A fv •■ ' ^esou.j'p /93f HARVARD UNIVERSITY LIBRARY OF THE MUSEUM OF OOMPARATIVE ZOÖLOQY I /3Z. SITZUNGSBERICHTE i ÄKAÖEl m IlSllMI iMTHEIlATISCH -MTüRWlliSiStHAFTLICHE Ml, SIEBENUNDSECHZIGSTER BAND. WIEN. AUS I>ER K. K. IlOIi^- UND S T A A T S D R U O K E U K 1. IN COMMISSION BEI CARL GEROLD'S SOHN, n U C ]| II A N n I, K li 1) K K i; A I S K R 1, I (' II IC N A K A D K M I IC H K 1! \V 1 S S IC N S (MI A K T IC N. 1873. SITZUNGSBERICHTE DER uJliVj iN D E It K A I S K K I, r C H K N AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. LXVII. BAID. I. ABTHEILUN&. Jahrgang 187 3. — Heft I bis V. (Mit 9 Tafeln und 2 Holzschnitten.) WIEN. AUS DER K. K. HOF- UND ST A AT S DRUC K E REI. IN COMMISSION BEI CARL GEROLDS SOHN, liUC KHiAPLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1873. INHALT. Seite I. Sitzung' vom 2. Jänner 1873: Übersicht . 3 Fitzinger , Versuch einer natürlichen Classification der Fische. [Preis : 40 kr. = 8 Ngr.J b II. Sitzung' vom 9. Jänner 1873: Übersicht 59 Graber , Über die Haut einiger Sternwürmer (Gephyrei). (Mit 3 Tafeln.) [Preis: 50 kr. = 10 Ngr.] 61 Tangl, Zweiter Beitrag zur Kenntiiiss der Perforationen an Pflanzengefässen. (Mit 1 Tafel.j [Preis : 30 kr. = 6 Ngr.] 79 III. Sitzung vom 16. Jänner 1873: Übersicht 93 IT. Sitzung vom 30. Jänner 1873 : Übersicht 96 V. Sitzung vom G. Februar 1873 : Übersicht 101 Tl. Sitzung vom 13. Februar 1873 : Übersicht 104 Boite , Über wenig berücksichtigte geologische Theorien zur Auffindung von rentablen Bergwerken in weit entlege- nen Erdgegenden. [Preis: 10 kr. = 2 Ngr.] 107 Brandt , Blicke auf die Verbreitung der in Europa bisher ent- deckten Zahnwale der Tertiärzeit in specieller Bezie- hung auf die des Wiener Beckens. [Preis: 5 kr. .= l*Ngr.] 117 VII. Sitzung vom G.März 1873: Übersicht 125 r. Zepharovicli , Über den Syngenit. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 25 kr. = 5 Ngr.] 128 Krasan , Beiträge zur Kenntuiss des V/achsthums der Pflanzen. [Preis: 35 kr. = 7 Ngr.] 143 VIII. Sitzung vom 13. März 1873: Übersicht 189 IX. Sitzung vom 20. März 1873: Übersicht 192 X. Sitzung vom 3. April 1873 : Übersicht 197 Gräber, Die Gewebe und Drüsen des Anneliden-Oesophagus. (Mit 2 Tafeln.) [Preis: 40 kr. = 8 Ngr.] 201 Boehin, Über die Respiration von Landpflanzen. [Preis: 25 kr. = 5 Ngr.] 219 Krasan , Beiträge zur Kenutniss des Wachsthums der Pflanzen. (Fortsetzung und Schluss.) [Preis: 20 kr. = 4 Ngr.J . . 252 Schruuf, Mineralogische Beobachtungen V. (Mit 2 Tafeln und 2 Holzschnitten.). [Preis: 1 fl. 25 kr. = 25 Ngr.] . . . 275 VI Seite XI. Sitzung vom 17. April 1873: Übersicht 362 XII. Sitzung vom 24. April 1873 : Übersicht 365 XIII. Sitzung- vom 8. Mai 1873: Übersicht 369 XIV. Sitzung vom Ifi. Mai 1873: Übersicht 372 Baue , Über die aus ihren Lagerstätten entfernten und in an- deren Formationen gefundenen Petrefacten. [Preis: 20 kr. = 4 Ngr.] 375 — Über die doh:>mitische Brekzie der Alpen und besonders über die zu Gainfahrn in Nieder- Österreich. [Preis: 5 kr. = 1 Ngr.] 393 XV. Sitzung vom 23. Mai 1873: Übersicht 399 I K > ■' SITZUNOSBEIUCHTE di:ii,i:aisehi,iciikn AÜMIII m IISSfilSCÜFlII MATlIElUiSCH- NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE, LXVIL BAND. I., II. und III. HEFT. Jahrgang" 1873. — Jänner, Febrijar und März. (Mit ö Tafeln.) BESTE ABTHEILUNG. Enthält die Abhiindhmgen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie, Geologie und Paläontologie. WIEN. AUS DER K. K. II O F- UND ST A AT S D R U C K ERE I. IN COMMISSIOH BEI CARL GEROLD'S SOHN, BÜCHHANPLER D E R K A I S K R LI C H K N A K A D K M 1 K 1> K II WISSENSCHAFTEN. 1873. INHALT les 1., 2. und 3. Heftes (Jänner, Kebnuir und März 1873) des 67. Bandes, I. Abth. der Sitzungsberichte der luathem.-naturw. Classe. Seite I. Sitzung vom 2. Jänner 1873 : Übersicht 3 Fitzinger, Versucli einer natürlichen Classification der Fische. [Preis: 40 kr. = 8 Ngr.] 5 II. Sitzung vom 9. Jänner 1873: Übersicht 59 Graber , Über die Haut einiger Sternwürmer (Gephyrci). (Mit 3 Tafeln.) [Preis: 50 kr. = 10 Ngr.] 61 Tangl, Zweiter Beitrag zur Keuntniss der Perforationen an Pflanzengefässen. (Mit 1 Tafel.) [Preis?: 30 kr. = 6 Ngr.] 79 III. Sitzung vom 16. Jänner 1873: Übersicht 93 IV. Sitzung vom 30. Jänner 1873: Übersicht 96 V. Sitzung vom 6. Februar 1873: Übersicht 101 YI. Sitzung vom 13. Februar 1873 : Übersicht 104 Boue, Über \yenig berücksichtigte geologische Theorien zur Auffindung von rentablen Bergwerken in weit entlege- nen Erdgegenden. [Preis: 10 kr. = 2 Ngr.] 107 Brandt, Blicke auf die Verbreitung der in Europa bisher ent- deckten Zahnwale der Tertiärzeit in specieller Bezie- hung auf die des Wiener Beckens. [Preis: 5 kr. = 1 Ngr.] 11 VII. Sitzung vom 6. März 1873: Übersicht 12i. V. Zepharovich, Über den Syngenit. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 25 kr. ^5 Ngr.] 128 Krasan , Beiträge zur Kenntniss des Wachsthums der Pflanzen. [Preis: 35 kr. = 7 Ngr.] 143 Till. Sitzung vom 13. März 1873 : Übersicht 189 IX. Sitzung vom 20. März 1873: Übersicht . 192 Preis des ganzen Heftes : 1 fl. 50 kr. = 1 Thir. SITZUNGSBERICHTE DER üimmU ÄKiDElllI MI WlSSEISCiÄFll. MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLÄSSE. LXVII. Band. ERSTE ABTHEILUNG. 1. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie, Geologie und Paläontologie. I. SITZUNG VOM 2. JÄNNER 1873. In Verliiiulerung- des Präsidenten führt Herr Hoi'ratli Freih. V. Etting- 8 hausen den Vorsitz. Herr Dr. L. J. Fitzinger in Pest übersendet eine Abhand- lung, betitelt: „Versuch einer natürlichen Classitication der Fische." Herr Hofrath Dr. E. Ritter v. Brücke überreicht eine in seinem physiologischen Institute ausgeführte Arbeit: „Über die Quelle des Leberglycogens," vom Herrn stud. med. Sigmund Weiss. An Druckschriften wurden A-orgelegt: Aeademia, Real, de Ciencias medicas, fisicas y naturales de la Habana: Anales. Entrega XCVII — C. Tomo IX. Habana, 1872; 8«. Accademia Pontifiicia de'nuovi Lincei: Atti. Anno XXV, Sess. 7\ Roma, 1872; 4«. A p 0 1 h e k e r - V e r e i n , allgem, österr. : Zeitschrift. 1 0. Jahrg., Nr. 36; 11. Jahrgang, Nr. 1. Wien, 1872 & 1873; 8". Astronomtsche Nachrichten. Nr. 1915 (Bd. 80. 19.) Altona, 1872; 4". Bibliotheque Universelle & Revue Suisse: Archives des scien- ces physiques et naturelles. N. P. Tome XLV", Nr. 179. Geneve, Lausanne, Paris, 1872; 8". Chlebik, Franz, Kraft und Stoff, oder der Dynamismus der Atome aus Hegel'schen Prämissen abgeleitet. Berlin, 1873; 8". Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXV, Nr. 24. Paris, 1872; 4'>. Gelehrten-Verein, serbischer, zu Belgrad: Glasnik. Knjiga. XXXIV & XXXV. Belgrad, 'l872; S^ Gesellschaft, physikal.-medicin., in Würzburg: Verhandlun- gen. N. F. in. Band, 3. Heft. Würzburg, 1872; 8». 1* Gesellschaft, naturforselieude , zu Emden: Kleine Schriften. XVI. Emden, 1872; 8». — böhmische chemische: Berichte. 1. & 2. Heft. Prag, 1872-, 8». (Böhmisch). Gewerbe-Verein, -n.-ö.: Wochenschrift. XXXIII. Jahrg-aug, Nr. 51—52. Wien, 1872; 4^. Istituto, Eeale, Veneto di Scienze, Lettere ed Arti: Atti. Tomo L, Serie TV% Disp. 10\ Venezia, 1871 — 72; 8**. Jahrbuch, Neues, für Pharmacie & verwandte Fächer, von Vorwerk. Band XXXVIII, Heft 4. Speyer, 1872; 8». — über die Fortschritte der Mathematik, von C. Ohrtmann, F. Muller, A. Wangerin. II. Band. Jahrgang 1869 & 1870, Heft 2. Berlin, 1872; 8». Jena, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem zweiten Halbjahre 1872. 4» & 8». Journal für praktische Chemie, von H. Kolbe. N. F. Band VI, 6. Heft. Leipzig, 1872; 8». Landbote, Der steirische. 5. Jahrgang, Nr. 26. Graz, 1872; 4». Lese-Verein, akadem., an der k. k. Universität und st. 1, technischen Hochschule in Graz : V. Jahresbericht. Graz, 1872; 8". Lot OS. XXII. Jahrgang. November 1872. Prag; 8". Mittheilungen des k. k. techn. & administr. Militär-Comite. Jahrgang 1872, 12. Heft. Wien; 8". Nature. Nrs. 164—165, Vol. VIL London, 1872; 4». Reichs an st alt, k. k. geologische: Verhandlungen. Jahrgang 1872, Nr. 16. Wien; 4". „Revue politique et litteraire" et „La Revue scientifique de la France et de l'etranger". I? Anuee, 2^ Serie, Nrs. 25 — 2iS. Paris & Bruxelles, 1872; 4». Verein, Siebeubürgischer, für Naturwissenschaften: Verhand- lungen & Mittheilungen. XXII. Jahrgang. Hermannstadt, 1872; 8". Wiener Medizin. Wochenschrift. XXII. Jahrgang, Nr. 51 — 52. Wien, 1872; 4«. Zeitschrift des österr. Ingenieur- und Architekten -Vereins. XXIV. Jahrgang, 17. Heft. Wien, 1872; 4». Versuch einer natürliclicn ClassKication der Fische. Von dem w. M. Dr. Leop. Jos. Fitzinger. Seit Linne die systematische Zoolog-ie gegründet hatte, war es das Bestreben der Naturforscher, die Thiere nach ihrer grüsstcu Ähnlichkeit bezüglich ihrer äusseren Form wie auch ihres inneren Baues, oder nach ihrer natürlichen Verwandtschaft zu gruppiren und auf diese Weise ein natürliches System zu Stande zu bringen. In der Ichthyologie war es Artedi, der zuerst versuchte, eine solches njitürliches System für diese Thierklasse in seiner 1738 erschienenen „Ichthyologia" aufzustellen. Er gründete sein System — da er auch die Cetaceen zu den Fischen zählte, — theils auf die Beschaffenheit der Schwanz- flosse und der Athmungsorgane und insbesondere der Kiemen, theils auf die Bildung der Flossen und brachte hiernach die Classe der Fische in fünf grosse Gruppen oder Ordnungen; und zwar: I. Plagiijiri, mit wagrechter Schwanzflosse und Lungen, nämlich die Cetaceen ; II. Choiulropterygii , mit knorpeligen Flossenstrahlen und Kiemen ohne Deckel ; III. Braiichiostegi, mit knorpeligen Flossenstrahlen und Kiemen mit einem Deckel; IV. Acaiitliopterygii^ mit knöchernen Stachelstrahlen in den Flossen und Kiemen mit einem Deckel; und V. Malacopterygii, mit knöchernen weichen Strahlen in den Flossen und Kiemen mit einem Deckel. Linne nahm Anfangs diese Eintheilung an, schlug aber später eine andere vor, indem er die Cetaceen aus der Classe der Fische ausschied und denselben ihre richtige Stellung bei den Säugethieren anwies, während er die Classe der Fische 6 F i t z i n g e r. nach der Beschaffenheit des Skeletes und der Kiemen^ dem Vor- handensein oder dem Mangel vonBaiichflossen, so wie nach deren Stellung-, in sechs Ordnungen theilte : I. Chondropterygii^ mit knorpeligem Skelete und ange- wachsenen Kiemen; II. Branchiostegi, mit knorpeligem Skelete und freien Kiemen ; III. Apodes^ mit knöchernem Skelete, freien Kiemen und fehlenden Bauchflossen ; IV. Jngiilares, mit knöchernem Skelete, freien Kiemen, und Bauchflossen, welche vor den Brustflossen stehen; V. Thoracic!^ mit knöchernem Skelete, freien Kiemen, und Bauchflossen, welche unter die Brustflossen gestellt sind; und VI. Abdominales^ mit knöcliernem Skelete, freien Kiemen, und Bauchflossen, welche hinter den Brustflossen stehen. G. Cuvier, der grösste Zoolog und Zootom unseres Jahr- hunderts, hat in seinem 1793 veröffentlichten „Tableau elemen- taire de l'histoire naturelle" seinem Fisch-Systeme zwar das Linne'sche System zu Grunde gelegt und dieselbe Eintheilung angenommen, aber die Gattung „Acipenser" aus der Ordnung der Chondropterygii ausgeschieden und in die der Branchio- stegi eingereiht, und aus dieser die Gaüimg „Mormyrus" ent- fernt und der Ordnung der Abdominales zugewiesen. Eine weit wesentlichere Veränderung hat er aber in seinem im Jahre 1817 erschienenen „Regne animal" Torgenommen, in welchem er sich wieder mehr der Artedi'schen Eintheilung zuneigte. Er nahm zwei Reihen oder grosse Abtbeilungen an: I. Chondropterygii, mit knorpeligem Skelete, und II. Ossei, mit knöchernem Skelete. Die Clioudropterygii brachte er in zwei Ordnungen : 1. Selachii, mit festgewacbsenen Kiemen und den beiden Familien: Cyclostomi und Plagiostomi; und 2. Sturionini, niit freien Kiemen, und der einzigen Familie: Sturionides. Versuch einer natürlichen Classification der Fische. 7 Die Ossei zerfällte er in vier Ordnungen : 1. Plectognathi, mit unvollkommenen Kiefern, zu welchen er die beiden Familien : Gymnndontes und Sclerodermi zählte. 2. Lophobranchii, mit büschelförmigen Kiemen, welche nur die Familie: Syngnathi enthält; 3. Malacopterygii, mit weichen Strahlen in den Flossen, die er nach dem Vorhandensein oder dem Mangel der Bauchflos- sen und ihrer Stellung in drei Unterordnungen scheidet, und zwar : a) Abdominales, deren Bauchflossen hinter den Brust- flossen stehen, mit den Familien : Salmonides, Clupei- des, Esoi'ides, Cyprinides und Silurides; h) Subbrachiales, deren Bauchflossen unter der Kehle oder unter den Brustflossen stehen, mit den Familien : Gadides, — Pleuronectides nnd Discoboli; c) Apodes, mit fehlenden Bauchflossen und der einzigen Familie: Änguilloides ; endlich 4. Acanthopterygii. mit harten Stachelstrahlen in den Flossen, und den Familien: Taenioides, — Gobioides, — Labroides, — Percoides , — Scomberoides , — Squamipennes — und Fistularides. In der zweiten, im Jahre 1829 erschienenen Ausgabe seines „Regne animab' blieb er dieser Eintheilung getreu und vermehrte nur die Zahl der Familien in seiner Ordnung der Acanthopterygii, indem er nachstehende aniiimmt: Percoides, — Cafaphracti, — Sciaeiiides, — Sparoides, — Menides, — Squamipennes, — Scomberoides, — Taenioides, — Theutyes, — Labyrinthici, — Mugiloidcs, — Gobioides, — Pediculati, — Labroides — und Fistularides. Ich übergehe die Versuche, welche von C. Dumeril, Blainville, Latreille, Goldfuss, Oken und Anderen zur Erzielung eines natürlichen ichthyologischen Systems gemacht wurden und beschränke mich auf die wichtigsten Verbesserungen, die von Agassiz und Johannes Müller, so wie von deren Nachfolgern an dem von Artedi aufgestellten und von Cuvier theilweise veränderten ichthyologischen Systeme vorgenommen wurden. 8 F i t z i n g e r. Der geniale Zoolog L. Ag-assiz schlug- einen von dem bis- her betretenen durchaus verschiedenen Weg ein, indem er in seinen zwischen den Jahren 1833 — 1843 erschienenen „ßecher- ches sur les Poissons fossiles" ein ichthyologisches System in Vorschlag brachte, das auf seither völlig unbeachtet gebliebenen, streng zoologischen Merkmalen und zwar auf der Beschaifenheit der Schuppen beruht. Er stellte vier grosse Abtheilungen auf: I. Cteuoiden^ mit einfachen, von Strahlenfurchen und con- centrischen Linien durchzogenen und am freien Rande gezähnelten Schuppen; II. Cycloiden, mit ebensolchen, aber an ihrem freien Rande nicht gezähnelten, daher ganzrandigen Schuppen ; m. Gauoideu^ mit von einer Schmelzlage überzogenen, meist rautenförmigen und in schrägen Querreihen vertheilten Schuppen, und IV. Placoideii^ mit knöchernen Bildungen von verschiedener Gestalt und Grösse auf der Oberfläche der Haut. Es ist gewiss, dass auch diese Eintheilung sehr oft zu einer natürlichen Zusammenstellung der verschiedenen Formen führte, doch ebenso gewiss ist es auch, dass durch dieselbe in sehr vielen Fällen nicht nur das Band natürlicher Gruppen gewaltsam zer- rissen wurde, sondern dass sich der Einreihung gewisser Formen in diese vier Gruppen häufig nicht zu bewältigende Schwierig- keiten in den Weg stellen. Jedenfalls gebührt Agassi z aber das grosse Verdienst, auf Merkmale aufmerksam gemacht zu haben, welche bis dahin völlig unberücksichtigt geblieben sind und uns hierdurch auch ein Mittel an die Hand gegeben zu haben, über die natürliche Ver- wandtschaft der fossilen Formen mit den der lebenden Schöpfung angehörigen ein sicheres Urtheil fällen zu können. Durch Aufstellung seiner grossen Abtheilung der Ganoiden hat er ermöglicht, mehreren Formen der Jetztwelt und einer sehr grossen Anzahl der Vorwelt, welche in keine der bisher von den Zoologen angenommen gewesenen Hauptabtheilungen natur- gemäss eingereiht werden konnten, ihre natürliche Stellung im Systeme zu geben. Versuch einer natürlichen Chissification der Fische. 9 Jo Im 11 lies Müller, mehr Zootoin als Zoolog" und als sol- cher ein Stern erster Grösse unter seinen Fachgenossen, strebte darnach, die Mängel des C ii v i e r 'sehen und A g" a s s i z ' sehen Systems zu verbessern und ein 83'stein zu schaffen, das vorzugs- weise auf zootomischen Merkmalen beruht, da er diesen letzteren den Vorzug' vor den zoologischen einräumen zu sollen glaubte. Seine diesem Geg'cnstande g-ewidmete Abhandlung ist unter dem Titel ,,T'ber den Bau und die Grenzen der Ganoiden und über das natürliche System der Fische^' im Jahrgange 1846 der Abhandlungen der Berliner Akademie zur Ötfentlichkeit gelangt. So wenig in Abrede gestellt werden kann, dass er sich durch seine umfangreichen, höchst genauen und sorgfältigen Unter- suchungen eines reichen ihm zu Gebote gestandenen Materials ein sehr grosses Verdienst um die Wissenschaft erworben und unsere Kenntnisse bezüglich dieser ThiercLasse wesentlich berei- chert hat, ebenso Avenig ist zu verkennen, dass das Fisch-System durch diese neue Anordnung nicht nur nicht viel au Natürlichkeit gewonnen, sondern an derselben sogar eine wesentliche Einbusse erlitten hat. Johannes Müller nimmt sechs Ordnungen an : I. Leptocardii, ohne ein eigentliches Skelet, nur mit einer knorpeligen Chorda dorsalis und einem über derselben liegenden, von einer häutigen Scheide umgebenen Rük- kenmarke ohne Anschwellungen, ohne Gehirn, ohne Schädel, ohne eigentliches Herz, blos mit mehreren röh- renförmigen pulsirenden Gefässen, mit sogenanntem weis- sen oder farblosen Blute und Kiemen im vorderen Theile der Leibeshöhle ; II. Marsipobraiichii, mit knorpeligem Skelete, einem Schä- del ohne Abtheilungen, rundem Saugmunde, festgewach- senen Kiemen ohne Kiemenbogen, die sich in mehreren Offnungen am Halse oder unter der Haut in einem ge- meinschaftlichen Canale öffnen, einem Arterienstiele ohne Muskelbeleg mit zAvei Klappen und ohne Schwimmblase; III. Elasmobraiichii, mit knorpeligem Skelete, einem Schä- del ohne Abtheilungen, festgewachsenen Kiemen in beson- deren Kiemensäcken ohne Kiemenbogen, die mit einer 10 F i t z i ü g e r. oder auch fünf Öffnungen nach Aussen münden, meine Arterienstiele mit mehreren und meistens drei Klappen- reihen, einer .Spiralklappe im Darme und ohne Schwimmblase. IV. Gaiioidei, mit knorpeligem oder knöchernem Skelete, freien auf Kiemenbogen aufsitzenden Kiemen mit Kiemen- deckel, einem muskulösen Arterienstiele mit \'ielen Klap- pen, einer Spiralklappe im Darme und einer Schwimm- blase mit Luftgang : V. Teleostei^ mit knöchernem Skelete, freien auf Kiemen- bogen aufsitzenden Kiemen mit Kiemendeckel, einem aus einer Vor- und Herzkammer bestehenden Herze, einem Arterienstiele mit zwei Klappen, keiner Spiralklappe im Darme und mit oder ohne Schwimmblase; und VI. Dipnoi^ mit Lungen und auf Kiemenbogen aufsitzenden Kiemen, durchgehenden und in die Mundhöhle mündenden Nasenlöchern, einem aus zwei vollkommen geschiedenen Vorkammern und einer Herzkammer bestehenden Herze, einem muskulösen Arterienstiele mit zwei Spiralfalten und einer Spiralklappe im Darme. Die Ordnung der Leptocardii besteht nur aus der Familie der Amphioxinl, welche blos eine einzelne Gattung mit einer einzigen Art enthält, nämlich Branchiostoma. Die Ordnung der Marsipobrancliii theilt Müller in zwei Gruppen, in: 1. Hyperotreti, mit der Familie Myxinoidei, und 2. Hyperoartii, mit der Familie Petromyzonini. Die Ordnung Elasniobraueliii zerfällt er in zwei Haupt- gruppen : 1. Holocephali, mit der Familie Chimaerae, und 2. Plagiostomi, welche er wieder in zwei Abtheilungen schei- det, und zwar in : a) S q u a 1 i d a e mit den Familien ScyHia, — Nyctitantes, — Lnmnoidei. — Älopeciae, — Cestraciones, — Bli/nodontcs, — NofidoNt', — Sp'uiuces, — Scymion- dei — und Squatinnc, und Versuch einer natürlichen Classification der Fische. 11 b) Rajidae, iiiit den Familien SqudHlinorajde, — Torpe- dines, — Rujae, — Trygones, — Myliolxttides — und Cepluilopternc. Die Ordnung der Cxanoidei tlieilt er gleichfalls in zwei grössere Gruppen, in: 1. Chondrostei, mit den beiden Familien Acipeuserinl — und S/)(t(/i/iirit(e, und 2. Holostei, mit den Familien Lcpidoste'ud, — Polypterini — und Amiae. Die Ordnung der Teleostei bringt er in sechs Haupt- abtheilungen oder Unterordnungen : 1. Acanthopteri, mit den Familien Percoidei, — Cataphracti, — Spdvoidei — und Maetüdes, — Sciaenoidei, — Ldby- rinthici, — Mugiloides, — Notacanthini, — Scomberoidei, — Squamlpeanes, — Taeiiioidei, — Gohioidei — und Cyclo- pteri — die er wieder in drei kleine Gruppen : Gohioidi, — DiscoboU — und Echeneidi scheidet, — ferner Blentiioidei — Pedieulati, — Theutyes — und Fistulariae ; 2. Anacanthini, mit den Familien Gudoidel, — Ophidbii — und PIciu'onevfidae ; 3. Pharyngognathi, die er in zwei Gruppen scheidet: a) Acanthopteri, mit AawYsimiWQW Labroides cycloi- dei, — Labroides ctenoidei — und Chroniides, und b) M a l a c 0 p t e r i, mit der Familie Scomberesoces ; 4. Physostomi, aus denen er zwei grosse Gruppen bildet, nämlich : aj Abdominales, mit den Familien SKuroldei, — die er in die beiden kleinen Gruppen SUuri — und Z,or/- cariae oder Gomodontes zerfällt, — ferner Cyprinoi- dei, — Characini, — Cyprinodontes, — Mormyri, — Esocini, — Gala.viat', — S(th)inties, — Scopelini, — Clupeidae — und Heteropyfjii, und bj Apodes, mit den Familien Muraenoidei, — Gym- Hotini und Symbranchii ; 5. Plectognathi, mit den Familien Balistini, — Ostrneionini — und GytHuodontes, und endlich 6. Lophobranchii, mit der Familie Syngnathi. 12 F i t z i n g e r. Die Ordnung clerDipnoi nmfasst nnr eine einzige i'amilie, die SirenoideLmit den beiden Gattungen Lepidosiren imd Blihiocryptis. Schon ein oberfläclilicher Blick auf diese von Johannes Müller in Vorschlag gebrachte Anordnung genügt um zu sehen, dass dieselbe grossentheils eine künstliche und weit davon ent- fernt ist, Anspruch auf eine natürliche machen zu können. Unter den von ihm aufgestellten Ordnungen sind es nur die Marsipobranchii, Elasmobranchii und Ganoidei, welche eine wahrhaft natürliche Zusammenstellung zunächst verwandter Formen enthalten. Diese Formen waren aber auch schon im Cu vi er 'sehen ►Systeme — mit Ausnahme der Ganoiden, von denen zu jener Zeit kaum geahnt worden war, dass sie eine der grossen selbst- ständigen Gruppen bilden würden und welche erst durch Agas- siz's umfassende Untersuchungen einer so beträchtlichen Anzahl vorweltlicher Formen für die Systematik eine Bedeutung gewan- nen, — in der Ordnung der Chondropterygier natürlich anein- ander gereiht. Dagegen erweiset sich die Müll er 'sehe Ordnung derTe- 1 e 0 s t e i rücksichtlich ihrer Gliederung und der Aneinanderreihung der zu derselben gehörigen Formen noch weit unnatürlicher als diess im Cuvier'schen Systeme der Fall ist, und insbesondere sind es die Unterordnungen A c a n t h o p t e r i, P h a r y n g o g n a t h i und Physostomi, in welchen die verschiedenartigsten Ele- mente bunt durcheinander gewürfelt sind. Bios die Unterordnungen A n a c a n t h i n i , P 1 e c t o g n a t h i und Lophobranchii bilden in der Ordnung der Teleostei natürlich abgegrenzte Gruppen. Was endlich jene paradoxen Thierformen betrifft, welche die Repräsentanten der beiden Müller 'scheu Ordnungen der L e p 1 0 c a r d i i und D i p n o i betrifft, so ist es noch sehr proble- matisch, ob dieselben überhaupt mit Recht der Classe der Fische zugewiesen werden können und nicht vielmehr aus dieser Thier- classe ausgeschieden werden müssen. Branchiostoma luhricum, auf das sich die Ordnung der Leptocardii gründet und welches von Pallas — der dieses Thier zuerst beschrieb, — für einen Mollusken, irrigerweise aber für eine zur Gattung Llmax gehörige Form betrachtet Versuch einer natürlichen Chissification der Fische. 1<> wurde, könnte meiner Ansicht nach nur dann für einen Fisch gelten, wenn nachgewiesen werden könnte, dass es kein voll- kommen ausii^ebildctes Thier, sondern nur der Jug-endzustand oder eine Quupi)e irgend einer Fischform sei, die ihre vollendete Gestalt noch nicht erreicht hat. Einen Vidlkommen ausgchihleten Fisch ohne Skelet, ohne Hpur eines Schädels, ohne (iciiirn, ohne Herz und mit farblosem Blute, bin ich wenigstens nicht im Stande mir zu denken. Es hiesse diess die wichtigsten Älerkmale der Classe, einiger nur in primitivster Form auftretender zootomischer Charaktere wegen, vollständig vernichten. Allerdings stehen der Einreihung dieses räthselhaften Thieres in die Classe der Mollusken ganz gewaltige Bedenken entgegen, doch sind dieselben nicht schwerer wiegend als jene, welche sich bei dessen Zutheilung zur Classe der Fische ergeben. Die einem Gehirne nicht unähnlichen Kopfknoten des Nervensystems der höheren Bildungen unter den Cephalopoden, welche noch überdiess von einem knorpeligen Schädelrudimeute umschlossen sind, bieten ebenso Avenig ein Hinderniss, diese Thierclasse scharf von den Wirbelthieren zu trennen, als die rudimentäre Chorda dorsalis und der über derselben gelagerte, als Rückenmark gedeutete Nervenstrang ein solches darbieten könnte, diese so höchst merkwürdige Thierform, falls sie wirk- lich eine vollkommen ausgebildete sein sollte, in die Classe der Mollusken einzureihen. Jedenfalls würde sie auch dort eine ganz besondere, isolirt stehende Familie bilden. Ich enthalte mich hier eine Vermuthung auszusprechen, von welcher Fischform Brdnchiostoma lubrlcum vielleicht eine Quappe sein könnte, glaube aber nicht unterlassen zu dürfen, auf eine gewisse Formähnlichkeit hinzudeuten, welche dasselbe mit der Gattung Leptocepludus — einer sehr tief stehenden Form aus der Familie der Ilelmichthyes, — erkennen lässt. Noch weniger aber als die Gattung Branchiostoma vermag ich die beiden Gattungen Lepidosircn und Profopferus, welche Müll er 's Ordnung der Dipnoi repräsentiren und denen er in seinem Fisch-Systeme die oberste oder höchste Stelle ein- räumt, als zu dieser Thierclasse gehörig zu betrachten. 14 F i t z i u g e r. Schou als ich geleg-entlich der Versammlung- deutscher Naturforscher und Arzte zu Jena im Jahre 1836 in einem an den Grafen Caspar von Sternberg- gerichteten Schreiben die erste Kunde von der Existenz der ersteren dieser beiden höchst merkwürdigen Thierformen gab, für welche ich den Namen „Le- pidosiren paradoxa'-^ vorgeschlagen, konnte ich in derselben nur ein fischartiges Reptil erblicken, da die beiden deutlich aus- gebildeten Lungen jeden Gedanken an eine Einreihung in die Classe der Fische in mir ausgeschlossen hatten, obgleich die Hautbeschaffenheit des Körpers von jener aller übrigen fisch - ähnlichen Reptilien eine wesentliche Abweichung zeigte und lebhaft an die mancher Fischarten errinnerte, auch von solchen Zähnen in den Kiefern, wie sie ersteren zukommen, bei dieser Thierform keine Spur anzutreffen ist. Dieser Ansicht blieb ich auch getreu, als Natter er — der sich meiner Anschauung angeschlossen hatte, — im Jahre 1837 im ersten Bande der „Annalen des Wiener Museums der Natur- geschichte" eine genaue Beschreibung und Abbildung dieser zwischen den beiden Thierclassen der Reptilien und Fische schwankenden Art unter eben diesem von mir in Vorschlag ge- brachten Namen veröffentlichte. Beinahe gleichzeitig mit Lepidoslren wurde auch die ihr sehr nahe verwandte Gattung Protopterus durch Gray bekannt, die er, ohne jedoch die Athmungsorgane einer Untersuchung unter- zogen zu haben, in die Classe der Fische einreihte. Bald wurden beide Formen zum Gegenstande umständlicher Untersuchungen und eingehender Erörterungen über deren richtige Stellung im Thier-Systeme bei den deutschen Naturforschern, und insbeson- dere waren es The od. Ludw. Bischoff und Job. Müller, welche hierin vorangingen. Beide erklärten dieselben ungeachtet der vorhandenen sehr ausgebildeten Lungen als zur Classe der Fische gehörig, und mit Ausnahme der französischen Natur- forscher, schlössen sich fast alle Zoologen des europäischen Con- tinents — wenngleich manche mit einigem Zweifel, — dieser Ansicht an. Auch ich wurde in meiner früher ausgesprochenen An- schauung, doch nur auf kurze Zeit wankend gemacht und ent- schloss mich, in meinem im Jahre 1843 erschieneneu „Systema Versuch einer natürlichen Classification der Fische. 15 Reptilium die Gattung Lepidosiren und mit ilir auch (tvjiv'h Pro- topterus, den ich nicht für gencrisch verschieden von derselben hielt, aus der Classe der Reptilien auszuscheiden und in die Classe der Fische einzureihen, in welcher ich jedoch keine andere auch nur einigermassen für sie passende Stellung aufzu- finden vermochte, als in der Reihe der Perognathen meines damaligen Systems, wo ich sie nach der Beschaft'enheit ihrer Kiefer in die Ordnung der Gymnodonten einzuschalten ver- suchte. Aber schon sehr bald überzeugte ich mich von der Unnatür- lichkeit dieser Stellung und der Ungerechtfertigtheit dieses Ver- suches und kehrte zu meiner früheren Anschauung zurück, welcher zu Folge jene beiden Gattungen eine besondere Familie in der Ordnung der Ichthyodea unter den Reptilien bilden und als eine besondere Abtheilung zwischen die De rot rem ata und Anura, oder vielleicht noch besser hinter die Branchiata, an den Schluss dieser Ordnung zu stellen sind. Diess ist auch heute noch meine Meinung, daThiere, welche mittelst Lungen athmen, unter keiner Bedingung für Fische gel- ten können, es sei denn, dass man einiger untergeordneter zoo- tomischer Charaktere wegen ein so wichtiges Merkmal, wie die Lungen sind, vollständig entwerthen und dadurch die einzige Scheidewand, welche die beiden Classen der Reptilien und Fische von einander trennt, gewaltsam niederreissen wolle, was ebenso viel bedeuten würde, als beide Thierclassen miteinander zu vereinigen. Aber welche Merkmale sind es denn, die so schwer in die Wagschale fallen, um den beiden genannten Thierformen ein Anrecht zu geben, der Classe der Fische beigezählt zu werden? Etwa der abgesonderte unbewegliche Kiefer mit seinen verwach- senen Ober- und Zwischenkieferknochen, die inneren knorpeligen Kiemenbogen, oder der muskulöse und mit mehreren, die Klappen vertretenden Falten versehene Arterienstiel, die Spiralkla])i)e im Darme, oder die Mündung der Harnleiter an der Hinterseite desselben? Sind diese Merkmale etwa gewichtiger als die zelligen voll- kommen ausgebildeten Lungen und das mit zwei unvollständig geschiedenen Vorkammern versehene Herz, und können sie etwa 16 F i t z i 11 g e r. clesshalb den Ausschlag- über die Stellung jener beiden Thier- formen im Systeme geben, weil dieselben den übrigen uns seit- her bekannt gewordenen Reptilien mangeln? Oder sind es die als Flossen gedeuteten unvollkommenen hinteren Extremitäten und die beiden Hautfäden, die sich hinter den Kiemenspalten befinden, welche dieselben unzweifelhaft als Fische erkennen lassen, oder wohl gar die Beschuppung des Körpers? Treffen wir nicht auch schon bei mehreren anderen Formen unter den fischähnlichen Reptilien verkümmerte Extremitäten an, und haben jene von Lepidosiren und Protopterus auch nur die entfernteste Ähnlichkeit mit der Flosse eines Fisches, oder bietet die Gattung- Epicrium aus der Abtheilung der Anura durch ihre sehr deutlich in regelmässige Schuppenfelder g-etheilte Haut etwa nicht schon eine Andeutung von Schuppen dar? Alle diese hier angeführten Merkmale treten in den Hinter- grund, wenn man die Beschaffenheit der beiden Hauptorgane der Athmung und des Kreislaufes in Betrachtung zieht, und schon aus diesem Grunde kann ich auch nicht von meiner Ansicht lassen, die aus den Gattungen Lepidosire?i und Protopterus be- stehende Müll er 'sehe Ordnung der Dipnoi aus der Classe der Fische auszuscheiden und in die Classe der Reptilien zu übertragen. Mag man auch immerhin desshalb mich tadeln — und dass diess geschehen wird, dessen bin ich bei der Richtung, welche die Coryphäen unter den Zoologen in der Neuzeit eingeschlagen, gewiss, — so vermag ich dennoch nicht einer Ansicht zu ent- sagen, welche tief in meiner Überzeugung wurzelt und die ich für eine richtige halte. Selbst die erst in allerneuester Zeit bekannt gewordene, höchst merkwürdige, mit Lepidosiren und Protopterus zunächst verwandte Thierform, welche Kreeft im Jahrgange 1870 der „Proceedings of the Zoological Society with Illustrations" als eine zur Classe der Reptilien oder Amphibien gehörige Art unter dem Namen Ceratodus Forsteri beschrieben und abgebildet, — da er dieselbe der Gattung nach mit der von Agassiz aufgestellten und zur Familie der Cestraciontes gezählten fossilen Gattung Ceratodus für identisch hält, — kann mich, ungeachtet ihrer mehr Versuch einer n;itiirliclien Chissiiication der Fiselie. 17 an die Fischform errinnernden Totalg-estalt, in meiner liier aus- gesprochenen Ansicht durchaus nicht wanken machen. Ob übrig-ens das von Kreeft bescliriebcne Thier mit der Agassi //sehen Gattung Cevatodus wirklich identisch sei, möchte ich — obgleich dasselbe in der Gestalt der Zähne sehr grosse Ähnlichkeit ndt dieser Gattung hat, — dennoch bezweifeln, da die Gattung Cevatodus nur in den ältesten Formationen angetrof- fen wird. Auf mehrfache Mängel und mancherlei Unrichtigkeiten und ^üssgritfe im Müller'schen Systeme, insbesondere aber in sei- ner Ordnung der Teleostei, hat schon Canestrini in einer besonderen, im Jahrgange 1859 der Verhandlungen der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft erschienenen Abhandlung ,,Zur Kritik des Müller'schen Systems der Knochentische" auf- merksam gemacht und Aorzüglich auf die unzureichende und durchaus nicht probehältige Charakteristik seiner Abtheilung der A c a n t h o p t e r i hingewiesen, so wie auf die höchst unnatürliche Zusammenstellung weit voneinander verschiedener Fischformen in seiner xlbtheilung der Pharyngognathi. Diese Mängel lassen sich hauptsächlich aus dem Stand- punkte erklären, den der Sch(>pfer dieses Systems bei der Auf- stellung desselben eingenommen hat, indem er, seiner Lieblings- wissenschaft, der Zootomie huldigend, der inneren Organisation und den aus ihr abgeleiteten Merkmalen ein weit höheres Gewicht beilegte, als dieselben verdienen, und die äusseren oder zoologi- schen Charaktere allzusehr vernachlässigte. Wenn auch nicht zu läugnen ist, dass innere Merkmale von eben so grosser und zuweilen selbst von noch grösserer Wichtig- keit sein können als äussere, so steht andererseits doch auch fest und hat sich diess durch die Erfahrung bereits mehr als genügend für wahr und richtig erwiesen, dass beide oft mannigfaltigen Veränderungen unterworfen sind und auch nicht in allen Fällen gleichen Schritt miteinander halten. Völlig verfehlt ist es aber, wenn man ein einzelnes Merk- mal — sei es nun ein inneres oder äusseres, — hervorhebt, um auf dasselbe eine Eintheilnng was immer für einer Thierclasse zu gründen, und durchaus irrthündich ist es, wenn man wähnt, eine natürliche Grnppirung hierdurch erzielen zu können. Sitzb. d. mathem.-uaturw. CI. LXVII. Bd. I. Abth. ^ 18 F i t z i u g e r. Namentlich gilt diess im Mit 11 er 'sehen Systeme aber von Jer Schwimmblase der Fische und der Beschaflenheit der ►Schlimdknochen, Merkmalen^ aufweiche Müller ein so grosses Gewicht legte und die nicht nur erwiesenermassen einer sehr bedeutenden Veränderlichkeit unterliegen, sondern selbst bei ganz nahe verwandten Formen verschieden, bei sehr entfernt stehen- den aber völlig gleich sein können, oder wie diess mit der Schwimmblase der Fall ist, bei den allernächst mit einander ver- wandten Formen bald vorhanden sind, bald fehlen. Canestrini war es auch, der zuerst darauf bedacht war, den Flossenbau der Fische einer eingehenderen Untersuchung zu unterziehen, um hierin ein Mittel zu finden, die Mit 11 er 'sehe Ordnung der Teleostei in natürlicher abgegrenzte Gruppen bringen zu können. Seine Arbeit hierüber ist in einer besonderen, im Jahrgange 1850 der Verhandlungen der k. k. zoologisch-botanischen Ge- sellschaft zur Öffentlichkeit gelangten Abhandlung „Über die Stellung der Helmichthyiden im Systeme" und in einer bald darauf in demselben Jahrgange dieser Schriften unter dem Titel „Zoologische Mittheilungen" erschienenen Abhandlung „Über die Aulostomiden" enthalten. In der That ist es ihm auch gelungen, in Folge seiner über den Flossenbau angestellten Untersuchungen so manchen Män- geln im Müll er 'sehen Systeme abzuhelfen, obgleich aus dem von ihm gewonnenen Resultate unzweifelhaft hervorgeht, dass der Flossenbau allein durchaus nicht genügt, besonders grosse oder Hauptgruppen auf denselben zu basiren. Er bildete aus Müll er 's Ordnung der Teleostei sechs verschiedene Ordnungen: I. Aulostoiuidae seu Fistnlariae, mit einfachen ungeglie- derten und nicht verzweigten, am oberen Ende aber seit- lich zusammengedrückten Strahlen in der Rückenflosse und röhrenförmigem Munde ; II. Plectogiiathi, für welciie er jedoch keine besonderen Merkmale angegeben hat; III. Dermopteri, mit beinahe homogenem Hautsaume an der Stelle einer Rückenflosse; Versuch einer natüiliflien Classification der Fische. 19 IV. Haplopteri, mit einfaclicn oder auch g-eg-liedcrteii, aber nicht verzweiglen spitzeu Strahlen in der lUickenflosse und durehaus gegliederten in den iJauehllossen ; V. Deiulropteri, mit durchgehends gegliederten und ver- zweigten Strahlen in der Riiekenflosse und den Bauch- flossen; und Tl. Acaiithoi>teri_, mit einfachen nicht verzweigten spitzen Stachelstrahlen im vorderen Theile der Ivückenflosse und der Bauchflossen. Die Ordnung der Aiilostoniidae seu Fistulariae theilt er in zwei Unterordnungen: 1. Lophobranchii, und 2. Aulostomi. Die Ordnung- der Plectog'iiathi bringt er gleichfalls in zwei Unterordnungen : 1. Gymnodontes. und 2, Sclerodermi. Die Ordnung der Deniiopteri trennt er ebenso in zwei Unterordnungen : 1. Symbranchii, und 2. Muraenoidei. Der Ordnung derHaplopteri theilt er nachstehende Familien ZU: Hc'lmu'hthyides, — Taenioidae, — Ophidini, — Gobioidi, — Bleuidoidi, — Butrachoidi — und Pleuroneetidae. Zur Ordnung- der Deudropteri zählt er die Familien: Gymnotini, — Loricarinae , — SUurioidcL — Mormyrini, — Cyprinoidei, — Acuiithopsides , — Cyprinodontes , — Chara- cini, — Salmonoidei, — Esocini, — Scomberesuces — und Clupeuidei. In die Ordnung der Acautliopteri reiht er nachstehende Familien ein: Chromides, — Pointicentrini, — Lubroidei, — Theutides, — Squamipennes, — Scomberoidei, — Spuroidei, — Mugilini, — Cataphracti, — Mullini — und Percoidei. Güntlier, welcher die Classe der Fische in seinem zwi- schen den Jahren 1859 — 1870 erschienenen „Catalog-ue of the Fishes in the British Museum" einer umfassenden und höchst 2* 20 Fi t z i u g e r. umständlichen Bearbeitung unterzogen, stellte zwar kein neues System auf, sondern legte seiner Arbeit das MUller'sclie zu Grunde, nahm aber vielfältige und zum Theile höchst wichtige Veränderungen in der Begrenzung der einzelnen Familien vor, wodurch so manchen Mängeln abgeholfen und eine nicht unbe- trächtliche Anzahl von Familien weit schärfer begrenzt wurde, als diess bisher in den Systemen von Cuvier und Müller der Fall war. Höchst wichtige Andeutungen über die gegenseitige Ver- wandtschaft so mancher in den bisherigen Systemen oft weit aus- einander gestellten Formen hat auch mein der Wissenschaft viel zu früh durch den Tod entrissener College Kner gegeben, der den grössten Theil seines Lebens beinahe ausschliesslich dem ichthyologischen Studium zugewendet und durch seine zahlrei- chen und gediegenen Arbeiten auf diesem Gebiete sich ein un- vergängliches Verdienst um diesen Zweig der Zoologie erworben. Seine sorgfältigen und höchst genauen Untersuchungen. ,,Über den Flossenbau der Fische" — welche in den Sitzungs- berichten der kais. Akademie der Wissenschaften zwischen den Jahren 1861 — 1hotae. Rec. Gatt. Lophotes. 45. Farn. Lepidopodes, Rec. Gatt. Lepidopus. 46. Farn. THcliiuri. Rec. Gatt. Triclüurus. Foss. Gatt. Nemopteryx, — Xiphopterus, — Atien- chelum. 47. Farn. Helniichthyes, Rec. Gatt. Leptocephalus , — Oxystomus, — Helm- ichthys. 2. Ord. Trug^baucbflosser (^Pseudogastropteviy, Die vorderen oder auch sämmtliche Strahlen der Rücken- flosse sind einfache ungegliederte, mehr oder weniger harte Stachelstrahlen. Die Bauchflossen stehen weit hinter den Brust- flossen. Brustflossen und Afterflosse sind immer vorhanden. Der Kiemendeckel ist freiliegend, die Kiemenspalten sind mehr oder weniger weit, oder eng und spaltförmig. Der Leib ist stärker oder schwächer zusammengedrückt oder auch gerundet, und bald mit rundlichen, dünnen harten hornartigen und in Längs- Versuch einor natürlichen Classification der Fische. 3i) reihen stehenden zahn- oder ganzrandigcn, bahl mit verschoben viereckigen und in schiefen Qnerrcihen liegenden zahnrandigen Schlippen bedeckt, oder mit hornigen schildähnlichen Schienen besetzt, und zuweilen auch vollständig kahl. Die Nasenlöcher sind getrennt und münden nicht in die Mundhöhle. P^inc Schwimmblase ist vorhanden und geschlossen, oder fehlt auch gänzlich. 1. Farn. Tolynctnl. Rec. Gatt. Polyncmus. 2. Farn. Sphyraenae, Rec. Gatt. Sphyrnena. F 0 s s. Gatt. Sphyraenodus, — Snurocephaius, — Snnro- (lon, — E/ichof/us, — Cladocyclus, — Rampho- giiathiis, — Mcsogaster. 3. Farn. 3Iii(/iles. Rec. Gatt. Mugll, — Cestris, — Nestis, — Dajaus. 4. Farn. Atherinopses. Rec. Gatt. Atherinopsis. 5. Farn. Afherinae, Rec. Gatt. Ätherina. 6. Farn. Tetragoiim*L Rec. Gatt. Tetragonuriis. 7. Farn. Wotacauthl. Rec. Gatt. Notacanthus. 8. Farn. CentriscL Rec. Gatt. Centriscus, — Amphisile. Foss. Gatt. Ramphosus, — Urosphen. 9. Fam. Fistulariae. Rec. Gatt. Fistidaria, — Aulostoma. Z* 36 F i t z i 11 g e r. 3. Ord. Baiioliflosser (€mft»tropieriy, Sämmtliche Stralilcn der Rückenflosse sind gegliedert. Die Bauchflosseii stehen weit hinter den Brustflossen oder fehlen zu- weilen auch gänzlich. Brustflossen und Afterflosse sind immer vorhanden. Der Kiemendeckel ist freiliegend, oder auch von der Haut umhüllt, die Kiemenspalten sind mehr oder weniger weit, oder eng und spaltförmig. Der Leih ist stärker oder schwächer zusammengedrückt oder auch gerundet, und mit rundlichen, dün- nen harten hornartigen oder auch stärkeren knochenartigen, seltener dngegen weichen häutigen, in Längsreihen stehenden zahn- oder ganzrandigen Schuppen bedeckt und zuweilen auch vollständig kahl. Die Nasenlöcher sind getrennt und münden nicht in die Mundhöhle. Eine Schwimmblase ist vorhanden und geschlossen, oder auch mit einem Luftgange versehen, und fehlt bisweilen gänzlich. 1. Farn. Scomberesoces. Rec. Gatt. Penklitlujs, — Exocoetus, — Hemiriunplins, — Sarchirns, — Tylosurus, — Sayris, — Scotnber- esox, — Bclone. Foss. Gatt. Hypsodon. 2. Faiii. Bsoces, Rec. Gatt. Esox\ Foss. Gatt. Holosteuü, — Sphenolepis, — Isticus. 3. Fani. Galaxlae. Rec. Gatt. Mesites, — Galaxias, — Microstoma. 4. Farn. Elopes, Rec. Gatt. Elops, — Älhula. 5. Fani. Arapmmae, Rec. Gatt. Heterotis, — OsfeoglossKni, — Arapdimn. 6. FaiH. Chirocentri. Rec. Gatt. V((siris, — Notopteriis, — C/iiroccnlrus. Voi-fiucli einer iKitüiIiclien Chif^h^itieiition der Fische. 37 7. Fjini. Clupeae. Ivcc. Gatt. Jiiifijrluiis, — AlcpitdoccplKtlns . — l.nto- deira, — Prisfif/asfer, — Gnatkobolus, — T/irissa, — liofieniu, — PcUona, — Chatoßs.vifi, — E/u/rauUs, — Alofia, — Chanos, — Clupcmodon, — Clupea, — SardineUa. — Meletta , — llareiifjiila , — Dussu- mieria, — Ili/odon, — Megalops, — Coilia. Foss. Gatt. Halec, — Coelogaster, — Platinx , — Acrogridthus, — AnloJcpis. 8. Farn. Seopell. Reo. Gatt. AulopuK. — Saums. — Lampcmycth, — MgctopluDn, — Astvonesthes, — Scopelus, — Aplo- chitoH. — M((uroVicns, — Gonostoma, — Ivhthyococcus, — Ch/orojt/i(/i((htiiis. — Odnidostumus, — Pandcpis, — Sudis. Foss. Gatt. Oxmeroidcfi. 9. Faiii. Slonüae. Rec. Gatt. Si(h(in\ — C/itiHliodu.^, — Sfoniuis. 10. Faul. Salmones, Rec. Gatt. Argcntbin, — Mallotiis, — Thynial/us. — Coregonus, — Mnraenu/fi , — Osmerus, — Pleco- gfossiis, — S/dnw, — Trutta. 11. Farn. CitJiarini. Rec. Gatt. Ctenanodiis, — Xiphostoma, — Schizodon, — Gastropelecus, — Tcfrngonopfcrus, — E.vodon, — Hydroliriiü, — Piabucd, — Epicyrtus, — Hydrocyun, — Ixhaphiodon, — Aiiodus, — Hemiodus, — P(tro- don, — ßryconops, — Leporinus, — Micvodiis, — Myhtes, — Anostomii.s, — Chttlcciis, — Cifharinus, — CiD'inuites, — Scrrandfuio. — Pygocentrus, — Pygoprislh. 12. Faiii. JFjt^ythyiiii. Rec. Gatt. Erythrinus, — Ihnhra, — Mdcrodon. 3ö F i t z i n g er. 13. Farn. Cyprlni, Kec. Gatt. Äulopyge, — Schizothorax, — BarJms, — Laheobarbus, — Pseudobarbus, — Cypinnns, — Sca- phiodon, — Capoeta, — Rohita, — Gobio, — Tinea, — Carassius, — Rhodeus, — Yimba, — Abramis, — Blicca, — Abramidopsis, — BUccopsis, — Pelecus, — Chela, — Alburnus, — Lencaspius, — Aspius, — Argyreus, — Luciosotna, — Scardinius, — Orfus, — Leuciscus, — Idus, — Ceplialns, — Squalius, — Telestes, — Phoivitms, — Phoxinellus, — Gonor- rhyuchus, — Catla, — Crossocheilus, — Dangila, — Catostoma, — Labeo, — Chondrostoma. Foss. Gatt. Cyclurus. 14. Fam. Cobitkles. Eec. Gatt. Cobitis, — Barbatula, — Acanthops, — Schistura. 15. Fain. Morm/yri. Rec. Gatt. Mormyrns. — Mormyrops. 16. Fam. Cyprinodorites» Rec. Gatt. Anableps, — Poecilia, — Fundulus, — Pelias, — Lebias, — Cyprinodon, — Molinesia, — Orestias. 17. Fam. Ainblyopses, Rec. Gatt. Amblyopsis, — Typhlichthys, — Chologaster. II. Reihe. UNREGELMÄSSIGE FISCHE. (HETEROCORMI.) Die Kiemen sitzen auf Kiemenbogen auf, sind kammförmig und an der Spitze frei, und von einem freiliegenden oder auch unter der Haut verborgenen Kiemendeckcl und meist auch einem besonderen Unterdeckel überdeckt, der bisweilen aber auch fehlt. Die Kiemenspalten öffnen sich an den Seiten des Kopfes, oder auch vor, hinter, oder unter den Brustflossen, oder auch Versuch einer natürlichen Classification der Fische. 39 unter der Kehle und bisweilen zu einer einzigen Öffnung ver- einigt, und sind mehr oder weniger weit, oder eng und spalt- oder lochförmig. Der Leib ist mehr oder Aveniger flachgedrückt, oder auch bauchig, eckig oder gerundet, seltener hingegen zu- sammengedrückt, und mit dünnen harten und von keiner Schmelzlage überzogenen hornartigen, oder auch mit weichen häutigen, meist in Längs- und nur selten in schiefen Querreihen liegenden Schuppen bedeckt, oder mit hornigen schildähnlicheu Schienen oder Platten, oder auch knöchernen Höckern besetzt, von hornigen tafelartigen Ringen umgeben und bisweilen auch vollständig kahl. Der Kopf ist mehr oder weniger breit und oben stärker oder schwächer abgeflacht, mit symmetrisch gestellten Augen, oder schmal und zusammengedrückt, mit unsymmetrisch stehenden Augen. Die Schuppen sind rundlich, oder auch drei-, vier- oder fünfeckig, zahn- oder ganzrandig und von Strahlen- furchen und concentrischen Linien durchzogen. Das Skelet ist hart- oder weichknochig, der Schädel mit Nähten versehen. Die Oberkieferknochen sind beweglich und Ober- und Zwischenkiefer voneinander getrennt. Der Arterien- stiel ist mehr oder weniger muskulös und am Grunde mit zwei Klappen versehen. Im Darme befindet sich keine Spiralklappe. Die Sehnerven kreuzen sich übereinander. Eine Schwimmblase ist entweder vorhanden und bald geschlosssen, bald mit einem Luftgange versehen, oder fehlt auch gänzlich. 1. Ord. Staelielflosser fAcanthopteriJ. Die vorderen oder auch sämmtliche Strahlen der Eücken- flosse sind einfache ungegliederte, mehr oder weniger harte oder auch biegsame Stachelstrahlen. Die Bauchflossen stehen ent- weder unter, oder dicht vor oder hinter den Brustflossen, oder auch unter der Kehle und fehlen bisweilen gänzlich. Brustflossen fehlen nur äusserst selten, die Afterflosse ist aber immer vorhan- den. Der Kiemendeckel ist freiliegend und mit einem besonderen Unterdeckel versehen. Die Kiemenspalten öffnen sich an den Seiten des Kopfes und sind mehr oder weniger weit, oder eng und spaltförmig. Der Leib ist mehr oder weniger flachgedrückt, oder auch bauchig oder gerundet, seltener hingegen zusammen- 40 F i t z i n g- e r. gedrückt, und bald mit ruiidliclicii oder drei-, vier- oder fünf- eckigen dünnen harten hornartigen, bisweilen aber auch weichen häutigen, in Längsreihen stehenden, bald mit Aerschoben vier- eckigen, in schiefen Querreihcn liegenden Schuppen bedeckt, oder mit hornigen schildähnlichen Platten oder knöchernen Höckern besetzt, und bisweilen auch vollständig kahl. Der Kopf ist mehr oder weniger breit und oben stärker oder schwächer abgeflacht, mit symmetrisch gestellten Augen. Die Nasenlöcher sind getrennt und münden nicht in die Mundhöhle. Eine Schwimmblase ist vorhanden und geschlossen oder fehlt auch gänzlich. 1. Faiii. Triglae. Eec. Gatt. Triyla . — Prionotns, — Peristedion, — Dactylopterits, — Cephalacanthns, — Chlrus. 2. Farn. Scorpaenae. Rec. Gatt. Scorpacntt , — Sehnst es , — B lepsin s, — Agriopus. — Pe/or, — Synanceia. — Siinmicidium, — Pferois, — Tuemonotiis, — Apistus. 3. Faiu. Com. Rec. Gatt. Cottus, — Aspidophorus. — Hemitripterus, — Hemilepidofiis, — Platycephidus. Foss. Gatt. CalUpteryx. — Pterygocephalus. 4. Farn. BatracM. Rec. Gatt. Batrnvlias. 5. Faiu. PeriophthalniL Rec. Gatt. Apocryptes, — Oxyurichthys, — Ba/ae- ophthfdmus, — Periophthalmus. — Pseudoblennrns. 6. Faiu. Gobii. Rec. Gatt. Gohius. — Gobioides, — Tripaurheua. — Sicydiiim. — Amhlyopiis.- 7. Faiu. EJeotrae. Rec. Gatt. Eeolris. — Philypuus. — Elcolroidcs. Ver.siicli ciiKT natiirliclien ('l;is.silic';ition der Fisclic. 41 8. F-ain. Cj/clopterf. Kec. Gatt. Ci/c/o/ffmis, — I.Ijhü'Is. y. Farn. Uranosiojti. Rec. (ratt. rrti/foscopiis, — PiHjinipcx. 10. Faiii. Tr(((hlni. Kec. (iatt. Trarliltiioi, — Percop/tis. — Percis. 11. Fiim. CalUoiitfini. Rec. Gatt. (\i//ioNij»ii(s, — Trivlionotiis, ■ — Comepho- 7-/IS. — P/dfj/jtfcnis. 12. Farn. Clim. Rec. Galt. Tripterygion, — Crislircps. — 0(if/opus. — Cllnus. 13. Farn. Guiielli. Rec. Gatt. Gnnel/iis. — Opisthojpialhui^. F 0 s s. G a 1 1. SpiiKtcdtith iis. 14. Faiii. Blennii. Rec. (ilatt. lilcnnliisi, — Phofis. — Blcnnechis. 15. Fain. HulaHae. R c c. .G a t . SuldruiH. 16. Fani. AnarrhieJuie. Rec. Gatt. A/farr/iirhas. 2. Oid. CiilitMU'^i'flo.sscr fArthrftitteri). 8ämmtliclie Stralilen der Rückenflosse sind geg:liedert. Die Bauchflossen stehen unter den Brustflossen, oder auch unter der Kehle und fehlen hisweilen g-änzlieh. Brustflossen fehlen zuwei- len, eine Afterflosse ist innuer vorhanden. Der Kieniendeckel ist freiliegend und mit einem besonderen Unterdeckel versehen. Die Kiemenspalten öffnen sich an den Seiten des Kopfes, und sind mehr oder weniger weit, oder eng und spalttormig. Der Leib ist mehr oder weniger flachgedrückt oder auch /Aisammcngedrückt, 42 F i t z i n g e r. seltener dagegen g-enuidet und bald mit rundlichen dünnen har- ten hornartigen^ bisweilen aber auch weichen häutigen, in Längsreihen stehenden zahn- oder ganzrandigen, bald mit ver- schoben viereckigen und in schiefen Querreihen liegenden zahn- randigen »Schuppen bedeckt, und bisweilen auch vollständig kahl. Der Kopf ist mehr oder weniger breit und oben stärker oder schwächer abgeflacht, mit symmetrisch gestellten Augen, oder schmal und zusammengedrückt, mit unsymmetrisch stehen- den Augen. Die Nasenlöcher sind getrennt und münden nicht in die Mundhöhle. Eine Schwimmblase ist vorhanden und geschlossen, oder fehlt auch gänzlich. 1. Unterord. Seitenschwimmer (Pleuronectae). Der Kopf ist sehmal und zusammengedrückt, mit unsymme- trisch stehenden Augen. Der Leib ist zusammengedrückt und mit rundlichen dünnen harten hornartigen, in Längsreihen stehenden zahn- oder ganzrandigen Schuppen bedeckt. Die Bauchflossen stehen unter der Kehle. Brustflossen fehlen zuweilen. Eine Schwimmblase fehlt. 1. Fam. Platessae. Rec. Gatt. Phdessa, — Flesiis, — Arelia, — Synapt- ura, — Bothus, — Microstomus, — Glyptocephalus, — Limandu, — Hippoglossus, — Rhombus, — Solea, — Monochir, — Ac/iirus, — Plagusiu. 2. Unterord. Bauchschwimmer (Gastro nectae). Der Kopf ist mehr oder weniger breit und oben stärker oder schwächer abgeflacht, mit symmetrisch gestellten Augen. Der Leib ist mehr oder weniger flachgedrückt oder auch zusammen- gedrückt, seltener dagegen gerundet und bald mit rundlichen dünnen harten hornartigen, bisweilen aber auch weichen häu- tigen, in Längsreihen stehenden ganzrandigen, bald mit ver- schoben viereckigen und in schiefen Querreihen liegenden zahn- randigen Schuppen bedeckt, und bisweilen auch vollständig kahl. Die ]iauchflos8en stehen entweder unter, oder dicht vor, oder hinter den Brustflossen und fehlen bisweilen gänzlich. Brust- flossen fehlen nur äusserst selten. Versucli ciiior n;itiulichon Classification der Fische. 43 Eine Schwimmblase ist vorhanden und geschlossen, oder fehlt auch gänzlich, 1. Fani. Lepadogastri. Rec. Gatt. Lepadogaster, — Gobiesox, — Sicyases, — Cotylis. 2. Farn. EcJieneides. Rec. Gatt. Echeneis, — Remora, — Osteochirus. 3. Fani. Ophiocephali. Rec. Gatt. Ophiocephalus. 4. Farn. Jlacrouri, Rec. Gatt. Marrourus, — Lepidosonia. 5. Fani. GmU. Rec. Gatt. Gadus, — Merlanf/Ks, — Merlucdufi, — Motella, — Raniceps, — Brotuln, — Bythites, — Phycis, — Lota, — Lepidoleprus, — Brosmlus. Foss. Gatt. Goniogmithus. 6. Fam. Zoarcae. Rec. Gatt. Zoarces, — Lycodes. 7. Fam. Ilerasferi. Rec. Gatt. Ophid'ium, — Fierusfer. 8. Fam. JEnchelyophes, Rec. Gatt. Enchelyophis, — GymneUs. 9. Fam. Aiiiniodytae, Rec. Gatt. Anniiodytes. 3. Ord. Deekelkiiiiiinerer (^l*€Vopomafay» Sämmtliche Strahlen der Rückenflosse sind gegliedert, oder auch einfache ungegliederte Faserstrahlen. Die Bauchflossen stehen weit hinter den Brustflossen, oder fehlen auch gänzlich. Brustflossen und Afterflosse fehlen zuweilen, sehr selten aber die 44 F i t z i n g e r. Eückenflosse. Der Kiemendeckel ist freiliegend, oder auch unter der Haut verborg-en, und ein Unterdeckel fehlt. Die Kienienspal- ten ötfnen sich an den Seiten des Kopfes, oder auch vor, hinter, oder unter den Brustflossen, oder auch unter der Kehle und bis- weilen zu einer einzigen Öffnung- vereinigt, und sind mehr oder weniger weit, oder eng und spalt- oder lochförmig. Der Leib ist mehr oder weniger flachgedrückt, eckig oder gerundet, und bald mit hornigen schildähnlichen Schienen oder Platten besetzt, oder von hornigen tafelartigen Ringen umgeben, bald aber auch mit rundlichen weichen häutigen, in Längsreihen stehenden ganz- randigen Schuppen besetzt, oder auch vollständig kahl. Der Kopf ist mehr oder weniger breit und oben stärker oder schwä- cher abgeflacht, mit symmetrisch gestellten Augen. Die Nasen- löcher sind getrennt und münden nur äusserst selten in die Mundhöhle. Eine Schwimmblase ist vorhanden und mit einem Luftgange versehen. 1. Farn. Hypostoniata. Rec. Gatt, Hypostomn. 2. Farn. Loricariae. Rec. Gatt, Acantliicus, — Rhinelepis, — Luricaria. 3. Fani. Clarotae. Rec. Gatt. Aspvedo, — Phractocephalus, — Ciarotes, — Callichthys, — Auchenipteriis, — Dorus. 4. Farn. Euanemi. Rec. Gatt. Arges, — Euanemus, — Trichoniycterus, — Mal(tpterurt(s. 5. Fani. Silitri. Rec. Gatt. Sifnriis, — Wallngo, — Paufidsiiis, — ScIüUxt, — B/tf/rxs. — Bajard. — Pinie/otfiis. — Synodonfis. — Vnlophysus, — Ciarias. — Arius. — Astrophysas. — Centronwchlus. — Helerohranehus. — Plotoses. — Heteropneustes. — Ageneiosis. — Osteof/e/fetosKs. Versuch einer natürlichen Classification der Fische. 45 (\. Fani. Gyinnoti, Reo. Gatt. Sfcr/fdrc/nii^, — Sfcrtiopi/fjus, — ('(irapufi, 7. Faiii. Aiujiiillae, Reo. (Jatt. AnfiHilla. — Enchchjopui^, — Co/if/cr, — Mi/rophis. 8. Farn. Opht'sitri. Reo. Gatt. OphUtirup!, — SpUmjchrunchuf^. 9. Fain. Gy^nidvchi. R e c. G a 1 1. (rijuimtrch iis. 10. Fani. Jlifrfienae. Reo. Gatt. Murdi-nii, — Jlurae/iophis, — Pisodouophis. 11. Fain. HijuihraneM. Ree. Gatt. Monopterus, — Ophhtenion, — Symhran- chns, — Aldhes, — AmphipnüUH. 12. Farn. Aptericlithyes. Rec. Gatt. Cropterygins, — SaccophurytLV, — Apter- ic/if/iys. III. Reihe. FREMDARTIGE FISCHE (ANOMALI). Die Kiemen sitzen auf Kiemenbogen auf und sind entweder kammlorniig und an der Spitze frei, oder büsclielfönnig- und paarweise gestellt, und von einem unter der Haut liegenden Kiemendeckel überdeckt. Die Kiemenspalten ötfnen sich vor oder hinter den BriistHossen und sind eng, und spalt- oder locli- förmig. Der Leib ist bald zusammengedrückt, bald bauchig, flachgedrückt oder eckig, und entweder mit starken harten und von keiner Schmelzlage überzogenen hornigen, in Längs- oder schiefen Querreihen liegenden Schuppen, oder mit vieleckigeu, einen festen Panzer bildenden Knocheuschilderu bedeckt, oder mit feinen Körnern, hornigen Stacheln oder knöchernen Höckern 46 F i t z i n g e r. besetzt, oder auch von hornigen tafelartigen Eingen umgeben, bisweilen aber auch vollständig kahl, oder von einer in sechs- eckige Schildchen getheilten Haut umkleidet. Der Kopf ist mehr oder weniger zusammengedrückt, oder auch abgeflacht. Die Schuppen sind rundlich oder rautenförmig, gauzrandig und rauh. Das Skelet ist weichknochig, der Schädel mit Nähten ver- sehen. Die Oberkieferknochen sind entweder beweglich und Ober- und Zwischenkiefer voneinander getrennt, oder unbeweg- lich miteinander verwachsen. Der Arterieustiel ist mehr oder weniger muskulös und am Grunde mit zwei Klappen versehen. Im Darme befindet sich keine Spiralklappe. Die Sehnerven kreuzen sich übereinander. Eine Schwimmblase ist entweder vorhanden und geschlossen, oder fehlt auch gänzlich. 1. Ord. Haftkiefer CPiectognathiJ. Die Kiemen sind kammförmig. Die Kiemenspalten öffnen sich vor den Brustflossen und sind spaltförmig. Die Kiefer sind gezähnt, oder auch zahnlos und von einer Schmelzschichte über- zogen. Der Leib ist zusammengedrückt oder bauchig, und bald mit starken harten hornigen Schuppen oder vieleckigen, einen festen Panzer bildenden Knochenschildern bedeckt, bald mit feinen Körnern oder hornigen Stacheln besetzt, bisweilen aber auch vollständig kahl, oder von einer in sechseckige Schildchen getheilten Haut umkleidet. Die Bauchflossen stehen unter den Brustflossen oder fehlen auch gänzlich. Brustflossen und die Afterflosse sind immer vorhanden, doch werden die Brustflossen von keinem armälinlichen Vorsprunge gestützt. Die Mundspalte ist eng, die Schnauze nicht röhrenartig gestaltet. Die Nasenlöcher sind getrennt und münden nicht in die Mundhöhle. Die Oberkieferknochen sind unbeweglich und Ober- und Zwischenkiefer miteinander verwachsen, auch die Gaumenbeine fest mit dem Schädel verbunden. Eine Schwimmblase ist vorhan- den und geschlossen, oder fehlt auch gänzlich. 1. Untere rd. Harthäuter (Sclcrodermata). Die Kiefer sind gezähnt. Der Leib ist zusammengedrückt, und mit starken harten hornigen Schuppen bedeckt, oder mit Versuch einer natürlichen Classification der Fische. 47 feinen Körnern besetzt. Die Bauchflossen stehen unter den Brust- flossen oder fehlen auch y-änzlicli. p]ine Hchwimnibhisc ist vorhanden und geschlossen. 1. Farn. BaUstae. Kec. Gatt. Balistes, — Pyrodon, — Monacnnthns. Fe SS. Gatt. Acnnthoderma, — Acantliopleurus. 2. Farn. Ahitcrae, Rec. Gatt. Aluteres, — Triacanthus. Foss. Gatt. Glyptocephnlus, — Rhinellus, — Dercetis, — Blochins. 2. Unter ord. Panzerhäuter (Cat(vphracti). Die Kiefer sind gezähnt. Der Leib ist bauchig, und mit vieleckigen^ um Kopf und Rumpf einen festen Panzer bildenden Knochenschildern bedeckt. Nur der Schwanz und die Flossen sind beweglich. Bauchflossen fehlen. Eine Schwimmblase ist vorhanden und geschlossen, 1. Farn. Ostraciontes, Rec. Gatt. Ostracion. 3. Unterord. Nacktkiefer (Gymnodontes). Die Kiefer sind zahnlos und von einer Schmelzschichte überzogen. Der Leib ist bauchig oder zusammengedrückt, und mit hornigen Stacheln besetzt, bisweilen aber auch vollständig kahl, oder von einer in sechseckige Schildcheu getheilten Haut umkleidet. Bauchflossen fehlen. Eine Schwimmblase ist vorhanden und geschlossen, oder fehlt auch gänzlich. 1. Farn. Tetrodontes. Rec. Gatt. Tetrodon, — Gastrophysus, — Chelichthys, — Chelonodon, — Arothon. 2. Farn. Triodontes, Rec. Gatt. IViodofi. 48 F i t z i 11 g e r. 3. Farn. Dlodontes. Rec. Gatt. Diodon, — CycUchthys; — Chilomycterus. 4. Farn. Orthagorisci, Eec. Gatt. Orthagorismis, — Ozodura. 2. Ord. Ai*niflo!Si^er fPedicnlatiJ, Die Kiemen .sind kammtormig-. Die Kiemenspalten ötfneu sich hinter den Brustflossen und sind loehförmig*. Die Kieler sind gezähnt. Der Leib ist bauchig oder flachgedrückt, und mit hor- nigen Stacheln oder knöchernen Höckern besetzt, bisweilen aber auch vollständig kahl. Die Bauchflossen stehen unter den Brust- flossen oder auch unter der Kehle. Brustflossen und die After- flosse sind immer vorbanden und die Brustflossen werden durch einen armäbnlichen Vorsprung gestützt. Die Mundspalte ist mehr oder weniger weit, die Schnauze nicht röhrenartig gestaltet. Die Nasenlöcher sind getrennt und münden nicht in die Mundhöhle. Die Oberkieferknochen sind beweglich und Ober- und Zwischenkiefer voneinander getrennt. Eine »Schwimmblase ist vorhanden und geschlossen, oder fehlt auch gänzlich. 1. Farn. LophlL Rec. Gatt. Lophhis. 2. Farn. CJiironectae, Rec. Gatt. Cliironectes. 3. Fani. Halleuthaeae. Rec. Gatt. Hafleut/Kica. 4. Faiii. Maltheae. Rec. Gatt. Maltkca. 3. Ord. Bü^elielkieiiier (^MjftißhobrfinchiiJ» Die Kiemen sind büschelförmig und paarweise gestellt. Die Kiemenspalten (itfnen sich vor den Brustflossen und sind lochförmig. Die Kiefer sind zahnlos. Der Leib ist eckig- und von hornigen tafelartigen RMngen umgeben. Die Bauchflossen stehen weit hinter den Brustflossen oder fehlen auch gänzlich. Brust- Veisuch einer natüiliclien Classification der Fische. 49 flössen und Afterflosse fehlen bisweilen und die Brustflossen werden durch keinen annälinlichen Vorsprung gestützt. Die Mundspalto ist eng, die Schnauze röhrenartig' gestaltet. Die Nasenlöcher sind getrennt und münden nicht in die Mundhöhle. Die Oberkieferknochen sind beweglich und Ober- und Zwischenkiefer voneinander getrennt. Eine Schwimmblase ist vorhanden und geschlossen. 1. Farn. PeycisL 11 ec. Gatt. Pegasus. 2. Fam. Solenostomata. Rec. Gatt. Soleuusfuma. 3. Fam. JBLlppocmnpi. Rec. Gatt. Hippocanipns , — Gastrotokeiis , — So- lenognathus. Foss. Gatt. Calamostoma. 4. Fam. Si/ngnatJiL Rec. Gatt. Syngnathus, — Ncrophis. IV. Reihe. SCHMELZSCHUPPER (GANOIÜEI). Die Kiemen sitzen auf Kiemenbogen auf, sind kammförmig und an der Sjjitze frei, nnd von einem freiliegenden Kiemen- deckel überdeckt. Die Kiemenspalten öffnen sich an den Seiten des Kopfes und sind mehr oder weniger weit und spaltförmig. Der Leib ist bald stärker oder schwächer zusammengedrückt, bald aber auch mehr gerundet, eckig oder flachgedrückt und mit harten hornigen und von einer Schmelzlage überzogenen, in schiefen Quer- oder auch in Längsreihen liegenden Schuppen bedeckt, oder mit rundlichen, in vereinzelt stehende Längs- reihen gestellten Knochenschildern besetzt, bisweilen aber auch vollständig kahl. Der Kopf ist stärker oder schwächer zusammengedrückt, oder auch abgeflacht. Die Schuppen sind mehr oder weniger rautenförmig, häufig aber auch rundlich, und ganzrandig. Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. LXVII. Bd. I. Abth. 4 50 F i t z i n g e r. Das Skelet ist entweder hartknochig- oder hartknorpelig, der Schädel mit Nähten versehen oder auch ohne Nähte. Die Oberkieferknochen sind beweglich und Ober- und Zwischen- kiefer voneinander getrennt. Der Arterienstiel ist sehr muskulös und mit vielen Klappen versehen. Im Darme befindet sich eine Spiralklappe. Die Sehnerven verschmelzen miteinander. Eine Schwimmblase ist vorhanden und mit einem Luftgange versehen. 1. Ord. CRleicIiscIiwäiize fHontocevciJ, Die Schwanzflosse ist gleichlappig und die Wirbelsäule en- digt zwischen beiden Lappen in der Mitte. Der Leib ist stärker oder schwächer zusammengedrückt, oder auch mehr gerundet, und mit mehr oder weniger rautenförmigen oder auch rundlichen Schuppen bedeckt. Die Nasenlöcher sind getrennt und münden nicht in die Mundhöhle. Das Skelet ist hartknochig, der Schädel mit Nähten ver- sehen. 1. Farn. Coelacanthi. Foss. Gatt. Macropoma, — Undhia, — Coelacanthus, — Hoplopygus. 2. Farn. Ctenolepldes. Foss. Gatt. Ctenolepis, — Gyrosteus, -- Psammolepis, — Phyllolepis, — Glyptolepis, - - Glyptosteus, — Holoptychius, — Ur'onemus. 3. Fam. Pycnodontes. Foss. Gatt. Phyllodus, — Pisodus, — Colohodus, — Gyrodus, — Placodus, — Sphaerodus, — Microdon, — Glohulodus , — Scrobodus, — Acrotemmis, — Gyruuclms, — Periodus, — Pycnodus. 4. Fam. ßatirostomata. Foss. Gatt. Bolenostomus , — Aspidorrhynchns , — Saurostomus, — Pachycormus, — Ptycholepis, — Conodus, — Eugnathus, — Thrissops, — Tkrisso- notus, — Sauropsis, — Amblysetmus, — Cdturus, — Leptolepis. Vorsucli t'iiu'i- natürlichen Classification der Fische. 51 5. Faiu. Aniiae. Rec. Gatt. Amia. Foss. Gatt. Notaeus. 6. Farn. Polypteri, R e c. G a 1 1. Polypteriis. Foss. Gatt. Maeroseniius, — Megulnriis. 7. Faiii. Dovyopteri. Foss. Gatt. Tetragonolepis, — Dapedius, — Ämhlyurus, — Doryopterus. 8. Farn. Propteri. Foss. Gatt. Propterus, — Notagogus. 9. Fani. Lepldotl. Foss. Gatt. Microps, — Ophiopsis, — Nothosomna. — Pholidophorus, — Lepidotus, — Pentrolepis, — Semionotus. 2. Orcl. Lappeiiü^chwäiize (^Heterocerci^, Die Schwanzflosse ist iingleichlappig, der obere Lappen weit länger als der untere, und die Wirbelsäule setzt sich im oberen Lappen fort. Der Leib ist stärker oder schwächer zu- sammengedrückt oder auch mehr gerundet, und mit mehr oder Aveniger rautenförmigen Schuppen bedeckt. Die Nasenlöcher sind getrennt und münden nicht in die Mundhöhle. Das Skelet ist hartknochig, der Schädel mit Nähten ver- sehen. L Faiii. Diplopteri. Foss. Gatt. Diplopterus. 2. Farn. Saurichthyes. Foss. Gatt. Cricodus, — Lamnndus, — De/idrodus, — Platygnafhus, — Mega/ichfliys, — Stturichthys, — Graptolepis, — Orognathus, — Pododus. 4* 52 F i t z i n g e r. 3. Farn. Ijepidostei. Kec. Gatt. Lepidosteus. 4. Fani. Pygopteri. Foss. Gatt. Acrolepis, — Pygopterus. 5. Fam. Platt/sonii. Foss. Gatt. Eurynotus, — Platysomus, — Gyrolepis. 6. Fam. Plelopteri. Foss. Gatt. Pleiopterus, — Dipteriis. 7. Fam. PaUieoiilscl. Foss. Gatt. Pulaeoniscus, — Ämblypterus, — Plectro- lepis, — Coccolepis. 8. Fam. DipUwantJil. Foss. Gatt. BIplucanthus, — Cheiracanthus, — Cheira- lepis, — Acantliodes. 3. Ord. Miiorpelkiioclier fChondrosteiJ. Die Scliwanzfiosse ist ungleichlappig' , der obere Lappen weit länger als der untere, nnd die Wirbelsäule setzt sich im oberen Lappen fort. Der Leib ist eckig oder flachgedrückt und mit rundlichen, in vereinzelt stehende Längsreihen gestellten Knochenschildern besetzt, oder auch vollständig kahl. Die Nasenlöcher sind getrennt nnd münden nicht in die Mundhöhle. Das Skelet ist hartknorpelig, der Schädel ohne Nähte. 1. Fam. Aciperiseres, Kec. Gatt. Aclpenser, — Helops, — Antacaeus, — Huso, — Scaphirrhynchus. Foss. Gatt. Chondrosteus. 2. Fam. Hpatidarlae. Rec. Gatt. Spafidarla, — PhouroRtra. 3. Fam. CepJialaspldcs, Foss. Gatt. Polyphractus , — Pterichthys, — Pam- phractiis , — CoceosU'us ,• — Chelunichthys , — Cephalaspis. Versncli einer n.itürlichen Classification der Fische. 53 V. Keilie. HAFTKIEMER (ELASMOBRANCHII). Die Kiemen sitzen entweder auf Kiemenbogen auf, die in abgesonderten offenen Säcken an der Haiitwand festgewaehsen sind, oder sind ohne Kiemenbogen unmittelbar an die Wandung dieser Säcke angeheftet, die mittelst mehrerer besonderer Ath- mungslijcher oder auch nur eines einzigen gemeinschaftlichen nach Aussen münden und von keinem Kiemendeckel oder nur einem Ivudimente eines solchen überdeckt sind. Die Kiemenspal- ten öffnen sich an den Seiten des Halses oder auf der Unterseite, und sind mehr oder weniger weit und spaltfönnig, oder eng und lochl'örmig. Der Leib ist mehr oder weniger gerundet, oder flach- gedrückt, und bald von einer rauhen Haut umkleidet, oder mit stacheligen oder haarigen Schuppen bedeckt, bald kahl, oder auch mit dornigen Knochenplatten besetzt. Das Skelet ist entweder hartknorpelig mit feinem knöcher- nen Überzüge, oder weichknorpelig und ohne knöchernen Über- zug, der Schädel ohne Nähte. Die Oberkiefer- und Gaumenkno- chen sind bald unbeweglich und mit dem Schädel verwachsen, bald beweglich und von demselben getrennt, oder es fehlen die Kiefer auch gänzlich und sind nur durch einen Knorpelring ver- treten. Der Arterienstiel ist muskulös und enthält mehrere Reihen von Klappen, oder er ist nicht muskulös und am Grunde nur mit zwei Klappen versehen. Im Darme befindet sich eine Spiralklappe. Eine Schwimmblase fehlt. 1. Ord. Loehkieiiier ^HoUkcephaUy* Die Kiemen sitzen auf Kiemenbogen auf, die in abgesonder- ten offenen und au der Hautwaud angehefteten Säcken fest- gewachsen sind, welche nur mittelst eines einzigen gemeinschaft- lichen Athmungsloches frei nach Aussen münden, das blos mit einem Rudimente eines Kiemendeckels überdeckt ist. Die Kiemenspalten öffnen sich an den Seiten des Halses und sind nur wenig weit und spaltförmig. Der Leib ist beinahe gerundet und kahl. Brust- und Bauchflossen sind immer vorhanden, die Afterflosse fehlt. Der Mund liegt auf der Unterseite der Schnauze 54 F i t z i n g e r. und ist der Quere nach gestellt. Die Nasenlöcher sind getrennt und münden nicht in die Mundhöhle. Die Augen liegen frei und sind nicht mit Augenliedern versehen. Das Skelet ist hartknorpelig mit feinem knöchernen Über- züge. Die Oberkiefer- und Gaumenknochen sind unbeweglich und mit dem Schädel verwachsen. Der Arterienstiel ist muskulös und enthält mehrere Reihen von Klappen. 1. Fam. Cliiniaerae. Rec. Gatt. Callorrhynchus, — Chimuera. Foss. Gatt. Passalodon, — Edaphodon, — Psaliodus, — Elasmodus , — Psittacodon , — Ganodus , — Ischyodon. 2. Ord. Querinäuler (S'lagiostontata}. Die Kiemen sitzen auf Kiemenbogen auf, die in abgeson- derten offenen und an der Hautwand angehefteten Säcken fest- gewachsen sind, welche mittelst fünf bis sieben Athmungslöchern frei nach Aussen münden und von keinem Kiemendeckel über- deckt sind. Die Kiemenspalten öffnen sich an den Seiten des Halses, oder auf der Unterseite, und sind mehr oder weniger weit und spaltförmig. Der Leib ist mehr oder weniger gerundet, oder flachgedrückt, und bald von einer rauhen Haut umkleidet, oder mit stacheligen oder haarigen Schuppen bedeckt, bald kahl, oder auch mit dornigen Knochenplatten besetzt. Brust- und Bauchflossen sind immer vorhanden, die Afterflosse ist vorhanden oder fehlt. Der Mund liegt auf der Unterseite der Schnauze und ist der Quere nach gestellt. Die Nasenlöcher sind getrennt und münden nicht in die Mundhöhle. Die Augen liegen frei und sind bald mit Augenliedern versehen, bald aber aucli ohne Augenlieder. Das Skelet ist hartknorpclig mit feinem knöchernen Über- zuge. Die Oberkiefer- und Gaumenknochen sind beweglich und von dem Schädel getrennt. Der Arterienstiel ist muskulös und enthält mehrere Reihen von Klappen. Versucli einer iiatüilichcn Classification der Fische. 55 1. Untcrord. Seilenkiemer (rieurochismata). Die Kiemens})altcii öffnen sieh an den Seiten des Halses, und sind mehr oder weniger weit und spaltforniig-. Der Leib ist mehr oder weniger gerundet, oder flachgedrückt, und von einer rauhen Haut umkleidet, oder mit stacheligen oder haarigen Schuppen bedeckt. Die Afterflosse ist vorhanden oder fehlt. Die Brustflossen sind vom Hinterkopfe geschieden. Die Augen sind mit Augenliedern versehen, deren Rand frei ist. Der Schultergürtel ist nicht ringförmig. 1. Farn. ScylUa. Rec. Gatt. Scyllium, — Pristiunis, — HemiscylHum, — C/iihscyllitmi, — Crossorrhinus, — Stegostoma, — GingJymostoma. Foss. Gatt. Svylliodus, — ThyeUbid, — Arthropterus. 2. Farn. SqualL Rec. Gatt. Squaliis, — GJyphis, — Zygaena. Foss. Gatt. Heniiprisfis, — Aellopos. 3. Farn, Galei. Rec. Gatt. Galen s , — Galeocerdo, — Lo.vodon, — Mustelus. Fo'ss. Gatt. Corax. 4. Farn. Lanmae, Rec. Gatt. Carcharodon, — Oxyrrhina, — Lanma, — Selache. Foss. Gatt. Otodus, — Carcharopsis, — Meristodon, — Odontnspis, — Sphenodns. 5. Farn. Alopiae. Rec. Gatt. Alopias. 6. Farn. Cestraciontes* Rec. Gatt. Cestracion. 56 F i t z i 11 g e r. Fos. Gatt. Ptychodns, — Acrodus, — Gyropristis, — Dictaea, — Cer((todus, — Nemdcunthns, — Stropho- diis, — Myriacduthus, — Pristiacanthus, — Astra- canthus, — Leptacanthns , — Orthacanthiis, — Lepracanthns, — Astroptychius, — Cricacanthus, — CUidacanthus, — Physorcemns, — Cochliodus, — Psammodus, — Cho?)iatodus, — Helodns, — Pleiiro- dns, — Poecilodus, — Petalodus, — Ctenodus, — Ctetioptychius, — Sphenacantlms, — Gyracanthus, — Orodus, — OracdJithns, — Ctenacanthvs^ — Onchus. 7. Fam. RJilnodoiites. Rec. Gatt. Rhinodon. 8. Farn. Hyhoäontes, Foss. Gatt. Diplodits, — Sphenodus, — C/adodiis, — Leiucanthns, — Hybodus, — Tristichius. 9. Faiii. JVofidani. Rec. Gatt. Notidanus, — Hexanchus, — Heptanchus. 10. Fam. Spinaces. Rec. Gatt. Acrnithias, — Spincuv, — Centrina. 11. Fam. Scynini. Rec. Gatt. Scymnus, — Echinorrhinus, — Pristiophorus. 12. Sqiiatincie, Rec. Gatt. Squatina. 2. Unteroid. Unterkiemer (HypocMsmata). Die Kiemenspalten öffnen sich auf der Unterseite, und sind mehr oder weniger weit und spaltförmig. Der Leib ist flach- gedrückt, bisweilen aber auch beinahe g-erundet, und bald von einer rauhen Haut umkleidet, bald kahl, oder auch mit dornigen Knochenplatten besetzt. Die Afterflosse fehlt. Die Brustflossen sind meist mit dem Hinterkopfe A^erwachsen und nur selten von demselben geschieden. Die Augen sind bald mit Augenliedern Versuch einer nutürliclien Classification der Fisclie. 57 versehen, deren Rand am Auge angewachsen ist, bald ohne Augenlieder, Der Schultcrgürtel ist meistens vollkommen ringförmig und bis unter die Rückenhaut vortretend, und die Brustflossen sind sehr oft mit dem Kopfe durch Schädelflossenknorpel verbunden. 1. Farn. Prlstes, Rec. Gatt. Frist is. 2. Faiii. JihinohatL Rec. Gatt. li/iinolxffus. Foss. Gatt. Spinacorrhinus. 3. Farn. Torpedhies. Rec. Gatt. Narcine, — Torpedo, — Aslrtipc, — Temera. Foss. Gatt. Narcopterus. 4:. Faiii. Hajae, Rec. Gatt. Rnja, — Uraptcra. 5. Fain. Trygones. Rec. Gatt. Trygon, — Pteroplafcti, — Hypolopltiis. — Taeuiura, — Uro/ophus, — Trygonnptera, — Aeto- platea, — Änacdnthus. Foss. Gatt. Ästrodemnusj — Cyclarthrits, — Euryarthra. 6. Faiii. Myliohatae. Rec: Gatt. Myliobatis, — Aetohatis, — Rhinoptera, — Zygobates. Foss. Gatt. J((fif(ss((, — Ptychacanfhus, — Pleiirn- cantJius. 7. Farn. Cephaloptevcie, Rec. Gatt. Cephaloptera. — Cerntoptera. 3. Ord. Riiiiclinäiiler (^Vyclfistotnatay, Die Kiemen sind ohne Kiemenbogen unmittelbar an die Wandung abgesonderter offener und an der Hautwand angehef- teter Säcke festgewachsen, die mittelst sechs bis sieben beson- derer Athmungslöcher oder auch nur eines einzigen gemein- 58 Fitzinger. Versuch einer natürl. Classification der Fische. schaftlichen nach Aussen münden und von keinem Kiemendeckel überdeckt sind. Die Kiemenspalten öffnen sich an den Seiten des Halses, und sind eng- und lochförmig-. Der Leib ist gerundet und kahl. Brust- und Bauclitlossen fehlen, und ebenso auch die After- flosse. Der Mund liegt auf der Vorderseite der Schnauze und ist mehr oder weniger rund. Die Nasenlöcher sind zu einer einzigen Öffnung vereinigt und münden bisweilen in die Mundhöhle. Die Augen liegen unter der Haut. Das Skelet ist weichknorpelig, ohne knöchernen Überzug. Kiefer fehlen und statt derselben ist ein Knorpelring vorhanden. Der Arterienstiel ist nicht muskulös und am Grunde mit zwei Klappen versehen. 1. Farn. GastrohraneJii. Rec. Gatt. Gastrobratichus, — Heptatrema. 2. Farn. Pefromyzontes. Rec. Gatt, Petromyzoii. 59 n. SITZUNG VOM 9. JÄNNER 187h. In Verhinderung des Präsidenten führt Herr Hofrath Freih. V. Burg den Vorsitz. Die Lese- und Redehalle der deutsehen Studenten zu Prag- dankt, mit Sehreiben vom 30. December 187:^, für die ihr im abgelaufenen Jahre gespendeten akademischen Druckschriften. Die Societe d'Histoire Naturelle de Colmnr dankt, mit Schrei- ben vom 4. Jcänner 1. J., für den mit ihr eingegangenen Schriften- tausch. Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: „Über die Haut einiger Sternwürmer (Gephyrei)'% vom Herrn Dr. Vitus Gräber in Graz, eingesendet durch Herrn Prof. Dr. K. Peters. „Über den Zusammenhang zwischen Absorption und Bre- chung des Lichtes'', vom Herrn Karl Puschl, Capitular des Benedictinerstiftes Seitenstetten, „Zweiter Beitrag zur Keuntniss der Perforationen an Pflan- zengefässen", vom Herrn Dr. Eduard Tan gl, Privatdocenten an der Universität in Lemberg. Herr Heinrich Rokotnitz, stud. jur., hinterlegt ein ver- siegeltes Schreiben zur Wahrung der Priorität. Herr Director Dr. J. Stefan überreicht eine Abhandlung: „Experimentelle Bestimmung der Dielektricitätsconstante von Isolatoren", vom Herrn Prof. Dr. Ludwig Boltzmann in Graz. Herr Hofrath Dr. E. Ritt. v. Brücke übergibt eine Ab- handlung des Herrn Dr. Victor Urbantschitsch, betitelt: „Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Paukenhöhle." Herr Prof. Dr. L. Ditsch einer überreicht eine Abhand- lung: „Über das Intensitätsverhäkniss und den Gangunterschied der bei der Beugung auftretenden senkrecht und parallel zur Einfallsebene polarisirten Strahlen". 60 An Druckschriften wurden vorgelegt: Akademie der Wissenschaften, Königl., zu Berlin: Abhand- lungen aus dem Jahre 1871. Berlin, 1872; 4". ■ — — Königl. Bayer., zu München: Abhandlungen der philos.- philolog. Classe. XII. Bandes 3. Abthlg. München, 1871 ; 4^; Abhandlungen der mathem. - physik. Classe. XI. Bandes 1. Abthlg. München, 1871; 4^ (Nebst den betreffenden Separatabdrücken.) — Erlenmeyer, Emil, Die Aufgabe des chemischen Unterrichtes gegenüber den Anforderungen der Wissenschaft und Technik. München 1871; 4''. — Friedrich, Johann, Über die Geschichtsforschung unter dem Kurfürsten Maximilian I. München, 1872; 4**. Astronomische Nachrichten. Nr. 1916. (Bd. 80. 20.) Altona, 1872; 4«. Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXV, Nr. 25. Paris, 1872; 4o. Gesellschaft, geographische, in Wien: Mittheilungen. Bd. XV, (neuer Folge V), Nr. 12. Wien, 1872; 8«. Gewerbe -Verein, n. -ö.: Wochenschrift. XXXIV. Jahrgang, Nr. 1. Wien, 1873; 4". Lund, Universität: Acta. Philosophi, spräkvetenskap och histo- ria. 1869; Theologi. 1870; Mathematik och Naturvetenskap. 1869 & 1870. Lund, 1869—1871 ; 4». Mitth eilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. 18. Band 1872, Heft XII. Gotha; 4^. Moniteur scientiiique du Dr. Quesneville. 3' Serie. Tome III. 373^ Livraison. Paris, 1873; 4". Museum d'histoire naturelle de Paris: Nouvelles Archives. Tome IV^ 3''— 4'= fascicules. (1868); Tome V'', 1-— 4'= fasc. (1869); Tome VP, 1"— 4'' fasc. (1870); Tome VIP, 1"— 4"^ fasc. (1871). Paris; 4». Nature. Nr. 166, Vol. VII. London. 1873; 4«. Osservatorio del R. Collegio Carlo Alberto in Moncalieri: Bullettino meteorologico. Vol. VI. Nr. 11. Torino, 1872; 4». „Revue politique et litteraire" et „Revue scientifique de la France et de l'etranger," IP Annee, 2' Serie, Nr. 27. Paris, 1873; 4^ Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou: Bulletin. Annee 1873, Nr. 3. Moscou; 8». Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIII. Jahrgang, Nr. 1. Wien, 1872; 4". Zürich, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften von Ostern 1871 bis Michaelis 1872. 4» & 8"*. 61 Über die Haut einiger Sternwürmer (Gephyrei). Von V. Graber, Gymnasiallehrer in Graz. (Mit 3 Tafeln.) Dem Kenner der umfangreichen und zum Theile ungemein werthvollen Gephyreenliteratur mag es wohl etwas bedenklich vorkommen, wenn ein Neuling im Wurmreiche sie zu bereichern sich anmasst. Das war aber in der That meine Absicht auch gar nicht gewesen, als ich während der heurigen Weihnachtsferien die wenigen mir zur Disposition stehenden Gephyreen, gesammelt von unserem unvergesslichen Oscar Schmidt, unter das Messer nahm. Es handelte sich, von der eigenen Belehrung abgesehen, zunächst nur um die Anfertigung einiger Hautpräparate für die Vorlesungen. Bei dieser Gelegenheit machte ich aber einige Beobachtun- gen, welche theils zur Berichtigung theils zur Vervollständigung früherer Angaben beitragen dürften und mir deshalb einer kurzen Mittheilung werth schienen. Es möchte dies namentlich auch betreffs der jetzt fast allgemein für Sinnesorgane erklärten „Hautkörper" gelten. Prmpulus caudatus Lam, Am Leibe dieses interessanten Sternwurmes sind nach Dr. Ehlers' äusserst sorgfältiger Arbeit über diesen Gegen- stand^ drei Abschnitte zu unterscheiden: der Rüssel (glam), der Eumpf oder Stamm, und endlich der Schwanztheil. Das Inte- gument jeder derselben hat seine Besonderheiten. 