1/3. Wir beobachten hier keine Drehung. Mehrere
Blattcyklen entfernt, ist eine solche jedoch schon sehr deutlich wahr-
zunehmen. Es verhalten sich aber in dieser Beziehung die Sprosse
verschieden. Solche, welche wenig Knospenanlagen entwickeln, er-
scheinen viel weniger stark gedreht, als andere, an denen die Knos-
pen in großer Zahl angelegt sind. Es gibt Sprosse, an deren Spitze
fast auf jedes Segment eine Knospe kommt. Diese zeigen denn auch
eine ungemein starke Drehung, die dann auch weiter scheitelwärts
reicht, als an Sprossen mit nur wenigen Knospenanlagen.
Die Drehung ist immer der Segmentspirale homodrom. Was
immer der ursprüngliche Grund der Drehung sein mag, so viel ist
») L. e. pag. 89.
SitzL. d. mathein. -iiaturw. II. LVH. üd. I. Ahth. 22
3dO L P i t g^ e 1».
zweifellos, ilaü in dein Falle, als die Knospe eine dem Mntlei'spi-osse
antidi'ome Segment- nnd also auch Dreluingsspirale zeigt, die Dre-
hung am letzteren gefördert werden muß, während homodrome Dre-
hungen liemmend auf einander einwirken müssen.
Die Erklärung des Vorkommens zweier horizontal neben einan-
der, oder vertical oder schief über einander stehenden Knospen,
dessen oben gedacht wurde, bietet keine Schwierigkeit. Es gelang
mir zwar nicht, die Entwicklung derselben von ihrer ersten Anlage
an zu verfolgen. Doch ist es wahrscheinlich, daß bei iiorizonta! neben
einander stehenden Knospen, in zwei der im Querschnitte nebeu
einander liegenden Zellen des basiskopen Basilarstückes, durch Bil-
dung schiefer Wände Knospenscheitelzellen entstehen (vergl. Taf. III.
Fig. 1, 3, 4, Zellen m, ??). Auch die schief stehenden Knospen dürf-
ten auf ursprünglich liorizontal neben einander stehende zurückzu-
führen sein. Es ist immer eineKnospe im geringeren Maße entwickelt
als die andere, und es ist schon dadurch nothwendiger Weise eine
Verschiebung ihrer Einfügungsel)ene bedingt. Zur Erklärung vertical
über einander stehender Knospen, sind wir gezwungen anzunehmen,
daß im basiskopen Basilarstücke vor Bildung einer Knospenscheitel-
zelle eine Theilung durch Querwände stattgefunden hat.
Wenn in dem Blatttheile des Segmentes keine Knospe angelegt
wurde, so verhalten sich beide Basilartheile hinsichtlich des Maßes
ihres Längenwachsthumes gleich. Wir sehen dies in Taf. F. Fig. 2,
wo selbst im Segmente VIII eine Längendifferenz noch nicht wahr-
zunehmen ist. Wenn jedoch im basiskopen Basilartheile eine Knospe
angelegt wurde, so überwiegt das Längenwachsthum desselben gar
bald das des akroskopen Basilarstückes. Dies ist der Fall in Taf. l,
Fig. 1 im rechts untersten Segmente, das '\n Bezug auf seine übrige
Entwicklung kaum so alt erscheint, als das Segment VIII in Fig. 2.
Dasselbe beobachten wir in Fig. 4 am unferslen Segmente, wo das
basiskope Basilarstück nahezu doppelt so lang erscheint, als das
akroskope. Im ülu-igen z(Mgt es denselben Entwicklungsgrad, wie das
Segment VIII in Fig. 2. Noch größer ist die Längendilferenz der
beiden Basilartheile in Fig. 3 im untersten Segmente, wo wir abei-
auch schon ein alleres Entwicklungsstadinm vor uns halten.
Betrachten wir niui im Zusammenhange mil den eben erürlerteii
Thatsachen die Tangenlialsclinitle Taf. JH. Fig. 0 und 10, so sehen
wir, (laß diese überwiegende Längenentwicklnng nicht das ganze
Beitrüge i^ur EiiL« ickluiigsgeschiehte der Pllaiueiiurgaiie. dotl
basiskope ßasilarstück trifft, sondern vorzüglich in der Mitte vor sich
geht. Es betheiligen sich dabei vor allen die durch die zwei ersten
schiefen Wände (t und 2) von der knospenbildenden Basilarzelle ab-
geschnittenen Stücke.
Wenn man Sproßenden mit reichlicher Knospenbildung unter-
sucht, so finden wir denn auch die Knospe an den Ursprung der
l'reien Blatlfläche, die mit ihr demselben Segmente angehört, hinaut-
gerückt. Da wir nun wissen, daß sich dieses Segment bis zum ver-
tical tiefer stehenden Blatte erstreckt, und daß die Knospe dem
basiskopen Basilartheile angehört, so folgt daraus, daß zur Längs-
streckung des Blatttheiles des Segmentes vorzüglich das basiskope
ßasilarstück beiträgt. Je weiter wir nun mit der Untersuchung
grundwärls fortschreiten, um so weiter rückt die Knospe von der
Blattbasis nach unten und steht endlich in '/s , später in 1/3 des Ab-
standes zweier vertical über einander stehender Blätter. Daraus folgt,
daß auf das überwiegende Längenwachsthum des basiskopen Basilar-
stückes ein stärkeres Längenwachsthum des akroskopen folgt.
Ich habe schon früher erwähnt, daß bei der Längsstreckung
des basiskopen Basilarstückes der mediane Theil stärker betheiligt
ist, als die seitlichen. Dadurch wird nun die Einfügungsebene der
freien Blattfläche stärker gegen die Spitze geneigt. Wenn man daher
am entwickelten Stämmchen Querschnitte macht, so werden jene,
welche die Einfügungsstellen der Blattränder treffen, weiter grund-
wärts gelegen sein , als die , welche den Grund des medianen Blatt-
theiles durchschneiden. An letzteren Schnitten wird die Blattbasis
einen viel kleineren Theil des Stengelumfanges einzunehmen scheinen,
als dies in der That der Fall ist (vergl. Taf. IV, Fig. 1 und 2 sammt
Erklärung).
340 Lei t geb.
Erklärung- der Tafeln.
Die nicht schcniiilischen Fifruren sind sämiiitlicli mit dem Söm m erin g'-
schen Spiopfelclien .y^ezfichni-t ; die in ( ) stehenden Zahlen gehen die Ver-
jjii'ßerung an. In allen Figuren bezeichnet:
li die Hanptwand,
s die Sextantenwand,
a die Blattwand,
b die Dasilarwiind,
c. d, e Wände des akrosUopen Basiiarstückes in ihrer genetischen Folge
am axilen Längsschnitt,
t Haare.
Tafel I.
Fig. 1. (250). Längsschnitt durch die Terminalknospe. Der Schnitt ist
parallel den Flächen der einer Blattzeile anpehörigen Blätter. In dieser, wie in
den folgenden Figuren ist das Gewebe der freien Blattfläche nicht gezeichnet.
Fig. 2. (250). Schnitt wie in der vorigen Figur. Die Zahlen I, \\, HI etc.
bezeichnen die Segmente einer Längsreihe in ihrer Aufeinanderfolge vom
Scheitel grundwärts.
Fig. 3. (250). Blatttheile der Segmente einer Längsreihe. Schnitt wie
Fig. 2. Das unterste Segment zeigt eine Knospe im Längsschnitt. Die nach
links sich fortsetzenden punktirfen Linien deuten die ins Stamminnere sich
fortsetzenden Hauptwände der Segmente an.
Fig. 4. (250). Wie Fig. 3. Die Blatttheile zweier Segmente darstellend.
Im unteren Segmente ist die Scheitelzelle einer Knospe gebildet.
Fig. 5. (250). Schnitt wie in den früheren Figuren. Die Segmente einer
Längsreihe im medianen Längsschnitte zeigend.
Fig. 6. A (250). Vegetationsspitze in der Längsansicht. Die Zahlen 1, 2.
3, etc. geben die genetische Folge der Segmente an. Segment 1 und 2 sind
durchschnitten, die übrigen unverletzt. Segment 3 und 6 sind von der Fläche
(ihrer Hauptwände) gesehen, v die Scheitelzelle. Im Segmente 3 ist durch
den Schnitt der Blatttheil bloßgelegt, indem der Blattheil des grundwärts an-
liegenden Segmentes entfernt wurde, h die hasiskope Hauptwand des Segmen-
tes 3, an der Stelle, wo sie an das tieferliegende Segment angrenzt. Der ober-
halb b (Basilarwand) gelegene zur freien Blattfläche auswachsende Tlieil zeigt
die Blattseheitelzelle gebildet. (Die punktirten Wände waren im Präparate sehr
undeutlich.) Das Kntwicklungsstadium dieses Segmentes entspricht ungefähr
des Segmentes IV in Fig. 2.
Beiträge i^ur Kiitwifkluiig-sgesehiclile iler l'HiiiizeiiormiiiL'. ont l
Fig. 6. B. Opiischer Längsschnitt desselben Präparates . k . ,• i
Fig. 6. C. Das Segment 3 im medianen Längsschnitte j
Fig. 7. A. (2Ö0). Ansicht einer Vegetationsspitze von obrn. Die Scheitel-
zelle liegt mit ihrer Außenfläche über der Einstellungsebene. Sie erscheint
hier im optischen Querschnitte (durch die punktirten Linien angedeutet).
Fig. 7. B. (230), Wie ^1. Das Bild wurde erhalten, durcli successiv tiefere
Einstellung, von der Scheilelzelle an, grundwärts. (Vergl. Fig. 2.)
Tafel II.
Fig. i. (230). Längsselinift durch eine Vegetationsspilze. Es sind nur die
Begrenzungslinien der Segmente (und Blätter) gezeichnet. Die punktirten
Linien in den Segmenten A und B sind durch die Einstellung auf die (abgekehrt
liegende) Oberfläche des Präparates erhalten, und stellen die Begrenzung der
auswachsendeu akroskopen Basilarstücke dar.
Fig. 2. (330). Junges Blatt von der Fläche gesehen. 1 und 2 die beiden
erslen schiefen Wände, die die Blaüscheitelzelle gebildet haben.
Fig. 3. (2S0). Eine Segmentzelle von innen gesehen. 1, 2, 3, 4 die
scheitelwärts aufeinander folgenden, die Segmente begrenzenden Hauptwände.
Die grundsichtigen Basilartheile erscheinen viel niederer als die scheitelsich-
tigen. (Vergl. Taf. 1, Fig. 2. Segment IV, Vil, VIII und Fig. ö.) Nur im unter-
sten Segmente sind die seitlich anstossenden Blätter (a, j3) gezeichnet. In den
anderen Segmenten sind sie weggelassen. Die Figur ist Iheilweise schematisirt.
Fig. 4. (230). Ein Blattcyklus von außen gesehen. Vom Blatte III sieht
man die beiden Basilartheile. Die an der Hauptwand 2 entspringenden Haare
scheinen durch die Blattfläche hindurch.
Fig. 3. (330). Scheitelzelle und anliegende Segmente von oben gesehen.
Man sieht die convergirenden Seitenkanten der Scheilelzelle.
Fig. 6. (230). Querschnitt durch das Stämmchen, 1 Millim. von der
Spitze entfernt, i, 2, ',\, 4 etc. die genetisch aufeinanderfolgenden Blätter (oder
Blatttheile). Erklärung im Texte pag. 324.
Fig. 7. Die mit dem Stammgewebe verwachsen bleibenden Blatttheile auf
der eben gelegten Cylinderfläche, nach erfolgter Längsstreckung. Schematisch.
Fig. 8. .-1. Abgerollter Blattcyclus. Der Verticalabstand der Blätter ist
noch unbedeutend. Die Blatttheile sind mit ausgezogenen, die freien Blattflächen
mit punktirten Linien angedeutet. Sehematisch.
Fig. 8. B. Derselbe Blattcyclus aufgerollt und im Querschnitte darge-
stellt, x—y in A ist die Schnittebene für die Ansicht B. Schematisch.
Tafel III.
Fig. 1. (330). Querschnitt durch ein Stämrachen, ganz nahe der Vege-
talionsspitze, vom Grunde gesehen. Das älteste Blatt i ist nur durch eine
punktirte Linie angedeutet. Weitere Erklärung im Texte, pag. 323.
Fig. \. B. Theilungsschema für die innerhalb der Blätter 3, 4, 3 gelege-
nen Stengeltheile der Segmente. In jedem Sextanten geben die Zahlen die
genetische Folge der Wände an.
34^ Leil geb. Beiträge zur EiiUvickliiiigsgescIiichte der Pflanzenorgaiie.
Fig. 2, (2Ö0). Seitliche Ansicht einer Knospe. Man sieht tlie stark über-
t,Meif'enden Rlatthasen. Die punktirten Linien zeigen sich im optischen Längs-
schnitt. Ks .sind ilie Hanptwiiiule der Segmente.
Fig. H. (330). (Jucrsclinitt dnreh ein Segment (parallel den Haiiptwiinden).
Der Blatttheil wnrde in .seinen basiskopen Basilartheile getroffen, m, n radial
auswachsende Zellen (iiir I'ildung der Knospenanlage).
Fig. 4. .4. (330j. Ouerseimilt durch ein Slämmchen nahe der Vegetalions-
si)itie. Im jüngsten Segmente des (juerseliniltes und zwar im hasiskopeii
FJasilartheile ist eine Knospe (a) längs durchschnitten. An dem ältesten Seg-
mente, dessen akroskoper Basilartheil durchschnitten ist, sieht man die Knospe
ß, die unter der Sehnittehene liegt.
Fig. 4. /»'. (330J. Das in A dargestellte Präparat, von der anderen Seite
(vom Grunde aus) gesehen. Die Knospe ß erscheint im Längsschnitt; der
Blatttheil des Segmentes ist in seinem (viel schmäleren) basiskopen Basilar-
llif'ile getroffen. Weitere Erklärung im Texte, pag. 334.
Fig. 5. (330). Querschnitt durch eine Knospe sehr nahe der Spitze. In
dem Stengeltheiie der Segmente sieht man die Sextantenwände (^fij.
Fig. 6, 7, 8. Stellung der Knospen (w) zu den Blatlhasen, auf der eben
gelegten Cyiindertläche dargestellt. Fig. 8 '/^ Miilim., Fig. 6 und 7 1 Centim.
von der Spitze entfernt.
Fig. 9. (330). Längsschnitt durch den Blatttheil eines Segmentes, parallel
der Blatttläche. Von innen gesehen. /?,, />'^, B^ genetische Aufeinanderfolge
der Blätter. (Vergl. Fig. 3 in Taf. II.)
Fig. 10. (330). Schnitt wie Fig. 9. Von aussen gesehen. Der mediane
Theil der Blattfläche ist durch den Schnitt weggenommen. (Vergl. Fig. 4 in
Taf. II.) Die weitere Erklärung dieser und der früheren Figur im Texte
pag. 33ö.
Tafel IV.
Fig. I. (2Ö0). Querschnitt durch den älteren Theil eines Stämmehens.
Bei X und y die seitlichen Bänder der herablaufenden Blattbasis.
Fig. 2. (250). Nächst höherer, der Spitze näher geleger\er Querschnitt.
Der mit dem Stengelgewebe verwachsen bleibende Biattthoil ist nur zunächst
der Blaftmediane getroffen.
H.|,,-ili:<-l' l'xili^'r'' ^"'' Hnlwnkcliuii;- il''f l'i l:Hiy,<-Mori;;iM(-^
AnbPolzöT litVi
kns H k.k.Hof-u. ,'-:t.i atsdruck?T '
Sitziuiosb.d.kAkad (IWisseiililiiiwilli uatiiiw II IATllI{(lI.Al)Üi.l868.
II . I.cill^el). i'if-ilfa£c y.iii Hiilwickrluni; lici l'f luii/iCiiori;';i iic
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Ant.Polr.er litli . -^^s d_k k Hoi-u Staatsdrucker ei-
Sitzuiu;sb.iiltAk.idd.VVi.s.seulili.matli iiiiturw (l.LVIIl-Bd.IAbÜx.1868.
H L<>il"Vl» IJciha-'i- y.\w Kulwiikclinii;" lUr PI l'.'iiy.ciiofy'.iiif^.
Tal, in.
Ant Folzerlirti. -'-^ i i^ k ^^"^-^^ ^;a ai^-druckei e;
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2. Heft. Wien, 1868; 4o.
Sl e i n il :u' li n er. lclilliyiilo;4-isclier Berielit olc. OOl
Irhl/iyohgisrher lierichl über eine nach Spanien und Portugal
unternommene Reise.
(V. Fortsetzung.)
Von dem c, M. Dr. Franz Steindn ebner.
(Mit 6 Tafeln.)
Übersicht der Meeresfische an den Küsten Spanien's und
Portugal's.
(Fortsetzun g-.)
Farn, .^coiiibridae.
Gatt. Scomber (Art.) Cuv.
71. Art. Scouiber scombrus Lin.
iSyn. Scomber vernalis, Mitch., Fish, of New-York, pag. 4'i3.
„ grex, Mitch., pt., ibid., pag. 422.
„ „ et vernalis, Dekiiy, New-York Fauna, pag. 101, 103,
pl. XII, Fig. 34, pl. XI, Fig. 32.
„ vernalis, S torer, Fish, of Massach. p. 41.
[). 11- (selten) lO/^^^/V; A. 1/1/V; P. 20-21.
Bei ganz kleinen Exemplaren von 4 — 4>/o Zoll Länge ist die
Körpergestalt sehr gestreckt, der Kopf stark zugespitzt, die größte
Körperhöhe 6«/^ bis nahezu ö^/omal, die Kopflänge genau oder un-
bedeutend mehr als 4mal in der Totallänge, die Länge der Schnauze
genau oder etwas mehr als 3mal, der Augendiameter 42/5 — 4'/5mal,
die Stirnbreite omal, die größte Kopfbreite fast 3- bis etwas mehr
als 23/5mal, die Länge der Brustflossen circa 22/5mal, die der
Ventralen 2s/4mal in der Kopflänge enthalten.
Die Höhe des Kopfes gleicht der Entfernung des hinteren
Deckelrandes vom Centrum des Auges, übertrifft daher die Hälfte der
3Ji2 S r .• i II il u (■ h n f r.
Kopfliiii^e nicht htHleiiteiul. Vüiiierzähiie lelilen vollstäiidi|j;\ doch ist
eine lange Reihe von Ganmenzähneii vorhanden. Die Caudale ist in
querer Riehtunp^ mit zick/ackfürniis: gebrochenen, braunen Streiten
geziert.
Hei Exemplaren vdu \) — IH" Länge dagegen ist die größte
Leibeshöiie bald etwas mehr oder weniger als Hmal. bald gegen
6i/omal. die Kopflänge 4>/:, — 4y7nial in der Totallänge, der Augen-
diameter genau oder etwas mehr als 5 — 4'/ainal, die Schnauzeniänge
3- oder ein wenig mehr als 3mal, die Stirnbreite last 43/4- bis etwas
weniger als 4mal, die Länge der Pectorale 2\\ — 2mal, die der
Ventrale circa 2'/.- bis etwas mehr als 2V;iitial, die Kopfbreite
273 — 2'/3mal in der Kopflänge enthalten.
Auf jeder Seite des Vomers liegen in der Kegel nur 2 — 3 Spitz-
zähnchen, welche ein wenig kleiner als die der Gaiunenbeine sind.
Die Spitze des Unterkiefers und der vorderste Theil der
Sehiiauzentläche ist sow ohl bei jungen als alten Individuen schwärzlich.
Bei kleinen Exemplaren ist der hinterste Theil der Schnauze in
der Mitte unmittelbar vor den Augen weißlich, bei alten aber gleich
dem mittleren Theil der Hinterhauptiläehe nur ganz wenig heller als
der übrige Theil der Ko]irobertläche und wie dieser mit den be-
kannten, w inMiiiiliiilich gew iiii(lenen. schwärzlichen Streifen geziert.
Auf jeder der beiden, naeh hinten convergirenden Caudal-
leistehen sitzen bei alten Exemplaren circa 20 — 23 schmale, ovale
Schuppen, welche wie Flossenslrahlen aid" einander folgen, luid ihre
Breitseite einander zuwenden.
Exemplare V(ui L'i'I^änge gehören an den Küsten der iberischen
Halbinsel bereits zu den größten Seltenheiten.
Meines Eraehtens sind Sc (pex und vernalis Dekay, Zool. ol
New-York, Part IV, Fish. p. 101, 103, pl.XII, Fig. 34, pl.XI, Fig. 3'>
identisch mit Scomher sconihrna lAn., weder in der Zahl der iJorsal-
strahlen, noch in der Körpergestall, Zeichnung und Färbung zeigt
sich zwischen diesen ein erheblicher, wesentlicher Unterschied.
Dagegen dürfte Sc. f/red' Mitchili nach der Formel der Dorsal-
staclirl zu schließen (0 \2) zum Theile dem Scco/ias entsprechen.
Nach Dr. (Jüniher fällt Scomher fjrcv M'itith. et Dekay mit
Scomher piienmatophorus zusanunen, was ich theilweise für irrig
halte, indem Dekay in der Beschreibung des Sc. gre.v nirgends das
Vork men einer Schwimmblase erwähnt, und die Zahl der Dorsal
Ichthyol. Bericht über eine mich S|(anipn ii. Portugal imternoiniii. Rei.se. oO»>
stacliel auf 12 angibt, während Sc. pnenmatophorus =S. colias stets
nur 0 — 10 Dorsalstacliel hesitzt.
Leider besitzt das Wiener Museum kein Exemplar des Sc.
scombriis von New- York, denn die beiden unter der Bezeichnung
iSc. vernalis et (fvex \q\\V)v. (jeder er 1829 eingesendeten Indi-
viduen gehören zu Sc Colins.
Sc. .scombius ist an sämmtlichen Küslentheilen der iberisclieii
Halbinsel sehr gemein und wird fast zu jeder Jahreszeit zu Markte
gebracht. An der Westküste Portugals zunächst Lissabon und
Setubal fing man diese Art in großer IiidividuenzabI im October
18t)4 und in der ersten Hälfte des darauffolgenden Monats, in der
zweiten Hälfte November aber und zu Anfang Decembers sah ich sie
nur mehr in geringer Menge zum Verkaufe ausgeboten, während
Sconihev volias in Unzahl gefisclit \> urde. Walirend meines Aufent-
haltes in Tenerife (Ende Februar, März, erste Hälfte April 1865)
wurde nicht ein Exemplar von Sc. scombrus an (\q\' Ostküste Tene-
rifes gefangen.
Wir sammelten vier kleine Exemplare bei Malaga (Ende April
1865), größere bei Barcelona, V^alencia, Cadix, Lissabon, La Co-
riina,' (lijon, Bilbao etc.
Vulgärname: Estornino (Cadix, nach Macbado), Br; Mitch.pt.?, Fish, of New-York, pag. 422.
„ „ Cuv. Val., Hist. iial. Poiss., t. VIII, p. 45.
Scomber pnetntiafophorus, Laroche, Cuv. Val. glaube ich
nach Untersuchung von mehr als 30 Exemplaren, welche ich an
der Nord- und Ostküste ^Spaniens, bei LissalHni und Tenerife sam-
melte, nur für die Jugendform des Scomber colias halten zu sollen.
Erst bei älteren Exemplaren des Scomber col{((S tritt der Größen-
unterschied zwischen den Schuppen des Corseletes und jenen der
zunächst liegenden Theile des Bumpfes ganz deutlich hervor und es
lösen sich zugleich diese Pe('lorals('liii|)peii minder leicht ab als die
übrigen Riimpfsrhiippen: hei jüngeren Individuen sind ferner nur die
Schiiiipen ZMiiäehst iiiilei'. hei älteren aber unter iiiul hinter der Pec-
toralbasis merklich gritßer als die übrigen Leibesschuppen.
O «5 4 S t e i II d a c li II 0 r.
Daß Scombcr co/ias mir sieben Stacheln in der ersten Dorsale
besitze, wie Dr. (1 (in liier iin /weiten Bande des vortretflichen
Cataloges der Fische im britischen Mnsenni angibt, ist nicht stich-
hältig; ich zählte bei jedem der von uns untersuchten Exemplai-e ver-
schiedener Größe stets zehn Stacheln, von denen aber der letzte sehr
sehwach entv^'ickell, äusserst kurz ist, im hintersten Theile der
Dorsalturche im Fleische verborgen liegt (daher leicht übersehen
werden kann) und ausnahmsweise auch ganz fehlen mag (s.Dekay's
Beschreibung von Sc. colias in „New-York Fauna", Fish. pag. 104).
Für die von mir vorgeschlagene Vereinigung des Sc. pneu-
matophorus Laroche mit Sc. colias dürfte ferner auch der Umstand
sprechen, daß De la Roche letztgenannte Art nicht kannte, und
ausdrücklich bemerkt, daß Sc, pneumatophorus an den Küsten der
Provence vorkommen, während Cuvier und Valenciennes von
jener Gegend nur den S. colias anführen. Endlich sei noch erwähnt,
daß Sc colias an der ganzenNord-, Süd- und Ostküste Spaniens sowie
auf Tenerife stets Caballa genannt wird, und dass denselben Vulgär-
namen auch De la Roche's Scomher pneumatophorus an den
Küsten der Balearen und Pythiusen trägt (docii wurde mir öfters
auch Sc- scombrus unter dem Namen Caballa verkauft).
Bei Exemplaren von 9" Länge und darüber liegen stets in der
unteren Rumpfhälfte zahlreiche dunkelgraue, rundliche Flecken oder
Striche, bei jüngeren Individuen fehlen diese entweder vollständig
oder sind nur schwach entwickelt; auch bei älteren, längere Zeit in
Weingeist aufbewahrten Exemplaren verschwinden die im Leben
ziemlich scharf vortretenden grauen Flecken häufig; in der Zahl und
Anordnung der Querstreifen in der oberen Rumpfliälfte stimmen Sc.
colias und pneumatophorus vollkommen überein.
Die Zahl der Zähne ist bei den einzelnen Individuen so ver-
schieden, daß sie keinen Anhaltsjiiiiikl zu einer Artuntersclieidung
geben; bei Exemplaren von 12 — 15" Länge zähle ich in jeder Unter-
kieferhäll'te 60 — 75 Zähnclien. Auch in der Gestalt der Kopfkiiochen,
so weit sie äusserlicli siclitbar sind, in der Zahl und Gestalt der
Wirbel existirt kein bemerkbarer Unterschied zwischen Sc pneu-
matophorus und colias, wie bereits Cuvier und Valenciennes
erwähnen.
Die Höhe des Leibes ist bei Exemplaren von 8-/4 — 12' Länge
674 — 6mal, die Kopflänge 4'/3 — 4'/,.mal in der Totallänge, der
Ichthyol. Bericht über eine nach Spanien u. Portugal unternomm. Heise. 355
Allgendiameter 4mal, die Stirnbreite 5 — 4y3mal, die Schnauzenlänge
etwas mehr als 3mal, die Länge der Brustflossen 21/3— 2i/7mal, die
der Ventralen 8 falsche Flösselchen.
D. 1S/13/VHI: A. S/ll/VI— Vü.
Häutig an der Ostküste Spaniens und daselbst sehr geschätzt,
seltener an den südlichen Küsten Portugals. Das Wiener Museum
besitzt auch zwei trockene Exemplare dieser Art aus Persien, welche
von Dr. Kotschy eingesendet wurden.
\' u 1 g ä r n a m e : Tunina (Barcelona).
75. Art. ThynnDS vulgaris C. V.
Sehr gemein an sämnitliehen Küsten der iberischen Halbinsel mit
Ausnahme der \\ estlichen Küste.
Wir besitzen ein Exemplar aus Malaga von 50 Zoll Länge bei
einer Höhe von 10" 7'"; Kopflänge nahezu 12" 5", Länge der
Pectorale nahezu 83/5", größte Höhe der zweiten Dorsale 6" 2'";
Länge der Ventralen 4ya"; Stirnbreite 41/3"; Länge der Caudale
etwas mehr als 6".
Vulgärname; Atun (Spanien), Atum (Portugal).
76. Art. Thynnus alalonga Cuv. Val.
Kommt nach Machado bei Cadix und nach Cuvier und
Valenciennes an der Nordküste Spaniens häufig vor; ich selbst habe
während meines Aufenthaltes an der Nordküste Spaniens (August bis
October 1864) kein Exemplar dieser Art gesehen. Nach Cuvier
und Valenciennes beginnt der Fung deR Thy/rnus alalonga im
Mai und ist am reichsten gegen Mitte Juni.
Vulgär name: Albacora (nach Machado) zu Cadix, Atum
albacora in Portugal.
77. Art. Thynnas pelaniis Cuv.
Machado führt diese Art in seinem Cataloge der Fische von
Cadix und Huelva an, erwähnt dagegen auffallender Weise Pelamys
sarda nicht, welche Art wir im Deeember 1864 und Jänner 1865
3 Ö O S t e i n d a c h n e r.
ziemlich häufig auf den Fischmärkten von Lissabon und Cadix
sahen. Nach Lowe kommt Thynmis pelamis auch an den Küsten
Portugals vor und wird in den Küstengegenden Spaniens so wie
auf den canarischen Inseln Boatto (nach dem arahischen Bainito),
in Lissabon (Jwf/ttf/o (see. Fjowe) genannt; das Fleisch diesesFisches
ist nicht geschätzt.
Gati. Pelamys Cuv. Val.
78. Alt. Pelamys sarda C. Val.
S y II. Scomher pelamys Brunn.
„ sarda Bloch.
„ mediterraneiis D e I a r o e h e.
n. 22/^ VIII— IX; A. 2/13— 14/Vin.
Bei kleinen Exemplaren von 5 i/o bis nahezu 8" Länge ist die
größte Höhe des Rumpfes 5 3/5 bis etwas mehr als omal, die Koptlänge
41/3 — 4'/6mal in der Totallänge, der Augendiameter etwas mehr als
ö — 6mal, die Schnauzenlänge ein wenig mehr als 3 — Ss/smal, die
Stirnbreite 4mal, die Länge der Pectorale 2'/3 — 2-/5mal in der
Kopflänge enthalten.
Das Schuppencorselet der Pecloralgegend reicht bei eben diesen
Individuen bald bis zur Spitze der längsten Pectoralstrahlen, bald
aber um die ganze Länge der Brustflossen über das hintere, äußerste
Ende derselben hinaus.
In der oberen Hälfte der Rumpfhöhe liegen zahlreiche, ziemlich
breite Querbinden von schwarzgrauer Färbung, von Längslinien ist
nicht die geringste Spur vorhanden.
Bei Exemplaren von 12" Länge ist die Körperhöhe ein wenig
mehr oder etwas weniger als 5mal, die Kopflänge unbedeutend mehr
als 4mal in der Totallänge, der Diameter des Auges, so weit es nach
außen frei liegt, 7 — 72/. mal, der ganze Augapfel bezüglich seiner
Länge aber 6 — 6 '/omal, die Schnauzenlänge 3mal, die Stirnbreite
4mal, die Länge der Brustflossen circa 23/4mal in der Kopflänge ent-
halten. Die Schnauze ist zugespitzt, überragt jedoch den Unterkiefer
nur ganz unbedeutend.
Das hintere Ende des Oberkiefers fällt bei geschlossenem
Munde in senkrechter Richtung ein wenig hinter den hinteren
Augenrand.
Ichthyol. Bericlit iii)ei- ciiif nach Spaiiieii ii. Horfiigal uiiternuiniii. Reise. o5t7
Die dunkeln, breiten Querbinden sind bereits von schief laufen-
den, und zwar von hinten und oben nach vorne und unten ziehenden
Längsstreifen gleicher Färbung gekreuzt.
Bezüglich der Länge des Schuppeneorseletes zeigt sich auch
bei diesen Exemplaren mittlerer Größe dasselbe Verhältnis wie bei
den früher erwähnten kleinen Individuen von S1/3 — 8" Länge.
Bei grossen Exemplaren von 20 — 22" Länge ist die Körperhöhe
etwas weniger als 5 — ö'/sOial, die Koptlänge circa 4ä/7mal in der
Totallänge (bei natürlicher, aufgerichteter Stellung der Caudale), der
Durchmesser des Auges, so weit es frei sichtbar ist, d^/^mn], der Dia-
meter desganzenAugesaberßya — 7mal, die Schnauzenlänge 3mal, die
Stirnbreite Si/,- nahezu d^/^m»], die Länge der Brustflossen circa
2'/5mal, die der Ventralen S'^mal in der Kopflänge enthalten.
Das Schuppencorselet der Pectoralgegend reicht bei diesen,
nahezu völlig erwachsenen Individuen nicht über die Spitze der Brust-
flossen hinaus.
Die Querbinden des Rumpfes sind vollständig erloschen, die
schwach gebogenen Längsstreifen aber sehr deutlich ausgeprägt und
et\vas breiter als bei jüngeren Exemplaren (bis zu 12" Länge). Aus
der großen Ähnlichkeit der Körperzeichnung erwachsener Indivi-
duen von Pelamis sarda mit Thynnus pelamis erklärt sich die so
häufig vorkommende V^erwechslung beider Arten in den Werken
älterer Ichthyologen.
Der freie Rand des Kiemendekels ist stets gewimpert. Die
horizontallaufende mittlere Hautwulst am Schwanzstiele entwickelt
sich zuweilen ausnahmsweise nur auf einer Körperseite.
Bei einem 20" langen Exemplare unserer Sammlung liegen drei
Zähnchen in einer Längenreihe in der Mittellinie des Vomers; auf das
Vorkommen oder Fehlen der Vomerzähne ist somit bei den Ge-
schlechtern Scomber, Thynnus, Pelamys etc. kein besonderes Ge-
wicht zu legen.
Pelamys sarda kommt zu gewissen Jahreszeiten an den Küsten
der iberischen Halbinsel und Tenerife's ziemlich häufig vor; wir
sammelten mehrere Exemplare bei Lissabon (November, December
1864), Cadix und Gibraltar (Jänner, Februar I860), Malaga und
Barcelona. Auf den Fischmarkt zu Santa Cruz de Tenerife wurde in
den Monaten Februar, März 1865 nicht ein Exemplar dieser schönen
Art gebracht.
O b 0 S t e i II d a c li II e r.
Die von Cuniide in dem „Ensayo para uiia hisloria de los
Peces de Galicia pag. 62" unter dem Namen Sfirritt heschriehehe
Art ') ist nicht identisch mit Pelamys sarda, sondern entspricht
gleich dem portugiesischen Snrdtt, dem Scomber Hcomhrus', dagegen
ist Cornide's „Cabidla"^ liestimrnt verschieden von der im Osten
und Süden Spaniens C(d)uU4»
0 b 4- S t e i II d a c h II e r.
1 : 2^^,; der vordere Rand des Auges fällt etwas vor die Mitte der
Kopflänge. Die grölke Leibeshöhe erreicht circa die Hälfte der
Kopflänge.
Bei zwei Exemplaren von 17 Va und 28 «/a" Länge ist die Cau-
dale am hinteren Rande scliwach concav; hei dem kleineren dieser
beiden Individuen zeigt der Haftapparat auf der Oberseite des Kopfes
25, bei dem zweiten, dem größten der 12 Individuen, wclelic das
Wiener Museum besitzt, nur 23 Querlamellen. Sowohl in der Dor-
sale wie in der Anale zähle ich bei letzterem 37 Strahlen, bei dem
ersteren kleineren aber in der Dorsale 34, in der Anale 36 Strahlen.
Nach Dr. Günther's Angabe beträgt die Zahl der Kiemen-
strahlen bei den Echeneis-Arten 7; ich zähle aber sowohl bei
Echeueis naucrates wie Ech. remora stets 9 Kiemenstrahlen. Von
erstgenannter Art besitzt das Wiener Museum ein Skelet, welches
13 Abdominal- und 17 Caudalwirbel zeigt.
Vulgärname: Pegador (Spanien, Portugal).
Gatt. Zeus (Art.) Cuv.
83. Art. Zeus faber Linne.
D. 10/22-24; A. 4/21—23; P. 13; V. 1/7.
Sehr gemein an sämmtlichen Küstentheilen der iberischen Halb-
insel, etwas seltener bereits an den Küsten der eanarischen Inseln.
Das Fleisch des Zeus [aber ist sehr zart, weiß und wohlschmeckend,
Meßhalb größere Exemplare in --besondere an der West- und Nord-
kiiste der iberisi-hen Halbinsel sehr geschätzt sind.
Wir besitzen zahlreiche Exemplare von La Coruna, Vigo,
Lissabon, Cadix, Malaga, Valencia, Barcelona und Santa Cruz de
Tenerite, darunter 4 junge Individuen von 3" 7"' — 4" 7"' Länge.
Auf dem Fischmarkte von Lissabon sah ich zuweilen Exemplare von
20" Länge und darüber.
Die Zahl der Knochenplatten an der Basis der Gliederstrahlen
der Rücken- und Afterflosse ist ziemlich constant; bei kleinen Indi-
viduen von 3" 7'" — 6" Länge kommen längs der Basis des glieder-
strahligen Theiles der Dorsale, wie es scheint, stets 8, an der Anale
aber 7—8 platte Knochenstücke von fast regelmäßig viereckiger
Gestalt vor, während bei größeren Exemplaren an der Dorsalbasis
7 — 9, an der Analbasis 9 liegen.
«> /• «^
Ichthyol. Bericht üIkm- t-iiie iiii,mal (circa 2\/2n\ü\ in der Körperlänge), bei ersteren 3mal
(2>/3nial in der Körperlänge) in der Tolallänge enthalten.
Bei jungen Exemplaren verhält sich die Länge des Auges zur
Kopflänge wie 1 : 3y4mal, bei älteren wie 1 : 43/4. Die Dorsale ent-
hält stets 10 Stacheln, deren jeder mit einem häutigen, faden-
förmigen Anhange versehen ist. Der erste Dorsalstachel ist bei
Exemplaren von 14 — 15'' Länge etwas mehr als 2yomal, der zweite
oder dritte höchste aber nur wenig mehr als 1 »/g — ly^mal, der
letzte kürzeste d^/om»] in der Kopflänge enthalten. Bei ganz jungen
Individuen ist der dritte Dorsalstachel etwas höher als der zweite.
Der fadige Anhang des dritten Dorsalstachels reicht bei manchen
Exemplaren bis zum hinteren Bande der Caudale.
Die Zahl der Gliederstrahlen in der Bückenflosse nimmt mit
dem Alter etwas zu und schwankt daher zwischen 22 — 24; die
Anale enthält 21 — 23 Gliederstrahlen und stets 4 Stacheln.
Die Ventrale ist bezüglich ihrer Länge bei alten Individuen
33/äinal, bei jungen 2'/2 — 23/5mal, die Pectorale bei ersteren circa
10, bei letzteren circa 7 — 7i/,mal, die Schwanzflosse bei jungen
Exemplaren etwas mehr als 4mal, bei erwachsenen aber 42/3 — 4*/5mal
in der Totallänge enthalten.
Der Humerus ist bei manchen Exemplaren über der Basis der
Pectorale nach hinten in einen längeren oder kürzeren Stachel aus-
gezogen, der aber nicht selten spurlos fehlt. Die Scapula trägt
mehrere Stacheln, von denen sich häufig der letzte oder hinterste
auf Kosten der übrigen stärker entwickelt ; bei einem Exemplare von
Tenerife zeigen sich nur ganz schwache Spuren von Stacheln auf der
Scapula. Der Vordeckel scheint bei dieser Art ausnahmslos ganz-
randig zu sein.
Vulgär name: Peixe gallo, Alf'aquim (Lissabon), Pez de San
Pedro (Valencia, Cadix), Gall (Barcellona), San Martiiio (Gallicien),
Pez Gallo oder Gallo San Pedro (Santa Cruz de Tenerife).
3^6 S f f i n il H <• li II c r. ■ ^^-■,.
Vi> >•
■' % '',K.
84. Art. '/icus puugio Cuv. Val. fr
Kommt seltener als Zcu^ /'aber und vielleicht nur an der Ost-
kiiste der pyrenäischen Halbinsel vor; sie untersciieidet sich nach^
den bisherigen Untersuchungen von Ze?/s /«öer eonstant nur durch.'"
die geringere Anzahl und den größeren Umfang derKnochenstücke an-, r-
der Basis der Gliederstralilen der Rückenflosse und vielleicht auch .
durch die viel bedeutendere Stärke so wie etwas geringere Länge
der Dorsalstacheln, von denen der dritte stets am höchsten ist. .5;
Während die Knochenstücke an der Dorsalbasis bei Zeus fnbct:
nahezu platt und viereckig sind, zeigen sie bei Zeus puiu/io ein^
mehr oder minder stark gewölbte, ovale Gestalt; bei Exempiarfeil"
■*, ■■
sehr geringer und mittlerer Größe (von i" 7" — 17" Länge) sin
deren nie mehr als 4 — f> vorhanden (bei eben so großen Exemplaren
von Z. f'nberl — 9). Das zweite oder das dritte dieser Knochenstücke
ist durch seine besondere Größe und die starke Wölbung der Außen-
fläche ausgezeichnet und wie das dritte oder zweite fast regelmäßig
elli|)tiscli oder oval gestaltet. Ander Basis der Gliederstrahlen der Anale
liegen bei den von uns untersuchten Exemplaren (von 1" 7'" — 9"
Ijänge) 6 — 7 Knochenplatten von ähnlicher Form wie hei Zeus fabei",
bei einem größeren Exeni[dare von mehr als 17 ' Länge aber nur fünf.
Aul' das VorkoHimen eines oder selbst mehrerer Stacheln am Vor-
deckel ist kein besonderes Gewicht zu legen, da ich mehrere Exem-
plare des Z. puugio besitze, bei welchen diese Stacheln auf einer
Körjierseite oder auf beiden spurlos fehlen; auch die Größe und Zahl
der Slacliein auf der Scapula ist sehr variabel, der Stachel am
numerus ist aber stets deutlich entwickelt, und sehr häufig wie der
hinterste der Scapula-Starlieln (in der Regel 2) von sehr beträcht-
liclier Länge und Stärke.
Die Staelieln der Dorsale sind, nach den von uns untersuchten
Exemplaren zu urtheilen, bedeutend stärker und zugleich etwas
kürzer als hei Zeus f'aber: die obere Profillinie des Kopfes ist lang
gestreckt und fällt fast geradlinig zur Schnauzenspitze ab, sNährend
sie bei Zeus faber etwas stärker gebogen ist.
Die größte Höhe des Körpers ist genau oder nahezu 2'/2mal,
bei ganz jungen Exeniplaren nur wenig mehr als 2mal, die Kopflänge
fast ',i — 3'/.^mal, bei jungen Exeniplaren 2'-/!^mn\ in derTotalläiige, der
Angendiameter Ay'^ — 4 '/.mal, bei ganz kleinen Exemplaren von
Ichthyol. Bericlil iibei- eine nach S|iimieii u. Portugal untcriiomm. Reise. o67
1" 7'" — 2" 7" Länge 3'/« — S'/oiTial in der Kopflänge enthalten.
Die Länge der Ventrale übertrilTt bei jüngeren Exemplaren die des
Kopfes, steht aber bei älteren der Kopflänge ein wenig nach.
Während bei jungen Individuen des Zeus faber der dritte, bei
älteren der zweite Dorsalstachel jeden der übrigen an Höhe oder
Länge übertrift't, erreicht bei Zeus pungio stets der dritte Stachel
die bedeutendste Höhe, welche bei jüngeren Exemplaren (von 5 — 9"
Länge) circa 1 1/3 — la/ämal, bei einem älteren Exemplare von ITi/a"
Länge aber mehr als 2mal in der Kopflänge enthalten ist.
D. 10/23—24; A. 4/21; V. 1/6; P. 13.
Wir erhielten zwei Exemplare dieser Art zu Valencia und
Alicante; das Wiener Museum besitzt überdies noch mehrere Exem-
plare von Triest.
Der Vulgärname von Zeus pungio ist von jenem des Zeus
faber nicht verschieden.
Gatt. Stromateus (Art.) Cuv. Val.
85. Art. Stromateus fiatola Lin.
Ziemlich gemein an der Ostküste Spaniens , seltener an der
Westküste Portugals; wir sammelten mehrere Exemplare auf den
Fischmärkten zu Barcelona, Malaga, Valencia, Cadix und Lissabon.
V u I g ä r n a m e : Pampano (Spanien), Pampo, Pombo (Lissabon).
Die größte Leibeshöhe ist bei Exemplaren von 13y2 — IS"
Länge etwas mehr oder weniger als dreimal, die Kopflänge 6 — etwas
mehr als Sa/imal in der Totallänge, der Augendiameter 5 1/5 — Ss/gnial,
die Länge der Pectorale etwas mehr als li/s — la/smal» «üe größte
Höhe der Dorsale beiläufig 1^ smal, die der Anale circa 2mal in der
Kopflänge enthalten. Die Länge der Caudale gleicht I2/3 Kopflängen.
Die Mundspalte ist klein, breiter als lang; das hintere Ende des
Oberkiefers fällt bei geschlossenem Munde in senkrechter Richtung
vor den vorderen Augenrand. Die Zähnchen der Kiefer sind dicht
an einander gedrängt, sehr zart, ihrer ganzen Höhe nach fast gleich
breit, am freien Ende abgestutzt; nur die Zähnchen zunächst der
Mundwinkeln scheinen, unter der Loupe gesehen am freien Rande
sehr fein ausgezackt zu sein.
Die Seitenlinie ist schwächer gekrümmt als das Rückenprofil,
web'lies in starker, ziemlich gleichmäßiger Krümmung von der
3 H S S ( e i II (I a c h n P I'.
Schnauze 1ms zuin Beginnt* der Dorsale sich erhebt und hierauf in
schwächerer Bogenkrümninng längs der Dorsale bis zum Schwanz-
stiele abfällt. Die Zahl der Kiemenstrahlen beträgt sechs. Die schwach
entwickelte Ventrale liegt unter der allgemeinen Hautbedeckung ver-
borgen. Über der Seitenlinie hegen längliche, seltener runde Flecken
von goldbrauner Färbung; unter der Seitenlinie fließen sie mehr
oder minder vollständig zu Längsbinden zusammen.
Sämmtliche Flossen mil .Ausnahme der Brustflossen sind dicht
mit kleinen Schuppen bedeckt. 19 .\hdominal- und 27 (26 durch
Synostose bei einem Exemplare) Caudalwirhel. Auf dem Skelette
eines nahezu 1.3 langen Kxemplarcs heträgt die .Anzahl der Flossen-
strahlen :
D. 7 (an H)/42 (43): A. 3/3 5 : P. 23: L. lat c. 12K.
8H. Art, Stroinateus microchirus (spec.) Bonelli.
Syn. Seseriuus niicrockiriia, Cuv. Val.
Stromateits microchiniti B o n a p.
Crnfrolnphus microchirus Bonelli.
n. 6/40—43: A. 3 29— 33: V. 1/3.
Kommt an der Ostküste der j)yrenäischen Halbinsel seltener als
Stromateiis fialola vor und scheint letztgenannter Art bedeutend
an (Jröße nachzustehen. Das Wiener Museum besitzt im Ganzen
12 Exemplare i\e^ Stromiilens microcliirus, von denen wir drei bei
Barcelona und Malaga sammelten, während die übrigen an den Küsten
Dalmatiens, Siciliens und bei Triest gefischt wurden.
Bei ganz jungen Exemplaren von 1" 3'" — 1" 9' Länge ist die
Ventrale vollständig von der Bauchtläche getrennt und die einzelnen
Strahlen sind nur durch eine dünne Haut unter sich verbunden; die
größte Leibeshöhe ist ferner nahezu oder etwas mehr als 3mal, die
Koptlänge circa 33/r,mal in der Totallänge enthalten.
Bei Exemplaren von 3-/5 — 5'/./' Länge ist die größte Leibes-
höhe etwas mehr als 2'/, — 2y,.,n^ial, seltenei" nahezu 3mal, die Kopf-
länge 43/5 — 43/4mal in der Totallänge, der Augendiameter circa
4V5 — 4>/2mal in der Kopflänge hegritTen: die Ventralen sind bald
noch ganz frei, bald längs tieni ganzen Innenrande durch eine Haut-
falte an die Bauchlinie geheltet, in dem einen wie in dem anderen
Falle aber noch nicht von einer dicken Haut umschlossen.
Ichthyol. Bericht über eine nach Spanien u. Portugal unternnnini. Reise. 369
Bei Exemplaren von 8 — 8 ^ I
sind stark zugespitzt, gleich laug und übertreffen die Kopflänge um
11/2 Augendiameter.
Die .Anale wird von 27 Strahlen gehildet, von denen der längste
vierte Sy.mal inderKopflängeenthalten ist. [jängs der Basis der Dorsale
ftegt eine Reihe dunkler, rundlicher Flecken von bedeutender Größe
mit mehr oder minder hellem Centrum und ausgezackten Rändern,
wie sie Bon aparte in der hekaimten Fauna italica andeutet; docii
sind sie an dem von uns untersuchten Exemplare bedeutend größer,
und nur 14—15 an der Zahl. Die übrigen Flecken des Rumpfes
sind klein, rund und unregelmäßig über die Körperseiten zer-
streut. Der tief winkellörniig eingebuchtete liintere Rand der lan-
gen Scliwanzflosse ist dunkel gesäumt. Die obere Profillinie des
Kopfes ist bogenförmig stark gekrümmt, und zwar am stärksten in
der Schnauzengegend.
Zwei größere Exemplare, von denen das eine bei Lagos (De-
cember 1864), das andere in dem weiten Meerescanale zwischen
Tenerile und GranCanaria gefischt wurde, unterscheiden sich von den
früher beschriebenen jüngeren Individuen in mehreren Punkten und
stimmen fast ganz genau mit der von Cuvier und Valenciennes
in der Histoire naturelle des poissons gegebenen Abbildung (pl. 266)
überein; sie zeigen wie Coryphaena dolphm C. V., einer Varietät von
C. hippurus, zahlreiche bellblaue, theils ovale, theils runde Flecken
auf der Rückenflosse.
Die Profillinie des Kopfes ist bei alten Exemplaren von C.
Iiippurnfi ähnlich gekrümmt wie bei jungen, die größte Körperhöbe
bei einem Exemplare von 22" 1'" Länge circa öVs^'d (oder nahezu 5mal
in der Körperlänge ohne Caudale), die Kopflänge, welche die Kopfhöhe
beiläufig um die Länge eines Auges übertrifft, etwas mehr als yyjmal
in der Totallänge, der .Niigeudiaineter nahezu ömal, die Schnauzenlänge
fast 3nial, die Stirnhreite 'l^/ ,^\\\^A\, die Entfernung der Mitte des
oberen Augenrandes von dem Begiiuie der Dorsale circa 2s/5mal, die
Länge der Pectorale I Yämal, die der Ventrale 1 '/\mal in der Kopflänge
enthalten. Die Länge der stark zugespitzten Schwanzflossenlappen
gleich' circa y^ Kopflängen.
Die Entfernnng der Narinen vom vorderen Augenrande beträgt
circa 2/„ der Augenlänge. Das hintere Ende des Oberkiefers fällt bei
geschlossenem Munde in senkrechter Richtung etwas hinter die
Augenmitte.
o7*>
S t e i II iinieii u. Portugal uiiteriioimn. Heise, ol O
in sehr geringer Individut'iizahl zu Malaga, Valencia, Cadix und Lis-
sabon so wie auf dem Fiscinnarkte zu Santa Cruz de Tenerife.
Brama Raji hält sich in betiächtlicher Tiefe auf und nähert
sich nur zur Laichzeit in kleinen Schaaren der Küste, sein Verbrei-
tungsbezirk ist von bedeutendem l'nifange und erstreckt sich zum
mindesten von den Küsten Englands bis zum Cap der guten Hoffnung;
das Fleisch ist wohlschmeckend und geschätzt.
Das größte Exemplar unserer ^Sammlung ist 23", das kleinste
lö" lang.
Die Länge des Kopfes ist stets etwas weniger als omal {^i'^-j-i-,
bis 4ayj.jmal), die größte Hölie des Rumpfes, welche zwischen der
Einlenkungsstelle der Ventrale und dem Beginne der Dorsale liegt,
etwas mehr oder weniger als 3mal in der Totallänge, der Augen-
diameter bei Exemplaren von lö" Länge etwas weniger, bei großen
Individuen von circa 23" Länge genau 4mal, die Schnauzenlänge
32/3 — Syeni'*'. flie directe Entfernung der Augen von einander
32/3mal (bei großen Exemplaren) bis 33/5mal i» tler Kopflänge
enthalten.
Der hintere Rand des Auges fällt genau oder nahezu in die
Mitte der Kopflänge, das hintere Ende des überschuppten Oberkiefers
in senkrechter Richtung unter den hinteren Augenrand.
Die vordere Narine bildet einen langen, schief gestellten Schlitz
und liegt ziemlich nahe dem vorderen Augenrande; die vordere
Narine ist oval, viel kürzer als die vordere und bei alten Individuen
eben so weit vom vorderen Augenrande als von der Schnauzenspitze
entfernt, während sie bei jungen Exemplaren etwas weiter von erste-
rem als von letzterer abstellt.
Die Mundspalte ist nahezu halb so lang wie der Kop!", schief
nach vorne und oben gerichtet. Die Kieferzähne sind haken-
förmig schwach gekrümmt, stark zugespitzt; im Unterkiefer sind
die Zähne der innersten Reihe bedeutend länger als die übrigen,
insbesondere zeichnen sich die beiden vordersten Zähne der Innen-
reihe durch ihre auffallende Länge und starke hakenförmige Krüm-
mung vor allen übrigen aus. Zunächst den Mundwinkeln liegt nur
eine Zabnreihe im Unterkiefer. Im Zwischenkiefer dagegen sind
die Zähne der Außenreihe länger als die der übrigen , doch nur
eben so lang, wie die gegenüberliegenden Unterkieferzähne der
Außeiu'eihe.
OiO S t e i n d a c li u e r.
Die Vomer- und Gaumenzäline sind, wenn vorhanden , von
geringer Größe; im Vomer liegen die Zähne hei einem Exemplare
unserer Sammlung in einer Reihe, fehlen aher allen übrigen Exem-
plaren vollständig. Die Gaumenzähne hilden eine ziemlich breite
Binde, sind sehr zahlreich und scheinen nur selten zu fehlen,
wenigstens vermisse ich sie bei keinem der von uns untersuchten
Exemplare.
Die obere Profillinie des Kopfes ist stark gekrümmt, und zwar bei
jüngeren Exemplaren in einer fast gleichmäßig gebogenen Curve.
Bei alten Individuen fällt diese Koptlinie steiler zur Schnauze ab und
ist zugleich schwächer gebogen als bei jüngeren, außerdem zeigt
sich noch bei ersteren eine ziemlich tiefe, quere Einbuchtung
unmittelbar am vorderen Schnauzenende, welche bei jungen Exem-
plaren nur schwach angedeutet ist oder gänzlich fehlt.
Die Nackenlinie erhebt sich bis zum Beginne der Dorsale und
ist bei jungen Exemplaren schwach bogenförmig gekrümmt, während
sie bei ganz alten Exemplaren fast in gerader Richtung und zu-
gleich etwas, steiler ansteigt. Längs der Basis der Dorsale ist die
Rückenlinie schwacli gebogen und senkt sicli allmälig bis zum
Schwanzstiele. Die Bauchlinie erreicht ihren tiefsten Stand am
Beginne der Anale, erhebt sich von dieser bis zur Einlenkungs-
stelle der Ventrale nur wenig, von der Ventralbasis aber angefan-
gen bis zur Kinnspitze, welche bei alten Exemplaren viel schärfer
als bei jungen hervortritt, in starker Bogenkrümmung; längs der
Anale steigt die Bauchlinie rasch, in schiefer Richtung bis zum
Schwanzstiele empor.
Die Pectorale ist von aulfallender Länge, säbelföi-mig gekrümmt,
zugespitzt und circa 1 '/sUial so lang wie der Kopf. Der hintere Brust-
flossenrand ist concav und nur im untersten Theile schwach convex.
Die ziemlich tiefe Grube hinter der Pectoralbasis wird durch eine
fächerförmig sich ausbreitende Gruppe langer Flügelschuppen
überdeckt.
Die Ventralen sind kurz, gleichen an Länge nur '/s des Kopfes
und zeigen wie die Pectorale eine schmutzig röthlichgelbe Färbung.
Die Ventrale ist an der Unterseite, und zwar die vier äußeren
Strahlen in der basalen Längenhälfte, der innerste Strahl aber der
ganzen Länge nach beschuppt; eine lange Spornschuppe liegt an der
Außenseite der V^entralbasis.
Ichthyol. Berieht iiher eine iiiH'h .Spanien n. I'orliifjal nntei'nald
dunkel bräunlichviolett, stets aber mit lebhaftem silbergrauen
Schimmer überflogen.
Kiemenstrahlen 7, Nebenkiemen stark entwickelt; Rechenzähne
an der Außenseite des ersten Kiemenbogens sehr lang und mit zahl-
reichen haarförmigen Stachelchen besetzt.
D. 3/33; A. 2/28-30; P. 22.
Vulgärname: Chaputa, Freira (Lissabon); Castmiola (Bar-
celona), Xoputa (Cadix), Pez toston (Santa Cruz de Tenerife).
Gatt. Schedophilus Cocco.
92. Art. Schedophilus medasophagas Cocco.
Von dieser an der Ostküste Spaniens sehr selten vorkümnieiulen
Art erhielt ich zwei, leider stark beschädigte Exemplare während
meines Aui'enthalles in Motril.
Sitzh (1. niatheni.-natiiiw. Cl. I.VII. Bd. I. .\l.lli. 25
378 S t e i i; (I ii r li II e r.
Die größte Hohe des Körpers ist bei Exemplaren von T'/a" Länge
genau 2mal in der Körper- oder nahezu 2'/3mal in der Totallänge,
bei kleineren Exemplaren von 4-/4" Länge aber circa 2i/4mal in der
Körper- und circa 3mai in der Totallänge, die Kopflänge bei ersteren
o-jUial, bei letzteren aber nur unbedcnitend mehr als 3mal in der
Körperlänge enthalten.
Der Diameter des Auges verhält sich zur Kopflänge wie I : 4"/^
bei älteren, wie 1 : 83/4 bei jüngeren Exemplaren; die Schnauzen-
länge ist stets 4mal, die Stirnbreite beiläufig 3i/s — 3ma1 in der Kopf-
länge enthalten.
Die Kiel'erzähne sind zart, zahlreich, am freien Ende nur
schwach kegelförmig zugespitzt und stehen in einer Reihe dicht
gedrängt neben einander. V^omer- und Gaumenzähne fehlen.
Das hintere Ende des Oberkiefers fällt bei geschlossenem Munde
in senkrechter Richtung ehvas hinter die Mitte des Auges. Die Mund-
spalte ist schief nach oben gerichtet, die Schnauze vorne abgerundet.
Kiemenstrahlen 7, Nebenkiemen stark entwickelt, Rechenzähne
an der Vorder- oder Außenseite des ersten Kiemenbogens sehr lang.
Die Stacheln an und zunächst dem Vordeckelwinkel sehr lang,
und wie die viel kürzeren am unteren Rande des Zwischendeckels sehr
gebrechlich.
Die Länge der Ventrale gleicht bei jungen Individuen von 4 bis
5" Länge circa s/^ der Totallänge, Anale und Dorsale nehmen gegen
den hinteren, zugespitzten Winkel an Höhe zu. Die Caudale ist an
den Winkeln mäßig zugespitzt und am hinteren Rande schwach
concav, nicht winkelförmig eingeschnitten, wie Bonapa rte's Ab-
bildung zeigt.
Die Anale enthält bei jedem der von uns untersuchten Exemplare
31 Strahlen, von denen der letzte bis auf den Grund gespalten ist.
Die obere Profillinie des Körpers erhebt sich von der Si'hnauzen-
spitze bis zum Beginne der Dorsale und zwar steiler bei alten als bei
jungen Exemplaren; sie bildet in der Schnauzen-Stirngegend und am
Nacken eine starke Bogenkrümmung, während sie in der Scheitelgegend
stark eingedrückt ist. Die breite Stirne ist querüber stark gewölbt.
Die Schuppen des Rumpfes sind klein, rundlich und mit zahl-
reichen, deutlich ausgeprägten concentrischen Ringen versehen.
Gegen das hintere Ende jeder Schuppe liegen 2 — 3 ziemlich lange
Stachelchen hinter einander in einer horizontalen Linie und stehen
Iclithyol. Bericht über eine nach Spanien u. I'orfujral unternoiiini. Reise. 370
uiitei" einem spitzen VV^inkel von der Scluippenfläche ah; bei jjanz
jnngen Plvemplaren sind sie änßerst schwach entwickelt und scheinen
den kleinen Schuppen des Kopfes stets zu fehlen.
Die Zeichnung des Körpers ist nach dem Alter verschieden; hei
jungen Individuen liegen schwärzlichbraune, sehr verschieden gestal-
tete Flecken und Zickzackstreifeii unregelmäßig an den Seiten des
Rumpfes, auf der Caudale und dem basalen Theileder zart beschuppten
Rücken- und Afterflosse; bei alten Exemplaren von circa 7'/^" Länge.
Dagegen ziehen ziemlich breite Binden mit mäßiger Neigung nach
hinten und oben, sind in der Pectoralgegend am schärfsten ausgeprägt
und verlieren sich über der Seitenlinie vollständig, während sie zu-
nächst der Bauchlinie und im basalen Theile der Anale durch große,
schwach angedeutete, runde Nebelflecken ersetzt werden. Am Kopfe
laufen stets netzförmig verschlungene, dunkle Linien und Streifen
strahlenförmig vom Auge aus. Dorsale, Anale, Pectorale imd Ventrale
gehen gegen das freie Ende der Strahlen ins Schwärzliche über. Die
Grundfarbe des Körpers ist grünlichbraun.
D. 35—47; A. 31; V. 1/5; F. 21.
93. Art. Schedophilus Butter! Heck, (in lit.)
D. 36; A. 23; V. 1/5; P. 21.
Die Körpergestalt dieser, wie ich glaube, noch unbeschriebenen
Art, ist eben so gedrungen wie bei Seh. medusophagus; die obere
Profillinie des Kopfes steigt aber bedeutend steiler an und ist in der
Schnauzengegend, so wie insbesondere am Hinterhaupte bis zum Be-
ginne der Dorsale stärker gekrümmt als bei letzterer. Die Stirne
ist flach.
Die Höhe des Körpers ist nahezu 3nial in der Total- und etwas
mehr als 2mal in der Körperlänge, die Kopflänge nahezu 2i/,mal in
der Körperlänge, der Diameter des großen Auges 23/5mal, die Breite
der flachen Stirne 3'/2mal, die Länge der kurzen Schnauze fast 5mal
in der Kopflänge enthalten.
Die einreihigen Kieferzähne sind länger, minder zahlreich und
stärker zugespitzt als bei Seh. medusophagus und zugleich haken-
förmig gekrümmt, die Zähne am Vordeckel viel zahlreicher aber
bedeutend kürzer als bei letztgenannter Art. Die Vordeckelzähne
nehmen nämlich flen ganzen hinteren und unteren Rand des Knochens
23'
3 80 S t p i n rl ;i c h n p r.
t'iii, die Zälinehen am Zw iseliciKlcckel dagegen dürften ein wenig
sliirkei' als hei Seh. mcdusophagus sein.
Die Neutralen erreichen mit der Spitze ihrer horizontal znriick-
gelegten Strahlen die Basis der ersten Analstrahlen, was bei Seh.
nii'fliiüophfif/Ns nicht der Fall ist, und sind bezüglich ihrer Länge
nahezu I \ l^ny,^\ in der Kopflänge enthalten oder circa '/^ der Total-
lange gleich.
Die Dorsale enthält nur 36, die Anale 23 Strahlen, die letzteren
derselben sind leider an dem uns zur Besehreibung vorliegenden
Exemplare abgebrochen, doch dürfte die größte Höhe dieser beiden
Flossen fast in die Mitte der Flossenlänge fallen.
Die (lestalt und Stnictur der Schuppen ist dieselbe wie bei
Si'h. incdusophdguf!, doch fehlen die Schuppenstacheln dem von uns
untersuchten, nur 2" 5'" langen Exemplare; höchst wahrscheinlich
dürften sie aber bei älteren Individuen zur Entwicklung kommen.
Die Grundfarbe des Körpers ist röthlichviolett, die des Kopfes
bräunlich; der ganze Körper ist mit dunkelvioletten, zahlreichen
Punkten übersäet, der Rumpf überdies noch mit schwärzlichen, nicht
scharf abgegrenzten Querbinden oder querbindenfiirmig gestellten
Flecken geziert, welche sich auch über den basalen Theil der Rücken-
uiKJ Afterflosse hinziehen. Vor dem hinteren concaven Rande der
hell bräunlicbgelben Caudale und parallel mit demselben liegt eine
von dicht an einander gereihten Punkten gebildete Qiierbinde.
Durch die aulTallende Größe der Augen, die geringe Zahl der
Dorsal- und Analstrahlen und das Vorkommen von Querbinden unter-
scheidet sich Seh. Botteri leicht voi\ Seh. medusophugui^.
Fundort: Barcelona (und Lesina in Dalmatien).
Gatt. Diana Risso.
94. Art. Diana srmilouata Risso.
Syn. Aulrodenii/is con/phaenoides C ii v. V a 1.
Das in unserem Resitze beflndl iche, etwas mehr als 20" lange Exem-
plar stimmt in der Körpergestalt und Flossenform ganz genau mit der
von Cuvier und Valenciennes gegebenen Abbildung (Hist. nat.
des poissons, Atlas, pl. 270) überein, zeigt dagegen nur wenig Ähn-
lichkeit mit Bonapart e's Abbildung (in der Fauna italica), die wir
zum mindesten in der Kopfform als verfehlt bezeichnen möchten;
Iclilhyol. lieriflit ül/er eiiip iiai-li S(j;iiiieii ii. l*i.rlii^;il uiiterii«iiiMi. Heise. Ool
die Länge der Dorsal- und Analsiralilen dagegen scheint je nach
dem Alter verschieden und vielleicht auch vom (ieschlechte abhängig
zu sein.
Die größte Höhe des Körpers ist ein wenig mehr als 3mal, die
KopHänge nahezu 4mal, die Länge der Pectorale genau 4mal in der
Kürperlänge (bis zur Basis der mittleren Caudalstrahlen), der Augeii-
dianieter etwas mehr als 6mal in der Kopflänge enthalten.
Dorsale und Anale sind tief blauschwarz, Caudale und Pectorale
orangegelb. Der Ventralstachel ist kurz, stark und gezähnt. Kiemen-
strahlen 5, Nebenkiemen stark entwickelt.
Dem von uns untersuchten Exemplare, N\'elches leider stark be-
schädigt und ausgeweidet ist, fehlen Zungenzähne.
D. 22; A. 18.
Fundort: Taragona.
Gatt. Ausonia Risso.
93. Art. Aasonia Cuvieri Risso,
S y n. Liivariis impcrialls R a fi n.
Kommt nach Machado in der Meerenge von Gibraltar und zu-
fälligerweise auch an der Küste nordöstlich von Cadix vor, wir selbst
erhielten ein trocken präparirtes Exemplar in Barcelona.
Vulgärname: Emperador (nach Machado).
Gatt. Lampris Retz.
96. Art. Lampris luna (spec.) Lin.
Selten an der Westküste Portugal's und bei Tenerife, noch
seltener wie es scheint an der Ostküste Spanien's. Wir salien
mehrere trockene Exemplare von sehr bedeutender Gröüe zu Santa
Cruz de Tenerife, und Barcelona (im Besitze von Privaten), n\ eiche
in der Nähe dieser Städte gefangen wurden.
»( O C S t e i II (I :i !• Ii n e r.
Farn. C'araii'Si'ida«' Günther (i)art. ).
(thi I. Caranx Cnv. Val.
97. Art. Caraux (racliurus (s|n'f.) Lin.. Tiiv. Vnl. (part.).
Syn. Caranx declivis .Iimi.
Die kleinsten Exemplare iinseroi- Sanimliinü- siiul Ii'/, — 4", die
größten 141/0" lang.
Die Kopflänge ist nahezu 4 - 4yomal, die grüßte I^eiheshöhe Ss/4
(hei ganz jnngeii fndividnen) his önial in der Totallänge, der Augen-
diameter hei ganz jungen Exemplaren von S'/g — 8" Länge S'/j bis
Si/aTnal, bei älteren von 1 1 — 1 ö" Länge aber nahezu 4 — 4ysmal, die
Stirnhreite zwischen der Mitte der oberen Angenränder 4 — 4i/,ma].
ilie Sehnanzenlänge 31/4 — Sytmal, in der Kopflänge enthalten.
Die grüßte Leibeshithe fällt in der Regel zwischen den Beginn
der ersten Dorsale und der Einlenkungsstelle der Ventrale, zuweilen
aber auch zwischen den Beginn der zweiten Dorsale und der Anale.
Charakteristisch für Carranv frachurufi ist die starke bogen-
fürniige Krümmung der mit Schienen überdeckten (unteren) Seiten-
linie luiter dem Beginne der zweiten Dorsale. Der horizontal verlau-
fende, hinter der bogenfitrmigen Krümmung liegende Theil dieser
vSeJtenlinie ist stets etwas länger (durchschnittlich um eine Augenlänge}
als die vordere llälfle. Der längs der Basis der Rückenflossen hinlau-
fende obere Seiiencanal theilt sich am oberen hinteren Ende des
Kopfes in zwei Aste, einer derselben läuft nach vorne zur Stirne und
Schnauze, während der zweite Ast im Bogen zum oberen Rande des
Kiemendeckels zieht und sicli daselbst mit der zweiten Seitenlinie,
welche mit Schildern oder Schienen bedeckt ist, an deren Beginne
vereinigt.
Die säbelförmig gebogene Pectorale ist stets ein wenig kürzer
als der Kopf und endigt, horizontal zinnickgelegt, nach hinten in
senkrechter Biehtiing etwas vor dem Beginne der Anale (hei Aus-
schluß der Vorstacheln).
Der dritte. In'iehsle Stachel der ersten Dorsale übertrifft die
Hallte der Kopflänge mehr oder minder bedeutend, und der höchste
(Jüederstrabl der zweiten Dorsale ist circa Vs"!'""' •*^" lang, als der
bitchste Stachel der ersten Rückenflosse. Nur in seltenen Fällen
gleichen sieh die hüclisten Strahlen beider Dorsalen an Hidie und
erreielien genau die Hallte der Kdpllänge.
Ichtliyol. Bericht üIut eirn- iiju'h .SpKiiieii ii. Pni-tiigal iiilteriiniiiin. Keise. OÖO
Als eine Folge des ungeheuer weiten Verhreitungsbezirkes dieser
Art, welcher sämmtliche Meere der gemäßigten Zone umfaßt, ergibt
sich das Auftreten zahlreicher Localvarietäten, welche in der Zahl und
Größe der Schilder auf der unteren der beiden Seitenlinien bedeutend
von einander abweichen.
Die an der Westküste Europa's von Gibraltar bis Bergen sehr
häufig vorkommende Varietät (car. A sive vnlyarh) ist ausge-
zeichnet durch die Größe und geringe Zahl der Schilder an den
Seiten des Rumpfes; ihre Zahl beträgt 70 — 7o, und nur selten
76 — 79.
Die Schilder der Seitenlinie sind l'erner bei Variatio A sehr
stark entwickelt (und zwar durchschnittlich ein wenig höher bei
Exemplaren von der Westküste Europa's als bei jenen derselben
Varietät aus dem Mittelmeere) und längs der hinteren, horizontal
laufenden Hälfte der Seitenlinie nur wenig höher als in dem vorderen
Theile; zuweilen sind die Schilder beider Längenhälften an Höbe
nicht von einander unterschieden, die höchsten Schilder erreichen
an Höhe circa Vg — Yio der Augenlänge.
Eine zweite Varietät (B) ist charakteristisch für das Mittelmeer,
weßhalb ich sie als Variatio mediterraiiea bezeichnen möchte, und
kommt nur selten an der Sudwestküste Europa's vor. Bei dieser
schwankt die Zaiil der Rumpfschilder zwischen 79 — 86. Die Schilder
im vorderen Theile der Seitenlinie (bis zum Ende der Krümmung
unter dem Beginne der zweiten Dorsale) sind unter sich gleich hoch
und fast nur Vsmal so lioch als die in der hinteren, horizontal
liegenden Hälfte der Linea lateralis befindlichen Schilder, welche
gleichfalls schwächer entw ickelt sind , als bei der Variatio A. Die
größte Leibeshöhe finde ich bei sämmtlichen im Wiener Museum
befindlichen Exemplaren der z\\eiten Varietät aus dem Mittel- und
Marmora-Meere nur 2y,, der Totallänge gleich.
Die Zahl der (Jliederstralden in der zweiten Dorsale beträgt bei
Caranx trachiirus in der Regel 30 — 32, in der Anale 26 — 28;
ausnahmsweise kommen jedoch in erstgenannter Flosse auch 33 — 33,
in der Afterflosse 29 — 33 Gliederstrahlen vor und zwar sowoiil bei
Variatio A, als bei Var. fi; aus diesem Grunde möchte ich Cai'anx
(leclivis Jen. (Zool. of the Voyage of H. M. S. Beagle, Fish.,
jtag. 68, pl. XIV) nicht als Repräsentanten einer eigenen Varietät
hinstellen. Günthers Variatio ilecliris gehört meines Erachtens
3§4 S t e i II il a c li n e r.
zur Var. A, da die Zahl der Seitenschilder nur 75 beträgt, und
entsjtricht nicht genau dem Caraiuv deelivis Jen. (mit 82 Schildern
längs der Seitenlinie).
CaraiLV trnchtirns kommt in Unzahl an den Küsten Spaniens
und Portugals, insbesondere an der Nord- und Westküste der
iberischen Halbinsel in den llerbstmonaten vor. Sämmtliche von uns
bei Bilbao, La Coruna, Vigo, Porto, fjissabon, Setubal, Cadix und
Gibraltar gesammelte Exemplare gehören der Variatio A an. Nur ein
einziges Exemplar unserer Sammlung von Bilbao trägt 86 Schilder
an der Seitenlinie, 35 Gliederstrablen in der zweiten Dorsale und
31 Gliederstrahlen in der Anale, gehört somit der Variatio B an und
unterscheidet sich somit von Caranx deelivis Jen. durch die etwas
geringere H?W/ (Barcelona), Carajvni (jun. sec. Capello, Lissabon).
98. Art. Caranx Cuviori Lowe.
Syn. Caranx trachiniis Cuv. V:il., Günflior. part.
Trachurus fallax, Br. Capello, Cat. dos peix. dp t'ortug. , Jörn, de
Scienc. mathem. etc., Nr. 4, 1.S67.
Von dieser, sebr nahe mit Caranx trachurus verwandten Art
erhielten wir nur zwei kleine Exemplare von 7' Länge während
Ichthyol. Bericht über eine nach Spanien u. Portugal unternomni. Reise. 3oO
unseres Aufenthaltes in Lissabon und Setuiial, zahlreiche dagegen
und zwar bis zu IT"/," Länge an der Ostküste Tenerife's (im März
und April 18(j5).
Die größte Leibeshöhe ist bei Individuen von i'/^ — 8" Länge
53/4 — 6mal, bei alten von 17'/, Länge nur S'/jinal, die Kopflänge
stets etwas mehr als 4mal (41/7 — ^^/^maV) in der Totallänge, der
Augendiameter 'i^/o—^-/sm?i\ bei jüngeren, d^/^mn] bei älteren
Exemplaren, die Stirnbreite nahezu oder genau 4i/omal, die Schnau-
zenlänge 31/4 — S^/gmal in der Kopflänge enthalten.
Der Unterkiefer springt wie bei Caranx trachurus über den
Zwischenkiefer vor, das hintere Ende des Oberkiefers fällt bei
geschlossenem Munde in senkrechter Richtung unter oder nur wenig
hinter das vordere Augenende und ist in seiner vorderen schmalen
Längenhälfte vollständig, in der hinteren breiteren Hälfte im oberen
Theile von dem unteren Augenringe (bei geschlossenem Munde)
überdeckt. Feine Zähnchen liegen am V^omer und auf der Zunge.
Die erste Dorsale enthält 8 Stacheln, die zweite 32 Glieder-
strahlen. Die Pectorale ist bei jungen Individuen stets kürzer, bei
erwachsenen aber etwas länger als der Kopf. Ein schwarzer Fleck
am Kiemendeckel.
Im Gegensatze zu Caranx trachurus ist der hinter der schwach
bogenförmigen Krümmung liegende, horizontal verlaufende Theil der
Seitenlinie kürzer (durchschnittlich um 2/3 der Augenlänge) als der
vordere, und die Schilder der Linea lateralis sind stets beträchtlich
zahlreicher und schwächer entwickelt als bei Caranx trachurus.
Die Krümmung der Seitenlinie beginnt erst hinter dem Anfange der
zweiten Dorsale, senkrecht unter der Basis des vierten bis sechsten
Gliederstraliles derselben.
Die Zahl der Seitenschienen betragt bei 24 Exemplaren unserer
Sammlung 93 — 99, bei einem Exemplare von \l^/z" Länge
sogar 108.
^' ^/'32333' '^' ^/2raJ' ^'- '-''*• 93—108 (in der Regel 96—99).
Cuvier und Valenciennes geben auf pl. 246 (Hist. nat.
des poissons) eine ziemlich gelungene Abbildung dieser Art, welche
eine Länge von circa 18" erreicht und durch ihr überaus zahlreiches
Vorkümmen an den Küsten der canarischen Inseln und Madeira's
381)
.S t f i II il :i f li II e r.
ausgezeichnet ist, aber gieicli Cavuiix trachurua luir von den unteren
Volksklassen wegen des sehr geringen Preises gekauft wird.
Vulgärname: Churren, Charre'u (nd.^, Chicharro fraiicez
(juv. sec. Br. Capello) in Lissabon, Chicharro auf Tenerile.
99. Art. Caranx rhonchos GeofCr.
Kommt nur sehr selten an der Süd- und Südostküste Spaniens,
ziemlich liäulig aber in den (isllichen Theilen des Mittelmeeres
zwischen Alexandrien und Beiruth vor; wir sammelten zwei kleine
Exemplare hei Malaga und Tanger.
Die Höhe des Rumpfes steht hei kleinen Exemplaren von G"
Länge der Kopflänge ein wenig nach und ist nicht ganz 4 »/.mal
(circa 42/5mal) in der Totallänge enthalten. Über dem horizontal
verlaufenden, hinteren Theile der Seitenlinie liegen bei den im
Wiener Museum befindlichen Exemplaren 30 — 32 Schilder, von
denen circa 21 — 23 in Stachelspitzen endigen.
Der Augendiameter gleicht (hei kleinen Individuen) an Länge
der Breite der Stirne oder circa '/^ der Kopflänge; die Sclmaiizen-
länge ist circa S'/^mal in der Kopflänge enthalten. Ein schwarzer
Fleck liegt unterhalb der vorderen Spitze der zweiten Dorsale,
welche im Leben eine schwefelgelbe Färbung zeigt.
Die beiden, von uns untersuchten Exemplare von 6" [jänge
besitzen 30Gli('derstrahlen in der zweitenBorsale und 24 in der Anale.
^- %W=3ö/»' ^- 2/4/'' ^- '•♦^- (2«-) ^«-32.
100. Art. Caranx dentex (spec.) Bloch. Sehn.
S y n. Scuniöer dentex B 1. S c li n.
Caranx lima, Geoffr., Descript. de rE!,^ypte, pl. 23, fig. 3.
„ Cuv. Val., t. IX, pag. 80.
„ „ Lowe, Fish, of Madeira, Transact. Zool. Soc., Vol. II,
1841, pafj. 183.
„ dentex i^uw y 'a\. IX, pag. 87; Günllier, Calal. Hiit. [\Iii.s.
t. II, pag. 441.
„ analis, Cuv. Va!., IX, pag. 88; Valenc, Ichthyol, des 11.
Canar. pag. 57, pl. XII (nicht gelungen).
Kommt nur sehr selten an der Südküste Spanien's hei Cadix,
(jibrallar und Malaga vor, ist aber sehr gemein an den Küsten der
canarischen Inseln und erreicht daselbst eine Länge von mehr als
21 Zoll.
k'htliyol. liericlit über eine naeli S|(anieii ii. I'orliig^al iiiiteriKiiiiiii. Reise, on i
Daß diese Art keine Vomer- und (iaunienzähne besitze, wie
Dr. (iüntber angibt, ist nur zum Tbeile richtig und daher auch
eine Sonderung der Ca7'(ma^- Arien in solclie mit und olme Gaumen-
zähne (s. (lünther's fatalog.. Vol. U, ]»ag. 424) nicht stichhältig.
Bei Exenndaren bis zu 81/0" Länge finden sich Vomer- und
Gaumenzähne ausnahmslos vor, bei älteren Individuen bis zu 13"
Länge zeigen sich noch Gaumenzähne in sehr beträchtlicher Zahl
aber von geringer Größe, während die Vomerzähne entweder gänzlich
fehlen oder nur mehr vereinzelt vorkommen; bei völlig erwachsenen
Exemplaren von 20 — 21" Länge und darüber sind Vomer- und
Gaumenzähne vollständig verschwunden.
■ Bei jungen Individuen bis zu 13" Länge liegen sehr häufig in
der Mitte des Zwischen- und Unterkiefers oder nur in einem dieser
beiden Knochen zwei Zahnreihen, bei alten ist stets nur eine Zahn-
reihe vorhanden. Die Kieferzähne sind kegelförmig und bei alten
Exemplaren an der Spitze sehr stark abgestumpft, fast körnig. Die
Gaumenzähne sind sammtartig und bilden bei jungen Individuen eine
sehr lange, aber nur mäßig breite Binde; die Vomerzähne sind etwas
länger als die Gaiimenzähne, insbesondere wenn sie nur vereinzelt
:un Vomer stehen.
Die größte Höhe des Körpers fällt unter den Beginn der zweiten
Dorsale und ist circa 32/5 — 3i/3mal, die Kopflänge bei jungen
Exemplaren bis zu 13" Länge genau oder nur unbedeutend mehr als
4mal, bei alten aber S'/a — Ss/smal in der Totallänge enthalten. Die
Schnauzenlänge verhält sich zur Kopflänge wie 1 : 2-/^ — 22/5, die
Slinibreite zu letzterer w'ie 1 : 33/5 — 31/0. Die größte Kopfhöhe am
hinteren Ende des Occipitalkammes steht um etwas mehr als die
Hälfte der Augenlänge der Kopflänge (bei Exemplaren von circa 12'
Länge) nach.
Der Unterkiet'cr reicht nach vorne nicht so weit wie der
Zwischenkiefer und läßt sich mit Ausnahme junger Exemplare bis zu
9Ya' Länge ganz unter letzteren zurückziehen; bei ganz alten
Exemplaren verdicken sich die Lippen sehr bedeutend, eben so der
vordere Theil der Sclinauze. Der Augendiameter ist je nach dem
Alter 43/5 — 5'/4mal in der Kopflänge enthalten. Die obere Profdiinie
des Kopfes ist bogenförmig mäßig gekrünmit, fällt jedoch ziemlich
schief nach vorne ab und ist bei älteren Exemplaren in der Narinen-
gegend etwas stärker eingedrückt als bei jüngeren.
OÖO iS t e i II tl II f li II e r.
Die vordere, etwas längere Hälfte der Seitenlinie ist bogen-
förmig gekrümmt und läuft zum größten Theile parallel mit der
Riickenliiiie; der hintere Tiieil der Linea lateralis, vom dreizehnten
Gliederstrahle der zweiten Dorsale (in senkrechter Richtung) ange-
fangen liegt horizontal. Die Seiteidinie durchbohrt im Ganzen circa
112 Schuppen (bis zur Spitze der mittleren Caudalstrahlen) , von
denen 24 — 29 zu Schienen oder Schildern umgebildet sind und in
Stacheln endigen.
Die Pectorale ist säbelförmig gekrümmt und stets länger als der
Kopf; die Spitze der horizontal zurückgelegten Brustflossen fällt in
senkrechter Richtung über die Basis des sechsten bis siebenten
Gliederstrahles in der Anale.
Die größte Höhe der ersten Dorsale ist bei sehr alten Exemplaren
2Y3mal, bei jüngeren nur wenig mehr als 2mal, die der z\\eiten
Dorsale 23/^ — 3mal, bei ganz erwachsenen Individuen S^/smal in der
Totallänge enthalten.
Die Länge der Caudale erreicht bei jungen Individuen nahezu
die Koptlänge, bei alten kaum 4/5 der Koptlänge. Ein schwarzer
Querfleck liegt am hinteren Ende des Kiemendeckels.
Wir sammelten 3 Exemplare an den Südküsten Spanien's, 6 bei
Santa Cruz de Tenerife.
Derzeit kennt man als Fundorte dieser Art die südlichen Küsten-
strecken des iMittelmeeres von Alexandrien iiis Tanger, Madeira, die
canarischen Inseln, Sanct Helena, Brasilien. Nach Risso und
Sassi kommt Caranx dentex, wenngleich selten, bei Genua und
Nizza vor.
Vulgär name: Xurel (Tenerife, Cadix), Enxareo (Madeira
nacii Lowe).
101. Art. Caranx (Gallichthys, Scyris) alexandrinns Cuv. Val.
Syn. Scyris alexandrinn Cuv. Val. IX, pag. 132.
Gallichthys egyptiacus C. V. IX, pag. 176.
Wir erhielten zwei ziemlich gut erhaltene Exemplare dieser, an
den südlichen Küsten nach übereinstimmender Aussage erfahrener
Fischer nur höchst selten vorkommenden Art, deren eigentliche
Heimath das inselarme Ostbecken des Mittelmeeres zwischen Alexan-
drien und Heiruth ist, während unseres Aufenthaltes in Motril (April
1865); das größere derselben ist 4-/4", das kleinere 3" 11" lang.
Ichthyol, liericht iil)er ein«' nnch S|iiini(>i) ii. Portiigril tinternomm. Reise, oo"
Die größte Höhe des Rumpfes ist genau oder ein wenig mehr
als ii/,mal, die Länge des Kopfes Syg — Ss/smal, die Kopfhöhe
2'/onial in der Totallänge, die Länge des Auges 33/5 — Si/amal in
der Kopflänge enthalten.
Die Zwischen- und Unterkieferzähne sind sehr klein , spitz,
hakenf(»rmig nach innen gekrümmt und hilden im vorderen Theile
der Kiefer zwei Reihen , seitlich stehen sie nur in einer Reihe. Die
Querfläche des Vomers fühlt sich rauh an.
Die vordere Profillinie des Kopfes fiillt äußerst steil zur Schnau-
zenspitze ab, ist nur im obersten Theile und an der Schnauze convex,
im größeren mittleren Theile aber concav.
Der Rücken erhebt sich rasch in nahezu gerader Linie bis zum
Beginne der zweiten Dorsale, und senkt sich hierauf unter einem
rechten Winkel längs der Basis der zweiten Dorsale etwas minder
rasch in äußerst schwacher Bogenkrümmung zum kurzen Schwanz-
stiele.
Die Peclorale ist stark sichelförmig gebogen, zugespitzt und
erreicht an Länge nicht ganz 1/3 des ganzen Körpers mit Einschluß
der Caudale.
Bei den beiden von uns untersuchten Exemplaren wird wie bei
Gallichthys aegyptiacus Ehr., C. V. die erste Dorsale von 7 kurzen,
und ziemlich stark sich über einander legenden Stacheln gebildet,
welche im höheren Alter zum Theile verschwinden; die zweite Dorsale
enthält einen Stachel und 21 Gliederstrahlen, von denen die sechs ersten
in schwärzlich gefärbte, lange Fäden ausgezogen sind, von denen der
vorderste längste des ersten Gliederstrahles zuweilen noch bedeutend
über die Spitze der Caudallappen hinausreicht. Ahnliche fadenförmige
Verlängerungen zeigen auch die drei ersten gegliederten Analstrahlen
und der erste Gliederstrahl der Ventrale.
Circa 136 — 140 Schuppen zählt man längs der Seitenlinie,
welche in der vorderen Längenhälfte des Rumpfes einen halbkreis-
förmigen Bogen bildet, in der zweiten Rumpfhälfte dagegen in
horizontaler Richtung bis über die Basis der mittleren, kürzesten
Caudalstrahlen hinaus sich fortzieht. Die Schuppen der Seitenlinie
sind äußerst klein, nur die am kurzen Schwanzstiele gelegenen
9 — 10 Schuppen sind größer als die übrigen, aber eben so wenig
wie diese am hinteren Rande in einen Stachel oder Zahn verlängert,
sondern nur an der Aussenfläche ob der stärkeren Entwicklung des
noo
S t e i n d a c h n e r.
die Sehii|)|ieii durchbohrenden Canales mehr gewölbt als die voran-
fjehenden oder nachfolgenden Schuppen.
Die vom Nacken ziini oberen Augenrande ziehende Binde ist
von zarten, schwärzliclien Pünktchen gebildet und ziemlich deutlich
sichtbar, die übrigen Querbinden des Rumpfes heben sich von dem
silberfarbigen Grunde der Körperseiten nur äußerst schwach ab.
I). 7 (— S)/^; A. 1/19; L. lat. 136— 14(K
Gatt. Seriola Cuv. Val.
102. Art. Seriola Uiimcrilii Risso (spec.)
Auch diese Art wird nur sehr selten an der Ost- und Südküste
Spanien's gefischt; wir erhielten zwei kleine, 5 — 6" lange Exemplare
während unseres Aufenthaltes in Barcelona inid Alicante.
Bei diesen beiden Individuen ist die größte Leibeshöhe (.'irca
32/3 bis nahezu 4mal , die Kopflänge 4mal in der Totallänge, der
Augendiameter circa 3y5 — Ss/imal, die Schnauzenlänge 3mal, die
Stirnbreite 3 — 33/5mal in der Kopflänge enthalten. Die Kiefer
reichen gleich weit nach vorne; das hintere Ende des Oberkiefers
fällt bei geschlossenem Munde in senkrechter Richtung etwas vor
die iMilte des Auges.
Die Länge der Ventralen ist O'/g— öy^mal, die der Fectoralen
7^5 mal in der Totallänge enthalten.
Die erste Dorsale beginnt in senkrechter Richtung über dem
Ende des ersten Drittels der Pectorallänge bei einem Exemplare von
6" Länge, bei einem zweiten kleineren Individuum etwas weiter
nach vorne, oder die Entfernung der Basis des ersten Stachelstrahles
der ersten Dorsale von der Schnauzenspitze beträgt nahezu ein
Drittel der Totallänge.
D. 7/ — - — ; 4. 2/— i — : W 21.
'/;{o_32' "*• ^/20-2t '
V u I g ä r n a m e : Paloniida (Barcelona).
103. Art. Seriola Lalandii Cuv. Val.
Ein Exemplar dieser Art, deren Vorkommen an den Küsten
Europa's bis jetzt noch nicht bekannt war, ist im Xationalmuseum
von Lissabon aufbewahrt und wurde im hohen Meere zunächst
der portugiesischen Hauptstadt gefischt.
V u I g ä r n a m e : Anchona (nach Br. (J a p e 1 1 oj.
k'lilliyol, [>pi-i(lil iilx'i- eine iiin'h Spiiiiit'ii ii. l'oihi^';il uiilenioiiim. Rt'ise. o«' i
G a 1 1. Lichia C u v.
1(14. Art. liichia glauca (spec.) Liiiue.
Kommt ziemlich selten an der Ost- und Südkiiste Spanien"» vor,
ist aber sehr gemein um Tenerife und erreicht eine Länge von mehr
als 14 Zoll.
Bei jungen [iidividuen von nahezu S" Länge ist die größte
Leibeshöhe nur 3 '/.mal, bei alten von t2'/o — 14" Länge aber 33/4
bis ein wenig mehr als 4mal in der Totallänge oder bei ersteren
2^/5 mal, bei letzteren etwas mehr als 2-/3 — 3m al in der Körperlänge
(bis zur Basis der mittleren Caudalstrahlen), die Caiidale nahezu
oder genau 3'/omal in der Totallänge enthalten.
Die Koijflänge erreicht bei jungen Exemplaren von 5" Länge
genau '5, bei älteren von 7'/," Länge circa 2/11, bei erwachsenen
Individuen von 14 — 14'/o" Länge genau i/g der Totallänge.
Die Länge des Augendiameters schwankt zwischen 1/3 — 1/4 der
Kopflänge; die Schnauze ist bei Exemplaren von o" Länge durch-
schnittlich kürzer, bei Individuen von 7 1/2" Länge eben so lang, bei
alten endlich länger als das Auge. Während das hintere Ende des
Oberkiefers bei ganz jungen Exemplaren unter das Ende des ersten
Längendrittels des Auges oder noch etwas weiter zurückreicht, fällt
es bei alten Individuen in senkrechter Richtung unter den vorderen
Augenrand.
Die Seitenlinie ist über der Pectorale schwach gebogen und
erstreckt sich sodann in horizontaler Richtung über die Mitte der
Rumpfhöhe fortlaufend, fast bis zum hinteren Ende der mittleren
Caudalstrahlen; sie durchbohrt bis zur Basis der Caudale circa
100 — 106 Schuppen, auf der Caudale selbst circa 6 — 9.
D. (5-) 6/-^; A. 2/,
25-26' /(23-)24— 25
Fundorte der von uns gesammelten Exemplare: Valencia,
Cadix, Tanger, Santa Cruz de Tenerife.
V u 1 g ä r n a m e : Palometa.
C a b r e r a's Gnsterosteiis cohimburms, welchen Prof. M a e h a d 0
in dem schon öfters citirten vortrefflichen Kataloge der Fische um
Cadix und Hueiva unter den ., Species denominatae a Cabrera,
hactenus mihi ignotae" anführt, ist wie der Vulgärnanie ..Palometa'*
andeutet, gewiß identisch mit Lichia glauca.
d"'w S t e i II (I a e h II e r.
lOö. Art. Liohia amia Linne (spec), Cuv. Val.
Unterscheidet sich in vielen Punkten sehr auffallend von Lichia
ffhiucd und kommt wie diese nur selten au der Ost- und Südküsle
Spanieu"s vor; wir sannnelten zwei Exemplare hei Barcelona und
Malaga.
Lichia amia nähert sich in der Kopfgestalt, Grölte der Mund-
spalte, Kleinheit der Rumpl'schuppen, und inshesondere durch das
Vorkommen ziemlich stark entwickelter Pseudohranchien, welche
bis jetzt von den Ichthyologen übersehen wurden , den Arten der
Gattung Chorinenius und ist von letzteren wesentlich nur durch den
Mangel von Flösschenstrahleu in der zweiten Dorsale und Anale
verschieden. Lichia glauca besitzt, wie bekannt, keine Pseudo-
klemen; wäre hierauf ein großes Gewicht zu legen, so müßte Lichia
amia generisch von ersterer getrennt werden.
Während bei Lichia glauca die obere Profdlinie des Kopfes
und des Rückens bis zum Beginne der zweiten Dorsale einen
zusammenhängenden, nach oben convexen Bogen beschreibt, der in
der Schnauzengegend am stärksten sich krümmt , ist sie bei Lichia
amia in der Hinterhauptsgegend schwach concav, und am Beginne
der ersten Dorsale mehr oder minder scharf stumpfwinkelig gebrochen.
Der vordere Theil der Rüekenlinie fällt von der Basis des ersten
Stachels der vorderen Dorsale in fast gerader Richtung steiler zur
Schnauze ab, als die hintere Hälfte derselben längs der Basis der
ersten Dorsale bis zum Beginne der zweiten ansteigt.
Die Stirne ist ferner bei Lichia amia bedeutend breiter und
querüber viel schwächer gebogen, das Auge näher an die Profdlinie
der Stirne gerückt, die Mundspalte länger, die Caudale beträchtlich
kürzer als bei Lichia fjlanca.
Das hintere Ende des Oberkiefers fällt bei geschlossenem Munde
in senkrechter Richtung über den hinteren Augenrand hinaus, genau
in die Mitte der Kopflänge , während es bei Lichia amia noch vor
die Augenmitte zu liegen kommt. Die Stirn-Scheitelleiste ist schwach
entwickelt.
Die größte Leibeshöhe ist bei H als im Norden, Westen und Osten der iberischen Halbinsel.
Wir sahen ziemlich große Exemplare dieser Art auf den Fischniärkten
von Gibraltar, Cadix, Lissabon, La Coruiia und Barcelona, so wie von
Santa Cruz de Tenerife. Das größte der in unserem Besitze befind-
lichen drei Exemplare ist 43" lang und zeigt folgende Längen- und
Höhenmaße am Skelette:
Ichthyol. Bericht üher eine nach Spanien u. Portugal unternomm. Reise. 0«7 <
Kopflänge ' 20" T"
Länge des Zwisclienkiefers bis zum vor-
deren Augenrande 15" 61/2'"
Länge der Mundspalte vom hinteren Ende
des Oberkiefers bis zur Spitze des Zwi-
schenkiefers 17" 2"'
Stirnbreite i" 9'"
Totallänge des Unterkiefers 6" —
Länge der Augenhöhle i" 8'"
Körperhöhe 4" 6"'
Länge der sichelförmig gekrümmten Brust-
flosse 5" 8'"
Höhe der Dorsale am ersten gespaltenen
Strahle 6" 2'"
Länge der Basis der Rückenflosse .... 14" 4"'
Höhe der Anale 3" 4'"
Basislänge der Anale 4 ' 6".
Die Zahl der Abdominalwirbel beträgt 14, die der Caudal-
wirbel 12.
Bei einem zweiten, bedeutend kleineren Exemplare (mit meh-
reren Längsreihen knöcherner Tuberkel mit gezähnter Leiste),
welches bezüglich der Höhe der einzelnen Dorsal- und Analstrahlen
fast ganz genau mit der von C u v i e r und V a 1 e n c i e n n e gegebenen
Abbildung (pl. 22o der Hist. nat. des Poiss.) entspricht, beträgt
die Kopflänge 9" T"
die Länge der Mundspalte von der Spitze
des Zwischenkiefers bis zum hinteren
Ende des Oberkiefers 8"
die Länge des Auges, so weit es äußerlich
sichtbar ist — 8'"
die Stirnbreite i" 1/3'"
die größte Leibeshöhe 2" Si/a'"
die Länge der Brustflosse 3" Si/g'"
die größte Höhe der Dorsale 3" Is/j"'
die Länge der Caudale (von der Basis der
vordersten Stützstrahlen gemessen) . 4" S^/s"'
die größte Höhe der Afterflosse .... 1" IT"
die Totallänge des Körpers 24" 6'".
398 X t e i im1 ;i .• h II (' r.
Auf die drei ersten, rasch au Höhe zunehmenden Stacheln der
Dorsale folgen 11 — 12 gespaltene Gliederstrahlcn, auf diese 23 — 26
einfache und zuletzt 3 gegliederte und gespaltene Strahlen, welche
etwas höher als die unmittelhar vorangehenden (23— 2Gj einfachen
Strahlen (hiegsamen Stacheln?) sind; nur ganz junge Exemplare
unter 20" Länge mögen hievon eine Ausnahme machen (s. Cuv. Val.
Ahhild. 22S). Kine ähnliche Ahwechslung in der Structur der Strahlen
zeigt sich auch in der Anale, \\('lclie nur einen sogenannten Stachel,
G — 7 gespaltene Gliederstrahlen, b einfache und zuletzt wieder
3 getheilte und gegliederte Strahlen enthält.
Vulgärname: Pez espada (Spanien, Tenerife), Jf/M^/tffo oder
Agulha (Lissahon).
Farn. Oobiiciae.
Gatt. Gobius Artedi.
109. Art. Gobius aoratus Risso.
Wird nicht selten in ziemlich bedeutender Anzahl zunächst
Barcelona und Taragona gefischt, und erreicht in der Regel nur eine
Länge von 3'/2".
Die Länge des Kopfes ist 4 — 41/2^«'» ^^'e größte Leibeshöhe
bei ganz kleinen Individuen je nach dem Geschlechte 62/3 — Sysmal,
bei erwachsenen von 3 — 31/2" Länge in der Regel 6 — Tmal in der
Totallänge enthalten.
Die Augen sind sehr nahe an einander gerückt, oval; die Mund-
spalte ist ziemlich lang, schief gestellt; das hintere Ende des Oberkie-
fers fällt bei geschlossenem Munde in senkrechter Richtung unter die
Mitte des Auges. Der Kopf ist nur an der Ob 'rseite, und zwar an dem
hinter den Augen gelegenen Theile und im obersten Stücke des Kie-
mendeckels mit Schuppen bedeckt, welche kleiner als die des
Rumpfes sind.
Die erste Dorsale enthält sechs biegsame Stacheln, die zweite
Rückenflosse im Ganzen 15, die Aliale 14 Strahlen. In der Regel
liegen auf beiden Rückenflossen scharf ausgeprägte, schwarzbraune
Flecken in regelmäßigen Längsreihen und nur selten fehlen sie fast
vollständig. Die Caudale ist gleichfalls in der Regel mit in Querreihen
gelagerten Flecken geziert, die Anale am unteren Rande dunkel
Ichthyol. Bericht üIht eine mich Spanien u. Poilugal iinternomm. Reise. 399
gesäumt, und längs der Basis häufig gefleckt. Der große, schwarze,
last viereckige Fleck an dem oberen Theile der Pectoralbasis fehlt
nie und ist daher sehr charakteristisch für diese kleine Gobhis-kvi,
welche im adriatischen Meere weiter verbreitet zu sein und häufiger
vorzukommen scheint, als an der Ostküste Spaniens.
Die obersten Strahlen der Pectorale sind zart, doch nicht haar-
förmig und nach den von uns untersuchten Exemplaren zu schließen,
von den übrigen nicht getrennt. Die Länge der Pectorale und der
Anale ist sehr variabel, erstere Flosse ist bei jungen Individuen oft nur
4mal, bei älteren öVomal in der Totallänge enthalten, und bald etwas
länger, bald kürzer als die Ventrale.
Längs der Seitenlinie liegen bei jungen Exemplaren circa
44 — 46, bei alten SO — 53 Schuppen zwischen dem hinteren oberen
Ende des Kiemendeckels und der Caudale. Eine äiinliche bedeutende
Zunahme der Sciiuppenzahl bei älteren Individuen findet sich auch
bei Gobius mimiins vor.
Die Seiten des Körpers sind hell gelblichbraun, die einzelnen
Schuppen an den Rändern dunkelbraun gesäumt. Längs der Seiten-
linie liegt zuweilen eine Reihe brauner Fleckchen mit verwaschenen
Rändern.
Das Wiener Museum besitzt Exemplare dieser Art aus dem
Guarnero, von Spalato, Lesina, Palermo.
110. Art. fiobias quadrivlttatas Stein d.
Diese schön gezeichnete, kleine Art beschrieb ich bereits nach
zwei ganz jungen Exemplaren, welche ich im Jahre 1861 bei Lesina
in Dalmatien sammelte, in dem Archivio per la Zoologia, Vol. II,
fasc. 2, pag. 341 — 342; während meines Aufenthaltes in Barcelona
(Juni 1864) erhielt ich drei etwas größere Exemplare von 1" 3''' bis
1" 5'" Länge.
Der Kopf ist stark deprimirt und verschmälert sich nach vorne
ziemlich bedeutend, der hintere Theil des Rumpfes ist stark compri-
mirt. Die Länge des Kopfes ist weniger als 4mal, die größte Körper-
höhe 71/3 — 7mal in der Totallänge, die Breite des Kopfes circa
ly^mal, die Höhe desselben 2mal, die Länge des Augendiameters circa
4mal, die der Schnauze fast 5mal in der Koptlänge enthalten.
Der Kopf und der vorderste Theil des Rückens bis zum Beginne
der ersten Dorsale ist schuppenlos : große Poren mit aufgeworfenen,
400 S t «> i n (1 a c li n p r.
scinvärzlielieii Riiiulern liegen an dem oberen Rande der Augen, des
Vordeckels und Deckels. Fünf Reihen kleinerer Poren ziehen vom
unteren Augenrande quer die Wangen hinab und sind nach unten von
einer Längenreihe von Poren begränzt. Zwei Porenreihen bemerkt man
auf der Fläche des Kiemendeckels, eine am hinteren Rande des Vor-
deckels,
Der Rumpf ist braun, die Flossen zeigen eine schwärzlichbraune
Färbung und sind stets am freien Rande mehr oder minder breit
weißlich gesäumt: die Schnauze ist bräunlichweiß. Der Raum
zwischen der vordersten weißliehen Querbinde, welche ziemlich
schmal ist und an den Rändern nicht besonders scharf abgesetzt, un-
mittelbar hinter den Augen liegt, und der zweiten breitesten Querbinde,
welche am hinteren Ende des Kopfes beginnt und nach hinten fast
bis zum Reginne der ersten Dorsale reicht, ist zuweilen etwas
dunkler braun gefärbt als der Rumpf, da er hie und da mit dunkel-
braunen Fleckchen besetzt ist.
Der vorderste Theil der Peetorale ist weiß, da die Nackenbinde
seitlich bis zum unteren Rande der Peetorale hinabzieht; hierauf folgt
ein tief schwarzbrauner Querfleck von geringer Rreite; der übrige
größere Theil der Rrustflosse ist schmutzigbraun und geht gegen den
hinteren Rand allmälig' ins Weißliche über. Unter der Loupe zeigen
sich zahlreiche Flecken von lichtbrauner Färbung am ganzen Körper,
selbst auf den weißen Querbinden, von denen die dritte zwischen die
beiden, einander sehr genäherten Rückenflossen, die vierte, kleinste
(von fleckenähnlicher Gestalt) etwas hinter die Basismitte der
zweiten Dorsale fällt und nur ganz unbedeutend über die Seiten des
Rumpfes hinabreicht.
Die Schuppen des Rumpfes sind sehr zart und klein, fein ge-
zähnt, circa 60 liegen längs der Mitte des Rumpfes zwischen dem
hinteren Kopfende und der Caudale in einer Längsreihe.
^^- ^/tö=Ti' ^- ITTTö"' ^- 1^— ^8; L. lat. c. 60.
111. Art. Crobias minutus Lin. Gmel.
Syii. Gobixis tinipunctatus P.'irn.
„ minittus Giintli. (exel. Syn. Cinh. quadrimacvlatns C. V.) arlult.
_ Ekströmii G ü n t h.
Ichthyol. Bericht über t>inp niioli Spanien u. Portu[r:iI iinfernomm. Reise. 4- 0 1
Syn. Gobius elongattts Canestr., .1. Gobii del Golfo di Genova. Arcli. p. I.
Zoolotria, t. F, fas. 2, pag. 130, tab. VIII, fitr 3— n d.
,. mimäus Canestr., ibid. p. 148, tab. IX, fig. 2 — 2 c; juv.
„ graciiis Cabrera,
Wir untersuchten mehr als hundert Exemplare dieser Art,
welche in Unzahl an den Küsten der iberischen Halbinsel vorkommt
und sowohl in der Zahl der Flossenstrahlen der zweiten Dorsale und
Anale, so wie in der Kijrperzeichnung bedeutend variirt. Ganz junge
Exemplare sind verhältnißmiißig- bedeutend minder gestreckt und die
Zahl der Schuppen längs den Seiten des Körpers ist bei diesen viel
geringer als bei erwachsenen Individuen von 2 — 21/3" Länge.
Die Länge des Kopfes ist 41/4 — i'/gmal, die größte Leibeshöhe
nahezu 7 — S'/^'i^^' in der Totallänge, der längere Augendiameter ein
wenig mehr als 3-/^ — i^/ämid, die Kopfliöhe 2- bis circa iy5mal, die
Koptbreite l^g — 2mal in der Koptlänge enthalten. Das Auge ist oval,
die Stirnbreite sehr gering.
Das hintere Ende des Oberkiefers fällt bei jüngeren Individuen
senkrecht unter die Mitte des Auges, bei älteren etwas vor dieselbe.
Die Mundspalte ist schief nach oben und vorne gekehrt, der Unter-
kiefer springt nach vorne nur wenig über den Zwischenkiefer vor,
die Länge der Schnauze steht der des Auges ein wenig nach. Der
zweite biegsame Stachel der ersten Dorsale ist nur ein wenig länger
als der erste oder dritte und entweder ganz genau oder unbedeutend
weniger als 2mal in der Kopflänge enthalten. Zwei bis drei
mehr oder minder deutlich entwickelte braune oder schwärzliche
Binden ziehen über die erste Dorsale schief von oben und vorne nach
hinten und unten ; die oberste derselben ist von der darauftolgenden,
zweiten durch einen zuweilen weißlichen, breiteren Zwischenraum
getrennt. Am hinteren Ende der zweiten dunkeln Binde liegt in der
Regel ein tiefschwarzer oder bläulichschwarzer Fleck, der bei sehr
dunkler Färbung der Dorsalbinden fehlt.
Die zweite Rückenflosse steht an Höhe der ersten kaum nach
und zeigt stets eine größere Anzahl schief nach hinten und unten
ziehender, schmalerBinden als diese. Die Zahl derStrahlen der zweiten
Dorsale schwankt zwischen 10 — 12 bei den meisten der von uns unter-
suchten Exemplare, und nur selten finden sich deren im Ganzen
9 oder 13 vor; die Anale enthält in der Regel 11 — 12, selten
10 Strahlen. Wegen des Vorkommens von 14 Strahlen in der
40^ S t e i n (i a e h n e r.
zweiten DorsBle Gobius Ekströmii von Gohiiis mbuitns zu trennen^
liaüe ieli Mtr der Hand l'iir ganz unhereehtigl, da keine anderweitigen
Unterschiede zwiselien diesen heideti Arten bekannt sind.
Sämmtliclie Peetoralstrahlen sind durch die Flossenhaut niil
einander verbunden und keiner derselben ist haarförmig gespalten.
5 — 7 mehr oder minder dunkel gefärbte Querbinden zieren die Cau-
dale, deren hinterer Rand nur mäßig coiivex ist. Die Anale ist in der
Regel Meißlichgelb, selten nimmt sie gegen die Spitze der Strahlen
eine etwas schwärzlichgraue Färbung an.
Der Kopf ist stets schuppenlos, die Schuppen der oberen Rumpf-
hälfte sind an den Rändern bald mehr bald weniger sehmal dunkel-
braun oder fast schwärzlich gesäumt. Längs der Seitenlinie liegen ent-
weder nur vier ziemlich große rundliche Flecken oder eine bedeutend
größere Anzahl viel kleinerer Häufchen von dicht an einander ge-
drängten schwärzlichen Pünktchen; ein dreieckiger schwärzlicher
Fleck nimmt stets die Basis der Caudale ein. Am oberen Ende der
Peetoralbasis bemerkt man eine oder zwei Gruppen schwärzlicher
Pünktchen. Vom vorderen Ende des unteren Augenrandes zieht eine
schmale dunkle Binde in schiefer Richtung nach vorne und unten, und
von der Mitte desselben Äugenrandes sehr häufig ein zweiter, minder
scharf ausgeprägter dunkler Streif senkrecht nach unten. Die Kiefer-
ränder sind abwechselnd hell und dunkel gefleckt. Der vorderste Thell
der Unterseite des Unterkiefers ist häufig intensiv schwarzbraun.
Die Schuppen sind sehr klein, bei jungen Exemplaren von
1 J/o" Länge zähle ich deren 45 — 50, bei alten circa 60 — 63 in einer
Längsreihe zwischen dem hinteren oberen Ende des Kiemendeckels
und der Caudale.
Die von Professor Canestrini als Gab. m««e Nebel-
flecken vor.
408 Steindachner.
Häufig nehmen sämmtliehe Flossen eine sehwärzliehgraue Fär-
linng an, in diesem Falle verschwinden die früher erw ahnten dunkeln
Quer- oder Längsbinden. Die Grundl'arbe der Körperseiten selbst ist
bald gelbliehbraun, bald schmutzig dunkel-rostbraun, die Rumpf-
sehuppen sind zait, dunkelbraun punktirt; es treten diese Punkte bei
der helleren Varietät besonders deutlich hervor und häufen sich am
meisten zunächst den Schuppenrändern an.
Die Bauchseite ist stets heller gefärbt als der übrige Theil des
Rumpfes.
D. 6/j2Zri3' A- VII; P. 17—18; L. lat. 35— 43.
Vulgärname: Burro (Barcelona), Pez del diablo (Cadix
nach Mach ado).
114. Art. Oobias croentatus Lin.
S y n. GohiHs geniporus C u v. V a 1.
Gobius crueiitatus L. reiht sich zunächst an Gobius jozo und
ist wie letztere Art ausgezeichnet durch das Vorkommen zahlreicher,
schwärzlicher Porenreihen an den Wangen, auf der Schnauze, am
Scheitel, Nacken, auf den Deckelstücken, sowie einzelner großer
Poren am Rande des Vordeckels, auf der schmalen Stirne zwischen
den Augen und am oberen Theile des hinteren Augenrandes; die
Porenreihen sind stets stärker entwickelt als bei Gobius jozo , dieses
gilt insbesondere von der Trförmigen Porengruppe am Scheitel; die
einzelnen Poren am Vordeckelrande dagegen stehen jener von Gobius
jozo an Umfang nach.
Die Kopflänge ist 4 — 4'/5mal, die größte Körperhöhe bei den
von uns untersuchten acht Exemplaren ^'*/--, — Ts/jmal in der Total-
länge , das große, runde Auge bezüglich seiner Länge Ss/. — 4mal,
die Schnauzenlänge durchschnittlich 4i/2'T^8l. die Kopfbreite weniger
als 2mal, die Kopfiiöhe bald genau 2mal, bald nur etwas mehr als
Is/gmal in der Koptlänge enthalten.
Die Mundspalte ist schief nach oben und vorne gerichtet, die
Zwischen- und Unterkieferzähne der Außenreihe, insbesondere die
vordersten oder mittleren derselben sind bedeutend länger als die
Zähne der übrigen Reihen, zugespitzt und etwas gekrümmt; das
hintere Ende des Oberkiefers fällt senkrecht unter die Mitte des
Auges.
Iclitiiyol. Bei-iflit über eine naeli Spiinieii ii. I'mtutjiil unfernomni. Reise. 4'09
Der oberste Strahl der Pectorale ist haarförmig, zuweilen sind
die zwei folgenden Strahlen im hinteren Längentheile durch keine
gemeinsame Haut verhunden. Die erste Dorsale ist am oberen Rande
abgerundet, der längste, dritte, biegsame Stachelstrahl übertrifft die
Hälfte des Kopfes in der Regel ein wenig an Länge; die zweite Dor-
sale und die Anale nehmen nach hinten an Höhe zu und die Spitzen
der letzteren Strahlen reichen bis zu den zahlreichen kurzen Rand-
strahlen der Caudale zurück, deren Länge der des Kopfes nahezu
gleicht.
Es ist kein triftiger Grund vorhanden, Gobius f/eniporus speci-
fisch von Gobhis cruentatus zu trennen; erstere Art kann, wie aus
der Untersuchung einer großen Zahl von Exemplaren deutlich her-
vorgeht, nur als eine Farbenvarietät der letzteren betrachtet Merden.
Beide stimmen mit einander in der Zahl der Schuppen und Flossen-
strahlen, in den relativen Längen- und Höhenverhältnissen der ein-
zelnen Körpertheile, in der Entwicklung der Poren genau mit ein-
ander überein und unterscheiden sich in der Färbung auch nur zum
Theile. Daß bei Gobiiis geniporus die vordere Verbindungshaut der
Ventralscheibe fehle, ist irrig, denn sie ist deutlich entwickelt, aber
sehr dünn und von heller Färbung, daher leicht zu übersehen,
während sie bei Gob. cruentatus meist schwärzlich ist, und daher
deutlicher ins Auge fällt. Überhaupt zeigt die vordere quere Haut-
falte der Bauchflosse große V^ei'schiedenheiten in dem Grade ihrer
Entwicklung bei einer und derselben Art, in der Regel ist sie bei
alten Exemplaren bedeutend dicker und umfangreicher als bei jungen
Individuen.
Auch bei Exemplaren von der typischen Färbung des Gobius
cruentatus beträgt die Zahl der Schuppen in der Regel o3 — S6, wie
bei Gob. geniporus und die schwarzbraunen Flecken längs der Mitte
der Körperseiten fehlen weder bei der einen wie bei der anderen
Varietät. Die beiden Dorsalen, die Pectorale und die Caudale sind
mehr oder minder deutlich hell und dunkel gefleckt, je nachdem die
Grundfärbung der Flossen heller oder dunkler ist; die V^entrale ist in
der Regel schmutzig schwärzlichgrau , bei einem Exemplare unserer
Sammlung wie die übrigen Flossen hell und dunkel (der Quere nach)
gefleckt, bei zweien, welche der Var. geniporus angehören, milchig
weiß. Die Anale ist bei eben diesen zuletzt erwähnten zwei Exemplaren
gleichfalls milchig weiß und zunächst dem unteren Rande mit äußerst
Sitzli. (]. mathem.-natiirw. Cl. LVII. Bd. I. Ahth. 27
^■lO Steindachner.
leinen dunkeln Pünktchen übersäet. Bei Gobius cruentatiis im enge-
ren Sinne, ziehen mehr oder minder regelmäßig entwickelte, dunkel
rothbraune Qnerbinden vom Rücken bis ZAir Mitte der Körperseiten,
selten bis zur Bauchlinie selbst, herab, alterniren jedoch mit den
stärker ausgeprägten dunkleren Flecken der Seitenlinie, deren Schup-
pen häufig noch schwarze Punkte tragen. Bei der Var. geniporus ist
die obere Hälfte der Körperseiten ganz unregelmäßig , dicht mar-
morirt.
Die Wangen sind zuweilen gleich dem Kiemendeckel vollständig
oder nur zum Theile beschuppt, oder schuppenlos (sowohl bei der
einen wie bei der anderen Varietät), in letzterem Falle tragen sie
stets zahlreiche schwärzliche Pünktciien und zwei dunkle Querbinden,
welche vom unteren Augenrande herablaufen.
Canestrini zählt bei Goh. eruentatus nur 48 Schuppen längs
der Seitenlinie, ich selbst finde deren J)3 — 56, zuweilen selbst S8.
Zwischen dem Beginne der zweiten Dorsale und der Anale liegen
durchschnittlich 14 — 15, bei alten, gedrungenen Exemplaren selbst
17 — 18 Schuppen in einer Querreihe.
P. 18; D. 6/^3-^; A. 1/13—12; L. lat. 53—58 (—48).
Wir erhielten nur wenige Exemplare dieser Art, die im adria-
tischen Meere bei Spalato, Sebenico und Triest sehr gemein ist,
während unseres Aufenthaltes in Barcelona und Malaga. Das größte
Exemplar unserer Sammlung ist 51/3" lang.
115. Art. Gobias exaDthematosas Pall., Nordm., Kessl.
Syn. Gobius capito Cuv. Val., T. XII, pag. 21, adult.
„ guttatus Cuv. Val., XII, pag. 22; Canestr., Arch. p. I.
Zool.. Vol. II, fasc. 2, pag. 124. tav. VII, fig. 3-3 c,
fav. IX, fig. 4.
„ limhatus Cuv. Val,, t. XII, p. 26, juv.
Nach Untersuchung zahlreicher Exemplare aus dem mittelländi-
schen, adriatischen und schwarzen Meere in den verschiedensten
Altersstufen kann ich Gobius exatithematosus, capito, guttatus und
limbatus nur als Varietäten einer einzigen Art betrachten. Bei
genauer Vergleichung der von Cuvier und Valenciennes gege-
benen leider zum großen Theile ganz obertlächlichen Beschreibungen
der oben in der Synonymie angeführten Arten ergibt sich nicht der
Iclitliydl. Bericlil iihcr eine ii;irli Spanien ii. Piirlii<5al miternornin. Reise. 411
geringste wesentliche Unterscliied in der allgemeinen Kijrperform,
so weit er nicht etwa auf Al'ersversehiedenheit bernht, in der Zahl
der Schuppen oder Hossenstrahlen, so wie in der Zeichnung des
Rumpfes; von GoIhuh fjuttalus C. V. heißt es in der Histoire
naturelle des Poissons: „fort semhlahles a ce gohins eapito, et qui
approchent de sa taille", von Gobins Umbatus: „semhlahle au gobius
guttatus, pour les formes et pour les proportions de l'oeil", nur soll
hei Gobins guttatus das Auge ein wenig kleiner (cependant Toeil un
peu moins petit), und die schwarze und olivenhraune Färbung des
Rumpfes und der Flossen schärfer abgegrenzt sein, während bei
Gobius Umbatus das Schwarze an den Rändern mehr verwaschen ist.
Diese geringfügigen Unterschiede in der Färbung und Zeichnung so
wie in der Grüße der Augen sind ganz bedeutungslos.
Daß bei Gobius eapito die Schwimmblase fehle, ist gewiß irrig.
Ich untersuchte fast sämmtliche Exemplare des Wiener Museums,
darunter alle jene, welche äußerlich ganz genau mit Cuvier's und
Valencienn es' Beschreibung von Gobius eapito übereinstimmen,
und fand stets eine ganz deutlich entwickelte Schwimmblase; diese
ist zartwandig, rundlich, silberglänzend, nicht innner so klein, wie
sie Valenciennes bei Gobins guttatus beschreibt, worauf schon
Canestrini aulmerksam machte, und kann sehr leicht übersehen
werden oder ganz unkenntlich sein, wenn durch irgend eine Ver-
letzung oder Fäulniß der geringe Luftinhalt entweicht. Die Leber liegt
in der Regel in der Mittellinie des Bauches, zuweilen aber entwickelt sie
sich mehr nach der rechten Körperseite, zahlreiche Schwankungen
und Übergänge nehmen jedoch auch dieser Erscheinung jede Be-
deutung.
Sämmtliche Flossen mit Ausnahme der Ventrale sind abwech-
selnd hell und dunkel gefleckt, und die Flecken sind mehr oder min-
der scharf abgegrenzt oder stark an den Rändern verwaschen. In der
Regel sind die Flecken im hinteren Theile der ersten Dorsale größer
und dunkler als in dem vorderen Theile derselben. Bei jungen Indi-
viduen von 33/4 — 41/2" Länge ist die Grundfarbe des Körpers in der
Regel sehr hell röthlichbraun, bei ganz alten grau; bei ersteren
treten die dunkel-rothbraunen, stets etwas unregelmäßigen Querbin-
den und Marmorirungen viel schärfer hervor als bei alten und sind
fast immer mit tief schwarzbraunen Fleckchen, insbesondere zunächst
und in der Mitte der Körperseiten gesprenkelt. Die Stirnbreite nimmt
27*
4 I Ä S t e i n d it o h II e r.
mit dem Alter zu, auch die Schnauze ist bei alten Individuen durch-
schnittlich bedeutend stärker gekrümmt und fallt steiler zum vorderen
]\Iundrande ab, als bei jungen. Bei letzteren ist die Länge des Augen-
diameters genau oder etwas mehr als 4mal, bei älteren Exemplaren
von 6 — 9" Länge, etwas mehr als 5 bis fast 6nial in der Kopflänge
enthalten.
Bei alten Individuen erreicht die Stirnbreite durchschnittlich 3/3
der Augenlänge, bei jungen oft kaum die Hälfte der letzteren.
Die Kopflänge gleicht in der Regel y^, die Körperhöhe nahezu
1/5 bis fast i/e der Totallänge, die Kopfbreite ist 1 ^/smal bei jungen,
11/5 mal bei alten Exemplaren , die Kopfhöhe l^/s — ly^mal in der
Kopflänge enthalten. Die Schnauze ist in derRegel länger als das Auge,
sehr selten nur eben so lang wie dieses, und verhält sich zur Kopflänge
wie 1 : 31/a — 4, selten wie 1 : 5. Junge Exemplare sind in der Regel
verhältnißmäßig viel schlanker als alte, doch kommen zuweilen auch
junge Individuen von 4 — 4'/V' Länge vor, deren Körpergestalt auf-
fallend gedrungen ist und umgekehrt, ohne daß andere Merkmale
eine Art-Trennung nöthig machten. Mehrere, nicht besonders stark
vortretende Porenreihen laufen von dem unteren Augenrande aus;
schärfer ausgeprägt sind die kurzen, schwärzlichen Porenlinien am
Scheitel.
Die Ventrale bildet eine fast kreisrunde Scheibe mit mehr oder
minder dicker vorderer Haut-Querfalte und ist stets bedeutend kürzer
als die Pectorale, deren obere 3 — 4 Strahlen nach hinten in zahl-
reiche, haarförmige Fäden sich spalten.
Bei fast sämmtlichen Exemplaren unserer Sammlung sind die Rän-
der der Dorsalen und der Anale hell gesäumt. Hiiuflg liegt ein schma-
ler, halbmondförmiger dunkler Fleck zunächst dem oberen Flossen-
bautende der ersten Dorsale zwischen je zwei der vier letzten Strah-
len. Bei sämmtlichen in Spiritus aufbewahrten Individuen bemerkt
man zahllose weiße Linien und Fleckchen in regelmäßigen Querreihen
zwischen den breiten, dunkeln Fleckenbinden auf der stark entwickel-
ten Pectorale.
Der obere Theil des Kiemendeckels und die Oberseite des Hin-
terhauptes bis zu den Augen ist beschuppt. Die Schuppen des Rum-
pfes nehmen gegen die Caudale an Größe zu. Bei ganz jungen Indi-
viduen liegen längs der Mitte der Rumpfhöhe zwischen der Pectoral-
Ichthyol. Bericht übe:' eine nacli Spitiiieii u. l'ortiiy^al iiiift'inomm. Reise. -4 1 3
achsel und der Caudale 56 — 63, bei alten nicht selten 70 — 73
Schuppen in einer Längsreihe.
D. a/-J-rj; A. 1/10-12: P. 18; L. lat. 50—73.
'13—14 '
Eine ganz vorzügliche Abbildung dieser Art ist in dem Atlas zur
Fauna pontica (Pisces, Tab. X, Fig. 1) gegeben.
Wir sammelten vier kleine und z\\ei große Exemplare von
Gobius exanthematosus bei Barcelona : das Wiener Museum besitzt
überdies noch Exemplare von Genua, Palermo, Fiume, Cattaro, Triest
und aus dem sclnvarzen Meere.
116. Art. Gobias paganellos Lin., Cuv. Vai.
S y n. Gobius inelanio P a 11. , Norilni.
„ bicolor Cuv. Val. XII, pag. 19.
„ niffer, part., Yarell, Brit. Fish. 2d. Ed., t. I, pag. 281.
„ Thomps., Ann. & Mag. Nat. Hist. 1839, II, pag. 417.
„ „ Canestr., Arch. p. 1. Zool., t. I, fasc. 2, pag. 133,
tav. VII, fig. 2—2 e.
„ vxaderensis Cuv. Val., XII, pag. 55; var.
„ niger, var., Lowe, Proc. Zool. Soc. 1839, pag. 84; Transact.
Zool. Soc. III, pag. 10.
Die Mehrzahl der Ichthyologen verwechselte diese kleine Art
mit Gobius niger (Lin.), Meleher höchst wahrscheinlich dem Mittel-
meer-Becken iehlen dürfte, und sich hauptsächlich durch das Vor-
kommen einer bedeutend geringeren Zahl von Schuppen längs der
Seitenlinie wesentlich von Gobius pnganellus unterscheidet.
Letztgenannte Art ist nicht nur im mittelländischen, adriatischen
und schwarzen Meere sehr häufig zu finden, sondern kommt auch im
atlantischen Ocean von den Küsten Englands bis zu den canarischen
Inseln vor und nähert sich in der Körperform dem Gobius exanthe-
mutliosus = G. capito. Wie Gobius jozo hält sich auch Gobius pnga-
nellus im Brack- und Süßwasser zunächst den Flußmündungen
gerne auf.
Die Kiefer reichen nach vorne gleich weit, das hintere Ende
des Oberkiefers fällt unter die Mitte des Auges, die Porenlinien an
den Wangen treten minder scharf als bei Gobius cruentatus und G.
jozo hervor.
Die Länge des Kopfes ist bei Exemplaren von 21/3 — 43/3" Länge
unbedeutend mehr als 4 — 4y4mal, die Kopfbreite nahezu oder genau
1 i/omal, die Kopfhöhe 1 '/jj — Is/ämal in der Kopflänge enthalten. Die
414 S t .• i 11 .1 ;, f li II e r.
Stinibreite ist oei-jng und diirclischiiitUich ^/■^ der Augeulänge gleich,
die Sclinauzenliinge stellt der Augeniänge stets ein wenig nach.
Die Ventralscheibe ist stark gerundet und stets kürzer als die
Pectorale, welche hei alten Individuen stärker entwickelt und länger
ist als hei jungen. Die obersten 4 — 5 Pectoralstrahlen sind in zahl-
reiche haarl'ürmige freie Fäden aufgelöst, welche ziemlich lang und
nur an der Basis durch eine Haut verbunden sind. Diese Eigenthüm-
lichkeit , welche bei keiner anderen europäischen Art so deutlich
ausgesprochen vorkommt, so wie der ziendich breite, im Leben
orangegeibe Saum am oberen Rande der ersten Dorsale charakteri-
sireii (iobins p(((/((tiellus, der in der Färbung bedeutend variirt.
Die erste Dorsale ist am oberen Rande abgerundet und erhebt
sich zu keiner bedeutenden Höhe, denn der dritte, höchste der sechs
liieffsamen Stacheln dieser Flosse ist durchschnittlich 2mal in der
Kopflänge enthalten, und nur wenig länger als der darauffolgende
vierte. Die Strahlen der zweiten Dorsale nehmen bis zum viertletzten
allmälig, im Ganzen somit nur wenig an Höhe zu, welche die der
ersten Dorsale etwas übertrifft, und sind wie die der Anale bei Männ-
chen etwas länger als bei Weibchen. Der drittletzte, längste Strahl
der Anale ist eben so lang wie der dritte, höchste Stachel der ersten
Dorsale. Die zurückgelegten, letzteren Strahlen der zweiten Dorsale
berühren mit ihrer Spitze, insbesondere bei älteren Männchen die
Basis der vordersten, sehr zahlreichen und kurzen, oberen Stütz-
strahlen der Caudale, während die der Anale selbst bei Männchen
nicht so weit zurückreiciien.
Nach der Zeichnung luid Färbung des Rumpfes lassen sich drei
Varietäten unterscheiden, die von Tu vi er und Valenciennes als
drei besondere Arten, in der Histoire naturelle des Poissons
beschrieben sind, nämlich als Gohius hicolor , paganellus und ma-
dereiisis.
Bei der ersten derselben (d. hicolor) sind Körper und Flossen
einfarbig dunkel braun oder schwärzlieh, mit Ausnahme des nie fehlen-
den gelben vSaiimes am oberen Bande der ersten Dorsale und eines
grolkn Nebelfleckes von dunklerer Färbung unter demselben. Über-
dies ist der untere Rand der Anale, der Ventralrand, der hintere
Rand der Caudale und der obere der zweiten Dorsale sehr häufig
hell (gelblich oder wei(5>l!ch) eingefalU wie bei den zwei übrigen
Varietäten. Das Wiener Museum besitzt mehrere große Exemplare
Ichthyol. Bericht über eine nach Spanien u. l'ortiig:;il uiiternomm. Reise. 415
dieser er.sten Varietät aus dem schwarzen und dem Marmora-Meere,
und zwei kleine von den canarisclien Inseln.
Die zweite Varietät (G. pagnnellus s. str.^, welche sehr häufig
im Mittelmeer mit Einschluß des adriatischen Meeres und im atlanti-
schen Ocean von den Küsten Englands his Gihraltar vorkommt, und
nur sehr selten zunächst Madeira und den canarisclien Inseln gefischt
wird, zeigt eine mehr oder minder hellbraune Färbung des Rumpfes
mit nur sehr schwach ausgeprägten, unregelmäßigen, dunkleren
Querbinden oder Marmorirungen , deren Ränder stark verwachsen
sind, und ziemlich große schwarzbraune Punkte mit verschwommenen
Rändern längs der Seitenlinie.
Sämmtliche Flossen, mit Ausnahme der gelblichen, grauen oder
schwärzlichen Ventrale und zuweilen auch der Anale, sind dunkel
gefleckt oder gebändert, und diese Flecken treten je nach der helle-
ren oder dunkleren Färbung der Flossen bald schart" bald nur sehr
schwach hervor und umschließen zuweilen ganz kleine helle Flecken von
der Grundfarbe der Flossen. Die untere Fläche des Kopfes ist sehr
häufig querüber hell und dunkel gebändert, oder nur gefleckt. Zuweilen
liegt ein größerer schwarzer Fleck zwischen den zwei letzten Stachel-
strahlen der ersten Dorsale.
Die dritte Varietät findet sich in sehr großer Individuenzahl zu-
nächst den felsigen Küsten von Madeira und der canarischen Inseln
vor, zeigt stets eine sehr dunkle, röthlichbraune Grundfärbung und
zahlreiche, ziemlich regelmäßige, stark ausgeprägte schwärzliche
Querbinden, welche fast bis zur Bauchlinie herabreichen und an den
Rändern etwas verwaschen sind. Die Flossen sind schwärzlich oder
dunkelbraun, und mit alleiniger, constanter Ausnahme der Ventrale
zur Laichzeit mit himmelblauen, runden Fleckchen geziert, welche
zuweilen auch im hinteren Theile des Rumpfes, selten am ganzen
Rumpfe vorkommen.
Das Hinterhaupt und der obere Theil des Kiemendeckels sind bei
G. puganellus stets beschuppt und diese Schuppen sind gleich denen
des Nackens kleiner als die übrigen Rumpfschuppen, von denen die
größten in der Gegend des Schwanzstieles liegen. Zwischen der
Pectoralachsel und der Caudale zähle ich circa 52 (bei jungen Indi-
viduen) bis 57 Schuppen, auf der Caudalbasis selbst noch 2 — 4
Schuppen in einer Längenreihe, 16 — 20 Schuppen liegen zwischen
dem Beginne der zweiten Dorsale und der Anale in einer Querreihe.
4 1 6 S I .■ i II .1 :, «• li II .' r.
D. 6/—^; A. 1/H— 13; P. 18—19: L. lat. 52—57.
Wir erhielten zahlreiche Exemplare dieser Art, welche in der
Regel nur eine Länge von 4'/2 Zoll an den Küsten der iherisclien
Halhinsel erreicht, bei Barcelona, Valencia, Alicante, Gibraltar. Cadix,
Lissabon, Bilbao, und bei Santa Cruz de Tenerife.
Vulgärname: Cubot (Bnrcelona),
Fam. Callioii^niiilae.
Gatt. Callionymus Lin.
117. Art. rallioujinus lyra Lin.
Kommt zunächst Cadix und fjissahon sehr häufig vor; wir
sammelten daselbst sechs Exemplare, von denen das größte, ein
Männchen, 71/3" lang ist, im December 1864 und im Jänner 1865.
Vulgärname: Lagaifn oder fa Giiitarra (Cadix), Peixe
pimentn (Lissabon).
118. Art. Callionymas iiiai-ulatus (Uafin.) Bonap.
Syii. CaUioniimiis cithara et C. relivnlaliis C 11 v. Val.
Ist sehr gemein an der Ostkiiste Spaniens von Barcelona bis
Malaga. Das größte Exemplar unserer Sammlung mißt nahezu 5" in
der Länge. Bei alten xMännchen ist die Zahl der in drei Reihen an
den Seiten des Rumpfes nahe der Bauchgrenze liegenden Silber-
tlecken sehr bedeutend, die der schwarzen Flecken aber gering.
Die Länge des Kopfes ist hei Exemplaren von 33/3 — ö" Länge
41/3 — 4'/,-,mal in der Totallänge, die Kopfhreite durchschnittlich 1 '/o
bis l'/sUial, die Länge {\e$. Auges etwas mehr als 3 — 3*/omal in der
Kopflänge enthalten.
119. Art. Callionymus festivus Fall., Nordm.
Syn. Cdllionijinun dracunculKs Bonap., F. itul.
„ piisiltvs D e I a r o (• li 0 , R i s s 0.
„ admirahüis Riss o.
„ lacerta C. V.
„ Morissonii Canestr., Arcii. per I» Zool., Tom. II, füsc. I,
(av. IV, fifT. 3-3 r.
Scheint viel seltener als die früher erwähnte Art an der Ost-
küste Spaniens vorzukommen, wir erhielten uur ein Männchen (mit
Ichthyol. Hi'iirlit iiher eii)f luirh S|iaiiieii ii. Portugal iiiiti'rnnnim. Reise. 4- 1 /
zahlreichen, schmalen Qiierbinden von silbergrauer Färbung' und
stark verlängerten Strahlen in der zweiten Dorsale und in der
Caudale etc.) bei Alicante. Nach Mach ad o findet sie sich auch
l)»'i Cadix vor und M'ird daselbst Dragon genannt. Sehr gemein ist
Callionymua festimis an den Küsten Dalmatiens.
120. Art. Callionyiuas Jlorissonii Risso (?}.
Syn. Callionymits festii'vs Bonap., Fauna ital.
„ phaeton Günth.
Ein Männchen A'/o" lang von Alicante.
Die Kopflänge ist 3y,mal in der Totallänge (mit Ausschluß der
über den hinteren Caudalrand hinausreichenden fadenförmigen Ver-
längerungen der mittleren Caudalstrahlen), die Kopfbreite nicht ganz
2nial, die Länge des Auges nahezu S'/a'i^^I» die Schnauzenlänge
42/3mal .in der Kopflänge enthalten. Der Vordeckelstaehel endigt in
zwei Spitzen.
121. Art. Callionymas belenns Risso.
S y n. Callionymue belemis Bonap., C a n e s t r.
„ Rissoi Cuv. Val.
„ belenus Cuv. Val.
Die Körpergestalt ist comprimirt, der Kopf spitzt sich nach
vorne viel rascher und bedeutender als bei C. maculatus zu; die
Länge des Kopfes ist bei den von uns untersuchten Exemplaren,
deren größtes nur 2 ' und 2" in der Länge mißt, genau oder ein
wenig mehr als 4mal, die Kopfbreite ö'/s — S'/omal in der Total-
länge, der Augendiameter 33/4 — 4mal in der Koptlänge enthalten.
Die stark zugespitzte Schnauze ist eben so lang wie das Auge, der
Zwischenkiefer überragt nur wenig den Unterkiefer, und trägt wie
dieser eine Rinde von Spitzzähnchen, von denen die der Außenreihe
länger als die übrigen und mit der Spitze nach innen gekrümmt sind.
Der stark aufwärts gebogene Stachel des Präoperkels endigt in drei
Spitzen.
Die erste Dorsale enthält drei Strahlen (Risso gibt wohl die
Zahl derselben irriger Weise zu vier in der Reschreibung an, bildet
jedoch nur drei ab), von denen der erste etwas länger als die darauf-
folgenden ist; bezüglicii der Länge der Strahlen dieser Flosse
zeigt sich kein bedeutender Unterschied zwischen den beiden Ge-
schlechtern.
418 S t e i n «i :i c li n e r.
Die zweite Dorsale wird von 7 — 8 Strahlen gebildet, von denen
der letzte bis auf den Grund gespalten ist. Während bei den Weib-
chen die letzteren Strahlen an Länge den vorangehenden nachstehen,
sind bei den Männchen die letzteren Strahlen bedeutend länger als
die vorderen, und selbst diese verhältnißmäßig länger als bei den
Weibchen. Auf die Länge der letzteren Strahlen der zweiten Dorsale
bei Männchen scheint auch das Alter einen Einfluß zu nehmen,
bei dem größten Männchen unserer Sammlung sind die zwei letzten
Strahlen verhältnißmäßig bedeutend länger als bei den vier übrigen
kleineren von 1" 9 " Länge.
Die ganze Rückseite des Körpers ist mit feinen braunen Pünkt-
chen, kleinen Flecken und Linien netzförmig überzogen, welche hie
und da größere helle Flecken umschließen; die Seiten des Rumpfes
schimmern stets silberfarben und sind mit rundlichen tiefbraunen
Flecken geziert, welche bei Männchen auch über die Rauchseite sich
ausdehnen und bei diesen größer als hei Weibchen sind. Eine dunkle,
nicht schaj'f abgegränzte Querbinde liegt an der Rückenseite zu-
nächst dem Rasisende der zweiten Dorsale. Die Anale ist bei Männ-
chen am unteren Rande breit schwärzlich gesäumt, und zunächst der
Rasis häufig milchweiß gefleckt (in ähnlicher Weise wie bei Call,
belenas), bei den Weibchen zeigt sich nur zuweilen eine schwache
Spur i'ines schwärzlichen Saumes.
Die ersteDorsaleträgt schwärzlichbraune Stricbelcben in mehreren
Querreihen und hinter dem dritten Strahle einen milchweißen Fleck
mit schwarzer Umrandung; bei Weihchen ist sie zuweilen ganz schwarz.
Die zweite Dorsale enthält viele Längsreihen, die Caudale und
Peetorale zahlreiche Querreihen schwarzbrauner Punkte, welche sich
zuweilen auf der zweiten Dorsale zu Längsstrichen vereinigen. Die
Punkte auf der zweiten Dorsale und insbesondere auf der Peetorale
sind kleiner als die auf der Caudale und Ventrale, zwischen den
dunkeln Punkten dieser Flossen liegen häufig ganz kleine Silberpünkt-
chen oder zarte Streifen.
Die Geiiit;il[i!ipill.' ist bei beiden (icschlechlern sehr schlank,
zugespitzt, doch hei den Männchen nnjhr als zweimal so lang wie bei
den Weibchen.
Ij. 3/7—8; A. 8-9; C. 12; P. 15— 18; V. 1/5.
C(tlliofiynn(s bclenus itisso, welcher an Größe den übrigen
bis jetzt bekannten europäischen Ctilliouynius-Xvieii bedeutend nach-
fchtliyol. BirioM über eiiio ii:i(li Spanien u. Puitugiil uiiternomra. Reise. 419
steht, erhielt ich in sechs Exemplaren (ein Weibchen, fünf Männ-
chen) bei Barcelona; das Wiener Museum besitzt überdies noch
Exemplare dieser Art aus Genua und Dalmatien.
Farn. Batraoliidae.
Gatt. Batrachus (Bl. Sehn.) Cuv. Val.
122. Art. Batrachus didactylas Bloch, Sehn.
S yn. Batrachus Güntheri B I k r. , Mein, stir Ics Poiss. de la Cote de Guinea,
]iag. 101.
„ didactylns Bl. Sehn., BIkr., ibid. p. 99.
„ planifrons . Hot-a Staatadnicksrei.
Sl^llllhlclMU-f; F..S.I1C S| H'ilS II rollU^ill.S.lVIl
^'.'
SilKiingsb d.kAkadil.W.Miutli.ualurM-.n.LVIl.liil. I.Vlilli.lSCS.
A\LS ik-kKof-u. Staatsdruckßrei
SipinfiiH'iiiHM- Fisciic Spauini« ii. l'orl.igJils JVI ).
iniMIl.
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3*10,
Silz.n.vNb..! k Aka.l .l.\ri.i'i.tl..iiah..u-n.[.Yll.B.I. l.Ahlh I8fi8.
ShMiidiicImcr': Fisclif SfiuiiicnN ii i'oi liii:iil,s /VI i.
TaC.IV.
Vi
s^
"'-"•feS-^
EVimperschwanzspi(zmaas (Crocidura Hedenborgi).
C. unicolor ex rufescetite mnbrino-fusca , nitore metnlUco,
gastraeo vix diliitiore ; cauda saturatiore, bnsi incrassata, ultra '/^
corporis longitudine ; pedibus obsciirioribns.
Sore.v Hedenborgl Sundev. Vetensk. Akad. Ilandl. 1842. p. 171,
177.
„ Hedenborgii Reichen!). Naturg. Raiibth. S. 348.
Crossopus Hedenborgii Reiche nb. Naturg. Raubth. S. 348.
Sore.v Hedenborgl. Wagn. Schreber Säugth, Suppl. B. V. S. S56.
Nr. 26. t. 160. B.
Crocidura Hedenborgl. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 556,
Nr. 26. t. 160. B.
Sore.i' araneus. Giebel. Säugeth. S. 901.
Crocidura aranea. Giebel, Säugeth. S. 901.
„ Hedenborgl. Fitz. Heugl. Säugeth. Nordost-Afr. S. 30.
Nr. 4. (Sitzungsber. d. math. naturw. Cl. d.
kais. Akad. d. Wiss. B. LIV.)
Die größte Form unter allen afrikanischen Arten dieser Familie
und sowohl hiedurch, als auch durch ihre eigenthümiiche Färbung
höchst ausgezeichnet und mit keiner anderen Art zu verwechseln.
Sie ist beträchtlich größer als die Mumien-Dickschwanzspitzmaus
(P. crassicauda) , indem sie nahezu die Größe der Riesen-Dick-
schwanzspitzmaus (P. glgantea) erreicht.
Der Rüssel ist lang, nicht sehr dünn und an der Spitze stark
gekerbt. Die Ohren sind ziemlich groß, frei aus dem Pelze hervor-
ragend und kahl. Der Schwanz , welcher über 1/3 der Körperlänge
einnimmt, ist an der Wurzel ziemlich dick, allmählig sich verdünnend,
beinahe kegelförmig, und ziemlich dicht mit kurzen anliegenden
Haaren und einzelnen eingemengten langen, abstehenden und nach
rückwärts gerichteten Wimperhaaren besetzt. Die Behaarung ist
dicht, weich, anliegend und glänzend. Etwas hinter der Mitte der
Leibesseiten ist eine 5'" lange, der Quere nach gestellte Vertiefung
bemerkbar, welche die Lage der Seitendrüse andeutet. Im Oberkiefer
sind jederseits drei Lückenzähne vorhanden, von denen der letzte
etwas kleiner als der mittlere ist und sämmtliche Zähne sind durch-
aus einfarbig weiß.
Kritische Dntersuchungen über die Spitzmäuse (Sotices) etc. 427
Die Färbung des Körpers ist einfarbig röthlieb umber- oder
kalTcebohnen-brauii, mit metallischem Schimmer, auf der Unterseite
kaum etwas licliter. Der Schwanz und der untere Tiieil der Füsse
sind dunkler gefärbt. Die Schnurren sind schwärzlich und an den
Spitzen etwas heller, die kahlen Ohren und Sohlen sehwärzlichbraun,
die Krallen bräunlich-hornfarben.
Kürperlänge 5" 2'". Nach Sunde vall.
Länge des Schwanzes .... 2' .
Körperlänge 6" 2". Nach Wagner.
Länge des Schwanzes .... 2" 6'".
Vaterland. Ost-Sennaar und Fazoglo. Kotschy hatte die-
selbe zuerst in Ost-Sennaar entdeckt, wo sie bald darauf auch von
Heden borg und Heuglin angetroffen wurde. Letzterer brachte
sie auch aus Fazoglo, wo er sie in der Umgebung von Rosseres sam-
melte. Sie hält sich vorzugsweise in menschlichen Wohnungen auf
und wurde zuerst von Sundevall beschrieben.
2. Die Seiden-WimperschwanzspItzDiaus {Crocidura sericea).
C. notneo paUide cnno-rubido vel griseo-cinnamomeo , lateri-
bus clnernceis, gastraen cinereo, leviter flavido-Iacato; cauda
basi hicrassata, dimidio corpore purum longiore.
Sorex sericeus. Hedenborg. Coli.
Sun de V. Vetensk. Akad. Handl. 1842. p. 171, 177.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. ÖÖ7.
Nr. 27.
Crocidurn sericea. Wagn. Schreber Sängth. Suppl. ß. V. S. 557.
Nr. 27.
Sorex araneus. Giebel. Säugeth. S. 901.
Crocidura araiiea. Giebel. Säugeth. S. 901,
„ sericea. Fitz. H e u g 1. Säugeth. Nordost-Äfr. S. 30. Nr. 6.
(Sitzungsber. d. math. naturw. Cl. d.kais. Akad.
d. Wiss. B. LIV.)
Ziemlich nahe mit der zimmtfärbigen Wimperschwanzspitzmaus
(C. cinnnmomea) verwandt, aber durch die völlig frei aus den Haaren
hervorragenden Ohren, den beträchtlich längeren und dickeren
Schwanz , und zum Theile auch durch die Färbung von derselben
verschieden.
28»
'illjO K i l /. i II >; e r.
Die Schnauze ist lang und spitz, die Nasenkuppe tief gespalten.
Die Oiiren sind ziemlieh groß, frei aus dem Pelze hervorragend, kahl,
und an den Klappen der Innenseite nieht gewimpert. Der Schwanz,
dessen Länge etwas mehr als die halhe Körperlänge einnimmt, ist
verhältiiißmäßig ziemlich dick, allmählig sich verdünnend, beinahe
kegelförmig, und an der Wurzel dicker als am Mittelfusse. Er ist ziem-
lich dicht mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen eingemengten
langen, abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren
besetzt. Im Oberkiefer sind jederseits drei Lückenzähne vorhanden
und der dritte ist von derselben Größe wie der mittlere, Sämmtliche
Zähne sind durchaus einfarbig weiß. Die Körperbehaarung ist dicht
und glänzend. Die Schwanzwirbel sind gerundet.
Die Färbung der Oberseite des Körpers ist einfarbig licht graulich-
roth oder graulich-zimmtbraun, jene der Leibesseiten aschgrau, und
die der Unterseite des Körpers aschgrau und etwas gelblich überflogen.
Die Füsse sind schmutzig weißlich behaart. Die Ohren und die Sohlen
sind licht fleischfarben gefärbt,
Körperlänge ........ 3" 4'". Nach Sundevall,
Länge des Schwanzes .... 1" 9"'.
Körperlänge 3" 3". Nach Wagner.
Länge des Schwanzes . < . . 1" 9'".
Vaterland. Sennaar und Kordofän. Diese Art wurde zuerst von
K 0 1 s c h y in Kordofän und bald darauf von Heden borg und H e u g-
1 i n auch in Sennaar entdeckt und von Sundevall zuerst beschrieben.
Giebel hält sie mit der Haus- Wimperschwanzspitzmaus (^C. aranea)
für identisch,
3. Die silbergraue Wimperschwanzspitzniaos (Crocidura argentata).
C. unicolor argentata, notaeo levissime rubido-lavato, gastraeo
in abdominis medio albido; rostro fere ad oris angulum usque fus-
cescente ; pedtbus obscurioribm^ fusco-griseh, nitide flavido-pilosis ;
cnuda fere Vs corporis longitudine, tetragona, basi incrnssata,
fusca, flavido-pilosa; rhinario profunde sulcato ; aiiriculis interne
dense pilosis.
Sorex argentatus. Victorin. Zoologiska Anteckningar under en
Resa af Caplandet. p, 16, Nr. 16, (Vetensk,
Akad, Handl. IS.'iS. B. II. Nr, 10),
Kritispfie Untersuchungen über die Spitzmäuse (Soricea) etc. 4i9
Sorc.r cyaneua? Victoriu. Zoologiska Anteckningar uiuler eii Resa
af Caplandet. p. 16. Nr. 16. (Veten.sk. Akad.
Handl. 1858. B. II. Nr. 10).
Mit der Seiden- Wimperschwanzspitzmaus (C. scricea) zwar
ziemlich nahe verwandt, doch von derselhen niclit nur durch die
beträchtlich geringere Grüße, sondern auch durch die Behaarung
der Ohren und die Färbung verschieden.
Die Nasenkuppe ist von einer tiefen Längsfurche durchzogen.
Die Ohren sind verhältnißmäßig groß, frei aus dem Pelze hervor-
ragend und die Klappen an der Innenseite derselben sind dicht mit
straffen Haaren gewimpert. Der Schwanz, dessen Länge nahezu 2/3
der Körperlänge einnimmt, ist vierkantig, an der Wurzel ziemlich
dick, doch nur wenig dicker als der Mittelfuß, im weiteren Verlaufe
allmählig sich verdünnend, nur an der Wurzel dicht behaart, dann
aber spärlich mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen einge-
mengten langen , abstehenden und nach rückwärts gerichteten
Wimperhaaren besetzt. Im Oberkiefer sind jederseits drei Lücken-
zähne vorhanden und sämmtliche Zähne sind durchaus einfarbig
weiß.
Die Färhung des Körpers ist einfarbig silbergrau, auf dem
Rücken sehr schwach röthlich überflogen, da die einzelnen Haare
in blaß röthliche Spitzen endigen, auf der Unterseite rein silbergrau
und nur in der Mitte des Bauches etwas in's Weißliche ziehend. Der
Rüssel ist fast bis zu den Mundwinkeln bräunlich. Die Füsse sind
dunkler braungrau, die Haare derselben aber an der Spitze glänzend
gelblich. Der Schwanz ist braun und die Wimperhaare desselben
sind gelblich.
Körperlänge 2" 9"'. Nach Sundevall.
Länge des Schwanzes 1" 8'".
Länge des Hinterfusses sammt den
Krallen 52/3'".
Vaterland. Süd-Afrika, Cap der guten Hoffnung, wo diese
Art in den Karroo's vorkommt und von Victorin bei Roodeval ent-
deckt wurde. Sundevall hat dieselbe in den von J.W. Grill
veröfTentlichten Entdeckungen von Victorin in einer Anmerkung
zuerst beschrieben.
430 F i t /, i n g e r.
Er Itetraclitete dieselbe für eine Form, die vielleicht mit der
schieferLlaueii Wimpersclnvanzspilzmaus (C. vyanea) zusammen-
fallt und dieselbe im östlichen Theile von Süd-Afrika repräsentirt.
4. Die kreuzfleckige Wimperschwanzspitzinaus (Crocidura ancralh).
(\ notaeü puüide ex f'uscescente-flnvido vel dilutc c'umamo-
meo, macida sarrd/i obscure fuscn, yaatraeo ex griseo-albido ;
pedibus ulbis; cauda basi iNcrassafa , dimidio corpore paidlo lon-
(jiore; auricuUs intus pilosis.
Crocidura sficralis. Peters. Säugeth. v. Mossamb. S. 82. 1. 18. fig. 3.
Sorex sacralis. Wagn. Schreber Säiigth. Suppl. B. V. S. 559.
Nr. 32.
Crocidura sacralis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V, S. 559.
Nr. 32.
Sorex sacralis. Giebel. Säugeth. S. 903.
Crocidura sacralis. Giebel. Säugeth. S. 903.
Eine schon durch ihre Farbenzeichnung höchst ausgezeichnete
Art, welche mit keiner anderen verwechselt werden kann.
Sie ist merklich kleiner als die rauhe Wimperschwanzspitzmaus
(C. hirtaj, mit welcher sie allerdings ziemlich nahe verwandt ist und
unterscheidet sich von derselben ausser der verschiedenen Färbung,
durch die verhältnißmäl!>ig kürzeren und an den Klappen der Innen-
seite stärker behaarten Ohren , den etwas kürzeren Schwanz und
die weichere Behaarung des Körpers.
Die Nasenkuppe ist tief gespalten. Die Ohren sind ziemlich
groIS, breit, frei aus dem Pelze hervorragend, und an den Klappen-
rändern ihrer Innenseite ziemlich stark behaart. Der Schwanz, welcher
etwas über die Hälfte der Körperlänge einnimmt, ist an der Wurzel
ziemlich dick, allmählig sich verdünnend, beinahe kegelförmig, und
ziemlich dicht mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen einge-
mengten langen, abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wim-
perhaaren besetzt. Die Behaarung des Körpers ist kurz und weich.
Im Obei'kierer sind jederseits drei Lückenzähne vorhanden und sämmt-
liche Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
Die Färbung ist auf der Oberseite des Körpers blaß bräunlich-
gelb oder zimmtfariten , mit einem dunkelbraunen Flecken in der
Kreuzgegend, auf der Unterseite weißgrau, und sämmlliehe Ilaare
Kritische Untersiichiing-en üIht die Spitzmäuse fSorices) etc. 4»>i
sind an der Wurzel schiel'ergraii. Der Schwanz ist auf der Oberseite
bräunliehgelb, auf der Unterseite vveißgrau gefärbt. Die Fiisse sind
rein weiß, die Scliimrren weißlich und au der Wurzel braun,
Körperlänge 2" 7'".
Ijänge des Schwanzes \" ^^jz" •
„ der Ohren 3'".
„ des Hinterfusses 0'".
Vaterland. Mozambique, wo Peters diese Art, von Welcher
er jedoch nur ein junges Weibchen erhielt, auf der Halbinsel Caba-
ceira unter dem lo. Grade südlicher Breite entdeckte und nach
welchem er seine Beschreibung entwarf.
5. Die rauhe Wimperschwanzspitzmaus (Crocidiira hirdi).
C. nolaeo cinnnmomeo, gastraeo flavido-cinereo ; rostro fascia
Interali obscuriore ab apice ejus ad oculos nsque protensa : candn
basi incrafisata , fere 2/3 corporis Jomjitud'me; auriculis infus
pilosis.
Crocidura hirta. Peters Säugeth. v. Mossamb. S. 78. t. 18. fig. 2.
Sore.v hirtus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 558.
Nr. 31.
Crocidura hirta. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 558.
Nr. 31.
Sorex hirtus. Giebel. Säugeth. S. 902.
Crocidura hirta. Giebel. Säugeth. S. 902.
Nur wenig großer als die schiefergraue Wimperschwanzspitz-
maus (C. canescensj, welcher sie sich in manchen ihrer Merkmale
ziemlich nahe anschließt, aber durch die kürzeren, breiteren und auch
kürzer und schwächer behaarten Ohren, den merklich längeren
Schwanz, die rauhere Behaarung des Körpers und die Färbung sehr
deutlich von derselben verschieden.
Die Nasenkuppe ist tief gespalten. Die Ohren sind ziemlich groß,
breit, frei aus dem Pelze hervorragend und an den Rändern , so wie
auch an der vorspringenden Falte ihrer Innenseite mit kurzen Haaren
besetzt. Der Schwanz, welcher nahezu ~!^ der Körperlänge einnimmt,
ist an der Wurzel verhältnißmäßig ziendich dick, im weiteren Ver-
laufe allmälilig sich verdünnend , beinahe kegelförmig, und ziemlich
dicht mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen eingemengten
432 !•■ i I /. i ri - e r.
lungeii, absteheiideii iiiid nach nii-kwärts gerichteten Winiperhaareii
besetzt. Die Behaarung des Körpers ist kurz und etwas raiili. Im
Oberkiefer sind jederseits drei Liickenzähne vorhanden und sämmt-
liche Zähne sind durchaus einlarhig wein>.
Die Oberseite des Körpers ist zimnithiaiin , die Unterseite gelb-
liehgrau gefärbt und sämmthche Haare sind an der Wurzel sehiefer-
grau. Längs der Seiten der Schnauze verläuft ein dunkler Streifen,
welcher sich vom Rüssel durch die Oberlippe bis zu den Augen zieht.
Der Schwanz ist wie der Körper oben zinimtl)raun, unten gelblich-
grau gefärbt. Die Krallen sind schmutzig weiß.
Körperlänge 3" 2'".
Länge des Schwanzes 2" y^' "•
„ der Ohren 4'".
„ des Hinterfusses ö'/^'".
V^aterland. Mozambique, wo Peters diese Art in der Um-
gegend von Tette antraf, die er auch zuerst beschrieb.
6. Die geringelte Wlniperscliwanzspitzmans fCrocidnrn annellata).
C. notaeo obscure cinuamomeo , nlbido-irrorato , gustraeo ex
flavescente-albido vel griseo ; cauda basi incrassata, ^/\ corporis
fongitudine; auricuUs intus pilosis.
Crocidura annellata. Peters. Säugeth. v. Mossamb. S. 83. t. 18.
fig. 5.
Sorex annellatns. Wagn. Schreber Säiigth Snppl. jj. V. S. 560.
Nr. 34.
Crocidura annellata. Wagn. Sehreber Sänglli. Siip|il. B.V. S. üüO.
Nr. ;}4.
Sorex annellatns. Giebel. Säugeth. S. 903.
Crocidura annellata. Giebel. Säugeth. S. 903.
Diese der rauhen Winiperschwanzspitzniaus (C. hirta) ziemlich
nahe stehende Art, welche aber etwas größer als dieselbe ist, unter-
scheidet sich von ihr hau[ilsächlich durch den belriichtlicji längeren
Schwanz, v' scdie hiedene }?ehaarung der Ohren, das längere Körper-
!iaar und die abweichende Färbung.
Die Nasenkuppe ist tief gespalten. i)ie Ohren sind zieinlieli gndJ»,
breit, frei aus dem Pelze hervorragend, kurz lielianrl und am Hände
Kritisclie Uiitersu('liiiiigi;ii iil)cr die Spitzmäuse (Soriees) etc. 4do
der Klappeil ilirer Innenseite mit längeren steilen Haaren besetzt. Dei-
Schwanz, dessen Länge s/^ der Körperlänge einnimmt, ist an der
Wurzel ziemlich dick, im weitern Verlaufe allmählig sich verdünnend,
beinahe kegelförmig, und ziemlich dicht mit kurzen anliegenden
Haaren und einzelnen eingemengten langen, abstehenden und nach
rückwärts gerichteten Wimperhaaren besetzt. Die Krallen der Vor-
derfüsse sind etwas kürzer als jene der Hinterfüsse. Die Heliaarung
des Körpers ist ziemlich lang und rauh. An den Leibesseiten befindet
sich ein kurz behaarter Streifen, in welchen die Seitendrüsen münden.
Im Oberkiefer sind jederseits drei Lückenzähne vorhanden und siiniinl-
liche Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
Die Oberseite des Körpers erscheint dunkel zimmtbraun und
weißlich gesprenkelt, da die Haare, welche sämmtlich an der Wurzel
schiefergrau und in der Mitte weißlich sind, in dunklere oder hellere
zimmtbraune Spitzen endigen. Die Unterseite des Körpers ist gelblich-
weiß oder silbergrau, indem die Spitzen der an ihrer Wurzel schiefer-
grauen Haare gelblichweiß oder silbergrau gefärbt sind. Der Schwanz
ist auf der Oberseite dunkel zimmtbraun, auf der Unterseite schmutzig
weiß.
Körperlänge 3" 4'".
Länge des Schwanzes 2" (3'".
„ der Ohren S^/g'".
„ des Hinterfusses 6".
Vaterland. Mozambique, woselbst diese Art von Peters in
in der Umgegend von Tette entdeckt wurde, die er auch zuerst
beschrieb.
7. Die schiefergraae Wimperschwanzspitzmaus (Crocidura canescensj.
C. notaeo obsciü'e cinereu-fusco , lateribus cinerascentibus,
gastraeo albido-griseo ; ingliirle ex fuscescente-flavo ; cnuda basi
incrassata, dimidio corpore paullo longiore; auricuUs intus
pilosis.
Crocidura canescens. Peters. Säugeth. von Mossamb. S. 83. I. 18.
fig. 4.
Sore.v canescens. Wagn. Schreher Säugth. Suppl. B. V. S. öS9.
Nr. 33.
Crocidura canescens. Wagn. Schreher Säugth. Suppl. B. V. S. i)5[),
Nr. 33.
434 K it/. in 2:t. r.
Sorex cniiesvena. Giebel. Sätigeth. S. 903.
Crociilurn canescens. Giebel. Säiigeth S. 903.
Diese zunächst mit der graulichfahlen Wimperschwanzspitzmaus
(C. fulvastra) verwandte Art, welche auch einigermaßen an die
Seiden-Wimperscliwanzspitzmaus (C. serice(t)ennneii, unterst-heidet
sich von der ersteren ausser der merklich geringeren Kürpergrüße,
durch den etwas längeren Schwanz und die verschiedene Färbung,
von der letzteren aber, welcher sie gleichfalls an Größe etwas nach-
steht, durch die gewimperten Ohrklappen und die abweichende
Färbung.
Die Nasenkuppe ist tief gespalten. Die Ohren sind ziemlich groß,
nicht sehr breit, frei aus dem Pelze hervorragend und an ihrem hinteren
Rande, so wie auch an jenem der Klappen an der Innenseite derselben
mit feinen Haaren gewimpert. Der Schwanz, dessen Länge etwas
mehr als die halbe Körperlänge einnimmt, ist an der Wurzel verhält-
nißmäßig ziemlich dick, im weiteren Verlaufe allmählig sich verdün-
nend, beinahe kegelförmig, und ziemlich dicht mit kurzen anliegenden
Haaren und einzelnen eingemengten langen, abstehenden und nach
rückwärts gerichteten Wimperhaaren besetzt. Die Behaarung ist
kin-z, fein und weich, die Schnurren sind fein und zahlreich. Im
Oberkiefer sind jederseits drei Lückenzähne vorhanden und säniml-
liche Zähne sind durchaus einfarbig weiß. Die Schwanzwirbel sind
vierkantig.
Die Färbung der Oberseite des Körpers ist dunkel graubraun, an
den Leibesseiten mehr in's Graue ziehend und auf der Unterseite all-
mälig in Weißlichgrau übergehend. Sämmtliche Haare sind an der
Wurzel schiefergrau. Die Kinngegend ist bräunlichgelb. Der Schwanz
ist auf der Ober- sowohl als Unterseite ähnlich wie der Rücken,
aber heller graubraun gefärbt. Die Schnurren sind weiß und an der
Wurzel dunkelbraun. Die Vorderfüsse sind weißgrau, die Hinterfüsse
blaß bräuidich. Die Krallen sind schmutzig weiß.
Körperlänge 3".
Länge des Schwanzes 1" 8'".
„ der Ohren 4'".
des Hinterfusses 6'".
" •
Vaterland. Mozambi<|ue. Von Peters bei Tette entdeck! und
von demselben zuerst beschrieben.
Kritische UnferstichiiiijTPii iilier die Spitzmäuse (Sorices) etc. 4«>«5
8. Die niariquinisehe >Vimperscliwaiizspltzniaus (Crocidura mari-
quensis).
C. iiotaeo ex fuscescente-riibido, gastraeo parum dilntiore,
marfiaritaceo-lavato ; cauda basi incrassata, dimidio corpore parum
longiore; auricidh fere nudis.
Sorex mariquensis. A. Smitli. Illustr. of the Zool. of South. -Afr,
V. I. t. 44. fig. 1.
Reiche üb. Naturg. Raiibth. S. 347, 384.
fig. 721.
Wagii. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. S64.
Nr. 46.
Crocidura mariquensis. Wagn. Schi-eber Säugth. Suppl. B. V.
S. 564. Nr. 46.
Sorex mariquensis. Giebel. Säugeth. S. 905. Note 1. Nr. 6.
Crocidura mariquensis. Giebel, Säugeth. S. 905. Note 1. Nr. 6.
Eine sehr ausgezeichnete und mit keiner andern zu verMech-
selnde Art, welche hezüglich ihrer Körperform im Aligemeinen eini-
germaßen an die graulichfahle Wimperschwanzspitzmaus (C. f'iil-
vustra) erinnert, mit welcher sie auch in der Größe übereinkommt.
Der Kopf ist gestreckt und ziemlich hoch, der Rüssel lang und
spitz. Die Ohren sind ziemlich groß, gerundet, stark aus dem Pelze
hervorragend und beinahe völlig kahl. Der Schwanz, welcher etwas
mehr als die halbe Körperlänge einnimmt, ist an der Wurzel ziemlich
dick, allmählig sich verdünnend, beinahe kegelförmig, und ziemlich
dicht mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen eingemengten
längeren , abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wimper-
haaren besetzt. Die Behaarung des Körpers ist dicht und etwas rauh.
Die Schnurren sind lang. Sämmtliche Zähne sind durchaus einfarbig
weiß.
Die Oberseite des Körpers ist bräunlichroth, die Unterseite etwas
lichter, mit perlengrauem Anfluge, und sämmtliche Haare sind an der
Wurzel graulich schwarz. Der Schwanz und die Füsse sind auf der
Ober- und Aussenseite bräunlichroth , auf der Unter- und Innenseite
heller.
Körperläiige 3" 4'".
Läntie des Schwanzes 1" 10'".
436 K i f /. i II <• e r.
Vaterland. Süil-AtVika, woselbst A. Smith diese Art, welche
Brauch zuerst beschrieb, unter dem Wendekreise des Steinbockes
entdeckte.
Obgleich über die Zahl der Lückenzähne im Oberkiefer keine
Angabe vorliegt, so glaube ich doch keinen Fehlgriff zu begehen,
wenn ich diese Art der Gattung Wimperschwanzspitzmaus (Croci-
dura) einreihe, da die äusseren Körperme'rkmale deutlich dafür
sprechen.
9. Die grnalichfalilc WimperschwanzspitÄmaus (Crocidura fulmstra),
C. notaeo pallide cinereo-fulvescente , gnstraeo griseo-albido ;
canda basi incrassata, dimidii corporis longiludine ; nurlculis intus
villosis.
Sore.v fulmister. Sundev. Vetensk. Akad. Handl. 1842. p. 172. 178.
„ „ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. ß. V. S. o57.
Nr. 28.
Crocidvra fulmstra. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 557.
Nr. 28.
Sore.v fnlmster. Giebel. Säugelh. S. 905. Note 1. Nr. 4.
Croc'idurd f'nJvastrn. Fitz. Heugl. Säugeth. Nordost-Afr. S. 30.
Nr. 7. (Sitziingsber. d. math. naturw. Cl. d.
kais. Akad. d. Wiss. ß. LIV).
Zunächst mit der röthlichfahlen (C. rutilaj und ebenso auch
mit dt'r gelblichfahlen Wimperschwanzspitzmaus (C. flavescensj
verwaiuit, unterscheidet sich diese Form von beiden durch die be-
träehllich geringere Größe, den merklich längeren Schwanz und
zum Theile auch durch die Färbung.
