yr*^^, ^ ^jt, ■< (y 'Sf ■« Oj ^^^ -^A ■' V V V^X; Y- 4..' f iSa^ MM. ¥\r yibrarg oi i)^t Stttseum OP COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. Thegiftof ö^ (^ 9K14j2.^~ . iVb. /./^ ^ I SITZUNGSBERICHTE DKR ÜISFllJCeFJ MAil IR WISllMR MATI1KMTI1^(;II -NÄTÜRWISSENSCIUFTLICHR CLÄSSE. DREIUNDNEUNZIGSTER BAND. WIEN, AUS UEK K. K. HOF- UND STAATS DRUCKEREI. IN CQMMISSION BEI CARL GERQLD'S SOHN, BUCHHÄNDLER PKK K/^tSEriLlCHEN AKADEMIE UEK WISSENSCHAFTEN 1886. SITZUNGSBERICHTE DEB m CLM D E K K A r S E U L 1 C n E N AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. XCIII. Mm. 1. ABTHEILUIG, Jahrgang 1886. — Heft I bis V. fMit ii Tafeln und 7 Holzschnitten.) WIEN, AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDKUCKEHEI. IN GQMMISSIQN BEI CARL GEROLD'S SQNN, B ü C H H i N n L K R DER K \ I S E R L I C H K N AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. ]886. INHALT. Seite I. SitzuHg: vom 7. Jänner 1886: Übersicht V. Kerner u. v. Wettstein , Die rhizopodoi'leu Verdauimgs- organe thierfangeuder Ptianzen. (Mit 1 Tafel.) [Preis : 25 kr. = f)0 ?%.] 4 II. Sit/ung- vom 14. Jänner 1886: Übersicht 16 Wiesner , Untersuchungen über die Organisation der vegetabi- lischen Zellhaut. (Mit 5 Holzschuitten.) [Preis: 50 kr. = 1 RMk.] 17 Schuster , Resultate der Untersuchung des nach dem Schlamm- regen vom 14. October 1885 in Klagenfurt gesammelten Staubes. (Mit 2 Tafeln.) [Preis: .50 kr. =1 RMk. I . . . 81 III. Silzuug vom 21. Jänner 1886: Übersicht . 117 IV. Sitznn^ vom 4. Februar 1886: Übersicht .121 y. Sitzuug vom 11. Februar 1886: Übersicht 122 Haberlaiidt, Zur Anatomie und Physiologie der pflanzlichen Brennhaare. (Mit 2 Tafeln.) [Preis: 40 kr. = 80 Pfg.' . 123 VI. Sitzung vom 18. Februar 1886 : Übersicht 146 Molisch, Untersuchungen über Laubfall. [Preis: 30 kr. = 60Pfg.] 148 VII. Sitzung vom 4. März 1886: Übersicht .187 VIII. Sitzung vom 18. März 1886: Übersicht 189 Bruder, Neue Beiträge zur Kenutniss der Juraablagerungen im nördlichen Böhmen. II. (Mit 1 Tafel und 1 Holzschnitt ) [Preis: 30 kr. = 60 Pfg.] 193 IX. Sitzung vom 1. April 1886: Übersicht 217 Forssell, Beiträge zur Mikrochemie der Flechten ..... 219 Heimerl, Über Einlagerung von Calciumoxalat in die Zellwand bei Nyctagineen. (Mit 1 Tafel) [Preis 25 kr. = 50 Pfg.] . 231 X. Sitzung vom 8. April 1886: Übersicht . 247 Zlatarski, Geologische Untersuchungen im centralen Balkan und in den angrenzenden Gebieten. Beiträge zur Geo- logie des nördlichen Balkanvorlandes zwischen deu Flüssen Isker und Jantra. (Mit 3 Tafeln und 1 Holz- schnitte.) [Preis: 1 fl. 20 kr. = 2 RMk. 40 Pfg.] .... 249 VI Seite Firtscil, Anatomisch -physiologische Untersuchungen über die Keimpflanze der Dattelpalme. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 45 kr. = 90 Pfg.] 342 XI. Sit/uug vom 6. Mai 1886: Übersicht 357 XII. Sitzang- vom 13. Mai 1886: Übersicht 360 XIII. Sitzung vom 20. Mai 188H: Übersicht 361 Verzcichniss der in der mathematisch -naturwissenschaftlichen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in den Monaten Jänner bis inclusive Juni 1886 vorgelegten periodischen Druckschriften 363 SITZUNGSBERICHTE DER mmoÄüPEiiEMEWissEimm. MATUEMATISCH-NATÜRWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. XOIII. Band. I. Heft. ERSTE ABTHEILUNG. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie, Geologie und Paläontologie. I. SITZUNG VOM 7. JÄNNER 1886. Das k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht übermittelt zu dem von der k. grossbritannischen Regierung der Akademie zum Geschenke gemachten grossen Werke über die Challenger-Expedition einen erschienenen zoologischen Theil (Vol. XIII). Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: 1. „Über die Bestimmung des Kohlenstoffs und Wasserstoffs mittelst Kupferoxyd- Asbest'', von den Herren Prof. Dr. E. Lippmann und F. Fleissner in Wien. 2. „Über die Linien gleicher Stromdichte auf flä- chenförmigen Leitern", von Herrn Dr. J. Haubner in Wien. Das w. M. Herr Director E. Weiss berichtet über die Ent- deckung eines neuen Kometen durch Herrn Brooks in Phelps N. Y. vom 27. December v. J., dessen Elementensystem an der hiesigen Sternwarte von Herrn Dr. J. Palisa berechnet und in dem Circular LVIH der kais. Akademie vom 4. Jänner 1. J. be- kannt gemacht wurde. Ferner theilt Herr Director Weiss einen Nachtrag zu der im Circular Nr. LVI publicirten Berechnung der Elemente des Kometen Fabry von Herrn Dr. S. Oppenheim mit. Das w. M. Herr Director A. v. Kern er überreicht eine von ihm in Gemeinschaft mit Herrn Dr. R. v. Wettsteiu ausgeführte Untersuchung, betitelt: „Die rhizopodoiden Verdauungs- organe thierfangender Pflanzen". Die rhizopodoiden Verdauungsorgane thierf äugender Pflanzen. (Mit 1 Tafel.) Vou A. Kerner v. Marilaun und R. Wettsteiu v. Westersheim. An zahlreichen Pflanzen finden sich Einrichtungen, darch welclie kleine Thiere, die mit den Blättern in Berührung- kommen, festgehalten werden. In einigen Fällen sind es Leimspindeln, an welchen die Thiere kleben bleiben, in anderen Fällen haben sich Klappen ausgebildet, welche über den aufsitzenden Thieren zu- sammenschliessen und wieder in anderen Fällen beobachtet man Fallgruben, in welche die Thiere zwar leicht einzudringen, aus denen sie nber nicht mehr zu entwischen vermögen. Mit Rücksicht auf die biologische Bedeutung, welche diesen Einrichtungen zukommt, hat sich ergeben, dass bei einem Theile der in Rede stehenden Gewächse durch den Faugapparat ge- wisse nach Honig lüsterne Tnsectcn von dem Besuche der Blütheu, beziehungsweise von dem Honiggenuss in den Blüthen ab- gehalten werden, dass aber die thierfangenden Pflanzen keinen weiteren Nutzen aus den gefangenen Thieren ziehen. — In Be- treff eines anderen Theiles ist es nachgewiesen, dass die ge- fangenen Thiere den betreffenden Pflanzen zur Nahrung dienen. Was die Nahrungsaufnahme anbelangt, so sind bisher zweierlei Vorgänge beobachtet. Einige Thierfänger secerniren, sobald sie durch den Coutact miteiweissartigen Verbindungen, beziehungsweise mit thierischen Körpern gereizt werden, aus besonderen Drüsen eine der Haupt- sache nach aus Pepsin und organischen Säuren bestehende Flüssigkeit, in welcher sich die eiweissartigen Verbindungen lösen, und sie haben auch die Fähigkeit, diese Lösung mittelst Die rhizopodoideii Verclauiingsorgane etc. 5 besonderer Organe aufzusaugen. — Eine zweite Gruppe von Thierfängern entbehrt der pepsinabsondernden Diüsen. Die von ihnen gefangenen Thiere verenden in den Fallen, verwesen und zerfallen dort und die Produete der Verwesung werden durch besondere im Grunde der Fallen entwickelte Saugzellen aufgenommen. An diese zwei Fälle kann nun noch ein dritter angereiht werden, welcher von uns an Lathraea Squamaria und Bartsia aipina beobachtet wurde. Lathraea Squamaria ist eine chloropliylllose Pflanze, welche in den Auen und Laubwäldern Europas weit verbreitet ist. — Ihre unterirdischen weissen Stengel erscheinen fleischig, fest und prall und sind der ganzen Länge nach mit dicht übereinander- gestellten, dicken schuppenförmigen Blättern besetzt. In der Farbe und Consistenz stimmen diese Blätter mit dem Stengel überein; ihr Umriss ist breit herzförmig und es macht den Eindruck als ob sie mit dem herzförmigen, stark gedunsenen Ausschnitte an der Basis voll und breit dem Stengel aufsitzen würden. Löst man aber eine dieser Schuppen vom Stengel ab, so überzeugt mau sich, dass dem nicht so ist und dass jener Theil der Schuppen, welchen man im ersten Anblicke für die untere, beziehungsweise für die Rückseite hält, nur ein Theil der oberen Seite ist. In Wirklichkeit ist jedes dieser dicken schuppenförmigen Blätter zurückgerollt und es lassen sich au demselben folgende Theile unterscheiden. Zunächst die Verbindungsstelle mit dem Stengel (Fig. 4 a), welche verhältnissmässig schmal ist, dann jener Abschnitt (Fig. 4 6), den man bei flüchtiger Betrachtung für die ganze obere Blattfläche hält und der sich ak- eine schief aufsteigende von einem scharfen Rande (Fig. 4 c) eingefasste Platte darstellt, weiterhin von diesem scharfen Rande angefangen, der plötzlich unter spitzem Winkel herabgebogene steil abfallende Theil (Fig. 4 d), welchen man gewöhnlich für die Rückseite, beziehungsweise die untere Seite des Blattes hält, der aber in der That der oberen Blattseite angehört; viertens das freie Ende des Blattes (Fig. 4 e), welches sich als eingerollter Rand der Schuppe darstellt und fünftens die eigentliche Rückseite, welche verhältnissmässig selir klein ist und ei'st dann sichtbar wird, 6 V. Kerner u. v. Wettsteiu, wenn man den gerollten Rlattrand entfernt. — Indem sich der Blattraud rollt, entsteht ein Canal oder besser gesagt eine Hohlkehle, welche an der hinteren Seite des Blattes dicht unter jener Stelle, wo sich das Blatt an den Stengel ansetzt, quer herumläuft (Fig. 4 /:). — In diese Hohlkehle münden nun mittelst einer Reihe von kleinen Löchern fünf bis dreizehn, meist zehn Kammern, welche die dicken Schuppeublätter aus- höhlen und die, in dieser Form wenigstens, einzig im ganzen Pflanzenreiche dastehen dürften. (Fig. 3), Es müssen diese merk- würdigen Kammern als tiefe, von der Rückseite des Blattes ausgehende, grubenförmige Einsenkungen in die Blattsubstanz gedeutet werden, und mit Rücksicht auf die zu erörternde Frage nach der Bedeutung derselben für das Leben und insbesondere für die Nahrungsaufnahme der Pflanzen ist es von Wichtigkeit, sie etwas näher in Augenschein zu nehmen. Wie schon erwäimt, sind deren fünf bis dreizehn vorhanden. Sie stehen miteinander seitlich nicht in Verbindung, alle sind höher als breit und mit unregelmässig wellig gebogenen Wandungen ver- sehen. An diesen Wandungen fallen zweierlei Organe auf, welche der Form nach an die Drüsenbildungen anderer tliierfangender Pflanzen erinnern. Die einen bestehen aus je vier Zellen, von welchen zwei ein Köpfchen bilden, während die dritte den Stiel des Köpfchens darstellt und die vierte als eine schwach nach aussen vorgewölbte Oberhautzelle erscheint. Sie entstehen in dem jungen Blatte unmittelbar nach der Entwicklung der ersten Gefässbündel und gehen aus einer Epidermiszelle hervor. Diese theilt sich zunächst durch zwei zur Oberfläche parallele Wände in drei Zellen und die Spitzenzelle wird dann durch eine senk- recht zur Oberfläche stehende Wand zu einem Zellenpaar von köpfchenförmigem Aussehen. (Fig. 5 a u. 7.) Seltener bestehen die Köpfchen aus 3 — 4 Zellen. Was die Vertheilung dieser Gebilde anbelangt, so ist dieselbe eine ziemlich regelmässige. Sie bedecken die ganze Oberfläche der Kammern, nur an den nach innen vorspringenden Leisten und Ausbuchtungen ist eine grössere Ansannulung wahrzunehmen; dabei ist ihre Zahl eine sehr bedeutende, im Durchschnitte kommen 25 — 32 auf einen Quadratmillimeter der Oberfläche. Die unterhalb derselben ge- legenen Parenchvmzellen sind in keiner Weise verändert. Die rhizopodoiden Veidaunngsorgane etc. « An dem Zellenpaar des Köpfchens fällt zunächst die ver- hältnissmässig' bedeutende Dicke der Membran auf, während die Membran der Stielzellen, sowie der benachbarten Oberhautzellen sehr dünn ist. Im Zellenleib der Köpfchenzellen findet sich ein grosser, gut unterscheidbarer, meist der Mittel wand anliegender Zellkern, sowie ein dichtes centrales Plasma, von dem dicke Stränge zu dem klumpig geballten Wandprotoplasma hinführen. (Fig. 7.) Die Stielzellen sind viel plasmaärmer. Das Protoplasma ist hyalin und in ein centrales und peripheres gesondert. Organische Inhaltskörper fehlen in den Köpfchenzellen ganz, im Stiele finden sich zuweilen Stärkekörner oder Krystalloide. Von wesentlich anderer Gestalt sind die der zweiten Art angehörenden Organe, welche auch an Zahl bedeutend geringer, nur vereinzelt zwischen den eben besprochenen eingestreut sind. (Fig. 5, b und 6.) Es kommen von denselben selten mehr als 7 bis 9 auf einen Quadratmillipieter der Oberfläche und immer sind dieselben mehr in den Vertiefungen, als an den Erhöhungen der welligen Wand der Kammer zu finden. Sie bestehen aus einer plattenförmigen , im Umkreise elliptischen oder kveisförmigen Basalzelle und aus 2 oder 4, seltener 3 Zellen, die sphärisch hervorgewölbt und durch sehr zarte, meist schief verlaufende Scheidewände getrennt sind, zusammen aber im Umrisse in den Rahmen der elliptischen oder rundlichen Basal- zelle passen, von der blos ein schmaler Randstreifen hervor- ragt. (Fig. 5 6 u. 6.) Die Entstehung dieser Organe fällt mit jener der oben ge- schilderten zusammen und erfolgt in der Weise, dass eine schon früher durch ihre bedeutende Grösse auffallende Oberhautzelle sich durch eine mit der Oberfläche parallele Membran zunächst in zwei plattenförmige Zellen theilt. Von diesen geht dann die obere, nach aussen vorgewölbte eine neue Theilung ein und zer- fällt durch eine auf die früher gebildete Membran senkrechte oder etwas schiefe Wand in zwei, später bei nochmaliger Thei- lung in vier Zellen. Auch bei diesen Organen sind die nach aussen gekehrten Membrantheile verhältnissmässig dick und die Querwände im Innern, sowie die Zellhäute der Basalzellen dünn. Der Inhalt 8 V. Kerncr u. v. Wettstein, aller Zellen ist hyalines Plasma, das die Zellen fast ganz erfüllt lind einen deutlichen grossen Zellkern führt. Häufig nimmt der Inhalt jener Zellen die aussen in Berührung mit den noch zu besprechenden in die Höhlungen gelangten abgestorbenen Orga- nismen kamen, eine braune Färbung an, die sich auch der Mem- bran mittheilt, ohne dass ein Absterben der betreffenden Zellen eine Folge davon wäre. — Während die früher geschilderten köpfchentragenden Gebilde in keiner anatomischen Beziehung zu den in der Umgebung liegenden Gewebetheilen stehen, macht sich eine solche Beziehung bei den zuletzt besprochenen Organen sehr deutlich bemerkbar. Dieselbe besteht einerseits darin, dass diese Orgaue in einem nicht zu verkennenden Zusammenhang mit den Gefässbündeln des betreffenden Blattes stehen, anderseits sich die umliegenden Oberhautzellen strahlenförmig um die untere grosse, platt enförmige Zelle gruppireu. Die aus dem Stamme in das Blatt eintretenden Gefässbündel verlaufen längs der Wan- dungen der Kammern und lösen sich in der Nähe derselben in einzelne schmale Gefässe auf, die mit ringförmigen Verdickun- gen versehen sind und zu je einem der in Rede stehenden Organe führen. (Fig. 4 u. 6.) Etwa zwei bis drei Zelllagen unterhalb der grossen, platten- förmigen Basalzelle endet das Gefäss und die Verbindung seines Endes mit dem Organe wird durch eine kurze cylindrische oder tonnenförmige Zelle hergestellt, die in ihrem unteren, dem Ge- fässe zugewendeten Theile ringförmige oder spiralige Wand- verdickungen aufweist, im oberen Theile jedoch dünnwandig ist. Ihre obere Wand liegt unmittelbar der erwähnten Basalzelle an, seltener ist noch eine kurze, dünnwandige Zelle eingeschaltet. (Fig. 6.) Unter gewissen, noch näher zu erörternden Unjstäuden sieht man von den Membranen der in den Innenraum der Kammern vorragenden Zellen beider oben beschriebenen Organe eine grosse Anzahl überaus zarter Fäden ausstrahlen. (Fig. 7.) Die Ausstrahlungspunkte derselben sind über die Oberfläche der Zellen gleichmässig vertheilt. Die Fäden selbst sind hyalin, gerade, an der Spitze abgestumpft und von verschiedener Länge bald so bedeutend verkürzt, dass sie blos als warzige Hervor- ragungen erscheinen, bald den Durchmesser der Köpfchen au Die rhizopodoiden Verdaiumg-sorgane etc. 9 Länge bedeutend übertreffend. In mancher Hinsicht ähneln sie Krystallen oder stumpfstacheligen Hervorragungen der Mem- branen. Dass sie keines von beiden sind, ergibt sich nach wenigen Versuchen. Dagegen erwiesen sie sich merkwürdigerweise als Plasmafäden, die mit dem Zellenleib der Zellen im Zusammen- hange stehen und von demselben durch regelmässig vertheilte Durchlässe in der Zellenmembran nach aussen in Folge eines Reizes gesendet werden. Dieser Sachverhalt ergibt sich nicht blos aus den verschiedenen mikrochemischen Reactionen, die die Plasmanatur der Fäden erweisen, sondern auch durch plasmo- lytische Versuche, die ein allsogleiches 'Einziehen der Fäden zur Folge haben, endlich durch die directe, mittelst Färbungen er- möglichte Beobachtung. Diese Fähigkeit des Hervorstreckens von Plasmafäden kommt blos den Zellen zu, deren verhältnissmässig dicke Aussen- wände in die Höhlung der Kammer vorspringen, während sie den Stiel- und Basalzellen der beschriebenen Organe fehlt. Das Vorstrecken der Plasmafäden erfolgt nicht unter allen Umständen, stets aber, wenn durch Wasserzufuhr die Turgescenz der Drüsenzellen gesteigert wird. Doch kann dasselbe auch dadurch herbeigeführt werden, dass kleine Thiere in die laby- rintische Kammer des Laihraea-Bluttes eindringen und die eben beschriebenen Organe berühren. Die in Folge der Reizung aus- strahlenden Plasmafäden legen sich an die Eindringlinge an, kleinere Thiere, zumal Infusorien, werden wie von Fangarmen festgehalten, grösseren Thieren aber wird durch diese Plasma- fäden die Bewegung erschwert und der Rückweg abgeschnitten. Die Ausscheidung eines besonderen Secretes in der Kammer des Lathj\iea-B] Rttes wurde nicht beobachtet. Da man aber von den in die Kammern gelangten Thieren nach einiger Zeit nur mehr Klauen , Beinschienen , Borsten und kleine, braune, formlose Klümpchen antrifft, während Sarkode sowie Muskeln und Blut derselben spurlos verschwunden ist, so muss man annehmen, dass hier die Nahrungsaufnahme aus den veren- deten Thieren durch Contact mit den gleich Fangarmen vorge- streckten Plasmafäden erfolgt, ganz ähnlich wie bei den Wurzel- füsslern, mit welchen diese Organe eine so auffallende Ähnlichkeit 10 V. Kerner u. v. Wettsteiu, besitzen. — Es wäre nicht unmöglich, dass nur die ungestielten Organe der Aufsaugung , die gestielten köpfchentragenden da- gegen dem Festhalten der Beute dienen , wenigstens würde der Umstand für diese Auffassung sprechen, dass zu den ersteren, die, wie schon oben erwähnt, viel spärlicher sind, Gefässe hin- ziehen, die durch eine eigenthümliclie tonnenförmige Zelle mit jener grossen elliptischen Tafelzelle in Verbindung stehen, was bei den köpfchentragenden Gebilden nicht der Fall ist. Da die Öffnungen, mit welchen die Kammern in die Hohl- kehle an der Hinterseite des Lafhrnen-Bla.tteB ausmünden, sehr enge sind, so können nur winzige Tliiere Infusorien, Amoeben, Rhizopoden, Räderthierchen, kleine Milben, Apliis-Arten, Podu- ren und dergleichen einschliefen. Was sie dazu bewegt, gerade diese versteckten Kammern aufzusuchen, ist ebenso schwierig zu sagen, wie es schwer hält, anzugeben, wodurch die Daphnia- und Cyclops- Arten veranlasst werden, in die Schläuche der Utri- cularien einzufahren. Am wahrscheinlichsten ist es, dass die winzigen Thiere Nahrung suchend in die Hohlräume vordringen und dort durch die oben geschilderte Einrichtung ihren Tod finden. Es wurde schon erwähnt, dass die Schuppenwnrz eine Schmarotzerpflanze ist, welche die Hauptmasse ihrer Nahrung vermittelst eigener .Saugwarzen den Wurzeln sommergrüner Laubhölzer entzieht. Sie wächst nur in Gegenden, in welchen die Thätigkeit der Bäume und Sträucher durch einen ziemlich langen Winter unter- brochen wird; ihre Saugwarzen sterben regelmässig ab, sobald die Holzpflanzen, auf deren Wurzeln die Lafhmcfi->>iöcke schma- rotzen, sich herbstlich verfärben und das Laub abwerfen. Wenn dann im darauffolgenden Frühlinge das Aufsteigen des Saftes in den Holzpflunzen beginnt, sendet auch die Lathrnea wieder neue Wurzeln aus, welche sich mit Saugwarzen unterirdisch an die saftstrotzenden Baum wurzeln anlegen. Die Nahrung, welche auf diesem Wege in die Lnthraea kommt, ist nicht wesentlich ver- schieden von jener, welche die Wurzeln des betreffenden Baumes oder Strauches aus der umgebenden Erde aufgenommen haben, vorwaltend also Wasser und in diesem gelöst eine geringe Menge Die rhizopodoideu Verdammgsorgane etc. 11 mineralischer Salze, eine Flüssigkeit, welche man früher nicht unpassend den „rohen Nahrungssaft" genannt hat. Da die Lathraed unterirdisch lebt und des Chlorophylls ent- behrt und da sie nicht befähigt ist, im Sonnenlichte aus dem Kohlendioxyd der Luft und dem durch Vermittlung der Saugwarzen aufgenommenen ..rohen Nahrungssafte" des angefallenen Baumes oder Strauches selbst alle zum weiteren Wachsthum nothwen- digen organischen Verbindungen zu erzeugen, da namentlich die Menge der stickstoffhaltigen Verbindungen in der den angefal- lenen Wurzeln entzogenen Flüssigkeit nur eine sehr geringe ist, so muss jeder Zuschnss an organischer Nahrung, zumal an stick- stoffhaltigen Verbindungen aus den gefangenen Thieren sehr willkommen sein. Obschon es vorwaltend winzige Infusorien sind, welche von der Schuppenwurz gefangen und verdaut werden, so darf dieser Zuschuss doch durchaus nicht unterschätzt werden; es ist eben in Anschlag zu bringen, dass jedes der unzähligen schuppenförmigen Blätter des L«^/iraea- Stockes einen Fang- apparat darstellt und dass der Fang- und Verdauungsapparat das ganze Jahr hindurch in Wirksamkeit ist, da es in jener Tiefe des Erdreiches^ in welcher die Stöcke der Schuppenwurz eingebettet liegen, im Winter nicht einfriert, so dass dort auch in der Jahres- periode, in welcher oberirdisch alles im Winterschlafe ruht, die Infusorien und andere kleine Thiere ihr Wesen treiben und von der Lathraea gefangen werden können. Die überaus grosse Zahl der im Laufe des Jahres gefan- genen Thiere vermag also sicherlich die Grösse der einzelnen Individuen zu ersetzen. Wenn es nach alledem nichts weniger als befremdend ist, dass sich ein chlorophyllloser, unterirdisch lebender Wurzel- schmarotzer mit dem Aussaugen des rohen Nahrungssaftes aus anderen Pflanzen und gleichzeitig auch mit dem Thierfange be- schäftigt, so muss es anderseits unser Erstaunen wachrufen, wenn wir Pflanzen finden, welche ihre Nahrung einmal mittelst Saugzellen aus der Erde, dann schmarotzend mittelst Saugwarzen aus angefallenen Wurzeln anderer Pflanzen und drittens auch noch aus gefangenen Thieren entnehmen. Als eine solche Pflanze aber stellt sich Bartsia alphia dar. Dieses merkwürdige Gewächs ist im arktischen Gebiete und in 12 V. Kerner ii. v. Wettsteiu, der Flora der Hochgebirge durch fast ganz Europa verbreitet lind fällt sofort dadurch auf, dass die Farbe der Laubblätter aus Schwarz, Violett und Grün gemengt erseheint. Auch die Bliithe ist trüb dunkelviolett gefärbt und die Pflanze macht durch dieses eigenthümliche Colorit den Eindruck einer rechten Trauerpflauze. Einschaltungsweise mag hier erwähnt sein, dass Linne für diese düstere Pflanze den Namen ^«r/sm wählte, um damit seiner tiefen Trauer über den Tod des ihm innig befreundeten eifrigen Naturforschers und Arztes Bartsch, der in jungen Jahren dem Klima Guiana's erlag, einen Ausdruck zu geben. Feuchter schwarzer Boden und die Umgebung von Quellen bilden den bevorzugten Standort dieser Pflanze. Gräbt man im Sommer ihren Wurzeln nach, so sieht man, dass von denselben einige Saugwarzen ausgehen, welche sich den Wurzeln der nach- barlich wachsenden Seggen und anderer Pflanzen anlegen; man findet aber auch unterirdische Sprosse, welche in der Nähe der mit gegenständigen weissen Schuppen besetzten Knoten „Wurzel- haare" entwickeln, die deutlich gegliedert sind und als gewöhn- liche Saugzellen fungireu. Gegen den Herbst zu bilden sich, und zwar gleichfalls unter- irdisch, eiförmige Knospen aus, welche in ihrer Form den Knos- pen der Kosskastanie nicht unähnlich sehen (Fig. 8) und deren in vier Keihen angeordnete chlorophylllose Schuppen wie Dach- ziegel theilweise übereinander geschoben sind, so zwar, dass von jeder Schuppe nur die Rückseite des oberen Theiles zur Ansicht kommt, während der untere Theil von tieferstehenden Schuppen zugedeckt ist. An der frei sichtbaren convexen Rückseite jeder Schuppe sieht man auf dem Mittelfelde drei scharf vorspringende Rippen; die beiden seitlichen Ränder der Schuppe aber sind zurückgerollt, und zwar so, dass dadurch an jedem Rande eine Hohlkehle gebildet wird. — Nun sind aber, wie an dem Quer- schnitte einer unterirdischen Bartsia-KmmißG (Fig. 9) zu sehen ist, die tieferstehendeu Schuppenpaare so über die nächst oberen gelegt, dass die Hohlkehlen zugedeckt und zu Kanälen werden. Das Innere der Knospe ist, diesemBaue entsprechend, von doppelt so vielen Kanälen durchzogen, als gedeckte Blattschuppen vor- handen sind und die Mündungen von je zwei Kanälen finden sich an jenen Stellen, wo die Deckung der zurückgerollten seitliehen Die rhizopodoiden Verdamingsorgaue etc. 13 Ränder einer oberen Schuppe durch das Mitteiteid einer unteren Schuppe beginnt. Au der einen Seite dieser Kanäle, nämlich in den Hohlkehlen sind ganz dieselben zdiigen Gebilde entwickelt, welche sich in den Kammern der Z„7//ir«tY<-Schuppeu finden, wieder jene aus zwei Zellen zusammengesetzten Köpfchen, die einer Fusszelle aufsitzen, dann gepaarte als Halbkugel vor- gewölbte Zellen und endlieh noch gewöhnliche plattenförmige Oberhautzellen. \ Fig. 10) Es ist wohl nicht zu zweifeln, dass der ganze Apparat auch in derselben Weise wie bei der Schu])pen- wurz wirksam und auf den Fang von kleinen Thieren berech- net ist. Da aus den eben geschilderten unterirdischen Knospen der Bartsia, welche im Spätsommer angelegt werden, im Laufe des nächsten Frühlings ein oberirdischer Stengel hervorgeht, dessen chlorophyllreiche Laubblätter im Sonnenlichte ausGemengtheilen der Luft und der aus dem Boden durch die Saugzellen auf- genommenen flüssigen Nahrung organische Verbindungen erzeu- gen, so drängt sich die Frage auf, ob denn in diesem Falle auch noch ein Zuschuss an Nahrung aus den Leichen gefangener Thiere nothwcndig oder doch vortheilhaft sein kann. Berück- sichtiget man die Verhältnisse, unter welchen Bartsia alpina in der freien Natur wächst, so wird man diese Frage unbedingt bejahen müssen. Diese Pflanze gehört, wie schon erwähn^^, der arktischen und Hochgebirgsflora an und wächst in Gebieten, wo die ober- irdische Thätigkeit der Pflanzen auf die kurze Zeit von ein paar Monaten eingeschränkt ist. Nach Ablauf dieser kurzen Vegeta- tionszeit sterben die oberirdischen Theile der arktischen und alpinen Pflanzen entweder vollständig ab oder sie bleiben zwar grün, sind aber im Schnee vergraben und alle Bewegung und Lebensthätigkeit ist in ihnen auf 9 bis 10 Monate sistirt. Der erste Schnee fällt in den, von der ^«r^sm bewohnten Gebieten regelmässig schon zu einer Zeit, in welcher der Boden noch nicht gefroren ist, und die später immer mächtiger sich aufthürmeude winterliche Schneedecke schützt den Boden so ausgiebig gegen den Einfluss der Wiuterkälte, dass die Tem- peratur selbst der oberflächlichsten Erdschichten nicht unter den Nullpunkt herabsinkt. In dieser frostfieien Schichte aber ist 34 V. Kerner u. v. Wettstein, weder das pflanzliche, noch das tWerische Leben ganz erstarrt und es ist in dem langen Zeiträume für die unterirdischen Knospen der Bartsia gewiss nur von Vortheil, wenn ihnen eine ausgiebige Nahrung aus den Leibern gefangener Infusorien zu- kommt. Der Vortheil wird um so einleuelitender, wenn man bedenkt, dass aus den organischen Verbindungen, welche die Schuppen der unterirdischen Knospen in ihren Zellen aufgespei- chert enthalten, in der darauffolgenden Vegetationszeit in zwei bis drei Wochen der oberirdische Stengel mit seinen Laubblät- tern und Blüthen aufgebaut werden soll und dass der feuchte Boden, in welchem die Bartsia wächst, so wie auch die Wurzeln der Sumpfpflanzen, an welche die Bartsia einige Saugwarzen anlegt, zwar Wasser und mineralische Salze, aber nur wenig Materiale zur Erzeugung stickstoffhaltiger Verbindungen liefern. A.v:I\erner luid R.v.irettsteiii. Bie rhizopodüidenVerdamingsorganß toerfangei-ider Pflanzer.. Autor isl Lith v.M. Streicher Lith.Aist 7:Tii Banmvaitk.TOsr.- Sitzimösl)er. d.kaiserl . Akad.d.Wss. math.natuTH^ a.XCIl[.Bd.Lifl)äi.l886. Die rhixopodoiden Verdau ungsorgane etc. 15 Erklärung der Tafel. Fig. 1. Stück eines unterirdischen Stammes vonLat/naea Squamaria.^-dtüv], Grösse. „ 2. Dasselbe, im Längsschnitte, au dem die Kammern in den einzelneu Blättern sichtbar sind. Natürl. Grösse. „ 3. Ein einzelnes Blatt vergrössert. Durch die durchscheinende Ober- seite sind die zehn Kammern im Innern des Blattes sichtbar. „ 4. Längsschnitt durch ein Blatt; bedeutend vergrössert. a Anheftungs- stelle des Blattes; 6 — e Oberseite des Blattes, bei c nach rückwärts gekrümmt; f Blattunterseite mit dem Eingange in die Höhlung «7; h Stamm. „ 5. Stück der Wand emer Höhlung, stark vergrössert. „ 6. Stück eines Querschnittes durch ein Blatt, zeigt ein stielloses Organ und die Verbindung der Basalzelle (b) mit den Endigungen des Ge- fässbündels (G)] stark vergrössert. „ 7. Köpfchentragendes Organ mit den über die Wand der Köpfchen- zellen vorragenden Plasmafäden, stark vergrössert. „ 8. Unterirdische Knospe von Bartüa alpina. Natürl. Grosse. „ 9. Querschnitt durch einen Theil derselben; vergrössert. „ 10. Der Rand einer Knospenschuppe von Bartsia im Durchschnitte mit gestielten {a) und uugestielten (6) Organen, stark vergrössert. 16 II. SITZUNG VOM 14. JÄNNER 1886. Das c. M. Herr Prof. L, Gegen bau er in Innsbruck tiber- sendet eine Abliandlung: „Über die Classenanzabl der quadratischen Formen von negativer Determinante". Der Secretär legt eine Abhandlung von Herrn August Adler in Wien: „über ein allgemeines Princip des graphischen Rechnens" I. vor. Herr Dr. Friedrich Wächter in Wien übersendet eine Abhandlung: „Über die Artunterschiede der positiven und negativen Elektricität". Herr Hofrath 6. Tschermak überreicht eine Abhandlung des Herrn Dr. Max Schuster: „Resultate der Untersuchung des Staubes, welcher nach dem Schlammregen vom 14. October 1885 zu Klagenfurt gesammelt wurde." Das w. M. Herr Prof. E. Weyr Überreicht eine Abhandlung des Herrn Regierungsrathes Prof. Dr. F. Hertens in Graz: „Über die Invarianten dreier terniären quadratischen Formen." Das w. M. Herr Prof. J. Wiesner überreicht eine Abhand- lung: „Untersuchung über die Organisation der vege- tabilischen Zellwand". Das w. M. Herr Hofrath Prof. C. Claus tiberreicht eine Abhandlung des Herrn Dr. J. H. List in Graz, betitelt: „Die Rudimentzellentheorie und die Frage der Regenera- tion geschichteter Pflasterepithelien". 17 Untersuchungen über die Organisation der vegetabili- schen Zellhaut. i^Iit 5 Holzschnitten. j Von dem w. M. Julias Wiesner. Einleitung. Die feinsten Stnicturverhältnisse der pflanzlichen und thierischen Organe aufzudecken, bildet bekanntlich einen der wichtigsten Zielpunkte der Morphologie und Physiologie der Pflanzen und Tliiere. Von rein morphologischem Gesichtspunkte aus wird man an diesem — heute noch in weiter Ferne liegenden, aber selbst dem besonnensten Naturforscher erreichbar erscheinenden — Ziele angelangt sein, wenn die letzten, das ist die einfachsten Structur- elemente der Lebewesen aufgefunden sein werden. Die Phy- siologie aber wird die Veränderungen und Eigenschaften dieser Elementargebilde erst zur Erklärung der Lebens Vorgänge heran- zuziehen haben. Im Bereiche der Morphologie ist es die Anatomie, welche auf analytischem "Wege den inneren Bau der Organismen darzu- legen strebt. Wie die Chemie die Verbindungen zerlegt und zu den wahren Elementen zu gelangen sucht, so trachtet die Anatomie durch analoge Operationen zu den letzten Formelementen der Pflanzen und Thiere vorzudringen. Auf diesem Wege gelang es zunächst, die Organe in Gewebe und diese in die bisher als Elementarorgane angesehenen Zellen zu zerlegen. Dass die sogenannten chemischen Elemente die gesuchten Grundstoffe der Verbindungen nicht repräsentiren, wird derzeit wohl allgemein zugestanden. Aber auch die „Zellen" können heute nicht mehr als das angesehen werden, wofür man sie so lange hielt, als die letzten organisirten Bausteine der Pflan- zen und Thiere. Es ist das Verdienst Brücke's, die grosse Sitzb. d. malhem.-naturw. Cl. XCIII. Ed. I. Abth. 2 18 Wiesuer, Complication im Baue der sogenannten ,. Elementarorgane" zuerst nacliclriieklich hervorgehoben und gezeigt zu haben, dass die damals herrschenden auf den Bau der Zellen bezug- nehmenden Vorstellungen : Kerne oder Membranen seienhomogen, wenn sie uns homogen erscheinen, oder besässen keine andere als Molecularstructur, oder das Protoplasma sei eineEiweisslösung u, s. w.j als völlig unberechtigt zurückgewiesen werden müssen. Es geschah dies bekanntlich in seiner mit Recht berühmten Schrift, „die Elementarorganismen"*, aufweiche ich in dieser Abhandlung noch oftmals zurückkommen werde. Sehr treffend nennt Brücke die Zellen dort „ Elementarorganismen " , um schon durch das für dieselben gewählte Wort seine Anschauung über ihren wahren Bau in Gegensatz zu stellen mit jenen seiner Vorgänger, welche die Zellen als die letzten Structurelemente des Organis- mus, als „Elementarorgane" betrachteten. Der genannte Forscher begnügte sich damit, die Organisation des Protoplasmas aus dessen Functionen zu erschliessen, ohne über die Structur des „lebenden Zellenleibes" eine bestimmte Vorstellung zu formuliren, wozu aus Mangel au thatsächlichen Kenntnissen damals alle positiven Anhaltspunkte fehlten. Hin- gegen betonte Brücke, dass eine selbst noch so complicirte Molecularstructur die in den Zellen sich abspielenden Lebens- vorgänge nicht zu erklären im Stande wäre und räumt die Möglichkeit ein, dass die Elementarorganismen aus organische Structur besitzenden Elementen, aus wahren Elementarorganen zusammengesetzt seien. In der Geschichte dieses schwierigen Forschungsgebietes erblicken wir zwei scharf getrennte Wege. Der eine geht von den Schichtungsverhältnissen der vegetabilischen Zellenmembran und der Stärkekörnchen aus, der andere sucht durch die unmittel- bare Beobachtung unterAnwendung bestimmterMethoden (Härtung, Färbung etc.) die Structur des Protoplasmas und desZellkernes auf- zufinden. Der erstere, bekanntlich von Nägeli eingeschlagen, bewegt sich fast gänzlich auf hypothetischem Gebiete, der letztere steht durchaus auf dem Boden der Thatsachen. Nägeli's 1 .Sitzuns'sb. d. kais. Ak. d. Wiss. math. iiat. Cl. Bd. 44 (1861) II. Abth. p. 381 ffd. Untersuchimg-en über tl. Organisation d. vegetab. Zellhaut. 19 Hypothese, heute allgemein als Micellartheorie bekannt, entstand etwa gleichzeitig- mit Brücke's „Elementarorganismen", die Untersuchungen über die Structuren des Protoplasmas und Zell- kernes gehören bekanntlich der neuesten Zeit an. Nägeli leitete seine Theorie aus dem optischen Verhalten der Zellmembran und der Stärkeköruchen und aus jenen Structur- eigenthümlichkeiten ab, welche als Schichtung und Streifung der Zellwand bekannt sind. Es gelang ihm, durch einige einfache, mit grossem Scharfsinn ersonnene Annahmen nicht nur die Doppel- brechung der genannten Gebilde, deren Schichtung und Streifung n höchst einleuchtender Weise, sondern auch manche physiolo- gisch wichtige Erscheinung, wie z.B. die Quellung der Zellmembran zu erklären und überhaupt die Structurverhältnisse mit den damals bekannten physiologiscben Phänomenen in nahen Zusammenhang und — von einzelnen zumeist überseheneu Thatsaclien abge- sehen— in eine geradezu imponirende Übereinstimmung zu bringen. Nägeli's Micellartheorie geht von folgender Annahme aus: Die vegetabilische Zellmembran besteht aus ausserordentlich kleinen, niikroskopiscli nicht wahrnehmbaren Molekülgruppen (Micellen.) Dieselben haben die Form und optischen Eigen- schaften von (nicht tessularen) Krystallen, und sind nicht imbibir- bar. Absolut trocken gedachte organisirte Gebilde bestehen aus sich berührenden Micellen. Da die Anziehung der Micelle zum "Wasser grösser als die der Micelle untereinander ange- nommen wird, so muss das in die organisirten Gebilde ein- dringende Wasser die Micelle wie ein Keil auseinander treiben. Je kleiner die Micellen sind, desto grösser werden bei der Imbibi- tion die sie umhüllenden Wasserschichten. Damit im Zusammen- hange steht die Annahme, dass der grösste Querschnitt der Wasserhülle dem kleinsten Querschnitte des Micells entspricht und umgekehrt. Da die Micelle — nach einer weiteren Annahme Nägeli's — sich während des Wachsthums der von ihnen zusammengesetzten Gebilde selbst vevgrössern, so müssen die Schichten der Zellwand in späteren Entwicklungsstadien wasser- armer werden. Aus der Doppelbrechung der Micelle leitet Nägeli die Ani- sotropie der Zellhäute und der Stärkekörnchen ab, hingegen aus der Vertheilung von Micellen und Wasser alle im Laufe der 2-- 20 W i e s n e r, Entwicklung und in den verschiedensten Verbältnissen des- Lebens sieb ergebenden Erscheinungen der Aufnahme und Abgabe des Wassers, der Schichtung und Streuung der Zellhäute^ beziehungsweise der Stärkekörnchen u. s. w. Dass beispielsweise aus Form und Lage der eine Faser zusammensetzenden Micelle sich die starke Quellung in der Richtung des Querschnittes und die relativ geringe in der Richtung der Längsschnitte erklären lässt, leuchtet ein. Die Nägeli'sche Lehre hat eine fast allgemeine Anerkennung gefunden. Der bewundernswerthe Scharfsinn, mit welchem die- selbe construirt und die strenge Consequenz der Durchführung, welche ihr den Charakter einer vollendeten Theorie aufdrückt, lassen den Erfolg, welchen dieselbe errang, begreiflich erscheinen und machen es verständlich, dass von vielen Seiten die so spär- liche thatsächliche Unterlage, auf welcher die Micellarhypothese gebaut ist, übersehen worden ist. Und auch heute noch kann Nägel i's Lehre im Gebiete der Botanik als herrschend ange- sehenwerden, obwohl manche Erscheinung in viel naturgemässerer Weise erklärt wird und manche dieser Lehre zu Grunde liegende Annahme zweifelhaft geworden oder als unhaltbar sich heraus- gestellt hat. So vor allem der krystallinische Charakter der Micelle. Ich habe schon vor Jahren die Anisotropie der vegetabilischen Zellwand aus Spannungsunterschieden abgeleitet ^ Später machte Ebner^ die schwerwiegendsten Argumente gegen den Kry stall - Charakter der Micelle geltend und lieferte den Beweis, dass die Anisotropie der organischen Gebilde weder auf Interferenz depo- larisirter Strahlen beruhe, welche beim Durchgange durch optisch nicht homogene einfach lichtbrechende Körper entstehen, noch auf krystallinische Bescliaifenheit zurückzuführen sei, sondern dass dieselbe von nach verschiedenen Richtungen ungleichen Spannungen verursacht werde, von Spannungen, welche im Lebenslaufe des Organismus sich vielfach ändern und die auf künstliche Weise geändert werden können. 1 Elemente der Aii;itomie und Physiologie der Pflanzen 1. Aufl. p. 260. - Ebner, Untersuchungen ülxu- die Ursachen der Anisotropie organischer Substanzen. Leipzig 1882. Untersuehuiigeii über d. Orgcauisation d. vegetab. Zellliaut. 21 Auch N. J. C. Müller \ HöhneP und Strasburger^ haben die Annahme der krystalliuischen Micelle zur Erklärung der Doppelbrechung der Zellmembran verworfen und fassen das Zustandekommen dieser Erscheinung im Wesentlichen in gleicher Weise wie Ebner und ich auf. Höhnel führte auch die Quellungserscheinungen auf Spannungszustände zurück, nachdem er die aus der Micellar- theorie sich ergebende Erklärung für unzureichend gefunden hat. Diejenigen, welche, wie Schmitz, Höhnel und Andere, besonders Strasburger, dessen Stellung zur Nägeli'schen Lehre ich später im Zusammenhange erörtern werde, das ge- sammte Wachsthum auf Apposition zurückführen, leiten die Schichtung der Zellwand nicht wie Nägeli aus ungleichem Wassergehalt ab, sondern führen dasselbe auf successive erscheinende, aus dem Protoplasma entstehende und sich gegen- seitig differenzirende Ablagerungen zurück. Seit Jahren vertreteich die Ansicht*, dass der geschichtete Bau der Zellmembran im Wesentlichen nicht auf einer Wechsellagerung wasserarmer und wasserreicher Schichten, sondern auf vom Wassergehalt unabhängiger Ungleichheit der Schichten im Licht- brechungsvermögen beruhe, welches ungleiche optische Ver- halten wieder auf eine Differenz in chemischer Beziehung zurück- zuführen sei. Ich stütze mich hiebei auf Thatsachen zweierlei Art. Erstlich darauf, dass vollkommen ausgetrocknete Membranen sich geschichtet erweisen, auf welche Thatsache ich in den unten folgenden ., Untersuchungen" noch in anderem Zusammenhange zurückkomme, sodann auf die Hervorrufung von Schichtung in Zellwänden durch Reagentien, welche weder wasserentziehend noch wasseranziehend wirken, z. B. Chromsäure, welche durch Oxydation einzelne Schichten früher angreift als andere und dadurch die letzteren deutlicher macht. 1 Handbuch der Botanik I. 1880. 2 Bot. Zeitung 1882 p. 595 flfd. 3 In der weiter nuten citirteu Abhandlung über Bau und Wachsthum der Zellhäute. i Wiesner, Elemente der Anatomie und Physiologie der Pflanzen, I. Aufl. p. 257 und 2G0. 22 W i e s 11 e r, Näg'eli hat auf diese und andere seine Mieellartheorie be- treffenden Einwände nicht erwidert, vielmehr später seine Hypo- these mit noch grösserer Bestimmtheit, als dies früher gelegent- lich geschah, auf alle organisirten Gebilde ausgedehnt und sie zur Grundlage seiner Abstammungslehre gemacht ^ Er fasst nämlich^, indem er das von ihm aufgestellte Idio- plasma (den Träger der erblichen Anlagen des Organismus) charakterisirt, die Grundlage seiner Theorie in folgende Worte zusammen: „Sie (die Structur des Idioplasmas) ist nur einer bereits feststehenden analogen Structur anderer organisirter Körper nachgebildet. Jeder dieser Körper besteht aus krystalli- nischen Micellen (mikroskopisch unsichtbaren, aus einer grösseren oder kleineren Zahl von Molekülen bestehenden Kryställchen, von denen jedes im imbibirten Zustande mit einer Wasserhülle um- geben ist)." Da die Micelle nur als Molekülgruppen zu betrachten sind^ und von Nägeli auch nur dafür ausgegeben werden, so ist ersichtlich, dass nach der Auffassung dieses Forschers dem Protoplasma, dem Zellkerne und der Zellwand ganz direct ein molecularer Bau zukömmt, eine Auffassung, welche den Ideen Brücke's über die Structur der Zelle zuwiderläuft. Freilich nimmt auch Brücke, wie sich von selbst versteht, gleich Nägel i eine molekulare Structur der organisirten Gebilde an, wie selbe einer Lösung, einem festen amorphen oder krystallisirten Körper zukömmt, und jedem Körper eigen ist. Diese Structur trennt er aber vollständig von der Organisation, einer Structur, welche nur den lebenden Wesen eigen ist. Der Gegensatz der beiderseitigen Ansichten spricht sich, wie ich glaube, am deutlich- sten in folgender, den „Elementarorganismen'^ (p. 385) entnom- menen Stelle aus: „Die zusammengesetzten Moleküle der organi- schen Verbindungen sind nur die Werkstücke, die nicht in ein- förmiger Weise, eines neben dem andern aufgeschich- tet, sondern zu einem lebenden Baue künstlich zusammen- gefügt sind." 1 Nägeli, Mechiinisch-physiologischeTheorie der Abstamminigslehre. München und Leipzig 1884. - 1. c. p. 35. •"' Vergl. hierüber u. a. Ebner. 1. c. p. 11. Uutersncliungen über d. Organisation d. vfgetab. Zellhant. 23 Ehe ich einige bisher noch nicht gemachte, aber, wie ich vielleicht erwarten darf, nicht unwesentliche Einwände gegen die Nägeli'sche Hypothese vorbringe, möchten folgende Bemer- kungen gerade hier am Platze sein. Erstlich, dass die Micelle Nägeli's mehrfach als die letzten organisirten Bausteine gehalten worden sind, welche etwa den von Brücke vorausgesetzten oder doch zugegebenen eigent- lichen Elementarorganen entsprechen. Es ist aber schon gesagt worden, dass zwischen Molekülgruppen und Micellen kein wesentlicher Unterschied bestehe. Auch schliesst schon die An- nahme Nägeli's, dass die Micelle für Wasser undurchdringlich seien, deren organische Structur aus. Sodann möchte ich hier hervorheben, dass Nägeli's Micellartheorie, so sehr sie auf botanischem Gebiete Anklang gefunden, im Bereiche der zoologischen Forschung ohne Wirkung geblieben ist. In Flemming's bekanntem Werke über Zell- substanz* wird die Nägeli'sche Theorie nicht erwähnt, obwohl dieses Werk die bis dahin bekannten Versuche, die feinsten Structurverhältnisse der Zellsubstanz aufzufinden, am ausführlich- sten schildert und unter allen hierauf bezüglichen Arbeiten am meisten gefördert hat. Auch in anderen, den genannten Gegen- stand betreffenden Schriften finde ich kein oder doch kein näheres Eingehen auf die Nägeli'schen Ideen ^. Eine Annäherung an Nägeli's Vorstellungen über micellaren Bau liegt in Rauber's ^ Auffassung der Zellstructur, welche letztere auf einen radialconcentrischen Typus zurückzuführen sei, einen Typus, nach welchem die Stärkekörnchen gebaut sind*. Obgleich nun 1 Leipzig 1882. - Mit Ansnahme einer Schrift, die ich nur aus einer Stelle in Ebner 's Werk (1. c. p. 9.; kenne, wo es heisst, dass Bernstein (Über die Kräfte der lebenden Materie, Universitätsschrift, Halle 1880) die Ansichten Nägeli's auf den Bau des thierischen Körpers übertragen habe, und als Ursache der Doppelbrechung thierischer Gewebe Krj'^stallmoleküle voraus- setze. Eine ähnliche Voraussetzung machen Wundt (Lehrbuch der Physio- logie des Menschen 2. Aufl. p. 55) und Ranke (Grundzüge der Physiologie 2. Aufl. p. 65.) Vrgl. auch Eb n er, 1. c. p. 233 und fifd. 3 Thier und Pflanze, Leipzig 1881, p. 7. 1 Xägeli, Abstammungslehre p. 35. 24 W i c s 11 u r. Raub er die auf Zellstructur und Waclisthum bezugnehmende botanische Literatur kennt, so beruft er sich bei Aufstellung seiner Lehre über den radial-coucentrischen Bau der thierischen Gebilde nicht auf Kägeli, woraus vielleicht hervorzugehen scheint, dass er der Nägeli'schen Micellartheorie nicht zustimmt. Hingegen sind Brücke's Ideen über die Organisation der Zelle bei denjenigen, welche die thierischen Gewebe zum Gegen- stand ilirer Forschungen gemacht haben, unvergessen geblieben und bilden in mancher wichtigen Abhandlung den Ausgangspunkt der Untersuchung \ Es sind also die theoretischen Grundanschauungen in Betreff der Innern Structur der Organismen bei Zoologen und Botanikern getheilt. Indess beginnt jetzt ein Umschwung einzutreten, seit- dem nämlich auch von Seite der Botaniker in den Fragen der Structur der einzig richtige Weg, nämlich der der Beobachtung eingeschlagen wird. Angeregt durch die Zoologen, studiren gegenwärtig die Botaniker die Structurverhältuisse des Zell- kernes und des Protoplasmas an der Hand der Beobachtung und beide sind bezüglich des feineren Aufbaues dieser Zellbestand- theile zu im Wesentlichen übereinstimmenden Besultatcn ge- kommen. — Die wichtigsten Einwände, welche gegen die Nägeli'sche Lehre erhoben werden können, scheinen mir aber die folgenden zu sein. Die von Nägel i gemachten Annahmen waren zur Erklärung einiger ganz einfachen Verhältnisse berechnet: es handelte sich ja nur darum, die Schichtung, die Streifung, die Quellung und Doppelbrechung der Zellwände, beziehungsweise der Stärke- körner zu erklären; dies ist ja seinerzeit gelungen und es hat die Micellarlehre für jene, die bloss auf die genannten Ver- hältnisse Rücksicht nehmen, auch heute noch eine gewisse Be- rechtigung. Allein es handelt sich gegenwärtig um die Verdeut- lichung, wo möglich Erklärung viel wichtigerer und schwierigerer Verhältnisse der Zellwand, um jene Vorgänge, die die Zellwand zu einem lebenden Organismus stempeln, vor Allem um die Organisationsveränderungen und chemischen Umbildungen, 1 Vgl. beispielweise Fl(nuiniug-, 1. c. p. 11. Untcrsuchnugen übi-r d. Organisation d. vegetab. Zellhaut. 