1 Über die Gattung- Priapulus, ein Beitrag zur Kenntniss der Gephy- reen. Zeitschrift für wissensch. Zoologie von K ö 11 i k e r. 11. Bd., pag. 205 tf. 62 G r ;i b e r. Die äussere Oberfläche des RUssels ist mit 25 der Länge nach parallel verlaufenden Rippen besetzt, an deren Bildung- nach Ehlers nur die Cuticula und deren Träger, die Matrix, betheiligt sind. Die einzelnen Rippen bestehen aus dicht hinter- einander postirten kleinen Spitzen, von denen Ehlers glaubt, dass sie hohl seien und dass diese Höhlung vielleicht mit der Leibeshöhle comraunicire. Um hierüber ins Reine zu kommen, haben wir namentlich möglichst dünne Querschnitte studirt. Aus solchen (Fig. 4) ergibt sich nun Folgendes. An der ziemlich dicken Cuticula (c) treten im Gegensatz zu anderen Hautstellen desselben Thieres und der Mehrzahl der übrigen Gephyreen vorzugsweise nur die hier ausnehmend weiten senkrechten Haut- poren hervor, während die lamellöse Schichtung kaum merklich angedeutet ist. Die kegelförmigen, am Ende wie abgebrochenen Spitzen (d) enthalten keineswegs einen mit dem Leibesinneren communi- cirenden Hohlraum, sondern vielmehr einen aus der Ringmuscu- laris entspringenden Muskelantheil (hj, bestehend aus einem stumpf kegelförmigen Basalstück und einem spitzeren, das Innere des hohlen Cuticularfortsatzes einnehmenden Zapfen. Es ist wohl kaum daran zu zweifeln, dass dieser verhältnissmässig sehr starke, ans zahlreichen Primitivfasern zusammengesetzte Cuticular- müskel zur Bewegung der erwähnten Hautspitze dienlich sei. Die Beweglichkeit der letzteren wird, meines Erachtens, nament- lich dadurch gesichert, dass derselbe in einer verhältnissmässig dünnhäutigen „kraterförmigeu"^ Grube sitzt. Wir haben noch beizufügen, dass, was Ehlers entgangen zu sein scheint, unter jeder der 25 Längsrippen des Rüssels, eingebettet in der Kreismuscularis, ein breites Längsmuskelbaud (L) verläuft, während die ungleich kräftigeren Hauptlängs- stämnie an der Innenseite der Ringmuscularis (L) den zwischen den Rippen gelegenen Rüsselfurchen entsprechen. Einiger wesentlicher Verbesserungen bedürfen Ehlers' Daten bezüglich der Hautbildung am Endthcile des Stammes. Nach ihm entstellt die warzig unebene Oberfläche dieser Körper- region durch ^jHaufen drüsiger Körper", welche zwischen der Matrix und Ringmuskelschicht liegen sollen. über die Haut einiger Steriiw iinm r (Grphi/n'ij. 63 „Kugelige Körper von weisser Farbe sind hier in verschie- dener Anzahl (bis zu 10), zumeist rundliche Gruppen, zusammen gelng-ert. Jedes einzelne dieser Drliseugebilde bestand aus einer weichen, leicht zerdrückbaren Masse, die sich . . . wie ein festes weiches Fett ausbreitet. Das Mikroskop Avies darin nur ein Maschenwerk von feinen Fäden und unregelmässig eingestreuten Körnchen nach, welche von Essigsäure nicht gelöst wurden. Auf der nach aussen gerichteten Fläche eines jeden solcher drüsiger Körner war die Cuticula von grossen Porencanälen durchsetzt. Solche Porencanäle stehen in verschiedener Anzahl, je nach den unter ihnen liegenden Körpern, in einer Gruppe beisammen und bilden die Decke einer der warzenförmigen Erhabenheiten. Die Oberfläche der Cuticula war an dieser Stelle nicht glatt, sondern von vielfach sich kreuzenden Leistchen unregelmässig rauh. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass es sich hier um Hautdrüsen handelt, und es ist deren Vorkommen insoferne von Interesse, als diese bis jetzt bei allen untersuchten Gephyreen nachgewiesen wurden und daher für diese Thiere charakteristisch zu sein scheinen." Nehmen wir vorerst die isolirte Cuticula her und betrachten sie uns von der Innenseite (Fig. 3). Anfangs glaubte ich daran, dasselbe wie Ehlers zu sehen, bis ich den Pinsel zur Hand nahm und „die vielfach sich kreuzenden Leistchen" sowie die „eigen- thümlich gruppirten Drüsenporen" damit — wegfegte. Die letz- teren erwiesen sich bei stärkerer Yergrösserung als Matrix- zellen {mj und die ersteren, nämlich die ,,Leistchen" (gj, als netzförmige Anhäufungen von gelbbraunen Fetttröpfchen. Was die Zellen betrift't, die nach Behandlung mit 35% Kalilauge sehr klar hervortreten, so erreichen sie meist einen Durchmesser von 0-018 Mm. und erscheinen bald kreisrund und dann allermeist mit einem einzigen Kern, oder prononcirt bisquitförmig und dann mit zwei Kernen. Otfenbar hielt Ehlers die letzteren für die verhängnissvollen Poren (vgl. in der citirten Abhandlung die Fig. 18), die aber, wie schon bemerkt, durch längere Macerirung mit Kalilauge von selbst verschwinden oder mit der Nadel leicht von der Cuticula zu entfernen sind. 64 G r a b e r. Letztere ist bis auf einige ganz zarte Wellenlinien völlig glatt und zeigt im blank gescheuerten Zustand keine Spur irgend eines Porus. Da ich sowohl an der „After-" als an der sogenannten „Schwanzscheibe" von Aspidosiphon ganz ähnliche Fettablage- rungen in den Interstitien der Matrixzellen vorfand, so dürfte eine Parallelisirung des Stammendes von Priapulus mit den erwähnten Bildungen, also speciell mit der „Schwanzscheibe" des früher genannten Sternwurmes, nicht ganz ungerechtfertigt er- scheinen, wenn auch bei Priapulus keinerlei Drüsen in dieser Gegend ausmünden. Dass nämlich diese dem Priapulus gänzlich fehlen, wird wohl schon aus der erwähnten Porenlosigkeit seiner Haut zu entnehmen sein. Es fragt sich nun aber, was mit den von Ehlers als „kuge- lige Drüsen« beschriebenen Körperu zu machen ist, Sie stehen, wie unser Gewährsmann ganz richtig bemerkt, in grösseren Gruppen, an Querschnitten meist zu zweien oder dreien, beisammen (Fig. 1 W. B.) i. Ehlers hat in ihnen bekanntlich feine Fäden und Körnchen nachgewiesen und gibt sie trotzdem für „festes weiches Fett" aus. Bei geeigneter Behandlung kann man über die wahre Natur dieser Körper nicht lange im Zweifel sein: es sind, um es kurz zu sagen, räumlich differeucirte Theile einer am Stammende ungemein mächtig entwickelten Cutis, wel- che mit der gleichfalls stark ausgebildeten Bindegewebslage der Sipunculus-l^?^\\i (Fig. 12 cu) ganz und gar übereinkömmt. An der Sipmiculus-Cnüs, um das hier gleich anzuführen, erkennt Ehlers und Keferstein^ eine „hyaline Bindesub- stanz, in welcher zahlreiche Zellen mit 2 oder 3 sich wieder theilenden Ausläufern singebettet sind; selten findet man auch grössere Zellen mit grossen Kernen, die dann aber keine Aus- läufer haben. Zwischen diesen Zellen zeigt die hyaline Zwischen- 1 Hinsichtlich der bildlichen Darstellung der beim Studium der Haut unentbehrlichen Querschnitte erlaube ich mir gegenüber der leider allzu- häufigen Schematisirung solcher zu erwähnen, dass dieselben nach der Natu r aufgenommen sind. ~ Zoologische Beiträge. Leipzig. W. Engelmann. 18G1. pag. 38. über die Haut einiger Stern würnier (Gi-pliiivci). C5 Substanz mannigfach geschläng-elte und geknickte scharfe Linien, welche wir nur für das Bild von Falten halten, da wir diese scheinbaren Fasern niemals isoliren konnten und sie auch nie über die hyaline Masse frei hinausragten-. Vielleicht ist es hinsichtlich der Frage nacii der formellen Selbstständigkeit der sogenannten Bindegewebsfibrillen nicht ohne Bedeutung, dass es mir glückte, bei Priapulus und Sipunculus mehrere Schnitte anzufertigen, wo die erwähnten Falten sein sollenden Fasern sich in einer Weise völlig isolirt darstellen, dass ich keinen Augenblick anstehe, sie für beson- dere Formb est audt heile und nicht für Trug- oder Kunst- gebilde anzusprechen. Auf lange Strecken hin lagen diese Fibrillen neben- und durcheinander (Fig. 2 f). Zum Theile wenigstens erweisen sich dieselben als äusserst lange aber in ihrem ganzen Verlaufe ziemlich gleich dicke, ganz homogene bei 0-0017 Mm. breite An- hänge von meist spindel- oder wurstförmigen gegen 0-003(5 Mm. breiten Bindegewebszellen. Üanebeu tindet mau noch andere Zelleinlagerungen, meist in Gestalt kreisrunder oder elliptischer Grcbilde von 0-007 Mm. Durchmesser (r). Es fragt sich aber, ob diese ausschliessliche Bestandtheile des Bindegewebes oder nicht vielmehr angeschwemmte oder eingewanderte Blutkörperchen sind, und dies umsomehr, als ich in den Lücken der Muskellagen ganze Haufen solcher oder doch ganz ähnlicher Körperchen bei- sammen fand. An der äusseren Fläche bildet die Cutis zahlreiche kleine Papillen (h) von 0-018 Mm. Höhe, welche in besondere hohle Erhabenheiten der Cuticula (p) eintreten. An manchen dieser Bindegewebspapillen kann man sich unschwer überzeugen, dass sie in der Weise zu Stande kommen, dass Gruppen von Binde- gewebsfibrillen, an der freien Fläche der Cutis angelangt, um- biegen. Manche dieser gekrümmten Fasern verlieren nun an sehr dünnen Schnitten und unter Einwirkung von Alkalien ihren Halt und schnellen derart hervor, dass sie weit üljer die Cuticula hinausragen (/''). Solche Bilder legen denn für die Selbstständigkeit unserer Fibrillen das beste Zeugniss ab. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LXVII. Bd. I. Alilli. 5 66 Grabe r. Da Ehlers und Kefersteiu bei verscbiedeuen Gelegen- heiten sich dahin aussprechen, dass sämmtliche Gephyreen Haut- drüsen haben, so erscheint es uns nicht überflüssig, am Schlüsse dieses Absatzes noch einmal eigens darauf hin/Aiweisen, dass wenigstens bei Priapulus candatus an keiner Körperstelle etwas dergleichen aufzufinden ist. Man wird sich daher vor Analogie- schlüssen hinsichtlich derVerbreitung dieser Organe bei noch nicht darauf genauer untersuchten Formen in Acht nehmen müssen*. Phascolosonia granulatufn F. S. Leukart. Die histologische Constitution der Haut und speeiell jene der ihr eingelagerten „Hautkörper" scheint noch niemals ein- gehender geprüft worden zusein; Keferstein's einschlägige Daten ^ beziehen sich — so scheint es wenigstens — lediglich Siwf Phascolosomn Puntareiiae wl\([ AntiUnrnm Grube und wei- chen von unseren Befunden in einigen Stücken ganz erheblich ab. Hautdiagramme von der Mitte des Rumpfes (Fig. 8, B) lassen, von aussen nach innen, folgende Schichten erkennen. Eine Cuticula, eine Hypodermis, eine dünne (bindegewebige?) „Basal "-Membran, ferner eine Rings- und Längsmuskellage. Die Cuticula erreicht eine Dicke von 0-15 Mm. Hire Ober- fläche ist höckerig und einem jedem solchen Höcker entspricht eine Hautdrüse, aber keineswegs in der von Keferstein ange- gebenen Weise, nach der die letztere ganz in der höckerartigen Cuticularerhebung eingeschlossen läge. Das gilt vielmehr, wie es namentlich am vordersten Eüsselende (Fig. 6 p) deutlich hervor- tritt, nur von dem oft halsförmig abgesetzten Ausführungsgaug derselben. Die Cuticula besteht aus sehr zahlreichen theils ebenen theils wellig gebogenen Lamellen von 0-0027 Mm. Dicke, welche, mit stärkeren Linsen angesehen, sehr scharf hervortreten, wäh- ' Auf die histologischen Elemente der Muscularis habe ich weder bei Priapulus noch bei den übrigen Gephyreen ein besonderes Gewicht gelegt. Ich denke, dass derlei Studien unr an frischen Muskelfasern zu einem die Wissenschaft wirklich fördernden Resultate führen können. 2 Untersuchungen über niedere Seethiere. V. Beiträge zur Kennt- niss der Gattung PhuscolononKt. Zeitschrift f. wisseiisch. Zoologie. 12. Bd. pag. 35 ft'. über die Maut einiger Steni%viinii( r (Gi-pkirci). '>< rcnd ich \un den senkrecliteii feinen Hautporen i;;ir nichts bemerken konnte. Die Matrix, hier wie allerwärts, verhältnissmässi^- sclir dünn, stellt eine Protoplasmalage dar, in welcher dicht g-edräng'te Kerne und stellenweise auch noch gut erhaltene, zum Theile bisquitförmige Zellen von 0-027 Mm. Durchmesser eingelagert sind. Als stützende Haut gesellt sich zu ihr eine homogene dünne Membran. Von einer kreuzförmigen Strichelung auf ihr, wie sie Kef erste in bei anderen Phascolosomen gesehen haben will, konnten wir niclits entdecken und es passt, wenigstens für Pk. gramdatum, auch dessen weitere Angabe nicht, dass nämlich die erwähnte gestrichelte Haut unter der am inneren Pol durch- löcherten Tiniica propriii der Hantdrüsen glatt hinweggehen. Die Pezichung zwischen der Wandung der Hautdrüsen und unserer Basalmembran ist vielmehr eine §ehr innige. Letztere erhebt sich nämlich unter jeder Drüse in Gestalt eines stumpfen Kegels (Fig. 8 Ä'), und geht dann in ihrer weitern Fortsetzung nach aussen unmittelbar in die Wandung der eigentlichen Drüse selbst über, so dass, mit anderen Worten, die sogenannte Tiinica propria der Hautdrüsen weiter nichts als eine ein- fache Ausstülpung der Basalmembran vorstellt. Die Gestalt der Hautdrüsen ist, am Rumpfe, in der Regel nicht „kugelig bis flachgedrückt-', sondern flaschenförmig (Fig. 8 B). Deutliche Zellen sind im Innnern der Drüse nur sel- ten wahrzunehmen; meist fand ich sie erfüllt von einer grossen Anzahl verschieden grosser rundlicher granulirter Körperchen, vielleicht Kernen zerfallener Secretionszellen. Der Porus der Drüsen, bei O-OOo Mm. breit, wird in einem Umkreis von beiläufig 0-1 Mm. Durchmesser von gelblichbraunen körnigen Rauhigkeiten umgeben. Die Ringmuscularis erreicht eine Dicke von 0-04 Mm. Unter jeder Hautdrüse erhebt sie sich in Gestalt einer kleinen Papille, welche in das Innere der kegelförmigen Basis der Drüse eindringt (R'J- Die Längsmuscularis bildet am Rumpfe im Gegensatz zum rüsselartigen Vorderleibe eine wenn- auch nicht wie bei Sipitn- cidus und Priapulus bis auf die Ringmuscularis ausgedehnte 5* 68 G r a b e r. »Sonderiuig- in einzelne Bündel, deren Diirclimesser im Maximum gegen 0-16 Mm. erreicht. Am hinteren Tb eile des Rüssels begegnen wir ähnlichen Verhältnissen wie am Rumpfe. Nur sind die Hautdrüsen mehr lang-gestreckt, vorwiegend von spindelförmiger Gestalt und mit einem stark entwickelten von der eigentlichen Drüse sehr scharf abgesetzten kegelförmigen Basalstück, welches auch einen ver- hältnissmässig grösseren Muskelfortsatz in sich aufnimmt. Zu erwähnen sind noch ganz eigenthümliche, meines Wissens bisher von keinem Gephyreenforscher beobachtete oder gesehene zellartige Körper, welche der Ringmuscu- laris aufgelagert sind (Fig. S AZ). Es sind diese Gebilde meist von ellipsoidischer Gestalt, bei 0-07 Mm. lang und enthal- ten ausser einigen grösseren (kernartigen?) Klümpchen einen feingranulären intensiv gelblichbraunen Inhalt. Vor der Hand weiss ich über deren Bedeutung nicht das Mindeste anzugeben. Gegen den vordersten, meist eingestülpten Rüsselabschnitt zu strecken sich die Hautdrüsen (Fig. 6 H) und mit ihnen die Cuticularpapillen (pj sowie die zipfelförmigen Fortsätze der Ringmuscularis (R'J immer mehr in die Länge. Der Längendurchmesser der Drüsen beträgt hier gegen 0-162 Mm., und ihre grösste Breite 0-015 Mm. Die Ausfuhrwege der schlauchförmigen Hautdrüsen gehen, wie bereits oben erwähnt, in papillenartige Erhebungen der Haut über, wo sie mit 0-0036 Mm. weiten Öffnungen ausmünden. Diese Poren (Fig. 7 P) werden umgeben von einer aus meh- reren (meist 9) gelblichbraunen Täfelchen zusammengesetzten Krone oder (an der Flächenansicht) Rosette, deren Durchmesser bei 0-018 Mm. misst. Offenbar haben wir es hier mit ähnlichen Bildungen zu thun, wie sie bei der gleich folgenden Art in grösserer Verbreitung vorkommen. über dio Haut einiger Stt^ruwilnner fGrplifirci). 69 AspulosipJkon Mnllerl Dies. Über (las Integ-ument dieses Steniwiirmes, schon vor etlichen Jahren von Oscar Schmidt ziemlich ausführlich beschrieben', habe ich nur Weniges zu bemerken. 0. Schmidt fand die Hautdrüsen des Rumpfes von ellip- soidischer Gestalt. Für Flächenansichten hat das seine Richtig- keit; an Querschnitten hingegen (Fig. 11 H) zeigen sie die Ge- stalt von dickbauchigen, der Ringmuscularis ganz hart aufsitzen- den Flaschen mit trichterförmig ausgezogenem Halse. Die Länge dieser Drüsen kommt der Dicke der Cuticula gleich und beträgt gegen 0-05 Mm. Erfüllt fand ich sie von einer beträchtlichen Anzahl kreisrunder kernartiger Gebilde von 0'003(3 Mm. Durchmesser. Nur in einzelnen waren noch undeut- liche Zellen zu erkennen. Der Durchmesser der Hautporen misst 0-0036 Mm. Betretis der hakenförmigen Cuticularanhänge des Rüssels (Fig. 9 /*) bemerkt 0. Schmidt, dass sich in der hohlen Basis derselben eine Muskelfaser ansetze, vs^elche beim Einziehen als Retraetor wirkt. Es scheint hier eine Verwechslung mit den von ihm als Hautdrüsen bezeichneten Outiculareinlagerungen vorzu- liegen, welche an besonderen zähnchenartigen Bildungen der Oberhaut ausmünden sollten. Diese Zähnchen (Fig. 9. und 10 Z) bestehen aus einem breiteren Grundstück (Z) und einer in der Mitte desselben sich erhebenden kegelförmigen Spitze, welche oben etwas eingeschnitten ist. Vom Ende dieser Spitze bis in die Mitte des Basalstückes laufen zwei starke parallele Leistchen, die nach Schmidt 's Autfassung als verdickte Ränder des Drüsenganges gedeutet werden müssten. Hinsichtlich dieser Drüsen selbst macht Schmidt uns auf ihre verhältnissmässige Kleinheit aufmerksam. An Querschnitten repräsentiren sich die fraglichen Körper als langausgezogene trichterförmige Ausstülpungen der Basal- * Über den Bau und die systematische Stellung von Aspidnsiphon Mülleri Dies. Mittheilungen d. naturwissensch. Vereines für Steiermark. III. Heft. 1865. pag. 56 ff. 70 Grabe r. membran, deren Längsdurehmesser jenen der Rumpfdrüsen um etwa 0-01 Mm. übertrifft. Die Öffnung des Trichters enthält ganze Bün- del dünner von der Ringmuscularis abzweigender Muskel- fasern, welche an manchen unserer Körper fast bis zum Grunde der Zähnchen verfolgt werden können, während sie in anderen schon in ziemlicher Entfernung davon aufhören. In die- sem Falle ist der obere engere Theil des Trichters von theils rundlichen theils elliptischen Körperchen erfüllt, die ich mit Grund für zerschnittene Muskeltheilchen halte, wie man sie auch an der Basis der schlauchförmigen Eüsseldrüsen von Phascolo- soina vorfindet, wo deren Deutung bei Zuhilfenahme stärkerer Vergrösserungen ganz offen auf der Hand liegt. Nach dem beschriebenen Befunde ist es wohl selbstverständ- lich, dass ich in den fraglichen Cuticulareinlagerungen keine Drüsen, sondern den Muskelpapillen der Rüssel- dornen von Priapulusm gewissem Sinne wenigstens homo- loge Theile erkenne, obgleich ich andererseits auch eine ge- wisse Ähnlichkeit des Baues zwischen den in Rede stehenden Bildungen von Aspidosiphon und den schlauchförmigen Rüssei- drüsen von Phascolosomu nicht völlig abstreiten möchte. In die- sem Falle müssten die letzteren als im Vergleich zu Aspidosi- phon differencirtere Körpertheile angesehen werden, insofern nämlicli, als hier der schlauchförmige Drüsentheil von dem kegel- iörmigeu musculösen Basalstück deutlich abgeschieden ist, wäh- rend es bei Aspidosiphon zu einer solchen Sonderung noch nicht gekommen ist. Die Sache endgiltig zu entscheiden, d. h. eine Secretion in den oberen Partien der Zähnchenanhänge nachzuweisen, dürfte übrigens auf manche Schwierigkeiten stossen. Slpuficulus nudus Rond. Meine Untersuchungen hinsichtlich des Integumentes des bezeichneten Wurms ergeben einige ziemlich auffallende Ab- weichungen im Vergleich zu den von Ehlers und Kef er- st ein ' gewonnenen Resultaten. Es gilt dies speciell von der 1 S. oben. Zoologische Beiträge. über die Iluiit oinifi^cr Stennvilnncr (Gvphyrci). 71 Matrix uikI den in der dicken schon oben näher liesproclicncn Cutis (Fig. 12 eil) eingcUigerten Kih-pern. Die genannten Forscher sprechen von einem aus grossen polyedrischen bei 0-02 Mm. messenden Ilypudermiszellen, während ich nur eine der Phasco/oma-Matrix entspreclicnde Lage von dichtgedrängten 0-007 Mm. grossen Kernen (mj entdecken kann_ Was mich am meisten befremdet, ist der Umstand, dass Ehlers und Kef er stein nirgends der grossen Zellen Erwäh- nung thun, welche ich dicht unter der Matrix, tlieils dicht anein- ander gedrängt, theils in kleinen Intervallen von einander vor- fand (Ä^'^. Ihr Durchmesser beträgt gegen 0-04 Mm. Ausführungs- gänge konnte ich an Querschnitten nicht bemerken, möchte aber doch die vielfach zerstreuten Hautporen (P) an Flächenansichten auf solche beziehen. Sind es vielleicht die Hypodermiszellen von Ehlers undK.? Welche Bedeutung ist aber dem in der Mitte der Integu- mentalfelder gelegenen grossen ellipsoidischen Körper ^iS^ zu- zusprechen? Er wird umgeben von einer dickwandigen Kapsel und lässt im Innern nirgends deutliche Zellen sondern nur eine Menge gelblicher Körnchen erkennen, welche so wenig als die früher erwähnten Zellbildungen in kochender. Essigsäure sich auflösen. Von irgendwelcher Communication dieses bei 0-4 Mm. breiten Körpers mit der Aussenwelt fand ich keine Andeutung,; sonst stimmt sein Bau mit den von E u. K. als Drüsen beschriebenen Gebilden ül)erein. BonelUa viridis Rol. Nach Herrn Prof. Dr. Schmarda's Angaben in seinem schönen Werke über die Naturgeschichte der Botmellia, zeigt die Haut derselben die wesentlichen Charaktere einer Schleimhaut. Die äussere oder Epithelschicht besteht nach ihm aus dicht ge- drängten cylindrischen (an den Rüsselarmen flimmernden) Zellen, aufweiche in der Haut des Leibes eine „maschenförmige Haut- schichte" folgt, die aus verschieden starken miteinander verweb- ten Zellgewebsfasern und „Gefässen" gebildet wird. In dieser Schichte fand Prof. Schmarda einzelne Pigmentzellen und grössere Anhäufungen derselben, welche sich zu drüsenartigen 72 Grabe r. Organen vereinen. Dazu käme dann nach innen eine Lage von Längs- und Ringfasern. Dass die äusserste Scliiclite wirklieh ein Cylinderepithel vorstelle, möchte ich mit völliger Bestimmtheit nicht behaup- ten. An feinen Querschnitten macht sie mir vielmehr den Ein- druck einer Cuticula, welche von zahlreichen senkrechten Poren - canälen durchsetzt wird. (Fig. 5 c.) Sie ist von blassgelber Farbe und erreicht am Eumpfe eine Dicke von 0-04 Mm. Unter ihr erkenne ich eine von der folgenden Hautlage keineswegs scharf abgesetzte körnige Matrixschichte, in welcher man kern- artigen Einlagerungen, bald mehr vereinzelt, bald in grösseren Gruppen begegnet. Dass die erwähnten Kern- (oder Zell-) Gruppen keineswegs besondere Drüsen repräsentiren, welche den für unser Thier so charakteristischen grünen Farbstotf absondern, darauf hat schon L a c a z e-D u t h i e r s hingewiesen ^ Als Bildungsstätte des Pigmentes ist vielmehr bei Bonellia so gut wie bei den Arthropoden die gesammte Hypodermis an- zusehen. Die folgende bei 0-14 Mm. messende Schichte stellt eine Bindegewebshaut, eine Cutis, vor, die sich von der gleichwer- thigen Schichte des Sipunculus und Priapnlus nur durch den Mangel tibrillenartiger Bildungen unterscheidet. Wir erkennen bei den stärksten Vergrösserungcn hier eine hyaline Substanz, in der verhältnissmässig sehr spärliche und kleine Formbestandtheile eingelagert sind (cu). Die rundlichen Körperchen messen bei 0-005 Mm., während die sonst oft sehr langen spindelförmigen Gebilde hier selten die Länge von 0.14 Mm. überschreiten und nur ausnahmsweise kleine faser- artige Anhänge tragen. Von „miteinander verwebten Zellgewebsfasern und Gefäs- sen" ist mir nichts zu Gesicht gekommen. Nach innen wird die Cutis von einer Ringmuskellage be- grenzt, auf welche dann die Längsmuscularis folgt. 1 Recherches sui- la Bonellie. Ann. d. scieuc. nat. III. Serie. Tome X. pag. 53. über die TIaut (Miiiger Steriuvüniier fGeplnirei). 73 Schlussbemerkungen. Dieselben betreften einmal die chemische Qualität der Cuti- cula, ferner die physiologische Deutung- der sogenannten Haut- körper und endlich die histologische Constitution des Darnicanals unserer Thiere. Cuticula. Die Oberhaut der Gephyreen wird jetzt ganz all- gemein als ein Chitingewebe bezeichnet und Ehlers^ sagt von Priapulus geradezu: „Sein ganzer Körper wird fast aus- schliesslich, in allen seinen Theilen, von zwei Geweben gebildet, Chitin und Muskelfaser." Zunächst wäre daran zu erinnern, dass die morphologische Übereinstimmung der Gephyreen-Cuticula mit jener der Athropo- den uns noch keinesfalls ein Recht gibt, daraus einen sicheren Schluss auf die chemische Beschaffenheit der ersteren zu ziehen. Nachdem uns aber dermalen noch keine einzige Elementar- analyse der Gephyreen-Cuticula vorliegt, so fragt es sich, ob sie wenigstens jene Reactionen aufweist, welche für das chemisch genau fixirte echte Chitin (der Arthropoden nämlich) charakteri- stisch sind. In einigen der von mir eingeleiteten Reactionen zeigt sich nun allerdings eine Übereinstimmung, namentlich was die Unlös- lichkeit in kochender Essigsäure und die Unsclimelzbarkeit (der Mangel der Aufblähung) beim Erhitzen auf Platinblech betrifft. Dagegen ist aber das Verhalten gegen Natron- und Kali- lauge ein völlig verschiedenes, insofern, nach meiner reichen Er- fahrung in dem Punkte, selbst ausnehmend zarte Chitinhäute der Arthropoden in kochenden Lösungen der genannten Agentien sehr lange unversehrt bleiben, während sich die verhältnis>;niiissig sehr dicke Cuticula von SIpunculus, Phascolosottia und anderen Sternwürmern darin (und auch in äusserst verdünnten Solutionen) schon nach blos minutenlangem Kochen gänzlich auflöst, und, was ich noch mittheilen will, nach längerem Kochen in Wasser 1 Über Priapulus. pag. 218. 74 Grabe r. SO bröckelig wird, dass sie selbst die zarteste Behandlung, z. B. das Abpinseln nicht mehr verträgt. Ich dächte, dass das Mittgethcilte allein schon völlig genü- gen dürfte, die chitinöse Natur der Gephyreen-Cuticula in Frage zu stellend „Hautkörper". Die bisher als Hautdrüsen oder Hautkörper bezeichneten Organe der Gephyreen werden von Ke ferst ein und anderen ausgezeichneten Forschern gegenwärtig als Sinnes- organe anfgefasst. Dieser Vorgang gründet sich auf zwei, sage zwei Beobachtungen. Die eine bezieht sich auf einen jungen Sipunculus uudus, wo ein „starker" Nervenzweig an den inneren Pol des Hautkörpers hintritt '^, die andere auf einen Sternwurm von Manila, wo Semper an der Spitze der Hautkörper einen mit zelliger Anschwellung endenden Nerv fand, den er — ohne irgend welche Begründung — mit der Tastfiinction in Verbin- dung bringt. Diese Thatsachen — vielleicht sogar noch einer genaueren Nachprüfung bedürfend — scheinen Keferstein ausreichend zu sein^ um die allgemeine Behauptung aufzustellen, dass an dem Innern Pol der Hautkörper der Sipunculiden sich „ stets (!) ein starker Zweig des Nervensystems" inserire^. Setzen wir vorerst den Fall, dass wirklich an den Haut- körpern aller Gephyreen ein Nerv endige. Ist damit dann schon bewiesen, dass diese Hautkörper besondere Nervenapparate oder Sinnesorgane sein müssen? Nach meiner unmassgeblichen Meinung könnte man mit eben so vielem Rechte dann auch die Speichel- und andere Drü- sen, an welchen man v»irkliche Nervendigungen beobachtet hat, für Sinnesorgane ausposaunen, während es doch allgemein be- 1 NeuerlicheAnalysen, von meinem Schüler Herrn Stiid. tech. Pirkl angestellt machen es mehr als wahrscheinlich, dass die chemische Consti- tution der Anneliden- Cuticula vom Arthropoden-Chitin (Aithro- podin?) wesentlich verschieden sei. 3 Zoologische Beiträge. 3 Beiträge zur anatomischen und systematischen Kenntniss der .Sipunculiden. Zeitschrift für wissensch. Zoologie. 15. Bd. pag. 400. über die Haut einiger Sternwürmer (Gcphyrei). 75 kannt ist, dass derlei Driiseniierven mir im Dienste der Secre- tion stellen ^ Es wird aber behauptet, dass unsere Organe gar kein Secret lieferten. Das scheint mir um so nnwahrselieinlioher, als nach 0. Schmidt 's Angaben ohne Zweifel die Absonderungen der Hautdrüsen von Aspidosiphon bei der Erweiterung der im Kalk- gestein befindlichen Wohnräume dieser Thiere eine wichtige Kolle Spieleu und andererseits ja auch BoneUia, wahrscheinlich zum gleichen Zwecke, reichlichen Schleim absondert. Meine Untersuchungen haben mich iiidess überzeugt, dass der früher gesetzte Fall unrichtig sei. Ich habe an den vie- len hunderten von Hautkörpern, die ich mit den besten Lin- sen untersuchte und mit verschiedenen Reagentien behandelte, niemals ein nervöses (Jebilde entdecken können. Allerdings nimmt die Basis der meisten Hautkörper strang- artige Gebilde auf, diese haben sich aber, wie wir mit besonderer Sorgfalt zu constatiren trachteten, durchwegs als Fortsätze der Ringmuscularis erwiesen und aus dem letzteren Grunde würde es mich auch gar nicht befremdet haben, w^enn ich, als Erregern derselben, Nervenfasern begegnet wäre. Ob die Hautkörper sämmtlicher Gephja-een, zu gewissen Zeiten wenigstens, sei es zur Erweiterung ihrer Behausungen, sei es zu ihrer Vertheidigung oder zu anderen uns noch verbor- genen Zwecken, Secrete absondern, kann ich — da ich lebende Sternwüi'mer leider noch nie zu studiren Gelegenheit hatte, nicht behaupten, dass sie aber, falls das auch nicht der Fall wäre, keine S]>ecifi sehen Nervenendigungen vorstellen, das würde auch dann meine feste Überzeugung sein, w^enn ich mit manchen allzu sanguinischen Fachgenossen in jedem Arthropo- denhärchen mindestens — eine Nase sähe. Histologie des Darme anal es. Der Darm der Gephy- reen besteht nach Ehlers^ und Keferstein aus einer äussern structurlosen3(?) Haut und aus einer inneren Lage von Ring- und Längsmuskeln, w^elche innen von einem mitunter wimpernden Cyliuderepithel ausgekleidet wird. 1 In ähnlicher Weise spricht sicli aucli wie ich nachträglich sehe, G e g e n b au e r in seiner vergl. Anatomie aus. — ^ Über Priapiilus u. a. a. 0. 3 Vergl. meine Arbeit „die Gewebe und Drüsen des Annelidenösophagus." 76 G r a b e r. Wenn das seine Richtig-keit hätte, so würde der Darm der Gephyreen in der That ein histologisches Unicum vorstellen, da sonst allerwegs theils als Träg-er des Epithels theils als stutzen- des Stroma der musculösen und nervösen Elemente eine Binde- gewebsschicht vorhanden ist. Querschnitte, die ich durch den Mitteldarm von Phascolo- soma granulatum anfertigte, haben mir indess dargethan, dass der Verdauuugstractus der Sternwürmer — was schon a priori zu erwarten war — hinsichtlich seiner Gewebslagen keine Aus- nahmsstellung einnimmt, sich vielmehr in allen wesentlichen Eigenschaften an die übrigen "Würmer sowie an die Holothurien anschliesst, ohne dass ich deshalb einer durchaus unbegründe- ten Blutsverwandschaft mit den letzteren das Wort reden will '. Uns interessirt hier nur die zwischen dem Epithel (Fig. 13 e) und der Längsmuscularis (L) gelegene Bindegewebs- schichte (bj. Dieselbe erreicht an den faltenartigen Ausstül- pungen der inneren Darmwand eine die üb ri gen Gewebs- lagen weit übertreffende Dicke von 0-14 Mm. Eingebettet in einer hyalinen Grundsubstanz sieht man ver- schieden gestaltete zumeist langgezogene, spindelförmige Kör- perchen von sehr wechselnder Grösse. Die rundlichen messen bei 0-0036 Mm. während die langgestreckten nicht selten einen Durchmesser von 0-93 Mm. erreichen. Hinsichtlich ihres feineren Baues verweisen wir auf die entsprechenden Bildungen im Darme der Seewalzen-. 1 Der eigenthümliche Bau des Nerven- und Blutgefasssystemes, die Bildung- des Darmes, die Lage des Afters, sowie die Beschaflfenheit der Haut schienen mir schon ganz ausreichende Gründe zu sein, um mir joden Gedanken an einen näheren Anscliluss wenigstens der jetzt lebenden Hternwürmer an die Holothurien aus dem Sinne zu schlagen. Die Ähnlich- keit ist in der That nur eine ganz äusserliche und berechtigt uns nicht, einer vorgefassten Meinung zu Liebe, zu der durch nichts vermittelten Vermnthung die Zuflucht zu nehmen, dass die abweichende Form des Nervensystems der G. durch den Ausfall (!) von vier (ambulacralen) Nerven- stämraen der Holothurien zu erklären sei. Ebenso gut könnte man behaup- ten, dass die zahlreichen Längsmuskelbündel des Hautsehlauches der G. durch Spaltung der fünf ambulacralen 8tänime der H. entstanden seien. 2 Vergl. meine „Beiträge zur Histologie der Stachelhäuter". Graz, 1872. In Commission bei Leus ebner und Lubensky. (Fig. 11, 12 u. 13). Graber,I'bei- diellaut einii>'ei\SferimürnuT i (ieplivit-i ) ■' %" J? T.tri ^' L .>'«t^ Z /}//. -i. ' .C^^Ai i^ftf.^'*' y Autoi gez.. MPalirmbacheT lißi , t>Ä.,. ,;^ ^^^ Sitzmitfsb. der kais.AkadcLW. math.iiatnrH. a. IjaUB d lAbth . 1873 IiTTidk T Jos. Wagner üiMen. (.'nilici'.riM'i' ilif liiiiit t'iiiit>(M\SlfniniM ii\«'i- 1 Cli'pliyi-fi) Jill. II //v/.i. // ////..V Jt L H' •.Ol . gez.. M.?aIuTnbadiei ÜfJi . (»Val»er,Lrber die flaut eiiiiji>Vi"SI»*nmüriuer i licphyiei) 1 raiiu. Fiq. 11 Fitj. I'.i n >i^ r===r:j{ Nitzimgsb.der kaLsi\kHd d.Wniath jintur«' ('l.LXVJIlJd lAblli lar.i über die Ihiiit einiger Stennvünuer (Gcphiivci). 17 Erklärung der Abb ildunsl) derliKis ;\kuil (I W.nialh naluiw 11 LXAlBil I Aluli l«;3. 93 IIL SITZUNG VOM 16. JANNER 1878. Herr Prof. Dr. E. Mach in Prag; übersendet eine in Ge- meinsehatt mit Herrn Studios. A. Fischer ausgeführte Arbeit, betitelt: j, Versuche über Reflexion und Brechung des Schalles.'' Derselbe tibersendet ferner eine Abhandlung des Herrn Assistenten V. Dvofäk: „Zur Theorie der Talbot 'sehen Streifen.'' Herr Dr. Jos. Kolbe, Prof. an der Wiener polytechn. Hoch- schule, übermittelt eine Abhandlung, betitelt: „Beweis eines Satzes über das Vorkommen complexer Wurzeln in einer alge- braischen Gleichung. '' Herr Prof. Dr. Th. Ritter v. 0 p p o 1 z e r bespricht die neueste, am 2. December v. J. in Madras gelungene Kometenentdeckung. Herr Prof. Dr. V. v. Lang überreicht eine Abhandlung über einen von ihm construirten „Spiegelgalvanometer mit regu- lirbarer Dämpfung. '' Herr Hofrath Dr. H. Hlasiwetz übergibt eine für den Anzeiger bestimmte vorläufige Mittheilung, betreffend eine in seinem Laboratorium vom Herrn Dr. H. W e i d e 1 in Angriff ge- nommene Untersuchung über einige Alkaloide. Herr Dr. J. Nowak legt eine Abhandlung: „Über die Harn- stoffbestimmung mittelst titrirter salpetersaurer Quecksilber- lösungen'' vor. An Druckschriften wurden vorgelegt : Academia Olinipica di Vicenza: Atti. P Semestre 1872. 8". Anales del Museo publice de Buenos Aires. Entrega 8* & 9\ Buenos Aires, Paris & Halle, 1871; 4». Annalen der Münchener Sternwarte. XH. Supplementband. München, 1872; 8". Apotheker- Verein, allgem. österr. : Zeitschrift (nebst An- zeigen-Blatt). 11. Jahrgang, Nr. 2. Wien, 1873; 8^. 94 Astronomisclie Nachrichten. Nr. 1017 (ßd. 80. 21.) Altona. 1873; 4". Comptes reudus des seaiices de l'Academie des Sciences. Tome LXXV, Nr. 26—27. Paris. 1872; 4». Gesellschaft für Salzburger Landeskunde: Mittheilungen. XII. Vereinsjahr 1872. Salzburg; 8«. — österr., für Meteorologie: Zeitschrift. VII. Band, Nr. 24. Wien, 1872; 4». — Senckenbergische naturforschende: Bericht 1871 — 1872. Frankfurt, 1872; 8». — Astronomische, in Leipzig: Vierteljahrsschrift. VII. Jahr- gang, 4. Heft. Leipzig, 1872; 8». Gewerbe-Verein, n.-ö.: Wochenschrift. XXXIV. Jahrgang, Nr. 2. Wien, 1873; 4». Haeckel, Ernst, Die Kalkschwämme. Eine Monographie in zwei Bänden Text und einem Bande Atlas mit 60 Tafeln Abbildungen. Berlin, 1872; kl. 4«. Institute, The Anthropological, of Great Britain and Ireland: Journal. Vol. II, Nr. 2. London, 1872; 8». — List of the Members. March 1872. 8». Landbote, Der steirische. 6. Jahrgang, Nr. 1. Graz, 1873; 4*^. Nature. Nr. 167, Vol. VIL London, 1873; 4». Radcliffe Observatory, Oxford: Results of Astronomical and Meteorological Observations, made in the Year 1869. Ox- ford, 1872; 8o. „Revue politique et litteraire" et „Revue scieutifique de la France et de l'etranger.'' 2" Annee, IP Serie, Nr. 28. Paris, 1873; 40. S 0 c i e t e des Sciences naturelles de Neuchatel : Bulletin. Tome IX, 2^ Cahier. Neuchatel, 1872; 8». — Botanique de France: Bulletin. Tome XIX^ 1872. Revue bibliographique A — B. Paris; 8". Society, The Edinburgh Geological: Transactious. Vol. II. Part 1. Edinburgh, 1872; 8«. — The Chemical, of London: Journal. Ser. 2, Vol. X. August to October 1872. London; 8". — The Royal Geographical, of London: Proceedings. Vol. XVI, Nrs. 3—4. London, 1872; 8". 95 Society, The Linneau, of London: Trausactions. Vol. XXVII, Part 4. (1871); Vol. XXVIII, Parts 1 & 2. (1871 & 1872); Vol. XXIX, Part 1. (1872.) London; 4». — Journal. Botany: Vol. XIII, Nrs. 66—67 (1872); Zoology. Vol. XI, Nrs. 53— 54. (1871). 8". — Proceedings. Session 1871-72. 8». — List. 1871. 8". Verein, naturwissenschaftl. , zu Bremen: Abliundlungen : Bei- lage Nr. 2. Bremen, 1872; 4». Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIII. Jahrgang-, Nr. 2. Wien, 1873; 4o. 96 IV. SITZUNG VOM 30. JÄNNER 1873. Der Secretär legt eine, im Wege der k. k. Seebeliörde iu Triest eingelangte goldene Medaille (nebst dem zugehörigen Diplome) vor, welche aus Anlass der internationalen maritimen Ausstellung zu Neapel, im April 1871, der Adria-Commission der kais. Akademie für ausgestellte Instrumente und wissenschaft- liche Arbeiten zuerkannt worden ist, sowie ein zweites Diplom der landwirthschaftlichen Industrie- und Kunstausstellung zu Triest, im November 1871, wodurch der Adria-Commission für dieselben Ausstellungs-Objecte gleichfalls eine goldene Medailk zuerkannt wurde. Die Direction der k. k. Staats-Oberrealschule zu Graz dankt, mit Zuschrift vom 28. Jänner, für die Betheilung dieser Lehranstalt mit dem Anzeiger der Classe. Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: „Die Periodicität des Wasserstandes der Salzach, Saale und Gasteiner Ache", von dem c. M. Herrn Vice-Director K. F ritsch in Salzburg. „Ein allgemeines Gesetz für die Kreistransversale", vom Herrn Jos. Schräm, Professor am Communal-, Real- und Ober- gymnasium in Mariahilf. „Die Grundursache aller chemischen und physikalischen Vorgänge des Weltalls", vom Herrn J. Bregeard, Enregistre- ments-Einnehmer in Strassburg. „Zur mechanischen Theorie der Elektrolyse", vom Herrn Karl Domalip, Assistenten für Physik am deutschen Polytech- nikum zu Prag. Herr Dr. A. Boue legt eine Abhandlung vor, betitelt: „Bemerkungen über die von Dr. A. Wolfert erneuerte Theorie der Polarlichter durch Reflexion und Brechungs-Phänomeue der Sonnenstrahlen". 97 Herr Prof. Dr. A. Wincklcr überreicht eine Abhandlung: „Integration der linearen Differentialgleichung zweiter Ordnung, deren Coefficienten lineare Functionen der unabhängigen Ver- änderlichen sind." All Druckschriften wurden vorgelegt: Akademie der Wissenschaften und Künste, SUdslavische: Rad. Knjiga XXI. U Zagrebu, 1872; 8». — Starine. Knjiga IV. U Zngrebu, 1872; 8". — Stari pisci hrvatski. Knjiga IV. UZagrebu, 1872; 8". — — Königl. Preuss., zu Berlin : Monatsbericht. September & October 1872. Berlin; 8^. — — Königl. Bayer., zu München: Sitzungsberichte der philos.- philolog. und histor. Classe. 1872. Heft 2 — 3. München; 80. — — Inhaltsverzeichniss zu Jahrgang 1860 — 1870 der Sitzungs- berichte der k. b. Akad. d. Wiss. München, 1872; 8«. American Journal of Science and Arts. Third Series. Vol. IV, Nrs. 19—24. New Haven, 1872; 8". A n n a 1 e n der Chemie, von W ö h 1 e r, L i e b i g, Kopp, Erlen- meyer und Vohlard. N. R., Band LXXXIV, Heft 1—3. Leipzig und Heidelberg, 1873; 8". Apotheker- Verein, allgem. österr. : Zeitschrift (nebst Anzei- gen-Blatt). 11. Jahrgang, Nr. 3. Wien, 1873; 8». Astronomische Nachrichten. Nr. 1918—1919. (Bd. 80. 22—23.) Altena, 1873; 4". Bibliotheque Universelle et Revue Suisse: Archives des Sciences physiques et naturelles. N. P. Tome XLV, Nr. 180. Geneve, Lausanne, Paris, 1872; 8*^. Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXVI, Nrs. 1—2. Paris, 1873; 4". Franke, Aug. Moritz, Die Erde als organischer Körper dar- gestellt und beschrieben. Dresden. 1873, 8". — Beschrei- bung einer Sammlung von Gebirgsarten, aus denen vor- zugsweise die Ackererde entstanden ist etc. Dresden, 1872; 8°. Gesellschaft, österr., für Meteorologie : VHI. Bd., Nr. 1 — 2. Wien, 1873; 4«. Üitzb. d. matiiein.-natuiw f:' . LXVII. Üd. I. Abth. ' 98 Gewerbe-Verein, n.-ö. : Wochenschrift. XXXIV. Jahrgang, Nr. 3—4. Wien, 1873; 4«. Journal für praktische Chemie, von H. Kolbe. N. F. Band VI, 7. & 8. Heft. Leipzig-, 1872; 8«. Kasan, Universität: Bulletin et Memoires. 1869, Heft V — VI; 1870, Heft I— IV; 1871, Heft I-IV. Kasan; 8». Landbote, Der steirische. 6. Jahrgang, Nr. 2. Graz, 1873; 4«. Landwirthschafts - Gesellschaft, k. k., in Wien: Ver- handlungen und Mittheilungen. Jahrg. 1873. Nr. 1. Wien; 8". Mittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. Jahrgang 1872. Ergänzungsheft Nr. 34. Gotha; 4". — Mineralogische, von G. Tschermak. Jahrg. 1872, Heft IV. Wien ; kl. 4». Natur e. Nrs. 168—169, Vol. VIL London, 1873; 4». Observations made at the Magnetical and Meteorological Observatory at Batavia, Vol. I. Batavia, 1871; 4^'. „Eevue politique et litteraire" et „Kevue scientifique de la France et de l'etranger". IP Annee, 2^ Serie, Nrs. 29—30. Paris, 1873 ; 4^. Society, The Koyal Geographica!, of London: Journal. Vol. XL I. 1871. London; 8'^. — Classified Catalogue of the Library of theP. Geogr. Soc, to December, 1870. London, 1871; 8^*. Tübingen, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus d. J. 1871. 40 & 8«. Verein, Kutomologischer, in Berlin: Berliner Entomologische Zeitschrift. XVI. Jahrg. II — IV. Vierteljahrsheft. Berlin, 1872; 8». — Nassauischer, für Naturkunde: Jahrbücher. Jahrg. XXV und XXVI. Wiesbaden, 1871 & 1872; S^. Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIII. Jahrgang. Nr. 3—4. Wien, 1873; 40. Zeitschrift des österr. Ingenieur- & Architekten - Vereins XXIV. Jahrgang. 18. Heft. Wien, 1872; 40. SITZUNGSBERICHTE DER lilSEfllJCeEi ÄKÄÖEill PEK WISSEfiSClFIE MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. LXVII. Band. ERSTE ABTHEILUNG. 2. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie. Botanik Zoologie, Geologie und Paläontologie. 101 V. SITZUNG VOM 6. FEBRUAR 1873. In Verhinderimg des Präsidenten führt Herr Hofrath Freih. V. Ettiligshausen den Vorsitz. Die Direction des k. k. Real- und Obergymnasiums zu Ober- hollabrunn dankt, mit Zuschrift vom 30. Jänner, für die Bethei- lung dieser Lehranstalt mit den akademischen Schriften. Herr Prof. L. Gegen bau er in Krems übersendet eine „Note über bestimmte Integrale." Herr Dr. B. Igel legt eine Abhandlung: „Zur Theorie der linearen Differentialgleichungen und der Algebra" vor. Herr Dr. E. Priwoznik, Haupt-Münzamts-Chemiker, über- gibt eine Abhandlung: „Über eine durch schwefelhaltiges Mine- ralwasser bewirkte Veränderung von Gusseisen.'' Herr Dr. H. Frombeck überreicht eine Abhandlung, betitelt : „Der Parallelismus der Lehren von den F o u r i e r 'sehen Integralen und den geschlossenen Integrationen, als das Haupt- ergebniss einer selbständigen, von den herrschenden Ansichten abweichenden Theorie der bestimmten Integrale." An Druckschriften wurden vorgelegt: Academie des Sciences, Belles-Lettres & Arts de Lyon: Me- moires. Classe des Lettres. Tome XIV", Paris & Lyon, 1868 — 1869; Classe des Sciences. Tome XVIIP. Paris & Lyon, 1870—1871; gr. 8^ Accademia Pontificia de' nuovi Lincei: Atti. Anno XXVI, Sess. l^ Roma, 1873; 4^ Apotheker -Verein, allgem. österr. Zeitschrift (nebst An- zeigen-Blatt). 11. Jahrgang, Nr. 4. Wien, 1873; 8^ Astronomische Nachrichten. Nr. 1920 (Bd. 80. 54.) Altena, 1873; 4«. 102 C e n t r a 1 - 0 b s e r V a 1 0 r i u m, physikalisches, zu St. Petersburg . Amialen. JahrgaDg 1870. St. Petersburg, 1872; 4*^. — Meteorologische Übersicht Russlands. Herausgegeben von den Berg-Ingenieuren unter der Leitung von A. Kupffer. St. Petersburg, 1854; 4«». Comptes rendus des seances de rAcademie des Sciences Tome LXXVI, Nr. 3. Paris, 1873; 4o. Gewerbe -Verein, n. -ö,: Wochenschrift. XXXIV. Jahrgang, Nr. 5. Wien, 1873; 4". Grunert, Joh. Aug., Archiv der Mathematik und Physik. LIV. Theil, 4. Heft. Greifswald, 1872; 8». Helsingfors, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus d. J. 1871—1872. 4" & 8o. Koninck, L. G. de, Nouvelles recherches sur les animaux fossiles du terrain carbonifere de la Belgique etc. I" Partie. Bruxelles, 1872; 4». Marburg, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus d. J. 1871—1872. 4», 8« & Folio. Mittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. 19. Band, 1873. I. Heft. Gotha; 4<^. Nature. Nr. 170. Vol. VII. London, 1873; 4». Observatorio de Madrid: Anuario. Ano IX — XII. 1869 — 1871. Madrid; kl. 8**. — Observaciones meteorolögicas efectuadas en el Observatorio de Madrid. 1866 — 1870. Madrid, 1868 — 1871; 8''. — Resumen de las Observaciones meteorolögicas efectuadas en la Peninsula. 1866 — 1870. Madrid, 1868—1872; 8». Reichsanstalt, k. k. geologische: Jahrbuch. Jahrgang 1872. XXII. Band. Nr. 4. Wien; 4". — Verhandlungen. Jahrgang 1872, Nr. 17-18. Wien; 4". _ General-Register der Bände XI — XX des Jahrbuches und der Jahrgänge 1860 — 1870 der Verhandlungen. Von A.Senoner. Wien, 1872; 4*^. „Revue politique et litteraire" et „Revue scientitique de la France et de l'etranger. IP Annee, 2' Serie, Nr. 31. Paris, 1873; 40. 8ociete Nationale des Sciences naturelles de Cherbourg: Me- moire». Tomes XV & XVI [2' Serie, Tomes V & VI). Paris & Cherbourg, 1870 & 1871/72; 8». Societe Nationale Acaileniique de Cherbourg: Memoires. 1871 Cherbourg & Caen ; 8". — (rAg-riculture, Histoire naturelle et Arts utiles de Lyon : An- nales. IV= Serie. Tomes I— 11. 1868—1869; Lyon et Paris, 1869 & 1870; gr. 8«. — Linneenne de Lyon: Annales. Annee 1870 — 71. (Nouvelle Serie.) Tome XVIIP. Paris, 1872; gr. 8". — des Ingenieurs eivils: Memoires et Compte rendu des tra- vaux. 3' Serie. 2A' Annee, 3^ & 4"^ Cahiers. 1871; 4" Serie. 25^ Annee, 1" & 2" Cahiers. Paris, 1872; 8». — Seance du 10 Janvicr 1873. 8». Verein, Natnrliistorisch-medicinisclier, zu Heidelberg: Ver- handlungen. VI. Bd. 2. Heft. Heidelberg, 1872; 8». Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIII. Jahrgang, Nr. 5. Wien, 1873 ; 4». 104 VI. sitzu:ng vom 13. februar 1873. In Verhinderung des Präsidenten führt Herr Hofrath Freih. V. Ettingshausen den Vorsitz. Herr Prof. Dr. K. Maly in Innsbruck übersendet eine Ab- handlung, betitelt : „Monochloracetylsulfoharnstoff und Siilfhyd- antoin^'. Herr Prof. Dr. E. Suess überreicht eine Abhandlung des Herrn J. F. Brandt, Mitgliedes der kais. Akademie der Wissen- schaften zu St. Petersburg, betitelt: „Blicke auf die Verbreitung der in Europa bisher entdeckten Zahnwale der Tertiärzeit in specieller Beziehung auf die des Wiener Beckens." Herr Dr. A. Boue legt eine Abhandlung vor: „Über wenig berücksichtigte geologische Theorien zur Auffindung von ren- tablen Bergwerken in weit entlegenen Erdgegenden". Herr Prof. Dr. Th. Piitt. v. Oppolzer übergibt eine Ab- handlung: „Nachweis für die im Berliner Jahrbuche für 1876 enthaltenen Ephemeriden der Planeten (58) Concordia, (59)Elpis, (62) Erato, v^^' Angelina und \fl3) Araalthea « . An Druckschriften wurden vorgelegt: Anuales des mines. VIP Serie. Tome II. 4'Livraison de 1872. Paris ; 8«. d' Arrest, H., Indbydelsesskrift til Kj0benhavns Universitets Aarsfest til erindring om kirkens reformation. Kjpbenhavn, 1872; 4". Comitato, E., Geologico d'Italia: Bollettino. Anno 1872, Nr. 11 e 12. Firenze, 1872; kl. 4". Comptes rendus des seances de l'Academic des Sciences Tome LXXVI, Nr. 4. Paris, 1873; 4". 105 Feistmautcl, Otakar, Über Fniohtstadien fossiler Pflanzen aus der l)üliniisclien Steinkolilenlbrniation. 1. lläll'le: hltjui- setticeae iiiid Fr/iccs. (Ablidl^un. d. k. bölim. des. d. Wiss. VI. Folge. 5. Bd.) Prag-, 1872; 4". Ges elisehaft, geographisehe, in Wien: Mittlicilungen. Bd. XVI (neuer Folge VI). Nr. I. Wien, 1873; 8". — österr., für Meteorologie: Zeitschrift. VIIT. Band, Nr. 3, Wien, 1873; 4". G e w e r b e - V e r e i n , n. - ö. : Wochenschrift. XXXIV. Jahrgang, Nr. G.Wien, 1873; 4". Istituto, R., Veneto di Scienze, Lettere edArti: Atti. Tomo IF°, Serie IV^ Disp. 1\ Venczia, 1872—73; 8«. Journal für praktische Chemie, von H. Kolbe. N. F. Band VI, 9. & 10. Heft. Leipzig, 1872; 8«. K ö n i g s b e r g, Universität : Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre 1872. 4« & 8». Landbote, Der steierische. 6. Jahrgang, 'Nr. 3. Graz, 1873; 4*^. Landwirthschafts- Gesellscliaft, k. k., in Wien: Verhand- lungen und Mittheilungen. Jahrgang 1873, Nr. 2. Wien; 8". Mauabrea, Louis Frederic, Principe general pour determiner les pressions et les tensions dans un Systeme elastique. Turin & Paris, 1868; 4°. — Sul principio di elesticitä. Torino, 1870; 8**. — Intorno ad un scritto del Sig. Prof. Angelo Genocchi. Roma, 1872; 4". Moniteur, scientifique du Docteur Quesneville. 17" Anuee. 3' Serie, Tome IIL 374" Livraison. Paris, 1873; 4". Nature. Nr. 171, Vol. VIL London, 1873; 4o. Plantamour, E., Resume, meteorologique de l'annee 1871 pour Geneve et le Grand Saint-Beruard. Geneve, 1872; 8^'. — et A. Hirsch, Determination telegraphique de la difference de longitude entre les stations Suisses. Geneve et Bale, 1872; 4«. Reichsanstalt, k. k. geologische: Verhandlungen. Jahrgang 1873, Nr. 1. Wien; 4". ,.Revue politique et litteraire" et „Revue scientifique de la France et de l'etranger.^' IP Annee, 2' Serie, Nr. 32. Paris. 1873; 4«. 106 Schiaparelli, Gr. V,, e P. F. Denza, Sulla graude piog'gia di stelle cadenti prodotta dalla cometa periodica di Biela e osservata la sera del 27 iiovembre 1872. 8". Societas Entomologica Rossica: Horae. T. VIII. Nr. 3 — 4. Petropoli, 1S72; 8^ — Irudy, T. VI, Nr. 3 & 4. (1871); T. VIT, Nr. 1. (1872) St. Petersburg; 8». Societe Botaiiique de France: Bulletin. Tome XIX'. Comptes rendus 1; Revue bibliographique C. Paris, 1872; 8". — Imperiale de Medecine de Constantinople: Gazette medi- cale d'Orient. XVP Annee, Nrs. 8 — 10. Constantinople, 1872— 1873; 4o. Verein, naturwissenschaftlicher, von Neu -Vorpommern und Rügen: Mittheihingen. IV. Jahrgang. Berlin, 1872; 8". — naturforschender, in Brunn: Verhandlungen. X. Band. 1871. Brunn, 1872; 8». Vierteljahre SS chrift, österr., für wissenschaftl. Veterinär- kunde. XXXVIII. Band, 2. Heft. Wien, 1872; 8». Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIII. Jahrgang, Nr. G. Wien 1873; 4«. Wolf, Rudolf, Beiträge zur Geschichte der Schweizer Karten. I. Zürich, 1873; A\ Zeitschrift des österr. Ingenieur- & Architekten -Vereins. XXV. Jahrgang, 1. Heft. Wien, 1873; 4». 107 Über wenig berücksichtigte geologische Theorien zur Auffindung von rentablen Bergwerken in weit entlegenen Erdgegenden. Von dem w. M. Dr. A. Hone. Wie in der Land wirtli schaff für die Chemie nnd Botanik, so geschieht es in der Berg'bauknnde, dass man sich einl)ihlet, alle Theorien der Geologie nicht ])eriicksichtigen zu brauchen, und die gewöhnliche Praxis hinlänglich hält, um ein rentables Gescliäft zu machen. Durch diese Missachtung der Wissenschaft und des Gelehrtenstandes beraubt sich im Gegentheil der Spe- eulant möglicherweise manchmal der schönsten Aussichten auf bedeutenden Gewinn. Der Bergmann sieht auf den Geologen mit verwunderten Augen , wenn er nicht alle seine Htollen und Schächte durchstöbert, wo er aber nur zu oft sehr wenig für ihn NotliAvendiges oder nicht Geahntes findet , weil Mauern und Bretter die Felsenschichten sehr oft bedecken. Wie kann so einer, denkt er, mich etwas lehren? Auf der anderen Seite, in- dem der Bergmann die meisten geologischen Theorien als Grü- beleien nur ansehen möchte , ersinnt er fast immer für die Localifät seines Baues empirische Eegeln, welche, wenn nicht Hirngespinnste, nur auf einem sehr beschränkten Kaum sich be- währen. Diese nur zu oft vorkommende Kurzsichtigkeit des prak- tischen Bergmannes schickte ich voraus, weil ich im Sinne habe, über geologische Theorien zu sprechen, über welche die meisten Bergleute wenig nachgedacht haben; ich meine die schätzbaren bergmännischen Schlüsse , welche man aus der Richtung der Gänge , sowie aus den sie begleitenden Felsarten über sehr weitläufige Theile der Erde ziehen kann. Die werthvollen Mineralschätze des Erdballes bilden wahre Schichtencomplexe , oder nur einzelne Flötzc oder auch nur 108 B 0 u e. Gänge. Die ersteren und s.elbst die zweiten werden nach For- mationen g:esuclit lind g:efiinden, indem für Gänge, sowie für gewisse Flötze man nicht nur die Eintheilung der Erdkruste in Gruppen kennen soll, sondern man muss auch seine Zuflucht zu geologischen Theorien nehmen , wie zum Beispiel die über die Richtungen der Gänge sammt ihren begleitenden Felsarten, be- sonders der phitonischen Eeihe. Aber um von einem Lande zum andern solche Erdschätze verfolgen zu können , gehört vorzüg- lich eine eigene sehr vernachlässigte Theorie, auf welche sehr wenige Personen Rücksicht genommen haben. Doch über jedes Land, selbst das uncultivirteste, liegen über das Vorhandensein von Erz Andeutungen vor, und noch dazu haben manche Rei- sende auf verlassene Bergwerke und selbst Schlackenhügel mit möglichen Reichthümern verschiedener Art aufmerksam gemacht. Im letzteren Falle wäre immer zu forschen, ob mit unserer jetzi- gen sehr verbesserten Metallurgie die Schlacken jetzt nicht zu verwerthen sein könnten. Dieses zeigt aber, wie wichtig es wäre, aus allen alten Classikern die gewissenhaft geschriebenen Zeugnisse für die Existenz des einen oder anderen nützlichen Minerals und Metalls herauszuziehen. Zu der Rechtfertigung meines Ausspruches brauche ich nur auf die Wiederaufschliessung der im athenien- sischen Gebirge Laurion seit Jahrhunderten verborgenen Schätze zu verweisen, deren Werth Ansted auf 7 Millionen Pfund Sterling schätzt. Aus diesem Process zwischen der griechischen Regierung und Speculanten sieht man aber, dass solche archäo- logische Forschungen jetzt zwei sehr praktische Seiten haben, namentlich die Wiederaufnahme der im Alterthum gehobenen Schätze, sowie die Verwerthung der als taub oder als Sehlacken weggeworfenen Erze. Über die allgemeine Richtung der Erz flötze und Gänge auf dem Erd balle rinden wir nur locale Bruch- stücke. In diesem Sinne haben Bergleute sich damit sehr be- schäftigt, und schon im Jahre 1781 gab J. F. Lempe eine Methode an , um die Hauptrichtung eines Ganggebiets zu be- stimmen (Leipzig, Magaz. z. Naturk. , Mathem. u. Okon. H. 2, Abth. .'3). Hier nur einige Beispiele von solchen Scldüssen für grössere Ländercomplexc : Ri vifere beiiauptet, dass in Europa Theorien zur Auffindung: von rentablen Bergwerken. K'i) die Haiq)trichtung' der Blei- und lilendegäiig-e die a ou NW. nach SO. sei. (C. K. Ae. d. Sc. P. 1857, Bd. 45, S. 969). R. W. Fox geht noch weiter, und möchte alle Metallablagerung in Gängen sehen, welche von 0. nach W. oder von NO. nach SAV. laufen (Brit. Assoc. 3 836; Phil. Mag. 183l>, 8. Ser. Bd. 5, S. i>i><)). Hopkins möchte allen Gängen Amerika's fast nur eine N. — S.- Eichtung geben. C. Bryan ist nicht ganz so systematisch, denn er gibt den Gängen der edlen Metalle nicht nur die N. — S. -Rich- tung, sondern auch manchmal die 0. — W. -Richtung (Wild Life in the Interior of Central- America. 1849. Ausland 1849, S.527). M 0 i s s 0 n n e t und besonders C h a n c o u r t o i s hal)en sich bemüht , die bekanntesten Metallgänge und Lagerstätten mit den idealen Kreisen des Pentagonalnetzes des Herrn Elie de Beaumont in innige Verbindung zu bringen (C. E. A. d. Sc. P. 1862, B. 55, S. 759—762; Ann. d. Min. 1863, 5. Ser. B. 8, p. 161—173; C. R. A. 1863, B. 51 , p. 369— 374, 421—423, 73]_735) u. s. w. Was die locale Richtung der Gänge und, Lagerstätten für grössere und kleinere Länder betriflft, besitzen wir ein reiches Material , und überall in diesem sehen wir beide Lager-Arten mehrfach und parallel auftreten, so dass, w^enn Erzgänge und Lagerstätten von verschiedenen Riclitungen und verschiedenen Altern sich kreuzen, wahre netzförmige Bildungen entstehen, welche dann den Erdspaltungeu verschiedener Zeitperioden ent- sprechen, und Avahrscheinlich mehr oder weniger mit ehemaligen Mineralwasserausflnssen in Zusammenhang waren. Wichtiger als dergleichen Aphorismen, für Districte, J^än- der und Welttheile, bleibt die folgende bewährte Thatsache, dass die meisten Metallgänge , sowie metallreiche Lagerstätten den grossen Gebirgsrücken parallel laufen (siehe Schmidt, Karsten's Arch. f. Bergbau, 1821, Bd. 4, S. 9 u. 10; Chan- conrtois, C. R. Ac. d. Sc. P. 1862, B.55, S. 312— 316). 1. Die Spatheisenlager der Alpen beweisen diesen Satz vollständig; 2. dass das hohe Alter der Hauptgänge durch gewisse analoge Richtungen und selbst Neigungen bestimmbar erscheint (siehe Werner's Gang-Theorie, 1791, Cap. V, §. 57); 3. dass die Gänge desselben Alters meistens parallel unter einander sind ; 4. dass die Gänge sowie manche Metalllagerstätte dieselben 110 Boue. Richtungen wie gewisse pliitonische Eruptivmassen, als viele Mineralwässer, besonders die Säuerlinge und Thermalquellen be- sitzen, indem die grossen Erdbeben auch denselben Richtungen folgen, oder wenigstens parallel mit denjenigen der Gänge und Mctalllager die Erde gerüttelt haben; 5. dass diese Correlation, anstatt zu allen Zeiten dieselbe gewesen zu sein, sehr verschie- denartig war. 80 veränderte sich mit der Zeit die Natur der Eruptionsmassen, wie der Mineralwässer, besonders was die Menge der letzteren anbetritft, indem wir hinsichtlich der Erd- beben eine erhebliche Verschiedenheit in diesen während der geologischen Zeitperioden annehmen können. Auf diese Weise müssten auch ihre dynamischen Resultate mit der Zeit sich sehr moditicirt haben. Es ist sattsam bekannt, wie die mit älteren Porphyren oder die mit Trachyten oder Rhyoliten verbundenen Metallschätze verschiedener Natur und selbst wie verschieden ihre Gangmassen sind. Wenn man mit diesen Thatsachen ausgerüstet, noch dazu die Erzandeutungen in allen Ländern der Erde in Betrachtung zieht , so erkennt man leicht auf geographischen Karten, dass die Erzablagerungen, welchen Namen sie auch tragen mögen, auf gewissen Linien und nicht unregelmässig zerstreut liegen. Schon im Jahre 1849 wies Hai ding er nach, dass Bor- säure oder diese Säure führende Mineralien fast auf einer Meri- dianlinie von Nord nach Süd in Europa vorkämen, nämlich zu Arendal, Segeberg, Lüneburg, Strasburg, Andreasberg, Wolf- berg, Modena, Sasso, Volterra und auf der Insel Vulcauo (Sitzb. d. kais. Akad. d. Wiss. 1849, S. 218—220). Voriges Jahr hat Herr Baron Const. v. Beust Ahnliches für gewisse Erzvorkommen in der österreichischen Monarchie bewiesen, wie zum Beispiel, dass die silberhaltigen Bleiglanz- gänge von Peggau und Feistritz in Steiermark auf derselben S. — N.-Meridianlinie als diejenigen von Budweis , von Pfibrnm und selbst von Freiberg in Sachsen liegen (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. 1872, Bd. 22, S. 143— 1 40). Ninnnt man die gecdogische Karte Europa's und der an- grenzenden Länder in die Hand, so findet man auch, dass hie und da dieselben Erze oder wenigstens nahe verwandte Erze auf Tlioorien zur Auffiiulun^- von rciitahlen Dornwoikon. 1 1 1 gewissen uord-südliclien Linien oder in der Nähe dieser Kicli- tung sich befinden. So z. B. kann man die silberhaltigen Erze des Berges Laurion unfern von Athen, oder wenn es beliebt, die der Chalcis mit denjenigen von Karatova in Central-^Macedonien, von Kurknmii in Ober-^lösien, oder zwischen dieser Stadt, Pri- stina und Vrania. von Schturatz oder Maidan in Serbien und von Schemnitz in Ungarn auf solche Weise in Verbindung bringen. Ahnliehe lineare Verbindungen findet man zwischen den Bleigruben des südlichen Schottlands und denjenigen im eng- lischen Derbyshire , zwischen dem Silberbergwerke in Kongs- berg in Norwegen und demjenigen im Clausthal am Harz, sowie zwischen Erzgruben in Nord-Tirol und Central-Italien, zwischen den vogesischen Bergwerken und den piemontesischen iniAosta- Thal, sowie einigen Gruben Sardiniens, zwischen dem Kupfer- werke zu Tokat in Klein-Asien und den Metallschätzen in Abys- sinien und selbst in Süd- Afrika. Die bekanntesten Bergwerke des Ural zu Bogolovsk, Ta- gilsk, Beresov, Kishtimsk, Miask u. s. w. liegen alle auf einer mit der Uralkette fast parallelen N.—S. -Linie. In beiden Ame- rika bemerkt man ähnliehe, sehr merkwürdige und oft erwähnte Verbältnisse. Ob man selbst eine Causalverbindung zwischen den Metallschätzen des Altais, sowie des Nertschinsker-Distric- tes mit den erzreichen hinterasiatischen (Malacca-Halbinsel, malaiische Insel, Borneo u. s. w.), sowie zwischen gewissen japanesischen und ostaustralischen Erzlagern (Kupfer, Gold u. s. w.) vermuthen könnte, begnüge ich mich, nur als proble- matische Fragen hinzuzufügen. Zur besseren und vollständi- geren Beurtheilung solcher alignirter Erdschätze wäre eine grosse Weltkarte nur mit den Localitäten der bekanntesten und verschiedenartigen Bergwerke ein ungeheurer ^'ortlleil ; möge Jemand solche Arbeit unternehmen. Wenn man auf solchen Linien verlassene Bergwerke oder selbst grosse Lager von alten Schlacken, wie in Ober-!\lüsien, in Central-Bosnien , in Serbien u. s. w. findet, oder in Werken adnotirt bemerkt , so muss der Bergmann , nach Prüfung der möglicherweise noch vorhandenen Bergwerksberichte die Ort- schaften aufsuchen, wo Schlacken liegen, um sie chemisch zu 112 Boue. untersuchen, weil er möglicherweise reiche Früchte seiner Mühe daselbst gewinnen kann. Wenn man sich bemüht, die Bildung- aller Erze, sowie ihre besondere Verbreitung allein durch neptunischen Chemismus er- klären zu wollen, weil diese Theorie manchmal sehr schön auf gewisse Fälle passt , so stosst man oft auf unlösbare Räthsel, unter welchen dasjenige besonders auffällt, wenn man sich die Ursprungsfrage der Metalle stellt. Bei der plutonischen Theorie entfallen aber diese Schwierigkeiten, wenn man wenigstens kos- mische Möglichkeiten in Betracht zieht. In dieser Richtung führt die Theorie über die Eigenthümlichkeiten der Erzniederlagen zu besonderen Ansichten über die Natur des Inneren unserer Erde. Erstens wird uns Niemand bestreiten können, dass dyna- mische Kräfte den Erdball mehrmals in gewissen Richtungen zu gewissen Zeiten gespalten haben , und dass ein Theil dieser Spalten mit Erzen später gefüllt wurde. Ob bei vielen dieser Pro- cess ein neptunisch-chemischer, manchmal allein, manchmal ver- einigt mit Sublimation, war, ob Mineral- und Thermalwässer dazu mächtig beigetragen haben, bestreitet heutzutage Niemand mehr. Wenn wir aber die Resultate eines wässerigen Chemismus in manchen Erzlagerstätten wie in gewissen Blei- und Zink- erzen, in gewissen verschiedenartigen Eisen-, Mangan- und Ko- balterzen, in den sogenannten Kupferschiefern, Eisencarbouaten und Hydraten u. s. w. recht gerne zugeben, so bleibt dann doch noch immer die Erklärung ungelöst, woher diese Metalle eigent- lich in die Erdrinde gekommen sind. Nimmt man aber an , dass sie aus dem Innern der Erde herstammen und nur durch Subli- mation oder durch mit metallischen Verbindungen geschwän- gerte Mineralwässer aus der Erde erzeugt wurden, so löst man zu gleicher Zeit zwei Probleme , nämlich die Bildung der jetzi- gen Erze, sowie ihren ehemaligen Sitz in der Erde. DieUrnatur der Erze scheint besonders die Schwefel- verbindung gewesen zu sein, wenn wenigstens die Metalle selbst nicht gediegen waren. Seltener waren in allen Fällen die Metallverbindungen mit Fluss- oder Jodsäure. Der chemischen Zusammensetzung der Meteoriten und der Häufigkeit des Eisens auf der Erde gemäss , scheint man doch Theorien zur Aut'Hndmig- von n'iiralilcii l>('r^\vei-keii. 1 1 • > immer mehr Itereeliti^i;! zu .sein, den metallisclieii Kern unserer Sphäre vorziij:;-li('h aus letzterem Metall bestehen zu lassen. Doch in der Mitte dieses Eisenkörpers und besonders in seinen inneren und centralen Theilen wird man uns doch zugeben, dass die anderen seltener und tlicilweise specitisch viel schwe- reren Metalle vertheilt sein, möchten. Dass man in späteren Zei- ten in Meteoriten auch letztere einmal linden wird, bin ich kühn g-enug , zu weisssagen , da schon so viele unserer Metalle und Erze in denselben nach und nach entdeckt wurden. Mit diesen wohl wenig- bestrittenen Axiomen ausgerüstet, fänden wir nun in der Hy])othese eines noch halb feuerfiüs- sigen Erdkernes ein ziemlich wahrscheinliches Instrument, um manche Eäthsel in der Hervorbringung der Erze zu erklären. Wenn dieses Innere durch die Sonnen- und Mond-Attraction ge- wissen Bewegungen , vielleicht selbst sehr periodischen Bewe- gungen , wirklich unterworfen wäre, so könnte man ohne An- stand auch die Behauptung aufstellen, dass Planeten und selbst andere Weltkörper in gewissen geologischen Zeiten einen ähn- lichen Einfluss auf solche Theile unserer Erde gehabt haben mögen, indem in letzterer die Erd-Eotation durch die Centrifu- galkraft immer eine Tendenz hat haben müssen, Veränderungen in der Form und besonders in gewissen Zonen des Erdkernes zu verursachen. Nimmt man aber solche Möglichkeiten an , so wird man unwillkürlich zu Spaltenbildungeu im Erdkerne geführt, mögen diese nun nur für eine Zeit geblieben sein oder nicht. Doch der Rotation und centrifugalen Kraft gemäss mussten diese Spalten ganz besonders meridianartig entstehen, indem dadurch ganz und gar nicht secuudäre Seitenspalten unter einem rechten oder selbst schiefen Winkel ausgeschlossen wären. Wenn wir aber solche Spaltungen zugeben und die grosse Hitze des Erdcentrums berücksichtigen, so müssen wir einsehen, dass durch jede dieser Spalten ein grösseres Quantum von Hitze als früher ausstrahlen konnte und musste. Nur bei dieser A'or- aussetzung wird es nicht schwer zu begreifen sein , dass die für Sublimation schwersten Metalle aus dem Inneren nicht nur an der Oberfläche des Erdkernes, sondern selbst bis in die Spalten der Erdrinde heraufkommen konnten. Sitzb. (i. mathem.-naturw. Cl. LXVII. Bd. I. Abth. O 114 Boue. Sehen wir uns jetzt mit dieser Theorie in den Erzlager- gäng'en und Stöcken um , und wir werden darin einen Schatz von Vernunftschlüssen finden, welcher uns selbst manche unlös- bare Käthsel der Erzverbreitung leicht zu lösen erlaubt. Als unleugbar und allgemein angenommen ist die Thatsache , dass gew'isse Erze an gewisse eruptive Fels arten ge- bunden sind. Wohlverstanden, dass ich unter letzterem Na- men auch jene Gebirgsarten begreife, bei deren Hervorbringung lieissen Dämpfen , sowohl wässerigen als metallischen , eine wichtige Rolle zuerkannt wurde. So gibt man zu : 1. Dass Zinn, Molybdän, Tungstein, Tantal, Uran, Cerium und selbst Antimon an granitische Gebirgsarten be- sonders gebunden zu sein scheinen. 2. Dass Titan, Zircon mit Sieniten besonders vorkommen, indem das erste Metall oft mit Eisen verbunden ist. 3. Dass Gold meistens mit Trachyten oder Porphyren in Verbindung steht, indem die Goldgänge sehr oft nur aus Quarz bestehen, welches letztere Mineral Avohl oft eher ein chemischer Niederschlag von Thermalwasser als ein Feuerproduct sein wird. Als Begleiter des Goldes erscheint nur in sehr wenigen Gegenden (Siebenbürgen u. s. w.) Tellur und Wismut h, so- wie auch M a n g a n s p a t h, 4. Dass Mangan und vorzüglich Silber an Porphyre gebunden sind , und dass letzteres Metall oft mit Blei , seltener mit Selenium, Quecksilber und Antimon vereinigt bekannt ge- worden ist. 5. Dass das Quecksilber mit Porphyr und Trachyt- eruptionen in die Erdrinde gekommen zu sein scheint, aber eine IMöglichkeit ist nicht dadurch ausgeschlossen , dass es in ter- tiärer und selbst in alluvialer Zeit durch seine leichte Verflüchti- gungsfähigkeit auch bis an die Erdoberfläche gekommen ist. (5. Dass Piatina und seine Metallbegleiter, namentlich Palladium, Osmium, Iridium, sowie C h r o m e i s e n , in jenen metamorphosirten Olivin- oder Chrysolith-Felsarten, Ser- pentine genannt, ihre ganz besondere Lagerstätte fanden; und dass Platin noch dazu vorzüglich in beiden Amerika , sowie am Ural vorkonmit , und das Chromeisen in grosser Menge nur sel- ten erscheint. Theorien zur Auffindung' von rentablen Bergwerken. 11.^ 7. Dass Kupfer, Blei und Zink mit Trappgesteinen be- sonders erzeugt wurden; beide letzteren sind sehr oft in Kalk- felsen eingesclilossen, in denen das gediegene Kupfer manchmal massenhaft in grösseren oder kleineren Klumpen , wie Gold, Platin und Chromeisen, vorkommt. Ausser Kupferkies, welches förmliche Lager, Stöcke und Gänge bildet, scheinen die anderen mineralischen Kupfersalze nur Afterproducte der Erze. 8. Dass Nickel nie in grossen Massen vorkommt, aber mit Arsenik und Eisen ein Erz bildet , das zu verschiedenen Zeiten Silber, Blei und Zink begleiten. 9. Dass geschwefelter Kobalt als bauwürdiges Erz fast nur in älterem Schiefergebirge selten vorkommt, indem ge- schwefeltes Eisen , Kupfer und Nickel Theile von Gangmassen mancher Erzlagerstätten bilden. Nach unserer Theorie ist das linear-meridiane oder fast N. — S.- Auftreten der grössten Erzreviere nur ein nothwendiges Corollar derselben. Indessen , wxnn es einzelne Erzdistricte gibt, w^elche auf dem Erdball wie vereinzelt dastehen, so zeu- gen diese Thatsachen nicht wider unsere Hypothese , denn es wären nur untergeordnete Spalten oder ein Anfang einer Spal- tung , in welcher zur Weiterführung derselben die Centrifugal- kraft nicht mächtig genug war. Unter allen Erzlagern sind die merkwürdigsten die soge- nannten Stöcke oder Stockwerke, die sogenannten metallreichen Felsenblätter und die allgemeine Verbreitung der Erze in einer Gebirgsart. Nun diese drei Arten der Lagerstätten sind neptu- nisch schwerlich erklärbar, während bei unserer Theorie dieser Fall nicht eintritt. Die Stöcke werden , wie bekannt, durch ein Netz von klei- nen Gängen nnd Schnüren gebildet. Das Gestein ist durch Be- wegung sowie durch Hitze nach und nach gespalten und zerris- sen worden, und die Erze haben sich durch Sublimation in den Ritzen abgelagert , um später durch wässerige Infiltration oder Säuerlinge in gewisse Mineralien und Aftererze eingehüllt zu werden. Als äussere Vertheilung dieser Art kommt man dann zu den sogenannten, mit Erzen, wie zum Beispiel mit Gold, Queck- silber , Platin , Eisenkies u. s. w. imprägnirten Felsarten , wie man sie in dem goldreichen Vöröspatak u. s. w. oft beschrieben 8* HO Boue. Theorien zur Auffindung- von rentablen Berg-werken. hat. Was aber die metallreicheu Blätter in Kalkstein oder Schiefer betrifft, so gibt unsere Theorie wirklich den Schlüssel zu dieser räthselhaften Lagerstätte. Man braucht sich nur eine Gebirgsmasse zu denken, welche durch dynamische Kräfte, so- wie Hitze grosse Spalten bekommt. In diese stiegen sublimirte Metalle, welche Dämpfe hie und da nicht nur in den Hauptspal- ten , sondern auch in den Seitenrissen Niederschläge bildeten. Wie Trappe und Basalte Gänge, beim Durchbruch von Flötz oder tertiären Gebilden auch manchmal kleine Abzweigungen zAvischen den etwas von einander gehobeneu Schichten einzwängen , so geschieht es mit den Erzablagerungen in der Blätterform. Im Flötzkalkstein wie im Bleiberg bei Villach liefert uns das molyb- dänsaure Blei den Beweis für die Eichtigkeit unserer gehörig abgegrenzten Sublimationstheorie. Ob alle sogenannten erzführenden Alluvionen wirklich die- sen Namen verdienen, und ob nicht einige Überbleibsel von zer- störten Erzlagern oder Gängen, sondern natürliche Ablagerungen von aus dem Inneren der Erde hervorgehobenen Erzen sind, das sind Zweifel , welche bis jetzt ziemlich allgemein als gehoben angesehen werden, obgleich man nicht immer die ersten Lager- stätten, sondern nur alluviale Erzgebilde auftinden kann. Möglich wäre noch der besondere Fall , dass manchmal gewisse Erze sich nur in der ganz obersten Rinde der Erde ab- setzten, ohne bedeutende Spuren ihres Durchganges durch den übrigen Theil derselben zu lassen. 11 Blicke auf die Verbreitung der in Europa bisher entdeckten Zahnwale der Tertiärzeit in specieller Beziehung auf die des Wiener Beckens. Von J. F. Brandt, Mitijliede der k. Aka lemie der Wüscnsr/iaf/en zu Sl. Petersbury. Eeste von Zalinwalen wurden in den tertiären Schicliten verschiedener Länder Europas, namentlich Russlands, Öster- reichs, Deutschlands, Italiens, Frankreichs, Belgiens, Englands und der Schweiz mehr oder weniger häufig gefunden. Italien lieferte bisher die vollständigsten Skeletreste, ziem- lich vollständige entdeckte man auch in Osterreich und Russland. Die bisher in Frankreich, Deutschland und England gefundeneu Reste beschränken sich auf mehr vereinzelte, aus Schädelresten Wirbeln u. s. w. bestehende Theile des Knochengerüstes. In Belgien scheinen übrigens denselben Individuen angehörige Reste zahlreicher als in den drei letztgenannten Ländern zusam- men vorgekommen zu sein. Portugal und die Schweiz lieferten dagegen nur einzelne, wenige Bruchstücke. Die in Europa entdeckten Reste der Zahnwale wiesen un- verkennbar darauf hin, dass zur Tertiärzeit nicht blos die noch lebende Hauptgruppe derselben, d. li die mit gleich gebildeten Zähnen bewafineten Arten (meine Homoiodentes) bereits in zahlreichen, wie es seheint wenigstens zumTheil (^möglicherweise zum grossen) untergegangenen Formen vorhanden waren, son- dern dass damals auch noch Cetaeeen mit Zähnen von zweifacher Gestalt (meine Heterodonten = Zeuglodonten ) existirten. Auch die Zahmvale liefern also einen Beweis, ebenso wie die Barten- walc, für die an Mannigfaltigkeit verkümmerte Fauna unseres Planeten. Bei den Zahnwalen tritt sogar die Verkümmerung durch das Aussterben der Heterodonten noch etwas stärker als 118 Brandt. bei den Bartenwalen hervor, da die ausgestorbenen Bartenwale den lebenden wohl etwas näher standen als die Heterodönten- Zahnwale den Homoiodonten. Von solchen Homoiodonten, die nur im Unterkiefer Zähne besitzen (meine Hypognathodonten), sind Reste aus ihren beiden Unterabtheilungen, den Physeterinen und Ziphiinen, bekannt. Die erstgenannte Gruppe hat bisher im Verhältniss nicht viele, mindestens theilweis noch zweifelhafte, Überbleibsel aufzuweisen. Um so zahlreicher wurden Schädelstücke und andere Skelettheile von Ziphiinen , besonders in England (Suifolk), sowie im Ant- werpener Becken und, wiewohl viel weniger häufig, auch in Frankreich entdeckt. Dem bisherigen Stande unserer Kenntniss gemäss würde die Zahl der theils in England, theils im antwer- pener Becken entdeckten Ziphiinen gegen 23 Arten betragen, die aber wohl namhafte Reductionen erleiden dürften, wenn die englischen und antwerpeuer Arten näher verglichen werden, was bisher nicht geschah. Aus Österreich, Deutschland, Italien und der Schweiz kenne ich noch keine Reste von Ziphiinen. Ihr Vorkommen in Russlaud ist wenigstens zweifelhaft. Dessenungeachtet lässt sich nicht annehmen, die genannten Länder würden auch in Zukunft keine Reste von Ziphiinen liefern. In Betracht der Entdeckungen der Reste anderer Cctaceen dürfte man im Gegentheil auch in den genannten Ländern Überbleibsel von Ziphiinen, selbst muthmass- lich von unbekannten Arten derselben, entdecken. Es wäre demnach zu erwarten, dass, wenn selbst künftig namhafte Re- ductionen hinsichtlich der aufgestellten Arten stattfänden, man dennoch vielleicht noch die Ansicht vertreten könnte: die an Cephalopoden reicheren Meere der Vorzeit seien auch reicher an Vertilgern derselben (Ziphiinen) gewesen, als die der Gegenwart. Zahnwale, die in beiden Kiefern mit Zähnen bewaffnet sind, (Holodonten) waren in den Tertiärmeeren Europas, wie noch jetzt, in zahlreichen Arten verbreitet. Schon zu jener Zeit gehör- ten sie den drei noch vorhandenen Gruppen der Orcinne, Phocae- ninue und Dclphininue an. Vielleicht fehlte es auch an P/ata/ä- st'uKie nicht, da manche ausgestorbenen Deipltininuc (wie die Clia7npsoiU'lpliis) zu letztern hinzuneigen scheinen. Man hat in- Blicke auf die Verbreitung entdeckter Zahnwale etc. 1 19 dessen keineswegs bis jetzt in allen Ländern lMiroi)as solche Reste entdeckt, welche auf die frühere gleichzeitige Gegenwart von Repräsentanten aus allen dreien der erstgenannten Gruppen hinweisen. Reste von Ordnen sind vorläufig nur in Deutschland und England, von Phocacnincn in Russland, Italien und England gefunden worden. Man kennt dagegen der Abtheilung iJr/phi- ninae zugehörige sehr zahlreiche Reste aus Russland, Osterreich, Frankreich und lielgien. Auch in Italien und in der .Schweiz hat man solche gefunden. Benierkenswerth ist indessen, dass ein namhafter Theil der gefundenen Skelettheile der Delphininen solchen Gattungen oder Untergattungen angehören, die unter den Lebenden bisher vermisst werden. Dass im Wiener Becken Reste von Delphininen entdeckt wurden, ersehen wir bereits aus den Mittheilungen von Suess, Peters und He ekel. Sehr zahlreich sind dieselben in den Sammlungen des k. k. Hof-Mineraliencabinets und des Hrn. V. Letocha vertreten, deren Benützung mir auf die liberalste Weise gestattet wurde. Die Untersuchung derselben ergab, dass sie sicher vier, vielleicht selbst sechs, Arten angehören, welche zwei von P. Gervais aufgestellten Gattungen (Schizodelphis und Champsodelphis) mit grösserer oder geringerer Sicherheit ein- zuverleiben sind. Beide eben genannte Gattungen enthalten Arten, die unter den lebenden Zahnwalen noch nicht nach- gewiesen .sind. Die Kenntniss des Skeletbaues der lebenden Arten lässt freilich , namentlich in Betreff' des Rumpftheilcs desselben, so manches wünschen, da man nur von wenigen Arten Skelete besitzt. Zur Gattung Schizodelphis gehören, insoweit das Wiener Becken als Fundort in Betracht kommt, die im k. k. Hofminera- liencabinet befindlichen Kiefertheile des Delphinus canalicidatus, der mit Gervais 's Delphinus [HiVäter Schizodelphis) sulcatus, wie es scheint identisch sein könnte. Auf H. v. Meyer 's D- camdiculatus wären übrigens vielleicht auch die im genannten Cabinet befindlichen Reste des Rumpfskelets eines Delphin 's zu beziehen, den ich fraglich als Delphinus brachyspondylus be- zeichnet habe, da zur Begründung meiner Vermuthung der Nach- weis fehlt, dass die eben erwähnten Reste gleichzeitig mit 120 Brandt. den Kieferresten des Belplnniis caiialiculatus entdeckt worden seien. L'e.ste der Gattung- Schizodelphis wurden übrigens nicht blos bei Wien, sondern auch in Wiirtemberg, in der Schweiz in Frankreich und Italien, ja wie es scheint auch in Belgien ge- funden. Die Verbreitung der Gattung war daher keineswegs eine localisirte. Zu den ebenfalls nicht localisirten Gattungen, da ihre Reste nicht blos in Osterreich, sondern schon früher mehrmals in Frankreich und meinen Untersuchungen zufolge neuerdings auch in Eussland gefunden wurden, gehört auch die auf Cu vi er 's Dauphin ä longue Symphyse (Eech. s. oss. foss. ed. 8. PI. 224, Fig. 4, 5) gestützte Gattung ChmnpsodelpJiis. Das Wiener Becken lieferte das ansehnliche Fragment des Unterkieters nebst mehre- ren Wirbeln eines Delphinine, welche entschieden einem Cluim- psodelpliis angehörten. Die erwähnten, nach meiner Ansicht auf die ("uvier'sche Art nicht reducirbaren. Beste befinden sich in der Sammlung des Hrn. v. Letocha. Ich habe daher dieselben als einem Chnmpsodelphis Letocluie angehiirige bezeichnet. Im k. k. Hof-Mineraliencabinet werden übrigens namhafte Beste der Wirbelsäule nebst zwei Brustbeinen und Knochen der Extrendtä- ten autl)ewahrt, die entschieden zwei Arten von Belphininen an- gehören, welche ich wegen der Ähnlichkeit ihres Wirbelbaues und Fundortes mit Chanipsodelphis Letochae als Champsodelphis Fuchsii imd Karreri bezeichnet habe. Ausser den eben genannten Arten könnte aber noch eine vierte Art von Champsodelphis mög- licherweise das Wiener Becken bewohnt haben, da ich im k. k. Hof-Mineralicncabinet zwei Lendenwirbel fand, die sich nicht wohl einer der genannten Arten vindiciren lassen und deshalb einem Champsodelphis duhius? zugeschrieben wurden. Im Wiener Becken sind demnach die Reste von vier mit Sicherheit begründbaren Arten {Schizodelphis canaliculatus, Champsodelphis Letochae, FacJisii und Karreri) und von zwei noch nicht gesicherten (Delphinas hrarhyspondylus und Cham- psodelphis duhius ?J aus der Abtheilung der Delphininen entdeckt worden. Wegen Mangels von Kieferresten und Zähnen ist es indessen für jetzt zweifelhaft, ob Champsodelphis Fachsii, Karreri und duhius? wirklich als echte Champsodelphen gelten können, IJlicke auf die Vorbreitiin.ii' entdeckter Zahnw.ile ftc. 1-1 da sie auch hiiisielitlifh dos AA'irhelbaues slrli der von mir aul' siidrussiseheii iiaiuliat'teii Skeletresten Itegriiiideten Gattiinj;' (Heterodelphis) aureilieu lassen könnten. Sämmtliche erwähnte wiener Reste wurden, ebenso wie die russischen, in meiner hinsichtlich des Druckes zum i^rössten Theil vollendeten Arbeit, „Über die fossilen und subfossilen Cetaceen Europas", ausführlich beschrieben und durcli mehrere Tafeln erläutert. Da Job. Müller (Sitzungsb. d. k. k. Akad. d. Wissensch. z. Wien, math. nat. Cl. Bd. X, 1853, p. 84 und Bd. XY, 188 p. 345 m. Abb.) die bei Radoboj in Croatien gefundenen Reste einer Delphinine einer neuen Gattung- (Belplunopsis) zuschrieb, so könnte man meinen es seien in Osterreich, ausser den wiener Skelettheilen, auch noch andere von denselben sehr abweichende entdeckt worden. Eine solche Ansicht möchte ich jedoch noch nicht für begründet halten. Bei der Aufstellung seiner Gattung De/- phi/iopsis legte J. Müller ein besonderes Gewicht auf die schup- pige Hautbedeckung derselben. Schuppenbildung dürfte aber mit der Structur der Haut der Delphine nicht wohl vereinbar sein. Auch weist die Abbildung der Delpliinopsii< keineswegs überzeugend nach, dass die Schuppen die Knochenreste innig und in dichten Massen bedeckten. Was nun die stark verscho- benen Knochenreste der Delphinnpsia anlangt, so gehören sie entschieden einem jungem Thierindividuum an und dürften sogar ohne Zwan^- auf die eine oder andere Art der erv/ähnten Cham- pHodeJphen des Wiener Beckens bezogen werden können. Die Reste \(m Delphinopsis Freycri i. Müll, erfordern also jeden- falls eine neue, eingehende Untersuchung. Namhafte Reste von solchen Zahnwalen, deren hintere zwei- wurzlige Zähne eine breite, abgeplattete, am Rande gezähnelte Krone besitzen (Heterodonten := Zeuglodonten ) entdeckte man, wie bekannt, mehrmals bei Linz, wie die von Ehrlich, Suess und Van Beneden darüber gemachten Mittheilungen bezeugen. Sie gehören bis jetzt sämmtlich einer Art Sqtuüodon, dem Sq. Er- iichii Van Ben ed., an, dessen artliche Sellistständigkeit ich in meiner Arbeit über die fossilen Cetaceen ausführlicher als bis- her durch eine eingehende Beschreibung und bildliche Dar- stellung zu stützen bemüht war. 122 Brandt. Blicke auf ä. Verbreitung entdeckter Zahnwale etc. Im Allgemeinen lieferte demnach das Wiener Becken bisher die Reste solcher Zahnwale, die zwar generisch und specifisch von den bekannten Lebenden abweichen, jedoch zur Familie der Delphiniden gehörten, während in der Umgebung- von Linz, wie bekannt, mehrmals Eeste der zur gänzlich ausgestorbenen Ab- theilung der Heterodonten gehörigen Gattung Squalodon ent- deckt wurden. SITZUNGSBERICHTE DER ummu kimm mh wissenschafiei MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. LXVII. Band. ERSTE ABTHEILUNG. 3. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie , Botanik, Zoologie, Geologie und Paläontologie. 125 VIL SITZUNG VOM 6. MÄRZ 1873. Der ftecretär legt folgende eingesendete Abhandlung-en vor: „Über den Syngenit", vom Herrn Oberbergrath und Professor Dr. V. Ritter v. Zepharovicli in Prag. „Beiträge zur Kenntniss des Wachsthums der Pflanzen"', vom Herrn Franz K ras an, Gymnasial-Professor in Krainburg, eingesendet durch Herrn Vice-Director K. Fritsch in Salzburg. „Über rationale ebene Curven vierter Ordnung, deren Doppel- punktstangenten Inflexionstangenten sind'-', vom Herrn Prof Dr. Emil Weyr in Prag. Herr J. Richard Harkup, Realitätenbesitzer in Hütteldorf, hinterlegt ein versiegeltes Schreiben zur Wahrung seiner Priorität. Herr Hofrath Dr. E. Ritter v. Brücke überreicht eine Abhandlung des Herrn Dr. Alex. Kusnezoff aus Charkow: „Über blutkörperchenhaltige Zellen der Milz''. Herr Prof. Dr. Jos. Boehm legt eine Abhandlung: „Über die Respiration von Landpflanzen" vor. Herr Prof. R. N i e m t s c h i k übergibt eine Abhandlung : „Über die Gonstruction der einander eingeschriebenen Linien zweiter Ordnung." An Druckschriften wurden vorgelegt : Academy of Natural Sciences of Philadelphia: Proceedings. Parts I— III. January— December 1871. Philadelphia; S«. — American Journal of Conchology. Vol. 6, Part 4 (1870 — 1871); Vol. 7, Parts 1—4 (1871—72). Philadelphia, New York, London, Berlin; 8". — The American, of Arts and Sciences: Proceedings. Vol.YllI. Sign. 38—51. 8''. Akademie, Königl. Preuss., zu Berlin: Monatsbericht. Novem- ber 1872. Berlin, 1873; 8^ 126 Apotheker -Verein, allg-em. österr. : Zeitschrift (nebst Anzei- gen-Blatt). 11. Jahrgang-, Nr. 5 — 7. Wien, 1873; 8«. Astronomische Nachrichten. Nr. 1921—1924. (Bd. 81, 1_4.) Altona, 1873; 4». Barrande, Joachim, Systeme silurien du centre de la Boheme. l" Partie. Supplement au Vol. I. Prague & Paris, 1872; 4". Boston Society of Natural History: Memoirs. Vol. II, Parti, Nrs. 2—3; Vol. II, Part II, Nr. 1. Boston, 1871—1872; 4*^. — Proceeding-s. Vol. XIII, Sign. 24—28 ; Vol. XIV, Sign. 1—14. Boston 1869—1871; 8". Comp t es rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXVI, Nrs. 5—6. Paris, 1873; 4». Gesellschaft, österr., für Meteorologie : Zeitschrift. VIII. Band, Nr. 4. Wien, 1873; 4o. Gewerbe -Verein, n. -ö.: Wochenschrift. XXXIV. Jahrgang, Nr. 7—9. Wien, 1873; 4». Landbote, Der steirische. 6. Jahrgang, Nr. 4. Graz, 1873; 4". L a n d w i r t h s c h a f t s - G e s e 1 1 s c h a f t, k. k., in Wien : Verhand- lungen und Mittheilungen. Jahrg. 1873, Nr. 3—4. Wien; 8°. Lot OS. XXII. Jahrgang. December 1872. Prag; 8". Mittheilungen des k. k. technischen und admiuistrat. Militär- Comite. Jahrgang 1873, 1. Heft. Wien; 8*^. — aus J. Perthes' geographischer Anstalt. 19. Band, 1873, Heft IL Gotha; 4». Nachrichten über Industrie, Handel und Verkehr aus dem statistischen Departement im k. k. Handels-Ministerium. I. Band, 1. & 2. Heft. Wien, 1873; 4^ Natur e. Nrs. 172—174, Vol. VII. London, 1873; 4». Osservatorio del R. Collegio Carlo Alberto in Moncalieri: Bullettino meteorologico. Vol. VI, Nr. 12. Torino, 1871; 4". Owen, On the Carpal copiilatory Spines (or supposed Hörn) of the Iguanodon. (From the Palaeontographical Society's Vol. XXV.) London, 1872; 4*^. Eeichsanstalt, k. k. geologische: Verhandlungen. Jahrgang 1873, Nr. 2—3. Wien;4'\ Eepertorium für Experimental-Physik etc. von Ph. Carl. VIII. Band, 6. Heft. München, 1872; 8o. 127 „Revue politique et litteraire" et „Revue scientifique de la France et de retranger". IP Aiinee, 2'' Serie, Krs. 33 — 35. Paris, 1873; 4». Santiago de Chile, Universidad: Anales de 1840. Santiago de Chile; 8°. — Memorias de los Ministros del Interior, Rela- ciones Esteriores, Justicia, Hacienda, Guerra i Marina de 1870. 8". — Sesiones de la Camera de Senadores de 1870. Nr. I — II. 40. — Sesiones de la Camera de Diputados de 1870. Nr. I— II. 4". Societät, physicalisch - medicinische, zu Erlangen: Sitzungs- berichte. 4. Heft. November 1871 bis August 1872. Erlan- gen 1872; 8». Society, The Royal, of London; Philosophical Transactions. For the Year 1871. Vol. IGl, Part II; For the Year 1872. Vol. 162, Part I. London 1872; 4«. — Proceedings. Vol. XX, Nrs. 130—138. London, 1871— 72; 8». — Catalogue of Scientific Papers (1800—1863). Vol. VL London, 1872; 4'\ — The Royal Society. 30*" November 1871. 4". Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIII. Jahrgang, Nr. 7 — 0. Wien, 1873; 4». Zeitschrift des österr. Ingenieur- & Architekten -Vereins. XXV. Jahrgang, 2. Heft. Wien, 1873; 4«. 128 Über den Syngenit. Von dem c. M. T. Ritter v. Zepharovich. (Mit 1 Tafel.) Im Jimi V. J. veröffentliehte ich in der Zeitschrift „L.otos^' eine vorläufige Notiz über den .Syngenit, ein neues Mineral von Kalusz in Ostgalizien, welches Herr Dr. K. Vrba aus Eger's Mineralienhandlung in Wien für das mineralogisohe Museum der Prager Universität mitgebracht hatte. Auf zwei Steinsalz-Drusen - zeigten sich in reichlicher und gleichzeitiger Entwicklung mit den Würfeln des Chlornatriums, die auf den ersten Blick sehr au Gyps erinnernden, wasserhellen, lamellaren Aggregate des neuen Minerales. Härte und Spaltbarkeit unterschieden dasselbe alsbald vom Gyps, dieReactionen vor deniLöthrohre schienen fürPolyhalit zu sprechen. Eine von 0. Völker in Prag ausgeführte x4nalyse ^ ergab die Zusammensetzung des als Laboratoriums-Produkt bekannten Kalk-Kali-Sulfates, CaKgSgO^.H^O, einer dem Poly- halit nahe verwandten Substanz, welche sich von demselben durch den Abgang des Magnesia-Gehaltes unterscheidet. Diese Beziehung zum Polyhalit, sollte in dem Namen Syngenit {avyyiy'ng, verwandt), den ich für die als Mineral neue Verbin- dung wählte, ihren Ausdruck finden. Die damals noch nicht zum Abschluss gelang-ten Messungen erwiesen, dass die Krystalle des Syngenit in ihrer Form jenen 1 Dieselben waren als Sylvin bezeichnet; wiiklicher Sylvia wurde auch gleichzeitig acqiurirt und veranlasste eine Verwechslung der Proben, die irrige Angabe in der vorläufigen Notiz über das Vorkommen des Syn- genit mit Sylvin. * Sitzber. d. Akad. d. Wiss. (iC. Bd., 1872. 2. Abtli. S. 197. über den .Syngciiit. 129 des Laboratoriuiii-Prücluctes, welche als rliombisch beschrieben winden, nahekommen, aber durch einen constanten monoklinen Habitus ausgezeichnet seien, so dass man sie ohne Prüfung im Polarisations-Apparate, in dem sie sofort als rhombisch erkannt werden, als entschieden monoklin erklären niüsste. In der That zeigen die auf ihrer Tafelfläche liegenden Syngenit-Krystalle im Polarisations-Apparate zwei synnnetrische Ringsysteme , ganz gleich jenen der rhombischen Substanzen, mit einer anscheinend auf der Tafelfläche normalen Bissectrix. Eine vollständigere optische Untersuchung überzeugte mich aber in jüngster Zeit, dass die Syngenit-Krystalle, ungeachtet ihrer scheinbar rhombischen Ringsysteme, monoklin seien, wie dies auch vollkommen ihrem morphologischen Charakter ent- spricht; auch hatte sich nach Abschluss meiner Messungen er- geben, dass eine Beziehung der Syngenit-Formen auf ein recht- winkliges Axensystem, wie ich dies zuerst für möglich hielt unstatthaft sei. Ebenso erwiesen sich ferner die bisher, krystal- lographisch und optisch, als rhombisch beschriebenen, künstlich dargestellten Krystalle des Kalk-Kali-Sulfates durch Brezina's optische Beobachtung und meine Messungen als monoklin und übereinstimmend mit den Syngenit-Krystallen. Der Publication meiner vorläufigen Notiz über den Syngenit folgte, im Laufe des vorigen Halbjahres, eine Abhandlung von J. Rumpf über den „Kaluszit", ein neues Mineral von Kalusz ^ Die Formen desselben wurden als monoklin erkannt, die Substanz ergab sich nach Ullik's Amialyse als ident mit dem Kalk- Kali- Sulfate der Laboratorien, und demnach auch mit dem Syngenit. Da aber für die Laboratoriums-Krystalle das- rhombische System angegeben war, nahm Rumpf einen Dimorphismus der genannten Verbindung au, womit auch die vorliegenden stark difterirenden Angaben über das Eigengewicht des Kaluszit und des Syngenit im Einklang zu stehen schienen. Tschermak zeigte aber-, dass die Krystalle von Rumpfs Kaluszit — gleich 1 Miner. Mittheil. ges. v. T schermak, 1S72, S. 117. 2 Miuer. Mitth. 1872, S. 197. Sitzb. d. mathem.-nHiurw. Cl. LXVII. Bd. I. Abth. 9 loO Z ep h a r 0 V i c h. jeueu des Syngeiiit — in ihren Winkeln mit den Kiy stallen des künstlich dargestellten Kalk-Kali-Siilfates nahe übereinstimmen, dass sich dieselben im Polarisations-Apparate in gleicher Weise wie rhombische Substanzen verhalten, und dass demnach der Kaluszit mit dem bereits früher von mir Syngenit genannten Minerale ident sei. Auf die vorerwähnte Ditferenz in den An- gaben des Eigengewichtes wurde hiebei nicht eingegangen. Eine wiederholte Gewichts-Bestimmung des Syngenit zeigte aber, dass die in meiner ersten Notiz ' mitgetheilte Zahl auf einem Rechnungsfehler beruhe^; aus drei in ihren Resultaten fast über- einstimmenden Versuchen ergab sich schliesslich G = 2-60 und dürfte demnach die abweichende Angabe Rumpfs ((? = 2-25), gleich meiner ersten, auch auf einem Fehler beruhen. Nach Rumpfs ausführlichen Mittheilungen über das neue Mineral von Kalusz müsste ich wohl auf die Darlegung meiner Beobachtungen verzichten, würden sie sich nicht auf ein weit reichhaltigeres und vorzüglicheres Materiale, als es Rumpf nach seiner eigenen Angabe vorgelegen, beziehen. Wenn ich demnach in krystallographischer und optischer Beziehung einige nicht unwesentliche Beiträge zur Charakteristik des Hyngenites zu liefern vermag, möchte ich, um Wiederholungen zu vermeiden, bezüglich der Art des Vorkommens auf Rumpfs Abhandlung, welche die Schilderung typischer Syngenit-Steinsalz-Exemplare enthält, verweisen. — Zur Ermittlung der k r y s t a 1 1 o g r a p h i s c h e n Elemente des Syngenit dienten achtzehn, grösstentheils ausgezeichnete Krystalle, deren Hauptflächen in den meisten Fällen deutliche Reflexe des Fadenkreuzes gaben. Es sind stets, nach der Haupt- axe langgestreckte, schmale Täfeicheu, mit vorwaltendem Ortho - pinakoide, im Allgemeinen mit rectangulären oder lanzettförmi- gen Umrissen. Einer der schönsten Krystalle ist 14 Mm. hoch, 2 Mm. breit und Yg Mm. dick; die Dimensionen sinken einerseits bis zu jenen feiner Nadeln herab und erreichen andererseits 5 Mm. Breite und 1 Mm. Dicke, bei 10 Mm. Höhe. Derartige voU- 1 Lotos, Juni 1872, S. 137. 2 Lotos, Kovember 1872, Ö. 213. über den Syugenit. 131 konimene, wasserklare Individuen finden sieli stclieiul und i;e- wülinlieh einzeln aut'g-ewaelisen in den Zwischenräumen der lamellaren, in's g-erad-schalige übergehenden Syngenit- Aggregate, welche in ansehnlichen Massen in Steinsalz-Drusen derart auf- treten, dass die Bildung- der beiden Minerale als eine g-leichzcitige erkannt wird. In einer fragmentaren Partie eines solchen Aggre- gates sind die einzelnen tafeligen Individuen 10 Cm. hoch und 5 Cm. breit; ihre Tafelflächen, wie auch jene der gT(3sseren Krystalle, sind stets mehr weniger stark vertical gefurcht, wäh- rend auf den übrigen zahlreichen Flächen der Prismenzone die Furch ung zurücktritt oder auch gänzlich fehlt. Die flächenreichen landen der Krystalle sind glatt, falls sie nicht erodirenden Ein- flüssen ausgesetzt waren. Für die Deutung der Syngenit-Formen folge ich der von Kunipf gewählten Aufstellung, bei welcher das Spaltprisma mit 1 10 bezeichnet ist, — sie gewährt auch den Vortheil, die Winkel- Analogien mit den Gypsflächen in ihrer geläufigsten {Bezeichnung unmittelbar hervortreten zu lassen. Die folgenden einundzwanzig Formen, deren Flächenpole in die stereographische Projection Fig. 1 eingetragen sind, wur- den von mir beobachtet. a{100) . coJPco 6(010) ooPao . f(OOl) oP . (810) . 00 PS (610) . (410) . p,(ßl(y) . 00P6 cof4 co?3 ooi?2 . (650) . 00^65 Kl 10) . ooP (120) . ooP2 r(lOl) . p{203) . r\101) . — Poo —Sf^Poo Poo rX201) ■2PoD . ^(011) . 0(111) —P -iPi . o'(Tll) . o\22r) . e\2n) P 2P 2P-2 Die Prismen 810, 610, 410, 650, das Hemidoma 208 und die Hemipyramiden 411, 111 und 211, welche in Rumpfs Angaben nicht vorkommen, sind sämratlich untergeordnete und seltener auftretende Formen, deren äusserst schmale, stark glän- zende Flächen nur auf ihren grössten Reflex, mittelst der dem Beobachtungs-Fernrohre vorgeschobenen Lupe eingestellt wer- den konnten. Die demnach unsicheren Messungen sind in der Winkeltabelle mit a und sa bezeichnet. 132 Z e p h a r 0 V i c h. Ans den relativ am sichersten bestimmten Neig'nngen; 310: 100 = 23°53'50° » 001 : lOo =76° 0 0 011 : 100 = 79 22 0 332 23°50' — 23°58 7 75°52 — 76° 6 11 79°21 — 79°25 ergeben sich als Elemente der Krystallreihe des Syngenit a:b:c = 1-3699: 1:0-8738 ac = 76°0', wenn (t die Klino diagonale und c die Hauptaxe bedeutet — und die Kantenwinkel in der folgenden Tabelle^. Berechnet Gemessen Mittel -t I Z. 3 ! Grenzwerthe Rumpf 100 : 010 810 610 410 310 310 : 010 210 210 : 010 310 100 : 110 110:010 210 310 100 : 120 120 : 010 110 001 : 010 100 110 101 : 001 100 110 203 : 101 101 : 001 100 90° 0' 9 26 12 29 18 22 66 6 33 36 56 23 9 42 53 2 36 57 19 26 29 8 69 23 20 36 16 20 90 0 81 38 28 10 47 48 66 10 7 40 36 11 67 48 0" 2 30 56 10 32 28 42 44 16 12 54 9 51 25 0 14 57 3 58 14 54 6 90° 0' 9 22 12 34 18 204 b5| 7 33 33| 56 25i 36 58| 19 27 29 8| 69 23 20 39 16 20 90 0 76 0 81 40 28 11 47 45i 66 10 8 34 36 19t 67 43 4 3 3 4 3 2 2 7 1 bsa 7 1 Isa 3 5 89°584-'— 90° 1' 18 14 23 50 66 5 33 30 56 22 9 23 52 57 36 57 19 26 29 7 69 20 20 37 16 19 89 581 ■ 75 52 - 27 46 47 434 36 15 67 42 -18 26 -23 58 -66 8J- -33 38 -56 27 - 9 44 -53 9 -37 0 -19 28 -29 12 -69 27 -20 40 -16 21 -90 U -76 6" -28 43 -47 48 -36 26 -67 43 23° 58f' 33 47i- 9 36f »53 IG 19 304 29 14i 69 24 20 31| *76 9 27 49 48 12 *35 40 *68 11 1 Arithmet. Mittel der mit gleichem Gewichte anj^esetzten Messungen. 2 Zahl der gemessenen Kanten. 3 li u m p f, dessen Messungen sich nur auf 6 Krystalle erstreckten, fand a:b:c = 1-3801 : 1 : 0-8667 : ac ^ 76°9' aus den in der Tabelle mit » be- zeichneten 4 Grundwerthen. über den Synucnit. 133 Bereclmet Gemessen Mittel Z. Grenzwerthe i Rumpf 201 : 100 IUI 011:001 0.10 100 011 310 310 210 110 101 111 : 100 010 (101 411 :100 010 001 111 : 100 010 001 101 2(210) : (210) = 67° 13 — r'(TOl) : (t\im~) = ()7°48 ' />(i]0):(TTO) = 10ß 5V2 — r(()01) : ^<>(T00) = 104 0°. Die Haupttypen der Combinationen sind auf Taf. I, Fig. 2 — 5, nach Vrba's Zeichnungen dargestellt, in welchen, der Deut- 134 Zepharovich. lichkeit des Bildes wegen, der spitze Axenwinkel ac vorne und oben erscheint. Fig. 2 ist nach dem formenreichsten der niir vor- liegenden Krystalle, ausgezeichnet durch seine symmetrische Entwicklung, entworfen, und ist die Zeichnung im Vergleich zur wirklichen Ausdehnung der Flächen nur wenig idealisirt. Ausser den sämmtlichen Flächen der Fig. 2, von denen r'^(201), dann o'(Tll) und 6'^(211) sehr schmale Abstumpfungen der Kanten rVf* und qa^ bilden, treten an diesem Krystalle in der Vertical-Zone, ebenfalls mit sehr geringer Breite, noch die Prismen 120 und 650^ an den Kanten bp und j^p^ ^^^^- *^^*^ wurde nur noch an einem zweiten Krystalle beobachtet. Die Combination der Fig. 3 ist eine der am häufigsten vorkommenden. Fig. 4 und 5 stellen zwei sel- tenere Fälle dar, in denen als schiefe Endflächen TOI oder 101 auftreten. Fig. 5 repräsentirt auch den nicht seltenen, lanzett- förmigen Habitus der Krystalle. Erwähnenswerth ist die oftmalige Unvollzähligkeit der Flä- chen in der Zone 100-01 0, die eine differente Gestaltung nach rechts und links bewirkt und besonders auffallend wird, wenn sich gleichzeitig auch eine Unvollzähligkeit in der Zone 001-010 einstellt. Derart sind manche Täfelcheu unsymmetrisch zugespitzt durch das nur einseitig auftretende Klinodoma 011 ; das Klino- pinakoid ist gewöhnlieh nur rechts oder links vorhanden. In der Vertical-Zone ist an kleinen Kry stallen das niemals fehlende und unter den Prismen meist am breitesten entwickelte /73(310) fast stets mit einer schwächen verticalen Riefung ver- sehen; sehr zart erscheint eine solche ausnahmsweise auch auf 2^2(210); die übrigen Prismen und die beiden Pinakoide hingegen sind glatt. Zwischen den Prismen mit naheliegenden Indices fehlen nicht selten scharfe Kanten. An den grösseren Krystallen und den lamellaren Aggregaten ist das Orthopinakoid immer vertical stark gefurcht. Unter den Flächen an den oberen Enden wurde an allen Krystallen ^(011) beobachtet und nur selten o'^(221) vermisst; die letzteren zeigten in einigen Fällen eine schwache Convexität, gleich den anderen Hemipyramiden, die nur an wenigen Krystallen und in äusserst geringer Breite nach- gewiesen Averdeu konnten. — 1 G5Ü:100 = 47"^ 55'/., (ber.); eine sehr nnsichere Messung- ergab ^ 47° 21'. über den Syngenit. 1 35 Die Kiy stalle sind vollkommen spaltbar nach 10(> und nach 110. — Es wurde bereits erwälint, dass die nach lOo tafeli^-en Krystalle, auf 100 lieg-end, im Polarisations-Apparate die l)eiden Axenbilder zeigen, welche in synimetrisciier Gestaltung- und Farbenvertheilung- ganz jenen rhombischer Substanzen gleichen. Es hat diese Erscheinung bei der ersten Bestimmung des Kry- stall-Systemes mich, so wie Andere, welche dieses Mineral unter- suchten, irre geführt. Der Nachweis, dass sich der Syngenit auch optisch wie monokline Körper verhalte, ist sehr einfach. Besitzt das Polari- sations-Instrument unterhalb des Analyseurs ein centrirtes Faden- kreuz, so fällt der die beiden Ringsysteme durchziehende dunkle Balken bei keiner Lage des Krystalles in den Mittelpunkt des Fadenkreuzes; er erscheint etwas seitlich oder oberhalb dessel- ben und in einer diametralen Lage, wenn der Krystall um die Kormale des Orthopinakoides um 180° gedreht wurde. Es kann demnach die Bissectrix nicht mit der Normale auf 100 coincidiren. Legt man zwei Kry stalle, einen gegen den andern um 180° in obiger Weise gedreht, mit ihren 100-Flächen übereinander, so zeigt sich eine Combinationsfigur aus den Ringsystemen der bei- den einzelnen Individuen. Die gleichen combinirten Ringsysteme sieht man in den natürlichen Zwillingen des künstlich dargestell- ten Kalk-Kali-. Sulfates ; ich verdanke ein derartiges Präparat Herrn A. Brezina, der auf Grund der erwähnten Erscheinung zuerst erkannt hr.tte, dass diese Krystalle dem monokliueu Systeme angehören K Die Ebene der optischen Axen ist parallel der Orthodia- gonale^. Um die Lage der Elasticitätsaxen zu bestimmen, wurde aus einer hohen Syngenit-Tafel eine Platte parallel der Symmetrie- 1 Brezina berichtete mir hierüber, nachdem ich ihm die Kesultate meiner optischen Untersuchnngen des Syngenit mitgetheilt hatte. Es ist daher unrichtig, wenn in den Miner. Mittheil. 1873, S. 47, erwähnt wird? dass mir die obige Thatsache früher bekannt war. Nur die ganz allgemein gehaltene briefliche Bemerkung Brezina's, dass er „aus optischen Grün- den" schliesse, der Syngenit sei monoklin, lag mir früher vor. 3 Rumpf gibt irrthümlich an, dass die Ebene der optischen Axen parallel dem klinodiagcnalen Hauptschnitte liege. 136 Z e p h ;i 1- o V i c h. ebene geschnitten, dieselbe quer getheilt, und die beiden Hälften um 180° gedreht, mit 100 aneinander gefügt. Ein solcher künst- licher Zwilling zeigt sehr deutlich, dass die optischen Elasticitäts- axen in den beiden Hälften nicht parallel sind. Der Winkel, den dieselben an der Zwillingsebene einschliessen, wurde bei 75mali- ger Vergrösserung in einem Mikroskope mit Polarisations-Vor- richtung, dessen Ocular mit einem Systeme von parallelen Linien und einem Goniometer versehen ist, gemessen. Die Einstellung auf das Maximum der Dunkelheit war für weisses und gelbes Licht eine ziemlich präcise. Durch achtmalige Eepetition wurde der obige Winkel für Weiss = 5°42' (5°35'— 5°50'), für Gelb = 5'^32' (5°20'— 5°40') gefunden; für Eoth u. s. w. ist der gleiche Winkel anzunehmen, da bei dem Abgange einer „horizon- talen Dispersion" in den RiugS3'stemen, eine Dispersion der Mittellinien nicht stattfindet '. Die Dispersion der Axen hingegen ist beträchtlich, p<:v. Die Substanz ist optisch-negativ. Das Schema der Elasticitäts-(Hauptschwingung8-)Axen ist^ (001) ca = 73° 14', da die erste ( — ) Mittellinie — welche im stumpfen Winkel der Axen ac liegt mit der Normale auf 100 einen Winkel von 2°46' einschliesst und 001 : 100 = 76°0'. Der scheinbare Winkel der optischen Axen in Luft beträgt für V. Laug 3. Tschermak*. Vrbas. Roth 40°— — 41°36 — 41°35 Blau 46°30 — 49°45 — 46°22 1 In dieser Beziehung verhält sich ähnlich das schwefelsaure Ama- rin (Groth, Pogg. An. 135, S. 65B). Goniomctrisch schien dasselbe rhom- bisch zu sein, da aber die (-f ) Mittellinie mit der Normale auf 100 einen Winkel von 10° einschliesst, wurde es im Polarisations-Apparate alsbald als monoklin erkannt, während der Syngcnit, bei welchem derselbe Win- kel nur 2°51' beträgt, irre führen konnte. 3 Murmann und Rotter, Orientirung der Hchwingungsaxen des Lichtes in monokl. Kr. Sitzber. d. k. Ak. d. Wiss. 31. Bd., 1859, H. 135. 3 Privat-Mittheilung. * Miner. Mittheil. 187:^, 198. Blau: Lösung von Kupteroxydannnon. 5 Lotos, 1872, S. 212. Rothes und blaues Glas. über den Syng-onit. J37 Den Brechung-s-Exponentcn fand Vrba — dcMii idi für die Ausführung der sämmtlichen optischen Bestimmungen 7Ai beson- derem Danke verpflichtet bin, — annäliernd l-ö5 und demnach den wirkliehen AVinkel der optischen Axen für Roth 26°31' Blau 29°24'. Das Eigengewicht des Syugenit ist im Mittel dreier Bestinnnnngen im Piknometcr mittelst Benzol : 2-003, bei 17V2°C. Die Ergebnisse der einzelnen von Vrba mit grösster .Sorgfalt ausgeführten Wägungen, welche mit a) 0-903, b) 2-288 und c) 2-171 Grm. vorgenommen wurden, sind a) 2-6021, b) 2-6226 und c) 2-5856. Das Eigengewicht des angewendeten Benzols ergab sich ^/^ 0-8898, 6^0-8883, cj 0-8876 1. — Die Härte ist 2-5. - Über die chemische Constitution des ftyngenit liegen die Untersuchungen von F. Ullik ^ in Graz und von 0. Völker * in Prag, vor. Die Resultate der Analysen sind die folgenden : 1. -2. 3. 4. 5. CaO..... 17-14 17-09 16-67 16-62 16-97 KgO 28-57 28-53 28-40 28-72 28-03 SOg ..... — 48-63 48-33 48-35 49-04 H^O 5-50 5-46 5.46 5-45 5-85 Ullik (Nr. 1 — 4") hat in den Proben 3 und 4 auch Chlor- natrium (in 3 betrug die Menge desselben 1-42 Prc.) und V (31- ker (Nr. B) 0-46 Magnesia nachgewiesen. Die analysirte Substanz ist demnach CaSO^ , KgSO^. Hj,0 oder CaKgSgOg . HgO, deren Zusammensetzung erfordert: CaO 56 17-06 KgO 94-2 28-70 2SO3 160 48-75 HgO' 18 5-48. 1 Bei zwei anderen Versuchen ergab sich das Eigengewicht 2-556 (Benzoll und 2-524 f Alkohol); da sich dieselben auf eine geringere Snb- stanzmenge beziehen und weniger verlässlich schienen, wurden sie nicht berücksichtigt. Nach Rumpf wäre das Eigengew. bei 17 1', C. = 2-25. 3 Miner. Mittheil. 1872, S. 120. 3 Sitzber. d. Ak. d. Wiss. (36. Bd. LS72. 2. Abth. S. 197. 138 Z e p li a r (j V i c h. Das Verhalten in höherer Temperatur fand ich im Wesent- lichen übereinstimmend mit den Angaben Rumpfs. In der Flamme des Bunseu 'sehen Brenners wird die Probe trübe, färbt die Flamme violett und schmilzt leicht zu einer wasserklaren, nach dem Erkalten weissen, wenig glänzenden Perle, mit krystal- linisch-feinkörniger Textur. Im Kölbchen erfolgt heftiges Decre- pitiren, Abgabe von Wasser und nach längerem Glühen Schmel- zung, ebenfalls zu einer milchweissen Masse. Von Wasser wird das Mineral leicht angegriffen. Die po- lirte lüO-Fläche eines Krystalles zeigte schon nach 2maligem Überstreichen mit einem in Wasser getauchten Pinsel unter dem Mikroskope zarte Verticalfurchen , die sich nach wiederholtem Überstreichen zu rectangulären , treppig abfallenden Vertiefun- gen, sämmtlich der Länge nach, parallel der Prismenkante ge- richtet, gestalteten ; endlich stellte sich im Grunde der Vertie- fungen eine mit 100 parallele Fläche ein. Die gleichen Erosions- wirkungen Hessen sich auf den natürlichen 100 -Flächen der mir vorliegenden Krystalle nur spärlich und schwach erkennen. Wird eine fein gepulverte Probe mit destillirtem Wasser Übergossen, umgeschüttelt und rasch filtrirt, so enthält das Filtrat bereits eine ansehnliche Menge der Substanz in Lösung. Die klare Flüssigkeit wird beim Erwärmen trübe von abgeschiedenem Gyps. Nach Ullik ist das Mineral in Wasser theilweise löslich, unter Zurücklassung von Calciumsulfat ; Vrba fand, dass bei- läufig 400 Theile Wasser erforderlich sind, um 1 Theil Syngenit zu lösen; die Löslichkeit entspricht somit jener des Gypses. Wie ich bereits in meiner vorläufigen Lotos-Notiz erwähnt, sind die Syngenit-Krystalle nahezu übereinstimmend mit jenen des gleich zusammengesetzten Laboratorium-Productes. Tscher- mak bemerkte ebenfalls, dass die von Rumpf untersuchten Krystalle in ihrer Form nahekommen den künstlich dargestellten Krystallen des Kalk-Kali-8ulfates, welche von Lang gemessen wurden und gab die Vergleichung der von den Beiden gewählten Bezeichnungen. über den Syngenit. 1'^«^ L a n g K 11 m p f 100 = n 001 = h 101 = p 110 = r Vergleicht man aber nach diesem Schema die Messungen von Lang und von Miller ^ mit den Syngenit-Winkeln : Miller L a n g {a) (110): (110) — 87° 4 86°34 (b) (110): (100) — 46-28 46-43 (V) (140): (100) — 76-38 — (d) (101): (101) — 74- 4 74-20 Rumpf Zepharovich. («) — — (h) (101) : ^100) - 48°12 47°46 (c) (001): (100) — 76- 9 76- — {d) (T10):(110) - ■ 73-28 73-54'^ so findet man für («) keine analogen Winkel am Syngenit, und für (/>) eine ansehnliche Differenz in den Angaben. Zur Aufklä- rung dieses Umstandes, sowie zum Nachweis, dass die künstlich dargestellten Krystalle, wie dies aus der früher erwähnten Er- scheinung im Polarisations - Apparate folgt, monoklin seien, war eine wiederholte Prüiriing der von Lang gemessenen Kry- stalle sehr wünschenswerth. Mit grösster Bereitwilligkeit über- liess mir mein hochgeehrter Freund das Materiale, welches ihm zur Untersuchung diente. Es sind sechs Krystalle mit ungünsti- ger Flächenbeschaffenheit, zumeist Fragmente von unbekanntem Ursprünge, welche v. Lang in London erworben hatte. Einen andern Krystall verdanke ich Herrn Hüttenmeister F. Ulrich in Oker, welcher denselben, unter der Bezeichnung Po^asso Gypsite von J. A. Phillips erhalten hatte ^. i Rammeisberg, kryst. Chemie, 1855, S. 235. 2 Nach der freundlichen Mittheilung Ulrich's, welcher gleichfalls die früher erwähnte Bissectrix-Plattc anBrezina gesandt hatte, stammt dieser Krystall aus London und wohl aus derselben Quelle, welche die von Lang gemessenen Krystalle lieferte. 140 Z e p li a r 0 vi c h. Von diesen sieben Kiystallen erwiesen sich fünf im Polari- sations- Apparate sofort als Zwillinge, welche das Ansehen rhombischer Combinationen, seitlicli zugeschärfter Tafeln, besitzen, da sie, einen Fall ausgenommen, an der Stelle der einspringen- den Zwillingskanten abgebrochen sind. An drei Tafeln war die Zwillingsbildung auch äusserlich nachzuweisen. Die Hauptform wird durch 100, 110, 101 bedingt; untergeordnet erscheinen 610, 310, 210, 650, 101 und 001. Zwillingsebene ist 100. Die Flä- chen der Verticalzone , insbesondere 100, sind stark vertical gefurcht. Die Ergebnisse sehr ungenauer Messungen sind die fol- genden : Mittel Z Grenzwerthe Syngeiiit a(100):r(101) = 47°42y3 (6) 47°34— 47°55 47°46' allOO) : plnO) = 52 ööV^ (9) 52-44— 53- 2 53- 2 An dem Ulrich 'sehen Krystall gaben die beiden an der Zwillingsgrenze eine ausspringende Kante bildenden r-Flächen, je zwei Fadenkreuze und daher die beiden Werthe: /"' l = 47°35V, und 46°46' im Mittel. Aus dem letzteren ergibt sich die Zwillingskante r(r) = 86° 28', welche Zahlen mit den Lang 'sehen Angaben (110) : (100) = 46° 43 und (110) : (110) = 86°34' gut übereinstimmen. Aus dem Obigen ap, folgt jjp = 74° 9; Lang fand (101) : (101) = 74°20, Miller: 74°4'. Es sind somit die künstlich dargestellten und die natürlichen Krystalle des Kalk-Kali-Sulfates ident; an den ersteren herrschen Zwillinge, von welchen ich nur an den lamellaren Sjnigenit- Aggregaten vonKalusz im Polarisations- Apparate Anzeichen fand. Von Interesse sind die Analogien der Formen des Syngenit mit jenen verwandter Substanzen. über diMi .Synyenit. 141 Es liegt nahe, in dieser Beziehung- zuuäebst den G y p s zu vergleichen; derselbe bietet in seiner gleichfalls reich entwickel- ten PrisMienzone eine autfallende Ubereinstininning mit dem Syngeuit, bei diesem herrscht aber lOU, beim Gyps UlU. G y p s 1 S y n g e n i t a{100) : r(140) — (^9°d2%' (i{U)0) : (120) — G9°23' /<(120) - 53 48 P{^^^) — 53 2y^ w?(110) — 34 19 Pzl^^O) — 33 36'/, •X3207— 24 25 /^i^lO) - 23 53% 4(.21U) — 18 48 (410) — 18 23 <310>'— 12 47 ((310) — 12 29 '/^ ^/(lOO) : c(OOl) — 80 32 «(100) : <001) — 76 0 4IOI) — 52 16 ;.(203) — 55 28V4 a'{iOö) : t[l01) — G6 14 «'(TOO) : y(IOl) — 67 48 Von den Gyps-Hemipyramideu ist nur eine annähernd ent- sprechende am Syngenit vertreten. ^(121) : «'(100) — 71°16 o'illl) : «'(lOO) — 72°55' ^(010) — 52 50 6(010) — 51 l'/g c(OOl) — 48 12 f(OOl) — 51 8V2 Nimmt mau .v als (^11 1), so ergibt sich das Axenverhältniss : Gyps a:b:c = 1-3833 : 1 : 0-8233, «c = 80°32 ' Syngenit. . . a : 0 : c = 1-3699 : 1 : 0-8738, ac = 76° 0 Eine morphologische Ähnlichkeit findet auch statt zwischen dem Syngenit und den Salzen der isomorphen Gruppe deren Krystallaxen in Bezug auf a/jc des Syngenit beiläufig sind: ci c -y b -^ , mit ac = 73° 39 ' im Mittel ^. 1 S. Miller 's Mineralogy. a Brezina, s. Miner. Mitth., 1872, S. 19. s S. Sitzber. d. Akad. d. Wiss. 3-1. Bd. 1859, 8. 192. 142 Z e p h a r 0 vi c h. Über den Syngenit. Beispielsweise führen wir hier an: MgKaSoOg.GHaO Syngenit 100:110 = 35°39' 100 : 210 = 33°36V2' 100:001 = 75 5 100:001 = 76 0 100:201 = 41 32 100:201 = 43 11. In optischer Beziehung verhalten sich aber Gyps und die zuletzt genannten Salze, mit dem Syngenit verglichen, different. V. ZephaTOV'irh , S vii'i«- ii i I Tiitl Fi ff. ,). FÜ/.4 Fif/.-i X Vj-ba t-ojiot - M FaJurm'baclier litk Druck v". J03. Wagaet in Wien Sitzimqsl». derTcais .\kad. dAruiafli iiafiiw CI L XVf IJd [Ablfi |f!T:; 143 Beiträge zur Kenntniss des Wachstlnims der Pflanzen. Von Franz Krasaii. Bereits vor drei Jahren hatte ich die Untersuchung, in wel- cher Art die allg-emein^n Lebenserscheinungen der Pflanzen in ihrer Dauer und zeitlichen Folge von den Factoren : Wärme, Licht und Stoff abhängen, als die wesentliche Aufgabe der theoretischen Pflanzen-Phänologie bezeichnet. Damals suchte ich durch mög- lichst zahlreiche Beobachtungen der Gewächse im Freien mit Hilfe der damaligen Kenntniss der Lebensvorgänge und ihrer Bedingungen einen Stützpunkt für weitere und genauere Unter- suchungen zu gewinnen. Wenn ich nun, nachdem ich mich in diesem so schwierigen Gebiete einigermassen orientirt zu haben glaube, im Folgenden die Resultate jener Beobachtungen und Experimente darlege, die ich im Sinne der in den „Studien« (Verhandl. der k. k. zool.-botan. Gesellsch. in Wien, 1870) gegebenen Andeutungen grösstentheils von 1869 bis März 1873 ausgeführt habe, so drängt es mich vor Allem, der Herren Dr. Jul. Sachs und Karl F ritsch, die mich durch freundliche Mittheilungen und Rathschläge unterstützt haben und deren wissenschaftliche Arbeiten mir bei den vorlie- genden Untersuchungen förderlich waren, in dankbarer Aner- kennung zu gedenken. Anmerkung. Für Laugen und Höhen, die sämmtlich durch metri8ches Mass ausgedrückt werden, ist im Texte M. = Meter, KM. = Kilo- meter, Cm. = Centimeter, Mm. = Millimeter. Die Temperaturangaben sind aiif die Centesimalscala bezogen. 144 K r a s a n. I. AlUuiii ochroleucuni W. et K. In dieser Pflanze, die schon wegen ihrer eig-enthümlichen Verbreitung- zu den interessantesten gehört \ finden wir den Ausgangspunkt für eine Classe von Erscheinungen, die, bei ober- flächlicher Betrachtung, unseren bisherigen Vorstellungen über den Einfluss der Wcärme auf den Entwicklungsgang der Pflanze scheinbar zuwiderlaufen und ohne Einbeziehung der mit der Wärme in Wechselwirkung stehenden Factoren des Pflanzen- lebens nicht verstanden werden können. Im Laufe von mehreren Jahren, in denen ich mir angelegen sein Hess, die genannte Pflanze zu verschiedenen Zeiten an den verschiedensten Localitäten zu untersuchen, gelang es mir, eine Eeihe von Thatsachen festzustellen, aus denen das Wechselver- hältniss der Factoren Wärme, Licht und Boden in seiner Bezie- hung zur Entwicklungszeit der Pflanz^in gröberen Umrissen durch eine einfache Discussion gefunden werden kann. 1. Als ich den vergangenen Sommer (1872) den 2000 M. hohen Storzec^, einen Vorberg der Karavanken-Kette etliche Kilometer nördlich von Krainburg, bestieg, fand ich A. oclir. in der Höhe von 1700 — 1800 M. sehr häufig. Die Blüthenknospen waren am 3. August zum grössten Theile schon aus ihren Hüll- scheiden hervorgetreten, und einzelne Exemplare standen bereits in voller Blüthe, umgeben von zahlreichen Alpenpflanzen, unter denen Leoiitopodium alpinuni, Pedicidaris tuberosa, P. Jacquiid und P. incitrnatd , Hierncium vi/fusiim, Sa.vi/raf/a cuesia imtl S. crustata, Potentilla Clusiana, Campanula pusil/a und C. Zoyaiiy Hellospermu a/pestre, Bupleiirnm gruminifoUum, Diiphne struda, Chamaeorchis (ilpiua, Giolndaria nud/caidis, Dinntlius sdvestris, Ojcytropis tjiontdna und Curav firma die häufigsten waren. Diese mitvorkommenden Arten sind iür die Natur des Stand- ortes viel zu bezeichnend als dass es nöthig wäre, die Bodenart und Lage gegen die Sonne näher zu beschreiben; es sei nur < Sie wächst auf den Karavanken und julischen Alpen und deren Ausläufern bis an die Gestade des Meeres häufig; koninir nacli ülterein- stimmenden Angaben aueli in den Karpathen vor. 3 32°;")' ö. L., 46°20' n. B. Bc'itriiyc zur Kciuitiiiss dos W.irlistliiiius der THmiizcii. 145 heiui'rkt, dass sich ilurtsdlist i-cicliliclier scliwar/.ci' llinmis am Bodi'U und in den ZAvisclienväuiiu'u des Gesteins \(ii'lindct. 15is zu dieser kalden und t'elsi^'cn IJciiiitn gelaniit selten ein 'i'ln'cr xou der tiefer unten weidenden Herde. Das voran sg'cg-ang-ene Frühjahr ist verhältnissniässig wann g-ewesen, da im Winter nur wenig .Schnee gefallen war. Während sonst der Berg bis in den April einen ringsum geschlossenen Schueemantel trägt, war diesmal im Monate April nur in ein- zelnen schattig gelegenen Vertiefungen einiger Schnee zu sehen. Auch waren die liegen den Scnnnier hindurch sowohl im Flach- land als auch im Glebirge nach Zeit und Ort ziemlich gleich- massig vertheilt, so dass kein Zeitabschnitt während der lieissen Sommermonate bezeichnet werden kann, wo die Vegetation im Gebirge an Trockniss gelitten hätte. 2. Von diesen Alpenhöhcn, auf denen w'iv A. oc/tr. imnitten einer Kälte liebenden Vegetation sehen können, folgen wir unse- rer Pflanze weit hinab in die warmen Gegenden von Görz K Hier tinden wir sie wieder, etwas fester und steifer von Natur, im Übrigen aber von unverändertem Artcharakter, nicht mehr in Gesellschaft von Leonfopodlum alpiuutn, Daphne striata, Globu- larid Hudlcunlis, Prhun/a i'/if<'f/n'/h//(( (Wulf), Sor/ms Chanuie- mespilus etc., sondern als unmittelbare Nachbarin des Ol- und Feigenbaumes, des Weinstocks und der edlen Kastanie, in einer Region, welche mit der oberen Grenze der Mittelmeerflora zu- sammenfällt und durch eine mittlere Jahrestemperatur von 14° gekennzeichnet ist. Die Localitäten, an denen ich die Pflanze durch 12 Jahre zu verschiedenen Zeiten beobachtet habe, liegen ungefähr 10K]\I. östlich von Görz, im kleinen Weinland des ungefähr 40 KM. lau- gen und 8 — 14 KM. breiten Wippachthales, das in WO. -Ausdeh- nung als ein hügeliges Eoeänbecken in die Karstwelt hineinragt. Wie fast alle tertiären Landschaften besitzt auch dieses Hügel- land, das durchaus der Nummulitenformation angehört, nur eine geringe Elevation (^lüO— 15oM. über dem Niveau des Meeres). Es wird von Mergel- und Sandsteinschichten gebildet, die in 1 Die Stadt liegt 31°17V3 ^- L., 45°5G' ii. B., 19 KM. vun der Küste des adr. Meeres entfernt. Sitzli. d. inatheiii.-naturw. Cl. LXVII. Bd. I..\bth. 10 146 K r a s a n. wechselnder Folge, meist in sehr unterbrochener und geknickter 8chichtenordnung, fast das ganze Becken ausfüllen. Nnr hie und da tritt derNummulitenkalk deutlich hervor. Der Mergel ist leicht zerreiblich, in den tieferen Lagen bläulich-grau, von theils blätte- riger, theils schaliger fttructur. Den Sandstein fand ich als ein bald fein-, bald grobkörniges Gemenge kleiner weisser oder dunkel gefärbter eckiger Quarz- stückchen, welche durch ein dichtes glaukonitisches Cenient so vollkommen eingeschlossen und so fest zusammengehalten wer- den, dass das Ganze ein sehr gleichartiges Ansehen bekommt. Im ursprünglichen Zustande grünlich-grau, verwittert dieses Gestein an der Luft sehr leicht, wodurch es eine rostbraune Farbe und ein lockeres Gefüge annimmt. Als Vewitterungspro- ducte gehen Kalk- und Eisencarbonat ab und es bleibt nach weiterer Auslaugung und mechanischer Zersetzung eine mit vie- lem feinen und groben Quarzsand versetzte, an Eisenoxydhydrat sehr reiche (daher rostfarbige, gelb-braune) Thonmasse zurück, in der auch mit bewaifnetem Auge keine Spuren von kohlen- saurem Kalk wahrgenommen werden können. Ich werde fortan den Boden, welcher durch diese Zerset- zungsproducte ohne sichtbaren Kalk gebildet wird, da er obigen Sandstein zur Unterlage hat, normalen Sandsteinboden nen- nen, zum Unterschiede von Mergelboden, welcher Kalk und Thon enthält, während der hie und da (jedoch nirgends auf grössere Strecken) emportauchende Nummulitenfels mit seinen Einschlüssen von Kummnliten und Alveolinen, Bivalven und Echiniden zum grössten Theile K a 1 k s u b s t a n z enthält. Auf dem eben beschriebenen normalen Sandsteinbodeu wächst nun A. och-, so 'häutig, dass man in einem Kreise von 20 Schritt Durchmesser stellenweise die Pflanzen nach Hunderten zählen kann. Am häufigsten finden wir sie zwischen Heidekraut (CaUuna ru/f/arisj, welches daselbst ein dichtes Gestrüppe bil- det. Ebendort wächst auf gleichem Substrat, doch in geringerer Menge, die Schnabelheide {Erica cmmea). Bezeichnend sind für diese Bodenart noch insbesondere Cytisus uigricaus, Orobns nUfcr und Ptcris n/juifi/Hi, ferner Molinia cocritlat, Serratula tinclovla , JUcriicium IxtrlKttum (Fries), Anthericuni rdniosiini und Pl((ti(iilh('r(( hifolia. \o\\ charakteristischen Moosen füliren Bciträiic zur Kciintiii.ss de.s Wacli.'stliuiii.s der l'lhiiizcii. 147 >virnn: Atricitiiim iiiilick nach solchen Standorten der Pflanze richten, wo der Boden bei freier Position und intensiver Beleuchtung den Sommer hin- durch eine reichlichere und beständigere Feuchtigkeit beibehält, bei leichter Durchdringlichkeit des Erdreiches und freiem Abzug des Wassers. Es sind mir mehrere solche beschränktere Locali- täten bekannt ; die Pflanze hat dort keinen Augenblick (im ver- gangenen Sommer) an Trockniss gelitten. Am Nordfusse einer frei gelegenen kleinen Terrasse empfing sie z. B., um einen spe- ciellenFall anzuführen, imSonniierö — Ostündiges directes Sonnen- licht; allein dennoch blühte sie an dieser niemals trockenen Stelle 6 — 8 Tage später als an der dürrsten mir bekannten Ortlichkeit, die eine Neigung gegen Mittag hat. Ich vermag aus dieser Thatsache, die sich im Gebiete des Nummulitensandsteins unzählige Male wiederholt, nichts Anderes zu folgern als die Gewissheit, dass die Pflanze unter solchen Um- ständen ein enorm hohes Wärmcbedürfniss besitzt, indem die dortselbst vorkommenden normalen Temperaturen noch nicht so hoch sind, dass eine massige Erhöhung derselben auf die Ent- Beiträge zur Keimtiiiss des Wiieli.stliuins eler Ptlaiizeii. 14 > wickliiiii^- der BlUtlic verzögernd wirken niüsste. Gleichzeitig^ kann nu.s dem Vorgebracliten ersehen werden, dass unsere Pflanze, was ihr Feuchtigkeitsbedürfniss anbelangt, zu d( : g-enUgsamsten gehört. Man wird leicht begreifen, wie sehr ich es wünschte, der Pflanze unter solchen klimatischen Verhältnissen auch auf ande- rem Substrate zu begegnen. Nachdem ich aber im Laufe mehrerer Jahre alle mir zugänglichen Localitäten mit tyi)isc.hem Nummu- litenkalk und Mergel im Sandsteingebiete besucht liatte, ohne A. ochr. gefunden zu haben, muss ich annehmen, dass die Pflanze solche Bodenart meidet. Es schien mir auch lange Zeit ohne einen Culturversuch unmöglich, zu erfahren, wie sich die- sell»e zum Humusboden verhält, da ein solcher an Stellen, wo A. ochr. wächst, nirgends vorkommt. Nichtsdestow^eniger glaube ich nun auch darüber einigen Aulschluss geben zu können. Alle Hügel und Anhöhen, auf denen die in Eede stehende Art vorkommt, sind mit licliter Eichenwaldung bewachsen. Da nun die Bäume nahe über dem Boden und grossen Theils in gleicher HiUic mit dem Niveau des Bodens abgestockt werden, so bildet sich in dem ül)rig bleibenden Stumpfe, da er mit der Zeit inwendig durch das einsickernde Wasser morsch und faulig wird, eine mit schwai-zem Mulm, einer Art Dammerde, gefüllte Höhlung, in welcher nach und nach verschiedene spontan an- gesiedelte Pflanzen Aufnahme finden. Gelang es mir A. ochr. unter diesen letzteren zu finden, so war damit das einfachste und unzweideutigste Auskunftsmittel gegeben. Nach vielem Suchen traf ich den 27. September die Pflanze wirklich an drei weit von einander entfernten Stellen in vier Exemplaren unter den bezeichiieten Verhältnissen in reinem schwarzem Mulm. An allen drei Stellen fand sich nun die Pflanze genau auf dersell)en Entwicklungsstufe wie in der nächsten Umgebung auf ganz mineralischem Substrat, und ich konnte mich so genau überzeu- gen, dass wenigstens diese specielle Art von Humus auf J. ochr. nicht anders wirkt als die Zersetzungsproducte des Nunnnuliten- saudsteins. ;'). Es ist noch nicht einzusehen, wie sich die im vorigen Abschnitte dargelegten Thatsachen mit der frühzeitigen Ent- wicklung unserer Pflanze auf den Alpenhöhen der Karavauken 150 Krasaii. zusammenreimen. Man miiss mit Verwunderung- fragen, warum die Temperaturen im Hügelland östlich von Görz, welche an- scheinend dem Optimum viel näher stehen als jene in der 8ee- höhe von 1 700 M. auf dem Berge Storzec, beiweitem keine so schnelle Entwicklung der Blüthe bewirken als jene verhältniss- mässig' so niedrigen Temperaturgrade auf dem bezeichneten Berge, und unsere Verwunderung- ist umsomehr gerechtfertiget als wir nun wissen, dass weder Mangel an Feuchtigkeit der Luft und des Bodens, noch Mangel an Humus die Ursache davon ist. In dem Lichte, gegen w^elches A. ochr. sehr empfindlich zu sein scheint, da sich seine Blüthenknospen nur während des- Tages öffnen und die Pflanze in ihrem Vorkommen tiefschattige Stellen meidet, haben wir zwar einen mächtigen Factor, dessen beschleunigender Einfluss auf das Wachsthum der Blüthentheile nicht unterschätzt werden darf. Ich habe aus dem (Irunde bei der Beurtheilung der möglichen oder wahrscheinlichen Wirkun- gen der Temperatur, des Bodens und der Feuchtigkeit, da wir kein absolutes und verlässliches Mass für deren richtige Schät- zung besitzen, auf möglichst gleiche und gleichartige Insolations- und Helligkeitsverhältnisse Bezug genommen; allein wo ein Ausschlag zu Gunsten des Lichtes zu constatiren war, da hatte stets auch die den höheren Lichtgrad begleitende höhere Tem- peratur einen Antheil an dem Resultate. Alles genau erwogen,, muss ich die Überzeugung aussprechen, dass jeuer höchst be- deutende Unterschied in den Entwicklungsepochen unserer Pflanze in den beiden Gegenden weder durch die Einzehvirkung von Temperatur, Licht und Feuchtigkeit, noch durch deren gemeinsames Zusammenwirken erklärt werden kann, und dass auch das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Humus ohne das Hinzutreten eines neuen Factors mit der wahren Ur- sache dieser räthselhaften Erscheinung nichts gemein habe. Die wahrscheinlichste Ursache jener Verspätung der Blüthe von A. ochr. auf normalem Sandsteinboden müsste demnach in einer wenig fördernden Wirkung des Substrats zu suchen sein. Eine Probe dieser Bodenart, bestehend aus circa 10 Gramm von den Zersetzungsproducten des Nummulitcnsandsteins auf doppelt so viel Wasser, welches mit Salzsäure versetzt wurde, gab, 24 Stunden lang digerirt und mit oxalsaurem Amnnniiak geprüft, Beiträge zur Koiuituiss dos W;iclistliiiui8 der Pfl.-inzcu. 1;>1 selbst nacli luMUnitciider Concentratioii der Litsuiii;' ilurcli Ein- dampfen, keine Reaction auf Kalkerde, woraus allerding-s auf die ^än/dielie iVb Wesenheit der letzteren nicht g'csehlossen wer- den kann. Denn wenn nuin die Asche von altem ab{;-estorbeneni Heidekraut (üd/ii/ui ni/t/arh) , welches auf diesem Boden neben und mitten zwischen A. oclir. ^-ewachsen ist, in gleicher Weise behandelt, so tindet man darin niclit weniger als 9 Percent Caleia, eine verhältnissmässig- sehr beträchtliche Menge, welche als das Resultat einer mehrjährigen sehr langsamen Aiiliänfung betrachtet werden muss. Da ich indessen die Asche von A. ochr. selbst noch nicht untersucht habe, so kann ich mir über die Znsannnensetzung derselben einstw^eiien kein bestimmtes Urtheil bilden, vermuthe aber, dass diese Pflanze in ihren oberen ein- jährigen Theilen im Verhältniss zur Trockensubstanz viel w^eniger mineralische Bestandtheile enthalten wird als altes Heidekraut. Von der grössten Wichtigkeit für die Aufklärung des merk- würdigen Verhaltens unserer Pflanze ist jedenfalls das ^'or- kommen derselben au den felsigen Ufern des Isonzo bei Görz. Daselbst beobachte ich sie ebenfalls schon seit 12 Jahren. Sie wächst auf den grossen Felstrümmern von festem Kalkconglome- rat (weniger auf weichem erdigen Boden) nahe am Wasser. Das »Substrat ist durchaus kalkiger Natur und enthält kaum nennens- werthe Mengen von Humus. Was die klimatische Beschaftenheit dieser Localitäten be- trifft, so lässt sich zunächst nur so viel sagen, dass sie im Sommer kälter getegen sind als die Anhöhen im östlichen Weinland, von denen oben die Rede war. Ein Beweis dafür sind die zahlreichen dort angesiedelten Gebirgspflanzen, wie To/jeldid calycitlafa, BeUidiastrum Michelii, Puederota A(jeri(i, Dentaria enneap/iy/los, Potentilla cuidescens, Hieracium porrif'oUum, Cytisus purpureus, Biscutella laevigata, Carex urmthopodd , Epilohlum montioinni, Petasites nivens, SehHfinella helveticd^ Campaiuüd caespkosa und andere Pflanzen, welche längs der Ufer des Isonzo allgemein ver- breitet sind und wohl im höheren Gebirgsland, aber nicht auf dem südlichen, 300 — 40i) M. hohen Karstplateau vorkommen. Aller- dings finden wir neben ihnen auch südliche Arten, wie Fern la yal- bdnif'cvu, Aspttraf/Hs ((cniif'o/ius, Busens (iculcfdus, iUdtis australis, Qiii'rciis Hex, Pistacut Terebinthus, Bupleiinim jiniceum, Adian 1«^2 K r a s ii n. thum Capillus Veneris und wilde Feigenbäume, weil ihnen die hohen Felsenufer gegen die kalten und allzntrockenen Ost- und Nordostwinde im Winter hinreichenden Schutz gewähren; allein im Sommer wird die Temperatur durch die Nähe des Wassers, welches in den heissesten Monaten nicht mehr als 16 — 18° hat' beträchtlich herabgedrückt. Ich richtete darum meine Aufmerksamkeit gerade auf jene Exemplare von A. ochr., welche auf den aus dem Wasser hervor- ragenden Felsblöcken vorkommen, und dachte wohl, es müsse die beständige Feuchte, welche den Felsen durchdringt, der Pflanze im Sommer zum Vortlieile gereichen. Allein je näher am Wasser, desto später gelangt dieselbe zur BlUthe, auch wenn sie auf der Sonnenseite des Felsens gelegen ist. Unzählige Male konnte ich mich überzeugen, dass das volle Sonnenlicht zwar einen merklich beschleunigenden Einfluss auf die Entwicklung der Blüthe ausübt, dass aber dieser Vortheil durch die kühlende Nähe des Wassers mehr als aufgehoben wird. In sehr warmen Sommern fand ich die ersten Blüthen an den wärmsten und sonnigsten Stellen zwischen den 5. und 10. September, in kühlen regenreichen Sommern zwischen dem 10. und 17. September. Im Ganzen blüht die Pflanze hier in den wärmsten Jahren 8 — lü Tage früher als auf dem normalen Sandsteinboden; in nassen Sommern, wie der letztvergangene, beginnt sie ungefähr zu derselben Zeit zu blühen wie auf dem bezeichneten Sandsteinboden im Weinland des Wippachthaies. Sie müsste aber nach ihrem uns nun bekannten Verhalten gegen die Temperatur diesen Sommer später, mindestens 1 — 2 Wochen später als an den Loculitäten des im vorigen Abschnitte be- schriebenen Hügellandes geblüht haben. Wo ist nun der Ersatz für die im Isonzo-Thale der Pflanze in geringerem Masse zukommende Wärme zu suchen V Wir den- ken, es müsse derselbe in einer günstigen Eigenschaft des Bo- dens liegen und nehmen an, dass der Kalk der Unterlage auf dasWachsthum und den Entwicklungsgang der Pflanze beschleu- nigend wirkt. Diese Annahme wollen wir wenigstens solange beibehalten als sie durch die nächsten Thatsachen unterstützt wird. Nun müssen wir fragen, wie kommt es, dass A. ochr. am Isonzo bei Görz erst im September bliUit, während diese Pflanze Beiträue zur Kciiiitiii>s des \V;iclist!miiis ilei' PHiinzni. l'">3 auf den Ali)ciihülu'n der Kara\';iiikeii sehoii zu Anfang des Monates August ihre Erstlingsblütben entfaltet? Ist die Kalk- unterlage an den Ufern des Isonzo in mineral(»gischem Sinne nicht gleichartig mit jener der bezeichneten Alpenhöhen und benachbarten Gebirge? In Betritf dieser letzteren Frage werden keine Zweifel ob- walten, denn die (ieschiebe am Isonzo bei Görz, welche, durch festes Kalkcenient mit einander verbunden, die steile 20 — oO M. hohen Felswände und die zahlreichen davon abgerissenen Trüm- mer bihlen, stanunen von den Gebirgen im Quellgebiete des Flusses, worauf einzelne eingestreute Griinsteine und phorphyr- artige Geschiebe hinweisen. Nun sind die Gebirge am oberen Isonzo (von theils dolomitischer, theils mehr kalkartiger Zu- sammensetzung) petrographisch und physiognomisch mit den Karavanken gleichartig und besitzen auch eine dieser Ilberein- stimmung entsprechende Flora. In der physischen und chemi- schen Constitution der Unterlage wird somit die Ursache, warum A. oclw. am Isonzo bei Görz 5 Woclien später blüht als auf der Seeliöhe von 1700 M. in der Gebirgskette der Karavanken, wohl nicht zu suchen sein, und wir werden in der Folge Gelegenheit hal)en, uns noch fester davon zu überzeugen. 4. Im Obigen haben wir angenommen, dass die Entwicklung der Blüthen bei A. oc/ir. durch den im Boden enthaltenen Kalk gefördert werde. Da aber die Blüthezeiten der Pflanze am Isonzo bei Görz und auf den Alpen nördlich von Krainburg um volle 4 — 5 Wochen ditferiren, so reicht diese Annahme keineswegs für alle hier in Betracht kommenden Fälle aus, und wir müssen uns neuerdings nach einem weiteren Factor umsehen, den wir in das verwickelte Labyrinth der Thatsachen einführen. Doch wo liegt die unbekannte Grösse, durch deren Auftindung obige Widersprüche ihres paradoxen Ansehens entkleidet werden? Umsonst suchen wir sie in den Verhältnissen der Temperatur, des Lichtes, der Feuchte der Luft und des Bodens, umsonst auch in der nährenden Kraft des Humus, wenigstens solange diese nicht durch einen begünstigenden und vermittelnden Umstand unterstützt wird. AVemi wir aber an dem fördernden Einflüsse des Kalkes als einer angenommenen Thatsache festhalten und die Beziehungen 154 K ras an. des Kalkes zu den im Boden und in der Atmosphäre enthaltenen Nährstoffen der Pflanze näher ins Auge fassen, so können wir, indem wir den Humus auch einbeziehen, nicht w^eit vom Ziele sein. Es kommt nämlich hei der Beurthcilung der Wirksamkeit des Bodens im vorliegenden Falle nicht blos auf das Vorhanden- sein oder Nichtvorhandensein des Kalkes, der in der Boden- krume gemeiniglich als kohlensaurer Kalk vorkommt, sondern auch auf jene Bedingungen und Modalitäten an, unter denen die Pflanze von demselben mehr oder weniger Gebrauch macht. Wir müssen daher nach den Mitteln fragen, durch w^elclie der Kalk in seine lösliche Form als Kalkbicarbonat übergeführt wird, so dass er durch die Wurzeln der Pflanze aufgenonnnen werden kann. Ein solches Mittel ist aber offenbar der Humus, welcher durch seine langsame Zersetzung beständig Kohlensäure entwickelt. Diese aber vermag bei Gegenwart von Wasser im Boden stets eine ent- sprechende Menge von kohlensaurem Kalk (als Bicarbonat) in Lösung zu erhalten. Aber die Fähigkeit des Wassers, kohlen- sauren Kalk unter Mitwirkung der Kohlensäure aufzulösen, ist in bedeutendem Grade von der Temperatur abhängig und ist bei niedriger Temperatur grösser als bei höherer, indem beim Er- wärmen einer gesättigten Lösung von Kalkbicarbonat ein Theil der Kohlensäure unter Bildung eines Niederschlags von kohlen- saurem Kalk entweicht. Aus dem Grunde wird der feuchte Boden in den Alpen und Voralpen nicht blos darum eine grössere Menge von Kalkbicar- bonat enthalten, w-eil dort eine mehr oder minder mächtige Humusschichte den felsigen Kalkboden als eine beständig thätige Quelle für Kohlensäure überlagert, sondern auch vorzüglich darum, weil sich darin die Kohlensäure ^wcgen der verhältniss- mässig niedrigen Temperatur des Bodens leichter ansammelt. Man erwäge z. B. nur die Thatsache, dass Wasser von 4° 1-5 Volumen Kohlensäure aufnimmt, bei 15° aber nur 1 Volumen. Der Humus wirkt überdies wie ein Wasser aufsaugender und festhaltender Schwamm, in welchem sich die Lösung des Kalkes gleichmässig vertheilt. Wenn wir auch noch hinzufügen, dass dem Humus eine beträchtlich grössere Wärmecapacität zukommt als dem rein mineralischen Boden, wodurch die dem Wachsthum schädlichen raschen Tempcraturscinvankungen des Bodens ver- Beiträge zur Koniitiiiss des Waolistliinns der rfl;mzeii. loo mieden werden, so wird es nielit scliwer ein/.uselieii, wie sehr die Pflanzen in den Alpen nnd NOrnlpen im Sommer im \'ortlieile sind im Vergleicli zu jenen der \iederuni;en nnd insl)esondere der südlichen Gegenden. Wir gingen hier von der Voraussetzung aus, dass das Kalk- l)iearbonat im Boden (wenigstens bei den sogenannten kalksteten und kalkliolden Pflanzen) wie ein Nalirungsstoff wirkt, der das Waclisthuin und die Entwicklung der Pflanze fördert; es bleibt aber unentschieden, ob diese Förderung auf Pechnung des Kal- kes, der Kohlensäure, oder auf Rechnung beider Bestandtheile geschieht. Wohl denkbar, und auch wahrscheinlich ist es, dass sich die Pflanzen je nach Art und Gattung diesen Agentien gegenüber verschieden verhalten. Am meisten w^erden natürlich unter sonst gleichen Verhältnissen diejenigen Arten in den Alpen und Voralpen im Vortheile sein, welche sich den Kalk und die Kohlensäure zu Nutzen machen. Wegen seiner verhältniss- mässig so raschen Entwicklung im Gebirge dürfte A. oclir. in diese letztere Kategorie gehören. Wenn aber in den kälteren und im Sommer feuchteren Klimaten der höheren Kalkgebirge durch mächtige Humusabla- gerungen und eine niedrigere Temperatur alle wesentlichen Be- dingungen für eine reichliche Bildung von Kalkbicabornat gege- ben sind, einer Verbindung, welche einen Theil der Kohlensäure sehr leicht an die Pflanze abgibt, so wird dieser wichtige Process dort auch noch dadurch gefördert, dass die Lösung des Kalkes selbst freie Kohlensäure aus der Umgebung anzieht und festhält, wodurch sie zu einem für die Ökonomie der Pflanze höchst bedeutsamen Motor wird, indem durch die rasche Aufnahme neuer Kohlensäure aus der Luft und dem Boden der durch den Verbrauch entstehende Verlust schnell ersetzt wird. Es ergibt sich das Gesagte aus mehreren, zwar wohl bekannten, aber bis jetzt nicht genug gewürdigten Thatsachen, von denen wir in- dessen nur folgende zwei erwähnen. Reines (destillirtes) Wasser nimmt, wenn man es, vor Staub geschützt, noch so lange in freier Luft stehen lässt, nie so viel Kohlensäure aus der Luft auf, dass man mit Kalkwasser einen deutlichen Niederschlag erhielte. Mährend alle stehenden Ge- wässer auf kalkhälti"-em Grunde nebst Kalkbicarbonat auch eine 156 K ras an. bald grössere bald geringere Menge mit Kalkwasser leicht nach- weisbarer freier Kohlensäure enthalten. .Schüttet man aber in etwa 10 Gramm reines Wassers etliche Centigramm fein zerriebene Kreide und lässt das Ganze in offenem Gefässe an einem ruhigen Orte des Zimmers stehen, so löst das Wasser schon in 8 Tagen so viel von dem eingestreuten kohlensauren Kalk auf, dass man nach sorgfältigem Filtriren der Lösung durch Behandlung mit oxalsaurem Ammoniak einen sehr deutlichen Niederschlag erhält. Nach weiteren 8 — 10 Tagen gibt die Lösung, mit KalkAvasser versetzt, eine unzweideutige Eeaction auf freie Kohlensäure. Die letztere stellt sicli um so früher ein, wenn man das Wasser einige Male (in Zeitintervallen von 1—2 Tagen) gut umgerührt hat, dass es milchig wurde. Ausserdem habe ich den im zweiten Abschnitte beschrie- benen schwarzen Mulm, auf dem ich J. oc/tr. an drei Stellen wachsend angetroffen hatte, einem ähnlichen Versuche unter- zogen, indem ich 3 Grm. davon mit circa 8 Grm. reines Wasser 15 Tage lang in einem Zimmer bei 14—16° stehen Hess, konnte aber in dieser Zeit in der Lösung weder Spuren von Kalkbicar- boiiat, noch Spuren von freier Kohlensäure auffinden. 5. Möge dieses indessen wie immer gedeutet werden, es bleibt doch nun eine kaum zu widerlegende Thatsache, dass der Humus, wo er auf kalkigen Grunde vorkonnnt, für unsere Pflanze ein sehr wirksames Förderungsmittel des Wachsthums und der Entwicklung enthält. Als eine weitere Stütze dieser hier aus- gesprochenen Ansicht kann ich auch die Eesultate meiner im Jahre 1868 eigens in dieser Richtung angestellten Beobachtun- gen anführen. Damals begann A. ocJir. auf dem normalen Sandsteinboden östlich von Görz den 24. September, an den Isonzo-Ufern nicht weit davon am 10. September zu blühen; aber auf dem 630 M. hohen fast ganz kahlen S. Valentini-Berge ^ fand ich die Pflanze ganz oben schon den ))1. August in der Erstlingsblüthe. In ihrer nächsten Nähe wachsen folgende, den felsigen l^oden und die Lage des Standortes bezeichnende Arten: Sescli Goiiani. Trinia 1 Der Berjj- S. Valuntini. oiii Vorbei'^ des liohen Karstes, liegt am r. Ufer des Isoiizo, unf^efälir 4 KM. uürdl. von der Stadt Görz. Beiträge zur Keuiitiiiss des Waclisrliuins (Icr Priiiuzcii. i •'^ < n(/(/iin's, Dinntliiis si/rrshis, As/rti(/ti/ij° zur Weiterent- wicklung des Blütheukeims, so viel sich jetzt sagen lässt, un- mittelbar nichts beigetragen. Den 22. Juli wurden die Zwiebeln neuerdings aus dem Gefässe herausgenommen. Es zeigte sich, dass die Blüthenkeime einen ziendich merklichen Fortschritt gemacht hatten ; der eine Sitzb. d. maihem.-uaturw. Cl. LXVII. Bd. I. Abth. ' ll 162 Krasiin. von den zwei Keimen trat aus der äusseren pergamentartigen (bräunlichen) Hüllhaut hervor und der andere ist sichtlich grösser geworden. Immerhin aber hatte ich bei der hohen Temperatur (40 — 42° durch 2 Tage, 25—40° durch 5 Tage) eine viel grös- sere Evolution der Blüthenknospen erwartet. Als die Pflanzen am 31. Juli von neuem behutsam heraus- genommen und besichtigt wurden, bemerkte ich, dass die Blü- thenknospen seit dem 22. Juli fast gar keinen Fortschritt ge- macht hatten, wenngleich die Temperatur der Zwiebeln und ihrer nächsten Umgebung nahezu beständig zwischen 35 und 42° stand und in den 9 Tagen kaum 30 Stunden auf 22° gesun- ken war. Von da an wurde die Behandlung durch Erwärmung mittelst Weingeistflamme abgebrochen und das Gefäss in einen geräumi- gen Blumentopf versenkt, der Zwischenraum aber mit Erde aus- gefüllt, welche gut befeuchtet wurde. Das Ganze stellte ich hin- ter die Gangmauer am Corridor des Wohnhauses, so dass die Versuchspflanzen, obschon der Corridor gegen SW. liegt, keine directen Sonnenstrahlen empfangen konnten. ZAveiter Versuch. Unter diesen neuen Verhältnissen gaben die Versuchs- pflanzen folgendes Resultat: Als die Zwiebeln am 7. August wieder herausgenommen und besichtigt wurden, zeigte es sich, dass die Blüthenknospen in diesen 7 Tagen, während sie einer Temperatur von 19 bis 25° ausgesetzt waren, einen bedeutenden Fortschritt gemacht hatten, indem der Zuwachs nun viel grösser war als jener Aom 1. bis 31. Juli, wiewohl in jener 30tägigen Periode den Pflanzen durch die Weingeistflamme viel mehr Wärme mitgetheilt worden war. Vom 7. August bis zum 12. desselben Monates fiel der Zu- wachs noch grösser aus ; in diesen 5 Tagen hatten die Knospen mehr an Grösse zugenommen als in den vorhergehenden 7 Tagen, eine Knospe war nun schon 32 Mm. lang. Noch schleuniger wurde das Wachsthum vom 12. bis 15. August, denn der eine Keim mass am 15. August 40, der andere 32 Mm. Länge und die Zwiebeln hatten nun zahlreiche, 3 — 7 Mm. lange Würzelchen getrieben. Nun gingen die Blüthenknospen von da an mit zuneh- Beiträge zur Kouutniss des Wiiclistliums der Pflanzen. HJ-J inender Geschwindigkeit ihrer völlig-en Entfaltung entgegen. Am 19. August war die Spitze einer Knospe bereits aus der Erde hervorgetreten und am 22. oder 23. August stand die sohliess- liche Entfaltung des Perigons zu erwarten k Die Tem))eratur, ■welche die Pflanzen in dieser Zeit empfingen, schwankte noch immer zwischen 19° (am Morgen) und 25° (um 2 — ?) Uhr nach Mittag). Was den Feuchtigkeitsgrad der Erde im Blumentöpfe anbelangt, so trachtete ich nach Möglichkeit durch Begiessen und eine passende Bedeckung mit einem Brette diejenige Feuchte herzustellen, welche dem natürlichen Zustande eines tiefgründi- gen Bodens im Soumier in der Tiefe von 14 — 17 Cm. im allge- meinen entspricht. Diesen Thatsachen gegenüber verdient bemerkt zu werden, dass ich bereits am 10. August (1872) zwei blühende Herbst- zeitlosen im Freien gefunden habe, und zwar nicht weit von Radmauusdorf in Oberkrain am Südabhang eines niedrigen Vor- berges der Karavanken; die zwei blühenden Exemplare lagen zwischen Obstbäumen in der Nähe eines Dorfes auf gedüngtem tiefgründigem Boden. Am 13. August standen schon zahlreiche Herbstzeitlosen in der Umgebung von Krainburg in Blüthe und am 14. desselben Monates sah ich die erste an jener Stelle blü- hen, wo die zu den vorliegenden Versuchen genommenen Zwie- beln ausgegraben worden sind ; am folgenden Tage wurden dort bereits mehrere sichtbar. Da sich bei den zwei, dem obigen Versuche unterzogenen Exemplaren das Perigon nicht vor dem 22. oder 23. August ge- öffnet haben würde, so beträgt die Verspätung in der Entwick- lung ihrer Blüthe nicht weniger als 7, aber auch nicht mehr als 9 Tage, liätte aber ohne Zweifel viel mehr betragen, wenn die Pflanzen längere Zeit über derWeingeistflamme behalten worden wären. Offenbar liegt die Ursache dieser Verspätung in der viel zu hohen Temperatur, welche die Versuchs])flanzen vom 1. bis 31. Juli zu ertragen hatten. Ich könnte mir anders den raschen und fast plötzlichen Fortschritt in der Entwicklung der Blütheu- knospen vom 31. Juli bis 7. August, in einer Periode, wo gemäs- 1 Was mit diesen Versuchspflanzen weiter gescbali, folgt im vierten Versuch. 11* 1 64 K r ;i s a n. sigtere Tcmperatureu denselben zu Gebote standen, nicht er- klären. Weil indessen die Elvolution der Bllitlie später dennoch einen regelmässigen und ganz normalen Verlauf nahm, so möchte ich behaupten, dass die angewendeten hohen Temperaturen der Pflanze niclit gerade schädlich waren, sondern vielmehr im Sinne des Wachsthums ohne Wirkung geblieben sind; wenigstens für die Temperaturen, welche 40 "" überschritten, lässt sich dieses mit Bestimmtheit sagen. Auch folgt hieraus, dass das Optimum, d. i. die für das Wachsthum der Blüthenknospe günstigste Temperatur, nicht über 31°, wohl aber viel tiefer zu suchen ist. In dieser Ansicht be- stärkt mich der folgende Versuch. Dritter Versuch. Am 9. Juli wurden zwei andere von den am 24. Juni aus- gegrabenen Colchicuni-ZwiQheln in einem kleinen (Tlasgefässe, 10 Cm. tief in gewöhnlicher (jartenerde, in die Vorkammer eines Eiskellers gebracht und daselbst in einen Winkel hingelegt, wo die Temperatur auf 11 '/4° stand. Sie blieben dort 40 Tage, be- ständig im Dunkel. Als das Gefäss mit den Versuchsptlanzen am 18 August zur Besichtigung der Blüthenknospen weggenonmien wurde, zeigte das Thermometer 13'/^°-, es war also innerhalb dieser Zeit die Temperatur jener Stelle, wo die Versuchspflanzen gestanden sind, um 2° gestiegen. Wie staunte ich nun, als ich die Blüthenknospen, welche am 9. Juli kaum von der Grösse eines Hanfkornes waren, 8 und 10-5 Cm. lang und so weit entwickelt fand, dass ihnen bis; zur völligen Evolution kaum 2 oder 3 Tage fehlten! Beide Zwiebeln waren mit einem dichten und weit ausgebreiteten AVurzelgeflecht versehen. Die Erde im Gefässe war noch innner feucht, obschon sie seit dem 9. Juli nicht begossen worden war, denn sie hatte in der dumpfen und feuchten Kellerluft fast gar kein Wassser durch Verdunstung verloren. Die Verspätung in der Entwicklung der Blüthe beider Versuchspflanzen bezogen auf die Blüthen- epoche an dem Orte, AV(dier die Zwiebeln genonnnen worden waren, betrug daher nicht mehr als 7 Tage, wenn wir den 14. August als den Normaltag für den Beginn der Blüthe, d. i. Beitniiie zur KiMintnis.s dos W.'iclistliiinis der rrt.inzcii. 1<'>;' für (bis erste Erselicineii der Herljst/citlose ;iii der Ite/.eicliiu'teii Stelle aiiiielinieu. Ans Lieht iiebraelit und bei SW.-Position erst einer Tem- peratur von 20 — 25° nusg'esetzt, dann einige Tag-e bei 19 — 20° im A\'(»lnizimmer g-ehalten, entfalteten sieh die ]>lnthen (mehrere nach einander) g-anz reg-elmässig und w nrdcn zu weiteren Beob- achtungen benützt. Hieraus folgt mit Sicherheit, dass für die ColchintfiiA'A'nÜw das Optimum, d. i. die Temperatur der raschesten Entw icklung, näher bei 11° liegt als bei Temperaturgraden zwischen 35 und 4(>°. Ein so unerwartetes Resultat machte den Wunsch in mir rege, zu erfahren , ob ein Waelisthum der lilüthenknospe nicht auch bei nocli tieferen Temperaturen stattfindet. Vierter \' ersuch. Da ich mich im Laufe des zweiten Versuches überzeugt hatte, dass sich die liiezu verwendeten Pflanzen trotz der un- gewohnten Behandlung in ganz normalem Zustande befanden, so hielt ich sie durcli;ius für geeignet, mir die gewünschte Auf- klärung zu geben. p]s wurde daher nicht weiter gew^artet, bis sich die bereits aussen sichtbare Blütlienknospe völlig entfalte; ich trug das Gefäss mit den Versuchspflanzen gleich am 10. Aug. in den Eiskeller hinab und stellte dasselbe zunächst in einen dunklen Winkel der Vorkammer mit 121/2° Temperatur. Nach 20 Stunden fand ich, dass sich die eine Blüthenknospe um 2 Mm. verlängert hatte, die andere war noch nicht aussen sichtbar. Nachdem icli nun an Ort und Stelle den Stand der S])it/.e der Blütlienknospe über dem Bande des Gefässes mit aller mög- lichen Genauigkeit bestinmit hatte, versetzte ich das Gefäss ganz nahe neben den Eishaufen, an eine Stelle, deren Temperatur damals iV'/\° war. Daselbst blieben die Pflanzen 10 Tage lang, stets im Dunkel. Am 29. August entfernte ich die Pflanzen aus dem Eiskeller um sie zu untersuchen. Als ich nun für die vorgerückteste Knospe den Stand der Keimspitze über dem Rande des Gefässes wieder bestimmte, fand ich eine Längenzunahme von 3-5 Mm., eine zwar geringe Grösse , dennoch aber unerwartet und über- 166 K ras an. raschend zngleicL, wenn man bedenkt, dass die Herbstzeitlose im Freien bisweilen mitten im Sommer zur Zeit der höchsten Temperaturen zur BlUthe gelangt. Diese hier constatirte Längenzunahme bezieht sich indessen nur auf die das Perigon einhüllende nervige Blüthenscheide ; das eingeschlosseue Perigon selbst war durch die gelblichweisse durchscheinende Scheide noch nicht sichtbar. Die Temperatur an der Stelle, wo das Gefäss gestanden ist, betrug 5°, war somit vom 19. bis 29. August um iy^° gestiegen. Die Erde blieb massig feucht. Noch au demselben Tage stellte ich das Gefäss (um 11 Uhr vor Mittag) auf das Ganggeländer meiner Wohnung und Hess hier die Pflanzen bis 12 Uhr Mittags bei voller Insolation und einer Temperatur von 25 — 31°; alsdann brachte ich sie ins Zimmer, Hier blieben sie bei 18 — 19° 3 Tage in diffusem Lichte. In den nächsten 24 Stunden verlängerte sich der Blüthenkeim um 2 Mm., am zweiten und dritten wurde kein Wachsthum mehr wahrgenommen. Die noch immer durchscheinende Blüthen- scheide, welche die Form eines etwas comprimirten Schlauches angenommen hatte, liess das Perigon noch nicht durchblicken; es musste das letztere jedenfalls noch tief in der Scheideröhre stecken. Es ist daher höchst wahrscheinlich, dass seit dem 19. August nicht das Perigon, sondern nur die Blüthenscheide gewachsen ist, da ich sonst bei Exemplaren, welche unter nor- malen Verhältnissen gewachsen sind, niemals in diesem Stadium einen leeren Eaum zwischen der Blüthenscheide und dem ein- geschlossenen Perigon gefunden habe. Erst am 1. September trat auch bei der zweiten Zwiebel der Blüthenkeim aus der Erde hervor, machte aber gleich anfangs (während der nächsten 12 Stunden) nur sehr geringe Fortschritte und schien dann ganz stille zu stehen. (Das Gefäss sammt den Versuchspflanzen wurde hierauf am 2. September bei der Über- siedlung nach Görz mitgenommen,) Es scheint, dass die Blüthenscheide hiemit ihre normale Grösse erreicht hat, da sie eine ihrer natürlichen Entwicklung ganz entsprechende Länge und Form hatte. Ein Stillstand wäre sonst bei den nicht ungewöhnlichen Temperaturen, denen die Pflanzen vom 29. August bis 2. September ausgesetzt waren. Beiträge zur Keuntiiiss des Wachsrliaiiis der rrianzen. 1*>' lind bei dem Umstände, dass es der Erde im Gelasse an Feuch- tigkeit nicht fehlte, kaimi denkbar. Anders verhält es sich mit dem Perig:on. Dieses liattc noch nicht seine natürliche Grösse und den normalen Entwicklungs- grad erreicht. Da nun die Pflanzen gesund waren, wie es sich aus dem ganz gewöhnlichen Verlauf ihrer weiteren Entwicklung ergibt, so müssen Avir anneinnen, dass die viel zu niedrigen Temperaturen im Eiskeller vom 19. bis 29. August den Ent- wicklungsprocess des Perigons zum Stehen gebracht haben, ohne die Entwicklungsfähigkeit des letzteren aufzuheben. Wahrschein- lich bewirkten jene niedrigen Temperaturen auch eine dem Entwicklungsprocesse des Perigons nicht entsprechende Um- waudhing der Bildungssioife , so dass diese nur nach längerer allmäliger Einwirkung günstigerer Wärmegrade ihren ursi)rüng- lichen Zustand wieder annehmen konnten. Jedenfalls befolgt die Blüthenscheide hinsichtlich ihrer Wärmebedürfnisse ein anderes Gesetz als das Perigon. Die erstere vermag bei 5° noch zu wachsen, das Perigon bedarf aber entschieden höherer AVärmegrade. Fünfter Versuch. Um den Gang des Wachsthums, eigentlich der Streckung, bei verschiedenen Temperaturen und Lichtintensitäten während des Tages zu bestimmen, brachte ich die zum dritten Versuche benützten Pflanzen wieder in Anwendung-. Die diesbezüglichen Messungen führte ich mittelst Application eines Millimeterstabes aus. Zu dem Behufe wurde das Gefäss mit den Pflanzen am 24. August um 11 Uhr Morgens auf die Sonne gestellt und da- selbst (am Ganggeländer mit SW.-Lage) bis Gi/^ Uhr Abends bei voller Insolation behalten. Ich wollte vorläufig nur eine Pflanze, und zwar die in ihrer Entwicklung- am w-eitesten vorgerückte, beobachten. Die Spitze der Blüthenknospe stand um 1 1 Uhr ö ^Im. über dem Niveau der Erde im Gefässe. Von 11 bis 2 Uhr nach Mittag- wuchs der Keim um 1 Mm., von 2 bis 4 Uhr nach Mittag ebenfalls um 1 Mm. Um 2 Uhr war die Temperatur auf der Sonne 31% um 3 Uhr 32 1/2°. — Um 2 Uhr nach Mittag durchbrach das Perigon mit der Spitze die umhüllende Scheide. — Hier wurde die Beobachtung abgebrochen und des folgenden 168 K r a s a n. Tages um 9 Uhr Morgens wieder aufgenommen. Das Gefäss stand an einer der Sonne zugänglichen Stelle am Ganggeländer und wurde nach Sonnenuntergang ins Zimmer gebracht, um des folgenden Tages wieder der Sonne ausgesetzt zu werden. So wurden folgende Streckungen der BlUthenknospe beobachtet : Längenzmvachs Temperatur der Erde Von (in Millim.) im Gefässe 9'' a. m. bis 3"/^^ p. m. 4 31 — 36° auf der Sonne ?>^/,^ p. m. „ 5^ p. m. 0 36—40° ,, „ „ 5'^ p.m. „ 10^ p.m. 2 36—21° im Zimmer 10^ p.m. „ 9^ a. m. 11 21—20° „ „ 9*^ a. m. „ lOy.,^ a. m. 4 29 — 30° auf der Sonne 10y./^a. m. „liy^a.m. 2 31 1/^° „ „ „ liy.h a. m. „ ly,^ p.m. 2%* 36° „ , , ly,'^ p.m. „ 37,'^ p.m. ly, 40° , „ , Nun wurde das Gefäss mit der Versuchspflanze ins Zimmer gebracht und hier in diflusem Lichte (während des Tages) bei 19 — 21° bis 28. August 3 Uhr nach Mittag behalten. In diesen 47 y^ Stunden hatte die BlUthenknospe (eigentlich das Perigon) mu 92 Mm. an Länge zugenommen. Während der ganzen 97stün- digen Periode, also seit dem Momente, als das Perigon mit der Spitze aus der Blüthenscheide hervortrat, ist die Erde nicht be- feuchtet worden. Zwei andere Beobachtungsreihen stellte ich mittelst jener 6'o/t7//c?/w-Pflanzen her, die ich zum vierten Versuche verwendet hatte und von denen sich in Görz bis zum 14. September drei Blüthen entfalteten. Am 6. September wurde die Erde, ungeachtet sie noch nicht ganz trocken war, befeuchtet, und am 8. Septem- ber am frühen Morgen trat das durch so viele Tage sistirte Wachsthum der Blüthenknospen wieder in Gang. Die Beobach- tungen begannen gleich um 9 Uhr Morgens und wurden auf zwei Pflanzen mit je ehier BlUthenknospe ausgedehnt. 13ei Exemplar 1 Das Perig-(jii ist mit seinem oberen tulpentormig'en Theile eben ganz ans der Sctieidc hervorgetreten. Seit dem 24. August nach Mittag wuchs die Blüthenscheide nicht mehr, und die folgenden Streckungen be- ziehen sich daher auf das Perigon. IJeiti'ii^-e zur Keinitiiiss des W,iclistliuiii:s der PHanzen. 169 Nr. 1 hatte vor J>ogiim der ^Mcssiini;- der obere tulpenförniige Tlieil dos Perig'ous bereits theilweise die Selieide verlassen; da diese letztere von da an nieht mehr wiielis, so gelten die beob- achteten Streckungen dem Terigon. ^ , -j Längeiizuw. 'I'(Mnj)o- ■^^'- ■'-• änMillimtr.i ratiir Von II'' a. m. bis 11'^ a. m ] ' .^ 23° „ 11*' a. m. „ ]'' K) p. m 1 „ 1'^ 10' p. m. bis 3" 10' p. ni. . . 'V^ 26° „ 8^ 10' p.m. ,. 5^ 10' p.m. .. % „ 5" 10' ]). m. ,. 8'» 10' p. m. . . % 8'! 10' p.m. „ 10^' 10' p. m. . . 1% 21° Anmerkungen. Die Pflanzen wurden im Scliatten an einem Fenstei' mit NO-Lage gelialten und waren vor zu raselier Verdunstung geschützt. Die beigesetzten Temperaturen bezieiien sicli auf die nächste Um- gebung des Gefässes zu Anfang der nebenstehenden Periode. — Das Wetter war trocken, die läge schwül. Am folgenden Tage (9. September) stand am Morgen schon der ganze obere tulpenförmige Theil des Perigons ausserhalb der Scheide. Beim Exemplare Nr. 2 trat die Spitze des Perigons am 8. September um 8 Uhr Abends aus der Scheide hervor. Bald nach Beginn der Durchbrechung blieb diese letztere in ihrer Ent- wicklung stehen, und es konnten nun nach 2 Stunden auch bei Nr. 2 die Messungen begonnen werden. In nachstehender Zu- sammenstellung lasse ich die Resultate der fortgesetzten Messung und Beobachtung folgen : Längenzuw. (in Millimtr.i Nr. 1 Nr. 2 Temperatur Von lO^ 10' p. m. bis G^ a. m. . . 9 7 21° um lOi^ ,, 6*1 a. m. bis 8'^ a. m 3^/. 2 20 „ (i^ „ 8^ a. m. ,. 10'' a. m Sy^ 2 22 ,, 8»^ „ 10»^ a. m. „ 12^ 4 1 25 ,, 10^^ .. 12" .. 2^ p. m 2 ',2 2 26 „ 12»^ 2'^p. m. ,. 4''p. m T- , 1 27 Vg ,• '^^ 4'' p.m. .. 6^]).m 2' ,^ 1 29 ,. 3^ 6'' p. m. ,. 8' 2'' p- !"• • ■ - '/2 (um 3^ Max.) Anm erlcu nge n. Die Pflanzen wurden stets in ditfusem Lichte (am 'Lage) gehalten. Seit Beginn der Messungen ist die Erde nicht befeuchtet worden. — Wetter fortan trocken ; Himmel nicht ganz klar, der 'Lag jedoch schwül. 170 Krasan. Bei Nr. 2 standen um Sy^^^ p. m. (9. Septemb.) die Perigon- zipfel noch nicht g-anz ausserhalb der Scheide; vom Exemplar Nr. 1 war aber zu dieser Zeit bereits ein grosser Theil der Peri- gonröhre sichtbar. Hiemit war indessen die Streckung noch nicht beendet, sie erreichte am folgenden Tage noch 1 Mm. durch- schnittlich in der Stunde. Es ist aus diesen Angaben nicht schwer zu ersehen, dass die jungen Colchiciün-Blüthen in den Tagesstunden während der höcbsten Temperaturen bedeutend langsamer wachsen als in den Nachtstunden und am Morgen bei tieferen Temperaturen. So lange das Perigon noch nicht den Culminationspunkt der grossen Periode \ d. i. den Zeitpunkt seines raschesten Wachstliums (wie sich dieses unabhängig von den secundären Einwirkungen der Temperatur und des Lichtes gestaltet), überschritten hat, fällt das Minimum des beobachteten Wachsthums zwischen 5 und 7 Uhr Abends, erfolgt somit 2 — 4 Stunden später als das Maxi- mum der Temperatur. Bei älteren Knospen, wo das Perigon eben im Begriffe steht, sich zu entfalten, scheint dieses Minimum schon gegen 2 oder 3 Uhr nach Mittag einzutreten. Am raschesten habe ich unter sonst gleichen Verhältnissen das Wachsthum des Perigons in jener Entwicklungsperiode gefunden, welche mit dem Durch- reissen der Blüthenscheide anhebt und mit dem Hervortreten des ganzen oberen, tulpenförmigen Perigontheiles endet. In dieses Stadium der Entwicklung fällt zugleich die C'ulmination der gros- sen Periode, indem gerade einige Zeit vor der beginnenden Evo- lution der Perigonröhre die Tendenz des Wachsthums am gröss- ten ist. Sechster Versuch. Im vorigen Versuche habe ich das Verdunsten der Erde durch Aufstellen des Gefässes an einem windstillen, vor Luftzug geschützten Orte zu massigen gesucht. Auf diese Art blieb die 1 Man vergleiche die Angaben: „Über den Eiufliiss der Luftteuipe- ratnr nnd des Tageslichtes auf die stündlichen und täglichen Änderungen des Längeinvachsthumes", von Dr. Jul. .Sachs. (Arbeiten d. bot. Inst, in Würzburg. Leipzig, 1872) p. 101 u. 102. Beiträge zur Keiintiiiss des Waclif^tliiims der rfliiiizeu. 