Die Nasenkuppe ist ziemlich tief gespalten und die Klappen an
der Innenseite der Ohren sind zottig-gefranset behaart. Der Schwanz,
dessen Länge die halbe Körperlänge einnimmt, ist heinahe vierkantig,
an der Wurzel ziemlich dick, im weiteren Verlaufe allmählig sich
verdünnend, beinahe kegelförmig und nicht sehr dicht mit kurzen
anliegenden Maaren und einzelnen eingemengten längeren, abstehen-
den und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren besetzt. Die
Behaarung des Körpers ist kurz, verhältniOimäßig etwas rauh, dicht,
glatt anliegend und glänzend. Im Oberkieler sind jederseits drei
Lückenzähne vorhanden, von denen die beiden letzteren sich an Ge-
Kritische Untersuchunjjen über die SpitziiiHuse (Sorices) etc. 4o <
stall und Größe völlig gleich sind, und sämmtliehe Zähne sind durch-
aus einfarbig weiß.
Die Oberseite des Körpers ist hell graulich-rothgelb, die Unter-
seite graulichvveiß.
Kürperlänge 3" 4'".
Länge des Schwanzes 1" 8"'.
Vaterland. Seniiaar, woselbst Heden borg diese Art ent-
deckte, die Sundevall zuerst beschrieb.
10. Die röthlichfahle Wimperschwanzspitzmaus (Crocidura rutiht).
C. notaeo pallide fulvescente , gastraeo flavido-griseo ; caiida
basi incrassata, ultra 1/3 corporis hngitudme ; aurindis intus
villosis; rhinario profunde fisso.
Sorejü flavescens. A. Smith. Illustr. of the Zool. of South-Afr.
V. I. t. 4b. flg. 2.
„ rutilus. Sunde V. Öfvers. af K.Vetensk. Akad. Fürhandl. 1846.
p. 119.
„ flavescens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 5ö7.
Xr. 29.
Crocidura flavescens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 557. Nr. 29.
Sorex rutilus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V^ S. 807.
Crocidura rutila. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 807.
Sorex cinnamomeus? Giebel. Säugeth. S. 904. Note 6.
Crocidura cinnamomea? Giebel. Säugeth. S. 904. Note 6.
Sehr nahe mit der graulichfahlen Wimperschwanzspitzmaus
(C. fulvastra) verwandt, doch von derselben durch den dickeren
und merklich längeren, vollkommen vierkantigen Schwanz, so wie
auch die Färbung sehr deutlich verschieden.
Die Nasenkuppe ist ziemlich tief gespalten und die Klappen an
der Innenseite der Ohren sind zottig-gefranset behaart. Der Schwanz,
welcher über '/s der Körperlänge einnimmt, ist vierkantig, an der
Wurzel ziemlich dick, allmählig sich verdünnend, beinahe kegel-
förmig, und nicht sehr dicht mit kurzen anliegenden Haaren und ein-
zelnen eingemengten längeren, abstehenden und nach rückwärts
gerichteten Wimperhaaren besetzt. Die Behaarung i\t^ Körpers ist
kurz, verhältnißmäßig etwas steif, glatt anliegend und dicht. Im
4 O O F i t z i n g e r.
Oberkiefer sind jederseits drei Lilckenzähne vorhanden und sämmt-
liche Zähne sind dnrehan.s einliirbij^' weiß.
Die Oberseite des Kin-pers ist hell röthh'chgelb, die Unterseite
tVfIhliehjijraii j^ofürbt.
Kürperhingc 4" 4'". Nach A. Smith.
Länge des Schwanzes .... 1" 9'".
KntlVrnung der Augen von der
Hüsselspitze ^'/a'"-
KörpeHänge 4" 1". Nach Sundevai I.
Fjänge des Schwanzes .... 1" 10 ".
„ des Hinterfusses sammt den Krallen T".
Vaterland. Süd-Afrika, Port Natal. Von A. Smith entdeckt
nnd znerst beschrieben, aher irrigerweise von demselben für die
gelblichfahle Wimperschwanzspitzmaus (^C. flavescensj gehalten, bis
Sundevall diesen Irrthum aufgedeckt und die Selbstständigkeit
dieser Art erwiesen.
1 i. Die gelbllfhfahle Wimpersehwanzspltzniaus (Crocidnra flavescens).
C. notneo pallide nifescente-flavo, gastraeo dilute cano vel
a/hido-gn'scü ; rostro f'nscia angustn fusca ab apice ejus sinclpnt
versm protensa; caitda baai i/tcmssaia, 1/3 corporis longitiidiue ;
rhinario leviter fisso.
Snre.v flavescens. Isid. Geoffr. Mem. du Mus. V. XV. p. 126.
Isid. Geoffr. Dict. class. V. XI. p. 324.
„ Indiens? Cuv. Regne anim. Edit. II. V. I.
Sore.v flavescens. Lichten st. Verhandl. d. Gesellsch. naturf. Fr. zu
Berlin. B. I. S. 381. Nr. 4.
Licht enst. Bullet, des Sc. nat. V. XVIII. p. 279.
Nr. 4.
„ „ Fisch. Synops. Mammal. p. 257, 580, 663.
Nr. 16.
„ cinnamomeus. ßlainv. Ann. des Sc. nat. 2. Ser. V. X,
p. 120.
,. flavescens. Isid. Geoffr. Belang. Voy. aux Ind. Zool. p. 127.
Isid. Geoffr. Guerin Magaz. d.Zool. 1833. t. 13.
„ Duvern. Mem. de la Soc. d'hist. nat. d. Strasb.
V. II. Suppl, 3. p. 3.
Kritische l'iitcrsuiiiuiiyi'ii iiln-r die Spit/.miiiise (Snrices) etc. 4o«f
Sorex flavescens. Wagii. Schreber. Säugth. Suppl. B. II. S. 74.
Nr. IG.
Crocidura flavescßns. Wagii. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 74.
Nr. 16.
Sorej; flavescens. Bon aparte. Iconograf. della Fauna ital. t. 19.
fig. 4.
Sundev. Vetensk. Akad. Handl. 1842. p. 178.
Reiche nb. Naturg. Raubth. S. 341. fig. 501.
Crocidura flavescens. Reichenb. Naturg. Raubth. S.341. fig. 501.
Sorex flavescens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 557.
Nr. 29.
Crocidura flavescens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 557. Nr. 29.
Sorex' capensis? Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 558.
Nr. 30.
Crocidura capensis? Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 558. Nr. 30.
Sorex cinnamomeus? Giebel. Säugeth. S. 904. Note 6.
Crocidura cinnaniomea? Giebel. Säugeth. S. 904. Note 6.
Mit der zimmtlärbigen Wimperschwanzspitzmaus {C. cinna-
momeaj und noch mehr mit der haftnasigen (^C. capensis) verwandt,
unterscheidet sich diese Art von der ersteren, außer der verschiedenen
Färbung, durch den höheren Kopf, den längeren und spitzeren Rüs-
sel, die weit mehr aus dem Pelze hervorragenden Ohren und den
etwas kürzeren Schwanz, von der letzteren durch den viel stärker
gestreckten Kopf, die schwach gespaltene Nasenkuppe, den etwas
kürzeren Schwanz und die abweichende Färbung.
Der Kopf ist sehr stark gestreckt und verhältnißmäßig hoch,
der Rüssel lang und spitz, die Nasenkuppe nur sehr schwach ge-
spalten. Die Ohren sind ziemlich groß , nicht besonders breit, stark
aus dem Pelze hervorragend und an den Klappen auf der Innenseite
zottig-gefranset behaart. Der Schwanz, dessen Länge 1/3 der Körper-
länge beträgt, ist gerundet, an der Wurzel ziemlich dick, allmählig
sich verdünnend, beinahe kegelförmig und nicht sehr dicht mit kur-
zen anliegenden Haaren und einzelnen wenigen eingemengten län-
geren, abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren
besetzt. Im Oberkiefer sind jederseits drei Lückenzähne vorhanden
und sämmtliche Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
440 F i t z i n !,' e r.
Die Fäi'huiig' der Oberseite des Körpers ist liell riithiich-tahlgelli,
jene der Unterseite hellgrau oder weißlichgrau. Die Mundgegend ist
weiß und röthlich überflogen. Über die Stirne und den Nasenrücken
verläult ein seliiiirtler brauner Läiigsstreifen. Die Ohren sind weißlich
behaart. Der Schwanz ist auf der Oberseite sehr licht röthlicligrau,
auf der Unterseite weißlichgrau. Die Krallen sind weißlich.
Junge Thiere **ind auf der Oberseite des Körpers dunkler, auf
der Unterseite heller als ältere gefärbt.
Körperlänge 4" 6'".
Länge des Schwanzes 1" 6".
Vaterland. Kaffern- und Hottentotten-Land, wo Delalande
diese Art entdeckte, die Isid. Geoffroy zuerst lieschrieb.
Cuvier war geneigt, dieselbe mit der indischen Dickschwanz-
spitzinaus (P. iiidica) zu vereinigen und Blainville liielt sie für
identisch mit der zimmtfärbigen Wimperschwanzspitzmaus (C. ein-
namomea).
12. Die haftniisige Himperschwanzspltzinans (Crociduru capcnsinj .
C. notaeo dilute ex flauido ruf'o-f'usvo , gastraeo cinereo, flu-
vldo-favnto ; rostro fuscescente-ruf'o ; cauda basi incrnssata, paullo
ultra '/s corporis loiigitndine ; rhinario integro.
Sorex copotsis. A. Smith. Illustr. of the Zool. of South-Afr. V. L
t. 45. flg. 1.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 5Ö8.
Nr. 30.
Crociduru capensis. Wagn, Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 558.
Nr. 30.
Der röthlichfahlen Wimperschwanzspitzmaus (C. rutila) ver-
wandt, aber durch die ungespaltene Nasenkuppe und die Färbung
von derselben verschieden.
Der Kopf ist nicht sehr langgestreckt, die Nasenkuppe ungespal-
ten. Der Schwanz nimmt etwas über '/^ der Körperlänge ein. Der-
selbe ist an der Wurzel ziemlich dick, allmählig sich verdünnend,
beinahe kegelförmig und nicht sehr dicht mit kurzen anliegenden
Haaren und einzelnen eingemengten, abstehenden und nach rück-
wärts geri(;hleten Wimperhaaren besetzt. Im Oberkiefer sind jeder-
seits drei Lückeiizähne vorhanden und sämmtliche Zähne sind durch-
aus einfarbig weiß.
Kritische Uiitersucliuiigeii ülier «lii- Spil^iiiäuse (Surices) ete. 441
Die Färbung der Oberseite des K(ir]it'rs ist licht gelblich-roth-
braun, jene der Unterseite aschgrau und gelblich überflogen. Die
Schnauze ist bräunlichrntli.
Kcirperlange 4".
Länge des Schwanzes 1" 5'".
Entfernung der Augen von der Rüsselspitze . S'/a'".
Vaterland. Süd-Afrika, Cap-Colonie, wo A. Smith dieselbe
entdeckte und auch zuerst besehrieb.
Wagner spricht die Vermuthung aus, daß SundevalTs
„Sorecv flavc'scenfi" eher zu dieser Art als zu Isid. Geoffroy's
„Sorex flavescenfi" zu gehören scheine, da derselbe die Nasenkuppe
kaum gespalten nennt, doch ist diese Ansicht keineswegs richtig.
13. Die ziDimtfiirbi^e Wimperschwaiizspitzinaus (Crocidura cinna-
momea).
C. notaeo cinnamomeo, gastraeo abrupte argentato ; cauda
unicolore cinnamomea, infra vLv pallidiore, bnsi parum incrassata
tereti, pauUo ultra '/s corporis longitudine.
Sorex cinnamomeus. Lichten st. Verhandl. d. Gesellsch. naturf.
Fr. zu Berlin. B. U. S. 381. Nr. 2.
„ „ Lichtenst. Bullet, des Sc. nat. \. XVJIL
p. 279. Nr. 2.
„ „ Fisch. Synops. Mammal. p. 663. Nr. 16. b.
Wag 1er. Syst. d. Amphib. S. 14.
„ „ Lichtenst. Darstell, neuer Säugeth. t. 39.
Hg. 2.
Sorex crassicaudus. Blainv. Ann. des Sc. nat. 2. Ser. V. X. p. 120.
Myosorex varius. Gray. Proceed. of the Zool. Soc. V. V. (183T.)
p. 124.
Sorex cinnamomeus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 77.
Nr. 21.
Crocidura cinnamomea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II.
S. 77. Nr. 21.
Sorex cinnamomeus. Sundev. Vetensk. Akad. Handl. 1842.
p. 179.
Myosorex varius? Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 79.
Sorex cinnamomeus. R e i c h e n b. Naturg. Raubth. S. 343.
tig. 503, 504.
Sitzb. (I. matheni.-nalurw. Cl. LVII. Bd. I. Abth. 29
442 Fi tii liger.
Crocidura cinnanwtuea. Reichen!). Naturg. Raubth. S. 343.
fig. .'J03, Ii04.
Sorex cinnamomeus. Wagii. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 562.
Nr. 39.
Crocidura ci?i7iamomea. Wagn. Sehreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 502. Nr. 39.
Sorex cinnamojneus. Giebel. Säugeth. S. 904.
Crocidura cinnamomea. Giebel. Säugetli. S. 904.
Sowohl mit der gelblichfahlen Wimperschwanzspitzmaus (C. fla-
vescens), als auch mit der Seiden-Wimperschwanzspitzmaus (^C. se-
ricea) verwandt , aber deutlich von beiden unterschieden. Von der
ersteren, welcher sie noch näher steht, scheiden sie der niede-
rere Kopf, der kürzere und minder spitze Rüssel, die weit mehr in
den Haaren versteckten Ohren, der etwas längere Schwanz und die
abweichende Färbung, von der letzteren, die nur wenig aus dem
Pelze hervorragenden Ohren, der beträchtlich kürzere Schwanz und
die verschiedene Färbung.
Der Kopf ist sehr stark gestreckt und ziemlich nieder, der Rüs-
sel mäßig lang und nicht sehr spitz. Die Ohren sind ziemlich groß,
nicht besonders breit und nur wenig aus dem Pelze hervorragend.
Der Schwanz, dessen Länge etwas über 1/3 der Körperlänge ein-
nimmt, ist gerundet, verhältnißmäßig dünn , an der Wurzel, wo er
4i/a Linien im Umfange hat, nur wenig dicker als im weiteren
Verlaufe und dicht mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen
eingemengten langen, abstehenden und nach rückwärts gerichteten
Wimperhaaren besetzt. Die Schnurren sind lang. Im Oberkiefer
sind jederseits drei Lückenzähne vorhanden und sämmtliche Zähne
sind durchaus einfarbig weiß.
Die Oberseite des Körpers ist zimmtbraun, die Unterseite silber-
grau und beide Farben sind ziemlich scharf von einander geschie-
den. Die Beine sind auf der Vorderseite zimmtbraun, auf der Hinter-
und Innenseite silbergrau. Der Schwanz ist beinahe einfarbig
zimmtbraun, auf der Unterseite kaum etwas heller.
Körperlänge 5" 6'". N. Lichten st.
Länge des Schwanzes 1" 11'",
„ des Kopfes bis zu den Ohren 1" 3".
Länffe des Rüssels 4'".
Kritische Untersnchungen iilier di« Spitzmäuse (Sorices) etc. 4^3
Länge der Ohren 2",
Breite der Ohren 4'",
AhstJind der Ohren 9'".
Lange des Unterarmes bis zur Krallen-
spitze 11'".
Länge des Hinterfußes bis zur Kral-
lenspitze 8'".
Länge der hinteren Schnurren . . 1" 3",
Junge Thiere unterscheiden sich von den alten durch das
weichere und wolligere Haar, welches die Ohren und die Augen bei-
nahe ganz verhüllt, so wie durch die weniger röthliehe Färbung.
Ihre Körperverhältnisse sind aber dieselben.
Vaterland. Katfernland, wo diese Art in waldigen Gegenden
an der Küste vorkommt. Lichten stein hat dieselbe zuerst be-
schrieben.
Blainville betrachtete diese Art von der gelblichfahlen Wim-
perschwanzspitzmaus ("C. /?rtV6?sce/<.s^ nicht für verschieden und Gray
glaubte dieselbe mit der gesprenkelten Halbspitzmaus (Myosorex
varhisj vereinigen zu dürfen.
Die Angabe Li chtenstein's, daß sicli bei der zimmtfärbigen
Wimperschwanzspitzmaus nur einige wenige lange Haare an der
Schwanzwurzel befinden, widerlegte W^agner nach eigener Unter-
suchung der im Berliner Museum aufgestellten Exemplare, indem er
sich überzeugte, daß auch bei dieser Art die langen abstehenden
Wimperhaare, so wie bei allen übrigen derselben Gattung angehörigen
Arten, längs der ganzen Ausdehnung des Schwanzes vorhanden seien.
14. Die rostbraane Wimperschwanzspitzmaas (Crocidura infumata).
C. 7iotaeo 7iitide ferruguieo vel palUde clnnamomeo, lateribus
cinerascentibus, gustraeo albido; cnuda ex griseo-ferruginea,
infra paullo dilutiore, ienui, tetragona , fere 2/3 corporis longi-
tudine.
Sorex infumatus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. H. S. 76.
Nr. 19.
Crocidura infumata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 76.
Nr. 19.
Sore.v infiimatus. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 342.
29»
444 F i t 7. i n g e I-,
Croeidura infumata. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 342.
Sorex infumalus. Wa gn. Scbreber Säugth. Suppl. B.V. S. 502. Nr. 40.
Croeidura infumata. Wagn. Scbreber Säiigtb. Suppl. B. V. S. 562.
Nr. 40.
Sorex cyaneus? Giebel. Säugetb. S. 902. Note 1.
Croeidura cyanea? Giebel. Säugetb. S. 902. Note 1.
Croeidura infumala. Fitz. II engl. Säugetb. Nordost-MV. S. 30.
Nr. 8. (Sitzuiigslier. d. niatb. uaturw. Cl. d.
kais. Akad. d. Wiss. B. LIV.)
Ziemlicb nabe mit der Haus - Wimperscbwaiizspitzmaus (C.
aranea) verwandt , welcbe sie am Cap der guten Hoffnung zu er-
setzen scbeint, von derselben aber niebt nur durcb den längeren
Scbwanz, sondern aucb durcb die mebr frei liegenden Ohren sebr
deutlicb unterscbeiden.
Die Körperform ist scbmäcbtig, der Rüssel sebr spitz. Die Obren
sind verbältnißmäßig groß, frei aus dem Pelze hervorragend und
kahl. Der Scbwanz, welcher nahe an ~/^ der Körperlänge einnimmt^
ist dünn und schmal, fast seiner ganzen Länge nach von gleicher
Dicke, vierkantig, und nicht sebr dicht mit kurzen anliegenden Haaren
besetzt, zwischen denen ziemlicb viele längere, abstehende und nach
rückwärts gerichtete AVimperhaare eingemengt sind. Die Behaarung
des Köi'pers ist dicht. Im Oberkiefer sind jederseits drei Lückenzähne
vorhanden.
Die Färbung ist auf der Oberseite des Körpers glänzend rost-
oder licht zi-mmtbraun, an den Leibesseiten allmäblig in's Graue und
auf der Unterseite in's WeifMichgraue übergebend. Sämmtliche Haare
sind an der Wurzel dunkelgrau und endigen auf der Oberseite in
licht zimmtbraune, an den Leibesseiten in graue, und auf der Unter-
seite in weißlichgraue Spitzen. Die Füsse sind licht röthlich-braun-
grau. Der Schwanz ist graulich-rostbraun, auf der Unterseite nur
wenig beller. Die Schnurren sind theils bräunlich, theils weißlich. Die
Rüsselspitze ist schwarz.
Körperlänge 3" 1'".
Länge des Schwanzes 1" 9»/2"'.
Vaterland. Süd- und der östliche Theil von Mittel-Afrika.
Eckion entdeckte sie in der Colonie am Cap der guten Hoffnung
und Wagner gab die erste Beschreibung von ihr. Später wurde sie
auch von Heuglin auf den Inseln des Bahr-el-abiad bei Chartum
Kritische Untersuchungen iiher die Spitzmäuse (Sorices) etc. *i4o
getroffen, doch scheint diese nürdlicher vorkommende Form kleiner
als die capisehe zu sein.
15. Die schieferblitue »imperschwanzspitimaus (Crocidiwa cyauea).
C. notaco nnicolore ex coerulescente- schistaceo , gastraeo
jKirum dilutiore ; cauda tetiui, fere ^/^ corporis longitudine.
Sorex cyaneus. Duvern. Mem. de la Soe. d'hist. nat. d. Strasbourg.
V. II. Suppl. 3. p. 2.
„ „ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S, 76.
Nr. 18.
Crocidura cyauea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 76.
Nr. 18.
Sorex cyaneus. Duvern. Guerin Magas. d. Zool. 1842. p. 21.
t. 40, 41.
Sundev. Vetensk. Akad. Handl. 1842. p. 180.
Reichenb. Naturg. Raubth. S. 342.
Crocidura cyauea. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 342.
Sorex cyaneus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 563.
Nr. 41.
Crocidura cyauea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 563.
Nr. 41.
Sorex cyaneus. Giebel. Säugeth. S. 902.
Crocidura cyauea. Giebel. Säugeth. S. 902.
Etwas größer als die rostbraune Wimperschwanzspitzmaus
(C. infiimata), von welcher sie sich sowohl durch den verhältniß-
mäßig etwas längeren Schwanz, als auch durch die durchaus ver-
schiedene Färbung des Körpers unterscheidet.
Die Schnauze ist lang und dünn. Die Ohren sind verhältniß-
mäßig groß, frei aus dem Pelze hervorragend und kahl. Der Schwanz,
welcher beinahe 2/„ der Körperlänge einnimmt, ist dünn und schmal.
Die Schnurren sind zahlreich und lang. Im Oberkiefer sind jederseits
drei Lückenzähne vorhanden und sämmtliche Zähne sind durchaus
einfarbig weiß. Der Schädel ist so wie jener der Haus-Winiper-
schwanzspitzmaus (C. aranea) gebildet, mit welcher sie auch in
Ansehung des Zahnbaues vollständig übereinkommt.
Die Oberseite des Körpers ist einfarbig schiefergraublau, die
Unterseite etwas lichter. Die Nasenkuppe ist schwarz.
440 Fil zinj,-i'r.
Köi'perliiiige 3" 4'"
Länge des Seliwiinzes 2".
Vaterland. Siid-AlVika, wo diese Arl am Eleplianten-Flnsse
entdeckt wurde. Duvernoy hat dieselbe zuerst beschrieben.
Sundevall spricht die Ansicht aus, daß die von Duvernoy
gegebene Beschreibung und Abltildung dieser Art nicht ganz richtig
sei, und daß diescll)e vielmelir in sehr naher Verwandtschaft mit der
silbergrauen Wimperschwanzspifzuiaus (C. argenttita) zu stehen
scheine, welche zu den dickschwänzigen Formen dieser Gattung
gehiirt. ja vielleicht nur eine Varietät derselben bilde, die den west-
lichen Tlieil von Süd-Al'rika bewohnt, während die letztere mehr dem
östlichen Theile eigen ist. Welche Anhaltspunkte ihn zu dieser
Ansicht bestimmen, ist mir nicht hekainit und ich möchte daher nicht
wagen, mich derselben anzuschließen.
Mi. Die geheiligte Wimperschwanzspitzmaus fCrocidura religiosa).
C anicolor e.v f'uscesceiite-fjrisca vd f'asco-cinerea ; candu
tetragona, tiltra -/s corporis longifudi/ie.
Soreoe religiosns. Geoffr. Catal. rais. et bist, des Antiq. decouv.
en Egypte par Passalacrjua. 1 826. p. 294, 295.
Isid. Geoffr. Dict. class. V. XI. p. 323.
Isid. Geoffr. Mem. du Mus. V. XV. p. 128.
„ „ Lichtenst. Verhandl. d. Gesellsch. naiurf. i^^r.
zu Berlin. B. IL S. 381. Nr. 5.
„ „ Lichtenst. Bulletin des Sc. nat. V. XVIII.
p. 279. i\r. 5.
Fi seil. Synops. Mammal. p. 257, 663. Nr. 15.
SuHCUfi siteer. Elirenb. Symb. phys. Dec. II.
Sore.v crassicandus. Wagn. Schreber Säugth. Sup{tl. B. II. S. 74.
Nr. 17.
Crocidura crassicatida. \\ii'j;n. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 74,
Nr. 17.
Sorex' religiosns. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 75.
Note 13.
Crocidura religiosa. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 75.
Note 13.
Sore.v critssicaadas? S u n d e v. Velensk. Akad. Ilandl. 1842.
p. 176, 178.
Kritische Untersiichuiig-en ül>er die Spitzmäuse (^Sorices) etc. 44 ^
Sore.v religiostis. Reicli l'iiI). Nftdirg. Raubtli. S. 342.
Crocidura religiosn. Reiclienb. Naturg'. Raultlh. S. 'M2.
Sorex cntssicaudns. Wagn. Schreber Säuglh. Siippl. B. V. S. äS4.
Nr. 21. Note 1.
Crocidura crassicaiida. Wagn. Schreber Säugth. Siippl. B. V. S. 5ö4.
Nr. 21. Note 1.
Pachyura crassicauda. Wagn. SclireberSäugtli. Suppl. B. V. S. 054.
Nr. 21. Note 1.
Sore.v crassicatidus. Giebel. Säugeth. S. 904.
Crocidura crassicauda. Giebel. Säugeth. S. 904.
Crocidura rcligiosa. Fitz. Heugl. Säugeth. Nordost-Afr. S. 30.
Nr. 5. (Sitzungsber. d. math. naturw. Cl.
d. kais. Akad. d. Wiss. B. LIV.)
Die ersten Beschreibungen , welche wir von dieser Art erhalten
haben, rühren von Etienne und Isidor Geoffroy. Denselben zu
Folge würde sie zu den kleinsten Formen in der Familie der Spitz-
mäuse gehören und nur wenig größer als die toskanische Dickschwanz-
spitzmaus (P. etriisca) sein.
Späterhin theilte auch Lichtenstein eine kurze Beschreibung
derselben mit, in welcher die Körpergröße jedoch tur weit bedeuten-
der angegeben wird und nicht viel geringer erscheint als jene der
kahlschwänzigen Diekschwanzspitzmaus (P. 7nuriua).
Die Merkmale, welclie sich aus jenen Beschreibungen für diese
seither imr im einbalsamirten Zustande bekannt gewordene Form er-
geben, lassen sich in nachstehender Weise zusammenfassen.
Die Innenzehe der Vorderfüsse ist sehr kurz. Der Schwanz,
welcher, zurückgelegt, wenigstens das Hinterhaupt erreicht, und
dessen Länge über ^/s der Körperlänge einnimmt, ist sehr deutlich
vierkantig.
Die Färbung ist einfarbig bräunlich- oder mäusegrau.
Körperlänge 2". Nach Isid. G eoffroy.
Körperlange 4". Nach Lichtenstein.
Länge des Schwanzes .... 2" 9'".
Vaterland. Ober-Agypten, wo sie einbalsamirt in den alt-
ägyptischen Gräbern zu Theben angetrofFen wird , aber seither noch
nicht im lebenden Zustande wieder aufgefunden worden ist.
Ehrenberg glaubte diese Form mit seinem ^Suncns sacer"
vereinigen zu dürfen, welcher identisch mit derMumien-Dickschwanz-
448 F i t z i n -f p r.
Spitzmaus (P. crnssiamda) ist. Siindeviill deutete gleichfalls
(larauf hin, daß dieses nur idos im einhalsumirten Zustande bekannte
Thier vielleicht mit dci" Miiniien-Dickschwanzspilzmaiis fP. crassl-
Crt//f/r/y zusammenfallen könnte, und Wagner, welcher früher dessen
Selbstständigkeit als Art anerkennen zu sollen erachtete, sprach sich
späterhin unbedingt für die Zusammengehörigkeit dieser beiden For-
men aus.
Meiner Meinung zu Folge gehört sie nicht einmal derselben
Gattung, sondern jener der Wimperschwanzspitzmaus fCrocidtiroJ
an und dürfte entweder, wie zu vermuthen ist, eine selbstständige
Art bilden, oder was wohl möglich wäre, mit der Weg-Wimper-
schwanzspitzmaus (^C. viaria) zusammenfallen.
Da indeß weder über den Zahnbau jener nur als einbalsamirt
bekannten Form, noch über das Verhältniß der Dicke des Schwanzes
eine Angabe vorliegt, so bleibt es unentschieden, welche Ansicht die
richtigere sei. Auf die vierkantige Form des Schwanzes kann kein
besonderes Gewicht gelegt werden, da dieselbe nur die Folge der
Vertrocknung sein kann.
17. Die >Teg->Vimperschwanzfspitzinaus (Crocidiira viaria).
C. notaeo cinereo-rvbido , gastrneo pallide griseo; cauda
tenui, basi compressa, apicem versus tercti, fere ~/^ corporis lon-
(fitudine.
Sorex viarius. Isid. Geoffr. Relang. Voy. aux Ind. Zool. p. 127.
„ „ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. U. II. S.7G. Nr. 20.
Crocidtira viarin. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 76.
Nr. 20.
Sorex viarius. Reichenb. Nafurg. Kaublh. S. ^41.
Crocidiira viaria. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 341.
Sorex viarius. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. R. V. S. ö6ö.
Nr. 48.
Crocidtira viaria. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 565.
Nr. 48.
Sorex Cija//ens? Giebel. Säugeth. S. 902. Note 1.
Crocidiira cyanea? Giebel. Säugeth. S. 902. Note 1.
Crocidiira viaria. Fitz. Heugl. Säugeth. Nordost-Afr. S. 30. Nr. 9.
(Sitzungsber. d. math. naturw. Cl. d. kais.
Akad. d. Wiss. R. UV.)
Kritische Unfcrsiicliiiniren iilicr dio Spit/.iniiiisc fSnrices) etc. 440
Der rostbraunen Wimpersclnvaiizs|iitzmaus (C. infiunaldj
ziemlich nahe stehend, aber durch den etwas längeren und ver-
schieden geformten Schwanz sowohl, als auch zum Theile durch die
Färbung deutlich von derselben unterschieden.
Die Ohren sind verhältnißmiilMg groß und ragen frei aus dem
Pelze hervor. Der Schwanz, dessen Länge beinahe 2/3 f^ei" Körper-
länge einnimmt, ist ziemlich dünn, in seiner Wurzelhälfte etwas zu-
sammengedrückt, in der Endhälfte aber gerundet und mit kurzen an-
liegenden Haaren besetzt, zwischen denen einzelne längere und
steifere, abstehende und nach rückwärts gerichtete Wimperhaare
eingemengt sind.
Die Oberseite des Körpers ist graulichrotli, die Unterseite
hellgrau.
Körperlänge 3" und etwas darüber.
Schwanzlänge . 2".
Vaterland. Senegambien, wo diese Art, die sich gewöhnlich
an Wegen, Zäunen und unter Baumwurzeln aufhält, von Perrotte
am Senegal entdeckt wurde. Heuglin traf sie einzeln auch in Ost-
Sudan und Isid. Geoffroy hat dieselbe nach einem von Perrotte
gesammelten Exemplare zuerst beschrieben.
18. Die Fernando Po-Winiperschwanzspitzmans (Crocidura poensisj.
C. notaen obscure fusco , obsolete griseo-irrorato , gastraco
griseo, flavido-lavnlo ; pedibus nigrescentibus; cauda dimidio cor-
jwre parum longiore.
Sorex poensis. Fräser. Proceed. of the Zool. Soc. 1842. p. 22.
Crocidura j)oensis. Fräser. Proceed. of the Zool. Soc. 1842. p. 22.
Sorex poensis. Fräser. .Ann. ofNat. Hist. Y. XII. p. 436.
Crocidura poensis. Fräser. Ann. of Nat. Hist. V. XII. p. 436.
Sorex poensis. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 343.
Crocidura poensis. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 343.
Sorex poensis. Wagn. Schreber Säiigth. Suppl. B. V. S. oG4.
Nr. 45.
Crocidura poensis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. R. V. S. 064-
Nr. 4o.
Sorea: poensis. Giebel. Säugeth. S, 905. Note 1. Nr. 5.
Crocidura poensis. Giebel. Säugeth. S. 905. Note 1. Nr. 5.
450 Fitz in o- er.
Von dei'seIhtM» Größe wie die mariquinische Wimperschwanz-
spitzinaus (C. marlqueush) und bezüglich der Färbung einiger-
masst'n an die gesprenkelte llalbspitzmaus (M. variusj erinnernd,
aber dunkler als dieselbe gefärbt.
Die Ohren sind ziemlich groß und ragen stark aus dem Pelze
hervor. Der Schwanz, welcher etwas länger als der halbe Körper ist,
ist mit kurzen anliegenden Ilaaren und einzelnen eingemengten
längeren, abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren
besetzt.
Die Färbung erscheint auf der Oberseite des Körpers dunkel-
braun und undeutlich grau gesju'enkelt, auf der Unterseite grau und
schmutzig gelblich überflogen. Die Füsse sind schwärzlich.
Körperlänge 3" 3"'.
Länge des Schwanzes 1" 10"'.
Vaterland. Fernando Po. Zuerst von Fräser beschrieben.
Es ist offenbar nur ein Versehen, wenn Wagner die SchManz-
länge kürzer als jene des Körpers angibt, wie dieß aus den beigefügten
Maaßen deutlich hervorgeht.
19. Die Haus-Wiiiiperschwanzspitziiiaus (Crocidurn aranea).
C. noidi'o sordide e.v f'erriif/u/co-fmco , sensim in gastraei
colovem triniscunle , fiastraeo alhido-yriseo ; canda supra ferru-
(fineo-fuHCd, Infrii poriini dilntiore, te/tiii, iudistincte tetrngona vel
tercti. dhuidii corporis /oNf/ifiidine, vel paullo longiore aut breviore.
Miisar/ilgue de terre. Da u beut. Mem. de TAcad. ITöÖ. p. 21 i.
t. J). flg. 2.
„ „ Danben t. Bulfon Hist. nat. d. Quadrup. V.
VIII. p. 57. t. 10. flg. 1.
Musette. D a u b e n t.
Mnsarftigne. Di ct. des anini. \. III. j). 202.
IJomarc. Dict. d'hist. nat. T. III. p. 172.
To})or(igno. Alessandri. Anim. quadrup. T. III. t. 104. üg. 1.
Spitzmaus. Martini. Buffou Naturg. d. vierf Thiere. B. IV. S. 2(J3.
t. 74.
Sore.T arajiens. Schreber. Säugth. B. III. S. 573. t. 160.
„ „ Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 126. Nr. 7.
„ „ Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch, u. d. Thiere.
ß. II. S. 382. Nr. 310.
Kritische Untersiicliungen iilicr die Spil/.miiiise (Snrices) e(c. 451
Sore.v (intiieus. Me rniann. Tiih. jilViii. j). 79. Nota.
Boddaert. Elench. aiiim. V. I. p. 123. Nr. 1.
Gnielin. Linne Syst. nat. T. I. P. I. p. 114. Nr. 5.
„ mns araneiis. Cuv. Tahl. elem. d'hist. nat. p. 109. Nr. 1.
(lemeine Spkmaiis. Schrank. Fauna Bolen. B, I. S. 60. Nr. 19.
Wasser-Spizmaus. Schrank. Fauna Boica. B. I. S. 60. Nr. 20.
Gemeine SpUznians. Bechst. Naturg. Deutschl. B. I. 861.
Sorecc araxeit^. Sar tori. Fauna Steyerni. S. 13.
„ „ I Niger. Prüdrom. p. 125.
Geollr. Ann. du Mus. V. XVII. p. 174. Nr. 1. I. 2.
flg. 2.
Mitsuraigne commune on Musseite. Cuv. Begne anini. Edit. I. V. I.
p. 133.
Sore.v (irtinens- Des mar. Nouv. Dict. d'hist. nat. V. XXII. p. 60.
Nr. 1.
Des mar. Mammal. p. 149. Nr. 132.
Fr. Cuv. Dict. des Sc. nat. XXXIIF. p. 42Ö. r fig.
Isid. Geoffr. Dict. class. V. XI. p. 318.
„ vn/f/aris. Ranzani. Elem. d. Zool.
„ (iraneus. Cuv. Regne anim. Edit. II. V. I. p. 126.
(iritlith. Anim. Kingd. V. V. p. 291. Nr. 1.
„ „ Fisch. Synops. Mammal p. 2ö4, ö80. Nr. 6.
„ „ Wagler. Symst. d. Amphib. S. 14.
,, „ Jäger. Würteml). P'auna S. 13.
Crocidura (tränen. Wagler. In lilteris.
„ „ Fitz. Fauna. Beitr. z. Landesk. Üsterr. B. I.
S. 294.
Sorex araneus. Gloger. Säugeth. Schles. S. 7.
„ „ Zawadzki. Galiz. Fauna. S. 17.
„ pachyurus. Küster. Isis. 1835. S. 75.
„ (iranens. Nathus. Wiegm. Arch. B. IV. Th. I. S. 45.
„ Duvei-n. Mem. de la Soc. d'hist. nat. d. Stras-
bourg. V. II. Suppl. 1. p. 15. — V. II. Suppl.
3. p. 2.
„ „ Lenz. Naturg. S. 77.
Jenyns. Ann. of Nat. Hist. V. II. p. 233.
„ Inodorus. Sa vi.
Crochlitvd (iranea. Selys Longch. Micromammal. p. 34.
4- O 2 F i t /. i n g- e r.
Crocidiira aranca. Sciys Long eh. Faune beige p. 27.
„ nmmranea. Bonaparte. Iconograf. della Fauna ital.
t. 19. fig. 5, 6.
Sore.v arnueus. Keys. Blas. Wirbelth. Europ. S. 17. Nr. HS. —
S. 60.
Crocidura (ira/wii. Keys. Blas. Wirbelth, Europ. S. 17. Nr. 115. —
S. 60.
Sorex arnneus. Wagn. Schreber Säuglh. Suppl. B. II. S. 64. Nr. 9.
Crocidura aranea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 64.
Nr. 9.
Soreoe aranens. Frey er. Fauna Krain's. S. 2.
„ Duvern. Guerin Magas. d. Zool. 1842. p. 18.
t. 38.
Crocidura aranea. Gray. Mamma), oftlie Brit. Mus. p. 78.
Corsira vulgaris. Gray. Mammal of the Brit. Mus. p. 79.
Sorex aranens. Reiche nb. Naturg. Raubth. S. 338. Gg. 478 — 480-
Crocidura aranea. Reich enb. Naturg. Raubth. S. 338. fig. 478.
—480.
Sorex aranens. Brandt. Bullet, de TAcad. d. Petersb. 18S2.
p. 453.
Wagn. Schreber Siiugth. Suppl. B. V. S. 560.
Nr. 35.
Crocidura aranea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 560.
Nr. 35.
Sorex aranens. Giebel. Säugeth. S. 901.
Crocidura aranea. Giebel. Säugeth. S. 901.
Diese Art, welche unter den dünnschwänzigen Formen dieser
Gattung für die typische betrachtet werden kann, ist nngefähr von
der Größe der gemeinen Spitzmaus (Sorex vulgaris), meistens aber
etwas größer.
Der Kopf ist langgestreckt und ziemlich hoch, der Rüssel lang
und spitz. Die Ohren sind ziemlich groß, stark aus dem Pelze her-
vorragend und beinahe kahl. Der Schwanz, welcher die lialbeKörper-
länge , bisweilen aber auch etwas mehr oder weniger als dieselbe
erreicht, ist undeutlich vierkantig oder gerundet, verliältnißmäßig
ziemlich dünn, an der Wurzel nicht dicker als im weiteren Verlaufe,
und dicht mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen eingemengten
langen, abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren
Kiilischi' Uiilersuflningeu iilior
besetzt. Die Behiiarung- des Körpers ist kurz, dielil, anliegend und
weich. Die Füsse sind mit kurzen dünnstehenden Haaren besetzt , die
Schnurren \m\^. Im Oberkiefer sind jederseits drei Liickenzäline vor-
handen und sämmth'che Zähne sind durchaus einfarbig weiik
Die Oberseite des Körpers ist in der Regel schmutzig rostbraun,
die Unterseite weißlichgrau und !)eide Farben gehen an den Leibes-
seiten allniählig in einander über. Jedes einzelne Haar der Oberseite
ist an der Spitze braun, liald mehr in's Graue, bald mehr ins Rotlie
ziebend, daher auch die Färbung nicht beständig ist und entweder
graulichbraun oder röthlichbraun erscheint. Der Schwanz ist oben
scliniutzig rostbraun, unten etwas heller. Die kahle Haut des Rüssels
und der Füsse ist bräunlich -fleischfarben. Die Krallen sind licht
bräunlich-liornrarben.
So wie in der Färbung , ebenso kommen auch in der Größe und
im Längenverhältnisse des Schwanzes merkliche Verschiedenheiten
und zwar selbst unter ausgewachsenen Thieren vor, wie aus den
nachstehenden Maaßen zu ersebeu ist.
B-
ei gr
ößeren
Be
i kleineren
Individuen
Individuen
-^"^-— ^
"-
^ — ^ — ■■
Körperlänge ....
a"
4'-
3".
Nach Wagner.
Länge des Schwanzes
1"
8'"
1"
4—6".
Körperlänge ...
3".
Nach Sehr a n k.
Länge des Scliwanzes
1'
o'".
Körperlänge ....
2"
6—10"'.
Nach Reiche nb.
Länge des Schwanzes
\"
5—6".
Körperlänge ....
2"
8'".
Nach Blasius.
Länge des Schwanzes
ohne Haare . . .
1"
6'".
Den Beobachtungen von Natbusius zu Folge sind die kleineren
Individuen im Winter geworfene Abkömmlinge von in Häusern leben-
den, daher dem W^echsel der Jahreszeiten weniger ausgesetzten
Weibchen, weßhalb sie auch nicht zu ihrer völligen Entvvickelung
gelangen konnten.
Vaterland. Mittel- und Süd -Europa, und Nordwest-Afrika.
Man kennt sie bis jetzt aus Österreich, Steiermark, Kärnthen, Krain,
Croatien, Ungarn, Galizicn, Schlesien, Mähren, Böhmen, Deutschland,
Sachsen, Baiern, Württemberg, der Schweiz, Belgien, Frankreich,
-t 5 4 Kitzinger.
Italien, Sardinien, Dalmafien, den jonischen Inseln, Südwest-Russ-
land nnd Algier. Parreyss traf sie auf Corl'u, Dahl in Sicilien und
IMoriz Wagner in Oran. In Holland, Dänemark, England und
Schweden fehlt sie. In Deutschland ist sie weniger häufig als die
gerneine Spitzmaus (Sorex vtiJgarh) und meistens wird sie in
Häusern oder in deren Nähe angetrolTen, insbesondere aber im Winter,
wo sie in denselben Schutz sucht.
Selys Longchamj) hat nachgewiesen, daß Sa vi 's „Sorex
ittcxforus" nicht von ihr verschieden sei und Nathusius hat nach
Untersuchung des Original-Exemplares von Küster 's „Sorex pa-
cliyurus" sich die Überzeugung verschalTt , daß auch dieser mit ihr
zusammenfalle. Wenn aber Brandt die Ansicht ausspricht, daß
selbst die weißhauchige Wimperschwanzspitzmaus (C leucodon)
der Art nach nicht von ihr zu trennen sei, so beruht dieß offenbar nur
auf einer individuellen Anschauung.
\9 a. Die grosse Haus-\^iniper!^chwanzspitzniaas (Crocidura aranea
major).
C aranea, notaeo einer eo- fnsco , gaatraeo griseo-albido ;
cauda fere nnlcolore ex cinerascente-fusca , dimidio corpore
parum breciore.
Crocidura major. Wagler. Isis. 1832. S. 1218.
Sorex aranens. Nathus. Wiegm. Arch. B. IV. Th. I. S. 45.
„ „ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 64.
Nr. 9.
Crocidura aranea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 64.
Nr. 9.
„ „ Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 78.
Sorex aranens. Reich enb. Naturg. Raubth. S. 338.
Crocidura aranea. Reich enb. Naturg. Raubth. S. 338.
Sorex araneus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 560.
Nr. 35.
Crocidura ara?iea. Wagn. Sclireber Säugth. Suppl. B. V. S. 560.
Nr. 35.
Sorex araneus. Giebel. Säugeth. S. 901.
Crocidura aranea. Giebel. Säugeth. S. 901.
Der Schwanz ist nur wenig kürzer als der halbe Körper.
Kiitisihe Untersuchungen iilier die Spitzmäuse (Sorices) etc. 45 J
Die Oberseite des Körpers ist graulichbrauii, die Unterseite
grauweißlich. Der Schwanz ist fast einfarbig graulichbraun.
Körperlänge 3" 4'"
Länge des Schwanzes 1" 4-'" — 1" G'/a'"
Dieß ist die Charakteristik, welche Wagler für eine in
Baiern vorkommende Form der Hans -Wimperschwanzspitzmaus
(C. aranea) gibt, die er für eine besondere Art betrachtet.
Nathusius, welcher Wagler's Original-Exemplare zu unter-
suchen Gelegenheit hatte, sprach sich über die Identität dieser Form
mit der Haus- Wimperschwanzspitzmaus aus.
Der einzige Unterschied, welcher zwischen denselben aufgefun-
den werden kann, besteht in der Färbung.
iOÄ. Die weissbaochige Hans->Tiinperschwanzspit«maas (Crocidura
aranea^ moschata),
C. aranea, notaeo lateribusque fuscis, gastraeo aJbido ; caiida
dimidin corpore parum longiore.
Sorex fimbriatus. Wagler. Isis. 1832. S. ö4.
Crocidura moschata. Wagler. Isis. 1832. S. 275.
„ „ Fitz. Fauna. Beitr. z. Landesk. Öster. B. I.
S. 294.
Sore.r araneus. Nathus. Wiegm. .4rch. B. IV. Th. I. S. 45.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. IL S. 64.
Nr. 9.
Crocidura aranea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 64.
Nr. 9.
Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 78.
Sorex arojieus. Beichenb. Naturg. Baubth. S. 338.
Crocidura aranea. Beichenb. Naturg. Baubth. S. 338.
Sorex araneus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. S60.
Nr. 35.
Crocidura aranea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 560.
Nr. 35.
Sorex araneus. Giebel. Säugeth. S. 901.
Crocidura aranea. Giebel. Säugetli. S. 901.
Der Schwanz ist nur wenig kürzer als der halbe Körper und
gerundet. Die Ohren sind kahl.
456 F i t z i II g >■ r.
Die P'äi'hung der Oberseite des Küriiers mul der I^eibesseitea
ist braun, jene der Unterseite weißlieb.
Körperlänge 2" 9"'
Länge des Sclnvanzes 1" 63/4'"
Mit diesen wenigen Worten ebarakterisirt Wagler eine in
Baiern beimiscbe Form der Haus-Wimpersebwanzspitzmaus (C. ara-
nea), die ibm eine selbstständige Art zu sein sebien.
Aus den sorgfältigen Untersucbungen von Natbusius, der
Wagler's Original-Exemplare einer genauen Prüfung unterzog,
frincf indeß bervor, daß diese Form von der Haus-Wimperschwanz-
spilzniaus der Art nacli nicbt zu trennen sei, indem außer der ge-
ringen Abweiebung in der Färbung kein Merkmal erübriget, dieselbe
von ihr zu scheiden.
Übrigens stimmt die Angabe Wagler's, daß der Schwanz nur
wenig kürzer als der halbe Körper sei, mit dem von ibm gegebenen
Maaße nicht überein , nachdem derselbe hiernach nicbt kürzer, son-
dern etwas länger als der halbe Körper ist.
Dieselbe Form habe ich auch in Österreich öfter angetrotVen.
19 c. Die graubauchige Uaus->Vlmpcrschwanzspitzmaus (Crocidura
aranea, poliogaslra.)
C. aranea, notaeo fusco - cinereo , gastraeo albido-griseo ;
cauda dimidio corpore dktincte breviore.
Crocidura poUogastra. Wagler. Isis. 1832. S. 1218.
Sorex araneus. Nathus. Wiegm. Arch. B. IV. Tb. I. S. 45.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 64.
Nr. 9.
Crocidura aranea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 64.
Nr. 9.
„ „ Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 78.
Sorex araneus. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 338.
Crocidura aranea. Reichenb. Natin-g. Raubth. S. 338.
Sorex araneus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 560.
Nr. 35.
Crocidura aranea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 560
Nr. 35.
Sorex araneus. Giebel. Säugeth. S. 901.
Crocidura aranea. Giebel. Säugeth. S. 901.
Kritisi'lie Uiitersiicliiiii^en iiher die Spilziiiiiiise (Soriven) etc. 4 Ol
Der Schwanz ist weit kürzer als der lialhe Körper.
Die Färluiiig: der OI)erseite des Körpers ist mausgrau, jene der
Unterseite weißliciigrau. Der Schwanz ist einfarbig mausgrau.
Körperlänge 3" 3'".
Länge des Schwanzes beinahe I" 1'".
Mit diesen Merkmalen bezeicbnet Wagler eine in den Rhein-
gegenden vorkonimeinle Form der Haus- Winiperschwanzspitzinaus
(C. aranea) , welche er für eine selbstsländige Art annehmen zu
sollen erachtete.
Nathusius hat jedoch nach Prüfung des Wagl ersehen
Originales die Überzeugung ausgesprochen, daß dieselbe mit der
Haus-Wimperschwanzspitzmaus zu einer und derselben Art gehöre.
Aulk'r der höchst geringen Abweichung in der Färbung besteht
in der That auch zw ischen diesen beiden Formen kein anderer Un-
terschied, als daß bei der von Wagler aufgestellten der Schwanz
merklich kürzer ist. Hierin stimmt dieselbe mit jener Form überein,
welche Wagler mit dem Namen „Crocidura rnf'a^ bezeichnete.
10. d. Die bräuDÜrhrothe Haus-Miniperscbwanzspitzuiaus (Crocidura
aranea, russula).
(\ aranea, notaeo ex f'uscescente-rubido , gastrueo d'Uutiore;
eauda nnicolore pallide rufescente-fusca, dimidio corpore distincte
breviore.
Sore.v russalns. Hermann. Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Menschen
und der Thiere. B. W. S. 382.
„ vulgaris. Hermann. Observ. zool. T. I. p. 49.
„ araneus? Fisch. Synops. Mammal. p. 254. Nr. 6.
Crocidura ruf a. Wa gier. Isis. 1832. S. 1218.
Sorex araneus. Nathus. Wiegm. Arch. B. IV. Th. I. S. 45.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 64
Nr. 9.
Crocidura aranea. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 64.
Nr. 9.
Sorex russulus. Sundev. Vetensk. Akad. Handl. 1842. p. 179.
Crocidura aranea. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 78.
Sorex araneus. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 338.
Crocidura aranea. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 338.
SKzIi. <1. iii;.Uiem.-ii;i(ur\v. Cl. LVII. Bd. I. Ahtli. 30 ,».
458 Fitzinger.
Surex araneus. Wagn. Sehreber Säugth. Suppl. ß. V. S. 560.
Nr. 35.
Crocidura aranea. Wagn. Sehreber Säugth. Suppl. B. V. S. 560.
Nr. 35.
Sorex araneus. Giebel. Säugeth. S. 901.
Crocidura aranea. Giebel. Säugeth. S. 901.
Der Schwanz ist weit kürzer als der halbe Körper.
Die Oberseite des Körpers ist bräunlicliroth, die Unterseite
heiler. Der Schwanz ist einfarbig blaß bräunlichroth.
Körperlänge beinahe ... 3" 6".
Länge des Schwanzes 1" 7'".
Auf diese Kennzeichen gründet Wagler für eine in den Rhein-
gegenden anzutretTende Form der Haus-Wimperschwanzspitzmaus
(C. aranea) eine besondere Art.
Offenbar fällt dieselbe mit jener Form zusammen, welche Her-
mann mit dem Namen ,.Sore.v russulus" bezeichnete und später als
„Sore.v vulgaris'^ beschrieb. Die Oberseite des Körpers wird als
röthlich, die Unterseite als grau und die Länge des Schwanzes auf
Ys der Körperlänge angegeben.
Nathusius hat jedoch nach Prüfung des Wagler'schen
Original-Exemplares die Überzeugung ausgesprochen, daß dieselbe
von der Haus -Wimperschwanzspitzmaus (C. aranea) der Art nach
nicht zu trennen sei.
Sundevall hingegen is! der Ansicht, den „Sorex russulus''^
für eine selbstständige Art anzuerkennen.
Es wäre sonach mit Ausnahme der etwas verschiedenen Färbung
nur das Verhältniß zwischen der Länge des Körpers und des
Schwanzes das Merkmal, welches beide Formen von einander trennt,
indem der Schwanz bei der Wagler'schen Form, welche identisch
mit der Herrmann'schen ist, verhältnißmäßig merklich kürzer ist.
Ob übrigens dieser Unterschied zureicht, beide Formen der Art
nach von einander zu sondern, kaiui nur aus späteren Untersuchun-
gen hervorgehen.
20. Die rostbrüstige »impcrschwauzspilzmaus (Crocidura thoracica).
C. notaeo ex fupiceacente-griseo. gastraeo albido ; fronte, lem-
poribus, genis, jngvlo pectoreijue e.v /'erriigineo-ruhidis; cauda
Kritische UnlersuclHingen über dif> Spitzmäuse (Sotkes) etc. 4S9
itnicolore f'uscescente-ffrisea teuui, dimidü corporis longitudiue.
Sorex tlioruckus. Sa vi.
Crucidura t/iüracica. Bon aparte, [coiiograf. della Fauna ital. t. 69.
fig. 7.
,, lencodon Wir. Gray. Mamnial. of the Brit. Mus. p. 78.
Sorcw thoracicus. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 34o, 384.
fig. 720.
Sorex araneus. Var. ß. Wagn. Scbreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 560. Nr. 3o. ß.
Crociduru uraiiea. Var. ,3. Wagn. Scbreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 560. Nr. 35. /3.
Obgleich diese Form bis jetzt nur nach einem einzigen Exem-
plare bekannt ist, welches von Prinz Bon aparte besc^lrieben
wurde, so scheint dieselbe doch von der ihr allerdings nahe verwandten
Haus-Wimperschwanzspitzmaus (C. aruneaj specifisch verschieden
zu sein. Die höchst bedeutende Abweichung in der Färbung, und der
Umstand, daß seither durchaus keine Übergangsformen bekannt ge-
worden sind, dürften diese Annahme bekräftigen.
Sie ist von derselben Größe, wie kleinere Individuen jener Art.
Die Ohren ragen ziemlich weit aus dem Pelze hervor und die Augen
sind verliältnißmäßig nicht sehr klein. Der Schwanz, welcher die
halbe Körperlänge erreicht, ist ziemlich dünn und dicht mit kurzen
anliegenden Haaren und einzelnen eingemengten sehr langen, abste-
henden und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren besetzt. Die
Schnurren sind nicht besonders lang.
Die Oberseite des Körpers ist bräunlich-aschgrau , die Unter-
seite weißlieb gefärbt. Die Stirne, die Schläfen, die Wangen, die
Kehle und die Brust sind roströthlicb. Der Schwanz ist auf derOber-
und der Unterseite einfarbig bräunlich-aschgrau.
Körperlänge 2" 6'".
Länge des Schwanzes ungefähr 1" 3".
Vaterland. Toskana, wo diese Art von Sa vi entdeckt und
von Prinz Bon aparte zuerst beschrieben wurde.
Gray glaubte sie für eine Abänderung der weißbauchigen
Wimperschwanzspitzmaus (C. leucodon), Wagner für eine Varie-
tät der Haus- Wimperschwanzspitzmaus (C. aranea) betrachten zu
dürfen. Gegen die Ansicht des ersteren spricht die beträchtlich
30»
400 Fi t-ii 1. g er.
g i'ößcre Schwauzlänge, gegen jene des letzteren die durchaus ver-
schiedene Färbung dieser Form.
21. Die weissbauchlge >\imperschwaiizspltzmaus (Crocidura
leucodon).
C. notaeo plus niiunsve obsciire rufescente-fnseo vel intevdum
f'uliginoso, fusco-lavato , gastraeo nhrupte nibo; cnudn tenui,
indist'mcte tetragona vel tereti, purum ullra '/n, vel fere d'imidVi
corporis longitudine.
Sorex leucodon. Hermann. Schreher Säugth. B. III. S. 159. D.
„ „ Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch, u. d. Thiere-
ß. II. S. 382. Nr. 311.
Whitc-toothed shrew. Pennant. Ilist. oT Qnadrup. V. II. p. 228.
Sorex leucodon. Hermann. Tab. affin, j». 79. Nota.
Boddaert. Elench. anim. V. I. p. 123. Nr. 2.
White-toothed shrew. Shaw. Gen. Zool. V. I. P. II. p. 537.
Weißzähnige Spitzmuus. Becbst. Naturg. Deulscbl. B. I. S. 882.
Sorex leucodon. Hermann. Observ. zool. p. 49.
„ uraneus. Pallas. Zoograph, rosso-asiat. V. I. p. 132.
Sorex leucodon. Geoffr. Ann. du Mus. V. XVII. p. 181. Nr. ö.
„ „ Des mar. Nouv. Dict. d'hist. iiat. V. XXII. p. 64.
Nr. 5.
„ ,, Desmar. Mammal. p. 151. Nr. 236.
Fr. Cuv. D.it. des Sc. nat. V. XXXIII. p. 426
Nr. 5.
Isld. Geolfr. Dict. class. V. XI. p. 321.
Sorex araneus? Cuv. Begne anim. Edit. II. V. I.
„ leucodon. Griffitb. Anim. Kingd. V. V. p. 297. Nr. 7.
„ Fisch. Synops. Mammal. p. 252, 579. Nr. 3.
Wagler. Syst. d. Amphib. S. 14.
Crocidura leucodon. Wagler. Isis. 1832. S. 275.
„ moschnta. Fitz. Fauna. Beitr. z. Landesk. Österr. B. I.
S. 294.
Sorex leucodon. G log er. Säugeth. Schles. S. 7.
„ „ Zawadzki. Galiz. Fauna. S. 18.
„ „ Gray. Proceed. oftbeZool. Soc. V.V. (1837.) p. 125.
„ araneus. Bathke. Mem. de 1" Acad. d. Pelersb. V. III. p. 295.
Krilisi'lu' riitcrsiii'liiiii;;«!! i'iUi-v die S|iil/.iii;iii.s(' (Kuriers} etc. >4() 1
Soriw leucodou. N.illius. Wiegm. Arcli. H. IV. TIi. I. S. 4o.
„ „ Oliver 11. Mem. de la Soc. d'hist. rial. d. Stras-
bourg. V. IL P. I. [). 12.
„ „ Lenz. Naturg. B. I. S. 77.
Jcnyns. Ann. of Nat. Hist. V. II. p. 325.
Crocidiira leucodon. Selys Longe h. Micromammal. p. 37.
„ „ Selys Longeh. Faune beige, p. 27.
„ „ Bon aparte. Iconograf. della Fauna ital. t. 19.
%. 8, 9.
Surex leucodon. Keys. Blas. Wirbelth. Europ. S. 17. Nr. 114.
— S. 60.
Crocidura leucodon. Keys. Blas. Wirbelth. Europ. S. 17. Nr. 1 14.
— S. 60.
Sore.v leucodon. Wa gn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 66. Nr. 10.
Crocidura leucodon. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 66.
Nr. 10.
Sorex leucodon. Duvern. Guerin. Magas. d. Zool. 1842. p. 19.
t. 39.
Sundev. Vetensk. Akad. Handl. 1842. p. 180.
Crocidura leucodon. Gray. Mammal. of the ßrit. Mus. p. 78.
Sorex leucodon. Beichenb. Naturg. Baultth. S. 337. fig. 476, 477.
Crocidura leucodon. Beichenb. Naturg. Raubth. S. 337. fig. 476,
477.
Sorex araneus. Brandt. Bullet, de l'Acad. d. Petersb. 1852.
p. 453.
Crocidura leucodon. Gemminger, Fahrer. Fauna Boica. t. 9. b.
Sorex leucodon. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 561.
Nr. 36.
Crocidura leucodon. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 561.
Nr. 36.
Sorex leucodon. Giebel, Säugeth. S. 902.
Crocidura leucodon. Giebel. Säugeth. S. 902.
Eine höchst ausgezeichnete Art, welche zunächst mit der Haus-
Wimperschwanzspitzmaus (C. aranea) verwandt ist, sich von der-
selben aber durch die verschiedene Färbung sowohl, als auch durch
den merklich kürzeren Schwanz, welcher kürzer als bei allen übrigen
europäischen Spitzmausformen ist, sehr deutlicli unterscheidet. In An-
sehung der Größe kommt sie mit derselben beinahe vollständig überein.
^{\Z K i I /, i 11 }■ (■ r.
J)er Kopf ist l;iii£jgosti"eekt und /icnilicli liocli, der Rüssel lang'
und spitz. Die Ohren sind ziondieli ^rofJt, stark aus dem Pelze lier-
vorragend, gerundet, luul heinalie völli"- kahl. Der Schwanz, dessen
Länge etwas über Vs "•^'p'" ■'"*''' "Jihezu die halbe Körperlänge
erreicht, ist undeutlich vierkantig, oder gerundet, verhältnißmäßig
ziemlich dünn, an der Wurzel nicht dicker als im weiteren Verlaute,
und dicht mit kurzen anliegenden Haaren und einzelnen eingemengten
langen, abstehenden und nach rückwärts gerichteten Wimperhaaren
besetzt. Die Füsse sind verliältniIlNmä[J»ig ziemlich stark. Die Körper-
hehaarung ist kurz, dicht, anliegend und weich, die Behaarung der
Füsse dünnslehend und kurz. Die Schnurren sind lang. Im Ober-
kiefer sind jederseits drei Lückenzähiie vorhanden und sämmtliche
Zähne sind durchaus einfarbig weiß.
Die Oberseite des Körpers ist mehr oder weniger dunkel röth-
lichbraun. bisweilen selbst ins Rußschwarze übergehend mit bräun-
lichem Antluge; die Unterseite ist scharf abgeschnitten weiß.
Sämmtliche Haare sind an der Wurzel dunkelgrau. Die Aussenseite
der Beine und die Oberseite des Schwanzes ist von der Farbe des
Rückens; die Unterseite desselben und die Innenseite der Beine
weiß.
Bisweilen kommen auch weiß gefleckte, oder völlig weiße voll-
kommene Albinos vor.
Körperlänge bis zu 3". Nach \\ agner.
Länge des Schwanzes .... 1" 2'".
Körperlänge 2" 10'". N. Kt i enne Ge o ffroy.
Länge des Schwanzes .... U 4".
K'örperlänge 2" — 2" 10" und darüber. Nach
Gemminger und Fahrer.
Länge des Schwanzes . ... I" 2'"— 1"3"'.
,1 ü n g eres '1' h i e r.
Körperlänge 2" 4"'.
Länge des Schwanzes 1" 1 '/a'".
„ des Rüssels 2'".
„ der Ohren 2'".
Knticniiing der Augen von der Rüsselspitze . . S'".
„ „ „ vom hinteren Ohrrande . o'".
Länge i\fs Vorderfiißes sammt der Mittelkralle 3" ,
KiitiscIiP Uiilersiicluiti^-i'ii iilier dip S|>il/,iiiiiu,s(' (Soricc.sj elc. 400
Länge des Hinterfußes sammt der Mittelkialle . ♦>'".
Schulterhühe ungefähr 7".
Kreuzhöhe „ 7'/:,'".
Wenn unter den von Gemniinger und Fahr er angegebenen
Ausmaaßen eine kleine Differenz obwaltet, indem nach einer dieser
Messungen der Schwanz ehvas mebr als die halbe Körperlänge
beträgt, so dürfte dieselbe wobl nur auf einem Schreibfehler be-
ruhen.
Junge Thiere sind von den alten durch eine etwas kürzere
und dickere Schnauze, und durch den verhältnißmäßig kürzeren und
an der Wurzel etwas eingeschnürten Schwanz verschieden.
Vaterland. Mittel- und der nördliche Theil von Süd-Europa.
Bis jetzt kennt man mit Sicherheit als ihre Heimat : Belgien, Frank-
reich, Elsaß. Deutschland, Österreich, Böhmen, Schlesien, Galizien,
Ungarn, Crnatien, Ober-Italien und Süd-Bußland. In Belgien ist sie
jedoch bereits schon selten und in Holland, Dänemark, England und
Schweden fehlt sie gänzlich.
Brandt hält sie für identisch mit der Haus-Wimperschwanz-
spitzniaus (C. aranea) und Wagner spricht die Vermuthung aus,
daß Et. Geoffroy's „Sorex leucodon'' nicht zu dieser Art, sondern
zur gemeinen Kielschwanz-Wasserspitzmaus (Crossopns f'odiens) ge-
hören dürfte, da Geoffroy angibt, daß die Spitzen der Vorderzäbne
im Alter gelblich seien. Gegen die Bichtigkeit dieser Vermuthung
spricht schon die große V^ersehiedenheit in der Schwanzlänge und
da Geoffroy's Beschreibung sonst vollkommen mit der weißbauchi-
gen Wimperschwanzspitzmaus (C. leucodonj übereinstimmt, so darf
man wohl annehmen, daß die von ihm angegebene Färbung der
Zahnspitzen auf irgend einem Irrthume beruhe.
22. Die kaukasische Wimperschwanzspitzmans (Crocidura Gülden-
staedtiij.
C. notaeo fusco-griseo , gastraeo alhido ; canda tenui, tereti,
fere -/s corporis longitudiae.
Sorex Güldenslaedtii. Pallas. Zoograph, rosso-asiat. V. I. p. 132.
t. 9. fig. 1.
„ leucodon. G loger. Nov. Act. Acad. Nat. Curios. V. XIII
P. II. p. 499.
4<)4 Vit/, i II i; e r.
Sortw U'iH'dihm? Fisch. 8ynops. Mammal. |». 252. Nr. 3.
„ „ ? Witgn. Schreher Säiijj;tli. Sii|ij)l. B. II. S. (>G.
Nr. 10.
Vroc'ulura Iciicodon? Wajj^n. Sclirchei' Säiii^tli. Siippl. H. II. S. H(J.
Nr. 10.
Sorex Güldenst at'dtii. S ii ii d c v. Veteii.'^k. Akitil. Handl. 1842. \\. 1 80.
,, ., He i che II h. Naturi;. Raiihth. fig. 497.
„ leucudoH? lieicheiih. Nalurj^. Hauhtli. 8.338.
Crocidura leucodon? Reicheiib. Naliirg. Raubth. S. 338.
Sonw araneus. Hraiidt. liiilh-t. de l'Acad. d. Pcter.sb. 1852.
[). 453.
„ ? Blas. Fauna v. neutschl. S. 150.
Crocidtwa arnnea? Blas. F'aiina v. Deutsch!. S. löO.
Sorex Güldenstaedtn. Wagn. Sclireher Säugth. Suppl. B. \.
S. o61. Nr. 3(>. . — S. 802.
Crociditra Gnldenstaedtii. Wagn. Sclireher Säugth. Suppl. B. V.
S. 561. Nr. 3().,, — S. 802.
Sore.v leiicodoit. G ich ei. Säugeth. S. 902.
Crocidura leucndon. Giehel. Säugeth. S. 902.
Diese Form, welche wir nur nach einer Beschreibung und
Abbildung, die Pallas von derselben gegeben hat, kennen, scheint
nach den von diesem Schriltsteller angeführten und zum Theile auch
aus der Abbildung zu ersehenden iMerknialen sowohl von der ihr
allerdings verwandten Haus-VVimi»erschwanzspitzmaus (C. arnnea).
als auch von der ihr noch näher stehenden \\eil*Nhauchigen Wimper-
schwanzspitzmaus (C. leucndon) verschieden zu sein und zwar
nicht blos durch die geringere Größe und die verschiedene Färbung,
sondern auch durch den verhältniCMiiäßig längeren und diiiineren
Rüssel und den merklich längeren wSrhwanz.
Der Kopf ist stark gestrecki, der Rüssel lang, dünn und spitz.
Die Ohren sind ziemlich groß, kurz und ragen stark aus dem Pelze
htu-vor. Der Schwanz, welcher nahezu '-/;; der Körperlänge erreichl,
ist gerundet, dünn und schmal, an der Wurzel nur wenig dicker als
im Weileren N'erlaufe. uml ziemlich spärlich mit kurzen anliegenden
Ilaaren und einzelnen eingemengten langen abstehenden w\u\ nach
riickwiirtsgeiichlelen W'imperliaaren besetzt. Die Schnurren sind lang.
Die (Hierseite \\','^ Körpers isl hraungrau , die Unterseite
weißlich.
KiilischL- UiitersiifliiiiiyA'ii iilier Hii* S|iit/.iiiäii.si> (SuriicxJ elc. 40«)
Körperlänge 2" 8 ".
Liinge des Schwanzes 1' 9'".
V^aterland. Der südliclie Theil des Kaukasus, und voi'zugs-
M'eise Georgien, wo Güldenstaedt diese Arl entdeckte, die
Pallas zuerst beschrieb. Gloger betrachtete dieselbe nach
Exemplaren, die er unter dem Namen „Sorcx (iükleiistaedtiv' im
Berliner Museum traf, für identisch mit der weißbauchigen Wimper-
schwanzspitzmaus (C. leucodon), und eben so glaubte Brandt sie
mit der Haus-Wimperschwanzspitzmaiis (C. aranea) vereinigen zu
dürfen. Ersterer Ansiciit trat früher auch Wagner bei, doch
änderte er später dieselbe und hielt diese Form für eine selbst-
ständige Art. Blasius neigte sich der Ansicht von Brandt zu.
Genauere Untersuchnngen werden diese Zweifel aulklären.
23. Die chocoladebpauue Wimpersihwanzspltiniaos (Crocidiirn
Dsi-NezumiJ.
C. notaeo nitide ex viulaceo rutilo-fusco vel paUide rufes-
cente-brutmeo , gastrueo sordide cnerulescente-fusco ; cauda tenul,
tereti, dimidio corpore breviore.
Sore.v Dsi-Nezumi. Temm. Fauna japon. V. I. p. 2<>. t. 5. fig. 3
t. 4. flg. cc. (Scliädel.)
Reiche nb. Naturg. Raubth. S. 341, 384.
fig. 717.
Crocidura Dsi-Nezumi. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 341, 384.
fig. 717.
Sorex Dsi-Nezumi. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 50 1.
Nr. 37.
Crocidura Dsi-Nezumi. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. 15. V.
S. Ö61. Nr. 37.
Sore.v umbri /ins? Giebel. Säugeth. S. 90ö. Note 1.
Crocidura umhrinu? (iiebel. Säugeth. S. 905. Note 1.
Ungefähr vnii der Grüße einer größeren Haus-Wimperschwanz-
spitzmaus (^C. <(ranea) , doch in der Körperform von derselben
wesentlich unterschieden.
Der Kopf ist verhällnißmäßig etwas nieder, der Rüssel lang
und spitz. Die Ohren sind ziendich groß, freiliegend und kahl. Der
Schwanz, welcher nicht ganz von halber Kürperlänge ist, ist dünn
und schmal, von der Wurzel gegen die Spitze sich ziemlich rasch
4()H
1 I / I II }> (■
vcrdümu'iul, gcnimlet, uiitl mii' sehr sjiärlicli mit kurzen iiiiliegciidcii
Maaren und eingemengten längeren, abstehenden und nach rückwärts
gerichteten Wimperhaaren besetzt, so daß er beinahe völlig kahl
erscheint. Im OlterkielVr sind jederseits drei Lückenzäiine vorhanden.
Die Färltiing ändert etwas nach den Jahreszeiten. Im Sommer,
wo das Haar kurz und glattanliegend ist, erscheint dieselbe auf der
Oberseite des Körpers glänzend chocoladebraun, auf der Unterseite
schmutzig blaulichhraun; im Winter dagegen, wo das Haar länger
ist, heller und mehr rijtiilichbraun, da die Haarspitzen zu jener Zeit
von dieser Färbung sind.
Körperlänge 3" 2'".
Länge des Schwanzes 1" 4'".
Vaterland. Japan, wo diese Art, welche von Siebold
entdeckt und von Temminck zuerst beschrieben wurde, an den
Ufern der ßergströnie angetroffen wird. Die Japanesen bezeichnen
sie mit dem Namen „Dsi-nesvmi''' .
24. Die umberbraune Wimpersehwanzspllziiiaas (Crocidnra umbrina).
C. unicolor nitide ohscnre nigro-fusca; cauda teiiiii , lereli,
corpore pnrum /treeiore.
Sorej7 umbriiin^. Temm. Fauna japon. V. 1. p. 27.
VVagn. Schreher Säugth. Suppl. B. V. S. 562.
Nr. 38.
Crocidnra nrtdtr in a. Wagn. Schreher Säugth. Suppl. R. V. S. 562.
Nr. 38.
Sorex umbritiKs. Giebel. Säugeth. S. Ollö. Note I.
Crocidura umbrina. Giebel. Säugeth. S. 903. Note I.
Beträchliicli kleiner als die chocoladebraune Wimperschwanz-
spitzmaus ((\ JJsi-NezumiJ und von derselben nicht nur durch die
kürzere Schnauze und den viel längeren Schwanz, sondern auch durch
die Färbung sehr deutlich verschieden.
Der vSchwaiiz, desseu LÜMge nicht ganz die volle Körperlänge
erreicht, ist dünn und schmal, von der Wurzel gegen die Spitze all-
mählig sieh verdünnend, gerundet, au der Wurzel dicht behaart, im
weiteren Verlaufe aber nur spärlich mit kurzen anliegenden Haaren
inid eiiigemengten einzelnen längeren, abstehenden und nach rück-
wärts gerichteten Wiuiperhaaren besetzt. Im Oberkiefer sind jeder-
Kiifisclie rnlersiirlniii^iMi iilicr ilii- Siiil/.niiiiist' (Sorken) elc. 4b i
seits drei Lückenzäline vdrliaiidcii und siiiimilliclic Zähne sind durcli-
aiis einfarbig wellx
Die Fürbniif»- der Ober- sowobi, ;ds Unterseile des Körpers ist
einlärltig glänzend dunkel seh\var/.br;inn oder umberbraini.
Körperlänge 2" 4'"
Länge des Scbvvanzes 2 .
Vaterland. Japan, wo Siebold diese Art entdeckte und von
welcher Temminck die erste Beschreibung gab.
25. Die scilicfcrscilwarze Wimperschwanzspitzinaas (Crocidnra
NeweraJ.
C. notaeo schistaceo-tiigro, leviter rufescente-lavato, gastraeo
pallidiore schistaceo; cauda nigra, tenui, iereti ultra ~/s corporis
longiludine.
Corsira iSeivera Ellia. Kelaart. Ann. of Nat. Hist. sec. ser. V. VIII.
p. 340.
Corsira nigrescens. Var.? Kelaart. Ann. of Nat. Hist. sec. ser. V.
VIII. p. 340.
Sorex Newera. Wagn. Scbreber Säugth. Supp. B. V. S. 564.
Nr. 44.
Crocidura Neicera. Wagn. Scbreber Säugtli. Suppl. B. V. S. 564.
Nr. 44.
Sorex nigrescetis? Giebel. Säugeth. S. 905. Note 1. Nr. 3.
Crocidura Newera. Fitz. Säugeth. d. Novara-Exped. (Sitzungsber.
d. math. naturw. Cl. d. kais. Akad. d.
Wiss. B. XLII. S. 392.)
Die Obren sind verbältnißmäßig groß, freiliegend und kahl.
Der Scbvanz, dessen Länge über ^ ., der Körperlänge beträgt, isl
dünn, gerundet und mit kurzen anliegenden Haaren besetzt, zwischen
denen längere und steifere, abstehende und nach rückwärts gerichtete
glänzende Wimperhaare eingemeng:t sind. Im Oberkiefer sind jeder-
seits drei Lückenzähnc vorbanden.
Die Oherseite >\{i<. Körpers isl schieferscbwarz, mit sehr schwa-
chem rötblicbem Schimmer, die Unterseite heller rein scbieferfarben,
obne rötblicbem Anfluge. Der Schwanz ist schwarz, die Krallen sind
weiß. Die Zähne sind durcliaus einfarbig weiß.
Körperlünge 3'' (>'".
Länge des Sclnvanzes 2" 6".
468 Ki (/. i h-or.
Vaterland. Ceylon, wo diese Art, welche zuerst von Kelaart
beschrieben wurde, in Newera Elija vorkommt und bis zu einer be-
deutenden Höhe in den Bergen emporsteigt, indem sie selbst noch
auf dem Pedroteilgala, dem höchsten Berge Ceylon's, angetrolTen
wirde Zelebor brachte sie mit der Novara-Expedition angeblich
von Java.
Kelaart war nicht gewiß, ob diese Form wirklich eine selbst-
ständige Art bilde, oder ob sie inu* für eine Abänderung der von
Gray aufgestellten Corsira nlgrescens zu betrachten sei. Da jedoch
aus der völlig verschiedenen Schwanzbehaarung und den in schwarz-
braune Spitzen und Schneiden endigenden Zähnen hervorgeht, daß
diese, wie schon Wagner richtig bemerkte, einer ganz anderen
Gattung angehöre, und ausserdem noch nach den späteren Unter-
suchungen von Blytb sogar im Zabnbaue eine sehr bedeutende
Verschiedenheit darbietet, die ihn bewog für dieselbe eine be-
sondere Gattung, nämlich die Gattung Trugspitzmaus (Soriculus)
aufzustellen, so ergibt sich Kelaart's Vermutbung als völlig un-
begründet.
5. (latt. %icr.^pi<%iiiaim (Mßi/ßio»nesodonJ,
Der Leib ist nur mit weichen Haaren bedeckt. Vorder- und
Hinterfüsse sind fünfzehig. Die Zehen sind frei. Die Schnauze ist
stark verlängert und endiget in eine über die Unterlippe ziemlich weit
hervorragende spitze, rüssellörmige Nase. Die Ohren sind ziemlich
groß, nicht seiir kurz, stark aus den Haaren hervorragend, und
durch einen an ihrem Grunde befindlichen Lappen verschließbar. Der
Schwanz ist mittellang, gerundet, geringelt und geschuppt, ziemlich
dicht mit kurzen anliegenden IFaaren und einzelnen eiiigemengten
langen, absiebenden und nach rüekwiirls gerichlelen Wimperhaaren
besetzt, und an der Wurzel nicbl besonders dick, allmählig sich ver-
dünnend. Sohlen und Zehen sind nicht gewimpert. Eckzähne fehlen.
Die Schneiden der unteren Vorderzähne sind nicht gezähnelt und an
ihrer Hinterseite mit keinem Ansätze versehen. Sämmtliclie Zähne
sind durchaus einfarbig weiß. Im Oberkiefer sind jederseits zwei
Lüekenzäbne vorbanden. Die Krallen sind niclil zurückziehbar. jene
der Vorderfüsse nicht größer als die der Hinterfüsse.
Kritische L'iitersuchuii^eii üiit-r >lie Spiti^mausL' (Soikes) etc. 4b J
Zahnfoi-mel: Vorderzhlme .^ , Lckzahiie -^-^ , LuektMi-
zähiie ~ — ^ , Backenzähne -^—^ = 20-
1. Die kirgisische Xierspitimaus (Diplomesodon pulchellus).
D. nofaeo schistaceu, mncula magna parallefogramma nivea
nofalo, lateribus, gastrueo, cauda peddfusque niueis; auricnlis
externe schistaceis, interne niveis; c,
die zwischen den Gattungen Winipersclnvanzspitznians (CrocidurnJ
und llalhspilznuuis (^Myunorc.vJ in der Mitte stellt.
Die Ohren sind klein, sehr kurz , und nur sehr wenig ans dem
Pelze hervorragend. Die Füsse sind autfallend stark, die Vorderfüsse
sehr breit und die Krallen derselben lang, schwach gekrümmt und
langer als jene der lliMti-rCüsse. Der Schwanz, welcher etwas länger
als der halbe Kiirpcr ist, ist gerundet, an der Wurzel dick, allniählig
sich verdünnend, und nicht sehr dicht mit kurzen aidiegenden Haaren
und einzelnen eingemengten langen, abstehenden und nach rückwärts
gerichteten \\'imj)erhaaren hesetzt, an der Spitze aber völlig kahl.
Die Körperbeiiaarung ist ziemlich lang und sehr weich. Im Oberkiefer
sind jederseits vier Lückenzähne vorhanden, von denen der erste
ziemlich groß, der letzte klein und die heiden nn'ttleren von gleicher
Größe sind. Die oberen Vorderzähnc sind nicht sehr stark gekrümmt,
und die Sciineiden der unteren sind gezähnelt, und bieten zwei Aus-
höhlungen und drei Spitzen dar. Sämmtliche Zähne sind klein und
durchaus einfarbig weiß.
Die Ober- sowohl, als auch die Unterseite dts Körpers ist ein-
farbig schwärzlich und sehr schwach röthlich überflogen. Die kahle
Schwanzspitze ist fleischfarben.
Körperlänge 4" 3'".
Länge des Schwanzes 2" 3"'.
„ des Hinterfußes 10 1/3'".
Breite des Vorderfusses 3'".
Länge der vorderen Mittelkralle 3'".
Vaterland. Ceylon. Von Kelaart daselbst entdeckt und auch
zuerst beschrieben.
7. Gatt. Ilalb»>pil7iiiiaii.*$ fJlyosorcJoJ,
Der f^eih ist nur mit weichen Haaren bedeckt. V^order- und
Hinterlüsse sind fünfzehig. Die Zehen sind frei. Die Schnauze ist
stark verlängert und endiget in eine über die Unterlippe ziemlich
weit hervorragende spitze, rüsselförmige Nase. Die Ohren sind klein,
sehr kurz, viillig unter den Haaren versteckt und durch einen an
ihrem Grunde helindlichen fjaj)pen verschließhar. Der vSchwanz ist
Ki'itisclie Uiiteisuchuiigeii über die Spitzmäuse (SoriceaJ etc. 4 f 3
mittellaiig, gerundet, geringelt und gescliuppt, dicht mit kurzen an-
liegenden Haaren besetzt, und an der Wurzel nicht dicker als im
weiteren Verlaute. Sohlen und Zehen sind nicht gewimpert. Eckzähne
fehlen. Die Schneiden der unteren Vorderzähne sind niclit gezähnelt
und an ihrer Hinterseite mit keinem Ansätze versehen. Sämmtliche
Zähne sind durchaus einfarbig weiß. Im Oberkiefer sind jederseits
drei Lückenzähne vorhanden. Die Krallen sind nicht zurückziehbar,
jene der Vorderfüsse größer als die der Hinterfüsse.
Zahnformel: Vorderzähne — , Eckzähne ^r — ~, Lücken-
3 3 4 4
zahne - — -, Backenzähne ~ — 5- = 28.
i. Die gesprenkelte Halbspitzmaus (Myosore.v vuriusj.
M. notaeo grlseo, pallide f'errugineo-fusco irrorato . lateribus
griseis, gastrneo sordide ulbido ; pedihus sordide flavescente-albi-
dis; cauda f'ere dimidii corporis longitudine.
Sore.v varius. Smuts. Mammal cap. p. 108.
Myosorex varius. Gray. Proceed. of the Zool. Soc. V. V. (1837.)
p. 124.
Sorex varius. A. Smith. Illustr. of the Zool. of South. -Afr. V. I.
t. 44. fig. 2.
Sundev. Vetensk. Akad. Hand!. 1842. p. 181.
Mgosorex varius. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 78.
Sorex varius. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 77. Note 14.
t. 160. A. fig. 1.
Myosor ex varius, Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 77.
Note 14. t. 160. A. fig. 1.
Sorex cinnamomeus. Jun.t Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II.
S. 77. Note 14.
Crociduracimiamomea. Juu.f Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II.
S. 77. Note 14.
Sorex varius. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 343, 384. fig. 724.
Crocidura varia. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 343, 384.
fig. 724.
Sorex cinnamomeus. Juug? Reichenb. Naturg. Raubth. S.
343, 384.
Crocidura cinnamomea. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 343, 384.
Sifzh. «i. matlieni.-iiatuiw. Cl. LVII. Bd. I. Abth. 3i
1" i ( /. i II H' e r,
Sore.v varius. Wagii. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 564, 807.
Nr. 47.
Myosorex varius. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 564,
807. Nr. 47.
Sorex varius. Victor in. Zoologiska Anteekningar under en Besä
üf Caplaiidet. p. 16. Nr. 14. (Vetensk. Akail.
Handl. 1858. B. II. Nr. 10.)
„ cinnnmomeus. Giebel. Säugeth. S. 904.
Crocidnra cinnamomea. Giebel. Säugeth. S. 904.
Myosorex varius. Fitz. Säugeth. d. Novara-Exped. Sitzungsber. d.
math. naturw. Cl. d. kais. Akad. d. Wissensch.
B. XLII. S. 392.
Diese höchst ausgezeichnete Form, welche in der Größe, den
körperlichen Verhältnissen und dem Zahnbaue einigermaßen an die
Haus -Wimperschwanzspitzmaus (C. aranea) erinnert, bildet den
Repräsentanten einer besonderen Gattung.
Ihr Kopf ist ziemlich hoch, die Schnauze verhältnißmäßig etwas
kurz, der Rüssel spitz. Die Ohren sind vollständig unter dem Pelze
versteckt. Der Schwanz, dessen Länge nahezu die halbe Körperlänge
einnimmt, ist gerundet, dünn, und dicht mit kurzen anliegenden
Haaren besetzt. Die Krallen der Vorderfüsse sind beträchtlich größer
als jene der Hinterfüsse. Die Behaarung des Körpers ist reichlich und
dicht, weich, wollig und etwas gewellt. Die Schnurren sind nicht
besonders lang. Im Oberkiefer sind jederseits drei Lückenzähne vor-
handen, von denen der mittlere viel kleiner als der hintere ist. Im
Unterkiefer ist der hintere Lückenzahn hinter seiner großen Spitze
noch mit einer zweiten kleineren versehen. Sämmtliche Zähne sind
durchaus einfarbig weiß.
Die Färbung der Oberseite des Körpers erscheint grau und licht
rostbraun gesprenkelt, da die Haare, welche an der Wurzel durch-
gehends schwarz sind,theils in weißlichgraue, theils in licht rostbraune
Spitzen endigen. Die Leibesseiten sind mehr einfarbig grau und auf
der Unterseite geht diese Färbung allmälig in schmutzig weißlich
über. Die Füsse sind schmutzig gelblichweiß gefärbt.
Körperlänge 3" 4". Nach Smuts.
Länge des Schwanzes 1" 6'".
Körperlänge 3". Nach Wagner.
Länge des Schwanzes 1" 4'".
Kritischi- L'iilersiichung^eii ülier die Siiitziiiäiise (Sarires) etc. 4T5
Vi! t erl;i 11(1. Sinl-At'rikii. ('jip-Cdhtnif, Wd diese Art, welche von
Snuits zuerst hesehriebeii wurde, in den südlichen und östlichen
Theilen und vorzüglicli an der Algoa-Bni häufig angetroffen wird.
Wagner hielt es früher, hevor er diese Form noch kannte,
nicht für unniöglicii , dall'« dieselbe nur das junge Thier der zimmt-
färhigen Winiperschwanzspitziniius (C. c'ninamomeu) sei, da Gray
beide Arten für identisch betrachtete.
2. Die gewässerte Halbspitznmas (Myosorex HerpestesJ.
M iiotiieo tjriseo, rufcHveute-fuscu-irrordto, ). p. 4.
Sore.v a/pinus. Selys Longcb. Micromammal. p. 22. Nr. 100.
„ „ Bona parle. Iconograf. . Naturg. Iiaiiblli. S. 338. 384.
(ig. 722.
Sorex Antinorii. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 345.
Note 1.
„ fdpinus. Jim. Blas. Fauna v. Deutsch!. S. löO.
„ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 802.
Eine der Alpen-Spitzmaus (S. alpinusj nahe siehende Art,
welche sich aber nicht nur durch die geringere Körpergröße, die aus
Kiilische UiUersuchimscii iiln'r die S|>i(/.m:inse (Snikes) etc. 48 1
dem Pelze etwas weiter liervorragenden Ohren und den heträelitlicli
längeren Schwanz, sondern auch durch die völlig verschiedene
Färbung von derselben unterscheidet.
Der Kopf ist gestreckt, der Rüssel lang und spitz. Die Ohren
ragen sehr deutlich aus den Haaren hervor und der Schwanz, welcher
etwas länger als der Kitrper ist, ist dünn, vierseitig, und mit kurzen
anliegenden Haaren besetzt. Die Schnurren sind lang.
Die Färbung ist einfarbig hellgelblich- zimmtlarben, auf der
Unterseite etwas lichter.
Körperlänge 1" 11'"
Länge des Schwanzes 2".
Vaterland. Wahrscheinlich Piemont oder Savoyen.
Prinz Bon*aparte stellte diese Art nach einem im Turiner
Museum betindlichen ausgestopften Exemplare auf, dessen Heimat
nicht bekannt war. Daß an eine Zusammengehörigkeit mit der ge-
meinen Spitzmaus (S. vulgaris) nicht zu denken ist, geht — ab-
gesehen von der verschiedenen Färbung — schon aus der weit
größeren Schwanzlänge hervor. Blasius ist geneigt, diese Form
für ein junges, ausgehleichtes Exemplar der Alpen-Spitzmaus (S. ii iilicr die Siiilziniiiisc (Sorircs) efe. 4rOO
Wdsser-Spizmnm? Schrank. Fauna Boica. H. I. 8. GO. Nr. 2(1.
Square taiied shrew. Shaw. Gen, Zool. V. I. P. II. p. 537.
Common sltrew. Shaw. Gen. Zool. V. I. P. II. p. 537.
Spilzmana mit vierseitigem Schwänze. Rechst. Naturtif. Deutsch).
B. I. S. 883.
Grabende Spitzmaus? Rechst. Naturg. Deutschi. R. I. S. 883.
Sorex tctra(jonnrus. Hermann. Ohserv. zool. T. I. p. 48.
„ Araneus. II liger. Prodrom, p. 125.
„ tetraf/onurus. Geoffr. Ann. du Mus. V. XVII. p. 177. Nr. 3.
t. 2. fig. 3.
„ „ Des mar, Nouv. Dict. d'hist. nat, V, XXII.
p, 63. Nr. 3.
Des mar. Mammal. p. 150. Nr. 234.
Encycl. meth. t. 29. fig, 2.
Sorex tetragotiurus. Fr. Cuv. Dict. des Sc, nat. V. XXXIII.
p. 425. Nr. 3.
Isid. Geoffr. Dict. class. V. XI. p. 320.
„ „ Gloger. Nov. Act. Acad. Nat. Curios.
V. XIII. P. II. p. 491.
„ „ Tuv. Regne anim. Edit. II. V. I. p. 127.
„ Daulxntonii. Cuv. Regne anim. Edit. II. V. I. p. 127.
„ tetragonurus. Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 293. Nr. 3.
„ Fisch. Synops. Mammal. p. 253, 580. Nr. 5.
„ araneus. Fisch. Synops. Mammal. p. 254. Nr. 6.
Wagl. Syst. d. Amphih. S. 14.
„ constrictus. Fitz. Fauna. Reitr. z. Landesk. Österr. R. I.
S. 295.
„ araneus. Melchior. Danske Patt. p. ß9.
Nilss. Illum. fig. Fase. 16. t. \\2.
„ vulgaris. Nilss. Skand. Fauua. V. I. p. 75.
„ tetragonurus. Gloger. Säugeth. Schles. S. 7.
„ „ Zawadzki. Galiz. Fauna. S. 18.
„ Daubentonii. Raillon. Catal.
„ araneus. Rell. Rrit. Quadrup. [». 109. c. fig,
Corsira vulgaris. Gray. Proeeed. of the Zool. Soc. V, V. (1837.)
p. 124.
Amphisore.v tetragonurus. Jenyns. Ann. of Nat. Hist, V. I. p. 423,
— y. II. p. 326.
484 P i I /. i n - e r.
Sore.v vulgaris. Jeiiyns. Magaz. of Zool, aiul Bot. V. II. t. 1.
fig. 2.
Nathiis. Wiegm. Ai-ch. B. IV. Th. I. S. 4S.
Amphisore.i' frfrar/()?ntri(s. Duvei'n. Mem. de la Soc. d'hist. iiat.
d. Strasbourg. V. IL p. 19. t. 1. fig. 2.
— V. II. Siippl. 3. p. 4.
Sorex vulgaris. Lenz. Naturg. B. I. S. 78.
Jenyns. Ann. of Nat. Bist. V. II. Nr. 329.
„ tetrugonurus. Selys Longch. Micromammal. p. 18.
„ „ Selys Longch. Faune beige, p. 2S.
„ araneus. Bon aparte. Iconograf. della Fauna ital. t. 18.
fig. 1, 2.
„ vulgaris. Keys. Blas. Wirbelth. Europ. S. 17. Nr. 111. —
S. 59.
„ „ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 30.
Nr. 3.
Sundev. Vetensk. Akad. Handl. 1842. p. 183.
Corsira vulgaris. Gray. Manimal. of tlie Brit. Mus. p. 79.
So7'ea^ tctragonnrus. Bei eben b. Naturg. Raubth. fig. 483.
vulgaris. Reich enb. Naturg. Raubth. S. 344. fig. 484,
485.
„ „ Middend. Sibir. Reise. Säugeth. S. 76.
„ „ Geniininger, Fahrer. Fauna Boica. t. 8. b.
Wagner. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 544.
Nr. 5.
Fitz. Naturg. Säugeth. B. I. S. 422. fig. 81.
„ „ Giebel. Säugeth. S. 900.
Amphisorex vulgaris. Giebel. Säugeth. S. 900.
Diese höchst ausgezeiclinete und unter den europäischen Formen
sehr leicht zu erkiMinende Ai-t, w eiche als der Typus dieser Gattung
angesehen werden kann, ist nahezu von der Größe der Haus-
Wimperschwanzsjtilzniaus (Crocidura aranea) , in der Regel aber
immer etwas kleiner.
Die Schnauze ist minder scbmäclilig als bei dieser, und ver-
hältnißmäßig etwas breit, die Oberlippe bisweilen ziemlich ange-
schwollen und das llaar über der Nasenwurzel bei alten Männchen
gewöhnlich etwas aulgericbtet oder gesträubt. Die Ohren sind kurz,
nur wenig aus dem Pelze hervorragend und beinahe in demselben
Kritische Uiilersuchiiiiy^eii über die Spilz-iiiüiise (Surives) etc. 4o5
versteckt. Die Augen stehen in der Mitte zwischen der Hüsselspilze
und der Ohrüffnung. Der Schwanz, dessen Länge nahezu an 3/3 der
Korperlänge, hei gewissen Abänderungen aber auch nur etwas mehr
oder weniger als die Flälfte derselben beträgt, ist schwach vierkantig,
oder auch gerundet, schlank, fast seiner ganzen Länge nach von
gleicher Dicke, oder nur in der Mitte bisweilen etwas dicker, blos an
der Spitze schwach verdünnt, und bei jungen Thiereu dicht mit
kurzen anliegenden und am Ende einen kleinen Pinsel bildenden
feinen Haaren besetzt, so daß die Schwanzringe nur wenig sichtbar
sind, bei sehr alten aber beinahe völlig kahl. Die Füsse sind ver-
hältnißmäßig etwas stark, besonders aber die Vorderl'üsse, die Zehen
an den Seiten mit sehr kurzen und nur wenig bemerkbaren Haaren
besetzt. Die Schnurren sind ziemlich lang. Die Schneiden und
Spitzen der Zähne sind in der ersten Jugend schwarzbraun, welche
Färbung bei zunehmendem Alter in Folge der Abnützung sowohl an
Intensität, als auch an Ausdehnung abnimmt, in Rothbraun oder
späterhin in Rothgelb oder Bräunlichgelb übergehl und im hohen
Alter bisweilen ganz verschwindet.
Die Oberseite des Körpers ist dunkel roth- oder kastanienbraun,
bisweilen aber auch schwarzbraun; die Leibesseiten sind ziemlich
scharf von der Rückenfarbe abgeschnitten, hellbräunlich und nicht
selten graugelb überflogen. Die Unterseite des Körpers ist graulich-
weiß, mit gelblichem oder bräunlichem Anfluge, besonders aber
gegen die Leibesseiten hin. Diese Verschiedenheit in der Färbung
ist nur durch die Farbe der Haarspitzen bedingt, da sämmtliche
Haare an der Wurzel dunkelgrau sind. Der Schwanz ist oben
dunkelbraun, unten bräunlichgelb, häufig mit hell violett-glänzendem
Anfluge. Die Füsse sind bräunlich, die Zehen etwas heller gefärbt.
Die Lippen sind weißlich, die Schnurren schwärzlich.
Körperlänge .:.... 2" 7'". Nach Duvernoy.
Länge des Schwanzes . . 1" 8'".
Körperlänge 2" 7'". „ Etienne Geoffroy.
Länge des Schwanzes , . 1" 6'".
Körperlänge 2" 8'". „ Wagner.
Länge des Schwanzes . . 1" 9'".
Körperlänge 2" 9'" — 3". N. Gemm. u. Fahr.
Länge des Schwanzes . . 1" 6'" — 1" 7'".
„ des Kopfes . . . IO2/3'".
486
F i f z i II "■ e r.
Länge des Rumpfes 1" 10'//".
Schultei'hühe ^i/^"'.
Kreuzhülle 8'/.'".
Entfernung der Augen von der
Rüsselspitze 4'/./".
Entfernung der Augen vom
hinteren Ohrrande .... t>'/^"'.
Länge des Vorderfuües ein-
schliefJilich der Mltlelkralle . 4'".
Länge des Hinterfußes ein-
schließlicli der Mittelkralie . (>'".
Länge der Sehnurren .... '/..' — '^"'■
^^'lterland. Nord- und Mittel-Europa und Nord-Asien. Wir
kennen diese Art his jetzt aus Österreich, Galizien , Schlesien,
Deutschland, Sachsen, Baiern, Würtemherg, Elsaß, Frankreich,
der Lomhardie, Belgien, Dänemark, England, Schweden, Rußland
und Siliirien, wo sie sich his an die Küste des Ochotskischen Meeres
erstreckt und nordwärts his zum 71. Grade reicht. In Deutschland
ist sie sehr gemein, und in England sind es mehr die moorigen
Gegenden, welche ihr zum Aufenthalte dienen.
Duvernoy, welcher die He rma nn "sehen Original-Exemplare
im Straßhuiger Museum zu untersuchen Gelegenheit hatte, bemerkt,
daß er die von Hermann angegehene schwarzgraue Färbung an
denselben nicht getrotreii. Ohne Zweifel waren jene Exemplare
längst verbleichl.
3 (1. Die dickst'hwilnzlge gemrine vSpitzmaus (Sorex vulgaris,
nunculariusj.
S. i'ii/i/aris, HÜjro-f'uscfis, gastraeo pnllU/iore ; caiida paiil/o
iiUfd i'el f'eve -/■. corporis loiigitudine, hasi npiceqnc parioii
npplfHKifa, teiniiore, medio lereti, iiwrassatn : dcntibus primorihus
flarcsceiitibuH.
Sorrx fodiois. Bechst. Naturg. Deutsclil. Aiitl. 1. H. 111. S. 73(5.
.. Ereniita. Bechst. Abbild. Cent. II. S. 22. t. 14.
Meyer. Zool. Ann. 15. I. S. 323.
Grabende Spifznutas. Sorc.vcniiicularius. B e c h s t. Naturg. Deutschi.
B. I. S. 879.
Kritische Uiifersiicliuiiiren i'lher ilif S|)itzmäiise fSoricfs) etc 4o (
Sorex mnstrictus. Geoffr. Ami. du Mus. V. XVII. \\. 178. Nr. 4.
t. 3. fig. 1.
Des mar. Nouv. Dict. (I'hisl. iiat. V. XXII. |.. 68.
Nr. 4.
Desniar. Mainmal. p. 151. Nr. 235.
Eiicycl. metli. Suppl. t. 4. fig. 6.
Sorex constrictm. Fr. Cuv. L)ict. des Sc. uat. V. XXXIII. p. 420.
Nr. 4.
Isid. Geoffr. Dict. class. V. XI. p. 320.
„ Danbeutunii Cuv. Regne anim. Edit. II, V. I. p. 127.
,. coNsfn'ctus. Griffitli. Anim. Kingd. V. V. p. 293. Nr. 3.
Fisch. Synops. Mammal. p. 253, 580. Nr. 4.
„ ciinicularins. Jäger. Würtemb. Fauna. S. 13.
„ constrictiia. Fitz. Fauna. Beitr. z. Landesk. Österr. B. l
S. 295.
„ Hermanni. Holandre. Faune du Uep. de la Moselle.
(1836.)
„ vulytiriH. Nathus. Wiegni. Arcli. B. IV. Tli. I. S. 45.
■ „ Viir. Wagn. Schreher Säugtli. Suppl. B. II. S. 56.
N. 3. Note 13.
Corslra vulgaris. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 79.
Sorex cuhjarh. Beichenb. Naturg. Raubtli. S. 344.
Wagn. Schreber Säugtb. Suppl. B. V. S. 544.
Nr. 5.
Giebel. Säugetb. S. 900.
Amphisorex vulgaris. Giebel. Säugetb. S. 900.
Die Merkmale, welebe dieser in Deutschland und insbesondere
in Thüringen, so wie auch in Frankreich vorkommenden Form eigen
sein sollen, sind den Beschreibungen Bechstein's und Etienne
Geoffroy's zufolge, welche uns mit derselben bekannt gemacht
haben, nachstehende.
Der Rüssel ist nicht sehr lang, etwas verdickt und ziemlich stark
behaart. Die Augen sind verhältnißmäßig nicht besonders klein. Die
Ohren sind kurz, nur sehr wenig aus dem Pelze bervorragenti und
beinahe völlig in demselben versteckt. Der Schwanz, dessen Länge
etwas über oder auch nur nahezu an ~/s der Körperlänge einnimmt,
ist an der Wurzel und der Spitze etwas abgeflacht und dünner, in
der Mitte gerundet und verdickt.
488 Fitzinger,
Die Färhung iles Körpers ist schwarzhraui), auf der Unterseite
heller. Die Vorderzähne sind gelLIicli.
Körperlänge 3" 3'". Nach Üechstein.
Länge des Schwanzes . . 2" 3'".
Körperlänge 2" T". „ Et. Geoffroy.
Länge des Schwanzes . . 1" 6".
Geoffroy glaubte in dieser Form llerniann's „Sorex con-
strictus'' erkennen zu sollen, welcher Ansicht die meisten älteren
N^aturforscher beitraten, obgleich dieselbe einer durchaus verschie-
denen Gattung, nämlich der Gattung Wasserspitzmaus (Crossopus)
angehört, und erst Nathusius wies ihre Zusammengehörigkeit mit
der gemeinen Spitzmaus (S. vulgaris) nach, welcher Behauptung
sich alle neueren Zoologen anschlössen.
Offenbar sind es auch nur die Schwanzform und hauptsächlich
die Färbung, welche sie von derselben als eine Abänderung unter-
scheiden lassen.
Über die Identität der von Bechstei n unter drei verschiedenen
Namen aufgeführten Formen kann den Untersuchungen von Nathu-
sius zufolge wohl kaum ein Zweifel bestehen und er sowohl, als
auch Wagner vereinigen dieselben unbedingt mit der gemeinen
Spitzmaus (S. vulgaris), obgleich die Bechstein 'sehen Beschrei-
bungen nicht ganz mit den Merkmalen dieser Art übereinstimmen.
Überhaupt gewinnt es den Anschein, daß die Bechstein'schen
Angaben nicht sehr genau seien, da Nathusius unter Hunderten
von Spitzmäusen, die er aus Thüringen erhielt, kein einziges Indivi-
duum traf, das vollständig mit den Bechs tein'schen Beschreibungen
übereingestimmt hätte.
3 h. Oift fahle gemciue Spitzmaus (Sorex vulgaris, palUdus).
S. vulgaris, unicolor pallide e.v flavescente-cinnamomeus,
gastraeo parum pallidiore ; cauda teuui, fere Vs corporis longi-
tudine; auriciilis parum e.v vidiere promhmUs.
Sorex. . . ? Bon aparte. Iconograf. della Fauna ital. t. 18. lig. 5.
„ Antinorii? Reichenb. Naturg. Raubth. S. 338, 384.
lig. 723.
Crocidura Antinorii? Reichenb. Naturg. Raubth. S. 338, 384.
fiif. 723.
Kritische Untersucliuiigeii iiher die äplt;eiiiäuse (SuricenJ etc. 489
Diese Fofiii ist tms bis jetzt nur juis einer Abbildung und einer
derselben beigefügten sehr kurzen Notiz bekannt, welche Prinz
Hon;q>arte von derselben ohne Angabe ihres Fundortes uns mit-
golheilt hat.
Er vergleicht sie mit seiner zinnntgelben Spitzmaus (^S. Anti-
uorii), mit welcher sie zwar bezüglich ihrer Körpertbrni und Farbe
übereinkommt, aber durch den beträchtlich kürzeren Schwanz auf-
fallend von derselben verschieden ist, und bezeichnet sie als „un
giovine d' incerta specie".
So viel sich aus der Abbildung entnehmen läßt, ist sie noch um
ein Drittel kleiner als die genannte Art; ihre Ohren ragen nur wenig
aus dem Pelze hervor, der Schwanz ist düini und seine Länge beträgt
nicht mehr als nahe an ^/g der Körperlänge.
Die Färbung ist einfarbig hell gelblich -zimmtfarben, auf der
Unterseite etwas heller.
Aller Wahrscheinlichkeit nach beruht diese Form, welche ohne
Zweifel italienischen Ursprunges ist, nur auf einer Farbenabänderung
der gemeinen Spitzmaus (^S. vulgaris)', doch können hierüber erst
spätere genauere Untersuchungen näheren Aufschluß geben.
3 c. Die düuuschDUDzige gemeine Spitzniaas (Sorex vulgaris,
coronatus).
S. vulgaris, saturate rufo-fuscus ; rostro longo, tenui, macula
ohscuriore ah apice ejus ad sinciput usque protema.
Sorea; coronatus. Millet. Faune de Maine et Loire, t. l. tig. 1.
Millet. Bullet, des Sc. nat. V. XVIII. p. 97.
„ ,, Fisch. Synops. Mammal. p. 580. Nr. 3. a.
„ vulgaris. Var. Nathus. Wiegm. Arch. B. IV. Th. I. S. 4S.
„ Beichenb. Naturg. Baubth. S. 344.
Der Bussel ist lang und dünn, verhältnißmäßig länger und
schmächtiger als bei den meisten übrigen europäischen Spitzmaus-
formen. Der Schwanz ist vierkantig.
Die Oberseite des Körpers ist tief rothbraun und ein dunkler
gefärbter Flecken erstreckt sich von der Büsselspitze bis zum Vorder-
theile des Oberkopfes.
Auf diese wenigen Worte beschränkt sich die ganze Charakte-
ristik, welche Millet von dieser in den trockenen sandigen Gegenden
des Departements der Maine und Loire in Frankreich vorkommenden
Sitzh. (1. mafheni.-nitturw. Gl. LVII. Bd. I. Abth. 32
490 Kit/, inger
und von Courtille in der Umgegend von ßlou aufgefundenen Spitz-
mausform gegeben hat.
Nathusius ist der Ansicht, daß dieselbe nur eine Abänderung
der gemeinen Spitzmaus {S. vulgaris) darstelle, und in der That
seheint dieselbe auch vollkommen begründet zu sein.
3 d. Die kastanienbraune gemeine Spitzmaus (Sorex vulgaris,
castaneus).
S. vulgaris, unicolor , notaeo obscure castaneo, gastraeo
pallidiore.
Sorex castaneus. Jenyns. Ann. of Nat. Hist. Vol. I. p. 424. —
V. II. p. 43.
„ „ Jenyns. Mag. of Zool. and Bot. V. II. p. 39.
„ vulgaris. Var. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 56.
Nr. 3. Note 13.
Corsira vulgaris'* Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 79.
Sorex vulgaris. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 344.
Giebel. Säugeth. S. 900.
Amphisor ex vulgaris. Giebel. Säugeth. S. 900.
Die Färbung ist auf der Oberseite des Körpers dunkel kastanien-
braun, auf der Unterseite heller.
In diesen wenigen Worten ist die ganze Charakteristik ent-
halten, welche Jenyns von dieser in England vorkommenden Form,
die er beschrieben, gegeben hat.
Wagner erklärt dieselbe wohl mit Recht nur für eine Farben-
abänderung der gemeinen Spitzmaus (S. vulgaris), während Gray
hierüber nicht gewiß ist.
3 e. Die dickschnanzige gemeine Spitzmaus (Sorex vulgaris,
labiosus).
S. vulgaris, capite longiore, rostro postice latiore, autice
obtusiore, labiis tumidis ; pedibus latioribus, robustioribus ; cauda
letragona, densius pilosa , pilis minus appressis, fere Vs corporis
longitudine.
Sorex labiosus. Jenyns. Ann. of Nat. Hist. V. II. p. 326.
„ vulgaris. Var. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B, II. S. 56.
Nr. 3. Note 13.
Kritische L'iitersuchuiig'eii über die Spitzmäuse (Sorices) etc. 491
Corsira vulgaris? Gray. Mammal. of tlie Biit. Mus. p. 79.
Sorex vulgaris. Wagii. Schreber Säugth. Suppl. B. H. S. 544.
Nr. 5.
Giebel. Säugetb. S. 900.
Amphisorex vulgaris. Giebel. Säugetb. S. 900.
Die Kürpergestalt im Allgemeinen ist jene der gemeinen Spitz-
maus (S. vulgaris) und auch die Größe ist nahezu dieselbe. Der
Kopf ist aber verbiiltnißmäßig länger, die Schnauze vor den Augen
breiter, an der Spitze stumpfer und um die Lippen auch mehr ange-
schwollen. Die Augen sind von den Ohren etwas mehr entfernt, die
Füsse sind merklich breiter und stärker, und die Krallen verhältniß-
mäßig lang. Der Schwanz, welcher beinahe 2/3 der Körperlänge ein-
nimmt, ist vierkantig und dichter mit kurzen, aber nicht so stark
anliegenden Haaren besetzt. Der Schädel stimmt in Bezug auf Form
und Grüße beinahe völlig mit jenem der genannten Form überein und
die Zähne bieten durchaus keinen Unterschied von derselben dar.
Auch die Färbung ist beinahe dieselbe, nur auf der Unterseite
des Körpers etwas dunkler.
Körperlänge 2" ßV^'"-
Länge des Schwanzes 1" 8'".
Entfernung der Ohren von der Rüsselspitze . 10" .
„ den Augen . . . 43/4'".
Diese Form wurde von Jenyns nach zwei Exemplaren, die in
der Umgegend von Frankfurt a/M. im Herbste eingesammelt wurden,
beschrieben und unter einigem Zweifel als eine besondere Art auf-
gestellt. Die Korpermaaße, welche er von derselben angibt, sind einem
Männchen abgenommen worden.
Ahnliche dickschnauzige Individuen der gemeinen Spitzmaus
(S. vulgaris) erhielt Lenz aus der Gegend von Schnepfenthal im
Fürstenthume Gotha und Wagner aus der Umgebung von München.
Letzterer erklärt daher die von Jenyns beschriebene Form
unbedingt für eine Abänderung der gemeinen Spitzmaus (S. vulgaris),
was auch die größte Wahrscheinlichkeit für sich hat. Eben so ist
Gray geneigt, sie mit derselben zu vereinigen. Die Differenzen,
welche sich zwischen diesen beiden Formen ergeben , beruhen
vielleicht nur auf einer Verschiedenheit des Alters oder des Ge-
schlechtes, worüber jedoch erst spätere, genauere Untersuchungen
einen Aufschluß geben müssen.
32*
492 Kitzinger.
3/". Die kammnasige gemeine Spitzmaas (Sorex vulgaris,
rhinolophns).
S. vulgaris, iiotaeo nitide obscure f'nsco, lateribus pallide
f'uscescentibiis , gastraeo albido ; cauda supra fuscu, infra albida,
dimidio corpore parum longiore ; rostro pilis supra nasum
errectis.
Sorex rhinoloplius. Wag). Isis. 1832. S. 54.
„ vulgaris. Alt. Mätmch. Nathus. Wiegm. Arch. B. IV. Th. i.
S. 45.
9, » « „ Wagn. Schreber Säugth. Suppl.
B. II. S. 56. Nr. 3. Note 13.
Corsira vulgaris. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 79.
Sore^v vulgaris. Alt. Männch. Reichenb. Naturg. Raiibth. S. 344.
„ „ „ „ Gemminge r, Fahrer. Fauna
boica.
„ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 544.
Nr. 5.
„ „ Giebel. Säugeth. S. 900.
Amphisorex vulgaris. Giebel. Säugeth. S. 900.
Der Schwanz, welcher etwas über die halbe Körperlänge ein-
nimmt, ist dünn, gerundet und dicht mit kurzen anliegenden Haaren
besetzt. Über der Nasenwurzel befindet sich ein kurzer Streifen
kammartig emporgesträubter Haare.
Die Oberseite des Körpers ist glänzend dunkelbraun , die
Leibesseiten sind hellbräunlich nnd die Unterseite ist weißlich. Der
Schwanz ist zweifarbig, oben braun und unten weißlich.
Körperlänge 2" 9'".
Länge des Schwanzes . 1" ßi/a "•
Dieß sind die Merkmale, welche Wag 1er von dieser in Baiern
vorkommenden nnd von ihm für eine selbstständige Art betrachteten
Form uns mitgetheilt hat.
Nathusius, dessen sorgfältigen nnd gründlichen Unter-
suchungen über die in Deutschland vorkommenden, der Familie der
Spitzmäuse angehörigen Thiere wir höchst wichtige Aufschlüsse zu
verdanken haben, erklärt diese Form für identisch mit der gemeinen
Spitzmaus (S. vulgaris) und betrachtet sie für ein geschlcclifsreifes
Männchen dieser Art, da der kammartig gesträubte Haarstreifeii über
Kiifisehf Untersiiohiingen über die Spitzmäuse (Sorices) etc. 49«»
der Nasenwurzel seinen Erlahrungcn zufolge ein Merkmal ist, das
allt'n älteren Männchen, bei welchen der Drüsenapparat gehörig
entwickelt ist und zwar nicht nur dieser, sondern auch anderen
Arten und namentlich der Zwerg -Spitzmaus (S. pygmaeiis) zu-
kommt.
Die übrigen von Wagler angegebenen Merkmale sind, mit
Ausnahme des Verhältnisses der Schwanzlänge zum Körper, ganz
ohne Belang, und der einzige Unterschied, welcher sich zwischen
dieser und der typischen Form der gemeinen Spitzmaus {S. vulgaris)
ergibt, würde darin bestehen, daß bei der ersteren der Schwanz
etwas kürzer ist. Hierin stimmt sie mit jener Form überein, welche
Wagler mit dem Namen „Sorex melanodon"^ bezeichnete. Mir ist
dieselbe auch aus Belgien bekannt.
3 g. Die sehwarzzahuige gemeine Spitziiiaas (^Sorex vulgaris,
melanodon).
S. vulgaris, notaeo nitide obscure fusco, lateribns dilidioribus,
gastraeo albo ; cauda supra f'iisca , it/fra alba, apice penicillata^
dimidio corpore parinn longiore ; apicibns dentium primorum nigro-
fuscis, caeterum rufo-fusris.
Sorex melanodon. Wagler. Isis. 1832. S. 54.
„ macrotrichus. Mehlis. Mscpt.
„ melanodon. Jung. Mehlis. Mscpt.
„ vulgaris. Jung. Nathus. Wiegm. Arch. B. IV. Th. I. S. 45.
Wagn. SchreberSäugth. Suppl. B. II. S.56.
Nr. 3. Note 13.
Corsira vulgaris. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 79.
Sorex vulgaris. Jung. Reiche nb. Naturg. Raubth. S. 344.
„ „ „ Gemminger, Fahrer. Fauna boica.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 544.
Nr. 5.
„ „ Giebel. Säugeth. S. 900.
Amphisor ex vulgaris. Giebel. Säugeth. S. 900.
Der Schwanz , dessen Länge etwas über die halbe Körperlänge
einnimmt, ist verhältnißmäßig etwas dick, gerundet, und mit kurzen
anliegenden Haaren besetzt, die sich nach hinten zu verlängern und
einen pinseliartigen Endbüschel bilden.
594 Kitziri{rer.
Die Färbung der Oberseite des Körpers ist glänzend dunkelbraun,
jene der Leibesseiten heller, die der Untertheile weiß. Der Schwanz
ist zweifarbig, oben braun, unten weiß. Die Spitzen der Vorderzäbne
sind braunschwarz, jene der übrigen Zähne rothbraun.
Kürperlänge 2" 9'".
Länge des Schwanzes 1" 63/4'".
Mit diesen Merkmalen bezeichnet Wagler eine in Baiern an-
getrolTene Form, in welcher er eine eigene Art erkennen zu sollen
glaubte.
Nathusius, welcher die Original-Exemplare sämmtlicher von
Wagler aufgestellten Spitzmaus-, Wimperschwanzspitzmaus- und
Wasserspitzmaus-Arten zu untersuchen Gelegenheit hatte, spricht sich
dahin aus, daß diese Form von der gemeinen Spitzmaus (S. vulgaris)
der Art nach nicht verschieden sei und nur für ein junges Thier der-
selben angesehen werden könne, wie er sich hiervon durch ein ihm
zugekommenes Weibchen dieser letztgenannten Art überzeugen konnte,
das ihm sammt den vollständig ausgebildeten, aber noch saugenden
Jungen überbracht worden war. Nach den Erfahrungen, welche er
bei den mit farbigen Zahnspitzen versehenen Spitzmäusen und
Wasserspitzmäusen gemacht, ist die Färbung dieser Spitzen gleich
nach dem Durchbruche der Zähne überaus dunkel und gesättigt, ja
selbst bisweilen schwarzbraun und nimmt mit zunehmendem Alter so-
wohl an Dunkelheit, als auch an Ausdehnung immer mehr und mehr
ab, oder verschwindet, wie Gemminger und Fahrer angeben und
auch ich mich überzeugte, bisweilen sogar gänzlich.
Sonach erübriget nur das verschiedene Verhältniß zwischen der
Länge des Körpers und des Schwanzes, welches diese Form von der
typischen Form der gemeinen Spitzmaus (S. vulgaris) unterscheidet,
indem der Schwanz bei der ersteren etwas kürzer ist. In dieser Be-
ziehung kommt sie aber ganz mit jener Form überein, welche Wag-
ler unter dem Namen „Sorex' rhinolophus" beschrieb.
Ob dieser Unterschied aber him-eichend ist, diese beiden For-
men, — welche jedenfalls mit einander der Art nach vereiniget
werden müssten, — specifisch von der gemeinen Spitzmaus {S. vul-
garis) zu trennen , müssen erst spätere Untersuchungen darthun.
Daß übrigens auch die von Mehlis als „Sorex macrotriduis''
bezeichnete Form mitVVagler's „Sore.v nieUmot/ofi" zusammenfalle,
Kritische Uiitersucliuiigeii über die Spitzmäuse (üuricc),/ etc. 495
wie tließ Meli lis schon selbst vermuthete, hatNathus ins genügend
dai'getlian. Genau dieselbe Form kommt auch in Österreich vor.
3 li. Die karzschwäazige gemeine Spitzniaas (Sorex vulgaris^
conchmus).
S. vulgaris, notaeo nitide obscure fiisco, luteribus rufescente-
fuscis, gnstraeo albido ; cauda fere bicolore, dimidio corpore parum
breviore ; npivibus dentium primorum croceis.
Soreoe concinnus. Wagler. Isis. 1832. S. 54.
„ vulgaris. Nathus. Wiegm. Arch. B. IV. Th. I. S. 45.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 50. Nr. 3.
Note 13.
Corsira vulgaris. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 79.
Sorex vulgaris. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 344.
„ „ Ge mm inger, Fahrer. Fauna boica.
„ „ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B.V. p. 544. Nr. 5.
Giebel. Säugeth. S. 910.
Amphisorex vidgaris Giebel. Säugeth. S. 900.
Der Schwanz ist etwas kürzer als der halbe Körper, gerundet,
geringelt und ziemlich dicht mit kurzen anliegenden Haaren besetzt.
Die Oberseite des Körpers ist glänzend dunkelbraun; die Leibes-
seiten sind rüthlichbraun, die Unterseite ist weißlich. Der Schwanz
ist beinahe zweifarbig. Die Spitzen der Vorderzähne sind safrangelb.
Körperlänge 2" 11".
Länge des Schwanzes 1" 5".
Auf diese Kennzeichen gründet Wagler eine von ihm für
eine selbstständige Art betrachtete Form, welche er in Baiern an-
getroffen hat.
Eine genaue Untersuchung, welche Nathus ins mit dem
Wagler sehen Original -Exemplare vorgenommen hat, führte aber
zu dem Resultate, daß diese Form keineswegs eine selbstständige
Art darstelle, sondern nur für eine Abänderung der gemeinen Spitz-
maus (^S. vulgaris) angesehen werden könne.
In der That besteht die Differenz, welche sich zwischen diesen
beiden Formen ergibt, auch nur in einer geringen Abweichung in der
Färbung, welche übrigens bei der gemeinen Spitzmaus (S. vidgaris)
— wie wir aus der Erfahrung wissen — keineswegs beständig ist.
496 F i I / i I. - e r.
und in dem kürzeren Schwänze , welches letztere Merkmal jedoch
allerdings einer größeren Berücksichtigung werth erscheint, daher
es wünsehenswerth wäre, wenn hierauf hei späteren Untersucliungen
vorzüglich Bedacht genommen werden würde. Die safrangelheFärhung
der Spitzen der Vorderzähne kann nicht für ein Unterscheidungs-
merknial gelten, da es thatsächhch erwiesen ist, daß sich die Fär-
hung der Zahnspitzen in Folge der Almützimg verändert.
3 I. Die weissschwänzige gemeine Spitzmaus (Sorex vulgaris,
leucnrus).
S. vulgaris, uotaeo f'uscescente , gasfraen albido; cauda brevi,
upicem versus alhida.
Sorex leucurus. Shaw. Gen. Zoo). V. I. P. II. p. ö38.
„ constrictus. Fisch. Synops. Mammal. p. 2ö3. Nr. 4.
Unsere ganze Kenntniß von dieser Form heschränkt sich auf
die überaus kurze und höchst ungenügende Beschreibung, welche
Shaw von derselben gegeben, indem er sie in folgender Weise
charakterisirt.
Oberseite bräunlich , Unterseite weißlich ; Schwanz kurz und
gegen die Spitze weißlich.
Fischer zieht sie zur dickschwänzigen gemeinen Spitzmaus
(S. vulgaris, cunicularinsj , von welcher sie sich jedoch schon
durch den kürzeren Schwanz zu unterscheiden scheint.
Meiner Ansicht zufolge stimmt sie weit mehr mit der kurz-
scbwänzigen gemeinen Spitzmaus (S. vulgaris, anicimins) überein,
deren Schwanz etwas kürzer als der halbe Körper ist und dürfte
lediglicli als eine Farbenabänderung derselben angesehen werden,
welche durch die weißliche Spitze ihres wSchwanzes ausgezeich-
net ist.
4. Die zArtfüssige Spitzmaus (Sore.v rusticus).
S. nnicolor, cinerco-fuscus, plus minusve rubido- vel flavido-
laoato; cauda crassiusculu , tereti, dense pilosn, pilix purum
appresis, fere 73 corporis longitudine; pedibus gracilibus ; uuri-
culis vellere l'ere absconditis ; rostro longo, tenui.
Sorex nraneus. Jenyns. Man. Brit. V^ert. p. 17.
„ rusticus. Jenyns. Ann. of Nat. Hist. \. I. p. 423. —
V. n. p. 263.
Kritiselie Uiitorsiirlniii};i'n iilier die Spitzmäuse (Soikes) etc. 497
Sore.v hihernicHS. Jenyiis. Ann. of Nat. Ilist. V. 1. p, 423. —
v! Vit. p. 263.
„ imlf/aris. Wagn. Schreber Säiigth. Siippl. B. 11. S. öS.
Note 13.
Corslrn rustica. Gray. Manimal. of the Brit. Mus. p. 79.
Sore.v vulgaris. Reiche nb. Naturg. Raiibtb. S. 344.
„ riisticm. Wagn. Sobivbcr Sängtli. Snppl. B. V. S. 544.
Nr. 5.
„ vnlgariü. Var.? Wagn. Schreber Sängth. Suppl. B. V.
s. un.
„ Giebel. Säugeth. S. 900.
Ämphisorex vulgaris. Giebel. Säugeth. S. 900.
Eine mit der gemeinen Spitzmaus (S. viiJgarisJ nahe verwandte
Form, die sich außer der merklich geringeren Größe, hauptsächlich
durch die dünnere Schnauze und die schmächtigeren Füsse von
derselben unterscheidet.
Die Schnauze ist ziemlich stark gestreckt und verhältnißmäßig
dünn. Die Ohren ragen nur sehr wenig aus dem Pelze hervor und
sind beinahe völlig unter den Haaren versteckt. Der Schwanz,
welcher beinahe 2/3 der Körperlänge einnimmt, ist nur von mäßiger
Dicke, gerundet, gegen die Spitze zu nicht verdünnt, beinahe walzen-
förmig und dicht mit kurzen, aber niemals völlig anliegenden Haaren
besetzt, die vorzüglich im jugendlichen Zustande sehr deutlich
abstehen. Die Füsse sind schmächtig.
Die Färbung des Körpers ist auf der Ober- sowohl , als auch
auf der Unterseite graulichhraun und mehr oder weniger röthlicli
oder gelblich übertlogen.
Körperlänge 2" 2'/2"'.
Länge des Schwanzes 1" 5'".
Vaterland. Irland und England, wo diese Art hauptsächlich
in trockenen Gegenden angetrulTen wird. In England ist dieselbe
aber bei Weitem nicht so häufig als in Irland.
Jenyns hat dieselbe zuerst beschrieben, aber ursprünglich
irrigerweise für die Haus- Wimperschwanzspitzmaus (C. (tranea)
gehalten. Wagner hält es ni(;ht für unwahrscheinlich, daß sie
vielleicht doch nur eine Abänderung der gemeinen Spitzmaus (^S^
vulgaris) sei und die Unterschiede, welche sich zwischen diesen
498 Kilziiiger.
beide» Formen ergeben, bauptsächlicli diircb die Verschiedenheit
des Wohnortes bedingt sind.
5. Die Zwerg-Spitzmaus (Sorex pygmaeus).
S. notaeo obscure ex fuscescente-cinereo, vel rufescente-fufico,
nitore atireo lavato, sensim in gastraei colorem transeunte,
gastrneo albido-grheo ; mento gulaque albido; pedibns albescen-
tibus ; cainla crassiuscula , tereti, bau constrictn , apicem versus
attenuata, penicilluta, partim ultra % vel fere 2/3 corporis longi-
tudine ; auriculis ex vellere jyrominnlis ; rostro longo, tenui.
Sorex minutus. Linne. Syst. nat. Edit. XII. T. I. P. I. p. 73.
Nr. 2.
„ pygmaeus. Laxmann. Sibir. Briefe. S. 72.
Pallas. Reise. B. II. S. 664.
Minute shrew. Penn. Synops. Quadrup. p. 308. N. 237.
Zwergmaus. Müller. Natursyst. B. I. S. 301.
Kleinste geschwänzte Sibirische Spitzmaus. Sehr eher. Säugth.
B. III. S. 577. Nr. 10.
Sorex minutus. Seh reber. Säugth. B. III. S. 578. Nr. 13. t. 161.
B. .
Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 122. Nr. 2.
,, ? Erxleb. Syst. regn. anim. B. I. p. 130, is*
„ minutus. Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch, u. d. Thiere.
B. II. S. 385. Nr. 318.
„ minutissimus. Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch, u. d.
Thiere. B. II. S. 385. Nr. 319.
„ coecutiens. Lax mann. Nova Acta Acad. Petropolit. V'. III.
p. 285.
Minute Shrew. Penn. Hist. of Quadrup. V. II. p. 481. Nr. 353.
Sorex minutus. Boddaert. Elencli. anim. V. I. p. 124. Nr. 10.
Gmelin. Linne Syst. nat. T. I. P. I. p. 112. Nr. 2.
„ exilis. Gmelin. Linne Syst. nat. T. \. P. I. p. 115. Nr. 11.
Mi7iute shretc. S h a w. Gen. Zool. V. I. P. II. p. 540.
Pygmy shreiv. Shaw. Gen. Zool. V. I. P. II. p. 540.
Sorex exilis. II liger. Prodom. p. 125.
„ minutus. II liger. Prodrom, p. 125.
„ pygmaeus. Pallas. Zoograph, rosso-asial. V. I. p. 134.
Nr. 58. t. 10. fig. 4.
Krilisflie L'ntersufliiiiigeii iiher leicht sie mit der Zvverg-Spitzniaus {S. pyymaeus),
welelier sie sich in der Größe und aucli in den Verhältnissen annähere.
Doch sei sie etwas grüßer als dieselbe und habe auch eine kürzere
Schnauze als sein „Sorcx (trimeus^ , der identisch mit der weiß-
bauchigen Wimperschwanzspitzmaus (C. Icucudon) und dessen
Schnauze gleichfalls kürzer als jene der Zwergspitzmaus (S- pyy-
maeus) ist.
Offenbar stellte er diesen Vergleich nur deßhalb an, um die
nähere Verwandtsciiaft seiner neuen Art mit „Sorex pyymaens'',
welcher derselben Gruppe angehört, hervorzuheben.
So viel aus der Abbildung zu ersehen ist, kommt diese Form in
ihrer Gestalt im Allgemeinen zunächst mit der gemeinen Spitzmaus
{S. vulyaris) überein und scheint sich von derselben nur durch die
geringere Körpergröße, die beinahe ganz in den Haaren verborgenen
Ohren, den etwas kürzeren Schwanz und die Färbung zu unter-
scheiden.
Ihr Kopf ist ziemlich hoch, der Rüssel mäßig lang und spitz.
Die Ohren sind klein und beinahe vollständig unter dem Pelze ver-
steckt. Der Schwanz, dessen Länge ungefähr die halbe Körperlänge
einnimmt, ist gerundet und dicht mit kurzen anliegenden Haaren
besetzt. Die Füsse sind kurz behaart.
Die Färbung ist auf der Oberseite des Körpers grauli«-h-rost-
farben, auf der Unterseite desselben rostgelblich. Der Schwanz ist
einfarbig gelblich-rostfarben.
Körperlänge ungefähr 2"
Länge des Schwanzes 1".
Genauere Körpermaaße sind nicht angegeben.
Vaterland. Südost-Europa, Krim. Von S. G. Gmelin daselbst
entdeckt und von Pallas zuerst beschrieben und abgebildet.
Schon Blas i US deutete auf die Wahrscheinlichkeit hin, daß
diese Form mit der Zwerg-Spitzmaus (S- pyymueiis) zusammen-
fallen könnte und Wagner betrachtet sie geradezu für identisch mit
derselben, obgleich sie sich von dieser außer dem etwas größeren
und volleren Körper und der verschiedenen Färbung, durch den viel
höheren und kürzeren Kopf, die kürzere und dickere Schnauze, die
mehr im Pelze versteckten Ohren, die kürzeren Schnurren, die
größeren und stärkeren Füsse und den beträchtlich kürzeren Schwanz
auffallend unterscheidet.
Kritische Untersuchungen über die Spitzmäuse (Sorices) etc. öOo
8. Die persische Spitzmaas CSorea? pusilliis).
S. notaeo obscure cinereo, gastraeo palUde grisco; cauda
albida, fere '/o corporis longifiidiiw.
Sore.v pusillns. S. G. Ginelin. Reise. B. III. S. 499. t. 75. fig. 1.
Sehr aber. Säugth. B. IIL S. 576. Nr. 7.
Erxleb. Syst. regn. anim. V. I. p. 122. Nr. 3.
„ „ Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch, u. d. Thiere.
B. II. S. 385. Nr. 317.
Persian shrew. Pennant. Hist. of Qiiadriip. V. II. p. 227.
Sorex pusillus. Boddaert. Elench. anim. V. I. p. 124. Nr. 9.
Gmelin. Linne Syst. nat. T. I. P. I. p. 115. Nr. 9.
Persian shrew. Shaw. Gen. Zool. V. I. P. II. p. 539.
Sorea^ pusillus. Fisch. Synops. Mammal. p. 259. Nr. 20.
„ araneus. Brandt. Bullet, de l'Acad. d. Petersb. 1852.
p. 453.
„ Güldenstaedtii. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 561. Nr. 36. ..
Crocidura Güldenstaedtii. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 561. Nr. 36. *
Eine nur sehr kurze, aber von einer Abbildung begleitete Be-
schreibung, welche S. G. Gmelin von dieser Form uns mitgetheilet
hat, bildet das einzige Material, worauf sich unsere Kenntniß von
derselben gründet.
Die ]\Ierkmale, welche wir aus dieser Beschreibung entnehmen,
sind folgende:
Der Rüssel ist verdünnt, die Ohren sind gerundet. Der Schwan7,
welcher nahezu '/g der Körperlänge einnimmt, ist kurz und undeut-
lich zweizeilig.
Die Oberseite des Körpers ist dunkelgrau, die Unterseite hell-
grau. Der Schwanz ist weißlich behaart, die Schnurren sind dunkel-
grau.
Körperlänge 3" 1'".
Länge des Schwanzes 1" 1".
Vaterland. Nord-Persien, woselbst diese Form in den Wüsten
in selbstgegrabenen Löchern wohnt, und von S. G. Gmelin ent-
deckt wurde.
Sitil). <1. malhem.-niilurw. Cl. LVil. Bd. I. Abtli 33
506 K i t z i II g- e r.
^Vie es scheint, ist diesell)e mit der krimischen Spitzmaus
{S. Gmeli?iiJ sehr nahe verwandt, obgleich man selbst über die
Gattung, welcher sie angehört, keineswegs gewiß ist.
Brandt betrachtet sie als zur Gattung Wimperschwanzspitz-
maus (Croci(hira) gehörig und zieht sie mit der kaukasischen
Winiperschwanzspitzmaus (C Güldenstaedtii) zusammen, die er
wieder für identisch mit seinem „Sorex araneus" oder der weiß-
bauchigen Winiperschwanzspitzmaus (C. leucodon) hält.
Auch Wagner vereiniget sie mit der kaukasischen Winiper-
schwanzspitzmaus (C. Güldenstaedtii), doch betrachtet er diese
für eine selbstständige Art.
Meiner Ansicht zufolge gehört sie der Gattung Spitzmaus
(Sorcx") an, doch wage ich nicht mit Bestimmtheit die Behauptung
auszusprechen, daß sie für eine besondere Art anzusehen sei.
9. Die schlanke Spitzmans (Sorex tenuis).
S. notaeo cinerascente-fuscü , gastraeo fusco-griseo ; cauda
tenui, tereti, brevipilosa , pilis apicem versus longioribus densiori^
husqne ohtecta, circa 3/4 corporis longitudine; auriculis purum ex
V eitere prominulis ; rostro tenui, acuto.
Sorex tenuis. S. Müller. Verhandel. V. I. p. 50.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. ß. II. S. S54.
Reich enb. Naturg. Raubth. S. 342.
Crocidura tenuis. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 342.
Sorex tenuis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. o65.
Nr. 49.
Giebel. Säugeth. S. 905. Note i. Nr. 1.
Der Kopf ist schmal und endiget in einen sehr dünnen, spitzen
Rüssel. Die Ohren ragen etwas aus dem Pelze hervor. Der Schwanz,
dessen Länge ungefähr 3/4 der Körperlänge beträgt, ist sehr dünn,
gerundet und nicht sehr dicht mit kurzen glattanliegenden Haaren
besetzt, die nur an der Spitze dicht gestellt und länger sind, und
daselbst eine Länge von 5 " erreichen.
Die Oberseite des Körpers ist granlichbraun, die Unterseite
braungrau. Der Schwanz ist dunkel graulichbraun und nur die
längeren Haare an der Spitze sind Avie der Rücken heller graulich-
braun gefärbt.
Kritische Untersuchungen über die Spitzmäuse (Sorices) etc. o07
Körperläuge 2" 7''
Länge des Schwanzes 2" 1'".
Vaterland. Timor, wo S. Miiller diese Art entdeckte und
welche er aucli zuerst beschrieb.
Wenn ich diese Form der Gattung Spitzmaus (SorexJ einreihe,
so geschieht dies nur mit großem Zweifel, da aus den angegebenen
Merkmalen nicht mit Sicherheit entnommen werden kann, zu welcher
Gattung sie gehöre.
10. Die langschwünzige Spitzoiaas (Soreoe caudatiis).
S. mücolor, ohsciire nigrescente-fuscus, nitore rufescentc ;
cauda tenui, parce pilosa, corporis longitudbie.
Sorex cauduhis. Hodgs. Horsf. Catal. of tlie Mamm. of the East-
Ind. Comp. p. 13S.
„ „ Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of ßengal. 18SS.
Fase. 1.
Corsira cnudata. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. ofBengal. 18bö.
Fase. i.
Soreoe candatus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. ö60.
Nr. 51. — S. 807.
So kurz die Mittheilung auch ist, welche wir über diese Form
bis jetzt erhalten haben, so geht doch aus derselben utizweifelhaft
hervor, daß sie eine selbstständige Art bilde und mit keiner anderen
verwechselt werden könne, da sie durch die große Länge ihres
Schwanzes von allen verwandten Arten dieser Gattung ausgezeich-
net ist.
Der verhältnißmäßig sehr lange Schwanz, welcher von derselben
Länge wie der ganze Körper ist, ist dünn, nur sehr spärlich mit
kurzen anliegenden Haaren besetzt und beinahe völlig kahl.
Die Färbung der Ober- sowohl als Unterseite des Körpers ist
dunkel schwärzlichbraun mit röthlichem Schimmer.
Körperlänge 2" 6'"
Länge des Schwanzes 2" 6".
Vaterland. Ober-Indien und daselbst von Hodgson entdeckt
und von Horsfield kurz beschrieben.
Nur mit großem Zweifel reihe ich diese Art der Gattung Spitz-
maus (Sorev) ein. da jeder sichere Anhaltspunkt fehlt, die Gattung
508 niv.i^s'^v.
zu bestimmen, zu welcher sie gehört. Die Gründe , auf welche sich
meine Ansicht stützt, bestehen in der großen Länge und in der
Dünne des Schwanzes, durch welche diese Art ausgezeichnet ist.
Auch Blyth ist geneigt, sie zu derselben zu zählen.
11. Die rothbraone Spitzmaus (Sorex Richardsonii).
S. notaeo obscure ferriiginco-fitsco vel fusco-nigro , gastrneo
cinereo; pedUnis pallide fuscis; camlafere dimidü corporis longi-
tudine ; aurictdis vellere absconditis.
Sorex parmis. Richards. Fauna bor. amer. V. I. p. 8.
„ Richardsoni. Bachm. Journ. of the Acad. of Philadelphia.
V. VII. p. 373. t. 24. flg. ö.
? Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 64.
Note 18.
„ Richardsonii. Reiche nb. Naturg. Raubth. S. 346.
„ Richardsoni. De Kay. Zool. of New York. V. I. p. 21.
„ „ Äudub. Rachm. Qudrup. of North -Amer.
V. III. p. 334.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. R. V. S. 546.
Nr. 8.
„ Forsteri? Giebel. Säugeth. S. 901. Note 6.
Amphisorex Forsteri? Giebel. Säugeth. S. 901. Note 6.
Obgleich die Kenntniß, welche wir von dieser Form seither
erhalten haben, sehr mangelhaft und ungenügend ist, so scheint
doch aus derselben mit ziemlicher Restimmtheit hervorzugehen, daß
sie eine besondere und von allen ihr verwandten Formen ver-
schiedene Art bilde.
Sie gehört zu den kleineren unter den nordamerikanischen
Arten dieser Gattung, da sie die graubraune Spitzmaus {S. Forsteri)
nicht viel an Größe übertrifft.
Die Ohren sind kurz und völlig unter dem Pelze versteckt, und
der Schwanz nimmt nahezu die halbe Körperlänge ein.
Die Oberseite des Körpers ist dunkel rostbraun oder auch
braunschwarz, die Unterseite aschgrau. Die Füsse und Krallen sind
liclitbraun.
Kürperlänge 2" 9'".
Länge des Schwanzes 1" 9".
Va terl an d. Nordwest-Amerika.
Kritisclie riitersiicliungi'Ji üUer ilie Spitzmäuse (Sorices) etc. 501)
Ricliardson war der erste, welcher diese Art beschrieben,
doch hielt er sie irrigerweise für identisch mit der Zwerg-Kurz-
schwanzspitzmaus (BrachyHore.v parvusj, welche einer völlig ver-
schiedenen Gattung angehört. Erst Bach man war es, welcher
diese Verschiedenheit erkannte und ihre Selbstständiskeit naeho-e-
wiesen hat, wie dies aus seiner Beschreibung und der derselben
beigegebenen Abbildung klar und deutlich hervorgeht.
12. Die graubraune ü^pitzniuus (Sorex Forsten').
S. nutaeo griseu-fusco , vel cinereo fusco-luvato , g((s'raeo
sordide flavescente-brinineo , vel cinereo; caudu supra obscure
fnsca, infru pullide flavido-brunnea, vel sordide albida, tetragonu,
medio incrassata, apice penicillatu, parum ultra 2/3 corporis
loiigitiidi/ie, vel interdum dimidio corpore paullo longiore ; pedibus
carneis, flavido-brun/teo pilosis; auriculis vettere abscoiiditis.
Shrew Ar. 20. Forst er. Philos. Transact. V. LXil. p. 38i.
Sorex . . . .^ Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 130. «:«e
„ Forsteri. Richards. Zool. Journ. V. III. p. SIB.
„ Richards. Bullet, des Sc. nat. V. XVIII. p. 102.
Nr. 1.
„ „ Richards. Fauna bor. amer. V. I. p. 6.
„ „ Fisch. Synops. Man)mal. p. 580. Nr. 10. a,
„ „ Gap per. Zool. Journ. V. V. p. 201. t. 7.
„ „ B a c h m. Journ. o\' the Acad. of Philadelphia.
V. VII. p. 386. t. 24. flg. 6.
Corsira Forsteri. Gray. Proceed. of the Zool. Soc. V. V. (1837.)
p. 124.
Sorex Forsteri. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 63.
Nr. 7.
Corsira Forsteri. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 79.
Sor ex Forsteri. Reiche nb. Naturg. Raubth. S. 346. fig. 494.
De Kay. Zool. of x\ew-York. V. I. p. 20. t. 21.
fig. 3.
„ „ Audub. Bachm. Quadrup. of North-Amer. V. III.
p. 310.
Wa g n. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 546. Nr. 9.
Giebel. Säugeth. S. 901.
Amphisonw Forsteri. Giebel. Säugeth. S. 901.
J) 1 0 F i f 7. i n g o r.
Eine sehr aiisgezeiclnu'tc, zu den kleineren Arten dieser Gattung
gehörige Art, Avelclie sehr nahe mit der rothbraunen Spitzmaus
fS. Richardsonii) verwandt aber merklich kleiner als dieselbe ist
und sich so\^ohl durch die Form des Schwanzes, als auch durch die
verschiedene Färbung deutlich von ihr unterscheidet.
Die Ohren sind vollständig unter dem Pelze versteckt. Der
Schwanz, dessen Länge etwas über ^f^, bisweilen aber auch nur
etwas mehr als die halbe Körperlänge beträgt, ist vierkantig, an der
Wurzel merklich dünner als in der Mitte, nach rückwärts zu allmählig
sich verdünnend, und dicht mit kurzen anliegenden Haaren besetzt,
die sich gegen die Spitze zu verlängern und einen kleinen pinsel-
artigen Endbüschel bilden. Die Füsse sind nur dünn behaart.
Die Oberseite des Körpers ist graulich- oder nelkenbraun, oder
dunkel aschgrau und braun überflogen, da die aschgrauen Haare in
braune Spitzen endigen; die Unterseite ist schmutzig gelblichbraun,
oder auch hell aschgrau. Der Schwanz ist oben dunkelbraun , unten
blaß gelblicbl)raun, oder schmutzig weißlich. Die Füsse sind fleisch-
farben und gelblicbbraun behaart: die Krallen weiß.
Körperlänge 2" 3'". Nach Rieh ardson.
Länge des Schwanzes ... 1" 3".
„ „ Kopfes ö'/s'".
Körjterlänge ....... 2" 3'". Nach Gap per.
[jänge des Schwanzes über . 1" 6'".
Gewicht 42 Gran.
Vaterland. Nord-Amerika, wo sich diese Art von den ver-
einigten Staaten durch die Pelzgegenden längs der Hudsonsbai bis
ai\ die Beringstraße zum 67. (irade Nord-Breite erstreckt und in
Ober-Canada sehr gemein ist. Sie wurde von Förster entdeckt
lind von demselben auch zuerst beschi'ieben.
13. Die larven-Spilzinaos (Sorcv personatus).
S. Hotaro ru/o-fiisco , (jasfraeo (dbidn-griseo ; rnstro apicc
üiipra inyrcaccHte-f'uHCo ; cauda anpra f'iisca, iufra paUide flnvida,
toiiii, fere ielraffona, dimidli corporis lonyitndine : auriculis pnriini
ex vettere profninulis.
Sr.re.v perso/tafiia. Isid. Geoffr. Mem. du Mus. V. XV'. p. i22.
Isid. Geoffr. Dict. class. V. XL p. 319.
^ „ Fisch. Svnops. Mammal. p, 2Sö. Nr. 8.
Kritische L'ntersuchung-en iil)er die Spitzmäuse (Sorices) etc. Oll
Sorcx personatus. Isid. Geollr. Guerin Magas. d. Zool. 183l{.
t. 14.
„ pari'us? Wagn. Schreber Säiigth. Suppl. B. IL S. 64.
Nr. 8. Note 19.
„ personatus. Reiehenb. Naturg. Raubth. S. 347. fig. 495.
VVagn. Scbreber Säugtb. Siippl. B. V. S. 548.
Nr. 11.
„ Forsteri? Giebel. Säugeth. S. 901. Note 6.
Amphisorea- Forsteri? Giebel. Säugeth. S. 901. Note 6.
Wir kennen diese schon durch ihre Färbung höchst ausge-
zeichnete und mit keiner anderen zu verwechselnde Art bis jetzt hlos
aus einer Beschreibung und Abbildung, welche Isid. Geoffroy von
derselben gegeben.
Sie gehurt zu den kleinsten Arten der Gattung, da sie nur
wenig größer als die aschgraue Spitzmaus (S. Lesueurii) ist, und
zeichnet sich durch nachstehende Merkmale aus.
Die Ohren sind klein und ragen nur wenig aus dem Pelze
hervor. Der Schwanz, dessen Länge der halben KürperJänge gleich-
kommt, ist dünn, an der Wurzel nicht dicker als im weiteren V^er-
laufe, beinahe vierseitig und ziemlich dicht mit kurzen anliegenden
Haaren besetzt. Die Beine sind dünn, die Schnurreu ziemlich lang.
Die Schneiden und Spitzen der Zähne sind schwarzbraun odei-
rothbraun.
Die Oberseite des Körpers ist rothbraun, die Unterseite des-
selben weißlichgrau. Der Vordertheil der Schnauze ist auf der
Oberseite, mit Ausnahme der Lippen, schwärzlichbraun. Der Schwanz
ist oben l>raun, unten blaß gelblich. Die Füsse sind von blaß gelb-
licher Farbe.
Körperlänge 2"
Länge des Schwanzes 1".
Vaterland. Vereinigte Staaten von Nord-Amerika.
Wagner neigte sich früher der Ansicht hin, daß diese Art mit
der Zwerg-Kurzschwanzspitzmaus (Brachysorecc parvtisj zusammen-
fallen könne, welche jedoch einer ganz anderen Gattung angehört,
doch änderte er späterhin dieselbe und betrachtete diese Form folge-
richtig für eine selbstständige Art. Auch Giebel bezweifelt ihre
Selbstständigkeit und glaubt sie mit der graubraunen Spitzmaus
(S. Forntcri) vereinigen zu iliiil'on.
512 F i t 7. i n {j p r.
i4. Die langselinauzigc Spitzinaas (Sorex Wagneri).
S. notaeo ex ferntyineo-cadatieo , gastraeo ex flavido griseo-
nlbido; eauda penicillatd, dimidio corpore yarum longiore ; aiiri-
cuUs vellere absconditis ; rostro longo, acuta.
Sorex longirostria? Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 547.
Nr. 10.
Mit dieser Form , welche zu den kleinsten unter den in Nord-
Amerika vorkommenden Arten dieser Gattung gehört, hat uns bis
jetzt nur Wagner bekannt gemacht.
Sie ist genau von derselben Größe wie die aschgraue Spitzmaus
(S. LesueuriiJ und bietet auch dieselben Körperverhältnisse dar,
unterscheidet sich von ihr aber hauptsächlich durch den in einen
pinselförmigen Haarbüschel endigenden Schwanz und durch die ver-
schiedene Färbung, wodurch sie sich der graubraunen Spitzmaus
(S. Forsteri) nähert.
Der Rüssel ist lang und spitz und die Ohren sind vollständig
unter dem Pelze versteckt. Der Schwanz, dessen Länge etwas über
die halbe Körperlänge einnimmt, ist dicht mit kurzen, feinen anlie-
genden Haaren besetzt, die sich gegen das Ende desselben verlängern
und einen spitzen Pinsel bilden.
Die Oberseite des Körpers ist rostfarbig kastanienbraun, die
Unterseite gelblich -grauweiß, und der Schwanz bietet oben die
Farbe des Rückens, unten die Farbe des Bauches dar. Die Füsse
und die Krallen sind weißlich.
Körperlänge V 10'"
Länge des Schwanzes ohne Pinsel 1" 1'".
Vaterland. Nord -Amerika, woher das Münchener Museum
diese Art unter der irrigen Bestimmung „Surex lotigirostris"
erhielt.
15, Die aschgraue Spitzmaus (Sorex Lesueurii).
S. notaeo obsciire cinereo, gastraeo pallidiore; labiis lae-
niaqne obliqua infra ociilos albis; canda supra nigrescente-cinereu,
infra palUde grisea, tereti, dimidio corpore parum longiore; auri-
culis vellere absconditis ; rostro longo, acuto.
Amphisorex Lesueurii. Duvern. Giieriii Magas. d. Zool. 1842.
p. 33. t. 50.
Kritisclic rntersucluing:eii üher die Spitzmäuse (Sorices). 5l3
Sorex Lesueuvii Wagn. Sclireber Säugtli. Suppl. B. V. S. o48.
Nr. 12.
Diese nur aus einer kurzen Heschreibunjr von Duvernoy und
einer derselben beige! ügten Abbildung bekannte Art zeichnet sich
von allen ihr zunächst verwandten schon durch ihre Färbung aus.
Sie ist beinahe von derselben Größe wie die langnasige Ohr-
spitzniaus (^Otisorex loiigiroatrisy und daher eine der kleinsten Arten
der ganzen Gattung.
Der Rüssel ist lang und spitz , und die Ohren sind vollständig
unter dem Pelze versteckt. Der Schwanz, dessen Länge etwas über
die halbe Kürperlänge beträgt, ist gerundet und dicht mit kurzen
aidiegenden Haaren besetzt.
Die Färbung der Oberseite des Körpers ist dunkel aschgrau,
jene der Unterseite heller. Die Lippen und ein schiefer Streifen
unterhalb der Augen sind ^\eiß. Der Sch\\anz ist auf der Oberseite
schwärzlichgrau, auf der Unterseite blaßgrau.
Körperlänge 1" 10'".
Länge des Schwanzes l" 1'".
Vaterland. Vereinigte Staaten von Nord-Amerika, wo diese
Art am Wabasch-Flusse vorkommt.
16. Die braunrüekige SpÜzoiaos (Sore.v Cooperi).
S. iiotaeo oöscure fusco , gastrueo einer eo; cauda supra fusca,
infra argentata, corpore longiore; pedibiis griseis; auricidis vel-
lere absconditis ; rostro longo, aciito.
Sorex Cooperi. Bachm. Journ. of the Acad. of Philadelphia. V. VII.
t. 24. tig. 7.
„ „ Reiche nb. Naturg. Raubth. S. 344.
Crocidnra Cooperi. Reich enb. Naturg. Raubth. S. 344.
Sorex Cooperi. De Kay. Zool. of New-York. V. I. p. 21.
„ „ A u du b. Bachm. Quadrup. of North-Amer. V. III.
p. 311.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 550.
Note 1.
Eine der kleinsten nordamerikanischen Arten dieser Gattung,
welche blos aus den kurzen Beschreibungen von Bach man. De
Kay und Audubon und einer von Bachm an mitgetheilten
i) ! 4 Filzinger. Kritisclic L'nteisucliung:. iih. die Spitzmäuse (Sorices) etc.
Abbildung bekannt und durcb die Länge ibres Scbwanzes von allen
übrigen nordamerikanischen Arten ausgezeichnet ist.
Der Rüssel ist lang und spitz, die Ohren sind vollständig unter
dem Pelze versteckt und der sehr lange Schwanz ist etwas länger
als der Körper.
' Die Färbung der Oberseite des Körpers ist dunkelbraun, jene
der Unterseite aschgrau. Der Schwanz ist auf der Oberseite braun,
auf der Unterseite silbergrau. Die Füsse sind grau.
Körperlänge ....... 1" ^\'^"- Nach Bachman.
Länge des Schwanzes .... i" IO1/2 '•
Körperlänge 1" 10 '/a'". Nach Au du hon.
Länge des Schwanzes .... 1" lOi/,'".
Gesammtlänge 3" 5'". Nach De Kay.
Vaterland. Nord-Amerika, nordwestliehe Vereinigte Staaten.
Wenn Wagner nach Audubon angibt, daß das äußere Ohr
gänzlich fehle, so scheint dieß nur auf einem unrichtig gebrauchten
Ausdrucke zu beruhen, da Bachman in seiner ersten Beschreibung
ausdrücklich bemerkt, daß die Ohren versteckt sind.
H ü t teil brenne r. Untorsiicli. iil>er die Binnenmnskeln des Aiig'e.s. O 1 ö
Untersuchuuficn über die Binneiimuskeln des Auges.
Von Dr. Andreas t. nättenbreiiner,
Sekundararzt im k. k. allgemeinen Kraiikeuliause zu Wien.
(Aus dem physiologisflien Institute der Wiener Universität.)
I.
Über den Lilatator pupillae.
Es ist eine beküiinte Tliatsache, daß die intraokulären Muskeln
im Bulbus der Vögel und beschuppten Amphibien aus quergestreiften
Fasern bestehen, während die Säugethiere und der Mensch, so wie
die nackten Amphibien nur glatte Muskelfasern aufweisen.
Insbesonders bei den Vögeln und unter ihnen wiederum bei den
Raubvögeln ist die Muskulatur in der Iris, namentlich aber jene , die
die Accomodation zu leisten hat, äußerst kräftig entwickelt.
Ich will nun die Resultate meiner Untersuchungen mittheileii
und ich hoffe hiedurch die Frage, ob die Iris der verschiedenen Thier-
gattungen einen Dilatator pupillae, sei er nun aus quergestreiften
oder glatten Muskelfasern gebildet, als selbstständigen Muskel besitzt,
zum end giltigen Abschlüsse zu bringen.
Ich will mit dem Vogelauge beginnen und werde in Kürze, um
Wiederholungen zu vermeiden, eine gedrängte Beschreibung jener
Merkmale des Vogelauges, durch die es sich vom Säugethierauge
unterscheidet, geben, nebst den Methoden, durch die es mir mög-
lich wurde, durch die Iris eine Reihe von Quer- und Flachschnitteu
anzulegen, um hiedurch über die Schichtung und Faserrichiung in
der Iris eine richtige Vorstellung zu bekommen.
Die Merkmale, durch die sich das Vogelauge von dem des
Säugethieres unterscheidet, sind folgende:
1. Besitzt das Auge der Vögel in der, in ihrem vorderenAntheile
aus derben dichten Bindegewebsfasern bestehenden Sclerotica einen
Kiiochenring eingefügt , der aus dachziegelförmig übereinander
J) t 6 V. H ü t t i> n 1) r e n n e r.
gelagerten Kiioclieiiplättelieii besteht. Dieser sogenannte vordere
Sclerotical-Ring besteht aus wahrem Knochen, in welchen man bei
größeren Vögeln Markrainnhildung antrifft und dessen Periost durch
die Sclera gebildet wird. Auf dem Querschnitte erscheint der Kno-
chen, namentlich beim Huhne, seiner Zusammenfiigung gemäß dop-
pelt, wenn der Schnitt gerade jene sich deckenden Partien der
Knochenplättchen getrolTen hat.
2. Besitzen alle Spechtarten und jene Gattungen, die in Bezug
auf Lebensweise und in Bezug auf Erwerbung ihrer Nahrung jenen
sehr nahe stehen, einen sogenannten hinteren Sclerotical-Ring»), der
in den meisten Fällen von Sehnerven durchbohrt wird und zu dessen
Schutze er nach Gemminger's Ansicht bei Erschütterung des
Schädels hauptsächlich dient.
3. Die übrige Sclerotica besteht aus hyalinem Knorpel, der
von einem Perichondrium überzogen ist. Es wird derselbe von Seh-
nerven und von größeren Gefäßen, die zur Choroidea ziehen,
durchbrochen.
4. >'on dem vom vorderen Knochenringe entspringenden Mus-
keln im Anhange ausführlicher.
5. Liegt im hinteren Abschnitte des Vogelauges der sogenannte
Pecten, der von der Papilla nervi optici entspringt und als eine dunkel
pigmentirte Wand in den Glaskörper hineinragt. Er ist den Ciliar-
fortsätzen ähnlich gebaut und besteht aus lö — 20 von zahlreichen
Gefäßschlingen überzogenen Leistchen.
Um nun durch eine so zarte Membran, wie die Iris, einen
Durchschnitt machen zu können, habe ich folgendes Verfahren ein-
geschlagen :
Ich nehme den Bulbus zwischen die Finger der linken Hand,
spanne ihn etwas und theile ihn in der Aquatorialebene mittelst
einer scharfen Scheere in zwei Theile, entferne hierauf vorsichtig
Glaskörper und Linse, auf deren Kapsel immer ein Theil des Pig-
mentes der Ciliarfortsätze hängen bleibt.
Man sieht nun die vordere Hälfte der Choroidea und mittelst
eines sanften Zuges der Pincette kann man den Ciliartheil der Cho-
roidea saniml der Iris leicht von der Sclera ablösen.
Ij M. Gemminger. Ül>er eine Knoclienplatte im hinteren Stierocital-Segmenle
der Allgen einiger Vögel. Zeitschrii't l'ür wisseiisciiaftliche Zoologie. IV. B. S. 213.
Unfersiu'liiiiigeii üher die Biiiiioimiiiskclii des Auges. 517
Die Iris wird nun in toto, so wie der übrige Thoil des vorde-
ren Bulbus mit karminsaurem Ammoniak infiltrirt, in absolutem Al-
kohol entwässert und in verharztem Terpentinöl aufgehellt.
Die so behandelte Iris wird nnn in einer Mischung von weißem
Wachs und Olivenöl zu gleichen Theilen (Peremeschko) eingebet-
tet und so wurde es mir möglich durch die Iris eine Reihe von radialen
wie tangentialen Querschnitten zu machen.
Die Schnitte wurden in Damarfirniß aufbeM'ahrt.
Die Iris der Vögel hat einen sehr coniplicirten Bau, der noch
überdies bei verschiedenen Gattungen wesentlich difTerirt.
Ich will zuerst die Iris des Huhnes, die ich im entwickelten
und embryonalen Zustande untersuchte, genauer beschreiben und
einzelne Abweichungen bei anderen Vögeln späterhin kurz andeuten.
Der Hauptstreit dreht sich um die Frage, ob die Iris der Vögel
einen Dilatator pupillae besitzt oder nicht und falls radial gestellte
Muskelfasern vorhanden sind, wo sie verlaufen und ob sie eine eigene
Schichte bilden.
Zuerst hat Kölliker <) den Dilatator pupillae beim Truthuhn
in einer kurzen Notiz erwähnt.
Hierauf läugnete v. Wittich 2^ und vor ihm schon Krobns)
das Vorkommen von radial die Iris durchziehenden Muskelfasern und
V. Wittich erklärte die von ihm gesehenen und derart verlaufenden
Fasern an mit Chlor gebleichten Präparaten für Nervenstämmchen.
Durch die Behandlung mit Chlorgas zur Entfernung des Pig-
mentes wurden jedoch die einzelnen Charaktere des Gewebes jeden-
falls zerstört und v. W' ittich hielt daher die viel feineren und zar-
teren Fasern des Dilatator für Nervenstämmchen.
Bald darauf gibt H.Mül le r*) eine ziemlich genaue Beschreibung
des Dilatator pupillae bei den Vögeln und spricht die Meinung aus,
daß sein Vorkommen bei allen Vogelarten mehr als wahrscheinlich
sei. Er fand ihn beim Raben, bei einigen Falkengattungen, bei den
Eulen und Tauben.
1) Kölliker, mikroskopische Anatomie, 2. Band, 2. Heft. S. 643.
2) V. Wittieh, Archiv für Ophthalmologie, 2. Bd., 1. ALth. S. 129. 18o3.
3) Krohn. in Miiner's Archiv 1837.
*) H. Müller, Archiv für Ophthalmologie, III. Bd. 1. Abth. S. 26. 1857.
0 1 O V. H li t t e n I) r e n II e r.
G r ü II li a g e n <), der die Angaben K ö 1 1 i k e r's, namentlich aber
H. Mülle r's nicht zu kennen scheint, findet einen quergestreiften
Dilatator beim Huhne, kleinem Würger und bei der Taube, konnte
ihn jedoch in der Iris von Gänsen, Eulen, Schnepfen und Wachteln
nicht finden.
Ich will nun meine eigenen Beobachtungen, die nur wenig von
den H. Mül ler'schen abweichen, mittheilen; sie beziehen sich
hauptsächlich auf die Iris unseres gewöhnlichen Haushnhnes.
Wenn man einen radialen und zugleich auf die Irisebene senk-
rechten Schnitt durch die Iris führt, so sieht man namentlich an Em-
bryonen, die am Ende ihrer Entwicklung stehen, sehr schön die
Schichten der Iris und zwar am meisten nach rückwärts (central)
die Pigmentlage als unmittelbare Fortsetzung des Choroidealpigmen-
tes; unmittelbar vor ihm sieht man als eigene Schichte den Dilatator
pupillae, der vom Ciiiarrande bis nahezu an den Pupillenrand herab-
reicbt. Bei Embryonen sind die Muskelfasern sehr fein und zart,
sind durch keine bindegewebige Zwischensubstanz von einander ge-
trennt und zeigen sehr zahlreiche Muskelkörperchen, während an
ausgewachsenen Exemplaren die einzelnen Muskelfasern, wie beim
Sphincter, durch ein zartes leicht welliges kernreiches Bindegewebe
umsponnen erscheinen.
Vor dem Dilatator pupillae liegt der Sphincter, der bei dieser
Schnittricbtung im Querschnitte zur Anschauung kommt und der als
ziemlich starker nach vorne (peripher) zu cunvexer Wulst erscheint
welcher vom Pupillarrande, wo er am schwächsten ist, sich fast bis
zum Ciiiarrande erstreckt, wie denn auch die Iris schon mikrosko-
pisch am Pupillarrande am dünnsten, in ihrer Mitte am dicksten er-
scheint, von wo aus sie sich gegen den Ciliarrand wieder verdünnt,
ohne jedoch so dünn zu werden, wie sie am Pupillarrande war. An
Fiachschnitten sieht man die Fasern des Sphincter pupillae in con-
centrischen Ringen um die Puj)ille herum vom Pupillarrande bis zu
den Ciliarfortsätzen sich erstrecken. Hier sieht man sehr häulig, daß
viele quergestreifte Muskelfasern, die eine Zeit lang concentrisch
mit der Pupille verlaufen sind, plötzlich umbeugen und radial gegen
den Ciliarrand verlaufen, inn sich gegen das Corpus ciliare zu zu
verlieren.
1) i; r ii 11 h II g e II . in Viicliow» Arcliiv XXX. S. ifili. I8(i'6.
L'iiteisuchunyen iiher die Kiiuieiiniusiieiii ilejj Augt-s. Dlö
Diese radial verlaufenden Fasern geiiören jedoch nicht dem
eigentlichen Dilatator an; dieser liegt in einer eigenen Schichte hin-
ter ihnen, wie man dies an glücklich geführten Flachschnitten sehen
kann, wo man nur radial verlaufende Faseichen trifl't, die in gewis-
sen Abstünden von einander verlaufen und durch ein zartfaseriges
welliffes, zahlreiche Kerne und elastische Fasern enthaltendes Binde-
gewebe von einander getrennt erscheinen.
Die Fasern dos Sphincter liegen vielmehr aneinander, und es ist
deßhalb diis Zwischengewebe, in dem die zahh-eichen Nerven und
Blutgefäße verlaufen, viel spärlicher.
Gleiche Verhältnisse traf ich bei den Gänsen, Drosseln, Raben,
beim Landadler (Dilatator Pupillae verhältnißmäßig schwach ent-
wickelt), bei den Tauben, Schnepfen, Rebhühnern und Wildenten.
Ein eigenthümliches Verhalten bietet die Iris der Eule dar.
Die goldgelbe Farbe der Iris erscheint nach Herausnahme der-
selben aus Chromsäure weiß, und rührt diese Farbe her von einem
Pigmente, das theilweise die vordere (periphere) Fläche der Iris be-
deckt und zusammengesetzt erscheint von kleinen rundlichen oder
ovalen Zellen, die einen hellglänzenden Kern besitzen und deren Zellen-
leib von zahlreichen kleinen graulichglänzenden Fettkörnchen ähn-
lichen Körnern gebildet wird.
Dieses Pigment beginnt am Pupillarrande und hört etwa eine
Linie vor dem Ciliarrande mit einem zackigen Rande auf; die Zacken
entsprechen den geradlinig oder etwas gebogen vom Ciliarrande her-
ablaufenden Gefäßen, d. h. das Pigment setzt sich längs der Gefäße
nocli eine kurze Strecke fort und umhüllt sie.
Die Iris der Eulen zeigt ferners in Bezug auf ihre Muskulatur
ein verschiedenes Verhalten.
1. Reicht dieselbe, sowohl der Sphincter als auch der Dilatator
nur so weit, als das weiße Pigment sich erstreckt.
2. Kreuzen sich alle Fasern des Dilatator unter einem spitzen
Winkel auf halbem Wege zwischen Pupillar- und Ciliarrand. Selbst-
verständlich wird durch eine solche Anordnung derselbe Zweck bei
ihrer Contraction erreicht, als wenn sie so angeordnet wären, wie
z. B. beim Huhne.
Hinter der Muskelschichte, die schwach entwickelt ist und in
einem kernreichen Bindegewebe eingebettet ist, liegt das schwarze
Pigment das sich bis zu den Ciliarfortsätzen erstreckt.
520 V. H ü 1 1 e n b r e n n e r.
Von der Stelle an, wo das vordere lichte Pigment und die Mus-
kelsehichte aufhört, wird die Iris nur von dem dunklen Pigmente ge-
bildet, in dem die Blutgefäße und Nerven ziemlieh lose angeheftet
verlaufen, so daß man sie leicht als ganze Stämmchen sammt ihren
baumartigen Verzweigungen herausziehen kann.
Obwohl viele Beobachter, z. B. Krohn, diesen Theil nicht mehr
zur Iris rechnen, indem er histologisch der Choroidea ähnlicher ist
als der Iris, so muß man ihn doch, wie ich glaube, zur Iris rechnen,
indem er erstens in einer Ebene mit derselben liegt und zweitens,
was mir hauptsächlich erscheint, dieser Theil mit die vordere Kammer
bilden hilft.
Die beschuppten Amphibien besitzen ebenfalls einen Dilatator
pupillae, indem ihn schon H, Müll er i) bei der Schildkröte, deren
Auge denen der Vögel ähnlich ist, und bei den Chamaeleonen be-
schrieb. Hinzufügen will ich noch, daß unsere gemeine grüne
Eidechse, Lacerta agilis, eine Iris besitzt, die sich wegen ihres Man-
gels an Pigment sehr zur Untersuchung eignet. Man sieht quer-
gestreifte Muskelfasern in concentrischeu Bingen um die Pupille
herumgehen; beiläufig in der Mitte der Iris beginnen die Muskel-
fasern gegen den Ciliartheil der Choroidea umzubiegen, sie kreu-
zen sich hiebei vielfach und bilden hiedurch ein äußerst zierliches
Netzwerk, über welchem noch Blutgefäße und Nerven gegen den
Pupillarrand herablaufen. Schließlich nehmen die Muskelfasern eine
direct radiale Richtung an.
Die Untersuchung der Iris der Säugethiere und des Menschen
ist wegen der glatten Muskelfasern eine viel schwierigere , doch
hat mich hierin besonders die doppelte Färbung der Präparate mit
karminsaurem Ammoniak und Picrinsäure wesentlich unterstützt. Ich
habe diese Methode in etwas modificirter Weise angewendet, indem
ich die feinen Schnittchen, die ich von der mit Terpentinöl bereits
in toto aufgehellten Iris gewann, in Picrinsäure, die in absolutem
Alkohol aufgelöst war, legte, sie dort einige Minuten liegen ließ,
dann wieder in verharztes Terpentinöl brachte und in Damar-Lack
aufbewahrte.
Grünhagens) stellte im Jahre 1864 den Satz auf, daß dem
Auge der Säugethiere und des Menschen ein Dilatator pupillae ent-
') H. Müller in Gräfe's Archiv, IV. Bd., 2. Abth. S. 280.
2} Grünhagen, über Irisbeweg-iing in Virchow's Archiv XXX., .*>. Heft, S. 5üö.