25 welche das Wachsthum bedingen und begleiten, durchaus Yer- bältuisse, für deren ungezwungene und naturgemässe Erklärung w4r in Nägeli's Annahmen keine Stütze finden. Die Micellarhypothese setzt eine gewisse Homogenität der Zellhaut voraus, eine Gleichartigkeit des Gefüges, die eben noch mit der Schichtung und Streifung verträglich ist. Nim haben aber die durch T a n g l's wichtige Entdeckung eingeleiteten Untersuchungen über die Continuität des Protoplasmas benachbarter Zellen ge- lehrt, dass neben den starren Wandbestandtheilen Protoplasma- züge die Haut der Pflanzenzelle durchsetzen. Die Structur der Zellwand muss infolge dessen weit inhomogener sein, als mit der Micellartheorie vereinbar ist. Ich werde in dieser Abhandlung mehrfache thatsächliche Belege für die Auffassung, dass in der wachsenden Zellwand stets Protoplasma vorhanden sein muss, anführen und werde zeigen können, dass nicht nur dieOrganisatiousänderungen in derZellbaut unter der Annahme lebenden Protoplasmas inmitten derselben verständlicher werden, sondern auch die chemischen Verhältnisse, auf welche die Nägeli'sche Theorie keine Rücksicht nimmt und die, sofern sie mit der Structur der Zellhaut in Zusammen- hange stehen, überhaupt bisher nicht genügend gewürdigt wor- den sind. Nach beiden hier angedeuteten Richtungen ist mir die Tangl'sche Entdeckung über die Communication des Proto- plasmas benachbarter Zellen von Wichtigkeit geworden. Man hat diese nunmehr im Pflanzenreiche so vielfach bestätigte Entdeckung bisher nur unter jenem Gesichtspunkte betrachtet, von welchem Tang] selbst sich leiten Hess, und den zu unterschätzen ich weit entfernt bin. Man betrachtete den Durchgang des Proto- plasmas durch die Wand nur als ein Verhältniss, welches den Zusammenhang benachbarter Zellen beeinflusst; dass man unter diesem Gesichtspunkte eine viel naturgemässere Vorstellung über Reizfortpflanzung und ähnliche physiologische Vorgänge erhielt, halte ich für einen hohen Gewinn. Ich habe nun Tan gl 's Entdeckung von einem ganz anderen Gesichtspunkte aus betrachtet: ich frug mich, was hat die An- wesenheit des Protoplasmas in der W^and für die Organisations- verhältnisse derselben, ferner für ihren Chemismus zu bedeuten? 26 Wiesuer, Diese Frag-estellung- in Vei-binduug mit einer vorher schon auf analytischem Wege gemachten Auffindung', dem Vorhandensein kleiner individualisirter Hautkörperchen, auf die ich noch in dieser Einleitung zu sprechen kommen werde, waren die Ver- anlassung, meine vor langer Zeit begonnenen Untersuchungen über die feineren Structurverhältnisse der vegetabilischen Zell- wand wieder aufzunehmen. Ich muss noch einer wichtigen, die Structur der Zellhäute betreffenden Untersuchung Erwähnung thun aus zweierlei Grün- den: erstlich weil ich deren Verhältniss zu Brücke und Nägel i zu beleuchten für nöthig finde, und zweitens, weil ich mich auf dieselbe in dieser Abhandlung mehrfach beziehen werde. Ich meine die umfassenden Untersuchungen, welche in neuerer Zeit Strasburger ,,tiber den Bau und über das Wachs- thum der Zellhäute" ^ veröffentlichte. Strasburger steht in einer das Wesen der organischen Structur betreffenden Hauptfrage auf dem Standpunkte Nägeli's; auch er sucht eine Förderung- unserer Anschauungen über die Leistungen des Organismus in der Aufstellungeiner Hypothese über die Molecular structur der organisirten Gebilde. Aber seine Vor- stellung über den molekularen Bau der Organismen ist eine von der Nägel i 'sehen vollkommen verschiedene. Nägeli fuhrt den Aufbau der Organismen auf lose, aber in bestimmter regelmässiger Anordnung nebeneinander liegende Molekülgruppen (Micelle) zurück. Strasburger hingegen nimmt eine specifische Verkettung- der Substanzmoleküle — eine netzartige Vereinigung — an und spricht sehr bestimmt die Meinung aus, dass diese Vereinigung der Moleküle nicht etwa eine Eigenthümlichkeit der colloidalen Substanzen, sondern eine specifisclie Eigenthümlichkeit der lebenden Gebilde ist. „Organi- sirt ist für mich ein CoUoid erst dann, wenn es eine durch die specifische Thätigkeit des Organismus bedingte Structur besitzt.-^ Durch diese Äusserung setzt sich aber Strasburger in bestimmten Gegensatz zu jenen Forschern, welche, wie z. B. Pfeffer-^, gar kein Unterschied zwischen „organisirt" und 1 Jena 1882. - Strasbu rgei-, 1. c. p. 218. 3 Osmot. Unters, p. 151 und Pflanzenphysiologie. p. 13. Untersuchuügen über d. Organisation cl. vegetab. Zellhaut. 27 „quellung'sfähig-" zulassen. Diese Identifieinmg' der org'anisirten mit der eolloidaleu Substanz scheint mir der schärfste Ausdruck für die Käg-eli'sche Grundauffassung der Organisation zu sein, und man wird, indem man von hier aus den Vergleich zwischen dieses Forschers und S trasburger's Ansicht unternimmt, wohl zugeben, dass letzterer sich mehr der Grundauffassung Brücke's als jener Nägel i 's hinneigt. Die Untersuchungen Strasburger's haben noch einen anderen grossen Vorzug: sie bringen die über die Structur des Protoplasmas und Zellkernes erworbenen Kenntnisse mit den Zell- wandstudien in Verbindung und versuchen mehrfach die Structur der Zellmembran aus jener des Protoplasmas entwicklungs- geschichtlich abzuleiten. Strasburg er bew^eist, dass das Protoplasma direct die Wand erzeugt und nicht etwa bloss ausscheidet, er zeigt, dass die erste Anlage der Haut selbst ein Protoplasmagebilde ist. Gerade diese bedeutungsvolle Entdeckung, welche mit der be- kannten von Pringsh ei m herrührenden Darstellung der Zellhaut- entwicklung aus dem Protoplasma mehrfach im Einklänge steht, ist für meine Studien über die Organisation der Zellwand von Wichtigkeit geworden. Auch Strasburger führt die Doppelbrechung der Zell- häute und Stärkekörnchen auf Spannungsverhältnisse zurück und bestreitet den krystallinischen Charakter der den Micellen ent- sprechenden Formtheilchen. Die Schichtung der Zellhäute und Stärkekörnehen wird von Strasburger auf reines Appositionswachsthum, also auf eine successive Substanzanlagerung vom Protoplasma her durch Umwandlung von Protoplasmasubstanz (Mikrosomen etc.) in Hautbestandtheile zurückgeführt, eine Auffassung, welche nicht nur der Micellarhypothese Nägeli's zuwiderläuft, sondern auch im Widerspruche mit der von den letztgenannten Forschern begründeten Lehre vom Wachsthum der organisirten Gebilde durch Intussusception steht. Während ich bezüglich des Zustandekommens der Doppel- brechung der Zellwand mich mit Strasburger in Überein- stimmung finde, gelange ich sowohl, was das Wachsthum der Zellhaut als das Zustandekommen der Schichten anlangt, zu 28 W i e s n e r, Resultateu, welche ebensowohl von seiueu als von jenen Käg-eli's abweichen. Dagegen stimme ich mit Strasburger's Auffassung in Bezug auf das Zustandekommen der Streifung Uberein. Gleich ihm betrachte ich die Streifen als schraubig angeordnete Fäden. Indem ich hier andeute, dass nacli meinen Untersucliung-en die Streifen der Hauptsache nach aus kleinen, mikroskopisch nachweisbaren Körperchen (Dermatosomen) bestehen, aber auch die Schichten aus diesen Hautkörperchen sich zusammensetzen, komme ich zu dem Ausgangspunkte meiner Untersuchung, Ich legte mir die Frage vor, ob es nicht auf analytischem Wege gelingen könnte, die Haut in feinere Elemente zu zerlegen, wie es gelungen ist, auf diesem Wege die Gewebe in Zellen zu theilen. Nach langwierigen Untersuchungen fand ich mehrere Methoden, welche die Nachweisung von mikroskopisch erkenn- baren individualisirten Hautkörperchen ermöglichten. Aber erst durch die Verbindung dieser Thatsache mit den früher genannten Entdeckungen Strasburger's und Tangl's wurde ich in den Stand gesetzt, eine naturgemässe Vorstellung über die Organisation der Zellwand entwickeln zu können. Um diese letztere, um die organische Structur und nicht um den molekularen Bau der Zellhaut wird es sich in den folgenden Blättern handeln. Bezüglich der ersteren tinden sich in den umfassenden Untersuchungen Nage li 's die sorgfältigsten Beob- achtungen, namentlich über Schichtung und Streifung, auf die man wohl immer wird zurückgreifen müssen, wenn es sich um das Studium der Zellwandstructur handelt. Auch meine ich, dass die tiefe speculative Behandlung, w^elche dieser grosse Forscher den organisirten Gebilden in seiner Micellartheorie angedeiheu Hess, vieles hervorgebracht hat, was in späterer Zeit, w^enn die Frage über den molekularen Bau der Organismen mit Aussicht auf Erfolg wird in die Hand genommen werden können, Verwerthung finden wird. Untersuchung-eu über d. Orgauisatiou d. vegetab. Zellhaut. 29 Untersuchungen. I. Zusammensetzung der vegetabilischen Zellhaut aus mikrosko- pisch nachweislichen Elementarkörperchen (Dermatosomen). a) Z e r s t ä ii Ij u n g s v e r s u c b e. 3Ieine ersten Versuche, die Zellwand iu feinere als in die bis jetzt bekannten organisirten Bestandtheile zu zerlegen^ knü- pfen an eine mit glücklichem Erfolge angewendete Fabrications- methode au, welche den Zweck hat, vegetabilische Verunreini- gungen aus Thierwolle und daraus erzeugten Webeproducten zu entfernen, ohne die animalische Faser anzugreifen. Die vegetabilische Faser zerfällt bei dieser gleich näher zu beschreibenden Procedur durch leiseste Berührung in eine über aus feine Masse. Ich hoffte, durch dieses Verfahren die Zellwand, weiter als dies bisher geschehen war, zerlegen zu können. Die Methode, von welcher die Rede sein wird, ist in der Praxis als „Carbonisirung" (auch „Entklettung-', „epaillage)" bekannt. Sie besteht in Folgendem: Die zu „entklettende" Wolle wird mit etwa zweiprocentiger Salz- oder .Schwefelsäure (auch andere Substanzen werden verwendet) behandelt, die adhärirende Flüssigkeit durch Abpressen oder Centrifugiren entfernt und die feuchte Masse auf etwa 60 bis 70° C. bis zur völligen Ein- trocknung erhitzt. Die Thierfaser bleibt wenigstens anscheinend intact; hingegen zerstäubt Alles, was vegetabilischen Ursprungs ist, und lässt sich durch Waschen mit Wasser und geringe mechanische Bearbeitung beseitigen. Ich habe der Carbonisirungsmethode * schon vor Jahren meine Aufmerksamkeit zugewandt, vornehmlich um eine merk- würdige Eigenschaft der vegetabilischen Gewebe näher kennen zu lernen, welche den Botanikern unbekannt geblieben war. Es 1 Der Ausdruck „Carbonisiruug-' rührt davon her, dass im Fabri- cationsbetriebe die Temperatur, bei welcher die Zerstörung der vegetabili- schen Faser vorgenommen wird, oft bis zu Graden (65° C. und darüber)« steigt, bei welchen die Pflanzentheile ein kohliges Aussehen annehmen Ich nehme die sogenannte Carbonisirnng stets bei relativ niederer Tem. peratur vor, wobei die zerstäubte Faser in der Färbung keine Änderung erfährt. Es bildet beispielsweise eine nach meiner Methode carbonisirte Baum- wolle ein schneeweisses Pulver. 30 W i e s u e r, gelang- mir zu zeigen, dass die vegetabilische Faser ihren Zu- sammenhang einhüsst, während die animalische keine Ande- rimg erfährt oder bei sorgfältiger Durchführung der Methode sogar an absoluter Festigkeit gewinnt ^ Um der Auffassung, als würde diese Methode den Zweck haben, die Faser zu humi- ficiren oder gar in Kohle zu verwandeln, vorzubeugen, will ich dieselbe im Nachfolgenden als Zerstäubungsmethode bezeichnen. Ich habe schon bei den damals durchgeführten Unter- suchungen darauf hingewiesen, dass die verschiedenen vegeta- bilischen Gewebe dem Zerstäubungsverfahren gegenüber ein verschiedenes Verhalten darbieten. Ich zeigte, dass aus reiner (oder nahezu reiner) Cellulose bestehende Gewebe, ferner alle verholzten Gewebsbestandtheile, durch die Carbonisirung zerstört werden, hingegen die peridermatischen Gewebe (z. B. der Kork) hierbei keinerlei sichtliche Veränderung erleidend Zur Zerstäubung der Gewebe benütze ich Salzsäure, und zwar einprocentige, da eine so schwache Säure zur Durchführung des Verfahrens ausreicht. Wie ich finde, kann selbst mit einer halbprocentigen Salzsäure carbonisirt werden, nur ist längere Einwirkung und wenn man rasch zerstäuben will, eine relativ hohe Trocknungstemperatur erforderlich. Hochprocentige Salz- säure, z. B. die gewöhnliche Salzsäure der Laboratorien, welche 15 bis 22 Procent reine HCl enthält, sollte für unsere Zwecke nicht angewendet werden, da dieselbe auch andere Wirkungen im Gefolge hat. Versuche mit Leinenfaser. Wird diese Bastfaser in eiuprocentiger Salzsäure durch 24 Stunden liegen gelassen, sodann von der adhärireuden Flüssigkeit befreit und hierauf solange bei 50 bis G0° C. erwärmt, bis die Substanz völlig trocken geworden ist, was bei Anwendung kleiner Fasermengen schon nach 30 bis 50 Minuten erreicht ist, so zerstäubt die Faser, lässt sich beispielsweise zwischen den Fingern selbst durch leisen Druck in ein überaus feines Pulver zerreiben. 1 Näheres hierüber .siehe Wies n er, über das Verhalten der vegeta- bilischen nnd animalischen Faser beim Carbonisiren der Wolle und des Tuches, in Dinglev's polytechn. Journal Bd. (187ü), p. 454 ffd. '■i I. c. p. 457. Untersuohuügen über a. Organiscltion <1. vegetab. Zellhaut. 31 Trockuet man die Faser in unverändertem Zustande bei 50 bis 60° C, ja sogar bei 100°, so lässt sie bezüglich ihres Zu- sammenhangs keine Veränderung bemerken. Wird sie hingegen nach 24 stündigem Liegen in einprocentiger Salzsäure an der Luft bei mittlerer Temperatur sich selbst überlassen, so wird sie brüchig. Lässt man sie 2 bis 3 Tage in einprocentiger Salzsäure, so zerstäubt sie nach der Trocknung wie eine regelrecht carboni- sirte vegetabilische Substanz, woraus sich ergibt, dass die verdünnte Säure allein den Zerfall der Faser zu bewirken im Stande ist, dass aber erhöhte Temperatur den Process be- schleunigt. Ähnliches gilt bezüglich aller anderen durch unsere Methode zum Zerfall zu bringenden vegetabilischen Gewebe. Manche erfordern eine höhere als die zum Zerfallen der Leinenfaser nöthige Temperatur, um innerhalb der genannten Zeit zu zer- stäuben, z. B. die Baumwolle, welche nach 24stündigem Liegen in einprocentiger Salzsäure bei 50 bis 60 ° C. nur unvollständig, hingegen bei 60 bis 65 ° C. vollständig zerstäubt. Durch längere Einwirkung der Salzsäure, Erwärmen bei höherer Temperatur, beziehungsweise länger andauerndes Aus- trocknenlassen bei gewöhnlicher Temperatur hat man es in seiner Gewalt, viele vegetabilische Gewebsarten nach unserem Verfahren zur vollständigen Zerstäubung zu bringen. Nach meinen bisherigen Erfahrungen lassen sich durch Carbonisirimg leicht zerstäuben: verholzte und uuverholzte Paren- chyme (HoUundermnrk, Kartoffelparenchym etc.\ Bastzellen, und zwar sowohl verholzte (z. B. Jutefaser) als unverholzte oder sehr schwach verholzte (z. B. Leinen- und Hanffaser), Holzgewebe (Tanne, Fichte, Föhre, Linde etc.), alle Arten von Meristemen und jugendlichen Geweben. Sehr dickwandige unverholzte Gewebe, wie z. B. das Endo- sperm von Phytelephas, können auf die angegebene Weise nicht zerstäubt werden. Erst nach monatelanger Einwirkung der Salz- säuie gelingt, nachdem die Zellen sich von einander losgelöst, haben, oder durch leisen Druck von einander entfernt werden können, die Zerfälhmg bei 50 bis 60 ° C. Hingegen konnte selbst nach monatelanger Einwirkung von einprocentiger Salzsäure auf Pilzgewebe (Fruchtkörper von o^ W 1 e s n c r, Polijponis f'omenlarinii und andere PolyporKS- Arten, Daedulea quercina etc.) und auf Periderm (gewöhnlicher Kork, Periderm der Kartoffel, Korkhäiite ausdauernder Spiraea-kxiew etc.) durch das Zerstäubungsverfahren kein merklicher Erfolg erzielt werden. Die zu Staub gewordene Masse besteht aus kleinen Frag- menten, welche, sofern sie aus faserförmigeu Elementen hervor- gegangen sind, bestimmt orientirte Bruchflächen aufweisen; hin- gegen haben die durch den Zerfall von Parenchymzellen ent- standenen Bruchstücke eine unregelmässige Begrenzung. Die Bruchflächen der untersuchten Bastfasern (Lein-, Hanf-, Jutefaser etc.) stehen zur Zellaxe genau oder nahezu senk- recht. Die Bruchfläche ist entweder eben oder staffeiförmig (häufig bei der Hanfl)astzelle zu sehen) und setzt sich dann theils aus zur Zellaxe senkrechten, theils zu dieser parallelen Flächen zusammen. Die Fragmente sind oft von zahlreichen, manchmal dichtgedrängt liegenden, zur Zellaxe senkrechten Querlinien durchzogen. Auch die untersuchten Holzfasern (Tracheideu) bieten ein ähnliches Bild dar; doch sieht man nicht selten neben quergebrochenen Fasern auch solche, welche stellenweise schief gebrochen sind. Hingegen bieten die Bruchflächen der zerstäub- ten Baumwollenfasern ein anderes Bild dar. Sehr häufig laufen die Bruchflächen schief von der natürlichen Grenzfläche ab und schneiden sich dann meist unter nahezu rechten Winkeln. Manchmal scheint die Bruchfläche quer zu liegen ; sie hat dann, wie genauere mikroskopische Untersuchung lehrt, eine Zickzack- gestalt uud die kleinen Bruchflächen sind so wie die früher genannten Bruchflächen orientirt. Die wahren Bruchfiächen der. carbonisirten Baumwollefaser stehen schief (häufig unter 45°) zur Axe. Nur selten findet sich eine andere Anordnung der Bruchfläche vor, namentlich bei stark verdickter Faser. Aus diesen Beobachtungen ist zu ersehen, dass in den unter- suchten Bastzellen der Zusammenhang der Theilchen durch das Zerstäubungsverfahren fast ausschliesslich in querer Eichtung gelöst wurde, in den untersuchten Trachciden vorwiegend in zur Zellaxe senkrechten, aber auch in schiefer (derStreifungparalleler) Eichtung, hingegen in der Baumwollenfaser fast ausschliesslich Untersuchungen über d. Organisation d. vegetab. Zellhaut. oo in schiefer Richtung-, welche gleichfalls jener der Streifung der Zelle entspricht. Bei ein- oder zweimaliger Wiederholung des Zerstäuhungs- verfahrens an einem und demselben Objecte schreitet der Zerfall doch nur in dem angegebenen Sinne fort. Wird dieses A^erfahren an einem und demselben Objecte oftmals wiederholt, so treten nach und nach auch andere Trennungen ein, ähnlich jenen, welche Chlorwasser hervorbringt und die weiter unten eingehend be- schrieben sind. Da aber bei wiederholt angewendetem Zer- stäub ungsverfahren die Theilungen der Zellmembranen nicht in so reiner Form sich vollziehen, wie bei Anwendung von Chlor- wasser, so will ich die diesbezüglichen Versuche nicht näher beschreiben. Anscheinend geht in den dem Zerstäubungsveifahren unter- worfenen Geweben keine chemische Veränderung vor sich. Die unverholzten Zellwände reagiren gegen Jodpräparate und Kupfer- oxydammoniak wie Cellulose, die verholzten geben mit schwefel- saurem Anilin, ferner mit Phloroglucin und Salzsäure die be- kannten Holzstoffreactionen und nach Beseitigimg der sogenann- ten Holzsubstanz die Cellulosereactionen. Dennoch ruft das Zerstäubungsverfahren tiefgreifende chemische Veränderungen in den Zellmembranen hervor. Einige hierauf bezügliche Untersuchungen hat auf meine Veranlassung Herr Fridolin Krasser ausgeführt. Ich theile aus seinen Aufzeichnungen Folgendes mit. Schwedisches Filterpapier, welches sich bei der mikrosko- pischen Untersuchung als reine Baumwollenmasse erwies, wurde durch mehrere Stunden in destillirtem Wasser gekocht. Es gab in der ersten Zeit eine Spur löslicher Substanz ab, später nichts. Die so vorbehandelte Masse wurde bei 100° getrocknet, bis kein Gewichtsverlust stattfand. Etwa 5 Grm. dieser Substanz wurden mit einprocentiger Salzsäure bei 60 bis 65 ° C. der Zerstäubung unterworfen. Die zerstäubte Masse war schneeweiss. Sie wnirde mit destillirtem Wasser so lange ausgekocht, bis keine Substanz mehr in Lösung ging. Sowohl die extrahirte Substanz als die rück- ständige Faser wurde getrocknet und gew^ogen. Die Menge der extrahirten Substanz betrug 13-- 12 Procent. In derselben Hess sich durch die Fehling'sche Probe reducirender Zucker nachweisen. Sitzb. rt. mathera.-naturw. Cl. XCIII. Bfi. I. Abth. 3 34 W i e s n e r. Ein ähnlicher Versuch wurde mit reinem Leinenzwirn ge- macht, welcher früher durch Auskochen von allen in Wasser lös- lichen Bestandtheilen befreit worden war. Die Carbonisirung geschah gleichfalls mit einprocentiger Salzsäure, aber bei einer Temperatur von 50 bis 60° C. 8-183 Gramm der zerstäubten reinweisseu Masse gaben an destillirtes Wasser 0-803 Substanz ab, so dass die Trockensubstanz des Extractes in diesem Falle beiläufig 10 Proceut betrug. Auch in diesem Extracte Hess sich reducirender Zucker nachweisen. h) ZerJegung zerstäubter Gewebe in Dermatosomen. 1. Baumwoll enfaser. Wird die zerstäubte Baumwolle auf den Objectträger in einem Tropfen gewöhnlicher Salzsäure eingelegt und mittelst des Deckglases schwach gequetscht, so bietet sie ein ähnliches Bild dar wie die sonst unverändert ge- bliebene und gequetschte Faser, nur treten die Sprunglinien viel reichlicher auf und erscheint die Faser in zu diesen Sprung- linien paralleler Richtung gestreift. Lässt man die Säure längere Zeit, etwa 15 bis 20 Minuten einwirken und verstärkt man den Druck, so zerfällt die Faser in zahlreiche parallel gestreifte und reichlich durchklüftete Frag- mente, welche vielfach in kurze überaus feine Fäserchen zer- theilt erscheinen. Diese letztgenannten Fäserchen sind weiteren Fig. 1. / £> Vci-gr. GOO. Zerstäubte B.axmwoUc. A nach Behandlung mit Salzsäure. B nach Behandlung- mit Kalilauge. C gequetscht, a nach Vorbehandlung der zerstäubten Baumwolle mit Salzsäure, b mit Kalilauge, b besteht bloss aus Dermatosomen und homogener Grundmasse; in a sind die Dermatosomen noch vielfach zu Fibrillen vereinigt. D gechlorte Baumwolle, durch leisen Druck in Fibrillen zerlegt. Untersucliiui.aen über ä. Organisation d. vegetab. Zellhaut. 35 mechanischen Ang-riffeu geg-enüber ziemlich resistent, zerfallen aher dennoch stellenweise der Länge nach in kleine Körnchen, welche in einer homogenen gelatinösen Masse eingebettet liegen. Letztere färbt sich auf Zusatz von Chlorzinkjod lebhaft violett, während die darinliegenden Körnchen und Fäserchen viel weniger deutlich (violett) gefärbt werden. Ein anderes Verhalten der carbonisirten Faser gibt sich bei Anwendung concentrirter Kalilauge zu erkennen. Wie vielfach die Fragmente dieser Fasern auch durch die früher genannten Sprnnglinien zerklüftet sein mögen^ es treten nunmehr neue Zer- klüftungen auf, welche die Faser quer oder nahezu quer durch- setzen. Bei aufmerksamer Beobachtung erkennt man, dass durch die Kalilauge innerhalb der Zellmembran andere Bindungen der Theilchen gelöst werden, als durch die Zerstäubung beziehungsweise durch die Salzsäure, welche, wie wir gesehen haben, diejenigen Bindungen — nur viel reichlicher — aufliebt, welche durch das Zerstäubungsverfahren aufgelöst worden sind. Lässt man die Kalilauge gleichfalls durch 15 bis 20 Minuten auf die carbonisirte Baumwolle wirken, und quetscht man nach vorherigem Auswaschen mit Wasser, um die weitere Einwirkung des Kali auszuschliessen, mittelst des Deckglases, so zerfallt die ganze Faser in überaus kleine Körnchen, welche in einer homogenen Schleimmasse eingebettet sind. Durch wiederholte Druckwirkungen lässt sich eine weitere Theiluug der Körn- chen nicht erzielen, vor Allem gelingt es nicht, dieselben in eine homogene Schleimmasse zu verwandeln. Körnchen und Schleim- masse verhalten sich dem Chlorziukjod gegenüber wie in dem früher beschriebenen Falle. Die durch den Druck nach vorheriger Behandlung mit Reagentien erhaltenen Körnchen bilden gegenüber der schleimigen Substanz die Hauptmasse. Ich will jetzt gleich bemerken, dass ich diese Körnchen aus allen bis jetzt von mir untersuchten Zellmembranen ^ abge- schieden habe. Bei stärkster Vergrösserung gesehen erscheinen dieselben als rundliche Gebilde, deren nähere Grestaltverhältnisse 1 Mit Ausnalime jener der untersuchten Pilzgewebe, über welche weiter unten nähere Angaben folgen 3* 3Ö W i e s n e r, derzeit kaum zu ermitteln sein dürften, da dieselben zumeist an der Grenze deutlicher mikroskopischer Wahrnehmung- liegen. Dieselben bilden nicht ein zufällig- entstandenes Zerfällungs- product der Zellmembran etwa vergleichbar dem Säg-emehl eines Holzes oder einer durch Zerstossuug erhältlichen staubigen Masse, sondern sind org-anisirte Körperehen, welche an dem Aufbau der Zellhant wesentlichen Antheil nehmen. Dies näher zu begründen, ihre g-eg-enseitige Bindung zu erklären und ihre Beziehung zu analogen Bildungen des Protoplasmas darzulegen, bildet eine der Hauptaufgaben, welche ich in dieser Abhandlung zu lösen versuchen werde. Ich schlage für diese Körperchen den Namen D e rm at o s o m e n vor. Ich zweifle nicht, dass diese Dermatosomen schon oft gesehen worden sind. Denn jene überaus feinen Körnchen, welche bei der Fäulniss und bei anderweitigen Zersetzungen aus den festen Theilen der Zellen entstehen und welche den „Gewebsdetritus" constituiren, sind vornehmlich Dermatosomen vielfach untermengt mit Mikroorganismen und Avahrscheinlich noch mit anderen kleinen, gleichfalls an der Grenze der mikroskopi- schen Wahrnehmung gelegenen, dem Zellinhalte entstammenden Theilchen. Ich möchte auch nicht bezweifeln, dass diese Dermatosomen und kleine Gruppen derselben häufig für Mikrokokken und Bac- terien gehalten wurden und dass die in neuerer Zeit wieder auf- getauchte Behauptung, aus Gewebezellen höherer Organismen könnten Spaltpilze hervorgeiien, auf einer Verwechslung dieser mit Dermatosomen und analogen Gebilden des Protoplasma beruhen. Ich habe Dermatosonienpräparate, welche entweder bloss aus diesen oder aus diesen und stäbchenförmigen Körnchen- gruppen bestanden, mehreren in Bacterienfragen wohlbewanderten Personen mit der Frage vorgelegt, wofür sie diese Gebilde halten und durchwegs die Antwort erhalten, dass dieselben von Schizomycetenarten kleinster Art dem Aussehen nach nicht zu unterscheiden wären. Ich führe dies nur au, um zu zeigen, wie leicht bei einfacher Betrachtung eine Verwechslung der Dermato- somen mit Bacterien möglich ist, und brauche wohl nicht hinzu- zufügen, wie leicht es durch die vorgeschrittenen Züchtungs- methoden geworden ist, sich vor Irrthtimern zu bewahren. Unter.suehuuö'eu über d. Ore'auisation d. ve Lebermoosen das Perinium nicht aus einem Periplasma; es geht dasselbe vielmehr aus der innersten Lamelle der Specialmutterzellwand hervor, welche überall dicht der äusseren ..sporeneigenen" Haut, der wahren Exiue, anhaftet. Diese innerste Lamelle erfährt nun gleich den übrigen Sporenhäuten im Laufe ihrer Entwickelung vielfache, zum Theile sehr tief eingreifende morphologische und chemische Verände- rungen, welche wohl erst verständlicher werden, wenn man die Membran als belebt, das ist als protoplasmafiihrend, annimmt. Die Bildung des Periniums der genannten Lebermoose geht nun unter dieser, wie ich glaube, sehr berechtigten Voraussetzung, in folgender Weise vor sich. Das Protoplasma der Specialmutter- zellen bildet zunächst die „sporeneigene" Haut. Das von dieser umschlossene Protoplasma durchdringt aber auch die Wand der Specialmutterzellen und die sporeneigene Haut. Durch die Thätigkeit dieses inmitten der Zellhaut befindlichen Plasma (Der- matoplasma) gehen daselbst die oben angedeuteten Verände- rungen vor sich, unter anderen auch die Verschmelzung der innersten Schichte der Specialmutterzellwand mit der Exine (eigentliches Exospor) und die Umgestaltung dieser innersten Schichten der Specialmutterzellwand zur äussersteu Schiclite der Spore, zum Perinium. 78 Wiesner, Ich widerstand der Verlockung, die in dieser Abhandlung- ausgesprochenen, zum Theile unmittelbar aus den Thatsachen sich ergebenden, zum Theile durch berechtigte Annahmen ent- standenen Ideen weiter auszuspinnen und zu einer Theorie der Zellwandstructur oder gar der Zellstructur zu gestalteu. Die Lösung derartiger Fragen gedeiht nach meiner Ansicht besser, wenn sie von mehreren Forschern angestrebt und so von ver- schiedenen Seiten beleuchtet wird, als wenn man ihr durch eine fertige Theorie beizukommen sucht. So mögen denn die hier ausgesprochenen Grundgedanken, welche ebenso auf die von Nägeli, Strasburger, Dippel, Tangl, Leitgeb u. A. gemachten Entdeckungen, wie auf meinen eigenen Beobachtungen fassen, sich ebenso weiter entwickeln, wie sie entstanden sind: durch Zusammenwirken zahlreicher Forscher. Ich begnüge mich mit den gegebenen Ausführungen, welche dahin zusammenzufassen sind, dass der Charakter der wachsenden Zell wand al s lebendes, protoplasmaführen- des Gebilde in den Vordergrund gestellt und sowohl die Structur, als das Wachsthum und der Chemismus der Zellhaut den analogen Verhältnissen des Proto- plasma näher gebracht wurde, und welche zur Aufstellung folgender Sätze führen : 1. Die erste Zellhautanlage besteht gänzlich aus Proto- plasma ( S t r a s b u r g e r ) . 2. So lange die Wand wächst, enthält sie lebendes Proto- plasma (Dermatoplasma). Dasselbe ist aber nur dann direct im Mikroskop zu sehen, wenn es in relativ breiten, cellulosefreien Zügen auftritt und dann die ganze Wand durchsetzt, welcher letztere Fall bekanntlich von Tangl zuerst beobachtet wurde. 3. Der Bau der Zellhaut ist nicht nur in der ersten Anlage, sondern stets ein netzförmiger, wie ein solcher dem Protoplasma, aus welchem die Zellhaut ja hervorgeht, entspricht. 4. Die Hauptmasse einer herangewachsenen Wand besteht aus kleinen, runden, organisirten Gebilden, Dermatosomen, welche aus Mikrosomen des Protoplasma (^Plasmatosomen) hervor- gehen, und die, solange die Zellwand wächst, durch zarte Proto- plasmazüge verbunden sind. Diese plasmatosomenführenden Untersuchungen über d. Organisation d. vegetab. Zelihaut. 79 Stränge bilden aus sich i^durcli Theilting?) neue Plasmatosomen und scUiesslieli Deimatosomen, worauf das Waelisthnm der Wand beruht, das also, wenigstens im Wesentlichen, ein iuter- calares ist. 5. Die Dermatosomen sind in der Regel direct in der Zell- wand nicht erkennbar, werden aber gesehen, wenn man die sie zusammenhaltenden Fäden löst oder sprengt. Dies kann durch verschiedene Mittel geschehen. Am vollkommensten gelingt die Isolirung der Dermatosomen durch Chlorwasser, welches die Stränge früher angreift als die Dermatosomen. Durch hintereinanderfolgende Behandlung mit einprocentiger Salzsäure, Trocknen bei 50 — 60°, Behandeln mit gewöhnlicher Salzsäure, Wasser, sodann mit Kali, Wasser und endlich durch Einwirkung von Druck ist man im Stande, die Bastfasern in Dermatosomen zu zerlegen, welche kleine mikrokokkenartige rundliche Körperchen darstellen. 6. Ausgewachsene Dermatosomen enthalten kein Eiweiss mehr, sind nicht mehr als lebende Gebilde aufzufassen, wohl aber sind sie quellbar. 7. Das Wasser ist in den Zellwänden in zweierlei Form enthalten: erstens als Quellungswasser der Dermatosomen, zweitens als capillares Imbibitionswasser zwischen den Derma- tosomen, die Verbindungsstränge umspülend. 8. Die Bindung der Dermatosomen ist innerhalb einer Zell- wand eine stärkere als zwischen zwei benachbarten Zellen. Ein lockeres, in Eeagenzien relativ leicht lösliches Fibrillengerüste trennt die sogenannte Mittellamelle (gemeinschaftliche Aussen- haut) in zwei Häute; jede im Gewebeverbande befindliche Zelle besitzt ihre eigene Aussenhaut, 9. Die Zellwand kann mit dem gleichen Rechte als fibrillär gebaut betrachtet werden, mit welchem man sie als lamellös zu- sammengesetzt auffasst. Sie ist aber im Grunde weder das eine noch das andere, sondern je nach Anordnung der Dermatosomen, nach Länge (beziehungsweise Spannung) der Verbindungsfäden wird sie geschichtet, oder fibrillär oder in beiderlei Art gefügt oder homogen erscheinen. 10. Die optische Diffenzirung der Schichten, beziehungsweise Fibrillen der Zellhaut kommt im Wesentlichen durch regel- 80 W i e s u e r, Untersucluuigeu über die Organisation etc. massigen Wechsel genäherter Dermatosomen (welche zu Schichten oder Fibrillen vereinigt erscheinen) und Gertistsubstanz zustande. 11. Die Anwesenheit von Eiweisskörpern in der lebenden Zellwand macht die chemische Beschaffenheit und die innerhalb derselben stattfindenden chemischen Metamorphosen verständ- licher als die herrschende Lehre, derzufolge Cellulose das erste Product bildet, welches aus dem Protoplasma als Wandsubstanz ausgeschieden wird und welches den Ausgangspunkt für die Entstehung aller sogenannten „Umwandlungsproducte" der Zell- haut bilden soll. 12. Die Zellwand repräsentirt, wenigstens so lange sie wächst, ein lebendes Glied der Zelle, was besonders dadurch anschaulich wird, dass es Zellen gibt, welche den grössten Theil ihres Protoplasma inmitten der Zellhaut führen (Pilzhyphen mit dickwandigen wachsenden Enden). Durch diese Auffassung über die Natur der Zellwand fällt selbstverständlich jene strenge Grenze zwischen Protoplasma und Zellhaut, welche mau bisher zu ziehen gewohnt war. 81 Resultate der Untersuchung des nach dem Schlamm- regen vom 14. October 1885 in Klagenfurt gesam- melten Staubes. Von Dr. Max Schuster. (Mit J Tafeln.) Am 14. October 1885 hat es in Klageufurt bei heftigem Südwind Staub geregnet. Herr F. Seeland schildert die Umstände, unter denen dieser Schlammregen beobachtet wurde, in der meteorologischen Zeitschrift 1885, pag. 419 mit folgenden Worten: „Es war ein Gussregen, der ganz ähnlich prasselte, wie bei einem Graupelfall und mich aus dem Schlafe weckte. Der Thürmer, welcher auf dem äusseren Gange des Klagenfurter vStadtpfarrthurmes die Feuerwache hält, hat ihn beobachtet und mir über den Schlammregen zur Nachtzeit berichtet. Leider hat er am 15. Morgens den putzpulverähnlichen Staub, der den Gang und das Gitter bedeckte, abgekehrt. Als ich auf den Thurm kam, um mich von der Sache zu überzeugen, war in den Eisenvertiefungen des Ganggitters und in den Falznuthen der Blechdächer Klagenfurts von dem gelben Staub, ungeachtet des vielen nachfolgenden Eegens, noch ziemlich viel zu sehen. Insbesondere enthielt das neue Blechdach des Goldarbeiters Wagenpfeil noch reichliche Überbleibsel davon. Ich begab mich daher auch dorthin und sammelte Muster des Staiibes, der höchst fein und von gelber, ockerähnlicher Farbe (ins Köthliche ziehend) ist. Es ist das genau derselbe Staub, welchen uns am 25. Februar 1879 ein S. E. Sturm über Lesina herauf, avo er auch beobachtet wurde, nach Klagenfurt brachte, und welcher damals den massen- Sitzb. d. mathem.-natunv. Cl. XCIII. Bd. I. Abth. 0 82 Schuster. haft fallenden Schnee roth färbte. Seine Heimat ist verniuthlich die Wüste Sahara. In Klag-enfurt herrschte, wie heute noch, echtes Siroccal- wetter. Am 14. war 7'^ SW, 2'' SW, 9'^ W und am 15. Morgens S-Wiud beobachtet worden. Am 15. 3" 57'" Früh war ein Erd- beben in der Eiclitung E— W mit nachfolgendem Rollen, so dass Fenster klirrten und Möbel schaukelten, mit einem einzigen Stoss beobachtet worden. Klageufurt, 17. October 1885." Eine kleine Probe des bei dieser Gelegenheit aufgesammelten Staubes, circa ^/^^ Grm. im Gewichte, wurde vom Herrn Director Hann an das hiesige mineralogisch-petrographischeUniversitäts- institiit eingesendet und vom Herrn Hofrath Tschermak mir zur Untersuchung übergeben. Die vorliegenden Untersuchungen, welche hauptsäclilich die mineralogische Zusammensetzung des Staubes zum Gegenstande haben, gestalteten sich ebenso mühsam als zeitraubend, nicht so sehr wegen der g-eringen Menge des zu Gebote stehenden Materiales als vielmehr wiegen der Kleinheit der Elemente, aus denen der Staub besteht, deren mittlere Grösse kaum 'Yj^^ Mm. beträgt. Dadurch waren einerseits die mechanischen Trennuugs- methodeu, sei es nach dem specifischen Gewichte mittelst schwerer Flüssigkeiten, sei es durch den Elektromagneten, welche bei dem grösstcntheils fragmentaren Charakter der einzelnen Partikel am vortheilb ältesten gewesen w'ären, theils völlig ausgeschlossen, theils nahezu illusorisch gemacht, andererseits musste auch die chemische Untersuchung hauptsächlich unter dem Mikroskope vorgenommen werden und konnten mit Vortheil nur mikro- chemische Reactionen in Anwendung kommen. Die Scliwierigkeit und Umständlichkeit (respective Undank- barkeit) derartiger Untersuchungen, welche mit den Resultaten in keinem rechten Verhältnisse stehen, mögen mit zu den Gründen gehören, warum in den classischen Arbeiten Ehrenberg's gerade die mineralogische Zusammensetzung der von ihm unter- suchten Staube weniger Berücksichtigung erfuhr und warum auch in neuerer Zeit nur vereinzelte Angaben darüber in die Öffentlich- keit gelangten, trotzdem dieWichtigkeit dieser Untersuchungen für die Frage nach der Herkunft der Staube in letzter Zeit von Untersachimg" eines Meteorstaubes. 83 Lasaulx' und anderen Forschern erkannt und wiederholt hervorgehoben wnrde. Das Interesse, welches sich an alle Vorgänge knüpft, welche auf den zeitweiligen Wechsel in der Zusammensetzung unserer Atmosphäre Einfluss nehmen, \vird die nachfolgenden ausführ- licheren ^littheilungen rechtfertigen, welche bestimmt sind, einen Beitrag zu liefern zur Kenntniss einer gewissen abnormen Beschaffenheit der Atmosphäre. Wenngleich Schlüsse allgemeinerer Natur, wie namentlich betreffs der Herkunft ähnlicher Staube, aus einer Einzel- untersuchung, gleich der vorliegenden, nur in beschränktem Masse möglich und erst von der Durchführung ähnlicher Unter- suchungen und Yergieichung einer grösseren Anzahl, unter den verschiedensten Umständen namentlich am selben Orte gefallenen Staube zu erwarten sind, so waren doch die hierbei erlangten Resultate, wie sich zeigen wird, schon an und für sich recht inter- essant und bemerkenswerth. Es wird vortheilhaft sein, eine Zusammenstellung der in dem vorliegenden Staube aufgefundenen Gemengtheile voran- zustellen, die Gründe, auf welche die einzelnen Bestimmun- gen sich stützen, sowie detaillirtere Angaben über den Gang der Untersuchung nachfolgen zu lassen, mit einem kurzen Vergleiche analoger Staubfunde und einigen allgemeinen Betrach- tungen die Mittheilung zu schliessen. I. Übersicht der im Staube enthaltenen Mineralbestandtheile und Organismenreste, Die untersuchten Staubproben bestehen zum weitaus über- wiegenden Theile aus Partikeln mineralischer Natur. Davon waren mit Sicherheit zu bestimmen: 1. Farblose und schwach grünlich gefärbte Kryställchen (Rhomboeder), Krystallfragmente und Körner von Carbonaten. welche nach dem verschiedenartigen Verhalten gegen Säuren nur theilweise dem Calcit, theilweise hingegen einem eisenhaltigen Dolomit und Magnesit zuzurechnen sein dürften. 1 Tschermak. Mineralog. und peti-ogr. Mittheil. Bd. III, 1881. 6* 84 Schuster, 2. Dazwischen gestreute farblose, bis weisse Körner, selten Nadeln, von Apatit. 3. Farblose Splitter und Körner von Kieselsäure; theils mehr oder weniger lebhaft polarisirende Quarzsubstanz (manchmal Fltissigkeitseinschlüsse, bisweilen ähnlich dem Aggre- gatquarze granitischer Gesteine undulöse Auslöschung zeigend), theils isotrope Opal Substanz. 4. Weisse bis graue, meist getrübte Feldspathpartikel ohne Zwillingsstreifung (Orthoklas), öfters entsprechend der Spalt- barkeit mit gradlinigen Conturen versehen. 5. Bald lichter bald dunkler braun gefärbte, zuweilen wie braunes Glas aussehende, gelb- bis röthlich- und dunkelbraun pleochroitische Blättchen und Fetzen eines einaxigen Glimmers, welcher als Biotit bestimmt wurde; daneben scheint ein stets heller gefärbter Phlogopit* gleichfalls vorhanden zu sein. 6. Weisser Glimmer und daneben wahrscheinlich auch Talk und Kaolin. 7. Blaugrüne Ohio ritt ä fei chen, schwach dichroitisch. 8. GelblichgrUner Augit in Fragmenten grösserer Indi- viduen und vollständig ausgebildeten Mikrolithen, die zum Theile Zwillingsverwachsung zeigen. 9. Bräunliche Spaltungsblättchen von Hornblende, selten nachweisbar; blassgefärbte Hornblendefragmente erscheinen zweifelhaft. 10. Reichlich linden sich dazwischen allenthalben durch Eisenhydroxyd gefärbte, bräunlich gelbe Partikel von krUmlicher Thonsubstanz. 11. Besonders charakteristisch erscheinen gelbliche zum Theile röthlich gefleckte Rutilnädelchen, mitunter in den bekannten herz- und knieförmigen Zwillingen, Anataspyra- miden und scharfe Zirkoukry stall chen, sowie vereinzelte T u r m a 1 i nnä d e 1 ch e n. 12. Als wahrscheinlich, aber nicht unzweifelhaft vorhanden, sind Granat-, Titanit-, Epidotkörner, Spinellpartikel und Spinellkrystalle anzusehen. 1 Mit jjrrüsscri'm AxeiiwiukL^l. Untersuchung eines Meteorstaubes. 85 13. Ausserdem wurde Pyrit (sehr vereinzelt) und Magnetit (häufiger), letzterer zum Theile in deutlichen Octaederu und auch complicirteren Combinationen erkannt, endlich Magnetkies. Plagioklas, Olivin etc. waren nicht nachweisbar. Unter den genannten Mineralbestandtheilen machen die Carbonate, die Glimmerarten, der Quarz und die Thonpartikel die Hauptmasse aus. Metallisches Eisen war auf keinem Wege nachweisbar. Sowie nach dem Gesagten über den entschieden terrestrischen Ursprung des Staubmateriales kein Zweifel bestehen kann, so scheint andererseits dieses Material selbst darauf hinzudeuten, dass es zum Theile Kalk- oder Dolomitbergen, zum Theile einem altkrystallinischeu Gebiete entstammt. Gegenüber den Mineralpartikeln treten die organisirten Gebilde, rcspective die Partikel organischen Ursprunges an Menge bedeutend zurück. Kohlige Substanz ist in minimaler Menge vorhanden; gering ist auch die Menge jener Substanz vegetabilischer Natur, welche in der Hitze bei Behandlung mit Schwefelsäure zur Verkohlung gebracht wird. Ein Theil ist auf Pilzsporen und ähnliche Fructifi- cationsorgane^ zurückzuführen, ein Theil auf Pflanzen- fasern und Pflanzenhaare; Conferven und Algenfäden sind nicht mit Sicherheit zu bestimmen. Ausserdem sind kieselschalige, verkieselte undkalk- sc haiige Organismenreste in ziemlicher Menge vorhanden. Namentlich sind es Diatomeenpanzer, theils einzeln, theils paarweise verbunden, theils in Fragmenten, welche unter dem Mikroskope sofort in die Augen fallen. Manche dieser Gebilde sind recht wohl erhalten und würden vielleicht eine eingehendere Würdigung und Beachtung von berufener Seite verdienen. Ich muss mich auf die folgenden Bemerkungen beschränken, welche zu einer allgemeinen Orien- tirung über die Formen, die im Staube enthalten sind, wohl hin- reichen werden. Es lässt sich behaupten, dass die besprocheneu Organismen- reste mit den in dem citirten Werke Ehrenbergs „Über Passat- 1 Welche in Wasser zum Theile zur Keimung gebracht werden konnten. 86 Schuster, Staub uud Bliitregen" (Berlin 1849) aufgezählteu und abgebil- deten Formen derart übereinstimmen, dass alle die grösseren, wichtigeren Gattungen hier ihre Vertreter finden. Einige davon sind mit gewissen Gallionella- und Dlscoplea- Arten sowie „Lithostylidien", welch' letztere allerdings in jener Schrift noch sehr verschiedenartige Gebilde zu vereinigen scheinen, direct zu identificiren. Viele sehen den dort unter den Namen Synedra, Navicula, Pimmlaria, Lifhasiei-iscns, Coscinodiscns, Fragilaria, Eunotia, dann den als Rotalia und Textilaria aufgezählten Formen mindestens selir ähnlich. Auch Spofifjolidiis und Jw/^;/t/V//sn/s (wiewohl selten) scheinen nicht zu fehlen. Das Gesagte, sowie die beifolgenden zwei Tafeln werden genügen, die Mannigfaltigkeit der beobachteten Formen zu illustriren. Herr Dr. Molisch, welcher so freundlich war, gleich- falls eine Probe des besprochenen Staubes unter dem Mikroskope zu besichtigen und auf die darin enthalteneu Pflanzentheile zu untersuchen, hob namentlich die verhältnissmässige Häufigkeit der Diatomeenreste hervor und konnte überdies nicht nur Pflanzenhaar- und Gewebefragmente, sondern auch Innenhäute von Parenchymzellen, d. i. jene, den Innern Raum von Zellen auskleidenden Schichten der Zellmembranen, welche bekannt- lich gegen Säuren und Fäulnis sehr widerstandsfähig sind, mit Sicherheit erkennen. Der Umstand, dass einzelne davon bereits verkieselt sind, bestimmt ihn, im Vereine mit dem Vorhandensein der Diatomeen, zu der Ansicht, dass dieser Staub von einem Orte herrührt, der einmal oder vielleicht periodisch mit Wasser bedeckt war; man hätte sich also etwa zu denken, dass die ins Wasser fallenden Pflanzentheile sammt den Diatomeen in den Schlammabsatz geriethen, dort verwesten und nur die ausserordentlich wider- standsfähige Innenhaut gewisser Zellen dabei erhalten blieb, welche nachträglich sogar verkieselte. Gleich an dieser Stelle möchte ich bemerken, dass V er kiese hing und Vererzung sich noch auf eine Reihe anderer Staubbestandtheile erstrecken dürfte. Untersuchimg- eines Meteorstnubes. 87 Dies gilt hauptsächlich von den in ziemlicher Häufigkeit und wechselnder Grösse darin vorkommenden, theils gelblichen, theils röthlichcu, braunen bis blauschwarzen Kiigelchen, welche im Allgemeinen grosse Ähnlichkeit mit Pollenzellen und Sporen zeigen, aber nicht nur vegetabilischen, sondern auch thierischen und selbst mineralischen Ursprungs sein könnten. Von diesen in vielfacher Hinsicht räthselhafteu Gebilden wird später nochmals die Rede sein. IL Detailbemerkuiigen, betreffend die einzelnen Staubbestand- theile, den Gang ihrer Untersuchung und Bestimmung. Von den mir zur Verfügung gestellten ^/^^ Grm. Substanz wurde etwa die Hälfte, also eine gute Messerspitze voll, in viele kleine Portionen getheilt, zu den nachfolgenden Versuchen ver- wendet. Ein Tlieil vnirde in unverändertem Zustande in Wasser oder in Cauadabalsam gelegt und unter dem Deckgläschen mikro- skopisch untersucht, ein anderer vor dem Löthrohr und in den verschiedenen Perlen geprüft, ein dritter über dem Platinblech oder im. Kölbchen geglüht, oder endlich mit einer Anzahl Säuren behandelt und hierauf in angegriffenem, geglühtem oder un- geglülitem Zustande unter dem Mikroskope betrachtet. Ein Tlieil wurde schliesslich mit kohlensaurem Natron oder mit Flusssäure aufgeschlossen und die Lösung mit einer Reihe von Reagentieu behandelt. Aus dem Verbleiben und Verschwinden und den Verän- derungen, welche die einzelnen Bestandtheile unter diesen Umständen wahrnehmen Hessen, wurde auf ihr Wesen und ihren Charakter geschlossen. Das Pulver zeigt, in grösserer Menge betrachtet, für sich eine gelblichbraune, ziemlich lichte, kaum einen Stich ins Rothe besitzende Farbe. Wenn man eine Probe davon auf einen Objectträger legt, und denselben vom Rande her erschüttert, so ballt sich ein Theil zusammen; doch ist ein wesentlicher Unterschied zwischen den zerstreut liegenden Partikeln und den zusammengehäuften Partien nicht zu constatireu, nur dass die letzteren an Thon- partikeln und Glimmerblättehen etwas angereichert erscheinen. 88 Schuster, Mit Wasser mischt sich das Pulver uach einigem Wider- streben; ein Theil sinkt nach dem Schütteln des Gläschens in demselben zu Boden, ein Theil, welcher ausser den wirklich specifisch leichteren die kleinsten Partikel, ohne Unterschied der Substanz enthält, schwimmt oben oder erhält sich schwebend. Das Wasser hinterlässt beimVerdunsten keine Chlornatrium- würfel, überhaupt keinen krystallinen Rückstand. Ein eigenthümlicher, penetranter Geruch ist weder un- mittelbar, noch beim Erhitzen des Pulvers im Kölbchen wahr- zunehmen; nur beim Anhauchen entwickelt sich ein entschiedener Thongeruch. Beim Erhitzen in Kölbchen entweicht eine ganz geringe Menge Wassers, Unter dem Mikroskope für sich betrachtet, lassen die ein- zelnen Partikel sich nur schlecht von einander unterscheiden. Mau erkennt an den überaus dunklen Conturen, dass viele davon stark lichtbrechend sind; aus dem gleichen Grunde ist die Färbung derselben nur undeutlich v^ahrnehmbar. Man bemerkt, dass die eckige Form der Partikel vorherrscht, dass die flachen Blättchen gleichzeitig meist gerundet erseheinen, Kryställchen mit scharfen geraden Umrissen eine Seltenheit sind, andererseits fadenförmige Gebilde, Splitter, Lappen und Kügelchen gleichfalls in weit geringerer Zahl auftreten. Zugleich sieht man schon bei dieser Gelegenheit, dass die Färbung eine ziemlich bunte ist. Neben vorherrschenden gelbbraunen, lichtgelben und grün- lich gefärbten treten weisse und trübgraue Elemente nur undeut- lich, dunkelbraune und rothgelbe bis schwarze, zuweilen metallisch glänzende hingegen besser hervor. Bereits beim Einlegen in Wasser kommt eine weit grössere Anzahl von farblosen und weissen Bestandtheilen (bis zu winzigster Kleinheit herabsinkend) zum Vorschein und die Farbenunterschiede treten jetzt, besonders aber nach dem Einbetten der Probe in Canadabalsam viel deutlicher hervor; auch die Unterschiede in dem Lichtbrechungsvermögen der einzelnen Partikel sind viel besser wahrnehmbar; jetzt erst erkennt man , welche grosse Menge lebhaft polarisirender Uutersnchiuig- eines Meteorstaubes. 