1 i I Erde beständig- fcuclit und brauchte wochenlang: nicht begossen zu werden. Durch Befeuchtung der Erde am 8. und 9. .September wäre, weil dies ohne Zweifel eine grössere oder kleinere Ände- rung des Wachthumsganges zur Folge gehabt hätte, manche stö- rende Anomalie in die Bcobaclitungsreihen eingeführt worden, die so glücklich vermieden wurde. Vom 8. bis 14. September kamen noch etliche Blüthen- knospen zum Vorschein, die sich sämmtlich in gleicher AVeise zu den Tageszeiten verhielten. Der Grund dieses Verhaltens ist in der Einwirkung der Temperatur oder in dem Einflüsse des Lichtes, vielleicht auch in dem combinirten Einflüsse beider Fac- toren zu suchen. Die erste Frage, deren Beantwortung mit Hilfe eines Expe- rimentes mir vor allem nöthig schien, richtete ich auf die Tem- peratur. Hiernach war zu untersuchen, ob die hohen Wärme- grade während des Tages (22 — 29°) dem Wachsthume der jun- gen Blüthe hinderlich, und die tieferen in der Nacht und bei Tagesanbruch (19 — 21°) demselben förderlich sind, oder ob die Wärmegrade von 19 — 29° auf den Gang des Wachsthums kei- nen wesentlichen Einfluss nehmen, worauf dann die Ursache obiger Erscheinungen in der Einwirkung verschiedener Licht- intensitäten allein zu suchen wäre. Anstatt daher die Pflanzen während der Nacht aussen vor dem NO. -Fenster in freier Luft zu lassen, wo sie bei Tages- anbruch einer Temperatur von ungefähr 19° ausgesetzt gewesen wären, stellte ich sie um 7 Uhr Abends (9. September) in einen Schrein im Zimmer und behielt sie darin bis 6 Uhr Morgens. Der Schrein konnte, obschon geschlossen, durch mehrere Fugen hin- länglich viel Luft einlassen. Den Tag über stand darin schon seit einer Woche die Temperatur constant auf 25° und sank in der Nacht bis Tagesanbruch auf 23°. Um die Temperatur etwas zu erhöhen, wurde um 10 Uhr Abends ein etwa 1% Kilogramm schweres Eisenstück massig erwärmt und in Tücher gehüllt, zu dem Gefässe mit den Pflan- zen im Kasten gelegt (in eine Distanz von etwa 10 — 12 Cm). Hierdurch stieg aber die Temperatur nur um 1^/^° 'i dem ent- sprechend schwankte sie nun von 7 Uhr Abends bis G Uhr Mor- gens zwischen 26^/\ und 24y^°. 172 K ras. in. Während mm nach den Eri;'ebni,ssen des vorigen Versuches für die Pflanze Nr. 1, da das Perigon in seiner Entwickhing kaum die Cuhnination der grossen Periode überschritten hatte, von Sy^^ p. ni. bis 6*^ a. m. ein Zuwachs von mindestens l'/.Mm. in der Stunde erwartet werden durfte, betrug dieser Zuwachs im Ganzen nur 8 Mm., woraus sich nur 0*84 Mm. für die Stunde er- gibt. Ebenso war der gesammte Zuwaclis der Pflanze Nr. 2, die etwas jünger war, aber nahe vor der Cuhnination der grossen Periode stand, in derselben Zeit nur 2y2 Mm., was nicht einmal y^ Mm. für die Stunde ausmacht. Und doch war der Zustand beider Pflanzen am [Morgen, wenigstens äusserlich, ganz normal. Die ältere Blüthenknospe (Nr. 1 ) war in der Nacht schön rosenroth geworden, die andere blieb jedoch blass, und ihr oberer tulpenförmiger Theil hatte die Scheide noch nicht ganz verlassen. Um die Bedeutung und den Werth dieser Daten entspre- chend beurtheilen zu können, vergleiche man die unmittelbar vorausgegangenen Zuwachse mit dem unmittelbar nachfolgenden Wachsthumsgange : 10. September Von 6'' a. m. bis S^ a. m. . „ 8'' a. m. „ 10'' a. m. . „ K»'' a. m. „ 8'^ p. m. . „ 8*^ p.m. „ 7 '4'' a. m. Annic rkungen. Die Versuchspflanzen standen in diffusem Liclit (am 'J'ag-ej, tlieüs am NO-Fenster, theils am Gelander mit SW-Lage. — Himmel ganz heiter. Aus diesen Tliatsachen glaube ich mit Nothwendigkeit fol- gern zu müssen, dass das Optimum für die Entwicklung der Colr/iici(m-B\nÜ\e unter dem 20. Wärmegrade liegt, und da ich sonst auch bei 20° und 29° zu wiederholten Malen für gleiche Eiitwicklungsstadien der Blüthcnknospen sehr abweichende Wachsthumsgeschwindigkeiten gefunden habe, so liegt das Opti- mum jedenfalls näher bei 20° als bei 29°. Die grössten beobach- teten (im Einzelnen nicht angeführten) Geschwindigkeiten haben bei 3 9° stattgefunden. Läng enzuw. (in Millimtr.) Nr. 1 Xr. 2 1 'emperatur 2 2 20° um (i'i a. m, 2 2 22'/ ° ^^ /a „ 8'^ a. m, 11 17 971/ o - ( /2 „ o'^ p. m, 23 25 -074 7'/ 'i a Beiträge zur Keniitniss des Waelisrlmnis der PH.iiizeii. I ' • ' Hei iilteivn selioii ücl';ii'l)teii IJliitlicii (Hlütliciikiiospeii ) wir keil li()liere Temperaturen, wie es sclieiiit, weiiiü-er verzöficrnd ;il> bei Jüu^'eren uoeli iniji-et'ärbteii. Der ^'ersllell, der iiiicii zu ditser Ansieht veraulasst hatte, wurde am 14. und 15. Septeudx-r mit anderen Exemplaren wiederhdlt und führte zu iileielien Kesul taten. Es ist also die zu hohe Temperatur (;!tj — -40° ) weui,i;-steiis eine der Ursachen, warum in der ersten Beobaehtung-sreihe \ on 3V4'' P- ni- his b^ p. m. auf der Sonne kein Zuwachs nachgewie- sen werden konnte, und dass der Zuwachs in der zweiten und dritten gegen Abend so klein ausfiel. Auf Grund dieser Beobach- tungsreihen und der soeben angeführten Thatsaclien diirlen wir mit Bestimmtheit annehmen, dass die Jung-e Coic/iicum-HlWtUe, wenn sie noch ungefärbt ist, nach längerer EinAvirkung einer Temperatur von oU° nicht mehr wächst (ohne jedoch dadureb etwas von ihrer Entwicklnngsfähigkeit zu verlieren) und T<-ni- peraturen über 19 oder 20° den Wachsthumsvorgang um so weniger begünstigen, je mehr sich der Wärmegrad jenem Maxi- mum nähert. 8 i e b e n t e r Versuch. Obschon nun nach dem Vorstehenden erwiesen ist, dass Temperaturen über 19 oder 20° den Wachsthumsgang der Col- rÄ/r//w-Blüthe um so weniger begünstig-en, je mehr sie sich dem Maximum, bei 30° nähern, so ist es dennoch nicht unwahrscliein- lich, dass auch das Licht an den obig-en Resultaten einen gewis- sen Antheil hat. Allein diesen Antheil, der jedenfalls sehr kh'in sein muss, durch Messung direct zu bestimmen^ schien mir vor- läufig' unmöglich, da ich kein Mittel kenne, um der grossen Periode, welche zwar einen gesetzmässigeu, für uns aljcr ji-tzt noch unberechenbaren Verlauf hat, auszuweichen und noch andere störende Einflüsse, wie z. B. die unausbleiblichen, wenn auch unbedeutenden Oscillationen des Wachsthums /.u beseitig-en. Ich beschränkte mich daher zunächst auf eine FeststelUing der Reactionen des Lichtes und suchte aus diesen auf eine be- schleunigende oder verzögernde Rückwirkung auf die Vorgänge des Wachsthums zu schliessen. 174 K ras an. Eine Blüthenknospe , welche am 24. und 2p. August am SW-Geländer meiner Wohnung in Krainburg- von 9 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends einer vollen Insolation ausgesetzt worden war und deren oberer tulpenförmiger Theil, der bereits aus der schlauchförmigen Scheide ganz hervorgetreten war und eine rosenrothe Farbe angenommen hatte, wurde am 26. August in ein Zimmer mit 19 — 21° gebracht und auf einen Tisch hin- gestellt, so dass die Pflanze von einem Fenster her, welches halb otfen war, diffuses, ziemlich gedämpftes Licht empfing. Im Laufe der nächsten zwei Tage streckte sieh die Perigon- röhre um mehrere Centimeter und die Pflanze wuchs gerade auf- recht. Bald hierauf aber bemerkte ich, dass sich ihr oberer Tlieil nach und nach ziemlich wahrnehmbar geg-en das Fenster, durch welches das Licht eintrat, hinneig'te. Die Krümmung derPerig-on- röhre änderte sich während des Tages, so dass diese endlich ein nahezu spiraliges Ansehen bekam. Doch wollte es mir nicht ge- lingen, eine bestimmte Beziehung dieser Krümmung oder Torsion zum Stande der Sonne oder zur Tageszeit zu finden. Durch 5 Tage nahm die Perigonröhre beständig an Länge zu, ohne dass eine völlige Entfaltung der Blüthe, d. i. ein Aus- einandergehen der Perigonblätter, erfolgte. Als aber am 31. Aug. gegen 11 Uhr die Pflanze auf die Sonne gebracht wurde, öffnete sich schon nach 2 Stunden das Perigon vollständig, um sich bei eintretendem Abenddunkel wieder zu schliessen ; sobald die Pflanze am folgenden Tage Morgens wieder von der Sonne be- schienen wurde, öffnete sich die Blüthe von Neuem. Es wurde hiebei auch die Wahrnehmung gemacht, dass sich jene Perigonblätter zuerst ausbreiten, welche auf der stärker beleuchteten Seite liegen. Überdies krümmte sich die Perigonröhre im Laufe des Tages, und nun konnte ich mit Bestimmtheit sehen, dass sich das Perigon dem stärkeren Lichte, beziehungsweise der stärker beleuchteten Mauerwand zuneigte. War die flachere Seite der Röhre gegen das stärkere Licht gewendet, so war die Neigung direct, im Übrigen schien es, als ob die Richtung der Blüthe die Resultirende zwischen einer vom stärkeren Lichte ausgehenden Anziehung und einer der Drehung widerstehenden Festigkeit wäre. Auf diese Weise machte die Perigonröhre wäh- rend des Tages eine zwar sehr langsame, aber stets leicht nach- Beiträge zur Kciuitniss dos W;ichstliums der PHanzcii. 1 '-^ zuweisende Krümmung, Drehung oder, je nach Umständen, aueli SpiralbcAvegung. Durch diesen und andere älinliche Versuche habe ich mich schliesslich auch überzeugt, dass sich das Perigon nur durch Einwirkung des Lichtes röthlich färbt; eine 3 — östündige Be- sonnung des jungen, noch ganz ungefärbten Pcrigons genügt in- dessen /Air Erzeugung eines schwachen rosenrothen Anfluges. Die Färbung kann auch im Dunkel stattfinden, wenn einige Stunden vorher volles Sonnenlicht auf die Pflanze eingewirkt hatte. Tem- peraturen zwischen 24 und 35° sind der P'ärbung der Blüthe besonders günstig, doch sah ich sie bisweilen auch bei 19 — 21° in der Nacht, nach mehrstündiger Besonnung am vorhergehenden Tage, roth werden. Eine vollständige Entfaltung, d. i. Ausbrei- tung der Perigonblätter ist nur bei voller Insolation gesehen worden. Bei mangelndem Lichte etiolirt die Blüthe, indem die Peri- gonröhre unverhältnissmässig lang wird, w'ährend der obere tulpenförmige Theil niemals seine normale Grösse und Ausbil- dung erlangt. Ob das Perigon, nachdem es im Lichte roth ge- worden ist, im Dunkel weiter wächst, kann ich nach den weni- gen Erfahrungen, die ich darüber im vergangenen Sommer ge- sammelt habe, weder behaupten, noch in Abrede stellen. So viel doch lässt sich sagen, dass das Licht der Tendenz nach Streckung mittelbar und unmittelbar entgegenwirkt, indem die in vollem Lichte gewachsenen Blüthen stets sehr niedrig bleiben. Achter Versuch. Im vorigen Versuche haben wir gesehen, wie volles Sonnen- licht das Reifwerden der Co/chicum-Hlnthe beschleunigt, den Vegetationsprocess also abkürzt. Um nun auch zu erfahren, wie schwächeres Licht auf die Pflanze wirkt, wenn diese bis dahin im Schatten, überhaupt in schwachem diffusem Lichte gewachsen ist, stellte ich gegen Ende August eine Blüthenknospe, die sich eben mit ihrem tulpenförmigen Theile aus der Scheide empor- arbeitete, und die noch nicht auf der Sonne gewesen war, unter den Ofen im Hintergrunde des Zimmers und brachte vorn einen Schirm aus dunklem Papier mit einer engen verticalen Spalte so an, dass ein etwas gedämpftes Licht vom gegenüberliegenden l'O K r a s a n. Fenster ans zn der etliche Centimeter hinter der Spalte befind- lichen ßlüthenknospe gelangte, wodurch dieselbe vorn sclnvach beleuchtet wurde, hinten aber ganz dunkel blieb. Nichtsdestoweniger wuchs die Blüthe ganz aufrecht und zeigte nach keiner Seite hin eine Neigung; die Perigonröhre blieb gerade und erreichte in 3 Tagen eine enorme Länge, ohne dass sich der obere Theil des Perigons färbte oder an Grösse zunahm (die Blüthe etiolirte). Während dieser Zeit war die Tem- peratur im Zimmer 18 — l^y^". Nachdem nun die Pflanze 4 Tage lang in dieser Lage ge- blieben war, stellte ich sie auf die Sonne, und siehe, sie krünunte sich schon nach Verlauf von 3 Stunden nach der stärker beleuch- teten Seite und machte nach und nach jene oben bezeichneten Drehungen, noch bevor sicli der charakteristische rosenrothe Anflug an den Perigonblättern eingestellt hatte. Aus diesen Thatsachen entnehme ich, dass eine junge Col- chicum-V>\\\i\\Qj wenn sie nicht vorher wenigstens einige Stunden lang einem stärkeren Lichte ausgesetzt gewesen ist, für ein so schwaches Licht, wie es bei diesem Versuche auf die Pflanze geleitet wurde, nicht empfänglich ist. In jedem anderen Falle wäre bei obiger Temperatur, wie mich zahlreiche Beobachtungen während des vorigen Versuches (und auch s])ätere Erfahrungen) lehrten, auch dieses schwache Licht nicht ohne Wirkung ge- blieben. Ob nun die vorliegenden Erscheinungen auf einer blossen Krümmung oder auch, wie es häufig der Fall ist, auf einer Dre- hung der Perigonröhre beruhen, so denke ich, dass man sich beides ebensowohl durch eine mechanische Biegung als auch durch eine relative Verkürzung der Gewebeschichten auf der concaven, d. i. dem stärkeren Lichte zugewendeten Seite, und entsprechende Verlängerung auf der entgegengesetzten erklären könnte. Da aber hier von keiner mechanischen Druck- oder Zug- kraft, durch deren einfache Wirkung auf die Spitze der Blüthe eine wirkliche Biegung der Perigonröhre erfolgen müsste, die Rede sein kann, so dürften wir uns die Ursache jener Krümmung nach dem Lichte höchstens noch als Summe unzähliger Anzie- hungskräfte denken, welche, vom Lichte ausgehend, auf die jungen noch verschiebbaren Elementartheilchen und jjlastisclicn Beiträge zur Kenntniss des Waeli.-^tlnmis der Pflanzen. 1 77 Stoffe der Blüthenknospe wirken. Solche Kräfte würden aller- dings ähnliche Erschcinung-cn hervorbringen wie die erwähnten heliotropischen Krümmungen; wir haben aber keinen Grund, dem Lichte eine solche mechanische Anziehungskraft zu/ai- schreiben. Für die geotropische Aufwärtskrümmnng horizontal geleg- ter Sprosse hat Sachs die nächste mechanische Ursache in einem verschiedenen Längenwachsthum der gleichnamigen Ge- webeschichten der Ober- und Unterseite gefunden '. Auch die heliotropische Krümmung wäre nach dem Obigen durch eine ähnliehe Annahme am natürlichsten erklärt ^. Neunter Versuch. Zur Beurtheilung der geotropischen Krümmung in Verbin- dung mit dem Heliotropismus stellte ich den 11. September das Gefäss mit den darin wachsenden (7o/cÄ/c«m- Pflanzen, welche län- gere Zeit in zerstreutem, aber hellem Lichte gestanden sind (volles Sonnenlicht war nur einigemale auf sehr kurze Zeit auf sie gefallen), auf das NO-Fenster eines halbdunklen Kellers hori- zontal und zwar so, dass die Blüthen mit ihren Spitzen gegen den dunklen Raum des Kellers gewendet waren. Eine Blüthe war rosenroth gefärbt und vollkommen entwickelt, zwei andere waren jünger und noch ungefärbt. Schon in 5 Stunden war eine sehr beträchtliche bogen- förmige Aufwärtskrümmung an die Stelle der früheren horizon- talen Richtung getreten: dieselbe entsprach ungefähr einem Viertelkreise und war bei allen drei Blüthen nahezu gleich. Nun befestigte ich das Gefäss über einer Stiege, welche zu einer dunklen Scheune führte, derart horizontal, dass die nach aufwärts gekrümmten Blüthen mit ihren Spitzen in den dunklen Baum hinaufragten, während ihre untere Seite durch die von unten einfallenden (diffusen) Lichtstrahlen ziemlich in- tensiv beleuchtet wurden. Das Ergebniss dieses Versuches bestand nun in folgenden Thatsachen. Die ältere geschlechtsreife Blüthe behielt ihre Rich- 1 Arbeiten des bot. Inst, in Wiuzburg. Leipzig, 187:2. p. 193 — 2US. 2 Man vergl. Sachs, Lelirb. der Botanik, III. Anfl. p. 74-2— 748. Sizb. d. matheni. naturw. Cl. LXVII. Bd. I. Abth. 1-' 178 Krasan. tung" 3 Tage lang- bei, erst am vierten Tage schien sie sich gegen das einfallende Licht zu neigen. Hingegen krümmten sich die beiden anderen jüngeren BlUthen schon am folgenden Tage all- mälig herab und bildeten in zwei Tagen eine merkliche Con- cavität gegen das hellere Licht. Während dieses 72stündigeu Versuches waren noch vier andere Blüthen hervorgesprossen, aber alle vier wuchsen, un- geachtet das Gefäss horizontal lag und das Licht von unten auf- fiel, lange Zeit mit einer starken Krümmung nach aufwärts gegen den dunklen Raum und es schien das Licht sie nicht im minde- sten zu afticiren. Erst nach 40 — 50 Stunden wurde eine gerade Streckung bemerkt, die allmälig in eine schwache Concavität nach unten umschlug, woraus deutlich zu ersehen ist, dass der Heliotropismus hier im Ganzen schwächer ist als die geotropische Spannung (geotropische Tendenz). In den jüngeren Stadien des Perigons tritt der Geotropismus mit grösserer Energie auf als der Heliotropismus und nimmt im Allgemeinen mit dem Alter der Blüthe ab. Der Heliotropismus scheint hingegen, wenn ich ge- wisse Einzelnheiten dieses und des vorigen Versuches richtig verstanden habe, an keine bestimmte Altersstufe der Blüthe ge- bunden zu sein. Zu jeder Zeit bewirkt das Licht jene oben er- wähnten Krümmungen, kürzt den Wachsthumsprocess ab und beschleunigt die Geschlechtsreife der Blüthe. Zehnter Versuch. Am 20. Mai (L^T:^) hatte ich sechs Colchicum-l'üainzen an der oben (im ersten Versuch) bezeichneten Stelle nächst Krain- burg ausgegraben. Sie waren in der vollsten Vegetation; die neue Zwiebel war kaum erst als eine etwas bemerkbare (nicht ganz bauchige) Anschwellung des mit Blattscheiden umgebenen Basaltheiles der vegetirenden Axe zu sehen. Allein ungeachtet ich beim Herausnehmen der Pflanzen aus der Erde jede Beschä- digung der Wurzeln sorgsam zu verhüten suchte, so war doch ein Abreissen der feinsten Wurzelfasern nicht ganz zu vermeiden. Ich setzte die heimgebrachten Pflanzen in einen Blumen- topf, der mit gewöhnlicher Garteuerde gefüllt war, in eine Tiefe, wie sie dem natürlichen Vorkommen im Freien entspricht, und hielt die Erde beständig feucht. Der Blumentopf blieb fortan im Beiträge zur Kenntuiss «los Waolistlmni.'^ der rflaiiziMi. 170 Scluitten, an einer Stelle, deren Temperatur iin Somnior während des Tages zwischen 20 und 27° variirte. Doch schon in 5 Tagen waren die Blätter gelb geworden und bis 28. Min waren sie ganz vertrocknet. Zu Anfang des Monats Juli wurden die Zwiebeln heraus- genommen und besichtiget ; es zeigte sich, dass sie beträchtlich an Grösse zugenonnnen hatten, während die Blüthenknospen kaum grösser geworden sind. Auch später im Laufe des Sommers machten die letzteren nur sehr geringe Fortschritte. Während des Monates August sind die Pflanzen nicht näher untersucht worden; sie blieben, obschon für hinreichende Feuchtigkeit ge- sorgt wurde, im Übrigen unbeachtet bis Ende September. Da bemerkte ich mit Ende des genannten Monates, dass sich zwei Bltithenkeime erhoben; in wenigen Tagen haben sie eine Höhe von 3—4 Cm. über dem Niveau der Erde im Blumen- topfe erreicht und bald darauf sprosste ihnen noch ein dritter Keim nach, der aber, als er die Oberfläche erreicht hatte, nicht mehr wuchs. Die zwei ersteren Keime Hessen aber in der hohlen schlauchförmigen Blüthenscheide kein Ferigon durchschimmern, während die Blüthenscheide des letzteren Keimes einen opaken dunkelgrünen Körper einzuschliessen schien. Vom ?). October an konnte ich bei keiner dieser Knospen einen Fortschritt bemerken, und da ich vermuthete, dass wegen der bedeutenden Depression der Temperatur gegen Ende des Septembers * ein permanenter Stillstand des Wachsthums ein- getreten Sein konnte, so exponirte ich die Pflanzen durch 4 Tage den Sonnenstrahlen, wodurch sie im Ganzen durch 24 Stunden eine Temperatur von 20 — 28° und etliche Stunden 30 — 32° em- pttngen. Doch hatte diese Erhöhung der Temperatur noch immer keinen wahrnehmbaren Fortschritt der Blüthenknospen zur Folge, und ebenso wenig wollten diese während der nächsten 10 Tage, wo die Temperatur bei anhaltendem lauem Wetter beständig auf 15 — 16° stand, ein Lebenszeichen von sich geben. Da nahm ich am 14. October die Zwiebeln aus der Erde; sie zeigten sieh ganz gesund und besassen ein sehr verfilztes 1 Am 22. September betrug- die Temperatur am Morgen in der Nähe der Versuchspflanzen +3° und am 28. September -+-1°. 12* 180 K r a s a u. Wurzelg'eflecht, aber ohne frische fuuctionirende Wttrzelehen. Drei wurden in den früheren Blumentopf zurückversetzt, dre andere verpflanzte ich in ein kleineres Gefäss aus Glas, was ohne eine merkliche Beschädigung- der Wurzeln geschehen konnte. Bei allen war die Blüthenscheide normal entwickelt, allein da das Perigon gänzlich zurückgeblieben war, so stand sie leer und glich einem etwas zusammengedrückten Schlauche. Nur eine ßlüthenkuospe machte davon eine Ausnahme ; doch wollte ich den Inhalt der Scheide, da ich eine Beschädigung fürchtete, vorläufig nicht untersuchen. Das eine Gefäss wurde nun in ein geheiztes Zimmer ge- bracht und daselbst bei 20 — 21° gehalten, das andere stellte ich auf den Ofen desselben Zimmers, und zwar auf ein Gesimse, so dass die Pflanzen, indem zweimal des Tages geheizt wurde, täg- lich zweimal den Temperaturgang von 21 — 30° zu ertragen hatten. Nun wurde zwar durch diese Behandlung das sistirteWachs- thum wieder in Gang gesetzt, dieses ging aber so langsam vor sich, dass in 14 Tagen das junge Perigon kaum um 15 Mm. ge- wachsen ist. Merkwürdig genug, alle sechs Blütheukuospen (eigentlich Perigonknospen, denn die Scheiden hatten längst ihre völlige Ausbildung erlangt) zeigten fast ein gleiches Wachsthum, etwa 0-04 Mm. in der Stunde, obgleich die Behandlung der Pflan- zen in beiden Gefässen bezüglich der Temperatur eine. sehr ver- schiedene war. Dieses langsame Wachsthum contrastirt auflal- lend gegen die sonst so rasche Entwicklung des Perigons auf jener Altersstufe, wo die umhüllende Scheide eben ihre völlige Ausbildung erlangt hat und einige Zeit unmittelbar nach dieser Periode, was uns übrigens nicht Avimdern darf, wenn wir erwä- gen, dass die Blütheukuospen im vorliegenden Falle unter ganz ungewöhnlichen Verhältnissen aufgewachsen sind. Als nämlich die Colchicum-Zwiehcln am 20. Mai ausgegra- oen wurden, hatten die Blätter und Wurzeln kaum zur Hälite ihre Aufgabe erfüllt; die Assimilation wurde mitten in ihrem Gange unterbrochen , und da die Blätter bald abwelkten, so konnten die vor Ende Mai in den Zwiebeln deponirten Bildungs- stoffe, von denen sich der grösste Theil aus dem Inhalt der rasch J>citräge zur Konntniss des Waclistlinms der Prianzen. 181 1111(1 vor der Zeit g-esclnvuiideneu Blätter ziisainiucnsetzte, wolil kaum die für den folgenden Entwicklungsprocess erforderliche Reife erlangt haben; das Pcrigon blieb darum fortan verküm- mert, und als wollte die Pflanze gleichsam den durch die unter- brochene Assimilation erlittenen Verlust wieder ersetzen, ging sie nun mit der Entwicklung der Rlütlie nicht weiter, sondern kehrte gleich nach der Entfaltung der Blüthenscheiden um. Denn ich fand das junge, übrigens in seiner Volumentwicklung sehr zurückgebliebene Perigon bei allen sechs Pflanzen vollkommen grün. Bei fünf Pflanzen steckte es tief in der Röhre derBlüthen- scheide, und es war mir dadurch möglich, den Gang des Wachs- thums von aussen zu verfolgen, dass die fast ungefärbte Blüthen- schcide den Inhalt durchschimmern Hess. Um aber denselben genauer sehen zu können, war es nöthig, die Scheide zu durch- reissen, was ich in der Folge auch that. Nur bei einer Pflanze hatte das Perigon diese selbst durchbrochen. Wenn wir nun den ganzen Entwicklungsgang der Herbst- zeitlose überblicken und dabei die Erlangung der Geschlechts- reife der Blüthe als den Gipfelpunkt ihres Lebens betrachten, indem wir alle anderen Functionen des Organismus gleichsam diesem Ziele unterordnen (eine allerdings willkürliche Auflassung des Geschlechtswesens der Pflanze), so müssen wir im Lebens- kreise der Herbstzeitlose folgende drei Perioden unterscheiden: L TPeriode der Blattbildung und Assimilation durch die Blätter. Diese Periode beginnt im Herbste gleich mit dem Abwelken der Blüthen. Es bildet sich zu dieser Zeit die Blattknospe, welche das befruchtete Ovarium einschliesst und ihre Blätter im folgenden Fiühjahre entfalten soll, weiter aus Auch wird zugleich die neue Blüthenknospe für den nächsten Sommer angesetzt. Die Periode dauert bis zum Abwelken der Blätter gegen Ende des Monates Juni (20 — 30. Juni), n. Periode des (scheinbaren) Stillstandes. Sie be. ginnt mit dem Abwelken der Blätter gegen Ende Juni und dauer- bis zur beginnenden Bildung von Wurzeln an der jungen Zwiebel, welche die Blüthenknospe trägt. In dieser und in der vorher- gehenden Periode wächst die Blüthenknospe überaus langsam. 182 K r a s a 11. III. Periode der Blut heu entwicklung. Diese be- ginnt mit der Wurzelbildung (gegen Ende des Monates Juli) und fast gleichzeitigen Durchbrechung der innersten Blüthenscheide, welche die Perigonanlage einschliesst und endet mit der völligen Entfaltung und Geschlechtsreife des Perigons. Die Dauer dieses Abschnittes beträgt nicht mehr als einen halben Monat. 80 lange die Wurzeln in ihrer wesentlichen Entwicklung begriffen sind, wachsen Blüthenscheide und Perigon gleichmässig, ist aber das Wurzelsystem einmal ausgebildet, so hört die Scheide zu wachsen auf, und nun tritt das bisher eingeschlossene Perigon aus seiner Wiege hervor und erhebt sich mit überraschender Schnelligkeit. Bei Görz entfaltete Colchicum auct. diesen Sommer (1872) gegen die Mitte des Monates August, also ungefähr zu derselben Zeit wie in der Umgebung von Krainburg, seine ersten Blüthen. Die Localität, wo ich die Pflanze am frühesten in voller Evolu- tion gefunden habe, ist, bei geringer Neigung gegen NO, halb- sonnig gelegen und mit einem Gehölz von edlen Kastanien be- wachsen, an welches sich Eebenpflanzungen anschliessen, in deren Mitte einzelne Ol- und Feigenbäume vortrefflich gedeihen. Nun besitzt aber die Umgebung von Krainburg bei kaum -1-9° mittl. Jahrestemperatur einen bedeutend kühleren Sommer, indem daselbst die Temperatur an den heissesten Tagen in Wohnzimmern gegen NO höchstens 25° und in den Räumlich- keiten zu ebener Erde höchstens 22° erreicht. Pflanzen, welche hier zu Anfang des Monats April zu blühen anfangen, sind bei Görz bereits gegen Ende Februar zur Blüthe gelangt. Aber in dieser in klimatischer Beziehung so abweichen- den Gegend scheint die Herbstzeitlose sonderbarerweise gegen die Temperatursunterschiede des Bodens noch weniger empfind- lich zu sein; ihre Gleichgiltigkeit gegen Kalt und Warm ging so weit, dass sie au der Nordseite der Hügel und Berge nahe zu derselben Zeit ihre Blüthen entfaltet hat wie an der Südseite (in gleicher Höhe) und an den schattigsten Orten fast gleichzeitig wie an den sonnigsten Stellen; wenigstens konnte ich nicht einmal eine Differenz von 3 Tagen constatiren. Beiträj;^e zur Kcnntniss des Waclisthiiins der rflanzoii. IS'o Einem solchen Verhalten zufolg-c sollte man ^laiiheii, dass die Colckicnm-Biüthe in den kälteren Klimateu überall , so weit die Pflanze überhaupt vorkommt, im Laufe des Sommers zur vollständigen Entwicklung- gelangen müsse. Dem ist aber nicht so; nach einer freundlichen Mittheilung des Herrn Karl Fritsch wird z. 15. die Herbstzeitlose auf der 1878 Met. hohen Station Gurgl in Tirol regelmässig in der Frühlingsblüthe beobachtet. Mir ist bis jetzt nichts Näheres darüber bekannt, halte aber dafür, dass diese Frühlingsblüthe in jene Kategorie von Erschei- nungen gehört, welche bei der Herbstzeitlose insgesammt als zweite oder secundäre Blüthe bezeichnet werden. Nach übereinstimmenden Angaben verschiedener Beobaciiter kommt es nämlich im März oder April bei unserer Pflanze bis- weilen wirklich zu einer Blüthe, und diese hat sogar zur Auf- stellung einer eigenen Varietät die Veranlassung gegeben. In- dessen sind solehe jedenfalls nur als verspätete Blüthen anzu- sehen, und da sie mehr oder weniger ein abnormes (verkümmer- tes) Aussehen haben, und ganz oder doch an der Spitze der Perigonblätter grün sind, so können wir nicht umhin, sie mit den im 10. Versuch beschriebenen Erscheinungen im ursäch- lichen Zusammenhang zu bringen, indem wir annehmen, dass die Bildungsstotfe, welche im Sommer durch die assimilirende Thä- tigkeit der Blätter erzeugt werden, sei es wiegen vorzeitiger Unterbrechung der Assimilation oder wiegen zu niedriger Tem- peraturen die erforderliche Reife nicht erlangt haben. An dem AVärmebedürfnisse der Blüthenknospe selbst ist es hier nicht gelegen, denn schon eine Temperatur von 11 — 15° würde zur Entwicklung der Blüthe hinreichen (ob diese bei so niedrigen Wärmegraden auch geschlechtsreif wird, ist noch nicht erwiesen), und diese Temperatur steht in der Höhe von 1878 M. im Sommer der Pflanze sicher zu Gebote. Auch finde ich es damit in vollkommenem Einklang, dass ich die Herbstzeitlose bei Görz noch nie im Frühjahre blühend gesehen habe, ungeachtet ich deren Entwicklung im Sommer und Frühjahre seit vielen Jahren mit Aufmerksamkeit verfolge. Dort hat die Pflanze in den Monaten April, Mai und Juni an Wärme Uberfluss ; es kann sich nicht einmal in den kühlsten Jahren ereignen , dass die Zwiebeln mit Ende des Sommers unreif bleiben oder die Blätter 184 K ras an. wegen Kälte ihre Functionen zu früh einstellen müssten. Es wird daher auf die Dauer der Assimilation und die während der- selben herrschenden Temperaturen im Frühjahre oder Sommer ankommen. Da aber eine durch zu geringe Intensität nicht aus- reichende Temperatur durch längere Dauer bis zu einem gewis- sen Grade ersetzt werden kann, wie auch umgekehrt eine höhere Temperatur den Assimilationsprocess beschleunigt und die Assi- milationsperiode abkürzt; so werden wir schon aus dieser An- deutung jene nahezu paradoxe Erscheinung der gleichzeitigen oder fast gleichzeitigen Blüthe der Herbstzeitlose unter so ver- schiedenen klimatischen Verhältnissen nicht unbegreifllich ünden. Denn nehmen wir nach dem Obigen (sechsten Versuch) an, dass sich die Blütheuknospe bei 18 — 20° am schleunigsten ent- wickelt, bei einer Temperatur also wie sie in einer gewissen Eegion in circa 15 Ctm. Tiefe des Bodens von Mitte Juli bis Mitte August durchschnittlicii vorherrscht, so kann die Blüthe daselbst am frühesten, etwa in der ersten Hälfte des August, zum Vorschein kommen ; in allen wärmeren und in allen kälteren Gegenden und Ortlichkeiten hingegen müsste sie später zur Entwicklung gelan- gen. Allein in den wärmeren Gegenden und an den wärmeren Ortlichkeiten überhaupt hört der Assimilationsprocess früher auf, und die Blütheuknospe kann sich daher um so früher weiter zu entwickeln beginnen, je wärmer die Stelle ist, da die Molecular- kräfte nach beendeter Assimilation dem Processe der Blüthen- bildung dienstbar werden. Auf diese Weise mag wohl jene Gleichzeitigkeit der Blüthe für Görz und Krainburg und für die klimatisch verschiedensten Localitäten in der Umgebung von Krainburg auf einer Compensation zwischen Temperatur und Entwicklungsdauer beruhen. Nun müsste aber die Pflanze unserer Voraussetzung gemäss in allen Gegenden, deren Wärmeverhältnisse den oben bezeich- neten Grad nicht erreichen, ihre Blüthen auch später entfalten, und da in diesem Falle natürlich keine Compensation denkbar ist, so sollten wir Colck. auct. unter solchen Verhältnissen im September oder gar erst im October zur Blüthe gelangen sehen. Solche Ortlichkeiten wären aber nur im hohen Norden oder in den Alpen zu suchen, in Regionen bereits, wo die Sonnner- wärme zur Zeitigung der in den Blättern und durch dieselben Beiträge zur Kenntniss des Wachsthunis der Pflanzen. 1S5 erzeugten liildung-sstofte nicht mehr ausreicht und wo die aus unreifen Reser^■estotten hervorg-eg-anyenen (mehr oder weniger abnormen) Blüthen ihres viel zu langsamen Wachsthunis wegen nicht im Laufe desselben Sommers oder Herbstes zum Vorschein kommen können. Es wurde bereits im zehnten Versuch darauf hingewiesen, dass solche abnorme Blüthen in ihrem Phitwick- lungsgange von den normalen völlig abweichen. Mit Bestinnntheit lässt sich sagen, dass Colchicum in der Bergregion unserer Breiten die zur Bildung und Entwicklung der Blüthc mittelbar oder unmittelbar erforderliche Wärmemenge vorfindet. Am 27. August des vorigen Jahres fand ich z. B. in der rJeV)irgsgegend von Tarvis in Kärnten alle Wiesen bei 000 — 1000 Mtr. Seehöhe mit unzähligen CoIclncum-B\\\i\\(t\\ übersäet. Im Jahre 1868 ist die Pflanze in der unteren Fichtenregion der Karpathen (bei 1000 Mtr.) sogar schon am 28. Juli blühend an- getroffen worden ^ Im Laufe der gegenwärtigen Untersuchungen haben wir Temperatureinwirkungen kennen gelernt, die (sofort und unmit- telbar) weder eine messbare Volumvergrösserung noch eine be- merkbare Massenzunahme zur Folge haben. Während der Periode des (scheinbaren) Stillstandes kann man an der Blüthenknospe kaum ein angebbares Wachsthum nachweisen. Wenn einmal die Wurzeln und Blätter abgestorben sind, scheint, wenigstens in den folgenden zwei Wochen, die Pflanze keiner Lebensäusserung mehr fähig- zu sein : es schlummern die Kräfte, die wir im Früh- jahre an der raschen Entwicklung der Blätter und der jungen Frucht in so wundervoller Thätigkeit wirken sahen. Gleichwohl ist es nicht denkbar, dass die in dieser Zeit der Pflanze zugekommene Wärme wirkungslos geblieben wäre. Denn, da jener (scheinbare) Stillstand bei allen Temperaturen, welche überhaupt den Organismus der Pflanze nicht direct angreifen oder schädigen, stattfindet, und wir damals auch bei den gün- stigsten Wärmegraden eine deutliche Spur des Wachsthunis nicht wahrnehmen, eine Unthätigkeit der Molecular-Bestandtheile des Organismus aber, so lange diese in normalem Verbände mit ein- 1 Karpathen-Reise von R. Fritze und Dr. H. Ilse. Verhandl. der k. k. zool. botan. Gesellsch. in Wien, 1870. 186 K ras an, ander stehen, gegen das allgemeinste Naturgesetz Verstössen würde: so sind wir genötlngt, in der sogenannten Stillstands- periode eine Tliätigkeit der Molecularkräfte anzunehmen, die sich im Innersten des Organismus, in der Masse der scheinbar ruhenden Reservestoffe, auf unsichtbare Weise vollzieht, indem diese letzteren eine langsame Umwandlung oder M e t a m o r p h o s e erfahren, wesshalb es auch nicht immer passend wäre, die Tem- peraturen zwischen dem Optimum und Maximum im eigentlichen ►Sinne des ^Yortes als schädlich zu bezeichnen. Für den Fortgang ähnlicher Untersuchungen wird es un- umgänglich nothwendig sein, solche (wir können sie nach ihrer Wirkung nennen) zeitigende Temperaturen von denjenigen zu unterscheiden, welche unmittelbar eine Zunahme des Wachs- thums oder die Einleitung des Wachsthums überhaupt zur Folge haben, und die wir anregende Temperaturen nennen wollen. Die Herbstzeitlose bedarf zur vollständigen Assimilation und wahrscheinlich auch zur Zeitigung ihrer Bildungsstoffe höhe- rer Temperaturen als zur Bildung und Entwicklung der Blüthe. Allein das Optimum der anregenden Temperaturen liegt nicht über dem 20. Wärmegrade (bei der Blüthe), Gegen Ende der Stillstaudsperiode kann zwar die Blüthenknospe bei viel höheren Temperaturen an Grösse zunehmen als es später der Fall ist; so ersehen wir z. B, aus dem ersten und zweiten Versuche, dass dieselbe bei Wärmegraden zwischen ol und 40° entschieden gewachsen ist, während in einem späteren Stadium, nämlich zur Zeit, wenn die letzte Blüthenscheide durchbrochen ist, die Knospe (d. i, das junge Perigon) schon nach 3 — 4stündiger Einwirkung einer Wärme von 30° nicht mehr wächst. Wir halten es aber für sehr wahrscheinlich, dass sich jener noch anregende Einfluss der Temperaturen zwischen 31 und 40° im frühesten Entwicklungsstadium der Blüthenknospe nur auf die Hüllscheideu erstreckt und die Perigonanlage unberührt lässt. Wissen wir doch wenigstens von der innersten Blüthenscheide, dass sie nach ihrem ^'erhalten zur Temperatur von den Ent- wicklungsgesetzen des Perigons gänzlich abweicht. Die höchste Temperatur, l)ei welcher sich ein Wachsthum der Hüllschciden an der jungen Knospe mit Sicherheit nachweisen Hess, beträgt 38° und die tiefste, bei welcher die innerste Blüthenscheide (^im Ik'itiä^c zur Koüutiiis.s des Waclisrliunis der PHaiizoii. ],s7 Eiskeller) noch zum Wachsen gebracht worden ist, beträgt nur 4°, somit haben die liüllseheiden, wenn sie bezüglich ihres Ver- haltens zur Teniix'ratur unter einander nicht verschieden sind, einen Spielraum von o4°, während das l^erigon in seiner Ent- wicklung zwischen viel engere Temperaturgrenzen gewiesen ist '. Innerhalb dieser engen Grenzen geht die Entwicklung- des Perigons bald rascher bald langsamer vor sich. Jedoch können die Ungleichheiten in der Geschwindigkeit des Wachsthums keineswegs als eine blosse Folge ungleicher Temperaturen be- trachtet werden, denn auch bei constant bleibendem Wärme- grade beginnt die Entwicklung- selbst im günstigsten Falle stets mit langsamem Schritt; erst nach und nach wird der Gang des Wachsthums schneller, bis zu einer gewissen Grenze, von der an die Geschwindigkeit bald mehr bald weniger regelmässig ab- nimmt, einem mechanischen Bewegungsvorgang vergleichbar, welcher durch eine dauernde Ursache angeregt wird. Hier liegt allerdings die eigentliche Ursache keineswegs blos in einer Anregung von aussen, sondern auch in der compli- cirten Natur des vegetabilischen Organismus selbst, in der sich allmälig vervielfältigenden Theilung und Thätigkeit der Ele- mentarorgane. Gehen wir einen Schritt weiter und lassen die Temperatur allmälig bis zum Maximum zunehmen und dann wieder langsam aber stetig sinken, so werden wir finden, dass das Minimum der Wachsthumsgeschwindigkeit nicht gleichzeitig mit der höch- sten Temperatur, sondern später eintritt, zu einer Zeit, wo die Temperatur schon tiefere, dem Wachsthum günstigere Grade angenommen hat. Wenn aber die letztere in gleicher Weise bei allmäligem Sinken das Optimum erreicht hat, um von da wieder stetig zuzunehmen, so wächst das Perigon im Momente als die Temperatur das Optimum, also den für das Wachsthum günstig- sten Wärmegrad erreicht hat , noch nicht am schnellsten ; erst einige Zeit (2--4 Stunden) später erfolgt das schnellste Wachs- thum, zu einer Zeit, wo sich die Temperatur bereits in einer höheren, der Entwicklung der Blüthe minder günstigen Phase 1 In diesem Sinne ist die Angabe in meinen „Studien" p. 83 (347) bezüglich der VIII. PHanzengrnppe zu berichtigen und zu ergänzen. löo K r a s a n. befindet. Man vergleiche z. B. nur die im fünften Versuche fest- gestellten Thatsachen. In der anorganischen Welt kennen wir keinen Vorgang, mit dem sich die bezeichnete Erscheinung passend vergleichen Hesse. Bei den mechanischen Processen geht aus der gegebenen An- regung fast gleichzeitig eine entsprechende Arbeitsgrösse als Endresultat hervor, wenn die Glieder des mechanischen Systems mit einander fest verbunden sind. Im vorliegenden Falle gehen die Anregungen von der Temperatur aus ; die Arbeitsgrösse ist dem Zuwachs des betreffenden Pflanzentheiles gleich, den wir als mittelbare Folge einer bestimmten Summe von Temperatur- anregungen betrachten. Während sich aber bei jedem mechanischen System von fest zusammenhängenden Massen die durch eine oder mehrere rasch auf einander folgende Stosskräfte hervorgebrachte Anre- gung in unmessbar kurzer Zeit von Theilchen zu Theilchen ein- fach fortpflanzt, wird im Processe des Wachsthums jene von der Wärme ausgehende Anregung mittelst chemischer Verbindungen und Trennungen der Stoffe in eine Keihe theils gleichartiger, theils ungleichartiger Kräfte umgewandelt, deren wechselseitige Beziehungen uns übrigens noch wenig bekannt sind. Von dem Momente an, in welchem ein bestimmter Wärmegrad dem wach- senden Pflanzentheile mitgetheilt worden ist, bis zu demMomente in welchem wir am Wachsthum die Wirkung jenes Wärmegrades erkennen, hat die wirksame Wärme eine längere sehr compli- cirte Arbeit vollbracht. Ausserdem müssen wir berücksichtigen, dass sich im Innern des Organismus die Wärme sehr langsam fortpflanzt, und dass demgemäss in der Umgebung stattgefundene Temperaturverän- derungen jedenfalls erst nach einer messbaren Zeit den Herd des Wachstimms erreichen. Mit den eben ausgesprochenen Ansichten wollen wir vor- läufig nur andeuten, auf Avelche Umstände bei der Einleitung jener Versuche Rücksicht genommen werden muss, welche zur Erklärung der Lebenserscheinungen der Pflanzen bestimmt sein sollen. 18!> YIII. SITZUNG VOM 13. MÄRZ 1873. Die Direction des k. k. Staatsobcrgymnasinms zu Laiids- kron dankt, mit Zuschrift vom 7. März, für die Betheilung dieser Lehranstalt mit dem „Anzeiger^' der Classe. An Druckschriften wurden vorgelegt : Accademia, R., de' Fisiocritici : Revista scientifica. Anno IV, fasc. VI. Siena-Roma, 1872; 8». d'Ancona, Cesare, Malacologia pliocenica Italiana. Fasc. II. Firenze, 1872; 4«. Annuario marittimo per l'anuo 187o. XXIII. Annata. Trieste, 1873; 80. Association, The American Pharmaceutical : Proceedings, 20'" Annual Meeting. Philadelphia, 1873; 8«. Asten, Hugo von, Über die in südöstlicher Umgegend von Eisenach auftretenden Felsitgesteine etc. Heidelberg, 1873; 8". Ateneo -Veneto: Atti. Serie II. Vol. VII. Anno accademico 1869—70. Punt. II. Venezia, 187l^; 8». Bazerque, La caravane universelle, voyages autour du monde en vue de l'exploration scientifique de toutes les parties accessibles de l'univers. Paris ; 8". Beobachtungen, Schweizer. Meteorologische. December 1871, Jänner & Februar 1872. Zürich; 4'\ Bureau de la Recherche Geologique de la Suede: Carte Geo- logique de la Suede. 42' — 45' livraisons. Folio (Text in 8"). — Coupe geognostique de la chaine de la Scandinavie, par A. E. Törnebohm. Stockholm, 1872; 8". Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXVI, Xrs. 7—8. Paris, 1873; 4». 190 Cosmos. Comrannicazioui .sui prog-ressi piü recenti e iiotevoli della geografia e scienze at'fiui di Guido Cora. I. Toriiio, 1873; 40, De la Rive, Auguste, et Edouard Sa ras in, Sur la rotation sous riufluence magnetique de la decharg-e electrique daus les gaz rarefies etc. ; 8*^. Ferdinandeum für Tirol und Vorarlberg: Zeitselirift. Dritte Folge. XVII. Heft. Innsbruck, 1872; 8«. Genocchi, Angelo, Intorno ad una lettera del Sign. Conte L. F. Manabrea. Roma, 1873; 4«, Gesellschaft, Deutsche geologische: Zeitschrift. XXIV. Band, 3. Heft. Berlin, 1872; 80. — österr., für Meteorologie: Zeitschrift. VIII. Band, Nr. 5. Wien, 1872; 4'\ — Königl. bayer. botanische, in Regensburg: Flora. X. R. 30. Jahrgang oder der ganzen Reihe 55. Jahrgang. 1872. Regensburg; 8^. — Repertorium der periodischen botani- schen Literatur vom Beginn des Jahres 1864 an. VIII. Jahr- gang. 1871. Regensburg, 1872; 8». Gewerbe- Verein, n.-ö. : Wochenschrift. XXXIV. Jahrgang, Nr. 10. Wien, 1873; 4". G r a d , Charles, Considerations sur la geologie et le regime des eaux du Sahara Algerien. Paris, 1873; 8*^. Grassmann, Robert, Die Erdgeschichte oder Geologie. Stettin, 1873; 8«. Istituto, R., Veneto di Scienze, Lottere ed Arti: Memorie. Vol. XVII, Parte II. Venezia, 1873; 4". — Atti. Tomo IP. Serie IV^ Disp. 2\ Venezia, 1872—73; 8". Jahrbuch, Neues, für Pharmacie & verwandte Fächer, von Vorwerk. Band XXXVIII, Heft 5 & 6. Speyer, 1872; 8«. Kornliuber, A., Über einen neuen fossilen Saurier aus Lesina. (Abhdlgn. der k. k. geolog. Reichsanstalt. Bd. V, Heft 4.) Wien, 1873; 4°. Landbote, Der steirische. 6. Jahrgang, Nr. 5. Graz, 1873; 4". Land wirthschafts - Gesellschaft, k. k. , in Wien: Ver- handlungen und Mittheilungen. Jahrg. 1873, Nr. 5. Wien; 8'\ Lea, Isaac, Rectiiication of T. A. Conrad's „Synopsis of the Family ofNai'ades of North America." Philadelphia, 1872; S**. 101 Listing, Joli. Benedict, Über unsere jetzige Kenntuiss der Ge- stalt und Grösse der Erde. Göttingen, 1872; 12o, M 0 n i t e u r Scientifique du Dr. Q u e s n e v i 1 1 e. 3' Serie. Tome III, olö" Livraison. Paris, 1873; 4'\ Museum of Comparative Zoology at Harvard College: Bulletin. Vol. III, Nrs. 5 & 6. Cambridge, 1872; S». — Illustrated Catalogue. Nr. VII. Cambridge, 1872; 4«. Nature. Nr. 175, Vol. VII. London, 1873; 4o. Pessina, Luigi Gabriele, Ai Signori Astronomi e Fisico-Mate- matici. Messina, 1873; S^. ,,Revue politique et litteraire" et „Revue scieutifique de la France et de l'etranger". IP Aunee, 2' Serie, Nr. 3G. Paris, 1873; 4'\ Societä Italiana di Antropologia e di Etnologia: Arcliivio. IP Vol., fasc. 4". Firenze, 1872; 8". Societe Matliematique de France: Bulletin. Tome P', Nr. 1. Paris, 1873; 8^ — Botanique de France : Bulletin. Tome XIX'. 1872. Comptes reudus 2. Paris; 8*^. Vimercati, Guido, Intorno alla prima idea delle caldaie tubo- lari. Firenze, 1873; 8". Woldf ich, J., Eine Opferstätte der Urzeit bei Pulkau in Nie- derösterreicli. Wien, 1873; 8^ Wolf, Rudolf, Astronomische Mittheilungen. XXXL 8". 3 92 IX. SITZUNG VOM 20. MÄRZ 1873. In Verhinderung des Generalsecretärs vertritt der Präsident dessen Stelle. Die physikalisch -medieinisehe Societät in Erlaug-en dankt, mit Schreiben vom 14. März, für den mit ihr eingegangenen Schriftentausch. Herr Prof. Dr. J. Gottlieb in Graz übersendet eine vor- läufige Mittheilung seines Assistenten, Herrn Th. Morawski: „Über eine Isomere der Citronensäure." Herr Prof. F. Lippich in Prag hinterlegt ein versiegeltes Schreiben zur Wahrung seiner Priorität mit dem Motto : ,^Ainsl la mutiere ponderuble n'est pas seule dans l'nnivers, ses particules nagent eti quelque sorte au milieu d\in fluide. Lame-'. An Druckschriften wurden vorgelegt : Academia Olimpica di Vicenza: Atti. Secondo Semestre 1872. Vol. II. Vicenza ; S»*. Annale n der Chemie und Pharmacie von W ö h 1 e r, L i e b i g; Kopp, Erlenmeyer & Volhard, N. R. Band XC, Heft 1—2. Leipzig & Heidelberg, 1873; 8». Apotheker -Verein, allgem. österr. : Zeitschrift. (Nebst An- zeigen-Blatt.) 11. Jahrg. Nr. 8. Wien, 1873; 8o. Astronomische Nachrichten. Nr. 1925 — 1927. (Bd. 81. 5.) Altona, 1873; 4". Bibliotheque Universelle et Revue Suisse: Archives des Scien- ces physiques et naturelles. N. P. Tome XLVP, Nr. 181. Geneve, Lausanne & Paris, 1873; 8". Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXVI, Nr. 9. Paris, 1873; 4o. 193 Gesellschaft, k. k. zoolog.-botan., in Wien: Verhandlungen. Jahrgang 1872. XXII. Band, 1.— 4. Heft. Wien: s-. — Astronomische, in Leipzig : Vierteljahrssclirirt. \'I1I. J.-ilir- gang, 1. Heft. Leipzig, 1873; 8". Gewerbe- Verein, n. -ö.: Wochenschrift. XXXIW Jahrgang. Nr. 11. Wien, 1873; 4<'. 11 i nri (' hs, Gnstavus, The School Laboratory of Physical Science. Vol. IL. Nrs. 3 & 4. Iowa City, Iowa, 1873; S". — The Method of quantitative Induction in Physical Science. Da- ventport, Iowa, U. S.; 1872; 8". Institution, The Royal United Service, Whitehall Yard: Journal. Vol. XVI, Nr. LXVI. London, 1872; 8". Jahrbuch, Neues, für Pharmacie & verwandte Fächer, von Vorwerk. Band XXXIX, Heft 1. Speyer, 1873; 8«. Nature. Nr. 176, Vol. VU. London, 1873; V\ Osservatorio, Reale, di Brera in Milano : Pubblicazioni. Nr. I. Sul grande commovimento atmosferico avvenuto il 1" di Agosto 1872 nella bassa Lombardia e nella Loniellina. Annotazioni di Giovanni Celoria. Milano, 1873; 4^ „Revue politique et litteraire" et „Revue scientifique de la France et de Tetranger." IP Annee, 2^ Serie, Nr. 37. Paris, 1873; 4o. Societät, physikalisch -medicinische, zu Erlangen: Verhand- lungen. 1. & 2. Heft. Erlangen, 18(57 & 1870; 8». Societe Ethnographique : Memoires. (Revue Orientale. 2" Serie.) Tome I, Nr. 1. Paris, 1867; 8". — Revue Ethnographiiiue. Nrs. 1—2. Janvier— Juin 1869. Paris; 8». — Actes. Tome IL IS-^— 15^ Livraisons (1867—1868); Tome VII, Nrs. 24—20. Dee. 1872 — Mars 1873. Paris; 8». T o p s ö e , Haider , Krystallogratisk-kemisk UnderseTgelse over Platinets Dobbelthaloidsalte. I— IV. Kj^benhavn, 1869- 1870 ; 8". — Om Forhoklet mellem Sammensaetning, Kry- stalform og Vaegtfylde. I — IV. 8". — Krystallogratisk- kemiske Undersogelser over de selensure Saite. Kjp'ben- havn, 1870; 8^. — Über die Darstellung der wässerigen Bromwasserstoffsäure. 8". — IJber die Hydrate der Platiu- Sitzb. il. matheiii.-iiaturw. (1. r,\VII. I'.d. f. Abili. !•-> 194 säure und des platinsauren Barium. 8**. — Determination des poids specifiques et des volumes moleculaires de divers sels. 8". — Nye Methoder til Bestemnielsen af Chlor, Brom og Jod sammen med Platin. 8". — Krystallogratisk-optiske Unders0gelser, med saerligt Hensyn til isomorfe Stoifer. Kj0benhavn, 1873; 4". Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIII. Jahrgang, Nr. 11. Wien, 1873; 4". Um den raschen Fortschritten der medicinischen Wissen- schaften nnd dem grossen ärztlichen Lese-Publicum Reclinung zu tragen, hat die mathem.-naturwissenschaftliche Classe der kais. Akademie der Wissenschaften beschlossen, vom Jahrgange 1872 an die in ihren Sitzungsberichten veröffentlichten Abhandlungen aus dem Gebiete der Physiologie, Anatomie und theoretischen Medicin in eine besondere Abtheilung zu vereinigen und von die- ser eine erhöhte Auflage in den Buchhandel zu bringen. Die Sitzungsberichte der math.-naturw. Classe werden daher vom Jahre 1872 (Band LXV) an in folgenden drei gesonderten AMheiluugen erscheinen, welche auch einzeln bezogen werden können : I. Abt hei hing: Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie , Botanik, Zoologie, Geologie und Paläon- tologie. II. Abtheilung: Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Physik, Chemie, Mechanik, Meteorologie und Astronomie. III. Abtheilung: Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Physiologie, Anatomie und theoretischen Medicin. Von der I. und IL Abtheilung werden jährlich 5 — 7 und von der III. 3 — 4 Hefte erscheinen. Dem Berichte über jede Sitzung geht eine Übersicht aller in derselben vorgelegten Abhandlungen und das Verzeichniss der eingelaugten Druckschriften voran. Der Preis des ganzen Jahrganges sämmtlicher drei Abthei- lungeu beträgt 24 fl., jener der I. Abtheilung 10 fl., der der IL Abtheilung 8 fl. und jener der III. Abtheilung 6 fl. Von allen in den Sitzungsberichten erscheinenden Abhand- lungen kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und können durch die akademische Buchhandlung Karl Gerold's Sohn (Wien, Postgasse 6) bezogen werden. Der akademische Anzeiger, welcher nur Original-Auszüge, oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlung enthält, wird wie bisher, 8 Tage nach jeder Sitzung ausgegeben- Der Preis des Jahrganges ist 1 fl. 50 kr. SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKiöEilE DE! flSSllSfHiFIII l\TllEMATIStH-MTURWlSSENSCllAFTLlCHE CLASSE. LXVIL BAND. IV. imd V. HEFT. Jahrgang 1873. — April und Mai. CMit 4 Tafeln und 2 Holzschnitten.) BESTE ABTHEILUNG. Enthält (üp Abhandlungen aus dem Gebiete der Jüneralogie, Botanik, Zoologie, Geologie und Paläontologie. WIEN. AUS D ei: K. K. HOF- UND S T A A T S 1 1 U U C K ü U l^ I- IN COMMISSION BEI CARL GEROLD'S SOHN, B r C H II X N D L E K HER K A t S K R L I C H E N AKADEMIE D E K WISSENSCHAFTEN. 187 3. 'W" ■'.■•:..- ^ '.msm^-': • ' f'XT TT A T Ti "'" ' ' f-^.f-iMÄ 1^ -'•■vj»e i NBA L T -'^^:^-n^ --^^^-'^^ des 4. und 5. Heftes (April und Mai 1873) des 67. Bandes, I. Abth. der Sitzungsijerichte der inathem.-naturw. Ciasse. Seite,; X. Sitzuusr vom 3. April 1873 : Übersicht 197 Graber , Die Gewebe und Drüsen des Anneliden-Oesophagus. (Mit 2 Tafeln.) [Preis: 40 kr. = 8 Ngr.] 201 Boehnt , Über die Respiration von Landpflanzen. [Preis: 25 kr. = 5 Ngr.] 219 Krnsaii , Beiträge zur Kenntniss des Wachsthums der Pflanzen. (Fortsetzimg und Schluss.) [Preis : 20 kr. = 4 Ngr.] . . 252 Schravf, Mineralogische Beobachtungen V. (Mit 2 Tafeln und 2 Holzschnitten.). [Preis: 1 fl. 25 kr. = 25 Ngr.] ... 275 XI. Sitzung vom 17. April 1873: Übersicht 362 XII. Sitzung vom 24. April 1873 : Übersicht 365 Xin. Sitzung vom 8. Mai 1873: Übersicht 369 XIV. Sitzung vom 15. Mai 1873: Übersicht 372 Boue , Über die aus ihren Lagerstätten entfernten und in an- deren Formationen gefundenen Petrefacten. [Preis: 20 kr. = 4 Ngr.] . 375 — Über die doloniitische Brekzie der Alpen und besonders über die zu Gainfahrn in Nieder- Österreich. [Preis: 5 kr. = 1 Ngr.] ' .... 393 XV. Sitzung vom 23. Mai 1873: Übersicht 399 Preis des ganzen Heftes: 1 fl. 75 kr. = 1 Thir. 5 Ngr. SITZUNGSBERICHTE DER UmiUB iüMMl MPi wisse:\ihaftem MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. LXVII. Band. ERSTE ABTHEILUNG. 4. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie , Botanik, Zoologie, Geologie und Paläontologie. 197 X. SITZUNG VOM 3. APRIL 1873. Der 8ccretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: „Über die Stefan'sclien Nebenringe am New ton 'scheu Farbenglas und einige verwandte Interferenzerscheinungen"; von Herrn Prof. Dr. E. Macli in Prag. „Beiträge zur Kenntniss des Wachtstliums der Pflanzen" (Fortsetzung und 8chluss), vom Herrn Prof. Franz K ras an in Krainburg, eingesendet durch Herrn Yice-Director K. F ritsch in Salzburg. Drei Abhandlungen des Herrn Fr. Unferdinger, Prof. an der technischen Hochschule in Brunn, und zwar: 1. „Über einige mit Lim. =:=e [iüv n=^oo) verwandte Limiten". f'i- 2. „ Der mittlere Krümmungsradius und die mittlere Krüm- mung in einem bestimmten Punkt einer Fläche". 3. „Über die merkwürdigen Eigenschaften des Ausdruckes und Anwendung derselben". „Die Grewebe und Drüsen des Anneliden-Oesophagus", von Herrn Prof. V. Grab er in Graz. ,,Pnssage de Venus. Methode potir ohtenir photogruphiquc- ment V instant des contacts nvec les circonstances p/ii/siqiies fjuifx presentent^^ , von Herrn J. Janssen, Mitglied der Academie des Sciences in Paris. „Vorläufige Mittheilung über ein allgemeines Theorem znr Berechnung der Wirkung magnetisirender Spiralen", von HeiTn Prof. Dr. Adalbert v. Waltenhofen in Prag. 14* 198 „Vorläufige Mittheiluiig zur Lehre von der Structur der Spinalganglien nnd der peripherischen Nerven", vom Herrn Dr. Sigm. Mayer in Prag. Diese beiden Mittheilungen sind für den Anzeiger bestimmt. Herr Frank Calvert übersendet eine Nummer des „Levant Herald", enthaltend den von ihm gelieferten Nachweis über die Existenz des Menschen während der Miocänperiode. Herr Hofrath Dr. E. Ritter v. Brücke überreicht eine in seinem physiologischen Institute durchgeführte Arbeit des Herrn Dr. Mich. Reich, betitelt: „Einige mikroskopische Studien mit Silbersalpeterlösung besonders an Gefässen des Auges und an- derer Organe". Herr Director Dr. J. Stefan übergibt eine vorläufige, für den Anzeiger bestimmte Anzeige einer neuen Arbeit „über die Dielektricitätsconstanten von Isolatoren", vom Herrn Prof. Dr. L. Boltzmann in (liraz. Der Secretär v. Schrott er legt Beobachtungen vor, die sich auf die von ihm vor längerer Zeit gemachte vorläufige Mit- theilung seines Verfahrens der Bearbeitung der Tellurerze und die Abscheidung des Selens, die Fällung des Goldes durch organische Substanzen, die des Tellurs durch schwefelige Säure, und die Bildung von Schwefelsäure beim Verbrennen des Schwefels in der Luit beziehen. Herr Dr. Heinrich Streintz legt eine Abhandlung vor: „Über die Änderungen der Elasticität und der Länge eines vom galvanischen Strome durchflossenen Drahtes". Herr Gustos Dr. A. Sehr auf übergibt die V. Abtheilung seiner „Mineralogischen Beobachtungen". An Druckschriften wurden vorgelegt: Alpen -Verein, Deutscherund österreichischer: Zeitschrift. Jahrgang 1872. Heft 3. München, 1872; 8». Apotheker- Verein, allgem. österr. : Zeitschrift (nebst Anzei- gen-Blatt). 11. Jahrgang, Nr. 9—10. Wien, 1873; 8". Astronomische Nachrichten. Nr. 1928— 1930 (Bd. 81.8 — 10.) Altena, 1873; 4". Berliner Astronomisches Jahrbuch für 1875 etc. Berlin, 1873; 8°. 199 Bibliothequc Universelle et Revue Suissc: Archives des Sciences pliysiques et naturelles. N. P. Tome XLVP Nrs. 182 — 18.'5. (Jeneve. Lausanne, Paris, J873; 8". Oomitato, l\., Geolog-ico d'Italia: Bollettino. Anno 1870, Kr. 7 & 8; Anno 1873, Nr. 1 & '2. Firenze; 8". Comptes rendus des seances de rAcademie des Sciences. Tome LXXVI, Nrs. 10-11. Paris, 1873; 4". Oe seil Schaft der Wissenschaften, k. böhmische, in Prag: Sitzungsberichte. 1873. Nr. 1. Prag; 8". — k. k. mähr.-schles., zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde: Mittheilungen. 1872. LIL Jahrg. Brunn; 4*'. — Notizen -Blatt der histor. - Statist. Section. Vom 1. Jänner bis 1. December 1872. Brunn; 4^ — österr., für Meteorologie: Zeitschrift. YIII. Band, Nr. (3. Wien, 1873; 40. Crewerbe- Verein, n. -ö. : Wochenschrift. XXXIV. Jahrg. Nr. 12—13. Wien, 1873; 4-. Journal für praktische Chemie, von H. Kolbe. N. F. Band VII, 1. Heft. Leipzig, 1873; 8». Landbote, Der steirische. 6. Jahrgang, Nr. 6. Graz, 1873; 4». Laudwirthschafts - Gesellschaft, k. k., in Wien: Ver- handlungen und Mittheilungen. Jahrg. 1873, Nr. (3. Wien; 8. Mittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. 19. Band, 1873, IIL Heft. Gotha; 4". Nachrichten über Industrie, Handel und Verkehr aus dem statistischen Departement im k. k. Handels-Ministerium. I. Band, HI. Heft. Wien, 1873; 4". Nature. Nrs. 160— 102, 177 — 178, Vol. VII. London, 1873; 4«. Osservatorio del R. Collegio Carlo Alberto in Moncalieri: Bullettino meteorologico. Vol. VIII, Nr. 1. Torino, 1873; 4». Reichs an stalt, k. k. geologische: Verhandlungen. Jahrgang 1873, Nr. 4. Wien; 4". „Revue politique et litteraire" et „Revue scientifique de la France et de l'etranger". IP Annee, 2%Serie. Nrs. 38 — 39. Paris, 1873; 4». Societe litteraire, scientifique et artistique d'Apt: Proces- verbaux des seances. 2' Serie. Tome I". Bulletin des 6""% 7"" et 8'"^ Annees. Apt, 1873; 8". 200 Societe Imperiale de Medecine de CoDstantinople : Gazette medicale d'Orient. XVP Annee, Nr. 11. Constaiitinople^ 1873; 40. — Botanique de France: Bulletin. Tome XIX" 1872. Revue bibliographique D. Paris; 8". Society, The Asiatic, of Bengal: Journal. Part I, Nr. II. 1872; Part II, Nr. III. 1872. Calcutta; 8'\ — Proceedings. Nr. IX. November, 1872. Calcutta; 8". — BibUotheca Indicu. New Series. Nrs. 258—259, 261—262. Calcutta, 1872; 8". Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIII. Jahrgang-, Nr. 12 — 13. Wien, 1873; 4«. Zeitschrift des österr. Ingenieur- & Architekten - Vereins. XXV. Jahrgang, 3. Heft. Wien, 1873; 4«. 201 Die Gewebe und Drüsen des Anneliden-Oesophagus. Von Dr. V. Cfraber, Gymnasiallehrer in Gra:. (Mit 2 Tafeln.) Trotz der ansg-ezeichneten neueren Leistungen über den gesammten Bau der Borstenwürmer — wir erinnern blos an die Werke von Quatrefages, Grube, Schmarda, Ehlers, Cl aparede u. A. — scheint es doch der Fragepunkte noch g-enug zu geben, ganz besonders, wie uns dünkt, betretfs der feineren Tectologie, deren sorgfältige Pflege auch im Interesse vergleichend anatomischer Erörterungen lebhaft zu wünschen ist. In dem Sinne mag der vorliegende kleine Beitrag zur Histo- logie des Annelidendarmes ungeachtet der Beschränktheit und Dürftigkeit seines Inhaltes nicht als völlig überflüssig zurück- gewiesen werden. Meiner Arbeit eine grössere Ausdehnung zu geben, gestat- tete mir leider das äusserst karge, hinsichtlich seiner C^onser- vation wirklich brauchbare Untersuchungsmateriale nicht. Speciell den Oesophagus wählte ich mir aus dem Grunde, weil fast sämmtliche Darmlagen dort ihre grösste Mächtigkeit erreichen und somit für Querschnitte sowohl als für Zupfpräpa- rate am besten sich eignen. Dazu kommt noch der Umstand, dass die in den Oesophagus- wandungen bisher nur ganz vereinzelt beobachteten und ihrem Baue nach ungenügend erkannten Drüsen meine besondere Auf- merksamkeit auf sich zogen. Betreffs der Würdigung früherer Arbeiten dürfte es für unsern Zweck ganz ausreichend sein, ausser den Ansichten von 202 Gräber. Q ua.tr efag' es * auf die Untersuchung-eD Ehler's'' hinzuwei- sen; wenigstens ist uns nichts Wesentliches bei anderen uns zu- gänglichen Sehriftstellern über unsern Gegenstand bekannt ge- worden, was nicht speciell in dem prächtigen Werke des letz- teren ^ zu finden wäre. Genaue Literaturnachweise können in dem eben genannten Buche nachgeschlagen werden. Nach Quatrefages^ ist die Schichtung des Oesophagus (d. i. seiner region oesophagienne, die uns hier allein interessirt) folgende: Auf die innerste Lage, die ,^tonclie muqueuse^'' folgt eine, bisweilen auch fehlende ^^couche fibreiise", der sich die weitaus dickste Lage, die Muscularis anschliesst, welche ihrer- seits wieder von dem die Leibeshöhle auskleidenden Peritoneum überzogen wird. Ehlers^ bezeichnet die Muqueuse als Cuticula, dieFibreuse als subcuticuläres Fasergewebe. Ausser den von Quatrefages erkannten, aber nicht näher beschi'iebenen Schichten unter- scheidet er dann noch eine unter der eben genannten liegende „Belegniasse", die auch der Träger der oft intensiven Färbung der Darm Wandung ist ^ Wir selbst erkennen vom Lumen des Oesophagus gegen das Leibesinnere zu folgende sechs Lagen: 1. die Läima, 2. die protoi^lasmatmche Hypodermis (?), 3. die Laniina fibrosa , 4. die homogene der letzteren zur Stütze dienende L. mhfibrosa (Stütz- oder Basalmembran), 5. die mehrentheils aus dreierlei Lagen auf- gebaute Muscularis und 6. das Peritoneum. Hypodermis, Fibrosa, und Subfibrosa, wie es scheint, nur bei wenigen Formen deutlich differencirt, werden wir auch unter dem gemeinsamen Namen Tunica iyitermedia aufführen. Ititima. Ehlers beschreibt die innerste Lage des Darmes im Allge- meinen als eine „äusserst feine Cuticula, welche vielleicht mit der äusseren KörperhUlle durch Mund und After in unmittel- barer Verbindung steht". 1 Histoire naturelle des Annele.s. I. Bd. 2 Die Borsteiiwürnier. I. u. II. Th. Leipzig 18G4— 68. 3 0. c. pag. 37 flf. ^ 0. c. pag. 26. Dio (icwobo 1111(1 Drüsen dos Aiiin'li(ltMi-()csi(iiIi;ii;iis. 'JO'o >Spc('iell bei der Ki('tcrr(\i;-iini der Ac/t/if/ii/s nwca spricht er von einer glasbelleii hei «)-()lsMiii. dicken Cli i t i ii - Ciiticula. Was die äusserste Inte^'unientla^c anbetritÜt, als deren Ein- stülpung die Darni-Tntinia anzuseilen, so bezeiciinet sie der ge- nannte Forselier als ,,("liitin-Cuticulaj welche innner aus Scliicli- ten zusanmieng-csctzt ist, welche eine Zeichnung von feinen Linien erzeugen, deren Richtungen in den verschie- denen Schichten sich kreuzen. Sie ist von Porenkanälen durchsetzt, durch \\ eiche wahrscheinlich das Sekret einer in der Körperwand eingel)etteten Drüsenschichte entleert wird/' Letzteres ist in der That der Fall, wenn auch in der Kegel keine zusaninienhängende Drüsenschichte vorhanden ist. Haut- schnitte vom Bauche der Aphrodifr acnlcafn zeigen mir vielmehr ein völlig identisches Verhalten, wie ich es Jüngst für meh- rere Gepbyreen speciell für Phascolosoma nachwies ^ Die feinere Constitution der Oesophagus-Intima der Anne- liden lässt sich indess keineswegs auf das gewöhnlich beliebte Schema der sogenannten Chitin-Cuticula zurückführen, insoferne die übereinander geschichteten El em ent a r la m eilen durch- aus nicht homogene Platten, sondern selbst wieder, wie bei ge- wissen Insecten -, histologische ( ' o m p o s i t a vorstellen. Isolirt man ein Stück Intima z. B. \o\\Nephthys oder Aphro- dite und entfernt mit Nadel und Pinsel alle fremdartigen Ele mente, so erkennt man bei hinlänglicher Vergrösserung ein System von ungemein dünnen Längs- und Querlinien, in gegen- seitigen Abständen von kaum ü-OOüS Mm., die sich rechtwinkelig durchkreuzen, wodurch die Oberfläche, ähnlich wie am Integu- ment, ein feingegittertes Aussehen erlangt (Fig. 2g). Unbekannt mit der wahren Natur dieser Zeichnung hielt ich die einzelnen Felder des Gitters anfänglicli i'ür regelmässig angeordnete Erhabenheiten. Stärkere Vergrösserungen sowie verschiedene P'ocaleinstellungen sprachen indess keineswegs für eine solche Deutung. Ich machte mich nun an Zupfpräparate, die ich längere Zeit in 85 7o Kalilauge einlegte, dann reichlich mit Wasser 1 Über die Haut einiger Gephyreen. Sitzh. d. k. Akad. d.Wissensch. in Wien. I. Abth. Jänner 1873. 2 Vergl. Leydig. Zum feineren Bau d. Arthropoden. 204 G r a b e r. ausspülte und zuletzt durch Zusatz von Essigsäure etwas härtete. Die so gewonnenen Ansichten, namentlich an scharf be- schnittenen Rändern des Präparates (Fig. 2) Hessen an Deutlich- keit nichts zu wünschen übrig. Die Intinia setzt sich zunächst zusammen aus übereinander geschichteten Lamellen (Fig. 1 /), die man unter dem Präparir- mikroskop mittelst sehr feiner Glasnadeln ziemlich leicht zu isoliren vermag. Eine jede solche Elementarlamelle besteht ihrer- seits wieder aus parallel- und geradrandigen bandförmigen .Streif en (Fig. 2c) von ganz über einstimmenderBreite, welche z. B. bei Nephthys 0-005 Mm. beträgt. Oft gelingt es auch, die Lamellenstreifen zu isoliren, wass für ihre Selbststän- digkeit das beste Zeugniss ablegt. Es sind diese strangartigen Gebilde aber selbst wieder zusammengesetzt, nämlich aus einer Anzahl von beiläufig 5 — 8 enge aneinander schliessenden Fibril- len von kaum 0-009 Mm. Dicke. Aus dem Grunde wollen wir die secundärcn Lamellen- elemente, etwa nach Analogie einer quergestreiften Primitiv- muskelfaser als Fibrillenbündel bezeichnen. Das optische Bild der feingegitterteu Intimaoberfläche ist nun leicht verständlich. Es entsteht durch die Primitivfibrillen, welche in den aufeinanderliegenden Lamellen unter rechtem Winkel sich kreuzen. Mit dem geschilderten Verhalten stimmen auch die Ansich- ten überein, die man bei wechselnder Einstellung des M. erhält. Liegt z. B., wie in Fig. 2(1, obenauf eine Lamelle, deren Fibrillen relativ longitudinal sind, so verschwinden mit dem Heben des Tubus die unter der obersten Lamelle liegenden, nach der Quere laufenden Fibrillen [in), während die Längs- streifen («) mit grösserer Deutlichkeit hervortreten, indess beim Senken des Tubus unter die mittlere Einstellung das Umgekehrte geschieht. Die Dicke der gesammten Intima scheint sehr bedeutenden Schwankungen unterworfen zu sein. Während sie beispielsweise bei einer ganz ausgewachsenen Aphrodt'lc ani/raftt 0-047 Mm. beträgt, misst sie bei Nephthys coeca 0. Fabr. nur 0-015 Mm. und sinkt bei Nereis pelagicn L. gar auf 0-0038 Mm. herunter. Die (i(Mvel)o uiul Drüsen dos Ainit'licU'ii ()('s(>i)lia;?iis. 2(lo Aul" der Iiitima-Oberfläclie siiiimitliclicr \t>ii uns untersuchter Anneliden, mit alieiniger Ausnalinie von Xcrcis findet ni;in in ziemlieh regelniässig-en (bei Aphrotlilc <>•<)•') Mm. grossen) Ab- ständen tlieils durch etwas grössere Durclisiehtigkeit, theils durch den Besatz mit winzigen Erhabenbeiten ausgezeichnete inscl- artige Stellen (bei Aphrodite 0-02 Mm. gross), die, wie man sieb bald überzeugt, den in der Fi/nosa eingebetteten Drüsen ent- sprechen. Frübere Forseber haben diese Stellen zum Theile gerade- wegs für Liiclicr. respective für die Mündungen der Drüsen aus- gegeben. QuMtrefages lässt sich über die betreffenden Theile der Muqucii.'ic von Aphrodite folgenderweise aus ': La il existc. . . . une couclie granuleuse coloree, placee entre la itniqueune et la couche musculaire, qui semble etre feneatree pour biisser les pro- duits d'une secretion; fügt aber ausdrücklieb hinzu: mtiis je ii'ai p(( dccoKvrir In moindre trtice d'orifice. Minder genau drückt sieb Eblers betreffs der Drüsen- niündungen von Aephtht/s coeca^ aus, indem er kurzweg sagt: .. Die C b i t i n - C u t i c u 1 a ist in kleinen gleichmässigen Abstän- den von (wie seine Zeielinung Tab. XXIII, Fig. 18, lehrt, relativ sehr weiten) Offnungen durchbrochen, in welchen eigen- tbümliche, in das subcuticuläre (iewebe eingebettete Gebilde (seine flaschenförmigen Körper) münden^'. Die nacli Quatre- fages wie Fenster aussehenden Stellen der Intinia wurden mit anderen Worten von Ehlers als die Drüsenmündungen selbst angesehen, eine Deutung, die freilich auch der Quatrcfages'- sche Text sehr wohl zulässt. Die relativ grössere Durchsichtigkeit der in Eede stehenden Intimainseln ist leicht zu erklären. ]\Iikroskopirt man die Intima, ohne die darunterliegende Fibrosa zu entfernen, so erscheinen die über den Drüsen gelegenen Partien derselben deshalb heller als ihre Umgebung, weil die Drüsen im Vergleich zu der oft auch durch Pigmente getrübten Fibrosa weit pellucider als die letzteren sind. Mitunter sind aber auch an der isolirten Intima die in Pede stehenden Flecken ein wenig heller als die Um- ' 0. c. pag. 4;i. — ' 0. c. pag. 6U3. 206 . G r a b e r. gebung. Dies kommt dalier, weil die Intima unmittelbar über den Drüsen bisweilen sich kuppeiförmig erhebt und auch dünner als anderwärts ist. Entsprechend dem äusseren Kuppelrand be- merkt man an der Flächenansicht öfters einen ringförmigen 8chat- fen (Fig. 10). Die eigentlichen Mündungen der Drüsen sind w e d e r v o n Q u a t r e f a g e s, wie er ja selbst sagt , noch von Ehlers, der sie aber doch gesehen haben will, erkannt wor- den, Avas ihnen aber um so weniger zu verdenken ist, als sich mir das entsprechende Verhalten auch erst nach langwierigen Untersuchungen herausstellte; der Schilderung der eigenthüm- lichen hier obwaltenden Verhältnisse werden wir aber zweck- mässig jene der Drüsen selbst vorausschicken. Drüsen. Drüsenartige Einlagerungen in den Wandungen des Anneli- den-Oesophagus sind bisher nur ganz vereinzelt entdeckt worden. Etwas hierher Gehöriges scheint zunächst Quatrefages bemerkt zu haben. Er sagt, wie es scheint aber nur auf Grund des bereits oben von Aphrodite Mitgetheilten (pag. 49) : Mais il arrive aussi parfois, que ces glandes (er spricht von den strenge so zu nennenden Anhangsdr üsen des Munddarmes) sont placees dans Fepaisseur meme des parois de la tronipe et forment une couc/ie coutinue rappelant la couche hepatique. Alor^ on ne distingue plus d'orifices excreteurs. In Ehlers' Borstenwürmern ist nur an einer einzigen Stelle (p. GOo), nämlich bei Nephthys coeca, von derlei Drüsen die Rede. „Die Fasern dieses (iSubcuticular-) Gewebes", sagt er dort, „weichen auseinander, um allseitig die an den Öffnungen der Chitin-Cuticula hängenden Gebilde zu umgeben, welche ich als fla schenförmige Körper bezeichnen will. Ihre Form ent- spricht nämlich einer dickbauchigen Flasche mit kurzem Hals. Mit diesoni zugespitzten Ende hängen sie an der Chitinhaut, Avährend der fast halbkugelige Körper in dem subcuticularen Fasergewebe eingebettet liegt. Ihre Länge beträgt bei 0-085, die grösste Breite 0-063 Mm. Ihr Aussehen ist farblos, durchscheinend hell, meist iindet sich auf ihrer Wand eine Zeichnung, als ob im Innern zellähnliche Die Gcwobc iiiid iM-üscu des Aiiiiclidcii-Ocsoiili.ii^iis. 207 Körper von ])(»1\ j;(ni;ik'r Form ücpresst läg-eii .... Nacli (k'i* Form iiiifl La^e unter den Utlnungcn der Cliitinhaiit w ird man am meisten g'eneig-t sein, die fiasclienf'örmi^en Körj)er l'iir Drüson ■/AI erklären. Sie entspräehen dann den „wandständigen (betrett's^ ihres Baues noeli einer genaueren Analyse bedürftigen) Drüsen am liüssel der Sylliden.'' Da ich bei sänimtlichen sechs von mir untersuchten und zum Theile ganz verschiedenen Gruppen angehörigen Formen solche Drüsen vorfand, so zweifle i(di nicht länger daran, dass sie bei den Borsten Würmern eine allgemeinere Verbreitung hahen, als nach den bisherigen Beobachtungen zu vermuthen war. Was zunächst ihre gegenseitige Lage anlangt, so stehen sie mit Ausnahme von Ncrcis am ganzen Oesophagus sehr dicht beisannnen. Entweder stossen sie mit ihrem unteren verbreiter- ten Theile ganz hart aneinander (^bisweilen bei Po/ijnoc und Sigalioii) oder es übertrifft ihr gegenseitiger Abstand kaum ihre Breite. Von der Intima aus gesehen zeigen sie wenigstens bei Aphrodite, Polynoe, SigaHon und NephfJnjs eine sehr regelmäs- sige Anordnung. Um die beiläufige Gesammtzahl aller Oesophagus-Drüsen zu ermitteln, bestimmte ich zunächst den Intima-Flächeninhalt einer Aphrodite, welcher in runder Summe 500 DMni. ergab. Da nun IDMm. mindestens 80 Drüsen entsprechen, so erhält man im Ganzen ein Minimum von 40.000 Drüsen. Hinsichtlich ihres feineren Baues lernte ich das Meiste an feinen zum' Theil mit Acid. Osmicum behandelten Diagranunen von Aphrodite. Die Drüsen haben hier -- dies gilt, scheint es, auch allge- mein, eine dickbauchige, fiaschenförmige, mitunter auch mehr Zwiebel- oder knospen artige Gestalt. (Vergl. die Geschmacks- knospen d. Säuger.) Sie nehmen die ganze Dicke der Fibrosa ein, indem ihre oberen Enden dicht an der Intima anliegen, wäh- rend ihre Basis auf der Subtibrosa aufruht, und durch die letz- tere von der Muskellage geschieden ist, weshalb ich der Sub- fibrosa speciell auch zum Schutze der Drüsen eine wichtige Rolle zuschreibe. Jede Drüse besteht aus einer wechselnden Anzahl von 10 — 15 durch eine gemeinsame, ungemein zarte Tunica pro- 208 Gi-Hber. 2)rui vereinigter sclilauchförniig-er Follikel von beiläufig- 0-018 Mm. grösster Breite (Fig. 1^/), welche gegen die Intima zu allmälig sich verschniälern und in einen ausserordentlich enge n, oft kaum 0-001 5 Mm. l)reiten A u s fü h r u n g s g a n g (;j) übergehen. Diese feinen Porenkanäle, durchaus nicht zu ver- wechseln mit dem senkrechten Liniensystem der Intima, durch- ziehen die letztere theils in senkrechter, öfter aber in schiefer, bisweilen stark geschlängelt er Richtung. Die Wandungen dieser Poren scheinen nicht der Intima anzugehören, sondern dürften eher als Fortsetzungen der Follikelmcmbranen zu be- trachten sein. Ganz bestimmt lässt sich das unmöglich sagen. Mit grösster Bestinnntheit erkannte ich diese Porenkauäle bei Aphrodite und Nephthys (Fig. 8), während sie sich bei Polynoe und Nercis, vielleicht der Zartheit ihrer Intima wegen, meinen Nachforschungen bisher entzogen haben. An der Oberfläche der Intima angelangt, erheben sich die Wandungen des Ausführungsganges (Fig. 2* d) rings um ihre ausserordentlich feine, nur in den seltensten Fällen sichtbare Münduug zu einem mehr oder minder prouoncirten AVall, wie das von Quatrefages auch für die Endigungen der Ausfuhr- gänge mancher Anhangsdrüsen (z. B. jener der Glyceren) an- gegeben wird : on distingue, sagt er, en general, assez facile- ment leur orifices, qui parfois sont meme entourees de bourrelets. An Flächenansichten der Intima erscheinen diese Erhebun- gen als körnchen-, dorn- oder kegelförmige Gebilde, an der Spitze gewöhnlich intensiv gelbbraun gefärbt (Fig. 2//'). Der untere Durchmesser dieser Kauhigkeiten an der Flächen- ansicht stimmt völlig mit der Weite der Poren an den Quer- schnitten überein. Die inselartigen Gruppen von Kauhigkeiten, welche die gefensterten Stellen der Intima cha- racterisiren (Fig. 2A), erweisen sich demnach als Complexe der umwallten Enden der Drüseugänge. Von der Richtigkeit des eben Mitgetheilten kann man sich auch durch verschiedene Focaleinstellungen auf die erwähnten Rauhigkeiten überzeugen. Hebt man den Tubus aus der mitt- leren Einstellung (Fig. 2*/> und d, 2), wo sowohl das Fibrillen- system als auch die Rauhigkeiten mit der grössten Schärfe Die Gewebe mid Diiiscii des Ainielideii-Oe.sojtlinj^ns. 209 liervortreten, so verschwindet das erstere und taiiclicn allniälig- auch die Spitzen der Porenwälie unter (^r/ und ^/ 1). IJei tieferer Tubuslage hingegen (V/, il) werden auch die untersten Partien der schief verlautenden Porenkanäle sichtbar und es gewinnt den Anschein, als ob sich die in Rede stehenden Rauhigkeiten in die Länge zögen (r), während das Aussehen der Dörnchen über den senkrechten Poren sich nicht merklich ändert. Zu hüten hat man sich vor Trugbildern, welche entstehen, wenn die Schnitte an die Grenze der Drüsen fallen. Es kann sich dann treffen, dass man nur zwei Ausführungsgänge erhält, welche einen einfachen weiteren Gang simuliren , dessen seit- liche Conturen eben durcli die wirklichen Porenkanäle gebildet zu sein scheinen. An gar feinen Schnitten kommt es bisweilen auch zur Ab- lösung der bezeichneten Rauhigkeiten. Kehren wir nun zu den Drüsen zurück. Der Inhalt der ein- zelnen DrUsenfollikel besteht aus zartwandigen kugelförmigen Zellen (bei Nep/it/iys 0-013 Mm. Durchmesser), die, wenn sie enge beisammen liegen, sich gegenseitig abplatten und dann Avohl auf der Wand die von Ehlers erwähnte polygonale Zeich- nung veranlassen. Deutliche Kerne vermochte ich nicht nach- zuweisen. Der Zellinhalt zeigt zahlreiche, von einer glashellen Flüssigkeit erfüllte Vacuolen, umgrenzt von feinkörnigem Proto- plasma. Bei jener Orientirung, wo im polarisirten Lichte die hori- zontalen Radiärmuskeln (Fig. 1 r) und die in gleicher Richtung verlaufenden Faserelemente der Fibrosa in intensiv gelben und stellenweise bei einigem Gangunterschiede grünlichem Lichte glänzen, zeigen die Drüsen und desgleichen die Intima, die Sub- fibrosa, sowie die longitudinalen Radiärmuskelsepten (Fig. 1/), die durch ein geeignetes Gyjisplättchen erzeugte pur])urrothe Farbe des Gesichtsfeldes. Es kann sonach das polarisirte Licht zur Erken- nung der Drüsen sowohl als der Subfibrosa sehr gute Dienste leisten. Nur verhältnissmässig selten zeigen sich die Wandungen der Follikel gut erhalten. Sind sie zerstört, so gewinnt es den 210 Gräber. Anschein , als ob die Drüsen einen einfachen zwiebelartig-en 8ack vorstellten, der mit den Secretionszellen erfüllt ist (Fig. 8Z>), Ehlers' Beschreibung der „flaschenförmigen Körper" der JSephthys passt also nur auf solche bereits in Zerfall begriffene Gebilde. Eine besondere Erwähnung verdienen die Drüsen xowNereis (Fig. 5). Zunächst fällt ihr spärliches Vorkommen auf, indem in jeder der grossen faltenartigen Ausstülpungen der drei innersten Oesophaguslagen gewöhnlich nur eine oder höchstens zwei bis drei Drüsen eingel)ettet sind, die, wie es scheint, fast niemals die ganze Dicke der Fibrosa einnehmen und meist ziemlich ent- fernt von der Intima sitzen. Von Ausfuhrwegen in der letzteren war nichts zu sehen. Der Bau dieser Drüsen gleicht im Wesentlichen jenem von Polynoe, wo niemals besondere Follikel, sondern nur eine grös- sere Anzahl von kugeligen, hier mit deutlichen Kernen verseheneu Secretionszellen zu bemerken sind. Vielleicht haben wir es aber auch hier nur mit einer Zerfallerscheinung zu thun. Ganz frische Thiere werden die Sache klar stellen. Die relativ geringe Anzahl der Oesophagial-Drüsen von Nereis, bekanntlich eine der wenigen Annulaten, bei welcher deutliche Munddarm-Anhaugsdrüsen nachgewiesen wurden, bringt mich auf die Vermuthung, ob nicht vielleicht eine gewisse Cor- relation zwischen beiderlei Drüsen bestehe. Es ist dies aber schon deshalb eine reine Vermuthung, weil wir weder über das Sekret der eigentlichen Anhangsdrüsen, noch über jenes der hier gemeinten Gebilde auch nur eine entfernte Kenntniss haben. Vielleicht geben diese Zeilen den Anstoss und ich darf wohl auch sagen, den leitenden Faden zu einer umfassenderen Unter- suchung dieser Verhältnisse. Tiinica interniedki. Es wurde schon oben angedeutet, dass die zwischen Intima und Muscularis liegende Schichte im Wesentlichen durch die Fibrosa gebildet wird, indem die zunächst an die Intima sich anschliessende, und, wie uns dünkt, gelegentlich völlig man- gelnde protoplasmatische Belegmasse nicht als selbstständige Lage angesehen werden kann, da sie sich in die innerste Partie Die Gewebe und Drüsen des Anneliden-Oesophagus. 