Untersuchungen über die Binnenmuskeln des Auges. o21
schieden fehle, indem er erstens die von Kolliker in seinem Hand-
buche gegebene Beschreibung der Arcaden eines radiär verlaufenden
Muskels in der Iris der weißen Kaninchen nicht finden konnte, zwei-
tens tritt er den Beschreibungen von Valentin ') und Budget)
entgegen.
Ersterer beschreibt die Irismuskulatur folgendermaßen:
„Die Bündel der glatten Muskelfasern sind maschenartig aneinan-
der geheftet. Ihr Hauptgang beschreibt immer Bogenabschnitte , die
sich mit ihrem convexesten Theile an die analogen convexen Theile
anderer Bügen anlegen sollen, so daß je zwei Bögen an ihren con-
vexesten Theilen und in ihrer Mitte einander longitudinal berühren,
an den beiden Enden dagegen auseinanderweichen. Der größere
Theil des Muskelverlaufes ist longitudinal, nur ein geringerer trans-
versal."
Budge unterscheidet bestimmt zwischen einem Sphincter und
Dilatator pupillae und beschreibt den letzteren ähnlich wie
Valentin.
Kr oh n 3) und Schwann*) konnten nur Muskelfasern aus
dem Sphincter isoliren, letzterer nur in der Schweine-Iris.
Brücke 5) hingegen beschrieb schon im Jahre 1847 den Ur-
sprung und die Endigung des Dilatator pupillae, indem er nach ihm
an der inneren Fläche der glasartigen Lamelle der Hornhaut nahe
derselben entspringt; seine Fasern lassen die großen Gefäße und
Nerven zwischen sich durchtreten und verlaufen hinter denselben
bis zum Pupillarrande , wo sie sich in den Verengerer der Pupille
verlieren.
Grünhagen e) beharrt nach einer neuerlichen Untersuchung,
die mir nur im Auszuge vorliegt, trotz der von Henle ^) ausgespro-
1) Valentin's Repertoiium, 11. B. S. 247 & 248.
2) Budge, Bewegung der Iris 1833. S. 91.
3) Krohn, in IVIüUer's Areliiv 1837, über Structur der Iris der Vögel etc.
*) Schwann, in Joh. Müller's Handbuch der Physiologie.
5) Brücke, Anatomie des menschlichen Augapfels, 1847. S. 49.
6) Canstatt, Jahresbericht über die Leistungen und Fortschritte in der Medizin im
Jahrgange 1866. I. Bd. 1. Abth. S, 34.
'^) Henle's Sc M e i ß n e r's Bericht über die Fortschritte der Anatomie u. Physiologie
im Jahre 1864, S. 129 & Henle"s Handbuch der systematischen Anatomie des
Menschen. II. Bd. S. 632.
Sitzb. d. iiiatheiii.-naturw. Cl. LVII. Bd. 1. Abth. 34
522 V. Hüttenbrenner.
ebenen Ansicht, daß die die Pupille erweiternden muskulösen Ele-
mente an der hinteren Wand unmittelbar vor dem Pigmente liegen,
auf der Meinung, daß der Menschen- und Säugethier-Iris die die-
selbe radial durchziehenden Muskelfasern entschieden fehlen sollten.
Diese von He nie angegebene sogenannte hintere Begrenzungsschichte
findet Grünhagen als eine gleichmäßige streifenlose Lage und be-
hauptet, die isolirbaren faserigen Elemente seien eben nur Kunst-
producte und die Kerne, die man als Kerne des Dilatators ansehe,
seien eben Kerne des hinteren Epithels, während die Begrenzungs-
haut ganz kernlos sei.
Donders i) hat bei Versuchen mit weißen Kaninchen gesehen,
daß die Blutgefäße der Iris bei Reizung des Halstheiles des Sympto-
mathicus enger werden, während die Pupille sich erweitert. Es sei
daher nicht nothwendig eigene radiär verlaufende Muskelfasern zur
Erweiterung der Pupille anzunehmen.
Kölliker2) kann den Dilatator pupillae nicht wie Brücke bis
zum Ligamentum pectinatum iridis und dem Rande der Glashaut der
Choroidea verfolgen, sondern er läßt ihn in der Substanz der Iris be-
ginnen und er besteht nach ihm beim Kaninchen aus vielen schmalen
Bündeln, welche jedes für sich und zwar mehr an der hinteren
Fläche der Iris zwischen den Gefäßen nach innen verlaufen und sich
an den Sphincter anlegen; er gibt jedoch zu, daß der Befund beim
Menschen sich so verhalten könne, wie ihn Henle beschreibt und
verwahrt sich gegen die von Henle ausgesprochene Vermuthung, er
(Kölliker) habe Gefäße mit Muskeln verwechselt.
Ich habe mich, wie schon oben bemerkt wurde, der Doppel-
färbung bedient, indem ich nach der Karminfärbung das Schnittchen
noch mit Picrinsäure, die in absolutem Alkohol gelöst war, infiltrirte.
Ich kann diese Methode für die Untersuchungen aller Gewebe, in
welchen sowohl Bindegewebe als auch glatte Muskelfasern vorkom-
men, bestens empfehlen, indem sich die rothen Kerne von dem
durch die Picrinsäure gelb oder orange gewordenen Protoplasma sehr
deutlich unterscheiden lassen, so wie auch die Saftcanälchen des
sich auch etwas gelblich färbenden Bindegewebes sehr deutlich her-
vortreten.
1) D o n d e r's , die Anomalien der Refraction und Accomodation des Aug'es.
2) Kölliker, Ilandliuch der Gewebelehre des Menschen, S. Auflage, 1867. S. 665
u. 667.
Untersuchung'en über die Biniienmuskeln des Auges. o33
Ich habe in den Bereich meiner Untersuchungen die Iris der
weißen Maus, des weißen und gefärbten Kaninchens und die blaue
Iris des Mensclien einbezogen, und da die histologischen Details in
einigen Punkten differiren, so will ich sie einzeln beschreiben.
Die Iris der weißen Maus ist so zart und fein, daß man sie in
toto auf dem Objectträger ausbreiten und mit starker Vergrößerung
betrachten kann.
Man sieht erstens den ziemlich breiten Sphincter mit sehr zar-
ten Fasern und oblongen Kernen in concentrischen Schichten um
die Pupille herumgehen.
Von seiner hinteren Fläche beginnen nun radiale Muskelfasern,
die eben so zart und fein sind, wie jene des Sphincters, gegen den
Ciliarrand zu auszustrahlen. Sie bilden fast bis gegen die Mitte der
Iris eine continuirliche Schichte. An einzelnen Stellen und zwar, wie
es scheint, demEintritte doppelt contourirter Nerven entsprechend, ver-
dicken sich die glatten Muskelfasern zu säulenartigen Bündeln, die
sich weiter als die continuirliche Schichte gegen den Ciliarrand zu
verfolgen lassen. Gegen den Ciliarrand zu verliert sich die continuir-
liche Schichte in ein streifiges Bindegewebe, das von zahlreichen Saft-
zellen durchzogen ist. Der Verlauf der Muskelfasern scheint in kei-
nem Zusammenhange mit dem der Gefäße zu sein, eher folgen sie,
so sollte man meinen, dem Verlaufe der doppelt contourirten Nerven-
fasern, insoferne man diese zumeist in der Nähe oberwähnter Bün-
deln antrifft.
Auch wenn man die ganze Iris weißer Kaninchen von der Fläche
ansieht, glaubt man Bündel zu sehen, aber die Untersuchung von
Querschnitten hat dies nicht bestätigt, wie man denn auch an Quer-
schnitten, die nach der Richtung einer Sehne durch die Iris geführt
werden, also die Radien derselben mehr weniger senkrecht treffen,
sieht, daß die Muskelschichte des Dilatators erstens eine continuir-
liche ist und man nirgend eine Stelle trifft, wo die Muskelfasern dich-
ter und in größerer Anzahl beisammenstehen, was doch der Fall sein
müßte, wenn eben solche radienartige Bündeln die Iris durchzögen
und das zwischen liegende Gewebe nur aus einfachem Bindegewebe
bestehen würde.
Auch durch Ansichten von der Fläche kann man sich überzeu-
gen, daß die Muskellage eine continuirliche sei. Zu diesem Ende
tingirt man die Iris mit Karmin, entwässert mit Alkohol und hellt sie
34»
524 V. H ii 1 1 e n b r e n n er.
in Terpentinöl auf und dann sieht man in der Tiefe die continuirliehe
Muskelschichle des Dilatator.
Querschnitte sowohl radial als in der Riclitung einer Sehne ge-
führt zeigen jedoch, daß die Schichte der radialen Muskelfasern an
der hinteren Wand als eine continuirliehe läuft und sich vom Sphinc-
ter an bis zum Ciliarrand erstreckt, ja einzelne Bündeln sich leicht
bis in das Ligamentum pectinatum iridis verfolgen lassen.
Von dieser continuirlichen Schichte, hinter welcher beim weißen
Kaninchen ein aus fast rhombischen Zellen bestehendes geschichtetes
Epithelinni liegt, gehen einzelne Faserbündel abzweigend gegen die
Substanz der Iris (mittlere Schichte) zu. Solche Bündel sind über-
dies selten, wie dies Schnitte in der Richtung einer Sehne durch die
Iris geführt zeigen; auch stehen sie in keinem Zusammenhange mit
dem Verlaufe der Gefäße.
Wir haben also beim weißen Kaninchen ein ähnliches Verhalten,
wie bei der weißen Maus. Es liegt der Dilatator an der hinteren
Wand der Iris , nur bilden hier die Faserzüge bis zum Ciliarrande
eine continuirliehe Schichte. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen,
daß ich mich von der Zusammensetzung dieser hinteren Schichten
des Dilatators aus glatten Muskelfasern vielfach sowohl an Schnitten
als auch hauptsächlich an Zupfungspräparaten überzeugt habe.
Die Capillargefäße in der Kaninchen-Iris verlaufen nach bekann-
ter Anordnung in einem leicht welligen zarten Bindegewebe, das hie
und da Kerne zeigt, die aber keineswegs den länglichen Kernen der
glatten Muskelfasern gleichen und keineswegs nach der Längsaxe der
Gefäße angeordnet erscheinen. Auch beim dunklen Kaninchen zeigen
die Gefäße dasselbe Verhalten.
Bei nicht gefärbten Thieren kann an der vorderen wie liinteren
Seite der Iris sehr schön das schon oben erwähnte Epithel zur An-
schauung gebracht werden. Die Epitheizellen können wegen ihrer
länglichen Form, deren Längsaxe dem Irisradius entspricht, sehr
leicht mit den glatten Muskelfasern an der hinteren Wand verwech-
selt werden, doch die Methode der Doppelfärbung mit Karmin und
Picrinsäure in Wasser gelöst, läßt diese Epithelbekleidung sowohl
an der vorderen wie hinteren Fläche scharf begrenzt erscheinen.
Zu einer genaueren histologischen Unlersuchving der Iris läßt sich
diese Methode nicht verwerthen, weil durch die nothwendig voraus-
gehende Behandlung mit Creosot und Essigsäure (Kochen durch
Untersiichiing'en über die ßinnenmuskeln des Atiges. D'ido
einige Minuten in einer Mischung) die Gewebsbestandtheile zu viel
schrumpfen macht (vergleiche Schwarz) ').
Bei dunklen Kaninchen muß natürlich das Pigment zunächst
entfernt werden. Dies geschieht an mit Terpentinöl behandelten
Schnitten leicht, indem man es mit der Nadel abzieht und dann
sieht man den Dilatator wie beim weißen Kaninchen.
Beim Menschen hält sich der Verlauf des Dilatators ebenso, nur
will ich auf Folgendes aufmerksam machen: Es sind sämmtliche
Gefäße der Iris, namentlich aber die ganz kleinen Venen, umssheidet
von einer Lage von glatten Muskelfasern , die meist in der Richtung
der Längenaxe an dasselbe anliegen. Mir ist wohl bekannt, daß um
kleine Venen herum glatte Muskelfasern vorkommen, jedoch nicht
in so bedeutender Menge, wobei ich bemerke, daß die Gefäße in
der Iris des weißen und dunklen Kaninchens sowie der weißen Maus
diese Längsmuskeln durchaus nicht aufweisen.
Die Kerne, die der eigentlichen Wand des Gefäßes angehören,
lassen sich leicht von den viel größeren stäbchenförmigen Kernen
der Muskelfasern unterscheiden.
Obgleich die Iris anf dem Durchschnitte in radialer Richtung
vielfach gefaltet erscheint, so verläuft doch der Dilatator als eine
gerade Linie hinter dem Sphincter entspringend bis zum Ciliarrande,
während die Gefäße vielfach geschlängelt und contrahirt erscheinen.
Es kommen somit in der Iris des Menschen zweierlei Arten ra-
dial verlaufender Muskelfasern vor, die auf die Erweiterung der
Pupille einwirken können, die des Dilatator und die Längsmuskel-
fasern der Gefäße. Da man die letzteren bei den vorerwähnten Thie-
ren nicht findet, so muß man die active Erweiterung der Pupille zu-
nächst vom Dilatator ableiten. Die Function der Längsfasern der
Gefäße ist vorläufig noch nicht sicher bekannt und so auch ihre Be-
theiligung an der Erweiterung der Pupille.
Ich will nun die Resultate meiner Untersuchungen hier noch
einmal kurz zusammenfassen, und diese sind:
1. Der Dilatator pupillae existirt bei den Säugethieren und
beim Menschen (gegen Grünhagen).
2. Verläuft derselbe bei den Kaninchen und beim Menschen an
der hinteren Wand als eine continuirliche Schichte vor dem Epithel,
1) Schwarz LV. Bd. d. Sitzungsb. d. Akad. d.Wissensch. April-Heft 1867, S. 14.
ö »i b V. H ii t t e n I) r e n n e r.
respective Pigmente, welch letzteres sieh zwischen seine Fasern
hineindrängt (Henle).
3. Kommen beim Menschen, dessen Dilatator, so wie der des
Kaninchens, bis zum Ciliarrande geht, glatte Muskellaseni um die
kleineren Gefäße vor, welche unabhängig vom Dilatator mit jenen
Gefäßen der Länge nach verlaufen.
II.
Über den Tensor choroideae und den Musculus
Cramptonianus bei den Vögeln.
Außer den Irismuskeln besitzt das Vogelauge noch den soge-
nanten Crampton'schen Muskel und den Tensor choroideae, Sie
bestehen ebenfalls aus quergestreifter Muskulatur, und über ihr Ver-
halten will ich noch Einiges anführen.
Ersterer Muskel, von Philipp Cramptoni) im Jahre 1813 ent-
deckt, entspringt von der inneren Fläche des Knochenringes und
heftet sich an die innere Lamelle der Cornea an. Er wurde von ihm
Depressor corneae genannt.
Brücke 2) hat jedoch wahrscheinlich gemacht, daß der
Crampton'sche Muskel nicht die Cornea abflacht, d. h. den Krüm-
mungshalbmesser ihrer Oberfläche vergrößert, sondern daß er den-
selben verkleinert und das Auge für die Nähe accommodirt.
Der Tensor choroideae entspringt ebenfalls von der inneren
Fläche des Knochenringes, jedoch etwas weiter nach rückwärts und
heftet sich mit nach rückwärts verlaufenden Fasern ringförmig an
die Choroidea an. Diese Verhältnisse gelten jedoch nur für größere
Vögel, wie Uliu's und Casuare oder solche Vögel, deren Bulbus
verbältnißmäßig sehr groß ist, und die so gebaut erscheinen, als sei
auf dem hinteren größeren Antheile (einer Halbkugel entsprechend)
eine kleinere Halbkugel (die vordere Kammer) aufgesetzt. Bei die-
sen Vögeln ist die Knochenplatte ziemlich voluminös und von großen
Markräumen durchzogen , nach vorne zu stark concav und die vor-
dere Kammer verbältnißmäßig groß.
1) Pli. Crainpton, in Gilhcrl'» Aniialen.
-) iJrii.kft in Miillei's Archiv 1846. S. 370.
Untersuchungen über die Binnenuiuskeln des Aug^es. ö^i
Bei kleineren Vögeln, wie unseren gewöhnlichen Hausvögeln,
sind diese Verhältnisse etwas anders und ich will, bevor ich zur
Beschreibung der Muskeln schreite, die hierüber differirenden An-
sichten erwähnen,
Donders nennt das Loos dieser Muskeln unglücklich, indem
sie von jedem Beobachter, nachdem ihre muskulöse Natur fest-
gestellt war, anders beschrieben worden sind.
Crampton «) läßt den nach ihm benannten Muskel von dem
Knochenringe entspringen und sich vermittelst eines schrägen Ringes
an die Innenfläche der Cornea ansetzen, wobei er bemerkt, d;if> die
Muskelfasern auch der Choroidea anhaften.
Krohn2) bemerkt, daß beim Fischadler und bei den Eulen
beide Muskeln durch scheinbar freie Zwischenräume von einander
getrennt sind, während bei kleineren Vögeln aber sich das ganze
Gebilde als eine nirgends unterbrochene Masse darstellt.
Hierauf beschrieb Brücke 9 beim Uhu und Casuar zwei durch
Ansatz und Wirkung verschieden charakterisirte 3Iuskeln , welche in
ähnlicher Weise bei allen Vögeln vorhanden sind. Der von Brücke
als Crampton'sche Muskel bezeichnete Muskel entspringt vom Knochen-
ringe und setzt sich nach vorne zu an die innere Lamelle der Horn-
haut an. Der Tensor choroidea entspringt ebenfalls vom Knochen-
ringe und geht mit nach rückwärts verlaufenden Fasern zur
Choroidea.
Cramer fand den Tensor choroideae so wie ihn Brücke be-
schrieb, den Crampton'schen Muskel hingegen läßt er von der Cho-
roidea entspringen und an den Knochenring und die Descemetische
Haut sich inseriren.
Donders*) endlich gibt als Resultat seiner Untersuchungen an,
daß nur ein einziger Muskel vorhanden ist, welcher in halbgefiederter
Anordnung von der äußeren Wand des Schlemm'schen Canales und
von der Außenseite eines faserigen Stranges entspringt, der von
jener W^and aus sich ziemlich weit nach hinten erstreckt. Die äuße-
ren Fasern gehen nach außen und hinten und heften sich an die
1) Crampton, a.a.O.
2) Krohn, Müllers Archiv 1837. S. 357,
S) E. Brücke, Müllers Archiv, 1846. S. 370.
*) Üonders ünderzoeckingeu Jaar VI. S. 56.
Öäö V. II ii t ( e II I) r ü II 11 u r.
Sclerotica, je weiter sie jedoch nach rückwärts entspringen, um so
mehr nehmen sie die Hichtiing nach hinten an, so daß die letzteren
sich an die Choroidea ansetzen,
H. Müller i) wendet sich nun gegen diese von einander ah-
weichenden Ansichten und hemerkt, daß er in Beziehung auf den
Crampton'schen Muskel mit der Donder'schen Beschreibung über-
einstimme.
Es geht nämlich aus der inneren Lamelle der Hornhaut vom
Rande derselben eine Caserigc Plalte hervor. Dieselbe ist vorne ziem-
lieh stark, schärft sich aber nach rückwärts allmälig zu, so daß sie
sich oft vor der Hälfte des Knochenringes verliert. Nach innen wird
diese Platte durch lockeres elastisches Gewebe mit der Außenfläche
des Ciliarkörpers verbunden.
Nach auswärts dagegen entspringt der Crampton'sche Mus-
kel, dessen andere Insertionsstelle die fibröse Scierotica ist. Die vor-
dersten Fasern, welche noch vor dem Knochenringe liegen, sind
kurz und wenig nach hinten gerichtet, je weiter rückwärts sie von
dieser Platte abgehen, desto länger werden sie, indem sie sich
immer weiter nach rückwärts an die Sclera anheften.
Die nach rückwärts gelegene Partie des Muskels (Tensor cho-
roideae. Brücke) hat nach H. Müller einen zweifachen Ursprung,
indem die äußere Portion von der am Knochenringe anliegenden
Sclera entspringt, die innere von derselben faserigen Plalte kommt,
welche weiter vorne den inneren Insertionspunkt des Crampton'schen
jMuskels bildet. Es bleibt zwischen beiden Portionen ein größerer
oder geringerer Raum übrig, der übrigens ganz schwinden kann, in-
dem die beiden Portionen unmittelbar aneinander liegen.
Dieser Anschauung von H. Müller tritt Mannhardt^) ent-
gegen, indem er sagt, es ist immer im Vogelaugc autJier den Iris-
muskeln nur ein Muskel vorhanden. Er sagt: Vor dem Ligamentum
pectinatum iridis und der descemetischen Haut kommen starke Bün-
del elastischer Fasern und diese legen sich an den Cornealfortsalz
an. Diese elastischen Lamellen gehen in feingestreifte von braunen
Pigmentzellen durchsetzten, aus jungem elastischen (?) Gewebe be-
stehende Platten über, die sich weit nach rückwärts erstrecken und
den hintersten Bündeln zum Ursprünge dienen.
1) H. Müller in GiJife's Archiv 111. Bd. 1. Abth. S. 34.
■~) .1. MannhiM-at in r.i!ifi"'.s Archiv iV. Bd. 1. Ahlh, S. 269.
Untersuchtingen über die Binnenmiiskeln des Auges. D ^a
Von (lern Fortsatze der Cornea , an dem sich diese Membranen
und elastischen Fasern ansetzen, entspringt der Muskel und er ver-
läuft an der Sclera stets in der Richtung einer Tangente. Die Mus-
kelfasern, die von dem den Knochen bedeckenden Tlieile der Sclera
entspringen, gehen direct in jene feinen elastischen Membranen über.
Weiter nach rückwärts treten die Muskelfasern , welche von der
Fortsetzung des Cornealstreifens ausgehen, nicht mehr au die Sclera,
sondern an die Choroidea, indem sie einen kleinen Muskelbauch bil-
den, der nur noch eine kleine Strecke von elastischen Lamellen be-
deckt ist. Zwischen den freien Muskelfasern und jenen, welche an
der Sclerotica in elastische Lamellen übergehen, sieht man Muskel-
(Ibrillen, welche zwar in jene elastischen Lamellen eintreten, eine
Strecke weit in ihnen verlaufen und dann wieder aus ihnen heraus-
treten und sich an den freien Muskelbauch anlegen.
Die elastischen Lamellen, die mehrfach erwähnt wurden, be-
trachtet Mannhardt als die eigentliche Sehne, als den festen Punkt
des Muskels. Der Muskel erscheint demnach in einem Systeme elasti-
scher Lamellen, die im vorderen Theile des Auges der Innenseite
der Sclera und Cornea und der Außenseite der Choroidea und der Iris
anliegen, eingeschaltet und mit denselben ein Ganzes auszumachen.
Diesen Ausführungen Mannhardt 's, die mir übrigens nicht
ganz klar sind, tritt H. Müller i) gleich darauf entgegen und bleibt
bei seiner Anschauung, indem er nur zugibt, daß er gegen den Na-
men „Ciliarmuskel" für alle Muskelbäuche nichts einzuwenden hätte.
Ich habe untersucht das Auge des Huhnes, der Drossel, Gans,
Wildente, Schnepfe, Raben, Eule und Rebhuhnes und das Auge
eines Adlers (Species ließ sich nicht mehr feststellen).
Die Augen des Huhnes und des Adlers repräsentiren, wie ich
glaube, in Bezug auf Anordnung der Muskulatur zwei Typen, und
nach ihnen kann man die Muskulatur im Vogelauge erschöpfend be-
schreiben, und die Verschiedenheiten in der Beschreibung anderer
Autoren scheinen eben davon herzurühren, daß der eine Autor diese
Vogelgattung und der andere eine andere beschrieb.
So glaube ich entnehmen zu können, daß Donders und
Crampton das Auge eines kleinen Vogels vor sich hatten.
») H. Müller in Gräfes Archiv IV. Bd. 11. Abth. S. 280.
530 V. Hüttenbrenner.
Beim Auge des Huhnes, in welchem die Lamellen des Knochen-
ringes sich stark dachziegelförmig decken, könnte man am ehesten auf
H. M ü 11 e r 's Vorschlag eingehen und heide Muskeln einfach als Ciliar-
muskel bezeichnen, indem der größte Theil der Muskelfasern direct
von der Cornea zur Choroidea geht, und auch die Entwicklungsstadien
des halb ausgebildeten oder am Ende der Entwicklung stellenden
Hühnchen zeigen, daß nur ein Muskel vorhanden ist , der von der
Cornea bis zur Choroidea geht.
Wenn man beim Huhne die Faserrichtung genauer durchmustert,
so findet man, daß der größte Theil der Fasern von dem Corneal-
fortsatze und von der oberwähnten faserigen Lamelle entspringt, und
daß sie in fast gerader und paralleler Richtung zur Choroidea ziehen.
Nur die am meisten nach außen gelegenen Fasern gehen zur Sclera,
so wie weiter nach rückwärts einzelne Fasern von der Selera zur
Choroidea treten.
Der Cornealfortsatz und die Sclera wären somit die festen
Punkte und die Choroidea würde als die nachgiebigere Membran
durch die Contraetion des Muskels um den Glaskörper herum an-
gezogen etc.
Trotzdem muß man, wie ich glaube, an der Bezeichnung
Crampton'scher Muskel und Tensor choroideae festhalten, denn
wenn man einen Bulbus senkrecht auf seine optische Axe in gleiche
Theile theilt und man übt einen leisen Zug auf die Choroidea aus, so
läßt sie sich sammt einem Theile des Muskels und der öfters erwähn-
ten Membran im Zusammenhange von der Sclera ablösen. Dieser
Theil ist der Tensor choroideae, und wenn man die Membran sammt
den radiär von ihr ausstrahlenden Muskelfasern ausbreitet, so sieht
man in ihr concentrisch gelagerte Muskelfasern verlaufen, jedoch in
sehr geringer Anzahl.
Bei diesem Abziehen bleibt nur jener Theil, der zwischen dem
Cornealfortsatze und der Sclera liegt, zurück, ein Muskelbündel,
dessen Fasern von vorne und innen nach hinten, und außen laufen
und dieses Bündel ist der Crampton'sche Muskel — doch wie ge-
sagt, beim Huhne sind sie ein Muskel und werden eigentlich nur
künstlich von einander getrennt.
Anders verhält sich die Muskulatur im Adlerauge, in den Augen
der Eulen, überhaupt in größeren Augen.
Untersuchungen über die ßiuneniiiuskeln des Auges. 03 1
Bei diesen Augen entspringt ein starker doppelt gefiederter
Muskel vom Cornealfortsatze und legt sich theils an die fibröse Sciera,
theils an die öfters erwähnte fibröse Lamelle. Ilir Verlauf ist (lalicr
theils von vorne nach hinten und innen und theils von vorne nach
hinten und außen. Diese letzteren legen sich an die faserige
Lamelle an. Die letzteren dieser Fasern, die schon ganz in der
Richtung der Lamelle verlaufen, legen sich jetzt an die Sciera
neuerdings an, erhalten hier Verstärkung und treten dann als
ein aus zwei getrennten Portionen bestehender zierlicher Muskel an
die Choroidea heran. Obwohl hier auch Fasern von der Choroidea
fast bis zur Cornea ununterbrochen laufen, so sind hier doch zwei
vollständig von einander getrennte Muskeln vorhanden, von denen
der eine als ein doppelt gefiederter von der Cornea entspringt und
von da zur Sciera einerseits und zur faserigen Lamelle andererseits
zieht. Von dieser letzteren Lamelle entspringt ein anderer Muskel-
hauch, der von hier an die Sciera und dann zur Choroidea läuft.
Bei den Eulen sind diese Verhältnisse noch deutlicher ausgeprägt.
Ferners muß ich bemerken, daß zwischen äußerer und innerer
Seite, respective Schläfe- und Nasenseite in Bezug auf Anordnung
des Muskels kein Unterschied vorhanlen ist. Die Unterschiede , die
beschrieben werden, sincf wohl auf die Schnittrichtung zurückzufüh-
ren, denn je mehr weniger schief das Messer lauft, eine desto schie-
fere Richtung scheinen die Muskelzüge zu haben.
532 Steindachner.
Über eine neue Hylorana-ylr^ von Cap-York in Australien.
Von dem c. M. Dr. Franz Steindachner.
(Mit 1 Tafel.)
Hylorana Daemeli nov. spec.
Die Länge des Kopfes, bis zum hinteren Ende des Unterkiefers
gerechnet, beträgt circa y^, bis etwas mehr als 1/2, die größte Breite
derselben in derTympanumgegend genau oder ein wenig mehr als 1/3 der
Körperlänge (von der Schanzen- bis zur Steißspitze), die Schnauzen-
länge erreicht circa 2/5 der Kopflänge.
Der Kopf ist an der Oberseite flach und verschmälert sich ziem-
lich rasch nach vorne ; die Schnauze ist «ugespitzt, fällt steil nach
den Seiten des Kopfes ab; die Schnauzenkante ist scharf ausgeprägt,
die Ziigelgegend etwas eingedrückt.
Die Narinen sind schlitzförmig, schiefgestellt und berühren nur
mit dem oberen Ende den Zügelrand; sie stehen vom vorderen Augen-
rande weiter ab als von der Schnauzenspitze, welche den vorderen
Mundrand mehr oder minder bedeutend überragt, oder vertical (bei
älteren Exemplaren} abfällt (s. Fig. 4).
Die Augen sind kugelförmig, groß, treten stark nach oben über
die Stirnfläche vor und gleichen an Länge nahezu 1/3 des Kopfes,
während die Stirnbreite 1/2 — V^ ^*^'" Augenlänge erreicht.
Das Trommelfell liegt frei zu Tage, circa um 1/4 der Augenlänge
hinter dem Auge und variirt ziemlich bedeutend bezüglich seines Um-
fanges; durchschnittlich ist die Länge desselben 1 '/g — 1 i/smal,
selten nur 1 i/^mal in der des Auges enthalten.
Die Zunge ist sehr groß, herzförmig, nimmt nach hinten ziem-
lich rasch an Breite zu und endigt in zwei längliche Lappen (s. Fig. 3)
wie bei den übrigen Hylora?ia-Ai'lei\.
über eine neue Hylorana-Arl von Cap York in Aiisfiiilien. Odd
Die Gaumenleisten beginnen am inneren Winkel der inneren
Nasenöffnungen, -convergiren nach hinten und sind zugleich schwach
S-förmig gekrümmt.
Die Totallänge der vorderen Extremitäten ist nahe/Ai Is/jmal in
der Körperlänge enthalten, während die hinteren Extremitäten
l2/smal, bei älteren Exemplaren nahezu lyg^fil so lang wie der
Körper sind.
Der erste Finger ist etwas länger als der zweite, aber ein
wenig kürzer als der vierte, der dritte ist fast Is/smal länger als
der zweite.
Die Gelenkballen sind stark entwickelt, oval; die beiden äußeren
Schwielen der Mittelhand ziemlich lang, nach vorne zugespitzt und
etwas länger als die mittlere Schwiele, welche aus der Vereinigung
zweier entstanden ist und an der Basis der beiden mittleren Metacar-
pusknochen liegt.
Die Zehen der hinteren Extremitäten sind sehr lang; die Länge
der vierten Zehe mit Einschluß des entsprechenden Metatarsus-
knochen gleicht nahezu der Hälfte der Körperlänge; am äußeren
Rande der ersten und letzten Zehe zieht sich bei den Männchen eine
schmale Hautfalte hin, welche den Weibchen fehlt. Die Schwimm-
haut reicht an der vierten längsten Zehe nur bis zum letzten Gelenk-
ballen, bei den übrigen Zehen aber bis zu den mäßig entM ickelten
Haftscheiben und ist stark eingebuchtet.
Der Vorsprung des ersten kahnförmigen Knochens ist ziemlich
stark entwickelt, fast noch einmal so lang, aber schmäler als die Ge-
lenkballen der Zehen, welche denen der Finger ein wenig an Umfang
nachstehen; das Knötchen nahe am äußeren Rande der Fußunterseite
ist klein, rund.
Die Schallblasen der Männchen sind von geringer Größe und
eine kleine Öffnung, welche jederseits neben und unter den Mund-
winkeln liegt, führt zu denselben.
Die Oberseite des Körpers ist durch eine sehr schmale, lineare,
drüsige Falte von den Seitenflächen des Körpers getrennt, sie beginnt
am hinteren Augenwinkel und zieht in gerader Richtung bis zur
Lendengegend. Am Mundwinkel beginnt eine zweite etwas breitere
Falte, endigt jedoch wie bei H. malaburica bereits in der Achsel-
gegend, zuweilen etwas vor oder über der Wurzel des Oberarmes,
mit ein bis zwei drüsigen, isolirten Schwielen.
534 S t e i n d a c li n e r.
Die Oberseite des Körpers ist violett- oder braungrau, zuweilen
versebwommen dunkelgrau marmorirt (s. Fig. 1), glatt oder mit
mebreren kleinen, an der Spitze weißlieben Wärzchen versehen,
welclie dunkel eingefaßt sind (s. Fig. 2).
An den Seiten des Kopfes liegt eine dunkelbraune, sammtähn-
liebe Binde, welche jenseits des Auges an Breite zunimmt, das
Trommelfell überdeckt und in der Acbselgegend endigt; bei alten
Exemplaren ist sie aber häufig nur schwach angedeutet und nicht
scharf abgegrenzt. Der untere Rand dieser Binde ist weiß eingefaßt,
die Kieferränder sind schwärzlichgrau (auf weißem Grunde) gefleckt.
Die Seiten des Rumpfes sind schwärzlichgrau, gehen jedoch
nach unten ins Gelbiichweiße über.
Die Unterseite des Körpers ist gelblicbweiß und sehr ver-
schwommen braungrau marmorirt, die Unterseite der Schenkel
schmutzig orangefarben und bräunlich gefleckt.
Die Oberseite der Extremitäten zeigt zahlreiche, schmale,
schwärzlichbraune Querbinden, die Hinterseite der Schenkel ist auf
gelblichem Grunde dicht schwarzbraun marmorirt und gefleckt. Zahl-
reiche, äußerst kleine Wärzchen liegen an den Seiten des Rumpfes,
etwas größere zunächst dem hinteren Rande der Schenkelunterseite.
Wir untersuchten neun Exemplare von 1" 3" — 2" 5'" Länge.
Von Hiilorana erythraea, welche nach Dr. Günther gleichfalls
am Cap York vorkommen soll, unterscheidet sich die hier beschrie-
bene Art durch den Mangel einer zweiten drüsigen Längsfalte an den
Seiten des Rumpfes so wie in der Färbung des Körpers, vielleicht
auch durch die schlankere Körpergestalt; H. waigiensis D. B. soll
nach D u m e r i 1 B i b r o n ähnlich wie H. temporalis G ü n t h. einen
kürzeren und breiteren Kopf als Hylorana erythraea besitzen, was
bei den von uns untersuchten Exemplaren nicht der Fall ist (Fig. 2);
nichts destoweniger wäre es nicht unmöglich, daß H. Dämeli mit
H. waigiensis D. B. zusammenfiele, da diese Arten bezüglich der
Schärfe der Schnauzenkante und der schwachen, liueären Entwick-
lung der Seitenfalte mit einander übereinstimmen.
Ich zweifle nicht, daß Ilyl. malabarica mit Rana sanguineo-
maculata Less. identisch sei, da sich im Wiener Museum zwei Exem-
plare von Honkong mit rothbraunen Flecken am Rücken befinden,
welche in allen wesentlicbeii Eigeiitliüinlielikeiten mit //. malaOarica
übereinstimmen, mit Unrecht aber reiht Di-. Günther letztgenannte
über eine neue Hylorana-kri von Cap York in Australien. OOO
Art in jene Gruppe, bei welcher sich zwei drüsige Falten an jeder
Seite des Rumpfes vorfinden, da bei H. malnharica nur eine vorkommt.
Chiruleptes inermis Pet. und die von Dr. Günther als eine
fraglich neue Art beschriebene Ch. albognttatus sind identisch, wir
besitzen vier Exemplare (vom Cap York), bei welchen sich deutlich
der allmälige Übergang der Zeichnung und Färbung von Ch- albo-
gnttatus zu Ch. inermis verfolgen läßt.
Limnodynastes Pcronii spec. D. B. und Limnodynastes Kreftii
gehören einer und derselben Art an; vielleicht fällt auch die von mir
nach sehr alten Weibchen beschriebene Art L. Salmini mit L. Pe-
ronii zusammen.
Limnodynastes tasmaniensis, L. affinis und L. plafycephalus
Günther glaube ich nur für Varietäten einer und derselben Art
halten zu müssen.
Dr. Günther erwähnt zwar in der Beschreibung Lima, or-
natus Gray, daß die Zehen schwach verbunden seien („toes slightly
webhed"), da aber diese Phrase sich auch in der Beschreibung des
L. tasmaniensis vorfindet, dessen Zehen vollkommen frei sind, und
die charakteristischen Eigenthümlichkeiten des L. ornatus, wie die
starke Entwicklung des spornähnlichen Vorsprunges am Metatarsus,
die bedeutende Höhe des Schnauzenabfalles nicht erwähnt sind, so
konnte es mir nicht beifallen, in Limn. ornatus Günth. die von mir
als Opistodon Frauenfeldii beschriebene Art zu erkennen, obwohl
mir die Ähnlichkeit beider Arten bezüglich der Färbung auffiel. Zur
Aufstellung einer neuen Gattung Opistodon veranlaßte mich das Vor-
kommen deutlich entwickelter Schwimmhäute bei den von mir unter-
suchten Exemplaren, während Dr. Günther das Geschlecht Pla-
typlectrum in die Familie der Cystig na thidae (with free toes) reiht.
Vor Kurzem jedoch erhielt ich ein ganz kleines Exemplar des
Platypl. ornatum, bei welchem die Schwimmhäute zwischen den
Zehen vollständig fehlen. Hieraus ergibt sich einerseits die Vereini-
gung der Familien Ranidae nm\ Cystignathidae Günth., welclie
ich bereits in der. Abtheilung über die Amphibien der Novara-Expe-
dition vorschlug, als eine absolute Xothwendigkeit, da das Fehlen
oder Vorhandensein von Sch^v^mmhäuten in manchen Fällen nicht
einmal zur Arttrennung berechtigt, und andererseits die Vereinigung
der Geschlechter Opistodon und Heliorana (Heliorana Grayi =
Platyplectron Dumerlii Pet.^ mit Platyplectron Günth.
öob S tei I) d a eil n er. t'ber eine neue /^y/ora/ia-Art ete.
Nebstbei sei noch erwähnt, daß sowohl bei Heliorana wie bei
Pelodryas VviVoixdiQn fehlen, weßhalb letztere Gattung mit IJyla zu
vereinigen ist.
T a f e 1 - E r k I ä r u n g.
Fig. 1. Hylorana Daemcli.
„ 2. Varietät derselben Art.
„ 3. Muiidöft'nuug und
„ 4. Seilenunsiciit des Kopfes nach einem Exemplare von 2" 8'" Körper-
liinge.
SlciiMliicIiMcr ; riicr f'iiic npiic Wvloiuuu All
4-.
El >; d Hat4sz tt.lith Atis (i.k.lcH;o£-u.'Staatsdrucksrei.
Sifzu7ig-sl).unden. und selbst die meisten Fachmänner schei-
nen viel zu wenig Werth auf die Nebenwissenschaften ihres täglichen
Berufes zu legen. Die Folge davon ist öfter Einseitigkeit, zu leichte
Abfertigung in ihren Arbeiten und besondere Theorien sowie selbst
Überschätzung der geistigen Kräfte.
So besitzen wir jetzt in der Naturgeschichte systematische Bota-
niker ohne Kenntnisse, oder wenigstens mit nichtgehörigen Kenntnissen
der Anatomie und Physiologie der Pflanzen. In letzterer Wissenschaft
kommt es auch vor, daß ein Algologe allgemeine Theorien für
Kryptogamen aufstellte, welche, wenn er die anderen Theile dieser
Ptlanzenabtheilung auch studirt hätte, wahrscheinlich anders ausge-
fallen wären u. s. w. In fast allen Zweigen der Zoologie gibt es be-
schreibende Autoren, welche nur das Äußere ohne das Anatomisch-
physiologische des Innern berücksichtigen, was auf unserm. jetzigen
Standpunkte des Wissens nicht stattfinden sollte.
In der Geologie treiben Einige nur Petralogie im mikroskopischen
und chemischen Siime, ohne sich viel mit dem Übrigen der Wissen-
schaft zu beschäftigen. Andere im Gegentheil tummeln sich ewig nur
in Bergwerks-Lagerstätten herum, indem eine dritte Classe vornehm
alle letzteren fast ignorirt und doch topographische Geologie treibt.
9 Nach den privaten wohl bekannten iVusserun-jen eines Cuvier scheint es selbst
erlaubt zu fragen, ob dieser große Anatom und Zoolog einen vollständigen, richti-
gen Begrifl' der (ieognosie und Geologie hatte?
560 Bon e.
Alle diese haben aber wenigstens die Grundwissenschaft derGeologie,
die Mineralogie gelernt, aber es gibt jetzt manche Geologen, welche
von dieser Wissenschaft so wenig wissen, daß einer davon bei
einer von mir aufgezählten Reihenfolge von Mineralien sich selbst
ganz verblüfft geberdete. Andere, uns Mohl bekannte, druckten geolo-
gische Beschreibungen ohne die gehörige Kenntniß der Felsarten.
Es sind uns auch in Frankreich sowie unter der anglo- sächsi-
schen Race Geologen vorgekommen, welche in unserer Wissenschaft
sich nur umgesehen haben, um über die biblische Kosmologie ein
endliches Urtheil fassen zu können. Wie weit sie ihren Zweck er-
reicht haben, zeigt uns die bedeutende Literatur dieser Art (bei 134
bis 140 Werke oder Abhandlungen), welche fast eben so viele Aus-
legungen als Werke aufzuweisen hat. Andere Geologen, kaum durch
Vorlesungen, Bücher oder Excursionen mit der Wissenschaft etwas be-
wandert, versteigen sich sogleich in einseitige Theorien, nachdem
ihr Wissen in einer oder der andern Richtung größer ist. Irgend
eine neue wissenschaftliche Entdeckung genügt ihnen für ein ganzes
Gebäude von Luftschlössern.
Endlich muß man seine Auetoren noch weiter sortiren und sta-
tionäre Geologen nicht mit weit gereisten verwechseln. Erstere kön-
nen uns das schätzbarste Material für locale Topographie liefern,
doch zu gleicher Zeit kann ihnen das Theoretisiren im Allgemeinen
deßwegen nicht leicht sein und sie können möglichst weniger glück-
lich in dieser Richtung als die andere Gattung von Geologen sein.
Heut zu Tage kennt jeder Geolog die classischen Bestimmungs-
Gegenden der Reihenfolge der Formationen und der verschiedenen
massiven Felsablagerungen, sowie auch die Localitäten, wo die bis
jetzt bewährtesten Theorien entstanden und auf guten Gründen der
Geognosie basirt wurden. Den Besuch solcher Gegenden sollte jeder
Geolog sich angelegen sein lassen, ehe er andere theoretisch belehren
wollte. Es ist wohl manchmal möglich, daß Theorien nach den Fort-
schrittslehren der Physik und Chemie später anders sich erklären
lassen, aber diese Modificationen der einst angenommenen systemati-
schen Gedanken können mit den ganz genauen und von allen Geogno-
sten richtig gestellten Beobachtungen nie in Widerspruch kommen ;
sonst können wir sie a priori als falsch bezeichnen, möge man dazu
welchen Schwärm von physicalischen und chemischen Erfahrungen
nach dem jetzigen Stande des Wissens auch entwickeln.
über die jetzige Tlieiliin^ der wissenschaftlichen Arbeit etc. Obl
Dann haben wir die paläontologische Schule, welche theilweise
in den mineralogischen Kenntnissen, sowie in den Lagerungen der
Uligeschichteten Gebirgsarten oft wenig bewandert ist, oder diese
Tlieile unserer Wissenschaft nachläßig gegen andere behandelte.
Die Paläontologie als Anhang zur Zoologie und Botanik ist ein so
anziehendes Studium und führt so direct zu den wunderbarsten
Schlüssen, daß man es dem Fachpaläontologen wirklich verzeihen
muß, wenn er es wagt, als einziger geologischer Lehrer förmlich auf-
treten zu wollen. Aber leider gesellen sich fast immer dazu Über-
spannungen, Übereilungen und selbst wirklich Lächerlichkeiten, wie
wir es auch am verewigten, doch verdienstvollen Aleide d'Orbign y
erfahren haben, als er für jede größere Schicht besondere Petrefac-
tenarten in Anspruch nahm, und wenn er sie nicht fand, aus Spiel-
arten Neues schuf, um seiner systematischen Ansicht gar keinen Ab-
bruch zu thun.
Wenn in der Geologie und Paläontologie sich der Dilettantismus
oft so breit macht, so geht es jetzt nicht viel besser in der Erdkunde,
Ethnographie und Statistik, in welchen Büchern die Zahl der Berufe-
nen und Unberufenen heut zu Tage sich noch mehr als in unseren
Wissenschaften erhöiit hat. Auf der andern Seite bemerkt man als
Trost, daß in allen den, jetzt der Genauigkeit \\ egen auf Mathematik
basirten physicalischen Wissenschaften nicht so leicht solche Ver-
stöße gegen die Wahrheit der Thatsachen durch die Fachgelehrten
geschehen können. Ihre theoretischen Schlüsse sind nur manchmal
zu allgemein angenoumien oder zu voreilig. Doch gibt es daselbst
gewisse Theorien, welche mehreren Fächern gemeinschaftlich unent-
behrlich sind, wie zum Beispiel in der Optik und Akustik, indem die
Berührungspunkte der Lehre über Hitze und Licht mit derjenigen
über Elektricität, Magnetismus und Meteorologie so zahlreich sind,
daß sie nur eine wissenschaftliche Methode zulassen. Die Meteorologie
scheint fast allein die physicalische Wissenschaft zu sein, welche
am leichtesten von dem Pfad der Wahrheit abweicht und manch-
mal zu nicht ganz gegründeten Schlüssen führen kann. In dieser
Fachwissenschaft aber gibt es auch viel mehr Dilettanten als in dem
übrigen Wissen der Physik. Endlich sondern sich die Astronomen und
Mechaniker wenigstens sehr von den anderen physicalischen Fach-
gelehrten ab und gesellen sich mehr mit den Mathematikern, welche
ihre Wissenschaft in physicalischer Richtung treiben.
502 I? o 11 e.
In der Chemie aber sielil es ziemlich anders aus, seitdem die
organische Chemie so große Fortscliritte gemacht hat. Manche Che-
miker, l)esonders die mineralogischen, scheinen noch zu glauben, ihre
Studien nur auf das Unorganische beschränken zu können, während
docli die Rückwirkung der großen Entdeckungen und aufgestellten
Theorien im Organischen auf das Auffassen des Wissens im Unorgani-
schen täglich augenscheinlicher wird.
Diese Auseinandersetzung hielten wir nothwendig zur rechten
Charakteristik des jetzigen Standes der wissenschaftlichen Literatur,
wo man mit Büchern, Besehreibungen und Theorien aller Arten über-
scliüttet w ird, zu welchen sehr oft die Autobiographie der Anctoren,
sowie ihrer Schule eine sehr nothwendige Scala der Schätzung wäre.
Aufstellungen von einer oder der andern geogenetischen Theorie
gehören wohl zu den meisten großen geologischen Beschreibun-
gen einzelner Länder, aber ein unablässiges Postulatum solcher
Hypothesen ist ihre feste Basis oder ein richtiger Ausgangspunkt,
um nicht wieder in di*; längst verpönten sogenannten Erdtheorien
zurückzufallen. Wie viele selbst verwickelte mathematische Probleme
werden lösbar, sobald man ein Theorem, ein Axiom als angenom-
men zugibt, und vice-versa, darum muß der Fachmann erstlich
diese Ausgangssätze genau beweisen. Dasselbe logische Princip muß
den sonst ganz vernünftigen Wunsch, etwas Neues in der Geogenie
zu entdecken oder die Nichtstichlialtigkeit einer ihrer Theorien offen-
zulegen, regeln. So hat ein Genfer Geolog mit einem reichen Sehatz
von genauen geognostischen Beobachtungen über das höchste Ge-
birge in Europa unsere Wissenschaft bereichert.
Für uns besonders, die wir unter Andre de Luc vor 57 und 58 Jahren
unsere ersten mineralogischen und botanischen Studien in jenem Berg-
Paradies macliten, war die Durchblätterung jener zahlreichen Excur-
sions - Referate eine wahre Wonne. Doch wenn man weiter zum
Schlüsse das theoretische dahinter hinken sieht, so bemerkt man
leider bald, daß die Ausgangspunkte desselben nur ganz und gar
nicht ])ewiesene Axiome sind, und die Berichtigung selbst in einigen
Hauptlehrbüchern der Geognosie zu finden wäre.
Der verehrteste Herr Verfasser schreitet namentlich zurück zu
den Zeiten eines Pallas u. s. w., wo man den Granit als die ältesteFor-
mation der Erdhülle betrachtete, wie es ehemals Jurine durch den
Namen Protogene für den Talk enthaltenden Granit auch aussprach.
über die jetzige Theiliing der wissenschaftlichen Ail»eit etc. 563
Obgleich in den meisten sogenannten Erddurchsehnitten eine solche
Granit-Hülle sich für das Auge sehr schön ausnimmt, so hat schon lange
St u der mit vielem Geist die Grundlosigkeit einer solchen hildlichen
Darstellung bewiesen, indem er nicht einsehen konnte, warum Granit
mehr als Porphyr, Diorit und andere plutonische Gesteine, oder selbst
Qiiarzit, WeilVsteiuoder Gneiß, die erste feste Hülle des feuerflüßigen
Erdkürpers hätte bilden sollen. Überhaupt scheinen die Verfertiger
von solchen allgemeinen Erddurchschnitten durch die rothe Farbe des
Granits mehr eine feuertlüßige Masse als diese Felsart selbst ausdrück-
lich haben andeuten wollen.
„Bei genauerer Prüfung", sagt unser Freund, „ist diese Behaup-
„tung eine mißliche Sache, nämlich nur eben ein Dogma, ein Glau-
„bensartikel und nicht ein Gegenstand der Empirie. Denn mögen
„wir noch so viele Beispiele autTühren, daß das tiefste Gesehene an
„zahllosen Punkten nicht Granit, sondern diese oder jene Steinart
;,sei, so wird man uns entgegnen, daß der Granit immer noch dar-
„unter liegen könne; machen wir geltend, daß die meisten genauer
„untersuchten Granit-Partien erweislich jüngeren Ursprungs seien
„als die ihnen auf- oder angelagerten Bildungen, so behauptet man,
„diese aufgestiegenen Granite bewiesen eben das Dasein eines tiefer
„liegenden allgemeinen Granit-Stockes. Wollen wir diese Folgerung
„auf alle massiven Gesteine ausgedehnt wissen, so verlangt man
„wenigstens, daß wir an eine unverhältnißmäßig größere unterir-
„dische Verbreitung der Granite als aller andern plutonischen Fels-
„ arten zusammengenommen glauben sollen. Alle diese Postulate
„stützen sich aber in letzter Instanz auf die nothwendige Forderung
„unseres Verstandes, dem ersten Sedimente eine feste Grundlage, den
„ältesten Meeren einen so ziemlich kaltgewordenen Steingrund zu
„geben." (N. Jahrb. f. Min. i840, S. 347.) Ob dies gerade nur
Granit hat sein können und müssen , das ist nur eine nicht unum-
stößliche Muthmassung.
Wenn die chemischen Bestandtheile der Granite ganz verschie-
den von denjenigen der Weißsteine, Gneiße, Syenite, Porphyre, Trapp-
arten und Trachyten wären, und man nur mit Naturproducten in
bestimmten chemischen Proportionen zu thun hätte, so wären das
wichtige Anhaltspunkte, das Gegentheil aber ist die allgemeine aner-
kannte Wahrheit. Es lassen sich nur chemische, sogenannte typische
Mittelwerthe für jede Felsart ermitteln. Dann bleiben die Haupt-
564 B 0 .. e.
bestandtheile der erwähnten Felsarten immer Kiesel und Thonerde
und in jeder sind die Proportionen dieser Erde keinesweges con-
stant, sondern im Gegcntheile nach Localitäten und Formations-Zeiten
sehr oft etwas verschieden. Natürlicherweise diflferenziren die Analy-
sen-Resultate für diese Gesteine besonders, wenn man mit den Gra-
niten solche Spielarten der anderen Felsarten vergleicht, in welchen
eines von den drei Hauptniineralien, der Granit, fehlt oder wenn einer
von diesen in dem verglichenen Gestein nur sehr wenig vertreten ist.
Wenn zum Beispiel zwischen der chemischen Natur des Granits und
der Quarz-Porphyre mit Glimmer oft fast Übereinstimmung herrscht,
so kann dieses Wrhäilniß nicht der Fall für den quarzfreien Porphyr
oder den feldspathreichenDiorit, Trapp oder die Hornblende oder Augit
enthaltenden Felsarten sein. (Siehe Dr. Roths nützliche Gesteins-
Analysen-Tabelle, 1861.) Darum sind auch sowohl mineralogische als
chemische i'bergänge zwischen allen letzterwähnten Gesteinsarten und
dem Granit oft beobachtet und beschrieben worden. (Ebend. S. IX.) Dr.
Roth macht auch auf den Unterschied der Analysen und der angenom-
menen typischen Mittelwerthe aufmerksam, welche nur von der ver-
schiedenen Grobkörnigkeit der Felsarten herrührt. Ein feinkörniges
Stück Granit wird ein anderes chemisches Resultat liefern als ein mit
großen Feldspath-Krystallen besetzter u. s. w. (Ebend. S. XV.)
Darnach ist der Granit nur ein unter gewissen Umständen ent-
standenes Naturproduct, welches unter anderen Umständen sowie
manchmal mit Ausscheidung oder Annahme gewisser chemischen Be-
standtheile sich zu einer andern Felsart umformt. Wo sind denn
die Beweise, daß nothwendigerweise nur Granit, das heißt seine che-
mischen gewöhnlichen Bestandtheile und diese gemischte Art von
Felskrystallisation am Uranfang stattfinden konnte? Schon Dr.
Macculloch bat die Ausscheidung der Kieselerde als Quarzfels dem
Granit für diese Urhülle des Erdkernes vorgezogen.
Außerdem abgesehen von allen sogenannten jüngeren Graniten,
über welche noch nicht eine feste Meinung besteht, hat die Geognosie
das Vorhandensein von Granitkuppen und Gängen im deut-
lichsten Übergangsgebirge sattsam bewiesen, wie z. B. am Harz, zu
Johann Georgenstadt (nach Mobs), zu Aue (Erzgebirge), im Franken-
wald, inCornwallis, am Berg Shap in Cumberland, beim Doon-See und
imCriffel im südwestlichen Schottland, im südlichen Norwegen u. s.w.
Auf diese Thatsache gestützt kann aber der Plutonist behaupten, daß
über die jefzip^e Theilung^ der wissenschaftlichen Arbeiten etc. DOS
die Hervorbriiiguiig granitähnlicher chemischer Mischungen und ihre
Krystallisirung als plutonische Felsarten selbst in viel späteren geolo-
gischen Zeiten behauptet wird, möglich war. In jenen Zeiten waren
aber auch schon andere plutonische und metamorphische Bildungen
geschehen.
Der Herr Verfasser, immer nur auf den Mont- Blanc-Protogin
fussend, bildet sich ein, die erwähnte Schwierigkeit zu umgehen, in-
dem er meint, daß alle Granite als feste Massen aus der
Erde emporstiegen. (Bd. 3, S. 141.)
Diese Generalisation einer schon berührten Möglichkeit beruht
aber auf einer bestrittenen Thatsache. Denn erstlich sind nur wenige
Fälle bekannt, wo einige Geologen dieselbe Meinung aussprechen
zu müssen geglaubt haben »). Dann müssen solche Hebungen
erstarrter Massen ganz besondere Schichtenstörungen in den sedi-
mentären ebensowohl als in den krystallinisch geschichteten hervor-
gebracht haben, welche für die acht bis jetzt bekannt gewordenen
Fälle keinesweges immer unwlderrutlich von mehreren competenten
Geognosten angenommen wurden. Im Gegentheil, in den meisten
beschriebenen Gegenden, wo Granite mit den erwähnten zwei Gebil-
den in Berührung kommen, stellten sich scheinbar wenigstens nicht
die als für diese Theorie nothwendig anerkannten Stratifications-
Störungen ein. Nach diesem kann man wenigstens für diese Theo-
rie nicht eine allgemeine Anwendung in Anspruch nehmen.
Außerdem kommt bei allen Granitstöcken sehr oft der Umstand vor,
daß aus ihrer Maße kleine, sowie größere und selbst sehr
mächtige, lange Gänge ebensowohl in den Ubergangs-
schiefern als in den sogenannten Hörn fei sen und krystalli-
nisch en Schiefern sich verzweigen. Dieses ist allgemein be-
kannt und der Verfasser schreibt und bildet davon selbst mehrere
*) Bern. Studer Gneiß-Granit emporgehoben und zwischen Kalkmassen des Roth-
thales bei der Jungfrau geschoben (Jahrb. f. Min, 1832 H. 2, S. 212, 1836 H. 6.
N. Me'm. Soc. helv. Sc. nat. 1839 B. 3. Bibl. univ. Geneve 1837. N. F. ß. 8,
S.207). Sedgwicku. Murchison Caithnesser Granit emporgehoben (Trans, ge'ol.
Soc. L. 1835. N. F. B. 3, Th. 3, S. 334), Cäs. v. Leonhard Geol. Verhältnisse
des Granit und der Kreide vonMeißen (Jahrb. f. Min. 1834. H.2. 2. Taf.), Scouler
in Irland (Bull. Soc. ge'ol. Fr. 1837. B. 8, S. 303, durch Virlet bestätigt S. 308),
Dubois de Montpereux Granit der Ukrain (dito S. 373), Virlet (dito
1839 B. 11, S. 134), B. Cotta (Echo du monde savant 1841, N. 649, S. 411).
566 Bon e.
Fällt' ab (sein Atlas, Tat' I«, Fig. 1 — 0 iiiul Tat'. 13). Nun, solche
Lagerungsverhältiiiße stempeln, wenigstens für nnsern vielleicht be-
schiiinkten Verstand, jene Hypothese von testen Granithebungen zur
Unmöglichkeit.
Überhaupt sclH'inf uns (lerVerfasser in seiner Theorie zu geschwind
/AI Werke gehen und von seinen Gönnern nichts als widersinnige
Behauptungen zu erwarten. Wir sind aber, Gott sei Dank, nicht mehr
in den huttonischen Zeiten, wo die chemische Kenntniß so gering
war und die Parteiliebe l'iir eine vorgefaßte Meinung so groß, um
selbst die rothe Farbe in Kreidefeuersteinen einer durch plutonische
Gluth verursachten Veränderung zuzuschreiben.
W^ir blieben glücklicherweise nicht stationär und sehreiten mit
den Fortschritten der physikalisch-chemischen Wissenschaften vor-
wärts, indem wir zu gleicher Zeit keineswegs erröthen, heut zu Tage
einige unserer theoretischen Ansichten zu ändern und dieses öfVent-
lieh gerne aussprechen.
Aber neben diesem Nachgeben sind wir ganz und gar nicht
willig, durch einzelne Abhandlungen eines Physikers oder Chemikers
uns für geschlagen zu lialten, denn, wie man sagt, die Wahrheit ist
oft Nachbarin des Irrthums, und besonders handelt es sich in solchen
Fällen, auf die Controle anderer Physiker und Chemiker zu warten
und solche Prül'iingen nach allen Richtungen des studirten Gegen-
standes genau auszudehnen.
Nun, zum Beispiel, stützt sich der erwälinte Gelehrte, um die nep-
tunische Bildung des Granit zu beweisen, nur auf einige einzelne
physikalische, chemische, mineralogische oder geognostische Beob-
achtungen, welche er ü\s faits decisifs (Bd. 3, S. 303) zu erklären
ganz irrthümlich sich bereclitigt glaubt. Darauf, ohne alle Gegengründe
zu prüfen, werden alle pliilonischen Ansichten als ein Unsinn (Bd. 3,
S. 322), die Kluft zwischen den granitischen und vulcanischen unter
den Felsarten eben so ungeheuer als zwischen Wasser und Feuer
erklärt. Die Zwischenglieder, die Porphyre, Tracliyte, Serpentine und
Trappe werden in der überspannten neptunischen Phantasie gänzlich
übersprungen. Wenn man aber solclie peremptorische Sätze in die Welt
schleudert, so sollte man doch gründlicher sein Thema bearbeiten.
Indem wir in einem eigenenAppendix die beste und bekannteste
Bibliographie der verschiedenen Ansichten über Granitbildung in
methodischer Ordnung beifügen, wollen wir jetzt zu der leichtern
riier die .jeUi^e llieiliiiig der wisüen^cliiit'tliclieii Arlieit etc. DOl
Arbeit übergelieii, alle diese sogeiiaiiiiteii iiiiAviderstelilichen Resultate
wissenschaftlich zu Null zu reducireu.
Erstlich glaubt der Herr Verfasser die Erklärung nuthwendig,
daß kleine eckige Nester von sehr glinimerreiclien Granit keineswegs
als schwärzliches Gescliiebe im Granit gelten können (Bd. 3, S. 304).
Solche Irrthilnier könnte man wohl nur Chamuuny- Führern oder
Alpenclub-Dilettanten zumuthen , wenn nicht einer von unseren ge-
feiertsten College*!, Prof. Zippe, ein Quarzgeschiebe im Granit einst
zu finden glaubte (Bull. Soc. geol. Fr. 1845, N. F. Bd. 2, S. 266).
Doch diese letzte Bemerkung wurde durch Durucher u. a. dadurch
geschwächt, 4lafJi eine Art Granit in der Normandie und Bretagne
Nester von Quarz mul Glimmer enthält , welche auch als Geschiebe
gelten künnten (Bull. 1846, Bd. 4, S. 140—143, Taf. 1, F. 1—6).
Wenn man aber in manchen Graniten eckige Fragmente von ver-
schiedenen älteren und jüngeren Schiefern oft fand i), so wäre die
ftlöglichkeit der Ziftpe'schen Angabe nicht ganz ausgeschlossen;
aber unser verewigter College hätte alle Zweifel unmöglich gemacht,
wenn er anstatt von gleichzeitig mit dem Granit gebildeten Quarz-
geschiebe nur von Quarznestern gespruchen hätte.
Natürlicherweise erscheinen solche Fälle ganz naturgemäß für
jene wenige, welche in manchem Granit ein plutonisch - meta-
morphosirtes Sediment zu erkennen glauben (Virlet ebd. 1844. N
F. Bd. 1, S. 766, 184Ö, Bd. 3, S. 94—96; C. R. A. d. Sc. P. 1845,
Bd. 21, S. 1222).
Der erwähnte Verfasser widmet auch wieder mehrere Betrach-
tungen der, nach unserer Wenigkeit, längst abgethane Frage
über die Schichtung oder Nichtschichtung der Granite
und Protogine, indem Zerklüftungen oder sehr trügerische
') Joh. V. Charpentier im Gr. d. Pyrenäen (J. d. Min. 1813. Nr. 194. B. 33,
S. 117 — 119), V. S eck end orf Grauwacken- Fragmente mit Muscheln im Harzer
Granit (N. Jahrb. f. Min. 1831. Edlnb. n. phil. J. 1833. B. IS, S. 296). Drian zu
Rivc de Gier (Ann. Soc. d'agric, Sc. phys. & nat. de Lyon 1843, B. 6, S. 233).
Rozet (Bull. Soc. geol. d. Fr. 1845. B. 3, S. 276J. Bertrand Geslin, Glimmer-
sehieferhrocken im Granit zu Dinant, Insel Jersey u. s. \v. (dito 1846, B. 4. S. 143).
Cotta, Fragmente von Gneiß, Glimmerschiefer u. Grauwacke in Graniten zu
Langebruck u. Liebenstein (N. Jahrb. f. Min. 1848, S. 129—132. Taf. 3). Tellef
Dahll in Teilemark (dito 1862, S. 604, oder seine Geologie von Tellemark 1862).
Allr. W. Steizner, Granite zu Geyer u. Ehrenfriedersdorf (N. Jahrb. f. Min.
1865, S. 80Ö).
Sitil.. d. niatheni.-iiafurw. Cl. LVU. Bd. I. Abth. 37
lißS B o II e.
Schichtungsablösungeii wie in den Laven, Trapparten, Trachyten,
Porphyren und Sieniten durch wohl bekannte, oft erwähnte Ursachen
vorhanden sind (siehe z. B. De la Beche Res. in theoret. Geolog.
1834, S. 103, Report, on the Geol. ofCornwall. S. 163, f. 16 und die
Abh, von Sharpe, Studer, Tyndall, Sorby, Harknes, Jukes u. s. w.).
Man muß aber Gneiss , in welchem der Glimmer durch Talk
ersetzt wird, oder geschichtete Protogine mit talkigen Graniten oder
massiven Protoginen nicht verwechseln. Die Schwi«rigkeit, zu einer
Entscheidung zu kommen, ist nur in Fällen vorhanden, wo durch
die grossen Veränderungen des Metamorphismus ziemlich bedeutende
Nester oder Nieren von ungescbiciiteten Protoginen in den geschichte-
ten hervorgebracht wurden, wie auch bei dem gewöhnlichen Gneiss
und Granit der Fall manchmal eintritt. Diese einfache Erklärung von
verschiedenen Graden der Umwandlung gibt Aufschluß über manche
sogenannte Blöcke von Granit (vergl. Bd. 3, S. 172), Weißstein
oder Eurit im Gneiss. Andere solche sogenannte Granitblöcke im
letztern Gestein sind aber nur abgerissene isolirte Stücke von Granit-
gängen, welche in einem Durchschnitte solche anomale Formen an-
nehmen müssen.
Dann wird, wie im ersten Versuclie Del esse's, zu den drei
Hauptbestandtheilen des Granits übergangen. Der Quarz bildet
sich auf nassem Wege; Schafhäutl. Senarmont, Daubree
und C a g n i a r d - L a 1 0 u r werden als Zeugen angerufen. Die Plutoni-
sten haben aber diese offenkundige Thatsache nie geleugnet, sowie
sie eben so wenig die sehr mögliche Bildung von verschiedenen Quarz-
gängen vermittelst kieselhaltiger Mineralwässer bestritten liaben. Wie
würden aber die Neptunisten über folgende eben so stichhaltige Syllo-
gismen auflachen, namentlich eine Anzahl von Mineralien, zur Abkür-
zung hier mit« bezeichnet, wurden augenscheinlich auf dem trockenen,
feurigen Wege erzeugt, ergo können diese Producte in keinem Falle
zum Reiche Neptuns gehören. So wird durch ähnliche Argumente
keineswegs die Bildungsart des Quarzes im Granit bewiesen.
Weitere Beobachtungen von Del esse, Sir Humphry, Davy,
Brewster, Sorby und Zirkel über die flüssigen oder gasartigen
Einschlüße im Quarz des Granit sind schon mehr am Platze, aber
lassen sich recht gut mit einer vernünftigen wässerigen feurigen Bil-
dung des Granit vereinigen, wie Elie de Beaumont und Fournet
es auseinandersetzten und wie der Verfasser es selbst niederschreibt.
über ilie .jet/.ige Tlieiliinj; di'i- «issenschHltlicheii Arheit etc. 561)
Gab es vielleieht Plutonislfii , die sich auf 400— 500° C.
Temperatur verstiegen, um ihren Granit ohne Wasser und heiße,
sowie auch einige Säuren und kieseilialtige Dämpfe zu bilden, so
haben wir wenigstens nie solche Voraussetzungen ausgesprochen.
Endlich kommt der Herr Verfasser auf Heinrich Rose's Abhand-
liiim über die verschiedenen Zustände der Kieselsäuren, in ^^ elcher
der berühmte Chemiker wörtlich den Ursprung des Granit bespricht,
indem er aber hinzusetzt, „daß gewiß Niemand sich einbilden wird,
daß die verschiedenen iMineralien des Granites durch Wasser je auf-
gelöst waren, um sich nach und nach aus der Lösung zu krystalli-
siren". Im Gegentheil, nach ihm wären durch die Wirkung des Was-
sers auf urweltliche, durch Gluth in Flüssigkeit erhaltene Materien
die Bestandtheile des Granites oder wenigstens mit Hülfe der Wärme
und des Druckes entstanden (Ann. Ph. Pogg. 1839, Bd. 108,
S. 38). Diese Theorie ist aber eben so weit entfernt von dem nep-
tunisch-wernerischen Unsinn, als annähernd an unsere Muthmassung,
welche viele seiner beigefügten Bemerkungen selbst bestätigen.
Herr Rose hat den Dichtigkeitsgrad des granitischen Quarz
auf 2,6 gestellt, der auf nassem Wege hervorgebrachte Quarz
gibt aber nur 2,2 — 2,3 Grad der Dichtigkeit.
Wenn der Herr Verfasser ein solches Gewicht auf diese Bemer-
kung legt, so hätte man doch von ihm erwarten können, daß er die
Gegenmeinung von eben so geschickten Männern, als Rose, hätte
berücksichtigen sollen. Nun aber steht obenan der berühmte Bunsen,
welcher zeigte, daß, wie nach der plutonischen Theorie voraus-
gesetzt wird, die chemische Möglichkeit doch in der Granitbildung
gegeben wäre, namentlich daß seine Mineralien in einer verkehrten
Art sich krystallisirten, in welcher sie gewöhnlich fest werden.
Die Temperatur eines Körpers während seiner Verdichtung und
Isolirung ist nie dieselbe, wenn er sich aus seinen Auflösungen unter
anderen Körpern ausscheidet. Der Punkt der Verdichtung eines Kör-
pers hängt imr von seiner Natur und dem Drucke ab, indem derselbe
für einen in Auflösungen befindlichen Körper von der Proportion der
mit ihm gemischten Materien abhängt. Das Chlorkalium verdichtet zu
26°, wenn man aber die Proportionen des Wassers variirt, so kann
dieses selbst nur unter 100° geschehen u. s. w. Nach den Experi-
menten über Lösungen wird es wahrscheinlich, daß in einem feld-
spathreichen Schriftgranit Quarz vor dem Feldspath krystallisiren
37*
570 B o .. e.
konnte, indem in anderen Gr.initen diese Solidifieation in verkehrtem
Sinne oder gleichzeitig geschah (vergi. Rose's Abh. Ann. d. Ch. et
Phys. iSGO, Bd. 58, S. 199 u. Gust. Rose's Zeitschr. deutsch, geol.
Ges. 1849, Bd. 1, S. 359),
Charl. Sainte Ciaire Deville hat sich auch gegen Rose's
Ansicht über Granitbiklung erklärt, als er die verschiedenen Stände
der Kieselsäure schilderte.
Auf der andern Seite hat Fournet die angedeutete Schwierig-
keit durch die Hypothese einer Überschmelzung (Surfusion) des
Quarz heben wollen. Obgleich von Elie de Beaumont und A. Lau-
rent unterstützt, wurde er von anderen Gelehrten wie St u der.
Vi riet, Schafhäutl u. s. w. opponirt. Endlich hat Daubree
auch gewisse Kräfte , wie den Druck u. s. w. , sowie chemische
Tliatsachen zu Hülfe gerufen, um die plutonische Bildung des Granits
wenigstens plausibel zu machen.
Zum Feldspath übergehend, glaubt der Verfasser durch zwei
Argumente die Bildungsweise des granitischen Feldspath beweisen
zu können, namentlich durch Albitkrystalle in alpinischen Kalksteinen
und durch die Veränderungen in den optischen Axen des Orthose
unter einem grossen Hitzgrade i). Was den ersten Beweis betrifft,
hätte er in der geologischen Literatur noch bessere Fälle von
sogenanntem neptunischen Feldspath finden können, wo Gegenerklä-
rungen scheinbar noch weniger am Platze sind; darüber wollen wir
mit ihm hier kein Wort verlieren ; aber das gewährt uns wieder keine
Sicherheit für den wahren Ursprung i\cs granitischen Feldspath, da
Feuer und Wasser oft zu denselben Mineralien Anlass geben. Auf
der andern Seite steht die optische Beobachtung Des cloizeau's
ganz und gar nicht mehr vereinzelt, was unser Verfasser gänzlich
verschweigt, indem er eine Hitze von 400 C. für die Fcldspathgluth
der Plutonisten annimmt. Möge er davon den Beweis haben, zum
zweiten Male gesagt, wir gehören zu jenen nicht und glauben doch
an die Granitbildung durch Hitze und Wasserdämpfe. Wenn Pariser
Gelehrte viel Gründliches in den Wissenschaften entdeckt haben, so
verscheuchen ihre sogenannten Schlussresultate oft nur schwer einiges
Misstrauen, weil durch die große Concurrenz der gelehrten Kräfte
1) Descioizeaux L. Institut i861, S. 234, C. K. Ac. d. Sc. S. 1862, B. SS, S.6.il —
6S4. Mem. Ac. d. Sc. P. BuU. Soc. geol. Fr. 1862, B. 20, S. 41—47. Ann. d. Ch. &
Phys. 1863, 3. F. B. 68. S. 191— 22S, Ann. Phys. Pogg. 1863, B. 119, 8.481— 492.
über die jeUige Theiliing «ler wissensohiifiliclieii Arbeit etc. 571
daselbst die Sucht zu glänzen, das heisst aus kleinen Beobachtungen
Avichtige theoretische Ansichten in mehreren Richtungen zu unter-
stützen, manchmal zu Übereilungen führt. Darum hat mit germani-
scher Gewissenhaftigkeit (durch Franzosen oft als Pedanlismus ge-
stempelt) Herr Dr. Ch. Weiss die Versuche Descloizeau's ver-
folgt und ist zu dem Schluße gekommen, daß für den Feldspath die
optischen Thatsachen weder dem Verlangen der Nep-
tun isten, noch der Pluto nisten sich beugen (s. Beitrag
zurKennthiß derFeldspathbildung, in den Naturk. Verh. Haarlem's,
1866, Bd. 25, S. 112). In der Natur findet sich eine fortlaufende
Reihe von FeUlspathen, welche nach Lage und Größe solcher Axen-
winkel alle möglichen Grade der Temperatur anzeigen würden, die
bei oder seit Entstehung derKrystalle sie heimgesucht hat, von einer
Temperatur noch weit von der Gluthhitze bis zu einer solchen,
welche etwa beim Schmelzen des Kupfers erreicht wird. Berück-
sichtigt man die Einflüsse der jetzigen Wärme auf die Krystalle,
so kann man aus der Lage und Größe des optischen Axenwänkels
allein noch keinen Schluß auf die Höhe der erlittenen Wärmewirkung
ziehen (ebd. S. 117). Wir müssen wirklich den Leser auf die voll-
ständige Auseinandersetzung dieses interessanten Gegenstandes
durch Dr. Weiss verweisen, damit er sich damit versicherte,
daß Descloizeau zu hastig in seinen Schlüssen war, wie z. B.
besonders über die ungleiche Vertheilung der Durchsichtigkeit eines
Krystalles als zur Gluthwirkungsbeurtheilung günstig u. s. w. Durch-
blättert man das ganze Elaborat des Dr. Weiss, so wird man wahr-
nehmen, daß er durch die Optik für Quarzporphyre zu demselben
theorisch auf Wissenschaft basirten Schluß als wir für Granit
kommt, nämlich daß Hitze und Dämpfe, resp. Wasserdämpfe bei
Bildung solcher Gesteine vorhanden waren (ebd. S. 165). Jetzt
fragen wir jeden Unparteiischen, wenn der Eocenquarzporphyr zu
Vöröspatak, durchspickt mit großen Quarzkrystallen, oder der ähn-
liche von Auerberg bei Stolberg am Harz (mit 2,655 specifischer
Dichtigkeit für den Quarz) einen solchen Ursprung hat, warum sollte
es nicht beim Granit auch möglich gewesen sein, daß er als w^eicher
feldspathischer Teig unter einem gewissen Hitzegrad und Drucke
(vergl. Bd. 3, S. 321) aus der Erde heransgepresst wurde, in-
dem wässerige, sowie kieselhaltige und saure Dämpfe und Gase die
ganze Masse durchzogen und auf diese Weise nicht nur die Quarz-
572 B 0 .. e.
und Glimmerkrystalle erzeugte, sondern aucii zur Bildung der Drüsen
und Poren Anlaß gaben. Ob nun der Talk und G ii m m e r Wasser
oder keines entbält, ob es wirklieb neptuniscb gebildeten Glimmer
und Talk, Topase, Emerauden u. s. w. gibt, was für Pseudomor-
phosen des Feldspalhes, des Quarzes und des Glimmers aucb bekannt
sind, das sind alles Nebensacben , welcbe nichts entscheiden und mit
dem innigen Zusammenhange der Granite, Syenite, Porphyre undTra-
chyte der Natur in die Wagschale gelegt, vor solchen mineralogi-
schen und geognostischen Beweisen verschwinden.
Als letztes Schlachtplerd lülirt aber der Herr Verfasser, wahr-
scheinlich zum Erstaunen alier seiner Verehrer, noch die Entdeckung
des Eozoon hinzu, während es doch olTenkundig ist, daß diese Fora-
minifere bis jetzl nur dem serpentinhaltigen körnigen oder halbkrystal-
lischen Kalksleine der krystallinisclien Schiefer eigen ist. Werhatdenn
bis jetzt diese Thierreste im Granit oder selbst in der Mitte von Serpentin
gefunden, und wer ist ein so wenig geschulter Mineralog, um nicht
gleich in jener serpentinartigen Einhüllung und Munificirung einer
Foraminifere einen pseudomorphischen Process zu erkennen, welchem
Augit, Hornblende, Olivin oder andere Mineralien unterworfen waren.
Weiter bespricht der Herr Verfasser die wohlbekannten eckigen
kleineren oder grösseren F r a g m e n t e v o n G n e i ß, G 1 i m m e r s c h i e-
fer oder Übergangsschiefer im Granite und erstaunt, die-
selbe nie durch Hitze verändert zu finden, wie es doch sein sollte, wäre
der Granit eine Lava. Die genaue Beobachtung solclier Fälle zeigt
aber gerade, dass oft das granilische Material mit demjenigen der
Fragmente sich so innig verbindet, daß daraus einst in Schottland
die Theorie der chemischen gleichzeitigen Bildung entstand. Neben
diesen verschwommenen, manchmal auch wie entfärbten Umrissen der
fremden Gesteine kommen auch Fälle vor, wo die Berührungsflächen
sehr scharf bleiben. Solche Fälle sind aber in den Laven auch bekannt
genug. Die Neptunisten vergessen immer, wie viele Nebenumstände
erforderlich sind , um Hitzewirkung durch Laven oder plutonische
Gesteine zu verursachen. Die grosse Porosität der Schlacken modi-
ficirt die Wärmeleitung so sehr, dass man täglich am Vesuv über
Laven schreitet, welche in einer höchst geringen Tiefe glühen. Wie
viele Lava-, Basalt- oder Trachytströme liegen auf sehr verschiede-
nen Felsarten, ohne sie wahrnehmbar zu modificiren, während anderswo
dasGegenlhf'il hcrvorfrilt. Auf dieselbe Weise verhäM es sich mit allen
über die jetüijje Tlieilung der wissenschaftlichen Arbeit etc. O < 3
Berührungsflächen der Basalte, Trappen und Porphyre. Wie viele
solcher Gesteine haben wir nicht selbst in Gängen durchmustert und
nur bei einigen kleinere oder grössere mineralogische Veränderungen
Mahrgenommen. Manchmal scheint selbst die nächstliegende Gestein-
masse neben der plutonischen unberührt und die stattgefundenen Ver-
änderungen oder Metamorphosen zeigen sich nur etwas weiter in
den nebenstehenden Felsarten.
Da sind wir zu einem Theil dex plutonischen Theorie gelangt,
in welcher man sich ehemals übereilt hat, Alles der Feuergluth zuzu-
schreiben, was uns jetzt einer wissenschaftlich gegründeten Rüge der
Neptunisten aussetzt. Es ist die Aufgabe der neuen Wissenschaft,
physikalisch sowie chemisch die besonderen Umstände, die Anomalien
dieser Erscheinungen sowie die Hervorbringung dieser Metamor-
phosen scharf zu bestimmen und zu elassificiren, so zum Beispiel
das durch kieselhaltige Wasserdämpfe quarzig Gewordene, von dem
nur durch Tagewasser und kohlensaure Einwirkung oder durch kleine
innere elektrochemische Kräfte, oder selbst durch Hitze Veränderte
zu Sortiren.
Diese V^eränderungen zu umfassen, brauchte man ein Wort; man
fand es in dem des Metamorphismus, welcher Begriff nicht rich-
tig durch Pseudomorphose ausgedrückt werden konnte, da letztere
Gattung von chemischer Veränderung nur einen Theil des Metamor-
phismus ausmacht. Darum kommt es unerklärlich vor, wie der
erwähnte Verfasser behaupten kann, dass der Metamorphismus wie
der Trapp und andere zu allgemein gehaltene Ausdrücke nur ein
Geständniss der Unwissenheit wären (Bd. 3, S. 330), so daG>
so viele berühmte Geologen und man kann wohl sagen, fast die
berühmtesten unserer Zeit nur als Schulknaben gegen den Herrn
Verfasser zu stehen kämen.
Solche allgemeine Benennungen brauchen wir aber in der Geo-
logie, wie in jedem Wissen, denn ohne der hohen Wissenschaft des
Verfassers nahe treten zu wollen, bedeuten sie, für uns Laien wenig-
stens, eine Reihe von wohl sehr verschiedenartigen mineralogischen
Resultaten, welche jedoch durch gewisse geognostische Betrachtungen
in inniger Verbindung mit einander stehen. Erläutern wir unsere
Gedanken durch einige Beispiele.
Ein schöner metallreicher Gang durchschneidet die krystallini-
schen Schiefer, Thonschiefer oder Grauwacke. Daneben auf einer
574 B 0 u e.
Seite mir oder oft /n beiden Seiten zeigen die sogenannten Saal-
bänder andere Färbungen , andere Aggregationszustände, andere
Härte der Gebirgsarten u. s. \v. als gewöhnlich. Zur Erklärung dieser sehr
merkwürdigen mineralogischen Veränderungen kann man eben sowohl
chemische neptunische Ursachen, manchmal auch plutonische vor-
schlagen oder wenigstens kann daselbst die Rede von Mineralwässer-
Einflüssen sein. Darüber steht das Feld mehr oder weniger wahr-
scheinlichen Vermuthungen olTen, aber das hindert nicht, dass wir
glücklicherweise das Wort Metamorphismus besitzen , um ohne
vorgefasste Theorie diese geognostische Thatsache anzudeuten.
Ein Basalt-, Trapp- oder Serpentin-Gang durchschneidet einen
Sand- oder Kalkstein, neben letzterm zeigen sich mineralogische
Veränderungen, Verdichtung, Verkieselung, Entfärbung, starke Eisen-
oder Mangan-Färbung, eigene Mineralien u. s. w. , manchmal nur in
letzteren Felsarten, manchmal selbst auch in den Seiten der fremden,
alles durchschneidenden Gesteine. Warum sollte man da nicht solche
Merkwürdigkeiten untereinemcollectiven Namen zusammenfassen und
wie kann man uns darüber zum Eselstempeln, weil wir vielleicht noch
nicht alle chemisch-physikalischen Naturgeheimnisse erlauscht haben.
Ein grosser Granitgang durchsetzt einen Glimmerschiefer oder
Gneiß, die Schiefer erscheinen auf eine ganze Klafter Entfernung
vom Granit wie durch eine Säure entfärbt oder einandermal wie durch
Eisenoxydhydrat geröthet. Zwischen dem Glimmer oder Feldspath-
lamellen bemerkt man nur in diesem metamorphosirten Schiefer Par-
tien von Schörlkrystallen , welche nur immer in einer parallelen
Lage mit den Gesteinblättern liegen und von Graniten anfangen, Avie
wir es bei Nantes erlebten. (Ann. sc. nat. 1824, Bd. 2, S. 387.)
Warum sollte der Geolog nicht mit einem gut gewählten Aus-
druck alle diese comj)licirten mineralogischen Umstände bezeichnen
können, ohne gezwungen zu sein, das Naturräthsel wissenschaftlich
gänzlich lösen zu können?
Anderswo trennt den Granit vom Ubergangsgebirge ein mehr
oder minder breiter Streif von Schörlschiefer oder Hornfels oder von
einem gneißartigen feldspathischen Gestein. Möglich erstrecken sich
Granitgänge durch letztere und in diesen Spalten haben sich abge-
lagert nicht niM" ein demjenigen des Stockes ähnlicher Granit, sondern
auch andere Arten von feinerem oder im Gegenlheil von porphyrarti-
gem Granit, unter web'lien einige vielleicht selbst in den Körper des
über ilii- jetzige Tlieiluiif; der wisseiischiifllielii-ii Ailieit etc. Oli)
Granitstockes eindriiigen, oder Iclzteren tlieilweise diirchschneltlcii.
Vielleicht wird das Ganze durch Erze in Trümmern, Nestern oder
selbst Gängen noch zusammengesetzter. Wie glücklich muß sich der
Geognost da fühlen, einen allgemeinen Ausdruck für solche mehrfache
dynamische und cliemische Resultate zu finden.
Es giht aber noch andere viel schwerere Räthsel in der geolo-
gischen Natur, wir meinen die, wo ganze große (jegenden oder Bei-g-
ketten nichts als ein wahres Labyrinth von veränderten Gesteinen zu
sein scheinen. Nur durch lange Studien über geognostische Strati-
graphie, Petralogie und Metamorphismus gelangt man zu einigen Ver-
muthungen über die langwierigen physikalisch-chemischen Processe,
welche da stattfanden, und wirklich der erwähnte Herr N'erfasser
(mag er nun oder nicht das Wort der sogenannten Unwissenheit)
ließ sich doch selbst durch diesen theoretischen Pfad zu einigen
seiner schönsten Enträthselungeii in den Montblanc-Alpengruppen
leiten, wie zum Beispiel für seine Rauhwacke, seine Trias, seine
Kohlen-Formationen u. s. w.
Er will und kann nicht an Sismonda's Equisetum-Überbleibsel
in einem gneißigen Gestein glauben (Bd. 3, S. 329). IMöglich daß
das Recht auf seiner Seite ist, aber seine Argumentation dagegen
könnte man ebensowohl für die räthselhaften Belemniten und Encrini-
den vom Nuftenenpass und anderswo in den krystallinischen Schie-
fern der Alpen gegen ihn anwenden.
Was er auch sagen mag, die Thatsache steht fest, daß einer-
seits unfern der granitischen Massen einst sedimentäre Gesteine
mehr oder minder verändert wurden, ohne daß immer ihre Petrefacten
verschwanden , während andererseits daraus ganz und gar nicht
folgt, dass der Granit ein wässeriger kalter Niederschlag war (ver-
gleiche Bd. 3, S. 103).
Das Übel ist, daß der Mensch zu jeder Zeit Alles wissen will,
oder zu erklären nach seinen Kenntnissen sich berechtigt glaubt.
Doch er vergißt, daß diese letzteren nur einen Horizont in der Scala der
Erkenntniß der Natnrkräfte und Producte bildet, und daß die uns
nachfolgende Menschheit, wahrscheinlich unsere jetzige Unwissenheit
belächelnd, noch viel höher im Wissen stehen wird. Bleiben wir der
Weisheit gemäß bei dem Ausdruck Metam orphismus und über-
lassen wir es der Zukunft, die ganze Erklärung der Phänomene und
ihrer Details zu cfchen.
576 ß o u e.
Methodisch-chronologisch geordnete BibUographie
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S. 296 — 297). — Erwiderung Duroclier's: F. vermischt Viscosität mit
Überschmelzung (dito S. 29—31, 188—190, 849, 1099-1252. 1860. B. 17,
S. 294; Hist. Geol. d'Archiac 1847. B. 1, S. 39—40.)
Fuchs (Nepomuk), Theorie der Erde. Münch. 1844.
SchafhäutI, Kritik der Theorie Fournet's. (N. Jahrb. f. Min. 1845. S. 858;
Bull. Soc. geol. Fr. 1847. 2. F. B. 4, S. 477.)
Cotta (B.), Die Erklärung Durocher's ist besser als die Fournet's: Elemente
der Geologie, 1846. Fournet's Antwort, (Bull. Soc. geol. Fr. 1860. B. 17,
S. 291.)
Scheerer, Kritik der Theorie Fournet's. (Ann. Phys. Pogg. 1842. B. 56,
S. 479.)
Studer (H.), aucli dagegen.
Elie de Beaumont (Leonce), Die Kieselerde bleibt einige Zeit klebrig in
ihrem Abkühlungsprocesse. (Soc. Philomat. P. 4. Mai 1839, L' Institut
1839. 10. Mai, d'Archiac Hist. Geol. B. 1, S.38— 39.) Granite zu gleicher
Zeit plulonisch eruptiv und mit durch heisse Dämpfe abgelagertem Kiesel
und Surfusion des Quarzes gebildet. Durocher's Erklärung der Abdrücke
der Turmaline, Granate u, s. w. auf Quarz u. s. w. (Bull. Soc. ge'ol. F. 1847.
N. S. B. 4, S. 1295— 1299. 1848. 2. F. B. 4, S. 1305—1307; Bibl. univ.
Geneve 1849. B. 11, S. 322—323.)
Virlet, Gegen Fournet's Theorie. (Bull. Soc. geol. Tr. 1857. B. 15, S. 124
adnotat.)
Richthofen, (F.), Segregation der überflüssigen Kieselsäure im trachyti-
schen Porphyr u. Granit. (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. 1859. B. 10,
Sitzb. S. 47—48.)
Fournet (J.), Quarz mit Flüssigkeiten in Drüsen, auch plutonisch. (C. R. Ac.
d. Sc. P. 1801. B. 53, S. 610—615.)
Plutoniscbe Bildung des Granits mit Hilfe von kieselhaltigen and sauren
heissen Wasserdämpfen unter einem gewissen nicht zu grossen Hitzegrade
und unter einem ziemlich grossen Drucke.
Davy (Sir Humphr.), Flüssigkeiten und Gasarten in kleinen Räumen einiger
Quarzkrystalle. (Roy. Soc. L. 1822. 13. Juni; Lond. phil. Trans. 1822.
B. 112, Tb. 2, S. 367; Ann. of phil. 1823. B. 21 (N. F. B. 5) S. 43—49;
Quart. J. of Sc. 1823. B. 14, S. 385; Edinb. phil. J. 1822, B. 7, S. 186;
Ann. d. Ch. & Phys. 1822. B. 21, S. 132.) Erklärung durch Druck (dito
B. 21, S. 220; Ann. d. Mines 1823. B. 8, S. 295, Zeitschr. f. Min. 1825;
B. 2, S. 503-506).
I
über die jetzig'« Theilunp^ der wissenschaftlichen Arbeit etc. Oö 1
Moll's N. Jahrb. d. B. u. H. K. i826. B. 6, S. 280-289; Gott. gel. Anz.
iH23. Nr. i77; Feruss. Bull. 1823. B. i, S. 206.
Scrope (Poulett), Considerat. on Volcanoes, 1825. ^. Aufl. 1862. S. 282—
286.
Elie de Beaumont (Leonce), vide. stipra. Die Elektricilät hat eine bedeu-
tende Rolle in der Erstarrung des Granits gehabt. (Bull. Soc. ge'ol. Fr.
1847. B. 4, S. 1317.)
Scheerer (Th.), Piutonische Natur des Granits und seiner krystallisirten
Silicate unter nicht sehr hoher Temperatur. (Bull. Soc. geol. Fi-. 1847.
B. 4, S. 47Ö-495; Edinb. n. phil. J. 1848. B. 45, S. 157; N. Jahrb. f.
Min. 1847. S 854-861; Verh. bergm. Ver. zu Freiberg 1848. Feh. 29;
B. u. Hüttenm. Zeit. 1852. S. 275; N. Jahrb. f. Mm. 1853. S. 203.)
Antwort an Durocher (wegen der Rolle des Wassers) Bull. Soc. geol. Fr.
1849, B. 6, S. 644—654, 1851, B. 8, S. 500-508. - Ann. Phys. Pogg.
1858 B. 43, S. 319. Der Paramorphismus u. s. Bedeutung in d. Cheni.,
Min. u. Geol. 1854. S. 62.
Durocher's Antwort (Bull. Soc. geol. Fr. 1850. N. F. B. 2, S. 276-287).
Elie de Beaumont, Wasser mit Chlor, Schwefel, Fluor, Phosphor, Bor
(Bull. Soc. geol. Tr. 1847. N. F. B. 4, S. 1310-1316) in keinem tiefen
Meere gebildet. (C. R. Ac. d. Sc. P. 1858. B. 46, S. 149.)
Sorby (H. C), Edinb. n. phil. J. 1852. N. F. B. 7, S. 372; N. Jahrb. f. Min.
1860. S. 87; Quart. J. geol. Soc. L. 1858, B. 14, S. 180-190; C. R. Ac.
d. Sc. P. 1858. B. 46, S. 146—149; L' Institut 1858. S. 25; N. Jahrb. f.
Min. 1861. S. 371.
Deville (Ch. Sfe. Ciaire), Kritik der Abb. von H. Rose über Kieselsäure. (Ann.
d. Ch. & Phys. 1857. 3. F. B. 49. 1860, B. 59, S. 74—90; Phil. Mag.
1860. 4. F. B. 20, S. 175-183.)
Hunt (F. H.). (Amer. J. of Sc. 1858. N. F. B. 25, S. 435.)
Rose (H.). (Ann. Phys. Pogg. 1859. B. 108, S. 38.)
Del esse (A.), Letztere correetere Ansichten. (Bull. Soc. geol. Fr. 1858.
B. 15, S. 747, 753, 768—776. Recherches sur le Granit, P. 1860. 4. (Vide
supra unter den Neptunisten.)
Delesse, Die Granite mit einer Art von Glimmer sind eruptiv in Gängen und
gehen nicht in Gneiß über (dito 1859. B. 16, S. 425 durch Grüner be-
stätigt S. 426).
Bialoblotzky (Dr.), Deutsch. Naturf. Vers, zu Speyer 1861.
Bunsen gegen H. Rose, Verh. d. naturhist. medie. Vers, zu Heidelberg 1860.
B. 2. Th. 1, S. 6. N. Jahrb. f. Min. 1861. S. 856— 858. Zeitschr. deutsch.
geol. Ges. 1860—61. B. 13, S. 61—63. Delesse's Rev. f. 1861. S. 151.
Quart. J. geol. Soc. L. 1862. B. 18, Übers. S. 11 — 12, B. u. H. Z. 1862.
S. 107.
Haughton (Sam.), J. geol. Soc. Dublin 1862. ß. 9. Th. 2, S. 327—335.
N. Jahrb. f. Min. 1863. S. 113—114.
«>o2 Bou^. Über die jetzige Theiliinj;- iUt wissenschal'tliclieii Arbeit etc.
Pcicy (Dr.), rntei* einer keineswegs sehr liohen Hitze. (Swine's Leclures on
Geology, School of mines; Chemie. News 1864; Quart. J. of Sc. L. 1864.
B. 1. S. 490.)
Deseloizeaux, Unter keiner sehr großen Hitze. (Bull. Soc. geol. Fr. 1863.
ß. 20, S. 44.)
Ehray (Th.), (Bull. Soc. geol. Fr. 18tJ3. B. 21, S. 73-74).
Delesse, Bildung des Ürusischen Schriftgranit mit Topas im Berg Mourne
Grätsch. Down in Irhind vermittelst fluorsaurer Dämpfe. (Dito 18S3.
B. 10, S. 570 u. 086-1)88; N. Jahrb. f. Min. 18S5 S. 739 u. 1856 S. 358.)
Fitzinger. Kritische Untersuch, über die S|)itzmäuse (SoricesJ etc. 583
Kritische Untersuchungen über die der natürlichen Familie
der Spitzmäuse (Sorices) angehörigen Arten.
III. Abtheilung.
(Die Gattungen Otisorex, Brachysorex , Anotus, Soriculüs , Crossopus, Solenodon und
Myogale enthaltend.)
Von dem w. M. Dr. leop. Jos. Fitzinger.
y. Gatt. Ohrspitzinaiis (^Otisoreocy,
Der Leib ist nur mit weichen Haaren betleckt. Vorder- und
Hinterfüsse sind fünfzehig. Die Zehen sind frei. Die Schnauze ist
stark verlängert und endiget in eine über die Unterlippe ziemlich
weit hervorragende spitze, rüsselförmige Nase. Die Ohren sind ziem-
lich groß, nicht sehr kurz, stark aus den Haaren hervorragend, und
durch einen an ihrem Grunde befindlichen Lappen verschließbar. Der
Schwanz ist lang oder mittellang, gerundet, geringelt und geschuppt,
nicht sehr dicht mit kuzen anliegenden Haaren tesetzt, und an der
Wurzel nicht dicker als im weiteren Verlaufe. Sohlen und Zehen sind
nicht gewimpert. Eckzähne fehlen. Die Schneiden der unteren Vor-
derzähne sind gezähnelt und an ihrer Hinterseite mit keinem Ansätze
versehen. Sämmtliche Zähne sind weiß und endigen in roth- oder
schwarzbraune Spitzen und Sehneiden. Im Oberkiefer sind jederseits
fünf Lückenzähne vorhanden. Die Krallen sind nicht zurückziehbar,
jene der Vorderfüsse nicht größer als die der Hinterfüsse.
Zahnformel: Vorderzähne -^ , Eckzähne 7^^ , Lücken-
g g ^ ^
zahne - — ^ , Backenzähne -= — - = 32.
1. Die langnasige Ohrspitzmaus (Otisorex longirostris).
0. notaeo unicolore custaneo, gastraeo parum dilutiore; cauda
dimidio corpore paiif/o longiore , siipra castanea,] infra purum
pallidiore; rostro longo, angtistato, castaneo.
Sitzb. d. rimtlit'iii.-naturw. Cl. l.VII. IJd. I. Abth. 38
584 F i t z i n g e r.
Sorex longirostris. Bachm. Joiirii. of the Acad. of Philadelphia.
V. VII. p. 370. t. 23. fig. 2.
R e i c h e n b. Naturg. Raiibth. S. 346.
Otisorex longirostris. De Kay. Zool. of New-York. V. I. p. 23.
Sorex lougirostris. Autliih. Bachm. Quadrup. of North-Ainer.
V. III. p. 240. t. 150. fig. 3.
Wagn. Schrebei- Säugth. Suppl. B. V. S. J>47.
Nr. 10.
Von derselben Größe wie die langsehnauzige (^SorexWagneri)
und die aschgraue Spitzmaus (Sorex Lesueurii), daher nebst diesen
nicht nur eine der kleinsten unter den nord-amerikanischen Arten
der ganzen Familie, sondern überhaupt unter allen in Nord-Amerika
vorkom.menden Säugethieren,
Die Schnauze ist langgestreckt, und weder breit noch abgeflacht.
Die Ohren sind ziemlich groß, nicht sehr kurz, und stark aus dem
Pelze hervorragend. Der Schwanz, welcher etwas über die Hälfte
der Körperlänge einnimmt, ist gerundet, an der Wurzel nicht dicker
als im weiteren Verlaufe, und nicht sehr dicht mit kurzen anliegenden
Haaren besetzt.
Die Oberseite des Körpers ist einfarbig kastanienbraun, die
Unterseite desselben etwas lichter, und dieselbe Färbung bietet auch
der Schwanz auf seiner Ober- und Unterseite dar. Die Schnauze ist
kastanienbraun, so Avie der Rücken. Die Krallen sind weiß und endi-
gen in eine schwarze Spitze.
Körperlänge 1" lOYa". Nach Audubon.
Länge des Schwanzes .... 1".
„ der Ohren 3".
„ des Hinterfusses .... ^^/z'"-
Vaterland. Nord-Amerika, Süd-Carolina, New-York, Neu-
England. Zuerst von Bachman beschrieben.
2. Die breitnasige Ohrspitzmaus (Otisorex platyrrhimisj.
0. votaeo ohscure cinereo, levifer rufo-fusco-Uivato, gasfraeo
sntvrate cinereo; canda dimidio corpore vel longiore. vel punllo
hreviore, subpenicillaia , siipra rnfo-fuscn, inf'ra cinerea, apice
alba; pedibus albis; rostro lato, depresso, rufo-fusco.
Sorex platyrhynchiis. Sil lim. Amer. Journ. 1842. p. 346.
Reichenb. Naturff. Raubth. S. 344.
Kritische Untf>rsuchuii (AnotusJ»
Der Leib ist nur mit weichen Haaren bedeckt. Vorder- und
Hinterfüße sind fünfzehig. Die Zehen sind frei. Die Schnauze ist
stark verlängert und endiget in eine über die Unterlippe ziemlich weit
hervorragende spitze, rüsselförmige Nase. Ohrmuscheln fehlen und
der unter den Haaren völlig versteckte Gehörgang ist durch einen
an seinem Grunde befindlichen Lappen verschließbar. Der Schwanz
ist sehr kurz, etwas flachgedrückt, geringelt und geschuppt, dicht
mit kurzen anliegenden Haaren besetzt, und an der Wurzel nicht
dicker als im weiteren Verlaufe. Sohlen und Zehen sind nicht ge-
wimpert. Eckzähne fehlen. Die Schneiden der unteren Vorderzähne
sind gezähnelt und an ihrer Hinterseite mit keinem Ansätze versehen.
Sämmtliche Zähne sind weiß und endigen in rothbraune Spitzen und
Sehneiden. Im Oberkiefer sind jederseits fünf Lüekenzähne vorhanden.
Die Krallen sind nicht zurückziehbar, jene der Vorderfüße nicht größer
als die der Hinterfüße.
Z a ii n f 0 r m e 1 : Vorderzähne — , Eckzähne rf^ , Lücken-
zahne ^ — ^. Backenzähne ~ — - = 34.
55)4 Kit
z I n K' li !■•
1. Die curoliDiscIie Vaulwurfspitzmiius. (Anotiis carolinensisj.
A. notaeo nitide nigrn-cinereo rel-schlstaceo, gastrneo palli-
(liore; cayite obsairiore; cauda vel paruni ultra Vs corporis loii-
gifudhie, vel brcciore, penicillata ; mainculh latis.
Sore.v carolinensis. Bachm. Joiini. of the Acad. of Philadelpliia.
V. VII. p. 366. t. 23. fig. 1.
Reichenb. Naturg. Raubtli. S. 346.
De Kay. Zool. of New- York V. I. p, 21. t. 21.
fig. 2.
„ „ Audub. Bachm. Quadrup. of North-Amer.
V. II. p 176. t. 75.
Wagn. Schrebei- Säugth. Siippl. B. V. S. 550.
Nr. 17.
Anotus carolinensis. Wagn. Sehreber Säugth. Suppl. B. V. S. 550.
Nr, 17.
Diese überaus ausgezeichnete Form, welche den Typus einer
besonderen Gattung bildet, gestattet durchaus keine Verwechslung
mit irgend einer anderen Art und zeichnet sich schon auf den ersten
Blick durch die außerordentliche Kürze ihres flachgedrückten
Schwanzes und die überaus kleinen Augen aus, welche beinahe völlig
unter der Haut zu liegen scheinen.
In Ansehung der Grüße kommt sie ungefähr mit der fast eben
so kurzschwänzigen blaugrauen Kurzschwanzspitzmaus (Brachysorex
Dekayi) überein.
Die Schnauze ist ziemlich langgestreckt. Ohrmuscheln fehlen
und der unter dem Pelze vollständig versteckte Gehörgang ist durcli
einen an seinem Grunde befindlichen Lappen verschließbar. Die Augen
sind außerordentlich klein und nur mit Hilfe eines Vergrößerungsglases
sichtbar. Der Schwanz, dessen Länge den verschiedenen Angaben
zufolge etwas über 1/5, bisweilen aber auch nur •/§ oder wohl gar
nur i/,2 der Körperlänge beträgt, ist sehr kurz, kürzer als der halbe
Kopf, etwas flachgedrückt, an der Wurzel nicht dicker als im weiteren
N'erlaulV, und dicht mit kurzen anliegenden Haaren besetzt, die sich
gegen die Spitze zu verlängern und einen kleinen pinselartigen
Endbüschel bilden. Die Vorderfüße sind verhältnißmäßig sehr breit.
Die Körperbehaarung ist dicht, kurz, glattaidiegend, glänzend
und weich. Die Füße sind nur spärlich mit kurzen Haaren besetzt.
Kritische Untersuchungen über die Spitzmäuse (Sorices) etc. 595
Im Oberkiefer sind jederseits-lunf Lückenzjihne vorhanden und die
Gesammtzahl der Zähne beträgt nach Audubon 34. Die drei vor-
deren Liickenzähne im Oberkiefer sind die grüßten, der hintere ist
sehr klein. Der erste und fünfte Backenzahn des Oberkiefers sind die
kleinsten, und die drei mittleren sind sich an Größe beinahe gleich.
Bachman gibt 36 Zähne an, indem er im Unterkiefer jeder-
seits um einen Backenzalin mej)r annimmt, und De Kay behauptet
sogar, daß ihre Zahl noch grüßer sei. Sämmtliche Zähne sind weiß
und endigen in roth- oder kastanienbraune Spitzen und Schneiden.
Die Oberseite des Kürpers ist fast einfarbig glänzend schiefer-
oder dunkel eisengrau, die Unterseite heller und sämmtliche Haare
sind an der Wurzel dunkel schieferschwarz. Der Kopf ist merklich
dunkler als der Rücken gefärbt.
Körperlänge 3". Nach Au d üb o n.
Länge des Schwanzes . ..... 1^1%" •
„ des Kopfes 1".
„ des Hinterfußes ...... 6'".
Körperlänge 4". Nach De Kay.
Länge des Schwanzes ' 4'".
„ des Kopfes 1".
Körperlänge 3". Nach Bachman.
Länge des Schwanzes ^'/o '•
Vaterland. Nord-Amerika, Süd-Carolina. Zuerst von Bach-
man beschrieben und auch abgebildet.
12. Gatt. Trii^spitzinau.«» (Soricuiusy,
Der Leib ist nur mit weichen Haaren bedekt. Vorder- und
Hinterfüße sind fünfzehig. Die Zehen sind frei. Die Schnauze ist stark
verlängert und endiget in eine über die Unterlippe ziemlich weit hervor-
ragende spitze, rüsselförmige Nase. Die Ohren sind klein, sehr kurz,
völlig unter den Haaren versteckt, und durch einen an ihrem Grunde
befindlichen Lappen verschließbar. Der Schwanz ist mittellang, gerun-
det, geringelt und geschuppt, nicht sehr dicht mit kurzen anliegenden
Haaren besetzt, und an der Wurzel nicht dicker als im weiteren Ver-
laufe. Sohlen und Zehen sind nicht gewimpert. Eckzähne fehlen. Die
Schneiden der unteren Vorderzähne sind nicht gezähnelt und an
ihrer Hinterseite mit einem stumpfen Ansätze versehen. Sämmtliche
o06 Fitzinge r.
Zähne sind a\ ciß und endigen in scinvarzhranne Spitzen und Sehnei-
den. Im Oberkiefer sind jederseits vier Lüekenzähne vorhanden. Die
Krallen sind nicht znrückziehhar, jene der Vorderfüße nicht größer
als die der Hinterfüße.
Zahnformel: V'orderzähne -^, Eckzähne -r — — , Lücken-
4 4 4 4
zahne ^ — ^> Backenzähne -= — ^ = 30.
1. Die schwärzliclie Tragspitzniaus (Soriculns nigrescensj.
S. notaeo vel obscure nigrescente-fusco, vel tiigrescetite-cine-
ri'o, leviter rubido-lavato, nitore argenteo, gastraeo pallidiore, in
griseiim vergetüe, rnfescente-lavnto ; pedibus cdbidis; cauda dimidio
corpore breviore, temii.
Corsira nigrescens. Gray. Ann. and Mag. of Nat. Hist. V. X. p. 261.
„ „ Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 79.
Sorex nigrescens. Reichenb. Naturg. Rauhth. S. 341, 347.
Crocidura nigrescens. Reichenb. Naturg. Rauhth. S. 341, 347.
Sore.v nigrescens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. ö46.
Nr. 7. — S. 806. Nr. 17.
„ sikimensis. Hodgs. Horsf. Catal. of the Mamm, of the
East-Iud. Comp. p. 136.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 566.
Nr. 52.
Soricnhis nigrescens. Blyth. Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal.
1855. Fase. 1.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 806.
N. 17.
Sorex tiigrescens Giebel. Säugeth. S. 905. Note 1. Nr. 3.
Diese höchst eigenthümliche Form, welche mit dem Zahnbaue
der Gattung Wasserspitzmaus (Crossopus) die Schwanzform der
(laftung Spitzmaus (Sore.v) vereiniget, ist der einzige bis jetzt be-
kannte Repräsentant der von Blyth aufgestellten Gattung Trugspitz-
maus (Soricidiis).
In der Größe kommt dieselbe mit der tlaehköpfigen Dickschwanz-
spitzmaus (P. soccata) überein. Die Ohren sind vollständig unter
dem Pelze versteckt. Der Schwanz, dessen Länge nicht ganz die
halbe Körperlänge erreicht, ist dünn und ziemlich spärlich mit kurzen
Kritische rntcrsiicliiing-en über die S|)i(zmäiise (Sorkcs) etc. o97
anliegenden Haaren besetzt, so daß allenthalben die kahle Haut sicht-
bar ist. Die Behaarung des Körpers ist kurz, anliegend und weich,
jene der Füße ziemlich spärlich.
Die Färbung der Oberseite des Körpers ist dunkel schwärzlicli-
braun oder schwärzliehgrau mit schwachem röthlichem Anfluge und
silberfarbigem Schimmer, jene der Unterseite vom Kinne angefangen
heller, mehr in's Grauliche ziehend und stärker röthlich überflogen.
Die Schnurren sind dunkel schwärzlichbraun, die Behaarung der
Füße und die Krallen sind weißlich. Im Oberkiefer sind jederseits
vier Lückenzähne vorhanden, und sämmtliche Zähne sind weiß und
endigen in schwarzbraune Spitzen und Schneiden.
Körperlänge 3" 6'". Nach Gray.
Länge des Schwanzes 1" 4'".
Körperlänge 3 " 3 '". Nach Blyth.
Länge des Schwanzes . , 1" 6'".
„ des Hinterfußes sammt den Krallen ^'/g "•
Vaterland. Ost-Indien und wie Gray vermuthet. Dargelin,
vorzüglich aber Ober-Indien, wo diese Art in Sikim nach Blyth sehr
gemein ist. Die erste Beschreibung derselben hat Gray gegeben und
Blyth dieselbe wesentlich erweitert. Wagner hielt sie früher mit
der tlachköptigen Dickschwanzspitzmaus (P. soccuta) für iden-
tisch, änderte aber später seine Ansicht, als er von diesen beiden
höchst verschiedenen Formen genauere Kenntniß erhielt.
Nach B 1 y t h " s Ansicht ist H o d gs o n's „Sorex sikimensis'' mit
dieser Art identisch.
13. Gatt. %Vasserspitzinaii.<$ {Crossopus),
Der Leib ist nur mit weichen Haaren bedeckt. Vorder- und
Hinterfüße sind fünfzehig. Die Zehen sind frei. Die Scjiuauze ist
stark verlängert und endiget in eine über die Unterlippe ziemlich
weit hervorragende spitze, rüsselfürmige Nase. Die Ohren sind klein,
sehr kurz, völlig unter den Haaren versteckt und durch einen an
ihrem Grunde befindlichen Lappen verschließbar. Der Schwanz ist
lang oder mittellang, an derWurzel vierkantig oder gerundet, im wei-
teren Verlaufe etwas zusammengedrückt, geringelt und geschuppt,
mehr oder weniger dicht mit kurzen anliegenden Haaren besetzt, und
auf der Unterseite von einer Längsfurche durchzogen, welche mit dicht
598 Fi»7. inger.
gedriingteii uiul nach i'ückwäi'ts an Ijäiige zunehmemlen Haaren
kammartig ausgekleidet ist. Sohlen und Zehen sind gewimpert. Eck-
zähne fehlen. Die Schneiden der unteren Vorderzähne sind nicht ge-
zähnelt und an ihrer Hinterseite mit einem stumpfen Ansätze versehen.
Sämmtliche Zähne sind weiß und endigen in rothbraune Spitzen und
Schneiden. Im Oberkiefer sind jederseils vier Liickenzähne vorhanden.
Die Krallen sind nicht zurückziehbar, jene der Vorderfäße nicht
größer als die der Hinterfüße.
Zahnformel: Vorderzähne —, Eckzähne -r — -, Lücken-
Al u — u
4 4 4 4
zahne -x — ^r^ , Backenzähne -^ — 5- = 30. ,
1. Die Rielschwanz->Vasserspitzuiaas. (Crossopus Dauhentonü)
C. notaeo lügro- einer eo. gastraeo abrupte cinereo ; cauda
cinerea, macula infra basin triangiilari nigricante ; cauda fere 3/4
vel panllo ultra Y5 corjyoris lougitudine.
Musaraigne d'eau. Daube nt. Mem, de l'Acad. 1756. p. 211.
t. 5. fig. 2.
Buffon. Hist. nat. d. Quadrup. V. Vm. p. 64.
t. 11. flg. 1.
„ „ Daubent. Buffon Hist. nat, d. Quadrup.
V. VIII. p. 6S.
Wafer-shrew. Penn an t. Brit. Zool. p. 125. Nr. 13. t. 11.
Musaraigne d'eau. ßomare. Dict. d'liist. nat. T. III. p. 172.
Toparagno aqiiatico. Alessandri. Anim. quadrup. V. III. t. 104.
fig. 2.
Water-shrew. Pennant. Synops. Quadrup. p. 308. Nr. 236.
Wasserspitzmaus. Martini. Buffon Naturg. d. vierf. Thiere. B. IV.
S. 265. t. 75.
Müller. Natursyst. Suppl. S. 36.
Sorex fodiens. S ehre her. Säugth. B. III. S. 571. Nr. 4.
„ Daubentonii. Erxleb. Syst. regn. anim. P. I. p. 124. Nr. 5.
„ carinatus. Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch, u. d.
Thiere. B. II. S. 383. Nr. 314.
„ d'Aubentonii. Boddaert. Elench. anim. V. 1. p, 123. Nr. 5.
„ fodiens Gmelin. Linne Syst. nat. T. I. P. I. p. 113. Nr. 7.
Cuv. Tabl. elem. dMiist. nai. p. 109. Nr. 2.
Wasser Spizmaus. Schrank, Fauna Boica. B. I. S. 60. Nr. 20.
Kritische UiittTsiichuiig-eii über pl. B. II.
S. 52. Nr. 1.
„ macrourus. Gray. Maniinal. oC thc Brit. Mus. p. 80.
Sorex fodieiis. Reiclienb. Naturg. RauMli. S. 347.
Crossopns f'odiens. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 347.
Sorex fodiens. Var. Wagn. Scbreber Säugth. Suppl. B. V. S. o41.
Nr. 1.
Crossopus fodiens. Var. Wagn. Scbreber Säugtb. Suppl. B. V.
S. 541. Nr. 1.
Sore.r fimbriatus. Giebel. Säugetb. S. 899.
Crossopus ßmbriatus. Giebel. Säugetb. S. 899.
Die Merkmale, durcb welcbe sieb diese von Melcbior auf-
gestellte und von ibm für eine besondere Art betracbtete Form aus-
zeicbnet, sind seinen Angaben zu Folge nacbstebende.
Der Scbwanz nimmt 2/3 der Kürperlänge ein. Die Zäbne endigen
in braune Spitzen.
Die Oberseite des Körpers ist scbwarz, die Unterseite weiß.
Die Füsse und Soblen sind schwarz.
Gesammtlänge 3'
Vaterland. Dänemark.
Melcbior, der nur ein erwachsenes und ein halberwachsenes
Exemplar dieser Form zu beobachten Gelegenheit hatte, glaubte in
derselben Brehm's „Sorex natans^ tvVe:n\\tmM?,o\\Qn. Nathusius
zieht die Richtigkeit dieser Ansicht, aber mit Recht in Zweifel und
zwar nicht nur, weil Brebms „Sorex natnns'' um 1' 6'" grösser
ist, sondern weil ihm Brehm auch einfarbig weißlichgraue Zähne
zuschreibt und weder schwarzer Füsse, noch schwarzer Sohlen er-
wähnt. Aus diesem Grunde sieht sich Nath usi us berechtigt, die
von Melchior beschriebene Form für eine besondere Abänderung der
gemeinen Kielscbwanz- Wasserspitzmaus (C. Dmibentonii, fodiens)
zu betrachten.
I g. Die schwarzbeinige liielschwanz - »iisserspitzmaus (Crossopus
Daiibentonii, macrourus).
C. Dauhenfonii, fndicnti siinifis, notaeo nir/ro, gastraeo lahio-
que svperiore albis ; tibiis nigris, pedibus cinereis : macula inter-
dum parva pone oculos alba; canda fcre 2/3 corporis longitudine.
Kritische Untersuchungen iiher die Spitzmäuse (Sorices} etc. 611
Sorex macrourus. Lehman. Observ. zool. V. I. p. 2.
„ canaUvulatus. Lyiige. (iray. Proceed. of tlie Zool. Soc.
Amphisorex Linneana. Gray. Ann. of Nat. Hist. V. II. p. 287.
Crossopiis Linneana. Gray. Ann, ol" Xat. Hist. 1842.
„ macrourus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 80.
Sorex fodiens. Wa gn. Schreber Säugth. Suppl. B. IL S. 52.
Nr. 1.
Cossopus fodiens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 52.
Nr. 1.
Sorex- fodiens. Reich enb. Naturg. Raubth. S. 347.
Cro.^sopus fodiefts. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 347.
Sorex fodiens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 541.
Nr. 1.
Crossopus fodiens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 541.
Nr. 1.
Sorex fodiens. Giebel. Säugeth. S. 899.
Crossopus fodiens. Giebel. Säugeth. S. 899.
Offenbar eine mit der gemeinen Kielschwanz-Wasserspitzmaus
{C. Daubentonii, fodiensj sehr nahe verwandte Form, aber von
derselben durch den verhältnißmäßig etwas kürzeren Schwanz und
einige Abweichungen in der Färbung verschieden.
Der Schwanz nimmt nahezu -/. der Körperlänge ein.
Die Oberseite des Körpers ist schwarz, die Unterseite desselben
und die Oberlippe sind weiß. Die Beine sind schwarz, die Füsse grau.
Hinter den Augen befindet sich zuweilen ein kleiner weißer Flecken.
Körperlänge 3" 11'" Nach Gray.
Länge des Schwanzes 2" 9'"
Vaterland. Nord-Schweden. Zuerst von L e h m a n und später-
hin auch von Lynge und Gray, doch unter drei verschiedenen
Namen beschrieben. Wagner und mit ihm alle übrigen späteren
Zoologen betrachten diese Form nur für eine Varietät der Kiel-
schwanz Wasserspitzmaus (C. Daubentonii).
1 h. Die schwärzlichbraane Rielschwanz-Wasserspltzniaus (Crossopus
Da ubento7i ii. Penn an tii).
C. Daubentonii, fodienti similis, notaeo nigrescente-fusco,
gastraeo labioque super iore albis; tibiis tngrescetitibus, pedibus
612 F i t z i n g: e r.
cinereis; macula tnferduni parva potie aures alba; cauda dimidio
corpore purum lougiore,
Ämphisorecc Pennantii. Gray. Proceed. of the Zool. Soc. B. V.
(1837.) p. 125.
Gray. Ann. of Nat. Hist. V. II. p. 287.
Sorex fodieus. Wagn. Sciireber Säugth. Siippl. B. II. S. 52. Nr. 1.
Crossopus fodieus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 52.
Nr. 1.
Gray. Mamma!, of the Brit. Mus. p. 79.
Sorex fodieus. Reich enb. Naturg. Raubth. S. 347.
Crossopus fodieus. Reich enb. Naturg. Raubth. S. 347.
Sorex' fodieus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 541.
Nr. 1.
Crossopus fodieus. Wagn, Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 541.
Nr. 1.
Sorex fodieus. Giebel. Säugeth. S. 899.
Crossopus fodieus. Giebel. Säugeth. S. 899.
Die Merkmale, durch welche sich diese bis jetzt nur von Gray
beschriebene Form auszeichnet, sind folgende :
Der Schwanz nimmt etwas mehr als die halbe Körperlänge ein.
Die Oberseite des Körpers ist schwärzlichbraun, die Unterseite
desselben und die Oberlippe sind weiß. Die Beine sind schwärzlich,
die Füsse sind grau. Bisweilen befindet sich hinter dem Ohre ein
kleiner weisser Flecken.
Körperlänge 3" 3'" — 3" 6'"
Länge des Schwanzes l" 11'"
Vaterland. England,
Wagner war der erste, welcher in dieser Form nur die ge-
meine Kielschwanz -Wasserspitzmaus {C. Daubeutonii, fodieus)
erkennen wollte, und alle übrigen Naturforscher, und darunter auch
Gray, welcher diese Form doch selbst als eine eigene Art auf-
stellte, sprachen bald nach Wagner dieselbe Ansicht aus. Der
kürzere Scliwanz und einige Abweichungen in der Färbung stellen
sie aber als eine besondere Abänderung dar.
Kritische Unfersnrhiingon iihpr HIp Spitzmäuse (Sorices) etc. DJ d
1 /. Die rostbauchige Rielscliwani-Wasserspitzmaas (Crossopus Dau-
bentonii, amphibius) .
C. Danbentonii, fodienti similis, notaeo obscure nigro-cinereo,
(jastraeo saturate sordideque rufescente-griseo ; maxilla siiperiore
dUutissima; dcntibtis primoribus superioribus fusco-flavidis; cauda
dimidio corpore purum longiore.
Sorex amphibius. B r e h m, Ornis. Hft. IL S. 38.
Brehm. Bullet, des Sc. nat. V. XI. p. 287.
Nr. 2.
Fisch. Synops, Mammal. p. 257. Nr. 13. .
Sorex fodiens. Nathus. Wiegm. Arch. B. IV. Th. 1. S. 45.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 52. Nr. 1.
Crossopus fodiefis. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 52.
Nr. 1.
Sorex fodiens. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 347.
Crossopus fodieyis. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 347.
Sorex fodiens. Giebel. Säugeth. S. 899.
Crossopus fodiens. Giebel. S. 899.
Auch diese Form kennen wir nur aus einer sehr kurzen Be-
schreibung, die Chr. Ludwig Brehm uns mitgetheilt. Die ihr nach
derselben zukommenden Merkmale sind folgende :
Sie ist von der Grösse der gemeinen Kielschwanz-Wasserspitz-
maus (C. Danbentonii, fodiens.) Der Schwanz nimmt etwas mehr
als die halbe Körperlänge ein. Die Vorderzähne im Oberkiefer sind
braungelb.
Die Oberseite des Körpers ist dunkel schwarzgrau, die Unter-
seite desselben gesättigt schmutzig röthlichgrau. Der Oberkiefer
ist sehr licht.
Körperlänge 3" 9'"
Länge des Schwanzes 2"
Vaterland. Deutschland, wo diese Form im Sommer weit
seltener als die meisten anderen ist.
Brehm sagt zwar, daß der Schwanz um 1/3 kürzer als der
Körper ist, doch stimmt diese .Angabe keineswegs mit dem von ihm
angegebenen Maaße, welchem zu Folge derselbe nur etwas mehr als
die Hälfte der Körperlänge einnimmt.
614 Fitzin ger.
In diesem Merkmale stimmt diese Form mit der schwärzlich-
braunen Kielschwanz-Wasserspitzmaus (C. Daubentonii,Pennantii)
überein, doeli unterscheidet sie sich von derselben durcii die
verschiedene Färbung, und stellt daher eine besondere Abände-
rung dar.
I k. Die kiihlsohwänzige Elelsehwanr-Wasserspifzmans fCrossopus
Daubentonii, psiliirusj.
C. Daubentonii, fodienti similis, notaeo nigro, gastraeo albo;
dentibus primoribus superioribus riifo-fuscis ; cauda supra nigra,
infra alba, tenui, parce pilosa, dimidio corpore partim breviore.
Sorex psilurus. Wagler. Isis. 1832. S. S4.
Crossopus psilurus. Wagler. Isis. 1832. S. 275.
„ „ Fitz. Fauna. Beitr. z. Landesk. Österr. B. I.
S. 294.
Sorex fodiens. Nathus. Wiegm. Arch. B. IV. Th. I. S. 45.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 52. Nr. 1.
Crossopus fodiens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 52.
Nr. 1.
„ „ Gray, Mammal. of the Brit. Mus. p. 79.
Sorex fodiens. Reiche nb. Naturg. Raubth. S. 347.
Crossopus fodiens. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 347.
Sorex fodiens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 541. Nr. 1.
Crossopus fodiens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 541.
Nr. 1.
Sorex fodiens. Giebel. Säugeth. S. 899.
Crossopus fodiens. Giebel. Säugeth. S. 899.
Unsere Kenntniß von dieser Form beruht nur auf einer kurzen
und sehr unvollständigen Beschreibung, welche Wagler von der-
selben gegeben. Die ihr zukommenden Merkmale sind seiner Angabe
zu Folge nachstehende:
Der Schwanz ist etwas kürzer als der halbe Körper, dünn und
nur wenig dicht behaart, so daß last allenthalben die kahle Haut
durchblickt.
Die oberen Vorderzähne sind rothbraun.
Die Oberseite des Körpers ist schwarz, die Unterseite desselben
weiß. Der Schwanz ist wie der Körper zweifarbig, oben schwarz,
unten weiß.
Kritische Untersiichiingren iiher die Spitzmäuse (Soriees) etc. 615
Körperlänge 3" 4'"
Länge des Schwanzes j/ -7 "/
Vaterland. Süd-Deutschland, Baiern, Österreich.
Nathusius hat ihre Zusammengehörigkeit mit der gemeinen
Kielschwanz-Wasserspitzmaus (C. Daubento?in, fodiens) nachge-
wiesen, doch bildet dieselbe offenbar eine für sich bestehende Abän-
derung jener Form, da der beträchtlich kürzere ^Schwanz deutlich
dafür spricht.
1 /. Die graorückige Rielschwaoz-Wasserspitzniaas (^Crossopiis Dau-
hentonii, Musculus).
C. Daube7itonii, fodienti similis, notaeo ex nigro-fuscescente-
cinereo, gastraeo albo ; denühiis primorihus superioribus nigrls ;
cauda torosa, tereti, dimidio corpore parum brevlore.
Sorex Musculus. Wagler. Isis. 1832. S. 54.
Crossopus Musculus. Wagler. Isis. 1832, S. 275.
Sorex fodiens. Nathus. Wiegm. Arch. B. IV. Th. I. S. 43.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 52.
Nr. 1.
Crossopus fodiens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. IL S. 52.
Nr. 1.
., „ Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 79.
Sorex fodiens. Bei che nb. Naturg. Raubth. S. 347.
Crossopus fodiens. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 347.
Sorex fodiens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 541.
Nr. 1.
Crossopus fodiens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 541.
Nr. 1.
Sorex fodiens. Giebel. Säugeth. S. 899.
Crossopus fodiens. Giebel. Säugeth. S. 899.
Nachstehende Merkmale sind es, aufweiche Wagler diese von
ihm für eine selbstständige Art betrachtete Form gründet.
Der Schwanz ist etwas kürzer als der halbe Körper, fleischig
und etwas walzenförmig. Die oberen Vorderzähne sind schwarz.
Die Oberseite des Körpers ist mausgrau, die Unterseite dessel-
ben M'eiß.
Körperlänge 3" 3'"
Länge des Schwanzes 1" 6"'
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LVU. Bd. II. Abth. 40
6 1(> F i t z i n ^ e r.
Vaterland. Süd-Deutschland, Baiern.
Auf diese wenigen Worte beschränkt sich unsere ganze Kenntniß
von dieser Form, welche offenbar mit derkaliischwänzigen Kielschwanz-
Wasserspitzmaus (C. Daubentonii, psiluruH) sehr nahe verwandt ist.
Nathusius, welcher Wagler's Original-Exemplare zu unter-
suchen Gelegenheit hatte, zog diese Form mit der gemeinen Kiel-
schwanz-Wasserspitzmaus (C. Daubentonii, fodiens) zusammen,
worin ihm alle übrigen Naturforscher beistimmten.
Berücksichtiget man aber den beträchtlich kürzeren Schwanz,
den diese Form mit dem von Wagler aufgestellten „Crossopns
psiltirus" gemein hat, so ist man wohl genöthiget, sie als eine be-
sondere Abänderung anerkennen zu müssen , die sich von dem
Wagler'schen „Ci^ossopus psihirus" durch abweichende Schwanz-
form und Färbung unterscheidet.
2. Die Ruderschwanz- Wasserspitzmaas (Crossopiis remifer).
C- notaeo obsciire fusco-nigro, sensim in fusco-griseum ga-
straei transeiinte, gula pallide cinerea, macula poiie aures parva,
intercluni obsoleta ruf esccnte - alba ; pedibus albidis , fuscescente
ciliatis; rostro crassiusculo, dentibus fere ad apiceni usqne albis ;
cauda supra obscure nigrescente-fusca, infra fusco-cinerea, ad
basin tetragona, dein compressa, fere 2/3 corporis longitudine.
Unicolor shretv. Pennant. Hist. of Quadrup. V. 11. p. 424.
Sorex unicolor. Shaw. Gen. Zool. V. I. P. II. p. 538.
„ remifer. Geoffr. Ann. du Mus. V. XVII. p. 182 Nr. 7. t. 2.
fig. i.
Des mar. Nouv. Dict. d'hist. nat. V. XXII. p. 65.
Nr. 7.
Desmar. Mammal. p. 152. Nr. 238.
Fr. Cuv. Dict. des Sc. nat. V. XXXIII. p. 426.
Nr. 7.
Isid. Geoffr. Dict. class. V. XI. p. 321.
„ Daubentonii. Cuv. Begne anim. Edit. II. V. I.
„ remifer. Griffith. Anim. Kingd. V. V. p. 296. Nr. 6.
,, constrictus. Fisch. Synops. Mammal. p. 2o3, 580. Nr. 4.
„ remifer. Fisch. Synops. Mammal. p. 256, 580. Nr. 12.
Yarrell. Proceed. of the Zool. Soc. 1832. p. 109.
Yarrell. Loud. Mag. of Nat. Hist. V. V. p. 598.
Kritische Untersuchungen über die Spitzmäuse (Soriees) etc. 617
Sorex remifer. Bell. Hist. of Brit. Quadrup. p. 119.
„ fodiens. Nathus. Wiegm. Arch. B. IV. Th. I. S. 45.
F«r. Nathus. Wiegm. Arch. B. IV. Th. I. S. 45.
„ ciliutus. Selys Longe h. Micromammal. p. 28.
„ remifer. Jenyns, Mau. of Brit. Vert. p. 18.
„ cilialns. Bonaparte. Iconograf. della Fauna ital.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 54.
Nr. 1. a.
Crossojms ciliatiis. Wagn. Schreber Säugtli. Suppl. B. II. S. S4.
Nr. 1. a.
Sorex fodiens. Var. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 54.
Nr. 1. a.
Crossopus fodiens. Var. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II.
S. 54. Nr. 1. a.
„ ciliutus. Gray. Mammal. of tlie Brit. Mus. p. 80.
Sorex fodiens. Beichenb. Naturg. Baubth. S. 347.
Crossopus fodiens. Beichenb. Naturg. Baubth. S. 347.
Sorex remifer. Beichenb. Naturg. Baubth. S. 348. fig. 486.
Crossopus remifer. Beichenb. Naturg. Baubth. S. 348. fig. 486.
Sorex fodiens Var. ß. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 541.
Nr. 1. ß.
Crossopus fodiens. Var. ß. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 541. Nr. 1. ß.
Sorex fodiens. Var. Giebel. Säugeth. S. 899. Note 1.
Crossopus fodiens. Var. Giebel. Säugeth. S. 899. Note 1.
Eine wohlbegründete Art, welche sich von der Kielschwanz-
Wasserspitzniaus {C. Daiibentonii) sowohl, als allen ihr angehöri-
gen Varietäten, hauptsächlich durch die allmählige Verschmelzung der
Bücken- und der Bauchfarbe sehr deutlich unterscheidet.
In Ansehung der Größe kommt sie mehr mit der gemeinen Kiel-
schwanz-Wasserspitzmaus (C. Daubentonii, fodiens) überein. Ihr
Körperbau ist untersetzt, der Bussel nicht sehr lang und verhältniß-
mäßig etwas dick. Der Schwanz, dessen Länge nahezu 3/3 der Kör-
perlänge einnimmt, ist in der Wurzelhälfte sehr deutlich vierkantig,
in der Endhälfte zusammengedrückt.
Die Oberseite des Körpers ist dunkel braunschwarz, die Unter-
seite desselben braungrau, welche beiden Farben allmählig in einander
übergehen. Die Kehle ist hellgrau. Der Schwanz ist oben dunkel
40»
()1(S Filzinfrer.
schwärzlichbraun, unten grauliehbraun. Hinter den Ohren befindet
sich ein kleiner röthlichweißer , bisweilen verwischter Flecken. Die
Füße sind weißlich, die Handwurzel und ein Theil der Fußwurzel
ri)thlich. Die Wimperhaare der Füße sind bräunlich. Die Zähne
sind beinahe durchaus bis an die äußersten Spitzen weiß.
Körperlänge 4" Nach Geoffroy.
Länge des Schwanzes 2" 7'".
Vaterland. Das nördliche Frankreich, Belgien und der nord-
westliche Theil von Deutschland. Man kennt diese Art bis jetzt aus
der Gegend von Angers, im Departement der Maine und Loire im
nordwestlichen Frankreich und aus der Nähe von Abbeville, im De-
partement der Somnie im nordöstlichen Frankreich, ferner aus Lüttieh
in Belgien und Frankfurt am Main in Deutschland.
Etienne Geoffroy hat dieselbe zuerst beschrieben und eine
Abbildung von ihr geliefert.
Schon Cuvier vereinigte diese Form mit der von Daubenton
aufgestellten Kielschwariz-Wasserspitzmaus (^C. Daubentoniiy, wäh-
rend Yarrell und mit ihm die übrigen englischen Naturforscher,
so wie auch Selys Longchamps und Prinz Bonaparte die
Artberechtigung dieser Form aufrecht zu erhalten suchen, obgleich
sie dieselbe mit einer anderen und zwar mit der von Sowerby unter
demNamen „Surex ci/ia(us" aufgestellten Form für identisch halten.
Auch Wagner, Beichenbach und Giebel schlössen sich dieser
letzteren Ansicht an, doch betrachten sie dieselbe nicht für eine
selbstständige Art, sondern nach dem Vorgange von Nathusius
nur für eine Abänderung der gemeinen Kielschwanz-Wasserspitz-
maus ('C. DaMiewfowjV, fodiensj , und Wagner spricht sogar die
Behauptung aus, daß viele Übergänge zwischen den beiden letztge-
nannten Formen stattfinden.
Nathusius ist der Ansicht, daß die beiden Exemplare, auf
welche Geoffroy seinen ^Sore:v remlfcr" gründete, nur alte Thiere
der gemeinen Kielschw'inz- Wasserspitzmaus (C. Daubentonii, fo-
diensj seien; dagegen betrachtet er den von Shaw beschriebenen
„Sorex iinicolor" für ein junges Thier, doch für eine Varietät der-
selben Art.
Meiner .Ansicht nach ist die Verschmelzung der Bücken- und
der Bauchfarbe ein hinreichender Charakter, um den Geoffroy'-
schen „Sore.v remifer" als besondere Art zu trennen. Eben so wenig
Kritische Untersuchungen über die Spitzmäuse (Sorices) etc. 619
vermag ich mich Denjenigen anzuschliessen, welche diese Art mit
dem Sowerhy'schen „Sorex ciliutus'' vereinigen.
2 «. Die schwarxgraae Raderschwanz-WasserspiUniaus (Crossopus
renüfer, cimslrictus).
C remifero similis, unicolor nigro-cinereus; cauda ad basin
constricta.
Sorex constrictus. Hermann. Schreber Säugth. B. III. t. 59. C.
„ „ Zimmerm. Geogr. Gesch. d. Mensch, u. d.
Thiere. Bd. II. S. 383. Nr. 313.
„ „ Hermann. Tab. affin, p. 79. Nota.
Boddaert. Elench. anim. V. I. p. 123. Nr. 4.
Cuv. Tabl. elem. d'hist. nat. p. 109. Nr. 3.
Verkehrtschtvänzige Spitzmaus. Bechst. Naturg. Deutsch). Bd. I.
S. 884.
Sorex cunicularius? Bechst. Naturg. Deutschi. B. 1. S. 884.
- constrictus. Hermann. Observ, zool. T. I. p. 47.
Geoffroy. Ann. du Mus. V. XVII. p. 178. Nr. 4.
„ Desmar. Nouv. Dict. dhist. nat. V. XXII. p. 63.
Nr. 4.
Desmar. Mammal. p. ISl. Nr. 235.
Fr. Cuv. Dict. des Sc. nat. V. XXXIU. p. 426.
Nr. 4.
I sid. Geolfr. Dict. class. V. XI. p. 320.
„ Duubentonii. Cuv. Regne anim. Ed. 1. II. V. I.
„ constrictus. Grifl'ith. Anim. Kingd. V. V. p. 294. Nr. 4.
„ „ Fisch. Synops. Mammal. p. 253, 580. Nr. 4.
„ t'odiens. Natlius. Wiegm. Areh. B. IV. Th. I. S. 45.
Hydrosore.v curinatus Jun. Duvernoy. Mem. de la Soc. d'hist. nat.
d. Strasbourg. V. II. P. I. p.l7. —V.U.
Suppl. III. p. 4.
Sorex Hermanni. Duvernoy. Mem. de la Soc. d'hist. nat. d, Stras-
bourg. V. II. P. I. p. 23. t. 1. fig. 23. — V. II.
Suppl. III. p. 4.
„ fodiens. Selys Longch. Micromammal. p. 24.
Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. H. S. 52. Nr.1.
— S. 53. Note 9.
620 Fitzing'er.
Crossopus fodiens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. 11. S. 52.
Nr. 1. — S. 53 Note 9.
„ Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 79.
Sores fodiens. Reich enb. Naturg. Raubth. S. 347.
Crossopus fodiens. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 347.
Sor ex fodiens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 541. Nr. 1.
Crossopus fodiens. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 541.
Nr. 1.
Sorex fodiens. Giebel. Säugeth. S. 899.
Crossopus fodiens. Giebel. Säugeth. S. 899.
Diese zuerst von Hermann aufgestellte und für eine selbst-
ständige Art betrachtete Form, welche seiner Angabe zu Folge min-
destens von der Grösse eines erwachsenen Individuums des gemeinen
Maulwurfes (Talpa europaea) ist, gehört sonach zu den größten
unter den europäischen Arten der Spitzmäuse überhaupt und unter
der Gattung Wasserspitzmaus (Crossopus) insbesondere.
Die Charakteristik, welche Hermann von derselben gibt, ist
überaus kurz, und beschränkt sich nur auf folgende wenige Worte.
Der Schwanz ist an der Wurzel eingeschnürt.
Die Ober- sowohl, als auch die Unterseite des Körpers ist ein-
farbig schwarzgrau.
Körpermaße sind nicht angegeben.
Vaterland. Elsaß.
Die Ansichten der Naturforscher über die Abgrenzung und Stel-
lung dieser Form sind ziemlich verschieden. Bechstein war im
Zweifel, ob sie nicht mit seinem „Sore.v cunicularius" zusammen-
fallen könne, der allerdings einer ganz anderen Gattung angehört,
und Cuvier zog dieselbe unbedingt mit der Kielschwanz-W\isser-
spitzmaus (C. Daubentonii) zusammen. Auch Nathusius und alle
späteren Naturforscher sprachen sich dahin aus, dass dieselbe von der
gemeinen Kielschwanz -Wasserspitzmaus (C. Daubentonii, fodiens)
der Art nach nicht zu trennen sei, und Duvernoy erklärte sie
geradezu für das junge Thier von Hermann 's „Sore.v carinntns".
der offenbar aber eine besondere Abänderung der Kielschwanz-
Wasserspitzmaus (C. Daubentonii) bildet.
Über die von Duvernoy für eine selbstständige Art angesehene
und mit dem Namen „Sorex Hermanni" bezeichnete Form, welche
von demselben aber irrigerweise einer durchaus verschiedenen Gat-
Kritische L'nlersiichungen ilber die Spilzmiiiise (Sorices) etc. 621
tiing eingereiht wurde, hat Selys Longe hamps, welcher Duver-
noy's Origiaal-Exemphire zu untersuchen Gelegenheit hatte, genü-
gende Aufschlüsse ertheilt, indem er dargethan, dass dieser „Sorex'
Hermanni" nicht zur Gattung Spitzmaus (Sorex), sondern zur
Gattung Wasserspitzmaus (CrossopusJ ^thövt und Duvernoy zu
jenem Irrthume nur deßhalb verleitet wurde, weil er zur Zeit, als er
diese Art aufstellte, noch der Ansicht war, dass sie in Ansehung des
Zahnhaues mit der Gattung Spitzmaus (Sorex) übereinkomme. Die
braune Färbung, Melche mit dazu beigetragen Duvernoy in seiner
Ansicht zu bestärken, erklärt Selys Longchamps wohl mit Recht
durch die Veränderung, welche eine lange Aufbewahrung jener drei
von ihm untersuchten Du vernoy'schen Original-Exemplare im
Alcohole bewirkt hat.
Mit der von den neueren Naturforschern ausgesprochenen An-
sicht, Hermann's „Sorex carinatus'* mit der gemeinen Kielschwanz-
Wasserspitzmaus (C. Dcnibe7itonu, fodiens) zu vereinigen, vermag
ich nicht mich für einverstanden zu erklären; denn schon die ver-
schiedene, nicht scharf abgegrenzte Färbung der Hermann'schen
Form deutet darauf hin, dass sie nicht mit „Crossopus Daubentonü,
fodiens^ verschmolzen werden könne, und weit mehr Verwandtschaft
mit der Ruderschwanz-Wasserspitzmaus (C. remifer) darbiete, da-
her ich s:e auch zu dieser Art ziehe und nur für eine Abänderung
derselben betrachten kann.
3. Die dünnschnanzige Wasserspitzmaas (Crossopus ciliahis).
C. remifero similis, ast minor, corpore graciliore, rostro lon-
giore, tenuiore ; notaeo lateribusque nigris^ pilis sparst m inter-
mixtis albis ; gastraeo ci?ierascente-nig7'o,pectoreve?itreque/lavi(fo-
lavatis, gula flavida; macula saepius pone aures parva alba;
pedibns obsciire cinerascente-nigris ; cauda supra nigresceiifc, i?if'ra
albesceiüe, fere -/^ corporis longitudine.
Sorex ciliatus. Sowerby. Brit. Mise. (1806.) t. 49.
„ remifer. Varel I. Proceed. of the Zool. Soc. 1832. p. 109.
„ Varel I. Loud. Mag. of Nat. Hist. V. V. p. 598.
Bell. Hist. of Brit. Quadrup. p. 119. c. fig.
Amphisorex ciliatus. Gray. Proceed. of the Zool, Soc. V. V. (1837.J
p. 125.
622 Fitzinger.
Sore.v ciUatus Jenyns. Ann. of Nat. Hist. V. I. p. 426. — V. VII.
p. 263.
„ „ Selys Longe h. Micromammal. p. 28.
„ remifer. Jenyns. Man. of Brit. Yert. p. 18.
p ciliattis. Bon aparte. Jconograf. della Fauna ital. t. 18.
%. 7, 8.
Wagn. Schi-eber Säugth. Suppl. B. II. S. 54.
Nr. l.a.
Crossopus ciUatus. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 54.
Nr. 1. a.
Sorex fodiens Var. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 54.
Nr. l.a.
Crossopus fodiens Var. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II.
S. 54. Nr. l.a.
„ ciUatus. Gray. Mammal. of the Brit. Mus. p. 80.
Sorex remifer. Beichenb. Naturg. Baubth. S. 348. fig. 487, 488.
Crossopus remifer. Reichenb. Naturg. Baubtb. S. 348. fig. 487, 488.
Sorex fodiens. Var. ß. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 541.
Nr. 1. ß.
Crossopus fodiens. Var. ß. Wagn. Sehreber Säugth. Suppl. B. V.
S. 541. Nr. i.ß.
Sorex fodiens. Var. Giebel. Säugeth. S. 899. Note 1.
Crossopus fodiens. Var. Giebel. Säugeth. S. 899. Note i.
Diese der Buderschwanz- Wasserspitzmaus (C. remifer) außer-
ordentlich nahe stehende Form unterscheidet sich von derselben beinahe
lediglich durch die geringere Grösse, den zarteren Körperbau, den
etwas längeren und dünneren Bussel und einige Abweichungen in der
Färbung.
Der Schwanz nimmt nahezu 2/3 der Körperlänge ein.
Die Oberseite des Körpers und die Leibesseiten sind schwarz,
mit einzelnen eingemengten weißen Ilaaren. Die Unterseite ist grau-
licbschwarz, die Brust, der mittlere Theil des Bauches und die Kehle
sind gelblich überflogen und insbesondere ist es die Kehle, wodieseFär-
bung deutlicher hervortritt. Der Schwanz ist oben dunkel schwärzlich,
unten weißlich. Hinter den Ohren befindet sich in der Regel ein
kleiner weißer Flecken, der jedoch zuweilen auch fehlt. Die Füße
sind dunkel graulicbscbwarz.
Ki'itische Untersuchungen über die Spit«ni:iuse (Sorices) etc. D'wO
Körperlänge 3" 2'". Nach Jenyns.
Länge des Schwanzes 2" 1".
Vaterland. England und insbesondere die Grafschaft Cam-
bridge. Zuerst von Sowerby beschrieben und abgebildet,
Yarrell, Bell, Jennyns und Gray, sowie aucli Prinz
B 0 n a p a r t e , S e 1 y s L 0 n g c li a m p s , W a g n e r und R e i c li e n b a c h
ziehen sie mit der Ruderschwanz -Wasserspitzmaus (C. remif'er)
zusammen und Wagner und Giebel wollen daher eine Abänderung
der gemeinen Kielschwanz -Wasserspitzmaus (C. Danbentunii, fo-
diens) in ihr erkennen.
Die viel zarteren Formen aber, der längere und dünnnere Rüssel,
sowie auch die verschiedene Färbung, scheinen mir genügende Merk-
male zu sein, sie für eine selbstständige Art zu betrachten.
3 a. Die graakehlige dünusthoauzige Wasserspitzmaas (Crossopus
ciliatus, griseogidarisj.
C. ciliato similis, notaeo ohscure iiigrescente — fusco.
gastr9
Sore.v moschatus. Pallas. Zoograph, rosso-asiat. V. I. p. 128. t. 8.
Mtjgale Moscovitica. Geoflr. Ann. du Mus. \. XVII. p. 192.
Nr. 1.
„ „ Üesmar. Nouv. Dict. d'hist. nat. V. IX.
].. 370. Ni-. 1.
Desman de Rnssie. Cuv. Regne, anim. Edlt. I. V. I. p. 134.
Mygale Moscovitica. Desmar. Mammal. p. 154. Nr. 243.
Encycl. meth. t. 29. fig. 4.
„ „ Desmoul. Dict. class. V. V. p. 43ö.
Mygale moschata. C u v. Regne, anim. Edit. II. V. I.
Mygale Moscovitica. Griff ith. Anim. Kingd. V. V. p. 303. Nr. 1.
Myogalea moschata. Fisch. Synops. Mammal. p. 2o0, 579. Nr. 1.
Caprios moschatus. Wagler. Syst. d. Amph. S. 14.
Myogale moschata. Brandt. Wiegm. Arch. B. II. Th. I. S. 179.
„ „ Brandt. Nov. Act. Acad. Leop. Carol. Nat.
Curios. V. XVIII. P. I. p. 241. t. 10.
(Anatomie).
Brandt. Bullet, des Natural, d. Moscou. 1840.
p. 382.
Keys. Blas. Wirbelth. Europ. S. 17. Nr. 108.
— S. 58.
„ „ Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. II. S. 97.
Nr. 1.
Myogalea moschata. Reichenb. Naturg. Raubth. S. 329. fig. 461.
Myogale moschata. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 568.
Nr. 1.
Fitz. Naturg. Säugeth. B. I. S. 425. fig. 82.
Giebel. Säugeth. S. 907.
Die Körpergestalt im Allgemeinen vereiniget mit der typischen
Form der Spitzmäuse (Sorices) die Gestalt der gemeinen Bisamratte
(Fiber zibethicus) und erinnert zum Theile auch an die Form der
Maulwürfe (Talpae). In der Größe kommt diese Art ungefähr mit
der Wanderratte (Rattus decumanusj überein, doch ist ihr Bau ge-
drungener und voller.
Ihr Kopf ist langgestreckt nnd geht in eine sehr lange zuge-
spitzte Schnauze über, welche in einen ziemlich langen und die Unter-
lippe weit überragenden knorpeligen, fiachen, an der Spitze abge-
stutzten und etwas ausgebreiteten Rüssel endiget, der beinahe völlig
640 F i t z i n ff e r.
kahl, auf seiner Oberseite von einer tiefen Längsfiirche durchzogen
und überaus beweglieh ist, vom Thiere aber gewöhnlich nach ab-
wärts gekrümmt getragen wird. Die Nasenlöcher stehen an der Vor-
derseite des Rüssels und werden durch eine knöcherne Nasenscheide-
wand von einander geschieden. Die Lippen sind fleischig und schlafT.
Die Augen sind überaus klein, aber mit Augenliedern versehen. Ohr-
muscheln sind nur als Rudimente vorhanden, so daß sie beinahe
gänzlich zu fehlen scheinen, und der unter dem Pelze völlig versteckte
Gehörgang ist durch einen an seinem Grunde befindlichen Lappen
verschließbar.
Der Hals ist außerordentlich kurz, von derselben Dicke wie der
Leib und von diesem nicht zu unterscheiden. Der Leib ist ziemlich
kurz, gedrungen, bauchig, oben etwas abgeflacht und von der schlafl"en
Haut beinahe sackförmig umhüllt.
Die Beine sind kurz, die Vorderbeine nahe am Kopfe eingelenkt
und die Hinterbeine deutlich länger als die Vorderbeine. Die Zehen
der Vorder- sowohl als Hinterfüsse sind durch vollkommene lange
Schwimmhäute miteinander verbunden, die Krallen kurz und scharf.
Der Schwanz, dessen Länge über s/^ der Körperlänge beträgt,
ist an der Wurzel gerundet, dünn und eingeschnürt, gegen die Mitte
zu rasch verdickt und walzenförmig, dann aber alimählig immer mehr
und mehr zusammengedrückt, beinahe schwertförmig, zweischneidig,
mit einer scharfen Schneide auf der Unterseite, und in eine Spitze
endigend. In seiner Mitte ist er doppelt so hoch als breit, und seine
ganze Oberfläche ist von zahlreichen kleinen Schuppenringen um-
geben, zwischen denen nur sehr spärlich vereinzelt stehende straffe
Härchen vertheilt sind, daher er beinahe kahl erscheint. Auf seiner
Unterseite befindet sich nahe an der Wurzel, ungefähr '/a — 3/4 Zoll
vom After entfernt, eine, die runde Anschwellung des Schwanzes ver-
ursachende, 2 Zoll und darüber lange Drüse von sehmal pyramidaler
Gestalt, deren breitester Theil gegen den After gekehrt und die mit
7 — 8 ovalen Ausführungsgängen versehen ist, welche in einer doppel-
ten Längsreihe wechselweise dicht aneinander gestellt sind, zwischen
den Schuppen des Schwanzes münden, und eine überaus stark nach
Zibeth riechende Flüssigkeit an die Oberfläche gelangen lassen, die
von gelblicher Farbe ist und leicht aus denselben herausgedrückt
werden kann.
Kritische Unterstichiing-pn üher die Spitzmäuse (Sorices) etc. 04 1
Die Behaarung des Körpers ist dicht, kurz und glatt anliegend,
das Wollhaar sehr kurz und weich, das Grannenhaar etwas länger,
fein, seidenartig und glänzend. Die Schnurren sind zahlreich, ziem-
lich lang, heinahe bis zu den Augen reichend und ungefähr in zwölf
Reihen zu beiden Seiten des Rüssels vertheilt.
Die Füsse sind kahl, auf der Oberseite mit kleinen Schuppen
besetzt, und die Sohlen kahl und mit einer chagrinartigen Haut be-
deckt. Am Grunde der Aussenseite der Handwurzel befindet sich ein
Büschel steifer Haare und der ganze Aussenrand der Hinterfüsse,
sowie auch die Aussenzehen sind mit steifen Haaren gewimpert.
Zitzen sind vier Paare vorhanden, die von der Achselgegend bis zu
den Weichen hin vertheilt sind.
Die Färbung der Oberseite des Körpers ist dunkel röthlich-
oder kastanienbraun, da das aschgraue Grannenhaar in röthiich-
braune Spitzen endiget. Die Unterseite ist weißlich-aschgrau, mit
schwachem Silberglanze überflogen. Ein kleiner rundlicher weißer
Flecken umgibt das Auge und ein ähnlicher steht dicht über
dem Gehörgange. Das Wollhaar ist grau, die Schnurren sind
weißlich. Der kahle Rüssel, die Füsse und der Schwanz sind
schwärzlichbraun.
Körperlänge 8" Ti/a"-
Länge des Schwanzes 7".
„ des Kopfes 2" 9'".
„ des Rüssels tOi/a "•
„ der Vorderfüsse lOi/a'".
„ der Hinterfüsse 2" 21/3"'.
„ der vorderen Krallen 3 1/4'".
„ der hinteren Krallen ...... 43/4'".
Umfang des Schwanzes an der Wurzel . . 1" 5".
„ des Schwanzes ander Anschwellung 2" 6".
Größte Höhe des Schwanzes am zusammen-
gedrückten Theile 10'".
Umfang des Leibes 7 ".
Höhe am Widerrist 2" 7'".
Entfernung der Augen von den Ohren . . 8'".
„ der Augen von einander . . . 9".
Breite des Rüssels an der Spitze .... ^y» "•
642 Fitzinger.
Die größten Individuen erreichen eine Körperlänge von 10 Zoll
und eine Gesaninitlänge von 19 Zoll. Das Gewicht völlig erwachsener
Thiere beträgt 1 Pfund.
Vaterland. Europa, Südost-Rußland, wo diese Art zwischen
der Wolga und dem Don, und zwar sowohl an diesen beiden großen
Flüssen, als auch an deren Nebenflüssen, sowie an mehreren Seen
getroffen wird, und bis in die Nähe von Moskau reicht; und Asien,
Bucharei. In Sibirien aber fehlt sie und ebenso am caspischen See,
sowie überhauj)t in allen östlich vom Ural gelegenen Gegenden.
Überall wo sie vorkommt, ist sie häufig, am häufigsten aber im süd-
liehen Rußland an den Ufern von Flüssen und Seen, und insbesondere
an den hohen Ufern stehender oder langsam fließender Gewässer,
wo sie sich in selbst gegrabenen Höhlen aufhält.
Obgleich wir mit dieser Art schon im Jahre 1605 durch Clu-
sius bekannt geworden sind, so verdanken wir doch erst den Mit-
theiliingen von J. G. Gmelin, Güldenstaedt und Pall as eine
genauere Kenntniß derselben. Güldenstaedt bildete aus ihr zuerst
eine besondere Gattung, die er „Desmann" nannte, und Cuvier
schlug für dieselbe den Namen „Mygale" vor, welchen Fischer je-
doch der unrichtigen Bildung wegen in „Myogalea" und Brandt
in „Myogale" veränderte. Wagler hielt es für angemessen, für diese
Gattung den Namen „Caprios'' in Vorschlag zu bringen, da der Name
„Mygale" schon früher an eine Spinnengattung vergeben war.
2. Der Pyrenäen-Bisamrüssler (Myogale pyrenaica).
M. notaeo nitide fiisccscente-nigro, vel castaneo, Interibus
ftisco-cinereis , gastraeo argeiitato; cauda vel corporis loiigihidine^
vel pmdlo longiore, tereti, apicem versus compressa, obscure fusca,
(dbido-pilosa.
Mygale Pyrenaica. Geoffr. Ann. du Mus. V. XVII. p. 193. t. 4.
flg. 1-4.
Geoffr. Mem. du Mus. V. I. t. 15. fig. 10—
12. (Gebiß.)
Desmar. Nouv. Dict. d'hist. nat. V.IX. p. 371.
Nr. 2. t. D. 2.
Desmar. Mammal. p. 154. Nr. 244.
„ „ Desmoul. Dict. class. V. V. p. 436.
„ . „ Griff! th. Anim. Kingd. V. V. p. 304. Nr. 2.
Kritische Untersuchiing-en über die Spitzmäuse {Sorices) etc. b4o
Myogalea Pyrenaica. Fisch. Synops. Mammal. p. 251, 579.
Nr 2.
Caprios pyrenaictis. Wagler. Syst. der Ampliib. S. 14.
G((lemys pyrenaicus. Wagler. Isis. 1832. S. 1218.
Myoyale pyrenaica, Keys. Blas. Wirbeltli. Europ. S. 17. Nr. 109.
- S. 59.
Wagn. Schreber Siiugth. Suppl. B. II. S. 100.
Nr. 2.
Myogalea pyrenaica. Reich enb Naturg. Raubth. S. 330. fig. 462.
Myyale Pyrenaica. Blainv. Osteograph. Insectiv. p. 53. t. 5,9.
(Schädel, Gebiß.)
Myoyale pyrenaica. Wagn. Schreber Säugth. Suppl. B. V. S. 568.
Nr. 2.
Giebel. Säugeth. S. 907.
In den körperlichen Formen, sowie auch in der BeschalTenheit
des Rüssels und der Füsse mit dem russischen Bisamrüssler (M.
moschata) beinahe vollständig übereinkommend, unterscheidet sich
diese Art von demselben außer der weit geringeren Größe, haupt-
sächlich durch die verschiedene Bildung des Schwanzes.
Sie ist nahezu um die Hälfte kleiner und ihr Rüssel ist verhält-
nißmäßig stärker, die Außenzehe der Hinterfüsse ist viel freier und
die Krallen sind beinahe doppelt so lang, als bei der genannten Art.
Der Schwanz, welcher fast ebensolang oder auch etwas länger
als der Körper ist, ist ziemlich dünn, an der Wurzel gerundet, durch-
aus nicht eingeschnürt, sondern bis auf ~/^ oder 3/4 seiner Länge
vollkommen walzenförmig, dann aber zusammengedrückt und gegen
die Spitze zu etwas verdünnt. Derselbe ist ringsum quirlförmig ge-
schuppt und nur sehr spärlich mit kurzen Härchen besetzt, die am
unteren Ende dichter stehen und eine Art von Kamm bilden.
Die Vorderfüsse sind auf der Oberseite tehaart und an Un-em
Außenrande mit einem längeren Haarkamme besetzt; die Hinterfüsse
kahl, geschuppt und nur an ihrem Außenrande kammartig mit länge-
ren Haaren gesäumt.
Die Behaarung ist dicht, kurz, glatt anliegend und weich, das
Grannenhaar etwas länger, fein, seidenartig und glänzend. Die
Schnurren sind zahlreich und lang, bis zu den Augen reichend, und
an den Seiten des Rüssels befindet sich ein aus längeren Haaren ge-
bildeter Kamm.
644 Fitzillger. Kritische Untersuch, über die Spitzmäuse (Sorices) etc.
Die Oberseite des Körpers ist glänzend bräunlichschwarz oder
auch kastanienbraun, die Leibesseiten sind braungrau, welche Fär-
bung allmählig in das Silbergrau der Unterseite übergeht. Der
Schwanz ist dunkelbraun und mit weißlichen Härchen besetzt, der
llaarkamm am unteren Ende desselben weiß. Die Vorderfiisse sind
auf der Oberseite bräunlich behaart und der Haarkamm der Hinter-
lusse ist bräunlich. Die Krallen sind weiß. Die Schnurren und der
Haarkamm an den Seiten des Rüssels sind weißlich.
Körperlänge 4" Nach Geoffroy.
Länge des Schwanzes 4" 6"
Körperlänge nach der Krümmung . 5" 6" Nach Wagner.
„ in gerader Richtung . 5" 1'".
Länge des Schwanzes 5".
Vaterland. Südwest-Frankreich und Nord-Spanien, wo diese
Art in den Gewässern am Fusse der Pyrenäen angetroffen wird und
insbesondere in der Nähe von Tarbes im Departement der oberen
Pyrenäen in Frankreich vorkommt. Sie wurde daselbst von Desrouais
entdeckt und von Etienne Geoffroy zuerst beschrieben.
Wagler sah sich geringer Abweichungen wegen, welche sich
in der Gestalt und Stellung der Lückenzähne darbieten, sowie auch
in Ansehung der etwas verschiedenen Schwanzform veranlaßt, aus
dieser Art eine besondere Gattung zu bilden, die er mit dem Namen
„Galemys" bezeichnete.
Der einzige Unterschied, welcher sich zwischen dieser Art und
dem russischen Bisamrüssler fM. moschata) in der Form und Stel-
lung der Lückenzähne ergibt, besteht aber nur darin, daß dieselben
beim Pyrenäen-Bisamrüssler mehr zusammengedrückt, die beiden
vordersten im Oberkiefer niederer als jene im Unterkiefer, und der
fünfte und sechste vorne und hinten mit einem deutlichen Absätze
versehen sind, ferner daß der vierte und sechste des Oberkiefers
schiefer gestellt sind, und der fünfte ebenso hoch als der dritte und
mit demselben der größte im Oberkiefer ist.
Diese höchst geringen Diflerenzen rechtfertigen jedoch wohl
kaum die Aufstellung einer besonderen Gattung und ebensowenig
der unbedeutende Unterschied in der Form des Schwanzes, daher
ich auch dieselbe nicht angenommen habe.
Berichtigung.
Iii der ersten Abtheilung meiner Abhandlung- „Versuch einer natürlichen Anord-
nung der IVagethiere (Rodentia)" , welche im LV. Bde. d. Sitzb. d. k. Akad. d. Wissensch.
I. Abth. März-Heft 1867 abgedruckt erscheint, ist in dem Familien-Charakter der Buche
oder Scblafmäuse (MyoxO durch ein Versehen ein die Merkmale entstellender Fehler
unterlaufen , indem es daselbst heißen soll :
„Die Vorderzähne des Unterkiefers sind zugeschärft, mit keilförmig -spitziger
Kronensehneide", statt
„mit zusammengedriiekt-spitziger Kronenschneide," daher um Verbesserung des-
selben o-ebeten wird.
646 Peters II. M ;i I y.
Über den Staurolith von St. Bade g u n d.
Von Karl F. Peters und Richard fflaly.
(Mit 1 Tafel.)
In den obersten krystallinisclien Terrains, nordöstlich von Graz,
auf denen die Kalkschiefer und massigen Kalksteine des Schöckl-
stockes ruhen , machen sich mächtige Lagerstücke von Granit-
gneiß mit ausgezeichneten Muscovitkrystallen und fein eingestreutem
Turmalin schon von weitem bemerklich. Über ihnen liegt ein dünn-
schiefriger und zugleich krummschiefriger Gneiß, der, ohne in wahren
Glimmerschiefer überzugehen, zahlreiche Kürner von braunem Granat
aufnimmt und von den Phylliten und Crinoiden führenden Kalk-
schiefern des „hohen" Schöckls bedeckt wird.
Beide Gesteine sind in der Nähe des Badeorts St. Radegund am
besten entwickelt und entblüßt; der dünnschiefrige Gneiß zumal um
die Ruine Ehrenfels, die einen aus tiefer Thalschlucht emporragenden
Fels einnimmt.
Ebenda bemerkten wir im vorigen Herbste, daß dieser holz-
scheitförmig zerklüftende Gneiß nicht nur die erwähnten Granat-
kryställchen , sondern, in manchen Lagen mit ihnen, in anderen von
ihnen getrennt, auch ein schwärzliches Mineral von stengliger Form
enthält. Dem Ansehen und der Härte nach meinten wir es sofort für
Staurolith erklären zu sollen, doch zeigte sich bald, daß die
staurolithähnlichen Säulen nach ihrem Brachypinakoid, der Fläche
(100) nach der gewühnlichen Orientirung dieses Minerales, ^*eniger
vollkommen spaltbar seien , als dies dem normalen Staurolith eigen,
und daß sie üherdies nach (OOi) einen sehr deutlichen, mitunter
sogar leicht zu erhaltenden Blätterdurchgang besitzen, der den
typischen Staurolithkrystallen bekanntlich fremd ist. Bei genauerer
Nachspürung in den verwitterten Felsmassen und alten Bausteinen
von Ehrenfels fanden wir jedoch Zwillingskrystalle, deren Identität
mit dem Pyramidenzwilling des genannten Minerals nicht zu ver-
kennen war. (Der Kreuzzwilling scheint liier nicht vorzukommen.)
über den Staurolith von St. Radegiind. 647
Da nun auch die schwärzliche, selbst in recht dünnen Splittern
undurchsichtige Masse der Krystalle , abgesehen von oberflächlichen
Ockerkrusten und anhaftenden Gemengtheilen des Gesteins, durch
Zersetzung nicht wesentlich angegrifl'en schien, ja sogar die aus den
thonigen Verwitterungsproducten der Gehänge ausgelösten Kryställ-
chen sich als sehr rein erwiesen, beschlossen wir, das Mineral
einer genauen Untersuchung zu unterziehen, deren chemischer
Theil von Maly ausgeführt, weiter unten mitgetheilt wird ').
Behufs der morphologischen Untersuchung, die gleich
nach Ausführung einiger dünnen Schütte die Ursache der abnormen
Spaltbarkeit enthüllte, wurden auch Krystalle von einigen anderen
Fundorten beigezogen, für deren Mittheilung ich meinem hoch-
geehrten Freunde Herrn Director Hörnes zu Danke verpflichtet bin.
Einer der Krystalle von St. Radegund (mit Firniß überzogen)
ergab (110) = 50 45' als Mittel aus zehn Messungen.
Die Härte ist nirgends geringer als 7-0; Splitterchen von ver-
schiedenen Stellen des Inneren hinterlassen , auf Quarz gerieben
sehr deutliche Ritze.
Das speci fische Gewicht wurde an ausgesuchter Substanz
(im Pyknometer bei 18 C.) durch eine Wägung = 3-465, durch
eine zweite = 3 '49 3 gefunden.
Das Pulver, gleichviel von welcher Stelle der Krystallsubstanz
genommen, ist grau und enthält keinen durch den Magnet auszieh-
baren Bestandtheil.
Grob zerstoßene Krystalle und Spaltungssplitter zeigten (mir
und Maly) seltene Einschlüsse von Granat, welche sich durch ihre
Farbe bemerklich machten, und verschwindend wenige Glimmer-
schüppchen. Dagegen lehrte die mikroskopische Untersuchung dünner
Schlifle nicht nur einen überraschend regelmäßigen polysyntheti-
schen Bau, sondern auch wesentliche substanzielle Differenzen
im Innern der Krystalle kennen.
Plättchen parallel zu (001) geschliffen und durch sorgfältiges
Poliren von Schmirgelresten befreit, zeigen bei einer Dicke von 0-5
bis 0-1 Millimeter die hellgelbe Staurolithsubstanz von einer dunklen
1) Eine Beschreibung der stratigraphischen Verhältnisse dieser Gesteine erscheint im
V.Heft der Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereines
für Steiermark. Graz 1868.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. LVII. Bd. I. Abth. 42
648 Peters und M a 1 y.
Masse durchwachsen, die sich unter einer Vergrößerung von mehr
als 100 lin. als feinkörnig und von zahlreichen kleineren oder größe-
ren Hohlräumen durchzogen erweist und der Ausdehnung nach der
gelhen Krystallsubstanz mindestens gleichkommt. Letztere verräth
aber eine eigenthümliche und genau orientirte Anordnung. (Vgl. Fig. 1.)
Zahlreiche Streifen von verschiedener, doch 0-1 Millimeter nicht
überschreitender Breite verlaufen in der Richtung der Makro-
diagonale des Staurolithprisma (nach der gewöhnlichen Orien-
tirung (HO) oder ooP). Manche derselben haben einen Axenstrich
oder excentrisch gleichlaufende Einschlüsse von der dunklen Masse,
die sie und die anderen nicht streifig, sondern unregelmäßig ange-
ordnete gelbe Krystalltheilchen umhüllt oder durchdringt. Unter-
sucht man solche Plättchen unter dem Dichroskop, so zeigt
sich das parallel mit der Längsrichtung der Streifen schwingende
Licht intensiv honiggelb, das senkrecht darauf schwingende sehr
licht weingelb. — Ein Absorptionsverhältniß , wie es dünnen Plätt-
chen normaler und völlig reiner Staurolithkrystalle, z. B. von Monte
Campione, eigen ist: der parallel zur Axe des Prismas schwingende
Strahl wird sehr stark absorbirt, bei einiger Dicke der Kryställchen
beinahe ganz ausgelöscht; der senkrecht zur Axe schwingende Strahl
gibt dagegen ein hyacinthroth , honiggelb oder sonst wie (je nach
der Örtlichkeit und Dicke der Masse) rothgelb gefärbtes Bild.
Faßt man die zwischen den Streifen liegende Staurolithmasse
durch das Dichroskop ins Auge, so überzeugt man sich leicht, daß
grelle Absorptionsunterschiede darin nicht gegeben sind, ebenso
wenig wie an gleichartig geschliffenen Platten der Krystalle von
Monte campione, Mindport, Lilchfield und anderen Fundorten, die
sich durch Reinheit des Minerals auszeichnen. Die nach der Makro-
diagonale und die nach der Mikrodiagonale orientirten Strahlen
zeigen an solchen Krystallen allerdings einige Verschiedenheit der
Intensität, wie Haidinger dies vor Jahren nachgewiesen hat, die-
selbe ist aber bei weitem nicht grell genug, um in dem vorliegenden
Falle in Betracht zu kommen.