89 Körnchen vorliegt — sobald man zwischen gekreuzten Nicols beobachtet — und die verhältnismässig grosse Häufigkeit der Diatomeenreste. Was die Grössenverhältnisse der Bestandtheile betrifft, so genügen w^ohl die folgenden Daten, um über die Grenzen, innerhalb deren sich dieselben in der Regel bewegen, Aufschluss zu geben. Als mittlere Grösse der mineralischen Partikel sind etwa 0-027 Mm. zu bezeichnen. Rhomboederchen mit anhaftenden Thonpartikeln oder organischer Substanz erreichen sehr häufig eine Grösse von 0-0324 Mm. (Länge und Breite) und darüber, sinken aber andererseits zu submikroskopischer Kleinheit herab. Die kleinsten individualisirten Partikel, Kügelchen und Scheibchen darstellend, sind oft nicht grösser als 0-009 Mm. in Länge und Breite und gehen ebenso oft noch darunter hinab. Ein Turmalin- nädelchen besass 0-0324 Mm. Länge 0-0050 Mm. Breite. Nur ausnahmsweise finden sich zwischen den genannten auch Partikel von grösseren Dimensionen; namentlich gilt dies von den fadenförmigen organisirten Gebilden, den Haaren etc., die makroskopische Dimensionen annehmen und andererseits von den Blättchen, die bisweilen eine grössere Flächenausdehuung erlangen, wie beispielsweise 0-135 Mm. in der einen und 0-0864 Mm. in der zweiten Richtung. Der Umstand, dass, wie erwähnt, gewisse Gemeugtheile, so die Carbonate, in sehr wechselnden Grössenverhältnissen sich vorfinden, vielfach die anderen (z. B. Thonpartikel und Kügelchen) umschliessen, oder einen verschieden gefärbten Kern besitzen, der den Umriss wiederholt, und auch in winzigsten Körnchen bisweilen vollkommene Krystallform erkennen lassen, die übrigen hingegen, so namentlich die Glimmerblättchen in der Regel nur bis zu einer gewissen Kleinheit herabgeben, während sie nach oben hin weitere Grenzen besitzen, scheint immerhin auf einen Unterschied in ihrer Entstehungsweise hinzudeuten; während die letzteren zweifellos nur aus Fragmenten bestehen, wäre es möglich, dass die ersteren, wenigstens theilweise, an Ort und Stelle (vielleicht in der Atmosphäre, aus den mitgewehten Wassertröpfehen) gebildet oder regenerirt wurden. 90 S c h u s t e r , Was die Meiig'enverbältiii>sse der einzelnen Gemeng- theile betrifft, so sei hier bemerkt^ dass dieselben, wie dies bereits in der I'bersiclit geschab, sieb nur in allgemeinen Ausdrücken angeben lassen, indem der Staub, trotz seiner Feinheit, wider alles Erwarten doch keine gleichförmige Mischung darstellt, sondern in verschiedenen Proben bald der eine, bald der andere der vorherrschenden Gemcngtheile in grösserer Menge erscheint. Dies ist auch der Grund, warum ich zur Ansicht gelangte, dass die quantitative chemische Analyse eines solchen Staubes nur dann, wenn grosse Mengen zur Verfügung stehen, von wesent- lichem Nutzen sein könnte, in unserem Falle aber nur einen sehr bedingten Werth gehabt hätte, ein besseres Resultat hingegen von der Durchsicht einer grösseren Anzahl von Proben, zum Zwecke einer beiläufigen Schätzung der relativen Mengenver- hältnisse der einzelnen Gemeugtheile unter dem Mikroskope zu erwarten sei. Bei dieser Schätzung ergab sich jedoch die weitere Schwierig- keit, dass die verschiedeneu Partikel keineswegs immer unzweifel- hafte Bestimmung zuliessen und in Folge ihrer höchst fragmentaren Beschaffenheit insbesondere brauner Glimmer und braune Horn- blende, zersetzter Glimmer und Thonpartikel nicht in allen Fällen auseinanderzuhalten waren, während die gleichen Schwierigkeiten bei der Unterscheidung zwischen den Carbonatfragmenten und Augitpartikeln, den Carbonaten und Apatit, und endlich besonders zwischen Quarz und Feldspath sich geltend machen. Im Grossen und Ganzen dürften die bräunlichen und röth- lichen Elemente (Thonpartikel und durch Eisenhydroxyd gefärbter Quarz >- brauner Glimmer >- Hornblende) die eine Hälfte, die lichtgrünlichen und weissen (Carbonate>- Chlorit :> Augit r> Apatit) ein weiteres Drittel, und farbloser Quarz :> weisser Glimmer>- trüber Feldspath zusammen den Rest ausmachen. Untersuchung des Pulvers auf trockenem Wege, durch Glühen, Behandeln mit dem Löthrohre etc. Wenn man Proben des Pulvers auf dem Platin bleche glüht, bleibt der grösste Theil desselben nahezu unverändert. Von Verkohlung organischer Substanz ist nur wenig zu bemerken. Das Pulver i^lumpt sich etwas zusammen, fällt aber beim Klopfen Uiitersuchuiig eines Meteorstaubes. 91 leicht wieder aiiseiuaucler. Die Farbe wird aufaugs etwas dimlder, beim Abkühlen röthlicher als zuvor. Die meisten Splitter haben dabei ihre Form behalten, auch die Rhomboederchen; doch sind letztere fast alle undurchsichtig, trübe geworden und polarisiren nicht mehr einheitlich oder sie sind amorph geworden und in Pulver zerfallen. Die Thonpartikel zeigen nun eine sehr auffallende Ähnlich- keit mit dem rothen Thon von Siena. Unter dem Mikroskope sieht man, wie nach anhaltendem Glühen gefritteteThonsubstanz gleich Fäden diejenigen Körner verbindet, welche unverändert geblieben sind. Dahin gehören namentlich Quarz und Feldspath, welche ziemlich schwach polarisiren und neben den gleichfalls unverändert gebliebenen, stark lichtbrechenden Substanzen, wie Rutil, Zirkon nun desto deutlicher hervortreten. Hie und da fällt ein verkohltes Haar oder etw^as Ahnliches in die Augen. Der Biotit ist nun noch dunkler geworden und gelber bis brauner Dichroismus sehr deutlich wahrzunehmen in solchen Blättchen, die auf der Schmalseite liegen; luden flach gelegenen, die wie braunes Glas aussehen, konnte mitunter das Axenkreuz einaxiger Krystalle und die negative Doppelbrechung wieder deutlich coustatirt werden, bei blasseren Blättchen ein ziemlicher Axenwinkel, wie bei Phlogopit. Auch im Köl beben erhitzt, entwickelt das Pulver keinen Rauch. Beim Erhitzen vor dem Löth röhre lässt sich das Pulver zunächst vollkommener fritten und schmilzt partiell zusammen. Um das feine Pulver nicht zu verlieren und wegzublasen, bevor es zur Frittung kommt, die schon ziemlich hohe Temperatur erfordert, thut man gut, dasselbe in ein dünnes Platinblech einzuschlagen und sammt diesem der Löthrobrflamme auszusetzen, die man auf der etwas geöffneten Seite eindringen lässt. Bei Anwendung einer Kerzenflamme erhält man dann eine blasige Schlacke, welche noch ungeschmolzene braune und rothe neben den angeschmolzenen grauen (Feldspath) Partikeln und scharfkantigen unveränderten Quarzpartikeln und farbloseu ( Talk) Blättchen enthält. 92 .Schuster, Wenn mau einen Bimsen 'sehen Brenner benützt und sich des Löthrohres bedient, dann gelingt es zunächst, sämmt- liche gefärbte Partikel vollständig und zuletzt auch die für Quarz in Anspruch genommeneu Splitter grösstentheils zu einem mehr oder weniger klaren Glase aufzulösen. Wenn man das zwischen dem Platinbleche flach gedrückte Schmelzproduct von Zeit zu Zeit unter dem Mikroskope betrachtet, so kann man die Veränderung und das stufenweise Einschmelzen der Bestandtheile verfolgen und hat so einen Anhaltspunkt für die Beurtheilung ihrer richtigen Bestimmung. Das Pulver lässt sich auf solche Weise zu einem stellenweise völlig homogenen, grünlichgelben bis bräunlichgelben (in dünnsten Splittern dann farblosen), stellenweise dunkel rothbraunem Glase zusammenschmelzen. Boraxperlen zeigen keine merkliche Färbung, wohl hauptsächlich desshalb, weil die Verdünnung, in welcher die färbenden Substanzen im Pulver enthalten sind, eine zu grosse ist. T.Og, obwohl nach dem mikroskopischen Befunde sicher vorhanden, war also auf diesem Wege nicht nachweisbar. Gleiches gilt vom Eisengehalt u. s. w. Während die P)Oraxperle vollständig klar bleibt, wird die Sodaperle inhomogen; es entsteht zum Theile klares Glas, zum Theile opalisirende Masse. In der Phosphorsalzperle bildet sich ein Kieselskelett und wenig Quarz bleibt übrig. Untersuchung der mit der Magnetnadel ausgezogenen Partikel. Da zu Gunsten der Annahme eines kosmischen Ursprunges derartiger Staubregen in früherer Zeit namentlich das Vorhan- densein metallischer, phosphor- uudnickelhaltigerEisenkügelchen geltend gemacht worden war und später, als in vielen Fällen der vorwiegend terrestrische Ursprung der ersteren fast zweifellos erwiesen war, doch wenigstens für die wiederholt constatirten, ja, wie es heisst, in minimalen Mengen niemals fehlenden Eisen- kügelchen, die Möglichkeit meteorischer Abkunft zugegeben wurde, so schien es geboten, diesem Punkte besondere Aufmerk- samkeit zuzuwenden. Untersuchung eines Meteorstaubes. 93 Beim Eintauchen der Magnetnadel ins Pulver bedeckte sich deren Spitze jedesmal mit einem ungemein feinen, oft erst unter dem Mikroskope deutlich sichtbaren Bart. Die Betrachtung- lehrte, dass unter den auf solche Weise ausgezogenen, sowohl metalliscli als nicht metallisch aussehenden, eckigen und runden Partikeln auch zweifellos un magnetische (wie Carbonatfragmente) sich befanden, welche auf rein mecha- nischem Wege mitgerissen wurden und in Folge ihrer Kleinheit durch blosse Adhäsion daran festhingeu. Es galt also zunächst die letzteren von den wirklich mag- netischen, die sich, sofernesie eine Längsausdehnung besassen, meist schon dadnrch auszeichneten, dass sie mit dieser senkrecht standen zur Oberfläche der Magnetnadel, möglichst zu trennen. Um dies zu bewerkstelligen, wurde der Bart auf einen Object- träger abgeklopft und die dabei herabgefallenen Partikel zum zweiten Male mit der Magnetnadel aufgenommen. Da die Adhäsion an der Glasoberfläche der Adhäsion am Magnetstäbcheu entgegenwirkte, so blieben die gänzlich nn- magnetisclien jetzt grösstentheils liegen, und bei neuerlichem Abstreifen fielen fast ausschliesslich solche nieder, denen ein stärkerer oder schwächerer Magnetismus zukommt. Um über den letzteren Punkt Gewissheit zu erlangen, und zugleich eine weitere Scheidung unter ihnen vorzunehmen, wurde die Spitze der Magnetnadel den fraglichen Partikeln unter dem Mikroskope bloss genähert und beobachtet, ob und auf welche Entfernung hin dieselben auf die Nadel übersprangen. Stark magnetische Partikel von bedeutenderer Grösse w^aren im Pulver sehr wenig vorhanden und schon nach dem dritten oder vierten Durchstreifen mit der Nadel völlig ausgezogen. Dieselben waren von schwarzer Farbe und halbmetallischem Aussehen und zeigten bei Behandlung mit Säuren ganz das Verhalten, wie es dem Magnetit zukommt. Zuweilen waren sie mit Eisenrost bedeckt, zuweilen ihre Oberfläche intact, in vereinzelten Fällen ihre Form als verzerrtes oder regelmässiges Oktaeder erkennbar. Vom Magnetit abgesehen, besassen alle übrigen stark magnetischen Partikel die Form mehr oder weniger vollkommener Küaelchen. 94 S c h u s t e r , Diese Kügelcheu waren von dimkler bis schwarzer Farbe ; über ihr metallisches oder nicht metallisches Aussehen Hess sich wegen ihrer Kleinheit in der Regel kein sicheres Urtheil abgeben. Anl'lö SU ngs versuche, die mit verdünnter und concen- trirter Salzsäure und mit Salpetersäure angestellt wurden, gaben wider Erwarten im Allgemeinen ein negatives Resultat. Sie wurden von verdünnter Säure meist gar nicht oder sehr langsam oder endlich nur zum Theile gelöst. Niemals konnte eine ähnliclie Gasentwicklung wahr- genommen werden, wie sie bei Einwirkung von conceutrirter Salzsäure auf metallisches Eisen durch Bildung von Wasserstoff- superoxyd in so charakteristischer Weise hei*vorgerufen wird. Bisweilen bedeckt sich das betreffende Kügelchen im ersten Momente mit einem Hof von grünlichgelbem Eisenchlorid, was auf Lösung einer oberflächlichen Schichte ebenso wie auf Eisen- gehalt hindeutet der Rest aber blieb unverändert. Bisweilen hatte dieser Rest seine Kugelgestalt verloren und es traten nun scharfe Ecken und Kanten im Umrisse hervor. Bisweilen zeigte es sich, dass das Kügelchen nur scheinbar homogen gewesen; beim Auflösen blieben an seiner Stelle ein Aggregat von dunklen Körnern oder ein farbloses Skelet von bestimmter Structur zurück. Auch das Einlegen der Körnchen in Kupfervitriollösung und in borwolframsaure Gadmiumlösung, welche durch gediegen Eisen bekanntlich zersetzt wird, führte zu keiner Reaction. Nirgends kam es zum Niederschlage metallischen Kupfers, und nur in einem einzigen Falle habe icli einen blauen Zersetzungs- fleck in der Cadmiumflüssigkeit wahrgenommen, aber nicht an Stelle eines Kügelchens, was eben interessant gewesen wäre, sondern in der Nähe eines Splitters. Wenn man bedenkt, in welcher Art das Pulver aufgesammelt wurde, so wird man der Gegenwart dieses Eisensplitters, selbst wenn sie als erwiesen angenommen wird, keine Bedeutung beilegen können, da er leicht als secundäre Verunreinigung in den Staub hineingerathen sein könnte. Die besprochenen Kügelchen sind also aus mehr als einem Grunde interessant und räthselhaft zugleich. Untersuchung eines Meteorstaiibes. 95 Metallisches Eisen sind sie nicht. Die leicht löslichen unter ihnen könnte man mit Magneteisenerz identiticireu. Bei den unlöslichen oder schwer löslichen und doch unzweifelhaft magnetischen hätte man entweder an ein Erz, wie Ilmenit zu denken, oder an etwas, was die Widerstands- fähigkeit organischer Substanz und den Magnetismus der Erze in sich vereinigt — also au ein vererztes Gebilde oder endlich au eine eisenreiche Glassubstanz. Zu Gunsten der Vererzung wäre noch anzuführen, dass viele von ihnen bei günstiger Beleuchtung wie von einer dünnen, durchsichtigen glashellen Haut überzogen, bisweilen wie gestielt erschienen, andere bei genauerer Betrachtung keine ebene Oberfläche besassen, sondern mit Auswüchsen bedeckt waren, welche letztere oft gleichfalls rundlich erschienen, und sich bei Einwirkung von Säuren rasch lösten, während die grosse Kugel sich erhielt, dass endlich bei der Auflösung noch anderer that- sächlich ein deutliches mit einer Structnr versehenes Skelet zurückblieb. Wenn die Möglichkeit einer Vererzung kugelförmiger orga- nisirter Gebilde zugegeben wird, dann würde auch das eventuelle Vorkommen metallischer Eisenkügelchen in Reductionsprocessen, wie sie an sumpfigen Stellen unter Einfluss organischer Substanzen nachweisbar thatsächlich vor sich gehen, ^ die natür- lichste Erklärung finden und braucht ihnen nicht meteorische Abkunft Zugeschrieben zn werden. Hat ja schon Renard' hervorgehoben, wie wichtig es für die Annahme kosmischen Ursprunges solcher Eisenkügelchen ist, dieselben in ähnlicher Gesellschaft zu finden, wie in den unzwei- felhaften Meteorsteinen, was hier ganz und gar nicht der Fall wäre. Es ist übrigens kein Zweifel, dass die Kugel eben von sehr verschiedener Natur sind. Ausser den bereits ange- führten gehört hierher noch die Thatsache, dass sie sich keines- 1 Siehe zu diesem Punkte Lasaulx: „Über sog. kosmischen Staub". - A. F. Eenard und John Murray: Les caraeteres microscopiques des ceudres volcaniques et des poussieres cosmiques et leur röle dans les Sediments de mer profonde. Bull, du Musee Roy. d' hist. nat. d. Belgique. Tome III, 1884. 96 .Schuster. weg's alle im gleichen Grade magnetisch erweisen, dass von den immagnetischen durch die schwach magnetischen zu den stark magnetischen ein förmlicher Übergang existirt, dem ein analoger in der Färbung entspricht, vom Gelbroth zum Braunroth, Braun, Bläulich und Schwarz, wobei den letzteren der stärkste Magnetismus zukommt. Von den rothen und braunen Kügelchen, welche keineswegs immer amorph, sieh zuweilen (bei günstiger Beleuchtung) mit äusserst feinen dreiseitigen Facetten von Krystallflächen bedeckt zeigten, die allerdings auf kein Octaeder, sondern auf eine com- plicirte Combination hinzudeuten schienen (daher die Kugelform), wäre ich geneigt, einige für Spinell oder ein ähnliches Mineral zu halten; sie liegen bisweilen mitten in thonig zersetzten Silikatresten. ^ Zu bemerken ist endlich, dass unter den schwach magnetischen Partikeln auch Augitfragmeute und ein bronzefarbiges Mineral, vielleicht Magnetkies (als Seltenheit), sich vorfanden. Unter den kugelförmigen Gebilden wurden endlich nieren- förmig bis traubig vereinigte Aggregate gefunden, die im auffal- lenden Lichte die grünlichgelbe Farbe des Markasites besassen. U n t e ]• s u c h u n g des Pulvers auf nassem Wege. Behandlung mit Säuren. Ätzung' mit Salzsäure. Bei Zugabe einiger Tropfen von verdünnter Salzsäure fand ein (offenbar je nach der zufälligen Mischung des Pulvers) bald schwächeres, bald stärkeres Aufbrausen statt; bisweilen war ein solches kaum wahrnehmbar. Bei Anwendung concentrirter Säure und beim Erwärmen erneuerte sich das Aufbrausen nochmals. Gänzlich verschwunden waren, soweit sich coustatiren liess, nach dieser Operation nur die Carbonate, gewisse Erz- und die als Apatit angesprochenen Partikel; die übrigen Bestandtheile erschienen in 'höherem oder geringerem Grade verändert, viele gänzlich unangegriffen. 1 Ztisammeiiliaiig der kugelförmigen magnetischen Partikel mit Qnarz- und Thonpartikeln ist überhaupt mehrfach zu beobachten gewesen. Untersuchung- eines Meteorstaubes. 97 Die durch Eiseuchlorid gelblich gefärbte Lösung- ergab in einem Falle direct, ohne Zuthiin von Schwefelsäure beim Ver- dunsten vereinzelte Gypskrystalle. Dies könnte damit in Zusam- menhang gebracht werden, dass ein schwefelhaltiger Bestand- theil in der Weise zersetzt wurde, dass freie Schwefelsäure entstand.^ Gleichzeitig erscheint dadurch bereits die Gegenwart von Ca signalisirt. Bei Zugabe von Schwefelsäure erfolgte in der That massen- hafte Ausscheidung von Kalksulfat in der charakteristischen Krystallform und den verschiedensten Zwillingsgestalten des Gypses. Die Lösung enthielt ausserdem Phosphorsäure und Magnesia, von denen die erstere durch molybdänsaures Ammon, die letztere durch Chlorammonium, Ammoniak und Phosphorsalz nachgewiesen wurde. Der Gehalt an Phosphorsäure ist hier wohl grösstentheils dem verschwundenen Apatit zuzuschreiben, keinesfalls aber den nicht nachweisbaren, und wenn überhaupt, so nur in minimalster Menge vorhandenen Eisenkügelchen ; die Magnesia möchte ich in diesem Falle weniger auf den Magnesiaglimmer, als auf ein Carbonat beziehen. So auch das Eisen, das zum Theile wohl von aufgelösten Erzpartikeln herrührt und das durch Ferrocyankalium und Rhodankalium direct nachgewiesen wurde. Die mikroskopische Analyse des Rückstandes der -Lösung gab folgende Resultate. Wie schon das verschiedenartige Aufbrausen lehrte, liegen Carbonate von verschiedener Löslichkeit vor. Bei schwächerer Atzung waren nur die farblosen Rhom- boederchen gänzlich verschwunden, die blassbläulich und grün- lich gefärbten zurückgeblieben, aber in sehr verschiedenem Erhaltungszustande. Einige hatten die Rhomboederform noch scharf beibehalten, andere waren vielfach gerundet. ^ Unter den oben aufgeführten Bestandtheilen kommt, abgesehen von der organischen Substanz, nur dem Pyiit und Magnetkies Schwefelgehalt zu. Die Salzsäure war vollkommen rein. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XC'III. Bd. I. Abth. < 98 S c h 11 s t e Y , kSolange bloss auf dem Objectglas operivt und das Pulver i'iiifacli mit concentrirter Salzsäure überg-ossen und eintrocknen gelassen oder selbst vorübergehend erwärmt wurde, fanden sich im Rückstande immer noch solche Krystalle; erst bei wieder- holter läng'erer Digestion unter gleichzeitiger Erwärmung im Platinlöffelchen waren sie sämmtlich verschwuuden. Die unmittelbar vorstehenden und vorausgegangenen Bemer- kungen mögen die Bestimmung der vorliegenden Carbonate als Calcit, eisenhaltigen Dolomit und Magnesit rechtfertigen. Von den gefärbten Partikeln erschienen die Thonpartikel nicht merklich verändert, im Ganzen nur etwas blasser gefärbt; von den bräunlichen Blättchen (Glimmer) waren etliche etwas krümlich zersetzt und gelblich gefärbt, die meisten aber intact geblieben, einige zeigten deutlichen Dichroismus zwischen gelb und rotlibraun. Hornblende, Turmalin und Augitpartikel zeigten kaum eine Veränderung, auch biäulichgrüne auseinander gebogene, unzersetzt gebliebene Chlorittafeln fehlten nicht. Daneben waren nun freilich auch grünliche, wie aus winzigen Nädelchen zusammengesetzte Faseraggregate, vielleicht halb- zersetzte, chloritische Substanzen zu beobachten und auch etwas gallertige Substanz (Kieselsäure) hatte sich abgeschieden. Der grünlich-gelbe Augit wurde namentlich in Form von mikrolithischen Kry ställchen mit 31 — 36° Auslöschungsschiefe nachgewiesen, die bisweilen zwillingsartig verwachsen waren. (Man beachte und sehe dazu und zum Folgenden auf die Tafeln und Tafelerklärung). Unter den ungefärbten Partikeln fanden sich ferner lichter Glimmer und stark lichtbrechende Substanzen wie typischer Zirkon (bisweilen in rhomboederähnlicher Gestalt) und Rutil in herzförmigen Zwillingen, bei denen die gegenseitige Nei- gung der Hauptaxen zu 59° gemessen wurde; letztere Substanzen waren jetzt häufiger und besser zu beobachten als früher. Schwächer lichtbrechende ungefärbte Splitter (Quarz und Feldspath) waren gleichfalls unverändert geblieben. Quarz war vom Feldspath nicht in jedem einzelnen Falle zu unterscheiden, da die Quarzsplitter hier meist so klein sind, dass sie gleich den Quarzen in einer Porphyrgrundmasse ähnlich Uiitersucluuig- eines Meteorstaubes. 99 polarisiren wie der Feldspath selbst imd eine Untersucbimg- im convergenten polarisirteu Lichte kein gutes Eesultat gibt. Da aber die grösseren, durch ihre Structur und ihre optischen Eigenschaften (Spaltrisse und Auslöschungsschiefe) sich als Orthoklas characterisirenden Fragmente stets gleichzeitig trüb und fasrig gefunden wurden, während von den durch Flüssigkeitseinschlüsse (auch mit spontan beweglicher Libelle), durch lebhafte Polarisationsfarben und splittriges Aiissebeu gekennzeichneten grösseren Quarzscherben das Gegentheil galt, so waren wohl auch von den kleineren Körnchen die wasser- klareu vorzugsweise dem Quarz, die trüben hauptsächlich dem Feldspath zuzurechnen. Isotrope glashelle Partikel der verschiedensten Form, ähnlich gewissen Spongiennadelu, sowie den unter den Namen Lithostylidium und Lithostomatium, Spongilithis etc. 1. c. von Ehreuberg aufgezählten Gebilden fehlten ebenso wenig als die unterschiedlichen Diatomeenpanzer, die im Gegentheile, von färbenden Substanzen gereinigt, jetzt besser sichtbar waren, als sonst. Auch schwarze Partikel wurden wieder l)emerkt. Viele von den früher vorhandenen Kügelchen und Scheibchen waren auch nach der Behandlung mit der Säure wieder zu finden ; eine Anzahl derselben hatte die Farbe verloren und solche, die früher Aggregatpolarisation gezeigt hatten, zeigten sie jetzt nicht mehr; vielleicht, dass diese theil weise verkalkt oder schon ursprünglich kalkiger Natur gewesen waren. Unter den Kügelchen fielen nur einige, scheinbar ganz voll- kommene, metallisch aussehende, besonders auf, weil sie wie mit einer glashellen, sehr dünnen Haut umgeben und mit schlauch- förmigen Gebilden in Verbindung waren. Die organischen Substanzen selbst waren kaum angegriffen. Erwähnenswerth ist der Umstand, dass Proben des zuvor mit Salzsäure behandelten Pulvers nach dem Glühen viel mehr verkohlte Partikel zu enthalten schienen, als beim directen Glühen der Substanz für gewöhnlich beobachtet wurden. Schwach geglühtes Pulver, nachher mit verdünnter Salzsäure behandelt, zeigte anfangs kein Aufbrausen, dagegen an ver- 100 Schuster. schiedeneu Stelleu sofortige Gelbfärbung- durch Eisenchlorid; Aufbrausen stellte sich jedoch ein bei erneuter Zugabe von concentrirter Salzsäure. Ätzung durch Salpetersäure. Der Erfolg war im Ganzen ein ähnlicher, wie im vorigen Falle, die Wirkung im Allgemeinen kräftiger, namentlich gegen- über den im Staube enthaltenen organischen Bestandtheilen, indem der grösste Theil dessen, was organischen Ursprunges war, nunmehr entfernt oder zerstört schien. Während des langsamen Abdampfen« von verdünnter Salpetersäure nahm das eingestreute Pulver eine autfallend roth- bräunliche Farbe an. In der partiellen Salpetersäuren Lösuug wurden wieder Fe, Ca in zienüicher Menge, Mg und P (noch deutlicher als früher) nachgewiesen. Unter den zurückgebliebenen eckigen Partikeln hebe ich hier hervor schwärzlich bis grünlichbraun und gelbbraun durch- scheinende dichroitische, theils unangegriffene, theils etwas gebleichte Fragmente, von denen erstere auf Hornblende und Phlogopit, letztere auf Biotit bezogen wurden, ferner grünliche bis farblose, breitere und auch schmälere prismatische Krystall- fragmente, von denen einige sehr grosse Auslöschungsschiefe (gegen 37°), andere wiederholt circa 12° besassen, wesshalb die ersteren mit Augit, die letzteren mit Spaltungsstücken einer zweiten, lichteren Hornblende identificirt wurden; von Quarz- körnern, Feldspathbruchstücken mit Spaltflächenbegrenzung, Thonpartikelu gilt dasselbe wie im vorigen Falle, ebenso von den unverändert gebliebenen Blättchen weissen Glimmers und Talkes. In Betreff der rundlichen Partikel ist zu erwähnen, dass eine Anzahl rother sowohl, als schwarzer Kügelcheu wieder unver- ändert sich erhielten, ausserdem aber solche von gelblicher Farbe (in traubiger x^ggregation) bemerkt wurden. Während erstere durch Glühen nicht entfernt wurden, waren letztere in der geglühten Probe des mit Salpetersäure bebandelten Pulvers spurlos verschwunden. Es sind auch sonst noch Anhaltspunkte geboten für die Ansicht, dass dieselben von' Schwefelkies herrührten, welcher in der Sal- petersäure unter Abscheidung von Schwefel gelöst worden war. Uutersuclumg eines Meteorst;iubes. 101 Hinsichtlich der Natur der erstgenannten Kligelchen ist folgende Beobachtung von Wichtigkeit, welche zugleich zeigt, dass manche davon nur scheinbare Kugelform besitzen. Eine grössere schwarzbraune Kugel zeigte sich bei günstiger Beleuchtung im auffallenden Lichte bei starker Vergrösserung von einer Unzahl Krystallfacetteu bedeckt, welche einen aus- geprägt tesseralen Charakter trugen und sofort an eine reich- haltige Spinell- oder Granatcombination erinnerten, etwa mit Leucitoeder-, Rhombendodekaeder-, Würfelflächen, aber auch Oktaederflächen. Da letztere nicht zu fehlen schienen, so wäre ich geneigt, in diesem speciellen Falle eher an einen Spinell (Pleonast zum Beispiele, von dem so reiche Combinationen längst bekannt sind) als an einen Granat zu denken. Typischer Zirkon und auch Anatas wurden wiederbemerkt. Das mit Salpetersäure behandelte Pulver nahm nach ein- stündigem Glühen eine viel röthere Farbe an als sonst, und zwar waren namentlich die jetzt viel deutlicher hervortretenden Thon- partikel, sowie die bräunlichen Hornbleudefragmente nun roth- braun geworden. Unter den Kügelchen waren viele, die im auffallenden Lichte dunkelroth, im durchgehenden vollkommen schwarz erschienen. Auch Partikel von ähnlicher Färbung, aber polygonalem (bisweilen hexagonaiem) Umriss wurden beobachtet. Die früher nur im polarisirten Lichte unterscheidbareu, schwächer lichtbrechenden, farblosen Partikel erschienen nun mit dunklen Pünktchen wie bestreut, wodurch ihre Umrisse sich viel deutlicher vom Untergründe abhoben. ÄtzuMg durch Schwefelsäure. Proben des Pulvers, mit Schwefelsäure erhitzt, wurden vor- übergehend schwarz. Die Schwärze (herrührend von organischer Substanz) liess sich über offener Flamme leicht verjagen, das zurückgebliebene Pulver war röthlichbraun, enthielt wohl keine organische Substanz mehr, aber noch immer Partikel organischen Ursprunges. Der Biotit war sehr stark gebleicht (und bei Anwendung von concentrirter Säure und nach längerem Kochen) vollständig 102 Schuster, entfernt worden, respective ein blosses Kieselskelett zurück- geblieben. Darin schienen jetzt mikrolitbisclie Einschlüsse her- vorzutreten, die im Aussehen unter anderem mit Rutil und Augit- nadeln übereinstimmten. Der bläulichgrüne Chlorit war gänzlich verschwunden. Dagegen lehrt auch diesmal die Beobachtung, dass zweierlei braun gefärbte Glimmer, von verschiedener Widerstandsfähigkeit gegen die Säure neben einander vorhanden seien. Die Thon- partikel zeigen deutliche Spuren von Zersetzung, gallertige Substanz ist reichlicher zu bemerken als in den früheren Fällen. Zirkon erscheint bei schwacher Atzung auf dem Objectträger gerundet, bei stärkerer ist er verschwunden; der Rutil aber zurückgeblieben, ebenso der Anatas. Die jetzt durch Zusammenschmelzen des Pulvers gebildete Schlacke war von der direct erhaltenen nicht sehr verschieden. Aus der schwefelsauren Lösung schieden sich beim Ver- dunsten reichliche Gypskrystalle aus. Das zuerst geglühte, dann mit Schwefelsäure behandelte Pulver zeigte in vieler Hinsicht eine auffallende Ähnlichkeit mit gewissen rothen Thonen von Siena, namentlich durch den Reich- thum an krümlichen bräunlich-gelben, im auifallenden Lichte orange- bis ziegelrothen, Partikeln und Kügelchen. Diatomeen und ähnliche Gebilde entschieden organischen Ursprunges enthielten bisweilen rothe Massen von kugelicher Gestalt, die wie zusammengesintert aussehen. Vollkommen scharfe, blasse Kugeln erschienen andererseits augefüllt mit krümlichcm Inhalt. Wie im vorigen Falle ist theilw^eise Zersetzung der Silicate und Abscheidung von Kieselsäure eingetreten, Bemerkenswerth ist das häufigere Hervortreten von Augitmikrolithen (zum Theile in Zwillingen), wie man sie in Glimmer zuweilen eingeschlossen findet, von Anatas- und Spinellkrystallen und Körnern, letztere bisweilen von bläulichschwarzer Farbe und splittrigeni Aussehen. Beh.an(lluug mit Flusssäure. Das Pulver wurde auf einem mit Canadabalsam überzogenen Objectglase mit Flusssänre wiederholt befeuchtet. Unter SU chuii.g' eines Meteorstaubes. 103 Nach einem Tage hatten sich reichlich spiessige Kiystalle von Kieselfluorcalcium, Oktaeder und Würfel von Kieselfluorkalinm und viele Rhomboeder von Kieselfluormagnesium abgeschieden. In kriimlicher Form erschien Kieselfluoraluminium. Natrium, wahrscheinlich in geringer Menge gleichfalls vorhanden, konnte nicht unzweifelhaft erkannt werden. Aufschliessiing durch Flusssäure unter Zusatz von Schwefelsäure wurde im Platinschälchen vorgenommen. Bei unvollkommener Aufschliessung fanden sich im Eück- stand ausser Fasern organischer Natur, verkohlten Substanzen, noch Splitter, die wie Glas- oder Quarzscherbeu aussehen und stark lichtbrechende Substanzen wie Anatas, Zirkon und Rutil und endlich Spinellkörnchen. Zur vollständigen Aufschliessung wurden Proben des Pulvers wiederholt mit Flusssäure übergössen und jedesmal laugsam zur Trockene eingedampft, dann mehrmals verdünnte Schwefelsäure zugegeben und diese immer wieder, zuletzt aber nur unvollständig abgeraucht. Bei Zusatz von Schwefelsäure in der Hitze trat etwas Ver- kohlung ein. Es wurde der Zusatz von Schwefelsäure fortgesetzt, bis eine weitere Schwärzung nicht stattfand. Die kohligen und flüchtigen Substanzen, welche zunächst an den oberen Rand des PlatinlöfPelchens überdestillirten, wurden schliesslich über offener Flamme vollkommen verjagt. Der Rückstand war diesmal fast Null, Ausgenommen ein Turmalinsäulcheu, vereinzelte Rutilnädelchen (knieförmige Zwil- linge) und Spinell waren nur Gypskrystalle, schief auslöschend mit rhomboidischen Umrissen, und gerade auslöscheudeNädelchen rhombischer Sulfate in der eintrocknenden Lösung zu beobachten. Bei Zugabe von HCl entstanden an Stelle der sich trübenden Gypskrystalle büschelige Nadelaggregate von Anhydrit. In der klaren Lösung, welche nach der Aufschliessung erhalten worden war, wurde durch Chlorammonium, Ammoniak und Phosphorsalz reichlich Magnesia, sowie K durch Platin- chlorid in der Form von Würfeln mit Rhombendodekaedern und Oktaedern und selbständigen Oktaedern nachgewiesen. Der Versuch Na nachzuweisen, blieb ohne Erfol«:. 104 Schuster, Die .Schmelze des Pulvers wurde von Kieselfluor- wasserstoffsüure nur tlieihveise ang-egriffeu. Am zahlreicbsteu entstanden diesmal regelmässige und verzerrte, ziemlicli grosse Ebomboeder der Magnesium Verbindung, daneben aber auch wieder die eigentbümlicb weekenartigen Formen der Calci um- und die scharfen und regelmässigen der Kalium Verbindung, Kräftiger war die gleichzeitige Einwirkung von Flusssäure und Kieselfluorwasserstoffsäure, das Endresultat aber im Ganzen dasselbe. Bei Behandlung der Schmelze mit Flusssäure und Schwefelsäure im Platinlöffelchen blieben nach längerer Ein- wirkung des Gremisches unter gleichzeitiger Erwärmung nur sehr wenig Mineralpartikel uuzersetzt zurück. Beim Verdunsten der Lösung schieden sich natürlich wieder Gypskrystalle und bündeiförmige, spiessige Krystalle rhom- bischer Sulfate ab. Aufschliessung durch kohlensaures Natron wurde auf dem Deckel eines Platintiegels vorgenommen. Die Probe wurde mit einer entsprechenden Menge wasserfreien kohlensauren Natrons während einer halben Stunde zusammengeschmolzen. Die erhaltene Schmelze, welche, vermuthlich von aus- geschiedener Seh wef eil eher, stellenweise etwas bräunlich gefärbt erschien, wurde nach dem Aufweichen mit Wasser durch verdünnte HCl aufgenommen. Beim Eintrocknen eines Theiles dieser Lösung schieden sich in der That vereinzelte Gypskrystalle ab, was die vorstehende Beobachtung zu bestätigen schien. Die Schmelze hatte sich zunächst vollkommen gelöst bis auf Flocken und Körnchen von Kieselsäure, die darin herum- schwammen und Fuchsinlösung festhielten. In dem klaren Theile der Lösung wurden nebst Kalk, Eisen etc. (wie früher) jetzt noch Aluminium (durch Cäsiumchlorid) in reichlicher Menge direct nachgewiesen. Schlussbetrachtungen. Vergleich mit anderen Staub- fuuden. Nächst der Zusammensetzung beansprucht wohl die Frage nach der Herkunft der Bestandthcile das meiste Interesse. Untersiichuug- eines Metoorstaubes. 105 im Folgeudeu sollen jene Punkte kurz zusammengestellt werden, welche in dieser Beziehung Beachtung zu verdienen scheinen. 1. Über den terrestrischen Ursprung des vorliegenden Staubes kann, wie oben liervorgehoben wurde, kaum ein Zweifel bestehen. Dazu ist Folgendes in Erinnerung zu bringen: In der ersten Zeit, wo man anfing, derartigen Staubfällen melir Beachtung zu schenken, brachte man bekanntlich dieselben mit echten Meteoritenfällen in Zusammenhang und Arago gab der Meinung Ausdruck, dass zwischen ihnen und den letzteren kein wesent- licher Unterschied bestehe, eine Meinung von der man jedoch bald zurückgekommen ist. Man fand nämlich, dass die verschiedenen aus der Atmo- sphäre niedergefallenen Staubmassen, von zahlreichen pflanzlichen und anderen organischen Resten abgesehen, fast ihrer ganzen Masse nach aus Mineralpartikeln bestehen, die eine Deutung als Detritus mehr oder weniger naheliegender Gesteine sehr wohl zulassen, also mindestens v o r w i e g e u d terrestrischen Ur- sprunges sind. A. V. Lasaul X, welcher in seinem citirten Aufsatze „Über sogenannten kosmischen Staub-'' die Resultate früherer Beob- achter übersichtlich zusammengefasst hat und auch eine Reihe eigener Beobachtungen über Staubfunde von Grönland, Catania und Kiel mitthcilte, gelangt schliesslich sogar dahin, die atmo- sphärischen Staube lediglich für terrestrischen Detritus zu erklären. Nach ihm sind es nach den Gegenden, in denen die Staube niederfallen, verschieden zusammengesetzte Mineralgeuienge, in denen allen der Quarz, das der Verwitterung am besten und längsten widerstehende Mineral, eine Hauptrolle spielt, und in denen immer neben organischer Substanz Magneteisen oder verwandte Eisenverbiudungen und endlich metallisches Eisen sich vorfinden. Der Gehalt an metallischem Eisen war es hauptsächlich, den man als für solche Staubfälle charakteristisch ansah und den man, 1 UI. Bd. von Tschermak's Mineral, u. petrogr. Mittheil. 1881, pag. 517. 106 Schuster. wenn nicht ausscliliesslicli, doch wesentlich auf kosmischen Ursprung' zurückführte. So unter anderen Beobachtern Taechini^^ welcher im Staube, den die Cyklone vom 24. Februar 1879 nach Palermo, Neapel und Termini brachte, sehr kleine (0*001 — 0-041 Mm.) schwarze Kügelchen wahrnahm, die ihm die chemischen Eeactioncn metallischen Eisens gaben. Ähnliche Resultate erhielten Meunier und Tissandier (Comptes rendus, 18. Februar 1878) die, ebenso wie Silvestri in seiner zweiten Abhandlung über den Staub von Catania vom 29.-30. März (Academia dci Lincei, 2. Mai 1880) das Vorhanden- sein von Kügelchen metallischen Eisens und gleichzeitig Mckel- und Phosphorgehalt nachwiesen.^ Hinsichtlich des vorliegenden Staubes wurde nun schon früher ausführlicher auseinandergesetzt, dass derselbe zwar gleichfalls magnetische Kügelchen enthalte, die, was Grössen- verhcältnisse und Aussehen betrifft, beispielsweise mit der Beschreibung, welche Silvestri von jenen Gebilden gibt, voll- kommen übereinstimmen, das chemische Verhalten metallischen Eisens aber durchaus nicht zeigen. Ich habe ferner gleichzeitig darauf aufmerksam gemacht, dass bei der durch andere Gründe wahrscheinlich gemachten Vererzung gewisser Partikel organischer Natur auch das thatsäch- liche Vorkommen metallischer Eisenkügelchen noch nicht noth- wendiger AVeise kosmischen Ursprung in sich schliessen müsste, sondern, ähnlich, wie dies Lasaulx^ thut, auf andere Weise erklärt werden k(5nnte. Dazu kommt endlich, dass hier auch von unmetallischen, mineralischen Partikeln entschieden meteorischen Ursprunges nichts zu beobachten war, obwohl jene, wieLasaulxhervorhob, in 1 M. Tacchini, 8ur des partieiihss lernigineiises obsevves claus la poussiere ameuee par uu coup de veut de Sirocco en divers points de l'Italie. C. E. 1879, 1. semestre T. LXXXVIII, Nro. 11. - Nachdem zuerst Nordeuskiökl 1874 unter ähnlichen Verhältnissen Nickel- und Kobaltgehalt aufgefunden hatte. •' L. c. pag. 53l,wo eine Anzahl von den bisher constatirten Vorkomm- nissen gediegenen terrestrischen Eisens aufgezählt werden, die, wie er sagt, allerdings nur spärlich, aber gerade solche siiul, welche die in den Stauben vorhandene Association mit organischer Substanz zu erklären vermögen. Untci'suchniig eines Meteorstaubes. 107 dem Miueralgemeug-e der meisten echten Meteoriten das Eisen au Häufigkeit übertreifen und daher auch im Meteorstaube von vorneherein in grösserer Menge zu erwarten wären als dieses selbst, so beispielsweise nichts von jenen höchst interessanten von A. Renard* beschriebenen und abgebildeten Enstatit- Chondren, in deren Gesellschaft sich die aus den Sedimenten des Meeresgrundes von der Challenger-Expedition gesammelten, mit einem metallischen Eisenkerne und einer Hülle von Magnetit versehenen magnetischen Kügelchen vorfanden. 2. Es ist der Umstand /u berücksichtigen, dass Klagenfurt, also der Ort, wo der in Rede stehende Staub niedergefallen ist, (hauptsächlich im W, N, und 0) von krystallinischen Gebirgen und zwar Schiefern der Primärformation umgeben ist, während (im S und SO) auch Granite, bei Kappel und im Bacher- Gebirge, nicht weit entfernt liegen und (hauptsächlich im S) Dolomite und Kalkberge in der Umgebung ebenso wenig fehlen, so zw^ar, dass das Material, welches den mineralogischen Bestand des auf- gesammelten Schlammregens ausmachte, ganz in der Nähe wiedergefunden werden könnte. Diese Thatsache gewinnt dadurch einige Bedeutung, dass in letzter Zeit von verschiedenen Forschern, die sieh mit dem Gegenstande beschäftigten, der Nachweis geführt wmrde, dass die sogenannten atmosphärischen Staube keineswegs noth- wendigerweise aus grosser Ferne herstammen müssen, sondern auch in der Nähe des Fallortes ihren Ursprung haben können. Dagegen würde sicli dieselbe Thatsache freilich unter einem anderen Gesichtspunkte darstellen lassen, sobald dargethan werden könnte, dass auch andere Staubfimde, w^elche um dieselbe Zeit in anderen z. B. weit südlicheren Gegenden gemacht wnirden, im Wesentlichen die gleiche Zusammensetzung zeigen. Von dem vorjährigen Staubfalle standen mir solche Beispiele zwar nicht zu Gebote, jedoch wurde mir vom Herrn Hofrath Tschermak eine Staubprobe mit der Etiquette: „Meteorstaub von Fiume, Winter 1878/79" zur Verfügung gestellt, welche obigen Satz bis zu einem gewissen Grade wahrscheinlich macht. 1 Bulletin du Musee Eoyal d' histoire naturelle de Belgique,t. III, 1884, IL partie, pag. 21 d. Separatabdruckes. Ebenda pag. 22 wird im Gegensatze dazu ein rein terrestrischer Staub vom Gipfel des Ben Nevis besprochen. 108 Scliustüi-, Nacli der im Eingänge dieser Arbeit reprodueirten Notiz des Herrn F. Seeland bat nämlicb der vorjäbrige Scblammregen (vom 14. October) in Kbig-enfurt im Februar 1879 bereits seinen Voiläufer gebabt. Seeland schreibt darüber: „Es ist derselbe Staub, welchen uns am 25. Februar 1879 ein SE.-Sturm über Lesina herauf, wo er auch beobachtet wurde, nach Klagenf'urt brachte und welcher damals den massenhaft fallenden Schnee roth färbte." Es ist wahrscheinlich, dass die unter der Etiquette „Fiume" mir übergebene Probe mit dem eben citirten Staubfalle aus dem Jahre 1879 in Verbindung- steht, und dass der betreffende Staub somit eigentlich ein dem hier ausführlich beschriebenen analoges aber in südlicheren Gegenden uiedergefallenesVorkommeu betrifft. Als mir die erwähnte Staubprobe zukam, hatte ich die vor- stehenden Untersuchungen bereits abgeschlossen; ich habe die- selbe daher nicht eingehender geprüft. Indessen genügte schon eine flüchtige mikroskopische Analyse von Canadabalsampräparaten, um zu dem bemerkeus- werthen Resultate zu gelangen, dass der Staub von Fiume alle jene Mineralpartikel wieder enthalte, welche als Hauptbestandtheile im Klagenfurter Staube sich vorfanden, so die Carbonatrhom- boSder, Glimmerarten, Quarz- und Thoni)artikel. Als Unterschied wäre bloss Folgendes hervorzuheben. Während in dem Klagenfurter Staube die einzelnen Partikel in den Grösseuverhältnissen nach oben und unten hin meist eine gewisse mittlere Grenze einhalten, erscheinen hier in jener Hauptmasse von Bestandtheilen bestimmter Grösse, welche, für sich betrachtet, in ihrem Gesammteindrucke dem erstgenannten Staube ungemein ähnlich sieht, einerseits sehr feiner Mulm, andererseits ziemlich grobe Fragmente z. B. Gesteinsbrocken, grössere Quarzsplitter mit reichlichen Flüssigkeitseinschlüssen, Bruchstücke von Muschelschalen etc. und eine viel grössere Menge organischer Reste, theils thierischen Ursprungs (z. B_ thierische Haare) und verkohlte Substanzen eingestreut. Die Klagenfurter Staubproben sehen dem gegenüber fast wie gesiebt oder gcsclilämnit aus. Es ist leicht möglich, dass der Grund davon in der Art der Aufsammlung liegt, welche in Fiume vielleicht nicht mit der Uiitersiichiiug eines Meteorstaubes. 109 gleichen Sorgfalt geschah, so dass mehr Localstaub dazu kam und dass aucli der grössere Wechsel des Kornes, sowie die Mannigfaltigkeit und Ungleichheit der Mischung zum Theile darauf zurückzuführen ist. Was die darin enthaltenen Diatomeenreste betrifft, so ist zu bemerken, dass zwar viele Arten beiden gemeinsam zukommeu, dass aber der Fiumer Staub an solchen noch weit reicher sein dürfte als der früher genannte^ und dass gewisse Gattungen wie Navicula und Synedra darin in grösserer Häufigkeit vorhanden sind, während sie umgekehrt in jenem eine untergeordnetere Rolle spielten. 3. Man wird aus dem Gesagten bereits entnehmen können, dass gerade die mineralischen Hauptbestandtheile des Klagen- furter Staubes an und für sich zum Mindesten zu wenig charak- teristisch sind, um sich zur Entscheidung zu eignen, ob das Staubmaterial aus der Cmgegend entnommen wurde oder nicht und dass die Beachtung der organischen Reste darüber vielleicht eher Aufschluss zu geben vermöchte. Von entscheidender Wichtigkeit wäre wohl die unzweifelhafte Constatirung von Meeresformen unter den hierher gehörigen Gebilden. Nach dem vergleichenden Studium der von Ehrenberg gelieferten Abbildungen scheint mir das Vorkommen von solchen sehr Avahrscheinlich, in jedem Falle aber ein sehr untergeordnetes zu sein; ich muss mich jedoch begnügen, die Aufmerksamkeit der Fachgelehrten auf diesen Punkt zu lenken. 