211 der Fibrosa einsenkt^ uiul andererseits die allerdings sehr scharf markirte Subfibrosa oder Stiitzmenibran doch zur Fibrosa die innigsten Beziehungen hat. Durch Quatrefages erfahren wir von der genannten Membran nur so viel, dass sie eine allgemeine Verbreitung be- sitzt, was aus Ehlers' Darstellung nicht zu entnehmen wäre, da er derselben im allgemeinen Theile gar nicht erwähnt und nur bei Ncphthys ihr einige Worte widmet. Er beschreibt sie als eine beträchtlich dicke Lage, zusam- mengesetzt aus feinen Fasern, welche auf das Engste miteinan- der verschmolzen sind, senkrecht gegen die Oberfläche der Chitiuhaut stehen und nach aussen gegen die Muscularis scharf abgesetzt sind. Die Länge der einzelnen Fasern schien ihm tiber- einstimmend mit der Mächtigkeit der ganzen Schichte, die, seines Erachteus, wohl in die Eeihe der Bindegewebe zu stellen ist. — Die Subfibrosa ist beiden Forschern entgangen. Nach unserem Dafürhalten dürfte diese Schichte so gut wie die Drüsen selbst, als deren Stroma sie fungirt, eine ziemlich weite Verbreitung haben: sie findet sich wenigstens bei allen von uns untersuchten Formen (Fig. 1, 5 u. 8/). Die grösste Dicke erreicht sie bei Nei^eis pelagica. Sie misst hier an den falten- förmigen Erhebungen 0-12 Mm. Möglicherweise, dass hier durch die relativ grosse Mächtigkeit der Fibrosa eine Compensation gegenüber der äusserst dünnen Intima gegeben ist. Bei Aphrodite fand ich sie 0-07, bei Polynoe 0-06 und bei JVephthys Cl-04 Mm. dick. Die im Gegensatze zur zusammengesetzten Fibrosa ganz homogene Subfibrosa ist, mit Ausnahme von Nereis, an Quer- schnitten ohne weitere Präparation, namentlich schön nach Pikrin- karmintinktion zu demonstriren. Auch das polarisirte Licht lässt sie — es wurde schon an- gedeutet — als eine von der Fibrosa wesentlich verschiedene Lage erkennen. Den Elementen der letzteren so wie jenen der Muscularis dient sie zur Insertion, wesshalb gerade die Bezeich- nung Stützmembran sich empfehlen dürfte. Bei Aphrodite erhebt sich diese Stützmembran hügelförmig zwischen den einzelnen Drüsen (Fig. 1 b) , so dass der untere Theil derselben förmlich in derselben eingekeilt erscheint. Sitzb. d. mathem.-naturw. Ol. LXVII. Bd. I. Abth. 15 212 G r a b e r. Bei Polynoe und Nephthys, iiameutlich bei ersterer Gattung ausserordentlich scharf abgesetzt, zeigt sie fast durchgehends die Form einer einfachen, ziemlich ebenen Lamelle. Bei den letzt- genannten Thieren beträgt ihre Dicke nur zwischen 0-004 und 0-005 Mm., während sie bei Aphrodite an den hUgelartigen An- schwellungen einen nahezu lOmal so grossen Durchmesser zeigt und selbst unter den Drüsen, wo sie am dünnsten ist, noch 0-01 Mm. misst. Was nun die Zusammensetzung der Fibrosa betrifft, so wurde mir diese an möglichst feinen Schnitt- und Zupfpräparaten von Nereis, unter Anwendung von 0-5 ^^ Osmiumsäure, am klarsten. Man sieht dort (Fig. 4) zweierlei Elemente, nämlich Fibril- len (/') und Zell- oder kernartig geformtes Protoplasma (/"). Die Fibrillen haben, ohne Ausnahme, einen radiären Ver- lauf, stehen also auf der Intima und der hier ungemein zarten Stützmembran (6), welche sie gegenseitig verbinden, senkrecht, und zwar scheinen sie mit der letzteren Membran völlig verschmol- zen, während sie von der Intima ziemlich leicht abgelöst werden können. Sie sind übrigens nur selten ganz gerade, sondern öfter stark geschlängelt. Man findet sowohl ganz isolirte Fibrillen als auch grössere Bündelchen davon. Ihre Dicke ist mit Ausnahme des oberen Endes, das ganz schmal zuläuft, an allen Stellen ziemlich gleich und beträgt bei 0*002 Mm. Ihr Aussehen ist homogen; doch sind sie äusserlich oft mit Protoplasma-Körnchen besetzt. Gegen Reagentien zeigen sich unsere Fibrillen weit resistenter als selbst die Muskelfasern, sie er- hielten sich selbst in kochender Kalilauge längere Zeit. Die Einlagerungen von geformtem Protoplasma, die wir kurz als Bindegewebskörperchen bezeichnen wollen, sind sehr verschiedenartig: zum Theile kugelige Portionen, manche mit körnchenartigen Einlagerungen von verschiedener Grösse, zum Theil Spindel- und wurstartige Gebilde, letztere oft von der Länge der Fibrillen selbst. Im Wesentlichen dasselbe sah ich bei Polynoe (Fig. 3). Nur erschienen mir die Fibrillen hier in der Regel an beiden Enden etwas zugespitzt, also in der Mitte am dicksten und häufig ihrer Die Gewebe und Drü.sen des Anneliden-Oesoiihaf^us. 213 ganzen Ausdclmung' nach von leiiikörnii^-eni Aussehen, wodurch sie sich auf den ersten Blick, abgesehen von ihrer relativen Zart- heit, von den nur im Innern körnig getrübten glatten Muskel- fasern unterscheiden, tlber die Bindegewebskörperchen konnte ich hier nicht völlig ins Reine kommen, da es mir ungewiss blieb, ob gewisse zellartige Einlagerungen (/"') nicht vielleicht \on zerstörten Zellen herrühren, was mir um so wahrschein- licher ist, als von si)indel- und wurstförmigen Massen hier nichts zu sehen war. Die Umwandlung des primären Zustan- des ist hier und noch mehr bei der nächstfolgen- den Art weiter fortgeschritten. Auch die Fibrosa der Aphrodite hat ihre Eigenthümlich keiten. Speciell ist hervorzuheben, dass die Fibrillen von den hügolartigen Anschwellungen der Stützenmembran (Fig. 1 b') sich radieuartig zwischen die Drüsen hineindrängen und gegen die Intima zu beträchtlich breiter werden. Sie messen hier bei 0-0024 Mm. Während sie mir gegen die Stützmembran zu etwas körnig erschienen, vermochte ich an dem mit gerader abgestutzter Basis fest an der Intima haftenden Theil keine Spur irgend einer Trübung zu entdecken. Bindegewebskörper- chen konnte ich keine entdecken. Was nun schliesslich die Hypodermis anlangt, so ist eine solche nur bei Nei-cift und Nephthys deutlich zu sehen. Beim ersteren Wurm verdient sie diesen Namen nach am ehesten, in- soferne der an die Intima angrenzende Theil der Fibrosa sich von zahlreichen winzigen Protoplasmakörnchen erfüllt zeigt, die gegen die Basalmembran hin allmälig verschwinden (Fig. A pr). Auch hei Nephthys erstreckt sie sich beiläufig auf die innere Hälfte der Faserhaut (^Fig. 8 e), und enthält hier ein schwarzes, grobkör- niges Pigment, das durch Kalilauge sehr bald ausgezogen wird. Da es auch Ehlers für wahrscheinlich hält, dass eine gewisse Beziehung zwischen den Darm- und Integumentallagen besteht, so möchte ich an eine bisher nur dem Namen nach bekannte Parallele zwischen der Fibrosa des Darmes und dem „subcuticulären Fasergewebe" der äusseren Haut erinnern. — Letztere besteht nach Ehlers' „aus parallel verlaufenden, senk- 1 0. c. pag. XI. 15' 214 G r a b e r. recbt zur Fläche der Chitinhaut stehenden Fasern oder aus sol- chen, die im Allgemeinen dieselbe Richtung haben, aber mehr oder minder netzartig- mit einander verstrickt sind^'. Wir kennen zwar dieses Gewebe nicht aus eigener An- schauung, weil wir es bei mehreren Anneliden vergeblich such- ten, denken es uns aber nach dem C4esagten von ganz ähnlicher Constitution, wie etwa das Corium von Prinpnlus (am sogenann- ten Stammende) oder das von Sipunculus, welches nach unseren Untersuchungen auch hinsichtlich der von Ehlers übersehenen Bindegewebskörperchen in hohem Orade mit der Fibrosa des Anneliden-Oesophagus übereinstimmt. ^ Muscularis. Die Dicke der gesammten Muskellage übertriift weitaus jene der übrigen »Schichten. Während z. B. bei Nephthys Intima, T. intermedia und Peritoneum, zusammen beiläutig 0-15 Mm> Durchmesser haben, beträgt jener der Muskellage am mittleren Theil des Oesophagus fast 1 Mm. Im Allgemeinen lassen sich dreierlei Faserlagen unter- scheiden: 1. Das Hauptgerüst, bestehend aus horizontalen Fasern, die sich radienartig zwischen Subfibrosa und Peritoneum ausspannen (Fig. 1 r). 2. Die longitudinalen Muskel- wände (/), die sich gleichfalls zwischen den genannten Schich- ten ausdehnen und etwa nach Art der radiären Korallensepten das früher genannte Muskelgerüste in eine entsprechende Anzahl von Theilen spalten. Es fallen diese Muskelsepten genau mit den Drüsenmeridianen zusammen und bestehen aus mehreren, mindestens acht Lagen von Fasern. 3. Die Ringfasern, bün- delweise, in grösseren Abständen von einander die früheren Lagen durchziehend. Über die durchwegs glatten Primitivfasern wüsste ich nichts Neues zu sagen ; ihre Dicke ist eine ziemlich übereinstimmende und beträgt bei den von uns untersuchten Würmern im Mittel 0-003— 0-004 Mm. 1 Vergl. meine oben citirte Abhandlung, Fig. 2 u. 12. Die Gewebe iiiul Drüsen des Anuelideii-Oesoplia^us. 21 0 Peritoiietmi. Über die Greir/liaut erfalircn wir diireli Ehlers Folgen- des: ' „Die Leibeshöhle wird zunächst umgrenzt von einer Mem- bran, welche die freie Oberfläche der Muskeln und vermuthlich aller Eingeweide bekleidet. Man kann diese Haut mit einem Peritoneum vergleichen, doch habe ich bisher den Namen dafür nicht verwenden wollen. Es ist von Bedeutung (^V), dass die an- scheinend structurlose Haut in vielen Fällen deutlich erkennbare Zellen oder Kerne besitzt." Nach dieser Darstellung wäre die Natur unserer Orenzhaut allerdings sehr zweifelhaft ; es hält indess durchaus nicht schwer, über diesen Gegenstand mehr zu erfahren. Die Dicke des Oeso- phagial-Peritoneums ist im Allgemeinen eine sehr geringe, da sie kaum jene der Subtibrosa übertrifft. Trotzdem ist sie, wie man sich beim Zerzupfen derselben überzeugt, von fast unglaub- licher Zähigkeit, was sich ans ihrer eigenthümlichen Zu- sanmiensetzung erklärt. Bei geringer Vergrösserung erkennt man auf ihr ein System theils gerader, theils etwas geschlängelter Linien, die sich recht- winkelig durchkreuzen (Fig. 6), und zwar gewahrt man feinere und gröbere Linien. Die letzteren stehen in grösseren, nahezu gleichen Abständen von einander. Ich hielt sie schon beim ersten Anblick für die Grenzstriche faserartiger Gebilde. Das System feiner Linien, die zwischen je zwei gröberen verlaufen, deutete ich mir auf eine Zusammensetzung der erwähnten Fasern aus feinen Fibrillen. Das ganze Bild hat sonach manche Analogie mit dem der Intimaoberfläche. Die fibröse Natur der Grenzhaut wird einem noch wahr- scheinlicher, wenn man die Eänder des Präparates ins Auge fasst, wo, namentlich unter der Einwirkung von Alkalien, die sonst hart aneinander gedrängten Fasern sich freier entfalten. Vollständige Klarheit verschafft man sich darüber, wenn man möglichst feine Zupfpräparate bei sehr starker Vergrösse- rung untersucht. Da ergibt sich dann Folgendes : 1 0. c. pag-. XIIL 216 Gräber. Das Peritoneum besteht meist aus zwei Elemen- tarlamellen, jede derselben aus Fasern von beiläutig- 0-027 Mm. Dicke (Fig. 7 B). Diese Fasern schliessen enge an- einander und sind im Allgemeinen ziemlich geradläufig. Die Fasern der einen P e r i t o n e a 1 - L a m e 1 1 e stehen auf jenen der zweiten nahezu senkrecht. J e d e F a s e r besteht ihrerseits wieder aus einer ziem- lich grossen Anzahl, mindestens 30, völlig homogenen und ihrer ganzen Länge nach durchaus gleich dicken unverzweigten Fibrillen von circa 0-OOOß Mm. Breite. Dass die letzteren nicht etwa blosse Streifungen der Fasern vorstellen, kann man, wie vielleicht an keinem zweiten Objecto, auf das Allerbestimmteste daran erkennen, dass sie gewöhnlich am Ende einer abgerissenen Faser, etwa in ähnlicher Weise wie an Nervenstämmchen aus dem Olfactorius nach dem Verlust ihrer Scheide, die Primitivfibrilleu lächerartig entfalten. * Aus dem Grunde hat man auch gar nicht nöthig, die Primitiv- fibrilleu durch mechanische oder chemische Mittel zu isoliren. Namentlich in chemischer Beziehung scheint übri- gens unser Peritonealgewebe mit dem strenge so zu nennenden fibrillären Bindegewebe der Vertebraten nichts gemein zu haben. Man bemerkt z. B. beim Zusatz von verdünnten Säuren keinerlei Aufquellen, desgleichen zeigt sich selbst nach mehr- stündigem Kochen in Wasser die fibrilläre Structur noch fast eben so schön wie am frischen Gewebe. Hingegen in morphologischer Beziehung findet sich eine Übereinstimmung auch darin, dass zwischen den Fibrillenbündeln zerstreute Bindegewebskörperchen vorkommen. Es sind das kernlose, gewöhnlich a n beiden E n d e n sc h w a n z a r t i g ausgezogene grobkörnige Gebilde (.sä) oft bis zu 0-07 Mm. Länge, die in der Regel aber erst nach sorgfältiger Zerzupfung der Haut zum Vorschein kommen, und dann, etwa durch Hämato- xylintinction, noch deutlicher gemacht werden können. * Stricker, Handbuch der Gewebelehre, pag. 409, üg. \1 c. Die Gewebe und Drüsen des Anneliden-Oesophagus. 217 E r k 1 ä r u ng der T a f e 1 n. Tafel I. Fig. 1. Horizontalschnitt durch den Oesophagus (regton oesophagietme Quatref.) einer Aphrodite aculeata Lin. i geschichtete Intima, f Fibrosa, b Subtibrosa oder Stützmembran der ersteren, ü Drü- sen, d Follikel derselben isolirt und beiläufig in der Mitte abge- rissen, p die ungemein dünnen Ausfuhrgänge derselben, r hori- zontale (Radiär-) Muskeln, l longitudinale Muskelsepten. (Der grösste Theil der Muscularis, sowie die äussere Grenzhaut der- selben, das Peritoneum, sind weggelassen.) Vergr. 400. Fig. 2. Völlig isolirte Intima von JSephthys coeca 0. Fabr. a und c recht- winkelig sich kreuzende Fibrillenstränge. k fensterartige Stellen, entsprechend den unter ihnen liegenden Drüsen, besetzt mit klei- nen Rauhigkeiten, den umwallten Enden der feinen Drüscncanäle {h' eine derartige Rauhigkeit stärker vergr.) Vergr. 1100. Fig. 2*. Darstellungen der fensterartigen Intimastellen, a bei hoher Ein- stellung, wo nur die Spitzen der Porenenden deutlich, dagegen die Liniensysteme der Intima nur schwach sichtbar sind; b bei mittlerer Einstellung, wo sowohl die Rauhigkeiten als die Linien- systemc am schärfsten erscheinen: c bei niedriger Einstellung, wo aiich längere Strecken der schief verlaufenden Drüscn- canäle zum Vorschein kommen, d idealer Querschnitt durch die innerste Partie der Intima, um die Beziehung der Drüsenkanäle zu den erwähnten Rauhigkeiten zu demonstriren. Bis Linie 1 geht die Einstelhiug für «, bis L. 2 für b und bis L. 3 für c. Fig. 3. Kleine Partie aus der Fibrosa von Polynoe Sav. f Fibrillen, /"" geformte Protoplasmamassen (Bindegewebskörperchen). Ver- grösserung 900. Fig. 4. Dasselbe von Nereis pelagica L. sammt Intima (?), pr die unter ihr liegende „Belegmasse" oder Hypodermis(?). Stützmembran {b) hier ausnehmend zart. Vergr. 1000. 218 Graber. Die Gewebe u. Drüsen d. Anneliden-Oesophagus. Tafel II. Fig. 5. Längsschnitt durch den Oesophagus von Nereis pelagica. Bezeich- nung wie oben. Vergr. 100. Fig. 6. Stück Oesophagus-Peritoneum von Aphrodite aculeata. Vergr. 100. Fig. 7. Zwei benachbarte Bindegewebs-Fibrillenbündel {B) von ebendaher isolirt. B' Primitivfibrille. a Doppelschwänziges Bindegewebs- körperchen. Vergr. 400. Fig. 8. Horizontalschnitt durch den Oesophagus von Nephthys coeca 0. Fabr. e pigmentführende Protoplasmalage, ß' Drüse, bei welcher die schlauchförmigen Follikel noch erhalten sind, D eine solche, wo diese zerstört und die darin enthaltenen Secretionszellen frei geworden sind. Vergr. 500. V.driiluT, I)h' (m'WcIm' mikI Ih ii.sfii (Ics Aiiiiflidcii ()<'S(»jthas.>iis Tal" Fnj / // /?^2. fhi) :-' > r#'»>f //^ / * Sil/niuisl. il V.dr.ilx'r. Die (h-nvcIh- iniil Di-iiscn »Ic.s AimciuUMi Oc.s(t|tli;ioii.s. Till' 11. I'ff/.i i) Fl!/ FitjO' FiifS. "■W) ) Ivl Fa>.ri; lacr.tr 1.: TJ' Druck vc.uJ: c Wajr.ei üi-'Ai^i. Silviiiiii.sli ilcr k.ns AkiKl (1 \V mutb u;itnnv 0. Ctni. Gas, welches grösstentheils von Kali absorbirt wurde. Ich habe vor einer Reihe von Jahren gezeigt, dass in todten, unter Wasser getauchten Landpflanzen Buttersäuregäh- rung auftritt. Es lag nun die Vermuthung nahe, dass ein Gleiches Kohlensiiiire mögliclior Weise älinlicli verhalte wie die Blutköri)erclien, ist allerdings niclit wahrscheinlicii, aber auch von vorneherein nicht chne- weiters als absurd zurückzuweisen. — Im Zellsatte sind auch kohlensaure Salze enthalten, welche entweder durch Aufnahme oder Abgabe von Kohlensäure die Quantität und Qualität des Versuchsgases etwas ändern können. über «lio Kespirarion vmi LandiiM.iiizeii. 223 auch bei den in Rede stehenden Versuchen der F;ill sei. Das Fehlen von Wasserstoff in dem entbundenen Gase spricht nicht gegen diese Annahme (bei jährenden Hülsenfrüchten wird anfangs ebenfalls meist nur reine Kohlensäure ausgeschieden)^ wohl aber der Umstand, dass die (iasentwicklung unter besagten Umständen all sogleich auftritt, während bei der liuttersäure- gährung dies erst dann der Fall ist, nachdem die Objecte 2 — o Tage lang unter Wasser gelegen sind. Um dem allfälligeu Gedanken an eine Aufspeicherung von durch irgend welche Ursache im PHan/enleibe verdichteter Kohlensäure zu begegnen, W'ill ich nicht unerwähnt lassen, dass die Kohlensäureentwicklung auch sofort erfolgt, wenn die Pflan- zen bei gewöhnlichem Drucke unter Quecksilber getaucht werden. Wenn auch nicht wahrscheinlich, so wäre es doch auch nicht absolut unmöglich, dass in den Landpflanzen eine Substanz enthalten sei, welche mit Quecksilber oder Quecksilberdämpfen in Berührung sich irgendwie verändern und dabei Kohlensäure abspalten würde. Wurden jedoch getrocknete Zweige unter Quecksilber gebracht, so unterblieb bei gewöhnlichem Drucke die Gasentwicklung ganz, in der torricellischen Leere entwich nur eine der Grösse des Objectes entsprechende Luftmenge. Ein Gleiches war auch der Fall bei in kochendem Wasser oder heissem Wasserdampfe getödteten Zweigen. Nach diesen Ergebnissen konnte es nicht dem geringsten Zweifel mehr unterliegen, dass die beschriebene Erscheinung eine Function des Zelllebens der Versuchsobjecte sei. Die Lebensprocesse sämmtlicher Organismen wickeln sich auf Kosten von Kräften ab, welche durch Oxydation organischer Stoffe geliefert werden. In der Luft oder im Wasser lebende Thiere* sterben in sauerstofffreien Medien unverzüglich. Von grünen Landpflanzen ist bekannt, dass sie im Dunkeln in sauer- stofffreier Atmosphäre bald zu Grunde gehen, w^ährend sie sich unter Einwirkung des Lichtes lange erhalten können. Man setzt voraus, dass sie sich im letzteren Falle den zum Leben unent- i Über die Art und Weise der Respiration von Eingeweidewürmern etc. liegen, so viel ich weiss, keine Untersuchungen vor. 224 Boehm. behrliehen Sauerstoff aus der in den Intercellularräumen vor- handenen Kohlensäure bereiten. Eine von dem Vorhandensein freien Sauerstoffes unabhän- gige Existenz führen die Hefezellen. Herrn Dr. Adolf Mayer ' ^•ebührt das Verdienst^ auch diesen Fall unter das allgemein als Existenzbedingung der Organismen geltende Gesetz gebracht und dadurch zugleich unsere Einsicht in das Wesen der Gährung ausserordentlich gefördert zu haben. Die Hefezellen scliaffen «ich die zur Vollziehung ihrer Lebensfunctionen nöthigen Kräfte durch „innere" Verbrennung, — bei der geistigen Gährung durch Spaltung des Zuckers in Kohlensäure und Alkohol. In Folge der mannigfachen Untersuchungen von H o f f- mann, Bail u. s. w., insbesondere aber durch jene von Reess ist bekannt, dass sämmtliche Pilze, welche die Alkoholgährung bewirken, sich auf geeigneter Unterlage an der Luft nicht nur cultiviren lassen, sondern nur in diesem Falle zur Fruchtbildung gelangen. In Erwägung dieser Thatsachen schien es nun sehr wahr- scheinlich, dass die Kohlensäureentwicklung aus lebenden Zwei- gen und Blättern unter Quecksilber nicht durch letzteres an sich, sondern nur deshalb veranlasst wird, weil in ihm die Pflanzen vom Sauerstoffe abgesperrt sind. Diese Vermnthung wurde auch durch den Versuch vollkommen bestätiget. Aus entrindeten Syringa-Zweigen erfolgt in sauerstofffreier Atmosphäre unter günstigen Temperaturverhältnissen eine recht lebhafte Entwick- lung von Kohlensäure. ^ 1 Adolf Mayer, Untersuchung-en über die alkoholisclie Gährung. Pogg-endorf Aunal. Bd. 142, p. 393, und Landw. Versuchs-Station, herausgegeben von Prof. Dr. F. Nobbe, Bd. 14, 1871. '•^ Man llees s, botanische Untersuchungen über die Alkoholgäli- rungspilze, Leipzig, 1870. 3 Meine Ansicht über die vollständige Analogie zwischen der Function von Hefezellen und der von beliebigen anderen lebenden Land- pflanzen in sauerstofffreien Medien habe ich bereits im Anzeiger der kais, Akad. d. W. 1872, pag. 164^ in folgendem Satze ausgesprochen: „Ob dabei auch Alkohol gebildet werde, müssen spätere Untersuchungen lehren." Nach einer Correspondenz von A. Henninger aus Paris (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1872) ist dies nicht mehr nothwendig. Pasteur hat bereits in unter Wasser getauchten über dio lios>i)ir;itii»u von Laiidpflanzen. 225 Mit diesem Ergebnisse war auch das oben erwähnte Räthsel über die Ditferenz zwischen der Kohlensäuremenge vor, — und der Summe des Kohlensäure- und Sauerstoff-Quantums nach der Insolation mit einem Schlage gelöst und die Provenienz des Überschusses in letzterem Falle aufgeklärt. Es wurden nun folgende Versuche gemacht: Nachdem die mit grünen blättern, Wasserstoff" oder Kohlen- säure gefüllten Absorptionsrcüiren in den Quecksilberwannen aufgestellt waren, wurde der Stand des Quecksilbers vorläufig notirt, das Gaszimnier verdunkelt und meist nach 80 bis 45 Minuten definitiv abgelesen. Dabei zeigte es sich ausnahmslos, dass das Gasvolum nicht nur nicht, wie es in Folge der Abküh- lung der beim Zusammenstellen erwärmten Apparate normaler Weise hätte geschehen sollen, verkleinert, sondern im Gegentheile etwas vergrössert war. Die Absorptionsröhren wurden dann vermittelst Glasnäpfchen aus dem Quecksilber gehoben, theils directe , theils unter schwarzen Tuchhüllen, während 6 — 7 Stunden dem Sonnenlichte exponirt, sodann wieder in das Gas- zimmer übertragen und in der früheren Ordnung aufgestellt. Über die während der Exposition verdunkelten Röhren wurde bis zur Ablesung, welche wegen der grossen Erwärmung wäh- rend der Insolation nie vor einer Stunde erfolgte, ein schwarzes Tuch gebreitet. Bei 8 Versuchsreihen, welche ich mit Blättern von Juylans regia j Platnniis orientalis , Fr(i.v'ums Ormis , Syringu vulgaris Quercus Cerris, Acer Pseudopintanus , Cydonia rulgaris und Salix fragilis gemacht habe, war die Volumvergrösserung der Gase in den dem Lichte ausgesetzten Apparaten wohl eine sehr geringe, aber constante, während dieselbe in den verdunkelten Apparaten stets eine sehr auffällige war und nicht selten 4—5 CG. betrug. ' Im ersteren Falle schafft sich die Pflanze die zu ihren grünen Pflaumen und Khabarberblättern Alkohol nachgewiesen. Die Function lebender Landpflanzen in sauerstoiffreien Medien gleicht also vollständig jener der gewöhnlichen Hefezellen bei der Selbstgährung. * Boussingault's Angaben über die Änderung des Gasvolumens bei ähnlichen, aber zur Lösung anderer Fragen angestellten Versuchen stimmen mit meinen Beobachtungen nicht überein. So blieb z. B. bei einem am 17. August 1864 in reiner Kohlensäure gemachten Versuche das Gas- 226 Boehm. Lebensfunctionen nothwendige Kraft durch innere Verbrennung unter Kolilensäurebildung nur so lange, bis aus dieser und der in dem Blatte enthaltenen Kohlensäure so viel Sauerstoff erzeugt wurde als zur normalen Respiration nothwendig ist. Diese Menge ist aber eine sehr geringe, ' da die auf seine Kosten gebildete Kohlensäure neuerdings zerlegt wird u. s. f. Es schien wahrscheinlich, dass unter sonst gleichen Bedin- gungen, die Menge der bei der inneren Athmung gebildeten Kohlensäure von der Grösse der Versuchsblätter ^ abhänge. Es zeigte sich jedoch bald, dass dies bei w^eitem nicht immer und nie vollständig der Fall ist. So weit war ich mit meinen Untersuchungen bis zum Schlüsse des Sommers 1871 gekommen. Die Ferienmonate der zwei folgenden Jahre benützte ich, um einige weitere Fragen, welche sich in Folge der bisher festgestellten Thatsache von selbst aufwarfen, zu beantworten. Die Zussammenstellung der Apparate wurde bei den meisten Versuchen gegen 7 Uhr Früh in Angriff genommen, so dass die Exposition gegen 9 Uhr begin- nen konnte. Als Versuchsobjecte wurden ausschliesslich frisch gepflückte Fiederblätter von Juglans regia verwendet. Zur Be- stimmung der Temperatur in den directe und in den unter einer undurchsichtigen Decke insolirten Apparaten wurden in zwei in gleicher Weise wie die Absorptionsröhren gefüllte kleine Glas- volumen nach lOstündiger Insolation unverändert, während bei einem andern derartigen Versuche am 7. Juli 1864 in einer Mischung von Kohlensäure und atmosphärischen Gasen nach 4 Stunden eine Volumszunahme von 1-9 CC. beobachtet wurde. Compt. rend. tom. 69, pag. 872. Die durchge- hends geringen Voluradiliterenzen, welche Pfeffer bei seinen zahlreichen und musterhaft durchgeführten Versuchen in mit atmosphärischer Luft stark verdünnter Kohlensäure gefunden hat, sind in Bezug auf das ursprüng- liche Volumen öfters negativ als positiv. 1 In bereits ausgewachsenen Blättern scheint kein Sauerstoff" fixirt zu werden, wie dies z.B. bei der Keimung der Fall ist. Bei jedem der beschriebenen Versuche wurde die gebildete Kohlen- säure mit Kali absorbirt und bei allen insolirten Apparaten nach Einlass von Knallgas in die Eudiometer auch auf die Gegenwart von Sauerstoff" geprüft. 2 Das Volumen der Versuchsblätter wurde durch Einschieben die- ser in die über die Hälfte mit Wasser gefüllten Absorptionsröhren bestimmt. über die Respiration von Landpflanzen, 227 cyliiider kurze Thermometer eingeschoben und neben den erstcren aufgestellt. Bemerken will ich noch, dass mein Queck.silbertisch die gleichzeitige Analyse von 10 Gasen (nach der Bunsen'schen Methode") gestattet. Bei der grossen Anzahl der nothwendig ge- wordenen Versuche war eine solche l^inrichtung unerlässlich. i Die Resultate der Versuche und Analysen habe ich, vorzüg- lich aus typographischen Gründen, am Schlüsse der Abhandlung tabellarisch zusammengestellt, Säramtliche Gasvolumina sind auf eine Temperatur von 0° C, und auf 700 Mllm, Quecksilber- druck reducirt. Die Tabelle I, enthält die Resultate einer Versuchsreihe von Juglans-BViiüern in Wasserstofif an der Sonne unter Wasser,^ Die Temperatur des Kühlwassers stieg bis 32° C, die in dem Rohre mit dem Thermometer (und somit wohl auch in den Ab- sorptionsröhren) bis zu 33° C, Die Vergrösserung des Gasvolumens während der Insolations ' Jene Collegen, welche sich mit derartigen Untersuchnngen beschäf- tigen, wissen, wie zeitraubend dieselben an sich sind und dass man einen Einblick in das Resultat einer Versuchsreihe erst nach mannigfachen Reduc- tionen der bei der Ablesung gewonnenen Zahlen bekommt. Zudem habe ich in Folge der Reform der Handelsakademie nur sehr beschränkte, für die Fortsetzung mehrerer Untersuchungen aber gar keine Räumlichkeiten, keinen Diener oder sonst welche Unterstützung und wöchentlich eine Über- zahl von Unterrichtsstunden ! 2 In den directe insolirten lufthaltigen, mit Quecksilber abgesperr- ten Rühren steigt die Temperatur an heissen Sommertagen oft über 40° C. Um dies zu verhindern, wurden die Apparate dort, wo es nothwendig war, in mit Wasser gefüllte Glascylinder eingesenkt. Einem allfälligen Auf- steigen der Röhren wurde durch Einklemmen derselben in die Glasnäpf- chen mittelst Kork vorgebeugt, 3 Unter allen Ablesungen bei den in Rede stehenden Untersuchun- gen erfordert die Bestimmung der Volumvermehrung während der Expo- sition wegen der relativ grossen Wassermenge in den Absorptionsröhren (1—2 CC.) die grösste Sorgfalt. Es vergrössert sich nämlich während der Exposition die kleine Wassersäule über dem Quecksilber in Folge des langsamen Ablaufens des Wassers an der Oberfläche des Blattes und an den Seitenwänden der Gasröhre bisweilen um einen Millimeter. Es ver- steht sich, dass die betreffende Grösse zur „oberen" Ablesung addirt werden muss, während dieselbe bei der Reduction des Gasvolumens auf Sitzt, d. mathem.-naturw. Cl. LXVII. Bd. I. Abth. t" 228 Boehm. war in allen Fällen geringer als die Summe der gefundenen Kohlensäure und des gebildeten Sauerstoffes. Diese Differenz ist auch häufig viel zu gross, als dass dieselbe durch "die aus den Blättern diffundirten Gase (Kohlensäure und Sauer- stoff; der Stickstoff dieser Quelle ist in dem indirecte be- stimmten Volumen des Wasserstoffes enthalten) erklärt werden könnte, zumal da die „Proben" nur Spuren von Kohlensäure und gar keinen Sauerstoff enthielten. Nichts erscheint aber nach dem oben angeführten natürlicher, als die Provenienz dieses bei allen derartigen Versuchen in sauerstofffreien indifferenten Gasen auftretenden „Überschusses." Es ist derselbe ein Product innerer Verbrennung während der Zeit nach der Einführung der Blätter in die Absorptionsröhreu bis zur ersten Ablesung vor der Exposition. Ein geringer Antheil dieses Über- schusses stammt aber auch aus den Intercellularräumen und dem Zellsafte des Versuchsblattes. Die Tabelle II. enthält die Resultate einer gleichzeitig mit der vorhergehenden angestellten Versuchsreihe, bei welcher jedoch über die insolirten Apparate eine undurchsichtige schwarze Decke gebreitet wurde. Die Temperatur stieg hier nur bis auf 29-4" C. Die Volumvermehrung war in allen Fällen eine bedeu- tende, aber wie schon oben bemerkt, der Grösse des Blattes nicht proportional. Die Menge der gebildeten Kohlensäure in sauerstofffreier Umgebung ist offenbar ein Mass für die Intensität der „inneren Verbrennung" lebender Blätter im Dunkeln. Es lag mm die Frage nahe, in wie weit dieselbe einerseits von der Natur des angewendeten Gases und anderseits von der Temperatur ab- hängig sei. Diesbezügliche Versuche zeigten, dass sich Kohlen- säure, Kohlenoxyd und Stickstoff' ganz so verhielten wie Wasser- einen bestimmten Druck natürlich in anderer Weise in Rechnung zu bringen ist. 1 Bei den Versuchen mit Stickstoff erhielt ich anfangs, zu meiner nicht geringen Überraschung, sehr abweichende Resultate, doch bald löste sich der Widerspruch. Ich bereitete mir das Stickgas aus atmosphä- rischer Luft durch Absorption des Sauerstoffes mittelst blanker, feuchter Phosphorstücke, Obwohl diese mindestens 24 Stunden in den beiläufig über die Respiration von Landpflanzen. 229 Stoff, während sicli Schwefelwasserstoff ^als tödtlicbes Gift «rwies. In den mit diesem Gase gefüllten Apparaten erfolgte wäh- rend der Versnchsdauer aus begreiflichen Gründen sogar eine geringe Volumsverniinderung und nach öy^ Stunden waren die Blätter grösstenthcils missfarbig. Von grossem Einflüsse für die Menge der von Juglans' Blättern in Wasserstoff im Dunkeln gebildeten Kohlensäure erwies sich, wie es wohl auch vorauszusehen war, die Temperatur (Tabelle III, IV, V). Bei 5-7° C. ist die nach Abzug des Kohlen- säure-Überschusses * auftretende Volumvergrösserung eine rela- tiv sehr geringe. Unter dem Gefrierpunkte des Wassers scheint die Function lebender Pflanzen gänzlich zu ruhen. Ein 6.41 Grm. schwerer Zweig von Syringa, welcher in einem geeigneten Glasapparate bei gewöhnlichem Drucke in langsam schmelzenden Schnee ver- graben wurde, secernirte während 10 Tagen nicht eine einzige Gasblase. Nach Transferirung des Apparates in mein Arbeits- zimmer wurden bei einer Temperatur von 9 — 18 ** C. während 4 Tagen 3-J7 CG. Gas abgeschieden, welche von Kali bis auf einen kleinen Rest absorbirt wurden. Bei den Versuchen, deren Resultate in der Tabelle I zusam- mengestellt sind, ist das Volumen des gefundenen Sauerstoffes in Anbetracht der Bedingungen seiner Bildung wohl auffällig, aber im Vergleiche zu jenen Mengen, welche ich bei mehreren frühe- ren derartigen Versuchen ausnahmsweise fand, doch nur eine sehr geri-nge. Solche Ausnahmsfälle waren, wie es nun wohl zwei- fellos ist, offenbar jene, bei welchen ich durch irgend welchen Orund verhindert wurde, die zusammengestellten Apparate bald- möglichst dem Lichte auszusetzen. Die Tabellen VI, VII und VIII enthalten nun die Resultate jener Versuche, bei welchen die Apparate vor der Insolation absichtlich kürzere oder längere 50 CC. fassenden, mit Quecksilber abgesperrten Röhren verblieben, so fan- den sich doch bei der eudiometrischen Analyse des rückständigen Gases in vielen Fällen noch 1—3% Sauerstoff. 1 Dieser „Überschuss" wurde, wie schon früher bemerkt, im Gaszim- mer in der Zeit nach der ZusammensteUung der Apparate und der ersten Ablesung gebildet ; zum geringen Theile stammt er wohl auch aus dem Blatte. 16* 230 B o e h m. , Zeit im Dunkeln stehen gelassen wurden. Während in jedem der fünf Apparate (Tabelle VI), welche von der Insolation nur während 4 Ya Stunden bei einer Temperatur von 21-4° C. im verdunkelten Gaszimmer verblieben, Sauerstoff gefunden wurde, war dies von den 10 Apparaten (Tabelle VII), welche durch 12 Stunden im Dunkeln verblieben, blos in 4, und bei den durch 15 Stunden verdunkelt gewesenen Apparaten (Tabelle VIII) gar nur in einem einzigen der Fall; in den übrigen dauerte auch nach der Insola- tion die Kohlensäurebildung noch fort. Es ergibt sich hieraus also die gewiss sehr bemerkenswerthe Thatsache, dass die Blät- ter nach mehrstündiger Aufbewahrung in sauerstofffreier Atmo- sphäre vorübergehend oder für immer die Fähigkeit verlieren, in dieser sauerstofffreien Luft Kohlensäure zu zerlegen, ohne dass sie aufgehört hätten zu leben. Sie fahren fort, sich die zu ihren Lebensfunctionen nothwendigen Kräfte durch innere Verbrennung zu verschaffen. Die Versuche, deren Resultate in den Tabellen IX und X zusammengestellt sind, geben Aufschluss über die nun nahe liegende Frage: wie viel Kohlensäure von einem bestimmten Blatte durch innere Verbrennung überhaupt gebildet werde? Diese Menge variirt in hohem Grade mit der Temperatur. Vom zweiten Tage ab erfolgte in keinem Apparate mehr eine nennenswerthe Volumszunahrae , ja in einigen Fällen früher schon eine geringe Volumverminderung. (Diese ist offenbar be- dingt durch Absorption gebildeter Kohlensäure von Seite des in den Röhren zurückgebliebenen Wassers. Vielleicht wurde ein geringer Theil dieser Kohlensäure auch zur Bildung von Doppel- salzeu in den Zellsäften verbraucht.) Lebhaftere „innere Verbren- nung" bedingt also nicht einen früheren Tod des Versuchsblattes. Boussingault* fand, dass Oleanderblätter erst nach 48stündigem Verweilen in Kohlensäure, Stickstoff oder Sumpf- gas im Dunkeln bei einer Temperatur von 22 — 23° C. die Fähig- keit verlieren, lin einer Mischung von Kohlensäure und atmo- sphärischer Luft Sauerstoff zu bilden. In einem Falle wurde von einem Blatte, welches während 48 Stunden im Dunkeln in Wasser 1 Corapt. rend. tom. Gl, pag. G05 ; 1865. über die Respiration von Laiulpflanzen. 231 Stoff aufl)c\valirt worden war, nach ostiuuliger Insolation noch 2-6 CC. Kohlensäure zerlegt. Aus diesen und den oben angeführten Versuchen folgt, dass Blätter, welche durch Auibewahrunj;' in indifferenten sauerstoff- freien Gasen die Fähigkeit verloren haben, bei Abwesenheit von Sauerstoff Kohlensäure zu zerlegen, selbe in einer sauerstoffliäl- tigen Atmosphäre noch besitzen und zwar so lange, als sie über- haupt leben, d. i. im Dunkeln in Folge innerer Verbrennung noch Kohlensäure bilden. Um zu erfahren, in welchem Verhältnisse die von insolirten grünen Blättern zerlegte Kohlensäure und der von derselben in atmosphärischer Luft im Dunkeln consumirte Sauerstoff stehe, hat Boussingault * mehrere Versuche gemacht, auf welche ich hiermit verweise. Die Frage : wie viel Sauerstoff von einem lebenden Orga- nismus in einer bestimmten Zeit unter verschiedenen Verhältnis- sen zur Bildung von Kohlensäure verbraucht wird, ist von Seite der Pflanzenphysiologen noch wenig erörtert. Lebende Pflanzen verbrennen bei ihrer Vegetation in sauer- stoffhaltiger Luft einen Theil ihres Leibes und schaffen sich so die für das Zellleben nothwendigen Kräfte. Es kann uns dem- nach die Menge der von einer lebenden Pflanze in einer gewissen Zeit gebildeten Kohlensäure füglich als Mass für die Intensität der sich in ihr abwickelnden Lebensprocesse gelten, wobei natür- lich die Frage, ob diese Processe normale, d. i. die möglich lange Dauer des Lebens fördernde, oder krankhafte seien, unentschie- den bleibt. Von lebenden Pflanzen in sauerstofffreien Medien müssen diese Kräfte durch innere Verbrennung ausgelöst werden. Über die Grösse der hierbei gebildeten Kräfte und besonders darüber, in wieweit dieselben dazu dienen, die vegetabilische Maschine im Gange zu erhalten, fehlt uns jede Vorstellung. In den Tabellen XI— XVIII habe ich die Ergebnisse jener Versuche zusammengestellt, welche ich mit Fiederblättern von Juglatis in gemessenen Mengen atmosphärischer Luft bei ver- schiedenen Temperaturen, im Lichte und im Dunkeln, gemacht 1 Corapt. read. toui. 6U, pag. 877, et tom. Gl, pag. üU5; 1865. 232 B o e h m. habe. Die Conseqnenzen aus den mit vieler Sorgfalt gewonnenen Zahlen ergeben sich wohl von selbst *. Vor Allem fällt es in die Augen, dass bei einer Temperatur von 39*8° C. im Sonnenlichte, relativ viel, grösstentheils auf Kosten des atmosphärischen Sauerstoffes gebildete Kohlensäure gefunden wurde (Tabelle XI). In wie weit diese Kohlensäure aber als ein Product der Eespi- ration oder Oxydation eines Theiles des bei der hohen Tempe- ratur abgestorbenen Blattes zu betrachten sei, muss vorläufig unentschieden bleiben (das Blatt eines Apparates zeigte nach der Exposition mehrere braune Flecken). Grleichwol scheinen mir aber die Resultate der ganzen Versuchsreihe dafür zu spre- chen, dass die Blätter von Juglans bei einer Temperatur von 39-8'' C. nicht mehr die Fälligkeit besitzen, so viel Kohlensäure zu zerlegen, als durch den Respirationsprocess gebildet wird. Aus den Tabellen XK und XIII scheint mir ersichtlich zu sein, dass für Juglans regia das Temperatur-Optimum im Sonnen- lichte in der Nähe von 30° C. liege. — Der geringe Kohlensäure- Überschuss, welcher sich bei den Versuchen in zerstreutem Lichte vorfand, stammt, wie sich aus der fast unveränderten Sauerstoff- menge ergibt , grösstentheils aus den Versuchsblättern. Die Lichtintensität, scheint bei dieser Versuchsreihe gerade ausge- reicht zu haben, um die in Folge der Respiration gebildete Koh- lensäure wieder zu zerlegen. Hierbei muss ich aber bemerken, dass mir bei meinen zahlreichen Versuchen im Laufe der Jahre nur zwei Fälle vorkamen, bei welchen von grünen Blättern in kohlen- säurehältiger Luft auch die letzte Spur von Kohlensäure zerlegt wurde. Ahnliches fand auchPfeffer in kohlensäurcarmer Atmo- sphäre, während Boussingault relativ viele Fälle anführt, bei welchen in kohlensäurereichen Gasen alle Kohlensäure zerlegt wurde. Von besonderem Interesse ist das Verhalten der Jugfans- Blätter in atmosphärischer Luft bei niederer Temperatur. Wäh- rend nämlich bei G — lO« C. im Sonnenlichte auf Kosten des 1 Bei allen meinen Versuchen mit Jnglans-Blättern in atmosphäri- scher Luft wurde das Gasvolumen, solange Sauerstoff vorhanden war, entweder gar nicht oder doch nur in soweit geändert, als die Ursache hierfür in den Absorption gebildeter Kohlensäure durcii das in den Röhren vorhandene Wasser bedingt war. über die Respiration von Landpflanzon. 233 .Sauerstoffes sicli konstant eine merkliche Menge A'on Kohlen- säure bildete (Tabelle XV), wurde bei 9° — 10° C. selbst in einer kohlensäurereichen Gasmischung bei directer Insolation noch ziem- lich viel Sauerstoff erzeugt (Tabelle XIX). Die Annahme , dass bei einer niederen Temperatur und Gegenwart von relative viel Hauerstoff (Tabelle XV) durch die Respiration mehr Kohlensäure gebildet als bei Anwesenheit von wenig Sauerstoff (Tabelle XIX) zerlegt werde, wird durch die Versuchsresultate im Dunkeln in atmosphärischer Luft (Tabelle XVIII) unzulässig. Vielleicht ist der Widerspruch darin begründet, dass von Jitf/Zans-Bläitern bei einem niederen Wärmegrade in einer Atmosphäre, welche sehr arm ist an Kohlensäure, diese nur mehr unvollständig zerlegt werden könne. Ich muss aber bemerken, dass mir auch diese Erklärung nicht sehr wahrscheinlich vorkommt. Die Ergebnisse jener Versuchsreihen, welche mit Juglans- Blättern in atmosphärischer Luft im Dunkeln bei verschiedener Temperatur ausgeführt wurden, sind in den Tabellen XVI, XVII und XVIII zusammengestellt. Es wird daraus der grosse Einfiuss des jeweiligen Wärmegrades auf die Intensität der Respiration ersichtlich. Dass in jenen Fällen, bei welchen während der Ver- suchsdauer viel oder aller ^ Sauerstoff verbraucht wurde, die gefundene Kohlensäuremenge der berechneten gegenüber zu gering ausfiel, ist der Hauptsache nach wenigstens, wie schon oben erwähnt wurde, durch die Kohlensäure-Absorption des in den Röhren zurückgebliebenen Wassers bedingt. Um- zu erfahren, ob und mit welchem Antheile beiläufig die in dem Blatte beim Beginne eines Versuches enthaltene Kohlensäure bei der Änderung der Qualität der Atmosphäre participirt, wurden in 3 Apparate der Versuchsreihe bei 5 — 7° C. im Dunkeln (Tabelle XVIII) je 3 kleinere Blätter gebracht. Wie aus 1 Eine ganz ähnliche Erscheinung beobachtete auch Boussin- gault. Mehrere Oleander-Blätter, zusammen 95Q C gross, wurden in 87-3 CC. atmosphärischer Luft eingeschlossen. Nach SOi/g Stunden an einem dunklen Orte bei 22° aufbewahrt, war aüer Sauerstoff (18-3 CC.) verschwunden, dafür 19-6 CC. Kohlensäure und 1-7 CC. Stickstott' entwickelt und dabei das Lut'tvolu.men um 3-0 CC. vergrössert. Boussingault meinte, dass dieser Umstand auf eine beginnende Veränderung der Blätter hinzudeuten scheine. Compt. rend. tom. 61, pag. 605; 1865. 234 B o e h m. anderen Untersuchungen, die ich über die in den Geweben lebender Pflanzen enthaltene Luft g-emacht habe, vorauszusehen war, wurde dadurch der Kohlensäuregehalt nicht unbedeutend vergrössert. Schliesst man in gleicher Weise wie es bei den obigen Ver- suchen geschah, ein beiläufig 1-0 CC. grosses Juglans-BlsLÜ bei einer Temperatur von 15 — 17° C, im Dunkeln in beiläufig 30 — 35 CC. atmosph. Luft ein, so bräunt sich dasselbe noch ror dem Verbrauche des vorhandenen Sauerstoffes und das Ga^vo- lumen vergrössert sich dann (offenbar in Folge bereits eingetre- tener Gährung) nur mehr wenig; dasselbe ist der Fall, wenn der Versuch mit reinem Sauerstoffgase gemacht wird. Es wird behauptet, dass die Menge der unter sonst gleichen Verhältnissen von thierischen Organismen exspirirten Kohlen- säure mit dem Procentgehalte des Sauerstoffes der sie umgeben- den Atmosphäre variirt. Ob Ähnliches auch bei ausgewachsenen Juglans-BYättern stattfinde, müssen weitere Untersuchungen leh- ren. Keimende Bohnen verzehren unter sonst gleichen Verhältnis- sen, wie ich hier vorläufig bemerken will, in reinem Sauerstoffgase nicht mehr Sauerstoff als in atm. Luft. Es ist häufig nicht leicht zu entscheiden, ob die Kohlen- säureentwicklung aus Pflanzentheilen in sauerstofffreien Medien in Folge von Buttersäuregährung oder innerer Verbrennung erfolgt. Ich habe seit dem Erscheinen meiner Abhandlung über die Gasentwicklung aus abgestorbenen Pflanzentheilen eine grosse Reihe derartiger Versuche gemacht, die ich aber aus Mangel an Zeit bisher immer noch nicht zum Abschlüsse bringen konnte. Hier will ich nur vorläufig bemerken, dass Kohlensäure- bildung einerseits in Folge innerer Verbrennung und anderseits bedingt durch Buttersäuregährung (im letzteren Falle ein siche- res Zeichen des bereits erfolgten Todes) sich selbst in verschie- denen Theilen desselben Objectes begleiten können. Sehr leicht kann man sich hiervon überzeugen, wenn man geschälte Bohnen auf einer feuchten Unterlage keimen lässt und dann in kohlen- säurehältiges Wasser von 18 — 20" C. taucht. Nach kurzer Zeit entwickeln sich sodann zaldreiche Gasbläschen. (In einer über die Respiration von Landpflanzen. 235 grossen Quantität gewöhnlichen Wassers unterbleibt diese Er- scheinung entweder ganz oder wird doch minder auffällig; es ist nämlich die entbundene Kohlensäure von Wasser al)sorbirf.) Bringt man die KeinUingc nach V2 Stunden wieder an Luft und Licht, so wachsen sie ungehindert weiter, nur die Spitzen man- cher Wurzeläste verfaulen. Nicht selten ertragen sie auch ohne auffallenden Schaden selbst einen 24stündigen Luftabschluss. Nach zweitägiger Immersion sind die Wurzeln sowie die Spitzen der jungen Stängel stets todt und die Cotylen ergrünen nur mehr stellenweise, während benachbarte Partien verfaulen. Dabei entwickeln sieb meist die sonst latent bleibenden Axillarknospen der Samenlappen. Bei meinen eingangs der Abhandlung erwähnten Versuchen über die Wirkung bestimmter Strahlen des Spectrums bei der Zerlegung der Kohlensäure durch grüne Pflanzen verwendete ich Lösungen von doppeltchromsaurem Kali und Kupferoxydam- moniak. Ich verfuhr dabei ganz einfach : die mit Quecksilber abgesperrten Röhren wurden in Glascylinder gestellt, welche mit der einen oder anderen der gefärbten Flüssigkeit gefüllt wurden. Unter Kupferlösungen einer solchen Concentration, dass durch eine 4 Ctm. dicke Schichte keine gelben und rothen Strah- len mehr durchgelassen wurden, erhielt ich Resultate, welche von denen der Versuche im Dunkeln nicht verschieden waren. In reinem Wasserstoffgase oder in Mischungen von Wasserstoff und Kohlensäure wurde nie auch nur eine Spur von Sauerstoff gebil- det; es erfolgte stets eine bedeutende Volumvergrösserung. Am 7. August 1872 habe ich diese Versuche in einem grossen ovalen Cylinder von 25 respect. 41 Ctm. Durehmesser mit einer Lösung wiederholt, welche bei der spectroskopischen Untersuchung durch eine 4 Ctm. dicke Schichte noch viel gelbes und rothes, — durch eine 8 Ctm. dicke Schichte aber nur mehr Spuren von rothem Lieht durchliess. 5 Apparate wurden in der Mitte längs des grösseren Durchmessers des Cylinders, und 5 in der Nähe der Wand desselben so aufgestellt, dass sich zwi- schen den Absorptionsröhren und der Cylinderwand eine 2—4 Ctm. dicke Flüssigkeitschichte befand. Die Insolation dauerte 236 B o e h m. von 9 — 4 Uhr; bei fast wolkenlosem Himmel stieg die Temperatur der Kupferlösung bis 29" C. Die Resultate dieser Versuchsreihe finden sich in den Tabellen XX, XXI übersichtlich zusammengestellt. Es ist daraus ersichtlich, dass in den in der Mitte des Cylinders aufgestellten Apparaten, zu welchen nur eine sehr geringe Menge rother Lichtstrahlen gelangte, gar kein Sauerstoff, dem entsprechend aber viel Kohlensäure gebildet wurde. — Dass Pfeffer bei seinen Versuchen über die Kohlensäure zersetzende Kraft des Lichtes, welche durch eine Kupferlösung aller rothen und gelben und fast aller grünen Strahlen beraubt war, zu einem anderen Resultate kam, kann wohl nur darin seinen Grund haben, dass bei seinen Versuchsblättern in einer Mischung von Kohlensäure und atmosphärischer Luft die normale Respiration gar nie unter- brochen wurde. Famintzin hat beobachtet, dass in einer entstärkten Spirogyra orthospirn bei Lampenbeleuchtuug schon nach 30 Minuten Amylumbildung erfolgte ^ Dies veranlasste mich zu untersuchen, wie sich Juglans-^YüXXQV im Gaslichte in einer Mischung von Kohlensäure und Wasserstoff oder in reinem Wasserstoffgase verhalten. Zu diesem Zwecke wurden in einem vollständig verdunkelten Zimmer zehn in einer Reihe aufgestellte Apparate auf jeder Seite durch 2 Sehmetterlingsflammen aus 12 Ctm. hohen Candelabern, in einer Entfernung von 35 Ctm. beleuchtet. (Die Temperaturbestimmung wurde aus Versehen unterlassen.) Nach 12 Stunden hatte sich in jeder Absorptionsröhre das Gasvolumen beträchtlich (um 3-5 CC.) vergrössert. Obwohl bei 1 Famintzin verwendete das Licht einer Kerasinlampe, welches mittelst einer Sammellinse und einem sphärischen Refraktor bedeutend concentrirt und mittelst Wasser in einem Gelasse mit parallelen Wänden der meisten Wärmestrahlen beraubt wurde. Binnen 24 Stunden waren die Chlorophyllbänder mit Stärke erfüllt. „Die Erzeugung der Stärke geht nur unter dem vollen Lampenlichte und dem gelben vor; unter dem blauen wird dagegen nicht nur keine Stärke gebildet, sondern die schon vorhan- dene wird wie im Dunkel aufgelöst." Pringsheim's Jahrbücher für wissensch. Botanik, G. Bd. p. 31. über die Respiration von Landptianzon. 237 einer so bedeutenden KohlensUurebildung- mit liestinniitheit vorauszusehen war, dass kein Sauerstot!' erzeugt wurde, so habe ich mich doch, da ich über die Wirkung künstlicher Beleuchtung bisher keine Erfahrung hatte, bei 5 Fällen der o])igen Versuchs- reihe durch Verbrennung mit Knallgas und bei den anderen 5 Fällen durch Einführung von Phosphorkugeln directe davon überzeugt. Es ist somit kein Zweifel, dass Jitf/lans-Wätter un- tahig sind, in irrespirabler Luft im Gaslichte von der angewende- ten Intensität Kohlensäure zu zerlegen. Es muss aber dahin gestellt bleiben, ob dies auch bei Gegenwart von Sauerstoff' der Fall ist •. Ueber die Amylumbildung in Ptlanzen mit stärkefreiem Chlorophyll hat auch Kraus* sehr interessante Beobachtungen gemacht. Kraus fand nämlich, dass solche Pflanzen durch eine Lösung von doppeltchromsaurem Kali hindurchgegangenem Lichte ebenso rasch und energisch Stärke erzeugen, wie im vollen Tageslichte, dass aber auch weder bei einer Temperatur von nur 3° C. noch unter Einwirkung von Licht, welches durch eine Kupferlösung des gelben und rothen Antheiles entkleidet wurde, die Stärkcbilduug unterbleibt. Bezüglich der Schnelligkeit der Amylumbildung in stärkeleeren grünen Pflanzen gibt Kraus au, dass bei Spirogyra spec. dies im directen Sonnenlichte schon nach 5 Minuten geschehe. Wenn man überlegt, wie wenig Kohlensäure von einem Chlorophyllkorne einer gesunden Pflanze während 5 Minuten oder auch 1 y. Stunden selbst unter den günstigsten Umständen zerlegt, dass schon bei einer Temperatur von 10*^ C. die Sauer- stoff'bildung durch insolirte Juglmis-Blättei' eine sehr träge ist », 1 Nach Prillieux entwickeln sich aus einem Zweige von Elodea cnnadensis auch unter der Einwirkung des Lichtes einer Gasflamme Luft- bhisen. Compt. rend. tnm. 69. 2 Kr a US, in Pringheim's Jahrb. für wissensch. Botomik, 7. Bd. pag. 511. sBöhm, über die Bildung von Sauerstoff durch grüne in kohlen- säurehältiges Wasser getauchte Landpflanzen; Sitzungsberichte d. kais. Ak. d. W. 6(3. Bd. 1872. B o u s s i n g a u 1 1, welcher bei seinen Versuchen nur die Absicht hatte, die niederste Temperatur kennen zu lernen, bei welcher die Sauer- -^^8 B 0 e h m. dass ferner dem durch eine hinreichend concentrirte Kupfer- lösung hindurchgegangenen Lichte jedenfalls nur eine sehr geringe Kohlensäure zersetzende Kraft zukommt, dass endlich das Koh- lensäurequantum, welches nothwendig ist, um den Kohlenstoff für die unter den angeführten Umständen in so kurzer Zeit gebildete Stärke zu liefern, doch wohl wenigstens ein relative * bedeutendes genannt werden muss, so kann man sich ungeach- tet der weiteren Versuche von Kraus über die Zunahme des Trockengewichtes der Cotylen während des Versuches schwer des Zweifels entschlagen, dass in den vonFamintzin und Kraus beobachteten Fällen die sichtbar gewordene Stärke von der Kohlensäure stamme, welche erst soeben von dem früher stärkeleeren Chlorophyll zerlegt wurde. In Anbetracht der angeführten, auf unseren factischen Kenntnissen über die Zerlegung der Kohlensäure fussenden Bedenken berechtigen die unerwarteten Versuchsresultate von F a m i n t z i n und Kraus, wie ich glauben möchte, vorläufig zu dem Schluss : dass in den stärkeleeren Zellen und zwar ent- weder in deren Inhalte oder Wandung eine organische Substanz vorhanden sei, welche zur Zeit ihrer früheren Function aus Kohlensäure und Wasser erzeugt, bei dem Stoffwechsel während des Lichtabschlusses oder Lichtmangels aber ihrer unvollständi- gen Assimilation wegen nicht weiter verwerthet werden konnte. Um die Form von Amylum annehmen, oder als Baustoif dienen zu können, müsste dieser hypothetische Körper noch weitere Meta- morphosen erleiden, welche aber nur unter Einwirkung des Lichtes vor sich gehen könnten. Die hierzu unentbehrliche Wärme und Intensität und Qualität des Lichtes würde jedoch mit der zur Zerlegung der Kohlensäure erforderlichen nicht nothwendiff zusammenfallen. Mit diesen Bemerkungen will ich stGifbildung- durch grüne Blätter beginnt, hat allerdings constatirt, dass, wenn man Gras- oder Lärchenblätter in Kohlensäure dem Lichte aussetzt, von einem mit den Blättern eingeschlossenen Phosphorstückchen die Nebelbildnng schon bei O-o" — 3-5o C. erfolgt. Compt. rcnd. toni. G8, p. 410 ; 1869. • Bei den Beobachtungen von Fa min tz in und Kraus befanden sich die Versuchsobjecte in ihren natürlichen Medien (in atmosphärischer Luft oder gewöhnlichem Wasser). ÜbiT die liespinitioii von Lamlpflanzen. 239 jedoch (liirchaiis nicht sag-eii, dass die Folgeruii^^cn von Kraus, zu denen sich dieser Forscher selbst nur mit Widerstreben durch schwer wiegende Gründe bestimmen liess, unbedingt un/ulässig seien. Ich meine nur, dass, um deren Richtigkeit über alle Zweifel festzustellen, noch weitere Versuche über die thatsächliche Assimilation von Kohlensäure bei unverzügliclier Stärkebildung- in amylumfreicu Chlorophyll körnern noth wendig sind. Schon im vorigen Jahre hatte ich mir diese Aufgabe auf mein Ferien- programm gesetzt, kam aber nicht dazu, es auszuführen. Die u n V e r z ü g 1 i c h e Kohlensäurebildung f r i s c h e r Land- pflanzen in sauerstotffreier Atmosphäre ist eine so constante, dass aus der gleichbleibenden Quantität eines Gases, welches man dieselben einschliesst, mit absoluter Nothwendigkeit folgt, dass in dem angewendeten Gase entwleder Sauer- stoff enthalten oder dass das Versuchsobject be- reits todt ist. Wie ich in vorstehender Abhandlung erwähnt habe, ist es- mir in früheren Jahren dennoch häufig nicht gelungen, bei Ver- suchen in Wasserstoff mit grünen Blättern im Sonnenlichte» obwohl nach 6 — Tstündiger Insolation nur eine sehr geringe Vergrösserung des Gasvolumens stattgefunden hatte, SauerstofT aufzufinden. Nach einiger Überlegung musste es mir aber zwei- fellos sein, dass die Ursache hierfür nur in dem bei der Analyse zur Verwemlung gekommenen Knallgase liegen konnte. Es ist wohl bekannt und speciell von Meidinger i einge- hend untersucht, dass das aus stark angesäuertem Wasser entwickelte Knallgas in Folge der Bildung von Wasserstotfhyper- oxyd überschüssigen Wasserstoff enthält. Nach Bunsen^ er- hält man aber aus zehnfach verdünnter Schwefelsäure reines Knallgas. Ich entwickle das Knallgas vermittelst des von Bunsen angegebenen Apparates seit jeher aus nur mit einigen Tropfen chemisch reiner Schwefelsäure angesäuertem Wasser. Um die 1 M e i d i n g e r, Annal, d. Cliem. u. Pharm. Bd. 88, pag. 57. 2 Bunsen, Gasometrisehe Methoden, pag. 68, 69. 240 B 0 e h m. Keinheit dieses Gases zu prüfen, wurde dasselbe in einem Eudiometer mit Wasserstoff und in einem zweiten mit Sauer- stoff in entsprechender Weise verdünnt und verbrannt. Eine Keihe derartiger Analysen zeigte, dass man auf diese Weise nur verhältnissmässig selten reines Knallgas erhält; bald ist dasselbe mit Wasserstoff, bald mit Sauerstoff verunreiniget. Das nach dem Auswaschen des Apparates (d. i. nach dem Vertreiben der atmosphärischen Luft aus demselben) aufgefan- gene Gas enthält überschüssigen Wasserstoff. Lässt man nach längerer Gasentwicklung den elektroljtischen Apparat 2 — 3 Tage verschlossen 1 stehen, so enthält das dann bereitete Gas überschüssigen Sauerstoff. " Das Wasserstoffiiyperoxyd zerlegt sich wohl schon theil- weise bei gewöhnlicher Temperatur, vollständig aber bcKannt- lich selbst bei der Kochhitze des Wassers nicht, so dass man es durch Abdestilliren des letzteren in concentrirtem Zustande erhalten kann. Knallgas aber, welches man aus einem in ein Becherglas mit kochendem Wasser gestellten Apparate entwickelt, ist vollkommen rein; so bereitetes Knallgas verwende ich nun ausschliesslich bei meinen Analysen. 1 Um bei den vielen Analysen, welche ich zu machen hatte, das wiederholte Auswaschen zu vermeiden, wurde das Ableitungsrohr des- selben mit einer geeigneten kleioen Kautschukkappe unter Quecksilber verschlossen. 3 Dieser Überschuss ist besonders beträchtlich, wenn der Apparat nun vor oder während seiner Verwendung in kochendes Wasser ge- taucht wird. über die Respiration von Landpllanzen. 241 Tabelle I. Versuche in Wasserstoff im Sonnenlichte unter Wasser, am 15. Aug-ust 1871. Temperaturmaximura des Kühlwassers 32° C, in den Absorptionsröhren 33° C. Dauer der Exposition von 9 i/^ bis 3i/, Uhr. Voluniver- grösserung in CC. Gefundene Kolilensäure in CC. Gefundener Sauerstotf in CC. Überschuss in CC. Blattvolumen in CC. 0.115 0.205 0.216 0.319 0.368 0.156 0.185 0.254 0.297 0.301 0.273 0.128 0.319 0.165 0.173 0.314 0.108 0.357 0.143 0.106 1.38 1.69 1.57 1.55 1.25 Tabelle IL Enthält die Resultate einer gleichzeitig mit der vorigen angestellten Versuchsreihe im Dunkeln. Die Temperatur stieg in der Röhre mit dem Thermometer unter der Tuchliülle nur bis 29-4° C. Volumvergrös- serung in CC. Gefundene Koh- lensäure in CC. Kohlensäure- Überschuss in CC. Blattvolumen in CC. 2.808 2.980 0.172 1.65 3.245 3.559 0.314 1..58 3.485 3.896 0.411 1.31 3.741 4.147 0.406 1.53 4.214 4.820 0.606 1.84 242 B o e h m. Tabelle III. Versuclie in Wasserstoff im Dunkeln bei einer Temperatur von 21° C, am 17. August 1871, von 9 bis 41/3 Uhr. Volumvergrös- serung in CC. 1.872 2.106 2.244 2.527 3.305 Gefundene Koh- lensäure in CC. 2.166 2.651 2.730 3.053 3.968 Kohlensäure- Überschuss. 0.244 0.545 0.486 0.526 0.663 Blattvolumen. 1.50 1.43 1.69 1.58 1.64 Tabelle IV. Versuche in Wasserstoif bei einer Temperatur von 16° C. im Dunkeln (in einem Keller), am 20. August 1872, von 91/4 bis 41/, Uhr. Volumvergrös- seining in CC. Gefundene Koh- lensäure in CC. Kohlen säure- Überschuss Blattvolumen. 1.605 1.454 1.792 2.050 2.533 2.001 1.993 2.069 2.377 2.994 0.398 0.549 0.277 0.327 0.461 1.37 1.48 1.53 1.64 1.58 Tabelle V. Versuche in Wasserstoif bei einer Temperatur von 6—7° C. im Keller unter Eiswasser, am 12. September 1872, von 91/3 bis 5 Uhr. Voliiravergrös- serung in CC. Gefundene Koh- lensäure inCC. Kphlensäure- Überschuss in CC. Blattvolumen in CC. 0.749 0.858 0.964 1.266 0.997 1.219 1.341 1.752 0.248 0.361 0.377 0.486 1.42 1.36 1.47 1.66 über die Resi)iration von Landpflanzen. 243 Das Gas des fünften Apparates dieser Versuchsreihe ging beim Einschmelzen in eine Glasr()hre verloren. Tabelle VI. Versuche in Wasserstoff, am 25, August 1871. Die Absorp- tionsröhren blieben nach der ersten Ablesung von 9 bis 1 1/^ Uhr bei einer Temperatur von 21-4" C. im verdunkelten Gaszinimer stehen und wurden dann bis 4y2Uhr dem Sonnenlichte exponirt. Die Temperatur stieg hier bis 29° C. Volumver- grösserung in CC. Im Dun- 1 An der kein 1 Sonne Gefundene Kohlensäure in CC. Gefundener .Säuerst oflF in CC. Überschuss in CC. Blattvolumen in CC. 0.758 0.790 l.OOo 1.043 1.247 0.279 0.144 t).172 0.114 0.1G4 0.101 0.210 0.264 0.236 0.302 1.120 0.938 1.067 1.147 1.481 0.184 0.214 0.156 0.226 0.372 1.56 1.21 1.54 1..39 1.54 Tabelle Vll. Versuche in Wasserstoff, am 4. — 5. September 1871. Die Absorptionsröhren blieben nach der ersten Ablesung bei einer Temperatur von 19—20° C. von 7 Uhr Abends bis 7 Uhr Früh im Gaszimmer und wurden dann unter Wasser, dessen Tempe- ratur bis 30" C. stiegj bis 4 Uhr insolirt. Volumver- grösserung in CC. Gefundene Kohlensäure in CC. Gefundener Sauerstoff in CC. Überschuss in CC. 1 Blattvolunien in CC. Im Dun- An der keln Sonne 1.104 0.169 0.402 1.201 0.310 1.53 1.869 0.143 0..521 1.869 0.378 1.37 2.341 0.307 0.652 2.646 0.650 1.22 2.253 1.186 2.661 1.368 0.590 1.37 1.806 2.733 4.833 — 0.294 1.46 2.452 1.9.30 5.088 — 0.706 1.56 2.640 3.091 6.139 — 9.428 1.25 2.806 2.183 5.362 — 0.373 1.19 2.935 3.921 7.553 — 0.697 1.37 3.022 2.275 5.862 — 0.565 1.33 Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LX.VII. Bd. I. Abth. 17 244 B 0 e h m. Tabelle VIII. Versuche in Wasserstoff, am 16. — 17. August 1872. Die Absorptionsröhren blieben nach der ersten Ablesung bei einer Temperatur von 18 — 20° C. von 6 Uhr Abends bis 9 Uhr Früh im Gaszimmer und wurden dann bei ziemlich ungetrübtem Himmel bis 4 3/^ Abends directe insolirt. Die Temperatur in der Röhre mit dem Thermometer stieg bis 31.7° C. Volumver- grösserung in CC. Im Dun- keln An der Sonne Gefundene Kohlensäure in CC. Gefundener Sauerstoff in CC. Überschuss inCC. Blattvolumen in CC. 1.753 1.391 1.639 1.743 1.825 2.086 2.158 2.351 2.417 2.449 1.252 1.593 1.442 1.054 2.086 1.252 1.423 1.146 1.064 1.652 2.591 3.355 3.734 3.192 4.534 4.143 4.083 4.055 4.103 4.577 0.885 0.471 0.371 0.673 0.395 0.628 0.805 0.502 0-558 0.622 0.476 1.53 1.35 1.38 1.52 1.29 1.73 1.26 1.42 1.37 1.53 Tabelle IX. Versuche in Wasserstoff im Dunkeln, am 10. und 11. August 1872 bei einer Temperatur von 19- betrug: -21° C. Die Volumzunahme von 8 1/2 Früh bis 61/2 Abends inCC. Bis 8Va Früh inCC. Bis 6Va Abends in CC. Bis 8Va Früh in CC. Summe in CC. Gefun- dene Koh- lensäure inCC. Blattvo- lumen 0.964 1.147 0.624 0.155 2.890 3.236 1 1.46 1.083 0.836 0.563 0.172 2.754 2.946 1.27 1.244 1.042 0.641 0.120 2.807 3,161 1.60 1.431 0.739 0.422 0.086 2.678 3.027 1.38 1.752 0.966 0.557 0.143 3.418 4.002 1.52 über die Respiration von Landpflanzen. 245 Tabelle X. Versuche in Wasserstoff im Dunkeln, ebenfalls am 10. u, 11. August 1872. Die Apparate wurden an beiden Tagen nach der jeweiligen Ablesung von einer schwarzen Tuchhülle bekleidet dem Sonnenlichte ausgesetzt. Das Temperaturmaximuni betrug liier am 10. August 31-4° C, am 11. August 29-7° C. Während der Nacht standen die Röhren in den Quecksilberwannen im Gaszimmer bei einer Temperatur zwischen 19 und 20° C. Die Volumvermehrung betrug: :3 « CO HÜ « 2.550 2.841 2.866 3.359 3.527 0.986 0.792 1.033 0.670 0.862 1.404 1.273 1.641 0.972 1.856 0.119 0.152 0.284 0.107 0.473 5.059 4.654 5.292 5.108 6.718 5.386 4.938 5.687 5.580 7.064 1.42 1.27 1.43 1.59 1.64 Tabelle XI. Versuche in atmosphärischer Luft im Sonnenlichte, am 13. August 1872. Die Temperatur stieg in der Röhre mit dem Thermometer während der 7stündi£:en Insolation auf 39.8° C. Ang-ewendete Luftmenge in CC. Procentgeluilt nach dem Versuche an Koh- lensäure an Sauer Stoff Summe von Kohlensäure und Sauer- stoff in Procenten Gefun- dene Koh- lensäure in CC. Blattvo- lumen in CC. 25.43 26.04 26.72 27.29 28.42 4.24 3.81 2.65 3.75 3.17 16.68 17.96 17.85 18.64 18.25 20.92 21.77 20.50 22.39 21.42 1.08 0.99 0.71 1.00 0.90 1.65 1.83 1.43 1.58* 1.76 * Das Blatt dieses Versuches zeigte nach der Exposition mehrere braune Flecken. 17* 246 B 0 e h m. Tabelle XK. Versuche in atmosphärischer Luft im Sonnenlichte unter Wasser, am 16. August 1872. Das Temperaturmaximum des Kühlwassers betrug während der TstUndigen Insolation 33,4° C- Angewendete Luftmenge in CC. Procentgehalt nach dem Versuche Summe von Kohlensäure und Sauer- stoff in Procenten Gefun- dene Koh- lensäure in CC. Blatt- volumen in CC. an Koh- lensäure an Sauer- stotf 27.26 29.43 33.28 35.72 40.74 0.90 0.00 0.69 0.65 0.52 19.65 29.81 20.20 20.05 19.95 20.55 20.81 20.89 20.70 20.36 0.25 0.00 0.23 0.23 0.21 1.44 1.68 1.53 1.57 1.32 Tabelle XIII. Versuche in atmosphärischer Luft im Sonnenlichte unter Wasser, am 6. September 1872. Die Temperatur des Kühlwas- sers stieg während der 6i/.,stUndigen Insolation auf 30.2° C. Angewendete Luftmenge in CC. Procentgehalt nach dem Versuche an Koh- lan Sauer- lensäure Stoff Summe von Kohlensäure und Sauer- stoff in Procenten Gefun- dene Koh- lensäure in CC. Blatt- volumen in CC. 19.16 23.22 24.38 26.25 28.41 0.19 0.00 0.58 u.oo 0.16 20.01 21.00 20.72 21.23 20.68 20-20 21.00 21.30 21.23 20.78 0.04 0.00 0.14 0.00 0.05 ! 1.40 1.35 1.54 1.62 1.25 über die Respiration von Landpflanzen. 247 Tabelle XIV. Versuche in atmosphärischer Luft in zerstreutem Lichte, am 19. Auf;ust 1872. Die Apparate wurden in der Mitte eines hellen Zinuners mit südlich gelegenen Fenstern aufgestellt. Die Temperatur betrug während der ß'/oStUndigen Exposition 22—23° C. Angewendete Lut'tmenge in CC. Procentgehalt nach dem Vcrsuclie an Koh- lensänre. an Sauer- stoft Siininie von Kohlensänre und Haucr- stoflt' in Procenten Gefun- dene Koh lensäure in CC. Bhitt- vohimen in CC. 24.83 25.76 28.04 26.59 30.70 1.20 0.94 0.62 0.86 0.51 20.86 20.98 21.27 20.05 20.86 22.06 21.92 21.89 20.91 21.37 0.30 0.49 0.17 0.23 0.16 1.37 1.26 1.73 1.43 1.42 Tabelle XV. Versuche in atmosphärischer Luft am Sonnenlichte unter Eiswasser, am 1. September 1872. Die Temperatur des Kühl- wassers variirte während der 6stündigen Insolation von 6—10° G. Angewendete Luftmenge inCC. Procentgehalt nach dem Versuche an Koh- lensäure an Sauer stotf .Summe von Kohlensäure und Sauer- stoff in Procenten Gefun- dene Koh lensäure in CC. Blatt- volumen in CC. 25.38 27.05 27.94 28.47 29.74 L13 0.96 1.94 1.63 1.24 19.54 20.05 19.63 19.27 19.75 20.67 21.01 21.57 20.90 20.99 0.29 0.26 0.54 0.46 0.37 1.43 1.61 1.68 L52 1.57 248 B 0 e h m. Tabelle XVI. Versuche in atmosphärischer Luft im Dunkeln^ am 26. Sep- tember 1871. Die Temperatur stieg in den unter einer schwarzen Tuchhülle insolirten Apparaten bis auf 32-5° C. Bei zwei Appa- raten (A) war nach Tstündiger Exposition noch etwas kSauerstoflf vorhanden, bei den 3 übrigen (B) war am Schlüsse des Versuches bereits aller Sauerstoff verschwunden und dem entsprechend auch eine Vergrösserung des Gasvolumens erfolgt. A. Angewendete Luftmenge in CC. Procentgehalt nach dem Versuche Summe von Kohlensäure und Sauer- stoff in Procenten Gefun- dene Koh- lensäure in CC. ßlatt- volumen in CC. an Koh- lensäure an Sauer- stoff 29.58 31.26 16.82 17.92 3.19 1.60 20.01 19.52 4.96 5.60 1.28 1.46 B. S. /lif/ricans von einem Straiiehe am lifer der Save l)ei Krain- Itiirii; abg-e.seljiiitteii. Die Blätter daran waren noch grün, die Knospen wenig geschwollen und am Kücken über dem l^olster grünlich, also noch nicht gereift; auch lösten sich die Blätter nicht leicht ab. Von den zw(»lf Zweigen (an denen ich die Blätter Hess) wurden vier in ein oftcnes cylindrisches Gefäss aus Glas (^2;JCni. hoch, (') Cm. weit), worin Wasser b Cm. hoch stand, g;etaucht ; vier andere kamen in ein zweites gleiches Gefäss mit gleich viel Wasser und die übrigen vier versetzte ich in ein drittes gleiches- mit eben so viel Wasser. Das hiezu verwendete Wasser war P)runnenwasser \ou kalkigem Grunde. Nun blieben die zwei ersteren Gefässe mit den darin ent- haltenen Versuchsobjecten zunächst 2 Wochen lang in einem ebenerdigen Zinmier bei 15°. Schon nach 10 Tagen hatte sich in dem einen Gefässe, da» wir mit Nr. 1 bezeichnen wollen, an dem eing;etauchten (unteren) Theile eines Zweiges eine Wurzel gezeigt. Sie erreichte in 5 Tagen eine Länge von 2 Cm,, wuchs aber von da an nicht weiter, und es zeigte sich mittlerweile auch nirgends sonst eine zweite Wurzel, obschon ich am 15. Oc tober das Gefäss hinter den geheizten Ofen gestellt hatte, an einen Ort, dessen Temperatur täglich zweimal zwischen IG upd 28° wechselte. Um die Zweige vor dem theilweisen Austrocknen zu schützen,, wurden dieselben voft oben her mehrere Male des Tages bespritzt. Ich unterliess auch nicht, um das Wasser möglichst gleich- massig auch in die obersten Theile der Zweige eintreten zu lassen, das Gefäss von Zeit zu Zeit zu schütteln, bis die Zweige gehörig nass waren. Übrigens hatte ich mich durch einen Neben- versuch überzeugt, dass auch ohne diese Behandlung in den obersten Theilen der Objecte, die 2 — 10 Cm. weit aus dem Gefässe hervortraten, Wasser in reichlicher Menge vorhanden war, indem schon bei gelindem Pressen mit den Fingern am Querschnitte des Zweiges Wassertröpfcheu erschienen. In der Folge prüfte ich die Versuchszweige öfter in dieser Weise, um die Menge ihres überschüssigen Wassers, welches für die Neu- bildungen in den vorliegenden Fällen unerlässlich zu sein scheint, beurtheilen zu können. 256 Krasan. Bis Ende October blieb das Gefäss Nr. 1 an der oben bezeichneten Stelle; allein es fand darin weder eine weitere Wurzelbildung, noch eineSchwellungoder Entfaltung der Knospen statt. Mit Anfang des Monates November brachte ich die Ver- suchsobjecte in ein Zimmer mit 12 — 15 ° Temp, und behielt sie darin bis 8. December; da sie indessen auch hier kein Lebens- zeichen von sich gaben, so machte ich von ihnen später keinen Gebrauch mehr. Das Gefäss Nr. 2 behielt ich von Mitte bis Ende October in demselben ebenerdigen Zimmer wie Nr. 1, jedoch fern vom Ofen, bei 15 — 17 ° . In dieser Zeit hatte sich zwar eine Knospe ausser- halb des Wassers geöffnet, entwickelte sich aber nicht weiter. Von Wurzeln waren nur hie und da schwache Anfänge zu bemerken, verschwanden aber bald wieder. Auch während des Monates November, als die Versuchspflanzen unter dem Einflüsse einer Temperatur von 12 — 15° neben Nr. 1 standen, konnte ich keine Neubildung wahrnehmen. Ein anderes Resultat ergab Nr. 3. Ich hatte das Gefäss gleich anfangs in ein Zimmer gebracht, worin die Temperatur während des Monates October auf 15 — 16° stand. Am 15. October erschienen mehrere Wurzelanlagen an den eingetauchten Theilen der Zweige. Sie entwickelten sich zwar langsam, aber stetig weiter, und am Ende des Monates hatte die älteste Wurzel 2-5 Cm. Länge. Im November war die Temperatur des Locales 12—15°. Am 7. November hatte 1 Zweig 6 Wurzeln, ein zweiter 3 und ein dritter 1 Wurzel (welche später 4 Cm. lang wurde). Aber nur beim ersteren Zweige kam es zur Entwicklung einer Knospe. Zu Anfang des Monates November bemerkte ich nämlich, dass sich eine der unscheinbarsten Knospen ganz unten nahe an der Schnittfläche des eingetauchten Zweigtheiles geöffnet hatte. Sie entfaltete sich allmälig weiter und bildete im Laufe des Novembers einen etwas etiolirten blassgrünen 4 Cm. langen Spross, welcher nur mit der Spitze aus dem Wasser hervorragte. Allein mit Ende November hörte sowohl bei der neugebildeten Sprosse, als auch bei den Wurzeln das Wachsen auf, und von da an gaben die Zweige kein Lebenszeichen mehr von sich. 2. Versuch. Am 31. October habe ich wieder 9 Zweige von S. nigr. von demselben Strauche abgeschnitten. Die Blätter Beiträge zur Koiintniss des Waclistlmuis der Pflanzen. 257 waren nun gelblich und lösten sich leicht vom Zweige ab; doch waren die Knospen noch nicht recht braun gefärbt. Während des Monates October war die Witterung im Ganzen mild gewesen, nur an zwei Tagen hatte sich am Morgen (spärlicher) Reif gezeigt. Fünf Zweige kamen in ein gleiches Gefäss mit ebensoviel Wasser wie oben; ich stellte sie in demselben ebenerdigen Locale nahe zum geheizten Ofen, wo bei täglich zweimaligem Heizen 3 Wochen lang eine Temperatur von 20 — 30° auf sie ein- wirkte. Schon nach 10 Tagen erschienen Wurzelanlagen an den eingetauchten Theilen der Zweige. Am 10. November bemerkte ich an 3 Zweigen 1—4 Mm, lange WUrzelchen, und am folgen- den Tage kam noch ein vierter Zweig mit Wurzelbildung dazu. Am 15. Novemb. zählte ich im Ganzen 12 Wurzeln, die auf 4 Zweige vertheilt waren. Der an Wurzeln reichste Zweig hatte bis zu diesem Tage 6, 1—3 Cm. lange Wurzeln entwickelt. Nun bemerkte ich (den 15. November) zugleich, dass 3 Blatt- knospen aufgesprungen waren, nämlich 2 an einem Zweige tief unter dem Niveau des Wassers und 1 an einem andern Zweige, 10 Cm. über dem Wasserspiegel. Beide Zweige hatten Wurzeln. Den 17. November zählte ich an allen 5 Zweigen bereits 17 Wur- zeln und 8 geöffnete Knospen, sämmtlich Blattknospen und, mit Ausnahme einer einzigen, im Wasser gelegen. Am 22. November rückte ich die Versuchspflanzen vom Ofen weg und behielt sie von da an bei 15 — 17°. Nun waren die Wurzeln und geöfiheten Knospen am 11. December folgender- massen auf die 5 Zweige vertheilt: Gesammt- Gesammt- Zahl der zahl der Längste länge der geöifneten Längen Zweig Knospen Wurzel Wurzeln Knospen der Triebe Nr. 1 42 4'/2 Cm. 30 Cm. 3 9, 6 u. 1 Cm. Nr. 2 29 5 Cm. 11 Cm. 1 21/3 Cm. Nr. 3 40 7 Cm. 30 Cm. 1 71/3 Cm. Nr. 4 33 41/2 Cm. 21 Cm. 2 6 und 4 Cm. Nr. 5 33 3 i/a Cm. 6 Cm. 2 G i/a und ly. Cm. 258 K ras an. Beim Zweig Nr. 2 war eine der Wurzeln am Grunde fiederig verästelt; Nr. 3 hatte sogar 3 fiederig verästelte Wurzeln. Die ersten 3 Wochen stand das Gefäss an einem halbdunkeln Orte, am 22. Nov. brachte ich es aber in die Nähe eines Fensters, durch welches von Nord her zerstreutes Licht in das Zimmer eintrat. Hier hatten sich jene 9 geöffneten Knospen zu den 1-5 bis 9 Cm. langen Trieben entwickelt. So weit diese ausserhalb des Wassers standen, waren sie nicht merklich etiolirt: die Blätter zeigten eine ganz regelmässige Serratur und waren mit Nebenblättern versehen. Hingegen hatten die ganz untergetauch- ten Triebe ein völlig abnormes Aussehen, indem die Internodien übermässig verlängert waren, während die Blätter ganz klein und schuppenförmig (ohne Serratur) blieben. Merkwürdigerweise hatte sich seit dem 20. Nov. keine Knospe mehr geöffnet. So standen z. B. am Zweig Nr. 3 nicht weniger als 7 Knospen unterhalb des wachsenden Triebes über dem Wasser, ohne dass ein Fortschritt an denselben zu bemerken gewesen wäre. Die Wechselwirkung also, welche zwischen den Wurzeln und dem wachsenden Triebe bestand, Hess die zwischen- liegenden Knospen unberührt. Vier andere Zweige hielt ich aber von Anfang (31. Oct.) an in einem anderen Zimmer bei 11 — 13°. Allein erst am 1. December begann 1 Zweig eine Wurzel zu treiben, welche in 7 Tagen 4 Cm. lang wurde, und 8 Tage später entwickelte ein anderer Zweig 2 Wurzeln, die sich ebenfalls ziemlich rasch verlängerten. Am 27, December hatte der eine Zweig 6 Wurzeln, ein zweiter hatte 1, ein dritter auch nur 1 und der vierte hatte noch gar nicht getrieben. Die längste Wurzel mass 9 Cm. und war am Grunde fiederästig, Demungeachtet war bis zu diesem Tage noch keine Knospe aufgesprungen und hatten sich weder an den eingetauchten noch an den übrigen Theilen der Zweige Adventivknospen gebildet, 3. Versuch, Am G. November wurden mehrere Zweige derselben SalLv-Ari in ein geräumiges Glasgefäss gebracht, mit Wasser gut befeuchtet und mit einem Deckel, welcher in der Mitte ein Bohrloch hatte, bedeckt. Das Ganze blieb in einem Locale zu ebener Erde bei 15 — 18°, Zur Verhütung des Schimmels lüftete ich das Gefäss täglich ein- oder zweimal. Am Boden und Beiträge zur Kcnutniss des Wachsthiims der Ffl.iiizcii. 259 an der Innenwand blieben einige Tropfen Wasser, die ich zur besseren Befeuchtung der Luft im Gefässe beibehielt. Zu jeder Zeit war darin die Luft mit Dünsten gesättiget und die Zweige gaben am Querschnitt an den Enden bei gelindem Drucke mit den Fingern W'assertropfen von sich. Ich konnte daraus ent- nehmen, dass sie zur Genüge mit Überschüssigem Wasser impräg- nirt waren; allein dennoch habe ich bis zum 18. November kein Lebenszeichen an ihnen wahrgenommen. Etliche andere Zweige stellte ich nahe zum Ofen, an eine Stelle, deren Temperatur täglich zweimal zwischen 16 und 28" wechselte. Das Gefäss, in dem sie eingeschlossen waren, hatte dieselbe Grösse und Form wie oben, und war auch in gleicher Weise mit einem in der Mitte durchbohrten Glasdeckel bedeckt. Um aber das Austrocknen der Versuchszweige möglichst zu ver- hindern, wurde ein mit Wasser getränkter Badeschwanmi in der Mitte befestiget. Hierdurch wurde bewirkt, dass der Raum im Gefässe zu jeder Zeit mit Dünsten gesättiget war und die Zweige überschüssiges, durch Druck leicht nachweisbares Wasser enthielten. Am 16. November, also nach 10 Tagen, bemerkte ich unten nahe am Boden an einem Zweige die Anlagen dreier Wurzeln. Dieselben entwickelten sich wirklich in zwei Tagen zu 2 — 10 Mm. langen Würzelchen; doch welkten diese bald ab und an ihrer Stelle erschienen keine Wurzeln mehr. Bis zum 21. November ergaben weder die einen noch die anderen Versuchszweige ein weiteres positives Resultat, und da der Schimmel an denselben trotz sorgsamer Lüftung nicht mehr fern zu halteii war, so mussten die weiteren Versuche mit diesem Objecten eingestellt werden. 4. Versuch. Den 18. November nahm ich 6 Zweige vou? SalLv Purpuren und o Zweige von S. nigricans, die ich frisch von je einem Strauche an der Save nächst Krainburg abgeschnit- ten hatte, und tauchte sie in einem 40 Cm. hohen cylindrischen Glase mit dem unteren Ende 5 Cm. tief ins Wasser.. In ein anderes Glas von nahezu gleichem Volumen (und fast gleicher Höhe) brachte ich aber 5 Zweige von S. purpurea und 4 von S. nigricans. Beide Gefässe hielt ich zunächst 10 Tage lang bei 15 — 16° , dann aber vom 28. Nov. an nahe beim Ofen, der täglich einmal geheizt wurde, bei 16 — 28°. Von Zeit zu Zeit Sizb. d. mathem.-naturw. Cl. LXVII. Bd. I. Abth. 1^ 260 K r a s a n. wurden die Versuchszweige theils durch Umschütteln des Wassers, theils durch Bespritzung von oben bis zur Spitze nass gemacht. Aber erst den 2. December habe ich eine beginnende Wurzel- bildung in dem einen Gefässe, und zwar an S. purpurea wahr- genommen. Am folgenden Tage waren an 2 Versuchszweigen kleine Würzelchen an den eingetauchten Theilen bemerkt und fast gleichzeitig traten etliche Wurzeln 2 — 3 Cm. über dem Wasser hervor und öffneten sich mitten zwischen den Wurzeln an dem einen Zweige 2, an dem anderen 3 Blattknospen, welche in 3 Tagen zu 1—3 Cm. langen etiolirten Keimen auswuchsen. Am 12. December hatten 5 Zweige von S. purpurea theils mehr theils weniger entwickelte Wurzeln; allein seit dem 3. De- cember hatte sich keine Knospe mehr an den Zweigen dieser Weidenart geöffnet. Vom 5. Decemb. an hielt ich dieses Gefäss nicht mehr beim Ofen, sondern stellte es in die Mitte des Zimmers, so dass nur mehr eine Temperatur von 16 — 17° auf die Pflanzen einwirkte. Demungeachtet brachen an dem einen Zweige von iS. nigricans vom 9 — 10. Decemb. 3 Knospen auf, von denen jedoch keine ein BiUthenkätzchen enthielt. Diese Knospen standen mehrere Centimeter über dem Wasser, und der Zweig hatte noch keine Wurzel getrieben, am 12.Dec. war noch keine Spur einer Wurzel- bildung zu bemerken. In dem anderen Gefässe hatte ich die Versuchszweige mit der Spitze ins Wasser getaucht. In dieser Lage blieben sie 10 Tage, ohne dass sie ein Lebenszeichen von sich gegeben hätten. Dann aber (gegen Ende November) brachte ich sie wieder in ihre natürliche Lage, indem ich sie umkehrte und mit dem dickeren Ende 5 Cm. tief ins Wasser tauchte. Auch in dieser Lage trieben die Zweige nicht, aber ich bemerkte bereits am T.Dec, dass zwei Blüthenknospen ihre Schuppenhülle abgeworfen hatten, wodurch die noch kleineu BiUthenkätzchen frei hervor- traten. Dieselben wurden in den nächsten 4 Tagen merklich grösser; es spreizten sich die an der Spitze röthlich gefärbten Schuppen auseinander, aber die Staubgefässe wurden zwischen hindurch noch nicht sichtbar und die Kätzchen blieben mehrere Tage auf dieser niedrigen Stufe der Entwicklung stehen. Beiträf^»' zur KcniUiiiss des W;ioli.stliiiiiis der Pflanzen. 261 Sdiist hatten weder die übrigen 4 Zweij^e \on .V. jmvpureu, noch jene 4 von S.n'ujt'iatns bisher ein positives Resultat ergeben. Üenuoch behielt ich diese Versuchszweige uocli bis Ende des Monates Üecember bei. (Jegen die Mitte dieses Monates bemerkte ich an dem erwähnten l>lütlienkätzchen eine langsame Streckung und am 22. December traten am {gründe desselben etliche Staubgefässe auf ein Mal hervor, indem sicli die Staubfäden plötzlich verlän- gerten. Aber die Anthereu waren, obsclion regelmässig geformt, doch viel kleiner als unter normalen Verhältnissen. Fast gleich- zeitig erschienen Wurzeln an den eingetauchten Theilen der Zweige. Sonst hatten sich noch 2 andere Blüthenknospcn von S. piivpurea l)is zur Entfaltung der Staubgefässe und J^erstung der Antheren weiter entwickelt. Bei iS'. nigricans trat nur ein Blüthen- kätzchen aus der Schuppenhülle hervor, entwickelte sich aber vom 20. bis Ende December nicht weiter. Von Blattknospen hatte sich keine entfaltet; ebensowenig konnte ich etwas von adven- tiver Sprossenbildung wahrnehmen. 