Plättchen aus Krystallen von St. Radegund, parallel zu (100)
der normalen Spaltungsebene, geschlilTen, dürfen wohl die Dicke
von 0-3 Millimeter nicht überschreiten, um ein deutliches, durch die
schwarze Masse nicht allzusehr getrübtes Bild zu geben. Haben sie
aber einen genügenden Grad von Durchsichtigkeit erlangt , so zeigen
über den Staurolith von St. Radegund. 649
sie eine mehr flaserige als rein geradlinig streifige Mengung der
schwarzen und der gelben Substanz, welche letztere, mit Ausnahme
weniger, als Unterbrechungen der Flaserung erscheinender Stellen,
regelmäßig orientirt ist. (Vgl. Fig. 2.) Das der Flaserung parallel
schwingende Licht ist röthlichgelb, das Bild des anderen Strahles
licht weingelb. Die Farbentöne sind ganz dieselben, wie man sie von
jenen in der Ebene (001) sichtbaren Streifen erhält.
Es unterliegt somit keinem Zweifel, daß die Krystalle von
St. Radegund eine polysynthetische Structur haben: aus normal
orientirter und (nach dem Zwillingsgesetz des Kreuzzwillings) hemi-
troper Krystallsubstanz bestehen und daß die oben erwähnte abnorme
Spaltbarkeit durch diese versteckte Hemitropie bedingt ist.
Minder klar sind die Formverhältnisse der schwarzen Masse
ausgedrückt. Daß ihre Vertheilung keine selbständige, sondern von
der Staurolithsubstanz als dem eigentlichen Krystallkörper abhängig
sei, glaube ich nach dem angedeuteten Ergebniß der mikroskopischen
Untersuchung nicht bezweifeln zu dürfen. Eine Vergrößerung von
mehr als 400 lin. auf möglichst dünne Schliffe angewendet, lehrt
über die Form der Elemente des schwarzen Aggregats nicht wesent-
lich mehr als die Betrachtung durch eine gute Loupe. Unregelmäßig
contourirte Körnchen sind mit rundlichen und zackig buchtigen
Hohlräumen, dergleichen auch die Staurolithsubstanz nicht entbehrt,
zu einem unentwirrbaren Gefüge verbunden, welches mit der
Aggregation feiner Ausscheidungen von Pleonast oder Picotit Ähnlich-
keit hat.
Eine starke Verunreinigung der Staurolithkrystalle durch Gesteins-
masse vermuthend, prüfte ich die dunklen Flasern eines nach (100)
geschliffenen Plättchens vor und nach dem Reinpoliren mittelst scharfer
Quarzsplitter, fand jedoch, daß sie, wenn nicht härter, keinesfalls
weicher sind als rein gelbe Stellen, die aller Orten vom Quarzsplitter
ungeritzt bleiben. Wir haben es also keineswegs mit mikrokrystallini-
schen Einschlüssen von Glimmer (fder verwandten Mineralien zu thun,
sondern mit „polysomatischen" Krystallen von eigenthümlicher Art,
die zur Natur des umhüllenden Gesteins in nicht leicht greifbarer
Beziehung stehen.
Ohne mich auf Vermuthungen über die Genesis derselben und
auf die Formen jener Hohlräume einzulassen, die den feineren „Wasser-
poren" des granitischen Quarzes nicht unähnlich sind, muß ich noch
42*
650 Peters und M a 1 y.
berichten, daß das Mikroskop einen dritten Bestandtheil der be-
sprochenen Krystalle verräth.
Sowohl die Schliffe in der Ebene (001), als auch die der Haupt-
axe und der Brachydiagonale gleichlautenden Plättchen zeigen in-
mitten der schwarzen Masse oder im innigsten Gemenge derselben
mit jeweilig vom Schnitte getroffenen Staurolithelementen , einzelne
unregelmäßig und verschwommen geformte farblose Partien. In
Fig. 1 und 2 sind je zwei davon zur Ansicht gebracht. Sie bestehen
aus einer Masse, die von Poren der oben genannten Beschaffenheit
reichlich durchzogen ist und zwischen gekreuzten Nicols betrachtet,
keine Spur von Doppelbrechung zeigt. Im auffallenden Lichte er-
scheinen diese Stellen, die man auf den ersten Blick für Lücken, mit
Balsam ausgefüllt, halten möchte, als eine weiße, mit beiden anderen
Bestandtheilen innig verbundene Masse, die an feine Kalk- oder Kiesel-
ausscheidungen in dichten Silicatgesteinen erinnert. Aus ihrem Ver-
halten im polarisirten Lichte glaube ich sie für ein o pal artiges
Gebilde ansehen zu dürfen, — gewissermaßen für ein Nebenproduct
bei Entstehung der schwarzen Substanz aus einem mit der normalen
Staurolithsubstanz zusammen krystallisirten und isomorphen Silicat.
Gleichwohl erweist die chemische Analyse dieses so unreinen
Minerals, wie mein Arbeitsgenosse im Folgenden ausführlicher dar-
thut, keine ganz ungewöhnliche Zusammensetzung. Es reiht sich den
mindest kieselsäurereichen Staurolithen vom St. Gotthardt (ohne
nähere Angabe) und Massachusets an (vgl. Rammeisberg in
Poggend. Ann. CXIII, Seite 604), übertrifft aber sämmtliche bislang
untersuchte Varietäten in seinem Gehalte an Thonerde. Was den von
Maly als „Constitutionswasser" gedeuteten Glühverlust betrifft, der
den höchsten von Rammeisberg mit 1-27 Procent gefundenen
Glühverlust (Goldenstein, 1. c. ßOH) um 0-40 übersteigt, so dürfte
in dem opalartigen Gemengtheile und in der starken (mikroskopischen)
Porenentwicklung der schwarzen Masse die Ursache dieses höheren
Abganges wohl gefunden sein.
Über die stoffliche Natur der schwarzen Masse darf ich mich
um so weniger in Vermuthungen ergehen, als die Analyse im vor-
liegenden Falle einen ungewöhnlich geringen Eisengehalt ergab.
Der nicht ganz unbeträchtliche Gehalt an Kalkerde kann in Anbe-
tracht der oben angedeuteten Lagerungsverhältnisse nicht über-
raschen. Ja, man möchte im Hinblick auf die im Innern der Krystalle
über den Sfaurolith von St. Radegund. 651
vor sich gegangene Umwandlung eines mit normaler Staurolithmasse
verbundenen Bestandtheiles fiO, 2Rjj03, nSiO^ vermuthen, daß dieser
Kalkgehalt nur der Überrest einer größeren, durch Magnesia und
Eisenoxydul nicht völlig ersetzten Menge sei.
Obwohl das Staurolithmineral von St. Radegund wegen seiner
inneren Zwillingsbildung einigen Anspruch auf Beachtung erheben
darf, so würde icli es doch nicht zum Gegenstande einer ausführ-
liehen Besprechung gemacht haben, wenn mir nicht unter einer
geringen Anzahl mikroskopisch untersuchter Staurolithkrystalle von
mehreren Fundorten ein zweiter Fall von ganz ähnlicher substan-
tieller Verschiedenheit im Innern vorgekommen wäre und manche
andere Beobachtungen mir die Nothwendigkeit einer genauen mikro-
skopischen Untersuchung solcher Silicate recht einleuchtend ge-
macht hätten.
Dieser zweite Fall betrifft einen äußerlich sehr schön ausgebil-
deten schwärzlichen Staurolith „vonOffenbänya in Siebenbürgen."
Zahlreiche einfache Säulen von der gemeinsten Form (110.100.001)
sind in einem krummblättrigen Glimmerschiefer von grünlichgrauer
Farbe eingebettet. Seltene Körner von sehr hellfarbigem Almandin
und striemenförmige Ausscheidungen von Quarz, stellenweise auch
mikroskopische Drüschen von einem Feldspathmineral, begleiten die
Staurolithkrystalle derart, daß die sehr feinkörnig zusammengesetzten
Quarzflasern sich unmittelbar an sie schließen, stellenweise sie auch
wohl ganz umhüllen. An einer Stelle des Gesteins bemerkte ich die
am Turmali n des Glimmerschiefers so häufig vorkommende Erschei-
nung zerbrochener und durch Quarz wieder verkitteter Krystalle.
(Kais. Hof-Mineraliencabinet I. Ladensammlung.)
Dieser Staurolith ist dem beschriebenen von St. Radegund in
mehrfacher Beziehung ähnlich. Von hemitroper Zusammensetzung
fand ich allerdings keine Spur. Dagegen ist die Scheidung durch-
sichtiger (honiggelber) Staurolithsubstanz von einer dem Ansehen
nach mit jener schwarzen Substanz identischen Masse und einem
farblosen Mineral sehr auffallend und in größeren Dimensionen ent-
wickelt, wie in dem oben besprochenen Falle. Zugleich zeigt sich
eine Art von Schalenbildung. Äußerlich bestehen die Krystalle aus
reiner Staurolithmasse, stellenweise bis zu ein Drittheil ihres Halb-
messers. Innerlich mengt sich dieselbe in flaserigen Formen mehr
und mehr mit der schwarzen Masse. Entsprechend der gröberen
652 Peters und M a 1 y.
Ausscheidung heider sind auch die iarhlosen Partien viel grüßer und
voll von „Wasserporen" ähnlichen Hohlräumen. Das f'arhlose (im
auffallenden Lichte weiße) Mineral ist aher hier nicht amorph, son-
dern ausgezeichnet doppelhrechend (Fig. 3). Es darf wohl geradezu
als krystallinischer oder kryptomorpher (chalcedonartiger) Quarz
angesprochen und mit den außerhalb der Krystalle befindlichen Quarz-
ausscheidungen in Verbindung gebracht werden *).
Die schwarzen Staurolithe aus der Bretagne und von Mindport
(New-Hampshire), von denen ich mehrere Schliffe untersucht habe,
sind wohl von völliger Homogeneität der Substanz weit entfernt und
im hohen Grade porös, wohl auch mit inneren Kieselabscheidungen
versehen, — Eigenschaften, die sie voraussiclitlich mit allen nicht
durchsichtigen Varietäten gemein haben, doch bemerkte ich daran
keine Erscheinungen, die sich morphologisch beurtheilen ließen.
Von durchsichtigen Staurolithen habe ich nur wenige Prä-
parate anfertigen lassen, doch zeigt mir eines derselben, daß auch
diese Varietäten einer genauen Prüfung bedürfen.
Die wohlbekannten Krystalle von Franconia, N. H., deren
eigenthümlicher Bau (Fundort Charlestown) schon von Jackson
gewürdigt wurde (vgl. Dana, System of Mineralogy, 4. edit. p. 262),
empfehle ich namentlich zur dichroskopischen Voruntersuchung, deren
Ergebniß, zusammengehalten mit der chemischen Zusammensetzung,
Schlüsse über die polysomatische (in diesem Falle disomatische)
Natur des Minerals wesentlich unterstützen dürfte.
Ein genau nach (001) geführter Querschnitt, der auf 0-4 Milli-
meter, das ist dünner als nöthig, geschliffen wurde, zeigte mir das in
Fig. 4 gezeichnete ungemein regelmäßige Bild*).
*) Die Schliffe wurden behufs genauerer Untersuchung unter dem Polarisations-
mikroskope von den Glasplatten losgelöst, in Äther gewaschen und auf Glas neu
polirt. In Fig. 3 habe ich ein völlig krystallinisches Segment einer solchen farb-
losen Stelle bei starker Vergrößerung möglichst naturgetreu gezeichnet.
~J Der hiezu verwendete Krystall wurde aus einem grünlichgrauen, ungewöhnlich
dichten Glimmergestein gelöst, welches nebst vielen einfachen Staurolithsäulen
von 10 — 50 Millimeter Länge einzelne Granatkörner und zahllose sehr kleine
Glimmerkrystalle enthält, deren hexagonaleSpaltungsflächen tombackbraun schillern.
Der Krystall selbst war im Bereiche des Schnittes frei von Granatbeimengung. Die
am Gestein hinterbliebene recht glatte Ablösungsfläche erwies sich an verschiede-
nen Stellen sehr ungleichmäßig hart, ohne daß die Ursache davon durch die Loupe
wahrzunehmen wäre (kais. Hof-Mineraliencab. SchausaMiinluiig).
über den Staurolith von St. Radegund. 653
Ein Axerikrystall, dessen Diagonalen beinahe genau ein Drittheil
der Diagonalen des ganzen Schnittes betragen und dessen Umriß den
Durchsehnittslinien der Säule völlig parallel läuft, macht sich auf den
ersten Blick bemerkbar. Er ist an der rohen Schnittfläche sammt den
von seinen Winkeln auslaufenden Diagonallinien nicht minder deutlich
sichtbar wie in der dünn geschliffenen Platte. An letzterer werden
sowohl der Umriß als auch die Diagonalen durch zahllose feine Tren-
nungen sehr auffallend gemacht, die auf den Seiten des Prismas
genau rechtwinkelig stehen, die Diagonalen somit fiederförmig zeichnen
und niemals in den Axenkrystall, sondern stets in die Schalensubstanz
eindringen. Bei stärkerer V^ergrößerung (von ungefähr 60 linear)
erkennt man sie als Reihen von sehr unregelmäßig geformten, zumeist
länglichen Hohlräumen.
Die normale Spaltungsebene (100) ist an mehreren Stellen
kenntlich und durchsetzt die ganze Säule, ohne einen Unter-
schied zwischen Axen- und HüUkrystall zu machen. Dasselbe gilt von
einem ungewöhnlich vollkommenen Blätterdurchgang nach (110), der
sich so oft wiederholt, daß er zu Interferenzerscheinungen Veranlaßung
gibt. Sonderbarer Weise ist seine Gegenfläche nicht durch die
mindeste Discontinuität angedeutet, was wohl nur von einer zufälligen
Einseitigkeit des mechanischen Eingriffes beim Schneiden des Plätt-
chens herrührt i). Im ordinären durchfallenden Lichte betrachtet, ist
die ganze Platte gleichmäßig intensiv röthl ichgelb (weingelb in honig-
gelb geneigt). Das Dichroskop zeigt
im Axenkrystall
den nach der Brach ydiagonale schwingenden Strahl
licht weingelb in's Röthliche,
den nach der Makro diagonale schwingenden Strahl
weingelb in's Grünliche;
im HüUkrystall ohne Unterschied seiner vier Abschnitte
den nach der Brachydiagonale schwingenden Strahl
röthlich weingelb,
den nach der Makrodiagonale schwingenden Strahl
grünlich weingelb.
•) Wie interessant auch die mikroskopische Untersuchung beider Substanzen sein
möchte, darf ich doch an dem vorliegenden Präparat nicht darauf eingehen, weil
die Gefahr von Täuschungen wegen der vielen mechanisch hervorgebrachten
Trennungen allzugroß ist.
654 Peters und M a I y.
Obwohl dem Charakter nach in beiden Feldern gleichartig, ist
der dichroskopisehe Unterschied zwischen den Farben des Axeu-
krystalls und denen des Hüllkrystalls noch viel stärker, als sich in
obigen Worten ausdrücken ließ. Er bleibt gleich aulfallend, von
welcher Art das angewendete Licht auch sei.
Die so gebauten Krystalle von Franconia sind demnach keines-
wegs Zwillinge, sondern schal ig, mit gleicher Orientirung ihrer
einzelnen Felder. Sie sind aber, wie ich aus den angegebenen Ab-
sorptionsunterschieden glaube folgern zu müssen, disomatisch
(nach Th. S c h e e r e rs Ausdruck) , das heißt , ihr Axenkrystall ist
substantiell von der umhüllenden Schale verschieden. Möge diese
Differenz auch noch so gering sein, sich nur auf eine kleine Menge
von Eisenoxydul gegen Magnesia oder auf dermalen nicht wohl
discutirbare Abweichungen im Gehalt an Kieselsäure gegen Thon-
erde erstrecken, so kann doch das relative Volumen der Axensubstanz
das Ergebniß der Analyse sehr wesentlich alteriren. Wiederholte
chemische Untersuchungen dieses interessanten Stauroliths werden
um so sicherer darüber Aufschluß geben, je genauer sie in der ange-
deuteten Weise controlirt werden können.
Nach dem Wenigen, was ich über Staurolith selbst erfuhr,
und nach den ausgezeichneten Arbeiten von Rammeisberg,
Kenngott und Wislicenus und Anderen, die dieses Mineral
neuerlich zum Gegenstande ihrer Untersuchungen gemacht haben,
glaube ich an der Ansicht festhalten zu sollen, von der auch
Rammeisberg (I. c. Seite 600) ausging, der Ansicht, daß
der Staurolith im Allgemeinen „polysomatisch" und
nur in speci eilen Fällen, die sich durch das Mikroskop und das
Dichroskop leicht werden ermitteln lassen, „monosomatisch"
gebildet sei.
Allem Anscheine nach gilt dasselbe nicht nur vom Andalusit, vom
Granat und einigen anderen, sondern von vielen als „accessorische
Gemengtheile" von Gebirgsgesteinen oder als wesentliche Bestand-
massen von Contactfelsarten vorkommenden Silicaten und wird stets
um so leichter erkannt werden, je mehr sich die einzelnen Substanzen
ihrer Krystalle, wenn nicht ursprünglich, doch in Folge ungleicher
Wandelbarkeit von einander abgeschieden haben.
über den Staiirolith von St. Radegund. DÖO
Chemische Untersuchung des Staurolith's von St, Radegund.
Die großen Krystalle wnirden im Stahlmörser zerklopft und
davon zur Analyse die reinsten Splitter ausgesucht. Üa vorläufige
Versuche zeigten, daß das Mineral schwer aufschließhar i.st, wurde
das Pulver geschlemmt. In diesem ganz feinen Zustande war es rein
grau, während das der meisten von Rammeisberg untersuchten
Staurolithe gelbbraun oder bräunlicbgrau war. Wurde es geglüht,
so hatte es nach dem Erkalten ebenfalls eine braungraue Farbe, die
wahrscheinlich auf die Umwandlung von Ferrosum in Ferricumoxyd
zu setzen ist.
Die Schmelze des Minerals mit kohlensaurem Kalium-Natrium
war gelb, die mit Borax bouteillengrün.
Die Bestandtheile waren dieselben, wie sie in anderen Stauro-
iithen gefunden wurden, mit Ausnahme einer kleinen Menge Kalk,
der anderweitig nicht angegeben wird. Mangan fehlt darin.
Der Weg der Analyse war demnach der gewöhnliche; nach
dem Aufschließen mit kohlensaurem Kalium-Natrium und Abscheiden
des Kieselsäureanhydrids wurden Thonerde und Ferricumoxyd ge-
meinschaftlich gefällt und aus dem Filtrat nun Kalk, dann Magnesia
niedergeschlagen.
Dabei hekam ich aus 1-5231 Grm. bei 125° getrockneter
Substanz:
0-4640 Grm. Kieselsäureanhydrid
0 - 99ÖO „ Thonerde -|- Ferricumoxyd
0 • 08o5 „ Magnesiumpyrophosphat = 0 • 0308 Grm. Magnesia
0 0280 „ schwefelsaures Calcium = 0-0115 „ Kalk.
Daher in 100 Theilen:
30-42 Kieselsäureanhydrid
65-27 Thonerde -f- Ferricumoxyd
2*01 Magnesia
0-75 Kalk.
Der gesammte Eisengehalt wurde volumetrisch mit Chamäleon-
lösung bestimmt und zwar zweimal; einmal nach vorhergehendem
Aufschließen mit Boraxglas, Lösen in verdünnter Schwefelsäure,
656 P e t e'r s und M a 1 y.
Recluciren des allenfalls vorliaiideiien Ferricumsalzes und Tltriren.
Die zweite Probe wurde mit kohlensaurem Kalium-Nalrium aufge-
schlossen und dann ebenso behandelt. Das Mittel aus beiden Ver-
suchen gab einen Eisengehalt, der als Ferrosumoxyd berechnet
1009 Perc, als Ferricumoxyd berechnet 11-21 Perc. betrug.
Zur Bestimmung des als Ferrosum vorhandenen Eisens wurde
der von Rammeisberg ^) bei seinen zahlreichen Staurolithanalysen
benützte Weg — Zusammenschmelzen mit Borax bei Luftabschluß —
benützt, nachdem Scheerer*) in einer eigenen Abhandlung gezeigt
hat, daß die dieser Methode entsprechenden Resultate genau und
mit denen durch Aufschließen mit Säuren bei höherem Druck über-
einstimmend sind.
Zu 0-8225 Grm. in dieser Weise aufgeschlossenem Staurolith
wurden 7-1 C. C. einer Chamäleonlösung verbraucht, von der 100 C. C.
das Ferrosumsalz von 0-784 Grm. Eisen (entsprechend 1 -007 Ferrosum-
oxyd) oxydirten. Dies gibt auf 100 Theile Substanz 8-G9 Theile Fer-
rosumoxyd. Vergleicht man diese Menge mit der auf dasselbe Oxyd
berechneten Gesammtmenge des Eisens, d. i. 10-09 Perc, so findet
man eine so kleine Differenz von etwas über 1 Perc. daß man wohl
annehmen kann , dieses Ferricumoxyd habe sich an der Außenfläche
der Krystalle durch atmosphärischen Einfluß, vielleiclit spurenweise
auch während des Aufschließens gebildet und gehöre nicht zur Con-
stitution des Minerals. Wir werden daher das Eisen als Monoxyd in
den Procentenansatz bringen.
Die Eisenfrage des Stanroliths ist, wenngleich neu, doch
schon mehrfach besprochen worden. Von Kenngott angeregt,
von Rammeisberg (1. c.) constatirt , hat sich gezeigt, daß
in allen Fällen und meist vorherrschend, das Eisen als Ferrosum
vorhanden ist. Rammeisberg fand in den Staurolithen von
Lisbon und Pitkäranta kein, in dem von Goldenstein fast kein Fer-
ricum, und Kenngott spricht neuerdings^) die Vermuthung aus,
diese Species habe ursprünglich überhaupt nur Eisen als Ferrosum
aufgenommen. Der Staurolith von Radegund mag als kleiner weiterer
Beleg dafür dienen.
1
1) PoggendorfTs Amialen, Bd. 113, p. 599.
2) Poggendorffs Annalen, Bd. 124, p. 94.
«) Journal für prakt. Chemie, Bd. 93, p. 257.
über «leii Staurolith von St. Radegiiad. 65 •
Durch Abzug des als Ferricumoxyd berechneten Eisens vom
obigen Gemenge mit Thonerde bekommen wir für diese o4-06 Perc,
Der Glühverlust der bei circa 130 getrockneten Substanz gab
1 -67 Perc.
Daraus ergibt sich folgende Zusammensetzung:
30*42 Kieselsäureanhydrid
54-06 Thonerde
10-09 Ferrosumoxyd
2-01 Magnesia
0-75 Kalk
1-67 Glühverlust
99-00
Vergleicht man diese Zahlen des Radegunder Stauroliths mit
den vorhandenen schon zahlreichen Staurolythanalysen (Kenngott
stellt in der erwähnten Abhandlung zwölf von verschiedenen Fund-
orten zusammen) , so findet man sie sehr annähernd an die von
Rammeisberg (betreffend den Fundort St. Gotthardt), von Wisli-
cenus^) (Fundort Monte Campione im Tessin), von Marignac,
Jacobson etc., aber mit keiner genau übereinstimmend, was über-
haupt nicht von irgend zwei Staurolithen gesagt werden kann.
Eine Bemerkung habe ich noch über den Glühverlust zu machen ?
Wislicenus fand bei seinen mit besonderer Sorgfalt ausgeführten
Analysen keinen solchen, Rammeisberg jedoch regelmäßig, aber
wie für alle Bestandtheile schwankende Zahlen: von 0-27 bis
1-27 Perc. Dieser Glühverlust kann nur Wasser sein und da man
bei einer anhaltend zwischen 120 — 130 C. getrockneten Substanz
kein hygroskopisches Wasser mehr annehmen kann, solches Wasser,
welches mit energischen Affinitäten gebunden, dem Silicat selbst
angehört.
Offenbar ist öfter auf die Bestimmung dieses erst beim Glühen
entweichenden Wassers ein zu kleines Gewicht gelegt worden , oder
es wurde übersehen oder als Krystallwasser betrachtet. Wenn man
aber die Umstände erwägt, unter denen es entweicht, so kann man
wohl die Vorstellung aufkommen lassen, daß solches Wasser dem
') In der oben citirteu Abhandlung von Kenngott.
61)8 Peters und Mal y.
Mineralmolekül nicht angehangen ist, sondern in dessen molecu-
laren Bau mit eingeht. In diesem Sinne müßte man von einem
basilen Wasserstoff sprechen, der als monaffines Radical im Silicat
lungirt.
Noch mehr kommt man zu solchen Überlegungen an der Hand
der neueren Anschauung, welche die Silicate auf mehrere nach HjjO
und Si Oj wachsende Reihen — die Polysiliconsäuren zurückführt.
Diese Betrachtung, welche Odling zuerst angeregt und Wurtz
weiter entwickelt hat, wurde von We 1 1 z i e n in einer selbstständigen
Schrift*) systematisch für alle Silicate durchgeführt, deren noth-
wendige Folge der sich aufdrängende Gedanke über die intramolecu-
lare Stellung des Wasserstoffes sein mußte und den Weltzien da-
selbst auch ausgesprochen hat *).
Ich stehe daher nicht an, den Glühverlust als Constitutionswasser
zu schreiben und den Sauerstoff desselben zu dem an Monoxyde ge-
bundenen zu rechnen ^).
Darnach haben wir folgendes Sauerstoffverhältniß :
Kieselsäureanhydrat 30 -42
Thonerde . . .
. 54-06
Ferrosumoxyd .
. 1009
Magnesia . . .
. 201
Kalk
. 0-75
Sauerstoff
15
92
1
•0
25
30
1
59
4-73 0-29
Wasser 1-67
Das von Rammeisberg ziemlich ungetrübt gefundene Ver-
hältniß 1 : 6 im Sauerstoff der Monoxyde und Sesquioxyde findet sich
auch hier annähernd. Die Kieselsäure stimmt mit den am kieselsäure-
') Systematische Übersieht der Silicate. Gießen 1864.
~) Nachdem vom Krystaliwasser der Silicate gesprochen wurde, heißt es: „Dieses als
Krystallwasser geschriebene Wasser wird aber in vielen Fällen zur wesentlichen
Zusammensetzung des chemischen und nicht bloss zum physikalischen Molekül
gehören. Unter dieser Voraussetzung müßte das bezügliche Silicat unter einem
andern Hydrat derselben Kieselsäure stehen und zwar unter einem gerade um so
viel höheren als Wassermoleküle angegeben sind".
„Daiur, daß der Wasserstoff dieses Wassers wirklich basiler Art sein könnte,
spricht die Constitution der Silico -Wolfraniate . . etc. von Marignac."
2) Vergleiche über den Wassergehalt das oben (Seite 630) Mitgetheilte.
über den Sfaurolith von St. Radegund. 659
ärmsten Analysen Rammelsberg's und mit denen von Wislicenus,
^v onach sich der Sauerstoff verhält :
Kieselsäure Sesquioxyd Monoxyd
wie 4 : 6 : 1,
wenn man von den Bruchtheilen absieht:
4 : 6-36 : 1-16.
Drückt man die Zusammensetzung durch eine Formel aus, so
hat man die von Rammeisberg für die kieselsäureärmsten Stauro-
lithe gefundene:
RO, 2R2O3, asio^.
Bezieht man sie auf ein condensirtes Kieselsäuremolekül, kommt
man zur siebenten Disiliciumsäure :
tili
Si^
III
II
III II
wenn alles R durch Aluminium, das R durch Magnesium, Ferrosum,
Calcium und Wasserstoff ersetzt ist. Die von Weltzien für den
Fall, als von triaffinen Radicalen nur Aluminium, von monaffinen
(resp. diaffinen) nur Calcium vorhanden ist, für diese Säure be-
rechnete Normalzusammensetzung zeigt31-4Perc.SiOg und53-9Perc.
AI2O3.
ßßO Peters und M a 1 y.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 1. Schliff eines Staurolithkrystalles aus dünnschiefrigem Gneiß von
St. Radegund bei Graz, parallel mit (001) der Basisflüche des Prisma's
geschnitten.
Fig. 2. Schnitt eines Krystailes vom selben Orte nach der Spaltungsebene
(iOO). Beide im durchfallenden gewöhnlichen Lichte mit einer Vergrößerung
von 60 linear betrachtet. Die farblosen Stellen erscheinen als amorphe Kiesel-
substanz.
Fig. 3. Eine farblose Stelle aus einem nach (001) geschnittenen Staurolith-
krystall von Offenbanya in Siebenbürgen. Unter dem Polarisationsmikroskop
bei gekreuztem Analiseur und einer Vergrößerung von 430 linear beobachtet.
Einige von zahllosen Wasserporen sind ersichtlich gemacht.
Fig. 4. Basisplatte (001) eines Staurolithkrystalles von Franc onia N. H.,
0"4 Millimeter dick, fünfmal vergrößert.
I'cirrs. Nl;i inoliili
60
1
J. i^p
1
.Sil/i(in,.s1. ,1 k.\k,iij (I U'i.s.scii.scli uiiitli ii.ituiw (1 I,\'ll. l;,] I.Al.di l.'iü.'
Laube. Die Fauna der Schichten von St. Cassian. 661
Die Fauna der Schichten von St. Cassian,
Ein Beitrag zur Paläontologie der alpinen Trias.
IV. Äbthell. GASTROPODE.li. II. Hälfte.
Bearbeitet zunächst nach den Materialien der k. k. geologischen Reichsanstalt
von Gostav C. Laube.
(Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.)
(Vorgelegt in der Sitzung am 13. Febraar 1868.)
Die vorliegende Arbeit schliesst sich an die bereits den 1 i . Mai
1866 vorgelegte Abtheilung an, und behandelt die noch nicht in jener
bekannt gemachten Gastropoden der St. Cassianer Schichten. Der
bei dem früher beschriebenen Theil der Pectinibranchiaten hervor-
gehobene paläozoische Typus tritt in dem hier behandelten Theile
weit weniger hervor, da die sämmtlichen Geschlechter fast durch-
gehends eine spätere Entwicklung zur Blüthe zeigen.
Die zahlreichen kleinen Gastropoden, welche in St. Cassian
vorkommen, lassen es ziemlich gewiß erscheinen, daß das Terrain
daselbst den Absätzen einer sehr ruhigen Meeresbucht seine Ent-
stehung zu verdanken hat, da wir ganz ähnliche Faunen auch noch in
unseren Meeren wieder finden.
Die systematische Anordnung der beschriebenen Arten ist dem-
nach im Ganzen folgende: ^
OA§TROPODA Cuvier.
I. Untercl. Prosobranclliata Milne Edward.
I. Ord. Pectinibranchiata Cuvier.
1. Unterord. Proposcidifera H. et A. Adams
(in der III. Abtheilung dieser Abhandlung veröffentlicht).
II. Unterord. Toxifera Gray
(fehlen noch in der Fauna).
662 Laube.
III. Unterord. Rostrifera Gray.
a) Fam. Certiliiaclae Fleming.
Gen. Cerithiam Adanson.
Cerithiiim Alberti Münster.
„ bis er tum M ü n s t e r.
„ siihcancellatum M ü n s t e r.
„ Colon Münster sp.
„ BoUnum Münster sp.
„ Konninckeanum Münster sp.
» pygmaeimi Münster sp.
,, nodosoplicatum Münster sp.
„ decoratum Klip st ein sp.
„ Brandis Klip st ein sp.
„ quadrangulatum Klip st ein.
„ snbqncubafigidatuni d'Orbigny.
„ fenestratum Laube.
„ pulchellum Laube.
b) Fam. Littoriiiitlae Gray.
Gen. Lacuna Tour ton.
Lacuna Bronni Wissmann sp.
„ canalifera Laube.
Gen. Fossaros Philippi.
Fossarus concentricus Münster sp.
„ pyrulaeformis K 1 i p s t e i n sp.
Gen. Fossariopsis Laube.
Fossariopsis rngoso carinata Klip st ein sp.
„ Münsteri K 1 i p s t e i n sp.
(9 Fam. Turritellidae Clarck.
Gen. Tnrrltella Lamarek.
Tiirritella carinata Münster.
„ encycla Laube,
n excavata Laube.
Die Fauna der Schichten von St. Cassian. 663
d) Farn. Pileopsidae C h e n u.
Gen, Capulas Montfort.
Capulus pustulosus M ü ii s t e r.
„ fenestratus Laube.
alatus Laube.
e) Fam. Meritopsiflae Chenu.
Gen. Neritopsis Grateloup.
Neritopsis Waageni Laube.
„ ornata M ii n s t e r.
„ subortiata Münster sp.
„ (lecussata Münster sp.
II. Ord. Scutibranchiata Cuvier (H. et A. Adams).
\. Unterord. Podophthalma Gray.
a) F a m. Trocliiclae Gray,
Z u n f t Eutropiinae H. e t A. Adams.
Gen. Phasianella Lamarck.
Phasianella Münsteri W i s s m a n n.
„ picta Laube.
„ cussicma Wissmann sp.
„ cingulata Laube.
Zunft Turhinue H. et A. Adams.
Gen. Tarbo Linne.
Turbo suhcarinatus Münster.
„ fasciolatus Münster.
„ pleurotomarius Münster.
„ elegans Münster.
„ subcinctus d' Orbig ny.
„ Satyriis Laube.
„ Philippi Klip stein.
„ concinnus Klip stein.
„ Eurymedon Ij a u b e.
,, Silemis Laube.
,, Epaphus Laube.
Sitzb. H. mathem.-natiiiw. Cl. LVII. Bd. I. Abth. 43
664 Laube.
Zunft Astralinei Chenu.
Gen. PachypoDia Gray.
Pachypoma Calcar Münster sp.
„ Eudymion Laube.
„ Dämon Laub e.
Zunft Rotellinne S w a i n s o n.
Gen, Rotella Lamarck.
Rotella sphaeroidica K 1 i p s t e i n sp.
Zunft Trochinae Swainson.
Gen. Delphinula Lamarck.
Delphinula laevigata Münster.
„ spiralis Münster sp.
„ subdentata Münster sp.
„ Pichleri Laube.
„ spectabilis Laube.
„ Doris Laube.
Gen. Delphinulopsis Laube.
Delphinulopsis binodosa M ü n s t e r sp.
„ arnwta Münster sp.
„ artet ina Laube.
Gen. Trochus Linne.
Trochus subconcavus M ü n s t e r.
„ subbisertus d'Orbigny.
„ subglaber M ü n s t e r.
„ subdecussatus Münster.
„ semipunctatus Braun.
„ bistriatus Münster.
„ siibcostatus M ü n s t e r.
„ tmdus Münster.
„ Deslongchampsü Klipstein.
„ subpunctalus Kl i p s t e i n.
„ Eupator Laube.
„ Prometheus Laube.
Die Fauna der Schichten von St. Cassian. 66S
Trochns Epimetheus Laube.
„ glandulus Laube.
Gen. Monodonta Lamarck.
Monodonta nodosa Münster.
„ cassiana W i s s m a n n.
„ supranodosa Klip stein.
„ subnodosa Klip st ein.
„ spirata K I i p s t e i n.
„ delicata Laube.
„ gracilis Laube.
c) Farn. Halioticlae Fleming.
Gen. Tenmotropis Laube.
Teninotrojpis carmata Münster.
„ bicarinata Laube.
IL Unterord. Edriophthalma Gray.
«^ F a m. Fissurellidae R i s s o.
Gen. Eniargiiiala Lamarck.
Emargimda Miinsteri Pictet.
b) Fam. Deiifalia Rang.
Gen. Dentaliam Li n nee.
Dentalium undulatum Münster.
„ simile Münster.
„ decorutum Münster.
c) Fam. Scutellidae Chenu.
Gen. Patelloidea Quoy und Gaymard.
Patelloidea campanaeformis Klipstein sp.
dJY^m. Patellidae Gray.
Gen. Patella Linne.
Patella granulosa M ü n s t e r.
„ coshdata M ü n s t e r.
43»
0()ß Laube. Die Fauna der Schichten von St. Cassian.
Im Ganzen 8ö Arten, welche sich auf 20 Geschlechter vertheilen.
Sämmtliche204 Arten, welche in dieser und der vorigen Ahhand-
lung von St. Cassian bekannt gemacht wurden, gehören der Gruppe der
Prosobrandiiaten Milne Edwards an, und vertheilen sich auf alle Ord-
nungen und Unterordnungen mit Ausnahme der aus der 1. Ordnung
fehlenden Unterordnung der Toxiferen. Sie zerfallen in 44 Geschlechter
und 19 Familien, M^ovon 8 Familien 22 Geschlechter den Pectini-
branchiaten, 5 Familien 7 Geschlechter den Rostriferen, 2 Familien
9 Geschlechter den Podophthalmen, 4 Familien 4 Geschlechter den
Edriophthalmen der Scutibranchiaten zufallen. Weitaus Dreiviertheil
der Arten gehört den Pectinibranchiaten an 150; 54 Arten zählen die
Scutibranchiaten. Es kömmt demnach der Mischtypus der Fauna
wie ihr Charakter überhaupt zunächst in den Pectinibranchiaten zum
Ausdruck.
S teiii (lach II er. fchthjologiseli6r Bericht etc. ßQ i
Ichtfiyologiscker Bericht über eine nach Spanien und Portugal
unternommene Reise.
(Sechste Fortsetzung.)
Von dem c. M. Dr. Franz Steindachner.
(Mit 6 Tafeln.)
Übersicht der Meeresfische an den Rüsten Spaniens und Portugals.
(H. Fortsetzung.)
Fain. Bleiiiiiidae.
Gatt. Blennius Art.
126. Art. Blennias gattoragine Brunn.
Kommt sehr häufig an der Nord- und Nordwestküste Spaniens,
viel seltener an der Ostküste vor, und erreicht eine Länge von 9".
Wir besitzen Exemplare von La Coruna, Ferrol, Gijon, Arenas (bei
Bilbao), Vigo und aus der Umgebung von Barcelona und Valencia.
Die größte Leibeshöhe ist 43 bis nahezu 43/4mal, die Kopf-
länge 4y3 — 43/5nial in der Totallänge, die Länge des Auges genau
oder ein wenig mehr als 5mal, die Länge der Mundspalte bis zum hin-
teren Ende des Oberkiefers circa 3mal, die Schnauzenlänge circa
Sa/smal in der Kopflänge enthalten.
Die Dorsale ist am oberen Rande zwischen den letzten Stacheln
und den ersten gegliederten Strahlen eingebuchtet, die Zahl der
Stacheln dieser Flosse beträgt 13, der letzte derselben ist häufig
verkümmert und stets merklich kürzer als der vorangehende. Der
höchste Gliederstrahl der Dorsale ist nahezu 71/3 — 8mal in der Total-
länge enthalten.
Bei Männchen liegt eine große gefranste Papille von rosetten-
ähnlicher Gestalt am verkümmerten ersten Analstaehei und eine zweite
668 Steindachner.
am vorderen Rande des längeren zweiten Stachels derselben Flosse
unmittelbar hinter der Urogenitalpapille.
Die breiten Querbinden des Rumpfes erlöschen häufig voll-
ständig.
D. 13/20; A. 2/21; P. 14.
127. Art. Blennios sangalnolentas Fall.
Syn. Blennius palmicornis Cuy. \ a\., Canestr.
„ parvicornis Cny. Val.
Variirt sehr bedeutend in der Zeichnung und Färbung des Kör-
pers und kommt nicht selten an den östlichen Küsten der pyrenäi-
schen Halbinsel z. B. bei Barcelona, Valencia, Gibraltar, äußerst
häufig in der Umgebung von Santa Cruz de Tenerife vor, wird jedoch
als werthlos fast nie auf den Markt gebracht. Sämmtliche bei letzt-
genannter Stadt gefischte Exemplare sind von dunkelbrauner, fast
schwärzlicher Körperfärbung, die übrigen aus dem Mittelmeere in
der Regel von schmutzig bräunlichgelber, dunkelgrauer oder hell
röthlichbrauner Grundfarbe.
Bei den Männchen entwickelt sich am Hinterhaupte und Nacken
ein fleischiger Kamm von geringer Höhe, der bereits zwischen den
Augen beginnt; hiedurch, so wie durch das Vorkommen zweier,
blasenförmiger, tiefschwarzer Anschwellungen an den beiden Stacheln
der Anale unmittelbar hinter der Urogenitalpapille unterscheiden sich
die Männchen sehr auflFallend von den Weibchen.
Mehr oder minder zahlreiche Flecken von schwarzbrauner Fär-
bung liegen an den Seiten des Rumpfes und vereinigen sich sehr häu-
fig in dem hinteren Theile des Rumpfes zu drei Längsbinden , selten
fehlen sie fast vollständig.
Bei Männchen findet man nicht selten zahlreiche dunkel-roth-
braune Punkte in der vorderen Rumpfhälfte, am hinteren Rande des
Kopfes, auf den oberen Pectoralstrahlen und zuweilen auch auf den
übrigen vertical gestellten Flossen. Die röthlichen Flecken und Quer-
binden auf und vor der Pectorale verschwinden nicht selten voll-
ständig im Alter, insbesondere bei dunkel gefärbten Exemplaren.
Dorsale, Anale und Caudale sind bald blauschwarz oder hell-
gelblicbbraun und dann mit mehr oder minder verschwommenen und
zahlreichen grauvioletten Flecken geziert. Die Anale ist fast aus-
nahmslos am unteren Rande weißlich gesäumt; über diesem Saume
Ichthyol. Bericlit ül). eine nach Spanion und Portugal iinternomm. Reise. 669
liegt bei Exemplaren, deren Anale eine helle Grundfarbe zeigt, eine
ziemlich breite blauschwarze Längsbinde. Selten zeigen sich einige
bläulichweiße Flecken an den Seiten des Rumpfes und auf der Pec-
torale (bei Männchen).
Die grüßte Leibeshöhe ist 42/5 — öä/smal, die Kopflänge durch-
schnittlich 5 — S'/smal in der Totallänge enthalten.
Von den 13 Pectoralstrahlen ist der neunte am längsten, und
nahezu so lang wie der Kopf.
D. 12/30—31; A. 2/21; P. 13.
Die größten Exemplare unserer Sammlung sind ein wenig mehr
als 6 Zoll lang.
Vulgärname: Ele fante (Tenerife).
128. Art. BleDoias tentacalaris Brunn., Cuv. Val.
S y n. Blennms auritus P a 1 1.
Komml häufiger als die früher erwähnte Art an der Ostküste
Spaniens nahe am Ufer zwischen Felsen vor, und erreicht nur selten
eine Länge von 4 Zoll.
Die Querdinden des Rumpfes sind bald scharf ausgeprägt, bald
stark verschwommen oder vereinigen sich zuweilen zu einer stark
zickzackförmig gebogenen Querbinde. Die braunen Fleckchen auf den
Querbinden sind etwas größer als die in den übrigen Theilen des
Körpers.
Das Augententakel scheint bei Männchen in der Regel stärker
entwickelt zu sein als bei Weibchen.
Die Körperhöhe steht der Kopflänge ein wenig nach, erstere ist
5mal, letztere 43/5 — 4Y3mal in der Totallänge enthalten. Die Schnauze
fällt steil ab.
Die Dorsale beginnt senkrecht über dem hinteren Vordeckel-
rande und ist circa in der Mitte des oberen Randes mehr oder minder
schwach eingebuchtet. Zwei blasenformige Papillen an den zwei er-
sten Analstacheln bei den Männchen.
Wir sammelten 16 Exemplare bei Malaga, Carthagena, Alicante
und Barcelona.
D. 12/20—21; A. 2/22—23; P. 14 — 15.
670 stein dachner.
129. Art. Blennins vulgaris Pollini.
Syn. Blennins cagnota Cuv. Val.
„ anticolus B o n ap. (juv.)
„ rarztsBonap. (adult. nias), Günther.
„ lupulus ^on-AT^. (adult. fem.), Günther.
„ /rafer Bl. Sehn. (mas).
„ icterlntis Costa.
„ Pollinii B 0 n a p.
Charakteristisch für diese Art, welche in der Fauna italica von
Bonaparte unter drei verschiedenen Namen beschriehen und abge-
bildet wurde , ist der Beginn der Dorsale senkrecht über dem hinte-
ren Kopfende.
Der Kopf und der obere Theil des Rumpfes ist mit schwarz-
braunen Punkten übersäet; vom Auge laufen mehrere dunkel-
braune Binden strahlenförmig aus, quergestellte Binden und
Striche oder Flecken kommen nur bei Weibchen deutlich ausgeprägt
vor; bei Männchen fehlen sie vollständig oder sind nur schwach
ausgeprägt.
Die Färbung und Zeichnung der Flossen ist gleichfalls bei
Männchen und Weibchen verschieden. Bei den Weibchen ist die
Dorsale und Caudale in schiefer oder querer Richtung gebändert, bei
den Männchen ungefleckt, braunschwarz und nur an der Basis etwas
heller. Die Anale ist stets am unteren Rande weiß gesäumt , über
diesem Saume liegt eine dunkle Längsbinde, welche bei Männchen
breiter als bei Weibchen ist. Die Grundfarbe des Rumpfes ist bei
den Weibchen viel heller als bei den Männchen, bei letzteren rost-
braun, im höheren Alter nicht selten, gleich den Flossen, braun-
schwarz mit Ausnahme des weißlich gesäumten unteren Randes der
Anale und einiger hellbrauner Binden in der liiiih'ren Hälfte des
Kopfes, bei W ciltchen aber silbergrau, sehr hell rülhlichbraun oder
selbst schmutzig rosenroth.
Der fleischige Kamm der Männchen am Scheitel entwickelt sieh
oft zu einer sehr bedeutenden Höhe.
Auch bei dieser Art kommen blasenförmige Anschwellungen an
den beiden, sehr schwach entwickelten Analstacheln bei Männchen vor.
Von dem Verfasser der Introd, ad Oryetogr. Arragoniae wurden
die Augententakeln als Stacheln gedeutet.
klitliyol. Bericht ül». eine iiacii Spiinien und PortugKl unternomm. Reise. 6/1
Die Länge des Kopfes ist 5 — 4«/4mal, die größte Leibeshülie
5'/4 l)is nahezu 5mal in der Totallänge enthalten. Die Fangzähne an
den Enden der Zwischen- und Unterkieferzahnreihe sind stark ent-
wickelt und im Unterkiefer in der Regel nur wenig länger und stär-
ker als im Zwischenkiefer. Der obere Rand der Dorsale zeigt zwi-
schen den letzten Stachein und ersten Gliederstrahlen eine mäßige
Einbuchtung; die höchsten Gliederstrahlen sind fast noch einmal so
lanff, wie die höchsten Stacheln. Die Pectorale enthält 14 Strahlen,
von denen der längste neunte oder zehnte nahezu oder eben so lang wie
der Kopf ist. Die Caudale ist stets etwas kürzer als die Pectorale.
D. ||£||; A. 2/20; F. 14.
Kommt an den Mündungen der in das Mittelmeer sich ergies-
senden süßen Gewässer Spaniens vor.
Wir besitzen zwei Exemplare von der Ebromündung unterhalb
Tortosa und drei aus dem Albufera-See bei V^alencia, im Wiener Mu-
seum befinden sich überdies noch zahlreiche Exemplare aus dem
Vrana- und Garda-See, von Salona, Palermo, Neapel und Sardinien.
130. Art. Blennios pavo Risso.
Die Länge des Kopfes ist 42/3- etwas mehr als 5mal (bei älte-
ren Exemplaren), die größte Leibeshöhe nahezu 5 — S'/smal in der
Totallänge, der Augendiameter etwas weniger als 5 — 6mal in der
Kopflänge enthalten.
Bei den Männchen erhebt sich der Scheitel zu einem mehr oder
minder hohen, fleischigen Kamme, und zwei blasenförmige An-
schwellungen liegen an den beiden ersten Analstacheln; auch die
Dorsal- und Analstrahlen sind bei Männchen höher als bei Weibchen.
Das Augententakel fehlt zuweilen wie bei dem sehr nahe ver-
wandten Blemiius basiliscus.
Rei alten Männchen erlöschen nicht selten die paarigen Quer-
binden des Rumpfes in der dunkel röthlichbraunen Grundfarbe des
Körpers vollständig oder nur in der hinteren Rumpfhälfte.
Die Zahl, Ausdehnung nnd Anordnung der himmelblauen Quer-
striche und Flecken ist variabel.
Blennius graphiciis Risso ist meines Erachtens nur eine sehr
dunkel gefärbte Varietät von Blennius pavo und die von Risso ini-
ter diesem Namen gegebene Abbildung (Hist. nat. de l'Eur. merid..
ü T ^ S t e i II d a c h n c r.
T. ni, Fig. 44) stellt ein Weibchen vor. Das Wiener Museum be-
sitzt mehrere Exemplare dieser Varietät (9) von Sardinien, mit
36 Strahlen in der Dorsale und sehr schwach entwickeltem, dunkeln
Fleck hinter dem Auge.
Wir erhielten mehrere sehr lebhaft gezeichnete, kleine und zwei
größere dunkelgetarbte Exemplare aus der Umgebung von Malaga
und Taragona, das größte derselben ist 4 die Kopfbreite ist I1/3 — Is/ämal, die Stirnbreite 2i/o
bis 2mal , die Augenlänge circa Smal , die größte Höhe der ersten
Dorsale nahezu 2 — l8/4nial, die Länge der Pectorale 1 1/5 — l^/nmal.
Ichth
vol. Bericlil iili. ciin' ii;uli Si>;iiiieii und Poilufjiil iinternomm. Reise. 68;)
die ilc'i- Ventrale l^/a — l-/imal in der Kopflänge enthalten. Die Cau-
dale gleicht an Länge 1/5 — Vg der Totallänge.
Die Vimperzähne des Zwischenkiefers sind sehr zart, zahlreich
und kurz, die des Unterkiefers kaum sichtbar. Der vordere Sehnaii-
zenrand ist je nach der Entuicklung der dicken Oberlippe mehr oder
minder bedeutend concav.
Das hintere Ende des Oberkiefers ragt ziemlich bedeutend über
den hinteren, gezähnten Rand des Präorbitale hervor und eonvergirt
mit dem der entgegengesetzten Kopfseite. Der zwischen den unteren
Seitenrändern derMandibeln und Interoperkularia liegende Theil des
Kinnes ist sehr schmal, linear.
An der Basis der ersten Dorsale liegt jederseits eine sehr lange
und bedeutend zugespitzte, schlanke Flügelschuppe, welche in der
Regel bis zum hinteren Ende der Dorsalbasis zurückreicht und län-
ger als die Spornschuppe der Ventralen ist.
V u I g ä r n a m e ; Lisa , Liza (Spanien, Teiierife), Corve'o (Lis-
sabon).
Mugil cephulus, capito , uuratus und chelo kommen, wie
schon früher erwähnt, sehr häutig und zu jeder Jahreszeit an den
Küsten Spaniens und Portugals, so wie im unteren i^aufe der
größeren Ströme und in den mit dem Meere in Verbindung stehen-
den Süß- oder Brackwasserseen vor, sind sehr gesehätzt und daher
von großer Bedeutung in nationalökonomischer Beziehung. \ on
besonderem Wohlgeschmäcke sind jene Exemplare, welche längere
Zeit in klarem, ziemlich kaltem Flußwasser sich authalten, /.. B.
in der Guadiana, im Mino etc. , und in den Monaten Juli und August
getischt werden.
Der gemeinsame Name für sänmitüche Mugil-AvXen ist in Portu-
gal Tidnha, im nördlichen Spanien Muge.
Kam. Cepolidae.
Glitt. Cepola Lin. , Cuv. Val.
149. Art. Cepola rubescens Lin.
Sehr gemein an der Süd- und Ostküste Spaniens, insbesondere
bei Malaga und Alicante im Frühjahre, selten an der Nord- und
Westküste der Iberischen Halbinsel; wir besitzen Exemplare von
686 S t e i 11 d a c h n e r.
Barcelona, Valencia, Alicante, Malaga, Gibrallar, Cadlx und San-
tander.
Das größte Exemplar unserer Sammlung ist 13" 6'" lang, das
kleinste 7".
Die Länge des Kopfes ist sehr variabel, bei kleinen Individuen
Smal , bei großen von 15 'V Länge aber ll'^nia! in der Körper-
länge (ohne Caudale) enthalten. Die Länge des Augendiameters ver-
hält sich zur Kopflänge Avie 1 : l^j^ — 3.
Vulgärname: Doncella (Andalusien) Llista (V^alencia).
Farn. Goliie^oeülae.
Gatt. Lepadogaster (iouan.
ISO. Art. Lepadogaster (rouaiii Lacep., Canestr.
Syn. Lepadogaster loebbianus Val. ete.
Kommt sehr häufig an den Küsten der iberischen Halbinsel und
der canarischen Inseln in verschiedenen V^arietäten vor. Wir besitzen
Exemplare von La Coruna, Ferrol, Malaga, Barcelona, Setubal und
Santa Cruz de Tenerife, das größte derselben ist 2" 7'" lang bei
einer Breite von 8".
Vulgär na me: Pe«f/or (Spanien, Portugal, Tenerife).
ISl. Art. lepadogaster DecaDdoIii Bis so.
Syn. Mirbelia Üecandolii Canestr.
Wir erhielten zwei Exemplare während unseres Aufenthaltes in
Malaga. Treffliche und ausführliche Beschreibungen dieser Art sind
in Canestrini's Abhandlung „Studii sui Lepadogaster del Mediter-
raneo", so wie in Günther's ^/Catalogue of the Fishes in the Col-
lect, of the Brit. Museum, Vol. III" gegeben.
151. Art, Lepadogaster biuiaculatus (Penn.) Cuv. Val.
Syn. Ci/clop(('ni6- bixiaculatus Penn. elc. etc.
Mirhi-lid Deftfonlaiiiü F{ i s s o , Cane.s(r.
Diese Art reicht noch weiter nach Norden als L. Guanii, nämlich
bis Bergen in Norwegen, nach Süden bis Tenerife. Wir erhielten
einige kleine Exemplare bei La Coruna, Barcelona, Gibraltar und
Santa Cruz de Tenerife.
Iclitliyol. Beric-lit üb. eine mich Spanien und Portugal unternomm. Reise. ÜO i
Gatt. Gouania Nardo.
153. Art. GouauNi piger s. prototypus Nardo.
S y n. Gouania piger B o n a p.
Leptoptenjgiiis Coccoi Trosch.
„ piger G ün t h.
? Lepadogaster Wildenowii R i s s o.
Diese Art kommt häufig im adriatischen Meere (bei Piraiio,
Venedig, Triest, Lesina etc.) und im mittelländischen Meere (hei
Nizza, an den Küsten Siciliens und bei Alicante) vor. Das von uns
bei Alicante gefischte Exemplar ist genau zwei Zoll lang, die Länge
des Kopfes beträgt sechs, die Breite desselben etwas mehr als vier
Linien, in der Anale lassen sich 1 3 — 14, in der Dorsale 18-19 Strah-
len erkennen.
Risso's Beschreibung von Lep. WildenoiL'iiVd^ii mit ziemlicher
Sicherheit vermuthen, daß diese Art mit G. piger sive prototypus N.
zusammenfalle.
F a m. Cent ri!i»eiclae.
Gatt. Centhscus (Lin.) CuY.
154. Art. Centrlscus scolopax Lin.
S y n. Centriscus velitaria C a b r e r a.
Sowohl die relative Höhe des Körpers als auch die Länge des
zweiten Stachels der ersten Dorsale sind sehr bedeutenden Schwankun-
gen unterworfen, während die relative Kopflänge sich kaum ändert.
Wir untersuchten sieben Exemplare von 3" 8'" — 7" Länge.
Bei diesen ist die Körperhöhe 21/3 — l^'^mal, die Länge des
zweiten Dorsalstachels \^/-,, etwas mehr als 2mal, zuweilen seihst
ein wenig mehr als 3mal in der Länge des Rumpfes zwischen der
Deckelspitze und der Basis der mittleren Caudalstrahlen, die Kopf-
länge genau 2 bis 2yioma] in der Körperlänge (von der Schnauzen-
spitze bis zur Basis der miltleren Caudalstrahlen) enthalten.
Die Zahl der Strahlen in der zweiten Dorsale schwankt ZM'ischen
11 — 12, die in der Anale zwischen 18 — 20.
Fundorte: Cadix, Gibraltar, Barcelona, Tenerife.
Vulgärname: Pilo real (Cadix), Trompelero (Tenerife,
Cadix).
()88 S t e i II (1 ;i c ii n i' r.
Fam. 1* 4»iiia<*oiit ridae.
Gatt. Heliastes (■nv. Val.
153. Art. Heliastes chroniis spee. Lin.
(Chrntiiis castaiieus Cuv.^
Ist ziemlich gemein an der Ost- und Südküste Spanien's und
kommt an der Ostküste Tenerife's im Frühjahre in Unzahl vor.
Bezüglich der Körpertiirbung lassen sich zwei Varietäten
unterscheiden, die nicht vom Alter abhängig sind. Bei der ersten
derselben, welche dem Mittelmeer-Becken angehört, ist der Rumpf
mit ziemlich breiten schwärzlichbraunen oder dunkelvioletten Längs-
binden, welche an Zahl der der horizontalen Schuppenreihen ent-
sprechen, geziert; die Anale, Caudale und Dorsale schwärzlich.
Bei der zweiten Varietät, welche um Madeira so wie an den Küsten
der canarischen [nseln sehr häutig vorkommt und von Valenciennes
als eine besondere Art unter dem Namen Heliases limbatus beschrie-
ben wurde, ist die Grundfarbe des Körpers mehr oder minder hell
goldbraun und zwar am Rücken dunkler als an und zunächst der
Bauchseite, die hinteren Schuppenränder sind schmal dunkelbraun,
zuweilen auch noch bimmelhlau eingel'aßt; eine breite schwarze Binde
zieht längs der Stacheln und des Randtheiles der Gliederstrahlen der
Dorsale und Anale, so wie am oberen und unteren Rande der Caudale
hin, der l)asale Theil der Gliederstrahlen in der Dorsale und Ai\ale
und der mittlere Theil der Caudale ist schwefelgelb. Ein dunkler,
breiter Streif umfaßt die Basis der Pectorale.
Die Höhe des Körpers ist bei jungen Individuen etwas mehr als
24mal, bei alten von Sy^ — 6" Länge genau oder selltst etwas
weniger als 2mal, die Kopflänge circa Sy^mal, die Länge des oberen
Caudallappens, der gleich dem unteren in einen mehr oder minder
langen Faden ausgezogen ist, etwas weniger als 3 — 2V3iiial in der
Kiirperlängc (ohne Caudale) oder etwas mehr als 3 — 3yomal in der
Totallänge enthalten.
Der gliederslrahlige Theil der Dorsale ist bei der dem Mittel-
meere angehürigen Varietät in der Regel abgerundet, oval, bei der
Vor. lim/xilHs dagegen häufig zugespitzt , indem der vierte Strahl
bei Männchen sich in einen Faden auszieht und eben so lang wie der
I
[chlliyol. Bericht ül>. eine ikicIi Spanien ii. Purliiyal unternomm. Reise. 6ere uder geringere Krümmung der oberen
Profillinie des Kopfes, der mehr oder minder steile Abfall der
Schnauze, die Größe des Auges geben keinen Anhaltspunkt zur Auf-
stellung besonderer Arten; alle diese Verschiedenheiten sind nur von
individueller Bedeutung, und vom Alter abhängig.
Bei jungen Individuen von 3'/a — ^'/a Zoll Länge ist die Körper-
höhe genau oder etwas weniger als 4mal, die Kopflänge circa 3y4mal
in der Totallänge, die Länge des Auges 4 — 4i/3mal, die Schnauzen-
länge etwas mehr oder weniger als 3mal in der Kopflänge enthalten.
Die Profillinie der Schnauze ist bogenförmig gekrümmt und
fällt ziemlich stark zur Sfhauzenspitze ah. Dorsale, Caudale und
Anale sind hell und dunkel gefleckt oder gebändert, die Caudale ist
am hinteren Rande weißlich gesäumt. Hinter dem oberen hinteren
Rande des KiemendeckeLs bemerkt man einen verschwommenen,
dunkelgrauen, schief gestellten Fleck von bedeutender Höhe, oder es
sind nur die daselbst liegenden einzelnen Schuppen an der Basis mil
einem dunkeln Fleck verselnni.
Bei gröl5>eren Exemplaren von 6'/o — 7'/o Zoll Länge ist die
Schnauze bereits schwächer gebogen, aber etwas länger und die
obere Profillinie derselben fällt minder rasch zur Schnauzenspitze ab,
die Jjänge der Schnauze ist bedeulend weniger als 3 — 23/5mal, die
Augenlänge 4'/2 — ömal in der Kopflänge enthalten; die Körper-
färbung wild dunkler, die Flecken und Binden sind stärker ver-
schwommen und treten minder lebhaft aus der dunkleren Grundfarbe
der Flossen hervor, während die weiße Binde am hinteren Caudal-
Ichthyol. Bericht über eine iiacli Spanien u. Portugal unternoinm. Reise. / 03
rantle hreiler wird, und sich auch am oberen Rande der Dorsale und
ain unteren der Anale eine weißliche Einfassung zeigt. Ein schmaler
schwärzlicher Streif liegt stets an der Pectoralbasis (hei jungen und
alten Individuen).
Bei ganz alten Exemplaren von 13 '/a — 1^ Zoll Länge endlich
ist die Körperhöhe SVi — S'/gmal, die Kopflänge S^/^mal in der
Totallänge, der Augendiameter ß — Q^/^msd , die Sehnauzen-
Jänge 2'/3mal, die Stirnbreite circa 4'/omal (bei jungen Individuen
von 31/2 — 41/0" Länge aber 6 — ß'/gmal) in der Kopflänge enthalten.
Der weiße Saum am hinteren Rande der Caudale, am oberen der
Dorsale, am unteren der Anale ist gleichstark entwickelt, auch die
Pectorale ist am hinteren Rand ziemlich breit gelblichgrün eingefaßt,
die Binden und Flecken sind auf dem bläulichvioletten oder braun-
grauen Grunde der Flossen vollständig erloschen, und der schwarz-
braune Fleck hinter dem Kiemendeckel nimmt die Höhe und Breite
von 6 — 4 Schuppen fast vollständig ein. Während bei jungen Indivi-
duen die Körperseiten mit hellgrauen und bräunlichen unregelmäßigen
Fleckchen ziemlich dicht gesprenkelt sind, nimmt bei alten Exem-
plaren ein großer, dunkelbrauner oder grauer Fleck den größten
Theil jeder Schuppe ein, so daß nur ein heller Randsaum übrig
bleibt, der bei den Scliuppen der hinteren Körperhälfte und in der
Nähe der Bauchgegend breiter ist als bei jenen der Brustgegend und
des Vorderrückens.
D. 9/10; A. 2/9; L. lat. 26; L. transv. X •
6
Wir besitzen ein kleines Exemplar von Valen(;ia und 30 von
Santa Cruz de Tenerife.
Vulgärname: Vieja (Tenerife).
Farn. Oadidae.
Gatt. Gadus Art.
177. Art. Gadas uierlangos Lin.
Syn. Gadus euxinus Nor dm. Güntli.
Ich untersuchte zehn (5 1/3 — 10" lange) Exemplare dieser Art,
nämlich drei von Bergen und Kopenhagen, fünf aus dem adriatischen
Meere, ein Exemplar von Vigo und ein von Nord mann selbst ein-
gesendetes Exemplar aus dem schwarzen Meere, sie gehören sämmt-
704 st e i II .1 :. i- li II i- r.
lieh einer uiul derselben Art, iiämlicli dem Gadus rnerlangus L. an,
mit welchem Gadus euxinus ohne Bedenken zu vereinigen ist.
Fries und Eckstrüm geben die Strahlenformel: D. 13 — 14/
21—23/20—21, A. 33 — 30/22—23, bei den von mir untersuchten
Individuen aus dem adriatischen und schwarzen Meere lautet sie:
D. 13-14/16—21/20, A. 29-33/21—23.
Die Kopflänge ist bei SVs — 10" langen Exemplaren (aus den
seandinavischen Meeren, aus dem schwarzen und adriatischen Meere)
genau oder unbedeutend weniger als 4mal, die Körperhöhe nahezu
G — 3rtii;;:il iiiitenioiiiiii. FJcise. / 1 ;>
Die Körperhöbe ist l^/g — 1V,omal, die Kopflänge 3 — S'/aHial
in fler Körpei'länge (ohne Caudale) enthalten. Ich zähle circa
128 Schlippen zwischen der Basis der Caudale und dem hinteren
Ende des Kiemendeckels.
Die Zahl der Dorsalstrahlen schwankt zwischen (72 — ) 79 — 84.
die der Analstrahlen beträgt (ö3 -) 59 — 65.
Wir besitzen Exemplare von Bilbao, La Coruna, Vigo, Lissabon,
Cadix und Malaga, das größte derselben ist 16' V lang.
\ u 1 g ä r n a m e : Rodahallo (Cadix).
Gatt. Scophthalmus Bonap.
[Phri/nor/tiiinhus- et fi/iotukus sj). (jl ii iit he r.)
198. Art. Scophthalmus onimacalatos spec. Bis so., Bona[).
Syn. Rhomhun imintdculatUH Kisso.
„ punctatus Y a r r.
Scophthnlinufi unimaciila(i/.s Bonap.
Rhombus cardina Cuv., Kroyer, Uanmarks Fisco, IT. pag. 464,
„ setiger M i c h a h.
Kommt nur selten an der Ostküste Spaniens vor; da dieselbe
Art auch an den Küsten (iroßbritanniens gefischt wird, so dürfte sie
auch an der West- und Nordküste der iberischen Halbinsel nicht
fehlen. Der erste Strahl der Pectorale ist zuweilen stark verlängert
(bei IMännchen).
Wir sammelten vier Exemplare bei Barcelona.
Auch Rhombus hirtus Yarr. = Pleuroiiectes punctatus B\. =
Rh. punctatus Günth. (nee Yarr.) ist in das Geschlecht Scoph-
thalmus Bon. zu reihen, da Vomerzähne fehlen.
Höchst wahrscheiidicii fällt Pleurouectes cardina Cuv. , Fries
Eckstr. = Rhombus norvegictis Günth. mit Scophthalmus unima-
cuhitus Bonap. zusammen; gewiß ist, daß Rhombus cardina Cuv.,
Kröyer (Danm. Fiske, II, pag. 464) nicht von Sc. unimaculatus
Risse getrennt werden kann.
Gatt. Arnoglossus Bleek.
199. Art. Arneglossus Boscii sp. Risso.
Die Stirnbreite zwischen den Augen ist bei den von uns unter-
suchten Exemplaren viel geringer, als sie in Bonaparte's Abbildung
angedeutet ist.
716 S t e i II d a c h H e I-.
Die Länge des Kopfes ist bei Exemplaren von 4" 5'" — 4" 7"'
Länge 3«/-- etwas mehr als Sy^mal, die größte Rumpfliöhe nahezu
Ss/smal in der Totallänge, die Länge des oberen Auges 2i/a — 2y5mal
in der Kopflänge enthalten.
Zwei große scbwärzliclie Flecken im hinteren Theile derDorsale
und Anale.
Zwei wohlerhaltene Exemplare von Barcelona und Cadix.
200. Art. Arnoglossos Orohmanni Honap.
Syn. Pleuronectes Grohmanni Bonnp. , Canestr.
Die Zahl der Dorsal- und Analstraiilen ist sehr variabel, wir
zählen bei drei Exemplaren in der Dorsale 84 — 90, in der Anale
62 — (i7 Strahlen. Die Kopflänge ist circa 33/4 — Sysmal, die Körper-
höhe 23/5 — 2yomal in der Körperlänge ohne Caudaie enthalten. Der
zweite und dritte Dorsalstrahl erreicht zuweilen eine bedeutende
Länge, welche circa y, — '=>/^ der Koptlänge gleichkommt.
Fundort: Barcelona, Malaga, Cadix.
201. Art. ArnoglossQS conspersns spec. Canestr.
Syn. Pleuronectes conspersus Canestr., Arcli. Zool. t. I, pap. 10, tav. F,
%.2.
Wir erhielten ein Exemplar dieser Art in Malaga.
Die .Koptlänge ist bei demselben S'/gmal, die Körperhöhe
2'/3ma! in der Körperlänge (ohne Caudaie) enthalten. Die Dorsale
besitzt 8ü, die Anale 09 Strahlen. Totallänge 4" 1"'.
202. Art. Antoglossus Interna Walb.
Syn. Pleioonectes anwff/ossiis Bonap. Canestr.
Jthombus nudiis Bisso, Hist. nat. Europe merid. IM, 2.')1.
Pleuronectes Leotardi Bisso, Ichtli. Nice, p. 3i8.
Wir sammelten mehrere Exemplare bei Barcelona, Alicante und
Malaga.
Körperhöhe 2 '/..mal, Koptlänge etwas mehr als Si/n — Ss/^mal
in der Körperlänge (ohne Caudaie) enthalten. Dorsale mit 88 — 90,
Anale mit 67—69 Strahlen.
Iclitliyol. liericht über eine riacli Si>aiiii'ri n. I'oitiig;)! unttTiiomni. Heise. 71/
Gatt. Citharus Blkr.
203. Art. Cithurus linguatula sp. Lin.
S y n. Hippoglossus citharus R i s s o, Costa.
Plenrouectes macrolepidotits Delaroche, Bonap. Canestr.
Kommt nur selten an der Ostküste Spaniens zu Markte, ist aber
sehr gemein bei Cadix.
Wir besitzen acht vortrefflich erhaltene Exemplare von Barce-
lona, Alicante und Cadix.
An der Basis der letzten Dorsal- und Analstrahlen liegt ein
schwärzlicher Fleck. Die Höhe des Körpers ist nicht selten etwas
mehr als 3nial in der Körperlänge enthalten.
Gatt. Bothus Bonap.
Syn. Rhomboidickthys Bikr.
204. Art. Bothas podas Delaroche sive rhomboides Rafin.
Syn. Rhombus podas Bonap. (F. ital.), Canestr., fem.
Rhoniboidichthi/ft podas G ü n t h., fem.
Rhombus rhomboides Bonap., Canestr., Costa etc., mas.
„ maderensis Lowe, mas.
Rhomboidichthys mancus Günth. mas.
Die von Costa ausgesprochene Vermuthung, daß Rhombus
podas nur die weibliche Form des Rh. rhomboides sei, kann ich nach
Untersuchung von mehr als 40 Exemplaren, die ich in Barcelona,
Gibraltar, Cadix und Santa Cruz de Tenerife sammelte, bestätigen.
Sämmtliche 20 Exemplare, welche dem Rhombus rhomboides ent-
sprechen, erwiesen sich nach genauer Untersuchung als Männchen,
alle übrigen von der F'orm des Rh. podas waren ausnahmslos
Weibchen.
Bei jungen Weibchen von 3" 4" ist die Stirnbreite der Hälfte
der Äugenlänge, hei etwas größeren von 5" Länge 3/5, bei Individuen
von 5" 4'" fjänge 34, hei Exemplaren von 6" — 6" 2" Länge s/g
bis 12/, 1 der Augenlänge gleich.
Es nimmt somit auch bei den Weibchen die Entfernung der
Augen mit dem Alter ein wenig zu.
Während bei jungen Männchen von 5" Länge die geringste Ent-
fernung der Augen von einander circa 1 1/4 Augendiameter beträgt.
( \S S l e i II il H c h II e r.
gleicht sie bei Individuen von 6 ' 5'" schon zwei Augenlängen. Außer-
dem ist bei den Männchen der zahnartige Vorsprung am oberen Ende
des Oberkiefers und im vorderen Theile des oberen Randes des
unteren Auges viel stärker entwickelt als bei den Weibchen,
Die übrigen angeblichen Unterschiede zwischen Rhomboidich-
f/iys podas und Bh. muncus sind nicht stichhältig, sow ohl bei Mänu-
chen als Weibchen schwankt die Körperhohe je nach dem Alter
zwischen ^'g — 3/5 der Küri>erlänge (ohne Caudale).
Der Färbung und Zeichnung nach variirt diese Art ziemlich
bedeutend; bei Exemplaren von Teneril'e, deren Grundfarbe sehr
dunkel violettbraun ist, fehlen die großen bläulichen Flecken in der
Regel, dagegen sind kleine blaue Fleckchen mit dunkler Umrandung
und zahllose blaue Pünktchen auf der linken-Körperseite vorhanden.
so wie bei vielen Männchen orangegelbe, gelblichbraune oder violette
Linien, welche auf der rechten Körperseite vom Vordeckelrande
strahlenförmig in weitem Bogen zur Basis der Dorsale hinaufziehen.
Die an der Küste Spaniens gesammelten Exemplare zeigen die nor-
male Färbung und Zeichnung; constant ist übrigens der schwarze
Fleck auf der Seitenlinie.
Iti der Beschuppungsweise unterscheiden sich die beiden
Geschlechter nicht; bei Männchen und Weibchen sind die Schuppen
auf der rechten, augenlosen Seite ganzraudig, auf der Augenseite
ctenoid,und zwar bei wohlerhaltenen Exemplaren sehr dicht gezähnt;
unter der Loupe zählt man oft mehr als 14 — 16 Zähnchen am freien
Schuppenrande.
Die Zahl der Dorsalstrahlen schwankt zwischen 80 — 91, die der
Analstrahlen zwischen 68 — 70. Die Pectorale hat auf der linken
Körperseite in der Regel 12 ('/,,) auf der rechten 11 (i/jo) Strahlen.
V u I g ä r n a m e : l\tpaculu (Cadix , Tenerife).
Bothns podas kommt unendlich häufig an der Südküste der
iberischen Halbinsel und an den Küsten der canarischen Inseln vor,
ist aber nicht geschätzt.
Note: Pleuronectcs cuspidatus Cahrera. (M si e li a d o's Catal. pag. 23. Spec. denoiii.
a Cahrera, hacteiiiis mihi ignotae) entspricht dem Bothus podas.
IcliHivol. Beiiflit iiliei- fiiie iiiifli Spiiiiieii ii. PorliigHl iiiilernudiiii. Heise. / I 1)
Gatt. Pleuronectes sp. Artedi.
205. Alt. Pleuronectes flesus L i ii.
S y n. Pleuronectes luscits Fall., Nordm.
Italiens G (in th.
„ passer Lin., Bonap., Canestr.
Die Höhe des Körpers variirt sehr bedeutend, ich finde sie hei
zwei Exemplaren aus Pommern, bei einer Totaliänge von 3" 8" bis
4" 9" genau 2mal, bei zwei Exemplaren (aus dem Kattegat) von
4" 10" — 5" 6"' Länge 21/9 — l^iomal, bei zwei Exemplaren (aus
Bilbao) von 7" 4'" — 10" 8"' Länge 25/ia — 2.mvi\, die Kopf-
länge nicht ganz 5nial in der Krtrperlängc enthalten; ein schwarzer
ovaler Fleck in dem hinteren Theile der Pectorale. Die rechte Kör-
perseite ist sehr schwach und undeutlich hraun marmorirt und
schwarz gesprenkelt oder punktirt. Die Augen sind aulTallend klein;
die vordere Narine der Blindseite ist sehr stark erweitert, gefranst
und mit einem breiten Hautsaume umgeben.
Die Schuppen beider Körperseilen sind ctenoid. Solea aurnntinca
k(Mnmt auch im iMittehneere vor, wir besitzen zwei Exemplare von
Sardinien (D. 83, A. 68).
211. Art Solea nasuta Fall. •
Syn. Solea impar Bcnn.
„ Inscaria ßonap.
Die Höhe des Körpers ist bei den von inis untersuchten drei
Exemplaren 22/3 — 23/5mal, die Kopflänge 4'/3 — 48/5mal in der
I
Ichthyol. Bericht über eine nach Spanien u. Portugal iinteinomm. Reise. 725
Körperlänge ohne Caudale enthalten. Die Entfernung des oberen Auges
vom Sehnauzenrande Ist nahezu V*, die des unteren Auges nur y,
der Kopflänge gleich.
In dem horizontal liegenden Theile der Seitenlinie bis zur Basis
der mittleren Caudalstrahlen zähle ich 112—118 Schuppen, in der
Dorsale 75—76, in der Anale 59 — 61 Strahlen. Die Schuppen
beider Körperseiten sind ctenoid. Die Färbung der Augenseite ist blau-
grau oder braun; zahlreiche schwärzliehe Nebelflecken und kleinere
weißliche undeutliche Flecken mit verscbwommenen Rändern liegen
auf der rechten Körperseite bei den drei Exemplaren unserer
Sammlung.
Solea nasiita kommt nur sehr selten an der Ostküste Spaniens
vor, wir erhielten ein Exemplar in Cadix, die zwei übrigen wurden
von Nordmanu aus dem schwarzen Meere und aus Constantinopel
eingesendet.
m
212. Art. Solea laseiipls Hisso.
S y n. Solea scriba V a 1 c n c.
Bezüglich der Zahl der Dorsal- und Analstrahlen stimmen die
uns vorliegenden Exemplare genau mit Solea lascarls überein,
weniger in der Zeichnung des Körpers. Sämmtliche Schuppen der
Augenseite sind sehr klein, aschgrau oder blaugrau und ringsum mehr
oder minder dunkelbraun gesäumt, sehr bäufig liegt ein dunkelbrauner
Punkt an der Basis jeder Schuppe. Die verticalen Flossen sind mit
kleinen schwarzbraunen Fleckchen und Strichelchen gesprenkelt. Auf
der Pectorale liegt überdieß noch ein großer, runder schwarzer Fleck
mit weißer oder gelblicher Umrandung.
Die größte Leiheshöhe ist 3 — ^^/^mn], die Kopflänge nabezu
5 — 4y6mal in der Körperlänge ohne Caudale enthalten. Die Entfer-
nung der Augen von einander beträgt 3/4 bis nahezu Vs ^^^' Augen-
länge, die Entfernung des oberen Auges vom äußersten Schnauzen-
rande ist Ss/^mal, die des unteren Auges 2'*/^ — 22/3mal, die Länge
eines Auges etwas mehr als 5 — 6y,mal in der Kopflänge enthalten.
Die vordere Narine der Blindseite ist bedeutend erweitert und
stark gefranst wie bei Solea nasuta.
Die Schnauze überragt die Spitze des Unterkiefers hacken-
förmig. Die augenlose Kopfseite ist im Scbnauzentheile so wie
auch zunächst dem oberen und unteren Rande stark pelzig.
7 ^Ö S t e i II (I ;i c Ii n p r.
Die Pectoralen beider Kiirperseitcn sind eiit\>eder gleich lang,
oder die der Aiigeiiseite ist etwas länger, stets aber ist die Pectorale
etwas mehr als 2- bis 2'/omaI in der Kopflänge enthalten.
Die Seitenlinie dnrehbohi'l in ihrem horizontalen Verlanfe bis
.zur Hasis der Candale 120 — 14t) Schuppen, über der Seitenlinie
liegen 29 — 31, unter derselben 36 — 38 horizontale Scliuppenreihen.
Die Schuppen auf der Augenseite tragen ziemlich lange, schon mit
freiem Auge deutlich sichlbare Stacheln, die der Blindseite aber sehr
kurze, nur mit dem Gefühle wahrnehmbare Stachelchen. Die Dorsale
enthält bei 16 Exemplaren 80—89, die Anale 61 — 68, die Pectorale
8-9 Strahlen.
Das grüßte Exemplar unserer Sammlung ist It)" lang bei einer
Körperhöhe von 2" 10" (ohne Berücksichtigung der Dorsale und
Anale), das kleinste mißt 6" in der Totallänge.
Die in unserem Besitze befindlichen zahlreichen Exemplare
dieser Art stammen von Tenerife. Wenn Günther's Voraussetzung
richtig ist, daß Solea scriba identisch mit iS". lascaris (nee. Bonap.
Risso Canestr.) sei, so dürfte sie auch an der Süd- inid Ost-
küste Spaniens nicht fehlen.
V u I g ä r n a m e : Lenguado (Tenerife).
213. Art. Solea variegata spec. Donav.
Syn. IHcuronectes rariegutuii Donav.
Solea Mangilii Bonap.
Sehr gemein bei Cadix, seltener an der Westküste Portugals,
ziemlich häufig an der Ostküste Spaniens.
Wir besitzen sechs vortrefnich erhaltene Exemplare von Cadix,
drei von Malaga und Alicante und ein Exemplar von Setubal.
Die Länge des Kopfes ist bei von uns untersuchten Individuen
in der Regel 4'/2 — 4* Amal, seltener nahezu 5mal, die Körperhöhe
2^4 — 3mal in der Körperlänge (ohne Caudale) enthalten.
Die breiten Querbinden des Rumpfes erlöschen häufig im mitt-
leren Theile der Rumpfhölie fast vollständig.
214. Solea latea Risso.
Wir erhielten mehrere kleine Exemplare dieser Art in Bar-
celona, ein größeres von Alicante.
Ichthyol. Bericht über eine nacli Spanien u. Portugal unternomm. Reise. 72 T
Bei einem 4" 5 " langen Individuum ist die Leibeshühe etwas
weniger als 3nial, bei einem kleineren genau 3mal, die Kopflänge 4'/3
bis 4mal in der Kürperlänge obne Caudale enthalten. Längs des
horizontal hinlaufenden Theiles der Seitenlinie (bis zur Basis der
mittleren Caudalstrahlen) liegen 60 — 53 Schuppen. Die Augenseite
ist mit unregelmäßigen versehwommenen dunkelgrauen Querbinden
geziert, oder stellenweise äußerst schwach dunkelbraun marmorirt,
wie es Prof. Canestrini auf Taf, III, Fig. 4 seiner Monographie
über die Pleuronektiden Genua's andeutet.
V u 1 g ä r n a m e : Acedia (Cadix sec. M a c h a d o).
D. 65—72; A. 50—56; L. lat. 53—60.
215. Art. Solea minota spec. Farn.
Syn. Monochints minutus Parn.
„ linguatulus Thomps., Yarr.
Sinaptura lingula K a u p.
Kommt sehr häufig bei Cadix und Gibraltar vor (Jänner,
Februar 1865).
Die Körperhöhe ist 22/3 — 23/5mal, die Kopflänge 4 — 4'/2mal in
der Kopflänge (ohne Caudale) enthalten. Die Stirnbreite zwischen
den Augen übertrifft nur wenig die Hälfte eines Augendiameters. Bei
sämmtlichen Exemplaren ausCadix, 14 an der Zahl, liegen an der Basis
der hinteren Hälfte der Dorsale und Anale schmale, dunkelbraune Quer-
tlecken; ähnlich wie bei Solea lutea ist jeder vierte bis siebente
Dorsal- und Analstrahl schwärzlichbraun, die Caudale ist mit braunen
Fleckchen geziert.
Längs des horizontal verlaufenden Theiles der Seitenlinie liegen
112—118 Schuppen.
Die Zahl der Dorsalstrahlen schwankt zwischen 72 — 79, die der
Analstrahlen zwischen 56 — 62.
Vulgärname: Golleta (Cadix).
216. Art. Solea monochir Bonap. (Fauna ital.)
Syn. Pletironectes pegiisa Risso, Ichth. de Nice.
„ trichodactylus Nardo.
Monochirus hispidus Bonap., Catal., Costa.
Ist sehr gemein an der Ost- und Südküste Spaniens.
Vulgär name: Soldado (Cadix).
Sitzb. d. luathem.-naturw. Cl. LVII. Bd. I. Abth. 47
728 '"^ • e i II d ii (• h n p r.
Gatt. Plagusia Cuv.
217. Alt. Plagusia lactea Boiiap.
Syn. Ammoplt'urops lacWiifi Günth.
Wir erhielten ein 4" langes Exemplar in Barcelona.
Farn. Steriioptycliidae.
Gatt. Argyropelecus Cocco.
218. Art. Argyropelecus henilgynmus Coeco.
Drei schlecht erhaltene Exemplai-c von Gibraltar und Tanger.
Farn. Sc«|>€»lMlae.
Gatt. S^urus Cuv.
219. Art. Saurus griscus Lowe.
Syn. Saiinifi hiccrta C. V. (nee. Risso).
„ trivirgatus Val.
Während diese Art im mittelländischen und adriatischen Meere
nur sehr selten gefischt wird, kommt sie an den Küsten und Madeiras
der canarischen Inseln in sehr großer Menge vor und erreicht eine
Länge von 11 '/o".
Bei Exemplaren von 6V.j — 11 «/a" Länge ist die Kopflänge etwas
mehr als 4 — 4y,3mal, die Körperhöhe l^/r, — l^,Lm?L\ in der Total-
länge, die Länge eines Auges o — 7mal, die Stirnbreite 92/3 — 8mal,
die Schnauzenlänge nahezu 5- last 43/5mal in der Koptlänge ent-
halten. Bei alten Individuen springt die Schnauzenspitze etwas weiter
über den Unterkiefer vor, als bei jungen Individuen.
Im Zwischenkieler liegen zwei, im Unterkiefer drei, am Gaumen
vier Zahnreihen, welche nach innen stufenweise an Länge zunehmen.
Die Länge der Mundspalte, bis zum hinteren Ende des Zwischen-
kiefers gerechnet, beträgt 3/5 der Kopflänge.
An den Wangen liegen sieben schiefgestellte Schuppenreihen
übereinander. Die Stirn ist concav, die Fläche des Hinterhauptes rauh.
Die Pectorale ist von sehr geringer Länge, circa 23/. mal in der
Kopflänge enthalten. 19 — 20 Schuppen liegen zwischem dem Eiidf
des Hinterhauptes und der Dorsale, deren Basislänge der Höbe A^^-
dritten Strahles nur wenig nachstebt, und zwar etwas mebr bei
Ichthyol. Bericht über eine nach S|>iinieii u. Portugal unternomm. Reiae. T29
jungen als bei alten Exemplaren. Die gi'ößte Höhe der Dorsale erreicht
'*l-i der Kopflänge. Die Ventrale beginnt etwas vor oder senkrecht
unter der Spitze der horizontal zurückgelegten Pectorale, der erste
und letzte Strahl der Ventrale ist nicht gespalten, die übrigen sind
einmal gespalten, sämmtliche Strahlen aber gegliedert. Der sechste
und siebente Ventralstrahl sind gleich lang, oder der sechste ist
etwas länger als der fünfte, stets aber erreicht der längste Flossen-
strahl der Ventrale circa Y13 — »/g (bei jüngeren Exemplaren) der
Kopflänge; eine mit kleineren Schuppen überdeckte Spornschuppe
liegt an der Außenseite der Ventralen. Die Anale beginnt um etwas
weniger als zwei Kopflängen hinter dem seitlichen Kopfende und
nimmt gegen die letzten Strahlen etwas an Höhe zu. Die Caudale ist
am hinteren Rande sehr tief eingebuchtet, circa la^mal in der Kopf-
länge enthalten, die Caudallappen sind zugespitzt. Zwei Flügel-
schuppen überdecken den größten Theil der mittleren Caudal-
strahlen.
Ich zähle stets 62 Schuppen längs der Seitenlinie, 3 '/g Schuppen
zwischen letzterer und dem Beginne der Dorsale, sechs zwischen
der Bauchlinie und der Seitenlinie.
Die obere Hälfte des Körpers ist bräunlich, zuweilen liegen meh-
rere blaugraue Flecken mit dunkelbrauner Umrandung auf jeder
Schuppe der oberen Körperhälfte, zuweilen fließen sie zu Längsbin-
den zusammen.
Sehr schwach ausgeprägte, dunkelgraue Querbinden ziehen von
der Rückenlinie bis zur zweiten horizontalen Schuppenreihe unter
der Seitenlinie hinab.
D. (11— )12; A. 11—12; V. 8.
Wir besitzen neun Exemplare von Santa Cruz de Tenerife und
ein zehntes von Malaga.
Note. Von dem sehr nahe verwandten Saums atlanticus Lowe erhielten wir zwei
Exemplare auf dem Fischmarkte zu Santa Cruz de Tenerife, beide Saunis-
Arten werden von den Fischern Tenerife's Lagarto, d. i. Eidechse genannt.
47*
730 stein dachner.
Gatt. Aulopus Cuv.
220. Alt. Aatopus filainentosus spee. Bloch.
Syii. Salmo filamentosus Bloch. *
Aulopus filamentosus Bonap., Fauna ital.
Saurus lacerta R i s s o.
Aulopus filifer Valenc, mas, Ichthyol, des lies. Canar.
„ maciilatus Valenc. fem., ibid.
Diese Art kommt noch seltener als die früher beschriebene im
Mittelmeere, und zwar hauptsächlich an den Küsten Siciliens vor, ist
aber sehr gemein zunächst den canarischen Inseln.
Die Länge des Kopfes ist bei Exemplaren von I21/2 — lö'/a'
Länge nahezu oder etwas mehr als 4mal, die Höhe des Rumpfes
7 — 71/4 mal in der Totallänge (mit Einschluß der Caudale), die
Länge der Schwanzflosse circa l^/ämal, der Diameter des Auges
nahezu 4 — 42/5mal, die Stirnbreite 6«/, — 6 2/5 mal, die Schnauzenlänge
3i/3_33y'4mal, die Kopfbreite circa 2i/2mal, die Kopfhöhe 2mal in
der Kopflänge enthalten.
Die Mundspalte ist lang, das hintere Ende des Oberkiefers reicht
bei geschlossenem Munde in senkrechter Richtung bis zum hinteren
Augenrande; die Kieferzähne bilden eine schmale Binde, die der in-
nersten Reihe sind wie bei Saurus grisens länger als die der äußeren,
doch lange nicht so stark entwickelt als bei letztgenannter Art, dies
gilt insbesondere von den Zungenzähnen. Die Vomer- und Gaumen-
zähne stehen in der Regel in zwei, nur hie und da zuweilen in drei
Reihen. Die Pterygoid- und Zungenzähne sind sehr zahlreich, aber
von geringer Größe. Vier Reihen großer Schuppen auf den Wangen,
häufig zeigen sich noch 2 — 3 kleine Schuppen einer fünften Reihe
zunächst dem stark abgerundeten, hinteren Winkel der Vordeckel-
leiste. Die Schuppen am Kiemendeckel sind noch größer als die Wan-
genschuppen der obersten Reihe. Die Stirne ist concav und circa
zwischen der Mitte der oberen Augenränder am schmälsten, die
Schnauze breit und schwach gewölbt. Der Unterkiefer springt über
den Zwischenkiefer nach vorne vor und trägt einen konischen abge-
stumpften Kinnvorsprung.
Die drei ersten Strahlen der Dorsale sind bei den Männchen in
lange Fäden ausgezogen, deren Spitzen nicht selten noch über die
Fettflosse des Rückens hinausreichen, auch die letzten Dorsalstrahlen
sind bei den Männchen länger als bei den Weibchen. 13 — 14 Schuppen
Ichthyol. Bericht iiher eine nach Spanien u. Portugal iinternoinm. Reise. /3l
liegeil zwischen dem Beginne der Dorsale^ und dem Ende des
Hinterhauptes in einer Reihe; die Basislänge der Dorsale ist diirch-
sehnittlicli 1 '/siiial in der Kopflänge enthalten. Die Länge der Pec-
torale übertrilFt ein wenig die Hüllte der Kopflänge.
Die Einlenkungsstelle des ersten Ventralstrahles fällt in senk-
rechter Richtung unter das Ende des ersten Längendrittels oder etwas
vor die Längenmitte der Pectorale, die vier ersten Strahlen sind
bedeutend dicker als die übrigen, in der kleineren hinteren Hälfte
von einer im Spiritus erhärtenden Schleimmasse umhüllt und in zahl-
lose kurze Glieder querüber abgetheilt. Der vierte längste Ventral-
strahl ist wie die zwei vorangehenden nur einmal der Länge nach
gespalten und circa Vsmal so lang wie der Kopf. Die Strahlen der
Anale, insbesondere die letzten sind bei den Weibchen kürzer als bei
den Männchen.
Die Caudale ist nahezu vollständig beschuppt. Die Schuppen
des Rumpfes sind mit vielen Reihen sehr feiner Zähnchen an und
zunächst dem hinteren Rande versehen.
Die Seitenlinie durchbohrt 32 — 53 Schuppen; 4'/2 horizon-
taler Schuppenreihen liegen über derselben, ä'/a zwischen derSeiten-
und Bauchlinie. Die Seiten des Rumpfes sind braungrau marmorirt
uiid zugleich etwas dunkler unregelmäßig gefleckt. Der obere Rand-
theil der 4 — 5 ersten Dorsalstrahlen ist bei den Weibchen mit einem
großen schwarzen Flecke geziert, der bei den Männchen fehlt oder
nur schwach angedeutet ist, dagegen ist bei letzteren häufig der
fadenförmig verlängerte Theil der ersten Dorsalstrahlen schwärzlich.
Die Dorsale ist überdies noch bei beiden Geschlechtern ausnahmslos,
die Ventrale sehr häufig grauschwarz, nach Bon aparte auch orange-
gelb gefleckt.
Wir erhielten nur ein Exemplar als eine große Seltenheit bei
Malaga, sechs in Santa Cruz de Tenerife; das größte derselben ist
etwas mehr als 15" lang.
V u 1 g ä r n a m e : Carajo real (Tenerife).
D. 15 (bei Männchen) —16 (bei Weibchen); A. 11—12; V. 9;
P. 12—13.
732 steindach ner.
Gatt. Scopelus Cuv.
221. Art. Scopelus Humboldti Risso.
Ein vortrefflich erhaltenes, ziemlich großes Exemplar von Gibral-
tar, ein zweites von Santa Cruz de Tenerile.
Gatt. Alepidosaurus LoAve.
222. Art. Alepidosaurus ferox Lowe.
Das Museum zu Lissabon besitzt ein Exemplar dieser seltenen
Art, welches bei Setubal gefangen wurde.
Farn. Salmoniclae.
Gatt. Argentina Art.
223. Art. Argentloa sphyraeua Lin.
Syn. Argentina Cuvieri Cuv. Val.
Die Länge des Kopfes ist bei Exemplaren von 7 1/3 — 81/3" Länge
41/7 — 4i/4mal, die Leibeshöhe etwas mehr als 71/3 — 7mal, seltener
8mal (bei jüngeren Individuen) in der Totallänge, die Schnauzen-
länge circa 3mal, die Länge des Auges etwas mehr oder weniger als
3mal, die Stirnbreite 4 — 4»/5mal, die Kopfbreite 2V2 — 23/5mal,
die Kopfhöhe etwas mehr als 2mal in der Kopflänge enthalten.
Die Kiefer sind zahnlos, äußerst zarte Zähnchen liegen am Vo-
merund auf den Gaumenbeinen, ziemlich große Hackenzähne in einer
Reihe auf der Zunge, und zwar am vorderen Randtheile derselben.
D. 10 (selten 9); A. 11-12; V. 10—11: P. 14.
Wir erhielten im Jänner 186,^ fünfzehn Exemplare dieser Art
zu Cadix.
V u 1 g ä r n a m e : Pez plata (Cadix).
Farn. Scoinhrcsociclae.
Gatt. Belone Cuv.
224. Art. Belone acus Risso, sive rostrata Faber.
S y n. Belone vulgaris Cuv. Val.
„ roatrata poiitiva Nor dm.
Valenciennes und manche Iclilliydlugen der Neuzeit legen
ein zu großes Gewicht auf das Vorkommen oder aul" den Mangel von
Iclithyol. Beriflit iilier eine iiaeli Spanien ii. Portugal unternnmm. Reise. iöo
Vomerzähnen bei den Arten des Geschlechtes Betone und trennen
aus diesem einzigen Gi'unde Betone acus Risso von Betone vulgaris,
was ganz unrichtig ist.
Wir untersuchten eine bedeutende Anzahl von Exemplaren aus
dem mittelländischen und adriatischen Meere und finden bei nicht
wenigen Individuen aus Triest, Marseille und Valencia eine ganz be-
trächtliche Zahl von Vomerzähnen wie bei Betone vulgaris, während
bei vielen Individuen aus denselben Localitäten die Abnahme und das
ailmälige Verschwinden der Vomerzähne sich ganz deutlich nach-
weisen läßt. In der Regel besitzen ganz junge und völlig erwachsene
Exemplare keine Vomerzähne, bei Exemplaren mittlerer Größe ist
die Zahl der Vormerzähne am beträchtlichsten.
In allen übrigen Punkten stimmen Betone vulgaris und B. acus
ganz genau mit einander ü])erein, wie schon Valenciennes in
dem 18, Bande der Hist. nat. des Poissons pag. 41 o bemerkt. („Du
reste, Tensemble des lormes et des proportions de la tete, du bec,
du tronc, des nageoires, et le nombre des rayons de ces dernieres, sont
tout-ä-fait semblables a tout ce qua nous observons dans notrc
espece de l'Ocean etc.)
Daß die Bezahnungweise oder die Glätte des Gaumens bei Be-
tone überhaupt keinen sicheren Anhaltspunkt zur Unterscheidung von
Arten gebe, bestätigt auch die Untersuchung zahlreicher Exemplare
der nachfolgend beschriebenen Art Betone gracilisljow t' von Lissa-
bon, Gibraltar und Cadix.
Die Länge des Kopfes verhält sich zur Körperlänge bei großen
Exemplaren von 19 \\ — 232/5" Länge wie 1 : Ss/i, — Z'^j'z^, bei
jungen von 81/a" Länge wie 1 : 23/4, die Länge des Auges zur Kopf-
länge wie 1 : 2'/3 — 3. Die Zwischenkieferspitze ist um 1/0 Augen-
länge von der Spitze des Unterkiefers entfernt, die Stirnbreite gleicht
der Augenlänge.
Bei einem 221/2" langen Exemplare unserer Sammlung liegt am
Vomer nur mehr ein Zähnchen, bei 2 eben so großen Exemplaren von
Triest und Valencia bilden die V^omerzähne eine schmale, ovale
Gruppe, bei einem 9" lang«Mi Individuum von Pommern fehlen die
Vomerzähne eben so vollständig wie bei einem 81/3" langen Exem-
plare von Triest.
734 stein dacliner.
Belone acus kommt nicht besoiulers häufig an der Ostküste Spa-
niens vor, in größerer Anzahl lischt man sie zuweilen an der Nord-
und Westküste der iherischen Halbinsel.
Vulgärnanie: Agiija (Cadix), Agulha (Lissabon), Agulla (Bar-
celona).
225. Art. Belone gracilis Lowe.
Diese fragliche Art kommt an der Südküste Spaniens und hei
Lissabon nicht besonders häufig in den Wintermonaten vor, ist
aber sehr gemein an der Ostküste Teneriles in den Monaten März
und April.
Die Länge des Kopfes ist bei Belone gracilis L. etwas beträcht-
licher als bei der früher erwähnten Art und bei Individuen von H'/e
bis 26" Länge 2«/7 — 2'*/-^ mal in der Körperlänge ohne Caudale ent-
halten. Die Länge des Auges übertrifft bei jüngeren Exemplaren die
Längenhälfte des hinter dem Auge liegenden Kopftheiles, während
sie sich bei alten Individuen zu letzterem wie 1:2 — 21/4 verhält.
Die Stirnbreite gleicht der Länge des Auges.
Die Spitze des Oberkiefers ist mindestens um die Länge eines
Auges von der des Unterkiefers entfernt. Unter 12 Exemplaren fehlen
nur einem von 26" Länge die Vomerzähne vollständig, bei drei sind
sie nur in sehr geringer Zahl vorhanden, bei den übrigen bilden sie
eine bald breitere, bald schmälere ovale oder dreieckige Gruppe. Be-
züglich der Länge und Stärke der Kieferzähne finde ich nicht den
geringsten Unterschied zwischen Belone acus und gracilis, eben so
wenig in der Zahl und Länge der Flossenstrahlen.
Vulgär name: Agulha, Aguja (Lissabon, Cadix, Tenerife).
Gatt. Exocoetus Art.
226. Art. £iocoetus evolans Lin.
Wir erhielten ein Exemplar dieser Art während unseres Aufent-
haltes in Taragona.
227. Art. Exocoetus volitaiis Lin.
Bei zwei vortrefflich erhaltenen Individuen von nahezu 15" Länge
ist die größte Höhe des Rumpfes SYsmal, dieKopflänge nahezu 48/5mal
in der Körperlänge (bis zur Basis der mittleren Caudalstrahlen),
(clithyol. Bericht iilipr eine nach Spanien n. Portui^al nnlernomni. Reise. 7o.l
die Länge des Auges Si/g — 'S\'o mal, die Stirnbreite mit Ausschluß»
der oberen häutigen Augendeeke 3 '/g — '^ 'Amal, die Sehnauzenlänge
etwas -weniger als 33/^ — 32mal, die Kopfhühe Is/s-iiahezu Si/^mal,
die größte Kopfbreite unbedeutend weniger als 2mal in der Kopf-
länge enthalten. Die Spitze des Unterkiefers springt nur ganz wenig
über den vorderen quergestellten Rand des Zwischenkiefers vor. Die
Rauhigkeiten auf der Stirne sind sehr stark dendritisch verzweigt.
Die Pectoralen sind 31/4 — SVämai so lang wie der Kopf und
reichen daher noch über die äußerste Spitze der Ventralen hinaus,
welche letztere an Länge 1 1/0 Kopflängen gleichen.
Die Ventralen sind genau in der Mitte zwischen dem hinteren
Augenrande und der Basis der mittleren Caudalstrahlen eingelenkt,
der dritte Ventralstrahl erreicht die bedeutendste Länge und ist fast
32/3mal so lang, wie der erste. Die Dorsale beginnt um 32/3 Kopf-
längen hinter der Spitze des Unterkiefers, die größte Höhe derselben
am dritten Strahle kommt der Hälfte der Kopflänge gleich oder über-
trifft die halbe Kopflänge ein wenig.
Der obere Caudallappen, von der Basis des vordersten Stütz-
strahles bis zur äußersten Spitze des längsten Strahles gemessen, ist
eben so lang oder nur wenig kürzer als der Kopf, während der
untere in ähnlicher Weise gemessen, sich zur Kopflänge wie 1 : 1 1/0
verliält.
In der Dorsale zähle ich 13, in der Anale 9, in der Pectorale
IS Strahlen. Der untere Rand der Pectorale ist stets weißlicli. der
äußere der Ventrale zuweilen schwärzlich gesäumt.
Fundort: Alicante.
228. Art. Exocoetus Rondeletii Cuv. Val.
Wir besitzen ein wohlerhaltenes, 93/4" langes Exemplar von
Malaga.
Die Kopflänge ist bei demselben etwas mehr als 43/4maI, die
Leibeshöhe mehr als 6mal in der Körperlänge ohne Caudale, die
Augenlänge circa 3mal, die Stirnbreite 23/4mal, die Schnauzenlänge
circa Si/omal, die Kopfhöhe circa li/gmal, die Kopfbreite etwas mehr
als Is/gmal in der Kopflänge enthalten.
Die Kiefer reichen mindestens bei jungen Individuen von 9 3/4"
Länge gleich weit nach vorne.
736 S ( .' i II .1 H (• li II e r.
Die Peetorale ist .Ss/äinal so lang wie der Kopl', reicht bis zur
Basis der mittleren Caudalstrahlen mit ihrer äußersten Spitze und
ragt mit dieser noch um eine Augenlänge über die äußerste Spitze der
Ventralen hinaus. Die Ventrale ist genau in der Mitte der Körperlänge
zwischen dem hinteren Ko[»t'ende und der Basis der mittleren Caudal-
strahlen eingelenkt und nicht ganz 1 '/,mal so lang wie der Kopf. In
der Begel ist eine der Pecloralen und \'entralen etwas kürzer als die
der entgegengesetzten Seite. Der dritte, längste Dorsalstrahl ist
etwas mehr als 2mal in der Koptlänge enthalten. Der untere Caudal-
lappen ist nicht ganz l'/gmal, der obere etwas mehr als Imal so
lang wie der Kopf. In der Dorsale zähle ich 11, in der Anale 11 , in
der Peetorale 17, in der Ventrale 6 Strahlen. Der hintere Rand der
bläulichschwarzen Brustflossen ist weiß eingefaßt, der äußere Theil
der Ventralen dunkelgrau angeflogen. Circa 47 — 48 Schuppen liegen
zwischen der Pectoralachsel und der Basis der mittleren Caudal-
strahlen (SO — 51 bei Ex. evolans).
Eccocoeliis evolans und E. exiliens kommen nur sehr selten an
der Ostküste Spaniens vor, während sie an den Küsten Siciliens und
selbst im Meerbusen von Triest öfters gefischt werden.
Fam. riiipeidae.
Gatt. Clupea Cuv. Val.
229. Art. Clapea hiireiigos Lin.
Nach Machado kommt der Häriiig an der Nordostküste von
Cadix vcir und wird Saboga genannt; meiner Ansicht nach fehlt
aber Clupea harengus der Süd- und Westküste der iberischen Halb-
insel gänzlicli und dürlte sich vielleicht nur an der Nordküste zu-
weilen vorfinden, da Valenciennes erwähnt : II commence ä de-
venir tres-rare dans h» golf de Gascogne. Machado's Clupea ha-
renguH (Saboga) dürlte höchst Wahrscheinlich eine Alansa sein.
Ich selbst sah und erhielt \\ ährend meines Aufenthaltes an der Nord-,
Ost- und Südküste Iberiens (August 1804 bis Februar 1865} nicht
ein Exemplar von Clupea harengun.
Ichthyol. Bericht iilier eine nach Spanien u. Poitiiga! unternomin. Meise. / «5 7
Gatt. Alausa Cuv.
230. Art. Alausa vulgaris Cuv. Val.
S y n. Alausa finta C u v.
„ communis Yarr.
Ich untersuchte mehrere hundert Exemplare dieser Art, welche
ich in Bilbao, La Coruna, Vigo , Tug (August bis October 1864),
Fjissabon, Constanzia (November, December 1864). Cadi.\ (Jän-
ner 1865), Malaga, Barcelona (Juni 1864) und Sevilla (Decem-
ber 1864, Jänner 1865) erhielt.
Bezüglich der Zahl der Rechenzähne gebe ich nachfolgende
Liste mehrerer Exemplare, welche zur selben Zeit, an derselben
Localität gefangen wurden :
a) Exemplare von 3" 10" — 7" Länge mit einem oder mehreren
schwarzen Flecken an und hinler dem Kiemendeckel (von Tuy
am Mino).
Zahl der Zähne am ersten Kiemenbogen 64, 61, 56, 53, 40, 39.
b) Exemplare von 8" — O'/g" Länge mit 4 — 5 Flecken hinter dem
Kiemendecke] (von Lissabon).
Zahl der Zähne am ersten Kimenbogen 39, 40.
c) Exemplare von 11 '/a — 13" Länge (von Lissabon und Cadix).
Zahl der Zähne am ersten Kiemenbogen 41 — 42, 37.
dj Exemplare von 15 — löVa" Länge mit 5 — 6 schwarzen Flecken
(aus Mannheim).
Zahl der Zähne am ersten Kiemenbogen 45, 73.
e) Exemplare von Barcelona mit Flecken hinter dem Kiemendeckel,
Länge 11 Va".
Zähne am ersten Kiemenbogen 61.
f) Exemplare von Barcelona mit einem Fleck am Schultergürtel,
Totallänge 7 i/o".
Rechenzähne am ersten Kiemenbogen 38.
g) Exemplare von Palermo, 131/5" lang, mit einem schwarzen
Schulterfleck.
Rechenzähne am ersten Kiemenbogen 46.
Iij Exemplare von Palermo 12*/ 5" lang, mit mehreren schwarzen
Flecken.
Rechenzähne am ersten Kiemenbogen 46,
738 Sf e i n d iif li II (' r. Ichtliyologiscliei- ftericlit etc.
i) Zwei Exemplare vonConslanzia aniTejo (Portugal) 23 — 27i/a'
lang, mit fast ganz erloschenem Schultergiirteltleek.
Rechenzäline am ersten Kiemenbogen 139 — 141.
Aus dem Gesagten ergibt sicli, daß die Zahl der Rechenzähne
sehr variirt, mit dem Alter in der Regel zunimmt und unabhängig
ist von dem Vorkommen oder Fehlen der Flecke an und hinter dem
Schultergürtel; auch die fjäiigc der Rechenzäline steht in keinem
Constanten Zusammenhange mit der Zahl derselben, erst bei ganz
alten Individuen nimmt die Länge der Rechenzähne bedeutend zu.
Alte Individuen nennt man Sabalo, junge Lacha, Alacha in
Spanien, in Portugal führen sie den Vulgärnamen Savelha (juv.) und
Savel.
231. Art. Alausa pilchardas Val.
Syn. Clupea sardina Cuv., Machado (exe. Syn.).
Diese Art kommt in Unzahl an der Nord-, West- und Ostküste
der iberischen Halbinsel vor und reicht nach Süden bis zu den
Canaren. Wir sammelten zahlreiche Exemplare bei Rilbao, LaCoruna,
Vigo, Lissabon in den Monaten August bis December 1864, und bei
Santa Cruz de Tenerife (März, April 186o). Die größten Exemplare
unserer Sammlung sind Ti/o" lang.
Vulgärname: Sitrdina (Spanien), Sardinha (Portugal).
Gatt. Engraulis Cuv.
232. Art. Engraulis eiicrasicliolus Lin.
Wir besitzen Exemplare dieser Art von Rilbao, Gibraltar und
Malaga (August 1864 bis April 1865).
Vulgärname: Boqueron, Anchova (Galizien, Andalusien),
Anchova, Enxova (Portugal).
SlciiKliJclmec. Fisclic S|i.'jMit'iis und rmluL'.il s. ' Vif).
3.
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Taf. I.
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Sitzimg-sb.dk Akad.dW.maLh ualurw.n.LVIl Bd. I, Aluli. 1868.
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Ichthyol. Bericht »her eine nach Spanien u. Portugal uiiteriioinm. Reise. 739
Tafel - Erklär ung.
Tafel I.
Fig. 1. Blennius vulgaris Poll., fem.
„ 2. „ „ mas., juv.
„ 3. „ pholis Lin.
Tafel II.
Fig. 1. Labrud liirdus Lin., fem., var.
„2. „ „ Lin., mas., var.
„ 3. Ammodytes siciilus S w. (?).
Tafel III.
Fig. i. Crenilabrus quitiquemaculatus B\., mas, var. ^/^/vVm R i s s o.
„ 2. Cor is Julis Lin., mas, var.
,.3. „ „ „ fem., var.
Tafel IV.
Fig. 1. Labrus Douovani C. V., adult.
„ 2. Solen Cupellonis Steind. n. sp.? an S. Kleinii ^\\\.
Tafel V.
Solea vulgaris, var. azevia.
Tafel VI.
Fig. 1. Aulopus ßlumentosus Bl., mas.
„ 2. Saurus griseus Lowe, adult.; 2a Oberseite des Kopfes; 26 Kiefer-
zähne.
740 V. Z (■ p h II r () V i c h.
Mi neral o (j i ,s che M itth eiln n g e n.
III.
Von (lein c. W. V. Ritter v. Zcp haro vich.
Barytocölestin vom Greiner in Tirol.
Längst bekannt sind der Spargelstein, der Dolomit und Magne-
sit aus dem Talkschiefer, der am Greiner Berge, auf beschränktem
Flaume in einer Höhe von 6535 Fuß unter Gebirgssehutt zwischen
Chlorit- und Amphiholschiel'er ansteht •)• l^ie großblätterige, mit-
unter stängelig- oder schuppig-blätterige, silberweiße oder hell bläu-
lich- bis gelbgrüne Talkmasse umschließt Individuen von Dolomit und
Magnesit in großer Menge, erstere auch in ansehnlichen Dimensionen;
seltener und oft erst nach tage- bis wochenlanger, bergmännischer
Arbeit fand man mit diesen auch die Spargelstein genannte Apatit-
Varietät. Haidinger erwähnte zuerst, daß mit den rundlichen
Massen dieser Minerale auch weißer Cölestin in großen, vollkommen
spaltbaren Individuen erscheine 2); Liebener und Vorhauser
^) .1. Trinker, Petrogr. Erlüiiter. z.geogn. Karte v. Tirol. Innsbruck 1853, S. 21. —
Nach A. E. Reuss besteht die Hauptmasse des Greiner (im Zemmthale. einem
südwärts erstreckten Zweige des Zillerthales) aus Gneiss, dessen Schichten gleich
denen der untergeordneten krystallinischen Schiefer nach Nord unter 70 — 80"
einfallen; der Talkschiefer erscheint in zwei mächtigen nach oben und unten
allmälig sich auskeilenden Lagern, die von Asbest, Strahlstein, Chlorit- u. Glimmer-
schiefer schalenförmig umgeben werden. (Geogn. Beob. auf einer Reise durch
Tirol im J. 1838, in Leonh. u. B r. Jahrb. 1840, S. 137.) — Einer unlängst von L.
L ieb en er erhaltenen Millheihing zufolge, hat man nun seit mehr als zwanzig
.fahren den Spargelstein am Greiner nicht mehr angetroffen. Ein neues Vorkommen,
ganz ähnlich jenem vom Greiner, Spargelslein und Dolomit im Talk, wurde erst
im verflossenen Sommer in Pregratte« aufgefunden.
2) Po gg. Ann. 63. Bd. 1844, S. 1.13; Ber. über Mitth. v. Freunden d. Naturw. in
Wien. 3. li. 1848. S. 104.
Miiicralof^ische Mittheiluiif^tMi. (III.) 741
geben ebenfalls den Cölestin in Irischem oder ganz verwittertem Zu-
stande, als Begleiter des Spargelsteines, an ')•
Von diesem in so ungewöhnlicher Gesellschaft auftretenden
«.Cölestin" bewahrt die Mineraliensammlung des Joanneums in Graz
eine größere Anzahl von Exemplaren, welchen das für die Unter-
suchungen erforderliche Materiale, mit freundlicher Gestattung i\ei>
Prof. Dr. S. A ich hörn, entnommen w^erden konnte. Über ein ana-
loges Schaustück der Sammlungen in der k. k. geologischen Reichs-
anstalt theilte mir Prof. Dr. K. Peters seine Beobachtungen mit,
und verdanke ich gleichfalls Herrn Hofrath v. H a i d i n g e r ein instruc-
tives Exemplar dieses Vorkommens aus seiner Privatsammlung.
Schon die ersten Untersuchungen ergaben, daß dieBezeiclinung
des Minerals als Cölestin nicht völlig zutrelTend sei ; ein hoher Baryt-
gehalt wurde neben Strontian durch Herrn Prof. J. Gottlieb im
Spectralapparat nachgewiesen; auch fand ich das spec. Gewicht
für Cölestin zu hoch. Mit großer Sorgfalt, durch Herrn Fr. Ullik
ausgeführte Analysen erwiesen im Einklänge mit den übrigen Be-
stimmungen, daß in der unveränderten Substanz eine als Baryto-
cölestin ^) zu bezeichnende Mittelstufe zwischen Baryt und Cölestin
vorliege, und daß dieselbe unter zersetzenden Einwirkungen in eine
zellige Masse, die vorwaltend aus Baryt besteht, verändert wurde.
Dolomit, Apatit und Barytocölestin erscheinen im Talk, wo sie
nebeneinander auftreten, in Gestalt unregelmäßiger, sphäroidischer
oder lenticulärer Körner und ähnlicher ansehnlicherer Massen, die
bis 10 cm. im Durchmesser erreiciien. Solche sind am Apatit gewöhn-
lich als großkörnige Aggregate ausgebildet, während am Dolomit
und Barytocölestin Einheit der Spaltungsdurchgänge auch bei grö-
ßerer Ausdehnung vorwaltet. Meist sind die einzelnen Partien der
drei zuerst genannten Minerale durch blättrigen Talk in geringer
') Min. Tirol's, Innsbruck 1852, S. 18 ii.71. — Zepharovich min. Lexicon S. 117
(hier wurde ein Druckfehler: eing-ewachsen im Kalk, statt im Talk, übersehen).
^) Das von Thomson Barytocölestin genannte Mineral von Kingston in VVest-Canada.
spec. Gew. = 392. ist nach Hunt reiner Cölestin (Dana, Min. 369). — Über den
Barytocölestin aus dem Binnenthale in Wallis s. v. Waltershausen in Pogg.
Ann. 94. Bd. 1833, S. 134, Kenngott Übers, m. Forsch. 18öö, 29. 18ö9, 32.
33, und dessen Min. d. Schweiz 1866, 331. — Barytocölestin in kleinen spießigen
Kryställchen, sp. Gew. = 4-24 auf Limonit, fand ßreithaupt auf der Schaller
Fundgrube zu .lockela im sächs. Voigtlande (Min. Studien 1866, 20).
7 -t Ä V. Z <' p h a r o V i c h.
Miichtigkeit geschieden; oft ist es nur eine papierdünne Talklamelle,
die sieh trennend einschieht, während an anderen Stellen ein un-
mittelharer Contact stattfindet.
Zunächst den Einschlüssen sieht man häufig an der umgehen-
den Talkmasse eine stängelige oder faserige Textur deutlicher
werden, wohei sie gleichzeitig eine höhere Härte und tiefer grüne
Farbe annimmt; allmälig geht derart der Talk in lauch- oder gelb-
lichgrünen Asbest über, dessen biegsame Fasern innig mit einander
verwachsen oder leicht trennbar sind. So findet man die in Talk
liegenden Dolomit- und Apatit-Individuen häufig zunächst von Asbest-
lagen umhüllt, die ihnen eine striemige Oberfläche verleihen. Splitter
dieses Asbestes schmelzen vor dem Löthrohre unschwer und auf-
schwellend zu einer grünen Kugel; die Talkschüppchen blättern sich
auf und sind nicht schmelzbar. Der erwähnte allmälige Übergang
zwischen Talk und Asbest, welcher sich an vielen Exemplaren nach-
weisen läßt, gestattet — übereinstimmend mit dem von anderen
Localitäten gewonnenen Resultate — die Annahme, daß auch der
Talk am Greiner aus einer Amphibol-Varietät entstanden sei.
Th. Scheerer analysirte den bekannten großblätterigen, kry-
stallinischen, sogenannten edlen Talk von lichtapfelgrüner Farbe aus
Tirol, und fand ihn polymer-isomorph mit Amphibol (R)* Sis zusam-
mengesetzt; großblätteriger Talk vom Greiner gab einen Wasser-
gehalt von 4-88 Pct. , der jenem des analysirten von nicht genauer
bestimmtem Fundorte (4-73) nahekommt i).
Am St. Gotthard erscheint 'nach Scheerer großblätteriger,
dann strahligblätteriger und endlich sehr feinstrahliger bis faseriger
Talk, welche durch Übergänge mit einander verbunden sind und mit
nadeiförmigem Tremolith, zuweilen an demselben Exemplare gefun-
den werden; auch große scharf ausgebildete Tremolitlikrystalle
kommen daselbst vor; sie haben alle eine der obigen Amphibol formel
entsprechende Zusammensetzung, und stellen eine Reihe dar, deren
Glieder sich chemisch vornehmlich von einander durch den Gehalt
an Kalkerde und Wasser unterscheiden, der erstere im großblätteri-
gen Talk (von 12-99 im krystallisirten Tremolith) auf 0 gesunken, der
•) Pogg. Ann. 84. Bd. 18ä7, 340. — Ältere Analysen des Greiner-Talkes stammen von
K ob eil ( Kästner'« Arch. 12. Bd., 1827, S. 48) u. Del esse (Bibl. tiniv. de
Geneve T. 49, 1844, p. 175).
Mineiiilog^ische Mitfheilungeii (III.) 743
letztere auf 4-9ö gestiegen 'j. „Es bleibt wohl kein Zweifel übrig,"
sagt G. Bischof -), „daß die genannten drei Talkvarietäten aus
dem Tremolith hervorgegangen sind. Die Kalksilicate wurden durch
Magnesiasalze größtentheils in Magnesiasilicate umgewandelt; ein
Tlieil davon seheint aber zersetzt worden zu sein, wie der zwischen
den Talkblätterii liegende Quarz und Kalkspath zeigt. Da letzterer
Magnesiacarbonat enthält, so scheint ein Theil des Magnesiasilicates,
durch Kohlensäure zersetzt worden zu sein."
Asbest und andere Amphibolvarietäten sind aus dem Talkschie-
fer des Greiner schon lange gekannt, ihre Beziehungen zum Talk
lassen sich, auch wenn derselbe nicht breitblätterig entwickelt ist,
abgesehen von den unverkennbaren Übergängen, aus der überein-
stimmenden Aggregationsweise ersehen; manche Talkstücke zeigen
ganz das parallel- oder ratlialstrahlige Gefüge des Tremolith s).
Instructiv für die zuletzt erwähnten Verhältnisse ist ein altes
Stück vom Greiner aus der Krakauer Universitätssammlung; dieses
zeigt rundliche Dolomitkörner, ganz gleich jenen, die so häufig im
Talk liegen, in einer Umgebung, die überall als äußerst zartfaseriger
licht blaulichgrüner Amianth erscheint; die Fasern desselben sind
mit einander innig zu papierdünnen Lagen verwachsen und ergeben
derart eine Structur die stellenweise an manchen Talkschiefer erinnert.
Sehr häufig findet man Einschlüsse von Talkschüppchen in den
späthigen Massen des Dolomit *) und des unzersetzten Barytocölestin,
entweder einzeln nach den Spaltrichtungen eingelagert, oder nester-
weise versammelt , ebenso zuweilen in den Spargelsteinkrystallen ;
1) A. a. 0. S. 353, 408. — Nach K e nngo 1 1 (Min. d. Schweiz 201) stammt der fein-
faserige mit Grammatit vorkommende Talk wahrscheinlich von Campolongo bei
Dazio grande im Tessin.
2) Chem. Geologie 2. Aufl. 2. Bd. 678.
3) Nach Trinker (a. o. a. 0.) vermißt man an dem zwischen Chlorit- und Hornblende-
Schiefer anstehenden talkigen Gesteine die Merkmale des eigentlichen Talkschiefers.
„Es ist mehr eine dichte großblätterige mitunter stängelige Talkmasse mit schönem
Perlmutterglanz und weißer ins Apfelgrüne verlaufender Farbe, die frei von aller
Quarzbeimengung ist. Dieses lagerförmige Vorkommen von Talk theilt den
Mineralreichthum der benachbarten Schiefergesteine ; hier brechen in großer
Menge die zierlichen grasgrünen Strahlsteine (Grammatit)" u. s. w.
*) Diese Einschlüsse wurden schon von Breithaupt (Parag. S. 19) angegeben.
Auch die Magnesit (Breunnerit) Rhomboeder, die am Greiner in gleicher Weise im
Talk vorkommen, enthalten Talkschüppchen (Zeph. miner. Lex. 233.)
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LVII. Bd. 1. Abth. 48
744 V. Z e p h a r o V i c h.
in den körnigen Aggregaten des letzteren und den stängeligen des
Dolomit sieht niitn die einzelnen Individuen von Lamellen oder Fasern
des Talk umgeben.
In den zelligen Räumen des zerfressenen Barytocölestin sind hie
und da Talkschiippchen zu (luden; sie mögen entweder Einschlüsse
in der compacten Masse gewesen, oder später bei der Zersetzung
derselben von den umgebenden Talklagen eingeführt worden sein.
Der Barytocölestin, den man oft unmittelbar oder mit Talk umgeben
an Dolomit oder an Spargelstein angrenzen sieht, umschließt zuweilen
außer Talkschuppen auch körnige Aggregate oder einzelne Körner
von Spargelstein, die selbst wieder von Asbestfasern umgeben sind.
Den Spargelstein, sowie den Barytocölestin fand ich wieder im Dolo-
mit als Einschluß.
Die Bildung der vom Talk umgebenen Minerale, Dolomit, Apatit
und Barytocölestin, ist demnach wohl als eine gleichzeitige anzu-
nehmen. Zumeist erscheinen sie in rundlichen Massen, wenn bei nach-
barlichem Vorkommen gegenseitige Hinderung in der freien Entwick-
lung stattfand. Bei isolirterem Auftreten im Talk trifft man den
Apatit ')> häufiger noch den Dolomit in Krystallen. Die Talk-Matrix
dürfte nach den früher erwähnten, freilich nur an Handstücken ge-
machten Beobachtungen in ihrem gegenwärtigen mineralischen Be-
stände, jüngerer Entstehung, als die darin eingebetteten Minerale
sein; womit das Vorkommen von Talkschüppchen im Dolomit, Apatit
und Barytocölestin nicht unvereinbar ist, da auch diese eingeschloße-
nen Schüppchen durch Umwandlung aus Amphiholvarietäten hervor-
gegangen sein können 2j.
1) Das Min.-Cabinet der Prager Univers, hewalirl ein Apatit-I'risina in Talk vom
Greiner, 7 Cm. hoch und 4 Cm. breit (Nr. 1677 der Aufstellung).
') Nach Haidinger enthaUen die in grüncTn ziemlich festem Talk eingewachsenen
Dolomit-Rhomhoeder von Großarl in Salzburg, Asbestfäden parallel den drei
Richtungen der Polkanten eingewachsen (Min. 279). — l{. Blum beschreibt von
Wildkreuzjoch in Pfitsch eine Pseudomorpliose von Talk nach Magnesitspath;
parallel den Spaltflächen des letzleren zeigt sich ein talkähnliches Mineral theils
in sehr dünnen weißen perlmutterglänzenden Blätlchen, theils in grünlich weißen
asbestähnlichen Partien eingelagert; von Magnesit ist stets noch mehr weniger
vorhanden. (Pseudomorph. 2. Nachtr. 47. Bischof ehem. Geol. 2. Bd. 824.)
Worin der Magnesit eingewachsen ist, wurde nicht angegeben, es wäre möglich,
daß hier keine Pseudomorphose, sondern ein Kinscliluß der umgebenden Matrix
vorliege.
Minei-Hlogisehf Mittheihingen (IM.) 740
Eine noch nnverändei-te Platte von licht lauchgriinem Tremolith
fand ich als Einscluib in einem Exemplare späthigen Dolomites vom
Greinei- in der Mineraliensammlung des böhmischen Museums.
Stets hat die in der letzten Periode eingetretene Zersetzung
des Barytocölestin peripherisch, also von der nur stellenweise feh-
lenden Talk- oder Asbestumhüllung aus, begonnen. Von der noch
unveränderten, ununterbrochenen späthigen Substanz im Innern
mancher ausgedehnterer Barytocölestinpartien läßt sich stufen-
weise der Übergang bis zur Ausbildung einer zelligen Masse
in der äußeren Zone verfolgen. Zuerst erscheint die Oberfläche
wie angeäzt in unzählige Minimalflächen zertheilt, die nach ver-
schiedenen Richtungen gleichzeitig glänzen; dann stellt sich bei
fortgesetzter Wegführung von Theilchen der Substanz Porosität,
endlich Zelligkeit der Masse ein , die gewöhnlich gleichzeitig an
Glanz, Pellucidität und Zusammenhalt einbüßt.
Die dünnen Wände der Zellen haben vorwaltend die drei Rich-
tungen der Spaltbarkeit des Barytocölestin — wie am Baryt und am
Cölestin — nach ooP und oP; die Hohlräume, die durch diesel-
ben gebildet werden, erhalten dann, durch die mehr, weniger deut-
lich hervortretenden rhombischen oder rechtwinkeligen Umrisse, eine
gewisse Regelmäßigkeit. Zuweilen werden die zelligen Partien durch
weiter erstreckte ebene oder wenig gekrümmte glatte Flächen, in den
Richtungen der Spaltbarkeit durchzogen, und kann man von solchen
Spaltflächen umschlossene Formen, deren Inneres in hohem Grade
porös ist, gewinnen. Die Wände der Zellenräume sind auf der inneren
Seite (in dem zuletzt erwähnten Falle), oder beiderseits, mit zahl-
reichen kleinen vorragenden Blättchen oder lanzettförmigen Nadeln
besetzt, von denen sich die ersteren unter dem Mikroskope rhombisch
oder rectangulär, oder unregelmäßig mit angefressenen Rändern be-
grenzt zeigen. Der Lichtreflex von den unzähligen kleinen Flächen
erzeugt einen nach bestimmten Richtungen orientirten schimmernden
Glanz, der sich länger als die Pellucidität an der zelligen Masse er-
hielt; schließlich erscheint sie matt, kreide- oder schmutzigweiß,
stellenweise auch gelblich gefärbt und mehr weniger leicht zerreib-
lich. An einer der größeren rundlichen Massen war die Zellig-
keit an 3 cm. tief von der Oberfläche aus, stellenweise aber
aucli noch weiter einwärts zu finden; einzelne unveränderte Partien
zeigten sich allseitig von der zelligen Substanz umgeben.
48"
746 V. Z e p h a r 0 V i c h.
Der miveräiidei'te Barytorölestin ist graulicliweiß iiiul diu'ch-
seheiiieiul, von Spaltkliil'ten häutig- (lurchsetzt.
An Spaltstiicken fand ich als Mittel aus 24 nur sehr aproximativen
Messungen ooP (M) = 103 44' die einzelnen Bestimmungen zwi-
schen 100 28 und 105° 32 liegend; ooP: oP ergab sich aus 7
Messungen = 90° 32' (87° 38' — 94° 52'); die sehr unebenen
rissigen z. Th. auch gekrümmten Spaltflächen reflectirten in keinem
Falle das Fadenkreuz. Der erhaltene Winkel von ooP liegt zwischen
den gleichnamigen Winkeln am Baryt und Cölestin (101° 40' und
104 2'), mehr dem letzteren genähert. — Das specifische Gewicht
durch fünf Wägungen = 4-133 beslimml <) liegt näher dem Ge-
wichte des Cölestin (3-962), als jenem des Baryt (4-482).
Die von Herrn Franz Ullik im Laboratorium der techni-
schen Hoclischule in Graz ausgeführten Zerlegungen von graulich-
weissen, durchscheinenden Spaltungsfragmenten des Barytocölestin
ergaben folgende Zusammensetzung:
Schwefelsaurer Baryt 48-906
Schwefelsaurer Strontian . . . . 50091
Schwefelsaurer Kalk 0-639
Thonerde und Eisenoxyd .... Ol 57
Magnesia 0-101
Kieselsäure Ol 90
100084
Durch eine Reihe von Versuchen wurde mit voller Sicherheit
die Abwesenheit von Wasser nachgewiesen. Der Gehalt an den
beiden vorwaltenden Bestandtheilen würde ) Po gg. Annal. 95. Bd. ISS.*!, S. 284 ii. 103.
2) S. Akad. Anzeiger Nr. XIII, 1868.
Mineiiiloftisclie MittlieilimKcii flll.) 749
Krfolgte die Umwandlimg des schwefelsauren Strontiaiis durch
Wässer mit Kalkbicarbonat, so erklärt sicli auch die Anwesenheit der
geringen und wechselnden Mengen kohlensauren Kalkes, die bei den
Analysen I — IV gefunden wurden. Zwei von diesen Analysen ergaben
'ibrigens einen zu hohen Gehalt von Kalkcarbonat, um dasselbe als
Pesultat derEinwirkung von kohlensauren Alkalien ») auf die schwefel-
saure Kalkerde des unveränderten Barytocölestin ansehen zu können.
Die in letzterem vorhandene Menge von schwefelsaurem Kalk konnte,
wie die in Folge der Zersetzung des schwefelsauren Strontians gebil-
dete, in Lösung durch die Wässer weggeführt worden sein. —
Ol)er die den Barytocölestin begleitenden Minerale mögen hier
noch einige Beobachtungen angeschlossen werden. Der Dolomit
erscheint außer in den späthigen Massen und eingewachsenen sehr
verunstalteten Rhomboedern, auch in stängligen Aggregaten, die an die-
sem Minerale nicht häufig sind; die Bildung ist besonders auffallend,
wenn an die geraden langen dünnen Stängel seitlich aus- und ein-
wärts gebogene kürzere Aste, Federbart-ähnlich sich anschliessen;
zwischen den Stängeln bemerkt man hie und da Asbestfäden oder fase-
rige Talklamellen und dürfte die Interponirung der fremden Substanz
Veranlaßung dieser eigenthümlichen Gestaltung gewesen sein. Die
Stängel sind zuweilen von körnigen Dolomit-Aggregaten umgeben,
und schließen dieselben ausnahmsweise Körner von Spargelstein ein.
Die Farbe des Dolomit ist graulichweiß, röthlich- oder rauch -
grau, mit verschiedenen Graden der Pellucidität. Die theilweise sehr
ebenen Spaltflächen ließen scharfe Messungen zu : als Mittel aus
zwölf Bestimmungen fand ich die Polkante von /? = 106° 15' a),
das spec. Gew. = 2-90 ^).
In 1-74 Gramm des Minerales fand Dr. E. Boi'icky in Prag
CaO.COa. • .02-68 Proc. und
FeO.COo . . . 3-85 „ darnach
wäre der Gehalt an MgO.CO, . . .43-47 ,. und das
Mineral CaO.CO, -j- MgCCOg, übereinstimmend mit den bereits
vorliegenden Analysen von Dolomitkrystallen aus Tirol *).
') Siehe H. Rose a. a. 0. S. 281».
') Grenzwerthe der Messungen 106° 10—106° 22'.
8) Mittel von drei Bestimmungen (2-891, 2-900. 2-909).
*) R a m m e I s I) e r g . Mineral. Chem. 21 3.
750 V. Z e |) li !. i<) V i eil.
Einige Spaltstücke zeigten, die zuerst von Haidinger ') am
Greiner-Doloniit heohachtete regelmäßige Zusammensetzung nach einer
Fläche des 2ß' (von 79° 36' Polkante), die vielfach in dünnen/
hemitropen Lamellen widerholt, auf zwei henachbarten ß-Flächen
eine Riefung parallel der geneigten (kürzeren) Diagonale der Rhom-
ben bewirkt, während eine untere, demselben Mittelecke angehörige
Fläche nach der horizontalen Diagonale gerieft erscheint 2), In Folge
dieser wiederholten Zwillingsbildung sieht man in dünnen, gegen das
Licht gehaltenen Spaltplatten eine Reihe von der Bracbydiagonale
parallelen, bandartigen, grünen, rothen und blauen Streifen. — Die zum
Theil schon erwähnten Einschlüsse im Dolomit sind: Spargelstein,
zelliger Baryt, TremoHth und Talk, endlicli seitensehr kleine bronze-
farbig angelaufene Pyrit-Hexaeder.
Der Breunnerit (Magnesit mit höherem Eisenoxydulge-
halt) ist seltener als der Dolomit; man findet ihn ebenfalls im
Talk, wie den letzteren, zuweilen mit demselben an einem Hand-
stücke, und dann durch gelbe Färbung ausgezeichnet. Über seine
genetischen Verhältnisse gibt das mir vorliegende Materiale keinen
Aufschluß. Aus 14 Messungen an Spaltstücken ergab sich R =
107° 22'/2'3), das spec. Gew. = 3-17 *); Talkschüppchen erschei-
nen als Einschluß. — Analysen von in gleicher Weise vorkommen-
den Breunnerit-Rhomboedern aus Tirol erwiesen einen Gehalt von
8 bis 16"/o Eisenoxydul 5).
') Pog-g. Ann. 63. Bd., Iö44, 103. — Durch ein Versehen l)ei der Construction der
Fig. 28, Taf. U — indem die eingeschaltete Lamelle statt parallel AD (der Pol-
kante von Ä), parallel AE (der Diagonale der Ä-Fläche) gezeichnet ist — wurde
S. 155 der Winkel der Hauptaxen der beiden nach y^R' . vereinigten Calcit-Indi-
viduen := 90° 46' angegeben, während er (für Ä = 105° 5) 127° 29' 32" ist;
und der genannte (90 46' 52 ") der Neiguni^ der Hauptaxen entspricht, wenn die
Vereinigung nach R erfolgte.
2) Da eine horizontale Riefung der Flächen auch durch dem R nach Va^' eingescho-
bene Lamellen hervorgebracht wird , könnte eine Verwechslung der beiden Fälle
bei oberflächlicher Betrachtung eintreten.
3) Grenzwerthe der Messungen 107° 21' — 107 26'; denselben Winkel fand M i t-
s eher lieh an Breunnerit-Krystallen aus dem Pfitschfhale.
*) 0'71 Grm. im Pyknometer. Die Stückchen konnten von dem anhängenden Limonii
nicht ganz gereinigt werden.
6) Rainmelsberg, Mineral. Chem. 219.
Mineralogisflie ■VlittliiMluiigeii (III). 751
Kleine Körnchen oder Plättchen von Magnetit zeigen sich nicht
selten zwischen den Talkblätteni oder an den Grenzen der dariii-
liegenden Minerale.
Es ist wohl anzunehmen, daß der Magnetit aus dem Eisengehalte
des Amphibol, bei dessen Umänderung in Talk hervorgegangen sei.
Dagegen kann aber dieser metamorphe Proceß, der nach den früher
erwähnten Umständen manche Wahrscheinlichkeit für sich hat, nicht
in Beziehung gedacht werden zur Entstehung des Harytocölestin,
Apatit und Dolomit. Diese urspiünglich von einem Amphibol-Gesteine
umschlossenen und nach ihren paragenetischen Verhältnissen gleich-
zeitig gebildeten Minerale, mußten bereits vorhanden sein, bevor die
>'eränderung des Amphibol zu Talk begonnen hatte i)- Nach
G. Bischof wäre es wahrscheinlich, daß der Dolomit im Talk vom
St. Gotthard durch Zersetzung des Amphibol mittelst Kohlensäure
entstanden sei (siehe das Citat S. 4); für den Greiner-Dolomit dürfte
aber, nach obigem, jene Ansicht nicht zulässig sein, denn hier ge-
hört derselbe in gleicher Weise wie der Barytocölestin und der
Apatit, einer von der Metamorphose des Amphibol unabhängigen
Formation an. Nach den Übereinstimmungen des Vorkommens am
wSt. Gotthard möchte man dieß auch für den dortigen Dolomit ver-
muthen. Nach Kenngott (Min. d. Schweiz S. 200, 303, 355)
stammen von den Weilerstauden, zwischen Zumdorf und Hospenthal
im Urserenthal am St. Gotthard, krystallinisch-körnige, zuweilen auch
stängelige Gemenge von weißem bis gelblichem Dolomit, gelbem bis
braunem Magnesit und hellapfelgrünem, blättrigen bis strahligen und
faserigen Talk, worin spargelgrüne undeutlich ausgebildete Apatit-
Krystalle, begleitet von kleinen, in Limonit veränderten Pyrit-Krystal-
len, eingewachsen sind. Diese Gemenge, deren Schilderung auch auf
unsere Localität bezogen werden könnte, erscheinen als größere Aus-
scheidungen oder erfüllen Klüfte im Topfstein. Analoges zeigt auch
^) Im Hornblende-Gestein eingewachsener Apatit, ist bekannt von V'altigels bei
Sterzing in Tirol (Lieb. u. Vorh. Min. Tir. 17), von Wollin u. Röschitz in Mähren
(Kolenati, Min. Mähr. 21) ii a. 0. Besonders instriictiv für unsern Fall ist das
Vorkommen bei Kragerö, wo Hornblende-Granit von Amphibolit-Gängen durch-
setzt wird. In letzteren sind große Apatit-Klumpen in strahlig-er Hornblende
eingebettet. Die Hornblende wird von Asbest begleitet, welch' letzterer hie und
da eine topfsteinähnliche Masse enthält. (Kjerulf u. Da hl, Jahrb. f. Min. u. s. w.
186'i, 373 und ebend. 1861, 491).
7o2 V. Z i' |) li !irn V i c li. .\liiii'iM|iit;isclii' Milthi'iliiiin;eii (III.)
eines derGreiiier-Exemplare, in derl'raserUniversitäts-Sammlung i):
hlaßgrauer, stäiigelig-hlätlerigerTalk, welcher größere sphäroidische
Körner von Spargelstein und Dolomit umschließt und zunächst densel-
ben in dunkelgrünen, faserigen Asbest ühergeht, ist deutlich nach einer
Fläche Itegränzt gegen eine lauchgrüne, feinschuppige, bis dichte,
undeutlich schieferige Masse, welche vorwaltend aus Talk mit beige-
mengten Chloritschüppchen bestehen dürfte -), Der Asbest ist stel-
lenweise unmittelbar an der Grenzfläche zu sehen und seine Fasern
stehen, wie die feinen Stängel und Blätter des Talkes, senkrecht auf
derselben.
Ein ganz gleiches Stück vom Greiner wurde von Volger, un-
ter Hinweisung auf die zum Verwechseln ähnlichen Vorkommen aus
dem Urserenthale, als Talkglimmer- Gang im Topfstein, geschildert s) ;
im letzteren fand Volger zahlreich unregelmäßige Dolomit-Körn-
chen; diese, so wie auch die im Talk liegenden Rhomboeder und
rundlichen Massen von Dolomit und Magnesit, betrachtet er als die
Überreste eines ursprünglich vorhandenen Dolomit- oder Magnesit-
Gesteines, das bis auf jene noch verschonten Kerne in Talk umgeän-
dert wurde. Gegen diese Annahme dürften sich doch beim Rückblick
auf die an dem uns vorliegenden Materiale angestellten Beobachtun-
gen manche Einwendungen erheben lassen; daß aber solche Beob-
achtungen in Sammlungen allein nicht ausreichen können, um in so
schwierigen und wichtigen Fragen, wie sie sich unmittelbar an die
Betrachtung unseres speciellen Falles knüpfen, zu entscheiden, dürfte
wohl außer Zweifel sein und gewiß auch von Volger anerkannt
werden.
•) Nr, 1676 der Aufstellung.
~) Die gepulverte Masse, mit anfangs erwärmter coiieentrirter Schwefelsäure durch
zwei Tage behandelt, wurde zum Theile zersetzt; in der Lösung fand sich viel
Magnesia, wenig Thonerde und Eisenoxyd; das weiße Pulver enthielt dunkelgrüne
Schüppchen.
■') Entwicklungsgeschichte der .Mineralien der Talkglinimer-Familie, Zürich 1855,
S. 513 K.
7:):i
XI. SITZUNG VOM 23. APHIL 1868.
Herr Dr. A. Weisbach, k. k. Oberarzt in der Josephs-
Akademie, übermittelt eine Abhandlung über „die Schädellorm der
Rumänen".
Herr L. v. West in Hermannstadt übersendet eine Abhand-
lung: „Die Autlösung der cubisehen Gleichungen durch Wegscbaffung
des zweiten und dritten Gliedes«.
Herr Prof. Dr. A. v. Waltenhofen in Prag übersendet einige
Bemerkungen bezüglieb seiner von Herrn Prof. Pierre in der
Sitzung am 26. März besprochenen Arbeit über den Kravogel'schen
Elektromotor.
Der Präsident, Herr Hofrath Dr. K. Rokitansky legt zwei
im pathologisch-anatomischen Institute der Wiener Universität aus-
gel'ührte Untersuchungen vor, und zwar: a) „Über Blasenbildung
bei einigen Hautkrankheiten", von Herrn Dr. D. Haight aus New
York, und bj „Über die Entwickeking der Epithelien bei chronischen
Hautkrankheiten und dem Epithelialcarcinom" , von Herrn Dr. F-
Pagen Stecher aus Heidelberg.
Herr Prof. Dr. G. Tscbermak überreicht eine Abhandlung,
betitelt: „Optische Untersuchung der Boraxkrystalle" nebst einer
Abhandlung des Herrn F. Posepny: „Über concentrisch scbalige
Mineralbildungen (Überrindungen)".
Herr Prof. Dr. K. Peters aus Graz übergibt den ILTheil seiner
für die Denkschriften bestimmten Abhandlung: „Über die Wirbel-
thierreste von Eibiswald in Steiermark".
Herr Prof. Dr. A. Lieben aus Turin theilt eine neue, in vielen
Fällen anwendbare Methode mit, um organische Chlorverbindungen
in Jod Verbindungen zu verwandeln".
Herr Dr. J. Neumann, Privat-Docent für Hautkrankheiten an
der k. k. Wiener Universität, legt zwei Al)handlungen vor, und zwar:
754
u) „Über die V^erbreitung d»!r orgaiiiscben Muskelfasern in der Haut
des Menseben", und b) „Beitrag zur Anatomie des Liehen exsiida-
tiviis ruber'*.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Akademia, Magyar Tudomanyos : Evkönyv. XI, 4 — 8. 186ß &
1867; 4». — Pbilos. türv. es tört. Ertesitö. V, 2—3. 1866 &:
1867; 8o. — Matbem. es terni. Ertesitu. VI, 1 — 2. 1866; 8".
— Nyelvtudom. Közlemenyek. V, 1—2. 1866; VI, 1. 1867. 8o.
— Arcbaeol. Közlemenyek. VI, 1—2; VI, 1. 1866 & 1867;
Folio. — Statiszt. es nemz. Közlemenyek. II, 1 — 2; III, 1 — 2:
IV, 1. 1866 & 1867: 8". — Matbem. es term. Közlemenyek.
IV. 8o. — Ä magy. ny. Szutära. IV, 1—4. 1866 «& 1867; 4".
— Jegyzökönyvei. IV, 1 — 2. 1866; kl. 8o. — A magy. tudom.
Akad. Ertesitöje. 1867, 1 — 17. i>o. — Monumenta Hungarine
historica. Scriptores. X, XIII, XVI. XVII, XVIII. 1865—1867;
8«. — Budapest! Szemle. XI— XXX. füg. 1866—1967; 8o. —
Almanach. 1867; kl. 8". — Czinar Mör, Index alphubeticus
codicis diplomatici Himyariae G. Fejeri. Pest, 1866; 8». —
Toldy, Ferencz, Corpus grammaticornm linguae hungaricue
veterum. Pest. 1866; 8". A. magy. tudom. Akad. munkalödasa-
irol. 1866-l)an, Pest, 1867; 8». — Törtenettud. Ertekezesek.
I_VI. sz. 1867. 8». ^ Philosoph. Ertekezesek. I— IV. sz.
1867. 8«. Törvenytud.. Ertekezesek. I— II. sz. 1867. 8". —
Nyelv. es szeptud. Ertekezesek. I. sz. 1867; 8". = Matbem.
Krtekezesek. I. sz. 1867; 8". — Termeszettud. Ertekezesek.
I — VII. sz. 1867. 8". — Observutioties meteorologicae. Tomus
I. Pestini, 1S66 ; 4«. — Operationes plasticae. 18 tnb. inf'olio.
Astronomische Nachrichten. Nr. 1688—1689. Altona, 1868; 4«.
Boccardo, Gerolamo, Fisica del globo. Genova, 1868; 4».
Cordenons, Pascal, Le probleme de la navigation aerienne. Verone.
1868; 8o.
Comptes rendus des seances de rAcademie des Sciences. Tome
LXVI, Nr. 14. Paris, 1868; 4«.
Cosmos. 3" Serie. XVIP Annee, Tome II, 16" Livraison. Paris,
1868; 8o.
Denza, Francesco, Le stelle cadenti del periodi di Agosto e No-
vembre osservate in Piemonte nel 1866 & 1867. Torino, 1867;
755
kl. 80. — Sui valori delT elettrieita e dell' ozono osservati a
Moncalieri nel tempo de! Cholera. 8».
Fischer, H., Chronologischer Überblick über die allniälige Ein-
führung der Mikroskope in das Studium der Mineralogie, Petro-
graphie und Paläontologie. Freiburg i. ßr., 1868; 8».
Gewerbe - Verein , n. - ö. : Verhandlungen und Mittheilungen.
XXIX. Jahrg. Nr. 16. Wien, 1868; 80.
Hans er, J,, Einzelne Blätter für Theorie und Praxis mit technischer
Tendenz. Graz, 1868; 80.
Landbote, Der steirische. I. Jahrgang, Nr. 7. Graz, 1868; 4«.
Matteucci, Carlo, Sulla teoria fisica dell' elettro-tono dei nervi.
Firenze, 1868; 4o.
Museum-Verein, Siebenbürgischer: Jahrbücher. IV. Bd., 2. Hft.
Klausenburg, 1868; 4o.
Reichs forstverein, österr. : Monatschrift für Forstwesen. XVIII.
Band. Jahrg. 1868, März- und April-Heft. Wien; 8«.
Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de
Tetranger. V' Annee, Nr. 20. Paris & Bruxelles, 1868; 4».
Sn eilen van Vollenhoven, S. C. Essai d'une faune entomologi-
que de l'Archipel Indo-Neerlandais. 3'"* monographie: Familie
des Pentatomides. 1" Partie. La Haye, 1868; 4o.
Wiener medizin. Wochenschrift. XVIII. Jahrgang. Nr. 32 — 33.
Wien, 1868; 4o.
756 Ret eis.
Zur Kenntniß der WirheUliiere uns den Miocenschichten von
Eihiswald in Steiermark.
Von dem c. M. Prof. Karl F. Peters in Graz.
(Auszug' iius einer in den Denkschriften erseheinenden Abhandlung.)
II. Amphicyon. Viverra. Hyotherium.
Von der ersten und der letztgenannten Sippe hat Herr Prof. S u e s s
in seinem Berichte über die M e 1 1 i n g'sche Sammlung im Museum der
k. k. geologischen Reichsanstalt ') bedeutende Reste namliaft gemacht.
Ein zu denViverrinen gehöriges Thier ist durch zwei Unterkieferfrag-
inente im .loanneum vertreten, wo sich auch einige Zähne von
Amphicyon vorfanden und mehrere wiclitige Hyotheriumsresle seit
längerer Zeit aufbewahrt werden. Ebenda befinden sich zwei Rücken-
wirbel, deren eigenthümliche Formen und Grüße es gestalten, dass
man sie dem Amphicyon zuweise. Einige zu Hyotherium gehürige
Extremitätsknochen, so wie auch einige Zähne sind im Besitze des
Herrn L e t o c h a in Wien.
Alle diese Reste wurden mir freundlichst zur Bearbeitung anver-
traut. Der Liberalität des Herrn Directors Hürnes verdanke ich es,
dass ich mit Benützung der reichen Hilfsmittel des kaiserlichen Hof-
Mineraliencabinets auch diesen zweiten Theil meiner Abhandlung
rasch zum Abschluss bringen konnte,
Amphicyon intermedins H. v. Meyer.
Ein sehr gut erhallcncs Stück vom Unterkiefer, welches den
Eckzahn, den zweiten bis vierten Prämolar- und den charakteristischen
Fleischzaiin enthält, und drei einzelne Zähne, worunter der erste
Molar des Oberkiefers, ermöglichen die Bestimmung der Species und
weisen zunächst auf die oben genannte hin. die allerdings nicht durch
umfassende Abbildungen, wohl aber neuerlich durch die von Suess
') VcrhandliinKen der k. k. ^eolnj.;. Iieich.snri.stidl IStw. S. 7.
Zur Keiintniß der VVirbeltliiere aus den Miocänschichteii etc. toi
beschriebenen und abgebildeten Zähne von TuchoMc in Böhmen
bekannt wurde. Diese Verwandtschaft ist nicht sowohl durch die
(iröße, in der die Eibiswalder Reste hinter der kleineren Varietät
des A. major von Sansan keineswegs zurückbleiben, als vielmehr
durch gewisse Eigenlhümlichkeiten in den Nebenhöckern beider
großer Backenzähne ausgedrückt. So ist der äussere Talonhöcker
des Unter ki efer-Fleisch zah US an den Exemplaren von Eibis-
wald und von Tuchoric relativ höher als bei A. major. Die Usuren
seiner äusseren Fläche führen zur Bildung einer der Höhenlinie
des Haupthöckers entsprechenden Kante, die bei A. Major vermisst
wird. Der innere Basaiwulst des Oberkiefer-Fleiscbzahns
ist hinten mehr jäh nach abwärts geschwungen; der vordere
und innere Basaltuberkel vom Haupthügel weniger scharf abge-
schnürt, als dieß an den von Blainville abgebildeten Resten von
Sansan beobachtet wird. Gleichwohl zeigen die Zähne von Eibis-
wald gegenüber den grellen Formen der genannten Molaren von
Tuchoi-ic, die für mich das einzige von Herrn v. Meyer als A. inter-
medius anerkannte Vergleichsmateriale bildeten, mehrfache An-
näherung an den Typus von Sansan und deuten so gewissermaßen
eine Mittel vari etat an zwischen^, major und A. intermedius.
Genaue Abbildungen der Eibiswalder Reste werden darüber
Aufschluß geben, und im Stande sein, durch Darstellung der über-
raschend kleinen und stumpfen Prämolaren zur genaueren Auffassung
der Sippe beizutragen, namentlich das Unstatthafte der Herbeiziehung
von Kiefern mit zugespitzten Prämolaren (1 und 2) zu erweisen.
Jene zwei Brustwirbel können einem ursinen- oder subursinen-
artigen Thiere angehört haben. In Anbetracht, daß Blainville die
Amphicyonreste von Sansan (Schädel, Wirbel, Röhrenknochen u.
s. w.) mit vollem Rechte zu seinen Subursinen (Nasiia, Cercoleptes
u. s. w.) zog und kein anderes Thier als Amphicyon, dem man der-
gleichen Wirbel zuschreiben dürfte, bei Eibiswald gefunden wurde,
kann man sich erlauben, sie wirklich auf die genannte Sippe zu
beziehen und daraus zu folgern, dass Amphicyon ein Höhlenbewohner
von langgestreckter Taille war.
Viverra niioeenica Peters.
Überreste eines kleinen Viverrinen, namentlich ein sehr gut
erhaltener Unterkiefer mit dem Eckzahn, mit Prämolar 3 und Molar I
Tbö P e J e r s.
nöthigten zur Aufstellung eines neuen Namens, indem sie sich mit den
nahe verwandten Formen Viverra zibethoides Blainv. (die nichts
weniger als ein Amphicyon sein kann) und V. s(uisanienis Lartet
nicht vereinigen ließen. Der Sippenname will selbstverständlich nur
den Familiencharakter und die nähere Verwandtschaft dieser Reste
mit den Zihethkatzen als mit anderen Viverrinen ausdrücken. Hier
sei nur bemerkt, dass der Stützpfeiler an der inneren Seite des
Molar l verhältnißmäßig schwach entN\ ickelt und daß dieser Zahn
überliaupt von Främolar 3 nicht sehr autTallend verschieden ist.
Molar 11 ist an einem zweiten Exemplar nur im Umriss erhalten.
Hyotheriuni Sömnieringi li. v. Meyer.
Was Reste von Hyotherium anbelangt, so ist die Braunkohle
von Eibiswald wahrscheinlich der bedeutendste Fundort. Mit Aus-
nahme der beiden inneren Oherkieferschneidezähne ist die ganze
Zahnreihe beider Kiefer und beider Geschlechter durch ein oder
mehrere, einander trefflich ergänzende Exemplare vertreten.
Es hielt nicht schwer, die Zahn formet
3(?) J_ i_ A
3 ' T' T' 3"
greifbar nachzuweisen. Auch bei den Schneidezähnen des Ober-
kiefers hat 3 die grüßte Wahrscheinlichkeit. Hyotherium steht den
Dicotylesarten nicht in jeder Beziehung nahe. Mit den bekannten
herbivoren Mahlzähnen verbindet es schneidige Prämolaren und eine
den Schweinen der alten Welt sehr ähnliche Schnauzenform.
Bei genauerer Untersuchung des Materials ergaben sich manche,
für die Auffassung der Sippe beachtenswerthenThatsachen, namentlich
die beim Weibchen völlige, beim Männchen nur außen vorkommende
Spaltung der E c k z a h n w u r z e I im Oberkiefer , wodurch der (hin-
sichtlich seiner Krone sehr bescheiden entwickelte) Canin gewisser-
maßen zum accessorischen Prämolar degradirt wird. Zwischen den
Caninen des Oberkiefers und den Hauern des Unterkiefers besteht
demnach ein auffallender Gegensatz.
Unter einer Anzahl von Fußknoclien ist der Metatarsus
als ein von unten bis mindestens ins obere Drittheil vollkommen
gespaltener Knochen von Interesse. Auch das Seh ien-Spr u ng-
beingelenk hat manche den echten Schweinen zukommende
Eigenschaften.
Zur Kenntniß Her Wirlioll liiere ans d. .Miocansohichten efo. 7t>0
So weit der Zahiihaii v(ui ffi/othen'ntti Sömmeringi in Her
Literatur bekannt ist, zeigt sich daran nichts, was an den Resten
von Eihiswald nicht wiedergefunden würde. Letzter»* erlauben es
auch, eine nicht geringe Zahl von vereinzeil heschriebenen und
benannten Resten mit dieser Art zu vereinigen, so B I a i n v i 1 1 e's San
aiitetUhividwis von Orleans, Sus cJiaerofherinni und den IVag-
lichen Chaeropotamus von Avaray desselben Autors, Palaeochaci us
major Pomel, C/uierotherium Sanscmiense Lartet inid Chaeru-
moriifi mamillalus Gervais. Dagegen scheint es,i\aii>Pulaeochaeiiis
typHH Pomel (parfi) und Hyofherinm Meissneri v. Meyer zu
einer zweiten Art zu \ereinigen seien und daß Hyotherhitn
(PalaeuchttentsJ typus Poniel (pars; Unterkieler} für sich eine
dritte, Ifyof/ierinm Ciivieri {Anthracotherinmminuttuu Cuvjer^
eine vierte Art andeuten.
Varietäten, die nach einei- oder der anderen dieser allzu dürftig
vertretenen Formen hinüberspielen, gibt es auch in der Kohle von
Eihiswald, doch keine, die sich nicht ungezwungen mit \\. v. .Meyer's
H. Sömmeringi vereinigen Messe.
Sitzb. rl. iiiathem.-iiaturw. Cl. LVII. Bd. I. Abth. 49
760
XII. SITZUNG VOM 30. APRIL 18ß8.
Der Secretäi" legt die so eben erscliieaene, von Herrn Dr. ,1. R.
Schiner bearbeitete Abtheilnng „Diptera" vom zoologischen Theile
des Novara-Reisewerkes vor.
Derselbe legt ferner folgende eingesendete Abhandlungen vor:
„Über Aesculin und Aesculetin" von Herrn Prof. Dr. Fr. Roch-
leder in Prag.
„Über einige neue Derivate des Thiosinnamins. II. Abhandlung :
Einwirkung von Jod auf Thiosinnamin (Thiosinnaniindijodiir)" von
Herrn Prof. Dr. R. iVlaly in Olmiil/..
„Reiträge zur KenntnifJ» der Structur des Knorpels'^ von Herrn
Dr. N. Rubnoff.
„Directe Releuchtungs-Construction für Flächen, deren zu einer
Axe senkrechte Schnitte ähnliche Ellipsen sind", von Herrn Prof.
R. Niemtschik in Graz.
Herr Prof. E. Suess legt den Schluli seiner Abhandlung: „Über
die Äquivalente des Rothliegenden in den Siidalpen" vor.
Herr Director Dr. J. Stefan überreicht eine Abhandlung: „An-
wendung der Schwingungen zusammengesetzter Släbe zur Restim-
mung der Schallgeschwindigkeit".
Herr Prof. Dr. C. Freiherr von Ettingshausen übergibt eine
Abhandlung: „Die fossile Flora der älteren Rraunkohlenformation der
Wetterau".
Herr Dr. L. Di tsch einer legt eine Abhandlung vor: „Über
die durch planparallele Krystallplatten hervorgerufenen Talbot'-
schen Interferenzstreifen".
Herr Dr. Ew. Hering, k. k. Prof. an der Josephs-Akademie,
überreicht eine Abhandlung, betitelt: „Die Selbststeuerung der Ath-
mung durch den Nervus vngns".
761
An Di'uekschrirteii wunleif vorgelegt:
A II n a 1 c n der Chemie unil Pharmacie von W ö h I e r, L i e b i g & K o p p.
N. H. Band LXX, Heft 1 ; Leipzig & Heidelberg, 1868; 8o.
Astronomische Nachrichten. Nr. 1690. Altena, 1868; 4«.
Cosmos. 3* Serie. XVIP Annee, Tome H, 17' Livraison. Paris
1868; 8<'.
Ünmeril Aug., Description de diverses nionstruosites observees a
la menagerie des re^iles du Museum d'histoire naturelle sur
les Batraciens urodeles a branchies exterieures dits Axolotls. —
Prodrome d'une monographie des esturgeons et description des
especes de TAmerique du Nord qui appartiennent au sous-genre
Antaceus. 4". — Nouvelles observations sur les Axolotls, Ba-
traciens urodeles du Mexique ä branchies exterieures etc.
(Extr. du Bull, de la 8oc. imp. d'acclimatation. Oct. 1867.) 8".
— Metamorphoses des Batraciens urodeles ä branchies exteri-
eures du Mexique dits Axolotls, observees ft la menagerie des
reptiles du Museum d'histuii-e naturelle. 8».
Gesellschaft, physical.-medicin., in Würzburg: Verhandlungen.
Neue Folge. I. Band, 1. Heft. Würzburg, 1868; 8".
Gewerbe- Verein, n.-ö.: Verhandlungen und Mittheilungen. XXIX.
Jahrg., Nr, 17. Wien, 1868; 8o.
Jahrbuch, Neues, für Pharmacie und verwandte Fächer von
Vorwerk. Band XXIX, Heft 3. Speyer, 1868; 8».
Leighton, Jordan Wm., A Treatise on the Action of vis inertiae
in the Ocean. London, 1868; 8".
Lieben, Adolfo, Sulla costituzione dei Carburi d'Idrogeno C" H'".
(Estr. dal Giorn. d. Sc. Natur, ed Econom. Vol. II.) 4o.
Moniteur sei en tifique. 272" Livraison. Tome X% Annee 1868.
Paris; 4».
Piccolo, G., e A. Lieben, Studj sul corpo luteo deJla vacca. (Estr.
dal Giorn. d. Sc. Natur, ed Econom. Vol. H.) Palermo, 1867; 4".
Reise der österr. Fregatte Novara um die Erde etc. Zoologischer
Theil: „Diptera", bearbeitet von Dr. J. R. Schi n er. Wien,
1868; 4o.
Report on Epidemie Cholera in the Army of the United States du-
ring the Year 1866. Washington, 1867; 4».
Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de
l'etranger. V^4nnee, Nr. 21. Paris & Bruxelles, 1868; 4o.
49*
762
Societe, geologique de France: Riilletiii, II' Serie. Tome XXV,
Feuilles 1—8. Paris, i8t>7- 1868; 8«.
Verein für vaterländische Naturkunde in Württeinbeig. .lalires-
het'te. XXHI. Jahrgang, 'i. 6: 3. Helt. Stuttgart, 1867; S«.
Wiener Landwirthsehaftl. Zeitung. Jahrg. 1868, Nr. 17. Wien; 4».
— Medizin. Wochenschrift. XVIIl. Jahrg., Nr. 34 — 35. Wien,
1868; 4o.
Zeitschrift für Chemie von Bei Istein, Fittig und Hüb n er.
XI. Jahrg. N. F. IV. Bd., 8. Heft. Leipzig, 1868; 8o.
l'lnT tilf A({uiMileiile des Hotlilii't^t-iiilfii in den Südalpen. lud
Über die Äquivalente den Rothliegenden in den Südalpen.
Von dem w. M. Ed. Saess.
(S c h 1 u s s.)
(Mit 1 Tafel.)
5. Abschnitt.
Das Kohlenkalk-Gebirge. - Selzach. — Scofie. — Idria.
Es sind bisher hei der Aufsuchung der Unterlage der Trias zu-
erst die etwa in Frage kommenden Bildungen Süd-Tirol's besprochen
worden, hierauf weit im Nordosten davon jene von Turrach in Steier-
mark, ich liabe sie dann längs der Linie verfolgt, welche, im Gail-
thale beginnend, über Nötsch und, nach kurzer Unterbrechung, ül)er
Waidisch und Kappel durch das obere Mißthal nach Schwarzen-
bach zieht, und habe zum Schlüsse die Kohlenformation bei Fiume
und jene rein nach Südost streichenden erzreichen Gebilde von Rüde
und Tergove berührt, welche als die nördliche Fortsetzung des
bosnischen Gebirgssystemes anzusehen sind.
Aber auch innerhalb des weiten Bezirkes, welcher von diesen
Gebieten nach West, Nord und Ost umschlossen wird, nehmen Abla-
gerungen von gleichem Alter Antheil an dem Aufbaue der Alpen. Dabei
ändern sich einzelne ihrer Merkmale, und es wird noch vieler und
mühevoller Unternehmungen bedürfen, um in die stratigraphische
Gliederung dieser Berge volle Klarheit zu bringen.
An die Linie von Casannaschiei'er. welche quer durch Kärnten
zieht, reiht sich, wie früher erwähnt wurde, eine mächtige Kette von
hohen Bergen, welche vorhersehend ans Kohlenkalk bestehen. Im
Westen theilen sie, den Antola, Mto. Paralba, den Plecken-Paß, Hoch-
trieb, Trohkofel u. A. umfassend, das obere Gailthal (Lessachthal)
von dem Quellgebiete des Tagliamento. Weiter im Osten bilden sie
insbesondere den wilden Gebirgszug der Karawanken, als dessen
764 S u e s s.
Östlichste Ausläufer die vereinzelten Kohlenkalkvorkommnisse in Süd-
Steiermark (z. B. bei Weitenstein) aufzufassen sind.
Schon im Jahre 18bo unterschieden Foetterle im östlichen
Gailthale i) und Peters in den Karawanken -) in übereinstimmender
Wei^e drei Hauptglieder der Steinkoiilenformation; sie sind:
a) der untere Kohlenkalk, im Westen zuweilen von krystalli-
nischem Aussehen;
bj Schiefer, Sandsteine und Conglomerate ; die ersteren ent-
halten häufig kleinere Produeti, Fenestellen und andere Meeresver-
steinerungen; auch Spuren von Anthrazit und Landptlanzen erschei-
nen in diesem Gliede. Peters und Lipoid erwähnen (z. B. bei
Neumarktl in Krain) dioritische Massengesteine in demselben ;
c) der obere Kohlenkalk, im östlichen Gailthale sehr häufig
dolomitisch. Nach Peters hängt er mit dem tieferen Gliede durch
Wechsellagerung zusammen und schwillt im Süden der Karawanken
bis zu einer Mächtigkeit von 2000 — 2500' an.
Diese Angaben stimmen ganz und gar mit dem bereits geschil-
derten Profile im Vellachthale, und vergleicht man damit die genauen,
aus der Gegend von Turrach vorliegenden Angaben, so zeigt sich,
daß der untere Kohlenkalk der großen unteren, eisenführenden
Kalkmasse, das zweite Glied dem anthrazitführenden Conglomerate
und unteren Schiefer von der Stangnock bei Turrach, das dritte aber
möglicherweise den Dolomitbänken entspricht, welche nach Pichler
dem unteren Theile des oberen Schiefers eingeschaltet sind. Der Kalk
mit Productus giganteun bei Bleyberg entspricht dann dem oberen
Theile des unteren Kohlenkalkes.
Obwohl die ursprünglichen Aufnahmen in dem äusserst schwie-
rigen Gebiete südlich vom Mte. Paralba und der Plecken nicht den
Nachweis eines Auftretens von Casannaschiefer geliefert haben,
welches etwa als ein Gegentlügel der Vorkommnisse im Gailthale
angesehen werden könnte, unterliegt es doch keinem Zweifel, daß
derselbe auch dort, und zwar gerade an jener Stelle vorhanden
ist, an welcher er nach der hier dargelegten Anschauung des
') Jülirl). 1835, VI, Verli. S. 902; das Profil von Pontafel ins Gailthal findet sich aus-
fiilirlich beschrieben in Hauer's geol. Diirclisehn. d. Alpen, Sitziing^sber. 1857,
XXV, S. 71—7;}.
'i) Jahrb. 1836. VII. S. (J30— 678,
über die Aiiiiiviileiile iles Hotliliegeiuk'ii in ileii büdaliieu. 76o
Baues des Gailthales zu sucheu wäre. Wenn es nämlich wahr ist,
wie ich hier, allerdings entgegen den Ansichten sehr erfahrener Geo-
logen, angenommen hahe. daß im Gailthale der Casannasciiiefer auch
dort wo er einem wahren Glimmerschiefer ähnlich wird, und wo er
scheinhar gegenNord unter Porphyr und Grödner Sandstein und gegen
Süd unter den Kohlenkalk fällt, dennoch nicht als ein Streifen alten
Festlandes, sondern als eine nach dem Kolilenkalke und vor dem
rothen Sandstein gebildete Ablagerung anzusehen ist, — dann liat
man das Kohlenkalkgehirge als die ältere Masse anzusehen und trägt
sich sofort, ob denn am südlichen Gehänge desselben ähnlicher
Casannasciiiefer auch zwischen Kohlenkalk und rothem Sandstein
erscheine.
Er erscheint wirklich.
Der oben angeführte Fall, welciier in der Regel als Beweis für
das hohe Alter des Gailthaler Glimmerschiefers genannt wird, nämlich
das einseitige Unterleufen des Kohlenkalkes, tritt nach Stur's An-
gaben westlich von Mautlieu im oberen Gailthale ein. M. Paralba,
M. Collin, M. Croce u. A. bilden die südlicii folgende gewaltige
Kette der Kohlenturmation. Von Süden her schneidet tief zwischen
diese Berge oberhalb Rigolato das Val Degana ein und oberhalb
Forni-Avoltri zweigt von demselben in w estlicher Richtung derAvanza-
graben ab, in welchem die alten Falilerzbaue von Forni-Avoltri liegen.
Foetterle hat eine Beschreibung dieser Stelle verötTentliclit '), aus
welcher sich das Folgende ergibt.
Der Avanzagraben reicht beinahe bis an die steilen Abhänge
des M. Paralba. Sein südliches Gehäuge besteht aus Triaskalk,
Werfener Schiefer, dann aus Verrucano, welcher die tiefsten Stellen
des Grabens bildet. Gegen Nord folgt nun steil aufgerichteter, weißer
Kohlenkalk: „beinahe in der Mitte des nördlichen Gehänges jedoch
tritt Glimmerschiefer auf, der den Verrucano von dem Gailthalerkalk
(Kohlenkalk) trennt und gewaltsam hervorgetrieben wurde; er
zieht sich in westüstliclier Richtung vom Valle-Sesis bis in den
Bordagliagraben und wahrscheinlich darüber hinaus nodi weiter
östlich."