4. Da der Wind, welcher die beiden soeben besprochenen Staubregen brachte, aus dem Süden kam, so drängt sich anderer- seits gleichzeitig die weitere Frage auf, ob nicht etwa allen von Süden kommenden und von dort her über Europa sich aus breitenden Stauben gewisse Hauptbestandtheile gemein seien. Wenn wir die von Silvestri wiederholt untersuchten von Catania und jene Reihe von Passatstauben und Blutregen in Betracht ziehen, mit denen E hrenb er g sich seinerzeit so ein- gehend beschäftigte, so scheint dies bis zu einem gewissen Grade thatsächlich der Fall zu sein. Den Aufzeichnungen Silvestri's. welche durch Las au Ix 1. c. etwas ergänzt wurden, entnehme ich nochmals Folgendes; 110 Schuster, Das betreffende Pulver zeigte bei BeliaiuUimg- mit Säuren lebhaftes Aufbiausen, worauf ein unlöslicher gelblichbrauner Rückstand blieb (wie in unserem Falle). Im Staube A'om März 1872 blieben vier Fünftel von Säure unangegriffen; das letzte Fünftel bestand zur Hälfte aus Kalkcarbonat, zur andern aus durch Hitze zerstörbarer, organischer Materie. (In unserem Falle scheint wohl der Kalkgehalt grösser, die Menge der verbrennlichen Substanz eher etwas geringer zu sein.) Im Staube von 1880 wurden 257o lösliche und 75% unlösliche Substanz unterschieden. In der Lösung wurden Kalk und Eisen (mit einer Spur von Nickel) und (0 -14570) Phospliorsäure nach- gewiesen. (In unserem Falle auch noch reichlich Magnesia, aber kein Nickel.) Silvestri erwähnt auch glitzernde Glimmerpartikel, die Lasaulx nicht anführt. Nach beiden bilden Thonpartikel (und Quarz) sowohl der Zahl als Grösse nach im unlöslichen Theil den weitaus über- wiegenden Bestandtheil. Von den schwarzen Kügelclien, welche von Silvestri nach den chemischen Reactionen zum Theile für metallisches Eisen gehalten wurden, war bereits vorhin die Rede. Lasaulx gibt an, dass sie sich grösstentheils wie Magnetit verhalten, bisweilen nierförmig sind und mit Thon- oder Quarz- partikeln zusammenhängen, und dass die eisenhaltigen schwarzen Partikel höchstens 2 — 3% ausmachen. Endlich erkannte Lasaulx noch das Vorhandensein von Gyps und im Gegensatze zu Silvestri vereinzelte ätnaische Bestandtheile, wie Plagioklas und Olivin, während Mikroklin auf die Umgegend von Messina bezogen wurde. Was die Organismen und Organismenreste aus dem März- regen von 1872 betrifft, so wurden deren eine ziemliche Mannig- faltigkeit aufgeführt und zum Theile auf zwei Tafeln abgebildet, und zwar von verbrennlicher Substanz: Epidermisfragmente, Gewebefragmente, Zellmembranen, Conferventheile, Haare, Stern- haare, kleine Fructificationsorgaue, so Pilzsporen; endlich noch Diatomeen und Infusorien. üutersuehniig- eines i[eteorstaul)es. 111 Infusorien wurden in unserem Staube nicht gefunden (auch der Versuch einer Wassercultur hatte keinen Erfolg); auch fehlten die (dort vorhandenen) groben Fragmente pflanzlichen Ursprunges, wie grosse PoUenkörner und Sternhaare; letztere waren jedoch im Fiumaner Staube vertreten gewesen. Andererseits enthielt auch der Staub von Catania wieder Gallionellen, Discopleen, Synedra, Navicula etc. Kurz, im Ganzen kann man sagen, dass, bis auf locale Beimengungen, wozu im Staube von Catania insbesondere der echt sicilianische Gyps, sowie in Betreff der Organismenreste beispielsweise die sternförmigen Schüppchen von der Blatt- unterseite des Ölbaumes gehören und denen im Staube von Klagenfurt etwa die grössere Menge von Carbonaten überhaupt, das Vorhandensein von Magnesiacarbon at insbesondere und namentlich das Vorwalten der Magnesiaglimmer gegenüber- gestellt werden könnte, beiderlei Vorkommnisse in ihrer Zu- sammensetzung nicht wesentlich verschieden seien. — Ähnlich verhält es sich auch mit den Forschungen Ehrenbergs. Gleich anfangs (in seineml849 erschienenen Werke, welches mir zur Hand ist) richtet er die Aufmerksamkeit auf die auffallende, allen Meteorstauben eigenthümliche, vom Eisengehalt herrührende stets gelbe und löthliche Farbe. Seine Mittheilungen über die Partikel mineralischer Natur sind, wie erwähnt, weniger ausführlich als die über die Organismenreste. Als Resultat der chemischen Untersuchung- gibt er an: Kieselerde, kohlensaure Kalkerde undKohle (welche sich zum Theile schon durch das Vorhandensein organischer Materie erklären), Thonerde, Eiseuoxyd, Manganoxyd, Talkerde, Kali, Xatron, Kupferoxyd, Wasser und organische (verbrennbare) Materie. Als Resultat der mikroskopischen Analyse: Quarzsand, feinerer, gelblicher oder röthlicher Mulm, überaus feinkörniger Staub, welcher der Gallionella fernigineu zugeschrieben wird, und dazwischen zahlreiche organische Formen und Fragmente, ferner vereinzelt fast immer Bimsteinfragmente, grüne Krystall- prismen und zwar durchsichtige, im Wasser nicht, in Säuren schwer lösliche, meist sehr kleine, lauchgrüne, im auffallenden 112 .Schuster, Lichte dunkler gefärbte Pyroxen- und Hornblendekrystalle leb- haft bräunliche, rothe bis hyacinthrothe Säiilchen mit unausgebil- deten Enden, welche alle auf die eingreifende, die Mischung- etwas verändernde Thätigkeit der Yulcane (Beimengung vul- canischer Aschen und Tuffe) zurückgeführt wurden, endlich fast stets einzelne weisse, in Salzsäure schnell auf lösliche Kalk- krystalle. Wenn man diese Angaben in Betracht zieht, und damit die Abbildungen vergleicht, welche er (zum Theile in Totalansichten der Staubproben), von den beobachteten Mineralpartikeln auf seinen zahlreichen Tafeln gibt, so scheint daraus mit grosser Wahrschein- lichkeit hervorzugehen, dass auch hier Quarzpartikel, Thon- partikel, Glimmer (nach den Abbildungen, obwohl nirgends erwähnt) und Carbonatkryställchen (wovon die grünlichen ver- muthlich verkannt wurden) eine Hauptrolle spielen, dass Horn- blende und Augit nur unterg;eordnet auftreten, aber auch Zirkon- krystalle und Turmalinnädelchen ihm aufgefallen sind. Die Orgauismenreste werden dort aufgeführt als Polygastern^ Phytolitharien, Polycystineu, Polythalamien und weiche Pflanzen- theile, zusammen in 320 Arten. Viele davon, namentlich von den weichen (verbrennlichen) Pflauzentheilen, wie grosse Sternhaare, Pinuspollen, ebenso wie andererseits Schmetterling-sschuppen, Spongiennadeln u. s. w. fehlen unserem Staube allerdings. Schon oben wurde jedoch darauf hingewiesen, dass zwischen den Diatomeenresten, welche Ehrenberg aus so zahlreichen atlan- tischen und europäischen Meteorstauben beschrieben hat und den hier-beobachteten eine mehr oder minder grosse, jedenfalls aber eine generelle Ähnlichkeit besteht, insoferne zwar viele davon fehlen, doch (wie die beigegebenen Tafeln zeigen sollen) wenigstens alle Hauptgattungen auch hier ihren Vertreter gefunden haben. 5. Indem ich schliesslich die Möglichkeit im Auge behalte, dass der Ursprung des im Vorjahre in Klagenfurt niedergegan- genen Schlammregens entweder ganz oder vorzugsweise in der Ferne zu suchen sei, will ich noch einen Augenblick dabei verweilen, die Gründe zu untersuchen, welche für und gegen die von Herrn F. Seeland ausgesprochene Vermuthung geltend Untersuchung eines Meteorstaabes. 113 gemacht werden könnten, wonach die Wüste Sahara als die eigentliche Heimath des hier zur Untersuchung gelangten Staubes anzusehen sei. Bei der soeben erörterten Ähnlichkeit und den mehrfachen Beziehungen, welche zwischen der Zusammensetzung dieses Staubes und derjenigen der sicilianischen und der Passat-Staube überhaupt bestehen, wird es wichtig sein, vor allem das Urtheil zu berücksichtigen, welches nebst anderen Forschern Silvestri* und Ehrenberg über diesen Punkt sich gebildet haben. Die Ansicht, dass alle die rothenSchlammregen^welche Föhn und Sirocco gelegentlich bringen, in der Wüste Sahara ihren gemeinsamen Ausgangspunkt haben, wurde bekanntlich schon früher ausgesprochen und namentlich von Desor (inNeuchatel) Escher und Mas so n (in Zürich) und Wild (in Petersburg) vertreten, welche den Föhn der Alpen als dem Sirocco Italiens correspondirend ansahen. H. Tarry hat in der Pariser Akademie (9. März 1870) eine förmliche Theorie entwickelt, welche die (in Europa besonders häufig zu gewissen Zeiten des Jahres, wie Februar und März, stattfindende) Bildung von Cyclonen betriift, die einerseits die Äquatorialgegenden von Amerika mit dem Norden Europas und anderseits die nördlichen Gegenden von Europa und das tropische Afrika in Verbindung setzen und von da, nachdem sie eine grosse Menge des in den höhereu Luftschichten über der Sahara enthaltenen, fein vertheilten Staubes mit sich fort- geuommen, als Südwinde über Italien nach Europa zurück- kehren. Im Gegensätze dazu befindet sich Dove (Berlin), welcher in seinen Untersuchungen über den Föhn der Schweiz zu beweisen suchte, dass derselbe dem Sirocco Italiens nicht entspricht und welcher überdies der Meinung entgegentrat, dass der Sirocco selbst immer afrikanischen Ursprunges sei; er ist geneigt, die Provenienz der im Europa fallenden Staube in noch weiterer 1 Silvestri hat pag. 146 — 151 in seinem oben erwähnten Aufsatze Ricerche chimico-micrografiche sopra le Piogge rosse e le Polveri meteo- riche dalla Sicilia in occasione di grandi burrasche atmosferiche. Atti Acc. Gioen. Catania vol. XII, mit der Discussion dieser Frage sich eingehender beschäftigt. Sitzb. d. mathem.-naturw. Gl. XCIII. Bd. I. Abth. 8 114 Schuster, Ferne, etwa in Amerika zu suchen, wodurch er sich einer Ansicht anschliesst, die Ehrenberg l.c.bezüglich der Passatstaube gleich- falls ausspricht. Auch Silvestri hob hervor, dass aus der Zusammensetzung der von ihm untersuchten und analoger Staube für die Herkunft des Materiales aus der Sahara nicht nur kein directer Anhalts- punkt sich ergab, sondern dass bei früherer Gelegenheit einer direct aus der Sahara stammenden Düne Egyptens entnommene Sandproben sich von ersteren sogar wesentlich verschieden erwiesen. Die 1. c. von ihm aufgeführte Analyse eines Saharastaubes, welcher OT^^, kieselige Partikel, 87o Kalkpartikel, etwas Chlor- natrium, organische Materie hingegen in so geringer Menge enthielt, dass diese nur unter dem Mikroskope sichtbar wurde (O'SYo); 'Stellt weder mit den von ihm untersuchten noch mit dem in vorliegender Arbeit besprochenen Staube im Einklänge. Bemerkens werth ist die Angabe, dass dieser Saharastaub eine röthlieh gelbe Farbe besitzt, was nach Ehrenberg als durch- aus locale Erscheinung aufgefasst werden müsste, Ehrenberg stellt vielmehr bei seinen gegen die Herleitung der Passatstaube aus der afrikanischen Wüste gerichteten Ein- würfen die Thatsache obenan, dass er in der Sahara des östlichen Nordafrika selbst Jahre lang nur blendend weisse Sand- oberflächen von Kreidekalk und Dünensand zu beobachten Gelegenheit fand, den feinen Staub des Chamsin stets grau, nie orangefarben sah, was auch andere Reisende berichteten. Er schreibt 1847: Es gibt im Innern Afrikas keinen Passat- wind und rothstaubige Oberflächen, welche den Passatstaub liefern könnten. Der Sand der Sahara ist weiss und grau, der Nebelstaub des Passates zimmtfarben. Er betont ferner den Umstand, dass bekannte afrikanische Charakterformen unter den Diatomeen und sonstigen Organismen- resten nicht vorkommen und dass die grosse Mehrzahl der Formen in mehreren Weltthcilen , auch in Europa gefunden werden, wogegen er 1. c. pag. 166 echt amerikanische Formen aufzuzählen vermag. Es führt aus, dass Sirocco und Föhn dieselben Formen und Mischungen des atlantischen Passatstaubes tragen, dessen Zusam- üntersucliimg' eiues Meteorstaubes. llö mensetzung vom atlantischen Meere bis Tirol und Salzburg- sich in Farbe und den grössten Einzelnheiten der Mischung gleichen. So gelangt er schliesslich zur Ansicht, dass ein Staubnebel- strom existire, der durch tausendjährige fortwährende Mischung gleichartig geworden sei und seinen Hauptsitz in der Gegend der Westküste Afrikas über dem atlantischen Meere habe. Die Resultate dieser allgemeinen, später fortgesetzten Forschungen Ehrenbergs haben in den Specialuntersuchungen Cramers (Zürich) über, bei verschiedener Gelegenheit in der Schweiz aufgesammelte Meteorstaube und deren Vergleich mit Saharasand eine weitere Stütze erhalten und die Ansicht bestärkt, dass die erwähnten Staube weder von der Wüste Sahara noch von irgend einem bestimmten Punkte der Erde ihre Provenienz herleiten. 6. Was gegen die afrikanische Abkunft der Passatstaube, mit denen der Klagenfurter Staub so viele Ähnlichkeit besitzt, vorgebracht wurde, Hesse sich auch bei letzterem mit gleichem Rechte geltend machen, dergestalt, dass beide vielleicht dies- bezüglich in Zusammenhang stehen. Ein directer Anhaltspunkt für die Herleituug aus der Sahara fehlt auch hier. Färbung sowie Mischungsverhältnisse (Vorwalten des Glim- mers und des Dolomites) hingegen müssten jedenfalls erst auf eine starke Beimengung fremder Elemente zurückgeflihrt werden. Die Grenze zwischen jenen Bestandtheilen, welche als normale aufzufassen und jene, welche als zufällige (locale) zu bezeichnen wären, würde dann sehr schwer anzugeben sein, und ebenso schwer, woher die letzteren stammen. Erst von einer fortgesetzten, möglichst genauen Prüfung der zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Umständen in einer und derselben Gegend gefallenen Staubregen und dem Vergleiche verschiedener untereinander wird über jene Punkte völlige Gewissheit zu erlangen sein. Zum Schlüsse sei hier nur noch hervorgehoben, dass, falls es in unserer Atmosphäre ein allgemeines Staubdepot in dem von Ehrenberg verstandenen Sinne wirklich gibt, dasselbe voraus- sichtlich die Durchschnittsmischung der am häufigsten und in grösster Masse an die Erdoberfläche tretenden Gesteine wieder- 116 Schuster, Untersiichmig eines Meteorstaubes. spiegeln würde und dann alle jene Bestaudtheile als normale za bezeichnen und am häufigsten zu erwarten wären, die sich gerade im vorliegenden Staube als Hauptbestandtheiie wiederfanden. Wien, Mineral, petrograph. Universitäts-Institut. Jänner 1886. Tafel erklärung. VergTösseruug' 300 — 40< • fach. 1. Carbonate, Calcit, Dolomit, Magnesit. 2. Apatit. 3. Quarz, Opal. 4. Orthoklas. 5. Biotit und Phlogopit. 5. n. Behandlung mit Säure. 6. weisser Glimmer, Talk und Kaolin. 7. Chlorit. 8. Augit. 9. Hornblende. 10. Thonpurtikel. 11. a Rutil, b Anatas, c Zirkon, d Turmalin. 12. Titanit, Epidot, Spinell, Granat. 13. Magnetit, a Pyrit, b Magnetkies. 14 — 23. Partikel organischen Ursprunges. 14. Sporen (vermuthlich Pilzsporen) im Wasser zur Keimung gebracht. 15. Verschiedene Fruetifications - Zustände, pflanzlichen, vielleicht auch; thierischen Ursprunges zum Theile vererzt. 16 — 23. Diatomeen-Kieselpanzer zum Theile in Fragmenten. 16. GaUinndla Ehr. 17. Discoplea Ehr. 18. Naricida Ehr. 19. Enttofia Ehr. 20. Si/nc'dra Ehr. 21. Coscinodiscus Ehr. 22. SurireUa Ehr. 23. Pflanzenhaare, Algeniaden, Pflanzenfasern, Gewebefragmente, Innen- häute und zweifelhafte, von Ehrenberg 1. c. unter den Namen: Tcxtilaria, Globidaria, Poli/t/mlainia, Lithosti/lidiian, Lithostomatinm, Amphidiscus, LUliastcriscus, Lithodontiunt, Spongulithis mit aufgezählte Gebilde. Thierische Reste. Schuster: Motcorstaul) vonKIasenfiirt . iaf.I. %>%0 <§; iß' ' # €^/ Aotor del . . KJcüofi: Staatsäriiclcergi . Sitzimösb.d.k Akad.dW.math natui'w ClasscXCnrBd T v\bUi I88fi. Schuster: Meteorstaul) von lüasenfiiH TafU. Ämc-r dsl KkHofu Staats ärm'keT'e: Sitzimösb.d.k .\kad dWmath.RatuTir Classe XCIirBd 1 AhÜi . 1886. 117 III. SITZUNG VOM 21. JÄNNER 1886. Der Vorsitzende gibt Nachrieht von dem am 17. Jänner d. J. erfolgten Ableben des ausländischen correspondirenden Mitgliedes dieser Classe Herrn Prof. Dr. Oskar Schmidt in Strassburg. Die anwesenden Mitglieder erheben sich zum Zeichen des Beileides von ihren Sitzen. Herr Prof. Dr. F. J. Studnicka in Prag übersendet ein Exemplar des von ihm herausgegebenen Werkes: ..Tychonis Brahe triangulorum planorum et sphaericorum praxis arithmetica". Das c. M. Herr Prof. L. Gegen bauer in Innsbruck über- sendet eine Abhandlung, betitelt: „Die mittlere Anzahl der Zerlegung einer ganzen Zahl in zwei Factoren vor- geschriebener Form." Der Secretär legt eine Abhandlung des Herrn Adolf Ameseder, d. Z. in Erlangen: „Über Configurationen und Polygone auf biquadratischen Curven" vor. Das w. M. Herr Prof. v. Barth überreicht eine in seinem Laboratorium ausgeführte Arbeit des Herrn Dr. Wilhelm Fossek: „Über Oxyphosp hin säuren" (IL Abhandlung). Herr Prof. Dr. Joh. N. Woldfich in Wien überreicht eine vorläufige Mittheilung: „Zur Frage über die Abstam- mung der europäischen Hunderacen." Dr. Franz Kühnert, Observator der k. k. Gradmessung in Wien, überreicht eine Abhandlung: „Über die definitiven Elemente des Planeten (^ Hilda". Herr J. Liznar, Adjuuct an der k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus, überreicht eine Abhandlung, betitelt: „Über den Stand des Normalbarometers des meteorologischen Institutes in Wien gegenüber den Normalbarometern deranderen meteorologischen Cen- tralstellen Europas." SITZUNGSBERICHTE DER immmi kimm öek wissEisciAFiFj. MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. XCIII. Band. II. Heft. ERSTE ABTHEILUNG. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie, Geologie und Paläontologie. 121 IV. SITZUNG VOM 4. FEBRUAR 1886. Die könig'l. - iiugar. Franz Josef -Universität in Klausenburg dankt für die Betheilung ihrer Bibliothek mit aka- demischen Schriften. Herr Prof Dr. G. Haberlandt in Graz übersendet eine Arbeit: „Zur Anatomie und Physiologie der pflanzlichen Brenn haare." Herr Franz Zehden, Donaudampfschiffs-Capitän in Galaz, übersendet eine Abhandlung unter dem Titel: ..Zur Theorie der Schifffahrt mit verbesserten Abfahrtspuukten.'' Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: 1. „Über die Einwirkung von Kaliumpermanganat auf untersciiwefligsaures Natron", Arbeit aus dem chemischen Laboratorium der technischen Hochschule in Brunn, von den Herren M. Honig und E. Zatzek. 2. „Über die Auflösungen von Gleichungen vierten und fünften Grades durch Mechanismus", von Herrn Docenten Adolf Arnes ed er, derzeit in Erlangen. Ferner legt der Secretär ein versiegeltes Schreiben behufs Wahrung der Priorität von Herrn Dr. Theodor Gross in Berlin vor, welches die Aufschrift führt: ..Anzeige eines neuen Körpers." Das w. M. Herr Prof. v. Barth überreicht eine in seinem Laboratorium von Herrn Dr. Guido Goldschmiedt ausgeführte Arbeit: „Über die Einwirkung von Natrium auf einige Bromsubstitutiousproducte des Benzols." Das w. M. Herr Director E. Weiss überreicht eine Abhand- lung von Herrn Regierungsrath Prof. G. v. Niessl in Brunn, betitelt: „Bahnbestimmung des Meteores vom 17. Juni 1885, 9^52°^, Wiener Zeit." Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nioM zugekommene. Periodica sind eingelangt: Loomis, Elias: Contributions to Meteorologie. (^Revised Edition) Nev Haven, Coon. 1885; 4«. 122 V. SITZUNG VOM 11. FEBRUAR 1886. Herr Prof. Dr. Gustav A. V, Peschka in Brüun übermittelt den vierten Band des von ihm lierausgegebenen Werkes: „Dar- stellende und projective Geometrie nach dem gegen- wärtigen Stande dieser Wissenschaft mit besonderer Rücksicht auf die Bedürfnisse höherer Lehranstalten und das Selbststudium." (Mit einem Atlas von 30 Tafeln). Das c. M. Herr Prof. L, Gegenbauer in Innsbruck über- sendet eine Abhandlung unter dem Titel: „Die mittlere An- zahl der Darstellungen einer ganzen Zahl durch eine Summe von bestimmten Vielfachen von Quadraten." Der Secretär legt eine Abhandlung des Herrn Florian Koudelka, Stadtthierarzt und Lehrer an der landwirthschaft- lichen Schule in EibenschitZj betitelt: „Das Verhältniss der ossa louf/a zur Skelethöh e bei den Säugethieren" vor. Das w. M. Herr Prof. V. v. Lang überreicht eine Abhand- lung des c. M. Herrn Prof. Franz Exner, betitelt: „Über die Ursache und die Gesetze der atmosphärischen Elek- tricität." Herr Dr. Hans Mo lisch, Privatdocent an der Wiener Universität, überreicht eine im pflauzenphysiologischen Institute ausgeführte Arbeit: „LTntersuchuugen über Laubfall". 123 Zur Anatomie und Physiologie der pflanzlichen Brennhaare. Von Prof. Dr. G. Hatoerlandt in Crraz. ;,Mit 2 Tafeln.) (Vorgelegt in der Sitzung am 4. Februar 1886.) Obgleich die pflanzlichen Brennhaare bekanntlich zu den am häufigsten untersuchten Organen gehören, so sind doch sowohl in anatomischer wie in physiologischer Hinsicht mehrere Punkte unerörtert oder doch unerledigt geblieben, auf welche nun in der vorliegenden Arbeit näher eingegangen werden soll. Für die freundliche Unterstützung mit Untersuchungsmaterial bin ich den Herren Prof. Dr. Eicbler in Berlin und Prof. Dr. Leitgeb zu bestem Danke verpflichtet. Abgesehen von den beiden Jdtrophd- Arten, sowie von Urtica pilulif'era und membranuceu, von welchen mir blos Herbar-Exemplare zu Gebote standen, konnten alle Ob- jecte theils frisch, theils in Alkohol conservirt untersucht werden. I. Die zweckmässigen mechanischen Einrichtungen im Bau der Brennhaarspitzen. Es ist eine schon längst bekannte Eigenthümlichkeit fast aller echten Brennhaare, dass ihre Spitze mit einer kleinen, köpfchenförmigen Anschwellung endigt, welche in den meisten Fällen schief aufsitzt und die schon von älteren Forschern mit der Function des Brenuhaares, beziehungsweise mit dem Abbrechen seiner .Spitze, in Beziehung gebracht wurde. So spricht schon Schieiden ^ von dem „höchst interessanten Mechanismus" der Brennhaare und hebt hervor, dass das in Rede stehende Köpfchen bei der Berührung sehr leicht abbricht, worauf die geeöffnete Spitze in den berührenden Körper eindringen kann. In gleicher Weise äussert sich H. v. Mohl,^ welcher bekanntlieh 1 Grundzüge der wisseusch. Botanik, 2. Auflage, I. Theil, pag. 269. -' Bot. Zeitung 1861, pag. 219. 124 Haberlandt, nachwies, dass der obere Theil der Brenubaare von Urtica dioica sehr stark verkieselte Wände besitzt, woraus sich erklärt, dass derselbe so spröde ist und das Köpfchen leicht abbrechen kann.^ Ich stellte mir nun die Frage, ob nicht das Abbrechen des Köpfchens, abgesehen von der Sprödigkeit der Wände, auch noch durch besondere anatomi s che Eigenthümlichkeiten unter- stützt und erleichtert wird und in wie weit überhaupt im Bau der Brennhaarspitze das Zweckmässigkeits-Princip zur Geltung gelangt. In der Literatur ist hierüber, wenn man von den oben citirten, ganz allgemein gehaltenen Angaben absieht, nichts weiter zu finden. Die zahlreichen Abbildungen ganzer Brennhaare von LVtlca, Loasa etc. können in dieser Hinsicht keine Andeutungen geben, da dieselben natürlich bei zu schwachen Vergrösserungen gezeichnet wurden. Allein auch die Abbildungen stark ver- grösserter Brennhaarspitzen mit ihren Köpfchen, wie sie z. B. Duval-Jouve^ und Martinet'^ gezeichnet haben, liefern uns für die Beantwortung der obigen Frage keine Anhaltspunkte; sie stellen nämlich die Brennhaarspitze sammt dem Köpfchen mit ganz gleichmässig verdickten Wänden dar. Dass dies nicht richtig ist, wird sich aus dem Nachfolgenden ergeben. Die von mir angestellten Beobachtungen erstreckten sich auf Vertreter der Gattungen Urtica, Laportra (Urticaceen), Loasa, 1 Bei den Bi-eiiiihaaren von Urtica dioica und U. //rem sind, wie man sich durch Anwendung von concentrirter Schwefelsäure und uachherigeni Zusatz von 20percentigcr Chronisäure (Verfahren von C r ü g e r und Miliarakis) überzeugen kann, die Wandungen des Köpfchens und des daran grenzenden Haartheiles in ihrer ganzen Dicke verkieselt. Weiter nach abwärts zu nimmt die Dicke der verkieselten Partie der Wand rasch ab; das Kieselskelet besteht schliesslich nur mehr aus einem dünnen Häutchen, der äussersteu Cuticnlarschicht. Die Grenze zwischen den verkieselten und nicht verkieselten Wandpartien ist eine sehr scharfe und tritt nach Schwefel- siiurezusatz sehr deutlich hervor. (Taf. I Fig. 5.) Die nicht verkieselten Wandungstheile sind bis zum Bulbus des Breunhaares hinab mit kohlen- saurem Kalk imjjrägnirt, wodurch die Steiflieit des Haares natürlich erhöht wird. - Etüde sur les Stimulus d'ortie, Bulletin de la soc. bot. de France, T. XIV, 1867, PI. I, Fig. 11. 3 Organes de secretiou des vegetaux, Aunales d. scieuces nat., Bot. V. S, T. XIV, 1872, Fig. 204, 215. Zur Auatomie und Physiologie der pflanzlichen Breuuhaare. 125 Bhimeiibachia, Cajophora (Loasaceen), Jatropha (Eupborbiacee) 1111(1 Wifjmidia (Hydroleacee"). Bei Urtica dioica ist das schief aufsitzende Köpfchen der Brennhaare von mehr oder minder kugelförmig'er Gestalt. ( Taf. I, Fig-. 1, 2, 3.) Knapp unter demselben erseheint das Haar gegen das Köpfchen zu gekrümmt, was namentlich an der convexen Seite deutlich ausgeprägt ist. Betrachtet man das Köpfchen in der Seitenansicht, so fällt bei hinreichender Vergrösserung sofort die uugleiehmässige Verdickung seiner Wände auf: an der convexen Seite bemerkt man knapp über der schwachen, hals- artigen Einschnürung des Haarendes eine mehr oder minder stark verdünnte Stelle, welche ziemlich schmal ist und die sich von den verdickten Wandungstheileu häufig sehr scharf abhebt. Die Ausbildung derselben zeigt gewisse Verschiedenheiten, welche am besten durch die Abbildungen verdeutlicht werden. An dieser dünnen Stelle erreicht die Wandung höchstens eine Dicke von 1 — 2 Mikromm., während die angrenzenden Wandpartien 3 — 5Mi- kromm. dick sind. Auf der concaven Seite bleibt die Wandung gleichfalls dünner, doch ist der Dickenunterschied hier nicht so gross, die dünne Stelle ist bedeutend breiter und geht zudem allmälig in die stärker verdickten Wandpartien über. Man kann sich nun sehr leicht die Gewissheit veischaffen, da SS das normale Abbrechen des Köpfchens* stets in einer Verbindungslinie dieser dünnwandigen Stellen von statten geht; diese Linie verläuft vom oberen Rande der verdünnten Stelle auf der convexen Seite schief nach abwärts, wie aus Fig. 1 ersichtlich ist. Die Abbruchsteile ist demnach nicht blos durch die Umrissliuien des Haarendes, sondern vor Allem durch den Bau der Wand vorgezeichnet. Die in Rede stehende Einrichtung hat aber nicht blos die Aufgabe, das Abbrechen zu erleichtern, sie bezweckt überdies, der in den berührenden Körper eindringenden Haarspitze eine für diesen Zweck möglichst günstige 1 An Herbarexemplaren von Pflanzen, welche mit Brennhaaren ver- sehen sind, findet man die Spitzen der letzteren oft in ganz unregelmässiger Weise abgebrochen, da durch das Austrocknen die Sprödigkeit der Wände sehr erhöht wird. 126 Haberlaiidt, Gestalt zu geben. Dadurch, dass das Abbrechen nicht querüber, sondern stets schief abwärts zu erfolgt, wird zunächst eine überaus scharfe Spitze geschaffen, unterhalb welcher erst in seitlicher Lage die Öffnung auftritt, aus welcher die brennende Substanz entleert wird. (^Taf I, Fig. 4.) So erscheint die geöffnete Brennhaarspitze nach demselben Modelle construirt, wie die sogenannten Einstich- canülen, mit welchen der Mediziner subcutane Injectionen vor- nimmt, oder wie die Giftzähne der Schlangen. Ganz ähnlich ist die Brennhaarspitze von Urtica ureiifi (Fig. 9—11) und Urtica membranacea (Fig. 13) gebaut. Dasselbe gilt für die grossen, starken Brennhaare von Urtica pihdif'era (Fig. 12), deren Köpfchen jedoch nicht von kugeliger, sondern von birnförmiger Gestalt sind. Bei Laportea f/igas (Fig. 17) sind die Köpfchen eiförmig und nicht so schief gestellt wie bei den Urtica -Ai-tGü. Die Abbruchstelle zeigt jedoch denselben Bau. Bei Loasa papaverifoUa ist das Köpfchen der Brennhaare so klein, dass es sich von dem übrigen Theile des Haarendes gar nicht abgliedert: der Endtheil des Haares erscheint gekrümmt und an der Spitze abgerundet. (Taf. II, Fig. 5 und 6.) Die für die Nessel- Brennhaare charakteristischen Eigenthümlichkeiten treten aber auch hier in deutlichster Ausbildung auf. Die Wand der abge- rundeten Spitze ist relativ sehr stark verdickt (4 — 5 Mikromm.); dann folgt auf der convexen Seite die verdünnte Stelle, welche meistens schmal und 1*5^2 Mikromm. dick ist. Die angrenzende Partie der Zellwand, welche nach dem Abbrechen des Köpfchens die in den berührenden Körper eindringende scharfe Spitze bildet, ist stärker verdickt, als die noch weiter rückwärts gelegenen Zellwandpartien, was zweifelsohne als eine vorth eil hafte, das Eindringen in den fremden Körper noch mehr sichernde Einrichtung aufzufassen ist. Auf der concaven Seite zeichnet sich die verdünnte Zellwandpartie, welche mehr oder minder weit hinabreicht, durch besondere Zartheit aus ; ihre Dicke beträgt nicht einmal 1 Mikromm. Die zum Abbrechen des Köpfchens erforderliche Sprödigkeit der Membran wird bei Loasa papaverifoUa sowie bei den übrigen Loasaceen nicht durch Verkieseluni;-, sondern durch reichliche Zur Anatomie imd Physiologie der pflanzlichen Biennhaare. 127 Einlage rung von kohlensaurem Kalk hervorgerufen. Kaeli Zusatz von Schwefelsäure tritt starke Kohlensäureeutwickelung ein und im Lumen des Haares bilden sich zahlreiche Gypsnadelu. Die aufquellende Membran ist sehr schön geschichtet und wird nach Zusatz von 20"/oige'' Cbromsäure-Lösung bis auf die äussersten Cuticularlamelleu, welche ein dünnes verkieseltes Häutcheu bilden, gelöst. Dieses Kieselhäutchen zeichnet sich auf dem Köpfchen, sowie auf dem in den berührenden Körper eindringenden, stärker verdickten Wandungstheile durch grössere Dicke aus. Bei Jafropha stimuhtta (Taf. II, Fig. 14—17) begegnen wir wieder beinahe genau denselben Einrichtungen wie bei Urtica und der besprochenen Loasacee. Die Brennhaare, von welchen namentlich der Blattstiel dicht besetzt ist, sind sehr kräftig und circa 4 Mm. lang. Der Durchmesser des der gekrümmten Spitze schief aufsitzenden Köpfchens beträgt circa 34Mikromm., während er bei Urtica dioica blos circa 18 Mikromm. erreicht. Auf der concaven Seite ist die Wandung unter dem Köpfchen wieder sehr dünn (1-5 — 2 Mikromm.). was gegenüber der Dicke der Köpfchen- wand (5—6 Mikromm.) und der nach unten zu angrenzenden Zell- wandpartie (10 — 12 Mikromm.) besonders auffällt. Auf der con- vexen Seite beobachtet man wieder die schon bei Loasa papaveri- f'olia aufgefundene starke Verdickung des die Verletzung bedin- genden Wandungstheiles. Dagegen fehlt bei den Jatropha-Brenn- haaren die verdünnte Stelle auf der convexen Seite; dieselbe ist nicht einmal andeutungsweise vorhanden. Wenn man nun Haare mit abgebrochener Spitze untersucht, so findet man, dass auf der convexen Seite das Abbrechen stets an der Einschnürungsstelle unter dem Köpfchen erfolgte, d. i. an jener Stelle, wo die Ver- dickungsschiehten der Wandung eine scharfe Knickung erfahren haben. Wenn man auf das iutacte Brennhaar ein Quellungsmittel einwirken lässt, so tritt diese Knickung der Zellwandschichten sehr deutlich hervor. (Taf. II, Fig. 18.) Im Bau der Brennhaarspitzen von Jatropha stimnlata macht sich, unbeschadet der besprochenen Einrichtungen, ein gewisser Polymorphismus geltend, wie aus den Abbildungen 14, 15, 16 ersichtlich ist. Fig. 14 repräsentirt den typischen Fall. Die Sprödigkeit und Steifheit der Membran wird bei den J/^/f/'o/7Ärt-Brennhaaren nicht durch Verkieselung oder Verkalkung, 128 Haberlandt. sondern durch sehr starke Verholzung hervorgerufen. Schwefel- saures Anilin bewirkt intensive Gelhfärhung^ deren Eintritt man durch Zerstückelung des Haares beschleunigt. Die Brennhaare von Jafroplia urens schliessen sich denen von Jatropha stimulata in jeder Hinsieht an. Es ist gewiss überraschend, dass bei Pflanzen, welche so verschiedenen Familien angehören, die Spitzen der Brennhaare so gleichartig und, man darf hinzufügen, so zweckentsprechend gebaut sind. Noch auffallender w^äre es aber, wenn alle pflanz- lichen Brennhaare die geschilderten mechanischen Einrichtungen in gleicher Vollkommenheit aufweisen würden. Dies ist nun, den Forderungen der Entwicklungslehre entsprechend, nicht der Fall; es lassen sich vielmehr, wenn man eine grössere Anzahl von Arten und Gattungen überblickt, alle Übergänge von ein- fachen, köpfchenlosen Brennhaarspitzen bis zu den oben besprochenen Formen nachweisen. Interessant sind in dieser Hinsicht zunächst die Brennhaare von Wigandia urens. (Taf. I, Fig. 15 (i — d.) Die Mehrzahl der- selben ist fein zugespitzt, die Spitze gerade oder etwas gekrümmt. Das sich gleichfalls zuspitzende Lumen endet häufig schon 20 Mikromm. unter der Haarspitze. (Fig. I5a.) Daneben treten nun ziemlich häufig Haare auf, deren Spitze sich rascher verjüngt und deren Lumen mit einer Abrundung endet. (Fig. 156.) Diese Haare bilden den Übergang zu jenen Formen, bei welchen mit der Abrundung des Lumens zugleich eine schwache Anschwellung desselben verljunden ist. (Fig. 15 c.) Damit ist der Beginn der Köpfchenbildung gegeben. Einzelne Haare besitzen nun in der That gerade aufsitzende Köpfchen, welche mit einem kurzen Stachel versehen sind.' (Fig. Ibd.) Ungleichheiten in der Ver- dickung der Köpfchenwand treten nicht auf. Verschiedene Übergangsformen finden wir auch bei den Loasaceen. Die Köpfchen der Brennhaare von Cajophora lateritia (Taf. II, Fig. 10 und 11) sitzen wie bei Wifjandin urens gerade Vg-1. die Abbildung' in Schi ei dcn's Gruudzügeii, 2. Aufl., I. Th., pag. 260; ferner Groenland, Bull, de la soc. bot. de France, 14 Bd., 1867, pag. 59; Martin et, Annales d. scieuces nat. Bot., 1872, pl. 18, Fig. 212, 213. Zur Anatomie uiul Physiologie der ptiaiizliehen Brennhaare. 129 auf; begreiflicherweise ist diese Stellung weniger zweckmässig, als die schiefe Lage des Köpfchens, welche bei allen übrigen Loasaceen, die untersucht wurden, Regel ist. Im unteren Theile des Köpfchens ist aber die Wand sehr häufig schon weniger stark verdickt, so dass das Abbrechen zweifelsohne etwas erleichtert wird. Bei Loam hispida (Taf. II, Fig. 1 und 2) besitzen die Brennbaare bereits schief aufsitzende Köpfchen, doch ist die entsprechende Krümmung der Spitze nicht so bedeutend, wie bei anderen Loasaceen. Die Wände sind in der Regel überall gleich stark verdickt und entsprechen so jenen Bildern, von denen eingangs die Rede w^ar. Nicht selten ist aber auf der con- caven Seite die Wand schon weniger stark verdickt. (Taf. II, Fig. 2.) Bei Loasa tricolor (Taf 11, Fig. 8, 9) ist die Krümmung der Brennhaarspitze eine bedeutendere, als bei der vorigen Art; das Köpfchen ist meistens von etwas länglicher Form. Was den Grad der Zellwandverdickung bctriift, so kehren dieselben Verhältnisse wieder, wie bei Loasa hispida. Das Gleiche gilt auch für die Brennhaare von Blumenbachia Hieronymi Urb. (Taf. II, Fig. 3, 4), deren Köpfchen kugelig sind. Die Krümmung der Spitzen ist oft eine sehr bedeutende. An ziemlich zahlreichen Haaren zeigt sich die Wand der concaven Seite beträchtlich ver- dünnt, während auf der convexen Seite, wie bei den früheren Arten, niemals eine verdünnte Stelle vorhanden ist. Dass jedoch auch bei allseits gleichmässig stark verdickter Membran das Abbrechen des Köpfchens in einer für das Eindringen der Spitze und für die Entleerung des Zellsaftes vortheilhafteu Richtung erfolgen kann, lehrt Fig. 3, welche den obersten Theil eines Brennhaares von Blumenbachia Hieronymi mit theilweise abge- brochenem Köpfchen darstellt.^ Einen weiteren Schritt in der Ausbildung zweckmässig gebauter Brennhaarspitzen haben in der oben beschriebenen Weise die beiden erwähnten Jafropha- Arten gemacht. Die Aus- ^ Nicht unerwähnt will ich lassen, dass bei verschiedenen Loasaceen (z. B. Bei Loasa hispida und Bhimcnhachia Hii'ronymi) ( Tat". II, Fig'. 12 und 13) die neben den Brennhaaren auftretenden Knötchenluiare nicht selten mit ganz kleinen Köpfchen versehen sind. In welchem .sinne diese Ähnlichkeit mit den Brennhaaren zu deuten ist, lasse ich dahingestellt. Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XCIII. Bd. I. Abth. 9 laO Haberhindt, bildimg' einer stark verdüuuteu Waudpartie auf der concaven Seite ist liier bereits zu einer constanten Eigentliiimliebkeit geworden. Mit dem Auftreten einer zweiten verdünnten Wandpartie auf der convexen Seite der gekrümmten Brennbaarspitze, wie sie bei Loasa papaverifoUu und den Urtka-kxiQw vorkommt, ist dann die weitestgebende Vervollkommnung im Bau der Brennbaarspitze er- rcicbt. Von Interesse ist es, dass aucb bei den f/rh*ca- Arten hin und wieder Breunbaare zu finden sind, welcbe auf der concaven Seite ihrer gekrümmten Spitzen die verdünnte Wandpartie nicht auf- weisen. (Taf. I, Fig. 11.) Einmal beobachtete ich bei Urtica dioica sogar ein Brennhaar, welches köpfcbenlos war und mit einer fein ausgezogenen Spitze endigte; hier lag wohl zweifellos eine Rück- schlagserscheinung vor. Mit der Ausbildung der besprochenen Eigenthümlichkeiten des Waudungsbaues ging die stärkere Verdickung des die Ver- wundung bedingenden Wandungstheiles insoferne nicht parallel, als sie einerseits bei den Ja/yoy7/i«-Brenuhaaren sehr deutlich vorhanden ist, anderseits wieder bei den Brennhaaren der Nessel- arten fehlt. Bios an den Brennbaarspitzen von Loasa i^apaveri- f'olia treten alle diese mechanisch vortheilhaften Einrichtungen vereinigt auf. IL Das Gift der Brecnhaare. In den meisten Hand- und Lehrbüchern der Botanik, welche in den letzten Jahrzehnten erschienen sind, wird als die giftig wirkende Substanz der Brennhaare — speciell bei den Nessel- arten, auf welche auch wir uns im Nachfolgenden beschränken wollen — die Ameisensäure angegeben. Im Jahre 1849 ver- öffentlichte nämlich Gorup- Besanez eine kurze „Notiz über das Vorkommen von Ameisensäure in den Brennesseln",^ deren Inhalt all den vorhin erwähnten Angaben zu Grunde liegt. Angeregt durch einige von Fr. Will angestellte „mikro- chemische und mikroskopische Versuche", als deren Ergebniss sich angeblich herausstellte, „dass die Hautentzündung erregende 1 Journal f. praktiselie Chemie, 48. Bd., pag. 191, 192. Zur Anatomie imd Physiologie der pflanzlichen Brennhaare. 131 Flüssigkeit in den Haaren der sogenannte Processionsraupe, sowie in den G-iftorganen einiger Insekten nichts Anderes sei, wie Ameisensäure", stellte sich Gornp-Besanez die Frage, ob nicht auch die giftige Substanz der pflanzlichen Brennhaare aus der genannten vSäure bestehe. Zu diesem Behufe wurden grössere Quantitäten frischen Brennesselkrautes {Urtica urens und dioica) mit und ohne Schwefelsäure der Destillation unterworfen und thatsächlich festgestellt, dass in den Brennesseln geringe Mengen von Ameisensäure vorhanden sind. „Dies kann aber nicht befremden, wenn man annimmt, dass diese Säure nur in den Brennhaaren enthalten ist, eine Annahme, welche ihre Berechtigung in mikroskopischen Beobachtungen findet, die Will und Lucas anstellten. Wenn nämlich unter dem Mikroskop zur Pflanze Silberlösung gesetzt und gelinde erwärmt wird, so erfolgt die Reduction immer zuerst an der Mündung der Brennhaare." Mit diesen Worten beschliesst Gorup-Besanez seinen Aufsatz. Wenn es nun auch nach diesen Mittheilungen, sowie nach einigen von mir angestellten mikrochemischen Versuchen, höchst wahrscheinlich ist, dass die stark saure Reaction des Zellsaftes der Brennhaare durch Ameisensäure bedingt wird, so ist damit doch noch keineswegs der Beweis erbracht, dass die Ameisensäure thatsächlich die das Nesseln hervorrufende Substanz ist. Im gleichen Sinne äussert sich auch de Bary,^ wenn er sagt: „Im Grunde ist also über die hier wirksame Substanz nichts bekannt, nicht einmal, ob sie in der sauren Flüssigkeit oder in dem Proto- plasma zu suchen ist".^ Bevor ich nun zur detailhrteren Schilderung meiner Ver- suche übergehe, welche mir über die chemische Natur des Giftes der Brennhaare einigen Aofschluss geben sollten, möchte ich 1 Vergl. Anatomie, pag. 72. - Da beim Eindringen der Brennhaarspitze in die Haut blos die Ent- leerung von Zellsaft zweifellos sicher ist, so hat man meines Erachtens in dieser Frage von der Annahme auszugehen, dass die giftige Substanz im Zellsafte auftritt. Die von de Bary angedeutete Möglichkeit, dass dieselbe eventuell im Protoplasma zu suchen wäre, könnte erst dann in Betracht kommen, wenn bestimmte Thatsachen gegen die erstere Annahme sprechen würden. 132 Haberlandt, vorerst noch auf zwei Punkte aufmerksam machen, die schon von vorneherein gegen die Annahme, dass die Ameisensäure das fragliche Gift sei, Bedenken erwecken müssen. Der Gesammtinhalt eines mittelgrossen Brennhaares von Urtica dioica beträgt ungefähr 0-007 — 0*008 Cub. millim. Wenn man ein Brennhaar, mit welchem man sieh soeben in wirksamer Weise gestochen hat, unter dem Mikroskop betrachtet, so sieht man, dass nur ein kleiner Bruchtheil des Zellinhaltes in die Wunde entleert wurde. An Stelle der entleerten Flüssigkeit ist gewöhnlich eine grössere oder kleinere Luftblase in das Haar getreten, deren Grösse ich in einem bestimmten Falle auf 0-0003 Cub. millim. berechnete. Nehmen wir als Maximalgrösse selbst das Doppelte an und machen wir ferner die Annahme, dass der Zellsaft des Brennhaares 10 Gewichtsprocente Ameisensäure enthalte,^ so gelangen wir zu dem Ergebniss, dass beim Stich eines f/r^/c«-Brennhaares höchstens 0*00006 Milligr. Ameisensäure in die Wunde gelangen.^ Welch überaus giftige Substanz mUsste nun die Ameisensäure sein, wenn sie in solch verschwindend geringer Menge, und noch dazu so rasch wirkend, die bekannten Hautentzündungen hervorrufen würde! Um mir von der entzündungserregenden Eigenschaft der Ameisensäure eine bestimmte Vorstellung zu verschaffen, stellte ich mit einer llprocentigen Lösung einige Impfversuche an. Dieselben wurden, wie auch alle später zu beschreibenden Impf- vcrsuclie, in der Weise durchgeführt, dass ich mir an der oberen Handfläche oder am Unterarme mit einer vorerst in die betreffende Flüssigkeit getauchten feinen Nadelspitze kleine Hautverletzungen beibrachte. Gewöhnlich wurden die Versuche auch in der Weise variirt, dass ich zunächst einen Tropfen der Flüssigkeit auf die Haut brachte und durch denselben hindurchstach, um eine grössere Menge der betreffenden Substanz in die Wunde zu bringen. Die Wirkung der llprocentigen Ameisensäure-Lösung 1 Diese Conceiitratiou ist jedenfalls eher viel zu hoch als zu niedrig- angenommen. Die sauerste aller Früchte, die Citrone, enthält blos 6—7% Säure. (ET»erniayer, Physiolog. Chemie der Pflanzen, pag. 273). - Der durch die Annahme, dass das specifische Gewicht des Zell- sat'tes = 1 sei, begangene Fehler kommt hier nicht in Betracht. Zur Anatomie luid Physiologie der pflauzlic-hen Bicnnhaare. 133 war nun eine weitaus schwächere, als die des Zellsaftes der Kessel-Brennhaare. Das Gefühl des Nesseins war höchst unbe- deutend, und die Röthuug der Haut beschränkte sich auf eine weit kleinere Fläche, als nach einem Brenuhaarstiche, Nur ausnahms- weise kam es zur Bildung- kleiner Stippen. Nach 20 — 30 Minuten waren alle diese Erscheinungen wieder vollkommen ver- schwunden. Da nun bei diesen Versuchen zweifellos eine g-rössere Menge von Ameisensäure in die Hautwunde eindrang, als bei dem Stiche eines ?7r^ •/J i! \\ Mi ^lll Autor del Iith , Anst v- Th. B aiii™'art}L."'fTren. Sitzuii§sl)er. d . kaiserl. Akad.dMss. matli.naturw'. a.XCIILBd.LAl)Öi.l886. G. Haberlandt . Zur Ar^atomie isid Physiologie der pilanzliclieiiBreimhaare . Taf. n. i '■ i /ot. Zeit-;:. 1879. pag. 296 etc. 5 Gleiches gilt auch von den Interuodien von Ephedra graeca, da diese im abgewelkten Zustande sich mittelst Trennungsschichten ebenfalls von einander trennen. Uutersuchungen über Laubfall. lo7 Versuchen hervor, denen zufolge Zweige, durch deren Schnitt- wunde Wasser vermittelst künstlicher Druckkraft eingepresst wird, ihre Entlaubung bedeutend verzögern. ' Ähnliche Bedingungen, wie sie künstlich in den auf p. 154 bis 155 angeführten Experimenten geschaffen wurden, dürften nicht selten auch in der freien Natur zusammentreffen und eine frühzei- tige Entlaubung der Holzgewächse zur Folge haben. Allein es darf die Austrocknung des Bodens nicht allzu rasch erfolgen und nicht allzulange andauern, sonst tritt die von Gr. Kraus^ eingehend geschilderte Sommerdürre der Holzgewächse ein, welche bloss zur völligen Eintrocknung der Blätter und auch des Blattgelenks, aber nicht zum Laubfall führt. Dies ist namentlich da der Fall, wo die Holzgewächse, auf felsigem Untergrund und magerer Krume stehend, oft länger als einen Monat unter trockenen Winden und intensiver Besonnung zu leiden haben und lange Zeit vom Regen nicht erfrischt werden. Unter solchen Umständen welkt das Blatt zu rasch und stirbt, bevor es noch Zeit gefunden, eine Trennungsschichte zu bilden. Diese Erklärung erscheint mir deshalb richtig, weil abgeschnittene Sprosse unserer Holz- gewächse, an der Luft liegend, ihre vertrockneten Blätter gleich- falls behalten, dagegen bei langsamen Welken in massig feuchtem Baume das Laub abwerfen und ferner, weil man die Erscheinung der Sommerdürre, wie ich mich überzeugte, auch an Topfpflanzen (Abutilo)i) hervorrufen kann, wenn man dieselben in einen sehr trockenen Raum stellt und den Wurzelballen sehr rasch aus- trocknen lässt. Auf mangelhafte Wasserzufuhr ist zweifelsohne auch jener Blattfall zurückzuführen, der nicht selten bei Grewächsen auftritt, die aus dem freien Lande ausgehoben und in Blumentöpfe ge- pflanzt werden. Die Gärtner setzen sehr häufig Abutilon, Myrten, Fuchsien aus den Töpfen ins freie Land, weil sie hier üppiger gedeihen und in verhältnissmässig kurzer Zeit eine befleutende Grösse erreichen. Werden nun die betreffenden Pflanzen im Herbste wieder eingepflanzt, dann wird natürlicherweise das ganze Wurzelsystem, besonders die für die Wasseraufsaugung so 1 1. c. pag. 28 etc. ••; Bot. Zeitg. 1873. 158 Moli seh, wichtigen feineren Auszweig'uug-en empfindlich geschädig-t. In Folge dessen nimmt die im Topfe befindliche Pflanze sehr wenig Wasser auf, fängt, oft selbst in ziemlich feuchtem Räume stehend, zu welken an und wirft schliesslich, namentlich, wenn die Aus- bildung junger Wurzeln länger auf sich warten lässt, einen grossen Thcil des Laubes ab. Ich habe Hunderte von Myrten gesehen, welche auf diese Weise ihr Laub und viele Abutilon, welche aus gleichen Gründen Laub und Blüthenknospeu' verloren haben. Als ein hieher gehöriger Fall ist höchstwahrscheinlich die Schütte junger Kiefer zu betrachten. Frank spricht sich über dieselbe in seinem Buche über Pflanzenkrankheiten folgender- massen nus: „Nach den vieljährigen, darüber angestellten Beob- achtungen Ebermeyer's ist kaum zu bezweifeln, dass die Schütte die Folge ist einer durch die warme Frühjahrssonne in den Nadeln angeregten Verdunstung, während gleichzeitig die Wurzeln in dem noch kalten Boden noch keine wasseraufsaugende Thätigkeit ausüben, so dass die Pflanzen, die noch nicht im Be- sitze eines sehr entwickelten Holzkörpers sind, also selbst wenig Wasser enthalten, alsbald den Nadeln keine genügende Feuchtig- keit mehr zuführen können." Diese werden daher braun oder rost- braun, vertrocknen und fallen endlich massenhaft ab. ^ — Ganz ähnliche Ursachen, wie bei der Schütte der Kiefer, sind neben anderen meiner Ansicht nach auch bei der herbstlichen Ent- laubung der Holzgewäclise im Spiele, nur in viel geringerem Grade. Während der kühlen Herbstnächte wird sich sehr bald eine bedeutende Abkühlung des Bodens und bei dem Erscheinen warmer Tage eine sehr beträchtliche Differenz zwischen Boden- und Lufttemperatur einstellen. Die Wurzeln werden mithin in dem 1 Wie rasch sichBlütheu und deren Knospen bei geringer Wasserzufuhr und vcrstärlvter Transspiratiou ablösen, lässt sich sehr schön au Begonien beobachten. Eine im feuchten Warmhause gezogene Begonia tuberosa wurde im ebenso warmen geheizten Zimmei* aufgestellt und nicht mehr begossen. Innerhalb G Tagen waren alle (28) Blüthen und Blütheid-cnospeu abgefallen. - Damit soll durchaus nicht gesagt sein, dass das auffallend rasche Abfallen der Kiefeniblätter (Kurztriebe) immer auf den obigen Ursachen beruhen müsse, denn es ist ja bekannt, dass Fröste oder Pilze dieselbe Erscheinung hervorrufen können. Deragemäss spricht auch P. Sorauer in .seinem Handbuche der Pflanzenkrankheiten sehr passend von Frostschütte, Dürrschütte, Pilzschütte. 1. Th., 2. xVufl.. Berlin 188G, p. 332). Üutersuclumgeu über Laubfall. 159 kalten Boden Wasser nicht im gehörig-en Verhältnisse zu der immerhin noch lehhaften Transspiration aufnehmen, weshalb der AVasserg-ehalt des Baumes und Blattes im Herbste um ein Be- deutendes sinken muss.^ Hiermit ist aber schon eine Ursache zur herbstlichen Entlaubung- gegeben. III. Stagnirende Bodennässe als Ursache des Laubfalls. Werden Topfpflanzen an ihrem gewöhnlichen Standorte so ins Wasser gestellt, dass der Topf mit seinem unteren Theil einige Centimeter unter Wasser taucht, so kann man nach längerer Zeit an vielen Gewächsen gleichfalls eine vollständige oder theilweise Entlaubung hervorrufen. Bei den ang-egebenen Verhältnissen füllen sich die capillaren Bäume des Bodens, die Luft aus dem- selben verdrängend, alsbald mit Wasser und gestatten derselben nur einen langsamen und mangelhaften Zutritt. Die Erde wird, wie man sich mittelst Lackmuspapier über- zeugen kann, wahrscheinlich der auftretenden Humussäureu wegen stark sauer und nimmt einen ausgesprochen faulen Geruch an. Es darf daher nicht Wunder nehmen, wenn das Wurzelsystem binnen einer bis wenig-en Wochen erkrankt und der Pflanze weniger Wasser zuführt als dies in minder feuchtem Boden bei gesunden Wurzeln der Fall wäre, ja das Absterben der Wurzeln macht uns sog-ar die Thatsache verständlich, dass Pflanzen, welche stagnirender Bodennässe ausgesetzt sind, nicht selten, zumal bei starker Transspiration, welken. Die Versuchspflanzen wurden an ihrem gewöhnlichen Orte im Gewächshause belassen und standen auf mit Wasser (3 — 5 Ctm. hoch) gefüllten Schalen. Coleus warfen unter diesem Umständen schon nach 2 bis 3 Wochen ihre Blätter vollständig ab, ebenso entledigten sich in dieser Zeit Goldfv.ssia isophylla, Bef/onia-Arten und Boehmcria 1 Nach Versuchen R. Hurtig's (Über die Vertheilung- der org. Sub- stanz etc. in d. Unters, aus d. forstbotauischen Institute zu München, 1882, IL, pag. 38 etc.) ist der Wassergehalt der Bäume thatsächlich im Oktober sehr gering, derselbe sinkt vom Sommer gegen den Herbst zu und erreicht bei der Birke zur Zeit des Blattfalles sein Minimmn. 