5. Versuch. Am 13. December braclite ich 6 Zweige von S. nigricans, die im Ganzen 174 Knospen trugen, in ein Gefäss mit Wasser, wie oben, indem ich sie mit dem unteren Ende G Cm. tief ins Wasser tauchte. Dazu wurden auch 2 Zweige von S- incana genommen. In ein zweites Gefäss stellte ich in gleicher Weise 5 Zweige von S. nigricans, an denen ich 106 Knospen gezählt hatte, mit 3 Zweigen von S. incana. Nun hielt ich das erstere Gefäss mit den Versuchszweigen liO Tage laiig {\om 13. December bis 2. Jänner) neben dem Ofen an einer Stelle, deren Temperatur täglich zwischen 19° und 30° schwankte. Das andere Gefäss blieb aber während dieser Zeit nahe beim Fenster, wo die Temperatur 14 — 16° betrug. Am 25. December sah ich die ersten Knospen an der Spitze der Zweige von S. incana im ersten Gefässe geöffnet; dieselben standen mehrere Centimeter über dem Rande des Gefässes und mehr als 12 Centimeter über dem Niveau des Wassers. Si)äter barsten noch etliche Knospen, theils nahe am Niveau, theils weit über dem Niveau des Wassers, obsclion ich die Zweige von Beginn an weder durch Schütteln des Wassers, noch durch Bespritzen an ihren oberen Theilen nass gemacht hatte. Schon 1«* 262 K r a s a n. am 25. December wurden an den Zweigen von S. incaiia Wurzel- anlagen bemerkbar. Von S. nigricans barst die erste Knospe (es war eine Blüthenknospe) den 28. December , bevor Wurzelanlagen merkbar wurden. Am 30. Dec. kamen auch noch ein paar jBlattknospen dazu, alle nicht hoch über dem Niveau des Wassers. Am 2. Jänner hatten die Zweige von S. 7iigr. im Ganzen 8 geöffnete Knospen, wovon nur 3 Blüthenknospen (Kätzchen) waren. Zugleich bemerkte man an den eingetauchten Theilen einzelne noch sehr kleine Wurzeln. Hingegen fand ich bei S. incana am 2. Jänner bereits 20 geöffnete Knospen und lange fiederästige Wurzeln an den unteren Theilen der Zweige. Mithin hatten sich bis zum 2. Jänner bei .S. nigric. kaum. 4y2, bei S. incana jedoch 23 Percent aller Knospen geöffnet. Alle waren noch wenig entwickelt, die wenig hervorgetretenen jungen Blätter bleich und abnorm. Von den 8 Zweigen im zweiten Gefässe zeigte nur 1, und zwar von S. incana, den 2. Jänner 4 halbgeöffnete Knospen S. nigi'icans hatte bis zu diesem Tage noch kein Lebenszeichen von sich gegeben. Erst am 7. Jänner fand ich 2 geöffnete Knospen unter dem Niveau des Wassers, und zwar an einem und demselben Zweige, während gleichzeitig eine Wurzel hervortrat, die bis 12. Jänner 4 Cm. lang wurde. Im Übrigen hatte S. nigr. bis zu diesem Tage keinen weiteren Fortschritt gemacht, und auch die wenigen kaum aufgesprungenen Knospen von S. incana , sind seit dem 7. Jänner in ihrer weiteren Entfaltung stehen geblieben. Ein anderes Resultat ergaben die in dem anderen Gefässe bei 19 — 30° (bei täglich 2maligem Temperaturwechsel) gehal- tenen Zweige. Von den 174 Knospen i der S. nigr. hatten nämlich allerdings bis 7. Jänner nur 10 getrieben, und wenn wir noch 5 theils vollständig, theils unvollständig aus der Knospenhülle hervorgetretene ßlüthenkätzchen hinzuzählen, so haben wir im Ganzen 15, d. i. ^^/.^ Percent geöffnete Knospen. 1 Darunter waren 35 Blüthenknospen. Beiträge zur Kenntniss dos Wachsthums der Pflanzon. 263 Allein die aus denBlattknospen hervorgegangenen Neubildungen verlängerten sich rasch zu 2 bis H) Cm. langen etiolirten Sprossen, während die älteren 2 Blüthenkätzchen noch wenig entwickelt schnell abwelkten und 3 jüngere nicht ganz ihre .Schuppenhülle verliessen. Seit dem 7. Jänner barst keine neue Knospe mehr. Die Zweige hatten nun ein sehr entwickeltes Wurzelgeflecht, Bemerkenswerth ist der Umstand, dass von den 10 Sprossen kein einziger aus einer Adventivknospe entstand, alle hatten sich aus wirklichen Blattknospen theils nahe am Niveau, theils hoch über dem Niveau des Wassers (eine sogar 12 Cm. über dem Rande des Gelasses) entAvickelt. Am 12. Jänner betrachtete ich, da sich keine Knospe mehr öffnete, und der weitere Entwicklungsgang der Wurzeln und Sprossen aus dem Obigen beurtheilen lässt, den Versuch als abgeschlossen. Was S. incana anbelangt, so ist zu bemerken, dass die wenigen Sprosse, die sich ebenfalls aus echten Blattknospen entwickelt hatten, verhältnissmässig geringere Dimensionen annahmen, als jene an den Zweigen von S. tiigricans , und auf einer viel niedrigeren Entwicklungsstufe zurUckblieben. 6. Versuch. Am 5. Jänner brachte ich einen Zweig von S. nigric. mit 94 Knospen (alle Blattknospen) und einen zweiten mit 19 Knospen (darunter 6 Blüthenknospen) in ein flaschenförmiges Glasgefäss mit engem Halse, worin sich etwas Wasser (2 Cm. hoch) befand. Ich stellte das Ganze nahe zum Ofen, so dass, indem zweimal des Tages geheizt wurde, die Versuchspflanzen täglich der Temperatur zwischen 19° und 30° ausgesetzt waren. Eine weitere Befeuchtung der Zweige durch Bespritzen von oben oder Schütteln des Wassers im Gefässe schien mir nicht nöthig, da sich das Wasser als Thau von selbst an denselben niederschlug. Dass das Gefäss bei diesem, sowie bei allen ähnlichen Versuchen offen gehalten wurde, brauchen wir kaum näher zu erwähnen. Nach 0 Tagen (am 11. Jänner) öffnete sich am Morgen die erste Knospe am Zweige Nr. 1 und bald darauf fand ich eine zweite offene Knospe an demselben Zweige ; den fol- genden Tag sprangen noch 3 andere Knospen auf, alle nicht weit über dem Niveau des Wassers. Auch traten am 12. Jänner 264 K r a s a n. 2 Adventivknospen auf, die sich zu ganz kleinen Sprosseit entwickelten. Am 13. jenes Monates sprengte keine weitere Knospe ihre .Schuppenhülle, auch am 14. und 15. nicht, allein aus den bereits aufgesprungenen entwickelten sich ziemlich rasch reich beblätterte Sprosse, die indessen sehr blass waren, obschon sie an einer nicht ganz dunkeln Stelle des Zimmers standen. Die erste Wurzel bildete sich an diesem Zweige den 14. Jänner. Am Zweige Nr. 2 öffneten sich den 13. Jänner die erstea 3 Blattknospen, und den folgenden Tag die erste Blüthenknospe.^ An einem Zweig von S. piirpiiren mit zahlreichen Blatt- und Blüthenknospen , den ich gleichzeitig mit den obigen in dasselbe (Jefäss geschoben hatte, zeigte sich die erste Wurzel am 9. Jänner, also schon nach 4 Tagen, und zwei hlüthen- kätzchen streuten am 12. bereits den Blüthenstaub aus; die hatten sich ganz normal entwickelt, obgleich sie, als ich sie ein- brachte, kaum ihre Hülle abgeworfen hatten. Neben das oben erwähnte Gefäss hatte ich gleichzeitig auch ein enges cylindrisches (0-4 Meter hohes) mit etlichen Zweigen von S. purp, und zwei Zweigen von S. nigric. an denselben Ort hingestellt. Da die Mündung des Gefässes eine ziemlich weite (4 Cm.) war, so schlug sich kein Thau an den Zweigen nieder, und diese waren daher an der Oberfläche über dem Niveau des Wassers trocken, jedoch ganz in der Eöhre des Gefässes eingeschlossen. In diesem Falle fand der Aufbruch der ersten Blattknospe und der ersten 3 Blüthenknospen an dem einen Zweige von S. nigr. und die völlige Entfaltung der ersten 2 Blüthenkätzchen an den Zweigen von S. purp, am 14. Jän- ner statt. Um auch das Verhalten der Zweige gegen niedrigere Tem- peraturgrade verfolgen zu können, brachte ich etliche Triebe von S. nigricmis und S. purpiirea in ein cylindrisches und etliche (3) von S. nigric. in ein flaschenförmiges Gefäss mit engem Halse. Beide Behälter wurden nahe zum Fenster hin- gestellt und die ganze Zeit hindurch (vom 5. Jänner an) einer Temperatur von 14 — 16° ausgesetzt. Am 16. Jänner, also nach 11 Tagen, waren die ersten 3 Knospen (Blattknospen) von S. nigr. im flaschenförmigen Gefässe aufgebrochen und gleichzeitig Beiträge zur Keniitniss des Wachsthuras der Pflanzen. 265 ötfnetcn sieh aucli 2 Ulattkiiospcn derselben Pflanze im anderen Gc- fässc. Alle 5 Knospen standen ziendieli hoeli über dem Niveau des Wassers. Am 20. Jänner zählte ich im flaschenförmigen Gefässe an einem Zweige mit 40 Knospen erst 6, an einem zweiten mit 7ö Knospen nur 1, und an einem dritten mit 12 gar keine aufge- broehene Knospe. Wurzeln waren an keinem Zweige zu sehen. Im cylindrischen Behälter hatte ein Zweig von S. uiyr., an dem die Zald aller Knospen 1?» betrug, bis zu diesem Tage do(di nur eine Jihittknospe geöfinct und von den zahlreichen I>liithen- knospen war auch nur eine aufgesprungen, von den 58 Knospen eines zweiten (worunter viele Blüthenknospen) hatten sich 9 Blatt- knospen, von den 40 Knospen eines dritten gar keine und von den 27 Knospen (darunter ebenfalls zahlreiche Blüthenknospen eines vierten Zweiges) auch keine geöffnet. Ebensowenig hatten es die Zweige zur Bildung von Wurzeln gebracht. Allein die wenigen Zweige von S. purpurea (in demselben Gefässe) hatten den grössten Theil ihrer Blütlienkätzchen zwar langsam, aber stetig weiter entwickelt, so dass am 20. Jänner die Kätzchenschuppen bereits deutlich zu unterscheiden waren, während an den eingetauch- ten Theilen der Zweige zahlreiche (kleine) Wurzeln hervor- traten. Die Blüthenknospen schienen indessen keinen Fortschritt machen zu wollen. Die beiden ersten Gefässe, welche bis 16. Jänner einer Temperatur von 19 — 30° exponirt gewesen waren, entfernte ich nun vom Ofen und behielt sie vom 16. jenes Monates an am Fenster bei 14 — 16°. Allein nur in dem cylindrischen Gefässe fand unter diesen Verhältnissen ein weiteres Austreiben der Zweige statt, so dass von den 54 Knospen von S. nigr. bis zum 20. Jänner 22 aufgesprungen waren (darunter 3 Blüthen- kätzchen), während von den 60 Knospen (darunter 26 Blüthen- knospen) von S. purp, bis zu dem genannten Tage 17 geöffnet waren (darunter nur 1 Blattknospe). Von den 16 Blüthenkätz- chen, welche ihre Schappenhüllc abgeworfen hatten, waren jedoch nur etliche bis zur Entfaltung der Staubgefässe entwickelt. An den Zweigen im flaschenförmigen Gefässe hatte vom 16. Jänner an ein kaum merklicher Fortschritt stattgefunden. Die wenigen Sprosse, die sich übrigens durch grosse Blattspreiten bemerkbar machten, blieben auch in dieser neuen Lage unter 2G6 Krasan. dem Einflüsse eines intensiveren Lichtes blass und missfarbig Überhaupt waren alle Neubildungen (die Blüthenkätzchen von S. purp, ausgenommen) sowohl bei S. tiigric. als auch bei S. purp, und S. incana, ob ich die Zweige bei höherer oder niedrigerer Temperatur, im Dunkel oder am Fenster bei ditfusem Tageslichte treiben Hessen, stets blass und mehr oder weniger etiolirt, aber bei höheren Temperaturen mehr als bei niedrigeren. Lässt man indessen die Zweige, nachdem sie bei 20 — 30° einige etiolirte Sprosse getrieben haben, bei 10—20° forttreiben, so entwickeln sie, in diffusem Lichte, entweder wieder nur etiolirte Sprosse, oder es kommen nach längerer Zeit auch grün gefärbte und normal entwickelte zum Vorschein, — allein die etiolirt und missfarbig gewordenen habe ich unter keiner Bedin- gung später wieder grün werden gesehen. 7. Versuch. Dieser ist gleichfalls nur eine Wiederholung der vorhergehenden. Hiezu wurden am 2. Februar (ebenfalls von demselben Strauche) abgeschnittene Zweige von S. nigr. benützt, wovon in gleichen Behältern wie im vorigen Versuche die eine Hälfte vor den geheizten Ofen, die andere aufs Fenster dessel- ben Locales gestellt wurde. Das Austreiben begann bei 20 — 30° (vor dem Ofen) in 3, bei 13 — 16° (am Fenster in diffusem Lichte) in G Tagen; aber weitaus der grösste Theil der Knospen blieb beiderseits immer geschlossen. In den Jahren 1870 und 1871 konnte ich an den Zweigen von S. uigr., die ich Anfangs Februar eingebracht und demselben Versuche unterworfen hatte , alle Knospen zur Entfaltung bringen, indem ich eine Temperatur von 10 — 15° auf sie einwirken Hess. Anmerkung. Die milde Witterung hielt bis 3. Februar an, nun aber kamen einige bedeutendere Fröste, und gegen die Mitte des Monates stellten sich, nachdem reichlicher Schnee gefallen war, Kälten, wie sie in mittelmässigen Wintern in Oberkrain vorherrschen, mit 9 bis— 13° (am Morgen), durch etliche Tage ein. Gegen Ende des Monates trat aber fast plötzlich wieder warmes (lau-feuchtes; Wetter ein ; Anfangs März verschwand der Schnee von der Ebene und entwickelte sich die Flora des Vorfrühlings fllepatica, Crocus, Hußattich u. a.J bei dem anhaltend günstigen Wetter mit beschleu- nigtem Schritte. Beiträge zur Keiintniss des Waolistliiiins der PHanzen. 2<)7 Aus diesen und den früheren (1870—1871) Versuchen kann man deutlich ersehen, dass es bei der Feststellung der Gesetze, nach welchen das Austreiben der Zweige von Holzpflanzen im Winter erfolgt, zunächst auf zwei gleich wesentliche Factoren ankommt ; es sind dies die Beziehungen des Wassers und der Temperatur zu den Bildungsstoffen in den Knospen und Phloemschichten der Zweige. Werden aber die Versuchsobjccte, wie es hier geschehen ist, direct ins Wasser gestellt, so bewirkt das Eindringen dieses letzteren durch die Schnittfläche einen anderen hydrostatischen Druck und somit auch eine andere Spannung und Durchtränkung der Gewebe als die Aufnahme desselben auf dem gewöhn- lichen Wege durch die Wurzeln unter normalen Verhältnissen. Im ersteren Falle ist es ohne umständliche Nebenversuche fast unmöglich, das Eindringen des Wassers derart zu reguliren, dass einerseits kein schädlicher Überfluss, andererseits kein Mangel daran in einem oder dem anderen Theile des Zweiges eintritt. Jedenfalls wird es nur bedingungsweise gestattet sein, die Folgerungen aus den vorliegenden Versuchen auf die im Freien wachsenden Pflanzen zu übertragen. Im Herbste während und unmittelbar nach der Entlaubung sind die Bildungsstoffe in den Zweigen noch theilweise flüssig und die bereits fest gewordenen Partien jedenfalls leicht im Wasser löslich. Lässt man jene z. B. einige Tage bei 1-0—30° in einem Behälter mit etwas Wasser stehen, so bildet sich in dem letzteren ein wolkiger Niederschlag, während sich die eingetauclrten Enden der Zweige mit reichlichem Schleime umgeben. Bei niedrigeren Temperaturen (10 — 20°) diffundiren die Bildungsstoife langsamer. Sehr schnell geht die Diffusion vor sich, wenn man die Zweige in einem Behälter mit enger Ofliiung einschliesst und einer wechselnden Temperatui von 20 — 30° aussetzt, indem sich die Wasserdünste an den (aus dem Wasser) hervorstehenden Theilen der Zweige in reichlicher Menge niederschlagen, wodurch diese in ihrer ganzen Aus- dehnung durchnässt werden. Während dieser Periode, so lange sich nämlich dieBildungs- stofiFe in löslichem Zustande befinden, gelingt es nur unter gewissen sehr günstigen Bedingungen, die Zweige zum Austreiben 268 K r a s :i n. ZU bringen, z. B. wenn sie in ein cylindrisches offenes Gefäss gebracht und mit ihrem unteren Ende in 3 — 5 Cm. hoch stehendes Wasser getaucht werden; jedoch muss das Gefäss für eine bestimmte Anzahl Zweige einen bestimmten Durclnnesser haben. Die Zweige können 7 — 12 Cm. aus dem Wasser, dürfen aber nicht zu weit über den Rand des Gefässes herausragen. Getränkter Schwamm statt Wasser erzeugt Schimmel in einem allzu geschlossenen Behälter, in einem offenen gibt er wegen zu leichter Verflüchtigung der Dünste zu wenig Wasser an die Zweige ab. Auch in engen cylindrischen Behältern überziehen sich die Versuchsobjecte leicht mit Schimmel. Nimmt man auf mehrere Zweige nur wenige Gramm Wasser, so werden die extrahirten schleimigen und eiweissartigen Substanzen leicht faulig, nimmt man viel davon, so werden die Bildungsstoffe den Zweigen durch beschleunigte Diffusion viel zu schnell entzogen. Allein auch im günstigsten Falle wird man von vielen hundert wirklichen Knospen nur eine oder zwei zur Entwicklung bringen. Viel leichter wird hie und da eine Adventivknospe (an dem älteren zweijährigen Theile des Zweiges) im Wasser hervortreten und sich an einer Stelle ein Spross entwickeln, wo man ihn am wenigsten erwartet hätte. Schon vor dem Bersten der Knospe sind an dem einge- tauchten Theile des Zweiges 1 oder mehrere Wurzeln erschienen, die sich rasch weiter entwickeln und bei 20 — 30° in wenigen Wochen ein dichtes Geflecht bilden. Mit der weiteren Entwick- lung und Verästelung des Wurzelsystems halten die wenigen, meist an den untersten Theilen der Zweige hervorgetretenen Sprosse ziemlich gleichen Schritt ; sie entfalten sich bisweilen zu spannenlangen (missfarbigen, gelblichen oder gelblich-grünen) Trieben, welche insbesondere im Wasser sehr etiolirt sind. Tritt aber ein solcher Spross über dem Wasser hervor, so ent- wickelt er sich, wenn man ihn einer massigeren Temperatur (10—20°) aussetzt, bis auf die etwas blasse Farbe fast ganz normal. Das Optimum der anregenden Temperaturen liegt nicht unter 2r)° ; allein derjenige Tem])eraturgrad, bei welchem sich die Knospen am frühesten öffnen und der Spross am schnellsten PxMfräii'O zur Kciiiitniss des 'W'.'iclisthuin.s der PfljiiiziMi. 1?()9 in die Läiii^e streckt, wohl zwischen 25 und o()°, ist den ini laichte functionirenden Neiibihln-.ig-en freradezii sclüidlicii (we- nigstens unter den Bedingungen der ol)igen Versuche), indem diese dabei etioliren, wäln-end bei Temperaturen zwischen 10 und 15° die Sprosse ein gedrungenes, grünes und durchaus gesundes Aussehen bekommen. Bei 20 — 30° treten die ersten Wurzeln im günstigsten Falle in 10 Tagen, die ersten Sprosse in 13 — 15 Tagen hervor. Bei 10 — 20° erfolgen diese Neubildungen mehrere Tage später, und es kommt in diesem Falle, nämlich bei Anwendung der Tempe- raturen zwischen 10 und 20°, am häutigsten vor, dass sich an den Zweigen weder Wurzeln noch Sprosse entwickeln. Nach und nach erfahren aber die Bildungsstotfe unter dem Einflüsse niedriger Temperaturgrade eine für die folgenden Lebensvorgänge sehr wesentliche M e t a ni o r p h o s e und erhalten, nachdem sie im Laufe des Sj)ätherbstes ganz fest geworden sind, allmälig die Fähigkeit, der auflösenden Wirkung des Was- sers zu widerstehen. In diesem letzteren Zustande besitzen sie bereits einen höheren Grad der Organisation (vielleicht richtiger : Zusammensetzung). Ich konnte im Allgemeinen nach den Jahreszeiten drei wesentliche Zustände der Bildungsstoffc unterscheiden: 1. die- selben sind während des Wachsthums im Frühjahr und Sommer flüssig oder halbflüssig; 2. nachdem Laubfalle im Herbste bis zum Eintritt der Fröste mehr oder weniger fest, aber im Wasser leicht löslich und darin allmälig gerinnend; 3. während des Winters fest und bei massigen Temperaturen im Wasser wenig oder gar nicht löslich. ' Ist ein Theil des Winters vorüber, dann erst entwickeln sich aus den nun umgewandelten Bildungsstoffen auch echte Knospen- triebe, in der Weise wie dieses unter gewöhnlichen Verhältnissen im Freien im Frühjahre geschieht. Nun brechen nämlich auch 1 Diese Nichtlüsliclikeit kann man ginvisscrmassen als eine Folge der bereits vollzogenen Umwandlung der ursprünglich formlosen Bildungs- stoffe in organisirte Substanzen und Elementartheile betrachten, da mitten im Winter, auch wenn dieser streng ist, die Knospen anschwellen. Die Pflanze (S. nigr.J vollbringt den ersten Theil ihrer neuen Arbeit bei Tem- peraturen, welche nicht liölior sind als +4 oder -hö°. 270 K r a s a n. echte Knospen an den eingebrachten Zweig-en auf, und zwar nicht blos an den eingetaucliten, sondern auch an den weit über dem Wasser stehenden Theilen derselben, manche sogar an den Spitzen der Zweige, auch wenn diese über den Rand des Behälters ragen. Gegen Ende des Winters findet ein allgemeines und fast gleichzeitiges Oifnen der Knospen statt, bei Temperaturen von 25—30° früher als bei 20—25% und bei 20—25° beträchtlich früher als bei 15°. Im Jänner eingebrachte Zweige öffnen die ersten echten Knospen bei 20 — 30° in 6 — 7 Tagen; allein die Wurzeln brau- ehen immer noch 9 — 10 Tage, bis sie in ihren ersten Anlagen sichtbar werden, und bei niedrigeren Temperaturen noch viel mehr. Die Entwicklung der Knospentriebe geht also in ihrem frühesten Stadium ohne Mithülfe der Wurzeln, blos auf Kosten der metamorphosirten Bildungsstoflfe vor sich. Je mehr Wintertage bereits verflossen sind, desto mehr echte Knospen entfalten sich, und desto weniger Tage nehmen sie bis zur Sprengung ihrer Hülle in Anspruch. Bei Temperaturen von 20—30° öffnen sich die ersten Knospen zwar früher als bei massigeren Temperaturen (10 — 20°), jedoch bleibt im letzteren Falle in der Regel keine geschlossen, während im ersteren Falle manche ungeöffnet bleibt. Nach den Ergebnissen der Versuche in den beiden Wintern 1870 — 71 und 1872—73 kann man aber mit Recht vermuthen, dass nicht nur die niedrigsten positiven Temperaturen, sondern auch wirkliche Kältegrade, mit jener Metamorphose der Bil- dungsstoffe während des Winters in ursächlichem Zusammen- hange stehen. Der Winter 1870 — 71 war sehr streng. Mit Anfang des Decembers fiel in Oberkrain reichlicher Schnee, welcher in den Niederungen bis April liegen blieb. Während der Monate December, Jänner und Februar war die Temperatur in den günstigsten Fällen nicht über -f- G" gestiegen. Der Boden war hoch mit Schnee bedeckt, und die Salix-Sträucher an der Save hatten bis Ende December bereits viele sehr rauhe Fröste überstanden. Allein dennoch belaubten sich Zweige von S. nigric, welche ich Anfangs Jänner dem Versuche in obiger Weise unterworfen Beiträg'e zur Kcnntuiss des Wiicli.stliums der l'tianzcii. -71 hatte, bei 15 — 22° sclioii in einer Woche, wobei sich die meisten Knospen geöffnet und zu schön grünen Sprossen und BlUthen- kät/chen weiter entfaltet hatten. Der eben vertiossene Winter ist bis Ende Jänner in seltenem Grade mild gewesen. Es sind während dieser Periode nur in der zweiten Hälfte des Decembers und gegen die Mitte des Jänners einige Fröste (Minimum in Krainburg — (5°) eingetreten, die jedoch den meisten Ackerunkräutern weiter zu blühen gestatteten ; den ganzen Winter hindurch (bis zum Schneefall Anfangs Febr.) konnte man Primula acauUs und Gentiana xierna, wenn auch mehr einzeln und zerstreut, in Hlüthe sehen, und in den ersten Tagen des Jänners schon waren Erlen und Haselnuss-Sträucher mit zahlreichen stäubenden Blüthenkätzchen anzutreffen. Doch die Anfangs Jänner dem obigen Versuche bei ver- schiedenen Temperaturen unterzogenen Zweige ergaben ein ganz, unerwartetes Resultat : es brach nur eine sehr geringe Zahl von Knospen auf; aber selbst diese wenigen Knospen nahmen, für gleiche Temperaturen, nicht weniger Tage bis zu ihrer Entfal- tung in Anspruch als jene im Jänner des Jahres 187J. Überdies entwickelten sich aus denselben nur verkümmerte, etiolirte und missfarbige Sprosse, ob ich nun die Zweige bei höherer oder niedrigerer Temperatur, im Dunkeln oder bei diffusem Tages- lichte treiben Hess. Und doch hatte ich die Zweige von derselben Stelle und von denselben Sträuchen abgeschnitten, von gleichem Alter, von gleicher Grösse und durchschnittlicher Knospenzahl genommen, sie in demselben Locale in gleichen Behältern mit gleichem Wasser in gleicher Weise behandelt wie im Winter 1870-71. Im Ganzen wirken vorausgehende Kälten auf die Anlagen der Blüthen noch viel günstiger als auf die der Blätter. Haben die niedrigen, für die oben bezeichnete Metamorphose nothwen- digen Temperaturgrade nur durch eine sehr kurze Zeit auf die Pflanze eingewirkt, so kommen wohl einzelne Blüthenkätzchen zum Vorschein, bleiben aber immer verkümmert und erreichen nur einen sehr niedrigen Grad der Entwicklung, * was auf einen 1 Kein einziges dieser Blüthenkätzchen hatte es bis zur Geschlechts- reife gebracht. Die meisten unter solchen Verhältnissen hervorgetreteneu 272 K r a s a u. langsamen Clang des Umwandlungsprocesses innerlialb der Bil- dungsstoffe schliessen lässt. Die im vorliegenden Falle als zeitigende Temperaturen wirkenden niedrigen Temperaturgrade (mögen diese positiv oder negativ sein, d. ii. über oder unter dem Eispunkte liegen) vollbringen also eine Arbeit, welche höhere Grade (etwa von -+- 10° aufwärts) nicht zu leisten vermögen. Wir finden übrigens bei manchen anderen Pflanzen im Freien ein ganz ähnliches Verhalten gegen die Temperaturen des Winters. Es genüge hier zunächst auf Gdhinthus und Hellehorus niger hinzuweisen. Das Schneeglöckchen, welches in ungewöhnlich milden, fast schneefreien Wintern wie der eben vergangene, schon Anfangs Jänner, jedoch sehr vereinzelt, erscheint, ist in allen Theilen der Blüthe viel kleiner und schmächtiger als nach strengen Wintern, wo es 3— 4 Monate unter dem Schnee bleibt. In gleicher Weise erschienen die Blüthen von Hellebor us niger, welche in diesem ungewöhnlich milden Winter schon im December bei Krainburg zur Entfaltung kamen, zwergig klein im Vergleiche zu ihrer sonstigen Grösse, obschon sie sonst unter dem Schnee bis zu ihrer Entfaltung viel weniger positive Wärme empfangen als im vergangenen Winter. Für Gdlanthus und Hepatica, sowie auch für 2'iissilago fällt der eigentliche Beginn der Blüthe dieses Jahr in den Anfang des Monates März, da diese Arten erst vom 1. — ^4. März wie auf ein Mal und massenhaft blühend erschienen, nur 1 — 2 Wochen früher als nach den strengen Wintern 1869 — 70 und 1870 — 71. Viola hirta zeigte sich heuer am 17. März zum ersten Male bei Krainburg an derselben Stelle, wo ich sie im Jahre 1871 am 22. März in der Erstlingsblüthe angetroffen habe. Nun hat sie aber diesen Winter bis zu ihrem Erscheinen viel mehr positive Wärme empfangen als im Jahre 1871. Gehen also die zur normalen Entwicklung der Blüthe noth- wendigen Kälten oder überhaupt niedrigen Temperaturgrade nicht voraus, so nimmt die Pflanze (wir meinen unsere frühblühenden Arten) zurErreichung ihres nächsten Zieles (Geschlechtsreife der Blütlic) iiielir positiNc NN'äniu' in Aiis|)ni('li als es sonst nötliij;- wäre, und crreiclit diese« Ziel doch nicht ganz vollständig, indem die Bliithe kleiner und künuncrlicher bleibt. Ich glaube daher, dass die abnorme Kleinheit und Kiunmerlichkeit der Blüthen (Secundärblüthen), welche bei manchen llolzjtflanzen bisweilen im II(M-bste Norzeitig' erscheinen, wenigstens theilweise darin ihren (ii-und habe. Von Saliv ait/r. kann ich allerdini;s nut voller Bestimmtheit behaupten, dass ihre Zweige nach einem sehr strengen November, December und Jänner zur Entfaltung der Blatt- und l)liit]ien- knospen nicht mehr Wärme nöthig haben als nach einem ungewöhnlich milden November, December und Jänner, und würde diese Ptlanzc z. Ji. in der Ebene von Görz vorkommen, so würde sie zur Entfaltung ihrer Blüthen mehr Wärme bean- spruchen als bei Krainburg. S. purp, bedarf keineswegs so niedriger Temperaturgrade zur entsprechenden Umwandlung der Bildungsstott'e, auf deren Kosten im Winter die Blüthenkätzchen ihre völlige Ausbildung erlangen ; denn schon im November eingebrachte Zweige dieser Weidenart gaben (allerdings erst nach langer Zeit) geschlechts- reife, d. i. stäubende Kätzchen, während die Blüthenanlagen in den immer geschlossenen Knospen von S. nigr. unter den Bedin • gungen des damaligen (4.) Versuches keine Entwicklungsfähigkeit zeigten. Auch Primu/a (icau/Ls scheint so niedriger Tempe- raturen im Winter nicht zu bedürfen, da sie, wenn der Spätherbst nicht allzurauh ist, schon im November einzeln blühend angetrof- fen wird, 'und zwar, was hier bemerkt zu werden verdient, meist mit n(trmal ausgebildeten Blüthen, welche jedoch stets einzeln und niemals in förmlichen Büscheln erscheinen wie nach Ablauf des Winters, insbesondere wenn die Pflanze 2 — 3 Monate unter dem Schnee gelegen ist. Übrigens entwickeln sich Blüthen und junge Blätter der Pr. (icunlis auch unter dem Schnee selbst, wie ich im März 1871 an verschiedenen Stellen bei Krainburg wahrgenommen habe. Diese Pflanze besitzt daher nebst Helleborus nufcr wohl das tiefste Minimum der Anregungstemperaturen unter den mir be- kannten einheimischen Arten, und die zeitigenden Temperaturen 274 K ras an. Beiträge z. Kenntniss cl. Wachsthums d. Pflanzen. der Kältenmetamorphose müssen zum grossen Theile mit den Anregungstemperaturen zusammenfallen. •Solange es aber nicht möglich ist, die Wärmebedürfnisse der Pflanze durch sichere Masse auszudrücken , d. h. durch bestimmte von der Intensität (Höhe) und Dauer der Temperatur abhängige Wärmeeinheiten darzustellen, die von einem natur- gemässen Ausgangspunkte an zu zählen wären, müssen wir uns mit relativen Andeutungen begnügen , die höchstens geeignet sind, den Boden für eine methodische Untersuchung und Bearbeitung des Gegenstandes vorzubereiten. Diese künfti- gen Untersuchungen sollen erst zeigen , ob auch bei den unserer Pflanze nächst verwandten Arten, wie SalLv cinerea, grandifoUa, caprea und aurita, und vielleicht auch bei anderen frühblühenden Holzpflanzen unserer Klimate die Bildungsstoflfe unter dem Einflüsse sehr niedriger Temperaturgrade im Winter eine ähnliche für die Entwicklung der Blüthe so wesentliche Metamorphose erleiden, wie sie für S. nigi\ durch die vorliegen- den Versuche nachgewiesen worden ist. 275 Mineralogische Beobachtungen V. Von Dr. AlbrecUt Schrauf. (Mit 2 Tafeln und •> Holzschnitten.) (Vorgelegt in der Sitzung am 3. April 1873.) Die vorliegende Abhandlung ist in ihrer grösseren Hälfte den Beobachtungen an Kupfererzen gewidmet. Die Gruppe des Brochantits mit seinen Varietäten ist, so weit es das zugäng- liche Material erlaubt, monographisch bearbeitet worden. Einige Bestimmungen am Malacliit, welcher dem Brochantit morpholo- gisch nahe steht, werden sich daran schlicssen XXXII. Allgemeine Charakteristik der Mineralien aus der Gruppe des Brochantits. §. J. Einleitung. Die Verbindungen des Kupfers mit Phosphorsäure, Arsen- säure , Kieselsäure oder mit .Schwefelsäure bilden grössere Gruppen ähnlicher Substanzen. In diesen Gruppen unterschei- den sich die^ einzelnen Glieder meist nur durch einen geringen Wechsel der Bestandtheile. Die Gruppen der Kupferoxydsalze mit Arsen- oder Phosphorsäure sind bereits in einzelne Miueral- species zerlegt. Gute Krystalle dieser Verbindungen sind näm- lich nicht selten und erleichtern die Bestimmung, obgleich die Formähnlichkeit der einzelnen Glieder unleugbar ist. Bei den Kupfcrsilicaten von Chili constatirt Field (Phil. Mag. 1861) ebenfalls einen Wechsel des Kupfergehaltes. Nur bei Pseudomalachit * und Brochantit harrte noch eine grössere Anzahl Varietäten auf eine genauere Bestimmung. i Die Bestiminuiig der KrystuUform des Pseudomalachit werde ich in einer späteren Reihe verötfentlichcn. Sitzb. d. maihem.-naturw. Cl. LXVII. Bd. I. Abth, 19 276 Sc h r a u f. Eine Prüfung zahlreicher Handstücke ermöglicht es mir. Einiges zur Kenntniss der morphologischen Verhältnisse der basischen schwefelsauren Kupferoxydsalze beizutragen. Alle Fragen zu lösen, welche hiebei auf morphologischem und che- mischem Gebiete auftauchen, gelang nicht. Es bleibt künftiger Forschung vorbehalten , die Charakteristiken der nachfolgenden Typen des Brochantit, wenn möglich, genauer festzustellen. Ich bin nur in der Lage, die allgemeinen morphologischen Eigenschaften , die allen isomorphen Verbindungen dieser Gruppe zukommen, hervorheben zu können, und die einzelnen Glieder dieser Familie nach ihrer Ausbildung und chemischen Zusammensetzung als einzelne Typen zu beschreiben. Daher sind in dieser Nummer nur die allgemeinen Constauten der Gruppe und die zur Bestimmung der Indices nöthigen Winkel gegeben , und es enthalten erst die nachfolgenden Nummern theils die morphologische Detailforschung, theils die Discussion über die Beziehungen zwischen Form , Pavagenesis und chemi- scher Formel. Um letzteres zu ermöglichen, wurden auch die (sogenannten) künstlichen Substanzen dieser Gruppe nicht aus- ser Acht gelassen. §.2. Chronologisch geordnete Übersicht der Abhand- lungen, welche Substanzen der Brochantitgrnppe betreffen : 1824. Levy. Ann. of Phil. II. Ser. Vol. VIII, p. 241. Br. von Gume- schefsk. 1824. Levy. Anu. of Phil. II. Ser. Vol. XI, p. 149 und Pogg. Ann. VI. 497. Königin von Gumeschefsk. 1828. Magnus. Pogg. Ann. XIV. 141. Br. von Rezbanya. 1832. Berthier. Ann. chim. phys. L. 3G0. Br. von Mexiko. In Pogg. Ann. Vol. 26, p. 5(il unrichtig copirt. 1837. Levy. Descr. coli. Heul. Vol. IIL 98. Atl. pl. 65, Fig. 2. Br. von Katherinenburg. 1837. G. Rose. Reise in den Ural. I. 267; hieraus copirt in Pogg. Ann. XLU. 468. Br. von Gumeschefsk. 1841. Huot. Mineralogie. Paris. 1.331. Br. von Mexiko = Brongniartin. 1842. Forchhammer. Skaud. Nat. Stockholm 1842. Arsb. 1843. 192; hieraus copirt im J. f pr. Chemie. 1843. Vol. 30, p. 396. Krisuvi- git = Br. von Island. 1852. Br. a. Miller Mineralogy. London, p. 554, Fig. 549. Königin = Brochantit. Minoralo^i.sclir Bi'obaclituiif,''on \. 277 185:^. Bi.'cq ucrel. Coiupt. read. Vol. 34, j). f)?.']. Künstl. Brocli. 1853. Rivot. A. des min. V. Ser. Vol. III. p. 740. Analys. ohne Fund- ort. Br. gemischt mit Malachit. 1853. Breithaupt. Berg- u. Iliitt. Zeit. Leipzig 1853. Vol. XII, p. 16. Königin = Broeliantit. 185G. Diifrenoy. Mineral. II. Ed. Vol. Hl, p. loi, pl. 134, Fig. 507. Br. von Rezbanya. 1858. Kokscharow. Mater. Min. Riissl. III. ]>. 260. Br. von Gume- schefsk und Nischne-Tagilsk. 1858. Zepharovich. Mineral. Lexikon. Wien, p. 75. Br. von Banat. 1858. Sandberger. Pogg. Ann. Vol. 105, p. 614. Br. von Nassau und Cumberland. 186«. Peters. Sitzungsber. Akad. Wien, Vol. 44, p. 163. Br. von Rez- banya. 18G(t. Ron eil er. Zeitschr. f. Chem. n. Pharm. 1860. p. 462. Lieb. u. Kopp. Jahresbericht 18G0, p. 11)3. Künstliche Darstellung. 1860. Ranimelsberg. Handb. d. Mineral-Chemie. 1860, p. 268. Formel d. Br. 1861. Peters. Leonh. Jahrb. f. Min. 1861, p. 660. Br. von Salzburg, und Malachit von Moldowa. 1862. Field. Phil. Mag. IV. Ser. Vol. 24, p. 123. Br. von Chili und küDstl. Br. 1864. Domeyko. Ann. des Min. VI. Ser. Vol. 5, p. 460. Br. von Chili. 1864. Wibel. Das gediegene Kupfer und das Rothkupfererz. Hamburg. p. 45. Künstl. Br. 1864. Hessenberg. Min. Notiz. VL 17. Tüf. II, Fig. 13-14. Malachit von Rezbanya. 1864. Maskelyne. Chera. news. 1864. X. p. 263. Br. von Cornwall. 1864. Pisaui. Compt. rend. Vol. 59, p. 912. Br. von Cornwall. 1865. Maskelyne. Phil. 3\Iag. Vol. 29, p. 475. Warringtonit = Br. von Cornwall. 1865. Warri^ngton. J. ehem. Soc. Lond. II. Ser. Vol. 3. p. 85. 1865. Tschermak. Sitzungsb. Ak. Wien. Vol. 51, p. 131. Br. von Neu- seeland und Atacama. 1865. Kobell. Sitzungsb. Akad. München. Vol. II, p. 70. Br. von ChilL 1868. Genth. Sill. A. J. IL Ser. Vol. 45, p. 821. Br. von Arizona. 1869. Marka. J. geol. Reichsanst. Wien. Vol. 19, p. 317. Br. von Ora- witza und Moldawa (Banatj. 1871. Cotta. Reise nach Altai, p. 238. Br. von Siränowsk. 1873. Ludwig. Tscherm. Miner. Mitth. 1873, p. 38. Anal. Br. von Rez- banya. §. 3. Y 0 r k 0 m m e n d e F 1 ä c h e n. Der genauen morphologischen Beobachtung sind bisher die Brochantit-Krystalle sibirischen Vorkomniens zu Grunde gelegt 19* 278 Schi-;iuf. wordeD. Dies mag die Einförmig-keit der in der Literatur be- schriebenen Formen theilweise erklären. Levy, Eose, Kok- schar ow notiren nur Flächen aus den Zonen des Prisma oder Doma. Erst Dufrenoy, welcher einen Krystall des Fundortes Rezbanya (seine Fig. 507) abbildet, kennt eine Pyramide, ob- gleich dessen Lage nicht detinirt Avird. Miller sucht Levy's Königin auf die Form des Brochantits zurückzuführen , und nimmt deshalb die neue Fläche a? auf. Die Beobachtungen Maskelyne's am Warringtonit lassen wohl die Existenz von Pyramidenflächeu vermuthen, allein die Bestimmung ihrer Lage fehlt. In Folge dessen sind bisher nur die nachfolgenden wenigen Flächen bekannt gewesen. Kokscharow Schrauf T b l r m m d' e — V X — — b' _ _ ? Die in der letzten Columne beigefügten Buchstaben werden von mir zur Flächenbezeichnung verwendet. Es sind so viel wie möglich die Buchstaben Miller's beibehalten worden. Von ihnen ist Kok s c h a r o w, ohne aber auf Rose zurückzugreifen, abgewichen. An dem mir vorliegenden Materiale, welches Krystalle von Rezbanya, Cornwall und Russland umfasst, Hess sich eine be- deutend grössere Anzahl von Flächen nachweisen. Sie vertliei- len sich auf die verschiedenen Fundorte und Typen ungleich- massig. Die mir bekannten Flächen sind (vergl. Fig. II) : ooJ^^oa Mask. Cornw. Rezb. II ooPoo Lev. I^ — IV ooP Lev. I— III Levy Rose D iifrenoy Mille P b 9' a e% 9ß 9' r — 9 M m a' f e' e V m _ . iT n 100 h' b 010 9' m . ni' 110 110 m r r' n L n 120 120 340 340 Minerulogisclio Be(jb;ichtiingen V. 279 g^ oof-2 Kos. [ — 111 flr7 ooFt Sehr. Rezb. I 730 Äf oo^ Sehr. Rezb. IV l 610 h\ oo^6 Sehr. Rezb. IV e 012 e' 012 '' U'oo Lev. I— IV i 011 e' Poo Sehr. Tagilsk III V 101 0' ^oo Lev. Kather. I? v 201 o\ 2^oo 201 r4 — 2^oo , Lev. ? Kath., Rezb. IV 0 112 d' 0) 112 b' s 136 d^fjTge a 136 b-fl'^gs ^ „ Sehr. Cornw. I b -\P -\P'6 Sehr. Cornv^\ I h 1 Meine in den Sitzungsberichten dieser holien Akademie (Reihe I — IV) angewendeten Symbole ±f nach soi-disant Naumann'scher Ma- nier hat Herr Oberbergrath Zepharovich in mehreren Schriften einer Besprechung gewürdigt. Seinen Notizen gegenüber muss ich wohl erklä- ren , dass mir die Hypothese , welche Naumann seiner Schreibweise zu Grunde legt, kein Geheimniss geblieben ist. Nur die Geringfügigkeit des Gegenstandes und dessen Selbstverständlichkeit für den theoretisch ge- bildeten Krystallographen veranlassten mich , Erörterungen in meinem „Lehrbuch" als überflüssig zu betrachten. Naumann hat nämlich ±: nicht im mathematischen Sinne, sondern nur als beliebige Vorzeichen für grös- sere oder kleinere Winkel verwendet. Hierfür hätten andere Symbole den gleichen Dienst geleistet, wie auch ganz richtig Kenngott andere Zei- chen vorgeschlagen und in seinen Schriften verwendet hat. Bei meiner Signatur ist hingegen ± im mathematischen Sinne gebraucht. Die Pyra- mide -f-P entfiillt deshalb auf den positiven Quadranten -hA'-h }'-(-Z, genau wie die analoge Fläche des positiven Tetraeders -+- SU S c h r a u ' p p' K ■ k' 212 212 212 212 b'bihT ^2 —J'2 t 532 dhlJhi 5 P5 T 532 bH^h^ —1^1 f 616 d^d^h^ ^6 ■ f 616 b^b^h^ -M ' ff 313 dhl'^h^ J?3 . 7 313 bhlThi -^3 k 12.1.4 dTTdTih^ 3^12 , X T2.1.4 bTTb'^^hJ —3^12 Sehr. Rezb. Sehr. Cornw. U Sehr. Rezb. r Sehr. Rezb. II Sehr. Rezb. IV In dieser Tabelle sind die zusammengehörigen Pyramiden mit analogen Buchstaben bezeichnet, die Flächen der vorderen oberen Quadranten tragen römische, die der oberen Quadran- ten der Rückseite hingegen griechische Buchstaben. Die lin- ken vorderen Hälften einiger Gestalten wurden überdies zum Unterschiede von den rechten Hälften derselben Gestalten tii, r, e, p, K mit einem Stellenzeichen, z. B. p' versehen. Die drei letzten Columnen der obigen Tabelle bezeichnen : ersten Autor, Fundort und Typus. §.4. Winkel. V e r g 1 e i c h d e r B r o c h a n t i t-K r y s t a 1 1 e mit Formen anderer Mineralien. Die Messungen an den Brochantiten von Gumeschefsk erga- ben für die Fundamentalwinkel nach Gr. Rose Kokschfirow bg=m° 5' r7J/=52°16V,' bf= Ib 56 r.r- = 76 19'/^ Kokschar ow berechnet aus seinen Winkeln ein prisma- tisches Axenverhältniss 1 Nur für die Krystalle des I. Typus ist eine scharfe Unterscheidung- der Quadranten möglich gewesen. Deshalb auch die grössere Anzahl der Buchstaben nöthig. Mineralogische Beobachtungen V. (,:b:c= 1 : 4-1060G : 3-17756. 281 ►Schreibt man dieses Axeuvcrhältiii.ss mit Kücksiclit auf die Iiidices , welche in vorhergehender Flächentabelle adoptirt sind, so erhält man : „■.h:c= 0-7X();55 : 1 : 0-48385 und die nachfolgende (prismatisch gerechnete) Winkeltabelle. 37°r)»i' 52 2 75 5(5 57°21' 32 39 19 23 65 k; 78 32% 7G°24' 13 36 81 41V 27 12 58° 12' 31 48 58°551^ 78 23 33 381/2 i 57 561/3 U06 26 Vs ( 63 23 ( 96 15 31 41/2 Diese Winkel erlauben eine Vergleichung der Brochantitfor- men mit den Dimensionen anderer Mineralien, Demselben Grundprisma begegnen wir bei der isomorphen Gruppe RSO,^. Für die Fläche M (Schrauf) = o Autoren ist aM = 52° 16' am Anglesit, 52 4 „ Cölestin, 52 42 „ Baryt. Es wäre hiernach für die Prismen eine Übereinstimmung * der Winkeln des Brochantit mit jenen der Gruppe RSO^ A'orhan- den ; hingegen die übrigen Zonen sind nur mit Aufopferung der einfachen Zahlenverhältnisse vergleichbar zu machen. Eine ähnliche partielle Übereinstimmung ergibt sich zwi- schen Brochantit und Atacamit. Auch hier könnten einzelne che- mische Bestandtheile als gleichartig angesehen werden. Sei es, dass man älteren Angaben folgend schreibt : 1 Scheinbar eine Folge der in beiden Sippen vorhandenen .SO4. 282 S c h r a u f. Brochantit CuOSOg-^.SCuOH.O Atacamit CuCl^^SCuOH.o!^ oder dass man * bezeichnet Brochantit mit {cJhoJ;Zc«(So} und Atacamit „ !S(Hol;~C«S*'^' Nach Miller ist am Atacamit der Prismenwinkel r/^ = 52°50' ein "Werth, welcher mit dem für bm vom Brochantit nahe über- einstimmt. In den anderen Zonen ist hingegen geringe Überein- stimmung zuerkennen. Also gerade jener Winkel, dessen Vor- handensein früher als eine Folge von SO^ angesehen ward, müsste hier eine Folge von dem Complex CuH.^Og sein ! Es lässt sich nicht läugnen, dass durch ein solches Beispiel die Lehre von einem directen Zusammenhang zwischen Form und gleicharti- gem Theile des chemischen Symbols (welchen manche Autoren als allgemein geltend voraussetzen), wenig Ermunterung findet. Eine bessere Übereinstimmung , ja fast Homöomorphie, herrscht hingegen zwischen den Formen des Brochantit und Ma- lachit. Nach Lang, Phil. Mag. 28, p. 55 ist das Axenverhältniss des monoclinen Malachits 75 = 91° 3' a:/>:t- = 0-7828: 1 :0-4036 010:110 = 52° 2' 100 : 101 = Gl 53 welche Zahlen mit den Werthen für bm und av vom Brochantit nahe übereinstimmen. Die chemischen Formeln beider Mineralien zeigen nur dann eine geringe Analogie, wenn man ^ Malachit CuH^Oj-f-CuCO, Brochantit 3CuH,0.,-+-CuS0 1 Vergl. Ludwig (I.e.). 2 Hier ist der gleichartige Tlieil , welcher die Formähnlichkeit her- vorrufen könnte , im anderen multiplen Verhältnisse, als (vergl. oben) bei Atacamit, vorhanden. MineraloK-isclic R(>ol);iclitimj4on V. 2'S3 schreibt. Trotzdem kann nuan mit Ixeclit sagen, dass eine geome- trische Formähnliehkeit zwischen Brochantit und Malachit existirt. Die Ähnlichkeit miiss ich hier hervorheben, obgleich (nach einem Ausspruche Hessen!) erg's , M. Not. IX/ 3o , zu nr- theilen) auf die Formähnlichkeit zwei diflferenter Species nicht alle Leser gleiches Gewicht legen. Der ririmd für mich ist: die Vernachlässigung der Ähnlichkeit zwischen Brochantit und Ma- lachit könnte nämlich Ursache werden, z. B. einen l)rochantit von Kezbanya als Malachit zu beschreiben. In der nachfolgen- den VI. Reihe dürfte die Untersuchung des Malachit Gelegenheit geben, einen hieher gehörigen Fall näher zu erörtern (vergl .Hes- senberg, Min. Notiz, VI, Fig. 15). §. 5. "W i n k e 1 1 a b e 1 1 e f ü r Brochantit, b e z o g e n auf ein mouoclines Parameter System. Wie Malachit ursprünglich als prismatisch, später als mo- noclin mit einem Axenwinkel r; nahe an 90° beschrieben ward, so nun der Brochantit. Die genaueren Messungen am Brochantit lassen sich nicht auf das prismatische Parametersystem Kok- scharow's beziehen. Die Messungen der Pyramiden am Bro- chantit von Rezbanya gaben Werthe, welche auf tricline Sym- metrie hinweisen. Die Krystalle der übrigen Fundorte und die übrigen Typen erlauben nur Messungen mit geringerer Genauig- keit. Letztere lassen sich auch durch ein mono diu es Para- metersystem und einen Axenwinkel nahe gleich 90° erklären. Ich füge hier eine Winkeltabelle ein, gerechnet ^ mit Zugrunde- legung des*mono clinen Parametersystems v; = 90°;52V, a:h:c = 0-779778 : 1 : 0-48333. 1 Die nuclifolgende (monocline) Flächcntabelle ward gerechnet mit Benützung der Messungen an Rezbanya-Brochantit L Typus und mit Zuhilfenahme der Hypothese, dass das Prisma 110 monoclincn Charakter hat, das heisst, dass -!^^am ist. Letzteres ist aber (vergl. p. 18) nicht vollkommen genau, daher bei Typus I dieselben Werthe ein triclines Pa- rametersystem begründen. Zur mit Methode der Differenzen durchgeführten (inonoclinenj Rech- nung wurden also --^ =am; m;r, rr, er. benützt (vergl. p. 21, 22 u. 28). 284 S c li r ;i u t. Diese Wiiikeltabelle genügt, um die Lage und Indices aller bekannten Flächen der Brochantitgruppe zu fixiren. Da die Winkel bei den einzelnen Typen vielleicht etwas variiren, so ist zur Erkennung der Flächen eine solche allgemeine Winkel- tabelle nothwendig. Die genaueren Werthe für die einzelnen Der Einfachheit wegen ward die Rechnung mit dem Index 211 und mit — durchgefühlt. Das zu Grunde gelegte (prismat.) Axenverhältniss war: V- = 90" ft : 6 : ^ = 0 ■ TSOSfiO : 1 : 0 • 241 926 : daraus folgen die Dift'erenzengleichungen für 211 011 211 120 211 110 211 110 211 120 110 100 (prism.) gerechnet beobachtet da 31° 4'33" — 31°15' 63 22 55 —63 38 57 56 18 — 58 11 73 33 30 — 73 48 83 44 53 —83 51 37 58 -38 -1947-57 H-1513-58 +1780-45 +2583-89 +2199-11 +2136-68 ^^2 +5934-69 —4935-16 —6168-17 +13867-42 +5147-84 0 d-n —0-258957 -0-287009 —0-505262 —0-557471 —0-404714 0 Hieraus berechnen sich nach bekannten Methoden (vergl. mein Lehrb. phys. Min. I) die nachfolgenden drei Gleichungen : +26-532 — 8016 -13 r/rt— 5441-41 rf -^ + f/-/; =0 -18'995 — 2522-09 f/rt — 46411-07 rf-^ + rf-/3=0 +28 -457 — 3593 - 92 da — 7753 • 92 d _ + dr, = 0 2 Diese Gleichungen geben da = —0 • 0057167 «, = 0 - 779778 d-= —0 - 00026062 II = 0 • -24166 r., = 0 - 48333 2 2 ' ,/•/; = _32'32" ■»3,=H9°27'28" r, =9()°32'32' r,=2-— v^j Der Werth von f, >90° besagt: dass die beobachtete Pyramide in einem negativen Quadranten liegt, und deshalb statt 211 wie oben das Symbol 212 erhalten muss. Letzteres angenommen gibt -/;., = 90°32i/2 ' ferner v.^ und die nachfolgende Winkeltabelle. .Miiicralo^'-isclie lU'dhaelitiin^t'ii V. 185 Typen sind bei der Diseiission der letzteren angelÜhrt (vergl. namentlich Winkeltabellc [trielinj des I. Typus). Die Grenzen der AVinkelwerthe, innerhalb welcher die Messungen für ± Flä- chen eines Index variiren können, gibt wegen r, :>9() die hier folgende (mon ocline) WiidvcltabcUc an. a 1(10 rt 100 " h 010 c 001 e 012 90° 89° 27 '5 89° 2S '■ 5 /// lU) 37° 5lj ■ 8 52 3' 2 89 34-5 Sl !(;•(; n 34() 4(! (!-9 4.3 53-1 89 38 - r 120 hl 20 32 40 89 42-5 78 18-4 fA730 18 28-8 71 31-2 89 29-1 85 13-9 >. 610 7 24-3 82 35-6 89 27-6 87 44-7 (-012Zwil!. 90 .31-5 7G 25 13 35 1 .> /Oll 89 3(;-7 G4 12-5 25 47-5 12 12-5 V 101 57 49 90 31 38-5 — x-201 38 40-5 90 50 47 52 4-7 ? 201 39 (5 • 3 90 51 26-2 52 42-2 0 112 72 45-5 7(j 58 21 23-5 16 43 w 112 —73 43 7G 56 21 31 16 48-5 p 212 58 32-5 78 26-5 33 29 30 55 -212 —59 19 78 20-6 33 47-5 31 13 /7212 7^212 Zw Hing- — — 31 30 58 10 s l."G 83 45 7(; 30 14 42 5 43-5 7 13(3, —84 47 76 29 14 43-5 5 44-5 /•61G 57 54 ^i) 6 31 52 32 41-5 V (ll(j —58 41 86 4 32 9-5 32 57-7 f 532 38 23 68 37-5 59 19-5 54 26-8 r532 —38 43-5 (58 27-5 60 3-5 55 9-2 k 12.1.4 28 19-3 86 44-2 61 21-7 61 21-8 X 12.1.4 -28 33-8 86 42-7 62 12 62 10-3 .y ^51 '5 58 8-8 82 14-2 32 29 • 1 31 36-3 V 313 -.58 55 • 5 82 10-2 32 47-3 31 52-8 1 Der Kürze wegen setze ich .statt 180°— .r° direct — .r' 286 Sehr ;i n f. m 110 ;• 1-20 e012 um X 201 £201 x 201 |201 u 112 o) 112 p 212 ;: 212 * 136 fj loG /•61G r^ GIG <532 T 532 Ar 12.1.4 X 12.1.4 ('i)ii;iclitun^oii ^'. 289 (lige Analyse etwas liievoii opi'ern /u können. Sitzen docli bei- spielsweise auf U. S. 2951 nur wenige Krystalle. Einige kleine Fragmente (4 Milligr.) wurden von mir benutzt, auf troekeneni Wege mindestens den Kupfergehalt annähernd zu ermitteln, l'^s ergab sich ruO = 66-6''„. Diese Brochantit-Krvstalle sitzen auf Kupferschwärze mit Limonit und Ocher und sind vom Malachit l)egleitet. Ihre Bil- dung ist mit der des Malachit gleichzeitig: erstere beginnt spä- ter, schliesst al)er früher ab. Die feinen Malachitnadcln be- decken deshalb immer partiell die Brochantite. Letztere sind in ihrem Vorkommen auf spärlich verstreute einzelne Krystalle beschränkt, ohne Drusen zu bilden. In einzelnen Fällen kommt noch eine Jüngere Brochantitbildung hinzu, welche Drusen und gehäufte Krystallgruppen (jüngeren Alters als die schwarze Varietät a) hervorruft. Von beiden Fällen lagen mir ausgezeich- nete Handstücke vor. Einzelne beabsichtige ich näher zu be- sprechen : H. M. C. '2.1/27. Auf einer mit Malachit durclizogenen Quarz- schwarte sitzt ochiiges Brauneiseii. Letzteres hat erbsensteiuähnliche Structur und ist überdies stark mit Kupt'erscliwärze vermengt. Auf der Rückseite sitzt in den Höhlungen bleihaltiger Wismuthocher. Die schwarzbraunen Kugeln haben deutliche Schalenbildung und hinterlassen durch ihr Herausfallen entsprechende Hohlräume. Über das Brauneisen breitet sich mit kuglig welliger Oberfläche eine 2 Millim. dicke Schichte Malachits aus, welche wie ein kurzgeschorcnes Rasenbett, aus einem Gewirre ganz kurzer feiner Malachitnadeln besteht. Diese Oberfläche schimmert daher mit mattem, sammtähnlichem Glänze. An einzelnen Stel- len ragen aus diesem Malachilbette 1— .3 Millim. grosse , glänzende, schwarzgrUne bis schwarze ßrochantitkrystalle zu "/-^ ihrer Grösse her- aus. Sie sind älter als der sie partiell bedeckende Malachit. Hire ge- wöhnliche Form ist durch die Flächen bmre begrenzt ; die P'lächen mr sind gestreift, auf den Flächen r läuft meist eine starke Zwillingsnaht, ungefähr parallel b ; die Krystalle scheinen in der Mehrzahl nur einen einfachen Zwilling, keine Viellinge zu bilden. Pyramidenflächen sind an J Ich bemerke, dass Peters 1. c. die einzi'lnon Varietäten von Rez- banya nicht unterschieden hat. 290 S c h r a u f. einzelnen Exemplaren vorhanden. Diesem Handstiicke gehören die späte r zu beschreibenden Krystalle 1 — 5 an i. Wien. -Univ. Nr. 2971 ist ein prachtvolles Handstück. Dessen Mut- tergestein ist eisenhaltige Kupferschwärze gemengt mit etwas Malachit. Der Obertheil ist drusig ausgehöhlt und mit einer Kruste von Brochan- tit in zahlreichen kleinen lichtgrünen Krystallen der Varietät h (siehe fol- gende Nummer) bedeckt. In Mitte derselben, durch dieselben theilweise verdeckt, sitzen einige wenige schwarzgrüne, 2 Millim. grosse glänzende Krystalle unseres Typus I, Varietät a. Einer der noch im Centrum des Handstückes aufsitzenden Krystalle ist namentlich durch seine auffallende Form, die einem Prisma mit quadratischer Pyramide ähnlich sieht, be- merkenswerlh (vergl. Fig. 10). Von diesem Handstück konnte Krystall 10 für die nachfolgende Discussion verwerthet werden. §.2. Krystallsystem des Brochaiitit I. Typus; V^arie- tät n. Eine sorgfältige Aiiswalil der Krystalle unserer schwarz- grünen Varietät a liefert eine geringe Anzahl von Exemplaren^ welche nebst den Prismenflächen auch noch Pyramidenflächen haben. In der Prismenzone zeigt jeder Krystall vielfache Strei- fungen und auf den Flächen m und r mehrfache, meist doppelte Reflexe. Die Distanzen dieser doppelten Reflexbilder haben eine gewisse Regelmässigkeit, welche nicht erlaubt, irreguläre Ver- wachsungen anzunehmen. Es können dieselben nur durch Zwillingsbildung erklärt werden. Die Bestimmung der Pyrami- den basirt vor allem auf ihrer Distanz zu m oder r, welche an einzelnen Krystallen genau messbar ist. Die Winkeln der Fläche e sind hingegen höchst selten scharf messbar. Stellt man die besten Beobachtungen zusammen und vergleicht sie 1 Ein ähnliches Handstück von Rezbanya sah ich im Pester Natio- nal-Museum (unter Nummer 115/3 Lobkowitz. Samml.). Auf einem Gemenge von Linarit mit Bleiocher (vergl. die Parageuesis der nachfolgenden Va- rietät h) hat sich eine Calcitdruse entwickelt. Auf dieser sitzen einzelne Kugeln von kurzrasenförmigem Malachit, in welchen einige Brochantit- krystalle eingewachsen sind. Diese letzteren sind mattglänzend und schmutziggrau. Trotz ihrer Farbe kann man diese Brochantite der Varie- tät a zuzählen. Ihrer Form und dem paragenetischen Vorkommen nach stehen sie der Varietät a näher, als der nachfolgenden Varietät b (vergl. nachfolgende Nummerj. Lose Krystalle hiervon konnte ich nicht unter- suchen. Mineralogische Beobachtungen V. 201 entweder mit der (prismatischen) Winkcltabelle nach Koksclia- rovv (|). 7) oder mit der (monoclinen) Winkeltabelle, welche ich zur allgemeinen Bestimmung der Flächenindices (p. 11) ge- geben habe, — so bleiben noch immer Differenzen zurück, welche sieh nur durch die Annahme des triclinen ^Systems erklären lassen. Nur bei letzterer Annahme genügt die Rechnung der Prä- cision der Messungen. Die Ableitung des triclinen Parametersystems — bei der durch das .Material gebotenen Beschränkung auf wenige Kry- stalle — erforderte eine Verwerthung fast jeder Messung. In Folge dessen muss ich auch den folgenden Paragraphen eine kurze Discussion der Messungen anfügen. Um aber die Messun- gen noch verständlicher zu machen, gebe ich vorerst die (tricline) Winkeltabelle. Die (triclinen) Symbole (vergl. Fig. I) ' der an dieser Varie- tät dominirenden Flächen (^untergeordnet kommt noch n' ffj>, vergl. p. 8 vor) sind: 010 110 110 120 120 cxdPoo ooP' oo'P ooP'2 oo'P-2 ff t m f '9 ~~JL^ ^jL^ t: Tz' 212 212 ^ifT ^12^ P2 T2 P;2 ,P2 f'Sh\ ä'fih^ b' c^h c'lAh^ §. i\. Winke Itabelle und tricliues Par am et er System. Das der nachfolgenden Tabelle zu Grunde liegende Para- metersystem ist: « : 6 : c = 0 • 810344 : 1 : 0 • 494643 £=89°52' 0 = 90°22' t = 89°3'3. Um die Tabelle möglichst compress zu gestalten, so wer- den statt den Winkeln 180 — a,'° einfach — .v° gesetzt. Die 1 Der Deutlichkeit wegen ward zur Construction Fig. 1 der Winkel ce = 17° benützt; daher diflferirt Fig. 1 und Fig. 2. Sitzb. d. mathem. naturw. Cl. LXVII. Bd. I. Abth. 20 292 S c h r a n f. Zwillingsfläclien werden wie g'ewölinlich überstrichen. Um die Zwilling'Sg'esetze in der Winkeltabelle ersichtlich zu machen, so sind sie durch ein dem Symbol beig-egebenes («) oder (h) ge- kennzeichnet. Ersteres bedeutet, dass die Zwillingsaxe senk- recht auf (a) , letzteres , dass sie normal zu (6) sei. Um die parallelen Flächen (der Rückseite) zu kennzeichnen und um ihre Ditferenz von Zwilling-ssymbolen oder den »Stellenzeichen der Quadranten anzuzeigen, habe ich einen »Strich den Buchstaben vorgesetzt. Es bedeutet dann z. B. — m' die zu ui' parallele Fläche in den negativen Quadranten der Eückseite. Man könnte denselben Zweck hier auch durch die Signatur m'^^, erreichen, was die Differenz von 180° gegen m' andeuten würde. a 100 b 010 cOOl m' 110 m 110 r' 120 r 120 V 101 T'iOl e012 e'0T2 p' 212 p212 tt' 212 - 212 a 100 90 '57 '40" 89 37 50 37 38 10 38 21 50 56 42 10 58 3 55 58 19 40 -58 51 89 52 89 25' 58 55 15 59 14 40 59 26 5 59 46 40 0 010 —89° 2 '20" -89 51 50 —51 24 10 52 35 50 —32 20 10 32 53 45 90 33 55 -90 22 76 18 —76 3 —77 35 78 40 77 43 -78 27 30 c 001 89°37'50" 90 8 10 31 18 10 32 6 40 13 50 10 13 48 15 33 23 33 8 30 33 40 33 19 20 -fÄa] 89° 2 '20' 1 55 20 -53 19 30 50 40 30 —34 15 30 30 58 25 !;aä =— 89052' ab V-—ö80id'-^/-i —76° 4 '30' —78 35 30 77 41 78 45 -77 28 m' 110 711 110 m' [b] m [5] m' 110 m(llO) '" [«] m[a] 76° 0' 0' -102 48 20 1 11 40 -104° 0' 0' •105 11 40 75°16'20" -179 16 20 ()°43'40' 76 43 40 Miiu'r;il(ii;iscli(; Bcohaclitiin.tc*^^'" V. 29;; /•' 120 iii' HO //((llO m\a] m[a] 19° 4' 18''20'30' ;• 120 19°42' 5" 20°25'45" e 012 98 12 45' 81 26 —98 25 20 98 21 20 e' 012 Rl 3 98 7 97 59 30 —99 3 30 p' 212 57 40 73 56 30 73 34 30 p 212 73 45 30 58 7 74 7 8 77' 212 —58 7 50 —74 11 —73 49 30 7:212 — 74 15 40 — 5S 24 —58 17 — 74 36 30 ?•' 120 r' 120 r 120 r'[a] l-[a] -65°13'55" 113°24'20" 1°21'45" r 120 114°4G' 5" -178 38 15 116 7 50 r' [6] —64 40 20 0 33 45 r [i] —179 2G 15 -65 47 30 ('012 101 20 30 78 20 — 101 29 30 101 31 40 < 012 78 3 10 101 29 101 17 30 —102 7 ;/ 212 62 52 40 84 23 83 38 63 22 /; 212 83 43 30 63 36 -' 212 — 63 44 30 —84 56 50 - 212 -84 35 10 —64 11 10 ;/ 212 «(012) c' (0i2) e'[a] C[a] 40°32' 30°30' 31°40' ;; 212 30 37 30' 40 0 30°53'30' rJ 212 30 42 40 0 TT 212 40 42 30 48 29 38 20" e'(012) 27 39 1 10 27 39 30 §. 4. Indices und Winkel der PrismenfKächen und der Pyramid e p. Die Annahme eines triclinen Parametersystems für die Rro- chantite I. Typus war die Folge einer consequenten Discussion 20* 294 S c h r a u f. jedes einzelnen Messungsresultates. Einer solchen Discussion konnten anfangs nur jene gerechneten Winkel zu Grunde gelegt werden, welche in der früheren (monoclinen) Winkeltabelle (p. 11) angegeben sind. Die Differenzen (vergl. später p. 39) waren jedoch in der Zone des Prisma so charakteristisch , dass die Hypothese eines monoclinen Parametersystems bald verlassen werden musste. Schwieriger gestaltete sich aber die Annahme eines richtigen triclinen Axensystcms , indem , Avie auch die nachfolgenden Angaben zeigen werden , immer nur einzelne Quadranten gemessen werden konnten. Hiedurch wird nament- lich die Bestimmung der Fläche 001 , die Unterscheidung von p und TT sehr schwierig. Es mussten daher die Messungen jedes Krystalls auch dazu benützt werden , sie selbst zu controliren. Durch diese C^ontrolrechnungen konnten dann die Winkel der Pyramiden bestimmt und die Messungen verschiedener Krystalle auf einander bezogen werden. Diese weitläufigen Rechnungen anzuführen, werde ich im Nachfolgenden vermeiden. Ich gebe jedoch die Messungen in einer Reihenfolge, welche dem Leser ermöglichen soll, diesel- ben vollkommen zu controliren oder zu Rechnungen mit anders lautender Grundhypotliese zu verwenden. Ich füge die gerech- neten (triclinen) Winkel bei. Um die Genauigkeit des Resultates erkennen zu lassen, füge ich auch die Zahlen für die relativen Gewichte der Beobachtungen bei '. Krystall 1, lYgMillim. hoch, 1 Millim. dick. In der Prismen- zone ist dieZwilliugsbildiing nicht deutlich erkennbar. Am Ober- theile des Krystalls ist eine Pyramidenfläche (p) einseitig ent- wickelt; ebenso ist auch dasDoma(t') einseitig vorhanden, über- dies durch Zwillingsstreifen (<5) unterbrochen. Den Untertheil des Krystalls bilden zwei einseitig entwickelte, mit einem einsprin- genden Winkel an einander stossende Pyramiden (— tt', p' ^), deren Ausbildung jedoch nur annähernde Messungen gestattet. 1 Über das Gewicht vergl. Nummer XLI. Ich setzte unabhängig' von der (hier vorerst ganz unbekannten) Übereinstimmung zwischen Beob- achtung und Rechnung das Gewicht einer mit dem Ausbildungsfeh- 1er +1' behafteten Messung gleich 1. Ausführlichere Daten vergl. p. 82 und p. 86. Mineralogische Beobachtungen V. 2i>5 Fig. .3 stellt den bcobncliteten Krystall in zienilieli natürlichen Verhältnissen dar , während Fig-. 4 mit Iiücksieht auf diese beobachtete Form symmetrisch und zwar als Zwilling eonstruirt ist. Die ürehungsaxc ist senkrecht zur Fläche (100), die Juxta- position erfolgt in der Zone (100) (001) (vergl. i). 28). Gew. = 4g^ 1 % 1 .. Ähnliche Form und Winkel hat Krystall 110 (vergl. p. 39). Krystall b, von 1 Millim. Grösse, mit vollkommen glänzen- den Flächen, aber nur einseitig entwickelter Pyramide;; (Fig. 5). e ist undeutlich. Die Zwillingsbildung ist an dem Krystallfrag- mente auf eine kleine Partie der rechten Seite beschränkt, und beeinflusst daher b rechts, sowie sie einen einspringenden Winkel zwischen /; und ( — n?) oben hervorruft. Beobachtet V- -_— — -. — , r'm' = 10° 9" m' in = 75 43 mr = 10 58 mp = 58 11 r> = 83 51 mp = 74 5 :— e = 311/4° iiip ' = 73 V, G( picchn. (tricl.) "1P > 4- 7(; 0 19 42-5 58 7 83 43-5 73 45-5 30 53-5 73 34-5 Beobachtet Gew.= 4^1 Gerechn. (tricl.) -—^ — - , — — — ' -- — ^ — — ' -^ ^^ — - ' r'm' = 10' 3' 4 19' 4' tmn' = 7G Ü 4 76 0 rni = 19 21 V« 19 42-5 -bm' = 51 41 V9 51 24-2 -6r = —32 58 V9 —82 53-7 nt'p = 73 48 1 73 45-5 r'p = 83 41 1 83 43-5 rp = 63 38 1 63 36 Aus den fünf mit den Gewichten 4 oder 1 bezeichneten Wer- then lassen sich mit Genauigkeit die folgenden Werthe ableiten A(OIO) : a(100) = 90°57'40" />(010) :y;(212) = 78 40 ^pba = b^ 20 296 S c h r a u f. §. 5. Lage und ludices der Pyramide ^^' (212) und des Donia(lOl). Das eben erhaltene Eesultat des §. 4 erlaubt die Messun- gen am Krystall 2 zu berechnen. Letzterer^ 1 Millini. gross, ist ein durch Spaltung nach b abgeplattetes Fragment, welches die Pyramide p' und die Flächen m'iir' zeigt. Letztere und e' sind nicht scharf messbar. An der linken Seite (vergl. Fig. 6) in Mitte der Fläche r' beginnt Streitung und Zwillingsrepetitiouen von r' mit r. Beobachtet bp' ^ — 77°35' in'p' = bl 45 G( 3W.=4^, V9 Gerechn. (tricl. 57 40 rp' = 63 45 folgt V25 63 22 4^/6« = 58 '25' ^plni = 58°20 ' Eechnet man aus den Beobachtungen direct den Winkel p'ba, so zeigt der Vergleich dieses Winkels p'ba mit dem Winkel pba (vorhergehender Paragraph), dass nur eine Ditferenz von 5' besteht. Nach den Messungen läge somit p' nur 5 ' ausser- halb der Zone bp. Diese Differenz ist wohl zu vernachlässigen, und die Fläche ;;'(2T2) in die Zone von ^»;^ =(010) (212) ein- zusetzen. Unter letzterer Annahme sind die obigen (triclinen) Winkel gerechnet ', mit welchen die besseren Beobachtungen vom Gewichte y^ gut stimmen. Aus den bekannten bp, bp' und abp folgt ferner: , «(100):r(;i01)=:59°19'40° ^ i'db =. — 89° 52 ' = bc circa 6y = — 89 26 5' (!: = 89''52'. 1 So lange nur p und ;/, nicht aber 001 bestimmt ist, liesse sich auch die Hypothese eines monoclinen Systems (vergl. früliore Winkel- tabelle) rechtfertigen. Den Winkeln nach entspräche die tricline Fläche p der monoclinen ;:, die tricline p' der monoclinen Fläche p. ]\Iiiu'r;il()gische Jieolctclitmij^en V. 297 Unter der Annahme, dass ac nahe gleich '.H)° ist, eoinci- dirt <^ ruh nahe mit hr. Zur Ermittlung des Parameterverhält- nisses fehlt deshalb nur noch die Entscheidung, ob die bisher beobachteten Pyramiden in den Quadranten mit ac-^QO" oder in jenen mit «c:>90° gelegen sind. §. 0. Die Lage der Fläche (001). Aus der Menge der untersuchten Krystalle erlaubte ein ein- ziges Individuum die Distanz ac zu ermitteln. An demselben waren nicht blos die Winkel scharf messbar, sondern auch eine Hälfte des Krystalls durch keine Zwillingslamellen gestört. Es ist dies Krystall 10. W.Univ.-8. 2971. vonl^ ^^lillim. Grösse. Der- selbe ist durch das Vorherrschen der Pyramidenflächen (vergl. Fig. 7) und durch das Zurücktreten der Flächen e cigenthümlich gestaltet. Seine linke Hälfte ist durch keinerlei Zwillingsstreifen unterbrochen, die Flächen glatt und einfach spiegelnd. Die rechte Hälfte des Krystalls ist jedoch durch eine wechselnde Reihe von Zwillingslamellen (parallel der Zone ac) unterbrochen. Es wech- seln auf dieser rechten Seite Flächen der linken und rechten Quadranten streifenweise mit einander ab, jedoch sind erstere schmal entwickelt. Das Resultat dieser Repetitionen ist deshalb eine scheinbar homogene rechte Pyramidenfläche ; allein in deren Messungsdaten (vergl. p. 28) kennzeichnet sich die abnorme Bildung. Das Zwillingsgesetz soll später p. 26 erörtert werden. m' : —m = Beobachtet ; — < b I Gew. ^ 4^j 1 Gerechnet tvicliu i)nsm. — 76° 0' — 7G'24' in' : p' = 57 40 'A 57 40 57 56-3 a : p' = *58 55 58 55 p' :e' = 3(J 30 'A *30 30 31 4-5 ;50 48 'A 30 48 31 4-5 p' it:^ C.l 18 1 61 18 ^]2 9 h : e' = 7(;i;° 76 3 76 26 Diese Zone p' e' tz erlaubt 001 zu berechnen. Rechnet man aus bekannten ap' (früherer Paragraph) und p' e' (gemessen), welche mit * bezeichnet sind, die übrigen Winkeln, so stimmen dieselben vollkommen mit der Beobachtung. Es beweist dies, 298 S c h r a u f. dass die hier mit p' bezeichnete Fläche ident mit ji' vom frühe- ren Paragraph ist. Es sind dadurch auch die Flächen e' und k in ihrer Lage bestimmt. Die ans den letztgenannten Werthen folgenden Winkel von ac, ae sind mit denjenigen der (triclin) Winkeltabelle p. 8 ident. Das im §. 2 angeführte tricline Parametersystem stützt sich ebenfalls auf diese Messungen. Die oben beigegebenen prismatisch gerechneten Winkeln (vergl. p. 7) lassen trotz der Identität von ap' in den übrigen Winkeln grosse Differenzen hervortreten. §.7. Zwillingsbildnng an Brochantit, Typus I. Wie aus der Literatur der Feldspathe ersichtlich, ist die genaue Bestimmung der Zv^rillingsbildung eines als triclin er- kannten Krystalls mit mancherlei »Schwierigkeiten verbunden. Nur die schärfsten Messungen erlauben, deren Positionsgesetze zu erkennen. Ahnliche Schvrierigkeiten ergeben sich bei der Discussion der Messung von Brochantitzwillingen. Allbekannt ist die Streifung des Brochantit auf seinen Flä- chen e, welche sich mehr oder minder deutlich auch über die Pris- menzone nach abwärts fortsetzt. Einspringende Winkel in dieser Zone ee' sind nicht selten. Sie treten theils einzeln auf, so dass sie den Krystall scheinbar halbiren, theils treten nur einseitig mehrere Zwillingslamellen auf; am häufigsten hingegen scheint der ganze Krystall aus einem Complex einzelner Schichten auf- gebaut. An einem kaum V/^ Millim. grossen Krystalle (ähnlich Fig. 8) von Eezbanya (Varietät b, vergl. folgende Nummer) von der W. Univ.-S. 2971 konnte ich ganz scharf 25 ziemlich gleich breite Zwillingslamellen zählen. Bedenkt man, dass der Bro- chantit ähnlich den Feldspathen parallel (010) seine Spaltungs- richtung hat , so darf man wohl die Zwillingsbildung des Bro- chantit mit der polysynthetischen Bildung der Plagioklase ver- gleichen. Die Juxtaposition der Zwillingslamellen am Brochantit er- folgt scheinbar immer parallel der Spaltungsfläche b. Scheinbar sollte daher b (010) auch Zwillingsfläche sein. Die Mehrzahl der Messungen an den Prismenflächen widerspricht jedoch dieser scheinbar richtigen und einfachen Annahme. Mineralogische Beobaclitiiiig-oii V. 299 Um die Lap;c der Brochantitfläclicii im normaltni triclinen Krystall und in den möglichst einfachen Zwillingsstellungen zu versinnlichen, sind die nachfolgenden Schemata angegeben. In denselben ist bekanntlich : hni^>hni' — w'jw bp:>'bj)' h~::>hn' />:('::>' — ff : (• ^/ : /> >> (t : — h. Die Schemata zeigen die Lage der Flächen der oberen Hälfte des Krystalls und die untere Pyramide des Vordertheils. Die oberen Flächen —c der Zwillinge III und IV sind die Flächen — c vom normalen Individuum. I. Normaler Krystall. II. Zwilling nach f (001). Oben — in — a — m' ni a m' t: —1, e' b c e P c c b P' c' —h P' in' a Unten .... P m r.' — nt' — a — m — - —P' —P III. Zwilling nach rt(lüO). w. Zwilling nach b (010) Oben — m' — a Ul tn' a m —P —p — r.' — - — e — -c —e —h /; b -b —c — c — e' —^K —-' —P —P' m Unten .... a in' in — a in P P - IT Bezüglich der Co'incidenz der Zonen hebe ich hervor , dass bei normaler Juxtaposition vom Zwilling II die Zone ac fällt auf Zone ac vom Ind. I bc bc „ „ „ III „ „ mm' mm' „ ac ac „ n r I^^ r v '«W mm' „ bc bc „ 300 sehr a u f. Zu bemerken ist, dass statt den Normalen auf «, b, c auch ,Y, Y, Z, d. li. die Kiystallaxen selbst — als Zwillingsaxen ange- nommen werden könnten. Die scliematische Lage der Flächen bliebe ähnlich der obigen. Nur die Coincidenz der Zonen würde aufgehoben werden. Die relative Lage der Flächen einer Combination von I und III versinnlicht die Projection Fig. 1, in welcher sich die vollen Kreise auf den Ind. I, die unterbrocheneu Kreise auf das Zwil- lingsindividuum III (Zwilling nach a) beziehen. §.8. Die Zone (nu an Zwillingen. Wie man aus obigem Schema ersieht, sind bei Zwillingen nach II die Prismen von II coincident mit jenen von I. Winkel- differenzen sind deshalb unmöglich. Ein- oder ausspringende Winkel in der Prismenzone sind nur bei der Combination von I mit III oder IV möglich. Aus den Winkeln lassen sich aber auch diese beiden Fälle unterscheiden, denn es ist: bei Zwillingen nach a (100) nach ^i (010) m'i : mm = 0°43'40' mi : äv = 1°11'40" r'x : flu := 1 21 45 /-'i : mi\ = 0 33 45 Die Mehrzahl der gemachten Messungen stimmt mit dem Gesetze III , und nur ein vereinzelter Krystall mit dem Ge- setze IV (Zwill. nach 6). In der Prismenzone zeigen die wenigsten Krystalle ein- fache Reflexe. Die Mehrzahl der Krystalle lässt schon mit freiem Auge Streifungen und Repetitionen erkennen. Am Goniometer treten meist (auch auf den Flächen ö) zwei getrennte Reflexe auf. Sind zahlreiche Zwillingslamellen vorhanden, so lässt sich schwierig das normale Individuum von seinen Zwillingen tren- nen. Als Beispiel eines einfacheren Zwillings nach ^/(lOO) ist Krystall 10 (vergl. früher p. 23) hervorzuheben: beobachtet gerechn. (triclin) //(' : — ni == — 76° 2' m' in = 76° 0' /«'in : — //( = 179 25 m : —m = 179 Ki 2(1". Unter den übrigen Beobachtungen finde ich nur die von Krystall 4 erwähnenswerth. Es ist dies der einzige Krystall, JMinvralo.yi^^clic lU'()l»aclitiiiij;'cn V. ^^1 dessen l'rismeii/.oiie uneli dem 1\'. Zwilliiigsg-csctze (^iiacli //) g'c- hildet ist. Er ist 1 ]\[illiin. gross, plattenfürinig' , p und vt ange- deutet, r gilt entwickelt. In der Zone hm ward fortlaufend beol)- aclitet. Beobuclitet 6 = F ciiT Gorechiiot r, = 33 4-2 • r' = 33 42 »-2= 34 8 /•iv=- 34 15 45 ;-3 = 148 20 r = 148 28 5 r4 = 148 51 ,-^'iv = 149 1 50 Ich glaube, liier das für die Rechnung und Discussion ein- faciiere Zwillingsgesetz : Dreliungsaxe senkrecht auf b (010), Ijeihehalteii zu dürfen, Aveil die Messungen an Pyramiden oder Duinenfiäclien tehlen, welche entscheidend wäri-n. Die Winkel dieses Kr. 4 acconimodircii sich drei Annahmen: 1. Zwillingsaxc senkrecht auf 6 , Juxtaposition parallel b; 2. Zwillingsaxe die Krystallaxe X; 3. Zwillingsaxc senkrecht auf r(^()<)l)^ Juxtaposition paral- lel />. §.9. Die Lage der Pv ramidenflächen au Zwillingen. Die Controle des Zwillingsgesetzcs III ist in manchen Fällen durch Messungen an Pyramidenflächen inöglicli. Pei die- sen Zwillingen (nach a) sind jedoch zweierlei Juxtapositionen möglich und vorhanden. Immer sind Zwilliugslamellen vorhan- den, die parallel ' der Zone ac an einander gelagert sind. Hier- durch werden die Reflexe in den Zonen be und bp gestört und die Messungen ungenau. Weniger beeinflusst werden dadurch Messungen in den Zonen ae. — Eine zweite Art der Juxtaposi- tion ist seltener. Sie erfolgt parallel a (100). Tlieile eines Zwil- lingsindividuums schieben sich parallel a ein, und unterbrechen partiell den richtigen Verlauf der Zone ae am normalen Indivi- ' Die Mehrzahl der ^lessungeii stinnnt mit einer Jiixtai)Osition pa rallel ac; doch sind aucli einzelne Messungen vorhanden, nach weichen die beiden Individuen zueinander geneigt sind, so dass i : +6,1, =179°30' circa ist. Dies würde eine andere Juxtapositionsfläche oder eine Zwillings- bildung nach der Krystallaxe Y, oder nach der Fhichc <■ (001) erfordern. 302 S c h r a u f. duiim. Für beide Fälle liegen zahlreiche Messungen vor (vergl. Projeetiou Fig. 1). Krystall 10. Zwilling nach a, Juxtaposition nach ac (schein- bar nach h). Die Messungen (p. 23 u. 26) beziehen sich bereits auf denselben. Hier ist das rechte Zvvillingsindividuum zu be- stimmen (vergl. Fig. 7). Gere triclin r2r°43^ 'chii let prisni. I22°1n^ 97 59-5 97 19 30 42 31 4% 30 37-5 31 41/, 61 19-5 62 9 Krystall 3. Zwilling nach a, Juxtaposition parallel a. Der- selbe hat zahlreiche Lamellen parallel ac, welche alternativ ein- spiegeln (vergl. Fig. 9). Von den Pyramiden ist nur die Fläche K (212) sammt der begleitenden © ('31*3) einseitig ausgebildet. Auch durch k laufen Zwillingsstreifen. Der Winkel k: — e' zeigt die Verhältnisse der Juxtaposition an. Beobachtet Gerechn. (triclin) h : 77 ^r^l°2S^ ^l77°28^ ~m' :-= 74 10 74 15 1/3 7::—e'= 29 20 29 381/3 Ahnliche Juxtaposition erfordert die Messung am Krystall 1 vergl. p. 21, Fig. 3): beob. ;;e = 31°15' gerechn. (triclin) =30°53V2' Analoge Winkel 29^.,° uiid 31° sind auch an minder deut- lich entwickelten Krystallen häutig. Die Rücksichtnahme auf diese hat die Rechnung der (monoclinen) Winkeltabelle von p. 1 1 veranlasst. Auf dem HandstUcke der W. Üniv.-S. 2971 (vergl. p. IG) sitzt ein eigeuthümlicher Juxtapositiouszwilling nach a. Seine Gestalt wird durch Fig. 10 möglichst naturgetreu wiedergegeben. Es sind nur die Flächen 110 und 212 vorherrschend ausgebildet. Die in Fig. 7 immer noch schwach entwickelte Fläche e tritt vollkommen zurück. Dafür ist vollkommen scharf ein einsprin- gender Winkel parallel der Zone hc vorhanden. Der Krystall hat scheinbar fast pyramidalen Habitus. Der Krystall ward nicht .Miiicialo^isclie IJeobaclitunfi'cii V. 303 ;il)i;el»iocheii uiul daher ist die Fläclieiilte/eieliiuuiy- der Qua- dranten pr. willkürlicli. §. H». Die l-'lii eilen e an Z w i 1 1 i njj;-e n. Obiih'ieli die Fläehen e e' scheinbar die Gestalt des ]>ro- eliantit doniiniren, so gelang- es doch nicht, durch directe Mes- sunii' absolut yenauc AVcrthe für die Winkel re, me und ba zu erhalten. Die Flächen c sind in diesen Zonen immer durch die ijrosse Anzahl der Zwillingslamellen vollkommen gestört. Allein^ auch die Berücksichtigung dieser Zwillingsbildung bring-t keine bessere Übereinstimmung zwischen Beobachtung und Rechnung hervor. Z. B. : Krvstall ;5. Zone bee' he^= -73°25' gercchn. 7(j° 3' lteo= —77 13 7tJ IS 6 ('3 = 7G 45 Krystall lO, Zone bce c'c= •28°38' 6V = 27°39'5 Letztere Messung scheint mit der Juxtaposition parallel nc nicht zu stimmen und würde die Hypothese einer Zwillingsbil- diing nach der Krystallaxe Y unterstützen. Die obige Messung von ee' würde jedoch zu ihrer Erklärung b : Är = 180°58'5 oder //:c = 90°29'2 erfordern. Hiermit stimmen aber die früheren Messungen nicht, welche ergaben ic=l)0°8'10" und hieraus^ b:bY= 180°16'20'. Es bleibf nur noch der mögliche und wahrscheinliche Fall übrig, dass hier eine verschleierte Zwillingsbildung nach zwei Gesetzen auftritt. Hauptgesetz : Zwillingsbildung nach a, Juxta- position nach ac. 8ecundäre Zwillingsbildung eingeschobener Lamellen : Zwillingsbildung nach c (001) oder nach b (010), Juxtaposition parallel b. Letztere Annahme gäbe beispielsweise für den Krystall 10: beob. e'ec = 28°38 ' gerechn. e' : Cc' = 27°54 ' Jedenfalls lehren diese Messungen , dass zur absolut ge- nauen Bestimmung der Juxtapositionsfläche das bisher benutz- bare Material nicht genügt. 304 S c h r ii u f. Die aus den Pyramidenwinkeln abgeleiteten Werthe tür he und be' stimmen annähernd mit allen Messungen an einfachen Kiystallen des Brochantits. XXXIY. Brocliautit I. Typus; Fortsetzung-. Lichtgrüne Varietät h von Rezbanya. ßesume der Aerliältnisse des I. Typus. §. J. Die chemischen und para genetischen Verhält- nis s e der V a riet ä t h. Die lichtgrünen Brochantitkrystalle von Rezbanya sind Aveit häutiger als die dunkelschwarzen. Allein ihre Flächen sind weniger glänzend, ihre Form nicht so scharfkantig entwickelt. Dieselben sind, wie schon gelegentlich früher (p. 15) erwähnt, Jünger, als die Varietät a. Sie bilden fast durchwegs dicht be- setzte Drusen. Ihre Farbe erinnert schon an den bleihaltigen Caledonit. Trotzdem ist das Resultat der bisherigen Analysen von Werthheim in Peters 1. c. und von Magnus nicht voll- kommen genügend, um eine chemische Formel für dieselben mit Sicherheit annehmen zu können. Werthheim 1 gibt 65-59 Proc. CuO mit etwas PbOSO,; 17-54 Proc. SO3 an. Magnus 2 gibt 66-9 CuO, 1-04 PbO, 17-4 Proc. SO., an. Eine Probe '' mit U-02 Gr. auf irockcuem Wege * ergab mir '• 69-5 CuO, 13-3 HgO. 1 Obgleich Werthheiiu weder Farbe nocli llandstück seiner un- tersuchten Krystalle angibt, so ist doch aus der Paragenesis erkeiintlicli, dass dieselben vom Hof-Min.-Cab. 23/-/9 stammen. ^ Die von Magnus analysirteu Stücke gehören jedenfalls zu die- ser Varietät. Er sagt: „Brochantit von etwas dunklerer Farbe als Mala- chit. In Krusten." Vergl. folgende Seite. •' Etwas Malachit konnte nicht beseitigt werden. Dies in Rechnung gebracht, würde den KuptVrgehalt vielleicht unbedeutend vermindern, hingegen den auf Brochantit entfallenden Wassergehalt erhöhen. * Bei sehr kleinen Quantitäten der schwefelsauren Kupferoxyd- salze gelingt die Bestimmung des Wasser- und Kupfergehaltes genügend genau auf trockenem Wege durch snccessives Erhitzen bis zur Weissgluth im Platintiegel. Natürlich werden die zufällig dem CuO beigemengten Miiicriilo^i^isclit' ]>iMil);iclitmi.i;('ii \'. oOo Die ResuUntc der Aiuilyseii von Mn^iuis und Wertli- lieim, sowie die innige paragenetisclie Beziehung; dieser (6) Bro- ehantit-Varietät zu Linarit lassen vermuthen , dass die lichte caledonitähnliche Farbe der Krystalle eine Folge etwaigen Blei- gehaltes ist. Wie die mir vorliegenden Handstücke auf das deutlichste erkennen lassen , ist die Bildung dieser Brochantitstufen durch die Einwirkung von Kui)fervltriollösuHgen auf Cerussit einge- leitet worden. Einige ILindstücke beschreibe ich ausführlich. Handstück 23/29, Ilof-Min.-Cal). Auf qiiaizrcicher Unterlage sitzt Mennig mit eingesprengtem weissen Cerussit. Über dieser unteren .Schielit baut sich das Stück auf aus einem ziemlich regellosen bunten Wirrwarr von grünen Brochantitkru.sten, krystallinisch derben blauen glänzenden Linaritgruppen, thcils lichtgelbcn, thoils röthlichgclbem wismutlilialtenden Blcinicunig und bleihaltender Knpterscliwärze. An den Brochantit schlies- sen sich vorzüghch die kleineren Linaritpartien an. Einzelne trennen deutlich den Brochantit von den Bleimennigen. Linarit entstand zuerst aus der zuträufelnden SOgCuO-Lösung, welche erst später immer reicher au CuO ward, bis die für Brochantit nöthige Sättigungsstufe eintrat. Die Krystalle vom Brochantit an diesem Handstücke sind tafelför- mig, parallel der Axe A' bedeutend verlängert, so dass sie selbst 3 Mil- lim. in dieser Längendimension erreichen. Die Pyramidenflächen sind schlecht entwickelt, die Prisnienzone weist zahlreiche Streifungen und Kepctitionen auf Krystall 29 stammt von diesem Handstück. Handstück 23/55, Hof-Min.-Cab., bietet noch zahlreicheres parage- netisches DetaU zwischen Brochantit und Linarit dar. Die Unterlage bil- det derber körniger Cerussit, der durch Ocher gelb gefärbt ist und lose Quarzkrystalle einschliesst. Brochantit und Linarit durchziehen unregel- mässig das Innere des Stückes. Nach aussenhin treten die Drusenräume halb geöffnet dem Beschauer entgegen. In der Mitte der Oberfläciie sind Bestandtheile entweder mitgewogen oder verflüchtigt. Wie schon Mas kelyne angedeutet, so zeigte auch mein Versuch ein successives, nach Äquivalenten 1:3: 7 — 8 fortschreitendes Entweichen des HgO bei zu- nehmender Erhitzung. Dass bei starker Weissgluth CuO ohne wägbare Spur von Säure zurückbleibt, haben Bert hier und Field (1. c.) angege- ben. Letzterer verwendete auch diese Methode zu Controlversuchen. ä Mit den Resultaten für CuO nach Magnus stimmt die Zahl 65- 6, welche Werthheim erhalten hat, während meine Zahl für die Varietät li höher ist, und den Mittelwertlien .aller Brochantitanalysen nahe kommt. Wechselt die zufällige Beimengung? Werthheiia gibt als S(dche Blei. Zink, Wismuth, Eisen an. 306 S c h r ;i u f. durch die einstige Wirkung der zufliessenden Kupfervitriollösung meh- rere grosse Vertiefungen entstanden. Zu unterst, dem Blei zugewendet, liegt als ältestes Glied der Linarit. Auf denselben folgen lichtgrüne Kry- stalle von Brochantit in Krusten verwachsen oder sehr enge aneinander sitzend. Die rechte Seite dieser Stelle wird durch Malachit überzogen, der eine wellenförmige Kruste, gebildet aus kurzen feinen Nadeln, bil- det. Er gleicht Sammt oder Rasen. Dieser Malachit ist etwas jünger wie Brochantit, weil einzelne Krystalle des letzteren von Malachit par- tiell überdeckt sind. Wo aber Brochantit mit Malachit in Berührung kommt, wird die Farbe des Brochantit merklich dunkelgrün i. Auch auf den Untertheil des Handstückes treten die Beziehungen von Brochantit zu Linarit deutlich hervor. Eine kleine Geode zeigt im Innern Brochantit , der ringsum von älterem Linarit umgeben ist. In einem anderen Falle ist scheinbar Brochantit das umgebende Mineral; in der Wirklichkeit gestaltet sich hier die Paragenesis genau wie frü- her. Eine kleine im Centrum befindliche Ocherkugel ist nämlich der Kern der Bildung , um welche sich zuerst Linarit und dann Brochantit ange- setzt hat. Von diesem Handstücke stammen die Krystalle 20 — 25. In den Sammlungen Pest's sind zahlreiche Handstücke dieser Varie- tät b vorhanden. Exemplare dieser Art, meist mit gleichen (wie oben) paragenetischen Beziehungen zu Linarit und Bleiocher habe ich in den Sammlungen des Herrn Fauser; im Fester Nationalmuseum (unter Lob- kowitz Sammlung, 115/ 1 und 115/2, sowie unter Szaybely, Nr. 3i4 und 342 ") •, in der Universitäts-Schausammlung (unter A. F. 853) gefunden. Zwei Exemphire (Nr. 342, 853?) hat Peters (1. c. p. 165, Alinea 2—3) erwähnt. Ich fand, dass Nr. 853 zwei verschiedene Brochantitgenera- tionen zeigt ; diese sind auf Ober- und Untertheil des Handstückes ver- theilt, aber beide gehören der Varietät b an. — Paragenetisch merkwür- diger ist Nr. 342, indem auf diesem Stücke zwei Brochantittypen zur Ausbildung gelangt sind. Es bildet nämlich die Varietät b, Typus I, Kry- stallgruppen auf einer Krystallkruste von Brochantit des 4. Typus (vergl. später p. G8). An diesem Handstücke bildet ChrysocoUa den Haupt- bestandlheil des Muttergesteins. Krystalle dieser liclitgrünen Varietät b bilden auch die reichen Bro- chantitkrusten auf dem Handstücke 2971 Wien. Univ.-S. Letzteres ward bereits früher (p. 16j beschrieben , indem auf demselben auch einige Krystalle der Varietät a vorkommen. Krystalle von lichter Farbe unserer Varietät b wurden von diesem Handstücke nicht gemessen. Ein kleiner 1 Ich erinnere, dass auch die schwarzgrünen Brochantite I.Typ., Var. a (vergl. früher) nur mit Malachit vorkommen. 