Das Fahlerz tuidet sich an der Grenze von Glimmerschiefer und
Kohlenkalk und war im Jahre 1861 bereits in einer Streichungslänge
') .laliib. 1861 u. 62, XII, Verli. S. 107.
766 S u e 8 s.
von einer halben Meile bekannt. Es wird hienach wohl zugegeben
werden müssen, daß der sogenannte Glimmerschiefer, welcher nörd-
lich vom Kohlenkalke im Gailthale wie südlich von demselben im
Avanzagraben stets zwischen dem Kohlenkalk einerseits und dem
Verrucano (»der dem Porphyr andererseits erscheint, auch hier wirk-
lich an seiner normalen Stelle sei, daß er jünger sei als der Kohlen-
kalk, daß er wirklich allenthalben die ursprüngliche Unterlage des
Verrucano und der gleichalten Bildungen ausgemacht habe, welche er
überall unmittelbar unterteuft, und daß die Fahlerze von Forni-Avoltri
identisch seien mit den Fahlerzvorkommnissen im Casannaschiefer
Süd-Tirols.
Gerade in Bezug auf die Erze von Forni-Avoltri ist aber, wie
ich aus einem kürzlich erschienenen Werke Stoppani's ersehe,
wirklich bereits die Muthmassung ausgesprochen worden, daß sie von
permischem Alter sein dürften, da sie zwischen dem Kohlenkalke und
dem bunten Sandstein liegen ')•
Die von Herrn Stur erwähnten Versteinerungen vom M. Ca-
nale bei Collina^) (östlich von Forni Avoltri, zwischen Rigolato und
dem (iailthalej sind mir freundlichst zur l'ntersuchung anvertraut
worden; ich fand:
Orthoceras s\tec. (ÄhttVich Orth. ovale Phill. in Murch. Vern.
Keys. pl. XXV, Fig. 1).
Lojjonemn ignotum Trautsc hold Cerith. ignoratum id. Bull.
Soc. nat. deMoscou,1867; Sep.Abdr. S. 43, T. V, Fig. 9;
(steht ganz nahe Loxo)hrugifern?\\\\\. und unterscheidet
sich wohl nur durch die Grölte).
Cardiuni hibernicum Sow.
Spirif'er glaber Mart.
„ spec, sehr nahe Spir. Mosqiiensis Fisch, doch mit mehr
abgerundetem Umrisse und wenig entwickelter Bucht, etwa
wie Murch. Vern. Keys, pl. V, Fig. 2, f. und zu Sp. cras-
SMsKon. übergehend. Von dieser Form liegen mehrere
gleiche Stücke vor.
Streptorhynchus crenistria Phill.
Cyuthophylluni pllcatum G o 1 d f.
1) Note ad un Corso annuule di (ieologi», 8", Milaiio 1867. II, |». 389.
^) Jahrb. 1856, VII, S. 440.
niier die Äquivalente «les Koüilieg-eiiiieii in den Südalpen. ^ 0 <
Das Gestein ist ein lichtgrauer Kalk, im frischen Bruche von
ganz eigenthümhchem, etwas an Speckstein erinnerndem Aussehen und
öfters von kleinen Schwefelkiesen durchschwärmt. Die Versteinerungen
sind meist durch ihre Größe ausgezeichnet. Der obere Kuhlenkalk,
dem sie zugezählt werden, wird ohne Zweifel dereinst unseren
Paläontologen noch eine reiche und mannigfaltige Ausbeute gewähren.
Während auf diese Weise die aus Forni-Avoltri bekannt gewor-
denen Beobachtungen die früheren Angaben in Bezug auf den Schie-
ferzug des Gailthales einerseits und auf die erzführenden Schiefer
Süd-Tirols andererseits in erwünschter Weise bestätigen, bleibt der
Nachweis der Äquivalente derselben Schiefermasse an der Südseite
der Kai-awanken, also des ösflichen Theiles des großen Kohlenkalk-
gebirges, mit eigenthümlichen Schwierigkeiten verbunden.
Gegen das weite und schöne Becken von Laibach hin, welches
gleichsam den Mittelpunkt derGebirgstheile bildet, die ich jetzt zu be-
sprechen habe, ändern sich manche Merkmale der einzelnen Schichten-
gruppen, während glücklicherweise andere ihren Charakter unverändert
beibehalten und dadurch zu Leitfaden bei der Untersuchung werden.
Der Grödener Sandstein vorerst bleibt sich weit und breit voll-
kommen gleich, mit der einzigen Ausnahme, daß er zuweilen seine
rothe Färbung verliert und als ein weißer oder gelblicher Sandstein
unter dem Werfener Schiefer erscheint.
Außerordentlich vielgestaltig ist dagegen jenes unmittelbar unter
dem Grödener Sandstein folgende Gebirgsglied, welches fast alle
bisher erwähnten Quecksilber-Vorkommnisse umschließt. In Nallalta
findet sich , wie wir früher saheu, der Zinnober in einem Con-
glomerat mit talkiger Grundmasse, auch im Talkschiefer im Hangenden
des Porphyrs und im Porphyr selbst. Bei Kerschdorf trafen wir ihn
in einem Kalkschiefer mit talkigen Membranen und im darunterlie-
genden Thonglimmerschiefer, in der Gegend von Turrach im grünen
Schiefer und in Kalk, bei Kappel im Vellachthale endlich in einer
grünen, aphanitischen Felsart, welche in ihren höchsten Theilen mit
Serpentin durchwachsen ist. Bei aller Verschiedenheit des Gesteins
haben aber alle diese Quecksilbervorkommnisse ihren Horizont über
oder in dem Casannaschiefer und unter dem Grödener Sandstein mit
einander gemein.
Es sind zwei Elemente, welche in diesem Horizonte gebirg-
bildend auftreten, und zwar auf einer Seite die eruptive Felsart, näm-
768 S [| e s s.
lic-li ilci- Porphyr, und aiil' der anderen Seite die sedimentäre Meeres-
bildung, nämlich der dünngeschichtete Kalkstein. Als ein Drittes
schwankt zwischen diesen beiden jene mannigfaltige Gruppe von
grünen Stoffen, welche bald als talkiger Quarzit und Talkschiefer,
bald als talkige Schüppchen auf den Ablösungen des Kalkes, bald als
eine mächtigere und derbere, aphanitische, schwarzgrüne Masse oder
als grüner Schiefer erscheinen. Wenn man nun bedenkt, in welch" in-
niger Verbindung der ältere Porphyr zu den Aphaniten im südwest-
lichen Böhmen <), oder der zur Triasl'ormation gehörige Porphyr von
Raibl zu den weitverbreiteten grünen Tuffen (den sogenannten doleri-
tischen TutTen), oder die trachytischen Massen des Smrekouz in
Steiermark zu den weit gegen Südost sich ausdehnenden grünen
Tuffmassen, oder einzelne Basaltergüsse im Vicentinischen zu den
gleichzeitigen grünen, glauconitischen Meeres-Ablagerungen stehen,
möchte man fast zu der Annahme gelangen, daß im Gebiete des Roth-
liegenden der Südalpen sich die Porphyre zu diesen grünen Massen
etwa so verhalten, wie Laven zu submarinen Tuffen s).
Schon wenig südlich von der Linie, welche die Quecksilber-
sehürfe von Kerschdorf mit den östlicheren bei Zell im Winkel und
Kappel in Kärnten verbindet, im Pototschnik - Graben unter dem
Viganski-Vrh (in der Nähe des Loibl-Passes), liegt der Zinnober
nach Lipoid in Kalkstein. Das von demselben veröftentlichte Profd -)
zeigt unter dem (irödener Sandstein erst Hangend-Kalk, dann etwas
grauen und bräunlichen, eisenschüssigen Mergel und Kalkschie-
fer, unter diesem den zinnoberführenden schwarzen Kalk mit weißen
Adern, welcher auf einer neuen Schichte von dunklem Mergel und
Kalkschiefer ruht.
Westlich von diesem Punkte, gegen Kerschdorf hin, ist am Nord-
gehänge des Gebirges von Peters*) südlich von Rosenthal und bei
Maria-Elend unmittelbar unter der Trias noch eine Lage von dunklem,
«) Li dl, Jahrb. 1855, VI, S. 417, Fifj. 5.
-) Vgl. Geinitz, Dyas, S. 168. — Fast möchte man auch ein ähnliches VerhäitiiiU
zwischen dem Granit und den verschiedenen Abänderungen des Casannasehiefers
vermuthen ; man nähert sich auf diesem Wege einigermaßen den am Taunus von
Lossen vertretenen Ansichten. Zeitschr. deutseh. geol. Ges. XIX, 1867, S. 509
bis 700.
3) Hingenau's Berg- u. Hüttenm. Zeitschr. 1855, III, S. 364—366, Tal'. XII.
*) Jahrb. 1856, VII, S. 634, 648.
über Hie A(iiiivaleii(e des Rotlilieg-fiidiüi in (U'ii Siidalpeii. 7bt'
(iünngeschichteteni Kalk ausgeschieden worden , und ich werde
diese selbe Gruppe von schwarzen Kalkhänken von noch viel süd-
licheren Punkten zu nennen haben. Gegen Ost aber scheint die
kalkige Entwicklung wieder zurückzutreten, wie dies einerseits die
Art des Auftretens im Profile an derVellach und andererseits das Er-
scheinen von Porphyren in diesem Horizonte am Südgehänge im
Ranker- und Feistritzthale andeutet. Den letzteren Punkt habe ich
aufgesucht und daselbst in der Tiefe und zu beiden Seiten des tief
eingeschnittenen Thaies eine ausgedehnte Lagermasse von Porphyr
gefunden, welche meist in der Gestalt von schwarzen Klippen am
Fuße der weißen Kalksteinberge hervorsticht. An mehreren Stellen,
z. B. am Ausgange des Potokgrabens, steht über derselben der
Werfener Schiefer an; Grödener Sandstein sah ich nicht. Viele
Stücke eines grünen Schiefers scheinen dem Liegenden des Porphyrs
anzugehören, doch konnte ich hierüber ebenso wenig Sicherheit er-
halten, als darüber, ob die größeren Massen von grünem Schiefer,
welclie im nahen Cernagrahen anstehen, einem so hohen Horizonte
angehören oder nicht i).
Peters hat gezeigt, wie in den Karawanken die mittlere, aus
Schiefer, Sandstein und Conglomeraten gebildete Stufe der Stein-
kohlenformation mehr und mehr an Mächtigkeit abnimmt, während
gleichzeitig der obere Kohlenkalk eine außerordentliche Entwicklung
erreicht. Aber auch der höher liegende Casannaschiefer scheint hier
gänzlich zurückzutreten, wenigstens wird er an jenen Stellen, an
welchen jüngere Schichten den oberen Kohlenkalk bedecken, noch
nirgends erwähnt. Allerdings wird es jedoch noch mancher Prüfung
der Sachlage bedürfen, bevor ein Urtheil möglich ist, denn ich sehe
mich , wie bereits gesagt wurde , genöthigt , die Kalksteine mit
Muscheldurchschnitten, welche man am Storsic, an der Koschutta
und an mehreren anderen Punkten bald auf oberem Kohlenkalk, bald
auf Kohlenschiefer oder Sandstein angetroffen und für Schollen einer
transgressiv abgelagerten Decke von Dachsteinkalk gehalten hat,
nicht diesem, sondern dem oberen Kohlenkalke selbst zuzuzählen.
Hiedurch fällt zugleich die schwer zu begründende Annahme einer
') In diesem letzteren wird in neuerer Zeit unter sehr eigenthünilielien Verhältnissen
auf vier ihn durchziehende Kaoliulager gebaut. Er ruht mit scharfer Grenze auf
sciiwarzem, etwas gefälteltem Schiefer.
7 I 0 S II e s s.
solchen Traiisgressiüii des Üaclisteiiikalkes hiiiweg", und erscheint
der Casannaschiet'er vielleicht auf einzelnen Gehirgstlieileii nur darum
nicht, weil überhaupt nur Lagen von größerem Alter daselbst vor-
handen sind. An einzelnen Punkten aber, wo nach vorliegenden An-
gaben die Triasdecke vorhanden ist. muß man vorläufig sein Fehlen
in dieser Gegend oder die gänzliche Vertretung durch Kalkstein an-
nehmen.
Die A(|uivaiente des Casannaschiel'ers, welche ich im Bereiche
des Laihacher Beckens, also südlich von den Karawanken, kennen
gelernt habe, sind fast ohne Ausnahme gewöhnliche, zuweilen mit
flimmernden Glimmerblättchen bedeckte Thonschiefer. Mit den hier
gänzlich fehlenden fjagermassen von Granitit, Tonalit und Syenit-
porphyr ist auch die großflasrige, zuweilen sogar gneißähnliche
Structur dieser (resteine verschwunden. Dagegen sind die Schiefei-
der Steinkohlenformation unter dem oberen Kohlenkalk von Selzach
im Westen bis über Savine bei Sagor im Osten hinaus durcli
die sehr häufige Einschaltung eines grüngrauen Feldspathgesteins
ausgezeichnet, welches bald in zieuiiich mächtigen Lagermassen,
bald in unzähligen kaum einen halben Zoll dicken Schichten zw ischen
ihn Schieferblättern und in der innigsten Verbindung mit der Masse
des Schiefers selbst auftritt. Niemand kann hier daran zweifeln, daß
ein großer Theil des Materiides der stellenweise rasch zu großei-
Mächtigkeit anschwellenden Schiefer submarinen Auswürfen zuzu-
schreiben ist.
Wenn man von Auschische an der Save (zwischen Krainburg
und Radmannsdorf) in siid^ estlicher Richtung nach Selzach an der
Zayer geht'), kreuzt man zuerst ein von älteren Tertiärschichten
bedecktes Gebiet, in welches der versteinerungsreiche Graben von
Polschizza eingeschnitten ist. Bei dem Dorfe Routhe sind Spuren von
Werfener Schiefer sichtbar und weiterhin, bei Nju(;a, taucht grauer,
ziemlich fester, gritTelartig zerfallender Schiefer hervor, welcher
30 — 40° NO. und NNO. geneigt ist; in seinem höchsten Theile sind
Spuren von schwarzem Kalk lose auf dem Boden sichtbar. Ansteigend
tritn man nun dunkel grüngrauen, zuweilen auch weißen und im
Talkschiefer glänzenden Schiefer, steil NNO. geneigt; einzelne kleine
*} Custos D es eil III II II n :iuit Laibacli ist JiitT wii> Im'I ;iII*>ii ineiiiei) Arheiteii in KrHin
mein freundliclier Uugleiter gewesen.
über (lif Äquivalente des Rothliejjeiideii in den Siidalpen. 771
Partien sind roth wie Werfener Schiefer, und an einer Stelle sieht
man viele linsen- oder knotenförmige Einlagerungen von grauem
Kalk, ein umstand, der vielleicht die allmälige Verdrängung des
Schiefers durch Kalkstein in den Karawanken andeutet. Nachdem der
Schiefei- durch t-ine längere Strecke angedauert, setzt der Weg liher
ein RilV von grauweiliem, hröckelndeni Dolomit und dolomitischem
Kalkstein, welches steil in das Nemichlethal ahstiirzt nml sich im
Streichen als ein felsiger Zug weit über die Schiefer hin mit dem
Auge verfolgen läßt. Dies ist der ohere Kohlenkalk oder der hei
Turrach dem oberen Schiefer eingelagerte Dolomitzug; er mag
einige hundert Fuß mächtig sein. Sein unmittelbares Liegendes
scheint eine dünne Lage von schwarzem Schiefer zu sein, von wel-
chem viele Spuren hier henierkbar sind; dann folgt eine mächtige
Lagermasse eines grünen porphyrähnlichen Feldspathgesteins, welche
als eine Reihe von kahlen, gerundeten und hraungefärbten Bergen
hinter den weißen Felsriften des oberen Kohlenkalkes hinstreicht.
Bei der Stelle ,,na Stocich" am Nemichlebache ist sie am besten
entblößt . Ihre Unterlage bildet eine große Masse von Schiefer,
welcher zum größten Theile in kleine Flasern zerfällt, die außen
silberweiß verwittern, innen aber sch\\'arzgrau sind. Das Dorf Ne-
niichle steht aul solchem Schiefer und weiterhin schalten sicli dem-
selben viele Tausende von öfters kaum '/^ Zoll starken Lagen von
schalsteinähnlichem Tuff ein. Größere Schiefermassen sind zuweilen
nach allen Richtungen von demselben durchzogen, als wären die
Massen des Schiefers und jene des Tuffes in breiigem Zustande
durcheinander gemengt worden. Die Schichten neigen sicli jetzt all-
mälig NW. , so daß der Weg im Streichen geht und erst am Fuße
des Abfalles gegen das Zayerthal erscheint unter demselben grüner
Schiefer, einein Chloritschiefer ähnlich. Dieser scheint an der anderen
Thalseite mit harten, schvvarzgrünen Gesteinen in Verbindung zu
stehen, welche an den sogenannten Diorit von Bleiberg erinnern,
und werden von dem Quarzconglomerat, Sandstein und schwarzen
Schiefer unterteuft, welche hier wie in anderen Theilen der Süd-
alpen den anthrazitführenden Theil der Seinkohlenformation ver-
treten.
Ich habe dieses Profil darum angeführt, weil es ein auffallendes
Beispiel des örtlichen Anschwellens der Mächtigkeit der Schiefer
unter dem Einfluße eruptiver Vorgänge darstellt.
772 Suess.
In diesem weiten, zum gi'olkn Theile aus älteren Gebilden be-
stehenden Berglande, das den westlichen Saum des Laibacher
IJeckens bildet und bis zum Karst fortsetzt, ist Quecksilber an meb-
reren Punkten, und zwar in demselben Horizonte angetroffen worden,
wie in Vairalta, in Kerschdorl' u. s. f.
Es geht dies in ganz sicherer Weise schon aus Lipoids Be-
richt über die geologische Aufnahme von Oberkrain im Jahre 18S6
hervor '), dem zu Folge nächst St. Thomas bei Laak und (etwas süd-
lich davon) bei St. Oswald im Hraslenzagraben Quecksilbererze
vorkommen, „welche Nester zwischen den Gailtlialer und Werfener
Schichten bilden". In diesem Berichte wird nämlich, entsprechend
der damals üblichen Bezeichnungsweise der Grijdener Sandstein
zu den Werfener Schichten gerechnet (S. 213), während unter
den „Gailthaler Schichten" alle unter demselben liegenden Ablage-
rungen begriffen werden.
Auch viele andere, meist kleinere Erzvorkomninisse sind in die-
sem Gebiete bekannt und haben zahlreiche Schürfungen veranlaßt.
Namentlich sind Kupfererze häufig; Lipoid hat viele Stellen
erwähnt und Herr Berghauptmann Trinker in Laibach war so
freundlich, mir aus diesem Gebirgstheile allein die Nachweisung von
nicht weniger als 3ö Stellen zu geben, an welchen auf Kupfer ge-
muthet wurde.
Der wichtigste unter den im Betriebe befindlicben Bauen dürfte
die Kaisergrube östlich von Kirchheim sein 2). Der Bau liegt nahe
unter dem Sattel Podpletscham, an dessen nördlichem Gehänge; man
treibt eben einen Gegenbau von der Südseite her.
Unter dem tiefsten Stollen steht schwarzer Thonschlefer an,
in welchem sich gegen oben eine größere Menge von schwarzen
Kalkknauern einstellt; endlich folgen einige Bänke von schwarzem
Kalk mit weißen Adern.
Sie werden hier als „Liegendkalk" bezeichnet und entsprechen
dem Hangendkalk vom Pototschnik am Loibl, jenem von Maria-Elend
im östlichen Gailthal u. s. f. — Das Hangende bildet der Werfener-
Schiefer (im strengeren Sinne); der Bau bewegt sich bauptsäch-
lich in einer tieferen Masse von taubem Lagerschiefer und einer
') .lahrb. 1807, VIM, S. 212; Verh. S. 385.
-) Hr. Obersteiger Coiiraetz ist daselbst mein P'iilirer gewesen.
über äie Äquiviilentn des Rolhlie^enden in den Siidalpen. 7^3
höheren Gruppe, welche eine nach allen Richtungen von Malachit,
seltener von Kupferlasur durchzogene Bank von weißem Qnarzsand-
stein umfaßt, ilie als der Vertreter des ürödener Sandsteins anzu-
sehen ist, während der taube Lagerschiefer dem Gesteine wie der
Lagerung nach jenem Schiefer ähnlich ist, welcher hei Rüde in Croa-
tien, zwischen dem Grödener Sandstein und dem Conglomerat des
Verruca no liegt.
Unmittelbar unter dem Werfener Schiefer zeigt sich oft im
Hangenden noch eine Bank von losem lichtem Quarzsand. Über dem
Werfener Schiefer folgen verschiedene Glieder der Trias, welche den
(lipfel des Scofie-Vrh bilden ').
Das Vorkommen von Buntkupfer, Kupferkies und Malachit am
Fodplelscliam liegt somit im Gebi«'te des Grödener Sandsteines.
Höchst aulTallender Weise keilt es sich in der Richtung des Strei-
chens aus, indem mehr und mehr Bleierze an seine Stelle treten,
und in dem erwähnten Gegenbaue am südlichen Gehänge des Sattels
werden nicht Kupfer- sondern nur Bleierze gewonnen. — An dem
Abhänge des Podpletscham gegen das Savodenthal , in diesem Thale
selbst und an vielen anderen Punkten ist der rothe Grödener Sand-
stein in großer Ausdehnung aufgeschlossen; er enthält da und dort
rothe, thonige Zwischenlagen, welche dem Werfener Schiefer ähnlich
sehen.
Wenige Stunden südlich vom Scofie-Vrh und Podpletscham
befindet sich der Quecksilberbau von Idria. Es sind im Laufe
der letzten Jahre verschiedene Ansichten über dieses berühmte
Vorkommen geäußert worden. Im Jahre 1854 wurde es ziemlich
ausführlich von Huyot beschrieben, der jedoch die Frage offen
ließ, ob man es der Trias oder der Steinkohlenformation zuzu-
zählen habe 2). Im Jahre 1856 sah Lipoids) die Quecksilber-
erze von Idria als ein, wahrscheinlich dem Gailthaler- Schiefer
angehöriges Stockwerk an, welches gegen NO. geneigt sei und
dessen Längenausdehnung seine Mächtigkeit bei weitem übertreffe.
Tschebull, welcher kürzlich eine sehr ausführliche Beschrei-
IJ stur hat schon im J. 1858 mit Recht vertnuthet, daß dieser Gipfel der Prias
zufalle. .Jahrb. IX, S. 334.
~) Ann. des .Mines, V. ser. V, p. 7 — 13.
3j Jahrb. VIII. S. 2ri, 383. Zeitsohr. d. deutsch, geol. Cesellseh. 1856, VIM, S. 320.
774 S M e s *.
biing lies Bergbaues veröffentlicht hat '), stellt es dagegen als Lager
dar, wobei jedoch in Folge einer wellentonnigen Biegung ein Theil
der gesammten Lagermasse na(;li NO., der andere nach SW. geneigt
sei. In dieser verdienstvollen Schritt wird das Krzvorkoninien den
Werfener Schichten zugerechnet, weil luaii in» Sumpfe des ISO Klafter
liefen Franciscischachtes, so wie in jenem des 122 Klafter tiefen
Barbara-Schachtes blutroth und grün gefärbte Schiefer mit bezeich-
nenden V^ersteinerungen gefunden haben soll. IMan hat mir diese
Stücke in Idria gezeigt; es sind sehr rohe Kerne irgend einer läng-
lichen Bivalve (etwa einer größeren Anthracosia?), größer als sie im
Werfener Schiefer gefunden werden und nach meiner Meinung nicht
zu irgend einer Altersbestimmung in diesem Falle verwendbar; sie
sind in einem rothen, etwas glimmerigen Gestein enthalten, wie man
es in verschiedenen Schichten und .sogar in den Schiefern der Stein-
kohlenformalion ausnahmsw eise antriffi -).
Die wenigen Tage, w elehe ich luiler der Führung des damaligen
Leiters, Herrn Bergrath v. Helmreichen, und des. Herrn Tsche-
bull in Idria zugeliracht haben, holen mir in Bezug auf das Alter
dieser Quecksilbererze einige Besullale , welche ich n\itlheilen will,
ohne den eingehenden stratigraphischen Studien vorzugreifen, welche
eben in Idria begonnen werden.
An der rechten Seite der Idriza steht in der Thalsohle, nahe
am Ausgange des Kothen- und Scounzegrabens als tiefstes Glied
etwas grauschwarzer, ziemlich dünngeschichteter Kalkstein an (der
Liegendkalk von Podpletscham , Hangendkalk vom Pototschnik am
Loibl); über demselben ist eine kurze Strecke verdeckt, dann folgt
etwas grellrother Mergelschieier mit grünweißen Flecken und diesen
überlagert in mehreren groben Bänken der etwa 12 Fuß mächtige
Grödener Sandstein. Er ist grell roth gefärbt, nur an einzelnen
Stellen weiß, wie in der Grube am Podpletscham. Über dem Grö-
dener Sandstein baut sich der ganze Abhang aus verschiedenen, zum
Theile petrefactenreichen Abtheilungen der Triasformation auf. Schon
diese erste Stelle lehrt also, daß das tiefer liegende Quecksilber sich
jedenfalls in Schichten befindet, welche alter sind als die Werfener
1) Österr. Zeilschr. f. Berg- n. HüUenwes. 1867. XV. S. 349 u. folg. — Vergl. auch
R. Meier, Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanstalt. 17. März, 1868, S. 122 — 124.
^) 7.. ß. 7.11 Golica, südlich von Selzach.
|T|)er Hie Äijiiiviilenle Hfs Hothliegpndeii in den Siidalpen. 7 T O
Schichten, wenn man niclit etwa diesen letzteren die gesammte
Sehichtenreihe des Verrucano noch beizählen will, wie dies in
frühei'en Jahren geschah.
Ersteigt man am jenseitigen Gehänge den Vogelsberg bei Idria,
so sieht man auch hier rothen Grüdener Sandstein, die allenthalben
deutlich ausgeprägten kalkigen Campiler Schichten mit Naticellen
u. s. f. und ebentalls viele andere höhere Triasschichten nach ein-
ander auftreten, und sich längs dem Abhänge aufwärts ziehen. Hier
finden sich die hängendsten (jetzt aufgelassenen) Schürfe in grauem
Schiefer unter dem Grödener Sandstein.
Die Schichtenfolge in der Grube ist nach T sc hebull 's aus-
führlichen Angaben [S. 350 — 3S1] i) von oben nach abwärts:
1. Der Silberschiefer, d. i. grauer Thonschiefer, welcher gedie-
gen Quecksilber, sehr selten auch Zinnober führt. Er bildet das
mächtigste Glied der Lagermasse und erreicht 71 '/o Klafter. —
2. Dolomit, entweder derb oder als Conglomerat (Breccie), höch-
stens 20 Klafter mächtig; zinnüljcrführend. 3. Der Lager schiefer,
höchstens 10 Klafter, sehr reich, führt Stahlerze, Zinnober und die
sogenannten Korallenerze 2). — 4. Grauer und giimmeriger Sand-
stein mit Feldspath, etwa 5 Klafter stark, wechselt nach unten
mit — 5. festem, grauem Dolomit (und Kalk), welcher auch
noch Zinnoberspuren führt und mit einem 160 langen Liegend-
schlage in der Tiefe von 100 nicht durchfahren wurdet).
Der Liegendkalk 5. führt organische Reste; Herr v, Helm-
reichen ließ auf meine Bitte freundlichst eine größere Menge des-
selben vom Barbarafelde (beim Stadler -Gesenk, linker Ulm) aus
120 Klafter Tiefe heraufschaffen und es zeigte eine nähere Unter-
suchung in demselben mehrere Arten kleiner, verzierter Bivalven,
einen kleinen glatten Pecten und ein Fragment, welches der kleineren
1) Übereinstiinmend mit Hauer u. Foetterle, Geol. Übersicht d. österr. Bergbaue
8", 18ÖO, S. 38.
2) Vergl. Patera, Ber. d. Freunde d. Naturw. 1847, I, S. 6.
^) Talkige Gesteine , wie sie in anderen Gebieten in Verbindung mit Quecksilber so
häufig sind, werden hier nur ausnahmsweise erwähnt, z. B. im Francisci-Schachte
mitten im Silberschiefer in Verbindung mit einer dolomitisehen Breccie (Tsche-
bull, S. 38Ö). Übrigens muß ich hier an die von Stapff betonte Übereinstimmung
des Siiberschiefers von Idria mit dem graphitischen Schiefer von Vau" alta erinnern
(Bornemann u. Kerl, Berg- u. Hüttenm. Zeitung, XX, 1861, S. 421).
Sitzb. d. mathem. -naturw. Cl. LVII. Bd. I. Abth. 50
776 Suess.
Klappe eines Prodiietiis angehört. J)as Gestein ist lichtgraii, im
Bruche von fettigem Aussehen, viellach von Schwefelkiesen durch-
zogen ninl ganz und gar gleicl» den versteinernngsreichen Lagen des
oberen Kohlenkalkes vom M. ('anale hei Forni-Avoltri.
Der Erzreichllinni von Idria liegt daher unter dem rothen Grö-
dener Sandstein und unter dem sehwachen Flötz von schwarzem
Kalkstein, das wir als Ijiegendkalk am Podpletscham , als Hangend-
kalk über dem Zinnober-Vorkommen am Pototschnik kennen, folglich
wohl in demselben Horizonte, in welchem man sonst den Porphyr
oder den Verrucano antrilVt. In demselben Horizonte befinden sich
aber auch die Quecksilber- und Zinnober-Vorkommisse von Vall'
alta, von Laak, vom Pototschnigg. von Kerschdorf, Stockenboj und
Kappel.
Ein eigenthümliches [nteressc knüpft sieh unter diesen Ver-
bältnissen an die Zusammensetzung des Feldspathführenden soge-
nannten „Sandsteins" (4.) im Fliegenden der Erze von Idria, dessen
genauere Untersuchung zu wünschen bleibt.
6. A b s c h li i 1 1.
(Schi Uli).
1. Der untere Kohlenkalk. Einige Ausflüge, welche ich
im Jahre 1866 in Begleitung des Herrn Klar in der Gegend west-
lich und nordwestlich von Graz unternommen habe, haben uns gelehrt,
daß die devonisclien Ablagerungen, welche seit langer Zeit aus
diesem Theile der Alpen bekannt sind, sich in eine Anzahl von ein-
ander sehr verschiedener Glieder tbeilen '). Das tiefste Glied bildet
grüner Schiefer, durch das häufige Auftreten von zelligem Quarz
und von Brauneisen ausgezeichnet: er nimmt viele talkige Schuppen
an seinen Schichttlächen auf und wird dabei dem nächsthöheren
Gliede ähnlich, welches wir als den u n t e r e n G r a u w a c k e n s c h i e f e r
bezeichneten. Er zeigt an seiner Basis eine Bank von licht rothgelhem,
splittrigem Kalk, etwas höher häuöge , flasrige Zwischenlagen mit
Stielen von Cyathocrinus und stärkere und schwächere Bänke von
Schalstein. Ihn überlagert eine mehrere hundert Fuß mächtige
') Vergl. auch Peters u. Klar, Jahrb. 1868, XVIII. S. 37.
über die Äquivalente des Rothliegenden in den Siidalpen. 777
Masse von geschichtetem gclhweißeiu Q iiarzit, etwa dem rheini-
schen Spriferensandstein vergleichbar. In seinem untersten Theile
erscheint eine Bank von dolomitischem Kalk, welche große Glimmer-
flasern auf den Ablosungstlächen und zugleich Stiele von Cyathocrinus
umschließt; gegen oben schalten sich immer häufigere Bänke von
dolomitischem Kalkstein ein, bis der Quarzit einer geschichteten
Masse von weißem d o 1 o m i t i s c h e m K a 1 k s t e i n Platz gemacht hat,
der nur wenige und sehr schwache Bänke von Quarzit enthält. In
seinem oberen Theile umschliesst dieser am Jungfersprunge bei
Gösting eine erste, wenig mächtige Zwischenlage von dunklem Kalk-
stein mit zahlreichen Durchschnitten von Korallen. Als ein neues
Glied folgt nun der Kalk des Gaisberges, blauschwarz mit
vielen weißen Adern und einigen pfirsichrothen , thonigen Einschal-
tungen zwischen den Kalkbänken. Zahlreiche Durchschnitte einer
dickschaligen Bivalve sind hier zu treffen, ferner Heliolites, Cyatho-
phyllum. Stiele von Cupressocrinus und Spuren von Strophomena.
Dies ist wohl das Äquivalent des rheinischen Mitteldevon. Auf diese
petrefactenführende Gruppe folgt eine viel mächtigere Masse von
u n g e s c h i c h t e t e m , c a v e r n ö s e m, oft pfeilerförmig zerklüftetem
lichtgrauem Kalkstein, welcher insbesondere an den West-
gehängen des Kollerberges in großem Maßstabe entblößt ist. Diese
Masse ist durch dazwischentretendes tertiäres Land getrennt von den
höchsten Schichten der devonischen Formation, welche bei Stein-
bergen zum Vorscheine kommen. Diese bestehen aus schwarzem,
seltener dunkelrothem wohigeschichtetem Clymenienkalkst ei n,
welcher nebst den nicht seltenen Clymenien auch Orthoceras und
seltene Crinoidenstiele entliiilt. Er ist etwa 40' hoch entblößt und
von einer 20 — 24' starken Lage von bronzefarbigem Schiefer
bedeckt, welcher von stärkeren und schwächeren lichtgrauen oder
rothen Kalkplatten durchzogen ist, die viele Crinoiden führen. Über
dem Schiefer folgt wieder Kalkstein.
Man kann also bei Graz mit ziemlicher Sicherheit unter-, niittel-
und oberdevonische Schichten unterscheiden und die fast ausschließ-
lich kalkige Entwicklung der beiden letzten Abtheilungen macht es
möglich, daß in den westlichen Theilen der Alpen jene Zuweilen sehr
mächtige Masse, welche hier als der untere Kohlen kalk bezeich-
net wurde, auch schon devonische Schichten in sich begreife. Der
sichere Nachweis solcher Schichten durch Versteinerungen ist jedoch
778 s II p s s.
inu'h nicht üfliin<;<'ii . il:i ifli iils oinen solchen leider die mcrkwiir-
(liiieii Reste nicht onselien k;inn . welche Rost hörn vor einer Reihe
vnnJ.'ihren in lieliteni Kalkstein in der Gegend vonVellacli (südlich von
dem Profile Taf. II, Fig. 1) fand. Sie bestehen aus dem Fygidinm eiiujs
Broiiteus, einem Bruchstücke eines Cephalopoden und einem Spirifer,
reichen aber zu irgend einer sicheren Altersbestimmung nicht aus i).
Die Bemühungen , welche Lipoid und Gobanz seither gemacht
haben, um neue Stücke zu finden, sind ganz fruchtlos geblieben, und
so sind wir beute noch in diesem großen Stücke der Südalpen außer
Stande , der Behauptung mit neuen Tliatsacben entgegenzutreten,
welche Peters schon im Jahre 1856 aussprach, daß nämlich alle
Wahrscheinlichkeit geschwunden sei, daß zwischen Drau und Save
eine ältere paläozoische Formation als der untere Koblenkalk gefun-
den M'erde 2).
Der tiefere Theil des Kalkgebirges der Umgebung von Eisnern
im nordwestlichen Kärnten dürfte dieser Stufe angeboren. Sie
nimmt einen hervorragenden Antbeil an dem Aufbaue des großen
Kohlenkalkgebirges, von den carniscben Alpen durch die Karawanken
hin und taucht an einzelnen Stellen im südlichen Steiermark hervor.
An der Nordseite des Gailthales werden ihre oberen Lagen im win-
discben Graben bei Bleiberg sichtbar und führen dort Productus
gigfifiteu.H. In der Nähe der Mittelzone endlich erscheint der untere
Kohlenkalk häufig als ein weißer Kalkstein von mehr oder minder
krystallinischem Gefüge. Die Unterscheidung desselben von anderen
älteren Kalksteinen, welche dem Gebiete der Mittelzone nicht fehlen,
ist eine der wichtigsten Aufgaben, welche zur Enträthselung des
Baues derselben zu lösen bleiben. Vorläufig aber darf man , wie dies
zum großem Theile z. B. von Peters und V. Pichler schon ge-
schehen ist, mit ziemlicher Sicherheit den großen Kalkzug hieber
rechnen, welcher in weiten Bogen das südliche Ende der Tauern-
gruppe umgürtet, welcher nach den Aufnahmen unserer Reichsgeolo-
gen von Lind im Drauthale in OSO. Richtung gegen Paternion und
Weissenstein verläuft, in der Nähe von Villach sich plötzlich gegen
') .lahrb. 1858, IX, Verh. S. 59; Hr. B a r r a n d e hat die Güte gehabt, diese Stücke
zn vergleichen ; er fand sie ähnlich , doch nicht identisch mit obersilurischen
Formen aus Böhmen. Ebenso ist das Verhaltniß zu dem Bronteuskalk von Eisenerz
in den Nordalpen noch nicht ermittelt.
2) Jahrb. Vit, 631.
über ilii" A<|iiiv:ili*iite des l{()tlilH'tr<'ii(leii in Heu Südalpeii. 4 tu
N. und NNW. wendet, über Pach sicli zur inneren Krems fortsetzt
und dort das liegende Ilauptkaiklager bildet, welches nach den vor-
liegenden Beobachtungen entweder knapp auf (ineiss liegt, oder von
demselben nur durch eine dünne Lage von Arkose oder krystallini-
schem Thonscliiefer getrennt ist. Dieses Kalklager umfaßt die tieferen
Eisenerzlager von Turrach. Ein neuer Vergleich mit dem großen
erzführenden Kalkzuge von Friesach , Hüttenberg und Lölling,
welcher in ähnlicher Weise die Gruppe der Saualpe umgürtet,
könnte leicht die oft behauptete und wieder angezweifelte Identität
beider beweisen <).
Man wird bei der Beurtheilung dieser Frage nicht übersehen
können, daß nun auch die große Masse von Statuen-Marmor, welche
in den toscanischen Bergen dem Gneiss und krystallinischen Schie-
fern auflagernd vorkömmt, als dem unteren Kohlenkalke angehörig er-
kannt ist 2). Nach gütigen Mittheilungen des Herrn Prof. Meneg-
hini unterscheidet man gegenwärtig in den apuanischen Alpen
unter den noch zur Trias gezählten oberen Quarziten;
A. als Permi seh: Quarzite, Dachschiefer, [ihylladische Schie-
fer, Sandsteine, Talk- und Kalkschiefer, Puddinge, Anagenite u. s. w.
vielfach sich wiederliolenil , bis zu einer Mächtigkeit von 70 Meter,
ohne Fossilien :
B. als S tei n kohlenfor matio n :
(ij pbylladische Schiefer, Sandsteine mit Anthrazit, Zinnober und
Schichten, welche jenen entsprechen werden, die bei Torri
die Fauna und Flora der Steinkohlenformation enthalten.
hj Statuen-Marmor: Kalksteinzone, welche an einzelnen Stellen
außerordentlich mächtig wird, an anderen sehr abnimmt und
sogar verschw indet. Sie ruht auf (Jueiss und krystallinischem
Schiefer.
2. Anthrazit f ü h r «^ n d e Gruppe: Quarzconglomerat. Sand-
stein und Schiefer.
Diese Gruppe bildet einen der allerwichtigsten Anhaltspunkte
bei der Untersuchung der paläozoischen Gebirge in den Alpen. Sie
tritt mit nordöstlichem Streichen aus der Dauphine in die Schweiz
1) Vei^l. Seeland. .laliiesber. Kärntner Mus. IS65. Vil, S. 163.
2) z. B. Co Chi. Siilhi (;eo|..j;. deU' Italia eentr., ä«, 1864, p. 90.
780 S u e s 8.
setzt sicii hier südlich vom Mt. Rlaiic, zwischen diesem und den Aiguilles-
Rouges, so wie nördlicii von den Aiguilles-Rouges fort und läßt sich
durch das Rhönethal bis weit über Sitten aufwärts verfolgen ').
Hart am Nordsaume der Mittelzone ist sie durch Escher's Beob-
achtungen wieder am Titlis in Engelberg und am Bifertengrat an der
Ostseite des Tödi bekannt a). Nach größerer Unterbrechung trifft
man sie am Steinacherjoch an der Nordseite des Brenners wieder,
w'O sie von Ad. Pich 1er in Begleitung der bezeichnenden Flora
aufgefunden wurde. Nach den kurzen bisher verölTentlicbten Mitthei-
lungen 3) steht dort der pflanzenführende Schiefer in Verbindung mit
einem mächtigen Conglomerat aus Quarzgeröllen mit silberweißem
Glimmer und Brocken von Anthrazit, und über und unter diesem
erscheint Kalkstein, welcher Bleiglanz, Fahlerz und Ankerit, insbe-
sondere aber Spatheisenstein führt. Die Art des Vorkommens ist also
jener an der Stangalpe bei Turrach sehr ähnlich und man darf am
Steinaeherjoche Mohl wenigstens die Existenz des durch seinen
Reichthum an Eisenerzen ausgezeichneten Hauptliegendkalkes von
Turrach (des unteren Kohlenkalkes) als erwiesen ansehen.
Eine große wStrecke weiter nach Osten, auch am nördlichen
Saume der Mittelzone , liegt der Anthrazitban von Dittmannsdorf
(0. von Rottenmann) in Ober-Steier*), noch weiter gegen Osten
der aufgelassene aerarische Schürf auf Anthrazit bei Neuberg s);
endlich soll, nach F. v. Mayr, auch in der Nähe von Reichenau bei
(iloggnitz Anthrazit vorgekommen sein«). Von hier setzt dieselbe
*) Es reicht wohl hin. wenn ich ans ricr reichen Litteratur dieser Varkninmnisse die
letzte umfassende Übersicht derselben von Favre anführe, lleeh. geol. dans les
parties de la Savoie. du Piemont et de la Suisse vois. du Ml. Blanc. 1867, III,
p. 337 — 431. Indem ich dem „Terrain anthracifere" seine alte Bezeichnung' vor-
läußg belasse, darf nicht verg'essen werden. daL\ auch in einem höheren Horizonte
Anthrazit erscheint.
-) St II der. Geol. d. Schweiz, I, S. 373; Heer, Urwelt d. Schweiz, S. 3.
3) Ad. Pichler. Beitr. z. Geognosie Tirol's , 8". hinspr. 1839, S. 219—224.
*) Nach V. Millers Angaben angeführt von Stur, .lahrb. XV, 186S, S. 274.
■'•) A. M il le r V. H au e n st e i n : Die nutzbar. .Mineral, v. Obersteierm. (aus d. Berg-
u. Hüttenm. Jahrb. XIII. 1864); S. 17.
'') Nach Erkundigungen, welche ich bei dem k. k. Verweser von Reichenau, Herrn
Scbliwa eingezogen, besteht dermalen wnlil eine Heilie von Graphitgruben in
dieser Gegend, ist aber von einem Antbrazitvorkominen nichts bekannt. Ich führe
dasselbe nur an, weil es zuerst von F. v. H a u e r im Jahre 18ü0 (Jahrb. I, S. 31) und
i'lier (iie Äi|iiivaleiite des Rollilie^öiiileii in den Siidalpen. Yö I
Bildung al»er hiichst wahrscheinlich in die Karpathen fort, aus denen
CS hinreicheil mag. auf die auffallende petrographische und paläon-
tolügischeÜbereinslinunung der Schiefer vom Jerusalem bei'Dobschan,
welche von Andrian in neuester Zeit wieder ausgebeutet worden
sind, mit den marinen Schiefern hinzuweisen, welche bei Bleiberg
die Conglomerate dieser Stufe begleiten.
Im Süden finden die anthrazitführenden Schichten des Westens
nach längerer Unterbrechung ihre Fortsetzung in der großen Ge-
birgskette, welche zwischen dem Comersee und dem Adamello das
südliche Gehänge des Veltlin überragt. Es sind dies die „Schisti
di Carona" der italienischen Geologen, welche diesen Namen von
einem Funkte im höchsten Theile des Val-Brembana tragen, und auch
hier von Sandstein und Quarzconglomerat begleitet werden und
Lagen von Spatheisenstein führen '). Hieher gehören wohl auch die
anthrazit- und graphitführenden „V eltl inerschiefer " der
Schweizer Geologen 2). Nun tritt die große südlirolische Masse von
jüngeren Bildungen trennend gegen Süden vor und auch in Val-Su-
gana sind Schichten vom Alter dieses Theiles der Steinkohlenformatioii
nicht entblößt. Ihre Äqui\alente müssen nördlicher, näher an der
Mittelzone gesucht werden.
In der Carnia tauchen die Conglomerate und Schiefer dieser
Stufe wieder in großer Mächtigkeil auf, begleitet von oberem und
unterem Kohlenkalk und dehnen sich von hier durch das ganze Ge-
biet der österreichischen Südalpen aus. Sie erscheinen als ein wich-
tiges Glied des großen Kohlenkalkgebirges, welches sich von hier
südlich längs dem Gailthale hinstreckt, nehmen in den Karawanken
stellenweise an Mächtigkeit ab und erscheinen im Norden an der
Stangalpe wieder. Im Süden treten sie an vielen Stellen der Um-
gebung des Beckens von Laibach auf und sind insbesondere in Krain
durch die häufige Einschaltung dioritischer oder schalsteinähnlicher
Lagen in den die Conglomei-ate bedeckenden Schiefern ausgezeichnet^).
später, selbständig liievnii, Huf F. v. M a y r 's Autorität von S t ti r im .Tiilire I86;>
(Jahrb. XV. S. 274) genannt wurde.
1) Studer. fieol. d. Schweiz, I. S. :U9 ; Hauer, .lahrb. IX, 1858, S. i^6; S l o j)-
pani, Note ad nn Corso etc. S". ISttT. M. p. 388. Studer et Esoher, Carte
ge'ol. de la Snisse, 2""' ed. |>ar R a c h m an ii . 1867.
2) Theobald. «ieol. Beschreib, v. (iraubiindten. II, S. 274. 277 u. a. and. Ort.
") Stur erwähnt dieselben SeliHlsteine sclion in den carnischen Alpen. Jahrb. 18S6.
VII, S. 438.
782 siiess.
Noch l»ei Kressnitz im Savethale, wie in den südsteirischen Glanz-
kohlenbildungen sind sie in typischer Weise vertreten. Weit im
Süden davon ziehen sie aus den Bergen östlich von Fiume zu den
bosnischen Gebirgen hin.
Die so außerordentlich weite Verbreitung derselben Bildung,
welche mit ähnlichen Merkmalen aucli in den apuanischen Alpen
wiederkehrt, das Erscheinen von Landptlanzen an zalilreichen von
einander weit entfernten Punkten und insbesondere die sich gleich-
bleibende Beschairenheit der Gesteine, wie z. B. des Quarzconglo-
merates, in den entferntesten Theilen des Hochgebirges macht es sehr
wahrscheinlich, daß diese jetzt an beiden Gehängen der Alpen bald
in größeren Zügen, bald nur an vereinzelten Punkten hervortretenden
Bildungen nur die zerrissenen Beste einst zusammenhängender Ab-
lagerungen seien. Nicht eine Insel oder eine Gruppe von Inseln,
welche sich etwa in der Mitte des heutigen Alpengebietes erhoben
hätte, konnte dasMateriale zu diesen ausgedehnten Bildungen bieten;
die angehäufte Menge von Quarz reicht hin , um für das Gegentheil
Zeugniß zu geben.
Wenn man die genauer bekannten Regionen dieses großen
Gebietes etwas näher vergleicht, zeigen sich jedoch einige wesent-
liche Unterschiede in der Art des Auftretens. In der Dauphine und
der westlichen Schweiz kennt man keine Reste von Seethieren in
den anthrazitführonden Schichten; auch der Kohlenkalk ist unbekannt.
Eben so scheint es am Titlis und Tödi zu sein. Am Steinacherjoch
ist zwar der Kohlenkalk vorhanden, aber bisher wenigstens, sind
ebenfalls noch keine Seethiere aus den ptlanzenführenden Schichten
bekannt gemacht. Ganz eben so verhält es sich auf der Stangalpe;
die Schiefer sind auch hier dem Quarzconglomerat eingeschaltet.
Im windischen Graben bei Bleiberg sind die dem Conglomerate ein-
geschalteten Schiefer reicher an Gliinincr. viel milder und enthalten
neben wenigen Resten von Landpflanzen zahlreiche Meeresconchylien.
Bei Vellach ist eine ganze Bank von Kohlenkalkstein mit Crinoiden
und Durchschnitten von Brachiopoden zwischen Sandstein und Con-
glomerat eingeschaltet i). Diese Verhältnisse sind es, Avelche man in
1) Ein wesentlicher Fortschritt in dem Verstiimlnisst' rlleser Vorkommnisse scheint
mir in den letzten T«g-eii durch Stur herheigi-lührt worden zusein, welcher zeigt
daß die productenführenden Sciiiefer von Bleyberg, welche dem unteren Kohlen-
I'ber «lie Aiinivalcntf ilf-s Rntlilie^eiidi'ii in iiel)meii(leii aiilhra/itfülirendeii Schich-
ten 1111(1 vielleicht einen Theil der CasannascliieCfi- j;leichsam ver-
tritt I) mid mancher andere Umstand erinnern in aulTallender Weise
iui jene allmälige Vertretunji' der prodnctiven Kohlenfdrmation
dnrch marinen Kalkstein, welche nach Huli für die englischen Koiilen-
bildungen seewärts eintritt und m eiche in uuch viel größerem Maß-
stahe von ,1. Hall fiir die Steinkohlenl'ormation Nord-Amerikas in
der Richtung von Ost gegen West geschildert worden ist 2^.
Dieses allmälige Verdrängen der aus mechanisch herbeigetra-
genen Theilen, also aus Gerollen, Sand oder Thon gebildeten Ablage-
rungen durch die mit der Entfernung vom einstigen Ufer immer mäch-
tiger anscliMcllenden Kalktlötze ist eine in unseren Alpen für den
Kenper und die rhätische Stufe sicher erwiesene Thatsache. Die
Erscheinungen, welche vir auf demselben Gebiete innerhalb der
Steinkohlenformation wahrnehmen, scheinen aber ganz ähnlicher
Art zu sein. In beiden Fällen fordert die Übereinstimnmng der Sedi-
mente an beiden Gehängen der Alpen die Voraussetzung eines offe-
nen, durch keinen zusammenhäiigendrii Continent getheilten Meeres,
und wenn James Hall die Rocky-Mountains als das Gebiet eines
Oceans schildert, „welcher von östlichen Festländern das feinere Sedi-
ment erhielt und in seiner eigenen Area die kalkigen Ablagerungen
liildele, dabei aber immer ein Ocean blieb, nicht nur bis zum Schlüsse
der Kohlentormation. sondern noch später durch die Permische.
Jurassische und Kreide-Epoche, und dabei keine Anzeichen von
trockenem Lande bis gegen den Anfang der Kreide-Epoche oder ein
klein wenig früher bietet", ist hiemit eine Ansicht ausgesprochen,
welche zugleich für die Reziehungen der Alpen zu den nördlich, west-
lich und südwestlich liegenden Festländern sehr nahe zutrifft.
4. Der Casa n naschie fe r. Indem ich diesen Namen für
einen ganz bestinnnten Theil der alpinen Schieferbildungen, welcher
jünger ist als die anthrazitfübrenden Schichten der Tarentaise oder
der Stangalpe, in Anspruch nehme 0. I>i" i<'l> ">ii' dessen beMußt,
») Peters, .lahrb. i8.^6, VII. S. «32 u. folg.
2) Geology of .Iowa, 8" J8S8, I, p. 138 u. folg.
•*) Allerdiogs führt .iiioh diese höhere Gruppe an aiehreren Stellen Spuren von
Anthrazit, so hei Irtria , bei Laak (Z e ph a r o v i ch) , hei Rüde (Lemaire) und
bei Recoaro (S c h a ii r o t h).
i'lier die Aqiiivwleiife iles |{otliliei,'LMiili"n in den Siidiil(>fii. ^Oi>
daß demselben von hervorragenden .schweizerischen Geologen ein
viel weiterer Begriff beigelegt worden ist, und er (z. B. durch das
Einbegreifen der Vertreter der Steinkohlenformation im Veltlin)
zu einem jener Sammelnamen zu werden droht, weiche die Unvoll-
ständigkeit unserer Kenntnisse von den Alpen illustriren. Bei der
übergroßen Menge an localen Bezeichnungen aber, die im Laufe
der letzten Jahre entstanden sind, habe ich es immerhin vorgezogen,
den bestehenden Namen auf diese bestimmte Abtheilung zu be-
schränken, welche zugleich wenigstens einen sehr großen Theil der
in der östlichen Schweiz so genannten Gesteine in sich begreift,
anstatt noch einen neuen Namen zu schaffen.
Dieses Glied umfaßt bei weitem den größten Theil des Gebietes,
welches die Tiroler Karte als „Thonglimmerschiefer" bezeichnet,
nebst vielem das hier und in östlicheren Gegenden zum Glimmer-
schiefer oder zum Gneiß gezählt Murde. In vielen, und namentlich
in den südöstlichen Theilen unseres Hochgebirges ist es in der
That nur ein mehr oder minder glimmeriger Thonschiefer welcher
diese Stufe bildet, während an anderen Orten der Glimmer in
großer Menge hinzutritt, endlich ganz vorherrschend wird, im oberen
Gailthale und in Val-Sugana sogar Granaten in demselben angeführt
werden und an einzelnen anderen Funkten eine gneißähnliche
Structur auftritt.
Noch vor wenig Jahren hätte man vielleicht große Bedenken
dagegen erhoben, daß Gesteinen von solchem Gefüge ein verhältniß-
mäßig junges Alter zugeschrieben werde, und daß sie als ein nor-
males Glied der Schichtgebilde in den höheren Abtheilungen unserer
paläozoischen Formationsreihe erscheinen sollen. Seitdem z. B. die
schottischen Gneiße im Silurgebirge ») und die talkhältigen Gneiße als
Lager im rheinischen Devonschiefer 2) genauer bekannt sind, wird
wohl der Zweifel, welcher a priori gegen eine solche Auffassung er-
hoben werden könnte, nicht als berechtigt angesehen werden können.
Daß nun aber die hier dem Thonglimmerschiefer zugewiesene
Stelle in unserer Schichtfolge die richtige sei, geht nicht nur aus
den mitgetheilten einzelnen Profilen, sondern, und zwar am schla-
') Murchison ii. Geikie, Quart. Joiirn. 1861. XVII, p. 232 u. folp. ; Sihin;)
4. .\ufl. 1867. S. 163, u. an and. Orten.
2j Losseii. Zeifsclir. d. deutsch. Geol. Ges. XIX, 1867, S. 664.
78(> Siiess.
gemlsteii, wohl aus dem Umstände hervor, daü mau zahh-eiche
Punkte und sehr viele ausgedehnte Gehirgszüge in den Alpen kennt,
in denen der Verrueano, seine Äquivalente oder der rothe Sandstein
diesen Schiefer coneordant iiherlagern, daß aber an gar keiner Stelle
des ausgedehnten Gebietes unserer Südalpen diese rothen Gebilde
unmittelbar auf einem der drei früher angeführten Glieder der Stein-
kohlenformalion ruhen, es sei denn höclistens an einigen Punkten
im östlichen Theile der Karawanken, wo der Thonglimmerschiefer
nach den vorliegenden Angaben fehlt oder durch Kalkstein ver-
treten ist.
Der eigenthümliche Charakter dieser Felsart hat allerdings
schon vielfaches Erstaunen hervorgerufen. L. v. Buch's Äußerungen
über den Schiefer bei Trient und Pergine habe ich bereits angcr
führt. Stoppani beschreibt es mit lebhaften Worten, wie man, von
Ardese im Val-Seriana gegen Nord gehend, zuerst die verschiedenen
Kalkbildungen der Trias Iriift, dann die rothen Conglomerate und
unter diesen, bei Gromo, eine erste, ziemlich mächtige Zone von
glimmerigem oder talkigem Schief« r, „welche selbst manchen
erfahreneren Geologen in Irrthum führen könnte, der zu dem Glauben
verführt würde, die Zone der wahren krystallinischen Felsarten er-
reicht zu liaben". Erst unter dieser ersten Zone erscheinen von
Fiumenero an die Schiefer und Quarzconglomerate der anthrazit-
führenden Gruppe '). — Eben so erklären sich wohl die gezwungenen
Deutungen, welche die Profile im oberen Gailthale oder bei Forni-
Avoltri erfahren haben, aus der ungewohnten Beschafrenheit der
Felsart; die Lagerungsverbältnisse bei Recoaro oder am Luganersee
verlieren ihren abnormen Charakter, sobald man diese Bildung einer
noch höheren Abtlieilung der Steinkohlenformation oder gar ihren
oberen Theil der Dyas einreiht. Die weitere Bestätigung dieser
Ansicht aber liefern dir, in der östlichen Fortsetzung derselben, bei
Tergove aufgefundenen Pflanzenreste, welche, wie erwähnt wurde;
der Farrenzoiie des Steiiikohlengebirges angehören.
Die Einschaltung großer Lager von granitischen Gesteinen in
diese Schiefer bildet eine der hervorragendsten Eigenthümlichkeiten
der Südalpen. Je geringer die Mächtigkeit dieser Lage ist, um so
unzweifelhafter tritt ihre wahre Natur hervor, und eben darum ist das
') Notf ad ui) cor.sd aiiiiiiiile ili (ieologica, M, (>. .388.
IHier die Ä(|iiival('nti' ilt's Itotliliegeiideii in den Sii(iiil|ieii. 7ö7
Profil an der Vellach in Kärnten füi- die Untersncluing dieser Er-
scheinung wohl das lehrreichste. Ehen so wenig als Rosthorn und
LipolddieVerschiedenheitdieser Felsarten von den in derMiltelzone
der Alpen herrschenden verkennen konnten, konnte schon im Jahre
1827 S tu der das sonderbare stratigraphisehe Verhalten derselhen
übersehen und schrieb ihnen schon damals ein verhältnißmäßig junges
Alter zu. zunächst an die Monzon-Gesteine erinnernd, ja schon da-
mals deutete derselbe sogar die Möglichkeit an, daß diese (iranite
selbst gehoben sein könnten i). Hätte man zu jener Zeit bemerkt,
daß auch die Triasfelsen bei Kappel nach Süd und nicht nach Nord
sich neigen und in verkehrter Folge auftreten, so würde wohl damals
schon die Bedeutung dieser Granite als gehobene Lagermassen
erkannt worden sein.
Deutlich tritt die Richtigkeit dieser Auffassung am Torrente
Maso inVal-Sugana hervor, wo der Granit den erzführenden Casanna-
schiefer und jüngere Schichtgebilde bis zum Unter-Tertiären über-
lagert, während dieselbe Granitmasse an ihrer Nordseite den Gegen-
flügel des erzführenden Casannaschiefers unterteuft. Unter solchen
Umständen läßt sich die Granitmasse der Cima d'Asta nur als eine
große, nach Süd überbogene Falte darstellen, wie dies in dem idealen
Profile Taf. HI geschehen ist. Diese Skizze, deren mittlerer, die Trias-
Region betreffender Theil den Arbeiten Richthofen's entnommen
ist, zeigt im Süden die Schichtenköpfe der großen Kalk- und Dolomit-
masse der Cima-Dodeci sammt dem eingekeilten Streifen mittel-
tertiärer Schichten, dem Grödener Sandstein an seinem Fuße und dem
südlichen Porphyrrande, welchem der M. Zaccon angehört. Jeaseits
der Brenta sind die überstürzten Tertiär-, Kreide- und Juraschich-
ten und der kupferführende Schiefer am Torrente-Maso, darüber der
Granit sichtbar. Ueber demselben folgt überlagernd derselbe Schiefer
mit den Kupfergruben von Val-Sorda und Val-Calamento, auf wel-
chem der Quarzporphyr der Cima di Lagorei lastet, welcher bis ins
Fleimsthal hiiiabreicht. Hier folgen auf diesen wieder Grödener Sand-
stein und die Triasschichten des Weißhorn und Latemar, mit ihren
jüngeren Eruptivgesteinen. In Folge einer leichten Sattelbildung
kömmt amCaressa-Passe unter diesen neuerdings der Grödener Sand-
stein, dann in der Gegend von Welschenoven der Porphyr hervor.
0 Zeitschr. f. Mineralogie, 1829, II, S. 751.
7oO S 11 e s s.
Die große Triasmasse des Schiern legt sich nun auf denselben, von
Grödener Sandstein an ihrem Fuße umgehen. Bei RasehÖtz erreicht
das Profil endlich den Nordrand der großen Porphyrdecke und unter
demselben wieder den erzführenden Casannaschiefer, der noch ein-
zelne isolirte Stücke der großen Porphyrdecke trägt. Die ßergbaue
bei Klausen gehören demnach demselben Gebirgsgliede an, wie jene
nördlich und südlich von der Cima d'Asta. Die Diorite von Klausen
zeichnen dasselbe hier aus.
Unter diesem erzführenden Schieferstreifen, den ich dem Ca-
sannaschiefer zuzähle, taucht, dem Gesteine wie der Lagerung nach
dem Granit der Cima d'Asta entsprechend, der Granitstreifen von
ßrixen hervor. Er ist auf diesem Profile als der nördliche Rand
jener selben großen Granitdecke dargestellt, welche im Süden als
das Gewölbe der Cima d'Asta hervortritt, und nimmt folglich in dem
Profile in tieferem Horizonte eine ähnliche Stellung ein, wie der
Nordrand der Puiphyrdecke bei Raschölz.
Mit wunderbarem Scharfsinne erkannte L. v. Ruch schon vor
sehr langer Zeit die „Correspondenz" der beiden weit von einander
entfernten Granitgehirge bei Rrixen und bei ßorgo, und verglich sie
mit den Rändern eines Kelches, welcher nach Nord und Süd das
Gebiet des rothen Porphyr's begrenze, ja er nannte sogar den Granit
der Cima d'Asta geradezu den „Granit des rothen Porphyr's" i);
auch neuere ßeobachter haben wiederholt auf die übereinstimmende
ßeschaffenheit der Gesteine in diesen beiden Gebirgen aufmerksam
gemacht -). Die Auffassung des Verhältnisses beider Granitmassen
zu einander, welcher ich in der heifolgenden Skizze Ausdruck geben
wollte, erinnert in ihrem wesentlichen Zuge, der Umwölbung einer
so gewaltigen Masse und ihrem unterirdischen Zusammenhange mit
einem zweiten ähnlichen Gebirgsstocke, an die Darstellung alpiner
Kernmassen, welche Desor in seiner geistreichen Schrift „über den
Gebirgsbau der Alpen" 3) geliefert hat. Ich glaube jedoch wenig-
stens im vorliegenden Falle annehmen zu sollen, daß der Granit
") Leonhaid, Mineral. Taschenb. 1824, S. 130, 382.
-) H iolithofen. Geogii. Beschr. v. Predazzo ii. s. w. S. 109, u. neuerdings in Nat.
Syst. of Voicanic Rocks in Mem. Calif. Acad. of Science, I. 1868. p. 43; eben so
Lapparent. Ann. des mines. 6 ser. VI. 1864, p. 2.1 1.
^) b". 186.1. S. 6. 7.
über Hie Xquivaienle des Rothliegendeii in lien Siiilalperi. 7öi'
jüDger als der größte Tlieil iler Steinkohleiiformation iiiul .selbst
eine gehobene Lagermasse sei.
Nördlich vom Granite von Brixen luigt graner, glimmeriger und
etwas graphitisclier Tlionscliiet'er, in welchem man vielleicht die
Äquivalente der anlhrazittührenden Stul'e zu suchen haben \n ird, und
am Eingange in das Sengertlial l)ei Manls erscheint, aus dem Hoch-
gebirge herabstreicbend, Kalkstein. Seine Richtung ist NW., und er
lallt 70" NO., also dem bisherigen Verflachen entgegen, indem er
sciion theilnimmt an der liier beginnenden Fiu'herbildung. Er zeigt
ausgezeichnete Schielernng diircli iJruck, die meisten P^lächen sind
w ie Rutsclitläclu'u gel'urohl, die Farbe ist blausch« arz, mit licht und
dunkler schatlirten, auch rothen und weißen Fai'benbändern i). Ser-
[lentin unil Amphibolgesteine linden sieh in losen Blöcken ; die
Tirolerkarte gibt sie höher im Gebirge als anstehend an. — Hier wäre
also das muthmaßliche Äquivalent des Kohlenkalkes.
Das iiäcbste Gebirgsglied ist Glimmersehiel'er : während der
Quarz in den vorhergehenden Schiefermassen in Schnüren oder
Knoten enthalten war, bildet er hier stärkere und schwächere tafel-
förmige Platten zwischen den Schichten. Anfangs fällt der Glimmer-
schiefer steil N. , dann stellt er sicli senkrecht und nun tritt gegen
das Sterzinger Moos der steile Sprechenslein vor, aus Gneiß bestehend,
dessen Flächen ebenfalls senkrecht stehen oder sehr steil S. einfallen.
Er gehört dem westlichen Ende der Tauern an.
Diese Voraussetzungen stehen auch im Einklänge mit den weiter
nördlich, besonders von P ichler am Steinacher Joche und von
St Otter längs der Südseite der Ötzthaler Masse gesammelten Beo-
bachtungen ä). Durch diese letzteren wurde festgestellt, daß dort der
ältere, erzärmere Glimmerschiefer durch einen langen Zug von Kalk-
stein getrennt wird von den Äquivalenten des jüngeren, erzreichen
Thonglimmerschiefers (Casannaschiefer.s}, dessen stellenweises Über-
gehen in Felsarten von altkrystallinisehem Aussehen Stotter zu-
gleich trefflich geschildert*hat s). In diesem Theile der Alpen ist ein
') Verhaiidi. d. geol. Reichsanst. 1867. S. 189.
2) Pichler, Beitr l. Geogn. Tirols . 18ä9, S. 12 u. folg. Pichler hal sich in
neuester Zeit den hier entwickelten Anschauungen über das geringe Alter des
Thonglimmerschiefers sehr genähert; Jahrb. XVIII, 1868, S. 43.
^) Vgl. auch Trinker. Crlaulerinigen, S. 30 u. folg.
790 S " e s s.
etwaiges Äquivalent des oberen Kohlenkalkes jiocli nicht mit Be-
stimmtheit bekannt, wenn man nicht etwa den Hangendkalk der Con-
fflomerate des Steinacher Joches dafür anselien will.
Bei dem gegenwärtigen Stande unserer Erfahrungen aus den
Alpen und bei der innigen Verwandtschaft, welche anerkannter Maas-
sen außerhalb derselben zwischen den höchsten Lagen der Steinkoh-
lenformation und den tiefsten des Rothliegenden besteht, darf man
die Frage, ob in den Alpen überhaupt eine scharfe Grenze zwischen
Dyas und Steinkohlenformatiün besteht, wohl der Zukunft überlassen,
und sich zufriedenstellen, wenn es vorerst gelingt, auf so schwieri-
gem Gebiete die Reihenfolge der Bildungen festzustellen.
Wollte man es versuchen, in dieser Richtung heute schon die
Vermuthungen etwas weiter zu treiben, so könnte dieß wohl nur
durch Untersuchung der Grenzregion des Casannaschiefers gegen die
auflagernde Gruppe des Verrncano geschehen, denn naclidem im mitt-
leren Theile des erzführenden Schiefers von Tergove schon Pflanzen-
reste der höchsten Abtheilungen des Steinkohlengebirges vorkommen,
dürfte kaum mehr wesentlicher Zweifel darüber bestehen, daß der Verru-
cano und die Porphyre dem Rothliegenden zuzufallen haben. Directe
Beobachtungen der Grenze selbst geben keinen besonderen Aufschluss.
Bei Lukau im Gailthale, wo Porphyr dem Schiefer unmittelbar auf-
ruht, sind nach Stur die Schieferstücke im Porphyr lagenweise
vertheilt, so daß der Porphyr als ein geschichtetes Gestein auftritt').
Hieraus läßt sich wohl höchstens folgern, daß zur Zeit des Porphyr-
Ergußes hier kein \ errucano-Conglomerat über dem Casannaschiefer
vorhanden war. Bedeutsamer sind die Angaben Es eher 's aus
Vorarlberg. Dort scheinen bei Rells die tiefsten Massen des rothen
Conglomeratgebildes ausröthlichen und grauliclien, sehr glimmerigen,
bald an Thonschiefer, bald an Glimmerschiefer erinnernden Gestei-
nen zu liestehen; nahe ob Vandans sieht man, nach diesem trefflichen
Beobachter, auch echten Glimmerschiefer auf mannigfache Weise ver-
zweigt zwischen rothem Schiefer und Conglomerat, das in diesem
Falle mehr krystallinisches als Sandstein-Gepräge hat a).
Für noch wichtiger halte ich die in so vielen Theilen der Süd-
alpen hervortretende Thatsache, daß dort wo Porphyr und Verru-
') Jahrb. VH, 1836, S. 421.
2) Es eher, Voiarlh. S. 29.
über die Äquivalente des Rothliegenden in den Südaipeii. 70 t
cano vorhanden sind, ihnen die Lagerstätten von Quecksilber ange-
hören, und dort wo diese beiden Felsarten fehlen, das Quecksilber
im oberen Tlieile des Casannaschiefers und in demselben eingeschal-
teten Kalklagen erscheint. Die Vergleichung der von ValTaita, Kersch-
dorf, Stockenboj, Pototschnik, Kappe), Idria und anderen Punkten
angeführten Beobachtungen scheint mir dies hinlänglich zu beweisen
und würde hieraus zu folgern sein, daß wenigstens an solchen Stellen
der höchste Theil des Casannaschiefers und der Kalksteine der Dyas
zufällt. Von Süd-Tirol ausgehend, sieht man gegen Ost den Porphyr
verschwinden, das Quecksilber aber hält an über weite Strecken.
Dieser Umstand hat mich veranlaßt, Angaben über das Auftreten
dieses Metalls in den östlichen Alpen zu sammeln, und das Ergebniß
ist das folgende.
Zunächst gibt es eine Anzahl von Punkten, welche der Flysch-
zone angehören und welche metallisches Quecksilber oder Zinnober
geliefert haben. Hieher gehören die Vorkommnisse von Poloneto
bei Spessa (unweit Gagliano) und von Cisgne bei Gravero in
derProvinzUüine i), im Norden die nach Flurl's Angaben«) metalli-
sches Quecksilber führende Quelle am Urfelde am VVallersee,
und weiterhin viele Stellen des Sandsteingebirges der Karpathen um!
Siebenbürgens, welche von F. v. Hauer und Zep harovi c h •)
aufgezählt worden sind. Mehrmals wiederholen sich namentlich in
diesem weiten Gebiete die Nachrichten von Quellen, welche zeitweise
metallisches Quecksilber führen. An einer Stelle, am Tihuthale
im nördlichen Siebenbürgen, erscheint Zinnober mit etwas Bleiglanz
und Blende in einem Gange von Kalkspath und Braunspath an der
Grenze des Karpathensandsteines und einer eruptiven Gebirgsart*).
Aus dem gesammten Gebiete der beiden Kalkzonen im Norden
und im Süden der Alpen kenne ich keine Angabe über das Er-
scheinen dieses Metalles, während es in derUnterlage dieser Gebirge
außerordentlich verbreitet ist.
Im Südwesten ist zuerst das Vorkommen von losen Stücken
einer zinnoberführenden Felsart am M. Muggio und am Cimone
1) F. V. Hauer, Jahrb. 1833, VI, S. 810 — 814.
2) Die Gebirgsform. der Churpfälz. Bair. Staaten, 1803, S. 19.
8) Mineralog. Lexieon f. d. Kaiserth. Österreich. 8", 1859, S. 274 u. 480.
*) Strippelm ann, Berg- u. Hüttenm. Zeitung, 1854, S. 137; Cotta, Jahrb.
1853, VI, S. 129.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LVII. Bd. I. Abth. 51
792 Suess.
di Margno bei Bellano au der Ostseite des Comer-See's zu nennen «).
Die Angaben Escber's über diesen Gebirgstheil, so wie das große
Profil Stopp an i's -), welches ebenfalls diese Höhen kreuzt, lehren,
daß gerade in dieser Gegend die Schieter unter dem rolhen Conglo-
merat hervorkommen. Stoppani machte sogar schon darauf auf-
merksam, daß hier wie bei Torri der Zinnober einen gewißen Hori-
zont zu bezeichnen scheine s).
Spuren von Zinnober traf Curioni in der Nähe des alten Klo-
sters von Pisogne in Val-Camonica in einem verlassenen Baue
auf Eisensteine, welcher tiefer liegt als jene Zone von Eisenerzen,
die unter dem Schiefer mit MyacFa^sueunis und NaliceUa costata
lagert *).
In Tirol trifft man zunächst auf ältere Angaben über das Vor-
kommen von Quecksilber in einem Bache bei Ter lau (NW. von
Botzen) und in einer Quelle bei Radein (zwischen Neumarkt und
dem Zangenberge) s). Beide Ortschaften liegen nahe der oberen
Grenze des Porphyrs gegen den rothen Sandstein; diese Vorkomm-
nisse neuerdings aufzusuchen würde um so wichtiger sein , als
sie wahrscheinlich die Fortsetzung des Auftretens im Val delle
Mo na che bei Sagron (unweit Primiero, hart an der venetianisehen
Grenze) bilden s), welches letztere mit der reichen und sehr nahen
Lagerstätte von Vallalta zusammenhängen wird. Es ist früher nach
den Beobachtungen von Trinker, Stapff und Rath gezeigt wor-
den, daß das Erz an dieser Stelle in dem Porphyr und über demsel-
'j Caiitu, Viaggio di Milano a Venez. S^, 183(5, |i. 440; Malaoarne e Polli,
Manuale di Mineral. 8". I8S7, p. 403 (wie es sctielnt nach Ciirionl's Angaben).
2) Studii geologici sulla Lomb., S». 1837, p. 167.
*) In Bezug auf das Vorkommen von Zinnober in siidliclieren Theilen Italiens sehreibt
mir Prof. Meneghini: ZuLevigliani in den apuanischen Alpen liegt derselbe in
krystallinischem Schiefer, bei Castelazara und an andern Orten in der Maremma
im Albarese, dem der Nummulitenkalk sofort aufliegt. Bei Torri sind es die
Schichten, welche Anthrazit und die Steinkolilenflora enthalten, welche zugleich
Zinnober führen. In allen Piillen zeigt er die Spuren eines späteren Eindringens
in diese Gesteine.
*) Sulla Successione norm, dei div. Membri del Terr. triasico ; 4'', 1853, p. 11 (aus
d. Memor. dell Istit. Lomb.). Der Horizont scheint jener der mächtigen rothen
Sandsteine und Conglomerate dieser Gegend zu sein.
*)Liebener u. Vorhauser, Mineral. Tirol's. S. 223.
«) Trinker, Erläut. S. 68, L i e bene r u. Vorh. S. 28!» ,.im Rothtodtliegenden"-
über die Äquivalente Hes Rothliegeiiden in den Südalpen. 793
bell Im Talkquarzit liegt, w ohei Eiiisclialtungen von rotliem Sandstein
(„Porphyi-sandstein") vorkommen.
In den krainerischen Gebirgen tauebt wieder an mehreren
Punkten dasselbe Metall auf. In Idria liegt, wie mehrfach gesagt
wurde , das Erz unter dem rothen Sandstein in einem Wechsel von
Kalk und Schiefer, und ist die Verschiedenheit der Gesteine vor
Allem der Abwesenheit des Porphyr's zuzuschreiben. An diesen be-
rühmten Punkt schließen sich die Funde von Zinnober zu St. Tho-
mas bei Laak und unweit davon im Hrastenzagraben bei
St. OsMald'), so wie das Vorkommen von Spuren von Zinnober in
den Bleierzen zu Knappousche bei Laak 2). Die Umgebung von
Laak bildet auf diese Weise gleichsam ein Bindeglied zwischen Idria
und dem mehrfach erwähnten Bergbaue bei demPototschnik-Bauer
am Loibl, welcher bald unter dem Namen St. Anna am Loibl, bald
als der Bau von Neumarktl angeführt wird. Hacquet, nach dessen
Angabe man von Idria aus an dieser Stelle bis zum Jahre 1772 Berg-
bau trieb, nennt s) ein Schiefertlötz zwischen Kalkstein, Lipoid*)
dagegen ein eingeschaltetes KalkHötz als das hauptsächliche erzfüh-
rende Mittel. Weiter in Ost liegt der aufgelassene Bau in der
Kotschna bei Vellach, angeblich in Kalkstein 5).
Es folgt nun jener Zug von Zinnober- und Quecksiiberschürfen,
welcher von Kerschdorf bei Bleiberg an in östlicher Bichtung
über Waidisch und Kappel bis in das Loppeinthal fortsetzt;
die Punkte bei Kerschdorf und Kappel, welche ich gesehen habe,
liegen nahe unter dem Grödener Sandstein. Nördlich von der vorlie-
genden Triaskette befinden sich im selben Horizonte die Baue von
Stockenboj (Buchholzgraben), vielleicht auch die Vorkommnisse
von De Mach im oberen D rau thale e); dieser Ort liegt, wie
1) „Nester bildend zwischen Werfenei-- und GaiMhaler-Schiefer" sagt f>ipold,
Jahrb. 1856, Vlll, 211.
•) Im Gailthaler-Schiefer nach Lipoid eb. das.
^) Oryctogr. Carniolica. I, S. 31.
*) Berg- u. Hiittenm. Zeit. 18o3, III, S. 364—366. Über die von Boue angeführte
Stelle „im Oudigraben am Fuße des Bielapietseh" ist mir nichts v^eiter bekannt
geworden. Prov. Illyr. p. 66.
5) Lipoid, Jahrb. 185o, VII, S. 374.
*) „Auf Klüften eines grauwackenartigen Gesteins", Rost hörn u. Canaval, S 59.
51°
794 S .. e s s.
Stockeiiboj , kiiapj» am Nordriuidc (It-r TriaskeUe, welche hier (his
Drauthal vom Gailthalc trennt.
Norflöstlieh von diesen beiden Punkten Idigeii die Funde im
grünen Schiclei' der Rotrasten bei Reiclienau zwischen R ei-
che na u und den» Turrachsee und am Turrachsee selbst,
welcher letztere nach Rolle wahrscheinlich in den Horizont des
Kupferbaues und jedenfalls über jenen der Flora dei- Stangalpe fällt.
Weit im Südosten linden die kraineriscben Vorkinnmnisse ijire
Fortsetzung bei Csubar in Croatien und noch weiter in den Rergen
von Inatsch bei Kreschevo und an anderen Punkten Bosniens. —
Nach den früher mitgelheilten Angaben glaube ich nun folgern zu
dürfen, daß in diesem weiten Gebiete nur zwei Quecksilber- oder Zin-
nober-führende Horizonte mit Bestimmtheit bekannt sind. Der erste
lallt dem Flyscb in den venetianischen Südalpen zu und ihm entspre-
chen andere Vorkommnisse in der nörtilicheii Flyschzone der Alpen
und der Karpathen. Der zweite Horizont, welcher weitaus bedeu-
tender ist, liegt unter den Äquivalenten des Grödener Sandstein's:
in Süd-Tirol , wo Porphyre und die Gesteine des Verrucano diesen
Horizont auszeichnen, fällt er diesen zu; im Osten, wie bei Idria, wo
solche rothe Gesteine fehlen oder zurücktreten, erscheint dasselbe
Metall in Sedimentärgesteinen von anderer Beschaifenheit aber wahr-
scheinlich gleichem Alter. Dieser Horizont wird wohl der Dyas
zufallen.
Ich wende mich nun zu den Nordalpen.
In den Nordalpen, aus welchen das angebliche Vorkommen am
Wall er See in der Flyschzone bereits erwähnt wurde, ist mir,
wie gesagt, auch nicht ein einziges Vorkonmien von Zinnober oder
Quecksilber innerhalb des ausgedehnten Gebietes der Kalkalpen be-
kannt, während wieder längs ihrem Südrande, in den oberen Theilen
des paläozoischen Gebirges, im Thonglimmerscbiefer der Tiroler
Geologen, nicht wenige Funde bekannt sind. Im Westen beginnend,
erwähne ich zuerst ein zweifelhaftes Vorkommen von gediegen Queck-
silber am Gundelatscher und am Tafamont-Berg, östlich und
westlich von Gaschurn im Montafonthalei). Im Oberinnthale kennt
man zwischen Serfaus und Ladis Zinnober und Quecksilber mit
<) Schmidt, Vorarlberg, Ber. an den geogn. mont. Verein, S. 33, iS'ä', Zepha-
rovich, Min. Lexik. S. 273.
über Hif Ä(|iiiv:ileiilH iles Kntlilif gfiiHcii in dpii Siidalpi-ii. V 9o
Fahlerz im Quarzschiefer') iintl Trinker erwähnt einen aufgelasse-
nen Bau der Gew erkschal'l von (i a n t im 0 h e r i n n th a I e auf Queck-
silherfalilerz an der linieren (Frenze des rothen Sandsleins-).
Weiler im Oslen erselieint hei Schwaz Zinnohei- und Queck-
silberfahlerz wieder und wurde Qiieeksilher früher als Nehenproduct
gewonnens); Pichler hat kürzlicii gezeigt daß der erzführende Kalk
von SchMaz nahe unter dem Quarzconglomerate liegt, welches man
bisher als das älteste Glied des bunten Sandsteins ansah*). Immer-
fort im selben Streichen liegen die «eiteren Punkte, welche man aus
diesem Theiie der Alpen anführt, und zwar der Salvenberg und
die Brunnalpe im Brixe n th al e -«j , Gebra am Pillersee^),
dann auf salzburgischem Ge])iete die ßergbaue des Leogangtha-
les, in welchen man in älterer Zeit Quecksilber, Zinnober und Amal-
gam bei S ch war zleo gang, in der E ras mus grübe und in der
Grube Vogelhalde traf 7). Nöggerath führt aus dem Leogangthale
Zinnober in Quarz, der mit Talk verwachsen ist, an. Dabei bleibt zu
bemerken, daß Peters nahe im Osten, und zwar bei Hüttau im Lar-
zengraben, zwischen dem rothen Sandstein und dem erzführenden
Scliiefer einen grürdichgrauen schiefrigen Quarzit mit Glimmer-
schüppchen traf, welcher dem Talkquarzit des Verrucano entsprechen
wird**). Daß der Horizont der ßergbaue von Fjeogang mit jenem der
Baue von Schwaz nahe zusammenfalle, darf man nach den vorliegen-
den Angaben«) als höchst wahrscheinlich annehmen.
') Im Gebiete des Thonglimmersehiefers ; Trinker Erläut. S. 4S ; Stotter in
Pichler 's Beitr. S. 124 h. folg.
-) Erläuterungen, S. 68.
3) Nöggerath, Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenwes. im pi'euss. Staate, X, 1862
S. 387.
*) Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst. v. .31. .luli 1867, S. 236; u. .Tahrb. XVll/,
1868. S. 43.
5) Seh roll in Mo 11 's .lahrh. f. Berg- u. Hüttenkunde, I, 1797, S. 144.
•>) Im Tliongliinmerschiefer , Trinker, Erlüut. S. 4ö . 30, Li ebener u. Vor-
haus er, Min. Tyrol's , S. 223; nach Hauer u. Foetterle, Geol. Übers, d.
Bergbaue d. öst. Monarch., S. 84 mit Kupfernickel im Spatheisensteinbaue.
7) Schroll a.a.O. S. 144; Zepharovich, Min. Lexik. S. 273 ; Nöggerath
(Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenwes. im preuss. Staate, X. 1862. S. 387).
8) .lahrb. V, 1854, S. 120.
^) z.B. Lipoid. Der Nickelbergbau Nökelberg im Leogangthale. Jahrb. V, 1834.
S. 148 — 160. Im Maunsfeld'schen liegen die Nickelerze im Kupferschiefer. Vgl.
z. B. II äiiiiiler, Zeitschr. deutsch, geol. Ges. IX, 1837. S. 25—50,
79ß Siiess.
Zweifelhaft bleiben zwei siidlicb von dieser Linie fallende An-
gaben. Im Scbmidtenthaie im Piiizgau „soll" nach Sehr oll
Quecksilber gefunden worden sein, und Ehrlich bericbtet, daß im
Jahre 1814 nach einer Relation des IJergrathes Mielichbofer am
westlichen Gehänge des Groß - Arif h ales , 1 1/, Stunden von
St. Johann in geschichtetem Kalk ein Versuchsbau auf gediegen
Quecksilber beantragt worden sei <)•
Auch noch weiter im Osten sind zwischen der Mittelzone und
der Basis der Triasformation mehrere Fundstellen von Quecksilber
bekannt. Schladming wurde in früherer Zeit als eine solche ge-
nannt 2). Eine Anzahl von Angaben, liegt in Bezug auf die Gegend
nördlich vom Paltenthale vor; man nennt nämlich als Fundorte
Johnsbachs) (nordöstlich von Dittmannsdorf), Zölz am Südab-
hange des Reichensteins, wo ein schwacher Bergbau in Grauwacken-
kalkstein auf den eingesprengten Zinnober betrieben wird*), in
der Radmer auf Brauneisenstein 5), Reiting am Ostabhange des
Reichensteins bei Eisenerze), den Polsterberg'?), endlich den
Spatheisenstein des Erzberges bei Eisenerz selbst 8). Diese
reiche Lagerstätte habe ich selbst auf Grund der von Stur mitge-
theilten Versteinerungen aus den liegenden Schichten und aus einem
Kalkstein , welcher entweder der Lagerstätte oder dem Liegenden
angehört, für jünger als die untersilurischen Erze Böhmens, zu-
gleich aber wie mir jetzt scheinen will mit zu großer Bestimmtheit,
für obersilurisch erklärt 9). Die nächste Veranlassung hiezu war das
Vorkommen von Schwanzschildern einer nicht weiter bestimmbaren
Art von Brouteus; das Erscheinen eines ganz ähnliehen bronteus-
führenden Kalksteins in der Gegend von Villacii und zwar in einer
Region, Melche, wie es scheint, der Steinkolilenformation zufällt, so
1) NordösUiche Alpen, 8" Linz, 1830; S. 83.
2) Anker, Mineral, v. SteieiniHrk. S. 13.
3) Kopetzky, Mineral. Steierm.
*) Hauer II. Foetterle, geol. Übers, d. Berg-haue d. östl. Monarchie. S. 38.
*) Anker, Mineralog. v. Steyermark, S. 13.
6) Häuer, Jahrb. I, 1850, S. 31.
'■) Anker, a. a. 0. S. 13.
8) Haner eb. das.; S f li o u p p e. Jalirb. II. B. KS.'il. S. 1Ö6 : Haner n. Foetterle
a. a. O. S. .')2.
•) Jahrb. XV, 186j. S. 273.
über Hie Ä(|uiviileiilt' iIcs Kullilif^eiideti in deu Siidalpeii. ivi
wie die nahe Überlageniiig des Erzlagers durch den rotlieii Sand-
stein, von welchem es nach Stur nur durch das wenig mUchtige
Grenzconglomerat getrennt ist, scheinen mir aber eine nochmalige
eingehende Untersuchung dieser Gegend wünschenswerth zu machen.
Auch noch weiter im Osten hegleitet Zinnober den Spatheisen-
stein am Altenberge (N. von Kapellen bis Neuberg) und in
Niederösterreich bei Kleinau (W- von Hirschwang) ').
Man kann daher behaupten, daß die vielfach (z. B. von Hauer
und Foetterle a. a. Orte, S. 78) als ein zusammenhängendes Glied
der obersten Zone der sogenannten Grauwackenbildung von Schwaz
in Tirol bis Reichenau in Niederösterreich ausgeschiedene Kette
von Spatheisensteinvorkommnissen an vielen Stellen von Quecksilber
begleitet ist, welches folglich hier eben so nahe unter dem rothen
Sandstein auftritt, wie in den Siidalpen.
Zum Schluüe ist noch das Vorkommen von Zinnober im Becken
von Rein (NO. von Gratz), im Gebiete der devonischen Formation
zu erwähne'i; man nennt hier insbesondere einen aufgelassenen Bau
bei Pachernegg und die Seh neider höhle bei Gradwein^).
Sieht man nun von den vielen Quecksilbervorkommnissen der
Karpathen ab, von welchen namentlich jene von Dobschau denen
der Südalpen sehr ähidicii zu sein scheinen s), so ergibt sich als
allgemeines Ergebniß für die Alpen:
1. daß es einzelne Vorkommnisse von gediegen Quecksilber im
Flysch gibt,
2. daß aus der Kalksteinzone der nördlichen, wie aus den ent-
sprechenden Gebieten der südlichen Alpen, noch kein Vorkommen
dieses Metalles bekannt ist,
3. daß eine große Anzahl zum Theile sehr reicher Stellen im
Süden unter der unteren Grenze der Trias, sei es im Porphyr, oder
in den Talkquarziten und rothen Gesteinen des Verrucano, sei es
wo diese fehlen, in den höchsten, zuweilen Kalkflötze führenden Ab-
theilungen des sogenannten Grauwackenschiefers bekannt sind, und
1) Hauer u. Foetterle, a. a. 0. S. 79.
3) Anker, Mineral, v. Steiermark, S. 13 ii. Darstellung d. Gebirgsverhältnisse,
S. 59. Moriot, Erläut. z. VIII. Sect. der Generalstabskarte, S», 1848, S. S5 ;
Andrae, Jahrb. V, 1854, S. 549, 563.
2) Vgl. Cotta in Bornemann u. Kerl, Berg- u. Hiittenm. Zeitschr. 1861, S. 151;
Andrian, Jalirb. 1859, X, S. 554 u.
798 S u e s s.
daß auch in den Nordalpen in dem obersten Tiieile der sogenannten
Grauwaekenzone an vielen Steilen Zinnober oder Quecksilber vor-
kömmt,
4. daß bei Rein, am östlichen Rande der Alpen, einige spär-
liche Vorkommnisse in der devonischen Formation bekannt sind, und
5. daß in den Gesteinen der Mittelzone dieses Metall noch an
keiner Stelle mit Sicherheit nachsrewiesen ist.
Bei der weiteren Erörterung der Frage, ob der obere Theil des
Casannaschiefers schon dem Rotbliegenden zulalle, wird man ferner
die Thatsaehe nicht aus dem Auge lassen dürfen, daß ein sehr großer
Theil der außeralpinen Quecksilbervorkommnisse in Deutschland dem
Rotbliegenden zufällt.
In Böhmen, wo die reicheren Funde allerdings untersiluri-
schen Schichten angehören, ist in neuerer Zeit durch Re uß auch
ein Fund von Zinnober im Rothliegenden bekannt geworden, und
zwar bei Hiittendorf, südlich von Hohenelbe, wo er als Anflug mit
Malachit auf einem dem Rothliegenden angehörigen, grauschwarzen,
bituminösen Schiefer vorkömmt ').
In 0 b e r - S c h I e s i e n traf man nach H u j s s e n ' s Angaben s)
in einem Stollen am Schäferberge zwischen Heunsdorf und Got-
tesberg — welcher in dem zum Rothliegenden gehörigen Theile des
K(dilengebirges angelegt ist und mit seinem Ende im Porphyr steht
— 30 Lachter vom Miindloclie Quecksilber in einem lockeren blau-
giaucn Thonsteiii, der weiße Kaolinpartien porphyrartig einschließt.
In der Pfalz gehören die berühmten Vorkommnisse von Mün-
ster-Appel, M osche I-Lands berg u. s. w. derselben Forma-
tion an. Ich beschränke mich darauf, die specielle Abhandlung Gü m-
bel's über diese Vorkommnisse"-), dessen letzte Eintheilung des
Rothliegenden jener Gegend *) und die neueste Arbeit von Las-
peyress) anzuführen.
') Reuss, Lotos, 1836, VI, S. 118.
'^) 4l8ter .Jahresber. der Scliles. Gesellsch. f. vHterl. Cultur, Breslau, 1864, S. .SO.
^) Üb. d. Quecksilbererxe d. Pfalz, aus d. Verh. d. iiaturf. Ver. d. Rheinl. u. Wesipli.
*) Geogii. Verhältri. d. Pfalz. 8«. München, 1860 (ans d. Bavaria. iV. Rd. S. 14—81
II. 48.
*) Kreuznach u. Diirkhfini :i. d. Hardt. Zeitsclir. deutseh. gpol. lies. 1867. XIX,
S. 803 — 92'i.
über die Äquivalente (l<;,s liothlifgeiidcn in ileii Siid:il|iPn. ( 99
Giimbel trennt vom echten Kohlengebirge eine mächtige
Gruppe von Schichten als „Üherkolilengehirge" oder „Supra-Car-
bonschichten" (auch Schichten des Acnnthod. gracilis) , welche in
der Flora der tieferen Regionen noch eine große Übereinstimmung
mit der unterliegenden Steinkohlenformation zeigen soll , während
erst allmälig gegen oben die Annäherung an die Flora des Rothlie-
genden hervortritt, die (wohl allseitig zum Dyas gezählten) Reste
von Archegosaurus Decheni, Actmthodcs gracilis u. A. aber schon
in dem tiefsten Gliede der Supra-Carbongruppe, den „Höchener
Schichten", sich zeigen. Diese Höchener Schichten umfassen ferner
die meisten Quecksilbervorkonininisse (Potzberg, Moschellandsl)erg
u. s. w.); an einigen Stellen tritt das Erz im Melaphyr, an anderen
im Porphyr auf (S. 48).
Etwas verschieden hievon ist die jüngst von Laspeyres ge-
gebene Eintheilung, doch stimmen die für die Vergleichung wichti-
gen Angaben ziemlich überein. In dem obersten Theile der Stein-
kohlenformation (Ottweiler Schichten) werden schon Spuren der
organischen Welt der Dyas {Walchia jjinifortnis u. A.) angeführt;
über denselben nennt dieser Beobachter zunächst die „Cuseler
Schichten" als Unter - Rothliegendes, dann die „Leb ach er
Schichten" als Mittel-Rothliegendes, endlich das Ober-Roth-
liegende, oderRothliegende Dechen's, d.h. die rothen Sandsteine,
Conglomerate, Porphyrtrümmergesteine u. s. w. , welche man von
jeher mit diesem Namen zu bezeichnen pflegte. Die größte Masse
der Porphyre und Melaphyre erscheint dabei in der Form von Ober-
flächenergüßen zwischen dem Mittel- und Ober-Rothliegenden.
Zinnober und Quecksilber werden aus den Cuseler und Lebacher
Schichten und aus den Eruptivgesteinen, dann insbesondere von der
Grenze der letzteren gegen die sedimentären Bildungen angeführt
(S. 826).
Alle diese Umstände scheinen darauf hinzudeuten , daß in der
Pfalz das Quecksilber genau in denselben Beziehungen zum Roth-
liegenden und zum Porphyr stehe, wie in den Südalpen ').
V) Die Erze von Alma den Knden sich nach den ausführlichen Angaben C. de Pra d o "s
(Bull. soc. geol. ISO."». XII. p. 200 — 204) in sihirischen u. devonischen Si'liichlen.
jedoch unter Anzeichen eines späteren Eindringens in dieselben. Zur Ermittlung
des «ahren Alters der Erze theilt Prado mit, daß man bei Chillon (unweit von
800 Suess.
5. Der Verrucano. Dieser Saminelname umfaßt auch nach
Abzug- jener Quarzconglomerate, welclie die anthrazitführenden
Schichten der Steinkohlenformation hegleiten, in der Weise, in
welcher er heute in Gebrauch steht, noch ziemlich verschiedenartige
Bildungen. Studer, dessen Meisterwerk bis zum heutigen Tage
den hesten Ausgangspunkt für ähnliche Vergleichungen bietet, unter-
scheidet i):
1. Verrucano, nämlich grünliches oder röthliches Quarzcon-
glomerat, häufig mit Talk.
2. Quarzit, als Talkquarzit sich anscliließend an den talkigen
Verrucano, auch Glimmer aufnehmend imd durch die Entwick-
lung von Feldspath übergehend in Gneiß.
3. Roth er Sandstein, kirschrothe, rauhe, sandige Thon-
schiefer bis dunkelrother Sandstein, Zuweilen auch grüner oder
rother Sandstein.
Diese selben Gesteine reichen weit in die österreichischen
Alpen herüber. Das Quarzconglomerat insbesondere erscheint durch
Vorarlberg und Nordtirol hin unter der Triasformation und seine
Identität mit den Schweizer Vorkommnissen ist daselbst von Es eher
anerkannt worden 2); es reicht, streckenweise unterbrochen, bis
in das Ennsthal herüber und erscheint noch im Salzburg'schen,
bei Hüttau im Larzengraben, der grünlichgraue schiefrige Quarzit
an seiner Stelle, zwischen rothbraunem Sandstein und erzführendem
Schiefer s).
In Bezug auf die Formation, welclier diese Gebilde zuzuschrei-
ben seien, herrscht beiläufig dieselbe Verschiedenheit der Meinungen,
wie in Bezug auf das rulhe Conglomerat, welches in Spanien unter
der Triasformation erscheint, an entfernten Stellen, wie bei Sevilla
Almaden) an der Grenze des silurischen Sandsleins gegen eine durchbrechende
Masse von Melaphyr auf gediegen Quecksilber gegraben habe, läßt jedoch Zweifel
darüber, ob sich das Metall an dieser Stelle auf ursprünglicher Lagerstätte befand.
Übrigens hat man in Spanien auch Quecksilber in Begleitung der Kupferer/.e des
„Rodeno" unter der Trias gefunden (Ezquerra d. Bajo b. Trautschold, Bull,
soc. Mose. 1858, sep. p. 49).
') Geologie d. Schweiz, I, S. 413.
2) Geol. Bemerk, üb. Vorarlb. 4°, S. 29 u. a. a. (».
") Peters, Jahrb. 18j4, V, S. 120. Lipoid hat die hieher gehörigen Gesteine
des Leogangthales sehr genau unter dem Namen „schiefrige Grauwacke"
beschrieben. Eb. das. S. 153 u. folg.
Ülier die Äquivalente des Rotliliegerideii in den Siidalperi. oOl
und bei Cuen^a, Kupferlagerstätten enthält, und „Rodeno" ge-
nannt worden ist, Verneuil liat es bisher nicht gewagt, dasselbe
als einen sicheren Vertreter des Rothliegenden anzusehen i) , wäh-
rend Jacquot es mit Bestimmtheit als ein Glied der permischen
Formation deutet 2).
Die letztere Ansicht hat für die Alpen, wenigstens in Bezug auf
das Quarzconglomerat (Sernftconglomerat), in neuerer Zeit immer
entschiedenere Vertretung gefunden, so durch Tröger für die in
Verbindung mit demselben auftretenden Kupfererze des Canton's
Glarus 3) und durch Osw. Heer*). Theobald, dessen ausgedehnte
Arbeiten in Graubünden für Süd-Tirol zunächst in Betracht kommen,
stellt einen Theil dieser rothen Gesteine als bunten Sandstein zur
Trias . während er den übrigen Theil als Rothliegendes oder Stein-
kohlenbildung ansieht s). Die Trennung der Gruppe erweist sich
auch für unsere gesammten Südalpen als eine naturgemäße. Der
rothe Grödener Sandstein, welcher den obersten Theil der
rothen Gesteine in Süd-Tirol ausmacht, setzt sich zwar mit wech-
selnder Mächtigkeit, doch mit vollkommen gleichbleibenden Merk-
malen durch Tirol, Kärnthen, Krain und Süd-Steiermark bis Croatien.
wahrscheinlich bis nach Bosnien fort. Porphyrgerölle erscheinen
zuweilen, häufiger Gyps. Seine Feuerbeständigkeit zeichnet ihn an
vielen Punkten aus; bei Triesen in Vorarlberg werden wie bei Kundl
(unweit Rattenberg) im Innthale, bei Bleyberg in Kärnthen und an
anderen Stellen aus demselben Gestellsteine für die Hochöfen ge-
wonnen; dieses Merkmal hat er z. B. mit dem Rothliegenden des
Juragebirges gemein, welches ebenfalls Gestellsteine liefert. Im All-
gemeinen erinnert das Aussehen, namentlich der leichteren Varie-
täten, anVogesen-Sandstein, wie E seh er hervorhob«), und wie mein
1) z. ß. Comptes rend. 29. Aug. 1864, t. LIX u. Carte geol. de l'Espagne.
2j Note sur l'existence du terr. perniien en Espagne. Ann, d. .Mines, 1866, VI. ser.
IX, p. 403 — 40.5. Eine eingehende Schilderung trifTt man bei Lujan, Estud. &
Observ. geol. lelat. a terren. de la prov. de Badajoz, Sevilla etc. 4" Madrid, 1850,
p. 39—42.
3) Berg- u. Hüttenm. Zeitung. 1860, S. 303. Zeitsehr. deutsch, geol. Ges. XIV.
1862, S. Ö20— 524.
*J Irwelt d. Schweiz, S". 1863, S. 33.
5) Geolog. V. Graubünden. 4", 1864, II, S. 44.
*) Geol. Bemerk, üb. Vorarlberg. S. 29.
802 su-ss.
Führer am Podpletspliam, Ht^rr Conraetz, oftmals mit Recht
betonte.
Es ist daher auch meine Meinung, daß man den Grüdener
Sandstein als ein selbständiges Glied aufzufassen und nicht nur von
den älteren, sondern auch von den autlagernden hijheren Schichten
abzutrennen hat, wie dies z. B. die V'erfasser der Tiroler Karte und
insbesondere Trinker, von jeher gethan haben.
Eine andere, und für den Augenblick schwer zu beantwortende
Frage ist, oh man dieses Glied der Trias oder der Dyas zuzutheilen
habe. Die Thatsachen, welche bei uns für die Einbeziehung des-
selben in die Trias oder gar für die Vereinigung des Verrucano mit
dem Werfener Schiefer geltend gemacht worden sind, wie die Auf-
findung eines Exemplars von Turbo rectecostatiis im unteren Theile
des rothen Sandsteins bei Frain i) und das angebliehe Erscheinen
eines Exemplars von Naticella cosfatn nahe an der unteren Grenze des
Verrucano am Monte Ponteranica ^j konnten mich schon darum nicht
von der Richtigkeit einer solchen Vereinigung überzeugen, weil diese
beiden Conchylien in den Südalpen in der Regel nicht einmal der
tieferen Abtheilung der Werfener Schichten (Schichten von Seiss,
Richthof), sondern der höheren (Schichten von Campil) angehören.
Von großer Wichtigkeit für die Entscheidung dieser Frage wäre
Escher's Entdeckung von Pflanzenresten des bunten Sandsteins
(Aethophiillnm speciosnm . Voltzia heterophylla) im Regoledo-
thales), wenn nicht auch diese über der Hauptmasse des rothen
Sandsteins lägen.
Je Iteständiger nun die ßeschatTenheit des Grödener Sandsteins,
um so mannigfaltiger ist jene der unter demselben und über dem
Casannaschiefer liegenden Gruppe.
Um sich einen Üherblicrk ihrer Abänderungen zu schaffen, muß
man einzelne Th«'ile der Alpen für sich betrachten.
Eine erste Region bildet die Gegend um die großen Porphyr-
ergüsse von Rotzen. F. v. Hauer hat*) ein lehrreiches Bild der
Zone von Verrucanogesteinen entworfen, welche vom Lago Maggiore
1) Smr. .lahrl). 185.i, IX, S. 33«.
2) Kedreghini liei llüuer, .I«hrb. 1838, IX, S. 460.
3) Geol. Bemerk, üb. VoiHrll). S. 68.
*) Jaliil». l,S."i8. IX, S. 4.''.7— 463.
über die Ävie ich mir nicht verhehle, ein großer Theil der
sich aufdrängenden Fragen noch ohne Antwort bleibt.
Si.nCs- .SlMl.il|irii
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k'urSiiilz
IJs.i.kiibJWl.-m,!,!
lif^'i 1 ' 1
Jdeales JOronivon^uri-Trrol,
t'Klo'l' %
öOo V. Etti II n-sliausf II
Putitca Protohiiy.v (ioepp. , Quercus Godet'i Heer. Nyana oho-
vdtd \Vis jetzt der tongrischen Stufe aiisscliließlieli zu. Von
diMi der tongrisehen und a(|iiilanisclien Stufe gemeinsch.'jftijchen
.Arten kamen liier Üiyii/u/i)ti(/<'s f/a/tksuu'/h/l(( Uevv, />. acuminata
Ung. sp. und J^nhintlohliDii so/zklauinii l'ng. zum V'orselieine. Zu
den in oligor;uu*n Flin-en vm-lierisclicnd verbreiteten Arten geboren ;
Podocinpiis eocenica Ung., i'oryluH insiynis Herr, Quercus fni-
ri/iervis i{ossm. sp., Laurttfi pritNif/enia Ung., CiHHUHioMum /.a/i-
ceoliUnm Ung. sp. , C. liosattHn'ss/eri Heer, C. specfuhi/e Heer,
SunffäniH ac/iero/äicum Kit., ßnnksia Vngeri Ett., Cmchonidinm
bili/ticum Ett., Aiidromedii protofpicdX] w^., CasfiiaPhaaeoUtes U n g.
Uezüglich der Sebilderung der geologiscben V^erbältnisse von
Kundorten fossiler Pflanzenreste im (Jebiete der älteren Wetterauer
Hraunkoblenlormation verweise icb auf Ludwig's Abbandlung.
JJie Melirzalil d(;r oligocänen Arten kommt in Münzenberg vor,
welMialb ieli diese Lo(;alität für älter annehme, als die übrigen
Fundorte.
Aueli dürflen die Verschiedenheiten, welehe sieb bei Ver-
gleiehung der beiden artenreichsten Localtloren von Münzen berg
und Salzhausen in aulVallender Weise bemerkbar machen, am
besten in einem zwischen diesen Floren bestehenden Altersunter-
schiede ihre Erklärung finden. Sie bezeichnen eben die Veränderung
der vorweltlichen Flora der Wetterau in der aijuitanischen Zeil.
Während die Flora von Münzenberg ihrem Charakter nach mit der des
Polirschiefers von Kutscblin übereinstinnnt, nähert sich die der Blät-
terkohle von Salzhausen mehr der Flora des plastischen Thones und
des Hrandschiefers von Bilin. in Münzenberg sind die Proteaceen
und ajkdere Pflanzen formen der neuholländischen Flora durch eine
grö(J>ere, die Uupressineen, .\bietineen, Ulmaeeen, Juglandeen durch
eine geringere Arienzahl vertreten. Die 'rro])enformen der aquitani-
schen Stufe sind hier dun;!) die Gattungen Lyyodinm, Mtisophyllum,
Ataliophyllaiii und Caesalpinui vermehrt. In Salzhausen kommen
diese Tropenfornien reichlichei- vermengt mit .\rten vor, welche der
Die fossile Flora der ültereii Bniuiikolileuroniiatioii der Wetterjiii.
809
wärmeren gemäßigten Zone entsprechen. Endlich treten an letzt-
genannter Lagerstätte hereits einige Arten auf, die den Floren der
Lausanne- und der Öningerstufe angehören; sie sind in der nachfol-
genden Zusammenstellung besonders liervorgehohen. Oh auch die
(ihrigen Verschiedenheiten der genannten Localtloren dem Knlw ick-
lungsgange der Vegetation während der aquitanischen Epoche zuzu-
schreihen sind, muß noch dahingestellt bleiben.
MüQzenberg.
Filices 7, durunter Lygodium Gaudini.
Muüophyllum 1.
Palmae 2.
Cupressineac \.
Ahietineae —
Mtjricuceae 3.
Betulaceae —
Cupuliferae 11.
Ulmacene 2.
Artocarpeae 1.
TAquidamhar —
Salicineae 4.
Laurineae 7, darunter 5 Cinnamo-
micm-Arlen.
Santalaceue —
Daphnoideae —
Piotcaceae 7.
Apocijnaceae 1.
Myrsineae —
Ampelideae —
Saxifragaceae 1.
Magnoliaceae 1.
Bombaceae —
Acerineae 4.
Malpighiueeae —
Sapindaceae 2.
Pittosporeae —
Celastrineae 2.
Rhamneae 2.
Juglandeae 4.
Atiacardiaceae 1.
Myrtaccae —
Leguminosae 2,
Eutschlin a. Kostenblatt bei Bilin.
Filicesl, darunter eine Loinuriopsis-A.
Miisaceae 2.
Palmae 2.
Cupressineae 2.
Ahietineae 2.
Myricaceae i .
Betulaceae —
Cupuliferae 2.
Ulmaceae 1.
Artocarpeae —
Liquidambar —
Salicineae 3.
Laurineae 19, darunter 6 Cinnam.-A.
Santalaceae 2 (Leptomcria).
Daphnoideae 2.
Proteaceae 11.
Apocynaceae 4, darunter Apocyno-
phyllum pachyphyllum.
Myrsineae 9, darunter Myvsine Dury-
phora.
Ampelideae (Cissus) 2.
Saxifragaceae 7.
Magnoliaceae 3.
Bombaceae S.
Acerineae 1.
Malpighiaceae. —
Sapindaceae 11.
Pittosporeae 1.
Celastrineae 14.
Rhamneae 10, darunter Pomaderris.
Juglandeae 2.
Anacardiaceae 3.
Myrtaceae 6.
Leguminosae 17.
52*
310 V. R 1 1 i II g s li a 11 s e n.
Blätterkohle von Salzhausen.
Filices 3.
Smilax f/rundifoliii.
Palinae 3.
Cupressineae 5, darunter Gli/ptoulro-
btis enropueun.
Abietineae 5, darunler Piniit< nyins.
M;/ricaceue —
BetulaceuH 5, dHruiiter li. pri-sm.
Cupiiliferae 8.
Ultnaceue S, darunter U. Lonyifulia.
Artocarpeae 1.
Liqiiidamhur 2.
Salicineae 4.
Laurineuc. 9 heschriebenen Reste, deren
organischen Ursprung überhaupt ich in Frage stelle. Da auch keine
Abbildung derselben gegeben A\urde, s(t habe ich sie aus dieser
Flora gestrichen.
hCben sn muß ich Anstand nehmen, die im Thonsteine von Mün-
zenberg und im Eisensteine von Rockenberg vorkommenden als
Nontoc prologaciim bezeichneten Reste ([judw. I. c. S. 48) in
unsere fossile Flora au tV-u nehmen.
Kleine Hohlräume zwischen Schichten mit Blätterabdrücken
habe ich an den von mir untersuchten Lagerstätten fossiler Pflanzen
oftmals gesehen, auch solche, wie sie Jjudwig besclu'eibt und für
den Noaloc protogaeum in Anspruch nimmt. Wenn ich aucb an-
nehme, daß diese Höhlungen durch das N'erscliwinden irgend eines
organischen Einschlusses entstanden sind, so kann ich bier keinen An-
haltspunkt finden, um daraus auf eine vorweltliche Pflanzenart zu
schließen.
Ord. Characeae.
fhara granaHfera Heer.
Heer, Te.tiärflora der Scliweiz, Bd. I, S. 27, Taf. 4, Fi?. 8. — Ludwig
I. c. S. o9, Taf. 19, Fif,'. 4, a, b.
Mit den von Ludwig 1. c. abgel)ildeten rÄf/;7/-Früchten aus
dem Cerithien-Thone von Gronau und OITeiibach dürften auch die
i m Thonsteine von Münzenberg und bei Rockenberg aufgefundenen
^12 V. E t < i n (» 8 li a u s p n.
Chara-S>{vi\l<;e\ (Liidw. I. c. Tal". 11), Fig. 3) zu Chara granulifera
gehören. Ich hahe sehr ähnliche Stengel mit den Früchten dieser
AK in einem tertiären Mergel beiTülTer in Untersteiermark gefunden.
Class. FiiiijSfi.
Ord. Hyphomycetes.
Phyllerinm Friesii A. Braun.
Heer, 1. c. Bd. I, vS. 14, Taf. 2, Fig. 3. — Ludwig 1. c. S. 53, Taf. 8,
Fig. 4, a.
Der in Münzenherg auf den Blättern von Acer triatspufatum
A. Braun aufgefundene Pilz (Lud\v. I. e. Taf. 8, Fig. 4, «) stimmt
mit dem auf derselben Ahorn-Art im plastischen Tlione von Priesen
bei Bilin vorkommenden Pilze (Ettingsh. I. c. Taf. 1, Fig. 14) voll-
kommen überein. Bei beiden scheint der an den Oninger Exemplaren
deutlich sichtbare belle Band zu fehlen. Ich zueille delibalb, daß
diese Pilze mit Pliylierium Friesii gleichartig sind.
Ord. Pyrenomycetes.
Sphacria Brauuii Heer.
Heer, 1. e. S. 14. Tai'. 1, Vv^. 2. — Ludwig, I. c. S. 53, Taf. 8, Fig. 2.
Auch diesen Blallpilz llieill Münzenberg mit dem i>lastiscben
Thone \on Priesen. Ludwig fand denselben auf Blättern von Popo-
tus mtitahills ; ich fand ihn auf Blättern von Juglnns in Bilin und
auf denen von Popuhta lalior aus Salziiausen.
Sphaeria areolata Fres.
Fresenius u. H. v. Meyer, IViIi.oontograpiiioa , Bd. IV, S. 202, Taf. 37,
Fig. 9—12. — Ludwig, I. c. S. 54, Taf. 8, Fig. 11.
Ludwig fand diesen interessanten Pilz im Moder zwischen
Blättei'u in der Braunkohle bei Salzliauscn und llessenbrücken.
Sphacria turbinea L u d w.
Ludwig, Palacnntogrit[)liica, Bil. VIII, vS. Ö4, Taf. 8, Fig, 10.
Dieser ebenfalls aus einem Moder in der Braunkohle von vSalz-
bausen gesammelte Pilz unterscheidet sich von der vorigen Art durch
das birnfürm ige kurzgestielte Peritbecium.
I»ie fossile Flor» der alfereit BiHiiiiknIilfiifoi m^tioii dpr W Xlerau. O I t»
Uepazea picta Heer.
Heer, Tertiäi tlora d. Schweiz, Hd. I, S. 16, Taf. 2, Fig. H. — Liidwior,
I. c. S. 54, Taf. 8. Fig. 8.
Dieser Blattpilz kommt zu Miiiizeiiherg und Salzhauseu sowie
in Öningeu auf Acer trilobntum vor. Au ersterer fjocalität fand ihn
Ludwig auch auf Blättern der Salic media.
Phacidiam rimosiim \j n d w.
Ludwig, Palaeontographica, Bd. VIII, S. 'ü), Tat'. 8, Fig. 'A, n, h.
Ein von Lu d wig auf einem iinhesfinuiihareu Blattreste iiriTliou-
steiue von Münzeuherg aufgefundener Pilz.
Scheint dem auf Myrtaceen-^\^i\^ev\\ vorkommenden Phacidium
Eugeiiimum Heer sehr ähnlich zu sein; ist jedoch von demselben
durch di»^ halhkugelförmig hervortretenden Perilhecien verschieden.
Hysteriam opegraphoides. Goepp. sp.
Taf. I, Fig. 1 II. 2 ; Fig. 2, h vergrößert.
Heer, Tertiarflora d. Schweiz. Bd. F, S. 18, Taf. 2, Fig. 8. Ludwig, I. c.
S. 53, Taf. 8, Fig. 7. — Syn. IIy.s(i'riles opegrap/ioüles C, oe[i\niit
Gattungen fossiler Pflanzen. S. 111, Taf. 14. Fig. 1. 2.
H. peritfieciis ellipticis vef laiiceolntis erumpentibus, niargine
eferato vinctia.
Vorkouinien. In der Biätterkohle von Salzhausen.
Diesen zuerst von Goepp<'rt entdeckten Biattpilz fand Heer
auch unter den PHanzenfossilien des Hohen Rhonen und zwar ehenfalJs
auf Acer tricitspidatnm A. Braun.
Heer bemerkt a. a. 0., daU» ^Wk^, Perithecien bei dem Pilze von
Salzhausen etwas länger und schmäler sind, als bei dem Schweizer
Pilze. Letzterer liat elliptische an den Enden ziemlich stumpfe Peri-
thecien.
An den mit zahlreichen Perithecien bedeckten Ahornhlättern
von Salzhausen, welche auf beifolgender Tafel l abgebildet sind,
kommen beide Formen vor. Sie dürften verschiedenen Entwicklungs-
stadien des Pilzes entsprechen. Die Perithecien sind oft an einem
Ende zugespitzt und manchmal schmallanzettlich.
Hysterium catetmlntum Ludw. 1. <•. S. o^i, Taf. 8, Fig. 9 ist
von H. opegrnphoides nicht verschieden, weder nach der Form und
Vertheilung der Perithecien, noch nach dem Vorkommen. Beiderseits
iS I 4 V. E t ( i n g s li .1 II •! e II.
spitze und kleinere Perilheeien .s!»h ieli aueli unter den mir vorliegen-
den Exeinphtren des m\z\vc\i'e\\vM'tei\ H. opi'grujthoifles. Eben so wenig
kann auf das Vorkommen mehrerer dielit nelien einander liegender
oder verwachsener Exemplare hier ein Ciewieht zur Unterscheidung
einer besonderen Art gelegt werden.
Xylomites Daphnogenes Heer.
He CT, Terliärfloia I, S. 20, TaC. 1, Fig. 11. — Ludwig I. c. S. o6,
Taf. 42, Fig. 1 u. 6.
Vorkommen. Auf Hlättern von Cinnamomum polymorphum
im Thonsteine von Münzenherg.
Ol) die von Ludwig a. a. 0. abgebildeten Pilze zu Xylomites
Daphnogeites Heer gehören, erscheint mir noch als zweifelhaft. Die
Flecken auf den Münzenberger Blättern zeigen eine ziemlich scharf
begrenzte Scheibe.
Rh}(ismu lliiii Ludw.
Ludwig, Palaeoutogr. VllI, S. aG, Taf. 8, Fig. ö, 6.
Vorkommen. Auf Blättern von Ulmus Bronnii \\\ der Blätter-
kohle von Salzhauseii.
Über die Richtigkeit der Bestimmung dieses Blattpilzes bin ich
ebenfalls im Zweifel. Die Flecken haben mehr Ähnlichkeit mit den
von einer Sp/iaeria erzeugten.
Ord. Gasteromycetes.
Sclerotium popullcola Heer.
Heer, 'l'eitiSrnora L S. 20, 'faf. 2, Fig. 10. - Ludwig, 1. c. S. 56.
Nor kommen. Auf Blättern von Populus mutahilh in den
Schichten der Braunkohlciiformalion bei Salzhausen und Steinheim.
Phclonites lignitum Fr es.
Freseniu.s, Pal;., ontograpliiea, Hd. VIM, S. ISU, Taf. 62, Fig. 1—5.
Vorkommen. In der Braunkohle von Salzhausen und Bom-
mersheim.
Fhelonitcs strobiliuu Fr es.
Fresenius, I. e. S. 157, Taf. 62, Fig. 16-27.
Vorkommen. Mit voriger Art in Salzhausen und Bommers-
hcini.
Dip fipssilp Florn dpr iiltprpii Braiiiikniilpiifoimatinn der WeltrrAn. (S I ,)
Ord. Hymenomycetes.
P«'zlza syhatica f^ii d w.
I.tidwi-, l^■^I:u>o^(o^^•i^pllk••.^ Bd. VIII, S. 57, Taf. 8, Fit,'. 12. n. b.
\'() rk V. E t M n j s h a ti s e n. ,
Class. Filiees.
Ord. Polypodiaceae.
Pteris SHlEhausooensis Liidw.
Ludwig, I. c. S. 65, Taf. 10. Fig. 1.
Von diesem Fai-nkraute ist bis jetzt bloss das einzige a. a, 0.
abgebildete kleine Fiederbruehstück aus der Blätterkohle von Salz-
hauseii zum Vorschein gekommen. Dasselbe verräth in der Form und
Nervation der Lappen so viele Älinliehkeit mit Pteris oeningensis
Ung. , daß ich anzunehmen geneigt bin, die Salzhausener Pteris
gehöre dieser Art an, \v'orül)er jedcKih nur vollständiger erlialtene
Reste Aufschluß geben ki'uinen.
Pteris (raudini Heer.
Heer, Tertiäiflora der Schweiz, B. I, S. 38, Taf. 12, ¥\\t. 3. — Syn. Lijgo-
divm GaudimLuAwMg I. c. Taf. 11, Fig. S, 3 a.
Heer erwälmt in der „i!l)ersiclit der tertiären Floren Europa's"
im dritten Bande wS. 302 seines oft citirten Werkes des Vorkommens
der Pteris Gaiidini bei Münzenberg. Ich habe bei der Durchsicht
der VVetterauer PHanzen-Petretactc in der Kl ipstein'schen Samm-
lung die Reste dieses Farnkrautes nicht gefunden, glaube mich jedoch
nicht zu irren, wenn ich den von Ludwig unter der Bezeichnung
Lygodiinn Gattdini a. a. 0. abgebildeten Fiederzipfel, welcher voll-
koinmen zu der vcui Heer gegebenen Abbildung des Restes von
Pteris Gdudiiii [lasst, letzterer Art einreihe.
Pteris Satyroruin \j u d w.
Ludwig, I. 0. S. 65, Taf. 11, Fig. I, 6. Syn. Pleris qeniciilata F. udw.
I. ('. Taf. 11, Fig. 2. — P. pnrschlugiana Lud w. I. c. Taf. 11, Fig. 3, 4.
Vorkommen. In der Hr!tunk(dde von Salzhausen ; in denThon-
steinen von Münzenberg.
Kurz gestielte oder an einer verschmälerten Basis sitzende Fie-
der, wie solche diesem Farnkraute zukommen, findet man bei nur
wenigen Pteris- hvUn\, wie z. B. bei P. fitropurpiirea Kunze,
P. Culonielauns Swartz u. a. Hingegen kommen solche häufig
bei Aspleiiiuin vtu-. A. angiistifolinm M i c h x. (E 1 1 i n g s h. Farnkräu-
ter, Taf. 82, Fig. 1 — 4) besitzt Fieder, welche auch in der Form und
Nervation mit dem in Rede stehenden fossilen Farnkraute eine auf-
Die fossile Floia ilcr iiKercii Rr;li|piifnrm;ifion der Wftteraii. Hit
falleiule rhereiiisliiiiimiiig zeigen. Ich begnüge mich damit auf diese
Aiiah)gie hingewiesen zu haben, bis vollständigere Reste eine genauere
Bestimmung des (ieschlechtes ermöglichen.
Die in L u dw ig's Abhandlung als Pteria genlculaia und P. par-
}ic/tfi((/ff(Hn bczeichneteu Fiederzipl'el unterscheiden sieb von denen
der P. Sfifi/rorinn in keiner Weise.
Pliegopteris stiriaca lug. sp.
lOtlingsh. P'arnkriiutcr, S. 195. Fossile Flora von Bilin I, S. 16, Taf. 2,
Fig. 16-18. Syn. Polypodites sliriaciis Ung. Clilor. prot. p. 121,
Taf. 36. - Gen. et spoe. plant, foss. p. 168. — Lastraea st. Heer,
Tertiiirtl. A. Schweiz, Bd. I, S. 31, Taf. 7 u. 8; Bei. \\\, S. liJl, Taf. 143.
Fig. 7, 8. - Lud wig, I. r. S. 63, Taf. 24, Fig. 3.
Vorkommen. Im Thonsteine von Miinzenberg (Wedelbrucb-
slücke.)
Das von [judwig abgebildete Fiederbruchstück liat etwas ent-
t'ernler stehende Secuudär- und Tertiärnerven als die von Unger
und Heer dargestellten Exemplare dieses interessanten vorweltlichen
Farnkrautes zeigen. Es gleicht in dieser Beziehung der von mir
beschriebenen Goniopteris polypndioides aus der fossilen Flora des
Monte Promina in Dalmatien. Letztere besitzt jedoch kleingezähnte
oder fast ganzrandige Fieder.
Aspidium Fisciieri H e e r.
Heer, Teitiärflora der Schweiz, Bd. HI, S. l.S'i. Ettingsli. Fossile Flora
von Bilin, I, S. 17, Taf. 3, Fig. 9—12. ■ — Syn. Laatraea Fincheri
Heer, 1. e. Bd. 1, S. 34, Taf. 9, Fig. 3. — Ludwig, i. c. S. 63,
Taf. 12, Fig. 4.
Vurkommen. Im Thonsteine von Münzenberg. (Wedelbruch-
stücke.)
Das sehr kleine mangeliiaft erhaltene Fragment einer Fieder,
auf welches Ludwig die Annahme dieser Art tiir die fossile Flora
der Welterau stützte, stimmt am besten mit den kleineren Fiedern
des von Heer a. a. 0. abgebildeten W'edelbruchstückes Fig. 3 a
übereiu. Ich habe unter den Münzenberger Ptlanzenfossilien ein besser
erhaltenes F'ragmeiit gesehen, welches zu dem mit größeren Fieder-
zipfeln versehenen Schweizer Exemplar Fig. 3 h vollkommen paßt,
so daß ich das N'orkonniien des Japidium Fischeri in bezeichneter
Localität bestätigen kann.
3 1 (S V. E t t i II g s h .) II s e n.
Aspidium valdonse Heer.
Heer, l.r. Hd.IlI, S.1S2. — Syn. Lasfracn raldensk llcor. I.e. Bd. I, S. 3«,
Taf. 0, Fig. 4. — Anpiriimn Mcneri \.\\Avi\^, I. c. Taf. 10, Fig. 2 (?).
Volk oinineii. Im Thonsteiiic von Münzeiiberg. (Wedelbrucli-
stücke.)
Heer gibt Jim a. (). Bfl. IH, S. 352 im Verzeichnis.se der Ter-
tiär-Pflaii/eii r alteren Biauiikohlenformatinn der Wetteiau. 825
Callitris Brongniurtii Endl. sp.
Syn. Thnites callitrina Ung. Chloris protog. p. 22, Taf. 6, Fig. 1—8;
Taf. 7, Fig. 1 — lt. — Callitrites Brongniartii Endl. Synopsis Coni-
ferarum p. 274. — Ettingsh. Tertiäre Flora von Häring, S. 34,
Taf. 5, Fig. 7-3S.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen. (Zweig-
bruchstüeke.)
Libocedru.s salicoruioides Endl. sp.
Heer, I. e. Bd. I, S. 47, Taf. 21, Fig. 2. — Ettingsh. Fossile Flora von
Bilin, I, S. 33, Taf. 10, Fig. 1—7 und 14.
Vorkommen. Mit der vorigen Art bei Salzhausen. (Zweig-
bruchstiicke.)
Thuja Rösslerana Lud \v.
Ludwig I. c. S. 68, Taf. 14, Fig. , Taf. 14, Fig. 2; Taf. 15, Fig. 4.
Von dieser Art sind die Nadelhlätter, zu dreien in einer Scheide
sitzend, und die Fruchtzapl'en bei Rockenberg gefunden worden.
Letztere sollen sich durch Schuppen mit einem halbkreisförmigen
radial gestreiften Schilde auszeichnen. Solchen sehen wir aber
auch bei den Schuppen am sehr ähnlichen Zapfen der folgenden Art,
welcher vielleicht von dem der Pinus orbicularis nicht verschie-
den ist.
Pinus OTiformis Ludw.
Ludwig, I. e. S. 76, Taf. 14, Fig. 3, a~d.
Zu dieser Art werden die im Thone von Steinheim angeblich zu
zweien in einer Scheide sitzenden Nadeln und die a. a. 0. abgebildeten
Fruehtzapfen gezogen. Der unvollständig erhaltene Fruchtzapfen, Fig. 3
a. zeigt Schuppen mit halbkreisförmigem oder rhombischem Schilde
wie jener \o\\ Pinus orbicularis, doch fehlen ihm die radialen Streifen.
Pious Steinheimensis L u d w.
Ludwig i. c. S. 76, Taf. 14, Fig. 4, a—c.
Die Selbstständigkeit dieser Art halte ich für zweifelhaft. Der
bei Steinheim gesammelte sehr mangelhaft erhaltene Fruchtzapfen,
welcher zur Aufstellung derselben Anlaß gab, unterscheidet sich von
dem der vorhergehenden Art nur durch die nicht rhombischen oder
halbkreisförmigen, sondern ovalen Schildfeldchen der Schuppen.
Diese Feldchen sind, wie die Schuppe Fig. 4 a deutlich zeigt, radial
gestreift. Die an der genannten F^ocalität aufgefundene Coniferen-
Nadel 1. c. Fig. 4 c gehört vielleicht zu Sequoia Langsdorfii.
Pinus pinastroides Ung.
llnger, Iconographia plant, foss. p. 29, fab. 15, fig. 1. — Sylloge plant,
foss. I, p. 10, tab. 3, flg. 1—3. — Syn. Phms nodoffci LiiAw. I. e.
S. 74, Taf. 13, Fig. 2, a-c; Taf. 15, Fig. 5.
Vorkommen. In der Braunkohle von Salzhausen; im Thon-
eisenstein von Rockenberg. (Fruchtzapfen und Blätter.)
828 V- E 1 1 i n gsh a u s pn.
Der Zapfen von Pinns nodosa L u d w. stimmt mit den in Un ge r's
Iconographia abgebildeten Z;ipfen der Pinus pinastroides in der
Stellung und Form der Schuppen genau überein. Daß die in Sylloge
plant, foss. J. dargestellten Zapfen aus dem Braunkohlenlager von
Fohnsdorf in Steiermark zu dieser Art gehören, ist meines Erachtens
eine noch nicht über jeden Zweifel erhabene Annahme.
Die Blätter sind noch sehr unvollständig bekannt und ist die
Bestimmung derselben auch sehr zweifelhaft. L u d w i g vereinigt mit
seiner Pinns nodosa Nadelhruchstücke, \\ eiche immerhin zur Pinui^
rigios gehören können.
Pinos trrossaua Ludw.
Ludwig, Palaeontographica, Bd. VIII, S. 77, Taf. 13, Fig. 1, 1 a.
Vorkommen. Im Thoneisenstein bei Rockenberg. (Frucht-
zapfen.)
Pinus lati-squamosti Ludw.
Ludwig, J. c. S. 77, Taf. 14, Fig. 5, a—d.
Vorkommen. Im Thone zu Steinheim bei Hanau. (Frucht-
zapfen.)
Pinus dubia Heer.
Heer, Tertiärflora d. Schweiz, Bd. I, S. Ö9, Taf. 21, Fig. 13, a-f. —
Ludwig I. c. S. 74, Taf. 12, Fig. 7, a, h.
Vorkommen. In den Braiiukohlenlagern von Salzhausen und
Hessenbrücken. (Samen.)
Pinites Protolarix Goepp.
Goeppert, in Karst, u. De eh. Archiv f. Min. u. Geogn. XIV, S. 183.
Taf. 11, Fig. 1-3. — Org. Reste im Bernst. S. 90, Taf. 2, Fig. 9—12.
— Syn. Peuce paimonica \J n ff. Chlor, prot. p. 37.
Vorkommen. In der Braunkohlenformation von Salzhausen
und Hessenbrücken.
Ord. Taxineae.
Taxus margaritlfera Ludw.
Ludwig, Palaeontographica, Bd. VIIL S. 73, Taf. 60, Fig. 19.
Vorkommen. In der Braunkohle zu Salzhausen. (Samen.)
Weder aus der Abbildung uoeli iiai-li der Beschreibung, die
Ludwig gibt, läßt sifli die Deutung dieser samenartigen Fossilien
Die fossili' Klura ilef alleren ßraiinkolilenl'ormatioii der Wetterau. 0>^9
mit genügender Wahrscheinlichkeit ermittein. Da seihe jedenfalls
einer besonderen Art angehören, so mögen sie vorläufig unter obiger
Bezeichnung in die fossile Flora der Wetterau aufgenommen bleiben,
bis spätere Untersuchungen ihnen einen anderen Platz im System
anweisen.
Taxites Ayckii Goepp.
Goeppeit in Karst, u. Dech. Arch. f. Min. u. Geogn. XIV. S. 188. XV.
S. 730, T. 17, F\g. 11 — 13. — Goepp. u. Ber. Bernstein. S. 103,
Taf. 2, Fig. 14—17. — Syn. Taxoxylon A. üng. Chloris. p. 33. —
Endl. Syn. Conif. p. 308.
Vorkommen. In der Braunkohlenformation von Hessen-
brücken.
Podocarpus eoceuica Ung.
Unger, Fossile Flora von Sotzka, S. 28, Taf. 2, Fig. 11—16. — Sylloge
plant, foss. I, p. 10, t. IIL f. 1-8.
Ludwig scheint die in Salzhausen und vielleicht auch ander-
wärts in der älteren Braunkohlenformation der Wetterau nicht selten
vorkommenden Blätter dieser Art übersehen zu haben. Das nur von
einem Mediannerv durchzogene als Poacites laevis bezeichnete Blatt
I. c. Taf. 16, Fig. 2 a aus den Eisensteinen von Rockenberg hat ganz
die Form eines Podocarpus-Bhües und gehört vielleicht zu die-
ser Art.
Class. Juliflorae.
Ord. Myricaceae.
Myrica vindobonensis Ettingsh. sp.
Heer, TertiärHora. Bd. II, S. 34, Taf. 70, Fig. 5, 6. Ludwig 1. c. S. 94,
Taf. 28, Fig. 6, 7.
Die von Ludwig dargestellten in Münzenberg gesammelten
Blätter Fig. 6, 7 haben auffallend breitere und längere Lappen als
die aus anderen Localitäten der Tertiärformation bis jetzt vorliegen-
den Blätter dieser Art. Doch wäre es unpassend, hierauf einen Art-
unterschied zu stützen. Die von Unger in seiner interessanten Ab-
handlung über die fossile Flora von Kumi Taf. 4, Fig. 20 — 30 dar-
gestellte Blätterreihe zeigt die große Veränderlichkeit in der Blatt-
form und Lappenbildung bei dieser Species.
830 V. E t t i II <; s li a II s e ii.
Myrica incisa L u d w. sp.
Syn. Comptonia incisa Ludwig. Palaeontogr. Bd. VIII, S. 96, Tal". 30,
Fig. 7—13.
Die bei Münzenberg und Seokbaeh vorkommenden Blattabdrüeke
dieser Art seben denen der Dryandra acutiloba aus der fossilen
Flora von Bilin zum Verwecbseln äbnlicb. Die Form der Lappen und
die Nervation stimmen bei beiden fast vollkommen überein. Docb
untersebeidet sieb die Wetterauer Pflanze, welcbe wie Ludwig
ricbtig bemerkt in Form und Struktur die größte Äbniicbkeit mit dei-
jetztlebenden Myrica (Comptonia) nsplemfoUa hat, durch die viel
zartere BlattbeschatFenheit und die weniger tiefen Einschnitte der
Lappen von der Biliner Pflanze, welche ohne Zweifel eine Proteacee
ist und steife lederartige meist bis zum Primärnerv eingeschnittene
Blätter besitzt.
Myrica liudwigii Ettingsh.
wSyn. Mijrica deperdita Ludw. I. o. S. 96. Taf. 30, Fig. 4.
M. foUis submembranaceis, lanceolato-obloiigis, breviter petlo-
latis, serratis, 7iervatione brockidodroma, nervis secundariis siib
ntigulis 70 — 80^ orientibus.
Vorkommen. Im Braunkohlenlager von Münzenberg.
Myrica deperdita Ung. hat randläufige, diese Art jedoch
schlingläufige Secundärnerven. Am nächsten steht der letzteren unter
den bis jetzt beschriebenen fossilen Arten Myrica amissa Heer,
Tertiärfl. II, Taf. 70, Fig. 17, welche sich jedoch durch eiförmige
nur an der Spitze gezähnte Blätter, deren Primäruerv viel feiner ist
und deren Secundärnerven unter spitzeren Winkeln entspringen,
unterscheidet. Mit Banksia-BVÄiicvn kann man das Blatt der Myrica
Ludwigii, seiner zarteren Textur, der nicht oder nur kurz verschmä-
lerten Basis und der entfernter stehenden Secundärnerven wegen
nicht verwechseln.
Ord. Betulaceae.
Bctala prisoa Ettingsh.
Ettingsh. Fossile Flora von Wien, S. U, Taf. 1, Fig. IS— 17.
Von dieser in der mittleren Tertiärformation verbreiteten Art
fand ich in der Blätterkohle von Salzhausen ein Blatt, welches dem
a. c. 0. Fig. 17 abgebildeten Blatte am meisten gleicht. Es hat einen
Die fossile Kloi-ii iler alteren ßrauiikoliJenfoiiiiation der NVelleraii. ie fossile Floi'a de r äKert'ii ßraiinkohlenfurmation der Wetlerau. o39
Vorkomm eil. In der Blätterkohle von Salzhausen.
Ein längliches, am Rande etwas welliges Blatt von derber leder-
artiger Textur. Die ziemlich stark hervortretenden Secundärnerven
sind gegen den Rand zu geschlängelt , gegen die Basis zu einander
mehr genähert. Die schlingenbildenden Aste derselben divergiren
unter fast rechtem Winkel, unter welchem auch die Tertiärnerven
entspringen. Die Schlingenbogen sind dem Rande nicht parallel und
begrenzen einige größere Randmaschen.
Dieses Blatt stimmt in seinen Eigenschaften am meisten mit
Eichenblättern überein. Von den bisher beschriebenen fossilen Arten
nähert es sich den Blättern der Quercus Pseudo-Laurus Ett. aus
der Biliner Flora am augenfälligsten. Es unterscheidet sich von den-
selben nur durch die hervortretenden Schlingen der in geringer Zahl
vorhandenen Secundärnerven. Von den jetzt lebenden Eichen stimmt
Q. nmlulata Benth. (EH. Blatt -Skelete der Apetalen, Taf. 9,
Fig. 4, 5) aus Mexiko mit der beschriebenen fossilen in der Blatt-
bildung dermaßen überein, daß ich keinen Anstand nehme, dieselbe
als die nächst verwandte lebende Art zu bezeichnen. Außer den
etwas spitzeren Winkeln der scblingenbildenden Aste und den feine-
ren Schlingenbogen, welche der letzteren zukommen, finde ich zwi-
schen diesen Blättern keinen Unterschied.
QaercDs angastiloba A. Braun.
Ludwig, 1. c. S. 103, Taf. 36, Fig. 3.
Q. f'oliis coriaceis, breviter petiolatis, ovatis vel elUpticis,
apice cuspidatis iitrinque bilobis, lobis subaequalibus elongatis
cuspidatis, nervatione craspedodroma.
Vorkomme n. Im Thonsteine von Münzenberg.
Dieses seltene Blatt unterscheidet sich von denen der Quercus
cmciata A. Braun, Heer, Tertiärfl. Taf. 77, Fig. 10—12 durch
die nahezu gleich langen , einander mehr genäherten Lappen. Da-
durch gleicht das Blatt denen einiger Grevillea- Arten. Doch haben
diese sehr steife und stachelspitzige Lappen.
Quercus Charpentieri Heer.
Heer, Tertiärflora d. Schweiz, Bd. 11, S. 56, Taf. 78, Fig. 1—5.
Vorkommen. Im Thonsteine von Münzenberg.
Sitz!», d. mathem.-naturw. Cl. LVII. Bd. 1. Abth. 54
JJ4Ü V, K t I i n g s li !i u s i' II.
Ord. Ulmaceae.
I liiius ßronilii lug.
Unger, Chloris protojr. p. l(l(i, t. W, I. 1—4. — Kttiiiffsli. Kossile
P^lora von Biliii, I. S. 62. T:.f. 17, Fig. i». 10; Tat". 18, Fig. 1—6.
Unter den Ptlanzenlossilien derWettcrjuu welche mir zni- Unter-
suchung gesendet w urden, fand ich in der Blätterkohle von Salzhau-
sen auch ein Blatt der ChNiis Urounii J)ie von Ludwig a. a. 0.
auf der Taf. 8, in Fig. Ji und 6 ahgehildelcn Riisterliliillri- mit dein
Rliytisma Ulmi gehören jedenfalls dieser Arl an.
I liiiiis lonji^il'olia Un g.
Uiigcr, Chloris prolog. S. lUl, l'al. 'iG, Fig. ä. — Etfingsli. I. c. « 62.
Taf. 18, Fig. 7—11. Syn. Ih-tiita tuacroplera Ung. I. c Tiif. 34.
Fig. 7. (Die Frucht).
Blätter dieser Art sah ich unter den Ptlanzenresten von iSalz-
hausen. Das von Ludwig auf der Tafel 8, Fig. 4 seiner oft citirten
Ahhandlung unter der Bezeichnung VlmHs plurinervia ahgehildete
kleine Blall halte ich für ein noch unentwickeltes Blatt der V. lu/t-
(jifolia.
lliiius plurinervia Ung.
Unger, Chloris protog. S. 93, Taf. 25, Fig. 1-4. — Luilw. I. c. S. 103.
Tal'. 38, Fig. 1-3.
Vorkommen. An den meisten Fundorten fossiler Ptlanzen in
der unteren Wetterauer Braunkohlenfortnation, wie z.B. hei Münzen-
berg, Salzhausen, Bockenherg, llesscnltrücken, Naumburg u. s. w.
Die von Ludwig a. a. 0. ahgchihh'len Blätter Fig. t und 2
sind schmäler und mehr zugespitzt als die Blätter der ülmus pluri-
nervia gewöhnlich und nähern sich dadurch denen der (J. lon-
gif'olia.
I imus Brauiiii Heer.
Heer. Tertiärtl. M. II, S. 39, Taf. 7!), Fig. 14 21; Bd. HI, Taf. 131,
Fig. 31. - Etlingsh. Foss. Florn von Bilin I, S. 64, Taf. 18, Fig. 23—
26. - Ludw. I. c S. 105, Taf. 38, Fig. 3-8.
Vorkommen, [n den Braunkohlenlagern von Salzhausen und
Hessenbrüekeri.
Das von L ud wig 1. c. in Fig. ♦> ahgehildete Blatt weicht in
der Größe und Nervation von allen anderwärts gefundenen Blättern
dev Utnms Braiinii ab. Es hat auffallend stärker gekrümmte Seeundär-
nie fossile Florn di>r iilk'ii-ii r>r;niiiki)iiloiifiPi'iiiatioii dt;r Wctfcrau. 841
nerven, von welchen eine größere Anzahl von Anßennerven ab-
gehen. Die ziemlich schiefe Basis ist etwas herzförmig. Es gehört
dieses Blatt entweder einer besonderen, der Varietät 6 He er 's zu-
nächst stehenden Altart, oder einer nenen Utmus-Art an.
Plaiiera I ngeri E 1 1 i n g s h.
Ludwi,^, I. e. S. 106, Tai'. 38, P^ig. D— 11; Taf. 39, Fig. 1—10; Tat. 60,
Fig. 3, a, b, ö. Syn. Qnercus Loncldtis Ludw. 1. c. Taf. 36, Fig. 4, S. —
Q. Mcycrl Ludw. 1. c TaC. 3ö , Fig. 1 — 6. — Q. iUcoides Ludw.
Taf. 36, Fig. 6.
Vorkommen. In den meisten Localitäten der Wetterauer
Braunkohlenformation sehr häufig.
Den zahlreichen Synonymen dieser in der Blattbildung sehr ver-
änderlichen Art werden hier noch drei hinzugefügt. Die inLud-
wig's Abhandlung als Quercus Lonchitis bezeichneten Blätter haben
einen grobgekerbten Rand , Avie ein solcher bei Quercus Lonchitis
Ung. niemals vorkomniL Diese Blätter entsprechen vielmehr der
Varietät prueloiiga {Ulmus pradonga Ung. und Comptonia iifnii-
fo/id I ng.^ der Plunera Lnyeii. Die Basis ersciieint der entfernter
stehenden Zähne wegeti ganzrandig, wie dies bei genannter Art oft
vorkommt. Die a. a.O. auf der Tafel 3S unter der Bezeichnung i^/<6';-
cus Meyeri abgebildeten Blätter sind größere Blattexemplare dieser
Art, weiche tlieils der gewöhnlichen Form, theils der Varietät grandi-
f'olia (^Fuis Ludwig I. e.
S. 126. 127, Taf. 49, Fig. 1-3, Taf. 61. Fig. 4.
Vorkommen. In Münzenberg, Salzhausen und Hessenbrücken.
Die Blätter der Domheyopsis Tridens Ludw. sind von den drei-
lappigen Blattformen der Ficus tiliaefolia z. B. von dem in meiner
fossilen Flora von Riliii I. c. ahgehildeten Blatte Fig. 10 nicht
verschieden.
Die fossilt" Klora di'r iiltpri'ii Rr.'iunkolili'nformatinn der Wctleraii. (S4I>
Fit'us populinu Heer.
Taf. I, Fig. 8.
Heer, Tertüirtlüra d. Schweiz, Bd. II, S. «6, Taf. 8ö, F\g. i— 7; Taf. 86,
Fig. 1 — 11. — Ftting.sh., Fossile Flora von Bilin I, S. 81, Taf. 21,
Fig. 8—10.
Vorkommen. In der Brannkolilenformation von Salzhausen
nnd bei Miinzenherg.
Dieses kleine am Rande iindeullicli stumpfgekerbte Blatt aus
der Blälterkoble von Sal/Iiauseii, seliien mir nacli seiner Form und
Nervation am besten zu den Blättern der Ficus populina zu passen.
In der (iröße und Form liäll es die Mitte zwischen den in Heer's
Tertiärtlora auf der Tafel SH, Fig. 3 und o abgebildeten Blättern.
In der geringen Verschmälerung an der Basis gleicht es den Fig. 7
und 9; in der Nervation, namentlich bezüglicli der unter etwas
spitzeren Winkeln abgehenden Secundärnerven der Fig. 1 auf Taf. 8S
und Fig. 4 auf Taf. 8H a. a. 0. Die Blätter der Ficus populina
fand ich auch unter den Fossilien von Münzenberg.
Ord. Artocarpeae.
Artocarpidiain wotteravicuni E 1 1 i n g s h.
Taf. t. Fig. 7; Taf. II, Fig. 1« und 11.
A. foh'ia Itniqe petiohtt'iH rorioreis oraNs, acuminatis infeqer-
i'imis rel i(ndiil<(tis, nerviiliona camptorlronia, nervo primario
erasso, prominente, apicem verstts subito nttenuatis, nervis secun-
fluriis vnlidis ntrinque 10 — 14, snh nnguJis 60 — 7H° orientihus,
snhremotis, hasin rersus approximatis , ahbreviatisqne apicibus
arcnatini conjnnctis ; nervis tertinriis nngulo acuto egredientibus,
fenmssimis.
Vorkommen. In Münzenberg und Salzhausen.
Vorliegende Blätter verrathen eine steife lederartige Textur. Die
Basis ist eilörmig-stumpf, die Spitze verschmälert und kurz vorgezo-
gen. Der sehr dicke ziemlich lange Stiel geht in einen mächtigen
etwas Schlängeligen Primärnerv über, welcher unterhalb der Spitze
sich rasch verfeinert. Die Secundärnerven sind vorherrschend gegen-
ständig, treten stark hervor, entspringen unter wenig spitzen Win-
keln und verlaufen tlieils ein wenig geschlängelt, theils in geringem
Bogen gegen den Rand zu, woselbst sie sich verästeln. Die Äste
sind fein, divergiren unter spitzen Winkeln und bilden durch ihre
S46 V. E t t i II •! $ li II II s e II.
Anastomosen Schliiij^eiiboj^eii und ^riiftciH- RandiTiaschen. (ilegeii (lic;
Basis zu sind die Secundärnerveu verkürzt, einander etwas mehr
genähert und entspringen unter stumpferen Winkeln. Die sehr feinen
kaum deutlich wahrnehmbaren Tertiärnerven sind meistens kurz
und entspringen von der Außenseite der Seeundären unter spitzen
Winkeln. Ein Blattnetz konnte ich nicht entdecken. Das Blatt Fig. 1 1
zeigt die obere, Fig. 10 die untere Seite. Fig. 8 auf Tafel I ist ein
kleineres noch unentwickeltes Blatt, an welchem der dicke lange
Stiel sehr autTiillt.
Diese Blätter haben eine unverkennbare Ähnlichkeit mit dem
Blatte \on Artocarpidium integrifolium Ung. aus der fossilen Flora
von Sotzka, weßihalb ich dieselben der Gattung Artocarpidmm ein-
reihte. Sie unterscheiden sich von jenem nur durch die mehr ge-
näherten , unter stumpferen Winkeln abgehenden wenig bogigen
Secundärnerveu und durcli die eirunde Basis.
Ord. Balsamifluae.
liiquidambar europueuni A. Braun.
Ludwig, I. e. S. 89, Ti.f. 15, Kig. 6, n, b; Taf. 25, Fig. 1—4.
Vorkommen. In der Braunkohlenformation von Salzhausen
(die Blätter), im Gelbeisenstein von Rockenberg (die Früchte).
liiquidaiiibar protensaui Ung.
Ludwig, 1. c. S. 89. Taf. 25, Fig. 5, «.
Vorkommen. In der ßlätterkoble von Salzhausen mit der vor-
hergehenden Art. (Blätter.)
Ord. Salicineae.
Popolas latior A. Braun.
Heer, Tertiärflora d, Schweiz, Bd. II, S. 11, Taf. 53-57. — Ludwig,
I. c. S. 90, Tiif. 26, Fig. 1—7.
Diese in der Flora der Tertiärperiode ziemlich verbreitete
Pappelart wurde in der Flora der alleren Braunkohlenibrmatioii
der Welterau in vier Varietäten gefunden. Die Var. rottauhtta liegt
aus d(^r Blätterkohle von Salzhausen vor; die Var. transversa sab
Ijudw ig in mehreren Exemplaren, aus dem Braunkoblenlager von
Grolisleinheim bei Hanau stammend. In der Kl ipstein'schen
r»ip fcissilc Fliirii der üllcrcii BiMiiiikolileiifdrriiati'Mi ilcr Wettcriiii. o4 i
Sainmiiiiig sah ich einige Exem[ilai'e der letzteren aus der Salz-
hausener Blätterkohle. Die Varietäten dentlcuhttd und cordifolia
wurden bei Großsteinheim gesammelt.
Popolus attenuata A. Braun.
Heer, I. e. Bd. II, S. 15, Taf. S7, Fig. 8—12; Taf. .^8, Fig. 1—4. - Lud-
wig, I. c. S. 91, Taf. 26, Fig. 9. — Unger. Syiloge plant, foss. III,
Taf. 22, Fig. 15.
Vorkommen. Im Braunkohlenlager von Großsteinheim hei
Hanau mit voriger Art; bei Salzhausen. Selten. (Blätter).
Populas duplicato-serrata L u d ^\^.
Ludwig. I. c. S. 91, Taf. 27, Fig. t.
Vorkommen. Mit voriger Art im Braunkohlenlager von Groß-
steinheim. (Blätter).
Eine interessante Pappelart, welche sich von den bis jetzt be-
kannt gewordenen fossilen Pappeln durch den doppelt gezähnten
Rand unterscheidet. Das Blatt sieht deßhalb auf den ersten Blick
einem Birkenblatte täuschend ähnlich, unterscheidet sich aber von
diesem durch die fünfnervige Basis und die stärker hervortretenden
Außennerven.
Populus glundulifera Heer.
Heer, 1. c. Bd. II, S. 17, Taf. 58, Fig. 5-11. — Ludwig, I. c. S. 91
Taf. 26, Fig. 10.
Vorkommen. Bei Großsteinheim mit den vorhergehenden
Arten. Selten. (Blätter.)
Populas mutabilis Heer.
Heer, I. c. Bd. II, S. 19, Taf. 60-62, Taf. 63, Fig. 1—4. - Ludwig,
1. c. S. 92, Taf. 26, Fig. 8, Taf. 27, Fig. 2-5. — ünger, Syiloge
plant, foss. III, Taf. 22, Fig. 7—14.
Vorkommen. Die Varietät ovalis in der Blätterkohle von
Salzhausen; die Var. lancifolin und die Var. repaudo-cremita eben-
daselbst und bei Münzenherg.
Durch die unter spitzen Winkeln von der Außenseite der
Secundärnerven abgehenden stets verbindenden querläufigen Ter-
tiären unterscheidet man die Blätter sämmtlicher Varietäten dieser Art
von den Ficus- und anderen ähnlichen Blättern. Ob die von Unger
a. a. 0. unter iler Bezeichnung Popnlun mutabilis abgebildeten
J^4S K I t i n u s h rt II s i- II.
ülältn- liiehcr <»ehr»reii , ist deßluilh zweifelhaft, da bei keinem
dieses charakteristische Merkmal in der Zeichnung ersichtlich ist,
ja bei einigen, wie z. B. bei Fig. 9 und 11, die Tertiärnerven
unter nahe rechtem Winkel entspringen, meistens kurz und selten
verbindend erscheinen. Die IJlätter von Passiflora Braunii \jW<\\\.,
welche Unger (Sylloge III, S. 70) zu Populus nmtabilis var. lan-
cifolia bringen will, haben netzläulige, unter rechtem Winkel abge-
hende Tertiärnerven und weichen nicht nur in diesem Merkmale, son-
dern auch durch die Hlatlslieldnisen von genainiter Pa|ipelart we-
sentlioli ab.
Salix varians Goepp.
Goep|)ert, Tertiiire Klora v«hi Seiiußnilz, S. 2G, Tat'. 20, Kig. 1,2. —
l.ndwig, I. c. S. 92, Taf. 27, Fig. 7, iO, 11, 12.
Vorkommen. Bei Bockenberg, Großteinbeini, Salzhausen und
Miinzenberg. (Blätter.) Die von Ludwig unter der Bezeichnung
Sali.v varians a. a. 0. Fig. (i, 8 und 9 abgebildeten Blätter scheinen
mir nach der Zaluiung des Bandes und der Form zu Dryandroides
acuniinatus zu gehören. Bei Fig. 6 sind auch die Secundärnerven
genähert und wenig bogig, so wie bei genannter Art.
Salix media A. Braun.
Heer, Tertiüillora d. Seliwciz, IM. II, Tai". ()S, Fi«^. 14 — 10, — Ludwi) von Münzenberg in Ijudwigs Abhandlung
scheint nach der Tracht und NcrNation eher zu Sah'.v tenera zu gehli-
ren. Die Bestimmung der übrigen in «'rwähnter Abhandlung als Sali.v
media bezeichneten Blattfossilien unterliegt ebenfalls mehrfachem
Zweifel. Bei keinem ist der Stiel erhalten. Fig. I und 4 dürften der
autTallend iiiiglt-iclien Basis wegen als Tlirilldättchen zu betrachten
sein.
Salix Volkana l>iudw.
Lud wi-, 1'alacoiitof.r. VIII, S. 93, Taf. 27, Fi\eifelhaft. Das Fruchtkätzchen ist vielleicht mit
Die fossile Flora , 7.
H. foUis rigide coriaceis, sessilibns, lineari-lanceolatis, husi
rotunddtis, npicem versus angusfutis, margine sphmloso-dentatis,
nervalione dictyodroma, nervo primario prominente, nervis secun-
dariis angulo acnto egredlentibus, tennissimis, congestis.
Vorkommen. In der Blätterkohle von S.ilzhausen.
Die Hakea e.vuhita Heer, zu welcher Ludwig die oben
beschriebenen Blätter bringt, ist von der Hakea GauditiiHeei' nicht
verschieden, wie ich an einem anderen Orte zeigen werde. Mit dieser
Art nun kann die eben beschriebene ebensowenig wie die vorhergehende
verwechselt werden. Die sehr feinen genäherten Secundärnerven
sind weder rand-noch schlingläufig, sondern verlieren sich im zarten
Blattnetze, welches dem der Banksia- und Dryandroides-BUitiav
gleicht. Sie entspringen unter spitzeren Winkeln. Die Textur ist
auffallend steifer als bei der vorhergehenden Art; der Blattrand be-
deutend verdickt.
Banksia Ingeri Ettingsh.
Taf. III, Fig. 1.^.
Ettingsh. Proteaceen der Vorwelt, Sitzungsber. Bd. VII, S. 731. —
Tertiäre Flora von Häring, S. .^4, Taf. 17, Fig. 1—22; Taf. 18,
Fig. 1-6.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen, im Thon-
steine von Münzenberg.
Unter den Pflanzenfossilien der Klipstein'schen Sammlung
fand ich einige Blattreste, welche dieser in den älteren Schichten der
Tertiärformation verbreiteten Art angehörten. Der am vollständigsten
erhaltene ist auf Tafel III abgebildet. Die Art unterscheidet sieh
\on der Dryandroides banksiaef'olin Heer, zu welcher größtentheils
auch die Blätter der Myrica hiinksiiiefolia zu zählen sind, durch die
nur geringe Verschmälerung an der Blattspitze und die stumpferen
Bandzähne.
Dryandroides banksiacfolla Heer.
Heer, Tertiärflora d. Schweiz. Bd. II, S. 102, Taf. 100, Fig. 3—10;
Bd. III, S. 187, Taf. 153, Fig. 6. — Syn. Mip-ica longifolia Ludwig.
1. c. Taf. 29, Fig. 1,5, Taf. (iO, Fig. 15. — M. Ungeri Liidw. I. c.
Taf. 29, Fig. 2, 4.
Vorkommen. Im Thonsteine von Münzenberg. (Blätter; häufig.)
Die fossile Flora der ältert'ii liiaiiukulileiiConnatioii der Wetteraii. öoT
Die von Ludwig luiter den Bezeichnungen Myrica longif'u/iu
und M. Ungeri auf der Tafel 29 a. a. 0. abgebildeten Blätter Fig. 2
und 5 gleichen den Blättern der Dryandruiilcs hanksuief'olui Heer,
I. c. Taf. 100, Fig. 7 — 9; das breitere und grüfk're a. a- 0. als
Myrica longifolia bezeichnete Blatt Fig. 1 den größeren Blättern
der Dryundroides b. vollkommen. Die übrigen von Ludwig als
Myrica loiiyifoUa benaiuiten Blätter gehören theils zu Dryandroides
lignitunt, theils zu D. Ilagoibachi, theils zu einer besonderen weiter
unten beschriebenen Dryandroides-Xvt. Myrica Ungeri Heer, mit
eingeschnittenen gelappten Blättern, kam in der fossilen Flora der
Wetterau bis jetzt noch nicht zum Vorscbein.
Dryandroides lignitani Ung. sp.
Taf. in, Fig. 12, 13.
Ettingsh. Proteaceen d. Vorwelt, S. 33. Tat'. 5, Fig. 3 — a. — Terliiire
Flora von Hüring. S. 57, Taf. 2Ü, Fig. o — 7. — Fossile Flora von
Bilin II, Taf. 33, Fig. 4—7, 14, lo. — Heer, Tertiärflora d. Schweiz,
Bd. II, S. 101, Taf. 99, Fig. 9 -13; Bd. III, Taf. 133, Fig. 13. — Sy n.
Mijrica longifolia Ludwig, 1. c. Taf. 28, Fig. 8; Taf. 29, Fig. 3. —
M. Ungeri Ludw.. I. c. Taf. 30, Fig. 3. — M. salicina Ludw. 1. c.
Taf. 28, Fig. 10.
Vorkommen. Im Thonsteine von Miinzenberg mit voriger Art.
Das von Ludwig als Myrica salicina 1. c. Taf. 28, Fig. 10 abge-
bildete Blatt entspricht der fast ganzrandigen Form, welche in Par-
schlug und Bilin ziemlich häufig ist. An dieses schließen sich die wenig
gezähnten Blätter Fig. 12, 13 auf unserer Tafel, welcbe der Klip-
stein'schen Sammlung entlebnt wurden. Die als Myrica longifolia
bezeichneten Blätter Fig. 8 auf Taf. 28 und Fig. S auf Taf. 29 der
Ludwig'schen Abhandlung entsprechen der gewöhnlicben Blattform
dieser Art.
Dryandroides dubia Ludw.
Ludwig, Palaeontographiea, Bd. VIII, S. 113, Taf. 44, Fig. 13 — 13. —
Syn. Hakea Gaudini Ludw. I. c. Taf. 44, Fig. 9, 11, 12. (Ex pajte.)
D. foliis sessilibus, coriaceis lanceolato-linearibus, basi angu-
Mata ohtusis, apice acuminatif^ margine serratis , nervatione hro-
chidodromn, nervo primaria prominente, nervis secundariis nume-
rosis tenuibns, angulo acuta egredientibus.
Vorkommen. Im Eisenstein von Rockenberg, in der Blätter-
kohle von Salzhausen.
ö 0 O V. K f f i n fr s h H II s e n ,
V^on der vocliergehenden Art diircli die schärfere Zähnung de
Randes, von der Drynndroides hanksinefnlia durch die unter spitzeren
\\'inkehi ahgehenden Secundärnerven, von heiden durch die geringe
Verschmjilerung an der Basis und den Mangel des Stieles verschieden.
Die meisten der von Ludwig zu Haken Gandini Heer gebrachten
Blattfossilien zeigen den Charakter von Dryandroides; die oben
citirten stimmen mit den Blättern der beschriebenen Art vollkommen
überein.
Dryandroides Lodwigii Ettingsh.
Syn. Hakea Gaudini Ludwi g, 1. c. Taf. 44, Fig. 10. (Ex parte.)
D. foliis coriaceis, Innceolatis, ntrinqne ncuminatis, serratis,
nervatione dictyodroma, nervo primaria prominente, recto, jiervis
secnndariis densis tennissimis, simplicibus, angulo acuto egredien-
tibus.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen.
Das am citirten Orte abgebildete Blatt Fig. 10 stimmt in der
Nervation mit den Blättern von Banksia und Dryandroides ; in der
Tracht, Zahnung des Randes und Textur mit Dryandroides am mei-
sten ilberein. Durch die sehr feinen dicht an einander gereihten
Secundärnerven unterscheidet es sich von allen bis jetzt beschriebe-
nen Arten letztgenannten Geschleciites, durch die kürzeren niclit
stachelspitzigen Zähne und die lanzettliche Form von der Hakea loette-
ravica.
Dryandroides ncuniinata U n g. sp.
Ettingsh. Proteaceen «ler Vorwpit, S. 32. — Heer, Tertiärtlora d.
Scliweiz, Bd. II, S. 103, Taf. 99, V\g. 17—21; Taf. 100, Fig. 1-2.
Syn. Salix varians Ludwig 1. c. Taf. 27, Fig. 6, 8, 9.
Vorkommen. Im Thonsteine von Münzenberg; im Eisensteine
von Rockenberg. (Blätter.)
Das von Ludwig a. a. 0. zu Salix varians Goepp. gestellte
Blatt Fig. 6 weicht sowohl in der Zahnung des Randes als auch in
der Nervation von den Blättern dieser Weidenart ab. Die Zähne des
auffallend lang zugespitzten Blattes sind spitzer, der Blattrand ist
mehr verdickt, die Secundärnerven sind einander mehr genähert,
wenig bogig und am Ursprünge oft divergirend. Diese Eigenschaften
findet man aber an den Blättern der Dryandroides acuminata, zu
welcher auch die Fragmente Fig. 8 und 9 gehören dürften.
hie fossile Flora der älteren Braunkohlenformation der Wetterau. 859
Dryandroides acatangula Ettiiigsh.
Syn.' Mj/rica longifolia Ludwig, I. c. Taf. 30, Fig. 1.
D. fo/iis petiolatis siihcorinceis, lauceolato-acuminatis , basi
angusta/is . maryine grosse serratis ; nervatione craspedodroma,
nervo primario firmo, tiervis secundariis tenuibus sub angulis
30—40 egredientibus, simpUcibus appro.vimatis.
Vorkommen. Im Thonsteiiie von Münzenberg.
Steht einerseits der Dryandroides banksiuefoHa anderseits der
vorhergellenden Art nahe. Es charakterisirt sich aber diese Art durch
die breitere mehr ianzettliche Form, die ziemlich großen und doch
einander genäherten Randzähne und durch die unter spitzeren Win-
kehi abgehenden randläufigen Secundärnerven.
Dryandroides Hagenbachi Heer sp.
Syn. Quercus Hagenbachi Heer, Tertiärflora d. Schweiz, Bd. II, S, 52,
Taf. 76, Fig. 16. — Myrica longifolia Ludw., 1. c. Taf. 29, Fig. 3, 4,
6 und 7.
D. foliis petiolatis, coriaceis, lanceolatis vel lineari-lanceola-
tis, utrinque attemmtis grosse vel ineiso-deutatis, nervatione cras-
pedodroma, nervo medio valido, nervis secundariis angulo subrecto
egredietitibus, simplicibus appro.vimafis.
Vorkomme n. Im Thonsteine von Münzenberg.
Der Dryandroides banksiaefolia in der Form, Zahnung des
Randes und Textur des Blattes gleichend , jedoch durch die rand-
läuügen Secundärnerven von derselben wohl verschieden.
Dryandroides Hassiaca Ludw. sp.
Syn. Banksia Hassiaca Ludwig, Palaeontogr. VIII, S. 113, Taf. 44, Fig. 5.
D. fuliis parvis sessilibus, coriaceis, lanceolatis, margine
incrassato serratis, basi angustatis, apice acutis; nervatione cras-
pedodroma, nervis secundariis sub angulo öO" exeuntibus.
Vorkommen Im Thonsteine von Münzenberg.
Ein kleines lederartiges gesägtes Blatt , welches seiner Ver-
schmälerung an der Spitze wegen besser zu Dryandroides als zu
Banksia paßt. Von den bisher beschriebenen Drya7idroides-Avteii
unterscheidet es sich durch die randläutige Nervation, von der vor-
hergehenden Art aber durch die Blaltlorm und die spitzeren Abgangs-
winkel der Secundärnerven.
8(j() V. K t t i 11 o^ s li :i u s p n.
Class. C'aprifoliaeeae.
Ord. Rubiaceae.
Ciuchonidium bilinicuiii h^ttingsh.
Ktiingsli. Fossile Flora von ßilin, II. 8. 1J>, Taf. 35, Fifj. 28— 31.
Vorkommen. Im Thonsteine von Münzenberg. (Blätter.)
An der bezeichneten Loetilitiit fand sieh ein Blatt, welches mit
dem im plastischen Thon bei Priesen anf'gefnndenen Blatte Fig. 'M
dieser Art in allen Eigenschaften fibereinstimmt, weßhalb ich das
Vorkommen derselben in der fossilen Flora der VVetterau annehme.
(rardeuia Wetzleri Heer.
Heer, Tertiärflora d. Schweiz, Bd. III, S. 192, Taf. 14t. Fig. 81—103. —
Syii. Passiflora Braunii hu Aw., I. c. Taf. 48, Fig. 11 — 16. (Nur die
Früchte.)
Vorkommen. In der ßlätterkohle von Salzhaiisen; bei Bi-
sehoflsheim nnd Langenaubaeh.
Randia prodronia Ung.
Ung. Sylloge plant, foss. III, p. 12, Taf. 3. Fig. 10.
Vorkommen. In den Schichten der älteren Braniikohlenfor-
mation der Wetterau. (Früchte, Samen.)
Class. Coiitortae.
Ord. Oleaceae.
Iioniciera dobia Ung.
Unger, Sylloge plant, foss. p. 21, tah. VIII, fig. 14.
Vorkommen. In den Schichten der älteren Braunkohlenfor-
mation der Wetterau. (Steinkern.)
Ord. Apocynaceae.
Apoiynoph^IIum pacliyphyllum Eltingsh.
Kttingsh. Fossile Flora von Hilin, II, S. 29, Taf. 36, Fig. 18."
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen.
In iler K I i [»s t e i n'schen Sammlung sah ich ein aus der be-
zeichneten Loealilät slanimendes Blalt, welcluvs mit dem im Süß-
Die fossile Flora der älteren IJraunkohleni'ormation der Welterau. OUl
wasserkalk von Kostenblatt aurgefundenen Blatte dieser Art in allen
Merkmalen übereinstimmt.
Apocyiiophyllum Alcyonidoni Ung. sp.
Syn. Rhododendron Alci/onidiun IJng. Sylloge plant, foss. III, p. 39, tab. XII
flg. 13, 14. — Jvglans ncuminafa Ludwig I. c. Taf. 57, Fig. 8.
A. foliis petiolatis, coriaceis, ovato-lmiceolatis , attemiath
nervatione camptodronm, nervo primario valido, nervis secunda-
riis tenuibus, crebris parallelis apice ramosis, n7ite marginem inter
se conjunctis, nervis tertiariis obsoletis.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen.
Die oben citirten Fossilien zeigen ganz und gar die Tracht von
Apocynaeeen-Blättern. Der ziemlich lange dicke Blattstiel, die läng-
liche ßlattform, die einander genäherten und parallelen nicht ge-
schlängelten hogenläufigen Secnndärnerven, alle diese iMerkmale
kommen vorzugsweise den Arten genannter Ordnung zu. Man ver-
gleiche z. B. die Blätter von Tabernaemofitann-Xiien (Ettingsh.
Blatt-Skelete der Dikotyledonen Taf. 29).
Apucynophylluni Ludwigii Ettingsh.
Syn. Salix lo)tg(t \j\\(\yf/\^, Palaeontograpliica VIII, Taf. 28, Fig. 5.
A. foliis membiumaceis leite linearibus, integerrimis apicem
versus nttemiatis, nervatio7ie cnmptodroma, nervo primario valido,
nervis secundariis tennihus. crebris parallelis, simplicibus. angulo
subrecto egredientib us.
Vorkommen: Im Thonsteine von Münzenberg.