160 M () li s c h, argentea vieler ihrer Blätter, Etwas läng-er lässt die tlieilweise Entlaubung- bei Erotrynius japoiiictis und Rho(lodeiulro)i auf sich warten, bei Melaleuca (dha beschränkte sich dieselbe während 3 Monate gar nur auf die ältesten Blätter. Das Wasser an sich ist gewiss nicht die Ursache dieser Erscheinung-, denn dann wäre es ja ganz unbegreiflich, warum die meisten Gewächse in Nähr- lösung-en (sogenannten Wasserculturen) sich jahrelang ganz Wohl- befinden. Offenbar sind es die im nassen humösen Boden zur Geltung kommenden Fäulnissprocesse und die Versauerung- des Bodens, welche die Wurzeln angreifen und schliesslich tödten. So kann es kommen, dass eine solche Pflanze, obwohl in ganz durch- nässter Erde stehend, dennoch an Wassermangel leidet, zu welken beginnt und die Blätter abwirft. Im Grunde genommen hätte diese Art von Blattfall, weil auf mangelhafter Wasserzufuhr beruhend, auch im vorigen Capitel behandelt werden können; ich habe dies jedoch absichtlich nicht g-ethan, weil in gewissen Fällen wenig- stens, neben der g-estörten Wasseraufuahme noch etwas Anderes mit im Spiele sein muss. Es fallen nämlich bei Begonia und Coleiis die Blätter nicht selten im anseheinend ganz turg;escenten Zustande ab. Welche Ursachen hier den Blattfall einleiten, ob geringe Nähr- stoffzufuhr, oder die Aufnahme schädlicher Stoffe aus dem faulen- den Boden oder irgend welche andere Momente, wage ich nicht zu entscheiden. Die verschieden lange Zeitdauer, innerhalb welcher Pflanzen im nassen Boden ihre Blätter verlieren, dürfte in erster Linie mit der Empfindlichkeit der Wurzeln gegen andauernde Bodennässe * und mit ihrer specifischen Transspirationsgrösse im Zusammen- hange stehen. Pflanzen, deren Wurzeln in obiger Beziehung sehr empfind- lich sind und überdies stark transspiriren, werden die Blätter sehr bald abwerfen, dagegen schon viel später solche, welche durch harte lederige Blätter gegen rasche Transspiration geschützt sind. 1 Wie verschiecleu diese Empfiiullichkeit ist, geht deutlich caiis der bckaniiteu Thatsache hervor, dass manche Pflanzen z. B. Cyperus altenii- foliits, Jiic/iardia actliioplca Kth. und ^'epcnthe(i-Axi('\\ gerade dann am besten gedeihen, wenn sie mit ihren Töpfen in Wasserschalen tauchen. Untersuchungen über Laubfall. 161 IV. Einfluss des Lichtabschlusses auf den Laubfall. In seineu vortrefflichen Untersuchungen über die herbstliche Entlaubung- kam Wiesner zu dem Resultate, dass die Herab- setzung oder gänzliche Hemmung der Transspiration die Ab- lösung der Blätter hervorrufe. ' Da nun die Trausspirationsgrösse einer Pflanze in hohem Grade beeinflusst w^irdvon der Beleuchtung, so zwar, dass die Verdunstung der Blätter sofort abnimmt, wenn die Beleuchtung sinkt, so schloss Wiesner, dass der im Herbste eintretenden verminderten Lichtwirkung gleichfalls ein Einfluss auf den Laubfall und zwar ein indirecter zukomme. Die Frage, ob Lichtmangel nicht auch ganz unabhängig von der Transspiration für den Blattfall von Bedeutung sei, ist^bisher noch nicht gestellt worden. Sich darüber Gewissheit zu ver- schaffen, konnte nicht schwer fallen. Es war nur nöthig zu beweisen, dass Pflanzen im dunstgesättigten Räume bei Lichtabschluss ihre Blätter früher verlieren als bei Lichtzutritt. Ich unternahm es daher, speciell diesen Gegenstand und sodann das Verhalten verschiedener Pflanzen im Finstern mit Rücksicht auf die Ablösung der Blätter überhaupt zu untersuchen; dies erschien mir um so nothwendiger, als hiefür in der Literatur gar keine experimentellen Belege aufzufinden waren — abgesehen von einem einzigen von Vöchting^ herrührenden Versuch, wonach Blätter \onHeterocentroti diversifolium im Dunkeln früher abfallen als im Lichte. Die folgenden Versuche zerfallen in zwei Gruppen. In der ersten {Ä) befanden sich die Pflanzen im dunstgesättigten Räume. Transspiration war also ausgeschlossen.^ In der zweiten (B) standen die Versuchsobjecte entweder auch unter geräumigen Glasglocken oder frei, beziehungsweise (bei Lichtabschluss) in 1 1. c. pag. 44. 2 Über Organbildnng im Pflanzenreiche. Bonn 1878, I. Th., pag. 232. 3 Streng genommen ist dies eigentlich nicht wahr, da bei der langen Versuchsdauer vollständige Temperaturconstanz nicht zu erzielen, mithin nach jeder Condensirung von dampfförmigem Wasser doch wieder schwache Transspiration ermöglicht ist. Allein diese Transspiration ist eine so sch^vftche imd kurzwährende, dass man mit Beruhigung davon absehen kann. Sitzt», d. mathem. naturw. Cl. XCHI. Bd. I. Abth. 11 162 M 0 1 i s c h. einem grossen Dunkelkasten, Im letzteren Falle waren die Gewächse mehr normalen Verhältnissen unterworfen, denn sie konnten transspiriren. In Anbetracht des grossen Einflusses, den Feuchtigkeit und Lufttrockenheit auf den Blattfall ausüben, wurde stets darauf gesehen — und dies wird von nun an bei allen Laub- fallversuchen geschehen müssen — dass die zu vergleichenden Objecte stets möglichst gleicher Luft- und falls es sich um Topf- pflanzen handelte, auch gleicher Bodenfeuchtigkeit ausgesetzt waren, A. Versuche bei Ausschluss der Transspiration. Zwei gleich aussehende, ziemlich reich belaubte Lantanu sp. (Topfpflanzen) wurden unter mit Wasser abgesperrten Glasglocken im Experimentirraum aufgestellt. Die Töpfe standen zur Ver- meidung von Bodennässe auf kleinen Thonpostamenten. Über die eine Glocke wurde des Lichtabschlusses halber ein geschwärzter Sturz gestülpt, Temperatur 17—20° C. Versuchs- dauer in Taffeu Nach 4 „ 6 n 12 « 14 „ 16 „ 18 . 22 ,, 24 „ 27 1. L((iihin(i sp. Finster Zahl der abge- fallenen Blätter 2 5 11 12 17 24 31 89 41 Licht Zahl der abge- fallenen Blätter Am 27. Tage war die Finsternisspflanzc vollständig kahl, wenn man von den paar kleinen etiolirten Blättchen absieht, die sich während dieser Zeit gebildet hatten. Die Lichtpflanze da- gegen war noch reich belaubt. Uutersuchimgeu über Laubfall. 2. VersuchsbedinguDg-en dieselben wie bei 1. Goldfussia (ßomerata. 163 Yersuchs- dauer in Tageu Finster Anmerkung Licht Zahl der abge- fallenen Blätter Zahl der abge- fallenen Blätter Kach 2 „ 12 „ 15 „ 32 „ 35 r 37 '2 3 5 7 10 15 Pflanze kahl. Auch Inteniodieu lösten sich ab ! ! 2 2 2 2 2 Zu gleichem Resultate gelaugte ich bei Versucheu mit Pereskia acnleata und abgeschnittenen Zweigen von Mahonia Aquifolinm, Abies jyectinata, Ulmus campestris und Philadelphus coronarius: immer fielen die Blätter im Finstern viel früher ab als im Lichte, woraus sich ergibt, dass der Lichtabschluss noch in anderer Weise als durch Hemmung der Trans- spiration den Laubfall im hohen Grade beeinflusst. Wie wirkt nun die Dunkelheit? Ruft sie die Bildung- der Trennungsschichte hervor oder wirkt sie nur secundär, indem sie die Zellen der Trennuugsschichte durch chemische Processe, etwa durch Bildung organischer Säuren ^ aus dem Verbände bringt? Oder wirkt sie in beiderlei Weise? Es ist mir wahr- scheinlich, dass das letzte der Fall ist und es ist mir gewiss, dass durch den Lichtentzug der Anstoss zur Ausbildung der Trennungs- schichte gegeben wird, Natürlich konnte der letztere Punkt in 1 Bekanntlich hat Wiesner zuerst darauf hingewiesen, dass Keim- linge und erwachsene Pflanzen im Finstern reichlicher organische Säuren bilden als im Lichte (Untersuch, über d. Beziehungen des Lichtes zum Chlorophyll. Sitzber. d. kais. Akad. zu Wien 1874. pag. 49) und ferner darauf, dass organische Säuren die Isolirung der Zellen in der Trenuungs- schichte besorgen dürften. Herbstl. Entlaubung, 1. c. pag. 39. 11* 164 M o 1 i s c h, den vorherg-ehenden Versuchen Dicht mit jenen Gewächsen ent- schieden werden, welche im Lichte bei g-eliemniter Transspiration die Blätter abwerfen. Hier ist — so hätte man sagen können — die Treunungsschichte in Folge der unterdrückten Verdunstung- entstanden, die Dunkelheit sorgte nur durch secundäre Einflüsse für das raschere Auseinanderweichen der Zellen. Um diesem Einwand zu entgehen, experimentirte ich auch mit Goldfnssia glomcriäa und Pe'rcskia aculeata, zweien Pflanzen, welche durch zwei Monate hindurch und länger im duustgesättigten, beleuch- teten Eaume stehen können, ohne Trennungsschichten zu bilden, geschweige denn die Blätter abzustossen. Da nun auch diese beiden ihre Blätter im Finstern bei Ausschluss der Transspiration verloren, die belichteten aber nicht, so ist damit der Beweis ge- liefert, dass die Dunkelheit auch zur Bildung der Trennungsschichten Veranlassung gibt. B. Die Versuchsobjecte transspirirten. Versuche] — 4 beziehen sich auf in Töpfen cultivirte, also- bewurzelte Pflanzen. 1. Gingko biloba. Beginn des Versuches 5. October. Zwei vierjährige Bäum- chen wurden unter Temp. 17—20° C. Glasglocken licht und finster Gestellt. Versuclis- dauer in Tagen r i n s t e r Licht F 1 = 90—94 i)'= 91—96 Zahl der abgefallenen Blätter Anmerkung Zahl der abgefallenen Blätter Anmerkimg Nach 14 „ 15 „ 16 n 1^» 2 6 6 8 Alle abfallen- Blätter gelb. Pflanze kahl. 1 1 Am Schlüsse des Versuches sind alle Blät- ter noch grün. Die Pflanze behielt ihre Blätter bis über den lö. November hinaus. . ^i<"' bedeutet in allen Tab. die r. Fcuchtii4-keit des Vcrsuchsramnes. Untersuchungen über Laubfall. IbÖ 2. Fuchsia hybrida. Beginn des Versuches 17. October. Zwei kräftige, kaum Yg m. hohe Fuchsien wurden wie vorhin aufgestellt. Temp. 17_20° C. Versuchs - dauer in Tagen Finster Licht F=90— il4 F= 90—95 Zahl der abgefallenen Blätter Anmerkung Zahl der abgefalleneu Anmerkung Blätter Nach 5 „ 9 „ U . 16 „ 18 „ 20 „ 21 „ 23 „ 26 3 13 25 34 42 48 50 60 Bereits alle Blätter gelb. Pflanze kahl. 3 5 5 5 5 9 9 9 9 Nur einzelne Blätter gelb. Pflanze fast im Vollbe- sitze ihrer grünenBlätter, Percskia acidcdta. Beginn des Versuches 28. September. Sonst Alles wie vorher, Versuchs- dauer in Tagen Finster Licht i^=89— 93 i^= 90—93 Zahl der abgefallenen Blätter Anmerkung Zahl der abgefallenen Blätter Anmerkung Nach 4 „ 10 n 13 .. 17 „ 26 „ 29 1 2 3 4 6 7 8 Blätter werden meist gelblich, bevor sie ab- fallen. Pflanze kahl. 0 Alle Blätter grün und fest 166 Mo 11 seh, 4. Begonia ascotiensis. Beginn des Versuches 3. October. Beide Pflanzen waren unbedeckt, die eine stand im Dunkelkasten, die andere im Experimentirraum. Temp. 17 — 20° C. Versuchs- dauer in Tagen Finster Licht i^=72 (Mittel) F^IO (Mittel) Zahl der abgefallenen Anmerkung Blätter Zahl der abgefallenen Anmerkung Blätter Nach 2 „ 5 . 1 „ 8 « 9 „ 10 . 11 „ 12 . 16 3 20 27 35 45 62 70 83 99 • Pflanze kahl. Nun beginnt sie auch dieln- ternodien ab- zuwerfen. 2 2 2 2 2 Versuche mit abgeschnittenen Zweigen. Beginn des Versuches 18. September. Trennungsschichten noch nicht angelegt. Die zu vergleichenden Zweige waren von demselben Baum und von möglichst gleichem Aussehen. Temp. 17_20° C. (Tabelle siehe pag. 167.) Nach 13 Tagen waren also bereits im Finstern im Ganzen 20 Blätter abgefallen, im Lichte jedoch erst 4. Am Schlüsse des Versuches, also nach 16 Tagen, betrug die Zahl der abgelösten Blätter im Finstern 26, im Lichte 13. Am deutlichsten zeigte sich der Einfluss des Lichtabschlusses bei Phüadelphns, denn innerhalb der Versuchsdauer hatte der verfinsterte Zweig sämmt- liche Blätter abgeworfen, der beleuchtete dagegen kein einziges. Ahnliche Kesultate ergaben Versuche mit Zweigen von Morus Untersuchungen über Laubfall. 167 iJD 5 i> ^ ^ t A 3 ^ -^ ^ -* r ' S 2 -> 5 !§ ^ ^ a 3; , ij Ti^ -< ^ _— S -&■ -s V 5 o 1 :i cc •« i ■^ 1 .— to 5) ■^ II ^ ^ -w &^ s ,__. ^ ^ S3 O CM tC lO ■n g 1 Ä, T— 1 CC -* --C O C ' - o N3 ;j 3 ^H - i^ JH ^ •~> 5C c "^ ^ so IS 5- ? IC -* Ci c: ^ S *- 5 ? ~3 3 T— 1 r^-" >w 1 Ä 1 1- :3 CO -? in :5 -, r -,rr vr 1 w ZI Cl o '"^ c~i cc ■" — L^ t^ '■* ^ ^^ ^J ^^ ^— ^ -I ^- '^M S ^ j _ _ r* ^ O ^ o K K C C Pf;;: S S ;S 1-1 • — > «.> ■^ zn ^ 7^ ^ -C; i) " --\, ^ r^ 2: ^ -^ ^ ^ -*-a V ^ O -^ j ^, 0 S« ■^ ^ ^ ^ !i. ^^ ^ 0 "^ ^ o s =ß ,^ -^ -4-^ :; yj -3 5: -3 a: ■—' ;^ S 2: ^ tjj _5; "^ • — .^ ^ >: 1 1^ i) ..>r »o o . 0 '' '3 ^ > ^ ZVj b 2 ^ "5 $ "^ ^•■^ ^ S ^ S 5 S ~ ^ s 2 ~ ^ •? o ~ ' .5 i -s ? i I r^- »i r- k> i- V ^ ^ es I -T -"i "^ M I ^ .£ ,+= TS <ü -Ä !-i *? >2 "P a S3 5si a? S "^ -2 -2 3 Sc "S " "" 3- "ö •S^ 2 ::• r H ?i .=; ^ H 168 M o 1 i s c h, Die verschiedenen Pflanzenarten erwiesen sich gegen Licht- abschluss in ungleichem Grade empfindlich. Manche, z. B. CoIchs, die genannte Balsamiue, ferner Begonien und Fuchsien, werfen, zumal wenn der Raum nicht sehr feucht ist, schon nach 1 — 2 Wochen die meisten ihrer Blätter ab; die holzigen Azaleen, Lantana und Ei-onymus thun dies erst in viel späterer Zeit: den 21. September in den Dunkelkasten gestellte Azalea-, Rhodo- dendron- und^yowi/mMs-Bäumchen brauchten nahezu drei Monate, um die Mehrzahl ihrer Blätter abzustossen. Die bei weitem grösste Resistenz zeigen in dieser Be- ziehung einzelne immergrüne Coniferen, z. B. Pinns Laricio Poir., Podocarpus und Taxus haceata. Die letztere Pflanze (bewurzelte Topfpflanze) erwies sich gegen viermonatlichen Lichtabschluss (^seit 5. Octo])er 1885 bis 5. Februar 1886) ganz unempfindlich. ^ Wenn ich alle Erfahrungen, die ich über den Einfluss dauernder Finsterniss auf den Blattfall gemacht habe, über- schaue, so möchte ich sagen: Die Pflanzen mit fallenden Blättern lassen sich in dieser Hinsicht in drei Kategorien theilen. Sehr empfindlich gegen Lichtmangel sind im Allgemeinen stark transspirirende , mit weichen Blättern ver- sehene Gewächse (Coleus, Fuchsia), schon bedeutend weniger reagiren schwächer transspirirende Pflanzen mit lederartigem, stark cuticularisirtem Laub (Piho- dodendron, Azalea^ Evotiymus, Buxus) und fast gar nicht empfindlich die noch weniger Wasser abgebenden immergrünen Coniferen (Föhre, Eibe).^ Auch die im Finstern entstandenen kleinen gelben Blättchen fallen häufig ab (Fuchsia, Evonymus, Beyonia, Coleus). Ab- weichend davon verhält sich Pelargonium zonale, deren etiolirte Blätter ziemlich mächtig heranwachsen und sodann in kräftig diffuses Licht gebracht, ergrünen und haften bleiben. Auf p, 169 habe ich mitgetheilt, dass ich bei Robinien- und Fraxinus-Zweigen 1 Auch bei Ifiug-.sameu Abwelken verliert die Eibe ihre Blätter nicht. - Die viel lebhafter traiisspirirenden anderen Coniferen, wie Gingko, Lärche, Tanne verhalten sich schon anders; sie werfen im Finstern die Blätter ab. Untersuchungen über Laubfall. 169 keine klaren Resultate erhalten habe, class deren Blätter, gleieh- giltig- ob beleuchtet oder nicht, entweder gleichzeitig- abfielen, oder bald in dem einen, bald in dem anderen etwas früher. Es dürfte auch in diesem Falle der Lichtmangel seineu Einfluss auf den Blattfall geltend machen, derselbe dürfte jedoch hier durch andere Blattfallursachen verdeckt werden. Verläuft nämlich der Versuch unter Glasglocken, also in ziemlich feuchtem Baume, dann ist durch die Herabsetzung der Transspiration auch beim beleuchteten Sprosse eine gerade bei diesen Pflanzen sehr wirk- same Ursache der Entlaubung gegeben. Der Einfluss der Fiuster- uiss tritt mithin mehr in den Hintergrund und wird so gut wie verdeckt. Vollzieht sich hingegen der Versuch unter gewöhn- lichen Feuchtigkeitsverhältnissen in freier Luft oder im Zimmer, dann beginnen die Zweige, da deren Schnittflächen ihr Saugungs- vermögen bald einbüssen (vergl. das auf p. 156 Gesagte), nach wenigen Tagen schon zu verwelken. In Folge dessen fallen nach den auf p. 156 gegebenen Auseinandersetzungen auch von dem belichteten Zweige die Blätter schon zu einer Zeit ab, bevor die durch die Dunkelheit hervorgerufene Einwirkung im Parallel ver- suche zum Ausdruck kommen konnte. Ich zweifle jedoch nicht, dass diese letztere zur Geltung gelangen würde, wenn man mit bewurzelten Robinien oder Eschen den Versuch unter sonst natür- lichen Bedingungen anstellen würde. Bei dieser Gelegenheit will ich bemerken, dass langsames Welken — gleichgiltig ob herbeigeführt durch gesteigerte Trans- spiration oder durch geringe Wasserzufuhr — auf die Entlaubung viel energischer wirkt als Lichtmangel. Dies gilt wahrscheinlich von allen Gewächsen, besonders aber von jenen, welche feuchte Atmosphäre lieben. Boehmeria argeiitea, Goldf'ussla fjlomerata, G. isophylla, Chloranthus erectus etc. werfen die Blätter im dunst- gesättigten, finsteren Räume oft erst nach einem Monat ab, im hellen trockenen Räume dagegen schon in der Hälfte der Zeit oder sogar noch früher. Noch rascher kann man den Laub- fall hervorrufen, wenn man beide Factoren, Wasserentzug und Lichtabschluss auf die Pflanze gleichzeitig einwirken lässt. Zum Schlüsse dieses Capitels sei noch ein Versuch mit- getheilt, welcher den Beweis liefern soll, dass die Beeren von 170 M 0 1 i s c h, Ligustriim vulgare sich gegen Lichtabschluss ganz so verhalten wie Blätter. Zwei mit vielen reifen Früchten besetzte, möglichst gleiche Zweige der genannten Pflanze wurden mit ihrer Schnittfläche ins Wasser eingestellt und sodann mit Glasglocken bedeckt. Zur Her- stellung eines dunstgesättigten Raumes wurden beide mit Wasser abgesperrt und eine davon behufs Lichtabschlusses überdies noch mit einem schwarzen Sturz bedeckt. Temperatur 16 — 20° C. Versuchsdauer 10. — 18. October. Finster Licht Versuchsdauer in Tagen Zahl der abgefallenen Beeren Zahl der abgefallenen Blätter Zahl der abgefallenen Beeren Zahl der abgefallenen Blätter Nach 5 85 7 6 « * CS 3 .•■c -i 'Ö ~- » C-l ^3 -c: IS T-H Sq co 'i^ i« X X o '■c 5 S ^1 T-H -tl *1 1 -5^ tH ■*^ t Z£ e ■»f lO »ft CS -H 1-H '-C^ ■c S 0 S ■M i^ t- t>» X X GO *o T-l 1— 1 ^ 3 3 •i °' c lll ^ >-r> t- Ci ^ tH * f fi iß ^"^ ^^ tH ^ :c" ^ ä •"IS 3 o •5-J ^4 '^ ** ^ s "1^ ^ T-4 ;m »1 cc lÄ ?5 H t^ ^ S e 5; -^ tH «1 3^ 7^ «5 5 ^ T?- s ■<; -^ O CO l>- X — tM O X uoSt'x ai '^ rH ■^ T— 1 .lou'Bpsqons.io^ 7* C K " p c C ' ' es a P 53 t:^ se CS ^ 'Ö ^ o a ,a o ^ o ^ ^ o; a:; 'ö «c" (1) 5i Ä. 0 ^ 5S 0? Ci hn 1^ CS a. H a«, 00 (^ 1—1 ^ a s < s üutersiichimg-en über Laubfall. 177 VII. Anatomisclie.s nebst Schlussbemerkungen. Von der Ansicht ausgehend, dass ein klarer Einblick in die Physiologie des Laubfalls nur unter gleichzeitiger Berücksich- tigung der im Hlattgrunde vorhandenen und sich kurz vor der Ablösung li ervorbildenden anatomischen Verhältnisse möglich ist, habe ich diesen gelegentlich der vorhergehenden Untersuchungen stets Beachtung geschenkt und hiebei einzelne Beobachtungen gemacht, die hier kurz zusamniengefasst werden sollen. Verholzung von Grundgew^ebszelleu in der Nähe der Trennungsschichte. Bei sehr vielen Blättern unserer Holzgewächse verholzen in unmittelbarer Nähe der Trennungs- schichte bald grössere, bald kleinere Zellcomplexe, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man geeignete Schnitte mit einem der bekannten Wiesner'schen Holzreagentien, z. B. mit Phloroglucin und Salzsäure behandelt. Die verholzten Zellgruppen oder Zelllagen geben sich dem Auge bereits unter Zuhilfenahme der Loupe als rothe Flecken oder Linien kund. Eine derartige Ausfärbung des Präparates empfiehlt sich schon deshalb, weil die etwa vorhandenen Schichten, w ie Periderm, rundzellige Schichte, Treunungsschichte und die knapp darüber liegenden Zelllagen sich von einander ungemein scharf abheben, wodurch eine rasche Orientirung über die Anatomie des Blattgrundes ermöglicht wird. Bezüglich der Verholzung im Blattgrunde konnte ich bei dicotylen Pflanzen folgende Fälle unterscheiden. Die Verholzung erstreckte sich J. nur auf das unterhalb der Trennungsschichte liegende Periderm, 2. nur auf die rund- zeilige Schichte (Ulmus catnpestris), 3. nur auf die oberhalb der Trennungsschichten gelegenen Zelllagen (Tilia 'parvifoUa), 4. auf zwei (Gymnocladus cauadensis) oder alle drei der genannten Lagen, 5. auf gar keine (Lifiustrtim vuUjwre). Die Verholzung greift in den einzelnen Schichten entweder durch den ganzen Querschnitt des Blattgrundes um sich — und dies ist der gewöhnliche Fall — oder nur in den perifer gelegenen Partien. Einschnürung des Gefässbündels im Blattgrunde. Auf diese für die erleichterte Ablösung des Blattes offenbar sehr Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCIII. Bd. I. Abtli. 12 178 Molisch, wichtige Thatsache hat zuerst Wiesuer aufmerksam g-emacht.* Der genannte Autor sagt: „Durch Anfertigung von Querschnitten durch die Blattbasis kann man sich leicht überzeugen, dass die nach unten zu an allen Laubblättern sich theileuden Gefäss- bündel an Volumen abnehmen, indem ihre Querschnitte nach unten hin kleiner werden. Die grösste Verengung finde ich in jenem Abschnitte des Blattgelenkes, den die Trennungsschichte einnimmt. . . . Stets aber habe ich in dem herbstlich veränderten Blattgelenke nach dem Grunde hin eine Verminderung der Bast- zellen und Gefässe beobachtet." Diese interessanten Angaben sind merkwürdigerweise bis- her so gut wie unbeachtet geblieben, obwohl es leicht gelingt, sich bei vielen Blättern von der Richtigkeit derselben zu über- zeugen. Ich habe an zahlreichen Blättern die selbstverständlich schon von Anfang an vorhandene Einschnürung des Gefäss- btindels, sowie die Reduciruug der derberen Elemente in der Trennungslinie bemerkt und empfehle als ein in dieser Beziehung sehr günstiges Object Äzalea indica. Hier ist der Holzkörper in der Trennungsschichte ungefähr '/gmal schmäler als unmittelbar darüber. Ganz analoge Verhältnisse sind von v. HöhneP für viele Zweigsabsprünge (Salix) beobachtet worden. Einschnürung des Blattgrundes. Die Blätter mancher Pflanzen zeigen am Blattgrunde eine höchst auffallende, oft ganz unvermittelt auftretende Verschmälerung. Betrachtet man die Blattbasis einer Echeveriti, Peret^kiu oder Crassula, so würde man bei oberflächlicher Beobachtung glauben, dass der Blattgrund mit breiter Fläche dem Stengel aufgewachsen ist. Dies ist jedoch keineswegs der Fall, denn thatsächlich wird der organische Verband zwischen Blatt und Stengel nur durch eine kleine cen- trale Partie des Blattgelenkes vermittelt, wie man sich leicht überzeugen kann, wenn man das Blatt an seiner Basis vom Stamme ablöst. Folgende Zahlen sollen die Grösse der Ein- schnürung veranschaulichen. 1 Herbstl. Eutl:uil)inig-, 1. c. pa.^-. 41. - Fr. V. II ohne , weitere Untersuchuug-eu über den Ablösungsvor- gung von verholzten Zweigen. Mitth. aus d. forstl. Versiichswesen Österr.. Bd. II. 2. Tieft, Separatabdr. pag. 11. Wien 1879. Untevsuchunfi-en über Laubfall. 179 Grüsster Blatt- grimddnrchmesser Breite des schmalen Yerbindimgsstückes Pereskia aculeata . . . Echeveria sp Crasstila obligtia .... 3-4 Mm. 4-8 „ 5-0 „ 0-8 Mm. 1-4 .. 1-0 „ Erwägt man, dass bei manchen dieser Pflanzen (Pereskia) an der eingeschnürten Stelle die derben Elemente des Gefäss- bündels bedeutend zurücktreten und viel zarter ausgebildet sind, so leuchtet ein, dass bei derlei anatomischen Einrichtungen die Ablösung des Blattes sich sehr leicht vollziehen wird. Die geschilderten Verhältnisse sind keineswegs auf die genannten Pflanzen beschränkt, sie finden sieh mitunter auch bei Holzgewächsen, nur in viel minderem Grade, oft gar nur auf einer Seite des Blattgrundes ' (Juniperns communisj Gingko biloba^ Lif/ustrum vulf/m-e, Viscnm album etc.) Trennungszone einiger Coniferen. Obwohl man die Anatomie des Blattgelenkes bei den verschiedensten Pflanzen- ordnungen genau untersucht hat, existiren doch keine diesbezüg- lichen Angaben über die Blätter der Coniferen. Ich fand nur eine einzige Bemerkung bei v. Mohl^ über Gingko biloba, aus welcher hervorgeht, dass der Blattgrund ganz ähnlich gebaut ist wie der vieler Laubhölzer und nichts Abweichendes darbietet. Dagegen bieten die Blätter anderer Coniferen so viel Eigenartiges und auch Interessantes, dass ich es mir nicht versagen will, das Wichtigste darüber mitzutheilen. Abies excelsa. Das Blatt der Fichte sitzt auf einem soge- nannten „Blattkisseu", welches nach der Ablösung des Blattes am Stamme verbleibt. Ein Längsschnitt durch die Basis einer 5 Ähnliches findet sich nach v. Höhnel fAblösimgsvorgang, 1. c. pag. 11.) bei Zvveigabsprüngen von Thuja occidentalis und den Kurztrieben der Kiefer, nach meinen Beobachtungen an den abfallenden Zweigen von Tnmarix gallica. 2 1. c. pag. 9 und 12. 12* 180 Mo lisch, ein- oder mehrjälirig'en Nadel zeigt sofort au der Grenze zwischen Blattkissen und Blattgrimd eine höchst aufFallend gebildete Trennnngszone. Diese verläuft in einem flachen nach oben con- vexen Bogen und besteht aus zwei Schichten. Die eine setzt sich gewöhnlich aus zwei bis drei Lagen von in der Richtung der Blattachse ziemlich gestreckten Sklerenchymzellen zusammen. Dieselben sind porös verdickt, stark verholzt und besitzen je einen Zellkern. Die andere ist viel weniger auffallend, weil geringer entwickelt und besteht aus kurzen, polyedrischen, gleich- falls in zwei bis drei Lagen vorhandenen Sklerenchymzellen. An der Grenze zwischen diesen beiden Sklerenchym- schichten findet die Ablösung des Blattes statt. Daher findet man den Grund der abgetrennten Nadel von der oberen die Narbe des Blattkissens von der unteren Sklerenchym- platte bedeckt. Von der letzteren haften gewöhnlich einige au dem fallenden Blattgrund fest. Ob in der kleinzelligen Skleren- chymzone vor dem Blattfall Theilungen eintreten, konnte ich nicht beobachten. Abies pect'muta. Das Blatt sitzt am Zweige mit verbreitertem Grunde fest. An der Grenze zwischen beiden ist eine unbedeutende Einschnürung zu bemerken, von welcher die mehr minder braun- gefärbte, zumeist aus 2 — 3 Zelllagen bestehende Trennungs- zone ausgeht. Auch hier besitzen die Zellen einen wenn auch nur wenig ausgesprochenen sklerenchymatischen Charakter. Sie sind polyedrisch, verholzt und führen nicht selten kleine Krystalle von oxalsauremKalk. Unmittelbar darüber bildet sichdieTrennungs- schichte, eine gewöhnlich nur zwei Zelllagen umfassende, klein- zellige, plasmareiche Gewebsplatte, die sich von dem darüber liegenden Grundgewebe nur wenig abhebt. Beim Blattfall bleibt dieSklerenchymschichte am Zweige zurück undbedeckt die Narbe. Lariv eiiropaea. Durch das unvermittelte Aufeinanderstossen von kleinen polyedrischen Sklerenchymzellen auf zarte, fast eben so grosse Parenchymzellen kommt eine scharf markirteTrennungs- zoue zu Staude. Die verholzten Parenchymzellen gehen nach unten allmählich in Periderm, nach oben ohne Übergang in zartwandiges Parenchym über, aus welchem offenbar die Treunungsschicht sich hervovbildet. Ganz ähnlich verhält sich Cednts Deodora, deren Nadeln auf einem ziemlich lauü-en Blattkisseu sitzen. Uütersucluuigeu über Laubfall. 181 Taccus baccata. Ich untersuchte verschieden alte, selbst fünf- jährig-e Nadeln, konnte jedoch weder das Vorhandensein einer Trennung'szone, noch einer Trennung-sschichte nachweisen. Offen- bar bildet sich die letztere erst ganz kurz vor dem Abfall des Blattes aus. Ich suchte die Bildung der Mohl'schen Schichte durch Einstellen der Zweige in einem finsteren, dunstgesättigten Raum, oder durch mangelhafte Wasserzufuhr hervorzurufen — allein vergebens. Die Eibe ist diesen Einflüssen gegenüber ungemein resistent. Auf pag. 176 — 178 wurden einige anatomische Thatsachen angeführt, welche eine leichtere Lostrennung des Blattes vom Sprosse ermöglichen. Eine der wichtigsten Fragen jedoch, welche Umstände die Isolirung der Zellen in der Trennungssehichte überhaupt bedingen, wurde bisher noch nicht erörtert. Nach den Untersuchungen von Wiesner' lösen die organi- schen Säuren, welche bei gehemmter Transspiration in Folge der Stagnation der Zellsäfte nachweislich reichlich entstehen, die Mittellamellen der betreffenden Zellen auf. Der genannte Autor konnte sogar Blätter, deren Trennungsschichten bereits angelegt waren, durch Einlegen in Auflösungen organischer Säuren nach einigen Tagen zur Ablösung bringen. ^ Van Tieghem undGuignard^ stellten vor nicht langer Zeit die Behauptung auf, dass kurz vor Abfall des Blattes eine mittlere Zone der Trennungsschichte resorbirt wird, die übrig- bleibenden Zellen sodann aufeinander zuwachsen, in Folge grossen Turgors gegeneinander drücken und auf diese Weise das Gefässbündel zerreissen. Ich habe mich bei verschiedenen dico- tylen Blättern bemüht, eine solche Resorption aufzufinden, allein ich gelangte stets zu einem negativen Resultat. Abgesehen von dem Gefässbündel, dessen Elemente zumeist zerreissen, fand ich die Trennungszellen vollständig intact, oft bedeutend vergrössert, zusammen mitunter einen mehligen Belas' bildend. 1 1. c. pag. 44. 2 1. c. pag. 39. 3 Observations sur le mecanisme de la chute des feuilles. Bull. soc. bot. France, T 29, pag. 312—317. Ein Referat darüber von mir findet sich im bot. Centralblatr, Bd. 17. pag. 72. 182 Molisch, Bei BeantwortUDg- unseres Problems seheint es mir passend^ auf verwandte Erscheinungen vergleichend auszublicken und sich /u fragen, welcher Mittel sich denn die Pflanze bedient^ wenn es sich um die Isolirung von Zellen, um die Auflösung von ]\Iittellamellen oder ganzer Membrantheile handelt. Solche Pro- cesse kommen in der Pflanze sehr oft vor: die Querwände junger zum AulTjau von Gelassen bestimmten Zellen verschwinden häufig ganz, das Celluloseendosperm vieler Palmensamen wird bei der Keimung resorbirt, Pilzhypheu durchbohren spielend leicht die Membran ihrer Wirtbe, die Zellen im Fruchtfleische von Liyustrum vulgare und Symphoricarpus racemosus gehen mit glatten Wänden aus dem Verbände, selbst todte Pflanzentheile zerfallen in bakteriösen Flüssigkeiten in ihre Elemente. Alle diese Vorgänge erklären sich in einfacher Weise durch die Einwirkung eines celluloselösenden Ferments. Es ist mir daher im hohen Grade wahrscheinlich, dass auch bei der Ab- lösung des Blattes in der Trennungsschichte ein solches Ferment auftritt und die Auflösung der Mittel- lamellen besorgt. Wiesner^ hat jüngst die schöne Entdeckung gemacht, dass die Gummibildung in der Pflanze durch die Wirkung eines Fer- mentes auf die Zellmembran zu Stande kommt. Als ich davon Kenntniss erhielt, kam ich auf die Vermuthung, ob nicht zur Zeit des Blattfalls im Blattgelenke dieses oder ein ähnliches Ferment auftritt und die Auflösung der Mittellamellen bedingt. In der That konnte ich mich bei sehr vielen Blättern von der Gegenwart eines solchen Fermentes überzeugen, und zwar mit Hilfe der von Wiesner zum Nachweis seines Gummiferments angegebenen prachtvollen Farbenreaction (Orcin + Salzsäure). Behandelt man geeignete Schnittenach der von Wie sn er emi)fohlenen Methode^ mit Orcin und Salzsäure, so färben sich in der Kälte bloss die ver- holzten Elemente violett, erwärmt man dann bis zur Siedehitze (am Objectträger), so färbt sich der Plasmainhalt vieler Zellen des Blattgrundes violett oder blau, am meisten aber der Inhalt 1 Über das Gnmmiforment. SitzLer. d. kais. Akad. d. Wisseiisch. Jahrg. 1885, Bd. 92. - Gummiterment. 1. c. pag. 2ü etc. Untersuchungen über Laubfall. 183 der die Treuuuug-sschiclite bildenden Zellen. [Evonymus japouicns, Äxalea hulicn, Aesculus Hippocastanum, Fra.vinus excelsior, Til'ta pan'if'olia etc.) Hier wird also das Gummiferment in grosser Menge gebildet, in grösserer als in den anderen Zellen des Blattgrundes und den daranstossenden Geweben. Hiermit lässt sich auch die Ansicht von Wiesner, wonach organische Säuren bei der Lsolirung der Zellen in der Trennungs- schichte betheiligt sind, vereinigen, da die Wirkung von Fer- menten durch die Gegenwart von Säuren nach mehrfachen Angaben unterstützt wird. VIII Die wichtigeren Eesultate der vorhergehenden Untersuchungen lassen sich in folgenden Sätzen zusammenfassen. 1. Wird die Transspiration von Zweigen, welche stark zu transspiriren gewöhnt sind, plötzlich gehemmt, so werfen sie die Blätter ab (Wiesner). Pflanzen, welche feuchte Atmosphäre lieben, behalten oft monatelang im dunstgesättigten Kaume ihr Laub. '2. Eine nicht allzu rasche, aber continuirliche Herabsetzung des Wassergehaltes im Blattgrunde führt zur Anlage der Tren- nuugsschichte und in vielen Fällen auch zur Ablösung der Blätter. Die letztere wird in auffallender Weise begünstigt und beschleunigt, wenn der Turgor des Blattgrnndes durch reiche Wasserzufuhr rasch gesteigert wird (Wiesner). 3. Es ist im Wesentlichen gleichgiltig, ob das Welken der Pflanzen durch gesteigerte Transspiration, durch mangelhafte Wasserzufuhr oder durch beide zugleich herbeigeführt wird; von Wichtigkeit ist jedoch, dass das Welken nicht allzurasch eintritt, weil die Blätter sonst vertrocknen, bevor sie noch Zeit gefunden, ihre Trennungsschichten zu bilden. 4. Abgeschnittene Zw^eige, welche ihrer Organisation wegen sehr langsam transspiriren, werfen ihre Blätter selbst an der Luft liegend ab. (Succulente Pflanzen, Fichte, Tanne, Begonia eto 5. Auf mangelhafter Wasserzufuhr beruht auch die That- sache, dass abgeschnittene und mit ihrer Basis ins Wasser ein- 184 Molisc'li. Untersuchungeu über Lidibfall. g-estellte Zweige ihr Laub tVüliev verlieren als aualoge am Baume verbliebene und ferner, dass viele Grewächse in Folge starker Schädigung des Wurzelsystems beim Verptlauzen aus freiem Lande in Töpfe oft einen grossen Theil ihres Laubes einbüssen. 6. Durch stagnirende Bodennässe kann gleichfalls das Wurzelsystem geschädigt und bei vielen Pflanzen hiedurch theil- weise oder völlige Entblätterung herbeigeführt werden. 7. Lichtmangel bewirkt Entlaubung. Am empfindlichsten erweisen sich stark transspirirende Pflanzen mit krautigen Blät- tern (Coleus), weniger empfindlich Gewächse mit lederigem, stark cuticularisirtem Laub (Azalea, Rhododendron, Abies pectl- nata), fast gar nicht empfindlich einzelne wintergrüne Coniferen (Eibe, Föhre). 8. Der Einfluss der Temperatur auf den Blattfall ist ein sehr complicirter. Sie wirkt indirect durch Beeinflussung der Transspiration, aber auch direct, ganz unabhängig von der letzteren. Es fallen nämlich im dunstgesättigten Pvaume Blätter, deren Trennungschichten noch nicht oder eben erst angelegt wurden, l)ei höherer Temperatur (17 — 22° C.) viel reichlicher und früher ab als bei niederer (1 — 10° C). 9. Sauerstoff ist eine wesentliche Bedingung des Laubfalles. Erschwerter Luftzutritt verzögert bereits den Laubfall, Daher lösen sich denn auch unter Wasser getauchte Blätter viel später ab^ als in feuchter Luft befindliche. 10. Mit Rücksicht auf analoge Vorgänge in der Pflanze und mit Rücksicht darauf, dass Wiesner's jüngst entdecktes Gummi- ferment bei vielen Pflanzen gerade in der Trennungsschichte in reichlichem Masse nachgewiesen werden konnte, erscheint es sehr wahrscheinlich, dass die Auflösung der Mittellamellen beziehungs- weise die Tsolirung der Zellen hier durch ein celluloseumbilden- des Ferment vollzogen wird, wobei organische Säuren unter- stützend eingreifen. 11 . Die Arbeit enthält ferner neue Beobachtungen anatomischer Natur über die Verholzung von Gewebeschichten in der Nähe der Trennungsschichte, über die Einschnürung des Blattgrundes und über das Blattgelenk von Coniferen, SITZUNGSBERICHTE DER miii üiDiE m wisisceiFfi MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. XOIII. Band. III. Heft. ERSTE ABTHEILUNG. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik^ Zoologie, Geologie und Paläontologie. 187 VII. SITZUNG VOM 4. MÄRZ 1886. Die Bibliothek der Stazioue zoologica in Neapel dankt für die Betlieilimg derselben mit dem akademischen Anzeiger. Das w. M. Herr Hofrath Prof. C. Claus übermittelt für die akademische Bibliothek 17 Hefte der von ihm herausgegebenen: „Arbeiten aus dem zoologischen Institute der Uni- versität Wien und der zoologischen Station in Triest" aus den Jahren 1878—1886. Herr F. Friedrich, königl. preuss. Hoflieferant zu Prag, übermittelt ein Exemplar einer von ihm verfassteu : „Anleitung auf mnemonischem Wege die Kenntniss der Bedeu- tung sämmtlicher telegraphischer Zeichen binnen einem Tage sich anzueignen". Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. Dr. A. Rollett über- sendet unter dem Titel: „Beobachtungen an den geformten Bestandtheilen des Blutes", eine Arbeit, vpelche Herr Dr. Karl Laker im physiologischen Institute der Grazer Uni- versität ausgeführt hat. Herr Dr. Clemens Winkler, Professor der Chemie an der königl. sächsischen Bergakademie in Freiberg, macht mit Schrei- ben vom 21. Februar 1. J. die Mittheilung, dass er im Argyrodit von Freiberg ein neues, dem Arsen und Antimon nahestehendes, nicht metallisches Element aufgefunden und demselben den Namen „Germanium" beigelegt habe. Das w. M. Herr Professor v. Kerner hält einen Vortrag: „Über die Ernährungsgenossenschaften von Pilzen und Blüthenpflanzen." Das w. M. Herr Hofrath C. Claus überreicht eine Mit- theilung: „Über die Charaktere der Gattung Artemia im Gegen Satze zu Braiichlpus.'^ 188 Das w. M. Herr Prof. Ad. Lieben überreicht eine von ihm in Gemeinschaft mit Herrn Dr. S. Zeisel ausgeführte Arbeit: „über Condensationsproducte der Aldehyde", lY. Ab- handlimg. Das w. M. Herr Hofrath Intendant Ritter v. Hauer über- reicht eine Mittheihing aus dem geologischen Institute der deutschen Universität zu Prag unter dem Titel: „Neue Beiträge zur Kenntniss der Juraablagerungeu im nördlichen Böhmen". (IL) von Herrn G. Bruder. Herr Dr. Eduard Mahler, Assistent der k. k. österreichischen Gradmessung in Wien, überreicht eine Abhandlung unter dem Titel: „Untersuchung einer im Buche „Nahum" auf den Untergang Ninive's bezogenen Finsterniss." Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zu- gekommene Periodica sind eingelangt : South African Philosophical Society: The Transactions, Vol. III. Part 1 (1881—83), Part 2 (1883—85). Cape Town, 1884, 1885; 8^ Bergens Museum: Bidrag til Myrostomernes anatomi og histologi af Fridtjof Nansen. (Med 9 Planchers.) Bergen, 2885. Fol. Stoliczka Ferdinand: Scientific Eesults of the second Yarkaud Mission: Araneidea. Calcutta, 1885; Fol. 1 189 YIII. SITZUNG VOM 18, MÄRZ 1886. Se. Excellenz der Herr Curator-Stellvertreter Kitter V. Schmerling- spricht in einem an den Herrn Präsidenten der Akademie gerichteten Schreiben seinen verbindlichsten Dank aus für die ihm gewordene auszeichnende Begrüssung anlässlich der am 10, März d. J. zu Ehren des Curatoriums abgehaltenen feierlichen Sitzung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Der S e c r e t ä r macht im Namen der akademischen Commission für die Herausgabe der wissenschaftlichen Publicationen über die ö s t e r r e i c h i s c h e J an M ay e n -E X p e d i t i 0 n die IMittheilung von dem Abschlüsse und dem unmittelbar bevorstehenden Erscheinen des ersten Bandes diesesWerkes, mit dem Bemerken, dass von den 14 Polarstationen, welche im Jahre 1882/83 über Anregung des Polarfahrers C arl Weyp recht und des Grafen HansWilczek zu dem Zwecke gleichzeitig in Thätigkeit gesetzt wurden, um nach einem gemeinsamen Programme Beobachtungsdaten zu sammeln und wissenschaftliche Untersuchungen in den eiserfüllten Kegionen anzustellen, die von der österreichischen Expedition activirte Station auf der Insel Jan Mayen erfreulicher Weise die erste Station sein dürfte, deren wissenschaftliche Errungen- schaften als ein Beitrag zu dem grossen internationalen Unter- nehmen der Erforschung des Polargebietes schon jetzt vor die Öffentlichkeit treten. Herr A. B. Meyer, königi. sächs. Hofrath und Director des zoologischen und autbropologisch-ethnographischen Museums in Dresden, übermittelt für die akademische Bibliothek folgende von ihm herausgegebene Druckwerke mit Illustrationen: 1. ..Gurina im Obergailthal (Kärnthen). Ergebnisse der im Auftrage der anthropologischen Gesellschaft zu Wien im Jahre 1884 vorgenommeneu Ausgrabungen." 2. „Das Gräberfeld von Hallstadt." 190 Das w. M. Herr Prof. V. v. Laug übersendet eine für die Sitzungsberichte bestimmte Abliandhing: „Bestimmung der Tonhöhe einer Stimmgabel mit dem Hipp'schen Chrouo- skop," über welche derselbe bereits in der Sitzuug vom 11. No- vember V. J. berichtet hat. Das w. M. Herr Prof. E. Hering übersendet eine Arbeit aus dem physiologischen Institute der deutschen Universität zu Prag: „Beiträge zur allgemeinen Nerven- und Muskel- physiologie. XIX. Mittheilung. Über das elektromoto- rische Verhalten des Muskelnerven bei galvanischer Reizung," von Herrn Prof. Dr. Wilh. Biedermann. Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. L. Boltzmann in Graz übersendet eine in seinem Institute ausgeführte Arbeit: „Untersuchungen über das Verhältniss zwischen dem elektrischen und elektromagnetischen Maasssystem" (IL), von Herrn Dr. Jgn. Klemencic. Das c. M. Herr Prof. V. v. Ebner übersendet eine im Institute für Histologie und Embryologie in Graz von dem Assistenten dieses Institutes Herrn Dr. Ludwig Merk ausge- führte Arbeit: „Über die Schleimabsonderung an der Oberhaut der Forellenembryonen." Das c. M. Herr Prof. L. Gegenbauer in Innsbruck über- sendet eine Abhandlung unter dem Titel: „Arithmetische Notiz." Herr Prof. Dr. J. H()rl)aczewski in Prag übersendet eine Abhandlung unter dem Titel: „Versuche über die Ent- stehung der Harnsäure im Organismus des Menschen." Herr Prof. Dr. Sigmund Mayer in Prag übersendet eine zweite (vorläufige) Mittheihmg: „Studien zur Histologie und Physiologie des Blutgefässsysteras". Der S e c r e tä r legt folgende eingesendete Abhandlungen vor : 1. „Untersuchungen über Strychnin. IL Über Xantho- strychnol und Strychnol", von den Herren Prof. Dr. W. F. Loebisch und Dr. P. Schoop in Innsbruck. 2. „Einwirkung von Cyankalium auf Dinitroaniliu", von den Herren Prof. Dr. E. Li pp mann und F. Fleissner in Wien. 191 3. ,,Über das Cyanhydriu des Nitrosodipropyl- anilins", von Herrn A. Man dl in Wien. 4. „Über den Zusammenhang zwischen den voll- ständigen Integralen und der allgemeinen Lösung bei partiellen Differentialgleichungen höherer Ordnung", von Herrn Dr. V. Sersawy in Wien. 5. j,Über Einlagerung von Calciumoxalat in die Zellwand bei Nyctagineen", vonHerrn Anton Heimerl in Wien. 6. „Über hyperelliptische Curven", von Herrn Dr. K. Bobek in Prag. 7. „Über die innere Reibungscoustante und die specifische Zähigkeit organischer Flüssigkeiten und ihrer flüssigen Lösungen" und 8. „Über Tropfengewichte und deren Beziehung zu den C api 11 aritätscons tauten; über die Endlichkeit und Constanz des Randwinkels und über den Einfluss der Krümmung der Wand auf die Capillaritäts Constanten", letztere beiden Arbeiten von Herrn Dr. J. Traube in Hildesheim (Prov. Hannover). Ferner legt der Secretär ein versiegeltes Schreiben vor, welches Herr J. Rieh. Harkup, Realitätenbesitzer in Krems, behufs Wahrung der Priorität eingesendet hat. Dasselbe führt die Aufschrift: „Beschreibung einer Verbesserung in der gegenwärtigen Art der Hinterlader". Das wirkliche Mitglied Herr Hofrath C. Claus übergibt folgende Mittheilung: „Über die Entwicklung und den feineren Bau der Stilaugen von Branchipus.'-^ Das w. M. Herr Prof. J. Loschmidt überreicht eine Abhandlung unter dem Titel: „Die Schwingungszahlen einer elastischen Hohlkugel". Herr Prof. Dr. Ernst Fleischl v. Marxow überreicht eine nachträgliche Mittheilung zu seiner in den Sitzungsberichten veröffentlichten Theorie der optischen Eigenschaften eines homogenen magnetischen Feldes. 192 Herr Friedrich Biclschof in Wien übeiTeicht eine Abhand- lung: „Untersuchung-en über die Bahn des Planeten (220) Stephanie/' Selbständige Werke oder neue , der Akademie bisher nicht zu- gekommene, Periodica sind eingelangt: M. Mendelssohn und Ch. Riebet: Archives Slaves de Bio- logie. Tome I. Tome I. Fase. 1, Paris. 1886; 8". 193 Neue Beiträge zur Kenntniss der Juraablagerungen im nördlichen Böhmen. 11. Von Georg Bruder. (Mit 1 Tafel und 1 Holzschnitt.) (Mittheilungen aus dem geologischen Institute der k. k. deutschen Universität in Prag Nr. 6.) Vorgelegt in der Sitzung am 4. März 1886.) Zu Beginn des verflossenen Jahres machte mich Herr Geheimrath H. B. Geinitz auf eine sehr reichhaltige und interessante »Sammlung böhmischer Jurafossilien aufmerksam, die sich im Besitze des HeiTn August Weise, Vorstandes des Hum- boldt Vereines zu Ebersbach in der Oberlausitz, befindet. Auf mein Ansuchen wurde mir von demselben nicht nur die besagte Sammlung auf das bereitwilligste zur Verfügung gestellt, sondern es gelang Herrn Weise's gütigen Bemühungen auch noch weitere Suiten auszuforschen, welche mir durch seine Ver- mittlung gleichfalls fi*eundlichst anvertraut wurden; so vom Hen-n Carl Kögler zu Schönbüchel bei Schönlinde. Unter den mir also zur Bestimmung vorgelegten böhmischen Juraversteinerungen aus Sternberg und Khaa erregten beson- ders einige Brachiopoden meine Aufmerksamkeit, welche mir bis dahin weder aus Böhmen noch aus Sachsen bekannt geworden waren. Um wo möglich noch weiteres Material zu erhalten, erbat ich mir die von Dr. 0. Lenz* gesammelten und theilweise beschriebenen Brachiopoden von Sternberg aus der Sammlung der k. k. geologischen Eeichsanstalt zur Revision, und wurde dieser meiner Bitte vom Herrn Director Oberbergrath D. Stur in zuvorkommendster Weise entsprochen. 1 0. Lenz: Über Auftreten jurassischer Gebilde in Böhmen. Zeitsch. für die gesammten Naturwiss. Bd. XXXV. Sitzb. d. mathem.-naturw. Gl. XCIII. Bd. I. Ablh. 13 194 Bruder, Wenn ich beute in der Lage bin, neuerdings einen Beitrag zur Kenntniss der Juraablagerungen im nördlicben Böhmen vor- zulegen^ so danke ich dieses nur der liebenswürdigen Unter- stützung, welche mir von den genannten hochverehrten Herren in der oben bezeichneten Weise zu Theil wurde. Desgleichen bin ich meinem hochgeehrten Vorstande Herrn Professor Dr. G. C. Laube und Herrn Oberbergrath Prof. W. Waagen für die freundlichst zu Gebote gestellte Literatur zu innigem Danke ver- bunden. A. Allgemeines. Die nachstehend angeführten Versteinerungen stammen grösstentheils aus dem Sternberger Bruche, nur einige aus der verlassenen Grube bei Khaa. Dieersteren lassen an der Beschaffen- heit ihres Versteinerungsmateriales und an der Art ihres Erhaltungszustandes zumeist leicht erkennen, in welcher Schichte sie eingebettet waren. 8ie vertheilen sich auf dieselben wie folgt: A. Ammonitenkalke. (Zone der Oppelia teiiuilobata.') 1 . Aspuloceras sp. (W. ) ^ 2. Simoceras sp, (W. ) 3. Perisphmctes cf. crusoUensis Font sp. (W.) 4. Perisphinctes cf. Ernesti P. d. Loriol sp. (W.) 5. Oppelia trachynota Opp. sp. (W.) 6. Oppelia tenuilohata 0])p. sp. (W.) 7. Aptychus o-asnicauda Q neust. (W.) 8. Nautilus franconicus Opp. (W.) 9. Astarie cf. snpracorallina d'Orb. (W.) B. Thonig-mergeiige Zwischenschichte. (Schwammlager.) 10. Lima cf. fcfpdata Münster (W.) 11. Blast inia äff. costa/a Qucnst. sp. (W.) 1 (W) zeigt an, da«s sicli die betreffendcü Exemplare in der Sammlung des Herrn August Weise; in Ebersbach befinden. Neue Beiträge zur Kenntniss der Juraablagerungen etc. 195 12. Myrmecium he7nisphnericiim Gold f. sp. (W.) 13. Cory Hella Quenstedfi Zittel i^W.) 14. Eusiphonell n perple.va Quenst. sp. 15. Enden perforata Quenst. sp. (Geolog-. Inst. Prag.) 16. Pachyteichisma jugosa Quenst, sp. (TV.) 17. Pachyteichisma microstoma Quenst. sp. (TV.) 18. Trochobolus culeiis Quenst. sp. (W.) 19. Trochobolus barbatus Quenst. sp. (W.) 20. Oophyma labyritithica nov. gen. nov. sp. (G. Inst. Prag.) 21. Cylindrophyma heteroporacea nov. sp. (W.) 22. Hyalotrayos fistulosinn Quenst. sp. (W.) 23. Hyalotrayos cf. pezizoides Goldf. sp. (W.) 24. Cnemidiastnim cf. condliiuim Quenst. sp. (W.) 25. Cnemidiastrum striata- punctat um Goldf. sp. (W.) C. Brachiopodenkalk. (Zone des Peltoceras bimammatum.) 26. Amalthens ühligii Bruder (Geolog-. Inst. Prag.) 27. Pecten äff. paraphorus Böhm. (Kögler in Schönbücliel.) 28. Spondylus moravicus Böhm. (SV.) 29. Hinnites sp. (TV.) 30. Terebratula ( Waldh eimia) äff. pseudolugenalis (M o e s c li) 31. Terebratula [Waldheimia) magasif'ormis Zeusch (TV.) 32. Terebratula imma)iis Zeusch. ysiv. jucunda Schi oss. (Geolog. Inst. Prag.) 33. Terebratula cerricula Quenst. (k. k. geol. Reichsanst.) 34. Terebratida cyclogonia Zeusch. (TV.) 35. Terebratula formosa Suess (Geolog. Inst. Prag-.) 36. Terebratula saxonica Bruder (k. k. geolog. Eeichsanst.) 37. Terebratula subbararica v. Ammon (TT^.) 38. Rhynchonella moravica Uhlig (k. k. geolog. Reichsanst.) 39. Rhynchonella Laubei Brudev (Geolog. Inst. Prag.) 40. Rhynchonella lacu?iosa var. dichotoma Quenst. (k. k. geolog'. Reichsanst.) 