2 Die Originaletiquette dieses unzweifelhaft von Kezbanya stam- menden Stückes gibt fälschlich den Fundort Neu-Moldowa an. (Seh rauf.) Mineralogische Beobachtungen V. 307 in der Mitte sitzender Krystall zeigt auf den Flächen ee' gegen 25 Zwil- liiigsstreifen, entsprechend einer vollkommen plagioklastischen Zwillings- bildunsr. §. 2. Messungen. Die differirenden paragenetischen * Verhältnisse der lichten Brochantite, sowie deren ganz abweichende Färbung erweckt die Vermuthung , dass auch mor))liologische Diiferenzen zwi- schen dieser Varietät h und der schwarzen Varietät a vorhan- den seien. Das Handstück 23/29, auf welches Brochantit am innigsten mit Blei verquickt ist, liefert leider nur unbrauchbare Krystalle, z. B. Nr. 129. Das Handstück 23/55 zeigt wieder nur dort die best reflectirenden Krystalle , wo dieselben vom Linarit durch eine etwas dickere Schicht derben Brochantit getrennt sind. Sicher ist , dass die Krystalle um so weniger zur Messung tauglich sind, je lichter dieselben sind. Ob letzteres eine Folge einer Beimengung ist, wage ich nicht zu entscheiden -. Die Krystalle , welche ich untersucht habe , sind durch- schnittlich 1 — l'/g Millim. gross, und haben einen mittleren Aus- bildungsfehler (vergl. Nr. XLI, p. 86) von 4 — 10 Minuten. Viel- fache Zwillingscombinationen treten auf. Ohne dem Resultate einer genauen Vergleichung dieser lichten Brochantite mit der in der vorigen Nummer besprochenen dunklen Varietät a vorzu- greifen, kann ich doch schon hier bemerken, dass die bisheri- gen Rechnungen genügen, um die Flächenlage sicherzustellen. Ich erwähne im Folgenden die wichtigsten Daten : Krystall 23 , gebildet von den Flächen m und e (vergl. Fig. 11). In der Mitte ist der Krystall durch eingeschobene 1 Die von Magnus analysirten .Stücke sind jedenfalls hieher zu rechnen. Seine Handstücke zeigten: „Krystallirten Brochantit von etwas dunklerer Farbe wie Malaciiit. Er kommt vor mit Malachit und Kupfer- lasur (ob nicht LinaiitV Sehr auf) auf einem Bleiganz, der ganz mit liothkupfererz gemengt ist und sehr stark selenhaltig ist. Der Brochan- tit sitzt in ganz dünnen Krusten auf. Fundort ist Siebenbürgen, liezbanya fraglich." 2 Einige kleine lichte Krystallsplitter ergaben mir wohl Bleireactio- nen, andere hingegen zeigten dieselben nicht. Sitzb. (1 mathem.-naturw. Cl. LXVII. Bd. I. Abth. *2l 308 S c h r a u f. Zwillingslamellen gestreift. Die Fläclie — e ist glänzend; e' min- der deutlich ; mm parallel den Kanten stark gestreift. Beobachtet —e:e'= 27 "35' Gew V* ^^ Gerechn. (triclin 27°39'5 .fn:—e= 81 32 % 81 26 .m:-e= 98 22 V4 90 21-2 m : — in = 76 50 79 76 43-6 Nach dieser Messung ist Krystall 23 ein Zwilling nach «(100) mit Juxtaposition zweier nahe gleich entwickelter Individuen. Bei den nachfolgenden Krystallen tritt zu der Juxtaposition parallel der Zone (fc noch die Juxtaposition parallel a. Letztere^ bei der früheren Varietät (vergl. p. 27 und 28) auf Ausnahmsfälle beschränkt, ist hier fast an allen Krystallen durch Messung nach- weisbar. Dadurch werden die Winkel der Pyramiden in der Zone ae verzerrt. Sie begründen scheinbar eine andere (mono- cline) Krystallform (vergl. Projection, Fig. 2) ^ Krystall 25. Derselbe, 1 Millim. gross, von tafelförmiger Gestalt, hat eine stark gestreifte Prismenzone, dann die Domen e' e' und die Pyramidenfläche p' entwickelt. Die Fläche e' zeigt in der Zone ae eine deutliche Krümmung nach aussen, aber ohne scharfen Reflex (vergl. Fig. 12): —b : e' = Beobachtet 76°22' Gerechn. (triclin) 76° 3 ' e' : — e' = 1 40 1 10 e :p' = 80 10 30 30 — 1-':/ = 31 50 31 40 Die rechte Hälfte zeigt Juxtaposition nach «; die linke Hälfte des Krystalls ist durch Zwillingslamellen parallel der Zone ac (gewöhnliche Juxtaposition) gestreift. Um die morphologischen Verhältnisse bei der Juxtaposition nach a deutlich sichtbar zu machen, habe ich Fig. 12« schema- tisch construirt. Diese enthält zugleich alle am Brochantit von Rezbanya, Typus I, vorkommenden Flächen. Krystall 21, 1 Millim. gross, plattenförmig (Fig. 13). Die Flächen der Prismenzone sind mit wenigen Ausnahmen für 1 Vergl. §. 9, p. 28 Mitte, Nr. XXXIII. MincM-jilogisclie Hoobaclitiinj^en V. 309 genaue Messiingcmi ntaujilicli. Die Fläclien c' — e' l)il(leii in der Zone (u- einen ausspringenden Winkel in Folge der Jnxtaposition naeli «(100). Die rechte Hälfte gehört dem normalen Individuum an, während die linke Hälfte aus drei Lamellen zusammen- gesetzt sein nuiss. B( L^obachtct Gerechnet r'^ — 1°30' — 1°21'6 ;• = 0 0 m = 19 50 19 42-1 — t: = 0 0 e' = 29 3(» 29 38 — e' = 31 12 30 48 / = (31 20 61 18 -f:m = 58 20 58 24 cm ^ !I8 13 98 21-3 Der ausspringende Winkel e' —e' erlaubt, die Bedeutung der erhaltenen Messungen sicherzustellen. In manchen anderen Fäl- len ist ein solcher ausspringender Winkel nicht vorhanden. Dies geschieht, wenn eine Lamelle von e oder e' lang entwickelt ist, während die zweite gegen dieselbe zurücktritt. In einem solchen Falle scheint der Krystall einfach zu sein, und ein ganz anderes (monoclincs) Parametersystem zu haben. Ein Beispiel für complicirte Zwillingsbildung nach mehr- fachen Gesetzen liefert Krystall 20 (vergl. Fig. 14). Derselbe ist ly., Millini. gross und an seinem Obertheile vollflächig (?ntwickelt. Die gemessenen Winkeln für die Flächen /', f stimmen mit den aus den Indices folgenden Werthen ^ Die Winkel für die Prismenzone gebe ich (um Repetitionen zu ver- meiden) im nachfolgenden Paragraphe. Die rechte Hälfte zeigt auf e mehrere Zwillingsstreifen , auch in der Zone be einen ein- springenden Winkel. Die Pyramiden der rechten Seite sind un- vollkommen entwickelt, schärfer messbar jene der linken Hälfte (vergl. Projection, Fig. 1). * Die J'läolien f, (p sind fast an jedem Brochantit von Rezbanya, Typus I, als secundäre Nebenflächen der Pyramide ;;- vorhanden. 21* 310 Seh rauf. 1= V — TT = Beobachtet 0° Gerechn. (triclin) 0° ' 31 28' 31 40' 61 18 61 18 b:-p' = —78 48 —78 35-5 — m : — p' = 73 30 73 34-5 m: — K = 58 18 58 24 — ;•' : —v' ^ 83 20 83 38 Hieraus ersieht man, dass die scheinbar ganz einfache, zu- sammengehörende, TjOxiq p' e' TZ ebenfalls durch Zwillingsbildung und zwar durch Juxtaposition parallel a gestört sein muss. e' gehört dem normalen Individuum an, gegen welches die Zwil- lingslamelle von — e verkümmert entwickelt ist und daher der Beobachtung sich entzieht. Die Verliältnisse der Domenzone sind im Nachfolgenden noch genauer discutirt. §. 3. Verschleierte Zwillinge. Fragliche Zwillinge nach c. Die Winkel in der Prismen- und Domenzone des eben be- sprochenen Krystalls 20 erfordern zu ihrer Erklärung eine genaue Bestimmung der einzelnen Zwillingslamellen (vergl. Fig. 14). Aus zahlreichen Lamellen muss der Krystall zusam- mengesetzt sein, denn fast jede grössere Fläche gibt mehrfache Reflexe : Beobachtet Gerechn. (triclin) — /// = 19 4 ' 19 4 — m = 96 circa 95 4 1 — b = 148 circa 147 39-7 1 r= 178 25 178 36-2 r' = 179 48 180 * mV = 197 30 197 9 1 ma= 198 35 198 20-5 m'= 198 52 199 4 m'= 274 34 274 20-3 \ ;/j= 275 15 275 4 ie= 76 35 76 18 * 6«;= 76 5 76 3 * m'^; = 98 45 98 57 m'e = 98 1 98.12 r':-c'= 100 40 101 17-5 Mineralogische Beobachtungen V. 311 Die mit * bezeichneten Winkel sind nur daini verstündlich, wenn man sie von einer Zwillinj^-shiklun^ nach r(()Ul) mit Jiixta- position nach />»(()10) ableitet. Für m\ muss ba als Jiixtaposi- tionsflächc angenommen werden ^ Die Winkel i'iir bfn'r und be'^ Hessen sich wohl auch von einer Zwillingsbildunj? nach b (010) selbst ableiten. Mit letzterer ist jedoch der Winkel m'e\ nicht in Einklang zu bringen. — Zwischen e und e'^ ist ein einspringender Winkel schon mit freiem Auge in der Zone be wahrnehmbar. Die einlache Zwillingsbildung nach a (^100) vermag einen sol- chen nicht zu erklcären. Ebenso ist es aber auch unmöglich , mit Zugrundelegung eines anderen Zwillingsgesetzes den lamellaren Bau dieser Brochantite zu entziffern. Die Messungen an den Hrochantiten erlauben nämlich anzu- nehmen, je nach den Zonen, in denen sie geschehen, für die Zone ab Zwillinge nach a oder nach Axe 1'; „ „ ,. ae „ „ a, aber nicht nach F; „ „ „ bc ,, „ c (mit Juxtaposition nach b) oder nach Axe 1' (letzteres frag- lich). Die Beobachtungen lehren ferner ^ die Existenz von ver- schleierten Zwillingen, bei welchen das Hauptgesetz wohl die Gestalt bestimmt, aber Lamellen nach einem secundären Gesetze eingeschaltet sind. Nur durch die Annahme einer solchen com- l)inirten Zwillingsbildung vermag man die Formen des Brochantit zu erklären. Hauptgesetz der Zwillingsbildung ist: „Drehungsaxe „senkrecht auf ^^(100); secundäreZwillingsaxe ist dann die Nor- „male auf c(OOl). Die Juxtaposition erfolgt im ersten Falle parai- 1 Auch die Broohaiitite Varietät n führten zu demselben Gesetz: Nr. XXXIII, §. 10, p. 29, Diseussion des Krystalls 10. 2 Bei Albit lassen meine Messungen auch die Existenz solcher ver- schleierter Zwillinge erkennen. Dieselben bestehen aus einem primären Zwillinge nach (010) , welcher Zwillingslaraellen nach 100 (mit Drehungs- axe senkrecht auf ä) interponirt enthält. Es können manche scheinbar un- regelniässige Winkel der Prismenzone ^Messungen : Kose, Neumann, Eath) Folge solcher versteckter Zwillingsfonnen sein. Ich gedenke einige Notizen in einer späteren Reihe zu veröffentlichen. 312 Seh rauf. „lel der Zone ac oder der Fläche a selbst; im zweiten Falle * ist „die Fläche b Juxtapositionsfläche.^' Es wäre nicht unmöglich, statt den Normalen auf die Flä- chen, die Krystallaxen XYZ selbst als Drehungsaxen annehmen zu wollen. Wie ich schon p.27 u. 37 erwähnt, liefert eine solche Annahme für manche J^'älle vollkommen richtige Eesultate. Alle bisher gemachten Beobachtungen durch sie zu erklären, gelingt jedoch nicht. Nur die obigen zwei Gesetze für die Zwillingsbil- dung des Rrochantit genügen vorläutig * den Beobachtungen. §. 4, Vergleich der morphologischen Verhältnisse von Varietät b mit Varietät a. Präcision derPara- m e t e r b e s t i m m u n g für de n 'l' y p u s I. Die Mehrzahl aller, an den Brochantitkrjstallen dieser licht- grünen Varietät b gemachten Messungen stimmt weit innerhalb der Fehlergrenzen mit den für die schwarze Varietät (i gelten- den Zahlen überein. Die Vergleiehung der beobachteten und gerechneten Zahlenreihen in den §§. 2 — 3 gibt keinen Grund, für die lichte Varietät b ein besonderes Parametersystem zu be- rechnen. Geringe Differenzen scheinen nur in den Axenwinkeln £, -n vorzukommen; doch diese nicht direct beobachteten Win- kel sind ja auch für Varietät n nur aus sehr wenigen Messungen (daher vielleicht etwas ungenau) ableitbar gewesen. Überhaupt treten bei dieser Varietät, genau so wie bei der früher bespro- chenen, gerade die grössten Variationen in der Zone bee' auf. Die Zwillingsgesetze sind ebenfalls für beide Varietäten gleich; die plagioklastische Bildung tritt bei der lichten Varietät deutlicher hervor. Der Unterschied der paragenetischen Bildung hat deshalb auf die morphologischen Werthe geringen Eintluss genommen. Seinen grössten Einfluss hat er auf die Färbung gehabt. Ob 1 Der in vorhergehender Nummer p. 87 beschriebene Zwilling nach i(OlO) kann auch als Zwilling nach cfOOl) angenommen werden, da keine Domen messbar waren. 2 Wibel beobachtete am künstlichen Brochantit Kreuzzwillinge (ähnlich Harmotora) ; ich konnte an Brochantiten dieses Typus I keine so gearteten Zwillinge finden. Mineralogische Beobachtungen V. 313 zufällige Beimengungen von Blei, oder grösserer Wassergehalt vorhanden, muss noch als zweifelhaft angesehen werden. Die chemische Constitution beider Varietäten ist nur unvollkommen bekannt. Nachdem durch diese Erwägungen für beide Varietäten des Brochantit von Rezbanya, Typus I, Gleichheit der Form inner- halb enger Grenzen sichergestellt ist, erlaubt eine Zusammen- stellung von Messung und Rechnung die Präcision ' zu ermit- teln, welche dem triclinen Parametersystem von Typus I, Var. a gegenüber einem hypothetischen monoclinen oder prismatischen Axenverhältniss zukommt. Kryst. Nr. Gew. Fläche beob. ger. : (tricl.) (monocl.) (prismat.) 110 V* r'm' 19* ' 0' 19° 4' 19°23'8 19''23' 1 0 20 1 V4 4 V9 n n n nn 19 19 19 19 9 3 4 58 n n r> 19 42 '5' n n 19 23-2 n n 19 23 1 'A mm' 75 43 76 0 75 5' -5 75 56 5 10 4 4 1 1 n n rr' 76 —76 -65 0 2 12 n n 65 13 55 65 20 n 65 18 110 % hm —52 45 52 35 50 52 3-3 52 2 5 Vs bm' 51 41 51 24 10 n » 21 1 rr\ 1 30 1 21 45 0 0 20 1 ■n 1 23 n 0 0 21 1^ mnia 0 45 0 43 45 0 0 20 1* n 0 45 n 0 0 •4 1 rr'b 0 31 0 33 45 0 0 4 1 r'r'ö —64 51 —64 40 20 65 20 65 18 4 1 rfb —65 43 —65 47 30 65 20 65 18 1 1 mp 58 11 58 7 ;: = = 58 13-5 57 56-6 5 1 rp 63 38 63 36 „ 63 36-8 63 23 5 1 m'p 73 48 73 45 30 73 50-5 73 33-6 1 V9 rt 74 5 n » n 1 Vergl.Nr.XLI, entspricht 4^i = 4:l: = 1 gesetzt. p. V4 85). Dem Ausbildungsfehler i!z-^=l'; 2' d. h. das Gewicht für + A = •,4';6-, 10 1 ist auch 314 Seh rauf. Kryst. %i Nr. Gew. Fläche beob. ger.: (tricl.) (monocl.) (prismat.) 5 1 r'p 83 42 83 43 • 5 „ 83 57 83 45 1 'A . 83 51 2 1/4 m'p' 57 45 57 40 j9 = 5739-5 5756-3 Mittl. Gewicht einer Beob. Mittl. Fehler i aus dem mittl. Ge- ^''' '"'''' /""* wicht gerechnet für eine Beob. der betreffenden Reihe .... 0'575 4429 4 '134 Relative Präcision des Resultates . 0-8305 0-1155 01153 Die obigen Zahlencoluranen zeigen , dass die Differenzen zwischen den Beobachtungen und den monoclin oder prisma- tisch angenommenen Winkeln in einzelnen Fällen nicht gross sind. Dies erklärt auch die bisherige Hypothese: dass Brochan- tit prismatisch krystallisirt. Die Präcision für die Hypothese eines triclinen Parameter- systems ist aber achtfach grösser, als für die anderen Annahmen. Hiedurch ist das Axenverhältniss des Brochantit, Typus I, von Kezbanya definitiv bestimmt. Die Varietäten a und b stimmen innerhalb der zulässigen Beobachtungsfehler mit einander überein. §. 5. Optische Verhältnisse. Die leichte Spaltbarkeit des Brochantit parallel 6 (010) lie- fert unmittelbar passende Platten zu stauroskopischen Beobach- tungen. Den krystallographischen Messungen sollte — aller Wahrscheinlichkeit nach ^ — eine asymmetrische Lage der Hauptschwingungsebene entsprechen. Die Beobachtungen erga- ben jedoch , dass (in der zu b parallelen Ebene) die Haupt- schwingungen nahe parallel den Krystallaxen XZ erfolgen ^. Es 1 Wären alle Gewichte gleich 1 gesetzt, so wäre der mittlere Fehler der 1. Reihe =1'01. 2 Bei einer geringen Anzahl monocliner Substanzen sind die Haupt- schwingungsrichtungen parallel scheinbar prismatischen Axen : z. B. Broo- kit, Kaluszit, Luteocobaltchlorid. 8 Der Winkel der triclinen Krystallaxen A'Z weicht nur 1/2° von dem rechten Winkel prismatischer Axen ab. Bei so kleinen, unter dem Mineralogische Reobaclitiiii'^on V. 315 ist (lies eine optische Symmetrie , auf Grund welcher man die Hypothese eines prismatischen Krystallsystems aufrecht erhal- ten könnte. Diese stauroskopischen Beobachtungen verlieren jedoch viel von ihrem Gewichte, wenn man sich an die Zwillingsbil- dung des Brochantit erinnert. Die plagiokhistische Bildung mit Zwillingen nach a (100) ist vorherrschend. Diese Zwillinge müssen aber im Stauroscoj) ein fixes (Kobcll-)Kreuz zeigen, weil die Wirkungen zweier auf einander folgender Lamellen sich immer neutralisiren , und die resultirende Schwingungsrichtung l)arallel der Axe Z sein muss. Da meine Versuche bisher scheiterten, eine wirklich durch ]\Iessung als homogen constatirte Platte für die optische Unter- suchung verwenden zu können, so sind zwei Fälle möglich: 1. der Brochantit zeigt die Erscheinung des tixen Kreuzes, oder 2. die Hauptschwingungen sind in der Ebene h (010) den Axen XZ parallel. Der Austritt optischer Axen konnte nicht beobachtet werden. XXXY. Brochaiitite von Russlaud und CornwaH ; Typus I. §. 1 . Brochantit v o n G u m e s c h e f s k u n d d i e V a r i e t ä t a von N i s c h n e T a g i 1 s k. Unter den Brochantiten zahlreicher Fundorte sind die Kry- stalle vom Ural die am längsten ])ekannten. Sie sind auch die einzigen, für welche bisher krystallographische Bestimmungen vorlagen. Mit Rücksicht auf die in der vorhergehenden Nummer enthaltenen Winkeln ist es möglich, sie den Krystallen von Rez- banya anzuscliliessen. Durch Rose und Kokscharow sind die paragenetischen Verhältnisse, unter welchen diese Brochantitkrystalle vorkom- Mikroskop gemessenen Platten ist die Genauigkeit der stauroscopischen Beobachtungen nur ±1°, daher eine etwaige geringe Diti'erenz nicht merk- bar, aber auch unwesentlich. 316 Schrauf. men, bestimmt worden. Nach letzterem Autor führe ich die Pa- ragenese an. Meine Beobachtungen stimmen hiermit übereiu. In der Kupfergrube Gumeschefsk findet sich der Brochantit in klei- nen smaragdgrünen glänzenden Krystallen , die auf kleinen derben Par- tien und auf Rothkupfererz aufgewachsen sind. Sie sind gewöhnlich zu Drusen vereinigt, bekleiden die Wände der Höhlungen des Gesteins und kommen im Allgemeinen sehr selten vor. Die grössten Brochantitkry- stalle haben ungefähr 5 Millim. in der Richtung der Verticalaxe und un- gefähr 3 — 4 Millim. in der Richtung der Makrodiagonalen. In der Kupfergrube Nische-Tagilsk kommt der Brochantit krystal- lisirt auf Rothkupfererz vor. Die Krystallflächen i bieten dieselben (nach Kokscharow) Eigenschaften dar, wie die von der vorhergehenden Lo- calität. Die Krystalle selbst sind bisweilen tafelförmig, und kommen auch vereinzelt, sowie mit kleinen nadeiförmigen Malachit vermischt vor. Nach Rose ist die Härte 3*5 und die Dichte 3-9069. Die Form dieser russischen Brochantite ist mit der einfach- sten Gestalt der Krystalle von Kezbanya ident. Beobachtet wurde sowohl von Rose und Kokscharow als auch von mir die Flächen ooPoo, ooP, ocP2, Poo. Diesen entsprechen die Buchstaben b, m, r, e (Schrauf) (vergl. Fig. 8). Die Flächen (m) und (r) sind immer stark, die Flächen (Z>) schwach gestreift; blos in seltenen Fällen kommen (nach Kokscharow) diese Flächen ohne Streifungen vor. Die Flächen {e) sind ihrerseits fast immer mehr oder weniger gewölbt. Aus allen diesen Ur- sachen hat schon Kokscharow die Schwierigkeiten genauer Messungen hervorgehoben. Der Mangel von Pyramidenflächen an diesen russischen Krystallen hinderte die oben genannten Forscher jedenfalls an einer detaillirten Erforschung des Krystallsystems. Sie betrach- ten die Krystalle als prismatisch, und zwar mit einigem Rechte, da sich die gemessenen Winkel ziemlich gut mit diesem Systeme vereinen lassen ^. Bekanntlich imitiren ja die Zwillinge der asymmetrischen Systeme durchweg die Form prismatischer Kry- stalle. Eine Entscheidung wird dann schwierig, wenn nicht alle 1 Eine andere Varietät h von Nischne-Tagilsk wird von mir unter Typus III beschrieben. - Vergl. die Gegenüberstellung der Winkel auch in der vorhergehen- den Nunmier, p. 39. Miiu'ral(»f17 Winkel Eines Krystalls, sondern die "Winkel mehrerer Krystnlle — wie dies Kokscharow versuchte — eombinirt werden. Trotzdem unterscheiden sieh die Angaben Rose's und Kokscharow's in einzelnen Winkeln. Ihre Differenzen erklärt jedoch ein Vergleich mit den von mir angegebenen (triclinen) Winkeln: Gemessen : Kokscliarow Kose üereclin. (triclin) Schrauf ooPoo: Pco 75°5ü' oo/'oo: i'ao 76° IS '4.')' ooP : oo/* 75 2G ooP -.ool' 70 50 oo/'oo:oo/»2 32 52 oo/'2 : /'oo 78 32 2 Berücksichtigt man , dass Zwillingscombinationen und Streifungen auch hier vorhanden sind; so ist die Übereinstim- mung zwischen den beobachteten und gerechneten (triclin, Ty- pus I) AVinkeln genügend. Meine Messungen an unvollkonnnen glänzenden Krystallen von Gumeschefsk führten zu ähnlichen Re- sultaten. Man darf daher mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass die Brochantite von Gumeschefsk gleiches morphologisches Parametersystem wie die Brochantite, Typus I, von Rezbanya haben. Die obige Vergleichstabelle lässt auch die Differenzen zwi- schen den Messungen Rose's und Kokscharow's in anderem Lichte erseheinen. Es sind nicht Beobachtungsfehler, die hier ins Spiel treten , sondern wahrscheinlich Messungen an ver- schiedenen Zwillingskanten , die naturgemäss differiren. So stimmt die Messung Rose's mit unserem e' , während Kok- scharow unseren Winkel be angibt. Aus dem Winkel ee =27°12' Kokscharow's Hesse sich schliessen, dass auch ihm Zwillinge nach 6' (001") (vergl. p. !:9") vorgelegen sind. Die Mes- sungen des Prisma zeigen deutlich das Vorkommen von Zwillin- gen nach a. Diese russischen Brochantite sind daher denjenigen von Rezbanya (Var. a und h) in ihrem morphologischen Baue ähnlich. 318 Seh rauf. §.2. Brochantite von Retlruth, Cornwall. Die Messungen , welche ich an Rrochantitkrystallen von Redruth anstellen konnte, sind nur annähernde Bestimmungen. Der Habitus der Krystalle dieses Fundortes ist dem der Bro- chantite von Rezbanya ähnlich. Ich betrachte daher diese Bro- chantite von Redruth als Varietäten des I. Typus. Vorgelegen sind mir Handstücke dieses Fundortes, welche nicht blos verschiedene Paragenesis, sondern auch verschiedene Formen zeigen ^ a) Das Handstück H.-M-.C. 1/1234 (1849) wird gebildet durch einen unregehnässigen Brocken von Chrysocolhi. Auf demselben sitzt eine Kruste wirr durcheinandergewachsener Brochantitkrystalle. In den Zwi- schenräumen der Krystallgruppen sind geringe Reste eines Ziegelerzes wahrnehmbar. Die Krystalle haben den gewöhnlichen Habitus mit den Flächen bme. Sie sind matt, sehr stark gestreift, die Spaltungsfläche b deutlich sichtbar ; Pyramidenflächen nicht beobachtet. Ihre Grösse ist circa 2 Millim. Die Farbe ist dunkel graugrün bis grün, ähnlich der Farbe der Varietät b von Rezbanya. b) Etwas verschiedene Paragenesis gegen die eben beschriebene zeigt das zweite Handstück dieser Localität (H.-M.-C. 11/1025 [1849J). Die Form des Handstückes gleicht dem Ende eines Stalaktiten. Das kleine Stück ist ringsum dicht mit Brochantit besetzt, deren Abstände mit Zie- gelerz ausgefüllt sind. Graugrüner Malachit bildet eine kleine seitliche Partie. Die Krystalle an dem Handstücke b sind schwärzlich grün und glän- zend; ihre JV)rm ist der Mehrzahl nach einfach. Die Spaltungsfläche b ist deutlich sichtbar, m sehr stark gestreift, e ganz unregelmässig krumm. Die Krystalle sind 2—3 Millim. gross und oft plattenförmig entwickelt.' Einzelne ungewöhnliche Combinationen und Zwillingsformen sind an die- sem Handstücke (Krystall 6 und 8) beobachtet worden. Die Messungen sind an einzelnen Krystallen theils mit einem einfachen Wollaston'schen Goniometer, theils mit dem vollkommen adjustirten Reflexionsgoniometer (2 Fernrohre) mehrmals repetirt worden. Die Flächenreflexe sind aber so un- deutlich, dass sie nur benutzt werden können, um die Indices sicherzustellen. Zur Rechnung eines Parametersystems sind dieselben untauglich, umsomehr, da neue Flächen vorliegen. 1 Über die Handstücke, welche Brochantit mit Langit zeigen, vergl. Note 1, p. 58. Mineralogische Beobaclitiiiigcn V. 319 Zur Ermittliiii^^ der Flächensymbole benutze ieli nicht die Zahlen des triclinen Systems, sondern die Winkel der niouo- clinen Tabelle, welche zur Indexbestimniun^ gentigend ^enau ist (vergl. Projection, Fig. 2). Krystall G. Von diesem ly^, Millim. grossen Krystalle ist der obere vordere Theil entwickelt. Neben den Flächen h, m, e treten die neuen gckriimniten Pvruniidentlächen /, o auf (vergl. Fig. 15). Beobaclitc't Gerechn. (monocl.) . — _- ■ -_— — -, - />fii = ö2y^° bm = 52° 3' 2 fe = 2G ee = 27 10 hl = (w; bt = 68 37-5 iiit = -^^V, nit = 32 37-5 te = 571/3 et = 54 26-8 oo' ^ 26 00' = 26 4 CO = 18 oc = 16 43 int' = G2i/o mt' = 66 48 Obgleich die Übereinstimmung dieser beiden Zahlenreihen nicht gut ist , so können doch vorläufig die (monoclincn) Indices ^==582 = 1^1 o=n2 = \P angenommen werden. Natürlich entscheiden die obigen Messun- gen weder über die Lage der Pyramide in positiven oder nega- tiven Quadranten, noch über die Realität eines monoclincn oder triclinen Parametersystems. Krystatl 8 , Zwilling. Derselbe ist plattenförmig ; sein Obertheil ist entwickelt, der Untertheil war aufgewachsen. Die Gestalt wird durch die Flächen h und m dominirt. Scheinbar be- grenzt den oberen Theil ein nach der Mitte zu einwärts gekrümm- tes Flächeupaar e. Genauere Untersuchung lässt jedoch eine Zwillingsbildung ^ mit Juxtaposition parallel a erkennen. Der einspringende Winkel hat beträchtlichen Werth. Derselbe ist von Pyramidentlächen gebildet, welche hornartig das vordere und hintere Ende der Kante m/m überhöhen (vergl. Fig. 16). 1 Vergl. die Zwillinge von Rezbanya mit ausspringendem e'e, p. 34. 320 Sehr au f. Beobachtet Gerechn. (monocl. a'/;/ = 78 (jin = 78° . 77 } oni = 11°2>i' im = 97 98 Qllt = 94 8V o' m = 90 /^c7= 77 Ä(7= 76 29 «7ä'= 13 (7:ä'= 10 26 a -.a' = ''Ib <7:5-'=r 29 27 Obgleich der (monocline) Index (j=rl36 = |P3 der Beob- achtung nicht vollkommen genügt , so ist es doch vergeblich, auf Grund der schwankenden Messungen genauere Indices ab- leiten zu wollen. Der vorliegende Krystall dient aber jedenfalls zum Beweise, dass Zwillings- und Juxtapositionsbildung nach a (100) beim Brochantit verschiedener Localitäten auftritt. Ob der vorliegende Krystall ein Vierlingskrystall , ob positiven oder negativen Qua- dranten die Pyramidenflächen angehören, darüber verw^eigert die Krümmung der Flächen jede Bestimmung. Auf trockenem Wege habe ich den CuO-Gehalt zu bestim men gesucht. Die angewendete Menge von 0-0058 Milligr, wog nach intensivem Glühen 0-0041, entsprechend einem CuO-Ge- halte von 70 -G Proc. Da an den angew^endeten Fragmenten kleine Ziegelerzpartikelchen untrennbar anhafteten, dieselben aber beim Glühen nicht gleichen procentualen Gewichtsverlust wie Brochantit erleiden, so entspricht eigentlich dem Gesammt- verlust ein etwas geringerer CuO-Gehalt des Brochantit als 70-6 Proc. Meiner Schätzung des Gewichtes des beigemengten Ziegelerzes, etwa 3 Proc, nach, entfiele etwa auf den Brochan- tit dieser Localität ein CuO-Gehalt von 69-9 Proc. CuO. Diese Zahl mag die untere, die frühere die obere Grenze dieser Be- stimmung sein. Mineralogische lieobaclitiingen V. 321 XXXVI. Anhangs zu Kroch aiitit,, Typus I. ruvollkonnnou bestiiiiiute Miueralicu diverser Fundorte: Nassau, Islaud, Mexiko, Chili, Arizona, Siränowsk, Saszka, Neu-Südwales, Cumberland, Zellerfeld — und künstlich erzeugte Sub- stanzen. §. 1. Unvollkommen bestimmte Brochaiitit-Varie- täten diverser Fundorte. Die zum Brocliantit im weitesten Sinne g^ehörcnden Mine- ralien und künstliehen Substanzen sind vielfachen Analysen un- terworfen worden. Die Resultate der letzteren sind jedoch nur für wenige Vorkommnisse ident; sie variiren für die Mehrzahl innerhalb eng-cr Grenzen ^ Man könnte deshalb vermuthen, dass auch die niorpholog'ischen Verhältnisse sich von Fall zu Fall ändern. Allein die Thatsache, dass diese Kupfererze einer g'rösseren isomorphen Gruppe angehören, dass ferner Brochan- tit mit Atacamit in einer Zone, mit Malachit für alle Winkel an- nähernd formähnlich ist, hindert solche Unterscheidungen. Nur durch genaue Messungen könnten eventuelle Ditfereuzen nach- gewiesen werden. Die Mehrzahl aber von allen diesen Minera- lien oder Substanzen wurde in höchst unvollkommenen Kry- stallen beobachtet. Nur einzelne Fälle zeigten die einfachsten Formen des Broehantit Typus I. Letzteres mag rechtfertigen, dass auch ich die bekannten Varietäten und Subspecies hier als Anhang zu Broehantit Typus I, zusammenfasse. Ich gebe im Nachfolgenden die Paragenesis der einzelnen Vorkommnisse , so weit dieselbe mir entweder durch eigene Beobachtung oder durch die Literatur bekannt ist; letzteres um ein möglichst vollkommenes Bild der Gesammtgruppe zu bieten. Die Anordnung ist mit Rücksichtnahme auf den Wasser- gehalt der Substanz erfolgt. Die ähnlichsten Glieder folgen des halb auf einander. a) Broehantit von Nassau. Über den Fundort gibt Sand- berger 1. e. genauen Nachweis: Zwischen Obernhof und Nassau an der 1 Vergl. hierüber die Discussion der chemischen Resultate in Nr. XL, p. 77—79. 322 8 c h r a n f. Lahn setzen Gangtrümmer durch die schieferigen Schichten des Spiri- ferensandsteines, welche die Fortsetzung des berühmten Holzappel-Gang- zuges bilden, dessen Erzreichthum bereits seit Jahrhunderten durch den Bergbau ausgebeutet wird. Diese Trümmer bestehen aus weissem Fett- quarze, in welchem Kupferkies und Bleiglanz, theils isolirt, theils mit einander gemengt, und Eisenspath vorkommen. Am Ausgehenden finden sich dann die Producte der Zersetzung dieser Körper. Die Brochantite dieses Fundortes hat zuerst Sandberge r untersucht. Ein mir von diesem Fundorte vorliegendes Handstück besteht aus einer Schwarte von Schiefer , welche an beiden Seiten theilweise Bro- chantit trägt. Dieser Brochantit kommt hier in dünnen, 1 y, Millira. dicken Krusten vor. Letztere bestehen aus eng aneinander gereihten kleinen undeutlichen Krystallen, welche schön grün, aber matt glänzend sind und die Flächen b, m, r, also die gewöhnliche säulenförmige Brochantitforra erkennen lassen. Einzelne Krystalle bilden auch gesondert Pünktchen auf dem Schiefer, gleich als wäre jeder Tropfen in situ erstarrt. Beglei- tende Mineralien sind nicht vorhanden. Die Unterlage des Brochantit selbst bildet Kupferschwärze|, mit Brauneisen gemengt, ochrig und mit kleinkugeliger Überfläche. Dieses Handstück (H.-M.-C. 1859) kennzeichnet (wie aus Folgendem erhelltj nicht die allgemeine Bildung des Brochantits an diesem Fundorte, sondern nur einen speciellen Fall, wo die ablaufende ßrochantitlösung zur Krystallisation am Nebengestein gelangte. Über die ursprüngliche Bildung des Brochantit an diesem Fundorte bemerkte Sandb erger: Ausser dem Eisenspath wird auch Bieiglanz und Kupferkies (der oben erwähnten Gangtrümmer) in neue Körper umgewandelt. So erscheint fast jedes Trümmchen, in welchem Kupferkies und Bleiglanz gemeinschaftlich vor- kommen, von einer himmelblauen fettglänzendeu Rinde aus Linarit ein- geftisst. Auf diesem Linarit oder auf dünnen Partien von Brauneisen oder Aragonit sitzt dann smar;igdgrüner Brochantit in strahligen seidenglän- zenden Aggregaten oder seltener in glasglänzenden kleinen Krystallen. Es zeigt somit auch der Brochantit dieses Fundortes, ähnlich dem von Rezbanya, die innigsten Beziehungen zu Linarit; die Bildung beider Mineralien erfolgte mit Hilfe der oxydischen oder kohlensäurehaltigen Substanzen aus dem Zersetzungsproducte — Kupfervitriolwasser — des Kupferkieses und Bleiglanzes. Die Analyse dieses Brochantit ergab nach Risse (in der Abhand- lung von S a n d b e r g e r 1. c.) : G7-8 CuO =7CuO 19 0 SO. =2S0s 13-2 IlaO =GH30 Eine ähnliche Zusammensetzung besitzt — wie schon Sand berger hervorgehoben hat — der Brochantit von Island. ]\Iineralo^isclic Bcobaflituii.^cii V. 323 /y; Brochaiit i t vim Island: K ris ii vi^i t. Der unter dem Namen .,Krisnvigit" bekannte Brochantit von Island ist von tiefgrüner Farbe. P> bildet , nach dem mir vorliegenden Ilandstück (H.-M.-C. 1872) zu ur- theilen, ganz dünne krystallinische Krnsten auf verwitterter Lava i. Die Krusten bestehen aus verwaclisenen sehr kh'inen Kryställehen, deren säu- lenförmige Form nur nndentlicli hervortritt. Diese Viirietät war von Forclihanimer untersucht und Krisuvigit benannt wdrdcn. Über den Fundort entnehme ich folgende Notizen seiner Untersuchung: Die Krisu- vigit genannte Brochantit- Varietät kommt als ein mehr oder minder mächtiges Lager auf mehreren von .Schwefelsäure zerstörten Lavalagern in der Nähe von Krisuvig vor. Da auf den Faröer-Inseln der älteste Trapp an mehreren .Stellen gediegenes Kupfer enthält, so ist es möglich, dass auch in dem isländischen Systeme auf ähnliche Weise Kupfer vorhanden ist. Letzteres kann dann in die Ganglava beim Schmelzen übergegangen und später vom Schwefel angegrift'en worden sein. Nach Forchham- uier kommt als Begleiter des Brochantit Covelliu vor, welcher aus diesen Kupfererzen durch Einwirkung des Schwefelwasserstoffes entstanden sein mag. Die Analyse Forchhamm er's ergab: ('uO = G7-75 = 7 t'uO S03 = 18-88 = 2 SO. Al.,03 rFe203= 0-56 H20 = 12-81 = GHoO Über die chemische Formel des Krisuvigit sagt F 0 r c h h a m m e r : „Er nähert sich in seiner Zusammensetzung sehr dem Brochantit; aber wäh- rend der Brochantit nach der Formel S03Cn03-l-H0.3+S03CuOl5-l-HOi.5 zusammengesetzt sei, ist dieses Mineral ( Krisuvigit) : S03.5CuOi5-t- CuO HD 15 und es verhält sich somit zum Brochantit, wie die Kupferlasur sicii verhält zum Malachit." Wie schon oben bemerkt, führen die Zahlen Forchh am m er's zur Formel 7Cuü, 2SO3, GILO, und stimmen fast vollkommen mit den Zahlen, die (vergl. vorhergehende Seite/ für den Brochantit von Nassau ange- geben wurden. 1 Auf den Laven des Vesuv der Ausbrüche 1855 und 187'2 kommen auch in sehr dünnen Krusten angeflogen schwefelsaure Knpferoxydsalze vor. Ein mir vorliegendes Handstück von 1855 zeigt auf Lava eine kleine Partie einer derben blauen Kruste ; daneben angeflogen theils gelblich grüne körnige Krusten, theils feine grünlich gelbe Nadeln. SO3 CuO ist in denselben überwiegend. Scachi hat zwei Species beschrieben: 1855, Cyanochroma, blau, CuKa) SO^-hSHoO: 1872, Cupromagnesit (CuMg) S04-1-7H20, grün. Dieselben sind ihrer Zusammensetzung nach dem Kupfervitriol nahe- stehend. Siizb. d. inathem.-naturw. Cl. LXVII. Bd. 1. Abth. 22 324 Sehr a u f. c) Brochantit von Chili. Die reichen Kupfergruben von Chili liefern auch einzelne Abarten des Brochantit. Die Analysen von Kobell und Field ergaben aber diflferente Zahlen. a) Das von Kobell untersuchte Handstück bestand aus Brochan- tit, der mit weissem Thonerdesilicat durchwachsen war. Letzteres ward von Salpetersäure nicht angegriffen und konnte auf diesem Wege elimi- nirt werden. Der Brochantit selbst kommt in mikroskopischen körnig zu- sammengehäufteu Krystallcn, zum Theile kurzstrahlig mit einer deutlichen Spaltungsfläche vor. Er ist von lichtsmaragd- auch grasgrüner Farbe. Für den Brochantit fand Kobell CuO = 68-87 = 7 CuO 803 = 19-71 = 2 803 H20 = 11-42 = 5HoO /3) Field (1. c.) untersuchte ein ganz reines Handstück von Bro- chantit. Dasselbe enthielt weder erdige Bestandtheile noch Carbonate. Der Fundort war AndacoUo in Chile. Die Dichte war =3-81. Die Analyse von Field ergab : CuO = 66-94 = 8 CuO 803 = 16-59 = 2 SO3 H,0 = 16-47 = 9HoO Field bemerkt, dass diese Zahlen sich sehr wenig von denjenigen unterscheiden, welche Berthier für den Brochantit von Mexiko (siehe später) erhalten hat. In Folge dessen wäre es möglich, dass der Fundort Mexiko selbst eine falsche Bezeichnung ist. Hervorzuheben ist die Differenz der Zusammensetzung der zwei von Chile stammenden Stücke. Die von Kobell erhaltenen Zahlen stimmen aber vollkommen mit den von H. D. Tschermak an Brochantiten von Neu-Südwales fvergl. g) erhaltenen Resultaten. d) Brochantit v 0 n A t a c a m a. a) Eine Varietät ward von Domeyko (I.e.) untersucht. Nach sei- ner Beschreibung, welche jedoch nicht vollständig ist, wäre es möglich, diese Varietät dem Brochantit, Typus III, zuzuzählen 1. Da Domeyko keine Krystallgestalt bestimmte , so kann diese Brochantit-Varietät von Atacama vorläufig auch hier ihren Platz finden. Der Fundort dieses Brochantit ist nach Domeyko in den Bergwerken „El Cobre" gelegen. an der Grenze der Wüste Atacama. Nach Farbe und lebhaftem Glasglanz ist er dem Ataeamit, durch Form und Structur dem faserigen Malachit am ähnlichsten. Der Brochantit hat nämlich faserige Structur , welche durch eine langprismatische Ausbildung, verbunden mit lamellarer Theil- 1 Vergl. Typus III, p. 63. Mincralogischo BeohHchtuii^on V. 325 barkeit, luTVorgenifon wird. Er kommt vor in Mitte eines mit llothcisen gemengten Ganggesteincs. Die Analyse führte Domeyko zn folgenden Zalilcn : CuO 68-5) [10-2 17 CuO SO3 15-8 [ = = jl6-2 4SO3 IIoO 13-rJ ' 13-8 IGHgO Ganggostein 2-4 Domeyko nimmt die einfache Formel 4C'uO, .SO3, 4H2O an. Den Zahlen der Analyse entsprechen aber die beigefügten Zahlen. ß) In den gewöhnlichen Atacamit-Sandproben hat Herr Dir. Tscher- mak (1. c.) Spuren von ychwefelsäure gefunden. Dieselbe stammt vom Brochantit. Auch eine kleine Druse von Brochantit ftmd sich einer solchen Sandprobo beigemongt. cj Brochantit von Mexiko: Brongniartin. Borthier hat eine Brochantit-Vavietät analysirt, welche von einem unbekannten Fund- orte aus Mexiko stammte [?ob nicht von Chile; vergl. früher c) ß]. Huot hat in seiner Mineralogie diese Varietät Brongniartin genannt. Das Mut- tergestein ist ein weisser feinkörniger quarzreicher Sandstein, welchem Rothkupfererz in Adern und kleinen Massen beigemengt war. In diesem Sandstein kommt der Brochantit in Körnchen und kleinen Massen vor; seine Farbe ist nach Berthi e r thcils hellgrün wie Malachit, theils grau- grün. Seine Analyse gab ^ : CuO = 45 • 9 ) i CuO = (3(3 ■ 2 8 CuO S03 = l(3-(! 2SO3 i3V7= i^ X • -11,0 = 17-2 9H.,0 Quarzgestein = 30 -fi S02= 11-5/ H„0= 12-1^ Bert hier folgert aus seiner Analyse 4CUOSO34H2O; die Zahlen seiner Analj'se stimmen mit 8 CuO, 2SO3, tiHgO. Bei Berthier (1882) ist zum ersten Male erwähnt, dass der Bro- chantit in starker Hitze sein Wasser und bei Weissglühhitze auch seine Säure verliert. fj Brochantit von Ariz ona. Zu Bill Williamsfork , Arizona, kommt der Brochantit auf Rothkupfererz in Begleitung A'on Brauneisen Atacamit und Chrysocolla vor. Da diese begleitenden Mineralien auch in mit der Analyse nachweisbar sind , so lässt sich aus der Untersuchung von Genth kein sicherer Schluss auf die Constitution dieses Brochantits ziehen. Genth fand: 1 Die Zahlen der Analyse sind in dem deutschen Abdruck (Pogg. Ann.) der Originalarbeit ungenau copirt. 22* 326 Sc h r a ii f. H2O = U-i6 Cl = 0-31 FeO = 0-33 CiiO = 67-75 SOg = 13 -05 SiOa = 3-GO Aus diesen Zahlen berechnet Genth die muthniassliche Zusammen- setzung seines Exemplares aus fünf Mineralien : Brochantit , Atacamit, Chrysocolla, Limonit, Cuprit; wobei er die Formel des Brochantit zu ■ACuO, SO3, 3 HO annahm. Er bezeichnet indess seine Eechnung selbst nur als einen Versuch. An dem Brochantite dieses Vorkommens sind durch Genth auch kleine säulenförmige Krystalle mit den Flächen (/, u. ITj hme beobachtet worden. Also die gewöhnliche Brochantit-Form. ffj Bro chan tit vo n N ou-Sü dw ales. Herr Dir. Tschermak (1. c.) hat 186.0 einen smaragdgrünen Sand untersucht, welcher aus Split- tern kleiner Brochantitkrystalle bestand. Durch Messung wurden die Flä- chen b JH. bestimmt. Die Dichte ergab sich zu 3-89. Der Sand ward bei der Novara-Eeise von Sidney mitgebracht. Da Atacamit beigemengt war, so ist dessen Procentantheil aus der Analyse auszuscheiden. Nach dieser Vorsorge erhielt der oben genannte Verfasser : Cl= 0-7 S03 = 18-5 CuO = 69' 5^ ( S03 = 19-4 2 [ = ] CuO = 69-l ' ' H,0 = HoO = ll-8^ Ul30=ll-5 Diese Zahlen stimmen vollkommen mit jenen Werthen, die Kobell für den Brochantit von Chili [vergl. früher cj aj angibt. Mit grösster Ge- nauigkeit entspricht ihnen die Formel 7 CuO, 2SO3, 5H,0. JiJ Brochantit von Cumberland. Über die Pai'agenesis der Brochantite von Cumberland hat Sand berger eine wichtige Notiz (1. c.) veröftentlicht. Nach diesem Autor findet sich der Brochantit mit Mimete- sit, Ziegelerz und Kupferkies, aus welchen man ihn direct entstehen sieht, in den Spalten eines Quarzganges, dessen Schwerspath, in Quarzpseudo- morphosen verwandelt, die Driisenräume füllt. ij Brochantit von Siran owsk, Altai. Unter den vom Berg- werk Siränowsk bekannt gewordenen Mineralien führt Cotta 1. c. auch Brochantit — mit dem Beisatze „sehr selten" — an. In den oberen Teufen bis zu 120 Lachter Tiefe kommen an dieser Localität die Metallverbindun- gen in der Form von Oxyden und Salzen vor; in grosser Tiefe hingegen als Schwefelverbindungen. Sie gehorchen hier dem paragenetischen Ge- setze der Umwandlung der Sulphide. Im oberen Horizonte ward beobach- tet: Eisenocher, Bleiochcr, Galniei, Kupfergrün, Cerussit, Malachit, Kupfer- Miiioralos^i.sclie licoliaclitiin^cn \. ■)'21 lusiir, Brocliaiitit. Die Schwefelveil)iii(liin!J('ii sind l>l('i.i4iaii/., Kiii)fcr,n-lan7,. Kupferkies, Eisenkies, Falilcrz und lilendc. Obgleich keine f^'enaueren Ani^aben v()rliejt;cn über die paragene- tisclien Veriiältnisse , welche den Brochantit mit seiner näclisten Umge- bung" verbinden , so scheint doch wegen dem Vorhandensein der Ocher und Carbonate diese Localität mit Rezbanya paragenetisch ähnlich zu sein. k) Brochantit von Neu -M o 1 d o va ^ , Orawitza und IJusz- kitza (Ungarn). Die Notizen über Brochantite dieser Fundorte sind sehr wenige. Marka (J. geol. Keichsanst. 18G9j gibt an: dass in Orawitza und Moldowa in drusigem Brauneisenstein mit Lasur auch Brochantit sich findet Zepharovich fl. c. p. 75) gibt an fAut.: Szaybcly, Pest. Nat.- Mus.), dass Brochantitkrystalle mit Azurit und faserigem i\Ialacliit in Xeu- Moldowa vorgekommen. Im Pester Nationalmuseum trägt in der That die Originaletiquette des Handstückes (8zaybely Nr. 344) die Bezeichnung: Neu-Moldowa. Bei Betrachtung des Stückes erkannte ich jedoch in Pest augenblicklich, dass der Fundort unzweifelhaft Rezbanya ist. Die be- kannte Paragcnese mit Linarit und Bleiocher als Muttergesteiu , und der Habitus der Brochantitkrystalle lässt das Exemplar als ein gewölmliche.s Handstück der Varietät öj von Itezbanya erkennen fvergl. früher p. '62). ^ Das Kupfersammterz von Moldawa (vergl. Analyse von Perey. Phil. Mag. HI. 8er. vol. .36, p. HO) kann als Gemenge eines basischen Kupfersulfates mit Aluminit betrachtet werden. Ein ähnlicher Fall ist bei Devillin, welcher ein Gemenge von Langit mit Gyps ist. Die blaue Farbe des Kupfersaramterzes weist auf grösseren Wassergehalt des basischen Kupfersalzes hin, als dem grünen Brochantiten zukommt. Man muss daher das Kupfersammterz — ebenso wie Devillin — vom Langit, nicht aber vom Brochantit ableiten. 2 Das Vorkommen des Brochantit zu Moldowa wird von Peters (L eonh. J. ISGl, j). 600) bezweifelt: Nach letzterem kommt zu Moldowa wohl mit Azurit und Malachit auch Gyps vor; aber dass auf allen diesen Anbrüchen beide Mineralien, der Malachit und der Limonit direct aus den Vitriolen durch Kalkcarbonat im Überschusse gefällt wurde , ist ausser allem Zweifel. Brochantit kommt daselbst gar nicht vor . wogegen in Eezbanya jedes Gypsblättchen vf)m Brochantit; umgekehrt der ]\ralachit niemals vom Gyps begleitet ist." Ich selbst habe gegen loo zum 'i'lieile sehr grosse Schaustücke von Malachit und Azurit des Fundortes Moldowa theils in Wien, tlieils in Pest untersucht , auf keinem derselben Brochantit gefunden. Auch unter dem mir vorliegenden Kupfererzen von Orawitza führt nur ein einziges (57/112/ einen verwitterten graugrünen Anflug, der als ein Anzeichen von Sulfat - bildung gedeutet werden könnte. 328 S c li !• a u f. Der Fundort Neu-Moldowa ist daher erst durch andere Vorkommnisse zu constatiren. Nach Zepharovich 1. c. fand sich der Brochantit auch im Berg- baue Kuszkitza bei Ruksberg. Er bildete traubige Drusen in sehr kleinen Krystallen und kleinnierige Aggregate, ward begleitet von Azurit und Hemimorphit, und kam vor in Hohlräumen einer Breccie aus Stücken von Kupferkies und Bleiglanz, die mit Kalksinter verbunden waren. IJ Brochantit von Salzburg. Peters 1. c. hat aufmerksam gemacht , dass in alten salzburgischen Gruben an der Grenze von Steier- mark, etwa auf der Frommer Alpe bei St. Martin im Lungau Brochantit vorgekommen sei. Nach dem ihm vorliegenden Stücke bilde der Brochan- tit theils traubige Drusen, theils ist er körnig eingesprengt in eine kalk- und quarzreiche Gangart. Ich sah das betreffende Handstück in der Pester Universitäts-Ladensammlung (Nr. 9 E.33.P.). Der Brochantit bildet grau- grüne krystallinische Krusten auf weissem glimmerreichen Quarzgestein. mj Brochantit von Saszka, Banat. Obgleich Orawitza in der Nähe von Saszka ist, so hat Marka doch ausdrücklich zwischen beiden Fundorten in Beziehung des Brochantitvorkommens unterschieden. Nur von Orawitza führt er den Brochantit an. Mir liegen zwei paragenetisch verschiedene Handstücke des Fund- ortes Saszka vor, auf welchen der Brochantit theils mehr, theils minder schön entwickelt vorkommt. Das Handstück (Hof-Min,-C. 1. Hds. 1235) stammt von sehr alten An- brüchen. Dasselbe ist schon über 70 Jahre im Besitze der Sammlung. Auf derbem Ziegelerz , welches theils Rothkupfer, theils Kiespartikeln einge- sprengt enthält, sitzt oberflächlich Brochantit. Er bedeckt die grössere Fläche des Stückes mit einer \\o Millim. dicken Kruste. Diese ist aus dicht aneinander schliessenden Kryställchen gebildet, an welchen die Flächen m, r, h mit ihren charakteristischen Streifungen sich erkennen lassen. Ihre Farbe ist ein schmutziges Dunkelgrün. Die unmittelbare Unterlage der, Brochantitkryställchen und die innere Seite der Brochantitkruste ist mala- chithältig. Auf der Rückseite des Stückes ist eine derbe Partie von Mala- chit eingesprengt. Ein Handstück jüngeren Anbruches ist (Hof.-Min.-C. 184G. II. Hds. 2773), welches ursprünglich als Cuprit in Handel kam. Das kleine Hand- stück ist von theils derbem, theils krystallisirtem Rothkupfererz gebildet, auf welchem graugrüner zerfressener Malachit und concentrisch strahliger Malachit sitzt. Auf der Rückseite des Stückes ist aber auch eine kleine drusige, krystallinische Kruste von Brochantit vorhanden. Ahnliche Hand- stücke mögen in manchen Sammlungen vorkommen i. 1 Ich habe mehrmals zur qualitativen Bestimmung der SOj^ die An- wendung des Nitroprussidnatriums dem Chlorbaryum vorgezogen. Mineralogische Beobachtungen V. 329 n) Brochantit mit Linarit von ZclleifeUl. Von Zcllerfeld am Harze stammen die bekannten Handstiicke grüngefärbten Cerussits. Die grüne Färbnng wird meist dem C'hrysocoihi nnd Malachit zugeschrie- ben. Eine genauere Untersuchung lüsst erkennen, dass hier — wie in IJezbanya — Kuptervitriolwasser den ersten Anstoss zu dieser Grünfär- bung gegeben hat. Die Ilandstüeke haben aber nur einen Werth wegen ihrer Paragenese, nicht aber wegen der undeutlich körnigen Brochantit- k rüsten. p:in Ilaiidstück (Hof-Min.-C. I. Hds. 928; 1827) beschreibe ich-, die übrigen gleichen demselben. Auf zerfressenem quarzigem Ganggestein, dessen Hohlräume mit Ocher gelbbraun gefärbt sind , sitzen zahlreiche lange Cerussitsäulen. Die Mehrzahl dieser Krystalle ist mit einer li/g Mil- lim. dicken grünen krystallinischen Kruste bedeckt. Spaltet man diese ab, so sieht mau zu innerst noch eine blaue fettglänzende Hülle über dem weissen Cerussitkern. Einzelne Cerussitkrystalle sind ohne solche Kupfersalzhülle und noch weiss , andere ihnen benachbarte tragen nur die blaue Kruste. Dieser ganze Incrustirungsprocess war abhängig von dem Zuflüsse der Kupferwässer und der relativen Lage der Cerussitkry- stalle gegen diesen Zufluss. In den blauen und grünen Krusten lässt sich CuO und SÜg nachweisen, die grüne Kruste gibt an manchen Exemplaren ein geringes Kieselskelett. Ähnlich wie bei Kezbanya ist hier die Liuarit- bildung der primäre Process^ aufweiche dann der Brochantit folgte. Letz- tere Bildung mag vielleicht durch Zufluss von kieselsäurehältigen Lösungen gestört worden sein. Zu bemerken ist, dass andere Handstücke desselben Fundortes auf analogen Cerussitnadeln Malachit tragen (vergl. Hof-Min.-C. L Hds. 927; 1857). Der Malachit bildet aber keine enge anliegende Kruste. Auf dem Cerussit sitzen büschelförmig die Malachitnadeln und umhüllen densel- ben '. Eine blaue Färbung des Cerussits ist hier nicht wahrnehmbar. Während bei ersterer Bildung jedenfalls die Schwefelsäure im Über- schnss vorhanden war, ist hingegen im letzteren Falle die Kupferlösung an die überschüssige Kohlensäure abgetreten worden. o) Brochantit von Illoba, Ungarn. Der Jacobistollen bei H- loba (nächst Nagybanya, Szathmarer Comitat ) lieferte neben gediegenem Kupfer noch Kupferkies, Kupferschwärze und Tetraedrit. Im Jahre 184:6 war die monatliche Ausbeute 300—400 Centner Erz. Von diesem Fund- orte liegt mir ein sehr altes Handstück (1816. XXII, 7) vor. Auf bunt angelaufenem Kies sitzt graues milanitähnliches ~ Magnesia-Thonerde- ^ Über diese Malachitincrustationen vergl. Hausmann Min. II, 1387-, und Blum Pseudomorph. 309. 3 Milanit, ein halloisitähnliches Mineral, meist alsBegleiter der Kupfer- erze. Tietze, Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1870, p. 589, und Schrauf in Min. Mitth. 1872, p. 56. 330 H c h r M u f. hydrat. Auf diesem haben sich als jüngere Generation kleine Pyritwürfeln angesiedelt. Der g-rösste Theil des Stückes ist mit zerstreuten Partien einer körnigen sehr dünnen graugrünen Kiipfersulfat-(Brochantit)-Kruste bedeckt i. p) B r () c h a n t i t v o n B ö h m e n. Ein Handstück (H. M. C. 1821, XII , 1>^) von Kupferschwärze umschliesst 1 Centim. im Durchmesser haltende Krystallsäulen von zerhacktem Quarz. Auf der Oberfläche des Stückes sind einzelne zerstreute Partien einer grünen dünnen Kupfersulfat-(Bro- chantitj-Kruste. Der Fundort ist fraglich. Die Entscheidung ist zwischen Schlaggenwald oder Joachimsthal zu treffen. §. 2. K ü 11 8 1 1 i c li e B r 0 c li a 11 1 i t e. . Becq II erel hat zuerst versiielit, diircli die Einwirkung' der Carbonate auf eine Kupfervitriollösung- Broeliantitkry stalle künst- lich zu erzeugen. Er erhielt warzenförmige Incrustationen. Die von mir angestellten Versuche liatten ähnliche Resul- tate. Ein Calcitspaltungsstück ^ ward in eine KupfervitrioUösung mit überschüssigem Kupfervitriol gebracht. Nach zwei Monaten hatte sich eine dünne krystallinische Kruste von Brochantit auf dem Calcit abgelagert, während an einzelnen verstreuten Partien der Oberfläche Gruppen von feineu langen Gypsnadeln entstan- den. Messbare Krystalle von Brochantit erhielt icli nicht. Wibel erhielt durch Einwirkung von Eisenoxydsilicaten auf Kupfervitriollösung bei 210° C. schön grüne^ glasglänzeude mikroskopische Krystalle. Ihre Zusammensetzung ist nach Wibel 6CuO, 28O3, ()H,0. Wibel vergleicht seine Brochantitkrystalle mit der Form der Baryte von derAuvergne; hiernach wären die Flächen mit b, m, V (Broch.) zu bezeichnen. An einzelnen Krystallen soll auch 1 Möglicherweise stammt von diesem Fundorte jenes Handstück, welches ich in der Pester Univ. -Ladensammlung unter Nr. 2 sah. Es wird „von nordungarischem Fundorte, altes Vorkommen" bezeichnet. Dieses Exemplar zeigt sehr kleine smaragdgrüne Brochantitkrystalle krustenför- mig mit Gyps auf derbem Tetraödrit, der aderförmig in glimmerreicheni Schiefer aufsitzt. - Um den Process zu vorlangsamen. Ül)erdies mittltM-e Zimnu'rtem- peratur. MiiR'ralo^'isclic J5('ol)aclituiii;('ii V. '>•)] noch (ooy-'oo; 7)iPcxj) a iiiid ^'(?) vorliMiHlcii g'oweseii sein. Die Form war theils octaedriscli durch Zurücktreten der Pinacoid- fläclien, tlieils tafelförmig'. Hervorzuheben ist ferner nocli die An^ilie Wihel's: „^rdir- fach schien auch eine zwilling'sartiye Durchwachsung- zweier langprismatischer Individuen unter einem Winkel von 60° wie bei Staurolith vorzukommen." Da rn' = r)7°49' (monoclin) ist, so könnten Durchkreu- zung-szwillinge der beschriebenen Art die Fläche r (101) als Zvvillingsfläche haben. Ihre Form würde ung-efähr Fig. 17 dar- stellen. XXXVII. Broeliaiitite II. Typus: Warriiigtoiiit; Varie- tät c von Kezbanya; und vom IJanat. §. 1. Die Trennung der einzelnen Varietäten der Hrochantit- gruppe in diverse Typen ist eine sehr missliche Frage. Es fehlqn nänilicli in der Mehrzahl der Fälle gerade jene Elemente: mor- phologische und chemische, deren Werth eine solche Trennung begründen kann. Ebenso fehlen aber auch jene Bestimmungen, auf Ornnd deren mau die Varietäten diverser Fundorte als zu Einem Typus gehörig zusammenfassen könnte. Die Aufstellung solcher Typen, II — IV, ist daher nur eine vorläufige, und soll die Aufmerksamkeit der Mineralogen auf die Diflferenzpunkte der einzelnen Varietäten lenken. Zum zweiten Typus rechne ich den chemisch bestimmten Warringtonit und eine Varietät c von Rezbanya , welche wohl krystallographisch, nicht aber cliemisch untersucht ward. §. 2. W;i rringt oni t. Der ^(tn ^laskelyne 1. c. benannte und bestimmte War- ringtonit fand sich auf SchieferstUcken von Cornwall. Warring- tonit unterscheidet sich vom Brochantit durch lichtere Farbe, Abwesenheit der »Streifung- und Mangel der charakteristischen Form des echten Brochantits (^Typus I). Überdies fand Maske- 332 Sehr a u f. lyne für ersteren ein minderes specifisclies Gewicht: /)^3-39 — 3-47. Die Analyse g-ab : . CuO = 68-23 4CuO 803 = 16-73 SO3 H,0 = 14-64 4H2O. Die Zahlen Pisani's weichen hievon etwas ab; allein nach Maske lyne scheint ersterer nicht vollkommen von Mutter- g'estein befreites Material untersucht zu haben. Ich habe deshalb diese Analyse, sowie die mir im Originale nicht zug-ängig-e Ana- lyse War ring'ton's übergang-en. Nach Maskelyne kommt mit dem Warringtonit noch Lan- git und echter Brochantit vor '. Der Warringtonit bildet meist gras- bis smaragdgrüne Krusten und nur selten einzelne Kry- stallindividuen. Die Form der letzteren hat Maskelyne eben- falls bestimmt, doch dieselbe nicht auf die Indices von Brochan- tit in Mille r's Mineralogy bezogen. Eine Beziehung der Mas- ke lyne'schen Angaben auf Brochantit ist daher nur beiLäufig möglich. Maskelyne gibt folgende Flächen an: eine Spalt- fläche 001 (/> ftchrauf); in der Zone (001) (010) ein Prisma mit dem Winkel 28° 30' {ee' = 'lVl^° Sehr auf); seltener noch eine Fläche 100 (« Schrauf; nur an Krystallen von Typus II beobachtet). Die übrigen auftretenden Prismen und Pyramiden waren stark gekrümmt. Maskelyne nennt die Form aus diesem Grunde : double curved wedge. Über prismatischen oder mono- clinen Charakter konnte er kein Urtheil abgeben, weil die Pola- risationsebene parallel den scheinl)aren prismatischen Axen (^so- wie früher bei Brochantit, Typus I, p. 40) waren. Zwillingsstrei- fung auf a ward beobachtet. Maskelyne betrachtet den Warringtonit als ein Uber- gangsstadium vom Langit zu Brochantit, indem Langit durch Er- 1 Zwei Stücke in der Sammlung des Herrn Eggertli in Wien zei- gen dieses combinirte Auftreten. Nr. 141« ist Langit auf Schiefer. Mit der Langitkruste sind einzelne Partien einer grünen Brochantitgruppe verwachsen. 141 b zeigt ein feinblättriges Vorkommen der Kupfeisulfate. Die obersten Blätter sind blau, die unteren grün und haben Spuren einer krystallinischen Brochantitk rüste. Miiier.ild^isi'he l^eobaclitun^'eii V. .jo.J wäniiinig sucoessive in beide Siibstanzeii, bei allniälij;eni Wasser- verlust, übergeführt werden kann. Obgleich die Form des Warringtonit aus den wenigen An- gaben von Maskelyne sich nicht genau al)leiten lässt , so ghiube ich doch letztere so weit wie niöglicli zur Skizze einer Figur benutzen zu sollen. Fig. 18 stellt nun die Form des War- ringtonit vor, wobei die Indiccs die directen Angaben Maske- lyne's, die Ruchstaben unsere lirochantitflächen bezeichnen. §.2. \'arietät c voiiKezbanya. Formen, welclic den des Warringtonit gleichen, sind mir von zwei verschiedenen ungarischen Vorkommen bekannt geworden. Das hier zuerst zu besprechende llandstUck (Hof.-Min.-C. II. Hds. 101^5 a) ist ein vollkommen echtes Eezbanya- Vorkom- men , für dessen richtige Fundortbestimmung der begleitende Hessonit Sicherheit gewährt. Die Krystalle an diesem Hand- stücke gleichen weder den früher beschriebenen lirochantit- Varie- täten (( und 0 von Eezbanya (p. lo und 30), noch einer vierten Varietät d, welche in Nr. XXXIX untersucht werden soll. Ihrer Form nach stehen sie dem Warringtonit am nächsten. Am Krystall .30 dieses Handstückes (vergl. Fig. 19) ist die Fläche r glänzend; h als Spaltungsfläche erkennbar. Letztere Fläche ist durch Zwillingslamellen gestört, welche nicht gleich- zeitig einspiegeln, ce' ist sehr gekrümmt und schuppig; ebenso .y(201). Am gewöhnlichen Wollaston'schen Goniometer wurde beobachtet gerechn. (mou ■ ^ — — ^ ' ■- ^^- — . . — -~- 6r = 291/2°- 33° 32°40 ' be = 74 ' 7(3 25 he' ^ 104 103 35 ex = 52 52 4-G r.v = 55— (10 65 4G xh = 85 — (tO 90 Um die Flächensymbole annähernd bestimmen zu können, verwende ich die Winkel der monoclinen Winkeltabelle (^p, 1 1). Das Doma .t- (201)^2:^''oo ist gekrümmt, und möglicherweise sind mit demselben noch angrenzende Pyramiden (vergl. nach- folgenden Paragraphen) verbunden. 334 S c h r ;i 11 f. Die Farbe der Kiystalle ist dunkel schwarzgrün, iiire Grösse höch- stens IV2 MiHini. Sie bilden eine dichte krystallinische Kruste, über wel- che nur wenige Krystalle von deutlicher Form sich erheben. Das Hand- stück selbst ist von aussen wenig versprechend, und wird von wechseln- den Schichten von Kupferschwarze, Kupfergrün undHessonit gebildet. Die kleinen, höchstens IVo Millim. grossen Hessonitkrystalie sind meist von Kupfergrün überrindet. Auf der Rückseite ist Wismuthocher. An der Vorder- und Rückseite des Handstückes öffnen sich gewundene Drusen- räume, die durch das Innere des Stückes hindurch mit einander in Ver- bindung stehen , sich wechselnd erweitern und auskeilen. Die äiisserste Begrenzung dieser Drusenräume bildet an der Unterseite Hessonit, sonst Kupferschwärze. Auf dieselbe hat sich eine 3 Millim. dicke Schichte licht- grünen Malachits aufgelagert, auf welcher dann als oberste Schichte der schwarze Brochantit in einer dicht gedrängten, wirr krystallisirten Kruste von 1 Millim. Dicke aufsitzt. Er ist aus dem Malachit entstanden. §. ij. B r (> c h an t i t v 0 m B a n a r, Do g- 11 a c z k a (?). Mit der eben besprochenen Varietät stimmen einige lose Krystalle — nicht der Paragenese — aber ilirer Form nach iiberein, welche ich von Herrn Dir. Tschermak zur Ansicht erhalten habe. Diese sind sehr schön krystallisirt, haben deut- liche Flächen und sind über 3 Millim. gross. Meine Messungen mit dem Wollaston'schen Goniometer zur Orientirung der Flä- chensymbole ergaben mir, dass die Krystalle von den Flächen (t . h . r . m . e . x . IJooliaclitiiiigen V. 3.'>7 Eilduiii^' !stralil(Miarti,i4' von oinciii Kein aus crfolgfto. Der Kern liegt liölicr, als die Enden der noch vorliandeiicn IJiochantitkiystalle. Man kann da- her an eine stalagmitische l}il(huig durch 'Jiopfen von oben denken. Die Krystalle sind nicht alle gleich lang (8 — lOMillim. lang bei 1 Millini. Dicke), nnd deren Enden meist frei und deutlich krystallisirt. Die FovDi dieser Krystalle ist bei flüclitiger IJetraehtung- mit Ataeamit zu verwechseln. Nur minimale Quantitäten konnten zur Prüfung- angewendet werden. Ich fand in derselben kein Chlor, dag-egen aber sehr starke Ileaction auf SO3. In der Glüh- hitze entweicht Wasser und Schwefelsäure, und es l)lcibt das schwarze CuO zurück. Zahlen kann ich nicht ang-ebcn, indem die äusserste Schonung* dieses nur in wenigen Krystallen vor- handenen Materials nothwendig" war. Obiges genügt , um die Krystalle als basisches Kupferoxydsulfat zu bestimmen '. Die Form der Krystalle konnte ich an zwei kleinen Kry- stallenden bestimmen. Die Krystalle sind nämlich (mit Rücksicht auf die vorherrschende Längendimension) als liegende Säulen gebildet, deren ein Ende frei und ausgebildet, das entgegenge- setzte Ende hingegen mit dem centralen Kerne verwachsen ist. Beobachtet sind ausser den Flächen /y, />/, r des Brochantit noch die Domenfläche /(0]l)Poo (vergl. Projection 2). Die Flä- chen h sind an allen Krystallen als vollkommene Spaltungsflä- chen deutlich erkennbar. An den gemessenen Krystallen sind die Flächen mm' nicht homogen, sondern deutlich aus je zwei Hälften, einer oberen und unteren bestehend, welche sowohl gegen h diflerente Winkel machen , als auch unter sich selbst einen aussp.ringenden Winkel bilden. Da nicht entschieden wer- den kann, ob die Krystalle dem triclinen oder monoclinen Sy- steme zugehören, so können diese Zwillinge vorläufig als Zwil- linge nach c mit Juxtai)osition nach c gedeutet werden. Aus dem (aber nicht absolut genauen) Winkel bm hm' könnte man ,,tri- clines Krystallsystem, Übereinstimmung mit Typus I, Zwillinge 1 Einen ähnlichen atacamitähnlichen Habitus, wie dieser Typus III von Nischne-Tagilsk, zeigen auch (vergl. p. 50) die Brochantite von Ata- cama. Für letztere gibtDomeyko die dem Warringtonit nahestehende Formel 3 CuHaOo+CuSOi-hHgO, genauer 17 CuO, 4SO3. lOHoO. Ist von der Ähnlichkeit des Habitus ein 8chluss auf die Ähnlichkeit der Formel erlaubt ? 338 S c li r a II f. nach a mit Juxtaposition nach c'' herauslesen. Die Ausbildung' der zwei gemessenen Krystalle ist aber nicht so schön und die Flächen nicht so glänzend, dass man die nachfolgenden Mes- sungen als absolut genau betrachten dürfte. Der kleinste Aus- 1)ildungsfehler ist sicher 10 Minuten und die Reflexe sind theils doppelt, eng aneinander liegend, theils verschwommen (vergL Fig. 21). Krj'st. beobachtet ger. (moiiocl.) (tricl.) — -.^-~-j ■-- — . — — . — • . — — ^ -' ^— — ' 41 bin = 53°10' bm= 52°36' n bTFi = 51 32 bm =^ 52° 31/2' hWt' = 51 24 n bm' = —51 20 /yw'=_51 24 42 — b: ni = 51 10 n —bm'= 51 24 ;: — b : m = —52 30* hm = 52 36 41 ifi : m = 1 30 inmr = 0 51 41 ln = G4 9* bi = 64 12 I/o f) hl = —64 15 „ 42 —h:i' = 65 30 ;5 h:i = 62 30 n n b—i' = 63 20 n n —b : —i = 6)5 20 n 41 Uli = 74 17 m i = 74 4% 42 mi = 74 1* n Da keine Pyramiden auftreten, dasDoma^' parallel der Zone bi etwas gestreift ist, auch Zwillingsnähte dasselbe durchkreu- zen, so ist die Übereinstimmung der Zone hm mit den Werthen des triclinen Typus I wohl hervorzuheben. Sie ist nicht genü- gend, um das Krystallsystem dieses Typus festzustellen. Die obigen Messungen mit * haben den kleinsten Ausbildungs- feliler. Die optische Orientirung ist ähnlich den früheren Angaben. Die Schwingungsaxen in der Ebene h circa parallel den Axen XZ , so weit die minimalen Krystalle eine Messung erlaubten. Sißheinbar daher eine Symmetrie wie im prismatischen Systeme vorhanden. Diesem Typus III könnten die Brocliantite von Atacama (p. 50) vorläufig beigezäldt werden. Mineruloji^isclie l]e()l>aclituii^en V. 3i>9 XXXIX. Broeliaiitite IT. Typus : Köuigin und die Varie- tät d von Rezbauya. §. ]. Die Broehaiitit Varietät: Kchiigin. Levy hat, um den ehemaligen üirector des Lond. Min. Mii8. König- zu ehren, ein dem Broehantit nahe stehendes Mineral „Königin" genannt. Nach Wo Hast on bestand es aus .SO3 und CuO; der Fundort war Werchnoturinsk in Sibirien. Da Levy selbst auch das Mineral Broehantit aufgestellt hatte, so musslen sicher Differenzen zwischen Broehantit und Königin vorhanden gewesen sein. Sonst hätte gewiss Levy die zwei ihm vorliegenden Königin- Stücke als wahre Brochantitc bestimmt. Letzteres Mineral war damals ja ebenfalls vollkommen neu. Für Levy war die vorhandene Differenz der Formen entscheidend. Die von ihm beobachteten Krystalle waren dicht zusammen- gewachsen und bildeten Krusten auf dichtem eisenhaltigem Kupferoxyd. Ihre Farbe war dunkel smaragdgrün bis schwarz- grün. Ihre Gestalt war die einer kurzen Säule mit gewölbten Flächen. Mit der vollkommensten Spaltungsfläche sitzen sie auf dem Muttergesteine ^ Seine Figur (5 in Pogg. Ann.) habe ich mit seinen Buchstaben in Fig. 22 copirt. Er beobachtete mm = 105° (.t% [Schrauf] Broch. monocl. = 102° 18 ') Pm = 90 circa P vollkommene Spaltungsfläche. Diese A'ngaben von Levy hat schon Miller (Mineralog.) benützt, um die Form des Königin mit der des Broehantit zu identificiren. Miller's Fig. 549 stellt die Formen des Königin in einer Stellung dar, in welcher die Spaltungsebenen beider Mineralien übereinstimmen. Die Flächen m Levy's nennt Mil- ler .f, welchen Buchstaben ich beibehalten habe ^. Diese Orientirung Miller's angenommen, erhält die Figur Levy's die Gestalt von Fig. 23. Man ersieht jetzt schon aus 1 Eine Ausbildung, die ich beiden übrigen Brochantiten. Typus I — III nicht beobachtete. 2 Die Flächen x und x treten auch bei Broehantit Typus II auf. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LXVII. Bd. I. Abth. ^3 340 Sc li r a II f. der Levy'schen Zeichnung die Übereinstimmimg- von Levy's Fläche e mit der Fläche e am Brochantit. Es ist möglich, dass die gekrümmten Flächen m (Lerv) nebst dem Doma x noch eine eng anschliessende Pyramidenfläche, vielleicht k (Typus II) in sich begriffen haben Eigene Beobachtungen lehrten mich , dass die im obigen angegebene Orientirung der Königinformen richtig ist; doch ver- mag ich der Beschreibung Levy's nur wenig Neues beizufügen. Ein Exemplar des sibirischen Königin von Werchnoturinsk sah ich im Pester National-Museum (unter Nr. 603/1, Lobkowitz Samml.). Das Handstück besteht aus einer grösseren Schwarte derben Kupfererzes, seitlich mit etwas Brauneisen, oben und unten mit Malachit bedeckt. Auf dem Malachit sitzen krustenför- mig 1 — 2 Millim. grosse Krystalle des Königin. An den Krystal- len lassen sich deutlich die Flächen h und .r (des Brochantit) erkennen. Es ist hier die einfachste Combination auftretend. Dass aber diese Form in der That auf das Parameter- verhältniss des Brochantit bezogen werden kann, dafür ist die Ausbildung der Varietät d von Rezbanya Gewähr. Die Formen dieser letztgenannten Varietät bilden eine Zwischenstufe zwi- schen den Formen des sibirischen Königin und zwischen den Formen des Brochantit II. Typus ^ §. 2. Varietät d von Eezbanya. a) Paragenesis. Mit dem eben beschriebenen Königin hat eine Varietät d von Rezbanya manche Eigenschaften gemein. Es sind Drusen mit dunkel schwarzgrünen Krystallen von meisselähnlicherForm. Auf sie hat zuerst Peters mit einigen Worten hingewiesen. Während die Brochantite der übrigen Tj^pen gewöhnlich mit c auf dem Muttergestein haften, sind gerade die Krystalle die- ser Varietät (wie oben bei Königin bemerkt) in der Mehrzahl der Fälle so orientirt, dass sie mit den Spaltungsflächen h auf- sitzen. Mir lagen drei Handstücke dieser Varietät vor. 1 In letzter Zeit liat Kokscliarow 1. c. einige Notizen über Köni- gin verört'entlicht. welche jedoch weder Krystallgestalt noch Beziehnng zu Brochantit erklären. Minoralo^i.sclie Beobaclitiing-fn V. 341 Namentlich durch die Paragenesis mit Hessonit wird das A'orkommen dieser Varietät von den früher besprochenen n^h un- terschieden. Eines der Haiidstücke ward 1815 mit der ursprüng- lichen Etiquettc vom Banat, das zweite als von "PKatherinenburg stammend, 1840 gekauft. Beide sind schon seit längerem als Eezbanya-Handstücke bestimmt; als solche auch von Peters 1. c. notirt. Für den Fundort Pie/.banya spricht auch das Vor- kommen von Hessonit in Mitte des Chrysocolla, auf welches früher übersehene Mineral ich au diesem Stücke aufmerksam machen werde. Das reichste und beste Stück trägt die Signatur H.-M.-C. 23/28, 1815. IV. 2. Auf einer grösseren Schwarte von mit Kupferschwärze gemengtem ^Slalachit ist seitlich der Octant eines grösseren Drusenraumes beim einsti- gen Formatisiren des Stückes noch erhalten geblieben. Diese Druse ist von schwarzem mit Malachitadern durchzogenen Kupfer-Eisenocher gebildet. Im innernEaume der Druse schliesst sich an diese Kupferschwärze zelliger und drusig rauher, matter, schmutzig grüner Chrysocolla i. Dieser Chry- socolla umschliesst allseitig phittenförmige Partien von theils derbem, theils krystallisirtem Hessonit. Auf den Chrysocolla folgt nun gegen das Innere der Druse zu als letzte Schichte eine dünne, 1 Millira. dicke Kruste schwarzgrünen Brochantits (Varietät dt. Zahlreiche Krystalle erheben sich 1—2 Milliiu. gross über diese Kruste. Sie sind ziemlich scharf ent- wickelt, gut glänzend, sitzen immer mit der Spaltfläche auf uud stehen keilförmig nach oben. Ähnliche Paragenese hat das Handstück H.-M.-C. 1819. 11/1027. Dasselbe ist das abgeschlagene Eck einer ehemals grösseren Geode. Die äusserste Schichte bildet Malachit, aus welcher einzelne Partien von gelb- braunem glänzenden Hessonit hervortreten. Vom Hessonit habe ich die Form 211 = 202 gemessen. Die untere ebene Fläche des Stückes ist von einer dünnen Schichte blättrigen Gypses ('Jüngeren Alters; bedeckt. Die auf Malachit folgende Geodenschichte ist Kupferschwärze; sie ist 2,3 C'entim. dick und von einzelnen kleinen Brochantitschuüren durch- zogen. Den nach aussen gerichteten Theil dieser Schichte bedeckt gel- ber Bleiwismuthocher. Der innere Eaum der Druse ist gleichsam in zwei Etagen getheilt. Im unteren Theil , welcher sich an den Gyps anschliesst, und von diesem partiell überlagert wird, ist lichtgrüner Chrysocolla. Letz- terer hat nierige . traubige Form und incrustirt vollkommen eine dünne, wirr verlaufende Schichte von Hessonit. Der obere Raum der Höhlung ist vollkommen ausgekleidet mit dunkel schwarzgrünen Brochantitkrystallen des Typus IV. 1 Geprüft auf SO3 und auf POs- 2.3* 342 Sehr a ii f. Panigenetisch überaus wichtig ist aber das schon früher (p. 32) er- wähnte Stück — Nr. Szajbely, 342 — im Pester Nat.-Museum. Auf Braun- eisen und Gbysocoll haltendem Muttergestein sitzt eine dichte Kruste von 1 — 2 Millira. grossen Krystallen unseres IV. Typus. Die Form ist der Mehrzahl nach durch die Flächen 6, x, fji gebildet. Auf dieser Kruste hat sich eine jüngere Generation von Brochantit angesiedelt. Es sind dies Krystalle der Form und des Typus I, Varietät b , von lichtgrüner Farbe. Die Krystalllsation dieser zweiten Varietät b hat jedoch die vorhandenen Königinkrystalle nicht angegriffen. Es zeigt dieses Stück, dass der Ty- pus IV von wesentlich dilifereutcm Alter und von anderen chemischen Eigenthümliehkeiten sein muss, als die jüngere Varietät b Typus I. Von dem Handstücke 23/28 konnte eine kleine Partie der Kruste zur Analyse abgetrennt werden. Um sie von dem anhän- genden, theils malachitischen, theils Kupfergrün haltenden Mut- tergestein ganz frei zu halten, wurden von mir nur deutlich erkennbare Krystallfragmente ausgelesen. Mehrere Versuche, übereinstimmende Zahlen für die Dichte zu erhalten, scheiterten an der geringen Quantität der Substanz und an deren grob pul- verähnlichem Zustande. Um keinen Einfluss auf die etwaigen Resultate der Analyse auszuüben, vermied ich auch eine stär- kere Erhitzung , welche allein im Stande gewesen wäre , die Luftblasen vollständig zu entfernen. Die erhaltenen Zahlen stimmen mit 3 • 8+0 • 1. Herr Prof. Ludwig hatte die Freundlichkeit, das aus- gesuchte Material zu analysiren , und theilte mir als Resultat die Zahlen CuO = 70-44 4 CuO 803= 17-40 SO3 H.,0 = 12-01 3H.,0 mit. Nach dieser Analyse (vergl. 1. c.) besitzt die dunkel schwarz- grüne Varietät rf den relativ höchsten Kupfergehalt unter allen bis- her analysirten Brochantiten. Da auch die Form dieser Varietät eigenthümlich ist, so haben wir der Substanz und der Gestalt nach in dem vorliegenden Typus einen Grenzfall aus der Gruppe des Brochantit vor uns , der sich theilweise von den übrigen Gliedern unterscheidet. Miiioralo^ischc JJcubaclitmi^icii V. o4:o §. 3. Varietät (/ von Rezbanya. ,3) Form. Die Gestalt der Brocliaiitit-Varietät d dieses IV. Typus ist von allen bisher beschriebenen Brochantitformen vollkoninien verschieden. Die keil- oder meisselähnlichen Krystalle haben mit den übrigen Brochantiten nur wenige Flächen gemein. Beobachtet habe ich an denselben die Flächen (monoclin be- zeichnet) : b r IX A e x^ k/. 010 120 7;]0 610 012 201,201 12.L4, T2.1.4 OOPOO 00/J2 oojn OO^e iPoO ±24^00 ±}^4'12. Die Spaltungsebene b ist vollkommen glatt, spiegelnd, ohne Streifung und olincZwillingslamellen. Sie unterscheidet sich hier- durch von der Spaltungsebene au den Brochantiten Typus I, die immer noch durch Zwillingsstreifen unterbrochen ist. Die übri- gen Flächen sind meist gekrümmt, schuppig und nur in Avenigen Fällen glatt und glänzend. Die relativ besten Winkel geben die Flächen ^' und fx. Die Flächen x, k verlaufen immer in einander und bilden ein scheinbar gewölbtes Doma oder Pyramide. Be- nierkenswerth ist , dass die für die Gestalt der Kupferminera- lien, z. B. Brochantit, Malachit, Atacamit, so einflussreiche Flä- che w (52°) hier nicht zur Entwicklung gelangt. Das Auftreten von r als schmale Abstumpfungsfläche ward nur höchst unter- geordnet einmal beobachtet. Die Krystalle sind anscheinend einfach , doch kommen Juxtapositionen parallel a , erkennbar aus der Repetition der Flächen .v, k vor. Das Krystallsystem könnte man , da keine einfachen Zonen vorliegen, als prismatisch annehmen, ohne mit den Messungen an diesen kleineu gekrümmten Krystallen in Widerspruch zu gerathen. Anderseits erlauben aber diese Mes- sungen auch eine Identificirung mit dem allgemeinen monoclinen Axenverhältnisse der Brochantitgruppe. Im letzteren Falle muss aber auf die Einfachheit der Indices für die dominirenden Pris- menflächen jx und A verzichtet werden. Ich habe letzteres gewählt und die obigen Flächensymbole auf das monocline Brochantitsystem bezogen. Hierdurch wird die 344 Sehr a u f. Verg-leichuiig' der Formen der einzelnen Varietäten wesentlich erleichtert. Unter den gemessenen Krystallen ist Nr. 50^ von 23/28 stammend, der beste und flächenreichste. Die Spaltungsebenen — b und e sind scharf, die Flächen i). ziemlich gut messbar. Um die gemessenen Flächen zu individualisiren, habe ich (ähnlich, wie bei triclin) dieselben je nach ihrer Luge mit ' oder — ver- sehen (vergl. Fig. 24, und Projection Fig. 2). Beobachtet Gewicht 1 Gerechn.(moi -^ — — ~~^ — ——^ ■ — --.^ — -^ -i:p.= 108°24' -71 3G V9 % = 71°31'2 —b:e = 104 25 ) —75 35 ) 'A be=^ 76 25 —h:-e = 76°— 77° n — h : k = 93 10 [ 93 40 J %5 n n \-bk = (— 6x = 93 15-7 93 17-2 e:— [a' = 861/3° e : — fx' = 86 14 eC- 5OV3 1 .1 = ( ex = 52 42-2 52 4-6 e^i = 60 ex = 62 10-3 e:k = 591/3 ek = 61 22 -C:-x = 9 x.C = 11 12 ~^l^ = 42 30 42 36-6 42 14 — zp = 30-32° p.'x = 31 39-6 .tC = 1061/2° a;£ = 102 13 Ax = 120 /tx = 123 7 Die Differenzen zwischen Beobachtung und Rechnung für die Flächen x und k würden auch dadurch nicht kleiner, wenn man aus den besten Winkeln be und biJ. separat ein neues pris- matisches Parametersystem und andere Werthe für k und x ab- leiten möchte. An anderen Krystallen tritt die Fläche x noch mehr zurück und verfliesst in die Krümmung von k. Dann scheint nur Eine Pyramidenfläche vorhanden zu sein. Aber die Messungen dieser 1 Vergl. frühere Nr. und p. ^i\. 2 Die Unterscheidung zwischen x und k ist nur hypothetisch. Mineralogische Beobachtungen V. 34o sind scheinbar unerklärlich, weil (wegen der Krlimiuung) k/. zu kleine Werthe geben. Am Krystalle 51 von 23/28 ward beobachtet gerechn.fmonocl.) ~b:—i>.'= —722/3 ) bk= 86 Va bk^ 86 44-2 /tf^= 33 W^= 31 28 — xfjL--= 32 ( fxx= 31 39-6 rx = 123 7 ;C= 102 13 k-.= 114 i *"= 123 7 An einem anderen Krystalle, Fig. 25, beobachtete ich eine sehr schmale Abstumpfung der Kante bfx , deren ungefähr be- stimmter Winkel 35° war, und daher auf die Flächen r des Brochantit bezogen werden könnte. Das Ilandstück (II.-M.-C. 11/ 1027) hat ähnliche Krystalle, nur ist deren Flächenausbildung noch unvollkommener. Einer der von mir untersuchten Krystalle hatte eine Form, die voll- kommen den Prismen des Königin ähnlich ist. Am Krystall 56 (vergl. Fig. 26) ist beobachtet gerechn. (monocl.) be= 75° Äe= 76°25' x^= 104 a-|= 102 33-5 Namentlich dieser letzte Krystall lässt erkennen, dass die meisselförmigen Krystalle unserer Varietät den Übergang bilden zu den cylindrischen Formen des Levy'schen Königin. Deshalb muss auch der letztgenannte mit dem Brochantit verwandt sein. Leider gelingt es nicht, durch Messungen den morphologi- schen Charakter dieses IV. Brochantit-Typus absolut genau fest- zustellen. Wollte man von den obigen Messungen Gebrauch machen, so dürfte nur der Messung ^6' = 75° 35' ein relativ grösseres Gewicht beigelegt werden. Diese Messung würde eine geringe Vergrösserung der Axe c verlangen. Es könnte dann «:6:6' = 0-779:l:0-505 346 S c h r a u f. für das Verhältniss der Parameter gesetzt werden. Die Axeu- Winkel ^, rj, t sind jedenfalls nahe gleich 90°; ob dieselben je- doch gleich 90° sind, oder ob sie wie beim I. Typus um 10' bis 30' von 90° abweichen, ist nicht entscheidbar. Ob prismatisch, monoclin oder triclin ; über diese Frage geben auch die optischen Verhältnisse nur geringen Aufschluss. Platten, parallel c oder parallel b, lassen erkennen, dass die Hauptschwingungsaxen, ähnlich einer prismatischen Symmetrie, nahe parallel den Krystallaxen X, F, Z orientirt sind. Ähnliches zeigten auch die triclinen Krystalle des Typus I. Es herrscht daher eine gewisse Übereinstimmung der optischen Orientirung bei diesen Typen. Die optische Orientirung mit einer schein- bar prismatischen Symmetrie schliesst jedoch nicht absolut noth- wendig die Bedingung in sich , dass deshalb der Krystall wirk- lich prismatisch ist. Bei so kleinen Kryställchen ist die optische Orientirung ohnehin nur auf 1 — 2° sicher; anderseits zeigten manche monocline Krystalle, z. B. Kaluszit, Brookit, Luteo- kobaltchlorid, ein scheinbares Zusammenfallen der Hauptschwin- gungsaxen mit den Krystallaxen. Obgleich nun durch Form und durch die chemische Ana- lyse die eben besprochene Varietät d sich von den übrigen Varietäten der Brochantitgruppe unterscheidet, so habe ich doch nicht für nothwendig erachtet, dieselbe (inclusive des Königin) als selbstständige Mineralspecies vom Brochantit zu trennen. Die Annahme eines separaten Typus IV für dieselben mag vor- läufig genügen. Es sind auch für die früheren Typen I — III noch manche ergänzende Bestimmungen , sowohl durch Analysen, als auch durch künstliche Erzeugung, nöthig, ehe die Grlieder der Brochantitgruppe als scharf bestimmt unterschieden werden können. Mineralogische Beobaclitiiugon V. 347 XL. Vergleiclieiidor Rückblick auf die i»arageiietisclieii und cheniisclien Verhältnisse der Mineralien aus der Oruppe des Brocliantits. §. 1. Tara genese der basisch- seh \ve fei saiir on K u p f e r 0 X y d s a 1 z e. Obgleich die Zusammensetzung jener basisch schwefelsau- ren Kupferoxydsalze , deren mineralogisches Geschlecht unter dem Namen Brochantit bekannt, sehr einfach ist, so zeigen doch die Zahlen der vielen Analysen nicht die wünschenswcrthe Über- einstimmung:. Weder die Analysen der natürlich vorkommenden Mineralien dieser Gruppe, noch die der ähnlichen, aber auf künst- lichem Wege erhaltenen Substanzen führen zu einerlei chemi- scher Formel. Genauer ist seit B e c q u e r e 1 (1. c.) die Entstehung dieser Verbindungen bekannt, und ausser dem ebengenannten Autor haben Roucher, Wibel, Fi eld mancherlei chemische Eeactionen angewendet , um Verbindungen dieser Art künstlich zu erhalten. Die Ableitung aller Substanzen der Brochantitgruppe ge- schieht mit Zugrundelegung einer Kupfervitriollösung, Avelche als Zersetzungsproduct der Kupferkiese in der Natur so häufig auftritt. Beequerel hat schon nachgewiesen, dass die Einwir- kung eines Carbonates — im einfachsten und häufigsten Falle der Calcit — genügt, um der Kupfervitriollösung einen Theil des Wassers und der Schwefelsäure zu entziehen. Hierdurch sind die Bedingungen zur Bildung des Gypses und eines kupfer- reicheren SOgCuO-Salzes gegeben. Im Falle, dass Calcit im Überschuss vorhanden, muss dann die frei gewordene CO^ auch zur Bildung des Malachits führen. Beequerel (und auch ich) hat auf diese Weise brochantitähnliche Krusten erhalten. F i e 1 d (1. c.) hat, um die Reactionen der 00^ zu vermeiden, statt Calcit eine geringe Quantität von Kali ' angewendet. Er 1 Fielcl erwähnt, dass, wenn mau statt des Alkali Überchlorsauren Kalk anwendet , man dann künstliche Verbindungen aus der Gruppe des Atacamits enthält. Er erhielt meist 3 CuO CuCL 4H,0; gelegentlich auch 3CuO CuCU GHgO. 348 Sehr a ii f. erhielt dann in der Kupfervitriollösung- einen pulverförmigen Nie- derschlag , der nebst einem basischen CuO SOg-Salze noch SO3KO enthielt. Nach Trennung beider ergab die Analyse des Kupfersalzes für letzteres die Zusammensetzung eines Brochantit mit grossem Wassergehalt, genauer die des Warringtonit, näm- lich 4CUOSO34H2O. Wibel (1. c.) wendet zweierlei Methoden an, um Brochan- tit zu erhalten : a) In geschlossenen Röhren erhitzte er das Pul- ver von Eisenoxydsilicaten (Anthophyllit, Hornblende und Basalt) mit einer Kupfervitriollösung- bis auf 210° C. Die mikroskopi- schen Krystalle (vergl. p. 56) hatten die Zusammensetzung 6 CuO 2 8O3 6 H3O. ß) Die Combination von Kupfervitriollösung mit Kalksilicat (Wollastonit) ward längere Zeit auf 100° C. erhitzt. Der Niederschlag bestand aus einer Mischung von gallertartig:er SiOg , unzersetztem Wollastonit , und einem (nicht krystallisirten) grünen Kupfersalze. Die Zahlen der Analyse dieses letzteren stimmten mit 5 CuO 2SO3 Sy^H^O, wofür Wibel den wahrscheinlichen Werth 5 CuO 28O3 SH^O setzt. Aber auch ohne Reactionsmittel, durch blosses Erhitzen einer Kupfervitriollösung- entstehen basische Kupfersalze. Rou- cher (1. c.) erhält durch Glühen des Kupfervitriols 2 CuO SO3. Dieses Salz verwittert an der Luft zu (3 CuO 2 8O3 5 H^O ; ohne Erwärmung im kalten Wasser gibt es 8 CuO 2 SO3 6H.