Die lange schmale Form des Blattes, die einander genäherten
und parallelen unter nahezu rechtem W^inkel entspringenden Secun-
därnerven , erinnern nur zu sehr an die Blätter verschiedener Apo-
cynaceen, wie z. B. Nerium, Alyxia u. A., als daß man dieses Fossil
irgend einer anderen Ordnung zuweisen könnte. Von dem sehr ähn-
lichen Nerium bilinicum Ett. I. e. Taf. 37, Fig. 2 unterscheidet es
sich durcli die viel zartere Textur.
Apocynophyllnm wettcravicum Ung.
Unger, Sylloge plant, foss. III. p. 13, tab. IV, fig. 12—15.
Vorkommen. In der Braunkohlenformation der VVetterau.
(Blätter.)
802 V. E t t i II g-sh a 11 s f P.
Ol) die unter obiger Beiiennimg ji. ü. 0. hesohrieheneii Blätter
Einer Pflanzenart angehörten, ist naeli den gegebenen Darstellnngen
ebenso zweilelhaft, als die Bestimmung derselben. Die Fig. 13 und 14
zeigen jederseits des Priniärnervs nur 5 — 6 Seeundärnerven, welche
von einander verhältnißmäßig mehr entfernt stehen als M'ie bei dem
Blatte Fig. 15, das 8 — 9 Seeundärnerven jederseits enthält. Alle
diese Fossilien kiMinten aneh dir Theilblättehen von Juglaas gelten,
wofür nebst der nieht wenig deutlich ausgesprochenen Ungleichheit
der Blattseiten auch die unter rechtem oder nahezu stumpfem Winkel
von der Außenseite der Seeundären abgehenden Tertiärnerven spre-
chen. Ludwig hat ein mit erwähnten vielleicht gleichartiges Blätt-
chen mit Recht zu Juglana gebracht. (Palaeontogr. Vlll. Tat". 60.
Fig. 3). Bei Apocynum undrosaemifolium \j-, mit welchem IJnger
diese fossile Pflanze vergleicht, entspringen die Tertiärnerven an der
Außenseite der Seeundären unter spitzen Winkeln und sind fast
querläufig, wie auch aus der höchst mangelhaften Abbildtmg Fig. 16,
I. c. des Blattes der genannten lebenden Art entnommen werden kann.
Apocynophyllom cordatani l ng.
Unger, Sylloge plant, foss. III, p. 15, tab. IV, Hg. 17.
V 0 r k 0 m m e n. Mit voriger Art.
Außer der herzförmig ausgerandeten Basis stimmt dieses Blatt-
fossil, welches ich eher für ein J//^/r/// .5 -Blatt eben als für ein
Apocynaceen-Blalt hallen möchte, mit dem der vorhergehenden Art
(Fig. lö) genau überein. Die relative Entfernung der 9 — 10 Seeun-
därnerven ist die gleiche; die Tertiärnerven entspringen unter dem-
selben Winkel.
ipoeynophyllom Carissa Ung.
Unger, Sylloge plant, foss. III. p. 13. tab. IV. fig. 12.
Vorkommen. Mit den vorhergehenden Arten.
Diese Art wurde nach zwei anscheinend mangelhaft erhaltenen
Blattfossilien aufgestellt. Bezüglich i\ef> von R adoboj stammenden
Blattes Fig. 1, früher als Puvetta diihid Ung. bezeichnet, glaube ich
mit Sicherheit behaupten zu können, daß dasselbe nur ein kleineres
Blatt (Irr unterdtMi Benennungen Cinchoiiu paimonica und Po^oqucvid
prutoifnca bescluiebcnen bis jetzt noch nicht genau bestinunten fossilen
Pflanze ist. DasBlatl Fig. 2. aus der WetterauerBraunkohlenformation,
Die fossile Flora der Slteien BriKiiikulik'nl'orinatiun der Welteraii. öOo
scheint in der Nervation einigermaßen ahzuweiclien, da die Seciin-
därnerven gegen die Basis hin auffallend genähert stehen, während
dies bei erstgenanntem Blatte nicht der Fall ist.
Daß die Bestiinmung dieser Reste als Apocyiiaceen und über-
haupt die Selbständigkeit der Art sehr zweifelhaft ist, bedarf dem-
nach A\ohl keiner weiteren Erläuterung. Bloße Blattumrisse von leben-
den Ptlanzen, zur Vergleichung mit den ohne Detail der Nervation
gezeichneten fossilen Blättern beigefügt, genügen nach dem jetzigen
Standpuncte der Paläontologie keineswegs zur Begründung der Be-
stimmung einer Species.
Ord. Gentianeae.
nenyanthes tertiana H e e r.
Heer, Terliiirflora d. Schweiz, Bd. HI, S. 20, Taf. 104, Fig. 3, a—f. -
Ludwig. I.e. S. 117, Taf. 24, Fig. 8; Taf. 31, Fig. 15: Taf. 60,
Fig. 17.
Vorkommen. In der älteren Braunkohlenformation der
Wetterau ziemlich verbreitet. (Samen.)
Class. Tiibiflorae.
Ord. Convolvulaceae.
Porana niacraotha Heer.
Heer, Terliarllora d. Schweiz, Bd. III. S. 19. Taf. 103, Fig. 22. - Lud-
wig. I. e. S. IIG. Taf. 4i, Fig. 18.
Vorkommen. \\\ der Blätterkohle von Salzhausen. (Frucbt-
kelch.)
Class. Petalaiithae.
Ord. Myrsineae.
MjTsine Doryphora Ung.
Taf. IV. Fig. o.
llnger. Sylloge jilanf. foss. lU. S. 19, Tyf. 6. Fig. 1 — 10. — Ettingsh.
Fossile Flora von Bilin IL 8. 'iö. Taf. 37. Fig. ä, 6, 13.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen.
Das vorliegende, ziemlich wohl erhaltene Blattfossil, welches in
der Kl ips tein'sehen Sammlung aufhcMahrt wird, verräth durch
seine aulViilleiid lederartige Konsistenz, seine länglich - lanzettliche
(S()4 V. R t l i II 5^: s li :i II s e n.
Form und iiisbcsoiulere diireli die zahlreichen etwas schläiigeligen
unter verschiedenen spitzen Winkeln entspringenden Secundärnerven
den Charakter eines Myrsineen-Blattes. Ich stelle dasselbe zu Tü^/rs/w^?
Doryphorn, wo es zu dem in citirter Sylloge auf der Taf. 6 abge-
bildeten Blatte F'ig. 9 am l)esten paßt.
Ord. Sapotaceae.
vSapotacitos apocyiioides Kftingsb.
Tiif. II, Flg. 5.
S. f'oliis brcvitcr petiolatis, rigide coriaceis, obovatis, integer-
rimis, nervatio/ie camptodromu, nervo primaria f'irmo,recto, apicetn
versus attenuato, nervis secundariis distiiictis ntrinque 7 — S,
snb aitguUs Sit — 60^ orientibus, superioribiis marginem versus
adscendentibus, nervis tertinriis obsoletis.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen.
Die Tracht dieses Blattes, namentlich die sehr derbe lederartige
Textur, welche dasselbe erkennen läßt, veranlaßten micb die näclist
verwandten Analogien in der Ordnung der Sapotaceen zu suchen, ob-
gleich die Bichtung geringere Zaid und die stärkere Entwicklung der
Secundärnerven auf die Apocynaceen deuten. Ich verglich dasselbe
mit Arten von Bassin, Lucuma und Mimusops, ohne jedoch eine
auHallend nahe kommende Ähnlichkeit gefunden zu haben.
Knmelia Plejaduiii Ung.
Taf. H. FiiT. 4.
ITnj/er, Syllo}je iiliint. (oss. III. p. 24. tal). VH|. fig. 6. — Syn. Ih:r
sienoplii/lla Unp. 1. c. 11. \t. 14, lab. III. fig. 25—27. (Ex parte.)
B. fnliis petiolatis, coriaceis obovato-oblongis vel oblongo-
cuneiformibus, obtusis vel emarginatis, iutegerrimis, nervo primario
prominente recto , e.vcurrente, nervis secundariis inconspicuis ;
bacca eUipsoidea unilitcnlaris monosperma, pericarpio crustaceo
tenui lougitudinaliler leviter costalo.
V 0 r k 0 m m e n. I n der Wetterauer Braunkohlenformation.
Mit der Beere, welche Unger unter den Ptlanzenfossilien aus
iler Braunkohlenforntation der Wetterau fand und in der Sylloge III.
beschreibt, vereinige ich Blätter, welche ebendaselbst gefunden wur-
den und nach ihren Eigenschaften am besten zu Bumelia passen.
nie fossile Flor:» der üKeren UiMuiiKoliIenfoiniatlon der Wcdei-aii. o6o
Diese Blätter sind vom genannten Autor in Sylloge 11. zu Ilex sfc/to-
pliylla gestellt worden.
Ord. Ebenaceae.
Diospyros brathyscpala A. Braun.
Taf. 111. Fig. 7.
Heer, Teitiürflora J. Schweiz, Bd. III, S. 11. Taf. 102, Fig. 1-14.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen. (Blätter).
Das vorliegende Blatt stimmt mit den von Heer a. a. 0. abge-
l)ildeteii Blättern dieser Art, besonders mit Fig. 2 und 6 überein. Es
wird in der Klipstei n'scben Sammlung aufbewahrt.
Diospyros lotoides Ung.
Unger, Sylloge plant, foss. p. 30, tab. X, fig. 1 — 12. — Syn. Borra-
(jinltes m;/osutiflorns Ludwig, I. c. S. Hü, Taf. 43, Fig. 10. — Jiiglans
acuminata Ludw. I. c. Taf. B7, Fig. 1 und 8. — J. ventricona Ludw.
I. c. Taf. 37, Fig. 3, 5.
D. foliis longe petiolatis, lunceolato-ohlongis utrinqite atte-
nuatis, iiitegerrlmis, nervatione camptodroma, nervo primnrio valido
infra apicem saepe pauUatim flexuoso, nervis secundariis crebris
subrectis vel flexuusis, apice hder se conjunctis, nervis tertlarüa
transi'ersalibus; culyce minimo, (jidnquefido patente declduo, laci-
niis rotundatis.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen ; bei Hessen-
brücken.
Zu dieser von Unger nach Blättern aufgestellten Art bringe
ich den von Ludwig unter der Bezeichnung Borraginitis myosoti-
floriis abgebildeten Blütenkelch. Derselbe ist sehr ähnlich jenem von
Diospyros Myosotis, jedoch viel kleiner und unterscheidet sicli von
diesem durch kürzere und mehr rundliche Zipfel. Mit der seicht
o-lappigen Blumenkrone des Borraginites myosotiflorus Heer kann
man diesen Kelch nur bei oberflächlicher Betrachtung verwechseln.
IHacreightia münzenbergensis Ettingsh.
Syn. Hi/drochnris ovata Ludwig, Palaeontograpbica, VIIL Taf. 24, Fig. ß
und 6 a.
M. ralycc tripartito lobis obovatis vel cunciformUms, obtnais
nercosis.
V 0 r k 0 m m e n. Im Sandsteine von Münzenberg.
8t)ß V. K t t i II fj s li a u s e II.
Daß die oben citirteii von Ludwig als Hydrocharis-BKitheii
betrachteten Fossilien mit den zuerst von Heer erkannten dreithei-
ligen 3Iac?'eightia-Ke\cheii aus Önlngen in sehr naher V^erwandt-
sehaft stehen, ist auf den ersten Blick zu sehen. Insbesondere ist
Fig. 6 den auf der Tafel 103 des lleer'schen Werkes abgebildeten
Kelchen von Macreightia geimanica Fig. 2 und 2 c so ähnlich,
daß man die Gleichartigkeit dieser Reste anzunehmen geneigt sein
könnte. Letztere liaben nämlich an der Basis ein wenig verschmälerte
mehr elliptische als eiiörmige Zipfel. Der erwähnte Kelch von Mün-
zenberg unterscheidet sich von diesen nur durch abgerundet-stumpfe,
verkehrt-eiförmige Zipfel. Die Nervation ist an dem mit noch schmä-
leren keilförmigen Zipfeln versehenen Kelche Fig. 6 a gut erhalten,
stimmt im Wesentlichen mit der Nervation der Öninger Kelche über-
ein, unterscheidet sich aber von derselben durch den etwas stärkeren
Mediannerv. Den angegebenen Merkmalen zufolge, glaubte ich an-
nehmen zu sollen, daß die Münzenberger Macreightia-Ke\c\\e einer
besonderen Art entsprechen.
Ord. Styraceae.
Symplocos gregaria A. Braun.
Taf. III, Fig. I.
Unger, Sylloge plant, foss. III. p. 31, tab. XI. (ig. i a—i.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen. (Stein-
kerne, Blätter).
Mit den Steinkernen dieser Art vereinige ich das vorliegende
Blatt, welches ich für ein Si/nip/ocos-\ih[{ halte. Die von Unger
a. a. 0. abgebildeten Blattfossilien scheinen mir nicht hieher zu
gehören.
Class. Biforiies.
Ord. Vaccinieae.
Vaccioiuiii stiginosuiii Liidw. sp.
Syii. Duphne utigmosn Ludwig, I. e. S. 11 1. Taf. 43, Fig. 11.
V. f'üliis sessilibus, obovttlo-oblongis, integerrimis, basi ati-
guslatis, apice emarginatis, nervatione brochidodroma, nervo prl-
mario distiucto, recto, e.venrrente, nervis secundarh's utrlnque (i,
sub augnih acKfis variis egredientibus, fcmübus arcnntim inte)- se
co/tjunelis, nern's tertiuriis dictgodromla, »mcuUs pii/tctatis.
Die fossile FIoim Her üKcroii Braiinkolilciiformation der Wetferaii. öt) i
Vor komm eil. In der Rlätterkohle von Salzhauseii.
Dieses Blatt zeigt die Tracht und Nervation eines Vacchiuim-
Blatles. Die Consistenz scheint mehr häutig als lederartig gewesen zu
sein. .4us dem ziemlich dünnen unterhalb der Spitze verfeinerten
Primärnerv entspringen die Secundärnerven in ungleichen Abständen
unter spitzen Winkeln. Die verhältnismäßig hervortretenden Tertiär-
nerven sind recht- oder stumpfwinklig eingefügt und gehen in ein
lockeres Netz über, dessen Maschen punctirt sind.
Ord. Ericaceae.
Andromeda protogaea Ung.
Unj^'er. Fossile Flora von Sofzka, S. 43, Taf. 23, Fig. 2, 3, ä-9. -
EHingsh. Tertiäre Flora von Hiiring. S. 64, Taf. 22. Fig. 1—8.
Vorkommen. Im Sandsteine von Münzenberg.
Diese in den Floren der älteren Tertiärformation sehr verbreitete
Art fehlt auch der fossilen Flora der Wetterau nicht und ist bis jetzt
der einzige Repräsentant der Ordnung der Erieaceen in dieser Flora.
Die in der Sylloge plant, foss. III, p. 39 beschriebenen, als Rhodo-
dendron Alcyonidiim Ung. bezeichneten Blattfossilien aus «der
Wetterauer Braunkohlenformation gehi^iren zu den Apocynaceen.
Class. Diseanthae*
Ord. Araliaceae.
Araliophyllam dubiam Ettingsh.
Syn. Quinquefolium sp. Lud wig, 1. c. S. 145, Taf. 58, Fig. 8.
A. foliis digitatim compositis, foliolis sessilibus vel brevissime
petiolatis coriaceis, ovatis, 3 — 3 centim. longis iS — 2-8 centim.
latis, fipice acntis, basi angnsfntis, margine integerrimis, nervo pri-
mario disthicto subrecto, excurente, nervis seeundariis tennlbns.
infimis lo?igioribus angulo peracuto egredieniibus, nervis tertiarih
obsoletis.
Vorkommen. Im Thonsteine von Münzenberg.
Reste von Araliaceen sind fast aus allen artenreichen Floren
der Tertiärformation zum Vorschein gekommen. Es ist deßhalb wohl
anzunehmen, daß diese Ordnung auch in der vorweltlichen Flora
der Wetterau vertreten war. Unter den von dieser Flora stammenden
Pflanzenfossilien dürfte keines mit größerer AVahrscheinlichkeit als
8()8 V. E t t i II {> s h a u s e ii.
Ar.nliaceeii-Rest zu deuten sein, als das von Ludwig unter der
Bezeichnung Qiiinquef'oliitm abgebildete Blatt. Wegen der allzu nian-
gelhaft erhaltenen Nervation wage ich es nicht, über die Bestiuinuing
der Gattung eine Ansicht auszusprechen..
Hedera serratii Lu dw.
Ludwig, Paliiontographiea. lj<]. VllI, S. 118. Tat. 44, Fi-;. 16.
H. foliis coriaceis trilobis, lobis subaequalibus, e basi lata
ovatis acutis, margine argute serratis, nervatione acrodroma, ner-
vis primariis 3, yrominentibus, paullo fle.vuosis excurrentibus,
uervis secundnriis utriurjiie 4 — 6, siib angidis acutis orientibns,
distinctis fledmosis, apice i'amosis, brochidodromis, nervis tertiariis
rnmosis, inter se conjimctis.
Vorkommen. In der Biätterkohle von Salzhausen.
Das dieser Artaufstellung zu Grunde liegende Blatttbssil trägt
den Habitus und die Nervation von Hedera an sich. Hingegen dürften
die von Ludwig zu Hedera Kargii A. Braun gebrachten Blätter
nicht zu dieser Art und überhaupt nicht zu Hedera gehören. Fig. 15
auf der Tafel 44 der citirten Abhandlung halte ich für ein Ahorn-
Blatt, Fig. 4 auf Taf. 46 für ein kleineres Blatt der Vitis Braunii
L u d w.
Ord. Ampelideae.
Titis teutonica A. Braun.
Ludwig, Palaeontographica, Bd. Vlll, S. 118. Taf. 45, Fig. 1 — 5; Taf. 46.
Fig. 1, 6. — ünger, Sylloge plant, foss. p. 23, lab. IX. fig. 1-8.
Vorkommen. In der Braunkohlenformation von Salzhausen.
(Blätter, Früchte, Samen.)
Vitis Braunii Lud w.
Lu.lwig. Palaeontographica, Bd. Vlll, S. ItiO, Taf. 46, Fig. 2, 3, 5, 7. -
Syn. Hedera Kargii hwA vi. 1. c. Taf. 46, Fig. 4.
V. folüs petiolatis basi aequali cordatis, pnlmato-subquin-
que/obis, grosse vel iiiciso-dentatis, lobis e basi lata ovato-acutis
vcl snbobtusis, nervatione actinodroma, nerois primariis 3 — 6,
nervis secundariis craspedodromis.
Vorkommen. In Salzhausen und Bockenberg.
Diese Art unterscheidet sich von der vorhergehenden niu- durch
die gleiche Basis und die kurzen wenig spitzen oder stumptlichen
nie fossile Floi'a der älteren Itraimkohleiifoimatioii der Wetleniu. öÖ«)
Lappen. Wegen der Veräiulerliehkeit der Vitis-Hliiitev liegt die An-
nahme nahe, daß man es hier nicht mit einer selbstständigen Art,
sondern nur mit einer Varietät der Vitis teutonica zu thun hat. Hiefür
ließen sich selbst in den wenigen a. a. 0. abgebildeten Blättern Be-
lege finden. So ist z. B. bei Fig. ö die Basis ziemlich auirallend
ungleich ; bei Fig 2 sind die Zähne bereits etwas tiefer eingeschnitten ;
bei Fig. 3 sind die Hauptlappen des Blattes nicht erhalten, dürlten
aber, nach den ziemlich hervortretenden ßasallappen zu schließen,
viel größer gewesen sein als die Ergänzung der Figur angibt.
Ord. Corneae.
Coriins Ludwigil Ettingsh.
Syn. Cornns Stiideri LwAw'i^, I. c. S. 12i, Taf 38, Fig. 10. — C. orbifera
Ludw. 1. c. S. 121, Taf. 58, Fig. 12.
C. foliis breviter petiolatis orntis vel ellipticis, integerrimis,
basi inijetiolum (ingustatis,apice obtusis ; nervatione camptodroma,
nervo primario prominente, recto, apicem versus (ittenuato, excur-
rente, nervis secundariis temiibus, utrinque 7 — 8, curvatis, su-
perioribus acrodromis ; nervis tertiariis temiissimis congestis
transversariis.
Vorkommen. Bei Münzenberg und Rockenberg.
Diese Cornus-Xvt unterscheidet sich sowohl von der C. Staderi
als auch von der C. orbifera durch kleinere an der Basis zusammen-
gezogene Blätter, durch die geringere Zahl der Secundärnerven und
insbesondere durch die einander mehr genäherten vollkommen
querläufigen Tertiärnerven. In letzterem Merkmale erinnert sie an
Rhamneen-, namentlich Berchemin-\vten> mit welch letzteren sie
jedoch schon wegen der Verschmälerung an der Basis und der spitz-
läufigen oberen Secundärnerven nicht verwechselt werden kann. Das
von Ludwig a. a. 0. Taf. S8, Fig. 11 als Cortiiis orbifera bezeich-
nete Blatt aber halte ich für ein Rhamneen-Blatt.
Cornus puocinervis Ettingsh.
Taf. III. Fig. 14.
C. foliis coriaceis, ellipticis, integerrimis, basi npiceque obtu-
sis, nervatione camptodroma, nervo primario prominente, recto,
nervis secundariis distinctis, utrinque 3 — 4, angulo peracuto egre-
870 V. E ( I i II ^ s h ii II s (■ II.
(tientibus, marginem versus adscendentibus, nervis iertiariis obso-
letis.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen.
Ich glauhe mich nicht zu irren, wenn icli dem vorliegenden
Blalirüssil aus der K li pst e in'schen Sammlung seinen Platz in der
Gattung Cornus anweise. Durch die auftauend derhe lederartige
Textur und die geringe Zahl der unter Winkeln von 30 — 35 ent-
springenden Secundärnerven unterscheidet es sich von den bis jetzt
zum Vorschein gekommenen vorvveltlichen Arten dieser Gattung.
Ord. Hamamelideae.
Parrotla pristina Ettingsh. sp.
Stur. Beiträge zur Kenntniß der Flora der Süßwasserquarze, der Congeiien-
und Cerithien-Scliichten. Jatirb. d. k. k. geologisclien ReichsanstaK,
Bd. 17. 1867, S. 192, Taf. ö, Fig. 2, 3. — Syn. Styrax pristumm Ett..
Fossile Flora von Wien. S- 19, Taf. 3, Fig. 9.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen.
Von dieser Art, welche auch in Bilin vorkommt, sah ich einige
Blaffreste aus der bezeichneten Lagerstätte in der Kl ipst ein'schen
Sanmilung.
Class. Corniciilatae.
Ord. Saxifragaceae.
Weinmannia inicrophylla Ettingsh.
Ettingsh. Tertiäre Flora von Häring, S. 66, Taf. 23, Fig. 8-29.
Vorkommen. Im Thonsteine von Münzenberg.
In der Klip stein 'sehen Sammlung fand ich unter den Pftan-
zenresfen der genannten Localität ein kleines eirundes am Bande
gesägtes Blättchen von lederartiger Textur, welches mit Seiten-
blättchen der Weinmannia micropJn/lla iWe größte Übereinstimmung
zeigt. Vielleicht gehört das sehr ähnliche von Unger in Sylloge IH,
Tat". 18, Fig. 16 unter der Benennung Pyrus PhytnJi abgebildete
Blättchen aus der fossilen Flora der Welterau ehenl'alls hieher.
Die fossile Flor.T der iiltereii Rrauiikohleiiformatioii der Wetferau. 871
Class. Polycarpieae.
Ord. Anonaceae.
Anona lignitoni Ung.
Unger, Sylloge plant, foss. II, S. 25, Taf. 10, Fig. 6, 7. (Ex parte.)
A. foliis semipedalibus petiolatis coriaceis^ oblongis vel lan-
ceolatis, basi angustutis, apice acuminatis, inargine integerrimis,
nervatione camptodroma, nervo primario valido, nervis secunda-
riis difithictis, nngtilo acuto egredienfibus marginem versus adscen-
deiitibns, subsimplicibus; seminibus siiborbiciilaribiis oblongis obtusis,
laevibus, compressis 8 millim. longis, 5 — 7 millim. latis, chalaza
parva immensa.
V^orkonimen. In der Blätterkohle von Salzhausen.
Die in der Sylloge II Tat'. 10, Fig. 1 — 5 zu dieser Art gestell-
ten Blätter halte ich weder für Anona- noch für Z>ios/)i/ros-Blätter.
Ich habe selbe mit Nyssa Vertumniye.vm\\g\. Das Blatt Fig. 6 aus dem
Braunkohlenlager zu Trofajach in Steiermark unterscheidet sich von
diesen sowohl in der Nervation als auch in der Textur. Ein demselben
vollkommen gleichendes Blatt von lederartiger Textur lag mir aus
der Klip stein 'sehen Sammlung vor. Es mag mit dem von Unger
beschriebenen Samen zu Einer Art gehören.
Ord. Magnoliaceae.
Vagnolia HotfuiaDoi Ludw.
Ludwig, Palaeontographica, Bd. VIII, S. 123, Taf. 47, Fig. 1, 2, 6, 7, 8.
Vorkommen. Im Braunkohlenlager von Salzhausen; bei
Hessenbrücken und Münzenberg. (Blätter, Früchte.)
Magnolia Ladwigii Ettingsh.
Syn. Magnolia attenuata hwA\\\g, Palaeontographica, Bd. VIII, S. 123,
Taf. 47, Fig. 9—13.
Vorkommen. Mit voriger Art, bei Salzhausen. (Blätter,
Früchte.)
Das von Ludwig a.a. 0. abgebildete Blatt als Magnolia-^\'Aii
angenommen, kann nicht mit dem der Magnolia attenuata Weber
zu Einer Art gehören. Ersteres besitzt ziemlich feine unter Winkeln
von 40 — oO entspringende Secundärnerven und kurze rechtwinklig
Sitzb. d. inathem.-iiafurw. Cl. LVIl. Bd. !. Ablli. 06
O T ■w V. E t f i n g s h a u s e n.
eingefügte netzläufige Tertiänicrven, letzteres starke hervortretende
unter Winkeln von 70 — 80 entspringende Secundärnerven, von
denen ziemlich lange verhindende Tertiäre unter spitzen Winkeln
ahgehen. Auch die Früchte der Magnolia Liidwigii sind in der Ter-
tiärformation der niederrheinischen Braunkohlenformation bis jetzt
nicht gefunden worden.
Das als Magnolia pliirinervia Lu dw. bestimmte Fossil ist ein
Sapindaceen-Theilblättchen.
Class. Mcliiniliia.
Ord. Nymphaeaceae.
Nymphaca üolioluni Ludw.
Ludwig, Palaeontogiaphica, Bd. VIII, S. 123, Taf. 60, Fig. 12, n-f.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen; bei Ober-
ingelheim. (Samen.)
Class. Parietales.
Ord. Passifloreae.
Passiflora Braunli Ludw.
Ludwig, Palaeontographica, Bd. Vill, S. 124, Taf. 48, Fig. 1—10. (Nur
die Blätter.)
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen.
Die von Ludwig hiehcr gestellten Früchte stimmen mit den
von Heer als Gardenia Wetzleri bezeichneten Früchten aus der
Tertiärflora der Schweiz vollkommen überein. Ob die a. a. 0. abge-
bildeten Blätter Fig. 7 und 10 zu obiger Pass'iflora-kvi gehören,
scheint mir sehr zweifelhaft zu sein. Sie weichen in der Form und
Nervation von den übrigen etwas ab, auch fehlen denselben die
charakteristischen Blattstieldrüsen.
Class. Coliiiiiiiiferae.
Ord. Tiliaceae.
Grewia crenata Ü n g. sp.
Heer, Tcrtiiirflora d. Schweiz, Bd. I, Ti.f. t, Fi«,'. 8; Bd. III, S. 42, Taf. 109,
Fig. 12-21; Taf. 100, Fig. 1 — 11.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzbausen.
Die fossile Florii der älterpn Rrminknlilonformnlion der WeHeraii. iS73
Ord. Büttneriaceae.
Dombeyopsis Decheni Web.
Weber, Tertiarflora der nietlenheinisclien Braunkolilenformation, S. 79.
Taf. 4, Fig. 10. - Ludwig, i.e. Taf. 61, Fig. 4.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen und im
Thonsteine von Münzenberg.
Durch den buchtig-gezähnten Rand und die randläufigen Secun-
därnerven unterscheidet man die Blätter dieser Art leicht von den
ähnlichen großen und nicht selten dreilappigen Blättern der Ficus
tiliacfolia. Dalier kann nur das auf Tafel 61, Fig. 4 inLudwig's
Abhandlung abgebildete Blatt zu Dombeyopsis Decheni Web.
geliören.
Class. Acera.
Ord. Acerineae.
Acer trilobatuDi A. Braun.
Taf. IV, Fig. 1, 2, 4, 6 und 7.
Heer, Tertiärflora d. Schweiz, Bd. III, S. 48, Taf. 2, Fig. 3, 4, 6, 8; Taf. 90
Fig. 16-21; Taf. HO, Fig. 16-21; Taf. 111, Fig. 1, 2, 5—14, 16,
18-21; Taf. 112, Fig. 1—8 und 11-16; Taf. 113-llS; Taf. 116.
Fig. 1—3. — Ludw., 1. c. Taf. 50, Fig. 1—5; Taf. 51, Fig. 4—11;
Taf. 52, Fig. 2, 4—7; Taf. 53, Fig. 6. — Syn. Acer grosse-den-
tatiim Heer I. c. S. 54, Taf. 112, Fig. 17—25. — Ludw., Taf. 51,
Fig. \,2. - A. vitifolmm Ludw. I. c. Taf. 52, Fig. 1.
V orkommen. In Münzenberg, Salzhausen, Rockenberg u. s. w.
(Blätter, Früchte.)
Die hier abgebildeten Exemplare zeigen den Übergang zwischen
Acer trilobatum und A. grosse-dentatnm. Auch die in Heer's citir-
tem Werke Taf. 110, Fig. 16, Taf. 112, Fig. 5, Taf. 113, Fig. 11,
Taf. 114, Fig. 4 abgebildeten Blätter können als Übergangsformen
betrachtet werden. Die auf der Tafel 112 als Acer grosse-dentatum
bezeichneten Früchte haben zwar einen etwas schmäleren Flügel, als
die gewöhnlichen von A, trilobatum , doch ist dieser Unterschied
sehr unbedeutend und bei den unzweifelhaften Übergängen Fig. 11,
16, 19, 23 I. c. anßerwesentlich. .
Blätter mit gemischter Nervation, d. i. theils rand-, theils schling-
läufigen Secundärnerven kommen bei Acer trilobatum vor, wie z. B.
56*
874 >■ V.m n gs h :i II s eil.
Fig. 3 auf Taf. 50, Kig-. 3 und 9 auf Taf. 51 und Fig. 5 auf Taf. 52
der Ludwigschen Abhandlung u. A. zeigen. Ich kann del!»lialb
das in erwähnter Abliandhmg als Acer vitif'olium bezeichnete Blatt
nur für eine Form von Acer trilobatum mit vorberrschend schlingen-
bildenden Secundärnerven ansehen.
Acer Rlipsteini Ettiugsh.
Taf. II, Fig. 3.
A. foliis petiolatis palmato-trilohis , basi acutis, lobis subae-
qualibus, lanceolatis, inaeqnuliter dentatis, apice actimuiath,
erecto-pntentibus, sinubiis ancfulnm acutum f'ormantibns, nervatione
uctinodroma, nervis primarlis 3 sub mujulis 20 — 30 divaricatU,
nervis secundariis numerosis approximatis, craspedodromis.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen; im Thon-
steine von Münzenberg.
Das Blatt dieser Art gleicht in der Tracht dem der vorher-
gebenden (Var, A. tricufipidatum) am meisten. Es unterscheidet
sich aber von demselben durch eine spitze Basis, durch schmälere
Lappen, kleinere Randzähne und insbesondere durch die Nervation.
Die Primäruerven divergiren an der Basis unter spitzeren Winkeln;
die Secundärnerven sind kürzer, zahlreicher und einander mehr
genähert.
Acer Bruckiiiauni A. Braun.
Taf. IV, Fig. 3.
Heer, TertiÜrflora d. Schweiz. Bd. FII, S. 54, Taf. Ii6, Fig. 6-10.
Vorkommen. In der Blätterkolile von Salzhausen.
Das vorliegende in der K I i p s t e i n'schen Sammlung aufbewahrte
Ahornblatt halte ich für ein kleines Blatt des Acer Bruckmnnni. Es
kommt dem Blatte Fig. 8 a der Heer'schen Abbildung am nächsten.
Der Stiel und die Spitze desselben sind unvollständig erhalten.
Acer angusfilobum Heer.
Heer, Tertiärflora d. Schweiz, Bd. III, S. 57, Taf. 117, Fig. 25 a, Taf. 118,
Fig. 1—9. — Ludwig, I. c. S. 131. Taf. 52, Fig. 3, 8; Taf. 53,
Fig. 2 — 4, 7. — Syn. Acer Hüminiainnn Ludw. I. c. Taf. 51, Fig. 3.
Vorkommen. Im Tbonsteine von Münzenberg; in der Blätter-
kohle von Salzhausen. (Blätter, Früchte.)
Die Blätter dieser Art haben bald breitere, bald schmälere ver-
schieden lange Lappen, welche mit meist großen stumptlichen, aber
Die fossile Flora der älteren Hraimkohlenformation der Wetferau. O / 5
auch manchmal mit spitzen vorgezogenen Zähnen besetzt sind. Es ist
desshalb oft schwierig, dieselben von den Blättern des Acer Rüminia-
num Heer zu unterscheiden. So möchte man das Blatt Fig. 3, Taf. 53
von Ludwig'.s Abhandlung der langen verschmälerten Lappen
wegen zu A. Rüminianumhringen, wenn nicht die auffallend stumpfen
Zähne dagegen sprechen würden. Keinesfalls aber kann das eben-
daselbst abgebildete, als A. Rüminianum bezeichnete, mit kürzeren
und breiteren stumpfgezähnten Lappen versehene Blatt Fig. 3, Taf. ol
dahin gehören.
Acer niünzenbergense Lud w.
Ludwig, Palaeontogr. VIII, S. 132, Taf. 53, Fig. 1, 5.
A. foUis lotige yetiolatis, rigide coriaceis, palmato-trilohis,
hast rotundatis, lobis subaequaUbus , oblongis apice angustata
acutis, margine serratis, patentibus, sinubus angulum stibrectum
formantibns , nervatione ncfinodroma , nervis primarüs 3 , sub
angulis 40— HO divaricatifi, nervis secntidariis tennibns craspe-
dodroniis.
Vorkomme n. Im Thonsteine von Münzenberg.
Die angegebenen Merkmale dieser Art wurden dem 1. c. Fig. S
abgebildeten Blatte entnommen, welches sich durch den gleichförmig
gesägten Rand und die anscheinend sehr derbe lederartige Textur
vor den bisher beschriebenen fossilen Ahornblättern auszeichnet.
Das am Stiele verletzte Blatt Fig. 1 hat viel schmälere und verhält-
nißmäßig längere Lappen mit etwas ungleichen Zähnen und dürfte
wohl dem Acer angustilobum einzuverleiben sein.
Acer indiTisum Web.
Taf. III, Fig. 6.
Weber, Tertiärflora der niederrheinischen Braunkohlenformafion , S. 84,
Taf. 5, Fig. 2. — Heer, Tertiärflora I. o. S. 60, Taf. 1, Fig. 10;
Taf. HO, Fig. 15; Taf. 116, Fig. 12.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen.
Das in Salzhausen gesammelte Ahornblatt Fig. 6 auf unserer
Tafel stimmt bezüglich der Nervation und Zahnung des Randes am
meisten mit dem von Weber abgebildeten, bezüglich der Form und
Größe aber mit dem in Heer's Tertiärflora Taf. 116, Fig. 12 dar-
gestellten Blatte von Acer indivisum überein. Es zeigt eine gemischte
370 V. E t t i n n^ s li a u s e a.
Nei'vation, indem die oberen Seeundärnerven randläufig, die mittleren
und unteren schlingläufig sind.
Ord. Malpighiaceae.
Malpighiastraiii teutonicuni Ettingsh.
Taf. V, Fig. 3.
M. foUis subcoriaceis ellipticis, basl ohtusis, apice productis,
margbie iutegerrimis , nervatione brochidodroma , nervo primär io
valido prominente, excurrente, nervis secundariis sub angulis
SO — 60 orientibus , promiuentibus, arcuntis subflexuosis, nervis
tertiuriis in inferiore parle utringue siib angulis aculis, insuperiore
parte e latere interna sub angulis obtusis egredientibus, tenuissi-
mus ramosis, inter se conßoictis.
Vorkommen. In der lilätterkolile von Salzhausen.
Der nur an wenigen Stellen wohlerhaltene ungezähnte Blattrand
deutet eine etwas derbere fast lederartige Textur an. Die Basis ist
abgerundet-stumpf, die kurz verschmälerte Spitze etwas vorgezogen.
Der Primärnerv tritt besonders an der Basis stark hervor. Die unter
wenig spitzen Winkeln entspringenden Seeundärnerven stehen in
ungleichen Abständen, sind wenig bogig, gegen den Band zu ästig;
die schüngenbildenden Aste divergiren unter spitzen Winkeln. Die
feinen Schlingenbögen sind dem Bande genähert. Das durch die
Verzweigungen der Tertiärnerven gebildete Netz ist theilweise
erhalten.
Das Fossil scheint dem Malpighiastrum coriaceum Ung. Syl-
loge 111, Tat". 15, Fig. 28, 29 nahe zu stehen. Es unterscheidet sich
aber von genannter Art durch die mehr vorgezogene Spitze, die stärker
hervortretenden, kaum geschlängelten und wenig ästigen Seeundär-
nerven, dann durch die Abgangswinkel der Tertiärnerven.
Malpighiastrum rockenbergense Ettingsh.
Prunus (jrandifolia Ludwig, Paliiontogr. VIII, S. 144. Tiif. 47, Fig. 4. 5.
M. foliis breviler petiolalis, membranuceis, ovato-oblongis
basi apiceque obtusiusculis, margine intcgerrimis, nervatione bro-
chidodroma, nervo primario valido, recto, apicem versus attennato,
nervis secundariis sub angulis SO — 60 orientibus, fenuibus arcua-
tim inier se conjiinclis, nervis ferli((riis sub angtilo reclo egre-
dientibus, diclyodromis.
Die fossile Flora der älteren liraiiiikolilenfurmation iler Wetleraii. o7 /
Vorkommen, Im Eisenstein von Rockenberg.
Die Form, RinidheschaiTenlieit und Nervation dieses Blattfossils
sprechen nicht für die Gattuny Priuius, sondern l'ür eine Pflanze aus
der Familie derMalpighiaceen. Wegen der Ähnlichkeit des Blattes mit
dem von MulpigJnastrum heteropteris Ung. I. c. Taf. 15, Fig. 20
reihe ich dasselbe genanntem Sammelgeschlechte ein, bis spätere
Funde eine genauere Bestimmung ermöglichen.
Ord. Sapindaceae.
Sapiodus ligDitum Ung.
Taf. V, Fig. 4, S, 12 und 13.
Unger, Sylloge plant, foss. I, p. 33, tab. VI, fig. 3—5.
S. foliis pinnatis, folioUs ovato-ohlongis vel lanceolatis , basi
paullo inaequali breviter petiolatis, utriiique angiistntis , apice
aciiminatis, margine integerrimis , nervatione camptodroma, nervo
primario valido , rectu , excurrente , nervis secundariis pi^ominen-
tibus iitrinque 10 — i3, sub angidis 43 — 3S° orientibiis, inferiori-
biis et mediis marginem versus adscendentibus, saepe inter se co7i~
junctis; nervis tertiariis tenuissimis ungulo subrecto exeuntibus ;
semhiibus globosis basi leviter depressis, diametri 10 millim.
nmbilicatis laevibus, umbilico basiluri elliptico deraso e.carilktto.
V^orkommen. In der Braunkohlenformation der Wetterau.
Zu den von Unger beschriebenen Samen dieser Art bringe ich
die hier abgebildeten Blattfossilien aus der Blätterkohle von Salz-
hausen. Die zwar wenig auffallende aber immerhin deutlich ausge-
sprochene Ungleichheit der Blattseiten läßt selbe als Theilblättchen
erkennen. Die Blattsubstanz dürfte ziemlich derb gewesen sein. In
der Form und Nervation stimmen sie mit den Blättchen von Sapindus
escnlentus St. Hil. (Ettingsh. Blatt-Skelete der Dikotyledonen
Taf. 63, Fig. 16) am meisten überein.
SapiDdos mänzenbergensis Ettingsh.
Syn. Magnolia plurinervia Ludwig, Palaeontogr. VIII, S. 123, Taf. 47,
Fig. 3.
S. foliis pinnatis, f'oliolis coriaceis, basi obliqna breviter
petiolatis, ovato lanceolatis, integerrimis apice acuminato serrida-
tis, nervatione camptodroma, nervo primario valido excurrente.
O T ö V. E f t i II A?/s-Steinkerneii zu
Einer Art. Dahin gehört vielleicht auch das von Ludwig a. a. 0. als
Zizyphus ovata bezeichnete Blatt, welches von genanter Rhamneen-
Art durch feinere, nicht hervortretende Secundärnerven abweicht.
Rhainnus Heerii Ettingsh.
Taf. V, Fig. 10.
Syn. Rhammis Eridani Heer, Tertiäiflora d. Schweiz, Bd. III, S. 81,
Taf. 125, Fig. 16; Taf. 126, Fig. 1.
Rh. foliis magnis longe petiolatis membranaceis, ovato-oblon-
gis, remote denticulatis, rarius integerrimis, nervis secundariis
utrinque 8 — 12, subsimplicibiis, margine camptodromis.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen; im Thon-
stein von IMiinzenberg.
Die fossile Flora der alleren liraiiiikolileiiforinatioii der Wetterau. öO 1
Daß die von Heer als ÄÄa//^;^Ms £r«V/tfw/bezeichiielen Blatt-
fossilien, denen eine dünnhäutige Textur und ein gezähnter Kand
zukommt, von den lederartigen, stets gaiizrandigen Blattern dcsRItam-
nus Eridani Ung. wohl zu unterscheiden sind, zeige ich in meiner
Arbeit über die fossile Flora von Bilin. Ithamiius Eridani, Pyrus
trof/hdytanmi und Firnis Jynx sind aber, wie ebendaselbst gezeigt
wird, nur verschiedene Namen für eine und dieselbe Pflanze, für
welche ich die Bezeichnung Ficus Jynx beibehielt. Das hier abge-
bildete in der Klips tein'schen Sammlung aufbewahrte, am Stiel
verletzte Blatt stimmt hinsichtlich der Form, RandbeschatTenheit und
Textur mit dem Schweizerfossil I. c, Taf. 126, Fig. 1 überein.
fthaniDUS Decheni Web.
Taf. IV, Fig. 9.
Weber, Terliiirüora der niederrheinischen Braunkohlenformation, S. 90,
Taf. 6, Fig. 2. — Heer, Terfiärflora d. Schweiz, Bd. HF. S. 81.
Taf. 123, Fig. 14, 15.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen; im Thon-
steine von Münzenberg.
Das vorliegende längliche ganzrandigeaus erstgenannter Lager-
stätte stammende Blatt von mebrzarter als lederartiger Textur, scheint
mir nach seiner Nervation zu schließen der Gattung Rhamnns anzu-
gehören. Es gleicht am meisten den von Weber a. a. 0. abgebilde-
ten Blättern des Rhamnns Decheni.
»
RhuDiDus rockenbergensis Ettingsh.
Syn. Cornus orbifera Ludwig, Pahieontogr. VIII, S. 121. Taf. 58, Fig. 11.
Rh' foUis coriaceis breviter petiolatis, ellipticis, basi aciitis
apice obtusatis, margine undidatis,nervatione camptodroma, nervo
primär io prominente, subflexuoso, apicem versus attenuato, nervis
secundariis ntrinque 3, distinctis, nervis tertiariis tenuibus, e
Intere externa nngido subacuta egredientibus, inter se conjunctis.
V 0 r k 0 m m e n. Im Eisensteine von Rockenberg.
nie angegebenen Merkmale unterscheiden diese Art von anderen
mehr oder weniger ähnlichen Rhamnus-Arten der Flora der Tertiär-
Periode, z. B. von Rh. colubrinoides Ett„ Rh. brevifolius Heer,
Rh. afaternoides Heer, und Rh. pygmaens Ung. Cornus orbifera
Heer, welche größere Blätter mit mehreren Seeundärnerven und
ÖOÄ V. R t li II g H li II II s e n.
last querläiifigen Tertiärnerven besitzt, läßt sieh mit unserer 7?/ta?w«i/.s-
Art wolil nicht verwechseln.
Class. Terobiiitliiiieae.
Ord. Juglandeae.
Juglans rostrata Guepp.
Ludwig, Piilaeontographica, Bd. VIIF, S. 136, Taf. 55, Fig. 5—7. (Nur
die Früchte.)
Vorkommen. In der Braunkohlenformation von Salzhausen.
Die von Ludwig hieher gezogenen Blätter sind identisch mit
den von Unger in der Sylloge I. unter der Bezeichnung Querais
Gmelini A. Braun abgebildeten Blättern.
Jnglans acominata A. Braun.
Heer, Tertiärfloia der Schweiz, Bd. III, S. 88, Taf. 128 u. Taf. 129.
Fig. 1-9. — Ludwig, L c. S. 137, Taf. 54, Fig. 16, 17; Taf. 56,
Fig. 1-6; Taf. 57, Fig. 2; Taf. 60, Fig. 13.
Vorkommen. Bei Salzhausen, Hessenbrücken und Münzen-
berg. (Blätter, Früchte.)
Die von Ludwig 1. c. Taf. 57, Fig. 1 und 8 zu Juglans acumi-
nata gebrachten Blätter gehören zu Diospyros lotoides Ung.
Juglans dubia Ludw. ,
Ludwig, Palaeontographiea, Bd. VIII, S. 140, Taf. 59, Fig. 1, 2.
,/. foliolis sessilibus, integerrwiis, oblongis, hast rotinuhttis
stibemargiuatis, apice obtusis, nervntione brochidodroma, nervis
secandariis utrinque 11 — 12, nervis terfiariis sub angido recto
eoceuntibus.
V^or kommen. Im Sandsteine von Rockenberg.
Diese Art scheint der Juglans vetnsta Heer nahe verwandt zu
sein. Sie unterscheidet sich jedoch von genannter Art durch die ab-
gerundete fast ausgerandete Basis der Blättchen und durch die von
einander etwas entfernter stehenden Secundärnerven, deren Schlin-
genbogen sehr deutlich hervortreten.
Die fossile Flora der äKeren Hr:niiik<>liIfiil'orni:iti n.
mosmitihus, hnshi versus (qyproximdtis ; ncrvis tertiarüs siih angnlo
recto exeimtibus, temdssimis vix conspicuis.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen.
Die Ähnlichkeit dieses Juglandeen-Bliittchens mit den Blättchen
der Carya hilinica ist unverkennhar, und ich möchte keinen Anstand
nehmen dasselhe der genannten Art einzureihen, wenn nicht einige
Unterscheidungsmerkmale, welche icli für wesentliche halte, mich da-
von ahhielten. Ahgesehen von dem längeren Stiel, der auch an den
Endhlättchen von Carya hilhiica zuweilen vorkommt, hat das Blätt-
ehen eine hreitere ahgerundete und fast herzförmig ausgerandete
Basis, eine geringere Zahl von Secundärnerven und rechtwinklig
entspringende Tertiärnerven.
Carya argute-serrata Ettingsh.
Syn. Jugluns luevigatu Ludwig, Falaeontogr. VIII, Tal'. b4, Fig. 1 — 5.
(Nur die Blältcben.)
C. foUolis breviter petiolatis, oblongis vel. lanceolatis, eirgute
serratis, basi obliquis,apice ncuminatis ; nervatione brochidodroma,
ueri'is secnndarns mimerosis, arcubus laqueorum jwominentibiis ;
nervis tertiarüs abbreviatis, dictyodromis.
Vorkommen. Im Thonsteine zu Müuzenherg. (Blättchen.)
Die Blättchen dieser Art sind denen i\av Pterocarya denticulata
sehr ähnlich, unterscheiden sich jedoch von denselben durch die ge-
stielte Basis und die stark hervortretenden, vom Rande mehr entfern-
ten Schlingenbogen.
Ord. Anacardiaceae.
Pistacia Tlcücnil l ng.
Unger. Sylloge plant, foss. I, p. 46, fab. XXI, fig. i».
Vorkommen. In der Bi'iunikohlenformation von Salzhausen.
(SteinIViieht.)
Es scheint , (la(5» eiin'ge der von Ludwiga. a. 0. unter der
Bezeichnung Trapa globosa abgebildeten Früchte hieher gehören.
Rhus delcta Heer.
Taf. V. Fig. 11.
Heer, Tertiärflora der Schweiz. Bd. III, S. 8;{, Taf. 127, Fig. 8; Taf. iöi,
Fig. 26. — Syn. lUins pteleaefoUa Ludwig I. c. S. 140, Taf. 54,
Fig. 18.
Vorkommen in der Blätterkohle von Salzhausen.
Die fossil« Flora der iiltereii Rriiiiiikohlciifnrniation der Wctteriiu. ÖÖO
Ein kleineres Blättchen dieser Art, welches mit den im citirten
Werke auf der Tafel 127. Fig. 8 dargestellten Blättchen in allen
Eigenschalten ühereinstimmt. Zu diesen paßt auch das von Ludwig
1. c. als Rhus pteleaefolia bestimmte Blättchen.
Rhas münzcnbergensis Ettingsh.
Syn. liosn aiigtistifolia Ludwig, Palaeontographica VIII, S. 142. Taf. 39
Fig- 8.
R. foliolis breviter petiolntis, ohlonfjis* hast obliquis, margine
serrulntis, nervatione brochidodroma , nervo primario distincto,
ncrvis secundariis tennibus, fle.vnosis, ramosis, nervis tertiariis
sab angulo recto exeuntibn», dictyodromis.
V 0 r k 0 m m e n. Im Thonsteine von Münzenberg.
Wegen der auffallenden Ähnlichkeit dieses Theilblättchens mit
denen von Rhus stygia Ung. kann es wohl nur der Gattung Rhus
angehört haben. Man unterscheidet dasselbe von genannter Art
durch die mehr schiefe und deutlich gestielte Basis.
Rhus Noeggerathi Web., welchen Heer im allgemeinen Theile
seines Werkes, Bd. III, S. 302, unter den Pflanzenfossilien von Mün-
zenberg aufgezählt, ist mir bis jetzt aus der fossilen Flora der
Wetterau nicht zugekommen.
Class. Calyciflorae.
Ord. Oombretaceae.
Terminalia radobojana Ung.
Unger, Chloris protogaea, p. 142, Taf. 48, Fig. 1,2. — Tertiärflora d.
Schweiz, Bd. III, S. 32, Taf. 108, Fig. 10—12.
Vorkommen. In der Blätterkohle von Salzhausen.
Unter den von mir untersuchten Pflanzenfossilien der Wetterau
sah ich nur ein einziges Blatt dieser Art, welches mit dem in Heer's
Tertiärflora Taf. 108, Fig. 12 abgebildeten Blatte genau überein-
stimmt.
Ord. Halorageae.
Trapa globosa Ludw.
Ludwig. Palaeontographica, Bd. Vill, S. 141, Taf. S8, Fig. 23—27;
Taf. 60. Fig. 2, a-f, 4, a, h, 6, 7, a—c.
Vorkommen. In der Braunkohlenformation von Salzhausen ;
bei Schlechtenwegen, Zell, Oberingelheim und Gonzenheim.
(Söb V. E t t i n 14 s h a ii s e n.
Die Zusammengehörigkeit dieser Fossilien, als auch die Bestim-
mung derselben als Trapa-¥ vüchie scheint mir sehr zweifelhaft zu
sein. Die auf der Tafel 58, Fig. 23, 24, 27 dargestellten Früchte
zeigen viele Ähnlichkeit mit der Frucht vun Pistucia Mettenii Ung.,
und könnten dieser Art angehören.
Class. Kosiflorae.
,Ord. Pomaceae.
Cratiiegus wettenivica Ettingsh.
Syn, Crataegus imisa hu A VI \^, Palaeontogr. VIII, S. 142, Taf. 59, Fip. 9.
C. foUis breviter petiolatis, ovato-ellipticis, utrinque ohtusius-
ciills diiplicafo-serratis , nervationc craspedodroma, nervo pri-
maria valido, recto, nervis secunduriis utrinque H — 6, pronnueu-
fibus , inferioribuH sub füifju/is tili — OH , superioribus sub angulis
40 — HO orientibus simplicibds puullo arcuatis; nervis tertiarüs
inconspicuis.
Vorkommen. Im Thonsteine von Münzenherg.
Crataegus incisa Wej)er aus der Tertiärflora der nieder-
rheinischen Braunkohlenformation hat ei-längliche, ehigeschnitten
gelappte Blätter mit feinen nicht hervortretenden, mehr oder weniger
verästelten Secundärnerven, darf also mit der Wetterauer-Art nicht
verwechselt werden. Die ebenfalls ähnlichen Blätter der Crataegus
bilinica Ett. unterscheiden sich von unserer Art durch die zartere
Textur, die ei-rhomhische Form, eine kurze Zuspitzung an beiden
Enden , den gekerbten Rand und die unter spitzeren Winkeln ent-
springenden, oft gabelspaltigen Secundärnerven.
Pyrus Phytali Ung.
UnfTcr. Sylloge plant, foss. III, p. HS. tat). XVIH, fi},'. 16— i8.
Vorkommen. In der Blätterkohie von Salzhausen. (Blätt-
chen.)
Das kleine Blättchen Fig. 16 weicht nicht nur in der Form,
sondern auch durch den sehr kurzen Stiel von den übrigen unter
dieser Benennung vereinigten Blättchen ab und stimmt mit denen
der Weinmaunia microphijlla Ett. mclir üherein, zu welcher es
vielleicht gehört.
Die fossil»' Klora lier älteren IJiiiimiiotileiitdniiaUuu der VVetterau. Öö7
Ord. Amygdaleae.
Amygdalus dura Ludw.
Ludwig, Palaeonlogr. VIII, S. 143, Taf. 59, Fig. 3, 6, a—c. — Syii.
Amygdalus pereger Ludw. 1. c. S. 143, Taf. 59, Fig. 3, 4, 7. a, b.
Vorkommen. Bei Rockenberg und Münzenberg (Blätter,
Früchte.)
Die als Amygdalus pereger bezeichneten Reste von Rockenberg
vereinige ich mit A. dura Ludw. Die Bestimmung der von Lud-
wig zu Amygdalus gestellten Blätter läßt wohl noch Zweifel zu.
Prunus Ruscana Ludw.
Ludwig, Palaeontographica, Bd. VIU, S. 144, Taf. 59, Fig. 10.
Vorkommen. Bei Großsteinheim. (Steinkerne.)
Bis jetzt konnten in der fossilen Flora der Wetterau keine
Blätter gefunden werden, welche sich mit diesen unzweifelhaften
PrwwMS-Steinkernen vereinigen ließen. Die von Ludwig unter der
Benennung Prunus grandif'olia abgebildeten Blätter aus dem Eisen-
sandsteine bei Rockenberg, können nicht als PrwwMs-Blätter be-
trachtet werden.
Class. Ijeg'uiniiiosae.
Ord. Papilionaceae.
Dalbergla wetteravica Ettingsh.
Taf. V, Fig. 8, vergrößert 8 b.
Syn. Cytisiis lattsiliquata Ludwig, I. c. S. 145, Taf. 58, Fig. 14—17, a — c.
D. f'oliis pinuaiis, foliolis inmto-oblougis apicem versus pmillo
aiigustatis, obtiisiusculis, nervatione dictyodroma , nervo prirnario
distincto, recto apicem versus attenuato , nervis secundariis tenu-
issimis, approximatis fleocuosis, ramosis, nervis iertiariis vLv con-
spicuis legumine stipitato, elliptico, utri7ique acuto , membranaceo
compresso piano, indehiscente, obsolete reticulato, inonospermo.
Vorkommen. Bei Salzhausen und Hessenbrücken. (Hülsen
und Blättchen.)
Die von Ludwig unter der Benennung Cytisus latisiliquata
abgebildeten Früchte aus der Blätterkohle von Salzhausen gleichen
den bisher als i)rt/^;er(jf/a-Hülsen betrachteten Fruchtfossilien. Von
den Hülsen der Dalbergia primaeva Ung., mit welchen sie in der
Sitzb. (I. inathem.-naturw. Cl. LVH. Bd. l. Ahtli. 57
OoS V. E f f i n i: s li ;i 11 s f n.
Form, Coiisisteuz iiiul Adoriwig ühereiiisliiniiieii, uuterschoidoii sie
sich durch den Mangel des Flügels.
Vorliegendes Fiederblättchen aus derselben Lagerstätte stimmt
seiner Nervation und Form nach mit /)^/M6'r(//a-Hlättchen am meisten
überein. Von den bisher beschriebenen fossilen Arten gleicht es
kleineren Blättchen dev Da/bcrgia prinuicra Vng. (S. HeerTer-
tiärtlora, IM. HI, Taf. i3:j, Fig. 22 und 23), unterscheidet sich jedoch
von denselben durch die mehr genähericn Sccundäruerven.
Unter obiger Bezeichnung glaubte ich diese Hülsen und Blätt-
ehen vereinigen zu sollen.
Palacolobiain sotzkiaiium Ung.
Taf. V, Fif>. ti. 7.
Unger, Fossile Flora von Sotzka, S. 5(5, Taf. 41 , F'ig. 6, 7. — Heer,
Tertiärflora d. Schweiz, Bd. Ilf, S. 100, Taf. l.'U, Fijr. 3-7.
Vorkommen. In der Blätterkolile von S;dzhausen.
Diese in der Klips t ei nschen Saiiindung aufbewahrten Le-
guminosen-Fiederblättchen stimmen besonders mit den von Heer
dargestellten Blättchen des Palaeolobium sotzkianum in der Tracht
und Nervation genau überein.
Caesalplnia Townshendi Heer.
Heer, Tertiürflora, Bd. III, S. 111, Taf. 137, Fig. 26 — 37. — Syn.
Glycyrrhiza tertiana Ludw. 1. c. S. 140, Taf. 58, Fig. 18—21.
Vorkommen. Im Thonsteine von Münzenberg.
Die von Ludwig zu G/yci/rrhiza gebrachten Papilionaceen-
Blättchen 1. c. Fig. 19 und 20 passen nach allen Eigenschaften sehr
gut zu den Blättchen Fig. 30 b, 33 und 35 b aus der Tertiärflora der
Schweiz. Das größere mit einem deutlichen zarten Stiele versehene
Hlällchcn Fig. 20 aus iMünzenhcrg entspricht den deutlich gestielten
Blättchen Fig. 3ö a und 31 von Locie. Oh das von Ludwig ab-
gebildete auf einem langen Stiele beliiulliche IJIättchen Fig. 18 hie-
her gehört, vermag ich nicht zu enlscheiden. Dies wäre nur dann
annehmbar, wenn man es als Endblättehen eines gefiederten Blattes,
noch auf einem Reste der zarten Spindel befestigt, betrachten könnte.
Das auf Tafel 138, Fig. 27 in Heer's Werk dargestellte Bruchstück
eines gefiederten Blattes stimmt mit den Blal trösten der Caeattlp'niid
Townshendi jedenfalls besser, als mit denen der (Vissia lignilnm
überein.
Dil- fossili- l-'lora di-r iiltercii nr:Hink<)lilfiifFl/rrilliiliilii ./<.l-'iiii.\- fil'/iii/lliK ..'). I''(iijii.v ril.vliuimrfniKi . Kl Dllirili.s Dri/ilr/lllli
Sil7.iiii!>-slp.iliT k AkMililW.iiMlIi iiMlinw.CI l,VM llil I Alilii-l«(;S.
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/■fi/m/i/nrns ffrrt/rir/'n . ^.3. //. nm.r naiilinr.\-.lt f lili/i.\lriiiii lO.F. liirllriiioirii .'l.'i (iiiiiii iiniiiiiun Itiinr,,/,,/,,,,, .D.Oinluimviuurii i'rhriirli ^,
j^rri . 6. Acrr inilinMinn . ). /)/o.v/ii//yi.v linirliijxe/idla . /• 13. 1)ri/fi/i. Mijr.vhie /Jo/y/ihorn ,^ . A'nottijniii.i iri-llrr.
Silzunssl. il.Tk.^Vk.iil il.W Müitli ii.iliiiw 11 I.VII . B,l. I Alilii . l«liS.
Lull II ijsdt 111 tl fckKgt-u Staa1cär.ick«i
( A i;iliii»sh:uis..n.Di.- fossile Flm-:i il. .-ilt: HraunküMdifnmialmi d.¥ette
1 1 >,-.. i-Jiat ny<,„r lull LitJi 11 iieilT m i k l: Hotu Stastsdnioke:
t-tklaxlnii' /ir/rii/irits. :!, Iii/irii/ui ijruiidi.v 'i. Mnl/iiij/,ir(.\lniiii Irii/oiiiriini li,,')./-. lo ■fc/ii/iilii.v liffnUum- ■ S.ßiMcrgiu.
mrltrriimrn . ß. l Hiil.rnhtljiiitn xnl : kiiiiiiii,, .') roi/orjrmiuiii oliffonriirr . /Il Hliuniiiii.i //rem . // /i/ii/.v i/r/r/ri /'/. Cnr-i/n iiihrnn/^ila .
Silüuiiasli.ilcr kjiiN.Akaa.iLW.matli.imlunf.l'l.l.Ml.Ba lAl.lh.lsri»
Zu pag. 891.
Tabelle zur Vergleichnng
der fossilen Flora der älteren Wetterauer Braunkohlenformation mit den verwandten Tertiärfloren.
Aufzählung der Arten
Fundorte der
Wettcrauer Pflanzcn-
füssiliea
Terti
derS
rDora
TertiärHoren in Üslcrreich und Ilcuischland
Tcrliärö
in Frank
".'''! Tcrliarlloren in Italien
eieli
Tnrtiär-
lloren in
chweiz To
ngrische A
Stufe
quitanische
Stufe
Lausanne- He
Stufe St
Iv. Öninjer-
jfe Stufe
oiiaocii
Flore
ne Tongriseh. Aquit- Mitt. Öuinjer Ellglaud
1 ' Stufe Stufe Mioe. Stufe
i
1
1
" 1
s 1
5 1
3 4
1l
11
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Rc^lo 1. Thallophyta.
Chi SS. Algae.
Ort]. Conferraceae.
Cititfrrva crinatiit L ii d w
OrH. Cbaraceae.
rhuragvaili,l,f,ru\\a,-v
Class. Fuugi.
Onl. Hyphomycetea.
Ph/llcrium rru:sü A. B i-a i.n
Onl. PTrenomjcetfiB.
Splmerh ßrnunii H c e i-
m-nilalri Kr es. i't Mey. ..
„ l,„-/,i„raLuAyy
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fhurUlium rmimim L u (1 w
Ih/ntfritim itpci/rfiphoides Goepp. .
Xt/timii/fs lhi/t/tiwt/i'iu-8 II 0 p r
Ithydsma Uliiii L li d w
Ord. GaBteromycetes.
Scleroliiim populicola 11 n c r
l'helunitea tignititm F r e s
„ strohitina Pres
Onl. Hymenomyoetes.
Pctiza Riihatii-a L u d w. . .
lIi/dni'mAri/illm' L»d,y ]'.'.
ncslü ri. ('oniinpliyla.
A. Ar«ljl,.||,„i,.s.
l' 1.1 SS. Musci.
Ord. Bryaceae.
Iltipiium carhontiriiim Lu d w
Sitzl). A. iMlIidii.-iialurw. Cl. LVll. IJd.
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Tertiärfloren in Österreich und Deutschland
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in Frankreich
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floren in
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C 1 a s s. Calamariae.
Ord. Equiaetaceae.
Physagenia Parlatorii Heer
Class. Filices.
Ord. Polypodiaceae.
Pteris sahhauscnensis L u d w
„ GoKÄi Heer
„ Satyrorum L u d w
Phegopteris stiriaca U ii g. sp
Aspidium Fücheri Heer
„ valdense Heer
„ Meyeri Heer
Ord. Schizaeaceae.
Lygoditim Gaudiiti Heer
Class. Selagines.
Ord. iBOeteae.
hoetes Scheiuhzeri Heer
B. IHoiiocoljledunes.
Class. Glumaceae.
Ord. Gramineae.
Arundo Goepperti M ü n s t sp
PhragmUes oeningeiisis A. Braun .
Poacilee laevis A. Braun
Ord. Cyperaceae.
Cyperus Siremtm Heer
Cyperiies stigmosus L u d w
Class. Coronariae.
Ord. Smilaceae.
Smilax grandifulia Uns;
„ ovata L u d w. sp
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Fundorte der
Welterauer PHanzen-
Tertiärflora
TertiärQoren in Österreich und Deutschland
Tertiärlloren
in Frankreich
Tertiärfloren in Italien
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lloren in
rossilien
der Schweiz
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Aquitanisclie Lausanae-
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Helv. Öninger-
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Closs. Scitamineae.
Onl. Musaceae.
Mtttiiip/ii/ltiitn wctleravicuni Ett. ...
Class. Fluviales.
Ord. N^adeae.
Zanir/irilia bimfutiatn f.udw
(.'In SS. Spadiciflorae.
Onl Tjrphaceae.
'J'i/p/ta InlUsimn A. B ra ii n
ein»». Principes.
Onl. Palmao.
Stifutl iiiitjitr \ ' II \i. »ji.
„ /.,m,„m,m.lln,„(;n..p
l'iilnruKinillir Darmammipn Vng
luisrulilitr^ iinmtlirnriK (Joppi). el
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r. 6jllliui»|ii'rllian.
("In SS. Coniferae.
Olli. Cupressineae.
l'ffttfUt i'iirlioc. Stufe
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Castanea münzenbergens
Quereus Drijmeja U n g.
Dn/adum E tt.
„ germanica Uns
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stetnheimcmis 1
Gmelini k. Bia
„ tephrodes Ung.
Gorfe/tHeer..
„ Klipsfeimi E 1 1.
„ angusliloba A. 1
„ Cliarpentieri H e
Ord. ITlmacea
t7"Hi« /?ro«n(VUng. , .
„ Unigifolia Ung.
Brannü Heer. .
Planm, VngeriEU..,.
Ord. Horeae
Firns lancifoliu Liidw. s
„ aviiminnttt Lud«'.
„ KtipKlcimi EU...
„ wctlcravica Ett. .
„ Uapimrs Ett. .. .
„ (i/mc/"u//a A. Brau
„ populiua Heer ,
Ord. Artocarpe
Arlocarpiäium iceUcran
Oi'd. Balsami&u
Liqtiidambar eifropaeum
proteiisiim
Ord. SaUcinea
Popitlits Uitior A. Braui
tir(f«»a(a A. Br
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VI
Fundorte der
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in Frankreich
Tertiärfloren in Italien
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floren in
Aufzählung der Arten
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Salix varians G o e p p
„ media A.Braun
„ Vulkana Ludw. .
riass. Oleraceae.
Ord. Nyotagineae.
Pisonia ovaia I.u d w
Cl»8 9. Thymelaeae.
Ord. Laurineae.
Cinnamomum Selieuchzeri Heer
» ianceolatnm Un(j.
„ Jtosumaessleri H o
„ speclahite Heer.
„ polymorphtim
A.Brauns
Daplinogeiic Ludwigii E 1 1
Ord. Bantalaceae.
Santalum arheronlicum E 1 1. . . .
Mysea ornithobrüvia Ung
n Vcriumni Ung
„ europaea Unp
„ obovuta Web
Ord. Daphnoideae.
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„ vinusla Ludw
„ Apollinis Vng
Ord. Froteaceae.
Hakea Dnjaiidmidcs E 1 1
» iovtUravica Ell.
VII
Aufzählang der Arten
Fundorte der
Wettcrauer PÜanzcn-
Tertiärllori
Tertiärllorcn in Österreich und Deutschland
Tertiärllorcn
in Frankreich
Tertiärlloren in Italien
Tertiär-
Hören in
fossilien 1
der Schweiz
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Stufe
Aquitanisctie
Stufe
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Dryaitdroides batiksiaefolia Heer. .
„ lignitum U n g. sp. ...
„ dubia L«dw
„ LudwigU E 1 1
„ acuminata Ung. sp. .
aciilangicla Elt
„ Hagenbachi Heer sp.
„ Hassiaca Ludw. sp, .
E. Gajuopelalae.
Class. Caprifoliaoeae.
0 r d. Rubiaceae.
Cinchonidium büinicinn Ett
Gardenia Welzlen Heer
Randia prodroma U n g
Class. Contortae.
Ord. Oleaceae.
Loniciera dubia U n g
Ord. Apocynaceae.
ApocynophyUum pachyphgltum Ett.
„ Alcyonidum U n g.
LudtcigiiEtl
„ toetleravicumVn^.
„ cordatum U n g. . . .
„ Carissa U n g
Ord. Gentianeae.
Menyantkes terliaria Heer
Class. Tubiflorae.
Ord. Couvolvulaceae.
Porana macrantha Heer
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Terliärlloren in ÖstciTcich und DeulschUnd
TiTliärlloren
in Frankri'ich
Terliärlloren in Italien
Terliär-
lloren in
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Class. Petalanthae.
Or.l. Myrsineae.
Myrsitte üoniphora U n g. 4~
Ord. Sapotaceae.
Sapolaciles apocytiokh'S E 1 1 . -f-
Bumelia Ptcjaditin l' n g
Ord. Ebenaceae.
Diospt/ros bnic/ti/ficpa/n A. B i-a u n . . -)-
„ loloidi'S U II j? . -f-
Macreigfitia mümenbergensis Ei\. , . + -
Ord. Styraceae.
Si/mphcos gregarm .4. B ra u n . . . . . +
Class. Bicomes.
Ord. Vaccinieae.
Vaccinltim sligniosmtt Ludw. sp. . . . -f"
Ord. Ericaceae.
Anclromcdn pratoyaea U n g -f
F. Bialjiietalac.
ein SS. Discanthae.
0 rd. Araliaceae.
Araliop/ii/tliim didihim E 1 1 + .
Hederu serrula Ludw . -(-
Ord. Ampelideae.
Vitis U'utoinra A. Braun . -t-
„ Brauiiii Ludw..., . ^
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Ord. Corneae.
Coriiiis Lmiwigii Ell + .
„ paucinerris E 1 1 +.
Ord. Hamamelideae.
Parrolia pris/iaa Ell. ip .4.
IX
AofzaMnng der Arten
Fundoile der
Wetlerauer Pflanzcn-
Tcrliärllora
Terliärfloi'fn in Öslcrrcic.h und Dculschland
Tciliäiiloren
in Frankrcicli
Terliärlloren in Italien
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der Schweiz
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Class. Corniculatae.
Ord. Saxifragsoeae.
Weiiimannia microphylla Ett
Class. Polyoarpicae.
Ord. Anonaoeae.
Anona lignittim U n g
Ord. Uagnoliaceae.
Magmlia Ih/fmnmii LuA w
„ LudtngiiEU
Class. Nelumbia.
Ord. Nymphaeaceae.
Nymphaea Doliobim L u d w
Class. Parietales.
Ord. FassUorae.
Passiflora Braunii L u d w
Class. Columniferae.
Ord. Tiliaceae.
Grewia crenala U n g. sp
Ord. Bättneriaceae.
Dombeyopsis Decheni Web..
Class. Acera.
Ord. Aoerineae.
Acer trilohatum A. Braun
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„ Bruckmanni k. Braun
„ mütnenbergense L u d w. .
„ iWi-iii«»m Web.
^Sit/1>- '1. iiuithein.-iiaturw. Cl. r.Vtl. R.I
Wet
Kundorle der TcrliärOora Turllärlloren in Üslcrreich und Deulschland
erauar Pllanzen-
TerliäfDorcn Te,,|ärtloren in Italien
in Frankreich
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Hören in
fossilien li«!' Seh«
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Ord. Ualpighisoese.
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Ord. Sapindaceae.
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Cupnnia grandin U n fr +
Class. Frangulaoeae.
Ord. Celastrineae.
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Crlastrits iigtiiliciis Kit. ^~ .
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Ord. Bhamneae.
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„ (tftimitialn A. Ui-iiuii. + +
„ dubia Ludw
Citrija i'ostata Stürnb, sp -f- -f
„ vfiUricosa ßroi)<;ii. sp j-
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Ord. Anaoardiaceac.
I*is(acia Mi'ttftiii II II g. . +
Ulms d.'leln Hcor, . . +
„ iiiiiir.tnlifigcmis V.U. ■ + •
Fundorte der Tcrliärflo
j Tcitiärlloren in ÖsliTreich und Ileutschland
Tertiärllorcn
in Frankreich
Tertiärlloren in Italien
Tertiär-
Wederauer Pllanzen-
fossilien '^0' Sohw
lloren in
England
"■ Tonfrisihe
Aijiiitfliiisclie
Lausiione-
Helv.
diiinfer-
Uligocäne
Eücei, ■T»"«''»''''
Aquit
Mitt.
Öniaj.-
Aufzählung der Arten
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Stufe
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Slufe
Slufe
Floren
Slufe
Slufe
Mine.
Slufe
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43
Class. Calyoiflorae.
0 r d. Gombretaceae.
Tei'initialia rado^iojuua \J n^.
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Oid. Halorsgeae.
Trapa glohosa L u d w
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Class. Rosiflorae.
Ord. Pomaceae.
Crataequs wettcravica E 1 1
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Ord. Amygdaleae.
Amygdalim dura L u d w.
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Prunus RuscanaLuA^..
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Class. Legumiuosae.
Ord. Papilionaceae.
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Die fossile Flora der ültereii ßraiiiikohleiiformation der Wetterau. 0*7 1
Ataktoxjlon Linkü Hart.
Hartisr, bot. Zeitung I. c. Goeppert, Monographie der fossilen Coni-
fen-n, S. 164.
Vorkommen. In der Braunkohlenformation der Wetterau.
Cytisos angaste-siliqnata Ludw.
Ludwig, Palaeontographica, Bd. VIII, S. 144, Taf. 58, Fig. 9.
Vorkommen. Im Thoneisenstein von Roekenberg.
Dieser Rest scheint mir keine Hülse, sondern nur ein ein-
gerolltes Blattbruchstiick zu sein.
Follicolites kaltennordhelniensis Zenk.
Zenker, Jahrb. f. Min. u. Geol. 1833. S. 177, Taf. 4, Fi^r. 1—7. — Syn.
Carpolithes minntulits Sternb. Flora d. Vorwelt, B. I, 4. S. 41. Tut. 33.
— Hippuphae dispersa et striata Ludwig, 1. c. S. 112, Taf. 43,
Fig. 13, IS— 18, 20.
Vorkommen. In der Braunkohlenformation der Wetterau,
sehr verbreitet.
Das Blattfossil, welches Ludwig zu dieser noch immer nicht
genügend bestimmten Frucht bringt, betrachte ich als ein Legumi-
nosen-Theilblättchen.
oO^ V. li t t i II g s h :i II s e n.
Übersicht der Tafeln.
Tafel I.
Fig. 1 — 2. Ili/sterinm o])cgraj)/toides G 0 e p p. sp. auf Blättern von ^cer ^nVo-
haturn aus der Blätterkohle von Salzhausen. Fig. 2 b. Derselbe Pilz
vergiößi'rt dargestellt.
„ 3, Blatt von Quercus germanica U n g. sp. aus der Blätterkohle von Salz -
liausen.
„ 4. Blntt von Querciia k'lip^teinii ¥At. aus derselben Lagerstätte.
„ 5. Kiitzclien von Belula Brongiiiartii Ett. aus derselben Lagerstätte.
„ 6. Blatt von Smilax ffratidifolia Ung. von ebendaher.
„ 7. Blatt von ^r/oear/)/c?m/n weileravicum Ett. aus dein Thonsteine von
Münzenberg.
„ 8. Blatt von Ficus popiäina Heer aus Salzhausen.
„ 9. HVaÜ \on Fagtis castaneacfolia \] n\^ aus Alünzenborg.
„ 10. Blatt von Quercus Dnjadum Ett. aus Münzenberg.
Tafel II.
Fig. 1, 2 und G. Blätter von Ficus welteravica Ett. aus der Blätterkohle von
Salzhausen.
„ 3. Blatt von Acer Klipsteinii Ett. aus Münzenberg.
„ 4. Blatt von Bumelia Plcjudum Ung. von ebendaher.
„ U. Blatt von Sapotacites apoci/noidcs Ett. aus der BläUerkolile von
Salzhausen.
„ 7. Blatt von Quercus Gmclini \. Braun aus derselben Lagei^täile.
„ 8. Blatt von Quercus Drymeja Ung. aus Münzenberg.
„ 9. Blatt von Ficus tiliacfolia A. Braun sp. aus derselben Localilät.
„ 10 und H. niülter von Artocarpldium wctteravicum Ett. aus der
Blältei'kolile von Salzhausen.
Tafel III.
Fig. 1. Blatt von Sijuiptocoa grcijuriu A. JJraiin aus der Blätterkohle von
Sal/.hausen.
„ 2, 3 und 11. Blätter von Ficus Dapitncs Ett. aus derselben Localität.
„ 4 — ;). Blätter von Cinnamomuui (anceo/alum Ung. sp. aus Münzenberg
„ G. li\i\ii \o\i Acer iudivisu7n W ah. aus der Blätterkohle von Saizhausen.
„ 7. BlatI von Uiospyros hrucliysepala A. Braun aus genannter Localität.
,, H. Blatt von Ficus h'lipsleiuii Ell. aus Salzhausen.
Üie fossile Flora der iilteren Braunkohlenformation der Welferau. ö9o
Fijj-. !). Itlalt von Cinnanioniitm Scheuehzeri Heer aus derselben Lagerstätte.
„ 10. Bhitt von Firns lüfllcrav/ra Ktt. aus Münzenberg.
„ 12 und 13. Bliilter von Dri/atidroides lig?ii(ion Unhus toettcravicus Ett. von ebendaher.
„ 9. Blatt von Rhainnus Decheni Web. aus derselben Lagerstätte.
Tafel V.
Fig. 1. Blalt von Cclaslnts lignilicus Ett. aus dem Thonsteine von Münzen-
berg.
„ 2. Blatt von Ciipauia grandis üng. aus der Bliitterkohle von Salz-
bausen.
„ 3. Blatt \ox\ Malplghiastrum teiitonicuni Ett. aus der genannten LocalÜät.
„ 4. U, 12 und 13. Theilblättclien von Sapindus lignitum Ung. von ebend.
„ 8 !]lättchen von Dalbergia wcltrravica Ett. von ebendaher.
,, 5 b. üie Nervation dieser Art vergrößert dargestellt.
„ 6 und 7. Blättchen von Palaeolobium solzkianum üng. aus Salzhausen.
„ D. Blättchi-n von Podogoimtm uUgoneure Ett. aus der genannten Lager-
stätte.
„ 10. Blatt von Rhainnns Ilecrii Ett. aus derselben Lagerstätte.
„ 11. Theilhliitfelien von B/ius delela Heer aus derselben Loealität.
„ 14. Theilblättchen von Carya subcordafa Ett. von ebendaher.
894 P o s (• |) n y.
Über concentrhch - schalige Miueralhildungen.
Von F. Posepny.
(Mit 2 Tafeln.)
(Vorgelegt in der Sitzung am 23. April 1868.)
Die concentrisch-schaligen Mineralbildungen, zu deren specieller
Kenntniss die folgenden Blätter einen Beitrag liefern sollen, sind
schon öfter besehrieben und verschieden benannt worden.
Schmidt i) reihte diese Erscheinung in seinem System der
Ganggebilde den regelmäßigen Schalenbildungen als concentrisch
schalige Ausfüllungsfossilien an. v, Cotta^) zählt sie zuerst all-
gemein als concentrisch lagenfürmige Textur, sodann bei der brec-
cienartigen Ausfüllung der Gänge als radial krystallinische Textur
auf. V. Groddecks) trennt die innere Structur der Erzmittel von
der Textur ihrer Mineralaggregate, und nennt sie die concentrisch
lagenfürmige Textur u. s. f. Die gebräuchlichsten Namen: Bingerze,
Kokardenerze sind nur auf das Vorkommen von Schalen von Erzen
anwendbar; der Ausdruck Sphärengestein ist zu unbestimmt, und
läßt sich nicht auf alle Fälle anwenden.
Ich habe hier überhaupt jene concentrisch schaligen Bildungen
(in präexistirenden Bäumen) zusammengefasst, deren Schalen einen
fremden Kern derartig concentrisch umschliessen, daß die Krystalli-
sation in Bezug auf diesen Kern nach auswärts gerichtet ist.
Die Beschaffenheit des Kernes ist es, welche diesen Bildungen
den eigenthümlichen Charakter verleiht. Ist der Kern verhältnißmäßig
klein, so sind es auch die denselben umhüllenden Sphäroide, und sie
werden deßhalb schon an einem Handstücke zahlreich vertreten sein ;
während bei großen Kernen noch größei'e Sphäroide entstehen, von
denen man auf einem Handstücke entweder einige wenige Sphäroide
1) Si'liinidt. Beiträg-e zu der Lehre von den Gängen 1827, pag. 1.
*J Br. Coltii. Lehre von den Erzlagerstätten 1839, pag. .33.
^) V. Groddeck. Über die Erzgänge des nordwestlichen Oherharzes. Zeitscliril't der
deiitselicn geologisclien (iesellsehaff 1866. pag ßOIL
über concentrisfh-schalige Mineralliildungen. öaO
oder blos Bruchslücke eines einzigen Sphäroides sehen kann. Man
kann somit Überrindungen in kleinem und solche in größerem Maß-
stab unterscheiden , wobei sich freilich keine genaue Grenze zwi-
schen beiden ziehen läßt. Diese Untersfheidung ist auch dadurch
motivirt, daß sich in den großen Schalen wieder kuglige Überrin-
dungen im Kleinen zeigen.
Sphäroidische 1 berriodangen im Kleinen.
Streng genommen dürften auch die Krystalle mit Kernen hieher
gehören, da sie Überrindungen sind, deren Masse aber zu einem ein-
zigen Krystallindividuum gruppirt ist. Allein ich müI, um Weitläufig-
keit zu vermeiden, hier von diesem Falle absehen, und auf die
Specialarbeit Tsch ermak's «) verweisen. Man kann nach der Be-
schaffenheit des Kernes vorzüglich drei Fälle unterscheiden:
1. Der Kern ist ein einzelner Krystall,
2. derselbe ist ein krystallinisches oder amorphes Aggregat,
3. derselbe ist ein kleines mechanisch abgetrenntes Gesteins-
stückchen, und gehört entweder dem Nebengestein des Hohlraumes,
oder den älteren Bildungen innerhalb dieses Hohlraumes an.
Ein schönes Beispiel für den ersten Fall beschreibt
Schmidts). Es ist dies eine merkwürdige Schlottenausfüllung im
Kalksteine zu War st ein in Westphalen. Sie besteht aus oblongen
Sphäroiden von etwa 5 und 2 Linien Dicke, deren Kern ein 2 bis
2'/2 Linien langer regelmäßiger, mit Prismen und Dihexaederflä-
chen umschlossener Krystall von gelbem Eisenkiesel ist. Derselbe ist
mit einem dünnen weißen erdigen Überzuge ringsum angeflogen,
worauf dann concentrische Lagen von dickfaserigem Eisenkiesel,
dei'en Kanten sich allmälig abrunden, folgen. Die so entstehenden
Sphäroide berühren sich nur leicht an der Oberfläche, und die Zwi-
schenräume sind bald vollständig, bald nur theilweise mit körnigem
Eisenkiesel bedeckt, und die im letzteren Falle gebildeten Drusenräume
mit einer dünnen Lage von wasserhellem Quarz und Eisenglanz aus-
gekleidet.
*) G. Tschermak über Calcitkiystalli' mit Kernen. SitÄUiigsb. d. k. Akad. d.W. XL.
pa«:. 109.
-) L. c. pap. 8Jt.
Oifß PosepiiT
Der zweite Fall ist gewiß selir häufig anzutrelTen. Ich führe
hier i)los einige Fälle aus dem noch wenig hekannten Goldherghaue
von Verespatak in Siehenhürgen an. Als Ansfiillungsmassen vcm
Kliilten und stoekartigen Trümmern treten rosenrolhe, hier allge-
mein Manganspath genannte Gangmassen aul", die l)ei genauerer
Betrachtung, die eben durch Schliffe möglich gemacht wird, con-
eentrisch- schalige Üherrindungen zeigen. Man bemerkt darin
wenigstens drei verschiedene Mineralien, die am häufigsten in nieren-
tormigen und traubigen, oft aber auch in vollständig kugeligen
(lestalten lagenweise mit einander wechseln. Das Innerste dieser
Mineralien ist schön rosenroth und verursacht, daß die ganze Gang-
masse auf den ersten Eindruck rosenroth erscheint. Es ist ganz dicht
und hat nahezu Quarzhärte. Darauf folgt gegen Außen, d. h. an der
Tonvexität der Nieren und Sphäroide eine 0.1 Linie dicke, feinkörnige,
weiße, undurchsichtige Lage, welche alle Gestalten des ältesten Mine-
rals vollständig wiederholt. Die jüngsten Lagen bestehen aus einem
feinkrystallinischen, etwas durchscheinenden Mineral, Avelches häufig
in den nnausgefüllt gebliebenen Räumen kleine, etwas braungelb
gefärbte, undeutlich krystallinische Drusen bildet. Oft aber folgt
noch darauf ein wasserheller Quarz, welcher entweder diese kleinen
Drusenräume vollständig ausfüllt oder kleine , aus wasserhellen
Kryställchen bestehende Drusen bildet.
Wird nun ein geschliffener Splitter dieser Gangmassen mit ver-
dünnter Salzsäure behandelt, so wird unter lebhaftem Brausen die dritte
Lage vollständig gelöst, die zweite in eine weiße, schwammige, poröse
RIasse verwandelt, die nach dem Austrocknen außerordentlich stark
an der Zunge hängt, während die innerste Lage nicht im Geringsten
angegriffen wird.
Die Lösung enthält sandige Kieselsäure-Gallerte, zeigt nebst
der Kalk- und Mngnesia- eine starke Älanganreaction, so daß man,
obgleich eine vollständige chemisch mineralogische Analyse noch
niclil vorliegt, annehmen kann, daß die innerste Lage 31angankiesel
(lihodonit), die äußerste Manganspath (Rhodochrosit) mit bedeu-
tenden Antlieilen von kohlensaurem Kalk und Magnesia ist, die mitt-
lere aber eine Mischung des Silicates mit den Carbonaten bildet.
Die Erscheinung ist auf Tafel I durch möglichst naturgetreue
IJilder einiger Schliffe anschaulich gemacht. Das Vorkommen der
solirlcn Sphäroiih; ist besonders in Fig. 4 deutlich, welche die
über concentriscli-schaliffe Mineralhildungen. oUT
ganze Ausfüllung der sogenannten Silberkluft des Orlaer Erbstoiiens
darstellt.
Das Nebengestein ist ein diesem Bergi-eviere eigenthümlieher
Sandstein mit Bruchstücken des bekannten Oiiarzandesit oder Dacit.
In der Klultausfüllung zeigt sich am Liegenden die so eben beschrie-
bene mangaiihältige Mineraliensnite in nierenförmigen und ausge-
zeichnet tranhigen und sphäroidischen Gestalten. Darauf folgt hier
eine Zone, bestehend aus feinen Lagen A'on verschieden gefärbtem
Clialcedon und krystaliinischem Quarz. Sie bezeichnet hier durch die
symmetrische Anordnung ihrer Lagen die Schlußbildung der Kluft,
allein später ist gegen das Hangende zu eine neue Kluft aufgerissen,
die aus grobkrystallinischem Quarze und einer Schnur von derbem
Fahlerz erfüllt wurde.
Fig. i zeigt einen Theil der Füllung eines Stocktrums des soge-
nannten Manganstockes der Rakosi-Grube. Es ist hier vorzüglich die
nierenförmige Ausbildung entwickelt, doch findet man im Durch-
schnitte die Nierenlagen ganz in sich abgeschlossen, d. h. unregel-
mäßige, concentrisch- schalige Körper bildend, und darunter sind
auch kleine Sphäroide verstreut. Die rosenrothe Färbung tritt hier
auch aus einer Lage in die andere, und scheint somit einer späteren
Metamorphose ihren Ursprung zu verdanken. Oft stellt sich eine gelb-
lich-braune Färbung ein, und die dichte splittrige Masse zeigt neben
der Mangan- auch eine starke Eisenreaction, und dürfte vorwaltend
Eiseuspath (Siderit) sein. Das Nebengestein ist hier eigentlich
Dacit, doch erscheint auf dem Bilde eine Hornsteinschale, wie solche
auf diesem Punkte häufig auftreten, als unmittelbares Liegende.
Fig. 2 zeigt eine Drusenwand aus demselben Manganstocke.
Kleine Erzpartien, meistens Kupferkies, bilden den Kern von kleinen,
unregelmäßigen, aus Chalcedonmasse bestehenden Sphäroiden, welche
von den nierenförmigen Lagen der manganhaltigen Zone einge-
schlossen sind, und innerhalb welcher sich abermals einige Chalce-
donschnüre finden. An der Drusenspitze bemerkt man, wie die rosen-
rothe Färbung absetzt, während sich die nierenförmigen Lagen
darüber hinaus erstrecken. Hier tritt unter den Carbonaten der
Siderit am häufigsten und in grösseren Massen auf.
Fig. 3 stellt das Vorkommen von gediegen Gold innerhalb der
Maiiganzone desselben Stockes dar. Es findet sich in körnigen Aggre-
gaten innerhalb der Quarzlagen, welche die einzelnen Sphäroide von
898 P 0 s e p II y.
einander trennen, dringt aber auch durch diese Quarzlagen bis in die
Sphäroide ein. In der Mitte des SchlifTes liegt ein Segment eines
ungemein zart concentrisch schaligen Sphäroids in der Chalcedon-
masse. Auf den ersten Blick glaubt man eine organische Bildung vor
sich zu sehen, doch läßt die Kleinheit desselben eine nähere Unter-
suchung kaum zu. Das Segment beträgt etwa ein Drittel der ganzen
Peripherie, die einzelnen Lagen weiden ziemlich scharf durch die
radialen Begränzungen abgeschnitten. Es hat somit den Anschein,
daß man ein Bruchstück einer einst ganzen Kugel vor sich hat.
Über den dritten Fall, wo der Kern ein kleines mechanisch
abgetrenntes Gesteinsstückchen ist, ist es wohl nicht nöthig, ein spe-
cielles Beispiel vorzuführen; denn seine Bepräsentanten, die Erbsen-
st/ine, Pisolithe und Oolithe sind eine allgemein bekannte Erscheinung.
Bl'züglich letzterer verweise ich auf die Zusammenstellung Zirkels i).
Sphäroidische tlberrindnngen im Grossen.
Offenbar kann vorzugsweise der dritte Fall im Großen seine Aus-
bildung erreichen. Nach demselben Eintheilungsprincipe der Beschaf-
fenheit des Kernes kann man unterscheiden:
1. Bildungen, deren Kerne die Bruchstücke eines älteren Wand-
Absatzes selbst sind.
2. Bildungen, deren Kerne dem Nebengestein, oder der weitern
Umgegend angehören. Man könnte auch nach der Form und Gestalt
eckige und abgerundete Kerne zur Unterscheidung wählen, wodurch
Gangmassen entstehen, die den Breccien und Conglomeraten entspre-
chen, und die man Brocken- und Sphärengesteine genannt hat. Allein
diese beiden Formen pflegen häufig neben einander, ja sogar auf einem
und demselben Stücke aufzutreten, und können somit nicht zur Charak-
terisirung der speciellen Ausbildung dieser Erscheinung dienen.
t.Die Kerne gehöre n den Wandbildungen selbst an.
— Die früheren Anschauungen in Sachen der Gangbildung ließen
das Vorkommen der Bruchstücke älterer Gangmassen, und ihre
Umhüllung von jüngeren Gebilden räthselhaft und unerklärlich
erscheinen. Gegenwärtig gibt es nur wenig Beviere, in welchen nicht
ihr Vorkommen außer allen Zweifel gesetzt ist. Besonders häufig
finden sie sicli am nordwestlichen Oberharze und sind besonders in
V) Dr. F. Zirkel. Lehiliiicli «k-r Pftrofjrapliie. pa^;. 60.
ilber concentrisfh-schali-^e Mineralhilduiigeii. 899
jüngster Zeit durch Groddeck«) in ihrer ganzen Mannigfaltigkeit
aufgefaßt und besehrieben worden. G. Fallers) und M. V.
Lipoids) signalisirten dieses Vorkommen von Schemnitz u. dgl.
Ich will hier ein Beispiel ebenfalls aus Siebenbürgen vom
Magdana-Gang in Ruda anführen, wovon Fig. 6 einen Schliff mög-
lichst naturgetreu darstellt.
Der Magdana-Gang hat die in Siebenbürgen ungewöhnliche Mäch-
tigkeit bis zu sechs Klaftern und besteht aus mehreren Gangtrüm-
mern in einem aus den Auflösungsproducten des andesitischen Neben-
gesteines bestehenden Ganggesteine.
Einige dieser Trümmer bestehen ausschließlich aus feinkörnigem
Caicit, und sind häufig mannigfach zerbrochen, gestört und die Bruch-
stücke in die milden lettenartigen Nebengesteine eingedrückt. Diese
Störungen zeigen sich besonders in der Nähe von jüngeren erzigen
Trümmern, und häufig erscheinen sie auch von den jüngeren Gang-
mineralien derselben umhüllt.
Der Schliff Fig. 6 zeigt einen sehr einfachen Fall. Die Kerne
bestehen aus fein krystallinischen Calcitmassen, die manchen krystal-
linischen Kalksteinen sehr ähnlich sind, bei welchen sich aber durch
Verschiedenheiten in Form und Färbung, und Spuren von Drusen,
die lagenförmige Anordnung noch erkennen läßt. Rings um die ziem-
lich scharfkantigen Bruchstücke findet sich eine Kieslage, die allen
aus- und einspringenden Winkeln folgt. Diese Bruchstücke stecken
in einer milden klastischen Masse, innerhalb welcher einige Kiespar-
tien verstreut sind.
Das Ganze, die Bruchstücke, die Kieshülle und theilweise auch
die klastische Cementmasse sind von dünnen Schnüren eines feinkör-
nigen durchsichtigen Calcits durchgesetzt, und etwas gegeneinander
verworfen.
Einen ungleich complicirteren Fall bildet das Vorkommen der
concentrischen Überrindungen in den stockartigen Lagerstätten des
Verespataker Goldbergbaues, besonders jenes des wegen seines ein-
stigen Reichthums berühmten Katrontza-Stockes.
*) A. V. Groddeck. Über die Erzgänge des N. W. Oberharzes.
2) G. Fall er. Der Sehemnitzer Metallbergbau. Berg- und Hiittenw. .lahrbiioh
XIV. Bd., pag. 98.
^) M. V. Lipoid. Der Bergbau von Schemnitz. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt
1867, pag. 423.
»00 Po«
e p II y.
Inmitten des dieser Localität eigenHifimlichen Dacites treten
schlott- und spaltentürmige Räume auf, die mit eigenthümliclien poly-
genen Conglomeraten und Breccien ausgefüllt sind. Gesteinsfragmente
von Dacit, Karpatliensandstein und Glimmerschiefer stecken in einer
schwarzen, tlionigen, mit Kies imprägnirten Masse, die hier Glamm
genannt wird •). In der Nähe der ErzfülirMiig ist sowohl der Dacit,
als auch die Glammstöcke von vielen Klüften durchsetzt, und das
(iestein mit Kieselerde imprägnirt, welches sodann in seiner Gesammt-
heit den abhauwürdigen Katrontza-Stock darstellt. Gegenwärtig ist
hlos noch der tiefste Theil dieses Erzmittels am ErhstoUen der
Beobachtung zugänglich, und die sphäroidisclien Bildungen charak-
terisiren die edelsten Mittel.
Fig. 5 stellt ein möglichst einfaches Beispiel, eine naturgetreue
Zeichnung einer SchlitTtläche dar. Um einen Kern von mannigfach
metamorphosirtem Dacit läuft eine dünne Zone von feinkörnigem Gold.
An den Ecken des SchlilTes liegen Segmente von anderen Dacitkernen,
ebenfalls mit einer Hülle von gediegen Gold, der Zwischenraum wird
aber von der bereits beschriebenen manganhältigen Gesleinssuite ein-
genommen, worin das rosenrothe in Salzsäure nicht auflösliche und
zersetzbare Mineral vorwaltet. An anderen Stellen aber gesellen sich
zu den Dacitgeröllen noch Karpathensandstein und Glimmerschiefer-
Bruchstücke, wobei aber vorzüglich blos die Dacitgerölle mit Gold
umhüllt sind. ()l'ters wird diese Metallage durch eine Mischung von
Kies und Gold, oft von reinem Kies substituirt.
Häufig werden die Zwischenräume zwischen den Gesteins-
stücken mit verquarztem Glamm, einem schwarzen, feinkörnigen
muschelig brechenden Hornstein erfüllt vorgefunden. Wo aber die
Gangmassen entwickelt sind, bestehen sie nicht allein aus der man-
ganhältigen Mineraliensuite, sondern häufig auch aus ihren Zer-
setzungsproducten und aus den nächst jüngeren .Absätzen von Clial-
cedon und krystallinischem Quarz, der oft in den häufigen Drusen-
räumou zu großen Krystallen angescliossen ist. An den reichsten
Punkten der nun abgebauten oberen Mittel soll sogar das gediegene
Gold das Bindemittel der Gesteinsfragmente gebildet haben a). Leider
') Posepny. Verespataker Erzrevier. Sitzb. d. k. k. geol. Reiclisanstalt 1867. Nr. S.
2) F. V. Mauer, der üoldbergbau von Veresp.ilak. Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstal»
II. Jahr.'., 2. Heft, pa-j. Tl.
llber coiicftitiisch-sctinlipe Mirieralbildiingeii. Uü I
sind in keiner Sammlung Proben dieser Anhriiclie vertreten, man
kann aber an der Möglichkeit nicht zweifeln, daß die Goldlage,
die mitunter nocli gegenwärtig einen halben Zoll stark wird, den
ganzen Raum zwischen den Gesleiiisfragmenten ausfüllen könnte, so
daß für den Absatz der sjtäteren Gangmineralien kein Raum mehr
übrig blieb.
Ebenso wie diePisolitlien die Repräsentanten der Jetztbildung der
ersten Abtheilung der sphäroidisclien Überrindungen waren, eben so
kann man für diese zweite Abtheilung, nebst den bekannten Absätzen
an den Dornenreisern der Gradirwerke, Repräsentanten in den Jetzt-
bildungen nachweisen. Sie finden sich in einigen verlassenen Gruben
und schon Schmidt») beschrieb eine solche Erscheinung aus den
alten Bauen zu Riegelsdorf und Bieber, die dort unter dem
Namen Vogelnester bekannt sind.
Auch mir ist eine solche Erscheinung beim Besuche der längere
Zeit verlassenen Grubentheile vom Offenbanyer Revier in Sieben-
bürgen vorgekommen, die einige Modificationen zeigt und eine
Beschreibung verdient. In dem ungefähr vor 30 Jahren verlassenen
sogenannten Spiegelspathstollen im Berge AtVinis bei Offenbänya,
der dem Contacte von krystallinischem Kalkstein mit einer auf-
gelösten Andesitvarietät nachgetrieben ist, schwitzt sowohl von der
Kalkseile als auch von der Contactspalte in dem First ein stark kalk-
haltiges Wasser aus und tropft auf die Sohle, welche nun gegen-
wärtig mit kalkigen Absätzen auf mehrere Zoll Dicke bedeckt ist.
An einigen Stellen, wo die Tropfen von dem First häutiger fallen,
bilden sie in der KalktufTmasse der Sohle eine kleine kesseiförmige
Vertiefung, in der sodann einige erbsen- bis haselnußgroße, Aveiße
lose Körper liegen. Das Ganze hat in der That eine Ähnlichkeit mit
einem mit Eiern halbangefüllten V^ogelneste. Diese Körper sind selten
ganz rund, sondern häufiger kantig, wobei aber die Kanten stark
abgerundet sind, was offenbar in ihrer Lage neben und überein-
ander seine Ursache hat. Wenn man die Lage dieser Körper etwas
stört, dann aber mit dem Ganzen schüttelt, so fallen die meisten
auf ihren alten Platz zurück, und ordnen sich nach der Lage ihrer
Kanten an.
Fig. 7 stellt eine Ansicht dieser Erscheinung von oben dar. Man
bemerkt daran die sich mannigfach verzweigenden, rippenartigeu
^) Beiträg-p 7.11 der Lehre von lieii Gäng-eii |):ig. 42.
902
s e ji II y.
Wülste, deren Rücken ganz glatt ist, deren Abfälle aber ungemein
zart ausgefranst sind, ferner auch einzelne Buckel, die einst solche
lose Körper waren, jetzt aber bereits mit derTuffmasse zusammenver-
wachsen sind. Der obere Theil dieser angewachsenen Gerolle ist
glatt, gegen die Ränder zu wird ihre Oherfläche rauh, und an
den Rändern selbst in ähnliclier Weise ausgefranst, wie an den
Rändern der Wülste. So lange aber diese Körper lose sind, so sind
sie ganz glatt. Im Durchschnitte zeigt es sich, daß diese Körper
schalige Überrindungen über einem Kerne sind. Die einzelnen Lagen
bestehen aus einem feinkörnigen und faserigen KalktulTe, und werden
durch dünne porösere Mittel von einander getrennt. Der Kern ist
meist ein kleines Stückchen von einem milden aufgelösten Andesite,
wie er an einem Ulm und an der First ansteht. Eben solche Bröckchen
sind der TufFmasse, welche die Sohle des Stollens bedeckt, häufig
eingemengt.
Fig. 8 zeigt einen Durchschnitt eines solchen Gerölles in natür-
licher Größe und Stellung, die drei Kanten sind offenbar durch die
Lage zwischen drei anderen Gerollen entstanden, während der obere
Theil rund ist. Früher so lange dieser Körper durch den auffallenden
Wassertropfen bewegt und durch die dadurch verursachte Bewegung
der Flüssigkeit, womit die ganze Höhlung gefüllt war, gehoben und
gewendet werden konnte, waren die Lagen concentrisch. Später ent-
standen schon einige Excentricitäten, da sich der Körper nicht mehr frei
bewegen konnte, und endlich blieb nur den oberen Körpern ein
gewisser Spielraum übrig, während die unteren bereits unbeweglich
wurden. Hiebei ist nur aulYallend, dafJ» die Zwischenräume zwischen
den bereits fixen Gerollen nicht ausgefüllt sind, und daß sich auf
ihnen keine ferneren Kalktufflagen mehr absetzten.
Dieselbe Erscheinung, etwas modificirt, fand ich im östlichen
Feldorte des Segengottesstoll ens von Oflenbanya, welches kaum
zehn Jahre außer Betriebe steht. Das Feldort befindet sich ebenfalls
am Contacte von krystallinischem Kalkstein und Andesit; aber die
Scheidung ist nicht scharf, sondern beide Gesteine greifen mannig-
fach in einander ein, und die Zwischenräume sind mit einer Breccie
ausgefüllt, die aus undeutlicher geriebener und aufgelöster Andesit-
masse mit einzelnen Bruchstücken von verhältnißmäßig wenig ange-
griffenem Andesit besteht. In dem Kalkstein zeigen sich häufig
Imprägnationen von Kies, Zinkblende und Bleiglanz. Die entblößten
Ül>er (•oiK'ffntriscli-sflialicre Minf>rHll>il Posepnf
Da diese Melalllage bei dem in Fig. 5 repräsenlirten Vorkommen
die älteste, an andern Stellen dieses Vorkommens aber blos durch
eine dünne Quarzlage von dem Gesteinskerne getrennt ist, überall
aber, wo die Zersetzung nicht weit vorgeschritten ist, von unge-
störten concentriscben Lagen der Manganzone umgeben wird, so
kann man wohl schließen, daß der Gesteinskern frei in dem Hohl-
räume lag, in welchem die Flüssigkeiten circulirten, aus welchen
sich diese Absätze bilden konnten. Nun ist es wohl nicht leicht
denkar, daß diese mitunter mehrere Pfund schweren Kerne durch die
Triebkraft dieser circulirenden Flüssigkeit schwebend erhalten
worden wären, noch weniger kann man aber von der Bewegung durch
Auftropfen dieser Flüssigkeit reden. Bei der Durchmusterung meh-
rerer Bepräsentanten dieses Vorkommens findet man auch aneinander
liegende Kerne und es hängt die Auffindung dieser Berührungspunkte
von der Lage des geführten Durchschnittes ab. Diese Kerne bestehen,
wie bereits erwähnt, meist aus Dacit, zuweilen aber auch aus Glim-
merschiefer und Karpathensandstein, denselben Gesteinen, welche die
Gerolle der Glammmassen enthalten. Es unterliegt also in diesem
speciellen Falle keinem Zweifel, daß in der Nähe der Erzführung das
schwarze thonige Bindemittel dieser Conglomerate ausgespült werden
mußte, um die Gerolle desselben frei zu legen. Mitunter finden sich
Reste dieser Massen noch in den ZAvischenräumen, wie dieß auch in
Fig. 5 zum Vorsclieine kommt, wo eine Partie dieses Thones, durch
nachfolgende Verquarzung zu einem schwarzen Hornstein umgewan-
delt, noch übrig geblieben ist. Es entstand durch die Fortführung
des Bindemittels eine Ansammlung von locker aufeinander liegenden
Gerollen, in deren Zwischenräumen sich die Flüssigkeiten bewegten
und deren frei liegende Flächen mit den Niederschlägen aus diesen
Flüssigkeiten bedeckt wurden. Ist nun bei einigen dieser Kerne eine
Tmlegung erfolgt, so könnte sie durch die, bei den Absätzen erfolgte
Störung des Gleichgewicbtes, und sodann auch mittelbar durch die
Strömung der Flüssigkeit erklärt werden.
Mit der Erklärung der ringsherum geschlossenen Minerallagen
der concentrisch schaligen Bildungen hatte sich auch Schmidt sehr
angelegentlich beschäftigt, ja diese Erscheinung hatte ihm einen
der wichtigsten Belege für seine damalige, gegenwärtig durch unzäh-
lige Beobaebtungen in den verschiedensten Bergbauen als richtig
anerkannte Ansiebt geliefert, daß die liildung der Gangspalten nur
über ooiicenlrisch-schiiiige Miiieiiilliil(luii;,'eii. 007
sehr allmiilig und große Zeiträume eiiiiiehmend gesehali, und dal!» die
Ausfüllung dieser Spalten mit diesem successiven ÖOnen und Erwei-
tern der Spalte vom Anfang an gleichzeitig fortgeschritten ist.
„Hereingehrochene Stücke", sagt er, „mußten daher sehr
bald und ohne mit einem Male tief nieder zu sinken, an denjenigen
Stellen zwischen den Salbändern an der Spalte sich sperren , wo
sich solche so verengte, daß Erstere, wegen ihrer Größe, nicht
mehr durchzukommen vermochten. So konnten nun, da dergleichen
Verengungen der Spaltenöfliiung bei ein und demselben Gange
niederwärts in großer Menge sich finden mußten und da auch die
Bruchstücke von sehr verschiedener Grüße waren, in sehr verschie-
denen Teufen zugleich, viele solcher Stücke Ruhestätten finden, auf
denen sie ringsum, mit nach außen krystallisirteii Gangmassen über-
zogen wurden. Bei der allmäligen weiteren ÖlTnung sanken sie, sich
oft sperrend, immer etwas mehr abwärts, und änderten dabei
stets ihre Berührungspunkte mit den Salbändern, die
bereits zu beiden Seiten mit denselben Gangmassen, mehr oder
weniger stark bekleidet waren. Dadurch mußten sie endlich nicht
allein ringsum von eben den Schalen umzogen werden, welche die
Seitenwände der Spalte selbst bedecken, sondern es mußten auch bei
solcher Art der Gangentstehung, die hereingebrochenen Stücke in
allen Teufen und in jeder Breite der Gänge mitten in den Gang-
massen festgehalten werden." Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß
auf diese Art viele sphäroidische Bildungen in Gängen entstanden
sind; bei dem Vorkommen von Verespatak ergibt sich wie oben aus-
einandergesetzt auch noch eine andere Erklärung. Wie aus dem
Gesagten*), sowie auch von andern Beobachtern 2) Veröffentlichten
hervorgeht, bilden die Verespataker und die ihnen ähnlichen Olfen-
burger und Nagyager Glammmassen nebst den Stöcken auch äußerst
unregelmäßige, Zickzack gehende Spaltenausfüllungen, und in einigen
Durchschnitten scheinbar ganz isolirte Ausfüllungen von Adern und
Putzen in den Eruptivgesteinen. Ohne mich hier in eine Lösung dieser
Räthsel einzulassen, muß ich bemerken, daß hier eine Bewegung des
Gesteins zur Zeit derAblagerung der Gangmineralien (insoferne sich
•) Posepny. Verespittaker Erzrevier, Sitzungsberichte d. k. k. geolofj. Relehsniisf
1867, Nr. 5.
'^) B. V. Cotta. Die ErzhigerstüUeii L'iigiuas uinl Sielienhürgens 1862. pag. 73.
Ö08
e l> n ).
»1er Ausdruck Giirig- auf diese höchst uiiregclniälJii^eii Hiiume aiis-
dehuen lälU) nicht ein solches Resultat haben konnte, wie bei den
regelmäßigen, weit fori streichenden und mächtigen Spalten.
Sehen wir nun, wie sich das Vurkonmien von Ruda auf Grund
seiner Eigeuthiinilichkeiten erklären läßt. Wie aus der vorausgelas-
senen Beschreibung hervorgeht, hat man es unzweifelhaft mit Bruch-
stücken von Gangmassen zu thun, deren ursprünglicher Biidungsort
nicht weit entfernt sein kann. Die mit einer Kieshülle umgebenen
Bruchstücke werden von einer aufgelösten Andesitniasse zusammen-
conglomerirt, die in ihrer Masse selbst eingesprengte Kiese zeigt. Das
Vorkommen von Kiesiniprägnationen ist zwar überhaupt ein charak-
teristisches iMerkma] von aufgelösten Gesteinen, und meist auch der
Nähe der Erzfülirung; in dem gegenwärtigen Falle verdient aber
diese Imprägnation eine gewisse Berücksichtigung.
Die Erfahrung lehrt, daß diese in dem Nebengestein einge-
sprengten Kiese keine oder bloß unbedeutende Mengen von nutzbaren
Metallen halten, während die Kiese der Gangbildungen selbst verhält-
nißmäßig bedeutende Mengen derselben enthaiten; ferner daß in dem
Nebengestein meist keine anderen Metallverbindungen als Kiese vor-
kommen. Das deutet wohl darauf hin, daß der Absatz der Schwefel-
verbindungen in der Spalte selbst mit dem Absatz des Schwefeleisens
im Nebengesteine nicht in unmittelbarer genetischer Verbindung
steht. Dieser Umstand verdient nicht genug der Aufmerksamkeit
empfohlen zu werden. Bei Erzlagern, deren Entstehung durch Meta-
morphose einer Gesteinsschicht nachgewiesen werden kann, gilt von
den Kiesiniprägnationen des weiteren Hangenden und Liegenden das-
selbe. Im gegenwärtigen Falle haben wir es mit einem solchen soge-
nannten tauben Kies zu thun, und es kann die Frage entstehen, ob
die Kiesriuden statt durch Niederschläge auf freie Gesteinsflächeu
gebildet zu sein, nicht durch den Absatz aus Flüssigkeiten entstanden
sind, die in der dieselben conglomerirenden Gesteiusmasse gleich-
zeitig die Kiesimprägnation veranlaßt haben?
Der in Fig. 6 möglichst naturgetreu dargestellte Durchschnitt
erweckt die Ansicht, daß die Bruchstücke bereits mit dieser Rinde umhüllt
in diese gegenwärtige Anordmiiig gelangten, und daß somit die erstere
Annahme mehr Wahrscheinüclikeit für sich !iat. Der in der Hindc-
masse dieser Uberriiulungen eingesprengte Kies kann enlweiler aus
ziisaiiuiiengebrocheneii KiesriiHlen, oder durch spätere selbstständige
Oder cünL'eiitrisfli-SL'hali;L;e .Miiii-ialliililuiiyeii. DO«'
-Biiduiig entstanden sein. Wollte man annehmen, daß die Kiesrinden
eben so wie die gewöhnlichen Kiesimprägnationen des Nebengesteins
der Erzlagerstätten, also durch AusrüIIung von Hohlräumen entstanden
sind, welche durch Autlösung und Abspülung von liiezu geeigneten
Gesteinseiementen des Gesteins erzeugt wurden; so müIUe man zuerst
eine primäre Umhüllung der Gangbrueiistücke mit solchen iMineraüen,
und sodann auch das Vorhandensein von Hohlräumen rings um diese
Gangbruchstücke annehmen. In dem gegenwärtigen Falle, wo die Bruch-
stücke Kalk sind, käme dieser Erklärung der Umstand gut zu statten,
daß man annimmt, die Flüssigkeiten wären sauer, oder in Bezug auf den
Kalk ätzend gewesen, und hätten somit durch Auflösung der Kaiktheil-
chen in der Cementmasse, so wie auch an der Oberfläche der Kalkbruch-
stücke den Raum für den Ansatz des Kieses geschafTen. Dieser Ansicht
nach hätten wir also eine Umrindung durch Metamorphose vor sich.
Überblickt man nun das Ganze über die Erscheinung der con-
centrisch schaligen Rindenhildungen Gesagte, so ergibt sich, daß
hiemit die Mannigfaltigkeit der Formen bei Weitem nicht erschöpft
ist, und daß zu ilirer Erklärung nicht ein und derselbe Vorgang ange-
nommen werden kann. Doch so viel ist wohl allen diesen Erschei-
nungen gemeinschaftlich, daß sie jenen speciellen Fall eines chemi-
schen Absatzes bezeichnen, der, statt wie in der Regel an den Wan-
dungen des mit den respectiven Lösungen erfüllten Raumes erfolgt zu
sein, auf starre Körper, die durch irgend eine Veranlassung in die
Lösung hineingelangt sind, sich ringsherum angesetzt hatte.
Der innige Zusammenhang aller der Absatzformen hat sich nun
bei der Vorführung einiger speciellen Fälle gezeigt, so z. B. ist die
Anordnung der Absätze bei den Mandeln ') und bei denUberrindungen
im Princip diametral entgegengesetzt, doch von einander gegenseitig
bedingt. Beide diese Anoi-dnungen kommen in den Verespataker
Stöcken neben einander vor, denn dieselben Gebilde sind in Beziehung
auf den durch mehrere Gerolle nahezu abgeschlossenen Raum eine
Mandel- oder Geodenbildung, in Beziehung aber auf eines dieser
Gerolle eine Überrindung.
Diese concentrisch schaligen Gebilde haben aber für die Auf-
fassung der Erzlagerstätten eine besondere Bedeutung. Die an deni
1) G. Tschermak. Beitrag zur Rildimirs-rpsubichte der Maiidelstüiiie. Sitzun^'sb. der
Wieuer Akad. XLVIl pag. 1U2.
910
e p II y.
verhnitiiilSmäßig kleinen Gebilde beobachleten Erscheinurrgen gelten
aucb für die im Großen vorwaltende Entwicklung der Absätze, die
einen solchen Überblick nicht erlauben.
Sie bilden einen wichtigen Beleg zu der Erklärung der Erzab-
lagerung durch chemische Thätigkeit überhaupt.
Sie erklären aber auch die specielle Art und Weise dieses che-
mischen Absatzes. So widerlegen sie gründlich die Ansicht, daß die
Absätze der Gangmineralien durch ein Herabsickern ihrer respeetiven
Lösungen an den Spaltenwänden entstanden sein sollen. Man hat sich
hiebei die Spalte frei von Wasser gedacht, trotzdem, daß die Resul-
tate des Studiums der Wassercirculation und die bergmännischen
Erfahrungen dieser Annahme widersprechen. Die Existenz was-
serfreier Räume im Gestein kann nur in solchen Fällen stattfinden,
wo die Gesteinsregion über der Thalsohle erhaben ist, und wo über-
haupt die sogenannten Grundwässer einen rascheren natürlichen
oder künstlichen Abfluß haben, als die Zuströmung beträgt. Solche
Fälle werden offenbar nur selten vorkommen, und Absätze in
solchen Höhlungen werden ganz eigenthümliche Charaktere haben,
so z, B. durch Slalaktitenbildungen etc. bezeichnet sein.
Endlich verspricht ein eingehendes Studium dieser Bildungen im
Kleinen ein werthvolles Material zur Beantwortung subtilerer Fragen
über Erzbildung abzugeben. Der Wechsel von leichtlöslichen und von
schwer unti für unseren gegenwärtigen Stand der Kenntnisse ganz
rinlöslichen Lagen widerlegen die Annahme, daß diese verschiedenen
Lagen Niederschläge aus entsprechend concentrirten Lösungen sein
könnten. Die einzelnen in den großschaligen Absätzen vorkommenden
kleinen Sphäroide mit verschiedenen Kernen und Umhüllungen deuten
daraufhin, daß die Processe an verschiedenen Punkten derselben Cir-
eulation der Lösungen auch verschieden waren. Da man nur verdünnte
Lösungen in den Spalten annehmen kann, so folgt daraus, daß die
schwerlöslichen Verbindungen erst durch das Hinzukommen eines zwei-
ten Agens einer zweiten Flüssigkeit niedergeschlagen werden konnten.
Kurz, das Studium dieser Bildungen kann wesentlich dazu beitragen,
die Resultate des chemischen Aufeinanderwirkens electro-positiver und
electro-negativer Bcstandtheile der auf- und absteigenden Lösungen
und überhaupt den ganzen Erzbildungsproceß aufzuklären.
Aus dem (ianzen ergibt sich, daß die concentrisch schaligen
Rimlenliildiingcn eine größere Verbreitung haben müssen, und daß sie.
Pos.'i.nv. n.er coruHiiLr; srhalii^V MiiiprallMl.lm.üf n.
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Über fonceiitrisch-schalige MineiiilliiUluiigeu, 911
wenn auch nur sporadisch, in den meisten Erzbildungen angetroffen
werden können, sobald man darnach sucht. Am häufigsten dürften
sie wohl in stockartigen und CoiitactlagersläUen und auf mächtigen
Gängen zu finden sein, werden aber auch auf schmalen Gängen und
auf Lagern nicht fehlen. Von den letzteren wenigstens nicht in
solchen, denen ein Ursprung durch Metamorphose zugemuthet werden
kann. Nebstdem finden sie sich noch außerhalb eigentlicher Erzlager-
stätten bei vielen Mineralbildungen, wenn die Bedingungen ihrer Bil-
dung vorhanden waren.
Erklärung der Tafeln.
Fig. 1. Die Zone der manganhältigen Mineraliensuite aus dem Rdkosi
Manganstock in Verespatak.
Fig. 2. Eine Drusenpartie aus demselben.
Fig. 3. Eine Partie aus derselben LagerstiiHe mit dem Vorkommen von
gediegen Gold.
Fig. 4. Die sogenannte Siiberkluft am Erbstoilenshorizonte in ihrer
ganzen Mächtigkeit.
Fig. 5. Repräsentation des Vorkommens am Katronizastock in Verespatak.
Fig. 6. Rindenbildung vom Magdanagang zu Ruda.
Fig. 7. Die sogenannten Vogelnester vom Spiegelspathstollen zu Offen-
bdnya.
Fig. 8. Der Durchschnitt eines Einzelnen der concentrisch schaligen
Sphäroide.
Fig. 9. Rindenbildung vom östlichen Feldorte des Segengottesstollens zu
Oflenbänya.
Sämmtliche Figuren sind möglichst naturgetreue Bilder im natürlichen
Maßstab und mit Ausnahme von Fig. 7 Darstellungen von Schuften. In Fig. 1
bis 5 sind für die manganhältige Mineraliensuite die natürlichen Farben beibe-
halten, der Quarz durch blaue, die Schwefelverbindungen durch schwarze
Farbe, das gediegene Gold durch Gelb, von dem Nebengestein der Hornstein
in Fig. 1,4 und 5 durch dunkelbraune, der Sandstein in Fig 4 durch braune, der
verquarzte Dacit in Fig. ü durch blaue Farbe bezciclmei
912 li 'I !• II " f f.
Beiträge zur Kenntniß der Structur des Knorpels.
Von Dr. N. Bubnoff.
(Aus (lein Institute für experimentelle Pathologie der Wiener Universität.)
(Mit \ Tafel.)
Man nimmt gewölnilich an, daß die hyalinen Knorpeln keine
Blutgeläße enthalten. Nur Leydig i) gibt an, daß die Knorpel
einiger Fische Gefäße führen. Im Übrigen aber ist bekanntlich die
Gefäßlosigkeit der Knorpel Ausgangspunkt der Schwann'schen
Untersuchungen gewesen und stützten sich darauf die Anschauungen
über Entzündung gefäßloser Gewebe. Meine Untersuchungen, die ich
zu dem Zwecke anstellte, um Aufschluß über die Ernährungsweise des
Knorpelgewebes zu erhalten, führten mich dagegen zu dem Schlüsse,
daß diese Ansicht keine richtige ist. Ich untersuchte Rippen und Ge-
lenksknorpel YonMenschen und verschiedenen Thieren in allenLebens-
perioden, theils nach der Injection der Gefäße mit Berlinerblau, theils
frisch oder nach der Färbung mit Carmin, und überzeugte mich
hierbei, daß in allen Knorpeln nicht nur der Kinder und junger
Thiere, sondern auch vollkommen erwachsener Individuen stets
Blutgetliße vorhanden sind. An injicirten Präparaten kann man die-
selben schon mit bloßem Auge sehen.
Die Gefäße vertheilen sich im Knorpel in verschiedenen Richtungen.
Die Arterien, welche fast stets von Venen begleitet sind, verästeln
sich in unregelmäßiger Weise; es gelang mir jedoch nicht, ihre En-
digungsweise zu verfolgen. Die Gelaßwandungen derjenigen Thiere,
die (las mittlere Lebensalter überschrillen haben, zeigen die Eigen-
thümlichkeit, daß dieAdventitiagrößtentheils verknorpelt ist, während
die Muscularis und Intima unverändert bleiben, zuweilen beobachtet
man selbst innerhalb der Muscularis einige Knorpelzellen. — In
seltenen Fällen beobachtet man auch bei jungen Thieren eine solche
') H:in(ll)ucli .1.t llisl. 18")«.
Beiträge zur Kt'liiitiiiß der Structur des Kooipels. «7 1 u
Veränderung der Gefiißwandungen. — Die Geläße liegen stets in
besonderen Canälen des Knorpels, welche von einer Bindegewebs-
schieht ausgekleidet sind. In den Gelenksknorpeln z. B. des Schulter-,
des Hüft- und des Kniegelenkes, dringen die Blutgefäße von den
Ligamentis teribus et cniciatiöus aus, in den Knorpel ein. An der
Eintrittsstelle gehen von dem Hauptstanim kleinere Aste radienförmig
nach verschiedenen Seiten aus, ab.
Nachdem ich mich durch meine Untersuchungen überzeugt
hatte, daß die Knorpel Gefäße enthalten, wurde mir die Art und
Weise der Ernährung derselben leichter verständlich.
Die Knorpelzellen brauchen daher die Ernährungsflüssigkeit
nicht nothwendig von den Blutgefäßen des Perichondriums aus zu
beziehen, sondern erhalten dieselben direct von den in dem Knorpel
selbst sich verzweigenden Gelassen. Von den Knorpeln, welche die
Gelenksenden der Knochen überkleiden, nahm man an, daß sie nur
von den Blutgefäßen der zunächst angrenzenden Knochenpartie
ernährt wurden, da man das Vorhandensein eines Perichondriums
läugnete. Meine Untersuchungen zeigten mir dagegen, daß auch
diese Knorpeln ein Perichondrium besitzen, und daher zum Theil von
demselben ihr Ernährungsmaterial beziehen und daß außerdem von
Seiten des Knochens Gefäße nicht nur an den Knorpel herantreten,
sondern auch mehr oder weniger weit in denselben eindringen.
Unaufgeklärt bleibt es nur, wie die Ernährung derjenigen Zellen
zu Stande kommt, die weiter entfernt von den Blutgeläßen liegen,
oder in deren Nähe man wenigstens keine Blutgefäße nachweisen
kann , während die Theilung der Zellen doch auf einen regen
Ernährungsvorgang hindeutet. Schon mehrmals ist die Vermuthung
ausgesprochen worden, und in neuester Zeit von Reitz '), daß im
Knorpel besondere Safteanälchen vorhanden sein könnten, vermittelst
welcher die Parenchymflüssigkeit zu den Zellen hingeleitet wird.
Bisher jedoch hatte die histologische Untersuchung diese Vermuthung
nicht bestätigt.
Um mich zu überzeugen, ob nicht vielleicht dennoch Safteanäl-
chen im Knorpel vorhanden sind und man dieselben durch eine
besondere Untersuchungsmetliode sichtbar machen könne, behandelte
ich frische Knorpeln mit Goldchlorid und Osmiumsäure.
1) Sitzungsberichte, Jäiiiier-Hcft, löGb.
914 B u 1) II o f f.
Das erstere jedoch ergab mir keine besonderen Resultate, feine
Schnitte oder größere Stücke von Knorpeln dagegen, die ich mit
Osmiumsäure von verschiedener Concentration (1/4000 — Vsooo) be-
handelte, zeigten mir folgendes: In der Zwischensubstanz traten
dunkle, ziemlich breite Linien auf, die meist von einer Zelle zur
andern verliefen, und das Bild von feinen Canälchen darboten. Von
den meisten Zellen gingen zwei solcher Linien an den diametral
entgegengesetzten Seiten aus, von manchen dagegen selbst drei und
vier Linien. An der Eintrittstelle der Linien in die Zellen zeigten sich
zuweilen feine Öffnungen. Solche Bilder erhielt man am deutlichsten
und vollständigsten, wenn man die Knorpel 8 — 12 Stunden in einer
Lösung von »/^o Pct. liegen ließ, oder wenn man eine Lösung von
derselben Concentration lebenden Thieren in den Knorpel injicirte.
Sonst sieht man in der Zwischensubstanz weiter keine Veränderun-
gen eintreten. Die Knorpelzellen dagegen schrumpfen nicht unbe-
trächtlich, und werden mehr weniger dunkelbraun, zuweilen fast ganz
schwarz gefärbt. Zu gleicher Zeit wird ihr Zusammenhang mit der
Kapsel gelockert, so daß sie nicht selten durch den Schnitt heraus-
fallen und man sieht anstatt Zellen daim rundliche Lücken in der
Zwischensubstanz. Da man bei der oben näher erwähnten Behand-
lungsweise des Knorpels mit Osmium die Linien mit großer Constanz
und in ziemlich regelmäßiger Vertheilungsweise auftreten sieht, so
glaube ich annehmen zu müssen, daß ich keine zufälligen Kunst-
producte vor mir hatte, sondern daß sie gewissen, dem normalen
Knorpel eigenthümlichen Anordnungen entsprechen. Die dunklen
Linien lassen sich kaum anders als im Knorpel vorhandene Canäl-
chen deuten. Die dunkle Färbung würde man sich dann in Folge
der Reduction der Osmiumsäure durch die eiweißhaltige, in den
Saftcanälchen vorhandene Parenchymtlrissigkeit erklären , dafür
spricht auch, daß sie zuweilen mit feinen ÖlVnungen in die Zellen
enthaltenden Räume endigen. Fraglich kann nur bleiben , ob das,
was sich nach der Behandlung mit Osmiumsäure als Canälchen
repräsentirt, auch im Leben ein Canälchen ist, oder ob nur eine
eigenthümliche Anordnung der Grundsubstanz des Knorpels eine
solche Veränderung möglich macht. Die schon vielfach hervor-
gehobene chemische Ungleichheit in den Verdickungsschichten der
Knorpelzellen (Grundsubstanz) muß dabei jedenfalls in Betracht
gezogen werden.
linliMi.lr. /ur K.MMlIni.v.s-
Sollten fernere Untersuchungen meine Annahme über die
Bedeutung dieser Linien bestätigen, so wäre hiermit die Ernährungs-
weise des Knorpels in genügender Weise erklärt.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 1. Querschnitt eines Blutgefäßes, mit verknorpelter Adventitia, aus einem
Rippenknorpel eines erwachsenen Hundes.
„ 2. Querschnitte von Blutgefäßen , aus dem Kniegelenksknorpel eines
Kindes.
„ 3. Ellbogen-Gelenksknorpel des Oberarmknochens eines zwei Monate alten
Kindes.
a blutgefäßreiche Schichte gegen die Gelenkhöhle hin.
b faserige Schichte mit wenig Blutgefäßen vom Charakter des Peri-
chondriura.
c Knorpel.
„ 4. Rippenknorpel vom Hunde nach der Behandlung mit Osmiumsäure in
dem die dunklen canalförmigen Linien sichtbar sind.
SITZUNGSBERICH I E
DER
KAISEHLK IIElX AKADEMIE DEK WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
LYII. BA\«.
ERSTE ABTHEILÜNG.
5.
Enthält die Abhandlung-en aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik,
Zooiog'ie, Anatomie, Geolotji^ie und Paläontologie.
Sit/I). .1 mMtli.'Mi.-tiatuiw. Cl. LVII. B.l. I. Al.tli. 39
1)19
XIII. SITZUNG VOM 14. MAI 1808.
Herr Prof. Dr. A. Bauer hinterlegt ein versiegeltes Schreiben
zur Wahrung seiner Priorität.
Herr Prof. Dr. J. Gott lieb in Graz übersendet drei Abhand-
lungen seines Assistenten, des Herrn F. Ullik, und zwar: 1. „Über
einige Cölestine und ihre Zersetzungsproduete"; 2. „Über die Ein-
wirkung A'on gelöstem kohlensauren Kalk auf schwefelsauren Stron-
tian , und über das Verhalten von schwefelsaurem Strontian zu
Chlorcalcium bei Gegenwart von Weingeist", und 3. „Untersuchung
des Talkes vom Greiner im Zillerthal in Tirol".
Herr Prof. Dr. E. Brücke legt eine Abhandlung: „Zur Ana-
tomie des Ovariums der Säugethiere" von dem Stud. med. Herrn
A. V. Winiwarter vor.
Herr J. Haiin überreicht eine Abhandlung, betitelt: „Die
Temperatur-Abnahme mit der Höhe als eine Function der Wind-
richtung".
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: 3lonats-
bericht. Decemher 1867. Berlin; 8».
Apotheker- Verein, allgem. österr.: Zeitschrift. 6. Jahrg. Nr. 9.
Wien, 1868; 8o.
Astronomische Nachrichten. Nr. 1691—1693. Altona, 1868; 4o.
Beobachtungen, 31eteorologische, angestellt in Dorpat im Jahre
1867, redigirt und bearbeitet von Arthur v. Oettingen. Dor-
pat, 1868; 8o.
• — magnetische und meteorologische , zu Prag. XXVTII. Jahrgang.
1867. Prag, 1868; 4».
Comptes rendus de seances de l'Academie des Sciences. Tome
LXVI, Nrs. 16—17. Paris, 1868; 4o.
Cosmos. 3' Serie. XVH" Annee. Tome II, 18 — 19^ Livraisons.
Paris, 1868; S".
39^
920
Frauen fei d, Georg Ritter von. Neu aufgefundene Abbildung des
Dronte und eines zweiten kurzflügeligen Vogels, wahrscheinlich
des Poule rouge au bec de bdcasse der Maskarenen in der
Privatbibliothek S. M. des verstorbenen Kaisers Franz. Mit
4 Tafeln. Wien, 1868; Folio.
Gesellschaft, k. k. niähr.-schles. , zur Beförderung des Acker-
baues, der Natur- und Landeskunde in Brunn: Mittheilungen.
1867. Brunn; 4".
Gewerbe -Verein, n. - i>. : Verhandlungen und Mittheilungen.
XXIX. Jahrg. Nr. 18—19. Wien, 1868; 8o.
Hauer, Franz Ritter von, Geologische Übersichtskarte der österr.
Monarchie nach den Aufnahmen der k. k. geologischen Reichs-
anstalt. Blatt Nr. IV, in groß Folio nebst erläuterndem Texte.
Wien, 1868; 4o.
Istituto, R., Veneto di Scienze, Lettere ed Arti: Atti. Tome XIII%
Serie IIP, Disp. A\ Venezia, 1867—68; 8».
Land böte. Der steierische. L Jahrgang. Nr. 8. Graz, 1868; 4«.
Lesehalle der deutschen Studenten zu Prag: Jahresbericht.
1. Februar 1867— Ende Jänner 1868. Prag, 1868; 8».
Lot OS. XVIII. Jahrgang. April 1868. Prag; 8o.
Magazijn voor Landbouw en Kruidkunde. N. R. \[l. Deel, 12. Aflev.
Utrecht, 1868; 8".
Mittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. Jahr-
gang 1868, IV. Heft. Gotha; 4«.
Moniteur scientifique. 273" Livraison. Tome X*", Annee 1868.
Paris; 4".
Musee Teyler: Archives. Vol. L Fase. 3. Harlem, Paris, Leipzig,
1868; 4o.
Notizen über elektrische Säulen und deren Anwendung beim Tele-
graphenwesen etc. Wien. 1868; 8o.
Osservatorio del R. Collegio Carlo Alberto in Moncalieri: Bullet-
tino meteorologico. Vol. III, Nr. 3. Torino, 1868; 4».
Pessina, Luigi Gabriele, Questioni naturali e ricerche meteorolo-
giche. I & IH. Napoli, 1865 & 1868; 8o.
Reichsajnstalt, k. k. geologische: Verhandlungen. 1868, Nr. 8.
Wien; 4o.
Revue des cours scientifiques et littdraires de la France et de
l'etranger. VAnnee, Nrs. 22—23. Paris & Bruxelles. 1868; 4o.
921
Vierteljahre ssclirift für wissenschaftl. Veterinärkunde: XXIX.
Band, I. Heft. (Jahrgang 1868. I.) Wien; 8».
Wagner, Moriz, Die Darwin "sehe Theorie und das Migrations-
gesetz der Organismen. München, 1868; 8«.
W^iener Landwirthschaftliehe Zeitung. Jahrg. 1868, Nr. 16, 18—19.
Wien; 4o.
— medizin. Wochenschrift. XVIII. Jahrg. Nr. 36 — 39. W^ien,
1868; 4«.
Zeitschrift des Österreich. Ingenieur- und Architekten -Vereins.
XX. Jahrgang, 3. & 4. Heft. Wien, 1868; 4».
— für Chemie, von Beilstein, Fittig und Hübner. XI. Jahr-
gang. N. F. IV. Band, 9. Heft. Leipzig, 1868; 8o.
022 V. W i n i w a r f e r.
Zur Anatomie des Ovariums der Säugethiere.
Von Sind. med. A. v. Winiwarter.
(Aus dem physiologischen Institute der Wiener Universität.)
(Mit 1 Tafel.)
Bekanntlich besteht das Ovarium der Säugethiere aus drei,
mehr oder weniger markirt von einander abgegrenzten Schichten:
dem Markstroma, der Rindensubstanz und einer Hülle. Das Driisen-
stroma, der physiologisch wichtigste Theil des Organs, enthält die
GraaTschen Follikel, die größeren central, die minder ausgebildeten
peripher gelagert und eingebettet in ein dichtes , faseriges Gewebe,
das sich, außer durch seinen Reichthum an Gefäßen, durch eine
große Menge spindelförmiger Bindegewebszellen auszeichnet und
hiedurch sich dem Typus des embryonalen Bindegewebes nähert.
Seit Köllikeri) zuerst darauf aufmerksam gemacht liatte, es
sei möglich, daß in jenem Stroma auch organische Muskelfasern vor-
kommen, hat man zu wiederholten Malen nach jenen Gebilden im
Ovarium gesucht. Rouget^) glaubte die Existenz von Muskel-
fasern im Ovarium bewiesen zu haben, doch gibt er nicht an, in
welcher Schichte er sie gefunden habe, noch wodurch sich ihm die
fraglichen Fasern als contractile Elemente kundgegeben. Aebys),
der principiell mit den Ansichten Rouget's einverstanden war, gibt
zuerst eine Beschreibung und Abbildung jener als Muskelfasern er-
kannten Zellen. Sie finden sich nach ihm nur in Ovarien, die reife
(iraaf'schc Follikel enthallen; es sind Spindelzellen mit deutlich
ovalem oder länglichem Kern, deren Längsaxen sämmtlich mit dem
betreiTenden Faserzuge parallel sind. Er gibt übrigens selbst zu. daß
die Form der von ihm gesehenen Zellen nicht hinreichend prägnant
1) Mikroskopisclie Anatomie II. Bd.
*) .Journal de la pliysiologie I. lid.
*) Müller's Archiv 1.H61.
Zur Anatomie des Üvariiinis der Säug-ethiere. O-^S
sei, um durch dieselbe allein jeden Zweifel an ihrer Natur be-
seitigen zu können. Klebs') er\\älint in seinem Aufsatze nur, er
habe das Stronia des Ovarinms bei säninillichen Säugethieren äußerst
reich an glatten Muskelfasern gefunden. Grohe^) stimmt den An-
gaben Aeby's bei.
Die fraglichen Zellen lassen sich nach ihm vom Ililus aus bis
beinahe an die Follikel verfolgen, sie begleiten die größeren Gefäße.
Später schloß sich noch His») den erwähnten Autoren an.
K ö 1 1 i k e r *) , F u n k e 5) , L u d w i g <*) u. A. halten jenen gegen-
über ihre Anschauungen von der rein bindegewebigen Natur des
Drüsenstromas aufrecht und Heule ^j erklärt die Annahme von
Muskelfasern im Drüsenstroma herbeigeführt durch eine Verwechs-
lung der Bindegewebszellen mit den Muskelfasern der Gefäßscheiden
im Markstroma. Die directen Reizungsversuche, welche Pflüger^j,
der zuerst Contractionen an den Ovarien der ungeschwänzten
Batrachier nachgewiesen hatte, an Säugetbierovarien anstellte, ent-
schieden weder für die eine noch für die andere Ansicht.
In Rücksicht auf die angeführten Angaben ist zuerst zu bemer-
ken, daß nur die Existenz von Muskelfasern in der Rinde, also im
Drüsenstroma des Ovariums, Gegenstand einer Streitfrage ist. Daß
Muskelfaserzüge vom Ligamentum ovarii aus dnrch den Hilus in das
Organ eintreten und eine Strecke weit in die Marksubstanz vordrin-
gen, ist eine schon vor längerer Zeit von Heule constatirte und von
allen Autoren angenommene Thatsache. Von diesen Fasern, von
denen He nie») bemerkt, daß sie nur als Gefäßscheiden aufzufassen
sind, ist also hier ganz abzusehen.
Es handelt sich nun die Frage zu entscheiden: kommen im
Drüsenstroma des Ovariums der Säugetbiere wirklich Fasern
vor, die ihrer Gestalt nach für Muskelfasern gehalten werden können,
und sind diese Fasern wirklich contractiler Natur?
1) Virchow's Archiv XXI.
2) Virchow's Archiv XXVI.
') Archiv für mikroskopische Anatomie 1861), I.
*) Gewebelehre. S. Auflage.
^) Lehrbuch der Physiologie etc. Ili. Bd.
8) Lebrituch der Physiologie etc. II. Bd.
7j Anatomie. II. Bd.
8) Müller's Archiv ISiiO.
9j A. a. O.
924 V. Win i Wärter.
Das Materiale, welches ich zu meiner Untersuchung benutzte,
•waren Ovarien vom Menschen, vom Kaninchen, vom Hund, von der
Katze, vom Rind und vom Schwein, welche letztere namentlich
außerordentlich günstige Objecte darbieten, und an welchen ich
auch vorzugsweise gearbeitet habe. Die zu untersuchenden Ovarien
wurden ausnahmslos erwachsenen Individuen entnommen, und zwar
sowohl von trächtigen als von nichtträchtigen Thieren. Die frischen
Ovarien wurden entweder durch 3 — 6 Tage in einer ziemlich ver-
dünnten Chromsäurelösung oder in absolutem Alkohol gehärtet, oder
sie wurden in einer Mischung von Essig und Kreosot einige Secun-
den gekocht, dann aufgespannt und getrocknet. Die gehärteten Prä-
parate wurden theils aus freier Hand geschnitten, theils, wenn es
kleinere Objecte waren, früher in eine Mischung von Öl und Wachs
(Per emeschko) eingebettet. Die Schnitte aus Chromsäureprä-
paraten wurden in einer Mischung von Alkohol und ein paar Tropfen
NH3 ausgewaschen und hierauf tingirt. Als Tinctionsmittel ver-
wendete ich Carmin, Fuchsin, Pikrinsäure (Schwarz), Chlorpalla-
dium (Schulze).
Zerfasert man einen feinen tingirten Schnitt durch die Rinden-
substanz oder isolirt man die Gebilde des Stromas durch NO. und
ClOr,, KO, so findet man im Allgemeinen dreierlei Typen von
Spindelzellen. Der erste Typus ist eine Faser mit ziemlich kleinem
runden Kern, ohne besonders hervortretendes größeres Kernkörper-
ciien. Dann findet man Spindelzellen mit sehr großen elliptischen
Kernen, die gewöhnlich zwei größere und viele kleinere Körperchen
in ihrem Innern erkennen lassen. Diese beiden Zellenarten bieten
ganz entschieden das Aussehen von Bindegewehselementen dar. Die
dritte Art von Spindelzellen ist es , die man für Muskelfasern zu
halten geneigt wäre. Es sind dies lange schmale Fasern mit einem
länglich stäbchenförmigen, oft an einem Ende kolbig aufgetriebenen,
meistens nicht ganz median liegenden Kern, der gewöhnlich zwei bis
drei größere und viele kleinere Kernkörperchen enthält. Um den
Kern liegt eine geringe Menge Protoplasma; die Fortsätze sind bei-
läufig zwei bis dreimal so lang als der Kern (s. Abbildung 1).
Die Kei'ue dieser sowohl als der früher erwähnten Zellen
scheinen ziemlich leicht aus dem Protoplasma der Zelle auszutreten,
da ich in zahlreichen Zerfaseriingspräparaten theils ganz freie, theils
nur noch partiell mit dem Zellenleibe zusaumieiihängende, Stäbchen-
Zur Aiiatoiiiie ili-s Oviiriiims der Säugethiei e. yZit
förmige, ovale und runde Kerne gefunden habe (s. Abbildung 2).
Diese drei Arten von Fasern habe ich in allen von mir untersuchten
Ovarien gesehen, ich muß aber besonders hervorheben, daß zwischen
ihnen zahlreiche Übergangstormen liegen.
Untersucht man nun an feinen Schnitten durch die Rindensub-
stanz, auf welche Weise die erwähnten Zellen angeordnet sind, so
ergiebt sich , daß ihre Züge ein mehr weniger regelmäßiges Netz-
werk darstellen, in dessen Maschen die Graafschen Follikel ein-
gebettet sind. Betrachtet man einen Längs- oder Querschnitt durch
das ganze Ovarium des Schweines, bei dem die erwähnte Netzform
Mohl am deutlichsten ausgeprägt ist, so sieht man mit freiem Auge
eine ziemlich scharfe Abgrenzung der Markschichte von der Driisen-
schichte. Die erstere erscheint beinahe nur aus Gefäßen bestehend,
weßhalb sie auch am frischen Ovarium deutlich röthlich gefärbt ist.
Von ihr aus strahlen fächerförmig parallel gefasert-, oft durch bogen-
förn)ige Anastomosen mit einander verbundene, an gehärteten Präpa-
raten sehr leicht isolirbare Gewebsbündel aus, die zwischen den
größeren Follikeln durchziehen und sich gegen die Peripherie zu
arcadenartig zu tbeilen scheinen, so daß je ein größerer Follikel-
durehschnitt in einen solchen Bogen zu liegen kommt. Um den Folli-
kel selbst aber existirt noch ein in sich selbst zurückkehrender Ring,
dessen Fasern aber unter dem Mikroskope von den früher erwähnten
Gewebszügen nicht streng gesondert erscheinen. Gegen die äußerste
Peripherie zu, so wie auch in geringerem Grade zwischen den
Lücken der radiär verlaufenden Züge wird die Verlaufsrichtung der
einzelnen Bündel eine sehr unregelmäßige, so daß ein dichtes, für
das unbewatTnete Auge gleichförmig derb aussehendes Flechtwerk
entsteht, zwischen dessen in allen Richtungen sich durchkreuzenden
Strängen die kleineren Graafschen Follikel liegen und das nach
außen zu eng mit der Peritonealhülle verwachsen ist. Ahnlich wie
lieim Schwein ist das Verhalten am Ovarium des Rindes, weniger
deutlich an dem des Kaninchens, des Hundes, und besonders des
Mensehen, bei dem auch die Marksubstanz imVerhältniß zur Rinden-
substanz sehr mächtig entwickelt ist. Doch finden wir auch hier im
Wesentlichen dieselbe Anordnung.
Untersucht man einen solchen Schnitt bei stärkerer Vergrößerung,
so lösen sich jene mit freiem Auge sichtbaren Züge auf in eine
Menge parallel zu der Längsrichtung des Zuges gestellte Spindel-
926 V. \V i M i w ii r I e r.
Zellen mit zahlreichon, Itesoiulers auf Znsatz von Essigsäure deutlich
siolithartüi Kernen. In ihnen kommen alle drei Arten der früher be-
sehriebeiien Zellen vor und zwar nielil streng von einander abge-
grenzt, sondern in Lagen, die nielir oder weniger in einander über-
gehen oder es erscheinen aueh alle drei Arten in einem und dem-
selben Faserzuge regellos neben einander gestellt (s. Abbildung 3).
Doch scheinen die Zellen der zweiten und dritten Art nicht viel
weiter als bis zum peripheren Rand der größeren Follikel vorzukom-
men, über welehe Grenze hinaus dann nur Fasern der ersten Art
angetrolVen werden. In wie weit dies Verhallen mit dem Wachsthum
der Follikel Hand in Hand geht, ist mir für jetzt nicht möglich zu
constatiren.
Da nur die Fasern der dritten Art mit Muskelfasern verwechselt
werden konnten, so wendete ich auf sie die verschiedenen Reagen-
tien an.
Mit Carmin tingirten sich ihre Kerne jederzeit sehr schön,
ebenso wie die runden Kerne der Bindegewebszellen, wahrend
die großen ovalen Kerne gewöhnlich etwas blaßer bleiben.
Fuchsin, das an gekochten und getrockneten Präparaten die Muskel-
fasern schön roth färbt, während das Bindegewebe l)laß bleibt,
tingirte alle drei Arten von Kernen jederzeit gleich stark, während
die Zellen gleicbmässig blaßroth wurden und die lebhaft roth gefärb-
ten Gefäßdurchschnitte bewiesen, dalJ» der Mangel der Färbung kein
Fehler der Methoile j-ci. Auch die doppelte Tinction mit Carmin und
Pikrinsäure, bei welcher sich Gefäßdurchschnitte und die Epithelial-
auskleidung der Follikel schön gelb färbten, gab mir keine Differen-
zirung zwischen den fragliehen Zellen und gewöhnlichem Binde-
gewebe. Ebenso wirkungslos war die Tinction mit Chlorpalladium,
Nachdem ich nun die aufgezählten Reagentien versucht und
kein Resultat bekommen hatte, nnlernahm ich elektrische Reizungs-
versuche am frischgetödteten Thiere. Ich benützte zu diesen Ver-
suchen die Ovarien des Schweines, des Hundes und des Kaninchens.
Bei Anwendung des Rotationsapparates sowohl, wie bei der des con-
stanlen Stromes konnte ich trotz der sorgfältigsten Beobachtung
niemals irgend welehe Veränderunü: am Ovarium selbst, ein Hervor-
treten der Graal'schen Follikel oder dergleichen, wahrnehmen;
berührte ich das Ovarium nahe am llilus oder zufällig am lignmeutum
ovarii selbst, so schien es etwas gegen den Uterus gezogen zu
Zur Anatomie des Üvariunis der Säugetliiere. 92T
werden. Die an denselben Tliieren oft noch später versuchten Rei-
zungen anderer (Jehilde musculöser Natur rieten jederzeit Contrac-
tionen hervor. Man könnte mir hier den Einwand machen, daß die
Muskelfasern, wenn solche überhaupt existirten, in so gerintfer Zahl
im Ovarium vorhanden sind, daß sie bei dem ziemlich derben Stroma
des Ovariuras keine sichtbaren Constructionen geben könnten. Dem
stelle ich aber die Thatsache entgegen, daß die früher beschriebenen
Fasern einen bedeutenden Antheil haben an den mächtigen Zügen,
die das Ovarium durchsetzen und also durch sie ganz wohl könnte
eine Reactionserscheinung gegeben werden. Hienach stimmen meine
Beobachtungen auch mit den Versuchen Pflü ger's überein, deren
Resultatlosigkeit in Bezug auf die gegenwärtige Frage ich oben an-
gedeutet habe. Hält man zu diesen Erfahrungen die Thatsache von
der morphologisch unmöglichen strengen Trennung der einzelnen
Zellenarten von einander, so erscheint folgende Annahme als gerecht-
fertigt :
Es finden sich im Drüsenstroma des Eierstockes der Säuge-
thiere spindelförmige Zellen mit langen, stäbchenförmigen Kernen,
die man als Muskelfasern gedeutet hat. Da sich aber diese Zellen
chemisch nicht wie Muskelfasern verhalten und auch auf elektrische
Reizung keine Contraction derselben zu beobachten ist, so hat man
kein Recht sie als Muskelfasern zu bezeichnen oder ihnen irgend
welche contractile Eigenschaften zuzuschreiben. Ihr Aussehen zeigt,
wie oben näher beschrieben ist, gewisse Eigenthümlichkeiten; in
ihrem Verhalten gegen die bis jetzt versuchten Tinctionsmittel
schließen sie sich dem Bindegewebe an.
D-iS *• \V i II i w M rl e r. Ziit Aicitmiiic des Ov^iriiiins (lpr .S»iii.'ellii<'i-e.
E r k I ä I" II n ^f d e v X li lii I d u n / »
o = ^ \ Eisenoxyd und Tlionerde .
S :=' J
Qj j^ / Schwefelsäure
►S -^ V Kieselsäure
Wasser
Schwefels. Baryt
„ Strontian
Kohlensaur. Strontian
„ Kalk
Magnesia
Eisenoxyd und Thonerde
Kieselsäure
Wasser
Der Übersicht wegen und um eine leichtere Vergleichung der
Zusammensetzung der Zersetzungsproducte untereinander und mit
der des reinen Minerals möglich zu machen, habe ich die Mengen der
Hauptbestandtheile, wie sie die Analysen ergeben haben, in folgender
Tabelle zusammengestellt:
19
121
0
•349
0
•191
0
•163
8
421
0
•122
4S
256
0
•639
0
•321
0
•32o
24
137
0
•366
0
•460
99
•871
68
•917
1
•131
27
2S7
0
623
0
512
0
488
0
488
0
460
99-
876
ß e s t a n d t h e
Schwefels.
Schwefels.
Schwefels.
Kohlens.
Kohlens.
Baryt
Strontian
Kalk
Strontian
Kalk
Unzerselztes
.1.
48-906
50-091
0-639
Mineral
B.
47-480
51-097
0-549
—
—
(
IV.
68-917
1131
27-257
0.623
Zersetzungs-
in.
83-092
0-321
—
13-278
0-059
producte 1
II.
92-378
0-421
—
5-057
0-823
I.
94-320
0-941
—
1-241
0-102
938 uiiik.
Aus dieser Tabelle erkennt man sehr leicht die Art und den Ver-
lauf der Zersetzung des Barytocölestins vom Greiner. Der schwefel-
saure Slrontian ist in allen Zersetzungsproducten bis auf einen kleinen
Rest, der schwefelsaure Kalk gänzlich verschwunden; dagegen treten
kohlensaurer Strontian und kohlensaurer Kalk auf, und die Menge
des kohlensauren Strontians nimmt von IV. bis I. bedeutend ab. Es
blieb also der schwefelsaure Baryt unverändert, während der leichter
angreifbare schwefelsaure Strontian und schwefelsaure Kalk in koh-
lensaure Salze umgewandelt wurden; der kohlensaure Strontian ist
dann durch Einwirkung kohlensäurehältiger Wässer nach und nach
fortgeführt worden. In 1. ist somit die Veränderung am weitesten fort-
geschritten, indem der kohlensaure Strontian fast gänzlich entfernt
worden, so daß fast nichts anderes als schwefelsaurer Baryt zurück-
blieb.
Es entsteht nun die Frage, wodurch die Umwandlung des schwe-
felsauren Strontians in kohlensauren erfolgt ist. Bei dem bekannten
Verhalten der schwefelsauren Salze von Baryt und Strontian zu den
Lösungen der kohlensauren Alkalien, welche bei gewöhnlicher Tem-
peratur blos auf den schwefelsauren Strontian wirken, liegt die Ant-
wort sehr nahe, daß auch im vorliegenden Falle die Metamorphose
des schwefelsauren Strontians durch kohlensaure Alkalien enthaltende
Wässer vollzogen wurde. Es ist nun gewiß anzunehmen, daß derlei
Wässer in der Natur vorkommen; denn bei der vielfach beobachteten
Zersetzung alkalihaltiger Silikate durch Einwirkung von in Wasser
gelöster Kohlensäure können leicht kohlensaure Alkalien von dem die
Gesteine durchsickernden Wasser aufgenommen werden. Jedenfalls
haben aber solche Wässer bei weitem nicht die Bedeutung im Haus-
halte der Natur, wie sie jenen, welche kohlensauren Kalk gelöst ent-
halten, zuzuschreiben ist, da letztere Wässer bei der allgemeinen
Verbreitung des kohlensauren Kalkes so zu sagen überall sich finden.
Diese Betrachtung ließ mich den Gedanken fassen, daß vielleicht der
durch Vermittlung von Kohlensäure in Wasser gelöste kohlensaure
Kalk dieselbe Wirkung auf schwefelsauren Strontian äußern könne,
wie die kohlensaurenAlkalien. Da hierüber keine Beobachtungen vor-
liegen, so leitete ich darauf bezügliche Versuche ein, welche zu dem
Resultate führten, daß wirklich der in Lösung befindliche kohlensaure
Kalk den schwefelsauren Slrontian in kohlensaures Salz umzuwandeln
vermag. Dadurch wird es nun wahrscheinlich gemacht, daß die Zer-
mineralogische Uiitersut'liungen. 939
Setzung des Barytocülestins vom Greiner die Einwirkung von kohlen-
sauren Kalk enthaltendem Wasser zur Ursache hat. Diese Ansicht
gewinnt an Wahrscheinlichkeit durch den Umstand, daß, wie aus
obenstehender Tahelle ersichtlich, in zwei Fällen, nämlich in den
Zersetzungsprodukten IL und IV., mehr kohlensaurer Kalk gefunden
wurde, als der Menge des in dem reinen Mineral enthaltenen schwefel-
sauren Kalkes entspricht. Das Nähere über die Versuche, durch
welche ich die Thatsache der Einwirkung des kohlensauren Kalkes
auf schwefelsauren Strontian constatirt habe, werde ich weiter unten
in einem eigenen Abschnitte mittheilen.
Ich habe früher erwähnt, daß das Vorkommen von Baryt in den
Cülestinen nicht so selten zu sein scheint. Außer dem barytreichen
Cölestin von Nörten bei Hannover sind solche von mehreren Fund-
orten bekannt, in denen eine geringe Menge Baryt enthalten ist,
die aber in keinem Falle 2 Pct. erreicht (Rammeisberg, Min.
Chem. 260). Im hiesigen Mineraliencabinet des landsch. Joanneums
sind zwei Culestine vorhanden, die ich analysirt, und darin ziemlich
bedeutende Mengen von Baryt gefunden habe. Der eine ist von
Frankstown in Pensilvanien der andere aus Siebenbürgen. Ich kann
ein einfaches und sicheres Verfahren angeben, um in einem Cölestin
seihst äußerst geringe Mengen Baryt nachzuweisen. Man schließt das
Mineral mit kohlensaurem Natron auf, löst die erhaltenen kohlen-
sauren Salze in verdünnter Chlorwasserstoffsäure auf, und läßt einen
kleinen Theil der Lösung auf einem Uhrschälchen über Schwefel-
säureverdampfen. Chlorstrontium und Chlorbarium krystallisiren dabei
in den ihnen eigenthümlichen, von einander ganz verschiedenen
Formen, und die langen dünnen Prismen des Chlorstrontiums diffe-
renziren sich so gut von den Blättchen des Chlorbariums, daß man
letztere mit freiem Auge, oder bei äußerst geringen Mengen mit Hülfe
der Loupe ganz deutlich erkennen kann. Man braucht dann nur noch
ein solches, auch noch so winziges Blättchen, auf einen Platindraht
aufzunehmen und in die Flamme eines Gasbrenners zu halten, um
durch die charakteristische Färbung der Flamme sich mit der größten
Sicherheit von der Gegenwart des Baryts zu überzeugen.
Vom Cölestin von Frankstown fand ich sonst nirgends eine
Analyse, als die einzige in Rammelsberg's Min. Chem. S. 260 von
Klaproth, welcher S8 Pct. Strontian und 42 Pct. Schwefelsäure
angibt. Dieser Cölestin besitzt eine stänglige Structur. An dem Exem-
940 iiiik.
plar, von welchem ich die zur Analyse verwendeten Mengen nahm,
sind deutlich mehrere Centra walirzunehmen, von denen die Stengel
radial auslaufen. In der Nähe des Centrunis sind die Stengel sehr dünn
und werden gegen die Peripherie ziemlich dick und breit, wo sie
auch endlich in freie Enden ausgehen, welche deutliche Krystall-
flächon zeigen. Dort sind sie auch fest, halbdurchsichtig, g'lasglänzend,
farblos, während sie um das Centruin matt, gelblichweiß und sehr
leicht zerreiblich erscheinen. Diese Verschiedenheit veranlaßte mich
einen Theil von der Peripherie und einen vom Centrum zu analysiren.
Der Theil von der Peripherie gab folgende Resultate:
Strontian 49-i)o7 Schwefels. Stroatian 87-824
Baryt 7 278 „ Baryt . 11-083
Schwefelsäure. . . 42-212 Eisenoxyd u. Thonerde 0-123
Eisenoxyd u.Thonerde 0-123 Kieselsäure .... 0-679
Kieselsäure .... 0-679 99 707
99-849
Das specifische Gewicht fand ich zu 3 -933.
Der leicht zerreibliche Theil vom Centrum zeigte folgende
Zusammensetzung :
Strontian 41-785 Schwefels. Strontian 74-031
Baryt 16-255 „ Baryt . 24-752
Magnesia 0-304 Magnesia 0-304
Eisenoxyd u.Thonerde 0-282 Eisenoxyd u.Thonerde 0-282
Schwefelsäure . . . 41-011 Kieselsäure .... 0-565
Kieselsäure .... 0-565 99-935
100-202 ,
Als specifisches Gewicht dieses Theiics fand ich 4 019. Kohlen-
saure Salze waren keine vorhanden.
Die ])eiden Partien unterscheiden sich daher durch den Baryt-
gehalt, welcher um das Centrum grüßer ist als an der Peripherie.
Dieser Umstand und die BeschalTenheit des centralen Theiles führen
zu dem Schlüsse, daß dieser Cölestin gegen das Centrum hin, wo die
Stängel sehr dünn, daher leichter angreifbar sind, eine Zersetzung
erlitten hat durch llinwegführung von schwefelsauren Strontian. Es
ist dies eine ganz ähnliche Erscheinung wie die, welche Quen st cd t
bei dem Cölestin von Nürten bei Hannover anführt.
Miiieralog-ische rnlersiicluingen. "41
Für den Cülestiii von Siebenbürgen, der breilstänglige Struclur
und gtlbliehweiße Farbe besitzt, und an welcbem keine angegrifTcnen
Stellen bemerkbar waren, fand icb nachstehende Zusammensetzung:
Strontian 47 • 029 Schwefels. Strontian 83 • 344
Baryt 10 -452 „ Baryt . . lo-91G
Schwefelsäure. . . 41-800 Eisenoxyd u. Thonerde 0-257
Eisenoxvdu.Thonerde 0'257 Kieselsäure .... 0-578
Kieselsäure .... 0-578 100-095
100- IlÖ
II. Über die Einwirkung von gelöstem kohlensauren Kalk auf
schwefelsauren Strontian und über das Verhalten von schwefel-
saurem Strontian zu Chlorcalcium bei Gegenwart von Weingeist.
Im vorigen Abschnitte habe ich auf Versuche hingedeutet, die
ich zur Beantwortung der Frage anstellte, ob in kohlensaurem Wasser
gelöster kohlensaurer Kalk den schwefelsauren Strontian in Carbonat
umzuwandeln im Stande ist. Zu diesen Versuchen wendete ich ganz
reinen durch Fällung mit Schwefelsäure erhaltenen, schwefelsauren
Strontian an, welcher mit einer Lösung von kohlensaurem Kalk in
kohlensäurehältigem Wasser behandelt wurde. Diese Lösung stellte
ich dar durch Einleiten von Kohlensäure in frisch bereitetes Kalk-
wasser bis zum Verschwinden des entstandenen Niederschlages. Zur
Bereitung des Kalkwassers diente theils ein aus einem Kalkstein
gebrannter, sehr fetter Kalk, theils Ätzkalk, den ich mir selbst aus
ganz chemisch rein dargestellten kohlensauren Kalk bereitet hatte.
Beide Kalke wurden vor ihrer Verwendung sorgfältig mittelst des
Spectralapparates auf Strontian geprüft, und als frei davon erkannt.
Der ersterwähnte gebrannte Kalk wurde noch einer zweiten Unter-
suchung unterworfen. Die in der Natur vorkommenden Kalksteine
können geringe Mengen von kieselsaurem Alkali enthalten. Man hat
nun die Beobachtung gemacht, daß wenn man den aus solchen Kalk-
steinen gebrannten Kalk mit Wasser übergießt, das Alkali frei wird
und in Lösung geht. Leitet man in ein solches Kalkwasser Kohlen-
säure, so muß sich kohlensaures Alkali bilden und die Benützung
einer solchen Kalkcarbonatlüsunt'zu den erwähnten Versuchen könnte
942 uiiik.
eine Täuschung bcAvirken, indem eine Einwirkung auf schwefelsauren
Strontian dem kohlensauren Kalk zugeschrieben würde, die vielleicht
nur das kohlensaure Alkali ausgeübt. Um dies zu vermeiden, wurde
eine größere Menge des gebrannten Kalkes zunächst mit ziemlich
viel Wasser wiederholt behandelt, die erhaltenen Flüssigkeiten besei-
tigt, und erst das rückständige Kalkhydrat zur Gewinnung des zu den
Versuchen benützten Kalkwassers verwendet. Zuvor wurde dieses
Kalkhydrat noch mit zwei Litres Wasser übergössen, die so erhaltene
Lösung mit kohlensaurem Ammon versetzt, filtrlrt und das Filtrat in
einer Platinschale bis auf ein Minimum eingedampft; wäre noch
freies Alkali im Kalkwasser vorhanden gewesen, so müßte der Rest
der Flüssigkeit kohlensaures Alkali enthalten und daher eine alkalische
Reaction gezeigt haben ; es war aber nicht die geringste Spur einer
solchen wahrzunehmen.
Ich stellte die Versuche auf zweierlei Art an. Es wurde einer-
seits der schwefelsaure Strontian in einer Flasche wiederholt mit der
kohlensauren Lösung des Kalkcarbonats übergössen, und jedesmal
unter öfterem Umschütteln eine längere Zeit damit in Berührung
gelassen, Mobei das Gefäß nur lose bedeckt war. Andererseits wurde
die Digestion in wohlverschlossener Flasche vorgenommen, so daß
keine namhafte Menge Kohlensäure entweichen konnte, und die Car-
boiiate zum größten Theil gelöst bleiben mußten. Im ersteren Falle
Avurde dann der schwefelsaure Strontian, dem die abgesetzten Carbo-
nate (liauptsächlich kohlensaurer Kalk) beigemengt waren, mit ver-
dünnter ChlorwasserstoiTsäiwe behantielt, die Lösung abGltrirt. Ich
hatte nun zu berücksichtigen, daß der schwefelsaure Strontian in
reinem, noch mehr in säurehaltigem Wasser merklich löslich ist. Um
den gelösten schwefelsauren Strontian Avegzuschaffen , dampfte ich
dieLösungbis fast zur Trockene ein und versetzte sie dann mit Wein-
geist, in welchem sich die Chloride lösen und der schwefelsaure
Strontian als Rückstand bleiben mußten. Nach dem Filtriren wurde
die weingeistige Lösung abgedampft und der Rückstand vor dem
Spectralapparate geprüft, wobei eine lebhafte Strontianreaction sich
zeigte. Um sicher zu gehen, machte ich einen Gegenversuch, indem
ich reinen schwefelsauren Strontian mit einer, mit Chlorwasserstoff-
säure angesäuerten Lösung von ganz reinem Chlorcalcium digerirte,
abfdtrirte, die Flüssigkeit eindampfte und so wie früher verfuhr,
nämlich mit Weingeist behandelte u. s. w. In diesem Falle hätte
Mineralogische Untersucliungen. 943
in der weingeistigen LiJsung kein Strontian enthalten sein sollen, was
aber dennoch, wie die spectralanalytisehe Untersuchung nachwies,
der Fall war. Dahei fiel mir auf, daß der durch Weingeist gefällte,
vermeintliche schwefelsaure Strontian aus lauter leinen Nadeln bestand,
also jene Form hatte, in welcher sich der Gyps gewöhnlich abschei-
det, während der schwefelsaure Strontian, wie ich A'ielfach beobach-
tet habe, in solchen Fällen stets körnig oder pulverig abgeschieden
wird. Die spectralanalytisehe Untersuchung des im Weingeist unlös-
lichen Niederschlages ergab auch, daß derselbe keine Spur Strontian
enthielt, sondern reiner schwefelsaurer Kalk war. Es findet daher
eine Umsetzung des schwefelsauren Strontians mit Chlorcalcium in
schwefelsauren Kalk und Chlorstrontium statt. Bei mehreren Ver-
suchen mit reiner neutraler Lösung von Chlorcalcium, die ich auf
schwefelsauren Strontian wirken ließ, erhielt ich ganz dasselbe Re-
sultat. Ich konnte somit auf diese Weise nicht ermitteln, ob bei meinen
Versuchen ein Theil des Strontiumsulphates durch den kohlensauren
Kalk in Carbonat verwandelt wurde, und es blieb mir, um zum Ziele
zu gelangen, nichts anderes übrig, als folgenden Weg einzuschlagen:
Die vom schwefelsauren Strontian abfiltrirte chlorwasserstofTsaure
Lösung wurde bis fast zur Trockene abgedampft, mit Weingeist
behandelt und der ausgeschiedene schwefelsaure Kalk quantitativ
bestimmt; in der weingeistigen Lösung wurde die Menge des Stron-
tians ermittelt. War nun in der ursprünglichen Lösung blos schwefel-
saurer Strontian vorhanden, so mußte, wenn der in der weingeisti-
gen Lösung bestimmte Strontian auf schwefelsauren berechnet
wurde, der letztere mit jener Menge schwefelsauren Strontians über-
einstimmen, die dem quantitativ ermittelten schwefelsauren Kalk
äquivalent ist. Zeigte sich ein Uberschuss an Strontian, so konnte
dieser nur von der Umwandlung des ursprünglichen schwefelsauren
Strontians in kohlensaures Salz herrühren. Ich erhielt nun bei allen
Versuchen einen bedeutenden Uberschuss an Strontian, Avie die nach-
stehenden Daten beweisen. Die Bestimmung des Strontians neben
dem Kalk in der weingeistigen Lösung geschah fast durchgehends
auf indirectem Wege, imd zwar in der bereits früher angegebenen
Art der Ausführung, welche Fehlerquellen ziemlich ausschließt,
wodurch jene sonst verpönte Methode ganz gut brauchbar wird.
Zunächst wurden Strontian und Kalk als Oxalsäure Salze gefällt und -
als Oxyde gewogen. Da ich hier mit beträchtlicheren Mengen zu thun
944 üiiik.
hatte, so führte icli, um die Oxyde rein aus den Oxalsäuren Salzen
zu erhalten, letztere zuerst in salpetersaure Salze über; denn diese
lassen sich leichter vollsländig in Oxyde verwandeln als die kohlen-
sauren Salze. Die Oxalsäuren Salze wurden zuerst durch schwaches
Glühen in kohlensaure verwandelt, diese im Tiegel in Salpetersäure
gelöst, abgedampft, und durch höchst vorsichtiges und allmählig
gesteigertes Erhitzen bis zum heftigen Glühen, die salpetersauren
Salze zersetzt. Weiterhin blieb das Verfahren dasselbe, wie ich es
beim Barytocölestin beschrieben.
Es wurden 4 Grm. schwefelsaurer Strontian wiederholt mit einer
Portion von löO Kuh. C. der kohlensauren Kalkcarbonatlösung behan-
delt und diese jedesmal zwei Tage lang damit in Berührung gelassen.
I.. Nach 6maliger Behandlung erhielt ich 0-0091 Grammes
durch Weingeist gefällten schwefelsauren Kalk, welche
0'0122 schwefelsauren Strontian entsprechen; aus der wein-
geistigen Lösung 0-1940 Kalk + Strontian, 0-4596 Sul-
phate, daher 0-26o6 Schwefelsäure, woraus sich ergeben
0-0314 schwefelsaurer Strontian; davon jene 0-0122 abge-
zogen, bleiben 0-0192 als jene Menge schwefelsauren Stron-
tians , welche in kohlensauren umgewandelt wurde ; von der
ganzen Menge beträgt dies 0 • 48 Pet.