41. Crania porosa Goldf. (Geolog. Inst, in Prag.) 12* 196 Bruder, Aus clem^ durch eine Halde von Lesesteinen verschütteten Kalkbruche auf dem sogenannten „Peschkeus Räumigt", etwas östlich von den ersten Häusern des Dorfes K haa, sind nur drei bisher aus den böhmischen Juragebilden unbekannt gebliebene Arten zu nennen. Dieselben stammen aus dem dünnschieferigen Mergelkalke, über dessen Petrefactenführung ich bereits Aus- führliches berichtet habe. ^ Es sind dies folgende: 42. Pecoptichins refr actus Rein. sp. (W.) 43. Harpoceras hecticiim Rein. sp. (W.) 44- Amaltheus dorsocavntus Quenst. sp. (W.) Für die Sternberger Ammonitenkalke ist besonders das Vor- kommen der OppeUa tenuilobata^ des wichtigsten Leitfossiles für die Bestimmung des Horizontes, hervorzuheben. Das Schwammlager lieferte abermals eine Anzahl von Arten, welche in der westliehen Schweiz, Süddeutschland, Polen und Schlesien im mittleren Malm (Qu enstedts weisser Jura 7 und 0) verbreitet sind, nur einige wenige finden sich in den genannten Juradistricten in etwas höherem Niveau, das dem schwäbischen £ entspricht. Betreff der Brachiopodenkalke ist das Auftreten kieseliger Concretionen von grossem Interesse, das auf Grund eines in der Sammlung des Herrn Weise befindlichen Belegstückes mit umgebendem G-esteine nachgewiesen werden konnte. Durch dieses Verhalten, nämlich Einschluss von Kiesel- concretionen, ist auch in der petrographischen Be- schaffenheit eine auffallende Übereinstimmung des hellen dichten Brachiopodenkalkes der böhmischen Juragebilde mit den Kieselnierenkalken Nieder- baierns, den Ruditzer Schichten Mährens, sowie den plumpen Felsenkalken Polens und Oberschlesiens ausgedrückt; mit welchen sie, wie ich bereits nachgewiesen habe, zufolge ihrer Petrefactenführung als gleichalterig aufzu- fassen sind. ^ 1 Bruder, Neue Beiträge etc. p. 18, Sitzber. der k. Akad. d. Wiss. Bd. LXXXV, p. 467—468. - Bruder, Zur Kenutniss der Juraablageruugen von Steruberg etc. Sitzb. d. k. Akad. d. Wiss. Bd. LXXXIII, p. 58— .-)9. Neue Beiträge zur Keuntuiss der Juraablag-eriingen etc. 19 < Aber auch die ueuerding-s aus dieser Schichte vorliegeiideu Fossilien verdienen einige Beachtung-. Abgesehen von den nicht genau bestimmbaren Bivalven, welche mit Stramberger und Kel- heimer Vorkommnissen verglichen werden konnten, kommen in dieser Hinsicht in erster Reihe die Brachiopoden in Betracht. Eine nicht unbedeutende Zahl derselben findet sich nämlich vor- herrschend in den tithonischen Ablagerungen von lunwald, Stram- berg, Wimmis und Sicilien, so z. B. Waldheimia magasiformis, Terebratula immanis vüy. jucunda, T. cycloi/o?iiff und T. formosoj dagegen sind W. pseudola(/ena/is, T. sitbbav urica, Rhynchonclla moravica, Rh. lacunosa var. dichotoma und Cranla j^orosa vor- züglich im mittleren weissen Jura der westlichen Schweiz, Süd- deutschlands, Mährens und Polens verbreitet. Den letzteren reihen sich an die bereits früher aus dieser Schichte beschriebenen Arten: W. Moeschi, T. Zieteni, T. eUiptoides, T. bisujfarcinata, Rh. Astieriana, Rh. lacunosa var. subsimilis und var. cracoviensis, Dictyothivis Kurri xmd Meyerlea loricata. Die Formen mit jurassi- schem Charakter treten somit sowohl nach Zahl der Gattungen und Arten, als auch nach der Menge der Individuen gegenüber den wenigen und selteneren tithonischen Arten entschieden in den Vordergrund und können allein für die Altersbestimmung massgebend sein. Dieses merkwürdige Zusammenvorkommen sogenannter tithonischer und jurassischer Brachiopoden, welches auch von Schlosser' für die Diceraskalke von Kelheim, und von Uhlig^ betreff der hellen Kieselnierenkalksteine der Schwedenschanze in der Umgebung von Brunn nachgewiesen wurde, lehrt aber- mals, dass den Brachiopoden im weissen Jura bei Feststellung des Horizontes nicht die Bedeutung von Leitfossilien zuerkannt werden darf. Dagegen scheint dieses Vorkommen für die Beurtheilung der Verbindungswege, welche gewiss zwischen den verschiedenen Meeresbecken während der Jurazeit bestanden haben, von nicht zu unterschätzender "Wichtigkeit zu sein. Es kann nicht als ein Ergebniss des Zufalles aufgefasst werden, dass aus den böhmischen Juraablagerungen von Stern- 1 Schlosser, Brachiopoden des Kelheimer Diceraskalkes. p. 208. - Uhlig. Die Jurabilduugen in der Umgebung von Brunn, p. 29. 198 Bruder, berg- und Khaa sogeuaunte tithonische Brachiopoden in vier Arten und zehn Exemplaren vorliegen, während unter den mir in mehr als dreifacher Individuenauzahl zur Verfügung gestellten Hohnsteiner Brachiopoden sich nur ein einziges Exemplar von T. äff. formosa vorfand, und anderseits die entschieden nord- deutschen Formen Waldheimia hnmeralis und Rhynchnnella pinyuis bisher in Böhmen nicht gefunden worden sind. Für Hohnstein habe ich bereits a. a. 0. * den Einfluss her- vorgehoben; w^elchen die Nachbarschaft der jurassischen Nord- see auf die Zusammensetzung der Fauna dieser Ablagerung genommen hat, heute muss für die böhmischen Juragebilde betont werden, dass in denselben mehr der Charakter jener Faunen zum Ausdrucke kommt, welcher für die mährischen und niederbaierischen Jurabildungen bezeichnend ist. Ist auch die Möglichkeit keinesfalls ausgeschlossen, dass etwaige neue Funde das gänzliche Fehlen der in Rede stehenden Formen in der einen oder der anderen der genannten Localitäten nicht bestätigen würden, so dürfte doch dadurch kaum das bezeichnete Verhältniss gestört werden, welches in einem Über- wiegen südlicher Arten im Jura von Böhmen gegenüber jenem Sachsens besteht. Dieses Verhältniss lässt sich nicht in ungezwungener Weise erklären unter Aufrechthaltung der Ansicht: „die böhmisch- sächischen Juragebilde seien Ablagerungen, welche in einer schmalen Bucht des Jurameeres zum Absätze kamen, die sich entlang der Elbeniederung hinzog, ohne jedoch weiter in das Innere von Böhmen hinein zu reichen."^ Unter dieser Voraus- setzung könnte eine Zuwanderung von Lebewesen aus Baiern oder Mähren nach Böhmen und umgekehrt nur über Polen, Ober- schlesien und Sachsen erfolgt sein, es wäre somit nicht wahr- scheinlich, dass dieselben in den bezeichneten Gebieten keine Spuren ihres ehemaligen Vorkommens hinterlassen hätten, während sie in dem von ihren Ausgangspunkten am weitesten entfernten Gebiete ziemlich häufig gefunden werden. Es spricht 1 Bruder, Fauna von Hohnstein, p. 18. - Hauer, Übersichtskarte der österreichischen Monarchie, Blatt I und 11, p. 43. Nene Beiträge zm- Kenntuiss der Juraablagernngen etc. 3 99 vielmehr dieser Umstand für die Amiahme einer directen Ver- bindimg des böbmisch-sächsisclieu Meerestheiles mit jenem, welcher den Südosten des Massives iimfluthete. Hiernach wäre eine Wasserstrasse zu denken, welche einen unmittelbaren Austausch von Lebewesen zwischen Böhmen und Mähreu möglich machte, so dass es ganz natürlich erscheint, wenn in den böhmischen Juragebilden, als den nähergelegenen, der mährische, beziehungsweise süddeutsche, Einfiuss entschiedener zur Geltung kam als in den sächsischen. Es fragt sich nun, ob diese Annahme, welche sich zunächst nur auf palaeontologische Vorkommnisse stützt, vom geologischen Standpunkte begründet werden kann, oder ob derselben strati- graphische Hindernisse entgegen stehen. Der untrüglichste Beweis für die Eichtigkeit dieser meiner Ansicht würde dadurch geliefert, wenn unzweifelhafte Jura- sedimente noch an anderen Punkten des nordöstlichen Böhmen, etwa zwischen Liebenau, Eisenbrod und Mährisch-Krumau nach- gewiesen werden könnten. Dieses ist bis heute nicht der Fall, und wäre ein solcher höchstens durch Tiefbohrungen in der Nähe des Nordrandes der böhmischen Kreidemulde zu erbringen, da in Folge der viel bedeutenderen Transgression des Kreidemeeres, gegenüber dem jurassischen Ocean, die Ablagerungendes letzteren von Kreidegebilden mit übergreifender Lagerung verdeckt wurden. Überdies muss auch der Umstand im Auge behalten werden, dass erwiesenermassen ein grosser Theil der Jura- schichteu in Böhmen und Mähren noch vor Absatz der Kreide- sedimente durch eine bedeutende Denudation zerstört worden war. ' Um daher die muthmasslichen Verbindungswege zwischen den einzelnen Meerestheilen gegen das Ende der Jurazeit fest- stellen zu können, sind wir augewiesen anderweitige Anhalts- punkte aufzusuchen. Wir gewinnen solche durch Beantwortung der Frage über die Terrainverhältnisse des damaligen Meeres- grundes. Die Glieder der böhmisch-sächsischen Juragebilde finden sich zwar in nächster Nähe, aber niemals in unmittelbarem Con- ^ Siehe hierüber Näheres auf pag. 205 . 200 Bruder. Contact mit dem Urgebirge, es lagern zwischen denselben stets Schichten bunter Thone von gelber, blauer oder blutrother Farbe, die letzteren mit grünlichen Kalkschmitzen, welche zugleich mit den Juraschichten emporgeschoben wurden. Dieselben sind voll- kommen versteinerungsleer und ihre Mächtigkeit schwankt zwischen 2 Meter im Bruche von Sternberg und 30 Meter in der Kalkgrube von Hohnstein. Wie ich bereits a. a. 0. ^ nachgewiesen habe, sind diese Thone kaum jurassischen Alters, denn es bestehen keine ihnen äquivalenten Gebilde in den benachbarten Juradistricten, dagegen scheinen sie zufolge ihrer petrogra- phischen Beschaffenheit vollkommen mit jenen bunten Letten übereinzustimmen, welche in Sachsen das Hangende der Zech- steinformation bilden. Schlemmproben nach einer Quantität des rothen Thones von Sternberg ergaben keine Spur organischer Reste, der Rückstand stellt einen groben Sand dar, welcher aus kleinen farblosen Quarzkörnern und grösseren grünlich-grauen Kalkklümpchen zusammengesetzt ist. Rothliegendgebilde, bestehend aus Sandsteinen, Melaphyr und Porphyr, treten auch bei Liebenau, also am südlichsten bereits von Cotta beschriebenen Punkte der böhmisch-sächsischen Überschiebung, unter ganz ähnlichen Lageruugsverhältnissen zu Tage. Nebenstehendes Profil, welches mir von Herrn Professor NO SW »Suskal Liebenau 7 .», RM^R P CK TK T Phyllit, J/j AU ivielaphyr, i? Ob. Rothl. Saudsteiu, P Porphyr, CK Cenomane Krtüde, TK Turouc Kreide. Laube gütigst mitgetheilt wurde, zeigt deutlich die Aufrichtung der Dyasschichten am Urthonschiefer und mit denselben erscheint auch der Quadersandstein gehoben. 1 Fauna, von Hohnstein, p. 14. Neue Beiträg-e zur Keuntniss der Juraublageruugen etc. 201 Desgleichen finden Avir bei Harnstein südlich von Eiseu- brod, zwischen Kosakow und Semil^, sowie bei Stavkenbach^ Rotlilieg-endg-esteine und unteren Quader am Phyllit aufg-erichtet beziehungsweise von demselben abfallend. Es folgt ferner die merkwürdige sattelförmige Umbiegung des Rothliegenden bei Eipel •'^, welche durch einen eingesunkenen NW — SO streichenden schmalen Kreidezug von den Dyasablagerungen der Braunauer Mulde getrennt ist. In derselben haben längs dem östlichen Abfall des böhmisch-glätzischen Gebirges und am Rande des den glätzisch-mährischeu Golf begrenzenden Urgebirges, ähnliche Lagerungsverhältnisse platzgegriffen wie zw^ischen Liebenau und Meissen. Den interessantesten Aufschluss hierüber bietet der rothe Berg bei Glatz* dar. In überstürzter Stellung unter 50° — 73" gegen das Urgebirge einfallend stosseo mit krystallinischen Schie- fern Schichten des Roth liegenden zusammen, darauf folgen, nach und nach von der überkippten zur senkrechten Stellung über- gehend: ein conglomeratisch w^erdender Sandstein, ein ver- steinerungsloser Kalkstein und endlich Quadersandstein mit Exogyra Columba. Au die Dyasgebilde von Eipel reihen sich die von Hronow, Giesshübel, Mährisch-Trübau, Brünn-^ und Krems i letztere steil ostwärts gegen den Bruch einfallend und sich an den Ostrand des böhmischen Massives anschliessend.*^ Es kann somit ein nur auf kurze Strecken unterbrochener Zug von Rothliegendablagerungen verfolgt werden, der nahe- zu 400 Kilometer Länge besitzt, und sich aus der Gegend von Tharand über Loschwitz, Hohnstein, Hinter-Hermsdorf, Sternberg, Daubitz, dann w^eiter entlang dem Iser- und Riesengebirge bis nach Mähren hinzieht^; die böhmische Kreidemulde im Norden 1 Hoehstetter, Durchschnitt d. d. Nordrand d. b. Kreideabi. etc. Jahrb. d. k. k. geolog. ßeichsanst. Bd. XVIII, p. 249, Fig. 1. •^ Jokely, Übersicht d. Eothl. etc. 1. c. Bd. XII, p. 389, Fig. 3. 3 Schütze , Niederschi. böhm. Steinkohlenbecken. Abh. z, geol. Karte v. Pi-enssen. Bd. III, p. 5. Fig. a. ^ Beyrich, Lagerung der Kreidet', im schl. Geb., p. 75. 5 ßeuss, Beiträge zur geogr. Kenntn. v. Mähren. Jahrb. d. k. k. geol. ßeichsanst. Bd. V, p. G63. 6 Suess, Antlitz der Erde, p. 252. ' Suess, Entstehung d. Alpen, p. 94. 202 Bruder. und Osten uni-säuuiend. Weiter südlich folgen dieselben der Tiefen- linie, welche das Rrünner Syenitgebirg-e vom böhmischen Massiv trennt. Am Südrande der böhmischen Kreidemulde treten ebenfalls, aber räumlich mehr von einander abstehend, Rothliegendgebilde bei See, Rudov^, Scliwarzkostelec, Böhmisch-Brod, Schlan etc. mit synklinalem Einfallen in ziemlicher Ausdehnung zu Tage. Es gilt somit als sehr v^ahrscheinlich, dass die Rothliegendschichten des Riesengebirges unter den mächtig entwickelten Kreide und Diluvialgebilden der Elbe- und Isergebiete mit jenen des mittleren Böhmens in unmittelbarem Zusammenhange stehen^, was darauf hinweiset, dass während der Dyaszeit sich ein grosser See im nördlichen Böhmen ausgebreitet habe, welcher im Norden bis nach Sachsen, im Süden mittelst eines verhältnissmäsig schmäleren Armes nach Mähren und Niederösterreich bis in die Gegend von Krems reichte. Ganz analoge Bedingungen für ihre Ausbreitung haben auch die Gewässer des Kreidemeeres noch angetroffen; denn auch die Ablagerung der Kreideformation, welche die oben näher begrenzte Mulde erfüllen, stehen einerseits im Norden entlang dem Elbethale im directen Zusammenhange mit jenen Sachsens, anderseits erstrecken sie sich nach Südost mit einer weit vor- springenden Zunge bis in die Nähe von Brunn. Es müssen demnach hier sehr alte, bereits vor der Ab- lagerung der Rothliegendgebilde entstandene Reliefformen des Gebirges bestehen, welche im Wesentlichen unverändert bis zur Tertiärzeit hin die Anordnung der einander folgenden For- mationen bestimmten.-' 1 Krejci, Eisengebirg-e. Archiv, der Lamlesf. v. Bölunen. V. Bfind, p. tjT. - Hauer, geol. Karte. Bl. I u. II, p. 4!. '•' Beyrich a. a. 0. p. 70. Nur im Süden der ;ilteu (Waldeiiburger) Mulde sind die Urgebirgsränder verschwunden und die Art und Weise, wie die Kreideformatioh allein sich südlich des Heuscheuergebirges weiter ver- breitet, liefert den Beweis, dass liier in der Zwischenzeit zwischen der Ablagerung des Rothlicgenden und der Kreideformation (wahrscheinlich nach dem Rückzug des Jurameeres) in einer wegen des Fehlens der zwischen- liegenden Formationen nicht näher zu bestimmenden Zeit grosse Ver- änderungen in den Formen des Gebirges eingetreten sein müssen. (Welche als locale Einbrüche in diesem Gebirgstheile eine weitere Ausdehnung des Kreidemeeres gestatteten.) Neue Beiträge zur Kemitniss der Juranblagerungen etc. 203- War den jedenfalls seichten Dyasgewässern die Möglichkeit geboten, in der oben bezeichneten Weise, nach Sachsen und Mähren überzugreifen, so raussteu sich diese Verbin dnng-swege auch den bedeutenden Wassermassen des jurassischen Oceans erschliessen. Versucht man unter Berücksichtigung der vorangehend näher erörterten Verhältnisse ein Bild zu entwerfen über die Gliederung von Festland und Meer des besprochenen Gebietes gegen das Ende der Jurazeit, so gelangt man zur Darstellung des bei- gefügten Kärtchens, ohne dass jedoch selbes Anspruch auf Genauigkeit erheben könnte; denn zur Feststellung der einstigen Uferlinien fehlen fast jegliche Anhaltspunkte, Jedenfalls dürfte sich aber die Annahme rechtfertigen lassen, dass das böhmische Massiv während der Dyas-Jura und Kreidepeiiode durch einen Canal vollständig vom Sudetenmassiv getrennt war. Hiebei fasse ich unter letzterer Bezeichnung das zu einem langen schmalen insularen Vorlande vereinigte krystallinische System desLausitzer-^ Iser-, Riesen- und Altvatergebirges zusammen, welches sich auch durch die petrographische Beschaffenheit seiner archäischen Gesteine wesentlich von jenem des mittleren Böhmens und des Erzgebirges unterscheidet. Dieser Canal scheint sichln der Mitte zu einem „böhmischen Becken'- erweitert zu haben, während er sich im Süden zu einer mährischen, im Norden zu einer sächsischen Strasse ver- schmälerte. Zur Jurazeit hat er jedoch keinesfalls jene bedeu- tende Breite erreicht, welche hier später das Kreidemeer einnahm. Seine Küsten scheinen nur längs der Sudeteninsel steil gewesen zu sein \ entlang dem Nordrande des Massives mochten dieselben flacher abfallen. Absätze aus tiefem Wasser mögen daher wohl nur durch einen schmalen Zug von Kalksteinen, der sich nahe dem Südrande der Sudeten hinziehen dürfte, vertreten sein. Die gleich- zeitigen Ablagerungen nahe der gegenüberliegenden Küste des Canales Avaren wahrscheinlich von ab weichenderNatur, viel- leicht aus lockeren Sandsteinen oder Conglomeraten bestehend. In Böhmen und Sachsen herrscht ein ähnliches bemerkens- werthes Verhältniss wie in Oberschlesien und Polen, auf welches 1 Bruder, Fauna von Hohnstein, p. IG. 204 B r u der, bereits Herr Prof. Römer' aufmerksam gemacht hat. Dort über- lagern die Eisenoolithe des mittleren brauneu Jura buute zumTheile blutrothe Thone des Keuper, hier lagern Doggersandsteine über eben so beschaffenen „Letten", welche als Hangendes der Dyasformation auftreten und entweder noch dieser zugerechnet^, oder auch als ältestes Triasgebilde aufgefasst werden.^ Diese Thatsache berechtigt jedoch nicht zu der Annahme, dass hier zwischen dem Schluss der Dyas- und dem Beginn der Dogger- periode keine Unterbrechung der Niederschläge stattgefunden habe. Denn erstens kann, in Folge der durch die Dislocation bedingten Verschiebungen in der gegenseitigen Lagerung der emporgedrängten Schichten, nicht mehr mit Bestimmtheit ent- schieden werden, ob zwischen denselben ursprünglich eine Dis- cordanz bestanden habe; und zweitens ist eine solche in bedeu- tenderem C4rade wohl kaum zu erwarten, da in dem in Betracht gezogenen Gebiete nachweisbar während der mesozoischen Zeit keine erheblichen Störungen im Relief des Grundgebirges stattgefunden hatten. Immerhin erscheint es möglich und sogar walirscheinlicli, dass auch Glieder der Zechstein- und Trias- formation, welche nördlich der Sudeten ihre normale Entwicklung gefunden haben, südlich derselben, also im böhmischen Becken, sich in den sehr mächtigen rothen Sandsteinmassen verbergen; was Herr Prof. Beyrich* für den ersteren angenommen hat, und wie anderseits Herr Prof. Geinitz^ die Hang end-T hone derselben als ältestes Glied des Buntsandsteiues auffasst. Ganz besonders auf dieses Gebilde möchte ich daher Herrn v. Haue r's*^ Satz angewendet wissen: „Es sind nicht immer scheinbare Lücken einem wirklichen Fehlen der betreffenden Schichten- gruppe zuzuschreiben; gewisse Faciesgel)ilde, die in einem Gebiete eine eng umgrenzte Forniationsstufe repräsentiren. 1 Röraer, Geologie v. Oberschlesien, p. 275. - Credner, Die ol:)ere Zechsteinforniation in Sachsen. Sitzb. d. kg. Sachs. Ges. d. W. ISSb, p. ii»2. 3 Geinitz, Nachträge zur Dyas I, p. 40. * Beyrich, Über Eutwicklung des FKitzgebirges in Schlesien p. 0—71. •"' Geiiiitz, Dyasformation, p. 175. *> Haner Geologie der österr.-nngar. Monarchie IT. Anfl. p. 521. Neue Beiträge zur Kenutuiss rter Juraablagerungeii etc. 205 können in einem anderen Ablagerungen einer längeren Zeit- periode umfassen. Dagegen bat erwieseuermassen naeb Ablagerung der Tenul- /o6«^; .äf • 'S 'c ^ "^ > J^ <ä S] .2 a 'S g pq ^ a IS ÖD ü S O &ß r^ > =« 9 W CS ^ S s o ü Ö N bC W >-< aj o ;-< O pH ^ bß o hJ CO Ph c P bij Q ^ a o — . ^ ^tl bjo « 'S > "5 O «5 O fe ■g bi, .laumui^ 5 ^ &1 über Einlagerung von Calciumoxalat etc. 235 Blatt- Oberseite frei von Einlage- rung; Unterseite mit sehr dünner Lage in der A. W. der Ep. Zerstreute Körnchen in der A.W. der Ep. beider Blattseiten. Sehr spärliche Einlagerung in die Ep. A.W. beider Blattseiten. So a o > 'S bC .S "S W -2 rlT es 9 3 a a 03 g :^ 'S "S '^ s 03 o C o > ^ ä a Q "i 3 :ä > 1 a .1 a O .2 .S a P ^ a 3 :2 < 'S 02 .2 .9 o s: --I a « rS -ö . .2 > S !^ _bJD -<- 'S .2 fcJ3 a a o bß a o > '3 .s 'S) fl 03 03 o 03 India orientalis, Hima- laya, (8-10.000/ u.d.M.) Leg. Hooker. S £ Sil -5 c 1 .^'^ 1 ^"^ 3 "2 '^ 5 o 2 S es 'S t- ^•= pq .a o- bb .-3 J -a O Ex herbario Porten- schlag. Cnltivirt im Wiener botanischen Garten. >> SS rS 'o -a 1 ^ 1 1 CT: 1 Ö ^ Obere Blattseite mit spärlichen Körnchen; untere Blattseite mit vielen Körneren in der A. W. und wenigen in der S. W. und I. W. der Ep. Zellen. S o > S o W o > Blattunterseite sehr sparsam Körnchen führend, Blattüberseite etwas reicher daran. Blattoberseite frei von Körnern. Blattunterseite mit reichlicher Einlagerung in die Ep. 03 's« O § a -C 03 a o s .2 bp J i N s ^ 03 ~^ 03 a 03 J3 "03 :Js i '^' p 03 'S ,a 'S ^ . • SS ö 2 ^ ^ 2 O 'S 'S «3 .2 a Ä bC 03 2 -c bß ^ s 1 03 "^ -a b>; 1 "^ "S o . 03 5^ a ?5: sä 1.2 a b .1 ^ ^ 03 03 .2 S a ^ 03 a ^ 1 1-3 bh 03 a C5 CO » .~ «3 e C3 ■03 •^ a ^ -a in ce ^ IS c 'Ö 1- 1 < .igrauin^ \6 ■I— 1 CO 1—1 1—1 od über Einlagerung von Calciumoxalat etc. 237 Dünne Lage von Körnern in der Ep. A. W. beider Hlatts(^iten. J s .1 ^ 1 -i .S ?^ r- "w "ti '^ ^> :6; ^ Massig dichte Lage in den A. W. der Ep. beider Blattseiten. a J H ■" ä) S ^ ^ ^ ^ ^. : a •3 1 ^ i W "" --..= 11 •- :; a o 1 £ 1 1 5 :d ^ 5 .a M ^ '". 15 Blattoberseite fast frei. Unter- seite mit reichlicher Einlagerung in die A. W. der Ep. Trichomc frei von Einlagerung. Ep. A.W. fast frei von Körnern. 'S ^ .5 3 — a 1 ^ 1 ^ § 1 Schwache Lage in der A. W., dann spärliche Körner in (hu- S. W. und L W. der Ep. Tii- chome frei von Kalk. r5 & o 3 11 2 = -r & 3C H Wie bei voriger Art, dann auch einige Körnchen in der L W. der Ep. .1 ^ <1 2 2 « iß 'i ^ ^ 1 o ü bc 1 2 ^ SS l CO e o e O d CM >J 1 fM 1 ^ i 1 238 Heimerl, ■J. o 3 ^ a S ä| 013 "^ a -^ 2 .S g o Wie bei voriger Art, Körner aber auch in .S. W. und I. W. Trichome frei. In der Ep. A. W. beider Blatt- seiten. In der Ep. A. W. beider Blatt- seiten sehr sparsam auf der Ober- seite, reicher auf der Unterseite. A. W. der Ep. reichlich beider- seits mit Körnern, spärliL-lie in der 1. W. Sehr wenige Körner in der Ober- seite, mehr in der A.W. der Ep. der Blattunterseite. CO -3 'y, o 3 ^ a p CS » S o 6 = CS "^ 3 .^ !> bß Gattung- und Art 5 ^ ö -a "S 's '^ öS .louiuin^ X S<1 Ö CO über Einlagerung- von Calciumoxalat etc. 239 1 JUatt Ep. beiderseits in der A.W. und sparsamer in der L W. mit Körnern. .2 SO 3 iß a g 1 1 .2 1 p a. bß^ ^ 3 1 ^' bß a 3 Ulattoberseite fast frei, Blatt- unterseite mit massig reicher Einlagerung in die A. W. der Epidermis. Körner massenhaft in A. W., spärlichiu' in der L W. der Ep. Zellen und indeu darunterliegen- den Rindenzellen. '^ 3 a "3 — s: If 1 ^ 3 's y 3 &ß ^ i ^ g CS 02 Massenhafte Einlagerung in der A. W., spärlicher in der L W. der Ej). 3 ä 02 S :S 1^ Massig dichte Einlagerungin die A. W. der Ep. Nubien. Leg. Prinz Paul von Würtemberg. . > ^3 -1:1 bß ".r 0 :; S J fep -0 S 32 ® Vorder Indien, Maisor. Leg. Thomson. s 2 Ch -2 bß •S -s « 5 c £ Ä, S .=0 s „ spieatfi Herb. l>erol. (non. Choisy.) --■ ' -^^ vi -^ IC j IC CO ■ IC CC IC 240 Heimerl, somit als Cuticular-Scliichte, während, der übrige Theil der Membran, zngleicli der weitaus mächtigere, (k, i) ein umso inten- siveres Violett zeigt, je näher er dem Lumen der Zelle zu liegt; die unmittelbar unter den oft sehr schwach entwickelten Cuticular- Schichten liegenden Membran-Partien bleiben mit Chlorzinkjod farblos oder nehmen blassgelbliche Farbe an, was wohl auf einen geringen Grad von Cntinisirung derselben hindeutet. Die Grenzlamellen der einzelnen Epidermiszellen (in Fig. 1), welche in die Mittellamellen des darunter liegenden Parenchymes sich fortsetzen, nehmen unter diesen Umständen blassgelbliche Färbung an; endlich wäre noch anzufügen, dass Schwefelsäure bei beginnender Einwirkung in der Aussenwand schwache Schichtung hervorruft. In jener Partie der Aussenwand der Epidermiszellen, Avelche nach aussen von der Cuticula, nach einw^ärts von der lunenlauielle (/) begrenzt wird, liegen nun ( vergl. die Abbildungen) die Körnchen des Calciumoxalates, so dass die Einlagerung nach aussen bis zur Cuticula reicht, während die körnerführende Schichte gegen das Zelllumen hin von einer oft sehr breiten und ungemein deutlichen körnerfreien Schichte (/, z. B. Fig. 2 und 5) abgeschlossen wird. In solchen Fällen, wo die Einlagerung der Körner in die Wand eine besonders massenhafte ist (Fig. 1), kann man nur an den dünnsten Stellen der Präparate diese körnerfrei Schichte erkennen, sowie andererseits, wenigstens bei Acleiscmthes in den Trichomen dieser Pflanze leicht constatirt werden kann, dass die Körnchen über die Cuticula hervorragen und so lebhaft an die Einlagerung bei Nymphaea erinnern. Die Seitenwände der Epidermiszellen des Stengels und der Blätter führen nicht eben häufig — das Detail ist aus der Tabelle zu ersehen, — in ihren massig dicken Wänden Kalktheilchen, während hingegen bei vielen Arten eine reichliche Einlagerung von Calciumoxalat in die Innenwände der Epidermiszellen (Fig. 2) in oft sehr regelmässiger Anordnung zu constatiren ist. (Fig. 5). Auch hier bleibt die Innenschichte der Epidermiszellen frei von Körnchen und es erscheinen dieselben an den verdickten Wandstellen, wo mehrere Zellen aneinander grenzen, besonders reichlich vertreten (Fig. 2). Die eben gemachte Bemerkung, dass in jenen Fällen, wo sehr reichliche Einlagerung erfolgt, die über Einlagenmg von Calciumoxalat etc. 241 körnclienfreie Innenlamelle immer schwieriger sichtbar werde, g'ilt auch hier und in den Blättern von Boerhavla- Arten scheinen die Körner geradezu an das ZelUumeu anzugrenzen. Bekanntlich zeichnet sich die Familie der Nyctagineae, wie die verwandte Familie der Phytolaccaceae, durch die Menge von Raphidenschläuchen aus, welche in fast allen Theilen der Pflanzen (Stengeln, Blättern, Perigonen, Authocarpwänden etc.) anzu- treffen sind, sowie besonders bei den strauch- und bäumchen- artigen Gattungen (z. B. Bouf/ainvillea) grosse Einzelkrystalle, dann auch Drusen von oxalsaurem Kalke im Parenchyme, neben den Rhaphiden, nicht selten vorkommen. Bei der Untersuchung der Zellwände der von der Epidermis umschlossenen Gewebs- partien konnte ich auch bei Anwendung des Polarisations- Mikroskopes nirgends mit Bestimmtheit eine Einlagerung in andere Gewebstheile, als die vorstehend angeführten, con- statiren. Vollkommen frei erscheint immer der Holzkörper und nur manchmal (z. B. bei Boerhavia repens L.) treten im Piinden- und Markparenchym spärliche, bei gekreuzten Nicols auf- leuchtende Pünktchen auf, welche den Zellhäuten anliegen, doch konnte ich bei den trockenen Exemplaren mir darüber nicht genügende Sicherheit verschaffen, ob sie nicht etwa der Wand mechanisch anhaftende Theilchen von Rhaphiden seien. Das Calciumoxalat selbst, dessen Nachweis auf die bekannten Reactionen gestützt (starkes Aufleuchten bei gekreuzten Nicols, scheinbare Unveränderlicbkeit beim Glühen, Unlösliehkeit in Essigsäure, leichte Löslichkeit in Salzsäure, Bildung von Gyps- nadeln mit verdünnter Schwefelsäure) erbracht wurde, erscheint in den Membranen in oft sehr dicht gedrängten körnerähnlichen Partikeln, über deren Begrenzung durch scharfe Ecken und Kanten bei den meisten untersuchten Arten, der ausserordentlichen Kleinheit halber (sie messen kaum 1/j.) nichts weiter gesagt werden kann. Xur in einigen wenigen günstigeren Fällen, so z. B. bei Oxyhaphus ovatus H. B. Vind., wo die grösseren Körner fast l-5rj. erreichen, konnte ich an denselben deutliche Ecken, sowie auffallende Grössenunterschiede erkennen, indem in buntem Wechsel grössere, 2 bis 3 mal längere als breitere Körner und kleinere rundliche neben einander vorhanden waren. 242 Heimerl, Die beigeg-ebene Figur 5, entnommen der stidamerikanischen Alliouia Mendochia Pliilippi, lässt deutlicli erkennen, dass hier die Calciumoxalat-Körner längliche Form besitzen und dass der längere Durchmesser fast genau parallel zur Oberfläche des betreffenden Pflauzentheiles gerichtet ist, zugleich tritt bei dieser Pflanze die schon früher erwähnte Regelmässigkeit der Anordnung in parallelen Reihen sehr auffallend hervor. Gewisse Stellen, die Grenz-Lamellen der Aussenwände der Epidermis- zellen bleiben (bei x) hier ganz frei von Einlagerung, ein Verhalten, welches auch bei Fig. 2., dem Steng-elquerschnitte von Boerhavia repe7is L. , (bei x) wenn auch viel subtiler, bemerkt werden kann. Von derlei etwas grösseren Körnern bis zu ungemein kleinen, eben nur als Pünktchen erscheinenden (z. B. bei Ahrotna turbinata Torrey ), gibt es nun alle Mittelstufen der Grössenverhältnisse, wobei wohl unzweifelhaft bei der starken Wirkung, welche allen diesen Ausscheidungen auf das polarisirte Licht zukommt, diese Körner als Krystalle zu bezeichnen sind, und der Ausdruck „Körner" eben nur der Kürze halber, mit Bezug auf ihre äussere Erscheinung gebraucht werden möge. Von besonderer Wichtigkeit erscheint mir der Umstand, dass — wie übrigens schon Graf Solms- Laub ach 1. c. angibt — die Schiiesszellen der Spaltöffnungen (Fig. 3) des Stengels und der Blätter, in welchen sie zumeist auf beiden Seiten vorkommen, völlig frei sind von jeder Einlagerung, so dass, wenn die Aussen- und Innenwand der Epidermiszellen Calciumoxalat führt, die Körnchen scharf an der Grenze von gewöhnlichen Epidermiszellen und Schliesszellen aufhören und nur die Cuticula sowie die Cuticularschichten über letztere weiter verlaufen. Unzweifelhaft hängt dies mit den von den Schliesszellen bei der Transpiration auszuführenden Bewegungen, welche eine biegsame und nicht durch Calciumoxalat-Einlagerung spröde Membran voraussetzen, zusammen. Die bei allen unter- suchten Arten vorhandenen, meist kurzen, aus ein Paar Zellen bestehenden Trichome stimmen meist in der Art der Einlagerung des Calciumoxalates mit den unmittelbar angrenzenden Epidermi>!- zelleu überein, docli sind sie bei eigenen Nyctagineen (z. B. Okenin hypogaea Schiede, Ahronia mellij'erd Douglas etc.) ganz frei von Körnern. über Einlagerung von Calciumoxalat etc. 243 Da die meisten der im tabellarischen Verzeichnisse ange- gebenen, beträchtlichere Einlagerung zeigenden Arten nur selten in botanischen Gärten cultivirt werden, so gelang es nur von einer einzigen, d. i. von (Nr. 18) Oxybaphus ocatns H, Vind. (einer mit Oxybaphus violaceiis Choisy verwandten Pflanze) nach Spiritus- Material die Entwicklungsgeschichte der in Rede stehenden Verhältnisse zu untersuchen, Querschnitte junger Stengel-Internodien von circa 5 Mm. Länge und kaum 1 Mm. Dicke lassen beim Behandeln mit Chlorzinkjod eine sich scharf abhebende, zarte Cuticula (c in Fig. 6\ die mit dem Reagens die bekannte braune Färbung annimmt, sehr dünne Greuzlamelleu der Seiten wände der Epidermiszelleu {x in Fig. 6), endlich relativ mächtigere und besonders nach auswärts mehr verdickte Innenschiebten [i in obiger Figur) der Zellen erkennen. Diese letzteren färben sich unter dem Einfiuss des Chlorzinkjods violett und zeigen hiebei zugleich Andeutungen von Schichtung. Da die Innenschichten der Epidermiszelleu besonders nach auswärts stark bogig gewölbt sind, die Cnticula hingegen als wenig eingebogenes Häutchen über die Zellen hinzieht, so bleiben unmittelbar unter der Cuticula zwischen je zwei Epidermiszeilen (bei b in Fig. 6) Membranpartien von im Querschnitt ungefähr dreieckiger Gestalt, welche sich an dünnen Stellen der Prä- parate durch mehr schmutzig- violette Färbung, dann durch ab- weichende Lichtbrechung deutlich bemerkbar machen. Von Calciumoxalatkörnchen ist weder auf gewöhnliche Weise, noch mit Hilfe des Polarisations-Mikroskopes auch nur eine Spur zu bemerken. Werden dann durch nächst ältere, ungefähr 15 Mm. Länge und etwas mehr als 1 Mm. Dicke zeigende Stengel, Querschnitte geführt, so erkennt man auf den ersten Blick, dass die Aussen wand der Epidermiszeilen (Fig. 7) an Dicke bemerklich zugenommen hat, während die Seitenwände und das angrenzende Collenchym keine besonderen Veränderungen zeigen. An der uns nun besonders interessirenden Aussenwand ist mit Chlorzinkjod vor Allem die Ausbildung einer schmalen Cuticularschicbte [s inFig 7) zu constatiren, welche sich sammt der Cuticula [c) durch inten- sives Kothbraun sehr scharf von den darunter liegenden Schichten abhebt, w^elch letztere schwache Violettfärbung (in der Zone 6), 244 Heimeii, und in der innersten Lage (/) — wie im frUbereu Stadium — starke Violettfiirbung annimmt. In der eben erwäbnten Zone (h) zwiseben Innenscbicbte und Cuticularscbicbten, welcbe Zone offenbar den in Figur 6 des früberen Stadiums ebenfalls mit h bezeichneten Membranstellen entspricht, sind nun punktförmige Körnchen zu bemerken, welche offenbar die erste Ausscheidung des Calciumoxalates vorstellen, wenn auch angeführt werden muss, dass bei der ausserordent- lichen Kleinheit derselben, eben nur mit Hilfe des polarisirten Licbtes und der leichten Löslicldceit in Salzsäure — die übrigen Reactionen lassen uns hier im Stiche — auf diesen Körper geschlossen wurde. Von diesem Stadium bis zu dem Bilde, welches dickere Aste und Zweige dieser Oxybnphns-kxi zeigt, ist nur ein kleiner Schritt. Wie die Figur 8 zeigt, ist auch ohne Reageutien sehr deutlich das Vorhandensein von gegen 3/ji messenden Cuticular- schichten (.s) zu constatiren, darauf folgt die nun reichlich Calciumoxalat führende Schichte b (Dicke 3— 5/ji.), endlich kommt die körnerfreie circa 2 |l». dicke Innenschichte. In den Seiten- wänden, dann den Grenzwänden von Epidermiszellen und Collenchym finden sich hier nirgends Körner wie sie auch dem übrigen Gewebe völlig fehlen. Es ergibt sich nun aus allen diesen Befunden, dass wenigstens bei Oxybaphus die Einlagerung des Calciumoxalates relativ spät im Stengel nach völlig abgeschlossener Gewebe- Differenzirung erfolgt, und dass innerhalb der des öfteren erwähnten Zwischenschichte der Epidermis-Aussenwand die Ausscheidung des Salzes vor sich gehen muss. An eine directe Ausscheidung der Körner aus dem Protoplasma der Epidermis- zellen, welcher Vorgang ja für andere Pflanzen constatirt ist (vergl. Pfitzer's Untersuchungen über Bildung der schönen Membrankrystalle von Citrus in Flora 1872, pag. 114 ff.), kann hier, da das Calciumoxalat im Momente des Sichtbarwerdens in der Membran selbst auftritt und fernerhin durch eine mehr oder weniger breite, körnerfreie Lamelle vom Plasma geschieden ist, wohl nicht gedacht werden. — Die im vorhergehenden tabellarisch aufgeführten Daten über Vorkommen des Calciumoxalates in der Epidermis einzelner über Einlagerimg' von Ciilciumoxalat etc. 245 Gattungen und Arten von Nyctagiueen stehen nun in einem deutlichen Zusammenhange mit den klimatischen Verhältnissen, unter welchen sich die betreffenden Arten entwickelten. Vor Allem constatirten wir, dass eine solche Einlagerung den Blättern und Zweigen von bäum- und strauchartigen Nyctagiueen, welche in den eigentlichen tropischen, d. i. feuchtwarmeu Gebieten der alten und ganz besonders der neuen Welt zu Hause sind (z. B. Neeo, Pisonia, Leucaster, Boiif/ainvillea) völlig fehlt. Die beiden Gattungen Trkycla Ca van. und Phae- optilmn Eadlk. , welche beide in heisseu und trockenen Gebieten auftreten und ebenfalls einer solchen Einlagerung entbehren, sind durch ihre kleinen in dichten Büscheln beisammen stehenden Blätter, deren Epidermis stark cutinisirt ist, ebenfalls gut zum Ertragen von Dürre und grosser Lufttrockeuheit befähigt. Gehen wir nun aber zu den in der Tabelle vertretenen krautigen Arten über, d. i. solchen, welche aus unterirdischen Achsentheilen krautige, durch keine Korkbildung vor dem Wasserverluste durch Verdunstung geschützte Stengel mit Blättern und Blüthen emporsenden, so zeigt sich im Allgemeinen die Thatsache bestätigt, dass die Calciumoxalat-Einlagerung um so reichlicher stattfindet, je mehr die Arten aus solchen Gegenden herstammen, in denen sie zur Entwicklungszeit bedeutender Lufttrockenheit und Hitze, somit der hiedurch bedingten, besonders energischen Verdunstung, ausgesetzt sind. Es wäre hiebei besonders auf die Arten der Gattung Boerhavln aufmerksam zu machen, welche das Wüstengebiet Nord-Afrika's und West- Asiens (Nubien, Arabien, Persien etc.) bewohnen und sich schon äusserlich durch grau- bis kreideweisse Stengel mit graugrünen Blättern von den tropischen Arten (z. B. Boerhavla jjcuiiculata L. und Boerhavia scmulens L.) auszeichnen und in der That ganz bedeutende Mengen des Kalksalzes enthalten. Zum Schlüsse möchte ich noch anführen^ dass die bekannte anatomische Verwandtschaft, welche im Bau des Stengels zwischen den Nyctagineen und Mesembryanthemeen sich kund gibt, auch in der Art der Einlagerung des Kalkoxalates besteht, und dass die Arten von Mescmbryantheynum, Semperirivum und Ephedra, die alle Einlagerung zeigen, in Bezug auf das Vorkommen 246 Heimerl, Über Einlagerung von Calciumoxalat etc. an dürren, wasserarmen Stellen mit den erwähnten Nyctagineen übereinstimmen. Von den Phytolaccaceen hingegen, deren systematische Verwandtschaft mit unseren Nyctagineen des öfteren betont wurde und die auch in dem massenhaften Vorkommen von Khaphidenschläuchen eine anatomische Verwandtschaft erkennen lassen, erwiesen sich die untersuchten Arten {Phytolacca pruinosa Fenzl, Phytolacca decandra L., Giseckia rube/la Höchst., Giseckia pharnaceo'ides L., Limenm viscosum Fenzl, Semoiivillea pterocarpa Gay) als frei von Calciumoxalat. Übersicht der A b b i 1 d u n g- e n. Fig. 1. Querschnitt eines circa 1-5 Mm. dicken Zweigchens von Acleisanthes loiigifiora A. Gray (Lindheimer, Flora Tcxana). 570/1. Die sehr verdickte Epidermis-Aussenwand ist fast ganz von den Kalk- körnern ik) erfüllt; <ä •+3 o 0} c3 S o ■OD •1-1 0 l> ö o CS Vi o <ä o n85[09a aanai^ + + + + + + + + + . + + :^i?nt3g + •• + + ngmüqtoApnn noippoj + • + + + •+ •+ - + + rai.13 + + neTqij.TTjssaa ui AOnosig + + • . + . . . + + . . uzpn.iqod + • V.W-Q -BniiJ^ .iBmig-raK.TfBg ni:)uo.ioij Guiu'raso + • + + +■•+••• (ailPY) «in^ .xoA + • + + + OAOjqay^ ..+ ..+ ... «oxus«tnou.T9f) • • • + OAOifog + •+•+••• 0A0.ipni3'x8iy pun S9.i5[ijj^ uaqosiAiz + • • + +•+•••• Tjoinfog ■BOlAOAt^Ig + • + + + + + + • • • i;iKqb'i\[-t;5[SA0.resi ^ ^ r e — .r - •" SSW .r eu s s S d e^ t =^ ^ •:s -^ ^ ^ ^ 4^ 'j 5 g^ a, == i. ^ s S -2 ä * 5 ?^ ^ S S '^ .i =5; i5. i "i 290 Z 1 a t a r s k i, Von Grigen-Mahala aus erweitert sich das Iskertlial in eine umfangreiche mit dickem Löss bedeckte Ebene. Dieselbe erstreckt sich nach N bis zu den Ufern der Donau, nach W bis zu den sarmatischen Felsen, die sich zwischen Kriiseven und Beslij erheben, und nach 0 bis zum rechten Vidufer, Der Fluss Isker, der hier besonders ruhig- und gelassen dem Donauthale zufliesst, macht noch vor seiner Mündung einige bedeutende Windungen. Das mangelnde Gefälle bedingt die Entstehung von, zum Theile ziemlich umfangreichen Lachen, deren einige während des Sommers austrocknen, andere aber selbst der grössten Hitze trotzen, und sich in wahre Pestherde verwandeln. Im östlichen Theile dieses Thaies erblicken wir auch einige ansehnliche Fischteiche. Nur in der unmittelbarsten Nähe des Isker und nördlich von Gigen sind einige kleinere Complexe von jungen Weidenbüschen zu sehen, der übrige Theil des weiten Thaies ist nur mit Riedgräsern und Schilf bedeckt. Das Donauufer ist in dieser Gegend niedrig, im Gegensatze zum walachischen, wo es ziemlich hoch und mit einigen hübschen Städtchen besetzt ist: Cilej, Korabia etc. Westlich von Beslij erhebt sich wieder das rechte Donauufer. Unter dem mächtigen Löss erblicken wir hier an vielen Orten Bänke sarmatischer Bildungen. In Gigen werden viele römische Alterthümer ausgegraben; fast in einem jeden Hause kann man archäologische Gegenstände gewahren : Steinplatten mit Inschriften, Sarkophage, Reliefpfeiler aus Marmor etc. Die alte römische Stadt, deren Trümmer zu Tage gefördert werden, hiess Ulpia Oescus und lag nördlich von Gigen. Man deckt noch immer hie und da kolossale Gebäude auf. Eine grossartige Wasserleitung aus dem Iskerthale zieht an der Mahlenska-Mogila, später auch an Gigen selbst vorbei; dieselbe, schon an einigen Stellen durchbrochen — bei Mahala und bei dem Dorfe — weist hier eine bedeutende Breite aui'; in Gigen beträgt sie 2 Meter, bei einer Höhe von nur 1-5 Meter; aufgebaut ist die betreffende Wasserleitung aus tertiären Gesteinen aus dem Iskerthale. Zu den Bauten der alten Stadt wurden ausser sarma- tischen Steinen noch Kreidefels und schöner Marmor vei*wendet; der erstere stammt aus dem Vidthale, der zweite aber ist gewiss aus sehr weitentfernten Orten hergebracht worden. (M. vergl. Taf. III.) Geologische Untersuchungen im centralen Balkan etc. 291 II. Ton (xigeu längs des Flusses Yid nach Pleven. 1. Von Gigen über Brest, Zlakuciiio, Kacamunica nach Pleven. Der Landstrich zwischen Gigen und Brest ist von ermüdender Monotonie; links von der Strasse erheben sich unweit der Lachen sieben Tumuli, rechts aber sieht man einige Terrassen im Löss. Bei Brest hebt ein ziemlich bedeutendes Plateau an, das manche Hügel und Thäler aufweist, und in allen Aufschlüssen und Wasserrissen nichts als Löss ei'kenuen lässt. Über dasselbe stieg ich in das Vidthal hinab. Von den Höhen, die Brest von Zlakucino trennen, sieht man sehr deutlich die Windungen des Vidflusses, sowie auch die Donau und die oben beschriebenen Lachen, die sich im W bis zum erst- genannten Fluss erstrecken. Östlich vom Vid gewahrt man in der Ferne weisse Kalkfelsen, die sich bei Somovit ziemlich hoch und steil über das Niveau der Donau erheben. Die Schichten dieser Felsen liegen fast horizontal und können sogar von Weitem genau unterschieden werden. Wie wir uns später überzeugen konnten, gehören diese Felsen der Kreideformation an. An den Abhängen gegen Zlakuceni findet man hie und da Kreidekalke mit Hemipneustes stinato-radiatus d'Orb., Ostrea vesicularis Lam., Janira cfr. quadricostata Sow. u. a,, wie sie auch in der Umgebung von Pleven (Kajalyk) und im Vidthale gefunden werden. So viel ich ersehen konnte, ist dies jedoch kein anstehendes Vorkommen, sondern höchst wahrscheinlich beim Bau der nahen Strasse aus dem östlichen Gebiete des Vidflusses hieher transportirt worden. Diese Strasse datirt gewiss aus den Zeiten, da Llpia Oescus noch florirte, rührt also von den Eömern her und nicht von den Türken, wie die Tradition wissen will. Gegenüber von Komarevo sind die weissen Kreideschichten fast horizontal gelagert: das Gestein ist nicht besonders fest. Aus den vom anderen Ufer herübergebrachten Gesteinen sammelte ich folgende Fossilien: Ostrea vesicularis Lam. in grossen Exemplaren, i Pecten cfr. virgattis Nils. (Zittel, Die Bivalven der Gosaugebikle, p. 109, Taf. 17, Fig. 8.) Das einzige kleine Exemplar in meinem Besitze erinnert sehr an die von Zittel beschriebene Art. 1 Eines der an Prof. Toula eingesandten Exemplare scheint nach seiner Angabe mehr an Ostr. Hippopodium Nils, auzuschliessen. 292 Z 1 a t a r s k i , Lima sp. Nur einige Bruchstücke einer grobrippigen Art. Auf eine kurze Strecke hin treten bei Komarevo, am Süd- ende des Dorfes, einige horizontale Schichten von aschgrauem, dichtem und sehr festem Kalkstein hervor, aus welchem ich folgende Fossilien herausschlagen konnte: Neitliea (Janira) cfr. qimdricostata Sow. Inoceramus cfr. mi/tüoides Maut. Erinnert an den Inoceramiis aus dem Plänersaudstein bei Trziblitz. Panopaea sp. nähert sich der Form nach am meisten der Panopaea frequens Zitt., doch unterscheidet sie sich andererseits von derselben durch ihre bedeutendere Grösse. Erstere wird 50 — 60 Mm., unsere Form dagegen 90—100 Mm. hing. Steinkerne von Circe (?) hat grosse Ähnlichkeit mit C. disciis Math, sp. (Zittel, op. cit. p. 24, Taf. III, Fig. 7.) Pecten vielleicht P. Nilsoni Goldf. i t^ber den fossilienreichen Kalkbänken liegt ungefähr ein Meter conglomeratförmiges Greröll (wachsgelblicher Kiesel, Sand- und Kalkstein etc.), mit kalkigem Cement verkittet. Über dem Conglomerat breitet sich gelblichgrauer Löss aus. Dieselben Kreidekalkgesteine wie bei Komarevo stehen auch in Kajalyk bei Pleven an und erstrecken sich von hier sicher nach 0 hin, sind jedoch unter dem weichen und weissen Gestein verborgen. Bei Komarevo wurden sie infolge einer Schatz- gräberei aufgeschlossen. In der Gegend von Ribiua beginnt der gelblichgraue, lehmige Kalk; derselbe enthält grosse Stücke von schwarzem Kiesel, und gehört wohl zum echten Plänerkalk. Dasselbe Gestein gewahren wir auch bei Kacamunica, wo viele Cidaritenstacheln, die die grösste Ähnlichkeit mit Cidaris Fanjas'i Desor. haben, und ver- schiedene Bryozoen, Sei-pula (?), Lima etc. vorkommen.^ 1 Das Gestein dieser letzteren Vorkommen unterscheidet sieh etwas von dem der anderen Formen, es ist grau gefärbt und dicht. 2 Die lichten, mehr weniger erdig-kreidigen und mürben Kalke, wie sie hier und bei Komarevo auftreten, stimmen nach Toula's Meinung ohne Zweifel mit den von Foetterle zwischen Ütchündol und Beklesch angeti'oifenen überein. Sogar das Vorkommen von „schwarzem Hornstein" findet sich erwähnt. (Verhandl. 1869, p. 192, wo sie für Eocän u. 1. c. p. 373, wo die Altersbestimmung richtig gestellt und die betreffenden Abi. für obercretacisch erklärt werden. M. vgl. auch Hochstettcr, Jahrb. d. k. k. g. R. 1870, p. 402. Geologische ÜDtersuchimgen im centralen Balkan etc. 293 Bei Bivolari ging- ich auf die rechte Seite des Vid. Noch bevor wir dieses Dorf erreichen, erblicken wir auf den umliegen- den Höhen Leithakalk, der anzeigt, dass wir nunmehr in das Gebiet der Mittelmeerstufe eintreten. Es finden sich hier besonders wohl erhalten Korallen, ein wahres Korallriff bildend,^ worauf übrigens gleichfalls schon Foetterle aufmerksam gemacht hat (1. c. p. 374). Zwischen Bivolari und der Mühle Zlatan's kommt unter dem Leithakalk bläulicher Mergel zum Vorschein, der mit jenem bei der Vidbrücke übereinstimmt (man vergleiche weiter unten). Das Becken von Pleven öffnet sich in der Richtung von 0 nach W zwischen den Hügeln von Opanec und den nahegelegenen Weinbergen. Inmitten dieses Beckens fliesst der Bach Tucenica, der unweit Opanec sich in den Vid ergiesst. Dieses kleine Becken ist mit Alluvium bedeckt und von bläulichem Mergel, den ich für miocän halte, erfüllt. Dort, wo die kleinen Querthäler sich durch- kreuzen, sieht man diesen letzteren ganz deutlich. Er erschliesst sich noch an einigen Stellen der Ränder des Beckens, doch ist er im südlichen Gebiete nirgends zu gewahren, weil er hier unter dem Tegel liegt, der sich in den Weinbergen bis an die Vidbrücke ausdehnt. Dies alles zeigt, dass die miocäne Mediterranstufe sich im N gegen Opanec und Bivolari hin ausbreitet, im S aber bis Trnina reicht. Die Stadt Pleven erhebt sich im südöstlichen Theile des Beckens. 