^0 ; in kochendes Wasser eingetragen liefert es die Verbindung- 6 CuO 2SO34H2O. Sind einzelne der letzteren Verbindungen auch nicht wahre Glieder der Brochantitgruppe, so zeigen sie doch den Einfluss • der Temperatur auf den Wassergehalt der entstehenden (basisch CuO) Verbindung. Diese besprochenen Versuche, „künstliche Brochantite zu erzeugen", ergaben die Thatsache, dass man mit geringen Mo- dificationen der Reactionsmittel ähnliche Substanzen, aber mit verschiedenem SO3 oder CuO-G ehalt hervorrufen kann. Die Frage nach der wirklichen Formel der Mineralien unserer Gruppe ward durch diese Versuche nicht beantwortet. Die paragene- tischen Verhältnisse der Mineralien erhielten aber einen erklä- renden Leitfaden. Mincralonischo l>c()t);iclitMu;;'(Mi V. o40 Betiaclitet man die einzelnen lIuiuLstUcke, so ist an man- chen derselben die Paragenese eine deutlich erkennbare, und dann die Übereinstimmung der Reactionen von Natur und Kunst nicht zu leugnen. An den 1 landstücken von Sibirien und im iJanat kommt mit Brochantit nitcli Hrauncisen, Rothkupfer und ^lalachit vor. Nach meinen Versuchen genügt die Einwirkung der oxydischcn Erze, namentlich des Rothkupfererzes auf Kupfervitriollösungen, um eine langsame Anreicherung des Salzes mit CuO und eine Bro- chantitbildung hervorzurufen. In Cornwall ist ^[alachit die Grundlage mancher Brochan- tite. Letztere sind durch die Wirkung der SO3 haltigen Lösung auf das Kupfercarbonat entstanden. Nach Maskelyne kommt neben dem Brochantit noch der Laugit (und der ihm ähnliche Devillin) vor. Eine Behandlung einer Kupfervitriollösung mit Magnesia in Überschuss ergab mir ein licht grünlichblaues nicht krystallisirtes Gemenge beider Sulfate , welches schnell incru- stirte. Möglich, dass auch bei Langit eine kräftige aber schnell verlaufende Reaction die Bildung beeinflusste '. Der Devillin, der ein Gemenge von Langit mit Gyps ist, lässt erkennen, dass die Unterlage ein Kalkcarbonat war, welches auf die ursprüng- liche Lösung einwirkte. Wechselnder sind die paragenetischen Verhältnisse in Rez- banya gewesen. Wir haben mehrere Generationen zu unterschei- den. Varietät a hat oxydisches (Kupferschwärze) Muttergestein, und sitzt auf einer malachitischen Unterlage, welche aber die gebildeten Brochantite selbst wieder partiell umhüllt. Da keine Krustenbildung vorhanden, so sind diese verstreuten Krystalle in situ gebildet aus Tropfen übersättigter Kupfervitriollösung, welche während und vor dem Ende der Malaehitbildung das Handstück trafen. Varietät b zeigt ebenfalls die Entstehung aus Malachit , wobei jedoch zusammenhängende Flächen von der Lösung benetzt wurden. Varietät d zeigt Kieselkiipfer als Kruste über Hessonit und ne))enan theils Malachit , theils Brochantit, letzteren auch in Begleitung von Gyps. Malachit und Brochantit 1 Ich erinnere an den blauen Cyanochroit (Cu KO) SO3 -|-3 HO , der a\if Laven als Ettiorescenz vorkommt. 350 Sehr a u f. verdanken hier einem Kalkcarbonat ihre Entstehung-, welches die Substanz zum Aufbau des Gypses hergab. Der Wechsel von drei Säuren in mehreren kaum Millimeter dicken Schichten eines g-rünen Kupfererzes ist beachtenswerth. Von grosser Wichtigkeit ist ferner das Nacheinandervor- kommen zM^eier Brochantittypen auf einem Handstücke. Es zeigte sich, dass die lichtgrüne Varietät b jünger ist, als die schwarzgrüne Varietät a und als die Krystalle des IV. (Königin) Typus. Das Aufgewachsensein einer grösseren Kruste von Kry- stallen Varietät b auf einer hierdurch nicht angegriffenen Köni- ginkruste (vergl. früher p. 68) ist gewiss ein höchst wichtiges paragenetisches Vorkommen. Reizend sind die Handstücke von Rezbanya, wenn nicht Kupfererze , sondern die Bleierze die Grundlage bilden (Varie- tät b). Die Bleierze dieses Horizontes sind in Rezbanya schwarze und gelbe Mennige gewesen, erstere mit Kupfer-, letztere mit Wismuthgehalt, und ferner zahlreiche Krystalle von Cerussit. Die Kupfervitriollösung griff diese Erze an, gräbt sich Drusen in dieselben. Die Grenze gegen das Bleierz bildet dann der Linarit, d. i. ein Kupferbleisalz, auf welchem sich dann erst der lichtgrüne Brochantit mit etwaigem Bleigehalt (Werthheim, Magnus; Analysen) abgelagert hat. Etwas jünger als dieser Brochantit ist Malachit, welcher aus überschüssiger Kohlensäure des zerstörten Cerussit entstand , am längsten in Lösung blieb und partiell den Brochantit einhüllte. Eine ähnliche combinirte Entstehung von Linarit und Bro- chantit zeigen einzelne Vorkommnisse von Nassau und von Zel- lerfeld. Es findet hierdurch auch der Linarit als Mittelglied zwischen Cerussit und Brochantit eine natürliche Stelle im para- genetischen Systeme. §. 2. Übersicht der chemischen Resultate. Um eine solche Übersicht für die Gruppe des Brochantit zweckmässig discutiren zu können, ist es auch nöthig, das Mine- ral Langit hiebei einzubeziehen. Ich ordne im Nachfolgenden die wichtigeren Analysen (der in voriger Nummer beschriebenen -MiiuM-alot'i.sL-he BeobaclituiiK'cii V ;};') 1 Varietäten) aufsteigend nach ihrem Kiipferg-ehalte ', nach Eli- mination der eventuell angegebenen Beimengungen. Autor Varietät CuO SO, 11,0 VVibel Künstlich a 64-00 21-49 14-51 Wibel Künstlich ß 64-96 26-19 8-58 Maskelyne Langit 65-82 16-42 18-32 Wertliheim Rezbanya j65-59 j+PbO 17-54 Magnus Rezbanya -2. (GG-9 (+l-04PbO Berthior Brongniartin 66-2 16-6 17-2 Fiekl Chili 66-94 16-59 16-47 Risse Nassau 67-8 19-0 13-2 Forchhamraer Krisuvigit 67-75 18-88 12-81 a) Field Künstlich 67-51 16-98 15-51 Maskelyne Warringtonit 68-24 16-7 14-64 Warrington Warringtonit 68-27 18-93 12-22 6> Kobell Chile 68-87 19-71 11-42 Tschermak Neu-Süd-Wales 69 -1 19-4 11-5 Domeyko Chile 70-2 16-2 13-8 c) Ludwig Rezbanya 70-44 17-4 12-81 a) +0-5 6F roc. Thonerde un d Eisenoxyd. f,! -hO-58P roc. unlöslich. c) vergl. N r. XXXVI, p. 51. Bei keiner dieser zahlreichen Analysen wäre ein Zweifel an der Genauigkeit gerechtfertigt ^. Dass bei der Analyse von W e r t h h e i m und Magnus wahrscheinlich der Bleigehalt dem Kupfer zuzuzählen ist, ward schon früher erwähnt. Die Mög- lichkeit, dass das analytische Material in manchen Fällen nicht frei vom Muttergestein (Malachit, Chrysocoll. . .) gewesen sei, würde auf die vorliegende Liste wohl von Einfluss sein. Die Gleichheit der Zahlen, welche theils Bert hier und Field, tlieils Risse und F o r c h h a m m e r oder K o b e 1 1 und T sehe r- 1 Eine Zusammenstellung des wechselnden Kupfergehaltes im Chry- socolla von Chili gab Field, Phil. Mag. 1861, XXII, 361. 2 Die Analyse von Rivot habe ich hier ausgelassen. Er analysirte schön grüne Brochantitkrystalle von fraglichem Fundorte, die aber mit Malachit verwachsen waren ; er fand: (CuO = 57'9, S03^19-4, 11,0^ 13-5)+(CuO = 5-0, C03 = l-2, HjO^l -2) = 98-2. 352 S c h r a u f. mak erhalten haben, zwingt aber, eine gewisse Variation der Substanz zuzugestehen. Die Genauigkeit dieser Analysen tritt umsomehr hervor, wenn man die Differenzen der beobachteten Zahlen gegen Zahlen aus möglichst einfachen Formeln gerech- net aufsucht. Eine solche Zusammenstellung folgt im Nachstehenden, und zwar ist dieselbe geordnet absteigend nach dem Wassergehalte der Substanz. I 8CuO 2SO3 10H,,0 Recliniing = 65-14 16-40 18-46 Kechn. I j^jj^gj^gjyjjg Langit —0-68 —002 —Oi4 Keob, 1 II 8CuO 2SO3 9H2O Rechn. = 66-36 16-70 16-84 Eechn. I Bertliiei- Mexiko = -^OIG -^0- W —Ooti üZh- I Ficld Chile ^ ^0-o8 +0 11 -hOST III 8CuO 2SO3 8H0O Eechn. = 67-63 17-04 15-33 Kechn. I Maskelyne Warriiigtonit = —0-61 +0-34 +069 B^b. I Field Künstlich = -\-0- i2 +006 —0-18 IV 6CuO 2SO3 6H2O (Wibel Künstlich, Ki-ystall) 64-0 21-49 14-51 V 8C'uO 2SO3 7H2O Rechn. = 68-95 17-37 13-68 WerthheimRezbanya= (65-59 +?PbO) —0- 17 Magnus Rezbauya 1 = (66-9 -J-l-OPbO) Domeyko Chile = —i2S +117 +012 Reclin Beob. VI 7CuO 2SO3 6H2O Rechn. = 67-47 19-42 13-11 Kechn. I Risse Nassau = —0o3 +0 42 —009 Beob. I Forchhammer Krisuvigit 2= —ö-5iS +0S4 +030 1 Rammclsberg (1. c.) rechnet aus den beiden Analysen «, b von Magnus nach Elimination aller Beimengungen die Procentantheile : fl) CuO 68-34, SOs 18-69, HoO 12-97 b) CuO 69-52, SOs 18-10, ILO 12-38 ~ Ich habe 0-5Proc. Ganggestoiu (vergl. früher) dircct weggelassen. Die Diflerenzen werden nur unbedeutend geändert. iMincralogisclic I'»eol)aclituiigeii V. 35o VII ÜC'uO 280s -^^hO Eoiiclicr Verwittert: (;.")•');) 22-(i2 12-;Jit VIII 7CuO 2S0s öHgO Rechn. = G.S-9 19-85 11-16 Kec^hn. I Kobell Chili = -\-0-40 -h0i4 —0-26 B^b. I Tschermak N.-S.-Wales = —020 -\-0-4ö —0-34 IX 8CuO 28O3 «JHaO Rechn. = 70-33 17-71 11 -09 Rechn. 1 Ludwig Rezbanya d = —0 11 -\-0S1 —OOii Beob. I Roucher Künstl. kalt ? V V X 6CuO JiSOg 4H2O (Roucher Künstl. heiss) G7-25 22-58 10-17 XI öCiiO 2SO3 3H3O (Wibel Künstl. nicht krystallisirt) 64-96 26-19 8-85 Nach diesen Analysen wären 11 verschiedene Substanzen in der Gruppe der basischen schwefelsauren Kupferoxydsalze zu untersolieiden. Die Übereinstimmung zwischen empyrischer Formel und Beobachtung- ist aber in der Mehrzahl der Fälle von geringer Bedeutung. Nur die alte empyrische Schreibweise er- laubt alle möglichen Combinationen von CuO, SO3, HgO in Rech- nung zu bringen. Nach den neuesten Untersuchungen von Herrn Prof. Ludwig (I.e.) ist aber Kupfer vierwerthig. Seine Analyse von vollkommen reinem krystallisirten Brochantit (IV. Typus, p. 68) gab ihm die Formel ' (1. c.) : (HO).,Cu — Cu(HO), (HO),Cu — CuSO, Ebenso hat auch Maskelyne (Phil. Mag. 1865) den Lan- git als 3 Cu' H^O^ -f- Cu SO, -+- 2 HgO, den Warringt onit als 1 Die analoge Formel 3CuOH02-|- CuOSOj ha* auch Ramraels- berg (Mineral. Chem. 1862, p. 268) für Brochantit aufgestellt, allein wohl nur aus theoretischen Gründen. Die damals benutzbaren Analysen stimm- ten genauer mit 7C'uO, 2ÖO3, 6H2O. 354 S c h r a u f. 3Cu'H,02-+-CuSO,^H20 betrachtet. Diesen Forschungeu zufolge können daher nur einige der unter I. — XL aufgeführten Substanzen als einfache Verbindun- gen betrachtet werden. Zwei Fälle sind möglich : a) einige der analysirten Minera- lien hatten bereits eine theilweise Zersetzung und Umwandlung erlitten; b) die analysirten Körper waren Gemische aus zwei Hauptgliedern der Reihe. Die Mehrzahl der obigen Analysen lässt sich nach dem Principe der Mischungen berechnen, wenn man von fünf Haupt- formeln (I., HL, IX., IV., X.) ausgeht. I 3CuH3 02-l-CuS04+2H20 — . II jjj -8Cii0 2S03 9H30 SCuHäOa-^-CuSOi^HaO ^| y IX [-8CUO2.SO3 7H3O — SCuHjOa+CuSOi ~ yj IV — 7 CuO 2(80361130 2CuH,03+CuS04+H30 ~ X I "^^ , t,^ n6Cu0 2,S03 5Ho0 nS(),. — I ' o i VIII 7C1102S025H20- .2CiiH303-t-CuS04 Jedem der hier notirten Fälle L— X. entspricht (vergl. oben) eine wirklich gemachte Analyse *. Die mittleren Glieder dieser drei Columnen sind bisher immer als Substanzen der Brochantit- gruppe zusammengefasst worden. Eine vollständige Trennung derselben ist auch jetzt nicht möglich. Nur nach der morpholo- gischen Ausbildung lassen sich einzelne Typen hervorheben. Ich unterschied vier verschiedene Formen der Ausbildung. Diesel- ben sind homöomorph ; eine absolute Übereinstimmung der Win- kel ist nicht erwiesen. Es umfasst 1 Die Formeln IV, X entsprechen den Angaben von Wibel und Roucher. Ihre tlieoretische Bedeutung zu i)rüfen iiberhisse ich conipe- tenteren Federn. Mineralogische ßeobachtiinyen V. 355 Typus I: Var. <( iiiid /; von Rezbanya; triclin; vollkommen kry- stallograpliiscli, unvollständig elicmisch bestimmt; CuO = (35-51», PbO = 'i^ S0,= 17-54. Typus II : Warringtonit ; 3 CuH^Og -^ ( 'u SOj, -\- H^O ; monocliii ? Typus III; Brocliantit ; Nischne-Tagilsk; nicht analysirt; mono- clin — triclin. Typus IV: Kchiigin und Varietät d von liczbanya ; /iCuH.Og -hCuSO^; luonoclinV ])risniatischV Diese Zusammenstellung zeigt , dass viele Punkte noch fraglich und mit dem bisher vorhandenen mineralogischen Mate- riale nicht beantwortbar sind. Die Erzeugung und Untersuchung künstlicher Brochantite liefert vielleicht einst die Antwort auf die unerledigten Fragen. Meine Untersuchungen wurden ermöglicht durch die Libe- ralität, mit welcher mir die kritische Durchforschung diverser Sammlungen gestattet ward. In dieser Hinsicht spreche ich mei- nen Dank aus den Herren: Dir. Tscherniak, Frh. v. Schrö- c kinger, Prof. Reuss und K. Eggerth in Wien, ferner den Herren Dr. F a u s e r und Prof. S z a b o in Pest. XLI. Wertlibestimmuug einzelner Messungen. Durch Kupffer's Preisschrift 1825 und durch dessen Hand- buch der rechnenden Krystallographie, Petersb. 1831, ward die praktische Verwendung der Wahrsclieinlichkeitsrechnung in der Krystallographie eingebürgert. Die bekannten ' bisher benütz- 1 Bezeichnet mau mit A, a, a. die gemessenen Winkel, mit F, f, o deren Fehler, mit P, j), - deren gerechnete Gewichte, mit N, n, v die An- zahl der einzelnen Werthe, so wird gewöhnlich gesetzt: (I) a^ ' . '""" . (II) gisclic Bcobiiclitiuigcn V. 357 (n p P) werden aus Differenzen von Beobachtung und Rechnung bcsfinimt. Die zweite Art von Fehlern tragen bisher keinen cha- rakteristischen Namen. Auf dem Gebiete der Morphologie kön- nen sie nur ihren Grund in der soi-disant mangelhaften , das heisst, in der für uns nicht genau enträtliselbaren Ausbildung der Flächen haben. Ich nenne sie deshalb Au sbildungs feh- ler, bezeichne sie mit Ao und die ihnen direct entsprechenden Oewichte mit G g (vergl. nachfolgende Seite). Zu Kupffer's Zeit, wo oft Spiegel und Schornstein die Marken tür die Ablesungen waren, sind die Differenzen der ein- zelnen Beobachtungen selbst Eines Winkels einer Kante gross gewesen. Eine Trennung der Beobachtungsfehler von den Aus- bildungsfehlern war daher nicht möglich. Für solche Messungen kann mit vollem Kechte das Mass der Präcision h^^=h^ gesetzt werden. Dann genügen auch die obigen Formeln I — VII, Note. Der grosse Fortschritt der Beobachtungsinstrumente nimmt jedoch Eintluss auf die „theoretische" Werthbestimmuug. Die nach Analogie der Ortling'schen Eeflexionsgoniometer gebauten Instrumente liefern eine Genauigkeit, die auch im Mass der Prä- cision ihren Ausdruck finden muss. i\Iit diesen Instrumenten gelingt es, durch mehrfache Repe- titionen an einer Kante die Beobachtungsfehler fast vollkommen zu eliminiren. Sie verschwinden dann, wenn der Beobachter ab- sichtlich auf die schätzbare IMitte des Reflexes, einstellt. Dass der Beobachter auf Minimum und Maximum des Reflexes (alter- nativ) eins;tellt, geschieht selten ^ 1 Stellt der Beobachter bei vcrscliwüiuineuem Keflex immer ;uil' die scheinbare (durch Übung leicht und fast absolut genau schätzbarej Mitte des Reflexes ein, so ist sein Beobachtungsfehler geringer, als er nach der Natur der Flächen sein sollte. Deshalb wird das gerechnete Gewicht (IVj^; zu gross und diese Gleichung „theoretisch" unanwendbar, wenn auch das Gesammtresultat nur um Secundeu diflferiren sollte. Die Gleichung IV wird nur dann theoretisch und praktisch anwend- bar; wenn die Beobachtungsfehler mit den Ausbildungst'ehlern gleichwer- thig sind. Dies erfordert, dass der Beobachter alternativ auf Maximum nnd Minimum des Reflexes einstellt. In einem solchen Falle befolgt er unbewusst die auf den nachfolgenden Seiten entwickelten Gesetze zur Berücksichtigung von „Ausbildungsfehlern". 24* 35« Sehr a u f. In der Mehrzahl aller Fälle werden die Ablesiingen gleich- massig auf die scheinbare Mitte des Reflexes bezogen. Mehr- malige Ablesungen genügen alsdann, um den Winkel (aus den einzelnen Ablesungen gerechnet nach I, Note) von wahren Beob- achtungsfehlern möglichst frei zu erhalten. Es wird mit grosser Wahrscheinlichkeit (vergl. III, Note) die Limite von f=0 sein. Dieses Verfahren eliminirt wohl die Beobachtnngsfehler, allein die Ausbildungsfehler bleiben unberücksichtigt. A priori ist es nicht erlaubt, das Mittel einer Suite von Beobachtungen (bei verschwommenem Eeflexe) als den richtigsten Werth des Winkels anzunehmen. Die Mitte (vergl. oben) des verschwom- menen Reflexes (dieses ist ein äquivalenter Ausdruck für das- arithmetische Mittel der Messungen) ist nicht innner die wahre Stelle des Reflexbildes. Bei scharfer Beleuchtung löst sich fast jeder verschwommene Reflex in einer Combination mehrerer Re- flexe auf. Im einfachsten Falle sei die Trennung des diffusen Reflexes (Holzschnitt 1) in zwei getrennte Reflexe (Holzschnitt 2) 1. 2. j|4Z »^^i?git^ y^>^": i gelungen. Da ist nur eine Einstellung auf das Fadenkreuz y 1I-+-Z oder z richtig. Die Einstellung auf die Mitte (Holzschnitt 1) ^ ^^ gibt auch bei unzähligen Repetitionen ein unwahres Resultat. Ein solcher im Reflexe erkennbare Ausbildungsfehler ist aber gleichbedeutend mit einer Variation des Beobachtungs- instrumentes. Ist die anguläre Dimension des Fadenkreuzes im Holzschnitt 2 je 1', während der diffuse Reflex (Holzschnitt 1) 10' breit ist, so ist dies gleichbedeutend mit den Annahmen, dass die Ablesungen des ersten Falles mit einem auf 1' getheil- ten , die des zweiten Falles mit einem nur auf 10' getheilten Kreise gemacht seien. Es sind verschiedene Grade der Präcisiou vorhanden. Dies erfordert, dass: „die Sunnnon der Quadrate aller Rroducte aus Fehler und Mass der Präcision" zum Minimum Hieraus folgt ' />]:hl^ = !/i • fh = 0-476 0-476 -^2 MiiuTulogisclie Hoobaclitiinyi'u V. 359 §-emacht werde. Die »Siunine der Fehlerquadrate allein g-enügt nicht. Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten der Fehler A,, A.^ ist unabhängig von der Beol)achtung, eine Folge der Präcision h ; es ist vrii. Hier sind c/, , g^ die Gewichte der Beobachtung-, abgeleitet ans dem Mass der Präcision. Diese Gleichung kann durch Zahlen versinnlicht werden. Hei ein Fläclienpaar vollkommen fehlerfrei messbar. Werde die- ser Winkel am Retlexionsg-oniometer mit Ablesung- von 10" und dann an einem auf ^2° getheilten Handgoniometer abgelesen. Erst 32400 Beobachtungen am Handgoniometer sind dann einer einzigen fehlerfreien Messung- mittelst des Reflexionsgoniometers gleichwerthig-. Dasselbe Verhältniss der Zahlen tritt ein, wenn das Beobachtungsinstrument ident wäre und ein Flächenpaar 10" breite Reflexe , das zweite Flächenpaar hingegen 30' breite Reflexe liefern würde. Das arithmetische ]\Iittel einer geringeren Anzahl (als 32400) von Beobachtungen gebe vielleicht das g-leiche Resultat, wäre aber theoretisch ungenauer. Da von man- chen Seiten auf mehrfache Repetitionen Gewicht gelegt wird, so ist es nicJit umsonst, die Gleichwerthigkeit verschieden exacter Messungen durch Zahlen zu demonstriren. Ist durch mehrfache Messungen „mit jedesmaliger Einstel- lung auf die scheinbare Mitte des Reflexes" der Beobachtnngs- fehler zum Minimum gemacht, so ist mit grosser Wahrscheinlich- keit die Differenz zwischen p^, p.„ p.^. . . ebenfalls gering. Nicht eliminirbar sind hingegen die Ausbildungsfehler A,, Ag, A3, welclie (^nach YHI.) die Gewichte : k.k.H9i-Ti.StajtsiinnfcT' Sclirniii'. Miaeralniji.scJit' HpohaclilMii'jVu V Kcilic. T^rd II. ^^ rC \ ^ '. — ^— ^ : . . .N Fi»'. 03. SitzuiifcT).(l.k..\kail,cl.Winii11i,iuiümv. n.LXVn.B(i.l.Aldi.l873..\iii'illiett, Aus der k.k Hut'-ii Staatsdnickerei. Mineralogische Beobachtungen V. 361 INHALT. Seite XXXII. Allgemeine Charakteristik der Mineralien aus der Gruppe des Brochantit 275 XXXIII. Das Krystallsystem des Brochantit I. Typus. Schwarz- grüne Varietät a von Rezbanya 287 XXXIV. Brochantit I, Typus. Fortsetzung. Lichtgrüne Varietät b von Rezbanya. Resume der Verhältnisse des I. Typus . 304 XXXV. Brochantit von Russland und Cornwall. Typus I .... 315 XXXVI. Anhang zu Brochantit Typus I : Unvollkommen bestimmte Mineralien diverser Fundorte : Nassau, Island, Mexiko, Chile, Arizona, Siränowsk, Saszka, Neu-Südwales, Cum- berland, Zellerfeld — und künsthch erzeugte Substanzen 321 XXXVII. Brochantite II. Typus : Warringtonit, Varietät c von Rez- banya und vom Banat 331 XXXVIII. Brochantit III. Typus von Nischne-Tagilsk 336 XXXIX. Brochantit IV. Typus : Königin und die Varietät d von Rezbanya 339 XL. Vergleichender Rückblick auf die paragenetischen und chemischen Verhältnisse der Mineralien ans der Gruppe des Brochantit 347 XLI. Werthbestimmnng einzelner Messungen 355 362 XI. SITZUNG VOM 17. APRIL 1873. Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor : „Über die Abhängigkeit der täglichen Variation des Baro- meterstandes von der Rotation der Sonne", vom Herrn Director Dr. K. H 0 r n s t e i n in Prag. „Über ein allgemeines Theorem zur Berechnung der Wir- kung magnetisirender Spiralen", vom Herrn Prof. Dr. A. v. Wal- tenhofen in Prag. „Über die Bessel 'sehen Functionen erster Art", vom Herrn Prof. L. Gegenbauer in Krems. „Zur Frage Über die Entstehung der Arten", vom Herrn F. Chlebik in Jaroslau. Herr Dr. Karl Heitzmann legt eine Abhandlung: „Über den Bau des Protoplasmas" vor. An Druckschriften wurden vorgelegt: Accademia Pontificia de'NuoviLincei: Atti. Anno XXVI, Sess. 2^\ Roma, 1873; 4". Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Monatsbericht. December 1872. Berlin, 1873; So. American Chemist. A. Mouthly Journal of Theoretical, Ana- lytical, and Technical Cliemistry. Vol. HI, Nr. 4. New York, 1872; 4". Annalen der Sternwarte in Leiden, herausgegeben von F. Kaiser. HL Band. Haag, 1872; 4^ A p 0 1 h e k e r - V e r e i n , allgem. österr. : Zeitschrift. 1 1 . Jahr- gang, Nr. 11. Wien, 1873; 8«. Astronomische Nachrichten. Nr. 1931—1932. (Bd. 81. 11 — 12.) Altena, 1873; 4o. Bierens de Haan, D., Notice sur Meindert Semeijns. Rome, 1873; 4". 363 C 0 m m i s s i 0 n Meteorologique de Lyon : Resume des observa- tions meteorolog-iqiies faites ä TObservatoire de Lyon. 1870; 27' Anuee. Lyon; gr. 8^ Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXVI, Nrs. 12—14. Paris, 1873; 4». Czyrnianski, Emil, Chemische Theorie, auf der rotirenden Bewegung- der Atome basirt. (Vierte vermehrte Auflage.) Krakau, 1873; 8^ G es eU Schaft der Wissenschaften, Oberlausitzische: Neues Lausitzisches Magazin. XLIX. Band, 2. Hälfte. Görlitz, 1872; 8«. — geographische, in Wien: Mittheilung-en. Bd. XVI (neuer Folge VI), Kr. 2. Wien, 1873; 8^ Gewerbe- Verein, n.-(3.: Wochenschrift. XXXIV. Jahrgang, Nr. 14—15. Wien, 1873; 4«. Isis: Sitzungsberichte. Jahrgang 1872, Nr. 10 — 12. Dresden, 1873; 8«. Istituto, R., Veneto di Scienze, Lettere edArti: Atti. Tomo 11°, Serie IV% Disp. 3=^ & 4\ Venezia, 1872—73; 8«. Landbote, Der steirische. 6. Jahrgang, Nr. 7. Graz, 1873; 4*^. Lot OS. XXin. Jahrgang. Jänner— März 1873. Prag; 8". Mittheilungen des k. k. technischen und administrativen Militär-Comite. Jahrgang 1873, 2. Heft. Wien; 8o. Moniteur scientitique du Docteur Quesneville. 17' Annee, 3' Serie, Tome HL 376' Livraison. Paris, 1873; 4^ Müller, Friedrich, Allgemeine Ethnographie. Wien, 1873; 8^. Natur e..Nrs. 179—180. Vol. VH. London, 1873; 4^ Reichsanstalt, k. k. geologische: Verhandlungen. Jahrgang 1873, Nr. 5. Wien; 4«. „Revue politique et litteraire", et ^.Revue scientitique de la France et de l'etranger". IP Annee, 2' Serie, Nrs. 40 — 41. Paris, 1872; 4»- Societä de Spettroscopisti Italiani: Memorie. Vol.I. Anno 1872 Vol. IL Anno 1873, Disp. l^ Palermo; 4«. Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou: Bulletin. Annee 1872. Nr. 4. Moscou, 1873; 8^ — Botanique de France: Bulletin. Tome XIX' 1872. Comptes rendus des seances 3. Paris; 8*^. 364 Society, The Royal Geographica!, of London: Proceedings. Vol. XVI, Nr. 5; Vol.XVII, Nr. 1. London, 1872 & 1873; 8«. Verein für Landeskunde von Niederösterreich: Blätter. VL Jahr- gang. 1872, Nr. 1 — 12. 8". — Topographie von Nieder- österreich. IV. Heft. Wien, 1872; 4». Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIII. Jahrgang, Nr. 14 — 15. Wien, 1873; 40. Zeitschrift des österr. Ingenieur- & Architekten - Vereins. XXV. Jahrgang, 4. Heft. Wien, 1873; 4^. 365 XII. SITZUNG VOM 24. APRIL 1873. Der Präsident gedenkt in einer Ansprache des am 1 8. April erfolgten Ablebens des ausländisclien Ehrenmitgliedes derClasse, des Herrn Dr. Jnstus Freiherrn von Lieb ig. Sämmtliche Anwesende geben ihr Beileid durch Erheben von den Sitzen knnd. Herr Dr. J. Barr and e dankt mit Schreiben vom 20. April für die ihm zur Fortsetzung seines Werkes: „Systeme silurien du centre de la Boheme" neuerdings bevs^illigte Subvention von 1500 fl. Herr Prof. Dr. Jul. Wiesner übersendet eine Abhandlung: „Untersuchungen über den Einfluss der Temperatur auf die Ent- wicklung des Penicillium glaucum'-^. Herr Hofrath Dr. E. Ritter v. Brücke überreicht eine von dem stud. med. Herrn Julius Maut hn er in seinem physiologi- schen Institute ausgeführte Arbeit, betitelt: „Über den mütter- lichen Kreislauf in der Kaninchenplacenta mit Rücksicht auf die in der Menschenplacenta bis jetzt vorgefundenen anatomischen Verhältnisse". Das c. M. Herr Dr. Julius Hann legt eine Abhandlung: „Über diiB Wärmeabnahme in der Höhe im asiatischen Monsum- gebiete" vor. An Druckschriften wurden vorgelegt: Abich, A., Materialien zur Zusammenstellung einer Klimatologie des Kaukasus. HI. Abthlg. I. Band, 1. Lieferung. Tiflis, 1871; gr. 8». (Russisch.) Accademia Pontificia de' Nuovi Lincei: Atti. Anno XXVI, Sess. HP. Roma, 1873; 4". Annalen der Chemie & Pharmacie von Wo hl er, Lieb ig, Kopp, Erlenmeyer und Volhard. N. R. Band XC, Heft 3. Leipzig & Heidelberg, 1873; 8o. m6 Apotheker- Verein, allg-em. österr. : Zeitschrift (nebst An- zeigen-Blatt.) 11. Jahrgang-, Nr. 12. Wien, 1873; 8^ Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXVI, Nr. 14. Paris, 1873; 4». €r e s e 1 1 s c h a f t , österr., für Meteorologie : Zeitschrift. VIII. Band, Ni-^ 7_8. Wien, 1873; 4". — physikal.-medicin., in Würzburg: Verhandlungen. N. F. III. Band, 4. (Schluss-)Heft. Würzbnrg, 1872; 8". — neurussische, der Naturforscher zu Odessa: Memoiren. I. Band, 2. & 3. Lieferung. Odessa, 1872 & 1873; 8". Gewerbe- Verein, n.-ö.: Wochenschrift. XXXIV. Jahrgang, Nr. IG. Wien, 1873; 4^ ^ Jahrbuch, Neues, für Pharmacie und verwandte Fächer, von Vorwerk. Band XXXIX, Heft 2. Speyer, 1873; 8^ Landbote, Der steirische. G. Jahrgang, Nr, 8. Oraz, 1873; 4«. Maschek, Luigi, Manuale del regno di Dalmazia per l'anno 1872 & 1873. Zara, 1872 & 1873; 8". Moritz, A., Alphabetischer Index der vorzüglichsten Städte und Ansiedlungen auf den Kaukasischen Karten. Tiflis, 1871; gr. 8° (Russisch.) — Schemacha und seine Erdbeben. Tiflis, 1872; 8^'. Nature. Nr. 181, Vol. VII. London, 1873; 4^ Osservatorio del K. Collegio Carlo Alberto in Moncalieri: Bullettino meteorologico. Vol. VIII. Nr. 1. Torino, 1873; 4^'. Reich San st alt, k. k. geologische: Verhandlungen. Jahrgang 1873, Nr. G. Wien; 4«. „Revue politique et litteraire" et „Revue scientifiquc de la France et de Tetranger." IP Annee, 2' Serie, Nr. 42. Paris, 1873; 4». Societe Imperiale de Medecine de Constantinople: Gazette Medicale d' Orient. XVP Annee, Nr. 12. Constantinople, 1873; 4". Tommasi, ü., Sur une combinaison de l'urcc avec l'acetyle chlore. Paris, 1873; 4". Vierteljahresschrift, österr., für wissenschaftl. Vctcrinär- kunde. XXXIX. Band, 1. Heft. Wien, 1873; 8". Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIII. Jahrgang, Nr. IG. Wien, 1873; 40. SITZUNGSBERICHTE DER ÜISEßLlEi ÄüöliilE Dia mSSEÜSCHAFni. MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. LXVII. Band. ERSTE ABTHEILUNG. 5. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie , Botanik. Zoologie, Geologie und Paläontologie. 369 XIII. SITZUNG VOM 8. MAI 1873. Die Direction der Sternwarte zu Leiden dankt, mit Schrei- ben vom 25. April, für die Betheilung: dieser Anstalt mit den Sitzung'sberichten der Classe. Herr A. Balawelder zu Ostrau übersendet eine Abhand- lung, betitelt: „Principien einer dynamischen Theorie der physi- kalischen Naturerscheinungen auf Grundlage eines mathemati- schen Punktes." Herr J. Stastny, Photograph in Iglau, übermittelt eine Notiz über ein lenkbares Luftschiff. Herr Dr. Greorge Thin aus Schottland legt eine Abhand- lung: „Untersuchungen über den Bau der Tastkörperchen" vor. An Druckschriften wurden vorgelegt: Akademie der Wissenschaften, K., zu Amsterdam: Verhandelin- geu. Afdeeling Letterkunde. Deel VIL Amsterdam, 1872; 4". — Verslagen en Mededeelingen. Afd. Letterkunde. H. Reeks H. Deel. 1872; Afd. Natuurkunde. H. Reeks. Deel VL 1872. Amsterdam; 8», — Jaarboek voor 1871. Amsterdam; 8*^. — Processen-Verbaal. 1871 --72. 8^ — P. Esseiva, Ad ju- venem satira. Amstelodami, 1872; 8^. Apotheker- Verein, Allgem. österr. : Zeitschrift (nebst An- zeigen-Blatt). 11. Jahrgang, Nr. 13. Wien, 1873; 8". AstronomischeNachrichten.Nr. 1933— 1935.(Bd.81.13— 15.) Altona, 1873; 4". Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXVI, Nrs. 15—16. Paris, 1873; 4». Genootschap, Bataviaasch, van Künsten en Wetenschappen : Verhandelingen. Deel XXXVI. Batavia, 1872; 4«. — Tijd- schrift voor Indische taal-, land- en volkenkunde. Deel XVHI (Zesde Serie. Deel I.) Aflev. 5 — 6. Batavia & 's Hage, 1872; - 80. — Notulen. Deel X. 1872, Nr. 1—3. Batavia; 8». 370 Gesellschaft, böhmische chemische: Bevichte. III. Lieferung-. Prag; 1873; 8«. (Böhmisch.) — der Wissenschaften, k., zu Göttingen: Abhandlungen. XVII. Band. Vom Jahre 1872. Göttingen ; 4^. — Gelehrte Anzeigen, 1872. I & IL Band. Göttingen; 8''. — Nachrichten aus dem Jahre 1872. Göttingen; 8". — — Königl. Sächsische, zu Leipzig: Abhandlungen der mathem. -physischen Classe. X. Band, Nr. 3 — 5. Leipzig, 1872; 4". — Berichte der mathem.-phys. Classe. 1871. IV— VII; 1872. I. & IL Leipzig; 8". — österr., für Meteorologie: Zeitschrift. VIII. Band, Nr. 9. Wien, 1873; 4«. Gewerbe- Verein, n.-ö. : Wochenschrift. XXXIV. Jahrgang. Nr. 17—18. Wien, 1873; 4o. Instituut, Koninkl., voor de taal-, land- en volkenkunde van Nederlandsch Indie: Bijdragen. III. Volgreeks. VII. deel, p_-2e c. American Academy of Arts & Sciences: Memoir of Sir Ben- jamin Thompson , Count Rumford , with Notices of his Daughter. By George E. EUis. Philadelphia; 8". Apotheker-Verein, Allgem. österr. : Zeitschrift (nebst An- zeigen-Blatt.) 11. Jahrg., Nr. 14. Wien, 1873; 8«. Beobachtungen, Schweizer. Meteorologische. 1871 (Schluss), nebst März & April 1872. Zürich; 4«. Comitato, R., geologico d'Italia: BoUettino. Anno 1873, Nr. 3 e 4. Firenze; 8*^. Comptes rendus des seances de T Academie des Sciences. Tome LXXVI, Nr. 17. Paris, 1873; 4». Es sex Institute: The American Naturalist. Vol. I, Nrs. 1 — 12. March 1867 — February 18G8; Vol. V, Nrs. 2—12. April— December 1871; Vol. VI, Nrs. 1 — IL January to Novem- ber 1872. Salem; S'^. 373 G e s e 1 1 s c li a f t , geog-raphische, in Wien : Mittlieilung-en. Bd. X\l (neuer Folge VI.), Nr. 3. Wien, 1873; 8". — der Wissenschaften, k. böhm.: Sitzungsberichte. 1873, Nr. 2. Prag; 8». G e w e r b c - V e r e i n , n. - ö. : Wochenschrift. XXXIV. Jahrgang. Nr. 19. Wien, 1873; 4*'. Halle, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus d. J. 1872. 40, 8" & Folio. Jahresbericht der Commission zur wissenschaftlichen Unter- suchung der deutschen Meere in Kiel für das Jahr 1871. Im Auftrage des K. Preuss. Ministeriums für die landwirth- schaftlichen Angelegenheiten herausgegeben von H. A. Meyer, K. Möbius, G. Karsten und V. Hensen. I. Jahrgang : Die Expedition zur physikalisch - chemischen und biologischen Untersuchung der Ostsee im Sommer 1871 auf S. M. Avisodampfer Pommerania nebst physikalischen Beobachtungen an den Stationen der i)reussischen Ostsee- küste. Berlin, 1873; Folio. Kasan, Universität: Bulletin et Memoires. 1871. V & VI; 1872. V & VI. Kasan; 8". — Gelehrte Abhandlungen. 1872. Kasan; 8". Landwirthschafts-Gesellschaft , k. k., in Wien: Ver- handlungen und Mittheilungen. Jahrg. 1873, Nr. 8. Wien; 8"^. Moniteur scientitique du D*'"' Quesneville. 3' Serie, Tome III. 377^ Livraison. Paris, 1873; 4". Museum des Königreiches Böhmen: Casopis Musea kr. C. 1871. XLV. rocnik, sv. 4 ; 1872. XLVI. roc., sv. 1—4 ; 1873. XLVII. roc., SV. 1. V Praze; 8". — Sbornlk vedecky m. kr. C. IV — V. V Praze, 1872 & 1873; 8'\ — 2iva. Sbornik ved. m. kr. C. I— X. V Praze, 1869—1872; 8«. — Pamätky. Noveirady roc. I, ses. 4; nove rady roc. II, ses. 1 — 4. V Praze 1872 — —1873; 40. — Tomek,V.V , Dejepis mesta Prahy. Opravy a doplnky k dilu I. W Praze, 1872; 8». — Vortrag des Geschäftsleiters in der Generalversammlung des Museums d. K. B. am 21. Mai 1872. Prag, 1872; 8". — Francisco-Carolinum, in Linz: XXXI. Bericht. Linz, 1873; 8". — Urkundenbuch des Landes ob der Enns. VI. Band. 25* 374 Wien, 1872; 8". — Das oberösterr. Museum Francisco-Caro- liüum in Linz. Linz, 1873; S^. Natur e. Nr. 184, Vol. VIIL London, 1873; 4". Onderzoelvingen gedaan in het physiologisch Laboratorium der Utreehtsche Hoogesehool. IIL Reeks. IL Aflev. L Utrecht, 1873; 8". Peabody Academy of Science: Memoirs. Vol. I, Nrs. 1 — 2. Salem, Mass., 1871—1872; 4«. — IV*'' Amiual Report for the Year 1871. Salem, 1872; 8". — Record of American Entomology for the Year 1870. Edited by A. S. Packard. Salem, 1871; 8" Repertorium für Experimental-Physik etc. Von Ph. Carl. IX. Band, 1. Heft. München, 1873; 8». „Revue politique et litteraire" et „Revue scieutifique de la France et de l'etranger. IL Annee, 2^ Serie, Nr. 45. Paris, 1873; 4". Society, The Chemical, of London: Journal. Ser. 2. Vol. X. November & December, 1872; Ser 2. Vol. XI. January, 1873. London; 8". Wiener Medizin. Wochenschrift. XXIII. Jahrgang, Nr. 19. Wien, 1873; 40. Zeitschrift des österr. Ingenieur- und Architekten-Vereins. XXV. Jahrgang, 5. Heft. Wien, 1^73; 4». fi7n Über die aus ihren Lagerstätten entfernten und in anderen Formationen gefundenen Petrefacten. Von dem w. M. Dr. A. Boue. Bekannterweise gibt es manche Petrefacten in den Erd- schichten, welche nicht auf ihren gewöhnlichen Lagerstätten sicli betinden und durch verschiedene geologische Ursachen in ihnen fremden Gebilden ein zweitesmal begraben wurden. Diese Xev- steiuerungen sind da einzeln oder in Rollsteinen vorhanden. Wenn eine besondere Art der Wegführung als diejenige der Gletscher oder der schwimmenden Eismassen erkannt wurde, so bleibt die häutigste Ursache für das Wegschwemmen diejenige, sowohl durch süsse als durch salzige Wässer und besonders sehr oft nach Zerstörung der felsigen Schichten, worin sich solche mineralische organische Körper befanden. Diese ebenerwähnte Zerstückelung und Verwitterung der Felsen wird oft so augenscheinlich, dass man alle gewöhnlichen eingeschlossenen Mineralien, sowie selbst Petrefacte auf dem Erd- boden findet und man glauben möchte, dass diese anstehende auf diese Weise gekennzeichnete Formation nicht tief unter dem Allu- vium liegt. .Solche Fälle, wenn von Kreidefelsen herrührend, wie bei Hamburg, im Holsteinischen u. s. w. erinnern an jene Hörn- und Feuerstein-Anhäufungen in der Brünner Umgebung. (Siehe Dr. Melion Jahrb. geol. Reichsanst. 1850. 2. Bd. 3. Th., S. 1—5.) Doch kann es auch vorgekommen sein, dass durch Gesteins- verwitterung einer abschüssigen Felsenreihe harte Versteine- rungen herausgefallen sind, um in dem am Fusse der Klippe sich absetzenden thonigen oder kalkigen Schlamme oder Sandgries eingeschlossen zu werden. So fand Dr. Jacob im Alluvium am 376 B 0 u e. Fusse von Kalksteiubergen ans jenen stammende Lithodendra. (Brit. Assoc. f. 1835. Phil. mag. 1835. 3. R. Bd. 7, S. 483.) Auch sieht man ein, dass in dem Falle von Erd- oder Felsen- risseu versteinerte organische Reste in letztere hie und da auch hereinfallen und auf diese Weise Petrefacte sehr verschiedenen Alters in nächste Nähe gebracht werden konnten. Alle diese Einsargungsarten kommen noch täglich vor, Avie wir es z. ß. an dem durch den Regen gebildeten »Schlamm oder der vege- tabilischen Erde alle Tage beobachten mögen, wo denn manche Schnecke, mancher Thierknochen in selbem eingeschlossen sein wird. Auf diese Weise bemerkte auch Herr Eug. Robert auf dem Ufer der norwegischen Inseln Porter die Felsbildung eines Gemenges jetzt lebender und fossiler Muscheln. (Vgl. Commis- sion scientifique du Nord. Geol. Theil, S. 71.) Diese Art von wandernden Petrefacten müssen natürlich schon früher ziemlich feste Körper bilden, was besonders für manche zweischalige Muscheln und Echinodermen, für gewisse Ko- rallen und für die petrificirten Hölzer oft der Fall ist. Seltener ist es auch einigen Cephalopoden, wie Amraoniten, Nautilen, Ortho- ceratiten u. s. w. und selbst einigen verkieselten oder mit Kalk- spath ausgefüllten Univalven gelungen, der Zerstörung während ihrer Wegführung zu entgehen. Alle diese Mollusken-Überreste erscheinen dann mit ihrer Schale oder als Steinkerne, oder selbst nur als Petrefacten-Abdrücke. Im Gegentheil vermisst man unter dieser Classe von Versteinerungen alle kleineren und zerbrech- lichen, sowie auch alle schwachen Pflanzentheile. Was wir hier über die Petrefacten niedriger Thier-Überreste vorausschicken, passt auf die viel selteneren Überreste von Wirbelthieren, unter denen man besonders nur Knochen und am häufigsten Zähne zu beobachten Gelegenheit hat. Dieses Gesetz hatte nur eine einzige Abweichung in der Entdeckung eines Equisetum (E. Sismondae) in einem grani- tischen Gneiss-Block desValtelin geliefert, welche Pflanze- Angelo Sismonda als aus einem metamorphischen Trias- oder Kohlen- kalk herstammend annahm. (Mem. Ac. Sc. di Torino 1865. N. F. B. 23. p. 492—494. 1 Taf. N. Jahrb. für Min. 1866. S. 127.) Seit- dem hat S tu der Kohlenpflanzen- Abdrücke in Glinnuerschiefcrn zu Mauno bei Lugano gesehen. (N. Jahrb. für Min. 1871. S. 626.) über die aus ihren Lagerstätten entfernten Petretacten. 377 Der Stand der Erhaltung jener fremden Thier- reste ist höchst verschieden, weil er zu gleicher Zeit von der Natur des Verführung-smittels sowohl, als derjenigen des aus seiner wahren Lage verrückten Fossils abhängt. Wenn im groben Kies nur die härtesten Körper unzerstört bleiben konnten, so wurde es manchmal selbst zerbrechlichen Muscheln und Schnecken- gehäusen möglich, durch Schwimmen auf nur trübem Wasser sich zu erhalten, wie es Dufrenoy, Deshayes und de Roys für tertiäre Petrefacten auseinandersetzten. (Bull. Soc. geol. F. 1846. N. F. B. 3, S. 419.) Auf der andern Seite ist wohl zu bemerken, dass aus Schichten, deren Bruchstücke noch oder fast noch auf der Stelle liegen, wo sie zerstückelt und zerstört wurden, die Petrefacten sich viel leichter als weit hergeschwemmte erhalten konnten. Solche Beispiele finden wir in Holstein, bei Hamburg und über- haupt südlich des baltischen Meeres, wo die Flötzreihe sehr ge- litten hat. Doch die meisten der aus ihren Lagerstätten weit entfernten Petrefacten haben sich nur durch eine felsige Hülle gegen Zerstörung geschützt, denn es sind eigentlich nur Bruch- stücke von petrefactenreichen Felsgattungen. Aber anstatt auf Reisen in einem mit Kies, Sand und Schlamm beladenen Wasser, sind diese nur durch Gletscher oder Moränen weggeführt worden und treten bei ihnen ähnliche Erhaltungsmomente ein, wie wir sie eben schilderten. Unter denjenigen Geologen, welche sich mit diesem erra- tischen Phänomen beschäftigten, schlössen einige aus der Ver- theiiung'der verschiedenen Felsbruchstücke aus verschiedenen Gegenden, dass die Wasser- oder Meeresströmungen, sowie das erratische Zerstreuen durch Gletscher-Moränen oder schwimmende Eismassen, weit entfernt, immer dieselbe Richtung gefolgt zu haben, während jener Periode Änderungen in dieser Hinsicht erfuhren. So z. B. nimmt Dr. Alf. Jentzsch im Königreich Sachsen in älterer Eiszeit eine Richtung von NNW. nach SSO. an, welche viel balti- sche Kreide und Faxoekalk zertrümmerte, während später die ge- wöhnlich angenommene Nordost-Strömung auftrat. Möglich, dass Hebungen im Spiele waren. (N. Jahrb. f. Wien 1872. S. 477.) Der bekannteste Fall solcher Fossilien findet sich in Ab- theilungen grosser Diluvial-Schotter- Ablagerungen, 37<, 8. 308. Zeitschr. f. Min. 1829. 8. 712-713; Fer. Bull. 1831. B. 26, 8. 248), im Jahre 1831 u. 1842 F. Jukes in der Nachbarschaft von Birming- ham (Warwickshire) (Mag. nat. Hist. L. B.4, 8. 372 u. Proc. geol. Soc. B. 3, 8. 731); im Jahre 1830 Gilb erst on zu Prestou (Mag. nat. hist. L. 1830. B. 4, 8. 170); in den Jahren 1829 und 1836 J. Phillips zu Holderness(Yorkshire) (Illustr. geol. ofYorkshire Th. 1, 8. 19 u. 139) und im Jahre 1864 Maw iniThale der 8evern (Quart. J. of Geol. 8oc. B. 20, 8. 130). Doch waren die englischen Paläontologen mehr auf die Mol- luskenreste des Diluvium aufmerksam, welche zur Zeit jener Katastrophe lebten, als auf die weither gebrachten Petretacten 380 B 0 u e. aus älteren Formationen, und nur Herr Cordier leugnete das Vorbandensein vonSeethier-Resten in seinem Diluvium (C. R. Ac. Sc. P. 1869.. B. 49, S. 793). Eine ziemlieh grosse Anzahl von englischen und nordamerikanischen Notizen besitzen wir über letztere Paläontologie«; unter diesen ist die Davidsonische Abhandlung besonders merkwürdig, da er 40 Species von Bra- chiopoden in dem Diluvium zu Budleigh-Salterton bei Exmouth (Devonshire) gefunden hat. (Quart. J. of Geol. Sc. 1869. Quart. J. of Sc. 1870. B. 7, S. 274.) Höchst interessant ist die eigentliche Ausbreitung jener her- gebrachten Petrefacten, wenn man sie nach Formationen abson- dert, denn dieUeberbleibsel gewisser Gebilde prädominiren oft in gewissen Gegenden, so dass ihre Zerstreuung und Gemenge ganz und gar nicht gleichmässig überall dieselben sind. So z. B. ist die Gegend von Groningen sehr reich an paläo- zoischen, siluri sehen sowohl, als Kohlenkalkstein- Versteinerungen, wie sie uns besonders Dassen, Roemer und Goeppert beschrieben. Mancher solche Fund kam auch in der Mark Brandenburg und besonders in Schlesien vor. (Roemer, Fossile Fauna der silurischen Diluvial-Geschiebe bei Oels. Br. 1861. 8**. Glogauer Rollsteine, 43. Jahresber. schles. Ges. f. vaterl. Cult. 1865. S. 38. Goeppert zu Schilkowitz; ebd. 44. Jahresber. f. 1866 und 1867. S. 43. Von Dechen, Silurische Kalkgerölle bei Schebitz unfern Breslau. (Verh, naturh. Ver. Preuss.-Rheinl. 1871. B. 27, Corr. Ab. S. 69—70.) Hie und da kommen in der norddeutschen Ebene selten Graptolithen enthaltende Rollsteine vor. (F. H e idenhein Zeitschr. deutsch, geol. Ges. 1869. B. 21, S. 143 — 182, 1 Taf.) Bronn fand Ammoniten und Goniatiten in einer Eisenhydrat- Ablagerung bei Goslar (Jahrb. f. Min. 1831. S. 369 adnotat.), aber Graf Münster sah daselbst auch andere Petrefacten aus ' Die Bibliographie über diesen Gegenstiuul umfasst zwischen JiöG bis376Abliandhingen oder Notizen, namentlich ungefähr 5U über Meer- oder_^ .Süsswasser- und Erdmolhisken Reste, im groben Alluvium oder Kies, we- nigstens 6 von Meeresmuscheln im Steinblocke führendem Thon, dem Till der Engländerund Amerikaner, und zwischen 800— 320 über musclielreiche Ablagerungen an Meeresküsten, welche Hebungen erfahren haben , oder wo das Meer sich gesenkt hat. Ueber die Bohrnuischeln im Öerapis-Tenipel zu Puzzuoli besitze ich GG Abhandlungen. über die aus ihren Lagerstätten entfernten Petrefacten. 381 iiiehrereii anderen Formationen (ebd. 1832. »S. 78) und Boll protozoisclie Muscheln in Mecklenburg (Archiv Ver. f.Naturgesch. N. Brandenburg-. 1871. S. 31 — 46). Geinitz fand silurische Cyathophyllen bei Dresden undHalysites cateuularia beiMeissen (N. Jahrb. f. Min. 1872. p. 477); Linford (With.) u. Peach (J. W.), silurische Petrefacte zuBudleigh-.Salterton (Trans. Edinb. geol. Soc. 1872. B. 2. Th. 1, 8. 67—72 u. 79—81). Wenn Phillips uns abgerollte Flötz-Petrefacten mit älteren im Yorkshire aufzählt, so sind es Lias- und besonders Jura- Fossilien Englands, ein Fall, der sich in Holland, sowie in den südbaltischen Ländern fast bis über Königsberg wiederfindet. Im östlichen England sah Harry Seeley-Lias-Fossilien zu Bluntis- ham bei Ely (Quart. J. geol. Soc. d. 1866. B. 22, 8. 471). So beschrieb im Jahre 1825 Gaffron Jura-Fossilien im Allu- vium zu Schreibersdorf bei Strehlen (Schlesien). (Übers. Arb. Schles. Ges. B. f. 1825, Hertha 1826. B. 5, H. 3. Geogn. Zeitschr. S. 221, Ferussac's, Bull. 1827. B. 10, S. 343); im Jahre 1834 Kloeden Ammoniten-Kalkstein mit Conularien-Kalkstein auf Rügen (N. Jahrb. f. Min. S. 322), im Jahre 1853 Hagenow Überbleibsel von unterem und oberen Jura bei Camin und Fritzow in Pommern (ebd. S. 347 — 348), Andree im Jahre 1860 Ähn- liches aus der Umgebung von Stettin und Königsberg (Zeitschr. Geol. Ges. B. 12, S. 572—592, Taf. 13-14), sowie auch Suess (N. Jahrb. für Min. 1867. S. 342—344) u. Roemer bei Strehlen (49. Jahresb. schles. Ges. Bresl. 1831, S. 41). Beyrich fand thonige Rollsteine der Weald-Formation im Kreutzberg bei Berlin (Zeitschr. deutsch, geol. Ges. 1850. B. 2, S. 171). Ebray bemerkte gerollte Fossilien der obern Schichten des unteren Kreidc-Eisensandes in den oberen Lagern des Albien (Bull. Soc. geol. Fr. 1857. B.14, S. 810, adnotat. 1). R e m e 1 e gab eine Notiz über die Kreidereste bei Motzen, südlich von Berlin (Zeitschr. deutsch, geol. Ges. 1868. B. 20, S. 654 bis 656) und im Jahre 1859 J. C. Ubaghs eine über jene im Dilu- vium Limburgs (Beobachtung über die chemische Zersetzung der Kreide Limburgs 1859). Walker fand Gault-Concretionen in der Kreide (Q. J. geol. Soc. L. 1872. B. 28, S. 401). Die Kreide-Petrefacten sind in jenem AUuvialtheil Europas häufiger als die jurassischen. Schon am Anfang dieses 382 B 0 u e. Jahrhunderts meldete G. A. Deine ihre Anwesenheit als Echi- niden, Madreporen in dem westplialischen Alluvium. (J. de Phys. 1801. B. 52; S. 206.) Zu seiner Beschreibung der Diluvial- Eollsteine Satows bei Cröplin in Mecklenburg- fügte Geinitz im Jahre 18Go die Bemerkung von ähnlichen Kollstücken des Faxöe- Kalksteines bei Löbau in Sachsen (Sitzungsber. naturwissensch. Ges. Isis zu Dresden 1863. S. 102) hinzu. Wiechmannn schrieb überEollsteine des oberen Oligocäns im Diluvium Mecklenburgs (Arch. Ver. Fr. d. Naturg. n. Bran- denburg 1871. S. 46 — 49) und Dechen über tertiäre Fossilien im Schotter zu Friesdorf (Niederrh. Ges f. Katurk. in Heilk. 1852). Über die erwähnte Verbreitung jener fremden Fossilien im Diluvium ist wohl zu merken, dass in England die meisten Flötz- Petrefacten aus jenem Lande herzustammen scheinen. In der norddeutschen Niederung, südlich sowie nördlich, wurden wohl noch manche Kreide- und selbst Jura-Petrefacten von dem deut- schen Boden herausgerissen, während die meisten älteren Ver- steinerungen einst sowohl in Skandinavien als im baltischen Russland ihre Lagerstätten hatten. Doch dieses schliesst nicht die Möglichkeit aus, dass auch einige Jura- aber vorzüglich Kreide-Eollsteine aus dem südlichen Schweden und Dänemark kamen. In andern Theilen Europas kennt man al>er nur si)ärliche Fälle von ähnlichen Fossilien-Gemengen. Vinay undMoriere meldeten im Diluvium Fossilien der unteren Jura-Oolithen bei L'Herm (Bull. Soc. Geol. Fr. ISiY.K N. F. B. 26, S. 1080 und 1092.) Im Drift bemerkte E. Ray Lancaster die porthindische Terebratula Rex. (Quart. J. of Sc. 1870. B. 7, S. 54.) Im Tertiär sind auch hie und da fremde Petrefacten gefunden worden. Zimmermann fand Graptolithen im tertiären Thoue Hamburg's (N. Jahrb. f. Min. 1841. S. 641 — 661\ R. Godwin- Austen ])etref:ictenführende Neocomien-Rollsteine im Tertiären^ zu Farringdon (Quart. J. geol. Soc. L. 1850. B. 6, S. 454—478.)"* Leopold von Buch sah Kreide-Petrefacten im böhmischeu granathaltigen Tertiär bei Tzsiblitz (Karsten's Arch. f. Min. 1838. B. 11, S. 315—318); De Verneuil Exogyren und Bacu- liten im tertiären Kummulitenkalk der Krim (^Mem. Soc. geol. Fr. über die .ins ihren Lag'erstätten entfernten Petrefacten. 383 1838. B. 3, 8. 1. N. Jalivb. für Miner. 1835. 8. 550); Buteux Radioliten im Diluvium und Eocän-Sand des Sommethales. (Bull. Sog. g-eol. Fr. 1851. B. 9, 8. 81 — 82.) Gabriel Mortillet gibt Inoceramen und Animoniten, kurz Kreide-Petrefacten in den so- genannten apeninnischen Argilc scaliose an, welche wenig- stens mehrere Greologen als tertiär annehmen (Atti 8oc. ital. di 8c. nat. M. 1864. B. 5, 8. 416—418), indem Andere diese Thone zur Pictraforte rechnen. Es wäre ein ähnlicher Fall wie bei den Karpathen- und Wiener-8andsteinen , welche zwischen Kreide und Eocän sich vertheilen. Rene vi er beschrieb Gault-Fossilien in der Schweizer- Molasse. (Verh. Schweiz, naturforsch. Ges. 1853. Kauton Ges. 8. 102.) Rozet behauptet Versteinerungen enthaltende Kiesel- steine des grünen Sandes im tertiären Eisenlager des Rhein- Thaies gesehen zu haben. (Bull. Soc. geol. Fr. 1846. N. F. B. 4, 8.308 — 310.) Ch.Desmoulins sah Kieselsteine mitMacstrichter- Petrefacten im Tertiär Perigord's (ebd. 1847. 2. F. B. 4, 8. 1144 bis 1156). Dr. Dune an erkannte ein Atipldiscus cristafus aus dem Kreide-Hippuriten-Kalksteine im Miocän der Insel Maltha. (Geol. Soc. L. 1870 23. Nov. Geol. Mag. 1871. B. 8, 8. 37.) Michelotti fand zwei Trilobiten im oberen Tertiären unfern Turin. (Soc. Philom. P. 1838. L'Institut 1838, 8. 177.) Ich sah selbst bei dem Marchesen Pareto zu Genua und in der Sammlung des seligen Bertrand - Geslins Gryphea ((rcnata aus dem subapenninen tertiären Tegel. (J. de Geolog. 1830. B. 1, 8. 304 oder Jahrb. f. Min. 1831. 8. 235.) Auch Avurde mir Gryphea Colnmba als aus dem viceutiuischen Tertiär her- stammend gezeigt, was Brongniart bestätigt. (Terr. de Sedi- ment super, calc. trapp, du Vicentin 1823. 8. 10.) Ob aber dieses Fossil nicht in jenen Schichten hereingeschwemmt wurde, son- dern wie Plagiostoyna sphiosa und Guettardia stellata dem Ter- tiären sowie der Kreide in den Pyrenäen zugehöre (siehe Deshayes, Bull. Soc. Geol. 1844. N. F. B. 1, 8. 576), kann ich nicht entscheiden.. Conrad sah abgerollte Kreide-Fossilien im amerikanischen Eocän (Am. J. of Sc. 1866. B. 43, 8. 260); Dechen tertiäre Petrefacte der Umgebung von Mainz in einer Kiesgrube zu Friesdorf im Rhein- Thalc (Niederrh. Ges. f. Nat. und Heilk. 384 B o u e. 1852 März. N. Jahrb. f. Min. 1852. 8.971) und Emmons Eocän- Petrefacten im Miocän (Am. J. of Sc. 1866. N. F. B. 43, S. 260). In den Fahins zu Leognam unfern Bordeaux bemerkte ich in einem Lager Fragmente einer Süsswasser-Kalkscliichte mit den gewöhnlichen Petrefacten von Planorben u. s. w. Wood be- schrieb die abgerollten fremden Petrefacten in dem Norfolker Crag (Phil. mag. 1858. N. F. B. 15, S. 485, Geologist. 1858. B. 1, S. 211 — 212) und Henslow sah darin Überbleibsel des Londoner Eocän-Thon (L'Institut 1847. H. 311). Lory bemerkte tertiäre Buccinum im Diluvial- Hchotter der Lyoner Gegend (Geologie Lionnaise). In den F 1 ö t z- und p a 1 ä o z o i s c h e n F o r m a t i o n en sind gerollte oder hergeschwemmte Fossilien einer Formation oder von einem Lager in ein anderes eine Seltenheit, weil zur Hervor- bringung solcher Fälle eine Anzahl von den günstigsten Umstän- den nothwendig sein mussten. Ausserdem waren in jenen Perio- den die geologischen dynamischen Zerstörungen undVerschwem- mungen viel grösser als in den spätem Kreide- und Tertiär- Zeiten. Darum findet man noch in der untern Kreide gewisser Felsarten Gemenge, welche möglichst Spuren solcher Kata- strophen sind. Gibt es aber wirklich in älteren Gebilden als Tertiär abgerollte Petrefacten, so sind sie so zugerichtet und mit der sie umschliessenden Felsmasse so verschmolzen, dass man sie kaum erkennen kann, oder sie bilden nur eigens gefärbte Flecken in den Gesteinen. Auf diese Weise erklärt sich Reinh. Richter Versteinerungen führende Rollsteine nur wie Con- cretionen aussehende im paläozoischem Kalksteine des Thürin- gcrwaldes (N. Jahrb. f. Min. 1849. S. 296 — 297). H. Vilain berichtet über im Berg Courchon bei Castellane gefundene Trümmerkalke mit runden Kalksteinstücken und abgerundeten Exemplaren des Ammonites tortüulcntus der Oxfordischen Ab- theilung, welche höher über diesem Horizont liegen (Bull. Soc. geol. Fr. 1870. N. F. B. 27, S. 676). In allen Fällen gehören hieher nicht solche Fälle wieKreide" Belemniten oder Echinodermen , bedeckt mit Gorallen, Serpulen, Cranien', obgleich die Thiere dieser Gehäuse fast nicht zusam- mengelebt haben (Const. Prevost. Bull. Soc. geol. Fr. 1840. B. 12, S. 162). über die aus ihren Lagerötätten entfernten Petrefacten. 38o Auch sind ausgeschlossen die so oft erwähnten Gemenge tertiärer und Kreidepetrefacten i oder von Kreide- und Jura- fossilien ^, über welche so manche Polemik geführt wurde. Docli gegen jedes dieser Citate haben andere Paläontologen protestirt. So z. B. Agassiz gegen Studer (Mem. Soc. nat. d. Neuchatel 1836. B. 1, S. 126. N. Jahrb. f. Min. 1837, S. 102); Roemer gegen Fitton (Verst. d. norddeutschen Kreide 1841, S. 132); Waagen gegen Laube, von den autfallenden Petrefacten des Thones von Hils ist nur ein einziges Fossil wirklich geblieben. Was wir über Mollusken und Korallenreste eben sagten, wiederholt sich für vierfüssige Thierreste. So z. B. glaubt Lan- caster einen Fall der mechanischen Gemenge von solchen Petrefacten gefunden zu haben, wenn er in dem rothen Crag Suffolk's Überreste von Thieren findet, welche die Miocän- und Pliocän- Perioden characterisiren und doch daselbst mit Überbleibsel von Thieren des obersten Pliocän gemengt erschei- nen (Quart. J. geol. Soc. L. 1865. B. 21, S. 221). Gaudry 1 Ladoucette zu Ciiaillot und im Berge Faudon(Hist.Topogr. des Hautes Alpes (Soc. geol. Fr. 1854, 5. Mai, (l'Inst. 1834, S. 356). — Du fr e n o y im pyrenäischen Nummuliten-System (Ann. d. Mines 1832, 3 F. B. 1, 8. o). — D'Archiac, Ähnliches im Aude-Depart. (Bull. Soc. geol. Fr. 1843. B. 14, S. 488—498. N- Jahrb. f. Min. 1844. S. 753). — Leymerie fBull. 1849. B.6. S.568. 1850. B. 7, S. 221). — Thorent bei Bayonne (Bull. 1844. N. F. B. 1, S. 573). - D'Orbigny (ebd. 1843. ß. 14, S. 486) und Bronn (Leonh. Jahrb. 1852. S. 175) protestirten dagegen, weil besonders der Erste den Übergang jedes Fossils von einem seiner Horizonte in dem andern für nicht nur irrthümlich, sondern unmöglich annahm. Es bandelt sich da meistens um die Definition einer Formation, einer Gruppe oder selbst eines Lagers. 2 Dubois de Montpeyreux im Neocomien der Krim Csein Werk über den Kausasus). — Fitton, 15 oolithische Fossilien in der englischen Kreide. — Phillip ps, 99 Kreidefossilien und 8 des Kimmeridge-Thones im Speatonthone (sein Werk über Yorkshire). — Roemer, über den Thon von Hils oder Speaton mit gewissen Fossilien des Portland-Kalkstein und Coralrag. — A. Studer, Kreide-Petrefacten im Neocomien Neuburg's (N. Jahrb. f. Min. 1835, S. 58. Bronn 's Lethaea. B. 2, S. 549). — Dr. Laube, F(jssilien des Bajocien, Bathonien und Callovien im einem Lager zu Baiin (Sitzber. d. kais. Akad. d. Wiss. 1866. B. 53). — C. A. Oppel und C. A. Zittel, im tithonischen Grappe zwischen Jura und Kreide. Paläont. Mitth. a. d. Mus. d. bayer. Staat. 1868. B. 2, Th. 1. N. Jahrb. f. Min. 1869 S. 254. — Pictet (Bibl. univ. Geneve 1867. N. S. B.29-, 1869. B. 36, S 224 bis 246. Soc. helv. 1869). 38G B 0 u e. meint auch, dass die Thierreste in den Erdschichten nicht immer zu demselben Alter als die Bildung- gehören, worin sie eingesargt liegen. (Bull. Soc. geol. Fr. 1867. B. 24, >S. 736—741.) Unter den Öffnungen und Spalten der Erdober- fläche sowie den Höhlen haben natürlich manche Quellen- oder Bächerschutt empfangen müssen, worin hie und da auch Pflanzen- und Thierreste begraben wurden. Auf der andern Seite sind viele solche Erdräume unter dem Meere oder selbst unter Süss- wasser-Seen entstanden oder gestanden und durch allerlei felsi- ges Material, sowie durch Überbleibsel aller Classen der petriti- cirten Thierreste gefüllt worden; während, wo reiche Mineral- quellen aus dem Boden flössen, sich auch hie und da förmliche kleine Becken gebildet haben, in welche fremde Petrefacten zu- fällig gefallen sind oder zugeführt wurden. Manchmal schössen aber Mineralwässer aus förmlichen breiten Spalten, welche sich dann mit dem Absätze der Wässer der Oberfläche, sowie mit Schutt nach und nach füllten. Unter den zwei letzteren Lager- stätten von Mineralien sammt einem Gemenge von Petrefacten verschiedenen Alters sind besonders diejenigen der Bohnerze oder Eisenhydrate im Jura und anderen Gebilden bekannt. Es waren eisenhaltige Säuerlinge, auch wohl manchmal eisenhaltige und salinische dieser Art, welche zu verschiedenen Zeiten aus der Erde kamen, aber besonders in der tertiären Zeit, wenigstens in gewissen Gegenden sehr häufig waren. Man fand und be- schrieb in ihnen nicht nur "besonders Jura- und Kreide-Petrefacten, sondern auch manche Überbleibsel von Säugetbieren und über- haupt von Wirbelthieren. Die sogenannten Knochenbrckzien mit oder ohne Fos- silien, das heisst, mit sowohl Süss- als Salzwasser -Thierüber- resten sind in gewissen Gegenden sehr häufig, besonders in solchen, wo durch grosse Senkungen oder Hebungen viele Spal- ten am Rande jener in ihrer äusseren Configuration veränderten Erdplätze geschehen sind. So zum Beispiel finden Avir solche am Rande der grossen norditalienischen Senkung. Die jetzige natür- liche Oberfläche dieser Gegenden deutet aber gerade auf. solche dynamische Erdbewegungen, welche ich als Ursache der Kno- chenbrckzien voraussetzte. Doch in den meisten Fällen stehen diese gefüllten Spalten oder Hiihlenräume im Kalkstein verschie- über die ans ihren Lagerstätten entfernten Petrefacten. 387 denen Alters, aber besonders in dem der Flötzzeit. — Diese Fels- art ist nicht nur leicht spaltbar, sondern sie bietet auch den kohlensauren Wässern und Gasen einen weniger schwer zerstör- baren Stoff, so dass dann die .Spalten bald breiter und selbst beträchtliche Höhlen werden konnten. Auf der andern Seite findet man in jenen Knochen Trümmcr- spalten neben den Überbleibseln fast der ganzen Diluvial-Säuge- und Wirbelthier-Fauna, nur hie und da marine Petrefacten der jüngeren Flötzforraationen sowie tertiäre P'ossilien, was beson- ders hie und da bei Nizza (Faujas St. Fond, Ann. Mus. 1807, S. 499), Kisso (Nova Act. Car. Leop. Carol. Ac. 1823. B. 11, Th. 1, S. 360; Tasch. f. Min. 1824. B. 18, S. 565—568; J. de Geolog. 1830. B. 2, S. 203—205), in Sardinien (Alb. de la Mar- mora ebend. 1831. B. 3, S. 309 — 319) und anderswo, wie in Syrien, wenn ich nicht irre, u. s. w. der Fall ist. Überhaupt ist der so häufig steile Band des mittelländischen Meeres in jeuer Richtung am sorgfältigsten untersucht, und weil viele Theile aus Jura oder Kreidekalksteinen bestehen, so finden sich da die besten Gelegenheiten für Spalten- und Höhlenbildungen, was anderswo fast längst allen Oceanen nicht der Fall ist, da daselbst Alluvion oder krystallinische Schiefer, Gneiss oder granitai*tige Gebirgs- arten die Ufer bilden. Doch die südliche Küste Englands zeigte auch Überbleibsel von Meerthieren in einigen knochenführendeu Kalksteinhöhlcn, wie zu Cefn, Flintshire (Symonds, Q. J. geol. Soc. L. 1871. B. 27, S. 410; Geol. Mag. 1871. B. 8, S. 331) K Wenn man in M e t a 1 1 g ä n g e n abgerundete Rollsteine fand ^, so muss man nicht über einige Versteinerungen, obwohl dem 1 Die Bibliographie über Knochenbrekzien und Höhlen ist aber so bedeutend, dass sie zwischen 400—4-10 Abhandlungen oder Notizen um- fasst. 2 Freiesleben zu Schneeberg (seine Bemerkungen über Gänge und Molls Jahrb. 1800. B. 4. Nr. 2. S. 114, 10G4; Daubuisson im Blei- gang zu Huelgoet (J. d. Min. 1807. B. 21. S.88— 90); im Spatheisenstein zu .50 Klafter Tiefe in einem Bleigang bei Siegen (Tasch. f. Min. 1817. B. 11. Th. 1, S. 241); Jos. Garne, Granitrollsteine im Zinngängen Cornwallis (Trans, geol. Soc. Corn. 1828. B. 3, S. 238—241); Ferussac's Bull. 1830. B. 20, S. 27); H. C. Salmon, Grosse Granitblöcke tief in den Kupfer- und Zinngängen West-Rosewarne ; Gwinner, Bergwerk in Cornwallis (Quart. J. geol. Soc. L. 1861. B. 17, S. 517—522; Phil. Mag. 4. F. B. 22, S. 324; Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. LXVir. Bd. T. Abth. 26 oHS B o u e. Alter der Aiistülhmg- jener Spalten fremd, erstaunt sein. Einer der besten, durch Leymerie constatirten Fälle sind die Kalkstein- fragmente mit Gryphea arcnata zu 100 Fuss Tiefe im Mangan- gang- zu Romaneche (Bull. Soe. geol. Fr. 1835. B. 7, 8. 87 ; N. Jahrb. f. Min. 1835, S. 520)', doch schon früher erwähnte man in Gängen Ammoniten in Chalcedon mit Krystallen von Quarz, Haytorit und rothen Mangan (Ann. of phil. 1829. B. 6, 8. 315; Ferussac's Bull. 183L B. 25, 8. 173). Wimmer sah Fossilien in dem Charlotte -Bergwerk am Harz (Mala, Clausthal 1851, 31. Oct.; B. u. Hütt. Zeit. 1853, 8. 237); W. Bollaert Jura -Petrefacten in silberhaltiger und verwitterter Felsart zu Panize in Peru (J. geogr. Soc. L. 185J. B. 21, 8. 214) und Reuss Fossilien im Galena- Bergwerk zu Winterstein (Notizbl. Ver. f. Erdk. Darmst. 1859. Nr. 21—31, 8. 28); Whitney aber fand Knochen und Zähne in den Blei- gängen des nordwestlichen, freien Amerika (Amer. Assoc. 8pring- held 1859). Vom Jahre 1862 bis 1869 richtete Charles Moore seine besondere Aufmerksamkeit auf ähnliche Anomalien in den Metall- gäugen des Kohlenkalkes Englands und fand darin Granit, tho- nige Rollsteine, 131 verschiedene Versteinerungen, eben sowohl diejenigen des Kohlenkalkes als die des Lias und Unteroolitheii, 15 Arten von Knochen- und auch Holzfragmenten. Die besuch- ten Localitäten waren Mendip, CliftoU; Weardale, Alston-Moore. Im ersteren Orte sammelte er im Jahre 1862 Knochen vonMicro- lestes mit 50.000 Zähnen von Lophiodon, im Jahre 1868 134 Exemplare und im Jahre 1869 silurische Conodontenreste, Flc- mingites gracilis der Steinkohlen, 23 Fischarten, Couchilien aus der Liaszeit, 30 Species Entomostraceen der Gattungen Bairdia, Beyrichia, CytherCy Cytherella, Kirkbya, und Mooren, 5 Genera oder 11 Species Foraminiferen , nämlich: Dentidina, Tiwfn- Inria, Tineporus und hivolutina , dann noch Pupa vetusta der Geologist. B. 4, S. 297); Faller, Quarzkiesel im Grünerzgange zuSchera- nitz (Österr. Zeitschr. f. B. u. H. 18G1, S. 8); S. Higg jun., Kreidefeuer- stein in einem Bergwerke zu Bnlleswidtlen, St. Just (48 — 50 Eopert. ;t Trans. Cornw. roy. geol. .Soc. ISG,''). S. 448)-, Le Neve Foster, Porphyr und Schieferrollstein zu Rosewarne, Cornwallis (Brit. Assoo. 18GG, Cosmus 18Ü6. 2. F. B. 4, S. 359j. über die aus ihren Lagerstätten entfernten Petrefacten. 389 Steinkohleiiformation und 9 Genera von Erd- und Süsswasser- muscheln. Im ganzen 267 Species Versteinerungen K Zu Wear- dale waren die Versteinerungen 678 Fuss unter der Erdober- fläche. Hr. H. B. Brady bestätigte auch den Foraminiferen-Fund (Brit. Assoc. f. 1869, S. 381—382) und Posepny beschrieb analoge- zufällige Versteinerungen zu Bleiberg in Kärnthen (Verh. geol. Reichsanst. 1870. S. 273—274). Im Jahre 1866 fand EckThon mit miocänen Marmorversteinerungen in den Metall- lagerstätten Oberschlesiens sammt Calamin-Incrustationen auf Bäumen, Blättern und Stollenholz (Zeitschr. deutseh. geol. Ges. 1866. B. 18, S. 179). Was die Pflanzenreste betrifft, gab B. Cotta eine Notiz über die organischen Formen (Oscillaria?) in einem wahrschein- lich durch Thermalwasser ausgefüllten Agathgang zu Hchlottwiz (K. Jahrb. f. Min. 1837, p. 299—303, Taf. 3). H. L. Pattison meldete im Jahre 1830 den Fund eines Baumes in Bleigängen des Alston-Moorkohlenkalkes (Trans, nat. hist. Soc. Northumberl. 1830. B. 1. Th. 1, 8. 79). Alle diese Thatsachen bilden die besten Beweise für das junge Alter sehr vieler Metallgänge, eine Meinung, welche die Geologen und Bergmänner ehemals und selbst bis in dem ersten Viertel dieses Jahrhunderts keineswegs theilten. Jetzt wird gerade von selbst reichhaltigen Metallgängen aus der Jura- und vorzüglich aus der Kreide-, sowie aus der Tertiärzeit, wie in Californien, Mexiko, Ungarn u. s. w., gesprochen. Doch hätte man schon lange bemerken sollen, dass Überbleibsel von zer- störten Gängen, sowohl von den Erzen als den Gangmasseu, in den paläozoischen und selbst Flötzformationen nie etwas gesehen wurde, obgleich die Annahme unwalirscheinlich scheint, dass von ihrer möglichen Zerstörung nichts übrig bleiben konnte. Nur sehr spärliche Notizen über abgerollte Erze liegen vor, oder bessei gesagt, wenn solche ähnlich geformte Massen von Blei, Kupfer oder Eisen vorkommen, so bleibt immer die Frage offen, ob diese Erze nicht wirkliche chemische Niederschläge eines metall- 1 Brit. Assoc. f. 1862, 1863, S. 81. 1868, S. 428. 1869, S. 360; Geo- logist 1862. B. 5, S. 420-422. 1863. B. 6, p. 372—374; Geol. Mag. 1869. B. 6, S. 563-565. 26* 390 B 0 u e. hältigen Menstrums sind, oder wegen ihrer eigenthümlichen äus- seren Form und scheinbaren Abgeriebenheit doch nichts Anderes sein können, wie zum Beispiel im Muschelkalk, im bunten Sand- stand u. s. w. Auf der andern Seite kann man die Möglichkeit nicht läugnen, dass manchmal durch heisse Mineralwässer und metallische Säuren gewisse Erze aufgelöst werden konnten, um später in den neptunischen Gebilden chemischer Art und viel- leicht selbst etwas verändert niedergeschlagen zu werden. — So zum Beispiel würden sich manche kleine zerstreute Partien von Eisen, Mangan, Kupfer, Kobalt, Blei, Zink und Zinn in solchem Flötz und tertiären Gebilden erklären, welche meistens in zersetzten geschwefelten Metallen dieser Art ihren Ursprung hätten, denn diese letzte Verbindung bildet den grössten Theil der bis jetzt bekannten Metallgänge. Katalog der Notizen über Fundörter von Versteinerungen im älteren Alluvium, durch welche diese letzte Bildung characterisirt wird. Trimmer (WiU. Kirby), Pachydermeii -Knochen, Meeresrauscheln bei Brentford (Middlesex) (Lond. phil. Trans. 1813. Th. 2, S. 131, 4 Tat.). Desor und Ag'assiz, Meermuschel im Drift u. Till Nordamerika's. Boue (A.), Schottland (Essai sur rEcosse. 1820, S. 336). Gilbertson (W.) zu Preston (Mag. nat. Hist. 1830. B. 3, S. 170); auch Murchison, Eep. brit. Ass. f. 1832). -Sedgwick (Ann. of phil. 1825. N. F. B. 9, 8. 250—254; Zeitschr. f. Min. 1827, S. 53 u. 193). Rose (C. A..), Norfolk (I. roy. Instit. L. 1828. B. 26, S. 308; Z. f. M. 1829, S. 712—714). Eaton (A.), N. Amerika (Amer. J. of Sc. 1829. B. 15, S. 249; Jahrb. f. Min. 1830. S. 134). Thornbec, Hist, of Blackport (Lancashire), 1837. Brodle, Erd- u. Süsswassermuschel u. Thierknochen, Cambridge (Trans. ^ Cambridge phil. Soc. 1849. B. 8, S. 138). Dur 0 eher, Danemarc (C. R. Ac. Sc. P. 1841. B. 14, S. 89). 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N. 5, S. 91). 393 Über die dolomitische Brekzie der Alpen und besonders über die zu Gainfahrn in Nieder-Oesterreich. Von dem w. M. Dr. A. Boue. Diese sonderbare Gebirgsart ist ziemlich häufig- in den Kalkalpen und besonders in der Nähe der Dolomite, welche grossentheils zur Liasformation gehören. 8ie besteht nur aus eckigen Stücken mehr oder minder dolomitischer Kalksteine, deren Grösse unendlich verchiedenartig ist und eine ganze »Scala von einem sehr grossen, mehrere Kubikfuss betragenden Umfang bis zur mikroskopischen Kleinheit durchläuft. Zwischen den Brocken liegt ein grauweisslicher Sand, welcher unter der Loupe meistens aus kleinen Dolomitkrystallen zu bestehen scheint. Diese Felsart geht oft im Grossen wie im Kleinen in vollständig zuckerähnlichen Dolomit über. Nie bemerkt man darin Gerolle oder Petrefacten, nur einmal in Gainfahrn fand ich eine ähnlich zusammengesetzte Brekzie hiit grossen Korallen wie in der Nähe von Eisen- stadt sowie auch eine Chama in den Sandschichten dieser Brek- zie (hinter der Gainfahrner Kirche und weiter westlich hin- ter den Bauernhäusern im Heger' sehen Baugrund bis zu dem Fuchsischen Haus). Überall ist die wahre Schichtung dieser Felsart schwer zu ermitteln, indem sie von anderer Seite oft eine falsche wenig geneigte zeigt , was dann das Bild eines geschichteten Trümmerhaufen gibt. Wenn diese Felsart an dem Abhang eines Berges ist , so läuft die Schichtung gewöhnlich parallel mit der Böschung des Berges. Überall wo diese Felsart ansteht, bilden sich am Fuss der Felsen Schutthaufen, welche manchmal wieder so zusammengebacken 31»4 B 0 u e. siiul, dass man oft nicht weiss, wo jener endigt und wo das anstehende Gestein anfängt. Natürlicherweise mussten solche Trümmer manchmal Spalten in anderen Gesteinen ausfüllen, wenn jene in der Nähe waren, und in dem Falle, dass die letzteren Kalksteine waren, wird man leicht zugeben, dass es manchmal schwer fallen kann und konnte, die falsche Brekzie der Spalte von dem dichten Kalksteine zu trennen, wenn die Farben der beiden Felsarten nicht sehr verschieden sind. So erklärt mau sich wenigstens, wie einige Geognosten in den Gängen dieser Brekzie Flotzkalkstein haben sehen wollen. Da mich das Schicksal in die Nähe einer solchen Felsart zu Vöslau gebracht hat, habe ich Müsse genug gehabt, über ihre Bildungsart nachzudenken, ohne nach 3ü Jahren zu einer gründlich bewiesenen Theorie gelangen zu können, wie meine Notizen darüber es hinlänglich bew^eisen. Im Jahre 1854 wollte ich darin nur eine durch ausserordentliche Reibung hervorgebrachte Gebirgsart erkennen , welche dann später durch Mineralwässer etwas metamorphosirt worden wäre, indem die ganze anomale Erscheinung ursprünglich von einer lang- samen Hebung der Alpen abgehängt hätte (Sitzber. Bd. 12, S. 422). Im Jahre 1859 zeigte ich an, dass man in Gain- fahrn unter zwei Klafter dieser Kalkbrekzien, oder wenigstens einer mineralogisch ähnlichen, Leitha-Petrcfacte gefunden hatte (Sitzber. Bd. 36 S. 356),^ welche ich dem seligen Dr. Hörues übergab. In den Jahren 1861 und 1862 wurde dieser Fund einer Chama durch andere Fossilien bestätigt (Sitzber. Bd. 44, S. 41), so dass ich endlich die Frage aufwarf, ob diese Kalkbrekzie nicht ganz tertiär wäre; aber sogleich standen mir unüber- windliche geogn ostische Schwierigkeiten im Wege, wenn ich diesen Schluss auf weit entlegene Ablagerungen der Art nicht nur in den Alpen im Allgemeinen, sondern selbst im Wiener Becken ausdehnen wollte. Überhaupt bildet diese Kalkbrekzie sehr oft die untersten Massen der Dolomite, wie z.B. im südlichen Tirol. Es sind die Gesteine, welclie nach Herrn von Buch's Dolomisationstlieorie den Übergang vom Kalkstein in Dolomit übermitteln sollten. Eine Thatsache steht fest, nämlich dass in den un- tersten 'Schichten der Obertertiär oder Leitha-Conglomerate über die dolomitische Brekzie der Alpen etc. 395 in manchen Gegenden, wo solche Trümmer Kalkstein in der Nähe anstehen, Theile dieser Aggregate gänzlich oder fast gänz- lich in Kalk-Brekzien Übergehen, welche mit den festen Theilen nnserer Brekzie sehr grosse Ähnlichkeit haben und wie sie, keine Brocken von Schiefer oder frem^den Gesteinen und noch weniger Gerolle enthalten. Dieses ist bekanntlich der Fall am Eingang des Helenathaies u. s. w. Mit dieser Thatsache ausgerüstet, kann man sich leicht erklären, dass anderswo einige sandige Schieb ten in ähnlichen wieder aufgebauten tertiären Kalkbrekzien einige Petrefacte enthalten können, wie es der Fall in Gainfahiu in der Nähe und hinter der Kirche wäre, wo auf zerstre t aus der Erde herausragenden kleinen Felsen das wahre tertiäie Conglomerat über diese wieder aufgebaute Kalkbrekzie zr liegen käme. Hinter dem Schlossgarten in Gainfahrn zeigt sich noch das gewöhnliche Conglomerat, welches die Kösener Schichten und den Fuss von Megalodonkalkstein-Felsen bedeckt. Aber etwas weiter steht schon die Brekzie an, welche längs des ganzen Weges sich deutlich zeigt, wenn man hinter der Kirche heruntergeht. In den Kellern um die Kirche steht die Brekzie noch überall an, und so geht es fort durch das ganze obere Gainfahrn, wo man an dieser Brekzie eine deutliche südliche Neigung der Schichten bemerkt. Überschreitet man aber dieses Dorf, so kommt man bald wieder ins tertiäre Leitha-Conglomerat, wie Stein- brüche es beweisen. Als deutliches Zeichen, dass man es in Gainfahrn mit einer in tertiärer Zeit wieder zusammengebackenen Brekzie zu thun hat, erscheint der Umstand, dass alle Brunnen von Ober-Gainfahrn einige oder wenigstens eine Klafter unter der tertiären Brekzie erschlossen wurden, indem in der wahren Flötzbrekzie das Graben nach Wasser vergebens ist, wie man es z. B. in Baden erfahren hat. Steigt man von Gainf^ihrn den Gemeindeberg herauf, so kann man diese Kalkbrekzie durch die Weingärten und Kalk- Felsenflächen bis in Fichtenwald verfolgen, und bis man die ersten Schottergruben dieser Kalkbrekzien erreicht. Geht man von der Gemeinde Gainfahrn auf den höhern Theil des Berges oder auf den Grund der Gemeinde Vöslau hinüber, so findet man eine Anzahl von grossen Schottergruben, in welchen theilweise noch 396 B o u e. gearbeitet wird, während die andern mehr westlich liegenden verlassen sind. Die Gewinnung des Schotters und Reibsandes hätte, wenn regelmässig betrieben, zu viel Geld gekostet, weil die leicht zusammengebackenen vortheilhaft zu verwendenden Theile sehr unregelmässig zwischen anderen sehr dichten Massen vertheilt sind, so dass wirklich nur ein Raubbau anwendbar war, der aber eben deswegen auch ein sehr gefährliches Unterneh- men ist. Überall wo ziemlich grosse senkrechte Felswände sich dar- bieten, sind Spuren einer Art von grober Schichtung mit einem südlichen kleinen Neigungswinkel. Über den westlichen grossen verlassenen Brüchen , so wie weiter westlich, findet man nur den dichten Kalkstein anstehen, aus welchem der Lusthausboden oder Gipfel des Vöslauer Berges besteht. Im östlichen Bruche oberhalb der Alexanderhöhe beobachtete ich dasselbe, indem es schien, dass die Kalkbrekzie kaum die auffallende Spalte er- reicht, Avelche nördlich von der Alexander-Höhe bis in die tertiären Conglomerate durch die ehemalige Schiessstatt und das Maithal sich erstreckt. Doch findet man die Kalkbrekzie wieder in dem obern Krautthal, dessen unterer Theil auch Megalodonkalkstein besitzt. Nach diesem ausführlichen Detail ist der Ausspruch meines Freundes Hrn. v. Karr er leicht, dass man es mit einer Flötzkalk- brekzie zu thun hat, welclie in dem untern Theil des Gemeinde- Berges (Tainfahrn nur ein wieder zusammengebackener Kalkgruss ist, welche Begebenheit in die jüngere tertiäre Periode fällt, aber die Grenze zwischen beiden chronologisch so verschiedenen Bil- dungen zu bestimmen, das ist die Schwierigkeit, denn selbst der Grusssand mit Petrefacten ist darin nur eine locale Erscheinung. Auch dann gibt die Bildungstheorie dieser Kalkbrekzie ein schwe- res Rätlisel zu lösen, wenn man selbst annehmen möchte, dass sie keineswegs durch dynamische Kräfte hervorgebracht wurde, son- dern nur eine der merkwürdigsten inncrn chemischen Umwandlun- gen, vielleicht nur durch die Wirkung der Kohlensäure wäre. Man bemerkt nämlich, dass Kalksteine mit der Zeit eine Menge Sprünge bekommen, welche sich nicht nur allmälig erweitern, sondern auch ins unendliche verzweigen oder vervielfältigen, so dass man am über die dolomitische Brekzie der Alpen etc. 397 Ende von einem festen zu^ einem brekzienartigen Gestein gelangt. Noch kommt dazu, dass dieser langsame Process in der ganzen. Masse sehr imgleicli ist, so dass man zwischen sehr dichten und nur im Grossen brekzienartigen zu Gebirgsarten gelaugt, welche nur mehr oder minder losen Trümmerhaufen gleichen, be- sonders wenn der feine, gewöhnlich die Spaltenritzeu aus- füllende dolomitische Sand durch die Tagewässer ausgCAvascheii wurde. Darum sieht man auch in jenen Schottergruben förm- liche bewohnte Zimmer umgeben von grossen festen Felsen, indem anderswo und nicht weit davon die Bergmasse durch sehr ausgedehnte und hochgewölbte Höhlen, sowie in den Montmartre-Gypsbrüchen , durchlöchert ist. In letztern war die grösste Metamorphose, darum der beste feinste Keibsand. Der gewöhnliche Schotter- oder Gartensand bildet die Pfeiler solcher hohen und breiten Gänge. Die ganze Bergbauart ist aber darum eine höchst gefährliche, und scheint in einer gewissen Tiefe ihre Grenze zu finden. Ist ein Platz verbaut, so muss man im Spaziren daselbst sich sehr in Acht nehmen, denn der Boden ist grösstentheils ausgehöhlt, voll Löcher und Einstürze. Im Frühjahr ist die grösste Gefahr. — Wie es gekommen ist, dass die Italiener der Wasserleitung aus den am festesten zusammen- gebackenen Theilen dieser Brekzie Steine für die Wölbung des Vöslauer Tunnels durch Sprengung gewählt haben, schien mir gar sonderbar, denn daneben ist der dichte Megalodonkalk- stein, welcher doch solchem Verwitterungsprocesse nicht unter worfen ist. Wie %veit im Felsen erstreckt sich diese chemische Zer- setzung oder Umwandlung? und wenn die Kohlensäure des Regenwassers die Ursache dieser dann möglichst nur obersten Rinde eines Dolomits ist, warum erstreckte sie nicht dieselbe Wir- kung auf alle Felsarten dieser Art ? Ich möchte glauben, nach den Prüfungen mittelst Säuren, dass in diesen Brekzien der magnesienhaltige Dolomit im Kalksteine nur gemischt ist und dass diese Felsart keine chemische Verbindung bildet. Die Kohlensäure würde den Kalkcarbonat auflösen und einen dolomitischen Sand zurücklassen. Ich möchte auch glauben, dass die scheinbar südliche dem Bergabhang parallele Schichtung 398 B o u ö. Über die dolomitische Brekzie der Alpen etc. auch nur von dem Durclisickern des Eegenwassers herrührt. Die Kichtung- des Wasserlaufes wäre daselbst durch dieBiJschuugsrich- tuug- des Berges bedungen, das Wasser muss natürlich den kürzesten Weg herunter ins Thal verfolgen. Durch dieses Plerab- fliessen sowie durch den Niederschlag von sandigem Dolomit durch das Wasser würde diese falsche südliche Schichtung unter einem meistens geringen Neigungswinkel hervorgebracht werden, und auf diese Weise erklärt sein. 399 XV. SITZUNG VOM 23. MAI 1873. Der Vorstand des naturwissenschaftlichen Vereins für Sach- sen und Thüringen in Halle a/S. ladet, mit Circular-Schreiben vom 1. Mai, zur Theilnahme an der am 21. und 22. Juni d. J. zu begehenden Feier seiner 25jährigen Thätigkeit ein. Herr Prof. Dr. E. Mach in Prag hinterlegt ein versiegeltes Schreiben zur Wahrung seiner Priorität, mit der Aufschrift: „Ein neues Mittel für sehr feine Zeitbestimmungen." Herr Prof. E. N. Horsford aus Cambridge in Nord- Amerika legt eine Abhandlung vor, betitelt: „Die Reduction der Kohlensäure zu Kohlenoxydgas durch phosphorsaures Eisen". Herr Hofrath Dr. H. Hlasiwetz übergibt die zweite von ihm gemeinschaftlich mit Herrn J. Hab ermann ausgeführte Abhandlung: „Über die Protei nstotfe." Herr Dr. K. Heitzmann überreicht eine Abhandlung. „Über das Verhältniss zwischen Protoplasma und Grundsuhstanz im Thierkörper." An Druckschriften wurden vorgelegt : Abbot, Francis, Results of five Years' Meteorological Obser- vations for Hobart Town etc. Tasmania, 1872; 4*^. Annalen der k. k. Sternwarte in Wien. Dritte Folge. XIX. Bd Jahrgang 1869. Wien, 1872; gr. 8«. Annales des mines. VH" Sörie. Tome H, 5' & 6^ Livi-aisons de 1872. Paris; 8». Archiv der Mathematik und Physik. Gegründet von J. A. Gru- nert, fortgesetzt von R. Hoppe. LV. Theil, 1. Heft. Greifs- wald, 1873 ; 8". Astronomische Nachrichten. Nr. 1936—1939. (Bd. 81. 16— 19.) Altona, 1873; 4». 400 Barnard, J. G., Problems of Rotaiy Motion presented by the Gyroscope, the Precession of the Equinoxes and the Pendu- lum. Washington City, 1871; 4». Basel, Universität: Akademische Geleg-enheitsschriften aus d. j. 1871—73. 4« & 8". Bern, Universität: Akademische Geleg-enheitsschriften aus dem J. 1872. 4« & 8». Bibliotheque Universelle et Revue Suisse: Archives des Sciences physiques et naturelles. N. P. Tome XLVP. Nr. 184. Geneve, Lausanne, Paris, 1873-, 8^. Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome LXXVI, Nr. 18. Paris, 1873; 4". Cremona, Luigi, Element! di geometria projettiva. Vol. I. Roma, Torino, Milano, Firenze, 1873; gr. 8". — Per le nozze di Camilla Brioschi con Costanzo Carcano. Milano, 1872; kl. 4". Erlangen, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus d. J. 1871/2; 4^^ & 8».