II. Nach 12maliger Behandlung: 0-0102 schwefelsauren Kalk,
entsprechend 0-0138 schwefelsauren Strontian; 0-4291
Kalk + Strontian, 1-0239 Sulphate, 0-5948 Schwefelsäure;
daher 0 - 0494 schwefelsauren Strontian 0 - 0494—0 - 0138 =
0 - 0356 umgewandelter schwefelsaurer Strontian = 0-89 Pct.
ni. Nach 16maliger Behandlung: 0-0106 schwefelsauren Kalk,
entsprechend 0-0143 schwefelsauren Strontian; aus der
weingeistigen Lösung 0-0718 schwefelsauren Strontian;
0 • 07 18 — 0 - 0 1 43 gibt 0 - 0575 = 1-44 Pct. umgewandelten
schwefelsauren Strontian. Bei diesem Versuche geschah die
Strontianbestimmung direct nach der Methode von H. Rose
durch Fällung der Kalk und Strontian enthaltenden Lösung
mit einem großen Überschuß einer Lösung von schwefel-
saurem Amnion und längeres Kochen, wobei schwefelsaurer
Strontian niederfällt, schwefelsaurer Kalk als Doppelsalz
gelöst bleibt.
;\liiieralogist'lie l'iitersucliuiiyen. 945
Bei den auf die zweite Art angestellten Versuchen, nämlich
durch Digestion des schwefelsauren Strontians mit derKalkcarbonat-
lösung in verschlossenem Gefäße, erhitzte ich die abgegossenen und
filtrirten Flüssigkeiten zum Sieden, um die Carbonate zu fällen; diese
wurden danr, um etwa mit niedergerissenen schwefelsauren Stronlian,
der früher in Lösung gegangen sein konnte, zu entfernen, mit viel
Wasser gewaschen. Ich fand aber, daß, trotzdem ich so lange
gewaschen hatte, bis das Waschwasser nicht die mindeste Reaction
auf Schwefelsäure mehr gab, dennoch die Lösung der Carbonate in
verdünnter Chlorwasserstoffsäure noch Schwefelsäure enthielt, und
schlug daher denselben Weg ein, wie bei den vorerwähnten Ver-
suchen. Es wurden angewendet 4 Grm. schwefelsaurer Strontian
und diese wiederholt mit 160 Kuh. C. der kohlensauren Carhonat-
lösung digerirt, welche jedesmal drei Tage lang unter häufigen Um-
schütteln damit in Berührung blieb.
I. Nach 4maliger Behandlung wurden erhalten: 0*008 Grm.
schwefelsaurer Kalk, entsprechend 0*0108 schwefelsauren
Strontian, 0*1470 Strontian + Kalk, 0*3432 Sulphate,
0*1962 Schwefelsäure; daraus ergibt sich 0*0372 schwe-
felsaurer Strontian; 0*0372 — 0*0108 = 0*0264 umge-
wandelter schwefelsaurer Strontian = 0*66 Pct. der ganzen
Menge.
II. Nach lOmaliger Behandlung: 0*0122 schwefelsaurer Kalk,
entsprechend 0 * 0 1 6o schwefelsauren Strontian ; 0 * 468 Stron-
tian + Kalk, 1*1068 Sulphate, 0*6388 Schwefelsäure somit
0*0808 schwefelsauren Strontian; 0*0808 — 0 0165 =
0 * 0643 = 1*6 Pct. umgewandelten schwefelsauren Strontian.
Zur Controle des analytischen Verfahrens stellte ich folgende
Versuche an : Schwefelsaurer Strontian wurde mit einer Lösung von
vollkommen reinem Chlorcalcium digerirt, abfiltrirt und die Flüssig-
keit ganz so durch Abdampfen, Fällen mit Weingeist u. s. w. behan-
delt, wie bei den früheren Versuchen. Die Menge des gefällten schwe-
felsauren Kalks hatte dann dem aus der weingeistigen Lösung bestimm-
ten schwefelsauren Strontian zu entsprechen, was auch der Fall war.
I, Ich erhielt 0 * 0276 schwefelsauren Kalk; diese entsprechen
0*0372 schwefelsauren Strontian; aus der weingeistigen
Lösung 0*7806 Strontian + Kalk, 1*9016 Sulphate,
946 uiiik.
1-113 Schwefclsiiure; daraus ergibt sich 0-03G8 sclnvefcl-
saurer Strontian.
If. Durch Fälluiiij mit Weingeist erhalten 0-01G4 schwefel-
sauren Kalk, entsprechend 0*0221 schwefelsauren Strontian;
aus der weingeistigen Lösung 0-4636 Strontian -\- Kalk,
1-1177 Sulphate, 0-6541 Schwefelsäure; daher 0-0223
schwefelsauren Strontian.
III. Untersuchung des Talkes vom Greiner im Zillerthale in Tirol.
Dieses Mineral bildet das Bluttergestein für den von mir analy-
sirten Barytocölestin und seine Zersetzungsprodructe. Ich habe diesen
grünen Talkschiefer hauptsächlich deßhalb untersuclit, um den rich-
tigen Wassergehalt zu ermitteln. In Rammelsberg's Min. Chem.
S. 517, ist eine Analyse dieses Minerals von K ob eil angeführt,
welcher darin nur 2-3 Pct. Wasser fand; nebstdem noch einige
Analysen desselben Minerals von andern Fundorten, welche Analysen
alle einen viel niedrigeren Wassergehalt aufweisen, als sonst in der
Mehrzahl der Talke vorhanden ist. Rammeisberg meint, daß der
geringere Wassergehalt wahrscheinlich in der Analyse liege, Avas
ich in Bezug auf den Talk vom Greiner wirklich nachzuweisen im
Stande war. Ich fand, daß dieses Mineral einen Theil seines Wassers
bei gelinder Hitze verliert, der größere Theil aber erst bei sehr
hoher Temperatur sich austreiben läßt. Durch längeres Erhitzen im
Platintiegel in der Flamme eines gewöhnlichen Gasbrenners erhielt
ich auch nur einen Gewichtsverlust von 2-148 Pct., also nahezu die-
selbe jMenge Wasser, die Kobell fand. Beim Erhitzen vor dem
Gasgebläse aber bis zu constantem Gewicht, ergab sich ein Gewichts-
verlust von 4-879 Proc. Diese Wassermenge ist jene, die sich im
Durchschnitt auch bei der Mehrzahl der Talke findet. Wie ich
bereits bemerkt habe, scheint in dem von mir untersuchten Talke
ein Theil des Wassers inniger gebunden zu sein, da er erst bei
hoher Temperatur fortgeht. Es deutet dies folgender Versuch an:
1-0698 Grm. des Minerals wurden im Platintiegel zunächst bei
dunkler Rothglühhitzc geglüht. Nach anderthalbstündigem Glühen
wog die Substanz 1-0553-; bei weiterem durch l^/o Stunde fort-
Mineralogische Untersuchungen. 947
gesetzten Glühen zeigte sich kein Aveiterer Gewichtsverlust; das-
selbe war der Fall als ich zum drlttenmale dieselbe Zeit hindurch bei
der angegebenen Temperatur erhitzte; der erhaltene Gewichtsverlust
entspricht l*35ö Pct. Wasser. Ich setzte nun das Glühen hei starker
Hellrothglühhitze 6 Stunden lang fort, in der Weise, daß ich in
Zeiträumen von 1 1/3 zuiy. Stunden das Glühen unterbrach und eine
Wägung vornahm. Das Gewicht nahm stetig ab und war auch nach
dem sechsstündigen Erhitzen noch nicht constant; es beträgt 1-0203.
Schließlich vor dem Gasgebläse geglüht, blieb das Gewicht bei
1 • Ol 88 unverändert. Der ganze Gewichtsverlust betrug also 4 • 767 Pct.
Eine vollständige Analyse des Talkes lieferte folgendes Ergebniß:
Kieselsäure 61-506
Magnesia 30-275
Eisenoxydul 1-382
Thonerde 1-079
Strontian 0-697
Kalk 0-359
Wasser 4-879
100-177
Das Vorhandensein von Strontian wurde durch den Spectral-
apparat nachgewiesen. Die zur Analyse verwendete Menge war zwar
von einem Handstück genommen, welches durchaus Talk war und
nichts Bemerkbares von den eingewachsenen Mineralien enthielt;
möglicherweise konnten aber doch kleine nicht leicht sichtbare Parti-
kelchen des strontianhaltigen Minerals darin enthalten sein, von
denen dann der gefundene Strontian herstammen würde.
048
XIV. SITZUNG VOM 22. MAI 1868.
Der Präsident legt die soeben erschienene von Hrn. Dr. L. R ed-
len bac her bearbeitete Abtheilung „Coleopteren" vom II. Bande des
zoologischen Theils des Novara-Reisewerkes vor.
Es werden folgende eingesendete Abhandlungen vorgelegt:
„Über das Isophloridziii" und „Über die Kapseln der Roßkasta-
nienfriichte" von Herrn Prof. Dr. F. Rochleder in Prag.
„Über einige Bestandtheile von Fraxinus excelsior L." von
Herrn Dr. W. Gintl, Assistenten bei der Lehrkanzel der Chemie
an der k. k. Universität zu Prag.
„Geschichte des k. k. Hof- Naturalien- Cabinetes in Wien".
IL Abtheilung, von Herrn Dr. L. J. Kitzinger in Pest.
„Ichthyologische Notizen" VII., von Herrn Dr. F. Stein-
dach n e r.
„Über die Vertheilung der Muskeln des Oesophagus beim Men-
schen und Hunde" von Herrn E. Klein.
„Beiträge zur Kenntniss des Kehlkopfes und der Trachea" von
Herrn E. Verson.
„Beiträge zur Kenntniss des Baues der Placenta des Weibes"
von Herrn Dr. W. Reitz.
Herr Baron F, Thümen in Krems übersendet ein handschrift-
liches Werk : „Hypsometrie von Siebenbürgen" und ersucht um eine
Subvention zu dessen Herausgabe.
Herr Prof. Dr. E. Brücke übergibt eine Abhandlung: „Über
die Musculatur der Atrioventricularklappen des Menschenherzens**
von Herrn Dr. C. Gassenhauer.
Herr Prof. Dr. V. Pierre zeigt einen von Dinkler modificir-
ten T r e V e 1 y a n'schen Apparat vor.
Herr Prof. F. Simony spricht über seine Untersuchungen der
Seen des Traungebietes.
949
Herr Dr. A. v. Biesiadecki legt zwei Abhandlungen vor,
und zwar: «) „Zottenenchondrom des Darmbeines, Enchondromatöse
Thromben der Vena iliaca und Pulmonalterien", und 6) „Über Tuber-
kelbildung in Blutcoagulis",
Der Präsident Herr Hofrath Dr. K. Rokitansky überreicht
zwei Abhandlungen und zwar: d) „Zur Anatomie der indurativen
Pneumonie" von Herrn Dr. N i e. W o r o n i c h i n aus St. Petersburg,
und h) „Zur Anatomie der ödematösen Haut" von Herrn Dr. Wil-
liam Young aus New York.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Akademie der Wissenschaften, k. bayer., zu München: Sitzungs-
berichte. 1867. H., Heft 4; 1868. I., Heft 1. München; 8o.
Annales des mines. VP Serie. Tome XH, 5' Livraison de 1867.
Paris; 8«».
Apotheker- Verein, allgem. Osten*.: Zeitschrift. 6. Jahrgang,
Nr. 10. Wien, 1868; 8o.
Archives desmissionsscientifiques et litteraires. H^ Serie. TomelV.,
3^ Livraison. Paris, 1868; 8o.
Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome
LXVI, Nr. 18. Paris, 1868; 4«.
Cosmos. 3* Serie. XVIP Annee, Tome II, 20* Livraison. Paris,
1868; 8o.
Gesellschaft, Deutsche geologische: Zeitschrift. XX. Band, I.Heft.
Berlin, 1868; 8».
G e w e r b e - V e r e i n , n. - ö. : Verhandlungen und Mittheilungen.
XXIX. Jahrg., Nr. 20. Wien, 1868; 8».
Heidelberg, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften,
1867—68. 4o & 8o.
Landbote, Der steierische, L Jahrgang. Nr. 9. Graz, 1868; 4».
Mittheilungen des k. k. Genie-Comite. Jahrg. 1868, 4. Heft.
Wien; 8o.
Moniteur scientiüque. 274* Livraison. Tome X% Anne'e 1868,
Paris; 4o.
Museo publieo de Buenos Aires: Anales. Entrega 4'\ Buenos Aires,
1867; Folio.
Revue des cours scientifiques et litteraires de la France et de
l'etranger. V* Annee, Nr. 24. Paris & Bruxelles, 1868; 4".
Sitzb. d. matheni.-n.Tfiirw. CI. T.VH. Bd. I. Abth. 61
950
Rosetti, Francesco, Süll' uso delle coppie termoelettriche nella mi-
sura delle temperature. (Estr. dal Nuovo Cimento, tomo 26.)
Pisa, i868; 80.
Societas Entomologica Rossica: Horae. T. V. Nr. 3. Petropoli,
1867; So.
Societe Imperiale de Medecine de Constantinople: Gazette me-
dicale d'orient. XP Annee, Nrs. 9 — 11. Constantinople, 1867
a 1868; 4o.
Verein, naturwissenschaftlicher, zu Bremen: Ahhandlungen. I. Bd.,
3. Heft. Bremen, 1868; 80.
Wiener Landwirthschaftliche Zeitung. Jahrg. 1868, Nr. 20—21.
Wien; 4».
— Medizin. Wochenschrift. XVIII. Jahrg. Nr. 40 — 41. Wien,
1868; 40.
Yoiiny:. Zur Anatomie der ödemafösen Haut. 9 Ol
Zur Anatomie der ödematösen Haut.
Von Dr. William Toung aus New-York.
(Aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien.)
(Mit 1 Tafel.)
Ich ging an die Untersuchung der ödematösen Haut mit der
Voraussetzung, daß diese uns einen leichteren Einblick in einige,
an einer normalen Haut nur schwierig zu ermittelnde Verhältnisse
gestatten wird.
Ich hoffte hauptsächlich den Verlauf und den Bau der Lymph-
gefäße, SP wie das Verhältniß derselben zu den Blutgefäßen er-
mitteln zu können. Es haben sich im Verlaufe der Untersuchung
noch andere nicht uninteressante Ergebnisse über die Entwickelung
des Bindegewebes herausgestellt, die hier ihre Berücksichtigung fin-
den sollen.
Die Untersuchungsmethoden, die angewendet wurden , waren :
Injection der Lymphgefäße einerseits mit löslichem Berlinerblau,
anderseits mit einer i/a Pct. Lösung von Nitras argenti durch die
Einstiehsmethode, so wie Härtung der ödematösen Haut in «/o P*^t.
Chromsäurelösung.
Eine ziemlich geraume Zeit konnte ich bei der Injection der
Lymphgefäße zu keinem günstigen Resultate kommen. Ich führte
dieselbe so aus, daß ich die Canüle in das Coriumgewebe der öde-
matösen Haut, die meist Amputationsstümpfen unmittelbar nach der
Operation entnommen wurde, eingeschoben habe, und die Injection
unter einem mäßig starken Drucke eines Hering'schen Apparates
vornahm.
Ich bekam auf diese Weise eine nur sehr mangelhafte Füllung
mit der Lösung von Berlinerblau und gar nie eine epitheliale Zeich-
nung mittelst Silber, wie eine solche für die Lymphgefäßwandungen
verlangt wird.
Der Grund dafür lag, wie ich mich später überzeugte, in der
Füllung der Lymphgefäßwege mit einer theils Albumen-, theils
61*
952 V ., u H jf.
schleimhältigeii Flüssigkeit, welche durch die Einwirkung des sal-
petersauren Silbers in denselben in Form von bräunlieh geliirbten
unregelmäßigen Klümpchen coagulirte, und dadurch die Einwirkung
des Silbers auf die Gefäßwandungen behinderte.
Bei der Injection mit Berlinerblaulösung drang dieselbe nur in
die tiefer gelegenen Lymphgefäße des Corium imd nur höchst selten
in die des oberen hinein. Ich habe mich jedoch überzeugt, daß die
Injection in den meisten Fällen, wenigstens auf kleinen Strecken, gün-
stige Resultate liefert, wenn mau die das Gewebe tränkende Flüssig-
keit möglichst vollkommen aussickern läßt.
Dieses gelingt immer , wenn man bis in das Unterhautzell-
gewebe reichende Einschnitte macht und die Haut einige Stunden
lang hängen läßt. Die früher prallgefülUe Haut wird schlaff und die
Injectionsmasse dringt jetzt mit Leichtigkeit in die leeren Räume
hinein. Die untersuchten Haulstücke liabe ich, wie gesagt, meist den
Amputationsstümpfen entnommen, an denen z. B. in Folge von Caries
der Knochen, Oedem der Finger zugegen war. In zwei Fällen habe
ich auch die Blutgefäße injicirt. Überdies untersuchte ich die öde-
matöse Haut der Scrota und eine solche vom Knie.
Die injicirlen Hautstücke wurden in Alkohol gehärtet und die
Schnitte in Glycerin untersucht. Die Resultate, zu denen ich gekom-
men bin, sind in Kürze folgende: Die Injection mit löslichem Ber-
linerblau führte in Bezug auf den Verlauf der Lymphgefäße zu dem-
selben Resultate, zu welchem Teich n» an n (Das Saugadersystem,
Leipzig 1861) gelangt ist. Sie bilden im Corium, sowohl der Finger
als des Scrotums, mehrfache Lagen eines dichten Netzwerkes, welche
durch verhältnißmäßig breite und zahlreiche Aste mit einander ana-
stomosiren. Es gelang mir übrigens auf diese Weise nie Lymph-
gefäße in den Papillen der Finger nachzuweisen.
Die Injection mit Silber gestattete die Structur der Wandungen
dieser Lymphgefäße genauer zu studiren. Ich bekam nur nicht
immer eine gleiche Färbung der Wand, indem an einigen Präparaten,
ja an einzelnen Stellen desselben Präparates, Zeichnungen zu Stande
kamen, welche bald der Kittsubstanz der Epithelialzellen, bald
blos den Kernen derselben entsprachen; manchmal bezeichnete eine
braungelbe, der Gefäßwand anliegende moleculäre Masse den Verlauf
des Lymphgefäßes. Wie immer sich das Bild gestaltet haben mag,
bekam man doch einen deutlichen Contour der Lymphgefäße, so daß
Zur Anatomip der ödematösen Haut. 9o3
man niclit allein ihren Verlanf verfolgen, sondern anch die Strnctiir
der Gefäßwand, iiamentlieli naeh Imbibition in Karmin, stndiren
konnte.
Man überzeugt sich auf diese Weise, daß die die Kittsubstanz
repräsentirenden braunen Fäden von geschlängeltem Verlaufe in den
engeren Gefäßen des oberen Coriums kleinere , in den breiteren
größere Räume umschließen, welche abgerundete, der Längsaxe
der Blutgefäße parallele, zwei und auch mehrmal so lange als breite
Vierecke darstellen. Namentlich an den breiten Asten, welche die
Anastomosen zwischen den einzelnen Lagen bilden, sind diese Vier-
ecke im Verbältniß zur Länge sehr schmal. Niemals fand ich
Stellen, an denen bei vollständiger Färbung der Kittsubstanz der
Zellen auch ihre Kerne durch Silber gefärbt worden waren, so wie
umgekehrt die braune Färbung der Kittsubstanz nur höchst unvoll-
ständig zu Stande kam, wenn Kerne, die ich für solche der Epithelien
halten mußte, sich braun gefärbt haben.
Die Imbibition der Schnitte in karminsaurem Ammoniak ließ
die Kerne als ovale, licht rosaroth gefärbte, bläsclienähnliche Gebilde
hervortreten, welche in das Lumen der Gefäße zur Hälfte liinein-
ragten (Fig. 3). Die in den Lymphgefäßen des unteren Coriums auf-
tretenden Klappen bestehen aus einer doppelten Lage solcher kern-
haltiger Zellen.
Es ist von Vi'^ichtigkeit , das Verbältniß der Blutgefäße zu den
Lymphgefäßen hervorzuheben.
Es ist wohl richtig, daß, wie allgemein angegeben wird, die
Lymphgefaßverzweigungen unabhängig von den Blutgefäßnetzen
verlaufen, namentlich für das untere Corium.
Im oberen Corium liegt jedoch fast immer ein meist um 1/3 en-
geres Blutgefäß unmittelbar dem Lymphgefäße an, und im untersten
Corium sind es hie und da zwei, welche dasselbe beiderseits be-
gleiten (Fig. 3) 1). Oft bekam ich auch Bilder aus dem oberen
Corium, welche dafür sprachen, daß wenigstens eine kleine Strecke
das BlutgefälJt mitten in der Höhle des Lymphgefäßes verlief, ohne
daß ich dies jedoch mit Bestimmtheit behaupten könnte , da an
dünnen Schnitten nur sehr kleine Stücke der Gefäße vorlagen, an
1) Vergleiche: Über das Lymphgeräßsystem des Frosches von Dr. Langer, diese Be-
richte 33. Bd. Aprilheft.
934 Y 0 u n g.
dickeren dagegen sich nicht entselieiden ließ, ob nicht das Hlulgefäß
unterhalb der unteren Lymphgefäßwand gelegen ist. Nur ausnahms-
weise fand ich an mit Silber injicirten Präparaten hie und da in den
Papillen der Finger ein central gelegenes, bis zur Mitte derselben
hinaufreiciiendes Lymphgefäß , am Scrotum eine kleine in die
flachen Papillen hineinreichende Lymphgefäßschlinge. — Die Weite
dieser Gefäße war an verscliiedenen Präparaten in Folge des
verschiedenen Grades des Ödems auch derartig wechselnd, daß ich
es mit Zahlen auszudrücken unterlasse; im Allgemeinen kann man
sagen, daß die Breite der Lymphgefäße selbst die dreifache Breite
der nächst anliegenden Blutgefäße überschreiten könne.
■ Die epithelähnliche Zeichnung liegt in den Lymphgefäßen des obe-
ren Corium unmittelbar über Bindegewebsfibrillen, die blos dichter als
anderwärts das Gefäß umgeben. In den Gefäßen des unteren Corium
schiebt sich aber zwischen die Epithelialzellen und das umge-
bende Bindegewebe ein mäßig dichtes Netz von elastischen Fasern
hinein, welches schon He nie') zum Erkennen der Lymphgefäße ge-
braucht hat (Fig. 3).
Außer diesen von Epithelien begrenzten Lymphcanälen füllen
sich aber im subcutanen Bindegewebe auch andere viel größere Räume
mit der Injectionsflüssigkeit, namentlich um den Einstichcanal herum.
Diese Räume, der eigentliche Sitz der das Ödem bedingenden
Flüssigkeit, bilden keine für sich abgeschlossenen Loculi, sondern sie
werden von Bindegewebsfäden und Zellen durchsetzt, welche am
Schnitte ein Maschenwerk darstellen.
Dickere aus einer Summe von Fasern und Zellen gebildete
Stränge schließen nämlich große Räume ein, welche ihrerseits
durch isolirte Zellen und Fasern in kleinere abgegrenzt werden.
Diese dickeren Stränge verlaufen im oberen Corium meist den Blut-
gefäßen entlang und bilden da ein engeres Maschenwerk, als im
unteren Corium, in welchem die Blut- und Lymphgefäße meist in der
Mitte eines solchen Raumes verlaufen. Die Größe dieser, so wie der
secundären Maschenräume, hängt von dem Grade des Ödems ab.
In den höchsten Graden desselben aber begrenzen sehr dünne Faser-
bündeln die primären Maschenräume, während vollkommen isolirte
') Lelubiith der Anülomie IV. Bd. S. 413.
Zur Anatomie der ödematösen Haut. 95 5
Bindegewebszellen nnd Fasern die secundären Räume durchziehen
(Fig. 4).
Beide, namentlich aber die Protoplasmasubstanz der Binde-
gewebszellen schließen einen feinen moleculären bräunlichen Silber-
niedersclilag ein.
Man kann sich an solchen Präparaten, da sich die Zellen mit
ihren langen Fortsätzen auf weitere Strecken verfolgen lassen, mit
Leichtigkeit überzeugen, daß beinahe jeder Bindegewebs-
fibrille eine Bindegewebszelle entspricht.
Der Leib der Zelle ist spindelförmig, imbibirt sich in Karmin
stark roth und schließt einen stärker imbibirten Kern ein. Die Fort-
sätze dieses Zellenleibes stellen die Bindegewebsfibrillen dar, sie
theilen sich zwei- auch dreifach und färben sich in Karmin nur
blaßroth.
In den secundären Räumen findet man überdies frei im Maschen-
raume liegende, die farblose Blutzelle an Größe etwas übertreffende,
entweder runde oder ovale oder auch einigermaßen spindelförmige
Zellen, welche am zahlreichsten in der Nähe der Blutgefäße liegen,
ja manchmal dieselben scheidenartig umgeben.
Auf dieses letzterwähnte Verhältniß habe ich auch Hautstücke
untersucht, welche in Folge lang andauernden Ödems hypertrophirt
waren und wo es zu einer Art von Pachydermie gekommen ist.
Diese zeichnete sich aus durch ein besonderes Reichthum an solchen
freiliegenden Zellen und auch an vermehrten Spindelzellen, welche
verschieden lange bindegewebige Fortsätze zeigten.
Diese Untersuchung weist uns also nach, daß beim Ödem der
Haut die dasselbe bedingende Flüssigkeit in Räumen sich befindet,
welche zum Theile von Bindegewe])sbalken, zum Theile von voll-
kommen isolirten Bindegewebszellen und Fasern durchzogen werden ;
daß diese Räume keine Loculi darstellen und keine besondere sie
begrenzende Membran , die etwa von Epithelialzellen gebildet wäre,
besitzen; daß diese Räume überdies von Canälen durchzogen wer-
den, welche entweder vom Epithel allein oder von solchem und einem
elastischen Netzwerke begrenzt werden. Da ich mir unmöglich
vorstellen kann, daß die Flüssigkeit beim Ödem die Bindegewebs-
fasern und Zellen derartig aus ihrem Contact bringt, daß sie nicht
mehr ernährt werden könnten (wenn dieses geschieht, so tritt wohl
Gangrän ein), so muß ich glauben, daß aueli in der normalen Haut
956 Y o II n g.
zwischen den Fasern sich mit Flüssigkeit gefüllte Räume hefinden,
welche beim Ödem ausgedehnt wurden. Ich muß sie wohl für
präexistirende und nur beim Ödem stark ausgedehnte Lymphräume
erklären. Dafür, daß dies nicht abgeschlossene Loculi oder vielfach
gewundene Canäle sind, spricht außer dem Mangel einer besonderen
sie begrenzenden Membran der Umstand, daß die sie erfüllende
Flüssigkeit durch einen verhältnißmäßig kleinen Einstich von weiten
Strecken sich entleert. Wieso diese Räume mit den von besonderen
Wandungen begrenzten Lymphcanälen zusammenhängen, bin ich
nicht in der Lage zu entsciieiden. Ich kann nur darauf aufmerksam
machen, was schon Recklinghausen gethan hat, daß zwischen
den Epithelialzellen der Lymphgefäße im Vergleiche zu jenen der
Blutgefäße zahlreichere und größere Stomata vorkommen i).
In Folge der Isolirung der Bindegewebsfasern und Zellen durch
die Flüssigkeit läßt sich auch, Avas man an der normalen Haut nicht
verfolgen kann, die Entwickelung der Bindegewebsfasern aus den
Bindegewebszellen verfolgen, wie dieses in neuester Zeit Kus ne-
tz off a) für das Unterhautzellgewebe, Obersteiner s) für die
Sehne nachgewiesen haben. Man überzeugt sich nämlich an der
ödematösen Haut mit Leichtigkeit, daß der, aus gekörnter in Kar-
min sich roth imbibirender Protoplasmasubstanz bestehende spin-
delförmige Leib der Bindegewebszelle meist beiderseits zu einer
dünnen einfachen oder sich dichotomisch theilenden Rindegewebs-
faser wird, welche sich chemisch von dem Protoplasma der Zelle
difTerenzirt, indem sie sich in Karmin nicht mehr färbt, und eine
homogene starre Masse darstellt. Es läßt sich ferner constatiren,
daß die spindelförmige Bindegewebszelle aus runden, frei in den
Lücken des Gewebes liegenden Zellen sich entwickle, indem letztere
oval, nachträglich spindelförmig werden.
Diese frei in den RäumcAi der Haut liegenden Zellen sind offen-
bar jenen gleich, welche in den Lücken der Cornea wandern, und
von Recklinghausen deßhalb als wandernde Zellen bezeichnet
wurden, deren Ursprung, da sie einerseits in der Höhle der Blut-
*) Vergleiche Ludwig u. Tomsn : Die Lymphwege des Hodens und ihr Verhältniß
zu den Blut- und Samengefäßen. Riese Berichte 46. Bd, S. 221.
*) Berichte der k. k. Akad. der Wissenschaften. Bd. S6, S. 2S1,
') Dto. S. 162.
YiiiMii:' Zur Aiialomio drr odemalüseii llaiil.
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Zur Anatomie der fldematösen Häuf. 95 /
gefäße, andererseits am dichtesten um die Blutgefäße liegen, in den
farblosen Blutzellen zu suchen ist, weßhalb sie auch als Exsudat-
zellen zu bezeichnen wären.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. i. Aus der Haut eines ödematösen Scrotum. 60fache Vergrößerung.
Die Lymphgefiiße durch i/o Pct. Silberlösung injicirt. Die Kerne der Epiflielien der
Lymphgefäße bräunlich gefärbt, a Querschnitt der tieferen Lage der Corium-
Lymphgefäße, b mittlere Lage derselben, c Lymphgefäßschh'ngen der Ober-
fläche, rf Blutgefäße.
Fig. 2. Aus der ödematösen Haut eines Fingers, a und b zwei parallel
verlaufende Lymphgefäße durch einen breiten Ast c mit einander anastomo-
sirend, d Ostium eines tiefer verlaufenden Astes.
Die Kittsubstanz der Epithelialzellen durch Silber schwarzbraun gefärbt.
Bei /"Stomata.
Fig. 3. Querschnitt eines Lymphgefäßes aus dem Scrotum, dessen Lumen
durch ein Stück faj der unteren Lymph-Gefäßwand zumTheile verdeckt ist, in
Carmin roth imbibirt, b in das Lumen des Gefäßes stark prominirende Kerne
der Epithelialzellen , c an der Wand haften gebliebene Lymphzellen , rf Netz-
werk von elastischen Fasern gebildet, /'ein Blutgefäß, welches unterhalb der
Wand des Lymphgefäßes, g ein zweites, welches an der Wand desselben
verlauft.
Fig. 4. Aus dem tiefsten Corium-Stratuin eines stark ödematösen Scrotum.
a Bindegewebsbündeln, welche größere Bäume abgrenzen, die wiederum durch
isolirt verlaufende Bindegewebszellen und Fäden durchzogen werden, b große,
mehrere Fortsätze ausschickende Bindegewebszellen, welche bei c eine kern-
lose Anhäufung von Protoplasmasubstanz zeigen, von welcher ebenfalls dicho-
tomisch sich theilende Fortsätze ausgehen. Auf diese Weise kommt ein Netz-
werk von Fasern gebildet zu Stande, in dessen Knotenpunkten keine Kerne zu
finden sind, d und /"zwei mit einander zusammenhängende Bindegewcbszellen,
ff runde, den farblosen Blutzellen an Größe gleichende Zellen (Wamlerzellen).
Fig. 2, 3 u. 4 gezeichnet unter Hartnack's Obj. 8 und Ocul. 3.
9 J) 8 \V I) r o n i c h i n .
Zur Analomie der imhirativen Pneumonie.
Von Dl'. Nicolaus Woronicliin aus St. Petersburg.
(Aus dem patliol.-anat. Institute in Wien.)
(Mit einer Tafel.)
Eine Induration ganzer Lungenflügel , als Ausgang einer crou-
posen Pneumonie, die man auch als chronische Pneumonie bezeich-
net, gehört zu den Seltenheiten.
Ich habe Gelegenheit gehabt, drei indurirte Lungen genau un-
tersuchen zu können. Sie stammten von plötzlich verstorbenen und
unbekannten Individuen, die sanitäts-polizeilich obducirt wurden
und deren Krankengeschichte mir aus diesem Grunde unbekannt ist.
In allen Fällen war es die linke Lunge, welche mittelst dicker und
derber Schwielen mit dem Thorax verwachsen war. Der Unterlappen
so wie der hintere Antheil des Oberlappens waren luftleer, blutarm,
sehr dicht und derartig derb, daß man beim stärksten Drucke mit
dem Finger in dieselben nicht eindringen konnte, der vordere An-
theil des Oberlappens war gewulstet, blutreich und von einer kleb-
rigen, spärliche Luftbläschen einschliessenden Flüssigkeit getränkt.
Die derbsten Antheile der Lunge zeichneten sich auf dem Durch-
schnitte besonders durch Anämie und Trockenheit aus. Es füllten
die stark ausgedehnten Alveolen starre, graugelbe mohnkorngrosse
und kleinere Exsudatmassen, die sich durch Druck nicht heraus-
pressen Hessen. Einzelne erbsengrosse Partien der Lungen waren
von einem homogenen graugelben Ansehen, die Alveolarwände da-
selbst unkenntlich. An der Grenze zwischen der lufthaltigen und der
derben Lungensubstanz waren die Alveolarwände in Folge einiger
Injection mit Blut deutlicher von der Exsudatmasse zu unterschei-
den. Beim Schaben entleerte sich eine gelbliche, klebrige und nur
wenig getrübte Flüssigkeit, in welcher vereinzelte Eiter- und reich-
liche Epithelialzellen suspendirt waren. Bei zwei Individuen fand
sich in dem unteren Lappen der rechten Lunge eine frische grau-
Zur Anatomie der intlurativeii Pneumonie. 959
rollie Hepatisation vor, beim dritten eine hochgradige Blenorrlioe
der Bronchien. Die Lungen wurden zum Zwecke der Untersuchung
in verdünnte Lösung von Chromsäure eingelegt. Schnitte davon ent-
weder in carminsaurem Ammoniak gefärbt oder auch ungefärbt in
Damarfirniss eingeschlossen untersucht.
Die Untersuchung ergab nun Folgendes. An der Gränze der
Induration sind die Blutcapillaren der Alveolen von angehäuften
Blutzellen ausgedehnt, das Gewebe derAlveolarwand etwas gelockert.
In der Höhle des Alveolus findet man in mäßiger 3Ienge runde,
gekörnte, an Größe den farblosen Blutkörperchen gleichende Zellen,
nebst spärlichen meist Pigmentkörnchen und einen deutlichen Kern
einschließenden Epithelialzellen. Diese Zellen liegen lose in einem
Netzwerke, welches aus dünnen, in Carmin sich nur schwach roth
iarbenden Fäden gebildet wird.
Je näher der Induration, desto mehr wird der Alveolus durch
in ihm angehäufte Zellen ausgedehnt, selbst etwa auf das Maximum
der Inspiration. Die Alveolarwand erscheint verdünnt, die Blut-
gefäße comprimirt. Die Zellen, welche den Alveolus ausfüllen,
sind in der nächsten Nähe der Alveolarwand etwa von der Größe
der farblosen Blutelemente, nehmen aber gegen die Mitte der
Alveolen an Größe stetig zu, wo sie selbst dreimal so groß sind;
sie schließen einen deutlichen Kern ein, ihre Protoplasmasabstanz
ist an der Peripherie dichter und von Carmin stärker roth gefärbt,
als um den Kern herum, wo sie fein gekörnt ist. Einige dieser Zellen
und zwar die größten schließen zwei, ja auch mehr Kerne ein. Diese
Zellen sind durch gegenseitigen Druck meist polyedrisch gestaltet, es
finden sich jedoch Alveolen, in denen sie eine Spindelform annehmen,
wo sie dann dicht die Alveolarwand überkleiden und einen verhältniß-
mäßig sehr dünnen Zellenleib besitzen.
An den derbsten Partien der Lungen sind die Alveolen noch
mehr ausgedehnt, sie schließen ein dichtes Netzwerk ein, welches,
gegen die Alveolarwand scharf begrenzt (Fig. II), seine ganze Höhle
ausfüllt. Dieses Netzwerk besteht aus dünnen, glatten Fäden, welche
in der Peripherie viel dichter als im Centrum liegen und in Folge
dessen periphere kleinere Maschem'äume als im Centrum begrenzen.
In den Maschen des Netzwerkes liegen nur hie und da in spärlicher
Menge Kerne, die denen der oben beschriebenen Zellen gleichen,
nebst einer spärlichen molecularen Masse.
POO \V o r o n i <• li i II.
In größerer Anzalil sind aber solche Kerne zugegen, welche an den
Fäden und zwar an dem Knotenpunkte derselben oder auch außerhalb
dieser haften. Oft findet man mitten im Netzwerke eine Gruppe von
Zellen, wie sie oben beschrieben wurden, zwischen denen nichts von
dem oben angegebenen Netzwerke nachzuweisen ist.
Die Wand des Alveolus ist verdünnt, schließt nur eine spärliche
Menge von Kernen in einem leicht streifigen Bindegewehe ein, sie ist
scharf begrenzt und manchmal selbst durch eine feine Lücke von
dem Netzwerke getrennt. An ausgebreiteten Stellen verwischt sieh
jedoch diese scharfe Grenze, und indem die Räume des Netzwerkes
immer kleiner werden, gelingt es nur mit Mühe, die Alveolarwand
von dem dichten Faserwerke zu unterscheiden.
Rokitansky ') findet bei der indurativen Pneumonie in dem den
Lungen entnommenen Fluidum den Eiter- und Epithelialzellen Gebilde
beigemischt, die als Bindegewebselemente neuer Bildung angesehen
Averden müssen; zuweilen lasse sich die Anhildung von runden und
spindelförmigen Zellen in den Gerüstbalken entdecken.
Nach Förster 2) beruht der Proceß auf Füllung der Lungen-
bläschen mit Exsudat und Zellen, jedoch ist diese Füllung weniger
massenhaft als bei der acuten Form, wogegen sie desto länger in den
Lungenbläschen bleibt und deßhalb zu ihrer Verödung und Zerstörung
führt. Das interstitielle Gewehe betheiligt sich an dem Proceße durch
Neubildung von Kernen, Zellen und zuweilen auch vom Bindegewebe.
Heschl s) findet den Sitz der Erkrankung in der Alveolarwand
und läßt die spindelförmigen Zellen, welche die Alveolarwand be-
kleiden, aus den Kernen der Capillaren sich entwickeln.
Fassen wir den oben beschriebenen Befund der drei Fälle von
Lungeninduration zusammen, so haben wir gesehen, daß in den
vorderen Antheilen der Oberlappen, neben einer mäßigen Injection der
Blutcapillaren, in der Höhle der Alveolen zum Theile Exsudatzellen, zum
Theile vermehrte Epithelialzellen sich befanden. Außerdem durchsetzte
den Alveolus ein Fibrinnetz, welches aus dünnen, in Carmin schwach
imbihirten und aus einer punktförmig angeordneten Masse gebildeten
') Lehrbuch der pathol. Ana(. III. Bd., S. 70 und 7St.
~) Hand, der sp. PaUiol. Anal. S. 249.
') Über Lungeninduration und die dabei eintretenden Veränderungen der Gefäße.
(Prag. Vjerteljahresscbrift 18S6. III. Bd.)
Zur Anafoinie der indurafiveii Pneumonie. 96 j[
Fäden besteht. Je näher der Induration, desto mehr füllen epithelähnliche
Zellen den Alveolus aus und dehnen die Alveolarwand mit Compression
der Blutgefäße selbst auf das Maximum der Inspiration aus. Diese
Zellen sind in der Nähe der Alveolarwand von der Größe der farb-
losen Blutzellen und nehmen gegen das Centrum des Alveolus durch
Massezunahme der Protoplasmasubstanz an Größe zu, die kleinen
schließen einen, die größeren manchmal zwei, auch mehrere Kerne
ein. Mit ihrer Größenzunahme verändern diese Zellen ihre bisherige
Gestalt, sie werden spindelförmig, selbst zu einem langgezogenen
Faden, in dem der Kern nur mit Mühe zu entdecken ist, und schicken
mehrere feine Fortsätze, die sich auch theilen, aus. Auf diese Weise
kommt ein von feinen Fäden gebildetes Netzwerk zu Stande, in
dessen Räumen nur hie und da feine moleculare Masse lagert.
Zuweilen ist ein Theil des Alveolus, und das ist in der Regel der
centrale, von Zellen erfüllt, zwischen denen hie und da ein groß-
maschiges Fibrinnetz verläuft. An der Stelle der stärksten Induration
erfüllte den Alveolus , dessen Wände sehr stark ausgedehnt und
comprimirt erschienen, ein dichtes Netzwerk, gebildet von feinen
glatten Fäden, dessen Masciienräume in der Peripherie kleiner als
im Centrum waren, dessen größte aber kaum die Hälfte einer großen
Zelle einzuschließen vermocht hätte.
An einzelnen Stellen war das Netzwerk von der Alveolarwand
noch deutlich getrennt, an anderen ziemlich ausgebreiteten dagegen
setzten sich die Fäden in die Wand des Alveolus fort und es war
eine vollständige Verschmelzung zwischen beiden eingetreten. Zupft
man den Alveolarinhalt aus einer in Chromsäure gehärteten Lunge
mit einer feinen Pincette heraus, so bekommt man meist zerbröckelte
Stücke von Zellen. Aus einer frischen Lunge gelang es mir, aus der
nächsten Umgebung der indurirten Lungenstellen Zellen zu isoliren,
welche spindelförmig oft zu feinen Fäden ausgezogen waren, ferner
verhältnißmäßig kleinere, welche mehrere, sich oft dichotomisch
theilende Fortsätze nach mehreren Seiten abgaben.
Es fragt sich nun: auf welche W^eise ist es zur Bildung der den
Alveolus ausfüllenden Zellen und ferner des Netzwerkes gekommen.
Die erste dieser Fragen läßt sich auf eine positive Weise nicht
beantworten. Sicher ist es, daß sie ihren Ursprung nicht den in der
Alveolarwand gelegenen Zellen A'erdanken, denn selbst an jenen
Stellen, wo der Proceß seinen Höhepunkt erreicht hatte, findet man
962 ^^ " '' " " i *■ li i II.
keine Vermehrung derselben. Sie konnten sich also entweder aus
den Epithelialzellen entwickelt haben oder sie sind Exsudatzellen.
Für die erste Ansicht spricht das Vorkommen von Epithelialzellen.
welche zwei, auch drei Kerne einschließen, so daß eine Zeilentheilung
angenommen werden kann: dagegen spricht jedoch das verbältniß-
mäßig seltene Vorkommen der mehrkernigen Zellen und der Umstand,
daß solche sich hlos im Centrum des Alveolus, nicht in der Peripherie
vorfanden, wo in der Regel die kleinsten und allem Anscheine nach auch
jüngsten Zellen liegen. Für die Ansicht, die Zellen seien als Exsudat-
zellen aufzufassen, spricht außer dem zuletzt angeführten Grunde
der Umstand, daß die lilutget'äße beim Beginne der Erkrankung von
Blutzellen vollgefüllt M^^ren und daß neben den epithelähnlichen
Zellen sich auch solche vorlinden , welche den farblosen Blutkörper-
chen vollkommen glichen. Ich glaube deßhalb schließen zu dürfen,
daß ähnlich wie es Pagen stech er bei den chronischen Haut-
krankheiten und beim Epithelioma nachgewiesen hat, es hier zu
einer Exsudation von Zellen gekommen ist, welche in längerm Con-
tacte mit den Epithelialzellen der Alveolen sich zu Epithelien umge-
stalten, wobei übrigens eine Zeilentheilung möglich , vielleicht auch
wahrscheinlicli ist.
Was den zweiten Punkt, die Entwicklung des die Alveolen
ausfüllenden Netzwerkes anbetrifft, so steht fest, daß dasselbe den
Zellen, welche den Alveolus ausgefüllt haben, seinen Ursprung ver-
danke. Ich habe eine Zeit lang daran gedacht, ob dieses sich nicht
auf eine ähnliche AVeise entwickele, wie E. Wagner ») in der
Croupmembran und Bayer 2) in der croupösen Pneumonie das
Fihrinnetzwerk aus den Epithelzellen entstehen lassen. Ich muß
jedoch dieser Ansicht eben so widersprechen, wie es schon Reitz»)
bei der croupösen Entzündung der Luftröhre gethan hat.
Ich kann dieses Netzwerk nicht für ein Fihrinnetz erklären,
indem es sich von letzterem durch die Glätte und Starrheit der
Fäden und durch seine Dichtigkeit unterschied. Das Fibrinnetzwerk,
welches zwischen den Zellen verlief, scheint zu jener molecularen
1) Archiv für pliys. Heilkunde, vr. Heft 1866.
'^) Das Epithel der Lung-enalveolen und seine Bedeutung in der croupösen Pneumonie.
Archiv für phys. Heilkunde 1867.
3) Sitzungsher. der li. k. Akad. der Wissensch. LV. Bd. Märzheft 1867.
Zur Anatomie der iudurativeii Pneumonie. HOO
Masse, welche in den Maschen des Netzes liegt, zerfallen zu sein.
Eben so wenig kann dieses Netzwerk ans der Kittsubstanz oder der
verdichteten peripheren Protoplasmasubstanz der Zellen , deren
innerer Theil samnit dem Kerne etwa zerfallen wäre, entstanden
sein, da auf diese Weise wohl wabenähnliche Räume, nicht aber ein
aus Fäden bestehendes Netzwerk zu Stande gekommen wäre. Diese
Räume müßten ferner so groß sein , wie die früher darin gelegenen
Zellen, was auch nicht der Fall ist. Ich muß also unbedingt den
größten Theil dieses Netzwerkes durch Organisation der Zellen
entstehen lassen, indem es mir ja gelungen ist, den Übergang dieser
Zellen zu spindelförmigen oder mehrere Fortsätze ausschickenden
Zellen und zu langgezogenen Fäden zu verfolgen. Dieses Netzwerk
erinnert unwillkürlich an jenes Netzw^erk, Avelebes sicii in einem
organisirenden Blutthrambus oder in zellenreichen Polypen entwickelt.
Auch diese Netzwerke besitzen an den Knotenpunkten verhältniß-
mäßig wenig Kerne und bestehen aus ähnlichen Fäden.
Ich muß hiemit als Resultat vorliegender Untersuchung ausspre-
chen: 1. daß die bei der. indurativen Pneumonie den Alveolus aus-
füllenden Zellen als Exsudatzellen aufzufassen sind; 2. daf's die im
Alveolargewebe gelegenen Zellen sich an dem Proceße nicht bethei-
ligen, und nur die Epithelialzellen durch ihre Theilung zur Bildung
jener Zellen vielleicht beitragen; 3. daß diese Exsudatzellen durch
längeren Contact mit Epithelialzellen gleichsam durch Ansteckung
einen epithelähnlichen Charakter annehmen, und endlich 4. daß diese
den Alveolus ausfüllenden Zellen, indem sie sich zu spindelförmigen
Zellen oder zu solchen mit mehreren Fortsätzen umwandeln, sich
innerhalb des Alveolus zu einem dichten Netzwerke organisiren und
nachträglich mit der Alveolarwand verschmelzen. Die Induration,
welche die entzündete Lungenpartie einging, findet eben in dieser
Organisation der Exsudatzellen ihre Erklärung.
Herrn Dr. Biesiadecki, der so gütig war, mir bei diesen
Untersuchungen behilflich zu sein, spreche ich meinen aufrichtigsten
Dank aus.
yb-t Woro 11 ichi n. Zur Anatomie di-r indurativen Pneumonie.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 1. Aus der Nähe der indurirten Lungenpartie, n Verdünnte, ausge-
dehnte und von runden, bei a' spindelförmigen, meist den farblosen Blutkörper-
clien an Größe gleichenden Zellen umgebene Alveoiarwand. Der Alveolus b
vollkommen von solchen Zellen ausgefüllt, d eine große Zelle mit zwei Kernen,
c Fibrinnetz.
Fig. 2. Aus der Stelle der Induration selbst, a Alveoiarwand mit leeren
Blutgefiißen, b die Alveolen ausfüllendes Netzwerk, c Kerne, entsprechend den
Knotenpunkten gelegen.
Wororiirliiii. Zur .\iiali^iiii<' ilcr iiidiirat . I'iipiiiiioiim-
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►SitziiiK^-sb (ler.kj\kad.il.W.iTiatli.iiatuiw CI. I.MI. Bfl.l.Aljlli. 1868.
I
S tei iidach I» ei. Ichtliyologisclie Notizen (VII.) 965
Ichthyologische Notizen (VII.)
Von dem c. M. Dr. Franz Steindachner.
(Mit 5 Tafeln.)
1. Ceutropristis AyresI nov. spec
In der Körperform und Zeichnung des Rumpfes nahe verwandt
mit Centropristis radialis und C. radians Q. Gaim aus Brasilien,
doch fehlt die violette Binde an der Dorsale , der aufsteigende
Rand des Vordeckels ist sehr st^'k geneigt und der Vordeckel ist am
hinteren, vorgezogenen Winkel mit nur einer Gruppe größerer Zahne
besetzt. Ein_großer schwärzlichgrauer Fleck am Deckel; etwas schief
gestellte, graue, stark verschwommene Querbinden am Rumpfe mit
dunkleren Querstreifen.
Die Kopflänge ist SVama'» die Leibeshöhe nahezu 4i/5mal in
der Totallänge, der längere Querdurchmesser des ovalen Auges etwas
mehr als 4y5mal, die Stirnbreite Si/jmal, die Kopfliöhe nicht ganz
2mal, die etwas geringere Kopfbreite unbedeutend mehr als 2mal
in der Kopflänge enthalten.
Der Unterkiefer springt ein wenig über den Zwischenkiefer vor
und trägt nach außen im vordersten oder mittleren Theile, der
Zwischenkiefer aber am ganzen Außenrande (bis zu den Mund-
winkeln) eine Reihe kleiner Hundszähne, welche im Zwischenkiefer
gegen die Mundwinkel zu an Länge und Stärke etwas abnehmen.
Nach innen folgt im letztgenannten Knochen eine Binde feiner, dicht
an einander gedrängter Hechelzähnchen, welche gegen die Zwischen-
kiefer-Mitte an Breite zunimmt und daselbst am hinteren Rande
von 2 kleinen, schwachen Hundszähnen überragt wird.
Die Zahnhinde an den Seiten des Unterkiefers ist schmal, die
Zähne der Aiißenreihe sind sehr klein, die der innersten Reihe aber
hakenförmig gekrümmt und mindestens eben so lang und stark wie
die vordersten Zähne in der Mitte des Unterkiefers zunächst der Sym-
physe. Das hintere Ende des Oberkiefers fällt unter den hinteren
Sitzl). /4nial in der Totallänge enthalten, die Höhe des
Kopfes übertrifft die Länge desselben ein wenig, die Breite des Ko-
pfes gleicht der Hälfte der Kopflänge, während die Länge des Augen-
diameters nicht ganz 42/3mal, die Schnauzenlänge circa 2'/3mal, die
Stirnhreite Ss/^mal in der Kopflänge enthalten ist. Die Stirnbreite
ühertrilVt somit das Auge bei dem von uns untersuchten Exemplare
nur um «/g des Augendiameters, während sie bei alteti Individuen
1 '/a Diameter des Auges gleicht, die Schuauzenlänge schwankt
zwischen y. (bei Ex. von 1 1 '/g" Länge) bis 2 Augenläugen (nach
Güntiier).
Die Höhe des Suborbitalringes steht der Länge desselben nach
und ist 3%mal, die Länge 3mal in der Kopflänge enthalten.
Der dritte und vierte Dorsalstachel sind nahezu gleich lang, die
höchsten der Flosse; jeder derselben ist an Höhe circa 3/7 der Kopflänge
gleich; der letzte Stachel der Dorsale ist ebenso lang wie der zweite
und circa Si^mal in der Kopflänge enthalten; die größte Höhe des
von Gliederstrahlen gebildeten Dorsaltheiles, welcher im unteren
Höhendrittel beschuppt ist, erreicht Y,4 der Kopflänge.
Die schwach sichelförmig gekrümmte, zugespitzte Pectorale ist
ebenso lang wie der Kopf. Der erste Gliederstrahl der Ventrale ist
in einen kurzen Faden ausgezogen und etwas mehr als Is/ämal, der
zweite Gliederstrahl etwas mehr als 2mal, die Caudale, welche am liinte-
ren Bande winkelförmig eiugeliuchtet isl, circa I '/^nialinder Kopflänge
enthalten. Die Caudallappen sind zugespitzt. Die Seitenlinie erstreckt
sich nur bis zur Basis der Schwanzflosse und durchbohrt 59 Schup-
pen; zwischen derselben und der Basis des ersten Dorsalstachels
liegen 9, zwischen der Bauchlinie und der Seitenlinie circa 20 Sdiup-
peii in einer Querreihe. Stirue, Schnauze und Kiefer sind schuppen-
los. 11 — 13 schiefe Schu|>j»enr('ih»'ii liegen zwiscl)en dem hinteren
oberen Bandtheile des Suborbitalringes und dem Winkel der \'or-
deckelleiste, auch der Baum zwischen letzterer und dem hinteren
Bande der Praeoperkels ist mit Ausnahme eines sehr schmalen Sau-
mes beschuppt.
Vier Hundszähne liegen vorne im Zwischen-, sechs im Unter-
kiefer, die äußeren derselben sind länger und stärker als die mitt-
Ichfhyolooische Notizen (VII). 973
leren. An den Seiten des Zwischenkiefers folgen in der Außenreihe
vier bis fünf Kegelzähne und zuletzt drei bis vier Molarzähne, von
denen der hinterste klein ist.
Im Unterkiefer liegen seillich in der äußeren Zahnreihe zwei
bis vier kegelförmige Zähne, von denen der letzte bereits den Über-
gang zu den Molarzähnen durch starke Abstumpfung seiner Spitze
vermittelt, zwei große und drei bis fünf kleine Molarzähne. Die
übrigen inneren Zähne an den Seiten der Kiefer sind sehr klein, kör-
nig und bilden eine nach vorne rasch an Breite zunehiminde Binde.
Die obere Profillinie des Kopfes fällt steil zur Schnauze ab und
ist nur in der Scheitelgegend schwach convex, in der Stirn- um]
Schnauzengegend aber schwach concav.
Der ganze Körper ist im Leben intensiv rosenroth, nur der
Suborbitalring und die Schnauze sind röthlich violett. Ein schwarzer
Fleck liegt an der Pectoralachsel und an der Basis der letzten Glie-
derstrahlen der Rückentlosse. Der äußere Rand der Kiemenstrahlen-
haut und der häutige hintere Rand des Kiemendeckels sind schwarz
gesäumt.
D. 12/11; A. 3/8.
Die im Museum zu Paris und London befindlichen Exemplare
wurden vom Cap der guten HolTiiung eingesendet; das im Wiener
Museum aufbewahrte Individuum stammt aus Mauritius.
5. Pagras coeroleostidos spec. Cuv. Val.
S y n. Chri/sopkri/s coeruleosticta C. \^
Wie wenig (Jewicht auf die Zahl der Molarzabnreihen im Zwi-
schen- und Unterkiefer gelegt werden kann, zeigt die Untersuchung
dieser Art.
Wir besitzen vier große Exemplare von I82/3 — 20" Länge und
finden bei dreien derselben nur zwei Reihen großer Molarzähne an den
Seiten des Zwischen- und Unterkiefers, die dritte Reihe kleiner Mo-
larzähne im Zwiscbenkiefer mag vielleicht bei jungen Individuen
stets vollständig entwickelt sein, bei alten zeigt sich in der Regel
nur ganz vorne eine Andeutung derselben durch das Vorkommen von
zwei bis drei Molarzähnchen, die neben dem ersten oder den beiden
ersten Molarzähnen der zweiten Reihe liegen. Bei dem vierten Exem-
plare unserer Sammlung ist die dritte Reihe fast vollständig aus-
gebildet.
974 Steindacliner.
Die Höhe des Körpers ist etwas mehr als 3 — Si/gmal, die Kopf-
länge genau oder unhedeutend weniger als 4mal in der Totallänge
enthalten. Die Höhe des Kopfes übertrifft ein wenig die Kopflänge,
die größte Breite der Stirne zwischen den vorderen, aufgeworfenen
Augenrändern ist 23/4 — 22/3mal , der Augendiameter nahezu ömal
in der Kopflänge enthalten.
Der hintere Rand des Oberkiefers fällt beiläufig unter die Mitte
des Auges, die Höhe des Suhorbitalringes steht der Länge desselben
etwas nach und übertrifft die Augenläiige um 1/3 der letzteren. Acht
bis neun schiefe Schuppenreihen liegen zwischen dem Suborbital-
ringe und dem Winkel der Vordeckelleiste.
Die obere Profillinie des Kopfes erhebt sich steil, in mehr oder
minder starker Bogenkrümmung bis zur Basis des vierten Dorsal-
stachels.
Die beiden ersten Dorsalstacheln sind kurz, der erste erreicht
an Höhe 2/3 des zweiten, dieser ist 3 — 33/5mal in der Höhe des
dritten enthalten. Der vierte Stachel der Dorsale ist etwas höher
als der dritte und circa 2 — 2i/2ni'*l ''i ^^^' Kopflänge begriffen.
Die Pectorale gleicht an Länge der Höhe des Körpers ganz ge-
nau oder steht ihr nur wenig nach. Die Spitze der horizontal zurück-
gelegten Brustflossen fällt in senkrechter Richtung über die Basis des
zweiten bis vierten Gliederstrahles der Anale.
Der dritte Analstachel ist etwas länger und schwächer als der
zweite.
Die Seitenlinie erstreckt sich nur bis zur Basis der mittleren
Caudalstrahien und durchbohrt 49 — 50 Schuppen; zwischen der
Seitenlinie und der Basis des ersten Dorsalstachels liegen ß^/s— '^>
zwischen ersterer und der Basis der Ventrale circa 16 Schuppen in
einer Querreihe.
Kopf und Rumpf sind im Leben rosenroth und mit mehr oder
minder zahlreichen braunen oder violetten Flecken von unregel-
mäßiger Gestalt gesprenkelt.
Die untere Körperhälfte und der Suborbitalring zeigen einen
lebhaften Silber- oder Goldreflex. Anale und Ventrale sind bläulich-,
die Caudale röthlich-violelt , und zwar am dunkelsten zunächst den
freien Rändern der Strahlen. Der hintere, häutige Rand des Kiemen-
deckels, welcher in einem platten Stachel endigt, ist schwärzlich,
ebenso die Hinterseite der Pectoralbasis, seltener die Achselgrube.
Ichthyologische Notizen (Vfl). 975
P. coei'uleosticfus kommt ziemlich häufig, doch seltener als Dentex
filosiis, D. vulgaris, Pagriis vulgaris tio,. an der Ostkiiste Teneriles
vor lind w'wA Sama maroqiiera genannt.
D. 11/11; A. 3/7—8; P. 16; L. lat. 19^ .
16
6. Dentei filosos Valenc.
Kommt sehr häufig an der Ostküste Tenerife's vor, wir besitzen
viele Exemplare von 6" 10" — 22" Länge.
Die Länge des Kopfes ist stets etwas mehr als 4mal, die Körper-
höhe bei jüngeren Individuen ^^/^m^\, bei älteren Sy^mal in der
Totallänge, der Augendiameter bei ersteren S'/gmal, ])ei letzteren
circa omal, die Stirnbreite 3* 5 — Ss/jmal in der Kopflänge enthalten.
Der Suborbitalring ist stark entwickelt, viel länger als hoch; acht
Schuppenreihen liegen hinter demselben. Der hinter der Vordeckel-
leiste liegende Tlieil des Vordeckels istschuppeiilos, fein quergestreift,
bei jungen Individuen zeigen sich deutliche Spuren von Zähnchen
am hinteren Rande und Winkel des Praeoperkels. Der Kiemendeckel
endigt in einen platten Stachel.
Die schwach sichelförmig gebogene Pectorale ist f;ist oder ge-
nau so lang wie der Kopf und reicht etwas Aveiter zurück als die
Ventrale, deren erster Gliederstrahl fadenförmig verlängert ist und
mit seiner Spitze in der Regel die Darmmündung berührt.
Der erste Dorsalstaehel ist la/smal in der Länge des zweiten,
dieser 2^/.,v[\^\ in der des vierten Dorsalstachels enthalten, welcher
nahezu halb so lang wie der Kopf ist; der dritte höchste Dorsal-
stachel reicht mit seiner fadenförmigen Spitze häufig über das Basis-
ende der Dorsale hinaus, zuweilen ist auch der vierte Dorsalstachel
fadenförmig verlängert, doch stets kürzer als der dritte. Die Caudale
steht an Länge dem Kopfe nur wenig nach. Der dritte Analstachel
ist etwas länger und unbedeutend schwächer als der zweite Stachel
der Anale, eben so lang wie der letzte Dorsalstachel (= 1/3 der
Kopflänge) und etwas kürzer als die ersteren Gliederstrahlen der
After- und Rückenflosse, welche etwas weniger als 2y5mal in der
Kopflänge enthalten sind.
Die Seitenlinie durchbohrt 61—62 Schuppen bis zur Caudal-
basis. Acht Schuppen liegen zwischen der Seitenlinie und der Basis
des ersten Dorsalstachels, vier zwischen dem letzten Dorsalstachel
976 S l e i n (1 ;« c h II e r.
und der Seitenlinie, 14 zwischen letzterer und der Basis der Ventrale,
an welcher eine lange Flügelschuppe liegt. Ein violetter Fleck am
oberen hinteren Ende des Kiemendeckels, ein zweiter viel kleinerer
an der Basis der zwei letzten Gliederstrahlen der Dorsale.
Die blaß rothviolette Dorsale und Anale trägt zwei Längsreihen
gelblicher Flecken, zwisclien diesen liegt eine durch violette, dicht
an einander gedrängte Punkte gebildete Binde. Die Grundfarbe des
Körpers ist matt rosenrotli, gegen die Baucliseite silberig.
D. 12/10; A. 3/8.
V u 1 g ä r n a m e : Serrnda (Tenerile), nicht Pargo, wie V a 1 e n-
cionnes nach Berthelot's Mittheilimg angibt.
7. Dentcx (Ueterogiialliodou) iilamentosus Rüp p.
Die Leibeshöhe gleicht der Länge des Kopfes hei Exemplaren
von 8'/o" Länge und ist ein wenig mehr als 4i/3mal in der Total-
länge mit AusschluIJ» des zuweilen fehlenden faudalfadens oder Syjmai
in der Körperlänge (ohne Caudale}, die Länge des Augendiameters
SYänial, die Sciinauzenlänge Syemal, die Stirubreite nahezu 4nial,
die größte Höhe des Präorbitale etwas mehr als 4mal, die Kopfhöhe
1 '/smal, die Kopfhreite 2mal in der Kopflänge enthalten.
Im vorderen Tlieile des Zwischenkiefers liegen in der äußeren
Zahnreihe jedcrseits drei, gegenüber im rnterkiefer sechs Hunds-
zahne, die des Zwischenkiefers sind gröfJ»er als die Hundszähnchen
des Unterkiefers. Der Oberkiefer ist nahe dem unteren Rande mit
einer stumpfen Leiste versehen, das hintere Ende dieses Knochens
fällt in senkrecbter Richtung unter den vorderen Augenrand. Der
Suborbitalring ist 2mal so lang wie hoch, die größte Höhe desselben
steht der Länge des Auges ein wenig luich, am vorderen Ende des
unteren Suborhitalrandes liegt eine seichte Einbuchtung. Drei Schup-
penreihen füllen den Raum zwischen dem hinleren Rande des Sub-
orbitalringes und der Vordeckelleiste aus, eine vierte kurze Reihe
viel kleinerer Seluippen ist zum Tli(!ile von dem hinteren Rande des
Suborbitals überdeckt.
Der zwiscJien der V' ordeckelleiste und dem hinteren und unteren
Rande des Vordeckes liegende Theil istschuppenlos, von Poren durch-
setzt und gestreift, am ganzen freien Rande selbst äuf^erst zart gezälint.
Eine Schuppenreilie liegt am Zwischendeckel, zwei und weiter nach
oben nur eine Schuppenreihe am Unterdeekel, drei Schuppenreihen
lohthyologisclie ?(otizeii (VII). 977
am Kiemeiideckel, w elclier nach hinten in eine .stachelähnliche Spitze
endigt. Stirne, Schnauze, Kiefer und Suborbitalring .sind schuppen-
los. Die obere Profillinie des Kopfes ist am stärksten in der Schnau-
zengegend gebogen. Sechs Kiemenstrahlen; Nebenkiemen stark ent-
wickelt.
Die zehn Dorsalstaeheln sind ziemlich zart und nehmen wie die
Gliederstrahlen derDorsale bis zum letzten allmählig an Länge zu, der
letzte Stachel ist unbedeutend melir als 2i/^.mal in der Kopflänge
enthalten. Die Länge des ersten Gliederstrahles der Dorsale über-
trifft die des vorangehenden Stachels ein wenig, der vorletzte und letzte
längste Strahl der Dorsale erreicht nahezu die Hälfte der Kopflänge.
Der erste Gliederstrahl der Ventrale ist fadenförmig verlängert,
ebenso lang wie der Kopf und bleibt mit seiner Spitze nur um die
Breite einer kleinen Bauchschuppe von der Basis des ersten Anal-
stachels entfernt.
Die Höhe der Analstrahien nimmt bis zum hinteren zugespitzten
Ende der Flosse ein wenig zu; der dritte Stachel ist circa la/smal
in der Höhe des letzten Gliederstrahles enthalten und etwas länger
als der zweite.
Die Seitenlinie läuft parallel mit der schwach gebogenen Profil-
linie des Rückens und durchbohrt bis zur Basis der Caudale, welche
am hinteren Rande tief eingescbnilten und mehr als l'/^m^' i'i tler
Kopflänge enthalten ist, 49S(;huppen; 4'/o Schuppen liegen zwischen
der Seitenlinie und der Basis des ersten Dorsalstachels, S'/o zwi-
schen ersterer und der Basis des letzten Gliederstrahles der Dorsale,
zwischen der Seitenlinie und der Basis der Ventralen 8, zwischen
ersterer und der Darmmündung 10 Schuppen in einer Verticalreihe.
Die größten Schuppen liegen im größeren mittleren Theile der
vorderen Rumpfhälfte.
Die Caudale ist vollständig überschuppt.
Die obere Hälfte des Körpei's ist rosenroth, die untere nach all-
mähligem Übergange hell goldgelb, die Bauchfläcbe silberfarben. Ein
stark verschwommener, dunkelgrauer großer Fleck nimmt (wie bei
Synagris japonicus^ iWe obere Hälfte des Kiemendeckels ein. Über die
Mitte der einzelnen, unter der Seitenlinie liegenden Sehuppenreihen,
welche schief von vorne und unten nach hinten und oben ziehen, läuft
ein silberglänzender Längsstreif hin. Höchstwahrscheinlich dürfte bei
frischen Exemplaren eine ziemlich breite gelbe Binde längs der Seiten-
978 Steindachner.
liiiie, eine zweite Ijiiigs der Basis der Dorsale und auch eine dritte längs
der Analbasis sich vorfinden, wie schwache Sjmren bei den von uns
untersuchten entfärbten Individuen andeuten. Ein violetter Strich
läuft nahe am oberen Rande der Dorsalstaeheln hin.
Mit di(^ser bereits von Rüppel beschriebenen und angebildeten
Art sind Dentex iiemiirwi und nematophorus ßlkr. am nächsten ver-
wandt, sie können jedoch nicht leicht mit D. ßlumentosus Rüpp. ver-
wechselt werden, da bei D.Syn. nenmrus die Körperhöhe 4y4nial in
der Körperlänge enthalten ist und der Kopflänge bedeutend nachsteht,
während bei D. (Syn.) nematophorus Blkr. die 2 ersten Dorsal-
stacheln fadenförmig verlängert sind. Die gleichfalls dem D. fila-
mentosus sehr nahe stehende Art Spams japonicus Bl. soll nur
43 Schuppen längs der Seitenlinie und keine Hundszähne im Unter-
kiefer haben (s. Dr. Günther's Cat. Brit. Mus. Fish. 1. 1., pag. 378).
Fundort: Mauritius.
D. 10/9; A. 3/7; L. lat. 49.
8. Deutei (Heterognathodon) Smitkii nov. spec.
Diese Art hält bezüglich der Körpergestalt die Mitte zwischen
Dentex (^HeterognathodonJ Petersii und D. flaviventris m.
Die Kiirperhöhe übertrifft die Länge des Kopfes und ist genau
4nial (3i oHial iu der Körperlänge ohne Caudale), die Kopflänge aber
etwas weniger als ^i/^vi\\\\ (Sy^mal in der Körperlänge) in der To-
lallänge, der Durchmesser des Auges 3'/6mal, die Schnauzenlänge
genau 3mal, die Stirnbreite mit Einschluß der schmalen, häutigen
Augendecke 3y5mal, ohne diese 4y5mal, die Kopfhöhe ly^^mal, die
Kopfbreite genau 2nial , die Länge der Pectorale 1 i/4mal , die der
Ventrale circa Is/gmal in der Kopflänge enthalten. Die Caudale ist
eben so lang wie der Kopf.
Sechs Hakenzähne liegen ganz vorne im Zwischenkiefer in der
Außenreihe, dagegen neun bis zwölf, aber bedeutend kleinere, in
der Mitte des Zwischenkiefers; stärker als letztere und zugleich etwas
länger sind die vier bis fünf darauf folgenden Zähne der Außenreihe
an den Seiten des Unterkiefers.
Der Suhorbitalring ist fast nur hall» so hoch wie lang und
nimmt nach vorne rasch an Höhe zu, welche circa 1 "/amal in der
Augenlänge enthalten ist. Drei Schuppenreihen liegen zwischen dem
Ichthyologische Notizen fVII). 979
hinteren Rande des Suborbitalringes und der Leiste des Vordeckeis,
dessen freie Ränder sehr schwach gezähnt sind.
Die Stirne ist querüber schwach concav, die Schnauze fällt in
schwacher Bogenkrünimung schief zum vorderen Mundrande ab.
Kiefer, Stirne, Schnauze und Suborbitalring sind schuppenlos.
Die Stacheln der Dorsale bilden mit ihrem oberen Rande einen
convexen Bogen und nehmen bis zum sechsten an Höhe zu. Der erste
Dorsalstachel ist etwas mehr als zweimal, der zweite 1 '/omal in der
Höhe des sechsten enthalten, welclier etwas mehr als ^4 der Kopf-
länge erreicht.
Der vierte Gliederstrahl der Dorsale ist etwas höher als die
übrigen und halb so lang wie der Kopf.
Der dritte längste Stachel der Anale übertrifft ein wenig ein
Drittel der Kopflänge , der darauf folgende längste Gliederstrahl der
Anale ist 2~/-^m^], der letzte 3>/5mal in der Kopflänge enthalten.
Die Caudale ist vollständig beschuppt und am hinteren Rande
sehr tief eingeschnitten. Der obere Caudallappen übertrifft den un-
teren an Länge.
Der erste Gliederstrahl der Ventrale ist schwach fadenförmig
verlängert und bleibt mit seiner Spitze um die Länge dreier Bauch-
sehuppen von dem Beginne der Anale entfernt.
Die Seitenlinie läuft parallel mit der gleichförmig gebogenen
Profillinie des Rückens und durchbort circa 50 Schuppen, von denen
die letzte bereits über die Basis der mittleren Caudalstrahlen fällt.
Vier Schuppen liegen zwischen der Basis des ersten Dorsalstachels
und der Seitenlinie , zehn zwischen letzterer und der mit einer
langen, spitzen Spornschuppe versehenen Basis der Ventrale.
Die obere Körperhälfte ist rosenroth, die untere silberfarben.
Eine breite orangegelbe Binde läuft genau über die Höhenmitte der
Körperseiten , verliert sich aber am Beginne des Schwanzstieles in
die Grundfarbe. Eine zweite schmälere gelbliche Binde beginnt am
Ende des Hinterhauptes und zieht längs der Basis der Dorsale bis
zum hinteren Ende dieser Flosse hin. Zahlreiche, winkelförmig ge-
brochene, violette Streifen, deren Winkelspitzen genau in die Schup-
penreihe der Seitenlinie fallen, liegen über der Seitenbinde des
Rumpfes und convergiren mit ihren Schenkeln nach vorne.
D. 10/9; A. 3/7; L. lat. 50.
Fundort: Cap der guten Hoffnung.
yöU S ( e i II d a c li II e r.
In. UiuMiiuloii corvinaeformc n. spec.
Die Höhe des Körpers ist Ss/smal, die Kopflänge etwas weniger
als 4mal in der Totallänge, die Länge des Auges 4y7mal, die Stirn-
breite SYsmal, die Schnaiizenlänge 23/5mal, die Länge der Pectorale
1 '/jnial, die der Ventrale weniger als ly^inal in der Kopflänge ent-
halten.
Die Mnndspalte ist von geringer Länge; bis zum hinteren Ende
des Oberkiefers gemessen, welches senkrecht unter den vorderen
Augenrand fällt, a/^ der Kopflänge gleich.
Die Kieferzähne sind sehr fein, spitz, kurz, die Zähne der
Außenreihe im Zwischen- und Unterkiefer nur wenig länger als die
übrigen; nach vorne reichen beide Kiefer gleich weit.
Der liintere Rand des Vordeckels ist stark nach hinten und unten
geneigt und mit circa 16 Zähnen besetzt, deren Spitzen nach oben
und hinten gewendet sind.
Am hinteren abgerundeten Winkel desselben Knochens liegen
einige wenige, weiter auseinander gerückte und etwas stärkere Zähne;
die kleinen Zähne des unteren Randes ragen mit ihren Spitzen kaum
über die Hauteinfassung hinaus.
Die Schnauze ist mäßig gebogen und fällt bedeutend steiler nach
unten und vorne ab, als die Frolillinie der Stirne und des Scheitels
sich nach iiinten in schiefer Richtung, fast ohne Krümmung erhebt.
An der Unterseite des Unterkiefers zeigt sich eine centrale
Grube, vor dieser liegen zwei Poren.
Der Kopf ist mit Ausnahme der Vorderfläche der Schnauze und
der Kiefer vollständig mit ziemlich großen Schuppen bedeckt. Zwi-
schen dem unteren Rande des Auges und des Vordeckels liegen circa
acht Längsschuppenreihen, von denen drei auf den unteren Augen •
ring fallen. Ein eigentlicher Deckelstachel fehlt.
Die Dorsale ist zwischen dem stacheligen und gliederstrahligen
Theile stark eingebuchtet, die Stacheln der Rückenflosse sind nur
von mäßiger Stärke und [jäiige. Der erste Dorsalstachel ist sehr kurz;
der vierte höchste ist nur wenig länger als der dritte und unbedeu-
tend mehr als 2mal, der letzte, welclier den vorletzten an Länge
übertrifl't, nicht ganz 4mal in der Kopflänge enthalten.
Die Analstacheln sind ziendich stark, doch von geringer Länge.
Der zweite derselben ist bedeutend stärker, doch nur wenig länger
Ichthyologische Notizen (VII). 98 1
als der dritte und erreicht nur 1/3 der Kopflänge, während jeder der
beiden darauffolgenden Gliederstrahlen circa äa/jinal in der Kopf-
länge enthalten ist.
Der Stachel der Ventrale gleicht an Länge dem 7. der Dorsale
und iihertrifft nur wenig ein Drittel der Kopflänge; der erste Glieder-
strahl ist in einen kurzen Faden ausgezogen, dessen vSpitze um die
Länge von 7 Bauchschuppen von der Darmmündung entfernt hieibt;
die Pectorale ist mäßig zugespitzt.
Die Seitenlinie läuft parallel mit der Profillinie des Rückens und
durchbohrt bis zur Basis der mittleren Caudalstrahlen 50 — öl Schup-
pen, auf letzterer noch 5 — 6 kleine Schuppen. Zwischen der Basis
des ersten Dorsalstachels und der Seitenlinie liegen S'/,» zwischen
letzterer und der Basis der Ventrale 10 '/a — 11 Schuppen in einer
verticalen Reihe.
Über den Rand des Rückens erhebt sich eine Reihe kleiner
Schuppen und bildet eine Scheide längs der Basis der Dorsale, wäh-
rend die höhere Scheide der Anale aus zwei horizontalen Schuppen-
reihen besteht. Die Gliederstrahlen der Dorsale und Anale, sowie die
Unterseite der Ventralen sind zunächst den Strahlenrändern zum
größten Theile, die Caudale aber vollständig beschuppt.
Die Seiten des Kopfes sind bräunlich violett, der Rücken hell-
braun; die untere, größere Rumpfhälfte zeigt eine gelblichweiße Fär-
bung mit einem grünlichen Schimmer. Die Schuppen des oberen grö-
ßeren Rumpftheiles, des Kopfes und der Kehle sind an derBasis dunkel-
braun; über die Mitte der einzelnen (horizontalen) Schuppenreihen
der oberen Rumpfhälfte (über der Höhe der horizontal zurückgelegten
Pektoralen bis zur Rückenlinie hinauf) läuft eine bräunlichgraue Längs-
binde, über jede der noch übrigen unteren Reihen nach allmäliligem
Übergange eine goldgelbe, gleichfalls ziemlich breite Längsbinde.
Die gelbliche Grundfarbe der Dorsale geht gegen die Spitze der
Strahlen in ein wässeriges Grau über: die größere obere Hälfte der
Rückenflosse ist braun punctirt; vor der Spitze der einzelnen Dorsal-
staehelii liegt ein schiefer, schmaler, schwarzbrauner Strich, hinter
derselben ein kleiner Fleck auf der Flossenhaut. Caudale, Pectorale,
Ventrale und Anale sind schmutzig dunkelgelb; erstere Flosse geht
gegen den hinteren, eingebuchteten Rand in ein gelbliches Grün über.
An den Wangen zeigen sich bei dem von uns untersuchten Exem-
plare 2 — 3 goldgelbe, schmale Binden, von denen die beiden oberen
Sitxb. (I. mathfiii.-natiirw. (1. IAH. Be-
deutende Höhe; der längste vierte Stachel ist circa 2iT\al, der letzte
3mal in der Länge des Kopfes enthalten. Die Gliederstrahlen der
Dorsale nehmen gegen das hintere Ende der Flosse allmählig an
Höhe ab , die ersteren Strahlen sind etwas länger als der voran-
gehende letzte Dorsalstachel.
Die Stacheln der Anale sind im \'erhältniß zu ihrer geringen
Länge von bedeutender Stärke, der zweite ist etwas länger und stär-
ker als der dritte, dessen Länge circa -/^ der Kopflänge beträgt; der
erste Gliederstrahl der Anale übertrifTt den letzten Stachel um mehr
als i/i, der dritte um '/g seiner Länge. Die Caudale ist am hinteren
Rande stark eingebuchtet, der obere Caudallappen etwas länger als
der untere und circa 1 '/smal in der Kopflänge enthalten.
Die Caudale ist vollständig beschuppt. Dorsale und Anale sind
schuppenlos, bewegen sich aber innerhalb einer Schuppenscheide,
welche gegen die 3Iitte dieser beiden Flossen allmählig an Höhe zu-
nimmt und daselbst von 2 — 3 horizontalen Schuppenreihen gebil-
det wird.
Die Pectoralen sind im basalen Theile, die Ventralen auf der
Unterseite der Strahlen beschuppt. Der Kopf ist nur an den Lippen,
an der Vorderseite der Schnauze, dem unteren Theile des Suborbital-
ringes und auf dem vordersten Theile der Unterseite des Unterkiefers
schuppenlos. Die Seitenlinie ist von der Basis des ersten Dorsalsta-
chels noch einmal so weit wie von der des letzten Gliederstrahles der
Rückenflosse entfernt und durchbohi't bis zur Basis der mittleren
Caudalstrahlen 53 — 54, auf der Caudale selbst circa 8 Schuppen.
Sämmlliche Scliuppen fühlen sich sehr rauh an, da sie am hinteren
Rande mit sehr zahlreichen Zähnchen besetzt sind. Die Schuppen-
reihen unter der Seitenlinie laufen horizontal, die über der Seiten-
linie gelegenen ziehen schief nach oben und hinten.
Die Grundfarbe der Körperseiten ist isabellfahl mit Silbersehim-
mer, die Bauchfläche isabellgelb. An der Basis, zuweilen auch in der
Mitte der Schuppen über der Seitenlinie liegt ein verschwommener
graubrauner Fleck, wodurch schwach vortretende Binden gebildet
werden, welche der Lage der Schuppenreihen entsprechend in schiefer
Richtung nach hinten und oben laufen. Hie und da zeigen sich grofie,
ganz unregelmäf^ige, graubraune Wolkenrtecken; ein rundlicherstark
verwaschener Fleck von gleicher Färbung sitzt am Beginne der
63«
984 Steinda ebner.
Seitenlinie. Die Schuppen unter der Seitenlinie bilden horizontal
laufende Reihen, an der Basis derselben liegt ein goldgelber, schwach
bräunlieh umsäumter Fleck, stellenweise wird er aber durch einen
bräunlichen Querstrich ganz verdrängt.
In ziemlicher Entfernung vor dem hinteren Caudalrande so wie
über dem unteren Analrande, und fast parallel mit diesem läuft eine
schwarzgraue, stark verschwommene Binde hin. Die obere Hälfte des
von Gliederstrahlen gebildeten Theiles der Dorsale und die ganze Flos-
senhaut zwischen den Dorsalstacheln ist gleichfalls wässerig-schwarz-
grau oder bräunlich, indem sich daselbst zahllose dunkle Pünktchen
anhäufen; in dem gliedersti'ahligen Theile der Dorsale liegen an der
unteren Gränze der oberen, dunkel gefärbten Hälfte ovale Flecken von
schwarzbrauner Färbung, kleinere und schwächer vertretene runde
Flecken zunächst der gelblichen Basis. Die Ventrale ist grauschwarz
gesprenkelt.
Fundort: Santos; bisher war diese Art nur von den Küsten
Georgiens bis nach Virginien bekannt.
D. 12/15; A. 3/10; P. 17.
Dr. Günther stellt Diagramma cavif'rons C. Y. in das Ge-
schlecht Pristipoma, wir theilen diese Ansicht in Übereinstimmung
mit Prof. Peters nicht, da bei D. cavifrons die Gliederstrahlen der
Anale und Dorsale ganz beschuppt sind und die Centralgrube am
Kinn fehlt.
12. Pentaroge uiarmorata spec. C. Val.
Die Höhe des Körpers steht der Kopflänge ein wenig nach und
ist unbedeutend mehr als Sy^mal, die Kopflänge Z^/^mdA, die Länge
des Auges nahezu 4mal, die Breite der concaven Stirne G'/^mal, die
Länge der Schnauze 4'/3mal, die Länge der Pectorale etwas weniger
als 1 '/imal. die der Ventrale circa 1 '/omal in der Kopflänge enthalten.
Die Mundspalte ist schief gestellt, beide Kiefer reichen nach
vorne fast gleich weit und sind wie der Vomer und die Gaumenbeine
mit zahlreichen Hechelzähnen besetzt. Das hintere Ende des Ober-
kiefers fällt in senkrechter Richtung etwas vor den hinteren Augen-
rand. Das Praeoculare ist nach hinten in einen langen, schwach auf-
wärts gebogenen Stachel ausgezogen, dessen Spitze ziemlich weit
den hinteren Augenrand überragt; unter der Basis dieses Stachels
Ichlhyologfische Notizen (VII). 983
welcher fast '/g der Kopflänge erreicht, liegt am hinteren Ende des
unteren Praeocularrandes ein ganz kleiner Stachel, dessen Spitze
nach unten und hinten gekehrt ist.
Der hintere Rand des Vordeckels trägt 4 Stacheln, von denen
der oberste sehr lang und spitz ist, während die 3 unteren nur eine
sehr geringe Länge zeigen.
Das Auge nimmt das zweite Viertel der Kopflänge ein, der obere
Augenrand ist schwach, leistenförmig erhöht und setzt sich hinter
dem Auge mit dem der entgegengesetzten Seite divergirend bis zum
seitlichen hinteren Ende des Kopfes fort. Die Stirne ist in der Mitte
halhrinnenförmig vertieft.
Die Dorsalstacheln heginnen unmittelbar hinter dem Ende des
Hinterhauptes und sind ziemlich stark nach hinten gebogen, der erste
Stachel ist halb so lang wie der dritte, diese nur unbedeutend länger
als der vierte und circa 2mal in der Kopflänge enthalten. Der letzte
Dorsalstachel ist nur 5/7 der Höhe des daraufi^olgenden Gliederstrahles
gleich, der längste dritte Gliederstrahl der Dorsale ist ebenso lang
wie der vierte Dorsalstachel.
Der zweüe Analstachel übertrifft den dritten ein wenig an Länge
und Stärke, ist aber kürzer als der erste oder zweite Gliederstrahl
derselben Flosse.
Der Rücken ist aschgrau, die Unterseite des Körpers weißlich,
bräunliche Marmorflecke liegen an den Seiten des Körpers und des
Kopfes. Ein äußerst großer schwarzbrauner Fleck nimmt fast die
ganze Mitte und Höhe der stacheligen Dorsale (zwischen der vierten
bis siebenten Stachel) ein, ein kleinerer Fleck kommt zwischen den
drei letzten Dorsalstacheln vor. Die übrigen Flossen mit Ausnahme
der Ventrale sind in schiefer oder querer Richtung marmorirt. Vor dem
oberen Theile des hinteren Pectoralrandes und parallel mit diesem liegt
eine schwärzlichbraune Binde. Die Körperhaut umhüllt ganz schlaff den
Körper, ist ziemlich dick und schuppenlos. Das von uns untersuchte
Exemplar ist Hi/«" lang und trägt 13 Stacheln und 9 Gliederstrahlen
in der Dorsale.
Fundort: Südküste Neuhollands.
13. Corrina fasciata spec. Tschudi.
Von dieser seltenen Art besitzt das Wiener Museum ein Pracht-
exemplar aus Chile. Es ist nahezu 9 Zoll lang, an den Körperseiten
986 S i e i n d a o h u e r.
dunkelbraun, last sclnvärzlicli; nur eine breite, silbergraue Querbinde
läuft unterhalb der Basis des letzten Stachels und der drei ersten Glie-
derstralilen der Dorsale zum Bauchrande hinab; Spuren einer zweiten
Querbinde bemerkt man unterhalb der mittleren Gliederstrahlen der
Bückenflosse. In der oberen Körperhälfte zeigt sich ein hell bläulich-
grauer, in der unteren ein silbergrauer Metallschimmer.
Die Höhe des Körpers ist bei dem von uns untersuchten Exem-
plare nicht Si/gmal, wie Dr. Günther angibt, sondern kaum 3mal,
die Kopflänge nahezu 4mal (S'/gmal) in der Totallänge, die Länge
des Auges 43/^mal, die Stirnbreite S'/imal, die Schnauzenlänge circa
33/4mal, die Kopfbreite circa l^/^mal, die Länge der Ventrale, welche
der der Pectorale gleicht, circa lYäUial in der Kopflänge enthalten.
Der Unterkiefer läßt sich unter den Zwischenkiefer schieben
und ist wie dieser mit einer Binde äußtersl dicht an einander ge-
drängter Hechelzähnchen besetzt, vor \^elchen eine Beihe etwas län-
gerer Zähne steht. An der Unterseite des Unterkiefers liegen zwei
Paare großer Porengruben nebeneinander: vor diesen an der Unter-
lippe bemerkt man eine ganz kleine, zwischen diesen eine etwas grö-
ßere Pore.
Der hintere Rand des Vordeckels ist etwas schief gestellt, und
mit zahlreichen Zähnchen besetzt, Avelche denen des abgerundeten
hinteren Praeoperkel- Winkels etwas an Länge nachstehen. Der Kie-
mendeckel endigt in zwei Stacheln, welche durch einen halbmondför-
migen, iiberhäuteten Einschnitt von einander getrennt sind. Die
Schnauze springt an dem uns vorliegenden Exemplare minder stark
und höckerförmig über dieStirne vor, als bei dem von Tschudi abge-
bildeten Individuum, weßhalb auch der Eindruck an der Stirne sich
scliwächer gestaltet, und ist vorne stark abgestumpft. Kleine Zähn-
clien liegen am Rande der Suprascapula.
Der erste Dorsalstachel ist äußerst kurz, der zweite und dritte
erreichen die bedeutendste Höhe der Flosse, welche etwas mehr als
2mal in der Kopflänge enthalten ist; die darauffolgenden Stacheln
nehmen bis zum vorletzten stufenweise, rasch an Länge ab; der letzte,
etwas längere ist circa halb so lang wie der zweite Stachel. Die mitt-
teren, längsten Gliederstrahlen der Dorsale sind 2 «/.mal, der erste
fast 23/4mal, der letzte ömal in der Kopflänge enthalten.
Der hintere Rand der Caudale ist etwas schief gestellt, die Cau-
dale in ihrer größten Ijängenansdehnung nur y^ der Kopflänge gleich
Ichthyolog:ische Notizen (VII). 987
und wie die Gliederstrahlen der Dorsale und Anale vollständig mit
kleinen Schuppen überdeckt.
Der erste Analstachel ist äußerst kurz, der zweite sehr lang,
doch etwas kürzer als der dritte Dorsalstachel und von sehr bedeu-
tender Stärke (mehr als noch einmal so stark wie die Stacheln der
Dorsale). Der erste Gliederstrahl der Anale kommt an Länge s/g ^'es
Kopfes gleich. Der Stachel der V'entrale ist schlank, fast ebenso lang
wie der zweite Analstaehel.
Die Seitenlinie läuft parallel mit der stark gekrümmten Profil-
linie des Rückens und durchbohrt bis zur Basis der Caudale circa 52
bis o3 Schuppen, indem sie sich aber fast bis zum hinteren Rande
der Schwanzflosse fortzieht, durchbohrt sie auf letzterer noch circa
20 Schuppen.
Am Kopfe sind nur die Vorderfläche der Schnauze, die Lippen
und ein Theil der Unterseite des Unterkiefers schuppenlos. Die größ-
ten Körperschuppen liegen in der vorderen, längeren Rumpfhälfte
zwischen der Seitenlinie und der Pectoralhöhe, die kleinsten auf den
Flossen und auf der Kehle. Die Pectorale ist nicht schuppenlos, wie
sie Tschudi abbildet, sondern in dem größeren vorderen Theile
der Außenfläclie, die Ventrale an der Unterseite zunächst und auf dem,
äußeren Rande der einzelnen Strahlen mit kleinen Schuppen über-
kleidet. Die Flossen sind schwärzlich und nur an der Basis bald
schmutzig röthlichgelb wie die Ventrale, bald schmutzig olivenfarben
wie die Pectorale und die Dorsale. Die Pectoralgrube ist goldbraun.
c. 10
D. 11/25; A. 2/9; L. lat. ^^^sF (+20 auf der Caudale).
21
14. Scomber loo Cuv. Val.
Unseres Erachtens stellt /Sc microlepidotus Rüpp. (Neue Wir-
belth. z. Fauna Abyss., Fische pag. 38, Taf. 11, flg. 2) nur die
Jugendform des S. loo vor; wir besitzen aus dem rothen Meere ein
kleines Exemplar letzterer Art, welches ganz genau Rüppels citirter
Abbildung entspricht und von Scomher loo nicht getrennt werden
kann. Nach Günther wäre bei Sc. microlepidotus die Körperhöhe
der Kopflänge gleich; wir finden aber letztere stets mehr oder minder
bedeutender als erstere, wofür auch Rüppels Figur spricht; insbe-
sondere wird die Körperhöhe bei ganz jungen Individuen beträcht-
0 (S 8 S t f i II (1 a e li 11 e r.
licli von ilei' Kopflänge übertroffen. Die Schwanzflosse ist ferner hei
sänimtlichen Arten in der .Ingend unverluiltiiißmäßig schwächer ent-
wickelt als in vorgerückterem Alter, daher die geringe Grüße der-
selben nicht charakteristisch für Sc. microlepidotus. Die Schuppen
der Brustgegend sind endlich bei Scomber loo viel größer als die
übrigen, was sowohl Cuvier, Valenciennes als Bleeker unerwähnt
lassen.
Wahrscheinlich dürfte auch Sc. chrysozonus R ü p p. nicht von
Sc. loo verschieden sein, wenigstens kommen bei mehreren Exem-
plaren letztgenannter Art aus Java Spuren zweier goldig schimmern-
der Flecken hinter den Augen vor.
Das Wiener Museum besitzt viele Exemplare des Sc. loo von
Java, Manila und Hongkong (Sc. microlepidotus Kner, Nov. Fische).
15. Scomber niolaccensis BIkr.
Zwei vom Cap der guten Hofinung eingesendete Exemplare
stimmen genau mit Bleeker's Beschreibung von S. molucceusiH
überein, besitzen aber 11 Gliederstrahlen in der Anale; da jedoch
nach Bleeker auch bei Sc loo die Zahl Aav letzteren zwischen 10
und 1 1 schwankt, so ist hierauf kein besonderes Gewiciit zu legen,
zumal ich auch bei drei Exemplaren des S. rtiolaccensis von Amboina
(durch Dolesciiall eingesendet) 11 Gliederstrahlen in der Anale
finde.
V'omer- und Gaunienzähne fehlen den von uns untersuchten In-
dividuen von 5" 9" — 6" Länge; die Körperhohe ist genau oder
unbedeutend mehr als Jimal, die Koj)flänge 4nial in der Totallänge,
die Länge der Schnauze 3" i — 33/-,mal, der Augeiidiameter ein wenig
nielir als 4mal, die Stirnbreite circa 5mal, die Breite des Kopfes 2^/3
mal, die Länge der Ventrale circa 2'/3mal, die der Peclorale circa
2'/4mal in der Kopflänge enthalten.
Die Kieferzähne sind äußerst zart und zahlreich, die Schujipen
um die Pectorale merklich größer als die übrigen, dieses gilt insbe-
sondere von jenen unter der Pectoralbasis bis zur unteren Profillinie
des Bauches (vor den Ventralen) und den unmittelbar hinter dem
Seiiidtergüi'lel gelegenen Scliup|ien. Die gröf!»te Höhe der ersten Dor-
sale über den zweiten oder dritten Stachel gleicht genau oder nahe-
zu der Hälfte der Kopflänge; eine Schwimmblase lehlt.
Der Stachel vor der Anale ist nur äußerst schwach angedeutet.
Iththyologisclie Notizen (VII). 989
All der liasis der Pectorale liegt ein scliinaler dunkler Quer-
strich, der iialbniondfürmig gebogen ist. Dunkelliraune, runde Flecken
in 2 — 3 Längsreihen zunächst der Rückenlinie.
D. 9-10/:i/V; A. l/^/V.
16. Scomber kiinagurta Cuv.
Bei einem ganz kleinen, nur 81/4" langen Individuum dieser
Art, welche durch die Kürze der Schnauze und die Breite der Stirne
ausgezeichnet ist, beträgt die Körperhöhe fast nur i/j (bei älteren
Individuen circa ''/os), die Kopflänge Y,, der Totallänge, während der
Augendiameter und die Schiiauzenlänge circa Sy^mal, die Stirnbreite
4'/2mal in der Koptlänge enthalten ist.
17. Scomber colias Linne.
(= Sc imeuniatophorua Delaroche).
Es unterliegt keinem Zweifel, daß Sc. pneumaiophoinis major
Seh leg. mit der gleichnamigen europäischen Art identisch sei und
daher auch im stillen Ozean vorkomme, da wir selbst erst kürzlich
ein vortrefflich erhaltenes Exemplar von der Küste Chiles erhielten.
18. Pelamys chilensis Cuv. Val.
Bei einem 14" langen Exemplare aus Chile ist die Körperhöhe
etwas mehr als ö' .nial, die Kopflänge nicht ganz 4'/sma!, die Länge
der Pectorale O'/^nial (nach Günther 7mal) in der Totallänge, die
Stirnbreite etwas mehr als Ss/gmal, die Augenlänge ein wenig mehr
als 7mal, die Länge der Schnauze circa 3mal, die Kopfbreite 2*/4mal
in der Kopflänge enthalten.
Der Zwischenkiefer überragt ein wenig den Unterkiefer, das hin-
tere Ende des Oberkiefers reicht in senkrechter Richtung fast um die
Hälfte der Augenlänge über den hinteren Augenrand hinaus.
f). 17- 1/3/1 1/VIIl; A. i/3/9/Vl.
Meines Erachtens fällt Pel. orientalis mit Pel. chilensis zusam-
men, nach Dir. Schlegel sollen zwar hinter der Anale 9 falsche
Flösselchen bei erstgenannter Art liegen, doch zeigt die Abbildung
(Tab. 52) deren nur 6 wie bei Pel. orientalis. In den Längenver-
hältnissen der einzelnen Körpertheile zu einander ist kein Unterschied
1)90 S t e i n dach 11 e r.
zwischen P. chilensis und orientalis zu finden, wie aus der von uns
gegebenen, kurzen Beschreibung zu entnehmen ist.
19. Thyrsites promcthcus sp. Cuv. Val.
Diese Art ist sehr gemein an den Küsten Tenerife's zunächst
Santa Cruz und erreicht durchschnittlicli eine Länge von 24 — 26".
Die Höhe des Leibes ist bei kleinen Individuen von 13" Länge
nahezu 8mal, bei erwachsenen in der Regel etwas mehr als 73/5 bis
etwas weniger als 8mal, die Kopflänge etwas mehr als 4'/5 — 43/9
mal in der Totallänge, der Augendianieter 4'/4 — 4mal, die Stirn-
breite 53/5- last ^Yämal, die Schnauzenlänge 2^/4 — 22/3mal, die
Kopfbreite fast 31/3- etwas mehr als l'/^mal, die Kopfhöhe 21/5
bis ^^/^m^X, die Länge der Pectorale nahezu 2 — l3/4mal in der Kopf-
länge enthalten. Zwei Paare auffallend großer, säbelförmig gekrümm-
ter, comprimirter Zähne liegen am vorderen Ende des Zwischen-
kiefers, 2 nur halb so große Zähne am vorderen Ende des vorsprin-
genden Unterkiefers. Die (einreihigen) Zähne an den Seiten des
Unterkiefers nehmen gegen die Mundwinkel bis zu dem drittletzten
Zahne allmählig an Länge und Stärke ein wenig zu, die drei letzten
aber ein wenig ab. Eine lange Reihe von Zähnen liegt an den Gau-
menbeinen.
Der Körper ist nicht schuppenlos wie ihnValenciennes abbildet,
sondern der ganze Rumpf, die Anale, Caudale, die zweite Dorsale,
der größte Tlieil der Pectorale und des Kopfes sind dicht mit rund-
lichen Schuppen, die sich stark überdecken, besetzt. Die Seitenlinie
macht unter der Basis des vierten Dorsalstachels eine rasche Biegung
nach unten, läuft hierauf von der Gegend des sechsten oder achten
Dorsalstachcls bis etwas vor dem Beginne der Afterflosse ein wenig unter
oder genau in der Höhenmitte des Rumpfes fast in horizontaler Rich-
tung fort; weiter nach hinten aber, sich allmählig senkend, liegt die
Seitenlinie fast noch einmal so weit von der Rücken- als von dem
gegenüber liegenden Theile der Bauchlinie entfernt.
Die erste Dorsale enthält stets 18 Stachelstrahlen, von denen die
höchsten (7. bis9.) nur '/^ der Koptlänge erreichen. Die zweite Dorsale
wird von zwei Stachel- und 17 — 18 Gliederstrahlen gebildet, aufweiche
noch zwei l'^lösselchen folgen. Vor der Anale liegen zwei kurze, spitze
Stacheln, in der Anale selbst 14 — 15 Strahlen, hinter diesen zwei
Flösselchen, welche wie in der Dorsale durch einen sclimalen
Icl.thyologisohe Notizen (VII). 991
Hautsaum mit dem letzten Strahle der vorangehenden Flosse verbun-
den sind. Die höchsten, vorderen Gliederstrahlen der zweiten Dor-
sale sind in der Regel 3mal, seltener nur circa 23/^ — 2*/5nial, die der
Anale 3 1/3 — S'/imal in der Kopflänge enthalten.
Die Caudale ist am hinteren Rande sehr tief eingeschnitten und
erreicht bis zur Basis der vordersten Stützstrahlen gemessen ~/^ der
Kopflänge.
Bei jungen Individuen von 13" Länge sind die beiden Ventral-
stachel (jederseits einer) stets ganz deutlich entwickelt, last so lang
und so stark wie die Vorstacheln der Anale bei den Curaux-kvi^n
und liegen weit vor der Pectorale an der Kehle; bei alten Individuen
verkümmern sie in der Regel zum größten Theile und sind last voll-
ständig von der Bauchhaut überdeckt, so daß man äußerlich nur die
Spitze wahrnehmen kann.
Vulgärname: Conejo (Teneril'e).
Die bei weitem größere, obere Körperhälfte ist purpur- oder
violetthraun, die untere silbergrau und mit violetten Puncten über-
säet, die Flossen sind schwärzlich.
20. Centrophorns ovalis Cuv. Val.
Das in unserem Besitze befindliche Prachtexemplar von der Ost-
küste Tenerile's ist genau 28" lang; da die Körperhöbe 8" beträgt,
so gleicht letztere nur 2/7 (nach Cuv. Val. 1/3) der Totallänge, die
Kopflänge verhält sich zur Totallänge wie 61/2 ' 28 oder ist 4Yi3mal
(nach Valenc. ömal) in der Gesammtlänge enthalten. Die Länge des
Auges steht nur ganz unbedeutend der Breite der knöcheinen Stirne
zwischen der Mitte der oberen Augenränder nach und ist etwas mehr
als S'/a — 33/5mal, die Länge der Augenhöhle aber 3ina] in der
Kopflänge begriffen. Die hintere Nasenöffnung liegt in geringer Ent-
fernung vor dem Auge und bildet einen quergestellten, langen Schlitz,
die vordere Narine ist oval und viel kürzer als die hintere. Die
Schnauze ist breit, vorne last flach und fällt steil zum vorderen Ende
der Mundspalte ab, welche ziemlich rasch nach vorne sich erhebt.
Das hintere Ende des Oberkiefers fällt bei geschlossenem Munde
senkrecht etwas hinter das vordere Längendrittel des Auges. Unter-
und Zwischenkiefer sind nur mit einer Reihe schlanker Zähnchen be-
setzt. Die vordere Spitze des Unterkiefers überragt ganz unbedeutend
den Zwischenkiefer. Der hintere Rand dos Vordeckels ist schief nach
992 S t e i n d ii 0 h n e r.
hinten und unten geneigt, concav, der untere Rand convex, der Vor-
deckehvinkel stark abgerundet, nach hinten vorgezogen und mit län-
geren Zähnehen besetzt als der hintere Rand. Das breite Randstück
des Vurdeckels zwischen der Leiste und den freien Rändern ist ge-
streift, schuppenlos. Die Wangen sind beschuppt, doch liegen die
Schuppen unter einem dünnen Hautüberzuge verborgen.
Der Suborbitalring ist lang, dodi von geringer Höhe, kaum halb
so lioch wie lang. Der hintere Rand des dünnen Zwisclien- und Un-
terdeckels ist sehr zart gezähnt, beide Knochenstücke sind wie der
Kiemendeckel überschuppt, die Schuppen aber sind viel kleiner als
sie Lowe abbildet. Die ganze Oberseite des Kopfes, der vordere
Theil des Suborbitalringes und der Unterseite des Unterkiefers so
wie das Randstück des Vordeckels sind schuppenlos, an dem hinteren
Theile der Unterkiefer-Unterseite imd des Suborhitalringes sind die
Schuppen wie auf den Wangen mit einer dünnen Haut überkleidet.
Die Dorsale beginnt mit ihren kurzen Stacheln in senkrechter Rich-
tung etwas vor dem hinteren zugespitzten Ende des Kiemen- und Un-
terdeckels, und erhebt sich längs der sieben Staclieln nur allmälig, rasch
aber längs der daraulTolgenden drei einfachen und der beiden ersten
gespaltenen Gliederstrahlen, welche letztere yia der Kopflänge
erreichen, und 2mal so lang als der letzte Dorsalstachel sind. Der
letzte Dorsalstrahl ist 22/5mal in der Höhe des längsten Gliederstrables
enthalten, der erste Dorsalstachel ist halb so lang wie der siebente.
Ahnlich verhält es sich mit der Anale, deren Stachel kurz sind, wäh-
rend der zweite gespaltene längste Gliederstrahl 23/4mal in der Kopf-
länge enthalten ist; der dritte Analstachel erreicht an Länge ^7 des
höchsten Gliederstrahles derselben Flosse. Die Basislänge der Anale
verhält sich zu der der Rückenflosse wie 2 : 3^3 und übertrifft ein
wenig die Kopflänge.
Die Caudale ist an» hinteren Rande concav, die Caudallappen
sind zugespitzt und fast so lang wie der Kopf. Die Caudale, die Glie-
derstrahlen der Dorsale inid der Anale sind bis in die Nähe des freien
Rindes dicht mit kleinen vSdiuppen besetzt.
Die Pectorale ist säbelförmig gekrümmt, zugespitzt, sehr lang
und reicht mit der horizotital zurückgelegten Spitze in senkrechter
Richtung bis zur Basis des ersten Analstachels; sie enthält zwei unge-
gelbeilte und zwanzig gespaltene Gliederstrahlen. Die Ventrale ist
[Ghthyologische Notizen (Vif). 993
kurz, scluippenlos ; der längste zweite Gliederstrahl ist kaum halb so
lang wie die Pectorale.
Sämnitliche Schuppen sind eycloid; die Schuppen an der Seite
des Runnples sind am hinteren Rande stark abgerundet, am vorderen
fast vertical abgestutzt, stets etwas höher als lang, und zwar in der
vorderen Körperhälfte höher als in der hinteren. Die Bauclischuppen
sind nach hinten zugespitzt, mehr als 2mal so lang wie hoch und am
vorderen Rande zuweilen mehrfach ausgezackt. Die Schuppen auf der
Dorsale und Anale sind vorne und hinten zugespitzt und viel länger
als hoch. Zahllose concentrische Ringe laufen über die Fläche sämmt-
licher Schuppen; die Zahl der schwach ausgeprägten Radien am vor-
deren bedeckten Schuppenfelde ist gering.
Die Seitenlinie läuft parallel zur mäßig gebogeneu Rückenlinie
und durchbohrt circa 100 — 106 Schuppen. Zwischen der Seitenlinie
und dem letzten Strahle der Dursale liegen 12 — 13 Schuppen,
10 — 11 zwisclien ersterer und dem letzten Analstrahle in einer ver-
ticalen Reihe.
18 Schuppen zählt man zwischen der Basis der mittleren Dor-
salstrahlen, 20 — 21 zwischen der Basis des ersten Dorsalstachels,
circa 47 zwischen dem tiefsten Punkte der Bauchlinie und der Sei-
tenlinie in einer Querreihe.
Die größten Schuppen des Rumpfes liegen etwas unter der Seiten-
linie in der vorderen Rumpfhälfte, gegen die Basis der Dorsale nehmen
die über der Seitenlinie befindlichen Schuppen ein wenig an Große ab.
Die mit Haut überdeckten Theile des Kopfes sind im Leben
bläulichgrau-violett, mit zahllosen Poren besetzt. Die obere Hälfte
des Rumpfes bis zur Seitenlinie ist schmutzig violet, die untere silber-
grau (nach dem Tode goldbraun) und mit schmalen violetten, win-
kelförmig gebrochenen Querbinden von der Färbung der oberen
Rumpfhälfte geziert.
Vulgärname: Pampano (Tenerife).
D. 7/3/27; A. 3/1/21; P. 2/20; C. 10/8/7/10; V. 1/5.
Abdominalwirbel 10, Caudalwirbel 15; 8 Rippenpaare.
21. Schoettea scalariplnnis Steind.
S y n. Scorpts boops P e t.
Dr. Günther bezieht diese von mir in die Familie dev Psetti-
dae Bleeker (oder nach Günther's Systeme in die Familie der
994 S t e i n (1 a ch n e r.
Caraini'idae) gereilite Gatltiiig iiiid Art nach Prof. Peter's Vorgange
zu den Sqnamiplnncs , und /war in die Gattung Scoiyis; ich glaube
aber letztere Auffassung als unrichtig und unnatürlich bezeichnen zu
sollen. Während bei Scorpis die Stacheln zahlreich, kurz, gedrungen,
und ausgesprochen heteracanth, die Schuppen ziemlich kleii» und
ctenoid sind , findet man an Seh- scahiripinnis nur fünf, rasch an
Höhe zunehmende, sehr schlanke, homacanthe Stacheln und große,
glatte, cycloide Schuppen mit zahlreichen concentrischen Streifen, —
somit Eigenthümlichkeiten, wie sie bei VUdax, Pejnpheris, Pset-
tus etc. zu finden sind. Nebenbei will ich noch erwähnen, daß bei
Scorpis die Zunge stark bezahnt, he'i Schtietiea zahnlos sei. Letztere
Gattung errinnert nur in der äußeren Form an die Squamipinnes ,
dem Wesen nach aber gehört sie in die große Ordnung der Scombern,
und wenn Dr. Günther Prof. Peter's Ansiclit aus Überzeugung
für die richtige hält, so adoptirt er hieniit die Familie der Squami-
pinnes nach dem von Cuvier und Valeneiennes in der Hist. nat.
des Poissons entwickelten Principe, und löst indirect die Familie
der Caraiigidne G ü n th. auf, die übrigens aus heterogenen Elementen
gebildet isf, wie Prof. Kner bereits bemerkte.
22. Salarias trldactylus Bl. Sehn.
(iS«/. alticns Cuv. Val.)
Wir erhielten von Herrn Baron Ransonnet mehrere, vortrelV-
lich erhaltene Exemplare aus Ceylon zur Untersuchung. Bei beiden
Geschlechtern entwickelt sich am Hinterhaupt ein häutiger Kamm,
doch ist er l)ei den Männchen mehr als noch einmal so hoch als bei
den Weibehen, auch die Dorsal- und Analstrahlen sind bei ersteren
viel höher als l)ei letzteren.
Die Höhe des Körpers ist bei den Weibchen 73/4 — Ty^ma!,
bei den IMännchen 8mal, die Kopflänge 7 — ßs/^mal in der Totallänge,
der Augendiameter genau oder etwas mehr als 4mal, die Kopfhöhe
ohne den Scheilelkamm i '/g — \^/r,xnn\, die Kopfbreite 1 '/^ — 1 Vsmal
in der Kopflänge enihalten. In der Ventrale zähle ich stets nur drei
Strahlen, niehl vier, wie Cuvier und Valeneiennes.
Die Dorsale ist durch einen tiefen Einschnitt in zwei Hälften
getheilt, der höchste Strahl der ersten Abtheilung bei den Männchen
fast ebenso lang oder et\\as länger wie der Kopf, bei den Weibchen
dagegen circa 1 ,\, die der Cau-
dale etwas mehr als lyjmal in der Kopflänge enthalten.
Der erste Stachel der ersten f)orsa!e, welcher senkrecht über
der Mitte des Auges eingelenkt ist, spaltet sich abnormer Weise bei
dem von uns untersuchten Exemplare in drei, wellenförmig gebogene
Aste; der mittlere längste ist nahezu 1 "/omal in der Koptlänge ent-
halten. Der zweite Dorsalstachel ist sehr kurz und von ziemlich be-
trächtlicher Stärke, comprimirt. Die zweiteDorsale enthält 39 Strahlen,
von denen einzelne gabeltVirmig getheilt sind, die Anale .36, die Pec-
torale 13 Strahlen.
Zunächst der Basis der langen zweiten Dorsale und der Anale
liegen mehrere, stellenweise unterbrochene, mäßig breite, längs der
Mitte der Rumpfseiten sehr schmale dunkle Längsstreifen; in der Pec-
toralgegend nur auf einer Körperseite ganz unregelmäßige, braune
Wolkenflecken. Vier sehr starke gedrungene Stacheln mit nach vorne
gebogener Spitze sitzen auf breiter knöcherner Basis in der Mitte des
Schwanzstieles in zwei Reihen. Die einzelnen ovalen oder rhomben-
förmigen Schuppen erheben sich zu einem querstehenden Kamme,
welcher in der Regel in 3 — 5 kurze, stumpfe Spitzen oder Zähnchen
endigt; nur bei .Männchen zeigen die vor den vier Caudalstachein
liegenden Schuppen ziemlich lange, schlanke, an der Spitze haken-
förmig nach vorne gebogene Borstenzähne.
31. Arius argyroplearon C. Val.
Syn. Ariodes acutus h\kv. , Prodr. Silur., pag. 87.
» argyropleuron BIkr. , Atl. Ichthy. Silur, p. 40, pi. 59.
Wir besitzen ein großes Exemplar (Weibchen) dieser Art,
welches in der Form des Kopfes genau mit dem von Dr. Bleeker
abgebildeten Exemplare, einem Weibchen, übereinstimmt, doch
ist der Occipitalfortsatz etwas breiter (aber sciimäler als bei
Ar. tonggol und Ar. macrocephalus) und an den Seitenrändern
schwach gebogen, die Zahnbinde des Zwischenkiefers bedeutend
länger (wie bei Ar. macrocephalus), die Zahnplatten am Gaumen sind
1004 Steindachner.
weiter aus einander gerückt (wie bei Ar. macrocephalns), doch eben
so breit, wie sie Bleeker bei Ar. argyropleurun abbildet. Die Zähne
am Vomer fehlen bereits, doch nach den Grübchen auf den beiden
Platten zu schließen, dürften sie ziemlich zahlreich gewesen sein.
Die Länge des deprimirten Kopfes bis zum hinteren, häutigen Ende
des Kiemendeckels ist 3'/6™fil»bis zum hinteren Ende des Occipital-
fortsatzes circa 23/5mal, die Körperhöhe genau 5mal in der Körper-
länge (bis zur Basis der mittleren Caudalstrahlen), der Durchmesser
des tief gelegenen Auges circa S^/jmal in dem, hinter dem Auge be-
findlichen Kopftheile und etwas weniger als 3mal in der Schnauzen-
länge, die Breite der Mundspalte 3mal, die Kopfbreite Is/^mal in der
Kopflänge enthalten. Die Stirnbreite beträgt 81/3 Augenlängen. Die
Höhe der Dorsale erreicht circa 3/4 der Kopflänge. Der innerste Ven-
tralstrahl ist bei Weibchen nach hinten und zugleich etwas nach außen
mit einem eigenthümlichen, quergestellten, ziemlich steifen Anhange
versehen; in welcher Beziehung er mit dem Fortpflanzungs-Acte steht,
ist noch unbekannt.
Die Höhe der Fettflosse ist circa 4«/3mal in der der ersten Dor-
sale enthalten, oder der Länge des Auges gleich, die Basislänge der-
selben circa li/omal in Höhe enthalten. Die Zunge bildet nach vorne
zwei freie bogenförmige Lappen, welche in der Mitte durch eine Ein-
buchtung von einander getrennt sind.
32. Macrones planiceps spec. Kühl & v. Hass. , Cuv. Val.
S y n. Ilemibagrus planiceps B 1 k r.
V^on dieser Art finden sich zwei kleine, 41/2 und 42/3" lange
Exemplare im Wiener Museum aus Java vor; bei diesen ist die Kopf-
länge nur 32/3mal in der Körperlänge, die Kopfbreite 1 1/2^^1, die
Kopfhöhe etwas mehr als 2mal, die Augenlänge genau 4mal in der
Kopflänge enthalten. Der Stachel der Dorsale ist nahe am oberen
Ende und zwar am vorderen Rande mit zwei zarten, nach unten ge-
kehrten Haken besetzt, die im höheren Alter verscliwinden mögen.
Die Entfernung der Fettflosse vom hinteren Basisende der strahligen
Dorsale ist etwas geringer als die Basislänge derselben.
33. Pleoronectes Gllli n. sp.
In der Zahl i\tv Dorsal- und Analstrahlen stimmt diese Art mit
Pleiironectes nücrocepha/us überein, doch ist die Länge des Kopfes
Ichthyologische Notizen (VH). 1 OOS
nur 42/5 mal, die größte Leibeshöhe genau 2mal in der Körperlänge
(ohne Caudale) enthalten.
Die Mundspalte ist klein, aufwärts gerichtet; auf der augenlosen
Seite liegen in beiden Kiefern ziemlich große, platte Zähne; die
Lippen sind wulstig.
Das untere Auge ist etwas kleiner als das obere und erreicht an
Länge ^4 des Kopfes. Eine stark erhöhte, unbeschuppte Leiste trennt
die Augen von einander.
Die Dorsale beginnt vor der Mitte des oberen Auges, ganz nahe
hinter der kleinen hinteren Nasenöffnung der augenlosen Kopfseite
und enthält an dem von uns beschriebenen Exemplare 89 Strahlen,
von denen die höchsten im dritten Viertel der Flossenlänge nur 2/»
der Kopflänge erreichen.
Die Pectorale der rechten Körperseite wird von elf, die der linken
von zehn Strahlen gebildet, deren längste nicht ganz 2mal in der
Kopflänge begriffen sind.
Die Ventralen beider Körperseiten gleichen sich an Länge,
welche circa 2s ^mal in der Kopflänge enthalten ist.
Vor der Anale ragt kein Stachel hervor. Die Anale selbst besteht
aus 72 Strahlen, erreicht dieselbe Höhe wie die Dorsale und endigt
wie letztere in äußerst geringer Entfernung vor der Caudale, welche
am hinteren Rande fächerförmig abgerundet und ebenso lang wie der
Kopf ist. Die Seitenlinie beschreibt unmittelbar hinter dem Kopfe
einen sehr flachen und kurzen Bogen, dessen hinteres Ende in eine
senkrechte Linie mit der äußersten Spitze der horizontal zurückge-
legten Pectorale fällt und läuft hierauf in horizontaler Richtung bis
in die Nähe der Caudale, zu welcher sie sich schwach erhebt.
Die Schuppen beider Körperseiten sind nahezu gleich stark ent-
wickelt, oval und cycloid. Am Kopfe ist nur der vorderste Theil
(Schnauze, Lippen und mittlere Augenleiste) schuppenlos.
Totallänge des beschriebenen Exemplares, welches auf beiden
Körperseiten einfarbig dunkelbraun ist, 10 '/o".
Fundort : Eismeer bei Nordisland.
34. Apioniehthys Ottonis n. spec.
Das Wiener Museum besitzt schon seit geraumer Zeit zwei
trefflich erhaltene Exemplare eines Pleuronectideu, welcher wohl
zweifellos in die von Kaup aufgestellte Gatt. Aphnichthys gehört.
10 OH S t f i n .1 11 (■ li II e r.
Die Körpei'geslali ist binif'örmiy, nach liinteii zugespitzt, die
Kopflänge y'/^rnal, die gi-ö(5»te Leibesliühe circa Sy^mal; die lange,
zugespitzte Caudale 4y,;mal in der Totallänge enthalten. Die Augen
sind aulTallend klein, punkll'önnig; das obere Auge steht vor dem
unteren; die Eiitreriiinig der Augen von einander beträgt circa '/g
der Koptlänge.
Am oberen Minidrande, zwischen den Augen, liegt ein Naseu-
luch in einer mäßig «eilen und langen Tube. Aul" der augenlosen,
d. i. linken Kopiseite ist die Narine scheibenförmig erweitert und am
Rande zart gelappt; sie liegt wie die röhrenförmige Narine der rech-
ten Kopfseite am oberen Mundrande, doch viel weiter nach vorne,
der abgerundeten Spitze des Unterkiefers gegenüber, an der Wurzel
des sogenannten Sichelschnabels, welcher über die Symphyse des
Unterkiefers mehr oder minder bedeutend binabi-eicht.
Der Unterkiefer trägt nur auf der blinden Kopfseite feine Zähn-
chen, der obere Rand der Unterlippe ist auf der Augenseite mit
circa 16 — 17 Cilien besetzt, welclie gegen den Mundwinkel an Länge
abnehmen. Die Öffnung des Kiemendeckels bildet ein kurzer Schlitz.
Die Dorsale beginnt an der Wurzel des häutigen Schnauzen-
hakens oder selbst an der Spitze desselben, und enthält 70 — 73 ein-
fache Strahlen, von denen die längsten die Mitte der Flosse ein-
nehmen und an Höhe (Mrca der Hälfte der Koptlänge gleichkommen.
Die Ventrale der Augenseite beginnt in geringer Entfernung liinter
der Sj)itze des Unterkiefers, enthält vier oder fünf Strahlen, und geht
ohne Unterbrechung in die Anale über. Bei keinem der von uns un-
tersuchten (zwei) Exemplare zeigt sich die geringste Spur einer
Ventrale an der augenlosen Körperseite. Die Anale wird von 52 — 54
Strahlen gebildet, die längsten liegen in und etwas vor der Mitte
der Flosse, und sind ebenso hoch wie die der Dorsale. Nach hinten
nehmen sowohl die Dorsal- als Analstrahlen an Höhe ab und verei-
nigen sich mit den Randstrahlen der langen, zugespitzten Caudale;
doch bezeichnet eine seichte Einbiiclitung die Gränze der einzelnen
Flossen, die vielleicht bei frischen Exemplaren nicht wahrnehmbar
sein mag.
Die Seitenlinie ist einfach und durchbohrt auf der rechten Kör-
perseite in ihrem durchgängig horizontalen Verlaufe zwischen dem
hinteren Kopfende und der Basis der Caudale circa 87 — 90 Schuppen,
setzt sich aber noch über einen Theil der Caudale selbst fort. Die
Ichthyologisclie Noiizpii (VII). 1 007
Scliuppen der Aiigenseite sind ctenoid, die viel kleineren der augen-
losen Körperseite cycluid. Die größten Schuppen der Augenseite
liegen an und zunächst dem oberen und dem vorderen Rande des
Kopfes und am Nacken, etwas kleinere an der Wange. Eine Reihe
ctenoider Scliu[ipen sitzt auf jedem Strahle der Dorsale, Ar)ale, Veur
Irale und Caudale; die Schuppen fallen aber auf letzlerer Flosse
leicht ab.
Körperjarhung bei Spiritusexemplaren: hell bräunlichgelb.
Körperlänge der beschriebenen Exemplare: 3".
Fundort: Sicilien. Im zoologischen Museum zu Wien durch
Prof. Otto.
1008 S tei n dae hner. Iclitliyolooische Notizen (V[I).
Erklärung der Abbildungen.
Tafel I.
Cenlroprisfis Ayresi n. sp.
Tafel II.
Fi}j. \. Serranus mactihitn-fascialus n. sp.
Tafel III.
Fig. 1. Dentex (Heterognathodon) Smithin. sp.
„ 2. Trochocopus scrofa, juv., mas.
Tafel IV.
Cenlrophonis ovidits C. V., Var.
Tafel V.
Fig 1. Schlundzähne,
„ 2. Zahnpolster und Zahnleislen des Üesophagi(a von Ccutt-uplioniü oKulis
C. V.
Sieindachner. lolithyologische Nutizen mi).
£d Künopcky n d N"at ^ez u hth
Silziung'sT).d.k.Akad-d.W:matli.iiaturw.Cl.tVIL Bd.JI, Abth.l8
Aus d k "k Hof u StaatEdTTicTteTe:
Sleindaclincr. Ichlhv.pluiJische Xotizen TWI.
Ed KoTwpicky n i Hat ^es u JiCv
Silzan^sbd.k.Akadd.W.matli.Tiamrw ClUTl Bd I AhHi 1868.
» d kkHoi-u StftiUs^lrackirre:
Steindachner. Iphthvtilugische Xulizeii TATI).
Ed Koiwpicky n oLMat ges u hCh
Ä'itzuiigsi>.d,k.\kü(J d.W.maÜi.naturw.a.LVIL Bd JI.Abth 1Hfi8.
Aa-K d kk H'.£-ri StÄOiBdrackere
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MfiiulailmtT liliUmilu^nisclw Notizen 'VR'
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Eduaid Konopicl^y n d NaT gel u lith
Sitzungsb dkAkad d.Wmalh naluru- 11 I.VIl Bil I Ahlii IKliB
A iililoi u 3(aa«diuckeT!
.Steimlathiier: UhÜi.yolo^i.sclie Notizen Vli '
1.
TaK Y
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&SZ .TL.lit}; -v.Dr C -Seitz-m.ar.ji.
J-^x" d k!k.5 ■" Vi- ?'l">u:.-
Sitzmi^sl).cL.k.Akad.d.W.Mintliri;rlii7«.('l.LMI."Ba.l.Abtli.l868.
Vi tz i n }ier. ricscliiclite des k. k. Ilof->'iiliiiiilifiical)iii<'ts zu Wien. l 0 1 1>
Geschichte des kais. kön. Ilof-Ntduralieu-Cahinctes zu Wien.
Von dem w. M. Dr. Lcop. Jos. Fitzinger.
II. Abtheilung.
Periode unter Franz IL (Franz I. Kaiser von Österreich) bis zu Ende
des Jahres 1815.
Zwölf Jahre sind verflossen, seit ich die erste Abtheilung meiner
„Geschichte des kais. kün. Hot-Naturah'en-Cabinetes 7a\ Wien", welche
die älteste Periode bis zum Tode Kaisers Leopol d II. 1792 umfaßt,
in den Sitzungsberichten der mathem. naturwissenschaftl. Classe der
kaiserl. Akademie der Wissenschaften (XXI. B. Jahrgang I806.
Juli-Heft) veröffentlicht habe.
Mannigfaltige Arbeiten anderer Art, insbesondere aber im
Gebiete der Zoologie, mit welchen ich in der Zwischenzeit beschäf-
tiget war, so wie mein gegen das Ende des Jahres 1861 erfolgter
Übertritt in den Ruhestand und vollends meine hierauf stattgefundene
Übersiedelung nach München und späterhin nach Pest, waren die
Ursache, aus welcher ich an eine Wiederaufnahme dieses so lange
unterbrochenen Gegenstandes nicht denken konnte; indem ich seit
meiner Abwesenheit von Wien fast bis in die neueste Zeit, durch
dienstliche Verhältnisse genöthiget, mich mit völlig heterogenen
Dingen zu beschäftigen und meine volle Thätigkeit der mir über-
tragenen Einrichtung und Leitung zoologischer Gärten zuzuwenden
hatte.
Jetzt, wo diese Verhältnisse sich geändert haben und ich mich
wieder so wie einstens, ernsteren Studien und einem literarischen
Wirken hingeben kann, habe ich auch diesen längst begonnenen
Gegenstand wieder in's Auge gefaßt und einer mir von einer sehr
achtbaren Seite zugekommenen Aufforderung zu Folge, denselben in
Angrifl' genommen.
Sit/.b. <1. inafhpm.-natiirw Cl. LVII. I!d. I. Ahtli. 63
1014 K i ( /. i n s .' 1-.
Ich gebe daher hier einen Abriß der Gesehichte dieser Anstalt
aus der ersten Hälfte der Periode unter der Regierung Kaisers
Franz IL, später Franz I. Kaiser von Österreich, bis einschließig
des Jahres 1815, und hoffe in kurzer Zeit auch die Bearbeitung der
zweiten Hälfte dieser Periode bis zum Tode des Kaisers 1835 der
kaiserl. Akademie der Wissenschaften vorlegen zu können.
Periode unter Franz II. (Franz I. Kaiser von Österreich) bis zu Ende
des Jahres 1815.
Erst Kaiser Franz H., dem Erben der väterlichen Neigung zur
Naturkunde war es vorbehalten, die Vollendung der bereits unter
seinem erlauchten Vater begonnenen Aufstellung der kaiserlichen
Naturalien-Sammlung, welclie er mit wahrhaft kaiserlicher Freige-
bigkeit zu fördern strebte, anzuordnen.
Kurz nach dem Antritte seiner Regierung im Jahre 1792 ließ
der Kaiser nach dem Beispiele Maria Theresia's und ihres Mit-
regenten Joseph an die k. k. Hofkammer in Münz- und Bergwesen
neuerdings den Befehl ergehen, alles Neue und Merkwürdige von
Mineral-Producten aus den sämmtlichen Bergwerken seiner Erbstaaten
an das kaiserliche Naturalien-Cabinet einzusenden.
Mehrere Gesandte an den fremden Höfen im Auslande erhielten
die Weisung zum Ankaufe und zur Aufbringung mineralogischer
Seltenheiten der Reiche, in denen sie sich befanden.
Legations-Secretär Koste zu Lissabon schickte zu wiederholten
Malen theils von ihm selbst gesammelte, theils durch Kauf an sich
gebrachte, portugiesische und brasilianische Mineralien ein, worunter
sich ein roher weißer Topas im Gewichte von 263/4 Loth befand.
Graf von Lodron-Laterano, kais. österreichischer Gesand-
ter zu Stockholm, sandte eine beträchtliche Anzahl schwedischer
Erze und Steine im Tausche gegen andere Mineralien ein.
Die allgemein bekannt gewordene bedeutende Vervollkommnung,
welche die kais. Naturalien -Sammlung bereits erlangt hatte, bewog
viele Freunde der Naturwissenschaften dieselbe durch (ieschenke
zu bereichern.
Geschichte des k. k. H-ir-Natiinilreiicahinels zu Wien. 1015
F (' r (I i II a n d III., Grossherzog von Toskana, ließ eine ausgezeich-
nete Saminking toskanischer Mineralien zusammenstellen, die er der
kaiserliehen Sammlung zum Geschenke machte.
Die Erzherzoge Anton, Johann Baptist und Reiner theil-
ten mit der kaiserlichen Sammlung die auf ihren Reisen selbst gesam-
melten Naturalien.
Feldmarschall Prinz Ferdin a nd von Württemberg, Com-
mandant von Wien, brachte aus Rußland mehrere schöne russische
und sibirische Mineralien, die er der kaiserlichen Sammlung zum
Geschenke machte.
Fürst Pros per von Sinzendorf zu Ernsthrunn , Graf
Johann von Malakofsky und andere Güterbesitzer sandten der
kaiserlichen Sammlung die Mineralproducte, welche auf ihren Be-
sitzungen vorkamen.
Lord Greville sandte eine Reihe prachtvoller, meist krystalli-
sirter Diamantspathe und Korunde.
Der Directors-Adjunct Abbe Stütz verehrte der kaiserl. Samm-
lung ein Bruchstück des am 19. Februar 1785 zu Eichstädt in
Baiern gefallenen Meteorsteines, das er um das Jahr 1789 als ein
Geschenk von dem Dtmherrn von Hompesch zu Eichstädt erhielt.
Es war dieß der vierte Meteorit, welchen das kaiserl. Naturalien-
Cabinet bis dahinaufzuweisen hatte; denn außer der am 26. Mai 1751
zu Agram in Croatien gefallenen Meteor-Eisenmasse und einem großen
am 3. Juli 1753 zu Tabor in Böhmen gefallenen Meteorsteine, welche
schon im Jahre 1778 aus der kaiserl. Schatzkammer in dasNaturalien-
Cabinet übertragen wurden, besaß dasselbe nur noch ein ansehn-
liches Bruchstück des Meteoreisens von Krasnojarsk in Sibirien,
welches wahrscheinlich im Jahre 1782 bei Auflösung der Theresiani-
schen Akademie aus der Sammlung derselben ausgewählt wurde und
aus der Sammlung des Doctor Cliristian Lu d wig Stiegl i tz,
Rathsherrn zu Leipzig, stammt.
Auch die Conchylien-Sammlung wurde durch den Ankauf einer
Auswahl aus der schönen Sammlung des Chevalier Bourdin
bereichert, und Lord Greville schickte eine nicht unbeträchtliche
Anzahl sehr schöner und wohlerhaltener Conchylien, die er aus China
erhalten hatte, für die kaiserliche Sammlung ein.
Die Verdienste, welche sich Johann Carl Megerle, Sohn
des Custos Johann Baptist Megerle, bei der neuen Aufstellung
6ö^
1016 F i t 2 i n rr e 1-.
ilei' kais. Natui'ulicn-Saniinlung- im Jahre 1791 erworben, bestimmten
den Kaiser, denselben zum Custos-Adjuncten am kaiserlichen Natura-
lien-Cabinete im Jahre 1792 zu ernennen.
Durch die im Jahre 1793 angeordnete Errichtung einer mit den
kaiserl. Appartements der Hofburg in Verbindung gestandenen Terrasse
oberhalb des Augustiner Ganges und der an denselben angereihten
Säle, welche die Sammlungen der Naturalien, physikalischen Instru-
mente, Mosaiken, Münzen und Antiken enthielten, wurde die Einwül-
bung des Augustiner Ganges erforderlich und mußte in Folge dieser
eingetretenen Veränderung, die über dem Eingange zur Naturalien-
Sammlung angebrachte Bronce-Büste Kaisers Franz I. hinweg-
genommen und derselben eine andere Stelle angewiesen werden,
daher sie in einen der Säle des Naturalien -Cabinets gebracht und
daselbst auf einem Sockel aufgestellt wurde.
1793 kaufte der Kaiser auch von dem seit der unterm 10. ücto-
ber 1793 erfolgten Aufhebung der Falkonerie zu Lachsenburg quies-
cirten berittenen Falkoniere Joseph Natterer, eine Sammlung
inländischer Säugethiere und Vögel, so wie auch eine kleine Samm-
lung von Insekten aus der Umhegend von Lachsenburg, für 100
Stück Ducaten.
Im Mai 1794 ließ» der Kaiser diese Samndung in die kais. Hof-
burg nach Wien bringen und durch Natterer, welchem er, unter
Beibehaltung seines Quiescenten-Gehaltes von 562 Gulden, die Auf-
sicht über dieselbe übertrug, um sie vor Verderben zu schützen, in
einem großen Saale unterhalb des astronomischen Thurmes auf-
stellen.
Natterer erhielt zugleich den Auftrag, diese Sammlung mit
allem Fehlenden aus der Monarchie, besonders aber mit ungarischen
Sumpf- und Wasservögeln zu vermehren, die in Wien leichter zu
bekommen waren.
179Ö imternahm der Directors-Adjunct Abbt* Stütz mit Herrn
von Wild bürg eine Reise nach Siebenbürgen und brachte für die
kaiserliche Sammlung manche interessante Mineralien mit.
Jene kleine Sammlung inländischer Thiere, welclie der Kaiser
von Joseph Natterer gekauft, gab den Im[)uls zur Gründung
eines eigenen zoologischen Museum's, das der Kaiser im Jahre 1796
in"s Leben zu rufen beschloß und welches mit seinem physikalischen
und Kunst-Cabinete in Verbindung gebracht werden sollte '),
fieschichle iIps k. k. Hof-Nafuralienpahinefs zu Wien. 1 Ol T
Die Direction über dieses neue Institut, welches die Benennung
..Physikalisches und astronomisches Kunst- undNatur-Thier-Cahinct"
erhielt, und das ein Privat-Eigenthuni des Regenten war, ühertrug
er dem Director seines physikalischen Cabinetes Abbe Simon
Eberle, so wie er mit der Aufsicht über den zoologischen Theil
den quiescirten Falkonier Joseph Natter er, mit jener über den
physikalischen, Joseph Dietrich als Mechanicus betraute.
Der Thätigkeit und eifrigen Bemühung Joseph Natterer's
gelang es schon in kurzer Zeit, den zoologischen Theil dieser Samm-
lung mit inländischen Vögeln zu vermehren und mit einheimischen
Siiugethieren zu bereichern , so daß die neue Anlage sehr bald eine
ziemlich vollständige Sammlung von heimathlichen Säugethieren und
Vögeln aufzuweisen hatte.
1796 ließ der Kaiser auch die im Schlosse Ebersdorf befindlich
gewesene Sammlung von Hirsch- und Rehgeweihen, Gems- und Stein-
bockhörnern, welche mehrere sehr merkwürdige Mißbildungen von
Geweihen enthielt, nach Wien in die kaiserliche Hofburg bringen,
um sie in seinem neugegründeten Thier-Cabinete aufstellen zu lassen.
Ein gegen das Ende desselben Jahres zufällig eingetretenes
Ereigniß war die Veranlassung, dem neuen Cabinete auch einen
Repräsentanten des Menschengeschlechtes zuzuführen.
Am 21. November 1796 starb zu AVien in seinem 75. Lebens-
jahre, A n g e 1 0 S 0 1 i m a n , ein Neger aus dem Stamme der Galla's und
seit vielen Jahren eine in der Residenz allgemein bekannte, aber auch
geschätzte und sehr geachtete Persönlichkeit. Die Schönheit seiner
fein geschnittenen Gesichtszüge, so wie auch die Zartheit und Eben-
mäßigkeit seines Baues, welche sich bis in das späteste Greisenalter
in wunderbarer Weise erhalten hatten, erregten in dem Kaiser den
Wunsch, denselben auch der späteren Zukunft zu erhalten und
durch einen Künstler auf die sorgfältigste Weise präpariren zu
lassen, um ihm einen Platz in seinem neugegründeten Museum
anzuweisen.
Die Familie Soliman's, durch den Director Abbe Eberle von
diesem Wunsche des Regenten in KenntnilJ" gesetzt, willigte in jenes
Begehren und der Bildhauer Fra nz Thal 1er, später Medailleur im
k. k. Münz- und Antiken-Cabinete, übernahm die Präparation, welche
im Hofe des k. k. Hofbibliothek- Gebäudes in einer Wagenremise
vorgenommen wurde.
1018 I- i ( /. i M ff e r.
Seine Leistung ülierti-al' aticli jede Er\Niirlung, denn (leslalt
sowohl als Gesichtszüge waren ein getreues Ahbild des lebenden
Originals, von welchem Thallei' unmittelbar nach dem Tode einen
Gypsabguß abgenommen halte.
Angelo Soliman war in stehender Stellung mit zurück-
geriicktem rechten Fuße und vorgestreckter linker Hand dargestellt,
mit einem Federgürtel um die Lenden und einer Federkrone auf dem
Haupte, die beide aus rothen, weißen und blauen, ab^^echselnd an
einander gereihten Straußt'edern zusammengesetzt waren. Arme und
Beine waren mit einer Schnur weißer Glasperlen geziert und eine breite,
aus gelblichweißen Münz - Porcellanschnecken (Cypraea moneta)
zierlich geflochtene Halskette hing tief bis an die Brust herab.
Zur Aufstellung dieser neu angelegten, mit der physikalisch-
astronomischen und Kunstsammlung vereinigten Thiersammlung hatte
der Kaiser über Antrag des Directors Abbe Simon Eberle den
linken Flügel des Holbibliothek- Gebäudes, den Joseph H. 1784
durch einen Aufbau gleichmäßig erhöhen ließ, bestimmt, in welchem
bis zum Jahre 1792 das Geueral-Hofbauamt seine Amtslocalitäten
hatte, und das dritte Stockwerk seither zu Natural- Wohnungen für den
Hof-Bihliotheks-Präfeclen Gottfried Freiherrn van Swieten
und denScriptor derHof-BibliothekChristian Lenz benützt wurde.
Nachdem die Natural-Wohnungen noch im Jahre 179t) geräumt
worden waren, wurde mit der Einrichtung der Localitäten zur Auf-
nahme der Sammlungen begonnen, und für eine malerische Herstel-
lung der für die Thiersammlung bestimmten Räumlichkeiten, welche
durcligehends mit einem Parketboden versehen waren, nach der
Angabe des Directors Eberle, unter Zuziehung von Künstlern Sorge
getragen.
1797 wurden diese Arbeiten vollendet und die physikalisch-
astronomische und Kunst-Sammlung sowohl, als auch die Thier-
Sammlung in den ihnen zugewiesenen Räumen aufgestellt.
Für die erstere wurde das erste Stockwerk, für die letztere
das Erdgeschoß, der Halbstock im rechten Trakte des Gebäudes und
das zweite Stockwerk in eben diesem Trakte bestimmt.
In demselben Jahre hatte der Kaiser seinem Conferenz- und
geheimen Cabinets-Minister Franz Grafen von Colloredo die
Oberst-Kämmerers-Würde und in dieser Eigenschaft auch die Sorge
über das kaiserl. Naluralien-Cabiiiet übertragen.
Geschichte des k. U. Hof-NHtiir:tlienealiinpts zu Wien. 1 0 1 jJ
In Folge eines von demsell)en an den Kaiser erstatteten Vor-
trages wurde der bisherige Directors-Adjunct Abbe Andreas Stütz
zum k. k. Rathe und zweiten Director desNaturalien-Cabinetes ernannt,
Director Ludwig Freiherr von Baillou erhielt den Titel eines
ersten Directors , Custos Johann Baptist Megerle wurde zum
Directors-Adjuncten und Custos -Adjunct Johann Carl Megerle
zum Custos befördert, die Custos-Adjunetens-Stelle aber eingezogen.
Mittlerweile starb auch der frühere Directors-Adjunct des kais.
Naturalien -Cabinetes Carl Haidinger, welcher sich so viele und
große Verdienste um diese Anstalt erworben hatte, als Bergrath und
Referent bei der kaiserl. Hofkammer in Münz- und Bergwesen, zu
Wien, am 16. März im 41. Jahre.
Custos Johann Carl Megerle unternahm in eben diesem
Jahre eine Reise nach Dalmatien und bereicherte nach seiner Rück-
kunft die kaiserliche Sammlung mit der von ihm gemachten Ausbeute
an Mineralien, Conchylien, Strahlthieren und Zoopbyten. Auch wurde
noch eine große Menge höchst seltener und werthvoller Conchylien
aus der Sammlung des Doctors Joachim Johann Nepomuck
S p a 1 0 w s k y und des Herrn Leopold v o n F i c h t e 1 für bedeutende
Summen angekauft.
Das neuerrichtete Thier-Cabinet erhielt durch den Ankauf meh-
rerer bedeutender Sammlungen ausländischer Thiere, als der pracht-
vollen Sammlung exotischer Insekten und Arachniden des Freiherrn
von Block in Dresden, einer Reptilien-Sammlung und der berühmten
ornithologischen und entomologischen Sammlungen des Herrn Ger-
ning in Frankfurt a. M. einen sehr bedeutenden Zuwachs und auch
die kaiserl. Menagerie zu Schöubrunn trug nicht wenig zu seiner
Vergrößerung bei.
Ausserdem wurden viele inländische Thiere erworben und durch
den Ankauf einer kleinen Sammlung menschlicher Eingeweidewürmer
von Dr. Lengsfeld, practischem Arzte in Wien, der Grund zu
einer helminthologischen Sammlung gelegt.
Gegen Ende des Jahres 1797 war die Aufstellung der Samm-
lungen, welche Director Eberle im Vereine mit Joseph Natter er,
dem die Aufsicht über den zoologischen Theil derselben übertragen
war, und mit dem Mechaniker Joseph Dietrich, welcher über
die physikalisch -astronomische und Kunst -Sammlung die Aufsicht
führte, besorgt hatte, beendet um! wurde das neu angelegte zoologisch-
[»hysilciilisrli-iisli'diioiiiist'lic Caltiiicl noch aiii 2. iJeceniLer desselben
Jahres dem Besiiehe des Publicunis erölVnet, nachdem kurz vorher
die Vorschriften bekannt gegeben worden waren, nach welchen man
sich hierbei zu benehmen hatte.
Für den Besuch war kein bestimmter Tag ausdrücklich festge-
stellt worden und konnte dieses Cabinet beinahe täglich, mit Aus-
nahme der Sonn- und Feierlage, besichtiget werden; doch w^^r der
Zutritt nur einzelnen Personen und kleineren Gesellschaften gestattet,
die sich zur Erlangung von Eintrittskarten an den Director wenden
mußten.
Dieselben enthielten eine in Kupfer gestochene Darstellung des
linken Flügels des Hofbibliothek-Gebäudes, in welchem sich dieses
Cabinet l)efand und wurde auf deren Rückseite Tag und Stunde zu
deren Benützung ersichtlich gemacht.
Über dem Hauptthore des Gebäudes war eine Tafel mit der
Aufschrift ,,K. K. Physikal. Kunst und Natur Kabinet." angebracht.
Um unmittelbar von seinen Appartements aus durch die Gewächs-
häuser seiner oberhalb des Augustiner Ganges befindlichen Terrasse
in die neu angelegte Sammlung gelangen zu können, ließ der Kaiser
den hinteren Seitentheil des linken Flügels des Hofbibliothek-Gebäudes,
in welchem dieselbe aufgestellt war, mittelst eines gedeckten Brücken-
ganges, der über den schmalen Hofraum an der Rückseite der Hof-
Bibliothek gespannt war, mit einem am äußersten Punkte der Terrasse
gelegenen Gewächshause in Verbindung setzen, so daß er von der
Hofburg aus ebenen und gedeckten Weges durch die lange Reihe
von Glashäusern bis in das Naturalien-Cabinets-Gebäude am Josephs-
platze gelangen konnte, indem jene Brücke in einen Corridor im
zweiten Stockwerke dieses Gebäudes führte.
Die erste Aufstellung des zoologischen Theiles dieser Sammlung
war nicht nur keine wissenschaftliche, sondern sogar von höchst
cigenthümlicher, ja fast bizarrer Art.
Director Eberle hatte die Absicht, durch eine anziehende und
geschmackvolle Zusanmienstellung der Tliiere nach ihrem ^'aterlande,
ihrer Lebensweise und ihren Sitten, in eigens zu diesem Beluife pas-
send decorirten Zimmern, die Aufmerksamkeit des Publicums rege zu
machen, und erreichte — w ie der Erfolg auch lehrte — vollkommen
hierdurch sein Ziel.
riescliiclite iles k. k. ll(il->';iliiiiilk'iK'jil)iiif(s zu Wien. 10121
Im Allgemeinen l)()t diese Aufstellung einige Ähnlichkeit mit
jener unserer heutigen zooplastisehen Museen dar, doch mit dem
großen Unterschiede, dali die hier zur Schau gestellten Thiere be-
züglich ihrer Ausführung, sowohl in Auffassung ihres Charakters, als
auch in der Nachahmung ihrer natürlichen Stellungen, weit hinter
den dermaligen Leistungen in der Kunst der Präparation zurück-
standen.
Die Rückwände der einzelnen Gemächer stellten gemalte Land-
schaften von mannigfaltig verschiedenem Charakter dar und mehrere
derselben waren der Umgebung von Wien entnommen.
Künstliche bemooste Felsgruppen, Bäume und Strauchwerk, aus
Glas nachgeahmte Wasserfälle, Bäche und Teiche, theatralisch aus-
geführte Meereswogen , Rasen , Geröhre und Getreidefelder , Ruinen,
ländliche Gebäude , worunter auch ein Maierhof , Taubenschlag und
Brunnen u. s. w. bildeten den Zwischengrund, der nach vorne zu
durch hohe und bis an die Decke reichende, aus großen , zwischen
mit weißer Ölfarbe angestrichenen Holzstäben eingerahmten Glas-
tafeln zusammengesetzte Wände abgeschlossen war.
liier waren nun die verschiedenen Säugethiere und Vögel, nebst
einigen ausgestopften Amphibien, in ziemlich natürlichen Stellungen,
ihrem Aufenthalte und ihrer Lehensweise möglichst entsprechend, in
mannigfaltige Gruppen vertheilt, so daß fast jede Wand ein für sich
abgeschlossenes und mit Thieren aller Art belebtes landschaftliches
Bild darstellte.
Diese von einander abgesonderten Bilder waren aber nicht nach
einer bestimmten geographischen Reihenfolge , sondern bunt anein-
ander gereiht, denn bald schloß sich eine asiatische, afrikanische
oder amerikanische an eine europäische Landschaft an, bald eine
tropische oder eine Wüstengegend an eine Landschaft aus dem hohen
Norden oder aus dem gemäßigten Europa.
An eine systematische Anordnung, so wie dieß eine wissen-
schaftliche Anstalt erfordert, konnte bei dieser Art der Aufstellung
allerdings nicht gedacht werden, aber nicht einmal die Namen
der einzelnen hier zur Anschauung gebrachten Thiere waren dem
Besucher ersichtlich gemacht, der sich damit begnügen mußte, die-
selben nach vorausgegangener besonderer Anfrage, aus dem Munde
der in den verschiedenen Abtheilungen vertheilten Dienerschaft zu
erfahren.
1022 * F.t..i..f,'or.
Der zoologische Theil dieses Cabinetes mhv in drei Zimmern
und einen) Saale im Erdgeschosse, in einem Zimmer im Halbstocke
und in vier großen Zimmern im zweiten Stockwerke des Gebäudes
aulgestellt.
Im Erdgeschosse, vom Eingange links, traf man im ersten Zim-
mer eine asiatische Waldlandschaft an, in welcher ein Axishirsch,
ein Moschusthier und mehrere in Asien vorkommende Papageien und
Singvögel vertheilt waren.
Das zweite Zimmer enthielt eine bewaldete Felsengegend mit
Wölfen, Bären, Luchsen, einem Hirsche, einem Dachse, der eben aus
seiner Höhle kroch, und mehreren Adlern und Falken.
Das dritte Zimmer bot eine europäische Waldgegend dar, in
welcher ein Wildschwein , ein Damhirsch und ein Reh von Hunden
angegriffen und einige Füchse von denselben verfolgt wurden, wäh-
rend mehrere Eichhörnchen, Siebenschläfer, inländische Singvögel,
Speclite und Fasanen theils auf den Bäumen, theils im Strauchwerke
angebracht waren.
Im Erdgeschoße zur Rechten trat man in einen großen Saal,
dessen Wände drei verschiedene landschaftliche Darstellungen ent-
hielten.
Eine afrikanische Wüste, mit einigen Zebra's, Antilopen, einem
Kameele und Dromedare, einem Stachelschweine, einem Strauße und
mehreren Geiern.
Ferner eine Viehweide, mit einem Maierhofe, in welchem man
einen Stier, mehrere Hausschweine , einen Hund und mehrere Haus-
katzen bemerkte, während Sperlinge und Schwalben die Giebel des
Daches umflatterten oder auf denselben saßen, und verschiedene
Schafe und Ziegen, von einem Hunde gehütet, auf der Weide ver-
theilt waren.
Endlich eine Polargegend , welche mit einer Meereslandschaft
in Verbindung stand, wo sich in ersterer ein Elenthier, mehrere
Rennthiere und Robben, in letzterer einige Delphine, Sturmvögel,
Seeschwalben und Möven befanden.
Im zweiten Stockwerke gelangte man in dem zur Rechten lie-
genden Trakte des Gebäudes in ein großes Zimmer, welches eine
ziemlich reich ausgestattete Bibliothek aus dem Gebiete der Experi-
mental-Pbysik, Optik und Astronomie, nebst einigen wenigen natur-
histiirischen Werken enthielt, die in hohen, in ihrer oberen sowohl
Gescilicilte des k. k. Hof-Natiiralieiicithiiicls /-u Wien. 1 0/^3
als untereil Hälfte mit Glastliüren verschlossenen Wandschränken aus
dunkelbraunem Holze aufgestellt war.
Die übrigen vier großen Zimmer füllte wieder der zoologische
Tlieil der Sammlung.
Das erste derselben brachte folgende drei landschaftliche Dar-
stellungen zur Anschauung.
Eine tropische Waldlandscliaft mit Affen, großen Fledermäusen,
einigen exotischen Katzenarten, Beutelthieren , Papageien, Tukanen,
ausländischen Spechten, Singvögeln und Tauben.
Sodann eine ländliche Gegend mit einem alten Schloßtburme,
einem Taubenschlage und einer Müble, über deren Triebrad sich das
künstlich aus Glas nachgeahmte Wasser in den nahen, durcli eine
Schleuße ahgesperrten Bach stürzte und woran sich, durch ein in
der alten Schloßmauer angebrachtes Zwischengitter getrennt, eine
offene Gebirgslandschaft mit einem Dorfe im Hintergrunde reihte , in
welcher man eine Bauernhütte, einen großen Hühnerstall und einen
Quellbrunnen bemerkte, dessen fließendes Gewässer gleichfalls künst-
lich aus Glas dargestellt war und sich in einen kleinen Teich ergoß.
Hier sah man die verschiedensten Haushühner und Tauben mit Trut-
hühnern und Pfauen bunt durcheinander gemengt, während sich Haus-
gänse und Enten auf dem Teiche und an seinen Ufern, so Mie auch
am Mühlbache umhertrieben und Kaninchen, Batten und Mäuse sich
in der Nähe der Gebäude vertheilten.
Ferners eine Alpenlandschaft mit Wald und einem künstlicb aus
Ghis nachgebildeten Wasserfalle, In derselben bemerkte man einige
Gemsen, iMurmelthiere und Alpenhasen, Scbneehühuer, Auerhühner,
Steinhühner und Adler, die in der verschiedensten Weise hier grup-
pirt waren.
Das zweite Zimmer bot abermals drei Landschaften dar, und
zwar :
Eine Felsengegend mit Wasserpartien , in' welcher man einen
Pelekan, einige Pinguine und Schwäne nebst mehreren ausländischen
Gänsen bemerkte.
Dann eine Gebirgslandschaft mit einigen Buinen und einem Via-
ductc, unter welchem ein über Felshk)cke stürzender Gebirgsbach
hervorbrach, dersichimThale weiterschlängelte und über welchen eine
kleine, aus Birken zusammengefügte Holzbrücke führte, in deren
Nähe auch ein Heuschober angebracht war. An diese Landschaft
1024 Fit /.in «...-.
schloß sieh, durch ein zwischen zwei Steinpfeilern angebrachtes Gitter-
thor getrennt, eine waldige Gebirgsgegend an, in welcher sich eine
offene II olzliütte, ein Sehitpl'bruiinen und aufgehäufte Fässer und Faß-
dauben, nebst einigen Biudergeräthschaften befanden. Hier waren
verscliiedene Eulenarten, Fledermäuse, Falken, Raben und Marder in
natürlich zusammengestellten Gruppen vertheilt.
Endlich eine Teichlandschaft mit Geröhre, wo man die mannig-
faltigsten, wild vorkommenden europäischen Gänse und Enten theils
auf dem Teiche und an seinen Ufern , theils im Geröhre angebracht,
betrachten konnte.
Das dritte Zimmer enthielt gleichfalls drei verschiedene land-
schaftliche Bilder, nämlich:
Eine europäische Waldgegend, welche von einer sehr großen
Anzahl der verschiedenartigsten inländischen Singvögel, von Krähen-
arten, Waldhühnern und Fasanen belebt war.
Daneben befand sich eine offene Feldgegend mit Getreidefel-
dern, in welcher sich Feldhühner, Wachteln und Lerchen nmher-
trieben, Hamster, Feldmäuse und Wiesel in ihren Verstecken
lauerten, Hasen von Hunden verfolgt wurden und Falken ihre Beute
umschwärmten.
Hierauf folgte eine an eine Gebirgsgegend sich anschließende
Teichlandschaft mit Geröhre, welche nebst einer großen Anzahl in-
ländischer Sumpfvögel , auch einen Biber und einige Fischottern in
sich schloß.
Das vierte Zimmer endlich enthielt blos eine einzige Landschaft,
die eine tropische Waldgegend mit Strauchwerk, Wasserpartien
und Geröhre darstellte. Hier bemerkte man ein Wasserschwein, einen
Tapir, einige Bisamschweine und sehr viele amerikanische Sumpf- und
Singvögel in mannigfaltiger Weise gruppirt.
In demselben Zimmer, links vom Ausgange, von welchem man
durch einen langen Corridor in die Bibliothek und durch diese wieder
auf die ihuipUreppe gelangle, befand sich in der Ecke ein mit grüner
Ölfarbe angestrichener Glasschrank, dessen Thür, welche die Vor-
derwand des Schrankes bildete, mit einem Vorhänge aus grünem
Taffet verkleidet, und der in seinem linieren hellrolh angestrichen
war. In diesem Schranke war Angelo Soliman verwahrt, der
dem besuchenden Publicum, bevor dasselbe jene Abtheilung verließ,
von einem Diener besonders jjrezeifft wurde.
Geschichte des k. k. Hof-Naturalieiicabiiiets zu Wien. 1025
Die dem Ausgange aus dieser Sammlung gegenüber liegenden
Gemächer im zweiten Stockwerke des linken Traktes des Gebäudes,
welche aus drei Zimmern und einem Vorzimmer bestanden, wurden
theils als Werkstätte für den Mechaniker des physikalisch-astronomi-
schen- und Kunst-Cabinetes zur Herstellung physikalischer Instru-
mente, theils zur Aufbewahrung des hierzu benöthigten Materials und
der erforderlichen Geräthschaften verwendet.
Die Treppe abwärts gelangte man endlich im Halbstocke zur
Linken in ein großes, im rechten Trakte des Gebäudes liegendes
Zimmer, welches die Grundlage zu einer Sammlung von Reptilien,
Fischen, Insekten, Arachniden, Conchyüen und Würmern enthielt.
Die Reptilien waren größtentheils in Glas-Pokalen verschie-
dener Form und Größe in Weingeist aufbewahrt und in mehreren
offenen W'andscliränken aufgestellt, und in einem ähnlichen Wand-
schranke befand sich auch eine kleine Sammlung menschlicher Ein-
geweidewürmer in Gläsern in Spiritus aufbewahrt. Einige wenige
Reptilien, sowie auch eine geringe Anzahl von inländischen Fischen
waren ausgestopft auf hölzernen , hellgrau grundirten Wandtafeln
aufgehangen.
EinTheil der Conchylien war bilderartig inRahmenkästclien unter
Glas auf besonderen Tischen längs der W^ände ausgestellt, ein anderer
Theil derselben, sowie auch eine Sammlung von Bernsteinen, meist In-
sekten eingeschlossen enthaltend — die jedoch sämmtlich erst zu An-
fang des Jahres 1798 acquirirt wurden — in zwei zierlichen Cassetten.
Von Insekten waren nur einige Laden mit Schaustücken von
Käfern und eine Anzahl exotischer Schmetterlinge, nebst einigen
Skorpionen und spinnenartigen Tliieren auf Tischen zwischen den
Fenstern aufgestellt. Diese beiden letzteren, sowie auch die Schmet-
terlinge, welche aus der berühmten Block'schen Sammlung stamm-
ten, waren so aufgestellt, daß jedes einzelne Individuum in einem
besonderen kleinen Glaskästchen, dessen Wände durch hellgrün ge-
färbte Papierstreifen zusammengehalten wurden, eingeschlossen, und
mittelst einer Stecknadel auf einem Korkstückchen befestigt war, so
daß man das Object von allen Seiten betrachten konnte.
Der größte Theil der Sammlung der Insekten und Arachniden
war aber nicht zur Schau gestellt, sondern wurde abgesondert theils
in Kästchen, theils in Laden, in einigen verschlossenen Schränken
aufbewahrt.
1026 Kit /. i Hf- er.
Die Sammlung von llöniorn und Geweihen war zu jener Zeit
gleichfalls noch nicht aufgestellt und wurde dieselbe in einem Ma-
gazine im Dachgeschosse untergebracht.
Im dritten Stockwerke des Gebäudes war aulJter der Natural-
wohnung des Directors und der Wohnung für den Aufseher und
einen Diener, auch eine große Localität als Tischler- und Schlosser-
Werkstätte, eine kleinere als Präparations -Zimmer benützt, und
der Halbstock im linken Trakte des Gebäudes als Wohnung für
den Portier.
1798 erhob der Kaiser den Director Abbe Simon Eberle in
Anerkennung seiner Verdienste bei der Errichtung und Anordnung
der seiner Leitung anvertrauten Sammlungen in den österreichischen
Adelsstand und verlieh ihm gleichzeitig auch die Würde eines infu-
lirten Proltstes und das ungarische Indig'enat.
In demselben Jahre schenkte Marie Carolin e , Königin von
Neapel, derkaiserl. Sammlung, in zwei zierlich gearbeiteten Cassetten,
eine Reihe von geschnittenen und zum Theile zu Ringen verarbeiteten
sicilianischen Rernsteinen, die größtentheils Insekten in sich ein-
geschlossen entliielten, wie auch eine Sammlung durciiaus sehr
kleiner und selbst mikroskopischer Conchylien, von denen jede ein-
zelne Art in einer besonderen Kapsel zwischen zwei Vergrößerungs-
gläsern eingeschlossen war; ferners eine Sammlung von Conchylien
des Mittelmeeres in kleinen Exemplaren, die in sechsunddreissig
kleinen, von vergoldeten Stabrahmen umgebenen Wandtafeln nach
Art der Schaubilder unter Glas bewahrt und auf dunkel blaugrauem
Grunde aufgeklebt, symmetrisch vertheilt waren.
Gleichzeitig sandte sie auch als Geschenk für diese Sammlung
ein ausgestopftes sechsjähriges Negermädchen, das zierlich präpa-
rirt, in sitzender Stellung dargestellt war, mit einer blauverzierten
gelben Seidenschürze umgeben, einer Krone aus gelben, blauen und
rothen Straußfedern auf dem Kopfe und einer Schnur weißer Glas-
perlen um Hals, Arm und Reine; eine Acquisition, welche im Cabinete
in demselben Schranke, in dem Angel o Soliman aufgestellt war,
iliicii Platz fand.
In eben diesem Jahre unternahm Custos Johann Carl Me-
gerle eine Rereisung der Provinzen Selilesien und Galizien, und
brachte eine nicht unansehnliche Menge von Mineralien für die kais.
Sammlung mit.
Geschichte des k. k. Hof'-NiitiiialicniMhinefs zu Wien. 1 0!2 <
Auch gründete er, um einen lebhafteren Verkehr in den Natuia-
lienhandel zu bringen, zugleich aber auch den überspannten Forde-
rungen der Händler Einhalt zu tliun, ein besonderes Auctions-Institut
für Naturalien, im Bürgerspitalsgebäude zu Wien,
1799 am 14. August starb der "pensionirte Hofmaler des kais.
Naturalien-Cabinetes Franz Joseph Wiedon zu Wien, im 96. Le-
bensjahre.
Gegen das Ende desselben Jahres kehrte auch Georg Scholl,
welcher als Gärtnergehilfe mit Franz Boos schon im Octoberl785
auf Befehl Jose ph'sH. eine naturhistorische Reise nachdem Cap
der guten Hoffnung angetreten hatte, nach einem Aufenthalte von
mehr als dreizehn Jaliren vom Cap zurück, während Boos schon
am I.Februar 1T88 dasselbe verlassen hatte, und Scholl daher noch
eilf Jahre daselbst zubringen mußte. Er brachte nebst vielen anderen
Naturalien für die kaiserl. Sammlung auch den Balg und das Skelett
eines 16 Fuß hohen Giraffen-Männchens (ßamelopardaUs Girajf(i)
mit, das er von dem holländischen Oberst Gordon in der Capstadt
angekauft hatte, und welches das dritte Exemplar war, das zu jener
Zeit in die europäischen Museen kam. Seine Ausbeute bestand in
einer sehr bedeutenden Sammlung vieler seltener Thierhäute und
Vogelbälge, worunter sich auch das damals noch so selten gewesene
capische Erdferkel (^Orycierojms capensis) befand, in einer schönen
Reihe von capischen Mineralien und in einer überaus reichen Samm-
lung von Cap-Pflanzen.
Bald nach der Rückkehr Scholl's sandte der Kaiser den Gärt-
ner Enzel nach den vereinigten Staaten von Nord-Amerika, um so-
wohl lebende Pflanzen für seinen in der Ungergasse in der Vorstadt
Landstrasse gelegenen Privatgarten, als auch Naturalien für die
kaiserl. Cabinete einzusammeln.
Im Jahre 1800 wurde vom Kaiser über Antrag des Directors
von Eberle für das zoologisch-physikalisch-astronomische Cabinet
ein besonderes Personale untergeordneter Dienerschaft bewilliget.
Ludwig Celanfi erhielt die Stelle eines Cabinetsdieners, und zwei
Zimmerputzer, zwei Hausknechte und ein Portier, welche seither nur
provisorisch bei diesem Cabinete in Verwendung standen, wurden
definitiv für diese Anstalt bestimmt.
In eben diesem Jahre unternahm der zweite Director des kais.
Naturalien-Cabinetes Abbe Andreas Stütz auf Veranlassung des
1028 FitzingiT.
Staats- und Cüiit'ereiiz-Miiiistors Anton Graten von Pergen
eine Reise nach Carlsbad und in die nächst gelegenen Bergstädte,
unti kehrte mit einer reichen Ausheute an Mineralien zurück , die er
l'iir die kaiserliche Sammlung bestimmte.
Im Jahre 1800 legte auch der Aufseher im Thier-Cabinete
Joseph Natter er eine kleine Menagerie inländischer Vögel am
kaiserl. Cabinetean, von denen die größeren theils frei, theils in
großen Käfigen eingeschloßen , unter den Giebeln des Daches, die
kleineren aber in einem seiner Wohnzimmer gehalten wurden.
Die interessanteste Acquisition, welche das Thier-Cabinet im
Jahre 1801 gemacht, war der Balg eines jungen javanischen Nas-
horns (Rhinoceros javanicus). Es war und ist dieß bis zur Stunde
noch das erste Exemplar dieser Art, das lebend nach Europa gebracht
wurde; ein vierzehn Monate altes Männchen, das in demselben Jahre
in Holland ausgeschilVt wurde, für die kaiserl. Menagerie zu Schön-
bruiin bestimmt war, jedoch während der Reise schon in Hamburg
zu Grunde ging.
1801 ließ Director von Eberle auch auf Befehl des Kaisers
den verstorbenen Mulaten Pietro Michaele Angiola, welcher
als Thierwärter in der kaiserl. Menagerie zu Schönbrunn gedient
hatte, durch Filippo Agnello, einen Venetianer, der mit der Prä-
paration von Thierbälgen wohl vertraut war, ausstopfen. Er war
bestimmt, in der Sammlung auf dem in derselben befindlich ge-
wesenen Kameele reitend, aufgestellt zu werden und wurde daher in
reitender Stellung ausgeführt, eine Lanze in beiden Händen haltend,
mit der er einen Stoß rechts nach abwärts führte, mit einer rothcn
Schürze aus Wollenstoff umgeben und einem weißen Turban auf dem
Haupte.
Aber noch in demselben Jahre sah sich der Kaiser veranlaßt,
den Director Abbe Simon von Eberle in den Ruhestand zu ver-
setzen und die Entfernung des Cabinetsdieners Ludwig Celanfi
zu verfügen. Die ungeheuren Summen, welche Director von Eberle
oft ohne vorausgegangene Bewilligung des Kaisers und bisweilen
selbst in verschwenderischer Weise für die neuen Sammlungen
verausgabt hatte, und welclie die Privat-Chatouille des Begenten
trafen , so wie auch einige Unregelmäßigkeiten in der Geliahrung,
bewogen den Kaiser zu diesem Beschlüsse, so wie die Entfernung
des Cabinetsdieners [judwivurde zur AusCülirung geschritten und schon in
kurzer Zeit eine nicht unansehnliciie Sammlung zu Stande gebracht.
Aber auch die Sammlung der Meteoriten gewann wieder einen
neuen Zuwachs, indem dieselbe mit einem Stücke des Meteoreisens
von Tucuman in der argentinischen Bepublik in Süd-Amerika, das von
Leopold von Fichtel angekauft wurde, und mit einem Bruch-
stücke eines der am 13. December 1798 zu Benares in Ost-Indien
gefallenen Meteorsteine, das Lord Greville dem kaiserl. Cabinete
zum Geschenke machte, bereichert wurde.
Der Kaiser selbst legte 1807 den Grund zu einer botani-
seliiMi Sammlung an dem von ihm iii's Leben gerufenen Cabinete,
fieseliiclil.' (Ir> k. k. ll.ir-.Naturaliciicaliiiicls /.ii Wien. 104a
da er demselben sein reiches Privat-Herbarium schenkte, das nebst
den von den beiden Gärtnern Georg Seholl am Cap und Enzel
in Nord-Amerika eingesainnielteii Pflanzen, noch eine Sammlung der
seltensten exotischen Gewächse enthielt, die im Laufe der Jahre in
den Gewächshäusern des botanischen Gartens zu Schönbrunn culti-
virt worden waren.
Ebenso wurde diesem Cabinete eine sehr bedeutende Sammlung
getrockneter ostindischer Pflanzen nebst vielen Samen von Lord
Valentia zum Geschenke dargebracht.
In demselben Jahre dehnte Director Schreibers die Herstel-
lung von Wachspräparaten auch auf die mannigfaltigen Varietäten
der Kartoffel und auf die verschiedenen Arten der in Österreich vor-
kommenden Reptilien aus, die nach lebenden Originalen theils von
Franz Stell, theils von Johann Ja ich angefertiget wurden und
ließ durch den letzteren eine größere Anzahl von Nachbildungen
eines der größten Exemplare des dickleibigen Olm's (Hypochtlion
Zoisii) aus der Rupnizaquelle bei Rupa in Krain herstellen, die an
die meisten europäischen Museen vertheilt wurden.
Überhaupt wurde von dieser Zeit an die Anfertigung von Saft-
pflanzen, Obstsorten und Früchten regelmäßig und eifrig betrieben.
1807 endlich gab Johann Georg Megerle von Mühl fei d,
welcher früher bei der entomologischen Abtheilung des kaiserl.
Naturalien-Cabinetes unentgeltlich Dienste geleistet hatte, das von
dem verstorbenen Director dieses Cabinetes Abbe Andreas Stütz
im Manuscripte zurückgelassene Werk „Mineralogisches Taschen-
buch" zu Wien und Triest in 12. heraus, welches mancherlei ge-
schichtliche, wenn auch bisweilen durch Druckfehler entstellte Noti-
zen, über diese Anstalt enthält.