2. Von Pleven bis zur Vidbrücke, längs des Flusses nachTrnica;sodannüberKartazabeni,ücindol,Bogot, Tucenica, Radisevo nach Pleven zurück. In der unmittelbaren Nähe der Vidbrücke erschliessen sich auf der 1 Herr Prof. Toula theilt mir über einen grösseren, ihm zur Ansicht zugesendeten Korallen-Stock mit, dass er mit der im österreichischen Miocän verbreiteten /Te/ias^raeö Äewsseöwa M. Edw. et H. vollkommen überein- stimmt und im Erhaltungszustande von den Stücken von Lapugy in Sieben- bürgen nicht unterschieden werden könne. (Reuss, Denkschr. d. k. Ak. in Wien XXXI. Bd. 240, Taf. IX, Fig. 2.) Liegt auch als Steinkem vor. Ein Stock- Bruchstück einer Form mit grösserem Zellendurchmesser lässt sich nach 'J'oula mit ziemlicher Sicherheit als Heliastraea Defrancei M. Edw. et H.) fl. c. Taf. IX, Fig. 3 u. X, Fig. 1, pag. 239) bestimmen. In einem serpula- reichen Kalke liegt auch ein Steinkern von Cypraea sp. vor. 294 Z 1 a t a r s k i , rechten Flussseite Mergel- und Lehmschiclitenj über welchen man eine zerbrochene Bank von Leithakalk gewahrt. In den untersten bläulichfarbigen Mergelschichten, die an dem Flusse zum Vor- schein kommen, finden wir keinerlei Versteinerungen; sie unter- scheiden sich in keiner Beziehung von den Mergeln aus dem Becken von Pleven, Opanec oder Bivolari. In dem fettigen grau- weissen Tegel kommen hingegen sehr viele Fossilien vor, die, wie schon Foetterle zeigte, ganz und gar jenen von Baden bei Wien ähnlich sehen. In den oberen Partien des Tegels finden wir Bruchstücke von „Nulliporen- oder Leithakalk" und krystallisirten Gyps. In Faserform erfüllt dieser Gyps die Sprünge und Risse des Tegels, der wieder infolge seiner starken Imprägnirung mit schwefelsauren Salzen unablässig weitere Gypsmassen pro- ducirt. 1 Den bläulichen Mergel sieht man auch südlich von der Brücke, an dem rechten Vidufer, den Tegel jedoch nur zuweilen. Unweit Plasigas kommt dieser letztere wieder zum Vorschein; über ihm liegt Leithakalk, der jedoch auch hier keine compacte Masse bildet. In zusammenhängenderen Massen finden wir den Kalk nur an den höher gelegenen Orten; in den Niederungen kommt er nur in Form von grösseren oder kleineren Bruch- und Roll- stücken vor. Gegenüber von Plasigas^ stossen wir nochmals auf Tegel mit Gyps und Fossilien und weiter unten auf bläulichen Mergel. Ein prächtiges Profil erschliesst sich den Augen des Beschauers an den Stellen, wo der Vid das rechte Ufer immer mehr und mehr unterwühlt und auswäscht. (Man vergleiche auch V. Fritsch.) Auf den Hügelhöhen um Desivica und Trnina herum finden wir den nämlichen Leithakalk, den wir auch bei Bivolari zu betrachten Gelegenheit hatten. Bei der Vidbrücke und gegenüber von Plasigas wurden gesammelt: 1 Näheres im VII. Bd. des Period. Si)isaiiije, pag. 93 — 94, Jahrg. 1884. 2 Dieses Dorf hig noch vor dein letztem russisch-türkischen Kriege am rechten Ufer des Vid; erst später übersiedelten dessen Einwohner auf das linke Ufer. Unter den Euinen des frühereu Plasigas finden wir nur fossilienreichen Tegel. Geologische Untersuchungen im centralen Balkan etc. 295 Nr. Name Bei der Vid- b rücke Gegen- über von Plasiffas 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 U 15 16 17 18 19 20 21 2-2 23 24 25 26 27 28 Conus Diijar (Ulli De sh Ancillaria civ. obsoletaD Qsh. Riiigicula biiccinea Desh Colutnbella sithulatn Bell Ter ehr a bistriala Grat Buccinum Badi'iiseVsiVisch. Buccinum semistriatiiin B r o c c Buccmum costulatum Brocc Cassis Sabitronham Chenopus pes pelicaiii Vhi\ Pleitrotoma hirricola BroGC Pleurotoina spinescens Pa.vtsc\i Ceritliium spiita Bartsch Turräella siibangulaia Bvonu JS'atica helicma Jirocc Chemnitzia Reiissi Harnes Dentalium Badense Bartsch Corbida gibba 0\\Y\ Venus multilamella Lam Venus plicata Gmel O/therea Pedemontana A g Curdita Partschi Goldf. Cardita trapezia Bvng Leda fragilis Chemmn Limopsis anomalalhiG\i\y Area diluviiljaiii .flrfa^/s;/m Bartsch Pecten cir. Kokeni Fncha Im Ganzen + + 24 11 Foetterle erwähnt noch folgende Fossilien, die ich hier nicht finden konnte: Conus Noe Brocc, Pleurotoma asperulata Lam., Anciliar ia glandiformis Lam., Cypraea pyriim Gmel., Turbinolia duodecimcostata und Flabellum cimeatum Mich.^ An der rechten ^Seite des Bächleins Cernelka erschliessen sich neue Kalklager, deren eigenartige Fossilien den Beweis dafür liefern, dass unweit Cernelka das tertiäre Gestein aufhört und nun die Eegion der oberen Kreide und des Turou beginnt. Au diesem Orte unterscheiden wir zweierlei Felsarten: aj f^andi- gen grauweissen Kreidekalk mit spärlichen glaukonitischen Körn- chen und ziemlich häufigen Bryozoen; bj weissen, feinkörnig- 1 L. c. pag. 374. Sitzb. d. mathem.-naturw. Gl. XCIII. Bd. I. Abth. 20 296 Z 1 a t a r s k i , dichten Kreidekalk, reich an Discoporen (Discopora simplex Reu SS [Reuss: Die Versteinerungen d. böhm. Kreideform. II. Abth., p. 69, t. 15, Fig. 8). Gleichen vollkommen der Discopora aus dem Plänerkalke bei Biliu, Hunsdorf und Kutschling in Böhmen. Ausserdem findet sich auch ein Pecten (vielleicht der cenomane Pecten cretosus Defr., Brongiart: Geolog, des environs de Paris, p. 383, pl. III, fig. 7), eine flache, breite und radialgestreifte Form und andere unbestimmbare Bivalven. Der- selbe enthält auch den Eisenkies, der zum grössten Theile in Eisenoxyd und Melanterit umgewandelt ist. Mit der Lupe erkennt man auch hier die Glaukonitkörnchen. Bei dem Steinbruche auf dem rechten Ufer der Cernelka ist von einer Schichtung nichts ersichtlich. Bei Kartazabene erheben sich an den beiden Seiten der Cernelka bis zu einer Höhe von 10 — 15 Meter einige dünn- geschichtete und fast horizontal liegende Kalke. Bemerkenswerth ist es, dass dieselben nicht eine gleichmässige Höhe bewahren, sondern dass sie in sehr verschiedenen Niveaus auftreten. Zu oberst liegen die erst erwähnten; dann folgt bläulicher, mürber, thoniger Kalk. In den unteren Partien finden wir auch Concretio- nen von härterem Material; zu allerunterst ist der Fels bläulich und viel härter als in den oberen Schichten. In Kartazabene entbehrt die Cernelka eines eigentlichen Flussbettes; sie fliesst über kahles Gestein und zwischen steilen Felsen. Aus dieser Partie sammelte ich in kurzer Zeit folgende Fossilien: Pholadonuja sp. Venus sp. Isocardia cfr. Cnrantonensü d'Orb. (D'Orbigny, Pal. fr. terr. cröt.III, p. 48, pl. 252, Fig. 1 — 4.) Nur in Steinkerneu, entspricht fast vollkommen der d'Orbigny 'sehen Fig. 1. Kommt vor im Turouien und in der Etage de V Ammonites Rhotomagensis. Pecten cfr. cretosus Defr. in einigen flachen Abdrücken. Pecten membrunaceus Nils. (Goldfuss, Petrefacta Germaniae II, p. 71, Taf. 99, Fig. 7.) Diese flache und glatte Form in mehreren zumeist zerbrochenen grossen Exemplaren, die sich an die grossen ungefiilteten Formen, wie sie z. B. Geinitz (Eibthalgebirge I, Taf. 34, Fig. 8) als Tcrc' hratula hiplicata Sow. od. 1. c. Fig. 6 als Ter. dcpressa Lam. aus dem Unter- pläner von Plauen abbildet. (Im Plänerkalke.) Terebralula sp. Geologische Untersuchungen im centralen Balkan etc. 297 In der Nähe von Karaguj macht die Cernelka einige sehr starke Windungen und fliesst in einem ungemein engen Bette, das von den oberwähnten^ vertical in die Höhe ragenden Felsen begrenzt ist. An vielen Orten kommen hier Höhlen und Klüfte vor, in welchen unzählige Eaubvögel horsten. Auf dem flachen Hochplateau von Brestovec verschwindet der Fels unter dem fruchtbaren Ackerboden. Die Ebene ist wellenförmig und hat nur wenige Thaleinsenkungen. Bei Ucindol verliess ich die Hauptstrasse und gelangte über ein kleines unbeuanntes Thal zu den Weinbergen von Bogot, wo in einem kleinen Steinbruche der nämliche Kalk wie bei Kartazabene gebrochen wird. Auch die Fossilien sind dieselben: Discopora simplex Reuss, Pecten und andere. Nur ein Hügel trennt Bogot von Tncenica. Dieses letztere Dorf liegt in einer Thaleinsenkung an dem gleichnamigen Bache, an dem sich Aufschlüsse finden. Die Ackererde ist hierorts sehr fruchtbar, röthlich oder braun, mürbe und bröcklich, und erreicht eine Tiefe von 1 Meter. Unter dieser sieht man eine Art aschgrauer Erde mit weissen hasel- nussgrossen Kalkconcretionen; dieselbe wird nach der Tiefe zu kalkreicher, bis sich zuletzt Kalkfels einstellt. Das Dorf Tucenica liegt am linken Ufer, steilen Felsen gegenüber, die sich auch nach 0 erstrecken, aber nicht mehr dieselbe Höhe erreichen wie westlich unweit Pleven in dem wild- romantischen Thale der Tucenica, dem sogenannten „Kajalyk", auf bulgarisch „Kamenec". Gegenüber der Tucenica kann man das folgende Profil beobachten: 1. Weissen, halbkrystallisirten, mittelkörnigen Kalkstein, unvollkommen spaltbar; enthält Pecten sp. Ungefähr 5 Meter mächtig, 2. Denselben Kalkstein, nur ein wenig thonhältig; beiläufig 4 Meter. 3. Bis zu 20 Meter thonigen Kalkstein; derselbe wird je tiefer um so thonreicher. In demselben Verhältnisse wächst auch sein Fossilienreichthum. Die untersten Partien dieses Gesteines sind thouig-mergelig, der Farbe nach bläulich und enthalten bedeutende Mengen von schwarzen Kieselstücken, 20* 298 Z 1 a t a r s k i , 4. 7 — 8 Meter weissen, dichten Kalkstein mit weissen Spatb- adern, in dem wir, wie auch bei Svinar und Kajalyk, eine grün- liche glaukonitische Materie gewahren. Aus den tieferen Tlieilen dieser Kalksteiuschichte entspringen vier mächtige Quellen. Die oberen Schichten, welche ziemlich viele Petrefacten enthalten, erscheinen horizontal, fallen jedoch wenig geneigt nach K. In den mergeligen Kalkschichten, die am meisten dem Pläner ähnlich sehen, fand ich folgende Fossilien: Cerilhium sp. viell. Cer. stibfasciatum d'Orb. (Fric. Belohorske a mal- nicka vrstvy, p. Iil6, Fig. 59.) Besitze nur ein Bruchstück von einem Steinkerne. Natica lamellosa Rom. (Reuss, Verst. d. bölim. Kreideform. I, p. 50, tab. 10, Fig. 22.) Dieselbe Art, die Reuss als Natica vulgaris beschreibt, kommt in grossen, doch unvollkommenen Exemplaren vor. Dentalimn und Teilina (nicht näher bestimmbar). Cytherea sp. ähnlich der Cißherea Ilörnesi Zitt. (1. c. pag. 72, Taf. III, Fig. 5.) Nur im Abdruck. Inoceramus Crlpsi Maut. (Reuss, op. cit. II, p. 25, Taf. 37, Fig. 12.) Inoceramus latus Mant. (D'Orbigny, Pal. fr. terr. cret. III, p. 513, pl. 408, Fig. 1 — 2.) Kommt in der Tucenica in grossen Mengen vor. Inoceramus problematicus d'Orb. (D'Orbigny, op. cit. III, p. 510, pl. 406.) Nur ein Exemplar, dem der Wirbel fehlt, mittlerer Grösse. Ausser den aufgezählten kommen noch andere Inoceramen vor, doch können die- selben nicht genauer bestimmt werden.^ Pecten cir. misoiii Goläf. (Goldfuss, op.cit.II, p. 71, Taf 99, Fig. 8.) Diese Muschel ist platt zusammengedrückt, dünnwandig und fast ganz glatt. Die Ohren haben mittlere Grösse. Pecten cfr. cretosus Defr. Sehr charakteristisch und jenen von Karta- zabeni ausserordentlich ähnlich. Pecten cfr. Rhotomagensis d'O rb. Platt zusammengedrückte, jedoch mit schönen nicht gleich weit von einander abstehenden Radialstrahlen ver- zierte Art; auch einige concentrische Furchen sind ersichtlich, die Ohren sind ziemlich gross und unsymmetrisch. Verschiedene andere Pecten-¥ ovmew. Lima (?). Em Abdruck ist ebenso breit als lang, hat eine fast qua- dratisch rundliche Form, ist schwach gewölbt und eben. Plicatiila cfr. aspera Sow. (Zittel, op. cit. p. 120, Taf. 19, Fig. 1.) Nur in unvollkommenen Exemplaren vorliegend. Ausserdem finden sich noch einige Austern in kleinen, am Eande leicht gefalteten Formen. 1 Nach Tonla lassen die ihm vorliegenden Inoceramen kaum eine Gattungsbestimmung zu. Geologische Untersuchungen im centralen Balkan etc. 299 Der Weg von Tucenica nach Radisevo fvilirt über zwei Hügel ; in der dritten Thaleinsenkimg liegt das zweitgenannte Dorf. Alles umher ist mit aschgrauer Erde bedeckt, die auch Kalk- concretionen enthält; von festem Gestein ist weit und breit keine Spur. Beim Abstieg zur Tucenica in der Nähe des Monumentes „Bratska mogila" (Bruderhügel) gewahren wir zunächst die nämlichen mergeligen Kalksteine, die wir bei dem Dorfe Tucenica zu sehen Gelegenheit hatten. Hier wie dort zeichnen sich die Schichten durch ihren aussergewöhnlichen Reichthum an Fossi- lien aus: Pecten, Lima, Exogyra finden sich in Steinkernform und Ostrea hippopodium Kils. (Reuss, op. cit. II, p. 39, Taf. 21, Fig. 1, 2, 3) in jungen Exemplaren. Auch Terebrateln kommen vor. Unter diesen Kalkmergeln gewahren wir, wie auch bei Tucenica, ein weisses halbkrystallinisches Gestein ohne deutliche Schichtung. Die Mergel sind fast vertical durchbrochen und erheben sich mauerartig, verschieden hoch über das Niveau der Tucenica. Sie sind vielfach zerklüftet und höhlenveich.^ Hier können drei Etagen unterschieden werden: a) Die oberste, welche thonmergelig ist, und in welcher sich Feuerstein eingesprengt vorfindet; b) die mittlere, ein weisser zuckerartiger Kalk, in welchem man hie und da glaukonitische Körner findet, enthält viele Fossilien: Hemlpneustes, Ostrea, Pecten, Janira, Cardlum, Pholadomya etc., die wir weiter unten betrachten werden; c) die unterste, die bläulich ist, in welcher man Fliuttheilchen bemerkt. Sie ist arm an Versteinerungen. In der Nähe der grossen Höhle, die sich links vom Bache erstreckt, sieht man sehr gut die mittlere Stufe, reich an Ver- steinerungen. (Zumeist als Steinkerne erhalten). Dieser Stufe folgt mergeliger Kalk. In der Nähe der Mühle, nicht weit von der Strasse nach Lovec, ragen die an Fossilien reichen, weissen, hier zuckerkörnigen Kalke hervor, gehen aber in einen harten und dichten Kalkstein über, der gleichfalls reich an Versteinerungen ist. Vor Pleven verschwinden auch sie unter den thonmergeligen 1 Zlatarski, Geologische und palaeontologische Untersuchungen zwischen Pleven und Trojan-Balkan. Period. .Spisauije, X, 188i, p. 59, 60. 300 Z 1 a t a r s k i , Schichten, die wie ein Mantel die unteren Theile, die wir oben betrachteten, bedecken. Die Schichten fallen hier mit 5—6° nach N. 3. Fossilien ans den mittleren Schichten des Tucenicathales: Pletirotoma sp. (cfr. perspectiva Mant. sp.) (D'Orbigny, op. cit. II, p. 525, Taf. 196.) Kommt mir in Form von Steiukeruen vor. Phasianclla cir. pusilla Sow. (Sowerby, Observations on some of the strata etc. p. 343, pl. 18, fig. 13.) Dentalium mediitm Sow. (Sowerby, Mineral Conchology of Great Britain, pl. 79, fig. 5, 6.) Pholadomya aequivalvis Gold f. sp. (D'Orbigny, Prodrome de Pale- outologie stratigr. iiuivers. II, b. 234) hat eine Länge von 22 Mm. und eine Breite von 21 Mm. Von dieser Art besitze ich zwei Exemplare in Stein- kernen. Teilina seniicostata Eeuss (Reuss, op.eit.II, p. 19, Taf. 36, Fig. 11,12.) Unsere Art ist niedriger, doch auch länger als die böhmische. Liegt nur in einem Abdrucke vor. Cytherea civ.polijmorpha Zittel (neue Form). Unter allen am häufigsten, jedoch nur in Sternkernen vorkommend; hat eine rundliche, ungleichseitige und schwachgewölbte Form; der Vordertheil ist abgerundet und um die Hälfte kürzer als der Hintertheil. Die äussere Oberfläche ist glatt. Die linke Schale trägt drei divergirende Schlosszähne, von denen nur die zwei vorderen stark und gut entwickelt sind; der hintere steht ihnen an Stärke weit nach. An derselben Schale bemerken wir auch einen ziemlich starken Lunularzahn, der eine fast horizontale Lage hat; ihm entspricht auf der rechten Schale eine längliche Vertiefung. Cardium alternatinn d'Orb. (D'Orbigny, op. cit. III, p. 30, pl. 246.) Cardimn productum Sow. (D'Orbigny, op. cit. III, p. 31, pl. 247.) Bei unseren Steinkernen kann man die dem kegelartigen Zahn auf der linken Hälfte entsprechende Vertiefung ganz genau unterscheiden. Die Länge des Kernes beträgt beiläufig 48 Mm., die Höhe aber 62 Mm. Sphaeridites sp. viell. Sph. Stjiriacus Zitt. (Zittel, op. cit. p. 75, Taf. 26, Fig. 5, 6, 7.) Der Abdruck, den ich in meiner Sammlung habe, ist sehr unvollkommen. Kommt mit Janiru (Ne.'uhea) quadricostata im Chlorit- kalk des Tucenica Thaies vor. Eriphijla lenticularis Goldf. sp. (Palaeontographica, XX, 2, p. 62, Taf. 17, Fig. 12; Taf. 18, Fig. 1, 2) ist viel länger als breit; die Schale ist gleichseitig, fast oval und endet in einen Wirbel, der nur ein wenig nach vorne gewunden ist und fast in der Mitte steht. Länge 36 Mm., Höhe 33 Mm. Pectimculina sp. viell. P. Giicrangeri d'Orb. (D'Orbigny, op. cit. III, p. 183. pl. 305, Fig. 1 — 4.) Diese kleine j\Iuschel, deren Höhe nur um ein Geringes das Ausmass der Länge übertrifft, ist fast kreisrund, wenig gewölbt und fast vollkommen glatt. Nur in Abdrücken vorliegend, bei Geologische Untersuchimgeu im centralen Baikau etc. oOl welchen man nach Toula's ^Meinung' auch an Limopsis calvus Sow. sp. denken könnte. Von den zwei Abdi'ücken, die ich besitze, ist der eine IJMm., der andere mir 8 Mm. lang. Limopsis sp. Ein vorliegender Steinkem lässt nach Toula's Angabe die Bandgrube und die grosse Zahl (15 — 18) schräg gestellter Zähne deutlich erkennen. Pecfunculus sp. viell. P. obsoletus (Goldfuss, op.cit.II, p.löO,Taf. 126, Fig. 4) oder P. Marrotianus d'Orb. eine oval-rundhehe Form; nur in einem Steinkerne vorliegend. Der Wirbel ist spitzig imd hakenfönuig gebogen : die Bandüächen unter demselben sind sehr gut erkennbar, sie sind ziemlich stark und acht an der Zahl. Länge 30 Mm., Breite fast ebensogross. Pinna cfr. cretacea Schloth. (D'Orbigny, op. cit. III, p. 256, pl. 333, Fig. 4, 5.) Gervillia sp. Von dieser Art besitze ich nur ein Bruchstück, dessen Breite 23—25 Mm. beträgt. Die Oberfläche der Schalen ist glatt und mit concentrischen Linien bedeckt. Hat grosse Ähnlichkeit mit G. solenoides Defr. Neithea (Janira) aequicostata Lam. sp. (Palaeontographica XX, 1, p. 200, Taf. 45, Fig. 5—7.) In beiden Schalen vorliegend. Die oberen sind gewöhnlich gut erhalten, nur die Ohren fehlen ihnen. Nach d'Orbigny ist die Neithea aequicostata charakteristisch für die unteren Schichten des Turon sowohl des Pariser- als auch des mediterranen Beckens. Neithea quinqiiecostata Sow. sp. (Palaeontogr. XX, p. 201, Taf 45, Fig. 8—9.) Neithea quadricostata Sow. sp. (Zittel, op. cit. p. 39, Taf. 18, Fig. 4 a — h). Unterscheidet sich von der N. quinqiiecostata durch ihre sechs weniger stark convexen Hauptrippen. Spondiliis sp. (nur ein Bruchstück). Änomia truncata Geinitz (Reuss, op. cit. II, p. 45, Taf. 31, Fig. 13) . Grösser als die Exemplare aus dem böhmischen Plänerkalke. Exogyra sp. ind. Ostrea cfr. ungulata H. Coquand (Monographie du geure Ostrea, p. 58, pl. 31, Fig. 4 — 15). Diese längliche, zusammengedrückt rundliche und gebogene Ostrea kommt sehr häufig in dem Thale der Tucenica bei Pleven voi*. Serpula gordialis Schloth. (Palaeontogr. XX, 1, p. 283, Taf. 63 Fig. 2-9.) Serpula conjuncta Gein. (Geinitz, Nachtr. zur Charakt. IV, p. 7, Taf. 4, Fig. 6 — 9), glatt, cylindrisch, beiläufig 1-5 Ctm. im Durchmesser. (Im unteren Plänerkalk.) Serpula Ootatoorensis Stol. iPal. Ind. Cret. F.iuna, IV. p. 65, pl. 29, Fig. 9, lOj hat ein längliches, rundlich-elliptisches, glattes, ebenes und sehr oft gewundenes Gehäuse. Der grösste Durchmesser misst bis zu 7 Mm. Hemipneustes striato-r ad latus d'Orb. (D'Orbigny, op. cit. VI, p. 113, pl. 802, 803.) Eine der verbreitetsten Fossilien aus der Umgebung von Pleven; unterscheidet sich von der d'Orbigny 'sehen Art nur durch die 302 Z 1 a t a r s k i , beträchtlichere Grösse. Unsere Stücke erreichen eine Länge von 95 Mm., eine Breite von 80 und eine Höhe von 60 Mm.; folglich übertreffen sie die französischen in der Länge nm 17 Mm. III. Von Pleyen nach Nikopol. Gegen das uördliclie Ende von Pleven, sowie auf dem Wege nach Bukovlek wirdLelim 7a\ Ziegeln verarbeitet. Er verschwindet €rst am Fusse des Gebirgsabhanges, wo er einem bläulichen, undeutlich geschichteten, bröckeligen Mergel, ähnlich jenem, den wir früher bei Opanec, Plasigas und Dessivica sahen, Platz macht. Dieser Mergel ist die Fortsetzung des obgenannten Beckens. Auf der Höhe des Abhanges, zwischen Pleven und Bukovlek, von wo aus man das ganze Becken und einen Theil vom Balkan übersehen kann, finden wir denselben Mergel. In dem Bache, der auf den Grivicahöhen entspringt und durch Bukovlek fiiesst, kann man nichts gewahren, was den Bau des Hügels verrathen könnte. Erst gegen die Abhänge des zweiten Hügels sieht man au zwei bis drei Stellen weissen, theilweise gelblichen oder gelblichblauen Mergel, von derselben Art, wie der früher erwähnte, nur dass er einen grösseren Gehalt an Kalk aufweist. In der grauröthlichen Ackererde, die über dem Mergel liegt, finden wir viele Kalkconcretionen. Der kalkige Mergel oder Mergelkalk ist seinem Alter nach (ob tertiär oder cretacisch) kaum zu bestimmen. Fast genau in der Mitte des Weges, zwischen Pleven und Brsljanica, in dem Grundstücke, das „Pravitelsten suvat" genannt wird, wurde unlängst ein Steinbruch eröffnet, in dem wir die obere Kreide aufgeschlossen finden. Die Gesteine sind weiss, stellenweise grau oder gelblich und kreidig- erdig. In frischem Zustande ist der Fels der Farbe nach gelblich und besitzt nur eine mittelmässige Härte; wird er aber einige Zeit der Luft aus- gesetzt, so erhält er eine schneeweisse Farbe und vdrd in hohem Masse bröckelig. In demselben finden wir grauen, gelblichen und schwarzen Feuerstein, der jedoch selten grosse Concretionen bildet; verkieselte Spongien, Belemniten etc. kommen häufig vor. Diese Kreidescbichteu beginnen, ohne eine deutliche Stratification aufzuweisen, unter dem Ackerboden, der hier kaum 15 Ctm. erreicht. Von Thierresten finden Avir am häufigsten: Eschara und Geologische Untersiichungeü im centralen Bnlkau etc. 303 andere Bryozoen, und zwar in grosser Menge und Mannigfaltigkeit. In der lockeren weissen Kreide sind noch folgende Fossilien reichlich vertreten : Te7'ebrati/la, meist zerdrückt und entstellt. Einige darunter sind sehr gross und erreichen eine Länge bis zu 80 — 90 Mm. Bei einer aufmerk- sameren Betrachtung werden wir gewahr, dass manche Exemplare an T. senilglohosa Sow. erinnern, andere wieder an T. Carnea Sow., mit einem Schlosskantenwinkel von 90 — 100°. Schafliäutl beschreibt eine grosse Terebraüila aus Teisenberg, die sehr au unsere Art erinnert, unter dem Namen T. ohesa Sow.i Die in der Paläontologie frangaise abgebildete T. obesa unterscheidet sich aber wesentlich von der bayerischen;- ich glaube, dass SchafhäutTs T. obesa eigentlich eine T. semiglobosa oder T. carnea ist. Pecten sp. viell. P. cnlosus Defr. radialrippig, mit vielen feinen con- centrischen Linien. Sein Vorkommen ist an jene Partien der Kreide gebunden, wo der Feuerstein unregelmässig vertheilt ist und gleichsam als Bindemittel des Grundgesteines fungirt. Dieses letztere ist aschgrau oder gelblich und ist überaus reich an Bryozoen und Spongien etc. deren Bestimmung ich mir für später vorbehalte. Auch Belemnüclla cfr. mucronota d'Orb. findet sich mit der Kreide verwachsen und so stark von Kiesel durchdrungen, dass man sie nicht unversehrt herausschlagen kann. Nach dem Querschnitte zu urtbeilen, hätten wir es eher mit B. mucronata als mit B. quadrata zu thuu. Zwischen Pleven und Brsljanica dehnt sich eine Plateau- fläche aus, welche die Beschaifenheit des Kreideuntergrundes nirgends verräth. Der kleine Bach, der durch Brsljanica fliesst, entsteht aus mehreren (4 — 5) Quellen, unweit des Dorfes selbst, und nicht, wie es in der Karte des russischen Generalstabes gezeichnet ist, in der Gegend von Vrbica; der hier gemeinte Bach erreicht nämlich Brsljanica gar nicht. Der Fels in dem letztgenannten Dorfe ist mit einer mächtigen Lösslage bedeckt; wie überall ist diese letztere auch hier grau, locker und reich an Kalkconcretionen. Der weitaus grössere Theil der Einwohner hat sich im Löss wohnlich eingerichtet. Da in Brsljanica selbst keinerlei festes Gestein zu Tage tritt, ist man gezwungen, Bausteine aus weiten Fernen, aus Kreta und Kaca- munica, zu bringen. Die ersteren haben einige Ähnlichkeit mit jenen von Kajalyk, doch sind sie durch ihre geringere Festigkeit davon unterschieden. Die Kalke von Kreta sind so reich an 3 Süd-Bayerns Lethaea geoguostica, p. 132, Taf. 26, Fig. 1, a—c. 2 Terrain cretace IV, p. 101, pl. 513, Fig. 1—4. 304 Z 1 n t a r s k i , Bry 0 zo eil, dass sie als Bryozoenkalk bezeichnet werden können. Hier sieht man noch: Pecten,Neithea qumquecostata,Hem{pneustes striato rudiatus, sowie ausserordentlich schöne Exemplare von Exogyra Matheroniana d'Orb. Ausser schwarzem Feuerstein gewahrt man in den Felsen von Kreta auch etwas Glaukonit. Der Fels von Kacamunica, der zu derselben Kreideetage gehört, lässt sich sehr leicht schneiden und färbt ab. In demselben sieht man unregelmässige Adern, erfüllt mit bläulichem Thon (auch Quarz findet sich ausgeschieden); Bryozoen, Pecten u. a. m. kommen vor. In der Nähe von Kopriva, nordwestlich von Brsljanica, gräbt man auf der rechten Thalseite einen etwas glimmerhältigen Quarzsand aus. Am Ufer lesen wir von oben nach unten Folgendes ab: 30 — 40 Ctm. graue, lockere Ackererde, darunter Gllimmer- sand; je tiefer, desto freier von Thon ist der Sand; in einer Tiefe von 4 — 5 Metern kommt ein sehr reiner Quarzsand zum Vorschein. Die Ablagerungen sind infolge der verschiedenen Farbennuancen der einzelnen Schichten sehr deutlich gegliedert; sie sind röthlich, bläulich, gelblich, blutroth, weisslich und zu Unterst wieder gelblich. Es ist kein Zweifel vorhanden, dass dieselben Sandschichten sich auch gegen Kopriva erstrecken. Von Brsljanica aus erklomm ich in einer kurzen Zeit ein Plateau (198-5 Meter) und stieg sodann in das Thal des Osam (Osma) hinab. Der felsige Abhang und das terrassenförmige rechte Ufer gewähren einen hübschen Anblick. Erst in jenen Hügeln, die sich auf der linken Seite des Flusses, gegenüber von Moselievo, erheben, konnte ich einen porösen, aber festen ter- tiären Kalk erblicken; derselbe ist von Cerithien und Cardien erfüllt; doch lassen sich weder die einen noch die anderen näher unterscheiden, weil sie nur in Steinkernen vorkommen. Der Fels hat eine gelbliche oder gelblichgraue Färbung, seiner Structur nach ist er körnig, halbkrystallinisch oder dicht. Mit Hilfe der Lupe erblickt man hie und da auch Glimmerschüppchen und weisse, mikroskopisch kleine Thiergehäuse. Die tertiären, sar- matischen Bänke (Felsen), um die es sich handelt, sind an einigen Stellen auf der linken Seite des Osam sichtbar; sie überschreiten jedoch diesen Fluss nicht und verschwinden in der Richtung nach der Donau zu unter dem Löss. Geologische Untersuchungeu im ceutralen Balkan etc. öOo Der Fluss Osam fliesst sehr ruhig- in einem wenig* breiten Thale, macht viele Windungen, unterwühlt, wie schon erwähnt, das rechte Ufer und setzt das Material auf dem linken ab, wo sich eine fruchtbare Alluvialebene gebildet hat. Von Moselievo aus erstieg ich den letzten Hügel vor dem Donau-Ufer; derselbe erhebt sich auf der rechten Seite des Osam zu einer Höhe von 45 Meter, er besteht ausschliesslich aus weisser Kreide, in welcher sich unregelmässige Stücke von Feuerstein finden. Die obersten Felsen sind härter und w'ie eine Decke schützen sie die unteren weichen Schichten vor dem Zer- fall. Das linke Osamufer ist niedrig, anstehendes Gestein ist nicht zu finden. An der Osammündung ist der Fluss nicht breiter als 6 bis 8 Meter. Östlich vom Osam erhebt sich das Donau-Ufer bis zu der beträchtlichen Höhe von 20 — 30 Metern über das Flussniveau und besteht ausschliesslich aus flinthaltiger Kreide. Der Feuer- stein erscheint meist in runden, unregelmässigen, ja bizarren Stücken, und zwar gewöhnlich in Schichten g-elagert, wobei die einzelnen Knollen lose neben einander liegen oder, was seltener vorkommt, zu zweien oder mehreren verbunden sind. Ich konnte an dieser Stelle jedoch von Feuersteinplatten, wie sie im Pariser Becken und auch in den Steinbrüchen von Menden vorkommen, nichts gewahren. Der Flintgehalt nimmt mit der Tiefe ab. In der Richtung nach Nikopol sehen wir zu unterst weisse und sodann bläuliche Kreide, die des Flintes ganz ermangelt; diese Kreidebänke lassen sich leicht schneiden oder regelmässig spalten; manche Schichten davon sind weich, andere wieder hart und hellklingend. In dieser Kreide sind die Fossilien sehr reich vertreten, gehören jedoch nur wenigen Gattungen und Arten an. Es fanden sich hier: Echinoconjs vulgaris Breyn (D'Orbiguy, op. eit. YI, p. 82, pl. 804 bis 806, 808, Fig. 1 — 3) vielmehr imter dem Jsamen Ananchißes ovata Leske sp. bekannt, wird am Donau-Ufer häufig und in schönen Exemplaren augetrofien, doch kommen auch plattgedrückte, und sogar ganz formlose, zerquetschte Einzelstücke vor. Viele sind mit Kreide, andere mit Flint aus- gefüllt, sie sind mehr oder weniger stark gewölbt, haben eine flache Unter- seite oder sind wohl auch wenig gewölbt, so dass sie gewissermassen das Aussehen von Echinoconjs semi-globus d'Orb. gewinnen. Diese Art charak- 306 Z 1 a t a r 8 k i , terisirt in Böhmen den oberen Plänerkalk und in Frankreich die 22. Etage des Senon. Ostrea vcsicidaris Lam. (D'Orbigny, op. cit. III, p. 742, pl. 487) ist das häufigste Fossil. Erscheint zuerst bei Dzoruovo (am Flussufer) und erreicht das Minimum der Verbreitung in der Nähe der Donau. Am rechten Ufer des Osam fand ich nur diese Muschel vor. Der Form nach ist Ostrea vesicularis auch hier überaus variabel. Belemnitclla mucronata Schloth. sp. (D'Orbigny, op. cit. I, p. 63, pl. 7.) Diese für die obere Kreide so charakteristische Belemnitella ist auch in der Kreide des unmittelbaren Donaugebietes reichlich vertreten. Ganze vollständige Exemplare findet man nur selten. Die meisten Individuen sind kegelförmig und schwach zusammengedrückt , die jungen Exemplare herrschen vor. Ein typisches cylinderförmiges, in einen Stachel endigendes Exemplar fand ich südlich von Nikopol, unweit Dzornovo. Ausserdem finden wir noch Spongien, Bryozoen, Foraminiferen etc. Manche von diesen mikroskopischen Thierresten kommen auch im Flint vor; man kann sie hier mit der Lupe ganz gut unterscheiden. An der Donau in der Nähe des Hafens von Nikopol zeigen diese Bildungen deutliche Schichtung und fallen unter einem Winkel von 12° nach N (h. 2 — 3). Die Kreide ist hier gelblich, mürbe und enthält wenig Flint. Die grünliche Färbung mancher Schichten rührt von feinen Glaukonitkornchen her. Etwas weiter östlich kann man folgende Übereinanderfolge wahrnehmen: Zu oberst weisse, weiche oder härtere, klingende und flinthaltige Kreide, darunter weichere Kreide ohne Feuerstein und zu unterst compacte, härtere Kreide als oben. Die atmosphärischen Gewässer und die Winterfröste machen das Gestein mürbe und verursachen auch öftere Erdabrutschungen und Felsstürze. So zum Beispiel hat sich erst zu Anfang des Jahres 1884 ein grosser Felsblock abgelöst, glücklicherweise ohne Jemanden zu treffen.^ 1 Prof. Toula theilt mir diesbezüglich mit, dass „die Übereinstimmung dieses obercretacischen Schichtencomplexes mit jenem im Osten am See voll Kanara und am Karasu gross sei. Peters (Dobrudscha II, 48, Denk- schriften, Bd. XXVII, p. 192) erwähnt daselbst gleichfalls Kreide mit Feuer- stein, reich an Ostrea vesicularis und er führt daselbst auch das Vorkommen von Belemnitclla viucronata an. Die Foraminii'eren und Ostracoden hat bekanntlich Reuss, Sitzber. LH, p. 445 beschrieben, v. Fritsch erwähnt in seinem Vortrage ('Beitrag zur Geognosie des Balkan, Halle 1874) nur bei- läufig das Vorkommen von Senonbildungen bei Nikopol". Geologische Untersuchimgeu im centralen Balkan etc. 307 IT. Von Nikopol längs des Osam nach Lovec. 1, Die Stadt Nikopol ist auf beiden Seiten eines Thaies gelegen, das sich von S nach N erstreckt und von festem Gestein keine Spur aufweist. Der Boden besteht zumeist aus Löss. An dem Abhänge, über welchen der Weg nach Vabel und Dzornovo führt, bemerkt man hie und da unter dem Löss auch weisse Kreidefelsen. Die Stärke der Lössschichten variirt zwischen 1 und 10 Meter. Auf dem Plateau verschwindet wieder jegliches feste Gestein und erst dort, wo sich der Weg nach dem Osmathal senkt, kommen die Felsen von Nikopol mit ihren charakteristi- schen Versteinerungen (Ostrea vesicularis Lam. und Belemnitella mucronata Schloth. sp.) nochmals zum Vorschein und erstrecken sich bis oberhalb Moselievo. Die Ebene zwischen diesem letzteren Orte und Dzornovo ist mit Alluvium bedeckt. Die rechte Seite des Osam ist felsig und besteht aus Kreide mit Flint. Die obersten Schichten sind härter, die unteren wie auch die an der Donau dagegen bestehen aus weicher Kreide; desshalb sind auch nur die obersten Partien der Ufer von der Zerbröckelung bewahrt, dagegen erscheinen die unteren Theile vielfach ausge wühlt. Die Bäche Mrsevska und Lohvicka sind es, die das Kreidematerial an die Oberfläche tördern. Vor Novaceni sieht man unter den hier zu Ende gehenden weissen Kreidefelsen sandigen, grünlichen, unter dem senonischen Kalk concordant liegenden Mergel. Die Schichten dieses Gesteins sind verschieden an Härte, doch durchwegs von dem nämlichen Material; sie lassen sich in ziemlich dünne Platten spalten und enthalten fein krystallisirten Markasit, der infolge seiner Auf- lösung und Umwandlung seiner Umgebung eine röthliche oder gelbliche Farbe verleiht. Der Weg von Novo-Novacene nach Boceva Mahala führt über eine mit Löss bedeckte Ebene. Hier ist das linke Ufer des Osam felsig und reicht dicht an den Fluss. Bei Boceva Mahala führt der Weg nach Trncevica quer über den Osam. Hier trifft man am rechten Ufer nur blaue Mergel; dasselbe ist kaum 1 Meter höher als das Niveau des Flusses. Im Paulikianer-Dorf Trncevica sind die meisten Hausdächer mit Sandsteinplatten bedeckt, die aus einer Entfernung von 308 Z 1 a t a r s k i , 3 — 4 Kilometer aus NO hergebvaclit werden. An demselben Orte bricht man dort: a) gelblich-röthlicben, dichten Kalkstein^ der Quarzkörner in grösseren oder in kleineren Mengen enthält und demnach bald mehr und bald minder sandig erscheint. In diesem Gestein finden sich Versteinerungen in Form von Steinkernen, so unter anderen Trigonien, Pecten, kleine Inoceramen u.a.; b) buntgraueu, grobkörnigen Sandstein mit weissen Glimmer- blättcheu und ausserordentlichem Reichthum an Petrefacten. Vor allen häufig ist Orbitolinn cojicava Lam.; diese Felsart ist hart und kann zu Mühlsteinen verwerthet werden; c) grauen, auch Sand enthaltenden Kalkstein oder Kalksandstein. Von den in ihm vorkommenden Fossilien sind Trigonien und unbestimmbare Bivalven zu erwähnen, auch verkohlte Pflanzenreste kann man hie und da ganz deutlich gewahren. Über das stratigraphische Verhältniss dieser Felsarten ist mir nichts Näheres bekannt. Dieselben Orbitolinenscbichten finden wir auch bei Peti- Kladenci, Tatari und Ores; auf der kleinen Halbinsel aber, welche der Osam westlich von Trncevica bildet, erblicken wir nur gelb- lichen, thonigen, sandhaltigen Kalk, ähnlich jenem aus der Gegend von Pleven, Kacamunica und Suvatlyk. Auch in Dervisko-selo bedient mau sich wie in Trncevica anstatt der Dachziegel oder sonstigen Deckmaterials der aus weiter Ferne transportirten Kalksaudsteinplatten mit Orbito- linen.* Auf der Strasse, die von Pleven nach Ruscuk führt, fand ich zum ersten Male in Bulgarien Basaltstücke, die aus Ovca- Mogila, Cervena und der Umgebung von Slomer stammen. (Man vergleiche weiter unten.) Das rechte Osma-Ufer ist auf der Strecke Balgareni-Kozar- beleni vielfach zerrissen. Wir erblicken in demselben bläuliche Mergel mit dünnen Ockerlagen. Ein hübsches Profil bietet sich uns dar bei der Brücke, wo wir auf den Abhängen des hoben Ufers auch abgeschliffene und abgerundete Stücke von wachs- 1 Wir liätten es dabei, wie Toula meint, offenbar mit Äquivalenten fler Orbitolinensandsteine und Orbitoliuenkalke zu tliun, welche er in den Grundlinien zur Geologie des westlichen Balkan (p. 47) als oberurgonen Alters oder als unteres Apt annahm. Geologische Uutersuchuugeu im ceutraleu Baikau etc. 309 gelbem Fliut finden, wie auch eckige Brocken von hartem Sand- stein. Die linke Seite des Osam ist ganz eben und nur mit Löss bedeckt. Das Flussbett hat sich bis zu einer Tiefe von 2 Metern in das weiche Material eingegraben. Der Lössuntergrund ist nirgends sichtbar. Unmerklich hebt sich die Ebene in der Richtung nach W gegen Pleven hin. Erst unweit Pelisat zeigen sich im Thal unter dem Löss mergelige Kalkt'elsen, deren Beschaffenheit mit jenen von Tucenica ziemlich genau übereinstimmt. Lazene, Orta-kjöj, Kara-ac, Kalugerovo und Letnica liegen in der fruchtbaren Ebene des Osam, auf der linken Flussseite. Gegenüber von Letnica unweit Krusin erblicken wir zum ersten Male weisse Kalkfelsen, die folgendermassen eingetheilt werden können: a) Vollkommen weisser, dichter Kalk, der spä^hige Calcitkörnchen enthält. Im felsen Felsen gewahrt man schöne Orbitolinen, wahrscheinlich Orh. concava; h) körniger, bunter Kalkstein, meist von gelblich-grau-weisser Färbung, weist eben- falls grosse Mengen von Orbifolina cfr. concava und anderen Fossilien auf; die hiesigen Orbitolinen sind stärker gewölbt und dickwandiger als jene, die wir gelegentlich bei Trncevica betrachtet haben. Denselben Orbitolinenkalksteinen werden wir später auch östlich von Suhindol begegnen. Die Felsen von Krusiu sind nur in der Nähe des Dorfes selbst sichtbar, im weiteren Verlaufe nach S verschwinden sie unter den Waldcomplexen und erscheinen erst wieder, wenig aufgeschlossen, bei Lazene und bei Karahasan. In dem Juruci, zwischen Karahasan und Kojovci, werden graue, thonig-sandige Steine gebrochen, die ziemlich reich an Orbitolinen sind. Einige Kilometer südwestlich von Karahasan gewinnen die Kalkfelsen eine grössere Entwickelung. Sie erstrecken sich auch auf das linke Osraa-Ufer und ragen hier an vielen Stellen mitten aus dem Wald hervor; auch hier enthalten sie Orbitolinen, doch erreichen sie in Bezug auf die Menge bei weitem nicht die unter ihnen liegenden Schichten. Diese letzteren treten am deutlichsten hervor, wenn man den Hügel von Karahasan übersteigt und nun nuch der Ebene zulenkt. In den harten und bunten Kalksteinen kommen ausser Orbitolinen auch Korallen und andere Fossi- lien vor, wie sie in den Orbitolinenschichten oder im Aptien nicht 310 Z 1 a t a r s k i , selten sind. Die einzelnen Schichten liegen concordant und fallen unter einem Winkel von 8 — 10° nach NW. Vor Iglav sieht man noch die Orbitolinenschichten; bei Setovo und Zalkovo werden dieselben sandig und nehmen au Orbitolinenreichtlium zu, gerade wie vor Lovec. Der Fluss Osam bespült bis Omarelo das rechte Ufer, doch wendet er sich in seinem weiteren Laufe nach S von diesem ab und streicht nun näher an das felsige linke Ufer, während sich auf der rechten Seite eine Alluvialebene auszubreiten beginnt. Das Gestein ist hier kalkig und röthlichgrau, manche Partien sind körnig, andere wieder ganz dicht, die letzteren sind ausser- dem von feinen, bläulichen Calcitadern durchzogen, doch enthalten weder die einen, noch die anderen Spuren von Fossilien. Auf dem linken Osma^Ufer kommt ein Conglomerat mit kalkig- thonigem Bindemittel zum Vorschein. Die abgeschlitfenen Einzelstücke erreichen Faustgrösse und bestehen meist aus Ober- kreide, aschgrauem und rothem Sandstein, sowie auch aus Eruptiv- gesteinen. Ähnliche Conglomerate finden wir auch in der Jantra unweit Tirnovo. Bei der Mühle sind beide Ufer felsig und weisen echten Requienienkalk auf; dieser letztere zieht sich nach Lovec hin, ist in seineu obersten Partien bläulich, buntgrau, halbkrystalli- nisch und geht allmälig in thonigen und mergeligen Kalk über; zu allerunterst erblicken wir bläuliche, sandig-mergelige Schichten, reich an OrbitoUna lenticularis, Orb. bulgarica, Orb. concava und. verschiedenen Korallen, die man am deutlichsten auf der rechten Seite der Landstrasse, noch vor dem Erreichen der Stadt Lovec (Loftscha) (wo die Schichten unter einem Winkel von 4—6° nach N fallen) sehen kann. Der nämlichen Felsart be- gegnen wir auch im S von Lovec, hier fallen sie mit 10° nach S; in der Mitte der Stadt sind sie fast horizontal gelagert. So hätten wir denn hier eigentlich einen Sattel vor uns, dessen mittlere Partie von den Wässern abgetragen und zu einer Mulde um- geschaffen worden ist. Inmitten dieser Mulde erhebt sich nun Lovec. Um die Vertheilung der Schichten besser zu charakterisiren, erlaube ich mir an dieser Stelle ein Profil anzuführen, das ich der Ortschaft Stratis (auf der rechten Seite des Flusses) entnehme: Geologische Untersiicliimgen im centraleu Balkan etc. 311 a) Zu Unterst erscheint bläulicher mergeliger Kalk mit Rhyn- chonella] derselbe geht allmälig in harten und dichten, bläulich -rothen, orbitoliuenhältigen Kalk über. Hierauf folgen in der Eichtung nach oben ()) bläulicher Mergel (1 — 1 -5 Meter) mit dünnen Schichten von bläulichem Kalk und Orbit oliuen; c) eine dicke Schichte von aschgrauem, ziemlich hartem, tho- nigem Kalk mit Requienia oder Caprotina; d) harter, röthlich-blauer, fein krystallinischer Kalk, weniger reich an Orbitolinen; e) Knollenkalk mit weissen Calcitadern und grossen Nerineen, geht nach oben in röthlichen compacten Kalk über, enthält aber nicht viel Orbitolinen. Auf dieser Schichte ist das erste Kriegerdenkmal errichtet. Weiter verzeichnen wir: f) Eine Schichte von bläulichem Mergel, reich an allen jenen Petrefacten, die wir in unmittelbarster Nähe der Stadt fanden; dor nördliohpii Ball^anA orlande z\\isclien don Flüssen Js-kor und Janlra . Taf.l. (ili.'c'tü'oi.'««:ltc.> {5*i.cFiC \icti. c>'cii(X utbet Cutialc , C:'clva.ivljc , .^Vcvfjcvv-'iCtX.CVcVtiX^ .cH.tvt-Ui.ric'vc luxclv \.i.i,r-vCoiL Figl. Fig. t'lL.'aSv.^a £Ux. MtziuiU.'iiMl.kais.i\kad.d.n'.iiw(hiialurw.riasN(>I('lII.]M.I,Abliilö(S6. Zlatarski:ßalka II Vorland. Tat'.K. 3A KScMnM. Retfi/iniia Lorrc'isisZfa/. Silzunssbd k .\kad dW. math Ralui-w Classe XCnrBd. I Abfli . 1886. Klüicrii Staätsdiiicliers Zlatai'slxi:BalkjiiVor];!ii(] Tafffl. % 5chÖRlitii. KMof-Ti Staatsäracferei Itt^ifincinii nri/iKvi Z.lal. Silzuiigsb.d. k Akadd^r.iuafli natm-w Oasse XCIffBd I AbÜi . 1886. Geologische Untersuchungen im centralen Balkan etc. 341 Erklärung- der Tafel I. Fig. 1. 1. Alluvium. 2. Diluvium. 3. Weisser Kreidekalk mit Exogyren, Inoceramen etc. (Cenomau?). 4. Mergelig-sandige Gesteine mit Hieroglyphen; thonig-sandige und thonig- kalkige Schichten (Gault?). 5. Thonige Sandsteine und Mergel mit Orbitolinen etc. (Aptien). 6. Urgonien. Sandiger Kalk, thonige und mergelige Schichten mit Exogyra interruipta E. de From., Cjipr ina rostrata¥ itt., Cidaris Lardyi Desor. lihi/nchonella lata d'Orb. etc. 7. Neocomien. Mergelige und thonige Sandsteine. 8. Rother und weisser Sandstein mit Conglomeraten, und quarzaderiger Sandstein. 9. Palaeozoische Phyllite. 10. An- desit- und Porphyrit- Gänge. Fig. 2. 1. Diluvium-, Löss. — 2. Sarmatische Stufe: bj Grobkörniger Sandstein, unten mergeliger Sandstein, aj Oolithische kalkige Schichten mit Cardium obsoletum, Modiola Volhynica, Trockus pictus, T. quadristriatus, Tapes gregaria. 3. e) Fetter Thou mit Gyps. d) Dünne, sandige Schichte, c) Thon mit Gyps. b) Oolithischer Kalk, a) Bläulicher fetter Thon. 4. Oolithischer Kalk. 5. Cerithien- kalk (auch oolithisch). 6. Fetter Mergel, ganz unten weiss, bläu- lich , sandig und ohne Versteinerungen , weiter oben gelblich und voll mit Steinkernen von Cardium obsoleUim, C. plicatum, Tapes gregaria; noch weiter oben grauer Tegel, ganz oben harter Thou mit Abdrücken von Bidla, Modiola, Trochus,Mactra, Carditim. 7. Grobkörniger Sandstein verkittet mit kalkigem Cement, theil- weise oolithisch, reich an Modiola Volhynica, Mactra podolica, Car- dium obsoletum, Buccinum etc. 8. Bläulicher Mergel, ähnlich wie bei der Vid-Brücke. — C e n o m a n : '.). aj Bläulicher dichter Kalkstein mit Feuersteiutheilchen. bj Grobkörniger weisser Kalkstein, cj Zuckerartiger Kalkstein in dünnen Schichten. — Gault: 10, a) Glimmeriger, mergeliger, mürber Sandstein und bläulicher Mergel. bJ Sandiger Mergel, mit dünnen, sandigen Schichten. Aptien: 11. Sandsteine und Mergel mit Orbitolinen. — Urgonien: 12, Sandiger Mergel. 13. Caprotineu (Requienien) -Kalk. Neocom: 14. Kalkig-mergeliger Schiefer mit Belemnites, Ammo- nites, Aptychus etc. 342 Anatomisch-physiologische Untersuchungen über die Keimpflanze der Dattelpalme. VoD Georg Firtsch in Graz. (Aus dem botanischen Laboratorium der technischen Hochschule in Graz.) (Mit 1 Tafel.) (Vorgelegt in der Sitzung am 1. April 1886.) Einleitung. Von den Keimpflanzen der Palmen i.st jene der Dattelpalme bisher am genauesten bekannt geworden, Malpighi, Mirbel, Treviranus, Mohl^ in Martins Palmenwerk, und in neuerer Zeit Sachs^ haben derselben ihre Aufmerksamkeit zugewendet. Eine genauere Darstellung der anatomischen Verhältnisse ist jedoch bisher noch nicht mitgetheilt worden. Im Folgenden habe ich versucht eine solche zu geben, und zwar vom physiologischen Standpunkte aus. Zur Orientirung schicke ich eine kurze morphologische Beschreibung des entwickelten Keimlings voraus. Der Cotyledon desselben besteht aus zwei Theilen; sein oberes Ende bildet das im ausgewachsenen Zustande sattelförmige, den Samen mebr oder minder ausfüllende Absorptionsorgan, von Mohl „Caput cotyledoneum", von Sachs „Haustorium" genannt. Dieses geht an der Durchbruchstelle der Samenschale in eine halsförmig verengte Partie über, den Haustoriundials. Der zweite, aus der Samenschale heraustretende Theil des Cotyledonarblattes, der Haustoriumstiel, Mohl's „chorda germinalis", beginnt mit einer auf den Haustoriumhals folgenden verdickten Partie, die Mohl „tumor chordae" nannte. Nun folgt der eigentliche solide Hau- storiumstiel, der bei meinen Keimlingen, welche in Sägespänen J Martins, Historia naturalis palmarum. Bd. I, pag. 153. 1 Sachs, Zur Keimung'sgeschiclite der Dattel. Botan. Zeitung 1862, p.g. 241. Anatomisch -physiologische Untersuchungen etc. 343 und in mit Sägespänen vermischter Erde gezogen waren, durch- gehends bedeutend länger wurde, als dies, nach den Abbildungen zu urtheilen, bei den Keimlingen Mohl's und Sachs' der Fall war. Der solide Haustorinmstiel geht nun in seinem unteren Theile in die seitlich offene oder mehr oder minder verwachsene Keim- blattscheide ,, Vagina cotyledonea" über. Das erste blos scheiden- förmig entwickelte Blatt durchbricht die Cotyledonarseheide und dringt mit seiner starken Spitze im Boden aufwärts; es erreicht knapp die Oberfläche, ragt oft aber auch 2 bis 3 Ctm. hoch aus dem Boden heraus. Nunmehr bricht das erste, gefaltete grüne Laubblatt, welches von linealer Gestalt ist, mit seiner starken Spitze durch. Erst nachdem der Cotyledonarstiel nahezu aus- gewachsen ist, beginnt die Hauptwurzel sich rascher zu strecken, und erreicht sehr bald eine ziemlich beträchtliche Länge. ^ Vorliegende Arbeit wurde im botanischen Laboratorium der k. k. technischen Hochschule zu Graz im Wintersemester 1884/85 ausgeführt und spreche ich hier meinem hochverehrten Lehrer^ Professor Dr. G. Haberlandt, für seine Unterstützung meinen verbindlichsten Dank aus. I. Das Haustorium. Der obere Theil des Cotyledons, welcher im Samen stecken bleibt, fungirt als Absorptionsorgan. Dasselbe schwillt anfangs^ kugelförmig an, sich imEndosperm durch Auflösen der Zell waud- verdickungen und Absorption der gelösten Massen Raum schaffend ; später bekommt es dann eine mehr abgeflachte Form und, indem es allmälig sich ganz der Form des Endosperms anschliesst, eine sattelförmige Gestalt (Fig. 1). Die Oberfläche ist reichlich mit Leisten und Höckern versehen, wodurch die absorbirende Fläche wesentlich vergrössert wird. Im ersten Jugendzustand des Keimes fungirt die gesammte jugendliche Epidermis desselben, welche aus stark radial gestreckten Elementen besteht, als Absorptionsgewebe. Dasselbe bleibt dann nur dem Haustorium erhalten, während es am Cotyledonarstiel in eiue typische Epidermis umgewandelt wird. 1 Vergleiche .auch: Pfitzer, Über Früchte, Keimung und Jugend- zustände einiger Palmen. Ber. d. deutscheu bot. Gesellsch. 1885, pag. 32 ff. Sitzb. d. raathem.-naturw. Cl. ilCIlI. Bd. I. Abth. g5 344 F i r t s c h , Aber auch am Haustoriiim zeig't es eine verschiedene Aiisbildimg- ; während es in der Nähe des Cotyledouarstieles aus sehr hohen, schmalen Zellen besteht, ist es an anderen Stellen, wie an der Seite und auf der oberen Fläche des Haustoriums, aus relativ viel kürzeren Zellen gebildet. Das Meristem des g-anz jungen Haustoriums besteht aus vollkommen isodiametrischen Zellen, später strecken sich diese, und schon im halb erwachsenen Haustorium beobachtet man ein aus ziemlieh lauggestreckten Zellen bestehendes Leitparenchym mit grossen Intercellularräumeu. In den inneren Partien des Hau- storiums convergiren die gestreckten Leitparenchymzellen gegen den Haustoriiimhals, in den Eandpartien aber bildet das stoff- ableitende Leitparenchym ein- bis zweischichtige Scheiden, welche die Gefässbündel umschliessen. Die Zuleitung der absor- birten Baustoffe von dem Absorptionsgewebe zu den genannten Scheiden erfolgt durch Reihen aus gleichfalls gestreckten Zellen, welche häufig bogig gegen die Leitparenchymscheiden verlaufen (Fig. 2). So kehren hier in Folge gleichartiger Stoffleitungs- yerhältnisse dieselben Anschlusseinrichtimgen wieder, welche sich, wie Haberlandt^ gezeigt hat, so häufig in den grünen Laubblättern vorfinden und für die Richtung der Pallisaden zell- reihen massgebend sind. An Schnitten, welche die Gefässbündel der Länge nach treffen, sehen wir, dass diese pallisadenförmigen Zuleitungszellen unter einem spitzen Winkel gegen das Gefässbündel einfallen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese Schiefstellung auf Wachsthumsverschiebung beruht (Fig. 3). Was die allgemeine Anordnung der Gefässbündel im Haustorium betrifft, so strahlen dieselben an der Eintrittsstelle in das Haustorium radienförmig aus, gabeln sich und laufen der Oberfläche desselben genähert in ziemlich gerader Richtung bis an den Rand des sattelförmigen Gebildes. Von da an beginnen sie einen geschlängelten Verlauf zu nehmen und nähern sich dem Mittelpunkte der oberen Haustoriumfläehe, der morphologischen Spitze des Organs, wo sie sich im ausgebildeten Zustande wieder in unregelmässiger Weise vereinigen, 1 Hub er lau dt , Verg-leicliende Anatomie des Assimilationssystems. Prinyh. Jahrl)., Bd. XIII, pag. 136 u. 143. Anatomisch-physiologische Untersuchungen etc. 345 Der Leptomtheil überwiegt relativ den Hadromtheil des Gefässbüudels, eine Erscheinung, welche indem geringen Wasser- bedarf des eingeschlossenen Haustoriums ihre Erklärung findet. Mechanische Verstärkungen des GefässbUndels kommen nicht vor. Auffallend ist das stark ausgebildete Durchlüftungs- system des Haustoriums; dasselbe dürfte nicht mit der Trans- spiration, sondern mit der Athmung zusammenhängen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass das functionirende Haustorium sehr sauerstoffbedürftig ist. Da der erforderliche Sauerstoff von der Oberfläche des Samens aus durch das Endosperm hindurch gewiss nicht zugeführt werden kann, wenigstens nicht in genü- gender Menge, so muss die Sauerstoffzufuhr von dem Cotyledonar- stiel aus erfolgen. Das Durchlüftungssystem des Haustoriums muss also auf diesem Wege mit der atmosphärischen Luft, respec- tive der Bodenluft, communiciren. Thatsächlich treten, wie wir später sehen werden, unterhalb des Haustoriumhalses am Cotyledonarstiel Spaltöffnungen auf, welche die Communication vermitteln. II. Der Cotyledonarstiel. Die Epidermis des Cotyledonarstieles besteht am Hals- theile aus Zellen, welche noch radial gestreckt sind, ähnlich den Absorptionszellen des Haustoriums (Fig. 4). Nach unten zu nimmt ihre Höhe ab. Wahrscheinlich im Zusammenhange mit der Einwirkung des radialen Druckes, welchen das Endosperm und die Samenschale auf den Haustoriumhals ausüben, steht die Thatsache, dass die radialen Wände stärker verdickt sind als die Aussenwände der Epidermiszellen. Einzelne dieser letzteren sind durch Querwände getheilt. Ausserhalb des Samens besitzen die Zellen der Epidermis die typische Form. Letztere lässt sich beim ausgebildeten Keim- ling noch eine Strecke weit abwärts verfolgen; weiter nach unten zu löst sie sich jedoch in grösseren oder kleineren Fetzen ab (Fig. 5). Eine solche Häutung ist von Klebs^ auch au den jüngeren Theilen der Hauptwurzel des Dattelkeimliugs beobachtet worden. So wie die Epidermis des Cotyledonarstiels, 1 Beiträge zur Morphologie und Biologie der Keimung, Untersuchungen nus dem bot. Institut zu Tübingen, I. B. p. 536. 23* 346 F i r t s c h , welche im jugendlichen Stadium richtiger als Absorptionsgewebe zu bezeichnen wäre, besitzt nach dem Abstossen derselben auch die darunter liegende Zellschicht vereinzelte kurze Wurzel- haare (Fig. 6). Auf der Anschwellung des Cotyledonarstiels unterhalb des Haustoriumhalses treten Spaltöffnungen auf, und zwar in einer schmalen, höchstens 2 Mm. breiten Zone. In der Regel sind die Spaltöffnungen beträchtlich über das Niveau der Epidermis erhoben. Im unteren Theile der erwähnten Zone bleiben die Spaltöffnungen aber zum grössten Theile im Niveau der Epidermis. Bezüglich des Baues der Spaltöffnungen verweise ich auf die Abbildungen (Fig. 12). Hin und wieder begegnet man Zwillings- sj)altöffnungen sowie auch abnormen Bildungen, welche sich durch stark in die Quere gezogene Spalten (Fig. 13) oder iS-förmig gekrümmte Bauchwände charakterisiren. Die Bedeu- tung der Spaltöffnungen für die Durchlüftung des Haustoriuras wurde oben hervorgehoben. Das mechanische System des Cotyledonarstieles besteht erstens aus einem schwach gebauten mechanischen Hohlcylinder, und zweitens aus den C-förmig verdickten Schutzscheiden der Gefässbündel mit ihren innenseitigen, aus Bastzellen bestehen- den Verstärkungen. Der mechanische Hohlcylinder tritt unter den äusser- sten Rindenzellschichten auf. Er beginnt erst ungefähr in der Höhe, in welcher die Epidermis anfängt, sich abzulösen und besteht hier in der Regel blos aus einer einzigen Zellage (Fig. 6) ; weiter unten zu wird er mehrschichtig. Seine Zellen besitzen verhältnissmässig nur sehwach verdickte Membranen, sind von der Länge der angrenzenden Parenchymzellen * aber entschieden prosenchymatisch zugespitzt (Fig. 11). Im oberen Theil dieses Hohlcylinders treten häufig Durchlasszellen auf, welche weiter unten fehlen- Die mechanische Bedeutung dieses Hohlcylinders als Einrichtung gegen den radialen Druck, welchen der Cotyledonarstiel im Boden erfährt, ist wohl unzweifelhaft. 1 Hieraus ergibt sich auch, dass dieser mechanische Ring- grund- pareuchymatischeu Ursprunges ist. Anatomisch-physiologische Untersuchixugen etc. 347 Bevor ich die Schutzscheiden und ihre Verstärkungen bespreche, muss ich auf den Bau der GefässbUudel und ihren Verlauf eingehen. Die Gefässbündel des Cotyledonarstieles und der Scheide sind auf dem Querschnitte annähernd kreisförmig gelagert. Der Durchmesser dieses Kreises ist im Halstheil des Hau- storiums relativ am grössten, im Cotyledonarstiel rücken die Gefässbündel immer mehr gegen das Centrnm zu, so dass der Durchmesser des Gefässbündelkreises bis fast zu einem Drittel des Durchmessers des Stieles herabsinkt (Fig. 5). Die Anzahl der Gefässbündel beträgt im Cotyledonarstiel und der Scheide gewöhnlich unter zehn. In ihrem Verlaufe nach oben zu gabelt sich die Mehrzahl der Gefässbündel. So zählte ich bei- spielsweise im unteren Theil des Cotyledonarstieles 9, im Hals- theil 15 Gefässbündel auf dem Querschnitte. Die Gabelung der Gefässbündel erfolgt in der Weise, dass die Schutzscheide mit ihrem innenseitigen Bastbelege von der Leptomseite aus eindringt und zunächst das Leptom, später auch den Hadromtheil in zwei Theile spaltet (Fig. 8). Was den Bau der Gefässbündel betriift, so wäre zu erwähnen, dass der nach auswärts gekehrte Leptomtheil ziemlich stark entwickelt ist, und dass sich der Hadromtheil durch ver- hältnissmässig sehr enge Gefässe kennzeichnet. Dafür befindet sich in dem gegen das Centrum gekehrten Theil des Hadroms ein weiter, auf dem Querschnitt unregelmässig geformter Inter- cellulargang (Fig. 8). Es zeigt sich hierin eine Annäherung au den Gefässbüudelbau verschiedener monocotyler Wasser- und Sumpfgewächse [Sagittaria sagittuefoHa Blattstiel, Butomus nmbellatus Blatt, AUsma Plantafjo Blattstiel, Heleocharis palustris Halm, Scirpus silvaticus Halm u. a. m.).^ Die Schutzscheiden der Gefässbündel sind in aus- gesprochenster Weise C-förmig verdickt (Fig. 8, 9). Wie schon erwähnt , besitzen sie auf ihren Innenseiten Verstärkungen, welche aus typischen stark verdickten Bastzellen bestehen. Die- selben bilden 1 bis 3 Lagen; auf der Leptomseite ist der Bastbeleg 1 Westermaier, Untersuchimg-en über die Bedeutung- todter Röhren etc. Sitzungsber. der Berl. Akad. 1884, pag. 1107. •>48 Firtsch, dicker als auf der Hadromseite. Eine derartige verstärkte Schutz- scheide wurde bisher blos in der Wurzel von Bestio sulcatus beobachtet.^ Die Schutzscheide selbst mit ihren kurzen Zellen uud typischen Querwänden ist gruudparencbymatischen Ursprunges (Fig. 10). Die Verdickung ihrer Wände beginnt später als die Verdickung der sie verstärkenden Bastzellen; diese letzteren werden auf der Leptomseite früher differenzirt als auf der Hadrom- seite, so dass in einem gewissen Entwickluiigsstadium das GefässbUndel blos eine Bastsicbel zu besitzen scheint. Durch- lasszelleu fehlen diesen Schutzscheiden. Ich glaube nicht, dass diese so mächtigen Verstärkungen der Schutzscheiden blos eine localmechanische Bedeutung be- sitzen, dasheisst, blos die G-efässbündel vor zu starken Zerrungen bewahren. Sie repräsentiren hier vielmehr zweifelsohne das zugfeste mechanische System des Cotyledonarstiels. Wie wir schon oben gesehen haben, sind ja thatsächlich die einzelnen GefässbUndel dem Centrum näher als der Peripherie. DasGrundparenchym des Cotyledonarstieles und der Scheide wird von sehr zahlreichen ungleichweiten und auf dem Quer- schnitt unregelmässig geformten Luftc analen durchzogen. Dieselben treten nicht nur ausserhalb, sondern auch innerhalb des Gefässbündelkreises auf. Diese Luftgänge werden meist in der Querrichtung von annähernd radial gestellten Zellen durch- zogen, deren unverdickte Wandungen vollständig collabirt sind. Die beiderseitigen Enden dieser Zellen sind oft unregelmässig erweitert (Fig. 7). Zw^eifellos handelt es sich hier um eine ähnliche Aussteifungseinrichtung, wie sie in den Luftgängen ver- schiedener Cyperaceen in Form von ausgespannten Zellfäden besteht.^ III. Die Hauptwurzel. Das Absorptionsgewebe besitzt in der Regel keine Wurzel- haare, blos hin und wieder wachsen einzelne Zellen zu kurzen Haaren aus. Diese Zellschichte wird, gleichwie beim 1 Schwendener, Die Schutzscheiden und ihre Verstärkungen. Abhandlungen der Berl. Akad. 1882, pag. 34. - Vergl. Schwendener, Das mechanische Princip, pag. 91. Anatomisch-phj^siolog-isehe Untersuchimgen etc. 349 Cotyledouarstiele, frühzeitig- abgestossen. Die Wandungen der darunter liegenden 4 bis 5 Zellageu verkorken und bilden so eine äussere Schutzselieide. Darunter liegt nun, so wie beim Cotyledonarstiel, ein zwei- bis dreischichtiger mechanischer Ring (Fig. 15) , dessen prosenehymatische Zellen mit spaltenförmigen links-schiefen Tüpfeln versehen sind. Interessant ist, in welcher Weise die Neben würze In diesen mechanischen Hohlcylinder durch- brechen (Fig. 16, 17). Führt man in einer Entfernung von 3 bis 4 Ctni. von der Spitze Querschnitte durch die Hauptwurzel, so beobachtet man an einzelnen Schnitten, dass stellenweise der mechanische Eing in einer Breite von ungefähr 0-3 Mm. im cambialen Zustande verblieben ist, während die angrenzenden Partien des Ringes schon ziemlich stark verdickte Membranen besitzen. Dieser cambialen Ringpartie genau opponirt beob- achtet man im Centraleylinder die ersten Anlagen der Neben- wurzeln: eine Reihe von Pericambiumzellen, 8 bis 10 auf dem Querschnitte, haben sich radial gestreckt und tangential getheilt. Damit ist auch schon eine leichte Ausbuchtung der Schutzscheide gegen die Rinde zu gegeben. Untersucht man ältere Stadien, so sieht man, dass thatsächlich die jnngen Nebenwurzeln durch die cambialen Lücken des mechanischen Hohlcylinders dringen. Wie erklärt sich nun die genaue Opposition der jungen Wurzelanlagen und dieser cambialen Lücken? Nach Untersuchungen Vonhöne's ^ über das Hervorbrechen von Nebenwurzeln aus der Mntterwurzel, welches er bei zwei Orchideen, Laelia Barkeri und Oucidiiim spec. genauer studirt hat, werden sowohl die verdickten Wände der inneren, als auch jene der äusseren Schutzscheide durch ein von der jungen Wurzel ausgeschiedenes Lösungsmittel (zweifellos ein Ferment) gelöst, so dass der mechanische Widerstand der Scheiden beträchtlich ver- ringert wird. An den Rhizomen von Carex hirta und den Wurzeln einer Bumbusa beobachtete er eine so frühe Anlage der Seiten- wurzeln, dass der Ring durchbrochen wird, bevor er ausgebildet ist. 1 Vouhöue. Über das Hervorbrechen endog'ener Orgaue aus dem Mutterorgan. Flora 1880, pag. 270. 350 Firtsch, „Kommt eine Wurzel in die Nähe von Zellen, die immerbin schon einige Verdickungen zeigen, so verschwindet aus denselben die Verdickungssubstanz ganz so wie bei den Scheidenzellen der Orchidee." Bei der Dattelwurzel liegt das Auffallende darin, dass die Lücke im mechanischen Ringe schon zu einer Zeit vorhanden ist, in welcher die Nebenwurzelu sich noch im ersten Anlagestadium befinden. Nachdem zweifellos die Anlage der Wurzel der Bildung der Lücke vorausgeht, so erscheint es mir am wahrscheinlichsten, dass bereits von der jungen Wurzelanlage ein lösendes Ferment ausgeschieden wird, welches, radial in der Rinde sich verbreitend, an der opponirten Stelle die Verdickung der Wände des mechanischen Hohlcylinders unmöglich macht. Das Rindenparenchym der Wurzel wird von einem Kranze von Luftcanälen durchzogen, welche auf dem Querschnitte in radialer Richtung gestreckt sind. Aus collabirten Zellen bestehende Zugbänder, wie sie in den Luftgängen des Cotyledonarstieles auf- treten, fehlen hier. Der Centralstrang besitzt eine un verdickte Scheide, deren radiale Wände verkorkt und wellig verbogen sind; an sie grenzt nach innen das Pericambium. Im Bau und in der Anordnung der Hadromplatten und der dazwischen liegenden Leptomstränge zeigt sich nichts AutFallendes, von dem bisher Bekannten Abweichendes. Dei- mittlere Theil des Centralstranges besteht aus einem starken Bastbündel, welches nach aussen zu mit vorspringenden Leisten versehen ist, die sich zwischen die Hadromplatten ein- schieben. Die Mitte des Bündels wird von einem ganz dünnen, auf dem Querschnitt nur wenigzelligen, parenchymatischen Mark- strange durchzogen. IT. Die ersten Blätter. Das erste blos scheidenförmig entwickelte Blatt des Keimlings hat nur die Aufgabe, als Durchbruchsorgan zu dienen; es ist, wie aus der Anordnung seiner mechanischen Stränge auf dem Querschnitte hervorgeht, entschieden biegungs- fest gebaut. Knapp unter der Aussenseite treten in unregelmässigen Abständen isolirte Bastbündel und ganz kleine stark reducirte Oefässbündel auf, welche auf ihren Aussenseiten starke Bastbelege, Anatomiach-jDhysiologische Untersuchimgen etc. 351 oder ringsherum Bastscheiden besitzen. Die grösseren, weiter innen gelegenen Gefässbündel besitzen beiderseits Bastbelege, von welchen die äusseren aus sehr stark verdickten englumigen Bast- zellen, die inneren aus schwächer verdickten mechanischen Elementen mit fast doppelt so grossem Querdurchmesser bestehen. Die kegelförmige Spitze dieses scheidenförmigen Blattes, mit welcher es den Boden durchbricht, besitzt einen dem entsprechen- den festen Bau. Die Wandungen der Epidermiszellen sind bedeutend stärker verdickt als weiter unten, und auch die darunterliegenden zwei bis drei Zellschichten haben sich als mechanisches Gewebe, das man als eine Art Hornparenchym bezeichnen könnte, ausgebildet. Die gestreckten Zellen desselben besitzen nicht unbeträchtlich s^erdickte Wandungen mit zahl- reichen Tüpfeln (Fig. 19). In dieser Blattspitze vereinigen sich die Hadromtheile der Gefässbündel, welche ihre Bastbclege schon früher verloren haben, zu einem Complex von kurzen, theilweise isodiametrischen Tracheiden, über welchen in der Epidermis Wasserspalten auf- treten. Übrigens besitzt dieses Blatt auch gewöhnliche Spalt- öffnungen, welche namentlich gegen die Spitze zu häufiger sind. Das nunmehr folgende Laubblatt besitzt bekanntlich eine lineale Form; seine Spitze ist gleichfalls als kegelförmiges Durchbrucbsorgan ausgebildet (Fig. 18) , welches fast genau denselben Bau zeigt, wie die vorhin beschriebene Spitze des ersten scheidenförmigen Blattes. Die Schliesszellen der Wasser- spalten sind blos im jugendlichen Zustande erhalten, später sterben sie ab und es sind jetzt nur mehr rundliche Löcher vor- handen. Die Zahl der Wasserspalten steigt bis auf zehn. V. Der anatomische Bau des Dattelkeimlings in seinen Beziehungen zu Klima und Standort. Die Dattelpalme ist bekanntlich eine ausgesprochene Wüsten pflanze, sie ist der einzige Baum, der in der Sahara seine ursprüngliche Heimat hat.* Nichts desto weniger bedarf sie zu ihrem Gedeihen, wie Cosson gezeigt hat und Grisebach wiederholt ausdrücklich hervorhebt, beträchtlicher Wassermengen. 1 Griesebach, Die Vegetatiou der Erde. IL Aufl., Bd. IL, pag. 82. 352 F i r t s c h , „Sie entwickelt sieh nur da, wo ihre Wurzeln mit den uner- schöpflichen Wasservorräthen in Verbindung stehen, die allein die Wüste befeuchten." Nur in jenen Theilen der Wüste, wo die Wurzeln das höher stehende Grundwasser erreichen können, konnte die Dattelpalme ohne künstliche Bewässerung- von jeher sich erhalten. In der inneren Organisation des Dattelkeimlings macht sich nun, wie wir gesehen haben, eine ganze Reihe von Eigeuthümlich- keiten geltend, welche sich überraschenderweise auf Anpas- sung an sehr feuchten, mit Wasser durchtränkten Boden zurückführen lassen. Im Bau des Co tyledonar Stieles sind diese Eigenthümlich- keiten folgende: 1. Die über das Niveau der Epidermis hervorragenden Spaltöffnungen; 2. die zablreichen Luftcanäle der Rinde; 3. der mechanische Hohlcylinder der Rinde ; 4. die Intercellularcanäle in den Hadromtheilen der Grefassbündel. Eine besondere Besprechung verlangt der Umstand, dass die C-fÖrmig verdickten Schutzscheiden des Cotyledonarstieles, wie wir gesehen haben, sehr beträchtlich verstärkt sind. Wie Schwendener gezeigt hat, sind derartig verstärkte Scheiden in der Regel eine Anpassung an periodischen Wechsel zwischen reichem Wasserzufluss und anhaltender Trockenheit. Ahnliche Verstärkungen finden sich auch bei manchen hydrophilen Gewächsen, deren Standorte zeitweilig austrocknen. Diese letzteren Verhältnisse werden wohl auch für den in den obersten Erdschichten befindlichen Cotyledonarstiel massgebend sein und zur C-förmigen Verdickung der Scheiden geführt haben. Die beträchtlichen innenseitigen Bastverstärkungen dieser Scheiden dürften aber wohl von einem anderen Gesichtspunkte aus zu betrachten sein, nämlich als das zugfeste mechanische System des Cotyledonarstieles. Was die Wurzel betrifft, so zeigt dieselbe durchgehends anatomische Eigenthümlichkeiten, welche auf das Vegetiren in beständig feuchtem Boden hinweisen. Diese Eigenthümlichkeiten sind: 1. Das fast vollständige Fehlen der Wurzelhaare, welches, Anatomisch-physiologische Untersuchungen etc. 353 wie Schwarz* gezeigt hat, für die Wurzeln der Sumpf- und Wasserpflanzen charakteristisch ist; 2. die zaldreichen weiten Luftcanäle der Rinde; 3. der mechanische Hohlcylinder der Rinde; 4. die unverdickte Schutzscheide des Centralstranges. Auf reichliche Wasserzufuhr weist endlich auch das Vor- kommen von Wasserspalten auf den Spitzen der beiden ersten Blätter hin. Alle diese Orgaiiisationsmerkmale sprechen also sehr ent- schieden dafür, dass die Keimung der Dattelsamen und die ganze erste Entwicklung des Keimlings bei Gegenwart beträchtlicher Feuchtigkeitsmengen stattfindet, das heisst auf die Dauer der Regenzeit beschränkt ist. In dieser Hinsicht schliesst sich also die Keimpflanze der Dattelpalme jenen Wüstenpflanzen an, welche ihre ganze Entwicklung von der Keimung bis zur Fruchtreife während der Regenzeit durchmachen. Wie Volkens^ in seiner interessanten „Skizze zur Flora der ägyptisch-arabischen Wüste" hervorhebt, haben diese „ephemeren Wüstenpflanzen" gut ent- wickelte Blätter von zartem Bau, sie bleiben saftig und krautig, und ihre Wurzeln dringen nicht tiefer in den Boden, als die der Wald- und Wiesenpflanzen regenreicherer Zonen. In letzterer Hinsicht unterscheidet sich allerdings der Dattel- keimling von diesen ephemeren Wüstenpflanzen dadurch, dass er gleich bei seiner ersten Entwicklung bestrebt ist, durch beträcht- liche Streckung des Cotyledouarstieles und der Scheide den Stammvegetationspunkt, welcher ja regenlose Zeitperioden über- dauern soll, in eine möglichst grosse Tiefe einzupflanzen. 1 Fr. Schwarz, Die Wnrzelhaare der Pflanzen etc. Unters, des bot. Inst, zu Tübingen. Heft 11. 2 Sitzungsberichte der Berl. Akad. 1886. Erklärung- der Abbildungen. Fig. 1. Haustorium eines Dattelkeimlings zu Beginn der Entfaltung des ersten Laubblattes; herauspräparirt (3: 1). „ 2. Theil eines Schnittes durch das Haustorium senkrecht auf die Gefässbündel; dadurch wird die bogige Anordnung der Leit- parenchymzellen ersichtlich (100 : 1). 354 Firtsch, Anatomisch-physiologische Untersuchungen etc. Fig. 3. Theil eines Schnittes durch das Haustorium purallel einem Gefäss- bündel. Die Leitparenchymzellen schief gestellt; der Pfeil zeigt die Ableitungsrichtung der absorbirten Stoffe an, die Wachsthums- richtung ist entgegengesetzt (100 : 1). „ 4. Theil eines Querschnittes durch den Halstheil des Haustoriums (300 : 1). „ 5. Querschnitt durch den Cotyledonarstiel, 15 Mm. vom Hauatorium- hals entfernt (30 : 1). „ 6. Theil eines Querschnittes durch den Cotyledonarstiel, 3 Ctm. vom Haustoriumhals. Einfacher mechanischer Ring mit Durchlasszellen, äussere Eindenschicht verkorkt; Epidermis abgestossen (300:1). „ 7. Theil eiues Querschnittes durch den Cotyledonarstiel, 15 Mm. vom Haustoriumhals. Die Lufträume sind durch radial gestellte colla- birte Zellen versteift (550 : 1). „ 8. Theil eines Querschnittes durch den Cotyledonarstiel, 5 Mm. vom Haustoriumhals. Ein sich gabelndes Gefässbündel ; im getheilten Hadromtheil die Intercellularcanäle (300 : 1). „ 9. Ein Gefässbündel des Cotyledonarstiels im Querschnitt; zeigt die C- förmig verdickte Schutzscheide und den starken inneren Bast- beleg derselben. Gefässbündel bis auf den Leptomtheil reducirts (550 : 1). „ 10. Theil eines radialen Längsschnittes durch die Schutzscheide und den daran grenzenden Bastbeleg (550 : 1). „ 11. Theil eiues Längsschnittes durch den Cotyledonarstiel (300 : 1). „ 12. Querschnitt einer Spaltöffnung des Cotyledonarstieles (400 : 1). „ 13. Eiue stark in die Breite gezerrte Spaltöffnung (300 : 1). „ 14. Theil eines Querschnittes durch den Cotyledonarstiel 5 Mm. vom Haustoriumhals; die Epidermis beginnt sich abzulösen (300:1). „ 15. Querschnitt durch die Hauptwurzel (25 : 1). „ 16. Theil eines Querschnittes durch die Hauptwurzel ; über der Gefäss- platte die Anlage einer Nebenwurzel (200 : 1). „ 17. Theil eines Querschnittes durch die Hauptwurzel; die obiger Wurzelanlage opponirte Stelle der Rinde und des mechanischen Ringes zeigend, welcher an der künftigen Durchbruchstelle der Nebenwurzel in cambialem Zustande verblieben ist (200 : 1). „ 18. Kegelförmige Spitze des ersten Lanbblattes (3 : 1). „ 19. Längsschnitt durch diese Spitze; unter der Epidermis das Horn- parenchym (550 : 1). (I.Firlsc h: ,-, .o-iTOScli physiologische Untersuchungen über die Keimpflanze der Datielpalme 5 Witsch d?: lith.Ajist- v.Th.Banawartli.-' Sitzimäsber.d.kaiserl.Akad.d."Wiss.iuath.natun»'.n.XCIff.Bd.I.AtK.1886. SITZUNGSBERICHTE DER miiü iiiii M wiss L MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. XOm. Band. V. Heft. ERSTE ABTHEILUNG. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik, Zoologie, Geologie und Paläontologie. 357 XI. SITZUNG VOM 6. MAI 1886. Der Vorsitzende gedenkt des Verlustes, welchen die Aka- demie und speeiell diese Classe durch das am 24. April d. J. er- folgte Ableben des wirklichen Mitgliedes Herrn Professor Dr. Eduard Linnemann in Prag erlitten hat. Die Anwesenden geben ihrem Beileide durch Erheben von den Sitzen Ausdruck. Herr Director Dr. A. B. Meyer in Dresden übermittelt im Namen des Verfassers das Werk: „De Sluik-en Kroesharige Rassen t usscbe 11 Selebes en Papua", von I. Gr. F. Riedel, vormals Resident von Timor und Amboina in niederländ. Ost- indien, d. Z. in Utrecht. Das c. M. Herr Prof. F. Lippich in Prag übersendet ein Manuscript aus dem literarischen Nachlasse weiland des w. M. Herrn Prof.E. Linnemann, welches den Titel führt: „Austrium, ein neues metallisches Element". Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. A. Rollett übersendet eine Abhandlung des Privatdocenten Herrn Dr. Otto Drasch in Graz: „Zur Frage der Regeneration und der Aus- und Rückbildungsformen der Epithelzelleu". Ferner übersendet Herr Regierungsrath Rollett eine Ab- handlung des Herrn Prof. Dr. Rudolf Klemensiewicz in Graz: „Experimentelle Beiträge zur Kenntniss des nor- malen und pathologischen Blutstroraes". Das c. M. HeiT Prof. R. Maly in Graz übersendet eine in seinem Laboratorium von Herrn Rudolf Andreasch, Privat- docenten, ausgeführte Arbeit: „Über die Chloressigsulfon- säure und einige andere halogensubstituirte Sulfon- säuren". 358 Der Se cretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: 1. „Beobachtungen über Entstehen und Vergehen der Samenkörper bei Triton", von Herrn Dr. Gustav Kitter v. W i e d e r s p e r g. 2. „Über die Maassverhältnisse der Pyramide von Gizeh", von Herrn A. Jarolimek in Hainburg. 3. „Über eine Classe von algebraisch auflösbaren Gleichungen fünften, sechsten und siebenten Grades", von Herrn Dr. Max Man dl in Wien. 4. „Der Pohlke'sche Lehrsatz der Axonometrie und eine Verallgemeinerung desselben*, von Herrn Julius Man dl, k. k. Lieutenant in Krakau. 5. „Über das verallgemeinerte C o rr espo n d en z- princip", von Herrn Dr. Karl Bobek in Prag. 6. „Über die Einwirkung von Acetessigäther und Acetondicarbonsäure-Ester auf Hydrazoverbin- dungen", von Herrn Prof. Dr. H. Ritter v, Perger in Reichenberg. 7. Einige Mittheilungen über die Gleichung X'r--hY-rZ, von aa^ dy Herrn D. A. Pio in Syra. Die Herren Dr. 0. Tumlirz und H. Luggin in Prag senden eine vorläufige Mittheilung über das remanente magnetische Moment des Bcrgkrystalls betreffende Versuche, welche von ihnen im physikalischen Institute der deutschen Universität zu Prag gemeinschaftlich ausgeführt wurden. Ferner legt der Secretär eingesendete versiegelte Schreiben behufs Wahrung der Priorität vor, und zwar: 1. Von Herrn k. k. Feldmarschall-Lieutenant Johann Roskie- wicz in Krems, mit der Aufsclirift: „Ermittlung des Cursesund derFalirge seh windigkeit ein es Schiffes von einem Standpunkte der Küste aus". 2. Von Herrn Prof. Theodor Maryniak in Lemberg, mit der Aufschrift: „Theorie der Propeller-Schraube und des Schiffswiderstandes". Derselbe ersucht gleichzeitig um die Zurücknahme seiner beiden über denselben Gegen- stand unter dem IL October 1883 und 9. October 1884 vorgelegten versiegelten Mittheilungen. 359 Das w. M. Herr Hofrath E. Ritter v. Brücke überreicht eine im physiologischen Institute der Wiener Universität aus- geführte Arbeit des Herrn stud. med. Ludwig Rosenberg: „Über Nervenendigungen in der Schleimbaut und im Epithel der Säugethierzunge". Das w. M. Herr Hofrath Th. Ritter v. Oppolzer überreicht die auf die Beobachtungen zweier Oppositionen gegründete „Bahnbestimmung des Planeten Cölestina". Das w. M. Herr Prof. L. v, Barth überreicht eine im chemischen Laboratorium der Staatsgewerbeschule in Bielitz ausgeführte Arbeit der Herren J. Stingl und Th. Morawski: „Zur Kenntniss der Sojabohne". Das w. M. Herr Director E. Weiss berichtet über zwei Kometenentdeckungen, welche beide Herrn Brooks zu Phelps (N. Y.) gelangen: die erste am 27., die zweite am 30. April. Herr Dr. Hans Moliseh, Privatdocent an der Wiener Uni- versität, überreicht eine im pflanzenphysiologischen Institute aus- geführte Arbeit unter dem Titel: „Zwei neue Zucker- reactionen". Sitib. d. matheia.-uaiurw. Cl. XCIII. Bd. I. Abth. 24 360 XII. SITZUNG VOM 13. MAI 1886. Se. Excellenz der Herr Curator-Stellvertreter macht der Akademie mit hohem Erlasse vom 10. Mai die Mittheilung, dass Seine kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog-Curator in der diesjährigen feierlichen Sitzung am 29. Mai erscheinen und dieselbe mit einer An- sprache eröffnen werde. Das c. M. Herr Prof. L. Gegenbauer in Innsbruck über- sendet eine Abhandlung: „über Raumcurven vierter Ord- nung erster Species". Das w. M. H. Director E. Weiss theilt mit, dass inzwischen von dem Assistenten der hiesigen Sternwarte R. Spitaler auch ein Elementeusystem für den zweiten von Brooks am 30. April d. J. entdeckten Kometen berechnet, und durch das CircularNr. LX der kais. Akad. veröffentlicht wurde. Herr Regiernngsrath Dr. A. Bauer, Professor an der tech- nischen Hochschule in Wien, überreicht eine Abhandlung über die von ihm in G-emeinschaft mit Herrn K. Hazura ausgeführ- ten „Untersuchungen über die Hanfölsäure". Herr Major A. v. Obermayer in Wien überreicht eine von ihm in Gemeinschaft mit Herrn M. Ritter v. Pichler aus- geführte Untersuchung : „Über die Entladung hoch- gespannter Elektricität aus Spitzen", Herr Dr. Zd. H. Skraup in Wien überreicht eine Unter- suchung, betitelt: „Farbenreactionen zur Beurtheilung der Constitution von Carbonsäuren der Pyridin- Chinolin- und verwandten Reihen". Selbständige Werke, oder neue , der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt! Gilberte Govi: L'Ottica di Claudio Tolomeo (Ridotta in latino sovra la traduzioue araba di uu testo greco imperfetto) Torino 1885; 8». 361 XIIL SITZUNG VOM 20. xMAI 1886. Das k. und k. Reichsfinanzministerium übermittelt ein Exemplar der „Ortschafts- und Bevölkerung'S - Sta- tistik von Bosnien und der Herzegovina nach dem Volkszählung-s-Ergebuisse vom 1. Mai 1885-'. Das w. M. Herr Eegieriingsrath Prof. L, Boltzmann in Graz übersendet eine weitere Mittheilung über das Integrale für eine kreisförmige Platte. Ferner übersendet Herr Regierungsrath Boltzmann eine vorläufige Mittheilung der Herren Prof. Albert v.Ettingshausen und stud. Walther Nernst: „Über das Auftreten elektro- motorischer Kräfte in Metallplatten, welche von einem Wärmestrome durchflössen werden und sich im magnetischen Feld befinden". Endlich übersendet Herr Regierungsrath Boltzmann eine Abhandlung von Herrn Professor Dr. J. Korteweg in Amsterdam : „Über Stabilität periodischer ebener Bahnen". Das c. M. Herr Prof. E. Ludwig in Wien übersendet eine in seinem Laboratorium von den Herren Dr. J. Mauthner und Dr. W. Suida ausgeführte Arbeit, betitelt: „Zur Gewinnung von Indol aus Derivaten des Orthotoluidins". Der Secretär legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: 1. „Differentialresultante von drei Variabein und ihre Anwendung auf die Integration partieller Differentialgleichungen" und 2. „Differentialresultante von zwei Variabein und ihre Anwendung zur Integration linearer Diffe- rentialgleichungen", vorstehende zwei Abhandlungen von Herrn Emanuel Puchberger, quiesc. k. k. Bezirks- hauptmann in St. Polten. 24* 362 3. „Bestimmung- der Zerstreuungsweite einer Con- cavlinie mittelst des zusammengesetzten Mikro- skopes", vonHerrnDr.W. Psclieidl, Professor am Staats- gymnasium im VI. Bezirk in Wien. Das w. M. Herr Prof. v. Barth überreicht eine in seinem Laboratorium von Herrn Ladislaiis Niemilowicz ausgeführte Untersuchung: »Zur Kenntniss einiger cholinartiger Verbindungen". Das w. M. Herr Hofrath Th. Ritter v. Oppolzer überreicht eine für die Denkschriften bestimmte Abhandlung: „über die astronomische Refraction". Das w. M. Herr Director J. Hann tiberreicht eine Abhand- lung, betitelt: „Bemerkungen zur täglichen Oscillation des Barometers". Selbständige Werke oder neue , der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Delgado, J. F. N., Etüde sur les Bilobites et autres fossiles des quartzites de la base du Systeme silurique du Portugal. Lisbonne, 1886; folio. 363 Verzeichniss der an die mathematiscli-natiirwissenschaftliche Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften vom 1. Jänner bis 30. Jnni 1886 gelangten periodischen Druckschriften. Altenburg, Naturforscheude Gesellschaft des Osterlandes : Mittheiluugen ans dem Osterlande. N. F. III. Band. Baltimore, Johns Hopkins University: American Chemical Journal. Vol. VII, Nrs. 4—7, Vol. VIH, Nrs. 1 und 2. American Journal of Mathematics. Vol. XIII, Nr. 2. — — Studies from the Biological Laboratory. Vol. III, Nrs. 5 und 6. — — University Circulars. Vol. V, Nrs. 45 und 47. Barcelona, Almanaque nantico para 1887. Batavia, s'Hage, Bataviaasch Genootschap van Künsten en Wetenschappen: Verbandelingen. Deel XV, Aflevering 1. — Notulen van de algemeene Bestuursvergaderingen. Deel, XXIII, Aflevering 1. — Tijdschrift voor indische Taal-, Land- en Volkenkunde. Deel XXX, Aflevering 3, 4, 5. Bergen, Bergens Museum: Bidrag tili Myzostomernes Anatomi og Histologie of Fridtjof Nansen med 9 Plancher. Berlin, Akademie der Wissenschaften, königl. preussische: Sitzungsberichte Nr. XL— LH. 1885. — Centralblatt für klinische Medicin. VII. Jahrgang, 1886. Nro. 1—9, 11—14, 16—23. — Deutsche Medicinal-Zeitung : Centralblatt. VII. Jahrgang, 1886. N. 1—46. — Elektrotechnischer Verein: Zeitschrift. Heft XII ex 1885. 1886. I— V Heft. — Entomologischer Verein: Berliner Entomologische Zeit- schrift. XXIX. Band. 1885. 364 Berlin, Fortschritte der Mathematik: Jahrbuch über die. Jahrgang 1883. XV. Band, 2. Heft. — Fortschritte derMedicin. Bandlll, Nr.24, BandIV, Nr.3— 11. — Gesellschaft, Berliner medicinische: Verhandlungen aus dem Gesellschaftsjahre 1884—1885. Band XVI. — Gesellschaft, deutsche chemische: Berichte. XVIII. Jahrgang. Nr. 17—19. XIX. Jahrgang, Nr. 1—8. — Gesellschaft, deutsche geologische: Zeitschrift. XXXVII. Band. 3. und 4. Heft. — Königliche Sternwarte: Berliner astronomisclies Jahrbuch für 1888 mit Ephemeriden (1—247) für 1886. — Zeitschrift für Instrumentenkunde: Organ. V. Jahrgang 1885, XIL Heft. VI. Jahrgang 1886, I.— V. Heft. — Zoologische Station zu Neapel: Mittheilungen. VI. Band, 3. Heft. Bern, Naturforschende Gesellschaft: Mittheilungen aus dem Jahre 1885. II. Heft. 1119—1132. Bologna, Accademia delle scienze dell' Istituto di Bologna: Memorie. Serie 4*. Tomo 4. Bonn, Naturhistorischer Verein der preussischen Rheinlande, Westphalens und des Eegierungsbezirkes Osnabrück: Ver- handlungen. XLn. Jahrgang; 5. Folge. IL Jahrgang, 2. Hälfte. 1885. Bordeaux, Societe Linn6enne: Actes. 4*^ serie. Vol. VII. — Societe de Medecine et de Chirurgie: Memoires et Bulletins. 3*^ et 4« fascicules, 1883. l'^'^et 2" fascicules, 1884. Boston, Boston Society of Natural History: Memoirs. Vol. V, Nr. 11. — Proceedings. Vol XXII, part 4"^ and Vol. XXIII, part 1^\ Bremen, Naturwissenschaftlicher Verein: Abhandlungen. IX. Band, 3. Heft. Brunn: Mittheilungen der k. k. mährisch-schlesischen Gesell- schaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde. 1885. LXV. Jahrgang. — Naturforschender Verein: Verhandlungen. XXIII. Band, 1. und 2. Heft. — Bericht der meteorologischen Commission über die Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen im Jahre 1883. 365 Briixelles: Annales de la Society entomologiqiie de Belgique. Tome XXIX, 2«^ partie. Budapest, Geologische Eeichsanstalt: Jahresbericht für 1884. — BndapesterLaDdesausstelluug-: SpecialcatalogderVI. Gruppe. — Mathematische und naturwissenschaftliche Berichte au» Ungarn. III. Band. — Komanische Revue. 1886. II. Jahrgang. III und IV. — Ungarische Revue. 1886. VI. Jahrgang. II — IV. Buenos Aires: Actas de la Academia nacional de ciencias en Cordoba. Tomo V, Entrega 2*. — Boletin. Tomo VIII, Entrega 2'^ und 3^ — Anales de Museo nacional. Entrega 14'' 2* del Tomo III. Calcutta, Asiatic Society of Bengal: Journal. N. S. Vol. LIV, part n. Nrs. 1—3. — Indian Meteorological Memoirs. Vol. 11, parts 4 und 5. — Palaeontologia Indica. Serie XIII, Vol. I, part 4 (fasc. 5); Ser. X, VolIII, part 6; Ser. IV, Voll, part 5; Ser. XIV. Vol. I, fasc. 5. — Memoirs of the geological Survey of India. Vol. XXI, parts 3 und 4. — Records of tlie geological Survey of India. Vol. XVIII, part 4; Vol. XIX, parts 1 und 2. — Report ou the Meteorology of India in 1883. IX* year. — Report on the Administration of the Meteorological Depart- ment in 1884-1885. Cambridge, Philosophical Society: Proceedings. Vol. V^ part 5. — Museum of comparative Zoology at Harvard College : Annual Report for 1884—85. Bulletin. Vol XII, Nrs. 2—4. Memoirs. Vol. X, Nr. 4; Vol. XI, part 2; Vol. XII and XIII. The Water Birds of North America. Vol. I and II, Vol, XIV., Nr. 1, part 1 and Embryology of the Ctenophorae by A. Agassiz. — AstronomicalObservatory : 40'^AnnualReport of theDirector. ^1886.) Cape Town, Scientific Results of the second Yarkand Mission Araneidea by the Revd. 0. P. Cambridge, M. A. C. M. Z. S. 366 Cassel, Verein für Naturkunde: Festschrift zur Feier seines fünfzigjährigen Bestehens. Catania, Accademia Gioenia di seienze naturali: Atti. Ser. 3^ Tomo XVm. Cincinnati, Observatory: Publications. Observations of the Comets of 1883. Coethen, Chemiker-Zeitung: Centralorgan. X.Jahrgang, 1 — 34. Colmar, Societe d'Histoire naturelle: Bulletin. 24 — 26. Annees 1883—1885 et Supplement au Bulletin 1883-1885. Danzig, Naturforschende Gesellschaft: Schriften. N.F.VI.Band, 3. Heft. Des Meines, Jowa: Jowa Weather Report. 1877 — 1883. Dresden, Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis : Sitzungs- berichte und Abhandlungen. Jahrgang 1885. — Verein für Erdkunde. XXI. Jahresbericht. Dublin, Royal Dublin Society: The scientific Proceedings. Vol. IV, parts 7—9 ; Vol. V, parts 1 und 2. — — Transactions. Vol. III (serie8 II), VII — X. — Royal geological Society of Ireland: Journal. N. S. Vol. VI, part III (1882—1884). Edinburgh: The Scottish geographical Magazine. Vol. II, Nrs. 1—4. Emden, Naturforschende Gesellschaft: 70. Jahresbericht. Erlangen, Physikalisch -medicinische Societät: Sitzungs- berichte. 17. Heft. Firenze: Archivio per l'Antropologia e I'Etnologia. XV. Vol. Fase. 1'' e 2°.^ — Quadri statistici „Sui Denti incisivi dell' Uomo". — Archivio della Scuola d'Anatomia patologica. Vol. I. — R. Istituto di studi superiori pratici e di Perfezionamento in Firenze: Publieazioni, Sülle convulsioni epilettiche. Frankfurt am Main, Bericht über die Seuckenbergische naturforschende Geselschaft. 1885. — Reiseerinnerungen aus Algerien und Tunis, von D. W. Kobelt. Genöve, Bibliotheque universelle: Archives des sciences phy- siques et naturelles. Tome XIV, Nrs. 11 et 12. Tome XV, Nrs. 1—4. — Institut national genevois: Bulletin. Tome XXVII. 367 Geneve, Society de Physique et d'Histoire naturelle. Memoires. Tome XXIX. V^ partie. Genova, Miiseo civico di Storia naturale: Annali. Serie 2*. Vol. I und II. Gi essen: Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie für 1883 V. Heft, für 1884. I. und II. Heft. Görz, Societä J. R. agraria di Gorizia: Atti e Memorie. Anno XXIV, Nr. 12. Anno XXV, Nrs. 1—5. Gotha: D. A. Petermann's Mittheiluugen aus Justus Perthes' geographischer Anstalt. 31. Band, XII. und Ergänzungsheft j^r. 80. — 32. Band, I— VI. Güstrow, Verein für Freunde der Naturgeschichte in Mecklen- burg: Archiv. 39. Jahr. Habana. Real Academia de ciencias medicas, fisicas y naturales de la Habana: Anales. Tomo XXII, Entrega 256 — 261. Halle a. S., Zeitschrift für Naturwissenschaften. Der ganzen Reihe LVIII. Band, 4. Folge. IV. Band, 4—6. Heft. — Leopoldina. Organ der kaiserlichen Leopoldino-Cavolinischen deutschen Akademie der Naturforscher, Heft XXII, Nr. 1—6. Hanau, Wetterauische Gesellschaft für die gesammte Natur- kunde: Bericht vom 1. Jänner 1883 bis 31. März 1885. Harlem, Musee Teyler: Archives, Ser. II, Vol. II, 3- partie. — Catalogue de la Biblioth^que, 1'^ & 2*^ livraisons. — Societe Hollandaise des sciences ä Harlem: Archives Neer- landaises des sciences exactes et naturelles a Harlem. Tome XX. 4« livraison. Kiew: Universitäts-Nacbrichten. Jahrgang XXV, Nrs. 9 bis 12. Jahrgang XXVI. Nr. 1 bis 3. Kjöbenhavn: Memoires de l'Acadömie Rojale. 6'' serie. Classe des sciences. Vol. HI, Nos. 1 et 3. — Oversigt over det Forhandlingar og dets Medlemmers Arbejder i Aaret 1885. Krakau, Akademia umiejetnosci: Pamietnik. Wydzial matema- ticzno-przyrodniczy. Tom X & XI. Laibach: Statistischer Bericht der Handels- und Gewerbe- kammer über die volkswirthschaftlichen Zustände in Krain für das Jahr 1880. 368 Le Caire: Institut Egyptien. Leide: Annales de l'Ecole polytechniqiie de Delft. 3^ & 4^ liv- raisons. Leiden: Tijdschrift derNederlandsche dierkundige Vereeniging. 2^ Serie, Deel I. Afl. 2. Leipzig: Archiv für Mathematik und Physik. IIL Theil, 2. bis 4. Heft. — Astronomische Gesellschaft: Vierteljahrsschrift. XX. Jahr- gang, 4. Heft. — Journal für praktische Chemie. Band XXXE. Nr. 21 und 22. Band XXXHI, 1.— 9. Heft. — Königlich sächsische Gesellschaft der Wissenschaften: Be- richte über die Verhandlungen. HL — — Abhandlungen. XHL Band. Nr. V. Liege: Annales de la Societe göologique de Belgique. TomeXH. — Memoires de la Societe royale des sciences. 2*^ serie, tome XL Liverpool: Proceedings of the literary and philosophical Society. 73'^ session 1883—1884. Nr. XXXVHL London, British Museum: Catalogue of the palaeozoic plants. — — : Mammalia. Part IL — Nature. Vol. XXXIII, Nos. 842-861. Vol.XXXIV, Nos.862 bis 866. — Meteorological Office: Monthly Weather Report for Sep- tember— December 1885. January 1886. : Weekly Weather Report. Vol. IL Nos. 47—52 and Appendix. Vol. III. 1 — 15. ^ — — : Meteorological Council: Report to the Royal Society for the year ending 31-' of March 1885. — The Observatory. Nos. 105—111. — The royal Society: Proceedings. Vol. XXXIX, Nos. 241 &242. — The royal astronomical Society. Vol XLVI, Nos. 1 — 6. — The royal geographical Society. Vol. VII, Nro. 12. Vol. VIII, Nos. 1—4. — The royal microscopical Society: Journal. Ser. II, Vol. V, part 6. Vol. VI, parts 1 & 2. 369 London, The pathological Society: Transactions. Vol. XXXIV. — The zoological Society of London: Proceedings of the scien- tific Meetings for the year 1885. Transactions, Vol. XI, part 11. Vol. XII, part I. Lucern: Verhandlungen der Schweizerischen naturforschenden Gesellschaft den 16., 17. und 18. September 1884. 67. Jahres- versammlung. Jahresbericht 1883 — 1884. Lund: Acta Universitatis Lundunensis. Tom. XXL Mathematik och Natuurwetenskap, Medicin. Madison: Publications of the Washburn Observatory of the University of Wisconsin. Vol. ELL Madrid: Resumen de las Observaciones meteorolögicas de 1881. Magdeburg, Naturwissenschaftlicher Verein : Jahresbericht und Abbandlungen 1885. Mailand, R. Osservatorio astronomico di Brera: Osservazioni meteorologiche esseguite nell' anno 1885. Manchester: The Journal of the Society of Chemical Industry. Vol. IV, Nos. 11 & 12. Vol. V, Nos. 1—4. Mantova: Atti e Memorie della R. Accademia Virgiliana di Mantova. Biennio 1884—1885. Mexico: Aanuario del Observatorio astronomico nacional de Tacubaya para el ano 1886. Ano VI. — Estudios de Meteorologia comparata. Tomo I. Milano, Accademia fisico-medico statistica: Atti. 1885. Ser. 4', Vol. 3«. — Reale Istituto Lombarde di scienze e lettere: Rendiconti. Ser. II, Vol. XVII. Montpellier, Academie des sciences et lettres: Memoires de la section de Medecine. Tome V, 3® fascicule. Annees 1880—1884. Montreal, Royal Society of Canada: Proceedings and Trans- actions for the year 1884. — The Canadian Record of science: The Canadian Naturalist. Vol. I, Nr. 4. Vol. U, Nos. 1 & 2. Moscou, Societe Imperiale des Naturalistes: Bulletin. Annee 1884, No. 4. Annee 1885, Nos. 1—4. Moskba, Astronomisch-physikalisches Observatorium: Zapiski. I. Band. 370 München, Königlich bayerische Akademie der Wissenschaften: Abhandlungen. XV. Band, 2. Abtheilung. Sitzungsberichte. Heft IV. — Königliche meteorologische Centralstation: Beobachtungen. Jahrgang VII, 3. und 4. Heft. — — Übersicht über die "Witterungsverhältnisse im Königreich Bayern. December 1885. Jänner — März 1886. — Eepertorium der Physik. XXI. Band, 12. Heft. XXII. Band, 1.-4. Heft. Napoli: Memorie di Matematica e di Fisica della Societä Italiana delle Scienze. Ser. 3*, tomo V. Appendice. 1885. — Rendiconto dell' Accademia delle Scienze fisiche e matema- tiche. Anno XXII— XXV, fasc. 1° e 2\ Newcastle,-upon-Tyne: Transactions of the North of Eng- land Institute of Mining and Mechanical Engineers. Vol. XXXV, parts 1 & 2. New Haven, The American Journal of Science. Vol. XX, Nr. 180. Vol XXI, Nos. 181—185. — Contributions to Meteorology by Elias Loomis, L. L. D. 1885. New York: Anuals of the New York Academy of Sciences. Vol. III, Nos. 3—6. Odessa: Algologische Untersuchungen. I. Materialien zur Morphologie und Systematik der Pflanzen im schwarzen Meere. Atlas von L. Reinhard. — Flora Cbersonensis, auctore Eduardo a Lindemann. Vol. I. — Gesellschaft der Naturforscher von Neu-Russland. Zapiski. IX. Tb eil 1. & 2. Nr. Oxford, Radcliff Observatory: Results. Vol. XL. Paris, Academie des Sciences: Comptes rendus hebdomadaires des s^ances. Tomes 96—99. Tome 101, Nos. 23—26. Tome 102, Nos. 1—21. — Acadömie de Medecine: Bulletin. 2'' s6rie, tome XIV, 49« annee, Nos 48—52. Tome XV, Nos. 1—22. — Annales de la Facult6 des Lettres de Bordeaux. 2^ sörie. No. 2. — Annales des Mines. 8'^ serie, tome VIII, 4« — 6'^ livraisons. 371 Paris: Annales des Ponts et Chaussöes. b" annee, 6^ s6rie, 10^ — 12*^ cahiers. 6« annee, 6® sörie, l^'" — 3« cahiers. — Arcliives slaves de Biologie. Tome I, fascieule 1. — Bureau des Longitudes: Coimaissance des Temps pour l'an 1886. — Annuaire pour l'an 1885. — Ephemerides des Etoiles de culmination lunaire et de longitude pour 1885. — Bulletin astronomique: Description d'un nouveau systfeme de Telescope, par M. Loewy. — Euquetes et Documents relatifs ä l'Enseig-nement supörieur. XIV. — Rapport sur les Observations astrouomiques de Province. (1884.) — Comite international des Poids et Mesures : Proces verbaux des seances de 1884. — Encyclopedie chimique. 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Heft. — Reichsforst-Verein, österr.: Österreichische Vierteljahres- schrift für Forstwesen. N. F. IIL Band, 4. Heft. IV. Band, 1. & 2. Heft. — Statistische Central - Commission, k. k.: Österreichische Statistik. XL Band, 4. Heft. — Wiener medizinische Wochenschrift. XXXVI. Jahrgang. Nr. 1—23. — Wissenschaftlicher Club in Wien: Monatsblätter. VII. Jahr- gang. Nr. 3 — 9 und ausserordentliche Beilage I — VII. — Zoologisch- botanische Gesellschaft, k. k. : Verhandlungen. XXXV. Band. XXXVL Band, 1. Quartal. Wiesbaden, Jahrbücher des Nassauischen Vereins. Jahr- gang XXXVIII. Würzburg, Physikalisch-medizinische Gesellschaft: Sitzungs- berichte. Jahrgang 1885. : Verhandlungen. N. F. XIX. Band. Yokohama, Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens : Mittheilungen. 34. Heft. Zagreb, Rad lugoslavenske Akademiji znanosti i umjetnosti. Knjiga LXXV, VI^. Zürich, Allgemeine schweizerische Gesellschaft für die gesammten Naturwissenschaften: Neue Denkschriften. XXIX. Band, Abthlg. 2. — : Astronomische Mittheilungen von D. R. Wolf. LXV. &LXVI. — Schweizerische meteorologische Centralanstalt : Aunalen. 1884. XXI. Jahrgang. — Supplementband, 6. Lieferung. (Schluss.) Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XCIII. Bd. I. Abth. 25 I I Date Due Fefr**^8^ 3 2044 093 284 198 y^C" »4^ ^^^ ^-;^ ^^BBr^^^i^^^yj^^y .Tf 1 .i-*V^^ . jj; i^ "iM-oK- J&, KM g^ % ^' %yw^ V*' '■^-.rVk'^