Als der Kaiser im Jahre 1808 Kunde von dem am 23. Mai jenes
Jahres nächst Stannern in Mähren stattgefundenen Meteorsteinfaile
erhielt, beschloß er, dieses merkwürdige Ereigniß allsogleich durch
eine besondere wissenschaftliche Commission ämtlich erheben und
die Thatsache sicher stellen zu lassen.
Unverzüglich wurde Director Schreibers und Alois Beck
von Widmannstätten, Director des k. k. Fabriks-Producten-
Cabinetes — eine als Physiker hochgeachtete Persönlichkeit, — be-
auftragt, sich allsogleich an Ort und Stelle zu begeben, das Factum
genau und in wissenschaftlicher Beziehung zu untersuchen, eine
Sitzb. d. matheni.-natiirw. Cl. LVli. Bd. I. Al.th. 67
1()4() Kit/, in ^r,..-.
möfjflichst große Anzalil der gelalleiien Steine für das kaiserl. Natiira-
Hcii-Cabinet zu erwerben und umständlichen Bericht über die geptlo-
genen Erhebungen zu erstatten.
Die beiden Comniissäre kelirten mit einer großen Anzahl tlieils
ganzer Steine, theils höchst charakteristisclier Bruchstücke dieses
Meteoriten zurück, von denen 27 für die kaiserl. Sammlung ausge-
wählt wurden.
Der umfassende Bericht, den Sclireibers über dieses seltene
Ereigniß erstattete und welcher noch im Jahre 1808 im 29. Bande
von Gilbert's „Annalen der Physik" veröffentlicht wurde, enthält
die genauesten Erhebungen über dieses Phänomen und die wichtig-
sten Aufschlüsse in wissenschaftlicher Beziehung.
Durch denselben wurde der so lange Zeit hindurch bestrittene
meteorische Ursprung ähnlicher aufgefundenen Stein- und Metall-
massen über jeden Zweifel erhoben und die Aufmerksamkeit der
Naturforscher ganz besonders auf diesen Gegenstand gelenkt.
Überhaupt führte dieses Ereigniß zu vielen neuen wissenschaft-
lichen Untersuchungen und Resultaten, und trug jener Bericht nicht
wenig zu einer richtigen Beobachtung solcher Phänomene bei.
Ebenso gab dasselbe aber auch Veranlassung zur Anlegung einer
eigenen Sammlung dieser seltenen Naturproducte im kaiserl. Naturalien-
Cabinete, welche auf ovalen und von einem Goldrande umgebenen Posta-
menten aus weiß angestrichenem Holze, in einem besondern Pultschranke
im ersten Saale des Mineralien-Cabinetes aufgestellt worden war.
Seit jener Zeit wendete Director Schreibers seine Aufmerk-
samkeit vorzugsweise diesem Gegenstande zu und betrieb die Ver-
mehrung der neu angelegten Sammlung mit besonderer Sorgfalt und
Pflege.
Noch in demselben, lahre wurde diese Sammlung auch mit einem
Bruchstücke eines am 3. September 18(>8 bei Lissa in Bölinien ge-
fallenen Meteorsteines bereichert, welches vom königl. böhmischen
Guliernium dem kaiserl. Cabinete eingesendet wurde.
tSliS schenkte der n. ö. Landscbafts-Phytograph Leopold
Trattinnick, ein sehr geachteter Botaniker, sein reichhaltiges, gegen
12.000 Arten und nahe an 200.000 Exemplare umfassendes Herba-
rium aus allen Theilen des Erdballs, an welchem er viele Jahre hin-
durch gcsaniiiit'lt halte, dem kaiserl. Cabinete und mit demselben zu-
gleich auch die Herbarien der rühmlichst bekannten Botaniker Ehr-
Gesell ii'hti- «livs k. k. Ilor-Natiiriilicni-Hl.iiu'ls zu Wii-ii. 1047
bar dt und Hoppe, sowie die beiden Specialtloreii der Wetterau,
welcbe 875 Pflanzenarleii enthielt und jene der Schweiz des Botani-
kers Schleicher, welclic 3272 Arten umfaßte.
In Folge dieses werthvollen Geschenkes und in Anerkennung
der Verdienste, welche sich Leopold Trattinnick auch in der
Wissenschaft erworben, ernannte der Kaiser denselben zum zweiten
Custos am kaiserl. Naturalien-Cabinete oder ersten Custos am Thier-
Cabinete mit einem Jahresgehalte von 1200 Gulden, da er ihm den
Rang vor dem im Jahre 1807 zum Custos an diesem Cabinete ernann-
ten Franz Anton Ziegler zu verleihen sich bestimmt fand.
Durch diese Ernennung erlangte der von Director Schreibers
schon im Jahre 1806 in Antrag gebrachte Status wieder eine theil-
weise Verwirklichung, sowie durch die bewilligte Vermehrung der
Dienerschaft mit zwei Hausknechten statt der im Statusantrage des
Directors beanspruchten Zahl von vier.
In demselben Jahre begann Johan n Natter er, der jüngere
Sohn des ersten Aufsehers im Thier-Cabinete Joseph Natter er
des Alteren, seine freiwillige unentgeltliche Dienstleistung am
Thier-Cabinete und trat eine Reise nach Steiermark und dem Küsten-
lande an, um für dieses Cabinet zu sammeln.
Nach seiner Rückkehr überließ er seine auf dieser Reise ge-
machte Ausbeute dem kaiserl. Cabinete und betheiligte sich mit
großem Eifer an der von Director Schreibers gemeinschaftlich
mit Dr. Bremser und Joseph Natterer dem Jüngeren, be-
triebenen Anatomie von Thieren und Aufsuchung von Eingeweide-
würmern in denselben.
Im Herbste wurde Dr. Johann Gottfried Bremser nach
18 monatlicher unentgeltlicher Dienstleistung zum Stipendisten am
Thier-Cabinete mit einem Jahresstipeiidium von 300 Gulden für die
Zeit von drei Jahren ernannt, und unterm 19. November 1808 der
vom ersten Aufseher im Thier-Cabinete Joseph Natter er dein
Alteren seither bezogene Quiescentengehalt von öt>2 Gulden in
einen Activgehalt umgewandelt und auf 600 Gulden erhöht, wobei
demselben auch die ihm im Jahre 1806 verliehene Personalzulage
von 200 Gulden belassen wurde.
1808 wurden auch viele und zumTheile sehr bedeutende Acqui-
sitionen für die verschiedenen Abtheilungen der kaiserl. Sammlungen
gemacht.
67'
104. Juni 1794), das sie als (Jeschenk vom
Artillerie - Obersten F r a n z v o n T i h a v s k y erhielt, ein Bruchstück
i\e$ Meteorsteines von Ensisheim in Elsaß (gefallen am 7 November
J0Ö2 KM/, in -er.
14{t2), weli'lii's Mitjor von Schwarz dem kaiserl. Cfibiiiete schenkte,
uiul ein Stück lies iMeteoreisens aus Sachsen, das Präsident Schlot-
heim in Gotha der kais. Sammlung verehrte.
Unter den Zuwächsen, welche die zoologische Abtheilung des
Cabinetes im Jahre 1809 erhalten hat, verdient vor Allem ein wahr-
haft prachtvolles Exemplareines 13jährigen weiblichen Königs-Tigers
(Tif/rin regalisj genannt zu werden, das seit 1799 in der kaiserl.
Menagerie zu Schönbrunu gelebt hatte. Dasselbe wurde von dem
Practicanten Johann Natterer ausgestopft und ist ein wahres
Meisterstück in der Präparation, indem fast jeder einzelne Muskel
an demselben \\ahrgenommen werden kann.
Im Jahre 1809 gab Custos Leopold T r a 1 1 i n n i c k sein
schon 1805 begonnenes Werk „Fungi austriaci iconibus illustrati.
()sterreich*s Schwämme in fein ausgemahlten Abbildungen darge-
stellt", das zu Wien in sechs Lieferungen mit 18 Kupfertafeln in 4".
und eben so vielen Nachbildungen in Wachs, erschienen war, umge-
arbeitet und vermehrt, unter dem Titel „Die eßbaren Schwämme des
österreichischen Kaiserstaates" mit 30 Kupfertafeln und einer gleichen
Anzahl von Wachspräparaten, zu Wien und Triest in 8o. heraus.
Mittlerweile war auch der von Director vo n Sc h rei bers bean-
tragte Zubau im Hofraume des Hofbibliothek -Gebäudes längs der
Rückseite der Augustiner Kirche vollendet worden. Hierdurch wurden
drei große Säle gewonnen, von denen der eine das Erdgeschoß, die
beiden anderen das erste und zweite Stockwerk bildeten und welche
die ganze Fronte des Gebäudes einnahmen, und zur Aufstellung eines
Theiles der Säugethier-Samnihing bestimmt waren. Das dritte Stock-
werk enthielt ein sehr großes und drei kleinere Gemächer, wovon
das erstere als Präparations-Locale, die letzteren als Naturalwohnung
für den Aufseher des zoologischen Cabinetes bestimmt werden sollten,
und stand mit dem alten Gebäude in Verbindung.
Über dem dritten Stockwerke wurde eine Terrasse angebracht,
die mit den (Jeniächern desselben sowohl, als auch mit dem Dach-
g(^s('lloße des Hauptgebäudes am Josephsplatze in Verbindung stand
und /um Aiiatoiiiiren, Abhäuten und Ausstopfen großer Thiere ver-
wendet werden sollte.
Außerdem war am äußersten Ende des neuen Gebäudes eine
Treppe angebracht worden, welche vom Erdgeschoße bis in das
letzte Stttekucrk reidiic mid mittelst welcher eine fortlaufende Ver-
CescliiehtL- .Ihs k k ll..f-.N;itiiii.li.-:MaMiM;t< zu Wifii. 10;>3
biiidung der alten mit den neuen Localitäteii hergestellt wurde. Am
Fuße dieser Treppe führte eine hohe Eingangsthür in den Hotraum
und eine zweite eben so hohe war in der Mitte des Gebäudes im
Saale des Erdgeschoßes angebracht, damit man größere Thiere durch
dieselben in die Sammlung bringen konnte.
Im Januar 1810 kehrte von Schreibers mit den geflüchteten
Schätzen wieder nach Wien ziiriick.
In Folge dieser Reise gewann das kaiserl. Naturalien -Cabinet
einen bedeutenden Z,uwachs an seltenen und zum Theile bis dahin
noch nicht bekannt gewesenen vaterländischen Thieren, die von
Schreibers gemeinschaftlich mit dem Practicanten Johan u Nat-
terer gesammelt hatte und darunter öü Bälge von Vögeln.
Durch die während der feindlichen Invasion von Dr. Bremser
mit besonderer Vorsicht und Klugheit eingeleiteten und von der
kräftigen Mitwirkung des zurückgebliebenen gleich patridtisch gesinn-
ten Cabinets-Personales unterstützten Verhandlungen mit den feind-
lichen Behi»rden und autorisirten Plünderungs- Commissären gelang
es, nicht nur jeden Verlust hintanzuhalten, sondern auch jede unan-
genehme CoUision mit denselben zu vermeiden. Sowohl der Stadt-
Commandant General Andreossi, als auch der wissenschaftliche
Commissär Marcel de Serres, mit welchen Bremser vielfach zu
verkehren hatte, rühmten dessen freundliches Entgegenkommen.
Noch lange nach der Rückkehr der im Jahre 1809 geflüchteten
Schätze fühlte man aber noch die Folgen des Krieges, bis ein mehr-
jähriger Friede neues Leben wieder in die Wissenschaften rief.
Die schon zu Anfang des Jahres 1810 beabsichtigte neue Ein-
richtung des Thier-Cabinetes erheischte vor Allem die vom Kaiser
bereits genehmigte Räumung der bisher von dem physikalisch-astro-
nomischen Cabiuete eingenommenen Localitäten im ersten Stock-
werke des linken Traktes des alten Gebäudes. Dieselbe wurde daher
unverzüglich zur Ausführung gebracht und das physikalisch-astro-
nomische Cabinet in die Gemächer unterhalb des astronomischen
Thurmes in der Hofburg übertragen.
Gleichzeitig wurden auch aus der Cabinets-Bibliothek die physi-
kalischen, optischen und astrouumischen Werke ausgeschieden und
ebenfalls dahin gebracht.
Das erste Geschäft, welches die Thätigkeit der am kaiserl.
Naturalieu-Cabinete angestellten Beamten in Anspruch genommen
1054 K,t/. inoor.
hatte, ujir die Eiiireihiiiig der nach Ungarn gelliiehteten Natu-
ralien.
Im Thier-Cabinete wurde nun auch nicht nur mit der Einrich-
tung der Localitäten im neuen, sondern auch mit der Umgestaltung
jener im alten Gebäude begonnen und die Aulstellung der Samm-
lungen in Angriff genommen.
Die Wandungen der Säle im neuen Gebäude wurden gemalt
und jeder derselben stellte ein nach oben offenes Amphitheater aus
Granit-Quadern vor, an dessen Rückwand die hier aufgestellten
Säugethiere, auf ovalen Holzpostamenten befestiget, frei auf Staffe-
leien standen, die ebenso wie jene, granitähnlich angestrichen waren,
und wurden von dem für die Besucher bestimmten Räume durch ein
nicht sehr hohes, aus hölzernen Lanzenstäben zusammengesetztes,
schwarz angestrichenes Gitter abgeschlossen.
Auf jedem einzelnen Postamente war der systematische Name
mit schwarzen Lettern ersichtlich gemacht.
Auch hatte von Schreibers die Absicht, außerdem noch an
den Erkern zwischen den Fenstern Tafeln anbringen zu lassen , auf
denen nebst dem systematischen Namen, auch die deutschen, franzö-
sischen und englischen Trivialnamen angebracht werden sollten ; doch
kam dieses Vorhaben nur theilweise und zwar blos im Erdgeschoße
des neuen Gebäudes zur Ausführung, wo die Namen der dort aufge-
stellten Thiere auf großen, grün marmorirten Holztafeln, mit schwar-
zen Lettern angegeben waren. Dagegen wurde später auch die
deutsche Benennung den systematischen Namen auf den Postamenten
beigefügt. Der Fußboden im großen Saale des Erdgeschoßes im
neuen Gebäude wurde zur Erzielung einer leichteren Reinigung des-
selben mit einem Steinptlaster aus Porzellan-Ziegeln belegt, die
beiden Säle in den Stockwerken aber wurden mit einem einfachen
Holzboden versehen.
Sehr bedeutend waren auch die Veränderungen, welche bezüg-
lich der Aufstellung der Sammlungen im alten Theile des Gebäudes
vorgenommen wurden.
Die früher bestandene malerische, plastische Ausstattung wurde
allenthalben beseitiget und im Erdgeschoße, welches nur zur Auf-
nahme von Säugethieren bestimmt war, wurden auch die lutcli vor-
handen gewrsrnt'n Glaswände hiiiweggenommen und der Fußboden,
wcjrlifi' si'itlu'r. so wie in allen Ausstellungs-Ijocaliti'iteii, aus Holz-
r.eschiclitf des k. k ll(.f-iS;itiii:iliciic;iliiiiets zu Wien. 1 0 !> S
Parketeii bestand, eben so w ie im Erdgesehoße des Neubaues, durch
ein Steinpflaster aus Porzellan-Ziegeln ersetzt. Die Decorirung dieser
Localitateu und die Aufstellung der Säugethiere in denselben, wurde
jener im neuen Gebäude völlig gleich gehalten.
Dagegen wurden im zweiten Stockwerke im rechten Trakte des
alten Gebäudes, in welchem auch ternerhin die Sammlung der Vögel
belassen werden sollte, neue, aus größeren Tafeln bestehende und
durch sciimale Holzstäbe zusammengehaltene Glaswände, die auf
einem Sockel ruhend, bis an die Decke reichten, hergestellt, hinter
welchen die Vögel auf ovalen Holzpostamenten und je nach Verschie-
denheit der Ordnungen noch auf besonderen niederen Sitzstangen
befestiget, gleichfalls auf StalTeleien aufgestellt werden sollten, die
ebenso wie die Postamente und das Holzgerüste der Glaswände, mit
weißer Farbe angestrichen waren. Die Rückwände in diesen Schrän-
ken und die Zimmerdecke waren gemalt und stellten einen leicht
gewölkten Himmel dar.
Auf den Postamenten der einzelnen Arten war der systematische
Name und auch der deutsche Trivialname in deutlicher Schrift auf
angeklebten Papierstreifen ersichtlich gemacht.
Im linken Trakte des Gebäudes wurden die Localitäten im
zweiten Stockwerke zur Aufstellung der Sammlungen der Reptilien und
Fische, jene im ersten Stockwerke für die Sammlung der Eingeweide-
würmer, und die im Halbstocke zur Aufnahme der Insekten- und
Pflanzen-Sammlung bestimmt.
Die Reptilien und Fische wurden zu jener Zeit in den hier schon
vorhanden gewesenen Schränken belassen, doch trachtete man die-
selben besser zu vertheilen.
Die beiden vorderen Zimmer sollten als Arbeitszimmer benützt,
die Reptilien im dritten, und die Fische im vierten oder letzten Zim-
mer dieser Abtheilung aufgestellt werden.
Im ersten Stockwerke, das ausschließlich der Sammlung der
Eingeweidewürmer eingeräumt worden war, erhielten die beiden
ersten Zimmer gleichfalls die Bestimmung als Arbeitszimmer ver-
wendet zu werden, Avährend das dritte und vierte zur Aufnahme der
reichen Sammlung dienen sollte.
Im Halbstocke endlich wurde das erste und zweite Zimmer der
entomologischen, das dritte und vierte der botanischen wSanmdung
zugewiesen.
lUÖO Fi I /. i iin (' r.
Was die Aiilslelliiiii»; dieser im linken Trakte des Gebäudes unter-
gebrachten Sammlungen selbst betrilTt, so konnte nur jene der Ein-
geweidewürmer und zum Tlieile auch die der Pflanzen insoweit voll-
endet werden , daß es möglich war, dem Publicum den Eintritt in
diese beiden Abtheilungen zu gestatten.
Für die Eingeweidewürmer-Sammlung wurden niedere Wand-
schränke und ein großer Mittelschrank, welcher im vierten Zimmer
untergebracht worden war, hergestellt, die in ihrer oberen Hälfte
mit Glasthüren versehen, und zur Aufstellung der Schaugegenstände
bestimmt waren, während die untere Hälfte derselben zur Aufbewah-
rung der systematischen Sammlung diente.
Diese Schränke waren an der Außenseite mit einem Anstriche
nach Art des Eichenholzes versehen und die Innenseite derselben in
der oberen Hälfte graulichweiß grundirt.
Hier wurden die verschiedenen Gattungs- Repräsentanten mit
ihren zahlreichen Arten auf den Querfächern der Schränke und einige
auch oberhalb derselben, reihenweise in mit Alkohol gefüllten Glas-
Cylindern aufgestellt, die mit flachen, aufgeschlilTenen Glasdeckeln
versehen, mittelst Rindsblase hermetisch geschlossen und über der-
selben mit schwarzem ülfirniß überstrichen waren.
Jeder einzelne Cylinder stand auf einem aus Holz gedrehten
Postamente, das gleichfalls mit schwarzem ()lfirniß angestrichen
war und auf einer zierlich geschriebenen Etikette nebst dem syste-
niatischen Namen auch den Namen des Thieres enthielt, von welchem
der Wurm stammte.
Die für die Schausammlung bestimmten Würmer waren mittelst
feiner Seidenfäden oder weißer Pferdehaare an den zu diesem ßehufe
durchlöcherten Glasdeckeln, oder auch an hohlen, schwimmenden
Glaskugeln aufgehangen, jene, welche in die systematische Samm-
lung eingereiht waren, in Fläschchen mit eingeriebenen Glasstöpseln
aufbewahrt.
Im letzten Saale war die von Franz Zaun er aus carrarischem
Marmor gemeisselte Büste Kaisers Franz H., welchem das Tliier-
("abinet seine Gründung zu verdanken hatte, auf einem Sockel von
künstlichem grünen Marmor aufgestellt, der zwischen zwei mit ver-
goldeten Capitälen versehenen Säulen von nachgeahmtem rotlien Por-
phyre, auf einer Ivsirade von mehi-eren Stufen stand, hinter welcher
eine mit Tressen besetzte und durch Quastenschnüre zusammen-
Cescliifht.' (It's k. k. llol-NaliiialicncMliiiiPl^ /,ii W i>n. 1057
gelialtene Draperie aus dunkel olivengrünem Tuche, zeltartig ausge-
spannt, sich bis an die Decke des Zimmers erstreckte.
Diese Büste war mit derselben Decocirung schon früher in dem
nämlichen Locale vorhanden und wurde bereits zur Zeit der ersten
Errichtung dieses Cabinetes, im Jahre 1797, hier aufgestellt.
Für die Insekten-Sammlung, an deren Ordnung und Aufstellung
bis dahin noch gar nicht gedacht werden konnte, sowie auch für die
Herbarien wurden geschlossene, mit weißer Ölfarbe angestrichene
Wandschränke hergestellt, in welchen dieselben untergebracht worden
waren. Jene, welche für die Insekten bestimmt waren, wurden nur
mit einfachen Querfächern versehen, auf denen die zahlreichen Käst-
chen und Laden, welcjie den gesammten Samnihingsvorratii enthielten,
über einander aufgeschichtet wurden, die zur Aufbewahrung der
Herbarien dienenden hingegen, sowohl der Länge als auch der Quere
nach in abgeschlossene Fächer getheilt.
Die Hölzer, Samen und trockenen Früchte waren theils in einem
langen niederen Wandschranke nebst den Herbarien-Schranken im
dritten Zimmer untergebracht, theils in einem Glaspulte oberhalb
desselben, während die forslbotanische Sammlung bilderarlig unter
Glas in Wandtafeln über diesem Pulte aufgehangen war.
Zur Aufstellung der Sammlung der VVachsptlanzen wurden im
vierten Zimmer dieser Abtheilung längs der Wände bis an die Decke
reichende Glaswände hergestellt, welche genau so wie jene in der
Vogelsammlung construirt und ausgestattet w^aren, und ein ebensolcher,
aber minder hoher Glasschrank in der Mitte dieses Zimmers.
Auf den im Inneren dieser Schränke angebrachten Staffeleien
waren die Blumentiipfe mit den Wachspflanzen der Reihe nach gleich
wie in einem Gewächsbause aufgestellt.
In dem Zwischenräume, welchen die Fenster darboten, waren
Glaspulte mit den aus Wachs geformten Früchten, Obst- und Kartoffel-
Sorten angebracht.
Die Reptilien und Fische waren einstweilen nur nothdürftig theils
in den vorhandenen Schränken, theils auf denselben, längs der Wände
und in der Mitte der beiden ihnen zugewiesenen Zimmer, gleichwie
in einem Magazine, untergebracht.
Dagegen waren die Sammlungen der Säugethiere und Vogel,
welche man in Folge des neuen Zultaues in fortlaufender systema-
10O(S Fi t /. i II KP!--
tisclier Keihenfoljjje besichtigen konnte, vollkommen geordnet worden
und folgendermaßen vertheilt.
Im Erdgeseliolie zur Linken waren im zweiten Zimmer — da
das erste nur als Vorzimmer benutzt wurde — die Affen,
im dritten die Fledermäuse und bärenartigen Raubthiere, und
im vierten die hunde- und katzenartigen Raubthiere aufgestellt.
Der große Saal zur Linken enthielt die Beutelthiere, Nagethiere
und Zahnarmen Thiere , so wie auch die Vielhufer (Nashorn, Tapir
und Schweine).
Im Saale des Erdgeschoßes des neuen Gebäudes waren die
Kameele, Moschusthiere , Hirsche, die Giraffe und die Antilopen
aufgestellt;
in jenem des ersten Stockwerkes die Ziegen, Schafe und
Rinder; und
in dem Saale des zweiten Stockwerkes die Pferde, Robben
und Delphine.
In den vier übrigen Zimmern des zweiten Stockwerkes im alten
Gebäude, welche die Vogel-Sammlung enthielten,
waren im ersten Zimmer die Raubvögel,
im zweiten die Klettervögel, raben- und schwalbenartigen Vögel
und die Singvögel,
im dritten die Strauße, hühnerartigen Vögel und Sumpfvögel, und
im vierten die Schwimmvögel aufgestellt.
Das fünfte Zimmer endlich enthielt, wie schon ursprünglich, die
Bibliothek.
Die Bestimmungen bezüglich des Besuches dieser Sammlungen
blieben dieselben, wie sie im Jahre 1802 von Director Stütz vor-
gezeichnet worden waren, nur wurde der Eintrittstag gewechselt und
von Mittwoch auf Donnerstag verlegt.
Dagegen wurden neue Karten ausgegeben, welche eine in
Kupfer gestochene Ansicht des Hof-Bibliotheks- und Naturalien-
Cabinets- Gebäudes mit der vor demselben befindlichen Josephs-
Statue enthielten.
In Wien ansäßigen Gelehrten und einzelnen Wissenschafts-
freunden wurden diese Karten, unter Bezeichnung ihres Namens auf
der Rücksfitc zur l'orlw älirenden Benützung überlassen und konnten
dieselben während der Sonunerszeit das kaiserl. Cabinet auch in den
Naehmittagsstuihlen besichtigen.
Geschicilte i!es k. k. llof-ISaturiiliuiuiiliiiiets /.u Wien. 1059
Für die einzelnen Abtlieilungen des kaiserl. Naturalien-Cabinetes
wurden im Laufe des Jahres 1810 mancherlei Erwerbungen gemacht.
Die entomologische Abthcilung gewann durch eine von dem Insekten-
Händler Georg Dahl unternommene Reise nach Kärnthen einen
nicht unbeträchtlichen Zuwachs.
Eine nicht minder ansehnliche Vermehrung wurde derselben
tlurch die von dem Practicanten Joha nn Natterer nach Mähren
gemachte Reise zugefülirt, von welcher derselbe auch mehrere sel-
tenere Vögel- und Säugethier- Arten für die kaiserliche Sammlung
brachte.
Durch einen mit dem Pariser Museum eingeleiteten Tausch
wurde die Sammlung der Säugethiere mit 17, jene der Vögel mit 23
neuen Arten bereichert, die botanische Abtheilung mit einer ansehn-
lichen Sammlimg neuholländischer Pflanzen. Für letztere wurde auch
eine reiche Sammlung von Holzarten aus Österreich angekauft.
Das Mineralien-Cabinet acquirirte eine Auswahl von Mineralien
im Wege des Kaufes von Professor Klaproth in Berlin für einen
Betrag von 990 Gulden, und die Sammlung der Meteoriten wurde
durch den Ankauf eines Fragmentes eines Meteorsteines von Timochin
im Gouvernement Smolensk in Rußland (gefallen am 13. März 1807)
und eines Stückes des Meteor-Eisens von Toluca in Mexiko, welche
beide gleichfalls von Professor Klaproth in Berlin angekauft wur-
den, vermehrt.
Am 15. September 1810 wurde dem zweiten Aufseher am Thier-
Cabinete Joseph Natter er dem Jüngeren ein Quartiergeld von
jährlich 80 Gulden verliehen.
Mit dem Schlüsse jenes Jahres rückte auch der von Director
von Schreibers schon im Jahre 1806 in Antrag gebrachte Personal-
Status seiner Verwirklichung wesentlich näher entgegen, indem
unterm 30. December nicht nur die seit vier vollen Jahren offen ge-
haltene, für das Thier-Cabinet bestimmt gewesene vierte Custos-
Stelle besetzt, sondern in Folge eines besonderen, vom Oberst-Käm-
merer kräftigst unterstützten Vorschlages, außerdem noch zwei neue
solche Stellen für dasselbe creirt wurden.
Die vierte Custos-Slelle mit 900 Gulden Gehall und 100 Gulden
Quartiergeld wurde dem Professor der allgemeinen Naturgeschichte
an der Universität zu Prag, Dr. Johann Christian Mikan,
welcher zur Ve.'waitung der Samniluiigen der Reptilien und Fische
](M)(| Kit/. i.,U.T.
auserkoren worden war, die fünfte mit ()()0 Gulden Gehalt und
100 Gulden Qiiartiergeld, dem zweiten Aufseher im Thier-Cabinete
Joseph Natterer dem Jüngeren, der die Sammlungen der
Säugetliiere und Vögel zu überwachen hatte, verliehen; die sechste
blieb unbesetzt.
Nachdem jedoch Professor Dr. M i k a n die Annahme dieser Stelle
abgelehnt und seine Ernennung zurückgelegt hatte, so blieb dieselbe
auf unbestimmte Zeit wieder unbesetzt.
Gleichzeitig mit diesen Ernennungen wurde dem Director von
Schreibers in Ansehung seiner sich seither erworbenen Verdienste,
vorzüglich aber wegen seiner besonderen Dienstleistung bei Flüch-
tung der Schätze des Hofes im Jahre 1809 in das Banal, der Titel
eines k. k. Rathes und ausserdem noch eine Gehaltszulage von jähr-
lich 730 Gulden aus der Privat-Casse des Kaisers verliehen.
Die beiden Kammer-Wachsarbeiter Fra nz Stoll und Johann
Ja ich wurden mit ihrem bisherigen Gehalte von 600 Gulden für
beständig dem Personale des Naturalien-Cabinetes als Wachs-Bossirer
eingereiht, die zweite Aufsehersstelle am Thier-Cabinete aber ein-
gezogen.
Auch wurde die bisherige Benennung des kaiserl. Naturalien-
Cabinetes geändert, indem dasselbe von jetzt an den Namen „Ver-
einigte k. k. Naturalien-Cabinete" erhielt.
Mit Beginn des Jahres 1811 ging das Thier- und Pflanzen-
Cabinet, welches seither ein Privat-Eigenthum des Kaisers war, durch
Schenkung in das Eigenthum des Staates über.
Der 20. März gab Veranlassung zu einer Feier am kaiserl.
Naturalien-Cabinete, indem der greise Directors-Adjunct desselben,
Johann Baptist Megerle von Mü hl fehl, mit der ihm vom
Kaiser für seine fünfzigjährige treue und eifrige Dienstleistung bei
dieser Anstalt verliehenen großen goldenen Civil-Ehren-Medaille, vom
Oberst-Kämmerer Rudolph Grafen von Wrbna in Gegenwart
des gesammten Personales dieses Institutes geschmückt worden war.
-Auch die Verdienste, welche sich der Stipendist am Thier-
Cabinete Dr. Johann Gottfried Bremser seither erworben
hatte. wui'diMi in jenem Jahre bclohni , da ihn der Kaiser zum sech-
sten Custos am Naturalien-Cabinete und zwar mit der Dienstleistung
am Thier-Cabinete, mit einem Gehalte von 600 Gulden und einem
Quartiergelde von 100 Gulden ernannte.
(Jcscliichli' des k. U Il(ir-Natili:.liriic;.l.iin!ls zu Wii'li. 1 ()Ö1
Ebenso wurde .iiich die Besetzung zweier schon im Jahre 1806
beantragten Sli|iendisten-Stellen, mit welchen ein jährlicher Bezug
von 300 Gulden verbunden Avar, für die Dauer von drei Jahren ge-
nehmiget. Eine derselben, welche für das Thier-Cabiiiet bestimmt
war, wurde dem seit 1808 in unentgeltlicher Dieiistverwendung
gestandenen Practicanten Johann Natter er verliehen, die andere,
welche für das Mineralien-Cabinet bewilliget worden war, dem bis-
herigen Assistenten an der Lehrkanzel der Chemie bei der Wiener
T'iiiversität, Dr. Benjamin Scholz, mit der Bestimmung zur Vor-
nahme chemischer Analysen. Zwei Stipendisten-Stellen mit 200
Gulden blieben unbesetzt.
Zugleich wurde dem Aufseher im Tbier-Cabiiiete Joseph
Natter er dem Alteren, ein jährliches Quartiergeld von 80 Gulden,
zuerkannt, obgleich derselbe den Genuß einer freien Wohnung im
Naturaliencabinets-Gebäude hatte.
Eine sehr wichtige Erwerbung des Thier-Cabinetes in jenem
Jahre war der Balg eines im September 1810 in der kaiserl. Mena-
gerie zu Schünbrunn dem Tode erlegenen 17jährigen Männchens des
indischen Elephanten (Elephas indiciisj, der unter der Leitung des
greisen Bildhauers Professor Martin Fischer präparirt und auf-
gestellt worden war und dessen Skelet der Kaiser der Thierarznei-
schule zum Geschenke gemacht hatte. Es war dicß einer von den
beiden Elephanten, welche im Jahre 1799 für die kaiserl. Menagerie
angekauft wurden und denen seit der Römerzeit nur fünf Individuen
dieser Art vorangegangen waren, welche lebend nach Europa kamen.
Durch diese Acquisition gewann das kaiserl. Cabinet den Repräsen-
tanten einer Thiergattung, welche bis dahin in demselben noch nicht
vorhanden war.
Von den übrigen Bereicherungen, welche das kaiserl. Naturalien-
Cabinet im Jahre 1811 erhielt, sind nur ein großer Theil der Aus-
beute an Insekten hervorzuheben, welche der Insekten-Handler Georg
Dahl von seiner nach Ober-Ungarn unternommenen Reise zurück-
gebracht hatte und die Sammlung ausgestopfter Vögel des Fürsten
von Bätth yäny, welche nebst einigen Säugethieren aus dessen
Sammlung, vom kaiserl. Naturalien-Cabinete angekauft worden war
und die beide zum Theile aus der Sammlung des Dr. Joachim
Johann Nep. Spalowsky stammten. Hierdurch erhielt das
Thier - Cabinet einen Zuwachs von 47S Vögeln und 4 Säuge-
Sitzh. d. itiatlieni.-naturw, Cl I.VII. Bd. I. Al.tli. 68
IOC) 2 Kit/, inger.
tliieron, so wie auch den Schädel eines Nilpferdes (Hippopotamun
amphibius).
Custos Johann Carl Megerle vonMühlfeld veröffentlichte
1811 seinen „Entwurf eines neuen Systems der Schaltliiergehäuse"
mit Abbildungen, im fünften Jahrgange der zu Berlin in 4" heraus-
gegebenen Zeitschrift „Magazin der Gesellschaft naturforschender
Freunde zu Berlin".
Auch Custos Leopol d Tratti nnick bereicherte die natur-
historisclie Literatur mit einem neuen Werke, indem er die Heraus-
gabe seiner „Observationes botanicae Tabularium rei herbariae illu-
strantes" begann, welche in vierHeften zu Wien zwischen den Jahren
1811 — 1815 in 4o erschienen.
Eine von Director von Schreibers gemeinschaftlich mit den
beiden Custoden Dr. Johann Gottfried Bremser und Joseph
Natter er herausgegebene Schrift, welche unter dem Titel „Nachricht
von einer beträchtlichen Sammlung thierischer Eingeweidewürmer
und Einladung zu einer literarischen Verbindung um dieselbe zu ver-
vollkommnen" zu Wien 1811 in 4o erschien, und den großen Reich-
thum dieser erst seit wenigen Jahren angelegten Sammlung nachwies,
setzte alle Zoologen über die außerordentliche Menge von Helminthen,
welche das kaiserl. Cabinet besaß, in Staunen, da dieser Zweig in
den allermeisten Museen, der bedeutenden Schwierigkeiten wegen,
die mit der Pflege desselben verbunden sind, seither gänzlich ver-
nachlässiget war.
In der Tbat war es von Schreibers auch gelungen, seinen
im Jahre 1807 entworfenen Plan im Vereine mit Dr. Bremser und
Joseph Natterer, so wie auch unter der thätigen Mitwirkung des
Stipendisten Johann Natterer — obgleich dessen Name auf der
oben angeführten Schrift nicht genannt ist, — in glänzender Weise
zur Ausliilirung zu bringen; denn während der kurzen Zeit von vier
Jahren waren bereits über 60.000 Individuen von Thieren anatomirt
und auf Eingeweidewürmer untersucht worden.
Bremser fühlte sich so sehr von dem Interesse für diesen
Zweig der Zoologie begeistert, daß er sein ganzes Leben demselben
zu widmen beschloß.
Seit 1811 wendete Director von Schreibers seine eigene
Thätigkeit vorzugsweise der Beobachtung der Lebensweise, Fort-
pflanzung und Entwickelung der inländischen Reptilien zu, so wie
r.esiliiclili' lies k. L. ll(if-Nntiii:iliiMi(:il.iii.-(s zu Wien. 1 0()1>
der Uiitersiicluing des inneren Baues derselben, mit besonderer Rück-
sieht anf Geschlechts- und llaruorgane, nicht minder aber auch der
Vollendung zweier schon während seiner Studienjahre begonnenen
Arbeiten, deren eine eine Monographie der österreichischen Spinnen,
die andere die Monographie der Gattung Praclitkäfer (Buprestis)
zum Gegenstande hatte.
Er hatte bereits eine große Masse von Materialien zur Heraus-
gabe seiner hierüber gemachten Beobachtungen und gewonnenen
Erfahrungen zusammengebracht und eine sehr bedeutende Anzahl
von Zeichnungen von den ausgezeichnetsten Künstlern anfertigen
lassen, welche dieselben hätten erläutern sollen; denn es waren nicht
weniger als 364 Tafeln von Prachtkäfern (Buprestis) und 213 Ta-
feln österreichischer Spinnen, 158 verschiedene Arten darstellend
und größtentheils von Bernhard von Sehr öfter gemalt, so wie
91 Tafeln, welche der Anatomie und Metamorphose der ein-
heimischen Salamander, und 11 welche der Anatomie der inländi-
schen Frösche gewidmet waren, beinahe durchgehends von dem vor-
trefTlichen Künstler Frick in Farben ausgeführt, vollendet.
1812 begann Director von Schreibers am kaiserl. Cabinete
eine Sammlung von Skeleten anzulegen und gewann zur Ausführung
dieses Vorhabens einen tüchtigen Präparator in der Person eines
Zöglings der Thierarzneischule Namens Hermann, der in kurzer
Zeit eine Reihe von vortrefflich präparirten Skeleten der inländischen
Frosch- und Salamanderarten hergestellt hatte, an die sich in der
Folge auch die Skelete der Schlangen und Eidechsen, und der Gat-
tungs-Repräsentanten der Vögel und Säugetbiere, so wie zuletzt auch
jene der Fische anschließen sollten.
In eben diesem Jahre trat der Stipendist am Thier-Cabinete
Johann Natterer eine naturwissenschaftliche Reise nach Italien
und Neapel an, die er bis Calabrien ausdehnte und brachte sehr viele
Thiere der verschiedensten Classen und darunter besonders viele
Vögel und Re[itilien mit, die durchgehends für die kaiserl. Sammlung
bestimmt waren.
Zu gleichem Zwecke unternahm auch der Insekten-Händler
Georg Dahl, ein sehr geschätzter Entomolog und überaus tüchtiger
Sammler, eine Reise nach Illyrien, durch welche das kaiserl. Ca-
binet einen sehr bedeutenden Zuwachs für die Insekten-Sammlung
erhielt.
68'
1(H)4 Kitzinger.
Die Abtlieilung der Concliylien wurde mit der berüliniten Samm-
lung mikroskopischer Foraminiferen bereichert, ^^eIcheLeopol d von
Fichtel gemeinschaftlich mit Johann Paul Carl von Moll zu
Stande gebracht batte und die den Beleg zu jenem Werke bildete,
das diese beiden genannten Naturforseher unter dem Titel „Testacea
microscopica aliaque minuta ex generibus Argonauta et Nantilus. —
Mikroskopische und andere kleine Schalthiere aus den Geschlech-
tern Argonaute und ScbilTer" zu Wien 1798 in 4» mit 24 Kupfer-
tafeln herausgaben. Diese Sammlung, welche die einzige aus diesem
Fache war, welche zu jener Zeit bestanden, wurde sammt dem
Manuuscripte und den zu obigem Werke gehörigen Originalabbiidungen,
für den höchst geringen Betrag von iöO Gulden von Leopold von
Fichtel angekauft, und war für das kaiserl. Cabinet eine umso wich-
tigere Acquisition, als der weit größere Theil derselben in Arten
bestand, welche nicht in diesem Werke verötTentlicht worden waren
und von denen dieses Cabinet gleichzeitig auch die Originalabbil-
dungen erhielt.
1812 wurde das reiche Herbarium kärntbnerischer und kraineri-
scher Pflanzen des im Jahre 1805 zu Klagenfurt verstorbenen Ex-
Jesuiten Franz Xaver Wulfen, Avelches nahezu an 4000 verschie-
dene Arten enthielt, sammt dem Manuscripte und den Originalabbil-
dungen seines zur Herausgabe bestimmt gewesenen Werkes „Flora
norica", an welchem er vierzig Jahre gearbeitet hatte, aus dem Nach-
lasse desselben für das kaiserl. Cabinet angekauft.
Einen ferneren Zuwachs erhielt die botanische Abtheilung durch
den Ankauf einer Sammlung verschiedener Holzarten aus Salzburg
und Galizien, und einer nicht unbedeutenden Anzahl von aus Ala-
baster und Gyps nachgeformten Obstsorten und Früchten.
Von höchster Wichtigkeit war aber die Acquisition, Avelche die
mineralogische Abtheilung für die Sammlung der Meteoriten in diesem
Jahre gemacht, indem sich der Magistrat Elbogen auf Veran-
lassung des Directors von Schreibers bestimmt fand, dem kaiserl.
Cabinete die schon seit Jahrhunderten im Rathhause zu Elbogen unter
dem Namen „der verwünschte Burggraf" aulbewahrt gewesene
Meteor-Eisenmasse, im Gewichte von 150 Pfund , als Geschenk dar-
zubringen.
Außerdem gelang es auch, für dieselbe im Wege des Tausches
das Fragment eines Meteorsteines von Weston im Staate Connec-
fiescliiclile des k. k. ii(jf->'Htiiialieiic;(binels /.ii Wien. lObt)
ticut iti Xord-Amerika (gefallen am i4. December 1807) vom Mine-
ralien-Häiidlei- ßartoii zu erhalten.
Custos Johann Carl Megerle von Mühlfeld gab eine
entomologische Abhandlung heraus, welche unter dem Titel „Bemer-
kungen, Herichtigungen und Zusätze zu Illiger's Zusätzen, Berichti-
gungen und Bemerkungen zu Fabricii Systema Kleutheratorum'' zu
Linz in 8". erschien.
Am 14. Mai 1812 wurde das von den Custoden des Naturalien-
Cabinetes seither bezogene Quartiergeld jährlicher 100 Oulden auf
120 Gulden erhöht.
In demselben Jahre trat Georg Jan, ein junger Mann, der
sich schon seit längerer Zeit dem Studium der Botanik und Entomo-
logie gewidmet hatte, als freiwilliger Practicant bei der Abtheiluiig
der Pflanzen und Insekten am kaiserl . Thier-Cabinete ein.
Die Besorgung der Bibliothek, welche seither dem Custos
Joseph Natter er übertragen gewesen war, wurde nunmehr dem
Custos Dr. Bremser zugewiesen.
Seit 1812 wurde auch die neu errichtete Terrasse vorzugs-
weise zur Haltung lebender Thiere während der Sommerszeit be-
stimmt und dieselbe zu diesem Behufe mit sehr zweckmäßig ein-
gerichteten Käfigen und sonstigen Behältnissen ausgestattet. .
1813 trat abermals wieder eine Störung in dem ruhigen Fort-
schreiten der kaiserl. Sammlungen ein, indem durch den herein-
gebrochenen Krieg mit Frankreich zum dritten Male eine Flüchtung
der Schätze des kaiserl. Hofes geboten erschien.
Auch dießmal wurde wieder eine Auswahl der kostbarsten Gegen-
stände der kaiserl. Sammlungen getrotfen, Avelche, so wie im Jahre
1809, unter der Leitung des Directors von Schreibers nach Un-
garn hätten geflüchtet werden sollen. Krankheitsverhältnisse hinderten
ihn jedoch die oberste Aufsicht über diesen Transport zu übernehmen
und wurde dieselbe daher dem Hofratbe von Braun übertragen.
Kaum waren diese Güter aber in der nur fünf xMeilen von Wien
entfernt liegenden Station Fischamend angelangt, als der inzwischen
veränderten Sachlage wegen, der Beiehl zurRückkehr gegeben wurde
und die verpackten Sehätze wieder nach Wien zurückgebracht werden
mussten, worauf sodann auch allsogleich zur Einreichung und Auf-
stellung der Naturalien in den betreflenden Sammlungsabtheilungen
geschritten wurde.
!()()() Kitzinger.
Am 28. Mai 1813 starb der Directors-Adjuiict des kaiserl. Na-
turalien-Cabiiietes Johann Baptist Megerle von Mühlfeld,
welcher bereits zweiundfünfzig Jahre bei dieser Anstalt thätig war
nnd sich mancherlei Verdienste um dieselbe erworben hatte, zu Wien
im 71. Lebensjahre.
Mit seinem Tode ging auch die seither systemisirt gewesene
Directors-Adjuuctenstelle beim kaiserl. Naturalien-Cabinele ein und
wurde der mit dieser Stelle verbunden gewesene Genuß einer unter-
halb des Mineralien-Cabinetes im Augustiner Gange gelegenen und
mit diesem Cabinete mittelst einer Wendeltreppe in unmittelbarer
Verbindung gestandenen Naturalwohnung, dem Custos jenes Ca-
binetes Johann Carl Megerle von Mühlfeld zuerkannt.
Dagegen wurde der seit 1812 als unentgeltlicher Practicant
bei der Abtheilung der Pflanzen und Insekten am Thier-Cabinete
verwendet gewesene junge, hoffnungsvolle Naturforscher Georg
Jan, zum Stipendisten bei dieser Abtheilung mit einem jährlichen
Bezüge von 200 Gulden auf die Dauer von drei Jahren ernannt und
trat der Weltpriester Rochus Seh üch in unentgeltliche Dienste,
um sich für das Fach der Reptilien und Fische auszubilden.
In demselben Jahre unternahm der Stipendist am Thier-Cabi-
nete Johann Natter er eine naturwissenschaftliche Reise in das
Küstenland und kehrte mit einer ergiebigen Ausbeute von Thieren
aus verschiedenen Classen zurück, die für die kaiserl. Sammlung
bestimmt waren.
Direofor von Schreibers, welcher seine wissenschaftliche
Thätigkeit seit 1811 vorzugsweise der anatomischen Untersuchung
der Harn- und Geschlechtsorgane der Reptilien zugewendet hatte,
veröfTentlichte in diesem Jahre das Resultat seiner Forschungen in
einer besonderen Abhandlung „Über den Harn der Eidechsen und
die vermeintliche Harnblase der Amphibien" im Jahrgange 1813 von
Gilbert's „Annalen der Physik".
Kinen sehr schätzenswerthen Zuwachs erhielt im Jahre 1813
die botanische Literatur, indem Custos Leopold Trattinnick die
Herausgabe seines Werkes „Archiv der Ge\\iichskunde" begonnen
hatte, das mit 250 Kupfertafeln ausgestattet, in fünf Lieferungen zu
Wien zwischen 1813 — 1818 in 4» erschienen war, so wie auch
eines anderen Werkes, das unter dem Titel „Ausgemahlte Tafeln"
als Fortsetzung des vorgenannten, mit 400 eolorirlen Ku|ilVrtarelii in
Gesptiiclite des k. k. Ilt(f-N:ituriilieiifal)iiiets zu Wien. 1 (J() I
vier Bänden zu Wien in 4o zwisclien den Jahren 1813 — 1814
herauskam.
1814 unternahm der Stipendist am Thier-Cabinete Johann
Natterer abermals eine Reise in das Küstenland, um für das
kaiserl. Cabinet Tliiere einzusammeln und brachte nebst vielen
anderen Thieren auch 41 Bälge seltener Vögel.
Außer der zu jener Zeit berühmt gewesenen Sammlung zwei-
flügeliger Insekten (Dipteru) des Herrn Gürtler zu Wien, wurden
keine größeren Acquisitionen in diesem Jahre für die einzelnen
Abtheilungen desselben gemacht, dagegen aber Ankäufe kleinerer Par
tien und einzelner Objeete fast aus allen Sammlungszweigen.
Unter denselben verdient ganz besonders das Fragment eines
Meteorsteines hervorgehoben zu werden, der am 15. April 1812 bei
Erxieben in der preussischen Provinz Sachsen gefallen war und dem
kaiserl. Cabinetg von Professor J o h a n n F r i e d r i c h B i u m e n b a c h
zu Göttingen als Geschenk dargebracht wurde.
Wegen des im September jenes Jahres in Wien ^-warteten
Fürsten-Congresses wurde die Beendigung der Aufstellung der
zoologisch-botanischen Sammlungen mit größtem Eifer und auf-
opfernder Thätigkeit von den Beamten dieses Cabinetes und den
ihnen zugetheilten Stipendisten betrieben, und gelang es denselben
dieses schwierige Geschäft wenigstens größtentheils auch rechtzeitig
zu bewerkstelligen.
Der sich hierbei erworbenen Verdienste wegen, wurde der bis-
herige fünfte Custos des kaiserl. Naturalien-Cabinetes Joseph Nat-
terer der Jüngere zum vierten Custos an diesem Cabinete mit
900 Gulden Gehalt und 120 Gulden Quartiergeld befördert, wodurch
eine Stelle besetzt wurde, welche seit ihrer Creirung ImDecember 1810
offen gehalten wurde.
Die hierdurch frei gewordene fünfte Custos-Stelle mit 600 Gulden
Gehalt und 120 Gulden Quartiergeld erhielt im Wege der Vorrückung
der seither als sechster Custos angestellt gewesene Dr. Johann
Gottfried Bremser und die sechste Custos-Selle, welche gleich-
falls mit einem Gehalte von 600 Gulden und einem Quarliergelde
von 120 (julden verbunden war, Abbe Rochus Sc buch, welcher
seit dem Jahre 1813 unentgeltlich am kaiserl. Cabinete Dienste ge-
leistet und die Aufstellung der Sammlungen der Reptilien und Fische
gemeinschaftlich mit Director von Schreibers besorgt halte.
1068 FitiiMj,rer.
Der l)ei der mineralogischen Abtheilung des kaiserl. Natiiralien-
Cabinetes als Chemiker verwendet gewesene Stipendist Dr. Benja-
min Scholz, dessen dreijährige Dienstperiode zu Ende gegangen
war, wurde auf fernere drei Jahre in seiner bisherigen Stellung he-
stätiget.
Während des im September 1814 begonnenen Fürsten-Con-
gresses wurden die kaiserl. Naturalien-Sammlungen zu wieder-
holten Malen von den in Wien versammelten Regenten und Fürsten
besucht.
Als Carl August, Großherzog von Sachsen -Weimar, die
schönen Skelete zur Ansicht bekam, die im zoologischen Cabinete
aufgestellt waren, forderte er den Director von Schreibers auf,
auf seine Kosten von den selteneren in Österreich vorkommenden
Wirbelthieren nach und nach eine Anzahl vonSkeleten von demselben
Präparator Hermann, der diese Skelete hergestellt hatle, für die
Universität zu Jena anfertigen zu lassen, welchem Verlangen von
Schreibers auch mit gewohnter Bereitwilligkeit entsprach, ob-
gleich hierdurch in dem rascheren Fortschreiten der Vermehrung
der kaiserl. Sammlung eine unvermeidlich gewesene Verzögerung
entstand.
1815 wurde Director von Schreibers vom Kaiser während
seines Aufenthaltes in Paris im Laufe des Sommers nach der fran-
zösischen Hauptstadt berufen, um die Ausscheidung der zur Zeit der
französischen Invasion im Jahre 1809 von den feindlichen Behörden
aus der Hof-Bibliothek, der Gemälde-Gallerie und dem Münz- und
Antiken-Cahinete zu Wien ausgewählten Gegenstände, welche da-
mals reclamirt worden waren, aus den dortigen Museen zu veran-
lassen.
Custos Dr. Bremser, welcher schon früher die Absicht hatte,
Paris zu besuchen, um die reichen Schätze des dortigen Museums
kennen zu lernen und mit den zahlreichen Gelehrten dieser Anstalt
in näheren Verband zu treten, schloss sich an Schreibers als Be-
gleiter auf dieser Reise an.
Später Hess Director von Schreibers auch den Stipendisten
am Thier-Cabincte Johann Natterer nach Paris kommen, damit
derselbe die Verpackung der zurückerhaltenen Objecte überwachen
und den Transport derselben nach Wien besorgen und leiten könne,
zugleich aber auch Gelegenheit linde, seine Konnlnisse an dem so
Gesoliiclite des k. k. Hof-.Naturiilieticabiiiels /ii Wien. lO')«)
berühmt gewordenen Museum und den zahlreichen Sammlungen von
Privaten zu bereichern.
Diese Reise des Directors von Schreibers nach Paris war
für die kaiserlichen Naturalien-Cabinete von manniglaitigem Nutzen
und führte denselben in allen ihren einzelnen Fächern wesentliche
Bereicherungen zu; denn nicht nur knüpfte von Schreibers
Tauschverbindungen mit dem Museum der Hauptstadt Frankreichs
und vielen französischen Gelehrten an, sondern erwirkte auch vom
Kaiser die Bewilligung zu ansehnlichen Ankäufen von Naturalien.
In Folge seiner Verwendung schenkte das Pariser Museum
dem kaiserl. zoologischen Cabinete eine beträchtliche Anzahl von
Thieren aus seiner eigenen Sammlung. Durch dieses Geschenk er-
hielt das kaiserl. Cabinet nebst 21 Säiigethieren und 122 Vögebi,
viele Reptilien und Fische, und eine sehr große Menge von wirbel-
losen Thieren fast aus allen Classen.
Nicht geringer war die Vermehrung, welche den kaiserlichen
Cabineten durch die Ankäufe der verschiedenartigsten Naturalien ge-
worden, die von Schreibers bei den Naturalien-Händlern Launoy.
Lambotin, Roussel, Dufresne und noch mehreren anderen ge-
macht hatte und welche eine Summe von 9000 Francs in Anspruch
nahmen.
Im Jahre 1815 wurden aber auch noch mancherlei andere
Acquisitionen für die verschiedenen Abtheilungen der kaiserlichen
Cabinete gemacht.
Für die botanische Abtheilung wurde die von E r n e s t W i t m a n n,
nachmaligem Professor der ökonomischen Botanik an der Wiener
Universität herausgegebene forstbotanische Sammlung und die Flora
von Salzburg von Hinterhub er gekauft.
Die mineralogische Abtheilung erhielt durch Vermittlung des
kaiserl. Ministers Freiherrn von Hügel von dem herzoglichen
Bergrathe Gramer zu Nassau eine Sammlung nassauischer Mine-
ralien zum Geschenke.
Auch die SammUing der Meteoriten wurde wieder vermehrt,
indem dieselbe ein Stück der Meteor-Eiseninasse von Lenarto im
Saroscher Comitale in Ungarn erhielt, das Freiherr von Brüdern
in Pest derselben zum Geschenke machte, so wie auch ein Stück des
Meteoreisens vom Cap der guten HotTnung, das im Wege des
lOTO Fi ti^ in -er.
Tausches von der Gesellschaft der Wissenschaften zu
Harlem erworben wurde.
Mehrere literarische Arbeiten, die Custos Dr. Bremser mittler-
weile begonnen nnd welche seine Zeit vollauf in Anspruch genommen
hatten, bestimmten Director von Schreibers ihn von der seit 1812
übernommenen Besorgung der Bibliotheksgeschäfte zu entheben und
dieselben wieder dem Custos Joseph Natter er zu übertragen.
Die Vorliebe für Physik, von welcher von Schreibers von
jeher beseelt war und die er auch zu allen Zeiten bekundet hatte,
veranlassten ihn sich zeitweise mit allerlei physikalischen Experi-
menten zu beschäftigen, ohne deßhalb sein Augenmerk von der
Zoologie abzuwenden oder seine Thätigkeit in diesem Gebiete zu
beschränken.
Hierher gehören die Versuche, welche er zwischen den Jahren
1812 — 1816 zur Erzielung einer unausgesetzten und beständig
andauernden Pendelschwingung mittelst Galvanismus durch Anwen-
dung Zamboni' scher Säulen anstellte, so wie die in dieselbe Zeit
fallende Herstellung eines von ihm ersonnenen Hygrometers, das wie
ein gewöhnliches Quecksilber-Thermometer construirt war, doch mit
dem Unterschiede, daß das Quecksilber statt in eine Glaskugel, in
die Harnblase einer Batte eingeschlossen war.
Eben so veranlaßte er auch Andere zur Vornahme physikalischer
Versuche und chemischer Untersuchungen, welche Gegenstände be-
trafen, mit denen er ebf.Mi beschäftiget war; wie die Zustandebrin-
gung einer künstlielieii ( berrindung der Meteorsteine, durch plötz-
liche Einwirkung der Weißglülihitze auf dieselben, und die Analyse
des Harnes der Eidechsen und Frösche, welche beide Aufgaben er in
derselben Periode dem Stipendisten am Mineralien-Cabinete Dr. Ben-
jamin Scholz übertrug; endlich die Entwässerung des Weines
durch Verdunstung mittelst Anwendung thierischer Blasen, womit er
zur selben Zeit den Custos Dr. Bremser betraute; ein Gegenstand,
auf welchen er durch die Wahrnchnuing geleitet wurde, daß sich
der Wassergehalt des Alkohols in den mit Blase verschlossenen Prä-
paraten-tJläsern mit der Zeit beträchtlich verringert.
Nicht minder unterstützte er auch die in das Gebiet der Natur-
geschiciite, Physik und Chemie einschlagenden Untersuchungen und
Versuche fremder, nicht dem kaiserl. Natiiralien-Cabinete angehören-
den Personen und Qcstüttctc ilinon. dieselben in den Bäumlichkeilcn
(Jeseliii'hte des k. k. Hof-Naturalieiiciiliiiiets zu Wk-ii. 1 ü / I
des kaiserl. Cabinetes vorzunehmen, auch selbst wenn es Versuche
waren, die sich auf völlig irrige Voraussetzungen gründeten und
deren Mißlingen man schon in Voraus als gewiß bezeichnen
konnte.
Ein solcher Versuch war die von Dr. Jobann Franz Ries,
nachmaligem praktisciien Arzte zu Szigeth in der Marmaroser Gespann-
schaft in Ungarn, angestrebte willkürliche Züchtung verschiedener
Fliegenarten mittelst Anwendung besonders ausgewählter Köder, zu
dessen Vornahme Director vo n Schreibers den» Unternehmer in
den Jahren 1812 — i81 6, ein eigenes Locale im ohersten Theile des
Dachgeschosses unterhalb der Giebel eingeräumt hatte.
Der rasche Aufschwung, welchen das kaiserliche Naturalien-
Cabinet in der hier geschilderten Periode von 1792 bis Ende ISIS
genommen und die streng wissenschaftliche Richtung, welche bei
Verfolgung des von den beiden Directoren Abbe Stütz und Carl
von Schreibers angestrebten Zieles eingeschlagen wurde, konnte
für die Freunde der Naturgeschichte nicht ohne wirksamen Einfluß
bleiben und mußte auch bald unter denselben Nachahmung finden.
Als ein Reweis dafür mag die große Zahl von Sammlungen der
verschiedenartigsten Naturproducte gelten, welche während dieser
Zeit in der Hauptstadt des Reiches entstanden sind, so wie auch der
rege Handel mit Naturalien aller Art, der erst \on dieser Zeit an
seinen Anfang genommen und schon in kurzer Zeit eine so große
Ausdehnung gewonnen hatte *).
Mit dem Jahre ISIS ist ein Zeitabschnitt in der Geschichte des
k. k. Hof-Naturalien-Cabinetes abgeschlossen, welcher als die Ent-
wickelungs-Periode dieser Anstalt betrachtet werden kann.
Seit seiner ursprünglichen Gründung im Jahre 1748 durch
Kaiser Franz I. bis zum Sehluße des Jahres ISlö, bat dasselbe in
einem Zeiträume von 68 Jahren verschiedene Phasen seiner allmähli-
gen Entwickelung durchlaufen, unter denen das Jahr 1790, wo durch
Kaiser Franz II. ein eigenes zoologisches Cabinet geschaffen
Avurde , und das Jahr 1806, wo dieses Cabinet durch Director
Schreibers eine streng wissenschaftliche Gestaltung erhielt, be-
sonders hervori>elioben zu werden verdienen.
1072 K i t i i 11 or e r.
Ich behalte mir vor, in der demnächst erscheinenden Fort-
setzung der Geschichte dieser eben so schönen als belehrenden An-
stalt, welche unserem Vaterlande zur wahren Zierde gereicht, durch
eine getreue Darstellung der stattgefundenen Vorgänge und Ereig-
nisse, deren ferneres Kniporblühen in schlichter Schilderung zur
Anschauung zu bringen.
IV o t c n.
1) ünstreitifj war Rudoljjli II. der Gründer der Sammlung physikalischer
\md astronomischer Instrununte, welche er theils zu Wien, Iheils zu Prag in
seiner Hoiburg bewahrte.
Manche derselben benutzten Tychode Brahe und K ep p 1 e r zu ihren
astonoinischen Beobachtungen, während viele andere vom Engländer Dee, dem
bekannten .Magier K u d o I p h's, auf eine Weise bei seinen magischen Künsten und
Geisterbeschwörungen angewendet wurden, daß er sowohl als auch Rudolph
des festen Glaubens waren, es wäre ihnen eine gewaltige Zaubergabe eigen.
Unter den nachfolgenden Regenten wurde diese Sammlung, welche zum
Theile mit allerlei Kunstschätzen, Gemälden, Antiken, Münzen und anderen
Seltenheiten vereint, in der kaiserlichen Kunstkammer im zweiten Stockwerke
der Staliburg zu Wien aufbewahrt wurde, zum Theile aber auch in der Hofburg
selbst und im kaiserliehen Lustschlosse Ebersdorf vertheiit war, wenig oder
gar nicht gepflegt.
Erst unter Kaiser Carl VI. gewann dieselbe 17;>8 durch den im voran-
gegangenen Jahre erfolgten Ankauf der vom Prinzen Eugen von Savoyen
liinterlassenen physikülischen und a.stronomischen Instrumente einigen Zuwachs,
indem hierdurch nicht nur ein großer ßrennspiegel, mehrere ausgezeichnete
Fernröhre und viele andere astronomische und optische Instrumente erworben
wurden, sondern auch das berühmte, von Küe helbecker in dessen „Nach-
rieht vom kaiserlichen Hofe" (Zweite Ausgabe, Hannover 1732. S**), umständ-
lieti beschriebene copernikaiiiscbe Planeten-System, welches der Engländer
Rouwley 112^ nach dem .Muster einer früher für den König von Großbritan-
nien gearbeiteten Maschine dieser Art für Eugen verfertigte und welclies der
Kaiser in der Hof-Biliothek aufzustellen befahl.
Ihren vorzüglichsten Glanzpunkt eneichte diese Sammlung aber unter
Kaiser Franz I., welcher dieselbe gleichsam neu gründete, indem er sie zu
einer selbstsländigen Sammlung erhob und ihr jene des Hauses Lothringen
zum Grunde legte.
Er ließ die bereits vorbamienen Instrumente aus der Stallburg, der Huf-
burg und dem Schlosse Ebersdorf in das zur Aufstellung seiner neuen Samm-
lungen von Gemälden, Antiken, .Münzen und .Mosaik-Gegenständen eigen.s ange-
kaufte, vormals giäflich L a m be rg'sclie Freihaus in der Wallnerstraße, das
fiescliiclile des k. k. llor-N;iliiialii'iiciil)iiiels /.ii Wien. 1 0 < 3
sogenannte ..Kaiserhaus" (spiiterliin ein Eigentlium des Grafen von Czernin)
bringen, und vermehrte sie mit unjieheuerem Kostenaufwande, nachdem er sie
seiner eisjenen Sammlung angereiht liatte.
So kaufte er eine der größten Eiektrisir-llaschinen jener Zeit, den größ-
ten, selbst noch bis jetzt bekannten Metall-Brennspicgel, viele andere phyika-
liscLe und astronomische Instrumente, die mannigfaltigsten optischen, physika-
lischen und cliemischen Apparate, so wie die verschiedenartigsten mecha-
nischen Kunstwerke und Modelle.
Auch ließ er 1733 durch den berühmten Mechaniker .1 oha nn Georg
Neßtfellj den er eigens nach Wien berufen und mit einem lebenslänglichen
Gehalte und einer goldenen Gnadenkette betheilt hatte, eine höchst kunstvolle
Miischine, das copernikansche Planeten-System darstellend, aus Metall verfer-
tigen und dieselbe 1754 neben der Rou w ley'schen in der Hof-Bibliothek auf-
stellen, von welcher Maschine Neßtfell später eine umständliche Beschrei-
bung herausgab, die unter dem Titel ..Beschreibung der copernikanischen
Planeten-Maschine" zu Bamberg in Folio erschien.
Zum Director dieser Sammlun«; ernannte der Kaiser im Jahre 1748 den
seit 1745 mit der Stelle eines Hof-M ithematikers und Explanators der Mathe-
sis practica et speculativa an der AViener Universität betraut gewesenen Abbe
Johann Marcy, nachmaligen Domherrn zu Leitmeritz und Soignies, und be-
rief 1707 den berühmten Mechaniker Friedrich von Knaus, welcher seit-
her im Dienste des Herzogs Ca rl von Lothringen stand, aus Brüssel als
Hof-Mechanikus nach Wien.
Nach dem Tode Kaisers Franz I. 1765 ließen Ma ria T h er esia und
Joseph diese Sammlung in die schon 17ti4 hergestellien Säle im Augustiner
Gange der kaiserlichen Hofburg bringen, welche zur Auf lalime sowohl dieser
Sammlung, als jener der Nafuralion, Münzen und Antiken bestimmt waren, und
stellten dieselbe nebst allen anderen kaiserlichen Sammlungen, unter die Ober-
aufsicht des jeweiligen Oberst-Kämmerers.
Zwei Säle waren der Aufstellung dos neuen physikalischen Cabinetes ge-
widmet, 17G8 der Hof-Mechanikus Friedrich von Knaus, dem Director
Abbe' Marcy als Inspector beigegeben und J os eph Polansky zum Mecha-
niker bei demselben ernannt.
In eben diesem Jahre wurde auch die Sammlung auf Befehl der Kaiserin
durch von Knaus neu eingerichtet und das von dem Weltpriester Franz
Borghesi, vom Nonsberge aus Tirol, höchst kunstvoll und sinnreich verfer-
tigte, mit einer Universaluhr in Verbindung stehende Planeten-System, welches
im „Wienerischen Diarium" vom 18. Mai 1768, Nr. 40 beschrieben ist, für die-
selbe angekauft; wofür die Kaiserin dem Erfinder, nebst einem jährlichen Ge-
halte, auch die Erlaubniß ertheilte, in diesem Museum arbeiten zu dürfen.
Von Knaus verfertigte in der Folge viele kunstreiche Maschinen, welche
dieser Sammlung einverleibt wurden und worunter sich vorzü^'lich dessen im
Jahre 1760 vollendete Schreibmaschine au^zeichnet, eine metallene Figur,
deren Hand jedes verlangte Wort zu Papier bringt und dabei selbst die Feder
in die Tinte taucht.
j 1)^ A r i t 7. i n R- e r.
Eine Beschreibung der wichtigsten von Knaus erfundenen Maschinen er-
schien von einem ungenannten und nur mit den Buchstaben P. M. a. S. S. S
bezeichneten Herausgeber, unter dem Titel „Friedrichs von Knauss selbst-
schreil)entle Wundermaschinen, auch melir andere Kunst- und Meisterstücke",
son vielen Abbildungen begleitet, zu Wien 1780 in 8".
Nach dem 1772 erfolgten Tode des Abbe M arcy, welcher seit 1770 auch
Director der physikalisch -mathematischen Studien an der Wiener Universität
«nd der Erfinder vieler neuen Instrumente war, ernannte die Kaiserin den rühm-
lichst bekannten Physiker und Aleehanikcr Joseph Anton Nagel, welcher seit
1748 an der Stelle Marcy's das Amt eines Hof-Mathematikers bekleidete und
demselben 1772 auch als Director der physikalisch-mathematischen Studien an
der Wiener Hochschule gefolgt war, zum Director des kaiserlichen physikali-
schen Cabinetes.
Nagel, welcher schon 1749 eine Abhandlung „Über die außerordentlichen
Heuschrecken, so sich in Österreich zeigten" schrieb, die als Manuscript in der
kaiserl. Hof-Bibliothek aufbewahrt wird, im Jahre 1748 auf Kosten Kaisers
Franz I. und Maria T h e r e s i a's nach Steiermark und Krain gesandt wurde,
um Mineralien einzusammeln, 1730 England, Frankreich und Holland bereisen
mußte, um daselbst Naturalien einzukaufen und in demselbem Jahre in Ungarn
dieKarpathen zu untersuchen halte, erhielt 1768 von der Kaiserin den Befehl,
wegen des am 21. Februar jenes Jahres in Wien und dessen Umgebung stattge-
fundenen Erdbebens, die Gegend um den Schneeberg einer genauen Untersu-
chung zu unterziehen. Eine Schilderung dieses Erdbebens gab er in einer beson-
deren Schrift, die unter dem Titel „Ausführliche Nachricht von dem am
21. Hornung 1768 in und um Wien erlittenen Erdbeben" zu Wien 1768 in 8"
erschien.
Im Auftrage der Kaiserin verfertigte derselbe auch das Modell zu einer
Maschine, mittelst welcher ganze Baumstöcke sammt der Wurzel aus dem Boden
gehoben werden konnten, und ein anderes, um mit aufrechtem Körper Flüsse
durchschreiten zu können, welche beide nebst seinen vielen optischen Zeichnun-
«ren im Museum aufbewahrt wurden, während die Beschreibungen seiner man-
nigfaltigen Erfindungen in der kaiserl. Hof-Bibliothek hinterlegt wurden.
In den 1770ger Jahren wurden auch die berühmte, schon 1671 von Georg
Mayer in München verfertigte astronomische Uhr für die kaiserl. Sammlung
angekauft, welche mehrere Zifferblätter in sich faßt und die regelmäßigen Er-
scheinungen im Planeten-Systeme anzeigt, so wie die schöne D e s a g u 1 i e r'sche
mechanische Optik und viele Modelle von Bergwerksmaschinen.
1781 erhielt das Museum einen zweiten Mechaniker in der Person des
J oseph l) ietr ich, und einen Diener, welcher zugleich auch für das Münz-
und Medaillen-Cabinet bestimmt war, bis nach dem Tode Polansky's im Jahre
1783 Dietrich dessen Stelle einnahm und jene eines zweiten Mechanikers
nicht mehr besetzt wurde.
Eben so blieb auch die Stelle eines Inspectors bei dieser Sammlung unbe-
setzt, als Friedrich von Knaus, welcher dieselbe seither eingenommen
halte, am 14. August 1789 im 66. Lebensjahre zu Wien starb.
fiesi'hii'hU' «les k. k. Hnt'-NiiliiralieiK';tliiiiets zu Wii'ii. 1 ü 7 .1
1791 ordnete Kaiser I^eopold II. eine neue Aufstellung der kaiserl. Na-
turalien-Samniiung an, und da dieselbe eine Erweiterung des Raumes erforderte,
auch die Räunning der beiden an die Naturalien-Sammlung ansfossenden Säle,
welche die physikalische Sammlung enthielten, von denen der eine für die Na-
turalien-Sammlung, der andere für die Sammlung von Mosaiken bestimmt wurde.
Die physikalische Sammlung wurde daher einstweilen in einem großen
Saale im sogenannten Schweizerhofe der kaiserl. Hofburg untergebracht, wo
sie so gut als es der beschränkte Raum gestattete, vorläufig aufgestellt wurde,
bis zur Gewinnung einer anderen Localität Mittel gemacht werden könnten.
Eben dieser Beschränktheit des Raumes wegen wurde aber auch ein Theil ent-
behrlicher Instrumente und Apparate dieser Sammlung an verschiedene Institute
in Wien vertheilt.
Der bisherige Director Joseph Anton Nagel wurde gleichzeitig in den
Ruhestand versetzt und die Aufsicht über diese Sammlung dem Mechaniker
Joseph Dietrich übertragen.
Nach dem Tode Leopo Id's II. ließ Kaiser Franz If. 1793 neben'jenem
Saale, in welchem die physikalische Sammlung gedrängt untergebracht war.
am Ende des linken Flügels der kaiserl. Hofburg einen Saal mit einigen Neben-
gemächern und einen astronomischen Thurm erbauen, in der Absicht, mit dem-
selben die physikalische Sammlung zu verbinden und in demjThurme eine
Camera obscura anzulegen.
Doch eine vom Kaiser in demselben Jahre angekaufte Sammlung ausge-
stopfter inländischer Säugethiere und Vögel, so wie einer kleinen Sammlung
einheimischer Insekten, stellte der Ausführung seines Planes für die physika-
lische Sammlung einen größeren Raum zu gewinnen, für einige Zeit ein neues
Hinderniß entgegen, da diese zoologischen Sammlungen, welche der Kaiser zu
seinem Privatgebrauche bestimmte, nirgends anders untergebracht werden konn-
ten, als in dem neuen großen Saale unterhalb des astronomischen Thurmes, wo-
hin sie zu Anfang des Jahres 1794 gebracht wurden.
Am 6. Mai 1794 starb auch der seit 1791 in den Ruhestand versetzte
Director des physikalischen Cabinefes Joseph Anton Nagel zu Wien im
78. Lebensjahre.
Abbe Simon Eberle, welcher sich schon früher am kaiserl. Hofe einen
Ruf als Physiker erworben und auf den Wunsch Kaisers Leopold H. schon
1791 eine Zusammenstellung physikalischer Instrumente zum Privatgebrauche
des Kaisers besorgt hatte, wurde 1794 auch von Kaiser Franz mit dem Auf-
trage betraut, das Observatorium in dem neuerbauten astronomischen Thurme
in der Hofburg einzurichten.
Hierauf ernannte ihn der Kaiser 1795 zum Director seines neu zu errichten-
den physikalischen Cabinetes und Abbe Simon Eberle legte dem 3Ionarchen
1796 einen Plan vor, nach welchem dieses physikalische Cabinet mit dem astrono-
mischen und einem Kunst- und Thier-Cabinele vereiniget und in dem linken
Flügel des Hofbibliothek -Gebäudes am Josephsplatze untergebracht werden
sollte.
1070 F i t i i n <> c r.
Der Kaiser genehmigte diesen Plan und das neue Cabinet erhielt nun den
Namen „Physikalisches- und astronomisches Kunst- und Nalur-Thicr-Cabinet".
Da sich jedoch zu jener Zeit daselbst noch die Naturalwohnungen des Hof-
Mbliolliok-Priifccten und eines Scriptors dieser Anstalt befanden, so konnte die
Hi'alisirung dieses Planes erst im Jahre 1797 erfolgen.
Für das physikalisch-:istronomisclie und Kunst-Cabinet wurden das erste
»md zweite Stockwerk im linken Trakte jenes Gebäudes bestimmt, die Samm-
lungen selbst in drei Zimmern des ersten Stockwerkes aufgestellt, die Gemächer
des zweiten Stockwerkes aber als Werkstütte für den Mechaniker und Auf-
bewahrungs-Locaie des zur Herstellung jthysikalischer Instrumente nöthigen
Materials und der hierzu erforderlichen Geräthschaften benützt.
Im dritten Zimmer dieser Sammlung wurde die Büste Kaisers Franz II.
aus carrarischem Marmor von Franz Zauner, auf einem Sockel aufgestellt.
Gegen das Ende des Jahres 1797 war die Aufstellung der Sammlungen
heendifrt worden und konnten dieselben noch am 2. December der Besichtigung
des Publicums freigegeben werden.
1800 wurde für dieses Cabinet ein besonderer Diener bewilliget und diese
Stelle Ludwig Celanfi verliehen.
1801 fand sich der Kaiser bestimmt, den bisherigen Director Abbe Simon
von Eberle in den Ruhestand zu versetzen und in Folge dieses Beschlusses
wurde auch der Cabinets-Diener Ludwig Celanfi seiner Stelle enthoben.
Die Direction über dieses Cabinet wurde nun provisorisch dem zweiten
Director des Naturalien-Cabinetes Abbe Andreas Stütz überfragen.
Zu Anfang des Jahres 1802 erfolgte die Vereinigung dieses Cabinetes, das
ein Privat-Eigenthum des Kaisers war, mit dem alten Naturalien-Cabinete, welches
seit seiner Gründung im Jahre 1748 als Eigenthuin dem Staate angehörte und
erhielt dasselbe jetzt die Benennung „Vereinigtes Naturalien- physikaiisches-
und astronomisches Cabinet".
Gleichzeitig wurde der Director des Naturalien-Cabinetes Abbe Andreas
Stütz mit der Direction über dieses nunmehr vereinigte Cabinet betraut.
In demselben Jahre wurde der bisherige Professor der Physik und Natur-
geschichte am k. k. Thcresianum Abbe Christoph Stelzh am m e r zum^Custos
bei der physikaliscli-astronomischen Abtlieilung dieses Cabinetes ernannt.
1803 erhielt diese Abtheilung wieder einen Diener AI bert Jachs.
1804- wurde die Werkstütte des Mechanikers, welche, seither die Localitäten
im zweiten Stockwerke des linken Traktes des Gebäudes eingenommen fhatte,
aufgelassen, da dieselben zur Aufstellung eines Theiles der zoologischen Samm-
lunjjen, so wie auch der Pflanzen aus Wachs verwendet werden mußten.
Im Jahre 180(5, am 1 1 . Februar, starb Director Abbe Andreas Stütz, im
59. Jahre zu Wien.
Nach dessen Tffde wurde die physikalisch -astronomische Abtheilung des
kaiserl. Cabinetes unter eine besondere Direction gestellt, Custos Abbe Chri-
stoph S tel zhammer zum Director über dieselbe ernannt, und diese nun-
mehr sclbslständige Sammlung mit dem Namen „Physikalisches Cabinet« be-
reichnot. Die Custos-Stelle wurde aber nicht wieder besetzt.
fji'scliiclite des k. k. f!<)f-.Nnt\ir;ilieiicahiiiets zu Wien. 10/ i
Als im .liilire 1810 die Thier-Sninmiunf;en neu aufgestellt werden sollten,
mußten die LocalitiUen, weiche das physikalische Cabinet im ersten Stock-
werke des linken Traktes des Gebäudes seither einfj^enonimen hatte, geräumt
werden und wurde dasselbe in die vom Kaiser ursprünglich für diese Sammlung
bestimmte Localität von zwei Zimmern unterhalb des astronomischen Thurmes
in die kaiserl. Hofburg verlegt.
Abbe Stelz hammer zog nun in dem Saale des astronomischen Thurmes
die Mittagslinie und begann mit der Aufstellung des astronomischen Theiles der
Sammlung, welcher mit vielen neuen Instrumenten vermehrt wurde, unterdenen
sich auch ein neun Fuß langes N e wto n'scbes Teleskop von Her seh el, ein
großer gregorianischer Tubus und mehrere Fernröhre von Do II and und
Ramsden befanden.
Hier konnten diese Sammlungen, welche der großen Beschranktheit des
Raumes wegen nur nothdürftig untergebracht worden waren, von einzelnen
Personen und Gesellschaften nach vorausgegangener Verständigung mit dem
Director zwar besichtiget werden, doch war kein besonderer Eintritt für das
Publicum festgesetzt.
1813 starb der Mechaniker dieses Cabinefes Joseph Dietrich, dessen
Stelle jedoch nicht wieder besetzt, sondern gänzlich eingezogen wurde.
In demselben Jahre und bevor noch die Aufstellung der hier angehäuften
jihysikalischen Apparate, Instrumente und Geräthschaften, so wie der verschie-
denen Kunsfgegenstände beendiget worden war, sah sich der Kaiser veranlaßt,
den größten Theil dieser Sammlung an das neu errichtete Polytechnische Insti-
tut zu schenken, wodurch viel an Raum gewonnen wurde.
Zwischen den Jahren 1820— 1824 hieltDirector Abbe Chr ist oph Stelz-
hammer in den Localitälen der kaiserl. Sammlungen während der Winter-
monate Vorträge über Physik und Astronomie, an welchen auch Damen theil-
nehmen konnten.
1827 wurde Johann Albert Jachs, der Sohn des Cabinets-Dieners
Albert Jachs, seinem Vater adjungirt, 1830 erhielt er den Titel eines
Custos und nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1832 wurden ihm dieselben
Rezüge zuerkannt, welche dieser seither genossen hatte, Gehalt und Natural-
wohnung.
1840 am 10. October starb der greise Director dieses Cabinetes Abbe
Christoph Stelzhammer zu Linz im 91. Lebensjahre und Professor
Dr. Johann Nep. Hoffer, seither Lehrer Ihrer kaiserl. Hoheiten der Herren
Erzherzoge Franz Joseph, Ferdinand Maximilian und Carl Lud-
wig, wurde an dessen Stelle zum Director des kaiserl. Physikalisch-astronomi-
schen Cabinetes ernannt, der Gehalt des Titular- Custos Johann Albert
Jachs erhöht.
Gleichzeitig wurde auch die Trennung der physikalischen, von der astro-
nomischen Sammlung angeordnet, und erstere in einige Gemächer im zweiten
Stockwerke des rückwärtigen Traktes des sogenannten Reichskanzlei-Gebäudes
verlegt.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I.VII. Bd. I. Abth. 69
ld7S Fit/, in fr er.
18()(* Winde (Um- Direclor Professor Dr. Johann Nt-p. Hoffer in don
Ruhestand versetzt und der Beschluss gefaßt, die Direelors - Stelle dieses
Cabinetes eingehen zu lassen und die physikalisch-astronomischea Sammlungen
nur unter die Aufsicht eines wirkliehen Custos zu stellen, zu welchem der bis-
herige Titular-Custos Johann Albert Jachs ernannt wurde.
1868 am 12. Mai starb auch Custos Johann AlbertJachs.
2J Die ethnographische Sammlung verdankt ihre Entstehung Kaiser
Franz II., welcher dieselbe im Jahre 18ÜG gründete.
Veranlassung hierzu gab die in jenem Jahre zu London im Versteigerungs-
wege zu Kauf ausgebotene Sammlung des berühmtenSeefahrers J ames Cook,
welche derselbe auf seinen wiederholten Reisen um die Welt von den ürbewoh-
nern der verschiedenen Inseln des stillen Oceans zu erwerben Gelegenheit fand
und bei seiner Rückkehr nach England, nach London gebracht hatte.
Leopo Id V 0 n Fi ch tel, welcher vom Kaiser beauftragt war, aus dem in
demselben Jahre zur öffentlichen Versteigerung gekommenen Lever'schen, nach-
mals Parkinson'schen nalurhistorischen Museum eine Auswahl der seltensten
und kostbarsten Thiere jener Sammlung für das vom Kaiser im Jahre 1796 in's
Leben gerufene Thier-Cabinet, welches einen Theil desNaturalien-Cabinetes bil- .
dete, anzukaufen, erhielt auch den Auftrag, die ethnographische Sammlung
Cook's auf kaiserliche Kosten an sich zu bringen.
Diese Sammlung bestand theils aus Kleidungsstücken und Putzgegenstän-
den, theils aus Götzenbildern, Waffen, Werkzeugen, Instrumenten und Geräth-
schaften, und enthielt 210 verschiedene Gegenstände.
Hierunter zeichneten sich vorzüglich die schweren Dolche und Opfermes-
ser aus Beilstein aus, womit die ursprünglichen Eingeborenen von Taiti ihre
Gefangenen zu schlachten pflegten ; fei*ners lange und schwere hölzerne Kriegs-
keulen fPatapatoo's) und hölzerne, mit zierlichem Schnitzwerke versehene
Lanzen der vormaligen Bewohner der Freundschafts- und Sandw ich-Inseln, von
Neu-Seeland, dem Nootka-Sunde u. s. w., sodann verschiedene Stech- und
Schneidewerkzeuge, Stämmeisen, Meißel und Beile aus Basalt und Beilstein;
Polirwerkzeugeaus Thierzahnen, Gravir-Instrumente aus Hayßschzähnen, Tato-
wirungs-Instrumente aus Holz, Musik-Instrumente, Kämme aus Holz und Knochen,
Waschschlögel (Clothbeater's) aus Holz, Netznadeln aus feinen Holzstäbchen
und zierlich geflochtene Körbe ans Schilf, Stroh. Bast u. s. w.
Zu ilieser Sanunlung, welche wegen Mangel eines geeigneten Locales im
kaiserl. Naturalien-Cabinete im rechten Flügel des Hofbibliothek-Gebaudes am
Josephspiatze nicht aufgestellt w erden konnte und einstweilen daselbst in einem
Magazine unter den Giebeln des Daches untergebracht werden mußte, kamen
noch im Jahre 1808 mancherlei Geräthschaflen der Bewohner von Ägypten aus
alter und neuer Zeit, welche Filippo Agnello zwischen den Jahren 1803
— 1806 auf seinen Reisen gesammelt und die Graf von Savorgnan dem
kaiserl. Cabinete zum Geschenke machte, ferners zehn verschiedene ethnogra-
phische Gegenstände der ursprünglichen Einwohner von Neu-Holland , welche
von demMineralien-Häruller Duss o Id und dein Naturalien-Händler Unterhol-
zer angekauft wurden, und 1816 ein Geschenk Seiner kaiserl. Hoheit des Herrn
CcscIli.liU- ilc-s k. \i. l|or-N;,(iM:,llrn.Ml.iiM'ls /.ii WiiMi. i 070
K rz h erz ogs Joh a nn Bapt i s t. welches in zwölf verschiciienon othnofjra-
phischen Gegenständen mehrerer anderen wilden Völkerstämme bestand.
Erst im Jahre 1818 erhielt diese Sammliinfr wieder einen bedeutenderen
Zuwachs, indem Herr Carl Giesecke, Professor der Mineralogie zu Dublin,
ein geborener Augsburger, welcher sich mehrere Jahre hindurch in Grönland
aufgehalten hatte, seine duselbst gesammelten Naturalien und ethnographischen
Gegenstände, in dankbarer Erinnerung an seinen früheren langjährigen Aufent-
halt in den österreichischen Staaten und insbesondere in Wien, Seiner Maje-
stät dem Kaiser zum Geschenke darbrachte.
Diese schöne Sammlung, welche theils in Kleidungsstücken, Fanggeräth-
schaften und Jagdgeräthe, theils in Modellen von Zelten, Schlitten, Fahrwerk-
zeugen und dem hierzu gehörigen Geräthe u. s. w. bestand, umfaßte 116 ver-
schiedene Gegenstände, unter denen die Kleidungsstücke, welche fast durch-
gehends aus Seehundfellen, mit der haarigen Seite nach Außen gekehrt, theils
aber auch aus den Bälgen von Eidergänsen zierlich gearbeitet waren, so wie die
verschiedenen Pfeile, Bogen, Speere, Harpunen, Wurfbretter und Schlingen
zum Fange der Seevögel, besonders hervorgehoben zu werden verdienten.
Eine umständliche Beschreibung dieser Sammlung erschien in den von
Dr. Franz Sartori zu Wien herausgegebenen „Vaterländischen Blättern" im
März 1819 in Nr. 18 dieser Zeitschrift.
Von 1818 bis 1821 war diese Sammlung sammt den naturhistorischen
Gegenständen, in einigen Gemächern der kaiserl. Hofburg im zweiten Stock-
werke des Reichskanzlei-Gebäudes dem Publicum zur Schau gestellt. 1821 wur-
den aber die Naturalien den verschiedenen Abfheilungen des kaiserl. Naturalien-
Cabinetes eingereiht, der ethnographische Theil derselben hingegen, sammt
der schon seit dem Jahre 1806 in einem Magazine des Naturaüen-Cabinetes auf-
bewahrt gewesenen Cook'schen Sammlung und den ihr in den Jahren 1808
und 1816 gewordenen Zuwächsen, mit Ausnahme der von Agnello in Ägypten
gesammelten Gegenstände, in das kaiserl. Lustschloß Belvedere am Rennwege
gebracht, wo sie in dem im unteren Theile des Gartens gelegenen Gebäude in
einem besonderen, an die seit 1806 daselbst befindliche Ambraser-Sammlung
anstossenden Locale, durch den C u sto s AI ois P rimi sser aufgestellt und
dem öffentlichen Besuche freigegeb;LMi wurde. Der Eintritt in dieselbe war täg-
lich Voniiittag von 9 — 12, Nachmittag von 3 — 6 Uhr gestattet.
1821 schenkte der Großhändler Herr Joseph Ritter von Dietrich
dieser Sammlung einige Götzenbilder und Geräthe der Ureinwohner von
vSt. Domingo (Hayti), welche der Gärtner Karl Ritter von seiner Reise
mitgebracht hafte.
Im Jahre 1822 gewann dieselbe abermals einen kleinen Zuwachs durch 21 ver-
schiedene Gegenstände, in Kleidungsstücken und Geräthschaften der Chippe-
way-Indianer in Nord-Amerika bestehend, welche Herr Klinger, Pelzwaaren-
Händler in Görz, dem Kaiser zum Geschenke machte.
Eine höchst ansehnliche Bereicherung erhielt die kaiserliche ethnogra-
phische Siimmlung aber durch die naturhistorische Expedition, welche Kaiser
Franz I. von Österreich in Jahre 1817 nach Brasilien ausrüstete. Das die-
69»
1Ö80 Fit/, inger.
sen Tl.f'il «ior kaisorliohen Sammliintjen belreft'ende Ergol>niß dor brnsilianischcn
Expedition, währfnd eines Zeifiaiimes von lieinahe vollen 20 Jahren, bestand in
1600 ethnographischen Gej^enständen der verschiedensten Völkerstämme,
welche von den österreichischen Naturforschern Dr. Johann Emanuel
Pohl, Heinrich W i 1 li e 1 m Schott und Johann N a 1 1 c r e r auf ihren
Reisen in Brasilien gesammelt und nach Wien gesendet wurden.
Hiervon entfielen auf Dr. Johann Emanuel Pohl für die Zeit seines
dortigen Aufenthaltes von 1817—1822, 115, für Heinrich Wilhelm Schott,
für dieselbe Zeit 43, und für Johann Natterer für die Zeit von 1817—1836,
1492 verschiedene Gegenstände.
Dieselben wurden in dem zur Aufstellung der brasilianischen Sammlungen
im Jahre 1821 eigens gemietheten gräflich Harrach'sciicn Hiiuse Nr. 972 in
der Johannesgasse in der Stadt, in einem großen Gemache im zweiten Stock-
werke die«es Gebäudes, in hohen, mit Glasthüren versehenen Wandschränken
aus Eichenholz, — denselben, in welchen sich einst die von Kaiser Franz I.
im Jahre 1748 angelegte Naturalien-Sammlung befand, — vom Jahre 1821 an
allmählig durch Gustos Joseph Natterer aufgestellt, und wurde dem Publi-
cum zur Besichtigung dieser Sammlung der Zutritt jeden Sonnabend von 9 bis
12 Uhr Voimitta>j gt^gf" besondere Eintrittskarten gestattet. Fremde und Ge-
lehrte fanden nach Übereinkunft mit den Custodpn des kaiseri. Naturalien-Cabi-
netes Josep h Na ttcrer und Dr. Johann Emanuel Pohl, welche auch
diese Sammlung zu überwachen hatten, tätlich Zutritt in dieselbe.
Sie enthielt Kunsterzeugnisse, Kleidungsstücke, Waffen, Geräthschaften
und Utensilien von 63 verschiedenen Völkerschaften und Horden aus Brasilien
und 5 anderen Stämmen ans dem an Brasilien grenzenden ehemals spanischen
Antheile von Süd - Amerika, welche lelzlere ausschließlich von Johann
N a 1 1 e r e r gesammelt wurden.
Die von D r. Johann Emanuel Pohl mitgebrachten ethnographischen
Gegenstände, rühren von den Stämmen der Paragrammacras, Apinages, Coro-
hoas, Cayapos und Chavantes aus der Provinz von Goyaz und von den Maxakalis
und Botokudos aus der Provinz Minas Geräes.
Jene von Heinrich Wilhelm Schott eingesendeten stammen von den
Puris, die am Flusse Paraiba in der Provinz Rio de Janeiro wohneu, dann von
den Coroados- und Coropos-Indiern aus dem Gebiete von Canta-Gallo.
Endlich die von Johann Nalterer erworbenen Gegenstände bestehen
in Waff"en und Gerätliscliaften theils von Creolen, hauptsächlich aber von den
Camehe's-Indiern, einem Urstamine, der die Steppen von Guarapoava in der
Provinz St. Paulo bewohnt, ferners von den Bororos, Guanas, Apiakas, Parecis
u. s. w. aus der Provinz Matogro.sso; daim den Muras, Alundurukus. Karipunas
und anderen aus der Provinz Parä, und den Banaiva, Vaupe, Jabahani, Mainatari,
Murunaui, Panshiana, V;ipesliana, Pororolos, Macushi, Schuri, Passe, Poropuru'
iVIura, Catauischi, Schubiri, Kobe'u, Varequeno. Caishana, Culina, Mansherona,
Omanas, Ticunoas, isburunas, Mane, Pareatintin, Mandurucu und Maranhas aus
der Provinz Bio negro.
Gesc'hii'hte des k. k. Huf-Natiiralieni'iibiiH'ts zu \N ien. 1 {)S I
Als Kitiser Ferdinand I. im Jahre 1836 die Auflösung des Brasilianischen
Museums und die Elntheilun" der in demselben aufbewahrt gewesenen Natura-
lien in die verschiedenen Abtlieiiunffen des kiiiserl. Naturalien-Cabinctcs ant;e-
ordnet hatte, wurde dio ethnographische Sammluni,' dieses 3Iusoums dem Be-
fehle des Kaisers gemiiß im Jahre 1837 mit jener seither im Belvcdere neben
der Ambraser-Sammlung aufgestellt gewesenen vereinigt und beide Sammlungen
wurden in das sogenannte Kaiserhaus Nr. ,349 in der Ungergasse, in der Vor-
sliidt Landstraße, welches eine Privatbesitzung des Kaisers war, gebracht und
in sieben Zinnnern des ersten Stockwerkes desselben aufgestellt. Die Aufsicht über
diese Sammlung wunie dem Custos-Adjuncten des kaiserl. Naturaiien-Cabinetes
Job an n N att er er übertragen, der die Aufstellung derselben gemeinschaft-
lich mit seinem Bruder Custos Jos eph Nat ter er besorgte. Auch hier war
dem Publicum der Zutritt gegen besondere Eintrittskarten, so wie seither am
Brasilianischen Museum gestattet.
1838 erhielt diese Sammlung einen Zuwachs von 60 verschiedenen ethno-
graphischen Gegenständen, welche der berühmte Beisende Richard H. Seh o m-
burgk im britischen Guiana gesanuiielt und dem Kaiser zum Geschenke darge-
bracht hatte. Dieselbe enthielt Kleidungsstücke, Wallen und Geräthschaften von
sechs verschiedenen Stämmen, und zwar von den Caribben, Porocutu, Macosie,
Accawangen, Mapesehana und Arawakken.
Sehr bedeutend war auch die Vermehrung, welche diese Sammlung im
Jahre 18o9 durch den Ankauf der von Herrn Carl Freiherrn von Hügel,
auf seinen zwischen den Jahren 1830 — 1836 unternommenen Reisen in Ägypten,
Ost-Indien, Caschmir, China, Neu-Holland und Neu-Seeland gesammelten ethno-
graphischen Gegenstände, welche gleichzeitig mit den von ihm gesammelten
Maturalien erworben wurden, erhalten halte.
Dieser Zuwachs bestand in Kleidungsstücken, Waffen und Geräthschaften
vieler indischer und mehrerer caschmirischer Völkerstämme, so wie auch in
einigen Kunsterzeugnissen, kostbaren Shawls u. s. w, , der neueren indischen
und caschmirischen Industrie, und enthielt »34 verschiedene Gegenstände in
928 Stücken.
In demselben Jahre erhielt die kaiserl. Sammlung auch einige ethnogra-
phische Gegenstände von Frau Isa he 11 a von Schreibers zum Geschenke,
welche dieselbe von ihrem Vater Joseph Franz Freiherrn von Jacquin
gfcerbt hatte, und die noch von der Ausbeute ihres Großvaters Nico laus Jo-
seph Freiherrn von Jacquin herrührten, welche derselbe auf seinen
zwischen den Jahren 17.^2 — 1739 unternommenen Reisen in West-Indien ge-
macht hatte. Es war dieß aber nur ein kleiner Rest derselben, da der größle
Theil wahrscheinlich im Laufe der Jahre zu Grunde gegangen war oder viel-
leicht auch ei:ie andere Bestimmung gefund -n hatte; doch um so werthvoller,
als jene Gcfjenstände noch von den alten Caraiben stammten.
Sänimtliche seit dem Jahre 1838 eiworhenen Gegenstände wurden aber
nicht mehr in die kaiserl. Sammlung eingereiht, sondern blieben, in Kisten ver-
packt, in einem Magazine des kaiserl. Naturaiien-Cabinetes in Verwahrung, da
durch die mittlerweile stattgefundene Errichtung der koni''l, lond)ai'diseh-vene-
1082 Fitziiiger.
tianischen Leibgarde im Jahre 1840, für weiche der Kaiser sein I'iivatgebäude
in der Ui){,aTgasse hestiinmt hatte, die unverzügliche Räumung dieses Gebäudes,
das die etiinograpLische Sammlung enthielt, erforderlieh wurde.
Ohne Verzug wurde daher an die Verpackung derselben geschritten und
noch im Jahre 1840 die ganze Sammlung, sammt dem seither im kaiserl. Natu-
ralien-Cabinete aufbewahrten Tlieile derselben, in 60 Kisten verpackt, der kai-
serlichen Anordnung zu Folge in das kaiserl. Schloß im Augarten gebracht. Nur
zwei Kisten, einen Theil der Hügel'sehen Ausbeute und dif von Agnello ge-
sammelten Gegenstände enthaltend, blieben in einem Magazine im kaiserlichen
Naturalien-Cabinete zurück.
Seit jener Zeit ist diese eben so reicliha'tige als kostbare, aus mehr als
31100 Stücken bestehende ethnographische Siimmlung, für welche keine andere
zu ihrer Aufstellung geeignete Räumlichkeil ermittelt werden konnte, der Be-
sichtigung des Publicums entzogen. Aber auch selbst in diesem verpackten Zu-
stande fand sie keine bleibende Stätte; denn als nach dem Tode des Herrn Erz-
herzogs Joseph Palatin im Jahre 1847, dessen Gemahlinn s.immt ihrer
Familie ihren Aufenthalt in Wien nahm und der Kaiser das Schloß im Augarten
zu ihrem Wohnsitze bestimmt hatte, mußte auch die ethnographische Samm-
lung wieder weggeschafft werden. Dieselbe wurde daher in ein anderes, einem
hohen Mit^iliedi' dos kaiserlichen Hofes angehörig gewesenes Gebäude, das soge-
nannte Modencserliaus Nr. 27, in der Herrengasse in der Stadt gebracht, und da
dieses mittlerweile gleichfalls eine andere Bestimmung erhielt und zur Unter-
bringung verschiedener Staats-Amter verwendet wurde, noch in demselben Jahre
in eine der großen Remisen der kaiserl. Hofwägen im Hofbibliotheks-Gebäude
am Josephspla'ze, wo sie sich dermalen noch befindet.
Die beiden in einem Magazine im kaisei 1. Naturalien-Cabinete zurückbehal-
tenen Kisten, welche einen Theil der Hügel'sehen Ausbeute enthielten, so wie
die von Agnello in Ägypten gesammelten und am Naturalien-Cabinete aufbe-
wahrt gebliebenen Gegenstände, wurden beim Brande des Museums amSl.Octo-
ber 1^48 ein Raub der Flammen.
Über das Schicksal der von Franz Boos im Jahre 1787 von seiner Reise
nach Afrika hieher gebrachten Kleidungsstücke und Waffen der Bewohner von
Madagaskar, ist durchaus nichts bekannt geworden.
8) Fillipo Agnello begab sich Anfangs Mai 1803 von Wien nach Vene-
dig, verweilte daselbst vom 14. Mai bis 23. Juli, ging hierauf nach Triest, wo er
bis zum 11. August zubrachte und trat dann die Seefahrt nach Ägypten an, wo
er am 15. September in Alexandria eintraf.
Hiir verblieb er bis zum 21. Oclober, verfügti- sich sodann nach Rosette,
wo er vom 20. Oetuber bis 6. November verweilte und ging hierauf nach Cairo,
wo er sich vom 12. November bis zum 23. Jänner 180i aufhielt.
Hierauftrat er die Reise nach Ober-Ägypten an, besuchte Benisouef, Minieh,
Monfalut, Siut, Girge, die Ruinen von Theben, Karnak, Denderah, Esne und
Assuan, und kehrte am 27. Juli wieder nach Cairo zurück, woselbst er bis zum
25. September verblieb. Von dort begab er .sich nach Suez, besuchte Tor imd
den Sinai in Arabien, und hielt sich bis zum 15. Februar 1805 in Suez auf.
(Jpschichte des k. k. Hof-Niitiiraliencaliinets /ii Wien. 1 l)(S»)
Sodann kelirte er abertiials nach Cairo zurück, wo er bis zum 23. August
verweilte, und verfügte sich hierauf nach Damiette, wo er bis zum 17. Februar
1806 zubrachte.
Nach Cairo zurückgekehrt, hielt er sich daselbst bis zum 8. Mai auf und
besuchte noch einmal Rosette, wo er jedoch erkrankte und schon nach kurzer
Zeit dem Tode erlag.
Seine reichen Sammlungen, die er während eines dreijährigen Aufenthalles
in Italien und Ägypten zu Stande gebracht hatte, sandte er theilweise in ver-
schiedenen Zeitabschnitten an den Grafen von Savorgnan nach Wien.
Der in Ägypten zurückgebliebene Theil derselben, so wie die von ihm hin-
terlassenen Schriften und Effecten, gelangten nach langwierigen Verhandlungen
mit den ägyptischen Behörden, im Wege des kaiserl. österreichischen Consu-
lates zu Alexandria, erst im Jahre 1808 in die Hände des Grafen, der dieselben
nebst dem hierunter befindlich gewesenen Tagebuche dieses eifrigen und thäti-
gen Reisenden, dem kaiserl. Naturaüen-Cabinete überließ.
*) Während der Regierung Franz IL. nachmals Kaisers Franz I. von
Osterreich, entstanden in derPeriode von 1792 — 1815 nachbenannte Naturalien-
Sammlungen von Privaten in Wien.
A. Sammlungen aus verschiedenen Naturreichen.
1) Die Sammlung der Theresianischen Akademie. (Bestehend aus
Mineralien, Conchylien und Insekten ) Wurde bei der Wiedereinsetzung
dieses Institutes im Jahre 1797 gegründet;
2) der PP. Carmeliten in der Leopoldstadt. (Mineralien, vorzüglich
aber Conchylien, nebst einigen Reptilien enthaltend.) Dieselbe wurde im
Jahre 1794 von P. Alex. Maria Spatt angelegt, indem der Orden nach
Auflösung der Freimaurerloge zur wahren Eintracht einen großen Theil
der Sammlung dieser Loge sammt der aus carrarischem Marmor gemeißel-
ten Büste Born's käuflich an sich brachte. Im Jahre 1820 wurde diese
Sammlung von Herrn Joseph Pittoni von Dannenfeldt, der die
wenigen Reptilien derselben im Wege des Tausches an das k. k. Hof-
Naturalien -Cabinet abtrat, die Born'sche Büste von Herrn Moriz
Grafen von Fries gekauft;
3) Ihrer kaiserl. Hoheit der Frau Er zherzoginn Leopoldine. (Minera-
lien und Conchylien.) Wurde von der Erzherzoginn nach ihrer Vermäh-
lung mit Don Pedro, Kronprinzen von Brasilien, im Jahre 1817 nach
Rio Janeiro mitgenommen.
B. Mineralien-Sammlungen.
1) Die Sanmilung des Herrn Franz Joseph Müller von Reichen-
stein, k. k. Hofrathes;
2) der Frau Theresia Barbara von Tambosch, welche dieselbe von
ihrem verstorbenen Gatten Herrn Johann Sebastian von Müller,
k. k. Hofrath bei der böhmisch-österreichischen Hofkanzlei ererbte.
Kam nach ihrem Tode 1813 durch deren Erben in meinen Besitz;
1084 Kifiin
ger.
3) des Herrn Tliaddäus P ei t Im er Edlen von Li eilten fels, H<>t'-
Concipisten bei der Hofkaniiner im Münz- und Bergwesen. F'iel demselben
als ein Erbtiieil seines Vaters Johann T hadd ä u s Peithner Edlen
von Lichtenfels im Jahre 1792 zu, und wurde dann später einzeln ver-
kauft;
4) Seiner kaiserl. Hoheit des Herrn Erzherzogs Johann Baptist.
Dieselbe wurde zum Theiie auf Kosten des Erzherzogs, von Dr. Geb-
hard in Tirol gesammelt und enthielt auch die von Herrn Nicolaus
Joseph Edlen von Jac quin im Jahre 1804 um 20.000 Gulden ange-
kaufte Sammlung;
5) Seiner kaiserl. Hoheit des Herrn Erzherzogs Rainer;
6) des Herrn Pros per Fürsten von Sinzendorf. Befand sich zum
Theiie in seinem Schlosse zu Ernstbrunn im Kreise V. U. M. B. inNieder-
Oslerreich. Die Grundlage derselben liildete eine von Herrn Christi an
Haupt, Hof-Steinschleifer und Mineralien-Händler angekaufte Sammlung.
Wurde vom Grafen Gregor von Rasoumovsky gekauft;
7J des Herrn Alois Fürsten von Liechtenstein. Enthielt die Samm-
lung des Herrn Leopold Grafen von Kolowrat, welche der Fürst
nebst dessen Conchylien-Sammlung um 30.000 Gulden an sich brachte
und gelangte nach des Fürsten Alois Tode an Herrn Johann Fürsten
V 0 n L i e c li t e n s t e i n ;
8) des Herrn Nicolaus Fürsten von Es t er h a zy, Capitän der ungari-
schen Leibgarde. Kam nach dessen Tode 1833 an seinen Sohn Herrn
Paul Fürsten von Esterhazy;
9) des Herrn Moriz Grafen von Fries. Die Sammlung des Fräuleins
Eleonore von Raab und die Born'selie Büste aus der Sammlung
der PP. Carmeliten enthaltend. Wurde um das Jahr 1824 öft'entlich
versteigert. Erstere gelangte in den Besitz des Herrn Professors Fer-
dinand Zimmermann, letztere in jenen des Herrn Joseph Pittoni
von Dannenfeldt und wurde von diesem 1827 im Wege des Tausches
Herrn Naturalien-Cabinets-Director von Schreibers überlassen. Beim
Brande des kaiserl. Museums am 31. October 1848 fand diese Büste in den
Flammen ihre Vernichtung;
10) des Herrn Rudolph Graf en v on Wrbna. Diente dem Ablic Est ner
zur Grundlage seines zwischen den Jahren 1794 — 1804 zu Wien in drei
Bänden in 8". erschienenen Werkes: „Versuch einer Mineralogie". Wurde
nach dem Tode des Grafen 1823 verkauft;
11) des Herrn Ferdinand Grafen von Palffy. Wurde noch bei Lebens-
zeiten des Grälen verkauft;
12) des Herrn Carl Fr eilicrrn von Puliion, k. k. privil. Großhändlers.
Enthielt die von dem königl. spanischen Hütten-Direclor Anton Zacha-
rias Helms auf seinen Reisen in den La Plata-Staatcn und in Peru wäh-
rend der Jahre 1788 — 1791 gesammelten Mineralien, welche größten-
Iheils in dem von Helms im Jahre 1798 zu Dresden herausgegebenen
;,Tagebuch einer Reise durch Peru, von Huenos-Ayres an dem großen
fiescliiflile des k. k. FIof-NHliiialiericybliiels /.n Wien. 1 üo;>
Platafluße, über Pofosi nach Lima, der Haiiftslailt des Königreichs
Peru" beschriehen sind. Diese Sammlung wurde von d^m Freiherrn
von Puthon nachdem Tode Helms, von dessen Witwe um HüODucaten
gekauft und von demselben später dem Herrn Jo seph von Lcthenyey
zum Geschenke gemacht;
-13) des Herrn von Bienenleld, k. k. privil. Großliiindlers. Die Grundlage
derselben bildete die Sammlung des Herrn Hei mb ich 1er aus der
vorigen Periode;
14) des Herrn Freiherrn von Kienmayer, k. k. Appeliationsrathes«
Wurde nach seinem Tode verkauft;
15) des Herrn Franz von Tihavsky. k. k. Arlillerie-Obfrst. Gelangte nach
dem Tode ihres Besitzers 1822 durch Erbschaft an Fräulein Hamsa von
Z abiedovitz;
16) des Herrn Johann Fürsten von Liechtenstein, k. k. Feldinar-
schalls. Dieselbe war ein Erbtlieil des Herrn Alois Fürsten von
Liechtenstein und wurde in der Folge nach Brunn verschenkt;
17) des Herrn Johann Rudolph Grafen von Spork, k. k. Feldmar-
schall-Lieutenants ;
18) des Herrn Mathias N i ed er niay er, Directors der k. k. Porzellan-
und Spiegel-Fabrik;
19) des Herrn B e n e d i c t L a m p r e c h t, Profcß der ehemaligen Abtei Mnntscrut ;
20) des Herrn Abbe Bach, Cantors an der Metropolitan - Domkircbe zu
St. Stephan;
21) des Herrn Michael Wutky, akademischen Malers. Kam spätir an
Herrn Professor Wagner;
22) der Herren Gebrüder Morgenbesser. Ihre erste Sammlung ging
durch Kauf für 7000 Gulden an Herrn Apotheker Scharinger über,
worauf sie sodann eine neue Sammlung anlegten;
23) des Herrn Scharinger, Apothekers zu St. Ulrich. Feinen großen Theil
derselben bildete die frühere Saninihing der Herren Gebrüder M orge n-
bes ser ;
24) des Herrn J o se ph v o n Le th e n yey, k. k. Artillerie-Oberstlioutenants
und Directors der Kanonengicßerei. Zum Theile aus der Sammlung des
Herrn Carl Freiherrn von Pulhon bestehend ;
25) des Herrn Johann Carl Megerle von Mühlfeld, Custos am k. k.
Naturalien-Cabinete ;
26) des Herrn Joseph Moser, Apothekers in der Josephstadt. Kam an
den bürgerlichen Apotheker-Verein;
27) des Herren Ja cob Fri edrich van der Null. Wurde von Friedrich
Mobs unter dem Titel „Des Herrn Jacob Friedrich von der Null Minera-
lien-Kabinet" in drei Ahtheilungen umständlich beschrieben, welches Werk
1804 zu Wien in 8*. erschien. Nach dem Tode vander Nüll's gelangte
diese Sammlung im Jahre 1827 durch Kauf für einen Betrag von 18.000
Gulden an dai kaiserl. Naturalien-Cabinet ;
1086 Fit
i 1 n g' e r.
28) des H< rin Franz Stütz, Doetors der Medicin. Die Sammlung seines
Brudors A' be Andreas Stütz enthaltend;
29) des Herrn Abbe Es In er. Kam durch Kauf an den Herrn Grafen von
D i e t r i c h s t e i n ;
30) des Herrn T h o m a s J a c o b F r e i h e r r n von T h a v o n a 1 5
31) des Herrn Johann S t r 0 m m e r, Lihrers am k. k. Taubstunmien-Inslitnte.
Die Sammlunf^ des Herrn Abbe Ni eol aus Poda enthaltend, die durch
Erbschaft auf iiin überturw. Cl. LVII. Hd. I. Abth. 70
1094 Verson.
hyalin, und muß ich die besondere Neigung desselben zur Verknü-
cherung (Henle) hervoi'hehen. An der Leiche eines 24jährigen
Mannes fand ich es schon zur Hälfte verknöchert.
Heule (Anatomie Bd. H.) erwähnt bei Beschreibung der Arti-
culatio crico-ariitoeiioidea einer fettreichen Synovialfalte, welche
zuweilen von der lateralen Ecke her in das Gelenk vortritt. Bei fünf
Kehlköpfen fand ich dieselbe einmal wie sie He nie angiebt; drei-
mal aber (und darunter war eine kindliche Leiche) schob sich
ein fester, weißgelhlicher Keil in das Gelenk vor, der bei mikro-
skopischer Untersuchung als aus straffem Bindegewebe mit einge-
streuten Zellen bestehend sich ergab. Beim Kinde waren die Zellen
viel zahlreicher und erschienen gegen die freie Spitze zu stark abge-
plattet; von Fettgewebe war in der Nähe keine Spur zu sehen. Dieses
Zwischenstück, welches ich nicht anstehe, als Zwischenknorpel zu
bezeichnen, ist durch die Gelenkskapsel straff am Gießbeckenknorpel
geheftet, während ein längeres Kapselstück es mit dem Ringknorpel
verbindet. Hei der Neigung des Gießbeckenknorpels nach rückwärts
folgt es daher diesem, und während es die stärkere Krümmungsfläche
des fixen Ringknorpels corrigirt, entgeht es gleichzeitig der Gefalir
einer Einklemmung. Der freie Theil des Keiles zeigt kein Epithel,
wohl lassen sich aber an der verbindenden Kapsel randständige Kerne
nachweisen, die auf ein solches hindeuten.
Auch die Angabe C. Mayer's (MerkeKs Archiv 1826), daß in
den Stimmbändern zuweilen knorpelige, scheibenförmige Körper vor-
kommen, prüfte ich, aber mit demselben negativen Erfolge wie
Henle (Anatomie Bd. II). Was das obere Stimmband anlangt, ließe
sich die Angabe höchstens auf ein verirrtes Knötchen des Wris-
berg'schen Knorpels zurückführen, der häufig in Stücke zerfällt.
Im unteren Stimmband f;ind ich aber das schon von Henle (1. c.)
beschriebene elastische Knötchen nie verknorpelt. Interessant ist
nur der Vergleich dieses Befundes beim Neugebornen, mit jenem
beim Erwachsenen. Während es nämlich bei letzterem " nur aus
dicht verfiltzten, elastischen, Fasern besteht, sind diese beim
Neugebornen viel weniger dicht angeordnet, dafür aber ihre Zwi-
schenräume mit kernhaltigen Zellen erfüllt, welche die verschie-
densten Entwicklungsstufen der Spindelform zeigen. Aus ihnen
seile inen sich also die elastischen Fasern zu ent-
wickeln.
Buiträ^re zui- Kcniitiiili des Kflilki>|»fi'.s und ili'r Trneliea. 1 OVJÖ
Ein besonderes Verhalten zeigen die Stimmbänder großer
Hunde, indem dieselben bis weit nach vorne von der C. arytae-
noidea und den mit ihr verschmolzenen Sa ntonini 'sehen und
Wrisberg'schen Knorpeln (Rheiner) aus, verknorpeln können.
Man findet an Querschnitten des oberen Stimmbandes einen,
gegen den freien Hand zu sieh keilförmig verjüngenden Faser-
knorpel; das untere Stimmband dagegen schließt eine dünnere
Faserknorpellamelle ein, welche mit der unteren Fläche des Bandes
parallel liegt. Eine weitere Besonderheit liegt darin, daß am hinteren
Winkel des Morgagni'schen Ventrikel die Stimmbänder nicht direct
in einander übergeben, dadurch, daß, wie es beim Menschen der Fall
ist, ein elastisches Bündel von oben nach unten mit einem von unten
heraufsteigenden sich kreuzt. Der hintere Abschnitt des oberen
Stimmbandes krümmt sich vielmehr nach al)wärts, streicht durch
den Raum des Ventrikel durch, und befestigt sich am Grunde des-
selben. Durch dieses Verhältniß wird lateralwärts ein Blindsack ab-
gegrenzt, der die directe Fortsetzung des Ventrikel darstellt. Das
untere Stimmband verläuft nach rückwärts auf einer größeren Strecke
geradlienig als das obere, verlängert sich aber endlich nach oben,
und verschmilzt mit der inneren (oberen) Fläche des nach abwärts
gekrümmten, falschen Stimmbandes. Auch unter dem wahren Stimm-
bande setzt sich der Ventrikel als ein kürzerer Blindsack nach hinten
fort. Die zwei beschriebenen Blindsäcke bilden also die directe Fort-
setzung des Ventrikel, und sind durch eine Scheidewand von einander
getrennt, welche eigentlich vom oberen Stimmband gebildet wird.
Einen intercalären Trachealknorpel, wie Luschka (Zeitschrift
für rat. Med. III. Reiche XI) solche für den Menschen beschreibt,
fand ich einmal auch bei der Katze.
in Q s k e I n.
Abgesehen davon, daß zuweilen einzelne quergestreifte Fasern
des Oesophagus sich verirren können, und eine mehr oder weniger
lange Strecke in der hinteren Faserhaut der Trachea fortziehen,
kann ich über die Muskeln der schönen Darstellung Henle's nichts
hinzufügen; nur konnte ich mich nie von wirklicher Endigung der
Fasern des M. thyreo arijtaenoideus iiif. in das gleiclibenaunte Band
überzeugen. An der Grenze z^\ischen beiden liegen allerdings die
Muskelfasern schütterer, und können eine solche Vermulhung
70*
1096 - Ver.on.
erwecken; aber einen l Iterpfiing tles Sarcolemmn in die Bandfasern,
gelang es mir nie zu beobachten.
Was die mikroskopischen Verhältnisse der quergestreiften
Muskelfasern anlangt, .will ich erwähnen, daß ich am Kehlkopfe
solche mit gabeliger Zwei- und Dreilheilung fand. Es scheint über-
haupt eine solche Verzweigung nicht so l)eschränkt vorzukommen,
wie angenommen wird. Ich untersuchte vergleichshalber auch andere
Skcdctmuskeln des Kaninchens, fand aber überall einzelne gabelig
gelheilte Fasern.
Die organischen Muskelfasern der Trachea beginnen gleich
hinter dem ersten Ringknorpel, indem sie zwischen den vorderen
Flächen der Knorpelenden ausgespannt sind, in deren Perichondriiim
sii' meist mit zarten dünnen Sehnen übergehen; oder, was seltener
der Fall ist, sie verlieren sich in die Schleimhaut. Sie bilden jedoch
keine nach unten zusammenhängende, fortlaufende Schichte, sondern
erscheinen in Absätzen unterbrochen, von welchen meist mehrere
einem Kiiorpelringe entsprechen; sie sind dabei durch stärkere Ein-
schübe der hinteren Faserhaut von einander getreinit, und diese dienen
gleichzeitig als Straßen der Nerven und Gefäße, welche von hinten
her die Schleimhaut versorgen. Die von Kr am er zuerst beschrie-
nen longitudinalen Muskelbündel folgen den Absätzen der horizon-
talen, indem sie meist nicht, wie Kram er angibt, aus der ßinde-
gewelisliant entspringen, und in derselben endigen, sondern tief an
den beschrielienen bindegewebigen Scheidewänden der Muskel-
schichte Ursprung und Ende nehmen, so daß sie von hinten einen
oder mehrere Absätze derselben umklammern.
Eben solche , aber noch stärkere longitudinale Muskelbündel,
linde ich auch an der Trachea der Katze luul des Hundes, welche
(hircli Contraction derselben bedeutend vei'kürzt werden kann. Die
Kuorpelringe legen sich dabei ziegeldacliarlig über einander, so daß
an hier gelegten Horizontalschnitten zwei aufeinanderfolgende Ringe
gleichzeitig getroflen werden. Der Schnitt zeigt dann zwei con-
cenlrische Knorpelstreifen, die durch elastisches Gewebe von einander
getrennt sind.
Wie schon Meckel (Vergl. Anat. VI) Iteschreibt, reicht die
horizontale Muskelschiclile bei Katzen- und llniuletracheen Meit über
die Ringknurpclendon hinaus, an deren äußeren Flächen sie sich
inserirt. Sie umgreilt fast ein Drittel i\i's ganzen Ringes, und kann
Beiträge zur Keniilniß iles Kelilkopfes iiiul der Tiache«. 1 09T
sich SO mächtig confrahiren, daß die olTeneii Ringenden sich weil
übereinander legen, und die Sclileinihant in die Lichtung der Trachea
als eine longitudinale, 3 — 4 Linien breite Falte vorgetrieben wird,
die sich auch in die Bronchien fortsetzt. An Thieren, die durch Ver-
Lhjtung sterben, erreicht die Contraction gewöhnlich den höchsten
Grad, so daß die Ringenden dadurch geknickt werden können.
Endlich sind die organischen JMuskeilasern auch histologisch
eigenthümlich, in soterne sie ungewöhnlich kurz sind, und einen sehr
langen Kern besitzen. Der Querschnitt eines Bündels trilTt daher last
in jeder Zelle auch den Kern, und man erhält ein elegantes Bild von
zartem, rund maschigeni, doppelt contourirtem Netzwerk, in dessen
Lücken regelmäßig Kerne erscheinen. Letztere lassen noch
d e u 1 1 i c li ein glänzendes K e r n k ö r p e r c h e n erkennen.
(Vergl. Frankenhaeuser. Die Nerven der Gebärmutter u. s. w.)
Schleimhaat. Drüseu. Epithel.
Die Schleimhaut des Kehlkopfes und der Trachea schließt aus-
nahmslos in ihrem Gewebe zahlreiche runde, ein- oder mehrkernige
Zellen in sich, welche bis dicht unter das Epithel reichen, um die
Gefäße herum einen Hof bilden, und endlich auch um die Drüsen
sich drängen. Stellenweise ist die Grenze des Epithels, wo es ge-
schichtet ist, ganz verwischt, und es ist nicht möglich anzugeben, wo
die genannten Körperchen aufhören, die Epithelialzellen beginnen.
Dieser Befund, der an physiologischen und pathologischen Präpa-
raten, an Mensch und Thier, immer wiederkehrt, läßt vermuthen, daß
die genannten Körperchen sog. Wa nderzellen sind, die möglicher-
weise an der Bildung des Epithels betheiligt sind. Der Umstand, daß
sie immer einen mehr weniger dichten Hof um die Gefäße bilden, läßt
die Vermuthung zu, daß sie aus den Gefäßen selbst stammen.
Es ist hier der Ort, wo ich noch einer anderen Beobachtung
erwähnen will. Wie das für Schaf, Schwein und andere Thiere l)e-
kannt ist, fand ich auch bei der Katze seitlich an der Eingangsfalte
des Kehlkopfes sogenannte Follikeln, d. h. Anhäufungen von Lyniph-
körperchen in einem zarten, reichlich (Jcläße tragenden Netzwerk,
welches durch Verschmelzung mit Fortsätzen versehener Protoplasma-
körper entstanden zu sein scheint. An den Knotenpunkten des Netz-
werkes sehe ich wenigstens deutliche Kerne. Diese Follikeln, gewölin-
lich von stärkerem Bindegewebe umfaßt, sah ich zuweilen gegen die
1098 Verson.
Schleimliaiit hin offen, «illmälig in das Gewebe dieser übergehen, so
daß sich ihre Lymphkörperchen bis an die Epithelialzellen er-
strecken, in welche sie durch allmäiige Formveränderung überzugehen
scheinen.
Bezüglich der Drüsen muß ich vor allem bemerken, daß ich
nie, auch nicht an den größten Acini des Kehlkopfes und der Trachea,
ein Ptlasterepithel vorfand. Ein solches wird nur an schiefen Schnitten
vorgespiegelt, an welchen nur die Basen oder Zelleukörper quer ge-
troffen wurden. Wohl haben die Atisfüliruiigsgänge zuweilen niedrie-
gere Epithelialzclk-n ; jedoch erscheinen diese beim Menschen immer
einschichtig, während sie beim Hunde häufig zwei- oder dreischichtig
gefunden werden.
Die hintere Fläche des Kehldeckels verliert bekanntlich beim
Erwachsenen ihre Flimmerdecke, und erscheint von einer Epithel-
schichte überzogen, welche den Übergang zwischen den Pflasterzellen
der Vorderseite des Kehldeckels und den Flimmerzellen des eigent-
lichen Kehlkopfes bildet. Diese ganze Epithelstrecke zeigt eine weit
geringere Mächtigkeit als jene der Vorderfläche der Epigiottis, und
zeichnet sich von letzterer noch besonders dadurch aus, daß ihre
Begrenzung nach der Schleimhaut hin eine viel schärfere, und gerad-
linige ist. Ihre unterste Schichte besteht regelmäßig aus pallisaden-
artig an einander gereihten Cylinderzellen, über welchen sich mehr
rundliche, oder polygonale Zellen zu einem Stratum Malpighi zusam-
menstellen, bevor sie sich zur Hornschichte abplatten. Je näher man
nun dem Epiglottiswulst kömmt, um so höher erscheinen die ge-
nannten Basalzellen, während die darüberliegende Zellenschichte
entsprechend dünner wird. Durch ein solches Überhandnehmen der
unteren Cylinderzellen auf Kosten der oberen rundlichen und ahge-
|ilatteten, verschwinden endlich letztere ganz, und die ersteren bilden
sich durch einen Flimmerbesatz zu den Flimmerzellen um. Im zweiten
Viertel ungefähr der hinteren Epiglottisfläche weist aber das Epithel
noch eigenthündiche Bildungen auf, die sich als aus Zellen bestehend
ergeben, und, bald bauchig aufgetrieben, bald mehr pyramidal von
Gestalt, mit ihrem Gipfel mehr oder weniger der Hornschichte sich
nähern, welche darüber ein dünnes Kanälchen bis zur freien Ober-
fläche offen läßt. Es sind das offenbar dieselben Bildungen, welche
kürzlich S c h w a 1 b e (M. Schultze's Archiv, Bd. IV, I 8G8) und L o v e n
(S.'iiultze's Archiv, Bd. IV.) an den Seifenflächen der umwallten
neiträg-e zur Kenntniß des Kelilkopt'es iiiitl Jer Trachea. 10«'«'
Papillen beschrieben, und welche diese Forseher mit den Geschmaeks-
nerven in Zusammenhang bringen zu können glauben. Über die
Structur genannter Gebilde komme ich im Wesentlichen zu
denselben Resultaten, M'ie Schwalbe und Loven. Es sind lang ge-
zogene, mehr oder weniger breite Zellen, v\ eiche meist mit breiterer
Basis aulsitzen, ihr schmächtigeres Ende der freien Oberfläche zu-
kehren, sich aber ringsherum ganz genau an die u m -
gebend en Epithelialz eil en a nlegen. Querschnitte der Gebilde,
die mir mehrmals gelangen, zeigen mir überdem regelmäßig eine
centrale runde Lücke, um welche die beschriebenen Zellen sieh im
Kreise lagern.
Aus dieser kurzen Beschreibung ergibt es sich schon, daß ich
die sogenannten Stiftchen als die peripheren Enden der länglich
ausgezogenen Epilhelialzellen ansehe, die sich zufällig (das von
Schwalbe gegebene Bild der hervorragenden Stiftchen kommt nicht
immer zur Anschauung) von den umgebenden Zellen abgelöst haben.
Was den Härchenkranz anlangt, gelang es mir nicht, mich von dessen
Vorhandensein zu überzeugen.
Daß also diese Knospenbildungen keine Geschmacksorgane
seien, scheint mir der Fundort derselben an der hinteren Epiglottis-
fläche schon ein genügender Beweis. Nachdem ich mich aber ebenso
vergeblich wie Schwalbe bemüht habe, einen Zusammenhang der-
selben mit Nervenfasern darzustellen, kann ich sie auch als Nerven-
endorgane nicht ansehen. Übrigens will ich mich vorderhand bezüg-
lich ihrer Auslegung eines Urtheils ganz enthalten, und bemerke ich
nur noch, daß dieselben an der hinteren Seite der Epiglottis in meist
größeren Abständen von einander vorkommen, ohne eine bestimmte
Gesetzmäßigkeit in ihrer Vertheilung kundzugeben.
Selten am Epiglottiswulst, aber sehr häufig an der unteren
Fläche des falschen Stimmbandes, zeigen die Ausführungsgänge der
Drüsen ein schönes Flimmerepithel (vergl. E. Klein, k. k. Wiener
Acad. 1868), welches ziemlich weit bis gegen die Acini zu sich
erstreckt. An der erstgenannten Stelle besitzt die Schleimhaut noch
nicht Flimmerepithel. Im Übrigen zeichnen sich solche Ausführungs-
gänge noch durch das ansehnliche Lumen aus. Ihr Querdurchmesser
(das Epithel mit eingerechnet) belrägt bis (>-3 Mm.
Betreffs der Vertheilung der Drüsen in der Trachea muß ich
zunächst für die vorderen und seillichen Partien, ganz Ueitz
1 100 Ve rson.
(Künstliche Erzeiiguqg von croupöser Pneumonie, W. Acad. LV. Bd.
11. Ahtiig.) gegen Hheiner Leistiinnien , daß sie eine zusammen-
hängende Schichte hilden, die auf der Höhe der Knorpeh-inge nicht
unterbrochen erscheint. An der liinteren knorpelfreien Fläche ferner
finde ich niclit, wie es angegeben wird, die Drüsen in der Muskel-
schiclite eingebettet, sondern in der grüßten Mehrzahl der Fälle
liegen sie hinter derselben und durchbohren die Muskelschichte nur
mit ihren Ausführungsgängen, die gerade zur Oberfläche ziehen.
Gleichzeitig können sie aber noch eine zweite, dünnere Schichte vor
der Muskelhaut bilden.
In Betreff der Epithelvertheilung habe ich gegen die Angaben
Rheiner's (Würzburger Verhandlungen III) noch das einzuwenden,
daß beim Hunde, wenigstens im hinteren Abschnitte des Morgagni'-
schen Ventrikel, Pflaster- nicht Flimmerepitbel vorkommt. Besonders
in den früher beschriebenen Blindsäcken, die durch Kreuzung der
Stimmbänder entstehen, findet sich ein mächtiges Pflasterepithel vor,
welches ununterbrochen mit jenem der pli'cae nryepiglutticae und
der rima glottidis posterior zusammenhängt. In dasselbe treibt die
Schleimhaut starke Fortsätze mit Nerven und Gefäßen.
Die Flimmerzellen der frischen Schleimhaut, einem kaum ge-
tödteten Thiere entnommen, zeigen besonders bei Wasserzusatz, die-
selben Veränderungen wie jene des Darmes (Lypski): sie stoßen
einen Protoplasmaklumpen mit oder ohne Kern aus, an dem meistens
die Flimmern haften bleiben, und verwandeln sich so zu Becher-
zellen. In eminentem Grade findet dieser Vorgang auch hier bei der
Katze statt. An einfach in Chromsäure gehärteten Katzenpräparaten
entfällt eine unversehrte Zelle auf 5 — 6 Becherzellen.
Ganglien.
Die allgemein verbreitete Ansicht, die peripheren Nervenver-
zweigungen der Kehlkoplsclilcimhaut seien mit Ganglienzellen
ausgestattet, muß ich absolut in Abrede stellen. Dagegen erscheinen
die Aste des Laryngens sup. und das Becurreiis unmittelbar vor
ihrer Verzweigung in die Muskeln (also noch in der hinteren Faser-
schichte), mit zahlreichen Ganglienzellen besetzt. In der hinteren
Faserhaut der Trachea fand ich überdieß beim Menschen, bei der
Katze und beim Hunde wirkliche Ganglien von rundlich oblonger
Form, mit dem größten Durchmesser iler Längsaxe parrallel, von
Beiträge zur Keiiiiliiiß ilis Kelilkupfes und der Trjichea. 1 101
welchen deutlich Nervenfaserzüge zur organischen Muskelschichte
ziehen. Daß sie mit der Innervation der letzteren wirklich in Zusam-
menhang stehen, ergibt sich auch aus ihrer verschiedenen Anordnung
beim Menschen und bei den genannten llausthieren. Bei letzteren,
wo die Muskelschichte weit über die Knor elringe hinausreicht,
erscheinen sie regelmäßig seitlich angeordnet, hinter den Knorpel-
ringen und der Muskelschichte. Beim Menschen dagegen sind sie,
entsprechend der Lage der organischen Muskelfasern, nur hinter
diesen im knorpeltVeien Zwischenraum vertheilt.
An einem Katzenpräparat mißt der quere Durchmesser eines
solchen Ganglions Ol 7 Mm; an einem Längsschnitte messe ich
dessen größten Durehmesser 0-39 Mm. Ein anderes, nienschliches
Präparat zeigt mir einen runden Querschnitt, von 0 2 Mm. Durch-
messer,
Ob die Zellen dieser Ganglien nur einen oder mehrere Fortsätze
in verschiedene Bichtungen aussenden, vermag ich nicht zu ent-
scheiden. An unversehrten Zellen konnte ich bis jetzt nie mehr als
einen Fortsatz wahrnehmen. Freilich erlauben aber Schnittpräparate
nie ein entscheidendes Urtheil; und bei so kleinen Gebilden wie
diese Ganglien, deren Aufsuchung mit freiem Auge nicht möglich ist,
war an eine Isolation der Zellen durch Zerzupfen frischer Präparate
nicht zu denken. An Schnittpräparaten erscheinen dieselben meist
einkernig, einzelne größere enthalten aber deren zwei.
1 104 Verson. Heitriige /.uv Keiiiitiiiß des Kehlkopfe» und der Trachea.
E r k I ä r u n g- der A b b i 1 d u n g e n.
Fig. 1. Längsdurclischnitt der Trachea; Katze. «^ Knorpelring, i^ trans-
versale Muskelschichte, ej Ganglien; von einem derselben tritt ein Bündel
Nervenfasern aus, gleichzeitig enthalt dasselbe eine zweikernige Ganglienkugel
CeJ. Bei dj erscheint ein schief getroffenes Längshündel von org. Muskel-
fasern. (Hartnack Oc. 3, Ohj. 7.)
Fig. 2. Längsschnitt der hinteren, häutigen Wand der menschlichen
Trachea; topographisches Präparat, aj Epithel, bj Schleimhaut mit einge-
streuten Lymphkörperchen, o} obere Drüsenschichte, dJ Querschnitte der
transversalen Muskelschichte, e) Längsbündel org. Muskelfasern, sich in der
bindegewebigen Scheidewand h inserircnd, /") Untere Diüsenscliichte, eingebettet
in die äußere bindegewebige Faserschicht, g) Drüsenaust'ührungsgang, die
Muskelschicbte durchbohrend, /^GefäßquerschniUe. (Hartnack Oc. 3, Obj.4.)
Fig. 3 und 4. Epilhelknospen in der hinteren Kehldeckelfläche (entspre-
chend den sog, Schmeckbechern Schwalbe's). Bei a) erscheint eine runde
Lücke, die als Ausdruck eines quergeschnittenen, centralen Canals gedeutet
wird, hj Epidiellücke, welche das über der Knospe stehende Epithel durch-
brictit. Letzteres bildet eine stärkere Scliichle als an den umwallten Papillen,
wo das Epithel überhaupt dünner erscheint. Beide Schnitte sind etwas schief.
(Hartnack Oc. 3, Obj. 8.)
Fig. S. A Querschnitt der Trachea eines verbluteten Hundes, a) stellen
die sich übereinander schiebenden Knorpelringenden dar, j3) die contrahirte
Muskelschicbte, 7) Schleimhaut. Vergrößerung 2.
ß, C, D, E Längsschnitte der Stimmbänder des Hundes. Die Schnitte
folgen sich von vorne nach hinten aufeinander, wobei die Spitze des Pfeiles der
Lichtung des Kehlkopfes zugewendet ist. In B begrenzen die Stimmbänder
einfach den Ventrikel. Bei dJ ei'sciu'int im unteren Stimmband schon eine
dünne Faserknor|)ellamelle. In r' krümmt sich das obeie Stiminband (aJ schon
nach unten und außen, während vom Grunde des Morga gn i 'sehen Ventrikels
ihm eine Leiste entgegenwäcbst. Bei cj zeigt auch das obere SfiuunbaiHl schon
einen Knorpelkern. In D ist die Insertion des oberen Stimmbandes am Grunde
des Ventrikels vollendet, wodurch ein Biindsack fej abgeschlossen wird. Die
übrigen Bezeichnungen wie früher. In E endlich hat sich auch das untere
Stinimband nach oben verlängert und ist mit dem falschen Stimmbaiid ver-
schmolzen. Dadurch wird ein neuer Blindsack (f) abgeschlossen, der vom
Blinilsack e) durch das obere Stimmband getrennt ist.
bJ Liff. thyreoarytaenoideum inf. g) M. thyreoarylaenoideus int. — Natür-
liche Große.
Fig. G. Querschnitt von org. Muskelfasern aus der mensehlieheii Trachea.
(Hartnack Oc. 3, Imm. Nr. 10.)
ViTson. Zur Ki-iiiiliiiss ilrs Ki-Iilkiiiilcs imil der Trudica .
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Es besteht somit eine Atrioventricularklappe, von der inneren
oder der dem Atrium zugekehrten Fläche angefangen, aus folgenden
deutlich unterscheidbaren Stratis:
1. Aus dem relativ stärkeren Endocardium vom Atrium mit
seinem Epithel, einer elastischen und Bindegewebsschichte.
2. Aus der Klappenmuskulatur bis zu % der Klappenlänge oder
darüber reichend, wo dann das Endocardium mit dem
3. vom Faserring kommenden fibrösen Bindegewebe, dem mäch-
tigsten Bestandtheil der Klappe, bis zu ihrem freien Rande ver-
schmilzt.
4. Aus dem V'entrikel-Endocardium, welches dünner und an den
Stellen durchbrochen ist, wo sich die Chorden zweiter Ordnung an
der Ventrikelfläche der Klappe inseriren, um das fibröse Bindegewebe
zu verstärken.
Ludwig Joseph (Physiologie der Herzklappen, Virchow's
Archiv für pathol. Anat. XVIII. 1860) versuchte direct die Wirkung
dieser Muskelfasern in den Klappen zu bestimmen, indem er mit dem
Inductionsstrome an frischen Herzen von Kaninchen dieselben zur
Contraction erregte. Dadurch sollen die Hauptlappen wellenförmig
in Falten gelegt und gegen das Ostium venosum zusammengeschoben
werden. Indessen ist dieser Versuch nicht vorwurfsfrei, da die Con-
traction in einem seitlich geöffneten Herzen von der im Leben bedeu-
tend abweicht. Auch konnte auf diese Weise keine isolirte Contrac-
tion der Längs- und Querfasern erzielt werden. Überdieß bietet die
Kleinheit der Klappenmuskulatur der Sicherheit der Beobachtung viele
Schwierigkeiten dar. Zwar versuchte ich die Wirkung der Muskel-
fasern an Herzen von Kätzchen, die ausgeschnitten und eröffnet unter
verdünnter Kochsalzlösung fortpulsierten, direct zu beobachten, aber
ohne Erfolg.
Ich gewann keine Sicherheit darüber, welche Impulse aus dem
Innern der Klappe herstammten, welche von aul^en kamen. Ich war
also auf die Vorstellungen angewiesen, welche sich aus dem anato-
mischen Befunde ableiten lassen. Zunächst wird es aus dem bekann-
ten Verlaufe der Herzcontraction und dem Orte, an dem die Muskel-
fasern vorkommen, wahrscheinlich, daß ihre Zusammenziehung mit dem
Ende der Vorhofsystole, vielleicht tbeilweise noch mit dem Anfange
der Kammersystole zusammenfällt. Die Ringfaserji werden das Ostium
atrioventriculare zu verengern suchen, oder wenn dieses fixirt ist, die
Sitzl). d. msthem.-naturw. Gl. LVII. B«l. 1. Abth. 71
I I I II (. II 5 •-(■ 11 li ;i iicr. l'li. il. Miiskiil:iliir il. Alrioventriculiiiklappen p(c.
Klappe einer Ebene annähern, welche man sieh durch ihre ringför-
mige Anheftung gelegt denkt. Die Längsfasern werden für sich
allein die Lappen der Klappe verkürzen, wenn sie aber mit den
Riiigfasern zusammenwirken, so werden sie helfen denjenigen Theil
der Klappe, in welchem sich die letzteren befinden, einer Ebene anzu-
nähern, welche man sich durcb die ringförmige Anheftung gelegt denkt.
Welche Bedeutung kann nun eine solche Action, die ohnehin mit sehr ge-
ringer Arbeitskraft ausgeführt wird, für die Mechanik des Herzens
haben?
Für die Herzarbeit im Großen und Ganzen kann sie bei ihrer
Schwäche nicht in Betracht kommen, auf das Spiel des Ventils aber
wird sie einen Einfluß ausüben. Ich denke mir darüber Folgendes:
Wenn die Klappe rein passiv, wie ein aus Blase oder Gold-
schlägerhaut gemachtes Ventil bewegt wird, so muß jedesmal min-
destens die Menge Blut in den Vorhof zurücktreten, welche sich auf
der Vorhofseite der Klappe noch in dem Momente befindet, in wel-
chem der Druck in der Kammer größer wird, als der Druck im Vor-
hofe ist. Diese Menge würde bedeutender sein, wenn sich nicht in
Folge der sackförmigen Gestalt der Kammer, in Folge der Rauhig-
keit ihrer Wände Wirbel, rückläufige Ströme hinter den Klappen
bildeten, welche schon während des Einströmens des Blutes aus dem
Vorhofe die Klappensegel mehr oder weniger der Mitte zutreiben.
Wenn sie aber auch hierdurch beschränkt ist, so wird es doch immer-
hin für den NutzefFect förderlich sein, wenn sie durch ein anderes
Mittel noch mehr verringert werden kann. Dieß würde der Fall sein,
wenn gegen Ende der Vorhofsystole durch eine andere Kratt als die,
welche durch das Blut übertragen wird, die Klappe unter möglichst
geringem Widerstände in dem Blute gehoben, einer Ebene genähert
würde, welche man sich durch die ringlörinige Anheftiing der Klappe
gelegt denkt. Hierzu würde die eigene Muskulatur der Klappe dienen
können. Denke ich mir, daß sich erst die Längsfasern, dann die
Ringfasern zusammenziehen , so wird die Klappe über eine Partie
Blut hinweggehoben, dieselbe gelangt von ihrer >'orhofseite auf ihre
Kammerseife und die Menge des beim nun eintretenden Klappen-
schluße irn Vorhofe verbleibenden Blutes ist dadurch vermindert.
Klein, niier .lif Vi'rllioilunu ticr Miiskclii ilos Ofsoidiacnv o(c. 1 i I 1
Über die Vertheihuig der Muskeln des Oesophagus.
Von Emanael Klein.
Aus dem Institute für experimentelle Pathologie der Wiener Universität.
(Mit 1 Tafel.)
Im Oesophagus kommen bekanntlich zwei zur Schleimhaut in
verschiedener anatomischer Beziehung stehende Muskellagen vor:
eine der Schleimhaut selbst angehörende Muscularis muco-
sae, und eine zweite, welche die Schleimhaut von außen umgibt.
Beide Muskelhäute zeigen beim Menschen und beim Hunde sowohl
in Bezug auf die sie constituirenden Theile, als auch in Bezug auf
ihren Verlauf und ihre Vertheilung ein verschiedenartiges Verhalten.
Die Muscularis mucosae des menschlichen Oesophagus be-
steht aus Bündeln glatter Muskelfasern, welche eine der Längsaxe
parallele Richtung haben. Nach Henle (dessen Anatomie II. Band)
M'ird die Grundsubstanz der Schleimhaut durch diese 0-2 bis 0*3 Mm.
breite Lage longitudinaler organischer Muskelfasern in eine innere,
zwischen 0"lo und O'ö. Mm. starke, und in eine um Vieles stärkere
äußere Bindegewebsschichte getrennt. Nach zahlreichen Längs- und
Querschnitten des Oesophagus des Kindes bedürfen diese Angaben
verschiedener Zusätze.
Die Bündel glatter Muskelfasern treten beim Menschen, obwohl
sehr vereinzelt und klein, ganz plötzlich auf, so daß man auf Über-
gangsschnitten aus diesem Verhältnisse mit Leichtigkeit das Ende
des Pharynx und den Anfang des Oesophagus erschließen kann. Es
muß bemerkt werden, daß die Bündel dieser Muskeln durchaus
nicht so zusammenhängende Gruppen darstellen, wie zum Beispiel
die glatten Muskeln der äußeren Muscularis des Darmes oder die
der Ringsfaserhaut des unteren Theiles der Speiseröhre, das heißt
Gruppen von Bündeln, die nur durch spärliches Bindegewebe von
einander getrennt sind; vielmehr sind sie durch mehr oder weniger
71-
11)2 K I .' i n.
starke Lagen von Selileiinhaiitgewebe von einander gesondert. Je
weiter nach abwärts, desto genäherter sind die Bündel einander, so
daß im untersten Theile des Oesophagus ein Querschnitt der Miiscu-
laris mucosae einer zusammenhängenden Muskelmasse gleicht.
Man kann demnach sagen: Die M us ke 1 b ii ndel der ilfj/s-
rnfaris mncosne sind dem innersten unter dem Epithel
g e I e g e n e n T h e i 1 e der Schleimhaut in einer kreisförmi-
gen Zone eingepflanzt, deren Breite beim Kinde 00525 bis
0-1680 Mm. beträgt.
Das, was He nie als innere Ol 5 — 0*5 Mm. breite Schleimhaut-
schichte beschreibt, reduciert sich beim Kinde auf Folgendes:
An sehr dünnen Schnitten, die von einem möglichst frischen
Präparate gewonnen wurden, finde ich zwischen dem Epitiiel
und der Muscularis, besonders scliön an Längsschnitten, zu-
meist ein feines kaum 0*01 Mm. breites Netzwerk, in
dessen Masehen mehr oder weniger zahlreiche rund-
liche den L y m p h k ö r p e r c h e n ä h n 1 i c li e z e 1 1 i g e Elemente
liegen.
An einzelnen Stellen ist dieses Netzwerk zusammengedrängt
durch ein kleines Gefäß, das sich eine Strecke weit zwischen der
Muscularis und dem Epithel hinzieht, um auf diesem Wege einzelne
Capillaräste zu den Papillen abzugeben. Die Anzahl dieser Papillen
ist übrigens beim Kinde weit geringer als beim Erwachsenen, und
nur an Querschnitten häufiger, sehr spärlich jedoch an Längsschnit-
ten anzutreffen. Nur an seltenen Stellen sieht man zwischen Muscu-
laris und Epithel vereinzelte Bindegewebsfasern neben einander ver-
laufen, um sich alsbald zu dem oben beschriebenen Reticulum zu
constituiren.
Beim erwachsenen Menschen kann schon eher von einer inneren
Schichte die Rede sein; diese besteht aus zarten, theils lose neben
einander der Längsaxe parallel wellenförmig verlaufenden, theils zu
Netzen vereinigten Fasern; die Breite
beim Erwa clisene n theils zerstreut, tlieils in dichtge-
drängten Haufen vor, halten sieh zumeist an die hier
zahlreich verlaufenden Gefäße und gehen oft ohne Un-
terbrechung in die tiefen Lagen des Epithels über. In
dieser inneren Schichte der Schleirnluuit sieht man außerdem zahl-
reiche zerstreut liegende große unregelmäßige Bindegeuebskörper-
chen, die sich durch ihr ausgezeichnetes körniges Ansehen urjd
ihren verhältnißmäßig kleinen Kern von anderen hier vorkommenden
zelligen Gebilden unterscheiden.
Nicht alle Bündel der Muscularis mucosae nehmen einen ge-
streckten Verlauf; von einzelnen zweigen sich kleinere Bündelchen
ab, die weiter hinein in die Schleimhaut abbiegen, um dann erst nach
abwärts zu verlaufen; zwischen diesen Zweigbündelchen und dem
Stammbündel ziehen größere Gefäße. Die Breite dieser Muskellage
ist an der vorderen Wand des Oesophagus im Allgemeinen etwas
größer als an der hinteren, sie erreicht ihre größte Bieite —
U-t68 Mm. beim Kinde, 0-25 Mm. beim Erwachsenen — im dritten
Viertel.
Der Lage und der V^ertlieilung nach anders als beim Menschen
verhält sich die Muscularis mucosae beim Hunde. Sie entwickelt sich
hier nur ganz allmählig: am Anfange des Oesophagus ist von
ihr noch nichts zu sehen, erst in der iMitte des ersten
Viertels treten vereinzelte kleine Bündelcben glatter
Muskelfasern in der Schleimhaut auf. Diese besteht über-
wiegend aus dicken elastischen Fasern, welche in allen möglichen
Bichtungen eng miteinander verfilzt sind. Man kann an ihr einen
inneren und einen äußeren Theil unterscheiden: in dem letzteren, in
welchem die Musctilaris mucosae und nach außen die Drüsen ein-
gebettet sind, tritt das Gewehe der Schleinihant gegen die genannte
Muskel- und Drüsenlage bedeutend zurück. Die Schleimiiaut des
Oesophagus des Hundes unterscheidet sich somit in topographischer
Beziehung von der des menschlichen Oesophagus, daß die Haupt-
masse derselben bei diesem nach außen, bei jenem
aber nach i n neu von der Muscularis liegt.
Erst gegen das Ende des zweiten Viertels haben sich die Bündel
der Muscularis mucosae geordnet und bilden, beiläufig bis an die
obere Hälfte des vierten Viertels eine nicht über 0.12G Mm. breite
Muskellage. Im letzten Viertel liegt wohl noch ihre llauitinasse nach
1114 Klein.
innen von der Drüsenschichte, jedoch sieht man hier einzelne
Bündel auch zwischen den Ac inusgrupp en und um die-
selben verlaufen. DieAusführungsgänge einiger Drüsen
am unteren Ende des letzten Viertels habe ich von ein-
zelnen Muskelfasern eine kurze Strecke gegen das Epi-
thel hin begleitet gesehen. Beim Hunde setzt sich die Muscu-
laris mucosae des Oesophagus in die Lage längslaufender glatter
Muskelfasern der Magenschleimhaut ohne Unterbrechung fort.
Die Muskelhaut, welche die Mucosa des Oesophagus von außen
umgiebt, zerfällt beim Menschen in eine äußere der Längsaxe
parallel laufende und in eine innere quergerichtete Bingsschichte. Die
Messungen dieser beiden Muskellagen, die ich am kindlichen Oeso-
phagus vorgenommen habe, ergaben:
I. Viertel, Längsfaserhaut 0-3 lä Mm.
Bingsfaserhaut 0-2o2 „
II. Viertel, Längsfaserhaut 0-294 „
Bingsfaserhaut 05145 „
III. Viertel, Längsfaserhaut 0273 „
Bingsfaserhaut 0-588 „
IV. Viertel, Längsfaserhaut 0-189 „
Bingsfaserhaut 0*609 „
Wir sehen hieraus, daß die Angaben von Kolli ker (Handbuch
der Gewebelehre 11. Hälfte) und von He nie (dessen Anatomie) mit
diesem Befunde nicht übereinstimmen, indem nach der Angabe dieser
Forscher die Dicke der Längsfaserhaut die der Bingsmuskelschichte
um das Doppelte übersteigt, während ich finde, daß die Längs-
faserhaut nur im obersten Viertel die Bingsschichte um
Einiges ü b e r t r i f f t , nach a b w ä r t s j e d o c h d i e B i n g s f a s e r-
li a u t in dem Maße an Dicke zunimmt, als d i e L ä n g s f a s e r-
haut abnimmt, so daß im untersten Viertel die erstere
n m m e h r a 1 s d a s D r e i f a c h e m ä c li t i g e r i s t a 1 s d i e 1 e t z t e r e.
Die von Schmauser (Dissertatio inauguralis anatomico-histo-
logica 1866) gemachten Angaben über dieses Verhältniß finde ich
nur theilweise wieder. Nach ihm nimmt die anfangs stärkere Längs-
muskelschiclile in der hinleren Waiidimg vom Mkhv. cilcuphartjn-
Üher die Verllieiliiiig^ der Muskeln des Oesupliagus etc. t I 1 .)
geus an bis zu der Stelle, wo die Längsschichte den Oesophagus voll-
kommen umgiebt, allmählig ab, in der vorderen Wandung dagegen
nimmt sie gegen eben diese Stelle hin mehr zu. Von dieser Stelle an
aber wird nicht nur die Dicke der Muskelhaut der hinteren Wan-
dung nach unten hin beständig geringer, sondern ebenfalls auch,
aber noch in stärkeren Sprüngen, die der vorderen Wandung, so
daß schließlich sich die gesammte Muskelhaut des ganzen Umfangs
des Rohres in beinahe gleichmäßiger Dicke von dem Anfange des
unteren Drittels bis zum Magen fortsetzt. Nur die Angabe , nach
welcher die äußere Muskulatur der Speiseröhre ihre größte iMächtig-
keit in der Gegend des dritten Viertels erreicht, finde ich wieder,
während ich mich von seinen weiteren Angaben, daß die Längsiaser-
haut die Ringsfaserhaut im unteren Theile des Oesophagus gleich der
Annahme von Henle um das Dreifache an Stärke übertreffen soll,
nicht überzeugen konnte.
Die Bündel beider Muskelschichten sind besonders im obersten
Viertel keineswegs zu einem zusammenhängenden Ganzen vereinigt :
ich finde nicht selten in der bezeichneten Gegend vereinzelte Quer-
bündelchen quergestreifter Muskelfasern in dem die Schleimhaut
und die äußere Muskulatur zusammenhaltenden lockeren submucösen
GeM'ebe verlaufen, und eben so ziehen in der die Längsschichte von
außen umhüllenden, aus zahlreichen elastisclien Fasern und aus
mehr oder weniger gestreckt, der Längsaxe parallel verlaufenden
Bindegewebsbündeln bestehenden Lage einzelne längsverlaufende
quergestreifte Muskelfasern nach abwärts.
Es ist das Erstere nicht zu verwechseln mit den innerhalb der
Ringsfaserhaut herabsteigenden Längsfasern, die nach Henle (des-
sen Anatomie) und Luschka (Über den Musculus thyreo-pliaryngo-
palatinus. Virchov's Archiv 42. Band) dem unteren Ende des Mus-
culus thyreo-palatinus und der mit der Spitze an die hintere Fläche
des Ringknorpels befestigten dreiseitigen Membran entstammen. — Die
Fasern der Muskellagen des Oesophagus sind nach übereinstimmen-
den Angaben im obersten Viertel nur quergestreift, was Welck er
und Schweigger-Seidel (Vir c hov's Archiv 21. Band) und in
neuester Zeit Luschka (ebendaselbst 42. Band) bestätigen. Dem-
zufolge würden die glatten Muskelfasern erst im zweiten Viertel und
zwar am frühesten in der Ringsfaserhaut beginnen, in der Längs-
schichle an der vorderen Wand (bereits im ohersten Abschnitte des
1 1 1 () Klein.
zweiten Viertels) frülier als an der hinteren; am weitesten nach
unten hin (bis zum untersten Abschnitte des zweiten V^iertels) reichen
die quergestreiften Muskeln an den Seitenrändern. Im dritten und
vierten Viertel sind nur mehr i^latte Muskelfasern, womit von den
obengenannten Forschern die Angabe von Ficinus über das Vorkom-
men von quergestreiften Muskelfasern bis an die Cardia nicht be-
stätigt wird. Auch Treitz hat früher schon (Prager Vierteljahr-
schrift 1853, I.) die animalischen Muskeln der Längsschichte in der
hinteren Wand tiefer als an der vorderen herabsteigen gesehen. Diese
Angaben kann ich bis auf wenige Punkte nicht bestätigen. Ich habe
sowohl beim Kinde als auch beim Erwachsenen schon im obersten
Theile des ersten Viertels bald außen von der Längsfaserhaut Bündel
längslaufender, bald in der Ringsfaserhaut Bündel querlaufender,
bald zwischen den Fasern der Ringsschichte Bündel längslaufender,
glatter Muskelfasern angetroffen; ja ich habe einmal an dem Oesopha-
gus eines Erwachsenen 1 Cm. unterhalb des oberen Endes die Rings-
faserhaut voi'wiegend aus glatten Muskelfasern bestehend gefunden.
An der vorderen Wand des Oesophagus, in der oberen Hälfte des
zweiten Viertels bin ich auf Stellen gekommen, an denen in der
Ringsfaserhaut nur vereinzelte Bündel von glatten Muskelfasern
zwischen den überwiegenden quergestreiften anzutreffen waren, die
Längsfaserhaut jedoch zum größten Theile bereits aus glatten Mus-
keln bestand, während in gleicher Höhe an der hinteren Wand die
Ringsfaserhaut zahlreiche, die Längsschiehte nur sehr spärliche
Bündel glatter Muskelfasern besaß. Von demselben Präparate habe
ich an einer weiter unten gelegenen Stelle (untere Hälfte des zweiten
Viertels) Schnitte gewonnen, an welchen sich gerade das umge-
kehrte Verhältniß zeigte. Es waren nämlich an der vorderen Wand
in der Längsfaserhaut die glatten Muskeln gegen die quergestreiften
zurückstehend, es nahmen also die früher spärlichen quergestreiften
Muskelfasern wieder an Menge zu. während an der hinteren Wand
die quergestreiften Muskeln in der Ringsfaserhaut gegen eine höher
gelegene Stelle zahlreicher anzutreffen waren. Daraus folgt: die
glatteti Muskelfasern der äußeren Muskel haut fangen
im menschlichen Oesophagus bereits im ersten Viertel
a n ; f ü r d a s z w e i t e V i e r t e 1 k a n n m a n a u s d e m spärlichen
Vorhandensein von quergestreiften Muskelfasern, ja
selbst aus dem Verschwinden derselben weder für die
über die Vertlieilung der Muskeln de» Oesophagus etc. 1117
Längs faserhaut der vorderen Wand noch für die Rings-
fase rhaiit der hinteren Wand den Schluß ziehen, die-
selben (die quergestreiften Muskeln) hätte n s c hon ga nz a u f-
gehört, man kann nur sagen, daß die absolute Menge
der glatten Muskelfasern im zweiten Viertel an der vor-
derenWand in der Längs-, an der hinteren in der Rings-
faserhaut größer ist. In der unteren Hälfte des Oesophagus
finde ich beim Menschen auch keine anderen als glatte Muskelfasern,
muß jedoch hinzufügen, daß von dem innersten Theile der Längs-
faserhaut stellenweise sich Bündel abzweigen, die theils zwischen die
Bündel der Ringsschichte iiineinstreben , theils dieselben im Halb-
kreise umgreifen, zumeist ist jedoch die Längsfaserhaut von der
Ringsmuskelschichte durch eine mäßige Lage von Bindegewebe, in
welchem größere Gefäße und Nervenstämme verlaufen, getrennt.
Auch von dem inneren Theile der Ringslaserhaut zweigen sich ein-
zelne stärkere Bündel ab, die zuerst eine schiefe, dann eine ausge-
sprochene längslaufende Richtung haben, so daß im letzten Viertel
innerhalb der Ringsfaserhaut Gruppen von gerade herablaufenden
Muskelfasern angetroffen werden.
Bei Weitem complicirter und ganz verschieden von der mensch-
lichen ist die äußere Muskulatur des Oesophagus beim Hunde.
Am Anfange des ersten Viertels finden wir eine innere stärkere
quere und eine äußere schwächere fast längslaufende Muskelschichte;
beiläufig von der Mitte des ersten Viertels bis zur Mitte des zweiten
Viertels ändert sich die Verlaufsrichtung dieser Schichten in der Weise,
daß beide in eine zur ursprünglichen senkrechten Richtung über-
gehen: die Muskellage, die in der oberen Hälfte des ersten Viertels
als innere Ringsfaserhaut eine horizontale Verlaufsrichtung hatte,
gelangt in der Mitte des zweiten Viertels in die verticale Lage; an
den zwischeniiegenden Stellen nehmen die Fasern dieser Schichte
einen nach abwärts zunehmenden schiefen Verlauf; die in der Längs-
faserhaut verlaufenden Bündel gehen im entgegengesetzten Sinne aus
der verticalen in die horizontale Lage über, jedoch geschieht dies
allmähliger als in der inneren Schichte, so daß die Fasern der
äußeren Muskelschichte erst am Ende des zweiten Viertels vollkom-
men in die Querlage übergegangen sind. Die Folge dieser Änderung
1118 Klein.
der Richtung ist, daß die innere Schichte, die in der oheren Hälfte
des ersten Viertels Ringsfaserhaut war, in der Mitte des zweiten
Viertels zur Längsfaserhaut wird, daß eben so die äußere Schichte,
die in der oheren Hälfte des ersten Viertels eine zur Längsaxe
parallele Richtung hatte, am Ende des zweiten Viertels eine ausge-
sprocliene Ringsfaserhaut vorstellt , sie ist zugleich mächtiger ge-
worden als im ersten Viertel, so daß sie jetzt ebenso breit ist als die
innere Längsschichte; daß an den Stellen, welche zwischen den ge-
nannten Regionen liegen, die Richtung der Faserbündel beider
Schichten eine schiefe ist, und endlich daß die Fasern der einen
Schichte fast senkrecht gegen die der anderen verlaufen, weil die
Ablenkung der einen und der andern Muskelhaut im entgegengesetz-
ten Sinne stattfindet.
Im dritten Viertel besteht die äußere Muskelhaut aus einer
äußeren stärkeren Rings- und einer inneren schwächeren Längs-
faserhaut. Mit dem Beginne des vierten Viertels zweigen sich von
der äußeren Rings- so wie von der inneren Längsschichte einzelne
Fasern ab, um eine kurze Strecke ganz außen in einer zur Längs-
axe parallelen Richtung herabzulaufen. Die meisten der aus der
inneren Längsfaserhaut herstammenden schief zwischen den Fasern
der äußeren Ringsschichte verlaufenden Muskeln sind bedeutend
dünner als die Muskelfasern der genannten zwei Schichten. Erst in
der unteren Hälfte des letzten Viertels haben sich die aus der äußeren
Ringsschichte stammenden Muskelfasern zu einer selbstständigen,
zu äußerst gelegenen Längsfaserhaut constituirt: die früiiere äußere
Ringsfaserhaut ist jetzt die mittlere zugleich stärkste Schichte und
verbleiht in ihrer Querlage, — sie übertrifft die äußere Längsfaser-
haut um das Drei- bis Vierfache an Breite — , während die frühere
innere auch jetzt innere Schichte bleibt und aus der Längslage
heraustritt, um sich mehr der queren Richtung zu nähern. Es muss
noch hinzugefügt werden, dass an der vorderen Wand im letzten
Viertel die innere Schichte früher als an der liinteren Wand in die
Querlage gelangt, so wie auch daß die mittlere Schichte nicht bis
zur Cardia in ihrer Querlage verbleibt, sondern schon viel früher
zu einer schiefen und dann zu einer fast längslaufenden Lage wird.
Im untersten Tlieile des letzten Viertels verlaufen auch in der die
Muskulatur umhüllenden aus elastischen Netzen und Fasern bestehen-
den Lage vereinzelte quergestreifte Muskelfascni in (|iierer Richtung.
über die Vertlieilung der Muskeln des Oesoplia-jus etc. 111"
Fassen wir das Gesagte zusammen, so ergibt sich: In der oberen
Hälfte des ersten Vi ertels besteht die äußere Muskel-
haut aus einer äußeren schwächeren Längs- und einer
inneren stärkeren Rings faserliaut; in der unteren
Hälfte des ersten und der oberen Hälfte des zweiten
V i e r t e 1 s s i n d b e i d e S c h i c h t e n nahezu gleich s t a r k u n d
bestehen aus schief verlaufenden Fasern, die Fasern
der einen Schichte haben gegen die der anderen eine
senkrechte Richtung; indem untersten T heile des
ZM'eiten und im ganzen dritten Viertel ist die innere
Schichte schwächer und zugleich Längsfaserhaut, die
äussere stärker und Ringsfaserhaut; in der oberen
H ä 1 f t e des letzten Viertels kommen nur stellenweise
drei Schichten vor, eine innere Längs-, eine mittlere
stärkste Rings- und eine äussere schwächste Längs-
fase r h a u t , letztere mit ihren Fasern aus der inneren
und zum grösseren T heile aus der äußeren Schichte
stammend; i n d e r unteren Hälfte des letzten Viertels
kommen constant drei Schichten voi", eine innere
schiefe, eine mittlere stärkste quere und eine äussere
schwächste 1 ä n g s 1 a u f e n d e Schichte.
Die glatten Muskelfasern treten im Oesophagus des Hundes erst
mit dem Anfange des letzten Viertels auf, sie beschränken sich aus-
schließlich auf die innere Schichte; diese besteht erst hart an
der Cardia ausschließlich aus glatten Muskelfasern,
während wenig höher n o cii zahlreiche q u e r g e s t r e i l't e
F a s e r n i n i h r a n z u t r e f f e n s i n d , alle ü b r i g e n S c h i c h t e n
bleiben v o 1 k o m m e n frei von glatten Muskeln.
Von Interesse ist der Übergang der einzelnen beschriebenen
Muskellagen an der Cardia in die Muskellagen des. Magens: die der
Cardia zunächst gelegenen nur aus glatten Muskelfasern bestehenden
Bündel der inneren Schichte legen sich, nachdem sie an Mächtigkeit
bedeutend zugenommen haben und in eine vollständige Querrichtung
übergangen sind, ohne besonders markirte Abgrenzung an die eben-
falls sehr mächtigen Bündel der Ringsfaserhaut des Magens an; die
von dir Cardia entfernteren Bündel der inneren Schichte ziehen.
1120 Klein.
indem sie aus der schiefen in die Längsrichtung übergehen, in die
äußere Längsniusculatur des Magens über, deren innersten Tbeil
sie bilden; sie bestehen vorwiegend aus glatten Muskelfasern. Selbst-
verständlich verlaufen sie, um in die Läiigsfaserhaut des Magens zu
gelangen , au(.Sen um die hart an der Cardia gelegenen queren
Bündel der inneren Schichte. Die mittlere querlaufende Lage des
untersten Theiles des letzten Viertels hört rasch an Breite abneh-
mend größtentheils an der Cardia auf, indem nur einzelne quer-
gestreifte Muskelfasern mit dem kleineren Theile der äusseren Längs-
muskelhaut des Oesophagus in die äußere längslaufende Muskel-
schichte des Magens übergehen, in der sie den äußersten Theil
bilden; zwischen den überwiegenden quergestreiften Fasern dieses
äußersten Theiles treten vereinzelte Bündel glatter Muskelfasern
auf. Der mittlere, zugleich stärkste Tbeil der äußeren Längsmuskel-
haut taucht an der Cardia selbst auf und besteht nur aus glatten
Muskelfasern; es schiebt sich somit an der Cardia diese Lage glatter
Muskelfasern zwischen die aus den entfernter gelegenen Theilen der
iuneren Schichte des Oesophagus herkommenden vorwiegend aus
glatten Muskeln bestehenden Bündel und die aus der äußeren Längs-
faserhaut sich entwickelnden quergestreiften Muskelfasern ein.
In den zwischen der inneren Rings- und äußeren Längsfaser-
haut des menschlichen Oesophagus — besonders in der unteren Hälfte
desselben — verlaufenden größeren Nervenstänmien finde ich
t h e i 1 s einzelne, von e i n e r k e r n h a 1 1 i g e n Kapsel u m s c h 1 o s-
s e n e G a n g 1 i e n z e 1 1 e n , t h e i 1 s z u s a nun e n h ä n g e n d e, dem
von A u e r b a c h z w i s c h e n d e r R i n g s- u n d L ä n g s f a s e r h a u t
des Darmesbeschriebenen Ganglienplexu s ähnlich eG e-
bilde; sie stellen Protoplasmakürper von wechselnder Größe dar,
die bald eine in die Länge gezogene, bald rundliche Gestalt haben,
durch Fortsätze stellenweise zusammenhängen und nicht immer
einen deutlichen Kern erkennen lassen; zwischen ilinen finden sich
zahlreiche Nervenfasern und Axencylinder. Auch in der Schleim-
haut des menschlichen Oesophagus finde ich in den Nerven-
stämmen neben Nervenfasern einzelne Ganglienzellen.
Diese Thatsache entspricht somit annähernd dem von Meissner in
der Mucosa des Darmes entdeckten G;inglienplexus.
Beim Hunde gelingt es leichler in den untfrren Theilen des
Oesophagus z w i s c h c ti d c r i ti n e r *• ri \j ä ri n s- u ii d d e r ä u ß c -
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VUer die Verttipilinig der Miiski-lii des Oe.so|ili;i^iiM ele. 1 1 -C I
ren R ingsfa serh aut ebenfalls theils einzelne einge-
kapselte, tiieils durch Fortsätze zusammenhängende
Ganglienzellen in den größeren Xervenstämmen aufzufinden;
zumeist sind es rundliche, große Ganglienzellen mit einem großen
runden, blasigen, scharf contourirten Kerne und einem oder mehreren
Kernkörperchen.
Nahe über der Cardia habe ich, hart an die quergestreiften
Muskelfasern der äußeren Längsfaserhaut anliegend , vereinzelte
Ganglienzellen gesehen.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 1. Querschnitt durch die innersten Schichten' des kindlichen Oesophagus.
letztes Viertel. Vergrößerung: Hartnak Object. System 8, Ocul. 3.
A Epithel, obere Lagen fehlend.
B Reticulum, in seinen Maschen einzelne zellige Elemente.
C Ein größeres Bündel glatter Muskelfasern der Muscularis mucosae
querdurchschnitten.
„ 2. Übergang der Muncularis externa des Oesophagus in die des Magens
vom Hunde; Vergrößerung: H a rt n a k Object. System 2, Ocul. 3.
A Acinöse Drüsen der Schleimhaut des Oesophagus.
5»» Submucöses Gewebe.
B Innere Schichte der äußeren Muskelhaut.
C Mittlere Schichte.
D Äußere Schichte.
E Elastische Faserlage, die äußere Muskelhaut des Oesophagus und
des Magens umhüllend; bei e einzelne querdurchschnittene quer-
g«streifte Muskelfasern.
F Ringsfaserhaut des Magens.
G Längsfaserhaut.
„ 3. Ganglienzellen in einem Nervenstamme zwischen der inneren und mitt-
leren Müskelscbichte, aus dem letzten Viertel des Oesophagus des
Hundes. Vergrößerung: Hartnack Object. System 7. Ocul. 3.
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